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Full text of "Kulturtechnischer Wasserbau : Handbuch für Studierende und Praktiker"

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FRIEDRICH 

KULTURTECHNISCHER 
WASSERBAU 


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Kultiirtecliiiisclier  Wasserbaa 


Handbuch 

für 

Studierende  und  Praktiker 


von 


Adolf  Friedrich, 

k.  k.  Hofrat,   o.  ö.  Professor  an   der  k.  k    Hochschule  für  Bodenkultur  in  Wien. 


Zweite,  umgearbeitete  und  erweiterte  Auflage. 


Zweiter  Band. 


BERLIN. 
Verlagsbuchhandlung  Paul  Parey. 

\«i«C  Ar  Laa4w1rtMbaA.  OMtmbM  ud  FontwMM. 

SW.,  Hedemannstrasse  10. 
1908. 


Kulturtecliiiischer  Wasserbau. 


Z^veiter  Band. 


Die  Wasserversorgung  der  Ortschaften. 

Die  Stauweiherbauten.  -  Die  Kanalisation  der 

Ortschaften,  Reinigung  und  landwirtsehaftliehe 

Verwertung  der  Abwässer. 


Mit  211  Textabbildungen  und  23  Tafeln. 


BERLIN. 
Verlagsbuchhandlung  Paul  Parey. 

V«rlH  ftr  LMdwMMhaft.  OwtMbM  ud  FaiHimf. 

SW.,  Hedemannstrasse  10. 

1908. 


Alle  Rechte^  auch  das  der  Übersetzung,  vorbehalten. 


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VorTvort. 


^  Bei   der  Bearbeitung  der  ersten  Auflage,   bei  welcher  der  ganze  Stoff 

des  kulturtechnischen  Wasserbaues  in  einem  Bande  aufgenommen  erscheint, 
,  konnte  ich  selbstredend  einzelne  Kapitel  nicht  mit  jener  Ausführlichkeit  be- 

^  handeln,  wie  es  meine  Absicht  gewesen  wäre.     Namentlich  wurde  das  letzte 

Kapitel:   „Kanalisation  der  Ortschaften  und  Reinigung  der  Abwässer"  nur  in 
kurzem  Umriß  —  entsprechend  dem  damaligen  Bedürfnisse  des  Kulturtechnikers 
'  '  und  den  üblichen  Methoden   bei  der  Kanalisation  kleiner  Ortschaften  —  ge- 

geben; andererseits  gestattete  der  Raummangel  eine  ausführlichere  Behandlung 
dieses  Stoffes  nicht,  da  der  Umfang  dieses  einen  Bandes  ohnehin  das  Maß 
des  Zulässigen  erreicht  hatte. 

Nachdem  jedoch  dieses  Handbuch  nicht  nur  in  den  Kreisen  der  Kultur- 
techniker und  Landwirte,  sondern  auch  in  j«ien  der  Bauingenieure  vielfach 
Eingang  gefunden  hatte,  glaubte  ich,  mehrfach  geäußerten  Wünschen  Rechnung 
tragend,  bei  Herausgabe  der  2.  Auflage  nicht  nur  den  ganzen  Stoff  des 
kulturtechnischen  Wasserbaues  in  zwei  Bände  trennen,  sondern  namentlich 
auch  die  Kapitel  des  II.  Bandes  wesentlich  ausführlicher  behandeln  zu  sollen. 

Das  III.  Kapitel:  „Die  Kanalisation  der  Ortschaften,  Reinigung  und  land- 
wirtschaftliche Verwertung  der  Abwässer"  erfuhr  eine  ganz  neue  Bearbeitung 
durch  den  Konstrukteur  an  meiner  Lehrkanzel,  Herrn  Dr.  Robert  Fischer, 
welcher  sich  seit  Jahren  diesem  Spezialstudium  widmete  und  auf  seinen  zahl- 
reichen Studienreisen  in  Amerika,  England,  Deutschland  und  Frankreich 
namentlich  auf  dem  Gebiete  der  Reinigung  der  Abwässer  reiche  Erfahrungen 
sammelte,  aus  welchem  Grunde  ich  Herrn  Dr.  Fischer  ersuchte,  die  Be- 
arbeitung dieses  Abschnittes  selbständig  zu  übernehmen. 

Ich  benutze  die  Gelegenheit  der  nunmehrigen  Vollendung  des  ganzen 
Werkes  mit  Vergnügen,  um  Herrn  Dr.  Fischer  nicht  nur  für  seine  dies- 
bezügliche letztere  Bereitwilligkeit  bestens  zu  danken,  sondern  auch  seine 
Verdienste  hervorzuheben,  welche  er  sich  um  seine  Mitarbeiterschaft  und 
Unterstützung  bei  der  Herausgabe  der  2.  Auflage  des  I.  Bandes  erworben  hat. 

Gerne  hätte  ich  bezüglich  ausgeführter  Wasserversorgungen  und  Kanali- 
sationen mehr  Beispiele  gegeben,  wenn  dies  der  Umfang  und  die  Kosten 
dieses  Bandes  gestattet  hätten. 

Ebenso  habe  ich  bei  Vollendung  dieses  Bandes  noch  manche  Lücke 
bemerkt,  deren  Ausfüllung  aus  dem  gleichen  Grunde  unterbleiben  mußte. 

20482 1 


VI  Vorwort. 

Und  SO  Obergebe  ich  auch  diesen  IL  Band  in  der  Hoffnung  der  Öffent- 
lichkeit, dafl  derselbe  die  gleiche  günstige  Beurteilung  und  Aufnahme  in  den 
Kreisen  der  fachkundigen  Ingenieure  und  aller  sonstigen  Interessenten  finden 
möge,  wie  dies  bei  dem  I.  Bande  der  Fall  gewesen  ist,  dabei  nicht  unter- 
lassend, auch  diesmal  der  Verlagsbuchhandlung  Paul  Parey  in  Berlin,  im 
speziellen  dem  Inhaber  der  Firma  Herrn  Arthur  Georgi  für  das  außer- 
ordentliche Entgegenkommen  und  die  vorzügliche  Ausstattung  des  Werkes 
herzlichst  zu  danken. 

Wien,   im  November  1907. 

Adolf  Friedrich. 


Inhalt. 


I.  Die  WasBerrersorgimg  der  Orteohaiten.  g^^^^ 

EinlaltnBg 3 

I.  Die  moderne  WasBerrersorgiuig  der  Ortsehalten 13 

A.  SIgenBchAfteii  des  1f asserg. 

I.  Trinkwasser 14 

Grenzwerte  fUr  die  chemischen  Bestandteile 16 

Enteisenung  des  Wassers 19 

Bakteriologische  Benrteilnng  des  Wassers 21 

Wasserschöpfapparat  für  Bohrlöcher 24 

Hygienische  Beurteilung  der  Talsperrenwässer 26 

IT.  Nutzwasser 36 

B.  Wasserbedarf 36 

1.  Trinkwasserleitungen 37 

2.  Allgemeine  Wasserleitungen 37 

Tabelle  des  faktischen  Konsumes  von  80  Städten 37 

1.  Privatverbrauch 41 

2.  Kommunale  Zwecke 41 

3.  Gewerblicher  und  Industriebedarf 41 

C.  Wassergewinnnng 43 

I.  Quellfassungen 43 

1.  Felsquellen 44 

2.  Quellstuben  (Wasserschlösser) 60 

n.  Sammelanlagen    für    Grundwasser    (Bauliche    Durchführung,    Grundwasser- 
schichtenplan, Filterrohrbrunnen,  Pumpversuche) 53 

1.  Bestimmung  der  Ergiebigkeit  eines  Grundwasserstromes  durch  Rechnung     .     .  66 

2.  Ergiebigkeit  einer  Gravitations-Grundwassersammelleitung 68 

3.  Ergiebigkeit  eines  Sammelbrunnens  durch  Rechnung 69 

Thiemsche  Berechnungsmethode 70 

Luegersche  Berechnungsmethode 72 

4.  Direkte  Messungen  der  Grundwassergeschwindigkeit  (Slichtersche  Methode).  74 

5.  Aufspeicherung  des  Grundwassers  durch  unterirdische  Stauanlagen 77 

m.  Entnahme  des  Wassers  aus  offenen  Wasserläufen 80 

Absetzbassins 81 

Filterbassins 82 

Zulässige  Filtriergeschwindigkeit 83 

Typen  von  offenen  Filterbecken 87 

Jewell-Rapidfilter 89 

IV.  Wassersammlnng  durch  künstliche  Teiche  und  Stauweiher     ....  91 


VTTT  Inhalt. 

Se  t 

D.  Znleitang  snm  YeraorguugSirebiete  (BeBeiroir) 93 

I.  Gravitationsleitungen 93 

1.  Offene  Gerinne 93 

2.  Gedeckte  Kanalieitungen 94 

a)  Leitungen  ohne  Druck 96 

b)  Drnckrohrleitnngen 96 

Berechnung  offener  Gerinne,  Kanal-  und  Rohrleitungen 98 

3.  Eiserne  Gravitations-Dmckrohrleitnngen 100 

4.  Temperatnrzunahme  des  Wassers  in  langen  Zuleitungen 100 

II.  Künstliche  Hebung  des  Wassers 102 

1.  Wasserräder  und  Turbinen 103 

Pelton-Motor 104 

2.  Hydraulische  Widder  (Stoßheber) 105 

Ältere  Konstruktion 109 

System  Decoeur 114 

„       Dnrozoi 115 

3.  Göpel  mit  animalischem  Antrieb 116 

4.  Windmotoren 117 

5.  Dampf-,  Petroleum-  und  Gasmotoren 117 

£•  Hoehreserroire  (Hoehbehllter) 121 

Graphische  Ermittelung  des  notwendigen  Fassungsraumes 122 

Lage  der  Reservoire 126 

Bauliche  Durchführung 127 

Zusammenstellung  über  die  Baukosten  von  Hochreservoiranlagen 134 

F.  Znleitnng  Tom  HochreflerToir  bis  mm  Stadtrohmets 136 

G.  StAdtrohrnets 136 

Berechnung  (Dimensioniemng  der  Rohrstränge) 137 

Kostenberechnung  der  kurrenten  Rohrleitungen 139 

Preistabelle  für  kurrente  Rohrleitungen 140 

Normaltabelle  fUr  Gewicht  und  Dimensionierung  nach  der  deutschen  Vereinsnormale  141 

H.  Fassoiiröhren  and  AkEeBSorien  der  Rohrleitungen 143 

Fassonröhren 144 

Akzessorien:       I.  Wasserschieber 145 

n.  Teiltöpfe 161 

m.  Schlammtöpfe 162 

IV.  Luftvenüle 162 

V.  Spülauslässe 164 

VI.  Hydranten 166 

Hydrantenstandrohre 167 

VII.  öffentliche  Auslaufbrunnen 168 

J.  Abgabe  des  Wassers 162 

Der  Venturi-Wassermesser 163 

K.  Beschreibung  ansgefllhrter  kleinerer  Wasserrersorgongsanlagen   ....  166 
I.  Wasserversorgung  der  Stadt  Mährisch-Trübau. 

1.  Topographische  und  geologische  Verhältnisse 165 

2.  Grundlagen  für  die  Berechnung  der  Rohrkaliber 167 

3.  Höhenlage  des  Hochreservoirs  und  der  Quelle 167 

4.  Kosten 169 


Inhalt.  IX 

Seite 

n.  Das  Wasserwerk  der  Stadt  Teschen 170 

Banbeschreibong :  a)  Wassersam melanlage 172 

b)  Haaptznleitung  zum  Hochreservoir 174 

c)  Hochreservoiranlage 175 

d)  Sudtrohmetz 176 

e)  Kosten 177 

n.  Die  StauweiherbaateiL 

A*  Einleitung  (Generelle  Übersicht  Über   die  bestehenden  hervorragendsten  Stanweiher)  181 

B.  Zweck  der  Stanweiher 184 

1.  Sammelreservoire 185 

2.  Entlastungsreservoire 185 

3.  Retensions-  und  Sammelreservoire 186 

C.  Wahl  der  TalabsehlnfisteUe 186 

D.  KongtrnktiTe  Darehfilhrnng 190 

I.  Talsperren  aus  Mauerwerk 190 

1.  Das  Abschlufiwerk : 

a)  Die  Talsperre  (Querschnittsform) 190 

Berechnung  des  Profiles  nach  der  allgemeinen  Methode 193 

Beispiele:   Berechnung   des   Profiles  nach   Intze   (für   die   Voigtsbacher 

Sperre;  Höhe  Ä  =  18  m) 198 

Berechnung  eines  Profiles  f ür  ^  =  50  m  ohne  Berücksichtigung 

des  Erddruckes  und  Auftriebes 209' 

Berechnung  eines  Profiles  von  h  =  38  m  Höhe  mit  Berück- 
sichtigung des  Erddruckes  und  Auftriebes 212 

Höhe   der  Mauerkrone   über   dem  Hochwasser  und   architek- 
tonische Durchführungsweise  der  Mauerkrone 222 

Normaltypen  von  Talsperren 223 

b)  Das  Überfallwehr  und  Abflnfigerinne 226 

Berechnung 227 

Bauliche  Konstruktion 228 

Wehraufsätze 230 

Abflußgerinne  des  Überfalles 232 

c)  Grundablafl 234 

d)  Grundablafi    für   die    geregelte   Wasserabgabe   für    Bewässerungen,    Wasser- 

versorgungen, gewerbliche  und  industrielle  Anlagen 235 

Kostenvoranschlag 237 

e)  Der  Hochwasser-Grundablafi-  und  Umlanfkanal £40 

a)  Derivations-  oder  Umlaufkanal 241 

ß)  Hochwassergrundablafi 245 

2.  Die  Nebenobjekte 246 

3.  Wege-  und  Straßenbauten 247 

4.  Nebenarbeiten 247 

Wildbachverbauungen 248 

Entstehung  und  Wirkung 249 

Einteilung  der  Wildbachstrecken 251 

Typen  von  Schottersperren 252 

5.  Die  Grundeinlösung 255 

II/Erddämme 255 


X  Inhalt. 

E«  Berechmiiig  des  Fassnngsiiihaltes  der  Staaweilierbecken.  Seite 

I.  Approximativberechnung 257 

n.  Berechnung  aus  den  Qnerprofilen 257 

III.  Notwendiger  Fassungsraum  der  Gebirgsreservoire 258 

1.  Sammelreservoire 268 

Berechnung  des  verfügbaren  Wasservorrates  aus  den  Regenböhen    ....  260 
Berechnung    des    notwendigen    Fassungsraumes    aus    den    Konsumtions-    und 

Vorratskurven  (Graphikons) 266 

Berechnung  nach  der  Müll  ersehen  graphischen  Methode 267 

a)  Gleichförmiger  Konsum 269 

b)  Schwankender  Konsum 271 

2.  Retentionsreservoire 271 

3.  Kombinierte  Reservoire 272 

Stauweiher  für  Genufiwasser 273 

Benutzung  der  Stauweiher  zur  Gewinnung  von  Wasserkräften 273 

F.  Bandnrchfflbniiiir '^^73 

Spezielle  Baubedingnisse 274 

1.  Erd-  und  Felsarbeiten 274 

2.  Stollenbauten 284 

3.  Chaussierung  von  Strafien   und  Wegen 285 

4.  Steinwürfe  und  Faschinenwerke 287 

5.  Pflanzungen 290 

6.  Pflasterungsarbeiten 291 

7.  Maurer-  und  Steinmetzarbeiten 293 

a)  Beschafl'enheit  der  Steinmaterialien 293 

b)  Beschaffenheit,  Bereitung  und  Verwendung  der  Mörtel 294 

c)  Ausführung  der  Maurer-  und  Steinmetzarbeiten 299 

d)  Ausmafi  und  Berechnung 309 

8.  Zimmerarbeiten 309 

9.  Eisen-  und  Metallarbeiten 316 

10.  Anstreicherarbeiten 316 

Nachträge  zur  Baudurcbführung  von  Talsperrenmauern 318 

e.  Kosten  der  Stanweiher 323 

Tabelle    über    Konstruktionsdaten    und    Kosten    von    96    teils    ausgeführten,    teils 

projektierten  Talsperrenmauem 324 

Einheitspreise  für  Wasserbauten 330 

H.  Ansgef flhrte  Stanweiheranlairon. 

I.  Deutschland: 

1.  Eschbachtalsperre  bei  Remscheid 341 

2.  Urfttalsperre  bei  Gemünd 343 

3.  Die  deutschen  Vogesen-Stauweiher 351 

Stauweiher  im  Fechttale 352 

a)  Der  Darensee 353 

b)  Der  Forellen weiher 353 

c)  Der  Schiefirothriedweiher 353 

d)  Der  Altenweiher 355 

e)  Der  Lauchenweiher 360 

II.  Frankreich: 

1.  Reservoir  von  Torcy  Neuf 369 

2.  „          de  Montaubry 372 


Inhalt.  XI 

Seite 

3.  Reservoir  du  Plessis 372 

'4.          „          du  Cercey 372 

6.          „          von  Mittersheim 372 

6.  „          de  la  Mouche 373 

7.  „          des  Ban 374 

8.  „          von  Bouzey 376 

m.  England: 

Talsperre  von  Vimwey 378 

IV.  Indien: 

1.  Reservoir  von  Ashti 381 

2.  „          an  dem  Muthaflusse 381 

V.  Amerika: 

1.  Reservoir  von  Swcetwater 383 

2.  „         de  Bear  Valley 383 

3.  „          Cuyamaca 384 

4.  „         San  Diego 386 

VI.  Österreich: 

Der  Bau  der  Stauweiher  im  Jaispitztale  (Mähren) 386 

1.  Stauweiher  bei  Jaispitz 391 

2.  ^            „     Weirowitz 396 

3.  „             „     Grofl-Olkowitz 400 

4.  Talsperre  der  Stadt  Komotau  (Böhmen) 403 

Talsperren  bei  Eisenberg  und  Reichenberg 408 

nL  Die  EanaUsatlon  der  Ortsohaften,  Bemignng  und  landwirtschaftliche 
Verwertnng  der  Abw&eser. 

EiBleitnng 413 

A.  Kanalisatioii  der  Ortschaften. 

I.  Vorerhebungen 420 

II,  Wahl  des  Kanalisationssystemes 420 

ni.  Bestimmung  der  abzuführenden  Wassermengen 422 

1.  Brauchwässer  und  Indnstrieabwässer 422 

2.  Reg^nwasser  . 423 

RegenföUe  von  aufierordentlicher  Intensität 430 

IV.  Berechnung  des  Kanalnetzes 435 

1.  Tiefenlage  der  Kanäle 442 

2.  Gefälle  der  Kanäle 442 

3.  Wahl  der  Profilform  der  Kanäle 442 

V.  Baumaterialien  zur  Herstellung  der  Kanäle 445 

Dimensionen  und  Preise  von  glasierten  Steinzeugröhren 448 

„              „         „         „     Zementröhren 449 

„              „         rt        n     Zisseler-  und  Monier-Röhren 450 

VI.  Notauslässe  und  Regenüberfälle 451 

Vn.  Einsteigschächte  und  Lampenlöcher 452 

Vm.  Strafieneinläufe 452 

GC.  Hausanschlüsse 454 

X.  Spülanlagen 454 

XI.  Lüftung  der  Kanäle 457 

Xn.  Mechanische  Hebung  der  Abwässer 457 


xn  i«h«it. 

Seite 

Xin.  Auspiündungen  der  Kanäle  in  die  Vorfluter. 459 

XrV.  Bau-  und  Betriebskosten  der  Kanalisationsanlagen '  .  459 

B.  Beinigung  und  landwirtschaftllclie  Terwertang  der  Abwftmer 460 

I.  Mechanische  Reinigung 462 

1.  Mechanismen  zur  Zurückhaltung  der  Schwimm-  und  Schwebestoffe      ....  462 

2.  Mechanische  Klärung  durch  Sedimentation 465 

a)  Klärbecken  . 465 

Theorie  der  Beckenklärung 466 

Mechanische  Kläranlage  der  Stadt  Znaim 474 

b)  Klärbrunnen  und  Klärtürme 476 

3.  Chemisch-mechanisches  Klärverfahren 478 

4.  Unterbringung  des  Klärschlammes 480 

6.  Das  Degen  er  sehe  Kohlebrei-Verfahren 483 

6.  Desinfektion  der  geklärten  Abwässer 484 

II.  Die  biologischen  Reinigungsmethoden 485 

1.  Das  Faul  verfahren. 486 

a)  Bauliche  Durchführung  und  Betrieb  der  Faulbecken 497 

2.  Das  Oxydationsverfahren 600 

a)  Allgemeines  über  die  Wirkungsweise  der  biologischen  Körper 500 

b)  Bauliche  Einrichtung  und  Betrieb  der  Füllkörper 509 

c)  n                  n               n         „           r,    Tropfkörper 615 

d)  Nachbehandlung  der  Abflüsse  künstlicher  biologischer  Anlagen 522 

e)  Einflufi   der  Winterkälte  auf  den  Betrieb  des  künstlichen  biologischen  Ver- 
fahrens      623 

f)  Bau-  und  Betriebskosten   des  künstlichen  biologischen  Reinigungsverfahrens  623 

g)  Der  gewachsene  Boden  als  Oxydationskörper 524 

h)  Die  intermittierende  Bodenfiltration 630 

i)  Die  Rieselfelder 533 

a)  Betriebs-  und  Produktionsverhältnisse 533 

ß)  Abwasserzuleitung  zu  den  Rieselfeldern 640 

y)  Anlage-  und  Betriebskosten 643 

III.  Landwirtschaftliche  Verwertung  der  Abwässer 648 

IV.  Reinigung  der  Abwässer  der  landwirtschaftlichen  Industrien   .     .     .  557 
V.  Die  Selbstreinigung  der  Gewässer 563 

Braekfehler,  Ergänz angeii,  Bemerkungen,  Naehtr&ge  etc 666 


I.  Die  Wasserversorgung  der  Ortschaften. 


Friedrich«  WaaBerbao.   Zweite  Auflage,    n.  Band. 


Einleitung. 


Mit  der  permanenten  Ansiedelung  der  früheren  Nomadenvölker  und  der 
Erbauung  stabiler  Wohnsitze  trat  natürlich  auch  an  deren  Bewohner  die 
Notwendigkeit  heran,  das  Gemeinwesen  einerseits  mit  dem  für  Nutz-  und 
Genußzwecke  nötigen  Wasser  zu  versehen,  andererseits  für  eine  möglichst 
rasche  und  in  nicht  belästigender  Weise  zu  erfolgende  Ableitung  der  nicht 
verbrauchten  Wassermengen,  insbesondere  jedoch  der  Regen  Wässer,  der 
Fäkalien,  Schmutzwässer  und  Abfallstoffe  Sorge  zu  tragen.  — 

Es  tauchten  also  schon  im  Altertum  die  für  das  Gemeinwesen  wichtigen 
Fragen  der  Bewässerung  (Wasserversorgung)  und  der  Entwässerung 
(Kanalisation)  der  Ortschaften  auf  und  drängten  die  berufenen  Vertreter 
zu  deren  Lösung.  — 

Während  die  im  Altertum  hergestellten  Kanalisationsbauten  meist  unzu- 
reichende waren  und  den  Anforderungen  der  Hygiene  keineswegs  entsprachen, 
war  das  technische  Gebiet  der  Wasserversorgung  durch  oft  ganz  bedeutende, 
das  Staunen  der  Nachwelt  herausfordernde  Kunstbauten  vertreten. 

Leider  gerieten  diese  Zeugen  hervorragender  Tätigkeit  auf  dem  Gebiete 
des  hygienischen  Wasserbaues  später  in  Verfall  und  wurde  auch  im  Mittel- 
alter und  in  der  Neuzeit  diesen  wichtigen  Aufgaben  keine  oder  nur  unbe- 
deutende Aufmerksamkeit  gewidmet.  — 

Erst  der  neuesten  Zeit,  den  letzten  Dezennien  des  verflossenen  Jahr- 
hunderts war  es  vorbehalten,  zum  Wohle  der  Menschheit  hier  Wandel  zu 
schaffen,  und  brach  sich  die  allgemeine  Erkenntnis  der  Notwendigkeit  einer 
rationellen,  den  Ansprüchen  der  modernen  Hygiene  entsprechenden  Wasser- 
versorgung, selbst  der  kleinsten  Ortschaften,  erst  im  allerletzten  Dezennium 
allmählich  Bahn. 

Was  die  antiken  Wasserversorgungen  der  Städte  anbelangt,  so  kannte 
dieses  im  Altertum  ganz  hervorragend  vertretene  Gebiet  der  Kulturtechnik 
mangels  entsprechender  leistungsfähiger  Pumpwerke  eine  künstliche  Hebung 
des  Wassers  nicht,  sondern  wurde  das  den  Flüssen,  Seen  oder  Quellen  ent- 
nommene oder  durch  Brunnen  und  anderweitige  Grundwassersammelanlagen 
neu  erschlossene  oder  endlich  das  in  Zisternen  oder  künstlich  hergestellten 
grofien  Staubecken  (Stauweiher)  gesammelte  Meteorwasser  immer  mit  natür- 
lichem Gefälle  in  das  Konsumtionsgebiet  geleitet. 

Diese  Zuleitung  erfolgte  in  offenen  Gerinnen  oder,  was  der  Kriegsgefahr 
wegen  meistens  durchgeführt  werden  mußte,  in  geschlossenen  unterirdischen 
Kanalleitungen,  welche  im  allgemeinen  der  natürlichen  Gestaltung  des  Terrains, 

1* 


4  Einleitung. 

jedoch  mit  stetigem  Gefälle  folgend,  mitunter  auch  in  durch  Felsen  zu  treibende 
Stollen  übergehen  oder  mit  gewaltigen  Aquädukten  Täler  übersetzen  mußten. 
Die  erste  Durchfahrung  der  Berge  mittels  eigener  Tunnels  wird  in  die 
Zeit  um  700  v.  Chr.  verlegt. 

Dort,  wo  das  Wasser  in  Röhren  floß,  wie  z.  B.  durch  Tunnels,  wurde 
als  Rohrmaterial  Stein,  Blei  oder  Ton  verwendet. 

Druckrohrleitungen  waren  mit  wenigen  Ausnahmen  mangels  eiserner 
Röhren  und  entsprechender  Dichtung  der  aus  anderem  Material  hergestellten 
Rohre  den  alten  Völkern  unbekannt.  Die  älteste  der  bekannten  Druck- 
leitungen aus  Steinröhren  ist  jene  zu  Patara  in  Griechenland. 

Dieses  Volk  erkannte  auch  die  Möglichkeit,  statt  der  Aquädukte  die 
Taldurchquerung  mittels  Siphonleitungen  durchzuführen,  und  weist  beispiels- 
weise die  Hochdruckleitung  von  Pergamon  einen  hydrostatischen  Druck  von 
20  Atmosphären  auf. 

Auch  die  Römer  machten  sich  später  in  einzelnen  Fällen  diese  Erkenntnis 
der  Heberwirkung  zunutze,  und  finden  wir  bei  der  Wasserleitung  von  Alatri 
die  Siphonleitung  einem  Drucke  von  10  Atmosphären  ausgesetzt.  Auf  Grund 
dieses  Umstandes  erscheint  es  nicht  leicht  erklärlich,  warum  gerade  die 
römischen  Ingenieure  nicht  Bronze  zur  Herstellung  von  Druckrohrleitungen 
verwendet  haben,  wodurch  kostspielige  Aquädukte  erspart  worden  wären. 
Wohl  muß  berücksichtigt  werden,  daß  dieser  Ersatz  überhaupt  nur  für  kleinere 
Wasserquantitäten  gedacht  werden  kann,  nachdem  im  Altertum  der  Guß 
größerer  Rohrdurchmesser  überhaupt  ausgeschlossen  war. 

Die  ältesten  Anlagen  von  Wasserversorgungen  sind  gleich  wie  die 
anderen  Bewässerungswerke  des  Kulturbodens  in  Ägypten,  Babylonien, 
Assyrien,  China  und  Syrien  zu  suchen. 

Außer  direkter  Ableitung  des  Wassers  aus  dem  Nilflusse  zum  Zwecke 
der  Wasserversorgung,  über  welche  nur  sehr  spärliche  Daten  vorliegen,  war 
es  insbesondere  das  System  von  Brunnenanlagen,  durch  welches  Ägyptens 
Wasserversorgungswesen  repräsentiert  erscheint. 

Allgemeine  geschichtliche  Aufzeichnungen  über  durchgeführte  große 
Brunnenanlagen  reichen  bis  2500  v.  Chr.  zurück. 

Über  China  wurden  nur  sehr  spärliche  Aufzeichnungen  gefunden,  aus 
welchen  zu  entnehmen  ist,  daß  in  den  ältesten  Zeiten  Brunnen  oft  bis  zu 
sehr  bedeutenden  Tiefen  gegraben  worden  sein  sollen,  aus  welchen  das 
Wasser  mittels  Eimer  und  Seiltrommel  gehoben  wurde. 

Bezüglich  Babylonien  und  Assyrien  berichtet  Strabo,  daß  die 
berühmten  hängenden  Gärten,  deren  Basisflächen  mit  Bleiplatten  belegt 
waren,  mit  Wasser  aus  dem  Euphrat  versorgt  wurden  und  zu  diesem  Zwecke 
das  Wasser  mittels  Eimerwerke  auf  92  m  Höhe  gehoben  werden  mußte. 

Unter  Assurnässirpal  (884 — 860  v.  Chr.)  wurden  nachweislich  bereits 
an  einzelnen  Orten  tiefe  Brunnen  gegraben  und  unter  Senacherib  (704  bis 
681  V.  Chr.)  die  Wasserleitung  der  Stadt  Ninive  (das  heutige  Nimrud) 
gebaut,  welche  der  Hauptsache  nach  aus  einem  45  km  langen,  oft  in  Felsen 
tief  ausgearbeiteten  Zuflußkanal  bestand. 


Einleitung.  5 

Mannigfaltiger  in  der  Art  der  Durchführung  sind  die  Wasserversorgungs- 
anlagen Syriens,  deren  älteste  durch  die  Phönizier  geschaffen  worden  sein 
dürften.  Unter  diesen  ist  insbesondere  die  Quell-  und  Brunnenfassungs- 
anlage Ras-el-Ain  für  die  Versorgung  von  Tyrus  hervorzuheben,  welche 
ca.  700  V.  Chr.  anläßlich  der  fünfjährigen  Belagerung  von  Tyrus  durch 
Salmanassar  hergestellt  worden  sein  soll. 

Karthago  soll  eine  alte  Wasserleitung  besessen  haben,  welche  später 
unter  Kaiser  Hadrianus  (123  n.  Chr.)  durch  einen  Neubau  ersetzt  wurde. 

Der  punischen  Kolonie  Motye  auf  Sizilien  wurde  das  ira  Gebirge 
gesammelte  Quellwasser  durch  eine  zum  Teil  aus  Zinnröhren  bestehende 
Leitung  zugeführt. 

Allgemeiner  bekannt  sind  die  großen  Brunnen  in  Judäa.  Der  in  der 
Nähe  von  Sichern  gelegene  Jakobsbrunnen  soll  23  m  tief  gewesen  sein. 

Ein  Teil  der  Wasserversorgung  von  Jerusalem,  die  zwischen  Bethlehem 
und  Hebron  gelegenen  Teiche  Salomons  (1016 — 975  v.  Chr.  erbaut),  wird  dem 
Einflüsse  der  Phönizier  (König  Hiram)  zugeschrieben. 

Jerusalem  wurde  ehemals  durch  fünf  Leitungen  mit  Wasser  versorgt, 
von  welchen  antiken  Kanälen  heute  nur  mehr  zwei  funktionieren,  und  zwar 
jener  des  Mamillateiches  und  der  Siloahquellenleitung,  welch  letztere  auch 
einen  langen,  unregelmäßig  gekrümmten  Tunnel  aufweist. 

Die  heute  noch  vorhandenen  Teiche  des  Salomon  sind  drei  offene  ge- 
mauerte, treppenförmig  untereinander  gelegene  Becken,  in  welchen  die  in 
ihrer  Nähe  entspringenden  Quellen  gesammelt  wurden. 

Hervorragend  war  die  Wasserversorgung  der  Stadt  Damaskus,  „das 
Paradies,  die  Perle  des  Orients"  mit  ihren  berühmten  Zaubergärten,  nicht  nur 
durch  die  Reichhaltigkeit  der  Bewässerung,  sondern  auch  durch  die  weitver- 
zweigte Verteilung  des  Baradaflufiwassers  in  alle  Häuser  der  großen  Stadt. 

Halep  (Aleppo)  verwendete  Flußwasser,  welches  durch  Kanäle  zugeleitet 
und  zum  Teil  später  durch  Schöpfräder  gehoben  wurde. 

In  den  Ruinen  von  Palmyra  wurden  die  Oberreste  großer  offener 
Wasserbassins  in  der  Nähe  der  Tempel  gefunden,  in  welchen  die  religiösen 
Waschungen  vorgenommen  wurden. 

In  Hamah  (Epiphania)  in  Syrien  wurde  das  Flußwasser  durch  große 
Schöpfräder  (bis  25  m  Durchmesser)  gehoben. 

Griechenland.  —  Religiöser  Kultus  und  frühzeitige  Erkennung  des 
eminenten  Einflusses  eines  guten  Wassers  auf  die  sanitären  Verhältnisse 
einer  Ansiedelung  bedingten  bei  den  Griechen  bereits  im  Altertum  eine 
hervorragende  Entwicklung  der  Wasserversorgungstechnik. 

Als  öffentliche  Wasserbezugsorte  dienten  anfänglich  zumeist  zahlreiche 
Brunnen,  deren  Benutzung  allgemein,  insbesondere  am  Lande,  nur  auf  einen 
gewissen  Umkreis  (nach  dem  Solonschen  Gesetze  vier  Stadien  =  740  m)  ge- 
stattet wurde.  Die  außerhalb  dieser  Sphäre  liegenden  Bewohner  erhielten 
erst  dann  das  Recht  zur  jedoch  auch  beschränkten  Benutzung  des  nächsten 
öffentlichen  Brunnens,  wenn  sie  nachweisen  konnten,  bei  ihren  Brunnen- 
grabungen bis  10  Klafter  Tiefe  kein  Wasser  angetroffen  zu  haben. 


g  Einleitiing. 

Außer  diesen  Brunnen  wurden  selbstverständlich  auch  event.  vorhandene 
Quellen,  welche  künstlich  gefaßt  und  architektonisch  ausgeschmückt  wurden, 
in  die  öffentliche  Benutzung  einbezogen  und,  wo  nötig,  in  späteren  Zeit- 
perioden aus  größerer  Entfernung  auch  zugeleitet.  Wo  alle  diese  Bezugsorte 
nicht  ausreichten,  wurden  Zisternen  oder  größere  offene  gemauerte  Reservoirs 
errichtet  und  in  denselben  das  Regenwasser  gesammelt. 

Zu  den  ältesten  Wasserleitungen,  welche  die  Griechen  der  Sicherheit 
wegen  immer  unterirdisch  anlegten,  gehört  die  Versorgung  von  Mykenae 
und  Argos. 

Zum  größten  Teil  der  Tätigkeit  der  Tyrannen  werden  zugeschrieben 
die  Wasserleitungen  der  Städte  Athen,  Theben  undMegära,  sowie  von 
Akragas  (Sizilien)  und  Samos. 

Der  Stadt  Athen  wurde  das  Wasser  durch  unterirdische  Kanäle  zu- 
geleitet, welche  mit  zahlreichen  Luft-  und  Revisionsschächten  versehen  waren. 
Während  ihrer  Blüte,  in  welcher  Periode  die  Stadt  ca.  200000  Einwohner 
zählte,  sollen  18  Wasserleitungen  Athen  gespeist  haben. 

Das  moderne  Athen  benützt  im  rekonstruierten  Zustande  eine  dieser 
alten  Leitungen. 

Ein  hervorragendes  Werk  ist  die  im  6.  Jahrhundert  v.  Chr.  erbaute 
Wasserversorgung  von  Samos,  welche  von  Herodot  beschrieben  wurde. 
Nach  demselben  wurde  das  Wasser  der  sorgfältig  gefaßten  Leucotheaquelle 
durch  einen  7  Stadien  (1100  m  langen)  Stollen  in  Tonröhren  der  Stadt  zu- 
geführt und  mittels  weiterer  Rohrleitungen  in  derselben  verteilt. 

Dieses  durch  den  Baumeister  Eupalinos  von  Megara  erbaute  Werk 
dürfte  jedoch  schon  zur  Römerzeit  nicht  mehr  benutzt  worden  sein;  es 
wurden  auch  Reste  einer  römischen  Leitung  aufgefunden.  Die  Tonrohre  von 
600  mm  Länge  hatten  entweder  einen  kreisförmigen  Querschnitt  von  180  mm 
Durchmesser  mit  Ansatzstutzen  oder  bildeten  ein  offenes  rechteckiges  Gerinne 
von  170/220  mm  Querschnitt  Die  Dichtung  erfolgte  mittels  weißen  Kitts.  - 
Diese  letzteren  Röhren  dürften  zur  Fortleitung  des  Wassers  im  Stollen  ge- 
dient haben. 

Besonders  interessant  sind  auch  die  Überreste  der  Leitung  von  Patara, 
insbesondere  der  als  Heberleitung  (Siphon)  gebaute  Aquädukt  daselbst,  bei 
welchem  die  auf  der  Krone  des  9,6  m  hohen  Aquäduktes  liegenden  Stein- 
röhren als  eine  der  ältesten  Druckrohrleitungen  Griechenlands  hervor- 
zuheben sind. 

Aus  der  sehr  bedeutenden  Anzahl  der  anderen  Städte  Griechenlands 
und  seiner  Kolonien,  welche  mit  Wasser  versorgt  wurden,  wäre  ferner  die 
hervorragende  Hochdruckleitung  von  Pergamon  hervorzuheben. 

Den  Erhebungen  Gräbers  und  Gieblers  zufolge  dürfte  diese  Leitung 
unter  dem  pergamonischen  Könige  Eumenes  II.  (197 — 159  v.  Chr.)  erbaut 
worden  sein. 

Die  beiden  erwähnten  Ingenieure  haben  aus  dem  aufgedeckten  Hoch- 
reservoir und  den  anderen  Terrainkoten  der  durch  die  vorgefundenen  Loch- 
steine festgestellten  Rohrtrasse  konstatiert,  daß  diese  Leitung  in  den  tiefsten 
Punkten  einem  Wasserdrucke  von  17 — 20  Atmosphären  ausgesetzt  gewesen 


Einleitung.  7 

sein  mufite,  eine  Inanspruchnahme,  welche  den  Betriebsdruck  unserer 
heutigen  modernen  Leitungen  von  höchstens  10  Atmosphären  wesentlich 
überschreitet.  (Zu  bemerken  ist,  dafi  unsere  gußeisernen  Röhren  einem 
maximalen  Probedruck  von  20  Atmosphären,  Mannesmann -Stahlröhren 
einem  solchen  von  50  Atmosphären  ausgesetzt  werden  können.) 

Leider  wurden  Reste  dieser  antiken  Druckrohrleitung  nicht  gefunden, 
daher  die  Frage  bezüglich  Rohrmaterial  und  Dimensionierung  heute  noch  eine 
ungelöste  ist. 

Hingegen  wurde  nach  den  Untersuchungen  Schucharts  gefunden,  dafi 
das  Wasser  der  Quellen  60  km  weit  durch  eine  dreifache  Tonrohrleitung  dem 
Hochreservoir  zugeführt  wurde.  Die  aufgefundenen  Röhren  der  Zuleitung 
haben  180  mm  Lichtweite,  sind  480  mm  lang  und  60 — 90  mm  stark.  — 

Abweichend  in  der  Art  der  Wasserbeschaffung  und  dem  Umfange  des 
hierzu  nötigen  Reservoirs  ist  unter  anderem  die  Wasserversorgungsanlage 
von  Alexandria.  360  Zisternen,  darunter  zwei-  bis  vieretagige,  gewölbte 
unterirdische  Reservoirs,  in  bedeutenden  Dimensionen  ausgeführt,  wurden 
zeitweilig  (beim  Anschwellen  des  Nils)  durch  unterirdische  Zuleitungskanäle 
aus  dem  20  m  breiten  Alexandriakanal  mit  Nilwasser  gefüllt  und  sodann  die 
Zuleitungsstollen  wieder  geschlossen. 

Römisches  Reich.  —  Die  Wasserversorgungen  der  Römer,  bei 
welchen  dieser  Zweig  des  Wasserbaues  seine  höchste  Entwicklung  im  Alter- 
tum erreicht  hat,  sind  insbesondere  dadurch  charakterisiert,  daß  die  Zuleitungen 
sich  nicht  immer  dem  Terrain  anschmiegten,  sondern  die  Trasse  derselben 
ohne  Rücksicht  auf  die  zu  überwindenden  Höhenunterschiede  und  damit  ver- 
bundenen Schwierigkeiten  mit  möglichst  gleichbleibendem  Gefälle  entwickelt 
wurden  und  daher  Berge  mittels  Tunnels  durchfahren  und  Täler  mittels 
Aquädukten  von  oft  kolossalen  Dimensionen  übersetzt  werden  mufiten.  Diese 
letzteren  prächtigen  und  die  Bewunderung  herausfordernden  Bauten,  welche 
in  allen  Teilen  des  grofien  römischen  Reiches  noch  heute  als  Reste  seiner 
einstigen  Gröfle  und  Kultur  anzutreffen  sind,  geben  in  erster  Linie  das  Zeugnis 
von  der  hervorragenden  Tätigkeit  der  Römer  auf  dem  Gebiete  des  Wasser- 
versorgungswesens. 

Unsere  moderne  Zeit,  welche  nicht  über  jene  verhältnismäßig  kolossalen 
Geldmittel  für  solche  Bauten  und  nicht  über  jene  billige  Arbeitskraft  verfügt, 
welche  den  alten  Völkern  insbesondere  im  Sklavendienste  zu  Gebote  stand, 
muß  sich  mit  weniger  prunkvollen  Monumentalbauten  begnügen  und  benutzt 
überall  dort  die  widerstandsfähigen  Eisenrohre  zur  Forüeitung  des  Wassers, 
wo  nicht  besondere  örüiche  Verhältnisse  oder  die  bedeutende  Größe  des 
sekundlich  zu  transportierenden  Wasserquantums  die  Anlage  von  Aquädukt- 
leitungen bedingen. 

Die  Zuleitungen  der  Römer  bestanden  selten  in  offenen  Gerinnen;  zu- 
meist waren  es  gemauerte  Kanäle,  Stollen  oder  Rohrleitungen  aus  Blei  oder 
Ton,  in  seltenen  Fällen  aus  durchbohrten  viereckigen  Tuffblöcken  gebildet. 

Aus  der  Baukunst  Vi tru vi us'  (Zeitperiode  um  Christi  Geburt)  ersehen 
wir  unter  anderem  die  als  notwendig  vorgeschriebenen  Rohrstärken  und  die 
Art  der  Dichtung  dieser  Leitungen. 


g  Einleitiing. 

So  gibt  Vitruvius  als  normale  Länge  der  zu  gießenden  Bleiröhren 
(Bleiplatten?)  10  Fuß  (3  m)  an.  Bei  Annahme  dieses  Normalmaßes  soll  eine 
100  zöllige  (260  mm)  Röhre  (centenaria  fistula)  1200  Pfund  (393  kg),  die  kleinsten 
5  zölligen  (125  mm)  Röhren  60  Pfund  (19,6  kg)  wiegen  (1  römisches  Pfund 
=  327,6  g).  Hierbei  bedeutet  obiges  Maß  jedoch  nicht  den  Durchmesser  der 
Röhren,  sondern  die  Breite  der  Bleiplatten,  aus  welchen  die  Röhren  gebogen 
und  sodann  gelötet  oder  mit  Mastix,  event.  auch  durch  umschließendes  Mauer- 
werk gedichtet  wurden.  Der  Querschnitt  der  Bleiröhren  war  kein  kreis- 
förmiger, sondern  ein  eiförmiger,  mit  der  Spitze  nach  oben  gerichtet.  Die 
Lötung  erfolgte  nicht  mit  Zinn,  sondern  mit  Blei. 

Die  Stöße  der  Röhren  wurden  durch  Ineinanderschieben  und  Löten  oder 
durch  Umlegung  mit  Muffen  gedichtet. 

Die  Zuleitungen  aus  gebrannten  Tonröhren  wurden  nicht  unter  2  Zoll 
(50  mm)  stark  hergestellt,  die  Dichtung  der  Stöße  durch  Einschieben  des 
kegelförmig  geformten  Schwanzendes  und  Ausgießen  mit  einem  Brei,  aus  un- 
gelöschtem Kalk  mit  Ol  angemacht,  durchgeführt. 

Die  Verteilungsleitungen  waren  aus  Blei  oder  Ton  hergestellt,  und  gibt 
Vitruvius  den  letzteren  mit  Rücksicht  auf  die  Gefährlichkeit  der  sich  event 
bildenden  Bleisalze  den  Vorzug. 

Trotzdem  gelangten  in  Rom  zumeist  nur  Bleiröhren  zur  Verwendung. 

Aus  den  Ausführungen  des  hervorragenden  römischen  Ingenieurs 
Frontinus  (im  Jahre  96  n.  Chr.  Curator  aquarum:  kaiserlicher  Verwalter 
der  Wasserwerke  Roms,  im  Jahre  100  unter  Trajan  Konsul)  geht  hervor, 
daß  die  wissenschaftlichen  Kenntnisse  auf  dem  Gebiete  der  Hydraulik  nur 
sehr  primitive  waren,  Geschwindigkeitsmessungen  kannte  man  damals  noch 
nicht  und  man  hatte  von  dem  Einflüsse  derselben,  bezw.  der  Druckhöhe  auf 
das  Ausflußquantum  nicht  die  richtige  Vorstellung. 

So  sagte  unter  anderem  Frontinus:  „Jedes  Wasser,  das  von  einem 
höheren  Orte  kommt  und  nach  kurzem  Lauf  in  das  Wasserschloß  fällt,  ent- 
spricht nicht  nur  seinem  Maß,  sondern  liefert  noch  Überfluß;  so  oft  aber 
das  Wasser  aus  einem  niedrigen  Orte,  also  mit  geringerem  Gefälle,  einen 
weiteren  Weg  geleitet  wird,  büßt  es  durch  die  Trägheit  der  Leitung  an  Maß 
ein."  Auf  diesen  reinen  Empirismus  auf  dem  Gebiete  der  Hydrotechnik 
finden  wir  nicht  nur  im  Altertum,  sondern  bis  zum  vorigen  Jahrhundert 
herauf  alle  wasserbaulichen  Durchführungen  basiert. 

Die  Zumessung  des  Wassers  an  die  Privatleitungen  erfolgte  durch  eine 
Art  Wassermodulus  (Wasserzoll),  welcher  von  Vitruvius  herstammen  soll. 

Die  Einheit  war  der  „Quinarius",  ein  Wasserquantum,  welches  durch 
ein  vertikales  Rohr  von  30  mm  Durchmesser  und  300  mm  Länge  abfloß, 
wobei  der  Zuflußwasserspiegel  330  mm  über  der  Einflußöffnung  permanent 
stehen  mußte.  Dieser  Quinarius  soll  einem  Ausflußquantum  von  420  1  in 
24  Stunden  entsprochen  haben,  was  jedoch  der  Berechnung  nach  nicht  stimmt. 

Als  älteste  Anlage  städtischer  Wasserversorgungen  ist  jene  der 
Metropole  Rom  anzusehen. 

Nach  Frontinus  (um  100  n.  Chr.)  wurde  Rom  durch  neun  Leitungen, 
die  Aqua  Appia  Claudia  (311  v.  Chr.),  Anio  vetus  (271  v.  Chr.),  Marcia  (145 


Einleitung.  9 

V.  Chr.),  Tepula  (126  v.  Chr.),  Julia  (34  v.  Chr.),  Virgo  (21  v.  Chr.),  Alsietina 
(19  V.  Chr.),  Claudia  (50  n.  Chr.)  und  Anio  novus  (53  n.  Chr.),  im  6.  Jahr- 
hundert n.  Chr.  (nach  Procopius)  durch  14  Leitungen  mit  Wasser  versorgt, 
indem  zu  den  früher  angeführten  Leitungen  noch  die  111  n.  Chr.  gebaute 
Aqua  Traiana  (die  heutige  Aqua  Paolo),  die  Severiana  (ca.  225  n.  Chr.), 
femer  die  Aqua  Antoniniana,  die  Alexandrina  (Hadriana)  und  die  Aqua 
Aureliana  hinzugekommen  sind.  Der  älteste  römische  Aquädukt,  die  Aqua 
Appia,  wurde  während  der  Republik  von  Gajus  Plautius  (358  v.  Chr.) 
begonnen  und  (311  v.  Chr.)  durch  Appius  Claudius  Crassus  vollendet. 

Die  Zuleitungskanäle  lagen  zumeist  unterirdisch  oder  übersetzten  auf 
hohen  Bogenstellungen  (im  engeren  Sinne  Aquädukt  genannt)  die  Täler. 

Der  Querschnitt  der  gemauerten  Kanäle  war  ein  rechteckiger,  die  Decke 
gerade,  dachförmig  oder  halbkreisförmig  (gewölbt) ;  ihre  lichte  Breite  schwtoikte 
zwischen  0,50  und  1,70  m,  ihre  Höhe  von  1—2,70  m.  Der  größte  in  Fels 
eingetriebene  Stollen  hatte  bei  1  m  Breite  eine  Höhe  von  2,3  m. 

Die  ersten  sechs  Wasserleitungen  wurden  unter  der  Republik,  die 
anderen  zur  Zeit  des  Kaiserreiches  gebaut. 

Die  Angaben  über  die  Menge  des  Wassers,  welche  durch  diese  Leitungen 
der  Stadt  Rom  täglich  zugeführt  wurde,  variieren  nach  den  einzelnen  Forschem 
zwischen  1^/,  Millionen  und  600000  m»,  alles  riesige  Quantitäten,  welche 
einen  immensen  Wasserüberfluß  bedeuten  würden,  wenn  dieses  Wasser  auch 
wirklich  in  der  Stadt  konsumiert  worden  wäre.  Durch  Beschädigungen  und 
natürliche  Undichtheiten  der  Aquädukte  ging  überdies  ein  größerer  Teil  des 
Wassers  verloren  und  gelangte  somit  gar  nicht  in  die  Stadt.  Noch  heute 
verfügt  Rom  über  kolossale  Wassermengen,  indem  für  häusliche  Zwecke  allein 
500  1,  für  den  Gesamtgebrauch  700  1  pro  Kopf  und  Tag  zur  Verfügung  stehen, 
während  den  heutigen  Anforderungen  einer  modernen  Wasserleitung  150  1 
pro  Kopf  vollkommen  entsprechen. 

Nach  Herschel  soll  dem  antiken  Rom  während  der  Blütezeit  pro  Kopf 
und  Tag  ein  Wasserquantum  von  230  1  zur  Verfügung  gestanden  haben. 

Nachdem  die  Einwohnerzahl  Roms  zur  Zeit  seiner  höchsten  Entwicklung 
mit  800000  Einwohner  andererseits  angegeben  wird,  so  entspricht  dies  einem 
Tagesquantum  von  bloß  184000  m«  für  das  antike  Rom;  für  das  heutige 
Rom  mit  kaum  600000  Stadtbewohnern  würde  für  den  Gesamtverbrauch  mit 
ca.  650 — 700  1  pro  Kopf  (also  inklusive  des  Fontänenbedarfes  und  anderen 
öffentlichen  Gebrauchswassermengen)  höchstens  ein  verfügbares  Zuflußquantum 
von  400000  m*  resultieren.  Nach  anderen  statistischen  Daten  wird  für  Rom 
eine  Einwohnerzahl  von  300000,  für  den  maximalen  Bedarf  pro  Kopf  1105  1 
angegeben. 

Alle  diese  Zahlen  stimmen  also  mit  den  sonst  üblichen,  in  der  Literatur 
angegebenen  Mengen  nicht  überein. 

Die  sichtbaren  Teile  der  Leitung,  also  insbesondere  die  imposanten 
Aquädukte  erforderten  große  Reparaturen.  So  mußte  Caracalla  um  das 
Jahr  212  n.  Chr.  bedeutende  Ausbesserungen  an  der  Marcia  vomehmen, 
während  jedoch  diesen  Bauwerken  unter  den  späteren  Kaisern  nicht  die 
nötige    Aufmerksamkeit    geschenkt    wurde.      Erst    Arcadius    und    Honorius 


10  Einleitung. 

(400  n.  Chr.)  und  später  der  Ostgotenkönig  Theoderich  (493—526  n.  Chr.) 
beschäftigten  sich  intensiver  mit  der  Instandhaltung  der  Wasserleitungen. 

In  den  Kriegen  des  Ostgotenkönigs  Vitiges  gegen  Belisar  (540  n.  Chr.) 
wurden  die  Aquädukte  zum  Teil  zerstört.  Die  letzte  der  noch  später 
funktionierenden  Aqua  Traiana  kam  549  n.  Chr.,  kurz  vor  dem  Ende  des 
ostgotischen  Reiches,  auch  in  Verfall.  Erst  unter  der  Herrschaft  der  Päpste 
(776  n.  Chr.)  begannen  wieder  die  Rekonstruktions-  bezw.  Ausbesserungs- 
arbeiten  bei  den  Aquädukten   und  die  Instandsetzung  der  Wasserleitungen. 

In  neuester  Zeit  wird  Rom  durch  vier  Wasserleitungen  versorgt, 
und  zwar  die  Aqua  Vergine  (erneuert  im  Jahre  1450),  die  Aqua  Marcia 
(Aqua  Pia,  im  Jahre  1870  unter  Pius  IX.  rekonstruiert,  deren  Zuleitungskanal 
52  km  lang  ist),  die  Aqua  Feiice,  von  Sixtus  V.  (1585 — 1590)  errichtet,  und 
die  Aqua  Paolo,  während  der  Regierung  Pauls  V.  (1605 — 1621)  erbaut. 

Der  bedeutende  Umfang  der  Wasserleitungen  der  alten  Urbs  Roma 
kann  aus  nachstehenden  Zahlen  entnommen  werden: 

Die  früher  angeführten  neun  ältesten  Leitungen,  welche  das  Wasser 
einzelner  Quellen,  sowie  des  Flusses  Anio  und  des  alsietinischen  Sees  der 
Stadt  zuführten,  hatten  zusammen  eine  Länge  von  436  km,  von  welcher 
ca.  2^/,  km  auf  Tunnels  und  ca.  63  km  auf  Aquädukte  (Bogenstellungen)  entfielen. 

Das  Wasser  wurde  dem  sich  steigernden  Bedürfnisse  entsprechend  mit 
immer  größerer  Druckhöhe  in  die  Stadt  eingeleitet,  wodurch  sich  die  Not- 
wendigkeit ergab,  die  Aquädukte  immer  mehr  zu  erhöhen,  bezw.  eine  Leitung 
über  die  andere  hinwegzuführen.  Dadurch  erreichten  die  Aquäduktbrücken, 
in  zwei  bis  drei  Etagen  angeordnet,  ganz  bedeutende  Höhen. 

So  erheben  sich  die  Bogenstellungen  der  Aqua  Claudia  bis  zu  32  m 
über  die  Talsohle. 

Die  Qualität  des  zugeleiteten  Wassers  war  entsprechend  den  Entnahme- 
stellen eine  sehr  verschiedene;  einige  Leitungen  konnten  nur  als  Nutzwasser 
Verwendung  finden.  Das  zumeist  sehr  harte,  kalkreiche  Quellwasser  hatte 
18 — 27  Härtegrade,  überschritt  also  zumeist  die  von  unseren  Gesundheits- 
kommissionen normierten  allgemeinen  Grenzen. 

Zur  Ablagerung  der  bei  Trübungen  des  Wassers  mitgeführten  Sedimente 
dienten  eigene  Absatz-  und  Klärungsbassins,  Piscinae  genannt,  welcher 
Name  auch  auf  die  gleichzeitige  Verwendung  als  Fischbassins  hindeutet. 
Diese  Bauwerke,  oft  aus  zwei  Etagen  bestehend,  weisen  mitunter  ansehnliche 
Dimensionen  auf.  Der  Fassungsraum  der  Piscinen  entsprach  zumeist  dem 
maximalen  Stundenzuflufiquantum. 

Nebstdem  finden  wir  eigene  Wasserschlösser  (Kastella),  zumeist 
dreikammerig  erbaut,  aus  welchen  die  Wasserverteilung  direkt  in  der 
Weise  erfolgte,  daß  aus  der  mittleren  Kammer,  welche  durch  den  Oberlauf 
der  beiden  anderen  Abteilungen  gespeist  wurde,  die  öffentlichen  Spring- 
brunnen, aus  den  letzteren  die  Bäder  und  Privatzuleitungen  versorgt  wurden. 

Die  Bewilligung  zur  Zuleitung  in  die  Privathäuser  wurde  ausschließlich 
nur  vom  Kaiser  zumeist  als  Belohnung  für  geleistete  Dienste  erteilt. 

Die  Wasserrechtsverhältnisse  Roms  weisen  überdies  noch  viele  andere 
höchst  interessante  Details  auf,  auf  welche  einzugehen  hier  die  Zeit  mangelt. 


Einleitung.  H 

Aufler  den  Wasserversorgungsanlagen  der  Stadt  Rom  wären  in  Italien 
selbst  unter  anderen  noch  die  173  v.  Chr.  durchgeführten  Leitungen  für 
Fondi,  Pisanus  und  Pollentia,  femer  jene  von  Neapel  und  Alatri 
hervorzuheben. 

Insbesondere  ist  es  die  um  das  Jahr  100  v.  Chr.  gebaute  Wasserleitung 
von  Alatri,  welche  technisch  dadurch  interessant  ist,  daß  bei  derselben  die 
Römer  sich  der  Vorteile  einer  Heber-(Siphon)-Leitung  bedienten,  bei  welcher 
100  mm  weite  Bleiröhren  von  10 — 35  mm  Fleischstärke  in  Verwendung  kamen, 
die  einem  maximalen  Wasserdrucke  von  10  Atmosphären  ausgesetzt  waren. 

In  den  römischen  Kolonien  sind  hervorzuheben  die  Wasserversorgungen 
von  Lyon,  Pergamum,  Arelatum  (Arles)  und  Aspendus,  welche  ebenfalls 
Heberleitungen  besafien. 

In  der  Zuleitung  für  Lyon  waren  3  Siphons  eingeschaltet,  von  welchen 
der  mittlere,  aus  10  Bleirohrsträngen  bestehend,  123  m  Höhenunterschied 
(Pfeilhöhe,  12  Atmosphären  Überdruck)  aufwies. 

Der  Siphon  von  Pergamum  (römische  Leitung)  war,  nur  einem  Wasser- 
drucke von  26  m  (2^/,  Atmosphären)  ausgesetzt,  aus  Tonröhren  gebildet. 

Als  besonders  hervorragende  Bauwerke  in  den  römischen  Kolonien 
Europas  sind  noch  die  durch  ihre  gewaltigen  Dimensionen  imponierenden 
Aquädukte  (Brückenleitungen)  hervorzuheben. 

In  Gallia  (Frankreich):  der  ca.  18  v.  Chr  erbaute  Pons  du  Gard  für 
die  Wasserleitung  von  Nemausus  (Nim es),  eine  mächtige  Brücke  aus  drei 
übereinander  angeordneten  Bogenstellungen,  deren  einzelne  Bogen  (im  ganzen 
256  Stück)  bis  24  m  Spannweite  besitzen.  Das  zur  Übersetzung  des  Garonne- 
tales  bestimmte  2000  m  lange  Bauwerk  hat  eine  größte  Höhe  von  ca.  45  m 
über  dem  Wasserspiegel  des  Flusses.  Weiter  sind  hervorzuheben  die 
Aquädukte  von  Vienna,  Antibes  und  Sens. 

In  Spanien:  der  Aquädukt  von  Tarragona  (anfangs  der  christlichen 
Zeitrechnung  erbaut)  in  zwei  Bogenstellungen  von  zusammen  30  m  Höhe, 
femer  der  Aquädukt  von  Chelves  und  Merida,  endlich  jener  von  Segovia 
(unter  Trajan  gebaut),  das  größte  der  erhaltenen  römischen  Bauwerke  Spaniens. 
Seine  größte  Höhe  beträgt  31  m  bei  einer  Länge  von  818  m.  Die  Brücke 
besteht  aus  109  Bogen,  welche  in  zwei  Etagen  übereinander  angeordnet  sind. 

In  Deutschland  finden  sich  gleichfalls  Überreste  römischer  Wasser- 
leitungen in  den  Städten  Köln,  Mainz,  Metz  und  Straßburg,  in  Oster- 
reich jene  von  Vindobona  und  Carnuntum. 

Außer  den  bereits  angeführten  Wasserleitungen  in  Pergamum  und 
Aspendus  haben  die  Römer  auch  in  Kleinasien  eine  große  Anzahl  derartiger 
Werke,  mitunter  auch  auf  Kosten  der  betreffenden  Gemeinden  geschaffen. 

Erwähnt  seien  hier  unter  anderen  die  Städte  Nicomedia,  Alexandria- 
Troas,  Mytilene,  Ephesus  und  Antiochia  in  Syrien. 

Unter  den  römischen  Wasserwerken  in  Afrika  ragt  insbesondere  die 
Leitung  für  Karthago  hervor,  welche  eine  Länge  von  132  km  besessen 
haben  soll;  einer  der  im  Zuge  der  Leitung  befindlichen  Aquädukte,  welcher 
unter  Septimus  Severus  (193 — 211  n.  Chr.)  gebaut  wurde,  hatte  eine  Höhe 
von  40  m. 


12  Einleitung. 

Byzantinisches  Reich.  —  Die  oströmischen  Wasserleitungen,  die 
jedoch  größtenteils  nicht  mehr  aus  der  Periode  des  Altertums  stammen, 
sondern  bereits  dem  Mittelalter  angehören,  weisen  zum  Unterschiede  von  den 
weströmischen  in  bezug  auf  die  Wasserbeschaffung  insoweit  wesentliche 
Unterschiede  auf,  als  hier  wieder  zahlreiche  Anlagen  von  Stauweihem  an- 
zutreffen sind,  welche  jedoch  in  ihren  Dimensionen  sehr  bescheiden  und  oft 
nur  als  künstlich  ausgehobene  kleinere  Teiche  von  rechteckiger  Grundrißform 
durchgeführt  erscheinen. 

Unter  allen  diesen  Anlagen  ist  die  Wasserversorgung  von  Kon- 
stantinopel die  bedeutendste. 

Unter  den  antiken  Bauobjekten  dieser  Anlage  muß  insbesondere  der 
Aquädukt  des  Valens  hervorgehoben  werden,  welcher,  um  das  Jahr  368 
n.  Chr.  gebaut,  eine  Höhe  von  ca.  23  m  hat  und  die  Bogenstellungen  in 
zwei  Etagen  durchgeführt  erscheinen-  Der  ursprünglich  gegen  1200  m  lange 
Aquädukt  wird  nach  wiederholt  durchgeführten  Reparaturen  auch  noch  heute 
notdürftig  benützt. 


I.  Die  moderne  Wasserversorgung 
der  Ortschaften. 


Das  grotfe  Gebiet  der  Kulturtechnik  umfafit,  wie  bekannt,  insbesondere 
2  Hauptgruppen  des  Wasserbaues,  welche  wir  unter  der  allgemeinen  Be- 
zeichnung Entwässerung  und  Bewässerung  zusammenfassen.  Diese  Bezeichnung 
umfafit  jedoch  nicht  allein  die  Zu-  und  Abführung,  also  die  zweckentsprechende 
Wasserverteilung  auf  den  landwirtschaftlich  benutzten  Grundstücken  (Felder 
und  Wiesen)  zum  Zwecke  der  Erhöhung  der  Bodenertragsfähigkeit  derselben, 
sondern  es  gehört  in  die  große  Gruppe  der  Ent-  und  Bewässerungsarbeiten 
auch  die  Ableitung  des  überflüssigen  oder  die  Zuleitung  bezw.  Ergänzung 
des  fehlenden  Wassers  in  Ortschaften  im  allgemeinen  und  in  bewohnten 
Räumen  im  speziellen.  Während  die  Kanalisation  den  Zweck  der  Ent- 
wässerung verfolgt,  ist  es  Aufgabe  der  Wasserversorgung,  menschliche  Wohn- 
räume insbesondere  mit  dem  nötigen  Wasser  für  Trink-  und  Nutzzwecke  zu 
versehen.  Das  Wasser  kann  oft  nur  zum  Genüsse  für  Menschen  und  Tiere 
verwendet  werden,  in  welchem  Falle  wir  es  mit  einer  Trink  was  s  er  1  ei  tun  g 
zu  tun  haben,  deren  Zweck  es  ist,  das  qualitativ  und  quantitativ  ent- 
sprechende Wasser  sowohl  für  Trink-  als  auch  für  Haushaltungszwecke 
zu  beschaffen;  zu  dem  letzteren  gehört  das  Wasser,  welches  beim  Kochen 
und  Reinigen  im  Haushaltungswesen  benötigt  wird.  Jenes  Wasser,  welches 
zu  allen  anderen  Zwecken  benutzt  wird  und  an  welches  naturgemäß  andere 
Ansprüche  in  qualitativer  wie  insbesondere  in  quantitativer  Richtung 
gestellt  werden  müssen,  wird  allgemein  Nutzwasser  genannt,  und  ist  es 
Aufgabe  einer  Nutz  Wasserleitung,  diesen  verschiedenen  und  größeren 
Bedarf  zu  decken. 

Als  Ideal  bei  Aufstellung  eines  Projektes  für  eine  Wasserversorgung 
hat  die  einheitliche  Beschaffung  eines  sowohl  für  Trink-  als  Nutz- 
zwecke entsprechenden  Wassers  zu  gelten.  Wohl  ist  dieses  anzustrebende 
Ziel  insbesondere  bei  größeren  Ortschaften  und  Städten  nicht  immer  zu 
erreichen. 

Um  beurteilen  zu  können,  ob  das  zur  Verfügung  stehende  Wasser 
überhaupt  verwendbar  ist  und  im  speziellen  zu  Trink-  oder  Nutzzwecken 
benutzt  werden  oder  endlich  gleichzeitig  beiden  dienen  kann,  ist  es  notwendig, 
in  erster  Linie  der  Frage  der  Qualität  und  der  Quantität  des  Wassers  näher 
zu  treten. 


i4  !•  I^ic  WaÄserversorgung  der  Ortschaften. 

Ä.  Eigenschaften  des  Wassers. 

I.  Trinkwasser. 

Ein  gutes  Trinkwasser  muß  klar  und  farblos,  wohlschmeckend  und 
gesund  sein  und  eine  möglichst  gleichbleibende  Temperatur  von  7 — 10®  C. 
besitzen.  Die  Reinheit  des  Wassers  ist  eine  jederzeit  mehr  oder  weniger 
leicht  zu  erreichende  Bedingung,  indem  einerseits  das  meiste  Quell-  und 
Grundwasser  an  und  für  sich  in  vollkommen  klarem  Zustande  gewonnen 
wird,  andererseits  es  jederzeit  möglich  ist,  durch  technische  Maßnahmen  eine 
eventuelle  künstliche  Reinigung  zu  erzielen.  Zu  diesen  Mitteln  gehören  die 
Sedimentation  und  die  Filtration,  über  welche  später  gesprochen  werden  soll. 
Unter  dem  Begriffe  „rein"  ist  nicht  nur  die  Eigenschaft  der  Durchsichtigkeit 
verstanden,  sondern  es  soll  das  Wasser  auch  jenes  Aussehen  besitzen, 
welches  wir  „kristallklar"  nennen.  (Bei  anderen  Getränken,  wie  Bier  und 
Wein,  pflegt  man  diese  Eigenschaft  als  „Glanz"  zu  bezeichnen.)  Zur  Be- 
urteilung dieser  vollkommensten  Reinheit  des  Wassers  in  mechanischer 
Beziehung  bedient  man  sich  am  besten  eines  nicht  zu  kleinen  geschliffenen, 
aus  ganz  reinem  Glase  gefertigten  Trinkgefäßes  oder  einer  Flasche.  Hierbei 
ist  zu  berücksichtigen,  daß  ein  Wasser  in  verhältnismäßig  dünnen  Schichten 
ganz  klar  erscheinen  kann,  während  es  bei  größerer  Tiefe  der  Wasserschichte 
eine  Trübung  etc.,  meist  durch  das  Vorhandensein  von  sehr  fein  verteilten 
Sedimenten  bedingt,  aufweist.  Insbesondere  ist  dies  bei  Flußwasser  zu 
beobachten,  das  künstlich  gereinigt  (filtriert)  zu  Trinkzwecken  verwendet 
wird.  Um  in  dieser  Beziehung  eine  Norm  zu  schaffen,  hat  man  eigene 
Apparate  konstruiert,  die  im  wesentlichen  darin  bestehen,  daß  eine  beliebig 
weite  Glasröhre  mit  dem  auf  seine  Klarheit  zu  untersuchenden  Wasser  gefüllt 
und  konstatiert  wird,  ob  bei  einer  gewissen  Höhe  der  Wassersäule  ein  Faden, 
Kreuz  oder  irgend  ein  kleiner  Gegenstand  noch  vollkommen  deuüich  wahr- 
zunehmen ist.  Bei  diesem  Versuche  kann  auch  die  Farblosigkeit  des 
Wassers  beurteilt  werden.  Die  zweite  Eigenschaft  eines  guten  Trinkwassers 
besteht  in  dem  „Wohlgeschmack"  desselben.  Dieser  Begriff  ist  nur  relativ 
aufzufassen,  indem  das  Wasser  eigentlich  „geschmacklos  und  geruchlos" 
*sein  soll,  auch  keinen  faden  Geschmack  besitzen  darf. 

Der  Geruch  kann  bei  moorigen  Quellgründen  durch  chemische  Bei- 
mengungen, sonst  zumeist  durch  das  Vorhandensein  aufgelöster  Gase  etc. 
bedingt  sein. 

Der  sogen.  Geschmack,  im  günstigen  Sinne  aufgefaßt,  ist  einerseits  be- 
dingt durch  die  Härte  des  Wassers,  andererseits  durch  das  Vorhandensein 
einer  gewissen  Menge  halbgebundener  und  freier  Kohlensäure,  welche  neben 
der  entsprechenden,  nicht  zu  hohen  Temperatur  das  Wasser  frisch  und 
schmackhaft  macht.  Ist  das  Wasser  zu  weich  und  kohlensäurearm,  dann 
schmeckt  es  „fad"  oder  „schal".  Wenn  auch  durch  einen  Gehalt  an  Kohlen- 
säure das  Wasser  appetitanregend  und  damit  sanitär  sehr  günstig  auf  die 
Verdauung  wirkt,  so  darf  dieser  Gehalt  an  Kohlensäure  doch  nicht  jenen 
Grad  erreichen,  welcher  das  Wasser  zu  einem  sogen,  „natürlichen  Säuer- 
ling" stempelt.* 


A.  Eigenschaften  des  Wassers.  15 

Unter  der  Härte  des  Wassers  versteht  man  das  Mengenverhältnis  der 
in  einer  bestimmten  Menge  Wasser  gelösten  Mineralsalze,  insbesondere  der 
kohlen-  und  schwefelsauren  Kalk-  und  Magnesiasalze. 

In  Deutschland  entspricht  1  (deutscher)  Härtegrad  1  Teil  Kalk  (CaO) 
in  100000  Teilen  Wasser  oder  die  äquivalente  Menge  Magnesia  (MgO)^  wobei 
1,0  Teil  AfeO=  1,4  Teilen  CaO  entspricht. 

Ein  französischer  Härtegrad  entspricht  einem  Gehalte  von  1  Teil 
CaOf  CO2  (kohlensaurem  Kalk)  in  100000  Teilen  Wasser.  Es  ist  also 
1  französischer  Härtegrad  —  0,56  deutschen  Härtegraden. 

Die  einfachste  Methode  zur  Beurteilung  der  Härte  des  Wassers  besteht, 
wie  in  der  allgemeinen  Meliorationslehre  (1.  Band)  bereits  beschrieben,  darin, 
daß  die  gelösten  Kalk-  und  Magnesiasalze  mittels  einer  genau  titrierten 
alkoholischen  Seifenlösung  (z.  B.  nach  Boudron  und  Boudet),  welche  aus 
einer  Tropfbürette  dem  Wasser  nach  und  nach  zugesetzt  wird,  herausgefällt 
werden.  Gewöhnlich  werden  bei  den  französischen  Hydrotimetem  (Härte- 
messcrn)  40  m®  Wasser  der  Untersuchung  unterzogen  und  die  erfolgte  Neu- 
tralisierung aus  der  Bildung  eines  ca.  1  cm  hohen,  feinblasigen,  wenigstens 
ö  Minuten  haltenden  Seifenschaumes  geschlossen.  Die  Menge  der  verbrauchten 
Seifenlösung  (auf  der  Tropfbürette  direkt  in  einer  französischen  Graden  ent- 
sprechenden Skala  eingeteilt)  gibt  direkt  die  Härte  des  Wassers  an. 

Nach  dem  Mafie  der  Härte  unterscheidet  man  harte  und  weiche 
Wässer.  Vom  Standpunkte  des  Hygienikers  bezw.  Hydrotechnikers  pflegt 
man  ein  Wasser,  das  über  5 — 6  deutsche  Härtegrade  besitzt,  bereits  zu  den 
harten  zu  zählen,  während  der  Chemiker  ca.  15®  als  Grenze  annimmt  und 
Wässer  über  30®  erst  als  sehr  hartes  bezeichnet.  Soll  das  Wasser  gesund 
sein,  so  darf  es  unter  normalen  Verhältnissen  20  Härtegrade  absolut  nicht 
Oberschreiten.  Die  allgemein  zuträglichste  Härte  ist  8—10®,  also  ziemlich 
entsprechend  den  Temperaturgraden  in  Celsius.  Die  für  den  Gaumen  an- 
genehmste Temperatur  zum  Trinken  im  Hochsommer  ist  10®  R.  —  12,5®  C, 
welches  Wasser  immerhin  noch  als  ein  frisches,  der  Gesundheit  zuträgliches 
bezeichnet  werden  muß.  Hartes  Wasser  ist  für  Nutzzwecke,  insbesondere 
Industrien,  ebenso  auch  zum  Kochen  schlecht  geeignet  (Kesselsteinbildung 
und  Hartbleiben  der  Hülsenfrüchte  beim  Kochen).  Es  ist  im  allgemeinen 
bei  Lösung  einer  Wasserversorgungsfrage  selten  möglich,  ein  Wasser  von 
der  gewünschten  Härte  auswählen  zu  können,  sondern  es  muß  eben  mit  dem 
vorhandenen  gerechnet  werden.  Hierbei  muß  nochmals  bemerkt  werden, 
daß  es  zumeist  in  sanitärer  Richtung  gar  nicht  rätlich  erscheint,  dort,  wo  es 
auch  durchführbar  wäre,  der  seit  jeher  beispielsweise  an  sehr  hartes  Wasser 
gewöhnten  Bevölkerung  plötzlich  ein  sehr  weiches  Wasser  zur  Verfügung 
zu  stellen. 

Diese  Grenze,  vom  sanitären  Standpunkte  aus  aufgefaßt,  wird  im  all- 
gemeinen sehr  schwanken  und  sich  nach  dem  früher  vor  der  Einführung  der 
Wasserleitung  verfügbaren  Wasser  richten.  Ortschaften,  welche  ehedem  auf 
Wasser  aus  Letten-,  Mergel-  oder  Gipsschichten  mit  30 — 40  Härtegraden  an- 
gewiesen waren,  werden  20  ®  als  Grenze  um  so  mehr  akzeptieren  müssen,  als 


16 


I.  Die  Wasservenorgnng  der  Ortschaften. 


in  der  nächsten  Umgebung  infolge  der  geognostischen  Beschaffenheit  der 
wasserführenden  Hangend-  oder  Liegendschichten  vielleicht  überhaupt  ein 
weicheres  Wasser  nicht  beschafft  werden  kann.  Der  Bevölkerung  von  Ort- 
schaften, welche  seit  Menschengedenken  an  das  sehr  weiche  Wasser  der 
kristallinischen  Schiefer-,  Granit-  und  Quarzsandgebiete  etc.  gewöhnt  waren, 
würde  ein  Wasser  von  10 — 15  Härtegraden,  wenigstens  solange  die  Reaktion 
auf  die  Verdauungsvorgänge  durch  Gewohnheit  nicht  aufgehoben  ist,  viel  zu 
hart  erscheinen.  Im  übrigen  soll  der  Härtegrad  auch  ein  solcher  sein,  daß 
das  Wasser  ohne  wirtschaftliche  Nachteile  zu  allen  häuslichen  und  gewerb- 
lichen Zwecken  verwendet  werden  kann.  Das  Wasser  muß  ferner  in 
chemischer  Beziehung  rein  sein,  d.  h.  es  darf  insbesondere  der  Gehalt  an 
organischer  Substanz  eine  gewisse  Grenze  nicht  überschreiten;  dieselbe  beträgt 

35  ^ 

nach  einigen  Chemikern  ca.   inQQAAA-    Derzeit  wird  diese  Grenze  durch  die 

Menge  des  zur  Oxydation  der  organischen  Substanz  verbrauchten  über- 
mangansauren Kalilösung  (zumeist  10  mg  pro  Liter)  fixiert 

Femer  soll  der  Gehalt  an  Magnesia  40  mg  im  Liter  nicht  übersteigen, 
salpetrige  Säure  und  Ammoniak,  femer  Schwefelwasserstoff  vollständig  fehlen 
und  Chlor  nur  in  Form  von  Kochsalz  (ClNä)  vorkommen.  Wie  persönlich 
verschieden  die  Ansichten  über  gewisse  zulässige  Grenzen  der  im  Genuß- 
wasser gelösten  Stoffe  sind,  kann  aus  nachstehender  Tabelle  entnommen 
werden.    (Fischer,  „Das  Wasser"  etc.) 


TabeUe 

über  sulässige  ( 

Qrenswerte  chemischer  Bestandteile. 

(Milligramm  pro  Liter.) 

Benennung: 

r- 

Englische 

Kommission 

1874 

Brüsseler 

Kongrefi 

1885 

Schweizer 

Kongrefi 

1888 

Tiemann 

und  Gärtner 

1889 

Gesamtgehalt  an  organischen 
Stoflfen     (ermittelt     durch 
übermangansaures  Kali) 

2-10 

8-16 

6-10 

10 

10 

6-10 

Darin: 

Organischer  Kohlenstoff  . 

— 

— 

— 

2 

— 

— 

5 

„           Sückstoff. 

— 

— 

— 

0,3 

0,1 

0,05 

0,2 

Salpetrige  Säure     . 

— 

0 

0 

— 

— 

0 

0 

Ammoniak     .     .     . 

— 

0 

0 

— 

— 

0 

0 

Salpetersäure .     .     . 

4 

27 

6—15 

— 

2 

20 

5-16 

Chlor 

2-8 

36 

20-30 

— 

8 

20 

20—30 

Schwefelsäure     .     . 

2-63 

80 

80-100 

— 

60 

— 

60-100 

Abdampfrückstand  . 

100-500 

— 

500 

— 

600 

500 

500 

Gesamthärte  (deutsche 

Gra 

ide; 

18 

17-20 

18-20 

— 

20 

— 

18-20 

Die  von  den  österr.  k.  k.  allgemeinen  Untersuchungsanstalten  für  Lebens- 
mittel in  Wien,  Prag  etc.  durchgeführten  Analysen  für  Wasserversorgungs- 
zwecke enthalten  im  Befund  nachstehende  Daten: 


A.  Eigenschaften  des  Wassers.  17 

a)  Äußere  Beschaffenheit  (Aussehen,  Farbe,  Geruch,  Geschmack). 

b)  Reaktion  (gegen  Lackmus,  gegen  Rosolsäure). 

c)  Bodensatz. 

d)  Bakteriologischer    Befund    (Zahl    der    entwickelten    Mikrobien- Kolonien 
pro  1  cm*  Wasser  binnen  .  .  .  Tagen. 

e)  Chemische  Beschaffenheit:  In  1  Liter  Wasser  sind  enthalten  Milligramme. 

Abdampfrückstand  bei  100  <>  C;  Trockenrückstand  bei  170  <>  C;  Glüh 
rOckstand;  Glühverlust;  Eisenoxydul,  Eisenoxyd,  Kalk,  Magnesia,  Kali, 
Natron,  Ammoniak,  Albuminoid-Ammoniak,  Chlor,  salpetrige  Säure, 
Salpetersäure,  Schwefelsäure,  Phosphorsäure,  Kieselsäure,  Kohlensäure 
(freie,  halbgebundene,  gebundene),  Schwefelwasserstoff,  schwere  Metalle, 
Kaliumpermanganat  zur  Oxydation  der  organischen  Stoffe,  endlich 
Gesamthärte  (deutsche  Grade)  und  bleibende  Härte. 

Der  „Deutsche  Verein  für  öffentliche  Gesundheitspflege  in  Düsseldorf" 
stellte  1876  diesbezüglich  folgenden  Satz  auf:  „Was  die  Beschaffenheit  des 
Wassers  anbetrifft,  so  können  Grenzwerte  für  die  erlaubte  und  unschädliche 
Menge  fremder  Bestandteile  im  Wasser  zurzeit  nicht  festgestellt  werden. 
Die  Hauptsache  ist,  dafi  durch  die  Art  der  Anlage  eine  Verunreinigung  durch 
animalische  Abfallstoffe  und  exkrementelle  Stoffe  ausgeschlossen  ist."  Gehalte 
an  Mineralgiften,  Arsen,  Blei  etc.,  wenn  auch  noch  so  klein,  schließen  eine 
Verwendung  des  Wassers  als  gewöhnliches  Trinkwasser  (nicht  Mineralwasser) 
völlig  aus.  Ein  Eisengehalt  des  Wassers  in  Form  von  Eisenoxydul  bildet 
wohl  keine  gesundheitsschädliche  Verunreinigung  des  Wassers,  sobald  der 
selbe  nicht  größer  als  0,1 — 0,16  mg  pro  Liter  ist,  nur  wird  der  Eisengehalt 
durch  das  Ausfällen  des  durch  Zutritt  der  Luft  in  Eisenoxydhydrat  ver- 
wandelten unlöslichen  Rostpulvers  bei  vielen  Verwendungen  des  Wassers 
sehr  lästig.  Das  gleiche  gilt  von  dem  Mangangehalt,  der  besonders  in 
neuerer  Zeit  bei  Grundwasserversorgungen  plötzlich  in  großer  Menge  sich 
vorfand,  so  beispielsweise  in  Breslau  im  Jahre  1906,  in  deren  Anlage  nach 
einem  Hochwasser  plötzlich  kolossale  Mengen  von  Mangansulfat  und  Eisen 
auftraten,  welche  im  Maximum  300  mg,  im  Durchschnitt  130  mg  pro  Liter 
betrugen. 

Der  größere  Eisengehalt  in  einem  aufgeschlossenen  Grundwasser  ist 
insbesondere  dadurch  bedenklich,  daß  die  Oxydulstufe  nur  bei  mangelndem 
Sauerstoff  auftritt,  was  besonders  bei  versumpften  Böden  der  Fall  ist,  deren 
Wasser  als  solches  insbesondere  seines  Reichtumes  an  organischer  Substanz 
wegen  vom  Genüsse  auszuschließen  ist.  Im  übrigen  läßt  sich  manches  im 
Brunnen  aufgeschlossene,  anfangs  eisenhaltige  Wasser  durch  längeres  Aus- 
pumpen oder  durch  kräftige  Luftoxydation  (Aeration)  in  einen  brauchbaren 
Zustand  überführen.  Die  letztere  Methode  besteht  darin,  daß  das  Wasser 
entweder  in  dünnen  Schichten  langsam  über  breite  Stufen  (Terrassen),  welche 
mit  grobem  Schotter  oder  Reisig  bedeckt  sind,  überrieselt  und  sodann  in  ein 
Absatzbassin  geleitet  wird,  wo  die  Sedimentierung  des  unlöslichen  Eisen- 
oxydhydrates stattfinden  kann,  oder  aber  aus  einer  eigens  konstruierten 
Rieseianlage  kombiniert  mit  einer  Sandfiltration. 

Friedrich,  Wasserbau.    Zweite  AuHage.    U.  Band.  2 


18  I.  Die  Wasserversorgung  der  Ortschaften. 

Leider  muß  bei  großen  Grundwasserversorgungen  sehr  häufig  mit  dem 
Auftreten  von  Eisen  im  Wasser  und  dem  kostspieligen  Prozeß  einer  Ent- 
eisenung gerechnet  werden. 

Die  Art  des  Vorkommens  von  Eisen-  und  in  seltenen  Fällen  auch  von 
Mangan  Verbindungen  im  Untergrund,  sowie  ihre  Bildung  kann  eine  lokal 
oft  sehr  verschiedene  sein. 

So  äußerte  sich  rücksichtlich  der  epochalen  Katastrophe  in  Breslau  (1906) 
Professor  Luedecke  über  die  Ursachen  der  plötzlichen  Verunreinigung  des 
Wassers  dahin,  daß  im  Oderschwemmland  Schichten  eingelagert  sind,  welche 
beträchtliche  Mengen  von  Schwefeleisen  enthalten,  wie  sich  solches  in  den 
meisten  mit  Wasser  vollständig  gesättigten  Bodenschichten,  in  Sümpfen  und 
Mooren  bildet  und  hier  erst  dann  einer  Veränderung  unterliegt,  wenn  der 
Grundwasserspiegel  gesenkt  wird  (z.  B.  durch  Auspumpen),  wonach  sodann 
durch  den  Sauerstoff  der  in  den  Boden  eindringenden  Luft  das  Schwefel- 
eisen in  schwefelsaures  Eisenoxydul  (Eisenvitriol)  umgesetzt  wird,  welches 
Salz  bekanntermaßen  in  Wasser  leicht  löslich  ist.  In  dem  durch  Absenkung 
des  Grundwasserspiegels  trocken  gelegten  Untergrund  speichert  sich  nun 
dieses  Eisensalz  auf,  wird  aber  beim  Steigen  des  Grundwasserspiegels  oder 
durch  eingesickertes  Tagewasser  (bei  Hochwasser  etc.)  wieder  gelöst  und 
gelangt  in  die  Entnahmebrunnen. 

Während  dieses  Durchfließens  durch  den  Boden  bindet  wohl  der  im 
Boden  enthaltene  Kalk  aus  diesem  Eisensalze  teilweise  oder  bei  großem 
Kalkgehalt  vollständig  die  Schwefelsäure  und  bildet  schwefelsauren  unlöslichen 
Kalk,  der  unschädliAi  ist. 

Ist  aber  der  Boden  kalkarm,  dann  bleibt  das  Eisensalz  als  solches  gelöst 
und  wird  auch  durch  die  Enteisenungsanlage,  ebenso  wie  die  Mangansalze, 
zumeist  nur  wenig  zersetzt,  während  im  anderen  Fall  das  von  der  Säure  be- 
freite basische  Eisen  als  Eisenoxydhydrat  ausgefällt  wird.  (In  Stettin  soll 
man  jedoch  durch  eine  kräftige  Aeration  in  der  Enteisenungsanlage  den 
Mangangehalt  von  5  auf  0,2  mg  im  Liter  reduziert  haben.) 

Beim  Boden  des  Oderschwemmlandes  wurde  nun  durch  die  Analyse 
mehr  Schwefelsäure  im  Wasser  nachgewiesen,  als  vom  Kalk  gebunden  werden 
kann.  In  einem  späteren  Artikel  der  „Schlesischen  Zeitung"  vom  10.  Juni  1906 
schreibt  Prof.  Dr.  Luedecke,  daß  aus  dem  Analysenbefunde  gefolgert  werden 
kann,  daß  die  verunreinigenden  Stoffe  in  der  Nähe  der  Brunnen  lagern 
müssen  und  auf  ganz  kurzem  Wege  mit  dem  Wasser  in  die  Brunnen  gelangen. 

Das  Schädliche  im  Wasser  ist  die  Schwefelsäure,  die  im  Boden  nach 
Auspumpen  des  Grundwassers  entstanden  ist  und  Eisen  und  Mangan  in 
Lösung  bringt.  In  anderen  Fällen  kann  das  Wasser  auch  Eisen  in  Form 
von  kohlensaurem  Eisenoxydul  enthalten,  welches  durch  den  Prozeß  der 
Aeration  durch  Aufnahme  von  Sauerstoff  in  unlöshches  Eisenoxydhydrat 
überführt  und  daher  ausgefällt  wird,  welches  Sediment  später  durch  Filtration 
entfernt  werden  muß. 

Über  die  Grundprinzipien,  nach  welchen  die  Anlagen  zur  Enteisenung 
von  Grundwasser  durchzuführen   sind,   wurde   in  übersichtlicher  Weise   auf 


A.  Eigenschaften  des  Wassers.  X9 

der  41.  Jahresversammlung  des  deutschen  Vereines  der  Gas-  und  Wasser- 
fachmänner durch  Zivilingenieur  Prinz  referiert. 

Auf  Grund  der  Betrachtungen  über  die  hydrochemischen  Vorgänge  im 
eisenhaltigen  Untergrund,  welcher  nahezu  in  allen  Formationen  angetroffen 
wird,  ergeben  sich  folgende  Erscheinungen: 

Das  Grundwasser  hat  einen  veränderlichen  Eisengehalt  in  einer  wenig 
gefestigten,  an  atmosphärischer  Luft  leicht  zerfallenden  chemischen  Form. 
Derselbe  ist  Ursache,  daß  sich  das  Wasser  bald  nach  seiner  Förderung  an 
die  Erdoberfläche  trübt.  Die  Trübung  besteht  oft  nur  in  einem  kaum  merk- 
baren bläulichen  Opalisieren,  steigert  sich  aber  häufig  bis  zur  reichlichen 
Abscheidung  bräunlicher  Flocken.  In  den  oberen  Erdschichten  ist  vor- 
herrschend Eisenoxyd  vorhanden,  welches,  allmählich  abnehmend,  in  Eisen- 
oxydul übergeht,  bedingt  durch  die  allmähliche  Abnahme  des  Sauerstoff- 
gehaltes des  Grundwassers  während  des  Versinkens  bis  zur  unteren  Grenze 
des  freien  Sauerstoffes.  Damit  zusammenhängend  haben  die  Sande  bis  zur 
Grenze  des  Vorkommens  löslichen  Eisenoxyduls  ein  gelbliches  Aussehen,  beim 
Fehlen  des  ungebundenen  Sauerstoffes  sind  sie  grau.  Die  Lösung  des  Eisens 
erfolgt  durch  das  in  den  Untergrund  einsickernde,  Sauerstoff,  Kohlensäure 
und  organische  Substanz  in  Lösung  haltende  Meteorwasser.  — 

Mit  großer  Eisenabscheidung  ist  in  der  Regel  verbunden  eine  beträchtliche 
Auflösung  organischer,  namentlich  humusartiger  Substanz  durch  die  aus  der 
Oxydation  organischer  Substanz  hervorgegangene  Kohlensäure. 

Im  Untergrund  kann  das  Eisenoxydul  zu  Eisenhydroxyd  oxydiert  werden, 
welches,  sobald  es  mit  organischer  Substanz  zusammenkommt,  die  letztere 
wieder  oxydiert  und  so  abermals  zu  Eisenoxydul  reduziert  wird.  Dadurch 
wird  eine  neue  Kohlensäurebildung  hervorgerufen,  welche  zu  einer  weiteren 
Vermehrung  des  Kohlensäuregehaltes  Anlaß  gibt.  — 

Als  Begleiterscheinung  eisenhaltigen  Grundwassers  bei  bedeutendem 
Gehalt  an  organischen  Stoffen  tritt  zumeist  Schwefelwasserstoff  auf,  der  sich 
bis  zur  Belästigung  der  Geruchsorgane  steigern  kann.  Gebildet  wird  derselbe 
durch  Zersetzung  (Reduktion)  sauerstoffhaltiger  Mineralsubstanzen,  selbst 
schwefelsaurer  Salze  (Gips).  — 

Der  Eisengehalt  bleibt  nicht  gleichmäßig  derselbe,  sondern  steigert 
sich  zumeist. 

Aufgabe  der  Enteisenung  ist  es,  die  Ausscheidung  des  Eisens 
bezw.  der  Kohlensäure,  welche  dasselbe  bindet,  tunlichst  zu  beschleunigen. 

Am  rationellsten  geschieht  dies  durch  gleichzeitige  chemische  Bindung 
und  mechanische  Einwirkung  dadurch,  daß  das  kohlensaure  Eisenoxydul 
zerstört  und  das  feinverteilte,  gefällte  Ferrokarbonat  durch  Einwirkung  des 
atmosphärischen  Sauerstoffes  (Oxydation)  in  Flockenform  überführt  wird, 
wodurch  es  durch  die  Filter  leichter  zurückgehalten  werden  kann. 

Eine  Enteisenungsanlage  muß  daher  bestehen: 

a)  aus    einer    Oxydationsvorrichtung,    welche    das    gelöste    Eisen   in 
Flockenform  überführt,  und 

b)  aus    einer    Filteranlage,    welche    die    ausgeschiedenen    Eisenflocken 
zurückhält. 

2* 


20  !•  I^ic  Wasserversorgung  der  Ortschaften. 

Als  Oxydationsanlage  dienen  zumeist  sogen.  Rieseier,  die  mit  Koks 
oder  Klinker  beschickt  sein  können  oder  aus  Gradierwerken,  welche  aus  Holz 
und  Astwerk  bestehen. 

Das  Packen  des  Rieselers  mit  KoksstOcken  (etwa  in  Faustgröße)  muß 
sorgfältig,  unter  Freilassung  von  Fugen  erfolgen,  um  sowohl  den  permanenten 
Luftzutritt  zu  gestatten,  wie  andererseits  eine  Verstopfung  durch  Eisenschlamm 
zu  verhüten. 

Das  belüftete  oder  gerieselte  Wasser  wird  entweder  direkt  auf  die 
Filter  geleitet  oder  dasselbe  passiert  vorher  Sedimentierbassins  und  Verteilungs- 
kammern. Die  Filtriergeschwindigkeit  ist  hier  ca.  10  mal  größer  wie  die  bei 
normalen  Flußwasser-Sandfiltern  (Q  =  2,5  m*  pro  m^  und  Tag.  Man  kann 
somit  bei  Feinfiltern  ca.  25  m',  bei  Grobfiltern  jedoch  bis  40  und  50  m^  pro  m* 
und  Tag  aufleiten).  Bei  abnormal  starkem  Eisengehalt  empfiehlt  sich  die 
Verwendung  von  Doppelfiltern,  und  zwar  Grob-  und  Feinfilter.  Die  ersteren 
bestehen  aus  Kies  und  GeröUe  von  etwa  4 — 13  mm  Korngröße  und  sind  zu 
bberst  die  gröbsten  Steine  gelegt,  so  daß  sich  keine  Filterhaut  bilden  kann. 
Die  Feinfilter  sind  bezüglich  der  Anordnung  des  Materiales  gleich  mit  den 
gewöhnlichen  Sandfiltern  angeordnet. 

Die  Rieselerhöhe  schwankt  je  nach  dem  Eisengehalt  (insbesondere  wenn 
das  Eisen  an  Humussäuren  gebunden  ist)  zwischen  2 — 4  m,  und  soll  die 
Aufschlagwassermenge  des  Rieseier-Querschnittes  nicht  mehr  als  0,5 — 1,0  sl. 
pro  1  m*  betragen.  Rieseier-Packungen  können  bis  5  Jahre  und  darüber 
gut  funktionieren. 

Durch  die  Enteisenung  wird  gleichzeitig  durch  das  infolge  Reduktion 
des  Kohlensäuregehaltes  oft  eintretende  Ausfällen  von  Kalk-  und  Magnesia- 
salzen auch  eine  Enthärtung  des  Wassers  bewirkt. 

Soll  die  Wirkung  der  Enteisenungsanlage  eine  in  jeder  Richtung 
zufriedenstellende  sein,  dann  muß  sowohl  bezüglich  des  Bausystems  wie  des 
Betriebes  die  richtige  Wahl  getroffen  werden. 

Um  über  die  Erfolge  einer  richtig  durchgeführten  Rieselanlage  für 
große  Wassermengen  nur  ein  Beispiel  hervorzuheben,  will  ich  auf  die  Ent- 
eisenungs-  und  Feinfilteranlage  der  Stadt  Breslau  hinweisen,  welche  ich  am 
11.  Juni  1906  besichtigte.  Während  an  diesem  Tage  der  Eisengehalt  des 
dem  Rieseier  zugeleiteten,  mit  Oderwasser  gemischten  Grundwassers  12  mg 
betrug,  zeigte  das  die  Feinfilter  passierte  Wasser  nicht  einmal  einen  wahr- 
nehmbaren Eisengeschmack  und  enthielt  de  facto  nur  0,2  mg.  Selbst  bei 
dem  seinerzeit  eingetretenen  Maximalgehalt  von  140  mg  soll  die  Enteisenung 
eine  vollständige  gewesen  sein.  Der  Rieseier  am  Weidendamm  ist  für 
maximal  72000  m^  berechnet  und  betragen  die  Reinigungskosten  für  1  m* 
Rieseier  und  Grobfilterfläche  ca.  40  M.  pro  Jahr. 

Um  in  chemischer  Richtung  genauen  Aufschluß  über  die  Beschaffenheit 
eines  Wassers  zu  erhalten,  wird  dasselbe  einer  qualitativen  und  quantitativen 
chemischen  Analyse  unterzogen.  Es  empfiehlt  sich,  die  betreffende  Probe 
von  dem  Chemiker  selbst  an  Ort  und  Stelle  entnehmen  zu  lassen,  welcher 
bei  dieser  Gelegenheit  gleichzeitig  auch  den  Gehalt  an  freier  Kohlensäure 
bestimmen  kann.     Wo  dies  der  großen  Entfernung  oder  der  Kosten  wegen 


A.  Eigenschaften  des  Wassers.  21 

nicht  möglich  erscheint,  werden  ca.  5  Liter  des  zu  untersuchenden  Wassers 
sorgfältigst  in  eine  ganz  neue,  event.  mit  verdünnter  Salzsäure  gereinigte 
Flasche  eingefüllt,  zuvor  jedoch  mit  demselben  Wasser  Füllgefäß  und  Flasche 
gut  ausgewaschen  und  letztere  mit  einem  neuen  Korke  verschlossen  und 
versiegelt. 

Bei  BeurteDung  der  Verwendbarkeit  eines  Wassers  zu  Trinkzwecken 
spielen  übrigens  weniger  jene  Grenzwerte  die  Hauptrolle,  welche  bezüglich 
der  Quantität  der  gelösten  chemischen  Bestandteile  von  verschiedenen 
Chemikern  und  Korporationen  aufgestellt  wurden  und  durch  die  chemische 
Analyse  nachgewiesen  werden,  sondern  es  tritt  in  vielen  Fällen  hauptsächlich 
die  Beantwortung  der  Frage  in  den  Vordergrund,  ob  die  Wasserentnahme- 
stelle und  ihre  nächste  Umgebung  überhaupt  einer  eventuellen  Verunreinigung 
durch  menschliche  bezw.  tierische  Stoff  Wechselprodukte,  welche  die  Träger 
von  pathogenen  Keimen  sein  können,  ausgesetzt  ist,  oder  ob  dies  als  völlig 
ausgeschlossen  bezeichnet  werden  kann.  Durch  das  Vorhandensein  gewisser 
chemischer  Bestandteile  kann  allerdings  auch  auf  die  Verunreinigung  durch 
Stoffwechselprodukte  geschlossen  werden.  So  ist  der  Gehalt  an  Chlor,  wel- 
ches aus  dem  Chlornatrium  des  Urins  stammen  kann,  dann  bedenklich,  wenn 
gleichzeitig  die  Zersetzungsprodukte  der  Stickstoffverbindungen  (Ammoniak, 
salpetrige  und  Salpetersäure)  im  Wasser  nachgewiesen  werden,  oder  wenn 
der  Chlorgehalt  den  eines  bestimmt  nicht  verunreinigten  Wassers  derselben 
Gegend  erheblich  übersteigt.     Ein  solches  Wasser  ist  unbedingt  auszuschließen. 

Früher  begnügte  man  sich  allgemein  mit  der  chemischen  Analyse. 
Auch  jetzt  wird  diese  Untersuchung  in  allen  jenen  Fällen  vollkommen  aus- 
reichen, wo  die  zur  Versorgung  gewählten  Quellen  direkt  aus  tiefen  Fels- 
spalten entspringen  und  hier  auch  gut  gefaßt  werden,  also  eine  bakteriologische 
Verunreinigung  durch  Mikroorganismen  ausgeschlossen  erscheint.  Bei  Fluß- 
und  Grundwasserleitungen  jedoch  hat  man  stets  neben  der  chemischen  Unter- 
suchung das  in  Aussicht  genommene  Wasser  auch  einer  bakteriologischen 
Analyse  zu  unterziehen.  Es  ist  nachgewiesen  worden,  daß  manches  chemisch 
als  rein,  d.  h.  gesund  befundene  Wasser  vom  hygienischen  Standpunkte 
aus  trotzdem  nicht  als  rein  bezeichnet  werden  konnte. 

Unter  den  im  Wasser  vorkommenden  organischen  Mikroorganismen 
sind  es  insbesondere  die  pathogenen  Keime  (z.  B.  die  Typhusbazillen), 
welche  als  Krankheitserreger  infektiös  wirken. 

Da  die  Mikroorganismen  zumeist  nur  von  außen  in  das  Grundwasser 
gelangen  können,  so  wird  allgemein  jenes  Grundwasser  bakteriologisch  reiner 
sein,  welches  tiefer  liegt  und  durch  eine  entsprechend  mächtige  aufgelagerte 
Infiltrationsschichte  gegen  äußere  Verunreinigungen  geschützt  ist.  Während 
ein  Wasser  mit  noch  so  wenig  pathogenen  Keimen  absolut  vom  Gebrauche 
auszuschließen  ist,  können  solche  Wässer,  wo  die  unschädlichen  Mikroben 
ein  gewisses  Maß  nicht  überschreiten,  anstandslos  zur  Versorgung  heran- 
gezogen werden.  Auch  die  reinsten  Quellwässer  werden,  weiter  vom  Ab- 
fassungsorte untersucht,  solche  unschädliche  Kleinwesen  aufweisen. 

Da  bei  Wasserversorgungen  die  Vorlage  einer  bakteriologischen  (biolo- 
gischen)  Analyse   des   in   Aussicht   genommenen  Wassers   für   Trinkwasser 


22  !•  Die  Wasserversorgung  der  Ortschallen. 

seitens  der  Behörden  vorgeschrieben  wird,  so  erscheint  es  untunlich,  seitens 
mancher  kleineren  Gemeinden  aus  SparsamkeitsrOcksichten  die  Entnahme  der 
Wasserproben  für  diese  Analysen  selbst  zu  besorgen,  sondern  muß  diese  von 
einem  Spezialisten  selbst  an  Ort  und  Stelle  erfolgen.  Die  Entnahme  erfolgt 
in  kleinen,  durch  Wasserdampf  sterilisierten  luftleeren  Probekölbchen 
(Flügge  sehe  Kölbchen)  mit  langer,  ausgezogener  und  zugeschmolzener  Spitze, 
welche,  vorher  erwärmt  und  wieder  abgekühlt,  in  das  Wasser  getaucht,  so- 
dann unter  Wasser  mit  einer  Schere  abgeschnitten  wird,  worauf  das  Wasser 
in  den  evakuierten  Kolben  eindringt.  Das  teilweise  gefüllte  Probekölbchen 
wird  sodann  sofort  zugeschmolzen  und  in  Eis  verpackt.  Die  Ermittelung  der 
Keimzahl  erfolgt  in  der  Weise,  daß  eine  bestimmte  kleine  Wassermenge  mit 
einem  guten  Nährboden,  meistens  verflüssigter Peptongelatine  (10®/oige  Gelatine) 
gemischt,  auf  eine  Platte  ausgegossen  und  in  einer  keimdicht  abgeschlossenen 
feuchten  Kammer  der  Entwicklung  überlassen  wird,  worauf  nach  8 — 14  Tagen 
die  Zählung  der  entwickelten  Kolonien  erfolgt.  Das  Gießen  der  Gelatine- 
platten kann  vom  Fachmanne  direkt  auch  an  Ort  und  Stelle  erfolgen,  was 
ratsamer  erscheint. 

In  der  Regel  ist  bei  Entnahme  der  Wasserprobe  die  Quelle,  der  Ver- 
suchsschacht etc.  nicht  gefafit  und  daher  die  Verunreinigung  von  außen, 
namentlich  auch  durch  die  Arbeiter  eine  bedeutende.  Wird  nun  in  diesem 
Zustande  des  Wassersammeiobjektes  oder  während  der  Fassungsarbeiten  die 
Probe  entnommen,  dann  wird  auch  das  Resultat  der  bakteriologischen  Analyse 
zumeist  ein  ungünstiges  sein  und  event.  dann  insbesondere  bei  rein 
theoretischer  bezw.  wissenschaftlicher  Beurteilung  die  Nichtzulassung  des 
Wassers  für  Genußzwecke  behördlicherseits  ausgesprochen  und  auf  diese 
Weise  das  Kind  mit  dem  Bade  ausgegossen,  also  die  beabsichtigte  Durch- 
führung eines  sanitär  wohltätig  wirkenden  Baues  unmöglich  gemacht  werden. 
Die  Vornahme  der  definitiven  bakteriologischen  Analyse  soll  daher  erst  einige 
Zeit  nach  vollständiger  Bauvollendung  der  Wassersammelanlage  vorgenommen 
werden,  insbesondere  wo  die  Beschaffenheit  des  Ursprungsgebietes  schon  im 
voraus  eine  schädliche  Verunreinigung  ausschließt,  also  z.  B.  bei  Felsenquellen 
oder  in  Waldgebieten  befindlichen  Quellen. 

Bei  Grundwasseraufschließungen  mittels  Probeschächten  muß  wohl  schon 
früher  eine  Analyse  durchgeführt  werden,  um  zu  konstatieren,  ob  nicht  etwa 
pathogene  Keime  im  Wasser  enthalten  sind,  während  bei  Abwesenheit  der- 
selben eine  Keimzählung,  wie  früher  erwähnt,  häufig  zwecklos  ist. 

Bezüglich  der  bakteriologischen  Beschaffenheit  eines  Genußwassers  muß 
jedoch  hervorgehoben  werden,  daß  nach  dem  neuesten  Standpunkte  der 
Forschungen  die  Menge  der  Keime  an  sich  kein  Kriterium  für  die  Beurteilung 
der  Güte  eines  Wassers  bilden  kann,  sobald  keine  pathogenen  Keime  nach- 
gewiesen erscheinen;  es  muß  aber  hierbei  bemerkt  werden,  daß  der  Nachweis 
von  wirklich  pathogenen  Mikroben  bisher  überhaupt  ein  sehr  schwieriger  war, 
bezw.  daß  nicht  sicher  konstatiert  werden  konnte,  ob  durch  das  betreffende 
Wasser  eine  Infektion  wirklich  stattfinden  könne  oder  nicht. 

Dasselbe  gilt  von  der  Verteilung  der  Arten  der  Bakterien. 


A.  Eigenschaften  des  Wassers.  23 

Nur  wenn  durch  mehrfache  bakteriologische  Untersuchungen,  insbe- 
sondere nach  längeren  Trockenheitsperioden  oder  anhaltenden  Landregen 
plötzlich  früher  nicht  konstatierte  Bakterienarten  in  größerer  Menge  gefunden 
werden,  kann  dies  auf  eine  von  außen  her  stammende  Verunreinigung  des 
Brunnens  oder  der  Quelle  hindeuten,  welche  in  manchen  Fällen  als  hygienisch 
bedenklich  bezeichnet  werden  muß. 

Es  ist  also  weder  das  Resultat  einzelner  chemischer  oder  bakteriologischer 
Analysen,  soweit  sie  nicht  das  Vorhandensein  giftiger  Stoffe  oder  pathogener 
Keime  nachweisen,  allein  maßgebend,  sondern  es  werden  auch  die  geog- 
nostischen  und  hydrologischen  Verhältnisse  der  Umgebung  des  Brunnens  von 
hervorragendem  Einflüsse  sein. 

Außer  dem  Nachweise  einer  Verunreinigung  auf  analytischem  und 
bakteriologischem  Wege  muß  also  insbesondere  durch  die  Lokalverhältnisse 
und  die  geognostische  Beschaffenheit  der  Untergrundschichten  die  Möglich- 
keit einer  späteren  Verunreinigung  von  der  Oberfläche  aus  als 
völlig  ausgeschlossen  nachgewiesen  werden,  soll  ohne  weitere  Ergreifung 
von  Sicherheitsvorkehrungen  das  Wasserentnahmegebiet  als  tadellos  erklärt 
werden. 

Dies  ist  nur  dann  möglich,  wenn  sich  in  einem  entsprechend  großen 
Umkreis  des  Brunnens  eine  entsprechend  mächtige,  wasserundurchlässige, 
zusammenhängende  Schichte  oberhalb  der  wasserführenden  Schotter-  und 
Sandschichte  befindet;  das  Vorhandensein  einer  solchen  kann  durch  Bohrungen 
erwiesen  werden. 

In  größerer  Entfernung  von  dem  Brunnen,  in  der  Richtung  des  Grund- 
wassergefälles gemessen,  ist  das  Vorhandensein  einer  solchen  deckenden 
Schichte  oberhalb  der  wasserführenden  Schotter-  und  Sandschichte  weniger 
von  Belang,  indem  infolge  einer  länger  andauernden  Bodenfiltration  und 
Oxydation  eine  selbsttätige  Reinigung  solcher  Abfallstoffe  (Exkremente,  Dung- 
stoffe etc.)  eintritt. 

Ist  in  der  näheren  Umgebung  des  Brunnens  die  früher  erwähnte 
Schutzdecke  (Letten-  oder  fette  Lehmschichte)  unter  der  Kulturschichte  gar 
nicht  oder  nicht  zusammenhängend  vorhanden,  dann  muß  durch  Schaffung 
eines  entsprechend  großen  Schutzrayons  um  den  Brunnen,  innerhalb  dessen 
jede  Verunreinigung  von  oben  (Düngung  etc.)  ausgeschlossen  ist,  dieser 
Schutz  künstlich  geschaffen  werden.  Derselbe  kann  entweder  als  Wiesenland 
ohne  Düngung  bewirtschaftet  oder  aber  aufgeforstet  werden.  Hierbei  ist 
hervorzuheben,  daß  bezüglich  der  Düngung  insbesondere  die  Stallmist-  und 
Jauchendüngung  die  gefährlichste  ist,  da  durch  dieselben  pathogene  Keime 
(Krankheitserreger)  in  das  Wasser  gelangen  können,  hingegen  mineralischer 
Kunstdünger  weniger  von  Bedeutung  ist.  Der  Umfang  dieses  Schutzrayons 
richtet  sich  nach  der  Größe  der  Depressionssphäre  des  Brunnens,  d.  h.  jener 
Grenze,  bei  welcher  eine  Absenkung  des,  natürlichen  Grundwasserspiegels 
nicht  mehr  eintritt. 

Die  Entnahme  von  Wasserproben  zum  Zwecke  der  chemischen  und 
bakteriologischen  Untersuchung  unterliegt  in  den  meisten  Fällen  keiner  be- 
sonderen Schwierigkeit,  insoweit  als  es  sich   um  das  Anfüllen  jener  Gefäße 


24 


I.  Die  Wasserversorgung  der  Ortschaflen. 


#:; 


handelt,  aus  welchen  das  zur  Untersuchung  notwendige  Quantum  sodann  ent- 
nommen werden  kann. 

In  der  Regel  werden  die  Fassungsanlagen  für  die  Quell-  oder  Grund- 
wässer räumlich  entsprechend  groß  genug  sein,  um  eine  Entnahme  mittels 
größerer  Gefäße  oder  luftleerer  Probekölbchen  etc.  zu  ermöglichen. 

Handelt  es  sich  jedoch 
darum,  bei  Aufstellung  von 
Grundwasserversorgungspro- 
jekten das  Grundwasser  in 
erster  Linie  durch  eine  An- 
zahl von  Bohrlöchern  zu  er- 
schließen und  die  Abteufung 
eines  größeren  Probebrunnens 
von  der  früher  zu  konstatie- 
renden Verwendbarkeit  des 
Wassers  zu  Genußzwecken 
abhängig  zu  machen,  was  ins- 
besondere bei  kleineren  An- 
lagen der  Ersparung  der 
Kosten  wegen  zumeist  zu 
empfehlen  sein  wird,  dann 
kann  ein  direktes  Schöpfen 
einer  Wasserprobe  unter  dem 
Spiegel  des  mehr  oder  weni- 
ger tief  unter  dem  Terrain 
gelegenen  Grundwassers  mit 
den  bisher  bekannten  Appa- 
raten um  so  weniger  erfolgen, 
als  die  Durchmesser  der  Bohr- 
röhren kleinerer  Anlagen  ge- 
wöhnlich nur  100—200  mm 
betragen. 

Diesem         Bedürfnisse 

Rechnung    tragend,    hat    auf 

mein  Ansuchen  Kollege  Prof. 

Dr.    S.    Zeisel   nachstehend 

beschriebenen  Schöpfapparat 

für  Bohrlöcher  von  d^  100  mm 

konstruiert    und    wurde    derselbe    nach    meiner   Detailzeichnung   durch    den 

Mechaniker  L.  Castagna-Wien  hergestellt.     (Siehe  Österr.  Monatsschrift  f.  d. 

ö.  Baudienst,  1899,  Heft  II.) 

Nachdem  sich  sowohl  bei  den  im  chemischen  Laboratorium  des  Prof. 
Dr.  Zeisel  (k.  k.  Hochschule  für  Bodenkultur)  gemachten  Versuchen,  als  auch 
durch  die  seither  in  der  Praxis  gemachten  Erfahrungen  die  volle  Verwend- 
barkeit dieses  Apparates  erwiesen  hat,  so  nehme  ich  keinen  Anstand,  die 
einfache  und  dabei  billige  Konstruktion  desselben  zu,  veröffentlichen. 


Fig.  1.    Wasserschöpfapparut  für  Bohrlöcher. 


A.  Eigenschaften  des  Wassers.  25 

Der  Apparat  besteht  in  erster  Linie  aus  einer  Füllflasche  mit  ein- 
geschliffenem Glasstöpsel,  welche  bei  200  mm  Höhe  und  50  mm  äußerem 
Durchmesser  einen  Fassungsraum  von  beiläufig  366  cm*  hat. 

Es  kann  somit  durch  eine  dreimalige  Füllung  der  Flasche  1  1  Wasser 
dem  Bohrloche  entnommen  werden. 

Während  des  Füllens  wird  der  Glasstöpsel  durch  eine  Kautschukplatte 
ersetzt,  welche  den  glatt  und  eben  abgeschliffenen  Hals  der  Füllflasche  wasser- 
dicht abschließt,  indem  diese  Kautschukplatte  mittels  einer  Spiralfeder  an  den 
Flaschenhals  angepreßt  wird. 

Zur  Sicherung  und  Fixierung  ist  die  Füllflasche  in  einem  vernickelten, 
280  mm  hohen,  entsprechend  starken  Blechzylinder  (d  ==  60  mm)  eingestellt, 
dessen  Boden  durch  eine  Bleiplatte  entsprechend  beschwert  ist,  während  die 
Flasche  direkt  auf  einer  starken,  über  der  Bleiplatte  befindlichen  Kautschuk- 
scheibe aufsteht. 

Der  Mantel  dieser  Blechhülse  ist  durch  eine  Anzahl  von  Längsschlitzen 
und  runden  Öffnungen  durchbrochen,  um  einerseits  ein  rasches  Entweichen 
der  Luft,  andererseits  eine  Prüfung  der  Klarheit  des  Wassers  vor  Öffnung 
des  Deckels  zu  ermöglichen.  Desgleichen  sind  im  abnehmbaren  Deckel  zwei 
Öffnungen  zur  Entlüftung  angebracht. 

Der  Deckel  ist  durch  Bajonettverschluß  leicht  und  sicher  zu  befestigen, 
und  ist  mit  demselben  durch  drei  Stäbe  ein  aus  Nickel  angefertigter  Ring  in 
Verbindung  gebracht,  welcher  den  Auftrieb  der  anfangs  mit  Luft  gefüllten 
leeren  Flasche  beim  Hinabsenken  ein  öffnen  des  Kautschukverschlusses 
hindert. 

Die  den  Hals  der  Flasche  abschließende  Kautschukplatte  kann  durch 
einen  Metallstift  gehoben  und  nach  Aufhören  des  Zuges  durch  die  Spiral- 
federn der  drei  Führungsstangen  wieder  an  die  Flasche  angepreßt  werden. 

In  der  Abbildung  Fig.  1  erscheint  in  ca.  einem  Drittel  der  natürlichen 
Größe  der  Schöpfapparat  in  Ansicht  und  Längenschnitt  dargestellt.  Darunter 
befindet  sich  eine  Ansicht  des  Deckels  von  unten  und  eine  Daraufsicht 
desselben.  Zur  rechten  Seite  ist  das  für  geringere  Tiefen  sehr  praktisch  zu 
verwendende  Gestänge  abgebildet,  welches,  aus  einer  Anzahl  von  1  m  langen, 
vernickelten,  zusammenschraubbaren  Röhren  bestehend,  ein  Hinabsenken  des 
Apparates  in  das  Bohrloch  ermöglicht.  Das  unterste  Rohr  ist  auf  den  Deckel 
direkt  aufzuschrauben,  während  ein  zweites,  aus  starken,  ebenfalls  je  4  m 
langen  Drähten  bestehendes  Gestänge  an  den  Stift  der  Kautschukplatte  an- 
geschraubt wird.  Dieses  im  Innern  des  Bohrgestänges  befindliche  Draht- 
gestänge dient  zum  öffnen  des  Flaschenverschlusses,  wenn  derselbe  ent- 
sprechend tief  unter  der  Wasserspiegeloberfläche  untergetaucht  ist.  Nach  dem 
Aufhören  des  durch  die  aufsteigenden  Luftblasen  erzeugten  Geräusches  im 
Bohrloch  —  ein  Beweis  der  vollzogenen  Flaschenfüllung  —  wird  das  Draht- 
gestänge nachgelassen  und  der  Apparat  mit  dem  Rohrgestänge  aus  dem 
Bohrloche  gehoben,  der  Deckel  der  Hülse  geöffnet,  der  Glasstöpsel  eingesetzt 
und  die  Flasche  herausgehoben. 

Für  größere  Absenktiefen  können  statt  der  Gestänge  zwei  Schnüre  ver- 
wendet  werden,    von  welchen   die   eine  an  drei  auf  dem  Deckel  befestigte 


26  !•  I)ie  Wasserversorgung  der  Ortschaften. 

Karabiner  angeknüpft  wird,  während  eine  zweite  —  die  Zugschnur  —  an 
einen  Ring  befestigt  wird,  welcher,  dem  Apparat  beigegeben,  für  diesen  Fall 
in  den  starken  Zentralstift  der  Flaschen- Verschluflplatte  einzuschrauben  ist 

Selbstredend  müssen  vor  der  Wasserentnahme  die  Füllflasche,  der  Glas- 
stöpsel und  die  Kautschukplatte  entsprechend  gereinigt  bezw.  sterilisiert  werden. 

In  neuester  Zeit  wird  in  Fällen,  wo  Quell-  oder  Grundwasser  qualitativ 
und  quantitativ  nicht  zur  Verfügung  steht,  zu  Genußzwecken  auch  das  in 
künstlichen  Stauweihem  (Talsperren)  gesammelte  Meteorwasser  herangezogen 
und  sind  die  bisher  gesammelten  Erfahrungen  äußerst  günstige.  Aus  diesem 
Grunde  sollen  im  nachfolgenden  die  mit  Rücksicht  auf  die  Qualität  dieses 
Wassers  vom  Standpunkte  der  Hygiene  notwendigen  Betrachtungen  ent- 
wickelt werden. 

Hygienische  Beurteilung  der  Talsperrenwässen 

Wie  nicht  anders  zu  erwarten,  tauchten  in  jedem  einzelnen  Falle  der 
projektierten  Verwendung  von  Tal  sperren  wasser  für  Genußzwecke  von  ver- 
schiedenen Seiten  Bedenken  auf  und  bot  sich  zu  derartigen  Einwendungen, 
insbesondere  bei  den  der  Bauausführung  vorausgehenden  Verhandlungen 
bei  zahlreichen  Städten  Deutschlands,  welche  nun  schon  seit  Jahren  mit 
Stauweiherwasser  zur  vollsten  Zufriedenheit  versorgt  werden,  entsprechende 
Gelegenheit. 

Bei  vielen  dieser  Fälle  wurde  der  als  hervorragender  Spezialhygieniker 
bekannte  Direktor  des  hygienischen  Institutes  der  Universität  Bonn,  Geheim- 
rat Prof.  Dr.  Kruse  zu  Rate  gezogen,  auf  dessen  zahlreiche  Gutachten  ich 
auch  in  den  nachfolgenden  Ausführungen  öfters  hinweise. 

Es  ist  in  erster  Linie  der  Einwand  naheliegend,  ja  vorauszusehen,  daß 
ein  in  offenen  Teichen  gesammeltes  Bachwasser  als  solches  schon  zum  Trinken 
unbrauchbar  ist  und  durch  längeres  Stehen  in  einem  Teiche  nur  noch  immer 
schlechter  wird,  und  zwar  sowohl  bezüglich  seiner  chemischen  und  bakterio- 
logischen Beschaffenheit,  wie  auch  rücksichtlich  seiner  Temperatur.  Selbst 
wenn  das  zufließende  Bachwasser  ein  tadelloses  Quellwasser  wär^,  müßte  ich 
den  eben  erwähnten  Einwurf  als  vollkommen  wahr  und  zutreffend  be- 
zeichnen, wenn  es  sich  um  die  Ansammlung  in  flachen  Teichen,  also  um 
Oberflächenwasser  handeln  würde,  gleichgültig  ob  das  Abschlußwerk  durch 
einen  gewöhnlichen  Teichdamm  aus  Erde  oder  durch  eine  kunstvoll  gemauerte 
Talsperre  von  einigen  Metern  Höhe  hergestellt  ist. 

Wesentlich  anders  gestalten  sich  jedoch  die  Verhältnisse,  wenn  die 
Wassertiefe  des  Stauweihers  eine  größere  ist. 

Von  einem  in  physikalischer,  chemischer,  physiologischer  und  hygienischer 
Beziehung  einwandfreien  Wasser  für  Genußzwecke  fordern  wir  verschiedene 
Eigenschaften,  welche  sich  in  2  Punkten  ausdrücken  lassen. 

1.  Das  Wasser  darf  nicht  gesundheitsschädlich, 

2.  es  muß  appetitlich  sein. 

Rücksichtlich  seiner  Verwendung  als  Nutz  wasser  wird  neben  einem 
entsprechenden  Grade  von  Reinheit  auch  verlangt,  daß  es 

3.  möglichst  weich  ist. 


A.  Eigenschaften  des  Wassers.  27 

In  bezug  auf  die  erste  Eigenschaft  muß  das  zu  Genußzwecken  heran- 
zuziehende Wasser  chemisch  und  bakteriologisch  einwandfrei  sein,  und 
zwar  muß  dies  in  vorliegendem  Falle  weniger  bei  dem  in  den  Stauweiher 
einfließenden,  als  vielmehr  bei  dem  durch  die  Rohrleitung  aus  dem  Stau- 
becken ausfließenden  Wasser  zutreffen,  da,  wie  ich  später  nachweisen 
werde,  das  Wasser  durch  langes  Stehenbleiben  in  einem  genügend  tiefen 
Stauweiher  eine  Reihe  von  Veränderungen  erfährt,  —  einen  Selbst- 
reinigungsprozeß durchmacht. 

Da  bei  Bachwasser  in  erster  Linie  immer  den  bakteriologischen  Be- 
denken der  Vorrang  eingeräumt  wird,  will  ich  auch  diese  Frage  zuerst 
besprechen. 

Wie  bezüglich  der  qualitativen  chemischen  Analysen  hat  man  auch 
rflcksichtlich  der  zulässigen  Keimzahl  gewisse  maximale  Grenzwerte 
aufzustellen  sich  bemüht,  die  wohl  nicht  von  einem  ernsten  Fachhygieniker, 
jedoch  von  vielen  Laien  oft  unrichtig  aufgefaßt  werden.  So  wie  die  chemischen 
Grenzwerte  schon  seit  langer  Zeit  nicht  mehr  so  streng  aufgenommen  werden, 
wird  dies  auch  bezüglich  der  Keimzahl  in  einiger  Zeit  der  Fall  sein,  in 
welcher  Richtung  heute  als  Grenze  100,  von  anderen  Seiten  300  Keime  in 
1  cm*  als  zulässig  bezeichnet  werden.    . 

Selbstredend  betrifft  dies  nur  die  nicht  pathogenen  Keime. 

Nach  dem  neuesten  Standpunkte  der  Forschungen  bildet,  wie  früher 
schon  hervorgehoben,  die  Menge  der  Keime  an  sich  kein  Kriterium  für  die 
Beurteilung  der  Güte  eines  Wassers,  sobald  keine  pathogenen  Keime  nach- 
gewiesen erscheinen. 

Dasselbe  gilt  von  der  Verteilung  der  Arten  der  Bakterien. 

Als  bezeichnend  für  die  Auffassung  der  früher  erwähnten  Grenzwerte 
will  ich  einen  Absatz  aus  der  Rede  des  Münchner  Universitäts-Professors 
Dr.  Emmerich  zitieren,  welche  er  anläßlich  der  Begutachtung  des  Wassers 
aus  dem  Ruhrflusse  im  Jahre  1904  gehalten  hat;  derselbe  lautete:  „Was 
bedeuten  überhaupt  10000  Keime  im  Kubikzentimeter  Ruhrwasser  gegenüber 
der  Milch  mit  100000  bis  1  Mill.  Keime?  Die  Butter  auf  einer  Stolle  hat 
oft  so  viele  Keime,  wie  Europa  Einwohner.  Gegenüber  einer  Käsestolle  ist 
eine  Flasche  Ruhrwasser  eine  homöopathische  Dosis." 

Doch,  eine  Grenze  muß  schließlich  festgestellt  werden,  sonst  gibt  es 
keinen  Gradmesser  für  die  Güte  des  Wassers.  Bleiben  wir  also  der 
theoretischen  Sicherheit  wegen  bei  100  Keimen  pro  cm*. 

Das  von  diesem  Standpunkte  aus  mehr  oder  weniger  verdächtige  Ober- 
flächenwasser, welches  in  den  Stauweiher  hineinfließt,  macht  nun,  wie  früher 
erwähnt,  einen  natürlichen  Reinigungsprozeß  durch.  Als  Beweis  führt 
Dr.  Kruse  unter  anderem  die  Ergebnisse  seiner  zahlreichen  Analysen  vor, 
welche  er  bei  der  Remscheider  Talsperre  gewonnen  und  die  er  in  dem 
1901  erschienenen  „Zentralblatt  für  allgemeine  Gesundheitspflege"  veröffentlicht 
hat.  Diesem  zufolge  hatte  das  zufließende  Bachwasser  nach  den  innerhalb 
10  Beobachtungsmonaten  vorgenommenen  90  Analysen  viele  Hunderte  und 
Tausende  Keime,   während  die  Keimzahl  des  an  der  Sohle  der  Talsperre 


28  I.  I^ie  Wasserversorgung  der  OrtschaftcD. 

in  der  Nähe  der  Mauer  ausfließenden  Wassers  durchschnittlich  50  im 
cm*  betrug. 

Als  besonders  lehrreich  hebt  er  folgende  Beobachtung  hervor: 

Bei  der  Schneeschmelze  Anfang  März  1901  wurde  der  größte  Teil  des 
Staubeckens  mit  Wasser  angefüllt,  welches  ca.  3000  Keime  aufwies.  Mit 
jeder  Woche  sank  die  Keimzahl  im  Becken  und  nach  6  Wochen  fand  er 
im  Mittel  nur  noch  38  Keime. 

Diese  Erfahrungen  konnte  Geheimrat  Dr.  Kruse  nachträglich  bei  der 
neugebauten  Sperre  in  Barmen  bestätigen. 

Im  März  und  April  1901  wurde  das  Staubecken  zum  ersten  Male  bis 
zu  einem  Inhalte  von  1  Mill.  m*  gefüllt,  wobei  die  Keimzahl  im  zufließenden 
Wasser  1000—2000  pro  cm»  betrug.  Trotzdem  fand  er  Ende  Mai  in  dem 
größten  Teile  des  Beckens  nur  noch  ca.  100  Keime,  bloß  in  der  Nähe  des 
Bach  einlauf  es  wurden  höhere  Zahlen  festgestellt. 

Auch  die  in  den  letzten  Jahren  durch  Professor  Kolkwitz  gemachten 
Beobachtungen  an  dem  Remscheider  Stau weiher -Wasser  bestätigten  diese 
hervorragenden  Wirkungen  der  Selbstreinigung. 

Diese  Untersuchungen  lehren  uns  nicht  allein  die  Tatsache  der  Selbst- 
reinigung des  Wassers  in  den  Stauweihem,  sondern  auch  die  Art  und  Weise, 
wie  sie  sich  vollzieht. 

Das  Bachwasser  im  Staubecken  unterliegt  während  des  Stehens  in 
erster  Linie  einer  mechanischen  Sedimentation;  es  findet  femer  eine 
chemische  Umsetzung  gelöster  Salze  statt;  die  organischen  Stoffe  werden 
zum  Teil  mineralisiert  oder  durch  die  Einwirkung  gewisser,  anfänglich  im 
Stauweiher  befindlicher  Bakterien  hiervon  gereinigt. 

Dieser  mechanisch-chemisch-biologische  Prozeß  wickelt  sich  in  der 
Weise  ab,  daß  ein  Teil  der  Keime  mit  den  Sedimentstoffen  zu  Boden  ge- 
zogen wird,  während  durch  die  Tätigkeit  der  in  jedem  tieferen  Staubecken 
vorhandenen  Protozoon,  welche  für  den  menschlichen  Organismus  unschädHch, 
jedoch  als  Bakterienfresser  bekannt,  das  Wasser  von  diesen  Keimen  befreit 
wird.  Weiter  sind  es  die  grünen  chorophyllhaltigen  Algen,  die  in  ihrer 
assimilierenden  Tätigkeit  das  Wasser  mit  Sauerstoff  anreichem,  ferner  Fäulnis- 
bakterien, welche  stickstoffhaltige  Schlammteile  durch  ihren  Lebensprozeß  in 
Ammoniak  umwandeln,  wieder  andere,  die  das  letztere  in  salpetrige  Säure, 
und  endlich  solche,  die  dasselbe  in  Salpetersäure  umsetzen. 

Zu  diesen  Prozessen  gesellt  sich  nun  noch  die  keimtötende  Wirkung 
des  Lichtes,  sowie  die  enorme  Verdünnung  hinzu,  welche  durch  die 
großen  aufgespeicherten  Wassermengen  bedingt  ist. 

Die  durch  das  Bachwasser  mehr  oder  weniger  zahlreichen  in  das  Stau- 
becken gelangten  Bakterien  sterben  also  daselbst  allmählich  ab,  wozu  jedoch 
längere  Zeit  benötigt  wird. 

Derselbe  Prozeß  würde  sich  in  den  Wasserläufen,  in  Bächen  und  Flüssen 
auch  vollziehen,  wenn  das  Wasser  die  nötige  Zeit  zur  Reinigung  hätte  und 
sich  nicht  fortwährend  im  Stadium  der  Bewegung  befinden  würde.  Den  viele 
Wochen,  bei  großen  Stauweihern  mehrere  Monate  langen  Aufenthalt  in  dem 
an  Nährstoffen  armen  Wasser  des  Stauweihers  vertragen  die  Bakterien  nicht, 


A.  Eigenschaften  des  Wassers.  29 

wobei  gleichzeitig  auch  der  Sauerstoff  der  Luft,  sowie  die  Belichtung  zur 
Vernichtung  der  Keime  mit  beitragen. 

Auch  die  Krankheitserreger  (die  pathogenen  Keime)  vertragen,  wie  sehr 
zahlreiche  Laboratoriumsversuche  nachgewiesen  haben,  den  Aufenthalt  im 
reinen  Wasser  am  wenigsten,  so  daß  die  Selbstreinigung  bei  pathogenen 
Keimen  eine  viel  raschere  ist  als  bei  unschädlichen  Bakterien. 

Kruse  bewertet  die  Lebensfähigkeit  von  Typhus-  und  Cholerabazillen 
im  Wasser  nur  auf  einige  Wochen. 

Grundbedingung  für  die  Selbstreinigung  ist  also  ein  möglichst 
langes  Stehenbleiben  im  Stauweiher,  d.  h.  möglichst  große  und 
tiefe  Staubecken. 

Kruse  ist  völlig  überzeugt,  daß  selbst  etwa  in  den  Stauweiher  hinein- 
gelangte Krankheitserreger  absterben,  ehe  sie  zum  Abfluß  gelangen  können. 
Dazu  kommt  noch  die  früher  erwähnte  enorme  Verdünnung. 

Also  Sedimentierung,  das  Absterben  durch  Nahrungsmangel, 
Luft-  und  Lichteinfluß  sind  die  Hauptursachen  der  Selbstreinigung. 

Auch  in  bezug  auf  die  chemische  Beschaffenheit  erfährt  das  Wasser 
durch  den  langen  Aufenthalt  im  Staubecken,  wie  schon  erwähnt,  eine  günstige 
Beeinflussung. 

Die  seinerzeit  an  Dr.  Kruse  gestellte  Frage,  ob  der  Umstand,  daß  ein 
Teil  des  Niederschlagsgebietes  aus  Sümpfen  und  Mooren  besteht,  die 
Qualität  des  abfließenden  Wassers  schädlich  beeinflussen  könnte,  beantwortete 
er  in  nachstehender  Weise: 

„Von  Schädlichkeit  kann  keine  Rede  sein,  wie  schon  daraus  hervorgeht, 
daß  sehr  zahlreiche  Talsperrengebiete  in  England  und  Amerika  ähnliche  Ver- 
hältnisse aufweisen;  die  einzige  Folge  ist,  daß  das  abfließende  Wasser  eine 
leichte  gelbliche  Färbung  zeigt,  weil  aus  den  Mooren  organische  Substanzen 
in  das  Wasser  übergehen,  und  zwar  wird  die  Farbe  im  allgemeinen  in  den 
kälteren  Monaten,  welche  die  Hauptmasse  der  Zuflüsse  im  Staubecken  liefern, 
lichter  sein,  weil  das  Wasser  weniger  Humussubstanz  gelöst  enthält,  indem 
bei  niederer  Temperatur  alle  Lösungsvorgänge  langsamer  zu  erfolgen  pflegen. 

Im  übrigen  ist  die  organische  Substanz,  welche  die  Färbung  bedingt, 
von  der  harmlosesten  Art  (humussaure  Salze),  welche  Substanz  sich  auch 
sonst  in  allen  natürlichen  Wässern  und  hier  in  etwas  vermehrter  Menge 
vorfindet." 

Außer  der  Gewährleistung  gegen  Infektionsgefahr,  die  also  den  obigen 
Auseinandersetzungen  zufolge  unter  den  später  anzuführenden  Bedingungen 
gegeben  ist,  muß  das  Talsperren wasser  auch  von  appetitlicher  Be- 
schaffenheit sein. 

Diese  ist  bedingt  durch  eine  entsprechende  Temperatur,  einen  normalen 
Geschmack  und  Geruch,  bezw.  Geschmack-  und  Geruchlosigkeit  und  ein 
appetitliches  Äußere,  also  Klarheit. 

Die  maßgebendste  Eigenschaft  hiervon  ist  wohl  die  Temperatur. 

In  dieser  Richtung  muß  wieder  der  begründete  Einwand  gewärtigt 
werden,   daß  das  Wasser  in  den   gewöhnlichen  flachen  Teichen  bei  hohen 


30  1*  I^ie  Wasserveraorgmig  der  Ortschaften. 

Lufttemperaturen  um  so  wärmer  värd,  je  länger  es  in  denselben  steht,   ab- 
gesehen von  dem  Übelstande,  daß  sich  dabei  oft  auch  Gase  entwickeln. 

Auch  in  dieser  Richtung  haben  die  praktischen  Erfahrungen  und  die 
Messungen  an  tieferen  Seen  das  Gegenteil  erwiesen. 

Ohne  jetzt  schon  Resultate  bei  in  Betrieb  stehenden  Stauweiheranlagen 
anzuführen,  was  später  erfolgen  soll,  will  ich  in  erster  Linie  auf  die  zahl- 
reichen Temperaturmessungen  hinweisen,  welche  der  verstorbene  Wiener 
Universitätsprofessor  Hof  rat  Dr.  Friedrich  Simony  in  den  meisten  öster- 
reichischen Seen  in  verschiedenen  Tiefen  vorgenommen  hat,  und  von  den 
ziemlich  übereinstimmenden  Resultaten  ziffermäflig  blofi  jene  des  Attersees 
hervorheben. 

Dr.  Simony  fand  daselbst  folgende  Hochsommertemperaturen  des 
Seewassers: 

bei     1  m  Tiefe 17,5  bis  20,0  <>  C. 

«      6    ,       „ 16,5    „    19,50    „ 

«    12    „       „ 13,5    „    16,00    ^ 

.    20    „       „ 6,0    „      8,00    ^ 

.    30    „       „ 4,5    „      5,50    ^ 

»     50    „        „ 4,2     „       4,D       „ 

80  4  0  4  4  0 

Während  also  bis  12  m  Wassertiefe  der  Einfluß  der  äußeren  Luft- 
temperatur noch  zu  bemerken  war,  entspricht  die  Temperatur  des  Wassers 
in  20  m  Tiefe  beiläufig  der  dortigen  mittleren  Jahrestemperatur  von  6  bis 
8  0  C.  —  4,8 — 6,4  0  R.,  während  in  größeren  Tiefen  nur  mehr  4 — 5  o  und  zwar 
ohne  wesentliche  Änderungen  konstatiert  wurden. 

Nahezu  gleiche  Resultate  in  den  gleichen  Tiefen  wiesen  die  Messungen 
Dr.  Simonys  am  Mond-,    Wolfgang-,   Gmundner   und  Hallstädter  See   auf. 

Neben  diesen  Daten  publizierte  Universitätsprofessor  Dr.  E.  Richter 
in  Graz  die  zahlreichen  Resultate  seiner  Messungen  an  österreichischen  und 
bayerischen  Seen. 

Die  wichtigsten  (12)  habe  ich  in  einem  Graphikon  (Taf.  I)  aufgetragen, 
wodurch  eine  deutlichere  Übersicht  erreicht  wird. 

Das  Beobachtungs-Maximum  der  Seewasser-Oberflächentemperatur  war 
25,5  (beim  Millstädter  See)  und  das  Minimum  am  Grunde  des  Atter-  und 
Wolfgang-Sees  3,9  o  C.  bei  164  bezw.  112  m  Tiefe.  Aus  dieser  graphischen 
Darstellung  ist  mit  einer  frappanten  Übereinstimmung  bei  diesen  12  Seen 
Österreichs  und  Bayerns  zu  ersehen,  daß  zwischen  dem  10.  und  20.  Meter  Tiefe 
die  Temperatur  rasch  abnimmt.  Dieser  Sprung,  der  am  markantesten  zwischen 
dem  10.  und  12.  Meter  hervortritt,  ist  in  einem  Detail-Graphikon  vom  Wörther 
See  speziell  hervorgehoben,  wo  innerhalb  dieser  2  m  im  ganzen  10  Messungen 
gemacht  wurden.  Selbst  der  nur  15  m  tiefe  Keutschacher  See  zeigt 
zwischen  10  und  15  m  Tiefe  eine  Abnahme  von  10  auf  7,5  o  C. 

Die  Messungen  sind  teils  im  Juli,  August,  teils  im  September 
gemacht  worden. 

In  den  heißen  Monaten  ist  der  Verlauf  der  Temperaturkurve  anfänglich 
ein  sehr  flacher,  da  die  Seeoberflächenerwärmung  tiefer  geht,  während  im 
September  der  obere  Teil  der  Kurve  steil  abfällt. 


A.  Eigenschaften  des  Wassers. 


31 


Während  die  Temperatur  von  50  m  Tiefe  ab  bei  allen  zwischen  4  und 
5^  C.  konstant  bleiben,  zeigt  der  Königsee,  Chiemsee  und  Traunsee  von  80 
bezw.  180  und  150  m  an  eine  kleine  Steigerung  der  Temperatur,  welche 
Erscheinung  dem  Einflüsse  der  Erdwärme  zugeschrieben  wird. 

Wir  können  daraus  entnehmen,  daß  zur  Erzielung  von  derart  niederen 
Temperaturen  von  6 — 8*^  C,  wie  solche  nur  den  besten  Hochquellen  ent- 
sprechen, eine  Stauweihertiefe  von  mindestens  20  m  notwendig  ist, 
resp.  das  Wasser  in  dieser  Tiefe  entnommen  werden  muß. 

De  facto  hatte  das  Talsperren wasser  in  Barmen  (Rheinprovinz  — 
2^/2  Mill.  m*  Fassungsraum  —  29,7  m  größte  Tiefe)  im  besonders  warmen 
Sommer  1901  bei  einem  Inhalte  von  1  Mill.  m^  (also  wesentlich  geringere 
Stautiefe  als  obige  29,7  m)  im  Sohlenwasser  dauernd  eine  Temperatur  von 
6—70  C. 

Kruse  hat  dabei  gelegentlich  im  Sohlen  wasser  auch  so  viel  Kohlen- 
säure gefunden,  daß  es  im  Glase  perlte. 

Das  Remscheider  Talsperren-Becken  (max.  Tiefe  18  m  —  1,06  Mill.  m* 
Fassungsraum)  ergab  selbst  bei  Absenkungen  bis  unter  die  Hälfte  des  Fassungs- 
raumes im  Monatsmittel  an  der  Sohle  niemals  eine  höhere  Temperatur  als 
12  0  C.  =  9,6  0  R. 

Von  den  vom  L  Januar  1900  bis  1.  April  1901  monatlich  durchgeführten 
Temperaturmessungen  in  dem  Remscheider  Stauweiher  will  ich  nur  die  am 
meisten  interessierenden  Resultate  der  wärmeren  Monate  hier  anführen« 


1.  Mai 

1.  Juni 

1.   Juli 

1.  August 

1.  Sept. 

1.  Okt. 

Tiefe  der  Messungsstelle: 

Inhalt 

des  Stauw 

eihers  am 

Page  der  Messung  (Mi] 

11.  m») 

0,886 

0,765 

0,699 

0,867 

0,865 

0,634 

An  der  Oberfläche     .     .     . 

10  0  C. 

14,0 

15,0 

20,0 

19,0 

15,0 

Bei    3  m  Tiefe 

9,6 

12,5 

14,0 

18,5 

18,0 

14,5 

n       6    n         n 

9,6 

11,0 

13,5 

16,0 

16,5 

14,0 

f     9   „       „ 

9,0 

8,5 

13,0 

13,0 

15,0 

13,5 

-  10  „    „ 

9,0 

8,5 

12,5 

12,0 

14,0 

13,0 

,  11  „    « 

8,5 

8,5 

12,0 

11,0 

13,0 

13,0 

- 12  „    „ 

8,6 

8,5 

11,0 

10,0 

11,0 

13,0 

,   13  „       „ 

8,6 

8,5 

10,0 

10,0 

10,5 

— 

«   14  ,       „ 

8,6 

— 

— 

9,5 

10,0 

- 

,10,       , 



— 

— 

— 

— 

— 

n   16  .       . 



— 

— 

— 

— 

— 

Das  Gileppe  —  Talsperrenwasser  bei  Verviers  —  (Belgien  12  Mill.  m^ 
Inhalt)  zeigt  bei  40  m  Wassertiefe  eine  Temperatur  von  4®  C. 

Wir  werden  also  nach  diesen  Erfahrungen  das  Wasser  im  Hochsommer 
noch  genügend  kühl  aus  dem  Stauweiher  erhalten,  wenn  in  demselben  stetig 
um  diese  Zeit  mindestens  10 — 15  m,  womöglich  jedoch  20  m  Wasserstand 
erhalten  bleibt. 


32  !•  Die  Wasserversorgung  der  Ortschaften. 

Die  Geschmack-  und  Geruchlosigkeit,  sowie  die  Klarheit  werden  zumeist 
von  der  chemischen  Beschaffenheit  des  Wassers  abhängen,  und  werden  die- 
selben, wie  früher  erwähnt,  durch  das  längere  Stehenbleiben  im  Stauweiher 
ebenfalls  einer  günstigen  Änderung  unterworfen  sein,  insbesondere  wird  aber 
durch  die  Sedimentation  jede  Trübung  des  Wassers  behoben  werden. 

Den  Beweis  für  die  Richtigkeit  der  eben  besprochenen  Behauptungen 
liefern  nicht  nur  die  wissenschaftlichen  Untersuchungsresultate,  sondern  auch 
die  praktischen  Erfahrungen,  welche  bei  den  vielen  bereits  durchgeführten 
Stauweiheranlagen  des  Auslandes  gemacht  wurden. 

Außer  den  bereits  zitierten  Beispielen  seien  noch  nachstehende  hervor- 
gehoben: 

In  Deutschland  war  es  zuerst  die  Stadt  Remscheid,  welche  vor 
15  Jahren  (1891)  einen  Stauweiher  für  Trink-  und  Nutzwasserzwecke 
erbaute. 

Königsberg  i.  Pr.  hatte  schon  früher  Teichanlagen  von  zusammen 
7  Mill.  m*  Fassungsraum  zur  Verfügung.  Dem  Beispiele  Remscheids  folgten 
Lennep,  Ronsdorf  und  Gevelsberg,  ferner  Barmen,  Solingen,  Elber- 
feld,  Plauen  und  Chemnitz  i.  S. 

Die  Talsperrenkommission  der  Stadt  Nordhausen  a.  H.  machte  im 
Sommer  1901  eine  Studienreise  durch  Deutschland  und  Westfalen,  um  alle 
Talsperrenanlagen,  welche  der  Trinkwasserversorgung  dienen,  kennen  zu 
lernen. 

Sie  hat  gefunden,  dafi  man  überall  mit  der  Güte  des  Versorgungs- 
wassers rückhaltlos  zufrieden  war,  obwohl  in  einzelnen  Orten  anfänglich 
Mißtrauen  zutage  getreten  war. 

Nach  diesen  günstigen  Ergebnissen  wurde  auch  von  der  Stadt  Nord- 
hausen der  Bau  der  Talsperre  beschlossen. 

Während  in  Deutschland  der  Beginn  der  Benutzung  von  Talsperren- 
wasser also  erst  15  Jahre  zurückreicht,  benutzt  die  Stadt  Verviers  in 
Belgien  schon  seit  36  Jahren  das  Wasser  der  großen  Gileppesperre,  welche 
der  Stadt  täglich  40000  m*  zur  Versorgung  der  Häuser  und  der  Industrien  liefert. 

Viel  früher  und  in  zahlreicheren  Fällen  benutzt  England  und  Amerika 
(siehe  die  Berichte  des  Gesundheitsamtes  des  Staates  Massachussets  U.  S.  A., 
welche  sich  auf  die  Erfahrungen  bei  37  natürlichen  Wasserbecken  [Teiche 
und  Seen]  und  28  künstliche  Stauweiher  beziehen)  dieses  Wasser.  In  Eng- 
land  allein  sind  Millionen  Menschen   auf  das  Talsperrenwasser  angewiesen. 

Professor  Dr.  Kruse  zitiert  .ebenfalls  gerade  dieses  Land,  weil  man 
dort  am  frühesten  auf  die  Möglichkeit  der  Verbreitung  des  Typhus  und  der 
Cholera  durch  Wasser  aufmerksam  geworden  ist  und  darum  seit  langer  Zeit 
auf  solche  Wasserepidemien  scharf  aufpaßt.  Noch  wichtiger  ist,  daß  man 
gerade  in  England  ganz  allgemein  die  Notwendigkeit,  das  Wasser  der  Flüsse 
und  Bäche,  das  sogen.  Oberfläch enwasser,  nur  in  gereinigtem  Zustande  zu 
genießen,  anerkannt  hat,  und  daß  es  demnach  in  diesem  klassischen  Lande 
der  Sandfiltration  Städte  mit  einer  Bevölkerung  von  vielen  Hunderttausenden 
gibt  (z.  B.  Manchester,  Sheffield  Halifax),  welche  Talsperrenwasser 
unfiltriert  genießen. 


A.  Eigenschaften  des  Wassers.  33 

Man  würde  das  sicher  nicht  bis  in  die  neueste  Zeit  hinein  getan 
haben,  wenn  man  das  Talsperrenwasser  für  verdächtig  gehalten  hätte. 

Kruse  hebt  weiter  hervor,  daß  bisher  noch  keine  Typhusepidemie 
bekannt  geworden  ist,  welche  durch  Talsperrenwasser  erzeugt  worden 
wäre.  In  dem  einen  Falle  in  Verviers  und  in  Remscheid  (im  Sommer  1900) 
hat  Kruse  selbst  festgestellt,  daß  die  Infektion  durch  einen  unterhalb  der 
Sperre  laufenden  Bach  erzeugt  wurde,  dessen  Wasser  man  ausnahmsweise, 
um  den  Wasservorrat  im  Staubecken  zu  schonen,  zur  Aushilfe  mitbenutzt 
hat,  was  auch  dadurch  direkt  nachgewiesen  wurde,  daß  der  Typhus  nur  in 
jenem  Teile  der  Stadt  auftrat,  wo  kein  Talsperren wasser  eingeleitet  war. 

Rücksichtlich  der  Verwendung  von  Wasser  aus  Moorgebieten  ohne 
Beobachtung  einer  schädigenden  Einwirkung  auf  die  Konsumenten  führe  ich 
ebenfalls  England  und  Amerika  als  Beispiele  an. 

England. 

Eine  große  Anzahl  englischer  Städte,  welche  durch  Oberflächen  wasser 
versorgt  werden,  beziehen  dasselbe  aus  Gebieten  mit  ziemlich  ausgedehnten 
Moorbildungen.  Von  Städten,  welche  derartige  Wässer  im  Stauweiher 
sammeln,  seien  hier  genannt: 

Liverpool  (Virnvey-Sperre),  Birmingham  (Talsperren  im  Elan-  und 
Clearwen-Tale  bei  Rhayader),  die  Städtegruppe  Nottingham,  Derby, 
Sheffield  und  Leicester,  deren  Wasserversorgung  aus  dem  Flusse  Derwent, 
derzeit  im  Baue  begriffen  ist,  endlich  Edinburgh  (Talla-Staudamm),  vor 
kurzem  (1905)  vollendet. 

Ursprünglich  wurde  Liverpool  mit  dem  direkt  aus  dem  Stauweiher 
zufließenden  Wass«r  versorgt,  ohne  vorhergehende  Filtration.  (Die  Einleitung 
des  Virnvey Wassers  erfolgte  1891.)  Später  wurden  Sandfilter  angelegt  und 
das  Wasser  mit  einer  Filtrationsgeschwindigkeit  von  ca.  2  m  pro  Tag  gefiltert. 

Das  Wasser  hat  beim  Verlassen  des  Stauweihers  eine  ziemlich  starke 
gelblich-braune  Färbung  und  ist  in  der  Nähe  des  Reservoirauslasses,  wo  die 
konstante  Rückleitung  eines  bestimmten  Wasserquantums  nach  dem  Unter- 
laufe des  Virnvey  stattfindet,  ein  deutlich  erdiger  Geruch  zu  verspüren.  In 
Liverpool  selbst  hat  das  Wasser  nur  mehr  einen  Stich  ins  Gelbliche  und 
keinerlei  merklichen  Geruch  oder  Geschmack. 

Der  Bakteriengehalt  beträgt  im  Jahresdurchschnitt  der  täglich  ange- 
stellten Analysen  ca.  25  Keime  pro  1  cm*.  Es  ist  bemerkenswert,  daß  eine 
Reihe  früher  angelegter  Tiefbrunnen,  welche  gleichfalls  zur  Wasserversorgung 
von  Liverpool  herangezogen  wurden,  einen  konstant  höheren  Bakterien- 
gehalt aufweisen. 

Die  kalorimetrischen  Beobachtungen  des  Vimveywassers  werden  nach 
einer  besonders  angefertigten  Skala  durchgeführt,  können  daher  nicht  zum 
Vergleich  herangezogen  werden;  größere  Beobachtungsreihen  sind  überdies 
nicht  publiziert. 

Das  Einzugsgebiet  der  1905  in  Betrieb  genommenen  Stauweiher  für  die 
Wasserversorgung  von  Birmingham  weist  noch  erheblich  ausgedehntere 
Friedrich,  Wasaerbau.    Zweite  Auflage.    II.  Band.  3 


34  I.  Die  Wasserversorgung  der  Ortschaften. 

Moorflächen  auf,  als  jenes  der  Wasserversorgung  von  Liverpool.  Dasselbe 
ist  fast  vollständig  unbewaldet  und  trägt  an  den  Berglehnen  nur  eine 
dürftige  Heidevegetation. 

Das  Wasser  zeigt  in  den  Talsperren  eine  intensive  gelblich-braune 
Färbung,  welche  derzeit  auch  nDch  dem  in  Birmingham  zur  Abgabe  gelangenden 
Wasser  anhaftet,  da  die  Filter  noch  nicht  vollständig  ausgebaut  sind.  Für 
die  Filtration  sind  Vorfilter  unmittelbar  bei  den  Stauweihern  (bei  Foel), 
sowie  die  eigentliche  Reinfiltration  in  den  zu  erweiternden  Filteranlagen  (von 
Frankley)  bei  Birmingham  im  Baue  begriffen. 

Über  das  Wasser  der  Derwent-Reservoire  und  des  Talla- 
Reservoires  von  Edinburgh  liegen  noch  keine  Veröffentlichungen  vor, 
doch  dürften"  sich  die  Verhältnisse  ebenso  gestalten  wie  jene  der  Wasser- 
versorgung von  Birmingham,  da  die  Bezugsorte  vollkommen  übereinstimmende 
Charaktere  aufweisen. 

Amerika. 

Boston,  Vereinigte  Staaten  von  Amerika. 

Der  Boston  und  mehrere  benachbarte  Gemeinden  mit  Trink-  oder  Nutz- 
wasser versorgende  Metropolitan -Water -Distrikt  mit  einer  Kopfzahl  von 
ca.  850000  Bewohnern  und  einem  täglichen  Wasserverbrauch  von  3500(K)0  m', 
das  ist  pro  Kopf  und  Tag  ca.  400  1,  bezieht  das  Wasser  aus  drei  Niederschlags- 
gebieten, von  denen  das  seit  1850  in  Verwendung  stehende  Cochituate-Gebiet 
ca.  48,9  km^,  das  seit  Ende  der  siebziger  Jahre  herangezogene  Sudbury- 
Gebiet  ca.  194  km*,  das  erst  im  Ausbau  begriffene  Nashua-Gebiet  306  km*, 
alle  drei  zusammen  rund  550  km*  umfassen.  In  allen  3  Gebieten  finden  sich 
neben  natürlichen  Teichen  größere  Sümpfe,  Moräste  und  Moore  und  erreichen 
dieselben  im  Sudbury-Gebiet  ca.  270  ha,  das  ist  ca.  1,5  ®/o  der  Gesamtfläche, 
im  Nashua-Gebiet  ca.  350  ha,  das  ist  ca.  1,1  ®/q  des  Niederschlagsgebietes. 
Diese  Sumpfländereien  werden  parallelgehend  mit  dem  Ausbau  der  Stauweiher 
entwässert.  Die  Drainwässer  gelangen  in  die  Stauweiher,  da  eine  gesonderte 
Abfuhr  derselben  untunlich  ist.  Gegenwärtig  findet  eine  Filtration  des 
Talsperrenwassers  vor  der  Verwendung  zu  Genußzwecken  nicht  statt.  Das 
Wasser  zeigt  eine  leichte  Trübung  und  Färbung  und  läßt  nur  an  heißen 
Sommertagen  einen  schwachen  pflanzlichen  Geruch  erkennen. 

Der  Bakteriengehalt  ist  im  Jahresmittel  mit  ca.  250  pro  cm*  und  Extremen 
von  ca.  40 — 1000  Keimen  pro  1  cm*  zu  veranschlagen.  Die  Bakterien  ge- 
hören zu  sanitär  vollkommen  unbedenklichen  Arten. 

Über  die  namentlich  durch  die  Abflüsse  aus  den  Sumpf-  und 
Moorgebieten  hervorgerufene  Färbung  des  Wassers  werden  fortlaufende  Be- 
obachtungen angestellt  und  bewegt  sich  hierbei  die  Färbung  in  Intervallen 
von  0,20—1,00  der  Platinskala. 

Der  Erfolg  der  Drainierung  der  versumpften  Ländereien  zeigt  sich  klar 
in  nachstehender  Gegenüberstellung  der  Jahresmittel  der  kalorimetrischen 
Beobachtungen  an  den  Abflüssen  von  zwei  Sumpfdistrikten  vor  bezw.  nach 
Durchführung  der  Trockenlegung. 


A.  Eigenschaften  des  Wassers.  35 

Kalorimetrischer  Befund  (Platinskala). 

Crane  Swamp:  vor  der  Drainiening  (1894 — 95) 2,27 

nach  der  Drainierung  (1900) 0,82 

Marlborough  Junktion  Swamp:  vor  (1894 — 95) 1,44 

nach  (1900) 0,47 

Die  Färbung  ist  sonach  auf  ca.  SO^Jq  der  anfänglich  beobachteten  zu- 
rückgegangen. 

Experimentelle  Untersuchungen  über  die  Entfernung  der  bräunlichen 
Färbung  des  Wassers,  welche  unter  ähnlichen  Bedingungen  vom  State  Board 
of  Health  (Staats-Gesundheitsamt)  des  Staates  Massachusetts  angestellt  wurden, 
ergaben,  daß  sich  diese  Färbung  durch  Sandfiltration  bei  einer  Filtrations- 
geschwindigkeit von  2 — 2,5  m  pro  Tag  mit  neuen  Filtern  vollkommen,  mit 
älteren  Filtern  zu  erheblichem  Teile  entfernen  läßt;  ganz  besonders  wirksam 
erwies  sich  eine  Doppelfiltration  mit  zwischengeschalteter  energischer  Durch- 
lüftung. 

Auf  Grund  der  geschilderten  Vorgänge,  Untersuchungen  und  Erfahrungen 
erklärt  Dr.  Kruse  das  Talsperren wasser  auf  gleicher  Stufe  wie  das  Grund- 
wasser stehend,  und  kann  durch  Ansammlung  von  Bach-  oder  Flußwasser 
mittels  Talsperren  ein  in  physikalisch-chemischer,  physiologischer 
und  bakteriologischer  Beziehung  vollkommen  einwandfreies  Genuß 
wasser  gewonnen  werden,  wenn  nachstehende  Bedingungen  erfüllt  werden; 

1.  Sämtliches  Wasser  hat  am  oberen  Ende  des  Stauweihers  einzutreten. 

2.  Das  Wasser  für  die  Speisung  der  Rohrleitung  ist  bei  der  Talsperre 
selbst  und  zwar  in  möglichst  größter  Tiefe  zu  entnehmen. 

3.  Das  Staubecken  selbst  soll  möglichst  lang  und  tief  sein  und  einen 
tunlichst  großen  Fassungsraum  besitzen. 

4.  Die  Absenkung  des  Wasserspiegels  soll  nicht  über  ein  gewisses  Maß 
herunter  gehen,  so  daß  jederzeit  ein  1 — 2  monatlicher  Wasservorrat  als  Reserve 
bleibt.  In  einer  Richtung  wird  durch  die  größere  stets  vorhandene  Wasser- 
tiefe die  Temperatur  niedrig  erhalten,  andererseits  wird  die  bakteriologische 
Qualität  des  Wassers  eine  um  so  bessere,  je  größer  dieser  Reservevorrat  ist. 
Endlich  bleibt  derselbe  unberührt  von  plötzlichen  Erschütterungen,  wie  diese 
sonst  bei  Schneeschmelze  oder  im  Sommer  bei  Wolkenbrüchen  eintreten 
könnten.  Die  Erfahrung  hat  bei  den  größeren  Talsperren  gelehrt,  daß,  selbst 
wenn  im  Laufe  mehrerer  Tage  der  Füllungsinhalt  auf  das  Doppelte  steigt, 
nicht  etwa  eine  gleichförmige  Durchmischung  des  ganzen  Wasserquantums 
stattfindet,  sondern  das  neu  zutretende  Wasser  sich  über  den  alten  Wasser- 
vorrat lagert,  ohne  denselben  wesentlich  in  seinem  Gleichgewichte  zu  stören. 
Dies  wird  bewiesen  durch  die  bakteriologischen  Analysen,  welche  keine 
Veränderung  der  Keimzahl  oder  höchstens  eine  vorübergehende  Keimver- 
mehrung im  Wasser  an  der  Talsperrensohle  ergeben,  während  der  größte  Teil 
des  Beckeninhaltes  sehr  reich  an  Keimen  ist  und  sich  erst  allmählich  reinigt 

5.  Ist  eine  Auswahl  in  den  Einzugsgebieten  möglich,  dann  wird  man 
selbstredend  jenes  wählen,  welches  möglichst  wenig  bebaut  und  bewohnt  ist. 
In  dieser  Beziehung  hat  jedoch  die  Erfahrung  gelehrt,  daß  ziemlich  weite 
Grenzen  zulässig  sind. 

3* 


36  I*  l^ic  Wasserversorgung  der  Ortschaften. 

In  Deutschland  existiert  bis  jetzt  kein  Fall,  in  dem  das  Niederschlags- 
gebiet ganz  frei  wäre  von  menschlichen  Ansiedelungen. 

Nach  den  amerikanischen  Forschem  ist  diese  Grenze  mit  ca.  120  Ein- 
wohnern auf  den  Quadratkilometer  Einzugsgebiet  angenommen,  bei  deren 
Überschreitung  überhaupt  erst  die  Möglichkeit  einer  Verunreinigung  und  die 
Frage  der  Behebung  eventueller  Verunreinigungen  in  Betracht  gezogen  wird. 
In  diesem  Falle  wird,  wo  die  örtlichen  Verhältnisse  es  gestatten,  die  Be- 
rieselung oder  aber  die  Sandfiltration  der  größeren  Sicherheit  wegen 
empfohlen,  wodurch  eine  doppelte  Gewähr  dafür  geboten  wird,  ein  gänzlich 
unverdächtiges  Wasser  zu  gewinnen. 

6.  soll  der  Boden  des  Staubeckens  selbst  unmittelbar  vor  der  ersten 
Füllung  gründlich  von  allen  organischen  Resten,  Baumstämmen,  Wurzeln 
und  der  Humusschichte  gereinigt  werden. 

IL  Nuizwasser. 

Die  Eigenschaften,  welche  von  einem  Nutzwasser  verlangt  werden,  sind 
in  erster  Linie  möglichste  Reinheit  (frei  von  sedimentären  und  chemischen 
Verunreinigungen,  also  nicht  trübe)  und  je  nach  dem  Verwendungszweck  keine 
zu  große  Härte.  Der  letzteren  Eigenschaft  werden  also  zumeist  alle  Fluß- 
wässer entsprechen.  Im  Falle  vorübergehender  Trübungen  bei  Hochwasser 
wird  durch  entsprechende  künstliche  Reinigung  (Filtration  etc.)  dem  Wasser 
die  gewünschte  Eigenschaft  mit  verhältnismäßig  nicht  zu  hohem  Kostenauf- 
wande  verliehen  werden  können. 

B.  Wasserbedarf. 

Der  Wasserbedarf  hängt  der  Hauptsache  nach  von  dem  Zwecke  ab, 
dem  die  Wasserversorgungsanlage  insbesondere  zu  dienen  hat;  er  ist  sonach 
im  allgemeinen  wesentlich  verschieden  bei  einer  Trink-  und  bei  einer  Nutz- 
wasserleitung. Weiter  ist  zu  berücksichtigen,  daß  der  Bedarf,  pro  Kopf  und 
Tag  der  Bevölkerung  gerechnet,  in  großen  Städten  entschieden  größer  sein 
wird  wie  in  kleinen  Ortschaften.  Diese  statistisch  nachgewiesene  Erscheinung 
ist  darin  begründet,  daß  in  großen  Städten  infolge  größerer  Wohlhabenheit  etc. 
auch  im  Wasserverbrauch  höhere  Ansprüche  gestellt  werden,  insbesondere 
bedingt  durch  Spülklosetts,  Spül-  oder  Schwemmkanalisation,  Besprengen  der 
Privat-  und  öffentlichen  Gärten,  sowie  der  Straßen,  Speisung  der  Fontänen  etc. 
Für  normale  Verhältnisse  hat  man  zur  Berechnung  des  öffentlichen  Wasser- 
bedarfes von  ganzen  Ortschaften  und  Städten  auf  Grund  statistischer  Auf- 
zeichnungen ein  gewisses  Quantum  pro  Kopf  und  Tag  der  Bevölkerung  auf- 
gestellt, das  wohl  auch  bei  den  einzelnen  Fachschriftstellern  und  Projektanten 
variiert.  Wenn  auch  der  Grundsatz  ein  vollständig  richtiger  ist,  daß  vom 
Standpunkte  der  Hygiene  nie  zu  viel  Wasser  beschafft  werden  kann,  so 
müssen  doch  in  Hinsicht  auf  die  Bauökonomie  gewisse  Grenzen  festgesetzt 
und  dürfen  nicht  die  bezüglichen  Resultate  von  großen  Städten  mit  ausge- 
sprochenem Wasserüberfluß  in  Betracht  gezogen  werden,  sondern  hat  man 
stets   den  wirklichen  notwendigen   Bedarf  ins  Auge  zu  fassen.     Man  kann 


B.  Wasserbedarf. 


37 


allgemein  als  mittleren  jährlichen  Wasserbedarf  pro  Kopf  und  Tag 
der  Bevölkerung  annehmen: 

1.  Trinkwasserleitungen 

für   Trink-,  Koch-,  Wasch-  und  sonstiges  Haushaltungswasser  je  nach   der 
Größe  der  Städte  20—45  1. 

2.  Allgemeine  Wasserleitungen, 

welche  Trink-  und  Nutzzwecken  dienen: 

a)  für  Ortschaften  und  kleine  Landstädte 50—60  1, 

b)  „    mittlere  Städte  (über  10000  Einwohner)  ....  100  1, 

c)  ^    große  Städte  (über  100000  Einwohner)    ....     120—150  1. 

Bei  Aufstellung  des  Projektes  ist  folgendes  zu  berücksichtigen:  Dort, 
wo  obiges  Wasserquantum  pro  Kopf  und  Tag  in  der  entsprechenden  Qualität 
überhaupt  zu  beschaffen  ist,  wird  man  dasselbe  als  Faktor  der  Berechnung 
zugrunde  legen.  Es  sind  jedoch  obige  Zahlen  nicht  derart  aufzufassen,  daß 
in  einem  Falle,  wo  obiges  Quantum  mit  für  die  Gemeinde  erschwinglichen 
Mitteln  nicht  zu  beschaffen  wäre,  überhaupt  von  der  Wasserversorgung 
dieser  Gemeinde  abzusehen  wäre.  In  einem  solchen  Falle  muß  man  sich 
lieber  mit  weniger  aber  gutem  Wasser  begnügen  und  unter  obige  Grenzwerte 
gehen,  was  um  so  unbedenklicher  akzeptiert  werden  kann,  als  der  faktische 
Verbrauch  der  meisten  Städte,  dort,  wo  eben  keine  Wasservergeudung  vor- 
kommt, ein  kleinerer  ist,  wie  dies  nachstehende  Tabelle  des  wirklichen 
Wasserverbrauches  einiger  österreichischer   und   deutscher  Städte   aufweist. 


Tabelle  des  faktischen  maximalen  Konsumes  an  Nutx-  und  Trinkwasser  pro  Kopf 

und  Tag  von  80  Städten  des  In-  und  Auslandes,  über  welche  mehrjährige 

Betriebsaufxeichnungen  vorliegen. 


d 

i 

Land 

Stadt 

Ein- 
wohner- 
zahl 

Liter 
pro  Kopf 
and  Tag 

max. 

Bemerkungen. 

1 

England 

London 

4200000 

112 

2 

» 

Manchester 

850000 

167 

3 

w 

Liverpool 

800000 

129 

Abgabe  für  industrielle  Zwecke  nach 
Wassermesser,  für  Hausgebraucli 
„^  discr^tion". 

4 

n 

Birmingham 

700000 

105 

Desgl. 

5 

n 

Glasgow 

611000 

241 

Abnormale  Verhältnisse. 

6 

» 

Newcastle  inkl. 

Gateshead 

460000 

153 

7 

n 

Leeds 

420000 

158 

8 

Sheffield 

367  000 

99 

9 

w 

Bristol 

330000 

100 

10 

n 

Bradford 

233  000 

185 

Wie  No.  3. 

11 

n 

Leicester 

223000 

80 

38 


I.  Die  Wasserversorgung  der  Ortschaften. 


1 

Ein- 

Liter 

Land 

Stadt 

wohner- 
zahl 

pro  Kopf 
und  Tag 

Bemerkungen. 

A 

max. 

12 

England 

Edinburgh 

206  000 

163 

13 

n 

Snnderland 

150  000 

89 

14 

n 

Haddersfield 

149  000 

104 

Wie  No.  3. 

15 

n 

Nottingham 

130000 

84 

16 

n 

Derby 

113000 

104 

17 

» 

Rochdale 

108000 

83 

Wie  No.  3. 

18 

n 

Preston 

82  000 

111 

19 

n 

Sonthpert 

74  0  00 

98 

Wie  No.  3. 

20 

n 

Cambridge 

60000 

99 

21 

n 

Devenpert 

60000 

154 

Wie  No.  3. 

22 

n 

Norwich 

57  000 

66 

23 

Frankreich 

Paris 

2500000 

69 

Es  stehen  1900  200  1  Nutzwasser 
und  120  1  Quellwasser  zur  Ver- 
fügung. 

24 

n 

Lyon 

400  000 

85 

25 

n 

Marseille 

380000 

470 

26 

Italien 

Rom 

400000 

1105 

Im  Mittel  700  1,  wovon  1601  pro 
Kopf  auf  die  Fontänenspeisung 
entfallen. 

27 

Amerika 

New-York 

1515000 

472 

Mit  22000Wassermessem  (im  Mittel 
300  1). 

28 

n 

Philadelphia 

1050000 

477 

29 

n 

Chicago 

1100000 

866 

Im  Mittel  530  1. 

30 

n 

Brocklyn 

838  000 

389 

n        .      270  1. 

31 

n 

St.  Loais 

452  000 

460 

.        .      270  1. 

32 

n 

Boston 

448000 

508 

n           .300   1. 

33 

n 

Baltimore 

434  000 

496 

n           n        360   1. 

34 

n 

Cincinnati 

305000 

583 

„        «      420  1. 

35 

n 

Baffalo 

255  000 

1479 

.       „      700  1. 

36 

n 

Washington 

240000 

— 

„       „600  1. 

37 

n 

Montreal 

216000 

320 

38 

n 

Milwaukee 

205  000 

— 

.       „400  1. 

39 

n 

Detroit 

205000 

734 

.       „      600  1. 

40 

n 

Teronto 

181000 

455 

41 

n 

Providence 

143000 

234 

Im  Durchschnitt  der  amerikanischen 
Städte  entfallt  rund  400  1. 

42 

Deutschland 

Beriin 

1500000 

100 

Durchschnittlich  80  L 

43 

n 

Hamburg 

500000 

208 

Abnormale  Verhältnisse. 

44 

n 

Breslau 

480000 

125 

Mit  Schwemmkanalisation  und  Spül- 
klosetts-Abgabe mit  Wassermesser 
durchschnittlich  76  1. 

45 

T> 

Leipzig 

300000 

123 

DurchschnitÜich  97  1. 

46 

rj 

Köln 

282  000 

224 

Sehr  wenig  Wassermesser. 

47 

n 

Dresden 

276  000 

125 

Durchschnittlich  76  1. 

48 

7? 

München 

270000 

71 

6.  Wasserbedarf. 


39 


1 

Ein- 

Liter 

Land 

Stadt 

wohner- 

pro Kopf 

Bemerkungen. 

1 

zahl 

und  Tag 

jj 

max. 

49 

Deutschland 

Magdeburg 

193000 

110 

Mit  Wassermesser    90  1. 
Ohne           „            130  1. 

60 

1 

Nürnberg 

145  000 

97 

Durchschnittlich    67  1. 

51 

n 

Düsseldorf 

145  000 

96 

82  1. 

52 

n 

Stattgart 

140000 

98 

84  1. 

53 

n 

Elberfcld 

136  000 

132 

98  1. 

54 

n 

Halle  a.  S. 

100000 

114 

86  1. 

55 

n 

Braanschweig 

100000 

103 

69  1. 

56 

n 

Stettin 

100000 

131 

115  1. 

57 

rt 

Altona 

95  000 

117 

95  1. 

58 

?7 

Posen 

70000 

110 

47  1. 

59 

n 

Lübeck 

64  000 

302 

200  1. 
Sehr  wenig  Wassermesser. 

60 

ri 

Karlsruhe 

62  000 

198 

Durchschnitüich  105  1. 

61 

» 

Wiesbaden 

62  000 

112 

80  1. 

62 

n 

Würzburg 

55  000 

258 

Abnormale  Verh&ltnisse. 

63 

TJ 

Kiel 

53  000 

95 

Durchschnittlich    76  1. 

64 

Niederösterreich 

Wien 

1673  000 

82 

Für     Hochquellenleitung     in      die 
Häuser  bloß  25  1  bemessen.    Bei 
voller  Ausnutzung   der  Kapazität 
des     Aquäduktes     1380000    m* 
täglich. 

65 

Steiermark 

Graz 

110000 

66 

43  1  im  Mittel,  27  1  im  Minimum. 

66 

Mähren 

Brunn 

100000 

73 

Ohne  Industrie  (—45  o/o)  106  1. 
Mit           ^         (MonatS'Maxim.  Juni 
1880). 

67 

ji 

Olmütz 

25  000 

60 

68 

n 

Mähr.  Ostrau 

25000 

40 

69 

n 

Iglan 

24  000 

51 

Mit  Industrie  (projektiert  auf  60  1 
pro  Kopf). 

70 

V 

Znaim 

15000 

49 

Ohne  Industrie  58  1. 

71 

n 

Neutitschein 

14  000 

48 

72 

T» 

M.  Schönberg 

10000 

36,6 

Mit  Industrie. 

73 

n 

Müglitz 

6000 

25 

74 

Böhmen 

Teplitz 

27  000 

111 

Im  Mittel  103  1  (samt  Industrie). 

75 

T? 

Aufiig  a.  E. 

24  000 

66 

76 

n 

Eger 

24  000 

55 

77 

n 

Brüx 

24  000 

68 

„         „         67  1  (ohne         ,      ). 

78 

^ 

Saaz 

18000 

133 

79 

n 

Rum  bürg 

14  000 

46 

„         „       100  1(exkl.         „      ). 

80 

Schlesien 

Teschen 

16000 

45 

40  I«  ^ic  Wassenrenorguig  der  Ortschaften. 

Der  zweite  Faktor,  die  Einwohnerzahl,  ist  jedoch  nicht  nach  dem  Resultate 
der  letzten  Volkszählung  in  Rechnung  zu  ziehen,  sondern  es  muß  das  Wasser- 
werk so  projektiert  werden,  daß  auch  dem  Bevölkerungszuwachs  Rechnung 
getragen  wird.  Vom  Standpunkte  der  günstigen  Finanzierung  eines  solchen 
Unternehmens  haben  die  Rechnungen  ergeben,  daß  sich  bei  größeren  Wasser- 
werken, insbesondere  bei  solchen  mit  künstlicher  Hebung,  die  Dimensionierung 
der  sofort  zu  bauenden  Hauptbestandteile  desselben  mit  Berücksichtigung 
eines  Bevölkerungszuwachses  für  die  nächsten  15 — 25  Jahre  empfiehlt,  wobei 
natürlich  auf  die  Möglichkeit  einer  seinerzeit  notwendigen  Erweiterung  der 
Anlage  Rücksicht  genommen  werden  muß. 

Bei  sehr  langen  Quell-Zuleitungen  wird  man  einen  längeren  Zeitraum 
(30 — 50  Jahre)  annehmen  müssen.  Bei  kleinen  Städten  und  Ortschaften  ist 
ohnehin  der  Bevölkerungszuwachs  klein  und  wird  namentlich  bei  Gravitations- 
leitungen mit  einem  Menschenalter  (also  ca.  40  Jahre)  zu  rechnen  sein.  Dieser 
Bevölkerungszuwachs  beträgt,  abgesehen  von  kleinen  Städten,  wo  mitunter 
ein  Stillstand  oder  ein  Rückgang  zu  beobachten  ist,  in  größeren  Städten  im 
Mittel  ca.  2—3  ^Jq,  in  kleinen  Städten  0,5—1  o/^,  bei  Dörfern  ca.  0,3—0,5  o/^. 
Bedeutet  Z  die  gegenwärtige  Einwohnerzahl,  Zw  die  zukünftige  Einwohnerzahl 
nach  n  Jahren,  so  wird,  falls  ein  gleichförmiger  Zuwachs  von  p  ^/q  angenommen 

wird,    Zn—Z  1 1  +  --r^jR )       (nach    Art    der    Zinseszinsrechnung     entwickelt), 

daraus  ist  p^  100  f\/--"-  —  l)  und  n  =  -^' — "  ~  ^T  -•     Diese  Art  der 
^  \^    Z  /  log.  (1  +  0,01  p) 

Berechnung  des  Bevölkerungszuwachses  muß  als  das  weitgehendste  Maximum 
angesehen  werden;  da  der  Zuwachs  in  längeren  Zeitperioden  kein  gleich- 
bleibender ist,  sondern  oft  stark  wechselt,  so  wird,  um  das  ursprünglich  zu 
investierende  Baukapital  nicht  unnötigerweise  in  zu  hohem  Maße  in  An- 
spruch zu  nehmen,  bei  Annahme  eines  größeren  Zeitraumes  nicht  nach  der 
Zinseszinsformel  gerechnet,  sondern  die  lokalen  Verhältnisse  berücksichtigt 
werden  müssen.  Andererseits  aber  kann  voraussichtlich  durch  Schaffung 
eines  ausreichenden  Wasserquantums  die  Möglichkeit  der  Ansiedelung  neuer 
Industrien  oder  aber  eine  bedeutende  Vergrößerung  der  bestehenden  Industrie- 
und  Gewerbeanlagen  geschaffen  werden. 

Nach  der  Zinseszinsformel  ist  beispielsweise  ein  zu  4®/o  angelegtes 
Kapital  K  nach  n  Jahren  Kn=^  K  1,04»»,  also  nach  16  Jahren  verdoppelt,  nach 
27  Jahren  verdreifacht,  nach  36  Jahren  vervierfacht  etc.  Projektieren  wir 
nun  eine  leicht  erweiterungsfähige  Anlage  (z.  B.  eine  Pumpstation),  so 
könnte  im  Falle  einer  notwendigen  Erweiterung  nach  27  Jahren  für  dieselbe 
der  dreifache  Betrag  ausgegeben  werden,  als  das  ursprünglich  investierte 
Kapital  unter  Annahme  des  derzeitigen  Bedarfes  beträgt.  Es  bleibt  also  in 
einem  solchen  Falle  immer  Sache  der  finanziellen  Kalkulation,  um  die  richtige 
Wahl  zu  treffen. 

Bei  ganz  kleinen  Anlagen  (Versorgung  einzelner  Gehöfte  etc.)  oder  in 
Städten,  wo  Industrie  oder  Viehzucht  ganz  abnormale  Verhältnisse  bedingen, 
wird  man  bei  Aufstellung  des  Wasserbedarfes  detaillierte  Berechnungen  an- 
stellen.    Hierbei  sind  nachstehende  Bedarfszahlen  maßgebend. 


B.  Wasserbedarf.  41 

I.  Privatverbrauch. 
In  Wohnhäusern  pro  Kopf: 

zum  Trinken  (2  1),  Kochen,  Reinigen  zusammen  ....  20 — 30  1, 

für  die  Wäsche 10—16  „ 

also  als  Haushaltungswasser  zusammen 30 — 45  „ 

für  einmalige  Klosettspülung 5 — 10  „ 

für  Pissoirspülung: 

a)  intermittierend,  für  einen  Standplatz  und  pro  Stunde  30 — 60  „ 

b)  kontinuierlich,  für  einen  laufenden  Meter  Spülrohrlänge 

und  pro  Stunde 200  „ 

für  ein  Wannenbad 350  „ 

für  ein  Sitzbad  oder  Dusche 30  „ 

für  einmalige  Garten-  oder  Hofbespritzung  pro  Quadratmeter  1 ,5  „ 
Tränken  und  Reinigen  des  Viehes: 

1  Pferd  oder  Großvieh 50  „ 

1  Kleinvieh 10  „ 

1  Schwein    .     .     .* 13  „ 

1  Kalb  oder  Schaf 8  „ 

für  Reinigung  eines  Wagens 200  „ 

2.  Kommunale  Zwecke. 

Auslaufbrunnen  mit  konstantem  Auslauf  pro  Tag  .  10000 — 15000  1, 

Straßenbespritzung  pro  Quadratmeter 1           „ 

öffentliche  Gärten  pro  Quadratmeter 1 — 1,5        „ 

Sparventilbrunnen     ohne     permanenten     Auslauf 

pro  Tag 3000     „ 

1  Hydrant  4—6  sl pro  Stunde  =  14000—22000  „ 

3.  Gewerblicher  und  Industriebedarf. 

Brauereien  pro  Liter  gebrauten  Bieres 5 — 10    1, 

Waschanstalten  pro  Bad 500       „ 

Schwimmbassin  pro  Quadratmeter  einstündlicher  Zufluß 

während  der  Benutzungsstunden  von 50 — 100  „ 

Kesselspeisewasser  für  Dampfmaschinen  ohne  Konden- 
sation pro  Stunde  und  Pferdestärke 20-30     „ 

Kesselspeisewasser  für  große  Expansionsmaschinen  mit 

Kondensation 6 — 7     „ 

Schlachtehäuser  pro  Jahr  und  pro  Stück  geschlachteten 

Viehes 300—400  „ 

Andere  größere  Industrien,  sowie  Schwemmkanalisationen  werden  speziell 
bemessen  und  das  Wasser  mittels  Wassermesser  abgegeben.  Diese  Mengen 
sind  dann  neben  dem  früher  erwähnten  Gesamtbedarf  von  50 — 150  1  pro  Kopf 
und  Tag  der  Bevölkerung,  in  welchem  auch  die  sub  a,  b  und  c  enthaltenen 
Angaben  inbegriffen  sind,  noch  separat  zuzuzählen. 

Mittlerer  Tagesbedarf.  Dieser  auf  Grund  des  mittleren  Tages- 
konsums ermittelte  mittlere  Jahresbedarf  schwankt  je  nach  der  Jahreszeit 


42  !•  I^ic  Wasserversorgung  der  Ortschaften 

und  ist  bei  größeren  Städten  in  der  Regel  infolge  des  großen  Wasserver- 
brauches für  Besprizen  im  Hochsommer  am  größten  und  beträgt  der 
maximale  Tageskonsum  125 — IoO^Jq  des  durchschnittlichen  Tagesbedarfes. 
Nach  demselben  ist  die  Größe  des  Hochreservoirs  bei  Gravitationsleitungen 
kleinerer  Ortschaften  zu  bestimmen.  In  36  Städten  Deutschlands  schwankt 
das  Verhältnis  zwischen  dem  maximalen  und  dem  mittleren  Tageskonsum 
zwischen  1,14  und  1,89;  in  jenen  Städten  jedoch,  wo  das  Wasser  nicht 
ä  discrdtion,  sondern  mittels  Wassermesser  abgegeben  wird,  wechselt  das- 
selbe Verhältnis  zwischen  1,2  und  1,5,  also  120— 150<^/o. 

Maximaler  Stundenkonsum.  Der  Verbrauch  ist  jedoch  auch  während 
des  Tages  verschieden  und  sind  die  Rohrdimensionen  nach  dem  maximalen 
Stundenkonsum  zu  berechnen  (nebstdem  noch  der  gleichzeitige  Bedarf  zur 
Speisung  von  1 — 2  Hydranten). 

Der  maximale  Stundenkonsum  am  Tage  des  größten  Ver- 
brauches beträgt  10 — 12^/o  des  mittleren  Tagesbedarfes,  bei  großen 
Städten  auch  150^/^  des  mittleren  Stundenkonsums  am  Tage  des  größten 
Verbrauches. 

Beispiel:  Der  mittlere  Tagesbedarf  einer  Ortschaft  von  2000  Ein- 
wohnern würde  z.  B.  2000  .  60  1  =  120000  1  =  120  m»  betragen.  Das  Hoch- 
reservoir der  Gravitationsleitung  hat  daher  einen  Fassungsraum  gleich 
dem  maximalen  Tageskonsum  von  120 .  125  ^/q  =  150  m^  zu  erhalten.  Das 
Hauptzuleitungsrohr  von  den  Quellen  zum  Hochreservoir  ist  nach  dem 

120  "«* 
mittleren  (permanenten)  Zufluß  Qmittei  =  qc^ao  aec  =  1|39  =  1,4  sl.   zu   dimen- 
sionieren.   Das  Hauptspeise  röhr  für  die  Stadt  (vom  Hochreservoir  bis  zum 
Beginn  des  Stadtrohmetzes)  ist  nach  dem  maximalen  Stundenkonsum  zu  be- 
rechnen.   Derselbe  beträgt: 

12000  ^ 
Ö««c.*  =  120  .  lOO/o  =  12  m«,  also  Q„u^.'^'  =  -^öÖÖ~^  ^  ^'^^  ®** 

Nehmen  wir  nun  an,  daß  bei  dieser  kleinen  Stadt  gleichzeitig  nur 
1  Hydrant  für  Feuerlöschzwecke  oder  Straßenbespritzung  mit  0  =  4  sL  zur 
Verwendung  gelangt,  so  muß  das  Hauptzuleitungsrohr  eine  Kapazität  von 
Q  =  3,33  +  4,0  =  7,33  sl.  erhalten.  Bei  einer  ausschließlichen  Trinkwasser- 
leitung, woselbst  man  auf  die  Einbauung  von  Hydranten  nicht  Rücksicht 
nimmt,  wird  natürlich  das  Hauptspeiserohr  nur  für  Q  =  3,33  sl.  berechnet 
werden.  Aus  dem  Titel  von  Wasserverlusten  durch  Abgang  bei  den 
Überlaufleitungen  der  Sammelobjekte  infolge  ungleichmäßigen  Konsums,  femer 
durch  eventuelle  Undichtheiten  in  den  Rohrleitungen  soll  zu  dem  oben  be- 
zeichneten Wasserbedarf  noch  ein  Zuschlag  von  ca.  10 — 20 ^/q  gegeben 
werden. 

Jährliche  Verbrauchsschwankungen.  Abgesehen  von  der  Zunahme 
des  Wasserverbrauches  mit  zunehmender  Bevölkerung,  wechselt  selbst  bei 
einem  gleichbleibenden  Bevölkerungsstande  die  Verbrauchssumme  pro  Jahr, 
teilweise  bedingt  durch  Änderung  der  klimatischen  Verhältnisse  (heiße,  regen- 
arme und  kalte,  regenreiche  Jahre).  Zum  Teil  jedoch  nimmt  der  Konsum 
zumeist  alljährlich  zu,  und  zwar  in  einem  viel  größeren  Verhältnisse  als  der 


C.  Wassergewinnung. 


43 


t^jUi*n*n' 


Zuwachs  der  Bevölkerung,  da  die  Hausanschlüsse  sich  vermehren  und  über- 
haupt bei  zunehmender  Erfahrung  in  bezug  auf  Annehmlichkeit,  Nützlichkeit 
und  Billigkeit  der  Wasserentnahme  aus  dem  Wasserwerke  gegenüber  des 
früheren  Bezuges  aus  Brunnen  etc.  die  moderne  Wasserleitung  immer  mehr 
in  Anspruch  genommen  wird. 

Aus  Fig.  2  ist  die  stetige  Zunahme  des  Konsums  aus  dem  Nutzwasser- 
werke der  Stadt  Brunn  in  Mähren  seit  dem  Jahre  1878  zu  entnehmen. 
Während  im  Jahre  1878  der  Gesamtverbrauch  24,5  Mill.  Österreich.  Eimer 
(ä  56  1)  betrug,  stieg  der- 
selbe im  Jahre  1894  auf 
68  Mill.  Der  Wasserver- 
brauch für  Industriezwecke 
ist  durch  schraffierte 
Flächen  angedeutet  und 
betrug  1878  10  Mill.  und 
1894  21,2  Mill.  Eimer,  ent- 
sprechend 40,8  und  31,2  o/^j 
des  Gesamtbedarfes.  Die 
Prozente  sind  durch  eine 
strichpunktierte  Linie  an- 
gedeutet, wobei  jedoch 
als     Höhenmaßstab      der 

doppelte  des  links  eingezeichneten  zu  nehmen  ist,  also  0,  20,  40,  60  .  .  .  140 
Prozente.  Der  Rest  entfällt  auf  Hausverbrauch  und  öffentliche  Zwecke  inkl. 
des  1 — 2^Iq  betragenden  Bedarfes  für  Betriebszwecke  des  Wasserwerkes  selbst. 


Fig.  2.    OrapMkon  des  jährlichen  Waeserverbraaches  des 
BrUnner  Wasserwerkes. 


C.  Wassergew^innung. 

Die  Wassergewinnungs-  bezw.  Sammelanlage  wird  eine  verschiedene 
sein,  je  nachdem  wir  Quell-,  Grund-  oder  Flußwasser  verwenden  wollen  oder 
event.  das  auf  den  Boden  niederfallende  Meteorwasser  direkt  zu  sammeln 
gezwungen  sind  (Sammelteiche,  Stauweiheranlagen).  In  erster  Linie  sollen 
die  Sammelanlagen  für  Quellwässer  besprochen  werden. 

L  Quellfassungen. 

Um  bezüglich  der  Ergiebigkeit  einer  Quelle  annähernde  Grenzwerte  zu 
finden,  müssen  tunlichst  viele  Messungen  in  verschiedenen  Jahren  und  Jahres- 
zeiten vorgenommen  werden.  Insbesondere  wird  die  geringste  Ergiebigkeit 
der  Quelle  in  Betracht  zu  ziehen  sein,  welche  in  unseren  Gegenden  mittlerer 
Seehöhe  zumeist  in  den  Anfang  des  Herbstes  (September  und  Oktober)  und 
das  Ende  des  Winters  (Februar)  vor  Beginn  der  Schneeschmelze  fällt.  Anders 
verhält  es  sich  bei  Quellen  im  Hochgebirge,  deren  Infiltrationsgebiet  in  die 
Schneeregion  fällt,  oder  wo  überhaupt  die  Schneedecke  lange  liegen  bleibt 
und  die  Schmelze  erst  in  den  Sommer  fällt.  Eine  Ausnahme  bilden  auch 
die  Quellen  im  Karstgebiete  und  ähnlichen  von  Höhlenbildungen  durchsetzten 
Formationen.     Liefert   die  Quelle   mehr   als   den   notwendigen  Bedarf   oder 


44  I-  ^i^  Wasserversorgung  der  Ortschaften. 

erscheint  der  letztere  wenigstens  immer  gedeckt,  dann  wird  die  Quelle  als 
solche  ohne  weitere  Sammelanlagen  gefaßt  werden  können;  im  anderen  Falle 
muß  eine  entsprechende  Vermehrung  des  abzufassenden  Wasserquantums 
durch  Erweiterung,  Tieferlegung,  Sammelstollen,  Sickerkanäle  etc.  angestrebt 
werden,  insoweit  eine  solche  mit  Rücksicht  auf  die  geognostische  Beschaffenheit 
überhaupt  zu  erzielen  möglich  ist. 

Die  bauliche  Konstruktion  dieser  Anlagen  zerfällt  in  zwei  Hauptgruppen : 

a)  die  eigentliche  Sammelanlage, 

b)  die  Quellenstube  (bei  größeren  Ausmaßen  Wasserschloß  genannt). 

Tritt  die  Quelle  nur  an  einem  Punkte  (konzentriert)  zutage,  so  entfällt 
eine  Sammelanlage  und  wird  nur  die  Quellenkammer  oder  die  Quellenstube 
zu  bauen  sein.  Je  nachdem  der  Austritt  der  Quelle  von  unten  oder  seitwärts 
erfolgt,  wird  sich  auch  danach  die  bauliche  Durchführungsart  richten;  weiter 
wird  die  Fassung  eine  Änderung  erfahren  müssen,  je  nachdem  die  Quelle  aus 
Felsenspalten  oder  einer  wasserführenden  Schotter-  oder  Sandschichte  ent- 
springt. Ist  das  Quellwasser,  an  verschiedenen  Orten  austretend,  zu  sammeln, 
so  muß  eine  separate  Sammelanlage  angelegt  werden.  Dieselbe  kann  aus 
einem  System  von  einfachen  Drainageröhren,  besser  gelochten  Steinzeugröhren, 
aus  gemauerten  Sickerkanälen  oder  aus  Sicker-  oder  Sammelstollen  oder 
endlich  auch  aus  Sammelbrunnen  bestehen.  In  nachfolgenden  Figuren  sollen 
nun  einige  der  wichtigsten  Typen  von  Quellfassungen  vorgeführt  werden, 
wie  solche  bei  den  vom  Verfasser  projektierten  und  durchgeführten  zahlreichen 
Wasserversorgungen  von  Ortschaften  und  Städten  zur  Durchführung  gelangten. 

I.  Pelsquellen. 

Figuren  3 — 5  zeigen  im  Längenschnitt  und  Grundriß  die  Fassungen  von 
Quellen,   welche   an   einem  ßergabhange  austreten.     Mittels    eines  Schlitzes 


Länxenschnitt  Grundriß. 

Fig.  S.    Einfache  Quellfaasung. 

wurde  der  Quelle  nachgegangen  und  das  Terrain  bis  zum  gesunden  an- 
stehenden Fels  aufgedeckt.  Das  in  Fig.  3.  aus  einzelnen  unmittelbar  neben- 
einander liegenden  Felsspalten  hervorquellende  Wasser  wird  durch  eine  in 
den  beiderseitigen  Felswänden  eingebundene,  in  Portlandzementmörtel  her 
gestellte  kleine  Staumauer  (0,16—0,30  m  stark)  abgedämmt,  an  welche  Mauer 


C,  Wassergewinnnng. 


45 


sich  eine  kleine,  45/45/50  cm  oder  60/60/50  cm  weite  Quellkammer  anschließt, 
welche  mit  einer  Deckplatte  bedeckt  ist  und  deren  3  bergseitige  Mauern  mit 
Schlitzen  versehen  sind.  Aus  diesem  Objekt  führt  eine  Eisen-  oder  Tonrohr- 
leitung das  Wasser  der  tiefer  gelegenen  Quellstube  zu,  in  welche  event.  noch 
andere  derartige  Leitungen  einmünden.  Die  Quellkammer  wird  mit  größerem 
Geschiebe,  Schotter  und  dergl.  bedeckt  und  der  andere  Teil  des  Schlitzes 
sodann  wieder  angeschüttet.     Ein   mit  einer  Nummer  versehener  Markstein 


LäDgenBchnitt.  Onmdrlfi. 

Fig.  4.    Qaellfassang  mit  Vereinigtingfischacht. 

bezeichnet  nachträglich  oberirdisch  die  Lage  dieser  Quellfassung.  In  Fig.  4 
(Grundriß)  liegen  die  Quellspalten  schon  weiter  voneinander  und  wird  daher 
die  Quellsammelanlage  aus  einem  Saugkanal  in  Verbindung  mit  einer  oder 
zwei  kleinen  Quellkammern  und  einer  wasserdicht  gemauerten  Vereinigungs- 


Längeo  schnitt.  Grondrifl. 

Fig.  .*>.    Fassang  von  2  Quellen  mit  einer  Vereinigungskammer. 

kammer  (Schacht,  Akkumulator)  bestehen,  wobei  durch  Staumauern  ein  Umlauf 
des  Wassers  verhindert  und  der  Eintritt  in  den  Saugkanal  durch  bergseitig 
im  Mauerwerk  ausgesparte  Schlitze  ermöglicht  ist.  Fig.  5  zeigt  eine  etwas 
abweichende  Form  einer  solchen  Quellfassung,  wobei  der  Saugkanal  des  großen 
Gefälles  wegen  abgetreppt  angeordnet  erscheint.  Aus  dem  0,45/0,45/0,60  m 
weiten  Vereinigungsschacht  wird  das  gesammelte  Quellwasser  durch  eine 
40  mm  weite  Gußrohrleitung  der  Quellstube  zugeführt. 

Fig.  6  a — e  zeigt    die   Fassung    einer  Quelle,    welche   zur  Versorgung 
einer    mährischen    Stadt    dient.      Diese    dem    Pläner    (Kreideformation)    ent- 


46 


I.  Die  Wasserversorgung  der  Ortschaften. 


b)  Längenschnitt  CD. 


c)  Grundriß. 


"•^ 


a)  Längensohnltt  AB. 


d)  Querschnitt  durch  den 
Beton-Sammelkanal. 
Fig.  6.    Qnellenfassung  und  Quellenstube. 


e)  Querschnitt  durch  den 
Rohr-AbleitungskanaL 


C.  Wassergewinnang.  47 

springende  Quelle  wurde  zu  Anfang  des  vorigen  Jahrhunderts  durch  einen 
kurzen  Stollen  aufgeschlossen,  welcher  seitdem  einstürzte,  wodurch  die  bei  B 
ersichtliche  Terrainmulde  entstand,  welche  später  nach  erfolgter  Fassung  der 
Quelle  (1896)  mit  Steinen  ausgefüllt,  mit  einer  Tegel- (Letten-)  Anstampf ung 
gedeckt  und  überdies  durch  Pflaster  oder  Rasenbekleidung  auf  der  Terrain- 
oberfläche gegen  das  Eindringen  von  Tagewasser  geschützt  wurde.  Ein  Teil 
des  alten  Stollens  ist  aus  dem  Längenschnitt  b  und  dem  Grundriß  c  zu  er- 
sehen. Die  Fassung  der  drei  Austrittsstellen  der  Quelle  aus  Spalten  des 
Plänersandsteines  erfolgte  durch  gelochte  Steinzeugrohre,  d  =  150  mm.  Die 
Hohlräume  der  Felsnischen  wurden  sorgfältig  mit  reinen  Bruchsteinen  aus- 
geschlichtet. Das  Wasser  sammelt  sich  in  einem  4  m  langen,  0,60  m  weiten 
und  0,90  m  hohen,  aus  Beton  hergestellten  gewölbten  Sammelkanal,  welcher 
zur  Sicherung  gegen  Druck  der  darüber  liegenden  hohen  Anschüttung  sehr 
kräftig  dimensioniert  erscheint;  er  ist  in  der  Mitte  mit  einer  Kontrollöffnung, 
welche  mit  einer  Steinplatte  gedichtet  ist,  versehen. 

Aus  Sparsamkeitsrücksichten  wurde  die  Herstellung  eines  neu  zu 
mauernden  Zugangstollens  unterlassen.  Durch  eine  200  mm  weite  Steinzeug- 
rohrleitung, welche  zum  Schutze  in  einen  aus  Ziegelmauerwerk  hergestellten 
Deckeldurchlaß  (35/40  cm)  gelegt  wurde  (siehe  Fig.  6  e),  wird  das  Wasser  der 
in  nächster  Nähe  gelegenen  Quellenstube  (Quellenhaus)  zugeführt.  Fig.  6  a 
stellt  den  Längenschnitt  durch  den  Sammelkanal  mit  der  Ansicht  der  Böschungs- 
versicherung, d  den  Querschnitt  dieses  Kanales  dar.. 

Eine  andere  Art  der  Fassung  von  Felsenquellen  wird  durch  Fig.  7 
veranschaulicht,  welche  dem  Projekte  der  Trinkwasserleitung  für  die  Stadt 
Brunn  (Mähren)  entnommen  ist,  das,  in  den  Jahren  1889 — 1896  vom  Verfasser 
ausgearbeitet,  der  Gemeinde  vorgelegt  wurde.  Die  in  Aussicht  genommenen, 
60  km  von  Brunn  gelegenen  Quellen  des  Kreidegebietes  Brüsau-Mußlau  würden 
in  verschiedener  Weise  zu  fassen  sein.  Speziell  die  auf  einer  Strecke  von 
ca.  100  m  lokal  nebeneinander  auftretenden  Quellen  von  Brüsau  {Q  =  100  sl.) 
werden  einzeln  gefaßt  und  durch  einen  Sammelkanal  in  das  in  der  Nähe 
gelegene  Wasserschloß  geführt.  Die  in  Fig.  7  gezeichnete  Quellfassung  be- 
zieht sich  auf  einen  Quellaustritt,  welcher  derartig  zu  fassen  ist,  daß  gleich- 
zeitig die  direkte  Schöpfung  des  Wassers  mittels  Gefäßen  ermöglicht  werden 
soll,  da  diese  Quelle  seit  jeher  von  den  in  der  Nähe  wohnenden  Personen 
zur  Deckung  des  Trinkwasserbedarfes  verwendet  wird.  Hierbei  muß  jedoch 
die  Möglichkeit  jeder  eventuellen  Verunreinigung  ausgeschlossen  bleiben.  Wie 
aus  dem  Grundriß  zu  ersehen  ist,  werden  die  nebeneinander  liegenden  Quell- 
austritte No.  6,  7,  8  und  9  durch  einen  gewölbten  Kanal  a  b  verbunden.  Das 
hier  gesammelte  Wasser  tritt  bei  c  in  den  eiförmigen  Beton-Sammelkanal  cd 
ein,  dessen  linke  Wand  m  verlängert,  die  Schieberkammer  s  abschließt.  Bei 
geöffnetem  Schieber  5  wird  durch  eine  eiserne  Rohrleitung  das  durch  Treppen 
zugängliche  offene  Wasserbassin  /  in  dem  Maße  der  Entnahme  stets  nach- 
gefüllt werden,  ohne  daß  eine  Verunreinigung  des  Quellwassers  in  dem 
Sammelkanal  möglich  ist.  Eine  eventuelle  Bedienung  des  Schiebers  s  kann 
durch  den  versperrten  Einsteigschacht  e  erfolgen.  Das  Plateau  der  Quell 
fassung  liegt  1  m  über  dem  höchst  gelegenen  Hochwasserspiegel. 


48 


I.  Die  Wasserversorgung  der  Ortschaften. 


QÜEI\SCHN1TT.  AB 


Flg.  7.    Fassung  der  obersten  Brüsaner  Bahnhofquellen  (Projekt  Briinn). 


C.  WassergewinnoDg. 


49 


Tritt  das  Wasser  nicht  konzentriert  aus  einzelnen  größeren  Steinspalten 
auf,  sondern  sickert  dasselbe  mehr  oder  weniger  gleichförmig  aus  dem  durch- 
lässigen Gestein    aus,    dann   kann   die  Ergiebigkeit   der  Quelle  durch  einen 


.Aiiz^. 


Längenschnitt. 


Querschnitt. 


Fig.  8.    Qaell-Sammelkanal  im  Stolleu. 


Sammelkanal  vermehrt  werden,  welcher  entweder  in  einem  von  Tag  aus 
ausgehobenen  tiefen  Graben  oder  in  einem  bergmännisch  vorgetriebenen 
Stollen  hergestellt  wird.  Er- 
folgt der  Austritt  des  Quell- 
wassers nur  auf  einer  Seite, 
dann  werden  auf  dieser 
Schlitze  in  die  bergseitigen 
Widerlager  des  Deckeldurch- 
lasses oder  gewölbten  Kanales 
gelassen,  das  talseitige  Wider- 
lager hingegen  wasserdicht 
in  Zementmörtel  gelegt. 

In  Fig.  8  sind  beider- 
seits Schlitze  belassen,  da  in 
diesem  Falle  das  Quellwasser 
von  beiden  Seiten  eintritt. 
Der  übrig  bleibende  freie 
Stollenraum  wird  zumeist  mit 
Steinen  gut  ausgeschlichtet, 
um  ein  Einstürzen  zu  ver- 
hindern. 

Fig.  9  und  10  zeigen 
die  Fassungen  von  lokal 
auftretendem  Quellwasser  in 

Basalttuff,  welcher,  überhaupt  wasserdurchlässig,  in  seinen  unteren  Partien 
die  wasserführende  Schichte  repräsentiert.  Als  undurchlässige  Liegend- 
schichte tritt  hier  eine  schwache  Lage  von  Grünerde  auf,  welche  auf  Süß- 
wasserkalk auflagert.  Die  lokale  Quelle  in  Fig.  9  wurde  durch  ein  ge- 
lochtes glasiertes  Steinzeugrohr  T  gefaßt,  welches,  auf  einer  Betonplatte  B 
Friedrich,  Wasserban.    Zweite  Auflage.    IL  Band.  4 


~1     T^iTi!  ^ — I — - 


Fig.  9.    QuellfasBimg  mit  Schacht. 


50 


I.  Die  Wasserversorgung  der  Ortschaften. 


Stehend,  oben  mit  einem  eisernen  Deckel  verschlossen  ist.  Der  Zutritt  des 
Wassers  erfolgt  durch  eine  Schlichtung  von  Trockenmauerwerk,  auf  welche 
ein  Einsteigschacht  aufgemauert  ist,  wodurch  die  Quelle  jederzeit  zugänglich 
gemacht  erscheint.  Durch  die  Leitung  r  findet  das  Quellwasser  seinen  Ab- 
fluß in  einen  Sammelschacht  (Akkumulator)  oder  direkt  in  die  Quellsammel- 
stube  oder  das  Hochreservoir. 

In  Fig.  10  konnte,  da  die  Quelle  mitten  auf  einem  Acker  liegt,  kein 
Einsteigschacht  gemauert  werden.  Das  gelochte  Steinzeugrohr,  das  hier  un- 
mittelbar auf  Felsen  aufsteht  und  ringsum  mit  Schotter  und  Kies  umschlichtet 
ist,  wird  durch  eine  Kappe  Z?,  welche  ähnlich  einem  Endstöpsel  (siehe  später 
unter  Fassonröhren)  in  die  Muffe  eingedichtet  ist,  wasserdicht  abgeschlossen. 
Eine  kleine  Mauer  m  dient  als  Stauschwelle  für  das  in  der  wasserführenden 

Schichte  fließende  Quell- 
wasser und  es  ist  gegen  Ver- 
unreinigung von  der  Ober- 
fläche aus  für  einen  ent- 
sprechenden Abschluß  durch 
Zementguß  und  Lettenstamp- 
fung  gesorgt. 

2.  Quellstuben. 

Um  die  Ergiebigkeit 
und  Reinheit  der  Quelle 
jederzeit  leicht  kontrollieren 
zu  können,  empfiehlt  es  sich, 
eine  eigene  Quellstube, 
Brunnenkammer,  zu  bauen, 
welche  bei  sehr  kleinen  Lei- 
tungen gleichzeitig  die  Stelle 
eines  Hochreservoirs  ver- 
treten kann.  Größere  Quell- 
stuben pflegt  man  als 
Wasserschloß  zu  be- 
zeichnen. Eine  größere  Quellstube,  welche  leicht  zugänglich  sein  muß,  soll 
einen  Sandfang  (Kammer  für  die  Ablagerung  des  vom  Wasser  häufig  mit- 
geführten feinen  Sandes)  besitzen,  um  die  Rohrleitung  vor  Verschlammung 
zu  schützen,  weiter  die  eigentliche  Reinwasserkammer  und  endlich  die 
Schieberkammer  enthalten.  Die  letztere  wird  nur  zu  dem  Zwecke  gebaut, 
um  die  Schieber  in  dem  wasserfreien  Räume  leichter  untersuchen,  teeren 
und  schmieren  zu  können  und  das  zu  schnelle  Rosten  zu  verhüten.  Die 
bauliche  Konstruktion  einer  größeren  Wasserstube  ist  aus  Tafel  II  zu  ersehen. 
Ein  Rohrstrang  der  Hauptzuleitung  führt  von  hier  zum  Hochreservoir, 
welches  in  der  Nähe  der  Stadt  gelegen  ist;  die  Rohrleitung  ist  durch  einen 
Wasserschieber  absperrbar  und  zur  Verminderung  der  Kontraktion  der 
Wasserstrahlen  beim  Eintritt  mit  einem  sogen.  Trompetenrohr  (siehe  Fasson- 
röhren) versehen.     Diesen  Rohrstrang  pflegt  man  etwas  höher  als  die  Sohle 


Fig.  10.    Quellfassnng  ohne  Schacht. 


C.  Wassergewinnnng.  51 

anzuordnen.  Ein  zweiter,  kleinerer  Rohrstrang  im  Niveau  der  Sohle  der 
Reinwasserkammer  dient  zur  Entleerung  der  Quellstube  (bei  notwendiger 
Reinigung),  welche  durch  öffnen  des  bezüglichen  Schiebers  erfolgen  kann; 
in  diese  Leitung  mündet  unterhalb  des  Absperrschiebers  die  Überfall- 
leitung ein,  welche  das  eine  gewisse  Höhe  überschreitende  Oberflüssige 
Wasser  durch  ein  Trompetenrohr  ü  aufnimmt  und  durch  die  Entleerungs- 
leitung abführt.  Am  Ende  der  Entleerungsleitung  (Graben  oder  Bach)  ist 
ein  Auslauf  Objekt,  mit  einer  Froschklappe  verschlossen,  einzubauen.  Die 
Kosten  einer  derartigen  Quellstube  belaufen  sich  auf  ca.  3400  K  (2900  M.). 
Der  in  die  Praxis  eintretende  Kulturingenieur  kann  aus  nachstehendem 
Kostenvoranschlage  die  Art  und  Weise  der  Aufstellung  derartiger  Projekts- 
beilagen ersehen  (siehe  S.  52  und  53). 

Auf  Tafel  III  ist  das  Wasserschloß  eines  vom  Verfasser  projektierten 
und  1894  gebauten  Wasserwerkes  im  Grundriß,  Daraufsicht,  Ansicht  und 
3  Schnitten  abgebildet.  Das  Wasserschloß  besteht  aus  2  Reinwasserkammern 
(als  Reserve  bei  Reinigung  einer  derselben)  und  einer  mittleren  Kammer,  die, 
mit  Schotter  gefüllt,  als  Grobfilter  funktioniert  und  den  Zweck  hat,  das  ohne- 
hin stets  klare  Grundquellwasser  wohl  nicht  zu  filtrieren,  sondern  Sand  und 
event.  größere,  durch  die  Sammelleitung  gebrachte  Steinchen  etc.  zurückzu- 
halten. Die  aus  den  2  Sammelgebieten  kommenden  höher  gelegenen  Rohr- 
leitungen (Taf.  III,  Fig.  3  und  6)  führen  das  Wasser  in  diese  Grobfilterkammer 
ein,  aus  welcher  es,  vermittelt  durch  die  anstoßende  kleine  Schieberkammer, 
durch  öffnen  der  Schieber  s^  oder  s^  (Taf.  III,  Fig.  6)  in  eine  oder  beide  Rein- 
wasserkammem  eingelassen  werden  kann.  Durch  Offnen  der  Schieber  Sg 
oder  S4  kann  das  Wasser  in  die  300  mm  weite  Hauptzuleitung  eingelassen 
und  dem  12  km  bei  der  Stadt  gelegenen  Hochreservoir  zugeführt  werden. 
Durch  die  Schieber  s^  und  s^  kann  eine  Entleerung,  durch  die  Oberfallrohre 
«1,  »21  ^^  ^^  Abführung  des  überschüssigen  Wassers  in  den  nahen  Fluß  be- 
werkstelligt werden.  Hinter  den  Schiebern  s^  und  s^  sind  in  die  Hauptrohr- 
leitung 2  Luftröhren  /^  und  /,  eingebaut,  deren  Zweck  in  der  später  zu  be- 
handelnden mechanischen  Einrichtung  der  Hochreservoire  besprochen  wird. 
Die  Kosten  dieses  Wasserschlosses  belaufen  sich  auf  15400  K  (13000  M.). 

Bezüglich  der  Ausführung  der  Quellenfassungen  ist  im  allgemeinen  noch 
zu  bemerken,  daß  alles  Mauerwerk  in  Zement  auszuführen,  daß  Holz  nicht 
einzubauen  und  Moos  nicht  als  Fugendichtungsmaterial  zu  verwenden  ist, 
soweit  dieselben  mit  Wasser  in  Berührung  kommen  können.  Eventuelles 
Trockenmauerwerk  muß  sehr  solid  geschlichtet  werden,  da  es  sonst  später 
einstürzt.  Gewölbungen  etc.  sind  mit  Zement  oder  Asphalt  abzudecken, 
überhaupt  ist  der  Eintritt  von  Tagewasser  in  die  Quellstube  hintan  zu  halten. 
Weiter  soll  das  ursprüngliche  Niveau  des  Wasserspiegels  einer  Quelle  nie 
gehoben  werden,  wenn  dieselbe  aus  Felsspalten  kommt,  da  durch  ein 
künstliches  Aufstauen  leicht  ein  unterirdischer  anderweitiger  Abfluß  hervor- 
gerufen werden  kann,  in  welchem  Falle  die  Ergiebigkeit  der  Quelle,  statt 
durch  die  Fassung  größer  zu  werden,  unter  Umständen  bedeutend  reduziert 
werden  kann. 

4* 


52 


I.  Die  Wassenrersorgnng  der  Ortschaften. 


Vorausmafs  und  Kostenanschlag 

für  den  Baa  der  Qaellenstabe  (Taf.  III). 


Gegenstände: 


österr.  Währung 


einzeln 


K 


zusammen 


z.  Brdarbeiten. 

a)  Aashub,  4  m  tief,  in  lehmig-erdigem  Material       .     .       57,2  m^ 

b)  Anschüttung  und  Stampfung        40,4    „ 

2.  Maurerarbeiten. 

a)  Sohlenpflaster  aus  prima  Ziegeln,  in  Portlandzement- 
mörtel gelegt,  0,30  m  stark 4,2  m» 

b)  Ziegelmauerwerk    in    Portlandzementmörtel    bis    zum 
Fnndamentabsatz  (Fufibodenhöhe) 14,0    „ 

c)  Gerades  Ziegelmauerwerk  in  hydraulischem  Kalkmörtel 

(über  Wasser) 22,0    „ 

d)  Gewölbemauerwerk     aus    Ziegeln    in    hydraulischem 

Mörtel 4,3    „ 

e)  Glatter  Portlandz6mentverputz,   bis  Fufibodenhöhe  ge- 

1  *  2 

schliffen,  — f— ,  0,06  m  stark 36,8  m« 

f)  Feiner  innerer  Verputz  (vom  Fuflboden  aufwärts)  mit 
hydraulischem  Mörtel,  1 :  2,  0,02  m  stark     ....        31,8    „ 

g)  Rauher  äußerer  Verputz  (über  dem  natürlichen  Terrain) 

mit  hydraulischem  Mörtel,  0,03  m  stark  ....  4,9  y, 
h)  Gewölbeabdeckung  in  hydraulischem  Kalkmörtelbeton, 

1:6,  10  cm  stark 12,6  „ 

i)  Herstellung  der  Fassade  (Fngenschnitt  etc.)       .     .     .  20,8  „ 

k)  Bruchsteinpflaster,  trocken,  in  Sand l^i^  n 

1)  Hackelsteinmanerwerk  in  hydraulischem  Kalk  (zum  Teil 

Quadermauerwerk) : 

a)  Profilierte  Gesimsquader  und  Türstock      ....  3,73  m' 

ß)  Parapuet  und  Eingangsstufe 1,80  „ 

i.  Zimmermanns-,  Tischler-  und  Schlosserarbeiten. 

a)  Fußbodenbelag  ans  Eichenholz,  0,06  m  stark    ...  7,8  m* 

b)  1  schmiedeeiserne  Türe,  0,8  m  breit,  1,7  m  hoch,  samt  Türkegel 
und  Schlofi 

c)  1  schmiedeeisernes  Oberlichtfenster,  0,8  m  breit,  0,4  m  hoch 

d)  4  Stück  Steigeisen  samt  Versetzen 

4«  Mechanische  Ausrüstung. 

a)  Schieber,    rf  =  150  mm  1   samt  Handrad     ....        1  Stück 
„  d  =^  100     „     /  und  Spindel    ....  1      „ 

Zu  übertragen: 


32 
32 
20 
24 

5 

1 
1 


100 
80 


80 
20 


130 

78 


40 


60 


80 
24 


134 
448 
440 
103 

179 


39 

80 
20 


130 
78 


08 
24 


40 


20 


31 

80 

4 

90 

30 

24 

41 

60 

33     90 


373 
144 


2417 


40 


76 


C.  Wassergewinnang. 


53 


Gegenstände: 

österr.  Währung 

einzeln    ||  zusammen 

K 

h 

K 

h 

Übertrag: 

b)  Appretierte  Fassonröhren,  diverse,  zu  liefern  loko  Baustelle: 
rf=  160  mm  =  2,6  lfd.  m   .     .     .     .     =  120 
d=100    „    =6,5    „     „    .     .     .     .     =160       2,7  M.-Ztr. 
Dichten   der   Muffen   in    Hanf  und  Blei,   </  =  160  mm     1  Stück 

n              n             r           n           r»           nw^^^  *^^     »          ^        « 

Flanschendichtungen d=  150    „        3      „ 

rf=100    „       7     , 

Einmauern  der  Rohre B      „ 

30 
3 
2 
3 
2 
2 

22 
2 

30 
30 
86 
96 

40 
80 

2417 

81 

3 

2 

11 

20 

6 

431 
7 

224 

60 

134 

76 

30 
30 
58 
72 

c)  Normale  Gufimuifenrohre,  d  =  100  mm,  für  die  Entleerungs-  und 
Überfallleitung,  Gesamtlänge  80  lfd.  m    .     .     .     .    19,60  M.-Ztr. 

Transport  zur  Verwendungsstelle 19,60      „ 

Aushub    des    Rohrgrabens,    Legen    und    Dichten    der   Rohre   in 
Hanf  und  Blei,  Wiederanschütten  und  Stößeln  {d=100  mm), 
80  lfd.  m 

20 

84 

d)  Auslaufobjekt: 

Erd-  und  Maurerarbeiten            "i        h  D      1      h                  f    46  K 
Fassonrohr  samt  Froschklappe  /                                          \    14   „ 

5.  Planierarbeiten,  Besamen  der  Böschungen  and  diverses  Un- 
vorhergesehenes, panschaliter 

30 

Summe: 

3400 

— 

Auch  ein  zu  starkes  Tieferlegen  des  Auslaufes  ist  tunlichst  zu  ver- 
meiden, da  hierdurch  eine  zu  rasche  Entwässerung  des  unterirdischen  Quell- 
sammelbeckens erfolgen  kann. 

Sammelröhren  und  Kanäle  legt  man  mit  ihrer  Oberkante  mindestens 
1,5  m  unter  Terrain.  Wo  dies  nicht  überall  möglich,  mufi  durch  eine  ent- 
sprechend hohe  Anschüttung  die  Überdeckung  geschaffen  werden.  Das 
gleiche  gilt  bei  den  Brunnenstuben.  Die  Geschwindigkeit  des  Wassers  in 
allen  Druckleitungen  soll  zur  Vermeidung  hydraulischer  Stöße  Vnuix.  =  1  m 
pro  Sekunde  nie  übersteigen.  Endlich  soll  für  eine  Ventilation  größerer 
Brunnenstuben  und  für  die  Möglichkeit  der  Sedimentierung  mitgeführten 
Sandes  etc.  gesorgt  werden. 

IL  Sammelanlagen  f&r  Grundwasser. 

Das  Vorhandensein  von  Grundwasser  setzt  immer  die  Existenz  einer 
eigenen  wasserführenden  Schichte,  die  gewöhnlich  aus  Schotter  und 
Sand  besteht,  voraus.  Aufgabe  der  Sammelanlagen  ist  es  nun,  diese  wasser- 
führende Schichte  in  der  günstigsten  Art  zu  durchfahren,  zu  erschließen  und 
das  gesammelte  Wasser  sodann  einem  Sammelbrunnen,  Akkumulator,  Wasser- 


54 


I.  Die  Wassenrersorgnng  der  Ortschaften. 


schlösse  etc.  zuzuführen.  Für  Leitungen  mit  künstlicher  Wasserhebung 
wird  es  sich  behufs  billigster  Erschließung  und  Gewinnung  der  im  Tale  ge- 
legenen unterirdischen  Grundwassermengen  in  vielen  Fällen  empfehlen,  nur 
einen  großen  Sammelbrunnen  anzulegen,  aus  welchem  mittels  einer  Pumpen- 
anlage das  Wasser  angesaugt  wird.  Durch  die  Absenkung  (Depression)  des 
natürlichen  Grundwasserspiegels  wird  ein  entsprechend  rasches  Zuströmen 
des  umliegenden  Grundwassers  erzielt.  Dieses  Zuströmen  erfolgt  mehr  oder 
weniger  zentral  (bei  sehr  ebenem  Terrain)  zum  Brunnen  zu  und  nimmt  die 
Absenkung  des  Wassers  vom  Brunnen  aus  immer  mehr  und  mehr  ab,  bis 

sie  in  einer  gewissen  Entfernung  —  vom  Brunnen  gleich  Null  wird.    Diese 

Absenkungs-   oder  Depressionskurve  ist  eine   einer  Parabel  ähnliche  Linie, 


-" - 4 


FJg.  11. 
horizontalem 


DepressionBknrve  bei  Flg.  12. 

und  geneigtem  Terrain. 


deren  Gestalt  durch  Probebohrungen  (verrohrte  Bohrlöcher)  1,  2,  3  innerhalb 
des  Depressionsrayons  (in  Fig.  11  schraffiert)  genau  bestimmt  werden  kann. 
Alles  außerhalb  dieses  Depressionsrayons  gelegene  Grundwasser  tangiert  die 
Ergiebigkeit  des  Brunnens  gar  nicht,  insolange  als  die  Depressionstiefe  /  nicht 
vergrößert  wird,  in  welchem  Falle  auch  der  Depressionsrayon  (die  Entnahme- 
grenze) an  Umfang  zunimmt.  Bei  nicht  normalen  Verhältnissen  oder  größerem 
Terrain-  bezw.  Grundwassergefälle  ist  die  horizontale  Projektion  des  De- 
pressionsrayons kein  Kreis,  sondern  eine  Ellipse  (Fig.  12). 

In  vielen  Fällen,  insbesondere  bei  größeren  Grundwasser-Entnahme- 
anlagen empfiehlt  es  sich,  behufs  Erziel ung  des  notwendigen  Quantums  die 
Depression  nicht  allzugroß  anzunehmen,  sondern  statt  eines  oder  zweier  großer 
Pumpbrunnen  eine  größere  Anzahl  kleiner  Brunnen  anzuordnen,  somit  aus 
jedem  derselben  nur  ein  kleines  Quantum  zu  entnehmen,  infolgedessen  das 
Grundwasser   nur   eine   geringere   Absenkung  zu    erfahren   braucht.     Diese 


C.  Wassergewinnimg.  55 

Brunnen  werden  dann  zweckmäßig  mit  Heberleitungen  verbunden,  durch 
welche  das  Wasser  event.  einem  Kontrollbrunnen  zugeführt  wird,  dem 
aber  dann  nur  die  Aufgabe  eines  Sammelbrunnens  zufällt.  Was  die  Ent- 
fernung der  einzelnen  Saugbrunnen  anbelangt,  so  dürfen  sich  natürlich  die 
der  maximalen  Depression  entsprechenden  Entnahmegrenzen  nicht  zu  stark 
tangieren  bezw.  übergreifen,  weil  sonst  die  Ergiebigkeit  zweier  benachbarter 
Brunnen  gegenseitig  ungünstig  beeinflußt  wird. 

Solche  Saugbrunnen  können  event.  als  einfache  Rohrbrunnen  mit 
1 — 2  sl.  Ergiebigkeit  abgeteuft  werden  (siehe  weiteres  bei  den  „Thiemschen 
Filterrohrbrunnen  ")• 

Die  Brunnen  werden,  wenn  die  wasserführende  Schichte  nicht  sehr 
mächtig  ist,  bis  zum  Liegenden  derselben,  zur  wasserhaltenden  Schichte 
(Letten,  Fels  etc.)  abgeteuft. 

Ist  die  Schotterschichte  sehr  mächtig,  dann  wird  der  Brunnen  nur  um 
ca.  1  m  tiefer  gebaut,  als  die  zur  Erzielung  einer  gewissen  Zuflußmenge  not- 
wendige Depression  beträgt.  Oft  ist  der  Wasserzufluß  so  stark,  daß  mit 
einer  starken  Pumpe  das  Wasser  nur  bis  zu  einem  gewissen  stabilen  Niveau 
abgesenkt  werden  kann;  man  nennt  dies  dann  die  maximale  Depressionstiefe. 
Um  die  Ergiebigkeit  eines  solchen  Saug-,  zugleich  Sammelbrunnens  zu  messen, 
wurde  derselbe  früher  häufig  ausgepumpt  und  die  Zeit  bis  zur  Wiederan- 
füUung  beobachtet.  Diese  Art  der  Messung  ist  nur  für  Hausbrunnen  zulässig, 
die  eigentlich  gleichzeitig  als  Reservoir  dienen,  oder  in  jenen  Fällen,  wo  die 
ganze  Sammelanlage  einer  Gravitationsleitung  nur  aus  einem  solchen  Brunnen 
besteht.  In  allen  anderen  Fällen  hat  man  den  Brunnenwasserspiegel  bis  zu 
jener  Tiefe  mittels  einer  Pumpe  abzusenken,  bei  welcher  die  Wasserentnahme 
erfolgen  soll.  Es  wird  nun  die  Geschwindigkeit  des  Pumpens  so  reguliert, 
daß  der  Wasserspiegel  weder  zu-  noch  abnimmt,  d.  h.  sich  im  Beharrungs- 
zustande der  Depression  befindet.  In  diesem  Falle  wirft  die  Pumpe  so  viel 
Wasser  aus,  als  zufließt,  und  kann  daher  mittels  geeichter  Gefäße  dieses 
Quantum  leicht  gemessen  werden.  Solche  Messungen  müssen  insbesondere 
in  trockener  Zeit  oder  im  Frühjahr  vor  der  Schneeschmelze  einigemal  durch- 
geführt werden  und  sollen  sich  diese  Versuche  jedesmal  auf  einen  ununter- 
brochenen Pumpenbetrieb  von  wenigstens  mehreren  Tagen  erstrecken.  Trotz- 
dem kann  man  der  Projektberechnung  der  Sicherheit  wegen  immer  nur  ein 
entsprechend  reduziertes  Zuflußquantum  zugrunde  legen,  da  jeder  Saug- 
oder Sammelbninnen  nach  mehrjährigem  Betrieb  in  der  Ergiebigkeit  gegen- 
über den  Messungsresultaten  in  der  Regel  zurückgeht  und  nebstdem  auch 
die  Ergiebigkeit  durch  die  wechselnden  Regenmengen  zumeist  oft  bedeutend 
beeinflußt  wird.  Die  Beurteilung  der  Größe  der  Reduktion  des  dem  Pump- 
versuche entsprechenden  maximalen  Ergiebigkeits-Quantums  des  Brunnens 
im  Hinblick  auf  später  eintretende  sehr  trockene  Jahre,  kann  am  sichersten 
durch  einen  Vergleich  der  Niederschlagsmengen  der  dem  Versuche  voran- 
gegangenen Infiltrationsperiode  mit  den  entsprechenden  Niederschlagsmengen 
der  bekannt  trockensten  Jahre  erfolgen,  wobei  bezüglich  der  Regenhöhen 
ein  Graphikon  für  eine  möglichst  lange  Zeitperiode  (ähnlich  wie  auf  Taf.  II 
Bd.  I)  Verwendung  finden  kann.     Was  die  Situierung  eines  Pump-  (sogen. 


56 


I.  Die  Wasserversorgung  der  Ortschaften. 


Maschinenbrunnens)  anbelangt,  der  gleichzeitig  Saugbninnen  ist,  so  ist  in 
erster  Linie  ein  genauer  Grundwasserschichtenplan  zu  konstruieren  und 
die  Disposition  so  zu  treffen,  daß  der  Brunnen,  in  der  Grundwassermulde 
liegend,  das  größte  Einzugsgebiet  beherrscht;  er  darf  weder  auf  einer  Grund- 
wasserscheide, noch  in  einem  abgeschlossenen  Grund wasserb assin  liegen. 
Aber  auch  für  die  Situierung  mehrerer  Saugbrunnen  in  einem  und  demselben 
Entnahmegebiet  wird  die  Konstruktion  eines  Grundwasserschichtenplanes 
zumeist  notwendig  werden. 

Will  man  keine  unangenehmen  Erfahrungen  machen,  so  sind  nicht  nur 
die  geognostischen  und  die  Grundwasserhöhenverhältnisse  sorgfältigst  zu 
erforschen,  sondern  auch  ein  Schichtenplan  der  wasserhaltenden  Schichte  dann 
zu  konstruieren,  wenn  die  Schotterschichte  nicht  mächtig  ist.  So  kann 
beispielsweise   der  Brunnen   in    eine    mehr  oder  weniger  große  Tegelmulde 

(Fig.  13)  abgesenkt  worden  sein.  Kurz 
andauernde  Pumpversuche,  durch  welche 
diese  Mulde  infolge  ihres  großen  Fas- 
sungsraumes nicht  trockengelegt  wurde, 
haben  entsprechende  Resultate  geliefert 
und  wurde  auf  Grund  derselben  die 
Sammelanlage  gebaut.  In  trockenen 
Jahren  kann  nun  nach  längerem  Betriebe 
der  Pumpstation  dieses  unterirdische 
Reservoir  ausgepumpt  werden  und  tritt 
dann  Wassermangel  ein,  der  erst  wieder 
zum  Teil  behoben  wird,  wenn  durch 
Steigen  des  Grundwasserspiegels  über 
die  Tegelwasserscheide  ein  Anfüllen 
dieser  Mulde  erfolgt.  Die  zum  Zwecke 
der  Erzielung  möglichst  kleiner  Kosten 
für  Vorerhebungen  beobachtete  Spar- 
samkeit kann  in  einem  solchen  in  der 
Praxis  wiederholt  vorgekommenen  Falle 
zu  sehr  bedauerlichen  Betriebsunterbrechungen  führen.  Die  geognostische 
Untersuchung  des  Untergrundes  ist  aber  auch  aus  dem  Grunde  notwendig, 
um  konstatieren  zu  können,  ob  die  wasserführende  Schichte  innerhalb  des 
Entnahmerayons  und  darüber  hinaus  von  einer  wasserundurchlässigen  Hangend- 
schichte (Lehm,  Letten)  überlagert  ist,  weil  sonst  im  Falle  des  Nichtvor- 
handenseins dieser  Schutzschichte  gegen  Oberflächenverunreinigungen  für  die 
Schaffung  eines  entsprechenden  Schutzrayons  Sorge  getragen  werden  muß. 
(Siehe  die  eingangs  erwähnten  Eröterungen  S.  23.) 

Die  Abteufung  eines  gemauerten  Brunnens  kann  mittels  Absenken 
erfolgen  oder  aber  in  der  Weise,  daß  der  Brunnenschacht  auf  die  ent- 
sprechende Tiefe  ausgehoben  und  event.  gut  ausgepölzt  wird,  worauf  die 
Mauerung  des  Brunnens  von  unten  nach  aufwärts  erfolgt.  In  allen  Fällen 
kommt  zu  unterst  der  sogen.  Brunnenkranz  (Holz  oder  Eisen),  welcher  als 
Fundament  des  Brunnenmauerwerkes  (Brunnenmantels)  dient.     Das  Brunnen- 


Flg.  18.    Omndwassermnlde. 


C.  Wassergewinnong. 


57 


mauerwerk  wird  nur  innerhalb  der  wasserführenden  Schichte  mit  einzelnen 
Fugen  für  den  Eintritt  des  Wassers  versehen,  sonst  wasserdicht  in  Zement 
gemauert.  Was  die  Stärke  des  Brunnenschacht-Mauerwerkes  aus  Ziegeln  be- 
trifft, so  wird  dieselbe  zunächst  bis  1,50  m  Lichtweite  mit  32  cm,  von 
2,0 — 2,5  m  Durchmesser  mit  50  cm,  von  3,0 — 3,5  m  mit  2  Ziegellängen 
(64  cm),  von  4 — 5  m  Lichtweite  mit  80  cm  und  darüber  mit  1  m  bemessen. 


^ -ys»- 

Lfingensohnitt 


Ztlfft 


DarauflBicht. 
Flg.  14.    Sangbrnnnen  für  GravitationsIelimigeiL 

Fig.  14  stellt  die  Bauart  eines  Saugbrunnens  für  Gravitationswasser- 
leitungen dar.  Der  Wasserschieber  wird  in  die  Höhe  der  zu  erzielenden 
Grundwassersenkung,  jedoch  immer  höher  als  die  Brunnensohle  situiert,  um 
Versandungen  des  Zuleitungsrohrstranges  zu  verhüten.  Die  Handhabung  des 
Schiebers  erfolgt  mittels  Spindelstange  und  Handrad  von  einem  Podium, 
von  welchem  aus  auch  mittels  Steigeisen  oder  eiserner  Leitern  der  Einstieg 
in  den  Brunnen  erfolgt.  Eine  Überlaufleitung  fixiert  den  höchsten  zulässigen 
Wasserspiegel   im   Brunnen.      Um    eine    Verunreinigung   des    Grundwassers 


58  !•  ^ic  Wasserversorgung  der  Ortschaften. 

durch  Tagewasser  (Meteorwasser)  zu  verhindern,  muß  das  Brunnenmauerwerk 
über  Terrain,  also  höher  als  der  bekannte  maximale  Hochwasserspiegel  etc. 
aufgeraauert  werden.  Als  Abschluß  über  Terrain  wird  gewöhnlich  ein  steinerner 
Brunnenkranz  (Deckplatten)  angeordnet,  in  deren  Falz  ein  zweiter  verschließ- 
barer Brunnendeckel  eingelegt  wird.  Wird  das  Wasser  aus  dem  Sammel- 
brunnen nicht  mit  natürlichem  Druck  (per  Gravitation)  abgeleitet,  sondern 
durch  Pumpen  gehoben,  dann  wird  in  demselben  ein  aufrecht  stehendes, 
unten  mit  einem  Saugkorb  versehenes  Saugrohr  montiert,  welches  sich  an 
die  in  einem  eigenen  Pumpenhause  situierte  Pumpenanlage  anschließt.  Die 
Saughöhe  soll,  einen  rationellen  Betrieb  vorausgesetzt,  6 — 6  m  nicht  über- 
schreiten und  muß  daher  bei  tieferen  Brunnen  die  Pumpe  selbst  tiefer  als 
das  Terrain  placiert  werden.  (Die  äußerste  überhaupt  erreichbare  Saughöhe 
ist  7 — 8  m.)  Bei  längeren  Saugleitungen,  also  entfernter  liegenden  Pump 
Stationen,  müssen  dieselben  behufs  Ermöglichung  der  Entlüftung  mit  einer 
Steigung  gegen  die  Pumpe  zu  angelegt  werden.  Die  in  den  Saug-  und  Druck- 
rohrleitungen rationell  anzunehmende  Geschwindigkeit  ist  v  =  0,6  m.  Bei 
größeren  Saugtiefen  ist  die  Anbringung  eines  Fußventiles  bezw.  Rückschlag- 
ventiles  notwendig,  um  nach  Einstellen  des  Pumpbetriebes  die  Wassersäule 
zu  erhalten,   somit  das  teilweise  Entleeren  der  Saugleitungen  zu  verhindern. 

Um  den  Einfluß  einer  starken  Depression  des  Grundwassers  auf  die 
Grundwasserschichtenlinien  zu  veranschaulichen,  habe  ich  in  Fig.  15  und  16 
zwei  Aufnahmen  der  Grundwasserstände  dargestellt  als  Resultate  von  im 
Jahre  1903  amtlich  durchgeführten,  von  mir  veranlaßten  Pumpversuchen  in 
einem  bestehenden  Maschinenbrunnen  einer  städtischen  Wasserversorgungs- 
anlage. 

Fig.  15  zeigt  die  Grundwasserschichtenlinien  im  Beharrungszustande 
vor  Beginn  des  Pumpens,  Fig.  16  jene  bei  Beendigung  des  Pumpversuches 
und  einer  dabei  erzielten  Depression  des  Wasserspiegels  um  4,16  m.  Der 
Nullpunkt  der  Kotierung  entspricht  der  Brunnenhohle.  Aus  der  vergleichenden 
Betrachtung  beider  Figuren  geht  hervor,  daß  der  Grundwasserspiegel  zwischen 
Kote  8,0  und  8,5  m  unverändert  blieb,  daher  die  Schichtenlinie  8,0  hier  als 
Entnahmegrenze  aufzufassen  ist. 

In  Fig.  16  sind  die  interpolierten  punktierten  Isohypsen  von  0,1  zu  0,1  m 
der  Deutlichkeit  wegen  nicht  eingezeichnet.  Die  Beobachtung  und  Messung 
der  Grundwasserstände  erfolgte  durch  abgeteufte  Bohrröhren  (No.  1 — 12). 

Besteht  die  wasserführende  Schichte  aus  sehr  feinem  Flugsand  (Well- 
oder Schwimmsand),  dann  fließt  mit  dem  Wasser  auch'  der  Sand  in  die 
Brunnenröhre  ein  und  füllt  dieselbe  baldigst  an.  Um  dies  nun  zu  verhüten, 
muß  entweder  der  Brunnendurchmesser  sehr  groß  und  dadurch  die  Eintritts- 
geschwindigkeit des  Wassers  sehr  klein  gemacht  werden,  was  auch  durch 
Anlage  mehrerer  Brunnen  mit  kleiner  Absenkungstiefe  erreicht  werden  kann, 
oder  aber  es  werden  sogen.  Filterbrunnen  abgesenkt.  Dieselben  unter- 
scheiden sich  von  den  gewöhnlichen  Brunnen  dadurch,  daß  das  Mauerwerk 
des  Brunnenmantels  nicht  voll  gemauert  ist,  sondern  einen  ringförmigen 
Zwischenraum  enthält,  welcher  mit  grobem  Sand  und  Kies  angefüllt  wird. 
Es  stellen  diese  Brunnenmäntel  also   vertikale  Filter  dar.     An  Stelle  dieser 


C.  Wassergewinnnng. 


59 


Konstruktion  können  auch  statt  des  gemauerten  Brunnenschachtes  innerhalb 
der  feinen  Flugsandschichten  eiserne  Filterrohre  oder  Röhren  mit  auswechsel- 
baren Filterkörben  verwendet  werden.  In  dieser  Hinsicht  hat  unter  anderen 
Ingenieuren  der  in  Grundwasserversorgungsanlagen  bekannte  Spezialist  Bau- 


Flg.  16.    GnmdwasBeraohlchtenplaiL  vor  Beginn  des  Pompens. 

rät  Thiem  in  Leipzig  eigene  nach  ihm  benannte  Filterrohrbrunnen  kon- 
struiert; eines  dieser  neuesten  Systeme  ist  durch  die  Fig.  17  veranschaulicht. 
Der  unterste  Teil,  der  gußeiserne  Filterkorb  von  150  mm  Durchmesser, 
ist  mit  rechteckigen  Schlitzen  versehen  und  behufs  Versteifung  mit  Rippen 
ausgestattet    Zum  Schutze  gegen  das  Eindringen  von  Sand  ist  derselbe  mit 


60 


I.  Die  Wasserversorgung  der  Ortschaften. 


einem  verzinnten  Kupferdrahtgewebe  umhüllt.  Mittels  Übermuffe  gekuppelt, 
schliefen  sich  daran  die  Futterrohre,  welche  im  obersten  Teile  in  ein  Ansatz- 
flanschenrohr  d  =  125  mm  übergehen,  welches,  durch  eine  Glocke  abgeschlossen, 
in  die  Strassenkappe  hineinreicht.    Ein  eingeschalteter,  mit  dem  Futterrohr 


^00 


Fig.  16.    GhnmdwasBenchiditenplan  nach  Beendung  des  PompenB. 

durch  eine  Doppelmuffe  verbundener  Flanschenkrümmer  steht  mit  der 
eigentlichen,  150  mm  weiten  Saugleitung  in  Verbindung  und  kann  durch 
einen  Kupferblechschieber  der  Brunnen  aufier  Betrieb  gesetzt  werden.  In 
das  Futterrohr  reicht  in  erster  Linie  das  115  mm  weite  kupferne  Saugrohr 
des  Filterbrunnens. 


C.  Wassergewinnnng. 


61 


Ein  zentrales,  25  mm  weites  Beobachtungsrohr  ermöglicht  sowohl  eine 
Messung  der  Wasserstände,  Entnahme  von  Wasserproben,  sowie  insbesondere 


Flg.  17.    Th  lern  scher  FllterrohrbmDnen. 

auch  durch  Ansetzen  einer  Pumpe  die  Aussaugung  von  eingedrungenem  feinen 
Sand  oder  durch  Kompression  als  Spülrohr  die  Reinigung  des  Siebes.  Im 
Falle  abnormaler  Versandung  des  Filterkorbes  kann  der  ganze  Filterbrunnen 


62 


I.  Die  WaasenrersorgiiDg  der  Ortschaften. 


mittels  des  am  Boden  angebrachten  Ringes  (siehe  Schnitt  gh)  ganz  heraus- 
gezogen werden,  in  welchem  Falle  natürlich  zuerst  die  Strassenkappe  und 
das  obere  Aufsatzrohr  samt  Krümmer  abgenommen  werden  muß. 


^_yj 


ri 


Flg.  18.    FUterrohrbrannen  mit  Schacht    A  Detail  des  eisernen  SchachtdeckelB. 


Solche  Rohrbrunnen  werden   entweder  hintereinander  längs  der  Tal- 
weglinie  der   Grundwasserschichten    oder  rechts  und  links  dieser  Linie   in 


C.  Wassergewinnung.  63 

ein-  oder  mehrreihiger  Anordnung,  sogen.  Reihen-  oder  Gruppenbrunnen,  oder 
endlich  ringförmig  (Ringbrunnen)  situiert. 

Alle  die  Brunnen  einer  Fassungsanlage  sind  durch  einzelne  Neben- 
leitungen mit  einer  gemeinschaftlichen  Hauptrohrleitung  als  Heberleitung  mit 
dem  Hauptsammeibrunnen  verbunden,  aus  welchem  das  gesammelte  Wasser 
gepumpt  wird.  Durch  eingebaute  Schieber  kann  nach  Bedarf  ein  oder  der 
andere  Brunnen  aus  dem  Betrieb  ausgeschaltet  werden,  was  z.  B.  in  dem 
Falle  notwendig  erscheint,  wenn  eine  lokale  Verunreinigung  bei  einem 
der  Brunnen,  ein  später  auftretender  großer  Eisen-  oder  Mangangehalt  etc. 
konstatiert  wird.  Mitunter  werden  diese  Rohrbrunnen  nicht  bis  zum  Terrain 
geführt,  sondern  wird  bis  zum  maximalen  Grundwasserspiegel  ein  Einsteig- 
schacht gemauert,  von  dessen  Sohle  aus  erst  der  Rohrbrunnen  beginnt, 
wodurch  eine  leichtere  Zugänglichkeit  und  Bedienung  der  Schieber  etc. 
ermöglicht  wird  (siehe  Fig.  18). 

In  erster  Linie  wird  ein  entsprechend  weites  Bohrloch  abgeteuft  und 
dasselbe  verrohrt.  Bei  Schottermaterial  erfolgt  dieses  Abteufen  nach  Art  der 
Versenkmethode,  indem  innerhalb  eines  gußeisernen  Bohrrohres,  welches 
entsprechend  beschwert  ist,  durch  einen  Sackbohrer  (Sackbagger)  das  Schotter- 
material nach  und  nach  herausgenommen  wird,  wonach  das  Bohrrobr  allmählich 
nachsinkt.  Statt  eines  gußeisernen  Rohres  kann  auch  ein  genietetes  Blech- 
rohr verwendet  werden. 

Ist  dieses  verrohrte  Bohrloch  auf  die  gewünschte  Tiefe  niedergebracht, 
so  wird  in  dasselbe  das  eigentliche  definitive  Mantelrohr  von  kleinerem  Durch- 
messer eingeführt,  der  äußere  Raum  zwischen  diesen  beiden  Röhren  mit 
erbsengroßem  Schotter  ausgefüllt  und  nun  das  Bohrrohr  wieder  herausgezogen. 

Der  unterste  Teil  des  Mantelrohres  ist  auf  eine  längere  Strecke 
perforiert,  d.  h.  mit  zumeist  länglichen  Löchern  oder  förmlichen  Schlitzen 
versehen,  um  das  leichte  Eindringen  des  Grundwassers  zu  ermöglichen 
(siehe  Fig.  18).  In  dieses  600  mm  weite  Mantelrohr  reicht  nun  das  Saugrohr 
d  =  200,  welches  in  die  350  mm  weite  Hauptleitung  einmündet  und  durch 
einen  Schieber  S  event.  abgesperrt  werden  kann.  Um  eine  stetige  Heber- 
wirkung zu  ermöglichen,  wird  mitunter  durch  ei»€  eigene  kleine  Vakuum- 
leitung vom  Pumpenhaus  aus  das  nötige  Vakuum  erzeugt.  Im  vorliegenden 
Falle  ist  diese  Anschlußsaugleitung  50  mm,  die  Hauptsaugleitung  60  mm  weit. 
Die  Schieber  sind  in  einen  eigenen  Schacht  eingebaut. 

Besteht  jedoch  die  wasserführende  Schichte  zum  Teil  aus  feinem  Sand 
(Well-  und  Schwimmsand),  so  muß  für  die  Verhütung  der  Verstopfung  der 
Schlitze  sowohl,  wie  das  Eindringen  des  Sandes  in  die  Leitungsröhren  durch 
Anbringung  von  feinen  Sieben  gesorgt  werden.  In  diesem  Falle  wird  der 
untere  Teil  des  Saugrohres  selbst  perforiert  und  mit  Sieben  oder  mit  einem 
eigenen  Filterkorb  versehen.  Tritt  eine  Versandung  trotzdem  ein,  so  kann 
entweder  das  Saugrohr  oder  der  Filterkorb  herausgezogen  und  gereinigt 
werden,  oder  aber  kann  die  Reinigung  von  innen  aus  durch  Druckwasser 
mittels  einer  eigenen  Spülleitung  erfolgen.  Der  gelochte  oder  geschlitzte  Teil 
der  Saugröhren  oder  der  Filterkorb  ist  zu  verzinken  oder  besser  aus  Kupfer 
herzustellen. 


64 


I.  Die  Wasserversorgung  der  Ortschaften. 


Solche  Rohrbrunnen  liefern  ca.  1 — 4  sl.  So  wurden  beispielsweise  für 
einige  österreichische  Städte  derartige  Brunnen  von  150  mm  Durchmesser  in 
30-— 40  m  Entfernung  abgeteuft,  welche  bei  einer  Depression  von  1,5  m  ein 
Wasserquantum  von  1 — 1,5  sl.  liefern.  In  einem  Falle  liegt  der  Grund- 
wasserspiegel 5  m  unter  Terrain,  die  Bohrröhren  selbst  sind  10  m  lang,  der 
unterste  Teil  ist  auf  1,8  m  Länge  perforiert  und  enden  die  Rohrbrunnen  am 
Terrain  in  eine  Strassenkappe.  Die  Depressionskurven  schneiden  sich  in 
ca.  0,5  m  unter  dem  ungesenkten  Wasserspiegel. 

Die  Kosten  eines  solchen  Rohrbrunnens  rf=  150  mm  betrugen  bis  10  m 
Tiefe  pro  Stück  700  K,  also  pro  lfd.  m  70  K,  samt  Abteufen  und  Verrohren 
der  200  mm  weiten  Bohrlöcher  und  nachträgliches  Herausziehen  der  Bohr- 
röhren —  wobei  das  Bohren  und  Verrohren  selbst  300  K,  also  pro  lfd.  m 
30  K  kostete.  Dieses  einfachste  System  von  Rohrbrunnen  kann  aber  nur 
für  aus  gröberem  Schotter  bestehende  wasserführende  Schichten  Verwendung 
finden.  Derartige  Rohrbrunnenanlagen  haben,  wie  schon  früher  hervor- 
gehoben, nicht  nur  den 


großen  Vorteil  einer 
lokal  geringen  Bean- 
spruchung des  Grund- 
wasserstromes, eine 
Vermeidung  größerer 
künstlich  erzeugter 

Grundwasserspiegel- 
schwankungen und  grö- 
ßerer Eintrittsgeschwin- 
digkeiten, sondern  man 
ist  nicht  auf  einen  oder 
zwei  Hauptbrunnen  an- 
gewiesen, daher  auch 
eine  Betriebsstörung 
nicht  leicht  möglich, 
dem    Eisenwerk    Lauch- 


^ — b 


V— ^ 


Flg.  19.    Disposition  der  Anlage  einer  Sammelleitong. 


m 


Die    Thiem  sehen    Filterbrunnen    werden 
hammer  bei  Gröditz  in  Sachsen  hergestellt. 

Bei  Gravitationsleitungen,  also  dort,  wo  das  Grundwassergebiet  ent- 
sprechend höher  situiert  ist  als  die  zu  versorgende  Ortschaft,  und  wenn  der 
Grundwasserspiegel  in  mäßiger  Tiefe  unter  Terrain  liegt,  kann  man  das 
Grundwasser  statt  durch  Brunnen  auch  mittels  Sammelleitungen  (gelochte 
Steinzeugrohre  —  Saugkanäle)  erschließen  und  in  einen  dichten  Sammel- 
brunnen einleiten,  von  wo  aus  es  zur  Stadt  gelangt.  Als  Grundsatz  gilt, 
diese  Saugleitungen  senkrecht  auf  die  Linie  des  größten  Grundwassergefälles, 
also  in  die  Talmulden  zu  legen.  In  Fig.  19  würde  dieser  Sammelkanal  mithin 
längs  der  Linie  a  b  zu  legen  sein.  Der  Saugstrang  ist  talaufwärts  wasser- 
durchlässig, talabwärts  wasserdicht  herzustellen,  mit  gewaschenem  Schotter  zu 
bedecken  und  das  Eindringen  des  Tagewassers  (Trübung)  durch  eine  Beton- 
schichte zu  verhindern.  Der  Kanal-  oder  Rohrstrang  soll,  soweit  derselbe 
Wasser  selbst  aufnimmt,   auf  der  wasserhaltenden  Schichte  aufliegen.    Wird 


C.  Wassergewiimung. 


65 


infolgedessen  die  notwendige  Tiefe  bedeutend,  so  werden  statt  der  offenen 
Gräben  Stollen  vorgetrieben  und  die  Saugleitung  hineingebettet. 

Fig.  20  veranschaulicht  den  Querschnitt  eines  Saugkanales  für  größere 
Grundwasserquantitäten.  Die  punktierte  Verlängerung  des  Mauerwerkes  be- 
deutet einen  der  Einsteig-  oder  Revisionsschächte,  welche  in  größeren  Ent- 
fernungen, jedenfalls  bei  allen  Bruchpunkten  der  Kanalachse  einzubauen  sind. 
Die  Einsteigöffnungen  können  event.  bis  zutage  geführt  und  durch  ver- 
sperrbare Deckel  abge- 
schlossen werden. 

In    Fig.    21  a    ist 
der    Querschnitt    einer 

Drainage  (Sammel- 
leitung aus  gelochten 
Steinzeugröhren)  darge- 
stellt. Auf  der  Talseite 
wird  durch  eine  Zement- 
schichte eine  Aufstau- 
ung des  Grundwassers 
bewirkt    und    dasselbe 

gezwungen,  in  die  Rohrleitung  einzutreten;  desgleichen  werden  öfter  bei 
größeren  Gefällen  im  Rohrgraben  selbst,  also  senkrecht  auf  die  Röhren,  Be- 
tonquerschwellen eingeschaltet.  Das  Gefälle  dieser  Rohrleitungen  muß  ein 
solches  sein,  daß  eine  Ablagerung  von  Sand  und  Schlamm  nicht  stattfinden 
kann;  andererseits  soll  die  Geschwindigkeit  die  Grenze  von  1  m  nicht  über- 


Flg.  30.    Sangkanal  (Querschnitt). 


CS^mtnl, 


.JMQ*^.- 


-7'^ 


a)  QnerBchnltt  b)  Detail  eines  gelochten  Stelnzengrohres. 

Flg.  31.    Dralnage-Sammelleltnng. 

schreiten.  Alle  100  m  sind  Putzschächte  anzuordnen.  Eine  Dichtung  dieser 
gelochten  Steinzeugröhren  ist  bei  gutem  Untergrunde  nicht  notwendig,  bei 
den  voUwandigen  Steinzeugröhren,  mittels  welcher  das  gesammelte  Wasser 
aus  dem  Sammelgebiet  weiter  in  die  Quellstube  geleitet  wird,  jedoch  selbst- 
verständlich. Die  beste  Dichtung  besteht  aus  einem  gut  durchgekneteten 
Gemenge  von  2  Teilen  Letten  (fettem  Ton)  und  1  Teil  Teer  oder  durch 
Ausgießen  der  Muffe  mit  einem  Gemenge  von  Asphalt  und  Teer.  Gute  ge- 
lochte Steinzeugrohre  sind  als  Sammelrohre  eisernen  ähnlichen  Röhren  vor- 
zuziehen, wenn  die  Bettung  eine  entsprechende  ist,  da  ein  insbesondere  durch 
Rosten  bedingtes  Verlegen  der  Einflußöffnungen  ausgeschlossen  ist. 
Friedrich,  Wasserbau.   Zweite  Anflage.    II.  Band.  5 


66 


I.  Die  Wasserversorgung  der  Ortschaften. 


Zwei  oder  mehrere  solcher  Sammelleitungen  werden  dann  in  einen 
Vereinigungsschacht,  Akkumulator,  Sammelschacht  (Fig.  22),  vereinigt. 
Dieses  Objekt,  1,0  m  breit  und  1,70  m  lang,  ist  durch  eine  niedere  Scheide- 
wand in  2  Abteilungen  geteilt;  eine  davon  enthält  den  Schieber  s  für  die 
Entleerungs-  und  Überfallleitung  a  mit  dem  Überfallrohre  c  und  den  Schieber  s 
für  die  Zuleitung  b  zur  Quellstube  (Reservoir  etc.).  In  der  Scheidemauer  ist 
eine  Überfallöffnung  ausgespart,  über  welche  das  von  dem  etwa  mitgeführten 
Sande  befreite  Wasser  in  die  Schieberkammer  überfließt.  Eine  0,60/0,45  m 
weite  Einsteigöffnung  ist  mit  einem  versperrbaren  eisernen  Schachtdeckel, 
der  über  Hochwasser  gelegen  ist,  abgeschlossen.  Ahnliche  Sammelanlagen 
und  Sammelschächte  sind  aus  Tafel  IV  zu  entnehmen. 

Auf  Tafel  II  ist  eine  andere  Wassersammelanlage  mittels  gelochter 
Steinzeugrohre  und  Sammelbrunnen  gezeichnet.  Aus  der  Situation  dieser 
vom  Verfasser  projektierten  und  1893  ausgeführten  Anlage  ist  insbesondere 
auch  zu  ersehen,  daß  die  Quelle  1  mittels  eines  aus  600  mm  weiten  Stein- 
zeugröhren  hergestellten  Brunnens,    die  Quelle  2  mittels   eines   gemauerten 


Gnmdrifi.  Längenschnltt. 

Fig.  28.    Qaellen-Akkamulator. 

Brunnens  gefaßt  ist.  Das  dazwischen  in  der  dort  befindlichen  wasserführenden 
Schichte  auftretende  Wasser  wird  mittels  Filterröhren  (gelochte  horizontale 
Steinzeugrohre)  abgefangen.  Zwischen  Quelle  2  und  3  wurde,  da  in  dieser 
Strecke  kein  Grundwasser  auftritt,  eine  Leitung  aus  vollen  Steinzeugröhren 
(gedichtet)  gelegt.  Das  unmittelbar  hinter  der  Quellstube  auftretende  Wasser 
wird  durch  einen  rechteckigen  Sammelkanal  aufgefangen  und  mit  dem  anderen 
gesammelten  Wasser  in  die  Quellstube  eingeleitet. 

I.  Bestimmung  der  Ergiebigkeit  eines  Grund wasserstromes  durch 

Rechnung. 

Für  generelle  Schätzungen  der  Ergiebigkeit  eines  Grundwassergebietes 
kann  man  auch  den  Weg  rechnerischer  Ermittelung  einschlagen.  Als  Rech- 
nungsfaktoren werden  in  diesem  Falle  maßgebend  sein: 

1.  das  Gefälle,  welches  direkt  aus  dem  Grundwasserschichtenplan  entnommen, 
aus  welchen  die  Geschwindigkeit  gerechnet  werden  kann; 

2.  die  Durchflußfläche,  das  ist  der  wasserhaltende  Querschnitt,  also  das 
Porenvolumen,  resp.  der  Zwischenraum  zwischen  den  einzelnen  Sand- 
oder Schotterindividuen,  welcher  mit  Wasser  gefüllt  ist,  und 


C.  Wassergewüinang.  g7 

3.  die  Durchlässigkeit  der  wasserführenden  Schichte,  welche  eben  vom 
Porenvolumen  abhängt. 
Nach  den  von  Darcy  über  die  Bewegung  des  Wassers  im  Boden  vor- 
genommenen Versuchen  nimmt  die  Geschwindigkeit  nahezu  im  gleichen 
Verhältnis  des  Gefälles  zu,  zum  Unterschied  von  gewöhnlichen  Wasser- 
leitungsprofilen, wo  die  Geschwindigkeit  mit  der  Quadratwurzel  aus  2  gh 
wächst.     Für  vorliegenden   Fall    wird    also    allgemein   die   Geschwindigkeit 

V  =  K-  Y  sein,   wenn  K  einen   von   der  Beschaffenheit  des  Materials  der 

wasserführenden  Schichte,  also  der  Durchlässigkeit  abhängigen  Koeffizienten 
bedeutet. 

Von  den  vom  Wasser  erfüllten  Zwischenräumen  (Fläche  F)  wird  jedoch 
nur  ein  Teil  in  Rechnung  zu  ziehen  sein,  nämlich  derjenige,  welcher  nach 
Abzug  des  durch  Kapillarität  zurückgehaltenen  Wassers,  sowie  jenes  Quan- 
tums, welches  zur  Umhüllung  der  einzelnen  Bodenpartikel  notwendig  ist,  übrig 
bleibt;  bezeichnen  wir  dieses  prozentuelle  Verhältnis:  das  aktuelle  Poren- 
volumen,   also  -ri r-^ ir-=ir   mit   ÜT,,    so   wird    sich   der   eigentliche 

'  Gesamtquerschnitt  ^*  ° 

wasserhaltende ^Querschnitt  ausdrücken  lassen  durch  K^^.F, 
Wir  erhalten  somit  die  Grundgleichung: 

Q  =  K,K^,F    Y  (1) 

Lueger  nimmt  für  praktische  Zwecke  den  Durchlässigkeits- 
koeffizienten K=dt  den  mittleren  Durchmesser  des  Sand-  oder  Schotter- 
individuums, allgemein  Korngröfie  genannt,  an. 

Es  wäre  also  für  rf=  Ä'=  1  mm  =  0,001  m  das  t;  =  0,001  •  y  i        Daher 

L  * 

ist  für  das  Gefälle  y  =  l,0<>/o  =  0,01;  v  =  0,001 .  0,01  =  0,00001  m, 
=  1 ,0  o/oo  =  0,001 ;  V  =  0,000  001  m, 

=  0,5  o/oo  =  0,0005 ;  v  =  0,000  000  5  m, 

oder  die  Geschwindigkeit  pro  Tag  (24*)  ausgedrückt,  ergebe: 

z/j/  =  0,00001 .  86400  sec.  =  0,864  m  bezw.  0,0864  m 
und  im  dritten  Falle  v  =  0,0432  m. 

Nehmen  wir  nun  beispielsweise  das  aktuelle  Porenvolumen  Kj^  =  0,25 
an,  d.  h.  die  Hohlräume  entsprächen  dem  4.  Teil  des  Gesamtquerschnittes  F^ 
femer  die  Komgröfle  ^=^5^=  0,010  m,  wäre  femer  diese  Fläche  der  wasser- 
führenden Schichte  F=  1  m«  und  das  Gefälle  y  =  1  «/oo  =  0,001,  so  würde 
1  m*  wasserführende  Schichte  pro  Tag  ergeben: 

Q^^  =  86400  sec. .  0,01 .  0,25  .Im«.  0,001  =  21,6  m«, 
d.  h.  0  =  0,25  sl. 

oder  ein  Grundwasserstrom  von  1  km  Breite  und  1  m  Tiefe  bei  2  mm  Korn- 
größe, einem  Gefälle  von  1  ^Jqq  und  einem  Porenvolumen  von  K^  =  0,25 
ergebe  pro  Sekunde: 

6* 


33  I*  I^ic  Wasserversorgung  der  Ortschaften. 

h  * 

Q^K,K^,F'-j  =  0.002  .  0,25  .  1000  m  .  1  m  .  0,001  =  0,0005  m«  =  0,5  sl. 

oder  pro  Tag  Q^  =  43,2  m', 

während  derselbe  Gmndwasserträger  nach  obigen  Annahmen  bis  10  mm 
Korngröße  Q^J^  =  216  m'  liefern  würde,  also  das  5  fache  Quantum,  ent- 
sprechend der  5  fachen  Korngröße. 

2.  Ergiebigkeit  einer  Gravitations-Grundwassersammelleitung 

(gelochte  Steinzeugrohrleitung,  Saugkanäle  etc.)  (Fig.  23). 
Ist  Vx  die  Geschwindigkeit,  mit  welcher  das  Grundwasser  im  Abstände  x 
der  Sammelleitung  zufließt,  und  b  die  Länge  dieser  Saugleitung,  und  bedeutet 
K^  den  Porenvolumskoeffizienten,  so  beträgt  die  auf  dieser  Seite  in  das  Rohr 
gelangende  Wassermenge  Q'^Vx.y  .  b  .  K^,  Das  entsprechende  Gefälle  wird 
durch  die  in  Punkt  /  an  die  Depressionskurve  gezogene  Tangente  repräsentiert, 


I 


g"%^y' "^  "^     wtt*4«r<iicht>  Setlichte     | 

\\ - - L   - -* 

Flg.  28. 

also  =  ^;  es  wird  daher  in  die  allgemeine  Darcy sehe  Formel  v  —  K,J=K'  -j 

dy  dy 

substituiert:        Vx=  K  -  -r-  und  somit  Q  =  K,  K^,y  ,b  *  -r-  • 

Aus  dieser  Gleichung  ergibt  sich  für  a:  =  o  und  y  =  h: 

die  Depressionskurve  ist  also  ein  Parabel  der  Gleichung 

Für  die  Grenzwerte  y=  H  und  x=  L  wird 

findet  der  Zufluß  von  beiden  Seiten  statt,  so  ist  Q  doppelt  zu  nehmen. 

Die  Entfernung  L  entspricht  einem  Punkte  der  Entnahmegrenze,  wo 
also  die  Absenkung  gleich  oder  nahezu  Null  ist.  Aus  der  Form  der  Depressions- 
kurve ist  zu   ersehen,   daß  bei  der  Eintrittsstelle   in   die  Sammelleitung  die 


C.  Wassergewinnong. 


69 


Geschwindigkeit  am  grOflten  ist,  daher  zwecks  Verhütung  einer  Versandung 
das  Drainagerohr  etc.  mit  einer  Schotterlage  zu  umgeben  ist. 

Nach  der  von  Prof.  Forchheimer  durchgeführten  analytischen  Ent 
Wicklung  für  kürzere  Sickerschlitze  ist  die  Ergiebigkeit  einer  solchen  von  der 

Länge  /  so  groß,  wie  diejenige  eines  Brunnens  vom  Durchmesser  -^  unter  An- 
nahme gleicher  Depressionstiefe. 

3.  Ergiebigkeit  eines  Sammelbrunnens  (Fig.  24  und  25). 

Da  der  Zufluß  von  allen  Seiten  bei  nahezu  horizontal  angenommenem 
Grundwasserspiegel  radial  stattfindet,  die  Entnahmegrenze  also  nahezu  eine 
Kreislinie  darstellt,  die  Depressionskurve  die  Erzeugende  eines  parabolischen 
Kegels  bildet,  so  erhalten  wir  nachstehenden  Wert  für  Q  in  einem  be- 
liebigen Punkt  /: 


LÄMOEKFROnL. 
1  Beobodit  Kohr  %  Btobaeht  T\ohr 


aRUNDRiSS. 

^  a *' 

T- A M  ^— 

U A, -i 

Strömung  K^cViLun^* 

Fig.  M. 


Ist  Vx  die    Geschwindigkeit  im  Punkt  /,    so    ist  Q=^  Kj^.27t  .x .y  .Vx^ 

dy  dy 

und  da  v  =  AT  •  V^ ,  so  ist  ^  =  -^-  ^1  •  27i: . :«:  .j/  •  ^;  für  »  =  r  wird  y  =  A 


und 


und  für  y  =  H  wird  x  =  R  und 


0  = 

K.JK, 

.n(y^- 

Ä«) 

05 

log.  not.— 

l  und 

0  — 

K.K^. 

7r(jar«- 

■  h*) 

V 

iog. 

not. — 

Baurat  Thiem,  welcher  diese  Gleichungen  vor  längerer  Zeit  aufgestellt, 
hat  vor  einigen  Jahren  (1902)  gelegentlich  eines  von  ihm  für  die  Stadt  Prag 
erstatteten  Gutachtens  eine  neue  Auswertung  der  variablen  Koeffizienten  be- 
züglich der  Durchlässigkeit  des  Bodens  entwickelt,  wenn  durch  einen  Pump- 


70  I.  Die  Wassenrersorgung  der  Ortschaden. 

versuch  aus  einem  Rohrbrunnen  und  einigen  innerhalb  der  Entnahmegrenze 
abgeteuften  Beobachtungsröhren  die  Gestalt  der  Absenkungskurve  festgestellt 
wurde. 

Für  den  Durchlässigkeitsfaktor  führt  Thiem  eine  absolute  Maßeinheit 
—  die  Einheitsergiebigkeit  s  —  ein,  d.  i.  jene  Wassermenge,  welche  in 
der  Zeiteinheit  bei  dem  Gefälle  1  und  der  Fläche  1  geliefert  werden  würde. 

Bezeichnet  man  mit 
F  die  Profilfläche, 

I  das  in  ihr  herrschende  natürliche  spezifische  Gefälle, 
€  die  Einheitsergiebigkeit, 

Q  die  das  Profil  F  durchfließende  Wassermenge, 
dann  ist  nach  dem  Darcy sehen  Gesetze  Q  =  €.F.U 

F  und  I  werden  nun  bestimmt  durch  Bohrungen,  aus  deren  Schichten- 
folgen die  Mächtigkeit  der  wasserführenden  Schichte  und  das  Grundwasser- 
spiegelgefälle hervorgehen.  Bei  der  geringen  Entfernung  der  Bohrröhren 
vom  Rohrbrunnen  müssen  die  Nivellements  der  Wasserspiegel  natürlich  auf 
Bruchteile  von  Millimeter  vorgenommen  werden,  was  Thiem  unter  Zuhilfenahme 
von  genauen  Senkeln  und  daran  gehängten  präparierten  Papierstreifen  (ohne 
kapillare  Ansaugung)  ermöglicht. 

Die  Bestimmung  des  Wertes  €  erfolgt  nun  in  folgender  Weise: 
Im  Längenprofil  und  Grundriß  (Fig.  24)  ist  die  Strömungsrichtung  an- 
gedeutet,  wobei  der  Grundwasserspiegel  geneigt,   eben  und  parallel  zur  un- 
durchlässigen Sohle  angenommen  ist.    Die  Breite  dieses  Grundwasserstromes 
wäre  unbegrenzt. 

Ein  Rohrbrunnen  und  zwei  Beobachtungsröhren  wurden  in  einer  Linie 
liegend  abgeteuft  und  nun  durch  einige  Zeit  aus  dem  Rohrbrunnen  ein 
konstantes  Quantum  entnommen  und  dadurch  ein  bestimmter  Depressions- 
wasserspiegel hervorgerufen,  dessen  Verlauf  zwischen  dem  Brunnen  und  der 
2.  Bohrröhre  (Beobachtungsrohr)  genau  bestimmt  werden  kann. 
Thiem  bezeichnet  nun  mit 
r  den  Brunnenhalbmesser, 

q  die  gemessene  Brunnenergiebigkeit  bei  der  erzeugten  Depressionstiefe, 
q^  die  Ergiebigkeit,  welche  der  Brunnen  unter  sonst  gleichen  Umständen 
haben  würde,    wenn   die   natürliche  Grundwassergeschwindigkeit   gleich 
Null,  der  natürliche  Spiegel  und  die  Sohle  also  horizontal  wären, 
y  den  Neigungswinkel  der  undurchlässigen  Sohle  gegen  den  Horizont, 
i  das  natürliche  spezifische  Spiegelgefälle, 
H  die  Mächtigkeit  der  wasserführenden  Schichte, 

X  und  y  die  Koordinaten  der  Depressionskurve,  bezogen  auf  die  geneigte 
Sohle  mit  der  Brunnenachse  als  Anfangspunkt. 
Legt  man  im  Grundriß  durch  den  Brunnenmittelpunkt  in  der  Strömungs- 
richtung einen  Sektor  mit  dem  Zentriwinltel  rf<jp,  so  fließt  in  diesen  Sektor 
in  der  Entfernung  x  vom  Brunnen  eine  Wassermenge  dq^  die  sich  zusammen- 
setzt aus  der  algebraischen  Summe  von  natürlich  und  künstlich  fließender 
Menge. 


C.  Wassergewinnimg.  71 

Da  das  Gefälle  ein  physikalischer,  an  die  Horizontale  gebundener  Begriff 
ist,  so  muß  auch  die  Gefällswertung  der  Kurven  sich  auf  eine  wagrechte 
Abszisse,  also  auf  die  durch  die  Brunnensohle  gelegte  Horizontale  beziehen. 

d{y  +  x.sin.y) 
Es  ist  dq  =  sx.cos,r.d^.y'      d,(x.cos,y)     ' 

Da  für  den  sehr  kleinen  Winkel  y  an  Stelle  des  Sinus  die  Tangente 
gesetzt  werden  kann,  so  ist: 

dq  =  €X.d<p,y^-£^  +  ty 

,                 .            '  .  ^1'^'  dw 
femer  ist  dq  =  ex ,  d^.y .  t  +  ^ -• 

Das  erste  Glied  rechts  vom  Gleichheitszeichen  ist  die  im  Sektor  im 
Abstand  x  natürlich  fließende  Menge,  das  zweite  die  künstlich  fließende. 
Diese  tritt  gleichmäßig  verteilt  in  den  Brunnenmantel  ein  und  jeder  laufende 

Meter  Umfang  erhält  die  Menge  -^-^ — ,  mithin  der  Sektor  -^— ^ — — ;  nun  ist 


sx  .y  •  -T^  =  ir^ 

-^       dx  2  TT 


r." 


,                          ^       -. «      -            qi     In.ai  —  ln.a         ...         , 
also  s  =  IT—  •  —i = ri t« 1  wobei  In  =  io£.  naL 


^^■y.dy 


Der  im  fließenden  Wasser  stehende  Brunnen  hat  aber  unter  sonst 
gleichen  Umständen  dieselbe  Ergiebigkeit,  wie  der  im  ruhenden  Wasser 
stehende,  was  Thiem  an  verschiedenen  Orten  früher  schon  nachgewiesen 
hat;  man  kann  deshalb  an  Stelle  von  q^  die  beobachtete  Ergiebigkeit  q  setzen. 

Das  natürliche  Gefälle  i  ist  aus  obiger  Gleichung  verschwunden  und  die 
Auswertung  von  s  kann  daher  bei  jedem  beliebigen  Gefälle  sich  vollziehen. 
Die  Verbindungslinie  des  Brunnens  und  der  Beobachtungsrohre  kann  auch 
von  der  Strömungsrichtung  abweichen,  ja  sogar  senkrecht  darauf  stehen,  in 
welchem  Falle  die  natürliche  Spiegellage  horizontal  ist. 

Nach   Einführung   des  Wertes   von   e   in    die  Grundgleichung    von  Q 

ergibt  sich:  Q  =  — ^  • j^^^, 

F  ist  aber  das  Produkt  aus  der  Profillänge  /  und  der  Mächtigkeit  H  der 
wasserführenden  Schichte;   die  letztere  ist  jedoch  mit  Bezug  auf  die  Fig.  25: 

TT         Äi  +  Ä         SijfS 

Das  zweite  Glied  kann  in  Form  eines  aliquoten  Teiles  n  des  ersten 
ausgedrückt  werden,  also: 

h  A-  h 
H  =  ^"2 (1  +  n)  und  da  femer  A^  —  A  =  s  —  s^  ist. 


72 


I.  Die  Wasserversorgung  der  Ortschaften. 


SO  wird 


_  (1  +  n)  I .  i .  g  {In .  a^  —  In ,  a) 


Um  mit  Rücksicht  auf  die  Mächtigkeit  und  lokale  Verschiedenheit  der 
wasserführenden  Schichte  und  des  Grundwassergefälles  die  Ergiebigkeit  eines 
Grundwasserstromes  zu  berechnen,  ordnet  Thiem,  entsprechend  verteilt,  Ver- 
suchsbrunnengruppen an,  deren  jede  aus  einem  Rohrbrunnen  und  wenigstens 
drei  in  Dreiecksform  situierten  Beobachtungsröhren  besteht.  Während  aus 
dem  Rohrbrunnen  ein  bestimmtes  Quantum  geschöpft  wird,  erfolgt  gleichzeitig 
die  Beobachtung  der  Depressionstiefen  nach  Eintritt  des  Beharrungszustandes 
im  gesenkten  Grundwasserspiegel,  und  werden  daraus  die  entsprechenden 
Grundwasserschichtenlinien  konstruiert  und  die  lokale  Richtung  des  Grund- 
wasserstromes bestimmt. 

Nach  Lueger  steUt  sich  die  Ermittelung  des  Q  bei  einer  bestimmten 
Absenkungstiefe  «  wie  folgt,  wobei  eine  nahezu  horizontale  wasserhaltende 
(undurchlässige)  Schichte,  also  ein  gleicher  Wasserspiegel  angenommen  wird, 


1^ 


■^iL^  MUujL^^^J.'i'-J-  miii> 


--X     -  il 


Y--^ 


WgJjJ^ 


■jHwj  kJmyig 


Fig.  25. 


daher  die  Entnahmegrenzenkurve  eine  Kreislinie  vom  Radius  R  ist.    Lueger 
bezeichnet  mit 

F  den  wasserdurchlässigen  Querschnitt; 

K  den  Durchlässigkeitskoeffizienten,  vom  Durchmesser  des  Sandkornes  ab- 
hängig. Annähernd  drückt  Lueger  den  Wert  für  K  in  Meter  aus  durch 
den  Durchmesser  der  Sandkörner  in  Millimeter  —  also  für  einen  groben 
Sand  von  2  mm  Korngröße  entspräche  ein  /ir=  0,002,  für  sehr  feinen 
Sand  von  ^4  mm  Größe  ein  AT  =0,00025; 

y  den  Modul  für  das  freie  Durchflußprofil,  d.  h.  das  Verhältnis  des  Poren- 
volumens zum  Gesamtvolumen; 

V  die  Geschwindigkeit; 

0  das  sekundliche  Wasserquantum. 

Für  einen  beliebigen  Punkt  /  (siehe  Fig.  25)  der  Depressionskurve  im 
Abstand  x  vom  Brunnen  entspricht  der  wasserdurchlässige  Querschnitt  J** 
einer  Zylinderfläche  vom  Radius  x  und  der  Höhe  y\  es  ist  also: 


F=27t .(f  »X .y^  und  nachdem  Q  =  F.v^  so  ist  v  =  -. 


Q 


27t .  (f  .x,y 


C.  Wasscrgewinnnng.  73 

Ist  dy  die  wirksame  Druckhöhe,  welche  hinreicht,  eine  zwischen  zwei 
im  Abstand  dx  auseinander  liegenden  Ringflächen  die  Reibung  im  Sande  zu 
fiberwinden,  dann  ist: 

dx      2n,fp,x.y 
Die  Integration  ergibt  nun: 

Für  den  Mantel  des  Brunnens  ist  y  =  hf  der  Wassertiefe  im  Brunnen 
selbst,  und  x  =  r;  war  H  die  Wassertiefe  vor  Beginn  des  Pumpens,  s  die  erzielte 
Depression  im  Brunnen,  so  wird  für  x  =  r  das 

C  =  (H—  s)« ~ log.  nat.  r, 

O  X 

mithin:  v«  =  (H—s)^  H %. log.  nat,— 

die  Gleichung  einer  Rotationsfläche. 

Ist  R  die  Entfernung  vom  Brunnen,  bei  welcher^  nahezu  gleich  H  wird, 
so  wird  y  =  H  und  x  =  Ry 

also:  Q  =  n  .K.  g)  • ^— • 

iog»  nat»  — 


Daraus  ergibt  sich  die  Depression  (Absenkungstiefe)  s: 


>  =  ff-\/. 


^  0         .  Ä 

-H* D ^«  wo«.  — 


Näheres  über  Grundwasserberechnungen  siehe  unter  anderen  Publi- 
kationen: Handbuch  der  Ingenieurwissenschaften  (Wasserbau,  III.  Kapitel, 
Ingenieur  Oesten);  Lueger,  Wasserversorgung  der  Städte;  König,  Wasser- 
leitungen, 1907. 

Bei  allen  diesen  theoretischen  Berechnungen  wurde  zumeist  Sand  von 
gleichförmiger  Beschaffenheit  als  Träger  des  Grundwasserstromes  angenommen. 
Nun  besteht  die  wasserführende  Schichte  sehr  selten  aus  diesem  Materiale, 
sondern  zumeist  aus  verschiedenen  großen  Schotter,  Gerolle  mit  wenig  oder 
viel  Sand  gemischt  Da  versagen  nun  die  theoretischen  Formeln  und  wird 
man  daher  dieselben  nur  für  generelle  Projektsberechnungen  gebrauchen 
können,  während  für  Detailprojekte  unbedingt  direkte  Pumpversuche  und 
event  direkte  Geschwindigkeitsmessungen  vorgenommen  werden  müssen. 

Die  Pumpversuche  müssen  sich  auf  möglichst  lange  Zeit  in  Form  eines 
kontinuierlichen  (Tag  und  Nacht  andauernden)  Betriebes  erstrecken,  sind 
womöglich  auch  in  der  Periode  des  tiefsten  Grundwasserstandes  (Trockenheits- 
periode) vorzunehmen,  und  schließlich  ist,  wie  andererorts  erwähnt,  noch 
eine  Reduktion  des  erhaltenen  Minimums  im  Vergleich  mit  noch  nieder- 
schlagsärmeren Jahren  durchzuführen. 


74  I-  ^ic  Wasserversorgung  der  Ortschaften. 

4.  Direkte  Messungen  der  Grundwassergeschwindigkeit 
Direkte  Messungen  der  Geschwindigkeit  können  in  der  Weise  voi^- 
nommen  werden,  daß  eine  Kochsalzlösung  in  eia  Bohrloch  geschüttet  und 
die  Zeit  bestimmt  wird,  bis  in  dem  Wasser  eines  unterhalb  liegenden  zweiten 
Bohrloches,  durch  eine  volumetrische  Analyse  (Titriennethode>  nachgewiesen, 
der  Kochsalzgehalt  zu  konstatieren  ist. 

So  fand  Thiem  die  Tagesgeschwindigkeit  des  Grundwassers  in  der 
Nähe  von  Stralsund  bei  einem  Gefälle  von  y  =  20  ^Jqq  im  Mittel  mit  v  =  38,3  m, 
aus  welcher  er  dann  K  bestimmte. 

Da  v=  K   -j  =  K.J,  so  ist 

V  38,3*" 

^  "  y  ""  86400'«^- .  0,02  ""  "»"^^• 

In  das  obere  Bohrrohr  wurden  150  kg  Kochsalz  eingebracht  und  die 
Ankunftszeit  der  Salzwelle  in  den  andern  drei  in  Entfernungen  von  23  m, 
23  m  und  44  m  im  Stromstrich  gelegenen  Bohrröhren  gemessen.  Die  Vornahme 
dieser  zahlreichen  Analysen  ist  eine  zeitraubende  Arbeit  und  doch  nicht  genau. 

An  Stelle  des  Kochsalzes  versuchte  man  Färbungen  des  Grundwassers 
mit  Fluorescöin  (Eosin)  und   Uranin.     Uranin    ist   speziell  in  kolossalef 

Verdünnung  (TÄÄönTwi)  ^^^^^  seine  grün  opalisierende  Farbe  besonders  in 

tiefen  Wasserschichten  (aber  auch  schon  in  einem  Glasrohr  von  5  cm  Höhe) 
noch  deutlich  wahrnehmbar. 

Mit  einer  Lösung  von  1  g  Uranin  in  10  g  Wasser,  welche  tropfenweise 
zugesetzt  wird,  kann  man  in  vielen  Fällen  auskommen. 

Abgesehen  von  dem  Zeitaufwande  kann  durch  diese  Methoden  wohl 
die  Ankunftszeit,  also  die  mittlere  Geschwindigkeit  zwischen  den  zwei 
Bohrröhren  ermittelt  werden,  jedoch  nicht  die  einzelnen  Phasen  in  der  Fort- 
bewegung dieses  Reaktionsmittels. 

Das  letztere  ermöglicht  die  neue  elektrolytische  Methode  der 
Geschwindigkeitsmessung  des  Grundwassers  von  Professor  Slichter 
in  Wisconsin  (U.  S.  A.).  Professor  Slichter  bedient  sich  bei  seiner  neuen 
Methode  der  Elektrolyse,  das  heißt  der  elektrochemischen  Zersetzung  eines 
Salzes,  und  verwendet  als  Elektrolyt  Salmiak  (Chlorammonium).  Zu  diesem 
Behufe  werden  mit  Rücksicht  auf  die  Ermöglichung  einer  raschen  Bestimmung 
und  anderseits  auf  die  zumeist  sehr  kleine  Geschwindigkeit  des  Grundwassers 
in  geringen  Entfernungen  zwei  Rohrbrunnen  (verrohrte  Bohrlöcher,  besser 
gelochte  Röhren,  ähnlich  den  Thiem  sehen  Filterbrunnen)  abgeteuft. 

Im  Interesse  der  Ermittelung  der  maßgebenden  Geschwindigkeit  für 
hydrotechnische  Projekte  (beispielsweise  Grundwasserversorgungen)  wird  man 
auf  Grund  des  früher  konstruierten  Grundwasserschichtenplanes  diese  beiden 
Versuchspunkte  in  der  Linie  des  größten  Gefälles,  also  senkrecht  auf  die 
zwei  korrespondierenden  Horizontal-Grundwasserkurven  anordnen. 


C.  Wassergewinnung. 


75 


Das  von  Professor  Slichter  nach  zahlreichen  Versuchen  mit  anderen 
Salzen  schließlich  akzeptierte  und  verwendete  Chlorammonium  besitzt  den 
Vorteil  der  leichten  Löslichkeit  in  Wasser,  großer  Leitungsfähigkeit  und 
Billigkeit;  es  verhält  sich  im  Hinblick  auf  den  vorliegenden  Zweck  genügend 
inaktiv  gegen  das  umgebende  Medium  und  weist  einen  geringen  Diffusions- 
Koeffizienten  auf.  Dieses  Salmiaksalz  wird  vor  Beginn  der  Messungen  in 
den  in  bezug  auf  die  Nivellete  des  Grundwassers  höher  gelegenen  Brunnen 
eingebracht.  Slichter  verbindet  zuerst  die  zwei  Brunnen  durch  einen 
leitenden  Draht  (Fig.  26),  schaltet  eine  kleine,  aus  einigen  Elementen  be- 
stehende Batterie  und  einen  Amperemeter  ein  und  läßt  von  dem  nach  dem 
höher  liegenden  Brunnen  führenden  Draht  einen  zweiten  Draht  abzweigen, 
welcher  isoliert  in   das  Wasser  des  unteren  Brunnens  hinabgeführt  wird. 


^^/A^^i^^ 


i'H»<lXa 


>     a 


":v 


jl^l^ 


■^ 


•  .    6tronririckjlund 


Flg.  26. 


Die  Verbindungsleitung  zwischen  Draht  und  eisernem  Brunnenrohr 
wird  durch  ein  Messingband  mit  Klemmschraube  hergestellt,  während  der  in 
das  Wasser  des  unteren  Brunnens  hinabreichende  Draht  mit  Kautschuk  isoliert 
ist  und  das  Brunnenrohr  nicht  berühren  darf.  Der  Draht  von  dem  Brunnen- 
rohr des  tiefer  liegenden  Bohrloches,  in  welcher  Leitung  das  Amperemeter 
eingeschaltet  ist,  führt  zu  dem  einen  Pol  der  Batterie,  während  der  andere 
Pol  sowohl  mit  dem  Rohre  des  oberen  Brunnens,  wie  mit  der  inneren 
Elektrode  des  unteren  Brunnens  zu  verbinden  ist. 

Wird  nun  das  Wasser  des  oberen  Brunnens  mit  Chlorammonium  ver- 
setzt, so  kann  man  am  Ausschlag  des  Amperemeters  die  allmähliche  Ver- 
änderung der  Stromstärke  erkennen,  wenn  das  durch  die  Salmiaklösung 
besser  leitend  gemachte  Wasser  des  einen  Brunnens  sich  in  der  Bewegungs- 
richtung  des    Grundwassers    dem   anderen    Brunnen   nähert.     Während   die 


76  I*  ^ic  Wasserversorgung  der  Ortschaften. 

allmähliche  Annäherung  des  reinen  Grundwassers  sich  durch  ein  langsames 
Steigen  des  Zeigers  am  Galvanoskop  zu  erkennen  gibt,  zeigt  sich  die  Ankunft 
des  salmiakhaltigen  Grundwassers  des  oberen  Brunnens  am  unteren  durch 
einen  plötzlichen  stärkeren  Ausschlag  der  Galvanoskopnadel  an. 

Es  ist  also  nicht  nur  die  langsame  Bewegung  des  Grundwassers  indirekt 
bemerkbar,  sondern  auch  der  Moment  der  Ankunft  der  Salzwelle  beim  unteren 
Brunnen  markant  hervortretend. 

Nach  Ankunft  der  Salzwelle  bleibt  die  Nadel  stehen,  da  sich  sodann 
die  Leitungsfähigkeit  des  Wassers  für  den  elektrischen  Strom  zwischen  den 
zwei  Brunnen  vorläufig  nicht  ändert,  geradeso  wie  vor  dem  Beginn  des 
Einschüttens  des  Salmiaks. 

Während  innerhalb  der  Zeit  der  allmählichen  Annäherung  der  Salzwelle 
der  Ausschlag  des  Zeigers  bei  graphischer  Auftragung  der  entsprechenden 
Beobachtungszeiten  eine  gleichmäßig  ansteigende  Kurve  repräsentiert,  wird 
die  letztere  im  Augenblick  der  Ankunft  der  Salzwelle  plötzlich  um  ein 
Viertel  bis  ein  Fünftel  der  bisherigen  gesamten  Steigung  in  die  Höhe  gehen. 

Abgesehen  von  der  Ersparnis  der  zeitraubenden  Analysen  des  Salz- 
wassers bei  den  älteren  Methoden  liegt  ein  Hauptvorteil  der  Sli  cht  er  sehen 
elektrolytischen  Methode,  wie  eingangs  erwähnt,  in  der  Ermöglichung  der 
Beobachtung  der  einzelnen  Bewegungsphasen  der  Grundwasserwelle. 

Professor  Slichter  nahm  die  meisten  Messungen  in  ehemaligen  Alt- 
wasserarmen, welche  durch  Glazialschutt,  aus  grobem  Granitschotter  bestehend, 
oder  durch  aus  den  Goldwäschen  angeschwemmten  Schotter  angefüllt  wurden, 
und  zwar  ganz  in  der  Nähe  des  offenen  Flußbettes  oder  auf  einer  Insel 
zwischen  zwei  Armen  des  Arkansasflusses  in  Westem-Kansas  vor.  Er  ver- 
wendete zweizöllige  Röhren  und  ordnete  4  derselben  derart  an,  wie  es  die 
Fig.  26  zeigt.  Die  Röhren  /2g,  R^  und  R^  sind  voneinander  je  2  Fuß  und  von  der 
oberen  Röhre  /?i,  in  welche  die  Salmiaklösung  eingegossen  wird,  je  4  eng- 
lische Fuß  entfernt  als  Schlagbrunnen  eingerammt,  und  wurde  die  Ankunft 
der  Salzwelle  in  allen  3  unteren  Röhren  gleichzeitig  beobachtet. 

Slichter  fand  unter  anderem  nachstehende  Tagesgeschwindigkeiten  unter 
Anwendung  äußerst  kurzer  Beobachtungszeiten  /,  wobei  jedesmal  die  Weg- 
länge s  =  4  engl.  Fuß  ä  0,305  m  =  1,22  m  betrug: 

1  22»" 
/=    1*40'«=   eOOO»«*^-,        z;2/  =  86400  •-^ö^^  =  ^'^»^Ö"^» 

1  22»»» 
/=:25»        =90000'«-,        »M*  =  86400  ■  öö^öö^  =    1,16  m, 

1  22»»* 
/=18A         =64800*«^-,        ^8^*  =  86400-  ^4800^- ""    l»^^  m, 

1  22»» 
/=14i//     =52200-,        z;,,Ä  =  86400--^^^=    2,01m. 

Die  Beobachtungszeiten  waren  in  einzelnen  Beobachtungen  etwas 
größer  wie  die  hier  angegebenen,  indem  die  kleinste  Tagesgeschwindigkeit 
0,915  m  betrug. 


C.  Wassergewinnung.  77 

In  der  1907  zu  errichtenden  kulturtechnischen  Versuchsstation  meiner 
Lehrkanzel  auf  dem  Versuchsgute  der  Wiener  Hochschule  in  Groß-Inzersdorf 
sollen  auch  diese  Versuche  nach  der  Methode  Slichter  begonnen  werden. 

5.  Aufspeicherung  des   Grundwassers  durch  unterirdische   Stauanlagen. 

Entsprechend  dem  ungleichförmigen  oberirdischen  Abfluß  und  dadurch 
eintretender  Perioden  von  Wasserüberfluß  und  Wassermangel  werden  in 
gewissen  Fällen  auch  durch  ungleichförmige  Speisung  der  Grundwasserströme 
die  letzteren  mitunter  sehr  starke  Schwankungen  aufweisen. 

In  ahnlicher  Weise,  wie  durch  Anlage  von  Stauweihern  bezüglich  der 
oberirdischen  Wässer  eine  geregelte  Wasserwirtschaft  zu  erzielen  möglich 
ist,  indem  in  den  Zeiten  des  Überflusses  gewisse  Mengen  aufgespeichert  werden, 
um  in  wasserarmer  Zeit  ausgleichend  zu  wirken,  kann  auch  durch  Anlage 
unterirdischer  Stauwerke  ein  Becken  geschaffen  werden,  welches  bei  ent- 
sprechend großem  Fassungsraum  das  ganze  Jahr  hindurch  die  Abgabe  eines 
gleichmäßigen  Wasserquantums  ermöglicht.  Insbesondere  wird  dies  dann 
leicht  möglich  werden,  wenn  die  Ergiebigkeit  des  Grundwasserstromes  nur 
in  gewissen  verhältnismäßig  kurz  andauernden  Zeitperioden  kleiner  ist  als 
der  Bedari  z.  B.  für  die  Wasserversorgung  einer  Stadt. 

Um  ein  derartiges  Projekt  überhaupt  als  realisierbar  zu  gestalten,  muß 
die  Oberflächengestaltung  und  Beschaffenheit  der  wasserhaltenden  (undurch- 
lässigen) Liegendschichte  eine  derartige  sein,  daß  der  Abschluß  überhaupt  und 
bauökonomisch  möglich  ist,  wodurch  eine  Anstauung  des  Grundwasserspiegels 
und  Anfüllung  des  so  gebildeten  Beckens  möglich  erscheint.  Um  in  dieser 
Richtung  klar  zu  sehen,  ist  es  notwendig,  durch  eine  große  Anzahl  von 
Bohrlöchern  die  Höhenlage  der  wasserundurchlässigen  Schichte  zu  konstatieren. 
Aus  den  gefundenen  Koten  wird  sodann,  ähnlich  wie  ein  Terrainschichtenplan, 
ein  Schichtenplan  der  Oberfläche  dieser  Schichte  konstruiert,  aus  welchem 
die  Konfiguration  sodann  deutlich  zu  ersehen  ist.  Bezüglich  der  günstigsten 
Bedingungen  für  die  Abschlußsperren  und  den  Fassungsraum  des  Beckens  ver- 
weise ich  auf  die  im  Kapitel  über  Stauweiheranlagen  diesbezüglich  angeführten 
Voraussetzungen,  dasselbe  gilt  auch  rücksichtlich  der  Anordnung  der  Abfluß- 
vorrichtungen. 

Aber  auch  Quellwässer,  also  nicht  Talgrundwässer,  sondern  in  den 
Hängen,  in  gewissen  zerklüfteten  Felsarten  fließende  Grundwässer  lassen  sich 
durch  Einbau  von  Sperrtüren  im  Sammelstollen  etc.  stauen.  Diese  Art  von 
Aufspeicherung  solcher  Felsenquellen  setzt  aber  noch  eine  viel  weitgehendere 
Kenntnis  des  Berginnern,  also  sehr  genaue  Aufschlüsse  und  richtige 
geologische  Annahmen  voraus,  und  ist  dabei  äußerst  vorsichtig  zu  Werke  zu 
gehen,  um  durch  den  Aufstau  nicht  am  Ende  dem  Wasser  einen  anderen 
unterirdischen  unbekannten  Abfluß  zu  verschaffen. 

Außer  dem  Einbau  von  direkten  unterirdischen  Talsperren  kann  aber 
auch  für  einen  Ausgleich  in  den  wechselnden  Wasserergiebigkeiten  in  anderer 
Weise  vorgesehen  werden. 

Bei  einer  Gravitations-Grundwassersammelanlage,  welche  also  höher  als 
die  zu   versorgende  Ortschaft  liegt,  kommt  es  häufig  vor,  daß  durch  Nieder- 


78  I.  Die  Wasserversorgung  der  Ortschaften. 

bringung  der  Sammelleitung  bis  zur  undurchlässigen  Schichte  das  zugehörige 
Sammelbeckens  bald  entwässert  wird  und  in  trockener  Zeit  dann  Wasser- 
mangel eintritt.  Aus  dem  entsprechenden  Hauptsammeibrunnen  fließt  also 
alles  Grundwasser  dem  Hochreservoir  oder  Wasserschloß  zu,  woselbst  der  in 
der  Stadt  nicht  verwendete  Überschuß  durch  den  Überlauf  einfach  abfließt 
und  somit  verloren  geht. 

Da  man  das  Hochreservoir  oder  das  Wasserschloß  aus  bauökonomischen 
Gründen  nicht  so  groß  bauen  kann,  daß  es  als  Kompensations- (Ausgleichs-) 
Reservoir  gegenüber  der  schwankenden  Grundwasserergiebigkeit  funktionieren 
kann,  so  muß  daher  das  Grundwasserbecken  selbst  zu  dieser  Aufspeicherung 
herangezogen  werden. 

Diese  vorübergehende  Aufstauung  des  Grundwasserspiegels  und  damit 
Magazinierung  des  nicht  benötigten  überschüssigen  Grundwasserquantums 
kann  direkt  in  dem  Hauptsammeibrunnen  (Fig.  27),  in  welchem  die  Sammel- 
leitungen a,  by  c  (Steinzeugrohre,  Kanäle  etc.)  einmünden,  in  nachstehender 
prinzipieller  Weise  erfolgen.  In  normalen  Fällen  würde  bei  geöffnetem 
Schieber  s^  das  der  größten  Depressionstiefe  T  entsprechende  Wasserquantum, 
welches  durch  die  Sammelleitungen  a,  b  und  c  in  den  Brunnen  eintritt, 
durch  die  Rohrleitung  d  weiter  fließen  und  in  das  Wasserschloß  etc. 
gelangen.  Dieses  Abflußquantum  Q  würde  also  der  Maximalergiebigkeit  des 
Zuflußgebietes  entsprechen.  Nun  ist  aber  der  Maximalbedarf  q  ein  wesentlich 
geringerer.  Es  kann  daher  der  Überschuß  Q  —  q^  statt  abgeleitet,  in  dem 
Grundwasserbecken  aufgespeichert  werden.  Diesen  maximalen  Bedarf  q  wird 
aber  der  Brunnen  vielleicht  schon  liefern,  wenn  das  Grundwasser  bloß  bis  zu 
einer  Tiefe  /,  abgesenkt  wird. 

Schließen  wir  daher  den  unteren  Schieber  s^  und  öffnen  einen  in  der 
Tiefe  t^  unter  dem  ungesenkten  Grundwasserspiegel  gelegenen  Schieber  Sg 
eines  Standrohres,  so  wird  in  erster  Linie  das  Wasser  im  Brunnen  bis  zu 
dieser  Höhe  steigen  und  sodann  durch  Sg  in  das  gemeinsame  Zentralabsturz- 
rohr und  von  hier  durch  die  Rohrleitung  d  weiter  fließen.  Hierdurch  wird 
aber  auch  eine  Rückstauung  im  ganzen  Grundwasserbecken  und  somit  eine 
Aufspeicherung  eintreten. 

Sinkt  nun  die  Ergiebigkeit  des  Einzugsgebietes  unter  den  Bedarf  ^,  so 
kann  der  fehlende  Rest  aus  dem  aufgespeicherten  Vorrat  im  Grundwasser- 
becken gedeckt  werden,  indem  durch  teilweise  Öffnung  des  Schiebers  s^  ein 
entsprechendes  Ablassen  dieses  Vorrates  erzielt  wird. 

Rationeller  wird  eine  beliebig  hohe  temporäre  Anstauung  des  Grund- 
wassers erzielt  werden  können,  wenn  statt  dem  einfachen  Zentralrohr  R  mit 
einem  oder  zwei  Schiebern  ein  Teleskoprohr  r  angeordnet  wird,  das  bei  ü  gleich- 
zeitig als  Überfallrohr  funktioniert.  Dieses  Teleskoprohr,  welches  seine 
Führung  in  der  Stange  /  findet,  kann  durch  Drehen  einer  fixen  Spindel 
(mittels  des  Handrades  H)  in  dem  Standrohre,  in  welches  es  mittels  Stopf- 
büchse wasserdicht  eingepaßt  ist,  beliebig  auf-  oder  abbewegt  werden.  Die 
tiefste  Absenkung  wäre  hier  durch  /g  repräsentiert.  Eine  weitere  Absenkung 
müßte  durch  teilweises  Öffnen  des  Schiebers  s^  erfolgen. 


C.  Wassergewinnnng. 


79 


mamt  rn.  1}  tpr#^t<tn 


Flg.  27.    Sammelbnmnen  mit  Elnrlchtiing  zur  Erzielang  variabler  Grundwasserabsenkimgen. 


80 


I.  Die  Wasserversorgung  der  Ortschafken. 


Wenn  die  Stauhöhe  T  bezw.  /,  eine  bedeutendere  ist,  dann  müssen  die 
Sammelrohrleitungen  a^  by  c  aus  derartigem  Material  hergestellt  und  gedichtet 
werden,  daß  sie  diesem  Drucke  genügenden  Widerstand  bieten. 

IIL  Entnahme  des  Wassers  aus  Bächen  und  Flüssen  (offenen 

Wasserläufen). 

Das  gewöhnlich  sehr  weiche  Wasser  der  Flüsse  (1 — 2  deutsche  Härte- 
grade) wird  zumeist  wohl  nur  als  Nutzwasser  Verwendung  finden;  es  gibt 
jedoch  mitunter  Wasserwerke  größerer  Städte,  welche  das  filtrierte  Flußwasser 
auch  zum  Trinken  benutzen.  Im  übrigen  ist  dieses  Wasser  für  alle  anderen 
Zwecke  infolge  seiner  Weichheit  besser  zu  verwenden  als  die  härteren  Quell- 
oder Grundwässer.  Infolge  der  zeitweiligen  Trübung  muß  das  Flußwasser 
erst  einer  Filtration  unterzogen  werden,   deren  Grad  von  der  Art  der  Ver- 


Fig.  88.    Situation  einer  Fluflwasserentnahme. 

Wendung  abhängt.    In  der  Regel  besteht  die  Anlage  für  die  Entnahme  des 
Wassers  aus  folgenden  Bauobjekten  (Fig.  28): 

a)  einer  in  den  Fluß  eingebauten  Stauanlage  (Wehr), 

b)  einer  Hauptzuleitung,  aus  dem  Oberwasser  der  Wehre  mittels  Röhren, 
gemauerten  Kanälen  oder  offenen  Gräben  abzweigend,  welche  das  Wasser 

c)  den  Absetz bassins,  in  welchen  die  gröbsten  suspendierten  Bestand- 
teile des  trüben  oder  schlammigen  Wassers  sedimentieren,  zuführt.  Aus 
diesen  fließt  das  Wasser  durch  eine  Rohrleitung 

d)  in  die  Filterbassins  ein,  wird  hier  vollständig  mechanisch  gereinigt 
und  gelangt 

e)  in  ein  Reinwasserbassin  (unter  Umständen  bei  Gravitationsleitungen 
in  das  Hochreservoir)  oder  event.  in  den  Maschinenpumpbrunnen,. 
aus  welchem  das  Wasser  in  die  Stadt  geleitet  wird. 

Von  einer  Beschreibung  der  Anlagen  sub  a,  b  und  e  kann  hier  füglich 
abgesehen  werden  und  soll  daher  nur  die  bauliche  Konstruktion  der  Absetz* 
und  Filterbassins  besprochen  werden. 

ad  c.  Die  Absetz-  oder  Sedimentierbassins  werden  auch  Grob- 
filter oder  Strainer  genannt,  wenn  sie  mit  großem  Gerolle  angefüllt  sind. 
Die  Absetzbassins  sind  entsprechend  große,  zumeist  offene,  selten  eingewölbte,, 
in  Mauerwerk  oder  Erde  (mit  Lehmschlag  gedichtet)  hergestellte  Behälter. 
Diese,  sowie  die  Filter  müssen  mindestens  immer  doppelt  angelegt  werden, 
um   bei  notwendiger  Reinigung  oder  Reparatur  eine  Störung  des  Betriebes. 


C.  Wassergewinnung. 


81 


zu  vermeiden.  Man  macht  diese  Bassins  2—3  m  tief,  wobei  die  Wassertiefe 
1,5 — 2,5  m  beträgt.  Ihre  Fläche  hängt  von  der  größeren  oder  geringeren  Ver- 
unreinigung des  Wassers  ab.  Man  wird  sie  bei  großen  Anlagen  mindestens 
ebensogroß  machen  wie  die  Filter  und  als  Länge  die  doppelte  Breite  wählen, 
in  manchen  Fällen  dieselben  jedoch  ganz  weglassen  können.     Zur  Erhöhung 


^~  -v*  '~y^  v\  jj^ 


A    :  X7Tg;-<Q^,.<9er  = 


Sedimentierbassln  mit  Eintauchplatte  (Wlntentellung). 

der  Wirkung  der  Sedimentation  werden  beim  Auslauf  Eintauchwände 
praktisch  verwendet,  wodurch  der  ganze  Bassinraum  ausgenutzt  wird,  indem 
sonst  das  Wasser,  dem 
kürzesten  Wege  folgend, 
nur  an  der  Oberfläche 
weiter  fließt  und  der  untere 
Wasserkörper  nicht  er- 
neuert wird.  Man  zwingt 
durch  die  im  Sommer 
aufgezogene,  im  Winter 
herabgelassene  Wand  im 
Sommer    das    untere,    im 

Winter  das  obere  Wasser  zum  Ablauf.  Im  Winter  fällt  das  kalte  Wasser 
zu  Boden,  setzt  ab,  erwärmt  sich  und  steigt  beim  Auslauf  wieder  in  die  Höhe. 
—  Im  Sommer  ist  dies  umgekehrt. 

Aus  den  Figuren  29  und  30  ist  die  Strömungsrichtung  des  durch- 
fließenden Wassers  bei  gezogener  und  bei  herabgelassener  Eintauchplatte  zu 
ersehen;  die  skizzierten  Kurven  bedeuten  Isothermen,  d.  h.  Linien  gleicher 
Wärme,  wobei  die  Werte  (Grade)  derselben  im  Sommer  nach  abwärts  ab- 
nehmen, im  Winter  nach  abwärts  zunehmen.  Die  Konstruktion  der  Absetz- 
.  Friedrich,  Wasserbau.    Zweite  Auflage.    II.  Band.  6 


Flg.  30.    Stellang  der  Eintauchplatte  im  Sommer. 


82 


I.  Die  Wasserversorgung  der  Ortschaften. 


bassins  für  Nutzwasser  kann  etwa  in  der  in  Fig.  29  veranschaulichten  Weise 
erfolgen.  Der  Einlauf  des  Wassers  aus  dem  Zuleitungskanal  a  in  das  Bassin 
/  oder  //  erfolgt  je  nach  Stellung  der  Schützen  Sj  oder  s^  durch  eine  breite 
Einlauföffnung  Ä,  der  Abfluß  durch  eine  zweite  obere  Öffnung  er,  im  Winter 
auch  durch  die  untere  Öffnung  d.  In  dem  Sammelschachte  e  wird  sich  das 
Wasser  in  gleicher  Höhe  erhalten,  bezw.  bei  Öffnung  des  darin  befindlichen 
Schiebers  durch  die  eiserne  Rohrleitung  /  dem  Filterbecken  zufließen.  Bei 
aufgezogener  Eintauchplatte  im  Sommer  wird,  um  ein  Überfließen  des  abge- 
lagerten Sandes  in  den  Sammelschacht  zu  verhindern,  die  untere  Öffnung 
durch  eine  Schütze  s  abgeschlossen  werden  müssen.  Statt  der  Schütze  und 
einer  rechteckigen  Maueröffnung  kann  natürlich  auch  ein  Schieber  mit  einem 
kurzen  Ansatzrohr  angeordnet  werden,  von  welchem  dann  auch  eine  direkt 
in  den  Bach  ausmündende  Entleerungsleitung  A  (in  Fig.  28  punktiert)  ab- 
zweigen kann.  Die  Sohle  der  Bassins  muß  mit  den  in  der  Figur  durch 
Pfeile  angedeuteten  Gefällen  angelegt  werden.  Die  Wasserentnahme  aus 
dem  Bache  sowohl,  wie  die  Bauart  der  Absetzbassins  kann  natürlich  auch  in 

anderer    Weise    bei    grö- 

.. Beekjpiaue  othr         ßeren    Niederwassertiefen 

§5  der    Flüsse     dadurch     er- 

folgen, daß  statt  des  Zu- 
leitungsrohres  durch  einen 
gemauerten  Kanal  oder 
eine  Rohrleitung  das 
Wasser  direkt  ohne  Stau- 
anlage dem  Flusse  ent- 
nommen wird. 

ad  d.  Die  Filter- 
bassins. Die  Filter  können 
ebenfalls  offene  oder  ge- 
deckte Bassins  sein;  letztere  sind  teurer,  bieten  aber  den  Vorteil  größeren 
Schutzes  %'^%'^n  Verunreinigung.  Zur  Filtration  des  Wassers  im  großen  wird 
wohl  in  vielen  Fällen  nur  Sand  verwendet.  Die  ca.  1,20  m  hohe  Filter- 
schichte (Beschickung)  besteht  im  untersten  Teile  aus  einer  0,20  m  hohen 
Schlichtung  von  größeren  Steinen,  darauf  folgt  eine  0,15  m  starke  Schichte 
sogen.  Nußkieses  von  50 — 60  mm  Größe,  sodann  0,12  m  hoch  eine  Schichte 
aus  Bohnenkies  (30 — 40  mm  groß),  weiter  0,08  m  hoch  Erbsenkies  (10 — 20  mm), 
sodann  0,05  m  grober  Sand  von  3 — 5  mm  Korngröße.  Als  oberste,  wirksame 
Filterschichte  wird  eine  0,ßO  m  hohe  Schichte  feinen  Filtersandes  von 
0,5 — 1,5  mm  Korngröße  eingebracht.  Sand  und  Kies  sollen  womöglich  nur 
aus  reinem  Quarz  bestehen,  wenn  ein  solcher  in  der  Nähe,  also  nicht  zu 
teuer  zu  beschaffen  ist.  Der  Wasserspiegel  wird  in  einer  rationellen  Höhe  Äj 
von  0,60  m  über  der  Sandschichte  angenommen  und  soll  derselbe  noch 
0,30 — 0,50  m  unter  den  Deckplatten  der  offenen  oder  der  Gewölbeanläufe 
der  gedeckten  Filterbassins  liegen  (Fig.  31).  Daraus  resultiert  eine  gesamte 
Minimaltiefe  der  Bassins  von  2,10  m  resp.  eine  Minimaltiefe  der  Filtersohle 
unter  dem  Normalwasserspiegel  von  //=  1,80  m.     Wird  die  oberste  Schichte 


\(H$f^inn-JSand. 

ff^0t^jaier  Sand. 
•^«2  '^rbsenkitv. 
•^*'  B»hnenktms. 


/fifmnjS^Me. 


Flg.  31.    Fllterachichte. 


C.  Wassergewinnung.  83 

des  Filtersandes  verlegt,  so  wird  während  des  Betriebes  eine  dünne  Schichte 
dieses  Sandes  sukzessive  abgenommen,  so  lange,  bis  die  ganze  Schichte  nur 
noch  0,30  m  stark  ist.  Hierauf  muß  neuer,  gewaschener  Sand  aufgebracht 
werden.  Erst  nach  langer  Zeit  (ca.  10  Jahre  und  mehr)  muß  auch  das  andere 
Material  (Kies  und  Steine)  erneuert  und  gewaschen  werden. 

Je  größer  die  Filterdruckhöhe  (Wasserstand  Äi),  desto  rascher  wird  die 
Filtration  im  allgemeinen  erfolgen,  d.  h.  die  Filtriergeschwindigkeit  wird  eine 
größere  werden,  damit  aber  die  Qualität,  d.  h.  Reinheit  des  Wassers,  abnehmen. 
Nehmen  wir  eine  Druckhöhe  von  h^  =  0,60  m  an,  so  müßte,  freien  Fall  an- 
genommen, also  von  jeder  Reibung  abstrahiert,  die  Geschwindigkeit 


v  =  y/  2gh  =  y/ 19,62  .  0,6  =  3,43  m 

sein.  Es  würden  also  pro  m^  Filterfläche  und  pro  Sekunde  0  =  3,43  m'* 
oder  Qoi^  =  296,352  m'  filtriert  werden  können.  In  der  Praxis  muß  jedoch 
die  Filtriergeschwindigkeit  eine  viel  kleinere  werden. 

Soll  das  Wasser  Trinkzwecken  dienen,  also  bakterienfrei  sein  (soweit 
dies  praktisch  überhaupt  möglich  ist),  dann  haben  die  meisten  Hygieniker 
durch  langjährige  Versuche  gefunden,  daß  pro  m^  Filterfläche  bei  der 
sogen,  englischen,  der  langsamen  Sandfiltration,  täglich  im  Maximum 
nur  3  m^  Wasser  filtriert  werden  sollen. 

Piefke  in  Berlin  ist  der  Ansicht,  daß  bei  möglichst  keimfreier  Filtration 
die  Filtriergeschwindigkeit  t;  =  0,030  m,  also  30  mm  pro  Stunde  nicht  über- 
schreiten soll,  d.  h.  pro  m*  Filterfläche  Q^^^  =  0,72  m*  zur  Filtration  gelangen 
soll.    Also  für  ein  Wasserquantum  von  täglich  10000  m*  müßten  die  Filter  eine 

Fläche  von     ^         =  14000  m*  besitzen.    Daraus  ist  zu  ersehen,  welche  kolos- 

sale  Flächen  bei  einer  großen  Stadt  notwendig  sind,  wenn  die  Filtration  nach 
obiger  Annahme  ein  in  bakteriologischer  Richtung  gutes  Trinkwasser  liefern  soll. 

Nach  Kirkwood  und  Samuelson  soll  die  Geschwindigkeit  in  24  h 
1,5  m,  d.  h.  62  mm  pro  Stunde  betragen,  was  pro  m*  und  24  h  einem  Filter- 
quantum Q  =  1,5  m^  entspricht. 

Nach  Lindley  sollen  diese  Grenzen  zwischen  1,8  und  3,0  m^  schwanken, 
im  Mittel  also  Q  =  2,4  m'*  betragen. 

Die  Kommission  des  deutschen  Reichsamtes  in  Berlin  gab  an- 
läßlich der  Choleraepidemie  im  Jahre  1892  ein  Gutachten  dahin  gehend  ab, 
daß  bei  den  dortigen  Sandfiltern  nur  bei  einer  Geschwindigkeit  von  100  mm 
pro  Stunde  ein  den  hygienischen  Anforderungen  entsprechendes  Resultat 
erzielt  werden  könne,  welche  Geschwindigkeit  einem  Q^^  und  pro  m*  =  2,4  m'^ 
entspricht,  also  mit  dem  Lindleyschen  Mittelwerte  übereinstimmt. 

Koch  und  viele  andere  Fachleute  nehmen  als  zulässige  Grenze 
Q  =  3,0  m»  an. 

Weiter  ist  zu  berücksichtigen,  daß  die  Größe  der  Filter  nach  dem 
Maximaltagesverbrauch  berechnet  werden  muß  (also  das  1^/4 — l^/j  fache  des 
mittleren  Bedarfes),  wenn  das  filtrierte  Wasser  unmittelbar  in  den  Maschinen- 
brunnen fließt  und  von  hier  aus  in  das  Hochreservoir  bezw.  direkt  in  die 
Stadt  gedrückt  wird. 


34  I-  ^ic  Wasserversorgung  der  Ortschaften. 

Handelt  es  sich  nur  darum,  Nutzwasser  zu  filtrieren,  also  zu  klären,  dann 
kann  natürlich  eine  weit  höhere  Filtrationsgeschwindigkeit  angenommen  werden. 

Wie  aus  den  früheren  Ausführungen  im  I.  Abschnitt  des  I.  Bandes 
(Allgemeine  Bodenmeliorationslehre)  hervorgeht,  darf  bei  feinem  Schlamm 
die  Sohlengeschwindigkeit  F«  =  0,08  m  pro  Sekunde  nicht  überschreiten, 
wenn  das  Material  nicht  angegriffen,  also  weiter  geführt  werden  soll.  Es  wird 
also  z.  B.  bei  v  =  0,05  m  auch  feiner  Schlamm  sedimentieren.  Dies  gebe  bei 
1  m^  Filterfläche  ein  sekundliches  Durchflußquantum  von  Q  =  0,05  m*^  oder 
pro  24  h  ö  =  86400  .  0,05  =  4320  m».  Bei  v  =  0,01  m  wäre  (ßo/  =  864  m»  und 
bei  V  =  0,001,  also  1  mm  Geschwindigkeit,  Qo^  =  86,4  m*.  Die  Filterflächen 
werden  also  dort,  wo  kein  bakterienfreies  Wasser  beansprucht  wird,  wie 
dies  ausschließlich  bei  Nutzwasser  der  Fall  ist,  wesentlich  kleiner  werden 
und  pro  m-  Filterfläche  im  Minimum  Q  =  100  m^  pro  Tag  entsprechend 
gereinigt  werden  können.  Es  wäre  also  bei  einem  täglichen  Wasserbedarf 
von  beispielsweise  Q^^^  =  10000  m^  eine  Filterfläche  von  100  m^  resp.  inkl. 
des  Reservefilters  eine  Fläche  von  200  m*  notwendig.  Wählen  wir  eine 
quadratische  Grundrißform  für  beide  Filter  zusammengenommen,  so  erhalten 
wir  als  Seitenlänge  7=^^200=  15  m;  es  müßte  daher  jedes  einzelne  Filter- 
bassin im  lichten  7,5  m  breit  und  15  m  lang  werden  (/  =  2  Ä),  während  bei 
jp  =  3  m*,  dem  üblichen  Werte  für  bakterienfreie  Filtration, 

F=i^^  =  3333  m« 

oder  bei  Annahme  eines  Reservefilters  l=y/  6666  =  80  m  Seitenlänge  resul- 
tieren würde. 

Bei  Berechnung  der  notwendigen  Filterfläche  muß,  wie  schon  er- 
wähnt, auf  den  maximalen  Tageskonsum  Rücksicht  genommen  werden. 

Jedes  noch  so  sorgfältig  hergestellte  Filter  wird  anfänglich  kein  reines 
Wasser  liefern,  sondern  es  wird  erst  nach  einigen  Tagen  das  trübe  Fluß- 
wasser klar  aus  dem  Filter  ausfließen.  Diese  Zeit  ist  eine  verschiedene  und 
von  dem  Grade  der  Verunreinigung  des  zu  filtrierenden  Wassers  abhängige, 
und  kann  man  nur  behaupten,  daß  diese  Interimsfrist  kleiner  wird,  wenn  das 
Wasser  schmutziger  ist  und  wenn  die  Korngröße  der  obersten  Sandschichte 
abnimmt,  wobei  jedoch  als  zulässiges  Minimum  0,5  mm  Durchmesser  ange- 
nommen wird.  Man  hat  über  die  Ursachen  dieser  Erscheinung  nachgeforscht 
und  ist  im  allgemeinen  zu  der  Ansicht  gelangt,  daß  die  anfänglich  reinen 
rauhen  Sandkörner  der  obersten  Schichte  ihre  Filtrierfähigkeit  erst  erhalten, 
wenn  sie  durch  den  aufgebrachten  feinen  Schlamm  eine  gewisse  Klebrigkeit 
erhalten,  und  daß  die  Fähigkeit  der  oberen  Sandschichte,  Mikroorganismen 
und  schwache  Trübungen  zurückzuhalten,  mit  zunehmender  Klebrigkeit 
wächst.  Durch  diese  aus  schleimbildenden  Bakterien  bestehende  Schlamm- 
schichte, das  Plankton,  welches  die  Sandkörner  mit  einer  Art  Gallerte  über- 
zieht, werden  sich  jedoch  die  Zwischenräume  des  Sandes  mit  der  Zeit  immer 
kleiner  und  kleiner  gestalten,  bis  endlich  das  Filter  „verstopft"  ist,  also  gar 
kein  Wasser  mehr  durchfließt.  Die  Zeit  vom  Beginne  der  Filtrierung  bis 
zur  Verstopfung   der  obersten  Sandschichte,  welche  gewöhnlich  „Laufzeit" 


C.  Wassergewinnnng. 


85 


des  Filters  genannt  wird,  ist  je  nach  der  Beschaffenheit  des  Wassers  und 
Sandes  eine  verschiedene  und  kann  im  Mittel  mit  1  Monat  bemessen  werden, 
so  daß  also  jährlich  12  Reinigungen,  d.  h.  Sandentfemungen  der  obersten 
Schichte  in  einer  Stärke  von  ca.  2  cm  vorzunehmen  sind.  Dieser  Sand  wird 
gewaschen  und  später  wieder  verwendet.  Im  Jahre  wird  daher  eine  Sand- 
schichte von  2  .  12  =  24  cm  abgetragen,  welche  gewaschen  und  später  jährlich 
auf  einmal  wieder  aufgetragen  wird.  Im  Laufe  einer  längeren  Reihe  von  Jahren 
wird  es  notwendig,  das  ganze  Filtermaterial,  also  vom  feinen  Sande  angefangen 
bis  zum  großen  Schotter 
(Steine),    vollständig   heraus-  j,     j$^ 

zunehmen  und  zu.  waschen. 
Überdies  soll  von  Zeit  zu  Zeit, 
womöglich  einigemal  im  Jahre, 
das  ganze  Filterbassin  vom 
Wasser  entleert  und  2 — 3  Tage 
der  Einwirkung  trockener 
warmer  Luft  ausgesetzt  wer- 
den, wo  durch  erfahrungsge- 
mäß die  exakte  Filtrierfähig- 
keit länger  erhalten  bleibt. 

Eine  weitere  unerläß- 
liche Bedingung  zur  Erzielung 
eines  tunlichst  gleichförmigen 
Filtrierproduktes  (Filtrates) 
ist  die  Regelmäßigkeit  des 
Betriebes.  Damit  die  oberste, 

eigentlich  filtrierende 
Schichte,  die  Filterhaut, 
nicht  schon  früher,  also  vor 
der  Verstopfung  selbsttätig 
durchbrochen  wird,  was  ge- 
schehen    kann,     wenn     die 

Filtrationsgeschwindigkeit 
zeitweilig    eine    größere    als 
die  früher  angegebene  wird, 

so  muß  für  eine  möglichst  gleichmäßige  Filtration,  also  gleichen  Zu-  und 
Abfluß,  Sorge  getragen  werden.  Zu  diesem  Behuf e  muß  insbesondere  die 
Filterdruckhöhe  ziemlich  konstant  erhalten  werden,  was  durch  Regulierung 
des  Ab-  oder  Zulaufes  geschieht.  Dies  kann  entweder  durch  Regulierung 
des  Zuflusses  mittels  des  Einlauf  Schiebers  durch  den  Filterwärter  oder  selbst- 
tätig durch  Regulierung  des  Wasserabflusses  erzielt  werden.  In  Fig.  32  ist 
eine  nicht  automatische  Vorrichtung  zur  Regulierung  der  Filterdruckhöhe 
gezeichnet,  welche  beim  Bremer  Wasserwerke  in  Verwendung  steht.  In  vor- 
stehender Figur  ist  die  Stellung  des  ausgezogenen  Teleskoprohres  in  seiner 
Höchstlage  eine  derartige,  daß  die  Filtrierdruckhöhe  gleich  Null  ist,  also  kein 
Abfluß  stattfindet.    Durch  Herabsenken  des  Rohres  kann  die  Filterdruckhöhe  h 


Fig.  88.    Vorrichtung  zur  RegoUenuig  der  Filtrierdmckhöhe. 


gg  I.  Die  Wasserversorgung  der  Ortschaften. 

bis  maximum  500  mm  vergrößert  werden.  Das  oben  offene,  mit  einem 
Trompetenrohraufsatz  versehene  Teleskoprohr  dient  also  als  Überfallrohr  und 
wird  durch  eine  Führungsstange  geleitet.  Die  Bewegung  dieses  durch  eine 
Stopfbüchse  wasserdicht  in  das  Standrohr  eingepaßten  Teleskoprohres  wird 
durch  eine  Schraubenspindel  bewerkstelligt.  An  einem  Pegel  kann  die 
jeweilige  Druckhöhe  h  abgelesen  werden. 

Ist  der  Zufluß  an  und  für  sich  regelmäßig  durch  eine  konstante  Druck- 
höhe und  einen  konstanten  Durchmesser  des  Zuleitungsrohrstranges  bedingt, 
dann  entfällt  natürlich  die  Notwendigkeit  einer  weiteren  Regulierung  der 
Filterdruckhöhe  in  den  Filterbassins.  Derartige  Regulierungsvorrichtungen 
mit  Teleskopröhren  etc.  hat  man  auch  automatisch  wirkend  (durch 
Schwimmer  etc.)  konstruiert. 

Bei  Berücksichtigung  aller  der  früher  entwickelten,  beim  Betriebe  von 
Sandfiltem  notwendig  zu  beachtenden  Faktoren  resultiert  das  Erfordernis  der 
Anlage  von  Reservefiltern,  um  im  Betriebe  an  und  für  sich,  wie  in  der 
Erzielung  eines  gleichmäßigen  Filtrates  keinerlei  Störungen  eintreten  zu  lassen. 
In  der  Regel  sollen  bei  sehr  großen  Filteranlagen  3  Reservefilterbecken 
bestehen,  von  denen  das  eine  event.  im  Stadium  der  Entleerung  und  Durch- 
lüftung, das  zweite  im  Stadium  der  Reinigung  (Abnahme  der  obersten  2 — 3  cm 
starken  Sandschichte)  und  das  dritte  Becken  endlich  im  Stadium  der  Neu- 
beschickung mit  frischem  Sand  sich  dann  befindet,  wenn  die  oberste  Sand- 
schichte bis  auf  jene  Tiefe  von  20 — 24  cm  bereits  entfernt  wurde,  welche  als 
minimale  Filterschichte  früher  bezeichnet  wurde.  Das  Waschen  des  Sandes 
erfolgt  gewöhnlich  bei  kleinen  Anlagen  in  offenen  hohen  Holzkästen  mittels 
kräftigen  Wasserstrahles  und  Rühren  mittels  Krücken,  bei  größeren  Anlagen 
in  geneigt  gelagerten,  konischen,  rotierenden  Trommeln  mit  innenliegender 
Schnecke;  der  von  oben  einlaufende  Sand  kommt  bei  der  Drehung  der 
Trommel  mit  dem  von  unten  aufsteigenden  Wasser  der  Druckleitung  in  innige 
Berührung  und  fällt  rein  gewaschen  heraus.  Die  Kosten  des  gründlichen 
Waschens  von  1  m^  Sand  belaufen  sich  auf  ca.  120  Heller  (1  M.). 

Als  Type  für  die  gewöhnliche  Art  der  Baudurchführung  offener  Filter 
diene  die  in  Fig.  33  und  34  abgebildete  Filteranlage  des  Nutzwasserwerkes 
der  Stadt  Saargemünd  in  Elsaß-Lothringen.  Neben  dem  Saarflusse  befindet 
sich  der  2,2/2,8  m  weite  Entnahmeschacht  (Maschinenbrunnen),  welcher  durch 
eine  200  mm  weite  Gußeisenrohrleitung  mit  dem  Flusse  kommuniziert.  Aus 
diesem  Schachte  wird  mittels  einer  200  mm  Saugleitung  das  Wasser  durch 
die  Pumpenanlage  angesaugt  und  durch  eine  200  mm  Druckleitung  auf  die 
Filter  aufgepumpt.  Das  filtrierte  Wasser  sammelt  sich  in  dem  auf  der  Filter- 
bassinsohle liegenden  Reinwasserkanal  und  fließt  mit  natürlichem  Druck  in 
den  Reinwasserschacht  ein.  Der  letztere,  aus  4,15  m  hohen,  1  m  starken 
Mauern  in  Portlandzement  hergestellt,  ist  3,4/3,4  m  weit.  Aus  demselben 
wird  durch  ein  Pumpenpaar  das  reine  Wasser  angesaugt  und  in  die  Stadt 
Saargemünd  bezw.  das  Hochreservoir  gedrückt. 

Die  beiden  Filter  haben  je  300  m^  Fläche;  eines  ist  20,5  m,  das  andere 
24,7  m  lang  und  im  Mittel  15  m  breit.  Die  unregelmäßige  Grundrißform  ergab 
sich  durch  die  lokalen  Besitzverhältnisse.    Durch  eine  175  mm  weite  Überlauf- 


C.  Wassergewiimnng. 


87 


und  Entleerungsleitung,  welche  infolge  der  örtlichen  Verhältnisse  in  diesem 
Falle  speziell  oberhalb  der  Wasserentnahme  in  den  Fluß  einmündet,  kann  die 
Trockenlegung  des  einen  oder  anderen  Filterbeckens  sowie  des  Reinwasser- 


Pumpen  -  ffccuM^ 


r 


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^ .    \    \    \    \    \ 


••  jSaar-fluIs. 
Flg.  38.    Situation  der  FUteranlage  in  Saargemilnd. 


Schachtes  erfolgen.  Die  Filterbecken  ruhen  auf  einer  Betonsohle;  die  über 
Terrain  liegenden  Umfassungsmauern  sind  2,50  m  hoch  und  haben  1,0  m  obere 
und  1,20  m  untere  Breite;   die  Mittelmauer  ist  oben  1,10,  unten  1,30  m  breit. 


V....10Q...^ 


Fig.  34.    Detaü-LängenBchnltt  durch  die  Filterbecken. 


Die  Becken  sind  mit  einem  3  cm  starken  geschliffenen  Portlandzementverputz 
gut  gedichtet.  Der  Normalwasserspiegel  liegt  0,50  m  unter  den  Deckplatten, 
die  Filterwasserhöhe  beträgt  0,35,  die  ganze  Höhe  der  Filtersand-  und 
Schotterschichte  1,55  m.  Quer  über  die  Filterbassinsohle  zieht  sich  der 
Reinwasserkanal,  welcher  mit  Steinplatten  überdeckt  ist  und  in  welchem  das 


^g  I.  Die  Wasserversorgang  der  Ortschaflen. 

durch  ein  System  von  Drainagesträngen,  die  auf  der  Filtersohle  liegen, 
gesammelte  filtrierte  Wasser  einfließt.  Statt  der  Drainröhren  können  prak- 
tisch auch  2  Reihen  lose  neben-  und  übereinander  geschichteter  Ziegel  ver- 
wendet werden. 

Eine  Type  gedeckter  Filter  ist  auf  Tafel  VI,  kombiniert  mit  dem  Hoch- 
reservoir, gezeichnet.  Eine  zweite  kleine  Anlage,  betreffend  die  Verwendung 
und  Filtration  eines  kleinen  hochgelegenen  Quellbaches  für  Trinkzwecke,  ist 
aus  Tafel  II,  Fig.  la,  b  und  c  zu  ersehen.  Durch  eine  in  den  Bach  ein- 
gebaute kleine  Stauschwelle  (siehe  Punkt  B  im  Längenprofil)  wird  das  Bach- 
wasser auf  die  Kote  278,8  m  gestaut  und  gezwungen,  in  das  Einlaßobjekt  B 
einzutreten,  welches  gleichzeitig  als  Grobfilter  funktioniert,  indem  hier  die 
groben  Sedimente  (Blätter  etc.)  zurückgehalten  werden.  Von  hier  aus  fließt 
es  in  den  40  m  langen,  in  die  Tallehne  eingebauten  Sammelkanal  (15/15/15  cm), 
der  gleichzeitig  durch  Schlitze  das  aus  der  Berglehne  kommende  Quellwasser 
aufnimmt.  Im  gedeckten  Filter  A  wird  das  Wasser  einer  absteigenden 
Filtration  unterzogen  und  gelangt  in  die  Reinwasserkammer  und  von  hier 
durch  einen  Schieber  in  die  mit  einem  Luftrohr  versehene  Zuleitung  zum 
Hochreservoir.  Das  Filter  besitzt  in  vorliegendem  Beispiel  eine  Fläche  von 
nur  0,8  m*,  da  das  aus  dem  Hochwaldgebiete  fließende  kleine  Quellbächleih 
gemeinsam  mit  anderen  Quellgebieten  nur  zur  Speisung  eines  Meierhofes 
dient,  also  das  notwendige  Wasserquantum  ein  sehr  geringes  ist.  Dieser 
Bezugsort  dient  überdies  nur  als  Reserve  bei  trockener  Zeit,  in  welcher  das 
Quellbachwasser  ohnehin  klar  ist.  Bei  größerem  Wasser  wird  die  Einlauf- 
öffnung durch  eine  Klappe  oder  ein  Brett  verschlossen. 

Da  bei  großen  Wasserwerksanlagen  der  nach  der  englischen  langsamen 
Sandfiltrationsmethode  notwendige  Baugrund  bei  notwendiger  Erweiterung 
der  Filteranlagen  oft  schwer  beschafft  werden  kann,  mitunter  auch  gar  nicht 
verfügbar  ist,  ließ,  um  den  notwendigen  Flächenraum  bedeutend  zu  reduzieren, 
Wasserwerksdirektor  F.  Fischer  in  Worms  Filterplatten  aus  einer  kompri- 
mierten sandsteinartigen  Masse  von  0,10  m  Stärke  anfertigen.  Aus  je  zwei 
solcher  Platten  wird,  in  einem  Abstände  von  0,03  m  voneinanderstehend 
und  an  den  Rändern  gedichtet,  eine  Art  Kästen  hergestellt  und  vertikal 
nebeneinander  aufgestellt.  Diese  vertikal  aufgestellten  Platten  bilden  die 
Filterschichte,  durch  welche  das  Wasser  unter  dem  normalen  (üblichen) 
Filterdruck  durchsickert  und  gereinigt  in  die  Hohlräume  der  Kästen  gelangt, 
aus  welchen  es  durch  eine  eiserne  Rohrleitung  abgeleitet  wird.  Durch  die 
letztere  kann  umgekehrt  durch  Verbindung  mit  einer  Wasser druckleitung 
eine  Reinigung  der  Platten,  sowie  ein  Ablösen  der  sich  auf  der  Oberfläche 
bildenden  Filterhaut  von  innen  aus  erfolgen,  desgleichen  durch  Einlassen 
von  Dampf  eine  Sterilisierung  der  Platten  (Vernichtung  von  Bakterien)  erzielt 
werden.  Dieses  neuere  Filtersystem  soll  sich  auf  Grund  der  bisherigen  Er- 
fahrungen leider  nicht  entsprechend  bewährt  haben.  Auf  demselben  Prinzipe 
beruht  ein  im  Journal  für  Gasbeleuchtung  und  Wasserversorgung  1906  pub- 
liziertes System  „Lanz",  das  als  vertikales  Steinfilter  (fein  poröser  Naturstein) 
aus  Platten  von  1,18  m  Höhe,  0,48  m  Breite  und  0,18  m  Dicke  mit  einer 
Filterfläche  von  1,6  m*  pro  Element,  welche  bei  375  mm  stündlicher  Filtrier- 


C,  Wassergewinnung.  89 

geschwindigkeit  pro  Tag  und  Element  somit  14,4  m*  oder  pro  Quadratmeter 
9  m*  filtrieren.  Jedes  Steinplattenelement  enthält  5  Bohrlöcher,  aus  welchen 
das  von  außen  eingedrungene  Wasser  unter  max.  1,5  m  Druckhöhe  in  eine 
U  förmige  Bodenrinne  ausläuft. 

Nach  Versuchen  soll  ein  15000  Keime  enthaltendes  Rohwaser  bis  auf 
6  Keime  gereinigt  worden  sein.  Die  Reinigung  erfolgt  wie  beim  Fisch  er- 
sehen Sandsteinfilter  von  innen  nach  außen.  Auch  hier  muß  die  Eignung 
dieses  Systems  als  Großfilter  noch  abgewartet  werden. 

Jewell-Rapidfilter. 

Die  enorm  großen  Flächen,  welche  große  Städte  bei  Anwendung  der 
langsamen  Sandfiltration  (englische  Methode)  beanspruchen,  die  hiermit  ver- 
bundenen großen  Baukosten,  sowie  mitunter  der  eintretende  Übelstand,  daß, 
wie  früher  hervorgehoben,  bei  notwendiger  Erweiterung  der  Filtrationsanlage 
die  Stadt  oft  die  nötigen  Flächen  Oberhaupt  nicht  zur  Verfügung  hatte,  brachte 
die  Amerikaner  in  die  Zwangslage,  ein  neues  Schnellfiltersystem  zu  erfinden, 
das  nur  den  50.  Teil  der  Fläche  der  englischen  Sandfiltration  beansprucht, 
indem  1  m^  Filterfläche  imstande  ist,  statt  2,5  m*  bis  125  m^  Wasser  pro  Tag 
zu  filtrieren. 

Dabei  ist  sowohl  die  mechanische  Reinigung  (Klärung)  als  auch  die 
bakteriologische  eine  ausgezeichnete,  indem  von  je  1000  Keimen  pro  cm*  des 
Rohwassers  das  Filtrat  bloß  7 — 8  Keime  enthält.  Auch  die  Rfeinigung  der 
Filter  selbst  ist  eine  ganz  außerordentlich  raschere,  indem  die  Filter  wohl 
normal  nur  ca.  3 — 4  Tage  in  ununterbrochenem  Betrieb  stehen,  die  jedes- 
malige Reinigung  jedoch  bloß  7 — 11  Minuten  erfordert. 

Die  Filter  bestehen  bei  großen  Anlagen  zumeist  aus  eisernen,  oben 
offenen  zylindrischen  Gefäßen  von  meist  5,029  m  Durchmesser  und  2,862  m 
Höhe;  die  Fläche  ist  daher  20  m*  und  filtriert  also  ein  solches  Filter  pro  Tag 
125  .  20  =  2500  m*.  Die  Filtrationsgeschwindigkeit  ist  somit  pro  h  =  5,2  m, 
während  sie  nach  Piefke  (Berlin)  bloß  F*  =  0,030  m  OPw*  =  0,72  m«)  oder, 
wie  sonst  üblich,  Vh  =  0,104  m  {Q^  =  2,5  m»)  beträgt. 

Das  Charakteristische  dieser  amerikanischen  Schnellfiltration  besteht 
darin,  daß  der  Sedimentationsprozeß  durch  Zusatz  von  Chemikalien,  welche 
unlösliche  Verbindungen  erzeugen,  außerordentlich  beschleunigt  wird. 

Es  wird  nämlich  dem  zu  reinigenden  Wasser  ein  Zusatz  von  2— 6^/^ 
Alaunlösung  (schwefelsaure  Tonerde)  gegeben  (in  Form  von  amorphem 
Alaun),  und  zwar  pro  m*  Rohwasser  zwischen  7 — 12  g  (Anlage  Triest).  Da 
1  kg  Alaun  16  Heller  kostet,  so  entfallen  im  Maximum  pro  m*  Wasser  rund 
0,2  Heller  Alaunverbrauch.  Diese  Alaunlösung  bewirkt  eine  vollständige 
Klärung  des  oft  sehr  unreinen  Rohwassers,  wobei  auch  die  event.  Humin- 
substanzen  (Moorwässer)  ausgeschieden  werden.  (Die  Anlage  in  Triest  ist 
seit  2  Jahren  in  Betrieb.) 

Was  die  Wirkung  des  im  Wasser  gelösten  amorphen  Alaunzusatzes 
anbelangt,  so  wird  die  schwefelsaure  Tonerde  durch  den  in  jedem  Wasser 
enthaltenen  Kalk  zersetzt,   indem  schwefelsaurer  Kalk  (Gips)  gebildet  wird 


90  I*  ^ic  Wasserversorgung  der  Ortschaften. 

und  das  sehr  fein  verteilte,  ausgeschiedene  Tonerdehydrat,  da  spezifisch 
schwerer,  zu  Boden  fällt. 

Dieses  in  lockeren  Flocken  ausfallende  Tonerdehydrat  hat  eine  doppelte 
Aufgabe.  Ein  Teil  dient  dazu,  in  den  Sedimentierbassins  die  suspendierten 
Bestandteile  einhüllend  mit  sich  niederzureißen.  Hierbei  werden  auch  die 
im  allgemeinen  als  gelöst  betrachteten  H  um  in  Substanzen,  die  dem  Wasser 
eine  gelbe  Färbung  geben,  mit  ausgeschieden,  desgleichen  auch  Eisenver- 
bindungen. Ein  anderer  Teil  des  Tonerdehydrates  gelangt  auf  das  Filter  und 
dient  hier,  ein  künstliches  Plankton  bildend,  außer  dem  natürlichen  Plankton, 
hauptsächlichzur  Bildung  der  filtrierenden  Schichte,  der  Filterhaut. 

Je  besser  das  natürliche  Plankton  aus  dem  Rohwasser  entfernt  wird,  um 
so  günstiger  ist  der  Reinigungseffekt  in  bakteriologischer  Beziehung,  da  das 
künstliche  Plankton,  der  Tonschlamm,  das  vorherrschend  wirkende  ist.  Bei 
diesem  Verfahren  nimmt  auch  die  permanente  Härte  des  Wassers  etwas  zu, 
wobei  die  geringen  Mengen  des  schwefelsauren  Kalkes  jedoch  nicht  in 
Betracht  kommen. 

Bei  einem  sehr  wenig  kohlensauren  Kalk  enthaltenden  Wasser  kann 
durch  den  Zusatz  von  schwefelsaurer  Tonerde  eine  saure  Reaktion  eintreten, 
in  welchem  Falle  dann  durch  Zusatz  von  Kalkmilch  die  Neutralisation  durch- 
zuführen ist. 

Vom  hygienischen  Standpunkt  ist  nachgewiesenermaßen  dieser  geringe 
Zusatz  von  Alaun  (7 — 50  g),  sowie  die  Bildung  der  schwefelsauren  Salze 
ganz  unschädlich. 

Auf  Grund  der  zahlreichen  Versuche  und  gemachten  Erfahrungen 
können  die  Jewellfilter  rücksichtlich  der  bakteriologischen  Leistungsfähigkeit 
mit  der  langsamen  Sandfiltration  als  gleichwertig  angesehen  werden,  in 
bezug  auf  die  Klärung  und  Entfärbung  ist  dieses  Verfahren  jedoch  allen 
anderen  Systemen  vorzuziehen.  —  Was  die  bauliche  Einrichtung  und 
den  Betrieb  dieser  Filter  anbelangt,  so  besteht,  wie  früher  erwähnt,  das 
Filter  aus  einem  5  m  hohen  Bottich  (aus  Holz  oder  Eisen),  in  dessen  oberen 
Teil  ein  kleinerer,  kürzerer,  zweiter  Bottich  hineinragt. 

Der  Zwischenraum  zwischen  beiden  ist  unten  mit  einem  Boden  abge- 
schlossen und  kommuniziert  der  untere  freie  Raum  des  großen  Bottichs  mit 
dem  oberen  Bottich  durch  ein  in  der  Mitte  situiertes  Rohr. 

In  den  unteren  Raum,  der  als  Klärbassin  dient,  tritt  das  Rohwasser, 
welches  vorher  den  Alaunzusatz  erhalten  hat,  durch  ein  Ventil  ein,  wobei 
das  Wasser  nicht  radial,  sondern  tangential  einströmt. 

Nach  Ablagerung  der  gröberen  Sedimentstoffe  gelangt  das  Wasser  durch 
das  zentrale  Rohr  in  den  oberen  Bottich,  wo  es  sich  über  die  Oberfläche 
des  aus  reinem  Quarzsand  bestehenden  Filterbettes  ausbreitet,  dasselbe  durch- 
fließt und  am  Boden  des  kleinen  Bottichs  durch  zahlreiche,  mit  feinen  Sieben 
geschlossene,  trichterförmige  Öffnungen  in  ein  System  von  Abzugröhrchen 
eintritt,  welche  alle  rechtwinklig  in  ein  diametral  gelagertes  Sammelrohr  ein- 
münden. 

Aus  diesem  gelangt  das  gereinigte  Wasser  durch  senkrechte  Abfluß- 
röhren und  durch  ein  Ventil  in  die  Reinwasser-Hauptleitung. 


C.  Wassergewinnung.  91 

Ein  auf  das  Eintrittsventil  wirkender  Schwimmer  reguliert  den  Zufluß 
und  hält  das  Wasser  im  Filter  auf  konstanter  Höhe. 

Der  Austritt  wird  durch  einen  äußerst  sinnreich  konstruierten  Kontroll- 
apparat (Weston  Controller)  ebenfalls  reguliert  und  so  die  Filterleistung 
konstant  erhalten. 

Die  Reinigung  geschieht  durch  Rückströmung  von  reinem  Wasser 
unter  Druck  (durch  Pumpe  oder  Hochreservoir),  verbunden  mit  Lüftung  und 
Durchrührung  des  Filtersandes  mittels  eines  eigenen  Rührwerkes,  dem  ge- 
wöhnlich noch  ein  Nachspülen  folgt. 

Diese  Manipulation  erfordert  nur  einen  Zeitraum  von  5 — 10  Minuten 
und  kann  bei  sehr  schmutzigem  Wasser  alle  Tage  vorgenommen  werden. 

Die  Betriebskosten  stellen  sich  ca.  gleichhoch  wie  bei  der  gewöhn- 
lichen Sandfiltration.  Die  Baukosten  sind  jedoch  ganz  bedeutend  geringer 
wie  jene  der  englischen  Sandfiltration,  weil  die  verbaute  Fläche  wesentlich 
kleiner  ist. 

Kosten  der  englischen  Sandfilter.  Werden  die  Kosten  über- 
wölbter Filter  auf  1  m^  filtrierten  Wassers  reduziert,  so  betragen  dieselben 
nach  Kirkwood  30—120  Heller  =  0,25— 1,0  M.  Nach  Lindley  stellen  sich 
dieselben  wie  folgt: 

Baukosten  (große  gewölbte  Filter)  ....     0,25  M. 
Filtrationskosten 0,75    ., 

Gesamtkosten  von  1  m**  filtrierten  Wassers     1,00  M.  =  120  Heller. 
Die    Baukosten    des    Filterbassins    selbst    können    (größere   Anlagen 
vorausgesetzt)  pro  m^  Filterfläche   bei   offenen  Filtern  50 — 60  K  =  50  M., 
bei    überwölbten  Filtern   80—100  K  =  70—80  M.    betragen.     Kleinere  Filter 
kommen  entsprechend  teurer. 

IV.  Wassersammlung  durch  künstliche  Teiche  und  Stauweiher. 

In  allen  jenen  Fällen,  wo  zur  Versorgung  weder  Quell-  und  Grund- 
wasser, noch  offene  Wasserläufe  ausreichen,  muß  zur  Errichtung  entsprechend 
großer  Stauweiher,  Gebirgsreservoire,  geschritten  werden.  Rücksichtlich  der 
anstandslosen  Verwendung  von  Talsperrenwasser  zu  Genußzwecken  wird  auf 
die  im  allgemeinen  Teile  dieses  Abschnittes  vorgeführten  Abhandlungen  ver- 
wiesen. Was  den  Bau  derselben  anbelangt,  so  wird  in  Kapitel  II  dieses 
Bandes  (Stauweiher- Anlagen)  die  Projektierung,  Berechnung  und  bauliche 
Durchführung  dieser  Anlagen  des  näheren  behandelt  werden.  Mit  jedem 
Stauweiherbau  wird  jedoch  für  Wasserversorgungszwecke  zweckentsprechend 
eine  Filteranlage  zu  verbinden  sein,  welche  entweder  gleich  beim  Stauweiher 
zu  erbauen  oder  aber  mit  der  Hochreservoiranlage  (Taf.  VI)  zu  kombinieren 
sein  wird.  In  nachfolgendem  soll  noch  der  Eigenart  der  Wassersammlung 
wegen  die  Wasserversorgung  der  Stadt  Christiansund  in  Norwegen  an 
der  Hand  einiger  im  Jahre  1889  skizzierter  Aufnahmen  besprochen  werden. 
Christiansund,  eine  Stadt  mit  9800  Einwohnern,  südlich  von  Trondhjem 
(Drontheim)  an  der  Westküste  Norwegens  gelegen,  besteht  aus  drei  Inseln. 
Die  großen,  zumeist  kahlen  Gneiskuppen  und  Abhänge  dieses  an  und  für 
sich  kleinen  Insellandes  gestatten  kein  Einsickern  des  Meteorwassers,  so  daß 


92 


I.  Die  Wasserversorgnng  der  Ortschaften. 


b)  Längenprofll  CD, 


ftöhpJU 


trotz  des  durch  den  Golfstrom  begünstigten  Regenreichtums  (1800 — 2000  mm 
pro  Jahr  Regenhöhe)  die  Bildung  von  Süßwasserquellen  ausgeschlossen  er- 
scheint. Die  Stadt  mußte 
daher  entweder  eine 
Zisternen-  oder  Ge- 
birgsreservoir-  (Stau- 
weiher-) Wasserversor- 
gung durchführen.  Zu 
diesem  Zwecke  wurden 
in  einer  der  steilen 
Felsschluchten  3  kleine 
Reservoire  /,  //  und 
///(Situation  c,  Fig.  35) 
mittels  gemauerter  Tal- 
sperren in  unmittel- 
barer Nähe  der  Stadt 
angelegt. 


Die  Talsperre  des 
mittleren,  1889  gebau- 
ten Reservoirs  ist  in 
Fig.  35  d  im  Quer- 
schnitt gezeichnet;  sie 
ist  aus  Gneisblöcken 
trocken  hergestellt  und 
nur  auf  der  Wasser- 
seite in  Zement  ge- 
mauert. Die  Reservoiit 
sind  50—200  m  lang 
und  zumeist  30 — 40  m 
breit  mit  einer  mitt- 
leren Wassertiefe  von 
1 — 3  m.  Der  Fas- 
sungsraum aller  3  Stau- 
weiher   dürfte    meiner 


c)  Sltoationsplan. 


\"  1 


d)  Profil  der  Staumauer  des  Reservoirs  n.  e)  Querprofi]  des  Sammelkanales. 

Fig.  35.    Wassersammelanlage  von  Christiansund  (Norwegen). 


D.  Znleitang  zum  Versorgungsgebiete.  93 

Schätzung  und  flüchtigen  Aufnahme  nach  ca.  30000  m*  betragen.  Die  Mauern 
besitzen  keine  gemauerten  Grundablässe  und  Überfälle,  sondern  sind  nur 
durch  kurze  Rohrleitungen  mit  Schieber  verbunden.  Das  oberste  Reservoir 
liegt  nahe  der  Wasserscheide. 

Da  infolge  des  kleinen  Einzugsgebietes  dieser  Reservoire  von  vielleicht 
4  ha  die  Wassersammlung  eine  ungenügende  war,  wurden  behufs  Vergrößerung 
desselben  2  Parallelschluchten  einbezogen  und  zu  diesem  Zwecke  an  den 
steilen  Felsenabhängen  und  Tallehnen  0,3/0,4  m  weite,  gemauerte,  offene 
Sammelkanäle  gebaut  (siehe  Querprofil  e),  welche  sich  längs  der  in  dem 
Situationsplan  strichpunktierten  Linie  an  den  Abhängen  entwickeln.  Die 
Verbindung  der  Sammelkanäle  des  Friedhof-  und  Wiesentales  (vom  Verfasser 
gewählte  Benennungen)  erfolgt  durch  einen  Siphon  (siehe  Querprofil  AB), 
Das  von  den  Felsen  abrinnende  Regenwasser  wird  nun  in  diesen  Kanälen 
gesammelt  und  in  die  3  Stauweiher  geleitet,  aus  welchen  es  nach  Passierung 
einer  Filteranlage  in  die  Stadt  gelangt.  Das  diesem  kahlen  Felseiland  mühsam 
und  mit  großen  Kosten,  abgewonnene  Wasser  ist  ganz  entsprechend  trinkbar, 
wird  jedoch  zuweilen  noch  in  den  Häusern  selbst,  wenn  nötig,  einer  zweiten 
Filtration  und  Kühlung  unterzogen. 

Eine  zweite  aparte  Art,  eine  künstliche  Herstellung  von  Grund- 
wasser durch  natürliche  Sandfiltration  im  Boden  weist  die  Stadt  Göteborg 
in  Schweden  auf  (siehe  „Gesundheits-Ingenieur",  Jahrgang  1904;  Hansen, 
„Die  städtischen  Wasserversorgungen  Schwedens"). 

Die  Durchführungsmöglichkeit  einer  derartigen  Wasserversorgung  ist 
natürlich  ebenfalls  an  die  ganz  lokalen,  im  übrigen  selten  vorkommenden 
geognostischen  Untergrund  Verhältnisse  gebunden. 

D.  Zuleitung  zum  Versorgungsgebiete  (Reservoir). 

Die  Hauptzuleitung,  welche  den  Transport  des  Wassers  aus  dem 
Gewinnungsgebiete  (Wassersammelanlage,  Wasserbezugsort)  zum  Abgabe- 
gebiete (Hochreservoir)  zu  besorgen  hat,  kann  entweder  eine  Gravitations- 
oder eine  Druckleitung  sein.  Liegt  der  Wasserbezugsort  höher  als  der 
Versorgungsort,  dann  wird  das  Wasser  mit  natürlichem  Druck  (per  Gravi- 
tation) zu  dem  letzteren  geleitet  werden  können,  während  unter  anderen 
Umständen  dasselbe  auf  die  zur  Versorgung  nötige  Höhe  künstlich  gehoben 
werden  muß. 

I.  Gravitationsleitungen. 

Der  Transport  des  Wassers  kann  in  offenen  oder  geschlossenen 
Leitungen  erfolgen,  also  durch  offene  Gerinne  (Gräben),  oder  durch  ge- 
schlossene unterirdische  Gerinne  (Kanäle,  Kanal rohrleitungen),  oder  endlich 
durch  Druckleitungen  (Eisenrohrleitungen)  bewerkstelligt  werden. 

I.  Offene  Gerinne 

werden  überhaupt  nur  bei  ausschließlichen  Nutzwasserversorgungen  und 
größeren  Quantitäten  zur  Anwendung  gelangen.    Das  Profil   derselben  wird 


94 


I.  Die  Wasserversorgung  der  Ortschaften. 


nach  dem  gerechneten  Maximalerfordemis,  bezw.  bei  Anlage  eines  Hoch- 
reservoirs nach  dem  mittleren  Tageserfordernis  am  Tage  des  größten  Konsums 
(Sommer)  zu  dimensionieren  resp.  etwas  größer  als  dieses  anzunehmen  sein. 
Bezüglich  der  baulichen  Durchführung  wird  dann  in  einfachster  Weise  ein 
offener  Graben  mit  Böschungen  von  1 :  Vj^ — 1 :  2  hergestellt  werden  können, 
wenn  das  Bodenmaterial  ein  entsprechend  widerstandsfähiges  ist  und  die 
Geschwindigkeit  des  fließenden  Wassers  v  =  0,60  m  nicht  überschreitet.  Für 
«/>0,6 — 1,20  m  müssen  die  Böschungen  und  die  Sohle  des  Grabenprofiles 
durch  Pflasterung  gesichert  werden,  etwa  in  der  aus  Fig.  36  ersichtlichen 
Weise,  daß  in  eine  Schüttung  von  grobem  Schotter  das  Profil  mit  1 : 1 
Böschung  ausgepflastert  wird.   Für  Geschwindigkeiten  v  >  1,20  m  muß  das  Profil 


Fig.  86.    Gepflasterter  Waeserleltiiiigsgraben. 


Fig.  37.    Gemauerter  Zuleltmigsgraben. 


Flg.  88. 
Holzgerlnne  als  'Wasserleitungsgraben. 


gemauert,  also  aus  Ziegel-  oder  Bruchsteinmauerwerk  oder  in  Beton  hergestellt 

werden  (Fig.  37);  dieser  Fall  wird  auch  dann  einzutreten  haben,  wenn  die  für 

flache  Böschungen  notwendige  Grund- 
fläche nicht  verfügbar  ist  (an  Stelle  der 
Kiessohle  in  Fig.  37  wird  häufig  Mauer- 
werk oder  Pflaster  zu  treten  haben). 
In  Felsgrund  können  senkrechte  Böschun- 
gen und  ein  v  bis  3  und  4  m  angenommen 
werden.  Für  sehr  große  Geschwindig- 
keiten (in  lokalen  Strecken)  und  für  pro- 
visorische Leitungen  kann  man  sich  einer 

Holzverkleidung  (rechteckig  oder,   wie  in  Fig.  38,  in  Dreiecksform)  bedienen. 

Das  Wasser  in  derartigen  offenen  Gräben  ist  natürlich  sowohl  der  Erwärmung 

wie  der  Verunreinigung  stark  ausgesetzt. 

2.  Gedeckte  Kanalleitungen, 
entsprechend  tief  verlegt,   haben  die  eben  erwähnten  Nachteile  nicht  aufzu- 
weisen,  werden  jedoch    ihrer  meist  hohen  Kosten  wegen   nur   für  größere 
Wasserquantitäten   und   bei   kleinen  Gefällen    in   Anwendung  kommen.     Sie 
haben  insbesondere  folgende  Vorteile  aufzuweisen: 
1.  haben  dieselben,   gut  hergestellt,  die  längste  Dauer,   die  in  keinem  Ver- 
hältnisse  zu  jener  der  Eisenrohre  steht,  obwohl  bezüglich  der  letzteren 
noch  nicht  genügende  Erfahrungen  vorliegen,  da  die  verwendeten  Bau- 
materialien (vorzüglichen  Stein,  Mörtel,   Beton  vorausgesetzt)  gegen  den 
Einfluß  der  Luft  und  des  Wassers  viel  widerstandsfähiger  sind;   als  Be- 
weis für  die  lange  Bestandsdauer  solcher  gemauerter  Leitungen  können 


D.  Zoleitong  zum  Versorgungsgebiete.  95 

wohl  in  erster  Linie  die  über  2000  Jahre  alten   antiken  Leitungen  der 
Römer  und  Griechen  hervorgehoben  werden. 

2.  bieten  dieselben  größere  Sicherheit  gegen  Betriebsstörungen,  als  die 
Brüchen  ausgesetzten  Eisenröhren. 

3.  können  viel  geringere  Gefälle  (bisy=  0,0001  ==  0,1  ^/qq)  ausgenutzt  werden, 
ohne  die  Qualität  des  Wassers  besonders  zu  schädigen,  während  bei 
eisernen  Druckrohrleitungen  kein  kleineres  als  ein  einer  Geschwindigkeit 
von  min.  0,25  m,  am  besten  von  v  —  0,5 — 0,6  m  entsprechendes  Gefälle 
angeordnet  werden  soll. 

4.  Die  Reinigung  von  Schlamm  und  Sand  kann  bei  Druckrohrleitungen 
durch  Spülauslässe  wohl  bei  vorhandenem  größeren  Druck  sehr  leicht 
und  billig  bewerkstelligt  werden,  verursacht  jedoch  bei  kleinem  Gefälle 
schon  bedeutendere  Schwierigkeiten  und  insbesondere  dann  starke 
Inkrustationen,  also  Querschnitts  Verengungen.  Für  kleinere  Wasser- 
leitungen werden  überdies  heute  ausschließlich  nur  eiserne  Druckrohr- 
leitungen gebaut,  wo  halbwegs  das  entsprechende  Gefälle  vorhanden  ist. 

Offene  Leitungen  (offene  Gräben)  und  gedeckte  Kanalleitungen  werden 
auch  dort  vorteilhaft  erbaut  werden  können,  wo  der  gerechnete  Rohrdurch- 
messer den  größten  handelsüblich  erzeugten  (1200  mm)  übersteigen  würde 
(also  auch  bei  kleineren  Zuflußquantitäten,  jedoch  sehr  kleinen  Gefällen), 
weiter  dort,  wo  beim  Legen  der  Rohrleitung  abnormaler  Wasserzudrang  zu 
gewärtigen  ist,  endlich  wo  Kanalleitungen  günstig  trassiert,  also  in  flachen 
Lehnen  ohne  Quertalübersetzungen  durch  Aquädukte  entwickelt  werden 
können;  das  Profil  wird  zweckdienlich  nur  im  Abtrag  (Einschnitt)  zu  legen 
sein,  um  Setzungen  und  Wasserundichtheiten  vorzubeugen.  Abgesehen  von 
allen  diesen  Faktoren  wird  zumeist  die  Kostenfrage  bestimmend  auf  die  Ent- 
scheidung betreffs  der  Wahl  von  Kanal-  oder  Druckleitungen  einwirken.  Die 
Kanalleitungen  müssen,  da  sie  nie  voll  fließen  sollen,  „mit  Gefälle"  trassiert 
werden.  Dieselben  können  in  der  einfachsten  Form  aus  glasierten  Steinzeug- 
röhren, aus  Betonröhren,  Monierröhren  (Eisendrahtgeflecht  mit  Portland- 
zementmörtel kombiniert)  bestehen  oder  in  Form  von  schliefbaren  oder  nicht 
begehbaren  Kanälen  aus  Stampfbeton,  Ziegel-,  Bruchstein-  oder  Quader- 
mauerwerk mit  verschiedener  Querschnittsform  hergestellt  werden.  Der  be- 
netzte Umfang  ist  durch  einen  2 — 6  cm  starken,  geschliffenen  Portlandzement- 
verputz gut  zu  dichten,  das  Mauerwerk  überdies  selbst  in  hydraulischem 
Mörtel  herzustellen. 

Von  besonderem  Interesse  ist  auch  die  Verwendung  von  Cement  armd 
für  große  Rohrdurchmesser  in  der  seit  neuerer  Zeit  in  Frankreich  üblichen 
Herstellungsweise  (System  Bonna  etc.). 

Dieses  System  wird  nicht  allein  für  die  Herstellung  großer  Kaliber  für 
Wasserleitungen  und  Kanalisationen,  sondern  auch  für  Hochreservoirs  ver- 
wendet, wie  dies  beispielsweise  bei  dem  4000  m^  Inhalt  messenden  im  Quer- 
schnitte kreisrunden  Reservoir  für  Chatillon  (Seine)  der  Fall  ist. 

Die  Konstruktion  der  Leitungsröhren  ist  eine  verschiedene,  je  nachdem 
selbe  ohne,  unter  mäßigem  oder  höherem  Druck  stehen. 


96  I-  I^ic  Wasserversorgung  der  Ortschaften. 

a)  Leitungen  ohne  Druck  (nicht  volllaufende  Rohre). 

Zur  Ableitung  der  Abwässer  der  Stadt  Paris  wurde  ein  Teil  der  Rohr- 
leitung aus  Cement  arme  und  zwar  bis  3  m  Durchmesser  hergestellt.  Die 
Rohrwand  besteht  in  letzterem  Falle  aus  einem  Metallgerippe  aus  Stahlstäben 
von  8  mm  Durchmesser,  welche  nach  der  Richtung  der  Erzeugenden  und 
Leitlinien  des  zylindrischen  Rohrmantels  in  Abständen  von  110  mm  verlegt 
und  an  den  Kreuzungsstellen  mit  geglühtem  Eisendraht  verbunden  sind. 

Dieses  Eisengerippe  ist  in  eine  8  cm  dicke  Zementmörtelschichte  (450  kg 
Zement  auf  1  m*  Sand)  eingebettet  und  innen  mit  einem  1  cm  starken  Zement- 
verputz überzogen.  Die  Wandstärke  beträgt  somit  im  ganzen  9  cm.  Der 
laufende  Meter  Rohr  wiegt  ca.  1  t. 

Das  Rohr  ruht  im  Rohrgraben  auf  einer  mindestens  0,31  m  starken 
Betonunterlage  von  1 — 1,5  m  Breite. 

Außerdem  sind  Verstärkungsrippen  angebracht,  welche  teils  in  armiertem 
Zement,  teils  in  Beton  ausgeführt  sind. 

Die  Herstellung  der  Rohre  erfolgte  im  Rohrgraben  selbst  und  kostete 
der  laufende  Meter  dieser  größten  Rohre  214  Fr.  —  200  K. 

b)  Druckrohrleitungen. 

Die  größten  Rohre,  <l  =  l,80  m,  nach  dem  System  des  Ingenieurs 
Bonna  ausgeführt,  sind  in  Längen  von  2,5  m  mit  10  cm  Wandstärke  erzeugt. 

Für  einen  Probewasserdruck  über  13,6  m,  bei  welchem  die  gewöhnlichen 
Zementrohre  ein  Schweißen  zeigten,  erhalten  die  Rohre  eine  innere  Einlage, 
bestehend  aus  einem  Stahlblechmantel  von  3,5  mm  Stärke,  welche  bei  einem 
dieses  Maß  übersteigenden  Wasserdruck  eine  entsprechende  Erhöhung  erfuhr. 
Das  Gerippe  selbst  besteht  bei  diesem  System  aus  Stahlstäben  von  kreuz- 
förmigem Querschnitt  und  haben  die  kreisförmig  gebogenen  Querstäbe  einen 
Querschnitt  von  40/22/35  mm,  die  Längsstäbe  20/14/3  mm,  welche  je  nach 
den  Druckverhältnissen  95 — 294  mm  voneinander  entfernt  sind. 

Die  Stoßdichtung  der  einzelnen  Rohrstücke  erfolgt  bei  den  Rohren  mit 
innerem  Blechmantel  mittels  Kautschukbänder  und  geteerter  Hanfstricke^ 
welche  durch  ein  dreiteiliges  Eisenband  mittels  Schrauben  an  das  Rohr  an- 
gepreßt werden.  Über  diesen  Stoß  wird  eine  Ringmuffe  aus  armiertem  Zement 
geschoben  und  diese  mit  Zement  ausgegossen. 

Die  Rohre  ohne  Blechmantel  werden  im  Stoß  nur  durch  eine  Ring- 
muffe gedichtet. 

Die  Rohrleitung  wird  im  Rohrgraben  auf  Betonklötze  gebettet. 

Der  Preis  stellte  sich  pro  lfd.  m  bei  den  Rohren  mit  Stahlblechmantel 
auf  300  Fr.,  ohne  Stahlblechmantel  auf  200  Fr.  Die  armierten  Zementrohre  für 
höheren  Druck  (bis  40  m),  welche  im  Park  von  Herblay  zur  Verwendung 
gelangten  und  bei  3  m  Baulänge  mit  Durchmessern  von  0,30 — 1,10  m  aus- 
geführt wurden,  bestehen  aus  einer  Lamelle  von  Stahlblech,  welche  beiderseits 
von  Gerippen  aus  im  Querschnitt  kreuzförmigen  Stahlstäben  umgeben  und 
innen  und  außen  mit  einer  Zementmörtelschichte  überzogen  sind.  Die  größten 
Rohre  von  1,10  m  Durchmesser  haben  70  mm  Wandstärke,  die  Bleche  0,6  mm; 
die  Querrippen  laufen  spiralförmig  um  die  Längsstäbe. 


D.  Zaleitang  zum  Versorgiingsgebiete.  97 

Die  Dichtung  erfolgt  in  gleicher  Weise  wie  bei  den  früher  behandelten 
Rohren,  nur  wird  hier  die  Stoßfuge  zuerst  mit  einer  Asbestlage  und  Blei- 
weiß  gedeckt. 

Def  Blechmantel  wird  aus  einzelnen  Tafeln  hergestellt. 

Die  Kosten  der  Rohrerzeugung,  Legung  und  Dichtung  betrugen  bei 
rf=  1,10  m  ca.  76  Fr.,  bei  rf=0,30  m  ca.  12  Fr.  pro  lfd.  m. 

In  Amerika  werden  die  Wasserleitungsrohre  von  großen  Durchmessern 
mitunter  auch  aus  Holz  (Sequoia  gigantea  und  Sequoia  sempervirens  [Texas- 
kiefer]) hergestellt,  welche  einen  Wasserdruck  bis  6  Atmosphären  (Wasser- 
versorgung von  Denver  in  Colorado)  anstandslos  aushalten.  Die  Rohre 
sind  aus  einzelnen  großen  Holzdauben  zusammengesetzt  und  es  sind  zweierlei 
Dichtungen  üblich,  und  zwar  entweder  Stoßwechsel  (Aliens  Patent)  oder  mit 
durchgehendem  Stoß. 

In  ersterem  Falle  bestehen  die  Röhren  von  0,3 — 1,8  m  Durchmesser  aus 
lattenförmigen,  2,5  m  langen  Dauben,  welche  mit  Feder  und  Nut  gedichtet, 
im  Rohrgraben  nach  einer  Schablone  gelegt  und  durch  schmiedeeiserne  Ringe 
mit  Schrauben  zusammengezogen  werden.  Bei  durchgehendem  Stoß  erfolgt 
die  Dichtung  durch  einen  gleichfalls  aus  Dauben  hergestellten  Holzring, 
welcher  mit  Eisenbändem  zusammengezogen  wird. 

Die  Fig.  39  (a  — h)  repräsentiert  einige  Typen  derartiger  Wasserleitungs- 
kanäle. In  gewissen  Entfernungen  müssen  Einsteig-  oder  Revisionsschächte 
eingeschaltet  werden.  Bei  Kreuzungen  breiterer,  flacherer  Täler  kann  die 
Trasse  des  Kanales  in  diese  Seitentäler  hinein  entwickelt  werden,  unter  anderen 
Umständen  resp.  zumeist  werden  Seitentäler  mittels  kostspieliger  Über- 
führungen (Aquädukte)  übersetzt  werden  müssen.  Desgleichen  wird  mitunter, 
insbesondere  in  schluchtartigen,  gewundenen  Felstälem,  die  Vortreibung  von 
Stollen  notwendig  werden. 

Als  Sammelleitungen  und  manchmal  auch  als  Hauptzuleitung  zum  Hoch- 
reservoir werden  häufig  Steinzeug-Muffenrohre  (innen  und  außen  glasiert) 
verwendet.  Bei  der  Trassierung  und  Berechnung  derselben  ist  jedoch  zu 
beachten,  daß  im  ungünstigsten  Falle  (Vollfließen)  die  Drucklinie  mit  der 
Rohroberkante  zusammenfallen,  aber  nie  höher  liegen  darf,  weil  die  Muffen- 
dichtungen, welche  zumeist  aus  Hanfstricken,  dann  Letten  und  oben  Zement 
oder  aber  aus  Asphaltguß  bestehen,  einem  Überdruck  nicht  widerstehen.  Die 
beste  Dichtung  für  Tonröhren  besteht  neben  den  zuerst  einzustopfenden  Teer- 
stricken aus  einem  Gemenge  von  1  Teil  Teer  und  2  Teilen  Ton  (Letten), 
oder  die  Muffen  werden  mit  einer  aus  Teer  und  Asphalt  bestehenden  Mischung 
ausgegossen.  Bei  größeren  Gefällbrüchen  und  längeren  Leitungen  entlastet 
man  zu  diesem  Behufe  die  Steinzeugrohrleitung  durch  Einschaltung  von 
Entlastungsschächten,  welche  ganz  ähnlich  wie  die  Quellenakkumulatoren 
gebaut  sind. 

Wie  alle  Röhren,  so  müssen  auch  die  Steinzeugröhren  mit  den  Muffen 
gegen  den  Wasserlauf  gelegt  werden,  und  zwar  womöglich  1,50  m  mit  der 
Oberkante  unter  Terrain,  damit  die  wechselnden  Lufttemperaturen  das  in  den 
Röhren  fließende  Wasser  gar  nicht  oder  doch  nicht  wesentlich  beeinflussen. 
Manche  Hydrotechniker  beantragen  insbesondere  bei  eisernen  Röhren  2  m 
Friedrich,  Wasserbau.   Zweite  Auflage.    II.  Band.  7 


98 


I.  Die  Wasserversorgung  der  Ortschaften. 


Verlegungstiefe,   doch  stehen  die  viel   größeren  Kosten  in  gar  keinem  Ver- 
hältnis zum  erzielten  Effekte. 

Nach  vorliegendem,  meinem  Brünner  Trinkwasserleitungsprojekte  ent- 
nommenen Graphikon  (Fig.  40)  der  Luft-  und  Bodentemperaturen  für  Brunn 
beträgt  die  mittlere  Lufttemperatur  +  8,2  <*,  die  mittiere  Bodentemperatur  bei 
1  m  Tiefe  +  8,8  ^,  bei  2  m  Tiefe  +  8,6  ®  C,  also  eine  sehr  geringe,  praktisch 


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Fig.  89.    Eanalproflle  für  Wasserleitongen. 

belanglose  Differenz.  Bei  1  m  Tiefe  sinkt  jedoch  im  Winter  die  Boden- 
temperatur bis  g^g^n  0^  herab,  daher  die  Minimaltiefe  mit  1,5  m  allgemein 
angenommen  wurde. 

Berechnung  offener  Gerinne,  Kanal-  und  Rohrleitungen.  Die 
Berechnung  der  offenen  Kanal-  und  Rohrleitungen  erfolgt  nach  den  im  ersten 
Kapitel  dieses  Handbuches  (Bd.  I)  vorgeführten  Formeln  (Ganguillet  und 
Kutter,  Weißbach  etc.,  siehe  Taf.  III).  Für  Druckrohrleitungen  empfiehlt 
es  sich  zur  rascheren  Durchführung  der  Berechnungen  eigener  Graphikons 


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2: 

Flg.  40.    Graphiken  der  Laft-  und  Bodentemperatnren  fUr  BrUnn  nnd  Zwittau. 


7* 


IQQ  I.  Die  WassenrersorgTing  der  Ortschaften. 

ZU  bedienen.  Ein  solches  auf  Basis  der  üblichsten  Weißbach  sehen  Formel 
entworfenes  Graphikon,  welches  für  die  Rohrdurchmesser  rf=60 — 275  mm 
konstruiert  wurde,  ist  auf  Tafel  V  (Bd.  I)  gezeichnet  und  nach  der  auf 
S.  146  des  1.  Bandes  beschriebenen  Weise  zu  gebrauchen.  In  erster  Linie 
ist  wiederholt  zu  bemerken,  daß  die  Geschwindigkeit,  zur  Vermeidung  großer 
hydraulischer  Stöße  in  der  Rohrleitung,  1,0  m  pro  Sekunde  nicht  überschreiten 
soll  und  andererseits  mindestens  so  groß  angenommen  werden  muß,  daß  keine 
Ablagerung  der  etwa  raitgeführten  Sedimentstoffe  und  keine  zu  große 
Temperaturerhöhung  durch  langsames  Fließen  erfolgen  kann. 

5.  Eiserne  Gravitations-Druckrohrleitungen. 
In  der  Mehrzahl  der  Fälle  werden  heute  der  Billigkeit,  leichten  Legung 
und  raschen  Herstellung  wegen  eiserne  Druckrohrleitungen  gelegt,  welche 
ohne  Rücksicht  auf  das  wechselnde  Gefälle  oder  auf  Steigungen  des  Terrains 
in  die  frostfreie  Tiefe  von  1,50  m  unter  dasselbe  verlegt  werden.  Die  Röhren, 
zumeist  Muffenröhren,  3 — 4  m  lang,  stehend  gegossen,  innen  und  außen  heiß 
asphaltiert,  werden  mit  Hanfstricken  und  Blei  gedichtet  und  mit  den  Muffen 
gegen  die  Wasserlaufrichtung  zu  gelegt.  An  allen  höchsten  Punkten  (Bruch- 
punkten), also  dort,  wo  Steigung  und  Gefälle  abwechselt,  müssen  Luft- 
ventile, an  allen  tiefsten  Punkten  Spülauslässe  eingeschaltet  werden.  Um 
jederzeit  leicht  zur  Rohrleitung  zu  gelangen  und  eventuelle  Reparaturen  und 
dergl.  ohne  Kulturschaden  vornehmen  zu  können,  wird  man  als  Rohrtrasse 
womöglich  Wege,  Straßen  (im  Bankett),  Feldraine  und  dergl.  wählen.  Bäche 
und  Flüsse  werden  unterfahren  und  muß  für  eine  Sicherung  der  Bachsohle 
gegen  Auskolkung  durch  Pflaster,  Spundwände  etc.  Sorge  getragen  werden. 
Bezüglich  der  notwendigen  Druckhöhe  zwischen  Quellstube  und  Hochreservoir 
ist  zu  betonen,  daß  dieselbe  mindestens  gleich  sein  muß  der  Reibungshöhe  A, 
(Reibungsverlust,  verlorene  Druckhöhe)  plus  einer  kleinen  Überdruckhöhe  A3 
(mindestens  1 — 2  m)  für  den  Ausfluß  in  das  Reservoir.  (Siehe  die  spätere 
Berechnung  des  Hauptrohrstranges  vom  Reservoir  zur  Stadt.) 

6.  Temperaturzunahme  des  Wassers  in  langen  Zuleitungen. 

Die  Temperaturzunahme  des  Wassers  in  langen  Zuleitungen,  namentlich 
in  eisernen  Druckrohrleitungen  wird  sehr  häufig  überschätzt  und  oft  werden 
aus  diesem  Grunde  allein  derartige  weitgelegene  Wasserbezugsorte  bei  Lösung 
komplizierterer  Wasserfragen  von  vornherein  ausgeschlossen.    In  Wirklichkeit 
ist  diese  Temperaturzunahme  nicht  bedeutend,  wenn  die  Zuflußgeschwindigkeit 
nicht  zu  klein  angenommen  wird  und  nicht  ganz  abnormale  klimatische  Ver- 
hältnisse vorliegen. 
Bedeutet: 
to  die  maximale  Bodentemperatur  in  Celsius-Graden  in  dem  Rohrgraben, 
ta  die  maximale  Wassertemperatur  bei  der  Entnahmestelle  (Wassersammel- 
anlage, Quellstube,  Filter  etc.), 
/,•  die  maximale  Wassertemperatur   bei   der  Ankunftsstelle  (Hochreservoir 

bei  der  Stadt), 
K  den  inneren  Wärmeleitungskoeffizient  des  Bodens,  in  Kilogramm  Kalorien 
bezogen  auf  Meter  und  Stunden, 


D.  Zaleitnng  zum  Versorgungsgebiete.  "^Ol 

L  die  Länge  der  Rohrleitung, 

Q  die  Wasserführung  in  Liter  pro  Stunde, 

h  die  Tiefe  der  Rohrleitung  (des  Rohrmittels  unter  Terrain), 

r  der  äufiere  Rohrradius  in  Meter, 

U  —  tr  1,185.  Ä.Xr 

so  ist:  lag*  •  -: r-  =  —  ^rn ir; ; : ' 

to  —  ta  Q  (log.  .2h  —  log.r) 

Der  Koeffizient  K  wechselt  nach  den  Bodengattungen  und  beträgt  als 
oberste  ungünstigste  Grenze  z.  B.  für  die  meist  vorkommenden  sandigen 
Lehmböden  und  Ackererde  K=2, 

Die  Bodentemperatur  in  ca.  1,5  m  Tiefe  schwankt  ebenfalls  nach  Jahres- 
zeit, Klima  und  Standort  und  betrug  z.  B.  in  Wien  innerhalb  der  Jahre  1886 — 1905 
bei  h  =  1,30  m,  /o  =  14,8— 20,5 «  C,  im  Mittel  18,2 <>  C, 
„    Ä  =  l,80    ,    /o=  12,6-18,10   „     „        „       16,30  ^. 
Beispiel: 
Ist  /o  =  +  17  0  C.  (maximale  Bodentemperatur), 

/a  =  +  80C., 

Är=2kgKal., 
Z.  =  31600  m, 

Q  =  125  sl. .  3600  =  450000  1  pro  Stunde, 
h  =  1,50  +  0,25  -  1,75  m, 
r  =  0,215  m, 
dann  ergibt  sich  fr  =100C.  d.  h.  eine  maximale  Gesamterwärmung  auf 
31,6  km  von  10— 8  =  2,00C.  oder  pro  Kilometer  A  =  0,0630C. 

Nach  der  Formel  von  Professor  Forch heimer:  <r  =  <o  +  (fo  —  «o) «  """'", 

27r.Ji: 
wobei  H  = 


1000. Q. Log.. [^+^^-l) 


resultiert  nach  obigem  Beispiel  folgende  Temperaturzunahme. 

Hier  bedeutet  K  einen  Leitungs-Koeffizienten,  welcher  angibt,  wieviel 
Wärmeeinheiten  pro  m*  und  Sekunde  durch  eine  1  m  starke  Bodenschichte 
durchströmen,  wenn  die  beiden  Begrenzungsflächen  auf  1  o  C.  Temperatur- 
Differenz  erhalten  werden. 

Für  gewöhnliches  feuchtes  Erdreich  kann  im  Mittel  AT  =0,00056  an- 
genommen werden,  dann  ist: 


0,00000153  ^^^^...o 

n  = 7-  -^ —  =  0,0000058. 


e.'.^(^W^-.) 


NB.  Log.  =  log,  nat. 
log  — -  dekadische 

Logarithmen. 

Es  bedeutet  weiter  Q  in  Sekunden  m*  und  x  die  Rohrleitungslänge  =  L 

in  Meter,  also  sind: 

Q  =  0,125  m«, 

/o  =  170C., 

/c=80C., 

a:  =  31600  m,  dann  ist 

<r=  + 9,620  C, 


L  =   82,00  km 

A  =  +  0,042»  C. 

Z,  =  173,00    „ 

A=      0,012»  „ 

L=   90,00    „ 

A=      0,049»  „ 

2,=     5,1      „ 

A==      0,196»  , 

L=     2,25    „ 

A=      0,062»  , 

L=     8,0      „ 

A=      0,125»  „. 

102  I.  Die  Wasserversorgung  der  Ortschaften. 

also  eine  Erwärmung  von  8,0  auf  9,62  =  1,62  **  €•,  mithin  etwas  weniger  wie 
nach  der  ersten  Berechnungsweise. 

Nach  wirklichen  Messungen  beträgt  die  Temperaturzunahme  A  =  4  —  /« 
pro  Kilometer  bei  der 

Frankfurter  Quellleitung     .     .     . 

Vanne  Leitung  (Paris)   .... 

Alte  Wiener  Hochquellenleitung 

Freiburg  im  Preisgau     .... 

Regensburg 

Solingen  (Hebung  mechanisch)  . 

Im  Mittel:    A=    0,081  <>  C- 

Dies  würde  für  das  frühere  Rechnungsbeispiel  für  A  =  0,081  bei 
Z  =  31,6  km  eine  Zunahme  von  2,56®  C.  entsprechen  gegenüber  den  ge- 
rechneten 2,0  bezw.  1,62  0  C. 

II.  Künstliche  Hebung  des  Wassers. 

Liegt  die  Wassersammelanlage  (Quellstube,  Grundwasserbrunhen  oder 
das  offene  Wassergerinne)  tiefer  als  das  Abgabegebiet  (die  Stadt  oder  Ort- 
schaft) oder  das  zur  Versorgung  desselben  mit  natürlichem  Druck  entsprechend 
hoch  zu  legende  Hochreservoir,  so  muß  zur  Errichtung  einer  Pumpstation 
geschritten  werden,  welche  in  nächster  Nähe  des  Sammelbrunnens  zu  situieren 
ist.  Die  Versorgung  durch  künstliche  Hebung  kann  entweder  in  der  Weise 
erfolgen,  daß  das  Wasser  durch  das  Pumpwerk  innerhalb  einer  20 — 24  stündigen 
Pumpzeit  kontinuierlich  in  das  Stadtrohrnetz  gedrückt  wird,  welches  durch 
einen  Rohrstrang  mit  einem  sogen.  Kompensationsreservoir  in  Verbindung 
steht,  in  welches  das  durch  die  Zapfstellen  nicht  verbrauchte  eingepumpte 
Wasser,  also  insbesondere  zur  Nachtzeit,  einfließt  und  aufgespeichert  wird, 
um  in  jener  Zeit,  wo  der  Konsum  größer  als  das  zugepumpte  Wasserquantum 
ist,  aushelfend,  ausgleichend  (kompensierend)  zu  wirken.  Statt  des  Hoch- 
reservoirs kann  in  Städten,  wo  der  entsprechende  Raum  hierfür  nicht  vor- 
handen ist,  auch  ein  entsprechend  hohes  Rohr  (Standrohr)  hergestellt  werden, 
welches  die  Druckdifferenzen  reguliert,  in  welchem  Falle  jedoch  eine  24  stündige 
Pumpzeit  und  mindestens  2  Pumpmaschinen  notwendig  sind.  Da  diese  Ver- 
sorgungsweise nur  bei  großen  Städten  eintreten  kann,  deren  Versorgung  nicht 
in  das  Gebiet  des  Kulturingenieurs  fällt,  so  soll  von  einer  weiteren  Behandlung 
hier  Abstand  genommen  werden.  Zumeist  wird  jedoch  der  Fall  eintreten, 
daß  bei  Grundwasserversorgungen  neben  oder  über  dem  Sammelbrunnen  die 
Pumpstation  errichtet  wird,  durch  welche  das  Wasser  in  ein  auf  einem  die 
Stadt  dominierenden  Hügel  situiertes  Hochreservoir  hinaufgedrückt  wird,  von 
wo  aus  es  selbsttätig  (per  Gravitation)  in  das  Stadtrohmetz  gelangt.  In  einem 
solchen  Falle  wird  das  entsprechend  groß  zu  bauende  Reservoir  binnen  6 
bis  10  Stunden  (also  bei  Tag)  gefüllt   und  dann  der  Pumpbetrieb  eingestellt. 

Saug-  und  Druckrohre  werden  mit  gleich  großen  Lichtweiten  derart 
projektiert,  daß  die  mittlere  Betriebsgeschwindigkeit  ca.  0,6  m  beträgt.  Diese 
rationelle  Geschwindigkeit  soll  jedoch  in  keinem  Falle  1,0  m  überschreiten. 
Der  Inhalt  des  Druckwindkessels  soll  einen  Fassungsraum  gleich  dem  3  fachen 


D.  Zaleitnng  znm  Versorgnngsgebiete.  XQß 

Pumpenvolumen  besitzen  und  die  Saughöhe  möglichst  gering  (nicht  über  5  m) 
angenommen  werden.  Als  Motor  zum  Antrieb  der  Saug-  und  Druckpumpen 
können 

a)  Wasserräder  und  Turbinen, 

b)  hydraulische  Widder  (als  selbständiger  Motor  und  Pumpwerk),     • 

c)  Göpel  mit  animalischem  Antrieb  (Menschen,  Pferde  oder  Rinder), 

d)  Windmotoren, 

e)  Dampfmotoren  (Lokomobile  oder  stationäre  Dampfmaschinen  mit  Pumpen 
oder  Pulsometer)  und 

f)  Elektromotoren 

dienen;  statt  des  Dampfes  kann  auch  Petroleum,  Benzin  oder  Gas  (Heifiluft 
oder  Sauggas)  als  ökonomischer  Motor  zur  Verwendung  kommen. 

I.  Wasserräder  und  Turbinen. 

Die  notwendige  Kraft  (absoluter  Effekt  Na)  berechnet  sich  aus 

1000  Q^\H^ 


Na^- 


75 


in  Pferdekräften,  wobei  Q^*  das  pro  Sekunde  auf  die  Höhe  H^  zu  hebende 
Wasserquantum  bedeutet. 

Wir  hätten  beispielsweise  einen  Ort  mit  1000  Einwohnern  mit  Nutz- 
und  Trinkwasser  zu  versorgen  und  nehmen  pro  Kopf  und  Tag  60  1  Bedarf 
an,  so  erhalten  wir  einen  mittleren  Tagesbedarf  von  60  m*^.  Das  Reservoir, 
welches  täglich  zu  füllen  ist,  hätte  einen  Fassungsraum  von  75  m^,  entsprechend 
dem  maximalen  Tagesbedarf  (gleich  125  ^/o  des  mitüeren  Bedarfes).  Diese  75  m* 
sind  nun  innerhalb  der  Pumpzeit  (bei  Wassermotoren  12  oder  24  Stunden,  bei 
kleinen  Dampfmotoren  5 — 10  Stunden),  also  z.  B.  in  24  Stunden  hinaufzudrücken; 
es  entspricht  dies  einem  sekundlich  zu  hebenden  Quantum  von 

75»"' 
Ö'"  =  24.3600^^.  =  ^'^  ^^-  =  ^^^^^  '"'• 

Die  gesamte  Förderhöhe  (Höhenunterschied  zwischen  dem  gesenkten 
Brunnenwasserspiegel  und  dem  Auslauf  im  Hochreservoir)  würde  betragen 
//=30m,  so  erhalten  wir  als  notwendigen  Nutzeffekt 

1000.0,0009.30       ^«^  ^,     ,  ,     , 
TV;  = ^ =  0,36  Pferdekraft. 

Nun  ist  iVn  =  fe .  Nat  wobei  der  Wirkungsgrad  >fc,  d.  h.  der  Prozentsatz 
der  wirklichen  Leistung  gegenüber  der  theoretischen  Arbeit, 

A  =  0,30 — 0,40  bei  unterschlächtigen  und  primitiv  gebauten  Wasserrädern, 

k  =  0,50 — 0,60  bei  oberschlächtigen  Wasserrädern  und 

k  ==  0,75—0,80  bei  Turbinen 
beiläufig  beträgt.     Nehmen   wir  als  Motor  ein  oberschlächtiges   Wasserrad, 
so  müßte  dasselbe  somit 

Nn  =  k.Na  =  0,6  Na,  also  -^  =  Na  =  ^  =  0,51  Brutto-Pferdekräfte 
leisten,  wenn  dasselbe  permanent  in  Betrieb  bleiben  könnte. 


104 


I.  Die  Wasscrversorgang  der  Ortschaften. 


Für  kulturtechnische  Zwecke  sehr  verwendbar  ist  der  zu  den  Turbinen 
gehörige  Pelton-Motor. 

Derselbe  ist  eine  Aktionsturbine  mit  horizontaler  Achse,  geeignet  für 
höheren  Druck  und  zur  direkten  Kuppelung  für  schnelllaufende  Maschinen 
oder  aur  Kraftübertragung  mittels  Riemen,  Zahnräder,  Friktionsräder  etc. 
Dieser  Motor  arbeitet  mit  hohem  Nutzeffekt,  namentlich  bei  großem  Wasser- 
druck und  großer  Tourenzahl;  er  kann  event.  schon  bei  1  Atmosphäre  Druck, 
rationeller  jedoch  von  2  Atmosphären  aufwärts,  verwendet  werden,  und  stehen 
solche  bis  50  Atmosphären  Druck  im  Betrieb. 

Dieser  Motor  (siehe  Fig.  41)  besteht  'aus  einem  gußeisernen  Gehäuse, 
in  welchem  auf  einer  horizontal  gelagerten  Achse   aus  Stahl  das  vertikale 


,......if..... 


Flg:.  41.    Pelton-Motor. 

Turbinen-Schaufelrad  R  aufgezapft  ist.  Der  Radkörper  selbst  ist  meist  in 
Gußeisen,  die  Schaufeln  selbst  in  Phosphorbronze  hergestellt  und  mit 
Schrauben  befestigt  Im  unteren  Teil  des  Gehäuses  mündet  die  Druckwasser- 
zuleitung Z  ein,  welche  in  ein  Strahlrohr  mit  Düsenansatz  D  endet,  aus 
welchem  das  unter  Druck  stehende  Wasser  direkt  auf  die  Schaufeln  ausfließt. 
Der  Zufluß  selbst  kann  durch  die  Stellschrauben-Spindel  S  beliebig  re- 
guliert werden. 

Das  notorisch  ausgenutzte  Abwasser  fließt  in  den  Fundamentraum  a 
und  von  hier  durch  eine  Ableitung  A  ab. 

Berechnung: 

Behufs  möglichst  rationellster  Ausnutzung  der  Wasserkraft  derart,  daß 
der  die  Radschaufel  treffende  Wasserstrahl  theoretisch  die  ganze  innewohnende 


D.  Zuleitung  zun  Versorgungsgebiete.  105 

Arbeit  abgibt,  muß  derselbe  einerseits  ohne  Stoß  eintreten,  und  während 
seiner  Bewegung  längs  der  Schaufel  seine  Richtung  völlig  umkehrend,  dieselbe 
am  Ende  mit  einer  Geschwindigkeit  gleich  Null  verlassen,  eine  Bedingung, 
welche  für  alle  Turbinenanlagen  Geltung  hat.  Diese  Regel  bedingt,  daß  die 
Bewegungs-  (Umfangs-)  Geschwindigkeit  c  der  Radschaufel  theoretisch  halb  so 

V 

groß  sei,  als  die  Eintrittsgeschwindigkeit  i;,  d.  h.  es  sollte  ^  =  9^  sein.    Praktisch 

wählt  man  zufolge  Versuche  über  den  besten  Nutzeffekt  für  den  Pelton- 
Motor  c  =  0,46.v.  Ist  h  die  Höhe  der  Druckwassersäule,  so  wird  mit 
Rücksicht  auf  die  Kontraktion  und  Reibung  v  =  0,95  ^  2gh  zu  nehmen  sein. 

Als  Raddurchmesser  d  wird  der  doppelte  Abstand  der  Wasserstrahl- 
achse von  der  Motorenachse  angenommen  und  es  gilt  die  Relation,  wenn  n 

die  Tourenzahl  des  Rades   ist,  n  = -j.    Es  ist  femer  das  sekundliche 

(P.TT 

Aufschlagwasserquantum  in  Kubikmeter  O  =  v  — j —  und  der  Düsendurch- 
messer in  Meter  s  =  V—  ^  =  1 13  V—  • 

Nach  der  Stärke  6  des  Wasserstrahles  richtet  sich  dann  die  Größe 
der  Schaufeln. 

(Siehe  die  Tabelle  aaf  Seite  106  und  107.) 

Zum  Schlüsse  sei  noch  auf  die  Anfang  dieses  Jahrhunderts  von  Professor 
A.  Rateau  (St.  Etienne)  erfundenen  Hochdruck-Zentrifugalpumpen  hingewiesen. 
Diese  von  den  Skodawerken  in  Pilsen  gebauten  Pumpen  sind  dadurch 
charakterisiert,  daß  in  einem  zylindrischen  Gehäuse  auf  einer  gemeinsamen 
Welle  mehrere  einfache  Zentrifugallaufräder  gekuppelt  sind.  U  förmige  Kanäle 
leiten  den  Wasserstrahl  aus  einem  im  Gehäuse  fix  eingebauten  Leitrad  zu 
dem  nächstliegenden  hinüber.  In  diesen  Rückleitungskanälen  sind  sichel- 
förmige Schaufeln  eingegossen,  welche  den  Wasserstrahl  ohne  schädliche 
Wirbelbildungen  zum  nächstfolgenden  Laufrade  leiten,  woselbst. er  von  den 
Laufradschaufeln  stoßfrei  eriaßt  wird.  An  dem  vor  dem  ersten  Laufrade  be- 
findlichen Gehäusedeckel  ist  das  Saugrohr,  im  rückwärtigen  Deckel  eine  Sammel- 
spirale angeschlossen,  welche  durch  ein  konisches  Rohr  mit  der  Steigleitung 
verbunden  ist. 

Eine  solche  Pumpe,  z.  B.  mit  12  Laufräder,  durch  einen  Elektromotor 
angetrieben,  hebt  bei  1450  Touren  pro  Minute  ll^/^  sl.  auf  eine  Höhe  von 
177  m.  Die  Pumpe  gibt  forciert  bei  Q  =  16^/,  sl.  noch  immer  einen  Nutz- 
effekt von  63®/o.  Diese  Pumpen  eignen  sich  insbesondere  für  abnormal 
große  Förderhöhen  bis  200  m. 

2.  Hydraulische  Widder  (Stofsheber). 

Für  kleine  Wasserversorgungsanlagen  und  Fördermengen  von  Q  =  0,05  bis 
6,6  sl.  können  mit  Vorteil  hydraulische  Widder  (1797  von  Mongolfier  er- 
funden) in  Anwendung  gebracht  werden,  wenn  das  Aufschlagwasserquantum, 
mit  welchem  der  Widder  betrieben  wird,  bedeutend  größer  oder  aber  die 


106 


I.  Die  Wasserversorgung  der  Ortschaften. 


Tabelle  über 
der  Maschinen-  und  Armaturenfabrik 


1  .s^ü" 

Orörsen  No. 

00 

0 

1 

Raddurchmesser .     .     .     mm 

78 

84 

130 

iP 

m 

Anschlafirohr-Dnrchmesser  „ 

13 

19 

25 

Preis  bei  2—6  Atm.      .     . 

99  M. 

130  M. 

229  M. 

1  1  "S 

Düsen-Durchmesser           mm 

2 

3 

4 

5 

4 

6 

8 

2  Atm.    1 
18,82  m| 

Wassermenge  in  Liter  p.  Min. 
Umdrehungszahl  p.  Min.  ca.  . 
Leistung  in  Pferdestärken  .     . 

3,5 
2119 
0,011 

8,4 
0,03 

14,9 
1966 
0,05 

23,8 

0,07 

14,9 
0,05 

33,6 
1272 
0,11 

59,6 
0,20 

3  Atm.    1 
23,05  m  \ 

Wassermenge  in  Liter  p.  Min. 
Umdrehungszahl  p.  Min.  ca.  . 
Leistung  in  Pferdestärken  .     . 

4,3 
2596 
0,017 

10,3 
0,05 

18,2 
2409 
0,09 

28,5 
0,14 

18,2 
0,09 

41,1 
1559 
0,29 

73 
0,36 

4  Atm.    1 
26,61  m| 

Wassermenge  in  Liter  p.  Min. 
Umdrehungszahl  p.  Min.  ca.  . 
Leistung  in  Pferdestärken  .     . 

5,0 
3000 
0,023 

11,8 
0,08 

21,1 
2782 
0,14 

32,9 
0,22 

21,1 
0,14 

47,5 
1800 
0,31 

84,6 
0,56 

5  Atm.    1 
29,75  m  1 

Wassermenge  in  Liter  p.  Min. 
Umdrehungszahl  p.  Min.  ca.  . 
Leistung  in  Pferdestärken  .     . 

5,6 
3350 
0,029 

13,2 
0,11 

23,5 
3109 
0,19 

36 
0,3 

23,5 
0,19 

53 
2011 
0,44 

94 
0,78 

6  Atm.    j 
32,59  m  1 

Wassermenge  in  Liter  p.  Min. 
Umdrehungszahl  p.  Min.  ca.  . 
Leistung  in  Pferdestärken  .     . 

6.1 
3672 
0,035 

14,5 
0,14 

25,8 
3406 
0,25 

40,5 
0,4 

25,8 
0,25 

58 
2202 
0,58 

103 
1,03 

7  Atm.  j 
35,21  m| 

Wassermenge  in  Liter  p.  Min. 
Umdrehungszahl  p.  Min.  ca.  . 
Leistung  in  Pferdestärken  .     . 

f|il| 

27,8 
0,32 

62,5 
2412 
0,73 

111 
1,30 

8  Atm.    1 
37,63  m] 

Wassermenge  in  Liter  p.  Min. 
Umdrehungszahl  p.  Min.  ca.  . 
Leistung  in  Pferdestärken  .     . 

0  S'H  So« 

2/5  S  «  1 

29,7 
0,39 

66,6 
2546 
0,88 

119 
1,59 

9  Atm.    1 
39,92  m  1 

Wassermenge  in  Liter  p.  Min. 
Umdrehungszahl  p.  Min.  ca.  . 
Leistung  in  Pferdestärken  .     . 

^  -9.  -ü  w  -2 

31,6 
0,17 

70,7 
2700 
1,03 

126 
1,9 

10  Atm.  j 
42,08  m  \ 

Wassermenge  in  Liter  p.  Min. 
Umdrehungszahl  p.  Min.  ca.  . 
Leistung  in  Pferdestärken  .     . 

M  .S2  iS  _g  S 

33,4 
0,55 

75 
2846 
1,25 

134 
2,2 

D.  Zuleitung  zum  Versorgungsgebiete. 


107 


„Pelton"-Motoren 

vorm.  H.  Breuer  &  Co.  in  Höchst  a.  M. 


2 

3 

4 

5 

6 

m 

260 

390 

620 

690 

40 

60 

80 

100 

125 

330  M. 

517  M. 

907  M 

1648  M. 

2420  M. 

7 

9 

11,5 

10 

13 

15 

14 

19 

23 

21 

26 

30 

28 

35 

40 

45,7 

75,5 
851 

123 

93,2 

157,6 
635 

209 

183 

336 
423 

493 

410 

630 
317 

839 

730 

1140 
239 

1490 

0,15 

0,25 

0,41 

0,31 

0,52 

0,70 

0.61 

1.12 

1,64 

1.36 

2,1 

2,8 

2,4 

3,8 

4,9 

56 

92 
1043 

151 

114 

193 
778 

257 

224 

412 
519 

605 

503 

774 
389 

1029 

893 

1400 
293 

1830 

0,28 

0,46 

0,75 

0,57 

0,96 

1,28 

1,12 

2,06 

3 

2.5 

3,86 

6,14 

4,4 

7 

9,14 

64,6 

107 
1203 

174 

132 

223 

899 

296 

258 

475 
599 

697 

581 

892 
449 

1188 

1030 

1610 
340 

2110 

0,43 

0,71 

1,16 

0,38 

1,48 

1,97 

1,72 

3,16 

4,64 

3,87 

6,95 

7,9 

6,8 

10,6 

14 

72 

120 
1345 

194 

147 

248 
1005 

331 

288 

530 
670 

780 

647 

994 
502 

1320 

1150 

1800 
378 

2360 

0,6 

1 

1,62 

1,22 

2 

2,76 

2,4 

4,4 

6.5 

6,4 

8.3 

11 

9,6 

15 

19,6 

79 

132 
1474 

213 

161 

272 

1100 

364 

316 

580 
734 

855 

710 

1090 
650 

1460 

1260 

1970 
415 

2680 

0,8 

1,32 

2,13 

1,6 

2,7 

3,64 

3,16 

5,8 

8,5 

7,1 

10,9 

14,5 

12,6 

19,7 

25,8 

85 

142 
1614 

230 

174 

293 
1205 

393 

340 

625 
803 

922 

766 

1176 
603 

1660 

1360 

2120 
453 

2790 

1 

1,65 

2,68 

2,03 

3,42 

4,58 

3,96 

7,3 

10,7 

8,9 

13,7 

18.3 

15,9 

24,8 

32,5 

91 

151 
1702 

246 

186 

328 
1270 

420 

364 

667 

847 

985 

816 

1266 
636 

1680 

1264 

2260 
479 

2980 

1,21 

2,01 

3,28 

2,48 

4,37 

6,6 

4,85 

8,9 

13,2 

10,8 

16,7 

22,4 

19,4 

30,2 

39,8 

97 

160 
1806 

26] 

198 

334 
348 

445 

388 

713 

899 

1045 

866 

1330 
674 

1780 

1540 

2420 
508 

3160 

1,45 

2,4 

3,9 

2,9 

6 

6,6 

5.8 

10,7 

15,7 

13 

20 

26,7 

23,1 

36,3 

47,5 

103 

170 
1903 

276 

211 

354 
1421 

472 

412 

755 

948 

1100 

920 

1410 
710 

1890 

1635 

2570 
536 

3340 

1,7 

2,8 

4,6 

3,5 

5,9 

7,8 

6,8 

12,6 

18,3 

15,3 

23,6 

31,5 

27,2 

42,8 

55,6 

108 


I.  Die  Wasserversorgung  der  Ortschaften. 


ein  gußeisernes 
auf  einer  Seite 


Jteservvü: 


(kioUs 


Förderhöhe  gegenüber  der  Betriebs-  (Aufschlags-)  Höhe  keine  zu  große  ist. 
Das  Wasser  eines  Baches,  einer  Quelle  etc.,  welches  event.  in  einem  Bassin 
gesammelt  wird,  gelangt  als  Aufschlags-  oder  Betriebswasser  durch  die  Rohr- 
leitung a  (Fig.  42)  in  den  um  ein  gewisses  Maß  h  tiefer  gelegenen  Widder, 
welcher  zur  Sicherheit  in  einem  gemauerten  Schachte  oder  einem  Maschinen- 
häuschen situiert  ist.  Von  dem  Widder  führt  eine  Rohrleitung  rf,  die  Steig- 
leitung, das  gehobene  Wasser  in  das  Hochreservoir,  welches  um  /r^  m  höher 
als  das  Auf  Schlagswasserreservoir  (die  Quelle)  liegt. 

Die  Wirkungsweise  dieser  hydraulischen  Maschine  ist  nun  folgende. 
Der  Widder  besteht  der  Hauptsache  nach  aus  3  Hauptbestandteilen: 

1.  dem  Unterteil  (Fig.  43  a), 

2.  dem  Windkessel  w  (Fig.  43  b  und  c), 

3.  dem  Aufschlagventil  B  (Fig.  43  d). 

Auf  dem  Unterteil  ist  über  der  mittleren  Öffnung  k 
Klappenventil  v^y  mit  Lederdichtung  durch  die  Schraube  h 
derart   befestigt,    daß   es  um  diesen  Punkt  drehbar  gehoben  werden  kann, 

während     es,    durch    sein    eigenes    Gewicht 
niedergedrückt,  auf  dem  Ventilsitz  dicht  auf- 
sitzt.    Das  Sperr-  oder  Aufschlagventil  v^  ist 
ein  aus  Bronze  angefertigtes  Kegel  (Glocken-) 
Ventil,   mit  5  Öffnungen  und  einem  Bolzen  g 
versehen,     welcher    seine    Führung    in    dem 
oberen    zylindrischen   Teil    des    Gehäuses  B 
findet.    Der  mittlere  Teil  des  Gehäuses  besteht 
aus  4  bogenförmigen  Armen  d.    Im  Querschnitt 
dieses   Ventiles  (Fig.   43  e)    sind   zwei   dieser 
Arme  durchschnitten,   daher  schraffiert.     Die 
Hubhöhe  o  des  Ventiles  kann  durch  eine  Schraubenmutter  e  reguliert  werden, 
auf  welcher   auch    der   auf   dem  Ventilbolzen  g   angeschraubte   Kopf  /  frei 
aufliegt. 

Bei  a  (Daraufsicht)  wird  die  schmiedeeiserne  Rohrleitung  für  das  Auf- 
schlagwasser angeschraubt,  bei  n  die  Steigrohrleitung.  (Die  Blindflansche  m 
kann  auch  mit  n  vertauscht  werden.)  In  ruhigem  Zustande  ist  das  Klappen- 
ventil z/j  geschlossen,  das  Sperrventil  v^  offen. 

Wird  nun  in  dem  montierten  Widder  das  Betriebswasser  eingelassen, 
so  wird  anfangs  ein  Teil  des  Wassers  durch  die  Öffnungen  des  Aufschlag- 
ventils ausspritzen,  infolge  der  Kontraktion  beim  Durchfließen  durch  die  engen 
Öffnungen  und  des  Auftriebes  des  Glockenventils  selbst  das  letztere  jedoch 
bald  heben  und  es  an  seinen  Ventilsitz  anpressen.  Da  durch  diese  Ventil- 
schließung die  Strömung  des  Wassers  plötzlich  gehemmt  wird,  so  müssen  die 
Rohrwände  einen  hydraulischen  Stoß  erleiden,  welcher  infolge  der  ange- 
sammelten lebendigen  Kraft  imstande  ist,  einen  größeren  Widerstand  als  den 
durch  die  darüber  stehende  Wassersäule  bedingten  Druck  zu  überwinden. 
Durch  diesen  Stoß  wird  nun  das  Klappenventil  v^  gehoben  und  ein  Teil  des 
Wassers  in  den  Windkessel  w  getrieben,  was  solange  erfolgt,  bis  der  Druck 
der  komprimierten  Luft  dem  Wasserstoße  das  Gleichgewicht  hält.    Durch  die 


Fi£.  42.    SchematlBche  Skizze  fUr  die 
ßereclmimg  de(  Widder. 


D.  Zaleitting  zum  Versorgangsgebiete. 


109 


komprimierte  Luft  wird  gleichzeitig  das  Wasser  aus  dem  Windkessel  durch 
die  Öffnung  B  und  n  in  die  Steigrohrleitung  gepreßt,  gehoben  und  im 
Reservoir  zum  Ausflusse  gebracht.  Sobald  nach  dem  Wasserstoße  das  Gleich- 
gewicht eingetreten  ist,  fallen  die  Ventile  z^i  und  z/^  durch  ihr  eigenes  Gewicht 
wieder  herunter,  das  strömende  Wasser  spritzt  wieder  beim  Aufschlagventil 
heraus  etc.  —  das  Spiel  beginnt  von  neuem!    Wie  aus   dieser  Schilderung 


a)  Daranfticht  nach  Abnahme  des  Windkessels 
und  Anfschlagventils. 


b)  Qnersohnltt  mn. 


c)  Längenschnitt  al,  d)  Ansicht  des  Anfischlag-  e)  Querschnitt. 

Ventils  von  unten. 
Fig.  48.    Hydraulischer  Widder  (ältere  Konstruktion). 

hervorgeht,   arbeitet  diese  Wasserhebemaschine  also  selbständig  und  bedarf 
nur  geringer  Wartung  und  Erhaltung. 
Berechnung.    Bedeutet 
Q  das  Wasserzuflußquantum  (Aufschlagwasser)  in  Liter  pro  Minute, 
öl  das   durch  den  Widder  geförderte   (gehobene)  Wasserquantum   in  Liter 
pro  Minute, 
h  das  Gefälle  des  Aufschlagwassers  in  Meter, 
Ai  die  Gesamtförderhöhe  (Ä  +  Ä9), 


J 


110 


I.  Die  WasserversorguDg  der  Ortschaften. 


A3  die  Nutzförderhöhe  h^  —  h  und 

K  den  Wirkungsgrad  (Nutzeffekt)  des  Widders, 
so  mufi  die  Arbeitsleistung  des  Aufschlagwassers  in  Kilogrammmeter  aus- 
gedrückt, d.  h.  also  das  Gewicht  des  herabfallenden  Wassers  1000  Q^*  mal 
der  Fallhöhe  h  für  den  Gleichgewichtszustand  gleich  sein  dem  Hubarbeits- 
effekte, das  ist  das  Gewicht  des  in  der  gleichen  Zeiteinheit  gehobenen  Wasser- 
quantums  Qi**^  mal  der  ganzen  Hubhöhe  h^.  Nun  beträgt  das  letztere  (Q^) 
nur  einen  prozentualen  Teil  von  Qj  welches  Verhältnis  durch  K  zum  Aus- 
druck gelangt.  Drücken  wir  nun  Q  und  jßi  nicht  in  Kubikmeter,  sondern  in 
Liter  pro  Zeiteinheit  (also  hier  1  Minute)  aus,  so  entfällt  der  Faktor  1000  kg 
(das  Gewicht  1  m*  Wasser)  und  wir  erhalten  die  Arbeitsgleichung: 


und  daraus 


sowie 


Qi  = 


K  = 


K.Qh 


und 


Ä   0 


Auf  Grund  von  über  .1000  Versuchen  hat  Eitelwein  für  verschiedene 
Werte  von  -A-  nachstehende  Werte  für  den  Koeffizienten  K  gefunden: 

K  =  1,12- 0,2  \/A 


und  nach  dieser  C 

rleichi: 

ing  die  folgende 

Tabelle  berechnet 

h  "" 

1 

2 

3 

4 

5 

6 

8 

10 

12 

15 

16 

20 

K  = 

0,920 

0,837 

0,774 

0,720 

0,674 

0,630 

0,555 

0,488 

0,427 

0,345 

0,320 

0,226 

Nach  d'Anbuisson  ist   K  =  1,42  —  0,28  |/^ . 
Nach  Morin  ist  K  =  0,258  V*2,8  -  -^ • 

n 

Es  wird  allgemein  also  der  Nutzeffekt  R  umso  kleiner,  je  größer  die 
Nutzförderhöhe  h^  bei  gegebenen  konstanten  Aufschlagwassergefälle  h  wird. 

Für  die  Lichtweite  (Durchmesser  d)  der  Zuleitung  hat  Eitelwein 
folgende  Relation  gefunden.  Es  ist  d*>*^  =  300  ^  Q ,  wobei  Q  in  Kubikmeter 
pro  Minute  ausgedrückt  ist. 

Für  die  Länge  l  der  Zuleitung  in  Meter  ergibt  sich  als  rationeller  Wert: 

«  =  Ä,  +  0,3^ 


(praktisch  wird  /  nie  unter  15  m  angenommen). 


D.  Zuleitung  zum  Versorgungsgebiete.  JXl 

Der  Durchmesser  der  Steigröhren  rf^  soll  nach  Weifibach  beiläufig  die 
Hälfte  des  Durchmessers  d  der  Zuleitungsröhre  betragen,  also  rfi  =  ^  ange- 
nommen werden. 

Die  Fläche  des  Sperr-  (Aufschlag-)  Ventilausflusses  soll  gleich  dem  Quer- 
schnitte der  Zuleitungsröhren  gemacht  werden,  das  Gewicht  des  Sperrventils 
möglichst  klein  sein;  beide  Ventile  sollen  möglichst  nahe  beieinander  liegen, 
wobei  das  Sperrventil  womöglich  auch  unter  Wasser  stehen  kann. 

Es  genügt  endlich,  den  Fassungsraum  des  Windkessels  gleich  jenem 
der  Steigrohrleitung  zu  machen. 

Mit  Rücksicht  auf  die  Herabminderung  der  effektiven  Leistung  des 
Widders  mit  dem  Verschwinden  der  Luft  aus  den  Windkesseln,  insbesondere 
bei  kleineren  Anlagen,  wird  es  sich  der  Sicherheit  wegen  empfehlen,  nur  mit 
75 — 80®/q  von  O^  (des  Förderquantums)  zu  rechnen. 

Beispiel:    Ist  pro  Minute  öj  =  1,5  1  auf  h^  =  22,2  m  zu  heben  und  wäre 

A  =  6m,   also  Äi  =  Ä  +  Ag  =  28,2  m,   so  ist-—- =  4,7,   also  AT  =0,69.     Es  muß 

also  als  Aufschlagswasserquantum 

gj^^l,5.28,2^ 
^        K,h         0,69.6        ^"'"^^ 

pro  Minute  zur  Verfügung  stehen,  von  welchem  ca.  -zr^  =  15  ®/q  auf  die 
gewünschte  Höhe  befördert  werden. 

Der  erforderliche  Durchmesser  der  Zuleitungsröhren  ist: 

rf««  =  300  yj  Q  =  300  yj  0,Öioym«  =  30  mm, 

jene  der  Steigröhren:  rf^  =  — -  =  15  mm. 

Beispiel:  Das  verfügbare  Aufschlagwassergefälle  sei  A  =  2  m.  Man 
soll  durch  einen  hydraulischen  Widder  pro  Minute  ein  effektives  Förderquantum 
von  jßj  =  30  1  in  ein  Hochreservoir  heben,  welches  A^  =  8  m  höher  liegt  als 

die  zu  hebende  Quelle.    Es  ist  somit  Aj  =  8  +  2  =  10  m  und  -r-  =  5.    Es  wird 

daher  K  =  0,674  und  muß  daher  das  notwendige  Aufschlagquantum,  also  die 
minimale  Ergiebigkeit  der  Quelle 

0^gx.A.^    30.10    ^ 

^        K.h         0,674.2       "^"^"^^ 

30 
pro  Minute,   von  welchem  also  bloß  30  1,  d.  h.  -^^^  =  0^1^^  das  ist  14®/o,  auf 

die  gewünschte  Höhe  gefördert  werden. 

Einzelne  Ingenieure  rechnen  als  notwendigen  Gesamtwasserverbrauch 
0+01  =  222  +  30  =  252  1, 

was  der  Sicherheit,  aber  nicht  der  Richtigkeit  wegen  immerhin  angenommen 
werden  kann.  De  facto  wird  ja  von  dem  Aufschlagwasserquantum  Q  der 
oben  berechnete  14®/oige  Anteil  =  30  1  in  das  Hochreservoir  gehoben,  während 


112 


1.  Die  Wasserversorgung  der  Ortschaüten. 


der  Rest  222  —  30  =  192  1   pro  Minute   durch  das  Aufschlag-  (Sperr-)  Ventil 
ausspritzt  und  verloren  geht. 

Der  erforderliche  Durchmesser  der  Zuleitungsröhren  beträgt: 


rfm«  =  300  ^  (^  =  300  y/  0,222  m»  =  141  mm, 

d.  h.  man  wählt  den  nächst  größeren  handelsmäßig  erzeugten  Durchmesser  von 
d  =  150  mm. 

Für  die  Steigleitung  resultiert  daher  rf^  =  ~  =  75  miii  bezw.  rfi  =  80  m. 
Die  rationelle  Länge  der  Zuleitung  würde  betragen: 

/«  =  Äi  +  0,3  •  -^  =  10  +  0,3  .  5  =  11,5  oder  rund  12  m. 
Der  Inhalt  des  Windkessels  endlich  würde  betragen: 


/  = 


d^^n 


h^  =  0,005  mMO  =  0,050  m«  =  50  1. 


Lueger  stellt  bei  Beibehaltung  der  gleichen  Bezeichnungen,  wie  in 
Fig.  42,  nachstehende  Werte  auf,  wobei  Q  und  Q^  in  Liter  pro  Sekunde 
angenommen: 


ür=77T^^^^f-7- =  1,12- 0,2  V-r^  und  /«  =  A^  +  0,3  •  ^• 


Für    den   als    Mittelwert   AT  =0,50    und   Maximalwert    AT  =0,75    ange- 
nommene K  erhält  er: 

für  Är=  0.50  öx  =  ^£q?^. 


für  K=  0,75 


Öi  = 


3Ö.A 


4Ai  +  3A 
Rocksichtlich  der  Rohrdurchmesser  gibt  Lueger  nachstehende  Tabelle: 


Triebwassermenge  Q 

Triebrohrweite 

Förderrohrweiie 

in 

in 

in 

Sek.-Liter 

Millimeter 

Millimeter 

0,05-  0,10 

20 

10 

0,10-  0,25 

25 

13 

0,25-  0,50 

30 

16 

0,50-  1,00 

50 

25 

1,00-  2,00 

75 

40 

2,00—  5,00 

100 

50 

5,00—10,00 

150 

60 

Um  eine  Übersicht  des  Verhältnisses  zwischen  Förderquantum  und 
Gesamtförderhöhe  bei  dem  Arbeitsgefälle  ä  =  1  m  und  einer  Aufschlagmenge 
Q  =101  pro  Minute  zu  gewinnen,  wurden  nachstehende  Werte  ausgerechnet. 


D.  Zuleitnng  zam  Versorgungsgebiete.  H3 

Es  ist  für: 

Äi  =    1  m  jPi  =  9,2    1  (d.  h.  selbst  wenn  gar  keine  Förderhöhe 
vorhanden,  gehen  Q  =  Oßl  durch  Reibung 
verloren) ; 
femer  ist  für  ^i  =    2   „   (p^  =  4,2    1, 
^1=   4   ,   Öi  =  l,8    1, 
Ai=    8   „   Öi  =  0,7    1, 
Äi  =  12    „   01  =  0,36  1, 
Äi  =  20   „   jp,  =  0,111, 
d.  h.  der  hundertste  Teil  des  Aufschlagwassers  wird  auf  19  m  Höhe  effektiv 
gehoben.     Es  sind  also  die  hydraulischen  Widder  bei  großen  Förderhöhen 
nur  dann  zu  verwenden,  wenn  das  Förderquantum  nur  einen  kleinen  Teil 
des  Aufschlagwassers  beträgt. 

Bezüglich  der  Montierung  bezw.  Installation  eines  hydraulischen  Widders 
ist  nachstehendes  hervorzuheben: 

Das  sehr  häufig  vorkommende  Stehenbleiben  des  Widders  ist  in  der 
Regel  auf  Undichtheiten  zurückzuführen,  welche  infolge  der  kontinuierlichen 
Stoßwirkungen  durch  Lockerung  der  Rohrverbindungen  in  der  Druckleitung 
(Aufschlagwasserleitung)  namentlich  dann  entstehen,  wenn  die  Länge  der 
Leitung  und  die  Druckhöhe  h  größere  sind. 

Aus  diesem  Grunde  sind  Muffenrohrverbindungen  mit  Bleidichtung  ganz 
auszuschließen  und  nur  Gewindemuffen  oder  Flanschendichtungen  zu  ver- 
wenden. Die  Aufschlagwasserleitung  ist  überdies  unverrückbar  zu  montieren, 
und  zwar  entweder  durch  Befestigen  der  Röhren  mittels  Rohrschellen  an 
Grundpfähle,  welche  in  Entfernungen  von  2  zu  2  m  einzurammen  sind,  oder 
in  trockenen  Rohrgräben  durch  Einbau  von  Querschwellen  aus  Trocken- 
mauerwerk, welche  die  Rohrleitung  umfassen  und  nach  allen  Richtungen 
verspannen.  Diese  Leitung  soll  ferner  in  einem  möglichst  gleichförmigen 
Gefile  und  ohne  bedeutende  Richtungsveränderungen  geführt  werden,  weiter 
ist  die  Aufschlagwasserhöhe  h  tunlichst  nicht  über  10  m  anzuordnen  und  endlich 
für  einen  guten  Dichtschluß  des  Sperr- (Aufschlag-)  Ventils  zu  sorgen.  Die 
Widder  sollen  möglichst  nahe  der  Wasserbezugsquelle  situiert  werden, 
während  die  Länge  der  Steigleitung  bis  zu  gewissen  Grenzen  eine  beliebige 
sein  kann. 

Von  Seiten  der  Maschinenfabriken  wird  für  die  gewöhnlichen  Widder 
nachstehende  Leistungsfähigkeit  angegeben: 

(Siehe  die  Tabelle  aaf  Seite  114.) 

Die  Preise  der  einfachen  Widder  schwanken  zwischen  80  und  1000  K 
für  Aufschlagwassermengen  von  Q  =  3 — 400  1  pro  Minute,  jene  der  von 
Merkl  in  Dresden  gebauten  sogen.  Heureka-Widder  von  100 — 3500  K  bei 
Q  =  5—1000  1  pro  Mmute. 

Alle  diese  einfachen,  nach  dem  alten  System  Mongolfier  gebauten 
Widder  weisen  mancherlei  Nachteile  beim  Betriebe  auf,  insbesondere  mit 
Rücksicht  auf  die  Situierung  des  Aufschlag-  und  Klappenventils. 

Friedrich,  Wasserbau.    Zweite  Auflage.    II.  Band.  8 


114 


I.  Die  Wasserversorgung  der  Ortschaften. 


Leistungsfähigkeit  der  hydraulischen  ^ 

mdder  ] 

pro  24  Stunden  i 

in  Liter 

Znflafl- 

menge  pro 
1  Minute 

Verhältnis  zwischen  Gefälle  und  Förderhöhe  gleich: 

in  Litern 

1:2 

1:3 

1:5 

1:7 

1:9 

1:12 

1:16 

1:20 

1:24 

1:28 

5 

2  988 

1895 

964 

627 

423 

263 

153 

97 

59 

41 

10 

5  976 

3  791 

1929 

1254 

846 

527 

306 

194 

119 

82 

15 

8  964 

5  686 

2  903 

1881 

1269 

790 

459 

291 

178 

123 

20 

11952 

7  582 

3  858 

2508 

1692 

1054 

612 

388 

238 

164 

25 

14  940 

9  477 

4  832 

3135 

2115 

1317 

765 

485 

297 

205 

80 

17  928 

11372 

5806 

3  762 

2  538 

1580 

918 

582 

356 

246 

40 

23  904 

15  164 

7  716 

5016 

3  384 

2108 

1224 

776 

476 

328 

50 

29  880 

18  957 

9648 

6  274 

4  233 

2  635 

1530 

972 

599 

411 

60 

35  856 

22  744 

11612 

7  524 

5  076 

3160 

1836 

1164 

712 

492 

70 

41832 

26  536 

13  522 

8  778 

5  922 

3  708 

2142 

1358 

832 

574 

80 

47  808 

30328 

15  432 

10032 

6  768 

4  216 

2  448 

1552 

952 

656 

90 

53  748 

34118 

17  380 

11286 

7  614 

4  762 

2  754 

1646 

1070 

738 

100 

59  760 

37  915 

19  296 

12  548 

8  467 

5  270 

3060 

1944 

1199 

822 

200 

119  520 

75  830 

38  592 

25  096 

16  934 

10  540 

6120 

3888 

2398 

1644 

300 

179  280 

113  744 

57  888 

37  644 

25  400 

15810 

9180 

5832 

3596 

2466 

400 

239040 

151660 

77184 

50192 

33  868 

21080 

12  240 

7  776 

4796 

3288 

500 

298800 

189  574 

96  480 

62  640 

42  334 

26  350 

15  300 

9  720 

5994 

4110 

600 

358560 

227  488 

115  776 

75  288 

50800 

31620 

18360 

11664 

7192 

4932 

In  dieser  Richtung  hat  Decoeur  in  Paris  einen  hydraulischen  Widder 
konstruiert,  welcher  von  der  Firma  Rouart  Freres  &  Co.  in  Paris 
(137  Boulevard  Voltaire)  gebaut  wird,  welches  System  dadurch  charakterisiert 
ist,  dafi  Sperrventil  und  Aufschlagklappe  durch  zwei  senkrecht  übereinander 
situierte  solide,  aus  Bronze  hergestellte  Ventile  V^  und  P\  (siehe  Fig.  44) 
ersetzt  sind.  Die  Beweglichkeit  der  Ventile,  sowie  ihr  Spiel  können  durch 
kräftige  Spiralfedern  beliebig  reguliert  werden.  Nach  den  mit  diesem  System 
vorgenommenen  amtlichen  Versuchen  soll  der  Widder  bei  Aufschlagwasser- 
gefällen h  von  mehr  wie  2  m  einen  Nutzeffekt  von  SO  ^Iq  ergeben  haben, 
welcher  bei  A  =  0,3  m  und  einer  Förderhöhe  von  9  m  sogar  noch  66  ^/q 
betragen  haben  soll. 

Die  Pumpenbauanstalt  Kunz  in  Mähr.  Weißkirchen  fertigt  unter  der 
Verkaufsmarke  „Mamut"  nach  dem  gleichen  System  mit  einigen  Abänderungen 
einen  Widder  an,  welcher  sich  für  große  Förderhöhen  bei  kleinerem  Betriebs- 
gefälle besonders  eignet.  Die  Funktionierung  ist  eine  ganz  gleiche  wie  die 
des  alten  Mongolfier- Widders,  nur  spritzt  das  Wasser  aus  dem  Aufschlag- 
ventil  V^  nicht  frei  aus  oder  in  einen  geschlossenen  Kessel,  wie  bei  den 
Heureka- Widdern,  sondern  wird  durch  eine  Abfallrohrleitung  wieder  in  den 
offenen  Wasserlauf  zurückgeleitet. 

Der  Preis  dieser  Mamut- Widder  schwankt  je  nach  dem  Aufschlag- 
wasserquantum Q  =  3 — 1200  1  pro  Minute  zwischen  280  und  2700  K,  jener 
der  Original  Decoeurschen  Widder    zwischen    70   und   1400  Fr.   bei  einer 


D.  Zoleitimg  zum  Versorgiingsgebiete. 


115 


Quellenergiebigkeit  von  1 — 2800  1  pro  Minute  und  einem  Nutzförderquantum 
von  4 — 1600  1  pro  Minute. 


Fig^  44.    Hydraulischer  Widder  (System  Decoeor). 


Fig.  46.    (System  Durozoi.) 


Fig.  46.    (Widderschacht  zü.  Fig.  46.) 


Andere  französische  Systeme  sind  jene  von  Durozoi  in  Paris  (218  Rue 
du  Foubourg  St.  Honor^),  von  denen  eines  in  den  Fig.  45  und  46  abgebildet 
ist.  Bei  diesem  Widder  ist  das  Stoßventil  V^  (siehe  Fig.  45)  senkrecht  auf  die 
Richtung   des  ankommenden  Betriebswassers   situiert  und  kann  durch    eine 

8* 


116 


I.  Die  WaMenrersorgnng  der  Ortschaften. 


Spiralfeder  reguliert  werden.  Die  erste  Öffnung  des  durch  den  Wasserdruck 
an  den  Ventilsitz  angepreßten  Ventiles  kann  durch  einen  Hebel  erfolgen. 
Für  die  Entlüftung  und  Entwässerung  des  Windkessels  sind  zwei  Ventile  mit 
Handrädern  in  letzterem  angebracht.  Der  Widder  ist  in  einen  Schacht  (siehe 
Fig.  46)  eingebaut  und  kann  aus  der  Situation  (Fig.  47)  die  ganze  Anordnung 
einer  derartigen  Anlage  ersehen  werden.  Das  durch  eine  Stauanlage  im 
Flusse  gestaute  Wasser  fließt  in  den  Schieberschacht  ein,  wo  der  durch  einen 
Seiher  abgeschlossene  Einlauf  der  Triebleitung  sich  befindet.  In  der  Nähe 
des  Flusses,  am  Ende  des  verfügbaren  Betriebsgefälles,  ist  in  einen  separaten 
Schacht  der  Widder  eingebaut,  aus  welchem  das  überschüssige  Betriebswasser 
durch  einen  offenen  Graben  in  den  Fluß  zurückgeleitet  wird,  welcher  Um- 
stand bezüglich  der  Wasserrechtsentschädigung  sehr  vorteilhaft  in  die  Wag- 
schale fällt. 


Flg.  47.    Situation  einer  Widderanlage. 

Die  Preise  dieser  Durozoischen  Widder,  welche  auch  für  größere 
Wassermengen  konstruiert  werden,  bewegen  sich  zwischen  120  Fr.  für  die 
kleinsten  Widder  mit  19  mm  Zuleitung  und  9  mm  Steigleitung  und  6000  Fr. 
für  die  größten  Apparate  (No.  13)  für  3000—6000  1  pro  Minute  Aufschlag- 
wassermenge, 500  mm  Zuleitung  und  175  mm  Steigleitung. 


3.  Göpel  mit  animalischem  Antrieb. 
Beim  Betrieb   einer  Pumpenanlage  mittels  Göpel   beträgt   die   durch- 
schnittliche Leistung  bei  8  Stunden  Arbeitszeit  zusammen 

bei  1  Menschen  ....       170000  kg/m  =     6  kg/m  pro  Sekunde, 

„    1  Ochsen 1000000      „=  34       „        „  „ 

„    1  Pferd 1160000      „     =  40       „ 

während  bei  den  nicht  animalischen  Motoren  (Wasser-,  Dampf-,  Wind-  etc. 
Motoren)  1  Pferdekraft  mit  75  kg/ra  pro  Sekunde  angenommen  wird,  was  in 
obigen  8  Arbeitsstunden  einer  Gesamtleistung  von  2160000  kg/m  (Kilogramm- 


D.  ZaleitnDg  zum  Vcraorgongsgebiete.  W'J 

Meter)  entsprechen  würde.  Die  Konstruktion  eines  Göpelantriebes  ist  aus 
der  früheren  Fig.  319  (Bd.  I,  S.  347)  zu  ersehen. 

4.  Windmotoren. 

Über  die  Leistung  und  Konstruktion  der  Windmotoren  wurde  anderen 
Orts  bereits  gesprochen  (Bd.  I,  S.  278—282). 

5.  Dampf-,  Petroleum-  und  Gasmotoren. 
Da  die  vom  Kulturingenieur  zu  bauenden  kleineren  Wasserleitungen 
wohl  seltener  mit  Dampf  etc.  betrieben  werden  und  überhaupt  das  Kapitel 
„Dampfmaschinen  und  Pumpen  etc."  in  das  Gebiet  des  Maschinenbaues  ge- 
hört, so  muß  hier  wegen  Raummangel  von  einer  weiteren  Behandlung  dieser 
Motoren  Abstand  genommen  und  nur  die  Berechnung  derartiger  kleiner 
Anlagen  behandelt  werden. 

Bedeutet  für  doppeltwirkende  Pumpen 
Q  das  effektiv  zu  hebende  Wasserquantum  pro  Minute  in  Kubikmetern, 
Q*  das  theoretische  Förderquantum, 

so  ist,  da  der  Ausgufikoeffizient  für  gewöhnliche  Pumpen  g>  =  0,85—0,80  m 
beträgt,  bei  Annahme  von  y  =  0,80  m  Q  =  1,25  Q*.    Ist  femer 
z  die  Anzahl  der  Doppelhube  oder  Umdrehungen  pro  Minute, 
D  der  Durchmesser  des  Pumpenstiefels  (Zylinders)  in  Metern, 
r  die  Lflnge  der  Kurbel, 

F  die  Fläche  des  Pumpenzylinders  in  Quadratmetern, 
dann  ist  q  =  2r,f,  der  Inhalt  des  Pumpenzylinders  in  Kubikmetern  gleich 
dem  auf  einen  Doppelhub  gehobenen  Wasserquantum.    Bedeutet  femer 
h  die  Saughöhe  \ 

h'  die  Druckhöhe  i    •     M  t 

h"  die  den  Reibungswiderständen  entsprechende  Druckhöhe    (  ' 

(Reibungsverlust)  ^ 

/  die  Länge  der  Saugröhren, 
/'  die  Länge  der  Druckröhren  in  Metern^ 

/  =/'  den  Querschnitt  der  Saug-  und  Druckröhren  in  Quadratmetern, 
a  =  d*  die  bezüglichen  Durchmesser, 
V  die   Geschwindigkeit    des   Kurbelzapfens,    entsprechend    einer   mittleren 

Kolbengeschwindigkeit  von  0,30  m  pro  Sekunde, 
c  die  Geschwindigkeit  des  Wassers  in  den  Saugröhren  (rationell  0,6—1  m 

pro  Sekunde), 
H  den  Druck  in  Atmosphären  (rund  ä  10  m  Wassersäule), 
y  =  1000  kg  das  Gewicht  von  1  m*  Wasser, 
so  erhalten  wir  für  doppeltwirkende  Pumpen  0  =  y  . « .  JD^tt  .  r  (bei  1  Kolben- 

ßft  TT  ID^  n        \ 

hub  —^  .  2r,  beim  Doppelhub  2  (— j—  •  2r]  =  Z>«7r .  r.  Sind  Q  und  z  ge- 
geben, so  ist  g=  ^ 2x  '  ^^®  günstiges  Verhältnis  des  Kolbendurchmessers 
zum  Hub  ist  ö"  ~  2"»  ^^^  I>=^r  zu*  wählen. 


218  I*  ^ic  WasserversorguDg  der  Ortschaften. 

Ist  die  Hubzahl  nicht  gegeben,  so  kann  man  annehmen: 

1,25  Q 

Man  nehme  femer,  wenn  die  Pumpe  einen  Saugwindkessel  hat: 

und  wenn  derselbe  fehlt: 

^^       0,187g  ,    .     ^  n*Q*l 

^^y/2giH-h)'  ''°^"'  *^   3eOO/.2giH-h)   ■ 

Ist  dies  nicht  der  Fall,  so  muß  /  oder  q  entsprechend  vergrößert  oder 
ein  Saugwindkessel  angeordnet  werden. 

Die  maximale  Geschwindigkeit  der  Kurbel  muß,  wenn  keine  hydraulischen 
Stöße  in  der  Saugrohrleitung  eintreten  sollen,  sein: 

wobei  L  die  Länge  der  Eurbelstange  in  Metern  bedeutet. 

Die  Saugrohre  müssen  stets  nach  der  Pumpe  ansteigen  und  Luftsflcke 

in  der  Druckleitung  durch  stetige  Steigung  vermieden  werden  oder,  wo  dies 

nicht  geht,  Lufthähne  (Luftventile)  angeordnet  werden.    Den  Querschnitt  der 

Druckrohre  nimmt  man  bei  nicht  zu  langen  Rohrleitungen  gleich  dem  der 

Saugrohre.     Wird  jedoch  für  den  event.   eintretenden   Maximalwert  von  v 

F.  z;«  /' 
der  Ausdruck  y, r;-  >  1,    so    wähle  man  den  Querschnitt  /'   so,    daß  die 

Geschwindigkeit  des  Wassers  in  der  Druckleitung  c'  =  0,6  beträgt. 
In  diesem  Falle  empfiehlt  sich  auch  die  Anlage  eines  Druckwindkessels,  durch 
welchen  man  eine  geringere  Inanspruchnahme  der  Betriebsteile  erreicht. 

Der  Inhalt  des  Druckwindkessels  für  lange  Rohrleitungen,  bei 
welchen  die  Betriebsteile  nicht  mehr  als  auf  das  Doppelte  des  mittleren 
Druckes  beansprucht  werden  sollen,  soll 

0,6  Q  c'  V 


Vä  = 


2g{H+h'  +  h") 


gemacht  werden,   wobei  annähernd  c*  =  0,6  m   zu    wählen   ist.     Der   Inhalt 

des  Saugwindkessels  ist  Vs=^q.    Die  Druckwindkessel  verhindern  auch   die 

hydraulischen  Stöße;   dieselben  können  bei  einer  Pumpe  ohne  Druckwind- 

,     .  ^      .                          F.v«  _        H+h'  . 
kessel  nicht  eintreten,  wenn  -yj —  <^  g  •  — j, ist. 

Liegt  am  Ende  der  Druckleitung   ein  Teil  (/")  der  Röhren  horizontal, 
dann  wird  ein  hydraulischer  Stoß  in  dem  Kniepunkte  nicht  eintreten,    wenn 

F    if'  ^        H  , 
/•— ^^'TTT  ist. 


D.  Zuleitung  zum  Versorgungsgebiete.  JJ^Q 

Der  notwendige  Rohrdurchmesser  d  bei  gegebenem  A',  /'  und  Q  ergibt 
sich  aus  den  im  ersten  Bande  angegebenen  Formeln  und  wird  das 
gefundene  Resultat  auf  den  nächst  größeren  handelsüblichen  Durchmesser 
abgerundet. 

Die  Geschwindigkeit  des  Wassers  in  den  Röhren  ist  auch  allgemein 


4Q ...._  _y^^^ 

Vl,505  +  A    4 


c  =  — ^  oder=     . — (nach  Weißbach). 

^  a/i  ?;AK  J.3  .     '_ 


In  der  Praxis  wählt  man  annähernd: 

V  =  0,3  m, 
y  =  0,8 
und  bei  einfach  wirkenden  Pumpen 


D  =  0,0266  Y-^^  =  0,053  y[WQ~y 
bei  doppeltwirkenden  Pumpen 

D  ==  0,0188  Y-^^  =  0,037  y[mQ\ 

'     30z;       60O      ,  2r.z 

^  =  -2V^-2V^  daraus  t;  =  -3^, 


V«- 


d  =  d^  =  1,25  Y >  wobei  c  =  0,6 — 1  m  betragen  soll; 

1,66  ö»". 


hiermit  ist  c  =  - 


d^ 


Die  Betriebszeit  in  Stunden  ist  gleich  dem  pro  Tag  zu  fördernden 
Wasserquantum,  dividiert  durch  60  Q.  Die  notwendige  motorische  Kraft 
(Bruttoeffekt)    zum    Betriebe   der   Pumpe    berechnet    sich   nach   dem    früher 

(S.  288,  Bd.  I)  Gesagten  für  gut  konstruierte  Pumpen  für  y  =  0,80,  also  —  =  1,25, 
im  Mittel  Na  —  1,25 ^^   ^^ 

(bei  gewöhnlichen  Pumpen  wird  —  =  1,50  angenommen  werden  müssen). 

Beispiel.  Ein  Dampfmotor  treibt  eine  unmittelbar  über  einem  Brunnen 
stehende  doppeltwirkende  Pumpe  mittels  Riementransmission.  Die  Pumpen- 
riemenscheibe hat  einen  Durchmesser  d^  =  1200  mm  und  macht  z^  =  40  Touren 
pro  Minute.  Die  Riemenscheibe  des  Motors  soll  z^  =  120  Umdrehungen 
machen.    Wir  haben  das  Verhältnis  z^ :  ä^  =  d^id^  und  daraus 


z^.d^_  40 .  1200 
120 


^2  =  -^^— ^  =  — h^ —  =  400  mm 


als   notwendigen  Durchmesser   der  Motorriemenscheibe   (oder   es   kann   bei 
gegebenem  d^  das  d^  etc.  gerechnet  werden). 


220  ^*  ^^®  Wasserversorgung  der  Ortschaften. 

Ist  der  Kolbendurchmesser  D  =  0,120  m  und  der  Kolbenhub  2  r  =  0,240  m 
(also  in  dem  Verhältnisse  wie  1 :  2),  die  Anzahl  der  Kurbelumdrehungen  oder 
Doppelkolbenhube  pro  Minute  z  —  40,  der  Ausgufikoeffizient  g)  =  0,80,  d.  h. 
die  Pumpe  fördert  80®/q  des  theoretisch  berechneten  Wasserquantums,  so 
erhalten  wir  als  effektives  Förderquantum  der  Pumpe  pro  Minute: 

ö  =  5p.0.Z>'7r.r  =  0,174  m*  oder  Q  pro  Stunde  =  10 m*  und 

174 

Bei  einem  beispielsweise  täglich  im  Reservoir  aufzuspeichernden  Wasser- 

40  m* 
quantum  von  Öm*^^^™*  resultiert  eine  Pumpzeit  von  j^ — g  =  4  Stunden. 

Die  Kolbengeschwindigkeit  beträgt: 

2r.z       2.0,14.40       ^  ^^ 
^  =  -^ö-  = ^30 =  ^»^Ö^ 

pro  Sekunde;  sie  ist  also  vollkommen  entsprechend.  Wir  hätten  eine 
maximale  Saughöhe  A  =  4  m,  eine  Druckhöhe  (Kolbenmittel  bis  Reservoiraus- 
gufi)  Ä'  =  14  m  und  eine  Länge  der  Druckleitung  /=290  m  (rund  300  m). 
Mit  Rücksicht  auf  geringe  Reibungswiderstände  und  Vermeidung  starker 
Inkrustation  wird  ein  Rohrdurchmesser  rf=80  mm  gewählt.  Es  ergibt  sich 
sodann  ein 

_  1,56  g^-  _  1,56  .  0,0029  _ 
^~        rf«        ~       0,0064       -^»'7™- 

Nehmen  wir  jedoch  v  an,  und  zwar  c  =  0,60  m,  so  erhalten  wir: 

d=  1,25  V^^  =  0,086  m, 

es  müßte  also  dann  der  nächst  höhere  handelsübliche  Durchmesser  (rf=  100  mm) 
gewählt  werden;  indessen  kann  der  Kosten  wegen  c:  =  0,77  m,  als  zwischen 
0,6  und  1,0  m  gelegen,  anstandslos  akzeptiert  werden.  Als  Reibungshöhe  A" 
erhalten  wir: 

nach  Dupuit  h"  =  0,0015  •  -^  •  d^  =  3,33  m, 

nach  Weißbach  A"  =  A  •  ^  •  ^  =  2,83  m, 

also  im  Mittel  ca.  A"  =  3,00  m.    . 
Die  Förderhöhe  H  der  Pumpe  beträgt  somit: 

i/=  A  +  A'  +  A"  =  4  +  14  +  3  =  21  m 
und  die  notwendige  Betriebskraft: 

1000  O'«^- .  H 
Nn  =  1,50 K.  =  1,21  HP. 

Mit  Berücksichtigung  des  Kraftverlustes  durch  Transmission  und  Reibungs- 
verlust beim  Motor  muß   der  letztere  effektiv  A^n=l,5HP.  (Pferdekraft)  ab- 


E.  Hochreserroire.  121 

geben,   daher,   da  immer  Reservekraft  vorhanden  sein  muß,  ein  Kleinmotor 
von  2  HP.  zu  projektieren  ist. 

Betriebskosten.  Ein  Dampfmotor  bis  2  HP.  benötigt  pro  Pferdekraft 
und  Stunde  5 — 6  kg  Steinkohle,  also  bei  1^/^  HP.  Leistung  und  4  Stunden 
Betriebszeit  inkl.  Anheizen  pro  Tag  ca.  50  kg.  Dies  ergibt,  bei  einem  Kohlen- 
preis von  3  K  pro  100  kg,  pro  Tag  (4  Betriebsstunden)  150  Heller.  Ein  kleiner 
Petroleummotor  (bis  2  HP.)  benötigt  pro  Pferdekraft  und  Stunde  1  1  Roh- 
petroleum ä  20 — 24  Heller,  also  pro  Tag  bei  l^/g  HP,  Leistung  und  4  Stunden 
Betrieb  einen  Betrag  von  120 — 144  Heller. 

E.  Hochreservoire, 

Wir  haben  bei  Aufstellung  des  Wasserbedarfes  gesehen,  daß  derselbe 
ein  während  des  Jahres  variabler  ist  und  im  Winter  das  Minimum,  im 
Sommer  das  Maximum  erreicht;  femer,  dafl  auch  der  Verbrauch  währehd  des 
Tages  ein  verschiedener  ist,  und  das  während  24  Stunden  zufließende  Wasser 
(bei  Gravitationsleitungen)  binnen  6 — 12  Stunden  (der  Konsumzeit)  zur  Abgabe 
gelangt.  Um  nun  einerseits  diese  verschiedenen  Konsumschwankungen  aus- 
zugleichen, andererseits  für  Feuerlöschzwecke,  Straßenbespritzung  etc.  einen 
genügenden  Vorrat  zur  Verfügung  zu  haben,  werden  eigene  große  Behälter, 
„Hochreservoire"  angelegt.  Dies  gilt  insbesondere  für  Gravitationsleitungen, 
für  welche  der  Fassungsraum  bei  kleinen  Anlagen  und  in  normalen  Fällen 
wenigstens  gleich  dem  mittleren  Tagesbedarf  anzunehmen  ist,  womöglich  jedoch 
bei  kleinem  Fassungsraum  mit  dem  1^/4 — l^/g  fachen  Tageskonsum  (125 — 150  ®/o) 
bemessen  werden  soll.  Nur  bei  größeren  Städten,  also  großem  Wasserbedarf, 
pflegt  man  zur  Erzielung  geringer  Baukosten  den  Fassungsraum  dadurch  zu 
verringern,  daß  man  auf  die  Ergänzung  durch  das  permanent,  also  auch 
während  der  wirklichen  Konsumzeit  und  während  der  Nacht  zufließende 
Wasser  Rücksicht  nimmt  und  dann  das  Reservoir  nur  dem  beläufig  ^/g fachen 
Tagesbedarf  entsprechend  anlegt« 

Genauer  läßt  sich  der  notwendige  Fassungsraum  von  Quellwasser- 
Reservoiren  in  jedem  einzelnen  Falle  auf  graphischem  Wege  ermitteln. 

Haben  wir  in  erster  Linie  den  günstigsten  Fall  vor  uns,  nämlich  den, 
daß  die  Quellenergiebigkeit  in  allen  Zeiten  größer  ist  als  der  Miximaltages- 
bedarf  im  Hochsommer,  dann  brauchen  wir  nur  die  Summenkurve  von 
24  Stunden  des  Zuflusses  und  jene  des  maximalen  Bedarfes  für  einen  solchen 
Sommertag  aufzutragen,  und  zwar  beide  von  Stunde  zu  Stunde  gerechnet,  so 
daß  bei  letzteren  auch  der  maximale  Stundenkonsum  an  diesem  Tage  des 
größten  Verbrauches  zum  Ausdrucke  gelangt. 

Aus  den  Betriebsberichten  größerer  Städte  mit  Pumpwerken  können 
die  stündlichen  Konsumziffem  in  Prozenten  des  Tagesbedarfes  ausgedrückt 
entnommen  werden,  die,  als  Summenkurve  konstruiert,  nach  24  Stunden, 
daher  als  letzte  Ordinate  100  ^/^  ergeben  werden.  Nach  dieser  Prozent- 
oder relativen  Stundenkonsum-Summenkurve  kann  dann  die  faktische  stündliche 
Konsumsummenkurve  berechnet  und  konstruiert  werden. 


I 

J 


122 


I.  Die  Wasserversorgung  der  Ortschaften. 


Dieser  relative  Stundenkonsum  betrug  z.  B.  für  Berlin  an  zwei  Tagen 
maximalen  Verbrauches  im  August  1879  und  im  Juli  1882  in  Prozenten  des 
Tagesverbrauches : 

Nachts  12—  1  Uhr  =  1,8  »/o  bezw.  1,4  »/o- 


l—  2 

», 

=  1,8  ..      , 

.     1,4  „ 

2-  3 

)) 

=  1,8  „      , 

.     1,4  „ 

3-  4 

»» 

=  1,8  „      , 

,     1,8  „ 

4-  5 

♦> 

=  1,8  „      , 

1          ^l«'    1» 

5—  6 

11 

=  2,7„      , 

,     2,9  „ 

Früh 

6—  7 

»♦ 

=  6.3,,      , 

,     4,6., 

7-  8 

,» 

=  6,2,,      , 

,     6,4  „ 

8-  9 

1» 

=  6,0  „      , 

,     6,8  „ 

9-10 

»» 

=  «,s.,     , 

.     6,1  „ 

10—11 

»» 

=  6,0  .,      , 

.     «,2  „ 

11-12 

»» 

=  6,0  „      , 

>     6,2  „ 

Mittags 

12-  1 

M 

=  6,8  „      , 

,     6.5  „ 

1—  2 

», 

=  5,8  „      , 

.     6,6  ,. 

2-  3 

1» 

=  6,6,,      , 

.     6,6  „ 

3-  4 

,» 

=  6,6  „      , 

,     6,5  ,. 

4—  5 

1» 

=  6,2,,      . 

>     6,6  „ 

ö—  6 

», 

=  6,2,.      , 

,     6,6  ,. 

Abends 

6-  7 

»» 

=  5,0  „      , 

,     6,1  „ 

7-  8 

»» 

=  4,7  „      , 

,     4,6  „ 

8—  9 

Ji 

=  3,6  „      , 

,     4,2  ,. 

9-10 

ft 

=  2,9  „      , 

>         «^|4    n 

10—11 

II 

=  2,4  „      , 

,     2,5  „ 

Nachts 

11-12 

1» 

=  1,8  „      , 

,     1,7  ,. 

In  24  Stunden  =lOO^/o  bezw.  lOO^/^j. 

Der  größte  Konsum  liegt  also  in  den  Stunden  zwischen  10 — 12  Uhr  mittags, 
der  kleinste  zwischen  11  nachts  und  6  Uhr  früh.  In  Landstädten,  namentlich 
wo  die  ackerbautreibende  Bevölkerung  vorherrscht,  würden,  abgesehen  von 
dem  Nachtminimum,  das  oft  gleich  Null  ist,  Konsummaxima  außer  Mittag 
insbesondere  in  die  Abendstunden  fallen,  wo  das  Vieh,  vom  Felde  heim- 
getrieben, getränkt  wird. 

In  Städten  mit  Industrie  wird  diese  Verteilung  wieder  eine  andere  werden. 

Um  eine  richtige  Darstellung  zu  erhalten,  sind  diese  Kurven  an  dem 
vorhergehenden  und  nachfolgenden  Tage  fortzusetzen  (Fig.  48). 

Der  Verlauf  der  Verbrauchs-  (Konsum)  Summenkurven  Vo  Vo  und  ^^  Vu 
in  Fig.  48  zeigt  an,  daß  der  Verbrauch  sich  um  Mittemacht  der  Null  nähert 
oder  gleich  Null  ist,  von  da  ab  bis  früh  steigt,  um  dann  während  der  Tages- 
stunden bis  gegen  8  Uhr  abends  beinahe  konstant  zu  verlaufen. 

Um  mit  hinreichender  Sicherheit  zu  rechnen,  wird  man  die  obere 
Tangente  Vo  Vo\  die  untere  Vu  Vu  berühren  lassen.  Dasselbe  wird  erreicht, 
wenn  die  steilste  Mittelkurve  Vm  Vm'y  welche  V»  mit  Vo'  verbindet,  als  Grund- 
lage der  Konstruktion  genommen  wird.  Die  obere  Tangente  BB'  stellt  den 
Zulauf  von  den  Quellen  oder  der  Grund wassersammelanlage  dar,  welcher 
für  diesen  Tag  hinreichend  genau  als  konstant  angenommen  werden  kann. 
Die    Größe    CA    des    größten    Vertikalabstandes    zwischen    dem    unteren 


E.  Hochreservoire. 


123 


Tangentenpunkte  A  der  Konsumkurve  und  der  Zuflußkurve  repräsentiert 
den  notwendigen  Fassungsraum  des  Reservoirs,  in  vorliegender  Zeichnung 
ca.  28®/o  des  Tagesverbrauches,  welcher  Prozentsatz  aber  der  konstanten 
Reserve  für  Feuerlöschzwecke  etc.  entsprechend  zu  erhöhen  ist,   so  daß   in 


Fig.  48.    Graphisolie  Ermlttelong  des  ReservolrfassnngBranmes. 

vorliegendem  Falle  als  Fassungsraum  50**/q  des  Maximaltagesver- 
brauches resultiert,  welches  Maß  mit  der  früher  angegebenen  Ziffer  von 
'/g  =  66**/o  des  mittleren  Tagesbedarfes  (bei  Annahme  von  öm=  125 ®/q  Qmax) 
übereinstimmt. 

Wir   sehen   also,    daß  bei  größeren  Anlagen,    wo   ein  unnötig  großer 
Fassungsraum  schon  bedeutende  Mehrkosten  verursacht,  nicht  mit  der  Zahl 


124 


L  Die  Wasserversorgung  der  Ortschaften. 


von  100  ®/o  oder  gar  125%  des  mittleren  Tagesbedarfes  gerechnet  werden 
darf,  was  nur  bei  kleinen  Reservoiren  notwendig  wird.  Aus  dem  Graphikon 
(Fig.  48)  ist  aber  auch  zu  ersehen,  dafi  der  konstante  Zufluß  von  B  bis  A 
das  Reservoir  füllt,  wobei  die  Vertikalabstände  zugleich  den  Fällungsgrad 
repräsentieren.    Nach  A  zwischen   7   und   8   Uhr  früh  wird  der  Inhalt  des 


100  000^ 

100.000 

c 

1 

i 

90. 000 

d 

Ml 

90.000 

m' 

80.000 

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cS^iiniisr/  ^ 

*1 

1 

80000 

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1 

50.000 

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1 

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/^trumalff\  ffejservoi'r' Großem 

40000 

d 

ii 

8  J^Mofuds- 

1  J^rbraache  ^  ihv ' 

30  000 

M 

II 

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'^' 

•  / 

/ 

30.000 

i 

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20.000 

i 

f 

20  000 

^ 

^ 

m 

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10.000 

J 

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10.000 

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... 

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8 

9 

10 

11 

iz 

1 

2 

3 

4 

5 

6 

7 

8 

9 

10 

11 

12 

1 

1  3  > 

'±   5 

6 

r'7kripde.\Winfer-F^riade  \S 

ommer-J^riode.  \Wmter-Periode.  \JSommi 

p 

Fig.  49. 


Reservoirs  immer  kleiner,  da  der  Verbrauch  gröjßer  als  der  ZufluS  ist,  bis 
endlich  in  B  das  Reservoir  entleert  wäre,  wenn  nicht  der  Reservevorrat 
CO  vorhanden  wäre. 

Nehmen  wir  nun  den  gewöhnlicheren  häufigeren  Fall  an,  dafi  das 
konstante  Quellenzuflußquantum  bloß  dem  mittleren  Bedarf  aus  den  Jahres- 
mitteln berechnet   entspricht,   der  maximale  Tagesbedarf  also  nicht  gedeckt 


E.  HochresexToirc.  125 

erscheint,  dann  wird  der  notwendige  Fassungsraum  des  Hochreservoirs  ein 
anderer  werden. 

Nehmen  wir  für  kleinere  Städte  (ohne  große  Gärten-  und  Straßen- 
bespritzung, öffentliche  Pissoirs  etc.)  an,  daß  der  Bedarf  eines  heißen  Sommer- 
tages dem  Doppelten  eines  Wintertages  entspricht,  und  sei  der  letztere  100  m*, 
der  erstere  also  200  m«  und  der  mittlere  Tagesbedarf  Q  =  150  m*  bezw.  pro 
Jahr  54000  m». 

In  dem  Graphikon  (Fig.  49)  ist  auf  Grund  obiger  Annahmen  die  Zufluß- 
linie in  der  rechten  unteren  Ecke  für  Q  =  100,  150  und  200  m*  pro  Tag  einge- 
zeichnet und  entsprechend  parallel  verschoben  an  die  Konsumsummenkurve, 
welche  aber  aus  den  früher  angegebenen  Gründen  in  das  Vor-  und  Nachjahr 
hinein  verlängert  erscheint.  Der  größte  Vertikalabstand  CA  =  Q'-^ij  im 
April  =  2000  m' =  14,8  o/o  des  Jahresverbrauches,  entsprechend  einem  "/^ 
monatlichen  oder  öS^/g  tägigen  Vorrat,  würde  also  den  nötigen  kolossalen 
Fassungsraum  des  Reservoirs  darstellen,  wenn  der  Quellenzufluß  das  ganze 
Jahr  wirklich  konstant  wäre. 

Nun  ist  aber  allgemein  bekannt,  daß  die  Quellenergiebigkeit  in  den 
einzelnen  Monaten  sehr  wechselt,  so  daß  häufig  auch  die  Zuflußsummenkurve 
eine  oft  parallel  mit  der  Konsumkurve  verlaufende  Linie  ist,  in  welchem  Fall 
dann  der  Fassungsraum  des  Reservoirs  sich  ganz  bedeutend  verringert  und 
um  so  kleiner  wird,  je  mehr  Zufluß-  und  Konsumsummenkurven  in  ihrem 
Verlaufe  übereinstimmen. 

Bei  Druckleitungen  ist  der  Hochbehälter  immer  als  Kompensations- 
reservoir aufzufassen,  und  zwar  derart,  daß  während  der  Pumpzeit  (Betriebszeit 
des  Druckwerkes  bei  kleinen  5 — 12,  bei  größeren  22 — 24  Stunden)  das  Wasser 
direkt  in  das  Stadtrohmetz  gedrückt  wird  und  das  während  der  Betriebszeit 
nicht  konsumierte  Wasser  in  das  Hochreservoir  eintritt,  um  nach  Aufhören 
des  Pumpens  oder  bei  temporär  größerem  Konsum  selbsttätig  mit  Gravitation 
wieder  in  das  Stadtrohrnetz  zurückzufließen  und  die  Differenzen  auszugleichen. 
Bei  Druckleitungen  wird  also  der  Fassungsraum  des  Hochreservoirs  um  so 
kleiner  gemacht  werden  können,  je  größer  die  Pumpzeit  angenommen  wird. 
(Siehe  auch  den  Aufsatz  Müller  in  der  Wiener  Monatsschrift  für  den 
öffentlichen  Baudienst,  1896.)  Bei  permanentem  Betrieb,  z.  B.  bei  hydraulischen 
Widderanlagen  kann  daher  das  Reservoir  gleich  dem  vierten  Teil  des  Tages- 
bedarfes angelegt  werden,  wenn  auf  Hydranten  keine  Rücksicht  zu  nehmen 
ist.  Ist  der  Zufluß  aus  den  Quellen  selbst  ein  sehr  variabler,  dann  muß 
diesem  Umstände  bei  Normierung  des  Reservoirfassungsraumes  Rechnung 
getragen  werden. 

Müssen  kleine  Reservoire  auf  Wunsch  der  Gemeindevertretungen  im 
Hinblick  auf  die  für  Feuersgefahr  zu  schaffende  Reserve  den  Normalfassungs- 
raum wesentlich  übersteigende  Dimensionen  erhalten,  dann  wird  für  den 
Betrieb  immer  nur  eine  Kammer  benutzt,  die  zweite  Reservekammerfüllung 
jedoch  jährlich  1 — 2  mal  abgelassen  und  erneuert. 

Ist  der  Abfluß  (Konsum)  jederzeit  gleich  dem  Zufluß  (z.  B.  bei  Versorgung 
des  Ortes  mit  ausschließlich  permanent  laufenden  Brunnen),  dann  kann  ein 
Hochreservoir  füglich  ganz  entbehrt  werden,  und  wird  man  in  einem  solchen 


126 


I.  Die  Wasserversorgung  der  Ortschaften. 


Falle  die  Quellenstube,  das  Wasserschloß,  den  Sammelbrunnen  etc.  etwas 
größer  anlegen  als  wie  im  Falle  der  Erbauung  eines  speziellen  Hoch- 
reservoirs. 

Lage  der  Reservoire.  Die  Reservoire  selbst  sind  tunlichst  nahe  der 
Stadt,  womöglich  im  Schwerpunkte  des  Versorgungsgebietes  anzulegen,  um 
bei  den  Kosten  des  Hauptspeiserohrstranges  zu  sparen,  die  Druckverluste  auf 
ein  Minimum  herabzudrücken  und  die  Temperatur  des  Wassers  im  Hoch- 
sommer möglichst  niedrig  zu  erhalten.  Was  die  Höhenlage  der  Reservoire 
anbelangt,  so  ist-  dieselbe  sehr  oft  fixiert  durch  die  Höhenlage  der  Quellen 
oder  die  Höhe  des  die  Stadt  dominierenden  Hügels.  Dort,  wo  überschüssige 
Höhe  vorhanden  ist,  wird  sich  die  Höhenlage  H  des  Reservoirs  aus  nach- 
stehender Berechnung  ergeben. 

Als  maßgebende  Größe  wird  der  Gesamthöhenunterschied  H  zwischen 
dem  Hochreservoirwasserspiegel  und  dem  höchsten  Terrainpunkte  der  Stadt 

(höchstgelegenes     Ver- 


Jfacf, 


ibn'man/  /ii'r  /^rashriUrh^/i  Jiruek 


Flg.  60.    Bestlinmimg  der  Höhenlage  des  Beaervoirs. 


sorgungsobjekt)  ins 
Auge  zu  fassen  sein  und 
wird  i/=A'  +  A"  +  A'" 
angenommen      werden 
müssen. 

Hierbei    bedeutet 
(siehe  Fig.  50): 

h*  die  Tiefe  des  Reser- 
voirwasserstandes, 
welche  bei  kleinen 
Reservoiren  1,5  bis 
3    m,    bei    großen 
gemauerten    Hoch- 
reservoiren bis  5  m   und  bei  großen  eisernen  Hochbehältern  bis  10  m 
betragen  kann; 
A"  den  Druckverlust  (Reibungshöhe)  für  die  Länge  L  und  Qmca.  dieser  Rohr- 
leitung; 
h*"  die   hydraulische  Druckhöhe  (Überdruck),    welche  der  Höhe  des  Dach- 
firstes der  dort  stehenden  Häuser  vom  Terrain  (bei  einstöckigen  Häusern 
ca.   11 — 12  m,   bei  zweistöckigen  Häusern  ca.    15  m)   plus  jenem  Über- 
druck entspricht,  mit  welchem  entweder  der  freie  Strahl  bei  Feuersgefahr 
noch  über  den  Dachfirst  reicht  oder  die  Hausleitung  im  höchsten  Stock- 
werke zum  Abflüsse  gelangt,   also  mit  Inbegriff  der  Reibungsverluste  in 
der  Hausleitung  oder  im  Hydrantenschlauche. 

Ist  überschüssige  Höhe  vorhanden,  dann  wird  man  bei  zweistöckigen 
Häusern  und  großen  Wasserleitungen  /r'"  =  30  m,  für  kleinere  Leitungen  in 
Landstädten  20  m  wählen.  Diese  Ausmaße  gelten  —  ein-  oder  zweistöckige 
Häuser  vorausgesetzt  —  als  Maximalgrenzen,  und  kann  dort,  wo  man  über 
einen  Überschuß  an  Höhe  nicht  verfügt,  natürlich  auch  unter  dieses  Maß  ge- 
gangen werden. 


£.  Hochreservoire. 


127 


Bauliche  Durchführung.  Hochreservoire  können  entweder  in  den 
gewachsenen  Boden  verlegt  oder  auf  eisernen  Gerüsten  montiert  oder  in 
gemauerten  Türmen  placiert  werden.  Die  letztere  Art  nennt  man  allgemein 
Wassertürme. 

Das  Reservoir  ist  in  der  Regel  in  zwei  getrennte  Kammern  zu  teilen, 
welche  durch  einen  Schieber  event  kommunizieren  können.  Der  Zweck 
dieser  Teilung  ist  die  Ermöglichung  der  Reinigung  einer  dieser  Kammern 
ohne  gleichzeitige  Betriebsstörung.  Des  weiteren  soll  durch  eingebaute 
Zwischenwände  für  eine  Zirkulation  des  Wassers  Sorge  getragen  werden. 

In  einem  eigenen  Anbau  (Schieber-  oder  Ventilkammer)  sind  alle 
mechanischen  Einrichtungen  vorhanden,  durch  welche  eine  Entleerung  des 
Reservoirs,  ein  An- 
füllen der  einen  oder 
der  andern  Kammer, 
das  Überlaufen  des  die 
normale  Wasserspiegel- 
höhe überschreitenden 
Wassers,  endlich  die 
direkte  Speisung  der 
Stadt  aus  den  Quellen 
mit  Umgehung  des 
Reservoirs  ermöglicht 
wird,  wobei  beim  An- 
lassen der  Rohrleitung 
durch  ein  eigenes  Luft- 
rohr für  die  Entlüftung 
gesorgt  werden  muß. 
In  Fig.  51  ist  der 
Grundriß  eines  größe- 
ren Kompensations- 
reservoirs skizziert,  in 
welchem  durch  die  ein- 
gebauten Querwände  der  Kammern  /  und  //  eine  vorzügliche  Zirkulation  des 
Wassers  ermöglicht  wird.  Zu-  und  Abfluß  erfolgt  durch  das  gemeinsame 
Rohr  R  bezw.  den  Einlauf  durch  öffnen  eines  der  Schieber  S^  oder  S^  durch 
die  Röhren  e  und  das  Standrohr  ü^^  oder  ü^^  wenn  der  Zufluß  aus  den 
Quellen  oder  der  Pumpstation  größer  als  der  Konsum  ist,  in  welchem  Falle 
auch  die  Rückschlagklappe  D  durch  den  Wasserdruck  von  außen  geschlossen 
wird.  Ist  der  Konsum  größer,  dann  öffnet  sich  die  Klappe  und  es  fließt  das 
fehlende  Quantum  aus  dem  Hochreservoir  durch  die  Auslaufröhren  A^  oder 
A^  und  das  tiefer  als  e  liegende  Rohr  a  in  das  Hauptrohr  R  ein. 

In  vielen  Fällen  wird  es  notwendig  werden,  insbesondere  wenn  das 
Reservoir  mit  einer  separaten  Zu-  und  Abflußleitung  versehen  ist,  noch 
spezielle  Überfall-  und  Entleerungsleitungen  einzubauen,  wie  dies  aus  den 
auf  den  Tafeln  gezeichneten  Reservoiren  und  den  späteren  Abbildungen 
ersichtlich    ist.      Das    Reservoir    wird    gewöhnlich    nur    zum    Teil    in    den 


Fl^.  61.    GnindrlA  eines  KempensatioiiBTeservolrs. 


128 


I.  Die  Wassenrersorgimg  der  Ortschaften. 


■TK^ 


RünSCHMtlX 


I 


gewachsenen  Boden  versenkt;   der  andere  freistehende  Teil  muß   1 — l^/^  m 

hoch  mit  Erde  bedeckt  werden,   um  —  wie  bei  den   Rohrleitungen  —  die 

Beeinflussung  der  Lufttemperatur  hintanzuhalten. 

Die  Reservoire  können  aus  Stampfbeton,  Ziegelmauerwerk  in  hydraulischem 

oder  Portland-Zementmörtel,  in  Eisen  oder  nach  dem  System  Monier  aus- 
geführt werden.  In  den 
zwei  ersteren  Fällen  er- 
halten sie  im  Innern  bis 
über  die  Wasserhöhe  einen 
(3 — 5  cm)  starken  geschlif- 
fenen Portland  -  Zement- 
in 

verputz  zur  vollständigen 
Dichtung  des  Wasser- 
raumes. Die  Teile  des 
Bauwerkes  über  Wasser- 
höhe können  in  gewöhn- 
lichem hydraulischen  Kalk- 
mörtel ausgeführt  werden. 
In  nachstehendem 
sollen  nun  einige  Typen 
kleinerer,  vom  Verfasser 
projektierter      Reservoire 

beschrieben     werden, 
welche  den  Anforderungen 
des  Betriebes  vollkommen 
entsprechen. 

Fig.  52  stellt  ein 
40  m*  fassendes  Reservoir, 
aus  5^/2  mm  starkem  Kessel- 
blech hergestellt,  dar,  wel- 
ches zur  Versteifung  der 
Wände  mit  zwei  Reihen 
von  25  und  20  mm  starken 
Rundeisenstangen  ver- 
strebt ist  Als  Boden 
wurde  6^/2  mm  starkes 
Fig.  68.    Beservolr  ans  SchmledeeiBen  mit  40  m*  FaBsnnfsraiim.       Blech       genommen ,        die 

Ecken  mit  65/65/20  mm 
starkem  Winkeleisen  genietet.  Das  Bassin  ist  4  m  lang,  4  m  breit  und  2,5  m 
tief.     Die  Kosten  dieses  Reservoirs  belaufen  sich  auf  3500  K  ö.  W. 

Ein  Reservoir  gleichen  Inhaltes  stellt  Fig.  53,  als  einfachste  Type  eines 
solchen  Baues,  dar,  bei  welchem  die  erwünschte  Zweiteilung  der  Kammern 
mangelnder  Geldmittel  wegen  nicht  durchgeführt  wurde.  Der  Einstieg 
geschieht  durch  einen  Schacht  mittels  Steigeisen  und  von  hier  weiter  über 
eine  eiserne  Leiter.  Bei  z  erfolgt  der  Zufluß,  bei  s^  (durch  Öffnung  dieses 
Schiebers)  der  Abfluß  zur  Ortschaft  etc. 


Frledrloh,  Wasserbau.    Zweite  Auflage.    IL  Band. 


vV^vi^V \..       .v^-^.  -)^v>^-.W^ 


VC 


I 


9 


I 


130  ^-  ^^®  Wasserversorgung  der  Ortschaften. 

Wird  eine  Rohrleitung  „angelassen",  d.  h.  mit  Wasser  gefüllt,  was  sehr 
langsam  erfolgen  soll,  damit  durch  die  unvermeidlichen  hydraulischen  Stöße 
keine  Rohrbrüche  entstehen,  so  muß  in  dem  Maße,  als  Wasser  in  das  Rohr 
eingelassen  wird,  die  Luft  entweichen  können,  ohne  daß  bei  der  Einström- 
öffnung dieselbe  gezwungen  ist,  sich  durch  das  Wasser  durchzupressen.  Dies 
wird  durch  Einbau  hoher  Luftröhren  /  hinter  dem  Absperrschieber  s^  erzielt. 
Der  Schieber  s^  der  Entleerungs-  (zugleich  Überfall-)  Leitung  ist  natürlich  ge- 
schlossen und  wird  nur  behufs  Entleerung  des  Reservoirs  geöffnet.  Zur 
Fixierung  der  Reservoirwasserspiegelhöhe  dient  das  Überfallrohr  ^,  das  mit 
seiner  Endflansche  im  Wasserniveau  liegt.  Die  Schieber  sind  von  Straßen- 
kappen aus  bedienbar.  Der  Einsteigschacht  ist  gegen  Temperaturbeeinflussung 
mit  einem  zweiten  umklappbaren  Boden  abgeschlossen.  Ein  am  Ende  der 
Reservoirkammer  eingemauertes  Rohr  sorgt  für  entsprechende  Ventilation. 
Das  Reservoir  ist  auf  eine  Betonschichte  fundiert  und  die  Mauern  ringsum 
mit  einer  Lettenanstampfung  umschlossen.  Die  Kosten  dieses  Reservoirs 
belaufen  sich  auf  3200  K  ö.  W. 

Reservoir  für  150  m*  Inhalt.  Auf  Tafel  V  ist  ein  Reservoir  für 
150  m*  Fassungsraum  dargestellt.  Dasselbe  ist  bereits  zweikammerig  und  mit 
eigener  Schieberkammer  angelegt;  das  Charakteristische  dieses  Reservoirs  ist 
die  Situierung  der  Schieberkaramer  innerhalb  des  eigentlichen  Reservoir- 
raumes. Die  Kommunikation  der  beiden  Kammern  /  und  //  kann  im  Bedarfs- 
falle durch  Öffnen  des  Schiebers  Sg  erfolgen.  Durch  öffnen  des  Schiebers  s^ 
oder  Sg  kann  das  von  der  Quellstube  kommende  Wasser  in  eine  der  Kammern 
eingelassen  werden,  und  liegen  die  Zuflußrohrmündungen  z^  und  z^  im  Niveau 
des  Reservoirwasserspiegels.  Um  eine  Zirkulation  des  Wassers  in  vertikalem 
und  horizontalem  Sinne  herbeizuführen,  liegen  die  Trompetenrohre  Oj  und  a^ 
der  Ausflußleitungen  (Hauptspeisestrang)  zur  Ortschaft  an  der  Sohle  und  in 
der  vom  Einlauf  entgegengesetzten  Ecke  der  Kammer.  Durch  öffnen  der 
Schieber  Sg  oder  s^  kann  eine  Entleerung  stattfinden;  in  diese  Leitung  münden 
auch  die  Überfallleitungen  ü^  und  ü^  ein.  Falls  aus  irgend  einem  Grunde 
das  Stadtrohrnetz  mit  Umgehung  des  Reservoirs  unmittelbar  durch  die  Quellen 
gespeist  werden  soll,  so  wird  durch  Schließen  der  Schieber  s^  und  s^  und 
durch  öffnen  des  Schiebers  s,  die  Verbindungsleitung  v  (siehe  Längen- 
schnitt EF)  durch  den  Teiltopf  T  in  Kommunikation  mit  dem  Stadtstrange 
gebracht.  Auf  dem  Teiltppfe  sitzt  ein  entsprechend  langes  Luftrohr  /.  Die 
Ventilation  der  Schieber  und  Reservoirkammer  erfolgt  durch  das  Aufsetzrohr  zf. 
Die  Kosten  dieses  Reservoirs  belaufen  sich  auf  15600  K  ö.  W. 

Reservoir  für  180  m**,  kombiniert  mit  gedeckter  Filteranlage.  Eine 
Hochreservoiranlage  mit  180  m^  Fassungsraum,  kombiniert  mit  einer  ge- 
deckten Filteranlage  mit  gleichfalls  180  m^  gesamtem  Rauminhalt  bezw. 
45  m'*  Wasserraum  exkl.  der  Filtermaterialschichte,  ist  auf  Tafel  VI 
veranschaulicht.  Diese  projektierte  Anlage  ist  in  Beton  hergestellt  und 
können  alle  Betriebskombinationen  mit  Hilfe  der  mechanischen  Einrichtung 
durchgeführt  werden.  In  normalen  Fällen,  wo  das  Wasser  einer  Filtration 
bedarf,  wird  dasselbe  in  den  Schlammtopf  A>^  und  von  hier  nach  Öffnung 
des  Schiebers  s^  oder  s.,  in  eines  der  Filterbecken  durch  das  Einlaufrohr  E^ 


E.  Hochreservoire.  13J 

oder  E^  einfließen,  die  Filterschichte  (1,50  m  hoch)  passieren  und  gereinigt 
in  dem  mit  Steinplatten  überdeckten  und  durch  das  Ventilationsrohr  i^  und 
Z.3  gelüfteten  Reinwasserkanal  sich  ansammeln.  Aus  demselben  kann  es  nach 
Passierung  des  Teil-,  zugleich  Sedimenttopfes  (A^  oder  A^)^  wo  mitgeführter 
Sand  zur  Ablagerung  gelangt,  durch  Öffnung  der  Schieber  Sg  oder  s^  und  s«, 
S7  in  die  Zuflußleitung  bezw.  in  die  Reinwasserkammer  /  oder  //  geleitet 
werden.  Das  Wasser  kann  auch,  ohne  die  Filter  oder  das  Reservoir  zu 
passieren,  direkt  in  die  Stadtrohrleitung  (Öffnung  von  s^)  gelangen.  Endlich 
können  sowohl  die  Filter  (mit  s^^)  oder  die  Reinwasserkammern  (mit  s^q  und 
Sji)  entleert  werden.  In  manchen  Fällen  dürfte  es  sich  empfehlen,  die  Zufluß- 
leitungen (5e,  S7)  in  das  Reservoir  bis  zu  den  oberen  Ecken  der  Reinwasser- 
kammern, also  gegenüber  der  Filtereinlaufkammer  zu  verlängern,  um  den 
Zu-  und  Abfluß  nicht  nebeneinander  zu  legen.  Diese  Anlage  erfordert 
einen  Kostenaufwand  von  30000  K  ö.  W. 

Reservoir  für  200  m*  Fassungsraum.  Liegt  das  Reservoir  nicht 
auf  einem  ebenen  Bauplatz,  sondern  an  einer  Berglehne,  dann  wird  die 
Situierung  der  Schieberkammer  und  der  Zugänge  in  die  Reinwasserkammern 
eine  andere  werden,  wie  dies  aus  Tafel  VII  ersehen  werden  kann.  Die  beiden 
Kammern  sind  durch  Scheidewände  in  zwei  Abteilungen  geteilt,  welche  durch 
2  m  breite,  überwölbte  Öffnungen  kommunizieren.  Der  Zufluß  (Einlauf)  erfolgt 
durch  die  Schieber  s^  oder  s^,  der  Ablauf  durch  a^  oder  «g-  Um  die  mecha- 
nische Einrichtung  etwas  deutlicher  ersichtlich  zu  machen,  wurde  speziell  bei 
diesem  Reservoir  dieselbe  in  den  Fig.  54  und  55  im  Detail  gezeichnet. 

In  dieser  Weise  ist  bei  jedem  Baue  die  mechanische  Einrichtung  zu 
entwerfen,  um  nach  diesem  Plane  die  mit  Nummern  versehenen  einzelnen 
Fasson-Gußstücke  im  Eisenwerk  bestellen  zu  können.  (Die  normalen  Muffen- 
röhren werden  nur  bezüglich  ihrer  Länge  angegeben;  die  gleichartigen  und 
gleichgroßen  Fassonröhren,  welche  liegend  gegossen  werden  müssen,  werden 
mit  den  gleichen  Nummern  versehen  und  darnach  der  Erfordernisausweis  zu- 
sammengestellt.) Jede  Kammer  ist  in  vorliegendem  Projekte  mit  einer  separaten 
Speiserohrleitung  (Sg,  s^)  versehen,  welche  unterhalb  der  Schieberkammer  sich 
in  einen  gemeinsamen  Hauptstrang  zur  Stadt  vereinigen.  Durch  die  Schieber 
55,  5e  kann  die  Entleerung  erfolgen.  Diese  Figuren  wurden  nur  der  Dar- 
stellungsweise wegen  als  Musterplan,  nicht  bezüglich  der  Anordnung  der 
mechanischen  Ausrüstung  selbst,  dem  Handbuche  beigegeben,  indem  die 
letztere  als  eine  abnormale,  durch  lokale  Verhältnisse  bedingte  bezeichnet 
werden  muß.     Die  Kosten  dieses  Reservoirs  beliefen  sich  auf  19000  K  ö.  W. 

Reservoir  für  400  m*  Fassungsraum.  Um  auch  bezüglich  der 
übrigen  Ausstattung  eines  Reservoirplanes  dem  Anfänger  an  die  Hand  zu 
gehen,  wurde  auf  Tafel  VIII  ein  Plan  in  Farbendruck  dargestellt.  Dieses 
Hochreservoir  mit  einem  Fassungsraume  von  400  m*  (gleich  -/g  des  Tages- 
bedarfes von  600  m^)  ist  ein  Kompensations-Hochbehälter.  Statt  einer 
separaten  Zu-  und  Abflußleitung  geht  ein  einziger  Rohrstrang,  ^=175  mm, 
vom  Reservoir  zur  Stadt  und  ist  am  Fuße  des  Berges  mit  dem  150  mm 
weiten  Zuleitungsrohrstrange  von  der  Quellenstube  verbunden.  Das  Wasser 
der  Quelle  fließt  somit  normal  aus  dem  150  mm  -  Zuleitungsstrange  an  obigem 


i-.jynla^ 


V-Äl 


\  M/aemm 


^iniat^ 


Fig.  54.    Mechanische  Einrichtung  eines  Hochreservoirs  (Taf.  VII).    QrondriA. 


E.  Hochreservoire. 


133 


Punkte  direkt  in  den  175  mm  weiten  Stadthauptstrang  ein  und  gelangt  nur 
das  in  der  Stadt  nicht  gebrauchte  Wasser  in  das  Reservoir,  welches  also 
die  Konsumschwankungen  unmittelbar  ausgleicht  (kompensiert).  Das  Über- 
laufwasser gelangt  durch  zwei  lange  schmale  Öffnungen  in  der  Mittelmauer 
in  einen  kleinen  Kanal  daselbst  und  von  hier  in  die  Überfallröhren.  Alle 
anderen  Details  sind  aus  dem  Plane  selbst  zu  entnehmen.  Das  Reservoir 
wurde  aus  Hackelstein-  bezw.  Bruchsteinmauerwerk  in  Zementmörtel  ausge- 
führt und  beliefen  sich  die  Baukosten  auf  19000  K  ö.  W. 

Reservoir    für    1600    m'   Fassungsraum.      Als    letzte    Type    eines 
größeren  Reservoirs  für  1600  m^  Inhalt  ist  auf  Tafel  IX  ein  in  Stampfbeton 

—1 


]^fT^^Vtfi'?'-^$6sg0F^7^V^, 


\^, 


.  jjmk^ 


Flg.  66. 
Mechanische  Elnrlchtimg  eines  Hochreservoirs  (Taf.  VIT).    Querschnitt  dnrch  die  Schieberkanimer. 


ausgeführter  Hochbehälter  abgebildet.  Die  beiden  Kammern  werden  durch 
je  drei  Zungenmauern  (Zwischenwände)  abgeteilt,  um  eine  günstige  Zirkulation 
des  Wassers  zu  veranlassen.  Gleichzeitig  wurde  diesem  Beispiele  auch  die 
graphische  Stabilitätsbestimmung  für  die  Reservoirmauern  beigegeben.  Die 
Kosten  dieses  Reservoirs  belaufen  sich  auf  74000  K.  ö.  W. 

Kosten  der  Hochreservoire.  Zur  Beurteilung  der  Kosten  solcher 
Bauten  wird,  wie  bei  den  Stauweihern,  der  Preis  von  1  m^  aufgespeicherten 
Wassers  maßgebend  sein,  und  sollte  derselbe  daher  mit  zunehmendem 
Fassungsraum  im  allgemeinen  kleiner  werden.  Als  Übersicht  kann  nach- 
folgende diesbezügliche  Zusammenstellung  insbesondere  kleiner  Reservoire 
dienen,  soweit  solche  dem  Verfasser  zur  Verfügung  standen.  (Siehe  Tabelle 
auf  Seite  134  und  135.) 


134 


I.  Die  Wasserversorgung  der  Ortschaften. 


Da  die  letzten  Preise  ohne  mechanische  Einrichtung  und  Erd-  und  Fels- 
arbeiten angegeben  wurden,  können  dieselben  nicht  zum  Vergleich  mit  den 
übrigen  Kosten  verwendet  werden.  Aus  den  übrigen  Zahlen  ist  zu  ent- 
nehmen, daß  die  Preise  sehr  variieren  und  nicht  mit  dem  Fassungsraum  ab- 
nehmen, da  die  Fundierungskosten,  die  architektonische  Ausstattung  der 
Fassade  und  Ausführung  in  Quader-  oder  Mörtelverputz,  die  Lage  der  Bau- 
stelle etc.  die  Gesamtkosten  sehr  beeinflussen.  Wenn  von  dem  abnormal 
niederen  Preise  von  20  K  (bei  Znaim)  abgesehen  wird,  in  welchem  zufolge 
Regiebau  der  Gemeinde  eine  größere  Anzahl  von  Nebenauslagen  nicht  auf- 
genommen erscheinen  und  die  Kosten  einer  Schieberkammer  wegfallen,  so 
kann  man  im  Durchschnitt  als  Reservoirkosten  pro  Kubikmeter  Fassungs- 
raum 50 — 100  K  bei  einfacher  Ausstattung  der  Fassade  annehmen.  Da  jedoch 
bei  einem  Wasserwerke  (insbesondere  einer  Gravitationsleitung)  trotz  der 
hohen  Kosten  dem  Auge  des  Fremden  und  Einheimischen  ohnehin  wenig 
geboten  wird,  so  pflegen  manche  Gemeinden  die  unbedeutenden  Mehrkosten 
nicht  zu  scheuen,  um  die  oberirdischen  Bauwerke,  also  insbesondere  die 
Fassaden  der  Hochreservoire,  in  einfacher,  aber  doch  würdiger  Weise  archi- 
tektonisch ausstatten  zu  lassen. 


Zusammenstellung  über 

die  Baukosten  von  Hochreservoiranlagen. 

Wasserwerk 

Inhalt 

Baumaterial 

Gesamt- 
kosten 

Kosten 

pro  m' 

Wasserraum 

m» 

K  ö.  W. 

K  ö.  W. 

Zwittau 

40 

Ziegel 

3  200 

80 

Luhatschowitz 

40 

n 

3000 

75 

Wischenau 

40 

V 

3  200 

64 

« 

n                 

40 

Blech 

3200 

64 

Schömitz 

40 

Ziegel 

3  200 

80 

Tscheskonitz        

ÖO 

Beton 

5900 

118 

Mahrenberg 

50 

f» 

5800 

116 

Strobi        

60 
80 

6200 
7  200 

103 

Schönfeld 

90 

Groß-Seelowitz         

100 

Ziegel 

10  800 

108 

Wsetin 

100 
100 

Beton 

10  800 
9  200 

108 

Schwarzach 

92 

Eisgrub 

150 

n 

21000 

140 

n                ....       .^     ...       . 

150 

Ziegel 

15  600 

104 

Mährisch-Altstadt 

150 

r 

10  000 

66 

Brünn  (Karthaus) 

170 

r» 

24  000 

140 

Hohenstadt,  ohne  Filter  .... 
„             mit  Filterraum 

180 
360 

1      Beton 

30  200 

84 

Grulich                       

200 
200 

Ziegel 

18  800 
12  800 

94 

Zwittau      ... 

64 

E.  Hochreservoire. 


135 


Wasserwerk 


Banmaterial 


Gesamt- 
kosten 

K  ö.  W. 


Kosten 

pro  m' 

Wasserraum 

K  ö.  W. 


Hohenfürth  .  .  .  . 
Mährisch-Altstadt     .     . 

Gewiisch 

Mährisch-Altstadt     .     . 
Stemberg       .     .     .     . 
Perchtoldsdorf    .     .     . 
Mährisch- Weiflkirchen 
Mährisch-Trübau      .     . 

Müglitz 

Freudenthal    .     .     .     . 

Grottau 

Melk 

Jägemdorf  .  .  .  . 
Brunn  (Adamsthal) 

Mödling 

Znaim 

Marburg 

Teplitz 

Teschen 

Krakau 

Brunn  (Brüsaa)  .  .  . 
Remscheid  .  .  .  . 
Diedenhofen        .     .     . 

Düren        

Bremerhaven       .     .     . 

Staßfurt 

Linz 

Lahr 

Minden 

Aschaffenbnrg  .  .  . 
Couloramiers  .  .  . 
Baden-Baden       .     .     . 

Freiburg 

Chemnitz 

Wiesbaden  .  .  .  . 
Nürnberg        .     .     .     . 

Stuttgart 

Lille 

Genf 

Hampton  (England)  . 
Frankfurt  a.  M.  .  . 
München 


200 

220 

240 

245 

260 

300 

350 

400 

400 

400 

500 

600 

800 

1000 

1000 

1130 

1200 

1360 

1600 

6000 

10000 

400 

600 

650 

660 

600 

270 

700 

900 

1000 

1200 

2000 

4000 

4000 

4  300 

8100 

9  700 

12  000 

12500 

12  500 

20  000 

45  000 


Beton 
Ziegel 
Beton 
Ziegel 
Beton 

n 

Ziegel 

Bruchstein 

Ziegel 

Beton 


Ziegel 
Beton 
Ziegel 
Beton 
Ziegel 
Beton 

Ziegel 

Blech 


Beton 
Ziegel 
Beton 

Ziegel 


Beton 


Ziegel 


Beton 
Ziegel 


13500 
12  000 

18  200 
17  200 
20000 
22  000 
22  000 

19  000 
27  600 

26  000 
29  200 
32000 
35000 
90000 
54  000 
22  600 
74  000 
64  000 
74  000 

280000 

346  000 

44  000 

27  000 
66  000 
58  200 

28  800 

1s 


c  ^ 


'c  W 


0)  -u 

i  o 
o  i^ 


2080000 


67 
54 
76 
70 
80 
73 
62 
48 
69 
65 
60 
53 
44 
90 
54 
20 
72 
47 
46 
56 
35 

110 
94 

120 
88 
48 
30 
40 


36 
58 
44 
22 
14 
28 
30 
13 
38 
15 
54 
46 


136  ^*  ^i^  Wasserversorgung  der  Ortschaften. 

F.  Zuleitung  vom  Hochreservoir  bis  zum 
Stadtrohmetz. 

Die  Zuleitung  vom  Hochreservoir  bis  zum  Beginn  des  Stadtrohrnetzes 
—  der  Hauptspeisestrang  des  Verteilungsnetzes  —  .  erfolgt  mittels  eisernen 
Röhren,  welche  nach  dem  Stundenmaximum  am  Tage  des  größten  Verbrauches 
zu  berechnen  sind.  Zu  diesem  hieraus  resultierenden  sekundlichen  maximalen 
Quantum  ist  noch  zu  addieren  der  Bedarf  von  ca.  4 — 6  sl.  für  je  einen 
Hydranten,  welcher  bei  Feuersgefahr  oder  Strafienbespritzung  gleichzeitig  in 
Aktion  treten  soll  (zumeist  werden  zwei  Hydranten  als  gleichzeitig  in  Betrieb 
gesetzt  angenommen).  Für  kleinere  Ortschaften  wird  wohl  der  großen  Kosten 
wegen  der  Hydrantenbedarf  und  das  Konsummaximum  gleichzeitig  nicht  in 
Rechnung  gestellt  werden,  wodurch  ein  kleinerer  Hauptrohrdurchmesser 
resultiert,  was  jedoch  nur  dann  von  wesentlichem  Belang  ist,  wenn  der 
Hauptspeisestrang  zur  Stadt  eine  größere  Länge  besitzt.  Es  sei  femer  er- 
wähnt, daß  man  bei  der  Berechnung  der  Geschwindigkeit  in  den  Rohr- 
strängen der  Verteilungsleitungen  Vnutx.  =  1  m  anzunehmen  pflegt,  um  allzu 
große  hydraulische  Stöße,  die  ohnehin  doppelt  so  groß  wie  der  Arbeits- 
(Betriebs-)  Druck  werden  können,  zu  vermeiden.  Andererseits  soll  Vmin.  >  0,25  m 
sein,  um  Ablagerungen  von  Sedimenten  hintanzuhalten.  Die  Legung  dieses 
Hauptstranges  geschieht,  wie  bei  allen  Eisenröhren,  in  1,50  m  Tiefe,  mit  den 
Muffen  gegen  den  Wasserlauf,  die  Dichtung  der  Röhren  mit  Hanfstricken 
und  Blei.  Beim  Beginn  der  Abzweigungen  —  also  Beginn  des  eigentlichen 
Stadtrohrnetzes  —  wird  der  Übergang  der  verschiedenen  Rohrkaliber  entweder 
durch  eigene  Fassonröhren  oder  mittels  eines  Teiltopfes  vermittelt,  über 
welchen  später  gesprochen  werden  soll. 

G.  Stadtrohmetz. 

Das  Stadtrohmetz  bezweckt  die  eigentliche  Verteilung  des  Wassers  im 
Versorgungsgebiete.  Dasselbe  kann  entweder  a)  nach  dem  Zirkulations-  oder 
b)  nach  dem  Verästelungssystem  angeordnet  sein;  bei  ersterem  sind  die  Rohr- 
leitungen alle  polygonal  verbunden,  es  gibt  daher  keine  Endpunkte  der  Rohr- 
stränge. Im  allgemeinen  pflegt  man  dem  Zirkulationssystem  den  Vorteil  der 
Verhinderung  von  Ablagerungen,  von  Stagnation  des  Wassers,  also  der  Er- 
höhung der  Temperatur,  zuzuschreiben.  Weiter  kann  bei  Feuersgefahr  ein 
Hydrant  zugleich  von  verschiedenen  Strängen  (durch  entsprechende  Schieber- 
stellungen) aus,  also  viel  kräftiger  versorgt  werden.  Dort,  wo  viel  oder 
alles  Wasser  durch  Hausleitungen  abgegeben  wird,  wird  man  überhaupt  nur 
dieses  System  anwenden.  Werden  beim  Verästelungssystem  an  den  End- 
punkten Sparbrunnen  mit  permanenten  Ausläufen  aufgestellt,  dann  ist  dieses 
System  das  billigere  und  entfällt  der  Nachteil  der  Stagnation.  Im  übrigen 
ist  zumeist  die  Situation  der  Stadt  ausschlaggebend  für  die  Wahl  des  Rohr- 
netzsystems. Die  Berechnung  erfolgt  bei  Beobachtung  einer  einzuhaltenden 
minimalen  Überdruckhöhe  wegen  der  Hydranten  in  der  Weise,  daß  jeder 
Rohrstrang  ein  gewisses  Wasserquantum  vom  Hauptstrange  erhält,  unterwegs 
an  verschiedenen  Stellen  (Hausleitungen  oder  öffentliche  Brunnen)  Wasser 


F.  Zaleitnng  vom  Hochreservoir  bis  zun  Stadtrohmetz.  —  G.  Stadtrohmetz.  137 

abzugeben  hat  und  ein  weiteres  Quantum  zur  Versorgung  von  kleineren 
Rohrsträngen  an  seinem  Ende  noch  weiterführt,  wobei  auch  der  sogen,  eigene 
Bedarf  berücksichtigt  werden  muß,  also  das  dem  Inhalte  des  Rohrstranges 
von  der  Länge  /  und  dem  Durchmesser  d  entsprechende  Wasserquantum,  mit 
welchem  der  Rohrstrang  stets  gefüllt  erscheint. 

In  einzelnen  Fällen,  wo  über  viel  Wasser,  jedoch  nur  über  sehr  geringe 
Druckhöhen  verfügt  wird,  das  Wasser  also  nicht  in  die  Stockwerke  geleitet 
werden  kann,  werden  kleinere  Ortschaften  einfach  durch  Aufstellung  einer 
gewissen  Anzahl  permanent  laufender,  öffentlicher  Auslaufbrunnen  versorgt. 
Hier  entfällt  die  Anlage  eines  eigenen  Hochreservoirs  und  von  Hydranten, 
und  ist  auch  die  Berechnung  des  Rohrnetzes  eine  sehr  einfache.  Bei  größeren 
Städten  und  lokal  ungleich  großer  Wasserabgabe  wird  man  eigene  Tabellen 
aufstellen,  wobei  zu  bemerken  ist,  daß  bei  der  Berechnung  der  Druckhöhen 
der  Sicherheit  wegen  die  Kote  der  Reservoirsohle  als  Druckhorizont  (hydro- 
statische Druckhöhe)  angenommen  wird. 

Die  Berechnung  erfolgt  der  Sicherheit  wegen  unter  Annahme  eines 
Verästelungssystems.  Der  Hauptstrang  wird  einerseits  durch  die  größten 
(belebtesten)  Straßen,  überhaupt  dort  geführt,  wo  der  größte  Wasserkonsum 
erwartet  werden  muß,  wenn  nicht  lokale  Verhältnisse  die  Situierung  des 
Hauptstranges  überhaupt  feststellen.  Die  Berechnung  erfolgt  unter  Annahme 
einer  Geschwindigkeit  v=\  m  (gleichzeitig  als  Maximum),  wo  Überschuß  an 
Druckhöhe  vorhanden  ist.  Als  kleinster  Rohrdurchmesser  ist  in  größeren 
Städten  rf=80  mm  bei  Hydrantenaufstellung,  sonst  in  kleinen  Ortschaften 
^=60  mm  zu  wählen,  und  auch  bei  den  kleinsten  Anlagen  ohne  Hydranten 
für  die  öffentlichen  Rohrstränge  nie  unter  40  mm  Durchmesser  (wegen 
Inkrustation)  zu  gehen. 

Der  Wasserbedarf  wird  entsprechend  auf  die  einzelnen  Straßen  (mit 
Berücksichtigung  des  Bevölkerungszuwachses  und  der  künftigen  Verbauung) 
verteilt  und  alle  100  m  ein  Hydrant  angenommen,  der  für  kleinere  Ort- 
schaften 4,  für  größere  Städte  5 — 6  sl.  konsumiert. 

Für  kleinere  Ortschaften  werden  wir  also  bei  Feuerhydranten  die  letzte 
Strecke  des  kleinsten  Endrohrstranges  für  Q  =  4:  sl.  zu  rechnen  haben.  Bei 
t;=  1  m  ist  die  Fläche  eines  Rohres  von: 

rf=0,06  m,  /=  0,0028  m«, 
^=0,08  m,  y7=  0,0050  m«, 
es  ist  also  in  diesem  Falle  als  Minimum  ein  Rohrdurchmesser  von  80  mm  zu 
wählen,  wenn  der  Hydrant  nach  dem  Verästelungssystem  berechnet  wird, 
d.  h.  nur  von  einer  Seite  das  Wasser  erhält.  Beim  Zirkulationssystem  kann 
in  Fällen,  wo  größte  Sparsamkeit  eingehalten  werden  muß,  ein  Rohrdurch- 
messer von  rf  =  60  mm  (ö  =  2  x  2,8  =  5,6  sl.)  ausreichen. 

Für  den  anderen  Wasserbedarf  exkl.  der  Hydranten  werden  also  bei 
v=l  m  für  einen  Wassertransport  von: 

Q  =  2,8  sl.  noch  ^=60  mm, 
0  =  2,0  sl.      „      d  =  bO  mm, 
0  =  1,0  sl.      „      rf=40  mm 
Rohrdurchmesser  genügen. 


138 


I.  Die  Wasserversorgung  der  Ortschaften. 


Der  Druck  Verlust  ist  für  die  einzelnen  Strecken  des  Hauptstranges  von 
gleichem  Durchmesser  separat  derart  zu  rechnen  (siehe  Fig.  56),  daß  am 
letzten  Punkte  beispielsweise  noch  ein  Hydrant  mit  jß  =  3  sl.  und  einer 
hydraulischen  Druckhöhe  A"  gleich  dem  dort  notwendigen  Überdruck  gespeist 
werden  kann.  Die  gefundenen  Durchmesser  sind  immer  auf  die  nächst 
höheren,  fabriksmäßig  erzeugten  Rohrkaliber  abzurunden.  Bei  dieser  Be- 
rechnung kann  man  sich  mit  Vorteil  des  Graphikons  auf  Tafel  V  (1.  Band) 
bedienen.  Im  Längenprofil  obiger  Fig.  56  ist  die  Sperrmaßlinie  für  H 
irrtümlich  bis  zum  Nivellementhorizont  gezeichnet;  de  facto  ist  aber 
H  =  h'  +  h"  +  h"\  Bezüglich  der  Berechnung  des  Stadtrohrnetzes  siehe  auch: 
Lueger,  Wasserversorgung  der  Städte  (Darmstadt  1895);  Kresnik,  Zur 
günstigsten  Anlage  städtischer  Wasserleitungen  (Zeitschrift  des  österreichischen 


Fig.  56.    Längenprofll  und  Situationsplan  des  Stadtrohrnetzes. 


Ingenieur-  und  Architektenvereins,  Wien  1895  und  1903);  Müller,  Graphische 
Bestimmung  für  Wasserversorgungsanlagen  (Österreichische  Monatsschrift  für 
den  öffentlichen  Baudienst,  1896). 

Was  die  Verteilung  der  Hydranten  anbelangt,  so  werden  dieselben  in 
der  Regel  in  Entfernungen  von  100  m  entweder  auf  den  Rohrstrang  auf- 
gesetzt oder,  durch  kleine  Seitenstränge  verbunden,  seitwärts  an  Orten 
plaziert,  welche  auf  Kreuzungspunkten  von  Gassen  so  gelegen  sind,  daß  im 
Falle  ihrer  Benutzung  keine  Verkehrsstörung  eintritt.  Dort,  wo  öffentliche 
Brunnen  aufgestellt  werden,  wird  die  Verteilung  und  Lokalisierung  nach  den 
örtlichen  Verhältnissen  anzupassen,  also  eine  verschiedene  sein. 

Bezüglich  der  Kalibrierung  der  Rohre  ist  neben  dem  bereits  Angeführten 
noch  zu  berücksichtigen,  daß  dieselbe  auch  eine  bauökonomische  sein  soll. 
Abgesehen  von  dem  unnötig  großen  Mehraufwande  haben  solche  in  bezug  auf 
das  fortzuleitende  Wasserquantum  zu  groß  dimensionierte  Rohrkaliber  den 
Nachteil,   daß   infolge   der  geringen  Geschwindigkeit   das  Wasser  an  Frische 


G.  Stadtrohrnetz.  139 

einbüßt.     Für  die  Verzinsung  und  Amortisation   der  Anlagekosten  a  eines 
Wasserwerkes  haben  wir  eine  jährliche  Abschlagsquote  C: 


■=f('+^/) 


zu  leisten.  Nehmen  wir  eine  Bausumme  (Anlagekapital)  «  =  1000  K,  die 
Verzinsung  ^  =  5^/0  =  0,05,  die  Amortisationsfrist  «  =  50  Jahre  an,  so  erhalten 
wir  eine  Verzinsungs-  und  Amortisationsquote  von: 

1000  /         50  +  1  \ 

C  =  -^^(l+ ^•0,05]  =  25K  50  Heller. 

Auf  diese  Weise  werden  wir  auch  die  Quoten  für  verschiedene  Rohrdurch- 
messer berechnen  und  danach  das  ökonomischste  Kaliber  wählen  können. 

Die  Kosten  der  fertigen  Rohrleitungen  setzen  sich  zusammen  aus 
den  Kosten  der  Rohrlieferung  loco  Baustelle,  den  Kosten  des  Legens  und 
Dichtens  der  Rohre  mit  Hanfstricken  und  Blei  und  den  Kosten  des  Graben- 
aushubes und  Wiederanschüttens  samt  Stößeln  des  eingebrachten  Materials. 

Die  Kosten  der  Rohrlieferung  selbst  setzen  sich  wieder  zusammen  aus 
dem  sogen.  Grundpreis  pro  100  kg  Rohrguß  loco  Eisenwerk,  welcher 
Schwankungen  ausgesetzt  ist  und  infolge  der  allgemeinen  Kartellierung  der 
Eisengießereien  heute  sehr  emporgeschnellt  ist.  Derselbe  beträgt  zurzeit  (1907) 
19—20  K  pro  100  kg  loco  Werk. 

Zu  diesem  Grundpreis  erfolgt  für  kleinere  Röhren  (unter  300  mm  Durch- 
messer) noch  ein  Zuschlag,  welcher  bei  rf=  40  mm  4*/^  K,  bei  rf=  50  mm  3^/2  K, 
bei  rf=  60  mm  2^2  K,  bei  rf=  70  und  80  mm  l^/a  K,  bei  d=  90—175  mm  1  K 
und  ^==200—275  mm  ^/^  K  beträgt. 

Bei  Flanschenröhren  erfolgt  pro  Flansche  je  nach  Durchmesser  ein  Zu- 
schlag von  0,85—50  K  (letzterer  für  e/=  1200  mm). 

Bei  Projekten  wird  generell  gewöhnlich  für  einfache  Fassonröhren  pro 
100  kg  ein  Zuschlag  von  4  K,  für  appretierte  Fassons  (abgehobelte  Flanschen, 
Bohrlöcher  etc.)  8  K  angenommen.  Die  in  einem  Stadtrohrnetz  einzubauenden 
Fassonröhren  werden  bei  Generalprojekten  nur  geschätzt,  und  zwar  pflegt  man 
zum  gerechneten  Bedarf  an  normalen  Muffenröhren  5^/o  für  Fassons  zuzu- 
schlagen. 

Zu  diesem  loco  Werkpreis  werden  nun  noch  die  Transportspesen, 
Asphaltierung,  Druckproben  im  Rohrgraben  hinzuzurechnen  sein. 

Zu  diesen  normalen  Kosten  kommen  in  jenen  Fällen,  wo  beim  Rohr- 
grabenaushub auf  viel  Wasser  gestoßen  wird,  die  Kosten  der  Wasserhaltung 
hinzu,  die  entweder  approximativ  als  Pauschale  eingesetzt  oder  als  Regie- 
arbeit verrechnet  werden.  Bei  Annahme  eines  Grundpreises  für  Eisenrohrguß 
von  20  K  pro  100  kg  loco  Eisenwerk  bezw.  24  K  loco  Bauplatz,  in  welchem 
alle  Transportspesen,  Asphaltierung,  Rohrproben,  Bauaufsicht  und  Unter- 
nehmergewinn enthalten  sind,  erhalten  wir  nachstehende  Kosten  pro  lfd.  m 
Rohrstrang  auf  Basis  der  deutschen  Normalgewichte  für  gußeiserne  Röhren. 


140 


I.  Die  Wasserversorgung  der  Ortschaften. 


Preistabelle   für  die  Herstellung  kurrenter  Oufsrobrstrttnge   einschl.   der  Brdarbeiten. 

(Karrente  MufTenröhren.) 


Preis  pro  lfd. 

m  in  Kronen: 

Darchmesser 

in 

Rohrpreise 

Legen 

Erdarbeit 

Millimeter 

loco 

und 

1,5  m 

Zusammen 

Bauplatz 

Dichten 

Deckung 

40 

2,85 

0,75 

1,30 

4,90 

50 

3,25 

0,80 

1,30 

5,35 

60 

3,95 

0,85 

1,30 

6,10 

70 

4,20 

0,95 

1,40 

6,55 

80 

5,05 

1,05 

1,40 

7,50 

90 

5,60 

1,16 

1,40 

8,15 

100 

6,30 

1,30 

1,40 

9,00 

125 

7,90 

1,40 

1,40 

10,70 

150 

9,80 

1,65 

1,40 

12,85 

175 

11.95   . 

1,90 

1,40 

15,25 

200 

14,20 

2,20 

1,50 

17,90 

225 

16,50 

2,45 

1,50 

20,45 

250 

18,90 

2,80 

1,50 

23,20 

275 

21,75 

3,05 

1,50 

26,30 

300 

23,95 

3,35 

1,60 

28,90 

325 

26,60 

3,56 

1,60 

31,75 

350 

29,40 

3,80 

1,70 

34,90 

375 

31,30 

4,00 

1,70 

37,00 

400 

35,00 

4,20 

1,70 

40,90 

425 

37,00 

4,40 

1,80 

43,20 

450 

40,55 

4,80 

1,80 

47,15 

475 

44,10 

5,15 

2,00 

51,25 

500 

48,20 

5,50 

2,10 

55,80 

550 

64,60 

5,90 

2,20 

62,70 

600 

61,95 

6,40 

2,30 

70,65 

650 

70,60 

6,95 

2,50 

80,05 

700 

80,35 

7,50 

2,70 

90,55 

750 

90,55 

7,90 

2,90 

101,35 

800 

101,85 

8,25 

3,10 

113,20 

900 

123,70 

8,60 

3,30 

135,60 

1000 

147,00 

9,50 

3,80 

160,30 

1100 

175,50 

11,00 

4,20 

190,70 

1200 

208,00 

14,50 

5,00 

227,60 

Anmerkung  zu  Erdarbeit.     Zuschlag  für  Felsaushub: 

Granit,  Gneis,  Porphyr  pro  m^ 

Kalk  und  Sandstein  pro  m' 


8,40  K. 
6,50  „ 


Die  Gewichte  der  normalen  Gußröhren  sind  aus  nachstehender  Normal- 
tabelle  zu  entnehmen.  Die  Röhren,  welche  im  Werke  einem  Probedruck  von 
15 — 20  Atmosphären  ausgesetzt  werden,  reichen  für  alle  Wasserleitungen  bis 


G.  SUdtrohmetz. 


141 


Normaltabelle 
für  gufseiseme,  stehend  gegossene  Muffen-  und  Planschenröhren. 

Deutsche  Vereinsnormale  fUr  10  Atmosphären  Betriebsdrack  und  max.  20  Atmosphären  Probedruck. 


messer 
es 

Banlänge 

Wand- 
stärke 

Spezifisches  Gewicht  des  Gußeisens  =  7,260. 

Durch 

Berechnetes  Gewicht  in  Kilogrammen: 

d 

1 

^ufTenrohre 

Flanschenrohre 

Rohres  in 

. 

A^«^iaa  %^0      AM* 

Millimeter 

m 

m 
MiUi- 

per 

1  m 

des 

per 

1  m 

des 

Muflfen- 

Flan- 
schen- 

meter 

exkl. 

inkl. 

Rohres 

exkl. 

inkl. 

ganzen 

Rohres 

innerer 

änfierer 

Ro 

hre 

der 

Muffe 

der  Flanschen 

40 

66 

2,5 

2 

8 

8,76 

10,09 

20,18 

8,76 

10,64 

21,28 

50 

66 

2,5 

2,5 

8 

10,67 

12,14 

29,60 

10,67 

12,98 

26,96 

60 

77 

3 

2,5 

8,5 

13,26 

15,21 

37,00 

13,26 

16,22 

32,44 

70 

87 

3 

3 

8,6 

16.20 

16,65 

49,95 

16,20 

17,34 

52,02 

80 

98 

3 

3 

9 

18,24 

19,94 

69,81 

18,24 

20,80 

62,40 

90 

108 

3 

3 

9 

20,29 

22,19 

66,67 

20,29 

23,20 

69,61 

100 

118 

3 

3 

9 

22,34 

24,41 

73,22 

22,34 

25,65 

76,94 

125 

144 

3 

9,6 

29,10 

31,65 

118,90 

29,10 

38,27 

99,82 

150 

170 

3 

10 

36,44 

39,74 

165,60 

36,44 

41,57 

124,70 

175 

196 

3 

10,6 

44,36 

48,36 

189,50 

44,36 

50,30 

151,00 

200 

222 

3 

11 

62,86 

57,66 

226,00 

62,86 

60,00 

180,00 

225 

248 

3 

11,6 

61,96 

67,57 

264,00 

61,96 

69,30 

207,89 

250 

274 

3 

12 

71,61 

76,51 

306,06 

71,61 

80,26 

240,79 

275 

300 

4 

3 

12,6 

81,86 

87,48 

349,91 

81,86 

91,46 

274,37 

300 

326 

3 

13 

92,68 

09,13 

396,60 

92,68 

102,89 

308,68 

325 

352 

3 

13,6 

104,08 

111,29 

446,16 

104,08 

117,07 

361,20 

350 

378 

3 

14 

116,07 

124,13 

496,61 

116,07 

130,26 

390,79 

375 

403 

3 

14 

124,04 

132,61 

630,43 

124,04 

140,23 

420,70 

400 

429 

3 

14,6 

136,89 

146,68 

686,71 

136,89 

153,85 

461,55 

425 

454 

3 

14,6 

145,16 

155,46 

621,82 

146,15 

163,58 

490,73 

450 

480 

3 

16 

168,87 

170,10 

680,38 

168,87 

178,80 

636,39 

475 

506 

3 

16,6 

173,17 

185,41 

741.65 

173,17 

194,78 

684,33 

500 

532 

4 

3 

16 

188,04 

201,66 

806,64 

188,04 

211,17 

633.50 

550 

583 

3 

16,6 

212,90 

228,49 

913,94 

212,90 

242,42 

727,26 

000 

634 

3 

17 

238,90 

256,69 

1026,75 

238,90 

270,51 

811,52 

050 

686 

3 

18 

273,86 

294,64 

1178,54 

273,86 

307,28 

921,24 

700 

738 

3 

19 

311,15 

335,66 

1342,64 

311,15 

348,82 

1046,46 

750 

790 

. 

3 

20 

360,76 

378,58 

1514,33 

360;76 

390,63 

1171,90 

800 

842 

^ 

21 

392,69 

425,01 

1700,03 

392,70 

430,80 

1723.00 

900 

945 

4 

22,5 

472,76 

512,80 

2051,21 

472,70 

514,30 

2067,00 

1000 

1048 

24 

659,76 

608,76 

2436,03 

559,80 

604,60 

2418,00 

1100 

1152 

26 

666,81 

727,75 

2911,00 

666,80 

725,80 

2903,00 

1200 

1256 

28 

783,15 

856,78 

3427,10 

783,10 

1 

845,60 

3382,00 

142  '•  I^i®  Wasserversorgung  der  Ortschaften. 

rund  100  m  hydrostatische  Druckhöhe  (10  Atmosphären)  aus,  auf  welchen 
Druck  auch  die  im  Handel  vorkommenden  Akzessorien  des  Rohrnetzes 
konstruiert  sind.  Trotzdem  zumeist  viel  geringere  Inanspruchnahmen  vor- 
kommen, soll  man  mit  Rücksicht  auf  unvermeidliche  hydraulische  Stöße  nie 
schwächere  Röhren  (mit  geringer  Wandstärke)  verwenden.  Solche  schwächere 
Röhren  werden  von  einzelnen  Werken  für  8  Atmosphären  Probedruck  ge- 
gossen, abgesehen  von  den  sogen,  schottischen  Röhren,  ganz  dünnwandige 
Abflußröhren  für  Ausgüsse,  Aborte  etc.,  welche  überhaupt  keinem  Druck  aus- 
zusetzen sind. 

Die  Röhren  sollen  sowohl  einzeln  wie  auch  im  Rohrgraben,  als  Rohrstrang 
gelegt,  vor  dem  Zuschütten  einem  Probedruck  (mittels  hydraulischer  Rohr- 
presse) gleich  dem  l^/g  fachen  bis  doppelten  hydrostatischen  Drucke  aus- 
gesetzt werden. 

Die  Grabensohle  wird  in  die  Nivellette  der  Rohrunterkante  gelegt,  und 
werden  in  derselben  bei  jedem  Rohrstoß  sogen.  Muffenlöcher  ausgegraben, 
um  die  Dichtung  vornehmen  zu  können.  Je  nach  der  Standfähigkeit  des 
Bodenmaterials  werden  in  gewissen  Strecken  in  der  Rohrgrabentrace  1 — 2  m 
breite  Streifen  Boden  gelassen,  welche  nicht  ausgehoben,  sondern  an  der 
Sohle  stollenartig  durchgraben  werden;  diese  Erdklötze  dienen  zur  Versteifung 
der  langen  Grabenwände,  welch  letztere  überdies  bei  leichtem  Materiale  mit- 
unter ausgepölzt  werden  müssen.  Die  Dichtung  der  Muffenröhren  erfolgt  in 
der  Weise,  daß  in  die  völlig  getrockneten  Muffen  zuerst  Hanfstricke  ein- 
gestemmt werden,  worauf  der  übrige  Raum  mit  Blei  ausgegossen  wird, 
welches  man  nachträglich  verstemmt. 

Um  das  Eingießen  des  Bleies  zu  ermöglichen,  wird  um  den  äußeren 
Muffenrand  ein  nasser  Hanfstrick  gelegt,  derselbe  hierauf  mit  einer  fetten 
Lehmlage  umgeben  und  gut  verschmiert  und  nun  der  Strick  oben  wieder 
herausgezogen,  an  welcher  Stelle  dann  das  Eingußloch  für  diese  Lehmform, 
entsprechend  konisch  erweitert,  offen  bleibt.  Nach  dem  Guß  wird  der  Lehm- 
ring entfernt,  das  Blei  mit  eigenen  Rohrstemmern  verstemmt  und  die 
Oberfläche  glatt  abgeschnitten. 

Flache  Kurven  in  vertikalem  oder  horizontalem  Sinne  werden  nicht 
mit  Bogenstücken,  sondern  aus  geraden  Röhren  gebildet,  wobei  das  sogen. 
Schwanzende  (glatte  Ende)  des  einen  Rohres  in  die  Muffe  des  anderen 
Rohres  etwas  exzentrisch  eingestellt  wird,  doch  nur  unter  einem  solchen 
flachen  Winkel,  daß  überall  noch  genügend  Raum  für  die  Bleidichtung  übrig 
bleibt.  Statt  Gußeisenröhren  werden  auch  die  sogen.  Mannesmann- 
Stahlrohre  verwendet,  welche,  durch  die  Fabrikationsweise  bedingt,  in 
wechselnden  Längen  von  3 — 8  m  und  mehr  erzeugt  werden.  Um  diese  dem 
Rosten  viel  leichter  ausgesetzten  Röhren  vor  der  Oxydation  zu  schützen, 
werden  sie  innen  heiß  asphaltiert  und  außen  mit  einer  gleichfalls  asphaltierten 
Hülle  aus  Jutestreifen  überzogen.  Ihre  Wandstärke  ist  viel  geringer,  also 
auch  das  Gewicht  pro  lfd.  m  ein  kleineres  und  die  Manipulation  beim  Legen 
eine  leichtere,  die  Transportkosten  geringere;  dieselben  können  dem  2 — 3 fachen 
Maximaldruck  der  Gußröhren  unterzogen  werden.  Ihr  Preis  ist  jedoch  zur- 
zeit noch  insoweit  ein  hoher,  indem   sie   nur  für  die  kleineren  Durchmesser 


H.  Fassonröhren  uiid  Akzessorien  der  Rohrleitangen.  X43 

mit  Rücksicht  auf  die  geringeren  Dichtungskosten  pro  lfd.  m  konkurrieren 
können  und  Röhren  von  großem  Durchmesser  überhaupt  noch  nicht  her- 
gestellt werden.  Die  Fassonröhren  können  ferner  nicht  aus  diesem  Material 
direkt,  sondern  nur  durch  Annietung  von  Ansatzröhren,  Muffen,  Flanschen  etc. 
hergestellt  werden.  Da  die  Mannesmannröhren  eine  Durchbiegung  gestatten 
und  ihrer  größeren  Länge  wegen  weniger  Dichtungsstellen  benötigen,  ist  ihre 
Verwendung  insbesondere  bei  nachgiebigem  Untergrunde,  bei  Unterleitungen 
und  Überführungen,  sowie  bei  großem  Drucke  anzuempfehlen.  Sie  bedürfen 
jedoch  auch  einer  sorgfältigeren  Behandlung  beim  Transport  und  beim  Ver- 
legen, um  jede  Beschädigung  der  rostverhindernden  Hülle  zu  vermeiden. 

Von  der  Verwendung  gewöhnlicher  Gasröhren,  welche  von  manchen 
Unternehmungen  bei  kleinen  Anlagen  der  Billigkeit  wegen  anempfohlen 
werden,  ist  mit  Rücksicht  auf  den  an  und  für  sich  zu  kleinen  Durchmesser 
und  die  Verstopfung  durch  Rostbildung  abzuraten. 

H.  Fassonröhren  und  Akzessorien  der  Rohrleitungen. 

Der  Hauptsache  nach  bestehen  die  Rohrleitungen  aus  den  normalen, 
3 — 4  m  langen,  stehend  gegossenen,  innen  und  außen  heiß  asphaltierten 
Muffei\röhren.  In  selteneren  Fällen  werden  normale,  2 — 3  m  lange 
Fl  ansehen  röhren  verwendet,  deren  Dichtung  mittels  Kautschuk-,  Blei-  oder 
Lederringe  und  Verschraubung  erfolgt.  Bei  kleinen  Durchmessern  genügen 
4,  bei  mittleren  6,  bei  großen  Röhren  8--12  Schrauben.  Neben  diesen 
normalen  geraden  Röhren  sind  in  jedem  Rohrnetze  noch  sogen.  Fasson- 
röhren erforderlich.  Zu  denselben  gehören  die  segm entförmigen  Bogen- 
rohre  (Fig.  57  No.  XIV  oder  im  Handel  mit  K  stück  bezeichnet),  meist  2  m 
lang,  für  längere  Bogen  notwendig.  Für  schärfere  Winkel  in  geraden 
Leitungen  werden  sogen.  Krümmer  verwendet,  und  zwar  mit  Zentriwinkel 
von  90  <>  und  125  <>.  Die  häufigsten  Formen  der  geraden  Fassonröhren  sind 
in  Fig.  57  No.  I— XIV  abgebildet.  Neben  diesen  können  noch  andere 
Kombinationen  vorkommen,  und  ist  bei  Bestellung  bei  dem  Eisenwerke  dem 
Verzeichnisse  über  Fassons  die  jeweilige  Skizze  in  geraden  Linien,  die 
Flansche  mit  einem  kurzen  Querstrich,  die  Muffe  mit  einem  kleinen  Bogen- 
segment  angedeutet  beizugeben. 

Beschreibung. 
Fassonrohr  No.       I:  Abzweigrohr  mit  zwei  Flanschen, 

„  „II:  gerades  Fassonrohr  mit  zwei  Flanschen, 

„  „       III:  gerades  Fassonrohr  mit  einer  Flansche  (F  stück), 

„  „IV:  Trompetenrohr  klein, 

„  „V:  Trompetenrohr  groß, 

„  „      VI:  Abzweigrohr  mit  Muffe  und  Flansche  (A stück), 

„  „     VII:  Abzweigrohr  mit  Muffe  und  zwei  Flanschen, 

„  „    VIII:  Muffenrohr  mit  kleiner  Flanschenabzweigung  (A  stück), 

„      IX:  Muffenrohr  mit  kleiner  Muffenabzweigung  (B  stück), 
„  „X:  Muffenrohr    mit    kleiner    schiefer    Muffenabzweigung 

(C  stück). 


144 


I.  Die  Wasserversorgung  der  Ortschaften. 


Fassonrohr  No.  XI:  Reduktionsmuffenrohr  (R  stück), 
„  „    XII:  T  stück  mit  drei  Muffen, 

„  XIII:  Übermuffe  (U  stück), 
„  „  XIV:  Bogenrohr  (K  stück). 


Nio  II. 


r 


Nioill. 


I         IV.  V.  I 

211     TU 


N*^?  VI. 


Fig.  57.    Faasonröhren  (I— XIV). 

Die    kurzen   Anschlußröhren   für   die    Flanschenschieber    und    ähnliche 
längere  Rohre  werden  im  Handel  mit  E  stück  (Muffen-Flanschenrohr),  F  stück 


H.  Fassonröhren  und  Akzessorien  der  Rohrleitungen. 


145 


No.  vm 

„       IX 

„        X 

„     XII 

„    XIU 
..    XIV 


>.80^ 


(Flanschenrohr  wie  No.  III)  bezeichnet.  Um  Enden  von  Rohrleitungen  zu 
dichten,  werden  bei  Muffen  eigene  Endkapseln  (Endstöpsel),  bei  Flanschen 
sogen.  Blindflanschen  gegossen.  Die  Übermuffen  dienen  zur  Wieder- 
dichtung von  gesprungenen  oder  durchgestemmten  Röhren.  Die  Dimensions- 
verhältnisse einzelner  Fassonröhren  sind  z.  B.  nachstehende: 

/  fl  =  150  mm  -h  0.6  </+  0,1  D, 
\  Ä  =  140  mm  +  0,2  rf+  0,5  Z), 
I  ö  =  150  mm  -h  0,6  rf+  0,1  D, 
\b=    90  mm -f  0.2  e/+ 0,5  Z), 

c=  80  mm  +  0,1  D, 
(  fl  =  150  mm  +  0,7  D, 
\b=    90  mm  4-  0,7  D, 

/=260mm  +  0,4  A 

Radius  r=lOD  (als  Lager-Normale,  überdies 
in  allen  anderen  Radien  auf  Bestellung  anzu- 
fertigen. 
Alle  Fassons  sind  liegend  gegossen,   daher  schwerer  wie  die  normalen 
Rohre.     Bei  den  Kostenanschlägen  wird  diesem  Umstände  dadurch  Rechnung 
getragen,  daß  je  nach  Häufigkeit  der  Fassons 
ein  Zuschlag  von  5 — 6  ^/q  zu  dem  gerechneten 
Gewichte  der  normalen  Röhren  für  die  Fassons 
approximativ  gegeben  wird.    Da  auch  die  Ge- 
wichte der  normalen  Röhren  etwas  variieren, 
wird  auch  bei  diesen  ein  Toleranzgewichtszu- 
schlag von  1 — 2^\q  in  Rechnung  gesetzt.     Zu 
den  Akzessorien  des  Rohrnetzes  (Nebenbe- 
standteilen desselben)  gehören  insbesondere: 

I.  Die  Wasserschieber. 

Da  die  Öffnung  oder  Schließung  der 
Durchflußöffnungen  zur  Vermeidung  hydrauli- 
scher Stöße  äußerst  langsam  erfolgen  soll,  so 
hat  man  schon  seit  längerer  Zeit  die  früher 
verwendeten  Konushähne  in  den  öffentlichen 
Rohrsträngen  durch  Schieber  ersetzt.  Die- 
selben können  als  Muffen-  oder  Flanschen- 
schieber gebaut  sein.  Der  Schieber  besteht 
aus  dem  Schiebergehäuse  mit  der  Stopfbüchse 
(aus  Eisenguß),  dem  eigentlichen  keilförmigen 
Ringschieber,  welcher  aus  Gußeisen  hergestellt 

ist,  jedoch  mit  einer  eingelassenen  ringförmigen  Gleitfläche  und  einer 
Schraubenmutter  aus  Rotguß  (Bronze)  besteht,  endlich  aus  der  gleichfalls  aus 
Rotguß  hergestellten  Schraubenspindel  mit  sehr  flacher  Steigung.  In  dem 
Schiebergehäuse  ist  korrespondierend  mit  dem  Ringschieber  ebenfalls  eine 
ringförmige  Gleitfläche  aus  Bronze  keilförmig  eingelassen,  so  daß  die  beiden 
geschliffenen   Gleitflächen    vollkommen   dichten.     Durch   Drehung   der   fixen 

Friedrich.  Wasserbau.    Zweite  AuHage.    11.  Band.  10 


Flg.  68.    Ansicht  eines  Flansohen- 
sohlebers  ds=80  mm. 


146 


I.  Die  Wasserversorgung  der  Ortschaften. 


Spindelschraube  wird  der  Schieber  in  dem  oberen  domförmigen  Gehäuseteil 
emporgehoben.  Der  Schieber  kann  entweder  mittels  eines  Handrades  bew^t 
werden  (siehe  Fig.  58,  Ansicht  eines  Flanschenschiebers  von  der  Seite  und 
Daraufsicht),  was  die  Anlage  von  Schächten  oder  Schieberkammern  bedingt, 
oder  aber  kann  derselbe  in  die  Erde  eingebaut  werden,  in  welchem  Falle  er 
mit  einer  sogen.  Einbaugarnitur,  bestehend  aus  einer  bis  zum  Terrain 
hinaufreichenden  Aufsteckspindel,  einem  Schutzrohr  (über  diese  Spindel 


FlansohenBchieber  (DaranÜBioht). 


Muffensclileber  (Längenschnltt).  Flanschenechieber  mit  Handrad  (Qaenolinltt). 

Fig.  59.    Schieber  mit  Handrad  oder  Einbaugamitor. 


aufgesteckt)  und  der  Straßenkappe  auszurüsten  ist.  (Fig.  59,  Längenschnitt 
eines  Muffenschiebers  mit  Einbaugarnitur.)  Die  Straßenkappe,  welche  mit 
einem  aufhebbaren  Gußeisendeckel  versehen  ist,  wird  auf  einem  starken 
Eichenpfosten  derart  in  das  Straßenniveau  montiert,  daß  sich  dieselbe  nicht 
setzt,  weil  sonst  beim  Darüberfahren  die  Spindel  gebogen  und  der  Schieber 
nicht  funktionieren  würde.  Die  Straßenkappe  ist  auch  an  nicht  gepflasterten 
Stellen  sorgfältig  zu  umpflastern  oder  mit  einem  Steinkranz  zu  umgeben. 
Fig.  59  zeigt  auch   den   Querschnitt   eines   Schiebers  mit  Handrad   und   die 


H.  Fassooröhren  nnd  Akzessorien  der  Rohrleitungen. 


147 


Daraufsicht   eines  Flanschenschiebers   mit   der  Bezeichnung  der  Haupt-Bau- 
dimensionen, welche  nebst  den  Kosten  aus  folgender  Tabelle  zu  ersehen  sind. 


Lichter  Durchmesser 

Baulänge  B 

des  Flanschen- 

schiebers  in 

Millimeter 

Preis  des  Schiebers 

der 
Durchgangsöfihong 

mit  Handrad 

mit  Einbau- 
gamitar 

in  Millimeter 

K  ö.  W. 

40 

240 

26 

38 

50 

250 

28 

40 

60 

260 

33 

46 

70 

270 

38 

60 

80 

280 

44 

66 

90 

290 

48 

60 

100 

300 

67 

70 

126 

325 

76 

90 

150 

350 

99 

114 

175 

375 

130 

146 

200 

400 

156 

172 

225 

425 

192 

208 

250 

450 

235 

260 

275 

475 

280 

296 

300 

500 

310 

326 

325 

526 

386 

405 

350 

550 

440 

460 

375 

575 

500 

620 

400 

600 

555 

675 

425 

625 

610 

630 

450 

650 

730 

754 

475 

675 

800 

824 

500 

700 

840 

864 

550 

750 

940 

970 

600 

800 

1170 

1200 

650 

850 

1490 

1620 

700 

900 

1730 

1760 

750 

960 

1830 

1870 

800 

1000 

2360 

2390 

900 

1100 

3000 

3040 

1000 

1200 

4110 

4160 

1100 

1300 

5380 

5426 

1200 

1400 

6860 

6876 

Die  anderen  Konstruktionsdimensionen  kleiner  Schieber  sind  aus  der 
Tabelle  auf  Seite  148  zu  entnehmen. 

Auch  hier  werden  bei  größeren  Anlagen  seitens  der  Bauuntemehmungen 
Nachlässe  eingeräumt  werden.  Für  die  Hauseinleitungen  werden  kleine 
Schieber  (Fig.  60,  rf=15  mm)  in  die  Bleirohrleitungen  eingebaut.  Die  Ver- 
bindung mit  den  letzteren  erfolgt  durch  eigene  Verschraubungskuppelungen 
(Holländer,  Fig.  61)  oder  durch  sogen.  Sauger  (Fig.  62). 

10* 


148 


I.  Die  Wasserversorgung  der  Ortschaften. 


Lichter  Durchmesser  D 

40 

50 

60 

80 

100 

125 

150 

175 

Flanschendurchmesser  D^ 

150 

160 

175 

200 

230 

260 

290 

320 

Schraubenlochdurchmesser  D^ 

116 

125 

135 

160 

180 

210 

240 

270 

Schraubenzahl 

4 

4 

4 

4 

4 

4 

6 

6 

Baulänge  B  der  Flanschenschieber    .     . 

240 

250 

260 

280 

300 

325 

350 

375 

Baulänge  B^  der  Muffenschieber  .... 

110 

120 

130 

150 

170 

190 

210 

230 

Handraddurchtnesser  A 

140 

150 

160 

180 

200 

225 

2f.O 

275 

Konstruktionshöhe  H 

268 

292 

306 

355 

394 

455 

508 

562 

Innerer  Durchmesser  des  Schutzrohres  d    . 

50 

50 

50 

50 

60 

60 

60 

60 

Ansicht 


Qnenchnltt. 


Längenschnitt 


Flg.  60.    Schieber  d  » 16  mm. 


Flg.  61. 
Verschraubung  (Holländer). 


Querschnitt  Ansicht 

Fig.  62.    Sanger  (2  =  15  mm. 


Auf  Tafel  X  ist  schematisch  die  Art  der  Anlage  einer  Hausleitung 
(Hauswasserversorgung)  dargestellt.  Der  unter  Druck  stehende  Straßenrohr- 
Strang  wird  mittels  einer  sogen.  Rohrschelle  angebohrt  (Fig.  63).     An  der 


H.  Fassonröhren  und  Akzessorien  der  Rohrleitungen. 


149 


aus  zwei  Teilen  bestehenden,  auf  das  Gußrohr  dicht  aufzuschraubenden  Rohr- 
schelle wird  ein  Kegel-  (Konus)  Hahn  provisorisch  aufgeschraubt,  an  welchem 
der  mit  einer  Stopfbüchse  versehene  Bohrapparat  dicht  befestigt  wird,  mittels 
welchem  durch  den  geöffneten  Konushahn  die  Anbohrung  des  Straßenrohres 
erfolgt.     Ist  die  Wandung  desselben  durchbohrt,  so  wird  der  Bohrer  so  weit 


Ansicht  der  Rohrschelle  und  Längenschnitt  des  Hahnes. 


Ansicht  des  Hahnes  von 
oben. 


Messingrohr  als  Verbindung  mit  dem 
Bleirohr. 


Querschnitt  des  Anbohrhahnes. 
Flg.  68.    RohrscheUe  mit  Anbohrhahn  und  Entwässerung. 


zurückgezogen,  daß  der  Konushahn  wieder  zugedreht  werden  kann,  worauf 
das  Abschrauben  des  Bohrapparates  (Bohrratsche)  und  das  Anschrauben  eines 
Kniesaugers  erfolgt,  an  welchen  die  Bleirohrleitung  durch  Lötung  angeschlossen 
wird.  Vor  dem  Hause  (am  Trottoir)  befindet  sich  der  Hauptabsperrhahn 
mit  Einbaugamitur  (Straßenventil),  dessen  Konstruktion  aus  Tafel  X  zu 
ersehen  ist.  Bis  hierher  werden  diese  „Hausanschlüsse"  in  der  Regel  von 
der  Gemeinde  aus  besorgt,  und  hat  die  letztere  das  Recht,  das  Straßenventil, 
wenn  nötig,  abzusperren.    Die  eventuelle  Absperrung  der  Hausleitung  durch 


150 


I.  Die  Wassenrersorgnng  der  Ortschaften. 


den  Hausbesitzer  erfolgt  durch  einen  eigenen,  gewöhnlich  im  Keller  situierten 
Haupthahn  mit  Handrad,  hinter  welchen  der  Wassermesser  gegebenenfalls 
eingebaut  wird.     Von  dieser  Stelle  aus    kann    eventuell   eine   Verzweigung 


L&ngenschnitt 


Qaenchnitt 


1:20 
QnmdrlB. 
Flg.  64.    Teiltopf  mit  Schacht. 

der  Bleirohrleitungen  nach  dem  Garten,  den  Klosetts,  Badezimmern  und 
Küchenausläufen  etc.  erfolgen.  Alle  Klosettspülungen  und  Zapfhähne  in 
Küchen  und  Korridoren  sind  mit  Syphons  zu  versehen,  überdies  ist  durch  eine 
separate  Abfallrohrleitung  (größere  dünnwandige  Eisenrohre)  für  den  Abfluß 
des  überschüssigen  Wassers  in  den  Hauskanal  Sorge  zu  tragen.  Die  Spülung 
der  Klosetts  erfolgt  seltener  direkt  aus  der  Druckleitung,  sondern  indirekt 


H.  Fassonröhren  und  Akzessorien  der  Rohrleitungen. 


151 


durch  kleine,  6 — 15  1  fassende,  3 — 4  m  über  den  Klosetts  montierte  Blech- 
oder Gußeisenreservoirs,  welche  durch  die  Leitung  gespeist  und  durch  einen 
Schwimmkugelhahn  in  bestimmter  Wasserhöhe  abgeschlossen  werden.  (Mit 
6  1  kann  bereits  bei  Wassermangel  eine  genügende  Spülung  erzielt  werden, 
obwohl  in  das  Projekt  15  1  einzusetzen  sind.)  Für  die  Hausleitungen  (Druck- 
rohrleitung) werden  jetzt  allgemein  geschwefelte  Bleirohre  verwendet  und 
pflegt  man  nachstehende  Lichtweiten  zu  geben: 

bis  ca.     3  Ausläufen  d  =  IS  mm,         bis  20 — 40  Ausläufen  rf  =  30  mm, 
„      „10  „  d=20     „  „     40-60  „  0^=40     „ 

„    10—20  „  d=2b     „  „     60—80  „  d=60     „ 

wobei  von  ^  =  40  mm  an  nicht  mehr  Bleirohre,  sondern  Gußeisenrohre  ge- 
nommen werden. 

IL  Teiltöpfe, 

Der  Hauptspeisestrang  vom  Hochreservoir  zur  Stadt  wird  in  der  Regel 
bis    zu    einem   Straßenkreuzungspunkte    geführt,    von    welchem    nach    2  bis 


'Vi\ 


Fig.  66.    Telltopf  Im  DetaU  (4  armig). 


Fig.  66.    Schachtdeckel  im  Detail. 


3  Richtungen  die  verschiedenen  Hauptstränge  des  Stadtrohmetzes  abzweigen. 
Bei  einer  einfachen  Gablung  des  Rohrstranges  kann  ein  gewöhnliches  Ab- 
zweigstück mit  eingebauten  Schiebern  genügen.  Zweigen  jedoch  drei  oder 
mehr  Leitungen  von  diesem  den  Beginn  des  eigentlichen  Stadtrohrnetzes 
zumeist  markierendem  Punkte  ab,  dann  kann  an  dieser  Stelle  ein  Schacht 
gebaut  werden, .  welcher  einen  Teil  topf  T  mit  den  zugehörigen  Absperr- 
schiebern Si  bis  «4  (Fig.  64)  enthält.  Mit  dem  Teiltopfe  kann  zweckmäßig 
behufs  zeitweiser  Entlüftung  ein  Luftventil,  welches  am  Deckel  desselben  an- 
geschraubt ist,   verbunden  werden.     Durch   diesen  Teiltopf  wird  gleichzeitig 


152 


I.  Die  Wasserversorgung  der  Ortschaften. 


die  Kontraktion  des  Wassers  beim  Eintritt  in  die  Zweigleitungen  auf  ein 
Minimum  herabgedrückt.  Fig.  65  stellt  das  Detail  eines  vierarmigen  Teil- 
topfes im  Längenschnitt  und  Grundriti  (halb  Ansicht,  halb  Horizontalschnitt) 
dar.  Die  Dichtung  des  Deckels  erfolgt  durch  einen  runden  Gummiring  von 
10  mm  Durchmesser.  Der  45/60  cm  weite  Einsteigschacht  ist  durch  einen 
schweren  gußeisernen  Schachtdeckel  (Fig.  66)  verschlossen  und  mit  einem 
Riegelschloß  absperrbar.  Der  Deckel  selbst  wird  nach  öffnen  des  Schlosses 
mittels  eines  in  der  Mitte  befindlichen  losen  Bolzens  gehoben  und  seitwärts 
gelegt.     Das  Schachtobjekt  ist  wasserdicht  zu  mauern  und  einzuwölben. 


IIL  Schlammtopfe. 

An  unzugänglichen  oder  schwer  zugänglichen  tiefsten  Punkten  der 
Rohrleitung,    z.    B.    bei    einer   Unterfahrung    eines   Flusses,    ist   am    tiefsten 

Punkte,  der  auf  eines  der  beiden  Ufer 
verlegt  wird,  oder  dort,  wo  die  Her- 
stellung eines  Spülauslasses  nicht  mög- 
lich oder  zu  teuer  erscheint,  ein 
Schlammtopf  einzubauen,  der  als  ge- 
wöhnlicher zweiarmiger  Teiltopf  mit 
tieferem  Kessel  konstruiert  werden  kann. 
Die  abgelagerten  Sedimente  sind  natür- 
lich nach  längeren  Zeiträumen  zu  ent- 
fernen. Mitunter  wird  in  Fällen,  wo 
das  Wasser  viel  Luft  mitführt,  mit  dem 
Schlammtopfe  ein  selbstwirkendes  Luft- 
ventil (Fig.  67)  verbunden,  welches,  mit 
einer  hohlen  Kupferblechkugel  versehen, 
sich  durch  den  inneren  Druck  des 
Wassers  schließt.  Sammelt  sich  in  dem 
oberen  Teil  dieses  Apparates  viel  Luft 
an,  dann  wird  die  Kugel  herabsinken, 
die  Luft  ausblasen  und  das  Ventil  sich 
wieder  schließen.  Die  Funktionierung  dieser  automatischen  Luftventile  ist 
jedoch  keine  sichere. 

IV.  Luftventile. 

An  allen  höchsten  Punkten  der  Rohrleitung  (Bruchpunkte  in  vertikalem 
und  konvexem  Sinne)  ist  für  die  Möglichkeit  einer  Entlüftung  durch  Einbauung 
von  Luftventilen  dort  Sorge  zu  tragen,  wo  dieselbe  nicht  selbsttätig  durch 
Auslaufbrunnen  oder  öfteren  Gebrauch  von  Hydranten  erzielt  wird.  Fig.  68 
zeigt  den  Einbau,  Fig.  69  das  Detail  eines  Luftventiles  mit  Straßenkappe. 
Nach  Lüftung  einer  kleinen  Stellschraube  wird  der  obere,  mit  6  Seitenlöchem 
versehene  Kopf  so  weit  hinaufgeschraubt,  daß  diese  Löcher  mit  der  Mündung 
der  Aufsatzröhre  kommunizieren,  worauf  zuerst  Luft  ausbläst,  dann  Wasser 
mit  Luft  (weißer  Schaum)  und  zuletzt  reines  Wasser  ausspritzt,  worauf  das 
Ventil  wieder  geschlossen  wird.     Ein  solches  Luftventil  samt  Einbaugamitur 


Fig.  67.    Scblammtopf  mit  Luftventil. 


H.  Fassonröhren  und  Akzessorien  der  Rohrleitungen. 


153 


stellt  sich  auf  40  K  ö.  W.,   mechanische  Luftventile  mit  einem  Schacht  und 
eisernen  Deckel  pro  Stück  100  K. 


Längensohnitt. 


Straßenkappendeckel. 
Fig.  68.    Luftventll-EinbaiL 


01 — ^mD 


Daranfticht. 

Flg.  69.    Detail  des  LnftventUes. 


Querschnitt 


AnBloht 


Fig.  70.    SpÜlaoslafi  olme  Schacht 


Flg.  71.    Auslanfobjekt  mit  Froschklappe. 


154 


I.  Die  Wasserversorgung  der  Ortschaften. 


V.  Spülauslässe. 

An  den  tiefsten  Punkten  der  Rohrleitungen,  also  auch  an  den  Enden 
der  Rohrstränge,  kann  eine  Ausspülung  und  damit  eine  Reinigung  des  Rohr- 


Qnenohnitt 


cr::::Ji: 


LängenBchnitt 


Daraufsioht. 


GnmdrlA. 


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ibl 


Fig.  72.    SpttlauBlaß  mit  Schacht. 


netzes  durch  dortselbst  angebrachte  Hydranten,  besser  jedoch  durch  eigene 
Spülauslässe  bewerkstelligt  werden.  Am  einfachsten  kann  dies  in  der  in 
Fig.  70  versinnlichten  Weise  dadurch  erfolgen,   daß   am   tiefsten  Punkte  ein 

T  stück  eingebaut  und  an  dieses 
ein  Ablaßschieber  angeschlossen 
wird.  Das  durch  öffnen  des 
Schiebers  (Straßenkappe)  mit  Druck 
ausströmende  Wasser  reißt  alle 
eventuellen  Ablagerungen  im  Rohre 
mit  und  gelangt,  durch  ein  Re- 
duktionsrohr vermittelt,  in  die 
größer  dimensionierte  Ablaßleitung 
aus  Steinzeug  und  durch  diese  in 
den  nächstgelegenen  Graben  oder 
Bach.  An  diesem  Punkte  ist  ein 
Auslaufobjekt  zu  bauen  (Fig.  71). 
Das  letzte  Rohr  ist  wieder  aus 
Gußeisen     und     durch     eine    guß- 


Fig.  78. 
Elnsatzstiicke  mit  verschraabbaren  Übermnffen. 


H.  Fassonröhren  nnd  Akzessorien  der  Rohrleitungen. 


155 


eiserne  sogen.  Froschklappe  verschlossen,  welche  durch  den  Druck  des 
Wassers  gehoben  wird.  In  soliderer  Weise  und  in  Fällen,  wo  eine  Messung 
des  Wassers  gleichzeitig  mit  verbunden  werden  soll,  kann  man  den  Spülaus- 
laß in  der  aus  Fig.  72  ersichtlichen  Weise  in  Kombination  mit  einem  Ein- 
steigschachte durchführen  und  event.  einen  Teiltopf  einschalten.  Haben  die 
Rohrleitungen  ein  sehr  kleines  Gefälle  und  ist  der  Wasserdruck  ein  so  ge- 
ringer, dafi  durch  Spülauslässe  die  gewünschte  Reinigung  nicht  erzielt  werden 


Quersohnltt  Ansicht. 

Fig.  74.    Unterflurhydrant 


QuerBchnltt  Ansicht 

Fig.  75.    Oherflurhydrant 


kann,  so  müssen  in  die  Rohrleitung  in  größeren  Entfernungen  Röhren  mit 
eigenen  Putzöffnungen  (durch  Deckel  verschlossen)  oder  aber  eigene  Einsatz- 
stücke mit  verschraubbaren  Übermuffen  (Fig.  73)  eingebaut  werden,  und  er- 
folgt die  Reinigung  sodann  mittels  zylindrischer  Stahldrahtbürsten,  welche  an 
einem  Doppelseile  unter  gleichzeitigem  Wassereinfluß  hin  und  her  gezogen 
werden. 

VL  Hydranten« 

Um  das  Wasser  dem  Stadtrohrnetze   für  öffentliche  Zwecke  (Straßen- 
und  Parkbespritzung)  und  Feuerlöschzwecke  leicht  entnehmen  zu  können,  sind 


156 


I.  Die  Wasserversorgung  der  Ortschaften. 


in  Entfernungen  von  ca.  100  m  Hydranten  einzubauen.  Dieselben  können 
entweder  im  Niveau  der  Straße  liegen  (Unterflurhydranten)  oder  aber  in 
Form  eines  Ständers  über  Terrain  sichtbar  sein  (Überflurhydranten).  Die 
letzteren  haben  den  Vorteil,  im  Winter  stets  leicht  zugänglich  zu  sein,  sind 
aber  bedeutend  teurer  und  können  nur  auf  dem  Verkehr  nicht  ausgesetzten 


b)  Elnarmlg^es 
Standrohr. 


c)  ZwelarmigeB  Standrohr. 


a)  Detallkonstroktlon 
(Im  Querschnitt). 

Flg.  76.    Hydrantenstandrohre. 


d)  Zweiarmiges  Standrohr 
mit  AbBchluflventüen. 


Orten  plaziert  werden.  Unterflurhydranten  können  überallhin,  entweder  direkt 
auf  die  Rohrleitung  oder  seitwärts,  gesetzt  werden;  in  letzterem  Falle  werden 
sie  auf  einen  Fußkrümmer  aufmontiert. 

Der  Unterflurhydrant  selbst  besteht  aus  einem  weiten  Standrohr  (Fig.  74), 
welches  am  unteren  Ende  mit  einem  Ventil  verschlossen  werden  kann  und 
am  oberen  Ende  eine  Ausweitung  besitzt,  welche  als  Auslauföffnung  dient 
und  mit  einem  sogen.  Bajonettverschluß  versehen  ist.  Die  Öffnung  des  Fuß- 
ventils  erfolgt  mittels  einer  Spindel,   welche  in   dem  Hydrantenrohr  situiert 


H.  Fassonröhren  und  Akzessorien  der  Rohrleitungen. 


157 


und  am  oberen  Deckel  durch  eine  Stopfbüchse  gedichtet  ist.  In  der  in  Fig.  74 
gezeichneten  Stellung  ist  das  Ventil  geschlossen  und  tritt  das  im  Hydranten- 
rohr stehen  gebliebene  Wasser  durch  eine  im  Fußventilgehäuse  befindliche 
Öffnung  in  den  Untergrund  aus.  —  Der  Hydrant  wird  selbsttätig  entwässert. 
Beim  öffnen  des  Ventils  wird  diese  Entwässerungsöffnung  geschlossen.  Die 
selbsttätige  Entwässerung  setzt  das  Vorhandensein  eines  durchlässigen  Bodens 
und  eines  tiefer  liegenden  Grundwasserstandes  voraus.  Sind  diese  Bedingungen 
auf  die  Dauer  nicht  vorhanden,  dann  muß  nach  jedesmaligem  Gebrauch  des 
Hydranten,  insbesondere  im  Winter,  durch  eine  kleine  Handpumpe  die  Ent- 
wässerung künstlich  bewerkstelligt  werden,  um  ein  Einfrieren  des  Hydranten 
zu  verhindern.  Spindelaufsatz  und  Bajonettverschluß  befinden  sich  in  einer 
Straßenkappe,  welche  bei  der  Inbetriebsetzung  des  Hydranten  zu  öffnen  ist. 
Auf  die  Ausflußöffnung  wird  ein  Standrohr  aufgesetzt,  mit  dem  Bajonett- 
verschluß durch  einfache  Umdrehung  der  Flügelschraubenmutter  gedichtet  und 
an  die  Ausflußöffnung  der  Spritzenschlauch  angeschraubt.  Beide  müssen  das 
übliche  Normalfeuerwehrschlauchgewinde  besitzen. 

Die  Hydrantenstandrohre  (Fig.  76)  können  einen  einfachen  oder 
doppelten  Auslauf  mit  oder  ohne  Abschlußventil  besitzen. 

Bei  Nichtbenutzung  beider  Anschlüsse  kann  eine  Öffnung  mit  einer 
Kapsel  verschraubt  werden.  Die  Unterflurhydranten  werden  mit  50,  65  und 
80  mm  Durchflußweite  gebaut.  Bei  den  Oberflurhydranten  entfällt  das  Stand- 
rohr und  wird  der  Schlauch  direkt  an  eine  der  Kapseln  des  Hydrantenständers 
angeschraubt.  Die  Dimensionen  der  Oberflurhydranten  sind  mit  Beziehung 
auf  Fig.  75  nachstehende: 


Höhe  h  der 

Durchmesser  D 

Höhe 

Ausflufiöffnung 

des  Ständers  H 

vom  Terrain 

mm 

mm 

mm 

30 

860 

600 

40 

850 

600 

50 

950 

650 

60 

950 

650 

70 

950 

650 

80 

1090 

725 

90 

1090 

725 

100 

1090 

726 

Die   Anschaffungskosten    samt   Montierung   stellen    sich   bei    Unterflur- 
hydranten inkl.  kompletter  Einbaugarnituren  und  Straßenkappen: 

d  =  80/65  mm  auf  ca.  105  K, 

rf=  80/80    „       „      .    120  „ 
bei  Oberflurhydranten  ^=80/65  mm  auf  ca.  150  K  pro  Stück;  ein  Fußkrümmer 
für  seitliches  Setzen  der  Hydranten  kostet  14  K,  ein  Stück  Hydrantenstand- 
rohr  aus  Kupfer  mit  messingenem  Oberteil  (2  teilig)  mit  Ventilen  125  K.     In 


158 


1.  Die  Wasserversorgung  der  Ortschaften. 


allen  Orten,  wo  die  Wasserabgabe  nicht  ausschließlich  durch  Hauseinleitungen 
erfolgt,  bilden  einen  wichtigen  Bestandteil  des  Stadtrohmetzes: 

VIL  Die  öffentlichen  Auslaufbrunnen. 

Dieselben  können  permanent  laufende  Brunnen  oder  sogen.  Sparbrunnen 
(mit  intermittierendem  Ausfluß)  sein.    Die  ersteren  werden  keiner  besonderen 

mechanischen  Einrichtung, 
sondern  nur  eines  Re- 
gulierhahnes bedürfen, 
mittels  welchem  das  Aus- 
flufiquantum  geregelt  wird. 
Die  bauliche  Konstruktion 
eines  solchen  Brunnens 
kann  etwa  nach  Fig.  77 
erfolgen  (Kosten  samt 
Schacht  ca.  240  K).  Um 
jedoch  die  Wasserabgabe 
ökonomischer  zu  gestalten, 
wird  man  zumeist  Spar- 
brunnen bauen,  bei  wel- 
chen nur  durch  Druck  an 
einen  Hebel  oder  einen 
Knopf  das  Wasser  ent- 
nommen werden  kann. 
Bei  diesen  Brunnen  muß 
jedoch  nach  erfolgter 
Wasserentnahme  das  in 
der  Aufsteigröhre  ver- 
bliebene Wasser  sofort 
wieder  in  die  frostfreie 
Tiefe  hinabsinken,  um  ein 
Einfrieren  der  Brunnen- 
röhre zu  vermeiden.  Dieses 
Wasser  kann  entweder  in 
den  nächsten  Kanal  ab- 
fließen oder  es  sammelt 
sich  in  einem  Zylinder  an, 
um  bei  der  nächsten  Ent- 
nahme mit  frischem  Was- 
ser gemischt  wieder  zum 
oberirdischen  Ausflusse  zu  gelangen.  Diese  letztere  Art  der  Konstruktion 
rechtfertigt  die  Bezeichnung  Sparbrunnen,  während  bei  der  ersteren  Art  eine 
einfache  Entwässerung  wie  bei  den  Hydranten  stattfindet,  und  welche  Brunnen 
nach  Type  Fig.  77  gebaut  werden  können. 

Eine  rationelle  Konstruktion  eines  Sparbrunnens  ist  aus  Fig.  78  (Patent 
Bopp  und  Reuther  in  Mannheim)  zu  entnehmen.     Will  man  Wasser  ent- 


1:20 
Fig.  77.    Einfacher  VentUbmnnen  mit  Schacht. 


H.  Fassonröhren  und  Akzessorien  der  Rohrleitungen. 


159 


nehmen,  so  drückt  man  auf  den  Hebel  /,  welcher  Druck  sich  auf  die  Zug- 
stange g  (Belastungsgewicht)  Oberträgt;  hierdurch  wird  dieses  gehoben  resp. 
das  damit  fest  verbundene 
Brunnenventil  /  geöffnet  und 
das  Entwässerungsventil  v 
geschlossen.  Das  Wasser 
tritt  nun  durch  die  Ventil- 
öffnung in  den  Raum  zwischen 
Ventilkegel  und  Ventilsitz 
durch  die  vier  im  Ventil- 
kegel sich  befindlichen 
Schlitze  in  den  Injektor 
(Saugapparat),  wo  es  durch 
dessen  saugende  Wirkung 
den  elastischen  Gummiring  nt 
anhebt,  das  im  unteren  Teile 
des  Schachtrohres  stehende 
Wasser  selbsttätig  durch  die 
Öffnungen  o  in  der  Pfeilrich- 
tung nach-  dem  Steigrohre  / 
ansaugt  und  mit  zum  Aus- 
flusse bringt.  Nach  Loslassen 
des  Hebels  /  schließt  das 
Ventil  selbsttätig  durch  die 
Zugstange  (Belastungsge- 
wicht) ab,  wobei  sich  das 
Entwässerungsventil  v  öffnet 
und  dem  im  Steigrohre  A 
stehen  gebliebenen  Wasser 
den  Rücktritt  in  den  unteren 
Raum  des  Schachtrohres  ge- 
stattet, von  wo  es  bei  der 
nächsten  Wasserentnahme 
durch  den  Injektor  e  wieder 
angesaugt  und  mit  dem  übri- 
gen Wasser  zum  Ausflusse 
gebracht  wird. 

Man  erkennt,  daß  durch 
diese  Einrichtung  eine  Was- 
serverschwendung und  ein 
Einfrieren  des  Steigrohres 
absolut     unmöglich    ist    und 

kein    Entwässerungswasser    abgeleitet    werden    muß. 
Systems  sind  insbesondere  folgende: 
1.  Einfachste  Konstruktion,  wobei  jeder  Teil   seinem   Zweck   entsprechend 
auf  das  Solideste  ausgeführt  ist,  daher  geringstes  Reparaturbedürfnis. 


Flg.  78.    Sparbninnen  Patent  Bopp  und  Reuther. 


Die   Vorzüge   dieses 


160 


I.  Die  Wasserversorgnng  der  Ortschaften. 


2.  Keine  Stopfbüchsendichtungen. 

3.  Leichte  und  schnelle  Zugänglichkeit  aller  beweglichen  Teile  durch  ein- 
faches Lösen  einiger  Schrauben,  ohne  den  Brunnen  ausgraben  oder  die 
Brunnensäule  abschrauben  zu  müssen. 

4.  Kein  gemauerter  Schacht;   statt  dessen  ein  einfaches  billiges  Mantelrohr. 

5.  Zum  Schutz   gegen  Einfrieren   des  Steigrohres   schnellste  Entwässerung 
desselben  durch  ein  genügend  großes  Entwässerungsventil  in  den  unter- 
sten Raum    des 

Schachtrohres, 
ohne  jedoch  die- 
ses Wasser  ab- 
leiten zu  müssen. 

6.  Verlegung  aller 
beweglichen,  mit 
Wasser  in  Be- 
rührung stehen- 
den Teile  in  den 
untersten  Raum 
des  Schacht- 
rohree,  wodurch 
auch  ein  Ein- 
frieren dersel- 
ben verhindert 
und  gerade  da- 
durch sicherste 
Funktion  und 
einfachste  An- 
ordnung erreicht 
wird. 

7.  Durch  Anwen- 
dung eines  elas- 
tischen Gummi- 
ringes   an    den 

Saugöffnungen 
mit   Wasser  beim 


f*— "!■« 


Flg.  79. 
Mechanlsmas  eines  SparbnumexiB  mit  Injektor  nnd  WindkesseL 


und 


des   Injektors   ist  einem   Anfüllen  des  Schachtrohres 
Zuhalten  des  Auslaufs  vorgebeugt. 

Möglichste    Entlastung   sämtlicher   Teile    von    den    in    der  Leitung  vor- 
kommenden Stößen: 

a)  durch   möglichst    stoßfreien    Schluß    des    Brunnenventils,    da   derselbe 
gegen  die  Strömung  erfolgt, 

b)  durch  Benutzung  des  Schachtrohrunterteils  als  Windkessel, 

c)  der  Brunnen  wirkt  als  Sicherheitsventil,   da  der  Abschluß   durch   ein 
Gewicht  für  eine   bestimmte  Anzahl  von  Atmosphären  hergestellt  ist. 

Die  Kosten  eines  solchen  Sparbrunnens  belaufen  sich  auf  ca.  400  K  ö.  W. 
Fig.  79  zeigt  den  Querschnitt  einer  ähnlichen  Konstruktion  mit  Injektor 
Windkessel;    der   letztere   dient   zur   Aufhebung   bezw.    Milderung   der 


H.  Fa^sonröhren  und  Akzessorien  der  Rohrleitungen. 


161 


hydraulischen  Stöße,  wenn  der  Rohrleitungsdruck  ein  sehr  großer  ist.  Das 
Wasser  tritt  durch  den  Sauger  p  (Messing),  welcher  in  das  Bleirohr  a  einge- 
lötet und  durch  den  Holländer  b  mit  dem  Gußrohr  c  {d  =  Ib  mm)  verbunden 
ist,  in  das  Gehäuse  d  ein.  Die  voll  schraffierten  Schnitte  bedeuten  Gußeisen, 
die  gestrichelt  schraffierten  Schnittflächen  Messing  oder  Rotguß  (Bronze). 
Das  Ventil  g  befindet  sich  in  einem  durchlöcherten  Kupferkorb  (Sieb)  ^, 
welcher  jede  Verunreinigung  des  Ventilsitzes  durch  Sandkörner  etc.  ver- 
hindert. 

Durch  eine  Spiralfeder  /  wird  das  Ventil  g  an  den  Ventilsitz  angepreßt. 
Mit  dem  Ventil  steht  unterhalb  ein  mit  Öffnungen  o  versehener  Kolben  in 
Verbindung.  Das  Ventil  g  ist  im  Schnitte  CD  dreieckig  und  geht  die  volle, 
runde  Ventilspindel  weiter  aufwärts 
in  die  röhrenförmige  Hebeldruck- 
stange s  über. 

Wird  nun  die  letztere  nach  ab- 
wärts gedrückt,  so  tritt  das  unter 
Druck  im  Kessel  d  stehende  Wasser 
durch  das  Sieb  e  und  das  Ventil  g  in 
die  Öffnung  A,  von  hier  in  den  In- 
jektor/und weiter  in  das  an  letzterem 
angeschraubte  Ausflußrohr  (Steigrohr) 
und  gelangt  endlich  zum  Ausfluß.  Beim 
Auslassen  des  Hebels  wird  durch  die 
Spiralfeder  /  das  Ventil  geschlossen, 
wobei  der  Kolben  o  ein  zu  rasches 
Schließen  und  damit  größere  hydrau- 
lische Stöße  verhindert.  Das  Wasser 
aus  dem  Steigrohr  fließt  durch  die  vier 
schrägen  Öffnungen  /  des  Injektors  aus 
und  sammelt  sich  teils  im  Räume  A, 

teils  im  Mantelrohre  /  an.  Da  beim  öffnen  des  Ventils  resp.  Durchströmen 
des  Wassers  durch  den  konisch  gebohrten  Injektor  unterhalb  ein  Vakuum 
(Luftverdünnung)  entsteht,  so  wird  gleichzeitig  das  im  Mantelrohre  in  der 
frostfreien  Tiefe  angesammelte  Rückfallwasser  durch  die  Öffnungen  i  angesaugt 
und  gelangt,  gemischt  mit  frischem  Wasser,  zum  Ausflusse. 

An  den  Endstrecken  längerer  Leitungen  oder  an  höchsten  Punkten 
werden  mitunter  kombinierte  Auslaufbrunnen  eingeschaltet,  welche 
permanent,  jedoch  sehr  schwach  laufen  und  erst  beim  Niederdrücken  des 
Hebels  das  volle  Wasserquantum  liefern.  Hierdurch  wird  einerseits  das 
Wasser  in  dem  Rohrstrange  vor  Stagnation  bewahrt,  also  immer  frisch 
erhalten,  andererseits  auf  hohen  Punkten  eine  Entlüftung  bewirkt.  Fig.  80 
zeigt  eine  Konstruktion  derartiger  kombinierter  Auslaufständer.  Eine  kleine 
Umlaufleitung,  welche  durch  einen  kleinen  Konushahn  in  ihrer  Ergiebigkeit 
beliebig  reduziert,  auch  ganz  abgesperrt  werden  kann  und  in  das  Steigrohr 
mündet,  liefert  das  permanente  Ausflußquantum,  während  das  durch  einen 
größeren  Hahn  regulierbare  Konsumquantum  beim  Niederdrücken  des  Hebels 
Friedrich,  Wasserban.    Zweite  Auflage.    II.  Band.  11 


Fig.  80.    Mechanisrnns  eines  Sparbnumens,  kom- 
biniert mit  permanentem  Ansflufl. 


162 


I.  Die  Wasserversorgung  der  Ortschaften. 


bezw.  des  Fußventiles  durch  einen  Kolben  direkt  in  das  Steigrohr  eintritt. 
Beim  Auslassen  des  oberirdischen  Hebels  wird  durch  einen  zweiten  unter- 
irdischen Hebel  der  Kolben  und  damit  die  Hebelstange  in  die  Höhe  gezogen 
und  das  Ventil  durch  eine  Spiralfeder  wieder  geschlossen.  Kolben  und 
Windkessel  haben  denselben  Zweck  wie  bei  der  früher  besprochenen 
Konstruktion  von  Sparbrunnen,  und  dient  der  Raum  unter  dem  Kolben  als 
Reservoir  für  das  Abfallwasser,  wenn  die  Umlaufleitung  für  permanenten 
Ausfluß  ganz  abgesperrt,  also  der  Brunnen  nur  als  Sparbrunnen  benutzt  wird. 
Der  Kuriosität  und  Einfachheit  der  Konstruktion  wegen  wurden  in 
Fig.  81  drei  norwegische  Auslaufbrunnen  abgebildet: 

a)  permanent  fließender  Trinkwasserbrunnen  für  die  Eisenbahnstation  Hamar; 

b)  die  Type  der  Auslaufbrunnen  des  Wasserwerkes  in  Drontheim,  bei 
welcher  das  Steigrohr  gleichzeitig  mit  der  Hebel-  bezw.  Ventilstange 
kombiniert  ist; 

c)  Auslaufbrunnen  der  Wasserleitung  in  Bergen  mit  Niederschraubventil. 


a)  Trlnkwasserbmnnen 
In  Hamar. 


c)  AoBlaufständer 
b)  Anslanfständer  in  Drontheim.  in  Bergen. 

Fig.  81.    Aoalanf  bronnen  norwegischer  Waraerleitungen. 


Die  beiden  letzteren  Typen  können  jedoch  zur  Nachahmung  nicht  an- 
empfohlen werden. 

J.  Abgabe  des  Wassers. 

Die  Abgabe  des  Wassers  kann  erfolgen: 

a)  an  die  Konsumenten  in  Form  von  Auslaufbrunnen  (kontinuierlich 
fließende  oder  Sparbrunnen)  oder  mittels  Hausleitungen,  und  zwar  kann 
die  Abgabe  mittels  der  letzteren  entweder  frei  erfolgen  (ä  discrötion)  oder 
durch  Wassermesser  und  Erhebung  eines  Wasserzinses  pro  Kubikmeter 
bezw.  bei  freier  Abgabe  nach  der  Anzahl  der  bewohnten  Räume  oder 
nach  dem  Wohnungszins  berechnet  werden; 

b)  für  öffentliche  Zwecke  (für  Feuerlöschzwecke  und  zur  Bespritzung  der 
Straßen  und  öffentlichen  Gartenanlagen)  mittels  Hydranten. 

Die  Abgabe  mittels  Wassermessers  wird  sich  unter  allen  Umständen 
für  den  industriellen  und  gewerblichen  Konsum  empfehlen,  während  für  den 
Haushaltungsgebrauch  die  freie  bezw.  pauschalierte  Abgabe  zumeist  rationeller 


J.  Abgabe  des  Wassers. 


163 


und  bequemer  ist.  In  den  österreichischen  Städten  schwankt  der  Wasser- 
zins zwischen  16 — 40  Heller  und  beträgt  bei  den  neueren  Wasserwerken 
zumeist  20  Heller  pro  Kubikmeter  abgegebenen  Haushaltungswassers.  Bei 
größerer  Abnahme  für  Industrie  und  Gewerbe  (zumeist  über  300  m^)  findet 
eine  entsprechende  Reduktion  des  Einheitspreises  von  20  bis  auf  6  Heller 
statt  In  Deutschland  wird  für  Haushaltungszwecke  5 — 20  Pf.  (6 — 24  Heller),  für 
Industriezwecke  5 — 40  Pf.  (6 — 48  Heller)  Wasserzins  pro  Kubikmeter  erhoben. 
Die  Konstruktion  der  gewöhnlichen  Wassermesser  für  kleinere  Wasser- 
abgaben, welche  zumeist  eine  Art  von  Turbinen  darstellen,  wurde  im  I,  Bande 
(Seite  100)  beschrieben.  Sind  jedoch  große  Wasserquantitäten  zu  messen, 
dann  werden  andere  Systeme  rationeller  arbeiten,  von  welchen  hier  speziell 
der  Venturi- Wassermesser  hervorgehoben  werden  soll. 

Der  Venturi- Wassermesser. 

Eines  der  einfachsten  Systeme  zum  Messen  großer  Wassermengen  in 
Druckrohrleitungen  ist  jenes  von  Venturi,  welches   eine  Genauigkeit  der 


p 

P. 

f' 

V 

N 

--::^,.^^^^ 

Flg.  82.    Ventnrl-WasBermesBer. 


Messung  bis  auf  2%  garantiert,  keine  mit  dem  Wasser  in  Berührung  kommen- 
den beweglichen  Teile  besitzt,  einen  geringeren  Gefällsverlust  gegenüber 
anderen  Systemen  aufweist  und  endlich  die  durchgeflossene  Wassermenge 
mittels  Diagramme  oder  Zählwerk  registriert.  Dieser  Wassermesser  kann  an 
beliebigem  Punkte  in  den  Rohrstrang  eingebaut  werden. 

Der  nach  Venturi  (Professor  an  der  Universität  Bologna,  Ende  des 
18.  Jahrhunderts)  benannte,  vom  amerikanischen  Hydrotechniker  Herschel 
konstruierte  und  vom  Fabrikanten  Kent  in  London  erzeugte  Wassermesser 
beruht  auf  dem  Gesetze  der  Injektoren  und  besteht  aus  einem  sich  ver- 
jüngenden kurzen  Konusrohr  UT  (siehe  Fig.  82)  und  zweier  oder  mehrerer 
anschließender,  sich  erweiternder  Röhren  TD.  Die  beiden  Endquerschnitte 
sind  gleich  groß  und  entsprechen  dem  lichten  Durchmesser  der  kurrenten 
Leitung,  in  welche  der  Wassermesser  eingebaut  ist.  Zwischen  beiden  Konus- 
röhren   ist    ein    ganz    kurzes   Flanschenrohr    „der   Hals**    eingeschaltet;    die 

11* 


164  I«  ^*«  Wasserversorgung  der  Ortschaften. 

Innenwandung  des  letzteren  ist  mit  Vulkanit  ausgefüttert  und  mit  kleinen 
Öffnungen  versehen. 

Desgleichen  befinden  sich  bei  der  Eintrittsstelle  f/ gleich  große  Öffnungen, 
welche  in  ringförmige  Druckkammern  ausmünden,  die  in  den  •  verstärkten 
Flanschansätzen  untergebracht  sind.  Diese  zwei  kleinen  Druckkammern 
kommunizieren  durch  dünne  Kupferröhren  mit  der  Registriervorrichtung 
(Rekorder),  welche  auf  einem  oberhalb  des  Wassermessers  oder  bis  zu  einer 
maximalen  Entfernung  von  300  m  situierten  Postament  aufgestellt  ist. 

Unter  Umständen  kann  die  Registrierung  auf  elektrischem  Wege  auch 
auf  weitere  Entfernungen  übertragen  werden.  Die  Registriervorrichtung 
selbst  besteht  einerseits  aus  zwei  vertikalen,  oben  geschlossenen  Zylindern, 
die  am  Boden  kommunizieren,  also  eigentlich  ein  U-Rohr  vorstellen,  welches 
mit  Quecksilber  gefüllt  ist  und  in  welches  die  dünnen  Kupferröhren  von  der 
Zufluß-  und  Halskammer  einmünden  und  somit  den  entsprechenden  Druck  in 
U  und  T  auf  die  Quecksilbersäulen  Obertragen.  Darüber  ist  andererseits  eine 
gewöhnliche  Registriertrommel  mit  Uhrwerk  angebracht,  auf  welche  das 
Steigen  und  Fallen  der  Quecksilberoberflächen  durch  aus  Eisen  oder  Vulkanit 
hergestellte  Schwimmer  mit  daranschließenden  Stangen,  vermittelt  durch 
Zahnstangen  und  Zahnräder,  graphisch  übertragen  wird. 

Dieses  Diagramm  kann  mit  einem  Zählwerk  kombiniert  sein,  so  daß 
durch  ersteres  die  Wassermenge  pro  Zeiteinheit,  durch  das  Zählwerk  die 
gesamte  durchgeflossene  Menge  registriert  wird.  Wie  aus  Fig.  82  zu  ersehen 
ist,  können  diese  verschiedenen  Druckverhältnisse  versuchsweise  durch 
Piezometer  (offene  Glasröhren)  in  den  Punkten  £/,  T  und  D  direkt  ab- 
gelesen werden. 

Während  bei  der  Geschwindigkeit  t;  =  o  die  Wasserspiegel  in  den 
Punkten  P,  P^  und  Pj  gleich  hoch  stehen  werden,  sinkt  bei  einem  z;  >  o  das 
Wasser  in  P^  und  P^. 

Der  Reibungsverlust  (die  verlorene  Druckhöhe)  P^  P^  wird  am  größten, 
jene  P,^  P^  am  kleinsten  sein  und  bedeutet  letztere  den  in  der  Leitung  über- 
haupt eintretenden  Gefällsverlust. 

Unter  der  Voraussetzung,  daß  der  Halsquerschnitt  ^/^  des  normalen 
Leitungsquerschnittes  ist,  beträgt  bei  Annahme  der  für  Wasserleitungen  als 
rationell  zu  bezeichnenden  Durchflußgeschwindigkeit  i;  =  0,61  m  (2  engl.  Fuß), 
die  Reibungshöhe  P^  P^  =  1,57  m  und  der  Gesamtdruckverlust  /\  P^  =  0,24  m. 

Bei  Annahme  der  in  Rohrleitungen  üblichen  maximalen  Geschwindig- 
keit von  0,915  m  (3  engl.  Fuß,  also  ca.  1  m)  steigt  P^P^  auf  3,88  m  und 
PgPj'  auf  0,58  m. 

Auf  Grund  zahlreicher  durchgeführter  Versuche  mit  Röhren  von  6  bis 
2750  mm  Durchmesser  haben  sich  die  günstigsten  Resultate  ^to  Genauigkeit 
der  Angaben  ergeben.  In  New-Jersey  (U.  S.  A.)  wurde  bei  einem  17  monat- 
lichen Betriebe  und  einer  durchschnittlichen  Abgabe  von  180000  m*  pro  Tag 
mittels  zweier  Venturi-Messer  von  1220  mm  Lichtweite  zwischen  den  Angaben 
derselben  und  jener  der  11  Abgabemesser  an  die  Interessenten  (</=300bis 
1220  mm)  eine  Differenz  von  nur  ^/»^/o  konstatiert. 


K.  Beschreibung  ausgeführter  kleinerer  Wasserversorgungen.  165 

Die  Venturi-Messer  können  auch  beim  Betriebe  von  Filteranlagen  zweck- 
entsprechende Verwendung  finden,  indem  dieselben  graphisch  die  jeweilige 
Filtriergeschwindigkeit  sowie  den  Widerstand,  welcher  dem  durch  das  Filter- 
bett durchfließenden  Wasser  entgegengesetzt  wird,  anzeigen. 

K.  Beschreibung  ausgeführter  kleinerer  Wasser- 
versorgungen. 

I.  Wasserversorgung  der  Stadt  Mährisch-Trübau  (Mähren). 

Die  Erkenntnis  der  Tatsache,  daß  mit  dem  Anwachsen  und  der  Ent 
Wickelung  einer  Gemeinde  sich  die  Leichtigkeit  des  Erwerbes  und  damit  der 
Wohlstand,  der  mächtigste  Faktor  für  Fortschritt  und  Kultur,  steigert,  war 
neben  der  Ermöglichung  eines  größeren  persönlichen  Schutzes  von  jeher 
Ursache  der  Städtebildung  und  der  allmählichen  späteren  Ausdehnung  der- 
selben wie  der  Vermehrung  ihrer  Bewohner.  Die  Vermehrung  der  Wohn- 
stätten brachte  jedoch  eine  Reihe  von  Übelständen  mit  sich,  welche  nicht 
nur  die  Annehmlichkeit  der  Existenz  in  ungünstigem  Sinne  beeinflußten, 
sondern  auch  die  Gesundheitsverhältnisse  schädigten.  Die  durch  eine  dichte 
Bevölkerung  und  rasche  Entwickelung  der  Industrie  bedingte  Verschlechterung 
der  Luft  und  des  Bodens  bezw.  des  Grundwassers  drängt  die  Gemeinde- 
vertretungen, der  Frage  einer  rationellen  Entwässerung  und  Bewässerung 
der  Städte  näher  zu  treten,  bezw.  dieselben  durch  Kanalisations-  und  Wasser- 
versorgungsanlagen zu  lösen. 

So  wurde  auch  seitens  der  Gemeindevertretung  der  Stadt  Mährisch- 
Trübau  in  richtiger  Erkenntnis  der  Nützlichkeit  und  Notwendigkeit  einer 
den  durch  die  Einbeziehung  der  Stadt  in  den  Eisenbahnverkehr  geänderten 
Verhältnissen  Rechnung  tragenden  Wasserversorgung  bereits  im  Jahre  1888 
die  Wasserfrage  angeregt  und  der  Verfasser  mit  der  Lösung  derselben  betraut. 
Nach  Austragung  der  mit  diesem  Projekte  innig  verknüpften  wasserrechtlichen 
Fragen  wurde  der  Bau  dieser  Anlage  erst  im  Jahre  1896  durchgeführt. 

I.  Topographische  und  geologische  Verhältnisse. 

Vom  Gebirgsstocke  des  Schönhengstes  zieht  sich  gegen  Osten  ein 
Höhenrücken  hin,  welcher  vor  dem  Trübauer  Bache  bezw.  Kreuzberge  mehr 
oder  weniger  steil  abfällt;  auf  diesem  Rücken  und  dessen  Abhängen  ist  die 
alte  Stadt  Mährisch-Trübau  erbaut,  deren  Häuser  auch  zum  Teil  den  Fuß  des 
Kreuzberges  bedecken,  zum  Teil  in  die  Talniederungen  des  Trübauer  und 
Lichtenbrunner  Baches  hinabreichen.  Das  für  die  Wasserversorgungsstudien 
in  Betracht  gezogene  Terrain  der  Umgebung  von  Mährisch-Trübau  ist  geologisch 
ein  sehr  verschiedenes.  Im  allgemeinen  zu  dem  böhmisch-mährischen  Kreide- 
massiv gehörend,  liegt  der  eigentliche  Stadtgrund  auf  der  hier  ältesten  For- 
mation der  devonischen  Sandsteine  und  Schiefer,  zumeist  bedeckt  von  einer 
wechselnd  mächtigen  diluvialen  Lehm-  (Löß-)  Schichte.  Die  Devonformation 
tritt  bei  Trübau  nur  in  beschränkterem  Maße  zutage  und  bildet  namentlich 
den  Gebirgsstock  des  Eichwald-  und  Burgstadtlberges  einerseits,  des  Wach- 
(Hammer-)  Berges  und  Hutbusches  andererseits.    Außer  den  früher  erwähnten 


XQQ  I.  Die  Wasserversorgung  der  Ortschaften. 

Sandsteinen  und  Schiefer  tritt  an  mehreren  Stellen  auch  devonischer  Kalk 
zutage.  In  dieser  Formation  liegt  das  Quellengebiet  des  Höllgrabens  mit 
der  forstlich  Lichtensteinschen  Wasserleitung.  Als  nächst  jüngere,  auf  dem 
Devon  aufgelagerte  Formation  ist  hier  das  „Rotliegende",  die  untere  Dyas- 
formation,  anzuführen,  welche  die  ganze  Breite  des  welligen  Hügellandes 
zwischen  den  beiden  von  N  nach  S  ziehenden  höheren  Gebirgskämmen  der 
Steinberge  einerseits  und  dem  Schönhengst  und  Homberg  andererseits  ein- 
nimmt, in  welchem  Gebiete  alle  von  W  gegen  O  kommenden,  in  den  Trübauer 
Bach  einmündenden  Wasserläufe  gelegen  sind.  In  den  tieferen  Partien  ist 
das  Rotliegende  von  diluvialem  Lehm,  an  einzelnen  lokalen  Stellen  von 
tertiärem  marinen  Tegel  überlagert.  Die  Dyasformation  ist  ziemlich  wasser- 
reich, das  Quellwasser  jedoch  zumeist  ein  weiches.  (Hierher  gehört  das 
Tschuschitzer  und  Forellenteich-Quellgebiet,  sowie  jenes  der  bestehenden 
Uttigsdorfer  Tiefquellenleitung.)  Wesüich  und  östlich  ist  diese  breite  Dyas- 
mulde,  wie  schon  früher  erwähnt,  eingerahmt  durch  die  Gebirgsketten  des 
Schönhengst  und  der  Steinberge,  welche  beide  der  Kreideformation  an- 
gehören. Während  die  eigentlichen  Kuppen  aus  Plänermergel  bestehen, 
sind  die  Bergfüfle  aus  Quadersandsteinen,  auf  welche  mitunter  auch  Ton- 
und  Grünsandschichten  auflagern,  gebildet.  Infolge  der  starken  Zerklüftung 
sinkt  das  Wasser  in  bedeutende  Tiefen  und  kommt  durch  Spalten  am  Gebirgs- 
fuße  noch  in  der  Kreideformation  liegend  zutage  oder  aber  kann  dasselbe 
sicher  an  der  Formationsgrenze  zwischen  Kreide  und  Dyas  erschroten  (auf- 
geschlossen) werden.  In  dem  Kreidegebiet  liegen  die  mächtigsten  und  an- 
haltendsten, zugleich  auch  qualitativ  besten  Quellen  von  Langenlutsch  und 
am  Homberge  (Silberwasser). 

Wie  überall,  so  sind  auch  hier  sehr  häufig  die  oben  genannten  Gebirgs- 
glieder  von  einer  schwachen  alluvialen  Humusschichte,  in  den  Tälern  zu- 
weilen mit  einer  Sand-  und  Schotterschichte  bedekt. 

Auf  Grund  der  gepflogenen  Vorstudien  wurde  das  Langenlutscher 
Quellengebiet  für  die  Versorgung  der  Stadt  gewählt;  allerdings  erschwerte 
die  große  Entfernung  der  gewählten  Quelle  von  der  Stadt  Mährisch-Trübau 
die  Anlage  einer  Leitung,  die  Vorteile  jedoch,  welche  eine  Wasserentnahme 
in  Langenlutsch  wegen  der  günstigen  Höhenlage  sowie  des  langjährig  bekannten 
Wasserreichtums  dieser  Lokalität  bot,  überwogen  bei  weitem  diesen  Nachteil. 
Die  Höhenlage  von  Langenlutsch,  welches  um  ca.  50  m  höher  liegt  als  der 
große  Platz  in  Mährisch-Trübau,  gestattete  die  Anlage  einer  Gravitations- 
leitung, so  daß  das  Wasser  ohne  maschinelle  Hilfe  mit  genügendem  Druck 
in  die  Stadt  geführt  unjd  bis  in  den  zweiten  Stock  der  Häuser  geleitet  werden 
konnte.  Der  große  Wasserreichtum  von  Langenlutsch  bietet  femer  Gewähr, 
daß  eine  in  Zukunft  etwa  nötige  Vergrößerung  des  Wasserquantums  leicht 
und  ohne  zu  große  Kosten  erfolgen  kann. 

Die  in  Betracht  kommende  Quelle  entspringt  in  einem  ehemals  in  den 
Kreidesandstein  vorgetriebenen  ca.  15  m  langen  Stollen.  Dieselbe  wurde  in 
der  Zeit  zwischen  1888  und  1896  wiederholten  Messungen  unterzogen  und 
liefert  6 — 7,5  sl.  Rechnet  man  pro  Kopf  eine  Wassermenge  von  60  1  täglich, 
mit  welchem  Quantum  die  Bedürfnisse    des  Einzelnen,   der  Stadt  und  der 


K.  Beschreibnng  aosgefiihrter  kleinerer  Wasserversorgungen.  167 

gegenwärtigen  Industrie   vollauf   befriedigt  werden   können,   so   genügt  das 

oben  berechnete  Wasserquantum  für — wk —  =  10000  Einwohner. 

Nach  den  Angaben  der  Volkszählung  betrug  die  Bevölkerung 

im  Jahre  1869 5192  Seelen, 

„        „       1880 6056        „     . 

Nimmt  man  an,  daß  während  dieser  Zeit  die  Entwickelung  der  Stadt  eine 
gleichmäßige  war,   so   berechnet  sich  nach  der  Zinseszinsrechnung  die  Be- 

p    11/  fJAXc"  "1 

Völkerungszunahme  pro  Jahr  mit  ^  =  100  I  ^/-rYöI ■'^  1  ~  ^»^^/o  "^^  daraus 

die  wahrscheinliche  Einwohnerzahl  von  Mährisch-Trübau 
für  das  Jahr  1890  mit    ...     .      6959, 
„      „        „      1900    „       .     .     .     .       7997, 
„      „        „      1910     „       ....       9190, 
„      „        „     1920    „       .     .     .     .     10561, 
„      „        „     1930    „       ....     12136. 
Diese  Einwohnerzahl  (10000)  dürfte  die  Stadt  Mährisch-Trübau,  der  im 
vorhergehenden  besprochenen   Wahrscheinlichkeitsrechnung  gemäß,   erst  im 
Jahre  1920  erreichen.    Man  sieht  daraus,   daß  die  von  dieser  einen  Quelle 
gelieferten  Minimal- Wassermengen  für  voraussichtlich  25  Jahre  vollkommen 
genügen  werden.     Eine  seinerzeit  vielleicht  notwendige  Einbeziehung  eines 
Plus   an  Quellwasser   läßt   sich  leicht  durchführen.     Wiederholte  chemische 
und  bakteriologische  Analysen  haben  die  Vorzüglichkeit  dieses  Quellwassers 
erwiesen. 

2.  Grundlagen  für  die  Berechnung  der  Rohrkaliber. 

Für  die  Berechnung  der  Rohrkaliber  der  Hauptzuleitung  wurde  eine 
Bevölkerungszahl  von  10000  Einwohnern  mit  einer  Dotation  von  60  1  pro 
Kopf  angenommen.  Unter  Voraussetzung  dieser  Annahme  resultiert  ein 
täglich  zu  förderndes  Wasserquantum  von  10000.60  =  600  m*  =  6,94  oder 
rund  7  sL 

3.  Höhenlage  des  Hochreservoirs  und  der  Quelle. 

Nach  der  Lage  der  Drucklinie  der  Hauptzuleitung  bei  Annahme  von 
7  sl.  Rohrkapazität  wurde  unter  gleichzeitiger  Berücksichtigung  der  Möglich- 
keit von  Hauseinleitungen  die  Höhenlage  des  Hochreservoirs  (Kote  389,3  m) 
mit  ca.  27  m  über  dem  großen  Platz  (Kote  361,6  m)  angenommen,  während 
die  Quelle  in  Langenlutsch  (Kote  416,0  m)  54  m  über  dem  Stadtplatze  liegt. 

In  Fig.  83  ist  das  Längenprofil  der  6800  m  langen  Zuleitung  (d  =  125  mm) 
von  der  Quellstube  bis  zum  Hochreservoir  dargestellt.  Der  Rohrstrang  geht 
zumeist  im  Bankett  der  Bezirksstraße  und  sind  im  Zuge  dieser  Trasse  vier 
Luftventile  und  vier  Spülauslässe  eingebaut. 

Fig.  84  zeigt  in  schematischer  Skizze  (im  Maßstab  gezeichnet)  die  An- 
ordnung des  Stadtrohmetzes  nach  der  wirklichen  Ausführung  mit  eingetragenen 
Hydranten,  Schiebern,  Auslaufbrunnen  und  Rohrkalibem  in  Millimetern.  In 
nachfolgender    Tabelle    (siehe    S.    169    und    170)    wurde    aus.  dem    ganzen 


168 


I.  Die  Wasserversorgung  der  Ortschaften. 


Stadtrohrnetz  die  Berechnung  der  Drucklinie  des  Hauptstranges  (Reservoir 
bis  zum  tiefsten  Punkte  der  Stadt,  Kote  344  m)  und  einiger  Nebenstränge 
herausgehoben.  Da  der  maximale  Stundenkonsum  am  Tage  des  größten 
Verbrauches    ca.    10,5  ^/q    des    mitüeren    Tageskonsums    pro    600    m*,    also 

JlSaaerMiuity  Mähr  •  Thäbau.    Läi^miprt/U, 


»94567 

Fig.  8S.    Längenprofll  der  Znleitong  zum  Hochreaervolr. 


(^  =  63  m*  oder  Q=^\%  sl.  beträgt,  so  würde  die  erste  Strecke  des  Haupt- 
stranges, mit  einem  Zuschlag  von  4  sl.  für  einen  Hydranten,  für  ein 
(p  =  18  +  4  =  22  sl.  gerechnet. 


JSlixdi-Maihnt€t%. 


V 


^qSS- 


Flg.  84.    Sltaationsplan  des  Stadtrohraetzes. 


Die  bauliche  Durchführung  der  Quellfassung  ist  aus  der  früheren  Fig.  6, 
jene  des  Hochreservoirs  aus  Tafel  VIII  zu  ersehen  und  wird  auf  die  bezügliche 
frühere  Beschreibung  (S.  131)  verwiesen.  Die  Baukosten  dieses  Wasser- 
werkes beliefen  sich  inkl.  der  Wasserrechtsentschädigungen  auf  rund  214000  K, 
welcher  Betrag  sich  aus  folgenden  Rechnungsposten  zusammensetzt: 


K.  Beschreibung  ausgeführter  kleinerer  Wasserversorgungen. 


169 


Quellfassung 6200  K. 

Hauptzuleitung  zum  Hochreservoir 58400   „ 

Hochreservoir 19000   „ 

Stadtrohrnetz 86400   „ 

Wasserrechtsentschädigungen  und  allgemeine  Kosten  .  44000   „ 

Zusammen:  214000  K. 


Druckhöhenberechnung  der  Hauptstränge  des  Stadtrohmetzes 
von  Mährisch-Trübau. 


Bezeichnung  der  Strecke: 


£ 


O 


'S 


E 

Q 


1-8 


-1 


o   « 

s 

TS 


'S  -^ 


Reservoirsohle 

Bis  Hydrant  1 

Hydrant  1—2 

„       2-3 

>»       3 — 4 

,,        4  bis  Abzweigung  Rosen- 
gasse       

Rosengasse  bis  Hydrant  5  .  . 
Hydrant  5  bis  Teiltopf  I  .  . 
Teiltopf  I  bis  Hydrant  6  .  . 
Hydrant  6—7 

„       7-8 

„       8-9 

„  9  bis  Teiltopf  U  .  . 
Teiltopf  II  bis  Hydrant  22  .  . 
Hydrant  22—23 

„       23-24 

„       24-26 

„       26-26 

„       26—27 

„       27—28 

Abzweigung  Zwittauer  Gasse 

Bis  Hydrant  16 

Hydrant  16—17 

Abzweigung  Herrengasse,  Grofier 

Platz 

Bis  Abzweigung  Frohngasse  .     . 

„    Hydrant  18 

Hydrant     18     bis     Abzweigung 

Röhrengasse 

Röhrengasse  bis  Grofier  Platz  . 
Grofier  Platz  bis  Hydrant  19     . 


630 
126 
166 
130 

86 

40 

36 

66 

160 

106 

166 

26 

60 

100 

106 

130 

100 

120 

116 

106 
100 


90 
6 

80 
16 
60 


22,0 
22,0 
21,68 
21,32 

21,00 
18,86 
18,76 
16,64 
16,38 
14,98 
14,72 
14,31 
11,64 
11,34 
10,84 
10,32 
9,67 
9,17 
4,67 

8,61 
4,26 


10,62 
9,61 

9,49 
9,10 
8,62 


176 
176 
176 
176 

175 
150 
160 
126 
126 
125 
126 
125 
125 
125 
125 
100 
100 
100 
100 

125 
100 


125 
125 

125 
125 
100 


0,92 
0,92 
0,90 
0,89 

0,88 
1,07 
1,06 
1,26 
1,24 
1,21 
1,20 
1,17 
0,96 
0,93 
0,89 
1,32 
1,23 
1,18 
0,68 

0,69 
0,67 


0,87 
0,78 

0,77 
0,74 
1,09 


6,10 
6,10 
6,00 
6,76 

6,60 

9,40 

9,35 

16,30 

16,00 

14,36 

13,90 

13,30 

9,10 

8,75 

8,00 

20,40 

18,40 

16,80 

4,85 

6,22 
4,10 


7,70 
6,36 

6,30 

5,88 

14,61 


3,84 
0,76 
0,93 
0,75 

0,48 
0,38 
0,33 
1,00 
2,40 
1,51 
2,29 
0,33 
0,65 
0,88 
0,84 
2,65 
1,84 
2,02 
0,56 

0,66 
0,41 


0,69 
0,03 

0,60 
0,09 
0,73 


386,60 
382,66 
381,90 
380,97 
380,22 

379,74 
379,36 
379,03 
378,03 
376,63 
374,12 
371,83 
371,60 
370,96 
370,07 
369,23 
366,68 
364,74 
36?,72 
362,16 
379,03 
378,48 
378,07 

379,03 
378,34 
378,31 

377,81 
377,72 
376,99 


364,3 
354,6 
365,0 
368,4 

369,8 
361,6 
362,0 
362,6 
369,2 
367,5 
366,2 
366,2 
364,2 
360,0 
346,2 
346,5 
346,0 
346,0 
343,7 

363,6 
364,5 


361,8 
361,8 

361,5 
361,8 
361,3 


28,4 
27,3 
26,0 
21,8 

19,9 
17,8 
17,0 
16,4 
16,4 
16,6 
16,6 
16.3 
16,8 
20,1 
23,0 
20,1 
18,7 
16,7 
18,5 

14,9 
13,6 


16,6 
16,6 

16,3 
16,9 
16,7 


170 


I.  Die  Wasserversorgung  der  Ortschaften. 


Bezeichnung  der  Strecke: 


i 


mm 


ü 


e 


'S  w 

Im     «t 


£-3 


tSH 


S  'O 
'S  •* 


Hydrant  19  bis  zur  Ecke  .  . 
Ecke  bis  Hydrant  20  ...  . 
Bis  zur  Ecke 

„    ab  Ledergasse 

„    Hydrant  21 

Ledergasse 

Bis  Hydrant  36 

Abzweigung  Grofier  Platz,  West- 
Nord       

Bis  Hydrant  32 

Hydrant  82—33 

Abzweigung  Röhrengasse  .  .  . 
Bis  Hydrant  34 


70 
40 
60 
10 
40 

70 


60 


80 


8,40 

8,40 

8,2 

8,2 

4,1 

4,17 


8,64 
4,41 

4.20 


100 
100 
100 
100 
100 

80 


100 
80 

80 


1,08 
1,08 
1,04 
1,04 
0,62 

0,84 


1,09 

0,88 

0,84 


14,26 
14,26 
13,60 
13,60 
3,90 

11,30 


14,62 
12,40 

11,40 


1,00 
0,67 
0,68 
0,14 
0,16 

0,79 


0,73 
1,18 

0,91 


376,99 
376,42 
374,74 
374,ißO 
374,44 
374,60 
373,81 

377,72 
376,99 
376,81 
377,81 
376,90 


361,3 
361,0 
360,1 
369,8 
369,1 

368,6 


361,8 
361,8 

369,8 


14,7 
14,4 
14,6 
14,8 
16,3 

16,3 


16,2 
14,6 

17,1 


II.  Das  Wasserwerk  der  Stadt  Teschen  (Österr.-Schlesien). 

Im  März  1892  seitens  der  Gemeindevertretung  der  Stadt  Teschen  als 
technischer  Sachverständiger  für  die  Lösung  der  Frage  der'  Wasserversorgung 
dieser  Stadt  berufen,  wurden  in  den  Jahren  1892/93  die  bezüglichen  hydro- 
technischen Erhebungen  gepflogen,  auf  Grund  derselben  sodann  im  März  1894 
das  bezügliche  Projekt  vorgelegt,  welches  noch  in  demselben  Jahre  zur 
baulichen  Durchführung  gelangte.  Als  Sachverständiger  der  Gemeindever- 
tretung mußte  der  Verfasser  bei  Aufstellung  des  Programms  über  die  durch- 
zuführenden Vorarbeiten  neben  der  Aufgabe,  ein  Wasserbezugsgebiet  zu 
finden,  das  in  qualitativer  wie  quantitativer  Hinsicht  sichere  Gewähr  für  den 
ungestörten  Bezug  des  Wassers  für  jetzt  und  künftige  Generationen  zu  bieten 
imstande  ist,  auch  den  Standpunkt  größtmöglichster  Bauökonomie  und 
minimalster  Betriebskosten  nicht  außer  acht  lassen.  Aus  diesem  Grunde 
war  das  Arbeitsprogramm  in  nachstehenden  Punkten  fixiert.  Quantitativ  und 
qualitativ  günstige  Resultate  vorausgesetzt,  waren  in  erster  Linie  natürlich 
zutage  tretende  Quell wasser  in  möglichst  größter  Nähe  der  Stadt  und  ent- 
sprechend hoch  gelegen,  also  eine  möglichst  kurze  Gravitations-Hochquellen- 
leitung  in  Aussicht  zu  nehmen.  Im  Falle  diesbezüglicher  ungünstiger  Studien- 
erfolge mußten  auch  die  weiteren  Quellengebiete  untersucht  werden;  sobald 
die  Zuleitungslänge  eine  bedeutendere  wird,  treten  die  Baukosten  der  Zu- 
leitung gegenüber  den  Bau-  und  Betriebskosten  einer  nahe  der  Stadt  gelegenen 
Grundwasser-  oder  Tiefquellenleitung  mit  maschineller  Hebung  schon  in  ein 
gleiches  oder  ungünstigeres  Verhältnis.  Waren  auch  die  Studien  für  eine 
nahegelegene  Grundwasserversorgung  von  ungünstigem  Erfolge  begleitet,  dann 
mußten  immer  bei  Aufrechthaltung  einer  möglichen  Erweiterung  der  Wasser- 
versorgung für  spätere  Generationen  auch  die  weitesten  Gebiete  in  hydro- 


K.  Beschreibung  ausgeführter  kleinerer  Wasserversorgungen.  ^71 

technischer  und  geognostischer  Beziehung  durchforscht  werden.  Leider  mußte 
für  Teschen  der  ganze  oben  geschilderte  Weg  durchwandert  werden,  aus 
welchem  Grunde  auch  die  im  Frühjahr  1892  begonnenen  Vorstudien  erst  im 
Dezember  1893  zum  Abschluß  gebracht  werden  konnten. 

Wenn  schon  die  Idee,  das  nötige  Wasser  in  geschlossener  Menge  in 
nächster  Nähe  der  Stadt  zu  finden,  infolge  der  ungünstigen  Resultate  der 
Vorerhebungen  zuletzt  aufgegeben  werden  mußte,  dann  war  es  geboten,  so 
weit  in  das  Flußgebiet  hinaufzugehen,  bis  die  nötige  Höhe  zur  Beschaffung 
einer  Gravitationsleitung  gewonnen  wurde.  Die  Studien  in  den  anderen 
Quellengebieten  waren  insoweit  von  ungünstigerem  Erfolge  begleitet,  als  die 
Quantität  der  Quellen  in  jedem  einzelnen  Gebiete  vollständig  unzureichend 
gefunden  wurde.  Nur  das  Studium  der  Quellengebiete  des  Tyrra-  und 
Nieborowkabaches  wies,  wenn  auch  sehr  weit  gelegen,  doch  bezüglich  der 
Quantität  die  vorzüglichsten  Resultate  auf.  Hier  sind  sowohl  im  Gebirge 
ergiebige  Quellen  vorhanden,  wie  auch  eben  solche  in  den  vorgelagerten 
Schotterkegeln  des  Gebirges  in  Form  von  Grundwasser,  d.  h.  nicht  zutage 
getretenen  Quellwassers,  überall  erschlossen  werden  können.  Die  topogra- 
phischen und  geologischen  Verhältnisse  sind  für  die  Quellenbildung  außer- 
ordentlich günstig.  Die  Quellen  des  Tyrragebietes,  speziell  am  Fuße  des 
Gebirges,  haben  ein  Niederschlagsgebiet  von  21,6  km"  (Einzugsgebiet),  welches 
zum  größten  Teil  bewaldet  und  nur  wenig  bewohnt  ist,  und  auf  welches 
große  Regenmengen  niederfallen.  Das  Gebirge  gehört  der  Kreideformation 
an.  —  Der  Beschaffenheit  des  Godulasandsteines  entsprechend,  welcher  das 
Hauptmassiv  dieses  Gebirgsstockes  bildet,  gehört  das  Wasser  zu  den  sehr 
weichen,  ist  jedoch  vom  sanitären  Standpunkte  als  Trinkwasser  sehr  geeignet, 
wie  es  auch  für  alle  Nutz-  und  Industriezwecke  in  allen  Fällen  bestens 
verwertet  werden  kann.  Die  Spalten  und  Klüfte  des  Sandsteines  nehmen 
das  Meteorwasser  auf  und  führen  es  in  die  Tiefe,  wodurch  eine  Zersplitterung 
der  Wasserlieferung  schon  in  den  höheren  Schichten  hintangehalten  und  die 
Bildung  ergiebiger,  geschlossen  fließender  Quellen  ermöglicht  wird.  —  Ein 
großer  Teil  dieses  Wassers  gelangt  bis  in  die  Niederung  und  fließt  hier  in 
zahlreichen  starken  Adern  in  jenes  Geschiebe  ein,  welches  am  Fuße  des 
Gebirges,  den  Übergang  in  das  Tal  vermittelnd,  vorgelagert  ist.  In  diesem 
Schuttkegel  findet  es  einen  ausgedehnten  vorzüglichen  Rezipienten,  indem  es 
sich  beim  Austritt  aus  dem  engen  Gebirgstale  fächerförmig  ausbreitet  und 
mit  abnehmender  Geschwindigkeit  niederfließt.  Stellenweise  ist  diese  durch- 
lässige wasserführende  Schichte  nur  in  geringerer  Mächtigkeit  über  der 
undurchlässigen  unterliegenden  Schichte  gelagert,  daher  nicht  imstande,  in 
seinen  Zwischenräumen  allem  zufließenden  Wasser  Raum  für  die  unterirdische 
Fortbewegung  zu  geben.  An  diesen  Stellen  tritt  das  Wasser  als  Quelle  zu- 
tage. Wo  dies  nicht  der  Fall  ist,  da  bewegt  sich  dasselbe  als  Grundwasser 
noch  eine  geraume  Strecke  weiter,  um  die  Gelegenheit  zum  oberirdischen 
Ausfluß  weiter  unten,  vielleicht  erst  im  Flußbette  selbst  zu  finden.  Um  be- 
züglich der  Konstantheit  und  Möglichkeit  der  Bildung  größerer  Quellen  bezw. 
Grundwassermengen  in  dem  vorliegenden  Tyrraquellgebiete  für  andere  Jahre 
Anhaltspunkte  für  die  Beurteilung  der  Größe  etwa  eintretender  abnormaler 


172  I-  ^*c  Wasserversorgung  der  Ortschaften. 

Minimas  zu  erhalten,  wurde  nebst  Abteufung  mehrerer  Probebrunnen  und 
wiederholter  Messung  derselben  auch  auf  rechnerischem  Wege  und  basiert 
auf  die  vieljährigen  Erfahrungen  und  Messungen  der  Abflußmengen  im  Becwa- 
gebiete  (gleichfalls  aus  Karpathensandstein  bestehend)  die  Menge  der  Quell- 
wassermengen aus  den  gefallenen  Regenmengen  in  folgender  Weise  bestimmt: 

1.  Durchschnittliche  Quellwassermenge  pro  Tag,  aus  der  jährlichen 
Regenmenge  berechnet.  Für  die  9  Beobachtungsjahre  1885 — 1893,  seit  welcher 
Zeit  die  Station  Teschen  besteht,  kann  für  das  Quellengebiet  der  Tyrra  eine 
jährliche  Regenhöhe  von  ca.  1000  mm  angenommen  werden.  Das  Nieder- 
schlagsgebiet beträgt  21,63  km«.  Wir  erhalten  somit  21630000  m«  Regen- 
menge pro  Jahr.  Von  dieser  gelangen  zum  oberflächlichen  Abflüsse  ca.  60  <^/q, 
zur  Verdunstung  20  ^/q,  es  versickern  daher  und  bilden  Quellen  oder  Grund- 
wasser im  Jahre  20  ^/^  der  Regenmenge,  d.  h.  4326000  m*  oder  pro  Tag 
11850  m^.  Da  Teschen  damals  ca.  16000  Einwohner  zählte,  so  beträgt  der 
Tagesbedarf  bei  einer  Annahme  von  100  1  pro  Kopf  und  Tag  bloß  1600  m' 
oder  18,5  sl.  permanenten  Zufluß.  Es  entsprechen  also  obige  11850  m*  dem 
5  fachen  späteren  Bedarf  für  Teschen  pro  2400  m®,  wenn  eine  Einwohnerzahl 
von  24000  Köpfen  in  Rechnung  gezogen  wird.  (Der  mittlere  Zuwachs  pro 
Jahr  betrug  nach  den  Volkszählungen  1857, 1869,  1880,  1890  je  2,14  —  3  —  1,05  <>/o, 
und  betrug  die  Einwohnerzahl  im  Jahre  1890  inkl.  Militär  15220  Köpfe.  Der 
größte  Zuwachs  wurde  nach  Erbauung  der  Kaschau-Oderberger  Bahn  1869 
konstatiert.) 

2.  Minimale  Quellen-  (bezw.  Grundwasser-)  Mengen  aus  dem  kleinsten 
beobachteten  Quartal  berechnet.  Für  das  Stadtgebiet  wurde  in  den  9  Jahren 
als  Minimum  das  Winterquartal  1890  mit  60  mm  Regenhöhe  konstatiert. 
Trotzdem  berücksichtigt  werden  muß,  daß  in  dem  höher  gelegenen  waldreichen 
Quellengebiete  der  Niederschlag  nach  bekannten  Tatsachen  viel  größer 
gewesen  sein  muß,  trotzdem  weiter  zu  beachten  ist,  daß  im  Winter  der  Bedarf 
an  Nutzwasser  in  .der  Stadt  durch  Wegfall  der  Straßen-  und  Gartea- 
bespritzungen  etc.  bedeutend  geringer  ist  als  im  Sommer,  wurde  doch  der 
Sicherheit  wegen  mit  diesem  Minimum  von  60  mm  gerechnet.  Wir  erhalten 
für  drei  Monate  1297800  m*  Regenmenge.  Rechnen  wir  QO^Iq  Abflußquote 
und  des  Winters  wegen  bloß  10*^/q  Verdunstung,  so  erhalten  wir  somit 
SO^Iq  für  Grundwasserbildung,  d.  i.  389340  m»  für  90  Tage,  also  4326  m» 
pro  Tag,  gegenüber  2400  m^  Bedarf,  es  ist  also  nahezu  der  doppelte  Bedarf 
gedeckt.  Aus  den  meteorologischen  Tabellen  der  seit  langem  bestehenden 
Station  Brunn  ist  zu  ersehen,  daß  das  Jahr  1893  eines  der  regenarmsten 
Jahre  in  Mähren  seit  1848  war,  was  auch  für  Schlesien  im  großen  ganzen 
angenommen  werden  konnte. 

Auf  Grund  des  genehmigten  Projektes  wurde  im  Mai  1894  mit  dem 
Bau  dieses  Wasserwerkes  begonnen  und  dasselbe  im  Frühjahr  1895  vollendet. 

Baubeschreibung, 
a)  Wassersammelanlage. 
Die  in  erster  Linie   vorgenommenen  Bauarbeiten   erstreckten  sich   auf 
die  baulich  rationelle  und  dabei  vollständige  Erschließung  und  Sammlung  des 


K.  Beschreibung  ausgefiihrler  kleinerer  Wasserversorgungen.  173 

Grundwassers  (nicht  zutage  getretenen  Quellwassers)  in  der  Gemeinde 
Oldrzychowitz.  Diese  Aufschließungsarbeiten  bestanden  in  tiefen  Drainagen, 
an  deren  Vereinigungspunkten  sich  Sammelschächte  befinden,  von  welchen 
aus  durch  gußeiserne  Leitungen  das  gesammelte  Wasser  in  ein  Wasserschloß 
geführt  wird.  Es  wurden  im  allgemeinen  senkrecht  zur  Grundwasserstrom- 
richtung Gräben  4 — 5  m  tief  ausgehoben.  Die  Länge  dieser  Gräben  beträgt 
im  ganzen  1500  m.  In  diese  Gräben  wurden  sodann  in  der  oberen  Hälfte 
gelochte  glasierte  Steinzeug-Tonrohre  von  250  mm  Lichte  so  eingelegt,  daß 
sie  zur  Hälfte  in  gewachsenem  Boden  eingebettet  sind.  Über  diese  Tonrohre, 
welche  nur  lose  ineinander  gesteckt  oder  mit  Hanfstrick  und  Letten  ge- 
dichtet sind,  wurde  reiner,  gewaschener  Flußschotter  in  einer  Mächtigkeit  von 
30  cm  über  der  Rohroberkante  eingebracht,  über  welchen  eine  Stampfbeton- 
lage von  15  cm  und  darüber  ein  Lettenschlag  kam.  Das  übrige  Material 
wurde  in  Schichten  von  30  zu  30  cm  eingebracht  und  festgestampft  (Taf.  IV, 
Fig.  11).  Der  Drainagegraben  selbst  wurde  dann  an  der  Oberfläche  besamt. 
Um  den  Einlauf  des  Grundwassers  in  die  Sickerrohre  leichter  zu  ermöglichen, 
wurden  in  dem  Rohrgraben  von  4  zu  4  m  kleine  Stauwerke  quer  über  den 
Graben  und  in  der  Höhe  bis  zur  Betonlage  aus  Stampfbeton  hergestellt. 
Am  Ende  jedes  längeren  Sammelstranges  wurden  Entlüftungsrohre  (Steinzeug- 
rohre) bis  50  cm  unter  Terrain  eingebaut,  welche  Rohre  in  einen  gemauerten 
Schacht  einmünden  (Taf.  IV,  Fig.  9  und  10).  Über  Terrain  gehen  diese 
Tonrohre  in  ein  schmiedeeisernes  Ventilationsrohr  über.  Am  Ende  dieser 
Drainstränge  werden  gemauerte  Sammelschächte  aufgeführt  (Taf.  IV,  Fig.  7 
und  12).  Diese  Schächte  haben  eine  Weite  von  1,50 . 1,50  m  im  Lichten  und 
sind  vollständig  in  Stampfbeton  hergestellt;  sie  erhielten  eine  solche  Tiefe, 
daß  das  Wasser  aus  den  Drainagen  frei  einfließt,  was  dadurch  erreicht  wird, 
daß  das  Ablaufrohr  mit  der  Oberkante  20  cm  tiefer  liegt  als  die  Unterkante 
des  Einlaufrohres.  Die  Sohle  des  Schachtes  liegt  50  cm  tiefer  als  die  Unter- 
kante des  Ablaufrohres.  Durch  diese  Ausführungsart  lagern  sich  aus  den 
Drainagen  die  mitgerissenen  Sand-  und  Schlammteilchen  hier  ab  und  können 
von  Zeit  zu  Zeit  mit  Hilfe  der  angeordneten  Leerlaufleitung,  kombiniert  mit 
einer  Umlaufleitung,  entfernt  und  so  der  Schacht  gereinigt  werden.  Die 
Anordnung  einer  Umlauf-,  zugleich  Leerlaufleitung  hat  auch  den  Vorteil,  daß 
man  beliebig  eine  oder  die  andere  Fassung  ausschalten  kann.  Von  einer 
separaten  Leerlaufleitung  wurde  Abstand  genommen,  da  die  Kosten  derselben 
infolge  des  geringen  Terraingefälles  sehr  große  gewesen  wären.  Es  wurde 
nämlich,  wie  schon  erwähnt,  anstatt  dieser  eine  Umleitung  bei  den  Schächten 
gemacht,  wodurch  man  durch  Schieberstellung  das  Wasser  aus  den  Drainagen 
direkt  in  das  Ablaufrohr  von  den  Quellschächten  leiten  kann.  In  dieser 
Zuleitung  zum  Wasserschloß  ist  an  jenem  Punkte,  wo  die  normale  Tiefe  von 
1,7  m  erreicht  ist,  der  eigentliche  Entleerungsschacht  angebracht,  durch 
dessen  Entieerungsleitung  man  das  Wasser  aus  den  Drainagen,  welche 
durch  die  Umleitung  in  diesen  Schacht  kommen,  ableiten  kann  (Taf.  IV, 
Fig.  14  und  15). 

Die  Sohle  des  Schachtes  ist  betoniert,  sowie  die  seitlichen  vom  Wasser 
benetzten  Flächen  mit  reinem  Portlandzement  verputzt  und  verschliffen.    Der 


174  ^'  ^'®  Wasserversorgung  der  Ortschaften. 

übrige  Teil  des  Schachtes  ist  roh  verputzt  und  der  ganze  Schacht  ringsum 
mit  Letten  ausgestampft,  um  ein  Eindringen  von  Tagwasser  zu  verhindern. 
Der  Schacht  ist  mit  einem  verschließbaren  gußeisernen  Deckel  abgedeckt. 
Zum  Einsteigen  sind  Steigeisen  angeordnet.  Die  eventuellen  später  durch- 
zuführenden Fassungen  der  Hochquellen  im  Tyrratale,  als  Erweiterung  der 
bestehenden  Sammelanlage,  werden  sich  einfacher  gestalten,  indem  dieselben 
aus  festem  Felsen  kommen.  Diese  Quellen  werden  aufgedeckt  und  denselben 
in  Form  eines  Stollens  bis  auf  6  m  nachgegangen.  Der  Stollen  erhält  ein 
lichtes  Profil  von  1,6 . 0,8  m,  und  ist  in  der  Sohle  eine  Rinne  auszuspitzen. 
Der  Vortrieb  desselben  muß  so  geschehen,  daß  die  Quellen  über  der  Sohle 
austreten  und  in  der  Kunette  zu  der  am  Eingange  des  Stollens  zu  errichten- 
den Quellkammer  zufließen.  Diese  Quellkammer  muß  ebenso  wie  die  oben 
beschriebenen  Sammelschächte  vollständig  dicht  gemauert  und  mit  einem 
Leer-  und  Überlauf  versehen  sein.  Da  der  Höhenunterschied  zwischen  dem 
Vereinigungsschacht  dieser  Quellen  und  dem  Akkumulatur  (Sammelschacht) 
ein  bedeutender  ist  (107  m),  so  werden  in  dem  ca.  3500  m  langen  Zuleitungs- 
strange der  Tyrraquellen  ein  oder  zwei  Druckentlastungsschächte  einzubauen 
sein.  Von  den  einzelnen  Sammelschächten  führen  gußeiserne  Rohrstränge 
zu  dem  Wasserschlosse.  Die  Konstruktion  des  Wasserschlosses  ist  aus  den 
Fig.  1 — 6,  Tafel  IV  zu  ersehen  und  wird  bezüglich  der  Beschreibung  auf  den 
Absatz  „Quellstuben"  verwiesen. 

b)  Haupfzuleifung  vom  Wasserschloß  in  Oldrzychowifz  zum  Hochreservoir 

in  Teschen. 
Von  diesem  Wasserschloß  führt  das  300  mm  im  Lichten  messende 
Zuleitungsrohr  zum  Hochreservoir  in  der  Obervorstadt  von  Teschen  (Taf.  IX). 
Die  Rohre  sind  durchschnittlich  mit  1,5  m  Deckung  gelegt  und  auf  gewachsenem 
Boden  gelagert.  Die  ganze  Leitung  schmiegt  sich  soviel  als  möglich  dem 
Terrain  an  und  ist  immer  in  Steigung  oder  Gefälle  gelegt.  In  den  Bruch- 
punkten sind,  falls  von  der  Steigung  in  Gefälle  übergegangen  wird,  Luft- 
ventile in  Schächten  angeordnet,  und  wo  von  Gefälle  in  Steigung  über- 
gegangen wird,  Spülauslässe,  bestehend  in  Absperrschiebern,  d  =  100  mm, 
mit  Einbaugamituren  und  entsprechenden  Leerlaufleitungen  aus  Tonröhren 
situiert.  Durch  die  Luftventile  wird  von  Zeit  zu  Zeit  durch  öffnen  derselben 
die  vom  Wasser  mitgerissene  Luft  herausgelassen  und  durch  die  Grund- 
ablässe die  mitgerissenen  Schlamm-  oder  Sandteilchen  entfernt.  Die  ver- 
legten Rohre  sind  gußeiserne  Muffenrohre,  nach  deutschen  Normalien,  stehend 
gegossen,  auf  der  Hütte  auf  18  Atmosphären  Wasserdruck  geprüft  und  innen 
und  außen  heiß  asphaltiert.  Die  Dichtung  derselben  geschah  durch  Hanf- 
stricke und  Weichblei.  Nach  der  Verlegung  und  Dichtung  der  Rohre  wurde 
das  ausgehobene  Material  des  Rohrgrabens  zur  Eindeckung  wieder  benutzt, 
und  zwar  in  horizontalen  Lagen  von  30  zu  30  cm  festgestampft.  Das  Schotter- 
material der  Straße,  welches  beim  Aushub  separat  deponiert  wurde,  mußte 
zum  Schluß  auf  den  Rohrgräben  wieder  aufgeführt  werden.  Der  lichte 
Durchmesser  des  Zuleitungsrohres  ist  mit  300  mm  berechnet,  und  zwar  auf 
Grund  nachfolgender  Annahmen: 


K.  Beschreibung  ausgeführter  kleinerer  Wasserversorgungen.  175 

Wasserspiegelkote  Wasserschloß  360  "^  \  »  __  ^  /> 

„  Reservoir         344  m  /     "~  ' 

Länge  12110  m,  daher  0,132  ^/^^  Gefälle, 
ö  =  35  sL,  * 
daraus  resultierte  d  =  270  mm. 

Anstatt  dieses  nicht  üblichen  Diameters  wurde  ein  300  mm-Rohr  ge- 
nommen, und  dieses  liefert  bei  dem  verfügbaren  Gefälle  und  der  Länge  der 
Leitung  Q  =  0,037  m*  =  37  sl.,  also  eine  Wassermenge,  welche  für  die  weiteste 
Zukunft  hinaus  für  die  Versorgung  der  Stadt  Teschen  ausreichend  ist.  Da 
bei  der  Bauausführung  eine  teilweise  Tracen Verlegung  und  damit  eine  Ver- 
kürzung der  Hauptzuleitung  auf  10800  m  durchgeführt  wurde,  so  ergibt  sich 
de  facto  v  =  0,59  m  und  Q  =  4:1  sl. 

c)  Hochreservoiranlage  (Taf.  ix). 
Das  oberhalb  der  k.  k.  Landwehrkaseme  situierte  Reservoir  hat  vor- 
läufig einen  Fassungsraum  von  1600  m*,  d.  i.  eine  Wassermenge,  welche  dem 
jetzigen  Tageskonsum,  bei  16000  Einwohnern  und  100  1  pro  Kopf  und  Tag 
gerechnet,  gleichkommt,  also  einen  Fassungsraum,  welcher  vollständig  den 
Verhältnissen  entspricht,  d.  h.  die  Schwankungen  im  Tageskonsum  ausgleicht 
und  für  Feuerlöschzwecke  und  Straßenbespritzung  eine  entsprechende  Reserve 
bildet.  Sollte  sich  die  Notwendigkeit  einer  Vergrößerung  desselben  bei  An- 
wachsen der  Einwohnerzahl  ergeben,  so  ist  hierauf  Rücksicht  genommen, 
indem  dann  noch  eine  dritte  Kammer  angebaut  wird  und  die  einzelnen  Rohr- 
leitungen nur  verlängert  werden  müssen,  wobei  aber  die  maschinelle  Ein- 
richtung selbst  unverändert  bleibt.  Das  in  jetziger  Größe  projektierte 
Reservoir  besteht  aus  zwei  vollständig  getrennten  Kammern  von  je  800  m* 
Inhalt.  Jede  Kammer  hat  einen  separaten  Ein-  und  Ablauf,  Leer-  und  Über- 
lauf. Durch  Schieberstellung  in  der  Ventilkammer  kann  man  jede  Kammer 
für  sich  oder  beide  zugleich  in  Betrieb  nehmen.  Der  höchste  Wasserstand 
beträgt  3  m,  in  welcher  Höhe  die  Überläufe  angeordnet  sind.  Jede  Kammer 
ist  durch  Zungenmauem  in  einzelne  Unterabteilungen  geteilt,  welche  durch 
freigelassene  Bogen  miteinander  kommunizieren.  Durch  diese  Anordnung  hat 
man  eine  leichte  Überwölbung  bezweckt,  nebstdem,  was  der  wichtigere 
Umstand  ist,  wird  eine  Zirkulation  des  Wassers  vom  Einlauf  zum  Ablauf  zur 
Stadt  erreicht.  Das  Reservoir  selbst  ist  mit  Ausnahme  der  Ventilkammer, 
die  in  hydraulischem  Ziegelmauerwerk  erbaut  ist,  ganz  aus  Stampfbeton 
(1:2:4  und  1:2:5)  hergestellt,  die  vom  Wasser  benetzten  Flächen  mit  reinem 
Portlandzement  verschliffen,  die  übrigen  Innenwände  rauh  mit  hydraulischem 
Kalkmörtel  verputzt.  Das  ganze  Reservoir  ist  eingewölbt,  auf  der  äußeren 
Laibung  mit  Zementüberguß  versehen,  über  welchen  ein  Asphaltüberguß  kam, 
worauf  das  ausgehobene  Material  bis  zu  einer  Höhe  von  1  m  im  Scheitel 
aufgeführt  wurde.  Behufs  guter  Ventilation  sind  über  jeder  Kammer  10  Stück 
Wolpertsche  Ventilationsrohre  angebracht. 

Zur  leichten  Manipulation  der  Schieber,  welche  mit  Scheibenzeiger- 
werk  von  oben  betrieben  werden  können,  ist  eine  Ventilkammer  angebaut. 


176  ^'  ^*®  Wasserversorgung  der  Ortschaften. 

welche    nach    außen    durch    eine    entsprechende    Fassade    repräsentiert    er- 
scheint. 

d)  Sfadfrohrnefz. 

Vom  Reservoir  führt  das  300  mm  im  Lichten  messende  Rohr  zur  Stadt, 
reduziert  sich  nach  der  ersten  Abzweigung  auf  275  mm,  dann  in  immer 
kleineren  Dimensionen  bis  auf  80  mm.  Das  300  mm-Rohr  fördert  bei  50  cm 
Geschwindigkeit  35,34  1  pro  Sekunde,  wobei  sich  ein  Druckverlust  bei  einer 
Länge  von  100  m  von  0,118  m  ergibt;  bei  1  m  Geschwindigkeit  liefert  dasselbe 
Rohr  70,68  1  pro  Sekunde  und  ergibt  sich  ein  Druckverlust  von  0,405  m  pro 
100  m.  Der  Berechnung  des  Hauptspeisestranges  für  die  Stadt  ist  der 
Maximal-Stundenkonsum  am  Tage  des  größten  Wasserverbrauches  zugrunde 
gelegt.  Derselbe  beträgt  erfahrungsgemäß  10,5  ®/o  des  mittleren  Tagesver- 
brauches. Der  mittlere  Verbrauch  beträgt  in  späterer  Zukunft  Q  =  2400  m*. 
Es  ist  also: 

^li*     .                   o       ^          2400.10,5       ^_     . 
(^-Maximum  pro  Stunde  = rjr:: =  2o2  m* 

oder  jß-Maximum  =  70  sl. 

Die  Dimension  ist  also  so  reichlich  bemessen,  daß  selbst  bei  einer 
doppelten  Einwohnerzahl  der  Stadt  Teschen  die  Lieferungsfähigkeit  vollständig 
hinreichend  ist. 

Die  Druckhöhen  in  den  einzelnen  Straßen  schwanken  von  2,5  bis 
5,7  Atmosphären.  Es  ist  also  möglich,  überall  in  alle  Stockwerke  das  Wasser 
leiten  und  nebstdem  die  eingebauten  Hydranten  direkt  zu  Feuerlöschzwecken 
benutzen  zu  können.  Die  einzelnen  Straßen  können  durch  Einbau  von  Ab- 
sperrschieber abgesperrt  werden,  um  bei  eventuellen  Arbeiten  an  den 
einzelnen  Rohrsträngen  immer  nur  die  betreffende  Straße  außer  Betrieb 
setzen  zu  können.  Die  eingebauten  Feuerhydranten  sind  in  zweierlei  Art 
ausgeführt,  und  zwar  für  freie  Plätze  und  breite  Straßen  Überflurhydranten, 
sonst  Normal-Unterflurhydranten.  Beide  Arten  sind  mit  mechanischer 
Entleerung  versehen,  welche  nach  Gebrauch  des  Hydranten  geöffnet  wird, 
damit  das  Wasser,  welches  noch  im  Körper  des  Hydranten  sich  vorfindet, 
entleert  werden  kann  und  der  Hydrant  ganz  ohne  Wasser  ist,  wodurch  ein 
Einfrieren  im  Winter  nicht  stattfinden  kann.  Das  Wasser  der  Entleerung 
versickert  in  den  den  Hydranten  umgebenden  Steinwurf.  Alle  Hydranten 
werden  seitlich  gesetzt,  d.  h.  an  den  Bordstein  des  Trottoirs,  wodurch  ein 
Auffinden  derselben  leicht  möglich  wird,  weil  ja  die  Trottoirs  stets  gereinigt 
werden;  außerdem  hat  diese  Anordnung  den  Vorteil,  daß  bei  Gebrauch  der 
Hydranten  der  Verkehr  auf  der  Straße  am  wenigsten  gestört  wird. 

Bei  den  Bachunterführungen  sind  überall  Spülauslässe  angeordnet, 
um  die  sich  event.  ansammelnden  Schlammteilchen  ausspülen  zu  können.  — 
Auf  den  öffentlichen  Plätzen  und  in  Straßen,  wo  eine  ärmere  Bevölkerung 
wohnt,  welche  sich  Hausinstallationen  nicht  leicht  einrichten  lassen  kann, 
wurden  frostfreie  Ventilbrunnen  angeordnet. 

Nach  dem  vorgelegten  Detailprojekte  waren  folgende  Kostenziffern 
präliminiert. 


K.  Beschreibong  ausgeführter  kleinerer  Wasserversorgungen.  177 

Kostenvoranschlag. 

A.  Wassersammelanlage: 

I.  Quellfassungen,  Sammelanlagen  und  Zuleitun- 
gen bis  zum  Wasserschlosse 84200  K. 

IL  Bau  des  Wasserschlosses 18400   „      102600  K. 

B.  Hauptzuleitung    vom    Wasserschloß    zum    Hochreservoir, 

12,1  km  lang,  Rohrstrang  ^=300  mm,  samt  allen  Objekten    338800   „ 

C.  Bau    des   Hochreservoirs    (Ziegelmauerwerk   —    1600   m^ 
Fassungsraum) 77000   „ 

D.  Stadtrohrnetz    mit    Akzessorien    und    Objekten,    Auslauf- 
brunnen etc 215000   „ 

Gesamtsumme:     733400  K. 

Die  Kosten  der  Einbeziehung  der  Tyrra- Quellen,  deren  Durchführung 
einem  späteren  Zeitpunkte  vorbehalten  bleibt,  sind  im  Projekte  mit  61200  K 
(exkl.  der  Wasserrechtsentschädigungen  und  Grundabtretungen)  vorgesehen. 
In  obiger  Bausumme  (733400  K)  erscheinen  die  Kosten  für  Grundeinlösungen, 
Wasserrechts-  und  Kulturentschädigungen,  Kommissionskosten,  Bauleitung  etc. 
nicht  aufgenommen;   diese  Summe  repräsentiert  also  die  reinen  Baukosten. 

Die  Einlösung  der  Quellgründe  kam  im  Durchschnitt  auf  1600  K  pro 
Joch  (2660  K  pro  Hektar).  Trotzdem  das  Stadtrohmetz  gegenüber  dem 
Projekte  wesentlich  erweitert  wurde,  stellen  sich  die  wirklichen  Ausführungs- 
kosten niedriger  als  die  des  Projektes.  Die  gesamten  Auslagen  für  die 
Herstellung  des  Wasserwerkes  inkl.  der  bedeutenden  Mehrarbeiten  betrugen: 

A.  Sammelanlage 99400  K. 

Wasserschloß 15400   „      114800  K. 

B.  Hauptzuleitung  vom  Wasserschloß  zum  Hochreservoir.     .     .     286200   „ 

C.  Hochreservoir 74000   „ 

D.  Stadtrohmetz .     190000   „ 

Zusammen:     665000  K. 
Hierzu  kommen  noch: 
Gmndankauf    und   Entschädigungen,    diverse   Auslagen,    als 
Bauleitung ,     Projektskosten ,    Telephonverbindung ,    Kom- 
missionen und  Taxen  etc.,  zusammen 101000  K. 

Kosten  des  gesamten  Wasserwerkes:     766000  K. 
Die  Ausführungskosten   der   durch   die  Gemeinde   hergestellten  Haus- 
leitungsanschlüsse, welche  in  die  eigentlichen  Kosten  des  Wasserwerkes  beim 
Projekte  allgemein  nicht  aufgenommen  werden,  betrugen  24000  K. 

Bei  der  im  Juni  1895  vorgenommenen  KoUaudierung  des  Baues  durch 
den  Verfasser  als  Bauoberleiter  wurden  nachstehende  Temperatur-Zunahmen 
konstatiert. 

Temperatur  des  Wassers: 
a)  im  Wasserschloß 8,3  <>  C 


b)  im  Hochreservoir 11,3 


0 


n 


c)  am  Ende  des  Stadtrohmetzes    .     .     13,1  o   „    =  10,4 «  R. 
Friedrich,  Wasserbau.    Zweite  Auflage.    II.  Band.  12 


178  ^-  ^^*  Wasserversorgung  der  Ortschaften. 

Mit  Zugrundelegung  der  wirklichen  Rohrlängen  ergibt  sich  zwischen 
a  und  b  auf  10,5  km  Länge  (nach  Verlegung  der  Rohrtrace  gegen  ursprüng- 
lich 12,1  km)  eine  Temperaturzunahme  von  3®  C.  =  2,4®  R.,  zwischen  b  und  c 
auf  2,5  km  Länge  eine  solche  von  1,8®  C.  =  1,4®  R.  Diese  Resultate  sind 
wohl  insoweit  noch  nicht  maßgebend,  als  das  frisch  angeschüttete  Material 
im  Rohrgraben  noch  nicht  genügende  Dichte  wie  der  gewachsene  Boden 
besitzt,  daher  den  Eintritt  der  warmen  Luft  im  Sommer  damals  noch  stark 
begünstigte,  mithin  später  eine  Herabminderung  der  Temperaturzunahme  zu 
gewärtigen  sein  wird. 

In  sehr  heißen  Perioden  kommen  wohl  auch  bei  anderen  langen  Leitungen 
wesentliche  Temperaturzunahmen  vor.  So  betrug  nach  eigenen  Messungen 
die  Temperatur  des  Wiener  Hochquellwassers  in  den  höchstgelegenen  End- 
punkten (Währing  Kottage) 

im  Juli  1895 15,2®  C, 

„    September  1895 14,3®    „ 

„    Oktober  1895 13,3®    „ 

und  ebenso  Ende  Juni  1906  nach  tagelanger  enormer  Hitze  (bei  Lufttemperatur 
von  30®  C.)  hatte  das  Wasser  14,8®  C,  trotzdem  dasselbe  sehr  erfrischend 
schmeckte,  während  die  Temperatur  an  den  Quellen  Kaiserbrunn  und  Stixen- 
stein  6 — 8®,  im  Hauptreservoir  am  Rosenhügel  6 — 10®  C.  beträgt.  Bei  der 
82  km  langen  Frankfurter  Quellleitung  aus  dem  Vogelberg-  und  Spessart- 
gebiete  betrugen  die  Wassertemperaturen:  an  der  Quelle  9,0®  C,  im  Haupt- 
reservoir bei  der  Stadt  (Laufdauer  des  Wassers  22  Stunden)  10,0®  C.  und 
in  dem  6000  m  von  diesem  entfernten,  am  anderen  Stadtende  gelegenen 
Gegenreservoir  12,75®  C. 


IL  Die  Stauweiherbauten. 


12  • 


Gebirgsreservoire 
(Stauweiher  oder  Talsperren). 


A.  Einleitung. 

Die  großen  Vorteile,  deren  sich  menschliche  Ansiedelungen  in  der 
Nähe  größerer  und  höher  gelegener  Seen  und  Teiche  in  wasserwirtschaftlicher 
Beziehung  zu  erfreuen  hatten,  haben  schon  in  alten  Zeiten  die  Menschen 
darauf  geführt,  dort,  wo  die  Notwendigkeit  und  Möglichkeit  vorlag,  derartige 
Wasserbehälter  künstlich  herzustellen. 

In  Indien,  China,  Japan,  Ägypten,  Assyrien  und  Persien  finden  wir  seit 
urdenklichen  Zeiten  solche  Wassersammelanlagen  oft  in  den  riesigsten 
Dimensionen  durchgeführt.  Zumeist  sind  die  alten  Staudämme  (Talsperren) 
in  Form  von  Erddämmen  hergestellt,  während  Sperren  aus  Mauerwerk  erst 
im  16.  Jahrhundert  in  Spanien  auftraten  (die  ältesten  Staumauern  bei  Almansa 
und  Alicante  in  Spanien  bestehen  schon  seit  1584).  Der  Umstand,  daß  Erd- 
dämme keine  bedeutendere  Stauhöhe  zulassen,  sowie  der  Mangel  wissen- 
schaftlicher Untersuchungen  und  endlich  die  Furcht  vor  den  mit  einem 
Zusammenbruche  der  Reservoirmauer  verbundenen  furchtbaren  Verheerungen 
haben  in  den  früheren  Jahrhunderten  nur  zur  Erzielung  geringerer  Stauhöhen 
Anlaß  gegeben,  während  durch  die  in  den  letzten  Jahrzehnten  rapid  fort- 
schreitende Entwicklung  der  Bauwissenschaften  insbesondere  die  Franzosen 
als  die  ersten  mit  rationell  dimensionierten  hohen  Absperrmauem  hervortraten. 
Im  Prinzip  wird  ein  Gebirgsreservoir  hergestellt  werden  können,  indem  man 
an  einer  passenden  Stelle  das  Tal  durch  ein  wasserdichtes  Abschlußwerk 
—  eine  Talsperre  aus  Mauerwerk,  Erde  oder  Holz  —  absperrt,  also  eine 
künstliche  Stauanlage  herstellt,  hinter  welcher  sich  das  im  Talgerinne,  Bach- 
oder Flußbett  herabkommende  Wasser  bis  zu  einer  gewissen  Höhe  an- 
sammeln wird. 

Diese  Gebirgsreservoire  setzen  also  zum  Unterschiede  von  anderen  in 
die  Erde  versenkten  Hochreservoiren  oder  durch  künstlichen  Aushub  her- 
gestellten offenen  Behältern  (Teiche)  keinen  Erdaushub  zur  Schaffung  eines 
künstlichen  Fassungsraumes  voraus.  Die  Vorteile,  welche  ein  natürlicher  See 
oder  eine  künstlich  hergestellte  Sammelanlage  —  ein  Stauweiher  —  in 
wasserwirtschaftlicher  Hinsicht  für  die  unterhalb  gelegenen  Interessenten 
bietet,  sind  im  allgemeinen  durch  die  Ermöglichung  einer  günstigen  Regelung 
der  Zu-  und  Abflußverhältnisse  charakterisiert.  Wir  haben  bei  Be- 
sprechung des  Kreislaufes  des  Wassers  auf  der  Erde  gesehen,  wie  ungleich- 
förmig der  Abfluß   des  in  Form  der  atmosphärischen  Niederschläge  auf  den 


182  ^^'  ^^*  Stauweihcrbautcn. 

Erdboden  gelangenden  Wassers  während  der  einzelnen  Jahresperioden  sowohl 
wie  nach  einem  größeren  Regenfalle  im  speziellen  erfolgt. 

Es  ist  weiter  bekannt,  dafi  es  im  allgemeinen  sehr  trockene  und  sehr 
nasse  Jahre  gibt,  die  in  verschiedenen  Intensitäten  ca.  alle  8 — 11  Jahre 
wiederkehren,  weiter,  daß  innerhalb  eines  Jahres  selbst  ein  einzelner  Monat 
(bei  uns  z.  B.  der  Monat  Juni  oder  Juli)  allein  20 — 30  ^/^  der  jährlichen  Regen- 
höhen liefern  kann,  hingegen  wieder  andere  Herbstmonate  (z.  B.  der  Sep- 
tember), sowie  einzelne  Wintermonate  äußerst  trocken  sind.  Durch  genügend 
große  und  am  richtigen  Orte  angelegte  Stauweiher  kann  nun  in  den  regen- 
reichen Zeitperioden  das  Wasser  aufgespeichert  werden,  um  es  bei  Trockenheit 
allmählich  wieder  abzugeben,  wodurch  also  eine  geregelte  Wasserwirtschaft 
erzielt  wird.  In  den  südlichen  Ländern  insbesondere  wären  ohne  Stauweiher 
die  Existenzbedingungen  für  die  Landwirtschaft  nicht  vorhanden,  da  infolge 
der  dort  viele  Monate  andauernden  Regenlosigkeit  die  für  die  Vegetation 
notwendige  Feuchtigkeit  nicht  vorhanden  ist  und  durch  die  Sammelreservoire 
künstlich  geschaffen  werden  muß,  zu  welchem  Behufe  in  der  regenreichen 
Zeit  diese  künstlichen  Sammelbehälter  gefüllt  werden.  In  Indien  sollen  gegen 
90  ^/q  der  in  den  Wasserläufen  oberirdisch  zum  Abfluß  gelangenden  Wasser- 
mengen für  Zwecke  der  Landwirtschaft  verwendet  werden.  Die  indischen 
Reservoire  stammen  aus  den  ältesten  Zeiten  und  haben  oft  kolossale  Fassungs- 
räume. So  besitzt  das  Reservoir  von  Ekruk  bei  Sholapur  ca.  94  Mill.  m*, 
jenes  von  Mutha  sogar  146  Mill.  m*  Fassungsraum.  Solcher,  wenn  auch 
kleinerer  Stauweiher  gibt  es  in  Indien  ungemein  viele  und  soll  die  Provinz 
Madras  nach  Jackson  allein  53000  Reservoire  aufweisen,  welche  zumeist 
als  Erddämme  bis  zu  19  km  Länge  hergestellt  wurden.  In  Algier  sind  es 
insbesondere  die  Monate  Juni,  Juli  und  August,  welche  regenlos  sind.  Die 
während  der  Regenzeit  wildbachartig  anschwellenden  Bäche  und  Flüsse  ver- 
siegen im  Sommer  vollständig.  Die  dortigen  Reservoire  stammen  zumeist 
aus  alter  Zeit,  doch  wurden  auch  in  der  Neuzeit  einige  Sperren  angelegt, 
von  denen  unter  anderen  das  Reservoir  von  Cheliff  mit  5  Mill.  m*  Fassungs- 
raum zu  erwähnen  ist.  Spanien  besitzt  in  den  südlichen  Provinzen  Valencia, 
Murcia  und  Granada  tropisches  Klima  und  ermöglicht  eine  Bewässerung  nur 
durch  große  Reservoirs.  So  liefert  z.  B.  das  Reservoir  von  Tibi  oder 
Alicante  am  Monegroflusse  (gebaut  1579 — 1584)  das  nötige  Bewässerungs- 
wasser für  3700  ha  in  einem  Quantum  von  jährlich  30  Mill.  m*  Wasser. 

Es  stehen  also  pro  Hektar  jährlich  8000  m*  zur  Verfügung,  was  einem 

fi  000  000  1 
permanenten  Zufluß  während  des  ganzen  Jahres  von   qi  ooooon  <^]f  ~  ^»^^  ^^" 

bezw.  auf  unsere  übliche  6  monatliche  Kulturperiode  bezogen  von  0,50  sl. 
entspricht.  Die  41  m  hohe  und  67  m  lange  Staumauer  magaziniert  ein 
Wasserquantum  von  5  Mill.  m*  auf  und  wird  dieses  Reservoir  jährlich  6  mal 
gefüllt.  Das  Reservoir  von  Elche  am  Vinalopoflusse  (23  m  hohe  Mauer) 
dient  zur  Bewässerung  von  12000  ha  Ackerland.  Große  Reservoire  sind 
weiter  jene  von  Puentes,  durch  eine  48  m  hohe  Staumauer,  1885  an  Stelle 
des  alten  zerstörten  Bauwerkes  hergestellt,  gebildet,  welche  ein  Staubecken 
von  31,56  Mill.  m*  abschließt;  weiter  wäre  zu  erwähnen  das  zur  Wasserver- 


A.  Einleitung.  183 

sorgung  von  Madrid  dienende  Reservoir  von  Villar  am  Lozoyaflusse,  welches 
durch  eine  51  m  hohe  Staumauer  einen  Fassungsraum  von  20  Mill.  m^  ab- 
schließt. In  bezug  auf  Größe  des  Fassungsrauraes  steht  jedoch  Ägypten 
obenan. 

Aus  dem  Altertum  (2 — 3000  v.  Chr.)  stammend  ist  es  insbesondere 
der  Möris-See,  welcher  die  Hoch  Wässer  des  Nils  behufs  Bewässerung  der 
Ländereien  in  der  trockenen  Jahreszeit  ansammelte.  Derselbe  soll  auf  der 
linken  Seite  des  Nils  ca.  15  Meilen  südlich  von  Kairo  sich  befunden  und  bei 
1200  km*  Oberfläche  3 — 4000  Mill.  m^  Wasser  magaziniert  haben  und  mit 
Schiffen  befahren  worden  sein.  Das  Wasser  wurde  diesem  künstlichen  See 
durch  einen  ca.  50  Meilen  langen  Kanal  vom  Nil  zugeleitet,  von  hier  gegen 
Memphis  zur  Bewässerung  der  Grundstücke  geführt  und  das  überschüssige 
Wasser  in  die  Wüste  abgeleitet. 

Als  neuester,  1898  begonnener  und  vor  kurzem  vollendeter  Stauweiher 
ist  das  Assuan  Reservoir  hervorzuheben,  welches,  durch  eine  ca.  2  km  lange 
in  Granit  gemauerte  Talsperre  von  28  m  Höhe  gebildet,  ein  Wasserquantum 
von   ca.  1500  Mill.  m^  aufspeichert,  zurzeit  das  größte  Reservoir  der  Welt. 

Durch  Erhöhung  der  Sperrmauer  um  ca.  7  m  und  Anlage  eines 
Auxiliarreservoirs  durch  Umwandlung  des  Wüstenbeckens  Wadi  Rajaan, 
eine  in  der  libischen  Wüste  (Provinz  Fayoum)  gelegene  Oase,  in  einen  See 
sollen  im  ganzen  4000  Mill.  m*  Wasser  magaziniert  werden,  um  damit  eine 
Fläche  von  2  Mill.  Feddäns  (ä  0,42  ha),  also  420000  ha  bewässern  zu  können, 
durch  welche  Anlage  eine  Vermehrung  des  Volksvermögens  von  60  Mill. 
Pfund  Sterling  =  1440  Mill.  K  in  Aussicht  genommen  ist,  während  die  gesamten 
Baukosten  des  erhöhten  Assuan  Stauweihers  samt  dem  Auxiliar-See  auf 
5  Mill.  Pfund  Sterling  =  120  Mill.  K  geschätzt  werden.  Ja  man  will  noch 
weiter  gehen,  um  durch  eine  gleichförmigere  Verteilung  des  zur  Bewässerung 
während  eines  Jahres  zur  Verfügung  stehenden  Wassers  des  Nilflußgebietes, 
also  namentlich  durch  eine  wesentliche  Vermehrung  des  Niederwasserquantums 
des  Nils  während  der  4  monatlichen  Periode  Mitte  März  bis  Mitte  Juli  noch 
weitere  große  Flächen  der  Kultur  zuzuführen  zu  können.  Zu  diesem  Behufe 
sollen  zwei  Seen  Mittelafrikas  durch  entsprechende  Höherstauung  nutzbar 
gemacht  werden. 

Insbesondere  ist  hierzu  der  Albert  Nyanza-See  in  Aussicht  genommen, 
in  welchem  während  der  5  Monate,  Dezember  bis  Mai,  durch  einen  Aufstau 
von  2  m  ein  Wasservorrat  von  7500  Mill.  m*  aufgespeichert  werden  könnte. 
Dieses  Stauwehr  soll  beim  Ausfluß  des  Sees  bei  Fabongo  errichtet  und 
dadurch  ermöglicht  werden,  die  derzeit  maximale  Abflußmenge  von  1300  m* 
pro  Sekunde  auf  die  Zeit  vom  1.  Dezember  bis  1.  Mai  auszudehnen,  während 
jetzt  das  Abflußquantum  zeitweilig  bis  700  m*  pro  Sekunde  herabsinkt.  In 
den  anderen  7  Monaten  müßte  mit  dieser  Minimalabflußmenge  das  Auslangen 
gefunden  werden.  Würde  der  Aufstau  jedoch  mit  4  m  Höhe  durchgeführt 
werden,  dann  könnten  schätzungsweise  17000  Mill.  m^  in  diesem  See  mehr 
magaziniert  werden,  durch  welches  Wasserquantum  die  Differenz  vom  Nieder- 
wasser zum  Hochwasser  zu  600  Sek./m*  auf  weitere  6  Monate  gedeckt 
erscheinen  würde. 


184  ^^*  I^i®  Staaweiherbauten. 

Außerdem  steht  noch  der  Viktoria  Nyanza-See  als  Sammel-  bezw. 
Retentionsreservoir  zur  Verfügung  und  ist  projektiert,  an  Stelle  der  Rigon- 
fälle  eine  zweite  Stauanlage  zu  bauen,  durch  welche  dieser  Seewasserspiegel 
um  3  m  gehoben  würde.  Die  Ausdehnung  des  Viktoria  Nyanza-Sees  ist  eine 
derartig  große,  daß  sein  Spiegel  nur  um  0,23  m  fallen  würde,  wenn  man  die 
für  den  Aufstau  des  Albert  Nyanza-Sees  auf  4  m  gewonnenen  17  Milliarden  m' 
dem  erstgenannten  See  entnehmen  würde.  Da  der  Viktoria  Nyanza-See 
unmittelbar  oberhalb  des  Albert  Nyanza-Sees  liegt,  so  würden  durch  diese 
beiden  Stauanlagen  ungeheure  Sammelreservoire  geschaffen  werden,  gegen 
welche  selbst  der  derzeit  überhaupt  größte  Sammelweiher  von  Assuan  mit 
1500  Mill.  m*  Inhalt  als  ein  nur  unbedeutend  kleines  Sammelbecken  er- 
scheinen würde. 

Gegen  diese  großartigen  Anlagen  und  Projekte  in  Afrika  erscheinen 
die  europäischen  Stauweiher,  obwohl  hierdurch  für  unsere  Verhältnisse  auch 
ganz  außerordentliches  geschaffen  wurde,  nur  als  Miniaturbauwerke. 

So  besitzt  Frankreich,  England  und  Italien  für  europäische  Ver- 
hältnisse ganz  bedeutende  Stauweiher,  welche  der  Wasserversorgung  und 
Speisung  der  Schiffahrtskanäle  dienen.  Es  sind  dies  meist  neuere  Bauten 
(Staudämme  und  Mauern)  von  1 — 9  MilL  m'  Fassungsraum  und  Stauhöhen 
bis  50  m.  Auch  in  Rußland  sind  diese,  zumeist  in  Holzkonstruktion  aus- 
geführten Bauten  vertreten.  Deutschland  besitzt  in  den  Vogesen  mehrere 
große  Stauweiher  bis  1  Mill.  m*  Fassungsraum,  denen  sich  in  neuerer  Zeit 
—  ein  Verdienst  des  verstorbenen  Professors  Intze  aus  Aachen  —  eine 
bedeutende  Anzahl  viel  größerer  Gebirgsreservoire  angereiht  haben,  von 
welchen  hier  nur  die  große  Urftalsperre  bei  Gemünd  mit  45,5  Mill.  m* 
Fassungsraum  bei  52,5  m  Höhe  der  Talsperre,  sowie  die  Marklissasperre 
im  Queistale  mit  15  Mill.  m*  Inhalt  bei  44,4  m  Höhe  hervorgehoben 
werden  soll. 

In  Belgien  ist  die  große  Gileppetalsperre  bei  Verviers  zu  erwähnen, 
in  der  Rheinprovinz  der  Stauweiher  bei  Remscheid  als  die  erste  von 
Prof.  Intze  im  Jahre  1891  gebaute  größere  Talsperre. 

In  Österreich  wurde  im  Jahre  1894  die  erste  für  Hochwasserentlastung 
bestimmte,  gemauerte  Sperre  am  Kontinent  errichtet,  welche  vom  Verfasser 
dieser  Handbücher  projektiert  und  ausgeführt  wurde;  es  ist  dies  die  Talsperre 
bei  Jaispitz  in  Mähren. 

Endlich  weist  auch  Amerika  hervorragende  Stauweiherbauten  auf. 

Eine  detailliertere  Anführung  der  hervorragenderen  neueren  Talsperren- 
bauten ist  tabellarisch  am  Schlüsse  dieses  Kapitels  gegeben. 

B.  Zweck  der  Stauweiher. 

Wie  erwähnt,  wird  durch  die  Anlage  derartiger  Reservoirs  im  allge- 
meinen ein  entsprechender  Ausgleich  der  variablen  Niederschlags-  bezw. 
Abflußmengen  und  eine  Regelung  der  Abfluß  Verhältnisse  unterhalb  dieser 
Bauanlagen  bewirkt  werden  können.  Im  speziellen  werden  diese  Bauten 
daher  folgenden  Zwecken  dienen  können: 


B.  Zweck  der  Stanweiher.  1^35 

X.  als  Sammelreservoire, 
während  des  größten  Teiles  des  Jahres  teilweise  oder  ganz  gespannt, 

1.  für  Versorgung  von  Städten  mit  Trink-  und  Nutzwasser; 

2.  zur  Schaffung  einer  permanenten  Wasserkraft  für  Gewerbe-  und  Industrie- 
werke, Mühlen,  Sägen  etc.; 

3.  für  Bewässerung  der  Grundstücke  durch  Speisung  der  Hauptzubringer, 
insbesondere  bei  der  Sommerbewässerung  (Irrigationsreservoire); 

4.  zur  Speisung   von  Schiffahrtskanälen,   zumeist   in   den   sogen.   Scheitel- 
strecken. 

2.  Entlastungsreservoire, 

auch  Rückhaltungs-  oder  Retensionsreservoire  genannt,  zur  Entwässerung 
der  Ländereien.  Die  der  Landeskultur  zumeist  schädlichen  Sommerhoch- 
wässer der  Gebirgsflüsse  und  Bäche  haben  in  der  Regel  einen  sehr  unregel- 
mäßigen Verlauf. 

Während  durch  längere  Zeit  des  Abflusses  hindurch  das  Bach-  oder 
Flußbett  imstande  ist,  das  dieser  Periode  entsprechende  geringere  sekund- 
liche Durchflußquantum  weiter  zu  leiten,  tritt  das  in  der  Kulminationsperiode 
ankommende  Wasserquantum  aus  den  Ufern  aus,  es  exundiert  und  überflutet 
die  angrenzenden  im  Inundationsgebiete  gelegenen  Grundstücke. 

Die  Entwässerung  dieser  Kulturflächen  in  Form  der  Verhinderung  ihrer 
schädlichen  Überflutung  kann  nun  in  den  meisten  Fällen  durch  eine  ent- 
sprechende Regulierung  des  Talrezipienten,  des  Flusses  in  der  be- 
kannten Weise  erfolgen. 

Es  treten  jedoch  auch  Fälle  ein,  wo  die  zur  Aufnahme  der  Hochflut- 
welle notwendige  Beschaffung  eines  entsprechend  großen  Flußschlauches 
durch  örtliche  Verhältnisse  bedingt  undurchführbar  oder  doch  wenigstens 
unrationell  erscheint.  Die  größte  ausgedehnteste  Inundation  tritt  während 
der  Dauer  der  eigentlichen  Hochflutwelle,  welche  bei  Gebirgsflüssen  und 
Bächen  in  der  Regel  eine  nur  kurze  ist,  ein.  Ist  man  nun  imstande,  den 
Abfluß  derart  zu  regeln,  daß  alle  die  Kapazität  des  rationell  regulierten  Fluß- 
schlauches überschreitenden  sekundlichen  Abflußmengen  in  einem  oberhalb 
des  Meliorationsgebietes  errichteten  künstlichen  Staubecken  (Gebirgsreservoir) 
durch  eine  gewisse  Dauer  zurückgehalten  und  erst  später  abgelassen  werden, 
dann  kann  eine  Exundation  des  Flußbettes  unterhalb  der  Stauweiheranlage 
und  damit  eine  schädliche  Überschwemmung  der  Grundstücke  verhindert 
werden. 

Der  Zweck  eines  solchen  Retensions-  (Entlastungs)  Stauweihers  wird 
also  darin  bestehen,  die  gesamte  während  eines  Hochwassers  herabkommende 
schädliche  Abflußmenge  auf  eine  längere  Abflußperiode  zu  verteilen  und 
damit  das  maximale  sekundliche  Abflußquantum  auf  ein  unschädliches  Maß 
zu  reduzieren.  Mit  Rücksicht  auf  diese  Zwecke,  sowie  auf  die  bekannten  mit 
der  Anlage  von  Stauweihern  verbundenen  landwirtschaftlichen,  hygienischen 
und  industriellen  Vorteile  ist  der  Bau  von  speziellen  Retensionsreservoiren 
an  das  Vorhandensein  gewisser  lokaler  Verhältnisse  gebunden.  Das  erste 
dieser  die  Zurückhaltung  der  Hochwässer  in  erster  Linie  im  Auge 


][gg  II.  Die  Stanweiherbaaten. 

habenden  Meliorationsprojekte  wurde  in  Mähren  (Österreich)  in  dem  75  km 
langen  Jaispitzbachtale  nach  dem  Projekte  und  unter  der  Oberleitung  des 
Verfassers,  1894/95,  baulich  durchgeführt.^) 

3.  Retensions-  und  Sammelreservoire. 
Wo  es  die  Verhältnisse  gestatten,  bezw.  auch  erfordern,  werden  Reser- 
voire  angelegt,   welche  gleichzeitig   dem  Zwecke   der   Hochwasserentlastung 
und  beispielsweise  auch  der  Irrigation  und  Industrie,  seltener  gleichzeitig  der 
Wasserversorgung  dienen. 

C.  Wahl  der  Talabschlußstelle. 

Ohne  auf  den  speziellen  Zweck  des  Reservoirs  vorläufig  Rücksicht  zu 
nehmen,  wird  man  in  allen  Fällen  bei  Wahl  einer  Abschlußstelle  bezw. 
Reservoirstelle  nachstehende  Punkte  zu  berücksichtigen  haben: 

1.  Die  in  Betracht  kommenden  Niederschlagsgebiete  sind  ihrer  ganzen 
Ausdehnung  nach  bezüglich  der  Gefällsverhältnisse  der  Talsohlen,  der  Haupt- 
und  Nebengerinne,  eventueller  größerer  Geschiebs-  und  Sandführung,  der 
Talsohlenbreiten  und  der  Bewaldungsverhältnisse,  weiter  in  bezug  auf  die 
geognostische  Beschaffenheit  so  gründlich  wie  möglich  zu  durchforschen. 

2.  Da  in  dem  Flachlande  und  den  Niederungen  für  größere  Reservoire 
im  allgemeinen  infolge  intensiverer  Kultur  die  Grundeinlösung  zu  hohe 
Kosten  verursacht,  wird  man  die  Reservoire  mehr  in  den  hügeligen  und 
gebirgigen  Teil  des  Niederschlagsgebietes  verlegen  und  dabei  womöglich 
wenig  oder  gar  nicht  kultiviertes  Land  wählen. 

3.  Für  größere  Anlagen  soll  das  sogen.  „Einzugsgebiet"  des  Reser- 
voirs, d.  i.  das  Niederschlagsgebiet,  oberhalb  des  Stauweihers  möglichst 
groß  sein,  weshalb  Reservoire  nicht  zu  nahe  der  Wasserscheide  situiert 
werden  sollen.  Der  zu  wählende  oder  vom  Standpunkte  der  Bauökonomie 
oft  schon  gegebene  maximale  Fassungsraum  des  Stauweihers  muß  in  einem 
richtigen  Verhältnisse  zur  Größe  des  Niederschlagsgebietes,  bezw.  der  ver- 
fügbaren Regenhöhen  des  Einzugsgebietes  stehen,  so  daß  das  als  notwendig 
erkannte  Aufspeicherungsquantum  durch  die  Niederschläge  auch  wirklich  gedeckt, 
das  Reservoir  unter  Umständen  mehrmals  im  Jahre  gefüllt  werden  kann. 
Falls  das  Reservoir  Retensionszwecken  zu  dienen  hat,  muß  das  Einzugsgebiet 
insbesondere  ein  möglichst  großes  sein,  um  für  die  unterhalb  liegenden 
Gegenden  in  einem  Maße  entlastend  zu  wirken,  welches  in  einem  günstigen 
Verhältnisse  zu  den  Baukosten  des  Gebirgsreservoirs  steht. 

4.  Die  Abschlußstelle  des  Reservoirs,  d.  i.  die  Baustelle  für  die 
Talsperre,  soll  möglichst  eng  sein,  während  bachaufwärts,  also  ober- 
halb der  Sperre,  das  Tal  sich  möglichst  erweitern  soll,  wodurch  mit 
tunlichst  geringen  Baukosten  die  größtmöglichste  Wassermenge  aufgespeichert 
werden  kann. 


^)  Vergl.  österr.  Monatsschrift  für  den  öffentlichen  Baudienst,  I.  Jahrgang,  sowie  Wiener 
landwirtschaftliche  Zeitung  1897,  No.  87,  und  1898. 


C.  Wahl  der  Talabschlnfistelle.  lg? 

5.  Bei  Annahme  einer  günstigen  Abschlufistelle  bezüglich  des  Verhält- 
nisses ihrer  Breite  zu  der  mittleren  Reservoirwasserspiegelbreite  soll  das 
Gefälle  der  Talsohle  selbst  ein  möglichst  geringes  sein,  wodurch 
mit  einer  verhältnismäßig  niedrigen  Mauer  ein  größerer  Fassungsraum  erzielt 
werden  kann,  als  bei  steilem  Gefälle  und  hohen  Talsperren.  Dieser  Faktor 
ist  sehr  zu  berücksichtigen,  da  die  Kosten  einer  Talsperre  (Erde  oder 
Mauerwerk)  mit  zunehmender  Höhe   in  abnormalem  Verhältnisse  wachsen. 

6.  Die  Abschlußstelle  selbst  muß  in  bezug  auf  die  Fundierung  des  Bau- 
werkes insbesondere  geognostisch  gewissen  Anforderungen  entsprechen.  Für 
Talsperren  aus  Mauerwerk  muß  in  nicht  allzu  großer  Tiefe  an  der  Sohle 
sowie  an  den  beiden  Tallehnen  ein  gesunder,  nicht  zerklüfteter  Fels  ange- 
troffen werden.  Bei  geschichtetem  Fels  ist  eine  horizontale  (tonnlägige)  oder 
gegen  das  Reservoir  einfallende  Lagerung  erwünscht  und  ist  das  saigere 
(vertikale)  oder  nach  dem  Talgefälle  gerichtete  Einfallen  der  Schichten  wo- 
möglich zu  vermeiden.  Das  Streichen  der  Schichten  ist  am  günstigsten  in 
der  Richtung  der  Talsperre,  am  ungünstigsten  senkrecht  auf  diese.  Während 
das  Einfallen  der  Schichten  insbesondere  für  die  Verminderung  des  Gleitens 
der  Mauer  auf  dem  Untergrunde  maßgebend  ist,  hängt  von  dem  Streichen 
der  Schichten,  der  Grad  der  Wasserundurchlässigkeit  des  Reservoirs,  sowie 
die  Kosten  des  Fundamentaushubes  ab.  Unter  den  ungeschichteten  Felsarten 
gewähren  Granit,  Basalt,  Trachyt  und  Porphyr  den  besten  Untergrund.  Bei 
geschichtetem  Felsuntergrunde  muß  nebst  Lagerung  und  Zerklüftung  auch 
noch  darauf  geachtet  werden,  daß  unter  der  Sohle  des  Fundaments  keine 
Letten-,  Ton-  oder  Mergelschichten  und  derartige  Einlagerungen  oder  wasser- 
durchlässige Sandschichten  sich  befinden,  welche,  von  dem  unter  höherem 
Druck  stehenden  Wasser  des  Sammelbassins  durchfeuchtet,  nachgiebig  gemacht 
und  zum  Abrutschen  gebracht  werden  können.  Insbesondere  muß  auch 
eventuellen  Verwerfungsspalten  die  größte  Aufmerksamkeit  gewidmet  werden. 
Die  Fundamentuntersuchungen  für  das  Detailprojekt  dürfen  sich  nicht  auf 
die  Abteufung  einiger  Bohrlöcher  oder  enger  Versuchsschächte  in  der  Längs- 
achse der  Mauer  beschränken,  sondern  muß  die  künftige  Fundamentsohle  in 
möglichst  vielen  Punkten  auf  die  ganze  Breite  der  Mauer  ausgedehnt  bloß- 
gelegt werden,  will  man  sich  nicht  späteren  großen  Täuschungen  aussetzen 
und  soll  der  Ingenieur  mit  aller  Energie  auf  die  Durchführung  dieser  genauen 
Untersuchungen  hinarbeiten  trotz  des  in  der  Regel  an  den  Tag  gelegten 
Widerstandes  seitens  der  das  finanzielle  Interesse  der  betreffenden  Körper- 
schaft (Gemeinde,  Landesbehörde)  scheinbar  vertretenden  maßgebenden  Laien. 

Die  Erfahrung  lehrt,  daß  mitunter  in  Probelöchern  und  kleinen  Ver- 
suchsschächten gesunder  Fels  erschlossen  wurde,  welcher  sich  nach  Bloß- 
legung der  ganzen  Mauerfundamentgrube  beim  Baue  selbst  als  großer  Findling 
oder  als  Felsbank  erwies,  unter  welcher  sich  eine  zur  Fundierung  nicht 
geeignete  Bodenschichte  vorfand.  In  anderen  Fällen  ergaben  Jcleine,  in  der 
Längsachse  des  Tales  abgestufte  Probeschächte  in  übereinstimmenden  Tiefen 
festen  Fels,  der  gerade  an  der  Stelle  der  beim  Bau  eröffneten  Fundament- 
grube sich  als  eine  aus  gesundem  Material  bestehende  Felskuppe  erwies, 
während  ringsum  nur  verwittertes  Felsmaterial  aufgeschlossen  wurde.    Der- 


188  ^'  ^i«  Stauweiherbauten. 

artige  ungeahnte  Täuschungen  bedingen  sodann  eine  oft  bedeutende  Kosten- 
erhöhung infolge  größerer  Fundierungstiefe  oder  in  manchen  Fällen  die  voll- 
ständige Auflassung  dieser  Abschlußstelle.  In  Anbetracht  der  hohen 
Verantwortung,  welche  diese  Bauten  allen  Beteiligten  auferlegen,  muß  neben 
einer  vorzüglichen  Bauausführung  des  Objektes  selbst  auch  insbesondere  auf 
die  vorzüglichste  Fundierung  gesehen  werden. 

Um  nur  einzelne  solcher  Fälle  hervorzuheben,  sei  auf  die  Erfahrungen 
beim  Bau  des  Jaispitzstauweihers  hingewiesen,  ein  Fall,  der  bei  Gneis- 
fundamenten häufig  wiederkehrt.  Auch  beim  Bau  des  Lauchenweihers  in 
den  Vogesen  zeigte  sich  trotz  des  in  den  Probeschächten  erschlossenen, 
ungemein  harten  kompakten  Grauwackenfelses  bei  der  späteren  Aufdeckung 
der  Baugrube  auf  ihre  ganze  Breite,  daß  man  es  an  einzelnen  Stellen  mit 
großen  Findlingen  (Blöcken)  zu  tun  hatte,  infolgedessen  mit  der  Fundierung 
bedeutend  tiefer  gegangen  werden  mußte  und  natürlich  eine  nicht  vorher- 
gesehene namhafte  Vermehrung  der  Baukosten  zur  Folge  hatte.  Eine  andere 
in  den  Vogesen  projektierte  Talsperrenabschlußstelle  mußte  aus  ähnlichen 
Gründen  ganz  aufgelassen  werden.  Natürlich  wird  diese  Schuld  dann  von 
den  sogen,  maßgebenden  Persönlichkeiten  auf  das  Konto  der  Fachingenieure 
gebucht,  Fälle,  von  denen  Deutschland  und  Österreich  einiges  erzählen 
könnten,-  zum  Unterschiede  von  Frankreich,  in  welchem  Staate  die  in  der- 
artigen Bauangelegenheiten  maßgebenden  Personen  eben  auch  Fachmänner  sind. 

Aber  auch  andere  als  Typen  solider  Fundamente  geltende  Felsarten 
haben  bei  ihrer  Aufschließung  ganz  merkwürdige  Überraschungen  geboten, 
die  aber  in  der  Regel  nie  der  Öffentlichkeit  bekannt  gegeben  werden. 

So  ist  das  Anstehen  von  Granit  nicht  immer  schon  im  voraus  als 
günstiges  Anzeichen  einer  seichten  Fundierung  zu  betrachten. 

Bei  den  Talsperrenbauten  bei  Reichenberg  in  Böhmen  konnten  in  dieser 
Richtung  weniger  angenehme  wie  geognostisch  interessante  Wahrnehmungen 
gemacht  werden.  Der  dort  aufgeschlossene  feinkörnige  bis  porphyrartige 
Granit  mit  großen  Felsspaltindividuen  übergeht  in  seinen  oberen  oft  mächtigen 
Schichten  in  ausgesprochenen  Grus,  der  wohl  nach  den  Untersuchungen 
wasserdicht  sein  soll,  auf  welchen  entweder  direkt  oder  nach  Übergießen  mit 
Zementwasser  gemauert  oder  aber  der  Druck  auf  eine  Betonplatte  übertragen 
wurde.     Immerhin  wäre  eine  solche  Fundierung,  wenn  tunlich,  zu  vermeiden. 

Bei  dem  Harzdorfer  Talsperrenfundamentaushub,  zu  dessen  Vollendung 
ich  gerade  kam,  zeigte  der  Granit  eine  Schichtung,  und  zwar  Bänke  gesunden, 
unverwitterten  Gesteins  wechsellagemd  mit  stark  verwitterten  Grusschichten 
und  Nestern,  zu  deren  vollständiger  Abtragung  bis  zur  Erreichung  des  voll- 
kommen tragfähigen  Felsens  stellenweise  ein  Herabgehen  in  größere  Tiefen 
notwendig  wurde.  In  diesem  Fundamente  trat  auch  eine  höchst  selten  vor- 
kommende ringförmige  Bildung,  eine  lakkolitische  Ablagerung  des  Granites 
zutage,  deren  durch  mich  veranlaßte  Aufnahme  (3.  Juni  1903)  in  Fig.  85 
wiedergegeben  ist. 

Talsperren  aus  Erde  (Abschlußdämme)  werden  auf  Felsen  selbst  nie 
fundiert,  sondern  immer  nur  dort  errichtet,    wo   unter   den  Alluvionen   der 


C.  Wahl  der  Talabschluflstelle. 


189 


Talsohle  auf  eine  wasserundurchlässige,  tragfähige,  genügend  starke  Lehm- 
schichte gestoßen  wird.  Ebenso  soll  im  Reservoirbecken  selbst  der  Unter- 
grund  eine  mindestens  l^/g  m  starke  Lehm-  oder  Lettenschichte   enthalten, 


190  II.  Die  Stanweiherbanten. 

wodurch  allein  die  Möglichkeit  eines  sehr  geringen  Versickerungsverlustes 
geboten  ist.  Dabei  mufi  wohl  berücksichtigt  werden,  daß  durch  die  allmäh- 
liche Verschlammung  auch  nachträglich  eine  Dichtung  erreicht  werden  kann. 
Was  die  Tragfähigkeit  des  Untergrundes  anbelangt,  so  werden  die  zulässigen 
Maximalbelastungen  bei  der  baulichen  Durchführung  solcher  Reservoire  be- 
sprochen werden.  Auch  hier  muß  der  Projektant  auf  die  genaueste  Unter- 
suchung des  Baugrundes  vor  Aufstellung  des  Detailprojektes  durch  viele  und 
große  Probeschächte  (nicht  Bohrlöcher)  unter  allen  Umständen  bestehen. 

D.  Konstruktive  Durchführung  der  Gebirgsreservoire. 

Die  konstruktive  Durchführung  wird  insbesondere  eine  verschiedene 
sein,  je  nach  dem  Materiale,  aus  welchem  das  Abschlußwerk  hergestellt  wird, 
und  sollen  demgemäß  zuerst  die  Talsperren  in  Stein  und  sodann  jene  in 
Erde  (die  Staudämme)  behandelt  werden. 

L  Abschlufswerke  (Talsperren)  aus  Mauerwerk. 

Bei  jeder  Stauweiheranlage  hat  man  nachstehende  Hauptgruppen  zu 
unterscheiden: 

1.  die  Reservoirmauer  (Talsperre)  samt  zugehörigen  Objekten,  zusammen 
„Abschlußwerk"  genannt; 

2.  die  Nebenobjekte;  in  manchen  Fällen  femer 

3.  den  Umlauf-  oder  Derivationskanal;  sodann  stets 

4.  Wege-  und  Straßenbauten;  und 

5.  Nebenarbeiten,  als  Bachregulierungen,  Uferbefestigungen,  Anpflanzungen, 
Aufforstungen,  Verbauung  von  Runsen  im  Reservoirgebiet,  Telegraphen- 
verbindung für  Wettemachrichtendienst,  Planien  vor  dem  Überfallwehr 
und  für  das  Wächterhaus;  endlich 

6.  die  Grundeinlösungen  und  Wasserrechtsentschädigungen. 

X.  Das  Abschlufswerk. 

Das  Abschluß  werk  ist  gebildet  aus: 

a)  der  Talsperre  oder  Reservoirmauer  als  solche, 

b)  dem  Überfallwehr  samt  Ablaufgerinne  und 

c)  dem  Grundablaß,  welcher  in  der  Regel  die  Vorrichtung  zur  geregelten 
konstanten  Wasserabgabe  an  die  Mühlen  und  Industriewerke,  für  Be- 
wässerungszwecke etc.  enthält.  Bei  größeren  Retensionsreservoiren  tritt 
dann  in  der  Regel  noch  ein  zweiter  größerer  Grundablaß, 

d)  der  Hochwasserstollen,  hinzu. 

a)  Die  Talsperre  (Querschniffsform  derselben). 
Wenn  überhaupt  jedes  Bauwerk  derart  konstruiert  werden  muß,  daß  es 
mit  Rücksicht  auf  die  auf  dasselbe  einwirkenden  Kräfte  —  auf  ihre  Bean- 
spruchung —  bestimmten  Bedingungen  entsprechen  muß,  um  auf  eine  gewisse 
absehbare  Zeit  standfest  (stabil)  zu  sein,  so  werden  mit  Rücksicht  auf  die  in 
Aussicht  zu  nehmende  sehr  lange  Bestandesdauer,  die  große  Verantwortung 
und  die  bedeutenden  Kosten  von  Reservoirmauern  dieselben  insbesondere  in 


D.  Konstruktive  DnrchfUhmng  der  Gebirgsresenroire.  191 

bezug  auf  ihre  Stabilität  und  ihre  bauökonomische  Querschnittsform  den 
strengsten  Anforderungen  genügen  müssen.  Die  Bedingungen,  denen 
das  Talsperrenprofil  in  vollem  Maße  entsprechen  muß,  werden  folgende  sein: 

1.  Die  Mauer  soll  sowohl  bei  gefülltem  wie  bei  leerem  Reservoir  in  den 
einzelnen  Horizontalschnitten  annähernd  gleiche  Maximalpressungen  zeigen, 
bezw.  die  Unterschiede  sollen  nicht  zu  bedeutende  sein;  Zugspannungen  sind 
selbstredend  ausgeschlossen,  aber  auch  sehr  kleine  Druckspannungen,  welche 
sich  der  Null  nähern,  sollen  vermieden  werden,  weil  durch  das  nicht  überall 
vorhandene  gleiche  spezifische  Gewicht  des  Mauerwerkes  in  Wirklichkeit 
die  ausgerechnete  kleine  Druckbelastung  eine  Zugspannung  sein  kann. 

2.  Soll  die  Drucklinie,  damit  eben  nirgends  Zugspannung  (also  Klaffen 
der  Mauerfugen)  auftritt,  weder  bei  leerem  noch  bei  gefülltem  Becken  nie 
aus  dem  mittleren  Drittel  jedes  Horizontalschnittes  herausfallen. 

3.  Soll  die  maximale  Belastung  in  den  einzelnen  Teilen  des  Mauerkörpers 
sowie  des  Fundamentuntergrundes  die  zulässige  Inanspruchnahme  des  Materials 
nicht  übersteigen.  Im  Gegenteile  soll  für  nicht  zu  hohe  Mauern  eine  Kanten- 
pressung von  5 — 6  kg  pro  cm*  nicht  überschritten  werden,  und  ist  nur  bei 
sehr  hohen  Mauern  (50  m)  eine  Druckbelastung  von  10 — 12  kg  pro  cm*  zu- 
lässig (das  letztere  Maß  wurde  zuerst  bei  den  hohen  französischen  Talsperren 
bei  vorzüglicher  Beschaffenheit  des  Untergrundes  akzeptiert,  sodann  auch  in 
andern  Ländern  angenommen,  ohne  auch  von  den  geringsten  Anständen 
begleitet  zu  sein). 

Wird  berücksichtigt,  daß  der  Bruch modul  eines  soliden  Felsunter- 
grundes zwischen  100  und  1100  kg  pro  cm*  (Kalkstein  und  Granit)  schwankt 
und  die  zulässige  Inanspruchnahme  von  Kalkstein  20,  von  hartem  Sand- 
stein 30  und  von  Granit  60  kg  pro  cm*  beträgt,  so  repräsentieren  obige  an- 
genommenen Maximalpressungen  von  5 — 12  kg  eine  20 — 100  fache  Sicherheit 
gegen  Zerdrücken  und  eine  4 — 5  fache  Sicherheit  gegenüber  der  zulässigen 
Inanspruchnahme. 

.  4.  Die  Mauer  muß  gegen  Gleiten  die  nötige  Sicherheit  aufweisen.  Es 
darf  also  der  Winkel  o),  welchen  die  Resultierende  R  aus  Mauergewicht  und 
Wasserdruck  mit  der  Basis  bezw.  mit  jeder  beliebigen  Mauerwerksfuge  bildet, 
nicht  kleiner  als  der  Reibungswinkei  q  von  Stein  auf  Stein  (im  Mittel  p  =  30^) 
sein,  d.  h.,  es  muß  -^(o^^q  sein  (siehe  Fig.  86). 

5.  Soll  bei  Vorhandensein  aller  dieser  Stabilitätsbedingungen  die 
Profilfläche  ein  Minimum  sein,  also  ein  bauökonomisches  Querprofil  dar- 
stellen. Was  die  Form  des  Mauerquerschnitts  anbelangt,  so  hat  man  bei 
allen  neueren  Sperren  zumeist  die  Dreiecksform  Acf  als  Grundform  an- 
genommen (siehe  Fig.  86). 

Theoretisch  könnte  in  der  Wasserspiegelhöhe  die  Breite  der  Mauer  =  0 
sein,  da  bei  ruhigem  Wasser  in  diesem  Punkte  keinerlei  Pressung  herrscht. 
In  der  Praxis  jedoch  muß  dem  Angriffe  des  Wellenschlages,  des  Windes, 
Eisstoßes^  insbesondere  jedoch  der  Möglichkeit  einer  Begehung  der  Mauer- 
krone Rechnung  getragen  werden. 

In  dieser  Richtung  wird  der  Mauer  eine  Kronenbreite  {b)  von  normal 
3 — 5  m  gegeben.     Nur  in  jenen  Fällen,   wo   die  Mauerkrone  gleichzeitig  als 


192 


II.  Die  Staaweiherbaaten. 


~-  _-- itf,  ..  V 


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i  ^^=*ff^-si: 


Fahrstraße  benutzt  werden  soll,  wird  eine  dem  jeweiligen  Zwecke  entsprechende 
größere  Breite  angenommen  werden.  Aus  Gründen  der  gleichförmigeren 
Verteilung  der  Belastung,  also  Erzielung  einer  gleichförmigen  Beanspruchung 
des  Mauerwerkes  in  den  einzelnen  Horizontalschnitten,  wird,  statt  die  Wasser- 
seite lotrecht  zu  machen,  dieselbe  von  einer  gewissen  Tiefe  an  mit  einem 
Anzug  (Neigungsverhältnis  ca.  1 :  10),  also  steil  geböscht  angelegt  (siehe  dß 
in  Fig.  86).  Nach  den  vielfachen  statischen  Untersuchungen  solcher  Mauer- 
profile, insbesondere  solcher  von  größerer  Höhe,  empfiehlt  es  sich,  diese 
Böschung  von  1 :  10  schon  von  dem  Mauerkronenpunkte  c  aus  anzunehmen, 
wodurch  die  gewöhnlich  pto  Beanspruchung  ungünstigste  Stelle  bei  i  wesent- 
lich entlastet  wird,  überdies  die  Vertikalkomponente  des  Wasserdruckes  das 
Mauergewicht  ohne  Kosten  vergrößert.  Endlich  wird  der  durch  den  Zu- 
sammenstoß der  beiden  Geraden  ui  und  ciA  gebildete  stumpfe  Winkel  uiA 
.   A  ,  durch  einen  Kreisbogen  ausgeglichen. 

Bei  den  ersten  Reservoirprojekten, 
welche  ich  in  den  Jahren  1881—1884  für 
den  mährischen  Landesausschuß  anfertigte, 
nahm  ich  als  Grundlage  der  Berechnung 
und  graphostatischen  Untersuchung  die 
Trapezform  und  die  Profilnormen  des  In- 
genieur en  chef  de  ponts  et  chausses 
Krantz  in  Paris  an  (siehe  die  spätere 
Fig.  95),  wich  jedoch  infolge  der  gelegent- 
lich der  bei  den  später  unternommenen 
Studienreisen  in  Nord-,  Mittel  und  Süd- 
frankreich, Elsaß,  Baden,  Westfalen,  Belgien, 
Holland,  Norwegen,  Schweden,  Hannover 
und  Bayern  gemachten  Erfahrungen  von 
diesen  Profilen  wieder  ab. 
Hat  man  für  irgend  eine  Höhe  das  Profil  zu  berechnen,  so  wird  man 
in  erster  Linie  ein  Normalprofil  für  die  betreffende  Höhe  wählen  und  nun 
dasselbe  rechnerisch  und  graphostatisch  untersuchen.  Als  Normalprofil  wählt 
man  ein  rechtwinkeliges  Dreieck,  dessen  Basis  A/  beiläufig  gleich  ^/j  der 
Höhe  h  angenommen  wird  (exkl.  der  Verbreiterung  der  Wasserseite  durch  den 
i/io  Anzug).  Die  Tiefenlage  des  Beginnes  dieses  Anzuges  d  nach  den  deutschen 
älteren  Profilen  richtet  sich  nach  der  Gesamthöhe  der  Mauer  und  wird  bei 
kleinen  Mauern  2 — 3  m,  bei  höheren  6 — 8  m  und  darüber  betragen.  Prot. 
Intze  hat  diesen  Anzug  auch  schon  von  der  Mauerkrone  an  angeordnet,  und 
zwar  sowohl  von  der  Luft-  wie  von  der  Wasserseite  aus,  wodurch  die  Mauer- 
profilfläche natürlich  größer  wird  (siehe  die  graphostatische  Untersuchung  des 
Mauerprofiles  der  Voigtbachsperre  Taf.  XI).  Entsprechend  der  gewünschten 
Kronenbreite  b  wird  das  Profil  im  obersten  Teile  rechteckig,  endlich  als  Basis 
der  Berechnung  der  Wasserspiegel  in  gleicher  Höhe  mit  der  Mauerkrone 
angenommen.  Zum  Behufe  der  rechnerischen  Untersuchung  teilt  man  nun 
das  Profil  in  Lamellen  von  1 — 5  m  Höhe  ein  und  untersucht  bezw.  berechnet 
nachstehende  Größen  für  jede  Kante.  Wir  haben  z.  B.  für  die  unterste  Kante 
ABy  also  die  Mauerbasis  (Fig.  86),  nachstehende  Größen  zu  suchen: 


Fig.  86. 


D.  Konsiraktive  Dnrchfubning  der  Gcbirgsreservoire.  193 

ä)  Die  horizontale  Komponente  des  Wasserdruckes  //, 
welche   für  die  Kante  j4B  in  dem  untersten  Drittel  l-^j  angreift;  dieselbe 
berechnet    sich    wie    bekannt    aus   der   Formel   {ton  =  Tonnen   ä  1000  kg): 

wobei  y  =  1000  kg  das  Gewicht  von  1  m'  reinen  Wassers  bedeutet.  Wenn 
auch  das  in  dem  Reservoir  sich  ansammelnde  Wasser  sehr  häufig  nicht  rein 
ist,  also  ein  etwas  größeres  spezifisches  Gewicht  als  1,0  besitzt,  so  kann  diese 
Differenz  mit  Rücksicht  auf  den  sonst  einzuhaltenden  hohen  Sicherheitsgrad 
vernachlässigt  werden. 

ß)  Die  vertikale  Komponente  des  Wasserdruckes  V. 
Im  Falle  der  Annahme  einer  durchaus  vertikalen  wasserseitigen  Mauer- 
bOschung    würde    V=  o    werden;    im   vorliegenden    Falle   jedoch    ist    diese 
Komponente  gegeben  durch  das  Gewicht  des  Wasserkörpers  ocdB  =  Fv  und 
greift  im  Schwerpunkt  5  dieser  Fläche  an.     Es  ist  also: 

Diese  beiden  Komponenten  H  und  V  schneiden  sich  im  Punkte  k]  wird 
von  diesem  aus  nach  einem  ganz  beliebig  gewählten  Kräftemaßstab  auf  der 
horizontalen  Linie  km  die  Größe  von  H  auf  der  vertikalen  V=  kl  in  Tonnen 
aufgetragen  und  das  Kräfteparallelogramm  kmni  gezeichnet,  so  erhalten  wir 
in  kn  die  Größe  und  Richtung 

y)  des  Wasserdruckes  JV, 
welcher  senkrecht  auf  die  Angriffsböschung  dB  gerichtet  ist.    Dieser  Wasser- 
druck ist  nun  zusammenzusetzen  mit  dem  Mauergewichte. 

^  Das  Mauergewicht  G, 
welches  im  Schwerpunkt  S  des  ganzen  Mauerprofiles  Fg  (bei  Untersuchung 
anderer  Fugen  des  oberhalb  derselben  gelegenen  Mauerprofilteiles)  angreift, 
ist  0*^  =  Fg*^*.  y',  wobei  y'  das  Gewicht  von  1  m*  des  Mauerwerkes  bedeutet 
Diese  Größe  ist  von  der  Art  der  Herstellung  des  Mauerwerkes,  sowie  von 
dem  spezifischen  Gewicht  des  verwendeten  Mauersteines  und  des  Mörtels 
abhängig  und  muß  praktisch  vorher  auf  folgende  Weise  festgestellt  werden. 
Wir  nehmen  an,  daß  das  Talsperrenmauerwerk  in  Zyklopenverband  und  in 
hydraulischem  Kalkmörtel  gelegt,  aus  Sandstein  hergestellt  werden  soll. 

Man  bestimmt  zuerst  das  spezifische  Gewicht  des  zum  Bau  zu  ver- 
wendenden Steines  aus  möglichst  vielen  Steinproben,  sowie  des  hydraulischen 
Mörtels  nach  dem  durch  Versuche  festzustellenden  Mischungsverhältnis  von 
Sand  und  Zement  (Roman-Zement  oder  Roman-  und  Portland-Zement  ge- 
mischt). Beide  Gewichtsbestimmungen  müssen  in  vollkommen  trockenem 
Zustande  erfolgen,  damit  der  im  Falle  von  Rißbildungen  eintretende  Auf- 
trieb des  Wassers  durch  das  bei  der  Berechnung  nicht  berücksichtigte 
Mehrgewicht  des  Mauerwerkes  infolge  später  eintretender  Durchfeuchtung 
parallelisiert  wird. 

Friedrich,  WasBerbau.    Zweite  Auflage.    II.  Band.  13 


194  ^^'  ^^^  Stanweiherbanten. 

Es  hat  beispielsweise  der  betreffende  Stein  im  trockenen  Zustand 
pro  m^  ein  Gewicht  von  2000  kg,  der  hydraulische  Mörtel  1700  kg.  Bei 
einem  gut  hergestellten  Talsperrenmauerwerk  in  Zyklopenverband  beträgt 
die  Menge  des  verwendeten  Mörtels  ca.  30 — 40  ^/o  des  Gesamtvolumens. 
Wir  erhalten  daher 

0,60  m»  Bruchstein  ä  2000  kg  =  1200  kg, 
0,40   „    Mörtel  ä  1700   „  =    680    „ 

mithin  zusammen   1880  kg 
(bei  30  ^/o  Mörtelverbrauch  1910  kg)  als  Gewicht  von  1  m*  trockenem  Mauer- 
werk in  Sandstein. 

Dieses  Gewicht  gilt  für  die  Untersuchung  der  Stabilität  (Stand- 
sicherheit gegen  Umkippen);  zur  Bestimmung  der  maximalen  Kanten- 
pressungen  (Inanspruchnahme  des  Mauerwerkes  und  Untergrundes)  ist 
hingegen  in  gleicher  Weise  das  Gewicht  von  1  m^  vollkommen  durch- 
feuchtetem Mauerw'erk  in  Rechnung  zu  setzen. 

Nehmen  wir  als  anderes  Beispiel  Granit  (spezifisches  Gewicht  zwischen 
2,50  und  2,85,  im  Mittel  ca.  2,6)  und  einen  Mörtelverbrauch  von  33<^/q  an, 
wie  er  bei  sehr  guter  Mauerung  und  nicht  zu  kleinen  Bruchsteinen  immer 
erzielt  werden  kann,  dann  haben  wir,  für  Traßmörtel  1,9  spez.  Gewicht 
angenommen : 

0,66  m»  Granitbruchstein  ä  2600  kg  =1716  kg, 
0,33    „    Mörtel  ä  1900    „    =    627    „ 

mithin  zusammen   2343  kg 
als  Gewicht  von  1  m^  Granit-Zyklopenmauerwerk. 

Für  Gneis  und  Traßmörtel  ergibt  sich  beiläufig  2400  kg. 

„     Tonschiefer   und  Grauwacke  in  Traßmörtel  2300    „ 

Um    diese   Gewichte   den   lokalen   Verhältnissen   möglichst  anzupassen, 

empfiehlt  es  sich  auch,   mehrere  größere  Würfel  voA  mindestens  1  m*  Inhalt 

zu    mauern    und    bei    Verwendung   der   verschiedenen  Arten    der    Gesteine 

dann  das  Gewicht  direkt  zu  bestimmen. 

€)  Bestimmung  der  Hauptresultanten  R  aus  Mauergewicht  und 

Wasserdruck. 

Die  beiden  Kräfte  IV  und  G  schneiden  sich  im  Punkte  p.  Werden  von 
p  aus  die  gerechneten  Kräfte  W  und  G  {pq  und  pt)  aufgetragen  und  das 
Kräfteparallelogramm  pqrt  gezeichnet,  so  erhalten  wir  durch  die  Linie 
pr—R  die  Größe  und  Richtung  der  Hauptresultanten.  Dieselbe  schneidet 
die  untersuchte  Mauerkante  AB  \m  Punkte  a,  dem  Angriffspunkt  von  R  auf 
diese  Mauerfuge.  Dieser  Punkt  a  bildet  einen  Punkt  der  zu  konstruierenden 
Drucklinie  für  das  gefüllte  Reservoir,  welche  gefunden  wird,  wenn 
dieselbe  Untersuchung  für  alle  Mauerfugen  (Lamellen)  in  gleicher  Weise 
durchgeführt  ist.  Diese  Angriffspunkte  a  oder  der  geometrische  Ort  aller 
derselben  für  unendlich   schmale   Mauerlamellen,   also  die  Drucklinie,   sollen 

nun  immer  innerhalb  des  mittleren  Drittels  I-ö-)  des  Mauerprofiles  fallen, 


D.  Konstraktive  Durchfühmng  der  Gebirgsresenroire. 


195 


um  einerseits  Stabilität  gegen  Umkippen  zu  gewähren,  andererseits  Zug- 
spannungen in  den  Kanten  zu  vermeiden  und  eine  möglichst  gleichförmige 
Verteilung  der  Kantenpressungen  zu  erzielen. 

0  Bestimmung  über  die  Größe  des  Winkels  co. 
Wie  bereits  früher  erwähnt,  muß  der  Winkel  (o  der  Resultanten  R  mit 
der  jeweiligen  Mauerfuge  einen  größeren  Winkel  als  den  mittleren  Reibungs- 
winkel Q   von  Stein   auf  Stein,    welcher   im   Maximum   35®,    im    Mittel    30® 
beträgt,  einschließen;  es  muß  also  -^(ö>30®  sein. 

fj)  Bestimmung  der  Kantenpressungen  (Inanspruchnahme  des 

Mauerwerkes  und  Fundamentgrundes). 
Dieselben  sind  verschiedene,  je  nachdem  das  Reservoir  leer  oder  gefüllt 
ist.  Die  größten  Kantenpressungen  werden  bei  gefülltem  Reservoir  im 
Punkte  A  (auf  der  Talseite),  bei  leerem  Stauweiher  im  Punkte  B  (auf  der 
Wasserseite)  stattfinden.  Greifen  wir  wieder  zunächst  die  Basiskante  BA 
heräiis"(Fig.  87)  und  wäre,  wie  in  Fig.  86,  B  die  innere  wasserseitige  Kante, 
ferner  a   der  Angriffspunkt   der   Resultanten   R  aus   Mauergewicht  G    und 


Fig.  87. 


Flg.  88. 


Wasserdruck  IV.  Wir  können  an  diesem  Orte  das  Kräfteparallelogramm, 
ohne  dadurch  eine  Änderung  in  Größe  und  Richtung  von  R  zu  bewirken, 
auch  derart  zusammensetzen,  daß  wir  die  in  gleichem  Sinne,  also  vertikal 
wirkenden  Kräfte  G  und  V  summierend  als  eine  Komponente,  die  horizontale 
Komponente  H  des  Wasserdruckes  als  2.  Komponente  des  Parallelogramms 
der  Größe  nach  auftragen,  so  erhalten  wir  in  ar  dieselbe  Größe  und  Richtung 
von  R.  Nehmen  wir  nun  an,  es  läge  der  Angriffspunkt  a  im  mittleren 
Drittel,  und  zwar  von  der  Mitte  der  Fuge  um  e  entfernt.  Wenn  wir  auch 
hier,  wie  bei  den  früheren  Berechnungen,  die  Dicke  des  in  Betracht  gezogenen 
Mauerkörpers  =  1  m  annehmen,  so  wird  AB  =  B'^  gleichzeitig  die  Fläche 
eines  1  m  breiten  oder  vielmehr  dicken  Streifens  von  der  Länge  AB  dar- 
stellen.    Wir  erhalten  dann: 

a)  den  mittleren  Druck  auf  die  Basiskante  AB\ 

Q^ytan 

dargestellt  durch  ein  Rechteck  BC  D'  A,  bei  Voraussetzung  einer  gleich- 
förmigen Verteilung  der  ganzen  Belastung.  Da  jedoch  die  letztere  eine 
exzentrische  ist,  so  wird  die  Verteilung  der  Last  eine  ungleichförmige  und 
auf  der  Seite  gegen  A  hin  eine  größere  sein,  weil  nach  dieser  Seite  der 
Angriffspunkt  a  von  der  Mitte  weggerückt  liegt.     Dieser  kombinierte  Druck 

13* 


196  ^'  Die  Stauweiherbauten. 

setzt  sich  zusammen  aus  dem  gleichförmig  verteilten  Drucke  Po  und  der 
durch  die  exzentrische  Angriffsstelle  der  Fuge  bedingten  weiteren  Inanspruch- 
nahme; die  letztere  berechnet  sich,  wie  aus  der  Elastizitätslehre  bekannt, 
aus  dem  Biegungsmomente  M  mal  der  halben  Fugenbreite,  dividiert  durch 
das  Trägheitsmoment  der  in  Betracht  kommenden  Mauerfläche. 
Es  ist  allgemein 

_        P   ,M.f  P=G  +  V\       ,      P       _ 

PA  =  -jr  + 2^,  nun  ist  /r=^xi   )y  also-p  =Po, 

ferner  das  Biegungsmoment  M=^P.e  =  {G  +  V).ej  wobei  e  die  Entfernung 
des  Angriffspunktes  der  Last  von  dem  Fugenmittel  bedeutet;  für  die  Länge  1 

ist  femer  das  Trägheitsmoment  J=y^  -  1 .  B^,  Diese  Werte  eingesetzt,  er- 
geben: 

Pa  =  Po  +  —, =Po  +  Po--^,  oder 

b)  P^  =  Po(l  +  -g);  für  den  anderen  Kantenpunkt  B  erhalten  wir  in 
analoger  Weise: 

Pb=^-^'_J_,  oder 
^  J 

c)  JPb  =  Po  ( 1  —  ^- j.     Die  Druckverteilung   ist  aus  Fig.  87  durch   das 

schraffierte  Trapez  gekennzeichnet.     Für  den  Fall,  als  der  Angriffspunkt  der 

B 

Resultierenden  genau  in  das  Fugendrittel  (Kernpunkt)  fällt,  also  ^=-n   wird, 

erhalten  wir  Pa  =  2Po  und  Pß  —  o,  Aus  diesem  ist  zu  ersehen,  daß  das 
Mauerprofil  derartig  konstruiert  sein  muß,  daß  der  Angriffspunkt  der  Resul- 
tierenden bezw.  die  Drucklinie  bei  gefülltem  Reservoir  immer  innerhalb  des 
mittleren  Fugendrittels  liegen  muß,  indem  schon  in  dem  Falle,  wo  Pa=2Po 
wird,  das  Pb=  +  o  durch  eine  Verschiedenheit  im  spezifischen  Gewichte  des 
Mauerwerkes  sehr  leicht  negativ  werden,  also  durch  die  auftretende  Zug- 
spannung ein  Klaffen  der  Fuge  in  B  eintreten  kann. 

Bei  leerem  Reservoir.  Hier  wirkt  nur  das  Gewicht  der  Mauer  G 
(Fig.  88);  der  Angriffspunkt  a'  dieser  Kraft  liegt  in  dem  Durchschnittspunkte 
der  aus  dem  Schwerpunkte  des  jeweilig  in  Betracht  gezogenen  Mauerprofils 
gezogenen  Vertikallinie  mit  der  betreffenden  Mauerfuge,  und  erhält  man  als 
geometrischen  Ort  aller  dieser  Durchschnittspunkte  a'  bei  sämtlichen  Mauer- 
lamellen die  sogen.  Stütz  linie  oder  Drucklinie  für  das  leere  Reservoir 
und  bei  Verbindung  der  früher  besprochenen  Durchschnittspunkte  a  die 
Drucklinie  für  das  gefüllte  Reservoir  und  einfachen  Wasserdruck. 

In  gleicher  Weise  erhalten  wir  für  das  leere  Reservoir  folgende  Fugen- 
pressungen : 


D.  Konstruktive  DurchfUhnmg  der  Gebirgsresenroire.  197 

a)  den  mittleren  Druck:  Po  =  -:^: 

b)  die  maximale  Kantenpressung,  welche  bei  leerem  Reservoir  in  B 
auftritt: 

c)  den  minimalen  Druck  in  A: 


— .('-^. 


Obwohl  die  zulässige  Inanspruchnahme  von  Bruchsteinmauerwerk  im 
allgemeinen  8 — 12  kg  pro  cm*,  von  Beton  4 — 18  kg,  von  Ziegelmauerwerk 
5 — 7  kg  und  von  Felsgrund  8 — 20  kg  pro  cm*  beträgt,  so  sollen  der  größeren 
Sicherheit  wegen  die  maximalen  Kantenpressungen  bei  mittleren  Mauerhöhen 
(ca.  bis  20  m)  Pmax.  =  5 — 7  kg  pro  cm*  nicht  Oberschreiten  und  soll  nur  bei 
grofien  Mauerhöhen  (bis  50  m)  Pmax.  =  8 — 12  kg  pro  cm*  als  äußerste  Grenze 
angenommen  werden.  Die  Grenze  von  12  kg  pro  cm*  wurde  auch  durch 
den  V.  internationalen  Binnenschiffahrtskongrefl  in  Paris  (1892)  als  zu- 
lässig erklärt.  Bei  neuen  amerikanischen  Sperren  ist  sogar  bis  16  kg  ge- 
gangen worden.  Zugspannungen,  also  ein  negatives  Pmin.  darf  absolut 
nicht  vorkommen,  weil  sonst  ein  Klaffen  der  Fugen  und  ein  Undichtwerden 
des  Mauerwerkkörpers  eintreten  kann.  Da  das  spezifische  Gewicht  der 
einzelnen  zum  Bau  verwendeten  Steinblöcke  selbst  variieren  kann,  daher  die 
berechneten  Kantenpressungen  nicht  immer  genau  mit  der  wirklichen  In- 
anspruchnahme stimmen,  so  dürfen  die  berechneten  Pmin.  nie  kleiner  als 
0,1  kg  pro  cm*  werden. 

Fallen  die  Resultate  für  die  einzelnen  Mauerkanten  nicht  entsprechend 
aus,  dann  ist  durch  entsprechende  Zugabe  oder  Wegnahme  an  Profilfläche 
der  Angriffspunkt  a  und  damit  die  andern  Rechnungsfaktoren  zu  ändern. 

Das  Einzeichnen  der  Kräftepolygone  wird  nicht  immer  in  der  früher 
besprochenen  und  zur  Erklärung  dienenden  Weise,  sondern  häufig  in 
graphischer  Weise  damit  erfolgen,  daß  seitwärts  des  Mauerprofiles  ein  Kräfte- 
plan für  die  Konstruktion  der  Drucklinien  konstruiert  wird,  wie  ein  solcher  auf 
der  Tafel  XVII  konstruiert  erscheint.  Werden  auf  der  ^-Achse  beispielsweise 
in  irgend  einem  beliebigen,  doch  für  das  Zeichnungsformat  passenden  Maßstab 
die  für  die  einzelnen  Mauerprofillamellen  entsprechenden  //i  +  //^ . . .  +  //n  in 
Tonnen,  auf  der  Y-Achse  die  Summen  ^i  +  Gj,  Vq  +  G^. ,  .+  Vn  +  Gn  aufge- 
tragen, so  erhält  man  in  den  Hypotenusen  Ä^,  R^.,.Rn  die  Richtung  und 
Größe  der  Resultanten,  welche,  parallel  verschoben,  auf  das  Mauerprofil  über- 
tragen werden  können.  Ebenso  kann  die  Schwerpunktsbestimmung  bei 
geradlinigen  Profilformen  nach  der  gewöhnlichen  Methode  erfolgen  oder  aber 
die  ganze  Untersuchung  des  Profiles  auf  graphostatischem  Wege  durchgeführt 
werden.  Die  besprochene  statische  Untersuchungsmethode  wurde  bei  allen 
nicht  in  allemeuester  Zeit  gebauten  Talsperren  akzeptiert  und  ergaben  sich 
auch  rücksichtlich  der  Beanspruchung  keinerlei  Übelstände.  Auch  Intze 
benutzte  diese  Methode  bei  kleineren  Mauerhöhen  bis  zuletzt.     Nur  in  bezug 


293  n.  Die  Staaweiherbanten. 

auf  die  Gestalt  des  Mauerquerprofiles  ordnete  Intze  die  luftseitige  Begrenzung 
nach  einem  Radius  an,  während  die  Wasserseite  von  oben  aus  einen  ^/^o  ge- 
böschten  Anzug  erhielt  bis  zu  einer  gewissen  Tiefe,  von  wo  an  dieselbe 
senkrecht  verlief.  Innerhalb  dieser  letzteren  Partie  gab  Intze  vor  die  Mauer 
eine  1 : 2  geböschte  und  abgepflasterte  Erdanschüttung  zu  dem  Zwecke,  um 
einerseits  an  Sperrenmauerwerk  und  Verblendungs-  (Dichtungs-)  Schichte  zu 
sparen,  andererseits  in  der  Annahme,  die  Kantenpressungen  in  den  unteren 
Fugen  günstiger  zu  gestalten.  In  diesem  Falle  muß  natürlich  der  Erddruck 
mit  in  Rechnung  gezogen  werden. 

Die  Berechnung  eines  solchen  neuen  Profiles  geschah  bezüglich  der  18  m 
hohen,  1906  vollendeten  Voigtsbachsperre  bei  Reichenberg  in  Böhmen 
(siehe  Taf.  XI),  wie  folgt: 

Statische  Berechnung  des  Mauerprofiles  für  die  Talsperre 
im  Voigisbachtale. 

Für  die  Berechnung  des  Mauerprofiles  wurde  ein  höchster  Stau  bis  zu 
der  auf  Ordinate  393,50  m  über  Adria  Hegenden  Mauerkrone  zugrunde  gelegt, 
unter  der  Annahme,  daß  der  auf  Ordinate  392,50  m  liegende  Überfall  ver- 
stopft sei. 

Die  Sohle  der  Mauer  liegt  an  der  tiefsten  Stelle  auf  Ordinate  377,50  m 
und  ist  demgemäß  die  Berechnung  für  eine  größte  Höhe  von  18  m 
durchgeführt. 

Auf  Taf.  XI  ist  das  Profil  der  Sperrmauer  graphisch  dargestellt  worden, 
wobei  folgende  Annahmen  und  Bedingungen  zugrunde  gelegt  sind: 

Das  Gewicht  des  Mauerwerkes  wurde  zu  2300  kg  pro  m*  angenommen. 

Die  Verblendung  an  der  Wasserseite,  welche  bis  zur  Ordinate  389,50  m 
hinunter  reicht,  ist  für  das  Becken  nicht  berücksichtigt;  dagegen  wurde  die 
auf  dem  durch  Fortlassung  der  Verblendung  entstandenen  Absätze  liegende 
Wasserlast  in  die  Rechnung  eingeführt.  Die  mittlere  Stärke  des  Verblendungs- 
mauerwerkes beträgt  0,70  m. 

Die  Erdhinterfüllung  der  Mauer  beginnt  bei  Ordinate  390,50  m  und 
erhält  eine  Böschung  1 :  2. 

Der  Erddruck  ist  nach  dem  Rebhannschen  Verfahren  ermittelt,  unter 
Annahme  eines  natürlichen  Böschungswinkels  von  20^  und  einem  Mehr- 
gewicht des  nassen  Bodenmaterials  gegenüber  Wasser  von  900  kg/m^. 

Für  das  leere  Becken  wurde  ein  Gewicht  von  1700  kg/m*  Erdhinter- 
füllung angenommen  und  der  Reibungswinkel  von  20^  beibehalten. 

Die  wesentliche  Vergrößerung  der  Stabilität,  welche  die  Mauer  durch 
ihre  nach  einem  Kreisbogen  gekrümmte  Grundrißform  und  durch  die  gewölbe- 
artige Verspannung  gegen  die  Talhänge  erhält,  ist  bei  der  Untersuchung 
nicht  berücksichtigt  worden. 

Unter  diesen  ungünstigsten  Annahmen  wurde  auf  Taf.  XI  ermittelt: 

1.  die  Stützlinie  der  Mauer  für  einen  bis  zur  Mauerkrone  reichenden  Stau; 

2.  die  Stützlinie  für  leeres  Becken. 

Die  Untersuchung  zeigt,  daß  in  beiden  Fällen  die  Stützlinie  im  inneren 
Drittel  (dem  Kerne)  des  Mauerprofiles  bleibt.    Um  nun  einen  genauen  Anhalt 


D.  Konstruktive  Dorchführnng  der  Gebirgsreservoire.  199 

Ober  den  Verlauf  der  Stützlinien,  sowie  über  die  Größe  der  einzelnen  Kanten- 
pressungen zu  erhalten,  und  um  die  graphische  durch  eine  analytische  Be- 
rechnung zu  prüfen,  ist  im  folgenden  für  die  in  der  Zeichnung  angegebenen 
horizontalen  Fugen  die  größte  und  die  kleinste  Kantenpressung,  sowie  die 
kleinste  Entfernung  des  Schnittpunktes  der  Stützlinie  von  einer  der  beiden 
Begrenzungen  des  inneren  Drittels  berechnet  worden. 

Auf  die  Mauer  wirken  folgende  Kräfte  ein:  das  Mauergewicht,  der 
Wasserdruck,  der  Erddruck  und  die  Wasserlast. 

Für  die  einzelnen  Kräfte  ist  bei  den  untersuchten  Fugen  das  Moment 
bezogen  auf  die  Mitte  der  jeweiligen  Fuge  aufgestellt. 

I.  Ermittelung  des  Gewichtes  des  Mauerkörpers  oberhalb  einer 
beliebigen  Fuge  und  des  Momentes  desselben  in  bezug  auf  den  Mittelpunkt 

dieser  Fuge. 

Wie  aus  Tafel  XI  ersichtiich,  wird  das  Mauerprofil  zunächst  in  Lamellen 
geteilt,  welche  wieder  in  Rechtecke  und  Dreiecke  zerlegt  sind.  Für  die 
letzteren  wurden  für  einen  Mauerkörper  von  1  m  Breite  die  Momente  in  bezug 
auf  die  eingezeichnete,  durch  die  vordere  Kante  der  Sperrmauer  gelegte 
Achse  x  —  x  aufgestellt. 

Der  Abstand  des  Schwerpunktes,  der  über  einer  zu  untersuchenden 
Fuge   liegenden  Fläche   von  dieser  Achse  wird  dann  dargestellt  durch  den 

Quotient: — p tfiFTi *    während  der  Abstand  des  Schwerpunktes  von 

der  Fugenmitte  dann  gleich  dem  Werte  der  folgenden  algebraischen  Summe 
(Abstand  der  Achse  x  —  x  von  der  Vorderkante  der  Fuge)  +  (Abstand  des 
Schwerpunktes  von  der  Achse  x  —  x)  —  (halbe  Fugenlänge)  ist. 

Das  Moment  des  Mauerwerkes,  sowie  das  Gewicht  desselben  wird  ge- 
funden durch  Multiplikation  des  Flächenmomentes  bezw.  der  Fläche  mit  dem 
spezifischen  Gewicht  2,30  des  Mauerwerkes. 

Für  alle  Momente  wird  festgesetzt,  daß  die  rechtsdrehenden  mit  positiven, 
die  linksdrehenden  mit  negativen  Vorzeichen  in  die  Rechnung  eingeführt 
werden. 

2.  Gewicht  der  Mauerabschnitte  und  Momente  derselben  in  bezug 

auf  Fugenmitte. 

Mit  Hilfe  der  Tabelle  A  sind  in  der  darauffolgenden  Tabelle  B  die 
Abstände  der  Schwerlinie  von  der  Achse  x  —  x  ermittelt,  und  zwar  jedes- 
mal für  den  Mauerteil  von  Krone  bis  zu  der  in  Betracht  kommenden  Fuge. 

Das  Gewicht  des  Kubikmeters  Mauerwerk  ist  zu  2,3  t  angenommen. 
Die  Flächen  der  Mauerabschnitte  sind  aus  der  Tabelle  A  ersichtlich;  dieselben, 
multipliziert  mit  dem  Gewichte  2,3  für  den  Kubikmeter  Mauerwerk,  ergeben 
das  Gewicht  des  über  der  jedesmaligen  Fuge  liegenden  Mauerkörpers.  Das 
Produkt  aus  den  so  ermittelten  Gewichten  und  den  Abständen  der  Sehwer- 
linie  von  der  Mitte  der  Fuge,  die  aus  den  in  der  Tabelle  B,  Spalte  8 
gefundenen  Abständen  und  den  Abmessungen  auf  Tafel  XI  ermittelt  sind, 
ergibt  die  Momente  der  Mauerabschnitte. 


200 


II.  Die  Stanweiherbanten. 


A.  TabeUe  der  Flächen  bezw 

.  Gewichte  der  einzelnen  Lamellen. 

1. 

2. 

3. 

4. 

6.        1          6.           II        7.        1           8. 

Fläche 
No. 

Faktoren 

Flächen 

in 
Quadrat- 
meter 

Lamellen: 

Lamelle 
No. 

Fläche  in  Quadratmeter 

Gewicht  in  Tonnen 

einzeln 

von  der 

Oberkante  der 

Mauer  bis  zur 

Fuge 

einzeln 

von  der 

Oberkante  der 

Mauer  bis  zur 

Fuge 

I. 

n.  ' 

lü.    ' 
IV. 

V.    ' 

^1 

^1. 

0,34 . 4,0 

2 
3,80.4,0 
0,40 . 4,0 

2 

1,41.4,0 

2 
0,34 . 4,0 
4,90 . 4,0 

1,91 . 4,0 

2 
1,76 . 4,0 
4,90.4,0 

2,44 . 4,0 

2 
3,66 . 4,0 
4,90 . 4,0 

1,36 . 2,0 

2 
6,10 . 2,0 
4,90.2,0 

0,68 

16,20 

0,80 

2,82 

1,36 
19,60 

3,82 

7,00 
19,60 

4,88 

14,64 
19,60 

1,36 

12,20 
9,80 

16,68 

23,78 
30,42 
39,12 
23,36 

16,68 

40,46 

70,88 

110,00 

133,36 

38,36 

64,69 
69,97 
89,98 
63,73 

38,36 

93,06 
163,02 
263,00 
306,73 

Die  in  Betracht  kommenden  Flächen,  Gewichte,  Hebelarme  und  Momente 
sind  in  der  Tabelle  B  zusammengestellt. 


3.  Ermittelung  der  Momente  der  Wasserdrücke  und  Wasserlasten. 

Die  Wasserdrücke  sind  von  der  Mauerkrone  bis  zur  jedesmaligen  Fuge 
gerechnet,  und  zwar  in  horizontaler  Richtung,  so  daß  für  die  geneigten  Teile 
der  hinteren  Mauerbegrenzung  noch  die  auf  diesen  Teilen  ruhenden  Wasser- 
lasten zu  berücksichtigen  sind  (siehe  Tabelle  D). 

Der  Wasserdruck  ist  allgemein  W=y  •  -^,   worin  y  das   Gewicht  des 

Kubikmeters  Wasser  und  h  die  Höhe  vom  Wasserspiegel  bis  zur  Fuge  be- 
deutet. 


D.  Konstroktive  Dnrchfähnrng  der  Gebirgsreservoire. 


201 


« 

0 

h 

a 
« 

O 

0 

s 

9 

a 

0 


o 

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o 

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3 

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1 

1     1 

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+ 

+ 

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II 

II     II 

II 

II 

II 

^ 

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1 

1      1 

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^" 

g     g 

ö 

1-1 

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■4J 

1 

38^ 
93,06 

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1 

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s. 

s. 

§ 

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- 

- 

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1 

1 

1 

1 

^   t^ 

1 

1 

1 

1    ' 

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Ol 

^ 

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Ol 

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Ol 

8. 

Ol 

CO 

Ol 

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^ 

id 

CO 

00 

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kH 

1   1 

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kO 

8: 

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0^. 

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^. 

CO 

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iH*           rH 

rH 

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+           + 

+ 

+ 

+ 

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s 

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^ 

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i§ 

8. 

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^            »H* 

iH 

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CO 

5 

03 

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S8 

CO 

8 

s 

s 

1 

s 

5 

s 

1-1 

g" 

s 

00 

rH 

t; 

1 

1 

1 

c^ 

ent  dividic 
Fläche 

a 

§ 

s 

CO 

kO 

+ 

1 

CO 
l> 

Ol 

CO 

+ 

1 

o" 

1 

8. 

© 

s 

1 

35 

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o 

2- 

-^ 

CO 

o 

r-i 

o" 

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CD 

8 

iH 

iH 

kO 

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CO 

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o 

i-H 

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U9||9aivq  iran|92ui9 

a 

oa^ 

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Ol" 

rH 

oT 

J9p  d^udiaoj^ 

"a" 

CO 

+ 

+ 

CO 

+ 

1 

Ol 

1 

i6 

jdp  9)uauopi 

a 

—  0,07 
+  28,88 
+   3,14 

-  2,28 

—  0,23 
+  48,02 

~   9,13 
-    6,16 
+  48,02 

-  21,81 

-  26,79 
+  48,02 

-   8,91 
-37,21 
+  24,09 

Ol 

S  Ol  s 

00    CO   CO 

S8S 

00    S    S 

CO    Ol    S 

-^ 

»H^BU 

a 

ö"  o  ö" 

oT  th  oT 

CO  i>  oT 

TiT  TiT  oT 

th  of  a^ 

1-1 

TM 

*-* 

^     tH 

^H 

x  —  x 

Sgg 

^    I>    tO 

00     i-i.Tj4 

§is^^ 

ÖS^ 

gg^ 

CO 

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a 

©"rH"« 

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Ol    O   Ol 

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-jaüqDg   sop   pmnsqv 

1     +  + 

1  1  + 

1  i  + 

1  1  + 

1     1    + 

0*4« 

M       <#        lO 

oi 

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tCcCC 

tCcCtC 

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cCk-^k"^ 

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--• 

•ON  9lpai«T 

I-; 

d 

— ' 

B 

> 

t-H 

>■ 

v' 

202 


n.  Die  Stauweiherbauten. 


Die   Ermittelung   der  Momente    der   Wasserdrücke    erfolgt    nach    den 
Formeln: 

yy       y      ^  ,         m       yy       ^        '       6  ' 


C.  Momente  des  Wasserdruckes. 


1. 

2. 

3. 

4. 

5. 

Höhe  der 

gedrückten  Fläche 

ab  Mauerkrone 

h 
3 

Wasserdruck 

Druck  auf  jede 
Lamelle  =  W 

Moment 
iJf=y.-g- 

m 

m 

t 

t 

m/t 

4 

1,33 

W^=     8,00 

I.  W^  =   8,00 

—    10,67 

8 

2,67 

W^=  32,00 

n.  W^  =  24,00 

—   86,33 

12 

4,00 

W^=  72,00 

m.  iv^  =  40,00 

—  288,00 

16 

5,33 

PF,  =  128,00 

IV.  W^  =  66,00 

—  682,67 

18 

6,00 

W^6  =  162,00 

V.  ^j  =  34,00 

—  972,00 

4.  Wasserlasten  und  Wasserlastmomente. 
Es  kommen  in  Betracht: 

die  Wasserlast  auf  der  geneigten  Fläche  von  Mauerkrone  bis  zu  der  4  m 
tiefer  liegenden  Fuge; 

die  Wasserlast  auf  dem  durch  Fortfall  der  Verblendung  an  der  Hinter- 
kante 4  m  unter  der  Mauerkrone  entstehenden  Absätze  von  0,70  m  Breite. 

Die  Wasserlast  kommt  bei  allen  tiefer  liegenden  Fugen  mit  in  Betracht. 

(Siehe  die  Tabellen  D  und  £  auf  Seite  203.) 


5.  Ermittelung  des  Erddruckes  und  der  Erddruckmomente. 

Der  Erddruck  wird  hervorgerufen  durch  die  hinter  der  Mauer  ange- 
brachte, vom  Mauerfuße  bis  zur  3  m  unter  der  Mauerkrone  liegenden  Fuge 
hinaufreichende  Erdhinterfüllung,  deren  Oberfläche  im  Verhältnis  1 : 2  gegen 
die  Horizontale  geneigt  ist. 

Für  den  nassen  Erdboden  der  Hinterfüllung  wurde  ein  Gewicht  von 
1900  kg/m*  und  ein  natürlicher  Böschungswinkel  von  20®  angenommen.  Der 
Reibungswinkel  an  der  Mauer  wurde  0®  gesetzt.  Für  das  bereits  in  Rech- 
nung gezogene  Wasser  sind  1000  kg/m*  abzuziehen,  so  daß  für  die  Erde  allein 
ein  Gewicht  von  900  kg/m*  bleibt.  Bei  leerem  Becken  wurde  für  den 
trockenen  Erdboden  der  Hinterfüllung  ein  Gewicht  von  1700  kg/m*  ange- 
nommen. 

Unter  vorstehenden  Voraussetzungen  wurde  der  Erddruck  nach  dem 
Rebhannschen  Verfahren  auf  Tafel  XI  ermittelt.  Die  Abmessungen  des  Erd- 
druckdreieckes ergeben  sich  dann  durch  folgende  Rechnung: 


D.  Konstruktive  Durchführung  der  Gebirgsreservoire. 


203 


4 

8 

12 

16 

18 


D.  Wasserlast  und  Wasserlastmomente. 

1. 

2. 

3. 

4. 

6. 

6. 

7. 

8. 

9. 

10. 

mg  der 
on  der 
kröne 

h 

b 

F 

G 

Breite  der  Fuge 
=  B  inkl.  Ver- 
blendung 

5-0,7 
2 

f- 

5-0,7       1 

1 

Entferni 

Fuge   V 

Mauer 

2            3     * 
=  Z 

m 

m 

m 

m« 

t 

m 

t/m 

4 

4 

0,40 

0,80 

0,80 

6,24 

2,27 
B 
2 

0,13 
1.^+0,7  =  ^ 

2,14 
2       ^ 

+  1,71 

4 

4 

0,40 

0,80 

0,80 

6,24 

2,62 

0,83 

1,79 

+  1,43 

8 

4 

0,40 

0,80 

0,80 

6,65 

3,33 

0,83 

2,50 

+  2,00 

12 

4 

0,40 

0,80 

0,80 

8,56 

4,28 

0,83 

3,45 

+  2,76 

16 

4 

0,40 

0,80 

0,80 

11,00 

5,50 

0,83 

4,67 

+  8,74 

18 

4 

0,40 

0,80 

0,80 

12,36 

6,18 

0,83 

6,35 

+  4,28 

E.  Wasserlast  auf  dem  0,7  m  breiten  Absätze  an  der  Wasserseite. 


B 

2 

4 

0,7 

2,80 

2,80 

5,24 

2,62 

4 

0,7 

2,80 

2,80 

6,65 

3,33 

4 

0,7 

2,80 

2,80 

8,56 

4,28 

4 

0,7 

2,80 

2,80 

11,00 

6,60 

4 

0,7 

2,80 

2,80 

12,36 

6,18 

0,7 

^-y-z 

2 

2 

0,36 

2,27 

+  6,36 

0,36 

2,98 

+   8,34 

0,36 

3,93 

+  11,00 

0,36 

6,15 

+  14,42 

0,36 

6,83 

+ 16,32 

ab-- 
ad_ 
ab  '' 
ad-- 
ae 
ab' 
ae- 
be_ 
ab  '' 
be- 
igäbe ■■ 
Igtgabc- 
abc  - 

ec- 

Igec 

—  Igtgec- 

ec 


15,00. 
:  tg  20«. 
15,0.0,36397  =  5,460. 

■  sin,  200. 

:  15,0  .  0,34202  =  5,130. 

■  COS.  200. 

:  15,0.  0,93969  =  14,095. 

:2,0. 

:  10,30103  —  10. 
:  630  26'  6". 
14,095 


tg  460  26'  6" 
=  1,14907. 
0,02374 


1,12533 
13,345. 


204 


II.  Die  Staaweiherbanten. 


ac  =  5,130  +  13,346  =  18,475. 
ef  =  ^5^3  .  13,345  =  8,274. 
a/=  ag  =  ^5,13« +  8,274«  =  9,735. 

be      ce 

,       14,095 .  8,740      ^  ^^, 

^^=        13,345        =^>^^^' 

^imn  =  ^ghi. 

In,  Im            Ä«     ,         9,231.9,231      ,  ^^, 
— ^— =  ^-^,  lnt  =  -^ j^ =  5,681. 


15 


^^-J|- 5,681  =  4,924. 
rs=^^'  5,681  =  3,409. 
0«  =  A..  5^681  =  1,894. 


F.  OrOfse  und  Momente  des  Brddnickes 

(nach  dem  Reb hannschen  Verfahren). 


1. 

2. 

3. 

4. 

5. 

6. 

7. 

8. 

9. 

•sl  s 

b 

m 

h 

m 

Hache 
m» 

Erddrücke 

in  Tonnen 

Hebel- 
arm 

m 

Moment  in  ' 

ronnen-Meter 

m 

E 

bei  vollem 
Becken 

1  m»  =  0,9  t 

E 

bei  leerem 
Becken 

lm»  =  l,7t 

bei  vollem 
Becken 

bei  leerem 
Becken 

8 
12 
16 
18 

1,89 
3,41 
4,92 
5,68 

5 

9 

13 

15 

4,73 
15,36 
31,98 
42,60 

4,26 
13,82 
28,78 
38,34 

8,04 
26,10 
54,37 
72,42 

1,67 
3,00 
4,33 
6,00 

-  7,11 

—  41,46 
- 124,62 
— 191,70 

-  13,43 

-  78,30 

-  236,42 
-362,10 

Q.  Entfernung  der  Schwerpunkte  von  der  Mitte  der  Fuge  in  Meter. 


1. 

2. 

3. 

4. 

6. 

6. 

7. 

8. 

J  ö  « 

Mauerwerk 

Wasserlast  auf  dem  Absätze 

M  +  m 

G+g 

ernung  < 
e  von  d 
inerkron 

Moment 

t/m  =  »i 

Gewicht 
t  =  G 

Moment 
t/m  =  fn 

Gewicht 
i  =  G 

jlf+m 
G+g 

l¥,^ 

(Tab.  B, 

(Tab.  B, 

(Tab.  E, 

(Tab.  E, 

m 

Sp.  11) 

Sp.  10) 

Sp.  10) 

Sp.  5) 

t/m 

t 

m 

4x 

-0,02 

4x>c 

-0,37 

4xx 

-    14,19 

38,36 

+   6,36 

2,80 

-     7,83 

41,16 

—  0,19 

8 

+   30,71 

93,06 

+   8,34 

2,80 

+   39,06 

95,86 

+  0,41 

12 

+  151,61 

163,02 

+  11,00 

2,80 

+ 162,61 

165,82 

+  0,98 

16 

+  404,80 

253,00 

+  14,42 

2,80 

+  419,22 

256,80 

+  1,64 

18 

+  591,99 

306,73 

+ 16,32 

2,80 

+  608,31 

309,63 

+  1,97 

D.  Konstruktive  Dnrchführnng  der  Gebirgsreservoire. 


205 


6.  Zusammenstellung  der  Gewichte  und  Momente  der  Einzelkräfte  und 

Ermittelung  der  Stützlinie. 

Die  gefundenen  Momente  der  Einzelkräfte  und  die  vertikalen  Lasten 
wurden  zur  Ermittelung  der  Stützlinie  in  den  Tabellen  H  und  J  zusammen- 
gestellt und  die  Resultierenden  der  Momente  in  der  mit  SM  bezeichneten, 
die  Resultierenden  der  vertikalen  Lasten  in  der  mit  IV  bezeichneten  Spalte 
gebildet. 


H.  Zusammenstellung  der  Gewichte  und  Momente  der  Binselkräfte,  sowie  Entfernung 
des  Schnittpunktes  der  Qesamtresultierenden  von  der  Kante  des  Kerns. 

Volles  Becken. 


1. 

2.     1      3. 

4.  1     5. 

6.  1     7. 

8. 

9. 

10. 

11. 

12. 

13. 

14. 

'S 

Mauerwerk 

Wasser- 

Wa«»er- 

S 

1 

II 

il-   r 

dmck 

rechteck 

g 

o 

G 

s"- 

ll| 

1 

§  s 

1= 

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.3     o. 

1  ^ 

1  ^: 

.S  Jjtn 

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1 

ly 

t 

2:m 

t/m 

i  =  » 

0  «a 

li 

m 

m 

m 

4x 

38,36 

—     0,77 

0,80 

+  1,71 





-    10,67 



39,16 

-     9,73 

—  0,25 

0,76 

0,51 

4XX 

38,36 

-   14,19 

0,80 

+  1,43 

2,80 

+   6,36 

-   10,67 

— 

41,96 

-   17,07 

—  0,41 

0,87 

0,46 

8 

93,06 

+   30,71 

0,80 

+  1,84 

2,80 

+  8,34 

-   85,33 

-     7,11 

«76,66 

-   51,45 

—  0,53 

1,11 

0,58 

12 

163,02 

+ 151,61 

0,80 

+  2,76 

2,80 

+  11,0C 

~288,0C 

-   41,46 

166,62 

-164,09 

-0,98 

1,43 

0,46 

16 

253,00 

+  404,80 

0,80 

+  3,74 

2,80 

+  14,42 

-  682,67 

-  124.62 

256,60 

-384,33 

-1,50 

1,88 

0,33 

18 

306,73 

+  591,99 

0,80 

+  4,28 

2,80 

+  16,32 

+  972,00 

- 191,70 

310,33 

-551,11 

-1,78 

2,06 

0,28 

J.  Momente  des  Verblendungsmauerwerkes  in  besug  auf  die  Mitte 
der  untersuchten  Fuge. 


2. 


3. 


Entfemong 

der  Fuge 

von  der 

Mauerkrone 


Fläche 
F 


Gewicht 
F,2ß 


Abstand  des 

Schwerpunktes 

von  der 

Mauerachse 

x  —  x 


Abstand  der  Schwerlinie  von 
der  Mitte  der  Fuge 


Moment 


t  m 


8 
12 
16 
18 


2,80 
2,80 
2,80 
2,80 


6,44 
6,44 
6,44 
6,44 


4,34 
4,34 
4,34 
4,34 


1,75 +  4,35 --^  =  +  2,77 
3,66  +  4,35  —  ^^  =  +  3,73 
6,10 +  4,35 --^=+4,95 
7,46  +  4,35  —  i^  =  +  5,63 


+  17,84 
+  24,02 
+  31,88 
+  36,26 


206 


n.  Die  Stauweiherbaaten. 


Der  Abstand  der  Resultierenden  von  der  Mitte  der  Fuge  ist  gleich  dem 

Quotient: 

UM  ^  Momentsumme 
iV  Vertikalsumme  ' 

In  besonderen  Spalten  wird  außerdem  angegeben  ^/^  der  Fugenlänge 
und  Abstand  der  Resultierenden  von  der  Vorderkante  bezw.  Hinterkante  des 
inneren  Drittels. 

Die  Tabelle  H  enthält  alle  Momente  und  Lasten,  die  für  die  Ermittelung 
der  Stützlinie  beim  vollen  Becken  berücksichtigt  werden  müssen,  während 
Tabelle  K  alle  Momente  und  Lasten  enthält  für  die  Ermittelung  der  Stützlinie 
bei  leerem  Becken. 

K.  Leeres  Becken. 


1. 

2.      1        3. 

4.    1       6. 

6. 

7. 

8. 

9. 

10. 

|ö» 

Mauerwerk 

Verblend- 
manerwerk 

ZV 

t 

SM 

t/m 

2M 

^/ 

Hut 

Lage  der  F 

B       unterhalb  t 

Mauerkrol 

V 
(Tab.A, 
Sp.  8) 

t 

M 

(Tab.  B, 
Sp.  11) 

t/m 

t 

t/m 

Ulli 

P<  ►      .5 
l     .  SM     , 

%'^'sv-^ 

4x 

38,36 

-     0,77 





38,36 

-     0,77 

0,02 

0,76 

0,74 

4xx 

38,36 

—   14,19 

— 

— 

38,36 

—   14,19 

0,37 

0,87 

0,50 

8 

93,06 

+   30,71 

6,44 

+  17,84 

99,60 

+   48,65 

0,48 

1,11 

0,63 

12 

163,02 

+ 151,61 

6,44 

+  24,02 

169,46 

+ 175,63 

1,04 

1,43 

0,39 

16 

253,00 

+  404,80 

6,44 

+  31,88 

259,44 

+  436,68 

1,68 

1,83 

0,16 

18 

306,73 

+  691,99 

6,44 

+  36,26 

313,17 

+  628,25 

2,01 

2,06 

0,05 

7.  Ermittelung  der  Kantenpressungen. 

Nach  Vereinigung  sämtlicher  Momente  und  Vertikalkräfte  erfolgt  nun- 
mehr die  Bestimmung  der  Kantenpressungen  sowohl  für  gefülltes,  als  für 
leeres  Becken,  und  zwar  nach  der  Formel: 

EV  ,    ßlM 


<r=-^  + 


10^2  • 
Bei  Umwandlung  in  kg/cm*  ist  zu  setzen: 

1000  2' F      .    6  .  1000  .  100  I"^ 


<y  = 


oder 


0'  = 


100  .  100  B  -^     100  .  10000  B^    ' 

10  ■   ^  *  10  '      R^    ' 

Bei  vollem  Becken  findet  die  größte  Pressung  an  der  Luftseite   statt 
und  ist  gegeben  durch: 

10  '   Ä  "*"  10  '      B'    ' 


0*1  = 


D.  KoDstruktiTe  Darchiilhmiig  der  Gebirgsreserroire. 


207 


während  in   diesem   Falle   die   kleinste   Pressung  an  der  Wasserseite   sich 
ergibt  aus: 

^J_    XF 1_     6.  IM 

^^  10'   B       10  *      B^    ' 

Bei  leerem  Becken  tritt  das  umgekehrte  Verhältnis  ein. 


L.  Ermittelung  der  Kantenpressungen. 
I.  Volles  Becken. 


1. 

2. 

3. 

4. 

5. 

6. 

7. 

8. 

o^ 

Kleinste 

cS 

d 

Gleichmäfiige 

Absoluter 

Gröfite 

Kanten- 

SM 

C/3 

Druck- 

Wert 

Kanten- 

pressung an 

5 

(Tab.  H, 

X 

spannung 

der  Biegungs- 

pressung an 

der  Wasser- 

1  !S 

'S 

Sp.  11) 

5 

ZV 

spannung 

der  Luftseite 

seite 

M^. 

II 

&. 

10  B 

eiM 

SV      ßSM 

SV      ßSM 

1? 

1^ 

10  B* 

lOB  '  105^ 

10  B      10  J5« 

m 

m 

t/m 

t 

kg/cm* 

kg/cm" 

kg/cm' 

kg/cm* 

4x 

4,54 

-     9,73 

39,16 

0,86 

0,28 

1,14 

0,58 

4xx 

5,24 

—    17,07 

41,96 

0,80 

0,37 

1,17 

0,43 

8 

6,65 

-   50,45 

96,66 

1,45 

0,70 

2,15 

0,75 

12 

8,56 

- 164,09 

166,62 

1,95 

1,34 

3,29 

0,61 

16 

11,00 

—  384,33 

256,60 

2,33 

1,91 

4,24 

0,42 

18 

12,56 

-551,11 

310,33 

2,51 

2,16 

4,67 

0,35 

n.  Leeres  Becken. 


1. 

2. 

3. 

4. 

5. 

6. 

7. 

8. 

Entfernung  der 

Fuge  von  der 

Mauerkrone 

u 

■S 
5  « 

CS  u, 
II 
«5 

SM 

(Tab.  K, 
Sp.  7) 

(Tab.K, 
Sp.6) 

st 

<    a 

o 

^     eS     un 

s 

oq 
S 

tssr 

5^ 

o 

oq 
2 

m 

m 

t/m 

t 

kg/cm* 

kg/cm» 

kg/cm« 

kg/cm« 

4x 

4,54 

—     0,77 

38,36 

0,85 

0,02 

0,87 

0,83 

4xx 

5,24 

—   14,19 

38,36 

0,93 

0,31 

1,04 

0,42 

8 

6,65 

+   48,55 

99,50 

1,50 

0,66 

2,16 

0,84 

12 

8,56 

+ 175,63 

169,46 

1,98 

1,44 

3,42 

0,54 

16 

11,00 

^-  436,68 

259,44 

2,36 

2,16 

4,52 

0,20 

18 

12,36 

+  628,25 

313,17 

2,53 

2,47 

5,02 

0,05 

Die  Untersuchung  zeigt  also,  daß,  selbst  wenn  das  Wasser  bis  zur 
Mauerkrone  steigt,  die  höchste  Kantenpressung  innerhalb  der  zulässigen 
Grenze  bleibt  und  die  Stützlinie  Oberall  innerhalb  des  inneren  Drittels  des 
Mauerprofiles  verläuft. 


210 


n.  Die  Staaweiherbaaten. 


Bei  Ermittelung  der  Querschnittsdimensionen  dieser  Talsperre  wurden 
nachstehende  Grundannahmen  bezw.  Bedingungen  angenommen: 

1.  Das  spezifische  Gewicht  des  Mauerwerkes  beträgt  y'  =  2,3. 

2.  Die  zulässige  Maximalbeanspnichung  des  Mauerwerkes  auf  Druck  soll 
Pmax.  =  10  kg  pro  cm*  nicht  übersteigen. 

3.  Den  Stabilitätsuntersuchungen  ist  ein  Wasserstand  zugrunde  gelegt,  der 
bis  an  die  Mauerkrone  reicht,  —  ein  Fall,  der  bei  entsprechender  Dimen- 
sionierung des  Hoch wasserOberf alles  und  der  Grundablässe  praktisch  nie 
eintreten  wird.  Es  zieht  also  die  Untersuchung  einen  extrem  ungünstigen 
Belastungsfall  in  Betracht.  Bei  der  Profilierung  der  Mauer  wurde  das 
Hauptaugenmerk  darauf  gerichtet,  die  zulässige  Maximalgrenze  der 
Materialbeanspruchung  sowohl  bei  gefülltem  wie  bei  leerem 
Reservoir  zu  erreichen,  d.  h.  die  Festigkeit  des  Materials  in  beiden 
Fällen  gleichmäßig  auszunützen. 

Außerdem  wurde  bei  der  Profilierung  darauf  geachtet,  die  Minimal- 
beanspruchungen möglichst  hoch  zu  veranschlagen,  um  die 
Schwankungen  innerhalb  möglichst  kleiner  Grenzen  zu  halten. 

Das  Profil  zeigt  dementsprechend  auch  eine  Minimalpressung  von 
0,73  bezw.  0,52  kg  pro  cm*. 

Die  Bestimmung  der  Lage  der  Drucklinien  für  das  leere  und  gefüllte 
Becken,  die  Ermittelung  der  maximalen  und  minimalen  Materialpressungen 
und  die  Spannungsverteilung  im  Innern  des  Mauerkörpers  wurden  auf  gra- 
phischem Wege  vorgenommen. 

Die  hierdurch  gewonnenen  Werte  sind  aus  den  nachfolgenden  Tabellen 
zu  entnehmen. 


Höhe 

Fugenbreite 

Summe 

Summe 

Lamelle 

der 

Lamellen- 

der 

Lamellen- 

der 

No. 

der 
Lamelle 

Lamelle: 

fläche 

Lamellen- 
flächen 

gewichte 

Lamellcn- 
gewichte 

obere 

untere 

m 

m 

m 

m« 

m« 

t 

t 

I. 

6,0 

5,00 

5,58 

26,450 

26,450 

60,8350 

60,8350 

II. 

5,0 

5,58 

7,50 

31,600 

58,050 

62,0800 

132,9150 

III. 

5,0 

7,50 

11,25 

46,875 

104,925 

108,4125 

241,3275 

IV. 

5,0 

11,25 

15,00 

65,625 

170,550 

150,9376 

392,2650 

V. 

5,0 

15,00 

18,75 

84,375 

254,925 

194,0625 

686,3275 

VI. 

5.0 

18,75 

22,50 

103,125 

358,050 

237,1875 

823,5160 

VII. 

5,0 

22,50 

26,25 

121,875 

479,925 

280,3000 

1103,8276 

VIII. 

5,0 

26,25 

30,00 

140,625 

620,550 

323,4300 

1427,2650 

IX. 

5,0 

30,00 

33,75 

159,375 

779,925 

366,5620 

1793,8276 

X. 

5,0 

33,75 

37,50 

178,125 

958,050 

409,6873 

2203,5150 

D.  Konstraktive  Durchführung  der  Gebirgsreservoire. 


211 


a 


-3  g  2  ^  3  IS 


0^  w  ^  'S       « 


4> 


mntbiuipil 


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S 


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C^       CO 
IM      CO 


CQ     c«a     c«a 


2       kO       »O       kO 
CO      CO      CO      CO 

Ol     ca     oa     C4 


C4       QQ       Tt< 
CO       CO       iO 


•^      CO      00      ^      »o 


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^      i-H       ^      05 


o 

t 


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O  00  00 

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i»-r   y-T   GsT   oj"   co"    CO* 


^  W  CO  kO 

O  kO  ^  r^ 

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CO   CO   CO 


'o^   oiiauiBi 


ä  >  >■  ^'  a  B  H  ^ 


14* 


212 


n.  Die  Stauweiherbauten. 


Mittlere 
Tiefe  unter 

Wasserdruck 

horizontal 

vertikal 

Lamelle  No. 

Wasserspiegel 
m 

pro  Lamelle 

in  Summa 

pro  Lamelle 

in  Summa 

in  Tonnen 

I. 

2,6 

12,60 

12,50 

1,4375 

1,4376 

n. 

7,5 

37,60 

50,00 

4,3125 

6,7500 

m. 

12,5 

62,50 

112,50 

7,1875 

12,9375 

IV. 

17,5 

87,50 

200,00 

10,0625 

23,0000 

V. 

22,5 

112,50 

312,50 

12,9376 

35,9375 

VI. 

27,5 

137,50 

450,00 

16,8125 

61,7600 

vn. 

32,6 

162,50 

612,50 

18,8675 

70,4376 

vm. 

37,5 

187,50 

800,00 

21,5625 

92,0000 

IX. 

42,5 

212,50 

1012,50 

24,4375 

116,4375 

X. 

47,6 

237,50 

1250,00 

27,3125 

143,7500 

Auftrieb  und  Erddruck  sind  aus  den  früher  angegebenen  Gründen  nicht 
berücksichtigt;  diese  gegen  Auftrieb  stabile  Mauer  würde  einen  Materialmehr- 
aufwand von  ca.  15^/q  erfordern,  was  nicht  nötig  ist,  da  die  Mauer  durch 
Drainage  diesbezüglich  entlastet  wird.  Die  in  punkto  Materialersparung  von 
manchen  Seiten  als  günstig  angesehene  Erdanschüttung  wird  rücksichtlich  des 
Erddruckes  nicht  die  statische  Wirkung  in  dem  gewünschten  Maße  ausüben, 
weil  bei  Sammelstauweihem  die  Erdanschüttung  vollständig  mit  Wasser  durch- 
tränkt ist,  was  wohl  teilweise  bei  der  Berechnung  durch  Einsetzung  von  bloß 
700—800  kg  gegen  1700—1800  kg  zum  Ausdrucke  gelangt. 

Für  Stauweiher  zur  Ansammlung  von  Genuß wasser  wird  sich  auch  der 
Verunreinigung  wegen  diese  Erdanschüttung,  welche  insbesondere  als  Material- 
depot der  Bauuntemehmung  sehr  angenehm  ist,  nicht  empfehlen.  Der 
Vorteil  des  Schutzes  der  Isolierschichte  gegen  Frost  und  Hitze  durch  die 
Anschüttung  entfällt  bei  solchen  Sammelreservoiren,  da  in  derselben  zur 
Erzielung  einer  niederen  Temperatur  etc.  eine  permanente  Mindestwassertiefe 
von  20  m  ohnehin  in  Form  des  eisernen  Vorrates  erhalten  bleibt. 

Auf  Tafel  XIII  ist  das  Profil  einer  Mauer  für  38  m  Höhe  entwickelt, 
wobei  Erddruck  und  Auftrieb  berücksichtigt  erscheinen. 


Statische  Untersuchungen  eines  Mauerprofils  von  38  m  Höhe 

(nach  beiläufig  angenommenen  Dimensionen). 
Die  Staumauer  soll  auf  ihre  Beanspruchungen  hin  in  2  möglichen  und 
möglichst  ungünstigen  Fällen  untersucht  werden.  Fall  I  wäre  der,  daß  das  Tal- 
sperrenwasser bis  zur  Kote  538,00,  das  ist  bis  zur  Mauerkrone  reiche,  so  daß 
bis  zur  Fundierungssohlenkote  500,00  eine  Wasserhöhe  von  38,0  m  vorhanden 
ist;  und  der  Fall  II  wäre  jener  während  des  Betriebes  hin  und  wieder  sich 
ergebende  Zustand,  daß  das  Wasser  bis  zur  Kote  520,00  abgelassen  wird,  das 
ist  bis  zur  Höhe  des  Beginns  der  Erdanschüttung.     In  beiden  Fällen  sollen 


D.  Konstruktive  DorchfÜhroDg  der  Gebirgsreservoire.  213 

die  im  Mauerprofil  sich  ergebende  Drucklinie,  sowie  die  hierdurch  bestimmten 
Spannungen  in  einzelnen  horizontalen  Querschnitten  auf  rein  rechnerischem 
Wege  ermittelt  werden,  deren  Resultate  durch  die  Tafel  XIII  veranschaulicht 
werden;  in  dieser  ist  die  Untersuchung  des  Falles  I  in  schwarzer  Farbe  aus- 
geführt und  die  Spannungsverteilungstrapeze  in  sien  agelb  er  Farbe  angelegt, 
während  die  auf  den  Fall  II  bezüglichen  Darstellungen  in  roter  Farbe  markiert 
erscheinen. 

Im  Falle  I  ist  auch  angenommen,  daß  in  den  angenommenen  Fugen 
Wasser  eindringe,  dessen  Auftrieb  mehr  oder  weniger  bedeutende  Änderungen 
in  der  Spannungsverteilung  hervorbringt,  wie  später  ausführlicher  gezeigt 
werden  wird.  Die  Linien  gleicher  Beanspruchung  (Spannungsniveaukurven) 
vermitteln  zwischen  den  einzelnen  Querschnitten  und  gestatten,  durch  ein- 
fache Interpolation  für  jeden  Punkt  der  Mauer  in  jedem  gegebenen  Fall  die 
dort  herrschende  Beanspruchung  zu  finden.  Die  blau  angelegten  Spannungs- 
profile in  den  einzelnen  Querschnitten,  gegeben  durch  Berücksichtigung  etwa 
entstehenden  Auftriebs,  gestatten  die  Konstruktion  kontinuierlicher  Linien 
gleicher  Beanspruchung,  wie  ebenfalls  später  gezeigt  werden  wird,  nicht. 

Als  spezifisches  Gewicht  des  Mauerwerks  werden  2,30  t/m',  des  Wassers 
1,00  t/m*,  der  nassen  Erde  unter  Wasser  ein  Mehrgewicht  von  0,90  t/m* 
gegenüber  Wasser  angenommen. 

Gestalt,  Fläche  und  Gewichte  der  Mauer  resp.  der  einzelnen  Lamellen- 
teile zwischen  2  vertikalen  parallelen  Ebenen  in  i,oo  m  Distanz. 

Die  Gestalt  des  Mauerprofils  ist  aus  der  Zeichnung  ersichtlich.    Von  der 

Kote  535,0  ab  sind  in  Abständen  von  5,00  m  horizontale  Schnitte  I,  II  bis  VIII 

geführt,  welche  das  Profil  in  gleichbezeichnete  Lamellen  teilen,  deren  Flächen 

und  Gewichte  mit  Fn  resp.  Qn  und  dem  betreffenden  Index  bezeichnet  sind. 

Außerdem  werden  die  Flächen  und  Gewichte  2^ F und  E^Q  m  jedem  Falle 

von  der  Krone  bis  zur  betreffenden  Querschnittsebene  herab  gerechnet.    Für 

die  spätere  Zusammensetzung  der  wirkenden  Kräfte  ist  es  notwendig,  auch 

die  Drehmomente  der  einzelnen  Lamellengewichte  in  bezug  auf  einen  Punkt 

der  vertikalen  Achse  XX^  sowie  die  Summe  der  Momente  der  Lamellen 

gewichte   von  der  Krone  bis  zur  betreffenden  Schnittebene  herab  zu  ent 

wickeln. 

(Siehe  die  Zasammenstellang  aof  Seite  214  oben.) 


Gewicht  der  Lamellen 
pro  1  m  Tiefe: 

Qn 

.KQn 

öi=    12,00.2,30 

=    27,600  t 

27,600  t 

ö«=    23,45.2,30 

==    53,935  „ 

81,535  „ 

Ö8=    40,02.2,30 

=    92,046  „ 

173,581  „ 

Ö4=    59,10.2,30 

=  135,930  „ 

309,551  „ 

Ö6=    79,54.2,30 

=  182,942  „  . 

492,453  „ 

öe  =  101,05  .  2,30 

=  232,415  „ 

724,868  „ 

Ö,  =  122,57  .  2,30 

=  281,911,, 

1006,779  „ 

08  =  144,17.2,30 

=  331,591  „ 

1338,370  „ 

214 


n.  Die  Stanweiherbanten. 


Kubator  der  Lamellen  pro  1  m  Tiefe: 
Fi=     4,00.3,00 

5,00 . 2,10        2 


Z'.F 


/;  =  [  4,00.5,00]+         2 

F3  =  16,10.5,00,  +  M1_M^ 

/',  =  [9,91.5,00]  +  ^^«i^ 


/;  =  [13,73  .  5,00] 


3,82.5,00        5,0.0,5 


_    .    3,82.5,00    ,    5,0.0,5 
F^  =  [18,05  .  5,00]  +    '     g   '      +     '   g 

3,81.5,00    ,    5,0.0,5 


F^  =  [22,36  .  5,00]  + 
Fg  =  [26,67  .  5,00]  + 


2     •    2 
3,83.5,00  ,  5,0.0,5 


=  12,00  m»   12,00  m» 

^[5,40.0,50]=  23,45  „        35,45  „ 

=  40,02  „        75,47  „ 

=    59,10  „      134,57  „ 

=  79,54  „ 

=  101,05  „ 

=  122,57  „ 

=  144,17  „ 


214,11  „ 

315,16  „ 

437,73  „ 

581,90  „ 


581,90  m» 


Die  Lage  der  einzelnen  Kräfte  Qn  erhält  man,  indem  man  die  Flächen- 
momente in  bezug  auf  die  Achse  XX  durch  die  Fläche  Fn  dividiert. 


I.  Si  =±  2,00 

__  20,00  .  2,00  +  3,45  [4,0  +  0,50]  ^  55,527 
^-  ^« ""  23,45  23,45 


m.  S3  = 


30,50.3,05  +  9,52 


6,10 +?|1 


176,9124 


IV.  s,  = 


40,02 
49,55  .  4,95  +  9,65 


40,02 
^^1  -r    3  J  _  352,0395 


V.  s,  =  - 


59,10 
68,65  .  6,27  +  9,55 


59,10 
ld,7ö-h    3  J      1,^5      3        614,6630 


79,54 


79,54 


=  2,00  m 

=  2,37    „ 

=  4,42    „ 

=  5,95    „ 

=  7,74    , 


VLSe  = 


[3  QO' 
17,55  +  -^ 


0,5.5,0.0,6      0,5.0,6.0,6' 

o  "r  o 


^- 


101,05 


947,8360 


VIL  s,  ■• 


21,36  .  5,00 .  10,68  +  9,55  [21,36  +  ^ 


101,05 
1,0.0,5.1,0  ,  0,5.6,0.1,17 


=    9,38  m 

1= 


2 


122,57 


1342,7780 
122,57 


=  10,95  m 


D.  Konstruktive  Durchführung  der  Gebirgsrescrvoire. 


215 


VIII.  5«  = 


25,17  .  5,00  .  12,58  +  9,55  [25,17  +  ^1  —  UAi^ 


1,5.0,5.1,5  ,0,5.5.0.1,67 


144,17 


1828,0780 
144,17 


=  12,68  m 


Die  Zähler  dieser  Brüche  mit  2,30  multipliziert,   stellen  die  Gewichts- 
momente der  Lamellen  in  bezug  auf  die  Achse  XX  dar. 


M^  =  12,00  .  2,00  .  2,30 
Mci  =  55,5270  .  2,30 
M^=  176,9124.2,30 
M^=  352,0395.2,30 
M^=  614,6630.2,30 
M^=  947,8360.2,30 
M^  =  1342,7780  .  2,30 
Mq  =  1828,0780  .  2,30 


Alle  diese  auf  das  Mauerprofil  bezüglichen  Daten  sind  in  nachstehender 
Tabelle  vereinigt: 


Mn 

I^Mn 

=      55,2000  m/t 

55,2000  m/t 

=    127,7075    „ 

182,9075    „ 

=    406,8985    „ 

589,8060    „ 

=    809,6908    „ 

1399,4968    „ 

=  1413,7249    „ 

2813,2217    „ 

=  2180,0228    „ 

4993,2445    „ 

=  3088,3894    „ 

8081,6339    „ 

=  4204,5794    „ 

12  286,2133    „ 

12  286,2133  m/t 

o 

1 

Distanz  von  xx 

0 

ja 

1 

0 

0 

B 
B     e 

|v 

Sn 

0 

B 

1 

1 

:2 

0 

i 

1 

B     ff 
1    :^ 

iv 

0 

I. 

4,00 

1,33 

2,00 

2,67 

12,00 

12,00 

27,600 

27,600 

2,00 

55,2000 

55,2000 

n. 

6,10 

2,03 

3,05 

4,06 

23,45 

35,45 

59,935 

81,535 

2,37 

127,7075 

182,9076 

m. 

9,91 

3,30 

4,95 

6,60 

40,02 

75,47 

92,046 

173,581 

4,42 

406,8985 

589,8060 

IV. 

13,73 

4,58 

6,87 

9,16 

59,10 

134,57 

135,930 

309,551 

5,95 

809,6908 

1 399,4968 

V. 

18,05 

5,52 

8,53 

11,54 

79,54 

214,11 

182,942 

492,453 

7,74 

1413,7249 

2  813,2217 

VI. 

22,36 

6,45 

10,18 

13,90 

101,05 

315,16 

232,415 

724,868 

9,38 

2180,0228 

4  993,2445 

VII. 

26,67 

7,39 

11,83 

16,28 

122,57 

437,73 

281,911 

1006,779 

10,95 

3088,3894 

8081,6339 

vin. 

31,00 

8,33 

13,50 

18,66 

144,17 

581,90 

331,691 

1338,370 

12,68 

4204,5794 

12  286,2133 

Fall  I.     Statische  Untersuchung  der  Mauer  bei  einem  Höchststau  bis 

Kote  538,00.. 

a)  Wasserdrücke. 

Der   Wasserdruck    ist,    von   oben   nach   unten   gleichmäßig   wachsend, 

durch    das    bekannte   Wasserdruckdreieck    dargestellt;    bezeichnet    man    mit 

IVn  jedesmal  den  Wasserdruck  vom  Höchstwasserspiegel  bis  zur  betreffenden 

Fuge,  so  ist  er  dargestellt  durch  W^  =  y  ■  -0-,  worin  y  das  spezifische  Gewicht 


216  n.  Die  Stauweiherbanten. 

und  h  die  Tiefe  der  Fuge  unter  dem  Höchstwasserspiegel  bedeutet;  da 
7=1,00  t/m^  bedeutet,   so  ist  Wi  =  -ö-;  di«  Richtung  dieses  Wasserdruckes 

ist  bis  zur  Lamelle  IV  horizontal,  der  Angriffspunkt  der  Kraft  geht  durch 
den  Schwerpunkt  des  Druckdreiecks.  Das  Drehmoment  des  jeweiligen  Wasser- 
druckes in  bezug  auf  den  Schnittpunkt  der  Achse  XX  mit  der  Fuge  ist: 

Vom  Punkte  IV,  nämlich  von  dem  Punkte  an,  wo  die  Vorderfläche  der 
Mauer  geböscht  ist,  tritt  der  Wasserdruck  senkrecht  zu  dieser  Dossierung, 
also  in  schräger  Richtung  auf.  Die  für  die  vertikale  Fläche  auftretende 
Druckfigur  (Trapez)  IV,  1,  2,  3  wird  für  die  geböschte  Fläche  einfach  an  die 
Gerade  IV  V  angetragen  und  ist  somit  IV,  V,  2',  3'. 

Die  Ermittelung  von  Größe,  Art  und  Richtung  der  Kraft  geschieht 
in  folgender  Art.     Die  Druckfigur  ist  für  die  Lamellenbreite  d  gleich: 


lVn  =  {h--d),d+^==d 


r  ^1     d 


Das  Moment  in  bezug  auf  den  unteren  Begrenzungspunkt  der  geböschten 
Fläche  (Punkt  V,  VI  etc.)  ist: 

3/frn  =  (Ä~rf)^  +  -^  =  -g-[3Ä~2rf]. 


Mwn 
~Wn 

unteren  Begrenzungspunkt  der  geböschten  Fläche: 


Dividiert  man     y^^"  =  rf'n,   so   erhält  man  die  Distanz  der  Kraft  vom 


^'"~   3    ■    2Ä-^- 

Wir  brauchen  aber  das  Moment  der  Kraft  Wn  auf  den  Schnittpunkt  der 
Achse  XX  mit  der  Fuge,  damit  es  mit  den  von  den  anderen  Kräften  her- 
rührenden, ebenfalls  auf  diesen  Pol  bezogenen  Momenten  zusammengesetzt 
werden  kann. 

M\,^  =  Wn.d'r\    d'r  =  d\-e\     e=Vl.sin.a, 
sin.  a  =  y^.,-=  — T,  =  0,0995. 

yl  0,0^  +  0,0^ 

Der  Wasserdruck  in  einer  Fuge  unterhalb  IV  ist  deshalb  zusammen- 
gesetzt  aus    dem    horizontalen    Wasserdruck    WiVt    P^^s    dem    schrägen  Jf^, 

dessen  2  Komponenten  IV  =  Wn  .  sin.  a,  IV  =^IV„  .  cos.  a  sind;  die  Wasser- 
druckmomente sind  gleich  dem  Moment  des  Wi\  auf  den  betreffenden  Punkt 
plus  dem  auf  diesen  Punkt  reduzierten  Moment  des  Wn. 


D.  Konstraktive  Durchführong  der  Gebirgsreservoire.  217 

Zusammenstellung  der  horixontslen  und  schrägen  Wasserdrücke. 


Hori- 

Moment 

Tiefe 

zontaler 

Schräger 

des^n 

Re- 

Fuge 

unter 

Wasser- 

Moment 

Wasser- 

^ 

IV^ 

auf 

Distanz 

duziertes 

No. 

638,00 

druck 

Mwn 

druck 
fVn 

n 

n 

Punkt  der 

Moment 

Wn 

Böschung 

I. 

3,00 

4,50 

4,6000 







__ 

^_ 

,_ 

n. 

8,00 

32,00 

85,3333 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

in. 

13,00 

84,60 

366,1666 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

IV. 

18,00 

162,00 

972,0000 
Moment 
des  IVw 

~ 

V. 

23,00 

— 

1782,0000 

102,50 

10,20 

101,98 

246,0300 

2,40 

240,8750 

VI. 

28,00 

— 

2529,0000 

230,00 

22,88 

228,86 

1066,8800 

4,64 

1044,2000 

vn. 

33,00 

— 

3402,0000 

382,50 

38,06 

380,86 

2687,6000 

6,76 

2628,3260 

vm. 

38,00 

— 

4212,0000 

560,00 

66,72 

657,20 

4933,3300 

8,81 

4821,6000 

b)  Erddruck. 
Da  bis  zur  Kote  520,00  vor  der  Mauer  eine  Erdanschüttung  vorgesehen 
ist,  so  muß  auch  deren  Erddruck  auf  die  Mauer  beachtet  werden.  Für  das 
Übergewicht  des  Erdraaterials  unter  Wasser  gegen  das  Wasser  werden 
0,900  t/'m^  angenommen,  der  natürliche  Böschungswinkel  A  =  20®;  der  Reibungs- 
winkel des  Erdmaterials  am  Mauerwerk  wird  vernachlässigt,  so  daß  der  Erd- 
druck I  zur  Mauerfläche  wirkt;  der  Erddruck  wird  (wie  in  der  Zeichnung 
für  die  Fuge  VIII  dargestellt)  nach  dem  Rebhannschen  Verfahren  ermittelt, 
wobei  sich  das  Erddruckdreieck  rse  ergibt,  welches  in  Gestalt  des  Dreieckes 
VIII EIV  an  die  vordere  Böschung  angetragen  erscheint.  Die  rechnerische 
Ermittelung  ist  folgende: 


VIII R  aus  Dreieck  IV  VIII R, 


VIII  R  =  IV  VIII' 


sin.  ß 


sin.  /iSO  —  (90  —  a  +  /^l 
20000 


=  IV  VIII 


sin.  ß 
COS.  ß—a' 


IV  VIII  = 


COS.  a 


sin.  |l80  —  (y  +  90  —  /?  -j-  a)|  rnQ  rv  4- «  -  /?\ 

VIIIm^VIIIR- i ^ l^  =  F////?-^^^'^y.^"^    ^. 

stn.  y  stn.  y 

VIIIn^^yJIVVilT.VIlTm]  VIIIp  =  VIIIn\  Vlllr^VIII R^  VIII m 


.  VIII  t  =  IV  VIII' 


stn.y 


=  IVVIII' 


stn.  y 


sin.  (90 —  ß  +  a  +  y)      -''""■*       cos.(y  +  a  —  ß) 

COS.  (y  +  a  —  ß) 


rt=-VIIIt-VIIIr\  rs  =  rt' 


sin.  (y  —  ß) 


218 


II.  Die  Stanweiherbauten. 


a  =  5  <>  42'  38".  /?  =  20  <>  0'  0".  y  =  57  <>  43'  25". 

rs  =  rt=  VIII u  =  12,48  m. 

Der  Erddruck  area  (res)  =  -^  '  stn.  (90  —  a)  =  -g-  •  cos.  a. 


area  IVVIIIe  =  area  {res) 


VIII  E  = 


rs^  COS.  a 
20,00 


rs«  cos,  a    _  20,00  .  VIII E 
2  ""  2 

VIIIE  =  7  fi9m. 


Für  die  anderen  Fugen  ergibt  sich  VIII E  proportional  ebenso,  wie  die 
Erddrücke  selbst. 

20,00 . 7,69 


Eviii  = 


0,9  =  69,21  t. 


10.0 .  3.845 
Evi=       *     o Ö,9  =  17,30  t 


^^^^2M_ML.  0,9  =  38,94  t. 

5,00  .  1,923    ^  ^ 
Ev  =  — ^ 0,9=    4,32  t. 


Der  Angriffspunkt  liegt  im  Drittel  der  dreieckigen  Druckfigur;  ihr 
Moment  auf  Schnittpunkt  der  Fuge  und  Böschung  ist  leicht  gerechnet.  Es 
wird,  wie  im  vorigen  Falle,  auf  den  Pol  zum  Schnittpunkt  der  Fuge  mit  xx 
reduziert. 

Zusammenstellung  der  Brddrttcke. 


Fuge  No. 

Erddruck  En 
in  Tonnen 

Vn  =  En  sin.  a 

Hn  =  En  cos.  a 

Moment 

Reduziertes 
Moment 

V. 
VI. 

vn. 
vni. 

4,320 
17,300 
38,940 
69,210 

0,430 
1,720 
3,870 
6,890 

4,300 
17,210 
38,750 
68,870 

7,2144 

57,4814 

194,5250 

461,4290 

6,9984 

55,7604 

188,7125 

447,6550 

c)  Zusammensetzung  der  Kräfte. 
Die  Kräfte  werden  zusammengesetzt  zu  Resultanten,  indem  man  für 
jeden  Querschnitt  die  Summe  aller  Vertikal-,  sowie  aller  Horizontalkräfte  und 
der  Drehmomente  bildet.  Der  Sinn  aller  Kräfte,  sowie  aller  Momente  in  bezug 
auf  den  jeweiligen  Pol  zum  Schnittpunkt  der  xx  mit  der  Fuge  ist  derselbe, 
so    daß    Vorzeichen    nicht    zu    berücksichtigen    sind    und    die    algebraische 


Summierung  hier  auch  eine  arithmetische  wird.    Durch  Division 


IM 

ZV 


erhält 


man  den  Angriffspunkt  der  Resultanten  auf  der  Horizontalfuge,   durch  den 

ZM 
Bruch       rr    den  Angriffspunkt   der  Resultierenden  auf  der   -AT-^-Achse,    in 

beiden  Fällen  vom  Momentenpol  aus  gemessen.  Die  Verbindungsgerade  beider 
stellt  Richtung  und  Lage  der  Resultanten  vor.  Die  Verbindungskurve  der 
ersteren  Punkte  stellt  die  sogen.  Stützlinie  vor.  Es  soll  die  Zusammen- 
setzung beispielsweise  für  die  Fuge  VI  gezeigt  werden: 


D.  Konstruktive  Durchführung  der  Gebirgsreservoire. 


219 


i^V=  E^Q  +  Vl/L+  ^rrj=  724,868  +  22,880  +  1,720 


=  749,468  t 
I^H  =  W.^  +  iV^+  E^.  =  162,000  +  228,85  +  17,210  =  408,060  t 


-^>=^>«  +  <.r  +  <T7+<T^=^^993,2445  + 

+  2,592,0000  +  1,044,2000  +  55,7604  =  8,685,2049  m/t 

8,685,2049        ^^  ^^  8,685,2049        ^^  ^^ 

x=     l..'...      =11,58  m;  ^=      Wnan      =^1,28  m. 


749,468 


408,060 


Zieht  man  von  x  die  Distanz  der  Querschnittsmitte  von  XX  ab,  so 
erhält  man  „a**  die  Entfernung  der  Stützlinie  von  der  Querschnittsmitte.  Diese 
Werte  sind  in  der  nachfolgenden  Tabelle  vereinigt: 


Fuge  No. 

Summe  der 

Vcrtikal- 

kräfte 

Summe  der 

Horizontal- 

kräfie 

Summe  der 
Momente 

X 

y 

a 

1. 

27,600 

4,600 

69,7000 

2,16 

13,26 

0,16 

11. 

81,535 

32,000 

268,2408 

3,29 

8,38 

0,24 

III. 

173,681 

84,600 

956,9726 

6,61 

11,31 

0,66 

IV. 

309,511 

162,000 

2  371,4968 

7,66 

14,64 

0,79 

V. 

603,133 

268,280 

4  843,0951 

9,62 

18,05 

1,09 

VI. 

749,468 

408,060 

8686,2049 

11,58 

21,28 

1,40 

VII. 

1048,699 

681,330 

14  200,6714 

13,54 

24,43 

1,71 

vm. 

1400,980 

788,070 

21  774,4683 

16,54 

27,63 

2,04 

d)  Ermittelung  der  Randspannungen  in  den  Querschniffen. 
Nunmehr  kann  an  die  Ermittelung  derselben  geschritten  werden.    Nach 


den  bekannten  Formeln  ist: 


bb' 


eiV.a        IV     b  +  6a 


b'b^ 


bb* 


Hierin  stellen  b  und  b'  die  Dimensionen  des  Querschnitts  dar,  2" Fund  a  die 

bekannten  Werte.    Das  bisherige  System  „Meter-Tonne"  wird  verlassen  und 

nunmehr  in  der  Dimension  „Zentimeter-Kilogramm"  gerechnet;   b  ist  hierbei 

IV 
^^^  ,    ist  die   mittlere  Spannung.    In  nachstehender  Tabelle  sind 


100  cm. 


alle  hier  in  Betracht  kommenden  Größen  vereinigt. 

(Siehe  die  Tabelle  auf  Seite  220.) 

In    einfacher    Weise    konnten    nunmehr    die    Kurven    gleicher    Bean- 
spruchung in  Abständen  von  1,0  at  konstruiert  werden. 


220 


n.  Die  Staaweiherbaaten. 


Mittlere 

Spannung 

Spannung 

Fuge  No. 

Breite  b 

0 

a 

Spannung 

an  der 
Luflseite 

an  der 
Wasserseite 

cm 

kg 

cm 

kg/cm* 

kg/cm« 

kg/cm« 

I. 

400 

27,600 

16,0 

0,690 

0,856 

0,520 

II. 

610 

81,535 

24,0 

1.336 

1,651 

1,021 

m. 

991 

173,581 

56,0 

1,751 

2,346 

1,157 

IV. 

1373 

309,511 

79,0 

2,253 

3,030 

1,476 

V. 

1805 

603,133 

109,0 

2,787 

3,799 

1,778 

VI. 

2236 

749,468 

140,0 

3,352 

4,612 

2,092 

VII. 

2667 

1048,699 

171,0 

3,932 

5,434 

2,418 

VIII. 

3100 

1400,980 

204,0 

4,519 

6,281 

2,734 

e)  BerQcksichfigung  des  Auftriebes. 

Den  neuesten  Anschauungen  folgend,  wird  auch  der  Einflufl  des  Auf- 
triebes auf  die  Spannungsverteilung  berechnet,  welcher  sich  äußert,  wenn  das 
unter  seinem  eigenen  Druck  befindliche  Talsperrenwasser  in  eine  horizontale 
Fuge  eindringt.  Der  oberhalb  einer  sich  bildenden,  an  der  Luftseite  ge- 
schlossenen Lagerfuge  befindliche  Mauerkörper  soll  sich  unter  den  bei 
dichter  Mauer  wirkenden  Angriffskräften,  den  Pressungen  des  Auftriebs  und 
dem  Gegendruck  des  Auflagekörpers  im  Gleichgewicht  befinden;  er  ruht 
demnach  auf  Wasser  und  Mauerwerk  zugleich.  Soweit  der  Gegendruck  des 
Auflagekörpers  kleiner  ist  als  der  Auftrieb,  tritt  das  konstante  Maß  des 
letzteren  ein  und  verändert  hierdurch  die  Spannungs Verteilung  im  ganzen 
Querschnitt  Ob  dann  im  übrigen  Teil  des  Querschnitts  der  Gegendruck 
durch  Auftrieb  und  Mauerwerk  zugleich  oder  nur  durch  letzteren  geleistet 
wird,  ob  also  in  den  übrigen  Teil  der  Fuge  Wasser  eintritt  oder  nicht,  ist 
für  die  rechnungsmäßige  Standfestigkeit  der  Mauer  gleichgültig.  Die  Spannungs- 
figur besteht  aus  dem  Rechteck  der  gleichmäßig  verteilten  Auftriebspressungen 
und  außerdem  aus  einem  anliegenden  Dreieck,  welches  in  folgender  Art  be- 
rechnet wird: 


sy-A 


=  ^  V.a\  daraus  a  und  x\ 


Die  größte  Spannung  an  der  Luftseite  ist  dann  um  a  größer  als  die 
Pressung  des  Auftriebs.  Zu  bemerken  ist  noch,  daß  die  Wirkung  des 
Auftriebs  eine  kleinere  wird,  wenn  weiter  oben  in  ähnlicher  Weise  eine  Fuge 
sich  bildet,  so  daß  die  berechneten  und  in  der  Figur  blau  gezeichneten 
Spann ungsfiguren  nicht  gleichzeitig  bestehen  können,  weswegen  auch  für 
diesen  Fall  keine  Spannungsniveaulinien  konstruiert  werden  können.  Von 
der  Fuge  IV  an  ist  die  Wirkung  des  Auftriebs,  als  zu  geringfügig,  zu  vernach- 
lässigen. 


D.  Konstruktive  Durchführung  der  Gebirg sreservoire. 


221 


Fuge 
No. 

Breite  b 

Tiefe  unter 
Kote  638,00 

Auftriebs- 
pressung 

o 

X 

Größte 
Spannung 
Luftseite 

cm 

m 

kg/cm« 

kg/cm» 

cm 

V. 

1806 

23,00 

2,30 

2,09 

840 

2,39 

VI. 

2236 

28,00 

2,80 

3,10 

796 

6,90 

vu. 

2667 

33,00 

3,30 

4,16 

813 

7,46 

vm. 

3100 

38,00 

3,80 

6,62 

807 

9,32 

Fall  II.  Wasserstand  auf  Kote  520,00. 

Bis  zur  Fuge  IV  steht  die  Mauer  nur  unter  den  Wirkungen  des  Eigen- 
gewichtes: von  IV  an  treten  zur  Böschung  normale  Wasserdrücke  auf,  deren 

Größe  Wn  =  -ö- 1  wenn  h  die  Tiefe  der  Fuge  unter  der  Kote  520,0  bedeutet. 

Der  Angriffspunkt  liegt  immer  im  unteren  Drittel  der  dreieckigen  Druckfigur. 
Das  Moment  auf  den  Schnittpunkt  der  Böschung  und  Fuge  als  Pol  ist  mit 

einer  sehr  geringen  Vernachlässigung  konstruiert:  -^-;  es  wird,  wie  im  FaU  I, 

auf  den  Schnittpunkt  von  Lamelle  und  xx  reduziert. 
Die  Erddrücke  bleiben  genau  wie  im  Fall  I. 
Die  Wasserdrücke  sind  in  der  folgenden  Tabelle  vereinigt. 


Fuge  No. 

Tiefe 
unter 
620,00 

Wasserdruck 

t 

Vertikal- 
komponente 

Horizontal- 
komponente 

Moment 

Reduziertes 
Moment 

Y. 
VI. 

VII. 

vm. 

6,00 
10,00 
16,00 
20,00 

12,60 

60,00 

112,60 

200,00 

1,26 

6,00 

11,25 

20,00 

12,60 

60,00 

112,60 

200,00 

20,8760 

166,6000 

562,6000 

1334,0000 

20,2600 

161,6000 

540,7760 

1294,0000 

Zusammensetsung  der  KrBfte. 


Fuge 
No. 

Summe  der 
Vertikal- 
kräfte 

Summe  der 

Horizontal- 

kräfie 

Summe  der 
Momente 

X 

a 

1. 

27,600 

_ 

55,2000 

2,00 

0,00 

n. 

81,636 

— 

182,9075 

2,24 

0,81 

m. 

173,581 

— 

689,8060 

3,39 

1,56 

IV. 

309,551 

— 

1 399,4968 

4,52 

2,35 

V. 

493,008 

16,80 

2  840,4701 

5,76 

2,77 

VI. 

731,588 

67,21 

6  210,5049 

7,13 

3,06 

VII. 

1021,899 

151,25 

8  811,1214 

8,62 

3,21 

VIII. 

1365,260 

268,87 

14  027,8683 

10,27 

3,23 

222  ö-  I^i«  Stanweihcrbaaten. 

Hieraus  ergeben  sich  die  Randspannungen  (rote  Trapeze): 


Fuge  No. 

Breite 

ly 

a 

MitÜere 

Spannung 

Spannung 

Spannung 

Lnftseite 

Wasserseitc 

m 

kp 

cm 

1. 

400 

27,600 

0,00 

0,690 

0,690 

0,690 

n. 

610 

81,535 

81,00 

1,336 

0,271 

2,405 

m. 

991 

173,581 

iö6,00 

1,751 

0,096 

3,397 

IV. 

1373 

309,511 

235,00 

2,253 

—  0,060 

4,570 

V. 

1805 

493,008 

277,00 

2,731 

0,218 

5,243 

VI. 

2236 

731,588 

305,00 

3,272 

0,589 

5,955 

VII. 

2667 

1021,899 

321,00 

3,831 

1,061 

6,597 

vm. 

3100 

1365,260 

323,00 

4,400 

1,645 

6,996 

In  diesem  Falle,  wenn  der  Wasserspiegel  auf  Kote  520,00  m  herab- 
gesenkt wird,  was  beispielsweise  bei  einem  für  Trinkwasserzwecke  dienenden 
Stauweiher  die  Stauhöhe  für  den  eisernen  Vorrat  repräsentieren  kann,  tritt 
in  Kante  IV  auf  der  Luftseite  eine  Spannung  (—0,060  kg  pro  cm*)  ein. 
Die  Untersuchung  dieses  beiläufig  angenommenen  Profiles  ergibt  somit,  daß 
für  den  Fall,  als  der  Wasserspiegel  wirklich  so  tief  sinken  sollte,  der  Anzug 
der  Mauer  auf  der  Wasserseite  und  event.  auch  die  Anschüttung  nicht  vom 
Punkte  IV,  sondern  von  einem  höheren  Punkte  (z.  B.  111  oder  II)  aus  zu 
geben  ist,  damit  die  Drucklinie  innerhalb  des  mittleren  Mauerdrittels  fällt 
und  dadurch  Zugspannungen  vermieden  werden. 

Im  übrigen  wird  bezüglich  der  Beurteilung  der  Inanspruchnahme  der 
Umstand  zu  berücksichtigen  sein,  ob  die  Schwankungen  des  Reservoirwasser- 
spiegels nur  geringe  oder  sehr  bedeutende,  rasche  oder  langsame  sind.  In 
dieser  Richtung  werden  die  Talsperren  für  ausschließliche  Retensionszwecke, 
wo  also  die  Füllung  und  Entleerung  sich  im  Laufe  einiger  Tage  oder  Wochen 
vollzieht,  den  höchsten  Ansprüchen  auf  Materialbeanspruchungsverteilung  ge- 
genügen  müssen,  andererseits  Wasserauftrieb  und  Isolierung  eine  untergeordnete 
Rolle  spielen,   wie   dies  bei   ausschließlichen  Sammelreservoiren  der  Fall  ist. 

Eines  wäre  noch  zu  erwähnen:  An  allen  Stellen,  wo  Querschnitts- 
veränderungen des  Normalprofiles  vorhanden,  z.  B.  bei  Grundablässen,  muß 
für  eine  entsprechende  lokale  Verstärkung  des  Profiles  Sorge  getragen  werden. 

Höhe  der  Mauerkrone  über  dem  Hochwasser  und  Art  der  Durchführung 

der  Mauerkrone. 
Da  bei  jedem  größeren  Wasserbecken  durch  Wind  ein  gewöhnlich  von 
der  Länge  und  Breite  dieses  Beckens  abhängiger  und  verschieden  hoher 
Wellenschlag  erzeugt  wird,  da  weiter  jedes  Überfluten  der  Staumauer  ver- 
mieden werden  muß,  aus  Rücksicht  auf  eine  eventuelle  Unterspülung  des  Bau- 
werkes, so  muß  die  Mauerkrone  in  einer  gewissen  Höhe  über  dem  höchsten, 
im  Reservoir  erreichbaren  Wasserspiegel  liegen.  Bei  kleinen  Reservoiren, 
d.  h.  niederen  Mauern,  beträgt  diese  Höhe  h  im  Minimum  1  m,  bei  etwas 
größeren  Staubecken  l^/g — 2  m.    Ingenieur  en  chef  Krantz  in  Paris  hat  diese 


D.  Konstruktive  DurchfUhnmg  der  Gebirgsreservoire. 


223 


Überhöhung  h  =  -ttt  angenommen,  wobei  H  die  größte  Wasseitiefe  bedeutet. 

Die  Mauerkrone  erhält  überdies  auf  der  Wasserseite  eine  0,8 — 1,0  m  hohe 
steinerne  Parapuetmauer  und  an  der  Landseite  ein  Stein-  oder  Eisengeländer. 
Die  Geh-  oder  Fahrbahn  wird  konvex  abgepflastert  (Fig.  89).  Um  der  Mauer 
von  der  Talseite  aus  einen  architektonisch  entsprechenden  bekrönenden  Ab- 
schluß zu  geben,  wird  ein  einfaehes  Hauptgesims  zu  projektieren  sein. 
Solche  entsprechende  Gesimstypen  sind  aus  Fig.  90 — 92  zu  ersehen. 

Normaltypen  von  Talsperren. 
Um  eine  Übersicht  über  die  Grundform,  sowie  die  bedeutend  differieren- 
den Ausmaße  der  Profile  zu  geben,  sind  in  nachstehenden  Figuren  charakte- 


i-,dm>M~ 


Flg.  89. 
Qaerprofll  der  Mauerkrone. 


Fig.  90.    Hauptgeflims 
für  niedere  Talsperren. 


Flg.  91.    Haaptgesims  für  hohe  Talsperren. 


Fig.  92.    Hanptgesims  der  Sperre  Oouffres 
d'enfers  bei  St.  Etlenne  (50  m  hoch). 


ristische  Sperren profile  abgebildet.  Fig.  93  stellt  das  deutsche  Normalprofil 
(Type  Fe  cht)  für  eine  Höhe  von  22  m  dar,  —  ein  Profil,  dessen  Grundform 
das  Dreieck  ist  und  welches  den  früheren  Auseinandersetzungen  zugrunde 
gelegt  wurde.  Fig.  94  zeigt  das  deutsche  Normalprofil  für  hohe  Sperren  (Type 
Intze),  die  58  m  hohe  Sperrmauer  bei  Gemünd,  Fig.  96  das  vom  V.  inter- 
nationalen Binnenschiffahrtskongreß  in  Paris  (1892)  als  mustergültiges,  allen 
Ansprüchen  genügendes  Normalprofil  der  Talsperre  von  Chartrain.  In  diesem 
Profil  sind  die  maximalen  Kantenpressungen  bei  gefülltem  Reservoir  nach 
3  verschiedenen  französischen  Berechnungsmethoden  eingeschrieben,  und  zwar: 
Pj  nach  Delocre,  das  gewöhnliche  Verfahren,  wie  solches  bei  der  Gouffre 

d'enfer- Sperre  etc.,   sowie   heute  auch   in  Deutschland  bei  nicht  hohen 

Sperren  Anwendung  findet; 
P^  nach  Bouvier,  bei  Annahme  nicht  horizontaler,  sondern  schräger  Fugen 

und  Einwirkung  der  Normalkomponente  für  diese  entsprechende  Fuge; 


224 


n.  Die  Staaweiherbanten. 


Fig.  98.  Deutsches  Nonualprofll  (Fecht). 


Fig.  94.    Type  Intze  (fUr  hohe  Mauern). 


^„ 


<   b    ; 


\  K  — — 


Flg.  95.    Französisches  Profil  (Erantz). 


Fig.  96.    Talsperre  von  Chartrain  (54  m  hoch). 


«St.. 


^  i..lr.. 


Fig.  97.    Italienisches  Profil  (Crugnola). 


« *6\19. ^1 

Flg.  98.    Sperre  „del  Villar»*. 


D.  Konstruktive  DnrchfUhnmg  der  Gebirgsreservoire. 


225 


/g  nach  Guillemain,  welcher  alle  oberhalb  der  schrägen  Fuge  angreifenden 
Kräfte  in  Rechnung  zieht. 
Fig.  99  zeigt  ein  im  Jahre  1874  vom  verstorbenen  Professor  H ar lach  er 
in  Prag  projektiertes  Profil  einer  Talsperre  im  bösen  Loch  bei  Komotau 
(Böhmen),  37,5  m  hoch,  in  der  obem  15  m  langen  Partie  sehr  schlank.  In 
diesem  Profil  ist  jedoch  der  Wasserspiegel  für  die  Berechnung  2,5  m  unter 
der  Krone  angenommen.  Hervorzuheben  ist  weiter,  daß  bei  leerem  Reservoir 
die  Drucklinie  in  den  Fugen  VII,  VIII  und  IX  (von  oben  gezählt)  außerhalb 
des  Mauerdrittels  fällt.  Fig.  95  zeigt  das  französiche  Normalprofil  nach 
Chefingenieur  Krantz  in  Paris.  Die  Grundform  bildet  ein  Trapez,  welches 
jedoch  zum  Teil  durch  Kreisbogen  begrenzt  ist.  Bedeutet  H  die  größte 
Wassertiefe,   so  wählt  Krantz  folgende  Verhältnisse: 


A  = 


H 

10' 


H 


n  = 


den  inneren  Radius  /?<  =  2,6  H\  ferner  die  Kronenbreite  b\ 

6  =  2,0  m  bei  //=    5  m  und  m—    1,0  m  bei  //=    5  m 

«  =    2,5  „ 

„  -^  7,0  „ 
„  -  10,0  „ 
»  =  13,5  „ 

W      ^^    y*  yO     „ 

Ober   35   m   ordnet  Krantz  Absätze   an,    ähnlich   wie   in  Fig.  97.   — 
Fig.  97.    Italienisches  Normalprofil  von  Ingenieur  Crugnola.    Das  für 


»  =  2,5  „ 

n 

n 

=  10 

n 

»  =  3,0  „ 

n 

n 

=  15 

w 

»=4,0  „ 

n 

n 

=  25 

n 

»  =  5,0  „ 

n 

n 

=  35 

n 

„  =  10  „ 

»  =  lo  „ 

n  =20    „ 

n  =25    , 

.  =  30  „ 

n  =  35    „ 


i...  'hm^m^m^ 


li «fr««. -4 

Flg.  99.    Profil  Harlacher. 


6SM 


Fig.  100.    OUeppe-Sperre. 


eine  Höhe  von  50  m  entworfene  Profil  hat  als  Grundform  das  rechtwinklige 
Dreieck  und  von  35  m  an  aufwärts  einen  1  m  breiten  Absatz  auf  der  Talseite 
der  Mauer.  —  Fig.  98  stellt  das  Profil  der  am  Flusse  Lozoya  in  den  Jahren 
1869 — 1876  gebauten  spanischen,  zur  Wasserversorgung  von  Madrid 
dienenden  Sperre  „del  Villar"  dar,  welche,  51,4  m  hoch,  sich  dem  Crug- 
nolaschen  Profil  nähert,  jedoch  keinen  Absatz  besitzt.  Das  Reservoir  hat 
eine  Kapazität  von  20  Mill.  m^.  —  Das  trapezförmige  Profil  der  Gileppe- 
Talsperre  bei  Dolhain  in  Belgien  (Fig.  100),  zur  Versorgung  der  Stadt 
Friedrich,  Wasserbau.    Zweite  Auflage,    n.  Band.  15 


226 


II.  Die  Stauweiherbauten. 


Verviers,  fällt  durch  seine  übermäßige  Dimensionierung  gegenüber  den  schlanken, 
bauökonomischen  neuen  Talsperren  auf.  Die  vom  belgischen  Ingenieur 
Bideaut  projektierte  und  gebaute  Talsperre  schließt  bei  47,7  m  Höhe  ein 
Staubecken  von  13  Mill.  m^  Fassungsraum  ab.  —  Fig.  101.  Ein  in  den 
Dimensionen  wesentlich  schwächeres  Trapezprofil  wird  durch  die  CrystaU 
Springs-Talsperre  in  Kalifornien,  welche  aus  Betonblöcken  hergestellt 
wurde,  repräsentiert.  —  Als  Muster  einer  Talsperre,  welche  auf  der  ganzen 
Kronenbreite  als  Überfallwehr  eingerichtet  ist,  demgemäß  starke  Dimensionen 
und  eine  eigentümlich  geformte  Talseite  aufweist,  ist  in  Fig.  102  die  Virnwey- 
Talsperre  abgebildet,  welche  zur  Wasserversorgung  der  Stadt  Liverpool 
dient.  Die  Maße  sind  in  englichen  Fuß  ausgedrückt.  Um  eine  Unterspülung 
des  Bauwerkes  hintanzuhalten,  ist  unterhalb' der  großen  Talsperre  eine  kleine 
Sperre  errichtet,  durch  welche  ein  permanent  gefülltes,  45  englische  Fuß 
tiefes,  kleines  Staubassin  gebildet  wird  zu  dem  Zwecke,  um  die  Wucht  des 
über  die  große  Sperre  herabstürzenden  Wassers  zu  parallelisieren.  —  Als 


f •STMi. 

Flg.  101.    Crystal-Springs-Sperre. 


o«" 

« 

PP^ 

i 
i 

1 

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« 

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1 

'y/A 

1 

^^ö — 

^4?*^ 

^       fit/  jl 

Z^"  ^ ^ ijf  ""'   ,■>!* 

Flg.  102.    Vlmwey-Sperre. 


Flg.  108.    Talspcpren- 

profil  des  Reservoirs 

de  Bear  Valley. 


Type  eines  abnormal  schwachen  Profiles  muß  die  Bear  Valley-Sperre  in 
Kalifornien  (Fig.  103)  hervorgehoben  werden.  (Näheres  findet  sich  in  der  Be- 
schreibung dieses  Stauweihers  am  Schlüsse  dieses  Kapitels.) 

b)  Das  Oberfallwehr  samt  Ablaufgerinne. 
Das  bei  jeder  Staumauer  anzubringende  Überfallwehr  hat  den  Zweck, 
in  jenen  abnormen  Fällen,  wo  der  Grundablaß  (Hochwasserstollen)  infolge 
Verstopfung  oder  anderer  unvorhergesehener  Hindemisse  wegen  nicht  mehr 
ausreichen  sollte,  bei  gefülltem  Reservoir  dem  überschüssig  zufließenden 
Wasser  den  Austritt  aus  dem  Stauweiher  zu  gestatten,  ohne  die  Talsperre 
selbst  zu  überfluten,  daher  deren  Bestand  dadurch  außer  Gefahr  vor  Unter- 
spülung zu  bringen.  Das  Überfallwehr  ist  also  das  Hauptsicherheitsventil 
bei  unvorhergesehener  Überfüllung  des  Staubeckens.  Durch  die  Überfallkante 
der  Überfallvorrichtung  (Wehrkrone)  wird  die  Höhe  der  normalen  Wasser- 
spannung im  Reservoir  fixiert  Durch  am  Wehrrücken  angebrachte  bewegliche 
Weh  rauf  Sätze  oder  Dammbalken  kann  die  Wasserspannung  im  Reservoir 
und   damit  der  Fassungsraum  wesentlich   erhöht  werden,   da  in  dieser  Höhe 


D.  Konstraktive  Dnrchfühnmg  der  Gebirgsresenroire.  227 

die  Wasserspiegelfläche  am  größten  ist.  Die  Höhe  h  der  Aufsätze,  welche 
bei  Hochwassergefahr  entfernt  oder  umgelegt  werden,  entspricht  in  der  Regel 
der  bei  Hochwasser  anzunehmenden  maximalen  Überfallhöhe.  Dieselbe  kann 
bei  kleineren  Einzugsgebieten  0,5 — 1,0  m  betragen,  soll  jedoch  mit  Rücksicht 
auf  die  Sicherheit  des  Absturzgerinnes  selbst  bei  den  größten  Reservoiren 
bezw.  den  größten  Einzugsgebieten  2  m  nicht  überschreiten. 

Dimensionierung.  Das  Überfallwehr,  sowie  das  anschließende  Ab- 
flußgerinne sind  derartig  zu  berechnen,  daß  bei  gefülltem  Reservoir  und 
Nichtfunktionieren  des  Grundablasses  das  größte,  dem  Einzugsgebiete  ent- 
sprechende Hoch  Wasserquantum  diesen  Überlauf  passieren  kann.  Es  kann 
nicht  oft  genug  darauf  aufmerksam  gemacht  werden,  daß  in  der 
Dimensionierung  des  Überfallwehres  mit  den  ungünstigsten  Fak- 
toren gerechnet  werden  muß. 

Das  maximale  Überlaufquantum  Qmax.  pro  Sekunde  und  Quadrat- 
kilometer, welches  während  der  Kulminationsperiode  eintritt,  hängt  be- 
kanntlich von  der  Größe  des  Niederschlagsgebietes  ab,  d.  h.  es  wird  mit  der 
Größe  der  Fläche  unverhältnismäßig  kleiner.  Weiter  ist  der  Abflußkoeffizient 
abhängig  von  dem  Grade  der  Bewaldung,  von  der  Kulturart,  Bodenbeschaffen- 
heit, den  Neigungsverhältnissen,  von  der  Regendauer  und  Intensität  etc.  Man 
wird  also  zuerst  trachten,  nach  den  Aufzeichnungen  oder  Erfahrungen  ent- 
weder die  maximale  beobachtete  Hochwassermenge  in  der  Nähe  der  Ab- 
schlußstelle aus  dem  Hochwasserprofil  zu  berechnen,  oder  aber  wird  man 
aus  den  intensivsten  Regenfällen,  welche  abnormale  Hochwässer  erzeugen, 
das  Qnua.  berechnen. 

Reservoire  mit  sehr  großen  Einzugsgebieten  sind  in  der  neueren  Zeit 
sehr  wenige  durchgeführt  worden.  Die  meisten  der  neuen  Reservoire  haben 
nur  ein  Einzugsgebiet  von  einigen  Quadratkilometern.  Das  demnächst  zu 
bauende  Reservoir  von  Weirowitz  (am  Jaispitzbaß)  in  Mähren  hat  beispiels- 
weise ein  Einzugsgebiet  von  360  km*.  Das  abnormalste  Hochwasserquantum 
betrug  dortselbst  in  der  Kulmination  (1902)  Qmax.  =  180  m*,  trotzdem  das  Ein- 
zugsgebiet nur*Hügelland  ist;  es  entfällt  daher  pro  km*  ein  Q'^-  =  0,50  m*. 
Bei  kleinen  Einzugsgebieten  wird  das  Q'^-  natürlich  ein  viel  größeres  werden, 
und  muß  in  solchen  Fällen  mit  Wolkenbrüchen  gerechnet  werden,  welche 
mindestens  40  mm  pro  Stunde  Regenhöhe  ergeben  und  sich  über  einige 
Quadratkilometer  faktisch  gleichzeitig  ausbreiten  können,  während  bei  größeren 
Gebieten  man  nur  mit  Landregen  von  ca.  100  mm  pro  Tag  rechnen  kann. 

Ist  die  Regenhöhe  h  =  0,040  m  pro  Stunde,  die  Niederschlagsfläche 
eines  Quadratkilometers  _^  =  1000000  m*,  ferner  a  =  0,6  der  Abflußkoeffizient 
in  der  Kulmination,  so  erhält  man: 

Ö-.m.3  =  -|^^^==6,5  m»  pro  km«. 

Ein  vollkommener  Überfall  wird  bei  Annahme  einer  Überfallhöhe  von: 
Ä  =  1  m  und  Ä  =  1  m;  Ö  =  0,443 .1.1  ^19,^6271  =  1,96  m», 
also   rund  pro  lfd.  m  Überfallgerinne  0^2  m*  pro  Sekunde  abführen;   für 


16 


* 


228  U-  ^^  Staaweiherbaaten. 

Q  =  6,5  m^  müßte  also  bei  A  =  1  m  Oberfallhöhe  das  Gerinne  pro  km- 
=  3,25  m  breit  werden.  Für  größere  Quantitäten  wird  man  h  =  1,5 — 2,0  m 
annehmen. 

Natürlich  wird  man  diese  Breite  in  mehrere  Öffnungen  teilen,  welche 
durch  Oberbrückung  entsprechend  leicht  zugänglich  zu  machen  sind. 

Sei  beispielsweise  Qmax.  =  100  m',  so  ergibt  sich  für  /r  =  2  m  Oberfall- 
höhe ein  sekundliches  Oberlauf quantum  von: 

Q=:'^!^fi.b.h  y!~2gh  =  0,443  .  1  .  2  y  19,62  .  2  =  5,55  m« 

pro  lfd.  ra  Wehrüberfall,  also  für  100  m*  abzuleitendes  Hochwasserquantpm 
eine  notwendige  Oberfalllänge  bezw.  Breite: 

5,5o 

Hierbei  wurde  "/j  fx  =  0,443  gerechnet,  weil  bei  großen  Oberfällen  in 
Talsperren  die  Zuflußbreite  gleich  der  Abflußbreite  angenommen  werden 
kann,  wenn  der  Oberfall  auf  einer  Seite  der  Talsperre  liegt. 

Bei  Detailprojekten  wird  man  sich  dieser  allgemeinen  Annahme  über 
Niederschlagshöhen  nicht  bedienen,  sondern  trachten,  aus  den  meteorologischen 
Aufzeichnungen  der  im  Einzugsgebiete  oder  in  der  Nähe  gelegenen  Stationen, 
die  Extreme  in  Rechnung  zu  ziehen. 

Welche  kolossalen  Niederschläge  auch  unsere  Gegenden  aufweisen, 
zeigt  die  Station  Neuwiese  im  böhmischen  Riesengebirge  (750  m  Seehöhe), 
die  meteorologische  Station  für  das  Einzugsgebiet  der  Friedrichswalder  Tal- 
sperre, welches  4,1  km^  groß  ist  und  zu  65  ^/q  aus  Waldland  und  35  ^/^  aus 
Freiland  (Heide,  Jungwald)  besteht.  Während  die  mittlere  Jahresregenhöhe 
1400  mm  beträgt,  wurde  im  Juli  1897  binnen  24  h  eine  Regenhöhe  von 
345  mm  und  des  ganzen  3  Tage  andauernden  Regens  von  500  mm  gemessen. 
Während  der  Hochwasserüberfall  für  dieses  kleine  Einzugsgebiet  mit 
Q  =  30  m'  berechnet  wurde  (also  7,5  m*  pro  km^,  ergab  eine  direkte 
Messung  des  maximalen  Hochwassers  in  der  Kulmination  Q  =  20  m*  (also 
5  m^  pro  km*). 

Intze  nahm  für  die  schlecht  bewaldeten,  steilen  Abhänge  des  Wupper- 
gebietes  (300 — 400  m  Seehöhe)  Q  =  1 — 1,2  m*  pro  km*,  am  Bober  und  Queis 
0  =  3  m»,  in  Alfeld  (nach  Fecht)  bei  850  m  Seehöhe  Q  =  2,3  m«  pro  Sekunde 
und  km*  an.  Alle  diese  Einzugsgebiete  sind  klein.  Für  den  Stauweiher  in 
Weirowitz  (Mähren)  mit  300  km*  Einzugsgebiet  habe  ich  Q  =  0,25  m^  für 
den  Hassen  st einstauweiher  im  Erzgebirge  (600 — 900  m  Seehöhe,  32,0  km* 
Einzugsgebiet)  0  =  1,7  m*,  für  den  Rauschengrundweiher  im  Erzgebirge 
(bei  16  km*  und  750 — 950  m  Seehöhe)  Q  =  1,7  m^  pro  km*  gerechnet. 

Bauliche  Konstruktion  der  Überfälle.  Die  Überfälle  können 
entweder  seitwärts  in  die  Lehne  oder  in  die  Talsperre  selbst  gelegt  werden. 
Die  günstigste  Lage  für  den  Überfall  wäre,  obwohl  selten  vorkommend,  eine 
seitwärts  der  Talsperre  gelegene  Terrain  mulde  im  Talsperrenprofil  oder  in 
dessen  Nähe,  wie  dies  z.  B.  bei  der  für  den  Donau- Oder-Kanal  projektierten 
Talsperre  im  Bystriczkatal  (Betschwatal,  Mähren)  der  Fall  ist.     Die  Anord- 


D.  Konstruktive  Durchfübrung  der  Gebirgsreservoire. 


229 


nung  der  Überfälle  in  die  Tallehne,  also  senkrecht  auf  die  Längenachse 
der  Reservoirmauer,  ist  für  viele  Fälle  am  rationellsten.  Eine  derartige 
Konstruktion  ist  in  Fig.  104  im  Querschnitt  und  in  Fig.  105  in  der  Darauf- 
sicht dargestellt;  es  betrifft  dies  das  Oberfallwehr  der  zur  Versorgung  der 
Stadt  Remscheid  in  der  Rheinprovinz  im  Eschbach tale  von  Prof.  Intze 
projektierten  und  1889 — 1891  ausgeführten  Stauweiheranlage.  Die  Überfall- 
länge beträgt  -S  =  20  m,  die  Überfallhöhe  /r  =  1  m;  es  können  somit  Q  =  SS 
bis  40  m*  abgeführt  werden.  Das  abstürzende  Wasser  fließt  in  einen  ge- 
mauerten, mit  starkem  Sohlengefälle  versehenen  Kanal,  welcher  entsprechend 
den  zunehmenden  Abflußmengen  eine 
Breite  von  2 — 5  m  besitzt,  durch  eine  in 
der  Talsperre  gebaute  gewölbte  Brücke 
ab,  gelangt  in  ein  kurzes,  in  Felsen  aus- 
gesprengtes Ablaufgerinne  und  stürzt  am 
Ende  desselben  über  die  Felsabhänge 
der  Tallehne  ab.  Um  ein  Verlegen  des 
Überfallkanales  durch  Langholz,  welches 
bei  Hochwasser  in  den  Stauweiher  ge- 
langen kann,  zu  verhindern,  sind  über 
denselben  in  Entfernungen  von  2  m 
eiserne  Schienen  m  gelegt.  Dieser  Ab- 
flußkanal ist  entsprechend  der  abzu- 
führenden Wassermenge  zu  berechnen, 
wobei  das  Gefälle  der  Sohle  ein  solches 


.MiMU«n4frmie 


ZifOt-MättA^erinne 

Flg.  104.    Qnenchnltt  Fig.  lOö.    Daranfoloht 

Überfallwehi*  bei  der  Talsperre  in  Remscheid. 


sein  muß,  daß  die  erzeugte  Geschwindigkeit  die  bekannten  Maximalgrenzen 
nicht  überschreitet.  Ein  ähnlicher  Überfall  in  der  Tallehne  ist  in  einer  späteren 
Figur  (Reservoir  du  Ban  bei  St.  Chamond)  abgebildet.  In  anderen  Fällen 
müssen  die  Öffnungen  in  die  Mauer  selbst  situiert  werden  und  legt  man  die- 
selben möglichst  an  die  Tallehne,  in  einzelnen  Fällen  (siehe  Stauweiher  Weiro- 
witz)  ganz  seitwärts.  Derartige  Überfälle,  in  der  Achse  der  Reservoirmauer 
gelegen,  sind  aus  den  späteren  Figuren,  betreffend  die  Beschreibung  des 
Altenweihers  im  Elsaß  und  der  Jaispitzbachreservoire,  zu  entnehmen. 
Intze  hat  mit  Vorliebe  die  Überfälle  (wohl  nur  für  kleine  Stauweiher) 
in  die  Mitte  der  Talsperre  verlegt,  was  nur  für  geringe  Überfallhöhen  und 
Wassermengen  zulässig  erscheint,  außer  das  Talsperrenprofil  wird  ein  anderes, 


230  ^*  ^^^  Staaweiherbaaten. 

wie  z.  B.  die  Virnwey-Sperre  (Fig.  102),  bei  welcher,  als  Überfallwehr  kräftig 
dimensioniert,  das  Wasser  auf  ihrer  ganzen  Länge  nach  überstürzt.  (Fassungs- 
raum 15  Mill.  m*,  bei  306  km^  Einzugsgebiet.) 

Bei  der  Marklissa-Sperre  hat  Intze  oberhalb  der  Mauer  in  den 
beiden  Tallehnen  2  Überfälle  von  je  30  m  Länge  angeordnet,  welche  regulierbar 
durch  Entlastungsschützen  ein  Maximalquantum  von  110  m'  durch  einen 
schrägen  Stollen  in  einen  großen,  kreisrunden  Umlauf  (Hochwasserstollen)  von 
5  m  Durchmesser  abführen.  —  Übersteigt  das  zufließende  Hochwasser  das 
Quantum  von  110  m*,  welches  durch  die  Entlastungsschützen  abfließen  kann, 
so  füllt  sich  von  selbst  der  Hochwasserschutzraum. 

Um  nun  ein  Überströmen  der  Talsperre  selbst  zu  verhindern,  sind  2  m 
unter  der  Mauerkrone  an  beiden  Talseiten  Überläufe  von  68  m  Länge  an- 
gelegt, welche  zusammen  eine  Wassermenge  von 


Q  =  OfiF.  yj^gh  =  0,5  .  2,0  .  68  .  4,429  .  yj  2  =  248  m« 

abführen,  welche  ebenfalls  durch  Schächte  in  die  Umlaufstollen  abgeleitet 
wird.  Um  die  kolossale  Wirkung  der  aus  einer  Höhe  von  40  m  herab- 
stürzenden Wassermassen  unschädlich  zu  machen,  sind  Schächte  und  Stollen 
mit  10  cm  starken  Blechen  ausgepanzert,  welche  Panzerung  durch  eine  60  cm 
starke  Betonhinterfüllung  in  die  Stollen  unverrückbar  eingebaut  wurde. 

Diese  Abfallschächte  können  bei  einer  Geschwindigkeit  von  t;  =  21  m  (I) 
rund  Q  =  200  m»  abführen. 

Es  dürfte  diese  Entlastungsanlage  unter  solchen  Verhältnissen  wohl 
kaum  von  einem  anderen  Ingenieur  Nachahmung  finden. 

Wehraufsätze.  Die  Höhe  der  normalen  höchsten  Wasserspannung 
im  Stauweiher  wird  durch  die  Höhenlage  der  Wehrkrone  (Überfallkante)  zu 
bestimmen  sein.  Bei  abnormalen  Fällen  wird  zu  der  obigen  Höhe  noch  das 
Maß  des  über  die  Wehrkrone  fließenden  Wassers,  .die  Überfallhöhe,  zuzu- 
schlagen sein.  Um  nun  für  abnormale  Fälle  einerseits  den  Fassungsraum  des 
Stauweihers  auf  billige  Weise  zu  vergrößern,  andererseits  das  abnormal  ge- 
spannte Reservoir  im  Notfalle  bei  herannahendem  Hochwasser  auf  ein  ge- 
wisses Maß  rasch  entleeren  zu  können,  wird  es  sich  in  vielen  Fällen  empfehlen, 
Wehraufsätze  anzuordnen.  —  Da  eine  rasche  Entfernung  derselben  durch 
den  Reservoirwächter  eine  Hauptbedingung  ist,  so  wird  diesem  Umstände 
bei  der  Konstruktion  derselben  Rechnung  getragen  werden  müssen. 

Die  Wehraufsätze  können  für  kleine  Stauhöhen  (0,3 — 0,6  m)  in 
Dammbalken  bestehen,  für  größere  Stauhöhen  (1 — 2  m)  jedoch  als  Klapp- 
aufsätze oder  als  Schützen  eingerichtet  sein.  Schützen  sind  nicht  immer  zu 
empfehlen,  weil  die  breiten  Überfallöffnungen  ganz  freigehalten  werden  sollen, 
um  bei  Hochwasser  mitgeschwemmte  längere  Gegenstände  den  Überfall 
passieren  zu  lassen.  —  Für  die  Jaispitzer  Reservoire,  sowie  für  die  zahlreichen 
von  mir  projektierten  Reservoire  des  Marchgebietes  in  Mähren  und  im 
böhmischen  Erzgebirge  habe  ich  Konstruktionen  entworfen,  deren  Beschreibung 
gelegentlich  der  Behandlung  dieser  Bauten  und  auf  Seite  435  des  I.  Bandes 
dieses  Handbuches  gegeben  wird;  insbesondere  betrifft  dies  die  Klappen- 
wehraufsätze.    Für   größere  Breiten    der  Überfallöffnungen   können    auch 


D.  Konstruktive  Durchführung  der  Gebirgsreservoire. 


231 


bewegliche  Dammbalkenaufsätze  verwendet  werden,   deren  Konstruktion 
aus  Fig.  106  und  107  zu  ersehen  ist. 

Die  Dammbalken  lehnen  sich  auf  einer  Seite  /  (Fig.  106)  an  das  Wider- 
lager, auf  der  zweiten  Seite  an  einen  eisernen  Ständer  s  (aus  Winkel  blech). 
In  der  Hülse  n  wird  eine  Hebelstange  befestigt  und  durch  Herabbewegen 
derselben  das  Gestänge  ab  und  damit  der  um  c  drehbare  Hebel  gehoben. 
An  diesem  Hebel  -ist  eine  Rolle  r  befestigt,  an  welche  sich  der  eine  der  an 
den  eisernen  Ständer  s  angeschraubten  Holzpfosten  d  anlehnt.  Diese  beiden 
Holzbacken  dienen  zur  Abschwächung  der  Wucht,  mit  welcher  der  Ständer 

auf  den  Boden  des  Gerinnes  auffält, 
wenn  derselbe  ausgelöst  wird;  durch 
die  Rolle  r  wird  eine  gleitende  Rei- 
bung und  damit  ein  geringeres  Kraft- 
erfordernis zur  Auslösung  bezweckt. 
Der  um  M  drehbare  Ständer  s  wird 
durch  Anheben  des  Hebelarmes  bc 
seines  Stützpunktes  in  r  beraubt 
und  fällt  nieder,  gleichzeitig  durch 
die  Knacke  K  den  untersten  Damm- 
balken hebend,  wodurch  derselbe 
nebst  den  anderen  darüberliegenden 
Balken  zum  Aufschwimmen  gebracht 


Fig.  106.    Querschnitt. 


Fig.  107.    Grundriß. 


Bewegliche  Dammbalken- Wehranfsätze. 

wird.  Alle  Dammbalken  sind  an  Ketten  befestigt,  um  das  Fortschwimmen  zu 
verhindern.  Derartige  Aufsätze  können  auch  für  andere  Zwecke  (z.  B.  Be- 
wässerungen) direkt  als  Stauanlage  benutzt  werden.  Eine  derartige  Kon- 
struktion eines  Dammbalkenverschlusses  befindet  sich  an  dem  Hochwasser- 
Entlastungskanal  der  111  bei  Erstein  (Elsaß).  Ein  anderes  sehr  praktisches 
System  von  Klappen  wehren  ist  jenes  von  Pasqueau,  welches  derselbe  zuerst 
bei  der  Barrage  de  la  Mulatiere  am  Zusammenflusse  der  Rhone  mit  der 
Saöne  durchführte;  insbesondere  interessant  und  vorzüglich  funktionierend 
ist  die  Auslösevorrichtung  der  Klappenstützen  (Strebe  s^  Sg,  Fig.  108  b — d), 
welche  ich  auf  Grund  einer  an  Ort  und  Stelle  aufgenommenen  Skizze  ge- 
zeichnet habe.    (Das  System  ist  patentiert!)   Die  Klappe  K  (Fig.  108a),  welche 


232 


n.  Die  Staaweiherbanten. 


sich  durch  den  Wasserdruck  an  den  hölzernen  Wehrschweller  anlehnt,  ist 
etwas  höher  als  in  dem  3.  Teil  der  Wassertiefe  mit  einem  Scharnier  A  ver- 
sehen, in  welchem  die  bewegliche  Strebe  s^  s,  gelagert  ist.  Diese  Strebe 
findet  bei  aufgerichteter  Lage  ihren  Stützpunkt  in  dem  Absatz  mn  des  guß- 
eisernen Gleitschuhes  (Fig.  108  b).  Soll  die  Klappe  niedergelegt  werden,  so 
wird  durch  Anziehen  der  Klappe  bei  /  dieselbe  in  die  horizontale  Lage 
gebracht,  wodurch  auch  die  Strebe  von  m  n  abgezogen  wird,  über  den  kleinen 
Absatz  r  abfällt,  welcher  Stoß  gehört  wird;   sodann  läßt  man  das  Seil  nach, 


Flg:.  108.    Wehraofsätze  von  Pasqueau. 

der  Stützenfuß  s^  gleitet  neben  dem  schiefen  Rande  rm  in  der  tieferen  Rinne 
des  Gleitschuhes  in  der  Richtung  der  Pfeile  s^',  s^",  endlich  s^'",  die  Strebe 
legt  sich  sodann  bei  vollkommenem  Nachlassen  in  die  Rinne  op^  deren  Tiefe 
bei  0  gleich  Null  ist,  und  nimmt  die  Klappe  die  punktierte  Stellung  ein. 
Beim  Aufziehen  der  Klappe  K  mittels  der  Ringe  /  und  u  über  den  Wehr- 
schweller hinüber  und  Aufrichten  derselben  wird  der  Strebenfuß  Sj'"  in  der 
Rinne  o/,  sodann  auf  der  schiefen  Ebene  om  fortgleiten  und  endlich  bei  m  in 
den  Absatz  mn  wieder  einfallen,  welcher  Stoß  ebenfalls  leicht  bemerkbar  ist. 
Abflußgerinne  des  Überfalles.  Da  in  den  seltensten  Fällen  das 
über  das  Überfallwehr  abfließende  Wasser  in  seinem  weiteren  Verlaufe  direkt 


D.  Konstraktive  Darchfühning  der  Gebirgsreservoire. 


233 


Hg.  109.    Abstürze  In  Felsen. 


über  die  Tallehnen  abstürzen  kann,  so  müssen  in  der  Regel  anschließend 
an  die  Überfallwehre  Abflußgerinne  hergestellt  werden.  Das  Abfluß- 
gerinne soll  möglichst  in  die  Lehne  gelegt  und  tunlichst  weit  von  der 
Talsperre  in  den  natürlichen  Wasserlauf  oder  die  Talsohle  einmünden. 
Da  bei  diesen  Anlagen  oft  bedeutende  Höhenunterschiede  zu  überwinden 
sind  und  andererseits  das  Gefälle  der  Sohle  Lein  großes  sein  darf,  weil 
sonst    die    hierdurch    erzeugte    riesige    Geschwindigkeit    des    Wassers    eine 

baldige  Zerstörung 
des  Gerinnes  bewirken 
würde,  so  wird  man 
diese  '  Höhendifferenz 
durch  wenige,  aber 
höhere  Stufen  ausglei- 
chen, welche  in  der- 
artigen größeren  Ent- 
fernungen anzulegen 
sind,  daß  das  über  eine 
Stufe  herabstürzende 
Wasser  noch  eine  län- 
gere Strecke  mit  ge- 
ringem Gefälle  fließen 
kann,  bevor  es  wieder 
über  die  nächste  Stufe 
abstürzt  Werden  die 
Stufen  niedrig  und 
kurz  angenommen,  dann 
fließt  das  Hochwasser, 
die  kleinen  Absätze  un- 
berücksichtigt lassend, 
über  dieselben  wie  über 
eine  einzige  schiefe 
Ebene  herab.  Bei  der 
demnächst  zur  Ausfüh- 
rung kommenden   By- 

striczka-Tal  sperre 

im  Betschwagebiete 
(Mähren),  für  die 
Wasserversorgung  des  Donau-Oder-Kanales  dienend,  wurden  für  die  Stufen 
des  Abfallgerinnes  keine  Gefälle  nach  dem  Wasserlaufe,  sondern  ein  kleines 
Gegengefälle  projektiert,  um  durch  jede  Stufe  ein,  wenn  auch  seichtes 
Wasserbassin  zu  schaffen,  in  welchen  das  abstürzende  Wasser  einfällt.  Zur 
weiteren  Reduktion  der  großen  Geschwindigkeit  wurde  des  weiteren  im  Tal- 
boden am  Ende  des  Überlaufgerinnes  selbst  ein  größeres,  tieferes  Bassin 
angeordnet,  welches  durch  Einbau  einer  niederen  Sperre  einen  permanenten 
Wasserstand  erhält.  Durch  einen  in  der  letzteren  eingebauten  Überfall  kann 
gleichzeitig  das  Überlauf wasser  gemessen  werden. 


.f^^t^, 


Fig.  110.    AbstUrse  in  Mauerwerk. 


234  ^^-  ^^®  Stauweiherbauten. 

Wird  mit  Berücksichtigung  der  im  Eingange  dieses  Handbuches  ent- 
wickelten zulässigen  Geschwindigkeiten  das  Abflußgerinne  berechnet  und 
konstruiert,  dann  ist  man  oft  gezwungen,  die  für  Felsboden  angegebene 
Maximalgeschwindigkeit  zu  überschreiten.  In  einem  solchen  Falle  ist  die 
Sohle  des  Oberfallgerinnes  mit  starken  Bohlen  oder  Balken  Mann  an  Mann 
normal  auf  die  Abflußrichtung  zu  belegen ;  das  Holz  ist  einerseits  sehr  wider- 
standsfähig, andererseits  ist  eine  Auswechslung  schadhaft  gewordener  Stücke 
leicht  und  mit  geringen  Kosten  möglich.  Die  bauliche  Durchführung  derartiger 
Stufen  (Abstürze)  in  Felsenaushub  und  in  gemauertem  Gerinne  ist  aus  den 
Fig.  109  und  110  zu  ersehen. 

In  seltenen  Fällen,  wo  die  seitliche  Anlage  eines  Überfalles  nicht 
möglich  ist  oder  die  gerechnete  Überfallbreite  nahezu  gleich  der  ganzen  eng- 
begrenzten Sperrenkrone  wird,  dort  muß  die  ganze  Reservoirmauer  als 
Überfallwehr  und  demgemäß  sehr  stark  konstruiert  werden,  wie  dies  z.  B. 
aus  Fig.  102  (Virnwey-Talsperre)  zu  ersehen  ist. 

c)  Grundablässe. 
Außer  diesem  bei  jeder  Talsperre  anzuordnenden  Überfallwehre  muß 
ein  Grundablaß  hergestellt  werden.  Bei  Sammelreservoiren  wird  dieser 
Grundablaß  in  der  Regel  aus  einer  Rohrleitung  oder  einem  kleineren  Kanal 
(Durchlaß)  bestehen,  welcher,  auf  der  Wasserseite  absperrbar,  entweder  direkt 
durch  die  Mauer  oder  separat  als  Stollen  seitwärts  geführt  wird.  Bei  den 
älteren  spanischen  Stauseen  findet  der  Abschluß  auf  der  Landseite  statt, 
welcher  den  Vorteil  der  leichten  Besichtigung  und  Vornahme  von  Dichtungs- 
arbeiten oder  Reparaturen  besitzt,  jedoch  den  Nachteil  hat,  daß  bei  der 
Konstruktion  des  Mauerprofiles  der  Auftrieb  des  Wassers  in  Berücksichtigung 
zu  ziehen  ist,  also  diese  Art  des  Verschlusses  nur  bei  separaten  Stollen 
möglich  ist,  insbesondere  dort  angezeigt  erscheint,  wo  der  Ablaß  aus  einer 
Eisenrohrleitung  besteht.  Unter  allen  Umständen  jedoch  muß  bei  landseitigem 
Abschluß  auch  die  Wasserseite  in  gewissen  Fällen  absperrbar  sein.  Bei 
allen  größeren  resp.  höheren  Mauern  wird  es  sich  empfehlen,  dieselben,  als 
Monolith  auffassend,  an  keiner  Stelle  zu  durchbrechen,  sondern  den  Grund- 
ablaß, wo  dies  die  Terrainkonfiguration  und  die  geognostische  Beschaffenheit 
zuläßt,  als  Stollen  um  die  Mauer  herum  in  der  Tiefe  der  Talsohle  zu  führen. 
Der  Grundablaß  wird  bei  Sammelreservoiren  einerseits  zur  zeitweisen  Ent- 
leerung des  Stauweihers  behufs  Reinigung  desselben,  andererseits  zur 
geregelten  Abgabe  des  gesammelten  Wassers  für  Bewässerungszwecke,  Wasser- 
versorgungen, gewerbliche  und  Industrieanlagen  dienen.  Bei  Retensions- 
reservoiren  wird  der  Grundablaß  insbesondere  als  Hochwasserentlastungs- 
stollen zur  Regulierung  der  an  den  unterhalb  des  Stauweihers  gelegenen 
Bach  oder  Fluß  abzugebenden  Wassermengen  bei  Hochwasser  dienen.  Sind 
mit  einem  solchen  Retensionsreservoir  auch  andere  Zwecke  verbunden,  dann 
kann  die  zur  geregelten  Abgabe  kleiner  Wasserquantitäten  (siehe  oben) 
dienende  Rohrleitung  auf  der  Sohle  oder  an  der  Seitenwand  des  Stollens 
situiert  werden,  oder  aber  es  können  zwei  getrennte  Grundablässe  gebaut 
werden. 


D.  Konstruktive  DurchfUhnmg  der  Gebirgsreservoire.  235 

d)  Grundablafi  für  die  geregelte  Wasserabgabe  für  Bewässerungen, 
Wasserversorgungen,  gewerbliche  und  industrielle  Anlagen. 

Bei  niedrigen  Talsperren  oder  in  jenen  Fällen,  wo  die  Anlage  eines 
Stollens  nicht  ausführbar  oder  rationell  erscheint,  kann  die  Rohrleitung  direkt 
durch  die  Mauer  gelegt  werden.  Die  Rohrleitung  besteht  zumeist  aus  guß- 
eisernen Muffen-  oder  Flanschenröhren,  welche  auf  der  Wasserseite  durch 
einen  Wasserschieber  (siehe  Kapitel  über  Wasserversorgungen)  absperrbar 
ist.  Der  Schieber  selbst  wird  durch  eine  lange,  mit  Führungen  versehene 
Spindelstange  und  aufgesetztem  Handrad  von  der  Mauerkrone  aus  bedient. 
An  dem  Schieber  sitzt  ein  Trompetenrohr,  um  die  Kontraktion  beim  Wasser- 
eintritt möglichst  zu  verringern.  Der  Schieber  samt  Ansatzrohr  wird  durch 
ein  Einlaufobjekt  vor  Verschlammung  und  Verschotterung  geschützt,  ohne  dafi 
der  Zutritt  des  Wassers  hierdurch  behindert  wird.  Auf  der  Talseite  ist  die 
Rohrleitung  mit  einer  Froschklappe  verschlossen,  um  ein  Verstopfen  derselben 
durch  Tiere  zu  verhindern.  Bei  größeren  Talsperren  wird  man  trachten, 
diese  Rohrleitung  in  einen  eigenen  Stollen  zu  legen,  um  dadurch  die  jeder- 
zeitige Untersuchung  derselben  zu  ermöglichen.  Auf  Tafel  XIV  ist  ein  solcher 
Grundablaß  dargestellt,  wie  derselbe  vom  Verfasser  für  die  Gebirgsreservoire 
im  mährischen  Marchflußgebiete  projektiert  wurde.  Der  1,8  m  hohe  und 
1,6  m  breite,  zum  Teil  in  festen  Felsen  vorgetriebene,  zum  Teil  ausgemauerte 
Stollen  ist  bogenförmig  um  die  Talsperre  herum  in  genügender  Entfernung 
von  derselben  im  Niveau  der  Talsohle  angelegt.  Den  Schnitt  durch  die 
Stollenachse  (unterbrochen  gezeichnet),  sowie  durch  das  entsprechende  Terrain 
und  den  Teil  der  Reservoirmauer  zeigt  die  oberste  Figur.  Der  ganze  Grund- 
ablaß besteht  aus  folgenden  Teilen: 

a)  dem  Einlaufobjekt  mit  dem  Einlauf klappenventil; 

b)  der  Abschlußkammer  mit  Windkessel; 

c)  dem  Stollen  mit  der  Rohrleitung,  welcher  zwischen  Einlaufobjekt  und 
Abschlußkammer  auf  10  m  Länge  sehr  solid  vermauert  ist,  um  einen 
entsprechenden  Abschluß  gegen  den  Stauweiher  zu  erzielen,  während 
der  andere  Teil  zugänglich  und  mit  einem  entsprechenden  Gefälle  an- 
gelegt ist; 

d)  dem  Auslaufobjekt  mit  der  Regulierkammer. 

In  die  Rohrleitung  sind  zwei  Wasserschieber  eingebaut;  der  obere 
Schieber  in  der  Abschlußkammer  ist  bei  normalem  Betrieb  ganz,  der  untere 
Schieber  in  der  Regulierkammer  nach  Maßgabe  des  pro  Sekunde  abzugeben- 
den Wasserquantums  teilweise  geöffnet.  Die  Wetterführung  (Ventilation)  des 
Stollenteiles  unterhalb  der  Staumauer  erfolgt  durch  ein  bis  zu  Tage  führendes 
Ventilationsrohr,  während  die  Ventilation  des  unterhalb  des  Wassers  liegen- 
den Teiles  event.  auch  automatisch  mittels  Windkessel  und  Abblasventil  in 
nachstehender  Weise  erfolgen  kann.  Nach  den  bei  Wasserleitungen  ge- 
machten Erfahrungen  ist  bekannt,  daß  das  Wasser  jederzeit  gewisse  Quanti- 
täten Luft  mit  sich  führt,  die  es  an  allen  höchsten  Punkten  des  Rohrnetzes 
ablagert,  so  zwar,  daß  dadurch  nach  einiger  Zeit  eine  bedeutende  Quer- 
schnittsverengung für  das  durchfließende  Wasser  entstehen  kann,  welchem 
Übelstande   durch   zeitweises    öffnen    der   an   den    höchsten  Punkten   anzu- 


236  ^'  ^ie  Stanweiherbauten. 

bringenden  Luftventile  begegnet  werden  kann.  In  gleicher  Weise  wird  sich 
im  vorliegenden  Falle  die  vom  Wasser  mitgeführte  Luft  in  dem  Windkessel 
ablagern,  dort  immer  mehr  komprimiert  werden  und  endlich  das  am  Dome 
des  Windkessels  angebrachte,  entsprechend  konstruierte  Luftventil  heben. 
Die  unter  dem  Drucke  der  Reservoirwassersäule  ausströmende  Luft  wird 
nun,  die  eyent.  nicht  mehr  respirable  Stollenluft  vor  sich  treibend,  beim 
Ventilationsschacht  (Rohr)  ausblasen  und  auf  diese  Weise  die  Wetterführung 
veranlassen.  Um  die  Wirkung  des  beim  Regulierschieber  mit  großer  Ge- 
schwindigkeit ausströmenden  Wassers  auf  das  unterhalb  liegende  Mauerwerk, 
Pflaster  etc.  zu  parallelisieren,  sind  vor  dem  Ausflußrohr  in  Nuten  des  Mauer- 
werkes des  Einlaufobjektes  Pfosten  oder  Balken  eingeschoben,  gegen  welche 
das  Wasser  anprallt  und  sodann  über  diese  Stauwand  ruhig  abfließt.  Alle 
anderen  Konstruktionen  sind  aus  dem  Grundriß,  den  Ansichten  und  Details 
zu  entnehmen.  Im  nachfolgenden  ist  auch  der  Kostenvoranschlag  (S.  237  bis 
239)  für  ein  derartiges  Objekt  von  85  m  Gesamtlänge  (hiervon  68,5  m  Stollen 
mit  475  mm  Rohrleitung)  vorgeführt.  Aus  demselben  ist  zu  entnehmen,  daß 
sich  die  Kosten  der  Rohrleitung  samt  mechanischer  Ausrüstung  pro  lfd.  m 
auf  104,76  K,  die  Erd-  und  Maurerarbeiten  pro  lfd.  m  auf  183,52  K  und  die 
Totalkosten  des  ganzen  Grundablasses  pro  lfd.  m  auf  261,20  K  stellen.  Bei 
der  französischen  Sperre  am  Furens  bei  St.  Etienne,  welche  einen  200  m 
langen,  2  m  hohen  und  1,8  m  weiten  ganz  ausgemauerten  Stollen  mit  400  mm 
weiter  Rohrleitung  besitzt,  betrugen  die  Maurer-  und  Felsarbeiten  260  K,  die 
Rohrleitung  (3  Rohrstränge)  56  K  pro  lfd.  m.  Obige  260  K  repräsentieren 
wegen  Mangel  anderer  spezieller  Objekte  so  ziemlich  die  Kosten  des  aus- 
gemauerten Stollens. 

Beim  Altenweiher  im  Elsaß  stellte  sich  der  Stollenvortrieb  (0,80  m 
breit,  1,4  m  hoch)  in  Granit  pro  lfd.  m  auf  60  M.  =  72  K. 

Eine  zweite  Anordnung  eines  Grundablasses  (Rohrleitung  mit  Stollen) 
ist  aus  der  späteren  Beschreibung  des  Reservoirs  „du  Ban"  (Südfrankreich) 
zu  entnehmen. 

Anstatt  durch  einen  Grundablaß  kann  die  Wasserentnahme  mittels  einer 
Saugheberleitung  erfolgen.  Bedingung  für  die  Anlage  eines  Hebers  ist 
bekanntlich,  daß  der  Wasserspiegel  in  dem  Stauweiher  höher  als  die  Aus- 
mündung liege,  und  daß  die  Höhe  des  Scheitels  des  Hebers  über  dem  Wasser- 
spiegel im  Stauweiher  geringer  sei  als  die  dem  Atmosphärendrucke  ent- 
sprechende Wassersäulenhöhe  (10,3  m).  Da  der  Druck  des  Wassers  im 
Scheitel  des  Hebers  geringer  als  der  Atmosphärendruck  ist,  so  scheidet  sich 
aus  dem  durchfließenden  Wasser  Luft  aus,  welche  sich  im  Scheitel  ansammelt. 
Nach  einiger  Zeit  wird  hierdurch  die  Funktion  des  Hebers  gehemmt.  In 
diesem  Falle  muß  durch  Auffüllen  von  Wasser  die  Luft  ausgetrieben  werden, 
zu  welchem  Zwecke  im  Scheitel  des  Hebers  eine  verschließbare  Öffnung 
angebracht  wird.  Bei  größeren  Heberanlagen  hat  man  hier  eine  kleine  Luft- 
pumpe aufgesetzt,  welche  sowohl  bei  der  Ingangsetzung  des  Hebers,  als  auch 
zur  Erhaltung  seiner  Tätigkeit  bei  längerem  Betriebe  dient.  Ist  derselbe  voU- 
(Fortsetzung  des  Textes  siehe  Seite  240.) 


D.  Konstraktive  Darchiilhning  der  Gebirgsreservoire. 


237 


Kostenvoranschlag 

für  das  Reservoir-Bntleerungsobjekt  (Grundablals). 

StoUeDanlage  68,5  m  lang,  1,8  m  hoch,  1,6  m  im  Lichten  breit,  mit  18 "  (476  mm)  gofieisemer 
Rohrleitung,  samt  Ein-  mid  Auslaufobjekten. 


österr.  Währung. 

Gegenstände: 

Einzeln 

K 

h 

K 

h 

I.  Erd-  und  FelMrbeiten. 

1.  Einlauf  Objekt.      Aushub   in  gemischtem 

Material  ohne  Sprengen 180  m' 

2.  Aus  lauf  Objekt.     Aushub   in  gemischtem 

Material  ohne  Sprengen 180    „    310  m" 

— 

80 

248 

— 

3.  Stollenausbruch,  zusammen  68,5  m  lang. 

NB.     Hierbei    wird   angenommen,   dafi    ca.    30  m 

in  festem  Sandsteinfels  getrieben,   ohne  Aus- 

mauerung ausgeführt,    die  restlichen  38,6  m 

ausgemauert  werden. 

a)  StoUenansbmch,  1,8  m  hoch,  1,6  m  breit,  in  festem 

Sandstein     (ohne     Ausmauerung     und     ohne     Aus- 

zimmerung), 30  m  lang 80    „ 

14 

— 

1120 

— 

b)  Stollenausbruch  mit  Ausmauerung: 

«)  kurrentes  Profil 240  m» 

fi)  Windkesselkammer 60    „    300    „ 

20 

— 

6000 

— 

4.  Abteufung    des    320  mm -Bohrloches    und    Schachtes    für    das 

Ventilationsrohr   (im    ganzen   10  m  lang,  hiervon   7  m   langes 

Bohrloch) 

172 



Kosten  der  Erdarbeiten 

7600 

— 

IL  Hanrerarbeiten. 

A.  Von  Tag  aus  hersusteUendes  Mauerwerk. 

1.  Einlaufobjekt, 

a)  Fundament  (Bruchstein-Mauerwerk)  \   in  hydrau-   /  27  m» 

12 

— 

324 

— 

b)  Widerlager                    „                    \     lischem      l  22    „ 

14 

— 

308 

— 

c)  Gewölbe                        „                   i       Mörtel      l    4    „ 

18 

— 

72 

— 

d)  Pflaster  in  hydraulischem  Mörtel 4  m* 

3 

— 

12 

— 

e)  Deckplatten,  0,20  m  stark,  einfach       ....     11    „ 

16 

— 

176 

— 

f)  Trockenpflaster 18    n 

1 

60 

25 

60 

g)  Verfugen  mit  hydraulischem  Kalkmörtel    ...     40    „ 

40 

Diverses  zur  Abrundung 

1 

— 

42 

40 

Zu  übertragen: 

1000 

— 

238 


n.  Die  Stauweiherbanten. 


Gegenstände: 


österr.  Währung. 


Einzeln 


Zusammen 


K 


Aaslaafobjekt. 

a)  Fuidament  (Mauerwerk)   \    in  hydrau-    i 

b)  Widerlager  „  \      lischem      l 

c)  Gewölbe  „  i  Kalkmörtel    l 

d)  Pflaster  in  hydraulischem  Kalkmörtel .     . 
Deckplatten,  0,10  m  stark     .... 

0,20   „      „    ,  Endhaken 

£)  Trockenpflaster 

g)  Verfugen 


•'{ 


Übertrag : 


25  m» 

60    „ 

4    . 
24  m« 

ö    „ 

4    . 
110    « 


Diverses  (Türen,   Bedielung,   Einsatzbalken  etc.) 


B.  Unter  Tag  herxustellendes  Mauerwerk. 

1.  Knrrcinte  StoUenausmanerung.     Kosten  pro  lfd.  m: 

a)  Fundament    und    Widerlager    (Mauerwerk    aus 
Bruchstein  in  hydr.  Kalkmörtel),  2,1  m>  k  24  K  =     50,40  K 

b)  Gewölbe  (Mauerwerk),  1,7  m»  ä  32  K     .     ^     54,40  „ 

c)  Pflaster,  0,8  m"  ä  6  K ==       4,80  „ 

109,60  K 
pro  lfd.  m  oder  rund  110  K,  also  34,5  lfd.  m  a  .     .     . 

2.  Windkesselkammer. 

a)  Widerlager  und  Fundament  (Mauerwerk),  20  m* 

a  24  K .     =  480,00  K 

b)  Gewölbe  (Mauerwerk),  9  m»  k  32  K  .     .     =  288,00  „ 

c)  Pflaster,  6  m»  k  6  K =     30,00  „ 

3.  Vollausmauerung  des  kurrenten  Stollens  auf  10  m  Länge, 

pro  lfd.  m   2,3  m»   ä  20  K  =  46  K,   aUo   10  lfd.  m   a 

Diverses,    wie   Vermauerung    des   Ventilationsrohres    und    Un- 
vorhergesehenes  

Kosten  der  Maurerarbeiten 

Hierzu  Kosten  der  Erdarbeiten 

Kosten  der  Stollenanlage  (exkl.  mechanischer  Ausrüstung) 


12 
14 
18 

3 
10 
16 

1 


110 


46 


60 


1000 

276 

840 

72 

72 

60 

112 

6 

110 

133 


2600 


3  795 


798 
460 
347 


8000 
7600 


15  600 


40 


60 


D.  Konstruktive  Durchfiihnuig  der  Gebirgsreservoire. 


239 


Österr.  Währung. 

Gegenstände: 

Einzeln 

Zusammen 

K 

h 

K 

h 

WU  Bohrleitimg  lud  meehmigclie  Anurfigtung. 

A.  Rohrleitung. 

An    gnfieisemen    Muffenröhren,    d  =  475  mm,    31   Stück,    zu- 
sammen 62  m  lang,  pro  lfd.  m  202  kg  =  12524  kg   .     . 

An    gußeisernen    Fassonröhren,    d  ==  475  mm,    6   Stück,    zu- 
sammen 9  m  lansr  =  2000  kt 

5 

2 
20 

800 
100 
400 

26 
30 

30 

3  256 

600 
365 

132 
22 

20 

4 

24 

Legen  und  Dichten  mit  Hanf  und  Blei,  73  lfd.  m     ...     . 

An  gußeisernen  Flanschenröhren  für  Ventilation,  d  =  160  mm, 
zusammen  11  m  lang,  pro  lfd.  m  40  kg  =  440  kg .     .     . 

Legen  und  Dichten,  11  lfd.  m  . 

1  Ventilationsaufsatz 

— 

Diverses  zur  Abmndung 

76 

Kosten  der  kurrenten  Rohrleitung 

B.  Mechanische  Ausrüstung. 

Wasserschieber,  Gehäuse  aus  Gußeisen,  Spindeln,  Mattem  etc. 
aus   Rotguß,   samt   Handrädern   (fertig   montiert),   2  Stück 

1  Stück  gußeisernes  Einlaufventil,  d=:41b  mm 

1  Windkessel  samt  Ventil 

4  400 

1600 
100 
400 

100 

— 

Gußeiserne    Ständer    in    der    Regulierkammer,    2    Eisenbahn- 
schienen als  Träger  (Pauschalpreis) 

_ 

Kosten  der  mechanischen  Ausrüstung 

2200 

— 

Kosten  der  Rohrleitung  und  mechanischen  Ausrüstung  zusammen 
Hierzu  Kosten  ad  I.  und  11.  Erd-  und  Maurerarbeiten 

6600 
15  600 

— 

Qesamtkosten  des  Qrundablasses 

22  200 

240  I^'  ^^^  Staaweiherbanten. 

Ständig  mit  Wasser  gefüllt,  so  genügt  das  Öffnen  eines  Schiebers,  welcher 
gewöhnlich  am  Ende  des  kürzeren  Schenkels  angebracht  ist,  um  den  Heber 
in  Gang  zu  setzen.  Eine  derartige  Heberleitung,  welche  nicht  zur  Entleerung 
des  Reservoirs  dienen  kann,  ist  bei  der  Stauweiheranlage  von  Mittersheim 
(siehe  ausgeführte  Bauten")  zur  Durchführung  gelangt. 

e)  Der  Hochwasser-Gründablaß-  und  Umlaufkanal. 

Diese  Objekte  werden  in  jenen  Fällen  zur  Projektierung  gelangen,  wenn 
der  Stauweiher  insbesondere  zur  Zurückhaltung  der  Hochflutwelle,  also  als 
Retensionsreservoir  dienen  soll.  Diese  Stauweiheranlage  stellt  dann  einen 
integrierenden  Bestandteil  eines  Fluß-  oder  Bachregulierungsprojektes  dar. 
Nehmen  wir  beispielsweise  an,  ein  Bach  wäre  imstande,  infolge  Bestandes 
mehrerer  gut  erhaltener  Brücken,  Wehranlagen,  fixierter  (zwischen  Häusern 
gelegener)  Durchflußprofile  etc.,  selbst  nach  einer  entsprechenden  gleichförmigen 
Regulierung  des  kurrenten  Bachlaufes  auf  die  Kapazität  obiger  fixierter 
Durchflußobjekte,  ein  maximales  Quantum  von  ö  =  30  m*  pro  Sekunde  weiter 
zu  führen,  ohne  zu  exundieren,  also  aus  seinen  Ufern  zu  treten.  Bei  häufig 
wiederkehrenden,  durch  größere  Landregen  erzeugten  Sommerhochwässem 
führt  jedoch  der  Bach,  dessen  Ober-  und  Mittellaufgebiet  im  Hügel-  oder 
bergigen  Lande  gelegen  ist,  Q  =  bb  m'  während  der  Kulmination  ab.  Der 
Bach  wird  also  in  jedem  solchen  Falle  mit  Q  =  1 — 25  m*  exundieren,  welche 
Überschwemmung  große  Schäden  verursacht.  Eine  Regulierung  des  Baches 
auf  die  obigen  55  m*  würde  infolge  des  Neubaues  sämtlicher  in  gutem  Bau- 
zustande sich  befindlichen  Objekte  (Brücken,  Wehren  etc.),  sowie  der  durch 
die  notwendig  werdende  bedeutende  Verbreiterung  des  Bachprofiles  resul- 
tierenden Grundeinlösung  eine  solche  Bausumme  beanspruchen,  daß  die 
Rentabilität  des  ganzen  Meliorationsuntemehmens  dadurch  in  Frage  gestellt 
würde.  Es  wäre  somit  Aufgabe  des  Kulturingenieurs,  zu  studieren,  ob  in 
einem  solchen  Falle  nicht  etwa  die  Anlage  eines  Retensionsreservoirs  in  dem 
gebirgigeren  Teile  des  Niederschlagsgebietes  möglich  und  vorteilhafter  wäre, 
insbesondere  wenn  durch  gleichzeitige  Benutzung  des  zeitweise  angesammelten 
Wassers  zu  landwirtschaftlichen  und  gewerblichen  Zwecken  infolge  Erhebung 
eines  Wasserzinses  die  Baukosten  des  Reservoirs  schon  aus  diesem  Titel 
zum  Teile  amortisiert  werden  könnten. 

In  einem  solchen  Falle  müßte  dann,  vorläufig  von  dem  Zwecke  als 
Sammel-  (Irrigations-)  Reserv^oir  abgesehen,  das  Reservoir  derart  angelegt 
werden,  daß  alle  Zuflüsse,  welche  ein  sekundliches  Quantum  von  30  m*  nicht 
überschreiten,  das  Reservoir  ungehindert  passieren  können,  daß  aber  in  dem 
Momente,  als  der  sekundliche  Zufluß  30  m*  übersteigt,  das  Plus  durch  eine 
gewisse  Zeit  im  Reservoir  zurückgehalten  würde.  Diese  Regelung  in  den 
Zu-  und  Abflußverhältnissen  in  der  eben  geschilderten  Weise  kann  nun  auf 
zweierlei  Weise  durchgeführt  werden: 

a)  mittels   eines  Derivations-    oder  Umlaufkanales    und    eines  Grund- 
ablasses, 
ß)  mittels  eines  Hochwassergrundablasses. 


D.  Konstraktive  Dorchfühning  der  Gebirgsreservoire. 


241 


a)  Derivations-  oder  Umlaufkanal. 
Oberhalb  der  ROckstaustelle  des  Stauwasserspiegels  bei  abnormaler 
Spannung  wird  in  den  Bach  oder  Fluß  eine  Stauanlage  eingebaut,  von  welcher, 
ähnlich  einem  Werksgerinne,  der  Derivationskanal  abzweigt,  welcher,  längs 
der  Lehne  des  Reservoirs  sich  hinziehend,  in  das  Überfallwehr  der  Reservoir- 
mauer einmündet  (Fig.  111).  Da  dieser  offene  Graben  womöglich  mit  Berück- 
sichtigung eines  seitlichen  Massenausgleiches  trassiert  werden  soll,  so  wird 
derselbe  zumeist  zum  Teil  im  Einschnitt,  zum  Teil  in  der  Aufdämmung 
liegen  (Fig.  112),  wobei  die  Krone  des  Dammes  in  der  Nähe  der  Sperre  in 
gleicher  Höhe  mit  der  Sperrenmauerkrone  zu  liegen  kommen  wird.  Bei 
Annahme  eines  gewissen  rationellen  Wasserprofiles,  dessen  Ausmaß  von  dem 
mit  Rücksicht  auf  eine  nicht  zu  überschreitende  Wassergeschwindigkeit  zu 
wählenden  Gefälle  abhängen  wird,  wird  der  Beginn  dieses  Kanales,  also  der 

Ort  der  Stauanlage,  berechnet  werden  können. 
Die  Krone  des  Dammes  muß  mindestens  1  m, 
besser  1,5 — 2  m  breit  gemacht  werden,  um  die 
Begehung  dieses  Kanales  zu  ermöglichen,  und 
0,3 — 0,5  m  höher  als  der  Kanalwasserspiegel 
liegen.  Die  Kapazität  dieses  Derivationskanales 
wird  nur  in  sehr  flachen  Lehnen  eine  nam- 
haftere, bei  steileren  Tallehnen  jedoch  nur  eine 
beschränkte  sein,  daher  derselbe  in  den  meisten 
Fällen    weniger   zur   Entlastung,    als   hauptsäch- 


V\g.  111.   SitnatioiL 


Flg.  111.    Qnenohnltt  düToh  den  ümlanf  kanal. 


lieh  dazu  dienen  wird,  statt  eines  eigenen  Grundablasses  die  permanente 
Wasserabgabe  für  Industrie-  und  sonstige  Zwecke  zu  besorgen.  In  jenem 
Falle,  wo  der  Umlaufkanal  nur  allein  zur  Entlastung  für  Hochwässer  dienen 
sollte,  muß  die  Krone  der  Wehranlage  (Fig.  111)  in  eine  solche  Höhe 
gelegt  werden,  daß  z.  B.  mit  Bezug  auf  das  früher  angenommene  Zahlen- 
beispiel alle  Zuflüsse  des  Baches,  welche  30  m*  pro  Sekunde  nicht  über- 
schreiten, in  den  Umlaufkanal  einfließen  und  durch  diesen  in  das  Überfallwehr 
der  Reservoirmauer  bezw.  in  den  Bach  unterhalb  des  Stauweihers  gelangen 
können.  Sobald  der  Zufluß  größer  als  30  m*  und  im  Maximum  55  m*  wird, 
dann  fließt  über  das  Wehr  die  Differenz,  also  1 — 25  m®,  in  das  Reservoir  ein, 
füllt  dasselbe  und  kann  in  dem  Maße,  als  der  Bach  oberhalb  wieder  weniger 
als  30  m*  abführt,  durch  einen  Grundablaß  sukzessive  abgelassen  werden,  so 
daß  unterhalb  des  Stauweihers  nie  mehr  wie  höchstens  30  m',  entsprechend 
dem  Fassungsraume  des  Baches,  ablaufen. 

Der  Einlauf  des  Derivationskanales  beim  Überfallwehr  der  Reservoir- 
mauer kann  beispielsweise  nach  der   in  Fig.   113 — 117    gezeichneten  Weise 
Friedrich,  WasserbaiL    Zweite  Auflage,    ü.  Band.  16 


242 


II.  Die  Staaweiherbaaten. 


m 


^ 


Flg.  118.    Quenchnitt  AB. 


A-- 


Fig,  114.    Qnmdrlfl. 


Fig.  116.   Querschnitt  des  Kanales  oberhalb  der  Talsperre 


Fig.  117.    L&ngenschnltt  CD. 
Elnmiindimg  des  Derlvationskaiiales  in  das  Überfallwehr  der  Talsperre. 


D.  Konstruktive  Dorchfühning  der  Gebirgsreservoire. 


243 


vermittelt  werden.  Das  von  E  aus  (Fig.  114)  in  den  offenen  gemauerten 
Derivationskanal  (Querschnitt  Fig.  116)  fließende  Wasser  gelangt  durch  einen 
in  der  Talsperre  situierten  Durchlaß  in  einen  offenen  quadratischen  Raum 
und  von  hier  durch  eine  überwölbte  Öffnung  in  das  Abflußgerinne  der  Über- 
fallwehre. Die  1,0  m  hohen  Wehrauf sätze  bestehen  in  diesem  Beispiel  aus 
Klappen  (siehe  Detail  Tafel  Jaispitzstauweiher). 

Das  Stauwehr  W  beim  Beginn  des  Derivationskanales  kann  in  einer 
der  üblichen  Konstruktionen  fester  oder  beweglicher  Wehre  durchgeführt 
werden.     Bei   starkem   Gefälle   des  Gebirgsbaches   kann   auch   nachstehende 


Fig.  118.    Abzweigimg  des  Umlanfkanales 
(Sitaatlon). 


Fig.  119.    Längenscbnitt. 


pjÄ 


Fig.  ISO.    Queraohnitt. 


-1 


Fig.  121.    Trägerberechnnng. 


primitive   Holzbaukonstruktion    (Fig.    118 — 120)   zur   Durchführung   gelangen. 
Die  eine  Seite  ab  des  im  Beginn  als  Holzgerinne  hergestellten  Derivations- 
kanales dient  gleichzeitig  neben  der  eigentlichen  Wehrkrone  auch  als  Über- 
fallkante.   Bei  s  ist  der  Umlaufkanal  mit 
einer   Schütze    absperrbar   und    beginnt 
von  hier  aus  als  Graben. 

Werden  durch  den  Derivations- 
kanal Quertäler  oder  größere  Talmulden 
gekreuzt,  so  wird  man  diesen  Teil  als 
Aquädukt  in  Blech  oder  Holz  gebaut 
herstellen.  Die  bauliche  Durchführungs- 
weise eines  Blechaquäduktes  mit  ge- 
mauertem Anschlußgerinne  ist  aus 
Tafel  IX  (I.  Bd.)  zu  ersehen.     Für  den 

Vorgang  bei  der  Berechnung  der  Träger  eines  Aquäduktgerinnes  von  2,0/0,8  m 
Querschnitt  und  8  m  Spannweite  und  aus  5  mm  starkem  Eisenblech 
konstruiert,  diene  nachstehendes  Beispiel: 

Trägerberechnung  für  einen  Blechaquädukt  von  8  m  Spann- 
weite. Die  Gesamtbelastung  durch  den  Wasserdruck  auf  das  ganze  Aquädukt- 
Blechgerinne  eines  Feldes  von  8  m  Spannweite,  2  m  Breite  und  0,8  m 
Wassertiefe  beträgt: 

P  =  2  m  .  8  m  .  0,8  m  .  1000  kg  =  12800  kg  =  12,8  t; 

hiervon  entfällt  bei  Annahme  von  3  Trägem  auf  den  mittleren  Träger  die 
Hälfte,  also: 

16* 


244  ^*  ^®  Staaweiherbanten. 


und  auf  die  beiden  Endträger: 


T-=ß'**' 


^  =  3,2t. 


Bezeichnet  M  das  Angriffs-  (Biegungs-)  Moment,  W  das  Widerstands- 
moment (Querschnittsmodul),  s  die  zulässige  größte  Inanspruchnahme  (Zug- 
spannung) des  Materials  pro  Flächeneinheit,  so  muß  für  den  Gleichgewichts- 
zustand im  allgemeinen  M=W.s  sein.  Nun  ist  für  freiliegende,  gleichmäßig 
belastete  Träger: 

M=  -5-  und  IV=^  — ,  also  -5-  =  —  •  s, 

o  €  o  € 

wobei  /  die  Stützweite  des  Trägers,  /  das  Trägheitsmoment  des  Querschnittes 
und  e  die  Entfernung  der  gespanntesten  Faser  von  der  Neutralachse  für  den 
I förmigen  Träger  (aus  Walzeisen)  ist;  wir  haben  femer: 

,,      BH^-(B-b)h^        ,  H 

J= j^2 und  e  =  -^, 

wobei  b  die  Stegdicke,  H  die  ganze  Trägerhöhe,  h  die  Steghöhe  und  B 
die  Flanschen-  oder  Gurtungsbreite  bedeutet  Setzen  wir  diese  Werte  ein, 
so  erhalten  wir: 


BH^-(B^b)h^  _ 

^  6//  "  /« 


BH^-'iB^b)^ 


also:  ^^iv.s^^u\BH^-{B-b)^'S, 

^^ 
daraus  ist:  ^=-o~' 

o« 

a)  Für  den  mittleren  Träger  haben  wir  P=6400  kg,  /  =  800  cm, 
femer  nehmen  wir  s  =  1000  kg  pro  cm*  als  zulässige  Inanspruchnahme  für 
Schmiedeeisen  bei  ruhiger  Belastung  an;  es  ist  mithin: 

„^      6400.800       ^^^ 

IV  = =  640 

^        8 .  1000         ^*"- 

Nach  der  Tabelle  des  österr.  Ingenieur-  und  Architektenvereins  (siehe 
Bd.  I,  S.  246)  entspricht  für  Träger  No.  28  W=-  601,4  und  für  Träger  No.  28  a 
W^=  728,3;  wir  wählen  daher  den  nächst  größeren  Träger  No.  28  a.  Nun  ist 
noch  das  Eigengewicht  zu  berechnen.  Das  Eigengewicht  des  Gerinnes 
beträgt  auf  8  m  Länge  ca.  3000  kg,  also  entfällt  auf  den  mittleren  Träger  die 
Hälfte  =  1500  kg;  der  Träger  selbst  wiegt  ca.  500  kg,  es  ist  daher  die  Eigen- 
belastung Q  =  2000  kg.  Die  Totalbelastung  des  mittleren  Trägers  ist  somit 
de  facto: 

P  =  6400  +  2000  =  8400  kg, 

also  für  den  Träger  28  a: 


D.  Konstraktive  DarchfUhnmg  der  Gebirgsreservoire.  245 

„       Ss.lV       8.1000.728,3       „^^^  , 
^  =  — r-  = 800—^  =  ^2^^^^» 

d.  h.   mit  Rücksicht  auf  die  Eigenbelastung  wäre  das  gewählte  Trägerprofil 
zu  schwach.     Wir  ziehen  also  P=  8400  kg  in  Rechnung  und  erhalten: 

„^      PI      8400.800      ^_ 

IV= = =  840. 

8  s         8.1000 

Dem  Träger  No.  32  entspricht  IV  =  862,9,  d*  h.  die  Tragkraft  desselben 
auf  8  m  Stützweite  beträgt: 

Ss.Pf^        8.1000.863 
P  = 7^^  = öÖÖ =  8630kg  =  8,63t 

oder  pro  Meter  Stützweite: 

P=:  8,63.  8  =  69,04  t. 

Berücksichtigen  wir  nun  auch  das  größere  Eigengewicht  des  Trägers 
No.  32  =  67,7  .  8  =  541,6  kg,  so  erhalten  wir  als  Eigenbelastung 

3000 
des  Gerinnes  — g— =  1500  kg, 

der  Träger .     =    542    „ 

zusammen  =  2042  kg, 

8442    800 
also  P  =  6400  +  2042  =  8442  kg  und  IV=    ^    ^'^^    =  844,2  kg, 

also  ein  kleineres  Widerstandsmoment  als  das  des  gewählten  Trägers  No.  32. 
b)  Auf  die  beiden  äußeren  Träger  entfällt 

an  Wasserdruck 3200  kg, 

3000 
an  Eigengewicht  des  Gerinnes  — j—  =  750 

Trägergewicht  No.  24  a 370       1120   „ 

zusammen    P  =  4320  kg. 

Pi_  _  4320  .  800  _ 
^""  85  -       8000      ~^^^' 

Nach  der  Tabelle  besitzt  Träger  No.  24  a  ein  Jf^=  477,7;  das  gewählte 
Profil  entspricht  also  vollkommen. 

Als  mittlerer  Träger  wird  also  No.  32  und  für  die  beiden  Seitenträger 
No.  24  a  zu  wählen  sein.  —  Die  in  Tafel  IX  (I.  Bd.)  und  Fig.  354  (I.  Bd.)  ge- 
zeichneten Träger  entsprechen  den  Typen  No.  28  a  und  No.  24  und  wurden 
seinerzeit  auf  Grund  anderer  Rechnungsfaktoren  bestimmt. 

ß)  Der  Hochwassergrundablaß. 
Da,  wie  früher  erwähnt,  der  Umlaufkanal  zumeist  nur  kleine  Quantitäten 
abzuführen  in  der  Lage  sein  wird,  ist  es  in  der  Regel  der  Hochwassergrund- 
ablaß, welchem  bei  Retensionsreservoiren  die  Abflußregelung  zufällt.     Dieser 
Grundablaß,  welcher  schon  bedeutendere  Querschnittsdimensionen  bei  einem 


246  ^'  ^^^  Stauweiherbanteo. 

größeren  Bache  besitzen  wird,  kann  entweder  aus  einem  Durchlaß  bestehen, 
welcher,  von  rechteckigem,  ovalem,  gemischtlinigem  oder  kreisrundem  Quer- 
schnitt, am  tiefsten  Punkte  durch  das  Sperrenmauerwerk  geführt,  in  äußerst 
solider  Weise  in  Quader-  oder  Hackelsteinmauerwerk  hergestellt  wird.  Die 
Berechnung  des  notwendigen  Querschnittes  erfolgt  als  „offene  Rohrleitung 
oder  als  offenes  Gerinne"  derart,  daß  bei  Annahme  eines  kleinen  Überdruckes 
von  ^/a — 1  m  zur  Erzeugung  der  Eintrittsgeschwindigkeit  das  Profil  in  seinem 
weiteren  Verlaufe  nicht  vollfließt.  In  dem  Maße,  als  der  Wasserspiegel  im 
Reservoir  steigt,  wird  die  Einlauföffnung  durch  Absperrschützen  etc.  sukzessive 
verkleinert.  Ergibt  die  Rechnung  ein  zu  großes  Profil,  so  werden  gekuppelte 
Durchlässe  (2 — 4  kleinere,  nebeneinander  liegende  Öffnungen)  angeordnet, 
insbesondere  aus  dem  Grunde,  um  durch  kleine  Schützen  die  Ermöglichung 
ihrer  Bewegung  durch  einen  Mann  zu  erreichen.  Vorteilhafter  erscheint 
jedoch  die  Vortreibung  eines  eigenen,  von  der  Reservoirmauer  unabhängigen 
Stollens,  der  dann  als  Grundablaß-  und  Hochwasserstollen  funktioniert. 

Die  Regulier-  und  Absperrvorrichtung  wird  am  sichersten  am  Einlaufe 
placiert,  obwohl  hierdurch  gewöhnlich  der  Bau  eines  eigenen  Schützen-  oder 
Schleusenturmes  notwendig  wird.  Ein  solcher  Grundablaß  wird  zur  voll- 
ständigen Entleerung  und  Trockenlegung,  sowie  auch  zur  Ausspülung 
(Reinigung)  des  Reservoirs  benützt.  Zum  Zwecke  der  Reinigung  von  abge- 
lagertem Schlamm,  Sand  u.  dergl.  wird  das  Reservoir  bei  ganz  geschlossenen 
Grundablaßschützen  zum  Teil  unter  Wasser  gesetzt  und  dann  die  Schützen 
plötzlich  aufgezogen,  wodurch  ein  großer  Teil  der  Sedimente  des  Staubeckens 
mitgerissen  wird.  Eine  gründliche  Reinigung  der  weiter  oberhalb  liegenden 
Partien  der  Reservoirtalsohle  muß  in  längeren  Zwischenräumen  je  nach 
Erfordernis  mittels  Aushub  und  Abfuhr  erfolgen.  Die  bauliche  Durchführungs- 
weise derartiger  Grundablässe  und  Stollen,  ihre  Funktionierung  etc.  ist  aus 
der  späteren  Beschreibung  der  Jaispitzstauweiherbauten  zu  ersehen. 

Statt  der  bisher  angeführten  Art  der  Wasserentnahme  durch  eine  oder 
mehrere  am  tiefsten  Punkte,  also  vor  dem  Grundablasse  selbst  angebrachten 
Schützen  kann  dieselbe  auch  durch  eigene  Wassertürme  erfolgen,  welche 
in  verschiedenen  Höhen  durch  einfache  Schleusen  oder  durch  Drehschützen 
absperrbare  und  regulierbare  Auslauföffnungen  besitzen,  welche  nach  Maßgabe 
des  sinkenden  Wasserspiegels  oder  auch  gleichzeitig  in  Funktion  treten 
können,  wodurch  neben  manch  anderen  Vorteilen  auch  der  Verschluß,  da 
unter  geringerem  Druck  in  viele  Teile  geteilt,  ein  billiger  und  leicht  zu  hand- 
habender wird;  doch  verteuern  derartige  Wasserentnahmetürme  die  Stau- 
weiheranlage um  ein  Bedeutendes.  Die  Beschreibung  eines  derartigen  Wasser- 
turmes siehe  bei  den  französischen  Reservoiren  von  TorcyNeuf  (Taf.  XVI) 
und  de  la  Mouche. 

2.  Die  Nebenobjekte. 

Zu    den   Nebenobjekten    gehört    bei   allen    größeren   Reservoiranlagen 

unter  allen  Umständen  ein  Wächterhaus,  da  derartig  verantwortliche  Bauten 

der  permanenten  und  eingehendsten  Beaufsichtigung  und  Erhaltung  bedürfen; 

weiter  wird  häufig  ein  Schotter-  und  Sandablagerungsbassin  am  obersten 


D.  Konstruktive  Durchfühnuij;:  der  Gebirgsreservoire.  247 

Ende  des  Staubeckens  (Einlauf  des  Reservoirbaches)  und  zwar  oberhalb  der 
eventuellen  Stauanlage  für  den  Derivationskanal  notwendig  werden,  welches 
aus  einem  genügend  großen,  offenen  Bassin  besteht,  in  welches  die  Schotter- 
und Sandmassen  sich  ablagern  können.  Das  Bassin  muß  nach  Bedarf  natürlich 
immer  gereinigt  werden. 

In  gewissen  Fällen  wird  vor  diesem  Bassin  oder  vor  dem  Umlaufkanal 
die  Anbringung  von  Auffangrech en  notwendig  werden,  um  Langholz  und 
andere  vom  Hochwasser  mitgeführte  große  Gegenstände  zurückzuhalten  und 
so  die  Möglichkeit  einer  Verstopfung  der  Reservoirmauerobjekte  zu  verhindern. 
In  bezug  auf  die  Verlegung  des  Grundablasses  wird  sich  die  Anbringung  eines 
Schutzrechens  (Gitters)  etc.  vor  demselben  jedenfalls  empfehlen. 

3.  Wege-  und  Strafsenbauten. 

In  der  Höhe  der  Mauerkrone  soll  womöglich  an  beiden  Seiten  des 
Stauweihers  ein  Gehweg,  event.  Fahrweg  angelegt  werden;  femer  ist  ein 
Auffahrtsweg  zu  der  Talsperrenkrone  von  der  Talsohle  oder  einem  unterhalb 
des  Stauweihers  gelegenen  Fahrweg  aus  herzustellen.  Der  provisorische  Bau 
dieser  Kommunikationsmittel  wird  in  der  Regel  schon  vor  dem  eigentlichen 
Baubeginn  der  Talsperre  durchgeführt  werden,  um  die  zum  Bau  notwendigen 
Materialien  und  Gerätschaften  zuführen  zu  können.  Bei  langen  Zufahrten  ist 
die  Anlage  einer  eigenen  Materialeisenbahn  rationell,  wie  dies  beispielsweise 
bei  der  Urfttalsperre  der  Fall  war,  bei  welcher  eine  12  km  lange  Eisenbahn 
zu  diesem  Zwecke  gebaut  wurde.  Die  Krone  des  Umlaufweges  muß  der 
raschen  Entwässerung  wegen  konvex  gestaltet,  dem  Wege  selbst  ein  schwaches 
Gefälle  gegeben  und  Entwässerungsgräben  auf  der  Bergseite  angeordnet 
werden,  um  das  bei  Regen  von  den  Lehnen  herabfließende  Wasser  rasch 
abführen  zu  können.  Bei  steileren  Tallehnen  werden  auf  der  Wasserseite 
zuweilen  Stützmauern,  an  einzelnen  Stellen  kleine  Durchlässe  etc.  notwendig 
werden.  Gehwege  sind  zu  beschottern,  Fahrwege  mit  1  m  breitem  Erdbankett 
und  einer  entsprechend  der  Kategorie  der  Straße  verschieden  breiten  Fahr- 
bahn mit  Grundbau  und  Beschotterung  auszustatten. 

4.  Nebenarbeiten. 

Zu  den  Nebenarbeiten  gehören  nachstehende  Herstellungen:  Planien 
für  den  Bau  des  Wächterhauses  und  event.  Terrain-Ausschlitzungen  vor  dem 
Überfallwehre,  die  Herstellung  einer  Telegraphen-  oder  Telephonverbindung 
für  den  Wetter-  und  Hochwasser-Nachrichtendienst,  welcher  vom  Reservoir- 
wächter zu  besorgen  ist.  Steile  Lehnen  innerhalb  des  Arbeitsfeldes  sind  an- 
zupflanzen oder  aufzuforsten,  anbrüchige  Ufer  des  Baches  zu  befestigen,  der 
Bach  selbst  oberhalb,  insbesondere  jedoch  unterhalb  des  Stauweihers  eine 
längere  Strecke  zu  regulieren.  Eine  der  größten  Nebenarbeiten  zum  Zwecke 
der  Verhinderung  der  Schotter-  und  Geschiebe-Erzeugung  bildet  die  Verbauung 
eventueller  schotterführender  Runsen,  Wasserrisse  im  Arbeitsfelde  selbst  und 
der  in  das  Reservoir  einmündenden  Wildbäche,  aus  welchen  infolge  Erosion 
der  Gerinne  etc.  oft  bedeutende  Schotter-  und  Geschiebemassen  in  das 
Reservoir  gelangen  und  dasselbe  verschlammen  können. 


248  ^^-  ^^^  Stauweiherbanten. 

Die  Notwendigkeit  der  zur  Behebung  dieser  Obelstände  erforderlichen, 
unter  dem  allgemeinen  Titel  ,,Wildbachverbauungeii^^  zusammengefaßten 
Wasserbauten  gestaltet  sich  von  Jahr  zu  Jahr  dringender,  und  kann  mit 
Sicherheit  behauptet  werden,  dafi  die  zur  Bekämpfung  dieser  auch  fOr  die 
unterhalb  liegenden  Flüsse  und  Ländereien  bestehenden  Gefahren  und  Übel- 
stände notwendigen  Arbeiten  und  Geldsummen  von  Jahr  zu  Jahr  größere 
werden,  um  die  entfesselten  Naturkräfte  wieder  zu  bändigen  und  weitere 
Schäden  zu  verhüten.  Es  ist  femer  zu  beachten,  daß  diese  Gefahren  nicht 
im  einfachen  Verhältnisse  sich  vergrößern,  sondern  im  Potenzverhältnisse 
zunehmen,  daher  es  im  Interesse  der  Landeskultur  gelegen  ist,  so  rasch  als 
möglich,  weil  am  sichersten  und  billigsten,  mit  den  sanitären  Maßregeln 
einzugreifen.  Gehen  wir  zu  der  Betrachtung  über  das  Wesen  der  Wild- 
bäche über,  so  fragt  es  sich  in  erster  Linie:  „Was  ist  unter  dem  Ausdruck 
Wildbach  zu  verstehen  resp.  wie  entsteht  derselbe?"  Die  auf  die  Erdober- 
fläche fallendent  Meteorwässer  oder  die  durch  Schmelzen  der  Schneemassen 
entstehenden  Wassermengen  suchen,  dem  Gesetze  der  Gravitation  folgend,  so 
rasch  als  möglich  den  tiefsten  Punkt,  also  die  Flußtalsohle  zu  erreichen,  und 
suchen  zu  diesem  Zwecke,  wenn  nicht  ihr  Lauf  bereits  durch  eine  aus- 
gesprochene Mulde  vorgezeichnet  ist,  den  kürzesten  Weg,  die  sogen.  „Linie 
des  größten  Falles".  Bei  dieser  Bewegung  nach  abwärts  verrichten  die 
Wassermengen  eine  gewisse  mechanische  Arbeit,  zusammengesetzt  aus  der 
dem  Gefälle  des  Talabhanges  entsprechenden  Geschwindigkeit  und  der  in 
der  Zeiteinheit  abfließenden  Wassermenge  resp.  ihrem  Gewichte,  welcher 
mechanische  Effekt  größer  wird,  wenn  die  beiden  Faktoren  zunehmen. 

Dieser  Arbeit  des  herabfließenden  Wassers  setzt  nun  der  Boden  einen 
gewissen  Widerstand  entgegen,  der  abhängig  ist  von  der  geologischen  Be- 
schaffenheit, wie  von  der  Kohäsion  desselben.  Ist  dieser  Widerstand  geringer, 
so  wird  der  Boden  durch  das  Wasser  aufgewühlt;  es  bildet  sich  ein  Rinnsal, 
ein  Wasser  riß.  In  dem  Maße,  als  die  in  diesem  Bette  nun  konzentrierten 
Wassermengen  durch  seitliche  Zuflüsse  sich  vermehren,  steigt  die  Geschwindig- 
keit bei  zunehmendem  Gefälle,  die  Erosion  des  Bodens  wird  eine  immer 
stärkere,  es  entsteht  nach  und  nach  bei  konstanterem  Zufluß  ein  wirkliches 
Bett.  Während  anfangs  der  arbeitenden  Kraft  des  Wassers  die  nicht  durch 
Grasnarbe  oder  dichte  Vegetation  gebundene  Humusdecke  zum  Opfer  fiel, 
widerstand  auch  später  bei  zunehmender  Geschwindigkeit  und  Wassermenge 
nicht  mehr  die  unter  dem  Humus  liegende  Lehmschichte;  die  Erosion  griff 
weiter,  die  bloßgelegte  Schotterschichte  und  die  leicht  verwitterbare  Ton- 
schieferlage wurde  vom  Wasser  mitgenommen,  der  Wasserlauf  wurde 
„schotterführend".  Mit  Zunahme  des  Durchflußprofiles  erreichte  die  Ge- 
schwindigkeit des  herabstürzenden  Wassers  nach  und  nach  eine  solche  Größe, 
daß  endlich  mitunter  ganze  Steinblöcke  bis  mehrere  Kubikmeter  Größe  aus 
ihrem  Zusammenhang  mit  dem  bloßgelegten  Gebirgsmassiv  gelöst,  mit  furcht- 
barer Gewalt  herabgewälzt  wurden,  im  Vereine  mit  Geschiebe,  Schotter, 
Bäumen  u.  dergl.;  der  Bach  ist  das  geworden,  was  wir  unter  dem  Namen 
^Wildbach"  bezeichnen.  Es  wird  also  je  nach  dem  Materiale  und  der 
geologischen  Beschaffenheit  der  Sohle  und  Uferwände  das  Bachbett  bis  zu 


D.  Konstruktive  DarchfUhnmg  der  Gebirgsreservoire.  249 

einem  gewissen  Maximum  der  Geschwindigkeit  von  dem  strömenden 
Wasser  nicht  angegriffen  werden,  also  genügenden  Widerstand  bieten.  Wird 
jedoch  diese  Geschwindigkeitsgrenze  überschritten,  so  tritt  eine  mit  der 
wachsenden  Geschwindigkeit  rapid  zunehmende  Erosion  der  Sohle  und  Aus- 
kolkung der  Ufer  ein,  das  Gerinne  wird  immer  tiefer  in  den  Boden  ein- 
gerissen, die  Ufer  unterwaschen,  wonach  sie  nachstürzen  und  durch  die 
lebendige  Kraft  des  Wassers  eine  Zerstückelung  des  Materiales  bewirkt  wird, 
dasselbe  sonach,  wie  erwähnt,  in  Form  von  großen  Blöcken,  größerem  Ge- 
schiebe, Schotter  etc.  in  das  Tal  abgeführt  und  je  nach  der  Größe  an  jenen 
Stellen  abgelagert  wird,  wo  das  Gewicht  desselben  bereits  größer  als  die 
treibende  Kraft  des  Wassers  ist. 

Es  wird  also  im  allgemeinen  die  Sanierung  der  Wildbäche  darin 
bestehen,  den  früheren  Gleichgewichtszustand  nach  und  nach  wieder 
herbeizuführen,  was  man  erreichen  wird,  wenn  die  Geschwindigkeit 
des  herabströmenden  Wassers  wieder  auf  jenes  Maß  herabgedrückt  ist,  bei 
welchem  das  Material  des  Bachbettes  nicht  mehr  der  Zerstörung  ausgesetzt 
erscheint.  Dieser  Zweck  läßt  sich  erreichen,  wenn  man  durch  eine  Reihe 
von  Querbauten  im  Bachbett  das  Gefälle  des  Baches  in  treppenförmige 
Sektionen  einteilt,  wodurch  oberhalb  einer  jeden  solchen  Talsperre  ein 
schwächeres  Gefälle  eintritt,  dieser  Raum  nach  und  nach  von  dem  noch 
erzeugten  kleineren  Geschiebe  ausgefüllt  wird  und  durch  eventuelle  nach- 
trägliche Erhöhung  dieser  Talsperre  endlich  jenes  Gefälle  sich  erzeugt,  bei 
welchem  kein  Angriff  der  Sohle,  also  keine  Geschiebebildung  mehr  eintritt. 
Bei  dieser  Gelegenheit  wird  auch  bemerkt,  daß  die  Geschwindigkeit  resp.  die 
mechanische  Arbeit  des  fließenden  Wasser  sich  dadurch  auch  verringert, 
indem  die  lebendige  Kraft  des  über  die  Sperre  herabstürzenden  Wassers 
unterhalb  derselben  gebrochen  wird.  Diese  Sperren,  nach  dem  örtlichen 
zur  Verfügung  stehenden  Materiale  einerseits,  wie  der  Bodenbeschaffenheit 
der  Baustelle  andererseits  entsprechend,  aus  Holz  oder  Stein  oder  beiden 
erbaut,  müssen  wasserdurchlässig  hergestellt  werden.  Da  sie  also  keinen 
eigentlichen  Wasserdruck  auszuhalten  haben,  können  sie  auch  in  ihren  Dimen- 
sionen entsprechend  schwächer  gehalten  werden  wie  Wasserabschlußmauern. 

Wo  solche  höhere  Sperren  nötig,  sollen  dieselben  anfangs  niedrig  ge- 
halten und  erst  nach  erfolgter  Verlandung  auf  ihre  endgültige  Höhe  gebracht 
werden.  Desgleichen  ist  es  oft  nötig,  später  nach  Bedarf  noch  einige  niedrigere 
Sperren  einzuschalten.  Werden  diese  Fixpunkte  zur  Begrenzung  der  Ver- 
tiefung der  Bachsohle  in  Form  von  Talsperren  nicht  künstlich  geschaffen,  so 
wird  sich  die  Sohle  des  Baches  so  lange  senken,  bis  endlich  die  Widerstands- 
fähigkeit der  leichtesten  Materialien  mit  der  bewegenden  Kraft  des  Wassers 
sich  ins  Gleichgewicht  stellt,  in  welchem  Falle  dann  kein  Material  mehr  vom 
Bache  fortgeführt  wird;  es  ist  dann  ein  „Beharrungszustand**  eingetreten, 
das  sogen.  „Gl eich ge wich tsprofil"  erreicht;  doch  ist  dieser  Zeitpunkt 
selbst,  als  noch  solange  hinausgerückt  angenommen,  meist  nur  ein  theoretischer. 

Die  eben  beschriebene  Erosion  der  Bachsohle  betraf  nur  die  unter- 
wühlende Wirkung  des  Wassers  in  der  Richtung  des  Längenprofiles  und 
wird  gewöhnlich  auch  die  Längsunterwühlung  genannt.     Die  erodierende 


250  II'  I^i®  Stauweiherbauten. 

Wirkung  im  Bachbette  beschränkt  sich  jedoch  nicht  allein  auf  die  Sohle, 
sondern  es  werden  auch  die  Seitenwände  unterspült,  wodurch  die  ihres 
festen  Fußes  beraubten  Ufer  nachstürzen  und  Anlaß  zum  Abrutschen  der 
Talgehänge  geben,  diese  dadurch  auch  eine  immer  flachere  Gestaltung  an- 
nehmen, bis  auch  hier  nach  langen  Zeitperioden  endlich  einmal  ein  Gleich- 
gewichtszustand eintritt;  erst  dann  kann  der  Wildbach  als  „erloschen"  ange- 
sehen Werden.  Diese  letztere,  mit  dem  Namen  „Querunter wühlung" 
bezeichnete  Erosion  wird  teilweise  in  unmittelbarer  Nähe  der  Talsperren 
durch  diese  selbst  verhindert,  erfordert  jedoch  zumeist  noch  andere  Sicherheits- 
vorkehrungen, als  da  sind:  Steinsätze  oder  Flechtzäune  am  Fuße  unterwühlter 
Ufer,  Verflechtungen  von  Tallehnen,  Entwässerung  feuchter,  rutschiger  Gehänge 
durch  offene  Gräben  oder  besser  mit  Schotter  und  Bruchsteinen  ausge- 
schlichteten Sickergruben,  Aufforstung  kahler  Berglehnen  und  dergl.   mehr. 

Wir  sind  unter  anderem  jetzt  auch  bei  der  Aufforstung  angekommen 
und  soll  auch  nun  dieses  Einflusses  gedacht  werden,  um  so  mehr,  als  in 
manchen  Fällen  Erscheinungen  konstatiert  werden  müssen,  die  momentan 
überraschend  den  günstigen  Einfluß  des  Waldes  als  bloße  Theorie  erscheinen 
lassen  und  die  Gegner  der  retensiven  Wirkung  des  Waldes  scheinbar  in 
ihren  Behauptungen  unterstützen.  Durch  vielseitige  ombrometrische  Versuche 
wurde  konstatiert,  daß  ca.  25®/o  des  gesamten  Niederschlages  bei  dichtem, 
älterem  Bestände  (Hochwald)  in  den  Baumkronen  zurückgehalten  werden, 
mithin  nur  75®/q  der  Regenmenge  auf  den  Erdboden  gelangen.  Allein,  nicht 
nur  die  Baumkronen  selbst,  sondern  auch  die  durch  die  Waldkultur  bedingte 
Waldstreudecke,  die  Moose  und  sonstige  Vegetation  des  Waldbodens  regulieren 
den  Abfluß  des  Wassers  einerseits,  wie  sie  andererseits  die  Bodenoberfläche 
der  meist  steileren  Abhänge  binden  und  die  Erosion  derselben  auch  dadurch 
schwerer  ermöglichen,  daß  sie  die  auffallenden  Regenmengen  in  eine  Unzahl 
feiner  Wasserfäden  teilen  und  die  Geschwindigkeit  des  Abflusses  vermindern. 
Ich  hatte  häufig  Gelegenheit,  bei  meinen  vieljährigen  Studien  und  Aufnahmen 
wegen  Gebirchsbachverbauungen  im  Walde  von  heftigen  Gewitterregen 
überrascht  zu  werden  und  dabei  die  rückhaltende  Wirkung  des  Waldes  de 
facto  zu  beobachten.  Man  kann  wohl  hier  einwenden,  daß  gerade  in  arron- 
dierten Hochwaldgebieten  sehr  starke  Hochfluten  und  bedeutende  Ge- 
schiebeerzeugung anzutreffen  sind. 

Was  die  ersteren  anbelangt,  so  darf  nicht  vergessen  werden,  daß  in 
diesen  Waldgebieten,  nicht  nur  allein  durch  die  bedeutende  Seehöhe  bedingt, 
die  Regenhöhen  viel  größere  sind,  sondern  große  Waldkomplexe  an  und  für 
sich  häufigere  und  heftigere  Niederschläge  aus  allbekannten  Ursachen  hervor- 
rufen, und  kann  man  behaupten,  daß  diese  Hochfluten  gewiß  größere  sein 
würden,  wenn  der  Wald  nicht  bestände.  Was  die  konstatierte  Geschiebe- 
erzeugung in  Hochwäldern  anbelangt,  so  dürfte  ihr  Ursprung  immer  aus 
jener  Zeitperiode  stammen,  wo  die  betreffenden  Waldpartien  abgetrieben 
wurden  und  die  kahle  Oberfläche  durch  die  Dezennien  andauernde  Epoche 
bis  zum  vollständigen  hochstämmmigen  Aufwuchs  des  Waldes  Gelegenheit 
zur  Bildung  von  Runsen  und  Wasserrissen  gab,  welch  letztere  dann  als 
Sammelkanäle  für  die  auch  später  im  emporgewachsenen  Walde  niederfallenden 


D.  Konstraktive  Dnrchfiihrnng  der  Gebirgsreservoire.  251 

Meteorwässer  oder  Schneeschmelzen  natürlich  einem  ähnlichen  Schicksale 
verfielen,  wie  die  offenen  Bachrinnsale,  nachdem  einmal  der  Gleichgewichts- 
zustand derselben  gestört  war. 

Einteilung  der  Wildbachstrecken.  Im  allgemeinen  lassen  sie  sich 
bei  einem  Wildbache  drei  Sektionen  unterscheiden: 

1.  die  Geschiebe-Erzeugungs-Sektion, 

2.  die  Geschiebe-Transport-Sektion, 

3.  die  Geschiebe-Ablagerungs-Sektion. 

In  der  Regel  ist  die  erste  Sektion  in  höheren  Gebirgen  mit  scharf  be- 
grenzter Wasserscheide,  also  bei  ausgesprochenen  Gebirgsrücken,  die  oberste; 
sie  besitzt  das  stärkste  Gefälle,  welches  die  Erosion  der  Bachsohle  begründet. 
Die  darauffolgende  Strecke  weist  ein  kleineres  Gefälle  auf,  zu  klein,  um  die 
Talsohle  anzugreifen,  und  andererseits  groß  genug,  um  durch  die  hierdurch 
erzeugte  Geschwindigkeit  des  Wassers  das  meiste  Geschiebe  weiter  zu 
transportieren  (die  großen  Steinblöcke  bleiben  in  der  Regel  hier  liegen).  Die 
letzte,  unterste  Sektion  endlich  weist  bereits  ein  derartig  kleines  Gefälle 
auf,  daß  die  herabgeschwemmten  Schotter-  und  Geschiebemassen  nicht  mehr 
weiter  transportiert  werden  können,  sondern  sich  in  Form  eines  Schuttkegels 
ablagern.  Diese  Sektion 
ist  ausgesprochen  nur  dort 
zu  finden,  wo  der  Wild- 
bach vor  seiner  Einmün- 
dung noch  eine  längere 
Strecke  in  der  Flußtal- 
ebene fortfließt,  während  Fig.  i«a.  uferschutzbau. 
sie    dort    ganz    fehlt,    wo 

die  Flußtalsohle  sehr  schmal  oder  der  Fluß  direkt  unter  dem  Bergabhange 
sich  hinzieht,  von  welchem  der  Wildbach  herabkommt.  In  den  Vorgebirgen 
zumeist,  d.  h.  überall  dort,  wo  ausgedehntere  Hochplateaus  die  Wasserscheide 
nicht  markant  hervortreten  lassen,  kann  als  die  oberste  Sektion  noch 

4.  die  Wasser-Sammel-Sektion  hinzutreten.  Diese  repräsentiert 
das  eigentliche  Wassersammelbecken,  zeigt  infolge  des  geringeren  Gefälles 
keine  Erosion,  daher  meist  feuchte  und  sumpfige  Wiesen  in  den  Terrain- 
mulden ohne  ausgesprochenen  Bachlauf  anzutreffen  sind.  Ist  dieses  oberste 
Gebiet  nicht  bewaldet,  so  gelangt  der  gesamte  Niederschlag  konzentriert  und 
ziemlich  rasch  in  die  steile  Schlucht  der  erzeugenden  Sektion  und  beginnt 
hier  seine  erodierende  Wirkung,  auch  wenn  dort  Hochwald  vorhanden  ist. 
Ein  solcher  Fall  scheint  dann  auf  den  ersten  Blick  der  zurückhaltenden  und 
geschiebeverhindemden  Eigenschaft  des  Waldes  zu  widersprechen,  ist  jedoch, 
wie  eben  erläutert,  leicht  erklärlich. 

Wenn  auch  die  Durchführung  größerer  Wildbachverbauungen  zumeist 
nicht  in  den  Wirkungskreis  des  Kulturingenieurs,  sondern  beispielsweise  in 
Österreich  derzeit  in  jenen  des  Forstingenieurs  gehört,  so  wird  sowohl  der 
Kulturingenieur  wie  Landwirt  sehr  häufig  in  die  Lage  kommen,  derartige  Ar- 
beiten in  kleinerem  Umfange  in  Form  der  eingangs  besprochenen  Verbau ung 
von  schotterführenden  Runsen  u.  dergl.  selbständig  durchführen  zu  müssen.    Zu 


252 


II.  Die  Staaweiherbanten. 


Fl^.  1S8.  Sperre  ans  Holz,  1,6  m  hoch,  a  Analcht  und  Län|(eii8chiiltt 


diesem  Zwecke  sollen  in  nachfolgendem  einige  einfache  Typen  von  Sperren 
für  Wildbachverbauungen  und  Runsen  abgebildet  werden.  Notwendige  lokale 
Bachregulierungen  und  Bauten  zum  Schutze  anbrüchiger,  schottriger  Ufer 
können  als  Steinsätze  oder  in   Holz   in   der  in   Fig.    122   veranschaulichten 

Weise  durchgeführt 
werden ,  in  welchem 
Beispiele  auch  eine  teil- 
weise Bachbetträumung 
vorgesehen  ist.  Fig.  123 
und  124  zeigen  die 
Anordnung  einer  Tal- 
sperre aus  Holz  für 
1,5  m  Höhe,  als  drei- 
reihiger Flechtzaun  her- 
gestellt, in  der  Ansicht, 
im  Längenschnitt  und  Querschnitt.  Sperren  von  0,3 — 0,5  m  Höhe  werden 
durch  einen  einfachen  Flechtzaun,  Sperren  von  0,6 — 1,0  m  Höhe  durch  einen 
doppelreihigen  Flechtzaun  hergestellt.  Fig.  125 — 127  stellen  in  Ansicht,  Quer- 
schnitt und  Daraufsicht  eine  2  m  hohe 
Sperre  aus  Holz  mit  einem  gepflasterten 
Absturzbett  vor.  Eine  andere  Kon- 
struktionsweise einer  hölzernen,  2  m 
hohen  Talsperre  ist  aus  den  Fig.  128 
bis  130  ersichtlich.  Der  aus  einem  fünf- 
reihigen  Flechtzaunbau  bestehende 
Sperrenkörper  ist  entsprechend  tief  in 
beide  Tallehnen  einzubinden  (siehe  per- 
spektivische Ansicht  der  Uferausschlitzung  in  Fig.  130)  und  an  diesen  Stellen 
sodann  solid  abzupflastem.  Die  Zwischenräume  der  Flechtzaunreihen  werden 
mit  Geschiebe  und  Schotter  ausgefüllt  und  oben  trocken  abgepflastert;  talauf- 


Flg.  184.    b  Qaersohnltt. 


Flg.  125.    Holzsperre,  8  m  hoch,    a  Ansicht  und  Längenschnitt. 

wärts  wird  der  Sperrenfuß  durch  einen  Steinwurf,  talabwärts  durch  eine 
dicke  Faschinenspreitlage  vor  Unterkolkung  gesichert.  Sperren  aus  Holz 
bedingen  die  Möglichkeit  der  Begrünung  der  Pfähle  und  Flechtruten,  da  sie 
sonst  bald  absterben. 

Als   Muster  von   3  m   hohen   Sperren   aus  Stein,   welche   dort  gebaut 
werden,  wo  der  Untergrund  Felsen  ist  und  Steine  in  entsprechender  Größe 


D.  Konstruktive  DurchfUhnmg  der  Gebirgsreservoire. 


253 


und  Qualität  in  der  Nähe  der  Baustelle  vorhanden  sind,  dienen  die  Fig.  131 
bis  133.     Fig.  133  zeigt  die  Anordnung  einer  kleinen,  wasserdicht  gemauerten 


j,  _m,    -'dj^j* 


-5g^ — i:^j":-^:.':-^'^''^r^^ 


Fig.  126.    Holzsperre,  8  m  hoch,    b  Querschnitt 


Flg.  127.    Holzsperre,  2  m  hoch,    o  DaranMcht. 


Fig.  128.    Sperre  ans  Holz,  2  m  hoch, 
s  Querschnitt 


'ym<v 


Fig.  129.    b  Daraufsicht  und  Horizontalsohnitt 


Gegensperre,  durch  welche  ein  kleines  Wasserbecken  gebildet  wird,  welches 
als  Schutz  gegen  Unterspülung  durch  das  herabstürzende  Wasser  dient.  Die 
kurze,  größere,  3  m  hohe  Talsperre  ist  in  Trockenmauerwerk  geradlinig  her- 
gestellt.    Bei  größeren  Längen  können   die  Sperren  auch  bogenförmig  und 


254 


II.  Die  Stanweiherbaaten. 


mit  Verkleidungshackelsteinmauerwerk  in  Mörtel  gelegt  werden,  wie  dies  aus 
den  Fig.   134 — 136   ersehen  werden  kann.     In  diesem  Falle  ist  jedoch   zur 


Flg.  180.    0  üferelnblndong. 


Flg.  131.    Sperre  aus  Stein  (Trockenmaaenmg), 
8  m  hoch,    a  Ansicht. 


Flg.  188.    b  Daranfsicht. 


Fig.  188.    c  Querschnitt 


Fig.  184.    a  Daraufsicht. 


Flg.  185.    b  Querschnitt 


Fig.  136.    c  Längenschnitt  und  Ansicht 
Flg.  134—186.    Sperre  aus  Stein  (bogenförmig),  3  m  hoch  (in  Mörtelmauerwerk). 


D.  Konstruktive  Durchfühning  der  Gebirgsreservoire.  2öö 

Hintanhaltung  eines  Wasserdruckes  für  die  Möglichkeit  des  Wasserabflusses 
durch  Herstellung  von  ein  oder  zwei  Grundablässen  Sorge  zu  tragen. 

5.  Die  Grundeinlösung. 

Aller  bleibend  benötigte  Grund  für  die  Herstellung  und  Benutzung 
eines  Stauweihers  muß  definitiv  eingelöst  werden;  bei  solchen  Gründen  oder 
Liegenschaften  und  Objekten,  welche  nur  zeitweilig  benutzt  werden,  muß  die 
Einräumung  von  Servitutsrechten  angestrebt  werden.  Werden  durch  den 
Bau  der  Stauweiheranlage  bestehende  Wasserrechte  in  ungünstigem  Sinne 
beeinflußt,  dann  muß  das  betreffende  Wasserrecht  entweder  völlig  erworben 
oder  aber  eine  Wasserrechts-Entschädigung  geleistet  werden,  bei  deren  Be- 
messung nicht  der  ziffernmäßige  Entgang  an  Wasserkraft  als  Maßstab  zu  dienen 
hat,  sondern  die  Entschädigung  in  dem  Maße  der  wirklichen  Betriebs- 
einschränkung und  des  daraus  resultierenden  Verdienstentganges  zu  berechnen 
und  hieraus  die  zu  leistende  Entschädigungssumme  zu  bestimmen  ist. 

IL  Erddämme« 

Staudämme  aus  Erde  werden  überall  dort  projektiert  werden  können, 
wo  kein  felsiger  Untergrund  vorhanden  und  wo  sowohl  entsprechendes 
Dichtungsmaterial  (Lehm)  als  auch  entsprechendes  Dammanschüttungsmaterial 
in  genügender  Menge  verfügbar  ist,  und  endlich  dort,  wo  es  sich  um  geringere 
Stauhöhen  handelt.  Gegenden  mit  mehr  feuchtem  Klima  werden  für  Erd- 
dämme mehr  entsprechen  wie  heiße,  trockene,  regenarme  Gebiete.  Die  zur 
Dammherstellung  verwendete  Erde  soll  womöglich  aus  40*^/o  Ton  und  60^/q 
Sand  bestehen.  Reiner  Ton  (Lehm)  erzeugt  nach  Trockenheit  Risse  und 
Sprünge  und  hat  nach  langem  Regen  die  Tendenz  zum  Fließen.  Ist  das 
Material  zu  sandig  oder  zu  kiesig,  so  ist  es  nicht  wasserundurchlässig  und 
der  Dammkörper  nicht  stabil.  Das  beste  Material  ist  grobkörniger  Sand, 
welcher  gerade  so  viel  Ton  enthält,  um  die  einzelnen  Sandkörner  zu  binden. 
Eine  besondere  Dichtigkeit  wird  erreicht,  wenn  man  das  Dammmaterial 
während  des  Stampfens  mit  Kalkmilch  begießt  oder,  falls  zur  Regenzeit  ge- 
arbeitet wird,  man  das  feuchte  Erdmaterial  zeitweise  mit  Kalkpulver  bestreut. 
Das  zu  verwendende  Erdmaterial  muß  vor  der  Verwendung  von  allen  pflanz- 
lichen Überresten  befreit  werden,  welche  sonst,  später  in  Fäulnis  übergehend, 
Hohlräume  im  Dammkörper  bilden  würden.  Das  Dammmaterial  wird  in 
10 — 20  cm  hohen  Schichten  aufgebracht,  angefeuchtet  und  festgestampft  oder 
gewalzt.  In  erster  Linie  jedoch  ist  das  sogen.  Dammfeld  auszuheben;  es  ist 
nämlich  die  als  Basis  oder  Fundament  des  Dammes  dienende  Bodenfläche 
von  aller  Vegetation  und  von  der  Humusdecke  bis  zum  gewachsenen  Boden 
herab  zu  befreien,  desgleichen  ist  sehr  wasserdurchlässiger  Untergrund  zu 
durchteufen  und  der  Damm  auf  undurchlässigen,  tragfähigen  Grund  zu 
fundieren.  Wo  dies  bei  bedeutender  Mächtigkeit  der  wasserdurchlässigen 
Schichte  zu  kostspielig  ist,  werden  am  wasserseitigen  Dammfuße  oder  auch 
in  der  Mitte  Quergräben  bezw.  Längsgräben  bis  auf  die  wasserdichte  Schichte 
abgeteuft  und  dieselben  nachträglich  mit  Lehm  oder  Beton  ausgestampft  und 
auf  diese  Weise  sogen.  Grundschwellen  bis  über  das  Terrain  herauf  her- 


j 


256  ^-  ^^^  Siaaweiherbauten. 

gestellt,  welche  ein  Durchsickern  des  Wassers  im  Fundamente  verhindern. 
Auch  pflegt  man  nebst  einer  mittleren  Sohlschwelle  aus  Tonschlag  noch  einen 
die  Mitte  des  Dammkörpers  bildenden  Ton-,  Lehm-  oder  Lettenkern  (Puddel- 
kem)  anzuordnen  (besonders  in  England  gebräuchlich),  welcher  sich  jedoch 
in  manchen  Fällen  praktisch  nicht  bewährt  hat,  weil  man  selbst  bei  der  sorg- 
fältigsten Arbeit  nicht  verhindern  kann,  daß  zwischen  dem  Tonkeme  (Puddel) 
und  dem  angrenzenden  DammschOttungsmaterial  Spalten  und  Klüfte  ent- 
stehen, in  welche  das  Wasser  eindringt  und  zu  großen  Setzungen  des  Dammes 
Anlaß  gibt.  Manche  Ingenieure  vertreten  trotzdem  diese  englische  Bauweise 
noch  heute  sehr  warm. 

In  Frankreich  ist  man  von  diesem  System  ganz  abgegangen  und  wurde 
diese  Angelegenheit  auch  auf  dem  internationalen  Binnenschiffahrtskongresse 
zu  Paris  im  Jahre  1892  besprochen.  Das  beste  System  der  Dichtung  ist  die 
Herstellung  einer  starken,  wasserundurchlässigen  Schichte  auf  der  Wasser- 
seite selbst. 

Der  damalige  Berichterstatter  Ober  die  insbesondere  durch  hohe  Erd- 
dämme gebildeten  Speisungsreservoire  des  Zentrum-  und  Burgunderkanales, 
Ingfeieur  en  chef  des  Ponts  et  Chauss^es  in  Dijon,  Herr  Fontaine,  empfiehlt 
zum  Schlüsse  seines  Berichtes  folgende  Maßnahmen  für  die  Herstellung  von 
Erdtalsperren,  welche  auch  vom  Kongreß  angenommen  und  anempfohlen 
wurden.    Dieselben  lauten: 

1.  Das  zur  Verwendung  gelangende  Erdreich  ist  dann  am  besten,  wenn 
es  sich  der  Zusammensetzung  von  zwei  Teilen  Sand  auf  einen  Teil  Ton  am 
meisten  nähert. 

2.  Bei  gutem  Erdreich  kann  man  Stauhöhen  bis  20  m  zulassen. 

3.  Das  beste  und  bauökonomischste  Profil  für  die  innere  Böschung  ist 
jenes  mit  kleinen  selbständigen  Stufen  von  1,5 — 1,8  m  Höhe  und  einer 
Neigung  von  45  <^  (also  1 : 1),  welche  durch  0,8—1,0  m  breite  Absätze  (Bermen) 
getrennt  sind,  wobei  alle  5 — 6  m  eine  doppeltbreite  Berme  anzuordnen  ist. 
Die  äußere  Böschung  braucht  nur  eine  Neigung  von  1:1^4 — 1  •  IV«  zu  be- 
sitzen. Die  beste  Bekleidung  für  die  Absätze  wie  für  die  Steindeckwerke 
(Pflaster)  ist  ein  Mauerwerk  aus  Bruchsteinen  auf  Beton  von  0,4 — 0,5  m 
Gesamtdicke. 

4.  Das  Stampfen  des  Erdmaterials  mit  der  Hand  muß  soviel  als  möglich 
vermieden  werden  und  statt  dessen  schwere  Walzen  (Dampfwalzen  oder  mit 
animalischer  Kraft  gezogene)  verwendet  werden. 

5.  Es  ist  von  Wichtigkeit,  in  den  Damm  keine  Mauermassive  einzu- 
schieben, welche  das  Stampfen  bezw.  Walzen  im  großen  beeinträchtigen. 

6.  Die  Kanten  (Schwellen)  der  Überfälle  müssen  möglichst  niedrig 
gehalten  und  durch  leicht  entfernbare  Wehraufsätze  die  normale  Stauhöhe 
ergänzt  werden,  um  durch  diese  Überfälle  die  größtmöglichsten  Hochwasser- 
mengen ableiten  zu  können. 

Zu  Punkt  2  dieser  Schlußfolgerungen  sei  bemerkt,  daß  es  sich  empfehlen 
wird,  bei  Erddämmen  Wassertiefen  über  10  m  aus  Sicherheitsrücksichten 
womöglich  zu  vermeiden.  —  Bezüglich  der  in  Punkt  3  beschriebenen  Aus- 
führung der  Sicherung  der  wasserseitigen  Böschung,  sowie  der  Bauweise  der 


E.  Berechnung  des  Fassungsinhaltes  der  Reservoire.  257 

Grundablässe  etc.    wird   auf   die   spätere  Beschreibung   dieser  französischen 
Sperren  (Erddamm  von  Montaubry)  hingewiesen. 

B.  Berechnung  des  Fassungsinhaltes  der  Reservoire. 

L  Approximativberechnung« 

Bei   den   ersten  Lokalstudien  beim  Suchen  günstiger  Reservoirstellen 

wird    es   sich   darum  handeln,   gleich  an  Ort  und  Stelle  den  Fassungsraum 

eines  Sammelbeckens    annähernd   zu   berechnen.     Zu   diesem  Zwecke   sind 

nachstehende  Größen  zu  schätzen: 

h  die    maximale   Wassertiefe   mit   Berücksichtigung   der   bauökonomischen 

Grenze, 
/  die  Länge  des  dieser  Wassertiefe  entsprechenden  Wasserspiegels  (vom 
Talgefälle  abhängig), 
ßm  die  mittlere  Talsohlenbreite  des  Staubeckens  aus: 

Mit  Berücksichtigung  des  Neigungsverhältnisses  der  Tallehnen  wird 
daraus  die  mittlere  Wasserspiegelbreite  Bm  und  die  mittlere  Wasserprofil- 
breite bm  geschätzt  werden  können.  Es  ist  dann  der  maximale  Fassungs- 
raum J=Ofih,bni.L  Ist  z.  B.  die  größte  Stauhöhe  (Wassertiefe)  Ä  =  10m, 
das  Gefälle  des  Baches  ca.  1%,  d.  h.  auf  100  m  Bachlänge  1  m  Gefälle,  so 
ist  für  Ä  =  10  m:  /=  1000  m;  es  ist  also  die  mittlere  Wassertiefe  Am  =  5  m. 
Hätte  man  für  das  mittlere  Profil  des  Talbeckens,  dessen  Lehnen  in  einem  Ver- 
hältnisse von  1 :  2  geböscht  sind,  /^w  =  80  m  gefunden,  so  wäre  Bm  =  100  und 
bm  =  90  m,  somit  der  beiläufige  Fassungsraum  des  Beckens  bei  10  m  Stauhöhe 

/=  0,5  .  10  .  90 .  1000  =  450000  m«. 

IL  Berechnung  aus  den  Querprofilen, 

Für  alle  anderen  annähernd  genauen  Kubaturbestimmungen  wird  es  sich 
empfehlen,  die  Berechnung  aus  aufzunehmenden  charakteristischen  Quer- 
profilen vorzunehmen;  für  Detailprojekte  ist  dies  unbedingt  notwendig. 

Man  wird  nun  entweder  das  ganze  in  Betracht  kommende  Terrain 
tachymetrisch  aufnehmen,  was  insbesondere  bei  dicht  bewaldeten  Gebieten 
unumgänglich  notwendig  wird,  daraus  den  Schichtenplan  und  aus  diesem  die 
Querprofile  konstruieren  oder  aber  bei  flacherem  und  offenem  Terrain  die 
Querprofile  direkt  aufnehmen. 

Man  steckt  zu  diesem  Behufe  eine  Achse  in  der  Talsohle  aus,  darauf 
senkrecht  die  richtig  zu  wählenden  Querprofile  (siehe  Situation  Weirowitz, 
spät.  Fig.),  nivelliert  die  Achsenpunkte  an,  staffelt  die  an  günstigen  Punkten 
gewählten  Querprofilen  ab,  trägt  diese  Profile  graphisch  auf,  zeichnet  den 
maximalen  Wasserspiegel  ein,  planimetriert  diese  Wasserprofile  und  stellt 
nun  in  der  früher  besprochenen  Weise  die  Kubaturberechnung  derart  an, 
daß  man  das  arithmetische  Mittel  je  zweier  aufeinander  folgender  Profilflächen 
mit  ihrer  Entfernung  multipliziert. 

Friedrich,  Wasserbaiu    Zweite  Auflage.    II.  Band.  17 


258  ^*  ^^®  Stauweiherbaaten. 

IIL  Notwendiger  Fassungsraum  der  Gebirgsreservoire. 

Je  nach  dem  Zwecke,  welchem  der  Stauweiher  zu  dienen  hat,  wird  die 
Berechnung  des  notwendigen  Fassungsraumes  des  Staubeckens  eine  ver- 
schiedene sein. 

I.  Sammelreservoire. 

Wasserversorgungs-,  Industrie-  und  Irrigations-Reservoire 
dienen  in  der  Regel  nahezu  ausschließlich  diesem  Zweck,  da  keine  Unter- 
brechung durch  notwendige  Entleerung  vor  großen  Niederschlägen  stattfinden 
darf.  Die  erste  Aufgabe  wird  es  sein,  das  in  einzelnen  Jahren  und  Monaten 
zur  Verfügung  stehende  Abflußquantum  des  Einzugsgebietes  zuerst  zu  erheben. 

Man  konstruiert  zu  diesem  Behufe  in  erster  Linie  das  Einzugsgebiet 
(Niederschlagsgebiet)  des  Resei-voirs  aus  der  Spezialkarte  1:75000  oder 
1:25000  und  berechnet  dasselbe.  Nun  erhebt  man  die  Regenhöhen  für  die 
einzelnen  Jahre  und  Monate  aller  für  das  Einzugsgebiet  in  Betracht  kommen- 
den, also  innerhalb  desselben  oder  außerhalb  der  Wasserscheide,  in  der  Nähe 
gelegenen  ombrometrischen  Stationen,  soweit  als  diese  Aufzeichnungen  aus 
den  meteorologischen  Berichten  zur  Verfügung  stehen. 

Behufs  Ermittelung  der  Zuflußmengen  in  das  Stauweiherbecken  aus  den 
Niederschlagshöhen  muß  wiederholt  betont  werden,  daß  zur  Berechnung  die 
Beobachtungsdaten  eines  möglichst  langen  Zeitraumes  herangezogen  werden 
sollen. 

Häufig  stehen  dem  projektierten  Ingenieur  derartige  lange  Beobachtungs- 
reihen überhaupt  nicht  zur  Verfügung,  mitunter  wird  aber  zur  Vermeidung 
der  zeitraubenden  Sammlung  und  Auswertung  der  meteorologischen  Daten, 
also  aus  Bequemlichkeit,  ein  Zeitraum  von  ca.  10  Jahren  als  ausreichend  an- 
genommen, eine  Annahme,  die  meist  völlig  unrichtig  ist  und  zu  den  ärgsten 
Irrtümern  führt. 

Ich  habe  schon  im  I.  Bande  dieses  Handbuches  (S.  53  und  135)  an  der 
Hand  des  Graphikons  (Taf.  II)  auf  die  bedeutenden  Schwankungen  der  Jahres- 
regenhöhen eines  und  derselben  Station  hingewiesen. 

Zur  weiteren  Bekräftigung  dieser  Tatsachen  und  der  Notwendigkeit  der 
größten  Vorsicht  bei  den  bezüglichen  Berechnungen  und  daraus  zu  ziehenden 
Schlußfolgerungen  will  ich  noch  die  Ausführungen  des  Direktors  der  Königl. 
sächsichen  meteorologischen  Station  in  Chemnitz  (Sachsen)  Herrn  Prof.  Dr. 
Schreiber  anführen.  InDresdenund  Freiberg  begannen  die  regelmäßigen 
Niederschlagsbeobachtungen  in  den  Jahren  1828  resp.  1829,  daher  für  diese 
Stationen  nunmehr  77  jährige  Beobachtungen  vorliegen. 

Als  Mittel  der  73  Jahre  (1828—1900)  ergab  sich  für  Dresden  eine 
Jahressumme  von  610  mm,  ein  Minimum  von  300  mm  (1832)  und  ein  Maximum 
von  880  mm  (1891);  die  Differenz  zwischen  den  beiden  letzteren  Höhen  betrug 
somit  580  mm  oder  95°/o  des  Mittels,  das  als  Normalbetrag  angesehen 
werden  kann. 

Für  die  während  dieser  Periode  gebildeten  verschiedenen  11jährigen 
Mittel  (angeblicher  Zusammenhang  mit  den  Sonnenfleckenmaximas)  ergaben 
sich   bloß   330/0  des  Normal  wertes;  ja  selbst  die  35  jährigen  Mittel  aus  ver- 


E.  Berechnung  des  Fassangsinhaltes  der  Reservoire. 


259 


schiedenen  Epochen  wiesen  einen  Unterschied  von  10  ®/o  gegen  das  73  jährige 
Mittel  auf. 

Für  Freiberg  beträgt  der  Unterschied  zwischen  Maximum  und  Minimum 
91%  des  Normalwertes;  die  11jährigen  Mittel  zeigen  39<>/o,  die  35  jährigen 
Mittel  17%  Unterschied  gegen  den  72  jährigen  Mittelwert. 

Die  Wahl  dieser  Mittel  erfolgt  auf  Grund  der  Annahme  der  Periodizität 
der  Sonnenfleckenmaxima  (11  Jahre  —  nach  Prof.  Brückner  35  Jahre,  nach 
Prof.  Reis  110 — 112  Jahre),  obwohl  de  facto  innerhalb  11  Jahre  2  Maxima 
und  2  Minima  beobachtet  wurden,  welche  Erscheinungen  nachLockyer  sich 
auch  in  den  Ländern  um  den  indischen  Ozean  finden  sollen. 

Wichtiger  als  die  Jahressummen  ist  jedoch  die  Gestaltung  der  Monats- 
regenhöhen bezüglich  der  Verteilung  der  Niederschläge. 

Dr.  Schreiber  stellt  zum  Schlüsse  seines  im  Jahre  1901  gehal- 
tenen   Vortrages     fol- 


gende Prognose: 
„Sollten 


die 


Flg.  187.    Mittleres  (MonatB-)  Abfloßmengengraphlkon  pro  1890—1895. 


dargestellten  pe- 
riodischen Schwan- 
kungen des  Nieder- 
schlages tatsächlich 
bestehen,  so  wer- 
den im  Zeiträume 
1900/10  meist  unter- 
normale Jahres- 
mengen eintreten, 
die  aber  nicht  so 
klein  sind,  wie  in 
den  30er  und  70er 
Jahren  des  vorigen 
Jahrhunderts.  Von 
1908—1927  findet  ein  auf-  und  niederschwankendes  Ansteigen 
der  Niederschlagsmenge  statt,  erreicht  aber  nicht  die  Höhe  der 
letzten  20  Jahre.  Von  da  an  würde  sehr  rasch  eine  Zeit  starker 
Trockenheit  eintreten,  und  es  müflten  sich  während  der  2.  Hälfte 
des  jetzigen  Jahrhunderts  alle  die  Vorgänge  wiederholen,  die  wir 
von  1830  an  beobachten  konnten.*^ 

Aus  den  Mittelwerten  der  einzelnen  Beobachtungsstationen  konstruiert 
man  nun  für  die  einzelnen  Beobachtungsjahre  das  Regenhöhengraphikon 
(siehe  Taf.  IV,  I.  Bd.),  bezw.  in  bezug  auf  die  Größe  des  Einzugsgebietes  das 
Regenmengengraphikon  nach  der  auf  Tafel  II  des  I.  Bandes  veran- 
schaulichten Weise.  Mit  Berücksichtigung  der  Terrainverhältnisse,  Be- 
waldung etc.  werden  nun  bei  Annahme  passender  Abfluflkoeffizienten  die 
monatlichen  Abflußmengen  für  die  einzelnen  Jahre  berechnet  und  daraus  ein 
Abflußmengengraphikon  konstruiert  (Fig.  137).  Die  schraffierten  Recht- 
ecke bedeuten  die  monatlichen  Regenmengen  oder  die  daraus  berechneten 
monatlichen   Abflußmengen.    Aus   dieser  graphischen  Darstellung  wird   man 

17* 


260  ^-  ^^®  SUaweiherbaaten. 

natürlich  bloß  ein  allgemeines  Bild  Ober  die  Verteilung  der  Abflußmengen  zu 
dem  Bedarfe  erhalten.  Statt  durch  Rechnung  wird  man  jedoch  viel  genauer 
zum  Ziele  gelangen,  wenn  man  in  der  Lage  ist,  über  jahrelange  Pegelauf- 
zeichnungen eines  in  der  Nähe  des  zu  projektierenden  Stauweihers  gelegenen 
Durchflußprofiles  (Brücke  oder  Wehr  etc.)  zu  verfügen,  in  welchem  Falle  man 
sodann  die  Abflußmengen  direkt  berechnen  kann.  Nun  rechnet  man  das 
mittlere  monatliche  Wassererfordernis  für  jene  Zwecke,  denen  das 
Reservoir  dienen  soll,  zeichnet  dieses  als  horizontale  Linie  in  das  Graphikon 
ein  und  vergleicht  nun,  wie  sich  dasselbe  mit  den  in  den  einzelnen  Monaten 
zur  Verfügung  stehenden  Abflußquantitäten  kombiniert,  ersieht  daraus  die 
Größe  des  Überschusses  oder  Mangels  in  den  einzelnen  Monaten  und  berechnet 
daraus  den  notwendigen  Fassungsraum  des  Stauweihers. 

Bei  Berechnung  des  verfügbaren  Wasservorrates  ist  auch  die  Größe 
der  Verdunstung,  sowie  beispielsweise  bei  Wasserversorgungen  die  Schwankung 
im  Konsum  zu  berücksichtigen,  bei  denen  der  Verbrauch  im  Sommer  der 
größte  sein  wird.  Bezüglich  des  Abfluß-,  Versickerungs-  und  Verdunstungs- 
koeffizienten für  Stauweiher  wurden  nachstehende  Resultate  gefunden. 
Bezeichnet: 
A  die  jährliche  Abflußmenge  (oder  Höhe), 
R  die  jährliche  Regenmenge  (oder  Höhe), 

K^  den  Abflußkoeffizient, 

K^  den  Versickerungskoeffizient  und 

K^  den  Verdunstungskoeffizient,  endlich 

W  die  zur  Speisung  der  Reservoire  wirklich  verfügbare  Wassermenge, 
so  schwankt 

1.  der  Abfluß-Koeffizient  K-^  (im  Mittel  des  Jahres)  im  allgemeinen 
zwischen  0,3 — 0,75,  und  zwar  betrug  derselbe  beim  Reservoir 

von  Montaubry      .     .     .     .     A  —  0,29  /?,  also  nahezu  ^/g  i?, 

bei  Groß-Bois A  =  0,50  /?, 

bei  Furens A  =  0,64  /?, 

bei  Remscheid ^  =  0,67  R  oder  nahezu  ^/g  /?, 

von  An9on A  =  0,63  /?, 

der  Vogesentalsperren  .     .     ^  =  0,60—0,80  R, 

im  Wuppergebiet .     .     .     .     ^  =  0,60—0,70  R, 

der  Komotauer  Sperre  ,     ,     A  =  0,60  i?, 

nach  Crugnola    ....     ^  =  0,60—0,80/?. 
Außer   den  bekannten  Faktoren  wird  insbesondere  der  Koeffizient  A\  von 
der  Durchlassungsfähigkeit  des  Untergrundes  des   orographischen  (Sammel-, 
Niederschlags-)  Gebietes  abhängen. 

2.  Der  Verlust  durch  Versickerung  (Filtration)  im  Stauweiheruntergrunde 
selbst  wird  mit  der  Durchlässigkeit  desselben,  schlechter  Dichtung  des  Ab- 
schlußwerkes und  Tiefe  des  Wasserspiegels  zunehmen.  Bei  Erddämmen  kann 
der  Versickerungsverlust  in  Kubikmeter  und  pro  24  h  Kj  =  0,35  bm  .  hm  an- 
gesetzt werden,  wobei 

bm  die  mittlere  Breite  des  Dammes, 
hm     »  „        Höhe      „  „ 


£.  Berechnung  des  Fassnngsinhaltes  der  Reservoire. 


261 


bedeutet;  nach  anderen  kann  der  Filtrationsverlust  auch  mit  ca.  500 — 1000  m* 
pro  Tag  für  jede  Million  Fassungsraum  (5 — 10®/o)  angenommen  werden. 

3.  Die  Größe  der  Verdunstung  der  freien  Wasserspiegeloberfläche  ist 
je  nach  dem  Klima  des  Ortes,  seiner  Lage  gegen  die  herrschenden  Winde  etc. 
eine  sehr  verschiedene  und  kann  aus  den  meteorologischen  Aufzeichnungen 
der  Stationen  entnommen  \verden. 

Im  allgemeinen  können  auch  bei  besseren  Reservoirbauten  größere 
Prozente  durch  Versickerung  und  Verdunstung  verloren  gehen,  so  daß  zur 
Speisung  der  Reservoire  nur  ca.  eine  verfügbare  Wassermenge  von  IV=^0J  A 
in  Rechnung  zu  setzen  wäre,  d.  h.  also  fV==  0,2  bis  0,5  R  beträgt,  oder  mit 
anderen  Worten,  von  den  Regenmengen  nach  diesen  nur  ganz  allgemeinen 
Annahmen  durchschnittlich  nur  20 — 50*^/q  als  wirklich  verfügbare  Wassermenge 
anzunehmen  wären.  Zur  weiteren  Beurteilung  dieser  Frage  sollen  in  nach- 
stehenden Tabellen  (S.  262 — 264)  noch  andere  Erfahrungsresultate  dienen, 
welche  in  verschiedenen  Werken  publiziert  wurden. 

Über  die  Prozentverhältnisse  der  Abfluß-  und  Verdunstungshöhen  bezw. 
Mengen  sind  unter  anderen  im  Wuppergebiet  detailliertere  Messungen  vor- 
genommen worden,  welche  in  nachstehender  Tabelle  aufgezeichnet  erscheinen. 


Tabelle  über  Niederschlag,  Abfiufs  und  Verdunstung  der  drei  benachbarten  TKler 
Lennep,  Uelfetal  und  Bevertal  im  Wuppergebiet  (Rheinland). 

1882 88  »/o  Abflußmenge. 

1883 70  „ 

1884 66  „ 

1885 70  „ 

1886 60  „ 

1887 67  „ 

1888 82  „ 

1889 72  „ 

1890 70  „ 

1891 68  „ 

1892 69  „ 

1893 69  „  „ 

1894 74  , 

1895 72  „ 

1896 62  „  „ 

15 jähriges  Mittel  60  ^/o- 

Mittlere  jährliche  Abflußprozente  der  Niederschlagsmengen  bezw. 

Regenhöhen  in  Lennep,   welche  zwischen  924  und  1662  mm  schwanken  und 

im  15  jährigen  Mittel  1217  mm  betragen. 

Bei  einem  Niederschlagsgebiet  der  Wupper  bei  Dahlhausen  von  213,4  km 

ergaben  sich  aus  öjährigem  Mittel  nachstehende  Prozent  Verteilungen  des 

Abflusses  auf  die  einzelnen  Monate: 

Januar  ....     84  «/o-  Mai 40  «/o-  September      .     .     61  ®/o. 

Februar     ...     78  „  Juni      ....     45  „  Oktober    ...     74  „ 

März     ....     68  „  Juli 48  „  November.     .     .     86  „ 

April    ....     62  „  August.     ...     46  „  Dezember.     .     .    86  „ 


262 


II.  Die  Stauweiherbauten. 


Stauweiher: 

Fassungs- 
raum 

Einzugs- 
gebiet 

Regenhöhe 

Abfluß- 
quote 

Bemerkungen. 

MiU.  m* 

km« 

mm 

«/o 

r 

max.  1310 

36 

\  Aus  lOjähr.  Beobachtungen 

Montaubry.  .  .  . 

6,0 

16,0   \ 

min.     610 

33 

>      ergaben    sich    im   Mittel 

\ 

mittel  840 

34 

1      29»/o. 

Goudrexauge    .  . 

13,0 

— 

— 

49 

Gileppe 

12,6 

40,0 

— 

69 

Stehen   in   trockenen   Jahren 
zur  Verfügung. 

Remscheid.  .  .  . 

— 

4,6 

— 

96 

Max.    Abfluß     bei    sehr    un- 
durchlässigem Terrain. 

Liverpool  .  .  .  < 

I 

40,0 

884 

60 
41 

Altes  Reservoirgebiet. 
Vimwey-Gebiet. 

Edinburgh .... 

— 

— 

996 

86 

Elsafi-Lothringen 

— 

— 

— 

36 

Im   Mittel   und    zwar\    , 

41 

Januar  bis  März 

rsij 

21 

April      „    Juni 

^S| 

7 

Juli         „    Septbr. 

<  "^ 

Verdunstung     der     freien 

Wasserspiegel  -  Oberfläche 

Lothringen: 

600  mm    pro    Jahr;    hier- 

Stauteiche von 

von  entfallen: 

260  m  Seehöhe 

— 

Zur  Hälfte 

— 

8 

auf  Januar    bis  März, 

bewaldet. 

36 
44 
12 

»    April       „    Juni, 

»    JuU          „    September, 

„    Oktober  „    Dezember. 

zus.lOO«/j 

96 

Dezember   bis  Februar. 

Mosel-Saar-Kanal 

— 

— 

—    l 

30 
9 

März              „    Mai. 
Juni               „    August. 

Westfälische  Fluß- 
gebiete .... 

— 

— 

-{ 

18 
66 
18 

September    „    November. 

November  bis  April. 

Mai              „    Oktober. 

Nach  Michaelis  entsprechen 
1190  bezw.  400  m»  durch- 
schnittlich 800  m*  Abfluß- 

Elbe- und  Saale- 

menge pro  Tag  und  km«. 

gebiet  

600 

38 

Nach  Sasse  (auf  Grund  20 
bis  öOjähr.  Pegelbeobach- 
tungen)  entspricht  dies  einer 
durchschnittl.  Abflußmenge 
von  620  m^  pro  Tag  und 

km«. 

In  England  werden  nach  Humber  in  trockenen  Jahren  durchschnittlich  160 — 460  m* 
pro  Tag  und  km«,  bezw.  eine  jährliche  Abflußhöhe  von  66 — 166  mm  gerechnet,  welche  aus 
einem  Reservoirgebiet  mit  Sicherheit  bezogen  werden  können. 


£.  Berechnnng  des  Fassnngsinhaltes  der  Reservoire. 


263 


Aus  den  neuesten  Betriebsberichten  der  Wuppertalsperren-Genossenschaft 
sind  nachstehende  Daten  über  Abflußkoeffizienten  zu  entnehmen. 


Im  Jahre 

1903 

1904 

1905 

1906 

im  Einzugsgebiete  der 

Bever- 

Lingese- 

Bever- 

Lingese-     Bever- 

Lingese- 

Bever- 

Lingese- 

Talsperre 

Mittierer  jährlicher 
Zaflnfi    pro    km* 
in  Sek.-Liter   .  . 

Prozent    des    Zu- 

36,1 

36,5 

21,6 

24,3 

35,3 

35,2 

36,5 

35,2 

flasses  gegenüber 

der  Regenhöhe  . 

Jahresregenhöhe  in 

Millimeter  .... 

90,5 
1269 

75,7 
1486 

67,5 
1012 

66,8 
1148 

75,8 
1468 

73,1 
1520 

83,6 
1380 

75,6 
1444 

Verdunstungshöhen  der  freien  Wasserspiegel  (in  Proienten  der  Niederschlagshohen). 
Mittel  aas  den  drei  nachbarlichen  Tälern  Lennep-,  Uelfe-  und  Bevertal. 


Lenneptal: 

U 

elfetal: 

B 

everta 

1: 

Jahr: 

2 

r 

O      V 

u 

fl 

tl 

ii 

«    Iß 

2 

> 

II 

1  1» 

mm 

mm 

% 

mm 

mm 

% 

mm 

mm 

^ 

^ 

"^      1889. 

Januar    . 

•     •     . 

55 

25 

45 

45 

35 

77 

39 

27 

69 

64 

Februar 

113 

— . 

— 

77 

— 

— 

60 

— 

— 

— 

März. 

74 

70 

94 

68 

90 

132 

55 

60 

109 

112 

April. 

40 

58 

145 

37 

107 

289 

29 

97 

334 

256 

Mai    . 

78 

98 

125 

53 

132 

249 

54 

134 

248 

207 

Juni  . 

81 

124 

153 

56 

166 

296 

83 

154 

185 

211 

Juli    . 

153 

110 

71 

171 

114 

67 

149 

168 

113 

84 

August 

166 

115 

69 

153 

95 

62 

142 

135 

95 

75 

September 

126 

102 

80 

120 

85 

70 

105 

102 

97 

82 

Oktober  . 

54 

83 

153 

42 

67 

159 

29 

75 

258 

190 

November 

54 

50 

92 

52 

30 

58 

37 

33 

89 

80 

Dezember 

136 

20 

14 

115 

15 

13 

111 

— 

— 

9 

Im  ganzen 

Ja 

hre 

1130 

855 

75 

989 

936 

95 

894 

985 

110 

93 

264 


II.  Die  Staaweiherbauten. 


— 



Lennept 

al: 

Uelfetal: 

Bevertal: 

Jahr: 

1 

2 

1  -S 

•2  •* 

ifo 

§1 
SSO 

1  s 

1 
ll 

ti 

§1 

> 

c    c 

11 

mm 

mm 

% 

mm 

mm 

Vo 

mm 

mm 

% 

% 

1890. 

Janaar    . 

. 

192 

40 

20 

197 

36 

18 

158 

24 

15 

18 

Februar 

6 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

März. 

61 

60 

100 

58 

63 

108 

55 

62 

112 

107 

April. 

98 

95 

96 

89 

71 

80 

79 

90 

114 

96 

Mai    . 

77 

100 

130 

77 

129 

167 

69 

154 

220 

172 

loni  . 

93 

94 

101 

87 

99 

113 

71 

107 

153 

122 

Juli    . 

149 

89 

60 

161 

107 

66 

134 

118 

88 

71 

August 

163 

83 

50 

145 

89 

61 

146 

115 

78 

63 

September 

16 

66 

406 

13 

64 

492 

13 

67 

515 

471 

Oktober . 

166 

33 

20 

144 

36 

25 

141 

32 

22 

22 

November 

265 

10 

4 

232 

10 

4 

221 

20 

9 

6 

Dezember 

6 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

Im  ganzen 

Jahre 

1297 

629 

46 

1104 

704 

63 

1089 

799 

73 

62 

1891. 

Januar    . 

, 

156 

— 

— 

135 

— 

— 

127 

— 

— 

— 

Februar 

9 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

März. 

160 

50 

31 

144 

50 

34 

93 

50 

54 

39 

April. 

86 

60 

69 

101 

55 

55 

73 

60 

82 

69 

Mai    . 

77 

110 

172 

91 

107 

119 

65 

120 

184 

148 

Juni   . 

181 

90 

50 

173 

82 

47 

172 

105 

61 

52 

JuU    . 

102 

110 

108 

112 

116 

103 

91 

126 

139 

117 

August 

112 

90 

80 

79 

86 

108 

74 

100 

135 

108 

September  . 

44 

80 

181 

83 

82 

190 

35 

85 

243 

205 

Oktober. 

61 

68 

113 

69 

66 

95 

47 

70 

148 

119 

November 

49 

26 

52 

49 

33 

67 

46 

34 

74 

64 

Dezember 

193 

— 

— 

177 

4 

2 

183 

— 

— 

1 

Im  ganzen 

Jahre 

1229 

684 

55 

1170 

781 

67 

1005 

749 

74 

65 

1892. 

Januar    . 

102 

— 

— 

72 

— 

— 

60 

— 

— 

— 

Februar 

79 

20 

25 

65 

22 

33 

54 

22 

40 

33 

März. 

43 

58 

135 

25 

68 

272 

34 

58 

170 

192 

April. 

44 

79 

180 

30 

106 

353 

34 

80 

235 

256 

Mai    . 

72 

156 

216 

55 

160 

290 

52 

157 

301 

269 

Juni    . 

86 

118 

137 

85 

113 

132 

65 

125 

192 

153 

Juli    . 

68 

124 

182 

73 

123 

168 

45 

137 

304 

218 

August 

84 

118 

140 

76 

118 

155 

71 

125 

176 

160 

September 

144 

52 

36 

115 

55 

47 

99 

59 

59 

47 

Oktober . 

101 

45 

45 

87 

48 

55 

89 

51 

57 

55 

November 

67 

22 

33 

53 

22 

41 

47 

22 

47 

40 

Dezember 

130 

— 

— 

128 

— 

— 

127 

— 

— 

— 

Im  ganzen 

Ja 

hre 

1017 

792 

77 

865 

835 

96 

778 

836 

107 

93 

E.  Berechnung  des  Fassangsinhaltes  der  Reservoire.  265 


Aus  allen  4  Jahren  und  den  3  Tälern  ergeben  sich  also  nachstehende 

0* 


Mittel:  Januar 20<>/, 


Februar 8 

März 72  „ 

April 169  „ 

Mai 199  „ 

Juni 134  „ 

Juli 122  „ 

August 101  „ 

September 201  „ 

Oktober 96  „ 

November 47  „ 

Dezember 2  „ 

Im  ganzen  |ahre  78®/o. 
Diese  Verdunstungshöhen  sind  natürlich  bei  ihrer  praktischen  Ver- 
wertung nicht  auf  die  Fläche  des  Einzugsgebietes,  sondern  nur  auf  jene  des 
Stauweiherwasserspiegels  zu  beziehen.  Sei  die  letztere  /  m*,  so  wird  die 
Verdunstungsmenge  J/t;=/.  A»,  wobei  hv  die  Verdunstungshöhe  in  Meter 
bedeutet.  Sei  also  z.  B.  /=  100000  m«  und  die  jährliche  mittlere  Ver- 
dunstungshöhe K  =  800  mm  =  0,8  m,  so  beträgt  Afy  =/.  Av  =  80000  m' 
pro  Jahr  (im  Mittel),  um  welches  Quantum  also  der  Fassungsraum  des  Stau- 
weihers, für  das  ganze  Jahr  geltend,  zu  vergröflem  wäre.  Natürlich  wird  man 
bei  genaueren  Rechnungen  diese  Mengen  für  die  einzelnen  Monate  bezw. 
Quartale  bestimmen. 

Ein  anderes  Beispiel  für  die  Berechnung  der  Abflufimengen  aus  den 
Regenhöhen  bezw.  Regenmengen  bieten  die  im  Jahre  1906  durch  Ingenieur 
Czehak  bei  der  Friedrichwald  er  Talsperre  (Böhmen)  vorgenommenen 
direkten  Messungen. 

Die  Regenhöhe  dieses  Jahres  betrug  h  =  1700  mm.  Das  4,1  km*  große 
Einzugsgebiet  besteht  aus  65®/o  Wald  und  35**/o  Freiland  (Heide  und  Jung- 
wald). Die  berechnete  Regenmenge  in  diesem  Jahre  betrug  R  =  7,2  Mill.  m*, 
die  faktisch  gemessene  Abflußmenge  A  =  5,0  Mill.  m^.  Es  betrug  also  der 
Abfluß  70*^/o  der  ombrometrischen  Regenmenge. 

Auf  die  einzelnen  Monate  verteilt,  ergaben  sich  nachstehende  Abfluß- 
quoten der  ombrometrischen  Regenmengen: 

Januar 40«/o\  x. 

•'  '^1  Frost. 


Februar 48 

■•> 


März 103  „   .   ^  ,  ,      , 

.     .,  At'm       f  Schneeschmelze. 

Apnl 466 

Mai 62  „ 

Juni 62  „ 

Juli 65  „ 

August 38  „  \ 

September ^3       |  starke  Verdunstung. 

Oktober 76  „ 

November 69  „ 

Dezember .     .     46  „       (Frost). 

Im  Jahresmittel     10  ^j^. 


266  ^-  ^ic  Stanweiherbauten. 

Bei  Annahme  einer  Retension  des  Hochwaldes  von  26^ j^  erhalten  wir 
nachstehende  Resultate:  Das  Einzugsgebiet  besteht  aus  2,7  km^  Wald  und 
1,4  km*  Freiland. 

Es  gelangen  daher  auf  den  Erdboden: 

im  Wald     .     .     .     2700000  m«.  1,76  m  =  4,752  Mill.  m», 
hiervon  ab  25  ^/q  Retension  =  1,188     „      „ 
bleiben  für  Waldbestand  =  3,564  Mill.  m» 
für  Freiland    .     .     1 400  000  mM,76  m  =  2,464     „      „ 
also  zusammen  =  6,028  Mill.  m*. 
Da   laut  Messung  5,000  Mill.  m«  wirklich   abflössen,   so  entspricht  dies 
einem  Prozentsatz  von  83%  der  auf  den  Erdboden  gelangten  Nieder- 
schlagsmengen. 

Auf  die  Quartale  verteilt,  ergeben  sich  für 

das  Winter-Quartal  (Dezember — Februar)      .     .    44  ^/o, 

„     Frühlings-  „        (März— Mai) 207  „ 

„     Sommer-     „        (Juni — August) 55  „ 

„     Herbst-        „        (September— November)     .     66  „ 

im  Jahresmittel     70% 
der  ombrometrisch  gemessenen  Regenhöhe. 

Hierbei  ist  hervorzuheben,  daß  der  obere  Teil  des  Einzugsgebietes 
ziemlich  flach  gestaltet  ist  (viel  Moorbildungen),  daher  bei  steileren  Abhängen 
der  Prozentsatz  eigentlich  noch  größer  werden  sollte.  Auch  das  durch  Ein- 
sickerung gebildete  Grundwasser  wird  zum  größeren  Teil  in  das  Stauweiher- 
becken gravitieren. 

Eine  Obersichtliche  Orientierung  zwischen  Wasservorrat  und  Wasser- 
bedarf kann  durch  die  graphische  Konstruktion  der  Ab-  bezw.  Zuflußkurven, 
sowie  der  Konsumtions-  und  Vorratskurven  gewonnen  werden.  Diese 
Kurven  bilden  den  geometrischen  Ort  der  algebraischen  Summe  aller  vorher- 
gegangenen Zufluß-,  Verbrauchs-  und  Vorratsquantitäten.  In  Fig.  137  sind 
diese  Kurven  skizziert  (nicht  konstruktiv  eingezeichnet).  Die  Gestaltung  der 
Vorratskurve  wird  eine  Änderung  erfahren,  wenn  bei  den  Ordinaten  der 
jeweilige  monatliche  Wasserverbrauch  in  Abzug  gebracht  wird,  was  bei  der 
Konstruktion  zu  berücksichtigen  ist.  In  Fig.  138  ist  eine  graphische  Durch- 
führung in  Form  eines  Flächenprofiles  für  drei  verschiedene  Wasserbedarfs- 
verteilungen skizziert.  Die  auf-  und  absteigenden  Linien  bedeuten  die  der 
monatlichen  Zuflußmenge  des  Niederschlagsgebietes  entsprechende  Abfluß- 
bezw.  Zuflußkurve  (im  6.  Monat  =  Juni  das  maximale,  im  9.  Monat  —  September 
das  minimale  monatliche  Abflußquantum).  Die  gestrichelte  Linie  bedeutet  die 
Kurve  des  monatlichen  Wasserbedarfes;  dieselbe  wird  für  Wasserversorgungs- 
zwecke (Jahr  1880  eingezeichnet)  im  August  zumeist  den  höchsten  Stand,  im 
Dezember  und  Januar  die  niedrigste  Ordinate  repräsentieren;  im  allgemeinen 
wird  diese  Kurve  eine  unregelmäßige  Linie,  entsprechend  den  in  den  einzelnen 
Monaten  variablen  Bedarfs  mengen,  darstellen.  Für  Industriezwecke  mit  zumeist 
konstantem  Wasserbezug  geht  die  Konsumtionskurve  in  eine  horizontale 
Gerade  über  (siehe  Jahr  1881).     Die   oberhalb   derselben  (als  Ausgleichlinie 


£.  Berechnung  des  Fassnngsinhaltes  der  Reservoire. 


267 


gezogen)  horizontal  schraffierten  Flächen  repräsentieren  die  Oberschußwasser- 
mengen, die  unterhalb  liegenden,  vertikal  schraffierten  Flächen  die  durch  das 
Reservoir  zu  deckenden  Wasserquantitäten  (Mängel).  In  diesem  Falle  würde 
entsprechend  der  größeren  Fläche  F  der  Inhalt  des  Stauweihers  zu  berechnen 
sein.  Im  3.  BeispijBl  (1882)  ist  die  Einzeichnung  von  periodischen  Wasser- 
bedarfsmengen, z.  B.  für  die  Frühjahrs-,  Sommer-  und  Herbstbewässerung, 
skizziert.  In  England  wird  nach  Hawksley  die  Zahl  der  Tage  7",  für  welche 
zur  Wasserversorgung  ein  Vorrat  in  dem  Sammelweiher  aufgespeichert  werden 

muß,   nach  der  Formel  T=     . —    berechnet,   wobei  h  die   durchschnittliche 

jährliche  Regenhöhe  in  Zentimeter  bedeutet.  Man  kann  femer  auch 
diese  vergleichenden  Graphikons  in  anderer  Weise,  ähnlich  den  Massen- 
nivellements bei  dem  Erdbaue,  konstruieren. 

Es  wird  für  die  einzelnen  Jahre  (insbesondere  auch  für  das  trockenste, 
also   ungünstigste   Jahr)   eine  Art   Massennivellementkurve   konstruiert, 


Flg.  188.    Graphlkon  der  Zuflofi-  und  Bedarfsknrven. 

wobei  die  negativen  Aufträge  den  Wasserbedarf,  die  positiven  Abträge  hier 
die  Zuflußmengen  bedeuten,  und  ist  dann  entsprechend  der  größten  inner- 
halb der  Beobachtungsjahre  resultierenden  negativen  Wasserbedarfsordinate 
der  Fassungsraum  des  Reservoirs  zu  bestimmen. 

Eine  der  übersichtlichsten  graphischen  Methoden  ist  durch  das  von 
Ingenieur  Müller  im  Jahre  1896  publizierte  Verfahren  der  graphischen 
Ermittelung  des  notwendigen  Fassungsraumes  der  Stauweiher  als 
Sammelreservoire  repräsentiert. 

Nach  der  früher  besprochenen  Weise  werden  in  erster  Linie  die 
Abflußmengen  für  die  einzelnen  Monate  aus  den  Niederschlagsmengen  zu 
berechnen  sein. 

Es  empfiehlt  sich  im  Interesse  möglichst  großer  Genauigkeit,  alle  zur 
Verfügung  stehenden  Beobachtungsjahre  heranzuziehen,  im  Interesse  der 
Sicherheit  wegen  jedoch  mindestens  das  trockenste  mit  einigen  früheren  und 
nachfolgenden  Jahren  herauszugreifen.  Aus  den  so  erhaltenen  monatlichen 
event.  Quartalabflußmengen  wird  durch  Summierung  je  zweier  aufeinander- 
folgender Werte   eine   Abflußsummenkurve  konstruiert  werden   können. 


268 


n.  Die  Staaweiherbanten. 


Nachdem  die  einzelnen  Summen  stets  positive  Werte  repräsentieren,  so 
wird  die  Kurve  durchgehends  immer  ansteigen,  je  nach  der  Größe  der  hinzu- 
tretenden Abflußmenge  entweder  steiler  oder  sanft  ansteigend.  Nur  in  dem 
Falle,  als  in  einem  Monate  der  Niederschlag  gleich  Null  wäre,  würde  die 
Kurve  in  dieser  Zeitepoche  horizontal  verlaufen  (Fig.  139  ^5).  Verbinden  wir 
2  Punkte  A  und  B  dieser  Kurve  durch  eine  gerade  Linie,  so  wird  dieselbe 
die  mittlere  Abflußlinie  darstellen,  also  jene  Gerade,  welche  durch 
Summierung  der  durch  den  Zeitraum  AB  =  f  gleichförmig  abfließenden 
Wassermenge  Q  entsteht.     Es  wird  also: 

O  =        - — 
^       /  Tage 

den  mittleren  täglichen  Abfluß  darstellen. 

Alle  über  dieser  Linie  AB  liegenden  Ordinaten  cd,  ef,  CD  etc.  stellen 
die  Größe  der  jeweiligen  Füllung  des  Stauweihers  dar,  und  wird  speziell  die 
Größe  CD,  in  m*  ausgedrückt,  den  notwendigen  Fassungsraum  des 


Fig.  140. 


Stauweihers  darstellen,  welcher  notwendig  wäre,  um  während  der  Zeit- 
periode A  B  das  durchschnittliche  Wasserquantum  Q  aus  dem  Sammelbecken 
abzugeben.  Ziehen  wir  an  die  Summenabflußkurve  (Fig.  140)  eine  untere 
Tangente  A  A^y  so  stellt  dieselbe  ebenfalls  die  Summenlinie  des  durchschnitt- 
lichen gleichförmigen  Abflusses  in  der  zwischen  den  2  Berührungspunkten 
A  und  A^  gelegenen  Zeitperiode  dar. 

Alle  Teile  der  Summenkurve,  welche  steiler  als  diese  Tangente  sind, 
zeigen  an,  daß  in  dieser  Periode  die  Abflußmengen  größer  waren  als  der 
Durchschnittswert.  In  jenen  Strecken,  welche  einen  geringeren  Neigungs- 
winkel gegen  die  Horizontale  aufweisen  als  der  Neigungswinkel  der  Tangente, 
werden  die  Abflußquantitäten  in  der  Zeiteinheit  kleinere  sein  als  der  Durch- 
schnittswert Q. 

Ziehen  wir  an  die  Summenabflußkurve  im  höchsten  Punkte  B  eine 
obere  Tangente  parallel  zur  unteren,  so  wird  das  Summenquantum  in  der 
Strecke  AB^  welches  durch  die  Länge  BC  repräsentiert  wird,  einen  Über- 
schuß gegen  das  mittlere  Abflußquantum  darstellen,  d.  h.  die  Zuflußmengen 
werden  immer  zunehmen,  während  in  der  Strecke  von  B  bis  A*  die  Zufluß- 
mengen abnehmen,  also  Mangel  eintritt,  oder  mit  anderen  Worten:  während 


£.  Berechnung  des  Fassongsinhaltes  der  Reservoire. 


269 


in  der  Zeitperiode  zwischen  A  und  B  sich  der  Stauweiher  füllt,  muß  in  der 
Periode  B  A^  von  demselben  ein  Teil  des  Vorrates  abgegeben  werden, 
wobei  dieser  Vorgang  bei  mehrfach  auf-  und  absteigender  Kurve  sich  wieder- 
holen kann  und  im  Punkte  Ay^  (dem  unteren  Tangierungspunkte)  ein  voll- 
ständiges Entleeren  des  Stauweihers  eintritt. 

Wird  die  Summenabflußkurve  für  eine  lange  Reihe  von  Jahren  kon- 
struiert (Fig.  141),  was,  wie  hervorgehoben,  im  Interesse  möglichster 
Genauigkeit  notwendig  ist,  so  wird  in  gleicher  Weise  durch  Ziehen  der 
unteren  Tangente  A  A^  die  Summenlinie  des  mittleren  Abflusses  gewonnen 
werden. 

Der  größte  Abstand  zwischen  der  oberen  und  unteren  Tangente  BC 
repräsentiert  dann  den  notwendigen  Fassungsraum  des  Stauweihers,  welcher 
in  der  Lage  ist,  während  der 
11  Jahre  (zwischen  A  und  A^ 
das  mittlere  tägliche  Abfluß- 
quantum 

^       /Tage 
abzugeben. 

Aus  dieser  Figur  ist  zu 
ersehen,  daß  der  Stauweiher  für 
eine  große  Zeitperiode  zumeist 
viel  größer  sein  muß,  als  für 
den  Ausgleich  eines  einzelnen 
Jahres,  welches  Verhältnis  durch 
die  Differenz  der  Längen  der 
Ordinaten  BC  gegen  bc  ge- 
kennzeichnet erscheint. 

Alle  diese  Vertikalabstände  zwischen  der  Summenabflußkurve  und  der 
mittleren  Summenlinie  repräsentieren  in  ihrer  in  Kubikmeter  ausgedrückten 
Länge  die  jeweiligen  Füllungen  des  Stauweihers.  Nach  diesen  Ermittelungen 
gehen  wir  nun  zur  Betrachtung  des  Wasserbedarfes  über,  also  zu  jenem 
Quantum,  welches  entweder  durch  das  ganze  Jahr  mehr  oder  weniger  gleich- 
förmig oder  wesentlich  wechselnd  abgegeben  werden  muß. 

Ich  will  hier  von  der  temporären  Entnahme,  wie  bei  Bewässerungen 
(Frühjahrs-,  Sommer-  und  Herbstwässerung),  absehen  und  nur  die  nahezu 
gleichförmige  Abgabe  berücksichtigen,  wie  solche  für  industriellen 
Bedarf  Tag  und  Nacht  event.  in  Betracht  kommt,  ferner  die  ungleich- 
förmige Abgabe  während  eines  Jahres  annehmen,  wie  solche  durch  den 
wechselnden  Bedarf  in  den  einzelnen  Quartalen  bei  städtischen  Wasser- 
versorgungen eintritt. 

a)  Gleichförmiger  Konsum. 

Konstruieren  wir  die  Summenkurve  des  gleichförmigen  Konsums 
bezw.  der  Wasserabgabe  aus  dem  Stauweiher,  so  wird  diese  durch  eine 
gerade   Linie  repräsentiert.     Um  nun  diesen   gleichförmigen,    also    mittleren 


270 


II.  Die  Staaweiherbanten. 


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Fig.  142.    Gleichförmiger  Konsum. 


Konsum  mit  den  verfügbaren  Abflußmengen  in  Vergleich  zu  setzen,  verschieben 
wir  die  Summenlinie  des  Konsums  so  weit  hinauf,  bis  dieselbe  die  Summen- 
kurve des  Abflusses  in  A  bezw. 
A*  tangiert. 

Ziehen  wir  nun  zu  dieser 
unteren  Tangente  parallel  in  den 
Kulminationspunkten  B  und  ß' 
der  einzelnen  Jahre  obere  Tan- 
genten, so  wird  der  größte 
Wert  unter  den  Vertikalab- 
ständen, also  hier  BC  (siehe 
Fig.  142),  den  notwendigen 
Fassungsraum  des  Stauweihers 
darstellen. 

Als  Voraussetzung  für  die 
Möglichkeit  der  permanenten 
Abgabe  eines  bestimmten  Quan- 
tums muß  die  Bedingung  hervor- 
gehoben werden,  daß  dasselbe 
kleiner  sein  muß,  als  die 
zur  Verfügung  stehende 
mittlere  Zuflußmenge  in 
derselben  Zeiteinheit.  Nehmen 
wir  beispielsweise  an,  es  wären 
pro  Jahr  10000  m*  aus  dem 
Stauweiher  gleichförmig  abzu- 
geben, also  27,4  m"  pro  Tag. 

Durch  die  Linie  MN 
(Fig.  142)  wird  die  entsprechende 
Summenlinie  der  gleichförmigen 
Abgabe,  die  Konsumkurve,  re- 
präsentiert. 

Ziehen  wir  nun  parallel 
zu  MN  in  den  Punkten  A  und 
A'  die  unteren,  in  den  Kul- 
minationspunkten B  und  B'  die 
oberen  Tangenten  an  die  Ab- 
flußsummenkurve, so  repräsen- 
tiert der  größte  Wert  der  Ver- 
tikalen (BQ  den  notwendigen 
Fassungsraum  des  Stauweihers 
(in  diesem  Falle  also  ca.  5000  m'). 
Dieser  Wert  BC  ist  nun  von  allen  Tangierungspunkten  i5,  5^,  B^  und 
Schnittpunkten  Äj,  ^2»  ^s  dieser  oberen  Tangente  mit  der  Summenabflußkurv^e 
etc.  nach  abwärts  aufzutragen  (Fig.  143  als  Fortsetzung  der  Fig.  142  gedacht) 
und  von  den   so   erhaltenen   Punkten  C,    Q,    C,   etc.   Parallelen  zu  MN  zu 


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Flg.  148.    Gleichförmiger  Eonstun. 


E.  Berechnung  des  Fassongsinhaltes  der  Reservoire. 


271 


ziehen,  welche  Linien  die  Suramenabflußkurve  natürlich  nicht  tangieren,  außer 
in  dem  einem  Punkt  Ay  der  dem  Maximalwert  des  Stauweiherinhaltes  entspricht, 
so  ist  nachstehendes  zu  ersehen:  In  der  Zeitperiode  von  A  bis  b^  ist  der 
Stauweiher  in  Füllung  begriffen,  von  b^  bis  B^  ist  er  permanent  gefüllt  und 
gelangt  in  diesem  Intervall  sogar  ein  Q  von  der  Größe  O  D^  zum  Überlauf 
(und  zwar  hier  =  800  m*).  Von  B^  ab  tritt  bis  zum  Punkte  A*  wieder  eine 
teilweise  Entleerung  ein,  sodann  bis  b^  eine  AnfüUung;  von  b^  bis  B^  ist  der 
Stauweiher  wieder  gefüllt,  wobei  ein  Überlauf  C"  D^  =  4100  m*  stattfindet  etc. 

b)  Schwankender  Konsum. 

Während  die  konstante  Abgabe  in  der  Praxis  höchst  selten  eintritt, 
bildet  der  variable  Konsum  die  Regel. 

In  diesem  Falle  wird  die  Konsumsummenkurve  keine  gerade  Linie, 
sondern  eine  verschieden  gekrümmte  Kurve  darstellen.  Wird  dieselbe 
graphsich  aufgetragen  und  in 
den  gleichen Zeitordinaten  hinauf 
verschoben,  bis  sie  die  Abfluß- 
summenkurve in  ^1,  A^y  A^ 
tangiert  (Fig.  144),  so  stellen 
die  Ordinaten  By^  Q,  B^  Q,  B^ 
Q  etc.  die  für  das  betreffende 
Jahr  notwendigen  Fassungs- 
räume und  die  größte  (B^  Cg) 
den  zu  wählenden  Fassungsraum 
des  Stauweihers  dar. 

Man  hat  nun  wieder  von 
den  B  und  Ä  Punkten  diesen 
Wert  B^  Cg  nach  abwärts  auf- 
zutragen, also  B^  C^y  Bg  Cg, 
und  von  den  Punkten  C^  Cg 
die  Konsumkurve  parallel  ein- 
zuzeichnen. 

Die  zwischen  beiden  Kurven  gelegenen  Flächen  (schraffiert)  geben,  wie 
früher,  ein  anschauliches  Bild  über  die  FüUungs-  und  Entleerungsperioden, 
sowie  über  eventuellen  Überfall  (z.  B.  QZ>). 

Der  größte  Wert  für  den  Fassungsraum  des  Stauweihers  wird  vor  der 
größten  Trockenheitsperiode  zu  finden  sein,  weil  dort  die  Summenkurve  des 
Abflusses  am  längsten  flach  verläuft  und  die  stärker  geneigte  Konsumsummen- 
kurve am  meisten  divergiert. 

2.  Retentionsreservoire. 

Für  diese  ist  die  Berechnung  des  Fassungsraumes  nach  einer  zu  kon- 
struierenden Abflußkurve  des  größten  beobachteten  oder  berechneten  Hoch- 
wassers mit  Berücksichtigung  jenes  sekundlichen  Maximalquantums  zu 
berechnen,  welches  jederzeit  in  den  Bach  oder  Fluß  unterhalb  abgegeben 
werden  kann.     Ein  ähnliches  Beispiel  ist  für  die  Jaispitzreservoirberechnung 


Flg.  144.    Schwankender  Konsom. 


272 


II.  Die  Stanweiherbanten. 


durchgeführt  und  wird  auf  dasselbe  verwiesen.  Die  in  Fig.  145  (Hochwasser- 
graphikon  vom  10 — 13.  März  1888)  gezeichnete  Sekundenabflußkurve,  welche 
aus  der  Pegelkurve  konstruiert  wurde,  wird  durch  eine  horizontale  Linie 
jP  =  30  m^  abgeschnitten,  welches  Quantum  der  Bach  unterhalb  des  Stau- 
weihers, ohne  zu  exundieren,  anstandslos  abzuführen  in  der  Lage  ist.  Am 
10.  März  von  12  Uhr  mittags  bis  11.  März  7  Uhr  früh  war  das  sekundliche 
Abflußquantum  des  Baches  ein  größeres  wie  30  m*  und  betrug  in  der  2  Stunden 
dauernden  Kulminationsperiode  Qmax.  =  81,4  m*.  Wird  nun  diese  dreieck- 
ähnliche, schraffierte  Fläche  in  der  Weise  berechnet,  daß  die  Abszissen 
Qsee.  ni»,  die  Ordinaten  Stunden  bedeuten,  so  erhalten  wir  ein;^Qj^\  welches 
dem  notwendigen  Reservoirfassungsraume  entspricht.    In  nachstehender  Figur 


Si^mmft  Atffi/fsdattsr  Sf^_ 


Fl^.  145.    Graphikon  des  Verlaufes  des  Hochwaseen  vom  10.— 18.  Man' 1888 
In  der  Pegelstatlon  Durchlaß  (Mähren). 

ist  diese  Fläche  in  zwei  verschieden  schraffierte  Teile  zerlegt,   da  hier  zwei 
untereinander  liegende  Stauweiher  in  Betracht  kommen. 


3.  Kombinierte  Reservoire. 

Retentionsreservoire  können  z.  B.  mit  Bewässerungs-  (Irrigations-)  oder 
Industrie  Wasserreservoiren  kombiniert  werden,  weil  bei  beiden  Zwecken  die 
Trübung  des  Wassers  ohne  Belang,  ja  bei  Irrigation  sogar  erwünscht  ist.  In 
einem  solchen  Falle  muß  der  Fassungsraum  des  Stauweihers  im  ungünstigsten 
Fall  gleich  sein  der  Summe  für  Retentions-  und  Industriezwecke.  In  wasser- 
reicher Gegend  und  Jahreszeit  und  insbesondere  bei  großen  Einzugsgebieten 
wird  es  jedoch  öfter  genügen,  den  Stauweiher  nur  nach  dem  Inhalte  für  die 
Retention  zu  berechnen,  da  dieser  in  einem  solchen  Falle  der  weit  größere 
ist  und  die  jedesmalige  Füllung  des  Stauweihers  nach  großem  Regen  sicher 
erwartet  werden  kann. 


F.  Baudurchführung.  273 

Stauweiher  für  Genußwasser.  In  neuester  Zeit  wird,  wie  im  ersten 
Kapitel  dieses  Bandes  (Wasserversorgungen  der  Ortschaften)  bereits  detailliert 
besprochen,  in  allen  Fällen,  wo  Quell-  oder  tadelloses  Grundwasser  nicht  in 
genügender  Menge  vorhanden  ist,  zu  der  Versorgungsart  mittels  Stauweiher 
gegriffen  und  diese  bei  freier  Wahl  wohl  entschieden  der  Flußwasserversorgung 
(mit  Filtration)  vorgezogen. 

Indem  ich  auf  das  früher  Gesagte  hinweise,  will  ich  hier  nur  nochmals 
hervorheben,  daß  insbesondere  im  Hinblick  auf  die  Erzielung  einer  niederen 
Temperatur   des  Wassers  im   Hochsommer   ein  sogen,    eiserner  Vorrat   im  ■ 
Reservoir  permanent  zu  halten  ist,  daher  derselbe  zu  dem  früher  gerechneten 
notwendigen  Fassungsraume  noch  zuzuschlagen  kommt. 

Benutzung  der  Stauweiher  zum  Betriebe  von  Wassermotoren.  Eine 
Turbine  oder  ein  anderer  hydraulischer  Motor  kann  verwendet  werden,  um 
einen  Teil  des  Wassers  in  ein  höher  gelegenes  Hochreservoir  (für  Wasser- 
leitung) oder  zur  Speisung  bezw.  Bewässerung  höher  gelegener  Grund- 
stücke zu  heben.  Dieser  Motor  kann  auch  dazu  dienen,  um  bei  gespanntem 
Reservoir  die  Schützen  selbständig  zu  heben  oder  eine  Dynamomaschine  zu 
betreiben,  also  die  Wasserkraft  in  Elektrizität  umzusetzen,  diese  in  die 
Industriezentren  weiter  zu  leiten  und  dort  wieder  in  Licht  oder  Kraft  umzu- 
setzen. In  unserer  Zeit  benutzt  insbesondere  die  Großindustrie  als  bewegende 
Kraft  den  Dampf,  welchen  sie  zumeist  aus  Kohle  erzeugt;  allein  diese  brenn- 
baren Mineralien  stellen  sich  nicht  mehr  in  dem  Maße  wieder  her,  in  welchem 
dieselben  verbraucht  werden.  Der  mächtige  Vorrat,  welchen  die  Natur  zu 
unserer  Verfügung  gestellt  hat,  wird  gewiß  wohl  für  die  Bedürfnisse  unserer 
Zeit  genügen;  man  kann  jedoch  eine  Zeitepoche  voraussehen,  wo  dieses  kost- 
bare Hilfsmittel  fehlen  oder  doch  nicht  ausreichen  wird.  Unter  den  dieselben 
ersetzenden  Kräftemitteln  nimmt  jedoch  unstreitig  in  bezug  auf  die  Ökonomie 
und  Allgemeinheit  der  Verwendung  die  Wasserkraft  den  ersten  Rang  ein. 
Mit  Rücksicht  auf  die  sehr  ungleiche  Verteilung  der  Abflußmengen  während 
eines  Jahres,  andererseits  auf  den  Umstand,  daß  größere  natürliche  Gefälle 
(Wasserfälle)  nur  vereinzelt  vorzufinden  sind,  wird  wohl  auch  in  absehbarer 
Zeit  die  Schaffung  künstlicher  und  permanenter  Wasserkräfte  durch  Anlage 
von  künstlichen  Seen,  von  Stauweihem  größter  Dimension  eine  häufigere 
und  allgemeinere  werden,  als  dies  bis  heute  der  Fall  ist,  obwohl  in  dieser 
Richtung  außer  Italien,  Frankreich  und  England  auch  Deutschland  —  ein 
Verdienst  des  verstorbenen  Prof.  Intze  —  schon  jetzt  einige  hervorragende 
diesbezügliche  Bauwerke  aufzuweisen  hat.  Diese  großen  Aufgaben,  welche 
in  Zukunft  somit  zum  Teil  auch  den  Stauweiheranlagen  zufallen  werden  und 
eine  häufigere  Herstellung  dieser  Bauten  gewärtigen  lassen,  haben  mich  ver- 
anlaßt, dieses  Kapitel  der  Kulturtechnik  ausführlicher  zu  behandeln,  als  dies 
bisher  in  der  speziellen  Literatur  des  Kulturingenieurs  der  Fall  war. 

F.  Baudurchführung. 

Mit  Berücksichtigung  des  Umstandes,  daß  gerade  diese  Art  von  Wasser- 
bauten   zu    den    gefährlichsten    und    verantwortungsvollsten    Werken    des 
Friedrich,  Wasserbau.    Zweite  Auflage.    II.  Band.  18 


274  Q-  <^ic  Stauweiherbauten. 

Ingenieurs  gehören,  daher  ihre  Durchführung  seitens  aller  dabei  beteiligten 
Bauorgane  die  größte  Gewissenhaftigkeit  und  Genauigkeit  beansprucht,  sollen 
nun  im  Detail  jene  speziellen  Baubedingungen  vorgeführt  werden,  welche  bei 
den  vorliegenden  Bauten  beobachtet  werden  müssen;  dieselben  bilden  eigent- 
lich ein  Kompendium  der  praktischen  Bautätigkeit,  welches  in  der  Fachliteratur 
gewöhnlich  nicht  vertreten  ist.  Diese  Baubedingungen  beziehen  sich  auf  die 
Vergebung  des  Baues  der  Stauweiher  im  Jaispitztale  (Mähren),  sind  jedoch 
allgemein  auch  für  alle  ähnlichen  Bauten  anwendbar. 

Spezielle  Baubedingungen, 

geltend  für  den  Bau  der  Stauweiher  im  Jaispitztale  (Mähren). 

I.  Erd-  und  Felsarbeiten. 

a)  Vorarbeiten  und  allgemeine  Bestimmungen. 

§  1. 
Allgemeine  Vorarbeiten. 

Sobald  die  durch  die  Bauleitung  zu  bewirkende  Aussteckung  und 
Profilierung  vorgenommen  ist,  hat  der  Unternehmer  mit  denjenigen  Arbeiten 
zu  beginnen,  welche  erforderlich  sind,  um  das  als  Arbeitsfeld  bestimmte 
Terrain  für  die  Ausführung  der  eigentlichen  Erd-  und  Felsarbeiten  herzu- 
richten. Dieses  Arbeitsfeld  erscheint  in  den  Situationsplänen  mit  einer  violetten 
Linie  abgegrenzt.  Zu  den  Aussteckungen  und  Vermessungen  hat  der  Unter- 
nehmer die  notwendigen  Arbeitsleute,  Pflöcke  etc.  unentgeltlich  beizustellen. 

Bäume,  Baum-  und  Gesträuchwurzeln,  Hecken,  Zäune,  Bauten  und  Bau- 
bestandteile, sowie  Schnee-  und  Eisanhäufungen  müssen  beseitigt  werden. 
Abbruchmaterialien  bleiben,  insofern  die  Bauleitung  nichts  anderes  über 
dieselben  verfügt,  Eigentum  des  Bauunternehmers. 

An  Abhängen  sind  die  für  die  Anlage  von  Fahrwegen  bestimmten 
Flächen,  um  das  Abrutschen  der  angeschütteten  Massen  zu  verhindern,  auf- 
zuhauen und  mit  Stufen  zu  versehen.  Ausdehnung,  Lage  und  Form  dieser 
Stufen  bestimmt  die  Bauleitung. 

Von  Flächen,  welche  für  die  Aushebung  von  Einschnitten  oder  für  die 
Anschüttung  von  Dämmen  bestimmt  sind,  ist,  wenn  dies  von  der  Bauleitung 
angeordnet  wird,  eine  Schichte  urbarer  Erde  —  wenn  solche  vorhanden  ist  — 
in  der  für  jeden  einzelnen  Fall  erforderlichen  Dicke  abzuheben  und  zu  späterer 
Verwendung  für  die  Verkleidung  der  Einschnitte  und  Dammböschungen 
seitwärts  zu  deponieren. 

Auf  Wiesenflächen  ist  im  Erfordernisfalle  die  Rasendecke  auszustechen 
und  zu  späterer  Verwendung  seitwärts  zu  deponieren,  jedoch  nur  in  dem 
Maße,  als  diese  Verwendung  stattfinden  kann,  ehe  noch  die  ausgestochenen 
Rasen  austrocknen  und  absterben. 

§2. 
Entwässerungen. 
Quellen  oder  sumpfige  Stellen,  welche  dem  Bestände  der  Geh-  oder 
Fahrwege  gefährlich  werden  können,  müssen  durch  offene  oder  Sickergräben 
abgeleitet  bezw.  entwässert  werden. 


F.  Baadurchfühnmg.  275 

Zum  Ausbau  von  Sickergräben  wird  grobes  Geschiebe  oder  solches 
Material  benutzt,  wie  es  sich  bei  der  Aushebung  von  Felseinschnitten  oder 
als  Abfall  in  Steinbrüchen  ergibt,  ohne  alle  Bearbeitung.  Die  unterste 
Schichte  des  Ausbaues  ist  jedoch  durch  plattenförmige  breite  Steine  pflaster- 
artig zu  bilden;  die  folgenden  Schichten  sind  so  zu  legen,  daß  sie  zusammen- 
hängende kleine  Durchlässe  bilden,  welche  abermals  mit  plattenförmigen 
Steinen  bedeckt  werden,  über  welche  sodann  der  Rest  des  Ausbaues  locker 
aufgeschüttet  wird. 

In  quellenreichem,  schlammigem  Grunde  wird,  um  das  Verschlammen 
zu  verhindern,  die  unterste  Schichte  des  Ausbaues  in  eine  Schichte  von  Moos 
gelegt  und  der  über  derselben  gebildete  Durchlaß  reichlich  mit  Moos  umgeben 
und  bedeckt  und  hierüber  erst  der  Rest  des  Ausbaues  aufgeschüttet. 

Wo  kein  Moos  zu  finden  ist,  können  Reiser  von  Nadelholz  oder  Zweige 
von  Laubholz  samt  dem  Laube  verwendet  werden. 

§3. 

Ausmaß  und  Berechnung  von  Vorarbeiten. 

Alle   im   §  1    angeführten  Vorarbeiten,   soweit  dieselben  den  Rahmen 

des  genehmigten  Projektes  überschreiten,  werden  nach  dem  laufenden  Meter 

verrechnet  und  bezahlt;   im  übrigen  gelten  auch  hier  die  Bestimmungen  des 

§  13  der  allgemeinen  Baubedingungen. 

§4. 
Baukanzlei. 

Der  Unternehmer  ist  verpflichtet,  für  die  Bauleitung  eine  eigene  ge- 
räumige Baukanzlei  herzustellen.  Diese  nur  der  Bauleitung  zur  Verfügung 
stehende  Bauhütte  muß  wasserdicht  gedeckt,  heizbar,  mit  der  nötigen  Ein- 
richtung versehen  und  so  situiert  sein,  daß  von  derselben  aus  einerseits  der 
Bauplatz  übersehen  werden  kann,  andererseits  dieselbe  außerhalb  des  Hoch- 
wasserrayons zu  liegen  kommt. 

Das  für  die  Heizung  der  Bauhütte  erforderliche  Brennmaterial  hat  der 
Unternehmer  zu  liefern,  sowie  auch  die  Reinigung  der  Hütte  zu  besorgen. 

§5- 
Sicherheitsvorschriften. 

Alle  bestehenden  Vorschriften,  welche  die  Aufrechterhaltung  der  öffent- 
lichen Sicherheit  bei  Bauten  zum  Zwecke  haben,  muß  der  Unternehmer  genau 
beachten.  Ebenso  hat  derselbe  alle  diesfalls  bei  der  Behörde  notwendigen 
Schritte  selbst  zu  veranlassen. 

Der  Unternehmer  haftet  und  ist  auch  ersatzpflichtig  für  jeden  Schaden, 
welcher  durch  unterlassene  Vorsichtsmaßregeln  den  Arbeitsleuten  oder  anderen 
Personen,  welche  den  Bauplatz  zu  besuchen  befugt  sind,  an  ihrer  Gesundheit, 
am  Leben  oder  am  Eigentum  erwachsen  sollte. 

§6. 
Funde. 
Alle  Gegenstände  von  archäologischem  oder  sonstigem  Werte,  welche 
bei  den  Bauarbeiten  aufgefunden  werden  sollten,  gehören  ausschließlich  dem 

18* 


276  ^'  ^i^  Suaweiherbanten. 

Landesausschusse.    Dieselben  sind  schon  bei  der  Ausgrabung  mit  aller  Vor- 
sicht zu  behandeln  und  sofort  der  Bauleitung  in  Verwahrung  zu  übergeben. 

§7. 
Entwässerung  der  Baugruben  (Fundamente). 
Alle  aus  dem  Titel  der  Entwässerung  und  Trockenlegung  der  Baugruben 
erwachsenden  Vorkehrungen  und  Arbeitsleistungen  sind  auf  Kosten  des  Unter- 
nehmers und  durch  diesen  zu  besorgen. 

b)  Aushebung,  Transport  und  Anschüttung. 

§8. 
Aushebung. 

Nach  Aussteckung  des  Bauobjektes  durch  die  Bauleitung  hat  der  Unter- 
nehmer mit  dem  Fundamentaushube  oder  der  betreffenden  Erd-  und  Fels- 
arbeit sobald  wie  möglich  zu  beginnen. 

Bei  Aushebung  von  Erdeinschnitten  sind  die  bergseitigen  Böschungs- 
flächen derselben  entweder  durch  Aufwurf  eines  kleinen  Dammes  oder  durch 
die  Ziehung  eines  Grabens  längs  der  oberen  Kante  der  Böschungen  gegen 
den  Angriff  durch  Wasser  zu  schützen. 

Im  Interesse  des  Arbeitsfortschrittes  soll  der  Aushub  der  Fundament- 
gräben stets  so  eingeleitet  werden,  daß  Wasseransammlungen  daselbst  nicht 
leicht  stattfinden  können  oder,  wenn  dies  der  Fall  sein  sollte,  die  Trocken- 
legung ohne  besondere  Schwierigkeiten  und  rasch  bewerkstelligt  werden  kann. 

Einschnittsböschungen  in  nicht  felsigem  Material  sind  dort,  wo  es  die 
Bauleitung  anordnet,  um  die  Dicke  der  Schichte  urbarer  Erde,  mit  welcher 
sie  nach  Vorschrift  dieser  Bedingungen  bedeckt  werden  müssen,  tiefer  als 
ihr  definitives  Querprofil  auszuheben. 

Fundamentgruben  für  Kunstbauten,  Stütz-  und  Futtermauern,  für  Stein- 
sätze, Steinwürfe  oder  Hochbauten  sind  genau  nach  der  von  der  Bauleitung 
anzugebenden  Gestalt  und  den  vorgeschriebenen  Dimensionen  und  nicht 
eher  auszuheben,  als  mit  der  Ausmauerung,  Ausschlichtung  oder  Betonierung 
derselben  begonnen  werden  kann. 

Sie  sind  nach  Erfordernis  auszuzimmern,  auszuschöpfen  und  trocken 
zu  halten. 

Stürzen  solche  Fundamentgruben  infolge  verfrühter  Aushebung,  unge- 
nügender Auszimmerung  oder  was  immer  für  einer  anderen  Veranlassung 
ein,  so  fallen  alle  hierdurch  veranlaßten  Mehrarbeiten  und  Auslagen  dem 
Unternehmer  zur  Last.  Höhlungen  oder  Unregelmäßigkeiten  des  Bodens  und 
der  Wände,  welche  durch  Einstürze  entstehen  oder  von  ungenauer  Aus- 
hebung und  schlechter  Versicherung  herrühren,  hat  der  Unternehmer  auf 
seine  Kosten  nach  Anordnung  der  Bauleitung  auszumauern  oder  mit  unnach- 
giebigen Materialien  dicht  auszufüllen. 

Materialgewinnungsplätze  sind  nach  den  von  der  Bauleitung  während 
der  Ausführung  zu  erteilenden  speziellen  Weisungen  in  möglichst  regel- 
mäßiger Gestalt  auszuheben. 


F.  Baudurchfühnmg.  277 

§9. 
Verwendung  der  beim  Baue  aufgeschlossenen  Baumaterialien. 

Über  die  in  der  Aushebung  aufgeschlossenen  Materialien,  welche  auch 
zu  anderen  Bauzwecken  als  zur  Dammanschüttung  geeignet  sind,  behält  sich 
die  Bauleitung  das  unbeschränkte  Verfügungsrecht  vor,  und  zwar  sind  aus 
diesen  Materialien  in  erster  Linie  jene  Arbeitsleistungen  zu  decken,  für  welche 
der  Bezug  der  Steine  oder  sonstigen  Materialien  aus  den  Materialplätzen 
bezw.  Steinbrüchen  vorgeschrieben  wird. 

Ordnet  die  Bauleitung  die  teilweise  Deponierung  solcher  Materialien 
für  anderweitige  oder  spätere  Bedürfnisse  an,  so  kann  der  Unternehmer  in 
diesem  Falle  keine  weitere  Entschädigung  beanspruchen. 

Gestattet  endlich  die  Bauleitung  dem  Unternehmer  die  Verwendung 
solcher  Materialien  zu  seinen  eigenen  Zwecken,  das  ist  zu  solchen  Arbeiten, 
bei  welchen  ihm  die  Stein-  oder  Materialbestellung  selbst  obliegt,  so  ist  er 
zum  Ersätze  des  event.  dadurch  abgängigen  Anschüttungsmateriales  im  gleichen 
Ausmaße  auf  seine  Kosten  verpflichtet. 

§  10. 
Anschüttung. 

Die  Böschungsverhältnisse  aller  Anschüttungen  werden  mit  Rücksicht 
auf  die  Beschaffenheit  des  Materiales  von  Seiten  der  Bauleitung  angegeben. 

Dem  Unternehmer  ist  es  in  der  Regel  freigestellt,  Dammanschüttungen 
mit  einem  Male  auf  ihre  ganze  Höhe  oder  auch  in  mehreren  Schichten  zu 
bewerkstelligen. 

Gewöhnliche  Anschüttungen  werden  in  der  Regel  nicht  gestampft. 

Soweit  es  die  Umstände  gestatten,  soll  der  Kern  der  Dämme  aus  mög- 
lichst unnachgiebigem,  schwerem  Material,  die  Außenseite  derselben  aus  urbarer 
Erde  gebildet  werden,  welche  die  Besamung  erleichtert  und  beschleunigt. 

Tonartige  Massen,  welche  zu  Aufblähungen  und  Abrutschungen  der 
Dämme  Anlaß  geben  können,  sind,  wenn  deren  Verwendung  überhaupt  nicht 
vermieden  werden  kann,  im  Kern  der  Dämme  anzubringen,  in  Schichten 
festzustampfen  und  an  allen  Seiten,  soweit  der  Frost  eindringen  kann,  mit 
gutem,  widerstandsfähigem  und  die  Anpflanzung  begünstigendem  Material  zu 
bedecken. 

Festgefrorene  Massen  sind  vor  ihrer  Verwendung  in  den  Anschüttungen 
zu  zerkleinem,  damit  sie  beim  Auftauen  keine  Bewegungen  der  Dämme  be- 
wirken, und  sind  auch  dann  nur  an  der  Außenseite  derselben  zu  lagern. 
Die  Verwendung  von  Schnee-  und  Eismassen  in  den  Anschüttungen  ist  sorg- 
fältig zu  vermeiden. 

Höhere  Dämme  sind  zur  Ausgleichung  späterer  Senkungen  mit  einer 
Überhöhung  über  das  definitive  Niveau  und  mit  einer  Vermehrung  der 
normalen  Kronenbreite  anzuschütten,  welche  nach  der  Höhe  des  Dammes 
und  der  Beschaffenheit  des  Anschüttungsmateriales  bemessen  und  in  jedem 
einzelnen  Falle  von  der  Bauleitung  bestimmt  wird. 

Zur  Anschüttung  um  Kunst-  und  Hochbauten  ist  zunächst  den  Wider- 
lagern oder  Mauerteilen  und  bis  auf  eine   der  Höhe  des  Bauobjektes  gleiche 


278  ^^-  ^^®  Stauweiherbautcn. 

Entfernung  von  demselben  vorzugsweise  steiniges,  sandiges,  überhaupt  un- 
nachgiebiges und  wasserdurchlassendes  Material  zu  verwenden,  welches  für 
diesen  Zweck  aufzusparen  ist. 

Wo  solches  Material  nicht  zu  erhalten  ist,  wird  die  Anschüttung  hinter 
den  Widerlagern  in  Schichten  von  3  m  Höhe  aufgetragen  und  gestampft. 

Wenn  von  der  Bauleitung  eine  besondere  Hinterfüllung  mit  Steinen 
(Steinbeugung)  angeordnet  wird,  gelten  für  dieselbe  die  Bestimmungen  über 
die  Ausführung  der  Steinsätze. 

Die  Anschüttung  um  gewölbte  Bauten  muß  hinter  beiden  Widerlagern 
und  bis  auf  eine  angemessene  Entfernung  von  denselben  gleichzeitig  be- 
gonnen und  gleichmäßig  aufgeführt  werden. 

Der  Scheitel  der  Gewölbe  soll  erst  dann  belastet  werden,  wenn  die 
Anschüttung  hinter  beiden  Widerlagern  bis  auf  die  Hälfte  der  Gewölbehöhe 
vorgerückt  ist. 

Insbesondere  darf  das  Gewölbe  nicht  einseitig  belastet  werden,  sondern 
muß  die  Überschüttung  nach  der  ganzen  Länge  des  Objektes  gleichförmig 
vorgenommen  werden. 

Anschüttungen  um  Hochbauten  dürfen  erst  nach  Vollendung  der  in  der 
Anschüttung  liegenden  Hochbaukonstruktionsteile  vorgenommen  werden. 

Bei  freistehenden  Mauern  oder  Pfeilern,  die  umschüttet  werden,  muß 
die  Anschüttung  gleichzeitig  von  allen  Seiten  erfolgen. 

Überhaupt  ist  der  Anschüttung  um  Kunst-  und  Hochbauten  die  größte 
Aufmerksamkeit  zu  schenken  und  jede  einseitige  Auffüllung  sorgsamst  zu 
vermeiden. 

Es  darf  deshalb  das  Material  in  der  oben  angegebenen  Ausdehnung 
auch  nur  mit  Hand-  oder  Schiebkarren  zugeführt  werden,  selbst  wenn  es  bis 
in  die  Nähe  des  Bauobjektes  auf  irgend  eine  andere  Weise  zu  liefern  ist. 

Für  alle  Beschädigungen  der  Bauten  durch  die  Erdarbeiten  ist  der 
Unternehmer  der  letzteren  haftbar. 

Bei  hohen  Anschüttungen  muß  das  abrollende  Material  auf  geeignete 
Art  zurückgehalten  werden,  damit  es  nicht  außerhalb  des  Profiles  fällt. 

Materialablagerungsplätze  sowie  Materialdepots  sind  wie  Dämme  nach 
Anleitung  des  Planes  und  nach  den  von  der  Bauleitung  zu  erteilenden 
speziellen  Weisungen  in  regelmäßiger  Gestalt  mit  geordneten  Böschungen 
und  geebneter  Krone  herzustellen.  Auch  ist  bei  der  Verteilung  des  An- 
schüttungsraateriales  auf  spätere  Nutzbarmachung  der  Ablagerungsplätze 
Bedacht  zu  nehmen. 

§11. 

Steinsätze. 

Dammkörper  jeder  Form  und  Ausdehnung,  welche  aus  steinigem 
Materiale  von  der  Hand  geschlichtet  werden,  heißen  Steinsätze. 

Dieselben  finden  hier  hauptsächlich  in  der  Form  von  kleinen  Talsperren 
zur  Verbauung  von  Runsen  etc.  ihre  Anwendung. 

Sie  werden  aus  ganz  rohem,  unbearbeitetem  Steinmaterial  ausgeführt. 

Größere  und  kleinere  Steine  von  unregelmäßiger  Gestalt  werden  nach 
Art  von  Trockenmauem  der  ordinärsten  Gattung  mit  dem  für  jeden  einzelnen 


F.  Baudurchführung.  279 

Fall  festgesetzten  Anlaufe  aufgeschlichtet  und  die  Fugen  mit  kleinen  Steinen 
ausgefüllt;  die  Böschungsflächen  werden  entweder  mit  Erde  überschüttet,  um 
das  Anwachsen  von  Gräsern  in  den  Fugen  zu  begünstigen,  oder  mit  in  den 
Verband  des  Steinsatzes  eingreifenden  Steinen  roll  steinartig  abgedeckt. 

Ob  eine  solche  Abdeckung  anzuwenden  ist,  bestimmt  die  Bauleitung. 

Größere  und  kleinere  Steine  sind  bei  der  Schlichtung  so  zu  mischen, 
daß  keine  ungleichförmigen  Setzungen  eintreten  können. 

Die  Steinsätze  sind  entweder  horizontal  oder  geneigt  zu  schlichten,  je 
nach  Anordnung  der  Bauleitung.  Das  erforderliche  Material  darf  nicht  mit 
den  gewöhnlichen  Transportmitteln  direkt  auf  die  Steinsätze  gefördert,  sondern 
muß  vorher  gelagert,  sortiert  und  dann  stückweise  zugeführt  werden. 

Steinsätze  müssen  während  des  Aufbaues  ihrer  ganzen  Länge  nach  stets 
um  wenigstens  1  m  höher  gehalten  sein  als  ihre  Hinterfüllung;  sind  sie  mit 
Trockenmauem  verkleidet,  so  sind  diese  stets  in  gleicher  Höhe  mit  den 
Steinsätzen  aufzuführen. 

Fundamente  von  Steinsätzen  sind  durch  Sickergräben  zu  entwässern, 
deren  Anlage  die  Bauleitung  bestimmen  wird;  für  ihre  Ausführung  treten  die 
Bestimmungen  des  §  2  in  Kraft. 

§  12. 
Ausmaß  und  Berechnung. 

Die  Herstellung  sämtlicher  Bauarbeiten  und  Lieferungen,  soweit  die- 
selben bei  Annahme  einer  Pauschalofferte  den  Umfang  der  kontraktlichen 
Arbeiten  des  Projektes  nicht  überschreiten,  wird  nach  Einheitspreisen 
berechnet.  In  allen  diesen  Einheitspreisen  ist  stets  die  Vergütung  der  voll- 
kommen hergestellten  Arbeit  nebst  Beigabe  aller  hierzu  nötigen  Requisiten 
und  Materialien  und  Herstellung  aller  erforderlichen  Gerüste  und  Hilfs- 
konstruktionen inbegriffen. 

Der  Kubikinhalt  der  Erdmassen  wird  durch  Multiplikation  des  arith- 
metischen Mittels  der  Flächeninhalte  zweier  anliegender  Querprofile  mit  dem 
Abstand  derselben  erhoben,  und  zwar  immer  nach  der  Aushebung,  nie  nach 
der  Anschüttung  gerechnet. 

Die  Querprofile  werden  immer  senkrecht  zur  Längenachse  des  Bau- 
objektes oder  bei  Straßenanlagen  und  Flußkorrektionen  senkrecht  zur  Längen- 
richtung aufgenommen,  und  es  wird  der  Abstand  der  Querprolile  stets  in  der 
Achse  des  Objektes  oder  bezw.  der  Korrektion  gemessen  und  der  weiteren 
Berechnung  zugrunde  gelegt,  ohne  daß  der  Divergenz  der  Querprofile  bei 
gekrümmten  Richtungsverhältnissen  besonders  Rechnung  getragen  würde. 

Auf  den  Mehraushub,  welcher  event.  zufolge  §  8  dieser  besonderen 
Bestimmungen  behufs  Humusandeckung  der  Einschnittsböschungen  gemacht 
werden  muß,  wird  keine  Rücksicht  genommen,  ebensowenig  als  eine  Reduktion 
der  Einschnittsflächen  wegen  des  Aushubes  der  Humusschichte,  welche  für 
die  Andeckung  reserviert  wurde,  vorgenommen  wird. 

Bei  Fundamentgruben  wird  stets  nur  der  der  größten  Grundfläche  des 
Fundamentes  und  senkrechten  Wänden  entsprechende  Aushub  vergütet,  wofern 
nicht  in  speziellen  Fällen  ausdrücklich  durch  besondere  Anordnungen  eine 
Abänderung  dieser  Bestimmungen  getroffen  wird. 


280  II-  -Die  Stauweiherbauten. 

Der  Einheitspreis  bei  Erdarbeiten  zerfällt  in  zwei  Teile:  in  den  Grund- 
preis und  in  den  Transportpreis. 

Die  für  die  Erd-  und  Felsarbeiten  angesetzten  Grundpreise  begreifen 
in  sich:  die  Entschädigung  für  die  Gewinnung,  dann  für  das  Aufladen  des 
Materiales  auf  die  Transportmittel  oder  Überwerfen  desselben  auf  4  m  Weite, 
für  die  Herstellung  der  regelrechten  Dammanschüttung  oder  event.  Deponierung, 
endlich  für  die  Planierung  sämtlicher  Auf-  und  Abtragsböschungen  im  Rohen. 

Die  Entschädigung  für  etwaige  Erschwernisse,  welche  im  Einschnitts- 
oder Materialgrubenbetrieb  durch  naheliegende  oder  zu  verlegende  Straßen 
und  sonstige  Anlagen  verursacht  werden,  ist  gleichfalls  in  den  betreffenden 
Grundpreisen  inbegriffen. 

Die  Grundpreise  für  die  Erd-  und  Felsarbeiten  werden  im  Durchschnitt 
der  verschiedenen  Bodengattungen  nach  dem  Befund  von  Probegruben  be- 
rechnet, welche  von  dem  Unternehmer  vor  Abgabe  des  Angebotes  besichtigt 
werden  können. 

Findet  der  Bewerber  zu  seiner  Belehrung  über  die  durchschnittliche 
Beschaffenheit  des  Grundes  die  Eröffnung  weiterer  Probegruben  für  nötig,  so 
ist  ihm  freigestellt,  solche  auf  seine  Kosten  eröffnen  zu  lassen. 

Der  Grundpreis  hat  als  Durchschnittspreis  entweder  für  alle  Aushub- 
arbeiten des  Arbeitsfeldes  oder  nach  den  einzelnen  Objekten  getrennt  Geltung. 
Im  ersten  Falle  wird  für  den  Fundamentaushub  bei  den  kleineren  Objekten 
ein  besonderer  Durchschnittsgrundpreis  vereinbart. 

Zeigt  sich  der  auszuhebende  Grund  infolge  wechselnder  Beschaffenheit 
oder  Zudranges  von  Wasser  bei  der  Ausführung  schwieriger,  als  sich  nach 
dem  Befunde  der  Probegruben  erwarten  ließ,  so  hat  der  Unternehmer  hierfür 
keine  Erhöhung,  zeigt  sich  hingegen  der  Grund  leichter,  keine  Erniedrigung 
der  vereinbarten  Preise  zu  gewärtigen. 

Wenn  Aushubsmassen  vor  der  Verwendung  auf  Anordnung  der  Bau- 
leitung abgelagert,  dann  wieder  erzeugt  und  verführt  werden  müssen,  so  wird 
die  Mehrarbeit  des  Wiedergewinnens  und  Aufladens  mit  einem  vorher  zu 
vereinbarenden  Preise  pro  Kubikmeter  besonders  berechnet. 

Die  Entschädigung  für  die  Kosten  des  Materialtransportes  vom  Ge- 
winnungsplatz bis  zum  Verwendungs-  oder  Deponierungsplatz,  sowie  bei 
eventueller  Wiedererzeugung  vom  letzteren  bis  zum  definitiven  Ort  der  Ver- 
wendung, wird  nach  der  Transporttabelle  berechnet,  welche  für  jedes  Arbeits- 
feld gesondert  aufgestellt  wird. 

Bezüglich  dieser  Transporttabelle  gelten  folgende  Bemerkungen: 

Die  Entschädigung  für  horizontalen  Transport  auf  weniger  als  5  m 
Entfernung  ist  in  dem  Grundpreise  inbegriffen. 

Unter  „Transportweite"  wird  verstanden:  die  gerade  horizontale  Ent- 
fernung der  Schwerpunkte  des  Gewinnungs-  und  Verwendungsortes  nach  der 
Kubaturtabelle  gerechnet,  vermehrt  um  den  Zuschlag  von  je  20  m  für  jeden 
Meter,  um  welchen  der  Schwerpunkt  des  Verwendungsortes  höher  liegt  als 
der  Schwerpunkt  des  Gewinnungsortes  des  Materials. 

Dieser  Zuschlag  für  Hebung  findet  jedoch  nur  in  dem  Falle  statt,  wenn 
die  horizontale  Entfernung  der  Schwerpunkte  des  Gewinnungsortes  und  Ver- 


F.  Baudurchführung.  281 

wendungsortes  wenigstens  15  m  beträgt  und  überdies  die  Verbindungslinie 
dieser  beiden  Schwerpunkte  in  der  Richtung  des  Transportes  mit  mehr  als 
5%  ansteigt. 

Transportweiten,  welche  zwischen  jene  der  Transporttabelle  fallen, 
werden  der  ihnen  zunächst  liegenden  Transportweite  gleichgenommen. 

Wenn  Erdmassen  auf  Wegen  gefördert  werden  müssen,  welche  außer- 
halb des  Arbeitsfeldes  liegen  (Zufuhr  aus  seitlichen  Materialgruben,  größeren 
Bachkorrektionen  u.  dergl.),  so  wird  die  Transportweite  bemessen  vom 
Schwerpunkte  des  Abtrages  bis  zum  Schwerpunkte  des  Auftrages.  Der  Zu- 
schlag für  Hebung  wird  unter  denselben  Modalitäten  wie  früher  bestimmt, 
und  wird  statt  der  geraden  horizontalen  Entfernung  von  Schwerpunkt  zu 
Schwerpunkt  die  berechnete  wirkliche  Distanz  in  Rücksicht  gezogen.  Die 
Entschädigung  für  das  Abladen  des  Materials,  dann  für  Anschaffung  und  Er- 
haltung der  Transportmittel  und  der  Transportwege  ist  im  Transportpreise 
inbegriffen.  Für  die  zur  Anlage  einer  Dienstbahn  allenfalls  erforderliche 
Herstellung  von  Gerüsten,  Anschüttungen,  Brücken  oder  Aushebung  von 
Schlitzen  wird  keine  besondere  Entschädigung  geleistet. 

Für  den  Transport  von  Erd-  und  Felsmaterial  mittels  Motoren  hat  die 
Transporttabelle  keine  Gültigkeit,  sondern  wird  die  Entschädigung  von  Fall 
zu  Fall  vereinbart. 

Wenn  sich  ausnahmsweise  die  Notwendigkeit  ergibt,  geförderte  Erd- 
und  Felsmassen  im  Damme  oder  in  hergestellten  Mauerwerken,  falls  solche 
aus  Einschnittsmaterialien  hergestellt  wurden,  anstatt  im  Einschnitte  zu  messen, 
so  findet  eine  Reduktion  der  im  Damme  bezw.  in  den  Mauerwerken  sich 
ergebenden  Massen  derart  statt, 

daß  Felsen  im  angeschütteten  Damm  bloß  mit  .     .     .     70^/q, 

im  geschlichteten  Damm  mit 80  „ 

in  den  Mauern  mit 90  „ 

alles  übrige  Material  ebenfalls  mit 90  „ 

der  aus  der  Damm-  resp.  Mauermessung  sich  ergebenden  Quantitäten,  jedoch 
dann  mit  Beibehaltung  des  Grundpreises,  welcher  für  die  im  Einschnitte 
erzeugten  Massen  angesetzt  ist,  berechnet  werden. 

Steinsätze  werden  nach  dem  Kubikmaße  der  Schlichtung  bezahlt. 

Zu  der  Ausführung  der  Steinsätze  gehört  das  Deponieren  des  Materials 
neben  den  Steinsätzen,  das  Aussuchen  der  passenden  Steine,  der  Transport 
von  der  Deponierungs-  zur  Verwendungsstelle  und  die  Handarbeit  des 
Schlichtens. 

Sollte  infolge  besonderer  oder  mangelhafter  Dispositionen  des  Bau- 
unternehmers der  Fall  vorkommen,  daß  das  Steinmaterial  nicht  sogleich  vom 
Gewinnungsplatze  zur  Deponierstelle  neben  den  Steinsatz  geschafft  werden 
kann,  oder  hält  es  der  Unternehmer  aus  anderen  Gründen  für  zweckmäßig, 
das  Steinmaterial  anderwärts  provisorisch  zu  deponieren,  so  wird  für  das 
hierdurch  notwendig  werdende  wiederholte  Auf-  und  Abladen,  sowie  für  den 
vermehrten  Transport  keine  andere  Entschädigung  geleistet,  als  wenn  das 
Material  vom  Gewinnungsplatze  unmittelbar  zur  Deponierstelle  neben  den 
Steinsatz  gebracht  worden  wäre. 


282  ^-  ^^^  Stanweiherbnaten. 

Die  Bearbeitung  der  sichtbaren  Böschungen  von  Steinsätzen  wird  bei 
roUsteinartiger  Abdeckung  im  Sinne  des  §  11  nach  dem  vereinbarten  Preise 
pro  Quadratmeter  berechnet. 

Bei  Böschungen,  die  mit  Erde  überdeckt  oder  mit  Trockenmauern 
verkleidet  werden,  wird  keine  Vergütung  für  die  Bearbeitung  der  sichtbaren 
Fläche  geleistet. 

Der  Unternehmer  ist  zur  Nachschüttung  sinkender  Dämme  bis  zum  Ein- 
tritt des  vollen  Gleichgewichtszustandes  verpflichtet,  ohne  andere  Vergütungen 
beanspruchen  zu  können,  als  ihm  nach  der  wirklich  geförderten  Masse  und 
nach  den  für  die  Materialgewinnung  bestimmten  Preisen  zukommen. 

Für  das  Beseitigen  von  Schnee-  und  Eismassen,  sowie  für  das  Ableiten 
des  Tagwassers  aus  Einschnitten  und  Material-Gewinnungsplätzen  oder  an 
Dämmen  und  Deponien  wird  keine  wie  immer  geartete  Vergütung  geleistet. 

Vor  Beginn  jeder  Aushebung  hat  der  Unternehmer  alle  auf  die  be- 
treffenden Erd-  und  Felskörper  bezüglichen  Profile  zu  prüfen  und,  wofern  er 
sie  richtig  findet,  unterschriftlich  als  richtig  anzuerkennen. 

Anstände  sind  sofort  bekannt  zu  geben  und  werden  durch  gemeinsame 
Prüfung  ausgeglichen. 

Unterläßt  er  die  Bekanntgabe  der  Anstände,  so  treten  die  Profile  der 
Bauleitung  ohne  weiteres  in  Kraft  und  stehen  ihm  später  keinerlei  Reklamationen 
gegen  die  Richtigkeit  der  Aufnahmen  oder  gegen  zu  geringe  Anzahl  der  vor- 
handenen Profile  zu. 

Bei  den  Berechnungen  von  Abschlagszahlungen  für  Aushebungen  von 
Einschnitten  oder  Materialgräben  werden  nicht  die  allenfalls  durch  den  Vertrag 
bestimmten  Durchschnittsgrundpreise,  sondern  solche  Preise  in  Rechnung 
gebracht,  welche  der  Beschaffenheit  der  verschiedenen  Bodengattungen  der 
jeweilig  erzeugten  Massen  nach  Ansicht  der  Bauleitung  entsprechen. 

Ebenso  werden  bei  Abschlagszahlungen  auch  nur  die  dem  jeweiligen 
Stande  der  Arbeiten  entsprechenden  Transportweiten  bezw.  Transportpreise 
in  Rechnung  gestellt. 

Die  Bestimmung  dieser  Preisansätze,  sowohl  für  die  Aushebung  als 
Transport,  für  Abschlagszahlungen  steht  einseitig  der  Bauleitung  zu. 

Wenn  aus  irgend  einer  im  Vertrage  und  dessen  Beilagen  vorgesehenen 
Ursache  die  definitive  Abrechnung  vor  Vollendung  solcher  Aushebungs- 
arbeiten, für  welche  ein  Durchschnittsgrundpreis  besteht,  erfolgen  muß,  so 
wird  dieser  definitiven  Abrechnung  nicht  der  Durchschnittsgrundpreis,  sondern 
ein  nach  der  Bodenbeschaffenheit  der  bereits  erzeugten  Massen  im  Verhält- 
nisse zu  dem  Durchschnittsgrundpreise  ermittelter  Preis  zugrunde  gelegt. 

Ebenso  wird  bei  einer  solchen  Abrechnung  nur  die  aus  der  wirklichen 
Leistung  ermittelte  Transportweite  in  Rechnung  gebracht. 

c)  Nacharbeiten. 

§  13. 
Die  Regulierung  der  Einschnittsböschungen  ist  vorzunehmen,  sobald  der 
betreffende  Einschnitt  ausgehoben   und   die  zur   Besamung  der  Böschungen 
geeignete  Jahreszeit  eingetreten  ist. 


F.  Baudurchfühnmg.  283 

Alle  Unregelmäßigkeiten  müssen  entweder  durch  weiteres  Abgraben 
oder  durch  Nachfüllung  beseitigt  und  Bankette,  Gräben,  Böschungen  nach 
Schnur  und  Lehre  so  gerichtet  werden,  daß  sie  vollkommen  flüssige  Linien 
und  Flächen  bilden. 

Die  Wände  von  Einschnitten  in  Felsen  müssen  durch  Nachsprengen 
mittels  kleiner  Bohrlöcher  und  Ladungen  von  den  gröbsten  Unregelmäßig- 
keiten und  Vorsprüngen  befreit  werden,  und  sind  insbesondere  auch  alle 
losen  Felsstücke  zu  beseitigen. 

Bei  Anschüttungen,  welche  ganz  oder  teilweise  aus  gesprengtem,  rohem 
Steinmaterial  bestehen,  werden  die  gröberen  Massen  desselben  möglichst  an 
der  Außenseite  des  Dammes  gelagert,  nach  dem  für  jeden  einzelnen  Fall 
bestimmten  Böschungswinkel  in  möglichst  gutem  Verbände  mit  der  Masse 
des  Dammes  aufgeschichtet  und  die  Fugen  mit  Erde  ausgefüllt,  um  das  An- 
wachsen von  Gräsern  zu  begünstigen. 

Eventuell  werden  solche  Anschüttungen  nach  Angabe  der  Bauleitung 
auch  abgepflastert  oder,  wie  die  Steinsätze,  roUsteinartig  abgedeckt. 

Die  Oberfläche  der  Bankette  auf  den  Fahrwegen  ist  mit  einer  Schichte 
Schotter  oder  Sand  von  3 — 4  cm  Dicke  zu  bedecken. 

Auftrags-  und,  soweit  es  seitens  der  Bauleitung  angeordnet  wird,  auch 
Abtragsflächen  sind  mit  den  beiseite  gelegten  Vorräten  von  urbarer  Erde 
auf  die  in  jedem  einzelnen  Falle  von  der  Bauleitung  zu  bestimmende  Dicke 
und  Ausdehnung  zu  bedecken. 

Die  Oberflächen  der  Einschnittsböschungen,  welche  steiler  als  l^/^  füßig 
angelegt  sind,  müssen,  sofern  sie  nicht  Unebenheiten  besitzen,  welche  das 
Abrutschen  der  Schichte  urbarer  Erde  verhindern,  in  einer  diesem  Zwecke 
entsprechenden  Weise  bearbeitet  werden. 

Mit  der  Vollendung  der  Aushebung  und  mit  der  Planierung  von  Ein- 
schnitten mit  steilen  Böschungen,  welche  auf  Anordnung  der  Bauleitung  durch 
Flechtwerke  und  Pflanzungsanlagen  geschützt  werden  müssen,  ist  so  vor- 
zugehen, daß  unmittelbar  nach  der  Planierung  die  Flechtwerke  angelegt 
werden  können. 

Alle  Nebenanlagen  des  Hauptobjektes,  als:  Materiallager-  und  Material- 
gewinnungsplätze, Bach-  und  Straßenkorrektionen  etc.,  sind  an  Böschungen 
und  Sohle  etc.  wie  das  Hauptobjekt  zu  behandeln. 

Auch  bei  den  Nacharbeiten  ist  auf  die  mutmaßlich  noch  eintretende 
Senkung  der  Dämme  durch  angemessene  Erhöhung  und  Verbreiterung  der 
Krone  Rücksicht  zu  nehmen. 

Einschnittsböschungen,  welche  zu  Bewegungen  geneigt  sind,  können 
durch  Steinsätze  bezw.  Steinrippen  geschützt  und  befestigt  werden. 

§  14. 

Ausmaß  und  Berechnung  für  Nacharbeiten. 

Alle  in  dem  §  13  angeführten  Nacharbeiten,   mit  Ausnahme  der  event. 

herzustellenden  Steinsätze,   Abpflasterungen  und  Flechtwerke,   aber  inkl.   des 

Ausbaues  der  Sickergräben,   werden  nach  der  kurrenten  Länge  verrechnet 


2g4  n.  Die  Staaweiherbaaten. 

und  bezahlt,   und  zwar  wird  der  Berechnung  ein  Einheitspreis  für  je  100  m 
Länge  zugrunde  gelegt. 

2.  Stollenbauten. 

§  15. 
Konstruktive  Anordnung  der  Stollen. 

Die  zur  Ausführung  kommenden  Stollenbauten  sind  bezüglich  ihrer 
Anlagen  und  eventuellen  Ausmauerung  im  allgemeinen  nach  jenen  Normal- 
querprofilen und  die  Stollenstimen  nach  jenen  Normalstollenportalen  aus- 
zuführen, welche  mit  Rücksicht  auf  die  mutmaßliche  Gebirgsbeschaffenheit  in 
dem  Projekte  aufgenommen  sind. 

Die  Bestimmung,  welche  von  den  verschiedenen  Stollennormalprofilen 
bezw.  Stollennormalportalen  bei  jedem  einzelnen  Stollen  zur  Ausführung 
kommen  soll,  erfolgt  seitens  der  Bauleitung,  jedoch  erst  nach  Maßgabe  des 
fortschreitenden  Ausbruches  der  einzelnen  Strecken  eines  jeden  Stollens  und 
der  damit  erzielten  Erkenntnis  der  Gebirgsbeschaffenheit  und  der  Erforder- 
nisse an  etwaiger  Ausmauerung. 

Zur  Ableitung  des  Sickerwassers  sind  folgende  Einrichtungen  zu  treffen: 

a)  Im  Gewölbe  und  in  den  Widerlagern  sind  Öffnungen  von  mindestens 
10  cm  Breite  durch  die  ganze  Mauerdicke  und  auf  die  Höhe  von 
mindestens  30  cm  anzubringen;  ihre  Sohlen  müssen  in  den  Widerlagern 
und  den  unteren  Gewölbeteilen  ein  Gefälle  von  mindestens  ^/^o  erhalten 
und  mit  Zementmörtel  glatt  ausgestrichen  werden.  Lage  und  Zahl  der 
Schlitze  bestimmt  die  Bauleitung. 

b)  Die  Stollensohlen  im  Felsausbruch  müssen  nach  den  in  den  Normal- 
profilen angegebenen  Gefällen  von  den  Widerlagern  gegen  die  Achse 
geebnet,  Unregelmäßigkeiten,  Zerklüftungen  und  dergl.  mit  hydraulischem 
Mörtel  sorgfältig  ausgeglichen  werden;  ebenso  ist  die  innere,  die  Stollen- 
sohle bildende  Leibung  ausgeführter  Sohlengewölbe  zu  behandeln,  so 
daß  die  auf  der  Stollensohle  sich  sammelnden  Bergwässer  rasch  gegen 
die  Stollenachse  und  die  in  derselben  herzustellende  Wasserableitung 
abfließen  können. 

In  der  Achse  des  Stollens  wird  zur  Ableitung  des  gesammelten  Wassers 
ein  gemauerter  Kanal  nach  dem  Gefälle  des  Stollens  ausgeführt. 

An  der  untern  Stollenstime  mündet  dieser  Kanal  in  eine  Dohle,  deren 
Sohle  das  Gefälle  des  Kanales  erhalten  muß. 

In  Fällen,  in  welchen  rücksichtlich  der  Entwässerung  in  anderer  Weise 
verfügt  werden  sollte,  hat  sich  der  Unternehmer  genau  nach  den  ihm  zu- 
kommenden Plänen  und  den  Weisungen  der  Bauleitung  zu  richten  und  die- 
selben unweigerlich  zur  Ausführung  zu  bringen. 

§  16. 
Arbeitsplan. 
Die  Wahl  des  Betriebssystems  für  den  Stollen  wird  dem  Unternehmer 
anheimgestellt. 

Ausbruch  und  Einrüstung  der  Stollen  gehen  absolut  auf  Gefahr  und 
Verantwortlichkeit  des  Unternehmers. 


F.  Baudurchführung.  285 

Er  haftet  unbedingt  für  das  Gelingen  dieser  Arbeiten  und  erhält  keine 
Entschädigung  für  die  aus  etwaigen  Einbrüchen  resultierenden  Folgen,  wie 
z.  B.  Beseitigung  der  eingestürzten  Massen,  Ersatz  und  Verstärkungen  der 
Einrüstungen  u.  dergl. 

Insbesondere  ist  der  Unternehmer  auch  verpflichtet,  die  aus  solchen  Ein- 
brüchen sich  ergebenden  Höhlungen  im  Gebirge,  welche  das  normale  Profil 
übergreifen,  ohne  Entschädigung  in  Mörtel  solid  auszumauern,  so  dafi  insbe- 
sondere das  Stollenmauerwerk  sich  überall  dicht  an  das  Gebirge  anschließt. 

Niemals  dürfen  zwischen  dem  Stollenmauerwerk  und  dem  Gebirge 
Rüstungshölzer  verbleiben. 

§  17. 
Materialien  für  Stollenausmauerungen. 

Die  Bauleitung  bestimmt,  welche  Materialien  zu  den  Sto^enaus- 
mauerungen  verwendet  und  in  welcher  Weise  sie  bearbeitet  werden  müssen. 
Zu  allem  Stollenmauerwerk  im  Innern  und  an  den  Portalen  ist  nur  hydrau- 
lischer Kalkmörtel,  an  nassen  Stellen,  sowie  zum  Verstreichen  der  Fugen 
dagegen  Portlandzementmörtel  zu  verwenden.  Welche  Gattungen  von 
Mauerwerk  zur  Ausmauerung  des  Stollens  in  Anwendung  kommen,  ist  aus 
den  Plänen  ersichtlich. 

Die  Seitenwände  des  Entwässerungskanal  es  erhalten  in  Entfernungen 
von  0,75  m  Schlitze  zur  Aufnahme  des  Wassers. 

§  18. 
Ausmaß  und  Berechnung. 

Das  Ausmaß  der  Stollen  geschieht  pro  lfd.  Meter. 

Bei  solchen  Stollen,  welche  gemauerte  Portale  enthalten,  werden  die 
Portalbauten  nicht  zum  Stollen  einbezogen,  sondern  als  eigentlicher  Stollen 
nach  Längeneinheit  wird  nur  die  innerhalb  der  Portalbauten  liegende  Stollen- 
röhre samt  dem  Kanal  in  der  Sohle  des  Stollens  gerechnet. 

Pro  Stück  dagegen  werden  gerechnet:  die  Portale,  und  zwar  inbegriffen 
die  gesamte  Stirnmauerung  samt  Abdeckung,  insoweit  der  betreffende  Plan 
eine  solche  vorschreibt,  der  Entwässerungskanal  —  außerhalb  der  eigentlichen 
Stollenröhre  bis  zur  Stollendohle  —  und  die  Stollendohle  selbst. 

3.  Chaussierung  von  Strafsen  und  Wegen. 

§  19. 
.  Art  der  Chaussierung. 

Die  Chaussierung  soll  bestehen: 

Bei  Fahrwegen,  welche  mit  schwerem  Fuhrwerk  und  häufig  befahren 
werden,  in  einem  Grundbau  und  in  einer  Beschotterung. 

Bei  Fahrwegen,  welche  nur  mit  leichtem  Fuhrwerk  und  weniger  stark 
befahren  werden,  in  einer  Schichte  Beschotterung. 

Bei  Feldwegen  in  der  bloßen  Planierung  und  nur  dann  in  einer  leichten 
Beschotterung,  wenn  die  Wege,  welche  zu  ersetzen  sie  bestimmt  sind,  gleich 
falls  beschottert  waren. 


2g6  n.  Die  Stauweiherbauten. 

Die  Dimensionen  des  Grundbaues  und  der  Beschotterung  richten  sich 
in  der  Regel  nach  den  berechtigten  Anforderungen  derjenigen,  in  deren 
Eigentum  oder  Fürsorge  diese  Straßen  oder  Wege  übergehen  sollen. 

Sind  die  zur  Durchführung  vorstehender  Grundsätze  erforderlichen 
Materialien  in  der  Gegend  nicht  aufzufinden,  so  treten  an  die  Stelle  derselben 
diejenigen  Konstruktionssysteme  und  Materialien,  welche  bei  der  Anlage  von 
Straßen-  und  Wegebauten  der  Nachbarschaft  in  Anwendung  gebracht  werden. 

§  20. 
Chaussierungsmaterialien. 
Die   Materialien,   welche  bei  Chaussierungsarbeiten  verwendet  werden, 
sollen  aus  harten  Steingattungen  gewählt  werden,  welche  dem  Froste  und  der 
Nässe  widerstehen  und  nicht  leicht  zerrieben  werden  können. 

§  21. 
Grundbau. 

Der  Grundbau  ist  so  anzulegen,  daß  die  breitere  Oberfläche  der  hoch- 
kantig zu  stellenden  Steine  auf  den  Boden  kommt;  auf  dem  Boden  sind  die 
Steine  so  dicht  als  möglich  zusammenzustellen  und  die  Zwischenräume  so  aus- 
zukeilen,  daß  einer  innigen  Verbindung  derselben  mit  der  Beschotterung  nichts 
im  Wege  steht. 

Zur  Begrenzung  des  Grundbaubettes  sind  an  den  Rändern  ausgesuchte, 
flache,  mindestens  10  cm  dicke  Steine  hochkantig  zu  stellen  und  etwas  in  die 
Planie  einzugraben. 

Steine,  deren  obere  Fläche  über  15  cm  breit  ist,  sind  vor  der  Verwendung 
zu  spalten. 

Mit  dem  Stellen  des  Grundbaues  hat  der  Unternehmer  erst  dann  zu 
beginnen,  wenn  zuvor  die  Planie  von  der  Bauleitung  untersucht  und  als  vor- 
schriftsgemäß anerkannt  ist. 

§  22. 
Beschotterung. 

Zur  Beschotterung  soll  in  der  Regel  Schlägelschotter  und  nur  dann 
Gruben-  oder  Flußschotter  verwendet  werden,  wenn  dies  von  der  Bauleitung 
ausdrücklich  gestattet  wird. 

In  beiden  Fällen  sollen  die  einzelnen  Steine  nur  so  groß  sein,  daß  sie 
durch  eine  kreisrunde  Öffnung  von  5  cm  Durchmesser  in  jeder  Richtung 
passieren  können. 

Ist  der  Gruben-  oder  Flußschotter  nicht  odier  so  wenig  mit  Lehm 
vermengt,  daß  die  Beschotterung  sich  nicht  oder  erst  spät  zu  einem  Ganzen 
verbinden  würde,  so  muß  demselben  lehmige  Erde  oder  Straßenabraum  bei- 
gemischt werden. 

Aus  Schlägelschotter  hergestellte  Straßenbahnen  erhalten  eine  Sandüber- 
deckung, deren  Stärke  von  der  Beschaffenheit  des  Schotters  abhängig  ist  und 
in  jedem  Falle  von  der  Bauleitung  bestimmt  wird. 

Reserveschotter  hat  der  Unternehmer  auf  jene  Plätze  und  in  solcher 
Menge  beizustellen,  wie  es  von  der  Bauleitung  verlangt  wird. 


F.  Bandurchfahnmg.  287 

§  23. 
Ausmaß  und  Berechnung. 

Das  Ausmaß  von  Chaussierungsarbeiten  wird  nach  den  dem  Unter- 
nehmer von  der  Bauleitung  eingehändigten  Werkplänen  oder  Vorschriften 
pro  Kubikmeter  berechnet,  und  wird  hierbei  auf  eine  event.  notwendig 
werdende  Vermehrung  des  Schottermaterials  während  der  Zeit  der  Haftungs- 
pflicht keine  Rücksicht  genommen. 

Der  Unternehmer  hat  dafür  Sorge  zu  tragen,  daß  bei  Übernahme  der 
Arbeiten  die  Straßen  oder  Wege  in  dem  erforderlichen  Zustande  sich  be- 
finden, und  ist  die  Vergütung  für  die  interimistische  Unterhaltung  in  den 
Preisen  inbegriffen. 

Reserveschotter  wird  nach  Kubikmeter  berechnet,  zu  welchem  Zwecke 
derselbe  in  regelmäßigen  Figuren  deponiert  werden  muß;  diese  Arbeitsleistung 
ist  im  Einheitspreise  inbegriffen. 

Die  nötigen  Gewinnungsplätze  zur  Erzeugung  geeigneter  Chaussierungs- 
materialien  hat  der  Unternehmer,  und  zwar  auf  eigene  Kosten,  zu  erwerben. 

Der  Einheitspreis  umfaßt  die  Entschädigungen  für  alle  Leistungen,  welche 
zur  vollständigen  Herstellung  der  Chaussierungsarbeiten  erforderlich  sind. 

4.  Steinwürfe  und  Paschinenwerke. 

§  24. 
Steinwürfe. 

Zu  Steinwürfen  für  den  Schutz  von  Ufern  und  Fundamenten  gegen 
den  Angriff  von  Strömungen  dürfen  nur  Steine  verwendet  werden,  welche 
dem  Wechsel  von  Nässe  und  Trockenheit,  von  Wärme  und  Kälte  vollkommen 
widerstehen. 

Das  geringste  zulässige  Maß  der  zu  verwendenden  Steine  wird  je  nach 
der  Tiefe  und  Strömung  der  Gewässer  für  den  einzelnen  Fall  von  der  Bau- 
leitung bestimmt. 

Wo  Steinwürfe  unter  Wasser  angebracht  werden,  müssen  die  Steine 
mit  eisernen  Stangen  zurechtgelegt  und  ineinandergeschlichtet  werden. 

Über  Niederwasser  werden  die  Steine  so  gelagert,  daß  ein  guter  Ver- 
band erzielt  wird  und  daß  die  von  der  Bauleitung  vorgeschriebenen  Profile 
in  kontinuierlichen  Linien  eingehalten  werden. 

Größere  und  kleinere  Steine  sind  hierbei  so  zu  ordnen,  daß  der  Stein- 
wurf eine  möglichst  dichte  Masse  bildet. 

Die  größten  Steine  sind  nach  außen  zu  verwenden,  um  dem  Angriffe 
der  Strömung  kräftig  zu  widerstehen. 

§  25. 
Flechtwerke. 
Flechtwerke  werden  in  der  Regel  angewendet: 
a)  Zur  Befestigung  von  nassen,  zum  Abrutschen  geneigten  Böschungen  und 
von  unfruchtbaren  Flächen,  an  welchen  Bepflanzungen  ohne  besondere 
Hilfsmittel  nicht  möglich  sind. 


288  I^-  ^ic  Stauweiherbaaten. 

b)  Zum  Schutze  von  Bachufern  und  Gerinnen  mit  starkem  Gefälle  und  auch 
von  solchen  Dammböschungen  und  anderen  Flächen,  welche  dem  Über- 
strömen durch  Hochwasser  ausgesetzt  sind. 

c)  Zur  Herstellung  der  Runsen verbauungen. 

In  allen  Fällen  werden  Pfählchen  von  ungeschältem  Rundholz,  zugespitzt, 
eingerammt. 

Zwischen  die  Pfählchen  werden  Ruten  von  Weiden  oder  Erlen,  aus- 
nahmsweise auch  von  anderem  Laubholze  oder  von  Nadelholz  fest  einge- 
flochten und,  nachdem  dieses  geschehen  ist,  die  Pfähle  bis  zum  oberen  Rande 
des  Flechtwerkes  nachgerammt. 

Auf  Flächen,  welche  Überströmungen  ausgesetzt  sind,  werden  die 
Flechtwerke  quer  über  die  Richtung  der  Strömung  auf  dieselbe  Weise  ge- 
bildet. Zwischen  die  Pfählchen  und  unter  das  Flechtwerk  wird  eine  Lage 
von  Weiden-  oder  Erlenreisern,  die  Spitzen  stromabwärts  gekehrt,  schief  in 
den  Boden  gesteckt,  so  daß  sie  durch  das  Flechtwerk  fest  niedergehalten 
werden.  Die  Reiser  müssen  grün  und  keimfähig  sein,  und  es  hat  der 
Unternehmer  die  während  der  Haftzeit  absterbenden  Ruten  durch  frische  zu 
ersetzen. 

Bei  starkem  Gefälle  werden  mittels  quer  über  die  Sohle  gezogener 
Flechtwerke  Stufen  gebildet,  welche  dazu  dienen,  die  Strömung  zu  unterbrechen 
und  zu  mäßigen. 

Zwischen  die  Pfählchen  und  unter  die  Geflechte  kommt  dann  eine 
starke  Lage  Reiser,  von  Laub-  oder  von  Nadelholz,  die  Spitzen  stromabwärts 
gekehrt,  zu  liegeh,  eine  Spreitlage,  welche  dazu  bestimmt  ist,  das  Auskolken 
der  Bachsohle  unterhalb  des  Flechtwerkes  zu  verhindern. 

Der  Fuß  der  Uferböschungen  wird  überdies  entweder  gleichfalls  durch 
Flechtwerke  oder  durch  Faschinen  gesichert,  welch  letztere  mit  Pfählchen 
festgenagelt  werden. 

Zu  denjenigen  Flechtwerken  und  Faschinen,  welche  zur  Sicherung  des 
Fußes  der  Uferböschungen  dienen,  sind  grüne,  noch  keimfähige  Reiser  zu 
verwenden. 

Wenn  die  Reiser  vor  Ablauf  der  Haftfrist  absterben,  so  sind  die  An- 
lagen von  dem  Unternehmer  durch  frische  zu  ersetzen. 

§  26. 
Versicherung  der  Böschungen  durch  Spreitlagen  und  Wippenröste. 

Die  Versicherung  der  Böschungen  des  regulierten  Baches  mit  Spreitlagen 
besteht  aus  aneinander  mit  dem  Zopfende  nach  unten  gelegten  Faschinen 
von  0,15  m  Durchmesser,  welche  durch  in  senkrechter  Richtung  auf  die 
Faschinen  in  Abständen  von  je  1  m  gelegte  Wippen  von  0,15  m  Durchmesser 
und  durch  entsprechend  starke  Pflöcke  an  die  Böschung  befestigt  werden. 
Der  Raum  zwischen  den  Wippen  wird  auf  der  Höhe  derselben  mit  Schotter 
und  Erde  ausgefüllt. 

Wippenröste  bestehen  aus  zwei  Lagen  0,15  m  starker  Wippen,  welche 
kreuzweise  übereinander  gelegt  und  in  derselben  Lage  je  1  m  voneinander 
entfernt  sind.    An   den  Kreuzungsstellen  werden   die  Wippen  mit  Draht  ge- 


F.  Baudurchfilhning.  289 

bunden  und  durch  Faschinenpflöcke  an  die  Böschung  befestigt.    Die  Felder 
werden  auf  die  ganze  Rosthöhe  mit  Schotter  und  Erde  ausgefüllt. 

§  27. 
Faschinen. 
Faschinen  werden  aus  starken,  möglichst  langen  Zweigen  von  Weiden 
oder   sonstigen    geeigneten   Laubhölzern,    ausnahmsweise    auch    von   Nadel- 
hölzern gebildet. 

Die  Länge  der  einzelnen  Faschinen  bestimmt  je  nach  der  Art  ihrer 
Verwendung  die  Bauleitung.  Ist  die  Länge  der  einzelnen  Faschinen  größer 
als  die  Länge  der  einzelnen  Zweige,  so  sind  letztere  so  zu  verteilen,  daß  ein 
tüchtiger  Längenverband  der  Faschinen  entsteht. 

Der  Durchmesser  beträgt  bei  Legfaschinen  30 — 45  cm,  bei  Senkfaschinen 
60 — 100  cm;  die  Füllung  der  Senkfaschinen  besteht  aus  wenigstens  faust- 
großen Steinen,  wo  solche  nicht  zu  finden  sind,  aus  grobem  Schotter.  Die 
Dicke  der  Füllung  beträgt  30—60  cm. 

Die  Faschinen  werden  in  Abständen  von  25 — 30  cm  gebunden,  und 
zwar  Legfaschinen  mit  Weiden,  Senkfaschinen  mit  Eisendraht  von  3  mm 
Stärke,  doppelt  um  die  Faschinen  gewunden. 

Einzeln  gelegte  Faschinen,  sowie  auch  Faschinenwerke  werden  durch 
entsprechend  starke  Faschinenpfähle,  deren  Dimensionen  die  Bauleitung  von 
Fall  zu  Fall  vorschreibt,  an  den  Boden  befestigt  Faschinen,  welche  der 
Wasserströmung  stark  ausgesetzt  sind,  werden  durch  Piloten  geschützt,  deren 
Stellung  von  der  Bauleitung  vorgeschrieben  wird. 

Unter  Faschinenwerk  wird  jede  Anlage  verstanden,  welche  aus  mehr 
als  zwei  übereinander  gelegten  Lagen  von  Faschinen  gebildet  wird. 

Ober  die  Art  der  Zusammensetzung  größerer  Faschinenwerke  gibt  die 
Bauleitung  die  erforderliche  Anleitung  je  nach  den  Verhältnissen  des  einzelnen 
Falles. 

§  28. 
Ausmaß  und  Berechnung. 

Die  Steinwürfe  werden  nach  Kubikmeter,   die  Flechtwerke  und  einzeln 
gelegte  Faschinen    inkl.    der  Befestigungspfähle   nach   laufenden  Metern  be 
rechnet. 

Faschinenwerke  werden  nach  Kubikmeter  berechnet. 

Die  sichtbare  Fläche  der  Steinwürfe  wird,  soweit  sie  über  Niederwasser 
liegt,  mit  einem  besonderen  Preise  pro  Quadratmeter  vergütet. 

Bei  Steinwürfen  unter  Wasser  wird,  wenn  möglich,  der  Maßgehalt  der 
dazu  verbrauchten  Materialien  vor  der  Verwendung  erhoben. 

Der  Unternehmer  hat  zu  diesem  Zwecke  entweder  die  gelieferten 
Materialien  aufzuschlichten  oder  es  wird  der  Maßgehalt  der  zum  Transport 
derselben  verwendeten  Fahrzeuge  erhoben  und  das  gelieferte  Material  nach 
Ladungen  berechnet 

Nähere  Weisungen  erteilt  die  Bauleitung. 
Friedrich,  Wasserban.    Zweite  Auflage.    IL  Band.  19 


290  I^'  ^^®  Stau  weiherbauten. 

5.  Pflanzungen. 

§  29. 
Besamungen. 

Die  Böschungen  von  Dämmen  und  Einschnitten,  die  Böschungen,  Sohlen 
und  Kronen  von  Materialgewinnungs-  oder  Ablagerungsplätzen,  insbesondere 
aber  diejenigen  Teile  des  Hauptobjektes  und  der  zu  demselben  gehörigen 
Anlagen,  für  welche  Rasenbekleidungen  nicht  in  Anwendung  gebracht  werden 
können,  weil  das  hierzu  erforderliche  Material  fehlt,  müssen,  sobald  sie  re- 
guliert und  event.  mit  urbarer  Erde  bedeckt  sind,  mit  Wiesengrassamen 
(Heublumen)  besäet  werden. 

Bei  Lehmeinschnittsböschungen,  wo  eine  vollständige  Andeckung  mit 
Humus  sich  von  vornherein  als  zwecklos  erweist,  müssen  kleine  Furchen  in 
die  Böschungen  gehauen,  diese  mit  Humus  ausgefüllt  und  mit  gemischtem 
Gras-  und  Hafersamen  besäet  werden. 

§  30. 
Bepflanzungen  mit  Gesträuchen. 

Wenn  Pflanzungen  mit  Gesträuchen  in  urbarer  Erde  angelegt  werden, 
so  sind  die  ausgehobenen  Wurzelgruben  nach  erfolgter  Einsetzung  der 
Pflanzen  mit  dem  aus  den  Wurzelgruben  gewonnenen  Material  wieder  anzu- 
füllen. Bei  einem  dem  Wachstum  der  Pflanzen  unzuträglichen  Grunde  müssen 
die  Wurzelgruben  so  groß  angelegt  und  mit  einer  solchen  Erdgattung  aus- 
gefüllt werden,  daß  das  Wachstum  der  Pflanzen  gesichert  ist. 

Nach  der  Beschaffenheit  des  Bodens  richtet  sich  die  Gattung  der  zu 
versetzenden  Pflanzen. 

Was  für  Pflanzen  und  zu  welcher  Zeit  dieselben  versetzt  werden  sollen, 
bestimmt  die  Bauleitung. 

§  31. 
Rasen  bekleidungen. 

Rasenbekleidungen  werden,  wo  hierzu  geeignetes  Material  gewonnen 
werden  kann,  je  nach  Anordnung  der  Bauleitung  angewendet:  zur  Fassung 
der  Stirn-  und  Flügeldecken  und  Deckschichten,  sowie  der  Böschungskegel 
von  Kunstbauten,  zur  Auslegung  von  Wasserrinnen,  Wassergräben  und 
Seitengräben  der  anzulegenden  Fahrwege,  wo  diese  im  Gefälle  liegen,  zur 
Belegung  der  Böschungen  von  Bachkorrektionen  und  Dämmen,  welche  dem 
Bespülen  durch  Hochwasser  ausgesetzt  sind,  endlich  zum  Schutze  von 
Böschungen,  welche  aus  beweglichem,  feuchtem  Material  bestehen  und  zum 
Abrutschen  geneigt  sind. 

Die  Rasen  sind  in  quadratischen  Stücken  von  30  cm  Breite  und  mindestens 
10  cm  Dicke  auszustechen,  und  zwar  immer  nur  in  Vorräten,  welche  aufge- 
braucht werden  können,  ehe  noch  die  Rasen  austrocknen  und  absterben.  Sie 
sind,  wenn  sie  nicht  sogleich  verwendet  werden  können,  in  Haufen  aufzu- 
setzen und  bei  trockenem  Wetter  durch  Begießen  vegetationsfähig  zu  erhalten. 

Die  Rasenstücke  dienen  entweder  zu  Flach-  oder  Kopfrasenbekleidungen. 

Im  ersten  Falle  werden  sie  auf  eine  gut  geebnete  Schichte  urbarer 
Erde  in  regelmäßigen,  nach  der  Böschung  geneigten  Lagen  mit  wechselnden 


F.  BaudurchfÜhnmg.  291 

Fugen,  die  Wurzelseite  nach  unten  gekehrt,  angesetzt  und  mit  30  cm  langen 
Pfählchen  angenagelt. 

Im  zweiten  Falle  werden  sie  in  horizontalen  Lagen  mit  wechselnden 
Fugen,  die  Wurzelseite  nach  oben  gekehrt,  so  übereinander  gelegt,  daß  ihre 
äußeren  Kanten  die  Böschung  bilden. 

Kopfrasenbekleidungen  werden  nur  zum  Schutze  von  Böschungen  an- 
gebracht, welche  zum  Abrutschen  geneigt  sind. 

Kopf-  und  Flachrasenbekleidungen  dürfen  nur  auf  gut  gesetztem  Boden, 
welcher  seine  Festigkeit  entweder  im  Verlaufe  der  Zeit  oder  durch  starkes 
Stampfen  erlangt  hat,  angelegt  werden. 

Ebenso  ist  die  Verkleidung  im  Verhältnis  des  Fortschreitens  und  mit 
Rücksicht  auf  die  herrschende  Trockenheit  stets  hinreichend  zu  begießen. 

§  32. 
Ausmaß  und  Berechnung. 
Die  Kosten  der  Besamung  werden  pro  Quadratmeter  berechnet. 
Rasenbekleidungen  werden  nach  der  bekleideten  Fläche  berechnet. 
Pflanzungen    von    Gesträuchen    werden    nach    der   Zahl    der    wirklich 
gediehenen  Pflanzen  berechnet. 

In  dem  betreffenden  Preise  ist  die  Aushebung  der  Wurzelgruben,  sowie 
ihre  Ausfüllung  mit  urbarer  Erde  und  die  Lieferung  der  letzteren  einbezogen. 

6.  Pllasterungsarbeiten. 
§  33. 
Pflastergattungen  und  deren  Anwendung. 
Die  in  Anwendung  kommenden  Gattungen  der  Pflasterung  sind: 

a)  Pflaster  von  rauhen  Bruchsteinen, 

b)  Pflaster  von  Kieseln, 

c)  Pflaster  von  behauenen  Bruchsteinen, 

d)  Pflaster  von  Ziegeln. 

Alle  diese  Gattungen  von  Pflasterungen  werden  entweder  trocken  oder 
in  Mörtel  ausgeführt. 

Die  Pflasterungen  unterscheiden  sich  femer,  je  nachdem  sie  angewendet 
werden  für  Wassergerinne  oder  für  den  Schutz  von  Böschungen  und  Ufern, 

§  34. 
Pflasterungsmaterialien. 
Eine  unerläßliche  Eigenschaft  aller  Pflastersteine  ist  die  Widerstands- 
fähigkeit gegen  die  Einflüsse  die  Witterung  bezw.  ihre  Frostbeständigkeit. 
Pflasterziegel  müssen  von  der  härtesten  Gattung  sein. 
Es  sollen  für  diesen  Zweck  von  jedem  Ziegelbrande  diejenigen  Stücke 
gewählt  werden,   welche,   ohne  ihre  regelmäßige  Gestalt  verloren  zu  haben, 
bis  zum  Verglasen  gebrannt  sind. 

Der  Pflastersand  muß  frei  von  erdigen  Teilen  und  grobkörnig  sein, 
jedoch  nur  so  weit,  daß  die  Größe  der  einzelnen  Sandkörner  5  mm  nicht 
übersteigt. 

19* 


292  n.  Die  SUnweiherbauten. 

Bei  Pflasterungen  mit  behauenen  Bruchsteinen  oder  Ziegeln  ist  für  die 
Ausfüllung  der  Fugen  feiner  Sand  zu  wählen. 

Der  für  Pflasterungen  zu  verwendende  Mörtel  ist  Mörtel  von  magerem 
Kalk,  für  Pflasterungen  von  Wassergerinnen  hydraulischer  Mörtel. 

Die  Dimensionen  der  Pflasterungssteine  hängen  von  dem  Zwecke  der 
Pflasterungen  ab  und  werden  von  Fall  zu  Fall  von  der  Bauleitung  bestimmt. 

§  35. 
Ausführung  des  Pflasters. 
Die  obere  Fläche  der  Pflasterungen  wird  entweder  eben  oder  konkav 
hergestellt. 

In  allen  Fällen  muß  das  vorgeschriebene  Profil  genau  eingehalten  werden 
und  sind  insbesondere  Kreuzungs-  oder  Bruchstellen  der  Pflasterung  mit 
besonderer  Sorgfalt  und  Rücksicht  auf  einen  soliden  Verband  auszuführen. 

a)  Trockenpflaster. 

Bei  der  Pflasterung  mit  rauhen  Bruchsteinen  zum  Schutze  von  Böschungen 
und  Ufern  sind  die  einzelnen  Steine  so  auszuwählen  und  an  den  Lager-  und 
Stoßfugen  mit  dem  Hammer  derartig  zu  richten  und  zusammenzusetzen,  daß 
sie  eine,  wenn  auch  rauhe,  doch  gleichartige  Fläche  bilden. 

Die  Gesichtsflächen  der  einzelnen  Steine  dürfen  ganz  unbearbeitet 
bleiben  und  vorspringende  Bossen  behalten,  wenn  dies  geschickt  und  mit 
Geschmack  behandelt  wird. 

Die  Fugen  sollen  nicht  über  20  mm  weit  sein  und  größere  und  kleinere 
Steine  so  abwechseln,  daß  eine  solide  Verbindung  des  Pflasters  entsteht. 
Die  Fugen  sind  mit  Erde  auszufüllen,  um  das  Auswachsen  derselben  mit 
Gras  zu  erleichtern.  Das  Auszwicken  oder  Ausschiefern  der  Fugen  mit 
kleinen  Steinen  ist  nicht  gestattet.  Pflasterungen  von  rauhen  Bruchsteinen 
erhalten  in  der  Regel  keine  besondere  Unterlage,  sondern  werden  mit  dem 
Material,  auf  welches  sie  zu  liegen  kommen,  mit  dem  Hammer  hinterstampft. 

Soweit  dieses  indessen  ohne  besondere  Kosten  geschehen  kann,  ist 
darauf  zu  sehen,  daß  sie  mit  steinigem,  möglichst  unnachgiebigem  Material 
hinterfüllt  werden. 

Bei  der  Auspflasterung  von  Wassergerinnen  mit  rauhen  oder  behauenen 
Bruchsteinen  oder  mit  Kieseln  soll  die  Oberfläche  des  Pflasters  möglichst 
eben  und  ohne  Vorsprünge  und  die  Weite  der  Fugen  nicht  größer  als 
10  mm  sein. 

Das  Pflaster  wird  etwas  über  seine  richtige  Höhe  angelegt  und  mit 
einer  Handramme  auf  die  richtige  Höhe  festgestoßen. 

Bei  der  Auspflasterung  von  Wassergerinnen  mit  Ziegeln  wird  die 
Sohle  vor  Anlage  des  Pflasters  fest  und  eben  gestampft,  sofort  das  Pflaster 
von  stehenden  Ziegeln  mit  höchstens  10  mm  weiten  wechselnden  Fugen 
angesetzt,  jeder  einzelne  Stein  mit  dem  Hammer  festgeschlagen  und  die  Fugen 
mit  Sand  ausgefüllt. 


F.  Baudurchführung.  293 

b)  Mörtelpflaster. 

Bei  der  Pflasterung  in  Mörtel  wird  auf  die  in  allen  Fällen  10  cm  hohe, 
durch  Stampfen  und  Begießen  verdichtete  Sandunterlage  eine  Mörtelschichte 
von  3  cm  Dicke  gebracht;  auf  diese  werden  die  Steine  ebenso  wie  bei  der 
trockenen  Pflasterung  angesetzt  und  die  Fugen  dicht  mit  Mörtel  ausgefüllt. 

Die  einzelnen  Steine  untermauerter  Pflasterungen  müssen  durch  ab- 
wechselnde Höhen  in  den  Verband  der  Untermauerung  eingreifen. 

§  36. 
Ausmaß  und  Berechnung. 
Pflasterungen  aller  Art  werden  nach  Quadratmeter  gemessen. 
Zur  Pflasterung  gehören   auch  die  Rand-  und  Saumsteine,    Grat-  und 
Kehlsteine,  welche  bei  der  Pflasterung  von  Rinnen,  beim  Zusammentreffen 
zweier  StraSen  und  bei  Straßenbiegungen  vorkommen. 

Pflasterfassungsplatten  oder  Quader  werden  als  Gegenstände  der  Stein- 
metzarbeit angesehen. 

7.  Maurer-    und    Steinmetzarbeiten. 

a)  BeschafTenheif  der  Sfeinmaferialien. 

§  37. 

Allgemeine  Bedingungen. 

Zu   allen  Gattungen    von  Maurer-    und  Steinmetzarbeiten  dürfen  nur 

solche  Steinmaterialien  verwendet  werden,  deren  Güte  und  Tauglichkeit  für 

die  Art  ihrer  Verwendung  entweder  durch  die  Erfahrung  bei  anderen  Bauten 

unter  ähnlichen  Verhältnissen  oder  durch  Proben,  welche  von  den  Organen 

der  Bauleitung  vorzunehmen  sind,  nachgewiesen  worden  ist. 

Sie  müssen  mit  Rücksicht  auf  den  Ort  und  die  Art  ihrer  Verwendung 
nach  der  Qualität  sorgfältig  ausgewählt  und  sortiert  werden  und  sollen,  wenn 
sie  im  Freien  oder  sonstwo  verwendet  werden,  wo  sie  dem  Wechsel  von 
Nässe  und  Trockenheit,  von  Wärme  und  Kälte  ausgesetzt  sind,  diesen 
vollkommen  widerstehen;  wenn  sie  einem  bedeutenden  Drucke  oder  dem 
Angriffe  mechanischer  Kräfte  zu  widerstehen  haben,  den  nötigen  Grad  von 
Widerstandsfähigkeit  besitzen;  wenn  sie  für  Hochbauten  verwendet  werden, 
keine  Feuchtigkeit  anziehen  und  festhalten. 

§  38. 
Bruchsteine. 

Bruchsteine  sollen,  wo  die  Umstände  es  nur  irgend  gestatten,  den  tieferen 
Schichten  der  Brüche  entnommen  und  so  zeitig  gebrochen  werden,  daß  sie 
vor  ihrer  Verwendung  vollständig  austrocknen  können. 

Steine,  welche  zu  häuptigem  Mauerwerk,  zu  Gewölben  oder  zu  Quadern 
verwendet  werden,  müssen  vollkommen  gesund,  frei  von  Stichen  und  Lagern 
und  von  gleichem  Korne  sein. 

Zu  Zierquadern  (Gesimsen  und  verzierten  Quaderarbeiten)  werden  nur 
Steine  zugelassen,  die  überdies  ein  so  feines  Korn  besitzen,  daß  eine  reine 
und  scharfkantige  Bearbeitung  möglich  ist. 


294  n.  Die  SUuweiherbaaten. 

§  39. 
Mauerziegel. 

Die  Ziegel  müssen  hellklingend,  hart  und  gleichmäßig  durchgebrannt 
sein;  sie  dürfen  nicht  verglast  sein  und  keine  Kalkteile  enthalten,  welche  beim 
Vermauern  oder  Einlegen  in  Wasser  die  Ziegel  zersprengen.  Sie  müssen 
ebene  Flächen  und  gut  erhaltene  Kanten  haben. 

Ziegel,  welche  zu  Vorsetzmauerwerk  bei  Rohbauten  verwendet  werden, 
mQssen  mit  besonderer  Sorgfalt  geformt,  getrocknet  und  gebrannt  sein.  Sie 
müssen  vollkommen  ebene  Flächen,  nach  allen  Seiten  rechtwinklige  und 
scharfe  Kanten  besitzen  und  möglichst  von  gleicher  Farbe  sein. 

b)  Beschaffenheif,  Bereitung  und  Verwendung  der  Möiiel. 

§  40. 
Allgemeine  Bedingungen. 

Unerläßliche  Bedingung  bei  der  Bereitung  aller  Arten  von  Mörteln  ist, 
daß  die  zu  denselben  verwendeten  Materialien  ganz  rein  und  im  richtigen 
Mengenverhältnisse  vollständig  gemischt  und  tüchtig  durchgearbeitet  werden, 
damit  das  Ganze  eine  gleichartige  Masse  bilde  und  die  einzelnen  Sandkörner 
vollständig  von  dem  Kalke  oder  sonstigen  Bindemittel  eingehüllt  werden. 

Die  Behälter,  Flächen  und  Werkzeuge,  welche  zur  Bereitung  von 
Mörteln  dienen,  müssen  so  beschaffen  sein,  daß  keinerlei  Verunreinigung 
durch  Beimischung  fremder  Bestandteile  während  der  Bereitung  möglich  ist. 

Der  speziell  für  alle  Maurerarbeiten  in  dem  Abschlußwerke  (Talsperre) 
samt  seinen  Objekten  zur  Verwendung  kommende  Mörtel  muß  mittels  Broyers 
bereitet  werden,  um  für  alle  Fälle  eine  innige  und  gleichförmige  Mischung 
von  Sand  und  Kalk  zu  erzielen. 

§  41. 
Sand. 

Zur  Mörtelbereitung  kann  Flußsand  oder  Grubensand  verwendet  werden. 
In  beiden  Fällen  soll  er  von  hartem  Gestein  herrühren  und  rein  von  erdigen 
und  organischen  Bestandteilen  sein. 

Unreiner  Sand  muß  durch  Schlämmen  von  fremdartigen  Bestandteilen 
befreit  werden. 

Sand  von  ungleichem,  grobem  Korn  darf  nur  zu  Mauerwerk  und  Pflaster 
aus  rauhen  Bruchsteinen,  zu  Fundamentmauerwerk  und  zur  Betonbereitung 
verwendet  werden. 

Für  alle  übrigen  Mauergattungen  wird  Sand  von  feinerem  Korn  verlangt. 

Zur  Mörtelbereitung  muß  Sand  in  trockenem  Zustande  verwendet  werden. 

§  42. 

Schotter. 

Zur  Betonbereitung  darf  nur  Kleingeschläge  aus  harten  Steingattungen 

und  ganz  gleichmäßiger,   vollkommen  sandfreier  Gruben-   oder  Flußschotter 

verwendet  werden.     Im  letzteren  Falle  müssen  jedoch  die  einzelnen  Steine 

wenigstens  eine  Bruchfläche  besitzen.     Die  einzelnen  Steine  des  Schotters 


F.  Baudurchführung.  295 

müssen    durch    eine    kreisrunde    Öffnung   von    5   cm    Durchmesser   in  jeder 
Richtung  passieren. 

Größere  Steine  sind  durch  Zerschlagen  auf  dieses  Maß  zu  verkleinern. 
Zur  Betonbereitung  muß  der  Schotter  vollkommen  frei  von  Staub  und  erdigen 
Bestandteilen  sein  oder,  wenn  dieses  nicht  der  Fall  ist,  durch  Waschen  ge- 
reinigt werden. 

§  43. 
Mörtel  aus  fettem  Kalk  (Weißkalkmörtel). 

Der  fette  Kalk  muß,  wenn  er  in  einem  wasserdichten  Behälter  mit  dem 
l^/g  fachen  Volumen  Wasser  begossen  wird,  aufbrausen,  sich  erhitzen  und  zu 
einem  Brei  auflösen,  welcher  im  Wasser  löslich  bleibt  und  weder  an  der  Luft 
noch  unter  Wasser  erhärtet.  In  dieser  Gestalt  wird  der  fette  Kalk  in  Gruben 
gegossen,  wo  er,  mit  einer  Schichte  Sand  bedeckt,  wenigstens  14  Tage  vor 
der  Verwendung  eingesumpft  bleiben  muß,  damit  die  schwer  löschbaren  Teile 
desselben  Zeit  haben,  sich  vollends  abzulöschen. 

Zur  Bereitung  des  Mörtels  mit  fettem  Kalke  werden  in  der  Regel  zwei 
Raumteile  Sand  auf  einen  Raumteil  Kalk  und  so  viel  Wasser  genommen,  daß 
der  Mörtel  einen  Brei  bildet,  welcher  nicht  von  der  Schaufel  abläuft. 

Vorräte  von  Mörtel  mit  fettem  Kalke,  welche  vor  der  Verwendung 
längere  Zeit  liegen  geblieben  sind,  müssen,  ehe  sie  verwendet  werden, 
neuerdings  durchgearbeitet  werden. 

Mörtel  von  fettem  Kalke  (Weißkalkmörtel)  darf  übrigens  nur  zu  Hoch- 
bauten verwendet  werden. 

§  44. 
Mörtel  aus  natürlichem,  magerem  Kalk. 

Unter  „magerem  Kalk"  wird  solcher  Kalk  verstanden,  welcher  aus 
Steinen  gebrannt  ist,  die  nebst  dem  kohlensauren  Kalk  und  etwaigen  neutralen 
Beimengungen  geringerer  Quantität  wenigstens  lO^/o  Silikate  (Tonerde, 
Kieselerde)  enthalten.  Dieser  Kalk  wird  auf  einer  geebneten  und  gereinigten 
Fläche  ausgebreitet,  begossen,  dann  sofort  in  Haufen  zusammengezogen,  so 
daß  er  sich  mäßig  erwärmt  und  in  Staub  zerfällt. 

Wird  dieses  Resultat  nicht  auf  einmal  erzielt,  so  ist  die  Operation  des 
Begießens  zu  wiederholen.  Ist  der  Kalk  vollständig  zerfallen,  so  wird  er 
durch  ein  Drahtsieb  von  den  verbrannten  und  nicht  gelöschten  Stücken 
befreit  und  muß  dann  sofort  verwendet  werden.  Magerer  Kalk  muß  frisch 
gebrannt  zur  Verwendung  kommen  und  bis  zur  Verwendung  in  Magazinen 
aufbewahrt  werden. 

Zur  Bereitung  des  Mörtels  mit  magerem  Kalke  werden  in  der  Regel 
Kalk  und  Sand  zu  gleichen  Raumteilen  genommen. 

Der  Kalk  wird  zuerst  nach  und  nach  mit  Wasser  gemengt,  zu  einem 
weichen  Teige  verarbeitet,  sodann  ein  gleiches  Volumen  trockenen  Sandes 
zugesetzt  und  von  kräftigen,  geübten  Arbeitern  tüchtig  durchgearbeitet.  Der 
fertige  Mörtel  mit  magerem  Kalk  muß  die  Konsistenz  eines  steifen  Breies 
oder  Teiges  haben,  welcher  in  größeren  Portionen  mit  der  Kelle  gefaßt 
werden  kann. 


296  II.  I>ie  Stauweiherbauten. 

Zum  Ausgießen  von  Fugen  darf  die  Menge  des  Kalkes  und  Wassers 
vermehrt  werden. 

Mörtel  mit  magerem  Kalk  darf  nur  in  Vorräten  bereitet  werden,  welche 
an  demselben  Tage  aufgebraucht  werden  können. 

Mörtel  aus  magerem  Kalk  kann  bei  allen  jenen  Nebenobjekten  zu  den 
herzustellenden  Mauern  und  Pflastern  in  Anwendung  gebracht  werden,  soweit 
für  dieselben  nicht  Mörtel  aus  hydraulischem  Kalk  oder  Zementmörtel  vor- 
geschrieben ist. 

§  45. 
Mörtel  aus  hydraulischem  Kalk  (Romanzement). 

Bezüglich  der  Definition  und  Eigenschaften  des  hydraulischen  Kalkes 
(Romanzementes)  haben  die  vom  österreichischen  Ingenieur-  und  Architekten- 
vereine aufgestellten  Bestimmungen  für  die  einheitliche  Lieferung  und  Prüfung 
von  Romanzement  Geltung. 

Auf  der  Baustelle  selbst  wird  seitens  des  mährischen  Landesausschusses 
eine  Zementprüfungsstation  errichtet  und  alle  hydraulischen  Bindemittel  vor 
ihrer  Verwendung  einer  genauen  Prüfung  durch  die  Bauleitung  unterzogen 
werden. 

Es  ist  seitens  des  Unternehmers  für  einen  derartigen  Vorrat  der 
hydraulischen  Bindemittel  Sorge  zu  tragen,  daß  im  Falle  der  Beanstandung 
und  Ausschließung  einer  Partie  Zement  hierdurch  keinerlei  Störung  in  dem 
Fortschritte  der  Maurerarbeiten  eintreten  kann. 

Zur  Bereitung  des  Mörtels  mit  hydraulischem  Kalk  werden  in  der  Regel 
ein  Raumteil  Kalk  und  zwei  Raumteile  Sand  genommen. 

Das  Verfahren  bei  der  Bereitung  ist  dasselbe  wie  bei  dem  Mörtel  mit 
magerem  Kalk,  nur  müssen  diese  Mörtel  mit  noch  größerer  Sorgfalt  und  An- 
strengung durchgearbeitet  werden.  Fertiger  hydraulischer  Mörtel  muß  die 
Konsistenz  eines  steifen  Teiges  haben,  und  nur  für  das  Ausgießen  von  Fugen 
darf  er,  soweit  notwendig,  verdünnt  werden. 

Mörtel  mit  hydraulischem  Kalk  darf  nur  in  kleinen  Mengen  bereitet 
werden,  welche  binnen  der  nächsten  drei  Stunden  aufgebraucht  werden  können. 

Hydraulischer  Mörtel,  auf  diese  Weise  zubereitet  und  zu  einem  steifen 
Teige  geballt,  muß  binnen  24  Stunden  unter  Wasser  erhärten. 

Mörtel  mit  hydraulischem  Kalk  kommt  bei  der  Betonbereitung,  sowie 
bei  allen  Maurer-  und  Pflasterarbeiten  in  Fundamenten,  dann  unter  Wasser 
oder  im  nassen  Boden,  sowie  im  Stollen,  endlich  an  allen  übrigen  Stellen 
in  Anwendung,  wo  er  von  der  Bauleitung  speziell  angeordnet  wird. 

Was  die  Zusammensetzung  und  Beschaffenheit  des  bei  der  Mauerung 
der  Talsperre  selbst  zu  verwendenden  Mörtels  anbelangt,  so  werden  auf 
Basis  der  von  der  Bauleitung  mit  der  gewählten  Zemeijitmarke  und  dem  ver- 
fügbaren Sand  anzustellenden  Proben  die  Mischungsverhältnisse,  Zusammen- 
setzung und  Zubereitungs weise  dieses  Mörtels  bestimmt  werden,  wobei  der 
Mörtel  je  nach  den  Proberesultaten  als  hydraulisches  Bindemittel  hydraulischen 
Kalk  oder  Portlandzement  mit  oder  ohne  Zusatz  von  Weißkalk  erhalten  kann. 

Bei  Ziegel mauerwerk  in  hydraulischem  Kalk-  oder  Portlandzementmörtel 
sind   die   Ziegel   vor  ihrer  Vermauerung  durch   längere  Zeit   in  Wasser  zu 


F.  Baadurchführung.  297 

legen    und   beim  Auftragen  neuer  Mauerschichten  die   alte  Schichte  vorher 
gut  anzufeuchten. 

Zur  Verwendung  kommende  Bruchsteine  müssen  vor  der  Vermauerung 
von  allen  erdigen  und  tonigen  Beimengungen  befreit  werden. 

Eine  ganz  besondere  Sorgfalt  erfordert  die  Herstellung  des  Bruch- 
stein-Zyklopenmauerwerkes der  Talsperre. 

Ist  seitens  der  Bauleitung  der  aufgeschlossene  Fundamentgrund  als  ent- 
sprechend bezeichnet  worden,  so  werden  in  erster  Linie  die  etwaigen  Fels- 
spalten mit  Beton  ausgegossen,  die  sorgfältig  mit  StahldrahtbOrsten  und  Wasser 
gereinigte  Felsoberfläche  mit  einem  dünnen  Zementmörtelanwurf  versehen 
und  dann  erst  mit  der  Mauerung  des  Fundamentes  begonnen.  Die  in  der 
Nähe  der  Talsperre  zu  brechenden  Bruchsteine  werden  mittels  Rollbahnen 
auf  die  Baustelle  geführt  und  dort  nach  der  Größe  sortiert;  die  großen  Mauer- 
steine und  kleineren,  zum  Verzwickeln  bestimmten  Bruchsteine  werden  vor 
ihrer  Verwendung  durch  einen  kräftigen  Wasserstrahl  (3—4  Atmosphären 
Druck)  gut  abgespült,  event.  mit  Stahldrahtbürsten  gereinigt. 

Die  großen  Bausteine  werden  vom  Rollwagen  mittels  großer  Zangen 
gehoben,  durch  einen  Laufkran  über  die  Verwendungsstelle  gebracht,  herab- 
gesenkt und  auf  das  saftig  mit  Mörtel  und  Steinzwickeln  vorbereitete  Lager 
sofort  definitiv  aufgesetzt.  —  Die  richtige  Lage,  also  das  eigentliche  Versetzen 
des  Steines,  muß  noch  vor  dem  vollständigen  Aufsitzen,  also  in  hängender 
Lage  bewirkt  werden. 

Das  Mauerwerk  ist  streng  zyklopenförmig,  also  ohne  jede  horizontale 
Fugenausgleichung  herzustellen. 

Zur  Feuchthaltung  des  Mörtels  ist  insbesondere  bei  trockener,  heißer 
Witterung  das  Mauerwerk  mittels  einer  Druck  Wasserleitung  zu  bespritzen. 

Die  fallweise  Bekanntgebung  anderer,  hier  nicht  angeführter,  technischer 
Instruktionen  und  Normen  behält  sich  die  Oberbauleitung  vor,  und  wird 
der  Unternehmer  diesfalls  durch  die  Bauleitung  rechtzeitig  in  Kenntnis  gesetzt 
werden. 

§  46. 
Portland-Zementmörtel. 

Auch  hier  gelten  die  vom  österreichischen  Ingenieur-  und  Architekten- 
vereine aufgestellten  Bestimmungen  für  die  einheitliche  Lieferung  und  Prüfung 
von  Portland-Zement. 

Außer  zur  Verfugung  der  Ansichtsflächen  und  zur  Betonbereitung  kann 
event.  auch  der  Portland-Zement  zu  dem  Mörtel  des  Talsperrenbaues  ver- 
wendet werden. 

§  47. 
Beton. 

Beton  kann  in  Anwendung  kommen: 

a)  bei  Gründungen  von  Bauten  auf  unebenem   oder  ungleich   festem  Bau- 
grunde, oder  als  Unterlage  für  Pflasterungen; 

b)  bei  Gründungen  unter  Wasser  oder  bei  solchen  Bauten,   bei   welchen 
Wasserdichtigkeit  Bedingung  ist. 


298  ^-  ^^^  Stanweiherbanten. 

Im  ersten  Falle  wird  zur  Bereitung  des  Betons  Mörtel  aus  hydraulischem 
Kalk,  im  zweiten  Falle  Portland-Zementmörtel  und  Schlägelschotter  genommen. 
In  dieser  Hinsicht  gelten  die  bereits  angeführten  Bestimmungen.  Die  Mischungs- 
verhältnisse bestimmt  die  Bauleitung.  Vor  der  Vermischung  muß  der  Schotter 
von  allem  Staub  befreit  und  durch  Begießen  mit  Wasser  benetzt  werden. 
Mörtel  und  Schotter  müssen  von  kräftigen,  geübten  Leuten  so  lange  nach 
allen  Richtungen  durchgearbeitet  werden,  bis  eine  vollständige  Mischung  und 
Umhüllung  aller  Steine  des  Schotters  mit  Mörtel  erfolgt  ist. 

Bei  den  sub  a  benannten  Gründungen  wird  der  Beton,  nachdem  die 
Baugrube  geleert  und  gesäubert  und  die  Erlaubnis  zum  Beginn  der  Betonierung 
von  der  Bauleitung  erteilt  worden  ist,  mit  Schubkarren  oder  Tragkästen  in 
Schichten  von  höchstens  30  cm  Dicke  eingebracht  und  mit  Handrammen  ge- 
ebnet und  festgestampft. 

Bei  Nachtfrösten,  anhaltendem  Regen  muß  der  Beton  gegen  das  Ge- 
frieren, Auswaschen  und  bei  trockenem,  warmem  Wetter  gegen  allzu  rasches 
Trocknen  geschützt  werden.  Bei  anhaltendem  Froste  ist  das  Betonieren  auf 
die  Dauer  desselben  einzustellen. 

Beton,  welcher  durch  Frost,  Regen  oder  Hitze  gelitten  hat,  ist  der  Unter- 
nehmer verpflichtet,  ohne  Entschädigung  zu  beseitigen  und  durch  guten  zu 
ersetzen. 

Bei  Gründungen  unter  Wasser  muß  der  Beton  durch  hölzerne  Schläuche, 
welche  bis  auf  die  Oberfläche  der  zu  bildenden  Schichte  hinabreichen,  oder 
mittels  Kästen  versenkt  und  mit  Stampfen  geebnet  und  niedergedrückt 
werden. 

Bei  dieser  Arbeit  ist  hauptsächlich  darauf  zu  sehen,  daß  nicht  beim  Ver- 
senken und  Festdrücken  des  Betons  die  Mörtelbestandteile  desselben  aus- 
gewaschen werden. 

Der  Beton,  ob  mit  Mörtel  von  hydraulischem  oder  Zementkalk  bereitet, 
muß  unmittelbar  nach  der  Bereitung  verwendet  werden,  widrigenfalls  er  als 
unbrauchbar  zu  beseitigen  ist. 

§  48. 
Veränderungen  in  den  Mischungsverhältnissen. 

Stellt  sich  durch  die  von  den  Organen  der  Bauleitung  anzustellenden 
Mörtelproben  die  Notwendigkeit  heraus,  von  den  oben  angegebenen  Mischungs- 
verhältnissen und  Bereitungsmethoden  abzuweichen,  so  hat  der  Unternehmer 
den  diesfalls  an  ihn  gerichteten  Weisungen  nachzukommen,  ohne  hieraus 
irgendwelche  Ansprüche  ableiten  zu  können. 

Abänderungen  in  den  Mischungsverhältnissen,  welche  vom  Bauunter- 
nehmer beantragt  werden,  können  nur  mit  Bewilligung  der  Bauleitung  auf 
Grund  vorhergegangener  Versuche  durchgeführt  werden. 

Das  für  die  Proben  erforderliche  Material,  sowie  die  Arbeitsleistung  hat 
der  Unternehmer  in  allen  Fällen  unentgeltlich  zu  liefern. 


F.  Baudurchführung.  299 

c)  Ausführung  der  Maurer-  und  Sfeinmefzarbeifen. 
§  49. 
Gattungen  der  Maurer-  und  Steinmetzarbeiten. 
Bei  den  Maurer-  und  Steinmetzarbeiten  werden  unterschieden: 

a)  Maurerarbeiten,  für  welche  die  Steine  nicht  erst  besonders  und  vor  dem 
Vermauern  durch  Steinmetze  bearbeitet  werden  müssen,  sondern  durch 
die  Maurer  selbst  hergerichtet  werden  können.  Hierher  gehören  Funda- 
mentmauerwerk aus  Bruchsteinen  und  häuptiges  Mauerwerk  aus  unregel- 
mäßigen Bruchsteinen.  Diese  Mauerwerksgattungen  werden  entweder 
trocken  oder  in  Mörtel  ausgeführt. 

b)  Maurerarbeiten,  bei  welchen  das  Steinmaterial  vor  der  Vermauerung 
von  Steinmetzen  bearbeitet  und  von  Maurern  gesetzt  wird.  Hierher 
gehört  alles  Mauerwerk  aus  lagerhaften  Bruchsteinen,  aus  Bruchsteinen 
in  Schichten  (Haustein-  oder  Hackelsteinmauerwerk)  und  das  Quader- 
mauerwerk. 

c)  Maurerarbeiten,  welche  aus  Ziegelsteinen  ausgeführt  werden. 

§  50. 
Untersuchung  des  Baugrundes  vor  dem  Beginn  der  Maurerarbeiten. 
Mit  der  Ausführung  aller  Arten  von  Steinarbeiten  und  Maurerarbeiten 
darf  nicht  früher  begonnen  werden,  als  nachdem  der  Grund,  auf  dem  sie  aus- 
geführt werden  sollen,  von  dem  bauleitenden  Ingenieur  untersucht  und  als 
hinreichend  fest  erkannt  worden  ist  und  event.  nachdem  die  auf  die  Ver- 
rechnung bezüglichen  Dimensionen  des  Fundaments  festgestellt  wurden  (siehe 
auch  §  45). 

§  51. 
Allgemeine  Vorschriften  für  die  Ausführung  von  Mauerwerk. 
Für  die  Ausführung  von  Mauerwerk  gelten,  soweit  hierüber  nicht  schon 
oben  Bestimmungen  getroffen  wurden,  folgende  allgemeine  Vorschriften: 

a)  Die  einzelnen  Steine  müssen  durch  die  ganze  Dicke  der  Mauer  in  gutem 
horizontalem  Verbände  stehen,  und  Läufer  und  Binder  müssen  gehörig 
miteinander  abwechseln. 

b)  Bei  der  Vermauerung  von  unbearbeiteten  Bruchsteinen  wie  von  Quadern 
muß   immer  die  breitere  Fläche  der  Steine  nach  unten  gekehrt  werden. 

c)  Lagerhafte  unbearbeitete  oder  bearbeitete  Bruchsteine  wie  auch  Quader 
dürfen  niemals  auf  ihr  Haupt  gestellt,  sondern  müssen  immer  auf  ihr 
Lager  gelegt  werden. 

d)  Die  Lagerflächen  der  Schichten  bei  Hausteinmauerwerk  wie  bei  Quader- 
mauerwerk müssen  durch  die  ganze  Dicke  der  Mauer  sich  im  gleichen 
Maße  berühren,  und  soll  das  Unterlegen  einzelner  Steine,  sowie  überhaupt 
die  Anwendung  von  Hilfsmitteln  vermieden  werden,  welche  ein  ungleiches 
Zusammendrücken  der  Mauer  herbeiführen. 

e)  Mauerteile,  welche  unter  sich  zusammenhängen,  müssen,  soweit  es  die 
Umstände  gestatten,  gleichmäßig  und  gleichzeitig  in  die  Höhe  geführt 
werden,  damit  die  unvermeidliche  Senkung  eine  gleichmäßige  sei. 


300  n>  ^ic  Staaweiherbaaten. 

Welche  Bauten  und  Teile  von  Bauten  trocken  und  welche  in  Mörtel, 
im  letzteren  Falle  mit  welcher  Gattung  von  Mörtel  sie  ausgeführt  werden 
sollen,  bestimmt  die  Bauleitung. 

Mit  der  Anlage  von  Stütz-  und  Futtermauern  in  schwierigem  Terrain 
darf  nur  in  kurzen  Partien  vorgegangen  werden,  worüber  die  Bauleitung  von 
Fall  zu  Fall  die  nötigen  Weisungen  erteilen  wird. 

§  52. 
Besondere  Vorschriften  für  die  Ausführung  vonTrockenmauerwerk. 

Bei  Trockenmauerwerk  werden  die  Fugen  und  Zwischenräume  zwischen 
den  einzelnen  Steinen  im  Innern  des  Mauerwerkes  mit  kleinen  Steinen 
ausgelegt. 

Im  übrigen  gelten  die  Bestimmungen  der  betreffenden  Mauerwerks- 
gattung. 

§  53. 
Besondere  Vorschriften  für  die  Ausführung  von  Mörtelmauerwerk. 

Für  die  Ausführung  von  Mörtelmauerwerk  gelten  folgende  Vorschriften: 

a)  Alle  Zwischenräume  zwischen  den  einzelnen  Steinen  müssen  vollkommen 
mit  Mörtel  ausgefüllt  und  die  Steine  innig  mit  dem  Mörtel  verbunden 
werden.  Zu  diesem  Zwecke  sind  die  Steine,  ehe  sie  mit  Mörtel  in 
Berührung  gebracht  werden,  von  allem  Staub  zu  befreien  und  sorgfältig 
anzunetzen. 

Bei  trockener  und  warmer  Witterung  müssen  die  angefangenen  Mauer- 
teile häufig  begossen  und,  wenn  es  verlangt  wird,  auch  bedeckt  werden. 

b)  Das  Behauen  und  Zusammenpassen  der  Bruchsteine  und  Quader  darf 
nicht  erst  auf  der  Mauer,  sondern  muß  vorher  entweder  auf  dem  Werk- 
platze oder  auf  dem  Gerüste  geschehen,  damit  nicht  Steine,  welche 
bereits  vermauert  sind,  erschüttert,  in  ihrer  Verbindung  mit  dem  bereits 
anziehenden  Mörtel  gestört  oder  gelockert  werden,  und  damit  das 
bereits  hergestellte  Mauerwerk  nicht  durch  die  abfallenden  Steinsplitter 
verunreinigt  werde. 

c)  Bei  starkem  Regen  müssen  die  angefangenen  Mauerteile  durch  Bedecken 
gegen  das  Auswaschen  des  Mörtels  geschützt  werden.  Bei  Frösten  muß 
die  Ausführung  des  Mörtelmauerwerkes  auf  die  Dauer  derselben  ein- 
gestellt werden. 

Mauerteile,  deren  Mörtelverbindung  durch  Frost,  Regen  oder  andere 
Ursachen  gelitten  hat,  hat  der  Unternehmer  ohne  Anspruch  auf  Ent- 
schädigung abzubrechen  und  neu  aufzuführen. 

§  54. 
Fundamentmauerwerk  aus  Bruchsteinen. 
Bei  Fundamentmauerwerk  aller  Nebenobjekte  werden  zu  den  unteren 
Schichten  des  Mauerwerkes  die  größten  plattenförmigen  Steine  ausgewählt 
und  die  Fugen  derselben  derart  gewechselt,  daß  der  Druck  des  darauf 
ruhenden  Mauerwerkes  gleichmäßig  auf  die  Sohle  der  Fundamentgrube  ver- 
teilt wird. 


F.  Baudurchfühning.  301 

Bei  Fundaraentmauerwerk  in  Mörtel  wird  die  unterste  Schichte  in  ein 
auf  die  Sohle  der  Baugrube  auszubreitendes  reichliches  Mörtelbett  gelegt. 

Bezüglich  der  Ausführung  des  Fundaraentmauerwerkes  der  Talsperre 
selbst  haben  nebstdem  die  im  §  45  angeführten  Bestimmungen  zu  gelten. 

§  55. 

Häuptiges  Mauerwerk  aus  unregelmäßigen  Bruchsteinen. 

Bei  häuptigem  Mauerwerk  aus  unregelmäßigen  Bruchsteinen  können  die 
Lager-  oder  Stoßfugen  im  Mauerhaupt  entweder  in  parallelseitigen  oder  in 
unregelmäßigen  (Zyklopen-)  Formen  angeordnet  werden. 

Die  Bearbeitung  des  Mauerhauptes  und  der  Lagerflächen  ist  so  gut,  wie 
dies  mit  dem  Mauerhammer  geschehen  kann,  auszuführen. 

Das  Auszwicken  oder  Ausschiefern  zu  großer  Fugen  ist  in  keinem  Falle 
gestattet;  dagegen  können  größere  Lücken  zwischen  den  Mauersteinen  durch 
sorgfältig  eingepaßte  Schiefer  ausgefüllt  werden,  es  dürfen  aber  die  Schiefer 
nicht  von  außen  in  die  Fugen  gesteckt,  sondern  müssen  mit  den  Mauersteinen 
eingelegt  werden  und  in  deren  Verband  eingreifen.  Die  zulässige  Größe  der 
einzelnen  Steine  wird  von  dem  bauleitenden  Ingenieur  von  Fall  zu  Fall  fest- 
gesetzt. Im  übrigen  haben  für  das  Zyklopenmauerwerk  der  Talsperre  selbst 
auch  die  im  §  45  angeführten  Bestimmungen  zu  gelten. 

Die  Deckschichten  von  überschütteten  Stützmauern  und  von  Futter- 
mauem  sind  aus  mindestens  40  cm  tiefen  und  mindestens  20  cm  hohen 
Steinen  herzustellen,  welche  rollsteinartig  in  die  Mauer  eingreifen  und  im 
Stoße  sich  auf  mindestens  15  cm  Länge  berühren.  Diese  Deckscharen  er- 
halten einen  Erdhaken. 

Die  freiliegenden  Deckschichten  von  Stützmauern  sind  aus  mindestens 
15  cm  tiefen  und  mindestens  25  cm  hohen  Durchbindem  herzustellen.  Die 
einzelnen  Steine  sollen  zur  Erzielung  eines-  guten  Verbandes  zwischen  Mauer 
und  Deckschichte  von  ungleicher  Höhe  sein  und  vollständig  in  die  Mauer 
eingreifen.  In  den  Stoßfugen  sollen  sich  dieselben  auf  die  ganze  Tiefe  und 
Höhe  der  Steine  berühren.  Die  obere  Fläche  ist  rauh  zu  spitzen  und  die 
äußere  Kante  auf  3  cm  Breite  abzufassen;  die  innere  Kante  ist  auf  15  cm 
Tiefe  flüchtig  abzuarbeiten. 

In  Entfernungen  von  2,5  m  sind  größere  Steine  von  mindestens  60  cm 
Länge  und  mindestens  40  cm  Höhe  zur  Aufnahme  der  eisernen  Geländer- 
säulen anzubringen,  die  im  übrigen  wie  die  anschließenden  Deckschichten  be- 
handelt werden. 

§  56. 
Häuptiges  Mauerwerk  aus  lagerhaften  Bruchsteinen, 

Bei  Mauerwerk  aus  lagerhaften  Bruchsteinen  müssen  die  einzelnen  Steine 
im  Innern  und  Äußern  nach  der  Tiefe  der  Mauer  parallele  Lagerflächen  haben, 
und  das  Mauerhaupt  soll  entweder  senkrecht  gegen  die  Lagerfläche  oder  ent- 
sprechend dem  vorgezeichneten  Maueranlauf  mit  Hammer  und  Zweispitzeisen 
flüchtig  bearbeitet  werden. 

Nach  der  Länge  der  Mauer  sind  die  einzelnen  Steine  entweder  hori- 
zontal oder  je  nach  der  vorgezeichneten  Konstruktion  des  Objektes  ansteigend 


302  n.  Die  SUuweiherbauten. 

und  in  der  Regel  unter  sich  parallel,  nach  der  Tiefe  der  Mauer  jedoch  stets 
horizontal  zu  versetzen. 

Die  unteren  bearbeiteten  horizontalen  Lagerflächen  der  einzelnen  Steine 
des  Mauerhauptes  müssen  wenigstens  zwei  Dritteile,  die  oberen  wenigstens 
ein  Dritteil  der  natürlichen  Lagerfläche  betragen;  dabei  muß  die  untere  be- 
arbeitete Lagerfläche  auf  mindestens  16  cm  Tiefe  vom  Mauerhaupt  einwärts 
auf  die  ganze  Länge  des  Steines  ausgedehnt  sein. 

Im  Innern  müssen  die  unteren  Lager  ca.  die  Hälfte,  die  oberen  ca.  ein 
Viertel  der  natürlichen  Lagerfläche  betragen. 

Die  Weite  der  Lagerfugen  darf  nicht  mehr  als  12  mm  betragen. 

In  den  Stößen  müssen  die  einzelnen  Steine  sich  berühren  und  die 
bleibenden  Öffnungen  sind  sorgfältig  auszumauern. 

Dabei  dürfen  im  Haupte  die  Schiefer  nicht  von  außen  hineingesteckt, 
sondern  sie  müssen  so  eingelegt  werden,  daß  sie  in  den  Verband  eingreifen. 

Ausgenommen  hiervon  sind  die  Stoßfugen  im  Haupte,  wo  Lagerfugen 
wechseln.  Diese  sind  stets  vertikal  zu  bearbeiten.  Es  können  aber  hierbei 
Steine  an  ihrem  oberen  Lager  ausgekröpft  werden. 

Ausgemauerte  Stoßfugen  im  Haupte  müssen  stets  und  derart  verbunden 
werden,  daß  der  überbindende  Stein  zu  beiden  Seiten  der  Fuge  noch  mindestens 
auf  15  cm  Länge  auf  bearbeiteten  Lagern  aufliegt. 

Es  dürfen  im  Mauerhaupte  nur  Stoßfugen  und  keine  Lagerfugen  aus- 
gemauert werden. 

Das  Mauerwerk  ist  von  1,5  zu  1,5  m  Höhe  abzugleichen;  zwischen  diesen 
Mauergleichen  darf  die  Höhe  der  einzelnen  Steine,  welche  aneinander  stoßen, 
nur  so  viel  variieren,  daß  eine  Steinhöhle  durch  höchstens  3  Steinlagen  aus- 
geglichen wird. 

Im  Mauerhaupt  darf  auch  kein  Stein  höher  sein,  als  die  mittlere  Breite 
seines  unteren  bearbeiteten  Lagers  beträgt. 

Über  die  Zahl  der  Binder  verfügt  die  Bauleitung  bei  der  Ausführung. 

§  57. 
Schichtenmauerwerk  aus  Bruchsteinen  (Hausteinmauerwerk). 

Für  das  Schichtenmauerwerk  aus  Bruchsteinen  (Hausteinmauerwerk) 
sollen  die  einzelnen  Steine  am  Haupte  rechtwinklig,  mit  parallelen  Lager-  und 
Stoßfugenflächen  rein  bearbeitet  werden.  Die  Schichtenhöhe  darf  nicht  weniger 
als  20  cm,  die  Tiefe  der  Stoßfugenflächen  nicht  weniger  als  15  cm,  vom 
Haupte  an  gemessen,  betragen. 

Die  Anlage  der  Mauerschichten  nach  der  Tiefe  geschieht  sowohl  bei 
senkrechten  Mauern  als  bei  Mauern  mit  Anlauf  horizontal,  im  ersteren  Falle 
also  rechtwinklig,  im  letzteren  mit  spitz-  oder  stumpfwinklig  bearbeiteten 
Mauerhauptsteinen.  Bei  Mauern,  welche  horizontale  Flächen  begrenzen,  sind 
die  Schichten  der  Länge  nach  horizontal,  bei  solchen,  welche  ansteigende 
Flächen  begrenzen,  parallel  mit  der  Steigung  durchzuführen. 

Die  Stoßfugen  der  einzelnen  Steine  müssen  im  Haupt  derart  abwechseln, 
daß  die  Steine  der  einen  Schichte  die  der  anderen  mindestens  um  15  cm 
überbinden. 


F.  Baadarchfühning.  303 

Auf  je  zwei  Läufer  muß  wenigstens  ein  Binder  kommen,  welcher  min- 
destens 25  cm  über  die  Breite  der  Läufer  greift. 

Wo  die  Höhe  der  Schichten  verändert  wird,  was  nur  in  besonderen 
Fällen  zulässig  ist,  dürfen  weder  zwei  Stoßfugen  aufeinander  treffen,  noch 
einzelne  Steine  ausgekröpft  werden,  sondern  es  müssen  die  Ungleichheiten 
der  Schichtenhöhe  durch  Einsetzen  eines  Steines  ausgeglichen  werden,  der 
die  Höhe  zweier  Schichten  hat. 

Bei  dieser  Gattung  von  Mauerwerk  darf  die  Weite  der  Lagerfugen 
höchstens  10  mm  und  die  Weite  der  Stoßfugen  auf  mindestens  15  cm  vom 
Haupte  an  höchstens  8  mm  betragen. 

Die  Hintermauerung  ist  ebenfalls  in  Schichten  auszuführen,  welche  mit 
den  Vorsetzsteinen  gleich  hoch  sind,  und  sollen  die  Lager  und  Stoßfugen  roh 
gespitzt  werden. 

Jede  Schichte  muß  für  sich  vollkommen  eben  abgeglichen  werden. 

Die  beiden  Lagerflächen  der  Hintermauerungssteine  müssen  mindestens 
in  drei  Viertel  ihres  Ausmaßes  parallel  zueinander,  die  Stoßfugen  —  ebenso 
in  drei  Viertel  —  senkrecht  zu  den  Lagern  sein.  Im  übrigen  kann  die  Form 
der  Steine  unregelmäßig  bleiben,  jedoch  darf  die  Unregelmäßigkeit  der  Form 
den  Bedingungen  eines  soliden  Verbandes  keinen  Eintrag  tun. 

Die  Lücken  müssen  in  jeder  Schichte  sorgfältig  ausgemauert  werden, 
ehe  mit  dem  Versetzen  der  nächsten  Schichte  fortgefahren  wird.  Im  Mauer- 
haupte müssen  alle  Steine  durchaus  scharfkantig  sein. 

Der  Verband  der  Stoßfugen  ist  bei  der  Hintermauerung  derart  einzuteilen, 
daß  sich  die  einzelnen  Steine  sowohl  in  einer  und  derselben  Schichte,  als 
auch  in  bezug  auf  die  vorhergehende  Schichte  mindestens  um  25  cm  über- 
greifen. Die  kleinsten  zulässigen  Dimensionen  der  Läufer  bestimmt  die 
Bauleitung. 

Die  Bauleitung  kann  ausnahmsweise  gestatten,  daß  die  Hintermauerung 
einer  Schichte  in  zwei  Schichten  geteilt  werde. 

§  58. 
Quadermauerwerk. 

Für  Quadermauerwerk  jeder  Art  enthalten  die  Pläne  die  nötigen  Be- 
stimmungen hinsichtlich  der  Schichtenhöhe,  der  Gestalt  und  der  Dimension 
der  einzelnen  Steine. 

Quader,  welche  zur  Bildung  von  Fundamentschichten  benutzt  werden, 
dürfen  im  Haupte  und  in  jenen  Flächen,  welche  auf  dem  Boden  aufliegen, 
rauh  bossiert  bleiben. 

Die  Lagerfugenflächen  von  Fundamentquadern  müssen  gespitzt  oder 
gekrönelt  werden,  so  daß  die  Lagerfugen  in  vollkommen  gleicher  Weite, 
welche  in  gewöhnlichen  Fällen  höchstens  15,  bei  sehr  starker  Belastung  des 
Mauerwerkes  aber  20  mm  betragen  darf,  durchlaufen. 

Diese  Vorschrift  ist  für  Lagerfugen  zwischen  Quadern  wie  auch  zwischen 
Quadern  und  geschichtetem  Mauerwerk  einzuhalten. 

Die  Weite  der  Stoßfugen  darf  sowohl  bei  massivem  als  bei  Verkleidungs- 
Fundament-Quadermauerwerk  30  mm  betragen. 


304  n*  ^i^  Staaweiherbauten. 

Bei  sonstigem  Quadergemäuer  mul5  jede  Schichte  für  sich  vollkommen 
eben  abgeglichen  werden. 

Die  Lagerfugenflächen  werden  gekrönelt  oder  gestockt  und  die  Lager- 
fugen laufen  in  vollkommen  gleicher  Weite,  welche  in  gewöhnlichen  Fällen 
höchstens  8,  bei  sehr  starker  Belastung  des  Mauerwerkes  aber  10  mm  betragen 
darf,  durch. 

Die  Weite  der  Stoßfugen  darf  auf  5  cm  Tiefe  vom  Haupte  an  höchstens 
5  mm  betragen.  Von  jenen  5  cm  an  gegen  den  Kern  der  Mauer  erhalten  sie  eine 
gleichmäßige  Weite  von  9 — 12  mm,  um  das  Ausfüllen  mit  Mörtel  zu  erleichtern. 

Beim  reinen  und  verzierten  Quadergemäuer  werden  die  Stoßfugen  im 
Haupte  zusammengefügt  und  dürfen  höchstens  3  mm  Weite  erhalten. 

Bei  Quadermauern  müssen  Läufer  und  Binder  regelmäßig  wechseln  und 
die  einzelnen  Steine  sich  mindestens  25  cm  überbinden.  Bei  Verkleidungs- 
mauerwerk von  Quadern  muß  auf  je  zwei  Läufer  ein  Binder  kommen,  welcher 
die  Hintermauerung  auf  wenigstens  35  cm  bindet.  Die  Hintermauerung  von 
Quaderverkleidungen  ist  wie  Mauerwerk  aus  Bruchsteinen  in  Schichten  mit 
der  größten  Sorgfalt  und  gleichmäßig  mit  der  Quaderverkleidung  aufzuführen. 

Beim  Versetzen  von  Quadern,  welche  eine  sehr  starke  Belastung  er- 
halten, sind  die  Lagerfugen  auf  5  cm  vom  Haupte  einwärts  offen  zu  lassen 
und  erst  später,  wenn  die  volle  Belastung  eingetreten  ist,  mit  Mörtel  auszu- 
füllen, um  das  Abdrücken  von  Ecken  und  Kanten  zu  verhindern. 

Einstückungen  werden  im  Haupte  von  Quadermauern  gar  nicht  geduldet. 

Abgestoßene  Ecken  oder  sonstige  Beschädigungen  müssen  durch  Nach- 
arbeiten des  betreffenden  Steines  verbessert  werden. 

Im  Innern  von  Quadermauern  sind  fehlende  Ecken  insoweit  zulässig, 
als  sie  ^/g  der  Lagerfläche  des  betreffenden  Steines  nicht  übersteigen,  müssen 
aber  sorgfältig  ausgemauert  werden,  ehe  mit  dem  Versetzen  fortgefahren  wird. 

Fundamentquader  der  unteren  Schichte,  insofern  mehrere  Fundament- 
quaderschichten aufeinander  liegen,  und  die  Schlußsteine  je  einer  Quader- 
schichte müssen  vollkantig  sein. 

Die  Schablonen  von  gesimsten  und  sonst  verzierten  Quaderstücken  hat 
der  Unternehmer,  ehe  er  mit  deren  Ausführung  beginnt,  der  Genehmigung 
des  bauleitenden  Ingenieurs  zu  unterbreiten. 

Brüstungen  von  Quadern  werden  sowohl  in  dem  Lager  als  an  den 
Stößen  mit  verdeckten  Falzen  zusammengesetzt. 

Zu  dem  Quadermauerwerk  gehören  auch  noch  die  inneren  Dolen- 
deckel.  Diese  sind  Quader  ordinärster  Gattung,  welche  bloß  am  unteren 
Lager  und  an  beiden  Stoßflächen  gespitzt,  im  übrigen  aber  mit  dem  Hammer 
auf  die  dem  Plane  entsprechenden  Dimensionen  gebracht  werden.  Die 
Dolendeckel  werden  auf  ein  Mörtellager  gelegt  und  die  Stoßfugen  bis  auf 
15  cm  von  der  Widerlagerkante  weg  in  Mörtel  gelegt,  in  der  Mitte  aber 
offen  gelassen. 

§  59. 
Mauerwerk  aus  Ziegeln. 

Mauerziegel  werden  vor  dem  Vermauern  in  Wasser  gelegt,  so  lange 
darin  gelassen,   bis  keine  Luftblasen  mehr  aus  ihnen  aufsteigen,  und  sodann 


F.  Baudurchfühnmg.  305f 

in    regelmäßigen  Schichten   in   doppeltem   Verband  mit  wechselnden  Fugen 
vermauert. 

Die  Weite  der  Fugen  soll  höchstens  12  mm  betragen. 

Bei  Ziegelmauerwerk,  welches  ohne  Verputz  gelassen  wird,  sind  im 
Haupte  immer  die  an  Gestalt  und  Beschaffenheit  besten  Ziegel  zu  verwenden; 
bei  Ziegeln,  welche  für  solches  Mauerwerk  nach  besonderen  Formen  behauen 
werden  müssen,  sind  die  behauenen  Flächen  mit  einem  grobkörnigen  Sand- 
stein trocken  abzuschleifen. 

§  60. 
Besondere  Vorschriften  für  die  Ausführung  von  Gewölben. 

Bei  allen  Gewölben  müssen  die  Lagerfugen  der  Länge  nach  parallel 
durchgeführt  und  die  Lagerflächen  überall  normal  auf  die  innere  Wölbungs- 
fläche gerichtet  werden. 

Die  Linien  der  Lagerfugen  sind  zu  diesem  Zwecke  auf  der  Verschalung 
der  Bogengerüste  vorzureißen. 

Die  beiden  Gewölbeschenkel  sind  bei  allen  Gewölben  gleichzeitig  und 
gleichmäßig  von  beiden  Widerlagern  aus  aufzuführen,  damit  kein  ungleicher 
Druck  auf  die  Bodengerüste  entstehe,  und  diese  letzteren  sind  dem  Drucke 
der  Gewölbeschenkel  entsprechend  am  Scheitel  zu  belasten. 

Die  Widerlager  sind  nur  an  den  Gefällsbruchstellen  von  Objekten  mit 
verschieden  geneigten  Teilen  und  bei  Stufen  der  Fundaments-  oder  der 
Kämpferflächen  zu  trennen  und  stumpf  zu  stoßen. 

Bei  Gewölben  aus  Bruchsteinen  sind  die  Schlußsteine,  welche  stets 
Durchbinder  sein  müssen,  erst  nachdem  beide  Gewölbeschenkel  von  beiden 
Seiten  bis  zum  Schlüsse  aufgeführt  sind,  genau  auf  das  Maß  zu  bearbeiten 
und  mit  der  Handramme  einzutreiben,  bis  das  Gewölbe  seine  vollständige 
Spannung  erhalten  hat  und  das  Bogengerüste  entlastet  ist. 

Die  einzelnen  Gewölbesteine  dürfen  keinesfalls  über  die  Gewölbeauf- 
mauerung vorstehen  und  müssen  daher,  wenn  sie  länger  sind,  noch  vor  dem 
Versetzen  abgeköpft  werden. 

§  6L 
Gewölbe  aus  lagerhaften  Bruchsteinen. 

Gewölbe  aus  lagerhaften  Bruchsteinen  werden  aus  mit  dem  Hammer 
und  Zweispitz  keilförmig  bearbeiteten  Steinen  hergestellt. 

Bezüglich  des  Verbandes,  der  Bearbeitung  der  Steine  und  der  Weite 
der  Lagerfugen  gelten  die  vorerwähnten  Vorschriften,  insofern  dieselben  nicht 
durch  die  nachstehenden  Bestimmungen  abgeändert  werden. 

Ausschieferungen  sind  in  den  Gewölbeflächen  unzulässig. 

Die  Lagerflächen  sollen  bis  auf  mindestens  drei  Viertel  der  ganzen 
Breite  des  Steines  ohne  erhebliche  Höhlungen  oder  Vertiefungen  sein. 

Die  Versetzsteine  müssen  nach  der  Tiefe  des  Gewölbes  mindestens  das 
1^/3  fache  Maß  der  Dicke  des  Steines  haben. 

Die  erforderliche  Anzahl  der  Durchbinder  bestimmt  die  Bauleitung. 

Nach  je  drei  oder  vier  Schichten  ist  eine  durchlaufende  ebene  Fläche 
normal  zur  inneren  Gewölbefläche  und  mit  der  unteren  Kante  parallel  zur 
Gewölbeachse  herzustellen. 

Friedrich,  Wasserban.    Zweite  Auflage.    IL  Band.  20 


306  ^^*  ^^^  Staaweiherbauten. 

Dieselbe  Ausgleichung  soll  bei  beiden  Gewölbeschenkeln  in  annähernd 
gleichen  Abständen  von  der  Widerlagerkante  gehalten  werden. 

Nach  Schließung  des  Gewölbes  sind  die  Fugen  noch  mit  flüssigem,  hydrau- 
lischem oder  magerem  Mörtel  auszugießen. 

§  62. 
Gewölbe  aus  bearbeiteten  Bruchsteinen. 

Bei  Gewölben  aus  bearbeiteten  Bruchsteinen  (Hausteinen  oder  Quadern) 
sind  die  einzelnen  Steine  nach  dem  Fugenschnitt  keilförmig  zu  bearbeiten. 

Hinsichtlich  der  Vermauerung,  des  Verbandes  und  der  Fugenweite 
gelten  bei  Gewölben  aus  Schichtenmauersteinen  die  Vorschriften  der  §§  51, 
53  und  57,  bei  Gewölben  aus  Quadern  die  Vorschriften  der  §§  51,  63  und  58. 

Beim  Versetzen  aller  Gewölbesteine  in  Gewölben  von  größeren  Spann- 
weiten sind  die  Lagerfugen  auf  5  cm  Tiefe  von  der  Leibung  einwärts  offen 
zu  lassen  und  erst  später  mit  Mörtel  auszufüllen,  wenn  das  Gewölbe  seine 
vollständige  Senkung  erlitten  hat,  um  das  Abdrücken  von  Ecken  und  Kanten 
in  der  Leibung  zu  verhindern. 

Die  erforderliche  Anzahl  der  Durchbinder  bestimmt  die  Bauleitung. 

Die  Gewölbestirnsteine  sind  mit  sogen.  Haken  in  das  anschließende 
Stimmauerwerk  eingreifend  herzustellen. 

Ausnahmen  hiervon  bestimmt  die  Bauleitung. 

§  63. 
Gewölbe  aus  Mauerziegeln. 

Gewölbe  aus  Mauerziegeln  bestehen  in  einer  nach  ihrer  Dicke  zu  be 
messenden  Anzahl  von  konzentrischen  Ringen,  deren  Dicke  im  einzelnen  der 
1-  oder  1^/2  fachen  .Länge  eines  Mauerziegels  gleichkommt. 

Die  Schichten  der  einzelnen  Ringe  werden  im  einfachen  Verbände  an- 
gelegt und  die  Weite  der  Gewölbefugen  muß  in  allen  einzelnen  Ringen 
gleich  sein,  so  daß  nur  in  gewissen  Entfernungen  die  Gewölbefugen  sämtlicher 
Ringe  aufeinander  treffen.  Diese  Stellen  sind  zur  Herstellung  eines  Ver- 
bandes durch  die  ganze  Gewölbedicke  zu  benutzen,  indem  eine  aus  vier 
Ziegelschichten  im  doppelten  Verbände  vermauerte,  gemeinschaftliche  Gewölbe- 
schichte angelegt  und  auf  dieser  sofort  wieder  mit  den  einzelnen  Ringen 
fortgefahren  wird. 

§  64. 
Ausmauerung  (Nachmauerung)  der  Gewölbe. 

Sobald  die  Gewölbe  geschlossen  sind,  werden  die  Bogengerüste  etwas 
gelüftet  und  die  Gewölbe  einige  Tage  lang  sich  selbst  überlassen,  damit  die 
unvermeidliche  Senkung  und  Zusammendrückung  in  den  Fugen  eintreten 
kann.  Ist  dies  geschehen,  so  werden  sie  in  der  in  den  Arbeitsrissen  be- 
stimmten Weise  mit  rauhen  Bruchsteinen  oder  ordinären  Mauerziegeln  von 
beiden  Seiten  gleichzeitig  aufgemauert.  Die  nach  beiden  Seiten  geneigten 
Oberflächen  der  Aufmauerung  werden  sodann  im  Sinne  des  §  65  abgedeckt 

Erst  wenn  die  Aufmauerung  vollendet  ist,  können  die  Bogengerüste 
ganz  entfernt  werden. 


F.  Baadurchfilhning.  307 

§  65. 

Abdeckung  der  Gewölbe. 

Die  Gewölbe  müssen  mit  einem  Oberguß  aus  hydraulischem  Mörtel 
oder  Asphalt  von  der  durch  den  bauleitenden  Ingenieur  in  jedem  besonderen 
Falle  zu  bestimmenden  Art  und  der  vorgeschriebenen  Stärke  bedeckt  werden. 

Dieser  Überguß  ist  erst  nach  Entfernung  des  Lehrgerüstes  und  nach 
vollkommener  Setzung  des  Gewölbes  herzustellen.  Ehe  man  den  Mörtel  an- 
wendet, müssen  die  Fugen  des  Mauerwerkes  vollständig  freigelegt  und  seine 
Oberfläche  gänzlich  gereinigt  werden,  und  zwar  mittels  eines  Besens  aus 
Eisendraht  und  durch  Abspülung  mit  einer  reichlichen  Quantität  Wasser. 

Nachdem  die  Oberfläche  des  Gewölbes  gereinigt  ist  und  bevor  sie  alle 
Feuchtigkeit  verloren  hat,  muß  die  Mörtelschichte  in  ihrer  ganzen  Dicke 
(6 — 10  cm)  nach  Vorschrift  der  Bauleitung  aufgetragen  werden. 

Man  preßt  dieselbe  mit  flachen  hölzernen  Streichbrettern  stark  zusammen 
und  glättet  sie  wiederholt  mit  der  Maurerkelle. 

Hierbei  füllt  man  alle  sich  bildenden  Risse  sorgfältig  aus. 

Diese  Arbeit  wird  am  nächsten  Tage  neuerdings  aufgenommen  und  so 
oft  wiederholt,  als  notwendig  ist,  damit  der  Oberguß  des  Gewölbes  bei  seiner 
vollständigen  Erhärtung  keine  Spur  von  Spalten  oder  Rissen  zeige. 

§  66. 
Bearbeitung  des  Mauerhauptes. 
Über  die  Art  der  Bearbeitung  des  Mauerhauptes,  das  ist  der  sichtbaren 
Flächen  bei  Maurer-  und  Steinmetzarbeiten,  gelten  folgende  Regeln,  über  deren 
Anwendung  im  einzelnen  Fall  die  Bauleitung  das  Nötige  vorschreibt. 

a)  Bei  Mauerwerk  aus  unregelmäßigen  und  lagerhaften  Bruchsteinen,  trocken 
oder  in  Mörtel,  müssen  die  Kanten  der  Häupter  der  einzelnen  Steine 
mit  dem  Maurerhammer  sauber  und  flüchtig  beschlagen  werden. 

An  den  Flächen  der  Häupter  bleiben  entweder  die  Bruchflächen 
der  Steine  als  Bossen  stehen,  deren  Vorsprünge  annähernd  gleich  sein 
müssen  und  nicht  abgespitzt,  sondern  mit  dem  Hammer  abgeschlagen 
werden,  oder  es  werden  die  Häupter  rauh  gespitzt.  Die  Fugen  der 
Mörtelmauem  werden  von  außen  mit  Portland-Zementmörtel  verstrichen. 

b)  Bei  Schichtenmauerwerk  aus  Bruchsteinen  in  Mörtel  werden  die  Häupter 
der  einzelnen  Steine  zwischen  scharf  abgegrenzten  und  in  allen  Schichten 
gleich  breiten  Schlägen  reinlich  gespitzt,  gekrönelt  oder  gestockt. 

Die  Breite  der  Schläge  darf  nicht  mehr  als  ein  Zehntel  der  durch- 
schnittlichen Höhe  der  Steine  betragen,  die  Fugen  werden  mit  Zement- 
mörtel sauber  ausgefüllt  und  verstrichen. 

c)  Bei  Mauerwerk  aus  Quadern,  trocken  oder  in  Mörtel,  werden  die  Häupter 
der  einzelnen  Steine,  wenn  sie  mit  Mauerwerk  nach  §§  55,  56,  57  und  59 
in  Verbindung  stehen,  entweder  nach  den  sub  a  gegebenen  jeweiligen 
Vorschriften  behandelt,  oder  sie  werden  zwischen  Schlägen  gespitzt  und 
gestockt,  oder  sie  erhalten  Bossen  zwischen  Schlägen. 

Für  die  Behandlung  der  Bossen  und  die  Breite  der  Schläge  gelten 
die  sub  a  und  b  gegebenen  Vorschriften. 

20* 


308  ^^'  ^^®  SUuweiherbanten. 

Die  Fugen  werden   mit  Zementmörtel   sauber  ausgefüllt  und   ver- 
strichen. 

d)  Bei  Mauerwerk  bloß  aus  Quadern  und  bei  Zierstücken  werden  die  Häupter 
entweder  nach  der  sub  c  gegebenen  Vorschrift  behandelt,  oder  sie  er- 
halten künstliche  Bossen  zwischen  Schlägen,  deren  Form  und  Dimensionen 
in  den  Arbeitsrissen  bestimmt  werden,  oder  sie  werden  auch  ganz  glatt 
aufgeschlagen  oder  geschliffen.  Die  Fugen  bleiben  entweder  auf  3  mm 
Tiefe  offen  oder  sie  werden  sauber  verstrichen. 

e)  Bei  Mauerwerk  aus  Ziegeln  werden  die  Fugen  desselben  mit  hydraulischem 
oder  Zementmörtel  sorgfältig  verstrichen. 

f)  Innere  Mauerflächen  bei  Brücken  oder  Durchlässen  erhalten  in  der  Regel 
keine  Bossen. 

g)  Die  Gewölbeleibungsflächen  aus  Stein  und  aus  Ziegeln  werden  nach  den 
sub  a,  b,  c,  d  und  e  gegebenen  Vorschriften  behandelt.  Sie  erhalten 
nie  Bossen. 

Der  Unternehmer  ist  verpflichtet,  die  sichtbaren  Flächen  der  vollende- 
ten Maurer-  und  Steinmetzarbeiten  nochmals  zu  überarbeiten,  die  Löcher 
der  Gerüsthölzer  so  zu  vermauern,  dafl   sie  dem  Auge  nicht  bemerkbar 
sind,   und  Flecken   von  Mörtel  und  andere  Unreinlichkeiten  nötigenfalls 
unter  Anwendung  chemischer  Mittel  zu  entfernen.    Die  Fugen  müssen 
vor  dem  Verstreichen  auf  2 — 3  cm  Tiefe  ausgekratzt,  gereinigt  und  benetzt 
werden. 
Bei  Ziegelrohbau  darf  bei  der  Nachbearbeitung  resp.  dem  Reinigen  in 
keinem  Falle  die  durch  das  Brennen  hervorgebrachte  Glasur  der  Ziegel  an- 
gegriffen werden. 

Bei  Quader-  und  Ziegelmauerwerk  bleibt  der  Fugenmörtel  3  mm  hinter 
den  Häuptern  der  Steine  zurück  und  wird  in  dieser  Tiefe  festgestrichen. 

Bei  den  übrigen  Mauerwerksgattungen  aber  wird  der  Fugenmörtel  über 
das  Haupt  vorspringend  in  gleicher  Breite  aufgetragen,  dann  mit  der  Kelle 
fest  in  die  Fugen  eingedrückt,  ausgestrichen  und  geglättet. 

Beim  Verbrämen  dürfen  jedoch  keine  scharfen  Kanten  oder  künstliche 
Fugen  mit  dem  Fugenmörtel  hergestellt  werden,  auch  müssen  beim  Verstreichen 
der  Fugen  die  Häupter  der  Steine  rein  erhalten  werden. 

§  67. 
Anpassen  und  Befestigen  von  Eisenteilen. 

Überall,  wo  zur  Verstärkung  des  Verbandes  von  Mauerwerk  Eisen  an- 
gewendet oder  Guß-  oder  Schmiedeeisenteile  mit  der  Mauer  in  Verbindung 
gebracht  werden,  ist  der  Unternehmer  verpflichtet,  dieselben  ohne  besondere 
Entschädigung  einzulassen,  einzubohren,  in  Mörtel  einzulegen  oder  einzugießen; 
ebenso  diejenigen  Eisenteile,  welche  dazu  dienen,  andere  Arbeiten  an  Mauer- 
werk und  Steinmetzarbeiten  zu  befestigen. 

Müssen  Eisenteile,  welche  an  Mauerwerk  anzupassen  sind,  mit  Schwefel 
oder  Blei  eingegossen  werden,  so  werden  die  hierzu  verwendeten  Materialien 
nicht  besonders  vergütet,  sondern  ist  in  dem  Preise  auch  die  Montierung 
jedesmal  inbegriffen. 


F.  Baudurchführung.  309 

d)  Ausmaß  und  Berechnung. 

§  68. 
Ausmaß  und  Berechnung. 

Gelieferte  Steine,  Schotter,  Sand,  Kalk,  ßetonmauerwerk  werden  nach 
Kubikmeter  gemessen  und  berechnet,  und  zwar: 

Bei  Mauerwerk  nach  §§  47,  52,  54 — 59  durch  direktes  Ausmaß  der 
Dimensionen  der  hergestellten  Arbeiten,  bei  Gewölben  aber  dadurch,  daß  die 
Mittellinie  zwischen  der  äußeren  und  inneren  Gewölbelinie  mit  dem  arith- 
metischen Mittel  zwischen  der  Gewölbedicke  am  Schluß  und  am  Wider- 
lager und  der  so  erhaltene  Querschnitt  mit  der  Länge  des  Gewölbes  multi- 
pliziert werden. 

Bei  einzelnen  Quadern  von  nicht  einfach  parallelepipedischer  Gestalt 
wird  der  kubische  Gehalt  nach  dem  Gehalte  des  kleinsten  Parallelepipedes 
bestimmt,  innerhalb   dessen  der  betreffende  Stein  verzeichnet  werden  kann. 

Ausnahmen  von  diesen  Bestimmungen  finden  bei  größeren  QuaderstQcken 
statt,  auf  deren  Gestalt  schon  beim  Brechen  Rücksicht  genommen  werden 
kann,  wie  beispielsweise  bei  runden  Vorköpfen  an  Brückenpfeilern. 

Bei  keiner  Art  von  Quadern  wird  ein  Bruchzoll  im  Ausmaße  berück- 
sichtigt. Die  Entschädigung  für  die  im  §  30  vorgeschriebene  Behandlung  des 
Mauerhauptes  ist  in  dem  Preise  der  verschiedenen  Mauerwerksgattungen  in- 
begriffen und  es  wird  für  die  Bearbeitung  der  sichtbaren  Flächen  und  das 
Verfugen  des  Mauerwerkes  keinerlei  separate  Vergütung  geleistet. 

Die  Abdeckung  der  Gewölbe  wird  pro  Quadratmeter  berechnet 

Für  das  Anarbeiten  der  Hacken  an  die  Gewölbestimsteine  wird  keine 
besondere  Entschädigung  in,  Anrechnung  gebracht;  ebenso  wird  für  das 
Kubikmaß  der  Mauerwerksbossen  keine  Vergütung  geleistet. 

Sickerschlitze  in  Mörtelmauem  sind  ohne  besondere  Vergütung  nach 
Anordnung  der  Bauleitung  auszuführen  und  mit  hydraulischem  Mörtel  aus- 
zustreichen. 

Ein  Abzug  des  Mauerwerkes  für  diese  Öffnungen  findet  nicht  statt. 

Deckschichten  bei  Stütz-  und  Futtermauem  werden  in  das  Ausmaß  der 
Mauern  einbezogen;  für  die  erschwerte  Bearbeitung  wird  eine  Entschädigung 
pro  lfd.  Meter  Deckschichte  geleistet. 

In  den  betreffenden  Preisen  ist  bei  freiliegenden  Deckschichten  von 
Stützmauern  die  Entschädigung  für  die  Lieferung  größerer  Steine  in  bestimmten 
Entfernungen  zur  Aufnahme  der  eisernen  Geländersäulen  inbegriffen. 

Gelieferte  Materialien  zum  Vergießen  von  Eisenarbeiten  (Schwefel  und 
Blei)  werden  nicht  berechnet,  sondern  sind  in  dem  Preise  für  Lieferung  und 
Montierung  inbegriffen. 

8.  Zimmerarbeiten. 

§  69, 
Zimmer  holzgattungen. 

Zu  den  verschiedenen  Baukonstruktionsteilen  sollen  in  der  Regel  nur 
folgende  Holzgattungen  verwendet  werden: 


310  n*  ^i^  Staoweiherbanten. 

die  Lärche,  die  Weißtanne, 

die  Föhre  (Kiefer,  die  Eiche, 

die  Rottanne,  die  Rotbuche. 

§  70. 

Beschaffenheit  und  Bedingungen  der  Verwendung  der 

Zimmerhölzer. 

Alle  zu  Zimmerarbeiten  bestimmten  Hölzer  müssen  gerade  gewachsen, 
vollkommen  gesund  und  fehlerfrei  sein.  Sie  müssen,  sofern  sie  nicht  zu 
Hilfskonstruktionen,  Gerüsten  u.  dergl.,  oder  unter  Wasser  verwendet  werden, 
in  hohen,  trockenen  Lagen  und  nicht  in  fetten,  nassen  Gründen  aufgewachsen 
und  in  der  Jahreszeit  geschlagen  sein,  in  welcher  kein  Safttrieb  stattfindet. 
Sie  müssen,  wenn  sie  zu  definitiven  Konstruktionen  aufier  Wasser  angewendet 
werden  sollen,  mindestens  ein  Jahr  vor  ihrer  Verwendung  geschlagen  und 
gehörig  ausgetrocknet  sein. 

Vorräte  von  rohen  oder  zugerichteten  Bauhölzern  werden  auf  Unter- 
lagen, welche  sie  von  der  Bodenfeuchtigkeit  isolieren,  mit  zwischengelegten 
Holzstücken  so  aufgeschichtet,  daß  sie  überall  von  der  Luft  bestrichen  werden 
können;  durch  Bedecken  sind  sie  vor  Sonne  und  Regen  zu  schützen. 

Eichenhölzer,  sofern  sie  nicht  zu  Hilfskonstruktionen  oder  unter  Wasser 
verwendet  werden,  müssen,  sobald  sie  gefällt  sind,  auf  die  erforderlichen 
Maße  roh  zugerichtet  und,  wo  sich  Gelegenheit  hierzu  bietet,  je  nach  ihrer 
Stärke  auf  zwei  oder  mehrere  Wochen  in  Wasser  gelegt  werden,  um  durch 
Entziehen  des  Gerbstoffes  das  Austrocknen  derselben  zu  beschleunigen. 

Rotbuchenhölzer  dürfen  nur  unter  Wasser  oder  zu  Hilfskonstruktionen 
in  ihrem  natürlichen  Zustande,  in  allen  anderen  Verhältnissen  aber  nur  unter 
der  Bedingung  verwendet  werden,  daß  sie  nach  einem  von  der  Bauleitung 
gut  geheißenen  Verfahren  präpariert  und  dadurch  gegen  Fäulnis  und  Wurm- 
fraß geschützt  werden. 

Alle  zu  definitiven  Konstruktionen  außer  dem  Wasser  bestimmten 
Zimmerhölzer  müssen  vom  Splint  befreit  werden. 

§71. 
Bearbeitung  der  Zimmerhölzer. 

Die  zur  Verwendung  kommenden  Zimmerhölzer  müssen  die  in  den 
Plänen  vorgeschriebenen  Dimensionen  nach  allen  Richtungen  besitzen. 

Für  Baugerüste  aller  Art,  welche  nur  für  vorübergehende  Zwecke 
errichtet  werden,  können  Rundhölzer  oder  roh  beschlagene  oder  gesägte 
Hölzer  verwendet  werden,  wobei  auf  das  Vorhandensein  der  im  vorstehenden 
Paragraphen  geforderten  Eigenschaften  nur  insoweit  gesehen  wird,  als  die 
Solidität  der  Gerüste  dieses  notwendig  macht. 

Die  Zimmerhölzer  für  Bogenrüstungen  zu  kleinen  Gewölben,  dann  Leit- 
pfähle und  Zangen  für  Spundwände,  endlich  Spundplanken  müssen  sauber 
beschlagen  oder  gesägt  sein. 

Die  Zimmerhölzer  zu  größeren  Gewölben  sowie  für  definitives  Zimmer- 
werk, welches  dem  Auge  entzogen  wird,  müssen  genau  auf  die  in  den  Werk- 


F.  Baudurchfiihrong.  311 

rissen  angegebenen  Maße  rechtwinklig  und  flüchtig  behauen  und  gesägt  sein. 
Fehlende  Kanten  werden  nur  mit  den  von  der  Bauleitung  festzusetzenden 
Beschränkungen  gestattet. 

Zu  Tragpfählen  für  Pfahlgründungen  sind  vorzugsweise  gesunde  und 
gerade  gewachsene  Rundhölzer,  von  der  Rinde  und  allen  Unebenheiten 
befreit,  zu  verwenden. 

Die  Hölzer  für  sichtbares  definitives  Zimmerwerk,  dann  für  Röste, 
Plankenböden,  Wände  und  Böden  von  Senkkästen  müssen  vollkommen  rein, 
ohne  auffallende  Äste  und  Risse  und  überall  vollkantig  sein.  Sie  werden  an 
ihren  sichtbar  bleibenden  Flächen  gehobelt. 

Verzahnte  Balken  müssen  beim  Einschneiden  der  Zähne  aufgebogen 
werden,  damit  sie  sich,  wenn  sie  ihre  Belastung  empfangen  haben,  nicht  unter 
die  Horizontale  senken. 

Der  Biegungspfeil  beträgt  für  mäßige  Belastungen  0,01,  für  starke  Be- 
lastungen 0,02  der  Länge. 

Die  Schablonen  von  Gesimsen  und  ausgeschnittenen  Holzteilen  hat  der 
Unternehmer  in  natürUcher  Größe  aufzuzeichnen  und,  ehe  er  mit  der  Bear- 
beitung derselben  beginnt,   der  Genehmigung  der  Bauleitung  zu  unterstellen. 

§  72. 
Ausführung  des  Zimmerwerkes  im  allgemeinen. 
Zimmerwerke  aller  Art  müssen  auf  gehörig  geebneten  Werkplätzen, 
Röste  und  Plankenböden,  Böden  und  Wände  von  Senkkästen,  Bogenrüstungen 
und  Dachwerke  auf  horizontal  liegenden  Reißböden  aufgerissen,  angelegt,  ab- 
gebunden und  so  vollkommen  zusammengepaßt  werden,  daß  sie  beim  Auf- 
schlagen und  Zusammensetzen  keinerlei  Nacharbeit  bedürfen. 

Zum  Aufschlagen  und  Zusammensetzen  darf  nicht  eher  geschritten 
werden,  als  bis  die  einzelnen  Stücke  von  dem  bauleitenden  Ingenieur  unter- 
sucht und  gut  befunden  worden  sind.  Einstückelungen  fehlerhaft  gearbeiteter 
Hölzer  werden  nicht  geduldet. 

§  73. 
Gerüste  und  Hilfskonstruktionen. 
Bei  Gerüsten  und  Hilfskonstruktionen  aller  Art  kommt  in  Betracht,   ob 
sie  von  dem  Unternehmer 

a)  für  eigene  Zwecke,  das  ist  für  die  Ausführung  von  Bauten,  deren  Unter- 
nehmer er  ist,  oder 

b)  für  Zwecke  der  Bauleitung  hergestellt  werden. 

Im  ersten  Falle  ist  es  Aufgabe  des  Unternehmers,  den  Umfang,  die 
konstruktive  Anordnung  und  die  Dimensionen  solcher  Gerüste  nach  seinen 
Bedürfnissen  zu  bestimmen;  der  Bauleitung  steht  es  aber  zu,  an  denselben 
diejenigen  Veränderungen,  Ergänzungen  und  Verstärkungen  anzuordnen, 
welche  sie  im  Interesse  der  Beschleunigung,  der  Genauigkeit,  der  Solidität 
des  Baues,  sowie  der  Sicherheit  der  bei  demselben  beschäftigten  Arbeiter  für 
notwendig  erachtet. 


312  n.  Die  Stauweiherbanten. 

Der  Unternehmer  bleibt  jedoch  in  jedem  Falle  für  alle  vorkommenden 
Schäden  und  Unglücksfälle,  welche  infolge  eines  teilweisen  oder  gänzlichen 
Gerüsteinsturzes  sich  ergeben  sollten,  verantwortlich  und  ersatzpflichtig. 

Wenn  solche  Gerüste  gleichzeitig  mit  der  Ausführung  oder  nach 
Vollendung  der  Arbeiten,  für  welche  sie  bestimmt  sind,  für  die  Ausführung 
anderer,  mit  denselben  in  Verbindung  stehender,  aber  entweder  von  der 
Bauleitung  in  eigener  Regie  oder  von  anderen  Unternehmern  herzustellender 
Arbeiten  benutzt  werden  können  oder  müssen,  so  ist  der  Unternehmer  der 
Gerüste  verpflichtet,  gegen  eine  von  der  Bauleitung  festzusetzende  Ent- 
schädigung dieses  zu  gestatten  und,  sofern  es  verlangt  wird,  seine  Gerüste 
bis  nach  Vollendung  der  fraglichen  Arbeiten  bestehen  zu  lassen  und  zu 
erhalten. 

Im  zweiten  Falle  werden  die  Gerüste  nach  den  von  den  Organen  der 
Bauleitung  gegebenen  Arbeitsrissen  und  Vorschriften  ausgeführt. 

§  74. 
Ausführung  von  Pfahlgründen. 

Bei  Pfahlgründen  werden  die  Tragpfähle  oder  Piloten  am  dünnen  Ende, 
je  nach  der  Beschaffenheit  des  Pfahlgrundes,  entweder  zugespitzt  und  an- 
gebrannt oder  mit  einem  vollkommen  genau  anzupassenden  gußeisernen 
Pfahlschuh  versehen,  am  dicken  Ende  genau  winkelrecht  und  eben  ab- 
geschnitten, etwas  abgekantet  und  mit  einem  genau  anzupassenden  Pfahl- 
ringe versehen,  über  welchen  das  abgeschnittene  Ende  des  Pfahles  etwa 
15  mm  vorsteht. 

Die  Pfähle  werden  mit  einem  Rammklotz  eingetrieben,  dessen  Gewicht 
im  Verhältnisse  zu  dem  Gewicht  des  Pfahles  stehen  und  ungefähr  750  kg  auf 
jeden  Kubikmeter  des  Pfahles  betragen  muß.  Die  Fallhöhe  soll  immer  1,6  m 
sein.  Mit  dem  Rammen  wird  so  lange  fortgefahren,  bis  der  Tragpfahl  auf 
100  Schläge  nicht  mehr  über  30  mm  eindringt. 

Bei  Pfahlwerken,  welche  bedeutende  Lasten  zu  tragen  haben,  müssen 
auf  Verlangen  der  Bauleitung  alle  einzelnen  Pfähle,  nachdem  sie  auf  diese 
Weise  eingerammt  sind,  noch  einmal  mit  je  100  Schlägen  nachgerammt 
werden,  damit  auch  diejenigen,  welche  durch  das  Einrammen  benachbarter 
Pfähle  gelockert  worden  sein  könnten,  einen  festen  Stand  erhalten. 

Piloten,  welche  beim  Rammen  beträchtlich  nach  der  Seite  ausweichen 
und  abnorme  Richtung  annehmen,  müssen  ausgezogen  und  von  neuem  ein- 
gerammt, nötigenfalls  durch  frische  ersetzt  werden;  ebenso  Pfähle,  von 
welchen  sich  während  des  Schiagens  vermuten  oder  wahrnehmen  läßt,  daß 
sie  Risse  erhalten  haben. 

Wenn  die  Rammarbeiten  vollendet  sind,  werden  alle  Tragpfähle  mit 
der  Pfahlsäge  unter  Wasser  in  der  vorgeschriebenen  Höhe  vollkommen  eben 
abgeschnitten. 

Spund-  und  Leitpfähle  zu  Spundwänden  werden  wie  die  Tragpfähle 
unten  zugespitzt  und  angebrannt  oder  mit  Schuhen  versehen. 

Sie  werden  entweder  genutet  oder  sorgfältig  und  gut  zusammengepaßt. 


F.  Baudurchfühnmg.  313 

Es  werden  erst  die  Leitpfähle  auf  die  erforderliche  Tiefe  geschlagen, 
hierauf  an  dieselben  zwei  bis  drei  Hilfszangenpaare  angeschraubt,  welche 
als  Führungen  der  Spundpfähle  zu  dienen  haben,  und  zwischen  diese  Zangen 
und  die  Leitpfähle  die  Spundpfähle  je  einer  Wandlänge  eingestellt  und  ein- 
gerammt. 

Beim  Einrammen  der  Spundpfähle  ist  so  vorzugehen,  daß  die  einzelnen 
Pfähle  während  der  Rammarbeit  durchschnittlich  immer  auf  gleicher  Höhe 
stehen;  es  dürfen  also  nicht  die  einzelnen  Pfähle  der  Reihe  nach  festgerammt 
werden,  sondern,  nachdem  ein  Pfahl  um  ca.  60 — 80  cm  Tiefe  eingedrungen 
ist,  muß  der  anstehende  Pfahl  auf  dieselbe  Tiefe  nachgetrieben  werden  und 
in  dieser  Art  von  Pfahl  zu  Pfahl  die  Rammarbeit  fortgesetzt  und  dann  wieder 
aufgenommen  werden,  bis  alle  Pfähle  feststehen. 

Die  Rosthölzer  werden  auf  halbe  Holzdicke  überplattet. 

Dielenböden  werden  aus  passend  aneinandergefügten  Pfosten  von  vor- 
geschriebener Holzstärke  zusammengesetzt;  Röste  werden  event.  auch  auf  die 
Piloten  aufgezapft. 

Die  einzelnen  Hölzer  der  Böden  und  Wände  von  Senkkästen  werden 
vollkommen  genau  zusammengehobelt,  mittels  Bolzen,  welche  in  der  Holzdicke 
liegen,  verschraubt  und  dicht  kalfatert 

§  75. 
Aufstellung  und  Ausschalung  von  Bogenrüstungen. 

Bogenrüstungen  müssen  vollkommen  unnachgiebige  Unterstützungen  und 
solide  Querverstrebungen  erhalten. 

Sie  können  bei  kleineren  Objekten  auf  Keile  von  Eichenholz  und  müssen 
bei  großen  Brücken  auf  Schraubenapparate  gestellt  werden. 

Bei  Bogenrüstungen  für  größere  Gewölbe  müssen  die  einzelnen  Hölzer 
mit  der  größten  Sorgfalt  abgebunden,  zusammengepaßt  und,  wenn  es  verlangt 
wird,  durch  Bleche,  welche  in  die  Stoßfugen  einzulegen  sind,  gegen  das  Ein- 
drücken der  Stirnflächen  in  das  Langholz  gesichert  werden. 

Die  Verschalung  von  Bogengerüsten  für  Gewölbe  aus  kleinen  Bruch- 
steinen oder  Mauerziegeln  besteht  aus  3  cm  dicken  Brettern  von  25  cm  Breite, 
für  Quadergewölbe  aus  Hölzern  von  quadratischem  Querschnitt  und  12  cm 
Dicke,  von  denen  je  eines  unter  jede  Gewölbeschichte  zu  liegen  kommt. 

Beim  Ausschalen  der  Gewölbe  muß  das  ganze  Bogengerüste  durch  gleich- 
zeitiges Lüften  aller  Keile  resp.  Drehen  der  Schraubenapparate  gleichmäßig 
gesenkt  werden.  Die  Lüftung  sowie  die  vollständige  Ausschalung  dürfen  nicht 
eher  vorgenommen  werden,  als  bis  der  bauleitende  Ingenieur  die  Erlaubnis 
dazu  gegeben  hat. 

§  76. 
Aufstellung  des  definitiven  Zimmerwerkes  ohne  Anstrich. 

Die  Aufstellung  von  definitivem  Zimmerwerk  darf,  wenn  dasselbe  ohne 
Anstrich  bleibt,  nur  bei  trockener  Witterung  geschehen,  damit  die  sichtbaren 
Flächen  desselben  nicht  durch  die  Manipulation  bei  Regen  und  Kot  beschmutzt 
und   unansehnlich  werden.    Ist  dies  bei  der  Aufstellung  nicht  zu  vermeiden, 


314  ^'  ^^^  Staaweiherbaaten. 

SO  müssen  alle  sichtbaren  Flächen  rein  abgewaschen  oder,  wo  dieses  nicht 
genügt,  überhobelt  werden. 

§  77. 
Einlassen  und  Befestigen  von  Eisenteilen. 
Alle  zur  Verstärkung,  Zusammensetzung  und  Befestigung  des  Zimmer- 
werkes erforderlichen  Guß-  und  Schmiedeeisenteile  hat  der  Unternehmer  ohne 
besondere  Entschädigung  einzulassen,  einzubohren  und  zu  befestigen. 

§  78. 
Anstrich. 

Für  den  Anstrich  der  Zimmerarbeiten  geben  die  besonderen  Bestimmungen 
für  Anstreicherarbeiten  die  nötigen  Vorschriften. 

Zimmerarbeiten  aller  Art  dürfen  nicht  eher  angestrichen  werden,  als  bis 
die  Austrocknung  der  Hölzer  vollständig  erfolgt  ist,  bei  Holzkonstruktionen, 
welche  der  Witterung  ausgesetzt  sind,  in  der  Regel  nicht  vor  Ablauf  eines 
Jahres  von  der  Aufstellung  an  gerechnet.  Der  Anstrich  darf  nur  in  den 
warmen  Sommermonaten  vorgenommen  werden. 

Holzteile,  denen  nach  vollendeter  Aufstellung  des  Zimmerwerkes  nicht 
mehr  beizukommen  ist,  müssen  teils  vor,  teils  während  der  Aufstellung  an- 
gestrichen werden. 

§  79. 
Ausmaß  und  Berechnung. 

Gerüste  und  Hilfskonstruktionen  aller  Art,  mit  Ausnahme  der  Gewölbe- 
rüstungen, werden  nur  in  dem  in  §  73  b  benannten  Falle  besonders  berechnet, 
sonst  sind  sie  als  zu  der  Arbeit,  zu  deren  Ausführung  sie  dienen,  gehörig  zu 
betrachten  und  werden  nicht  besonders  bezahlt. 

Gewölberüstungen  werden  nach  dem  laufenden  Meter  der  Objektslänge 
oder  pauschaliter  vergütet.  Ausschließlich  des  Falles  §  73  b  bleiben  auch  alle 
zu  solchen  Konstruktionen  verwendeten  Materialien  Eigentum  des  Unter- 
nehmers und  fallen,  soweit  und  in  dem  Zustande,  in  welchem  sie  noch  vor- 
handen, nach  Vollendung  des  Baues  an  denselben  zurück. 

Diejenigen  Zimmerarbeiten,  welche  Bestandteile  der  definitiven  Bau- 
objekte bilden,  werden  nach  dem  Kubikflächen-  oder  Längenmaße  berechnet 

Bei  Tragpfählen,  Leitpfählen  und  Spundplanken  werden  nicht  nur  die 
wirklich  verwendeten  Teile,  sondern  auch  deren  Abfälle  berechnet. 

Bei  allen  andern  Teilen  von  Zimmerwerk  werden  Abfälle  nicht  berück- 
sichtigt. Einschnitte  und  Ausschnitte  hingegen,  soweit  sie  zur  Verbindung  der 
einzelnen  Konstruktionsteile  und  zur  Bearbeitung  derselben  nach  den  vor- 
geschriebenen Formen  und  Profilen  notwendig  sind,  nicht  in  Abzug  gebracht. 

Bei  verjüngten  Hölzern,  wie  Pfählen  von  Rundholz,  ist  unter  dem  in 
den  Plänen  bestimmten  Durchmesser  oder  Querschnitt  der  mittlere  Durch- 
messer oder  Querschnitt  des  betreffenden  Holzstückes  zu  verstehen,  nach 
welchem  auch  das  Ausmaß  geschieht. 

Das  Einrammen  von  Tragpfählen  und  Spundwänden  wird  besonders 
vergütet. 


F.  Bandnrchfiihntng.  315 

9.  Eisen-  und  Metallarbeiten. 

§  80. 
Beschaffenheit  der  Eisenmaterialien. 

Alles  bei  Baukonstruktionen  zur  Verwendung  kommende  Gußeisen  muß 
von  grauem,  feinkörnigem  und  gleichartigem  Bruche  sein,  mit  dem  Meißel  und 
mit  der  Feile  leicht  bearbeitet  und  mit  dem  Hammer  gerichtet  werden  können. 

Alle  Sorten  von  gewalztem  oder  geschmiedetem  Eisen,  welche  zur  Er- 
zeugung von  Nägeln,  Nieten,  Schrauben,  Bolzen  und  Schließen  verwendet 
werden,  müssen  von  besonders  zähem,  sehnigem  Gefüge  und  im  kalten  wie 
im  warmen  Zustande  gut  hämmerbar  sein.  Sie  dürfen  beim  Umbiegen  unter 
scharfen  Winkeln  und  Wiedergeraderichten  keine  Risse  zeigen  und  müssen 
eine  absolute  Festigkeit  von  3800  kg  pro  cm*  Querschnitt  besitzen. 

§  81. 
Bearbeitung. 

Alle  Gußbestandteile  müssen  vollkommen  rein  und  scharf  geformt  sein 
und  dürfen  keine  Löcher,  Blasen,  Risse,  Unebenheiten  oder  andere,  ihre 
Festigkeit  oder  ihr  gutes  Aussehen  beeinträchtigende  Mängel  besitzen.  Sie 
müssen  rein  geputzt,  mit  Meißel  und  Feile  von  allen  Angüssen  und  Gußnähten 
sorgfältig  und  sauber  befreit  werden. 

Alle  Sorten  von  gewalztem  und  geschmiedetem  Eisen  müssen  auf  ihre 
ganze  Ausdehnung  genau  die  vorgeschriebenen  Dimensionen  und  Querschnitte 
besitzen,  rein  ausgewalzt  oder  geschmiedet  sein  und  nirgends  Risse  oder 
andere  Fehler  zeigen. 

Bei  Schweißungen  sollen  die  zusammengeschweißten  Stücke  auf  die  ganze 
Ausdehnung  der  Schweißfugen  innig  miteinander  verbunden  sein  und  weder 
äußerlich  noch  innerlich  Risse  oder  Abblätterungen  vorkommen. 

Geschweißte  Walz-  oder  Schmiedeeisensorten  müssen  an  der  Schweiß- 
stelle dieselbe  Widerstandsfähigkeit  besitzen,  wie  in  ihren  übrigen  Teilen. 
Schrauben  und  Bolzen  müssen  genau  in  die  für  sie  bestimmten  Offnungen 
passen. 

Sie  sind  nach  dem  With wo rth sehen  System  zu  schneiden  und  erhalten 
die  in  den  Plänen  angegebenen  Dimensionen  und  Formen  der  Köpfe  und 
Muttern.  Die  Gewinde  müssen  rein,  hinreichend  lang  und  bei  allen  Schrauben 
und  Bolzen  von  gleicher  Stärke  gleich  geschnitten  werden,  so  daß  Muttern 
und  Schrauben  nach  Belieben  verwechselt  werden  können. 

Die  Muttern  dürfen  weder  zu  fest  noch  zu  locker  auf  den  Gewinden 
laufen.  Köpfe  und  Muttern  müssen,  wenn  sie  zur  Verschraubung  von  Eisen- 
teilen dienen,  auf  den  Flächen,  mit  welchen  sie  dieselben  berühren,  abgedreht 
werden.  Wenn  die  Muttern  fest  angezogen  sind,  so  sollen  mindestens 
anderthalb  Gewinde  über  dieselben  vorstehen.  Diese  Vorsprünge  werden 
sodann  mit  der  Feile  sauber  abgerundet. 

Die  zur  Verwendung  kommenden  gußeisernen  Muffenröhren  müssen 
auf  20  Atmosphären  geprüft  sein.  Die  Dichtung  der  Muffen  erfolgt  mit 
Hanfstricken  und  Blei.    Ebenso  müssen  die  Wasserschieber  auf  obigen  Druck 


316  II-  I^ie  Stauweiherbauten. 

geprüft  und  in  ihren  Eisen-  und  Metallbestandteilen  mit  der  größten  Sorgfalt 
gearbeitet  sein. 

§  82. 
Verkittung  und  Anstrich. 

Für  die  Verkittung  und  den  Anstrich  von  Eisengegenständen  geben  die 
besonderen  Bestimmungen  der  Bedingnisse  für  Anstreicherarbeiten  die  er- 
forderliche Anleitung. 

Eisenteile,  denen  nach  vollendeter  Zusammensetzung  oder  Aufstellung 
nicht  mehr  beizukommen  ist,  müssen  teils  vor,  teils  während  der  Zusammen- 
stellung und  Aufstellung  angestrichen  werden. 

§  83. 
Abwägung  und  Berechnung. 
Eisenarbeiten  werden  nach  dem  Gewichte  in  Kilogramm  berechnet. 
Die  Erhebung  der  Gewichte  der  gelieferten  Eisenteile  geschieht  durch 
die  Bauleitung  mittels  Abwägens  an  der  Baustelle. 

Für  Walzeisensorten,  Schrauben,  Bolzen  und  dergl.  wird  event.  ein 
Normalgewicht  pro  Stück  durch  Abwägung  einer  Anzahl  von  Stücken  be- 
stimmt, welche  genau  die  vorschriftsmäßigen  Dimensionen  besitzen. 

IG.  Anstreicherarbeiten. 

§  84. 
Materialien. 
Zum  Anstrich  von  Bauten  und  Baubestandteilen,  welche  der  Witterung 
ausgesetzt  sind,  wird  in  der  Regel  Ölfarbe  angewendet.    Dieselbe  besteht: 

a)  aus  Leinöl,  welches  zur  Beförderung  des  Trocknens  dem  Gewichte  nach 
mit  0,03  Bleiglätte  abgekocht  worden  ist; 

b)  aus  den  je  nach  Umständen  zu  wählenden  Farbmaterialien. 

öl  und  Farbmaterialien  werden  zusammen  fein  und  glatt  abgerieben, 
wenn  sie  in  größeren  Vorräten  aufbewahrt  werden  sollen,  durch  aufgegossenes 
Wasser  gegen  den  Zutritt  der  Luft  geschützt  und  erst  vor  der  Verwendung 
nach  Erfordernis  mit  Öl  verdünnt. 

In  besonderen  Fällen  wird  auch  Teer  zum  Anstrich  verwendet. 

§  85. 
Verfahren  beim  Anstreichen. 

Jeder  ölanstrich  muß  dreimal  aufgetragen  werden;  es  darf  jedoch  der 
folgende  Auftrag  nicht  vorgenommen  werden,  ehe  der  vorhergegangene  voll- 
ständig getrocknet  ist. 

Zu  Anstreicherarbeiten  unter  freiem  Himmel  muß  immer  anhaltend 
trockene,  warme  Witterung  abgewartet  werden. 

Ehe  mit  dem  Auftrag  der  Farbe  begonnen  wird,  müssen  die  anzu- 
streichenden Flächen  sorgfältig  abgescheuert,  von  allen  Unebenheiten,  Rauheiten 
und  Unreinigkeiten  befreit  und  gut  abgetrocknet  werden. 

Bei  zusammengesetzten  Konstruktionen  werden  diejenigen  Berührungs- 
und anderen  Flächen,  welchen  nach  erfolgter  Zusammensetzung  und  Aufstellung 


F.  Baudurchführung.  317 

nicht  mehr  beizukommen  ist,  noch  vorher  und  für  sich  allein  mit  einem  ein- 
maligen soliden  Grundanstrich  versehen. 

Nach  der  Zusammensetzung  und  Aufstellung  folgt  der  Grundanstrich 
aller  sichtbaren  Flächen;  wenn  dieser  abgetrocknet  ist,  die  Verkittung  und 
auf  diese  der  zweite  Anstrich.  Dem  dritten  Anstrich  muß  eine  sorgfältige 
Ausbesserung  aller  etwa  schadhaften  oder  schwachen  Stellen  des  zweiten 
Anstriches  vorhergehen. 

Wird  mit  dem  dritten  Anstrich  keine  vollständige  Deckung  des  anzu- 
streichenden Gegenstandes  erzielt,  so  kann  der  Unternehmer,  ohne  hierfür 
Entschädigung  beanspruchen  zu  können,  zu  einem  vierten  angehalten  werden. 

Teeranstrich  muß  in  vollkommen  heißem  Zustande  auf  trockenes,  ge- 
reinigtes Holz  mindestens  zweimal  sattsam  aufgetragen  werden. 

§  86. 
Anstrich  auf  Holz. 

Holzkonstruktionsteile  an  Brücken,  Barrieren,  Warnungstafeln  etc.  werden 
mit  einer  aus  Ocker  und  reinem  Bleiweiß  gemischten  Farbe  nach  Angabe  der 
Bauleitung  angestrichen. 

Zum  Anstrich  der  Berührungs-  oder  später  verdeckten  Flächen  bei 
zusammengesetzten  Konstruktionen,  sowie  zum  Grundanstrich  der  sichtbaren 
Flächen  wird  eine  sehr  verdünnte  Farbe  verwendet  und  möglichst  heiß 
aufgetragen. 

Bei  Brückenkonstruktionen  darf  zum  äußeren  Anstrich  der  Holzteile 
nicht  eher  geschritten  werden,  als  nachdem  diese  vollständig  ausgetrocknet 
sind,  in  der  Regel  erst  im  Sommer  des  auf  die  Zusammensetzung  und  Auf- 
stellung der  betreffenden  Konstruktion  folgenden  Jahres. 

Der  Grundanstrich  der  äußeren  Flächen  muß  mit  einem  steifen  Pinsel 
so  aufgetragen  werden,  daß  er  in  alle  Unebenheiten,  Fugen  und  Ritzen  ein- 
dringt. Die  Verkittung  geschieht  mit  Glaserkitt  aus  Leinöl  und  Kreide, 
welcher  mit  einem  Spatel  fest  in  alle  Ritzen  und  Öffnungen  eingestrichen 
und  äußerlich  geglättet  wird. 

Zum  zweiten  und  dritten  Anstrich  wird  dickere  Farbe  verwendet 

§  87. 
Anstrich  auf  Eisen. 

Eisenkonstruktionsteile  erhalten  einen  Grundanstrich  aus  Mennige  (Minium), 
nicht  mehr  verdünnt  als  die  beiden  folgenden. 

Mit  diesem  Anstrich  werden  zunächst  und  vor  der  Zusammensetzung 
und  Aufstellung  der  Konstruktion  alle  Berührungs-  und  sonstigen  Flächen 
versehen,  denen  später  nicht  mehr  beizukommen  ist,  nach  erfolgter  Zusammen- 
setzung auch  sämtliche  sichtbare  Flächen  der  Konstruktion. 

Zur  Verkittung  aller  Unebenheiten  und  Fugen  wird  ein  aus  Mennige 
(Minium)  und  Leinöl  bereiteter  Kitt  verwendet 

Zum  zweiten  und  dritten  Anstrich  wird  eine  graue  Farbe  nach  Weisung 
der  Bauleitung  benutzt. 

Beim  Auftragen  des  Grundanstriches  und  bei  der  Verkittung  ist  mit 
derselben  Sorgfalt  zu  verfahren,  wie  bei  Holzkonstruktionen. 


318  n.  Die  Staaweiherbauten. 

§  88. 
Ausmaß. 
Das  Ausmaß  der  Anstreicherarbeiten  geschieht  nach  Quadratmetern  und 
wird  dasselbe  für  die  in  jedem  einzelnen  Falle  wirklich  angestrichene  Fläche 
nach  den  Regeln  der  Geometrie  bestimmt. 


Nachträge  zur  Baudurchfiihrung  von  Talsperrenmauem« 

Die  Vermauerung  der  Bruch-  und  Werksteine  kann,  wie  dies  beispiels- 
weise bei  den  Jaispitzer  und  bei  den  Vogesenstauweihern  der  Fall  war,  von 
Gerüsten  aus  erfolgen,  oder  aber  wie  bei  den  meisten  neueren  Bauten  in 
Deutschland  durch  direkte  Zufuhren  der  Mauersteine  mittels  Rollbahnen  auf 
die  Verwendungsstelle.  Diese  letztere  Methode  wird  sich  als  die  billigere 
insbesondere  bei  höheren  Mauern,  also  größeren  Basisbreiten  und  dort  emp- 
fehlen, wo  ein  langsam  abbindender  Mörtel  verwendet  wird,  wie  dies  z.  B. 
beim  Traßmörtel  der  Fall  ist,  der  in  Deutschland  allgemein  Anwendung 
findet.  Der  Traßmörtel  bleibt  über  einen  Tag  lang  brauchbar,  bindet  langsam 
ab,  ist  sehr  plastisch  und  elastisch,  so  daß  das  Arbeiten  sowie  der  Transport 
mittels  Rollbahnen  auf  dem  frischen  Mauerwerkskörper  selbst  bis  zu  gewissen 
Grenzen  unbedenklich  erscheint,  was  beim  Portland-  und  Romanzementmörtel 
nicht  in  dem  Maße  der  Fall  ist.  Schnellbindende  Zemente  dürfen  für  das 
Talsperrenmauerwerk  selbst  überhaupt  nicht  zur  Verwendung  gelangen. 
Überhaupt  sind  vor  der  Verwendung  der  einlaufenden  Sendungen  der 
hydraulischen  Bindemittel  jederzeit  Stichproben  über  Volumsbeständigkeit, 
Wasserdurchlässigkeit  etc.  an  der  Baustelle  durchzuführen. 

Dem  Traßkalkmörtel  werden  nebstdem  noch  die  Vorzüge  großer  Dichtig- 
keit und  Billigkeit,  sowie  seine  Eignung  als  guter  Luftmörtel  zugeschrieben. 
Nachdem  der  Mörtel  bis  zu  14  Tage  und  darüber  plastisch  bleibt,  ist  auch 
die  Bildung  von  durch  die  Setzung  bedingten  Rissen  und  Sprüngen  so  gut  wie 
ausgeschlossen.  Der  Traßmörtel  selbst  bestand  bei  dem  Lauchensee- Weiher 
aus  einem  Gemenge  von  1  Teil  Traßmehl,  1  Teil  Fettkalk  mit  3  Teilen  Sand. 

Bei  den  Reichenberger  Talsperren  hat  Intze  ebenfalls  die  Verwendung 
von  Traß  (und  zwar  nur  aus  dem  Nettetal  der  Rheinprovinz)  vorgeschrieben. 
Dieser  Mörtel  besteht  aus  I.Teil  Zementmörtel  und  1  Teil  Traßmörtel  in  dem 
Mischungsverhältniß : 

a)  Traßmörtel:  1  Teil  Fettkalkbrei,  l^/g  Teile  bestes  blaugraues  Plaidter  Traß- 
mehl und  1^/4  Teile  gewaschener  scharfkantiger  Sand; 

b)  Zementmörtel:  1  Teil  Portlandzement  und  3  Teile  Sand. 

(Andere  Mörtelmischungsverhältnisse  siehe  bei  den  ausgeführten  Stau- 
weiheranlagen !) 

Bezüglich  der  Eigenschaften  des  Traßmehles  wird  vorgeschrieben, 
daß  dasselbe  auf  einem  Siebe. von  900  Maschen  pro  cm*  dem  Gewichte  nach 
einen  Rückstand  von  höchstens  20  ®/q,  auf  einem  von  5000  Maschen  höchstens 
50%  ergeben  soll.  Es  soll  ferner  wenigstens  7%  chemisch  gebundenes 
Wasser  enthalten  und  muß  in  konzentrierter  Schwefel-  oder  Salzsäure  zu  '/, 
seines   Gewichte3   löslich   sein,     Probekörper   aus    einer  Mischung  von   P/j 


F.  Baudurchführnng.  319 

Raumteilen  Traßmehl,  1  Raumteil  Kalkbrei  und  2  Raumteilen  Sand  sollen  nach 
einer  Erhärtungsdauer  von  1  Tag  an  der  Luft  und  27  Tagen  unter  Wasser 
als  Durchschnitt  aus  10  Proben  eine  Zugfestigkeit  von  10  kg  pro  cm*  besitzen. 

Nach  Ansicht  Prof.  Intzes  sollen  reine  Zementmörtel  (ohne  Traß)  in- 
soweit Nachteile  besitzen,  als  „bei  der  Bauausführung  eine  zu  rasche  Erhärtung 
eintritt,  was  bei  Herstellung  so  gewaltiger  Mauermassen  nicht  erwünscht  ist, 
und  die  Elastizität,  die  Beweglichkeit  und  die  Dichtigkeit  nicht  derartige  sind, 
wie  man  dies  für  so  große  Mauern,  die  den  erheblichsten  Temperatur- 
schwankungen und  besonders  Dfuckschwankungen  ausgesetzt  sind,  wünschen 
muß".  Das  aufgetauchte  Bedenken,  daß  bei  sehr  starken  Mauern  in  deren 
inneren  Partien  eine  vollkommene  Erhärtung  des  Traßkalkmörtels  nicht  oder 
erst  nach  sehr  langer  Zeit  eintritt,  widerlegte  Intze  durch  Vorlage  ver- 
schiedener alter  Mörtelproben  aus  diversen  Talsperren. 

Die  Untersuchung  ergab,  daß  selbst  bei  einem  erst  9  Monate  alten 
Mörtel  (Enneper  Sperre)  sowohl  die  Erhärtung  eine  vorzügliche  ist,  als  auch 
eine  wirkliche  Bildung  von  kieselsaurem  Kalk  ohne  Vorhandensein  von  Kohlen- 
säure eingetreten  ist  und  nur  an  den  äußeren  Schichten  sich  unter  der  Ein- 
wirkung der  Luft  etwas  kohlensaurer  Kalk  gebildet  hat. 

Während  bei  seinen  früher  ausgeführten  Talsperren  in  Deutschland  nur 
Traß,  Kalk  und  Sand  verwendet  wurde,  hat  Intze  bei  den  schlesischen  und 
böhmischen  Sperren  dem  Mörtel  auch  noch  Zement  zugesetzt.  Andere  ältere 
deutsche  Stauweihermauern,  z.  B.  die  Vogesensperren,  wurden  meist  nur  mit 
Portlandzement,  hydraulischem  Kalk  und  Sand  gemauert. 

Rücksichtlich  der  Herstellung  der  Fundamentsohle  wurden  in  den 
neuesten  Baubedingungen  der  Reichenberger  Talsperren  noch  folgende  Punkte 
aufgenommen. 

Die  Fundamentsohle  soll,  soweit  dies  praktisch  durchführbar  ist,  in  Ab- 
sätzen derart  hergestellt  werden,  daß  die  Mauerung  in  Schichten  hergestellt 
werden  kann,  die  nahezu  senkrecht  zu  der  Drucklinie  im  Innern  des  Mauer- 
werkes gerichtet  sind. 

Nachdem  der  felsige  Untergrund  bis  auf  die  entsprechende  Tiefe  aus- 
gehoben ist,  soll  die  Fundamentsohle  in  den  event.  vorhandenen  Klüften  und 
Rissen  durch  Ausspritzen  mittels  einer  Druckwasserleitung  (mindestens  2  Atmo- 
sphären Druck)  gereinigt  und  sonst  im  ganzen  sorgfältig  abgewaschen  werden. 
Hierauf  sind  die  gereinigten  Klüfte,  Risse  und  Spalten  auf  das  sorgfältigste 
mit  Zementtraßmörtel  (1  Teil  Zement,  2  Teile  Sand  und  ^/g  Teil  Traßmehl) 
auszugießen.  Eine  Wasserströmung  in  der  Fundamentgrube,  wodurch  ein 
Auswaschen  dieser  Fugen  eintreten  könnte,  muß  durch  sorgfältiges  Trocken- 
halten derselben  vermieden  werden.  Unvermeidliche  Unebenheiten  in  der 
Fundamentsohle  sind,  soweit  erforderlich,  mit  Beton  aus  1  Teil  Zement, 
3  Teilen  Sand,  ^/^  Teil  Traßmehl  und  6  Teilen  Schotter  in  den  notwendigen 
zackigen  Absätzen  auszugleichen.  Dieser  Beton  muß  entweder  unter  Wasser 
gesetzt  oder  täglich  gehörig  genäßt  werden  und  hinreichend  erhärtet  sein, 
bevor  mit  der  Aufmauerung  begonnen  wird. 

Vor  Beginn  der  letzteren  ist  überdies  die  Betonoberfläche  mit  der  Spitz- 
hacke aufzurauhen,  um  einen  guten  Verband  zu  erzielen. 


320  n.  Die  Stauwcihcrbautcn. 

Sollten  sich  an  einzelnen  Stellen  der  Fundamentgrube  Quellen  zeigen, 
so  sind  dieselben  in  geeigneter  Weise  durch  vertikal  placierte  Steinzeug- 
röhren von  ca.  100  mm  Lichtweite  zu  fassen  und  mit  dem  um  sie  herum 
aufzuführenden  Mauerwerk  so  weit  zu  verlängern,  bis  der  Wasserandrang 
aufhört. 

Nach  genügender  Erhärtung  des  Mauerwerkes  sind  diese  Röhren  mit 
Zementtraßmörtel  aus  1  Teil  Zement,  2  Teilen  Sand  und  ^/g  Teil  Traßmörtel 
sorgfältig  zu  vergießen. 

Bezüglich  der  Ausführung  des  Talsperrenmauerwerkes  sind  be- 
sonders nachstehende  Bedingungen  hervorzuheben: 

Während  das  Innenmauerwerk  mit  dem  früher  erwähnten  Traßmörtel 
herzustellen  ist,  sollen  die  äußeren  Steinschichten  der  Mauer  an  der  Luftseite, 
ferner  das  Mauerwerk  der  Verblendungsmauern  an  der  Wasserseite,  der 
Schiebertürme,  Schieberhäuser,  Rohrstollen  etc.  in  einem  fetteren  Mörtel, 
bestehend  aus  1  Teil  Traßmörtel  und  1  Teil  Zementmörtel  (1  Teil  Zement, 
2  Teile  Sand),  gemauert  werden. 

Zur  HersteUung  der  Mörtel  sind  je  2  Mörtelmaschinen  getrennt  (als 
Reserve)  in  Betrieb  zu  nehmen.  Bei  der  Vermauerung  darf  der  Mörtel  nicht 
durch  Zusatz  von  Wasser  dünnflüssiger  gemacht  werden. 

Bei  der  Ausführung  des  Mauerwerkes  ist  streng  darauf  zu  achten, 
daß  überall  mit  engen  und  dicht  ausgefüllten  Fugen  gearbeitet  wird. 

Zu  diesem  Behufe  sind  Vorsprünge  an  den  Bruchsteinen,  welche  die 
Herstellung  solcher  Fugen  erschweren,  vor  dem  Vermauern  mit  dem  Hammer 
zu  beseitigen. 

Vor  dem  Verlegen  der  einzelnen  Steine  ist  ein  sattes  Mörtelbett  für 
dieselben  in  der  Weise  vorzubereiten,  daß  beim  Verlegen  unter  gleichzeitigem 
Seitwärtsschieben  des  Steines  oder  unter  Zuhilfenahme  des  Holzstößels  die 
Stoßfuge  neben  dem  bereits  hergestellten  Mauerwerk  möglichst  auf  volle 
Höhe  mit  dem  von  unten  aufquellenden  Mörtel  gefüllt  wird,  so  daß  nur 
verhältnismäßig  wenig  Mörtel  von  oben  zugegeben  zu  werden  braucht.  Ver- 
boten ist,  die  Bruchsteine  über  eine  größere  Fläche  zunächst  mit  offenen 
Fugen  nebeneinander  zu  legen  und  diese  von  obenher  auszufüllen.  Die  gut 
ausgefüllten  Stoßfugen  sind  nach  Möglichkeit  noch  mit  Steinstücken  auszu- 
zwickein,  doch  dürfen  die  einmal  verlegten  Steine  durch  starke  Hammer- 
schläge nicht  in  ihrem  Lager  verschoben  werden.  Die  Bausteine  dürfen  nie 
auf  den  Kopf  gestellt,  sondern  müssen  immer  auf  ihr  natürliches  Lager 
gelegt  werden. 

Solange  der  Mörtel  hierzu  noch  weich  genug  ist,  müssen  an  der  Luft- 
seite der  Hauptmauer  und  an  der  Wasserseite  der  Verblendung  die  Fugen, 
wenn  nötig,  unter  Verwendung  von  etwas  frischem  Zementtraßmörtel  (1  Teil 
Zementmörtel  1:2,  1  Teil  Traßmörtel  1 :  1^/^ :  1^/4)  mit  dem  Fugeisen  glatt 
und  fest  ausgestrichen  werden. 

Das  Behauen  der  Bruchsteine  und  Quader  darf  nicht  auf  der  Mauer 
geschehen.  Es  dürfen  auch  keine  Steine  in  die  Baugruben  oder  auf  das 
Mauerwerk  geworfen  werden,  sondern  dieselben  müssen  mittels  Rollwagen 
an  die  Versetzungsstelle  gefahren  und  hier  vorsichtig  auf  Pritschen  aus  frisch 


F.  Baudurchführung.  321 

geschlagenem,   hartem  Holz  abgeladen  werden,   damit  eine  Lockerung  oder 
Beschmutzung  des  fertigen  Mauerwerkes  nicht  eintreten  kann. 

Auf  Mauerwerk,  welches  nicht  mindestens  6  Tage  alt  ist,  dürfen  Steine 
weder  transportiert  noch  abgeladen  werden. 

(Diese  Bedingung  ist  wohl  nur  bei  größeren  Breiten  der  Mauer,  also 
im  Fundament  und  in  den  unteren  Teilen  des  aufgehenden  Mauerwerkes 
ohne  wesentliche  Betriebsstörung  möglich!    Anmerkung  des  Verfassers.) 

Die  Ausführung  des  Mauerwerks  beginnt  an  den  tiefsten  Stellen  jedes 
Profils,  und  zwar  zunächst  in  der  Mitte  der  Talsperre  am  tiefsten  Punkt,  und 
schreitet  gleichmäßig  nach  beiden  Seiten  hin  fort.  Sobald  die  oberste  gekrümmte 
Schicht  an  der  Wasserseite  bis  zur  Oberfläche  des  Felsens  angelangt  ist,  sind 
jedesmal  zunächst  an  der  Wasserseite  einige  Schichten  etwa  1  m  hoch  auf- 
zumauern und  diese  ansteigend  nach  der  Luftseite  hin  fortzusetzen. 

Die  Höhenunterschiede  in  den  nebeneinander  ausgeführten  Mauerteilen 
dürfen,  zwischen  den  oberen  Schichtflächen  gemessen,  im  Interesse  eines 
gleichmäßigen  Setzens  und  der  Verhinderung  von  Rissen  1,5  m  nicht  über- 
schreiten. Für  den  guten  Anschluß  des  benachbarten  Mauerwerks  sind  überall 
im  Verbände  abgesetzte,  nicht  zu  steile  Abtreppungen  herzustellen. 

Die  Mauer  ist  bei  der  Ausführung  täglich  dreimal,  bei  warmem  Wetter 
nach  Anweisung  der  Bauleitung  öfter,  in  der  ganzen  Ober-  und  Außenfläche 
reichlich  zu  nässen.  Zu  diesem  Zweck  ist  über  dem  Mauerwerk  der  Sperr- 
mauer eine  mit  demselben  hochzunehmende  besondere  Wasserleitung  mit 
Hahnstutzen  in  Entfernungen  von  höchstens  30  m  zu  verlegen,  an  welche 
die  zum  Sprengen  zu  benutzenden,  mit  feinen  Brausen  versehenen  Schläuche 
angeschlossen  werden  sollen. 

Für  die  Außenflächen  der  Mauer,  der  Stollen  und  Schieberschächte  sind 
nur  ausgesuchte,  feste  und  möglichst  tief  —  mindestens  40  cm  —  einbindende 
Steine  zu  verwenden.  Die  Ansichtsflächen  des  Mauerwerkes  sind  in  gutem 
Verbände  ohne  Zwickeln  und  mit  engen,  dicht  ausgefüllten,  höchstens  2  cm 
starken  Fugen  auszuführen,  und  zwar  abhängig  von  dem  Steinmaterial  ent- 
weder in  Schichten  oder  im  Polygonal  verband. 

Nach  der  Wasserseite  hin  erhält  die  Bruchsteinmauerung  in  den  oberen, 
nicht  durch  die  Bodenhinterfüllung  gegen  Einwirkung  des  Wassers  und  der 
Luft  geschützten  Außenflächen  eine  Verzahnung,  deren  Vorsprünge  und  Formen 
nach  Zeichnung  auszuführen  sind.  Dieser  mit  Verzahnung  herzustellende  und 
der  darunter  liegende  glatte  Teil  der  Mauer,  einschließlich  der  Betonausfüllung 
und  eines  50  cm  breiten,  mit  Beton  abzugleichenden  Teiles  der  Felsober- 
fläche, soll  nach  vollständigem  Setzen  des  Mauerwerks  mit  einem  mindestens 
25  mm  starken  Zementtraßputz  versehen  werden.  Dieser  Putz  ist  aus  3  Teilen 
Zementmörtel  (1  Teil  Zement  und  2  Teile  Sand)  und  1  Teil  Traßmörtel 
(1  Teil  Kalkbrei,  l^s  Teile  bester  Plaidter  Traß  und  l«/^  Teile  Sand)  herzu- 
stellen und  in  der  Oberfläche  glatt  und  dicht  abzureiben.  Die  Seiten  der 
schwalbenschwanzförmigen  Verzahnung  sind  mit  besonderen  Schablonen  ab- 
zuziehen. 

Friedrich,  WasBerbau.    Zweite  Auflage.    IL  Band.  21 


322  ^*  ^^^  Stauweiherbauten. 

Bevor  der  Verputz  auf  die  genannten  Flächen  gebracht  wird,  müssen 
deren  Fugen  auf  mindestens  30  mm  Tiefe  ausgekratzt  bezw.  ausgemeiflelt, 
gereinigt  und  genäßt  werden,  damit  die  Dichtungsschicht  innig  mit  dem  Mauer- 
werk verbunden  wird.  Die  Oberfläche  des  Verputzes  soll  zunächst  längere 
Zeit  feucht  gehalten  und  gegen  Austrocknen  durch  Sonnenstrahlen  geschützt 
werden. 

Zum  Anschluß  neuer  Putzflächen  an  die  zuerst  aufgeführten  Teile  sind 
die  Ränder  der  letzteren  dünner  aufzutragen  und  in  der  Oberfläche  aufzu- 
rauhen. Vor  Aufbringen  des  Verputzes  sind  überall  da,  wo  sich  auf  den  zu 
putzenden  Flächen  feuchte  Stellen  zeigen  oder  wo  das  Austreten  von  Sicker- 
wasser zu  erwarten  ist,  in  das  Mauerwerk  20  mm  weite  verzinkte  eiserne 
Sickerrohre  einzusetzen,  welche  erst  nach  Erhärtung  des  umgebenden  Putzes 
und  nach  Aufhören  deren  Sickerung  dicht  zu  schließen  sind. 

Nach  Erhärtung  des  Verputzes  und  nach  Trocknung,  die  gegebenenfalls 
in  vorsichtiger  Weise  künstlich  zu  befördern  ist,  soll  die  Oberfläche  desselben 
mit  einem  dreimaligen  kalten  Anstrich  von  Siderosthen  versehen  werden, 
welcher  eine  dichte,  zähe  und  fest  haftende  Haut  bilden  muß. 

Die  Ausmauerung  der  Verzahnung  an  der  Wasserseite  hat  unter  Ver- 
wendung von  Zementtraßmörtel  (1  Teil  Zementmörtel  1:2,  1  Teil  Traß- 
mörtel  lil^/^rl^/^)  zu  geschehen,  um  eine  schnelle  Erhärtung  und  Ver- 
minderung des  Setzens  zu  erzielen.  Es  muß  verhütet  werden,  daß  ein  meß- 
bares Setzen  der  Ausmauerung  eintritt;  dieselbe  darf  daher  nur  so  gefördert 
werden,  wie  dies  die  fortschreitende  Erhärtung  gestattet. 

Im  Innern  der  Mauer  sollen  parallel  zur  wasserseitigen  Profillinie  nach 
Zeichnung  und  nach  der  Massenberechnung  in  2  m  Abstand  Drainröhren  von 
60  mm  Lichtweite  eingemauert  werden,  um  alles  etwa  eindringende  Sicker- 
wasser abzufangen  und  nach  unten  abzuleiten,  wo  es  in  Sammelröhren  aus 
glasiertem  Ton  von  150  mm  Lichtweite,  von  deren  richtigen  Funktionierung 
sich  der  Unternehmer  zu  überzeugen  hat,  den  beiden  bereits  angelegten  Stollen- 
sohlen zugeführt  werden  soll.  Bei  der  Ausführung  ist  besondere  Sorgfalt 
darauf  zu  verwenden,  daß  diese  Sickerröhren  nirgends  durch  Mörtel  oder 
Steinstücke  verengt  oder  verstopft  werden.  Jedes  Rohr  ist  deshalb  am  oberen 
Ende  sofort  nach  dem  Einsetzen  mit  einem  aus  einem  Holzstöpsel  mit  darauf 
befestigter  Eisenblechscheibe  bestehenden  Deckel  zu  versehen,  der  erst  ent- 
fernt werden  darf,  wenn  das  folgende  Rohr  aufgesetzt  werden  soll.  Die  An- 
schlüsse der  Drainrohre  an  die  Muffen  der  Tonrohrleitung  und  die  Nähte  der 
letzteren  sind  sorgfältig  mit  Zementtraßmörtel  (1  Teil  Zementmörtel  1 : 2, 
1  Teil  Traßmörtel  1 :  P/g :  l^/J  zu  verstreichen  und  zu  dichten. 

Zur  Beurteilung  der  zur  Errichtung  einer  Staumauer  notwendigen  Zeit 
sei  hier  hervorgehoben,  daß,  richtige  Baudispositionen  vorausgesetzt,  ein 
geschulter  Maurer  imstande  ist,  täglich  2 — 3  m^  Talsperrenmauerwerk  herzu- 
stellen. 

Weitere  Details,  die  bauliche  Durchführung  betreffend,  sind  in  den  Be- 
schreibungen ausgeführter  Stau  weiheranlagen  enthalten. 


G.  Kosten  der  Stanweiher.  323 

G.  Kosten  der  Stauvreiher. 

Die  Beurteilung  der  Kosten  verschiedener  Stauweiheranlagen  wird  nicht 
nach  den  Zahlen  der  Gesamtkostensumme  erfolgen  können,  sondern  wird 
insbesondere  als  Vergleichseinheit  der  Preis  von  1  m*  aufgespeicherten 
Wassers,  also  1  m*  Stauweiherfassungsraum  aus  den  Gesamtkosten 
und  dem  Fassungsraume  des  Stauweihers  berechnet  werden  müssen.  Unter 
Annahme  normaler  Verhältnisse  wird  dieser  Preis  mit  zunehmendem 
Fassungsraum  der  Reservoire  kleiner  werden,  die  kleinen  Stauweiher  daher 
verhältnismäßig  die  teuersten  sein.  Zur  Beurteilung  der  Kosten  ausgeführter 
Gebirgsreservoire  dienen  die  nachfolgenden  Tabellen  I  und  ü. 

(Siehe  die  Tabellen  auf  Seite  324—329.) 

Einheitspreise.  Die  wichtigste,  die  Kostensumme  am  meisten  beein- 
flussende Rechnungspost  ist  der  Einheitspreis  für  die  Herstellung  von  1  m^ 
Mauerwerk  der  Talsperre  selbst.  Soweit  dieselben  direkt  an  Ort  und  Stelle 
erhoben  werden  konnten,  betrugen  die  Kosten  für  1  m®  fertiges  Tal- 
sperrenmauerwerk: 

bei  Alfeld  (Granit) 12,2  M.  =  14,60  K, 

beim  Altenweiher  (Granit) 19,0    „  =  23,00    „ 

beim  Lauchenweiher  (Grauwacke)     .     .     20,8    „  =  25,00    „ 

bei  Remscheid  (Lennepschiefer)    .     .     .     13,0    „  =  15,00    „ 

bei  Gouffre  d*enfers  (Granit)    ....     20,0  Fr.  =  20,00    „ 

bei  Jaispitz  und  Weirowitz  (Gneis) .     .  =  15,00    „ 

bei  der  Grünwalder  Sperre  (Granit)  Offertpreise  =  28 — 33  K,  1  ohne  Zuschlag 

bei  Voigtsbach  u.  Mühlscheibe  (Granit)  „  =  19,00  K,     \  für  Verblend- 

bei  Friedrichswald  (Granit)  Offertpreise  =  27,00    „      j     mauerwerk, 

wobei  1  M.  =  1  K  20  h  und  1  Fr.  =  1  K  ö.  W.  angenommen  wurde. 

Einzelne  Speziaipreise  für  Reservoirbauten  sind  gelegentlich  der  Be- 
schreibung ausgeführter  Stauweiher  angeführt. 

Obwohl  die  Einheitspreise  im  allgemeinen  von  den  landesüblichen  und 
lokalen  Arbeitslöhnen,  den  durch  die  Lage  des  Stauobjektes  bedingten 
Zufuhrkosten,  der  Schwierigkeit  der  Bearbeitung  des  Steinmaterials  und 
sonstigen  Faktoren  abhängig,  daher  für  jedes  Detailprojekt  im  speziellen  zu 
berechnen  sind,  ist  es  für  die  Aufstellung  von  generellen  Kostenanschlägen 
insbesondere  für  den  in  die  Praxis  eintretenden  Kulturingenieur  etc.  von 
hohem  Interesse,  annähernde  Einheitspreise  für  die  verschiedenen  Wasser- 
bauarbeiten zu  kennen,  welche  als  Grundlage  von  generellen  Berechnungen 
und  als  Maßstab  für  die  Beurteilung  derartiger  Preise  überhaupt  dienen 
können. 

Aus  diesem  Grunde  werden  außer  dem  in  Bd.  I,  S.  250  angeführten 
Bau-  und  Arbeitspreise  in  nachfolgendem  noch  die  von  selten  des  nieder- 
österreichischen Landesbauamtes  aufgestellten,  für  Wasserbauten  geltenden 
Einheitspreise  bekannt  gegeben. 

(Siehe  die  Tabelle  auf  Seite  330—341.) 

21* 


324 


II.  Die  Staaweiherbaaten. 

I.  Tabelle  über  Passungsraum  und  Kosten 


Material 

Land: 

Bezeichnung  des  Stauweihers: 

der 

Fassnngsraum 

Talsperre 

m» 

Indien 

Ekmk  bei  Sholapur 

Erddamm 

94  000000 

n 

Mnthi  (Bombay),  Distrikt  Kandesh 

n 

9  700000 

n 

Ashti  (Sholapur) 

n 

38000000 

» 

Nehr  (Sattara) 

n 

13900000 

n 

Kabra  (Oberindien) 

Mauer 

1600000 

n 

Mntha  (bei  Poonah) 

r 

146000000 

Amerika 

de  Ruyter 

Erddamm 

IIOOOOOO 

n 

Sudbury  bei  Boston 

n 

2000000 

» 

»            j»             n 

« 

5300000 

n 

»            n            n 

v 

6800000 

» 

BärenUl  (Kalifornien),  de  Beaz  Valley 

Mauer 

39  000000 

(San  Bernardino) 

(Granit) 

n 

Croton  Lake  (bei  New  York),  alter  Weiher 

Erddamm 

18000000 

n 

Crystal-Springs  bei  San  Franzisko 

Mauer 

121000000 

(Kalifornien) 

(Beton) 

n 

San  Diego  (Kalifornien) 

Erddamm 

17000000 

n 

Sweetwater  (Kalifornien) 

Mauer 
(Granit) 

22  000000 

Australien 

Adelaide-Stauweiher  am  Goulbumflufi 

Mauer 
(Marmor) 

13500000 

Algier 

Djidionia  bei  St.  Aim6 

Mauer 

2000000 

» 

Grand  Cheurfas  am  Flusse  Meckerra 

r» 

16  000000 

n 

Hamitz  bei  Algier 

n 

13  000000 

Ägypten 

Assuan-Stauweiher 

(Granit) 

1015000000 

England  1) 

Vimwey  (bei  Liverpool) 

Mauer 

54000000 

Spanien 

del  ViUar 

n 

20000000 

Belgien 

Gileppe  (bei  Verviers) 

7t 

13000000 

Frankreich 

Torcy  Neuf 

Erddamm 

8  760000 

n 

Montaubry 

n 

5030000 

n 

le  Plessis 

n 

1320000 

n 

Chartrain 

Mauer 

4500000 

n 

Ternay 

j» 

3000000 

n 

du  Ban  (St.  Chamond) 

?7 

1850000 

» 

Gouffre  d'enfers  (St.  Etienne) 

n 

1600000 

w 

Pas  du  Riot 

r) 

1300000 

Italien 

Lavezze  im  Gorzentetal  bei  Genua 

Mauer 
(Serpentin) 

2400000 

n 

Lago  lungo-Gorzentetal  bei  Genua 

» 

3638000 

'1 

Serbatoio   d'elle  Lavagnina   bei  Genua 

» 

1100000 

*)  15  Stauweiher  (Erddämme)  für  Edinburg  mit  Fassungsräumen  von  240000—7780000  m» 


G.  Kosten  der  Stauweiher. 

einiger  ausgeführten  Stauweiher  des  Auslandes. 


325 


Preis  pro  Knbikmeter 

Niederschlags- 

Gröfite Höhe  in  Meter 

aufgespeicherten  Wassers 

Bemerkungen. 

gebiet 

Talsperre 

Wasserstand 

fremde 

Heller 

km« 

m 

m 

WShraDg 

360,00 

0,02  Fr. 

2,0 

130,00 

19,5 

— 

0,067  „ 

5,6 

338,00 

17,4 

— 

0,025, 

2,6 

155,00 

22,2 

— 

0,054  „ 

4,4 

— 

8,7 

— 

0,010  „ 

1,0 

508,00 

32,1 

26,50 

0,042  „ 

4,2 

— 

— 

— 

0,061  M. 

6,8 

117,00 

7,6 

5,20 

0,14     „ 

17,0 

16,70 

18,3 

15,00 

0,61     „ 

72,0 

15,20 

19,8 

16,80 

0,63     , 

74,0 

112,00 

19,5 

18,30 

0,82     „ 

96,0 



12,2 



2,10     „ 

246,0 

— 

52,0 

— 

7,64     . 

894,0 

— 

10,6 

— 

0,26     „ 

30,0 

— 

27,4 

— 

0,46     „ 

64,0 

9562,00 

21,6 

19,50 

0,76     „ 

89,0 

85,00 

28,0 

17,00 

0,18     „ 

21,0 

— 

40,0 

30,00 

0,06     „ 

7,0 

— 

38,0 

— 

0,09     „ 

10,0 

3000000 

37,0 

22,00 

0,03     „ 

2,9 

90,00 

41,5 

28,00 

0,65     „ 

78,0 

— 

51,9 

41,50 

0,08  Fr. 

8,0 

— 

47,7 

— 

0,32  M. 

38,0 

— 

20,0 

14,50 

0,25  Fr. 

25,0 

Rotliegender  Sand- 

— 

24,2 

15,20 

0,126, 

12,5 

stein« 

— 

— 

— 

0,27    „ 

27,0 

14,00 

54,0 

46,00 

0,47    „ 

47,0 

Porphyrfels. 

28,00 

40,0 

35,35 

0,34    „ 

34,0 

Granit. 

18,00 

48,0 

45,10 

0,60    „ 

50,0 

n 

25,00 

53,0 

50,00 

1,00    „ 

100,0 

n 

24,50 

36,0 

33,50 

1,00    , 

100,0 

n 

17,87 

37,7 

32,00 

0,31  Lira 

30,0 

17,87 

45,0 

32,80 

0,53    „ 

64,0 

24,00 

21,7 

— 

0,23    „ 

24,0 

kosteten  pro  m'  aufgespeicherten  Wassers  zwischen  9  nnd  66  Heller. 


326 


II.  Die  Staaweiherbaaten. 


II.  Tabellarisches  Verzeichnis  der  wichtigsten  Konstruktions-  und 

(gemauerte 


Reservoir 

Baujahr 

Höhe 
h 

Länge 

/ 

Inhalt 

M 

^ame  i 

Land-  oder 
Flußgebiet: 

der  Talsperre 

m 

m 

Tausend  m* 

Remscheid  (Eschbachtal) 

Westfalen 
(Wuppergebiet) 

1889/91 

25,0 

160,0 

17,0 

Paszertal  bei  Lennep 

Wuppergebiet 

1891/93 

13,0 

127,0 

— 

Bevertal  bei  Hückeswagen 

n 

1896/98 

26,0 

250,0 

30,0 

Lingesetal 

n 

1897/98 

25,5 

186,0 

— 

Salbach  bei  Ronsdorf 

n 

1898/99 

23,5 

155,0 

— 

Herbringhansertal  bei  Lüttring- 

n 

1898/1900 

— 

— 

— 

hausen 

Seogbachtal  bei  Solingen 

n 

1900/02 

43,0 

180,0 

65,0 

Fülbecke  bei  Altena 

Rahrgebiet 

1894/96 

27,5 

140,0 

15,2 

Heilenbecke 

Westfalen 
(Ruhrgebiet) 

1894/96 

165,0 

— 

Haspertal 

Ruhrgebiet 

1901/03 

— 

— 

— 

Versetal 

n 

1902/03 

25,0 

157,0 

25,5 

Hennetal  bei  Meschede 

n 

1901? 

__ 



_ 

Ennepetal  bei  Radeformwald 

n 

1902? 

— 

— 

— 

Glörbachtalsperre   bei  Brecker- 

n 

1902/04 

32,0 

165,0 

33,0 

feld 

Östertal  bei  Plettenberg 

n 

1903? 

— 

— 

— 

Inbachtal  bei  Meinerzbagen 

J7 

1904? 

27,8 

152,0 

27,6 

Urfttal  bei  GemUnd 

Eifel 

(Ruhrgebiet) 

1899/1904 

58,0 

226,0 

Neyetal 

Wuppergebiet 

— 

— 

— 

— 

Nettelal  bei  Altena 

Ruhrgebiet 

— 

— 

— 

— 

Negertal  bei  Siedlinghausen 

n 

— 

— 

— 

— 

Glennetal 

n 

— 

— 

— 

— 

Mönetal  bei  Soest 

Ruhrtal 
(Westfalen) 

— 

40,0 

— 

220,0 

Marklissatalsperre 

Queifi 

1901/05 

45,6 

145,0 

71,4 

Edertal 

Ruhrgebiet 

~ 

— 

450,0 

— 

Okertal 

n 

— 

56,0 

— 

— 

Höfen 

Rheinland 

— 

33,0 

— 

55,0 

Hürtgen 

n 

— 

— 

— 

— 

Iserlohn 

Westfalen 

— 

26,0 

— 



Iserlohn 

n 

— 

— 

— 

— 

G.  Kosten  der  Stanweihcr. 


327 


Baudaten  von  Stauweiheranlagen  Deutschlands  und  Österreichs 
Talsperren). 


Kosten  inkl. 

Fassungs- 
raum 

/ 

Einzugs-' 

gebiet 

F 

Jährliche 

Abflufl- 

menge 

A 

Grunderwerb 

Siautiefe 

/ 

total 

pro  m* 
aufgesp. 

Bemerkungen. 

Wasser 

Mill. 

m 

MiU.  m» 

km« 

Mill.  m« 

Kronen 

Heller 

18,0 

1,065 

4,50 

3,600 

8,643 

65 

7,5 

0,117 

1,50 

1,200 

0,126 

108 

16,0 

3,300 

22,00 

17,520 

1,716 

52 

öl  =  0,72  MiU.  m»  Abfluß 

18,5 

2,600 

9,00 

8,000 

1,284 

49 

pro  km*. 

19,3 

0,300 

0,87 

0,650 

0,612 

204 

29,7 

2,500 

5,50 

4,400 

2,400 

96 

36,0 

3,000 

11,80 

8,000 

2,520 

84 

27,0 

0,700 

3,50 

2,800 

0,394 

56 

19,5 

0,450 

7,60 

5,500 

0,336 

74 

27,5 

2,050 

8,00 

6,000 

1,630 

79 

23,7 

1,650 

4,70 

3.700 

0,720 

43 

Jährl.  Regenhöhe  1000  mm 
(Öl  =  1,08  Mill.  m«). 

30,4 

9,600 

52,70 

40,000 

3,120 

32 

34,9 

10,000 

48,00 

36,000 

3,120 

30 

27,7 

2,000 

7,20 

5,500 

0,936 

47 

öl  =  0,75  Mill.  m»  Abfluß 
pro  km*. 

31,4 

3,000 

12.60 

10,500 

1,320 

46 

23,2 

1,000 

6,60 

5,000 

0,756 

76 

öl  =  0,75  Mill.  m'  Abfluß 
pro  km". 

52,5 

45,500 

375,00 

180,000 

4,800 

10 

Öi  =  0,42. 

23,9 

6,000 

11,60 

9,200 

2,040 

34 

Projektiert  Öi  =  0,793. 

24,3 

1,500 

4,60 

3,600 

0,990 

66 

Projektiert. 

28,0 

4,000 

14,00 

11,200 

1,920 

48 

Projektiert. 

29,0 

5,000 

14,60 

8.000 

2,160 

43 

Projektiert. 

— 

118,000 

416,00 

236,000 

14,400 

14 

Grunderwerb  allein  6,3  Mill. 
Mark.    Bauarbeiten  allein 

— 

15,000 

303,00 

_. 

3,912 

26 

5,9    Mill.    Mark.      Jährl. 

— 

170,000 

— 

— 

15,600 

9 

Kosten    für    Amortisation 

— 

27,000 

— 

— 

10,200 

38 

616,000  Mark. 

— 

7,500 

54,00 

27,000 

1,524 

20 

01=0,50. 

— 

4,000 

22,00 

12,000 

0,720 

18 

01  =  0,54. 

— 

0,600 

— 

0,916 

0,456 

76 

— 

0,200 

— 

— 

0,270 

135 

328 


n.  Die  Stanweiherbaaten. 


Reservoir 

Baujahr 

Höhe 
h 

Länge 

/ 

Inhalt 
M 

Name: 

Land-  oder 
Flußgebiet: 

der  Talsperre 

m 

ra 

Tausend  m' 

Kalterberger  Wald 

Rheinland 

23,6 

25,0 

Lenncp 

n 

1893/94 

12,5 

115,0 

— 

Lichthardt 

n 

— 

33,0 

— 

40,0 

Maularzhütte 

^ 

— 

— 

— 

— 

Reifelhardt 

^ 

— 

— 

33,0 

43,0 

Schewenhütte 

n 

— 



— 

— 

Zweifallshammer 

r 

— 

— 

— 

— 

Frankenberg 

n 

— 

— 

— 

— 

Zweifall 

ri 

— 

— 

__ 

— 

Alfeld 

Elsaß 

1883/88 

28,0 

255,0 

28,3 

Altenweiher 

w 

1886/88 

22,0 

113,0 

— 

Lauchensee 

n 

1889/96 

30,5 

250,0 

— 

Chemnitz 

Sachsen 

1890/93 

28,0 

180,0 

24,2 

Lohnweiler 

Kurpfalz 

1879 

5,5 

26,0 

— 

Osterode 

Harz 

— 

— 

13,5 

— 

Weißeritz  (5  Stauweiher) 

Vogtland 

— 

— 

— 

— 

Komotau 

Böhmen 

1900/03 

42,5 

155,0 

41,0 

Harzdorfersperre    bei    Reichen- 

r» 

1902/04 

19,0 

157,0 

16,2 

berg 

Schwarze     Neiße      (Friedrichs- 

^ 

1902/06 

23,5 

340,0 

42,0 

waldersperre) 

Voigtsbach 

n 

1904/06 

15,8 

145,0 

12,0 

Mühlscheibe 

n 

1904/06 

22,0 

155,0 

16,0 

Grünwaldersperre  (Neiße) 

,, 

1906/08 

20,0 

420,0 

43,0 

Görsbach 

n 

— 

21,5 

258,5 

32,0 

Eisenberg 

n 

1902/04 

23,0 

90,0 

8.5 

Hassensteinsperre  bei  Kaaden 

r 

— 

38,0 

198,0 

53,0 

Rauschengrundsperre  bei  Brüx 

n 

— 

42,0 

175,0 

60,0 

Jaispitz 

Mähren 

1894/97 

23,0 

— 

— 

Weirowitz 

V 

— 

16,5 

110,0 

— 

Bystriczkatal  (Betschwatal) 

" 

— 

37,5 

170,0 

— 

Wölfeltalsperre  im  Urnitztal 

Pr.  Schlesien 

1905? 

30,0 

110,0 



Klinesperre  bei  Gacko 

Musicafluß 

(Herzegowina) 

26,4 

100,0 

11,0 

G.  Kosten  der  Stanweiher. 


329 


Kosten  inkl. 

Fassungs- 

Einzags- 

Jährliche 

Grunderwerb 

Stautiefe 

Abfluß- 

/ 

raam 

gebiet 

menge 

total 

pro  m* 

Bemerkungen. 

J 

F 

A 

aufgesp. 

Wasser 

Mill. 

m 

Mill.  m» 

km« 

Mill.  m8 

Kronen 

Heller 

5,500 

33,00 

16,500 

0.790 

14 

öl  =  0,50  Mill.  m«  pro  km«. 

10,0 

0,118 

— 

— 

— 

84 

— 

6,000 

50,00 

— 

— 

19 

« 

— 

5,000 

30,00 

16,000 

— 

18 

01  =  0,53. 

— 

6,000 

34,00 

— 

1,200 

20 

— 

6,000 

37,50 

19,000 

1,080 

18 

01=0,50. 

— 

9,000 

70.00 

35,000 

1,620 

18 

ß,  =  0,50. 

— 

4,000 

23,00 

12,000 

0,720 

18 

01  =  0,52. 

— 

8,000 

65,00 

32,000 

1,440 

18 

01  =  0,60. 

22,0 

1,100 

4,20 

3,500 

0,528 

48 

ß,  =  0,83. 

14,1 

0,725 

1,20 

— 

0,323 

50 

19,0 

0,800 

5,50 

— 

— 

120 

20,0 

0,360 

2,70 

0.800 

1,560 

— 

Durchschnittliche  Regenhöhe 

— 

0,005 

1,90 

— 

— 

24 

726  mm  {Q^  =  0,29  Mill. 

— 

1,300 

— 

— 

— 

26 

m»). 

23,000 

7,200 

43 

Bloß  */4  des  Jahresnieder- 
schlages zum  Abfluß  ge- 
bracht. 

34,0 

0,700 

12,00 

2,147 

2,000 

285 

Niederschlagsmenge 

12,0 

0,630 

15,50 

— 

0,825 

131 

3578000  m»,  also  60 o/o 
Abflußquote  (öi  =  0,18). 

13,5 

2,000 

4,10 

— 

1,800 

90 

9,0 

0,250 

6,90 

— 

0,472 

188 

14,5 

0,250 

6,70 

— 

0,615 

244 

14,5 

2,700 

26,60 

— 

2,700 

100 

15,6 

0,500 

11,80 

— 

1,030 

206 

16,5 

0,050 

3,60 

— 

0,460 

914 

Abflußkoeffizient  =  0,6. 

29,0 

1,150 

35,7 

11,200 

1,900 

165 

Generalprojekt  öi  =  0,31. 

33,0 

1,281 

16,0 

8,350 

1,800 

140 

Generalprojekt  Q^  =  0,52. 

12,5 

0,360 

130,00 

— 

0,290 

80 

8,0 

1,500 

380,00 

— 

0,268 

20 

— 

4,400 

64,00 

— 

— 

— 

Projektiert  fiir  den  Donau- 
Oder-Kanal. 

— 

1,000 

— 

— 

— 

— 

21,0 

1,730 

80,0 

0,700 

40 

330 


11.  Die  Staaweiberbaaten. 


Einheitspreise  für  Wasserbauten. 


I.  Erd-  und  Baumeisterarbeiten. 

Brdarbeiten  fiir  die  knrrenten  Gerinnuferstellangen,  inkl.  des 
Aushubes  für  die  Uferschutzbauten  bezw.  deren  Fundamente. 

Abgrabung  und  Aushebung  nach  den  gegebenen  Profilen, 
ohne  Unterschied  der  Bodengattung  und  der  Aushubtiefe  und  ohne 
Unterschied,  ob  die  Aushebung  im  Trockenen  oder  unter  Wasser 
erfolgt,  samt  Verführung  des  Materials  ohne  Unterschied  der  Ver- 
führungsdistanz, samt  der  bedingungsgemäfien  Herstellung  der  profil- 
mäfiigen  Dämme  mittels  Anschütten  und  Stampfen  in  30  cm  hohen 
Schichten,  samt  der  Deponierung  des  überschüssigen  Materials  auf 
die  von  der  Bauleitung  beigestellten  Deponierplätze  oder  in  die  alten 
abgebauten  Arme,  samt  Anschütten,  Stofien  und  Planieren  des  zu 
deponierenden  Materials,  samt  Beseitigung  des  Buschwerkes  von  der 
Abgrabungsstelle,  samt  vollständiger  Ausrodung  aller  Wurzeln  und 
Stöcke  aus  dem  abzugrabenden  und  anzuschüttenden  Terrain,  samt 
dem  Abheben  der  ca.  15  cm  dicken  Humus-  oder  Rasenschichte  von 
den  Abgrabungs-  und  Anschüttungsflächen,  der  zeitweiligen  Deponierung 
dieser  Schichten  samt  der  Wiederverwendung  derselben  zur  Humierung 
und  Berasung  der  Gerinn-  bezw.  Dammböschungen,  samt  sorgfaltiger 
Besamung  der  sonst  nicht  anderweitig  gedeckten  Böschungen  mit 
Grassamen,  samt  allfalligen  Pölzen  und  Wasserschöpfen. 

Hierfür  wird  an  aller  Arbeit,  Material,  Requisiten,  Transport- 
mittel, inkl.  Herstellung  und  Erhaltung  etwaiger  Transportwege, 
Materialtransportbahnen  etc.,  samt  Regie,  zusammen  an  allem  und 
jedem  vergütet  pro  Kubikmeter 

Anmerkung:  Die  gesamte  Erdbewegung,  das  ist  Aushebung  oder  Ab- 
grabung inkl.  Anschüttung,  wird  rücksichtlich  des  Ausmafies  nur 
nach  den  wirklichen  Abgrabungsdimensionen  der  planmäfiig  herge- 
stellten Gerinnprofile  berechnet  und  bezahlt,  daher  für  das  etwaige 
Abrutschen  der  Böschungen  und  neuerliche  Aushebung  des  Gerinn- 
querschnittes keine  Mehrverrechnung  oder  Mehrvergütung  eintritt  und 
der  Unternehmer  diese  Leistungen  aus  Eigenem,  auf  seine  Gefahr  und 
Kosten  zu  bestreiten  hat. 

Erdarbeiten  für  die  Kunstbauten. 

Abgrabung  und  Fundamentaushebuag  bezw.  Baggerung, 
genau  nach  Zeichnung  hergestellt,  ohne  Unterschied  der  Bodengattung 
und  der  Aushubtiefe  und  ohne  Unterschied,  ob  die  Aushebung  im 
Trockenen  oder  unter  Wasser  erfolgt,  samt  Verführung  des  Materials 
ohne  Unterschied  der  Verführungsdistanz  und  der  bedingungsgemäfien 
Herstellung  der  pro  film  äßigen  Dämme,  sowie  der  Deponierung  des 
überschüssigen  Materials  auf  die  von  der  Bauleitung  beigestellten 
Deponierplätze,  samt  Pölzen  und  Wasserschöpfen,  samt  allem  und 
jedem   und   der  etwa  erforderlichen  Herstellung  eines  entsprechenden 


80 


G.  Kosten  der  Staaweiher. 


331 


Lfde. 

No. 


Gegenstand: 


Einheitspreis 


K 


Fangdammes,  in  allem  übrigen  wie  No,  1  des  Preistarifes,  pro  Kubik- 
meter fix  und  fertig  hergestellt,  wird  vergütet  1 — 2  K,  im  Mittel 

30 
Deckrasenbelag   aas   regelmäßig  geschnittenen,  -^r-  cm  grofien,  fetten 

Rasentafeln,  samt  Anpflockong,  Erzeugung  der  Rasenziegel  und  der 
Pflocke,  samt  Beifahr  des  Materials  und  der  Beschaffung  der  zur 
Erzeugung  des  Materials  erforderlichen  geeigneten  Grundflächen,  an 
allem  und  jedem  pro  Quadratmeter 

Flechtcäune,  nach  Zeichnung  hergestellt  aus  1,5  m  langen,  7 — 10  cm 
dicken,  am  unteren  Ende  zugespitzten  und  in  Entfernungen  von  je 
60  cm  voneinander  in  den  Boden  ca.  1  m  eingetriebenen  Pflöcken 
aus  frischem  Weiden-  oder  Erlenholz,  samt  Herstellung  der  Löcher 
mittels  Vorschlagers,  inkl.  der  Verflechtung  mit  dünnen,  biegsamen 
und  auswachsenden  Weidenruten,  samt  Herstellung  eines  ca.  15  cm 
tiefen  Grabens  und  dem  Beschütten  der  fertiggestellten  Flechtzäune 
mit  dein  Aushubmateriale.  Die  Höhe  der  Ausflechtung  mufi  mindestens 
40  cm  betragen  und  müssen  hiervon  25  cm  zutage  liegen,  pro 
Karrentmeter  Flechtzaun,  an  Material  und  Arbeit,  an  allem  und 
jedem,  fix  und  fertig  hergestellt 

Spreitlagen  zur  Versicherung  von  Gerinn-  und  Dammböschungen  aus 
ca.  3 — 6  m  langen  jungen  Weidenruten,  welche  auf  die  zu  schützenden 
Böschungen  beiläufig  in  einer  Mächtigkeit  von  5  cm  mit  den  Spitzen 
abwechselnd  nach  aufwärts  und  nach  abwärts  gelegt  und  mit  den 
je  1  m  voneinander  entfernten,  8—10  cm  dicken  Weidenwürsten 
durch  je  1  m  voneinander  eingeschlagenen,  ca.  50  cm  hohen  und 
6  cm  dicken  Weidenpflöcken  niedergehalten  werden,  samt  dem  Zu- 
decken der  Spreitlagen  mit  Muttererde  10  cm  hoch.  An  allem  und 
jedem,  das  ist  also  inkl.  der  Würste,  Pflöcke  und  Befestigungsmittel 
(Draht),  pro  Quadratmeter  fix  und  fertig  hergestellt 

Steinwttrfe,  an  den  Tagflächen  abgearbeitet,  aus  wetterbeständigen, 
harten  Bruchsteinen,  wovon  '/^  des  benötigten  Quantums  eine  Größe 
von  30 — 60  dm'  und  der  Rest  eine  Gröfie  von  nicht  unter  5  dm'* 
haben  sollen;  an  Lieferung  und  Beistellung  der  Steine,  inkl.  des 
Aufschlichtens  in  leicht  meßbaren  Figuren  zunächst  der  Verwendungs- 
stelle, samt  der  Anarbeitung  des  Steinwurfes  an  Ort  und  Stelle  nach 
den  bedingungsgemäfien  Profilen,  inkl.  der  Abarbeitung  der  Tag- 
flächen mit  senkrecht  auf  die  Böschungsfläche  abgearbeiteten  Steinen 
und  der  Herstellung  des  Fufies  für  das  sich  event.  anschließende 
Steinpflaster,  samt  dem  eventuellen  Auszwicken  der  Fugen,  an  aller 
Arbeit,  Requisiten,  Regie  pro  Kubikmeter  fix  und  fertig  hergestellten 
Steinwurfes 

Btfschungspflaster  aus  25  cm  hohen,  auf  den  Sturz  gestellten,  harten, 
wetterbeständigen  Steinen,  samt  Herrichtung  der  zu  pflasternden 
Flächen  nach   den   normierten  Profilen  und  Herstellung  einer  10  cm 


30 


48 


60 


60 


332 


II.  Die  Stauweiberbauten. 


Lfde. 
No. 


Gegenstand: 


Einheitspreis 


9. 


10. 


11. 


12. 


13. 


dicken  Sandbettung  zur  Aufnahme  des  Pflasters,  samt  dem  Aus- 
zwicken der  Pflasterfugen,  an  aller  Arbeit,  inkl.  der  erforderlichen 
Erdbewegung,  an  allen  Materialien,  Requisiten  und  Regie,  an  allem 
und  jedem  pro  Quadratmeter 

Bruchsteinpflaster  in  Zementmörtel  als  Böschungs-  und  Rostpflaster 
aus  25  cm  hohen,  auf  den  Sturz  gestellten,  harten,  wetterbeständigen 
Bruc.  *einen,  samt  Herrichtung  der  zu  pflasternden  Flächen  nach  den 
normierten  Profilen  in  ein  5  cm  starkes,  hydraulisches  Mörtelbett 
gelegt,  samt  Ausgiefien  und  Verbrennen  der  Fugen  mit  Zementmörtel 
pro  Quadratmeter  fix  und  fertig  hergestelltes  Pflaster 

Trockenmauerwerk  aus  grofien,  lagerhaften,  wetterbeständigen,  harten 
Bruchsteinen,  an  Lieferung,  Beistellung  und  Zurichtung  der  Mauer- 
steine, Ausfuhrung  des  Mauerwerkes  bis  zur  Vollendung,  an  allem 
Materiale,  samt  Auszwicken  oder  Fugen  mit  Moos,  an  aller  Arbeit, 
Regie,  Requisiten,  Gerilstung  etc.,  alles  zusammen  pro  Kubikmeter    . 

Fundamentmauerwerk  aus  grofien,  harten,  lagerhaften  Bruchsteinen 
in  hydraulischem  Zementmörtel  im  Mischungsverhältnisse  von  1  Teil 
Zement  und  2  Teilen  reschem,  gereinigtem  Sand,  ohne  Unterschied 
der  Tiefe  und  Dicke  des  Mauerwerkes,  inkl.  Pölzen  und  Wasser- 
schöpfen. An  allem  Materiale,  aller  Arbeit,  samt  Requisiten,  Ge- 
rüstung,  Regie,  das  ist  an  allem  und  jedem,  pro  Kubikmeter  fix  und 
fertig 

Tagmauerwerk  aus  grofien,  lagerhaften,  wasser-  und  wetterbeständigen, 
harten  Bruchsteinen  in  hydraulischem  Zementmörtel  (2  Teile  rescher, 
gereinigter  Sand  und  1  Teil  hydraulischer  Zementkalk),  die  sichtbaren 
Teile  als  Zyklopenmauerwerk  aus  grofien,  abgearbeiteten  Steinen  mit 
glatten  Stirnflächen  in  genau  zusammenpas*»enden,  geradlinigen  Stoß- 
fugen, ohne  Zwickel  gemauert,  die  Fugen  vergossen  und  verbrämt, 
einschließlich  der  Einmauerung  bezw.  Versetzung  aller  Holz-  und 
Eisenteile  der  Kunstbauten,  pro  Kubikmeter  fix  und  fertig  hergestellt, 
an  allem  und  jedem 

Betonmauerwerk  aus  normalmäfiig  geschlägeltem  Schotter,  hydrau- 
lischem Zementkalk  im  Verhältnisse  von  1  Teil  Zementkalk,  2  Teilen 
reschem,  gereinigtem  Sand  und  2  Teilen  Schlägelschotter,  fix  und 
fertig  hergestellt,  nebst  allen  Verrichtungen  zur  Versenkung  des 
Betons,  samt  Gerüstung,  Pölzung  und  Wasserschöpfen,  samt  der  Ver- 
setzung der  sämtlichen  Holz-  und  Eisenteile  der  Kunstbauten,  inkl. 
der  Herstellung  eines  ca.  5  cm  starken  Portlandzementverputzes  an 
den  Tag-  bezw.  Aufienflächen,  samt  Abschleifen  dieser  Schichte,  fix 
und  fertig  hergestellt  pro  Kubikmeter 

Portlandbetonmauerwerk  aus  normalmäfiig  geschlägeltem  Schotter 
und  Portlandzenient  im  Verhältni>se  von  1  Teil  Portlandzement, 
2  Teilen  reschem  Sand  und  2  Teilen  Schotter,  fix  und  fertig  her- 
gestellt wie  No.  12,  pro  Kubikmeter 


16 


17     ,    — 


20 


32 


G.  Kosten  der  Stauweiher. 


333 


14. 
15. 

16. 

17. 
18. 

19  a. 


19  b. 


20. 


21. 


22. 


Ziegelmaoerwerk  aus  Wienerberger  Ziegeln  in  hydraulischem  Zement- 
mörtel, die  Fugen  mit  Zement  verstrichen  und  verbrämt,  einschliefilich 
etwaiger  Einmauerung  von  Holz-  und  Eisenteilen,  an  aller  Arbeit, 
Requisiten,  Gerüstung  und  Regie  pro  Kubikmeter 

Oewölbemauerwerk  aus  geschlämmten  Wienerberger  Ziegeln  in 
hydraulischem  Zementmörtel,  die  Fugen  mit  Zement  verstrichen  und 
verbrämt,  an  aller  Arbeit,  Requisiten,  Gerüstung,  Ausschalung  und 
Regie  pro  Kubikmeter 

Deckplatten,  10  cm  stark,  aus  ganz  hartem  Stein,  rein  abgearbeitet, 
samt  Anarbeiten  der  Wassemase,  samt  Versetzen  in  Portlandzement- 
mörtel und  Einlassen  der  Verbindungsklammem  pro  Quadratmeter 

Deckplatten,  15  cm,  sonst  wie  No.  15,  pro  Quadratmeter     .... 

Anflagerquader  aus  ganz  hartem  Stein,  inkl.  Versetzen  und  Ver- 
klammem pro  Kubikmeter 

Hackelsteinverkleidung  fiir  die  Schleusen  und  Wehranlagen  aus  ganz 
harten,  bedingungsgemäfi  gelieferten,  50 — 60  cm  hohen  Hackel- 
steinen in  Portlandzementmörtel  als  Laufer  und  Binder  mit  senkrechten 
Fugen,  an  den  Außenseiten  glatt  angearbeitet  und  inkl.  der  Lieferung 
der  ordentlich  behauenen  EckstUcke,  welch  letztere  auf  2  Seiten  ent- 
sprechend abzuarbeiten  sind,  samt  Verbrämen  der  Fugen  mit  Portland- 
zementmörtel, inkl.  des  Versetzens  der  Holz-  und  Eisenteile  für  die 
gesamten  Schleusenanlagen,  als  Aufzahlung  für  die  bereits  im  Bruch- 
steinmauerwerke verrechnete  Kubatur  pro  Quadratmeter  fix  und  fertig 

Hackelsteinverkleidung  für  die  Brücken  aus  harten,  bedingungsgemäß 
gelieferten,  40 — 50  cm  hohen  Hackelsteinen  in  Portlandzementmörtcl 
als  Laufer  und  Binder  mit  senkrechten  Fugen  angearbeitet,  an  den 
Tagflächen  mit  einem  je  3  cm  breiten  Randbande  rauh  abgestockt 
und  sonst  mit  6 — 10  cm  hervorstehenden  rauhen  Bossen  versehen, 
als  Aufzahlung  für  die  bereits  im  Bruchsteinmauerwerke  verrechnete 
Kubatur  pro  Quadratmeter  fix  und  fertig 

Glasierte  Steinzeugrohre,  250  mm  im  lichten  Durchmesser  liefem, 
an  Ort  und  Stelle  zuführen,  in  Zementmörtel  versetzen,  samt  der 
Herstellung,  Zuschüttung  und  Einstampfen  des  Rohrgrabens,  das  ist 
an  allem  und  jedem,  fix  und  fertig  hergestellt  pro  Kurrentmeter  .     . 

Strafsengrundbau  aus  15  cm  hohen,  mit  den  breiten  Flächen  nach 
unten  gelegten  harten  Steinen,  die  Zwischenräume  fest  verkeilen  und 
verzwicken,  inkl.  der  Lieferung  und  Anarbeitung  der  beiderseitigen, 
30  cm  hohen  und  ca.  45 — 50  cm  langen  Randsteine,  an  allem  und 
jedem  pro  Kubikmeter 

Strafsenbe Schotterung  aus  normalmäßig  geliefertem  Schlägelschotter, 
samt  Zufuhr  und  dem  Aufrichten  in  Prismen  a  2  m^  und  dem 
Ausplanieren  des  Schotters  nach  erfolgter  Übernahme  desselben,  an 
allem  und  jedem  pro  Kubikmeter 


26 


15 


100 


18 


10 


334 


II.  Die  Stanweiherbanten. 


StraXsenbeschotterung   aus  rundem  Donauschotter,  sonst  wie  No.  22 

24.       Altes  Mauerwerk   abbrechen,    das   Material  reinigen,   sortieren   und 
schlichten,  pro  Kubikmeter 


U.  Zimmermanngarbeiten  nnd  EiBentelle. 

Die  Einheitspreise  der  Zimmermannsarbeiten  verstehen  sich  samt  aller 
Materiallieferung  und  Zufuhr,  allen  Requisiten  und  Regie;  dieselben 
begreifen  die  vollständige,  von  der  Bauleitung  vorzuschreibende,  sinn- 
gemäße Anarbeitung  der  Hölzer  (Zuspitzen,  Zapfenschneiden,  Löcher- 
stemmen, Hobeln,  Behauen  und  alle  anderen  notwendigen  Zurichtungen) 
nebst  allen  Nebenarbeiten,  -Leistungen  und  Beistellungen  (Zubringen, 
Wasserschöpfen,  Gerüsten,  Versetzen  etc.)  bis  zur  fixen  und  fertigen, 
fUr  die  Übernahme  geeigneten  Vollendung  der  betreffenden  Objekte. 
Es  darf  nur  im  Winter  geschlagenes  Rotlärchen-  oder 
Eichenholz  verwendet  werden.  Eine  Vergütung  für  Eisenteile 
findet  nur  dort  statt,  wo  bei  den  Zimmermannsarbeiten  die  Lieferung 
und  Anarbeitung  der  Eisenteile  nicht  mit  inbegriffen  ist. 

a)  Ans  im  Winter  geschlagenem  Rotlärchenholz. 
26.       PUotierung   bei    den  Uferschutzbauten   und   bei   den  Schleusenanlagen, 
inkl.  Beistellung,  Zufuhr  and  Anarbeitung  des  Materials. 

Aus  bis  zu  6  m  langen,  20 — 30  cm  am  dünnen  Ende  im 
Durchmesser  haltenden  Rundpiloten,  inkl.  des  projektsgemäfien  Ein- 
rammens  der  Piloten,  das  ist  entweder  bis  zum  Festsitzen  oder  aber 
event.  bis  auf  die  ganze  Länge,  samt  Spitzen  und  Herrichten  der 
Piloten,  samt  dem  Befestigen  des  Schuhes  und  dem  Anlegen  des 
Schlagringes,  inkl.  des  Transportes,  der  Aufstellung,  dem  Rammen 
mittels  Rammmaschinen  und  des  Abschneidens  der  eingerammten 
Piloten.  An  allem  Material,  Zufuhr,  Arbeit  und  Regie  pro  Kurrent- 
meter fix  und  fertige  Pilotierung: 

a)  bei  einem  Durchmesser  der  Piloten  von  20  cm  am  dünnen  Ende 

")     n  n  n  n  n  n      ^*^     n       n  n  n 

^)     rt  n  n  n  n  n      ^    n       v  n  n 

26.       Pilotierung  bei  den  Brücken  und  Stegen,  inkl.  Beistellung,  Zufuhr  und 
Anarbeitung  des  Materials. 

Aus  bis  zu  10  m  langen,  20 — 30  cm  am  dünnen  Ende  im 
Durchmesser  haltenden  Rundpiloten,  sonst  genau  wie  in  No.  25  be- 
schrieben wurde  und  inkl.  der  erforderlichen  Raramgerüste  etc.  An 
allem  Material,  Arbeit  und  Regie  pro  Kurrentmeter  fix  und  fertiger 
Pilotierung  wird  vergütet: 

a)  bei  einem  Durchmesser  von  20  cm  am  dünnen  Ende  .... 

")     n  n  n  >i25„„  „  „.... 

W»  n  n  »30j,„  „  „.... 


60 
50 


40 
50 


G.  Kosten  der  Stanweiher. 


335 


Lfde. 

Einheitspreis 

Gegenstand: 

No. 

K 

h 

27. 

Kappbäume,  bis  6  m  lang,  alle  vier  Seiten  reinkantig  behauen, 
die   Tagteile    gehobelt.      An   Material,   Zufuhr   samt  Arbeit,    fix   und 
fertig  hergestellt  pro  Kurrentmeter: 

a)  bei  einem  Querschnitt  von  20/25  cm 

3 

50 

b)                                        «     30/30    - 

8 

28. 

"/       |l                W                          n                        1»         ^-rKifxjxß       ^ 

SattelhOlxer,   auswendige,   in  Längen  von  1,5 — 2,5  m,   an  allen   vier 
Seiten  behauen,   die  Tagteile  gehobelt.     An  Material,  Zufuhr  und 
Arbeit,  fix  und  fertig  hergestellt  pro  Kurrentmeter: 

a^  bei  einem   Ouerschnitt  von  20/25  cm 

3 

b)    ,        „             ,            „    30/30    „ 

6 

29. 

/     n            n                  »»                 n      «'v/^v     ^ 

SattelhÖUer,  inwendige,  in  lüngen  von  1,5— 2,5  m,  an  zwei  Seiten 
behauen,  sonst  wie  No.  28,  pro  Kurrentmeter: 

** 

a)  bei  einem  Querschnitt  von  20/25  cm 

2 

50 

b)    ^        „             „            „    30/30    „ 

5 

30. 

/     7»            w                   n                 71      w^w      „ 

Bndbäome,    auswendige,    für  Brücken   und    Stege,    in  Längen  bis   zu 
11  m,    auf   vier  Seiten   reinkantig   behauen,    die  Tagteile  ge- 
hobelt.    An   Material,   Zufuhr   und  Anarbeitung,    fix    und   fertig    her- 
gestellt pro  Kurrentmeter: 

a)  bei  einem  Querschnitt  von  20/25  cm 

5 

b)    „         „              „             „     30/30  und  30/32  cm 

9 

— 

31. 

Bndbäame,   innere,  für  Brücken  und  Stege,  in  Längen  bis  zu  11  m; 
aus  im  Mittel  36  cm  im  Durchmesser  haltenden  Hölzern  angearbeitet, 
die  Auflager   im  Ausmafie   30/32  cm,    auf  eine  Länge  von  je  2,5  m 
behauen,  sonst  rund  und  bloß  oben  für  die  Brückstreu  behauen.     An 
Material,    Zufuhr    und    Anarbeitung,    fix    und    fertig    hergestellt    pro 

Kurrentmeter 

7 

60 

32. 

Bndbäume,   auswendige,   für  Brücken   und  Stege,   vierkantig  behauen. 

bis  zu  9  m  lang,  sonst  wie  No.  30: 

a)  bei  einem  Querschnitt  von  20/25  cm 

4 

50 

b)    „         ,              ,             „     30/30    « 

8 

33. 

/     n           n                 n                n      •'»'/•'vr     „ 

Bndbäume,    innere,   für  Brücken   und  Stege,   in  Längen  bis  zu  9  m. 

sonst  wie  No.  31,  pro  Kurrentmeter 

6 

50 

34. 

Brückstreu    aus    15/15 — 16/16  cm    rein   gehauenen   BrückstreuhÖlzem 
bis    5  m   Länge,    samt   Legen,    Pressen,    Annageln    und  Beigabe  der 
Nägel,   inkl.  Beigabe   der   um   je   50  cm    über   die  Breite   der  Fahr- 
bahn  herausragenden   längeren   Brückstreuhölzer   zur  Befestigung   der 

Geländerstreben  pro  Quadratmeter  fix  und  fertig  hergestellt      .     .     . 

8 

— 

36. 

Bisruten    aus    bis   zu  8  m   langen,    zweiseitig  behauenen,    am  dünnen 
Ende    wenigstens    15/20  cm    starken    Hölzern,    samt    Annageln    und 
Beigabe  der  Nägel  pro  Kurrentmeter: 

a)  bei  einer  Breite  der  Eisruten  von  15  cm 

2 

40 

b)i»         n           n           n            n            »20„ 

3 

— 

Die  Nägel   müssen  wenigstens   15  cm  in  die  Piloten  eingreifen. 

336 


n.  Die  Stanweiherbauten. 


36. 


37. 


38. 


39. 


40. 


41. 


42. 


43. 


44. 


45. 


46. 


47. 


Rauhe  Verschalung  über  die  Hirnflächen  der  Endbäume  bei  den 
Landjochen  der  Brücken  und  Stege  aus  5  cm  starken  Pfosten,  samt 
Beigabe  der  Nägel,  fix  und  fertig  hergestellt  pro  Quadratmeter    .     . 

Kreuzriegel  bei  den  Stegen,  aus  10/16  cm  Holz,  bis  zu  4  m  lang, 
inkl.  Annageln  pro  Kurrentmeter 

Deckpfosten  über  den  Zusammenstofi  der  Brückstreuhölzer,  5  cm  stark, 
30  cm  breit,  aus  6 — 6  m  langen  Pfosten,  samt  Beigabe  der  Nägel 
und  Annageln  pro  Kurrentmeter 

Brückengeländer  samt  Mittelriegel  und  Schotterbaum,  alles  rein 
gehobelt,  genau  nach  Plan  hergestellt  und  fertig  aufgestellt.  Die 
Geländerbäume,  Geländersäulen,  Schotterbäume,  in-  und  auswendigen 
Streben  aus  je  16/16  cm  Holz,  die  Ecksäulen  16/18  cm,  der  Mittel- 
riegel 10/10  cm,  fix  und  fertig  hergestelltes  Geländer,  samt  Beigabe 
der  notwendigen  Verbindungsklammem  pro  Knrrentmeter     .... 

Steggelttnder  mit  Mittelriegel,  alles  rein  gehobelt,  genau  nach  Plan 
hergestellt,  fix  und  fertig  aufgestellt.  Geländersäule  und  Geländer- 
baum aus  15/16  cm,  Mittelriegel  aus  10/10  cm  Holz,  Streben  und 
Büge  15/16  cm,  samt  Beigabe  der  Nägel  und  Annageln  pro  Kurrent- 
meter       

Hölzer  für  Längszangen  oder  Kappbäume  bei  den  Uferschutzbauten 
aus  bis  zu  9  m  langen,  vierkantig  behauenen  Hölzern  von 
15/20 — 20/25  cm  Querschnitt,  An  Material,  Zufuhr  und  Arbeit  wird 
pro  Kurrentmeter  vergütet: 

a)  bei  einem  Querschnitt  von  15/20  cm 

b)  „  r,  n  ,     20/20     „ 

c)  .        «  „  „    20/26    , 

QuerzangenhOlzer  für  die  Uferschutzbauten,  bis  zu  5  m  lang,  zweiseitig 

behauen,  von  15/20  cm  Querschnitt  am  dünnen  Ende.     An  Material, 
Zufuhr  und  Arbeit  pro  Kurrentmeter 

Gehobelte  Stichbettbedielung  aus  5  cm  starken,  30  cm  breiten  ge- 
fugten Pfosten,  samt  Befestigung  mittels  15  cm  langer  Schiftnägel, 
inkl.  Beigabe  derselben  pro  Quadratmeter  fix  und  fertig       .     .     .     . 

Gehobelter  Bohlenbelag,  5  cm  stark,  samt  Beigabe  der  Nägel  und 
Anarbeitung,  inkl.  Hobeln  der  Tagfiächen,  fix  und  fertig  hergestellt, 
an  allem  und  jedem  pro  Quadratmeter 

Mauerbänke  und  Stegschwellen  bis  zu  5  m  lang,  vierseitig  behauen, 
15/20  cm  im  Querschnitt,  an  den  Tagflächen  gehobelt,  pro  Kurrentmeter 

Gehobelte  Verschalung  des  Versteifungsgerippes  bei  den  Mittelgries- 
säulen  der  Grundschleusen  aus  5  cm  starken,  bis  6  m  langen  ge- 
hobelten, gefugten  Pfosten  pro  Quadratmeter 

Pilotierter  Rost  für  die  Fundamente  von  Ufermauem  und  Brücken 
aus  4  m  langen,  am  dünnen  Ende  20  cm  im  Durchmesser  haltenden 
und  in  Entfernungen  von  je  1  m  auf  ihre  ganze  Länge  eingerammten 


50 
50 

30 


40 
40 


G.  Kosten  der  Stanweiher. 


337 


48. 


49. 


50. 


61. 


52. 


53. 


Rnndpiloten,  inkl.  Beigabe  und  des  Anarbeitens  der  4  kg  schweren 
Pilotenschnhe,  sowie  Legen  und  Befestigen  der  beiderseitigen  15/20  cm 
starken  Längsschwellhölzer  und  der  15/20  cm  in  Entfernungen  von  je 
1  m  anzuordnenden  Querschwellhölzer.  Die  Schwellhölzer  sind  blofi 
oben  und  unten  reinkantig  zu  bearbeiten,  samt  Beigabe  der  erforderlichen 
Verbindungsklammem,  fix  und  fertig  hergestellt  pro  Quadratmeter     .        16 

Schwellrost  fQr  Ufermauem  und  Brücken  aus  15/20  cm  starken  Schwell- 
hölzem,  das  ist  den  beiderseitigen  Langhölzern  und  den  in  Ent- 
fernungen von  je  1  m  eingebundenen  Querriegeln,  die  Schwellhölzer 
blo£  oben  und  unten  rein  behauen,  samt  Beigabe  der  30  cm  langen 
eisernen  Verbindungsklammem  über  jeder  Kreuzungsstelle  der  Schwellen, 
fix  und  fertig  hergestellt  pro  Quadratmeter 4 

Gefugte  rauhe  Verschalung  bei  den  Bohlwerkswänden,  als  Abschluß 
der  Bohlwerksgerippe,  aus  4 — 6  m  langen,  im  Mittel  30  cm  breiten 
und  je  8  cm  dicken  Pfosten,  an  Material  samt  Anarbeitung,  inkl. 
Beigabe  und  Annageln  der  16  cm  langen  Nägel,  so  daß  jeder  Pfosten 
an  jeder  Pilote  zweimal  angenagelt  wird,  inkl.  der  etwa  erforderlichen 
Erdarbeit,  dem  Wasserschöpfen,  Pölzen  und  Gerüsten,  das  ist  an 
allem  und  jedem  pro  Quadratmeter  fix  und  fertig  hergestellt    ...  6 

Gefugte  Spundwände  zu  den  Bohlwerkswänden,  als  Abschluß  der 
Bohlwerksgerippe,  aus  3 — 5  m  langen,  8  cm  dicken,  20 — 30  cm 
breiten,  gefugten  Spundpfählen,  an  Lieferung  des  Materials,  Zuspitzen, 
Anarbeitung  und  vollständiger  Einrammung  auf  eine  mittlere  Tiefe 
von  1 — 2  m,  an  allem  und  jedem,  samt  etwaiger  Erdarbeit,  Wasser- 
schöpfen und  Gerüsten  pro  Quadratmeter  fix  und  fertig  hergestellt     .  8 

Gefugte  Spundwände  bei  den  Schleusenanlagen  ans  3—4  m  langen, 
10  cm  dicken,  20 — 30  cm  breiten,  gefugten  Spundpfählen,  samt  voll- 
ständiger Einrammung  auf  die  ganze  Höhe  der  Spundpfähle,  sonst 
wie  No.  60,  pro  Quadratmeter 10 

FalxbOrstenwand  bei  den  Schleusen  aus  5  m  langen,  25 — 30  cm 
breiten,  12  cm  starken,  gefalzten  Spundpfählen,  inkl.  Einrammung 
auf  eine  Tiefe  von  wenigstens  2  m  unter  der  Sohlenoberkante  der 
Grundschleuse,  an  allem  und  jedem  pro  Quadratmeter 12 

Bohlwerksgerippe  zu  den  hölzernen  Uferschutzbauten  und  als  Fuß 
von  Böschungspflasterungen. 

Dieses  Gerippe  umfaßt  die  Lieferung  und  vollständige  An- 
arbeitung der  Piloten,  Längs-  und  Querzangen,  Querriegel  und  Erd- 
verankerungspiloten,  samt  Beigabe  und  Anarbeitung  der  Eisenteile 
und  inkl.  der  fix  und  fertigen  Erdarbeit  für  die  Einbringung  der 
Querzangen,  Querriegel  und  der  Erdverankerungspiloten,  inkl.  Wasser- 
schöpfen, Pölzen  und  Gerüsten.  An  Zimmermannsarbeit,  Erdarbeit, 
an  Lieferung  und  Anarbeitung  der  Eisenteile,  an  allem  und  jedem, 
fix  und  fertig  pro  Knrrentmeter 1     15     |    20 


Friedrich,  Wasaerban.    Zweite  Auflage.    IL  Band. 


22 


338 


II.  Die  Staaweiherbauten. 


54. 


Anmerknng:  Dieses  Gerippe  besteht  aus  in  Entfernungen  von  je  1  m 
voneinander  eingerammten,  20  cm  am  dünnen  Ende  starken  und 
40  cm  langen  Rundpiloten,  femer  aus  zwei  Reihen  mit  den  Piloten 
verschraubter  Längszangen  von  15/20  cm  Querschnitt  und  aus  dem 
in  Entfernungen  von  je  8  m  angebrachten,  fix  und  fertig  herge- 
stellten Verankerungen,  deren  jede  aus  je  zwei  k  4,8  m  langen  Quer- 
zangen, zwei  je  1  m  langen  Querriegeln  und  einer  2  m  langen 
Erdverankerungspilote  besteht. 

Auf  1  Kurrentmeter  Bohlwerksgerippe  entfallen: 

a)  eine    20  cm    starke,    4   m    lange    Rundpilote,    samt 
Rammen,  k  1,60  K 6,40  K, 

b)  2  Kurrentmeter  Längszangen  15/20  cm,  k  1,50  K    .      3,00    „ 

c)  1  Pilotenschuh,  ä  4  kg 2,00    „ 

d)  1  Schraube  samt  Platten,  15  mm 0,80    „ 

Hierzu  kommt  noch  der  achte  Teil  der  Kosten  fiir  die  nach- 
stehend berechnete  Erd Verankerung: 

2  Querzangen  ä  4,8  m,  zusammen  9,6  m  lang, 

J5/20  cm  zweiseitig  behauen,  a  1,30  K     .    15,08  K, 

2  m  Querriegel  k  1,30  K 2,60    „ 

2,20  m  starke  Rundpiloten  samt  Rammen  3,20    „ 

4  Schrauben,  2  a  50  cm  lang,  ^  40  h     .     .      1,60    ^ 

2  i  45    „       „      ä  48  ,     .     .      1,52    „ 

Zusammen    24,00  K. 

Ein  Achtel  hiervon .      3,00  K. 

Demnach    kostet    1  Kurrentmeter   hölzernes   Bohlwerks- 
gerippe   15,20  K. 

Es  wird  ausdrücklich  bemerkt,  daß  dieses  Bohlwerksgerippe  nur  nach 
dem  fix  und  fertig  hergestellten  hölzernen  Schutzbau  mit  dem  oben 
eingestellten  Einheitspreise  von  15,20  K  zur  Berechnung  kommt, 
und  daß  alle  8  m  eine  Verankerung  herzustellen  ist.  Speziell  wird 
noch  bemerkt,  daß  der  Unternehmer  über  Weisung  auf  Anweisung 
der  Bauleittmg  die  Piloten  statt  mit  4  m  event.  auch  ohne  Ent- 
schädigung auf  5  m  Länge  zu  liefern  und  einzurammen  hat;  ebenso 
kann  es  vorkommen,  daß  an  einzelnen  Stellen  statt  der  4  m  langen 
Piloten  solche  von  3 — 3^/^  m  Länge  genügen  dürften. 

Bohlwerkswandgerippe  resp.  Falzbürstenwandgerippe  bei  den  Schleusen- 
und  Wehresanlagen,  nach  den  Detailplänen  genau  hergestellt. 

Diese  in  den  Ausmaßen  sehr  verschiedenen  Gerippe  bestehen  aus 
in  Entfernungen  von  je  1  m  eingerammten,  25 — 30  cm  am  dünnen 
Ende  starken,  3 — 7  m  langen  Rundpiloten,  Längszangen  von  15/20  cm 
Querschnitt  und  den  in  mehreren  Fällen  zur  Anwendung  gelangenden, 
in  Abständen  von  4  m  angebrachten  Erdverankerungen,  wie  die  bei 
No.  53   beschriebenen,   samt  Beigabe  und  Anarbeitung  der  Eisenteile 


G.  Kosten  der  Stauweiher. 


339 


55. 


56. 

57. 

58. 


59. 


60. 


und  inkl.  der  fix  und  fertigen  Erdarbeit  für  die  Einbringung  der 
Querzangen,  Querriegel  und  der  Erdverankerungspilote,  dem  Wasser- 
schöpfen,  den  Pölzen  nnd  Gerüsten. 

Für  diese  Herstellungen  wird  ein  Einheitspreis  nicht  aufgestellt 
und  gelangen  die  bei  diesen  Anlagen  zur  Verwendung  kommenden 
Konstruktionselemente  jedes  für  sich  zur  Verrechnung. 
StrsJsengelttnder  fQr  Bexirksstrafsen  I.  Klasse,  fix  und  fertig  her- 
gestellt, der  Geländerbaum  16/18  cm  stark,  4  m  lang,  die  Geländer- 
säule 18/21  cm,  samt  den  16/18  cm  starken  Querschwellen  und 
Streben,  die  Tagteile  gehobelt,  die  Erdteile  gekohlt  oder  geteert^ 
fix  und  fertig  aufgestelltes  Straßengeländer  an  Erd-  und  Zimmer- 
mannsarbeit pro  Kurrentmeter 

Strafsengeländer  für  Gemeinde wege  und  Besirksstrafsen  IL  Klasse, 
der  4  m  lange  Geländerbaum  14/16  cm  stark,  die  Geländersänle 
16/18  cm,  samt  den  14/16  cm  starken  Querschwellen  und  Streben, 
sonst  wie  No.  55,  pro  Kurrentmeter 

Schleuderpflocke,  2  m  lang,  16/18  cm  Querschnitt,  Tagteile  gehobelt, 
Erdteile  gekohlt,  samt  Aufstellen,  pro  Stück 

MontierungsgerÜste  zur  Montierung  der  eisernen  Straßenbrücken, 
nach  den  Acgaben  der  Bauleitung  hergestellt,  samt  Beigabe  des  er- 
forderlichen Bohlenbelages  und  dem  seinerzeitigen  Abtragen  des 
Gerüstes,  wobei  das  Material  im  Besitze  des  Unternehmers  verbleibt, 
pro  Quadratmeter  fix  und  fertig  hergestellt 

b)  Aus  Eichenholz  (wintergeschlagenes). 
HÖlxernes  Konstruktionsgerippe  für  die  Schleusenrorrichtung  bei  den 
Hochwassergräben  und  bei  den  Grundschleusen,  bestehend  in  Schleusen- 
polstem,  Eckgriessäulen,  Mittelgriessäulen  und  Griesholmen  ans  rein- 
kantig behauenen,  bis  zu  8  m  langen  Hölzern,  inkl.  Herstellung  der 
Falze,  Nuten  etc.  und  der  erforderlichen  Zimmermannsarbeit  für 
das  Einlassen  der  Eisenteile,  pro  Kurrentmeter  fix  und  fertig  her- 
gestellt, an  aller  Arbeit,  Material  und  Zufuhr  wird  vergütet: 

a)  bei  einem  Querschnitt  von  35/45  cm 

b)  „         «  „  n    30/35    „ 

W       r  n  »1  n       30/30     „ 

d)    «         »  V  »     45/45    „ 

HOlsernes  Versteifungsgerippe  für  die  Mittelgriessäulen,  zugleich 
Mitteljoche  für  die  Bedienungsstege  der  Schleusen,  aus  reinkantig 
behauenen,  event.  mit  Falz  oder  Nut  versehenen  und  an  den  Tag- 
teilen abgehobelten  Hölzern  bis  zu  8  m  Länge,  samt  Beigabe  und 
Anarbeiten  der  Eisenbestandteile  (Klammern,  Nägel,  Schrauben)  wird 
pro  Kurrentmeter  vergütet: 

a)  bei  einem  Querschnitt  von  25/30  cm 

b)  „        „  „  „     20/25    „ 


40 


20 
14 
12 
25 


10 
5 


340 


n.  Die  Stanweilierbaiiten. 


Lfde. 

Einheitspreis 

Gegenstand: 

No. 

K 

h 

61. 

Aufsugschütsen   ans  26/30  cm  breiten,   bis  3  m  langen  Pfosten,    in 
Feder  und  Nnt  genau  nach  der  vom  Unternehmer  zu  liaferaden  und 
von  der  Bauleitung  zu  genehmigenden  Detailzeichnung  hergestellt,  an 
Material,  Zufuhr,  Anarbeiten,  Hobehi,   samt  Beigabe  und  Anarbeiten 
der  erforderlichen  Eisenteile  (Schrauben,  Nägel  und  Bänder)  fix  und 
fertig  hergestellt  pro  Quadratmeter: 

a)  bei  einer  Stärke  der  Pfosten  von  10  cm 

12 

— 

*>)n          n             n          n            n            »16« 

16 

— 

c)  Eisenteile. 

62. 

Bandeisen,  Verbindungsklammem,  Pratzen  etc.,  pro  Kilogramm      .     . 

— 

40 

63 

Pilotenschuhe.  vierarmic.  pro  Kilofiramm 

50 

64. 

Schrauben  samt  Platten  pro  Kilogramm 

— 

70 

65. 

SchauenaufaugSYorrichtungen,  vollständig  montiert,  gleichgültig  ob 
Gufi-   oder  Schmiedeeisen   (das    ist  Bänder,  Zahnstangen,   Zahnräder, 
Schrauben,   Kegelräder,  Transmissionen,  Kurbeln  etc.),   fix  und  fertig 

geliefert,  aufgestellt,  an  allem  und  jedem,  pro  100  kg 

70 

~~' 

Anhang. 

Einheitspreise    für    Tagelöhne,    Fuhrlohn,    Materialien    etc.    und    für    sonstige 

Arbeitsgattungen  bei  Regiearbeiteu, 

auf  Grund  derer  die  früheren  Preise  berechnet  wurden. 

1.  Die  Tagschicht  wird  mit  10  vollen  Arbeitsstunden  festgesetzt. 

2.  Für  die  Beistellung  und  Abnutzung  der  Requisiten  und  Werkzeuge,  für 
die  nach  diesem  Nachhange  auszuführenden  Regiearbeiten,  dann  für 
Aufsicht  werden  10®/q  der  für  die  betreffende  Arbeitsleistung  zur  Ver- 
gütung gelangenden  Löhne  geleistet,  wobei  aber  Poliertagelöhne  nicht  in 
Aufrechnung  kommen  dürfen. 

3.  Ein  Maurergesellentagelohn 2,60  K. 

4.  Ein  Handlangertagelohn  (männlich) 2,00    „ 

5.  Ein  Handlangertagelohn  (weiblich) 1,40    „ 

6.  Ein  Lehrjnngentagelohn 1,80    „ 

7.  Eine  Stunde  über  die  tägliche  Arbeitszeit  wird  mit  10^/q  des  Tagelohnes 
vergütet. 

8.  Eine  ganze  Tagfuhre  mit  2  Pferden  samt  Wagenbeistellung 14,00    „ 

9.  Eine  halbe  Tagfuhre,  sonst  wie  oben 8,00    „ 

10.  Eine  Fuhre  kürzerer  Dauer 4,00    „ 

11.  100  kg  alte  Eisenbahnschienen,   an  Material,   Zufuhr  und  Versetzen,   inkl. 
Grundieren  und  dem  zweimaligen  Ölanstrich 15,00    „ 

12.  100  kg  eiserne,  gewalzte  oder  genietete  Träger,  samt  Versetzen      .     .     .         4,00    „ 

13.  Eisengeländer,  Versetzen  pro  lfd.  m,  samt  zweimaligem  Ölanstrich       ,     .         1,00    „ 

14.  Steinklammern,    ca.   30  mm    lang,    3  cm   breit  und    1^/j  cm  dick,    samt 
Versetzen,  pro  Stück 0,80    „ 


H.  Ausgeführte  SUnweiherbanten.  341 

Daran  anschliefiend  folgen  noch  nachstehende  Preise  für  Ufer-  und 
Lehnensicherungen,  sowie  für  Verbauungen: 

1.  Herstellung  von  einreihigen  FlechtzSunen,-  30 — 60  cm  hoch,  samt  Liefenmg 

des  Materials,  pro  lfd.  m 0^60  K. 

2.  Herstelluig    von   zweireihigen  Flechtzännen,    1  m    hoch,    samt  Lieferung 

des  Materials,  pro  lfd.  m 1,60    ,, 

3.  Lehnenverflechtung  mit  Schlickzäunen,  20 — 30  cm  hoch,  in  1  m'  grofie, 

unter  46®  geneigte  Felder  geteilt,  pro  Quadratmeter 1|20    ,, 

4.  Steinsatz   aus   zum  Teil   erzeugten,    zum  Teil   aus  an  Ort  und  Stelle  vor- 
handenen Bruchsteinen  hergestellt,  pro  Kubikmeter 1,60    „ 

5.  Trockenpflasterung  aus  vorhandenen  Steinen,  pro  Quadratmeter  ....         0,60    „ 

6.  Aushub  in  leichterem  und  mittlerem  Material,  pro  Kubikmeter    ....  0,&0 — 0,60  K. 

7.  Herstellung    von    Grundschwellen    aus    Rundholz,    im  Mittel    </  =  SO  cm, 

samt  Sicherung  durch  Spreitlagen  (samt  Materialbeigabe),  pro  lfd.  m  .     .  2,80  K. 

8.  Herstellung   einer  Sperre  ans  Holz,  samt  Materialbeigabe,  1  m  hoch  (als 
zweireihigen  Flechtzann)  und  Faschinenspreitlage 2,40    „ 

9.  Sperren  aus  Holz,  1,5  m  hoch,  als  dreireihiger  Flechtzann  (siehe  Fig.  124)  3,(X)    „ 

10.  Sperren  aus  Holz,  2  m  hoch  (siehe  Fig.  128) 15,00    „ 

11.  Sperren  aus  Bruchstein,  samt  Fundament  und  Flügelaushub,  pro  Kubikmeter         5,00    „ 

Speziell  fUr  Stauweiher. 

12.  Wehraufsätze: 

a)  2  m  hohe  Wehrbalkenaufsätze  fiir  6  m  Spannweite  in  der  in  Taf.  XX, 
Fig.  4,  ersichtlichen  Konstruktion,  samt  eisernem  Steg  und  Aufzugs- 
mechanismus, pro  Feld  (6  m  breit) 2800  K. 

b)  2  m  hohe  Klappenwehraufsätze  nach  Taf.  XVII,  Fig.  2,  wie  oben,  pro 

6  m  breite  Öffnung 3000    „ 

13.  Eiserne  Schütze,    1,5/1,0  m,   samt  Rahmen,   Aufzugsmechanismus  und 

10  m  langer  Spindel  (siehe  Taf.  XX,  Fig.  13),  pro  Stück 1000    „ 

14.  Preise   von  Röhren,  Schieber  etc.    siehe   in   dem  Abschnitt  über  Wasser- 
versorgungen. 

H.  Ausgeführte  Stauwelherbauten. 

L  Deutschland. 

X.  Der  Stauweiher  im  Eschbachtale  oberhalb  Remscheid. 

Dieser  zur  Wasserversorgung  der  Stadt  Remscheid  (in  der  Rhein- 
provinz) im  Eschbachtale  von  Prof.  Intze  in  Aachen  projektierte  und  in  den 
Jahren  1889 — 1891  ausgeführte  Stauweiher  wird  durch  eine  25  m  hohe  Tal- 
sperrenmauer gebildet,  welche,  nach  einem  Radius  von  125  m  gekrümmt,  als 
horizontales  Gewölbe  beiderseits  in  solide  Felswiderlager  2 — 2^/^  m  tief  ein- 
gebunden ist.  Die  Kronenlänge  beträgt  160  m,  die  Kronenbreite  4  m,  die 
Fundamenttiefe  5 — 6  m,  die  nutzbare  größte  Wassertiefe  18  m.  Das  Sperren- 
profil ist  ähnlich  dem  Elsässer  Normalprofil  konstruiert.  Als  horizontales 
Gewölbe  würde  dieses  Profil  mit  12  kg  pro  cm*  vollkommen  stabil  sein, 
doch  wurde  hierauf  keine  Rücksicht  genommen,  sondern  dasselbe  bei 
gefülltem  Reservoir  im  Maximum  nur  mit  5,49  kg  pro  cm®  an  der  äußeren 
Kante,  bei  leerem  Reservoir  mit  5,31  kg  pro  cm*  an  der  inneren  Kante  in 
Anspruch    genommen.      Überdies    wurden    die    Mauerwerkschichten    konkav 


342  ^^'  ^^^  Staaweiherbaaten. 

nach  unten  angeordnet,  so  zwar,  daß  dieselben  normal  zur  Richtung  der 
Resultierenden  liegen.  Der  Lennep schiefer,  ein  devonisches,  lagerhaftes, 
mit  Grauwackenschiefer  wechsellagemdes  Gestein,  ließ  diese  Art  der  Schichten- 
mauerung zu;  er  besitzt  ein  spezifisches  Gewicht  von  2,7  kg,  eine  Druck- 
festigkeit von  800  kg  parallel  zu  den  Schichtenflächen  und  1500 — 2000  kg 
pro  cm*  senkrecht  darauf.  Das  Mauerwerk  hat  ein  spezifisches  Gewicht  von 
rund  2,4  kg.  Die  Parapuetmauern  wurden  aus  Ziegeln,  die  Deckplatten  aus 
Basaltlava  hergestellt.  Der  zum  Mauern  verwendete  Mörtel  bestand  aus 
4  Volumenteilen  Fettkalk,  6  Volumenteilen  bestem  blauem  Plaidter  Traßmehl 
(natürlicher  Zement  am  Rhein)  und  8^/2  Volumenteilen  reingewaschenem 
Rheinsand.    Die  Druckfestigkeit  dieses  Mörtels  betrug  nach  3  Monaten: 

bei  Erhärtung  unter  Wasser 166  kg  pro  cm*, 

„  an  der  Luft 90    „      „ 

gegenüber  der  größten  Beanspruchung  im  Mauerwerk  von  5^/^  kg  pro  cm*. 
Der  Mörtel  erwies  sich  bei  einem  Wasserdrucke  von  2  Atmosphären  voll- 
kommen wasserdicht.     Um  das  beinahe  bei  allen  früher  erbauten  Talsperren 

beobachtete  Durchsickern  zu  ver- 
hindern, wurde  die  Wasserseite 
aus  einem  65  bezw.  39  cm  tiefen 
und  90  bezw.  60  cm  langen  abge- 
treppten Pflaster  aus  Klinkerziegel 
hergestellt,  und  zwar  wurde  die 
treppenförmige  Oberfläche  des 
Sperrenmauerwerkes  zuerst  mit 
Zement  und  Kalkmörtel  gut  ver- 
putzt, sodann  diesem  Verputz  ein 
Flg.  146.  Reservoinnaner  der  Talsperre  bei  Remscheid.       zweimaliger    Anstrich     mit    1    Teil 

Goudron  und  2  Teilen  Holzzement 
gegeben  und  darauf  erst  die  in  Fig.  146  dunkel  schraffierte  Klinkerziegel- 
schar gelegt.  Dem  guten  Anschluß  an  die  Fundamentsohle  wurde  eine 
besondere  Aufmerksamkeit  gewidmet.  Da  alle  Fugen  des  aufgeschlossenen 
gesunden  Felsens  durch  einen  kräftigen  Wasserstrahl  unter  10  m  Druck 
ausgespritzt  waren  und  der  Felsen  selbst  mit  Stahldrahtbürsten  rein  ab- 
gerieben war,  wurden  alle  Fugen  mit  Portlandzement  ausgegossen  und  alle 
feinen  Wasseradern,  welche  sich  infolge  stärkerer  Regen  zeigten,  auf  das 
Sorgfältigste  abgedichtet,  so  daß  der  an  und  für  sich  geringe  Wasserzufluß  in  der 
Baugrube  schließlich  auf  2  kleine  Quellen  zusammengedrängt  wurde,  welche 
zunächst  in  Röhren  gefaßt,  abgeleitet  und  mit  zunehmender  Mauerhöhe  der 
Ausfluß  so  weit  gehoben  wurde,  bis  endlich  der  geringere  Auftrieb  ein 
vollständiges  Abdichten  der  Quellen  ermöglichte.  Der  Felsaushub  wurde 
auch  dort,  wo  er  die  Normalbreite  überschritten  hatte,  voll  ausgemauert. 
Der  Fassungsraum  des  Stauweihers  beträgt  1  Mill.  m^. 

Die  Kosten  der  Talsperre  selbst  betrugen      .     .     350000  M. 
Der  Filterturm  zur  Wasserentnahme  etc.  .     .     .       30000    „ 

Die  Grundeinlösung .     108000    „ 

Zusammen:   488000  M. 


H.  Ausgeführte  Stauweihcrbauten.  343 

Es  stellt  sich  daher  1  m'  aufgespeicherten  Wassers  auf  rund 
49  Pf.  =  58  h  ö.  W.  Die  Herstellung  des  Mauerwerkes  wurde  seitens  der 
Bauuntemehmung  mit  13  M.  pro  ra^  (15,20  K)  inkl.  Lieferung  der  hydraulischen 
Bindemittel  übernommen,  mit  welchem  Preise  dieselbe  jedoch  knapp  das 
Auslangen  gefunden  hatte. 

Das  Niederschlagsgebiet  des  Stauweihers  beträgt  4,5  km*,  die  Wasser- 
spiegelfläche 13,4  ha;  das  Reservoir  kann  jährlich  4  mal  gefüllt  werden.  Die 
mittlere  jährliche  Regenmenge  betrug  6  Mill.  m^  (1333  mm  Regenhöhe),  die 
mittlere  jährliche  Abflußmenge  wurde  mit  4  Mill.  m*  gemessen,  woraus  also 
ein  mittlerer  Abflußkoeffizient  K^  =  0,67  (67  ®/o)  resultiert;  derselbe  betrug  im 
Winter  bis  100  ^/q  und  im  Sommer  10  ^/q.  Die  Messung  des  Abflusses  erfolgte 
automatisch  durch  einen  von  der  Firma  Hürxthal  &  Brune  in  Remscheid 
angefertigten  Apparat.  Derselbe  besteht  aus  einem  in  einem  Häuschen 
situierten,  in  dem  Bache  eingebauten  Überfall.  Die  variable  Höhe  des 
Wasserspiegels  wird  durch  einen  Schwimmer,  eine  durch  Rollen  geführte 
Stange  und  eine  Räderübersetzung  vermittelt  (selbstregistrierender  Pegel), 
mittels  eines  Schreibstiftes  auf  einer  durch  ein  Uhrwerk  rotierenden  Trommel 
registriert.  Da  für  die  jeweilige  Überfallhöhe  das  zugehörige  sekundliche 
Abflußquantum  durch  Rechnung  bestimmt  wurde,  so  wird  die  auf  dem 
entsprechend  rastrierten  Papierstreifen  der  Trommel  von  dem  Stifte  gezeichnete 
Kurve  direkt  die  sekundlichen  Abflußmengen  repräsentieren. 

In  den  älteren  Projekten  Prof.  Intzes  wurden  nachstehende  Einheits- 
preise angenommen: 

Erd-  und  Felsaushub  im  Mittel  pro  m»  2  M.  (2,30  K). 

Sperrenmauerwerk  pro  m*  14  M.  (16,40  K). 

Verputz  und  Dichtung  der  Wasserseite  pro  m*  2,50  M.  (2,90  K). 

Grundeinlösung  (Wald,  Acker  und  Wiese)  pro  Hektar  1000—3000  M. 
(1170—3500  K). 

Von  den  zahlreichen  neueren,  von  Intze  projektierten  und  geleiteten 
Bauten  soll  mit  Rücksicht  auf  die  diesbezüglich  erschienenen  zahlreichen 
Spezialpublikationen  hier  nur  das  größte  Werk  (das  zurzeit  größte  Stauweiher- 
becken Europas)  besprochen  werden.    Es  ist  dies 

2.  die  Urfttalsperre  bei  Gemünd  (Rheinprovinz). 

Diese  Talsperre  ist  nicht  nur  in  der  Gruppe  der  Ruhrtalsperren,  sondern 
auch  unter  den  übrigen  europäischen  Gebirgsreservoiren,  sowohl  in  bezug 
auf  die  Höhe  der  Abschlußmauer  wie  auch  in  Rücksicht  auf  den  Beckeninhalt, 
zurzeit  die  größte  derartige  Anlage.  Die  erste  Veranlassung  zur  Aufstellung 
des  Projektes  dieses  Bauwerkes  boten  die  im  Auftrage  der  Regierung  unter- 
nommenen topographischen  und  hydrographischen  Untersuchungen  des  Nieder- 
schlagsgebietes der  Roer,  eines  der  Eifel  entströmenden  rechten  Nebenflusses 
der  Maas,  deren  oftmals  wiederkehrende  Hochwässer  bedeutenden  Schaden 
anrichteten.  Im  Verlaufe  dieser  Studien  wurde  die  Erkenntnis  gewonnen, 
daß  durch  Anlage  eines  Sammelweihers  im  Tale  der  Urft,  eines  der  wasser- 
reichsten Zuflüsse  der  Roer,  nicht  nur  ein  großer  Teil  der  verderben- 
bringenden  Hochfluten    zurückgehalten    werden    könne,    sondern    daß   auch 


344 


n.  Die  Stanweiherbauten. 


gleichzeitig  die  Kosten  dieser  Schutzmaflregel  durch  die  Ausnützung  des  Ab- 
flusses dieses  Staubeckens  zum  Betriebe  einer  Turbinenanlage  nicht  nur  ge- 
deckt, vielmehr  sogar  noch  ein  Gewinn  erzielt  werden  könne.  In  dieser 
Voraussetzung  wurde  der  Bau  durch  eine  Privatgesellschaft,  die  Ruhrtal- 
sperren-Gesellschaft, in  die  Hand  genommen. 

Diese  Gesellschaft  setzt  sich  zusammen  aus  der  Stadt  Aachen,  sowie 
den  Kreisen  Aachen,  Düren,  Schieiden,  Heinsberg,  Jülich  und  Montjoie.  Das 
Projekt  der  Anlage  wurde  vom  verstorbenen  Geh.  Regierungsrat  Prof.  Otto 
Intze  in  Aachen  aufgestellt,  und  lag  auch  die  Oberbauleitung  in  den  Händen 
dieses  bewährten  Fachmannes. 


^'    Äm'aAtif^  Statt 


Jk 1 


4*«M***Mi-H^-i#- 


Flg.  147.    Bau  der  ürfttaisperre. 
Schnitt  dxirch  die  Staumauer  samt  Entlastnngsstollen  und  ScMeberturm. 


Das  Talbecken,  das  durch  Errichtung  der  Ürfttaisperre  in  einen  See 
umgewandelt  wurde,  liegt  kurz  vor  der  Einmündung  der  Urft  in  die  Roer  in 
einer  Seehöhe  von  ca.  270  m,  und  ist  die  Abschluflstelle  ca.  12  km  von  dem 
Städtchen  Gemünd  an  der  Eifel  entfernt.  Das  ziemlich  stark  gekrümmte  Tal 
weist  hier  eine  Anzahl  von  Erweiterungen  auf,  welche  der  Vergrößerung  des 
Beckeninhaltes  sehr  zustatten  kommen.  Bei  einer  Wassertiefe  von  52,5  m  an 
der  Abschlußstelle  bedeckt  der  Stauspiegel  bei  einer  Länge  von  ca.  8  km  eine 
Oberfläche  von  ca.  216  ha,  und  wurde  ein  Fassungsraum  von  45^2  Mill.  m* 
geschaffen.  Zur  Füllung  dieses  Beckens  dient  der  Abfluß  eines  ca.  375  km* 
messenden  Niederschlagsgebietes,   dessen  jährliche  Wasserabgabe  nach   dem 


H.  Ausgeführte  Stanweiherbauten. 


345 


Mittel  der  Jahre  1888—1899  auf  160  Mill.  m«  zu  veranschlagen  ist  Der  Abfluß 
dieser  Wassermassen  ist  jahreszeitlich  dermaßen  verteilt,  daß  im  Laufe  eines 
Jahres  auf  eine  dreimalige  AnfüUung  des  Beckens  gerechnet  werden  kann. 

Die  Talsperrenmauer  weist  eine  ziemlich  komplizierte  Querschnittsform 
auf,   welche  sowohl  vom  DreiecksprofU  wie  auch  vom  Trapezprofil  ziemlich 
bedeutend  abweicht  (Fig.  147).    Die  Hauptabmessungen  derselben  sind: 
Größte  Mauerhöhe  über  der  Fundamentsohle     .     .    58,0  m. 

„       Wassertiefe 52,5    „ 

„        Sohlenbreite 50,5    „ 

Kronenbreite 5,5    „ 

Länge  in  der  Krone 226,0    „ 

Krümmungsradius 200,0    „ 


Flg.  148.    Bau  der  Urfttalsperre.    Linke  Einbindung. 


Die  bei  verschiedenen  neueren  Talsperrenmauern  perhorreszierte  Bogen- 
form  der  Mauer  wurde  bei  der  Urfttalsperre  beibehalten,  da  der  Projektant 
aus  dieser  Ausführungsweise  namentlich  in  Rücksicht  auf  die  durch  Temperatur- 
änderungen bedingten  Dilatationen  eine  größere  Dichtheit  erhoffte. 

An  der  Abschlußstelle  tritt  überall  vonGrauwacke  durchsetzter  devonischer 
Schiefer  zutage,  und  konnte  nach  Abtragung  der  oberen  angewitterten  Schichten 
bereits  in  einer  Tiefe  von  4  m  unter  Terrain  ein  zum  Aufbau  der  Mauer  ge- 


346  I^-  ^^®  Stauweiherbanten. 

eignetes  Felsbett  bloßgelegt  werden.  Die  Schichtung  des  Gesteines  erwies 
sich  ebenfalls  sehr  günstig,  indem  die  Schichten  unter  einem  Winkel  von  45® 
gegen  das  Innere  des  Beckens  einfallen  und  sich  in  der  Richtung  der  Mauer 
verflachen.  Die  feinen  Risse  in  dem  für  die  Mauersohle  und  die  seitlichen 
Einbindungen  bloßgelegten  Fels  wurden  außerdem  durch  einen  Guß  von 
Zementbrei  gedichtet.  (Diese  Dichtung  ist  auf  Fig.  148,  welche  die  linke 
Einbindung  zeigt,  durch  die  hellere  Färbung  deutlich  erkenntlich.^)  Zum 
Talsperrenmauerwerk  gelangte  für  den  Kern  der  Mauer  Tonschiefer,  für  die 
äußere,  2  m  starke  Schichte  die  widerstandsfähigere  Grauwacke  zur  Ver- 
wendung. Leider  wiesen  die  zur  Verfügung  stehenden  Bausteine  ziemlich 
kleine  Dimensionen  auf.  Hierdurch  wurde  einerseits  eine  um  so  sorgfältigere 
Ausführung  des  Mauerwerkes  zur  Vermeidung  des  Auftretens  von  Hohl- 
räumen im  Innern  der  Mauer  erforderlich  und  andererseits  auch  der  Mörtel- 
verbrauch erheblich  gesteigert.  Während  anfänglich  42<^/q  Mörtel  verwendet 
werden  mußten,  hat  sich  bei  zunehmender  Übung  der  Maurer  in  der  Behandlung 
des  Materials  der  Mörtelaufwand  auf  33%  des  Mauerwerksinhaltes  reduziert. 
Zur  Aufmauerung  der  Hauptmauer  wurde  Kalktraßmörtel  verwendet.  Derselbe 
bestand  aus  1  Volumenteil  Fettkalk  (Weißkalk),  1,5  Teilen  Traßmehl  und 
1,75  Teilen  Sand.  Letzterer  war  Haldensand  aus  den  Bleipochwerken  von 
Mechernich,  ein  Rückstand  der  Verarbeitung  der  im  Buntsandstein  auf- 
tretenden Knotenerze.  Dieser  Sand  besteht  der  Hauptmasse  nach  aus  feinen 
Quarzkörnern,  enthält  aber  immer  noch  einen  ziemlich  bedeutenden  Anteil 
(0,4  ^Iq)  Bleiglanz.  Der  Kalktraßmörtel  ist  wegen  seiner  langsamen  Abbindung 
gewählt  worden,  um  während  der  Aufmauerung  ein  möglichst  gleichmäßiges 
Setzen  des  Mauerwerkskörpers  ohne  Bildung  von  Rissen  zu  gestatten. 
Derselbe  zeigte  nach  Verlauf  von  4  Wochen  eine  Zugfestigkeit  von  20  bis 
22  kg,  nach  12  Wochen  eine  Zugfestigkeit  von  ca.  30  kg.  Um  etwaige, 
trotz  der  sorgfältigen  Ausführung  des  Mauerwerkes  in  demselben  auftretende 
Wasseradern  abzufangen,  wurde  bei  der  Urfttalsperre  das  erstemal  der  Einbau 
von  Drainagerohrsträngen  vorgesehen,  und  durchziehen  dieselben  in  Abständen 
von  2,5  m  Entfernung  ungefähr  den  Grenzlinien  des  inneren  Mauerdrittels 
folgend  die  Mauer  der  ganzen  Höhe  nach  und  wurden  an  der  Sohle  durch 
Rohrstränge  aus  glasierten  Steinzeugröhren  zusammengefaßt  und  nach  den  die 
Mauer  durchbrechenden  Entlastungsstollen  abgeleitet.  Nach  der  Wasserseite 
erhielt  die  Mauer  überdies  eine  besondere  Verkleidung,  welche  aus  einem 
Zementverputz  von  25  mm  Stärke  besteht,  der  selbst  wieder  durch  einen 
Goudronanstrich  und  ein  Verblendmauerwerk  aus  ausgesucht  bester  Grau- 
wacke von  90  cm  Stärke  geschützt  wird.  Der  Zementputz  besteht  aus  1  Teil 
Zementmörtel  im  Mischungsverhältnis  1 :  2  und  1 — 3  Teilen  Kalktraßmörtel. 
Der  untere  Teil  der  Wasserseite  der  Mauer  ist  überdies  durch  eine  Erd- 
anschüttung mit  zweifacher  Böschung  und  Abpflasterung  der  direkten  Ein- 
wirkung des  Wassers  entzogen.  Zur  Verzierung  der  Talseite  wurden  neben 
einem  leichten  Hauptgesimse  einige  Bänder  aus  Andernacher  Basalt  in 
vertikaler  Richtung  der  ganzen  Höhe  der  Mauer  nach  eingelegt.     Durch  die 

^)  .Abbildungen  nach  den  vom  Adjunkten  der  Lehrkanzel  Dr.  Robert  Fischer  anläfilich 
der  1902  von  mir  unternommenen  Studienreise  gemachten  photographischen  Originalanfnahmen. 


H.  Aasgefährte  Siaaweiherbanten.  347 

Mauer  sind  zwei  Entlastungsstollen  von  3,6  m  Höhe  und  2,4  m  Breite  ge- 
führt, Ober  deren  wasserseitigem  Austritt  aus  der  Mauer  ein  Bedienungs- 
schacht schornsteinartig  aufgemauert  wird,  um  die  in  diesen  Stollen  zur  Ver- 
legung gelangenden  Rohrleitungen  mit  Schieber  von  600  mm  Durchmesser 
bedienen  zu  können.  Diese  Stollen  sind  nach  der  Wasserseite  unter  der 
Erdanschüttung  in  Form  von  Durchlässen  weitergeführt  und  mit  entsprechenden 
Portalen  ausgestattet.  Die  Stollen  wurden  nach  Verlegung  der  Rohre  auf 
eine  Strecke  von  8  m  mit  Klinkern  vermauert. 

Der  Hochwasserüberfall  ist  seitlich  von  der  rechten  Taleinbindung  der 
Mauer  angeordnet.  Anfänglich  bestand  der  Plan,  denselben  mit  einem  selbst- 
tätigen Döllschen  Klappen  wehre  auszustatten,  und  sollte  dasselbe  nach 
Erreichung  des  auf  1,5  m  unter  Mauerkrone  fixierten  Maximalstaues  in 
Wirksamkeit  tretien  und  den  Ablauf  einer  Wassermenge  von  150  m'^  gestatten. 
Da  man  jedoch  infolge  der  Wichtigkeit,  welche  dem  exakten  Funktionieren 
des  Überfalles  für  die  Sicherung  des  Bestandes  der  Staumauer  zukommt,  dem 
automatischen  Funktionieren  dieses  Klappensystems  nicht  genügend  Vertrauen 
schenkte,  gelangte  der  Überfall,  dessen  Überfallskante  auf  Kote  322,5,  das  ist 
1,5  m  unter  Mauerkrone,  verlegt  wurde,  so  zur  Ausführung,  daß  demselben 
eine  im  Grundriß  wellenförmige  Begrenzung  gegeben  wurde  und  in  demselben 
einige,  bis  auf  Kote  320,0  herabreichende,  durch  Schützen  verschließbare 
Öffnungen  angebracht  wurden.  Der  Überfall  ist  durch  Pfeiler  von  1  m  Stärke 
in  Felder  von  7  m  Lichtweite  geteilt,  und  wird  seiner  ganzen  Länge  nach 
von  einer  über  die  Pfeiler  geführten  Dienstbrücke  überspannt.  In  dieser 
Form  ist  derselbe  imstande,  bei  einer  Länge  von  90  m  und  einer  Stärke  der 
überfallenden  Wasserschichte  von  20  cm  und  bei  geöffneten  Schützen  ein 
sekundliches  Wasserquantum  von  100  ra^  abzuführen.  An  den  Überfall 
schließt  sich  eine  Kaskade  von  53  m  Höhe  an,  deren  einzelne  Stufen  1,5  m 
hoch  sind  und  an  Länge  nach  unten  hin  abnehmen,  so  daß  dieselben  bei 
Erreichung  der  Talsohle  nur  mehr  eine  Länge  von  60  m  besitzen. 

Zur  Trockenhaltung  der  Baustelle  während  der  Bauzeit  wurde  oberhalb 
der  Abschlußstelle  ein  provisorischer  Erddamm  angelegt  und  das  durch 
denselben  aufgestaute  Wasser  mit  Hilfe  eines  ca.  140  m  langen  Stollens 
unter  der  Kaskade  durch  den  Berg  geführt.  Dieser  Stollen  blieb  auch  nach 
Fertigstellung  der  Mauer  als  Hochwasserentlastungsstollen  in  Funktion,  jetzt 
aber  nicht  mehr  mit  dem  vollen  Profil  wirksam,  sondern  nimmt  dasselbe 
zwei  auf  eine  Länge  von  24  m  eingemauerte  Rohre  von  700  mm  Durch- 
messer auf.  Am  Einlauf  dieses  Stollens  war  zur  Zeit  des  Baues  ein  selbst- 
registrierender Pegel  aufgestellt,  der,  da  die  ganze  zum  Ablauf  gelangende 
Wassermenge  dieses  Profil  passieren  mußte,  einen  genauen  Aufschluß  über 
die  zu  erwartende  Speisung  des  Beckens  zu  geben  imstande  war.  Der  Pegel 
war  nach  dem  System  Seibt-Fueß  von  Behm  in  Karlsruhe  konstruiert. 

Die  Wasserentnahme  aus  dem  Becken  für  die  Speisung  der  bei  Heimbach 
situierten  Wasserkraftanlage  erfolgt  durch  einen  ca.  1,5  km  oberhalb  der 
Staumauer  aus  dem  Reservoir  abzweigenden  Zuleitungsstollen,  dessen  Einlauf 
auf  Kote  279,0,  das  ist  43,5  m  unter  dem  maximalen  Stauspiegel,  liegt,  in 
einer  Länge   von  2790  m  und  in  einer  maximalen  Tiefe  von  300  m   unter 


348  U*  I^ic  Staaweiherbauten. 

Terrain  den  Kermeter  Forst  durchfahrt  und  bei  Schwammenauel  an  der  Roer 
auf  Kote  277,3  ausmündet.  Dieser  Stollen  ist  durchaus  in  Fels  vorgetrieben, 
und  hat  die  wechselnde  gegen  Erwartung  ungünstige  Beschaffenheit  des 
durchfahrenen  Gesteinsmaterials  eine  an  einzelnen  Stellen  bis  77  cm  starke 
Betonauskleidung  erforderlich  gemacht.  Der  Stollen  hat  auf  der  Seite  des 
Beckens  einen  lichten  Querschnitt  von  6,14  m*,  während  der  maximale  Fels- 
ausbruch bis  8  m*  betrug.  Derselbe  steht  auf  eine  Länge  von  ca.  2700  m 
unter  Druck.  Der  Wasserzutritt  kann  durch  einen  in  der  Entfernung  von 
106,7  m  vom  Einlauf  in  einem  Schachte  untergebrachten  Torschieber  reguliert 
werden  und  ist  zur  langsamen  Füllung  des  Stollens  neben  dem  Torschieber 
ein  Umlauf  angeordnet  In  einer  Entfernung  von  83,5  m  vom  Auslauf  be- 
ginnt die  Druckrohrleitung,  deren  zwei  Stahlrohre  von  1500  mm  Durchmesser 
auf  eine  Strecke  von  15  m  die  Tunnelvermauerung  durchsetzen.  Bei  dem 
Anfangspunkt  der  Druckrohrleitung  ist  ebenfalls  ein  Schacht  abgeteuft.  Von 
hier  aus  kann  der  Wassereintritt  in  die  Druckrohre  reguliert  werden,  und 
sind  zu  diesem  Zwecke  für  jedes  der  beiden  Rohre  ein  Hauptschieber,  eine 
Drosselklappe,  sowie  Umläufe  zur  langsamen  Füllung  der  Rohre  eingebaut. 
Dieser  Schacht  wirkt  übrigens  auch  als  Druckregulator  bei  Schwankungen  im 
Wasserverbrauche  der  Turbinenanlage.  Letztere  wurde  mit  8  Francis- 
Turbinen  ausgestattet  und  werden  denselben  sekundlich  10  m*  Aufschlag- 
wasser zugeführt.  Die  Druckhöhe  desselben  schwankt  hierbei  je  nach  dem 
Füllungszustande  des  Beckens  zwischen  70  und  110  m. 

Bei  Inangriffnahme  der  Bauarbeiten  an  der  Urfttalsperre  handelte  es 
sich  in  erster  Linie  darum,  die  endegene  Baustelle,  die  bisher  durch  keinerlei 
auf  Massentransporte  eingerichtete  Wege  erreichbar  war,  entsprechend  zu- 
gänglich zu  machen.  Zu  diesem  Zwecke  wurde  von  der  nächsten  Bahnstation 
Gemünd  eine  eigene  Arbeitsbahn  nach  dem  Baufelde  errichtet.  Dieselbe 
besafi  eine  Länge  von  12  km  und  wurde  mit  einem  Kostenaufwande  von 
ca.  300000  K  angelegt.  Die  Trasse  derselben  führte  dem  rechten  Ufer  der 
Urft  entlang.  Die  Nivelette  verlief  in  einer  Höhe  von  3—4  m  über  dem 
maximalen  Stauspiegel  des  Sees,  um  auch  nach  Füllung  desselben  und  einer 
entsprechenden  Änderung  des  Oberbaues  einen  bleibenden  Fahrweg  zu  liefern. 
Nur  an  einigen  Krümmungen  der  Trasse  wurde  das  Planum  etwas  gehoben, 
um  an  Erdarbeit  zu  sparen,  andererseits  wurde  an  einigen  Kreuzungen  mit 
Seitenbächen  der  Urft  zur  Verringerung  der  Höhen  der  Brücken  eine  Senkung 
der  Trasse  durchgeführt.  Die  Bahn  diente  in  erster  Linie  der  Zufuhr  des 
Sandes  und  Zementes,  sowie  dem  Verkehre  eines  Teiles  der  Arbeiter,  der 
nicht  in  dem  eigens  errichteten  Barackenlager  Unterkommen  gefunden  hatte. 
Eine  zweite  Materialbahn,  welche  dem  Laufe  der  Urft  entlang  in  der  Talsohle 
selbst  angelegt  war,  verband  die  verschiedenen,  im  Becken  gelegenen  Stein- 
brüche mit  der  Baustelle. 

Die  großen  Mengen  von  Baumaterialien,  welche  täglich  zur  Verwendung 
gelangten,  bedingten  außerdem  eine  sorgfältige  Disposition  der  Zufahrtswege 
auf  der  Baustelle  selbst.  Die  mit  Bausteinen  von  den  Lagerplätzen  heran- 
kommenden Wagen  wurden  auf  Stockgeleisen  an  die  wasserseitige  Mauerfront 
herangeführt  und  dann  in  Hebetürmen  auf  das  jeweilige  Mauemiveau  befördert. 


H.  Ausgeführte  Staaweiherbauten. 


349 


Zu  diesem  Zwecke  waren  im  ganzen  drei  Fördertürme  (Fig.  149)  angeordnet, 
wobei  beide  äußere  der  Hebung  der  beladenen  Wagen,  der  mittlere  der 
Senkung  der  leeren  Wagen  dienten.  Auf  der  Maueroberfläche  selbst  waren 
drei  Schienenwege  der  Länge  nach  verteilt,  und  wurden  dieselben  von  drei 
QuerschienenzOgen,  die  an  die  Türme  anschlössen,  gekreuzt.  Die  Kreuzungs- 
stellen waren  mit  Drehscheiben  ausgestattet,  so  daß  die  Wagen  auf  jedes 
einzelne  Geleise  überführt  werden  konnten.  Die  motorische  Kraft  für  die 
Hebung  der  Plattformen  (Förderschalen)  der  beiden  äußeren  Türme  wurde 
von  je  einer  Dampfmaschine  geliefert  und  durch  Drahtseiltransmission  über- 


Fig.  149.   Ban  der  ürfttalaperre.    FördertUrme. 

tragen.  Die  Senkung  der  Wagen  in  dem  mit  zwei  Förderschalen  aus- 
gestatteten mittleren  Turme  wurde  durch  ein  Bremsvorgelege  reguliert.  In 
den  äußeren  Türmen  waren  die  zu  hebenden  Lasten  durch  Gegengewichte 
äquilibriert.  Die  Steine  wurden  bereits  auf  den  Depots  gewaschen,  außerdem 
war  eine  Wasserleitung  an  der  Baustelle  selbst  angelegt,  um  das  bereits  aus- 
geführte Mauerwerk  allezeit  entsprechend  befeuchten  zu  können.  Die  Aus- 
führung des  Mauerwerkes  erfolgte  in  der  Weise,  daß  dasselbe  um  die  Geleise 
herum  bis  auf  eine  Höhe  von  1,5  m  aufgeführt,  dann  die  Geleise  gehoben 
und  die  verbleibenden  Rinnen  auf  die  Gleiche  aufgemauert  wurden.  Um  die 
im  Grundrisse  wie  auch  im  Querschnitte  bogenförmige  Begrenzung  des 
Mauerwerkes  allezeit  genau  einhalten  zu  können,  bezw.  die  Aufstellung  der 


350 


II.  Die  Stanweiherbauten. 


Leergerüste  zu  erleichtern,  wurden  in  dem  Mauerkörper  Gasröhren  ein- 
gemauert, deren  gegenseitige  Position  mit  dem  Theodoliten  festgelegt  wurde, 
und  wobei  von  denselben  die  Einm essung  der  Mauerwerksbegrenzung  jeder- 
zeit leicht  durchgeführt  werden  konnte.  Die  Mörtelbereitung  wurde  in  einer 
am  rechten  Mauerflügel  im  Niveau  der  Mauerkrone  gelegenen  Mörtelbereitungs- 
station vorgenommen.  Zur  Löschung  des  Weifikalkes  diente  ein  Bottich  mit 
Rührvorrichtung,  und  wurde  der  gelöschte  Kalk  vor  seiner  Verwendung  zur 
Mörtelbereitung  vier  Wochen  eingesumpft,  zu  welchem  Zwecke  sieben  Kalk- 
gruben zur  Verfügung  standen.    Die  Mischung  des  Mörtels  erfolgte  in  Mörtel- 


Fig.  150.    Bau  der  Urfttalsperre.    Bremsberg. 


mühlen  nach  dem  System  Kunz  in  Kempten.  Vier  dieser  Mühlen  hatten  in 
dem  Traßmagazin  Aufstellung  gefunden  und  wurden  durch  einen  Elektro- 
motor angetrieben.  Die  Mischtrommeln  faßten  1,5  m  Mörtel  und  erfolgte  die 
Mischung  in  der  Weise,  daß  zuerst  der  Weißkalk  mit  dem  Traßmehl  und 
Wasser  vermengt  und  dann  der  Sand  zugesetzt  wurde.  Das  Gemenge  wurde 
dann  durch  Kippen  der  Mischtrommel  in  Kastenwagen  überfüllt  und  dieselben 
über  einen  Bremsberg  (Fig.  150)  auf  die  Baustelle  herabgelassen.  Am  Fuße 
des  Bremsberges  befand  sich  ein  die  auf  der  Mauer  verlegten  Längsgeleise 
kreuzendes  Quergeleise,  und  konnten  die  den  Bremsberg  herabkommenden 
Wagen  mit  Hilfe  einer  Drehscheibe  auf  dasselbe  überführt  und  dann  nach 
allen  Punkten  der  Mauer  dirigiert  werden.     Die  Weiterverteilung  des  Mörtels 


H.  Ausgefiihrte  Stauweiherbauten.  351 

erfolgte  in  eisernen  Tragkästen  oder  mit  Hilfe  von  Rutschrinnen,  falls  es  sich 
um  die  Beförderung  nach  tiefer  liegenden  Stellen  handelte.  Zur  Zeit  der 
Besichtigung  (31.  Mai  1902)  waren  auf  der  Mauer  selbst  150  Maurer  be- 
schäftigt, welche  im  Durchschnitt  täglich  ca.  300  m*  Mauerwerk  fertig  stellten. 
Auf  je  15  Maurer  entfiel  eine  permanente  Überwachung,  während  im  ganzen, 
einschließlich  der  Ingenieure,  15  Aufsichtsorgane  Dienst  machten.  Es  waren 
dies  2  Regierungsbauführer,  2  Bauaufseher,  2  Ingenieure  der  Bauuntemehmung, 
3  Oberpoliere,  4  Vorarbeiter  und  3  Aufseher  für  die  Verteilung  von  Stein 
und  Mörtel.  Die  Bauarbeiten  wurden  an  die  Firma  Philipp  Holzmann  aus 
Frankfurt  a.  M.  vergeben  und  betrug  der  für  1  m*  Mauerwerk  an  die  Unter- 
nehmung bezahlte  Pauschalpreis  (inkl.  Bindemittel)  16,5  M.  =  19,8  K. 

Der  Stollen  für  das  Kraftwasser  wurde  teilweise  durch  Bohrer  mit 
elektrischem  Antriebe,  teilweise  von  Hand  aus  vorgetrieben.  Die  Ventilation 
(Wetterführung)  erfolgte  durch  verzinkte  Eisenrohre,  welche  die  Luft  durch 
einen  Sulzerschen  Kompressor,  der  durch  einen  Elektromotor  angetrieben 
wird,  zugeführt  erhielten.  Die  Ausführung  des  Stollens  kostete  ca.  600  M. 
gleich  600  K  pro  Kurrentmeter.  Die  elektrische  Zentralisation,  welche  den 
zum  Betriebe  der  sämtlichen  Baumaschinen  —  mit  Ausnahme  der  Hebetürme  — 
erforderlichen  Strom  erzeugte,  lag  beiläufig  in  der  Mitte  zwischen  der  Tal- 
abschlufistelle  und  dem  Eingange  des  Kraftstollens. 

Die  gesamten  Bauarbeiten  an  der  Urfltalsperre  wurden  im  Jahre  1904 
beendet. 

Die  Baukosten  der  gesamten  Kraftanlage  wurden  anfänglich  mit 
5  Mill.  M.  =  6  Mill.  K  veranschlagt,  doch  dürften  mit  dieser  Summe  in  An- 
betracht der  Schwierigkeiten  bei  Ausführung  des  Kraftstollens  kaum  das 
Auslangen  gefunden  worden  sein.  Die  Kosten  der  Sperrmauer  selbst  waren 
mit  3860000  M.  =  4632000  K  projektiert,  beliefen  sich  jedoch  wirklich  nach 
dem  Bau  auf  4800000  K,  so  daJß  hiemach  pro  1  m^  Fassungsraum  8,5  Pf.  = 
=  10,7  h  entfallen. 

Die  Turbinenanlage  erhielt  8  Turbinen  k  1250  Nutzpferdekräfte,  also 
zusammen  10000  HP.  Im  Durchschnitt  dürfte  jedoch  bei  den  wechselnden 
Wassermengen  und  Gefällen  nur  auf  6400  HP.  während  7200  Betriebsstunden 
jährlich  zu  rechnen  sein. 

Unter  Annahme  einer*  mäßigen  Verzinsung  und  Amortisation  würde 
hiemach  eine  Pferdekraft  an  der  Turbine  selbst  auf  ca.  0,5  Pf.  =  0,6  h  zu 
stehen  kommen.  Bei  elektrischer  Fernleitung  würde  sich  dieser  Selbstkosten- 
preis je  nach  der  Entfernung  auf  1,0 — 1,5  Pf.  =  1,2 — 1,8  h  erhöhen. 

3.  Die  deutschen  Vogesen-Stauweiher. 

Die  von  den  östlichen  steileren  Abhängen  des  ca.  1300  m  hohen  Vogesen- 
gebirges  herabkommenden  Bäche  führen  infolge  der  bedeutenden  Niederschläge 
wohl  im  allgemeinen  reichliche  Wassermengen  den  Tälern  und  Niederungen 
zu,  doch  ist  der  Abfluß  ein  sehr  unregelmäßiger  und  insbesondere  die  Nieder- 
wasserquantitäten für  die  Industrie  und  die  Wiesenbewässerungen  unzu- 
reichend. Nach  einer  seit  50  Jahren  geübten  Norm  wird  als  Wasserbedarf 
für  die  Wiesenbewässerung  bei  Mittel-  und  Niederwasser  pro  Jahr  und  Hektar 


352  ^  ^^^  Staaweiherbanten. 

8000  m*  angenommen  (80  cm  Wasserhöhe),  welcher  auf  3  Wässerperioden 
(Frühjahrsbewässerung  im  April,  Sommerbewässerung  im  Juni,  Juli  und 
August  und  Herbstbewässerung  im  September,  Oktober  und  November)  ver- 
teilt wird. 

Während  die  beiden  ersten  Bewässerungen  nur  den  Zweck  der  An- 
feuchtung verfolgen,  wird  im  Herbste,  wo  auch  die  unbeschränkte  Benutzung 
der  Hochwässer  gestattet  ist,  eine  düngende  Wirkung  angestrebt.  Dieser 
Bedarf  ist  nun  beim  Niederwasserstande  der  Bäche  nicht  gedeckt,  desgleichen 
auch  die  Industrie  immer  mit  Wassermangel  zu  kämpfen  hatte,  was  hier  um 
so  mehr  fühlbarer  wurde,  als  dieses  Ober-Elsaßgebiet  weitab  von  den  mittel- 
europäischen grofien  Kohlendistrikten  liegt.  Schon  im  vorigen  Jahrhundert 
wurde  mit  der  Anlage  künstlicher  Seen  begonnen,  um  eine  geregeltere 
Wasserabfuhr  zu  ermöglichen,  doch  waren  diese,  sowie  die  später  getroffenen 
Vorkehrungen  zu  primitiv  und  unzureichend.  Erst  seit  dem  Jahre  1875  wurde, 
einer  Eingabe  der  Wiesenbesitzer  zufolge,  mit  den  detaillierteren  Erhebungen 
wegen  des  Baues  großer  Stauweiher  seitens  der  deutschen  Regierung  im 
Elsaß  begonnen  und  durch  den  Vorstand  des  kulturtechnischen  Ministerial- 
Departements,  Ministerialrat  Ingenieur  H.  Fe  cht,  die  bezüglichen  Projekte  auf 
Grund  der  bei  den  französischen  Sperren  gesammelten  Erfahrungen  und  der 
in  dem  letzten  Dezennium  bedeutend  entwickelten  Theorien  über  die  Berech- 
nung rationeller  Staumauerprofile  entworien  und  von  demselben  auch  der 
Bau  des  Stauweihers  im  Alfeld  bereits  1889,  jener  der  anderen  Talsperren 
1893  publiziert  (Berlin,  Verlag  von  Ernst  &  Korn). 

Die  neueren,  innerhalb  der  Jahre  1883 — 1894  erbauten  Stauweiher  um- 
fassen 6  Baustellen,  von  welchen  4  Sperren  im  Fechttale,  1  Sperre  im  DoUer- 
tale  sich  befinden  und  die  neueste  1894  vollendete  Reservoirmauer  im 
Lauchtale  situiert  ist.  —  Alle  Stauweiher  liegen  in  unmittelbarer  Nähe  des 
Vogesenkammes,  welcher  gleichzeitig  die  französische  Reichsgrenze  bildet. 

4.  Stauweiher  im  Fechttale. 

Die  Regenhöhe  für  die  1200 — 1300  m  hohe  Wasserscheide  beträgt  im 
Durchschnitt  ca.  2000  mm,  im  Fechttale  selbst  für  850  m  Seehöhe  1500  mm, 
für  440  m  Seehöhe  1000  mm  und  für  150  m  Seehöhe  650  mm  (Straßburg). 
Für  Verdunstung  und  Versickerung  wurde  ^/g  der  Regenhöhe  in  Abzug 
gebracht,  also  -4  =  0,66  R  angenommen.  Bei  dieser  Regenhöhe  führt  die 
Fecht  im  Mittel  5  m*  pro  Sekunde,  jedoch  sehr  unregelmäßig,  ab,  so  daß  bei 
Hochwasser  bis  100  m»  und  bei  Niederwasser  oft  nur  0,6  m«  zum  Abflüsse  . 
kommen.  Die  bestehenden  Wasserwerksanlagen  des  Fechttales  benötigen 
jedoch  3  m^  pro  Sekunde.  Durch  die  Reservoire  soll  nun  beiläufig  für  einen 
lOOtägigen  Vorrat  vorgesorgt  und  dadurch  die  Ermöglichung  eines  regel- 
mäßigen Abflusses  bezw.  Ersatzes  an  jenen  Tagen  geschaffen  werden,  an 
welchen  der  Fluß  weniger  als  3  m»  abführt.  Im  Fechttale  gelangten  4  Stau- 
weiher, zumeist  auf  Staatskosten  nach  den  Projekten  und  unter  Oberleitung 
des  kaiserl.  Ministerialrates  Fecht,  zum  Teil  durch  Beiträge  seitens  der 
Fabrikanten  gedeckt,  zur  Ausführung. 


H,  Ausgeführte  SUuweiherbauten.  353 

a)  Der  Darensee  (oder  Sulzerersee), 
in  1060  in  Seehöhe  gelegen  und  in  den  Jahren  1835 — 1887  durch  den 
Fabrikanten  Hartmann  aus  Münster  zuerst  hergestellt,  wurde  in  den  Jahren 
1890/91  mit  einem  Kostenaufwand  von  57100  M.  rekonstruiert.  Der  Stau- 
weiherabschlufi  wird  durch  einen  10,8  m  hohen  und  140  m  langen  Erddamm 
hergestellt  Die  größte  nutzbare  Wassertiefe  beträgt  9,8  m,  der  Fassungs- 
raum 580000  m«. 

b)  Der  Forellenweiher, 
gleichfalls  ein  kleinerer,  in  790  m  Seehöhe  gelegener  Stauweiher,  durch  einen 
Erddamm  gebildet,  welcher  mit  einem    Kostenaufwand  von    65700  M.  her- 
gestellt wurde.    Die  Herstellungsart  war  die  gleiche  wie  bei  dem  in  nach- 
folgendem beschriebenen  Schießrothriedweiher. 

c)  Der  Schießrothriedweiher. 

Dieser  Weiher,  ein  ehemaliger  natürlicher,  auf  einer  Torfschichte  auf- 
gelagerter Hochsee  liegt  ganz  in  der  Nähe  der  1361  m  hohen  Vogesen- 
Wasserscheide  (Hoheneck  und  Spitzköpfe),  knapp  an  der  französischen 
Grenze.  Das  Einzugsgebiet  beträgt  124  ha  =  1,24  km*,  die  Wasserspiegelfläche 
ca.  5,6  ha;  der  maximale  Fassungsraum  beträgt  bei  einer  maximalen  Stautiefe 
von  12,5  m  =  360000  m®.  Der  13,7  m  hohe  Staudamm  ist  150  m  lang  und  mit 
gekrümmter  Krone  gebaut.  Der  Fuß  ist  jedoch  gerade  angelegt  und  als  Fuß- 
mauer hergestellt,  welche  bis  auf  den  Granitfelsen  hinabreicht.  Ursprünglich 
war  eine  Mauer  projektiert,  doch  wurde  der  Fundierung  wegen  hiervon 
später  Abstand  genommen.  Als  Dammschüttungsmaterial  für  die  Wasserseite 
wurde  lehmiger  Sand  verwendet  und  in  10  cm  starken  Schichten  aufgebracht, 
mit  Gießkannen  dünnflüssige  Kalkmilch  aufgegossen,  darüber  etwas  trockenes 
Material  gestreut  und  sodann  gestampft.  Bei  Regenwetter  wurde  der  Kalk 
nur  in  Form  von  Kalkpulver  aufgebracht.  Auf  1  m*  fertig  gestampfter  Damm- 
schüttung kamen  15 — 20  1  =  9,4 — 12,5  kg  Kalkpulver. 

Das  Dammmaterial  bestand  zumeist  aus 

0,86  kg  Sand, 
0,15    „    Lehm, 
zusammen  1,00  kg  Dammerde, 
oder  in  Litern:  0,79  1  Sand, 
0,21  „  Lehm. 

Das  Dammerdematerial  wurde  nach  einiger  Zeit  sehr  fest  und  wasser- 
dicht. Beim  Stampfen  reduzierte  sich  die  ursprüngliche  Schichtenhöhe  auf 
ca.  die  Hälfte.  Infolgedessen  kam  1  m*  festgestampftes  Material  mit  Kalkmilch 
auf  ca.  1,65  M.  zu  stehen.  Der  eigentliche  Dammkem  wurde  ohne  Kalkmilch 
in  20  cm  hohen  Schichten  gestampft  und  stark  begossen,  hierbei  alle  vege- 
tabilischen Stoffe  sorgfältig  entfernt.  Werden  zu  obigem  Preise  noch  alle 
Nebenarbeiten  etc.  gerechnet,  so  kommt  de  facto  1  m^  gestampfter  Damm 
im  Mittel  auf  ca.  2  M.  (2,35  K).  Der  talseitige  Damm  teil  ist  aus  steinigem 
Material  geschüttet  und  möglichst  mit  Sand  gemengt.  Diese  Schüttung  kam 
nur  auf  50  Pf.  Die  talseitige  Böschung  wurde  durch  Schlichtung  der  größeren 
Steine  treppenförmig  hergestellt,  die  Wasserseite  jedoch  mit  einem  80  cm  im 

Friedrich,  Wasserbau.    Zweite  Aafla£;e.    IJ.  Band.  23 


354  ^-  ^^^  SUnweiherbaaten. 

Mittel  starken,  auf  der  Rückseite  mit  Absätzen  versehenen  Zementniauerwerk 
(verfugtes  Zyklopenmauerwerk)  verkleidet,  welches  sich  auf  eine  ca.  2  m  tiefe 
und  2  m  breite  Herd-  (Fuß-)  Mauer  aufbaut  (siehe  Taf .  XV). 

Die  6  m  breite  Dammkrone  ist  abgepflastert  und  auf  der  Wasserseite 
mit  einer  steineren  Parapuetmauer  versehen;  sie  liegt  1,2  m  über  dem  höchsten 
Wasserspiegel.  Auf  einer  Seite  an  der  Tallehne  befindet  sich  das  Überfall- 
wehr; dasselbe  besteht  aus  3  überbrückten  Öffnungen  von  je  5  m  Weite  mit 
2  Pfeilern,  80  cm  stark  und  1,20  m  hoch;  das  Wehrgerinne  ist  ganz  gemauert 
und  beim  Ausfluß  mit  einer  3  m  hohen  Absturzmauer  versehen.  Das  sich 
daran  anschließende  gemauerte  Abflußgerinne  verengt  sich  von  16,6  m  auf  1,3  m 
und  vereinigt  sich  mit  dem  gepflasterten  Graben  des  Grundablasses. 

Die  Sohle  des  Abflußgerinnes  ist  nicht  abgetreppt,  sondern  bildet  eine 
einzige  schiefe  Ebene  von  1 : 3  Gefälle.  Der  Grundablaß  besteht  aus  einem 
1,50  m  hohen,  1,10  m  breiten,  gewölbten  Kanal  (Gewölbe  35  cm  stark),  in 
welchen  eine  500  mm  weite  genietete  Schmiedeeisenrohrleitung  mit  Flanschen 
und  Bleiringdichtung  gelegt  ist.  An  der  Wasserseite  besteht  diese  Rohrleitung 
aus  500  mm  weiten  gußeisernen  Röhren  mit  angegossenen  Rippen,  welche 
auf  9  m  Länge  voll  eingemauert  sind.  Der  Einlauf  ist  mit  einer  von  der 
Dammkrone  aus  aufziehbaren  Schütze  verschlossen.  Die  Regulierung  des 
Abflusses  erfolgt  durch  einen  großen,  in  einem  eigenen  Auslaufobjekt  situierten 
Wasserschieber. 

Um  einerseits  die  Dilatation,  wie  unvermeidliche  hydraulische  Stöße  zu 
parallelisieren,  ist  an  dem  gekrümmten  Auslaufrohr  ein  Kopf  mit  Spindel  und 
kräftiger  Spiralfeder  angebracht,  der  sich  andererseits  an  einen  starken  Eisen- 
anker S  stützt,  welcher  fest  eingemauert  ist.  Die  Flanschen  des  Schiebers 
können  auf  einer  Eisenplatte  leicht  gleiten.  Die  Wucht  des  ausströmenden 
Wassers  wird  durch  ein  Staubecken  gemildert,  welches  durch  eine  aus  Ein- 
schubbalken bestehende,  1  m  hohe  Stauanlage  gebildet  ist.  Der  in  eigener 
Regie  durch  das  kaiserliche  Landesmeliorationsamt  in  den  Jahren  1886  bis 
1890  durchgeführte  Bau  dieses  Stauweihers  beanspruchte  eine  Summe  von 
162000  M.  Bei  einem  Fassungsraume  von  360000  m»  entfällt  somit  pro  m* 
aufgespeicherten  Wassers  45  Pf.  (53  h). 

Die  Baukosten  verteilten  sich  auf  die  einzelnen  Rechnungsposten 
wie  folgt: 

Baukosten  nach  Projekt. 

I.  Grunderwerb 19800  M. 

II.  Erdarbeiten 57140    „ 

III.  Maurerarbeiten 61390    „ 

IV.  Eisenwaren 8170    „ 

Zusammen  146500  M. 
Hierzu  durch  den  Bau  bedingte  Mehrkosten    ....     15500    „ 

Zusammen  162000  M. 

Die  einzelnen  Posten  stellen  sich  aus  nachstehenden  Einheitspreisen 
zusammen: 


H.  Aosgeftthrte  Stanxreiherbauten.  355 

ad  I.      26  a  Wald  ä  15  M. 

564  „  Weide  1  ,,     ,^  ., 
435  ;  Wiese   }  '^''  ^- 

Zusammen     19800  M. 
ad  II.     1.  Fundamentaushub. 

5339  m»  ä  2,15  M 11500  M. 

2495    „    ä  1,50    „        3742    „ 

Abräumen  des  Terrains 1500    „ 

16742    „ 

2.  Wiederanfallen  und  Planieren  der  Fundament- 
grube, 5980  m»  ä  0,50  M 2990    „ 

3.  Dammanstampf  ung  samt  Begießen  mit  Kalkmilch  etc., 
18677  m*  im  Mittel  angenommen  ä  0,80  M.  (kam  de  facto 

auf  2  M.) 14941    „ 

4.  Herstellung  eines  Weges,  3120  m  lang,  2,5  m  breit       3800    „ 

5.  Mehrarbeiten,  Überlaufproben  etc.      .     .     .     .     .     18140    „ 

57140  M. 
ad  III.     1.  Hydraulische  Bindemittel  loco  Baustelle. 
195000  kg  hydraulischen  Kalk,  pro  Waggon 

(10000  kg)  234  M 4563  M. 

173000  kg  Zement,  pro  Waggon  (10000  kg) 

450  M 7785    „ 

Zufuhr  von  368000  kg,  pro  Waggon  (10  000  kg) 

150  M .       5520    „ 

17868    „ 

2.  Bruchsteinmauerwerk  für  Fuß-  und 
Verkleidungsmauer  (Zyklopenmauerwerk  in 
hydraulischem  Mörtel,  alles  in  allem,  jedoch 
ohne  Lieferung  der  hydraulischen  Binde- 
mittel), 2400  m»  ä  9,50  M 22800  M. 

Mehrarbeiten .       2280    „ 

25080  „ 

3.  Hausteinmauerwerk,    Gewölbe,  Deckplatten,   Sohl- 
platten, 65  m»  ä  53  M 3445  „ 

4.  Verfugen  in  Zement,  2980  m«  ä  0,70  M 2086  „ 

5.  Trockenpflaster,  50  cm  stark,  9330  m«  ä  2,50  M.     .     10825  „ 

6.  Diverses .       2086  „ 

Summe  der  Maurerarbeiten     61390  M. 
ad  IV.     Gußeiserne   Röhren,    Absperrschieber,   Schützen,   Brücke 

über  den  Wehrüberfall,  Gitter  etc 8150  M, 

d)  Der  Alfenweiher. 

Der  Altenweiher,  ein  ehemaliger  Hochsee,   8  km  oberhalb  Metzeral  im 

Fechttale   in   einer  Seehöhe  von  930  m  gelegen,   wird  durch  eine  in  Granit 

zyklopenförmig   gemauerte,    115  m   lange   Talsperre   von    22  m   Höhe,    4  m 

Kronenbreite  und  14,19  m  Basisbreite  gebildet  und  faßt  bei  14  m  Wassertiefe 

23* 


356  ^-  ^^^  Staaweiherbanten. 

730000  m«.  Die  Fundamenttiefe  beträgt  7  m,  der  Baugrund  ist  Porphyrgranit. 
Die  Mauerkrone  liegt  1  m  aber  dem  höchsten  Wasserspiegel.  Da  die  See- 
höhe des  Stauweihers  930  m,  jene  des  2  km  entfernten  Bergfußes  660  m  und 
jene  der  4  km  vom  Stauweiher  entfernt  liegenden  Eisenbahnstation  Mitlach 
526  m  beträgt,  so  war,  wie  bei  allen  Elsässer  Talsperren,  der  Höhentransport 
ein  bedeutender  und  betrugen  die  Zufuhrkosten  von  der  Bahn  bis  zur  Bau- 
stelle pro  Waggon  (10000  kg)  =  150  M.  Der  2  km  lange,  2,5  m  breite  Fahr- 
weg vom  Bergfuß  zum  Weiher  wurde  mit  12^/q  mittlerer  Steigung  neu  an- 
gelegt und  kostete  pro  lfd.  m  ca.  1  M.  (leichtes  Material,  kein  Felsen).  Diese 
Strecke  konnte  1  Pferd  mit  einem  2  rädrigen  Karren  bei  250 — 350  kg  Ladung 
des  Tages  4  mal  bergauf  zurücklegen  (also  täglich  16  km).  Die  Tagelöhne 
betrugen  bei  diesem  Baue  für: 

Tagelöhner 3,00—3,20  M.  (3,50—3,75  K), 

Mineure 3,60         „    (     4,20        „ ), 

Maurer 4,50—5,00    „    (5,25—5,85  „ ), 

Poliere 6,00—7,00    „    (7,00—8,20  „ ), 

Steinhauer 5,00  „    (      5,85        „ ), 

ein  1  spänniges  Fuhrwerk  (Pferd)  .  8,00  „  (  9,40  .„ ). 
In  der  Parapuetmauer  wurden  auf  5  Stellen,  je  2,5  m  breit,  durch 
eiserne  Querstangen  gesicherte  Öffnungen  ausgespart,  um  für  den  Fall,  daß 
das  Hochwasser  bei  eventueller  Verstopfung  der  Überfallwehre  über  die 
Krone  gehen  sollte,  die  Stauhöhe  nicht  zu  vergrößern,  da  die  Mauer  für  den 
mit  der  Krone  gleich  hohen  Wasserspiegel  berechnet  ist.  Neben  diesem  ist 
noch  ein  separates,  15  m  langes  Überfallwehr  in  3  Öffnungen  angelegt, 
welches  bei  A  =  0,5  m  Überfallhöhe  Q  =  10,3  m*  abführen  kann,  trotzdem  das 
Niederschlagsgebiet  dieses  knapp  an  der  Wasserscheide  (Kastelberg  1350) 
gelegenen  Stauweihers  nur  1,2  km^  beträgt.  Die  Wasserspiegelfläche  des 
Stauweihers  beträgt  7,7  ha.  Der  im  Frühjahr  1886  begonnene  und  im  Herbst 
1890  beendete  Stauweiherbau  erforderte  eine  Bausumme  von  259000  M. 
Die  Kubatur  der  Staumauer  beträgt  10320  m^,  der  Mörtelverbrauch  33  ^/q. 
Im  Projekt  waren  30  ^/q  Mörtel  verbrauch  angesetzt  und  wurde  demnach  das 
spezifische  Gewicht  des  Mauerwerkes  wie  folgt  berechnet,  wobei  dasselbe 
aus  Porphyrgranit  (Quarz,  Orthoklas,  Plagioklas  und  Magnesiaglimmer 
[Orthoklas  in  großen  Kristallen  in  die  Grundmasse  eingesprengt])  hergestellt 
wurde.  Es  wog  im  Mittel  1  dm*  Granit  =  2,67  kg,  der  Mörtel  =  1,90  kg,  es 
ergibt  sich  somit  bei  einem  Mörtelverbrauch  von  30  ^/q  ein  spezifisches  Gewicht 
des  Mauerwerkes  von  2,67  .  0,7  +  1,9  .  0,3  =  2,44  kg.  Die  Steingewinnung 
erfolgte  in  nachstehender  Weise:  Zuerst  wurden  durch  Probeschüsse  die 
notwendigen  Mengen  der  Sprengmittel  bestimmt,  sodann  erfolgte  der  Vortrieb 
•eines  Stollens  (80  cm  breit,  1,4  m  hoch)  durch  2  Mann.  Bei  Tag-  und  Nacht- 
arbeit konnten  pro  Woche  2  lfd.  m  Stollen  vorgetrieben  werden.  Der  fertige 
Stollen  war  22  m  lang,  die  Vorgabe  betrug  17,5  m,  der  Stollen  vortrieb 
kostete  58  M.  pro  lfd.  m,  die  Totalkosten  der  Sprengung  sowie  Stollen- 
herstellung betrugen  3420  M.,  d.  h.  pro  lfd.  m  Stollen  samt  Ladung  und 
Sprengung  entfielen  155  M.  Am  Ende  des  Stollens  wurde  eine  Kammer 
hergestellt   und   dieselbe   mit  45  Ztr.  Pulver  geladen,   verdämmt  und  die  zur 


H.  Ausgeführte  Stauweiherbauten.  357 

elektrischen  Zündung  bestimmten  Drähte  auflen  um  einen  Baumast  geschlungen. 
Ein  am  nächsten  Tage  (Feiertag)  in  diesen  Baum  einschlagender  Blitzstrahl 
zündete  die  Mine,  durch  welche  6000  m*  Steine  gelöst  wurden. 

Mörtel.    Zu  unterst  auf  den  Felsen  wurde  folgende  Mischung  gegeben: 
1  Raumteil  Portlandzement, 
^/g         „         hydraulischer  Kalk, 

2^/2  Raumteile  Sand  oder  3  Raumteile  hydraulische  Bindemittel  auf  5  Teile  Sand, 
hierauf  bis  1  m  Mauerwerkshöhe  das  Mischungsverhältnis  1:1:3^/2,  sodann 
1 :  1^/2 : 5,  weiter  1:2:6  (oder  1  Raumteil  hydraulisches  Bindemittel  auf 
2  Raumteile  Sand)  bis  7  m  oberhalb  Fundament,  endlich  1:3:7  von  7  m  bis 
zur  Krone.  Die  Mauerung  geschah  von  feststehenden  Gerüsten  aus.  Im 
ganzen  wurden  10320  m*  Mauerwerk  hergestellt.  Durchschnittlich  wurden 
zur  Herstellung  von  1  m*  Mauerwerk  an  Arbeit  benötigt: 

0,57  Maurer  (Tagschichten), 
0,72  Handlanger, 
0,03  Maschinistenschichten. 
Der  Mörtel  wurde  mit  Maschinen  (Möller  &  Blum,  Berlin)  angemacht, 
welche  4 — 5  m'  Mörtel  pro  Stunde  erzeugten  und  von  einer  6  pferdigen  Loko- 
mobile angetrieben  wurden.    Zum  Gewinnen,  Reinigen  und  Beiführen  der 
Steine  waren  1,66  Handlanger  nötig  (ohne  Geräte  und  Sprengmaterial).    Der 
Sand  kostete  pro  m': 

Gewinnung 1,20  M. 

Waschen 1,00    „ 

Verführen .     0,80    „ 

Zusammen    3,00  M. 
Rollbahnlegen,  Anfüllen  der  Baugrube  etc.  beanspruchten  pro  m"  Mauer- 
werk 0,49  Handlanger. 

Verfugen  des  Mauerwerkes.  Die  Fugen  wurden  auf  5  cm  Tiefe  aus- 
gekratzt und  mit  einem  Mörtel,  bestehend  aus  1  Teil  Portlandzement,  2  Teilen 
gesiebtem  Bausand  und  ^/^ — ^/j  Teil  hydraulischem  Kalk  (^/4  bei  feuchter,  ^/^  bei 
trockener  Witterung),  verfugt.  Bei  trockenem  Wetter  wurde  bis  zum  Erhärten 
des  Mörtels  die  Verfugung  feucht  erhalten.  Das  Verfugen  pro  m*,  sowie 
Auskratzen  erforderten  0,11  Maurer-  und  0,06  Handlangerschichten  und  an 
Material  5  kg  Portlandzement  und  1,2  kg  hydraulischen  Kalk.  Zur  Ausfüllung 
der  Fugen  und  Risse,  sowie  zur  Ausgleichung  größerer  Mulden  im  Fundamente 
wurde  Beton  verwendet,  im  Mischungsverhältnisse  von 

1  Raumteile  Portlandzement, 

2  „  Sand  und 

6  „  Schlägelschotter. 

Festgestampft  ergibt  sich  das  Verhältnis  1:2:5  oder  1 : 7.  Die  Kosten 
von  1  m*  Beton  stellten  sich  wie  folgt: 

0,174  m«    Portlandzement  =  240  kg   (6    M.   pro   100    kg 

loco  Bau) =  14,40  M., 

0,35  ra«  Sand  ä  3,70  M =    1,30   „ 

1,10  m^  Schlägelschotter,  4  cm*  groß,  ä  5  M =    5,50   „ 

Zubereiten,  Einbringen  und  Stampfen .     =    2,80   „ 

zusammen  1  m*  Beton  (1 :  7)       24,00  M. 


358 


IT.  Die  Staaweiherbauten. 


ohne  Wasserschöpfen  der  Baugrube.  Der  Beton  wurde  auf  eine  Pritsche  un- 
mittelbar Ober  den  zu  verdichtenden  Felsspalten  im  Fundament  gemischt,  mit 
der  Schaufel  hinabgeworfen  und  daselbst  gut  gestampft,  sodann  mit  Kelle  und 
Fugeisen  die  Spalten  gut  ausgestrichen.  Wurde  am  Abend  die  Arbeit  ein- 
gestellt, so  ließ  man  das  Wasser  in  der  Baugrube  stehen  und  wartete  einen 
Tag  ab,  erst  dann  wurde  wieder  ausgepumpt  und  neu  betoniert.  In  die  oberste 
Schichte  Beton  wurden  große  Bruchsteine  eingebracht,  welche  40 — 60  cm 
hervorragten,  um  dadurch  einen  guten  Verband  mit  dem  Mauerwerk  zu  er- 
zielen. 100  kg  Portlandzement  kosteten  loco  Bahnstation  Münster  4,50  M.,  die 
Zufuhr  bis  zur  Bahnstelle  pro  Waggon  (10000  kg)  150  M. 
Die  Baukosten  betrugen: 

a)  nach  Projekt. 

I.  Grunderwerb  (800  a  sumpfige  Wiesen  und  Wald)  10000  M. 

II.  Erdarbeiten: 

1.  Fundamentaushub, 

leichtes  Material,  7040  m«  ä  2  M 14080  M. 

felsiges         „         2970    „    ä  3,50  M.    .     .     .     10395    „ 

2.  Mehraushub  und  Diverses ....     .     .     .     11025    „ 

35500  M. 

III.  Maurerarbeiten. 

1.  Hydraulische  Bindemittel: 

66  Waggon  Portlandzement  k  450  M.     .     .  29700  M. 

69         „         hydraul.  Kalk  ä  234  M.  .     .     .  16146    „ 

Zufuhr  von  135  Waggon  ä  152  M.     .     .     .  20520    „ 

2.  Bruchsteinmauerwerk,  Herstellung  exkl.  Bin- 
demittel, 10440  m«  ä  11  M 114840    „ 

3.  Hausteinmauerwerk,  Deckplatten  etc.,  65  m* 

ä  60  M 3900  „ 

4.  Verfugen,  4130  m«  ä  0,70  M 2891  „ 

5.  Trockenpflaster,  290  m«  ä  9,10  M.      .     .     .  1189  „ 

6.  Diverses .     .     .  1634  ^ 

190820  M. 

IV.  Eisenwerk,  Aufzugsvorrichtung,  Geländer  (6  Mark  pro 

lfd.  m)  etc .    .       4580  M. 

Projektsumme  240900  M. 

b)  hierzu  Mehrarbeiten 18100    „ 

Gesamtbaukosten  259000  M. 
Es  stellen  sich  somit  die  Kosten  von  1  m*  aufgespeicherten  Wassers  auf 

259000  M.      „^  ^^ 
73Wöra  =  35Pf.(41h). 

Aus  Fig.  151  ist  die  Ansicht  der  linksseitigen  Hälfte  der  Talsperre  (von 
der  Talseite  aus)  zu  ersehen,  in  welcher  die  drei  Öffnungen  der  Überfall- 
wehre von  je  5  m  Breite  und  1,50  m  Höhe  angebracht  sind.  Durch  ein- 
schiebbare Staubalken  kann  der  Wasserspiegel  noch  um  60  cm  gestaut 
werden,  so  daß  der  maximale  Wasserstand  90  cm  unter  der  Mauerkrone  zu 


H.  AnsgefUhrte  Stanweiherbauten. 


359 


liegen  kommt.  Die  Überfallöffnungen  sind  mit  einer  8  cm  starken  Bedielung, 
welche  auf  Eisentraversen  ruht,  überbrückt  Von  der  Wehrkrone  hat  das 
Nachbett  {Maueroberfläche)  auf  4  m  Länge  10  cm  Gefälle  und  stürzt  dort  das 
Wasser  8  m  hoch  frei  herab  in  ein  Felsengerinne.  Außerdem  ist  aus  Fig.  151 
im  rechten  Teile  eine  der  2,5  m  breiten,  im  Parapuet  freigelassenen  Öffnungen 
nebst  der  Einbindung  in  die  linke  Tallehne  zu  ersehen. 


>*»#>■ 


Fig.  151.    Altenweiher  (Maueransicht  nnd  Längensohnitt). 

Fig.  152  veranschaulicht  den  normalen  Querschnitt  der  Talsperrenmauer, 
welche  4  m  Kronenbreite  und  in  je  2  m  voneinander  entfernten  Abständen 
nachstehende  Stärken  besitzt: 

Krone  —   2  m,  Ä  =  4,00  m. 

„      -    4   „     ^  =  4,00   „ 

„      —    6    „    Ä  =  4,05    „ 

„      -    8    „     *  =  4,60    „ 

,      -10    „     *  =  5,70    „ 

„      -12    ,     Ä  =  6,96    „ 

n      -14    .     *  =  8,29    , 

„      -16    „     *  =  9,67    „ 
Behufs  Ergänzung  des  fehlenden  Mauer- 
querschnittes    unterhalb     der     Wehrüberfall- 
öffnungen  ist   das  Mauerprofil  verstärkt  und 
beträgt  diese  Verstärkung  bei  16  m  Tiefenlage 

unter  der  Mauerkrone  37  cm,  hinauf  zu  in  den  einzelnen  Lamellen  sodann  40, 
44,  47,  38  cm  (bei  8  m),  entsprechend  der  geänderten  Form  der  Drucklinie. 
Der  Grundablaß  besteht  aus  einem  am  tiefsten  Punkte  der  Talsohle 
durch  die  Mauer  geführten  gekuppelten  Deckeldurchlaß  mit  2  Öffnungen  von 
je  400  mm  Breite  und  600  mm  Höhe.  Der  Zwischenpfeiler  (Quadermauer- 
werk) ist  400  mm,  die  gemeinsame  Deckplatte  300  mm  stark  und  1900  mm 
lang;  darüber  ist  ein  halbkreisförmiges  Quadergewölbe  gespannt  und  voll 
ausgemauert.  Dieser  4  m  lange  gekuppelte  Durchlaß  geht  in  seinem  weiteren 
Verlaufe  in  einen  gemeinsamen,  1200  mm  hohen  und  1200  mm  breiten,  ge- 
wölbten Durchlaß  über.     Das  Gewölbe,  aus  Hackelsteinmauerwerk  hergestellt. 


Flg.  152. 
Altenweiher  (Mauerquenchnitt). 


350  11.  Die  Stauweiherbauten. 

ist  350  mm  stark.  Der  Abschluß  auf  der  Wasserseite  erfolgt  durch  2  guß- 
eiserne Schützen,  welche  durch  Spindel  von  der  Mauerkrone  aus  aufgezogen 
werden  können.  (Konstruktion  ähnlich  wie  auf  Taf.  XVII.)  Die  Spindel 
besteht  aus  einer  vollen  runden  Stange  von  50  mm  Durchmesser,  welche 
beim  Hinaufziehen  in  Aktion  tritt  und  auf  Zug  beansprucht  wird.  Diese 
Spindel  liegt  in  einem  105  mm  weiten  Rohr,  welches  beim  Herablassen  als 
Spindel  fungiert  und  da  auf  Druck  beansprucht  erscheint.  Um  die  Ge- 
schwindigkeit des  durch  den  Grundablaß  ausströmenden  Wassers  zu  mäßigen, 
wurden  in  einer  Entfernung  vom  Auslaufobjekt  in  das  Abflußgerinne  Damm- 
balken eingelegt,  gegen  welche  das  Wasser  anprallt  und  ein  kleines  Stau- 
becken bildet. 

e)  Der  Lauchenweiher  im  Lauchfal  oberhalb  Laufenbach. 

7,5  km  oberhalb  der  Eisenbahnstation  Lautenbach  (Seehöhe  400  m)  liegt 
in  einer  Seehöhe  von  620  m  das  Forsthaus  Niederlauchen  am  Fuße  des  Berges, 
4,5  km  von  letzterem  entfernt  in  einer  Seehöhe  von  940  m  der  Lauchenweiher 
selbst.  Die  Zufuhrkosten  waren  daher  ebenfalls  sehr  groß.  Während  in  der 
Talstrecke  (S^Jq  Steigung)  1  Pferd  12  Ztr.  (6  Meter-Ztr.)  ziehen  konnte,  mußten 
auf  der  4^/^  km  langen  Bergstrecke  (ll^/o)  hierzu  2  Pferde  benutzt  werden. 
Die  Talsperre  liegt  nahe  der  Wasserscheide  und  beträgt  daher  das  Einzugs- 
gebiet des  Reservoirs  bloß  5,57  km^.  Knapp  unterhalb  beginnen  die  Lauch- 
Wasserfälle,  deren  Vorhandensein  sowohl  eine  leichte  Entwässerung  der 
tiefen  Fundamentgrube,  als  auch  die  Anlage  einer  Turbine  ermöglichten. 
Die  von  B.  Schmidt  in  Zell  im  Wiesentale  (Baden)  hergestellte  Turbine  mit 
horizontaler  Achse  leistete  bei  1,5  m  Durchmesser,  61,5  m  Fallhöhe  und  40  bis 
200  sl.  Aufschlagwasser  16—120  Nutzpferdekräfte  (50—75  o/o  Nutzeffekt).  Durch 
diese  Turbine  wurden  mittels  Drahtseilantrieb  die  zur  Erzeugung  des  Sandes 
aus  der  sehr  harten  Grauwacke  am  Bauplatze  situierten  Steinbrechmaschinen 
und  Sandmühlen,  die  Mörtelmühlen  und  Zirkularsägen  getrieben.  1  m*  Sand 
kam  hier  auf  7 — 8  M.  inkl.  Amortisation  der  maschinellen  Anlage),  während 
er  bei  Zufuhr  aus  den  weitgelegenen  Tälern  15  M.  gekostet  hätte.  Vor  der 
Projekts  Verfassung  wurden  auf  der  Baustelle  13  Probeschächte  abgeteuft  und 
auf  Grund  der  gewonnenen  Resultate  die  Fundamenttiefe  mit  4 — 6  m  projektiert. 
Beim  späteren  Aushub  der  ganzen  Fundamentgrube  zeigte  sich  jedoch,  daß 
der  früher  gefundene  Felsen  kein  gewachsener  war,  sondern  daß  sich  unter 
demselben  schlechtes,  nicht  fundierungsfähiges  Material  vorfand.  Infolgedessen 
mußte  mit  dem  Aushube  auf  7 — 13  m  Tiefe  gegangen  werden.^) 

Mit  dem  Aushub  wurde  Mitte  Juli  1889,  mit  der  maschinellen  Einrichtung 
im  August  1890,  mit  der  Mauerung  Mitte  August  1891  begonnen,  der  gesamte, 


^)  Ein  ähnlicher  Fall  passierte  beim  Aushab  des  Taispitzstauweihers  und  wird  in  diesem 
Falle  auf  die  früher  betonte  Notwendigkeit  hingewiesen,  für  diese  Rechnnngspost  eine  bedeutende 
Reserve  für  „Unvorhergesehenes"  einzusetzen  oder  die  Aufschliefiung  des  Untergrundes  in  um- 
fangreicher Weise  zu  veranlassen,  wozu  jedoch  beinahe  immer  die  Bewilligung  des  Kredites 
seitens  der  Baubehörde  fehlt,  da  bei  den  behördlichen  Kostenvoranschlägen  die  Auswertung  wo- 
möglich auf  Heller  berechnet  erscheint  und  die  Rechnungspost  „Unvorhergesehenes"  als  unzu- 
lässig bisher  vermieden  werden  mufite. 


H.  Ausgeführte  Stauweiherbaaten.  361 

durch  Ministerialrat  Fecht  projektierte  in  Regie  der  Staatsverwaltung  aus- 
geführte und  von  dem  damaligen  Wasserbauinspektor  H.  Bühl  er  geleitete 
Bau  selbst  im  Jahre  1894  vollendet.  Die  in  Zyklopenmauerwerk  aus  Grau- 
wacke  hergestellte  Talsperre  hat  ein  gleiches  Profil  wie  der  Altenweiher. 
Die  Kronenbreite  beträgt  4  m,  die  Basisbreite  19,9  m  bei  30  m  Höhe  (der 
tiefste  Punkt  der  mit  Beton  ausgefüllten  Spalten  liegt  32,5  m  unter  der  Mauer- 
krone). Die  Fugenpressungen  betragen  bei  vollem  Reservoir  an  der  Außen- 
kante im  Fundament  im  Maximum  7,06  kg  pro  cm*,  auf  der  Wasserseite 
0,26  kg  (als  Minimum  0,21  kg),  wobei  ein  spezifisches  Gewicht  des  Mauer- 
werkes von  2,3  m  und  der  Wasserspiegel  in  gleicher  Höhe  mit  der  Mauer- 
krone angenommen  wurde.  Die  Kubatur  des  Mauerwerkes  beträgt  28000  m*. 
Bei  einer  nutzbaren  Wassertiefe  von  19  m  faßt  das  Reservoir  800000  m*, 
wobei  der  Wasserspiegel  eine  Fläche  von  11  ha  bedeckt  Der  35000  m**  be- 
tragende Aushub  stellte  sich  im  Mittel  pro  m*  auf  3  M.,  der  Felsaushub 
speziell  auf  3,50  M.  (sehr  feste  Grauwacke).  Die  Mauer  ist  250  m  lang  und 
kostete  1  m*  fertiges  Talsperrenmauerwerk  samt  Regie  und  maschineller 
Einrichtung  20,80  M.  (24,4  K).  Der  Mörtelverbrauch  betrug  30—33  ^/^  des 
Gesamtvolumens  des  Zyklopenmauerwerkes. 

Das  Reservoir  soll  3^/2mal  im  Jahre  gefüllt,  daraus  1600  ha  Wiesen 
bewässert  und  30  Triebwerke  mit  dem  fehlenden  Wasser  bei  Niederwasser- 
stand versorgt  werden  können.  Um  die  Baugrube  zu  entwässern,  wurde  der 
Lauchbach  mittelst  eines  23  m  langen,  80/120  cm  weiten,  hölzernen  Aquäduktes 
(für  max.  Hochwasser  Q  =  2  m*)  über  dieselbe  geleitet;  die  lokalen  kleineren 
Quellen  wurden  in  der  beim  Altenweiher  beschriebenen  Weise  bewältigt, 
während  die  Ableitung  des  eigentlichen  Grundwassers  durch  einen  tiefen 
Einschnitt  erfolgte,  durch  welchen  auch  die  Zu-  und  Abfuhr  des  Aushub- 
materiales  mittelst  Schubkarren  bewerkstelligt  wurde. 

Zur  Gewinnung  der  Bausteine  wurde  in  der  Nähe  der  Baustelle  auf  der 
Südseite  ein  Steinbruch  eröffnet,  von  welchem  auf  zwei  Rollbahngeleisen  sowohl 
die  Bausteine  wie  der  Abraum  (Sandschroppen),  der  zur  Sanderzeugung  diente, 
mit  Handrollwagen  abgeführt  wurden.  (Die  Nordseite  der  Gehänge  zeigte, 
wie  zumeist  überall,  so  auch  hier  eine  Zerklüftung  des  Gesteins  durch  Frost, 
Bergstürze  etc.,  war  also  zur  Steinbruchseröffnung  nicht  geeignet.)  Das  Bau- 
material ist  eine  äußerst  dichte  und  sehr  harte  Grauwacke.  Die  Grauwacken- 
bänke  streichen  ca.  gegen  OW.  und  fallen  gegen  N.  unter  60— ^70°  ein.  Die 
erste  Hauptsprengung  im  Steinbruche  wurde  am  4.  April  1890  durchgeführt 
und  wurden  hierdurch  ca.  60000  m*  Stein  gelockert.  In  50  m  Entfernung  wurden 
zwei  zusammen  150  m  lange  Stollen  zickzackförmig  vorgetrieben  und  je  mit 
4  Minenkammem  versehen.    Die  Kosten  dieser  Sprengung  beliefen  sich  auf: 

a)  Stollenherstellung,  150  m  lang  ä  100  M 15000  M., 

b)  11000  kg  Schwarzpulver  mit  75 — 78^/0  Salpetergehalt,  welches 
eigens  angefertigt  wurde  (da  das  gewöhnliche  Sprengpulver 
bloß  65  ^/q  Salpeter  enthält),  100  kg  zu  80  M.,  im  ganzen  samt 

etwas  Dynamit 9000    „ 

c)  diverse  Einrichtungen,  Leitung  für  elektrische  Zündung,  Ab- 
räumen, Vermauern  der  Stollen  etc .      6000    „ 

Gesamtkosten    30000  M. 


362  H-  I^ic  Stauweiherbauten. 

Die  Lockerung  stellte  sich  somit  auf  2  M.  pro  m*.  Im  Durchschnitt 
stellte  sich  später  die  Steingewinnung  pro  m*  auf  3  M.,  inkl.  der  300  m 
langen  Zufuhr  per  20  Pf.  pro  m*  vom  Steinbruch  zur  Baustelle  (ohne  Geleise- 
kosten). Später  wurde  Roborit^)  aus  Witten  in  Westfalen  zur  Sprengung 
verwendet,  welcher  kräftiger  als  Schwarzpulver  wirkte,  ohne  die  Nachteile  des 
Dynamits  zu  besitzen.  Die  letzteren  bestanden  zufolge  Proben  mit  der  Grau- 
wacke  darin,  daß  bei  kräftigen  Sprengungen  und  bei  Dynamitverwendung  sich 
in  den  Bausteinblöcken  feine  Haarrisse  zeigten,  welche  event.  zur  Undichtheit 
des  Mauerwerkes  beigetragen  hätten.  Die  Rollbahnen  mit  60  cm  Spurweite 
hatten  von  den  vom  Bauplatze  300  m  entfernt  liegenden  Steinbruche  gegen 
den  ersteren  ein  Gefälle  von  2 — 3  ^/^  (für  Handbetrieb)  und  ward  per  Rollwagen 
gewöhnlich  0,5 — 0,6  m*,  im  Maximum  1  m*  gewachsener  Fels  (nicht  Raummeter) 
ä  2850  kg  befördert.  Die  im  Steinbruch  gewonnenen  Steine  wurden  nach 
Größe  sortiert.  Die  größten  Mauersteine  hatten  ein  Ausmaß  von  1 — 1,2  m', 
entsprechend  der  zulässigen  Tragfähigkeit  der  Krane  und  Gerüste.  Die  kleineren 
Schroppen  wurden  durch  5  zackige  Gabeln  vom  Grus  getrennt  und  auf  die 
Deponieplätze  für  die  Schotter-  und  Sandbereitung  geführt  (siehe  Fig.  153). 

Die  größeren  Abfallbruchsteine,  welche  zum  Verzwickeln  und  zum  Aus- 
gleich beim  Mauern  Verwendung  fanden,  wurden  am  Bauplatze  separat  depoiiiert 
und  von  dort  mit  Handkarren  zur  Verwendungsstelle  geführt,  nachdem  sie 
zuvor  durch  einen  kräftigen,  unter  einem  Drucke  von  3 — 4  Atmosphären 
stehenden  Wasserstrahl  gut  abgespült  wurden.  Die  großen,  eigentlichen  Bau- 
steine wurden  zum  Teil  ebenfalls  als  Reserve  deponiert,  um  im  Falle  aus- 
brechender Arbeiterstrike  (Steinbrecher)  im  Fortschritt  der  Mauerung  nicht 
aufgehalten  zu  werden,  zum  Teil  wurden  sie  direkt  in  die  Nähe  der  Arbeits- 
stelle geführt,  dort,  am  Rollwagen  liegend  (bei  a  und  b),  mittels  Wasserleitungs- 
hydranten gut  abgespritzt,  event.  mit  Stahldrahtbürsten  gut  gereinigt,  sodann 
auf  die  Versetzgerüste  geführt,  mit  3  armigen  Zangen  gehoben  und  durch  einen 
Laufkran  über  die  Verwendungsstelle  geführt  und  herabgesenkt.  Um  ein  Drehen 
der  Steine  beim  Herablassen  mit  dem  Drahtseil  zu  vermeiden,  sollen  diese 
Steinzangen  mit  einem  Drehkloben  versehen  sein.  Diese  3  armigen  Steinzangen, 
welche  sehr  verläßlich  gearbeitet  sein  müssen,  wurden  von  der  Maschinen- 
fabrik Josef  Vögele  in  Mannheim  bezogen  und  kostete  eine  120  kg  schwere 
Stahlzange  120  M. 

Die  Zubereitung  des  Felsfundamentes  erfolgte  in  ähnlicher  Weise  wie 
beim  Altenweiher.  Der  zur  Ausfüllung  der  Felsspalten  verwendete  Beton  be- 
stand aus  1  Teil  Portlandzement,  ^/j  Teil  hydraulischem  Kalk,  3  Teilen  Sand 
und  6  Teilen  Schotter.  Während  der  ersten  Mauerungsperiode,  in  welcher 
noch  keine  oder  gegen  das  Zufuhrgeleise  tiefliegende  Gerüste  aufgestellt  waren, 
wurden  die  mit  Bausteinen  beladenen  Rollwagen  auf  einer  schiefen  Ebene 
(Bremsberg)  mit  Drahtseil-  und  Trommelantrieb  mit  Bauwinde  derart  in  die 
Fundamentgrube  hinabgelassen,  daß  der  abgehende  volle  Wagen  den  leeren 
Wagen  hinaufzog.  Die  Regulierung  der  Bewegung  erfolgte  mittels  einer 
kräftigen  Bremse.     Die  hierzu  nötigen,  aus  Tiegelgußstahl  angefertigten,  22  mm 

^)  Das  Roborit  besteht  aus  Chlornitrobenzol  und  Ammonnitrat  oder  aus  Chloraaphtalin, 
Dinitrobenzol  und  Ammonnitrat. 


H.  AusgefOhrte  Stauweiherbauten.  3ß3 

Starken,  sehr  geschmeidigen  Drahtseile  wurden  von  der  Firma  Stein  &  Comp, 
in  Mülhausen  (Elsaß)  bezogen  und  kostete  der  laufende  Meter  2,16  M.  Als 
Aufzugsseile  für  die  Laufkräne  empfiehlt  sich,  Drahtseile  mit  Hanfseele  zu 
verwenden. 

Die  Steinschroppen  wurden  durch  Steinbrechmaschinen  (2  in  Fig.  153) 
durch  Zerquetschen  in  Schotter  verwandelt,  derselbe  durch  ein  Paternoster- 
werk gehoben  und  in  die  Sortiertrommeln  eingeführt,  welche  mit  verschieden 
großen  Löchern  versehen  waren.  Je  nach  Größe  gelangten  die  sortierten 
Schotterstücke  durch  separate  Holzgerinne  zu  den  Sandmühlen  (Sandwalzen) 
oder  als  Schotter  zur  Betonbereitung,  während  der  aus  den  obersten  Partieen 
der  Sortiertrommel  herausfallende  feine  Sand  direkt  zum  Sanddepot  geleitet 
wurde.  Der  bis  4  cm  große  Schotter  gelangte,  wenn  er  nicht  zur  Betonbereitung 
verwendet  ward,  in  die  Sandwalzen.  Der  größere  Schotter  wurde  nach 
Einsetzen  neuer  Backen  nochmals  in  die  Steinquetschmaschine  gebracht  und 
dort  mehr  zerkleinert.  Ein  Walzwerk  lieferte  pro  12  Stunden  25 — 35  m'  Sand, 
eine  Steinbrechma§chine  bis  50  m*  Schotter.  (Diese  Maschinen  wurden  von 
Brink  &  Hübner  in  Mannheim  geliefert) 

Die  Mauerung  wurde  streng  als  Zyklopenmauerwerk   durchgeführt, 

ohne  jede  horizontale  Ausgleichung  (Schichtenmauerwerk  wie  in  Remscheid). 

Der  zur  Mauerung  verwendete  Mörtel  bestand  aus  1  m^  Traßmehl  von  Plaidt 

bei  Wiesbaden  am  Rhein,  1  m«  Kalkteig  (Weißkalk),  2^1^  m«  Sand  (von  60<>/o 

Raumfüllung,   d.  h.   ein   1  m*  fassendes,   mit  Sand  lose  eingerütteltes  Gefäß 

nimmt  noch  400  1  Wasser,  entsprechend  den  40  ^/o  Zwischenräumen  auf)  und 

0,6  m**  Wasser  (je  nach  Feuchtigkeit  des  Sandes  variierend).     Diese  Mischung 

ergab  3,6  m«  Mörtel,  hierbei  entsprach  1  m«  Traß  =  1000  kg  und  hatte  48 o/o 

Raumfüllung,   1  m»  Kalkteig  =  1440  kg,   1  m»  Sand  =  2,84 .  0,6  =  1700  kg  (bei 

60  ^Iq  Raumfüllung  und  2,84  spezifischem  Gewicht  der  Grauwacke).    Die  zwei 

montierten  Mörtelmaschinen,  (Kollergänge,  Broyeur)  lieferten  zusammen 

in  10  Stunden  bis  50  m^  Mörtel,  welche  zusammen  12  Mann  Bedienung  inkl. 

1  Vorarbeiter  erforderten.    Es  stellte   sich  daher   1  m*  Mörtelbereitung  und 

40  M. 
-Verführung  auf  ^ — 3  =  80  Pf.   (als  Minimum),   im   Durchschnitt  jedoch  auf 

1  M.  Der  zur  Beigabe  verwendete  Weißkalk  wurde  in  den  hölzernen  9  Kalk- 
gruben (P.  11,  Fig.  153)  eingesumpft  und  gelangte  erst  nach  14tägiger  Lagerung 
zur  Verwendung.  Der  Traß  wurde  in  den  Steinquetschen  in  Stücke  von 
3 — 4  cm  Größe  gebrochen  und  in  dieser  Form  mit  dem  Weißkalk  und  dem 
Sand  gemengt  in  die  Mörtelmaschine  eingebracht,  und  zwar  wurde  zuerst  der 
abgewogene  Weißkalk  (100  kg),  dann  Wasser  und  Traß  (70  1)  in  den  Broyeur 
eingeschüttet  und  vermählen,  sodann  nach  und  nach  75  1  Sand  von  5 — 10  mm 
Korngröße  beigemengt,  die  ganze  Mischung  5 — 6  Minuten  wieder  gemahlen 
und  in  eine  unmittelbar  neben  dem  Broyeur,  jedoch  tiefer  gelegene  Mörtel- 
grube entleert.  Jede  Mahlung  ergab  0,24  m*  Mörtel.  Wurde  der  Traß  als 
Mehl  eingebracht,  dann  bildete  er  Klumpen  und  vermengte  sich  nicht  so  leicht. 
Aus  der  Mörtelgrube  wurde  der  Mörtel  in  ^/^g — ^/^^  m^  fassenden,  40/60  cm 
breiten,  0,25  m  tiefen  Schubkarren,  welche  behufs  leichterer  Herausnahme 
mit  Schaufeln   keine  Vorderwand   hatten,    verführt   oder   kam    derselbe    auf 

2  eiserne  Mörtelkippwagen,  ä  5  m^  Inhalt,  mittels  Rollbahn  zur  Baustelle  und 


364  ^•  I^ie  Stauweiherbauten. 

wurde  durch  4  Mörteltrichter  (15)  in  die  Baugrube  hinabgeworfen.  Der  Sand 
wurde  mit  dreieckigen  Schubkarren  verführt.  Die  Mörtelbereitung  wurde 
1  Stunde  vor  Arbeitseinstellung  unterbrochen,  um  allen  Mörtel  zu  verbrauchen, 
andererseits  mit  der  Mörtelherstellung  1  Stunde  vor  dem  jeweiligen  Arbeits- 
beginn (Vor-  und  Nachmittag)  begonnen.  Der  Beton  für  die  Fundamente 
wurde  durch  50  cm  weite  und  6  m  hohe  hölzerne  Zylinder  in  die  Baugrube 
hinabbefördert  und  durch  kreuzweise  in  einer  Schraubenlinie  in  den  Zylinder 
eingesteckte  Eisenstäbe  eine  innige  Vermengung  des  Mörtels  mit  dem  Schotter 
während  des  Herabfallens  bewerkstelligt.  Im  Fundamente  befand  sich  eine 
separate  RoUbahnanlage  zur  Verführung  der  mittels  des  Bremsberges  herab- 
transportierten Mauersteine.  Zur  Winterszeit  wurde  ebenfalls  Schotter  und 
Sand  erzeugt.  Das  Gerüst  für  den  Bau  der  Staumauer  wurde  in  3  Etagen 
ausgeführt,  jedoch  nicht  auf  das  sukzessive  aufsteigende  Mauerwerk  aufgestellt. 
Hierzu  wurde  zumeist  nur  Rundholz  (altes  Tannenholz)  verwendet,  mit  Aus- 
nahme der  Längsträger,  auf  welche  das  Geleise  der  Laufkräne  montiert  wurde. 

Zum  Verfugen  der  wasserseitigen  Fassade  wurde  ein  Mörtel  von  1  Teil 
langsam  bindendem  Portlandzement  und  2  Teilen  gewöhnlichem  Zyklopen- 
mauerwerksmörtel verwendet,  die  Talseite  nur  mit  letzterem  verfugt  Der 
Talsperrenmörtel  wurde  sehr  steif  (wenig  naß)  eingebracht  und  kam  erst 
durch  den  Druck  der  großen  Steine  und  durch  Daraufschlagen  zum  Schwitzen; 
er  wurde  erst  nach  einer  Woche  an  der  Luft  hart  (d.  h.  abgebunden)  und 
nach  einem  Jahr  steinhart.  Unter  Wasser  erfolgte  natürlich  die  Erhärtung 
viel  früher. 

Der  Arbeiterstand  bestand  bei  vollem  Belag  aus  ca.  200  Mann,  unter 
diesen  42  Maurer,  66  Steinbrecher  und  Mineure,  8  Zimmerleute,  2  Schmiede, 

1  Wagner,  femer  5  Aufseher,  5  Vorarbeiter  und  1  Zimmerpolier.  Die  Be- 
dienungsmannschaft für  8  Maurer  betrug  4  Mann  (2  für  den  Laufkran  und 

2  zum  Steinanhängen);  1  Maurer  leistete  täglich  bis  3  m^  Mauerwerk,  zu 
welchem  0,25  Handlangertagschichten  für  die  Mörtelzufuhr  erforderlich  waren. 

Die  Löhne  waren  folgende: 
1  Aufseher  bezog  200—250  M.  (250—350  K)  pro  Monat  (inkl.  Bauzulage), 
1  Handlanger   erhielt  2,80—3,10  M.  pro  Tag,  im  Mittel  2,90  M.  (3,40  K), 
1  Maurer  „       3,60-4,80  „       „        „       „        n       4,20  „    (4,90  „), 

1  Vorarbeiter         „       3,60—5,00  „       „        „       „        „       4,50  „    (5,30  „), 
1  Handwerker       „       3,60-4,60  „       „        „       „        „      4,20  „    (4,90  „), 
1  Steinbrecher       „       3,00—3,50  „       „        „       „        „       3,30  „    (3,90  „). 
Die   bei    diesem  Bau    installierten  Maschinen   bedurften   nachstehender 
Betriebskräfte: 

2  Broyeurs  ä  10  HP 20      HP. 

1  Steinbrecher 10 — 15 

1  Walzwerk 15         „ 

1  Zirkularsäge 8 — 12     „ 

{d=  1100  mm  und  600  Touren  pro  Minute), 
also  zusammen  jeweilig  50 — 60  HP. 

Die  durch  eine  Turbine  erzeugte  Kraft  wurde  mittels  einer  Drahtseil- 
transmission  (V  =  0,33  m  pro   Sekunde   Geschwindigkeit)   auf  die  Maschinen 


H.  Ausgeführte  Staaweiherbanten. 


365 


übertragen;  wo  dieselben  über  Arbeitsstellen  gingen,  wurden  unter  denselben 
Sicherheitsnetze  aufgespannt.  —  Die  Ableitung  des  Betriebswassers  aus  der 
Lauch  geschah  durch  eine  Einlaßschütze  6  (Fig.  153)  mit  Schutzgitter;  von 
hier  ging  ein  offenes  Gerinne,  in  Holz  ausgeführt,  zum  Einlaufschacht  5. 
Der  Wasserzufluß  konnte  durch  eine  Oberfallschütze  8  reguliert  werden.  Aus 
dem  Einfallschachte  5  führte  eine  500  mm  weite  Holzrohrleitung  mit  mäßigem 
Gefälle  zur  eisernen  Teilkammer  4.  Diese  Leitung  bestand  aus  5  cm  starken 
Dauben  von  je  6  m  Länge,  welche  durch  13  Eisenreifen  verbunden  waren; 
die  Dichtung  dieser  einzelnen  6  m  langen  Holzröhren  erfolgte  mit  Hanfzöpfen 


das  ArbeKsfeldas  für  dan  Bau  des  Lauchen -WiihBrs 

Sianä  vom  tO.  Au|uai  1S9£. 


Fig.  IM. 

und  Talklappen,  welche  durch  Holzkreuze  mit  Schrauben  angepreßt  wurden. 
Von  4 — 3  (dem  Turbinenhaus)  liegt  die  Leitung  entsprechend  der  Terrain- 
leitung mit  großem  Gefälle  und  mußte  deshalb,  um  den  Austritt  der  Luft 
rasch  zu  ermöglichen,  eine  eigene  Entlüftungsleitung  4 — 7  mit  einem  über 
Tag  ausmündenden  Ventilationsrohr  gelegt  werden.  Die  Turbine  konnte 
vom  Steinbrecherhause  aus  durch  Drahtseilzug  abgestellt  werden.  Überfälle, 
Grundablaß  mit  Eisenschützen  etc.  sind  ähnlich  wie  beim  Altenweiher  durch- 
geführt. 

In  Fig.  153  ist  die  gesamte  Arbeitsdisposition  nach  dem  Stande  der 
Bauarbeiten  am  10.  August  1892  (vollendetes  Mauerwerk  9500  m^)  als 
schematische  Skizze  veranschaulicht     Hierbei  bedeutet: 


366  ^I*  ^^c  SUuweiherbaaten. 

1  Steinbruch, 

2  Sandmühle  und  Steinbrecher, 

3  Turbinenhaus,  )  3 — 4 — 5  Holzrohrleitung  zur  Turbine, 

4  eiserne  Teilkammer,  /      500  mm  Durchmesser, 

5  Einlaufschacht,     1    ^     ^     „  r^       ,  tt  , 

n  r?'  t     r    LI  }   o — 6  offener  Kanal  aus  Holz, 

6  Einlaufschleuse,   j  ' 

7  Luftventil  mit  Rohrleitung, 

8  Überfallschütze, 

9  Mörtelmühle  mit  2  Kollergängen, 

10  Depot  für  gemahlenen  Traß, 

11  Holzbottiche  (9  Stück)  für  abgelöschten  Fettkalk  (Kalkgruben 

aus  Holz), 

12  Schuppen  für  Weißstückkalk, 

13  Traßsteinlager, 

14  Zirkularsäge, 

15  Mörtelschütttrichter  (4  Stück)  □, 

16  Turm  für  Hauptscheibe  der  Drahtseiltransmission, 

17  Schmiede  und  Wohnbaracke, 

18  alte  Kantine, 

19  Wohnbaracke, 

20  neue  Kantine, 

21  große  Wohnbaracke  für  Beamte  und  Aufseher, 

22  Wohnbaracke, 

23  einfache  Böcke  für  Drahtseiltransmission 

Es  bedeutet  femer: 
de  ein  Geleis  im  Terrain   in  gleicher  Höhe   mit   dem   damaligen  (1892) 

Hauptgerüst-Laufkran, 
/g  ein  tieferes,  auf  das  Mauerwerk  direkt  aufgelegtes  Gel  eis. 

Das  Mörtelgeleis  10 — 15  lag  im  gleichen  Niveau  wie  de.  Außerdem 
wurden  noch  tiefer  liegende  Geleise  auf  dem  variablen  Mauerwerksniveau 
selbst  hergestellt,  mit  Drehscheiben  für  Zubringung  von  Mörtel  und  Stein- 
schroppen  zum  Verzwickeln.  (Die  Bremse  bei  den  Rollwagen  lag  immer 
auf  der  Bergseite,  daher  die  vollen  und  leeren  Wagen  in  gleicher  Richtung 
gezeichnet  erscheinen.)  Die  Aufsicht  bei  diesem  Regiebau  war  eine  sehr 
umfangreiche  und  strenge,  und  muß  bei  allen  derartigen  verantwortungsvollen 
Bauten  eine  ausreichende  sein;  abgesehen  davon  wird  bei  zahlreichem 
Aufsichtspersonale  beim  Regiebau  eine  ökonomische  Mörtel  Verwendung  er- 
möglicht, bei  Vergebung  des  Baues  an  Bauunternehmer  hingegen  wieder  der 
genügende  Mörtelverbrauch  kontrolliert. 

Die  Gesamtkosten  betrugen: 

1.  Grunderwerb 1500  M. 

2.  Nebenarbeiten 50000    „ 

3.  Bauarbeiten 732000    „ 

4.  Aufsicht  und  allgemeine  Auslagen     .     .     .     .  81500    „ 

Summe  865000  M. 


H.  Ausgeführte  Staaweiherbanten.  367 

Bei  800000  m*  nutzbarem  Fassungsraum  stellt  sich  somit  1  m^  auf- 
gespeicherten Wassers  auf  1|08  M.  (I926  K). 

Für  die  in  die  Praxis  eintretenden,  sowie  in  derselben  bereits  stehenden 
Ingenieure  dürften  noch  nachstehende  Einzelpreise  von  Interesse  sein: 

Kosten  von  Im*  Zyklopenmauerwerk. 

An  Arbeitslohn 8,50       M. 

0,315  m^*  Trafimörtel 3,80 

Nebenkosten 8,50        „ 

Zusammen       20,80     M. 

Fundamentaushub  pro  m*. 

Im  GeröUe 2,00       M. 

Festes  Gerolle  (Moräne) 3,00        „ 

Fels 3,50—4,00  „ 

Sprengmi-ttel  loco  Baustelle. 

Sprengpulver  (62  ^/^  Salpetergehalt)  pro  Kilogramm  .     .     .  0,72  M. 

»             (75  „                 „           )     „               „          .     .     .  0,78  „ 

Roburit  pro  Kilogramm 1,80  „ 

Sekurit     „             „             2,00  „ 

Gelatine-Dynamit  pro  Kilogramm 3,10  „ 

3  fache  Dynamitkapsel,  1  Stück 0,25  „ 

1  Ring  Guttaperchazündschnur,  8  m  lang 0,45 — 0,50   „ 

1  Ring  weiße  Zündschnur 0,26  „ 

Rollbahnkosten,  60  cm  Spurweite,  pro  lfd.  m. 
Stahlschienen,  65  mm  hoch,  7  kg  pro  lfd.  m  schwer,  samt 

Zubehör 2,90       M. 

^^/i2  Schweller,  60  cm  weit  gelegt 0,40        „ 

Verlegen  und  Unterkrampen 0,40        „ 

Zusammen    3,70—4,00  M. 

Im  Tagelohn  konnten  die  Rollwagen  auf  der  300  km  langen  Strecke 
vom  Steinbruch  zur  Baustelle  18 — 20  mal,  im  Akkordwege  22 — 24  mal  am  Tage 
verkehren,  wobei  0,5—0,6  m^  Steine  verführt  und  0,375  M.  pro  Wagen  für 
Verführung  gezahlt  wurden.  Durch  die  Einführung  der  Akkordarbeit  des 
Verführens  wurde  auch  die  Tagelohnarbeit  des  Brechens  beaufsichtigt  bezw. 
rege  erhalten. 

MörtelmOhle. 
1   Broyeur  mit    2  Läufern   ä   1500  kg   kostete   ab   Trier 

(Fabrik  Lais  &  Co.) 2200       M. 

inkl.   Fracht,   Montage   und  Transmission  kam   1    Broyeur 

loco  Bauplatz  auf 3000 


368  II-  ^^^  Stanweiherbaaten. 

Sandmühle. 


1  Steinbrechmasch 

ine 

Nr.    IV    (Brink    &    Hübner 

» 

Mannheim) 

2260 

M 

1  Walzwerk  Nr. 

VI 

(Bi 

rink  &  Hübner,  Mannheim)  . 

3730 

» 

1  Elevator 

n           n               n                           »                  • 

1540 

n 

1  Siebtrommel 

n            n               t)                           n                 • 

820 

n 

Transmissionen 

w           n              n                         n                • 

1200 

n 

Montage 

n           }}               n                          n                 • 

480 

Zusammen  10030  M. 

Turbinenstation. 

1  Turbine  (ab  Fabrik) 2000  ^M. 

Bremsregulator  für  50  Pferde 1600  „ 

Drahtseilscheiben  etc 2400  „ 

Zusammen  6000  M. 

Rollendes  Material. 

1  Schubkarren,  dreieckig 13 — 14  M. 

1  Steintragbahre 9,50  „ 

1  Steinkarren 17,50  „ 

1  Rollwagen  aus  Holz  (samt  eiserner  Armatur  iind  Bremse)  120  „ 

1  eiserner  Plattformwagen 157  „ 

1  Doppelseitenkipper  mit    Stahlmulde,    0,5  m'*    Inhalt   (für 

Erde  und  Mörtel) 178  „ 

Werkzeuge. 

1  Stahlharamer,  8  kg  schwer,  k  0,90  M =    7,20  M. 

1  Stahlfäustel,  6  kg  schwer,  ä  0,90  M =    5,40  „ 

1  Stahlhebeeisen,  1,80  m  lang,  15  kg  schwer,  k  0,60  M.      .  =    9,00  „ 

1  Stahlhebeeisen,  2,20  m  lang,  21  kg  schwer =  12,60  ^ 

(alle  Werkzeuge  ganz  aus  Stahl  gefertigt,  nicht  angestählt) 
1     Ladestock    (gezogenes    Eisenrohr    mit    Kupferzwinge) 

pro  Stück 1,50—2,50    „ 

Steinkeile,  5 — 10  kg  schwer,  pro  Kilogramm 0,70  „ 

Schaufeln  (Stahl)  ä  1,5  kg,  ä  0,42  M.,  pro  Stück    ....  0,63 
Pickel    aus  Primastahl    ä   3,25   kg   (Gebrüder  Pongard, 

Hohenlimburg) 2,60  „ 

Pickelstiele  pro  Stück 0,50  „ 

Schaufelstiele  (Esche)  pro  Stück 0,70  „ 

Steinbohrstahl  pro  Kilogramm 0,65 — 0,80   „ 

Beleuchtungsmaterial. 

Pechfackeln,  1  kg  schwer,  pro  Stück 0,33  M. 

„            1^2  kg  schwer,  pro  Stück 0,45  „ 

Pechkranz,     0,25    „          „        0,05  „ 

ölgasstoff  pro  Kilogramm 0,45  „ 

Petroleum     „              „               0,26  „ 


H.  Aosgefahrte  Stanweiherbanten.  3gg 

Schmiermaterial  (A.  Wingenroth,  ehem.  Fabrik  in  Mannheim). 

Konsistentes  Maschinenfett,  gelb,  pro  Kilogramm  ....  0,50 — 1,00  M. 

Wagenfett  pro  Kilogramm 0,30        „ 

Lederriemenfett  pro  Kilogramm 0,36        „ 

Zement 
Portlandzement  (Dyckerhoff   &  Söhne,   Bieberich)   pro 

Waggon  loco  Station  Lautenbach 426       M 


loco  Baustelle 665 

Derselbe  wurde  in  einer  Prüfungsstation  am  Bauplatze  stets  geprüft. 


n 


Traß  von  Plaidt. 

Preis  pro  Waggon  (10000  kg) 100       M. 

Zufuhr 240 


loco  Baustelle  zusammen  340  M. 

Die  Zufuhr  betrug  auf  der  7,5  km  langen  Talstraße   .    .     .  138  M. 

(1  Pferd  =  6  Meter-Ztr.)    Auf  der  4  km  langen  Bergstraße  .  102  „ 
(2  Pferde  =  6  Meter-Ztr.) 

Holz. 

1  m*  Tannenholz  im  Walde  (vom  Staate  überlassen  ...  11  M. 

IL  Frankreich. 

Von  den  vielen  hervorragenden  neueren  Stauweihem  Frankreichs  sollen 
neben  2  gemauerten  Talsperren  insbesondere  nur  4  Erddämme  hier  vor- 
geführt werden,  welche  zur  Speisung  des  Zentrums-  und  Burgunder  Schiffahrts- 
kanales  dienen. 

I.  Reservoir  von  Torcy  Neuf. 

Dieses  im  Jahre  1887  vollendete  Reservoir  (eines  von  den  12  Stau- 
becken des  Zentrumskanales)  liegt  oberhalb  des  Kohlenterrains  von  le  Creuzot 
im  Rotliegenden.  Es  besitzt  eine  Wasserspiegelfläche  von  166  ha,  eine  größte 
Wassertiefe  von  14,5  m  und  einen  Fassungsraum  von  8767000  m'.  Die  Krone 
des  136,7  m  langen  und  auf  der  tiefsten  Stelle  16,3  m  hohen  Erdstaudammes 
liegt  1,8  m  über  dem  höchsten  Wasserspiegel.  Trotz  der  großen  Wasserfläche 
wurde  bisher  ein  Wellenschlag  von  höchstens  50  cm  Höhe  beobachtet.  Die 
Kronenbreite  beträgt  5,50  m,  die  Breite  in  der  Talsohle  52,9  m,  der  Kubik- 
inhalt des  Dammes  selbst  129000  m*.  Der  geradlinige,  an  den  Enden  (Wurzeln) 
in  die  Berglehnen  gut  eingebaute  Damm  besteht  aus  sandig-toniger  Erde. 
Der  dem  Wasser  zugekehrte  Teil  der  Dammschüttung  wurde  in  Schichten 
von  7,5  cm  Stärke  gewalzt  und  bei  größerer  Trockenheit  mit  Kalkmilch  be- 
schüttet oder  bei  feuchter  Witterung  mit  Kalkpulver  bestreut.  Beim  Anschluß 
an  das  Mauerwerk  wurde  mit  der  Hand  gestampft,  sonst  nur  gewalzt.  Die 
Walzen  hatten  einen  Durchmesser  von  700  mm,  wogen  leer  700  kg,  mit  Sand 
gefüllt  1200  kg  und  wurden  von  Pferden  gezogen.  Mit  einer  solchen  Walze 
konnten  pro  Tag  80  m*  Erde  (gemessen  im  komprimierten  Zustande)  ein- 
gewalzt werden,  während  eine  auch  zur  Verwendung  gelangte  Dampfwalze 
Friedrich,  Waaserbaiu    Zweite  Auflage.    II.  Band.  24 


370  ^*  ^^^  Staaweiherbanten. 

pro  Tag  500  m«  leistete.     1  m**  Stampfung  (Walzung)  der  Erde  (Tonschlag) 
samt  Kalkzusatz  kostete  in  eigener  Regie  23  Cent  =  24  h. 

Der  talseitige  Teil  des  Dammes  wurde  aus  derselben  sandig- tonigen 
Erde  hergestellt  und  zu  gleicher  Zeit  wie  der  wasserseitige  Teil  in  Horizontal- 
schichten gewalzt,  jedoch  mit  dem  Unterschiede,  daß  hier  20  cm  starke  Lagen 
aufgeführt  und  gewalzt  wurden,  wobei  eine  Kompression  auf  16  cm  erzielt 
wurde  und  die  Herstellungskosten  sich  dadurch  niedriger  gestalteten.  Bei 
den  Reservoiren  in  Montaubry  und  le  Plessis  wurde  derselbe  Herstellungs- 
modus eingehalten  und  kam  1  m*  gestampftes  Erdreich  (Tonschlag): 

1.  bei  7,5 — 10  cm  Schichtenstärke: 

a)  Handstampf ung 1,00  Fr.  =  96  h, 

b)  Walzen  (2  Pferde) 0,40    „    =  38  „ 

2.  bei  20  cm  Schichtenstärke: 

a)  Handstampfung 0,60  Fr.  =  58  h, 

b)  Walzen  (2  Pferde) 0,28    „    =  27  „. 

Im  Durchschnitt  stellte  sich  1  m*  Tonschlag  inkl.  Planie,  Befeuchtung  etc. 
auf  0,80  Fr.  =  77  h.  Die  Böschung  auf  der  Wasserseite  ist  nach  der  auf 
Taf.  XVI  veranschaulichten  Weise  (System  Chefingenieur  Vall^e)  abge- 
pflastert. Die  landseitige  Böschung  (1 :  l^/j  geböscht)  ist  bis  auf  5  m  Höhe 
mit  Akazien  bepflanzt.  Der  Fuß  der  wasserseitigen  Böschung  stützt  sich  auf 
eine  1,5  m  dicke,  im  Maximum  7  m  hohe  Herdmauer,  welche  1  m  tief  in  den 
rotliegenden  Sandsteinfels  eingelassen  ist,  vor  welcher  nebstdem  zur  Ver- 
meidung jeder  Durchsickerung  am  Felsfundament  noch  3  zum  Dammfufie 
parallele  Lettenkerne  hergestellt  wurden. 

a)  Oberfallwehr  (Deversoir). 
Dasselbe  ist  12  m  lang.  Die  Aufsätze,  aus  4  übereinander  gelegten,  mit 
der  Hand  abnehmbaren  Bohlen  bestehend,  sind  70  cm  hoch  und  könnten  bei 
Entfernung  derselben  bei  einer  angenommenen  Oberfallhöhe  von  A  =  50  cm 
pro  24  Stunden  0  =  660000  m«  abfließen  (d.  h.  0  =  7,6  m»  pro  Sekunde), 
was  dem  4  fachen  Abfluflquantum  eines  außerordentlichen  Gewitterregens 
entsprechen  soll.^) 

b)  Wasserentnahmeobjekt  zur  Speisung  des  Zenfrumkanales. 

Die  Entnahme  erfolgt  mittels  eines  Wasserturmes  und  eines  gewölbten 
Grundablasses  (Abflußkanal).  Die  obersten,  an  jeder  Turmseite  befindlichen, 
je  2,2  m  breiten  Öffnungen,  welche  mit  niederen  Wehraufsätzen  (A  =  0,40) 
versehen  sind,  dienen  als  eigentliches  Überfallwehr  und  sind  so  dimensioniert, 
daß  das  separate,  früher  besprochene  Überfallwehr  (Deversoir)  füglich  hätte 
erspart  werden  können.  Man  war  sich  jedoch  beim  Baue  resp.  bei  der  Projekt- 
aufstellung noch  nicht  klar  über  die  Wirkungen,  welche  das  Herabstürzen 
größerer  Wassermengen  auf  den  Turm  ausüben  wird,  und  fürchtete  eine  starke 
Erschütterung  des  Turmmauerwerkes.  Diese  Besorgnisse  haben  sich  jedoch 
nicht   bestätigt.     Der   von  außen  viereckige  Turm  besitzt  im  Innern  einen 

*)  Die  obige  Berechnung  Fontaines  entspricht  einem  Kontraktionskoeffizienten  /lc  =  0,41. 


H.  AasgefUhrte  Staaweiherbaaten.  371 

zylindrischen  Schacht  von  rf=  1,5  m  Durchmesser  und  endet  unten  in  einen 
Sumpf  von  2  m  Tiefe,  welcher,  stets  mit  Wasser  gefüllt,  die  zerstörende 
Wirkung  des  anprallenden  Wassers  aufhebt.  Auf  der  oberen  Plattform  von 
3,5/3,5  m  Ausmaß  sind  die  Aufzugsmechanismen  der  Schützen  angebracht. 
Die  Speiseschleusen,  deren  es  3  gibt,  sind  stufenförmig  in  Vertikalabständeri 
von  je  4,8  m  übereinander  angebracht,  durch  eigene  zylindrische  Schützen 
verschließbar  und  besitzen  auf  40  cm  Höhe  eine  Breite  von  80  cm.  Der  Ver- 
schluß geschieht  mit  konvexen,  zylinderförmig  gebogenen  Drehschützen  (System 
Ingenieur  Eugen  Resal),  welche  also  nicht  gehoben,  sondern  gedreht  werden. 
Der  Turm  ist  durch  eine  solide  Eisenkonstruktion  mit  der  Dammkrone  ver- 
bunden und  seine  isolierte  Lage  entschieden  zweckmäßiger  als  die  ältere  Bau- 
weise, nach  welcher  diese  Türme  in  das  Dammmasiv  hineingelegt  wurden, 
wodurch  die  Dichtigkeit  derselben  sehr  häufig  ungünstig  beeinflußt  wurde. 
Nebst  diesen  3  Speiseschleusen  ist  am  Fuße  des  Turmes  noch  eine  4.  Sicher- 
heitsschütze, 1,80  m  hoch  und  1,1  m  breit,  angebracht,  welche  den  ganzen 
Grundablafi  absperrt.  Chefingenieur  Fontaine  in  Dijon  äußert  sich  hierüber 
wie  folgt:  „Wie  groß  der  Wert  dieses  sinnreichen  Schützensystemes  auch 
sein  mag,  so  würden  wir  dasselbe  dennoch  heute  (1892)  zweifellos  nicht  an- 
wenden, und  auch  bei  dem  für  den  Burgunderkanal  projektierten  neuen 
Reservoir  gedenken  wir  dasselbe  nicht  anzuwenden.  An  Stelle  der  3  Speise- 
schleusenschützen des  Turmes  von  Torcy  Neuf  hätte  man  unserer  Ansicht 
nach  mit  Vorteil  einen  einzigen  einfacheren  und  stärkeren  Apparat  verwenden 
können,  nämlich  die  in  den  „Annales  des  ponts  et  chaussdes,  Aoüt  1886" 
beschriebene  einfache  zylindrische,  vertikale  Schütze,  wie  dieselbe  an  allen 
Schleusen  des  Zentrumkanales  funktioniert.  Der  Turm  würde,  anstatt  von 
vier  Seiten  zugemauert  zu  sein,  auf  seiner  ganzen  Höhe  einen  1  m  breiten, 
von  einer  Reihe  kleiner  übereinander  liegender,  durchgewölbter  Öffnungen 
unterbrochenen  Abzugsschlitz  erhalten,  welche  Öffnungen  nach  Bedarf  durch 
Dammbalken  verschlossen  werden  könnten,  um  das  Innere  des  Turmes  vom 
Reservoir  abzuschließen.  Die  Hauptschütze  wäre  am  Boden  des  Schachtes 
zu  situieren  und  bedürfte  nur  eines  Durchmessers  von  75  cm,  um  dieselbe 
Wassermenge  zu  liefern,  wie  die  bei  vollem  Reservoir  gleichzeitig  geöffneten 
beiden  obersten  Schützen  von  Torcy  Neuf  {Q  =  4,41  m*  pro  Sekunde),  und 
würde  die  Schützenhubhöhe  bloß  2  cm,  das  Gesamtgewicht  der  Schütze  samt 
Aufzugsstange  ca.  200  kg  betragen.  Man  hätte  sozusagen  gar  keine  Reibung 
mehr  zu  überwinden. 

Bei  einer  Aufzugswinde  von  1/50  würde  die  an  der  Kurbel  auszuübende 
Kraft  höchstens  5  kg,  der  Preis  des  vollständigen,  höchst  solid  konstruierten 
Apparates  loco  Baustelle  900  Fr.  betragen.  Statt  einer  größeren  Vertikal- 
Zylinderschütze  könnten  deren  zwei  mit  60  cm  Durchmesser  angebracht 
werden,  wodurch  eine  Reserve  im  Falle  Nichtfunktionierens  der  einen  Schütze 
geschaffen  würde.  Um  den  Wasserturm  zu  füllen  und  mit  dem  Reservoir  in 
Kommunikation  zu  setzen,  würden  vor  Öffnung  der  Grundschleusen  immer 
einige  Dammbalken  zu  entfernen  sein.  Eine  Reparatur  der  Schütze  ist  durch 
Wiederaufsatz  |der  Dammbalken  und  Entleerung  des  Turmes  jederzeit  leicht 
möglich." 

24* 


372  ^*  ^^^  Staaweiherbaaten. 

Beim  Reservoir  Torcy  Neuf  kam  1  m*  aufgespeicherten  Wassers 
auf  rund  0,25  Fr.  (24  h).  Der  Grundablaß  ist,  wie  aus  Taf.  XVI  zu  er* 
sehen,  auf  Gewölben  fundiert. 

a.  Reservoir  de  Montaubry. 

Dieses  ebenfalls  zur  Speisung  des  Zentrumkanales  dienende,  im  Jahre 
1859 — 1861  erbaute  Reservoir  wird  durch  einen  Erddamm  gebildet,  welcher 
auf  Taf.  XVI  im  Querschnitt  abgebildet  ist.  Die  größte  Wassertiefe  beträgt 
15,20  m  und  ist  die  Krone  des  Dammes  2,68  m  über  dem  höchsten  Wasser- 
spiegel gelegen.  Die  Abpflasterung  der  wasserseitigen  Böschung  erfolgte 
nach  der  im  Detail  gezeichneten  Weise.  Das  Dammmaterial  bestand  aus 
2  Teilen  sandiger  Erde  und  1  Teil  Ton  für  den  vorderen  Teil,  während  der 
rückwärtige  Teil  aus  gewöhnlichem  Erdmaterial  hergestellt  und  gestampft  oder 
gewalzt  wurde.  Der  Damm  ist  auf  Kalksteinfels  solid  fundiert.  Die  Wasser- 
seite war  ursprünglich  mit  Asphalt  coul6  (gegossener  Asphalt  mit  kleinem 
Schotter)  gedichtet;  die  Schichte  bröckelte  jedoch  bei  Temperaturdifferenzen 
ganz  ab  und  wurde  daher  später  obiges  Pflaster  in  Beton  gelegt.  1  m^  auf- 
gespeicherten Wassers  kam  auf  0,125  Fr.  (12  h)  zu  stehen,  da  der  Damm  ein 
nur  kurzer  ist.  Der  Fassungsraum  des  Reservoirs  beträgt  5000000  m',  die 
Gesamtkosten  stellten  sich  auf  730000  Fr. 

3.  Reservoir  du  Plessis. 

In  den  Jahren  1868 — 1870  erbaut,  dient  dieses  Reservoir  gleichfalls  als 
Speisebehälter  für  den  Zentrumkanal.  Ein  bestehender  alter  Damm  wurde 
erhöht  und  in  ähnlicher  Weise  wie  zu  Montaubry  ausgeführt.  Taf.  XVI  zeigt 
den  Querschnitt  des  Abschlußdammes.  Die  größte  Wassertiefe  ist  7,75  m  und 
liegt  die  Dammkrone  1,70  m  über  dem  höchsten  Wasserspiegel.  Der  Fassungs- 
raum des  Stauweihers  beträgt  1320000  m',  die  Gesamtkosten  waren  156  (XK)  Fr., 
so  daß  sich  die  Kosten  pro  1  m^  aufgespeicherten  Wassers  auf 
0,27  Fr,  (26  h)  belaufen. 

4.  Reservoir  du  Cercey. 

Dieses  zur  Speisung  des  Burgunderkanales  dienende  Reservoir  wurde 
in  den  Jahren  1830 — 1838  ausgeführt  und  1873  rekonstruiert.  Der  Damm 
wurde  nämlich  aus  zu  lettigem  (tonreichen)  Material  hergestellt  und  zeigte 
Risse  und  Rutschungen,  aus  welchem  Grunde  später  alle  12  m  mächtige 
bogenförmige  Gurten  (siehe  Taf.  XVI)  eingezogen  wurden,  welche  auf  dem 
Lias-Mergel  aufstehen. 

Der  eigentümlichen  Ablaßvorrichtung  wegen  sei  noch 

5.  das  Reservoir  von  Mittersheim 

erwähnt.  Der  im  Jahre  1867  vollendete,  332  m  lange,  geradlinige  Erddamm 
hat  eine  Kronenbreite  von  6  m,  eine  Basisbreite  von  31,5  m  und  ist  8,8  m  hoch. 
Der  Stauspiegel  liegt  70  cm  unter  der  Dammkrone;  die  Wasserspiegelfläche 
beträgt  262  ha,  der  nutzbare  Fassungsraum  5800000  m*.  Das  Reservoir  dient 
zur  Speisung  des  Kanales   „des  Houilleres  de  la  Sarre".    Statt  des  Überfall- 


H.  AnsgefUhrte  Staaweiherbanten. 


373 


wehres  ist  hier,   da  die  Abflußmengen   nur  gering  sind,   ein  Heber  (Siphon) 
in  den  Damm  eingebaut,  welcher  7  m^  pro  Sekunde  abzuführen  imstande  ist. 


wobei  der  höchste  Wasserstand  nur  50  mm  über  den  gewöhnlichen  ansteigt. 
Aus  Fig.  154  ist  die  Anordnung  des  aus  einer  700  mm  weiten  Rohrleitung 
gebildeten  Siphons  zu  ersehen.  Zur  beliebigen 
Wasserentnahme  oder  zur  vollständigen  Ent- 
leerung des  Reservoirs  dient  ein  Grundablaß, 
welcher  mit  einer  Schütze  verschlossen  ist. 
Näheres  hierüber  siehe  Annales  des  ponts  et 
chauss^es  1869,  I. 

Zum  Schlüsse  der  französischen  Tal- 
sperren soll  noch  bezüglich  der  baulichen 
Durchführung  des  Wasserturmes  das  im  Haut- 
Marne  Departement  gelegene 

6.  Reservoir  de  la  Mouche 

hervorgehoben  werden,  welches  8648000  m^ 
Inhalt  und  ein  Einzugsgebiet  von  6500  ha  be- 
sitzt. Die  Reservoirmauer  ist  30,87  m  hoch 
und  an  der  Wasserseite  nahezu  senkrecht 
(62  cm  auf  31  m  Höhe).  Die  Grundform  des 
Profiles  ist  ein  Dreieck  mit  20,27  m  Basis- 
breite; die  Kronenbreite  ist  normal  nur  3,50  m, 
wird  jedoch  durch  an  die  Talseite  angebaute, 
viaduktähnliche,  überwölbte  Pfeiler  (in  10,8  m 
Entfernung,  sogen.  Halbviadukt)  auf  7,60  m 
verbreitert.  Von  der  Talseite  sieht  diese  Tal- 
sperre einem  vermauerten  Viadukte  von  410  m         ™    .„    ,>         .   ^   ,    ^     v 

*^  .  T-i        T^     r«      •  ^*?'  ^^'    Reservoir  de  la  Mouche 

L4nge    vollkommen    ähnlich.     Das   Profil   ist  (Schieuaentnrm). 


374 


II.  Die  Stanweiherbauten. 


nach  der  von  Generalinspektor  Bouvier  aufgestellten  und  von  Guillemain 
erweiterten  Methode,  nach  welcher  die  neuen  französischen  Talsperren  be- 
rechnet sind,  konstruiert  und  der  fehlende  obere  Querschnitt  in  ökonomischer 
Weise  durch  Verstärkung  mit  dem  Halbviadukt  ergänzt. 

An  die  nahezu  senkrechte  Böschung  auf  der  Wasserseite  schließt  sich 
nun  der  in  Fig.  155  gezeichnete  halbkreisförmige  Schleusenturm  an,  welcher 
4  Schützen,  von  denen  die  unterste  zur  Entleerung  dient,  enthält.  Der 
Aufzugsmechanismus  ist  ein  ähnlicher,  wie  der  beim  Altenweiher  und  Lauchen- 
weiher beschriebene.  Bei  dem  Bau  dieser  Staumauer  betrug  der  Mörtel- 
verbrauch 42  ^/qI   die   Kosten   des  Mauerwerkes   betrugen   26,33  Fr.    pro  m*, 


a  Schnitt  und  Ansicht  oberhalb  der  Sperre. 


c  Schnitt  und  Ansicht  unterhalb  der  Sperre. 


b  Längenschnitt. 
Fig.  156.    ÜberfaUwehr  des  Reservoirs  des  Ban  bei  St  Chamond  (Frankreich). 

die  Gesamtkosten  5019287  Fr.,  so  daß  1  m^  aufgespeicherten  Wassers 
sich  auf  0,58  Fr.  (56  h)  stellte.  Da  die  lange  Mauer  geradlinig  und  nicht  in 
Bogenform  hergestellt  wurde,  zeigten  sich,  besonders  im  Winter  1890/91,  bei 
starken  Temperaturdifferenzen  feine  Sprünge,  die  jedoch  sich  später  wieder 
schlössen. 

7.  Reservoir  des  Ban  oder  des  Rive. 

Das  auf  dem  Flusse  Ban  in  den  Jahren  1866 — 1870  erbaute  gemauerte 
Reservoir  dient  zur  Versorgung  der  Fabriken  am  Gierflusse  und  der  Stadt 
St.  Chamond  mit  Trink-  und  Nutzwasser.  Die  165  m  lange,  im  Grundriß  konvex 
angelegte  Mauer  hat  4,9  m  Kronenbreite  und  bei  45  m  Höhe  38,7  m  Basisbreite. 
Als  Grundablaß  dient  ein  eigener,  60  m  langer  Stollen  mit  zwei  400  mm  weiten 
Rohrleitungen,  welcher  in  den  Felsen  vorgetrieben  wurde,  ohne  also  das 
Mauerwerk  der  Talsperre  irgendwie  zu  tangieren.     Auf  der  Wasserseite  sind 


H.  Ausgeführte  Stauweiherbaaten. 


375 


die  Rohrleitungen  resp.  der  Stollen  auf  28,27  m  Länge  voll  eingemauert. 
Dem  Flusse  werden  für  die  Fabriken  30  sl.,  der  Stadt  Chamond  pro  Tag 
12000  m«  zugeführt.  Der  Überfall  (Deversoir)  ist  30  m  lang  und  ähnlich  wie 
in  Remscheid  in  die  Lehne  eingebaut.  Fig.  157  zeigt  den  Grundablaß  und 
Fig.  156  das  Überfall  wehr  in  den  einzelnen  Schnitten.     Die  Mauer  ist  im 


0  Schnitt  ed.  ^  d  Schnitt  ef,  e  Schnitt  gK 

Fig.  167.    Qrnndablaß  des  Reservolra  des  Ban  bei  St  Chamond  (Frankreich). 


Maximum  mit  8  kg  pro  cm*  belastet  berechnet;  die  Inanspruchnahme  soll  je- 
doch nach  neueren  Berechnungen  de  facto  11  kg  pro  cm*  betragen.  Das 
Niederschlagsgebiet  beträgt  1800  ha  =  18  km*  mit  einer  durchschnittlichen 
Jahresregenhöhe  von  0,8  m;  es  stehen  somit  14400000  m*  Regenmenge  zur 
Verfügung.  Die  Erfahrungen  sollen  gezeigt  haben,  daß  hiervon  ca.  65**/q, 
also  9360000  m*  zum  Abflüsse  gelangen.  Das  Reservoir  besitzt  1850000  m* 
Inhalt;   dasselbe  wird  jedoch  nur  2  mal  (im   Herbste  und  Frühjahr)  gefüllt. 


376 


II.  Die  Staaweiherbaaten. 


Die  Wasserspiegelfläche  beträgt  18  ha,  die  Herstellungskosten  beliefen  sich 
auf  950000  Fr.,  daher  1  m»  aufgespeichertes  Wasser  auf  0,50  Fr.  (48  h) 
zu  stehen  kommt  Bei  vollem  Reservoir  sollen  durch  die  Mauer  bis  10  sl. 
durchsickern.  Das  dem  Granitgebiet  entstammende  Wasser  ist  sehr  weich, 
also  für  Industrieen  etc.  sehr  gut. 

8.  Reservoir  von  Bouzey. 

Das  zur  Speisung  des  Ostkanales  in  der  Nähe  von  Epinal  auf  der  West- 
seite der  Vogesen  gelegene  Reservoir  von  Bouzey  wurde  in  den  Jahren  1879 


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Fig.  168.    Talsperre  von  Bonzey  (altes  und  neues  Manerprofll). 

bis  1882  mit  einem  Fassungsraume  von  7  Mill.  m^  bei  12,2  m  Wassertiefe  und 
einem  Kostenaufwande  von  3,35  Mill.  Fr.  (0,48  Fr.  =  46  h  pro  m*  Wasser) 
erbaut.  Die  ursprünglich  nach  dem  Profil  AB  CD  (Fig.  158)  erbaute,  im  Grund- 
riß geradlinige  Talsperre  ist  520  m  lang  und  19,7  m  hoch;  bei  4  m  Kronen- 
breite betrug  die  Basisbreite  -^4jB  =  11,35  m.  Die  Mauer  ruht  auf  Schichten 
von  weichen  Buntsandstein,  welcher  von  einer  Tonschichte  durchsetzt  ist. 
2,8  m  unter  der  eigentlichen  Basis  der  Talsperre  wird  der  Buntsandstein  voll- 
kommen fest;   bis  zu  dieser  fundierungsfähigen  Schichte  wurde  wasserseits 


H.  Ausgeführte  Stanweiherbauten. 


377 


bloß  eine  2,8  m  tiefe  und  2  m  breite  Herdmauer  K  hergestellt,  um  eine  Dicht- 
heit gegen  Durchsickern  zu  erzielen,  anstatt  die  ganze  Mauer  bis  auf  diese 
Tiefe  zu  senken.  Als  im  März  1884  das  Reservoir  angespannt  wurde,  zeigten 
sich  bedeutende  Deformationen  und  ein  Abschieben  der  Mauer,  sowie  Risse 
in  derselben,  durch  welche  30000  m*  pro  24  Stunden  abgeflossen  sein  sollen 
(siehe  die  detaillierte  Abhandlung  von  Oberbaurat  Weber  von  Ebenhof  in 
der  Monatsschrift  für  den  öffentlichen  Baudienst,  1895,  Heft  VI,  Wien,  Alfred 
Holder,  und  Wasserbauinspektor  Bühl  er:  Schillings  Journal  für  Gas-  und 
Wasserversorgung,  1895,  sowie  Dumas,  Etüde  sur  les  Reservoirs,  Paris  1896). 
Hierauf  wurde  in  den  Jahren  1888  und  1889   das  Fundament  der  Mauer  auf 


¥\g,  159.    Knrven  der  Inansprachnahme  der  Bouzey-Sperre. 


der  Talseite  in  der  aus  der  Fig.  158  ersichtlichen  Weise  verbreitert  (ACDFG) 
und  an  der  Wasserseite  (bei  A)  ein  neuer,  oberflächlich  konvexer,  2  m  starker 
Mauerblock,  sowie  eine  Lettenanstampfung  als  Dichtung  hergestellt.  (Dieser 
Mauerblock  erscheint  in  der  Zeichnung  nicht  eingetragen.)  Betrachten  wir 
das  ursprüngliche  Talsperrenprofil  AB  CD  nur  betreffs  der  Stabilität  bezw. 
bezüglich  der  Kantenpressungen,  so  sehen  wir,  daß  beim  alten  Profil  von  der 
Kante  II  abwärts  (Fig.  158)  die  Drucklinie  in  das  äuflere  Drittel  der  Mauer, 
also  außerhalb  der  sogen.  Kemfläche  fällt,  mithin  auf  allen  inneren  Kanten 
bedeutende  Zugspannungen  auftreten  mußten.  Durch  die  Rekonstruktion  der 
Mauer  wurde  an  dem  oberirdischen  Teile  derselben  nichts  geändert,  daher 
auch  dort  zwischen  den  Fugen  I  und  IV  (Fig.  159)  bedeutende  Zugspannungen 
auftraten;   der  dem  Zuge  ausgesetzte  Teil  des  Mauerprofiles  ist  durch  die 


378  ^«  ^i*  Stauweiherbauten. 

schraffierte  Fläche  angedeutet;  die  eingezeichneten  Kurven  sind  die  kon- 
struierten Linien  gleichen  Druckes.  Insbesondere  in  der  5,50  m  langen  Fuge  III 
(entsprechend  Fuge  IV  in  Fig.  158),  11  m  unterm  Wasserspiegel  gelegen, 
fällt  der  Angriffspunkt  a  der  Resultierenden  (die  Drucklinie)  ca.  53  cm  vom 
Kernpunkt  entfernt  in  das  äußere  Mittel  hinein;  hierbei  wurde  das  beim  Pro- 
jekte angenommene  spezifische  Gewicht  mit  2,25  kg  akzeptiert.  Wird  jedoch 
das  von  Bühler  berechnete  spezifische  Gewicht  des  trockenen  Mauerwerkes 
mit  1,87  kg  in  Betracht  gezogen,  dann  rückt  dieser  Punkt  a^  in  der  gefähr- 
lichsten (Bruch-)  Fuge  III  98  cm  in  das  äußere  Drittel,  vom  Kernpunkte  aus 
gerechnet,  hinein,  und  hat  Bühler  die  Kantenpressung  auf  der  Landseite  mit 
24,8  kg  pro  cm*  berechnet.  Hierbei  wurde  die  Basis  des  Mauerprofiies  als 
geradlinig  in  der  Seehöhe  349,0  angenommen. 

Dumas  hat  unter  Zugrundelegung  eines  spezifischen  Gewichtes  von 
2,2  kg  das  alte  Profil  A  B  CD  untersucht  und  auch  hier  gefunden,  daß  in  der 
5,51  m  langen  gefährlichsten  Fuge  IV  (Fig.  158)  der  Angriffspunkt  a^  um 
54  cm  über  den  Kernpunkt  in  das  äußere  Fugendrittel  hineinreicht.  Die 
maximalen  Kantenpressungen  hat  derselbe  mit  7,33  kg,  in  den  unterhalb 
liegenden  Fugen  noch  etwas  größer  und  in  B  8,17  kg  pro  cm*  berechnet 
Trotz  dieser  Zugspannungen  und  großen  Kantenpressungen .  erhielt  sich  die 
neukonstruierte  Mauer  vom  Jahre  1889 — 1895,  bis  plötzlich  am  27.  April  1895 
um  5^/2  Uhr  früh  die  furchtbare  Katastrophe  des  Durchbruches  der  Mauer  auf 
eine  Länge  von  200  m  eintrat,  der  7  Mill.  m*  fassende  Stauweiher  sich  in  einer 
halben  Stunde  entlerrte  und  diese  kolossalen  Wassermengen  mit  10  m  Ge- 
schwindigkeit auf  eine  Strecke  von  20  km  bis  zur  Einmündung  in  die  Mosel 
7  Ortschaften  zerstörten,  bei  welcher  Katastrophe  auch  über  100  Menschen 
ihren  Tod  fanden  Wie  aus  den  früheren  Betrachtungen  hervorgeht,  dürfte 
insbesondere  die  ungenügende  Profilstärke  des  über  Tag  befindlichen  Teiles 
der  Talsperre,  die  ungenügende  Fundierung,  sowie  schlechter  Anschluß  der 
in  zwei  längeren  Zeitperioden  errichteten  Mauerwerksmassen,  endlich  die 
geradlinige  Grundrißform  der  Mauer  die  Ursache  des  Zusammenbruches 
bilden.  Das  Mauerwerk  selbst  war  als  solches,  wie  aus  den  Resten  konstatiert 
wurde,  ein  sehr  gutes.  In  Fig.  158  erscheint  punktiert  auch  das  Querschnitts- 
profil der  Jaispitzstaumauer  zum  Vergleich  eingezeichnet. 

IIL  England. 

Als  Type  einer  Talsperre,  welche  auf  ihrer  ganzen  Kronenlänge  als 
Überfallwehr  zu  funktionieren  hat,  mithin  eine  von  den  normalen  Typen 
vollkommen  abweichende  Querprofilform  besitzt,  soll  hier  die  zur  Wasser- 
versorgung der  Stadt  Liverpool  in  den  Jahren  1881 — 1888  erbaute  Talsperre 
von  Virnwey  in  nachstehender  Ansicht  (Fig.  160)  vorgeführt  werden.  Das 
zugehörige  Querprofil  zeigt  Fig.  161,  und  wird  auf  das  Seite  226  über  diese 
Sperre  bereits  Erwähnte  hingewiesen.  Der  am  Virnweyfluß  (Nebenfluß  des 
Severn)  oberhalb  Shrewsbury  (Nordwales)  eingebaute  Stauweiher  besitzt  ein 
90  km*  großes  Einzugsgebiet  und  bei  25,6  m  größter  Wassertiefe  einen  Raum- 
inhalt von  55000000  m».  Die  Gesamtkosten  betrugen  12260000  Fr.,  mithin 
kommt  1  m'  aufgespeicherten  Wassers  auf  0,25  Fr.  (21  h).    Die  Wasser- 


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380 


n.  Die  Stauweiherbauten. 


Spiegelfläche  beträgt  453  ha,  die  Kronenlänge  der  Mauer  355  m  und  die  Ge- 
samthöhe  der  Mauer  49,1  m;  die  Überfallkrone  ist  39,3  m  unter  der  Fundament- 
sohle gelegen.  Die  maximale  Kantenpressung  beträgt  9,82  kg  pro  cm*.  Die 
Tiefe  des  Wassers  im  Untersee,  welcher  gleichzeitig  einen  Gegendruck  gegen 
die  Talsperre  ausübt  und  als  Schutz  gegen  das  herabstürzende  Wasser  dient, 
beträgt  13,7  m.  Die  Basisbreite  beträgt  35,91  m,  die  6,40  m  breite  Krone 
ist  als  Fahrweg  hergestellt,  die  einzelnen  6,4  m  breiten  Überfallöffnungen 
überwölbt.  Die  Talsperre  gewährt  infolge  der  mächtigen  und  architektonisch 
reich  bedachten  Entwicklung  einen  imposanten  Anblick.  Die  Entnahme  des 
Wassers  erfolgt  aus  einem  in  der  Ansicht  zu  sehenden  Wasserturme  und 
wird  mittelst  einer  124  km  langen  Leitung,  in  welcher  auch  eine  Filter-  und 
Reinwasserreservoiranlage  eingeschaltet  ist,  der  Stadt  Liverpool  in  einem 
täglichen  Quantum  von  181720  m'  zugeführt,  nebenbei  an  den  Fluß  täglich 
45000  m*  abgegeben.  Die  Möglichkeit,  über  eine  so  große  abgebbare  Wasser- 
menge zu  verfügen,   liegt  in  der  großen  Regenhöhe,  welche  im  Durchschnitt 

2200  mm  pro  Jahr  beträgt;  es  stehen  also  bei 
90  km«  Einzugsgebiet  198000000  m«  Regen- 
menge zur  Verfügung,  während  82500000  m* 
abzugeben  sind,  d.  h.  die  Abflußquote  muß 
f  \  ^  f  \  wenigstens  41  ^/^  betragen. 

^^    f  ^  IV.  Indien. 

Die  zumeist  Bewässerungszwecken  dienen- 
den Reservoire  Englisch-Indiens  sind  am  häu- 
figsten in  den  Provinzen  Madras  und  Bombay 
anzutreffen.  In  der  Gegend  von  Madras  ins- 
besondere sind  mehr  als  50000  wohl  zumeist 
nur  kleine  Reservoire  schon  durch  die  Hindus 
gebaut  worden,  welche  zur  Bewässerung  von  je  4 — 400  ha  dienen;  nur  5  Re- 
servoire bewässern  größere  Gebiete.  Zur  Bewässerung  von  1  ha  rechnet  man 
dortselbst  pro  Jahr  9000  m**  Wasser;  mit  Rücksicht  auf  die  Verdunstungshöhe, 
welche  pro  Jahr  bis  2000  mm  betragen  kann,  muß  daher  für  jedes  Hektar  ein 
Reservoirfassungsraum  von  ca.  15000  m*  angenommen  werden.  Im  allgemeinen 
nehmen  die  Engländer  für  Bombay  an,  daß  ^/^  der  Regenmenge  in  das  Reservoir 
gelangt.  Generalleutnant  Mullins  nimmt  für  die  Provinz  Madras  unter  Vor- 
aussetzung einer  5  ^/q igen  Verzinsung  an,  daß  das  Baukapital  für  die  Her- 
stellung der  Stauweiher  0,026  Fr.  =  2^/j  h  pro  m^  aufgespeicherten  Wassers 
nicht  übersteigen  darf.  Nach  den  Publikationen  Leutnant  Homes  (1868) 
verzinsen  sich  von  den  6  großen  Reservoirs  Oberindiens  5  mit  ungefähr  5  ®/q 
des  Anlagekapitals,  wobei  er  hervorhebt,  daß  allerdings  die  Baupreise  damals 
sehr  niedere  waren  und  daß  in  der  dortigen  Gegend  bereits  durch  eine  Be- 
wässerung mit  13500  m-^  pro  Hektar  jährlich  2  Ernten  erzielt  werden.  Eines 
dieser  Reservoire  ist  jenes  von  Kabra,  welches  bloß  0,01  Fr.  =  1  h  pro  m* 
aufgespeicherten  Wassers  kostete. 

Von   den   englischen  Reservoiren   sollen   in   nachfolgendem   zwei   der 
interessantesten  beschrieben  werden,  und  zwar: 


Flg.  161.    Vlrnweyspcrre  (Querprofll). 


H.  Ausgeführte  Stauweiherbauten.  381 

I.  Das  Reservoir  von  Ashti  im  Distrikte  Sholapur  (Indien). 

Dieser  im  Jahre  1876 — 82  erbaute  Erddammstauweiher  dient  zur  Be- 
wässerung von  derzeit  ca.  6000  ha  Terrain.  Der  Stauweiher  faßt  ca.  38  Mill.  m* 
Wasser,  hat  eine  Spiegelfläche  von  1100  ha  (11  km*)  und  ein  Einzugsgebiet 
von  338  km*.  Die  größte  nutzbare  Wassertiefe  (Stauhöhe)  beträgt  14  m, 
die  mittlere  Jahresregenhöhe  950  mm,  die  Zuflußmenge  ins  Reservoir  beträgt 
-^  =  0,17  R,  Hiervon  gehen  im  Stauweiher  selbst  6  Mill.  m^  durch  Ver- 
sickerung und  Verdunstung  verloren,  so  daß  also  48  Mill.  m*  zur  Ver- 
fügung stehen.  Der  Erddamm  ist  3,8  km  lang  und  beträgt  seine  größte 
Höhe  17,4  m. 

Da  zuerst  durch  Ausrodung  aller  Wurzeln,  der  Vegetationsdecke  etc. 
ein  gutes  Fundament,  das  Dammfeld  vorbereitet  war,  wurde  in  der  Mitte 
unter  der  künftigen  Dammkrone  ein  3  iri  breiter  Tonkem  (Puddle)  auf  die 
ganze  Dammlänge  bis  zur  undurchlässigen  Braunkohlen-Sandsteinschichte 
niedergebracht.  Hierauf  erfolgte  die  Anschüttung  des  Dammes  derart,  daß 
der  mittlere  Teil  aus  schwarzem,  sorgfältig  ausgewähltem,  lehmigem  Boden, 
der  rechts  und  links  anschließende  Teil  aus  ausgesuchter  bindiger,  rotbrauner 
Erde  in  Schichten  von  20  cm  Höhe  eingewalzt  wurde.  Der  talseitige  äußere 
Teil      ist     aus      einer 

Mischung  der  lehmigen  *-         '^  ^.^.i^. s»  .^  --«r.  .^ 

Erde  mit  Sand  herge-  t 

stellt  und  1 :  2  geböscht.  ^ 

Die  3  füßige  geböschte  I  -^'"^"^ 

Wasserseite  ist  durch-         "■y^l-^JiiMiiii.piii  »m 

weg  gepflastert.  rh0^,  |Sr, 

An    den    beiden  ^ 

Wurzelenden  des  Dam-  ^^'  ^«*-  AbBchiußdamm  Ashti 

mes   befinden   sich  die 

Ablauf kanäle,  bestehend  aus  gemauerten,  gewölbten,  1  m  breiten,  1,4  m  hohen, 
eiförmigen  Durchlässen  (mit  der  Spitze  nach  oben),  welche  durch  den  Damm 
gehen,  talseitig  durch  eine  Mauer  geschlossen  sind,  aus  welcher  3  gußeiserne, 
30  cm  weite,  mit  Schieber  versehene  Rohrleitungen  den  Abfluß  regulieren. 
Der  Hochwasserüberfall  mit  dem  240  m  breiten  Abflußgerinne  ist  in  einem 
seitwärts  gelegenen  Flügeldamm  situiert. 

Die  Baukosten  dieses  Stauweihers  betrugen  950000  Fr.;  es  stellt  sich 
somit  1  m*  aufgespeicherten  Wassers  auf  0,025  Fn  =  2  h. 

2.  Das  Reservoir  an  dem  Muthaflusse  (Indien). 

Der  im  oberen  Becken  der  Kistna  gelegene  Muthafluß  entspringt 
48  km  oberhalb  der  Stadt  Poonah;  16  km  von  dieser  Stadt  entfernt  wurde  im 
Jahre  1868  mit  dem  Baue  der  Talsperrenmauer  begonnen.  Die  Talsperre, 
auf  Felsen  fundiert,  ist  1560  m  lang  und  mit  einem  440  m  langen  Überfall 
versehen,  dessen  Schwelle  3,35  m  unter  der  Mauerkrone  liegt.  Das  Mauer- 
profil ist  trapezförmig,  mit  4,35  m  Kronenbreite  und  32,10  m  Gesamthöhe 
(30  m  über  der  Fußsohle).  Die  maximale  Wassertiefe  beträgt  26,50  m;  da 
jedoch  die  Schwelle  der  Speiseschleusen  (Ablässe)  8,70  m  unter  dem  Reservoir- 


382  n*  ^i^  Staaweiherbauten. 

Wasserspiegel  liegt,  so  ergibt  sich  hieraus,  daß  eine  Wassertiefe  von  17,8  m 
nicht  ausnutzbar  ist.  Obwohl  der  Grund  dieses  auffallenden  Mißverhältnisses 
in  den  Publikationen  nicht  angegeben  erscheint,  dürfte  dieser  Umstand, 
wahrscheinlich  durch  eine  lokale  Terraingestaltung  bedingt,  auf  den  nutzbaren 
Fassungsraum  dieses  Reservoirs  trotzdem  wesentlich  einwirken,  indem  der 
wirkliche  Gesamtfassungsraum  des  Reservoirs  mit  146  Mill.  m^  der 
nutzbare  Inhalt  desselben  oberhalb  der  Schwellen  der  Ablaß-  (Speise-) 
Schleusen  nur  mit  90  Mill.  m*  angegeben  wird.  Die  Wasserspiegeloberfläche 
des  Stauweihers  beträgt  1400  ha,  das  Einzugsgebiet  508  km*  (50800  ha),  die 
jährliche  Regenhöhe  bis  5000  mm.  Rechnet  man  hiervon  1200  mm  für 
Verdunstung  der  freien  Wasserspiegeloberfläche,  entsprechend  16,8  Mill.  m* 
Wasser  auf  1400  ha,  so  restiert  ein  nutzbarer  Fassungsraum  von  73,2  Mill.  m*. 

Da  sich  die  Gesamtbaukosten  des-  Reservoirs  auf  6,2  Mill.  Fr.   beliefen,   so 

6  2 
kommt  1  m*  nutzbarer  Fassungsraum  auf  »^  =  0,084  Fr.,  während  1  m*  des 

durch  die  Sperre  erzielten  Fassungsraumes  überhaupt  sich  auf  TTn-R  ==  0,042  Fr. 

=  4  h  stellt,  welch  letzterer  Preis  der  zur  Beurteilung  der  Baukosten  wichtigere 
ist,  während  die  obige  Ziffer  von  0,084  Fr.  für  die  Rentabilität  des  Unter- 
nehmens maßgebend  wäre,  wenn  das  Reservoir  jährlich  nur  einmal  gefüllt 
werden  könnte.  Wird  jedoch  die  Regenhöhe  von  5000  mm,  die  jährliche 
Verdunstungshöhe  von  1200  mm  für  1400  ha,  das  Einzugsgebiet  von  508  km' 
und  die  in  Indien  übliche  Annahme,  daß  ^/^  der  Regenmengen  in  das  Reservoir 
gelangt,  ins  Auge  gefaßt,  so  ergibt  sich,  daß  der  nutzbare  Inhalt  des  Reservoirs 
jährlich  mindestens  5 — 6  mal  erneuert  werden  kann,  daher  der  Preis  für  1  m^ 
Wasser  sich  ca.  auf  0,015  Fr.  =  1^/,  h  stellen  würde.  Die  Abgabe  des  Wassers 
erfolgt  durch  2  Kanäle,  welche,  auf  beiden  Ufern  des  Muthatales  gelegen, 
115  bezw.  22  km  lang  sind  und  36000  ha  eines  Landes  zu  bewässern  imstande 
sind,  welches,  auf  der  Hochebene  von  Decan  gelegen,  in  trockenen  Jahren 
nur  500  mm  Regenhöhe  besitzt  Derzeit  werden  von  dieser  Fläche  erst 
27000  ha  bewässert,  nebstdem  die  Stadt  Poonah,  bis  zu  welcher  der  Kanal 
am  rechten  Ufer  schiffbar  ist,  sowie  zahlreiche  Dörfer  mit  Trink-  und  Nutz- 
wasser versorgt. 

V.  Amerika. 
Von  den  in  Europa  jetzt  üblichen  Dimensionierungen  und  Querschnitts- 
formen völlig  abweichend,  sind  die  in  neuerer  Zeit  in  den  vereinigten  Staaten 
Nordamerikas  ausgeführten  Staumauern  als  sehr  interessant  hervorzuheben.^). 
Insbesondere  gilt  dies  von  den  Reservoiren,  welche  zur  Bewässerung  der 
regenarmen  Wüstenregionen  erbaut  wurden.  Unter  diesen  meliorations- 
bedürftigen Ländereien  ragt  insbesondere  die  125000  km®  große  Mohave- 
wüste  im  südlichen  Kalifornien  hervor.  Dieselbe  grenzt  nördlich  an  den 
Staat  Nevada  und  ist  im  Osten  durch  den  tief  eingeschnittenen  Coloradofluß 
vom  Staate  Arizona  getrennt.  Dieser  auf  einem  Hochplateau  hinziehende 
Fluß  ist  durch  seine  ungeheuer  tiefen  Erosionen  (Canon)  bekannt;  insbesondere 
ist  es  der  380  km  lange  Grand  Canon  (großes  Rohr),  welcher,  bis  1000  m 

^)  Ronna,  Les  irrigations  de  la  rögion  aride  aox  £tats-Unis.     Fans  1896. 


H.  Ausgeführte  Stauweikerbanten.  383 

hohe,  fast'^enkrechte  Wände  aufweisend,  nordöstlich  der  Mohavewüste  gelegen, 
sich  von  Eldorado  an  gegen  Osten  hinzieht,  und  in  welchen  wiedei  kleinere, 
jedoch  ebenso  sehr  enge  und  tiefe  Seiten-Canons  einmünden.  Die  Mohave- 
wüste, welche  zum  Teile  tiefer  als  der  Meeresspiegel  liegt,  wird  von  dem 
häufig  trockenen  Mohavefluß  durchzogen,  welcher,  in  der  San  Bemardino- 
Kette  entspringend,  sich  in  einen  Salzsurapf  (Mohave  Lak)  ergießt.  Von  den 
neueren.  Reservoiren,  welche  insbesondere  für  die  Irrigation  dieser  Wüsten- 
ländereien  bestimmt  sind  und  teils  in  Mauerwerk,  teils  in  Erde  und  Holz 
ausgeführt  wurden,  sollen  im  nachfolgenden  vier  der  interessantesten  Bauten 
hervorgehoben  werden. 

I.  Reservoir  von  Sweetwater. 

Dieser  Stauweiher  ist  bei  einer  Spiegellänge  von  5*/,  km  und  einer 
maximalen  Breite  von  1  km  am  Fuße  des  Berges  San  Miquel  (750  m  See- 
höhe) im  Tale  des  Sweetwater-Flusses  gelegen.  Die  Sperre,  welche  hier  den 
Cafion  Jomacha  traversiert,  wurde  zuerst  18,3  m  hoch  über  dem  Flußwasser- 
spiegel erbaut  und  nachträglich  auf  27,45  m  erhöht;  sie  besitzt  einen  trapez- 
förmigen Querschnitt  mit  einer  Kronenbreite  von  b  =  3,65  m,  einer  Basis- 
breite B  =  14,05  m  und  einer  Höhe  h  =  27,45  m.  Die  Mauer  ist  an  der  Krone 
103,6  m,  am  Fuße  50,5  m  lang,  im  Grundriß  gewölbeartig  mit  67,66  m  Radius 
und  91,40  m  Sehnenlänge  angeordnet  und  aus  Granitmauerwerk  in  Zyklopen- 
verband ausgeführt.  Die  Mauer  hat  einen  Inhalt  von  16000  m'  Mauerwerk 
mit  einem  mittleren  spezifischen  Gewichte  von  2,6.  Zum  Schutze  gegen  den 
Wellenschlag  ist  auf  der  Wasserseite  eine  1,05  m  hohe  und  0,6  m  breite 
Parapuetmauer  errichtet  und  auf  der  Landseite  ein  eisernes  Geländer  ange- 
bracht. Das  Überfall  wehr  besteht  aus  8  Öffnungen  von  12,2  m  Länge  und 
1,5  m  Höhe,  welche  durch  Schleusen  abgesperrt  sind.  Die  Entnahmeleitung 
besteht  aus  einem  Hauptrohrstrang  von  900  mm  Durchmesser,  deren  Einlauf 
sich  in  einem  gemauerten  Turm  von  1,8  m  Lichtweite,  welcher  ca.  15  m  tal- 
aufwärts von  der  Sperre  gelegen,  im  Reservoirbecken  selbst  situiert  ist  und 
welcher  den  maximalen  Stauspiegel  um  1  m  überragt.  Zwei  andere  Rohr- 
leitungen von  350  und  450  mm  Lichtweite,  welche  durch  die  Abschlußmauer 
hindurch  bis  zum  Entnahmeturm  führen,  funktionieren  unabhängig  von  der 
großen  Leitung  und  dienen  dazu,  das  Aufschlagwasser  für  Turbinen  zu 
liefern.  Der  Fassungsraum  des  Reservoirs  beträgt  22  Mi  11.  m*  bei  einer 
Wasserspiegelfläche  von  295  ha.  Die  Verdunstung  ist  in  den  Monaten  Juni 
bis  November  von  großem  Einfluß  und  beträgt  die  jährliche  Verdunstungshöhe 
1220  mm.  Der  Bau  des  Reservoirs  wurde  im  November  1886  begonnen  und 
im  März  1888  vollendet.  Die  Baukosten  betrugen  1260000  Fr.;  es  stellt  sich 
somit  1  m**  aufgespeicherten  Wassers  auf  0,05  Fr.  =  5  h. 

Das  wegen  seiner  abnormalen  Dimensionierung  im  Querprofil  in- 
teressanteste Bauobjekt  bildet 

2.  die  Talsperre  des  Reservoirs  de  Bear  Valley  (San  Bemardino). 
Unmittelbar  im  Norden  des  Pic  San  Bemardino  und  des  Berges  Graybock 
in  der  Nähe  des  Santa  Anaflußtales  bricht  das  Bear  Valley  (Bären tal)  durch. 


384  ^'  ^^  SUaweiherbantcD. 

Das  letztere  bildet  hier  in  1900  m  Seehöhe  ein  weites  Becken  von  20  km 
Länge  mit  wechselnden  Breiten  von  einigen  hundert  Metern  bis  zu  1,5  km, 
welches  die  Wässer  des  Bear  Creek  empfängt  und  einem  Niederschlagsgebiet 
von  112  km*  entspricht.  Die  aus  Granit  erbaute  und  auf  dieselbe  Gebirgsart 
fundierte,  915  m  lange  Talsperre  ist  19,50  m  hoch  und  im  GrundriS  nach 
einem  Bogen  vom  Radius  r  =  80  m  als  horizontales  Gewölbe  ausgeführt 
(Fig.  163). 

Die  talseitige  Mauerfläche  ist  auf  eine  Höhe  von  14,6  m  vertikal,  die 
wasserseitige  Fläche  etwas  geböscht  gehalten  und  zwar  derart,  dafi  dieser 
obere  Mauerteil  eine  Kronenbreite  von  0,9  m  und  auf  14,6  m  Tiefe  eine  Basis- 
breite von  2,45  m  besitzt.  Dieses  beängstigend  schwache  Mauerprofil  sitzt 
auf  einem  4,9  m  hohen,  auf  der  Krone  4,45  m,  an  der  Basis  6,75  m  breiten, 
trapezförmigen  Fundamentsockel  auf.  Die  Talsperre  ist  ein  Granitmauerwerk 
mit  Portlandzementmörtel  gemauert  und  die  beiden  Ansichtsflächen  mit  9  cm 
bis  1,7  m  langen  und  6  cm  dicken,  bearbeiteten  Granitblöcken  verkleidet 
Die  Flügelbreite  (Kämpferfuge),  mit  welcher  sich  dieses 
horizontale  Gewölbe  an  die  Granitfelswiderlager  anlehnt, 
beträgt  das  Doppelte  der  normalen  Talsperrenprofilbreite, 
jedenfalls,  um  die  Inanspruchnahme  der  Tallehnen,  her- 
rührend vom  Gewölbeschube,  pro  Quadrateinheit  zu  ver- 
ringern. Die  Maximalpressung  soll  50  kg  pro  cm*  be- 
tragen. Der  Fassungsraum  des  Reservoirs  soll  bei  einer 
Wasserspiegelfläche  von  850  ha  nach  Ronna  50  Mill.  m*, 
nach  anderer  Publikation  39  Mill.  m',  die  Bausumme 
400000  Fr.  (?)  betragen,  so  daß  1  m*  aufgespeicherten 
"«7s  '^^  Wassers  auf  0,008  Fr.  =  0,8  h  bezw.  1  h  zu  stehen  käme. 

^';/^'    ^„^^'P*™^-  Jedenfalls   müssen   diese   Zahlen   mit  einiger  Vor- 

profll    des    Reseryoirs         .  ,  ,  ,  ,  .11. 

de  Bear  VaUey.  Sicht   aufgenommen   werden ,    da   es   wohl   kerne   zweite 

Stelle  mehr  geben  dürfte,  an  welcher  mit  einer  nach  der 

Profilzeichnung  19,5  m  hohen,  an  der  Krone  ca.  60  m  (nach  der  Textangabe 

915  m)   langen   Mauer   ein   derartig   kolossales  Wasserquantum   magaziniert 

werden  könnte.     (Nach  der  photographischen  Aufnahme  wäre  die  Länge  von 

60  m  mehr  gerechtfertigt.)    Wenn  auch  die  Talsperre   nur   als  horizontales 

Gewölbe  gerechnet  und  daher  in  diesen  schwachen  Dimensionen  ausgeführt 

wurde,  so  muß  doch  diese  Profilform  bezüglich  der  Dauer  dieses  Bauwerkes 

zu   den    ernstesten  Befürchtungen  (siehe  die  Katastrophe  Johnstown)  Anlaß 

geben,   selbst  wenn   die  Ausführung  eine  noch  so  vorzügliche  sein  sollte.  — 

Vederemo!  — 

Fig.  164  zeigt  die  Daraufsicht  dieser  Sperre  nach  einer  von  Dr.  Fischer 

gemachten  photographischen  Naturaufnahme. 

3.  Reservoir  Cuyamaca  (Kalifornien). 

70  km  nordöstlich  der  Stadt  San  Diego,  in  der  Mitte  der  Berge  von 
Cuyamaca  in  einer  Seehöhe  von  1500  m  gelegen,  sammelt  dieser  Stauweiher 
aus  einem  35  km*  großen  Einzugsgebiet  die  Abflußmengen,  welche  jährlichen 
Niederschlagshöhen  von  750 — 1000  mm   entsprechen,  und  welches  Gebiet  an 


H.  Ausgeführte  Stanweiherbauten. 


385 


der  Grenze  der  Wüste  gelegen  ist.  Als  Sperre  dient  ein  aus  tonigem  Material 
hergestellter  Damm  von  219  m  Länge,  12,7  m  Höhe,  welcher  an  der  Krone 
4,90  m,  am  Fuße  10,66  m  breit  ist.  Dieser  Damm  ist  auf  einer  Tonschichte 
fundiert  und  durch  einen  zentralen  Tonkem,  der  bis  unter  die  Fundament- 
sohle reicht,  gedichtet. 

Die  Böschungen  betragen  auf  der  Bergseite  1 :  2,  auf  der  Talseite  1 :  1^/^, 
welche  letztere  durch  ein  20  cm  starkes  Pflaster  versichert  ist. 

Das  in  Mauerwerk  ausgeführte  Überfallwehr  besteht  hier  in  einem  Ent- 
lastungskanal (1,06 . 1,37 .  36,0  m)  mit  einem  Gefälle  von  1  m,  welcher  Kanal 


Flff.  164.    Talsperre  de  Bear  Valley  (San  Bemardlno). 

in  das  Talgehänge  eingeschnitten  ist.  Sein  oberes  Ende  schließt  sich  an 
einen  gemauerten  2,4  m  weiten  Turm  an,  dessen  Krone  mit  jener  der  Tal- 
sperre gleich  hoch  liegt.  In  dem  Turme  befinden  sich  2  Schützenöffnungen, 
eine  an  der  Sohle,  die  zweite  um  4,7  m  höher. 

Bei  einer  Wassertiefe  von  10  m  magaziniert  dieser  Stauweiher  13  Mill.  m*, 
wobei  die  Wasserspiegelfläche  400  ha  beträgt. 

Der  Bau  wurde  1887  beendet  und  kostete  5,4  Mill.  Fr.,  also  1  m^  auf- 
gespeicherten Wassers  0,41  Fr.  =  40  h. 

4.  Reservoir  San  Diego  (Kalifornien). 

Zur  Ergänzung  j  des   früheren   Sammelweihers   dienend   wurde   50  km 
oberhalb  der  Mündung  des  Flusses  San  Diego  in  einer  Seehöhe  von  245  m 
Friedrich,  Wasserbau.    Zweite  Auflage.    II.  Band.  25 


3g6  n.  Die  Staaweiherbanten. 

das  tief  eingeschnittene,  oft  von  überhängenden  Felsen  gebildete  Flufital 
(Canon)  durch  eine  10  m  hohe  und  137  m  lange,  am  Fuße  4,9  m,  an  der 
Krone  1,9  m  dicke  Mauer  abgesperrt. 

Der  Stauweiher  dient  zu  Bewässerungszwecken  von  4  Mill.  ha  wert- 
losen Landes,  teilweise  zur  Versorgung  der  Stadt  San  Diego. 

Der  Bau  wurde  1886  in  Angriff  genommen,  die  Mauer  3,65  m  tief  in 
das  Flußbett  fundiert,  welche  aus  weichem  zerbröckelnden  Granit,  der  mit 
Gerolle  überdeckt  ist,  bestand.  Wie  nicht  anders  zu  erwarten,  zeigte  das 
Mauerwerk  so  starke  Bewegungserscheinungen,  daß  die  bergseitige  Stirnfläche 
der  Sperre  bis  zur  Basis  neu  hergestellt  und  durch  einen  Strebepfeiler  von 
60  cm  Breite  und  5,5  m  Tiefe  verstärkt  werden  mußte. 

Der  Anzug  auf  der  Talseite  beträgt  auf  6  m  1,45  m,  auf  der  Bergseite 
2,10  m  auf  6  m.    Im  Grundriß  ist  die  Mauer  bogenförmig  angelegt. 

Die  Kosten  dieses  Reservoirs  beliefen  sich  auf  278000  Fr. 

VI.  Österreich« 

Der  Bau  der  Stauweiher  und  die  Bodenmeliorationen  im  Jaispitzbachtale 

in  Mähren. 

Die  Projektierung  eines  größeren  Unternehmens  zur  Hebung  der  Boden- 
ertragsfähigkeit im  Jaispitzbachtale,  dessen  Erläuterung  dieser  Bericht  zum 
Gegenstande  hat,  bildete  den  Anfang  zur  Realisierung  von  Wünschen  und  Hoff- 
nungen der  Grundbesitzer  von  15  Katastralgemeinden,  Wünsche,  welche  zu  An- 
fang des  vorigen  Jahrhunderts  auftauchten  und  seit  dieser  Zeit,  immerwährend 
frisch  angeregt  durch  oft  wiederkehrende  Verheerungen  durch  Hochwasser 
wie  durch  allmählich  sich  steigernden  Rückgang  in  der  Bodenertragsfähigkeit, 
von  Jahr  zu  Jahr  dringender  wurden  und  den  Gegenstand  vieler  kommissioneller 
Erhebungen  und  Verhandlungen  bildeten,  die  seit  dem  Jahre  1801  in  kurzen 
Zeitintervallen  bis  Ende  1886  stetig  wiederkehrten.  Es  wurde  eine  Reihe 
von  Verordnungen  erlassen,  deren  Zweck  es  war,  durch  lokale  Scbutzmaß- 
regeln  die  drohenden  Gefahren  von  demjenigen  Teile  des  Tales  abzuhalten, 
der  gerade  den  Gegenstand  der  bezüglichen  kommissioneilen  Verhandlung 
bildete.  Was  lokal  wenigstens  in  normalen  Verhältnissen  Abhilfe  schaffte, 
brachte  wieder  andere  Liegenschaften  in  um  so  größere  Gefahr,  deren 
Besitzer  sich  sofort  wieder  um  Abhilfe  an  die  Behörden  wandten,  und 
wurde  so  jeder  scheinbare  Schritt  zum  Besseren  die  Ursache  zu  neuen 
Beschwerden. 

Aus  diesem  Dilemma  konnte  man  sich  nur  durch  ein  einheitliches  Vor- 
gehen sämtlicher  Interessenten  befreien,  und  wurde  auf  Anregung  des  fürst- 
lich Lobkowitzschen  Gutsverwalters,  Leopold  Burg  er  in  Bonitz,  der  erste 
Schritt  hierzu  im  Laufe  des  Jahres  1887  damit  eingeleitet,  daß,  begründet 
durch  eine  von  demselben  verfaßte  geschichtliche  Zusammenstellung  und 
Darstellung  der  Wasser  Verhältnisse  im  Jaispitztale,  sowie  der  bisherigen 
Regulierungsversuche  seitens  sämtlicher  Interessenten,  ein  Ansuchen  an  den 
mährischen  Landesausschuß  gestellt  wurde,  die  Verfassung  eines  Projektes 
zur  Melioration  des  Jaispitztales  zu  veranlassen.    Dieser  Bitte  wurde  seitens 


H.  Ausgeftlhrte  Staaweiherbanten.  387 

des  Landesausschusses  stattgegeben  und  der  Verfasser  dieses  Handbuches  als 
damaliger  Vorstand  des  Landes-Meliorationsamtes  mit  der  Projektsverfassung 
betraut.  Das  Projekt  wurde  dem  mährischen  Landtage  vorgelegt,  und  erhielt 
der  bezügliche  Gesetzentwurf  die  allerhöchste  Sanktion.  Bevor  mit  der  Er- 
läuterung des  Projektes  begonnen  wird,  sei  vorher  des  Grundes  Erwähnung 
getan,  warum  aus  einem  einfachen  Bachregulierungsprojekte,  welches  den 
früheren  Intentionen  der  Grundbesitzer  eigentlich  entsprochen  hätte,  ein 
Bodenmeliorationsprojekt  im  engeren  Sinne  des  Wortes  wurde. 

Wie  in  jedem  ähnlichen,  so  auch  im  vorliegenden  Falle  muß  bei  gründ- 
licher Lösung  einer  Wasserfrage  danach  getrachtet  werden,  den  in  früherer  Zeit 
stets  eingenommenen  einseitig  defensiven  Standpunkt  zu  verlassen,  von 
welchem  aus  betrachtet  es  sich  also  nur  um  die  Verteidigung  gegen  ver- 
heerende Hochwassermengen  handelt,  und  mufi  man  bestrebt  sein,  bei  der 
Entwicklung  der  Projektsidee  offensiv  vorzugehen.  Es  soll  nicht  bezweckt 
werden,  den  ankommenden  Hochwasserfluten  in  ihrer  unverkürzten  Größe 
die  Wege  zu  ebnen,  damit  sie,  ohne  zu  schaden,  nur  so  rasch  als  möglich 
aus  dem  Lande  geschafft  werden,  wodurch  auch  die  Nieder-  und  Mittelwässer, 
dem  Beispiele  ihrer  mächtigeren  Genossen  folgend,  sich  bemühen,  nach  Kräften 
baldigst  ihre  heimadiche  Stätte  zu  verlassen,  soweit  sie  nicht  durch  das  Veto 
der  Mühlenbesitzer  durch  kurze  Zeit  zurückgehalten  werden. 

Die  rationelle  Lösung  einer  derartigen  Frage  besteht  darin,  nicht  nur 
allein  die  schädlichen  Wirkungen  großer  Wassermengen  hintanzuhalten, 
sondern  auch  die  nützlichen  Seiten  dieses  Elementes  auszunutzen,  soweit  dies 
durch  die  orographischen  und  hydrologischen  Lokalverhältnisse  möglich  er- 
scheint. Dies  ist  jedoch  nur  dann  durchführbar,  wenn  ein  Ausgleich  zwischen 
den  herabfallenden  Meteorwässern  und  den  hierdurch  bewirkten  Abflußmengen 
erzielt  wird,  so  zwar,  daß  bei  großen  Hochwassern  die  maximale  Flutwelle,  auf 
eine  längere  Zeitperiode  verteilt,  in  das  Hauptwassergerinne  gelangt,  und  daß 
das  während  des  Überflusses  vorhandene  Wasser  teilweise  gesammelt  wird, 
um  es  zur  Zeit  der  Not,  also  mangelnder  Niederschläge,  nutzbringend  zu  ver- 
wenden für  Bewässerungs-  und  industrielle  Zwecke  etc.  Dieser  Ausgleich  ist 
jedoch  wirksam  nur  erreichbar  durch  Erbauung  von  genügend  großen  Gebirgs- 
reservoiren  (Stauweiher),  soweit  die  Terrainverhältnisse  überhaupt  die  Anlage 
derartiger  künstlicher  Seen  und  Teiche  gestatten.  In  dieser  Weise  durch- 
geführt ist  ein  solches  Unternehmen  auch  finanziell  leichter  durchführbar,  weil 
verzinslich  und  amortisierbar.  Diese  Art  der  Durchführung  ist  auch  dem  vor- 
liegenden Projekte  zugrunde  gelegt. 

Projekterläuterung. 
Infolge  des  bedeutenden  Niederschlagsgebietes  des  Jaispitzbaches  pro 
770  km*  bei  einer  Länge  des  Hauptgerinnes  von  75  km  (10  Meilen),  gelangen 
insbesondere  bei  anhaltenden  Landregen  in  die  untere,  ca.  35  km  lange 
Hauptbachstrecke  (von  Durchlaß  bis  zur  Einmündung  in  die  Thaya  unterhalb 
von  FröUersdorf)  bedeutende  Wasserquantitäten,  deren  Abfluß  im  vorigen 
Jahrhundert  durch  16  große  Teiche  geregelt  wurde.  (Aus  einer  sehr  alten 
Karte  konstatierte  der  Projektverfasser  das  Vorhandensein  von  ursprünglich 

25* 


388  n.  Die  SUaweiherbaaten. 

86  Teichen  im  Niederschlagsgebiet  des  Jaispitzbaches.)  Diese  als  Retensions- 
reservoire  funktionierenden  Teiche  wurden  jedoch  im  Laufe  der  Jahre  1784 
bis  1823  durch  die  betreffenden  Patrimonialherrschaften  allmählich  trocken- 
gelegt. Das  früher  bloß  als  Abzugsgraben  benutzte  Bachbett  genügte  nach 
Auflassung  der  Teiche  für  die  herabkommenden  großen  Wassermengen  nun 
nicht  mehr.  Durch  diesen  Umstand  wie  durch  fehlerhaft  angelegte  Wasser- 
bauten (Stauanlagen  und  Brücken),  durch  auftretende  Eisstauungen,  geringes 
Sohlengefälle  u.  dergl.  bedingt,  exundierte  einerseits  das  Hochwasser  bereits 
im  Mittellaufe,  andererseits  wird  es  infolge  der  gegen  den  Unterlauf  zu  noch 
ungünstiger  werdenden  Abflußverhältnisse  rückgestaut,  durch  Anschwemmungen 
die  Bachsohle  erhöht,  so  daß  jetzt  ein  Teil  der  Niederungsflächen  zu  feucht, 
ja  häufig  versumpft  ist,  welcher  Grad  der  Versumpfung  sich  naturgemäß 
immer  mehr  und  mehr  steigert.  (Während  die  Kapazität  des  derzeitigen 
Flußgerinnes  im  Mittellaufe  bis  60,0  m'  beträgt,  verringert  sich  dieselbe  in 
der  untersten  Strecke  im  Thayatale  bis  2,0  m^.)  Gegen  die  häufig  wieder- 
kehrenden Überschwemmungen  suchte  man  sich  durch  Errichtung  von  Schutz- 
dämmen zu  sichern,  so  wie  man  andererseits  im  Unterlaufe  auch  einige 
Strecken  bereits  insoweit  regulierte,  als  dem  Bache  ein  mehr  gerader  Lauf 
gegeben  und  ein  größeres,  regelmäßigeres  Bett  geschaffen  wurde. 

Doch  auch  diese  Arbeiten  erwiesen  sich  als  unzureichend  und  sind  zumeist 
alljährlich  bei  5000  Joch  (2800  ha)  der  besten  Grundstücke  den  Überschwem- 
mungen, oft  die  ganze  Ernte  der  Vernichtung  preisgegeben,  was  auch  durch 
bedeutende  Steuernachlässe  (laut  amtlichen  Nachweisen  seit  1873  mit  zu- 
sammen 25800  K)  zum  Teile  dokumentiert  wird.  Es  handelt  sich  im  vor- 
liegenden Falle  nur  durch  eine  rationelle  Bachregulierung  neben  der  Er- 
möglichung einer  entsprechenden  geregelten  Abfuhr  der  Hoch-  und  Mittel- 
wässer, auch  die  an  manchen  Stellen  zu  hoch  gelegene  Bachsohle  zu  vertiefen 
und  dadurch  die  Möglichkeit  einer  natürlichen  und  künstlichen  Ent-  oder  Be- 
wässerung zu  erzielen.  Da  jedoch  sowohl  der  Jaispitzbach  wie  der  Mühlgraben 
gerade  während  der  Zeit  der  Sommer-  bezw.  auch  der  Herbstbewässerung" 
oft  ganz  ausgetrocknet  ist,  so  müßte  für  einen  entsprechenden  und  genügenden 
Vorrat  von  Wasser  zur  Zeit  des  Überflusses  durch  Anlage  von  Gebirgs- 
reservoiren  Sorge  getragen  werden,  wodurch  gleichzeitig  auch  den  unterhalb* 
der  Reservoire  liegenden  Mühlen  das  nötige  Betriebswasser  während  3  bis 
4  Monate  beschafft  werden  kann,  in  welcher  Periode  wegen  Wassermangel 
der  Betrieb  derzeit  vollständig  eingestellt  werden  muß.  Das  gesamte,  im 
Jahre  1887  vorgelegte  Meliorationsprojekt  zerfällt  demnach  in  3  Haupt- 
gruppen: 

1.  der  Bau  der  Gebirgsreservoire  (Stauweiher); 

2.  die  kurrente  Bachregulierung  auf  ca.  35  km  Länge; 

3.  die  Anlagen  zur  künstlichen  Bewässerung  der  Wiesen  im  Jaispitzbachtale 
unterhalb  Durchlaß. 

Die  erstere  Anlage  befindet  sich  bereits  im  Baue  und  wird  dieselbe  auf 
Staats-  und  Landeskosten  durchgeführt.  Die  Bachregulierung  wird  auf  Basis 
eines  sanktionierten  Gesetzes  später  im  Wege  einer  Wassergenossenschaft 
mit  Staats-  und  Landessubvention  zur  Durchführung  gelangen,  während  die 


H.  Ausgeführte  Stanweiherbanten.  33g 

dritte  Hauptgnippe  der  Meliorationsbauten,  durch  die  betreffenden  Grund- 
besitzer hergestellt,  den  Schluß  dieses  Meliorationsuntemehmens  bilden  wird. 

Der  Bau  der  Gebirgsreservoire  im  Jaispitzbachfale. 

Zur  Aufstellung  bezw.  Berechnung  des  notwendigen  Fassungsraumes  der 
Reservoire  war  in  Rücksicht  auf  die  geplante  Flußregulierung  die  Kenntnis 
der  größten  Hochwässer  in  erster  Linie  notwendig.  Bei  dem  im  Jahre  1887 
aufgestellten  Generalprojekte  konnten  die  bezüglichen  Berechnungen  nur  auf 
Basis  der  Aufzeichnungen  der  zahlreichen  meteorologischen  Stationen  durch- 
geführt werden.  Im  März  1888  bot  'sich  dem  Projektverfasser  jedoch  die  in 
hydrotechnischer  Richtung  willkommene  Gelegenheit,  den  Verlauf  eines  Hoch- 
wassers an  Ort  und  Stelle  zu  beobachten,  welches,  in  puncto  Intensität  nach 
alten  Wasserstandsmarken  zu  urteilen,  zur  Zeit  der  Projektverfassung  als  das 
größte  Hochwasser  dieses  Jahrhunderts  angesehen  werden  mußte.^)  Ähnliche, 
jedoch  etwas  kleinere  Hochwässer  wurden  auch  später  durch  sehr  bedeutende, 
über  ganz  Mähren  ausgedehnte  Landregen  hervorgerufen,  beobachtet  und  bei 
diesen  Gelegenheiten  auch  direkte  Geschwindigkeitsmessungen  mittelst  hydro- 
metrischer  Flügel  durchgeführt.  Als  Hauptpegelstation  wurde  das  Dorf 
Durchlaß  gewählt,  jener  Punkt,  von  wo  an  abwärts  das  Jaispitzbachtal  sich 
zu  verbreitem  beginnt,  knapp  unterhalb  dem  größten  projektierten  Reservoir 
gelegen,  zugleich  den  Anfang  der  kurrenten  BachreguUerungsstrecke  bildend. 
Die  Messungei^  und  Berechnungen  ergaben  nun  für  Durchlaß  eine  Wasser- 
menge Qmax,  =  80  m'  pro  Sekunde,  welche  allmählich  sich  steigernd  im 
untersten  Laufe  bis  Q  =  120  m*  pro  Sekunde  anwächst.  Nach  eigener 
Beobachtung  wurde  die  Dauer  dieser  Abfluß-Kulminationsperiode  für  die 
einzelnen  Strecken  zwischen  1  und  3  Stunden  gefunden;  in  Durchlaß  speziell 
betrug  dieselbe  2  Stunden.  Der  Verlauf  dieses  Hochwassers  ist  aus  dem 
Graphikon  (Fig.  165)  zu  ersehen,  in  welchem  neben  der  P-egelkurve  auch  die 
zugehörige  sekundliche  Abflußmengenkurve  dargestellt  erscheint. 

Da  das  Einzugsgebiet  des  größten  Reservoirs  bei  Weirowitz  oberhalb 
Durchlaß  ca.  380  km*  beträgt,  so  entfällt  pro  km*  Niederschlagsgebiet  eine 
maximale  Abflußmenge  von  Q  =  0,21  m*  pro  Sekunde,  wobei  von  obigen 
380  km«  auf  Waldbestand  110  km«  und  auf  Freiland  270  km«  entfallen.  Auf 
Grund  der  lokalen  Erhebungen  wurden  im  ganzen  Jaispitzgebiete  8  Stellen 
gefunden,  an  welchen  Stauweiherabschlußwerke  rationell  errichtet  werden 
könnten. 

Nach  Maßgabe  der  Bauökonomie  des  Objektes  selbst,  der  Rentabilität 
des  Gesamtuntemehmens  und  des  notwendigen  Fassungsraumes  andererseits 
wurden  endgültig  3  Reservoir-Abschlußstellen  projektiert  und  genehmigt. 

Es  sind  dies: 

1.  das  Reservoir  oberhalb  der  Stadt  Jaispitz  mit  einem  maximalen  Fassungs- 
raum von  ca.  360000  m«; 

2.  das  Reservoir  oberhalb  des  Dorfes  Weirowitz  mit  1500000  m*  maximalem 
Fassungsraum,  beide  am  Jaispitzhauptbache  gelegen,  und 

^)  Nach  den  Mitteilungen  des  Landesmeliorationsamtes  soll  das  im  Jahre  1902  (Pfingsten) 
eingetretene  Hochwasser  in  der  Kulmination  jenes  vom  Jahre  1888  wesentlich  überschritten  haben. 


390 


II.  Die  Stauweiherbaoten. 


3.  das  Reservoir  oberhalb  Groß-Olkowitz  mit  ca.  400000  m*  Inhalt,  am 

Hosterlitzer  Bache,    einem  bedeutenden  Nebenzufluß  des  Jaispitzbaches 

im  Mittellaufe. 

Das  Einzugsgebiet  dieser  3  Reservoire  beträgt  beiläufig  ^j^  des  gesamten 

Niederschlagsgebietes  des  Jaispitzbaches.    Die  Wirkungsweise  der  Reservoire 

war  nun  so  geplant,  daß  in  der  Kulmination  die  Hochflutwelle  beim  Reservoir 

in  Jaispitz   von   30  m*  auf   19  m*   pro  Sekunde,   bei  Weirowitz  und  Jaispitz 

zusammen  von  80  m*  auf  30  m*,  in  Olkowitz  von  26  m*  auf  16  m*  reduziert 

werden  soll. 

Aus  dem  Graphikon  (Fig.  165)  ist  zu  ersehen,  daß  aus  dem  Weirowitzer 
Reservoir  durch  19  Stunden  jp  =  30  m*  pro  Sekunde  im  Maximum  abgelassen 


SestJnm^Abfk/fs^^sr  ^*_ 


Flg.  165.    Graphikon  de«  Verlanfes  des  Hochwassera  vom  10.— 18.  Mllrz 
in  der  Pegelstation  Durchlaß  (Mähren). 


werden  sollen,  während  das  andere  dieses  Quantum  übersteigende  Hoch- 
wasser, dessen  Quantität  der  schraffierten  Fläche  des  Graphikons  entspricht 
und  nach  welcher  die  Fassungsräume  der  zwei  Reservoire  allgemein  be- 
rechnet sind,  durch  einige  Zeit  in  den  Reservoirs  zurückgehalten  und,  soweit 
das  aufgespeicherte  Wasser  nicht  für  andere  Zwecke  zur  Verwendung  gelangt, 
später  nach  und  nach  zum  Ablaufe  gebracht  wird. 

Der  Stau  weih  er  in  Jaispitz  ist  nur  als  Retensionsreservoir  gedacht 
desgleichen  jener  in  Groß-Olkowitz,  während  das  Weirowitzer  Reservoir 
gleichzeitig  als  Sammelweiher  zu  dienen  hat,  aus  welchem  das  nötige  Wasser 
zur  Bewässerung  von  ca.  450  ha  Wiesen  und  als  Betriebskraft  für  die  Mühlen 
bezogen  werden  soll. 

Zur  konstruktiven  Durchführung  der  einzelnen  Stauweiher  übergehend, 
sei  in  erster  Linie  das  oberste  derselben  erwähnt. 


H.  Ausgeführte  Stauweiherbanten. 


391 


I.  Stauweiher  bei  Jaispitz  (Taf.  XVII). 
Außer  den  Vorerhebungen,  welche  man  vor  Aufstellung  des  generellen 
Projektes  durchführte,  wurde  im  Winter  1893  durch  Abteufung  einer  Anzahl 
von  Probeschächten  die  geognostische  Beschaffenheit  des  Untergrundes  für 
das  Reservoirabschlußwerk  —  die  Talsperre  —  genauer  konstatiert  und  auf 
Grund  dieser  Resultate  die  Fundamenttiefe  mit  7,5  m  angenommen,  in  welcher 
Tiefe  auf  fundierungsfähigen  Gneisfels  gestoßen  wurde. 


Fig.  166.    Fandamentanshab  and  rechte  Tallehneneiablndnng. 

Im  März  1894  wurde  mit  dem  Fundamentaushube  für  die  Talsperren- 
mauer begonnen. 

Nachdem  man  in  der  Talsohle  die  6 — 7  m  mächtige  Schichte  der  Allu- 
vionen  des  ehemaligen  Teichgrundes,  bestehend  aus  komprimiertem  Teich- 
schlammletten, Schotter  und  Geschiebeschichten,  durchteuft  hatte,  wurde  bei 
6 — 7  m  auf  den  Gneisfels  gestoßen. 

Bei  dem  Aushube  auf  die  ganze  projektierte  Breite  von  16,5  m  zeigte  es 
sich  jedoch,  daß  genau  an  der  Stelle,  wo  seinerzeit  der  Probeschacht  abgeteuft 
wurde,  in  der  projektierten  Tiefe  von  7,5  m  wohl  Gneisfels  ansteht,  derselbe 
jedoch  ganz  zufällig  nur  an  dieser  Stelle  unverwittert,  also  fundierungsfähig 
ist,  während  ringsum  nur  verwitterter  Fels  anzutreffen  war. 


392 


n.  Die  Stauweiherbaaten. 


Während  in  den  Tallehnen  in  1 — 4  m  Tiefe  gesunder  Gneis  erschlossen 
wurde,  mußte  in  der  Talsohle  in  einer  größeren  Ausdehnung  bis  auf  11,5  m 
unter  Terrain  gegangen  werden  und  verzögerte  sich  infolgedessen  die  Voll- 
endung dieses  gegen  10000  m^  betragenden  Fundamentaushubes  bis  August  1894. 
Fig.  166  veranschaulicht  den  vorgeschrittenen  Fundamentaushub  in  der  Tal- 
sohle, sowie  den  Aushub  für  die  Einbindung  in  der  rechten  Tallehne,  woselbst 
erst  in  4  m  senkrechter  Tiefe  gesunder  Fels  angetroffen  wurde,  während  die 
linke  Tallehne  eine  geringere  Einbindungstiefe  aufweist. 


Fig.  167.    Be^nn  der  Mauemng  (Ansicht  von  oben,  rechte  Tallehne). 


Die  Verführung  des  Aushubmateriales  geschah  je  nach  Entfernung  der 
Depotplätze  von  der  Fundamentgrube  mittelst  Schubkarren,  Hand-  und  Pferde- 
kippkarren.  Behufs  Überleitung  des  Jaispitzbaches  über  die  Baugrube  wurde 
am  Fuße  der  linken  Tallehne  ein  Aquädukt,  bestehend  aus  einem  Holzgerinne 
für  ca.  20  m*  Wasserabfuhr  pro  Sekunde,  und  einer  kombinierten  Häng-  und 
Sprengwerkkonstruktion  von  16  m  Spannweite  angelegt.  (Siehe  Fig.  166 
und  167. 

Das  während  der  Zeit  des  Fundamentaushubes  sich  ansammelnde  Grund- 
wasser, sowie  das  aus  den  Felsspalten  hervortretende  geringe  Quellwasser 
wurde  aus  der  Baugrube  mittelst  gewöhnlicher  Baupumpen  gehoben  und  in 
den  Bach  geleitet. 


H.  Ausgeführte  Stauweiherbaaten. 


393 


Mit  zunehmender  Aushubtiefe  mußte  eine  Zwischenpumpstation  einge- 
schaltet werden.  Die  Kosten  pro  Kubikmeter  Aushub  beliefen  sich  exkl.  der 
Verführung  auf  1,20 — 4,40  K.  Im  Durchschnitt  der  Bodenkategorien  stellte 
sich  der  Kubikmeter  Aushub  alles  in  allem  samt  Verführung  auf  ca.  2,40  K. 
Als  Abschlußwerk  wurde  eine  aus  Zyklopenmauerwerk  hergestellte  Talsperre 
projektiert,  welche  eine  Kronenbreite  von  3  m  und  bei  28  m  Höhe  eine  Basis- 
breite von  16,5  m  besitzt.  Die  Profilgrundform  bildet  ein  Dreieck,  die  maximale 
Kantenpressung  beträgt  5   kg  pro  cm*,   die  Mauer  selbst  genügt  allen  Be- 


Flg.  168.    Beginn  der  Talsperrenmauemog  (Ansicht  von  unten). 


dingungen  der  Stabilität  in  hohem  Maße.  Die  graphostatische  Untersuchung 
des  Mauerprofiles  ist  aus  Taf.  XVII,  Fig.  6,  zu  ersehen,  wobei  bemerkt  wird, 
daß  die  Mauerkrone  jedoch  auf  behördlichen  Auftrag  nur  mit  3  m  Breite 
ausgeführt  wurde.  Der  zur  Herstellung  des  Zyklopenmauerwerkes  verwendete 
Stein  ist  reiner  Gneis  oder  Gneisgranit,  im  Steinbruche  (ca.  0,6  km  oberhalb 
gelegen)  sehr  unregelmäßig  gelagert  (verworfen),  und  gestaltete  sich  dessen 
Gewinnung  infolge  des  vielen  Abraumes  kostspielig. 

Bevor  mit  den  Maurerarbeiten  begonnen  wurde,  war  es  notwendig,  die 
hierzu  erforderlichen  Hilfsmittel,  als:  Herstellung  des  großen  Versetzgerüstes, 
Montierung  der  Hebemaschine  (Kräne  und  Winden),  Herstellung  der  Zufahrts- 


394  n*  ^i®  Staaweiherbanten. 

Straße  zum  Bauplatze,  der  Mörtelbereitungsstation,  der  Sandwäschereistation, 
der  Rollbahnen,  des  Bremsberges  etc.  zu  vollenden.  Die  Fig.  167  und  168 
veranschaulichen  die  vollendete  11  m  tiefe  Fundamentgrube  und  gleichzeitig 
die  Disposition  der  Laufkräne  mit  den  Steinzangen  beim  Beginn  der  Mauerung 
im  September  1894.  Der  als  Grubensand  gewonnene  Bausand  mufite,  da  mit 
ca.  33  ^/o  erdigen  und  lehmigen  Beimengungen  versehen,  zuerst  einer  gründ- 
lichen Reinigung  unterzogen  werden,  um  zur  Herstellung  eines  geeigneten 
hydraulischen  Mörtels  verwendet  werden  zu  können. 

Zu  diesem  Behufe  wurde  auf  dem  Bauplatze  eine  mittels  Dampfkraft 
betriebene  Sandwaschmaschine  aufgestellt,  welche  pro  Tag  ca.  30  m'  Sand 
rein  zu  waschen  im  stände  war.  Der  so  gewaschene  Sand  war  frei  von  allen 
erdigen  und  lehmigen  Bestandteilen  und  bestand  beinahe  ausschließlich  aus 
reinen  Quarzkömern  mit  sehr  wenig  Feldspat  gemengt,  besaß  ein  mehr 
kleineres  Korn  und  war  zur  Bereitung  eines  wasserdichten  Mörtels  vorzüg- 
lich geeignet.  Im  Winter  1893/94  wurde  eine  eigene  Zementprüfungsstation 
errichtet  und  alle  in  bezug  auf  die  Entfernung  des  Gewinnungsortes  über- 
haupt in  Betracht  kommenden  Zementmarken  untersucht.  Unter  anderen 
wurden  die  Zemente  auch  der  Darrprobe  und  die  in  verschiedenen  Mischungen 
hergestellten  Mörtel  der  Wasserdichtigkeitsprobe  auf  1^/^  und  3  Atmosphären 
Druck  unterzogen. 

Zur  Mauerung  wurde  bis  Ende  1894  ein  Mörtel,  bestehend  aus  1  Raum- 
teile Portlandzement,  aus  2  Raumteilen  Romanzement  und  aus  6  Raumteilen 
reingewaschenem  Sand,  verwendet  und  der  Mörtel  selbst  ziemlich  steif  ein- 
gebracht. 

Der  Mörtel  verbrauch  betrug  30 — 40*^/0;  bei  den  ausländischen  Sperren 
wurden  ebenfaUs  pro  Kubikmeter  Mauerwerk  28 — 42  ®/q  Mörtel  benötigt  Die 
Kosten  eines  Kubikmeters  Zyklopenmauerwerk  stellten  sich  bei  der  Jaispitz- 
talsperre  auf  rund  15,0  K,  während  dieselben  betrugen: 

in  Alfeld 13,—  K, 

„   Remscheid 13,50    „ 

„   Gouffre  d^enfers 20, —    „. 

Bei  dem  in  eigener  Regie  durchgeführten  Bau  des  Lauchenweihers, 
bei  welchem  die  Kosten  infolge  der  großen  Seehöhe  des  Bauplatzes,  der  künst- 
lichen Sanderzeugung  und  der  sehr  teuren  Zufuhr  abnorme  waren,  kam  ohne 
Nebenkosten  1  m^  Mauerwerk  auf  13  K;  samt  den  Nebenkosten,  bestehend 
in  der  bedeutenden  Investition  an  Maschinen,  Wohn-  und  Arbeiterhäusem, 
Turbinenanlage,  Aufsichtspersonal  etc.,  jedoch  auf  21  K.  Mit  der  Mauerung 
der  Jaispitzer  Talsperre  selbst  wurde  Anfang  September  1894  begonnen,  und 
wurden  bis  Ende  November  (Eintritt  strengen  Frostwetters)  gegen  3000  m* 
Zyklopenmauerwerk  hergestellt.  Da  der  Quellenzufluß  in  dem  an  der  Wasser- 
seite angelegten  Fundamentquerschlitz  ein  größerer  war,  wurden  diese  Quellen 
durch  Ausbetonierung  dieses  Schlitzes  abgedichtet. 

Das  Sperrenmauerwerk  wurde  im  Zyklopenverbande  durchgeführt,  hierbei 
zumeist  Steinblöcke  von  0,5  m^  und  darüber  in  der  Weise  versetzt,  daß  bei 
dem  Mauerwerk  keine  durchgehenden  Lagerfugen  entstehen  und  jeder  Stein 
für  sich  derartig  gelagert  ist,   daß  er  sich  im  stabilen  Gleichgewicht  befindet. 


H.  Ausgeführte  Stauweiherbaaten.  395 

Für  jeden  Steinblock  muflte  vor  seinem  Versetzen  ein  entsprechendes  Lager 
(ausreichend  starkes  Mörtelbett)  vorbereitet  werden.  Weiter  wurde  nie 
horizontal  abgeglichen,  sondern  es  wurden  immer  größere  Blöcke  als  Binder 
für  die  nächste  Mauerwerkspartie  durchgreifend  versetzt.  Die  Steine  selbst 
wurden  sowohl  im  Steinbruche  mittels  kräftigen  Wasserstrahles  und  Stahl- 
drahtbürsten von  allem  erdigen  Überzug  etc.  befreit,  als  auch  in  der  Baugrube 
nochmals  mit  Wasser  begossen  und  nötigenfalls  gereinigt. 

Um  in  dem  Falle,  als  der  Grundablaß  nicht  funktionieren  sollte,  ein  Ober- 
fluten der  Reservoirmauer  zu  verhüten,  wurde  in  der  linken  Tallehne  ein 
Oberfallwehr  projektiert  (Taf.  XVII,  Fig.  1).  Dasselbe  besteht  aus  2  Ober- 
fallöffnungen ä  6  m  lichter  Weite,  welche  nach  Umklappen  der  Wehraufsätze 
bei  1,5  m  Wehrüberfallhöhe  rund  jp  =  30  m^  pro  Sekunde,  d.  i.  das  größte 
beobachtete  Hochwasserquantum,  abzuführen  imstande  sind. 

Die  Höhe  des  maximalen  Wasserspiegels,  bei  welchem  das  Reservoir 
ca.  360000  m*  faßt,  ist  durch  die  Oberkante  der  beweglichen  Wehrauf  Sätze 
fixiert,  welche  1,5  m  unter  der  Mauerkrone  liegt.  Aus  Taf.  XVII,  Fig.  2  ist  die 
Konstruktion  dieser  Klappenaufsätze  zu  ersehen,  nach  welcher  durch  Aufziehen 
der  eisernen  Traverse,  an  welche  sich  die  4  um  Scharniere  drehbaren  Klappen 
von  1,5  m  Höhe  lehnen,  diese  letzteren  niederfallen  und  dadurch  im  Gefahr- 
falle ein  möglichst  rasches  Entleeren  des  bei  Herannahen  eines  Hochwassers 
vielleicht  gefüllten  Reservoirs  bis  zur  Wehrüberfallkrone  ermöglicht  wird. 
Das  über  das  Wehr  fließende  Wasser  stürzt  in  ein  in  Felsen  ausgesprengtes, 
stark  geneigtes  Gerinne,  fließt  durch  ein  Objekt  durch  die  Reservoirmauer 
und  gelangt  in  das  ebenfalls  in  Felsen  ausgesprengte  Abflußgerinne,  aus 
welchem  das  Wasser  sodann,  über  die  die  linke  Tallehne  bildenden  Felsen 
herabstürzend,  in  den  unterhalb  liegenden  Bach  sich  ergießt.  Entgegen  diesen 
projektierten  Klappschützen  wurde  im  Interesse  der  Kostenersparung  behörd- 
licherseits von  dieser  möglichst  raschen  Entlastung  des  Staubeckens  auf  1,5  m 
Tiefe  Abstand  genommen,  und  eine  einzige  ganz  freie  Oberfallsöffnung  ohne 
Schützen  angeordnet  und  auch  ausgeführt. 

Zur  Regelung  der  in  das  Reservoir  zu-  und  abfließenden  Hochwasser- 
menge resp.  zur  Restringierung  der  Hochflutwelle  von  Qmax.  =  30  m*  auf  19  m* 
pro  Sekunde  dient  ein  Grundablaß  (Taf.  XVII,  Fig.  4).  Ursprünglich  war  ein 
Stollen  in  der  linken  felsigen  Tallehne  projektiert,  doch  mußte  der  größeren 
Kosten  wegen  auf  behördlichen  Auftrag  derselbe  durch  einen  durch  die 
Mauer  gehenden  Grundablaß  ersetzt  werden. 

Dieser  Grundablaß  besteht  aus  3  gewölbten  Durchlässen,  welche  durch 
eiserne  Schützen  absperrbar  sind.  Bei  voller  Öffnung  und  Annahme  eines 
kleinen  entsprechenden  Wasserspiegelüberdruckes  führen  alle  3  Durchlässe 
jP  =  19  m*  pro  Sekunde  ab.  In  dem  Maße,  als  der  Wasserspiegel  im  Reservoir 
steigt,  also  die  Druckhöhe  zunimmt,  müssen  die  Schützen  sukzessive  herab- 
gelassen werden,  so  zwar,  daß  durch  den  Grundablaß  immer  nur  eine  maxi- 
male Wassermenge  Q  =  19  m*  pro  Sekunde  in  den  unterhalb  gelegenen  Bach 
in  normalen  Fällen  gelangen  kann. 

Das  Reservoir  ist  sonach  als  Retensionsreservoir  immer  leer  oder  nahezu 
leer  zu  halten,  damit  es  bei  herankommendem  Hochwasser  mit  seinem  ganzen 
Inhalte  rückhaltend  (retensiv)  zu  wirken  in  der  Lage  sei. 


396  ^'  ^i®  Stanweiherbanten. 

Die  Wirkung  dieses  Reservoirs  wird  also  kurz  skizziert  nachstehende  sein. 

Das  Reservoir  ist  leer,  die  SchOtzen  des  Grundablasses  sind  geöffnet. 
Das  Nieder-  und  kleinere  Mittelwasser  flieöt  durch  den  Grundablaß  unge- 
hindert durch. 

In  dem  Falle  nun,  daS  die  in  das  Reservoir  durch  den  Jaispitzbach  ein- 
fließende Wassermenge  wächst,  wird  bei  dem  Grundablaß  sich  ein  Rückstauen 
des  Wasserspiegels  im  Reservoir  bemerkbar  machen. 

Sobald  der  Wasserspiegel  eine  gewisse  Marke  Obersteigt,  welche  der 
Druckhöhe  entspricht,  bei  welcher  die  vollkommen  geöffneten  Durchlässe  die 
Wassermenge  Q=^19  m*  pro  Sekunde  abführen,  wird  der  Reservoirwächter 
nach  Maßgabe  einer  Tabelle  oder  eines  Pegels  die  allmähliche  Schließung 
eines  der  Durchlässe  vorzunehmen  haben,  derart,  daß  durch  den  Grundablafi 
immer  nur  eine  Wassermenge  j^  <  19  m'  pro  Sekunde  abgelassen  wird.  In 
dem  Falle  nun,  als  ein  Hochwasser  von  der  Höhe  und  Dauer  des  im  Jahre 
1888  beobachteten  eintritt,  wird  der  Wasserspiegel  im  Stauweiher  höchstens 
die  Höhe  der  Wehraufsätze  erreichen  und  dann  allmählich  wieder  zu  sinken 
beginnen.  Das  Reservoir  wird  sich  endlich  nach  und  nach  ohne  Zutun  des 
Wärters  selbsttätig  wieder  entleeren.  Die  gesamten  Baukosten  dieses  Reservoirs 
inkl.  der  Grundeinlösung,  welch  letztere  ca.  12000  K  beanspruchte  (zumeist 
sterile  Felsabhänge,  Hutweiden  und  aufgeforstete  Lehnen),  waren  nach  dem 
Projekt  auf  243200  K  veranschlagt,  so  daß  1  m*  aufgespeicherten  Wassers  auf 

RfiOOOO  ~  ^®  ^  ^^  stehen  kommen  würde;  infolge  der  bedeutend  größeren 

Fundierungstiefe  stellten  sich  diese  Kosten  jedoch  auf  80  h.  Das  zur 
Mauerung  der  Talsperre  notwendige  Gerüste  für  zwei  verschiedene  Baustadien 
ist  auf  Tafel  XVIII  und  XIX  abgebildet.  Der  Bau  dieses  Stauweihers  wurde 
1898  vollendet. 

2.  Der  Stauweiher  bei  Weirowitz  (Taf.  XX). 

Ca.  800  m  oberhalb  des  Dorfes  Weirowitz  (3  km  oberhalb  Durchlaß) 
erweitert  sich  die  Talbreite  an  der  zum  Abschluß  bestimmten  Stelle  von  90  m 
in  kurzer  Distanz  talaufwärts  auf  390  m.  Dieser  Umstand  sowohl,  als  das 
geringe  Talsohlengefälle,  endlich  eine  zweite,  nochmalige  bedeutende  Tal- 
verbreiterung weiter  oberhalb  war  für  den  Projektverfasser  bestimmend,  diese 
Stelle  für  das  Reservoirabschlußwerk  zu  beantragen.  Dieser  Abschluß  soll 
durch  eine  im  Grundriß  bogenförmige,  in  der  Krone  110  ra  lange,  9,5  m  über 
der  mittleren  Talsohle  hohe  Mauer  hergestellt  werden.  Die  gesamte  Höhe 
der  Mauer  inkl.  der  Fundierung  beträgt  16,5  m,  bei  welcher  Höhe  dieselbe 
eine  Basisbreite  von  11  m  und  eine  Kronenbreite  von  3  m  erhalten  soll 
(siehe  Taf.  XX,  Fig.  1  und  2).  Die  Situation  dieses  Reservoirs  (siehe  Fig.  169) 
ist  eine  so  günstige  und  bauökonomische,  daß  in  Mähren,  welches  der 
Projektverfasser  zum  Zwecke  der  Errichtung  ähnlicher  Reservoire  für  die 
Marchregulierung  etc.  im  Laufe  der  Jahre  1881 — 1886  vom  Ursprünge  der 
March  bis  nach  Göding  durchforscht  hatte,  bei  Berücksichtigung  des  großen 
Einzugsgebietes  von  380  km*  und  der  minimalen  Baukosten  keine  zweite 
derartig  günstige  Stelle  mehr  aufgefunden  wurde. 


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Flg.  169.   Sltaation  des  Stanweihers  bei  Welrowltz.   Maximaler  FassiuigBrauin  =  1,5  Mlll.  m',  normaler 

FaBsimgsraum  =  0,8  Mlll.  m',  WasBerspiegelfläche  86  ha,  Manerhöhe  (max.)  =  16,5  m,  gröfite  nutzbare 

Wassertlefe  =B  8,0  m,  gesamte  Baukosten  =  268000  E,  Kosten  pro  m*  aufgespeicherten  Wassers  (für 

max.  Spannung)  =  16  Heller  (nach  Projekt). 


398 


II.  Die  Stanweiherbauten. 


Auch  in  Frankreich,  Deutschland,  Belgien  etc.,  in  welchen  Ländern 
viel  größere  Reservoire  zur  Durchführung  gelangten,  fand  ich  nicht  eine  so 
günstige  Abschlußstelle,  wie  die  vorliegende.  Das  Weiro witzer  Reservoir  ist 
bei  1^/2  Mill.  m^  maximalen  Fassungsraums  auf  268000  K  veranschlagt;  es 
kostet  somit  1  m'  aufgespeicherten  Wassers  ca.  16  h. 

Ein  Überfallwehr  (Taf.  XX,  Fig.  1)  ermöglicht  dem  ankommenden 
Wasser,  bei  event.  gefülltem  Reservoir  dasselbe  zu  passieren,  ohne  die 
Mauer  selbst  zu  überfluten,  wodurch  die  Sicherheit  des  Bauwerkes  arg  ge- 
fährdet würde.  Es  besteht  aus  4  Überfallöffnungen  von  je  6  m  Weite,  deren 
jede  mit  2  m  hohen  Dammbalkenaufsätzen  versehen  ist,  die  notwendigen 
Falles  rasch  entfernt  werden  können.  Die  Fig.  3,  4  und  5  auf  der  Taf.  XX 
veranschaulichen  die  Konstruktion  der  projektierten  beweglichen  Wehraufsätze. 
Die  6  m  langen  Dammbalken,  welche  je  nach  der  variablen  Größe  des  Wasser- 
druckes verschieden  dimensioniert  sind,  lehnen  sich  an  der  linken  Seite  an 
einen  Vorsprung  (a)    des   Pfeilers   bezw.  Landpfeilers,    während    sie   an  der 


\r:-^^^j^^jm^, 


Fig.  170.    A^nslcht  des  Hochwasser-ÜberfallserinneB. 

rechten  Seite  durch   einen   eisernen  T-Träger  (ä),  der,  vertikal  stehend,  sich 
um  eine  Achse  umlegen  kann,  gestützt  werden. 

Wenn  durch  Aufheben  des  Hebels  cd  der  durch  den  Wasserdruck  an- 
gepreßte eiserne  Ständer  b  umfällt,  so  wird  durch  eine  am  unteren  Ende 
desselben  angebrachte  Knacke  (Winkeleisen)  der  unterste  Damrobalken  und 
damit  auch  die  anderen  gehoben  und  schwimmen  letztere  ab  bezw.  legen 
sich,  an  Ketten  hängend,  an  das  linke  Widerlager  an.  Infolge  der  bedeutenden 
Stauhöhe  (2  m)  wurden  in  neuester  Zeit  statt  der  ursprünglich  projektierten 
Klappen,  wie  in  Jaispitz,  vom  Projektverfasser  die  Dammbalkenaufsätze  vor- 
geschlagen. Die  Überfallöffnungen  sind  infolge  der  örtlichen  Terrainsituation 
nicht  senkrecht  auf  die  Talsperre  wie  in  Jaispitz,  sondern  in  der  Längenachse 
derselben  projektiert  (Fig.  169).  Hierdurch  bedingt,  wird  das  Überfallabfluß- 
gerinne (Fig.  170)  breiter  und  teurer.  Es  ist  jedoch  zu  berücksichtigen,  daß 
bei  dieser  Lage  der  Überfallwehröffnungen  lange,  durch  das  Hochwasser 
mitgebrachte  Gegenstände  (Bäume,  große  Eisschollen  etc.)  leichter  das  Wehr 
passieren  können,  was  im  Interesse  der  Verhütung  einer  Verstopfung  der 
Öffnungen  dieses  großen  Reservoirs  wohl  die  größeren  Baukosten  rechtfertigt 


H.  Ausgeführte  Stauweiherbauten.  399 

Die  Kapazität  dieses  Überfallwehres  übersteigt  der  Sicherheit  wegen  selbst  das 
Maß  des  projektierten  Hochwasserquantums  von  80  m*  pro  Sekunde  bedeutend. 

Da  die  knapp  unterhalb  des  Stauweihers  liegende  alte  Mühle  vom  Lande 
Mähren  angekauft  und  der  Betrieb  derselben  aufgelassen  wurde,  so  entfällt 
die  entsprechende  Vorrichtung  zur  Speisung  des  höher  gelegenen  Mühl- 
grabens. Ein  durch  den  Felsen  zu  treibender  Stollen  (Taf.  XX,  Fig.  6 — 15) 
reguliert  den  Abfluß  bei  großen  Hochwässern  derart,  daß  von  der  im  Maximum 
ankommenden  Wassermenge  von  80  m*  pro  Sekunde  bloß  eine  solche  von 
ö  =  30  m*  pro  Sekunde  in  den  Jaispitzbach  abgelassen  wird.  Zu  diesem 
Behufe  ist  der  Einfluß  in  den  Stollen,  welcher  gegen  die  Wasserseite  zu  in 
drei  Durchlässe  übergeht,  durch  eiserne  Schützen  ähnlich  regulierbar  wie 
beim  Jaispitzer  Stauweiher. 

Die  günstige  Konfiguration  des  Terrains  bei  der  Resevoirabschlußstelle 
einerseits,  wie  der  Umstand,  daß  bei  größeren  Reservoiren  die  Talsperre  als 
ein  Monolith  zu  betrachten  und  jede  Durchbrechung  desselben,  wenn  überhaupt 
tunlich,  zu  vermeiden  ist,  eine  Ansicht,  welche  die  meisten  Spezialfachleute 
in  Reservoirbauten  vertreten  und  welche  auch  beim  internationalen  Binnen- 
schiffahrtskongreß in  Paris  im  Jahre  1892  in  den  bezüglichen  Fachreferaten  etc. 
zum  Ausdrucke  gelangte,  haben  den  Projektverfasser  veranlaßt,  insbesondere 
bei  Weirowitz  einen  Stollen  zu  beantragen.  Die  Detailkonstruktion  der 
eisernen  Schützen  ist  aus  den  Fig.  13,  14  und  15  auf  Taf.  XX  zu  ersehen. 
Hierbei  ist  speziell  zu  bemerken,  daß  bei  der  Konstruktion  der  Aufzugsspindel 
dem  Umstände  Rechnung  getragen  wurde,  daß  in  Berücksichtigung  der  großen 
Länge  und  der  eventuell  möglichen  Durchbiegung  der  Spindel  für  das  Nieder- 
drücken mit  einem  röhrenförmigen,  für  das  Aufziehen  mit  einem  vollen  Quer- 
schnitt vorgesorgt  wurde.  Der  Betrieb  dieses  Stauweihers,  welcher  nicht  nur 
als  Retensions-,  sondern  auch  als  Sammelreservoir  funktionieren  soll,  wird 
derartig  einzurichten  sein,  daß  in  demselben  je  nach  der  Jahreszeit,  bezw. 
dem  jeweiligen  Erfordernisquantum  für  Industrie  und  Wiesenbewässerung, 
welches  erst  nach  durchgeführten  Verhandlungen  mit  den  Interessenten 
genauer  fixiert  werden  wird,  ein  gewisser  Wasservorrat  stets  aufzuspeichern 
und  dessen  sukzessive  Abgabe  durch  entsprechende  Öffnung  einer  der  Schützen 
zu  regeln  sein  wird.  Was  die  Krone  der  Talsperre  selbst  betrifft,  so  ist  in 
architektonischer  Richtung  auf  der  Talseite  ein  einfaches  bekrönendes  Haupt- 
gesims und  darauf  auf  einem  niedrigen  Steinsockel  ein  einfaches  eisernes 
Geländer  aus  Sicherheitsrücksichten  projektiert,  während  auf  der  Wasserseite 
nicht  nur  zur  Sicherheit  für  die  Menschen,  sondern  insbesondere  zur  Ver- 
hinderung einer  Überspülung  der  Krone  durch  einen  höheren,  1,5  m  über- 
steigenden Wellenschlag  eine  80  cm  hohe  Parapuetmauer  beantragt  ist.  Hier- 
durch ist  auch  die  Möglichkeit  geboten,  im  Falle  einer  außerordentlichen 
Hochwasser-Katastrophe  den  Fassungsraum  des  Stauweihers  bis  auf  2  Mill.  m* 
auszunützen,  wenn  der  Wasserspiegel  bis  zur  Mauerkrone  steigen  sollte.  (Die 
in  letzterer  Zeit  vorgenommenen  größeren  Fundamentaufschlüsse  waren,  trotz- 
dem das  Gestein  nahezu  im  ganzen  Sperrenprofil  zu  Tage  tritt,  ähnlich  un- 
günstige wie  in  Jaispitz,  so  daß  1  m^  aufgespeicherten  Wassers  sich  auf 
20—25  h  stellen  dürfte.) 


400  II-  ^^^  Staaweiherbauten. 

3.  Der  Stauweiher  bei  Grofs-Olkowitz. 

Einer  der  größten  Nebenzuflüsse  des  Jaispitzbaches,  der  Hosterlitzerbach, 
welcher  bei  Hochwasser  derzeit  bis  26  m*  abführt  und  ca.  13  km  unterhalb 
des  Weirowitzer  Reservoirs  bei  Lechwitz  in  den  Hauptbach  einmündet,  konnte 
durch  Wiederanspannung  eines  großen,  im  untersten  Laufe  gelegenen  herr- 
schaftlichen Teiches  beinahe  mit  seinem  ganzen  großen  Einzugsgebiete  be- 
herrscht werden.  Der  bestehende,  bis  auf  die  ehemalige  Durchbruch-  bezw. 
Öffnungsstelle  in  gutem  Zustande  befindliche,  ca.  5 — 6  m  hohe  Teichdamm 
wurde  derart  rekonstruiert,  daß  an  der  tiefsten  Stelle  eine  dreiteilige  hölzerne 
Regulierschleuse,  auf  Pilotenrost  fundiert,  eingebaut  wurde,  durch  welche  der 
Abfluß  so  geregelt  werden  kann,  daß  statt  der  bisherigen  maximalen  26  m^ 
pro  Sekunde  nur  noch  16  m*  dem  Jaispitzbache  zugeführt  werden.  Der  Groß- 
Olkowitzer  Bach  wurde  zu  diesem  Behufe  vorläufig  innerhalb  des  Reservoirs 
und  ca.  1  km  unterhalb  desselben  auf  eine  Kapazität  von  16  m*  reguliert, 
welche  Wassermenge  den  Teich  somit,  ohne  zu  exundieren,  durch  die  offene 
Schleuse  passieren  kann.  Die  Durchführung  der  Regulierung  dieses  Baches 
in  seinem  weiteren  Verlaufe  ist  im  Wege  einer  Wassergenossenschaft  in 
Vorbereitung.  In  dem  Momente,  als  die  Wassermenge  ö  >  16  m*  wird, 
werden  die  Schleusen  in  einem  der  Zunahme  der  Druckhöhe  entsprechenden 
Maße  herabgelassen,  so  daß  auch  bei  ganz  gespanntem  Stauweiher  nur  16  m* 
zum  Abflüsse  gelangen.  Sobald  die  zufließende  Hochwassermenge  abnimmt, 
entleert  sich  der  Teich  selbsttätig.  Da  die  Teichgründe  aus  sehr  fruchtbarem 
Wiesen-  und  Ackerland  bestehen,  mußte  von  einer  faktischen  Grundeinlösung 
der  großen  Kosten  wegen  umsomehr  Abstand  genommen  werden,  als  größere 
Hochwässer  wie  16  m^  sehr  selten  eintreten. 

Der  normale  Fassungsraum  dieses  Stauweihers  beträgt  ca.  400000  m^, 
wobei  der  höchste  Wasserspiegel  1  m  unter  der  Dammkrone  angenommen 
wurde. 

Obwohl  ein  Überfluten  dieses  sehr  flach  (ca.  1 : 4)  geböschten,  berasten 
Dammes,  in  welchem  Falle  der  Fassungsraum  600000  m*  betragen  würde,  mit 
keinen  Gefahren  für  dessen  Bestand  verbunden  ist,  wurde  trotzdem  für  einen. 
Überfall  in  Form  einer  sehr  flachen  Terrainmulde  Sorge  getragen.  Die  Über- 
schwemmung der  Teichgründe  dürfte  den  Erfahrungen  entsprechend  bloft 
1 — 2  Tage  dauern,  daher  auch  die  Wartungs-  und  Erhaltungskosten  mini- 
male werden. 

Weiter  wurde  auch  eine  teilweise  Erhöhung  des  Dammes,  sowie  die 
Neuherstellung  von  Fahrwegen  zu  beiden  Seiten  dieses  Teiches  notwendig. 
Die  Gesamtkosten  dieses  Stauweihers  inkl.  der  Regulierung  des  Baches  auf 
2200  m  Länge  und  des  Grund-  resp.  Fruchtschadenersatzes  etc.  für  28000  K. 
betrugen  zusammen  ca.  64000  K,  so  daß  bei  400000  m*  Inhalt  der  Kubikmeter 
aufgespeicherten  Wassers  dieses  offenen,  im  November  1894  vollendeten 
Retensionsreservoirs  nur  16  h  kostet. 

Da  die  bautechnischen  Durchführungsdetails  des  Olkowitzer  Reservoirs 
sich  auf  die  einfache,  auf  Pilotenrost  fundierte  Regulierschleuse  beschränkten, 
wurde  wegen  Raummangel  von  der  Beigabe  des  Planes  abgesehen. 


H.  Ausgeführte  Stau  weiherbauten.  401 

Die  kurrente  Bachregulierung. 

Die  Situation  dieser  Regulierung  samt  den  Baustellen  der  3  Reservoire 
ist  aus  der  Fig.  171  zu  entnehmen.  Eine  für  die  Möglichkeit  der  rationellen 
Durchführung  angestrebte  Melioration  in  Hinsicht  auf  Entwässerung  wie  Ver- 
hinderung der  Hochwasserschäden  notwendige  Bedingung  ist  die  Durchführung 
der  Thayaregulierung  bei  FröUersdorf. 

Da  die  baldigste  Inangriffnahme  derselben  zur  Zeit  der  Projektsver- 
fassung in  Aussicht  stand,  wurde  auch  im  Projekte  der  Jaispitzbachregulierung 
die  neue  projektierte  Thayasohle  als  Ausgangspunkt  genommen.  Die  innerhalb 
der  Gemeinde  FröUersdorf  liegende  Bachstrecke  erscheint  in  den  Kosten  nicht 
aufgenommen,  da  diese  Gemeinde  der  Thay aWassergenossenschaft  angehört 
und  von  letzterer  auch  die  Durchführung  der  Korrektion  dieser  untersten 
Jaispitzbachstrecke  vorgenommen  werden  soll.     Bei  der  Aufstellung  der  not- 

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Fig.  171.    NiedenohlAgs-  und  Reservolrgebiet  des  JalBpltzbaohes. 

wendigen  Kapazität  der  neuen  Bachprofile  wurde  teils  nach  den  Regen- 
messungen der  zahlreichen  meteorologischen  Stationen,  teils  auf  Grund  von 
Berechnungen  nach  konstatierten  Wasserständen  und  von  vorgenommenen 
Geschwindigkeitsmessungen  unterhalb  Durchlaß  ein  maximales  Hoch- 
wasserquantum von  80  m*  pro  Sekunde  gefunden  und  angenommen. 

Von  diesem  Maximalquantum  sollen  während  der  Kulmination  des  Ab- 
flusses 30  m*  durch  das  Reservoir  bei  Weirowitz  zurückgehalten  werden,  so 
daß  in  das  Bachbett  von  Durchlaß  abwärts  im  Maximum  nur  30  m^  gelangen 
können. 

Bei  Annahme  derselben  meteorologischen  Faktoren  und  der  weiteren 
Reduktion  der  Hochflutwelle  des  Groß-Olkowitzer  (Hosterlitzer)  Baches  von 
26  auf  16  m*  nimmt  die  Kapazität  des  Bachprofiles  entsprechend  den  unter- 
halb einmündenden  größeren  Nebenbächen  allmählich  zu  und  erreicht  bei 
Grusbach  60  m*,  gegenüber  der  jetzigen  maximalen  Abflußmenge  von  120  m' 
pro  Sekunde. 

Friedrich,  Wasserbau.    Zweite  Auflage.    II.  Band.  26 


402  ^-  ^*®  Stauweiherbauten. 

Eine  bezügliche  Berechnung  der  Kosten  einer  Bachregulierung  bei  der 
Voraussetzung  des  Nichtbestehens  dieses  Reservoirs,  also  ohne 
Rückhaltung  obiger  60  m«,  ergab  nicht  nur  einen  Betrag,  welcher  die  vorliegende 
Totalsumme  zum  mindesten  erreicht,  sondern  auch,  daß  im  unteren  Teile 
derartige  breite  Profile  resultieren,  deren  Ausführung  seitens  der  Interessenten 
auf  großen  Widerstand  stoßen  würde.  Der  große  Vorteil  der  Aufspeicherung 
und  Ausnützung  des  Wassers  ginge  bei  dieser  Art  Korrektion  ebenfalls  ver- 
loren, wie  man  auch  von  einer  Amortisierung  des  Baukapitals  sowohl,  als 
auch  von  der  Einführung  einer  Wiesenbewässerung  absehen  müßte. 

Durch  diese  mit  der  Reservoiranlage  .verknüpfte  Reduktion  der  größten 
Hochwasserwelle  (während  der  Kulmination  von  80  m^  auf  30  m*  im  oberen 
Laufe  unterhalb  Weirowitz  und  von  120  m*  auf  60  m^  bei  Grusbach  und 
Fröllersdorf)  wurde  es  ermöglicht,  mit  wenigen  Ausnahmen  alle  Brücken-  und 
Stauanlagen  zu  belassen  und  nur  durch  kleine  Rekonstruktionen  dieselben  in 
den  Rahmen  des  Projektes  einfügen  zu  können.  Dadurch  werden  auch  die 
wasserrechtlichen  Verhältnisse  der  Mühlenbesitzer  in  keiner  Weise  geändert 
und  der  Neubau  von  drei  großen  Stauanlagen  wie  einer  Unzahl  größerer 
Brücken  umgangen. 

Die  hammäßige  Höhe  des  Wasserspiegels  für  den  Mühlgraben  wird 
hergestellt  durch  Aufstellung  von  entsprechend  (ca.  1  m)  hohen  Wehrauf- 
sätzen, welche  sich  bei  Hochwasser  automatisch  niederlegen  und  nach  Ablauf 
desselben  selbsttätig  wieder  aufrichten.  Durch  alle  diese  günstigen  Umstände, 
wie  der  Annahme,  daß  diese  Bauten  von  den  Interessenten  in  eigener 
Regie  durchgeführt  werden,  bedingt,  ist  es  ermöglicht,  die  Regulierung 
dieser  20  km  langen  Strecke  (vom  oberen  Durchlasser  Wehr  bis  zur  Gemeinde- 
grenze Grusbach-FröUersdorf)  zu  dem  geringen  Betrag  von  160000  K  herstellen 
zu  können.  Hierbei  muß  berücksichtigt  werden,  daß  größere  Strecken  inner- 
halb dieser  20  km  schon  derzeit  eine  Kapazität  von  60  m^  pro  Sekunde  und 
darüber  besitzen,  daß  femer  das  Jaispitzbachbett  viele  Monate  hindurch  ganz 
oder  nahezu  trocken  ist,  die  Arbeiter  daher  in  dem  Bachbette  stehend  den 
Aushub  bewerkstelligen  können,  weiter,  daß  der  Längentransp)ort  unbedeutend 
ist,  zumeist  nur  ein  Seitentransport  (ein-  und  zweifacher  Schaufelwurf)  vor- 
kommt und  das  Material  der  Bodenkategorie  1  und  2  nahezu  ausschließlich 
angehört,  also  zumeist  Stichboden  repräsentiert  und  nur  an  einzelnen  Stellen 
auch  in  die  Kategorie  3,  das  ist  Stich-  oder  Hauboden,  übergeht.  Die  kurrente 
Bachregulierung  soll  erst  nach  Vollendung  der  Stau  weiherbauten  in  Angriff 
genommen  werden,  und  wird  auf  Basis  eines  erst  anzufertigenden  Detail- 
projektes durch  eine  Genossenschaft  wahrscheinlich  gemeinde-  oder  wenigstens 
sektionsweise  durchgeführt  werden,  da,  wie  früher  erwähnt,  die  jetzige 
Kapazität  des  Flußschlauches  in  den  verschiedenen  Strecken  ungemein  variiert, 
daher  auch  die  Kosten  pro  lfd.  m  ganz  bedeutend  differieren. 

Eine  dem  generellen  Projekte  vom  Jahre  1887  beigeschlossene  detaillierte 
Rentabilitätsberechnung  ergab  die  ganz  bedeutende  Vermehrung  des  Volks- 
vermögens von  ca.  3  Mill.  K.  In  Erkenntnis  der  hohen  volkswirtschaftlichen 
Bedeutung  dieser  in  Österreich  zum  ersten  male  zur  Durchführung  gelangenden 
Art  von  Bodenmeliorationen  erfreute  sich  dieses  Projekt  seitens  der  mährischen 


H.  Ansgeftihrte  Staaweiherbaaten.  403 

Landesvertretung  der  regsten  Unterstützung  und  wurde  dasselbe  in  der  Session 
1887  dem  mährischen  Landtage  vorgelegt,  durch  welchen  einem  bezüglichen 
Gesetzentwurfe  die  verfassungsmäßige  Zustimmung  erteilt  wurde,  worauf  die 
Sanktionierung  dieses  Gesetzes  erfolgte. 

Trotzdem  infolge  noch  nicht  erfolgter  Bewilligung  des  gegen  den 
Kostenvoranschlag  wegen  ungünstigerer  Fundierungsverhältnisse  notwendig 
gewordenen  Mehraufwandes  das  größte  (Weirowitzer)  Reservoir  noch  nicht 
erbaut  war,  hat  der  Jaispitzer  Stauweiher  den  bezüglichen  Nachrichten  der 
Tagesblätter  zufolge  seine  retensive  Wirkung  bei  dem  großen  Landregen  und 
Wolkenbrüchen  Ende  Juli  1897,  Mai  1899  und  Pfingsten  1902  vorzüglich 
nachgewiesen,  so  daß  beispielsweise  im  Jahre  1897  eine  Ernte  im  Werte 
von  80000  K  vor  Vernichtung  gerettet  wurde,  durch  welche  Fälle  die  hohe 
volkswirtschaftliche  Bedeutung  dieses  Projektes  nunmehr  auch  durch  die 
praktischen  Erfahrungen  in  unzweifelhafter  Weise  nachgewiesen  erscheint. 

4.  Talsperre  zur  Wasserversorgung  der  Stadt  Komotau  (Böhmen). 

Die  hydrographischen  Verhältnisse  der  Umgebung  der  Stadt  Komotau 
haben  die  Zwangslage  geschaffen,  das  zur  einheitlichen  Wasserversorgung 
der  mit  dem  Vororte  Oberdorf  rund  21000  Einwohner  zählenden  und  sich 
eines  raschen  Aufschwunges  auf  dem  Gebiete  industrieller  Tätigkeit  erfreuenden 
Stadt  erforderliche  Wasserquantum  angesichts  des  Fehlens  gleichmäßig  er- 
giebiger Quellen  und  Grundwasserströme  durch  die  Magazinierung  der  peri- 
odisch abfließenden  Oberflächenwässer  zu  beschaffen. 

Schon  vor  Aufwerfung  der  Frage  nach  einer  zentralen  Wasserversorgung 
hatte  man  der  Aufspeicherung  der  Wässer  des  auch  die  Stadt  Komotau  durch- 
fließenden Assigbaches  —  damals  jedoch  nur  zum  Zwecke  der  Regelung  der 
Abflußverhältnisse  dieses  Wasserlaufes  —  Beachtung  geschenkt  und  war 
bereits  vor  33  Jahren  (1874)  von  Prof.  Harlacher  in  Prag  das  Projekt  für 
die  Errichtung  einer  40  m  hohen  Staumauer  (35  m  Wassertiefe)  zur  Bildung 
eines  1,58  Mill.  m'  (20  Mill.  Kubikfuß)  fassenden  Gebirgsreservoirs  an  der 
unter  dem  Ortsnamen  „Böses  Loch"  bekannten  Klamm  im  Assigtale  aus- 
gearbeitet worden.^) 

Mit  der  Änderung  der  Bestimmung  der  aufzuspeichernden  Wässer  für 
Trinkwasserzwecke  mußte  dieses  Projekt  entsprechend  abgeändert  und  zufolge 
der  Forderung,  den  Abfuß  aus  moorigen  und  torfigen  Gebieten,  wie  solche 
in  den  oberen  Tälern  des  Erzgebirges  vielfach  auftreten,  von  dem  Reservoire 
fernzuhalten,  die  Talsperranlage  nicht  im  Haupttale  selbst,  sondern  im  Tale 
eines  seitlichen  Zuflusses,  des  GröUbaches,  angeordnet  werden. 

Auch  bei  dieser  Disposition  war  die  gesonderte  Ableitung  der  Abflüsse 
einer  innerhalb  des  Einzugsgebietes  des  GröUbaches  von  rund  12  km*  gelegenen 
Torfmoorfläche  von  3,4  km*  Ausdehnung  durch  Anlage  eines  das  GröUbachtal 
mit  dem  Assigtale  verbindenden  Stollens  erforderlich.  (Siehe  Fig.  7  auf 
Taf.  XXI.)  Die  Abwässer  der  einzigen  in  dem  ganzen  Niederschlagsgebiete 
gelegenen  Ansiedlung,  nämlich  des  Neuhauser  Forst-  und  Hegerhauses,  werden 


1)  „Technische  Blätter.«     VII.  Jahrgang  1875,  Prag. 

26  "• 


404  ^*  ^^^  Stauweiherbaaten. 

hierdurch  gleichfalls  von  dem  Reservoir  abgehalten  und  erscheint  durch  diese 
Schutzmaßregeln  der  Bezug  eines  selbst  weitgehende  Ansprüche  befriedigenden 
Reinheitsgrades  des  Wassers  gewährleistet. 

Der  zur  Magazinierung  einer  Wassermenge  von  700000  m*  notwendige 
Beckenraum  erforderte  die  Aufführung  eines  Abschlußwerkes  von  ganz  be- 
deutender Höhe.  Dasselbe  ist  als  Sperrmauer  durchgeführt  (siehe  Fig.  8  auf 
Taf.  XXI)  und  besitzt  nachstehende  Hauptabmessungen: 

Gesamthöhe  der  Mauer  (normal) 35,75    m 

Maximale  Mauerhöhe  über  Terrain 32,40     „ 

Maximale  Wassertiefe 30,65     „ 

Maximale  Fundierungstiefe  unter  Terrain     .     .     .     16,00     „ 

Kronenbreite  der  Mauer 4,00     „ 

Breite  der  Mauer  am  Mauerfuße 30,00     „ 

Länge  der  Mauer  am  Fuße 52,00     „ 

Länge  der  Mauer  an  der  Krone 155,00     „ 

Kubatur  des  Mauerwerks 41,000  m« 

Oberstaute  Fläche  bei  maximaler  Füllung    .     .     .       5,60    ha 

Krümmungsradius  der  Mauer 250,00    m. 

Das  Mauerprofil  ist  in  seiner  Massenverteilung  so  gewählt,  daß  die 
maximalen  Kantenpressungen  in  demselben  bei  leerem  Weiher  5,94  kg/cm, 
bei  vollem  Reservoir  6,12  kg/cm  nicht  übersteigen  und  die  Minimalbean- 
spruchungen nicht  unter  0,55  kg/cm,  bezw.  0,14  kg/cm  heruntergehen.  Der 
statischen  Untersuchung  wurde  ein  spezifisches  Gewicht  des  Mauerwerkes  von 
2,4  zugrunde  gelegt.  Diese  Annahme  hat  sich  auch  während  des  Baues  be- 
stätigt gefunden. 

Die  Mauer  ist  ganz  in  Gneisfels  fundiert  und  in  Gneisbruchstein  aus- 
geführt. Den  Fundierungsarbeiten  standen  insofern  bedeutende  Schwierig- 
keiten entgegen,  als  in  einem  Teile  des  Talbodens,  sowie  an  dem  linken  Tal- 
gehänge ein  entsprechend  widerstandsfähiges  Felsbett  erst  in  bedeutenden 
Tiefen,  stellenweise  erst  bei  16  m  unter  Terrain  angetroffen  wurde,  und  ver- 
größerten sich  demzufolge  die  Kubaturen  des  Erd-  und  Felsaushubes,  sowie 
der  einzubringenden  Beton-  und  Mauerwerksmassen  ganz  erheblich.  Ander- 
seits erwiesen  sich  die  Lagerungsverhältnisse  des  Gebirges  äußerst  günstig. 
Jene  Stellen  des  Fundamentes,  welche  ein  Herabgehen  bis  zu  7  m  unter  die 
allgemeine  Fundamentalsohle  erforderten,  wurden  durch  Einbringung  von 
Portlandzement-Stampfbeton  zur  Gleiche  gebracht.  Allehthalben  wurde  der 
bloßgelegte  Fels  mit  Hilfe  von  Hochdruckwasserstrahl,  Besen  und  Stahldraht- 
bürste gereinigt,  die  Gesteinsfugen  mit  Zementwasser  ausgespritzt  und  die 
stärkeren  Risse  mit  Portlandzementmörtel  verfugt  und  sodann  Beton  in  fetter 
Mischung  in  unregelmäßigen  Körpern  eingebracht  und  die  hierdurch  gebildete 
unregelmäßige  Oberfläche  mit  einem  Portlandzementverputze  überzogen.  Auf 
diesem  erst  erfolgte  der  Ansatz  des  Bruchsteinmauerwerkes.  Die  Felsflächen 
der  beiderseitigen  Lehnenanschlüsse  der  Mauer  wurden  in  analoger  Weise 
vorbereitet. 

Der  zur  Aufmauerung  in  Verwendung  genommene  Mörtel  bestand  aus 
1  Teile  Kirchdorfer  Portlandzement,    1  Teile  Looscher  (hydraulischem)  Kalk 


H.  Ansgefilhrte  Stauweiherbauten.  405 

und  6  Teilen  am  Baufelde  selbst  hergestellten  Gneissand.  Die  Wahl  dieser 
Mörtelmischung  erfolgte  auf  Grund  eingehender  Untersuchungen  bezüglich 
der  Festigkeit  und  Widerstandsfähigkeit  gegen  Auslaugung.  Mörtel  und  Beton 
wurde  mit  Hilfe  von  Maschinen  gemischt  und  soll  der  Mörtelverbrauch  im 
Mittel  28ö/o  (?)  betragen  haben.  War  durch  die  sorgfältige  Herstellung  des 
Mauerwerkes  selbst  schon  eine  hohe  Dichtigkeit  des  Abschlußwerkes  gewähr- 
leistet, so  wurde  dieselbe  durch  Anbringung  einer  eigenen,  die  ganze  Wasser- 
seite der  Mauer  bis  auf  1  m  über  den  maximalen  Stauspiegel  überziehenden 
Dichtungsschicht  noch  erhöht  Letztere  besteht  aus  einer  auf  dem  verfugten 
und  gereinigten  Mauerwerke  über  einem  Goudronanstriche  aufgetragenen  Lage 
von  Naturasphalt  mit  Goudronzusatz,  sowie  einem  dieselbe  überziehenden 
zweiten  Goudronanstriche.  Diese  Dichtungsschicht  ist  ihrerseits  wieder  durch 
eine  Verkleidung  aus  Betonsteinen  geschützt,  und  greift  letztere  bei  einer 
Stärke  von  50,  bezw.  80  cm  schwalbenschwanzförmig  in  den  Mauer- 
körper ein. 

Das  Innere  der  Mauer  enthält  weiter  eine  Sammelanlage  für  Schwitz- 
und  Sickerwässer  in  Form  einer  Vertikaldrainage,  bestehend  aus  Drainröhren 
von  8  cm  Lichtweite,  die  in  Abständen  von  2  m  und  einer  Entfernung  von 
1  m  von  der  wasserseitigen  Mauerflucht  in  kleinen,  im  Mauerwerke  ausge- 
sparten Kaminen  in  Kleinschlag  ohne  Mörtel  eingebettet  sind  und  sich  an 
den  Lehnenanschlüssen  in  Sammeldrains,  an  der  horizontalen  Fundamentpartie 
hingegen  in  einen  begehbaren  Stollen  ergießen. 

Zum  Zwecke  der  Wasserentnahme  ist  in  der  Achse  der  Staumauer  an 
der  Wasserseite  ein  in  Stampfbeton  ausgeführter  Turm  angebracht;  derselbe 
dient  zur  Aufnahme  zweier  Standrohre,  welche  in  verschiedenen  Niveaus  mit 
Einlauf  stutzen  und  Schiebern  ausgestattet  sind.  Diese  Rohre  durchsetzen 
dann  die  Mauer  in  einem  horizontalen,  auf  der  Wasserseite  durch  Betonkern 
geschlossenen  Stollen.  Durch  Anbringung  der  entsprechenden  Wechsel  kann 
das  Wasser  aus  jedem  dieser  Rohre  von  einem  Schieberhäuschen  aus  sowohl 
in  einen  kleinen  Ausgleichsbehälter,  der  den  Anfang  der  Zuleitung  zur  Stadt 
aufnimmt,  wie  auch  nach  dem  Gröllbache  geleitet  werden,  und  erfüllen  hier- 
mit die  Standrohre  gleichzeitig  die  Aufgabe  von  Grundablässen. 

Zur  unschädlichen  Ableitung  von  Hochwassern  zu  Zeiten  des  Vollstehens 
des  Reservoirs  dient  ein  Umleitungsgraben  am  linken  Talgehänge  mit  einem 
21  m  langen  Hochwasserüberfall,  und  vermag  derselbe  ein  Wasserquantum 
von  3  m*  pro  km*  Einzugsgebiet  abzuleiten.  Die  Überführung  der  Wässer 
von  der  Lehne  in  die  Talsohle  wird  durch  eine  Kaskade  vermittelt,  deren 
einzelne  Stufen  aus  Beton  mit  Holzverkleidung  und  gemauerten  Seitenwänden 
bestehen. 

Am  oberen  Ende  des  Staubeckens  sind  Vorkehrungen  zur  Zurückhaltung 
des  Gerölles  und  Sandes,  zur  Ein-  bezw.  Umleitung  des  Wassers,  sowie  die 
Registrierung  des  Zulaufes  angebracht.  Ein  Grobfilter  mit  anschließender 
Rohrleitung  ermöglicht  femer  den  bereits  erwähnten  Behälter  unterhalb  der 
Mauer,  bezw.  die  Zuleitung  zur  Stadt  mit  Umgehung  des  Stauweihers  zu 
speisen. 


406  ^  ^^^  Staaweiherbanten. 

Die  äußere  Ausstattung  der  Mauer  ist  einfach  gehalten.  Die  Luftseite 
der  Mauer  ist  ohne  jede  Gliederung  aus  Gneis-Zyklopenmauerwerk  bis  zur 
Wasserlinie  hochgefflhrt;  hier  schließt  ein  rauhes  Steinband  den  Hauptkörper 
ab.  Der  Raum  bis  zur  Mauerkrone,  sowie  jener  für  die  Brustmauer  ist  zur 
Aufn^me  einer  einfachen  Bekrönung  in  Form  von  unterstützten  Deckplatten 
abwechselnd  mit  Zinnenpartien  und  Eisengeländem  ausgenützt  Die  beiden 
Schieberhäuser,  eines  auf  der  Mauerkrone,  eines  auf  der  Stollenausmündung, 
sind  als  Zinnentürme  durchgeführt.  Sämtliche  Abdeckungen  von  Gneismauer- 
werkskörpem  sind  wegen  der  Unmöglichkeit,  den  vorhandenen  Gneis  auf 
Werkstücke  zu  verarbeiten,  in  Granit  aus  den  Pechgrüner  Steinbrüchen  aus- 
geführt. 

Das  Staubecken  wurde  von  allen  vegetabilischen  Bestandteilen  gereinigt, 
Unebenheiten  entsprechend  ausgeglichen  und  sodann  im  Bereiche  der 
wechselnden  Wasserspiegel  bis  ca.  8  m  unterhalb  des  Maximalstaues  mit  einer 
Steinpflasterung  versehen. 

Der  ebenfalls  zur  Wassergewinnungsanlage  gehörige  Moorwasserstollen 
besitzt  ein  Profil  von  1,2  m  Breite  und  1,8  m  Höhe,  und  liegt  mit  einem  Ge- 
fälle von  8  ^/ö  nahezu  durchgehends  im  festen  Gneis.  Die  Anfangs-  und  End- 
strecken wurden  in  einer  Länge  von  zusammen  90  m  mit  Beton  verkleidet, 
im  Berginnern  wurden  nur  einige  kurze  Strecken  mit  Beton  versichert. 

Das  Talsperrenwasser  gelangt  in  einer  7,3  km  langen  Druckrohrleitung 
durch  das  Gröllbach-  und  Assigtal  zur  Filter-  und  Hochreservoiranlage,  welche 
ca.  90  m  über  dem  Versorgungsgebiete  gelegen  ist 

Die  Filteranlage  umfaßt  drei  Filterkammem  von  je  400  m*  Filterfläche 
und  kann  um  zwei  weitere  Kammern  vergrößert  werden.  Die  Ausführung 
erfolgte  in  Betoneisenkonstruktion.  Der  an  das  Filter  angrenzende  Hoch- 
behälter enthält  zwei  Kammern  mit  zusammen  2500  m^  Inhalt  und  ist 
ebenfalls  in  Betoneisenkonstruktion  hergestellt.  Beide  Objekte  sind  auf  Gneis- 
fels fundiert. 

Die  Dimensionierung  der  Anlage  gestattet  eine  Wasserentnahme  von 
40  sl.  im  Jahresdurchschnitte  bei  einer  Maximalleistung  von  90  sl.  zu  den 
Zeiten  des  stärksten  Verbrauches. 

Für  die  Fertigstellung  der  Sperrmauer  waren  im  Bauprogramm  3  Jahre 
(1900 — 1902)  vorgesehen.  Die  außerordentlichen  Schwierigkeiten,  welche  die 
Fundierung  verursachte,  brachten  es  jedoch  mit  sich,  daß  das  erste  Baujahr 
fast  vollständig  mit  dem  Fundamentaushube,  dem  Baue  der  8  km  langen 
Zufahrtstraße  sowie  sonstiger  Nebenarbeiten  verbraucht  wurde. 

Erst  im  Frühjahr  1901  wurde  mit  der  Vorbereitung  der  Baugrube  für 
die  Maurerarbeiten  und  am  22.  August  1903  mit  der  Versetzung  des  eigent- 
lichen Talsperrenmauerwerkes  begonnen.  Bis  zum  Eintritt  der  Herbstfröste 
zu  Beginn  des  November  1903  war  nach  Versetzung  von  ca.  6000  m*  Mauer- 
werk ungefähr  das  Niveau  des  natürlichen  Terrains  erreicht  In  dieser  Bau- 
periode wurde  der  Baustein  aus  einem  ca.  200  m  unterhalb  der  Baustelle 
gelegenen  Steinbruche  gewonnen  und  der  Sand  in  einer  Maschinenanlage 
gebrochen,  woselbst  auch  die  Mörtelbereitung  erfolgte. 


H.  Ausgeführte  Stanweiherbanten. 


407 


Für  die  im  Jahre  1902  zu  bewältigende  Arbeit  wurden  umfangreiche 
Vorbereitungen  getroffen,  um  die  angestrebte  durchschnittliche  Tagesleistung 
von  250  m*  einhalten  zu  können.  Den  ganzen  Winter  über  wurden  in  den 
Steinbrüchen   zusammen    löOOO  m^   Baustein   gebrochen    und    in    Deponien 


Flg.  172.    Wassertarm  für  Eisenberg  (Ansicht). 


untergebracht     In  der  Sandgewinnungsanlage  wurden  in  der  gleichen  Zeit 
3500  m*  Sand  hergestellt  und  deponiert. 

Durch  Verwendung  elektrischer  Kraftübertragung  konnte  femer  der 
bisher  zentralisierte  Betrieb  den  jeweiligen  Bedürfnissen  entsprechend  geteilt 
werden.  Durch  Anlage  eines  neuen  Sandwerkes  in  der  Nähe  des  Haupt- 
steinbruches wurde  Vorsorge  für  die  Sandbeschaffung  für  die  hochgelegenen 
Mauerpartien  getroffen.     Von  Beginn  des  Baujahres  1902   bis  zu   einer  zu- 


408 


n.  Die  Stanweiherbaaten. 


lässigen  Mauerhöhe  wurden  die  Bausteine  einer  tiefer  gelegenen  Deponie 
und  dem  Bruche  direkt  entnommen  und  auf  einem  Ziehberge  mit  elektrischer 
Doppelhaspel  zum  Arbeitsniveau  aufgezogen.  Der  Mörtel  wurde  am  Mauer- 
fuße in  zwei  Mischtrommeln  bereitet  und  mittels  Löffelwerk  hochgebracht 
Die  Reinigung  der  Steine  erfolgte  auf  einer  eigenen  Waschstation.  Die 
natürliche  Steingröße  wurde  nur  insoweit  beeinflußt,   als  größere  Steine  als 

0,3 — 0,8  m*^  geteilt  wurden  und  kleine 
nur  zur  Ausschieferung  und  Ver- 
keilung des  Mauerwerkes  zugelassen 
wurden. 

Die  an  der  Wasserseite  der 
Mauer  anzubringende  Dichtungsschicht 
und  Verkleidung  wurde  in  horizon- 
talen Bändern  von  1,5 — 2,0  m  Höhe 
dem  Fortschritte  der  Aufmauerung 
folgend  hergestellt.  Die  hierbei  be- 
schäftigten Arbeiter  vollführten  diese 
Arbeit  von  einem  eigens  konstruier- 
ten Gerüste,  bestehend  aus  eisernen, 
mit  einem  über  die  Maueroberfläche 
greifenden  Arme  verankerten  Rahmen, 
welche  die  Arbeitsbühne  und  die  Ge- 
länder trugen.  Die  Materialzubringung 
erfolgte  von  der  Mauer  aus.  Der 
Stollenvortrieb  erfolgte  teils  mit 
Handbohrung,  teils  mit  elektrisch 
oder  pneumatisch  angetriebenen  Stoß- 
bohrern. Mit  dem  Vortriebe  wurde 
im  Herbst  1899  begonnen,  und  erfolgte 
der  Durchstoß  am  3.  April  1903  mit 
voller  Schärfe  in  Richtung  und  Höhe. 
Die  Vollendung  und  Inbetrieb- 
setzung der  Anlage  erfolgte  im  Jahre 
1904. 

Als  Sammelreservoir  für  die 
Zwecke  der  Trinkwasserbeschaffung 
ist  die  Komotauer  Talsperre  zurzeit 
(1907)  die  größte  derartige  durchge- 
führte Anlage  in  Österreich  und  die  erste  größere  Talsperrenanlage  des 
Königreiches  Böhmen.  Ganz  in  der  Nähe  dieser  Anlage  wurde  der  Eisen- 
berger  Stauweiher  im  Jahre  1904  mit  einem  Kostenaufwande  von  460000  K 
für  Wasserversorgungszwecke  erbaut,  welcher  einen  Fassungsraum  von 
50000  m«  hat. 

Fig.  172  und  173  zeigen  den  zur  Eisenberger  Wasserversorgung  not- 
wendigen 32  m  hohen  Wasserturm  von  240  m^  Inhalt  in  Ansicht  und  Längen- 
schnitt (Kosten  54000  K). 


Fig.  178.    Wassertuiin  für  Eisenberg  (Schnitt). 


H.  Ausgeführte  Staaweiherbaaten. 


409 


Das  aus  Blech  konstruierte  Reservoir  ist  6  m  hoch  und  hat  einen 
Durchmesser  von  7,16  m. 

Für  Zwecke  der  Trink-Nutzwasserversorgung  anderer  größerer  Städte 
in  der  Nähe  von  Komotau  sollen,  ebenfalls  im  Erzgebirge  gelegen,  2  große 
Talsperren,  deren  Fassungsräume  jenen  der  Komotauer  Sperre  übersteigen, 
erbaut  werden,  deren  Projektierung  durch  den  Verfasser  dieses  Handbuches 
eben  erfolgt,  ebenso  von  weiteren  3  Talsperren  im  Erzgebirge  zum  Zwecke 
der  Schaffung  von  Betriebswasser  für  die  Industrie  in  diesem  Tale  und  die 
Abwendung  der  Hochwassergefahr. 


Fig.  174.    Harzdorfer  Sperre  bei  Reichenberg. 

Zu  gleichem  Zwecke  wurden  für  eine  Genossenschaft  in  Reichenberg 
eine  Anzahl  größerer  Talsperren  durch  Prof.  Intze  projektiert  und  sind  die- 
selben bis  auf  2  bereits  durchgeführt^)  (siehe  das  Verzeichnis  über  Kosten 
von  Talsperren).  Von  den  Reichenberger  Talsperren  wird  in  Fig.  174  eine 
Ansicht  der  Harzdorfer  (nach  Originalaufnahme  von  Dr.  Fischer  1906)  und 
in  Fig.  175  das  Schieberhaus  der  Voigtsbachsperre  im  Detail  vorgeführt,  aus 


*)  Intze,  Die  geschichtliche  Entwicklung  und  der  Bau  von  Talsperren  1906.  —  Intze, 
Über  die  Anlagen  von  Talsperren  bei  Reichenberg  in  Böhmen  1901.  —  Frank,  Über  das 
gleiche  Thema  (AUgem.  Bauzeitung  1902). 


410 


n.  Die  Staaweiherbanten. 


welch  letzterer  Naturaufnahme  sowohl  die  vorzügliche  Durchführung  dieses 
aus  Granithakelsteinen  hergestellten  Teiles  des  Abschlußwerkes,  sowie  der 
Fugenverband  des  teils  in  Schichten  teils  in  Zyklopenverband  hergestellten 
Verblendmauerwerkes  der  Talsperre  zu  ersehen  ist. 


Fl^.  176.    Scfaleberhaiit  der  Voi^bachsperre  bei  Reichenberg. 


Endlich  sollen  in  Böhmen  eine  Anzahl  von  Retensionsreservoiren  im 
Interesse  der  Elbe-  und  Moldauregulierung,  und  in  Mähren  ein  großer  Stau- 
weiher im  Betschwagebiete  (Bystritzkatal)  für  die  Wasserbeschaffung  des 
Später  zu  bauenden  Donau-Oder-Kanales  demnächst  errichtet  werden. 


m.  Die  Kanalisation  der  Ortsehaften, 

Reinigung  und  landwirtsehafüiehe  Verwertung 

der  Abwässer. 

Bearbeitet  von 

Dr.  Robert  Christian  Fischer, 

Konstrnkteiir  an  der  Lehrkanzel  für  knltnrtechnlsohen  Waaserban  der  k.  k.  Hocbachnle 
für  Bodenknltiir  in  Wien. 


Einleitung. 


In  der  freien  Natur  kommt  es  nur  selten  zur  dauernden  Anhäufung 
größerer  Mengen  organischer  Substanzen.  Sieht  man  ab  von  den  ganz  ver- 
einzelt dastehenden  und  nur  unter  ganz  besonderen  äußeren  Begleitumständen 
möglichen  Bildungen,  wie  etwa  die  Entstehung  der  Guanolager  aus  den  Jahr- 
tausende hindurch  aufgehäuften  Dejekten  der  Vogelwelt  oder  ein  Aufbau  von 
Torflagern  aus  den  Überresten  einer  untergegangenen  Flora,  so  findet  man, 
daß  die  meisten  Produkte  des  tierischen  und  pflanzlichen  Lebens  in  unmittel- 
barer Umgebung  ihres  Entstehungsortes  auch  wieder  ihre  Rückbildung  zur 
Mineralsubstanz  erfahren. 

Ebensowenig  kommt  es  in  der  freien  Natur  zur  Bildung  von  Abwässern 
im  engeren  Sinne  des  Wortes.  Wohl  erfahren  die  Regenwässer,  die  sich 
schon  beim  Fall  durch  die  Atmosphäre  mit  gelösten  Gasen,  mineralischen  und 
organischen  Stäubchen,  ja  selbst  mit  Kleinlebewesen  beladen,  in  Fortsetzung 
ihres  Kreislaufes  durch  Abschwemmung  und  Lösung  der  mineralischen  Be- 
standteile der  Erdkruste,  von  Stoffwechsel  und  Zerfallsprodukten  der  Tier- 
und  Pflanzenwelt,  sowie  endlich  durch  die  Aufnahme  der  niederen  Lebens- 
formen dieser  beiden  Reiche  eine  natürliche  Verunreinigung;  letztere  ist  aber 
selten  so  bedeutend,  z.  B.  bei  der  Bildung  von  Salzlaugen  oder  dem  Austritt 
von  Erdölquellen,  daß  derart  verunreinigte  Wässer  einen  schädigenden  oder 
gar  hemmenden  Einfluß  auf  die  Abwicklung  der  Vorgänge  in  der  freien  Natur 
auszuüben  vermöchten. 

Erst  durch  das  Eingreifen  des  Menschen  erfahren  diese  Verhältnisse 
eine  gewaltsame  Verschiebung.  Auch  dann  noch  wird,  solange  die  mensch- 
lichen Ansiedelungen  schwach  bevölkert  und  zerstreut  gelegen  sind  und 
Ackerbau  die  Hauptbeschäftigung  der  Bewohner  bildet,  die  Menge  der  pro- 
duzierten Abfallstoffe  immer  noch  eine  recht  geringe  sein,  und  wenngleich 
der  auf  dem  Lande  geübte  Brauch  der  Aufsammlung  und  Wiederverwertung 
der  Rückstände,  die  sich  fast  ausschließlich  auf  die  flüssigen  und  festen  De- 
jekte  der  Menschen  und  Haustiere,  sowie  eine  minimale  Menge  von  häus- 
lichen Brauchwässern  beschränken,  noch  nicht  allenthalben  als  wirtschaftlich 
rationell  und  hygienisch  einwandfrei  bezeichnet  werden  kann,  —  in  dieser  Hin- 
sicht braucht  wohl  nur  darauf  hingewiesen  zu  werden,  mit  welcher  Konse- 
quenz auf  dem  Lande  Hausbrunnen,  Düngerstellen  und  Jauchegruben  in  un- 
mittelbarer Nachbarschaft  angelegt  werden,  —  so  bleiben  doch  etwaige  Übel- 
stände meist  auf  enge  Räume  beschränkt  und  würden  sich  dieselben  wohl 
auch  allenthalben  mit  einfachsten  technischen  Mitteln  und  verhältnismäßig  ge- 
ringem Kostenaufwande  vollständig  beheben  lassen. 


414  ^*  ^i^  Kanalisation  der  Ortschaften  etc. 

Anders  stellt  sich  die  Sachlage  in  jenen  Orten  dar,  die  sich  unter  der 
äußeren  Erscheinung  einer  rapiden  Bevölkerungszunahme,  fortschreitender 
Bebauungsdichte  und  rasch  emporschnellenden  Bodenwerten  mehr  und  mehr 
genötigt  sahen,  den  landwirtschaftlichen  Betrieb  aufzugeben  und  sich  in  erster 
Linie  der  gewerblichen  und  industriellen  Produktion  und  dem  Handel  zuzu- 
wenden, in  den  Städten,  die  sich  zu  den  Zentralen  des  Verwaltungsapparates 
und  zum  Schauplatz  des  Luxuslebens  umgestalteten. 

Auf  diese  Orte  konzentriert  sich  die  Zufuhr  aus  umfangreichen  Außen- 
gebieten zur  Deckung  des  Nahrungsraittelbedarfes  der  Bevölkerung  und  zur 
Versorgung  der  Industrie  mit  Roh-  und  Zwischenprodukten  aller  Art,  Stoffe, 
die  naturgemäß  nicht  restlos  umgesetzt  bezw.  verarbeitet  werden  können. 
Dort  erfolgt  die  Produktion  von  Abfallstoffen  nach  Menge  wie  Art  in  ungleich 
größerem  Umfange  als  in  der  freien  Natur,  ihre  Aufsammlung  hingegen  ist 
selbst  für  relativ  kurze  Zeiträume  unendlich  erschwert,  ihre  Weiterverwendung 
an  Ort  und  Stelle  vollkommen  ausgeschlossen.  Hier  bleibt  nur  eine  künst- 
liche Entfernung  der  Unratstoffe  der  einzige  Ausweg,  wenn  Mißstände  ver- 
mieden werden  sollen,  die  sich  von  Behinderungen  in  der  freien  Ausnützung 
des  Raumes,  Erschwernissen  im  Verkehr  und  Verletzungen  des  ästhetischen 
Empfindens  bis  zu  Gefahren  für  Gesundheit  und  Leben  der  Einwohner 
steigern  können. 

Bei  dem  im  Laufe  der  Jahrhunderte  nur  allmählich  vollzogenen  Übergange 
der  ländlichen  in  die  städtische  Besiedelungsform  konnten  auch  die  aus  der 
stetig  steigenden  Produktion  an  Abfallstoffen  zu  gewärtigenden  Obelstände 
nur  nach  und  nach  zum  Bewußtsein  der  Bewohner  gelangen.  Ebenso  wie 
man  sich  anfänglich  begnügte,  die  häuslichen  Brauchwässer  und  die  flüssigen 
Rückstände  der  Gewerbebetriebe  in  die  Abzüge  der  Regenwisteser  zu  entleeren, 
welch  letztere  den  Straßenzügen  meist  oberirdisch  folgen  und  sich  in  den 
nächstgelegenen  Wallgraben  oder  Flußlauf  ergossen,  ebenso  glaubte  man  sich 
der  Fäkalien  dadurch  entledigen  zu  können,  daß  man  dieselben  in  Gruben 
sammelte,  deren  Inhalt  gelegentlich  ausgefahren  und  wenn  möglich  der  Land- 
wirtschaft gegen  Entgelt  überlassen  werden  sollte.  Und  waren  die  Straßen 
und  Hofflächen  damals  nur  ausnahmsweise  mit  einem  dichten  Pflaster  versehen, 
so  daß  ohnehin  ein  nicht  unbeträchtlicher  Teil  der  Regen-  und  Brauchwässer 
in  den  Untergrund  versickerte,  so  wurden  die  Sammelgruben  absichtlich 
undicht  hergestellt,  um  einen  großen  Teil  ihres  Inhaltes  in  den  Boden  ver- 
sinken zu  lassen  und  so  die  Widerwärtigkeiten  und  Kosten  einer  oftmaligen 
Entleerung  ihres  Inhaltes  nach  Möglichkeit  zu  beschränken. 

Durch  all  diese  in  ihrer  Tragweite  noch  völlig  unverstandenen  Maß- 
nahmen wurde  die  grenzenlose  Verunreinigung  des  Untergrundes  der  Städte 
hervorgebracht,  die  vom  verseuchten  Boden  auch  auf  dessen  Wasserschätze 
übergreifend  den  Ausgangspunkt  von  Seuchen  bildete,  die  Jahrhunderte 
hindurch  unausrottbar  in  regelmäßig  auftretenden  Paroxysmen  die  Bevölkerung 
dezimierten. 

Erst  um  die  Mitte  des  XIX.  Jahrhunderts  beginnt  sich  die  seit  den 
Zeiten  des  Altertums  wieder  in  Vergessenheit  geratene  Bedeutung  der  Ver- 
sorgung der  Städte  mit  reichlichen  Mengen  guten  Wassers  neue  Anerkennung 


Einleitung.  415 

ZU  schaffen,  und  mit  ihr  die  Erkenntnis  der  Wichtigkeit  einer  raschen  und 
gründlichen  Entfernung  der  Abfallstoffe  für  die  Schaffung  hygienischer  Zustände. 
In  dieser  Ära  der  Einführung  zentraler  Wasserversorgungen  steigert  sich  der 
Wasserverbrauch  für  häusliche  und  öffentliche  Nutzungen  auf  ein  Vielfaches, 
und  erheischt  derselbe  gebieterisch  die  Erstellung  rationell  angeordneter 
Entwässerungsanlagen.  Die  Ausnutzung  der  Dampf  kraft  in  Industrie  und 
Verkehrswesen  erweckt  neue  Fabrikationszweige,  erschließt  neue  Produktions- 
und Absatzgebiete  und  übt  eine  mächtige  Rückwirkung  auf  eine  Vergrößerung 
der  Menge  sowie  die  zunehmende  qualitative  Verschlechterung  der  Industrie- 
abwässer; die  wissenschaftliche  Medizin  stellt  die  wahre  Natur  sowie  die  Ver- 
breitungsursachen einer  Anzahl  der  verheerendsten  Volksseuchen  fest,  und  eine 
sich  der  Allgemeinheit  bemächtigende  Bakterienfurcht  spornt  die  städtischen 
Verwaltungen  an,  Langversäumtes  nachzuholen,  die  Sanierung  der  Städte  mit 
allen  Kräften  und  Mitteln  zu  betreiben. 

Aus  diesem  Drange  heraus  entsteht  die  Tendenz,  nicht  nur  die  eigentlichen 
Abwässer  raschestens  aus  dem  Weichbild  der  Städte  abzuleiten,  sondern 
denselben  auch  alles  das,  was  durch  die  Schwemmkraft  des  Wassers  nur 
irgendwie  beweglich  gemacht  werden  kann,  mit  anzuvertrauen,  vorerst  ohne 
jegliche  Bedachtnahme  auf  die  traurigen  Folgeerscheinungen,  welche  sich  in 
den  zu  natürlichen  Rezipienten  der  städtischen  und  industriellen  Effluvien 
degradierten  Flußläufen  abspielen  mußten. 

Durch  eine  unglückliche  Verkettung  äußerer  Umstände  sieht  sich  die 
Landwirtschaft  nicht  veranlaßt,  gegen  den  Entgang  von  Pflanzennährstoffen, 
der  durch  die  Abschwemmung  der  Fäkalien  verursacht  wird,  energische 
Stellung  zu  nehmen.  Die  Verarmung  des  Bodens  durch  fortgesetzten  Raub- 
bau, das  von  Justus  von  Liebig  als  drohend  hingestellte  Schreckgespenst, 
zerfließt  mit  dem  Momente  der  Entdeckung  der  südamerikanischen  Salpeter- 
und  Guanolager,  der  Erschließung  der  Staßfurter  Kalisalzlagerstätten,  der  Ein- 
führung des  Thomasprozesses  im  Hüttenbetriebe  und  der  Ammoniakgewinnung 
bei  der  Steinkohlengaserzeugung.  Diese  noch  als  unerschöpflich  geltenden 
Bezugsquellen  bequem  zu  handhabender  und  sicher  wirkender  Düngemittel 
lassen  die  in  den  städtischen  Abwässern  nur  in  stärkster  Verdünnung  dar- 
gebotenen Pflanzennährstoffe  um  so  entbehrlicher  erscheinen,  als  die  von 
England  herüberdringende  Kunde  über  die  vielfach  unter  recht  ungünstigen 
äußeren  Umständen  unternommenen  Versuche  zur  landwirtschaftlichen  Ver- 
wertung der  Abwässer  keine  zur  Nachahmung  besonders  aneifemde  wirt- 
schaftliche Erfolge  aufweisen. 

Während  das  Assanierungswerk  in  den  Städten  rüstig  vorwärtsschreitet 
und  in  der  Herabsetzung  der  Zahl  der  Erkrankungen  und  Todesfälle  durch 
Cholera,  Typhus,  Dysenterie  u.  dergl.  seine  segensreiche  Wirkung  äußert, 
verschlechtert  sich  der  Zustand  der  Vorfluter  von  Jahr  zu  Jahr,  und  wieder 
nur  allmählich  ringt  sich  die  Überzeugung  durch,  daß  mit  der  Kanalisation 
der  Ortschaften  allein  das  Abwasserproblem  nicht  gelöst,  sondern  lediglich 
der  Sitz  des  Übels  an  einen  anderen  Ort  verlegt  worden  sei. 

Die  Klagen  der  Fischer,  die  sich  unter  der  Neuordnung  der  Dinge  zu- 
erst geschädigt  sehen,  verhallen  ungehört;  im  allgemeinen  Aufschwünge  wird 


416  III.  Die  Kanalisation  der  Ortschaften  etc. 

die  wirtschaftliche  Bedeutung  der  Flußfischerei  unterschätzt  und  nicht  beachtet, 
daß  es  sich  hier  nicht  bloß  um  Einzelne  handelt,  die  sich  in  ihrer  Eidstenz 
beeinträchtigt  fühlen,  sondern  gleichzeitig  auch  um  die  Warner  vor  einer 
Gefahr,  die,  wenn  nicht  Einhalt  geboten  wird,  früher  oder  später  auch  die 
Allgemeinheit  bedrohen  muß. 

Leider  fehlte  eben  zur  Zeit  des  ersten  Auftretens  der  Anzeichen  einer 
zunehmenden  Verunreinigung  der  Gewässer  noch  die  Erfahrung,  um  diese 
Erscheinung  für  die  Zukunft  symptomatisch  zu  deuten,  denn  es  ist  eine  erst 
in  der  allerneuesten  Zeit  gewonnene  Erkenntnis,  daß  zu  den  Agentien,  welche 
an  der  endgültigen  natürlichen  Umsetzung  aller  organischen  Stoffe  Anteil 
nehmen  und  speziell  in  den  Flüssen  die  als  „Selbstreinigung"  bezeichnete 
Arbeitsleistung  vollbringen,  auch  gewisse  Organismengruppen  gehören,  die 
nur  unter  ganz  bestimmten  äußeren  Umständen  ihre  volle  Aktivität  entfalten 
können.  Diese  machen  aber  sofort  anderen,  nicht  mit  demselben  Leistungs- 
vermögen ausgestatteten  Lebewesen  Platz,  wenn  der  Verschmutzungsgrad 
eine  gewisse  untere  Grenze  überschreitet.  Bedarf  es  somit  stets  einer  mehr 
oder  minder  langen  Zeit,  bis  der  Kräfteüberschuß  eines  reinen  Gewässers 
aufgezehrt  ist,  so  erfolgt  andererseits  eine  rapide  Verschlechterung,  wenn  erst 
einmal  jene  Grenze  erreicht  ist,  denn  mit  der  Abnahme  der  Zahl  und  der 
Herabsetzung  der  Leistungsfähigkeit  der  vorhanden  bleibenden  Individuen 
nimmt  naturgemäß  nicht  nur  deren  Arbeitsleistung  ab,  sondern  es  vergrößert 
sich  auch  der  unverarbeitet  bleibende  Rest,  der  dann  im  Verein  mit  neu 
hinzutretenden  Schmutzstoffen  seinerseits  neuerlich  zur  Verschlechterung  der 
Existenzbedingungen  beiträgt. 

Dieses  Verhalten  erklärt  ungezwungen  die  wiederholt  beobachtete  Tat- 
sache einer  mit  geradezu  unheimlicher  Geschwindigkeit  fortschreitenden  Ver- 
schlechterung des  Zustandes  eines  Gewässers,  das  vielleicht  Jahrzehnte 
hindurch  ein  hohes  Selbstreinigungsvermögen  aufwies,  bis  endlich  durch  die 
allmählich  anwachsende  Belastung  mit  Abwässern  die  Grenzen  seiner  natür- 
lichen Leistungsfähigkeit  überschritten  wurden  und  der  Wasserlauf  seine 
wertvolle  Eigenschaft  plötzlich  verloren  zu  haben  scheint. 

Aus  denselben  Gründen  bedarf  es  stets  einer  recht  langen  Zeit,  bis 
ein  einmal  verschmutztes  Gewässer  nach  Durchführung  einer  Entlastung  zu 
seinem  ursprünglichen  natürlichen  Reinheitsgrade  zurückkehrt. 

Und  heute  scheint  es  schon  hoch  an  der  Zeit,  nicht  nur  einem  Weiter- 
umsichgreifen einer  Flußverunreinigung  energisch  Einhalt  zu  gebieten,  sondern 
auch  die  Wiederherstellung  der  natürlichen  Verhältnisse  planmäßig  in  Angriff 
zu  nehmen. 

Die  Schwierigkeiten,  den  steigenden  Wasserbedarf  der  Städte,  Ortschaften 
und  Industrieunternehmen  zu  decken,  wachsen  fortwährend;  besonders  im 
Flachlande,  wo  ergiebige  Quellen  selten  auftreten,  das  verfügbare  Grundwasser 
quantitativ  unzulänglich  oder  qualitativ  ungeeignet,  die  Anlage  von  Talsperren 
zur  Aufspeicherung  von  Tagewasserabflüssen  aus  unbesiedelten  Einzugs- 
gebieten unmöglich  ist,  sieht  man  sich  vielfach  genötigt,  zu  dem  lange  Zeit 
verschmähten,  inzwischen  aber  nichts  weniger  als  besser  gewordenen  Fluß- 
wasser seine  letzte  Zuflucht  zu  nehmen.    Zwar  ist  es  möglich,  unter  Einhaltung 


Einleitung.  417 

von  besonderen  Vorsichtsmaßregeln  und  hohem  Aufwände  an  Betriebskosten 
auch  diese  Wässer  in  einen  hygienisch  einwandfreien  Zustand  zu  überführen; 
appetitlich  hingegen  kann  ein  derart  gewonnenes  Wasser  nie  sein. 

Auch  andere  Gewässemutzungen  drängen  dazu,  der  Reinerhaltung  der 
Flüsse  die  größte  Aufmerksamkeit  zuzuwenden.  Ein  harter  Konkurrenzkampf 
zwischen  den  einzelnen  Industriegebieten  zwingt  sowohl  nach  einer  Verbilligung 
der  Transporte  der  Rohprodukte  als  auch  nach  weitestgehender  Herabsetzung 
der  Kosten  der  Betriebskräfte  Umschau  zu  halten.  So  steht  den  großen 
Flüssen  eine  vollständige  Umgestaltung  zu  den  Hauptarterien  eines  sich  stetig 
weiter  verästelnden  Systems  von  Schiffahrtskanälen,  die  ihrerseits  aus  den 
kleineren  Seitengewässern  gespeist  werden,  bevor,  und  was  sich  nur  vom 
Rinngefälle  irgendwie  erübrigen  läßt,  bleibt  zur  Errichtung  von  Wasserkraft- 
anlagen ausersehen,  nachdem  das  Problem  der  Fernleitung  der  Energie  in 
Form  elektrischer  Ströme  eine  wirtschaftliche  Lösung  gefunden  hat.  Durch 
Anlage  mächtiger  Stauseen,  für  die  die  kulturfernen  Gebirgsschluchten  allein 
nicht  mehr  genügen,  sondern  selbst  die  Haupttäler  wasserreicher  Flüsse  ab- 
gedämmt werden  müssen,  sucht  man  das  natürliche  Regime  der  Gewässer  der 
vollständigen  Beherrschung  durch  Menschenhand  zu  unterwerfen,  und  mit  der 
dauernden  Aufrechterhaltung  der  Mittelwasserführung  der  Flüsse,  den  gleich- 
sinnigen Interessen  der  ökonomischesten  Wasserkraftausnutzung,  der  Schiff- 
fahrt und  der  Landeskultur  entgegenzukommen.  Hier  würden  mit  der  Ein- 
leitung von  Abwässern  in  die  in  einzelne  Staustufen  mit  träger  Wasserer- 
neuerung zerlegten  Wasserläufe  gröbliche  Mißstände  hervorgerufen,  indem 
einerseits  die  Ausscheidung  der  Sinkstoffe  durch  Sedimentation  begünstigt," 
andererseits  aber  die  Spülung  des  Flußschlauches  durch  die  Hochwässer,  die 
manchen  offenen  Fluß  in  regelmäßigen  Intervallen  von  gefahrdrohenden 
fäulnißfähigen  Schlammablagerungen  befreit,  in  Wegfall  kommen  würde. 

Dieser  Ausblick  auf  die  modernen  wasserwirtschaftlichen  Bestrebungen 
zeigt,  daß  allenthalben  aus  der  Verunreinigung  der  Gewässer  durch  Abfall- 
wässer Obelstände  zu  befürchten  sind,  die  der  Realisierung  manches  Projektes 
fast  unüberwindliche  Schwierigkeiten  entgegenstellen^). 

Im  vorstehenden  wurde  begründet,  daß  eine  rasche  und  vollständige 
Entfernung  der  Abwässer  aus  dem  Weichbilde  der  Ortschaften  aus 
hygienischen,  wirtschaftlichen  und  ästhetischen  Gründen  unbedingt  vorge- 


')  Um  diese  Ausführungen  durch  ein  konkretes  Beispiel  zu  illustrieren,  mögen  hier  in 
Kürze  die  Schwierigkeiten  skizziert  werden,  mit  denen  die  Stadt  Breslau  derzeit  zu  kämpfen  hat. 
Breslau  reinigt  seit  Jahren  seine  gesamten  Abwässer  auf  ausgedehnten  Rieselfeldern,  da  die 
kanalisierte  und  einen  lebhaften  Schififahrtsverkehr  aufweisende  Oder  nicht  fähig  wäre,  die 
Kanalwässer  der  bei  600000  Einwohner  zählenden  Stadt  ungeschädigt  aufzunehmen.  Die  von 
Jahr  zu  Jahr  bedenklicher  werdende  Verschmutzung,  die  die  Oder  im  oberschlesischen  Industrie- 
gebiete erfährt,  veranlaßte  nun  die  Stadt,  die  früher  mit  filtriertem  Oderwasser  versorgt  war, 
das  Flufiwasserwerk  aufzulassen  und  zur  Grundwasserversorgung  überzugehen.  Die  bekannte, 
im  Kapitel  Wasserversorgung  dieses  Handbuches  bereits  besprochene  Mangankatastrophe  zwang  aber, 
vorerst  das  Flufiwasserwerk  wiederum  in  Betriebe  zu  nehmen,  und  der  Erwägung  näher  zu 
treten,  ein  drittes  Wasserwerk  anzulegen,  und  dürfte  diesbezüglich  die  Anlage  von  Talsperren  in 
dem  ziemlich  entfernt  gelegenen  Riesengebirge  in  erster  Linie  in  Betracht  kommen. 
Friedrich,  WaBserbau.    Zweite  Auflage.    IL  Band.  27 


418  m.  Die  Kanalisation  der  Ortschaften  etc. 

nomraen  werden  muß,  daß  aber  auch  andererseits  die  Unterbringung  der 
Abwässer  in  den  Wasserläufen  die  Lösung  einer  Reihe  hochwichtiger  wasser- 
wirtschaftlicher Fragen,  wie  Trink-  und  Nutz  Wasserversorgung,  Kanalisierung 
der  Flüsse,  Speisung  von  Schiffahrtskanälen,  Ausnutzung  der  Wasserkräfte 
beträchtlich  erschwert,  den  Bestand  der  Flußfischerei  vielfach  sogar  vollständig 
vernichtet.  Es  muß  demgemäß  auch  die  Frage  aufgeworfen  werden,  ob  nicht 
etwa  eine  Beschränkung  der  Abwässerproduktion  nach  gewissen  Richtungen 
hin  möglich  wäre  und  hierdurch  schon  eine  erhebliche  Entlastung  der  Vor- 
fluter, sowie  der  etwa  vorzuschaltenden  Reinigungsanlagen  erzielt  werden 
könnte. 

Hiermit  soll  selbstverständlich  nicht  gegen  die  Anlage  von  Kanalisationen, 
sondern  lediglich  gegen  den  Brauch,  alles  nur  irgendwie  abschwemmbare  in 
die  Kanäle  einzuleiten,  Stellung  genommen  werden. 

Betrachtet  man  von  diesem  Gesichtspunkte  aus  die  Regenwässer,  deren 
Verunreinigung  in  engster  Beziehung  steht  zum  Verschmutzungsgrade  der 
Auffangflächen,  von  denen  wieder  Straßen  und  Plätze  einen  ganz  bedeutenden 
Prozentsatz  ausmachen,  so  zeigt  sich  sofort,  daß  durch  den  ja  auch  aus  rein 
verkehrstechnischen  Rücksichten  anzustrebenden  dichten  und  gegen  Abnützung 
widerstandsfähigen  Ausbau  der  Fahrbahnen  und  Gehwege,  sowie  insbesondere 
durch  eine  gründliche  Straßensäuberung  eine  keineswegs  unerhebliche  Ver- 
minderung der  mit  jedem  Regenfall  zur  Abschwemmung  gelangenden  Unrat- 
stoffe erzielbar  wäre.  Ein  Teil  der  letzteren,  vornehmlich  Sand  und  der 
spezifisch  schwere  mineralische  Straßendetritus,  gelangt  schon  in  den  Schlamm- 
fängen der  Straßeneinläufe  sowie  in  den  Kanälen  selbst  zur  Wiederablagerung 
und  muß  aus  diesen  schwer  zugänglichen  Räumen  mit  großen  Kosten  ent- 
fernt werden.  Der  feinere  mineralische  und  organische  Schlamm,  sowie  alles 
Lösbare,  also  gerade  die  Stoffe,  die  durch  ihre  Zersetzbarkeit  besonders  lästig 
werden,  erreichen  direkt  die  Vorflut,  vielfach  schon  durch  die  Regenauslässe, 
oder  bilden  eine  schwere  Belastung  der  Kläranlage.  (Beispielsweise  entfernt 
die  Stadt  Paris,  die  bei  reichlicher  Nutzwasserversorgung  geradezu  regelmäßige 
Straßenwaschung  betreibt,  alljährlich  aus  den  Kanälen  selbst  ca.  30000  m* 
Sinkstoffe  mit  einem  Kostenaufwande  von  rund  ^/4  Mill.  Fr.,  d.  i.  ca.  8  Fr./m', 
sowie  aus  den  auch  nur  die  allergröbsten  Sinkstoffe  aufhaltenden  Vorklär- 
becken der  Pumpstation  von  Clichy  weitere  70000  m*.  Es  entfallen  somit 
bei  einer  Zahl  von  2700000  Einwohnern  pro  Kopf  und  Jahr  11  +  26  =  37  1 
grober  Sinkstoffe.  Berlin  mit  2000000  Einwohnern  und  einer  sorgfältig  ge- 
handhabten trockenen  Straßenreinigung  hat  hingegen  bloß  einen  Anfall  von 
ca.  15000  m^,  d.  i.  pro  Kopf  und  Jahr  ca.  8  1.  Wien,  das  noch  ein  be- 
deutendes Areal  ungepflasterter  Straßen  aufweist  und  mehrere  Stadtbäche  in 
die  Kanalisation  einleiten  mußte,  fördert  pro  Kopf  und  Jahr  ca.  13,5  1  Sand 
und  Schlamm  aus  den  Kanälen.) 

Es  muß  daher  auch  schon  aus  rein  wirtschaftlichen  Gründen  zweck- 
mäßiger erscheinen,  derartige  nicht  unbedingt  abschwemmungsbedürftige  Stoffe 
in  trockenem  bezw.  angefeuchtetem  Zustande  regelmäßig  und  möglichst  voll- 
ständig von  der  Straßenoberfläche  abzusammeln  und  definitiv  zu  beseitigen, 
als  dieselben  in  die  Kanäle  gelangen  zu  lassen  und  später  wieder  aus  diesen 


Einleitung.  419 

selbst,  aus  dem  Kanalwasser  oder  dem  Vorfluter  mit  zumeist  höheren  Kosten 
zu  entfernen. 

Weniger  ließe  sich  hingegen  bezüglich  der  Menge  und  Beschaffenheit 
der  Brauch-  und  Wirtschaftsabwässer  erzielen,  obwohl  auch  diesbezüglich  durch 
die  modernen  Bestrebungen  ftir  rationelle  Abfuhr,  Unterbringung  und  Wieder- 
verwertung des  Hausmülls  manche  Entlastung  der  Kanäle  zu  erwarten  steht. 
Am  schwierigsten  und  auch  wohl  kaum  allgemein  entscheidbar  stellt  sich  die 
Frage  bezüglich  der  Fäkalieneinleitung  in  die  Kanäle.  Für  mittlere  und  große 
Städte  wird  die  Fäkalieneinleitung  wohl  auch  fürderhin  die  rationellste  Lösung 
dieses  Teiles  des  Assanierungsproblemes  bleiben,  wenn  auch  mit  Bedauern 
zugegeben  werden  muß,  daß  hierdurch  der  Landwirtschaft  große  Mengen  von 
Pflanzennährstoffen  entzogen  werden.  Für  kleinere  Gemeinwesen,  insbe- 
sondere aber  in  Einzelansiedelungen  kann  das  Abfuhrwesen  mit  den  vervoll- 
kommneten Sammel-  und  Transporteinrichtungen  sowohl  in  sanitär  als  auch 
ästhetisch  einwandfreier  Weise  bewerkstelligt  werden  und  gleichzeitig  öko- 
nomische Vorteile  gewähren. 

Manche  bedeutsame  Änderung  könnte  schließlich  in  der  Art  der  Er- 
zeugung industrieller  Abwässer  platzgreifen.  Gerade  die  Industrie  hat  die 
längste  Zeit  hindurch,  auf  ihre  umfassende  Bedeutung  für  den  Aufschwung 
im  Erwerbsleben  pochend,  sich  selbst  nur  die  allemotwendigsten  Be- 
schränkungen auferlegt  und  erst  in  der  allerneuesten  Zeit  begonnen,  von  dem 
früher  allen  Bestrebungen  zur  Reinerhaltung  der  Gewässer  gegenüber  ein- 
genommenen schroff  ablehnenden  Standpunkte  abzugehen.  Besonders  auf 
industriellem  Gebiete  wird  sich  eine  Scheidung  zwischen  eigentlichen  Ab- 
wässern und  Abfallstoffen,  die  auch  auf  anderem  Wege  beseitigt  werden 
könnten  und  lediglich  aus  Billigkeits-  und  Bequemlichkeitsrücksichten  zur 
Abschwemmung  gebracht  werden,  mit  Erfolg  vornehmen  lassen.  Von  alten 
Anlagen  sind  allerdings  derartige  Betriebsumgestaltungen  nur  schwer  zu 
verlangen,  ja  oft  auch  technisch  kaum  durchführbar.  Anders  bei  Neuein- 
richtungen, bei  denen  ohnehin  schon  mehr  darauf  geachtet  wird.  Örtlichkeiten 
aufzusuchen,  die  an  sich  die  unschädliche  Beseitigung  aller  produzierten  Abfall- 
stoffe erleichtern. 

In  diesem  einleitenden  Kapitel  wurde  wiederholt  auf  den  genetischen 
Unterschied  zwischen  natürlichen  Wasserverunreinigungen  und  den  eigent- 
lichen Abwässern  hingewiesen  und  dabei  auch  hervorgehoben,  daß  der  Er- 
zeugung und  Unterbringung  der  Abwässer,  so  wie  sie  heute  erfolgt,  neben 
einer  unverkennbaren  Notwendigkeit  auch  noch  manche  Willkürlichkeit 
innewohnt. 

Es  ist  von  größter  Wichtigkeit,  daß  der  Ingenieur  sowohl  als  Projektant 
wie  auch  als  technischer  Beirat  der  Behörden  diese  allgemeinen  Beziehungen 
klar  überblicke  und  bei  allen  seinen  Maßnahmen  voll  würdige.  Scheinen 
dieselben  doch  den  Weg  zu  weisen,  auf  dem  in  dem  stets  neu  entbrennenden 
Streite  zwischen  den  Rechten  und  Pflichten  der  Abwässerproduzenten  einerseits, 
sowie  den  Interessenten  an  der  Reinerhaltung  der  Wasserläufe  andererseits 
eine  dem  gemeinsamen  Besten  angepaßte  Verständigung  erzielt  werden  kann. 

27* 


A.  Kanalisation  der  Ortschaften. 

I.  Vorerhebungen. 

Zu  den  für  die  Projektsverfassung  erforderlichen  Vorarbeiten  gehört  in 
erster  Linie  die  Durchführung  eines  genauen  Nivellements,  das  über  das  ge- 
samte Ortsgebiet  und  die  etwa  nach  demselben  entwässernden  Außengebiete 
auszudehnen  ist.  Dieses  Nivellement  wird  in  eine  Kopie  des  Katastral-Stadt- 
planes  eingetragen,  auf  der  auch  die  in  Aussicht  genommene  zukünftige  Ver- 
bauung ersichtlich  zu  machen  ist.  Neben  der  Terrainoberfläche  sind  auch  die 
Kellertiefen,  der  Grundwasserspiegel  und  dessen  Schwankungen,  sowie  etwa 
bereits  vorhandene  Kanäle  in  das  Nivellement  einzubeziehen,  femer  die 
Nieder-,  Mittel-  und  Hochwasserstände  des  als  Vorfluter  in  Aussicht  ge- 
nommenen Gewässers,  sowie  die  Stauanlagen  in  dem  letzteren.  Weiter  sind 
Erhebungen  anzustellen  über  die  geognostische  Beschaffenheit  des  Unter- 
grundes, soweit  dieselbe  mit  Rücksicht  auf  die  maximale  Kanalisationstiefe  in 
Betracht  kommt,  über  die  Art  des  Straßenausbaues,  Verbauungsdichte,  Be- 
völkerungsdichte, Kulturgattung  der  Außengebiete. 

Auf  Grund  des  zu  konstruierenden  Schichten  planes  und  der  erhobenen 
Wasserscheiden  des  Stadtgebietes  wird  sowohl  die  Größe  des  gesamten 
Niederschlagsgebietes  als  auch  die  Ausdehnung  der  einzelnen,  den  ver- 
schiedenen Straßenkanälen,  Haupt-  und  Nebensammelkanälen  zuzuordnenden 
Entwässerungsgebiete  bestimmt  werden  können. 

Eine  weitere  wichtige  Vorfrage  bezieht  sich  auf  die  Wahl  des  Kanali- 
sationssystemes. 

IL  Wahl  des  Kanalisationssystemes. 

Je  nachdem,  ob  mit  der  Anlage  einer  Kanalisation  die  geregelte  Ab- 
leitung sämtlicher  Abwässerkategorien  angestrebt  wird  oder  lediglich  die  am 
stärksten  verunreinigten,  nämlich  die  häuslichen  Brauchwässer  mit  oder  ohne 
Fäkalien,  sowie  die  Industriewässer  zum  unterirdischen  Abflüsse  gelangen 
sollen,  spricht  man  von  einer  Vollkanalisation  oder  von  einer  Teil- 
kanalisation.  Den  verschiedenen  Durchführungsarten  kommen  naturgemäß 
spezifische  Vorzüge  und  Nachteile  zu. 

Eine  auf  die  Ableitung  der  häuslichen  und  industriellen  Abwässer  be- 
schränkte Teilkanalisation  verursacht  erheblich  geringere  Anlagekosten  sowohl 
für  das  allgemeine  Kanalnetz,  als  auch  für  die  Hausanschlüsse.  Die  Kanäle 
funktionieren  unbeeinflußt  von  der  Größe  der  Niederschläge,  Notauslässe 
werden  überflüssig  und  entfällt  hiermit  auch  die  Gefahr  einer  Verunreinigung 
des  Vorfluters  innerhalb  des  Ortsgebietes.  Eine  zur  Erreichung  der  Vorflut 
event  erforderliche  mechanische  Wasserhebung,  sowie  die  Unschädlich- 
machung der  Abwässer  der  Teilkanalisation  läßt  sich,  weil  auf  ein  kleineres 


A.  Kanalisation  der  Ortschaften.  421 

Wasserquantum  beschränkt,  mit  geringeren  Anlage-  und  Betriebskosten  durch- 
führen. Hingegen  läßt  die  Teilkanalisation  alle  jene  Übelstände  weiter- 
bestehen, die  mit  einer  oberirdischen  Ableitung  der  Meteorwässer  verbunden 
sind.  Die  Rinnen  für  die  Einleitung  der  Dach-  und  Hofwässer  in  die  den 
Bürgersteigen  entlang  ziehenden  breiten  und  tiefen  Rinnsteine  bilden  mit 
diesen  zusammen  daueri^de  Verkehrserschwemisse.  Dieses  oberirdische 
Leitungssystem  bedarf  einer  aufmerksamen  Reinigung,  wenn  die  in  ihm  auf- 
tretenden Ablagerungen  keinerlei  Anlafi  zu  Belästigungen  ergeben  sollen,  auch 
entfällt  die  Möglichkeit  einer  natürlichen  Spülung  des  unterirdischen  Kanal- 
netzes durch  die  Regenwässer,  ein  Moment,  das  um  so  schwerwiegender 
wird,  je  geringer  die  der  Ortschaft  zur  Verfügung  stehenden  Nutzwasser- 
mengen sind. 

Die  Anlage  einer  Teilkanalisation  wird  daher  meist  nur  als  halbe  Mafi- 
regel gelten  können.  In  kleinen  Ortschaften  mit  geringem  Strassenverkehr 
und  namentlich  dort,  wo  offene  Wasserläufe  das  Ortsgebiet  durchziehen  und 
ein  angemessenes  Terraingefälle  eine  rasche  Ableitung  der  Meteorwässer 
unterstützt,  mögen  die  hervorgehobenen  Nachteile  der  Teilkanalisation  wohl 
noch  in  Kauf  genommen  werden  können.  Größere  Gemeinwesen  hingegen 
werden  sich  meist  zum  Ausbau  einer  Vollkanalisation  entschließen  müssen. 
Letztere  kann  nun  wieder  so  durchgeführt  werden,  daß  das  zur  Aufnahme 
der  Brauch-  und  Industriewässer  dienende  Kanalnetz  durch  ein  zweites  eben- 
falls unterirdisch  verlegtes  Leitungsnetz  für  die  Abfuhr  der  Meteorwässer 
ergänzt  wird,  Trennsystem,  oder  aber  daß  ein  einziges  für  die  gemeinsame 
Ableitung  sämtlicher  Abwasserkategorien  bestimmtes  Kanalnetz  erstellt  wird, 
Misch-  oder  Sammelsystem.  Die  vielfach  gebräuchliche  Bezeichnung 
„Schwemmkanäle"  wird  derzeit  meist  nur  für  jene  nach  dem  Sammel-  oder 
Trennsystem  ausgebauten  Anlagen  angewendet,  in  denen  die  menschlichen 
Dejekte  mit  abgeschwemmt  werden. 

Naturgemäß  sind  Vollkanalisationen  wesentlich  kostspieligere  Anlagen  als 
Teilkanalisationen,  ihre  Vorzüge  den  letzteren  gegenüber  aber  auch  ganz  un- 
verkennbar. Hingegen  läßt  sich  der  Jahrzehnte  hindurch  geführte  Streit  über 
die  Vorzüge  und  Nachteile  zwischen  Trennsystem  und  Sammelsystem  an- 
gesichts der  großen  Zahl  der  in  jedem  Einzelfalle  maßgebenden  Faktoren 
kaum  allgemein  entscheiden.  Insbesondere  werden  die  letzteren  für  die  Mehr- 
oder Minderkosten  des  einen  der  beiden  Systeme  bestimmend. 

Als  ein  besonderer  Vorzug  des  Trennsystemes  muß  gleich  wie  bei  der 
Teilkanalisation  hervorgehoben  werden,  daß  Notauslässe  für  die  Brauch- 
wasserkanäle entfallen  und  höchstens  für  die  Regenkanäle  in  Betracht  kommen. 
Vielfach  ist  es  möglich,  die  Regenwässer  selbst  einem  hochgelegenen  Vor- 
fluter noch  mit  natürlichem  Gefälle  zuzuführen  und  hiermit  die  mechanische 
Wasserhebung  nur  auf '  die  quantitativ  weit  zurücktretenden  Brauchwasser- 
mengen zu  beschränken.  Ähnliches  gilt  bezüglich  der  Anlagen  für  die  Un- 
schädlichmachung der  Abwässer.  Als  Nachteile  des  Trennsystemes  sind  die 
bautechnischen  Schwierigkeiten  der  Unterbringung  und  Ausführung  des  ge- 
trennten   Kanalnetzes    bei    den    oftmals    recht    beschränkten   Straßenbreiten 


422 


III.  Die  Kanalisation  der  Ortschaften  etc. 


geltend  zu  machen,  ferner  auch  die  Notwendigkeit  einer  steten  Kontrolle 
bezüglich  der  separaten  Einleitung  der  Hauswässer  bezw.  Regenwässer 
(namentlich  jener  der  Hofflächen)  in  das  zustehende  Kanalsystem. 

Demgegenüber  bietet  das  Sammelsystem  den  nicht  zu  unterschätzenden 
Vorteil  der  Einheitlichkeit  dar:  Bautechnische  Schwierigkeiten  ergeben  sich 
hier  aus  der  großen  Tiefenlage  des  ganzen  Systemes,  Obelstände  aus  der 
Notwendigkeit  Notauslässe  anzuordnen,  sowie  Wasserhebung  und  Reinigung, 
wo  eine  solche  erforderlich  wird,  einem  der  Menge  nach  überaus  wechselnden 
Zuflüsse  anpassen  zu  müssen. 

III.  Bestimmung  der  abzuführenden  Wassermengen. 

X.  Brauchwässer  und  Industrieabwässer. 
'Die  Brauchwässer  setzen  sich  zusammen  aus  den  in  den  Hauswirt- 
schaften für  die  Zwecke  des  Kochens,  Waschens  und  Badens  zur  Verwendung 
gelangten  Wässern.  Der  Menge  nach  entsprechen  die  Brauchwasserabflüsse 
ungefähr  dem  aus  den  Wasserversorgungsanlagen  für  den  Hausbedari  ent- 
nommenen Wasserquantum,  und  ist  dasselbe  daher  dort,  wo  nur  Einzel- 
wasserversorgung aus  Hausbrunnen  u.  dergl.  besteht,  weit  geringer  als  in 
Orten  mit  zentraler  Wasserversorgung.  Die  Brauchwasserproduktion  unter- 
liegt ähnlichen  täglichen  und  jahreszeitlichen  Schwankungen  wie  der  Wasser- 
verbrauch selbst,  und  muß  daher  damit  gerechnet  werden,  daß  der  sekundliche 
Maximalabfluß  ungefähr  2 — 2,5  mal  so  stark  wird,  als  der  mittlere  Abfluß. 
Durch  Zuleitung  der  menschlichen  Ausscheidungen  (Fäces  und  Harn)  findet 
nur  eine  ganz  geringfügige  Vergrößerung  des  Abflußquantums  statt  und 
kann  letzteres  etwa  wie  folgt  veranschlagt  werden: 


Einwohner- 
zahl 
pro  Hektar 

Braachwasserabflnfi  in  Sek.-Liter  pro  Hektar  bei  einem 
Wasserverbrauch  pro  Kopf  und  Tag  von 

60 

100 

160 

Mittel 

Maximum 

Mittel 

Maximum 

Mittel 

Maximum 

50 
100 
200 
300 
400 

0,03 
0,06 
0,12 
0,18 
0,24 

0,075 
0,150 
0,300 
0,450 
0,600 

0,06 
0,12 
0,24 
0,36 
0,48 

0,15 
0,30 
0,60 
0,90 
1,20 

0,09 
0,18 
0,36 
0,54 
0,72 

0,22 
0,45 
0,90 
1,35 
1,80 

Der  Brauchwasserabfluß  bleibt  sonach  selbst  bei  dichter  Besiedelung 
und  hohem  V^asserkonsum  immer  noch  recht  gering.  Die  Beschaffenheit  der 
Brauchwässer  wird  bei  Besprechung  der  Reinigung  und  landwirtschaftlichen 
Verwertung  der  Abwässer  noch  des  näheren  behandelt  werden. 


A.  Kanalisation  der  Ortschaften.  423 

Bezüglich  der  Menge  und  Zusammensetzung  der  Industriöab Wässer 
muß  auf  Spezial werke  ^)  verwiesen  werden.  Über  die  Abwässer  landwirt- 
schaftlicher Industrien  (Zuckerfabrikation,  Molkerei,  Brennerei,  Bier-Brauerei) 
wird  gleichfalls  im  Abschnitte  „Abwässerreinigung"  gesprochen  werden. 

Grundwasser  gelangt  nur  ausnahmsweise  in  den  Kanälen  selbst  zur  Ab- 
leitung und  können  die  hierbei  in  Betracht  kommenden  Quantitäten  nur  auf 
Grund  spezieller  örtlicher  Erhebungen  festgestellt  werden. 

2.  Regenwasser. 

Zur  Bestimmung  der  in  den  Kanälen  abzuführenden  Niederschlags- 
wassermengen reicht  die  Kenntnis  der  örtlichen  Tagesregenmengen  allein 
nicht  aus,  es  muß  vielmehr  auch  auf  Dauer  und  Intensität  der  einzelnen 
Regenfälle,  die  oft  nur  ganz  kurze  Zeit  anhalten,  Rücksicht  genommen 
werden.  Weiter  ist  der  Einfluß  einer  Reihe  von  Faktoren  zu  beachten,  die 
teils  direkt  abflußhemmend,  teils  nur  abflußverzögemd  wirken. 

Während  bezüglich  der  Tagesregenhöhen  in  den  ombrometrischen  Be- 
obachtungen der  meteorologischen  und  hydrographischen  Stationen  bereits  ein 
reichhaltiges  Material  vorliegt,  ist  es  meist  recht  schwer,  sich  auf  direkten 
Messungen  beruhende  Daten  über  Dauer  und  Intensität  der  Starkregen  zu 
beschaffen,  nachdem  die  Zahl  der  mit  Ombrographen  ausgestatteten  Stationen 
leider  immer  noch  viel  zu  gering  ist. 

Prof.  Dr.  G.  Hellmann-Berlin,  der  Jahrzehnte  hindurch  dem  Studium 
der  Niederschlagsverhältnisse  seine  besondere  Aufmerksamkeit  zugewendet 
hat,  veröffentlicht  in  dem  kürzlich  erschienenen  umfangreichen  Werke:  „Die 
Niederschläge  in  den  norddeutschen  Stromgebieten"  (3  Bände, 
Berlin  1906,  Dietrich  Reimers  Verlag)  eine  Reihe  zum  Teil  erst  neu  aufge- 
deckter Beziehungen  zwischen  der  Stärke  der  Einzelregenfälle  längerer  Dauer 
und  den  Durchschnittswerten  für  längere  Zeiträume,  sowie  über  das  Ab- 
hängigkeitsverhältnis zwischen  Regenintensität  und  Regendauer  bei  Platz- 
regen. Da  der  Inhalt  dieser  neuen  Publikation  im  I.  Bande  dieses  Hand- 
buches nicht  mehr  berücksichtigt  werden  konnte,  möge  angesichts  des  hohen 
Wertes  dieser  Untersuchungen  für  den  Wasserbauingenieur  eine  Reihe  der 
von  Hellmann  abgeleiteten  Sätze,  und  zwar  in  zumeist  wörtlicher  Wieder- 
gabe, an  dieser  Stelle  eine  nachträgliche  Aufnahme  finden.  (Hellmann  1.  c, 
I.  Bd.  Text,  S.  112—117.) 

„1.  Durchschnittlich  verhält  sich  die  mittlere  Monatsmenge  zum 
mittleren  Tagesmaximum  desselben  Monats  wie  3,5 — 4  zu  1  oder  das 
mittlere  Tagesmaximum  beträgt  durchschnittlich  25 — 29  ^/q  der  zugehörigen 
mittleren  Monatsmenge.  Eine  Ausnahme  bilden  sehr  trockene  Orte,  wie  Prag 
und  Halle  a.  S.,  wo  die  Verhältniszahl  kleiner  ist  (3,1),  oder  sehr  nasse,  wie 

*)  Dr.  J.  König,  Die  Verunreinigung  der  Gewässer.  Berlin  1899.  Verlag  von  I.  Springer. 
—  Dr.  F.  Fischer,  Das  Wasser,  seine  Verwendung,  Reinigung  und  Beurteilung.  Berlin  1902. 
Verlag  von  J.  Springer.  —  Dr.  Häfcke,  Städtische-  und  Fabrikabwässer.  Wien  1901.  Verlag 
von  A.  Hartleben.  —  Dr.  C.  We igelt,  Unsere  natürlichen  Fischgewässer  usw.  Stuttgart  1900. 
Verlag  von  E.  Ulmer.  —  Derselbe,  „l'Assainissement  et  le  Repeuplement  des  Rivi^res".  Berlin  1904. 
Verlag  von  C.  Hey  mann. 


424  ^  ^^®  Kanalisation  der  Ortschaften  etc. 

Klausthal,  wo  sie  größer  ist  (4,6).  Das  deutet  schon  auf  eine  gesetzmäßige 
Beziehung  zwischen  dem  Betrage  der  mittleren  Jahresmenge  und  des  Tages- 
maximums der  Regenfälle  hin. 

2.  In  der  warmen  Jahreshälfte  (April  bis  September)  ist  die  mittlere 
Monatsmenge  im  Verhältnis  zum  mittleren  Tagesmaximum  etwas 
kleiner  (7 : 8)  als  in  der  kalten  (Oktober  bis  März).  Eine  Ausnahme  macht 
Luzem,  das  gerade  im  Sommer  relativ  große  Tagesmaxima  aufweist. 

Im  Mittel  macht  das  mittlere  Tagesmaximum  im  Sommerhalbjahr 
29^/o,  im  Winterhalbjahr  nur  25®/o  der  mittleren  Monatsmenge  aus. 

3.  Durchschnittlich  verhält  sich  die  mittlere  Monatsmenge  zum  ab- 
soluten Tagesmaximum  desselben  Monats  wie  1,2 — 1,5:1  oder  das  ab- 
solute Tagesmaximum  beträgt  65 — 80  ^/^  der  zugehörigen  mittleren  Monats- 
menge. Auch  hier  machen  sehr  trockene  und  sehr  feuchte  Orte  eine  Aus- 
nahme, und  zwar  in  demselben  Sinne  wie  bei  dem  mittleren  Tagesmaximum. 

4.  In  der  warmen  Jahreshälfte  ist  die  mittlere  Monatsmenge  im 
Verhältnis  zum  absoluten  Tagesmaximum  etwas  kleiner  (7:8)  als  in  der 
kalten. 

Im  Durchschnitt  beträgt  das  absolute  Tagesmaximum  im  Sommer- 
halbjahr 80^/o,  im  Winterhalbjahr  nur  70^/^  der  mittleren  Monatsmenge. 

5.  Das  absolute  Tagesmaximum  verhält  sich  zum  mittleren  durch- 
schnittlich wie  2^/4 : 1.  An  trockenen  Orten  ist  dieses  Verhältnis  größer,  an 
feuchten  kleiner. 

6.  Das  Verhältnis  der  mittleren  Jahresmenge  des  Niederschlags  zum 
mittleren  und  zum  absoluten  Tagesmaximum  hängt  von  dem  absoluten 
Betrage  der  Jahresmenge  selbst  ab  und  wächst  im  allgemeinen  mit  diesem, 
oder  die  Tagesmaxima  sind  an  trockenen  Orten  relativ  größer  als  an  nassen." 

Für  die   unter  6  angedeutete  Beziehung  zwischen  der  mittleren  Jahres- 
menge {H  in  Millimeter)    und    ihrem   Prozentverhältnis    {P)   zum    absoluten 
Tagesmaximum  (^in  Millimeter)  gibt  Hellmann  nachstehende  Interpolations 
formein: 

iJ/=  21,38 +  0,0211  i/. 

Diesen  beiden  Gleichungen  entspricht  nachstehende  Tabelle: 
M 
mm 
29,8 
32,0 
34,0 
36,1 
38,2 

„Bei  allen  untersuchten  Stationen  liegt  der  häufigste  Wert  des 
relativen  Tagesmaximums  (P)  unter  dem  mittleren,  und  zwar  um  1 — iVa^/o 
der  Jahresmenge. 

Der  kleinste  Wert  des  relativen  Tagesmaximums  scheint  nirgends 
unter  2^/^  der  Jahresmenge  herabzugehen  und  zeigt  bei  allen  Stationen  eine 


H 

P 

mm 

'lo 

400 

7,46 

500 

6,39 

600 

5,67 

700 

5,16 

800 

4,78 

H 

P 

M 

mm 

% 

mm 

900 

4,48 

40,3 

1000 

4,25 

42,5 

1100 

4,05 

44.6 

1200 

3,89 

46,7 

1300 

3,75 

48,8 

A.  Kanalisation  der  Ortschaften.  425 

überraschende  Gleichförmigkeit  (2 — 3  ^/q).  Nur  an  sehr  trockenen  Orten  scheint 
das  relative  Tagesmaximum  nicht  unter  3®/o  zu  sinken  (Posen,  Prag,  Torgau, 
Halle  a.  S.). 

Dagegen  ist  der  gröfite  Wert  des  relativen  Tagesmaximums 
größeren  Schwankungen  unterworfen  und  wächst  im  allgemeinen  proportional 
dem  mittleren  Werte  von  P  selbst.  An  feuchten  Orten  wie  Klausthal,  Emden 
und  Kleve  geht  das  Maximum  von  P  unter  9  ^/o  herab,  während  es  an  trockenen 
wie  Halle  und  Frankfurt  a.  O.  18  %  überschreitet. 

Air  diese  Tatsachen  lehren  also,  daß  gerade  trockene  Orte  zu 
exzessiven  Niederschlägen  neigen." 

Die  He  11  mann  sehen  Untersuchungen  ergeben,  daß  in  dem  untersuchten 
Gebiete,  das  ja  auch  fast  ganz  Böhmen  und  Galizien  sowie  einen  beträchüichen 
Teilen  der  Schweiz  umfaßt,  die  Tagesmaxima  des  Niederschlages  fast  aus- 
nahrfislos  auf  die  Sommermonate  Juni  bis  August  fallen  und  daß  der  größte 
Teil  derselben  sich  zwischen  den  Schwellenwerten  21 — 30  mm  und  31  bis 
40  mm  hält. 

Von  besonderer  Wichtigkeit  sind  die  von  Hell  mann  angestellten 
Studien  über  die  Beziehungen  zwischen  Intensität  und  Dauer  von  Platzregen. 
Aus  einem  mehr  als  1900  Einzelregenfälle  umfassenden  Beobachtungsmateriale 
gelang  es  diesem  Forscher,  nachstehende  empirische  Gleichungen  für  die 
Intensität  mittelstarker  Platzregen  aufzustellen: 

1  = -0,311  + ^:=r-, 

A  =  - 0,31 1  +  3,522.^/2^, 
und  zwar  bedeuten: 

i  die  Intensität  des  Regens,  ausgedrückt  in  Millimeter  pro  Minute; 

/  die  Regendauer  in  Minuten; 

h  die  in  der  Zeit  /  gefallene  Regenmenge  in  Millimeter. 

Eine  ähnliche  Beziehung  wurde  auch  für  die  stärksten  Platzregen  auf- 
gestellt. Die  dieser  Gleichung  entsprechenden  Zahlwerte  finden  sich  in  der 
nachstehenden  Tabelle  vereinigt.  In  derselben  wurde  zur  Erleichterung  ihrer 
Verwertung  die  den  einzelnen  minutlichen  Regenintensitäten  entsprechenden 
Regenmengen  in  Liter  auf  Hektar  und  Sekunde  bezogen  angefügt. 

(Siehe  die  Tabelle  auf  Seite  426.) 

Die  in  Spalte  4  und  7  der  nachstehenden  Tabelle  angeführten  Nieder- 
schlagsergiebigkeiten sind  auch  in  den  Kurven  I  und  II  der  Fig.  176  graphisch 
zur  Darstellung  gebracht. 

Leider  genügt  das  derzeit  vorhandene  Beobachtungsraaterial  noch  keines- 
wegs, um  auch  bezüglich  der  relativen  Häufigkeit  des  Auftretens  von  Schlag- 
regen  der  einzelnen  Intensitätsklassen  allgemeine  Schlußfolgerungen  ziehen 
zu  können.  Und  gerade  dies  wäre  in  hohem  Grade  wünschenswert,  da  es 
aus  bauökonomischen  Gründen  untunlich  ist,  das  ganze  Kanalsystem  zur 
Aufnahme  und  Abfuhr  der  allerstärksten  Niederschläge,  die  doch  zumeist  nur 


426 


in.  Die  Kanalisation  der  Ortschaften  etc 


swiscben  der  Regenmenge  und  der  Dauer  der  Piatsregen  (Wolkenbrftche). 


1. 

2. 

3. 

4. 

5. 

6. 

7. 

MitÜcre  PUtzrcg< 

tn: 

Stärkste  Platzregi 

sn: 

Wasser- 

Wasser^ 

Regendaner 

Gesamt- 

Intensität 

menge  in 

Gesamt- 

Intensität 

menge  in 

in  Minuten 

ergiebigkeit 

in  Millimeter 

Liter  pro 

ergiebigkeit 

in  Millimeter 

Liter  pro 

in  Millimeter 

pro  Minute 

Hektar  und 
Sekunde 

in  Millimeter 

pro  Minute 

Hektar  und 
Sekunde 

5 

8 

1,60 

266 

13 

2,60 

433 

10 

13 

1,30 

216 

22 

2,20 

367 

15 

17 

1,13 

189 

28 

1,87 

312 

20 

21 

1,05 

175 

32 

1,60 

267 

30 

26 

0,87 

145 

41 

1,36 

227 

45 

33 

0,73 

122 

48 

1,07 

177 

60 

37 

0,62 

100 

56 

0,93 

155 

90 

43 

0,48 

80 

63 

0,70 

117 

120 

48 

0,40 

67 

69 

0,57 

96 

150 

51 

0,34 

57 

73 

0,49 

81 

180 

53 

0,29 

49 

75 

0,42 

69 

nach  jahrelangen  Zwischenpausen  wiederkehren,  einzurichten;  man  muß  sich 
in  der  Praxis  vielmehr  schon  damit  begnügen,  die  Kanäle  so  zu  dimensionieren, 


0 
0 

60 
1^ 

IM 
2^ 

18 
5 

n[ 

10 

\ 

X 

^ 

L  250 

a 

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I     Starke  Rv^enfÜlle] 

•nach  Hellmenn 
I    Mittlere ReScnfalleJ 

VL   A bflussmenj©  nach  Jm hoff 

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15 


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0  20  40  60  80  100  120  IM)  160  IS« 

Regendeuen  in  Minuten 

Fig.  176. 

daß  eine  Überlastung  derselben  nicht  öfter  als  etwa  einmal  im  Jahre  zu  be- 
fürchten ist.    In  diesem  Sinne  sind  die  Hell  mann  sehen  Angaben  für  mittel- 


A.  Kanalisation  der  Ortschaften.  427 

Starke  Platzregen  wohl  schon  als  obere  Grenzwerte  anzusehen.  Als  untere 
Grenze  dürfte  die  in  Fig.  176  als  Kurve  III  eingetragene  Regenkurve  nach 
Imhoff^)  (aufgestellt  für  das  rheinisch- westfälische  Industriegebiet  sowie  das 
Emschergebiet  mit  770  mm  Jahresregenhöhe)  immer  noch  einen  vollkommen 
befriedigenden  Sicherheitsgrad  gewähren.  Gelegentlich  der  Besprechung  der 
Abflußverzögerung  wird  auf  die  Bedeutung  des  Abhängigkeitsverhältnisses 
zwischen  Regenintensität  und  Regendauer  nochmals  zurückzukommen  sein,  und 
seien  hier  nur  noch  einige  verschiedenen  neueren  praktischen  Ausführungen 
zugrunde  gelegte  Zahlwerte  mitgeteilt. 

Bei  der  Kanalisation  von  Charlottenburg-Westend  wurde  von 
Kayser*)  eine  durch  nachstehende  Zahlwerte  festgelegte  Regenintensitäts- 
kurve zugrunde  gelegt: 

Regendauer  in  Minuten  5       10      15    20    30    40    60    90     120 

Regenmengen  in  Sek.-Liter/Hektar    171     125     100    84    62    52    42    35      28. 

In  Wien^)  rechnet  man  für  die  dicht  verbauten  Stadtteile  mit  Regen- 
fällen von  125  sl./ha  und  halbstündiger  Dauer  für  die  weniger  dicht  verbauten 
Gebiete  mit  100  sl./ha  und  20  Minuten  Dauer. 

Th.  Heyd*)  nimmt  auf  Grundlage  mehrjähriger  ombrographischer  Be- 
obachtungen für  die  Kanalisierung  von  Darmstadt  an: 

bei  einer  Regendauer  von  10  Minuten  .     .  0,75  mm/Min.  =  125  sl./ha 

«        n  »  „     15         „         .     .  0,60         „         =  100       „ 

n  n  V  n      20  „  .      .    0,45  „  =     75         „ 

Für  die  Kanalisation  der  kleinen  Stadt  Oppau  rechnet  derselbe  Pro- 
jektant*^)  auf  Grundlage  der  Orabrographendaten  der  benachbarten  Stadt 
Karlsruhe: 

bei  einer  Regendauer  von    5  Minuten  .     .  0,73  mm/Min.  =  120  sl./ha 
„        n  n  „     10  „         .     .  0,46         „         =    78       „ 

n  n  n  „       15  „  .      .    0,32  „  =     54         ,. 

Alle  diese  Daten  fügen  sich  den  oben  angegebenen  Intensitätsgrenzen 
sehr  gut  an. 

Dr.  Ing.  H.  Kell  er- Berlin,  der  in  einer  soeben  veröffentlichten  Ab- 
handlung*)  die  Hellmannschen  Untersuchungen  einer  eingehenden  Diskussion 

^)  Dr.  Ing.  K.  Imhoff,  Taschenbuch  für  Kanalisationsingenieure,  1907  bei  Oldenbourg, 
München  und  Berlin  erschienen. 

*)  Stadtbaninspektor  Kays  er- Charlottenburg,  Berechnung  der  Regenwasserabflufimengen 
für  städtische  Kanalisation.     Technisches  Gemeindeblatt,  VIII.  Jahrgang  1905/06,  No.  6  und  7. 

*)  Sämtliche  die  Kanalisation  der  Stadt  Wien  betreffende  Angaben,  sowie  die  Fig.  182 
und  189  sind  dem  von  Baurat  J.  Kohl  bearbeiteten  Kapitel:  „Die  Entwässerungsanlagen  der 
Stadt  Wien"  des  vom  österreichischen  Ingenieur-  und  Architektenvereine  herausgegebenen 
Werkes:  „Wien  am  Anfang  des  XX.  Jahrhunderts"  entnommen. 

*)  Dipl.-Ing.  Th.  Heyd,  Die  Berechnung  städtischer  Kanalisationsanlagen  unter  Zugrunde- 
legung von  Regenfällen  verschiedener  Heftigkeit  und  Dauer.  Gesundheitsingenieur  28.  Jahr- 
gang 1906,  No.  19. 

*)  Derselbe,  Die  Kanalisation  für  Oppau  in  der  Rheinpfalz,  München  1906,  Oldenbourgs 
Verlag. 

•)  Dr.  Ing.  H.  Keller,  Regen-  und  Abflufimengen  bei  grofien  Regengüssen.  Zentralblatt 
der  Bauverwaltung,  28.  Jahrgang  1907,  No.  48  und  49. 


428  ^-  ^i^  Kanalisation  der  Ortschaften  etc. 

unterzieht,  äußert  sich  über  die  Verwertbarkeit  derselben  beim  Mangel  örtlicher 
Beobachtungen  (1.  c.  S.  323):  „Wenn  aber  solche  fehlen,  bietet  die  Landeskurve 
für  die  Regenstärken  der  mittleren  Platzregen  eine  brauchbare  Grundlage  bei 
wasserbautechnischen  Berechnungen.  Handelt  es  sich  um  ein  einzelnes  Bau- 
werk, z.  B.  einen  Eisenbahndurchlaß  oder  Kanaldücker,  so  gebietet  die 
Vorsicht  die  Beibehaltung  der  aus  ihr  hervorgehenden  Werte.  Dagegen  darf  man 
bei  Ermittelung  der  Rohrweiten  einer  städtischen  Kanalisierung  die  Regenstärken 
der  Tabelle  A  (hier  Tabelle  auf  S.  426  Kol.  4  bezw.  Kurve  H  der  Fig.  176) 
auf  etwa  die  Hälfte  vermindern."  Diese  Reduktion  würde  Werte  liefern,  welche 
größtenteils  zwischen  jene  der  Im  ho  ff  sehen  und  Kay  ser  sehen  Intensitäts- 
kurven fallen.  Übrigens  macht  Keller  auch  darauf  aufmerksam,  daß  die 
Hellmannsche  Regenstärkenkurve  für  mittlere  Platzregen,  wie  sich  aus  einem 
Vergleiche  mit  Beobachtungen  von  Specht^)  ergibt,  auch  den  süddeutschen 
Verhältnissen  vollkommen  entspricht. 

In  nachfolgender  Tabelle  sind  eine  größere  Anzahl  von  Regenfällen 
außergewöhnlicher  Intensität  zusammengestellt. 

(Siebe  die  Tabelle  auf  Seite  429.) 

Als  in  ihren  Wirkungen  hervorragend  intensive  Regenfälle  in  Wien  seien 
jene  der  Jahre  1896  (1.  August)  und  1907  (17.  Juli)  hier  hervorgehoben,  welche 
im  Gebiete  der  Stadt  Wien  bedeutenden  Schaden  anrichteten;  der  letzten  Kata- 
strophe fielen  sogar  Menschenleben  zum  Opfer.  Am  17.  Juli  1907  erstreckten  sich 
die  Verheerungen  insbesondere  über  die  Gemeindebezirke  Gersthof,  Hemals, 
Ottakring,  Dornbach  und  Neuwaldegg,  welche  von  im  Wiener  Walde  ent- 
springenden und  in  die  Kanalisation  einbezogenen  Stadtbächen  durchflössen 
werden.  Der  Regenfall  vom  17.  Juli  ist  in  Fig.  177  auf  Grund  der  Angaben 
des  im  Garten  der  k.  k.  Hochschule  für  Bodenkultur  aufgestellten  Ombro- 
graphen,  System  Hellmann-Fueß  (mit  einem  vergrößerten  Abszissenmaß- 
stabe),  zur  Darstellung  gebracht,  doch  dürfte  diese  Station,  welche  eine 
Tagesregenmenge  von  50  mm  registrierte,  nicht  im  Kemgebiete  des  Regens 
gelegen  gewesen  sein,  da  die  dem  von  den  Wasserverheerungen  stärkst  be- 
troffenen Gebiete  zunächst  gelegene,  lediglich  mit  einem  Ombrometer  ver- 
sehene Station  „Wasserreservoir  Schafberg"  eine  Tagesregenhöhe  von  66,2  mm 
meldet. 

Das  Diagramm  zeigt,  daß  dem  Hauptregenfall  von  5  h  58'  bis  7  h  10', 
der  in  72  Minuten  eine  Gesamtergiebigkeit  von  30,9  mm  aufwies,  in  der  Zeit 
von  4  h  45'  bis  5  h  10'  ein  durch  25  Minuten  anhaltender  Regen  von  13,5  mm 
Ergiebigkeit  vorherging.  Da  auch  schon  die  Vortage  ausgiebige  Niederschläge 
gebracht  hatten  (14.  Juli  68,9  mm,  15.  Juli  6,8  mm,  16.  Juli  6,4  mm),  dürfte 
das  Wasseraufnahmevermögen  des  Freilandes  fast  erschöpft  gewesen  sein  und 
nach  neuerlicher  Benetzung  der  Oberfläche  durch  den  Regen  um  5  h  pm  sich 
für  den  zweiten  Regenfall  am  Nachmittag  des  17.  Juli  ein  außerordentlich 
hoher  Abflußkoeffizient  ergeben  haben. 


^)  Specht,  Größte  Regenfälle  in  Bayern  und  ihre  Verwertung  für  Hochwasserberechnnngen. 
Abhandlungen  des  Kgl.  Bayerischen  hydrographischen  Bureaus,  München  1905. 


A.  Kanalisation  der  Ortschaften.  429 

Tabelle  über  Regenfälle  von  aufsergewöhnlicher  Intensität. 


Land: 

Datum 

Dauer 

Gesamt- 

er- 
giebig- 

Intensität 

Beobachtnngsort: 

pro 

pro 

keit 

Minute 

Hektar 

Minuten 

mm 

mm 

sl. 

Lauei) 

Sachsen 

5. 

Juni  1896 

6 

29,8 

4,970 

830 

Aweyden 

Ostpreußen 

4. 

Aug.  1895 

5 

23,0 

4,600 

766 

Wegeringhansen 

Hannover 

13. 

Mai  1899 

3 

12,9 

4,300 

716 

Hettensen 

n 

15. 

Aug.  1901 

3 

12,5 

4,170 

695 

Eisleben 

Sachsen 

16. 

Aug.  1893 

5 

17,6 

3,520 

586 

Morsbach 

Rheinland 

19. 

Juli  1895 

10 

33,2 

3,320 

553 

Meseritz 

Posen 

20. 

Mai  1899 

3 

9,9 

3,300 

550 

Radtkehmen 

Ostpreußen 

13. 

Sept.  1898 

6 

19,6 

3,270 

545 

Domm-Alsam 

Hannover 

23. 

JuU  1895 

10 

31,0 

3,100 

614 

Trebnitz 

Schlesien 

13. 

Juni  1895 

15 

40,5 

2,700 

460 

Odingen 

Westfalen 

20. 

Aug.  1900 

30 

78,3 

2,610 

435 

Oberheiden 

n 

9. 

Juli  1896 

30 

73,7 

2,460 

410 

Nieder-Marsberg 

n 

6. 

Aug.  1897 

45 

103,0 

2,290 

381 

Trenenbrietzen 

Brandenburg 

31. 

Juli  1897 

23 

51,2 

2,230 

371 

Wartha 

Posen 

16. 

Aug.  1897 

45 

98,0 

2,180 

363 

Bienan 

Ostpreußen 

26. 

Juli  1896 

30 

65,0 

2,170 

361 

Rötgen 

Rheinland 

27. 

Aug.  1894 

20 

39,7 

1,980 

330 

Bärentbai 

n 

17. 

Tuli  1900 

30 

56,9 

1,900 

316 

Neustadt  a.  d.  Haardt 

Bayern 

7. 

Sept.  1886 

60 

98,0 

1,630 

271 

Wildgarten 

Westpreuflen 

1. 

Aug.  1896 

100 

134,0 

1,340 

223 

Waltershausen 

Sachsen 

14. 

Aug.  1884 

60 

75,0 

1,250 

210 

Trier 

Rheinland 

17. 

Juni  1856 

60 

73,2 

1,220 

203 

Berlin 

Brandenburg 

14. 

April  1902 

210 

143,0 

1,180 

197 

Schwerin 

Mecklenburg 

11. 

Mai  1890 

85 

111,0 

1,170 

195 

Bobersberg 

Brandenburg 

21. 

Juni  1895 

120 

128,5 

1,070 

178 

Görlsdorf 

n 

12. 

Mai  1889 

135 

132,3 

0,980 

163 

Benthen 

Schlesien 

24. 

Mai  1882 

180 

109,6 

0,610 

101 

Wien,   Schmelz 

Nieder-Österreich 

7. 

Juni  1894 

15 

37,0 

2,470 

411 

„       Breitensee 

n 

21. 

Juli  1902 

30 

— 

— 

300 

„       Favoriten 

n 

22. 

April  1904 

8 

— 

— 

300 

„       Tttrkenschanze 

rt 

6. 

Aug.  1905 

6 

— 

— 

300 

„       Breitensee 

n 

2. 

Juni  1900 

13 

— 

— 

250 

»                 n 

n 

2. 

Juni  1900 

75 

40,7 

0,542 

90 

„       Türkenschanze 

n 

17. 

Juli  1907 

5 

7,4 

1,470 

245 

n                      n 

» 

17. 

Juli  1907 

72 

31,0 

0.430 

71 

„       Westbahnhof 

n 

1. 

Aug.  1896 

75 

67,0 

0,900 

159 

Neawiese 

Böhmen 

29. 

Juli  1897 

24  h 

345,0 

0,240 

41 

Berlin 

Brandenburg 

14. 

April  1902 

24  „ 

166,0 

0,115 

19 

Pirna 

Sachsen 

10. 

Juli  1886 

24, 

156,0 

0,108 

18 

*)  Die  Angaben  sind  zum  größten  Teile  dem  wiederholt  zitierten  Werke  von  G.  Hell- 
mann entnommen. 


430 


III.  Die  Kanalisation  der  Ortschaften  etc. 


Von  den  auf  die  Erdoberfläche  fallenden  Niederschlagswässem  gelangt 
nur  ein  Teil  in  den  Kanälen  zum  Abflüsse,  während  der  oftmals  gar  nicht 
so  unbeträchtliche  Rest  durch  Wiederverdunstung  in  die  Atmosphäre,  sowie 
durch  Versickerung  in  den  Boden  am  Abströmen  gehindert  wird. 

Bezeichnet  man  mit  A  das  abfließende,  mit  E  bezw.  V  das  zur  Ver- 
dunstung   bezw.    Versickerung    gelangende    Teilquantum    eines    Regenfalles, 

so  wird:  /        E  -^-VX 

A  =  R-E-V=R\1 ^\  =  R.tp. 


xfj=l 


R 
E+V 


R 


^*W  tn. 

40 

9 — ' —       — 1 

w^   - l 

**                            1                                                                          A 

•                                              2 

-    /.-L 

'                               .              -/^ 

/  ?  i 

^      / 

Tt                I 

1  r 

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U-                                  5 

J                               7                 .              8V 

Fl«.  177. 


Graphische  Darstellung  des  Nachmlttagsregenfalles  vom  17.  Juli  1907. 
(K.  k.  Hochschule  fUr  Bodenkultur  In  Wien.) 


Den  Koeffizienten  xp^  mit  dem  das  Mengenverhältnis  zwischen  Nieder- 
schlag und  Abfluß  zum  Ausdruck  gebracht  werden  soll,  pflegt  man  Abfluß- 
koeffizient zu  nennen.  Vielfach  sind  auch  die  Bezeichnungen  Ver- 
sickerungskoeffizient  oder  Dichtigkeitskoeffizient  gebräuchlich,  da 
einerseits,  wenigstens  bei  länger  anhaltendem  Regen,  der  Einfluß  der  Ver- 
dunstung gegen  die  Versickerung  weit  zurücktritt  und  andererseits  die  Intensität 
der  Versickerung  von  der  Verbauungsdichte  besonders  stark  beeinflußt  wird. 

Genauere  Untersuchungen  über  den  sicher  vorhandenen  Einfluß  von 
Regenintensität,  Ausdehnung,  Flächengefälle  und  anfänglichen  Durchfeuchtungs- 
grad  des  beregneten  Gebietes  auf  den  Anfangswert  des  Koeffizienten  tp,  sowie 
dessen  Veränderungen  während  des  Regenfalles  selbst,  vornehmlich  infolge  der 
Zunahme  der  Durchtränkung  der  Auffangflächen,  fehlen  zurzeit  noch  vollständig. 


A.  Kanalisation  der  Ortschaften.  431 

Für  ip  sind  zumeist  die  nachstehenden  Durchschnittswerte  gebräuchlich 
(nach  A.  Frühling): 

Im  Mittel 

1.  Für  den  alten  dichtbebauten  Kern  der  Städte  .     .     .     0,70—0,90     0,80 

2.  Für  die  anschließenden  Viertel,  sowie  für  Stadtteile 

mit  geschlossener  Verbauung 0,50 — 0,70     0,60 

3.  Für  die  Stadtviertel  mit  offener  Bebauung    ....  0,25—0,50     0,40 

4.  Für  Übungsplätze,  die  unbebauten  Flächen  der  Bahn- 
höfe u.  dergl 0,10—0,30     0,20 

5.  Für   Anlagen,    Gartenflächen,    sowie    die   nach   dem 
Stadtgebiete    entwässernden   Wiesen    und   Äcker  je 

nach  Gefälle  und  Beschaffenheit  des  Untergrundes   .     0,05 — 0,25 

6.  Für  die  nach  dem  Stadtgebiete  entwässernden  Wald- 
flächen u.  dergl 0,01—0,20 

Jedenfalls  dürfte  es  sich  empfehlen,  für  die  sub  5  und  6  aufgeführten 
Kategorien,  sobald  dieselben  einige  Ausdehnung  besitzen,  eine  separate  Be- 
rechnung der  zu  erwartenden  Abflußmengen  auf  Grund  der  im  I.  Bande  dieses 
Handbuches  im  Kapitel  „Bodenentwässerung"  gemachten  Angaben  vorzu- 
nehmen. Vielfach  empfiehlt  es  sich,  zur  Vereinfachung  der  weiteren  Rech- 
nungen das  Produkt  aus  Abflußfläche  und  Abflußkoeffizient  zu  einem  Faktor, 
der  „reduzierten  Abflußfläche  Fr",  zusammenzuziehen.  Für  ein  Einzugs- 
gebiet von  F  ha  Fläche  und  einen  Regenfall  von  der  mittleren  Intensität  i 
(in  Sek.-Liter  pro  Hektar)  ergibt  sich  ein  sekundlicher  Oberflächenabfluß  von: 

q  =  xp.F.i  =  Fr.i  sl. 

Beträgt  derselbe  sonach  nur  einen  Bruchteil  der  pro  Zeiteinheit  auf  das 
Niederschlagsgebiet  auffallenden  Regenmenge,   so  kann  auch  die  sekundlich 
durch  die  Kanäle  abfließende  Wassermenge  infolge  des  Eintrittes  einer  Ab- 
flußverzögerung selbst  wieder  dem  Oberflächenabflusse  gegenüber  eine  Ver 
minderung  erfahren. 

Um  den  Begriff  der  Abflußverzögerung  und  dessen  fundamentale  Be- 
deutung für  die  Dimensionierung  der  Regenkanäle  klar  hervortreten  zu  lassen, 
ist  es  notwendig,  auf  den  Abflußvorgang  selbst  etwas  näher  einzugehen.  Zu 
diesem  Zwecke  möge  ein  Querschnitt  des  Hauptkanales  (etwa  der  Punkt  P 
in  Fig.  178),  den  der  Gesamtabfluß  der  Fläche  F  zu  passieren  hat,  in  Unter- 
suchung gezogen  werden.  Aus  dem  Einzugsgebiete  F  seien  ferner  zwei 
kleine  Flächenteile  /a  und  /b  hervorgehoben,  von  denen  /a  unmittelbar  beim 
Punkte  P,  fß  hingegen  so  gelegen  sei,  daß  die  Zeit,  welche  bis  zum  Eintreffen 
der  Abflüsse  von  /b  beim  Punkte  P  vergeht,  für  das  betrachtete  Einzugs- 
gebiet ein  Maximum  werde,  also: 


L^jL^^»^     '  J«^(Ji.\  =  , 


Vi         V,         Vg     '  v„ 


'ii  '«I  '« •  •  •  •  Ä.  sind  die  von  dem  Abfluß  von/js  in  den  Zeiten  /i,  /«,  /g A> 

mit  den  Geschwindigkeiten  v^,  üj»  «'s ^»  ^u  durchlaufenden  Teilstrecken. 


432  III-  I^ic  Kanalisation  der  Ortschaften  etc. 

Während  die  Abflüsse  von  /a  kurz  nach  Beginn  des  Regenfalles  bereits 
bei  P  anlangen,  werden  jene  von  fß  erst  um  -rr  =  tmax.  Sekunden  später  den 
Punkt  P  passieren. 

Die  in  irgend  einem  zwischen  t=o  und  /  =  tmax.  gelegenen  Zeitpunkte 
den  Kanalquerschnitt  bei  P  gleichzeitig  durchströmenden  Wasserteilchen 
müssen  dann  auch  offenbar  einer  bestimmten  Teilfläche  des  Niederschlags- 
gebietes entstammen,  und  zwar  wird  sich  dieselbe  bei  Beginn  des  Regenfalles 
nur  auf  die  unmittelbare  Umgebung  der  Fläche  /a  beschränken,  bei  an- 
haltendem Regen  aber  stetig  an  Ausdehnung  gewinnen  und  schließlich  das 
ganze  Einzugsgebiet  umfassen,  falls  nur  der  Regenfall  so  lange  anhält,  als  die 
Abflüsse  von  /b  benötigen,  um  bis  nach  P  zu  gelangen.  Die  Teilfläche, 
welcher  die  zu  einem  beliebigen  Zeitmomente  /  den  Kanalquerschnitt  bei  P 
gemeinsam  abfließenden  Wasserteilchen  entstammen,  sei  im  folgenden  „Ab- 
fluß fläche''  genannt  und  mit  Ft  bezeichnet. 

Derselben  entspricht  dann  unter  Annahme  eines  für  die  ganze  Fläche 
geltenden  mittleren  Abfluflkoeffizienten  xp^  sowie  einer  der  Regendauer  /  ent- 
sprechenden durchschnittlichen  Regenintensität  u  (in  Liter  pro  Sekunde  und 
Hektar)  die  sekundliche  Abflußmenge: 

qt=tp.Ft,u.  sl. 

Nach  Aufhören  des  Regens  werden  analog  die  Abflüsse  von  /a  zuerst 
versiegen,  hingegen  immer  noch  Abflüsse  aus  den  entfernteren  Teilflächen 
des  Einzugsgebietes  bei  P  eintreffen,  es  wird  also  auch  die  diesen  Wässern 
zugeordnete  Abflußfläche  aus  der  Umgebung  von/x  allmählich  gegen  fs  hin 
abnehmen  und  endlich  nach  Verlauf  der  Zeit 

wieder  ganz  auf  Null  reduziert  sein.  Mit  Ta  und  Tr  sei  die  Gesamtabfluß- 
dauer bezw.  die  Gesamtregendauer  bezeichnet.  (Der  Zeitaufwand  für  den 
Zulauf  der  ersten  und  den  Abfluß  der  letzten  Wasserteilchen  von  /b  nach  P 
ist  zwar  nicht  genau  gleich,  und  zwar  infolge  der  Beeinflussung  der  Abfluß- 
geschwindigkeit durch  die  Änderung  der  Wasserstandsverhältnisse  und  des 
Oberflächengefälles  bei  Füllung  bezw.  Wiederentleerung  der  Kanäle,  doch 
kann  diese  Zeitdifferenz  hier  unbeschadet  der  Gültigkeit  des  Resultates  dieser 
allgemeinen  Betrachtung  unberücksichtigt  bleiben.) 

Nimmt  man  eine  für  die  Dauer  des  Regenfalles  konstante  mittlere 
Regenintensität  an,  ebenso  einen  konstanten  mittleren  Abflußkoeffizienten  tp, 
so  wird  einer  wachsenden  Abflußfläche  auch  ein  zunehmender  sekundlicher 
Abfluß  beim  Punkte  P  entsprechen.  Für  einen  Regenfall,  dessen  Gesamt- 
dauer Tr  größer  ist  als  tmar,i  werden  sich  sonach  auch  nachstehende  3  Phasen 
des  Abflußvorganges  unterscheiden  lassen. 

I.  Phase  von  /=o  bis  /=/mar.: 

Die  Abflußfläche  wächst  von  Fo  =  o  bis  Fmax,  =  F^  der  sekundliche  Ab- 
fluß bei  P  von  qo  =  o  bis  qmax,  =  tp .F.  i. 


A.  Kanalisation  der  Ortschaften.  433 

II.  Phase  von  /  =  tmax.  bis  t=TR: 

Die  Abflußfläche  hat  ihre  größte  Ausdehnung  erreicht  und  behält 
diesen  Wert  bei.  Das  Gleiche  gilt  vom  sekundlichen  Abflüsse:  Fmax,=F] 
qmax.  =  ip  F,i. 

III.  Phase  von  t^TR  bis  i  =  Tr  +  fmax,  =  Ta: 

Abflußfläche  und  sekundlicher  Abfluß  nehmen  stetig  von  dem  während 
der  2.  Phase  konstant  beibehaltenen  Werte  bis  auf  Null  ab. 

Für  den  Fall  Tr  >  Unar.  tritt  sonach  zwar  eine  Abflußverzögerung,  d.  i. 
eine  Verlängerung  der  Gesamtabflußdauer  Ta  gegenüber  der  Regendauer  Tr 
ein,  doch  bedingt  dieselbe  nicht  auch  eine  Herabsetzung  des  im  Zeitpunkte 
der  Kulmination  bei  P  sekundlich  abströmenden  Wasserquantums  dem 
maximalen  sekundlichen  Oberflächenabfluß  gegenüber. 

Eine  andere  Erscheinung  tritt  ein,  wenn  die  Gesamtdauer  des  Regen- 
falls kürzer  ist,  als  die  für  das  Zuströmen  der  aus  den  entferntesten  Teilen 
des  Einzugsgebietes  stammenden  Zuflüsse  bis  nach  P  erforderliche  Zeit. 

Sicherlich  wächst  in  diesem  Falle  die  Abflußfläche  von  /a  aus  stetig  bis 
zum  Momente  des  Aufhörens  des  Regens,  d.  i.  bis  zum  Zeitmomente  Tr, 
Dann  versiegen  wiederum  zunächst  die  Zuflüsse  aus  der  Umgebung  von  /i, 
die  Abflußfläche  wird  also  von  hier  aus  schon  wieder  abnehmen,  während 
sie  sich  andererseits  noch  gegen  /b  hin  ausdehnt  und  diesen  Punkt  im 
Zeitmomente  /  =  tmax.  erreicht.  Erst  von  diesem  Zeitpunkte  angefangen  wird 
die  Abflußfläche  keinerlei  Zuwüchse  mehr  erhalten,  sie  wird  sich  daher  stetig 
gegen  /b  hin  zusammenziehen  und  im  Momente  Tr+ tmax.  wieder  ganz  ver- 
schwinden. In  diesem  Falle  wird  es  also  lediglich  von  der  Konfiguration  des 
Einzugsgebietes  abhängen,  ob  die  Abflußfläche  vom  Momente  des  Aufhörens 
des  Regenfalles  an  in  ihrer  Gesamtausdehnung  vorerst  noch  eine  Zeit  hindurch 
wächst,  stationär  bleibt  oder  gleich  wieder  abzunehmen  beginnt.  Das  Gleiche 
gilt  von  dem  der  Größe  der  Abflußfläche  proportionalen  sekundlichen  Abflüsse 
iq)  bei  P, 

Nachdem  für  den  Fall  Tr  <  Unax.  die  Abflußfläche  selbst  im  Momente 
ihrer  größten  Ausdehnung  (fmax)  nur  einen  Teil  des  ganzen  Einzugsgebietes 
decken  kann,  also  auch  dem  sekundlichen  Oberflächenabflusse  Q  =  ipi'F'i 
nur  ein  Maximalabfluß  von  ^  =  V2  -/nuai. .  i  im  Kanäle  bei  P  entspricht, 
ergibt  sich: 

q  =  ipi  -fmax.  ,i=(p.ipi.F.i=(p,Q. 

_  tp^  ,/max.  .i  _q 

^-"    xp-,F.i   "Q- 

Im  Falle  Tr  <  /Wr.  geht  somit  der  Abflußverzögerung  auch  eine  Herab- 
setzung der  im  Momente  der  Kulmination  im  Kanäle  abzuführenden  Größt- 
wassermenge  parallel. 

Den  Proportionalitätsfaktor  (p  pflegt  man  „Verzögerungskoeffizient" 
zu  nennen. 

Beachtet  man  weiter,  daß  für  ein  jedes  Kanalsystem  von  bestimmter 
Konfiguration  und  Ausdehnung  die  Größenänderung  der  Abflußfläche  ledig- 
lich eine  Funktion  der  Zeit  ist,  d.  h.: 

Friedrich,  WaBserbaa.    Zweite  Auflage.    II.  Band.  28 


434  ^^*  ^^®  Kanalisation  der  Ortschaften  etc. 

Ft=f{f)\fn«».=f{TB), 

so  besagt  dies,  daß  der  Verzögerungskoeffizient  selbst  für  ein  und  dasselbe 
Kanalsystem  keineswegs  eine  Konstante  ist,  sondern  seinen  Wert  mit  der 
Regendauer  jedes  einzelnen  Regenfalles  ändert. 

Bisher  wurden  nur  Regenfälle  von  der  gleichen  mittleren  Durchschnitts- 
ergiebigkeit in  Betracht  gezogen.  Greift  man  nun  auch  auf  das  bereits  er- 
örterte Abhängigkeitsverhältnis  zwischen  mittlerer  Intensität  und  Dauer  starker 
Regengüsse  zurück,  betrachtet  man  also  auch  die  Regenstärke  als  Funktion 
der  Zeit,  und  zwar  der  jeweiligen  Gesamtregendauer,  so  kann  man  auch  auf 
den  Vergleich  der  Abflußmengen  untereinander  verschieden  starker  Regen- 
fälle übergehen  und  untersuchen,  ob  ein  bestimmter  Kanalquerschnitt  durch 
Dauerregen  oder  Schlagregen  eine  größere  Beanspruchung  erfährt. 

Jedenfalls  wird  unter  allen  Regenfällen  vom  Typus  Tr  ^  tmax.  jener  den 
größten  sekundlichen  Abfluß  liefern,  für  den  Tr  =  tmax.  wird,  denn  dann  wird 
ja  die  Abflußfläche  bereits  das  ganze  Einzugsgebiet  decken,  länger  anhaltende 
Regen  würden  hingegen  schon  wieder  geringere  Intensität  und  somit  auch 
einen  geringeren  Abfluß  aufweisen.  Für  Dauerregenfälle  ist  sonach  der 
maximale  Kanalabfluß: 

Einem  Regenfall  vom  Typus  Tr  <  tmax.  entspricht  andererseits  ein 
größter  sekundlicher  Kanalabfluß  von: 

^i=/r(7i).«(7i). 

Somit  wird  das  Verhältnis  der  beiden  Abflußmengen: 

q^   -/r{TR).i(rR)-=fr{TR)  ijTR) 

>     fr    .•//  _   \    > 


q     ^     Fr.ii,tmax.)      "^        Fr  t  (tmax.) 

Da  nun  aber  auch  für  TR<:;^tmax,  die  Beziehungen  gelten: 


ÜTr) 


>i:-^<i. 


Hfmax.)-^     '  Fr 

SO  kann 

werden,  d.  h.  die  sekundliche  Kanalabflußmenge  für  einen  kurzen  aber  inten- 
siven Regen  kann  größer  werden,  gleich  sein  oder  kleiner  bleiben  als  die 
einem  Dauerregen  entsprechende  Abflußmenge.  In  diesem  Falle  hat  es  nur 
wenig  Wert,  einen  dem  früher  definierten  Verzögerungskoeffizienten  analogen 
Beiwert  einzuführen.  Denn  derselbe  müßte  nicht  nur  von  den  speziellen 
Verhältnissen  jedes  Kanalsystemes  und  der  Regendauer,  sondern  auch  noch 
von  der  derzeit  nur  durch  eine  empirische  Gleichung  darstellbaren  Beziehung 
zwischen  Regenintensität  und  Regendauer  abhängig  gemacht  werden. 


A.  Kanalisation  der  Ortschaften.  435 

In  einem  Spezialfälle  wird  es  sich  also  darum  handeln,  die  dem  auf 
seine  Leistungsfähigkeit  zu  untersuchenden  Kanalprofile  zuzuordnenden  Ab- 
flußflächen für  verschiedene  Schwellenwerte  der  Regendauer,  also  etwa  für 
Tr  =  10,  20,  30,  ...  .  /max.  Minuten  zu  ermitteln,  die  Produkte  aus  den  einzelnen 
zusammengehörigen  Maximalabflußflächen  und  Regenintensitäten  zu  bilden 
und  aus  denselben  das  Maximum  herauszugreifen. 

Alle  Seitenkanäle,  die  kürzer  sind  als  etwa  ^/^  km,  die  also  bei  einer 
Abflußgeschwindigkeit  von  1  m/Sek.  bereits  in  weniger  als  10  Minuten  der 
ganzen  Länge  nach  durchflössen  werden,  werden  somit  schon  bei  ganz  kurzen 
Regen  mit  dem  vollen  Oberflächenabflusse  beansprucht.  Dieselben  müssen 
daher  auch  stets  reichlich  dimensioniert  werden.  Andererseits  dürfte  es  auch 
für  die  Bestimmung  der  in  den  Haupt  und  Nebensammlem  wirksamen  Ab- 
flussverzögerung kaum  erforderlich  sein,  die  Ermittelung  der  Abflußflächen 
für  Regenfälle  von  weniger  als  10  Minuten  Gesamtdauer  vorzunehmen.  Denn 
es  bedarf  selbst  bei  sehr  heftigen  Regengüssen  immer  einer  geraumen  Zeit, 
bis  ein  stationärer  Zustand  im  Oberflächenabflusse  eintritt. 

IV.  Berechnung  des  Kanalnetzes. 

Bei  Projektierung  eines  Kanalnetzes  für  die  Abfuhr  von  Regen- 
wässem  wird  man  den  nachstehend  skizzierten  Vorgang  einzuschlagen  haben. 

Auf  Grundlage  einer  den  örtlichen  Bedingungen  angepaßten  Regen- 
intensitätskurve wird  man  der  Dimensionierung  vorerst  die  Ergiebigkeit  eines 
Regenfalles  von  der  Regendauer  Tb  =  tniax.  zugrunde  legen,  da  dieser  unter 
allen  zu  berücksichtigenden  länger  anhaltenden  Regen  den  größten  Kanal- 
abfluß erzeugt.  Bei  Bestimmung  dieser  Regendauer  ist  man  allerdings  vorerst 
auf  eine  Schätzung  der  zu  erwartenden  Abflußgeschwindigkeiten  angewiesen, 
doch  ist  die  hierdurch  bedingte  Ungenauigkeit  von  nicht  allzu  großer  Be- 
deutung, da  es  sich  ja  doch  immer  nur  um  die  Feststellung  von  Grenzwerten 
handelt  und  eine  allzu  fehlerhafte  erste  Annahme  nachträglich  immer  noch 
entsprechend  korrigiert  werden  kann.  Für  die  so  ermittelte  Regenergiebig- 
keit wird  das  Netz  der  Haupt-  und  Nebensammler  dimensioniert  und,  falls 
sich  aus  den  hierbei  genau  bekannt  werdenden  Werten  der  Abflußgeschwindig- 
keit und  der  größten  Abflußzeit  eine  zu  große  Abweichung  der  ersten  An- 
nahme gegenüber  ergeben  sollte,  eine  entsprechende  Korrektur  vorgenommen. 

Es  bleibt  sodann  noch  zu  ermitteln,  ob  die  gewählten  Profile  auch  zur 
Abfuhr  der  von  Regengüssen  kurzer  Dauer  gelieferten  Abflüsse  genügen,  eine 
Untersuchung,  die  natürlich  nicht  nur  auf  den  Endquerschnitt  beschränkt 
bleiben  darf,  sondern  sich  zumindest  auf  alle  Vereinigungspunkte  von  größeren 
Straßenkanälen  und  Nebensammlem  mit  dem  Hauptsammler,  womöglich  aber 
auch  auf  alle  für  Profilwechsel  in  Aussicht  genommenen  Punkte  zu  er- 
strecken hat. 

Der  hierbei  einzuhaltende  Vorgang  sei  an  einem  schematischen  Beispiele 
(Fig.  178)  erläutert. 

Das  in  der  Situation  dargestellte  Ortsgebiet  werde  durch  den  Haupt- 
sammler I,  die  Nebensammler  II  und  III,  sowie  eine  Anzahl  kurzer  Straßen- 
kanäle entwässert.    Auf  Grundlage  einer  ersten  Annahme  sei  die  maximale 

28* 


436 


Situation. 


Ta    --^ 


AbflussPlächen-  Diagramm. 


2«  90  kO 

Abflussdauer  m   Minuten 

Abflussmen^en  -  Diagramm. 


sooo 


Rejendauer  In  Minuten 


FJg.  178.    Situation,  Abflußflächen-  und  Abflußmengen-Diagramm  zur  Bestimmung  der  Wirkung  der 

Abflußverzögerung. 


A.  Kanalisation  der  Ortschaften. 


437 


Abflußzeit  (im  Sammler  I)  auf  etwa  50  Minuten  abgeschätzt  und  sei  weiter 
das  Kanalnetz  auf  eine  der  Regendauer  von  Tb  =  tmax.  =  50  Minuten  ent- 
sprechende sekundliche  Abflußmenge  von  45  1  pro  Hektar  (nach  der  Imhoff- 
schen  Intensitätskurve)  dimensioniert. 

Den  hierbei  angenommenen  Profilen  und  Gefällen  mag  im  Haupt- 
sammler von  P  bis  zur  Einmündung  des  Nebensammlers  II  eine  mittlere  Ab- 
flußgeschwindigkeit  von  2  m/Sek.,  zwischen  den  Einmündungen  von  II  und 
III  von  1,5  m/Sek.  und  oberhalb  der  Einmündung  von  III  von  0,8  m/Sek. 
entsprechen.  Die  Abflußgeschwindigkeit  im  Sammler  II  betrage  0,9  m/Sek. 
jene  im  Sammler  III  1,3  m/Sek.  Für  die  größte  Abflußzeit  ergibt  sich  hieraus 
(vergl.  die  folgende  Tabelle)  eine  Dauer  von  3000  Sekunden,  also  Überein- 
stimmung mit  der  ersten  Annahme. 


1 1 

g 

1 

Länge 
in  Meter 

m/Sek. 

Abflafidaaer 
in  Sekunden 

Fläche  des 

Einzugsgebietes 

in  Hektar 

1 

Reduzierte  Fläche 

des  Einzugs- 
gebietes in  Hektar 

II 

|8 

i| 

.2 

a 

'1 

'S 

der 
Sektion 

Summe 

der 
Sektion 

Summe 

1 

13 

510 

510 

2,00 

255 

255 

2,130 

0,60 

1,278 

12 

526 

1035 

2,00 

263 

518 

4,680 

0,60 

4,610 

8 

123 

1158 

1,50 

82 

600 

1,060 

0,80 

0,856 

7 

136 

1294 

1,50 

91 

691 

3,660 

0,80 

2,928 

4 

407 

1701 

0,80 

509 

1200 

9,730 

0,80 

7,784 

3 

480 

2181 

0,80 

600 

1800 

9,670 

0,50 

4,835 

2 

480 

2661 

0,80 

600 

2400 

12,420 

0,40 

4,968 

1 

480 

3141 

0,80 

600 

3000 

8,150 

64,600 

0,40 

3,260 

30,519 

n 

11 

74 

1232 

0,90 

82 

600 

0,830 

0,80 

0,664 

10 

540 

1772 

0,90 

600 

1200 

16,300 

0,80 

13,040 

9 

225 

1997 

0,90 

250 

1450 

3,360 

74,990 

0,60 

2,016 

46,239 

m 

6 

662 

1956 

1,30 

510 

1200 

25,080 

0,80 

20,064 

5 

268 

2224 

1,30 

206 

1406 

10,720 

110,790 

0,50 

5,360 

71,668 

Zwecks  Untersuchung  des  Einflusses  von  kurzen  Schlagregen  (die  hier 
auf  den  Punkt  P  beschränkt  bleiben  mag)  ist  es  nun  notwendig,  die  Abflufi- 
flächen  für  verschiedene  Zeitintervalle,  etwa  10,  20,  30,  40,  50  Minuten,  zu 
bestimmen.    Die  Grenzen  derselben  lassen  sich  folgendermaßen  auffinden: 

Das  unterste  Stück  des  Hauptsammlers  P  bis  zur  Einmündung  des 
Nebensammlers  II  hat  eine  Länge  von  1035  m,  wird  also  bei  v  =  2  m/Sek.  in 
518  Sekunden  durchflössen.  Dasselbe  gehört  somit  der  10  Minutenabflußfläche 
ganz  an,  und  erstreckt  sich  letztere  noch  auf  einen  Teil  des  Einzugsgebietes 
des  zwischen  den  Einmündungen  von  II  und  III  gelegenen  Abschnittes  des 
Hauptsammlers,  der  nun  mit  einer  Geschwindigkeit  von  1,5  m/Sek.  durch- 
flössen wird,  nämlich  über 

(600  — 518).  1,5  =  123  m, 


438  ^-  ^^^  Kanalisation  der  Ortschaften  etc. 

d.  i.  Sektion  8.  Die  10  Minutenfläche  reicht  somit  am  Hauptsammler  bis  in 
die  Entfernung  von  1035  +  123  =  1158  m  von  P.  Aus  einer  analogen  Be- 
trachtung ergibt  sich,  daß  die  20  Minutenfläche  über  den  EinmQndungspunkt 
von  III  hinausreichty  nachdem  die  Entfernung  zwischen  diesem  und  P  bereits 
in  691  Sekunden  durchflössen  wird.  Die  20  Minutenfläche  endet  erst  rund 
407  m  stromaufwärts,  d.  i.  in  einem  Abstände  von  1701  m  von  P.  Die  Grenz- 
punkte der  Minutenflächen  30,  40,  50  liegen,  wie  die  Tabelle  auf  Seite  437 
zeigt,  in  Distanzen  von  2181,  2662  und  3142  m  von  P. 

Auch  der  unterste  Teil  des  Einzugsgebietes  des  Nebensammlers  II  ge- 
hört noch  der  10  Minutenfläche  an;  dieselbe  endet  erst  rund  74  m  oberhalb 
der  Einmündung.  Die  Grenze  der  20  Minutenfläche  liegt  wieder  um  540  m 
weiter  entfernt  und  gehört  das  ganze  Einzugsgebiet  dieses  Nebensammlers  II 
1450  Sekunden  nach  Regenbeginn  zur  Abflußfläche  von  P. 

Ebenso  ergibt  sich,  daß  noch  662  m  des  Nebensammlers  III  zur 
20  Minutenfläche  gehören  und  daß  1406  Sekunden  nach  Regenbeginn  das 
ganze  Einzugsgebiet  von  III  an  der  Abflußlieferung  bei  P  Anteil  nimmt. 

In  der  Situation  sind  die  auf  die  einzelnen  Zeitintervalle  bezogenen  Ab- 
flußflächen durch  gleiche  Schraffierung,  sowie  die  den  römischen  Zahlen  bei- 
gefügten Indizes  kenntlich  gemacht  und  ihre  reduzierten  Flächen  in  der 
Tabelle  auf  Seite  437  eingetragen. 

Bei  einem  anhaltenden  Regen  werden  demnach  nach  der  10.  Minute 
die  Abflüsse  von  6,744  ha  am  Sammler  I  und  0,664  ha  am  Sammler  II  als 
von  7,408  ha  bei  P  angelangt  sein.  Bis  zum  Ende  der  20.  Minute  erweitert 
sich  dann  die  Abflußfläche  am  Sammler  I  um  10,712  ha,  am  Sammler  II  um 
13,040  ha,  am  Sammler  III  um  20,064  ha,  d.  i.  zusammen  43,816  ha,  und  um- 
faßt dann  ein  Gesamtareal  von  51,224  ha.  1406  Sekunden  =  23*  26"  nach 
Regenbeginn  hat  die  Abflußfläche  längs  des  Sammlers  III,  nach  1450  Sekunden 
=  24'  10"  jene  des  Sammlers  II,  endlich  nach  3000  Sekunden  =  50'  auch  jene 
am  Sammler  I  ihre  maximale  Ausdehnung  erreicht.  Bei  einem  noch  länger 
anhaltenden  Regen  kann  also  keinerlei  Vergrößerung  der  Abflußfläche  mehr 
eintreten,  es  müßte  dann,  konstante  Regenintensität  vorausgesetzt,  auch  das 
sekundliche  Abflußquantum  bei  P  bis  zum  Regenende  unverändert  bleiben. 

Betrachtet  man  andererseits  einen  kurzen  Regenfall  von  z.  B.  nur 
10  Minuten  Gesamtdauer,  so  würden  zwar  die  Zuwüchse,  die  die  Abflußfläche 
für  P  von  10  zu  10  Minuten  erhält,  in  gleicher  Weise  erfolgen  wie  früher, 
es  werden  aber  mit  Beginn  der  11.  Minute  die  Teilabflußflächen  I^q  und  IIjo 
allmählich  wieder  aus  der  Gesamtabflußfläche  ausscheiden,  so  daß  letztere  nach 
Schluß  der  20.  Minute  nur  die  Flächen  I^  4- II^q  +  III^  umfassen  würde. 

Analog  würde  sich  für  einen  Regen  von  20  Minuten  Dauer  ergeben: 
Abflußfläche  nach  10  Minuten    I^^  +  IIjo, 

„   20    „     Iio  +  IIio  +  I«)  +  M«)  +  ni«„ 
„       n   30    „     loo  +  llao  +  UI90  +  Iso  +  H«o  +  U^ao  "sw.  usw. 

Diese  Verhältnisse  sind  für  das  betrachtete  Beispiel  in  der  folgenden 
Tabelle  zahlenmäßig  zum  Ausdruck  gebracht  und  lassen  sich  dieselben  in 
graphischer  Darstellung  besonders  leicht  überblicken. 


A.  Kanalisation  der  Ortschaften. 


439 


1 

"3 

G 

s 

Reduzierte  AbBußfläche  in  HekUr 
nach  Verlauf  von  Minuten 

^  1 

O 

1  'S 

^ 

« 

1 

•s 
s 

1 

6 
1 

1 
l 

10 

20 

30 

40 

50 

60 

& 

sl./ha 

sl./ha 

^ 

10 

7,408 

43,381 

12,211 

4,986 

3,260 

6733 

3506 

0,611 

20 

7,408 

61,224 

56,027 

17,179 

8,228 

3,260 

4300 

3420 

0,796 

30 

7,406 

51,224 

63,435 

60,996 

20,439 

8,228 

3726 

3300 

0,886 

40 

7,408 

51,224 

63,435 

68,403 

64,255 

20,439 

3440 

3280 

0,963 

50 

7,408 

51,224 

63,435 

68,403 

71,663 

64,266 

3163 

3153 

1,000 

In  Fig.  178  sind  die  Abfluflflächendiagramme  der  Sammler  I,  II  und  III 
aufgetragen,  und  zwar  gelten  Regen-  bezw.  Abflußdauer  als  Abszissen,  die 
reduzierten  Abflußflächen  als  Ordinaten.  Sammler  I  liefert  schon  gleich  nach 
Regenbeginn  (T=  0)  Wasser,  während  die  beiden  anderen  Sammler  erst  nach 
518  bezw.  691  Sekunden  an  der  Abflußlieferung  bei  P  Anteil  nehmen.  In 
den  stark  gezogenen  Linien  des  Abflußflächendiagramms  ist  die  jeweilige 
Summe  der  Abflußflächen  I — III  dargestellt.  Ebenso  sind  die  Differenzflächen 
für  Regen  von  10,  20,  30,  40,  50  Minuten  Gesamtdauer  eingezeichnet,  und 
zwar  punktiert.  Letztere  ergeben  sich,  wenn  man  z.  B.  für  10  Minuten  Regen 
die  Ordinate  der  Summenkurve  bei  10  Minuten  von  jener  bei  20  Minuten, 
und  zwar  von  der  Kurve  aus  nach  abwärts  abträgt. 

In  dem  gewählten  Beispiele  zeigt  sich,  daß  sowohl  bei  Regenfällen  von 
10  als  auch  20  Minuten  Gesamtdauer  die  Ordinaten  der  Differenzflächen  nach 
Regenende  noch  eine  Weile  anwachsen.  Erst  bei  einem  30  Minutenregen 
tritt  mit  dem  Regenende  auch  sofort  eine  Abnahme  der  Größe  der  Abfluß- 
fläche ein. 

Würde  man  nur  Regenfälle  gleicher  Intensität,  aber  verschieden  langer 
Dauer  miteinander  vergleichen,  so  würde  das  Abflußflächendiagramm  gleich- 
zeitig auch  als  Abflußmengendiagramm  gelten  können,  da  ja  dann  zwischen 
Abflußflächen  und  Abflußmengen  direkte  Proportionalität  besteht.  Nicht  so, 
wenn  Regen  verschiedener  Dauer  und  Intensität  in  Betracht  gezogen  und 
diese  beiden  Faktoren  in  das  wiederholt  angegebene  Abhängigkeitsverhältnis 
zueinander  gesetzt  werden,  wie  dies  durch  die  Regenstärkenkurve  zum  Aus- 
druck gebracht  ist. 

Die  in  diesem  Falle  auftretenden  Verhältnisse  sind  in  Fig.  178  im  Ab- 
flußflächendiagramm dargestellt,  und  zwar  ist  die  mit  Kanalabfluß  bezeichnete 
Kurve  dadurch  gewonnen,  daß  die  Maximalordinaten  der  einzelnen  Differenz- 
flächen des  Abflußflächendiagramms  mit  den  auf  dieselbe  Regendauer  be- 
zogenen Regenintensitäten  (wie  dieselben  der  ebenfalls  eingezeichneten  Regen- 
stärkenkurve entsprechen)  multipliziert  und  die  so  erhaltenen  maximalen 
sekundlichen  Kanalabflußmengen   als  Ordinaten  zu   der  betreffenden  Regen- 


440  ^^*  ^^^  Kanalisation  der  Ortschaften  etc. 

dauer  als  Abszisse  aufgetragen  wurden.  (Der  Kurvenast  0 — 10  Minuten  wurde 
nur  punktiert  angedeutet,  da  dessen  Verlauf,  wie  früher  bereits  begründet, 
nur  mit  einiger  Unsicherheit  angegeben  werden  kann.) 

Das  Abflußdiagramm  enthält  weiter  die  Kurve  des  Oberflächenabflusses, 
welche  sich  ergibt,  wenn  man  die  Produkte  aus  der  (reduzierten)  Fläche  des 
ganzen  Einzugsgebietes  und  den  jeder  einzelnen  Regendauer  entsprechenden 
Regenintensitäten  als  Ordinaten  zur  Regendauer  als  Abszisse  aufträgt. 

Die  zwischen  beiden  Kurven  gelegene  Fläche  (in  Fig.  178  schraffiert) 
gibt  dann  ein  deuüiches  Bild  von  der  Wirkung  der  Abflufiverzögerung  auf 
die  Herabsetzung  des  maximalen  sekundlichen  Kanalabflusses  dem  Ober- 
flächenabflufi  gegenüber.  Dieselbe  zeigt  insbesondere  die  schon  früher  her- 
vorgehobene Tatsache,  daß  diese  Herabminderung  im  engsten  Abhängigkeits- 
verhältnis zur  Regendauer  steht. 

In  diesem  Beispiele,  das  ungefähr  die  Verhältnisse  eines  Ortes  mit  einem 
dicht  bebauten  Kerne  und  einem  langen,  schwächer  besiedelten  Ausläufer 
darstellt,  zeigt  sich,  daß  der  Hauptsammler  bei  P  durch  kurze,  heftige  Regen- 
güsse sogar  etwas  stärker  beansprucht  werden  würde  (3500  sL),  als  durch 
jene  länger  anhaltenden  und  daher  auch  schwächeren  Regen,  für  die  über- 
haupt keine  Abflußverminderung  durch  Abflußverzögerung  mehr  eintritt 
(3150  sL),  trotzdem  für  Schlagregen  eine  ganz  erhebliche  Reduktion  des 
sekundlichen  Kanalabflusses  dem  Oberflächenabfluß  gegenüber  eintritt.  (Für 
10  Minutenregen  ca.  61°/o;  diese  Verhältniszahlen  sind  in  der  Tabelle  auf 
Seite  439  eingetragen  und  würden  dem  Verzögerungskoeffizienten  für  ver- 
schiedene Regenlängen  entsprechen.) 

Von  verschiedenen  Autoren  wurde  in  letzter  Zeit  eine  Reihe  von 
graphischen  Verfahren  ausgearbeitet,  um  die  Ermittelung  der  Wirkung  der 
Abflußverzögerung  auf  dem  eben  beschriebenen  Wege,  der  zuerst  von  Prof. 
A.  Frühling  angegeben  wurde,  auch  in  der  Massenarbeit  einfach  und  mög- 
lichst übersichtlich  zu  gestalten,  und  muß  diesbezüglich  auf  die  betreffenden 
Originalarbeiten  verwiesen  werden.^) 

Man  hat  früher  versucht,  das  Mengenverhältnis  zwischen  Niederschlag 
und  Abfluß  durch  eine  einfache  Formel  zum  Ausdruck  zu  bringen. 

Bürkli-Ziegler  setzte: 

wobei  der  Abflußkoeffizient  \\>  =  0,5,  femer  für  R  die  Regenmenge  in  Sek.- 
Liter  pro  Hektar,  für  G  das  durchschnittliche  Kanalgefälle  in  Promille,  für  F 
die  Fläche  des  Einzugsgebietes  in  Hektar  einzuführen  ist. 

^)  A.  Frühling,  Handbach  der  Ingeniearwissenschaflen  III,  4.  Bd.,  1.  Hälfte.  — 
E.  Bodenseher,  Zeitschrift  des  österr.  Ingenieur-  und  Architektenvereins,  LH.  Jahrg.  (1900), 
No.  16.  —  Th.  Heyd,  Gesundheitsingenieur,  XXVm.  Jahrg.  (1905),  No.  2  und  13.  —  Der- 
selbe, Die  Kanalisierung  von  Oppau,  München  1906.  —  W.  Krawinkel,  Gesundheitsiogenieor, 
XXVm.  Jahrg.,  No.  13  und  16.  —  H.  Kayser,  Technisches  Gemeindeblatt  VÜI  (1905/06), 
No.  6  und  7.  —  M.  Vicari,  Technisches  Gemeindeblatt  X  (1907/08),  No.  3. 


A.  Kanalisation  der  Ortschaften. 

Diese  Formel  wurde  später  durch  Baumeister  vereinfacht  in: 

1 


441 


A^tp.R, 


wobei  allgemein: 
Brix  setzt: 


i_ 

A  =  tff.R. 


iff.R.(p, 


yF 


Von  anderen  Autoren  wird  die  fallweise  Änderung  des  numerischen 
Wertes  des  Wurzelexponenten  n  empfohlen,  so  z.  B.  von  Imhoff: 
«  =  4  bis  «  =  5:  für  langgestreckte  Gebiete  mit  schwachem  Gefälle; 
«  =  6:   für   mittlere  Verhältnisse,    d.  i.  bei  Gebieten,    die   etwa   so  lang  als 

breit   sind   und   deren  Gefälle  eine  mittlere  Abflufigeschwindigkeit  von 

ca.  1,2  m/Sek.  im  Kanal  erzielen  läfit; 
n  =  S:  für  mehr  kreisförmige  Gebiete  mit  großem  Gefälle. 


Tabelle  des  Koeffisienten  <p  = 


V^ 


Fläche 

«  =  4 

n  =  b 

«  =  6 

«  =  7 

«  =  8 

in  Hektar 

1 

1,00 

1,00 

1,00 

1,00 

1,00 

5 

0,67 

0.73 

0,77 

0,80 

0,82 

10 

0,Ö6 

0,63 

0,68 

0,72 

0,75 

20 

0,47 

0,66 

0,60 

0,66 

0,69 

40 

0,40 

0,48 

0,54 

0,59 

0,63 

60 

0,36 

0,44 

0,61 

0,56 

0,60 

80 

0,33 

0,42 

0,48 

0,63 

0,58 

100 

0,31 

0,40 

0,46 

0,52 

0,67 

150 

0,29 

0,37 

0,43 

0,49 

0,54 

200 

0,27 

0,36 

0,41 

0,47 

0,52 

Nach  den  früheren  Ausführungen  ist  wohl  unmittelbar  klar,  daß  derlei 
einfache  Formeln,  welche  nur  der  Größe  des  Niederschlagsgebietes  direkt 
Rechnung  tragen,  seine  Form  und  die  damit  bedingte  Mannigfaltigkeit  in  der 
Anordnung  des  Kanalnetzes,  sowie  die  den  verschiedenen  Gefällswerten  und 
Kanalprofilformen  entsprechende  Abflußgeschwindigkeit  kaum  schätzungsweise 
zu  berücksichtigen  gestatten,  die  heute  an  eine  Kanalisationsanlage  zu  stellen- 
den strengeren  Anforderungen  unmöglich  befriedigen  können.  Insbesondere 
fehlt  diesen  Formeln  jegliches  Kriterium  bezüglich  der  Regendauer,  für  welche 
eine  Abflußverminderung  infolge  Abflußverzögerung  überhaupt  noch  in  An- 
rechnung gebracht  werden  darf,  und  muß  daher  zu  äußerster  Vorsicht  beim 
Gebrauche  dieser  häufig  verwendeten  Formeln  geraten  werden. 


442  ^  ^^^  Kanalisation  der  Ortschaften  etc. 

In  der  auf  das  früher  angeführte  Beispiel  Bezug  nehmenden  Tabelle 
auf  Seite  439  sind  die  Verhältniswerte  von  Kanalabfluß  zu  Oberflächenabfluß 
für  die  Regenfälle  verschieden  langer  Dauer  berechnet  Es  zeigt  sich,  daß 
für  dieses  110  ha  umfassende  Niederschlagsgebiet  selbst  für  kurze  Regendauer 
(10  Minuten)  der  Verzögerungskoeffizient  nicht  unter  0,6  herabgeht,  während 
derselbe  bei  Verwendung  der  Verzögerungsformel  mit  « =  8 :  0,56,  bei 
n  =  ß  :  0,47  und  bei  n  =  4  :  0,32  betragen  würde.  Die  hieraus  berechneten 
Kanaldimensionen  würden  sonach  unbedingt  zu  klein  ausfallen;  für  länger 
anhaltende  Regen  würden  sich  die  Verhältnisse  noch  weit  ungünstiger  ge- 
stalten. 

X.  Tiefenlage  der  Kanäle. 

Mischkanäle  sowie  die  Brauchwasserleitungen  bei  der  Trennkanalisation 
sind  so  tief  anzulegen,  daß  auch  die  Keller  in  dieselben  frei  entwässern 
können  oder  doch  zumindest  selbst  bei  den  höchsten  Kanalwasserständen  ein 
Austritt  von  Kanalwasser  in  die  Kellerräumlichkeiten,  sowie  ein  länger  an- 
haltender Rückstau  in  die  Hauswasserableitungen  unterbleibt.  Die  Regen- 
wasserkanäle des  Trennsystems  können  seichter  angelegt  werden.  Vielfach 
wird  auch  das  zur  Entwässerung  tief  gelegener  Hofflächen  und  Hintergebäude 
erforderliche  Gefälle  für  die  Tiefenlage  der  Straßenkanäle  und  Sammler  maß- 
gebend. Jene  Strecken  der  Hauptsammler,  welche  nicht  mehr  zur  Aufnahme 
der  Abwässer,  sondern  lediglich  zur  Weiterleitung  derselben  nach  dem  Vor- 
fluter oder  der  Reinigungsanlage  dienen,  erhalten  meist  eine  flachere  Lage 
und  können,  wenn  dieselben  durch  unbesiedelte  Gebiete  führen,  oftmals  sogar 
als  offene  Leitungen  ausgeführt  werden. 

2.  Gefälle  der  Kanäle. 
Die  Gefällsverhältnisse  der  Kanäle  sind  zumeist  schon  durch  die  an  ver- 
schiedenen Punkten  erforderliche  Tiefenlage  der  Höchstwasserspiegel,  sowie 
die  Niveauverhältnisse  des  Vorfluters  bestimmt.  Wo  keinerlei  Beschränkung 
vorliegt,  folgt  man  dem  Gefälle  der  Straßenzüge.  Für  die  kleineren  Kanal- 
profile sind  nach  Frühling  folgende  Gefällsgrenzen  einzuhalten: 

bei  Hauskanälen  von  15  cm  Licht  weite 1 :  20 — 1 :  50, 

bei  Straßenkanälen  bis  30  cm  Lichtweite 1 :  30 — 1 :  150, 

bei  Straßenkanälen  von  30—60  cm  Lichtweite  .  .  .  1:50—1:200. 
Bei  bekriechbaren  und  begehbaren  Kanälen  können  die  Gefälle  noch 
weiter  herabgesetzt  werden,  namentlich  dann,  wenn  die  Kanalstrecken  selbst 
schon  konstant  größere  Wassermengen  führen  oder  Gelegenheit  zu  reichlicher 
Spülung  gegeben  ist.  Allgemein  ist  jedoch  danach  zu  streben,  bei  voller 
Wasserführung  mit  der  Wassergeschwindigkeit  die  untere  Grenze  von  50  bis 
60  cm  und  die  obere  Grenze  von  etwa  2  m  nicht  wesentlich  zu  über- 
schreiten, eine  Forderung,  der  sich  neben  der  Einhaltung  entsprechender  Ge- 
fälle, besonders  auch  durch  die  Wahl  zweckmäßiger  Profilformen  Rechnung 
tragen  läßt. 

3.  Wahl  der  Profilform  der  Kanäle. 

Bei  Profilierung  der  Kanäle  muß  man  sich  stets  vor  Augen  halten,  daß 
in  denselben  wechselnde  Mengen  einer  mit  Schwimm-,  Schwebe-  und  Sink- 


A.  Kanalisation  der  Ortschaften.  443 

Stoffen  stark  beladenen  Flüssigkeit  abzuführen  sind.  Es  mufi  demnach  das 
Streben  darauf  gerichtet  werden,  auch  bei  kleiner  Wasserführung  noch  eine 
zur  Hintanhaltung  von  Sinkstoffablagerung  hinreichende  Geschwindigkeit, 
sowie  eine  das  Weitertreiben  der  Schwimmstoffe  ermöglichende  Schwimm- 
tiefe von  mindestens  3 — 5  cm  zu  erzielen.  Beiden  Forderungen  vermochten 
die  früher  zumeist  mit  flacher  Sohle  angelegten  Kanäle  nicht  zu  genügen  und 
sind  dieselben  durch  die  kreisrunden  und  eiförmigen  Querschnitte  für  kleinere 
Abflufimengen,  sowie  die  Profiltypen  mit  einer  eigenen,  stark  gekrümmten 
Sohlenrinne  zur  Zusammenhaltung  der  Niederwässer  für  große  Kanäle  ver- 
drängt worden. 

Zur  Berechnung  der  Abflußgeschwindigkeit*)  in  den  Kanälen  wird  die 
Formel: 

v  =  c,yj~RTJ 

verwendet  und  der  Koeffizient  c  derzeit  fast  allgemein  nach  der  sogen,  „ab- 
gekürzten" Kutterschen  Formel: 

_  100  y[R 
^^  n  +  yj~R 

unter  Einführung  des  Zahlwertes: 

n  =  0,35 

berechnet.  Die  sich  hieraus  ergebenden  Werte  für  c  stimmen  fast  vollkommen 
mit  jenen  überein,  die  sich  aus  der  weniger  handlichen  älteren  Formel  von 
Ganguillet  und  Kutter: 

ii2^  + 23-'  ^'^^^^ 


für  «  =  0,14  und  Gefälle  5  ^,001  ergeben.  Aus  dem  Graphikon  (Fig.  179) 
kann  der  nach  der  älteren  Formel  berechnete  Koeffizient  c  direkt  abgegriffen 
werden. 

Eine  Abstufung  des  Wertes  von  n  mit  Rücksicht  auf  die  Rauhigkeit 
der  verschiedenen  zur  Herstellung  der  Kanäle  verwendeten  Materialien  kann 
entfallen,  da  die  unvermeidliche  Bildung  eines  die  Kanalwand  bedeckenden 
schleimigen  Oberzuges,  der  sogen.  „Sielhaut",  die  spezifischen  Rauhigkeits- 
verhältnisse nach  kurzer  Betriebszeit  in  den  Hintergrund  treten  läßt 

Zur  Erleichterung  der  Dimensionierung  der  Kanäle  ist  auf  Tafel  XXII 
ein  Graphikon  für  kreisförmige  und  eiförmige  Profile  aufgestellt,  aus  dem  sich 
die  Wassergeschwindigkeiten  und  Wassermengen  für  die  verschiedenen  Rohr- 
kaliber und  Gefälle,  und  zwar  bei  voll  fließenden  Leitungen,  unmittelbar 
ablesen  lassen. 


^)  Die  Beziehungen  zwischen  Profilform,  Gefälle,  Abflnßgeschwindigkeit  und  Abflnfimenge 
wurde  bereits  im  Abschnitte  „Hydrometrie'^  im  I.  Bande  dieses  Handbuches  besprochen. 


444 


in.  Die  Kanalisation  der  Ortschaften  etc. 


Mit  Hilfe  der  in  den  Fig.  180  und  181  gegebenen  Diagramme  ist  es 
femer  möglich,  Wasserführung  und  Wassergeschwindigkeit  bei  jedem  be- 
liebigen Füllungsgrade  der  Kreiskanäle  und  Eikanäle  mit  einem  für  praktische 
Zwecke  vollkommen  hinreichenden  Genauigkeitsgrade  aus  den  entsprechenden 
Werten  für  das  vollfließende  Profil  abzuleiten.  Der  Gebrauch  der  Diagramme 
wird  durch  nachstehende  Beispiele  erläutert. 

1.  Ein  Kreiskanal  mit  600  mm  Durchmesser  ist  im  Gefälle  von  1 :  100 
verlegt;  bei  welcher  Füllhöhe  und  Abflußgeschwindigkeit  vermag  derselbe  eine 
Wassermenge  von  250  sl.  abzuführen? 


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mm 

Flg.  179.    Graphlkon  für  den  Bauhlgkeits-Eoefflzienten  C. 

Nach  dem  Graphikon  auf  Tafel  XXII  führt  das  volllaufende  Profil 
350  1  mit  einer  Geschwindigkeit  von  1,75  m/Sek.  Da  nur  250/350  =  0,71 
dieser  Wassermenge  zum  Abflüsse  kommen  sollen,  ergibt  das  Diagramm 
(Fig.  180)  an  der  Wassermengenkurve  eine  relative  Füllung  von  0,62  der 
Profilhöhe,  also  500 . 0,62  =  310  mm.  Die  zugehörige  Wassergeschwindigkeit 
beträgt  rund  das  1,08  fache  derjenigen  des  vollfließenden  Querschnittes,  d.  i. 
1,75  . 1,08  =  1,89  ra/Sek. 

2.  Ein  Eikanal  105/70  cm,  der  bei  einem  Gefälle  von  5^/oo  und  bei 
Trockenwetterabfluß  eine  Wassertiefe  von  25  cm  aufweist,  soll  durch  einen 
Notauslaß  so  weit  entlastet  werden,  daß  derselbe  unterhalb  des  letzteren  nur 


A.  Kanalisation  der  Ortschaften. 


445 


noch  die  mit  der  vierfachen  Regenmenge  verdünnte  Brauchwassermenge  ab- 
führt. Wie  groß  ist  dann  die  Füllhöhe?  Der  Kanal  führt  volllaufend  nach 
dem  Graphikon  auf  Tafel  XXII  1000  sl.  bei  1,45  m  Geschwindigkeit.  Bei 
Trockenwetterabfluß,  d.  i.  bei  einer  Füllhöhe  von  25  cm  bezw.  25/105  =  0,238 
der  Profilhöhe,  ergibt  sich  nach  dem  Diagramm  (Fig.  181)  eine  Leistung  von 
10*>/q  der  vollen  Kapazität,  d.  i.  100  sl.  Bei  Regenwetter  soll  unterhalb  des 
Notauslasses  die  fünffache  Wasserführung,  d.  i.  500  sl.  bezw.  50  ^/^  der 
Leistung  bei  voller  Füllung,   herrschen.     Hierfür  ergibt  das  Diagramm  eine 


Kneisprofil. 


,              Eiprofil 

'u 115.. 

1-5 

:1. 

3^ 

...     -4' 05                           ^ 

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Flg.  180.  Flg.  181. 

Graphische  Dantellnng  der  Bezlehnngen  zwischen  FOUnngshöhe,  Wassergeschwlndlgkelt  und  Wasser- 

menge  In  teilweise  gefüllt  flieflenden  Kreis-  nnd  Elkanälen. 

relative  Füllung  von  0,53  der  Profilhöhe,  d.  i.  1,05  .  0,53  =  55,6  cm  Wasser- 
tiefe.   Dem  entspricht  eine  Abflußgeschwindigkeit  von  1,45  .  0,79  =  1,40  m/Sek. 

V.  Baustoffe  zur  Herstellung  der  Kanäle. 

Die  Kanäle  mit  kleinen  Lichtweiten  werden  fast  durchweg  aus  fabriks- 
mäfiig  angefertigten  Steinzeugröhren  (glasierten  Tonröhren)  und  Zementröhren, 
größere  Kanäle  aus  Stampfbeton  und  Ziegel-  (Backstein-)  Mauerwerk  hergestellt. 
Bruchsteine  finden  zumeist  nur  als  einzelne  Werksteine  an  den  der  Abnützung 
besonders  ausgesetzten  Stellen  Verwendung.  Die  lange  Zeit  hindurch  gehegte 
Befürchtung,  daß  reiner  Zement  und  Zementbeton  den  chemischen  und  mecha- 
nischen Angriffen  des  Abwassers  keinen  genügenden  Widerstand  entgegen- 
zusetzen vermöchte,  hat  sich  als  unbegründet  erwiesen.  Vorzügliches  Material 
und  aufmerksame  Arbeit  vorausgesetzt,  können  sowohl  Zement  als  Beton  der 
Einwirkung  normal  zusammengesetzter  Abwässer  unbedenklich  direkt  aus- 
gesetzt werden.  Industriewässer  mit  einem  etwa  I^/qo  übersteigenden  Gehalt 
an  freier  Säure,  sowie  einer  höheren  Temperatur  als  etwa  45 — 50^  C.  müssen 
allerdings  von  der  Einleitung  in  die  Kanäle  entweder  ganz  ausgeschlossen 
werden  oder  zumindest  einer  Neutralisation  bezw.  Abkühlung  unterworfen 
werden.  Vielfach  werden  die  in  Stampfbeton  herzustellenden  Kanäle  mit 
Sohlstücken  oder  Schalen  aus  glasiertem  Steinzeug  ausgekleidet,  welch  letztere 


446 


m.  Die  Kanalisation  der  Ortschaften  etc. 


dann  bis  Ober  das  Niveau  der  normalen  Brauch  Wasserführung  emporzuziehen 
sind.  Diese  Ausführungsweise  bildet  einen  wirksamen  Schutz  gegen  die  An- 
griffe des  bei  starker  Strömung  mitgerissenen  Sandes  (Fig.  182). 

Steinzeugröhren  werden  als  Muffenröhren  in  Baulängen  von  1  m 
und  70  mm  Muffenlänge  von  den  meisten  Fabriken  bis  zu  Durchmessern  von 
600  mm  als  Lagerware  erzeugt.  Zur  Vermittlung  des  Überganges  zwischen  ver- 
schiedenen Durchmessern  dienen  Reduktionsstücke,  für  Richtungsänderungen 
Bogenröhren  mit  Zentriwinkeln  von  90,  60,  45,  30  und  15^.  Für  die  Einleitung 
von  Nebenkanälen  kommen  einfache  oder  doppelte  Zweigröhren  in  Verwen- 
dung und  sind  die  schiefen  Abzweigungen  den  normalen  unbedingt  vorzu- 
ziehen. Fassonröhren  erhalten  meist  Baulängen  von  60  cm.  In  neuerer 
Zeit  werden  auch  Steinzeugröhren  mit  elliptischem  und  eiförmigem  Quer- 
schnitte angefertigt,  dieselben  sind  aber  zufolge  der  Schwierigkeiten  der 
Herstellung,    namentlich   des  Verziehens   beim   Brennen,    wesentlich    teuerer 

als  Kreisröhren. 

Die  Verbindung 
der  Steinzeugröhren  er- 
folgte früher  zumeist 
mit  Hanfstrick  und 
Lehmausstampfung  der 
Muffe.       Die      geringe 

Widerstandsfähigteit 
dieser  Materialien  gegen 
wiederholten  Wechsel 
von  Trockenheit  und 
Feuchtigkeit  sowie  die 
vollständige  Zerstörung 
der  Dichtung  durch  den 
geringsten  inneren 
Überdruck  haben  zum  gänzlichen  Aufgeben  dieser  Dichtungsart  geführt. 
Auch  die  Dichtung  mit  Zementmörtel  hat  sich  nicht  voll  bewährt,  denn 
abgesehen  davon,  daß  durch  Verwendung  minderwertiger  Zemente  oder 
nicht  vollkommen  reinen  Sandes  ein  Zersprengen  der  Muffe  zu  befürchten 
ist,  wird  bei  gelungener  Dichtung  der  Rohrstrang  zu  einem  unnach- 
giebigen Ganzen,  das  bei  der  geringsten  Setzung  einen  Rohrbruch  herbei- 
führen kann.  Die  beste  Dichtung  erfolgt  unter  Verwendung  von  Asphaltkitt, 
einer  Mischung  von  Asphalt,  Goudron  und  Teer.  Dieselbe  wird  ähnlich  wie 
die  Bleidichtung  von  gußeisernen  Wasserleitungsröhren  ausgeführt.  In  die 
Muffe  wird  zuerst  ein  geteerter  Hanfstrick  mit  dem  Dichteisen  fest  eingestampft 
und  nach  Anbringung  eines  Lehmwulstes  oder  eines  Gießringes  der  heiße 
Asphaltkitt  in  dünnflüssigem  Zustande  eingegossen.  Es  gibt  auch  Vorrichtungen, 
welche  ermöglichen,  den  Hanfstrick,  der  in  Berührung  mit  den  Abwässern 
leicht  der  Zerstörung  durch  Fäulnis  unterliegt,  ganz  wegzulassen.  Der  zu 
diesem  Zwecke  viel  verwendete  Beinhauersche  Apparat  besteht  aus  einem 
zylindrischen  Luftkissen,  das  unter  den  Stoß  geschoben  und  aufgepumpt  die 
Fuge  nach  innen  vollkommen  dicht  schließt  und  so  ein  Eindringen  des 
flüssigen  Dichtungsmateriales  in  das  Rohrinnere  hindert 


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Fig.  182.    Eikanal  aus  Stampfbeton  mit  Steinzengsohalen. 


A.  Kanalisation  der  Ortschaften.  447 

Der  Bedarf  an  Asphaltkitt  beträgt  ungefähr  (nach  A.  Frühling)  pro 
Verbindungsstelle : 

Rohrweite  in  Millimeter.     ..     160     200  260     300     360     400     450     600     600 

Kittbedarf  in  Kilogramm     .     .     1,0       1,2  1,6       2,0      3,6      6,0       7,7       9,0      10,0 

Der  Preis  des  Asphaltkittes  beträgt  ca.  ...       7—8,6  K  ö.  W.  pro  100  kg. 

Der  Preis  der  geteerten  Hanfstricke  ca.  .     .     .     60 — 66  K  ö.  W.  pro  100  kg. 

(Siehe  die  Tabellen  anf  Seite  448.) 

Zementröhren  werden  sowohl  mit  kreisförmigem  als  auch  eiförmigem 
Querschnitte  fabriksmäßig  hergestellt.  Die  Kreisröhren  werden  teils  dick- 
wandig aus  reinem  Zement,  teils  dünnwandig  mit  Eiseneinlagen  angefertigt. 
Gerade  Röhren  erhalten  Baulängen  von  1  m,  Fassonröhren  (Verjüngungsstücke, 
ßogenstücke,  Abzweigröhren)  60  cm  Baulänge.  Die  starkwandigen  Röhren 
erhalten  zur  besseren  Auflagerung  in  der  Baugrube  eine  ebene  Sohle.  Ihre 
Verbindung  erfolgt  mit  Halbfalz,  als  Dichtungsmittel  dient  Zementmörtel. 
Bei  Ausführung  der  Dichtung  ist  darauf  zu  achten,  dafl  die  zu  verbindenden 
Rohrenden  gut  angenäUt  werden.  Der  in  das  Innere  der  Röhren  quellende 
Mörtel  ist  sorgfältig  glatt  zu  streichen  und  die  Fuge  außen  mit  einem  Zement- 
wulst zu  umgeben. 

Die  dünnwandigen  Röhren  mit  Eiseneinlagen  werden  teils  als 
Muffenröhren  (Zisselerröhren),  teils  mit  glatten  Enden  ausgeführt  (Monier- 
röhren, Bonnaröhren  mit  Profileiseneinlagen)  und  dann  mit  Überschubmuffen 
verbunden.  Vielfach  sind  besondere  Unterlagsstücke  zur  Sicherung  der  Rohr- 
verbindung gebräuchlich. 

Eine  besondere  Type  von  Zementröhren  hat  Stadtbaurat  Metzger- 
Bromberg  für  die  Zwecke  der  Trennkanalisation  eingeführt.  Dieselben  be- 
stehen aus  zu  einem  einzigen  Körper  vereinigten  Doppelleitungen,  von 
denen  die  größere  (obere)  der  Ableitung  der  Regenwässer,  die  kleinere 
(untere)  zur  Schmutzwasserableitung  dient. 

(Siehe  die  Tabellen  auf  Seite  449  und  450.) 

Die  in  der  Baugrube  aus  Ziegelmauerwerk  oder  Stampfbeton 
hergestellten  Kanäle  erhalten  vielfach  Sohlstücke  aus  Steinzeug  oder  Stampf- 
beton, sowie  aus  denselben  Materialien  angefertigte  Scheitel-  oder  Seitenein- 
laßstücke zum  Anschlüsse  von  Rohrkanälen.  Betoneisenkonstruktionen 
eignen  sich  besonders  bei  Ausführungen  auf  wenig  tragfähigem  Untergrunde, 
sowie  bei  beschränkter  Konstruktionshöhe. 

Das  in  die  wiederverfüUte  Baugrube  zusitzende  Grundwasser  findet  zu- 
meist schon  längs  der  äußeren  Kanalwandung  hinlängliche  Abflußmöglichkeit. 
Bei  stärkerem  Grundwasserandrange  und  überall  dort,  wo  eine  dauernde 
Tieferlegung  des  Grundwasserspiegels  angestrebt  wird,  werden  Drainröhren 
oder  gelochte  Steinzeugröhren  längs  der  Kanalsohle  oder  unter  derselben 
verlegt.  Eine  Einleitung  der  gesammelten  Grundwässer  in  den  Kanal  darf 
nur  so  vorgenommen  werden,  daß  nicht  auch  umgekehrt  Kanalwasser  in  den 
Untergrund  austreten  kann.  Dies  kann  dadurch  bewerkstelligt  werden,  daß 
die  Sickerröhren   an  gedichtete  Tonrohrleitungen  angeschlossen,  letztere  all- 


448 


ni.  Die  Kanalisation  der  Ortschaften  etc. 


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III.  Die  Kanalisation  der  Ortschaften  etc. 


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A.  Kanalisation  der  Ortschaften. 


451 


mählich  hochgeführt  und  nach  Erreichung  des  entsprechenden  Niveaus  über 
dem  höchsten  Kanalwasserspiegel  zum  Ausgießen  gebracht  werden. 

VL  Notauslässe  und  Regenüberfälle. 

Da  bei  Dimensionierung  der  Sammler  nicht  auf  die  größten  Nieder- 
schläge Rücksicht  genommen  werden  kann,  sind  dieselben  mit  Einrichtungen 
zu  versehen,  welche  bei  größerem  Wasserandrange  eine  wirksame  Entlastung 
nach  einem  offenen  Vorfluter  gestatten.  Vielfach  werden  derartige  Ent- 
lastungsanlagen sogar  schon  für  normale  Regenabflüsse  zugelassen,   sobald 


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durch  dieselben  nur  ein  den  Verhältnissen  des  Vorfluters  angemessenes  Ver- 
dünnungsverhältnis, das  sich  zumeist  zwischen  1 :  2 — 1 :  6  bewegt,  erreicht  ist. 

Die  Notauslässe  werden  mit  von  der  Hand  zu  betätigenden  Schieber- 
verschlüssen und  Abschlußtüren  oder  mit  Rückstauklappen  ausgestattet,  die 
durch  Gewichte  so  ausbalanziert  sind,  daß  sie  sich  erst  nach  Erreichung  eines 
bestimmten  Überdruckes  öffnen,  hingegen  bei  höheren  Außenwasserständen 
ein  Einströmen  des  Wassers  in  den  Kanal  hindern. 

Die  Regenüberfälle  werden  zumeist  nach  Art  der  Streichwehre  an- 
geordnet und  können  ^s  vollkommene  oder  unvollkommene  Überfälle  wirken. 
Auch  im  letzteren  Falle  sollte  der  Wasserspiegel  des  Vorfluters  auch  bei 
höheren  Wasserständen  noch  tiefer  gelegen  sein  als  die  Überfallskante.  Läßt 
sich  dies  nicht  erzielen,  so  muß  der  Überfall  mit  beweglichen  Aufsätzen  aus- 
gestattet oder  der  .Ablaufkanal  durch  Schieber  oder  Klappen  vor  dem  Rück- 

29* 


452  ^n*  ^^^  Kanalisation  der  Ortschaften  etc. 

Stau  aus  dem  Vorfluter  geschützt  werden.  Nachdem  die  Kulmination  des 
Kanalwasserabflusses  wohl  nur  ausnahmsweise  mit  den  Hochwasserständen 
im  Vorfluter  zusammenfällt,  kann  dann  trotz  hoher  Lage  des  letzteren  zumeist 
noch  eine  hinlängliche  Entlastung  erzielt  werden.  Die  durch  den  Regenaus- 
lafi  abzuführenden  Wassermengen,  sowie  dessen  Laufzeit  lassen  sich  an  der 
Hand  der  Abflufidiagramme  unschwer  bestimmen.  Die  Dimensionen  des 
Überfalls  sind  nach  den  bekannten  Formeln  für  Überfall-  bezw.  Grundwehre 
zu  berechnen  (Fig.  183). 

VIL  Einsteigschächte  und  Lampenlöcher. 

An  allen  Vereinigungsstellen  von  Kanälen,  bei  Richtungsänderungen 
und  Gefällsbrüchen,  event.  auch  in  der  kurrenten  Kanalstrecke  sind  Einsteig- 
schächte anzuordnen,  deren  gegenseitiger  Abstand  100  m  nicht  überschreiten 
darf,  und  sollten  dieselben  nur  bei  sehr  beschränkten  Raumverhältnissen 
durch  Lampenschächte  ersetzt  werden.  Die  Schächte  müssen  in  ihrem 
unteren  Teile  Lichtweiten  von  mindestens  1  m  erhalten  und  dieses  Ausmafi 
auf  Manneshöhe  beibehalten,  um  den  Arbeitern  ein  Aufrechtstehen  und  freie 
Hantierung  zu  ermöglichen.  Nach  oben  können  sich 
die  Schächte  dann  konisch  oder  treppenförmig  ver- 
engen, um  die  Anbringung  eines  massiven,  gut 
schließenden  Schachtdeckels  zu  erleichtern.  Die 
Schächte  erhalten  kreisrunden  oder  quadratischen  Quer- 
schnitt und  werden  die  Wände  in  Mauerwerk,  Stampf- 

^ ^    "'  beton  oder  aus  fabriksmäßig  erzeugten  Schachtringen 

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betoniert, da  sich  bei  dieser  Ausführungsweise  die 
rinnnenförmige  Fortsetzung  der  angeschlossenen  Kanalprofile  am  leichtesten 
durchführen  läßt,  denn  es  ist  nicht  empfehlenswert,  die  Schachtsohle  tiefer  zu 
legen  als  die  Kanalsohle  und  hierdurch  diese  zahlreichen  Objekte  als  oft 
zu  reinigende  Schlammfänge  wirken  zu  lassen.  Für  den  Einstieg  sind  Steig- 
eisen den  Leitern  vorzuziehen.  Bei  Kanälen  mit  großer  Wasserführung  muß 
der  Einsteigschacht  seitlich  von  der  Kanalachse  angeordnet  werden  und 
unten  mit  einer  über  dem  Niveau  des  Trockenwetterabflusses  angelegten  Platt- 
form enden. 

Lampenschächte  bestehen  aus  einfachen,  auf  den  Scheitel  der  Rohr- 
kanäle aufgesetzten,  vertikal  nach  aufwärts  geführten  Steinzeugröhren,  die  im 
Straßenniveau  in  einer  auf  einem  vom  Rohre  unabhängigen  Fundament  ge- 
lagerten Straßenkappe  enden  (Fig.  184). 

Vin.  Strafseneinläufe. 

Zur  Einleitung  der  Straßenabwässer  in  die  Kanäle  dienen  Einlaßobjekte, 
welche  beiderseits  der  Fahrbahn  angeordnet  werden.  Bei  verkehrsreichen 
Straßen  mit  schwachem  Gefälle  darf  die  Distanz  der  einzelnen  Einlasse  40 
bis  50  m  nicht  überschreiten,  bei  schwächerem  Verkehr  und  starkem  Gefälle 
können  dieselben  80 — 100  m  auseinanderliegen,  und  sind  bei  der  Austeilung 
die  Straßenkreuzungen  in  erster  Linie  zu  berücksichtigen.    Der  Wasserein- 


A.  Kanalisation  der  Ortschaften. 


453 


tritt  erfolgt  durch  in  der  Rinnsteinsohle  angeordnete  Roste  oder  im  Bordstein 
der  Seitenwege  eingearbeitete  Öffnungen  (Froschmäuler).  Die  Straßeneinläufe 
sind  stets  mit  Schlammfängen  zur  Zurückhaltung  des  von  der  Straßenober- 
fläche abgeschwemmten  Sandes  und  Schlammes,  sowie  mit  frostfrei,  also  in 
Tiefen  von  0,8 — 1,0  m  unter  Terrain  gelegenen  Wasserverschlüssen  auszu- 
statten. 

In  Fig.  185  ist  eine  ältere  Type  eines  ganz  in  Mauerwerk  hergestellten 
und   mit   einer  gerippten  Eisenplatte    abgedeckten  Straßeneinlaufs    (bei   der 


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Flg.  185.    Straßeneinlanf  In  Neapel. 


Kanalisierung  von  Neapel  zur  Ausführung  gebracht)  dargestellt.  Derzeit  ge- 
langen häufiger  fabriksmäßig  aus  Gußeisen,  Steinzeug  oder  Zementbeton 
hergestellte  Straßensinkkasten  zur  Verwendung.  Dieselben  besitzen  Licht- 
weiten von  35 — 45  cm  und  eine  Gesamttiefe  von  1,80 — 2,30  m.  In  den 
Schlammfang  wird  zur  Erleichterung  der  Schlammentfernung  ein  stark  ver- 
zinkter eiserner  Eimer  eingestellt,  der  sich  mit  seinem  oberen  Rande  fest  an 
die  mit  einem  Dichtungsring  versehene  Sinkkastenwand  anschließt  (Fig.  186) 
(Konstruktion  der  Firma  Geiger -Karlsruhe)  oder  einen  Kautschukring  zur 
Vermittlung  des  Dichtschlusses  (nach  Mai  rieh)  erhält.  Der  Eimerboden  wird 
nach  Geiger  aufklappbar  eingerichtet,  um  die  Schlammentleerung  in  be- 
sondere   Schlammtransportwagen   zu    erleichtem.      Der    Wasserverschluß    ist 


454 


m.  Die  Kanalisation  der  Ortschaften  etc. 


bei  einzelnen  Konstruktionen  mit  dem  Sinkkasten  fest  verbunden,  bei  anderen 
durch  ein  mit  der  Krümmung  nach  oben  zu  verlegendes  Bogenrohr  herzustellen. 

Die  Verbindung  des  Sinkkastens 
mit  dem  Straßenkanal  erfolgt  durch 
ein  Tonrohr  von  150 — 200  mm 
Lichtweite  (Fig.  187).  Die  Einlauf- 
gitter  müssen  kräftig  gebaut  sein, 
um  die  Last  und  die  Stöße  der 
gelegentlich  über  dieselben  fahren- 
den Wagen  auszuhalten,  und  sind 
dieselben  bei  den  dünnwandigen 
Sinkkastentypen  nicht  auf  die  Ge- 
fäßwand, sondern  auf  ein  beson- 
ders herzustellendes  Fundament 
aufzusetzen. 

IX.  Hausanschlüsse. 

Die  Ableitung  der  Hausabwässer 
erfolgt  durch  Tonrohrleitungen  von 
150— 200  mm  Lichtweite,  welche  wo- 
möglich ein  Mindestgefälle  von  2®/q 


Flg.  186.    Strafienslnkkasten  aus  Zementbeton, 

System  Gelger :  JD  =  40- 45  cm,  H=  160—176  om, 

*=60,  76, 100  cm,  «=86  cm,  r=16cm,  WT =96, 

ISO,  145  cm,  A  =  16— ao  cm. 


Flg.  187.    Straflenquerschnltt 


erhalten  sollen,  während  das  Maximalgefälle  etwa  10  ^/^  nicht  überschreiten  soll. 
Der  Anschluß  an  die  Straßenkanäle  erfolgt  ebenso  wie  bei  den  Straßenein- 
läufen unter  Benutzung  von  Fassonröhren,  bei  Rohrkanälen,  bei  gemauerten 
oder  betonierten  Kanälen  mit  Formstücken  aus  Steinzeug  oder  Zementbeton, 
welche  in  die  Kanalwandung  oder  den  Gewölbescheitel  eingesetzt  werden. 
Seitliche  Einmündungen  sollen  nicht  zu  tief,  jedenfalls  aber  über  dem  Niveau 
des  Trockenabflusses  liegen,  um  Rückstau  in  die  Häuser  zu  vermeiden.  Die 
Regenröhren  der  Dächer  sowie  die  Ableitungen  der  ebenfalls  mit  Sinkkasten 
auszustattenden  Einlaufe  für  die  Hofwässer  werden  zumeist  direkt  an  die 
Hausleitungen  angeschlossen  und  letztere  durch  Wasserverschlüsse  von  den 
Straßenkanälen  getrennt,  um  den  Eintritt  der  Kanalgase  in  die  Häuser  zu 
verhindern.  Um  die  engen  Hauskanäle  vor  Verstopfung  durch  das  gerinnende 
Fett  aus  größeren  Küchen,  Wäschereien,  Seifensiedereien,  Schlachthöfen  und 
Fleischhauereien  zu  schützen,  sind  Fettfänge  anzulegen. 


X«  Spülanlagen. 

Die  nicht  schliefbaren  Rohrkanäle,  insbesondere  jene  bei  Trennkanalisa- 
tionen, die  der  natürlichen  Spülung  durch  Regenwasser  entbehren,   müssen 


A.  Kanalisation  der  Ortschaften. 


455 


in  kurzen,  regelmäßigen  Intervallen  künstlich  durchgespült  und  hierdurch  von 
Schlammablagerungen  befreit  werden. 

In  Rohrkanälen  von  kleinem  Durchmesser  können  zur  Erzeugung  des 
Spülstromes  die  Einsteigschächte  verwendet  werden,  wenn  die  Mündung  der 
aus  denselben  abgehenden  Rohrstränge  mit  dauernd  befestigten  Handzug- 
Schiebern  oder  sonstigen,  event.  nur  temporär  anzubringenden  Abschluflvor- 
richtungen  ausgestattet  werden.  Diese  Spülmethode,  bei  der  zumeist  nur  das 
angestaute  Kanalwasser  als  Spülwasser  dient,  hat  den  Nachteil,  daß  das  ein- 
gestaute Abwasser  selbst  zur  Schlammablagerung  Anlaß  geben  kann  und  die 
Kanäle    einem    inneren    Überdrucke    ausgesetzt    werden.      Eine    intensivere 


Fig.  188.    Spülapparat,  System  B  ö  c  k  1  n  g. 

Spülung  erreicht  man  durch  Anlage  besonderer  Spülkammem  von  1 — 20  m* 
Inhalt,  welche  mit  reinem  Leitungswasser,  dem  Ablaufe  von  Auslaufbrunnen, 
Zierbrunnen  oder  Fontänen  gespeist  und  für  automatischen  Betrieb  oder  eine 
Bedienung  von  der  Hand  eingerichtet  werden. 

Die  automatisch  wirkenden  Spüler  sind  zumeist  nach  dem  Prinzipe  des 
Glockenhebers  konstruiert.  Fig.  188  zeigt  einen  solchen  Kanalspülapparat 
nach  dem  System  der  Firma  R.  Böcking  &  Co.,  Halbergerhütte.  Der  Spül- 
apparat, der  in  einem  beliebig  geformten  Schachte  untergebracht  werden 
kann,  besitzt  ein  Überfallrohr  /?,  welches  mit  einer  bei  O  mit  Öffnungen  ver- 
sehenen Zylinderkappe  (Glocke)  /  bedeckt  ist.  Ist  das  Wassemiveau  in  der 
Kammer  bis  zur  Oberkante  des  Abfallrohres  gestiegen,  so  tritt  der  Heber 
durch    Injektorwirkung   in  Aktion    und    erfolgt   eine    rasche  Entleerung   des 


456 


m.  Die  Kanalisation  der  Ortschaften  etc. 


ganzen  Beckens.  Die  Injektorwirkung  wird  durch  den  trompetenförmigen 
Einsatz  am  oberen  Ende  von  i?,  welcher  die  Ausbildung  eines  konzentrierten 
Wasserstrahles  begünstigt,  kräftig  unterstützt.  Die  Absperrung  der  Außenluft 
erfolgt  durch  den  Wasserspiegel  des  Syphonbeckens.  Der  Wasserzufluß 
darf  nicht  zu  gering  bemessen  werden,  da  sich  sonst  die  Heberwirkung  nicht 
einstellt.     Zur  Hintanhaltung  dieses   Übelstandes  werden  die  automatischen 


Oluerschnitt. 


Längsschnitt. 


SfriiSTflUtppt 


^Ali.yhA 


Flg.  189.    SpUlkammer. 

Spülapparate  vielfach  mit  Schwimmerschalen  oder  Kippgefäßen  ausgestattet 
(System  Geiger). 

Fig.  189  zeigt  eine  Spülkammer  für  Handbetrieb  nach  einer  bei  der 
Kanalisation  der  Stadt  Wien  gebräuchlichen  Type.  Diese  Anordnung  ist 
besonders  dort  am  Platze,  wo  von  einem  Hochpunkte  aus  verschiedene  Rohr- 
stränge gleichzeitig  beherrscht  werden  können. 

In  weiteren  Kanälen  kann  man  sich  zur  Erzeugung  der  Spülwelle  sogen. 
Überfallschieber  oder  Spültüren  bedienen,  Verschlüsse,  die  nur  den  unteren  Teil 


A.  Kanalisatioo  der  Ortschaften.    .  457 

des  Profiles  absperren  und  hierdurch  das  Auftreten  eines  inneren  Überdruckes 
ausschließen.  Die  SpOltüren  werden  vielfach  so  hergestellt,  dafi  sich  dieselben 
nach  Erreichung  eines  entsprechenden  Staues  selbsttätig  öffnen. 

Die  Wirkung  der  Spül  welle  erstreckt  sich  nur  auf  eine  kurze  Kanal- 
strecke und  ist  deshalb  eine  Spülung  von  zahlreichen  Punkten  unter  Ver- 
wendung geringerer  Wassermengen  meist  wirksamer,  als  jene  von  wenigen 
Punkten  mit  großen  Wassermengen.  Als  Spülwasserbedarf  ist  pro  1  km 
Kanallänge  und  Jahr  ein  Wasserquantum  von  500 — 1000  m^  zu  rechnen. 

XL  Lüftung  der  Kanäle. 

Zwecks  ständiger  Erneuerung  der  sich  rasch  mit  übelriechenden  oder 
selbst  giftigen  Fäulnisgasen  (Ammoniak,  Schwefelwasserstoff,  Kohlensäure 
und  Kohlenwasserstoffe)  beladenen  Kanalluft,  sowie  auch  zur  Erleichterung 
des  Luftaustausches  bei  wechselnder  Wasserführung  der  Kanäle  müssen  be- 
sondere Lüftungseinrichtungen  getroffen  werden,  da  die  mit  Wasserverschlüssen 
ausgestatteten  Straßeneinläufe  und  Hausanschlüsse  eine  Kommunikation 
zwischen  Kanalluft  und  Außenluft  verhindern.  Zur  Ableitung  der  Luft  bei 
raschem  Wasserandrange  genügt  es,  an  hoch  gelegenen  Punkten  die  auf  den 
Kanalscheitel  aufgesetzten  Einsteig-  und  Revisionsschächte  mit  durchbrochenen 
Schachtdeckeln  zu  versehen,  doch  sind  dann  zeitweise  Geruchsbelästigungen 
unvermeidlich.  Werden  die  Regenabfallrohre  der  Dächer  direkt  in  die  Straßen- 
kanäle eingeführt  oder  erst  hinter  den  Hauswasserverschlüssen  mit  den  Haus- 
anschlußleitungen vereinigt,  so  tragen  dieselben  wesentlich  zur  Lufterneuerung 
in  regenloser  Zeit  bei.  Bei  größeren  Anlagen  empfiehlt  sich  die  Anbringung 
besonderer  Luftschlote. 

Auch  die  Hausentwässerungsanlagen  selbst  sind  mit  besonderen,  bis  über 
die  Dachfläche  emporreichenden  Lüftungsröhren  zu  verbinden.  Letztere  ver- 
hindern gleichzeitig  das  beim  raschen  Ablassen  größerer  Wassermengen 
(Entleeren  von  Badewannen  u.  dergl.)  oft  beobachtete  und  durch  eine  Injektor- 
wirkung in  den  Abfallröhren  zustande  kommende  Absaugen  der  Wasser- 
verschlüsse der  in  den  Stockwerken  angebrachten  Ausgüsse. 

XU.  Mechanische  Hebung  der  Abwässer. 

Bei  hoher  Lage  des  Wasserspiegels  des  Vorfluters  oder  der  Abwässer- 
reinigungsanlage wird  eine  mechanische  Hebung  der  Kanalwässer  erforderlich. 
Die  Leistungsfähigkeit  des  Hebewerkes  ist  hierbei  beim  Trennsystem  mit 
Rücksicht  auf  den  größten  stündlichen  Wasserzulauf,  beim  Sammelsystem  auf 
Grundlage  des  vor  Wirksamkeit  der  Notauslässe  erreichten  Verdünnungsgrades 
der  Abwässer  zu  bemessen. 

Als  Fördermaschinen  kommen  bei  kleinen  Förderhöhen  in  erster  Linie 
Zentrifugalpumpen  in  Betracht.  Bei  größeren  Förderhöhen  und  langen 
Anschlußleitungen,  also  namentlich  den  Druckleitungen  nach  entfernt  gelegenen 
Rieselfeldern,  wird  zumeist  die  Aufstellung  von  Kolbenpumpen  vorgezogen. 
Zur  Schonung  dieser  Mechanismen  sind  die  Abwässer  durch  Vorschaltung 
von  Sandfängen,  sowie  der  später  zu  besprechenden  Vorrichtungen  zur  Ent- 
fernung der  groben  Schwimm-  und  Schwebestoffe  einer  Vorreinigung  zu 
unterwerfen. 


458 


ni.  Die  Kanalisation  der  Ortschaften  etc. 


Für  den  Antrieb  der  Pumpen  kommen  neben  der  Dampfmaschine 
insbesondere  Explosionsmotoren  sowie  Elektromotoren  in  Betracht 
Letztere  beiden  Motorgattungen,  welche  eine  namentlich  bei  kleinen  Anlagen 
besonders  wertvolle  Einfachheit  in  der  Bedienung  für  sich  haben,  gestatten 
überdies  eine  rasche  Anpassung  an  die  besonders  beim  Sammelsystem  zu 
gewärtigenden  plötzlichen  Belastungssteigerungen  beim  Eintritt  von  Regen- 
fällen. Sauggasanlagen  bieten  zudem  die  Möglichkeit,  den  Abwässerklär- 
schlamm als  Brennmaterial  mitverwenden  und  hierdurch  dessen  kalorischen 
Wert  vollkommener  ausnützen  zu  können,  als  durch  Kesselfeuerung. 

Bezüglich    der    Kosten    der   Wasserförderung    macht    Metzger    nach- 
stehende Angaben: 
Förderhöhe  in  Meter  ....     .     .      10       15       20       25       30       35       40 

Förderkosten  pro  1  m«  in  Heller     .     1,20     1,50     1,75     2,05     2,30    2,50    2,75 

Dieselben  umfassen  die  Aufwendungen  für  Heizmaterial,  Bedienung  und 
Schmieröl,  nicht  aber  auch  die  Verzinsung  und  Tilgung  des  Anlagekapitals. 

Die  Anlagekosten  von  Explosionsmotoren  und  Sauggasanlagen  sind  in 
den  nachstehenden  Tabellen  zusammengestellt.^) 

Stationäre  Explosionsmotoren. 


Nominelle  Leistung  in  effektiven  Pferdestärken 
Maximale  „         „  ,,  „ 

Umdrehungszahl  pro  Minute 

Gewicht  in  Kilogramm 

Preis  in  Kronen  für  den  Betrieb  mit  Leuchtgas 
„      „        „         „     „         „         „    flüssigem  Brenn. 
Stoff  (Benzin,  Spiritus) 


1 

1,4 
250 
430 
1600 

1900 


2 

2,5 
250 
660 
2000 

2400 


3 

4 

250 
850 
2500 

3000 


4 

5 

240 
1080 
3000 

3400 


6 

7 
240 
1250 
3500 

4000 


8 

10 
220 
1900 
4000 

4500 


Nominelle  Leistung  in  effektiven  Pferdestärken 
Maximale  „         „  „  „ 

Umdrehungszahl  pro  Minute 

Gewicht  in  Kilogramm 

Preis  in  Kronen  für  den  Betrieb  mit  Leuchtgas 
,,      „        „         „     „         „         „    flüssigem  Brenn 
Stoff  (Benzin,  Spiritus) 


10 

12 
200 
2400 
5000 

5500 


12 

14 
200 
2500 
5500 

6000 


16 

20 
200 
3400 
6600 

7100 


20 

25 
200 
4200 
7600 

8400 


30 
200 
4500 
8700 

9500 


30 

35 
200 
ölOO 
9700 

10400 


Sauggeneratorgasanlagen. 


Nominelle  Leistung  in  effekt.  Pferdestärken 

8 

10 

12 

16 

20 

25 

30 

Maximale          „         ,,       „                 „ 

9 

11 

14 

18 

22 

28 

33 

Gewicht    in    Kilogramm     der      Generator- 

gasanlage      .     . 

1500 

1600 

1700 

1800 

2200 

2300 

2400 

„           „              „             des    zugehörigen 

Motors      .     .     . 

2000 

2500 

2600 

3600 

4400 

4700 

5400 

Preis  in  Kronen  der  Generatorgasanlage 

2100 

2200 

2300 

2400 

2600 

2800 

3000 

„       „         „        des  zugehörigen  Motors    . 

4800 

5500 

5800 

7200 

8000 

9000 

10000 

^)  Nach  Prof.  J.  Rezek  aus:    „Hitschmann,  Vademekum  für  den  Landwirt". 


A.  Kanalisation  der  Ortschaflen.  459 

Der  Brennmaterialverbrauch  pro  Nutzpferdestunde  kann  für  Explosions- 
motoren folgendermaßen  veranschlagt  werden: 

An  Leuchtgas 600  1, 

„    Benzin 0,33  kg, 

„    Spiritus  von  90  Volumprozent    .     .     0,40    „  . 

Sauggasmotoren  verbrauchen  ca.  0,5  kg  Anthrazit  oder  0,8  kg  Koks. 

Eine  namentlich  in  England  und  Amerika  in  mittleren  und  kleinen  Orten 
mit  bestem  Erfolge  angewandte  Art  der  Abwässerhebung  ist  jene  durch 
Druckluft  unter  Verwendung  der  Shoneschen  Ejektoren. 

Dieses  System  ist  dadurch  charakterisiert,  daß  die  Abwässer  den  natür- 
lichen Tiefpunkten  des  Ortsgebietes  zugeleitet  werden,  sich  dort  in  unterirdisch 
eingebauten  Druckkesseln  sammeln  und  zeitweise  mit  Hilfe  von  Druckluft,  die 
von  einer  zentralen  Kompressoranlage  geliefert  wird,  nach  einer  gemeinsamen 
Pumpstation  oder  direkt  in  Gravitationskanäle  gehoben  werden.  Die  Stadt 
Ar  ad  in  Ungarn  ist  nach  diesem  Systeme  kanalisiert. 

XIII.  Ausmündungen  der  Kanäle  in  die  Vorfluten 

Sowohl  bei  der  Einleitung  ungereinigter  Abwässer  in  wasserreiche 
Vorfluter,  sowie  auch  bei  Ableitung  gereinigter  Abwässer  ist  bei  der  Wahl 
und  der  technischen  Ausgestaltung  der  Ausmündungsstelle  das  Augenmerk 
darauf  zu  richten,  eine  möglichst  rasche  und  vollständige  Vermischung  von 
Abwasser  und  Flußwasser  zu  erzielen.  Die  Ausmündungen  sind  daher  an 
der  Strömung  frei  zugängliche  Stellen  zu  verlegen  und  weit  gegen  den 
Stromstrich  vorzuschieben.  Hierzu  eignet  sich  besonders  die  Anordnung 
eines  zur  Stromrichtung  deklinant  verlegten,  unter  Niederwasser  endigenden 
Rohres. 

Abschlußvorrichtungen  an  den  Ausmündungen  kommen  nur  dort  in 
Anwendung,  wo  bei  zeitweise  höheren  Wasserständen  im  Vorfluter  eine 
mechanische  Wasserhebung  vorgesehen  ist.  Über  derlei  Zwecken  dienende 
Hänge-  oder  Pendelklappen,  ausbalancierte  Schützen,  Schieber  und  Tore  geben 
die  Preisbücher  der  in  diesen  Konstruktionen  reich  erfahrenen  Spezialfirmen 
(G.  Geiger  &  Co.,  Karlsruhe,  Böcking  &  Co.,  Halbergerhütte)  Aufschluß. 

XIV.  Bau-  und  Betriebskosten  der  Kanalisationsanlagen. 

Die  Baukosten  der  Kanalisationsanlagen  werden  von  so  vielen  örtlichen 
Bedingungen,  wie  Ausdehnung  und  Besiedelungsdichte,  Terraingefälle,  Unter- 
grundbeschaffenheit, Lage  der  Vorflut  u.  a.  m.,  sowie  insbesondere  von  dem 
speziellen  Kanalisationssystem  beeinflußt,  so  daß  generelle  Veranschlagungen 
sich  nur  innerhalb  eines  bedeutenden  Spielraumes  bewegen  können. 

Bei  Teilkanalisationen  wird  im  Minimum  mit  einem  Aufwände  von 
10 — 20  K  pro  Kopf  bezw.  15 — 25  K  pro  lfd.  m  der  Kanallänge  zu  rechnen 
sein.  Schwemmkanäle  erfordern  in  kleinen  und  mittleren  Ortschaften  etwa 
20—40  K  pro  Kopf  bezw.  30—50  K  pro  lfd.  m  Kanallänge.  Die  Kosten  der 
Trennkanäle  stellen  sich,  wenn  nicht  die  Verhältnisse  für  die  Ableitung  der 
Regenkanäle  besonders  günstig  sind,  sogar  noch  höher. 


460  ^^^'  P^^  Kanalisation  der  OrUchaften  etc. 

Für  die  Betriebskosten  kommen  neben  den  Aufwendungen  für  die 
bauliche  Instandhaltung  der  Anlage,  die  mit  etwa  1  ^'/q  des  Anlagekapitals 
zu  veranschlagen  sind,  noch  die  Kosten  für  die  Reinigung  und  Spülung  der 
Kanäle  in  Betracht.  Dieselben  betragen  pro  lfd.  m  Kanallänge  und  Jahr  etwa 
0,25 — 0,50  K,  wobei  die  größeren  Zahlen  für  die  kleineren  Anlagen  gelten. 
Die  Kosten  der  maschinellen  Wasserhebung  und  Abwasserreinigung  sind 
jeweils  separat  zu  veranschlagen. 

B.  Reinigung  und  landwirtschaftliche  Verwertung 

der  Abwässer. 

Im  Rahmen  dieses  Handbuches  können  lediglich  die  städtischen  Abwässer 
sowie  die  Abwässer  der  landwirtschaftlichen  Industrien,  wie  Zuckerfabriken, 
Brauereien,  Hefe-  und  Stärkefabriken,  Molkereien  und  Schlachthäuser,  Be- 
rücksichtigung finden. 

Unter  städtischen  Abwässern  seien  hierbei  im  allgemeinen  jene  Abwässer 
verstanden,  die  aus  gelegentlich  durch  Regenwasser  verdünnten  Haus-  und 
Straßenabflüssen  mit  oder  ohne  Zumischung  von  Fäkalien  zusammengesetzt 
sind  und  nur  geringe  Mengen  von  Industrieabflüssen  (namentlich  jener  der 
vornehmlich  anorganische  Beimischungen  liefernden  metallurgischen  und  der 
chemischen  Industrien)  enthalten. 

Unterliegt  schon  die  Abschätzung  der  bei  Einführung  einer  Kanalisation 
zu  erwartenden  Abwassermenge  ziemlichen  Schwierigkeiten,  so  begegnet 
eine  auch  nur  annähernde  Vorausbestimmung  sowohl  der  absoluten  Menge 
der  abzuführenden  Schrautzstoffe  als  auch  des  Verunreinigungsgrades  der 
Wässer  noch  weit  größeren  Unsicherheiten.  Denn  die  Beschaffenheit  der 
Abwässer  wechselt  von  Ort  zu  Ort  ganz  bedeutend  und  unterliegt  auch  in 
ein  und  derselben  Kanalisationsanlage  weitgehenden  täglichen  und  jahres- 
zeitlichen Schwankungen.^) 

Die  Mitteilung  von  Analysenergebnissen,  die  doch  zumeist  nur  einzelne 
Stichproben  betreffen,  mag  deshalb  zur  Charakterisierung  des  Effektes  einzelner 
Reinigungsverfahren  vorbehalten  bleiben. 

In  chemischer  Hinsicht  können  die  städtischen  Abwässer  als  äußerst 
verdünnte  Lösungen  von  Kristalloiden  und  Kolloiden,  die  stark  wechselnde 
Mengen  von  ungelösten  Stoffen  enthalten  und  zumeist  alkalische  Reaktion 
besitzen,  angesehen  werden. 

Bei  einem  Wasserverbrauch  von  etwa  100  1  pro  Kopf  und  Tag  bewegt 
sich  die  Menge  der  in  den  städtischen  Abwässern  in  regenloser  Zeit  zu 
gewärtigenden  suspendierten  Stoffe  zwischen  500 — 1500  mg  pro  Liter;  25  bis 
50®/q  derselben  sind  mineralisch,  50 — 75®/o  organischer  Natur.  Der  Gehalt 
an  gelösten  Stoffen  schwankt  etwa  zwischen  800 — 2500  mg/1  und  tritt  hier 
zumeist  (u.  zw.  namentlich  bei  großer  Härte  des  Wasserleitungswassers)  der 
Gehalt  an  organischen  Stoffen  etwas  zurück;  derselbe  beträgt  beiläufig  25  bis 

^)  Über  Entnahme  und  Untersuchung  der  Abwasserproben  vergl.:  Dr.  K.  Farnsteiner, 
Dr.  P.  Buttenberg  und  Dr.  O.  Korn,  Leitfaden  für  die  chemische  Untersuchung  der  Ab- 
wässer.    Berlin  1902.  —  Dr.  C.  Mez,  Mikroskopische  Wasseranalyse.     Berlin  1898. 


B.  Reinigung  und  landwirtschaftliche  Verwertung  der  Abwässer.  461 

400/o.  In  den  gelösten  Stoffen  finden  sich  60—120  mg  Stickstoff,  40— 80  mg 
Kali,  10—40  mg  Phosphorsäure,  100—200  mg  Chlor.  Städtische  Abwässer 
erfordern  zur  vollständigen  Oxydation  der  gelösten  Substanz  etwa  150—400  mg 
Permanganat.  Dem  entspricht  ein  Sauerstoffverbrauch  von  rund  37,5 — 160  mg 
U  mg  KMnO^^  gibt  ab  0,253  mg  O). 

Es  muß  betont  werden,  daß  bei  einem  derartigen  Wasserverbrauche  die 
prozentuale  Zusammensetzung  der  Abwässer  durch  Fäkal ieneinleitung  eine 
praktisch  kaum  merkbare  Veränderung  erleidet,  obwohl,  absolut  genommen, 
die  pro  Kopf  und  Jahr  in  Ansatz  zu  bringende  Menge  an  Auswurfstoffen 
keineswegs  gering  ist. 

Dieselbe  beträgt  nach  Heiden: 

Im  Kot  Im  Harn  Znsammen 

kg  kg  kg 

Im  natürlichen  Zustande  .     .  48,0  438,0  486,0 

Trockensubstanz 11,0  23,0  34,0 

Hierin: 

Organische  Substanz     .     .  9,4  18,2  27,6 

Mineralstoffe 1.6  4,8  6,4 

und  zwar: 

Stickstoff 0,8  4,4  5,2 

Phosphorsäure  ....  0,6  0,66  1,26 

Kali 0,27  0,81  1,08 

Von  den  angeführten  Mengen  gelangt  aber  —  namentlich  was  den  Harn 
anbetrifft  —  zumeist  nur  ein  Bruchteil  in  die  Kanäle. 

Neben  den  in  den  mannigfaltigsten  Verbindungsformen  in  den  Abwässern 
enthaltenen  organischen  und  anorganischen  Fremdstoffen  müssen  noch  die 
Kleinlebewesen  erwähnt  werden.  Die  für  die  Umbildung  der  zersetzungs- 
fähigen organischen  Substanz  besonders  wichtige  Bakterienwelt  tritt  hierbei  in 
den  Vordergrund.  Bei  der  allgemeinen  Verbreitung  derselben  in  der  Natur 
ist  deren  Auftreten  in  den  Abwässern  um  so  mehr  zu  gewärtigen,  als  ihnen 
hier  äußerst  günstige  Entwickelungsbedingungen,  wie  reichliche  Nahrung,  hohe, 
gleichmäßige  Temperatur,  träger  Lauf  und  Ausschluß  des  Lichtes,  geboten  sind. 
Nachdem  die  Fälle,  daß  das  Bakterienleben  in  den  städtischen  Abwässern 
durch  den  Zutritt  entwickelungshemmender  oder  keimtötender  Substanzen  — 
wie  solche  von  verschiedenen  Industriebetrieben  geliefert  werden  —  ver- 
nichtet werde,  zu  den  Ausnabmeerscheinungen  gehört,  werden  in  1  cm*  Ab- 
wässer zumeist  mehrere  Millionen  von  entwickelungsfähigen  Keimen  anzutreffen 
sein  und  unter  diesen,  namentlich  bei  Fäkalienzuleitung,  auch  Vertreter  der 
für  den  Menschen  pathogenen  Arten  vorkommen. 

Ein  so  kompliziert  zusammengesetztes  Produkt  muß  naturgemäß  schon 
in  den  Unratkanälen  selbst  mannigfachen  Veränderungen  unterliegen.  Neben 
der  vom  Wechsel  der  Wasserstände  bedingten  Ablagerung  und  neuerlichen 
Aufwirbelung,  der  mechanischen  Zerkleinerung  und  Lösung  der  festen  Stoffe 
werden  sich  stets  auch  in  der  Flüssigkeit  selbst  chemische  und  biologische 
Umsetzungen  abspielen,  so  daß  am  Kanalauslaufe  eine  zumeist  schon  in  einem 


4g2  in.  Die  Kanalisation  der  Ortschaften  etc. 

vorgeschrittenen  Grade  der  Zersetzung  befindliche  Flüssigkeit  von  unan- 
genehmem Gerüche  eintreffen  wird. 

Die  neben  der  bei  Einleitung  ungereinigter  Abwässer  in  einen  Flufilauf 
erzielten  Verdünnung  zur  weiteren  natürlichen  Selbstreinigung  der  Wasser- 
läufe beitragenden  mechanischen,  chemischen  und  biologischen  Prozesse  sind 
qualitativ  mit  jenen  identisch,  die  den  zur  künstlichen  Unschädlichmachung 
der  Abwässer  in  Anwendung  kommenden  Verfahren  zugrunde  liegen. 

Ein  Unterschied  besteht  nur  insofern,  als  dieselben  in  der  freien  Natur 
unter  wesentlich  ungünstigeren,  ja  vielfach  sogar  störenden  äufieren  Umständen 
ablaufen,  so  daß  es  hier  zur  Erreichung  des  Endeffektes  längerer  Zeiträume 
bedarf,  in  deren  Verlauf  sich  die  Verunreinigungszone  mit  der  fließenden 
Welle  über  weite  Flußstrecken  ausdehnen  und  die  in  der  Einleitung  bereits 
geschilderten  Mißstände  schaffen  kann. 

In  den  Reinigungsanlagen,  in  denen  diese  Prozesse  durch  besondere 
technische  Maßnahmen,  unterstützt  mit  gesteigerter  Intensität,  ablaufen,  lassen 
sich  die  für  ihr  Zustandekommen  maßgebenden  Faktoren  viel  leichter  über- 
blicken als  in  den  Flußläufen,  und  mag  deshalb  das  natürliche  Selbstreinigungs- 
vermögen der  Flüsse  erst  nach  Besprechung  der  künstlichen  Reinigungs- 
verfahren seine  Behandlung  finden. 

L  Mechanische  Reinigung. 

Durch  mechanische  Reinigung  lassen  sich  lediglich  die  ungelösten 
Fremdstoffe  aus  den  Abwässern  mehr  oder  minder  vollständig  entfernen,  und 
zwar  werden  die  gröberen  Schwimm-  und  Schwebestoffe  mit  Hilfe  besonderer 
Mechanismen  zurückgehalten,  die  Sinkstoffe  durch  Sedimentation  ausgeschieden 
(Klärung). 

X.  Mechanismen  zur  Zurückhaltung  der  Schwimm-  und  Schwebestoffe. 

Dieselben  gelangen  als  feststehende  Stabrechen,  rotierende  Rechen 
(Flügelrechen),  Drahtrechen  (Harfen),  feststehende  oder  bewegte  Siebe  und 
Siebbänder  und  Separatorscheiben  zur  Ausführung.  Zur  Erzielung  eines 
günstigen  Effektes  ist  es  stets  zweckmäßig,  diese  Abfangvorrichtungen  in 
hintereinander  geschaltete  Elemente  von  verschiedener  Stabentfemung  bezw. 
Maschenweite  aufzulösen.  Die  Grobrechen  und  Grobsiebe  dienen  dann  zur 
Zurückhaltung  der  Körper  von  mehr  als  etwa  20 — 50  mm  Durchmesser, 
während  durch  die  Feinsiebe  und  Feinrechen  Partikel  bis  auf  2 — 3  mm  herab 
noch  mit  Sicherheit  abgefangen  werden  können. 

Da  der  Einbau  derartiger  Vorrichtungen  eine  bedeutende  Verbreiterung 
des  Durchflußprofiles  erfordert,  wodurch  eine  Verminderung  der  Wasser- 
abflußgeschwindigkeit bewirkt  wird,  sind  vor  denselben  Sandfänge  anzulegen. 
Die  Menge  der  in  den  letzteren  ausgeschiedenen  Sinkstoffe  ist  zumeist  gering 
und  kann  durch  Ausbagger ung  mit  Handbetrieb  leicht  bewältigt  werden. 
Ebenso  genügt  es,  bei  kleineren  Anlagen  die  Reinigung  der  Rechen  und  Siebe 
zeitweise  von  Hand  aus  vorzunehmen* 

Bei  größeren  Anlagen  ist  hingegen  der  maschinelle  Betrieb  entschieden 
vorzuziehen.      Von    den    zahlreichen    hierfür    in    Aufnahme     gekommenen 


B.  Reinigung  nnd  landwirtschaftliche  Verwertung  der  Abwässer.  463 

Mechanismen  mögen  im  folgenden  nur  einige  im  mehrjährigen  Betriebe  als 
besonders  leistungsfähig  erkannte  Typen  allgemein  charakterisiert  werden 
und  sei  bezüglich  der  maschinentechnischen  Details  auf  die  Literaturangaben 
verwiesen. 

Die  Kölner  Rechenanlage*)  umfaßt  einen  Satz  von  4  Grobrechen 
mit  20  mm  Stabentfemung  und  ebensovielen  Feinrechen  mit  3  mm  Stabdistanz. 
Vor  den  Grobrechen  befindet  sich  ein  kleiner  Sandfang,  in  dem  pro  1  m^ 
Abwässer  ungefähr  75  g  Rückstände  (mit  35®/o  Wasser,  55  ^/q  mineralischen, 
lO^/o  organischen  Teilen)  anfallen.  Die  Rechentafeln  sind  unter  45®  gegen 
die  Strömung  geneigt.  Die  Entfernung  der  angeschwommenen  Stoffe  erfolgt 
durch  Stahldrahtbürsten,  welche  durch  einen  über  Achtkante  laufenden  ge- 
schlossenen Gliederkettenzug  leicht  über  die  Rechentafelfläche  gezogen  werden. 
Der  obere  Teil  der  letzteren  ist  durch  ein  Abstreichblech  gedeckt.  Die 
Bürsten  werden  selbst  wieder  durch  einen  Kamm  gereinigt.  Die  abgestrichenen 
Stoffe  fallen  auf  ein  Transportband,  das  aus  gelenkig  verbundenen  Blechtafeln 
gebildet  ist,  und  gelangen  von  hier  direkt  in  Kippwagen.  Der  Antrieb  der 
Bürsten  und  des  Transportbandes  erfolgt  durch  Elektromotoren  und  stellt  sich 
der  Gesamtkraftbedarf  auf  5—6  HP.  Der  Anlage  fließen  pro  Tag  rund 
55000  m»  Abwässer  zu  (Köln  zählt  380000  Einwohner)  und  kostete  dieselbe 
einschließlich  eines  nur  vorübergehend  betriebenen  Klärbeckens  ca.  418000  K, 
d.  i.  1,10  K  pro  Kopf.  Die  Betriebskosten  stellen  sich  auf  ca.  18  Heller  pro 
Kopf  und  Jahr.  Der  pro  1  m^  Abwässer  gewonnene  Siebrückstand  beträgt 
rund  180  g  und  enthält  80  ^j^  Wasser,  3,5  ^jg  mineralische  und  16,5  ^Jq  organische 
Substanz. 

Die  Düsseldorfer  Reinigungsanlage  (nach  Riensch)*)  verwendet 
als  Grobrechen  zwei  Flügelrechen,  von  denen  jeder  aus  6  an  einer  horizontalen, 
über  Wasser  gelagerten  Welle  speichenartig  angebrachten  Rechentafeln  mit 
155  mm  Stabentfemung  besteht.  Dieselben  werden  im  Laufe  des  Tages 
mehrmals  umgestellt  und  die  hierbei  aus  dem  Wasser  emportauchenden 
Tafeln  von  Hand  gereinigt.  An  Ort  und  Stelle  erhaltenen  Auskünften 
zufolge  ist  die  Stabdistanz  etwas  zu  groß  gewählt  und  ergibt  sich  hierdurch 
eine  Überlastung  der  4  nachgeschalteten  Feinrechen,  welche  aus  harfenartig 
mit  Stahldrähten  von  1,5  mm  Durchmesser  und  3  mm  Abstand  straff  be- 
spannten Rahmen  bestehen,  die  unter  45^  zur  Strömung  geneigt  in  ent- 
sprechende Gerinnsunterteilungen  eingebaut  sind.  Die  Reinigung  dieser 
Harfen  erfolgt  durch  je  4  Kämme  mit  leicht  auswechselbaren  Stahldrahtzähnen, 
die  an  einem  vor  der  Harfe  rotierenden  Speichenkreuz  befestigt  sind  und 
durch  besondere  Führungen  gezwungen  werden,  die  ganze  Harfenfläche  zu 
bestreichen.  Die  aufgefangenen  Stoffe  werden  von  diesen  Kämmen  auf  Kipp- 
wagen geworfen  und  abgefahren.  An  Siebrückständen  entfallen  pro  1  m^ 
Abwässer  etwa  200 — 250  g  und  steigt  diese  Menge  bei  Regenwetter  auf  das 
2— 21/2  fache. 


*)  C.   Steuernagel,   Die   EntwÄssemng   der   Stadt   Köln.     Fortschritte   der   Ingenieur- 
wissenschaften, IL  Heft.     Leipzig  1906.     Engelmanns  Verlag. 

■)  Abbildungen  in  Salomon,  Abwässerlexikon.     Jena  1906.     Fischers  Verlag. 


464 


ni.  Die  Kanalisation  der  Ortschaften  etc. 


Die  Anlage  ist  noch  nicht  voll  belastet  und  entfallen  derzeit  bei  500000  K 
Baukosten  und  einer  angeschlossenen  Kopfzahl  von  220000  Bewohnern  pro  Kopf 
ca.  2,25  K  Anlagekosten  und  ca.  23  Heller  jährliche  Betriebskosten. 

Der  Frankfurter  Klärrechen, ^)  der  auch  in  der  neuerbauten  Klär- 
anlage von  Barraen-Elberfeld  aufgestellt  wurde,  ist  ein  fünfarmiger  FlQgelrechen, 
welcher  langsam  dem  Abwasserstrome  entgegen  rotiert.  Die  Stabdistanz  läßt 
sich  dem  angestrebten  Reinigungseffekte  entsprechend  durch  Einsetzen  von 
Zwischenringen  regulieren.    Die  bei  der  Bewegung  aus  dem  Wasser  empor- 


Fig.  190.    Siebband  der  Abwasserreinigungsanlage  von  Göttingen. 


tauchende  Rechentafel  wird  von  einem  über  dieselbe  hinweggleitenden  Ab- 
streicher mit  nachfolgender  rotierender  Bürste  von  den  anhaftenden  Schmutz- 
stoffen befreit.  Letztere  fallen  auf  ein  Transportband.  In  den  beiden 
genannten  Städten  dienen  die  Rechen  zur  Fernhaltung  grober  Schwimm-  und 
Schwebestoffe  von  den  Klärbecken. 


*)  Die  Reinigung  der  Abwässer  in  Frankfurt  a.  M.  Frankfurt  1903.  Verlag  des 
Stadt.  Tiefbauamtes.  —  Schoenfelder,  Die  städtische  Abwässerkläranlagc  von  Elberfeld-Bannen. 
Mitteilungen  der  Königl.  Priifungsanstalt  für  Wasserversorgung  etc.,  Heft  8. 


B.  Reinigung  und  landwirtschaftliche  Verwertung  der  Abwässer.  465 

Die  Göttinger  Siebanlage  (Fig.  190)^)  arbeitet  mit  2  aus  1,5  mm 
starkem,  geglühtem  Kupferdraht  angefertigten  Siebbändern  mit  10  mm  Maschen 
weite.  Jedes  derselben  läuft  mit  einer  Geschwindigkeit  von  2,5  m  pro  Minute 
in  einem  über  dem  Hauptsammler  angeordneten  Schachte  über  2  in  einer 
durch  Wind  werk  heb-  und  senkbaren  Tragkonstruktion  gelagerte  Trommeln 
und  taucht  in  Arbeitsstellung  unter  einem  Winkel  von  45®  in  den  Abwässer- 
strom. Auf  dem  Siebbande  befestigte  Blechwinkel  verhindern  das  Abgleiten 
der  aufgefangenen  Schmutzstoffe,  die  erst  nach  Passieren  der  oberen  Trommel, 
wo  das  Band  seine  rückläufige  Bewegung  antritt,  durch  eine  rotierende  Bürste 
in  einen  Kippwagen  abgestreift  werden.  Diese  Reinigung  wird  noch  durch 
Wasserspülung  aus  einem  Strahlrohre  unterstützt. 

Da  die  Abwässer  der  nach  dem  Trennsystem  kanalisierten  Stadt  Göttingen 
(33000  Einwohner)  in  ziemlich  frischem  Zustande  bei  der  Reinigungsanlage 
eintreffen,  werden  hier  relativ  bedeutende  Mengen  von  festen  Stoffen,  darunter 
insbesondere  auch  Kotballen,  aufgefangen.  Der  Siebrückstand  beträgt  etwa 
500 — 600  kg  pro  Tag.  Zur  Bedienung  der  Anlage  genügen  zwei  Mann,  und 
wird  die  gesamte  Betriebskraft,  von  der  etwa  ^/g  auf  die  Hebung  des  Spül- 
wassers aus  einem  Tiefbrunnen  entfällt,  durch  eine  Maschine  von  10  HP. 
geleistet.  Die  Baukosten  der  Anlage  betrugen  rund  K  73000,  d.  i.  pro  Kopf 
K  2,20,  die  Betriebskosten  (1906)  K  6400  bezw.  K  0,19. 

Die  auf  maschinellem  Wege  aus  den  Abwässern  entfernten  Schmutz- 
stoffe werden  zumeist  von  den  Landwirten  gern  abgenommen.  Ihre  An- 
sammlung bis  zum  Zeitpunkte  der  Abfuhr  erfolgt  in  entwässerbaren  Gruben. 
Zur  Vermeidung  von  Geruchsbelästigung  bei  längerer  Lagerung  dient  eine 
Bestreuung  mit  Chlorkalk  oder  das  Bedecken  mit  Torfmull.  Die  Siebrück- 
stände können  auch  mit  Hausmüll  kompostiert  oder  mit  diesem  zugleich  in 
Müllöfen  verbrannt  werden. 

a.  Mechanische  Klärung  durch  Sedimentation. 

Durch  Sedimentation  können  aus  den  Abwässern  nur  j.ene  ungelösten 
Stoffe  ausgeschieden  werden,  welche  ein  vom  Abwasser  verschiedenes  spezi- 
fisches Gewicht  besitzen.  Die  Trennung  erfolgt  dadurch,  daß  unter  der 
Wirkung  der  Schwerkraft  die  schweren  Teilchen  zu  Boden  sinken,  hingegen 
die  an  sich  leichten  oder  durch  Gasbläschen  getragenen  Partikel  zur  Wasser- 
oberfläche aufsteigen.  Diese  Klärung  kann  in  Becken,  Brunnen  oder  Türmen 
bewerkstelligt  werden. 

a)  Klärbecken. 

Der  Klärbetrieb  in  Flach-  oder  Absitzbecken  wurde  früher  zumeist 
intermittierend  geübt,  d.  h.  ein  größeres  Becken  wurde  mit  Abwasser 
gefüllt,  eine  Zeitlang  der  Ruhe  überlassen,  sodann  allmählich  vom  abgeklärten 
Wasser  befreit  und  vom  ausgeschiedenen  Schlamme  gereinigt.  Dieser  Betriebs- 
weise haften  aber  mannigfache  Übelstände  an.  Einerseits  geht  die  Zeit  für 
die  Füllung  und  Entleerung  des  Beckens  für  den  eigentlichen  Klärbetrieb 
verloren,  und  muß  daher  immer  eine  größere  Anzahl  von  Becken  zur  alter- 

^)  Dr.  Busch,  Die  Entwässerung  der  Stadt  Göttingen  etc.  etc.  Mitteilungen  der  Königl. 
Prüfungsanstalt,  Heft  5. 

Friedrich,  Wasserhau.    Zweite  Auflage.    IL  Band.  30 


466  ^^'  ^^^  Kanalisation  der  Ortschaften  etc. 

nierenden  Benutzung  bereit  gehalten  werden;  weiter  ist  nach  jeder  einzebien 
Entleerung  auch  eine  Entschlammung  vorzunehmen,  wenn  nicht  der  bereits 
abgesetzte  Schlamm  bei  der  WiederanfüUung  neuerlich  aufgewirbelt  werden 
soll,  andererseits  ist  auch  im  angefüllt  stehenden  Becken  eine  vollkommene 
Wasserberuhigung  praktisch  nicht  erreichbar,  weil  durch  Konzentrations- 
und Temperaturströmungen,  durch  Gasentwicklung  bei  einsetzender  Fäulnis, 
sowie  zufolge  der  Einwirkung  des  Windes  immer  eine  gewisse  Wasser- 
bewegung auftritt. 

Aus  diesen  Gründen  ist  man  fast  allgemein  zum  kontinuierlichen 
Klärbetrieb  übergegangen,  der  dadurch  charakterisiert  ist,  daß  die  Abwässer 
das  Klärbecken  im  langsamen  Strome  stetig  durchfließen,  wobei  durch  ent- 
sprechende bauliche  Ausgestaltung  des  Beckeneinlaufes  und  -Auslaufes  dafür 
gesorgt  wird,  daß  sich  die  Strömung  möglichst  gleichförmig  über  den  ganzen 
Beckenquerschnitt  verteile.  Erst  nach  Ausbildung  größerer,  den  Becken- 
querschnitt einengender  Schlammablagerungen  oder  bei  Eintritt  von  Fäulnis- 
erscheinungen im  abgelagerten  Schlamme  wird  die  Wasserzufuhr  eingestellt 
und  das  Becken  nach  kurzer  Ruhepause  zunächst  von  seinem  Wasserinhalte 
befreit  und  sodann  vom  Schlamme  gereinigt. 

Die  Durchflußgeschwindigkeit  des  Wassers  wurde  früher  zumeist  äußerst 
niedrig,  und  zwar  zu  etwa  4  mm/Sek.  angenommen  und  überdies  den  Becken 
die  bedeutende  Länge  von  80 — 100  m  gegeben.  Erst  auf  Grundlage  neuerer 
Untersuchungen^)  hat  man  es  als  zulässig  erkannt,  nicht  nur  die  Durchfluß- 
geschwindigkeit wesentlich,  und  zwar  bis  auf  20  mm/Sek.  und  darüber,  zu 
erhöhen,  sondern  auch  die  Klärbeckenlänge  auf  30 — 50  m  herabzusetzen  und 
so  die  von  einem  Klärbecken  bewältigte  Abwässermenge  ohne  praktisch 
fühlbare  Herabsetzung  des  Kläreffektes  wesentlich  zu  steigern. 

Die  wachsende  Bedeutung,  die  eine  sachgemäß  durchgeführte  Becken- 
klärung nicht  nur  als  selbständiges  Reinigungsverfahren,  sondern  auch  als 
Vorbehandlung  der  Abwässer  für  eine  nachfolgende  biologische  Reinigung 
besitzt,  läßt  es  notwendig  erscheinen,  hier  auf  die  Theorie  der  Becken- 
klärung besonders  einzugehen. 

Ein  Schmutzteilchen,  das  im  langsam  fließenden  Abwasserstrome  eine 
Sinkgeschwindigkeit  v  besitzt,  bedarf,  um  die  ganze  Tiefe  T  eines  Klärbeckens 
zu  durchsinken  und  sich  auf  der  Beckensohle  abzulagern,  der  Zeit: 

V 

In  einem  Becken  von  der  mittleren  Tiefe  7*,  der  Breite  B  und  der  nutz- 
baren Länge  i,  dessen  Gesamtinhalt  somit  Q  =  B  .  L  .  T  beträgt  und  das 
sekundlich  vom  Abwasserquantum  q  mit  der  Geschwindigkeit 


^)  Direktor  A.  Bock  und  Dr.  F.  Schwarz,  Versuche  über  mechanische  Klärung  der 
Abwässer  der  Stadt  Hannover.  Vierteljahrschrift  fUr  gerichtliche  Medizin  und  öffentliches  Sanitäts- 
wesen. Dritte  Folge.  XDC.  Band.  Supplementheft.  —  Stadtbaurat  Höpfner  und  Dr.  Paul- 
mann, Die  Schmutzwasserreinigungsanlage  der  Stadt  Kassel.  Ebenda.  —  Stadtbaurat  Steuer- 
nagel, Die  Probekläranlage  zu  Köln-Niehl  etc.  Mitteilungen  der  königl.  Prüfungsan&talt  filr 
Wasserversorgung  und  Abwässerbeseitigung  zu  Berlin,  Heft  4. 


B.  Reinigiing  and  landwirtschaftliche  Verwertung  der  Abwässer.  467 

^       B.T        t 
durchflössen  wird,  können  nur  jene  Teilchen  zur  Ablagerung  kommen,  deren 
Sinkgeschwindigkeit  über  dem  Grenzwerte    . 

^       t       ^     L      ^    L.B.T      B,L~^     Q 
gelegen  ist. 

Die  Klärung  wird  demzufolge  um  so  vollständiger  sein,  je  niedriger  dieser 

T 
Grenzwert  für  v  bezw.  das  Verhältnis    -   zwischen  nutzbarer  Tiefe  und  Durch- 
flußzeit wird. 

Für  Becken  von  gleichem  Gesamtinhalte  und  gleicher  Durch- 
flufimenge  ergibt  sich  aus  vorstehenden  Gleichungen: 

1.  Flache  Becken  üben  eine   größere  Klärwirkung  aus  als  tiefe; 

2.  für  Becken  gleicher  Tiefe  (also  B  .  L  =  -^J  ist  das  relative  Ver- 
hältnis von  Länge  zur  Breite  für  den  Kläreffekt  belanglos. 

Es  muß  an  dieser  Stelle  darauf  hingewiesen  werden,  daß  Stadtbaurat 
C.  Steuernagel  in  seinen  an  die  Erfahrungen  am  Probeklärbecken  von 
Köln-Niehl  angeknüpften  theoretischen  Betrachtungen  zu  einer  vom  vor- 
stehenden abweichenden  Interpretation  gelangt,  indem  derselbe  ausführt 
(a.  a.  O.  S.  48): 

„Bezeichnet  man  mit  /  die  Zeit,  welche  ein  Schmutzteilchen  im  Kanal- 
wasser braucht,  um  ein  Becken  von  der  Länge  /  zu  durchfließen,  mit  M  die 
pro  Sekunde  zu  klärende  Wassermenge  und  mit  Q  den  Beckenquerschnitt 
b .  h  oder  Breite  mal  Höhe,  so  hat  man: 


Q'  "''  v"    M    ^      M     ' 
bezw.  nach  der  früher  eingeführten  Bezeichnungsweise: 

p_.    q    ■  ._  i:  _  L.B.T 

^^  B.T'  '""  F  ~         q 

„Es  hängt  daher  bei  gleicher  Wassermenge  M  theoretisch  die  Zeitdauer 
und  somit  auch  der  derselben  entsprechende  Kläreffekt  von  dem  Produkte 
l.b.h  oder  dem  kubischen  Inhalte  des  Klärbeckens  ab",  oder  mit  anderen 
Worten:  „für  dasselbe  Kanalwasser  ist  bei  gleicher  Wassermenge  der  Klär- 
effekt in  verschiedenen  Becken  von  verschiedenen  Einzeldimensionen  der 
gleiche,  sofern  nur  der  kubische  Inhalt  der  Becken  der  gleiche  ist." 

Steuernagel  setzt  nämlich  den  Kläreffekt  lediglich  der  Zeit  proportional, 
was  aber  insofern  unzulänglich  erscheint,  als  die  Mechanik  der  Klärung  in 
einem  Becken  erfordert,  daß  den  Schmutzteüchen  nicht  nur  Zeit  gegeben 
werde,  um  abzusinken,  sondern  auch  die  Beckensohle  zu  erreichen  und  sich  auf 
derselben  abzulagern,  da  sonst  die  noch  in  Schwebe  befindlichen  Teilchen 
von  der  aufsteigenden  Strömung  am  Beckenauslaufe  erfaßt  und  aus  dem  Becken 
abgetrieben  würden.    Aus  diesem  Grunde  erscheint  es  notwendig,  von  der 

T 
diese  Forderung  ausdrückenden  Bedingungsgleichung  v  =  —  auszugehen. 

30* 


468  ^'  ^ic  Kanalisation  der  OrUcbaften  etc. 

Die  Richtigkeit  der  hier  vertretenen  Anschauung  ergibt  sich  auch  un- 
mittelbar aus  folgender  Betrachtung:  In  zwei  im  übrigen  gleichen  Klärbecken, 
in  denen  nur  die  korrespondierenden  Dimensionen  der  Breite  und  Tiefe 
wechselseitig  vertauscht  wären,  müßte,  nachdem  hierdurch  weder  der  kubische 
Inhalt  noch  Durchflußgeschwindigkeit  und  Durchflußmenge  eine  Veränderung 
erfahren,  auch  ein  gleicher  Kläreffekt  erzielt  werden.  Dies  ist  aber  insofern 
unmöglich,  als  Teilchen  gleicher  Sinkgeschwindigkeit  in  der  gleichen  Klärzeit 
nicht  verschiedene  Beckentiefen  zu  durchsinken  vermögen. 

Bei  der  praktischen  Verwertung  müssen  die  oben  abgeleiteten  Sätze 
insofern  noch  eine  Gültigkeitseinschränkung  erfahren,  als  man  nur  bei  sehr 
geringen  Durchflußgeschwindigkeiten  für  diese  einen  für  den  ganzen  Becken- 
querschnitt konstanten  Mittelwert  annehmen  darf.  Denn  es  ist  klar,  daß  nur, 
wenn  die  benachbarten  Wasserfäden  verschwindend  geringe  Geschwindigkeits- 
differenzen aufweisen,  ein  Übertritt  der  feinen  Suspensa  aus  einem  Faden 
zum  andern,  also  ein  Durchsinken  des  Beckens  nach  der  Vertikalen,  stattfinden 
kann.  Eine  derartige  gleichmäßige  Geschwindigkeitsverteilung  ist  aber  weder 
bei  sehr  flachen  noch  bei  sehr  tiefen  Klärbecken  zu  erwarten,  und  dürfte  es 
sonach  das  zweckmäßigste  sein,  sich  bei  Feststellung  der  Querschnitts- 
verhältnisse, für  die  überdies  ja  auch  bautechnische  und  bauökonomische 
Momente  mitbestimmend  werden,  sich  nicht  zu  weit  von  jenen  Formen  zu 
entfernen,  welche  einen  möglichst  kleinen  benetzten  Umfang  darbieten,  also 
einem  möglichst  kleinen  Einfluß  der  Wand  sowie  der  den  Luftströmungen 
ausgesetzten  Wasserspiegelfläche  unterliegen. 

Für  Querschnitte,   welche  sich  der  Rechtecksform   anschmiegen,   wäre 

dies  etwa  das  Verhältnis  von  T  =  -^  • 

Dies  läßt  sich  insofern  leicht  erreichen,  als  der  erforderliche  Gesamt- 
durchflußquerschnitt ohnehin  auf  mehrere  Einzelbecken  verteilt  werden  muß, 
um  dem  Wechsel  der  Zuflußmenge  sowie  der  zeitweiligen  Außerbetriebsetzung 
einzelner  Becken  zwecks  Entschlammung  Rechnung  zu  tragen. 

Ebenso  wird  man  bei  Wahl  des  Verhältnisses  zwischen  Länge  und 
Breite  des  Klärbeckens  letztere  Dimension  nicht  zu  groß  annehmen.  Denn 
die  Forderung,  die  Wassereinströmung  über  den  ganzen  Querschnitt  statt- 
finden zu  lassen,  kann  bei  schmalen  Becken  technisch  weitaus  leichter  be- 
friedigt werden,  als  bei  breiten.  Trotzdem  wird  man  der  Ausbildung 
unregelmäßiger  Strömungen  am  Einlauf  und  Auslauf  stets  besonders  Rechnung 
tragen  müssen,  und  aus  diesem  Grunde  der  aus  den  angegebenen  Gleichungen 
ableitbaren  ^„nutzbaren  Länge  Z"  für  die  praktische  Ausführung  immer  noch 
einen  Zuschlag  von  2 — 3  T  erteilen. 

In  der  Praxis  wurde  bisher  ausschließlich  das  Abhängigkeitsverhältnis 
des  Kläreffektes  von  Durchflußgeschwindigkeit  und  Beckenlänge  studiert,  ein 
Vorgang,  der,  wie  die  früher  abgeleiteten  Gleichungen  zeigen,  zwar  für  ein 
und  dasselbe  Becken  bei  konstanter  Wassertiefe  und  gleichbleibender  Be- 
schaffenheit der  Abwässer  einen  Maßstab  abzugeben  vermag,  aber  keine 
direkte  Übertragung  der  gewonnenen  Erfahrungen  auf  andere  Becken- 
dimensionen   und    Abwasserzusammensetzungen   erlaubt.     (So   ist  z.   B.  der 


B.  Reinigung  und  landwirtschaftliche  Verwertung  der  Abwässer. 


469 


prozentuale  Kläreffekt  im  Kölner  Klärbecken  für  die  stärker  verschmutzten 
Tagewässer  größer  als  für  die  relativ  reinen  Nachtwässer.  Hingegen  enthalten 
die  sehr  konzentrierten  Kasseler  Abwässer  nach  einer  Klärung  mit  4  mm 
Geschwindigkeit  und  einer  Entfernung  von  etwa  97<^/o  der  suspendierten 
Stoffe  noch  ca.  120  mg  organische  Substanz  in  Schwebe,  während  die  normalen 
städtischen  Abwässer  von  Köln  bei  40  mm,  also  10 mal  größerer  Klär- 
geschwindigkeit und  Entfernung,  von  60  ^/q  nur  110  mg  ungelöster  organischer 
Substanz  aufweisen.) 


Sinkze&~ 


6  7  8 

Flg.  191.    Sedimentlerkurve  nach  Steuemagel. 


Deshalb  scheint  es  zur  Charakterisierung  der  Leistungsfähigkeit  eines 
Beckens  zweckmäßiger,  einen  absoluten  Maßstab  einzuführen  und  hierfür  etwa 
die  „wirksame  Sinkgeschwindigkeit"  zu  wählen.  Hierunter  sei  im 
folgenden  jene  Sinkgeschwindigkeit  verstanden,  welche  einem  Schmutzteilchen 
zukommt,  das  bei  der  jeweils  herrschenden  Durchflußgeschwindigkeit  während 
der  zum  Durchströmen  der  nutzbaren  Länge  des  Beckens  erforderlichen  Zeit 
eben  noch  die  ganze  Beckentiefe  zu  durchsinken  vermag. 

Ein  Blick  auf  die  von  Steuernagel  für  das  Kölner  Kanalwasser  auf- 
gestellte und  in  Fig.  191  wiedergegebene  Sedimentierkurve,  d.  i.  eine 
graphische  Darstellung  der  nach  verschieden  langen  Zeiträumen  in  einem  2  m 
tiefen  Versuchsgefäße  ausgeschiedenen  Mengen  von  suspendierter  organischer 
Substanz,  zeigt,   daß  nach  der  bereits  in   der  ersten  Stunde  erfolgten  Ab- 


470  ^'  ^i^  Kanalisation  der  Ortschaften  etc. 

lagerung  der  gröbsten  Sinkstoffe  die  Menge  der  weiterhin  ausfallenden  feinen 
und  feinsten  Schmutzteilchen  von  der  ersten  bis  zur  sechsten  Stunde  fast 
proportional  der  Zeit  anwächst  und  sich  weiterhin  der  Grenzlinie  för  die 
Oberhaupt  ausscheidbaren  Stoffe  asymptotisch  nähert.  Vervollständigt  man 
dieses  Diagramm  durch  Auftragung  der  auf  eine  Beckentiefe  von  2  m  bezogenen 
Sinkgeschwindigkeitskurve,  so  zeigen  sich  in  unverkennbarer  Weise  die  nahen 
Beziehungen  zwischen  der  geringen  Zunahme  der  Schlammausscheidung  und 
der  wirksamen  Sinkgeschwindigkeit,  sobald  diese  sich  einem  noch  fest- 
zustellenden Grenzwerte  nähert.  Die  kleinen  Abweichungen  erklären  sich 
hierbei  ungezwungen  daraus,  daß  der  Natur  der  Abwässer  entsprechend  die 
Verteilung  der  Schmutzpartikel  über  die  einzelnen  Sinkgeschwindigkeitsbezirke 
unmöglich  eine  vollkommen  gleichförmige  sein  kann. 

Die  Bedeutung  der  Sinkgeschwindigkeit  als  eines  kritischen  Wertes  für 
den  Klärprozeß  ist  hierdurch  wohl  zur  Genüge  gekennzeichnet.  Für  die 
Praxis  ist  dies  insofern  von  größter  Wichtigkeit,  als  gerade  dieser  Wert  sich 
in  relativ  kleinen  und  wohl  allenthalben  zu  beschaffenden  Versuchsgefäflen 
oder  selbst  in  einem  Schlämmapparate  in  einfachster  Weise  feststellen  läßt, 
womit  die  Grundlage  für  die  Dimensionierung  von  Becken  bestimmter 
Leistungsfähigkeit  geschaffen  wird. 

Die  Erfahrung,  daß  speziell  aus  städtischen  Abwässern  normaler 
Konzentration  ca.  20  ®/o  der  suspendierten  organischen  Substanz  durch  Sedi- 
mentation überhaupt  nicht  zur  Ausscheidung  gebracht  werden  können,  ge- 
stattet auch  einen  Rückschluß  auf  die  für  praktische  Zwecke  überhaupt  noch 
in  Betracht  kommende  geringste  Sinkgeschwindigkeit  zu  ziehen.  So  läßt  sich 
aus  den  Steuernageischen  Versuchen  berechnen,  daß  bei  einem  über 
6  Stunden  ausgedehnten  Klärbetriebe  bei  2  m  Beckentiefe  während  der 
6.  Stunde,  der  eine  mittlere  wirksame  Sinkgeschwindigkeit  von  rund  0,1  mm/Sek. 
zukommt,  nunmehr  1,5  ®/q  der  im  Abwasser  in  Suspension  enthaltenen  orga- 
nischen Substanz  ausfallen.  In  der  12.  Betriebsstunde,  der  eine  mittlere 
Sinkgeschwindigkeit  von  0,05  mm/Sek.  entspricht,  findet  überhaupt  keine 
praktisch  in  Betracht  kommende  Schlammausscheidung  mehr  statt.  Die  untere 
Grenze  der  wirksamen  Sinkgeschwindigkeit  dürfte  sonach  in  die  Größen- 
ordnung 10—*  mm/Sek.  zu  verlegen  sein.  Dies  scheint  auch  aus  dem  Grunde 
berechtigt,  als  die  Geschwindigkeit,  mit  der  die  ihrem  Wesen  nach  noch  nicht 
vollständig  erforschten  Brownschen  Bewegungen  vor  sich  gehen,  nämlich 
jene  Vibrationen,  mit  denen  sich  mikroskopisch  kleine  Körperchen  in  Flüssig- 
keiten ohne  merkbare  Beeinflussung  durch  die  Schwerkraft  dauernd  in  Be- 
wegung erhalten,  den  Größenordnungen   10—2  bis  10—»  mm/Sek.  angehört 

Für  die  Zwecke  allgemeinster  Orientierung  läßt  sich  aus  dem 
geringen,  derzeit  verfügbaren  Beobachtungsmateriale  nachstehende  Tabelle 
über  das  Abhängigkeitsverhältnis  zwischen  Sinkgeschwindigkeit  und  prozen- 
tualem Kläreffekt  für  städtische  Abwässer  normaler  Beschaffenheit  aufstellen: 
Wirksame  Sinkgeschwindigkeit  in  mm/Sek.  .  ^0,05  0,10  0,50  1,00  2,60  6,00 
Kläreffekt  in  Prozenten 80        70—76  66—70  60—66  60—60  40—60. 

Während  sonach  die  Herabsetzung  der  wirksamen  Sinkgeschwindigkeit 
rasch  aufhört  den  erreichbaren  Kläreffekt  zu  steigern,  verlangt  diese  Maßregel 


B.  Reinigung  und  landwirtschaftliche  Verwertung  der  Abwässer. 


471 


andererseits  eine  ganz  erhebliche  Vergrößerung  der  Beckendimensionen,  wie 
aus  nachstehender  Tabelle  ersichtlich  wird. 


Tabelle   der   erforderlichen  nutzbaren  Klärbeckenlänge  L  in  Vielfachen  der  mittleren 

KUrbeckentiefe  J. 

Durchfluß- 
geschwindigkeit  V 

Wirksame  Sinkgeschwindigkeit  v  in  mm/Sek. 

in  mm/Sek. 

0,06 

0,1 

0,6 

1,0 

6,0 

10,0 

1 

20 

10 

2 

1 

0,2 

0,1 

5 

100 

60 

10 

6 

1,0 

0,6 

10 

200 

100 

20 

10 

6,0 

1,0 

20 

400 

200 

40 

20 

10,0 

2,0 

30 

600 

300 

60 

30 

16,0 

3,0 

40 

800 

400 

80 

40 

20,0 

4,0 

50 

1000 

600 

100 

50 

25,0 

6,0 

100 

2000 

1000 

200 

100 

60,0 

10,0 

Den  Schwankungen  der  Zuflußmenge  zu  einer  Sedimetieranlage  läßt 
sich  durch  zeitweilige  Steigerung  der  Durchflußgeschwindigkeit  oder  durch 
Inbetriebsetzung  einer  größeren  Beckenzahl  in  den  Stunden  des  stärksten 
Wasserandranges  begegnen. 

Die  alleinige  Anwendung  der  erstangeführten  Maßregel  führt  entweder 
zu  einer  Verminderung  des  Kläreffektes  beim  Maximalzufluß,  oder  zu  einer 
gleichfalls  nicht  wünschenswerten  Verlängerung  der  Durchflußzeit  in  den 
Zeiten  geringen  Zuflusses,  die  zumeist  mit  den  Nachtstunden  zusammenfallen, 
in  denen  die  Abwässer  ohnehin  relativ  arm  an  suspendierter  Substanz  sind, 
und  eine  Klärung  oftmals  sogar  ganz  unterbleiben  kann.  Die  zeitweise 
Änderung  der  Durchflußgeschwindigkeit  bringt  aber  noch  einen  besonderen 
Nachteil  mit  sich.  Der  Klärschlamm  weist  stets  einen  hohen  und  in  erster 
Linie  durch  seinen  Gehalt  an  feinen  und  feinsten  Teilchen  bedingten  Wasser- 
gehalt auf.  Daraus  ergibt  sich,  daß  bei  einer  mit  hoher  Klärgeschwindigkeit 
oder  in  kurzen  Becken  vollzogenen  unvollständigen  Klärung,  bei  der  nur  die 
groben  Teüchen  zum  Ausscheiden  gebracht  werden,  ein  wesentlich  wasser- 
ärmerer Schlamm  gewonnen  wird,  als  bei  einer  durchgreifenden  Klärung  mit 
kleiner  Klärgeschwindigkeit,  bei  der  auch  die  feinsten  ausscheidbaren  Teilchen 
abgelagert  werden. 

Bei  den  Steuernageischen  Versuchen  betrug  beispielsweise: 


Dnrchflaßgeschwindigkeit  in  mm/Sek 

Kläreffekt  in  Prozenten  der  ausgeschiedenen  organischen  Bestandteile    . 
Ausgeschiedene  Schlammmenge  in  Liter  pro  1  m'  Abwässer  .... 

Wassergehalt  des  Schlammes  in  Prozenten 

Trockensubstanzgehalt  des  Schlammes  in  Prozenten 

Menge  der  pro  1  m'  Abwässer  ausgeschiedenen  Trockensubstanz  in  gm 


4 

20 

72,3 

69,1 

4,04 

2,47 

95,57 

92,87 

4,43 

7,13 

179,0 

176,4 

40 
58,9 
1,84 
91,34 
8,66 
1592 


472  III*  ^^^  Kanalisation  der  Ortschaften  etc. 

Diese  Zahlen  zeigen  deutlichst  den  großen  Einfluß  einer  ganz  geringen 
Menge  feinster  Substanz  auf  die  Erhöhung  der  Wasserkapazität. 

Eine  derartige  Durchmischung  grober  und  feiner  Teilchen  muß  aber 
insbesondere  bei  oftmals  wiederholter  Änderung  der  Klärgeschwindigkeit 
auftreten,  da  die  feine  Substanz  bei  größerer  Klärgeschwindigkeit  erst  am 
Beckenende,  bei  kleiner  Durchflußgeschwindigkeit  aber  schon  näher  am 
Beckenanfang  ausgeschieden  wird. 

Man  wird  also  den  Forderungen  nach  Erzielung  eines  gleichmäßig  hohen 
Kläreffektes  sowie  der  Gewinnung  eines  wasserarmen  Klärschlammes  am 
besten  dadurch  genügen,  daß  man  dem  Zuflußquantum  entsprechend  bald 
mehr,  bald  weniger  Becken  in  Dienst  stellt  und  nur  in  den  Stunden  größten 
Wasserandranges  eine  mäßige  Durchflußgeschwindigkeitssteigerung  gestattet. 

Bei  Bestimmung  der  Zahl  der  anzulegenden  Becken  kommt  außerdem 
in  Betracht,  daß  ein  Teil  derselben  zwecks  Reinigung  zeitweilig  ausgeschaltet 
werden  muß,  und  diese  Räumung  im  Sommer,  in  dem  der  Schlamm  rasch  in 
Fäulnis  übergeht,  oftmals  in  Intervallen  von  nur  2 — 3  Tagen  vorgenommen 
werden  muß,  während  im  Winter  ein  10 — 1 4  tägiger  Turnus  zumeist  ausreicht, 
falls  die  an  den  Becken  auszuführenden  Schlammtrichter  die  Anhäufung  so 
großer  Schlammmengen  gestatten. 

Beim  Trennsystem,  dessen  Abflußschwankungen  zwischen  Nachtminimum, 
Tagesmittel  und  Tagesmaximum  sich  etwa  im  Verhältnis  0,5 : 1 : 2,5  bewegen, 
läßt  sich  der  normale  Betrieb  mit  zwei  Becken  abwickeln,  von  denen  während 
der  Nachtstunden  nur  eines,  im  Tagesbetriebe  beide  mit  normaler  Durchfluß- 
geschwindigkeit arbeiten  und  letztere  in  der  Zeit  des  größten  Abflusses  auf 
das  2,5  fache  gesteigert  wird,  während  ein  drittes  Becken  von  gleicher  Größe 
(also  50  ®/q  Reserve)  im  Wechselbetriebe  mit  den  beiden  andern  die  Vornahme 
der  Reinigung  unter  Vermeidung  von  Nachtarbeit  gestatten  würde. 

Beim  Sammelsystem,  dessen  Maximalabflußmenge  durch  die  Kapazität 
der  Notauslässe  festgelegt  ist,  müssen  etwas  größere  Reserven  vorhanden 
sein.  Nimmt  man  z.  B.  eine  5  fache  Verdünnung  des  mittleren  Zuflufl- 
quantums  (also  immer  noch  doppelte  Verdünnung,  falls  der  maximale  Brauch- 
wasserzufluß und  Regenabfluß  zeitlich  zusammenfallen)  sowie  eine  100  pro- 
zentige  Reserve,  so  wäre  es  zweckmäßig,  4  Becken  anzulegen,  von  denen  in  der 
Nacht  ein  einziges,  beim  mittleren  Tageszuflusse  2  in  Betrieb  stehen,  während 
das  Tagesmaximum  entweder  durch  Steigerung  der  Durchflußgeschwindigkeit 
auf  das  2,5  fache  der  normalen  in  2  Becken,  oder  auf  das  1,66  fache  in  3  Becken 
bewältigt  würde,  und  der  maximale  Regenabfluß  in  3  Becken  unter  Erhöhung 
der  Klärgeschwindigkeit  auf  das  3,3  fache  aufgenommen  werden  könnte. 

Bei  größeren  Anlagen  läßt  sich  der  erforderliche  Beckenquerschnitt  auf 
Sätze  zu  je  3 — 4  Becken,  die  nach  dem  angegebenen  Schema  zusammen- 
arbeiten, aufteilen. 

Auch  bei  Vornahme  des  Sedimentierbetriebes  ist  es  notwendig,  die 
Abwässer  vor  Einleitung  in  die  Klärbecken  durch  Sandfänge,  Rechen  oder 
Siebanlagen  von  den  gröbsten  Sink-,  Schwimm-  und  Schwebestoffen  zu  be- 
freien, wozu  die  bereits  besprochenen  Mechanismen  Verwendung  finden. 
Die  in  den  Becken  selbst  an  die  Oberfläche  steigenden  feineren  Schwimmstoffe 


B.  Reinigung  und  landwirtschaftliche  Verwertung  der  Abwässer.  473 

werden  durch  Tauchbretter  zurückgehalten.  Letztere  sollen  aber  nur  wenig 
unter  den  Wasserspiegel  hinabreichen,  da  sie  die  Strömung  nicht  ungünstig 
beeinflussen  dürfen. 

Die  Sohle  der  Klärbecken  wird  im  Querschnitte  muldenförmig  aus- 
geführt und  mit  einem  nach  dem  Auslauf  ansteigenden  Längsgefälle  (1 :  100 
bis  1 :  50)  sowie  am  Beckeneinlauf  mit  einem  geräumigen  Schlammtrichter 
versehen.  Die  Erwartung,  daß  der  ausgeschiedene  Schlamm  auf  der  so  ge- 
bildeten sanft  geneigten  Rutschfläche  auch  während  des  Betriebes  unter 
Wasser  stetig  nach  dem  Schlammfang  fließen  werde,  hat  sich  wohl  als 
trügerisch  erwiesen,  denn  der  Klärschlamm  besitzt  trotz  seiner  Dünnflüssigkeit 
dem  Wasser  gegenüber  keine  hinlängliche  Gewichtsdifferenz,  um  auf  dieser 
sanften  Neigung  in  Bewegung  zu  kommen.  Dennoch  hat  diese  Anordnung 
insofern  ihre  volle  Berechtigung,  als  am  Beckenanfang  die  stärkste  Schlamm- 
ausscheidung stattfindet,  die  bei  horizontaler  oder  gegen  den  Auslauf  ab- 
fallender Sohle  in  kürzester  Zeit  zu  einer  schädlichen  Einengung  des  Durch- 
flußquerschnittes führen  müßte. 

Um  ein  beträchtlich  höheres  Sohlengefälle  zu  erzielen  und  eine 
Entschlammung  unter  Wasser  zu  ermöglichen,  wurden  die  neuen  Klärbecken 
in  Frankfurt  mit  zwei,  jene  von  Elberfeld  sogar  mit  4  hintereinander  liegenden 
Schlammsümpfen  versehen.  In  Elberfeld  wurden  hierbei  die  dem  Einlauf  zu- 
gekehrten Schlammtrichter  mit  größerem  Fassungsraume  angelegt,  um  dem 
stärkeren  Schlammanfall  in  der  ersten  Beckenhälfte  (etwa  50 — 60®/o  der 
Gesamtmenge  an  Sinkstoffen)  Rechnung  zu  tragen.  Hiermit  wurde  gleichzeitig 
eine  Trennung  des  wasserärmeren  vom  wasserreichen  Schlamm  angestrebt. 
Die  Einrichtungen  zur  Schlammableitung  werden  hierdurch  allerdings  wesentlich 
kompliziert. 

Während  man  früher  sowohl  die  Wasserzuleitung  als  auch  die  Ableitung 
mit  Hilfe  breiter,  in  der  Höhe  des  Normalwasserspiegels  gelegener  Überfälle 
bewerkstelligte,  wird  auf  Grund  der  neueren  Erfahrungen  vorgezogen,  die 
Wassereinleitung  mit  Hilfe  von  Regulierschützen,  durch  welche  der  Einlauf- 
querschnitt nach  Breite  und  Höhe  möglichst  vollständig  freigelegt  werden 
kann,  vorzunehmen.  Hiermit  wird  neben  der  Erzielung  einer  gleichförmigen 
Strömung  im  Becken  die  Bildung  von  Schlammablagerungen  im  Zulaufkanal 
hintangehalten. 

Für  den  Ablauf  findet  man  hingegen  mit  senkbaren  Aufsätzen  versehene 
Wehrrücken  beibehalten  oder  Klappschütze  angebracht.  Während  letztere  bei 
entsprechend  tiefer  Lage  des  Ablaufkanales  eine  fast  vollständige  Entleerung 
des  Beckens  gestatten,  müssen  neben  den  Wehrrücken  noch  besondere 
Etagenablässe,  Schwimmerarme  und  dergl.  angebracht  werden. 

Das  direkt  über  den  Schlammablagerungen  stehende  Wasser  ist  zufolge 
der  bei  der  vollständigen  Entleerung  unvermeidlichen  Schlammaufwirbelung 
stets  stark  getrübt  und  darf  nicht  direkt  in  den  Vorfluter  eingelassen  werden. 
Dasselbe  wird  daher  meist  in  den  Zulaufkanal  zurückgepumpt  und  neuerlich 
dem  Klärprozeß  unterworfen. 

Die  Gefällverhältnisse  gestatten  wohl  nur  ausnahmsweise,  den  aus- 
geschiedenen Klärschlamm    per  Gravitation   abzuleiten.     Zumeist   wird    eine 


474  ^'  ^i^  Kanalisation  der  Ortschaften  etc. 

mechanische  Absaugung  vorzunehmen  sein,  welche  mit  Hilfe  von  Schlamm 
pumpen  oder  unter  Verwendung  von  Vakuumkesseln  bewerkstelligt  wird. 
Letztere  werden  meist  in  Zweizahl  aufgestellt  und  so  betrieben,  daß  alter- 
nierend die  aus  dem  einen  Kessel  abgesaugte  Luft  zum  Abdrücken  des 
Schlammes  aus  dem  andern  verwendet  wird.  Da  Schieber  und  Ventile  in  den 
Schlammleitungen  leicht  Verstopfungen  erfahren,  hat  die  Firma  Geiger  ein 
zuerst  in  Elberfeld  eingebautes  Schlammventil  mit  großem  Durchgangs- 
querschnitt nach  dem  Prinzipe  des  Dreiweghahnes  konstruiert.  Dasselbe 
eignet  sich  insbesondere  zum  Anschluß  mehrerer  Schlammsümpfe  an  eine 
gemeinsame  Hauptleitung. 

Als  Baumaterial  für  die  Klärbecken  findet  fast  ausschließlich  Stampfbeton 
Anwendung,  und  ist  auf  Erzielung  vollständiger  Wasserdichtheit  besonderes 
Augenmerk  zu  richten.  Vielfach  wird  an  Stelle  eines  glatten  Verputzes  der 
inneren  mit  dem  kohlensäurereichen  Abwasser  in  dauernder  Berührung 
stehenden  Beckenteile  eine  Verblendung  mit  Klinkern  oder  selbst  mit  glasierten 
Chamotteplatten  angebracht.  Eine  Eindeckung  oder  Überwölbung  der  Becken 
der  ganzen  Länge  nach  wird  wohl  nur  ausnahmsweise  durchgeführt  werden; 
Überbauten  beschränken  sich  zumeist  nur  auf  die  Sieb-  und  Rechenanlagen, 
die  Schütz-  und  Schiebergalerien  sowie  die  Räumlichkeiten  zur  Aufstellung 
der  Pumpen. 

Bei  Durchbildung  der  Fundamente,  der  Umfassung  und  Zwischenwände 
der  Becken  ist  auf  die  rasch  wechselnde  und  oftmals  einseitige  Belastung, 
sowie  auf  die  Wirkung  des  Grundwasserauftriebes  besondere  Rücksicht  zu 
nehmen. 

Als  Beispiel  einer  dem  neuesten  Stande  der  Erfahrung  entsprechenden 
mechanischen  Kläranlage  sei  jene  der  Stadt  Znaim  in  Mähren^)  im  nach- 
stehenden kurz  beschrieben  (Fig.  192). 

Die  Stadt  Znaim,  mit  15000  Einwohnern  und  lebhafter  Industrie,  besitzt 
eine  moderne  Schwemmkanalisation;  derselben  liegt  die  Annahme  eines 
Trockenwetterabflusses  von  1400  m^  pro  Tag  mit  einem  maximalen  Stunden- 
abfluß von  84  m'  bezw.  23,3  sl.  zugrunde.  Für  den  Regenabfluß  ist  die  vier- 
fache Wassermenge,  d.  i.  93,2  sl.,  angenommen.  Der  derzeitige  Abfluß  dürfte 
jedoch  1000  m-^  pro  Tag  noch  nicht  überschreiten.  Unter  diesen  Annahmen 
würde  sich  selbst  bei  einem  Niederwasserquantum  von  4  m^  pro  Sekunde  in 
dem  als  Vorfluter  dienenden  Thayaflusse  noch  eine  120fache  Verdünnung 
ergeben  und  steigert  sich  dieselbe  bei  Mittelwasser  sogar  auf  das  200  fache. 
Trotzdem  wurde  die  Vornahme  einer  mechanischen  Klärung  der  Abwässer 
notwendig,  da  der  Hauptsammler  im  Bereiche  des  Rückstaues  eines  Wehres 
ausmündet. 

Die  Anlage  umfaßt  3  Klärbecken  mit  je  30  m  Länge,  2,8  m  mittlerer  Breite 
und  2,0  m  mittlerer  Tiefe.  Die  Sohle  steigt  unter  1 :  50  gegen  den  Becken- 
auslauf an. 


^)  Diese  Anlage  wurde  nach  den  Plänen  des  beh.  aut.  Bauingenieurs  Ludwig  Roth, 
öffentl.  Gesellschafters  der  Bauuntemehroung  N.  Rella  &  Neffe,  Wien,  von  genannter  Firma 
im  Jahre  1906  erbaut,  und  sei  an  dieser  Stelle  für  die  Überlassung  der  Pläne  der  geziemende 
Dank  zum  Ausdruck  gebracht. 


B.  ReiniguDg  und  landwirtschaftliche  Verwertung  der  Abwässer. 


475 


s 

CQ 


a 


3 


t-^^i"*'''^ 


476  m.  Die  Kanalisation  der  Ortschaften  etc. 

Vor  den  drei  Becken  liegt  eine  gemeinschaftliche  Einlaufgalerie,  in 
welcher  der  mit  einem  Eiprofil  von  50/70  cm  ausgeführte  Hauptsammler  nach 
Passierung  eines  kleinen  Sandfanges  mit  Stabrechen  einmündet  Jedes  Becken 
ist  durch  einen  Schütz  von  der  Einlaufgalerie  abschließbar. 

Am  Beckenende  befindet  sich  eine  Überfallmauer,  über  deren  Rücken 
die  geklärten  Wässer  abströmen.  In  derselben  sind  zwecks  vollständiger 
Entleerung  der  Becken  seitlich  übereinander  je  zwei  senkbare  Schütze  an- 
geordnet, so  daß  das  Wasser  von  oben  nach  unten  langsam  abgelassen  werden 
kann.  Die  oberen  Schütze  ergießen  ihr  Wasser  in  die  Reinwasserablaufgalerie, 
während  die  unteren  in  einen  verdeckten  Rücklaufkanal  führen,  aus  dem  das 
Wasser  behufs  neuerlicher  Klärung  in  die  Einlaufgalerie  zurückgepumpt 
werden  kann. 

Einlauf-  und  Ablaufgalerie  sind  durch  einen  loggienartigen  Oberbau 
gedeckt,  um  die  Mechanismen  und  das  Bedienungspersonal  gegen  die  Un- 
bilden der  Witterung  zu  schützen.  Die  Pumpen  für  die  Rückförderung  des 
über  dem  Schlamme  stehenden  Wassers,  sowie  für  die  Beförderung  des 
Schlammes  nach  den  Schlammtrockenplätzen  sind  in  einem  eigenen  Betriebs- 
gebäude aufgestellt. 

Nach  der  Entschlammung  eines  Beckens  wird  dasselbe  von  der  Rein- 
wassergalerie aus  mit  bereits  geklärtem  Abwasser  gefüllt  und  dann  erst  die 
Zuleitung  von  ungereinigtem  Wasser  begonnen.  Hierdurch  wird  eine  Störung 
des  Klärbetriebes  in  den  benachbarten  Becken  vermieden.  Als  Durchfluß- 
geschwindigkeiten ergeben  sich  bei  gleichzeitigem  Betriebe  aller  3  Becken 
für  das  derzeitige  mittlere  Zuflußquantum  von  16,7  sl.  1,4  mm  pro  Sekunde, 
bei  23,3  sl.  2  mm  pro  Sekunde  und  bei  Regenabfluß  etwa  8  mm  pro  Sekunde. 

Die  Anlage  ist  ganz  in  Stampfbeton  bezw.  Eisenbeton  ausgeführt.  Die 
bei  der  Projektierung  gehegten  Erwartungen  bezüglich  der  Erzielung  eines 
Kläreffektes  von  70  ^/q  wurden  durch  die  Betriebsergebnisse  sogar  weit  über- 
troffen. Eine  vom  chemich-technischen  Laboratorium  zu  Wien  durchgeführte 
Untersuchung  ergab  eine  Abnahme  im  Gehalte  an  suspendierten  organischen 
Stoffen  von  3517,2  mg  pro  Liter  am  Einlaufe  auf  141,2  mg  am  Auslaufe, 
sonach  eine  Entfernung  von  96  ^/q.  Die  hohe  Konzentration  der  Znaimer 
Abwässer  —  bei  der  angeführten  Probenahme  ergab  sich  ein  Gesamttrocken- 
rückstand von  8964  mg  pro  Liter  mit  4548  mg  organischen  Bestandteilen  — 
stammt  von  den  in  der  Stadt  betriebenen  Gerbereien,  Stockbeizereien  und 
der  Gemüsekonserven-Industrie,  welche  u.  a.  bedeutende  Mengen  von  Wasch- 
wässem  liefert. 

Die  Kosten  der  Anlage,  einschließlich  der  mit  Tonrohren  von  20  cm 
Lichtweite  ausgeführten  Schlammleitung  nach  4  in  ca.  1200  m  Entfernung 
gelegenen  Schlammtrockenplätzen,  belief  sich  auf  rund  90000  K.  Es  entfällt 
sonach  auf  1  Tageskubikmeter  ein  Betrag  von  64  K  bezw.  6  K  auf  den  Kopf 
der  derzeit  angeschlossenen  Bevölkerung. 

b)  Klärbrunnen  und  Klärfurme. 
Im  Gegensatze  zu  den  Flachbecken,  die  vom  Abwasser  in  horizontaler 
Richtung  durchflössen  werden,  ist  die  Wasserbewegung  in  den  Klärbrunnen 


B.  Reinigung  und  landwirtschaftliche  Verwertung  der  Abwässer.  477 

und  Türmen  eine  vertikal  aufsteigende  und  daher  jener  der  absinkenden 
Schmutzteilchen  gerade  entgegengesetzt.  Es  könnten  daher  nur  jene  Teilchen 
zur  Ausscheidung  gelangen,  deren  Sinkgeschwindigkeit  größer  ist  als  die 
Steiggeschwindigkeit  des  Wasserstromes,  wenn  nicht  durch  jene  Teilchen, 
deren  Sinkgeschwindigkeit  der  Steiggeschwindigkeit  gleich  ist,  und  die  sich 
daher  in  relativer  Ruhe  schwebend  erhalten,  ein  sogenanntes  „Schwebe- 
filter"  gebildet  würde,  das,  sich  nach  und  nach  verdichtend,  auch  feinen, 
durch  die  Strömung  mitgerissenen  Partikeln  den  Durchgang  verwehren 
würde.  So  erklärte  es  sich,  daß  selbst  bei  einer  Durchflußgeschwindigkeit 
von  0,5 — 1,0  mm  pro  Sekunde  noch  eine  ziemlich  weitgehende  Ausscheidung 
der  Suspensa  erfolgt.  Die  Brunnen  und  Türme  erfordern  somit  auch  für 
kleine  Wassermengen  ganz  bedeutende  Querschnitte. 

Klärbrunnen  werden  zumeist  mit  einem  oberen,  zylindrischen  und 
einem  unteren,  konischen  Teile  angelegt,  welch  letzterer  sich  zu  einem 
Schlammtrichter  mit  Schlammableitungsrohr  verengt.  Die  Wasserzuleitung 
erfolgt  durch  ein  oder  mehrere  Abfallrohre  kurz  Ober  dem  Schlammfange. 

Besondere  Konstruktionsregeln  fehlen  derzeit  noch  gänzlich,  doch  scheint 
nach  diesbezüglich  an  Schlämmapparaten  angestellten  eigenen  Beobachtungen 
namentlich  der  konische  Teil,  in  dem  sich  mit  zunehmender  Höhe  eine  Ver- 
minderung der  Durchflußgeschwindigkeit  einstellt,  der  Ausbildung  eines  wirk- 
samen Schwebefilters,  das  bei  jeder  Änderung  der  Durchflußmenge  sowie  des 
Durchgangswiederstandes  seine  Lage  wechselt,  äußerst  günstig.  Demgemäß 
dürfte  es  rationell  sein,  den  konischen  Teil  nicht  zu  steil  und  möglichst  lang 
anzulegen.  Um  den  auf  der  gleichfalls  konischen  Brunnensohle  abgelagerten 
Schlamm  nach  dem  eigentlichen  Schlammtrichter  zu  befördern,  müssen  be- 
sondere Schlammabstreicher  angelegt  werden,  die  am  zweckmäßigsten  durch 
maschinellen  Antrieb  dauernd  in  äußerst  langsamer  Rotation  erhalten  werden. 

Durch  Bedeckung  eines  Klärbrunnens  mit  einer  gasometerartig  über- 
gestülpten zylindrischen,  oben  kalottenförmig  abgeschlossenen  Glocke  aus 
Eisenblech  mit  innerer  Aussteifung  durch  Träger  oder  Winkelringe  entstehen 
die  Klärtürme. 

Die  Wasserzuleitung  erfolgt  aus  einem  die  Glocke  ringförmig  umziehenden 
Zuleitungskanal,  aus  dem  Abfallrohre  bis  über  den  Schlamm  trieb  ter  hinab- 
führen. Die  Wasserentnahme  findet  unterhalb  der  Kalotte  statt.  Das  Ab- 
leitungsrohr muß  in  einem  Ablaufbecken  unter  Wasserspiegel  münden  und 
letzterer  dauernd  etwa  10 — 25  cm  unter  jenem  des  Zulaufgerinnes  erhalten 
werden,  um  den  ganzen  Apparat  als  Heber  weiter  wirken  zu  lassen,  nachdem 
derselbe  durch  Evakuierung  der  Glocke  mit  Hilfe  einer  von  der  Kalotte  ab- 
zweigenden Luftsaugleitung  in  Betrieb  gesetzt  wurde. 

Die  Konstruktionshöhe  der  Glocke  ist  somit  schon  durch  die  Höhe  der 
atmosphärischen  Pressung  begrenzt,  doch  empfiehlt  es  sich,  dieselbe  weit 
niedriger  zu  halten,  da  ein  zu  hohes  Vakuum  den  Gasaustritt  aus  dem  Ab- 
wasser begünstigt  und  dessen  wiederholte  Herstellung  während  des  Betriebes 
erforderlich  macht  Übrigens  scheint  nach  den  früher  mitgeteilten  Be- 
obachtungen   eine    bedeutende   Verlängerung    des    zylindrischen    Teiles   die 


478  ^*  ^^^  Kanalisation  der  Ortschaften  etc. 

Wirkung  des  Apparates  ohnehin  nicht  wesentlich  zu  unterstützen  und  lediglich 
dazu  beizutragen,  bei  kleinen  Zuflufisch wankungen  eine  begrenzte  Lagen- 
änderung  des  Schwebefilters  zu  gestatten.  KlärtOrme  wurden  namentlich  zur 
Durchführung  des  noch  zu  besprechenden  Degen  ersehen  Kohlebrei  Verfahrens 
von  der  Firma  Röckner-Rothe,  Berlin  (jetzt  Rothe  &  Co.),  mit  Durch- 
messern bis  zu  11  m  errichtet. 

Als  eine  besondere  Durchführungsart  der  mechanischen  Klärung  muß 
noch  das  Verfahren  von  Ch.  Kremer  genannt  werden.^)  Hierbei  wird  durch 
Einbau  verschiedener  Leitwände  in  ein  Becken  von  nur  geringem  Fassungs- 
raum dem  Abwässerstrom  eine  mehrfach  abgelenkte  Strömungsrichtung  an- 
gewiesen und  hierdurch  nicht  nur  eine  Klärung  des  Abwassers  erzielt,  sondern 
auch  eine  Trennung  des  Schlammes  bewirkt,  und  zwar  so,  daß  der  leichte, 
fettreiche  Teil  sich  unter  einer  Glocke  an  der  Wasseroberfläche  ausscheidet 
und  abgeschöpft  werden  kann,  während  der  fettarme  und  leicht  entwässerbare 
gröbere  Schlamm  zu  Boden  sinkt  und  durch  eine  Transportschnecke  aus  dem 
Apparate  entfernt  wird.  Ein  Apparat  für  eine  Tagesleistung  von  1000  m' 
beansprucht  einen  Raum  von  nur  15  m^  und  vermag  hierbei  im  kontinuierlichen 
Betriebe  etwa  50 ^/q  der  suspendierten  Bestandteile  zu  entfernen;  im  inter- 
mittierenden Betriebe,  bei  dem  die  Mengenleistung  auf  die  Hälfte  sinkt,  soll 
der  Kläreffekt  sogar  über  70  ^/^  betragen.  Für  größere  Abwässerquantitäten 
werden  die  einzelnen  Apparate  zu  Batterien  vereinigt  und  soll  ein  Arbeiter 
für  die  Bedienung  von  12  Apparaten  hinreichen.  Da  das  Abwasser  den 
Apparat  in  etwa  15  Minuten  durchfließt,  gelangt  dasselbe  in  ungefaultem  Zu- 
stande in  den  Vorfluter. 

3.  Chemisch-mechanische  Klärverfahren. 

Den  chemisch-mechanischen  Klärverfahren  schwebte  als  Ziel  vor,  durch 
Zusatz  von  Fällungsmitteln  in  den  Abwässern  gelöste  Stoffe  zur  Ausscheidung 
zu  bringen  und  durch  Bildung  voluminöser,  spezifisch  schwerer  und  daher 
rasch  zu  Boden  sinkender  Niederschläge  die  rein  mechanische  Ausscheidung 
der  feinen  Schwebestoffe  zu  befördern.  Die  anfangs  an  diese  Methoden  ge- 
knüpften Hoffnungen,  welche  sich  nicht  bloß  auf  den  erzielbaren  Reinigungs- 
effekt, sondern  auch  auf  die  Gewinnung  eines  landwirtschaftlich  hoch- 
wertigen Klärschlammes  bezogen,  haben  sich  jedoch  als  unberechtigt  gezeigt. 
Von  den  zahlreichen  bekannt  gewordenen  Verfahren  vermochte  —  vom 
Degen  ersehen  Kohlebreiverfahren  abgesehen  —  keines  die  Erwartungen 
voll  zu  befriedigen. 

Hierbei  ist  zu  beachten,  daß  angesichts  der  großen  zu  behandelnden 
Abwässermengen  als  Zuschläge  nur  wohlfeile  Substanzen  Verwendung  finden 
können,  daß  bei  der  komplizierten  Zusammensetzung,  namentlich  der  städtischen 
Abwässer,   eine  einzige  Substanz  die  gewünschten  Umsetzungen  allein  nicht 


^)  Das  durch  Patente  geschützte  Verfahren  wird  von  der  Gesellschaft  für  Abwässer- 
klärung m.  b.  H.  Berlin,  Königgrätzerstraße  19,  ausgeführt.  Vergl.  auch:  Dr.  M.  Hoffmann, 
Ein  neues  Klärverfahren  für  städtische  Abwässer  mit  gleichzeitiger  Fettgewinnung;  Mitteilungen 
der  deutschen  Landwirtschaftsgesellschaft  Jahrg.  1904,  No.  16,  und  Gesundheit  XXDL  Jahrg. 
(1904),  No.  16. 


B.  Reinigang  und  landwirtschaftliche  Verwertung  der  Abwässer.  479 

hervorzubringen  vermag,  die  gleichzeitige  Verwendung  verschiedener  Fällungs- 
mittel aber  oftmals  zu  einer  Schwächung  oder  Aufhebung  der  Einzelwirkung 
führt,  daß  endlich  die  starke  Verdünnung  den  zeitiichen  Verlauf  sowie  das 
Endergebnis  der  Reaktion  ungünstig  beeinflußt,  und  daher  Umsetzungen,  die 
unter  Versuchsbedingungen  vollkommenes  zu  leisten  vermögen,  im  Groß- 
betriebe vollständig  versagen.  Dies  sowie  die  Schwierigkeiten  bei  Ver- 
wertung der  massenhaften  Schlamm rückstände  bedingen,  daß  die  chemisch- 
mechanischen Klärmethoden  mehr  und  mehr  an  Bedeutung  verlieren. 

Als  Klärmittel  fanden  hauptsächlich  Ätzkalk  und  die  schwefelsauren 
Salze  des  Eisens,  des  Aluminiums  und  Magnesiums  als  prundsub- 
stanzen  einzeln  oder  in  Kombination  mit  meist  fast  völlig  wirkungslosen  Zu- 
schlägen Verwendung. 

Ätzkalk  (bezw.  Kalkmilch),  in  Mengen  von  100 — öOO  mg  pro  1  m* 
den  Abwässern  zugesetzt  und  innig  vermischt,  führt  durch  Verbindung  mit  der 
in  fäulnisfähigen  Abwässern  stets  reichlich  vorhandenen  Kohlensäure  sowie 
dem  Ammoniumkarbonat  zur  Bildung  von  schwer  löslichem  Kalziumkarbonat, 
das  einen  grobflockigen,  leicht  abscheidbaren  Niederschlag  liefert. 

Ein  besonderer  Nachteil  des  Kalkzusatzes  liegt  in  der  Lösung  von 
Eiweißstoffen,  sowie  in  der  Austreibung  von  Ammoniak,  wodurch  Geruchs- 
belästigungen entstehen. 

Wenngleich  ein  Kalkmilchzusatz  in  der  für  Abwässererklärung  üblichen 
Menge  keine  vollkommene  Sterilisierung  herbeiführen  kann,  so  wirkt  derselbe 
auf  die  in  den  Abwässern  enthaltenen  Bakterien  doch  zumindest  entwick- 
lungshemmend; in  dem  mit  Kalkzusatz  geklärten  Abwasser  können  daher, 
solange  dasselbe  einen  Überschuß  an  Kalziumoxydhydrat  aufweist,  auch 
keinerlei  Fäulniserscheinungen  auftreten.  Die  so  behandelten  Abwässer  er- 
scheinen daher  beim  Verlassen  der  Klärbecken  vollkommen  klar,  farblos  und 
geruchlos.  Diese  Eigenschaft  ist  aber  keine  bleibende;  sobald  das  über- 
schüssige Kalziumoxydhydrat  durch  Kohlensäureaufnahme  in  das  Karbonat 
übergeführt  ist,  erscheint  auch  die  sterilisierende  Wirkung  desselben  aufge- 
hoben und  stellen  sich  mit  der  in  der  freien  Natur  unausbleiblichen  Neu- 
infektion auch  rasch  wieder  Fäulnisvorgänge  ein.  Der  Kalkzusatz  hat  also 
kaum  mehr  geleistet  als  eine  rein  mechanische  Sedimentation,  wohl  aber 
die  Schlammmengen  sowie  die  Klärkosten  erheblich  erhöht. 

Der  Zusatz  von  Eisenchlorid,  Eisen  oder  Aluminiumsulphat 
führt  mit  dem  in  den  Abwässern  enthaltenen  Alkali-  bezw.  Ammoniumkarbonat 
zu  analogen  Niederschlagsbildungen.  Die  Tonerdesalze  üben  zwar  außer- 
dem auch  eine  fällende  Wirkung  auf  gelöste  Eiweißstoffe,  im  großen  ganzen 
leisten  aber  auch  diese  Zuschläge  nicht  wesentlich  mehr  als  der  billigere 
Ätzkalk. 

Bezüglich  der  technischen  Durchführung  unterscheiden  sich  die  chemisch- 
mechanischen Klärmethoden  von  der  rein  mechanischen  Sedimentation  lediglich 
durch  die  Vorrichtungen  für  die  Zumischung  des  Klärmittels.  Dieselbe  erfolgt 
zumeist  in  Mischgerinnen,  d.  s.  mit  starkem  Gefälle  und  besonderen  Abfluß- 
erschwemissen  versehene  Gerinne,  in  denen  das  vorher  in  Rührwerken 
gelöste  Fällmittel    in  den  Abwasserstrom  eingeleitet  und   mit  diesem  innig 


480  ^^'  ^^^  Kanalisation  der  Ortschaften  etc. 

vermischt  wird.  Die  Regelung  des  Chemikalienzusatzes  erfolgt  entweder  von 
Hand  oder  mit  Hilfe  automatisch  arbeitender  Vorrichtungen,  in  letzterem  Falle 
zumeist  in  einer  dem  jeweiligen  Abwässerzufluß  proportionalen  Menge.  An- 
gesichts des  fortwährenden  Konzentrationswechsels  ist  hierbei  die  Zugabe 
eines  Überschusses  an  Klärmittel  meist  unvermeidlich. 

Wie  bemerkt,  haben  die  chemisch-mechanischen  Methoden  als  selbständige 
Reinigungsverfahren  für  städtische  und  ähnlich  zusammengesetzte  Industrie- 
abwässer ihre  Bedeutung  fast  vollkommen  eingebüßt.  Eine  große  Zahl  von 
Kläranlagen,  welche  früher  mit  Chemikalienzusatz  arbeitete,  ist  auf  den  rein 
mechanischen  Sedimentierbetrieb  zurückgekommen  und  erzielt  bei  rationeller 
Handhabung  desselben  kaum  ungünstigere  Reinigungseffekte,  als  durch  die 
weit  kostspieligeren  chemischen  Methoden. 

Um  ein  konkretes  Beispiel  anzuführen,  seien  im  nachstehenden  einige 
Daten  über  die  Kläranlage  der  Stadt  Leipzig  angeführt.  In  dieselbe  gelangen 
die  Abwässer  von  545000  Personen  und  schwankt  der  Zufluß  (im  Jahre  1905) 
zwischen  40000  m«  und  107000  m*.  Als  Klärmittel  dient  eine  Lösung  von 
Eisenoxyd  in  Eisensulphat,  von  der  pro  Jahr  7296  t  mit  einem  Gehalte  von 
1295  t  Eisenoxyd  verbraucht  wurden.  Es  entfällt  pro  1  m*  Abwässer  ein 
Zusatz  von  54,5  gm  Eisenoxyd  und  ergibt  sich  eine  Schlammmenge  von 
93,550  m*  wasserhaltigem  Klärschlamm  bezw.  3,95  1  pro  1  m*  Abwässer.  Der 
Betrieb  der  Kläranlage,  auf  der  im  Jahresdurchschnitt  etwa  40  Mann  be- 
schäftigt sind,  erforderte  im  Jahre  1905  einschließlich  Verzinsung  und  Tilgung 
des  Anlagekapitals  die  Summe  von  rund  474000  K,  d.  i.  pro  1  m^  Abwässer 
2,18  Heller,  wovon  1,18  Heller  auf  den  Klärmittelankauf  entfallen.  Pro  Kopf 
und  Jahr  ergibt  sich  ein  Schlammanfall  von  172  1  und  Klärkosten  von  0,87  K. 
Der  Klärschlamm  wird  zum  kleinsten  Teil  auf  besonderen  Schlammtrocken- 
plätzen getrocknet,  zum  größeren  Teil  nach  einem  der  Kläranlage  benachbarten, 
von  trockengelegten  Altwasserarmen  des  Flusses  Elster  durchzogenen  Gehölze 
befördert.  Angesichts  der  geringen  Nachfrage  der  Landwirte  haben  sich  die 
Schlammdepots  in  beängstigender  Weise  vergrößert.  Nachdem  pro  Fuhre 
Schlamm  von  den  Landwirten  nur  30 — 60  Heller  gezahlt  werden,  die  Ver- 
ladung hierbei  aber  von  der  Stadt  getragen  werden  muß,  erleidet  dieselbe 
bei  der  Schlammabfuhr  sogar  einen  Verlust.  Auch  die  Tage  der  Leipziger 
Kläranlage  dürften  nur  noch  gezählte  sein,  nachdem  der  mit  der  chemischen 
Behandlung  erzielte  Reinigungseffekt  bei  der  raschen  Zunahme  der  Abwässer- 
menge kaum  mehr  genügt,  den  Vorfluter  entsprechend  rein  zu  erhalten. 

4.  Unterbringung  des  Klärschlammes. 

Erfahren  die  Abwässer  selbst  durch  die  mechanische  Entfernung  der 
ungelösten  Stoffe  mit  ihrem  hohen  Gehalte  an  zersetzungsfähiger  organischer 
Substanz  eine  unter  günstigen  Vorflutverhältnissen  bereits  ausreichende 
Reinigung,  so  erwächst  durch  das  Verfahren  noch  die  weitere  Aufgabe,  für 
die  unschädliche  Unterbringung  des  ausgeschiedenen  Klärschlammes  zu  sorgen. 

Hierbei  verursacht  der  hohe  Wassergehalt  des  Schlammes  die  größten 
Schwierigkeiten,  indem  derselbe  nicht  nur  das  Eintreten  von  Fäulnis- 
erscheinungen begünstigt,  sondern  auch  das  zu  bewältigende  Schlammvolumen 


B.  Reinigung  nnd  landwirtschaftliche  Verwertung  der  Abwässer.  481 

auf  ein  Vielfaches  vermehrt  und  so  einen  drückenden  Ballast  für  die  tech- 
nische Weiterverwendung  dieses  Materials  bildet. 

Da  der  Schlamm  zumeist  mit  einem  Wassergehalte  von  über  90  ^Jq  an- 
fällt und  erst  bei  etwa  60  ^/o  Wassergehalt  stichfest  wird,  müssen  demselben 
zwecks  Überführung  in  diesen  Zustand  ganz  beträchtliche  Wassermengen 
entzogen  werden. 

Bei   einem  Wassergehalt  des 

Schlammes  in  Prozent.     .     40      45      50      66      60      65      70      75      80      85       90        95 
entfällt  1  Teil  Trockensubstanz 

auf  Teile  Schlamm    ...    1,66  1,81  2,00  2,22  2,50  2,85  3,33  4,00  5,00  6,66  10,00  20,00. 

Dazu  kommt,  daß  der  frische,  ungefaulte  Schlamm,  besonders  bei  hohem 
Gehalte  an  Feinschlamm  und  Fett,  sein  Wasser  nur  schwer  abgibt.  Soll 
die  Trocknung  an  der  freien  Luft  erfolgen,  so  wird  der  Schlamm  zumeist  in 
besondere  Becken  geleitet,  deren  Sohle  durch  ein  mit  offenen  Fugen  auf 
einer  drainierend  wirkenden  Kiesschicht  verlegtes  Ziegelpflaster  befestigt 
wird.  Der  Schlamm  darf  dann  aber  nur  in  einer  wenige  Dezimeter  starken 
Schicht  eingebracht  werden  und  bedarf,  um  stichfest  zu  werden,  je  nach  den 
Witterungsumständen,  eines  Zeitraumes  von  mehreren  Wochen.  Daher  ist 
stets  ein  bedeutendes  Areal  an  Schlammtrockenplätzen  erforderlich.  Steht 
ein  solches  nicht  zur  Verfügung,  so  kann  man  sich  wohl  auch  durch  künst- 
liche Wasserentziehung  durch  Zentrifugieren  oder  durch  Abpressen  in 
Rahmenpressen  einigermaßen  helfen.  Vielfach  bedarf  es  aber  dann  noch 
besonderer  Zusätze  (Kalk),  um  eine  konsistente  Masse  zu  erzeugen. 

Auch  für  den  abgetrokneten  Schlamm  ergibt  sich  wenig  Aussicht  auf 
angemessene  Verwertung. 

Die  Landwirtschaft  zeigt  meist  nur  geringe  Neigung,  den  Klärschlamm 
als  Düngemittel  zu  verwenden,  denn,  obgleich  derselbe  immerhin  ansehnliche 
Mengen  an  Pflanzennährstoffen  enthält,  so  werden  diese  doch  nur  in  schwer 
zugänglicher  Form  dargeboten.  Andererseits  enthält  der  Schlamm  eine 
Reihe  vollständig  wertloser  Bestandteile,  die,  wie  z.  B.  die  feinen  Zellulose- 
fasem  und  die  Fettstoffe,  die  physikalischen  Eigenschaften  des  Bodens  direkt 
ungünstig  beeinflussen. 

So  enthält  z.  B.  der  in  Frankfurt  a.  M.  gewonnene  und  früher  unter 
dem  Namen  „Frankfurter  Poudrette"  in  den  Handel  gebrachte  Klär- 
schlamm in  der  Trockensubstanz  2,8  ^/^  Stickstoff,  1,5  ^/^  Phosphorsäure  und 
0,17  ^/q  Kali.  Die  von  Prof.  P.  Wagner  mit  diesem  Rückstande  vorge- 
nommenen Düngungsversuche  ergaben,  daß  dasselbe  im  ersten  Versuchsjahre 
wirkungslos  blieb  und  im  zweiten  Jahre  nur  eine  geringe  Nachwirkung 
äußerte,  und  zwar  verhielt  sich  dieselbe  zur  äquivalenten  Menge  von  Sal- 
deterstickstoff  bezw.  Ammoniakstickstoff  wie  100 :  96 :  9.  Natürlich  getrocknet 
(mit  50 — 60  ®/q  Wasser)  wurde  dieser  Klärschlamm  zu  einem  Preise  von  85  h 
pro  einspännige  Fuhre  loco  Kläranstalt  abgegeben,  fand  aber  bald  nur  noch 
wenige  Abnehmer.  Auch  nach  künstlicher  Trocknung  und  Vermahlung  in 
Säcken  zu  100  kg,  zum  Preise  von  1,45  K  angeboten,  erzielte  derselbe  nur 
geringen  Absatz. 

Friedrich,  Wassei'ban.    Zweite  AuHage.    II.  Band.  31 


482  ^-  ^*®  Kanalisation  der  Ortschaften  etc. 

Zu  ähnlichen  Resultaten  führten  die  von  Prof.  Dr.  Backhaus^)  mit 
dem  Schlick  aus  den  auf  den  Berliner  Rieselfeldern  an  den  Druckrohraus- 
mündungen angelegten  Absitzbecken  angestellten  Düngungsversuche,  welche 
nicht  nur  die  schwere  Zugänglichkeit  der  Pflanzennährstoffe,  sondern  insbe- 
sondere auch  die  ungünstige  Rückwirkung  auf  die  physikalischen  Boden- 
eigenschaften klar  erkennen  lassen.  Dieselben  äußerten  sich  namentlich  bei 
inniger  Durchmischung  des  Schlickes  mit  dem  Erdreich,  während  eine  tiefe 
Unterbringung  sich  als  weniger  schädigend  erwies.  Das  gleiche  Ergebnis 
hatten  die  von  Backhaus  mit  der  Asche  von  Schlammbriketts  ausgeführten 
Versuche.  Nach  alledem  ist  die  Möglichkeit  einer  rationellen  Verwertung 
der  Schlammrückstände  zu  Düngungszwecken  wohl  nur  auf  Grund  besonderer 
Vorbehandlung  durch  Kompostierung  und  dergl.  zu  erwarten. 

Auch  die  industrielle  Verwertung  des  Klärschlammes  hat  bisher 
wenigstens  im  Großbetriebe  noch  keine  Dauererfolge  aufzuweisen  vermocht. 

Die  Extraktion  von  Fett,  welche  in  der  Kasseler  Kläranlage*)  nach  einem 
von  Dr.  Degen  er  ausgearbeiteten  Verfahren  —  Zusatz  von  Schwefelsäure, 
Erhitzen  des  Gemisches  auf  100  ®  C,  Abpressen  der  erhitzten  Masse  in  Filter- 
pressen, Extraktion  der  zerkleinerten  Preßkuchen  mit  Benzol,  Rückgewinnung 
des  Extraktionsmittels  und  Destillation  des  Fettes  —  von  der  Maschinenfabrik 
Beck  &  Henkel  mehrere  Jahre  hindurch  betrieben  wurde,  mußte  im  Jahre 
1906  wiederum  eingestellt  werden,  obzwar  der  Kasseler  Klärschlamm  sich 
besonders  reich  an  extrahierbarem  Fett  erwies  (8 — 25  ®/o  der  Trockensubstanz) 
und  der  Rückstand  als  Düngerpulver  in  Handel  gebracht  wurde.  Andere 
Fettgewinnungsverfahren,  wie  z.  B.  die  Verarbeitung  der  Schwimmschicht  der 
Kremerschen  Apparate  durch  Extraktion  mit  Tetrachlorkohlenstoff  sowie  das 
Verfahren  von  Dr.  Große-Bohle,  bestehend  aus  der  Erwärmung  des  zentri- 
fugierten  Klärschlammes  auf  50^  C.  und  Verwendung  der  ausgetriebenen 
fettreichen  Schaumschicht  zur  Fettextraktion  scheinen  noch  nicht  über  das 
Versuchsstadium  hinausgekommen  zu  sein. 

Nach  alledem  bleibt  man  derzeit  noch  vielfach  auf  Schlamm- 
vernichtung  angewiesen.  Auch  hierfür  kommt  die  Vergrabung  des  Schlammes 
in  Anwendung.  Die  Stadt  Birmingham  (700000  Einwohner),^  welche  ihre 
Abwässer  vor  der  Landberieselung  bezw.  künstlich  biologischen  Reinigung 
einer  Vorklärung  unterwirft  und  bei  einer  Tagesproduktion  von  rund  100000  m* 
Abwässer  mit  einem  täglichen  Schlammanfall  von  450  m^  zu  rechnen  hat, 
besitzt  auf  ihren  Rieselfeldern  eigene,  ausschließlich  zur  Schlammaufnahme 
bestimmte  Abteilungen,  welche  ein  Areal  von  ca.  100  ha,  d.  i.  ungefähr  8®/q 
des  gesamten  Riesellandes,  umfassen.  Diese  Parzellen  sind  vom  regelmäßigen 
Landwirtschaftsbetriebe  ausgenommen  und  erhalten  je  30  ha  in  dreijährigem 


^)  Prof.  Dr.  Backhaus,  Landwirtschaflliche  Versuche  auf  den  Rieselgütern  der  Stadt 
Berlin  im  Jahre  1904.     Berlin  1905.     Verlag  von  Paul  Parey. 

*)  Höpfner  und  Dr.  Paulmann,  Über  die  Verarbeitung  der  Rückstände  ans  der 
Schmutzwäi^ser-Reinigungsanlage  der  Stadt  Kassel.  Mitteilungen  der  Königl.  Prüfungsanstalt, 
Heft  1. 

')  G.  A.  Hart,  Recent  Expcrience  in  Sewage  and  Sludge  Disposal  at  Saltley  etc.  The 
Surveyor,  Vol.  XXVI  (1904). 


B.  Reinigung  und  landwirtschaftliche  Verwertung  der  Abwässer.  483 

Turnus  den  gesamten  Schlamm  zugeführt.  Hierzu  dient  eine  eigene  fixe 
Hauptschlammleitung,  an  die  nach  Bedarf  fliegende  Leitungen  angekuppelt 
werden.  Auf  den  Feldern  selbst  werden  ca.  1  m  breite  und  ^/j  m  tiefe 
Furchen  in  Abständen  von  etwa  1  m  ausgehoben,  der  flüssige  Schlamm  in 
dieselben  eingeleitet  und,  um  Geruchsbelästigungen  zu  vermeiden,  sofort  mit 
einer  wenige  Zentimeter  starken  Erdschicht  bedeckt.  Erst  nach  Verlauf  von 
etwa  2  Wochen  werden  die  Furchen  ganz  zugeschüttet.  Diese  Art  der 
Schlammbeseitigung  erfordert  einen  Kostenaufwand  von  etwa  40  h  pro 
1  m*.  Ein  anderes  Verfahren  der  Schlammvemichtung  besteht  in  seiner 
gemeinschaftlichen  Verbrennung  mit  Hausmüll  in  Destruktoren.  Dasselbe 
wird  derzeit  in  Frankfurt  a.  M.  eingerichtet.^)  Auch  hierbei  muß  der  Schlamm 
zuerst  durch  Zentrifugieren  entwässert  werden,  und  hat  sich  ein  Gemenge 
von  1  Teil  Klärschlamm  mit  2 — 4  Teilen  Hausmüll  ohne  weitere  Zuschläge 
als  brennbar  erwiesen. 

5.  Das  Degenersche  Kohlebreiverfahren. 

Im  Gegensatz  zu  den  übrigen  chemisch-mechanischen  Klärmethoden, 
welche  auf  die  in  den  Abwässern  gelösten  Stoffe  eine  unzulänglich  fällende 
Wirkung  üben  und  daher  dessen  Übergang  in  stinkende  Fäulnis  nicht  auf- 
zuhalten vermögen,  lassen  sich  mit  dem  Kohlebreiverfahren  Reinigungseffekte 
erzielen,  welche  auch  die  höchsten  Anforderungen  zu  befriedigen  vermögen. 
Läßt  sich  mit  demselben  doch  eine  Entfernung  von  über  90  ^/q  der  Schwebe- 
stoffe sowie  eine  Herabsetzung  der  Oxydierbarkeit  um  etwa  70 — 90®/o  dem 
Rohwasser  gegenüber  erreichen.  Auch  die  Keimzahl  erfährt  eine  wesentliche 
Verminderung. 

Als  Klärmittel  dient  ein  durch  feinste  Vermahlung  unter  Wasserzusatz 
gewonnener  Braunkohlen-  oder  Torfbrei,  der  dem  Abwasser  in  einem  Misch- 
gerinne zugesetzt  wird.  Die  erforderliche  Menge  schwankt  je  nach  der 
Eignung  des  Materials  bezw.  der  Konzentration  der  Abwässer  zwischen  1 — 2  kg 
Braunkohle  oder  2,5 — 4  kg  Torf  pro  1  m*  Abwasser. 

Wie  alle  humosen  Substanzen  wirken  diese  Zuschläge  auf  gelöste  Stoffe 
stark  absorbierend  und  bewirken  hierdurch  deren  Entfernung  aus  der  Lösung. 

Die  Wiederausscheidung  der  leichten  Kohlepartikel  aus  dem  Abwasser 
wird  durch  Zusatz  von  Aluminium-  oder  Eisensulphat  (100 — 300  mg  pro  m*) 
befördert  und  in  Flachbecken  (Köpenick)  oder  Röckner-Roth  eschen  Türmen 
(Potzdam,  Spandau,  Tegel,  Oberschöneweide  bei  Berlin)  bewerkstelligt. 

Der  Menge  der  Zuschläge  entsprechend  ist  der  Anfall  an  wässerigem 
Schlamm  bedeutend  und  beträgt  bei  90 — 95  ^/o  Wassergehalt  etwa  10 — 40  1 
pro  1  m*  Abwasser,  doch  läßt  sich  der  Wassergehalt  in  Filterpressen  auf  etwa 
65  ^/q  sowie  durch  Nachtrocknen  an  der  Luft  auf  50  °/o  herabsetzen.  In  dieser 
Form  ist  der  Schlamm  nicht  weiter  zersetzungsfähig  und  kann  daher  un- 
bedenklich allenthalben  abgelagert  werden. 

Ebenso  eignet  sich  der  Schlammrückstand  zur  direkten  Verbrennung 
auf  Plan-  oder  Treppenrosten  ohne  weitere  Zuschläge,  gestattet  aber  bei  dieser 

^)  Uhlfelder,  Bau  einer  Müllyerbreimnngsanstalt  etc.  etc.  Gesundheit  XXXI.  Jahrg. 
(1906),  No.  2. 

31* 


484  ^^*  ^^^  Kanalisation  der  Ortschaften  etc. 

Art  der  Verfeuerung  eine  nur  unvollkommene  Ausnutzung  seines  kalorischen 
Wertes  (5 — 6  kg  Schlamm  pro  Pferdekraftstunde).  Eine  weitaus  günstigere 
Ausnutzung  wird  durch  Vergasung  im  De utz er  Braunkohlengenerator  erzielt. 

Die  von  Reichle  und  Dost^)  in  der  Kläranlage  von  Oberschöne- 
weide im  Dauerbetriebe  vorgenommenen  Versuche  haben  ergeben,  daß  der 
Heizwert  der  ausgefällten  Schmutzstoffe  10 — 30°/q  des  Braunkohlezusatzes 
beträgt  und  durch  Vergasung  von  2,5  kg  Klärschlamm  mit  50  ®/o  Wassergehalt 
eine  Pferdekraftstunde  gewonnen  werden  kann.  Das  erblasene  Gas  ist  ziemlich 
heizwertarm  (ca.  800  W.  E.).  Hiervon  muß  allerdings  für  den  Betrieb  der 
Anlage  (Mahlgänge,  Mischvorrichtungen,  Filterpressen,  Luftpumpe)  ein  Betrag 
von  etwa  15  ^/^  in  Abzug  gebracht  werden.  Trotzdem  bleibt  ein  ganz  erheb- 
licher, anderweitig  verwertbarer  Kraftüberschuß,  und  wenngleich  der  hieraus 
zu  erzielende  Erlös  die  Kosten  der  Abwässerklärung  nicht  voll  deckt,  so 
vermag  derselbe  doch  eine  nicht  unerhebliche  Reduktion  (etwa  25®/q)  dieser 
drückenden  kommunalen  Last  herbeizuführen. 

Das  Kohlebreiverfahren  gilt  vielfach  als  überaus  kostspielig,  ein  Vor- 
wurf, den  dasselbe  im  Hinblick  auf  seine  hohe  Leistungsfähigkeit,  sowie  die 
Möglichkeit,  die  Kläranlage  in  unmittelbarer  Nähe  des  Ortsgebietes  unter- 
bringen zu  können,  ohne  irgend  welche  Unzukömmlichkeiten  befürchten  zu 
müssen,  selbst  dann  nicht  verdient,  wenn  keine  Schlammverwertung  durch 
Vergasung  stattfindet.  In  den  oben  genannten  Orten  schwanken  die  Anlage- 
kosten zwischen  120 — 180  K  pro  Tageskubikmeter,  die  Klärkosten  (inkl.  Ver- 
zinsung und  Amortisation,  aber  bei  noch  unvollständiger  Ausnutzung  des 
Heizwertes  des  Schlammes)  pro  1  m*  zwischen  6 — 8  h,  d.  i.  pro  Kopf  und 
Jahr  etwa  1,80—2,20  K. 

6.  Desinfektion  der  geklärten  Abwässer. 

Mit  den  feinen  suspendierten  Stoffen  entziehen  sich  auch  die  im  Ab- 
wasser frei  schwebenden  Bakterien  der  Ausscheidung  durch  Sentimentation. 
Da  sich  unter  denselben,  namentlich  zu  Epidemiezeiten,  auch  für  den  Menschen 
pathogene  Arten  befinden  werden,  wird  vielfach  verlangt,  die  Reinigungs- 
anlagen mit  besonderen  Einrichtungen  auszustatten,  um  erforderlichenfalls 
eine  vollständige  Desinfektion  der  Abflüsse  vornehmen  zu  können. 

Daß  eine  Desinfektion  überhaupt  nur  bei  Abwässern,  welche  von  den 
suspendierten  Bestandteilen  bis  auf  etwa  1  mm  Teilchengröße  herab  befreit 
wurden,  praktisch  durchführbar  ist,  erscheint  durch  die  vorliegenden  Beob- 
achtungen*) vollständig  erhärtet.  Denn  auch  das  wirksamste  unter  den  in 
Frage  kommenden  Desinfektionsmitteln,  der  Chlorkalk,  zeigt,  selbst  in  großen 
Konzentrationen  angewandt,  nur  geringe  Tiefenwirkung  und  bedarf  derselbe 


^)  K.  Reichle  und  Dr.  K.  Dost,  Über  Schlammverwertung  darch  Vergasung  insbesondere 
beim  Rothe-Degen  er  sehen  Kohlebreiverfahren.  Mitteilungen  der  Königl.  Prüfungsanstalt, 
Heft  8.  —  Schury  und  Bujard,  Der  Torfbreiklärversuch  der  Stadt  Stuttgart  etc.  etc.     Ebenda. 

*)  Dr.  Dun  bar  und  Dr.  Zirn,  Vierteljahrsschrift  f.  gerichtliche  Medizin,  3.  Folge,  Bd.  16,. 
Supplementheft.  —  Dr.  Schumacher,  Gesundheitsingenieur  XXVIII,  No.  22 — 24.  —  Dr. 
Schwarz,  Gesundheitsingenieur  XXIX,  No.  öl.  —  Dr.  Kranepuhl,  Mitteilungen  der  Königl. 
Vrüfungsanstalt,  Heft  9.  —  Dr.  Kurpjuweit,  ebenda,  Heft  9. 


B.  Reinigung  and  landwirtschaftliche  Verwertung  der  Abwässer.  485 

SO  langer  Einwirkungszeit,  dafi  seine  Anwendnng  auf  die  mit  suspendierten 
Stoffen  beladenen  Rohabwässer  vollkommen  ausgeschlossen  bleibt. 

Aber  selbst  mechanisch  gut  vorgereinigte  oder  in  Sedimentierbecken 
geklärte  Abwässer  erfordern  einen  Chlorkalkzusatz  im  Verhältnis  von  1 :  5000 
bis  1 :  2000,  um  bei  zweistündiger  Einwirkungszeit  eine  Abtötung  der  frag- 
lichen Krankheitserreger  eintreten  zu  lassen. 

Chlorkalk  enthält  je  nach  Alter,  Art  der  Aufbewahrung  etc.  25 — 35®/o 
Chlor.  In  den  oben  angegebenen  Mengen  dem  Abwasser  zugesetzt,  wirkt 
derselbe  nur  schwach  niederschlagsbildend  und  verliert  während  der  Ein- 
wirkung etwa  die  Hälfte  seines  Gehaltes  an  freiem  Chlor.  Nur  bei  Einleitung 
in  äußerst  wasserreiche  Vorfluter  genügt  bereits  die  natürliche  Verdünnung, 
um  eine  Schädigung  der  Fische  durch  das  freie  Chlor  hintanzuhalten,  nachdem 
für  empfindlichere  Fischarten  nach  Weigelt  die  zulässige  Konzentrations- 
grenze bei  0,00025^/00  gelegen  ist.  Unter  ungünstigeren  Vorflutverhältnissen 
müßte  hingegen  eine  Bindung  des  freien  Chlors  durch  Eisenvitriolzusatz 
vorgenommen  werden. 

Für  die  technische  Durchführung  der  Desinfektion  wären  sonach  ange- 
sichts der  langen  Einwirkungszeit  ganz  bedeutende  Beckenräume  erforderlich. 

Praktische  Erfahrungen  über  die  Durchführbarkeit  und  Wirksamkeit 
des  Verfahrens  im  Großbetriebe  liegen  derzeit  noch  nicht  vor. 

IL  Die  biologischen  Reinigungsmethoden. 

Während  die  im  früheren  besprochenen  Klärmethoden  darauf  ausgehen, 
die  suspendierten  Fremdstoffe  aus  dem  Abwasser  möglichst  vollständig  zu  ent- 
fernen und  unschädlich  zu  machen,  hinsichtlich  der  gelösten  Stoffe  aber  fast 
wirkungslos  bleiben,  richtet  sich  das  Bestreben  der  biologischen  Reinigungs- 
methoden neben  einer  Ausscheidung  der  Suspensa  und  einer  zweckentsprechen- 
den Umformung  der  in  letzteren  enthaltenen  organischen  Substanz  auch  darauf, 
die  gelösten  hochmolekularen  oi^^anischen  Komplexe  teils  bis  auf  Verbindungs- 
formen abzubauen,  die  der  weiteren  Zersetzung  nurmehr  schwer  zugänglich  sind, 
teils  durch  vollständige  Oxydation  in  harmlose  Mineralsubstanz  überzuführen. 

Die  bei  diesen  Reinigungsverfahren  wirksamen  Kräfte  sind  aufs  engste 
verknüpft  mit  der  Lebenstätigkeit  bestimmter  Gruppen  niederer  Lebewesen, 
insbesondere  der  Bakterien. 

Bei  dem  Umfange,  den  die  Mikrobiologie  in  den  letzten  Jahrzehnten 
angenommen  hat,  erscheint  es  ganz  ausgeschlossen,  an  dieser  Stelle  die 
Wirkungsweise  der  nach  dem  biologischen  Prinzipe  arbeitenden  Reinigungs- 
anlagen vom  naturwissenschaftlichen  Gesichtspunkte  aus  zu  behandeln.  Hier 
können  lediglich  jene  Momente  hervorgehoben  werden,  deren  Kenntnis  für  die 
bauliche  Ausgestaltung  und  den  Betrieb  derartiger  Anlagen  von  Wesenheit  ist.^) 


^)  Für  ein  eingehenderes  Studinm  der  Biologie  des  Wassers  sei  neben  dem  bereits  an- 
geführten Werke  von  Mez  noch  insbesondere  das  Sammelwerk:  Lafar,  Handbuch  der  Tech- 
nischen Mykologie,  Jena  1907,  Verlag  von  G.  Fischer,  genannt.  Eine  Reihe  von  Spezialfragen 
finden  sich  in  den  schon  wiederholt  zitierten  Mitteilungen  aus  der  Kgl.  Prüfmigsanstalt  für  Wasser- 
versorgung und  Abwasserbeseitigung  zu  Berlin  (bisher  Heft  I — IX  erschienen),  Verlag  A.  Hirsch- 
wald, behandelt. 


4gg  m.  Die  KaDalisation  der  Ortschaften  etc. 

Das  biologische  Reinigungsverfahren  umfaßt  eine  Vorbehandlung  der 
Abwässer,  welche  entweder  nach  einem  der  früher  beschriebenen  Sedi- 
mentierverfahren  oder  aber  als  Faulverfahren  durchgeführt  werden  kann, 
sowie  die  eigentliche  Reinigung,  welche  entweder  in  künstlich  angelegten 
und  nach  dem  Füll-  oder  Tropfverfahren  betriebenen  Oxydations- 
körpern, durch  intermittierende  Bodenfiltration  oder  in  Kombination 
mit  dem  Landwirtschaftsbetriebe  auf  Rieselfeldern  bewerkstelligt  wird. 
Während  die  künstliche  biologische  Reinigung  sowie  die  intermittierende 
Bodenfiltration  die  Vornahme  einer  möglichst  durchgreifenden  Vor- 
reinigung unbedingt  voraussetzen,  wurden  den  Rieselfeldern  früher 
zumeist  die  Rohabwässer  direkt  zugeführt;  doch  bietet  auch  für  die  Landbe- 
rieselung die  Vorbehandlung  eine  unverkennbare  Steigerung  der  Leistungs- 
fähigkeit des  Verfahrens. 

I.  Das  Faulverfahren. 

Es  wurde  bereits  darauf  hingewiesen,  dafi  die  Abwässer  schon  in  den 
Kanälen  einem  Zersetzungsprozesse  anheimfallen,  der  dann  in  den  Klär- 
becken seine  Fortsetzung  findet  und  hier  durch  die  eintretende  Gasbildung 
eine  unliebsame  Störung  des  Sedimentationsvorganges  bedeutet.  Deshalb 
sucht  man  einerseits  den  Aufenthalt  des  Abwassers  in  den  Klärbecken  nach 
Tunlichkeit  abzukürzen  und  andererseits  durch  oftmalige  Entschlammung  auch 
die  Anhäufung  faulender  Schlammassen  in  den  Becken  hintanzuhalten. 

Im  Gegensatze  zu  dieser  Betriebsweise,  welche  überall  dort  am  Platze 
ist,  wo  eine  weniger  durchgreifende  Reinigung  angestrebt  wird,  wurde  zuerst 
von  D.  Cameron  in  Exeter  um  die  Mitte  des  letzten  Dezenniums  des  ab- 
gelaufenen Jahrhunderts  in  systematischer  Weise  ein  dahingehender  Versuch 
gemacht,  durch  Verlängerung  der  Aufenthaltsdauer  des  Abwassers  in  den 
Becken,  sowie  durch  Vermeidung  der  Entschlammung  die  auftretenden  Fäulnis- 
prozesse möglichst  zu  begünstigen,  in  der  Hoffnung,  hierdurch  eine  weit- 
gehende Verzehrung  des  Schlammes  und  einen  Abbau  der  mit  dem  Abwasser- 
strom in  Lösung  zugeführten  organischen  Substanz  zu  erzielen. 

Glaubte  man  aus  den  anfänglichen  Erfolgen  des  Verfahrens  die  glück- 
liche Lösung  der  für  alle  Sedimentationsanlagen  bedrohlichen  Schlammplage 
gefunden  zu  haben,  so  erwiesen  sich  diese  bezüglich  der  Schlammverzehrung 
gehegten  allzu  weitgehenden  Erwartungen  wohl  nicht  als  voll  berechtigt. 
Dennoch  kann  dem  Verfahren  seine  hohe  Bedeutung  heute  nicht  mehr  ab- 
erkannt werden,  nachdem  die  in  der  Zwischenzeit  doch  schon  wesentlich 
geklärten  Anschauungen  über  die  sich  beim  Faulverfahren  abspielenden 
Prozesse  es  ermöglicht  haben,  von  den  primitiven  Anfangsformen  zu  bau- 
technisch rationeller  durchgebildeten  Faulbecken  überzugehen. 

Von  besonderer  Wichtigkeit  erscheint  hierbei  die  Erkenntnis,  daß 
für  die  stets  erforderliche  biologische  Weiterbehandlung  der  Faul- 
raumabflüsse eine  Durchfaulung  der  von  den  Sedimenten  befreiten 
Abwässer  nicht  nur  nicht  notwendig  ist,  sondern,  wenn  zu  weit 
getrieben,  sogar  schädlich  wird.  Demgemäß  gehen  die  neueren  Be- 
strebungen dahin,  durch  eine  rasch  abgewickelte  Klärung  die  Abwässer  selbst 


B.  Reinigung  and  landwirtschaftliche  Verwertung  der  Abwässer.  487 

noch  in  möglichst  frischem  Zustande  aus  dem  Faulraume  abzuleiten,  hingegen 
den  ausgeschiedenen  Schlamm  so  aufzufangen,  daß  derselbe,  ohne  durch  die 
in  ihm  auftretenden  Veränderungen  die  Abwicklung  des  Sedimentierbetriebes 
zu  stören,  einer  gründlichen  Durchfaulung  unterworfen  werden  kann. 

Anfänglich  wurde  das  Faulverfahren  in  geschlossenen  Faulkammern 
vorgenommen,  um  den  freien  Zutritt  des  Luftsauerstoffes  und  des  Lichtes 
hintanzuhalten,  sowie  Wärmeverluste  auszuschließen,  um  die  entwickelten 
Fäulnisgase,  an  deren  technische  Weiterverwendung  man  dachte,  aufsammeln 
zu  können  und  hierdurch  gleichzeitig  dem  Eintritt  von  Geruchsbelästigungen 
vorzubeugen. 

Diese  Maßregel  hat  sich  aber  seither  als  überflüssig  erwiesen,  und  ge- 
nügt es  daher,  im  folgenden  lediglich  offene  Faulbecken  in  Betracht  zu  ziehen. 
Kleine  Faulräume  pflegt  man  zwar  vielfach  auch  heute  noch  gedeckt  anzu- 
legen, doch  erfolgt  dies  weniger  zur  Unterstützung  ihrer  Funktion,  als  viel- 
mehr, um  diese  Räume  den  Blicken  zu  entziehen.  Ist  es  doch  selbst  fraglich, 
ob  durch  die  Eindeckung  die  Geruchsbelästigung,  welche  ohnehin  zumeist 
weit  überschätzt  wird,  ganz  vermieden  werden  kann,  wenn  nicht  besondere 
Einrichtungen  zur  Gasableitung  (hohe  Ventilationsröhren  und  dergl.)  ange- 
bracht werden. 

Die  in  den  Faulbecken  auftretenden  Zersetzungsprozesse  knüpfen  sich 
teils  direkt  an  die  Lebenstätigkeit  von  Bakterien,  teils  auch  an  die  Einwirkung 
der  in  den  Abwässern  enthaltenen  ungeformten,  hydrolytischen  Fermente 
(Enzyme).^)  Von  den  Bakterien  sind  es  insbesondere  die  obligaten  und  fakul- 
tativ aneroben,  also  bei  Abwesenheit  von  freiem  Sauerstoff  gedeihenden 
Arten,  welche  in  den  Faulbecken  ihre  lösende  und  reduzierende  Tätigkeit 
entfalten. 

Verfolgt  man  die  in  einem  vom  Abwasser  langsam  durchflossenen  Faul- 
becken auftretenden  Vorgänge,  so  fällt  vorerst  die  ziemlich  lebhafte  Gas- 
entwicklung auf,  welche  sich  nach  Inbetriebnahme  des  Beckens  von  Tag  zu 
Tag  steigert  und  je  nach  der  Natur  der  Abwässer  schon  nach  2 — 3  Wochen 
oder  selbst  erst  nach  Monaten  in  einen  fast  stationären  Zustand  übergeht, 
der  nur  zwischen  Sommer  und  Winter  geringe  Ergiebigkeitsschwankungen 
erkennen  läßt.  Die  produzierten  Gase  sind  freier  Wasserstoff,  Methan  und 
geringe  Mengen  anderer  Kohlenwasserstoffe,  freier  Stickstoff,  Schwefelwasser- 
stoff und  Kohlensäure.  Die  dieser  reichlichen  Gasproduktion  (bis  zu  etwa 
25  1  pro  1  m*  und  Tag)  parallel  gehende  Umwandlung  organischer  Substanz 
darf  aber  angesichts  des  geringen  Volumgewichts  der  entwickelten  Gase 
(1  m^  Wasserstoff  wiegt  0,089  kg,  1  m^  Kohlensäure  1,977  kg)  nicht  über- 
schätzt werden. 

Neben  der  Gasentwicklung  ist  die  Bildung  der  sogen.  „Schwimm- 
decke" besonders  augenfällig.  Dieselbe  bildet  der  Natur  der  Abwässer  ent- 
sprechend bald  nur  einen  dünnen,  unter  dem  Winde  einhertreibenden  leder- 
artigen Überzug  der  Beckenoberfläche,   bald  wächst  dieselbe  zu  einer  dicken 


^)  Bezüglich   der   Fermentwirkungen   vergl.  Dr.  C.  Oppenheimer,    Die  Fermente   und 
ihre  Wirkungen.     Leipzig  1903,  Verlag  von  W.  Vogel. 


488  ^^'  ^>c  Kanalisation  der  Ortschaften  etc. 

Schicht  an,  in  der  sich  in  einer  nach  und  nach  eine  humose  Beschaffenheit 
annehmenden  schwarzbräunlichen  Grundsubstanz  schwer  zersetzbare  Körper 
wie  Korke,  Pflanzenreste,  Papier,  Haare  und  Fettklümpchen  erkennen  lassen. 
Das  Ganze  ist  von  einem  dichten  Pilzmyzel  durchwachsen  und  stellenweise 
durch  Gasansammlungen  zu  kopfgrofien  Blasen  aufgetrieben.  Im  vorge- 
schrittenen Zersetzungszustande  wird  die  Schwimmdecke  von  zahllosen 
Würmern  und  Maden  bevölkert.  Auch  die  Schwimmdecke  zeigt  eine  Jahres 
zeitliche  Veränderung,  indem  sie  in  den  kälteren  Monaten,  in  denen  die  Um 
Setzungsprozesse  langsamer  ablaufen,  an  Dicke  zunimmt  und  gegen  den  Sommer 
hin  oft  wieder  ganz  verschwindet.  Diese  Veränderung  beruht  wohl  nur  zum 
geringeren  Teile  auf  einer  vollständigen  Auflösung  oder  Vergasung  ihrer  Be- 
standteile, sowie  dem  Ausfliegen  der  MOckenbrut;  dieselbe  dürfte  vielmehr 
ihre  Erklärung  dadurch  finden,  dafl  die  humifizierten  Teile  eine  bröckelige 
Struktur  annehmen  und  auf  den  Boden  des  Faulbeckens  niedersinken. 

Anfänglich  hielt  man  es  für  notwendig,  die  Schwimmschicht  ungestört 
anwachsen  zu  lassen,  indem  man  ihr  die  Schaffung  besonders  günstiger  Ent- 
wicklungsbedingungen für  die  an  dem  Faulprozesse  beteiligte  Bakterienflora 
zu  verdanken  glaubte.  Dieser  unleugbar  vorhandene  günstige  Einfluß  der 
Schwimmdecke  darf  jedoch  bei  einer  etwaigen  Tendenz  zu  allzu  starkem 
Dickenwachstum  nicht  auf  Kosten  der  Verminderung  des  Beckeninhaltes  und 
des  Durchflufiquerschnittes  erkauft  werden,  und  erscheint  es  daher  stets  am 
Platze,  die  Schwimmschicht,  sobald  dieselbe  entsprechend  humifiziert  ist,  zeit- 
weise zu  entfernen. 

Die  mit  den  gelösten  Stoffen  der  Abwässer  beim  Passieren  eines 
Faulbeckens  vorgehenden  Veränderungen  beziehen  sich  mehr  auf  qualitative 
Umsetzungen  als  auf  eine  quantitative  Verminderung,  indem  der  geringen, 
durch  Gasbildung  und  Fällung  bedingten  Substanzausscheidung  die  Lösung 
von  Schlammbestandteilen  entgegensteht.  Die  weitgehende,  wenngleich  für 
Nachbehandlung  nicht  unerläßliche  Spaltung  der  Schwefel-  und  stickstoffhaltigen 
Eiweißverbindungen  äußert  sich  in  der  Anreicherung  der  Abflüsse  an  freiem 
Ammoniak  und  Schwefelwasserstoff,  welche  denselben  ihren  unangenehmen 
Geruch  verleihen.  Mit  dieser  Abspaltung  von  Schwefelwasserstoff  hängt  auch 
die  Bildung  von  feinst  verteiltem  Schwefeleisen  zusammen,  das  den  Abflüssen 
ihre  schwärzliche  Färbung  verleiht,  durch  Sedimentation  kaum  ausscheidbar 
ist  und  bei  der  Nachbehandlung  in  FüUkörpem  leicht  zu  Betriebsstörungen 
Anlaß  gibt.  Es  mag  noch  hervorgehoben  werden,  daß  die  kolloiden  Stoffe 
im  Faulbecken  eine  Umbildung  erfahren,  welche  bewirkt,  daß  die  durchge- 
faulten Faulkammerabflüsse  den  Rohabwässem  gegenüber  weitaus  leichter 
filtrierbar  sind. 

Während  man  es  anfänglich  für  unerläßlich  hielt,  die  Abwässer  zwecks 
Erleichterung  der  biologischen  Nachbehandlung  einem  zumindest  24  stündigen 
Aufenthalte  im  Faulraum  zu  unterwerfen  —  die  englischen  Behörden  schreiben 
heute  noch  einen  nutzbaren  Faulbeckeninhalt  von  1,25 — 1,5  des  Trockenwetter- 
abflusses vor  —  wird  derzeit  diese  Verfaulung  der  Abwässer  vielfach  nicht 
mehr  als  unumgänglich  notwendig  erachtet.  Demgemäß  sucht  man  die  Aufent- 
haltsdauer im  Faulraum  auf  den  zur  Erzielung  eines  hohen  Sedimentations- 


B.  Reinigung  und  landwirtschaftliche  Venrertong  der  Abwässer.  4g9 


Flg.  198.    Sohwimmdeoke  von  70  om  Stärke  In  Croydon. 


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^^B 

1 

Flg,  194.    Vollständig  zersetzte  dUnne  Scbwimmdecke  in  Birmingham. 


490  11^-  ^ic  Kanalisation  der  Ortschaften  etc. 

effektes  erforderlichen  Zeitraum  zu  beschränken.  Eine  Ausnahme  hiervon 
machen  kleine  Anlagen,  bei  denen  noch  relativ  große  Faulbecken  angelegt 
werden,  denen  dann  auch  die  Aufgabe  zufällt,  im  Wechsel  der  Menge  und 
Zusammensetzung  der  Zuflüsse  eine  gewisse  Ausgleichung  hervorzubringen 
und  die  Betriebsführung  der  Anlage  zu  erleichtem. 

Wohl  der  wichtigste  der  sich  im  Faulbecken  abspielenden  Prozesse  be- 
trifft die  im  ausgeschiedenen  Schlamme  auftretenden  Veränderungen. 

Während  bei  Inbetriebsetzung  eines  Faulbeckens  die  Schlammablage- 
rungen gleichwie  in  jedem  Klärbecken  stetig  anwachsen,  zeigt  sich,  daß  bei 
anhaltendem  Faulbetriebe  zumeist  eine  ganz  wesentlich  geringere  Schlamm- 
anhäufung auftritt,  und  daß  die  Schlammassen  sich  weit  gleichmäßiger  über 
die  ganze  Beckenfläche  verteilen,  als  beim  reinen  Klärbetriebe. 

Dieser  geringere  Schlammanfall,  welcher  der  von  Ort  zu  Ort  wechseln- 
den Beschaffenheit  der  Abwässer  entsprechend  mehr  oder  minder  auffällig 
wird,  wurde  früher  ganz  der  schlammverzehrenden  Kraft  der  Faulprozesse 
zugeschrieben,  hat  aber  noch  eine  Reihe  anderer  Gründe. 

In  einem  Faulbecken  mit  seiner  durch  die  Gasentwicklung  beunruhigten 
Wassermasse  kann  sich  unmöglich  jenes  gleichförmige  Niedersinken  der 
Schmutzteilchen  einstellen,  das  in  einem  gewöhnlichen  Klärbecken  stattfindet 
und  nach  der  früheren  Theorie  die  Grundbedingung  zur  Erzielung  eines 
hohen  Kläreffektes  bildet.  Unter  den  durch  die  Gasblasen  wiederholt  auf- 
gewirbelten Sinkstoffen  befinden  sich  zudem  auch  jene  feinen  Teilchen,  welche 
durch  den  fortschreitenden  Mazerationsprozeß  von  den  gröberen  Schlamm- 
flocken abgetrennt  wurden,  und  die  zu  ihrer  neuerlichen  Ausscheidung 
wesentlich  längerer  Zeiträume  bedürfen,  als  die  anfänglich  zugeführten  Sedi- 
mente. Beide  Umstände  erklären  wohl  hinlänglich  die  Tatsache,  daß  in  den 
Faulbeckenabflüssen  zumeist  mehr  feine  Suspensa  anzutreffen  sind,  als  in 
jenen  von  Klärbecken  gleicher  Dimensionen. 

Den  Hauptgrund  der  geringeren  Schlammanhäufung  in  den  Faulbecken 
ist  aber  in  der  Veränderung  der  Wasserkapazität,  welche  der  ausgeschiedene 
Schlamm  durch  den  Faulprozeß  erfährt,  zu  erblicken. 

Denn  während  der  frische  Klärschlamm  zumeist  einen  Wassergehalt 
von  etwa  95  ^/q  aufweist,  sinkt  jener  des  gut  durchgefaulten  Schlammes 
auf  etwa  80  ^/q.  Dem  entspricht  aber  schon  allein  eine  Verringerung  auf  rund 
^/4  des  anfänglichen  Volumens. 

So  bedeutende  Verminderungen  des  Schlamm volumens,  welche  für  die 
definitive  Schlammbeseitigung  von  größter  Wichtigkeit  wären,  sind  in  der 
Praxis  nur  selten  in  vollkommen  einwandfreier  Weise  konstatiert  worden. 
Vielmehr  bewegen  sich  die  für  die  prozentuelle  Schlammverminderung  in  gut 
konstruierten,  also  auch  einen  hohen  Sedimentationseffekt  aufweisenden  Faul- 
becken angegebenen  Zahlen  zwischen  etwa  10 — 40  ^/q  des  zugeführten  Schlamm- 
volumens. 

Daß  im  Großbetriebe  bisher  keine  höheren  Effekte  erzielt  wurden,  ist, 
wie  im  folgenden  gezeigt  wird,  zum  Teil  wohl  auch  auf  die  derzeit  übliche 
Handhabung  des  Faulbetriebes  zurückzuführen. 


B.  Reinigung  und  landwirtschaftliche  Verwertung  der  Abwässer.  491 

In  einem  bereits  längere  Zeit  im  Betriebe  stehenden  Faulraume  lagert 
Schlamm  von  verschiedenem  Alter  und  daher  auch  mehr  oder  weniger  vor- 
geschrittenem Zersetzungszustande.  Neben  den  bereits  vollkommen  durch- 
gefaulten, wasserarmen  und  daher  dem  Volumen  nach  stark  geschwundenen 
alten  Ablagerungen  finden  s^ch  die  eben  erst  frisch  angefallenen  voluminösen 
Sedimente.  Sonach  muß  die  gesamte  Schlammenge  in  diesem  Zustande 
einen  weit  höheren  durchschnittlichen  Wassergehalt  und  damit  auch  ein  be- 
trächtlich größeres  Volumen  aufweisen,  als  eine  gleichförmig  und  vollkommen 
durchgefaulte  Masse. 

Aus  dieser  Tatsache  lassen  sich  einige  für  die  Dimensionierung  und 
die  Betriebsführung  der  Faulbecken  überaus  wichtige  Folgerungen  ziehen. 

Die  rechnerische  Behandlung  des  Problemes  ist  derzeit  allerdings  noch 
an  einige  vereinfachende  Grundannahmen  geknüpft,  und  dürfen  daher 
die  im  folgenden  gegebenen  Entwicklungen  lediglich  als  erste  Näherung 
angesehen  werden. 

Da  der  zeitliche  Verlauf  der  Abnahme  der  wasserbindenden  Kraft  des 
faulenden  Schlammes  noch  nicht  näher  erforscht  ist,  mag  —  obzwar  es  wahr- 
scheinlich ist,  daß  derselbe  nach  einer  Exponential-Funktion  erfolgt  —  hier 
eine  lineare  Volumenverminderung  in  Betracht  gezogen  werden.  Dabei  sei 
vorausgesetzt,  daß  sich  die  Wasserkapazität  in  /  Tagen  so  weit  vermindere, 
daß  das  anfängliche  Schlammvolumen  von  q  auf  qiX  —  n)  herabsinke. 

Alle  durch  Lösung  und  Vergasung  im  Schlamme  bewirkten  Substanz- 
und  Volumenverminderungen,  sowie  alle  jene  Veränderungen,  welche  nach 
Ablauf  der  /  Tage  noch  auftreten,  mögen  sogar  vollständig  außer  Betracht 
bleiben.  Indem  also  dem  stark  abfallenden  Aste  der  Kurve  eine  Sehne, 
dem  asymptotisch  verlaufenden  Teile  aber  eine  zur  Abszissenachse  parallele 
Gerade  unterlegt  wird,  dürfte  der  hier  gemachten  Annahme  ein  hinlänglicher 
Sicherheitsgrad  zukommen. 

Endlich  sei  vorausgesetzt,  daß  im  Faulbecken  pro  1  m^  Durchflußmenge 
ein  Schlammquantum  von  q  Liter  ausgeschieden  werde.  Dasselbe  vermindert 
der  Annahme  entsprechend  in  /Tagen  sein  Volumen  auf  ^(1  —  «),  also  pro 

Tag  um  -^. 

Das  Endresultat  des  im  Dauerbetriebe  Tag  für  Tag  auftretenden  Schlamm- 
anfalles und  der  Schlammvolumenverminderung  ist  somit  darstellbar  als  das 
Summenglied  einer  fallenden  arithmetischen  Reihe  mit  der  Differenz  —  «^//. 

Der  Voraussetzung  gemäß  sind  nun  zwei  Fälle  zu  unterscheiden: 

I.  Die  Dauer  der  Schlammansammlung  (d.  h.  der  zwischen  zwei  Ent- 
schlammungen des  Beckens  liegende  Zeitraum)  sei  kleiner  als  die  zur  voll- 
ständigen Durchfaulung  der  zuerst  angefallenen  Schlammteilchen  erforder- 
liche Zeit  /. 

Für  T<it  ergibt  sich  die  zugeführte  Schlammenge: 

Q^qT  Liter,  (1) 

und  die  nach  T  Tagen  angesammelte  Schlammenge: 


öi  = 


.-1(7--!)^ 


1-0,5  (7-1)^ 


Litevy  (2) 


492 


III.  Die  Kanalisation  der  Ortschaften  etc. 


erzielte  Volumenverminderung: 

Q^  =  Q-Qi  =  Ofi,q  T(T-  1)  y  Liter.  (3) 

II.  Die  Betriebsdauer  T  sei  größer  als  /  und  findet  der  Voraussetzung 
gemäß  im  Zeitintervalle  T—t  keine  in  Betracht  kommende  Volumen  Ver- 
minderung mehr  statt. 

Für  7">  /  wird  dann  die  angesammelte  Schlammenge: 


öi  =  ^(l-«)(r-/)  + 


.-^/-l)^ 


/=  ^  [T(l  -  «)  +  0,5  «  (/—  1)]  Liter, 


2V'      -/   / 

erzielte  Volumenverminderung: 

Q^^Q-Qi^qn[T-  0,6  {/  -  1)1  Liter. 

Da  in  der  Praxis  />100  anzunehmen  sein  wird,   erscheint  es  zulässig, 

in  den  beiden  letzten  Gleichungen  /  an  Stelle  von  (/—  1)  zu  setzen  und  daher 

für  den  Fall  r>  /  mit  den  vereinfachten  Beziehungen 

öl  =  ^  [7(1  -  «)  +  0,5  n t]  Liter  (4) 

ö«  =  qn  [T—  0,5  /]  Liter  (5) 

zu  rechnen. 

Die  den  Gleichungen  (1) — (5)  entsprechenden  Werte  sind  in  der  nach- 
folgenden Tabelle  zusammengestellt. 


Dauer 
der 
Schlamm- 
ansammlung 
in  Tagen 

Schlamm- 
anfall in 

TTagen  pro 
1  m» 

Tageszuflufi 

Schlammrttckstand 

Schlammrolumen- 
Verminderung 

Verhältnis 
von 

pro  Tages- 
kubikmeter 
Zufluß 
in  Liter 

Bruchteile  des 
anfänglichen 
Schlamm- 
anfalles 

pro  Tages- 
kubikmeter 
Zufluß 
in  Liter 

Bruchteile  des 
anfänglichen 
Schlamm- 
anfalles 

rückstand  tur 

Volumen- 
Yermindenmg 

T 

Q 

Öl 

.=f 

Q. 

qt 

qt 

qt 

0,25/ 

0,2b  qt 

0,227  qt 

0,910 

0,02S  qt 

0,090 

10,1 

0,50/ 

OjbOqt 

0,413^/ 

0,826 

0,087  qt 

0,174 

4,74 

0,75/ 

0,1b  qt 

0.542^/ 

0,725 

0,2m  qt 

0,275 

2,67 

1,00/ 

hOO  qt 

0,629^/ 

0,629 

0,371  qt 

0,371 

1,69 

1,25/ 

1,2b  qt 

0,677^/ 

0,550 

OfilSqt 

0,450 

1,22 

1,50/ 

l,bOqt 

0,750^/ 

0,500 

0,lbOqt 

0,500 

1,00 

1,75/ 

hlbqt 

0,798^/ 

0,456 

0,952  y/ 

0,544 

0,84 

2,00/ 

2,00  qt 

0,875^/ 

0,437 

1,125^/ 

0,563 

0,77 

2,50/ 

2,50  y/ 

1,000^/ 

0,400 

1,500^/ 

0,600 

0,67 

3,00/ 

3,00^/ 

1,125^/ 

0,375 

1,875^/ 

0,625 

0,60 

4,00/ 

4,00^/ 

1,375^/ 

0,344 

2,625^/ 

0,656 

0,52 

5,00/ 

bflOqt 

1,625^/ 

0,325 

3,375^/ 

0,675 

0,48 

10,00/ 

10,00  qt 

2,875^/ 

0,287 

1,12b  qt 

0,713 

0,40 

Diese  Tabelle  zeigt,  daß  in  der  ersten  Betriebszeit  nur  eine  geringe 
Schlammschwindung  auftritt  und  dafl  eine  Verlängerung  derselben  bis  zum 
Momente  der  beendeten  Durchfaulung  der  zuerst  ausgeschiedenen  Sedimente 


B.  Reinignng  and  landwirtschaftliche  Verwertung  der  Abwässer.  493 

(r==  f)  erst  eine  Verminderung  des  Schlammvolumens  um  ca.  37  ®/q  hervor- 
bringt, die  den  früher  mitgeteilten  Zahlen  recht  gut  entspricht. 

Bei  lang  anhaltender  Einlagerung  ergeben  sich  wohl  ganz  bedeutende 
Volumenverminderungen  (z.  B.  70  ^/q  bei  7^=10/),  doch  wachsen  gleichzeitig 
die  zur  Aufnahme  des  Schlammrückstandes  erforderlichen  Faulbecken- 
dimensionen ganz  bedeutend. 

Es  ist  daher  notwendig,  auch  über  die  wirtschaftliche  Bedeutung 
einer  längeren  Schlam'meinlagerung  im  Faulbecken,  welche  zwar  einen  erheb- 
lich geringeren  Aufwand  für  die  definitive  Schlammbeseitigung  verursacht,  aber 
auch  höhere  Anlagekosten  bedingt,  eine  vergleichende  Berechnung  aufzustellen. 

Erfordert  1  m'*  Schlammraum  des  Faulbeckens  ein  Anlagekapital  von 
AT  Kronen,  für  dessen  Verzinsung  und  Tilgung  bei  ^  %  jährlich  KpjlOO  Kronen 
aufzuwenden  sind,  so  verteilt  sich  dieser  Betrag,  wenn  die  Räumung  in  Inter- 
vallen von  T  Tagen  stattfindet,   auf  365/7^  m^  Schlamm,   d.  h.  es  entfällt  auf 

jede  Räumung  der  Teilbetrag  von  t^q   onj^  pro  1  m*. 

Nachdem  bei  der  Betriebsdauer  von  T  Tagen  pro  1  m^  Anfall  an  frischem 
Schlamm  sich  ein  Rückstand  von  q^  m^  ergibt  und  eine  Volumenverminderung 
von  ^2  m*  erzielt  wird,  müssen  also  die  Räumungs-  und  Beseitigungskosten 
für  q^  m*,  d.  i.  bei  einem  Einheitspreise  von  k^  Kronen  pro  1  m^  ^^  .  kj^  Kronen 
und  die  Kosten  für  die  Verzinsung  und  Tilgung  von  q^  m^  Schlammraum, 

d.  i.  ^1  •  TTw^^ößF  Kronen  addiert  werden,  um  zu  den  Gesamtkosten  k  für  die 

Unschädlichmachung  von  1  m^  Schlammanfall  zu  gelangen: 

KpT 


k  =  qi 


k,+ 


100.365/ 

Da  sich  die  Gesaratkosten  auch  als  Summe  der  Kosten  für  Rückstands- 
beseitigung und  Volumenverminderung  auffassen  lassen,  so  ergibt  sich: 

k  =  q^k^  +  q^k^ 

^2  =  1—  ?i» 
und  betragen  die  Kosten  k  der  pro  1  m*  Schlammanfall  in  T  Betriebstagen 
erzielten  Volumenverminderung  q  für  T<i  /: 

k^.J^P_.TA-^ 1 

^      365.100  [(r-l)n 

iürT>t: 

^P    ^  .  T 


*.  =  ; 


2T 


365.100  \(2T—t)n 

Die  für  einige  Spezialwerte  ausgemittelten  Gesamtkosten  k  sind  in  den 
nachstehenden  Tabellen  zusammengestellt.  Dabei  wurde  angenommen,  daß 
die  Anlagekosten  für  1  m*  Schlammraum  bei  normaler  Ausführung  etwa 
20,00  K,  unter  schwierigen  Verhältnissen  40,00  K  betragen  mögen  und  für 
Verzinsung  und  Tilgung  5®/o  zu  rechnen  wären.  Für  die  Beseitigung  der 
Faulkammerrückstände  (Betriebskosten  für  Entschlammung  der  Becken, 
Deponieren  bezw.  Abtransport  des  Schlammes  inkl.  der  Verzinsung  und  der 
Abschreibungen   für   die   hierzu    erforderlichen   baulichen    und    maschinellen 


494 


m.  Die  Kanalisation  der  Ortschaften  etc. 


Einrichtungen)  wurden  die  Sätze  von  1,00,  2,00  und  4,00  K  pro  1  m'  ein- 
gestellt; endlich  wurde  für  die  maximale  Volumen  Verminderung  der  Wert 
von  n  =  */4  und  für  die  Dauer  des  Faulprozesses  ein  Zeitraum  von  /  =  100 
bezw.  200  Tagen  angenommen. 

TabeUe  I. 

/=100;  «  =  »/4. 


2    a 

Gesamtkosten  K  für  die  Beseitigung  von  1  m*  Klärschlamm  (in  Kronen) 

bei  einem  jährlichen  Aufwand  für  Verzinsung  und  Tilgung  der  Anlagekosten  K 

üt 

für  1  m*  Faulbeckenraum  (in  Kronen) 

*l 

Ä'=20;/  =  5o/o;  K.p  =  l,00        j        Ä'  =  40; /  =  5«/o;  Ä'./  =  2,00 

g     1 

und  den  für  die  definitive  Beseitigung  von  1  m*  Schlammrückstand  erwachsenden 

Q  S 

Kosten  (in  Kronen)  von: 

T 

K^  =  1,00 

K^  =  2,00 

Kj^  =  4,00 

i:,  =  i,oo 

Kl  =  2,00 

AT,  =  4,00 

25 

0,97 

1,88 

3,70 

1,03 

1,94 

3,76 

50 

0,94 

1,66 

3,42 

1,05 

1,78 

3,53 

76 

0,87 

1,60 

3,05 

1,02 

1,75 

3,20 

100 

0,80 

1,43 

2,69. 

0,97 

1,60 

2,86 

150 

0,71 

1,20 

2,20 

o,eo 

1,41 

2,41 

200 

0,67 

1,11 

1,99 

0,92 

1,S4 

2,23 

300 

0,68 

1,06 

1,81 

0,99 

1,37 

2,12 

400 

0,72 

1,07 

1,78 

1,10 

1,44 

2,13 

500 

0,77 

1,10 

1,81 

1,22 

1,54 

2,25 

1000 

1,07 

1,36 

1,93 

1,86 

2,15 

2,72 

Im  Faulbetrieb  erzielbare  Ersparnis: 
I        33»/o       I        47«/,       I        570/0       I        10«/,       I        33»/,       |        47»/, 


TabeUe  1 

[L 

/  =  200;  ff  =  »/4. 

25 

1,02 

1,98 

3,89 

1,09 

2,04 

3,95 

50 

1,03 

1,94 

3,76 

1,16 

2,07 

3,89 

100 

1,05 

1,88 

3,53 

1,29 

2,10 

3,75 

150 

1,02 

1,75 

3,20 

1,32 

2,05 

3,50 

200 

0,97 

1,60 

2,86 

1,32 

1,95 

3,20 

300 

0,91 

1,41 

2,41 

1,32 

1,82 

2,82 

400 

0,92 

1,35 

2,23 

1,39 

1,83 

2,71 

500 

0,95 

1,85 

2,15 

1,50 

1,90 

2,70 

600 

0,99 

1,37 

2,12 

1,61 

1,98 

2,73 

800 

1,10 

1,44 

2,13 

1,85 

2,20 

2,88 

1000 

1,22 

1,54 

2,19 

2,11 

2,43 

3,08 

Im  Faulbetrieb  erzielbare  Ersparnis: 
I         9^        I        32  0/,       I        47  0,^       I      _9o/^      | 


9^        I        35*/o 


Die  im  vorstehenden  entwickelten  Gleichungen,  sowie  die  in  den  beiden 
Tabellen  durchgeführten  Spezialisierungen  bilden  den  mathematischen  Aus- 
druck der  folgenden  Sätze. 


B.  Reinigung  und  landwirtschaftliche  Verwertung  der  Abwässer. 


495 


1.  Der  Faulbetrieb  erweist  sich  um  so  ökonomischer: 

a)  je  niedriger  die  Anlagekosten  für  die  Becken, 

b)  je    höher    die    örtlichen    Kosten    für   die    definitive    Beseitigung   der 
Schlammrückstände  sind, 

c)  je  leichter  zersetzbar  der  zugeleitete  Schlamm  ist. 

2.  An  Orten,  wo  die  Anlagekosten  hoch  sind,  die  Unterbringung  größerer 
Schlammengen  hingegen  billig  durchführbar  ist,  kann  der  Faulbetrieb 
sogar  kostspieliger  werden  als  der  reine  Sedimentierbetrieb. 

3.  Nachdem  die  Zufuhr  schwer  zersetzbarer  Stoffe  den  Faulbetrieb  verteuert, 
erscheint  es  rationell,  derartiges  Material  von  den  Faulräumen  fern  zu 
halten.  Dies  betrifft  insbesondere  den  unzersetzbaren  mineralischen 
Strafiendetritus,  sowie  die  an  sich  wasserarmen,  groben,  organischen 
Fremdstoffe,  die  in  Sandfängen  bezw.  mit  Hilfe  von  Mechanismen  auf 
leichte  und  billige  Art  aus  dem  Rohwasser  entfernt  werden  können. 

Aus  den  Tabellen  läßt  sich  weiters  entnehmen,  daß  es  in  den  meisten 
Fällen  möglich  sein  dürfte,  die  Faulbeckenräumung  in  Intervallen  von  halben 
bezw.  ganzen  Jahren  vorzunehmen  und  dann  auf  einen  Zeitpunkt  (zeitiges 
Frühjahr  oder  Spätherbst)  zu  verlegen,  in  dem  die  landwirtschaftlichen  Be- 
triebe über  freie  Arbeitskräfte  verfügen  und  sich  noch  am  ehesten  zur  Ab- 
holung dieser  Rückstände  verstehen  werden. 

Da  beim  Faulverfahren  die  Voreinschätzung  der  zu  erwartenden  Schlamm- 
menge zwecks  entsprechender  Dimensionierung  der  Faulbecken  von  weit 
höherer  Bedeutung  wird  als  beim  reinen  Klärbetrieb,  mögen  hier  noch  einige 
Angaben  über  den  zu  erwartenden  Anfall  an  frischem  Schlamm  folgen. 

Bei  städtischen  Abwässern  läßt  sich  derselbe  noch  am  sichersten  auf 
Grundlage  der  Kopfzahl  der  angeschlossenen  Bevölkerung  ermitteln  und  mit 
etwa  50 — 60  mg  Trockensubstanz  pro  Kopf  und  Tag  veranschlagen.  Hier- 
aus ergibt  sich: 


Wasserverbrauch   pro   Kopf 
und  Tag  in  Liter  .     .     . 

26 

60 

76 

100 

125 

160 

Frischer  Schlamm  mit  95®/o 

Wassergehalt;    Liter   pro 
1  m*  Abwasser 

40—50 

20-25 

12-16 

10-12,5 

8—10 

6,6-8 

Durchgefaulter  Schlamm  mit 
SO^Iq  Wassergehalt;  Liter 
pro  1  m*  Abwasser    .     . 

10—12,5 

5-6,6 

3-4 

2,6-3,2 

2-2,5 

1,6-2 

Kleine  Anlagen,  bei  denen  eine  eventuelle  Überdimensionierung  der 
Faulräume  hinsichtlich  der  Anlagekosten  nicht  so  stark  ins  Gewicht  fällt, 
können  auf  Grundlage  dieser  Angaben  direkt  projektiert  werden.  Bei  größeren 
Verhältnissen  wird  man  stets  gut  tun,  sich  außerdem  durch  Vorversuche  eine 
Orientierung  über  Menge  und  Beschaffenheit  des  Schlammes  zu  verschaffen. 
Allerdings  gestalten  sich  derartige  Versuche,  insbesondere  wenn  sich  die- 
selben  auch  auf  die  zu   erwartende    Schlammverzehrung   erstrecken   sollen. 


496  ^11-  ^ie  Kanalisation  der  Ortschaften  etc. 

äußerst  schwierig;^)  insbesondere  verlangt  die  Übertragung  der  an  kleinen 
Probefaulräumen  gewonnenen  Erfahrungen  auf  größere  ganz  besondere  Vor- 
sicht, da  die  Resultate  nicht  rein  multiplikativ  verwertet  werden  dürfen. 

Die  in  den  vorstehenden  Entwicklungen  betretene  Methode,  lediglich 
den  anfänglichen  Schlammanfall,  die  Volumen  Verminderung  durch  Änderung 
der  Wasserkapazität,  sowie  die  hierzu  erforderliche  Zeit  als  Ausgangswerte 
zu  benutzen  und  hieraus  die  sich  mathematisch  ergebenden  Konsequenzen  zu 
ziehen,  scheint  nach  dieser  Richtung  eine  wesentliche  Vereinfachung  zu  be- 
deuten, nachdem  sich  diese  Konstanten  auch  in  gewöhnlichen  Gefäßen  mit 
einer  den  praktischen  Bedürfnissen  hinlänglich  Rechnung  tragenden  Genauig- 
keit ermitteln  lassen  dürften. 

Bezüglich  der  Unterbringung  des  Faulraumschlammes  gelten  die  bereits 
beim  reinen  Sedimentierbetrieb  gemachten  Angaben.  Es  bleibt  nur  zu  be- 
achten, daß  Faulraumschlamm  zufolge  seiner  größeren  Konzentration  weniger 
dünnflüssig  ist,  also  namentlich  der  Bewegung  in  engen  Rohrleitungen  einen 
größeren  Widerstand  entgegensetzt.  Bei  vollkommen  durchgefaultem  Schlamm 
macht  sich  auch  bei  der  Entschlammung  mit  Hilfe  von  Vakuumkesseln  der 
Umstand  als  störend  fühlbar,  daß  in  letzteren  zufolge  der  herrschenden  Luft- 
verdOnnung  ein  Gasaustritt  begünstigt  wird,  der  nicht  nur  Geruchsbeiästigungen, 
sondern  auch  eine  geringere  quantitative  Leistungsfähigkeit  der  Saugkessel 
im  Gefolge  hat. 

Der  gut  durchgefaulte  Klärschlamm  gibt  auch  den  Rest  seines  Wassers 
weit  leichter  ab  als  frischer  Klärschlamm,  braucht  also,  um  stichfest  zu  werden 
(bei  etwa  50**/q  Wassergehalt),  wesentlich  kürzere  Zeiträume  und  daher  auch 
ein  geringeres  Areal  an  Schlammtrockenplätzen. 

Als  Beispiel  für  die  chemische  Zusammensetzung  von  Faulraumschlamm 
diene  nachstehender  analytische  Befund  einer  der  Versuchskläranlage  von 
Essen  entstammenden  Probe. 

In  der  Trockensubstanz  sind  enthalten: 

Organische  Bestandteile 36,2  o/o 

hierin:  Fette 3,2  o/q 

Stickstoff 2,1    ^ 

Mineralische  Bestandteile 63,8  ®/o 

hierin:  Kalk 6,4  ^/^ 

Magnesia ^fi    „ 

Phosphorsäure 1,9    » 

Kali 0,27,, 

Hierin  zeigt  sich  neben  dem  für  durchgefaulten  Schlamm  charakteristischen 
geringen  Gehalt  an  organischer  Substanz  insbesondere  die  Armut  an  Fetten, 
mit  der  wiederum  die  leichte  Entwässerbarkeit  in  Zusammenhang  zu  bringen 
ist.    Der  Stickstoff  dürfte  wohl  nur  in  schwer  assimilierbarer  Form  im  Faul- 

^)  Vergl.  hierzu  Dzierzgowsky,  Zur  Frage  von  der  Bedeatung  des  Septiktanks  f.  d. 
biologische  Abwasserreinigung;  Gesundheitsingenieur  Jahrg.  XXX,  No.  17  n.  18.  —  Dr.  Cal- 
mette,  Rechcrches  sur  l'^puration  biologique  et  chimique  des  eaux  d'^gout.  Paris  1905 — 07. 
Mason  &  Cie. 


B.  Reinigang  und  landwirtschaftliche  Verwertung  der  Abwässer. 


497 


raumschlamm   enthalten   sein,   so   daß   auch   dieses  Produkt  landwirtschaftlich 
ebenso  geringwertig  erscheinen  muß,  wie  frischer  Klärschlamm. 

a)  Bauliche  Durchfuhrung  und  Betrieb  der  Faulbecken. 
Nachdem  sich  der  Faulbetrieb  aus  dem  Sedimentierverfahren  entwickelt 
hat,  vielfach  sogar  in  denselben  Becken  vorgenommen  wurde,  unterscheiden 
sich  die  älteren  Faulbecken  nicht  von  gewöhnlichen  Klärbecken  für  konti- 
nuierlichen Klärbetrieb.  Tiefreichende  Tauchwände  am  Becken-Einlauf  und 
-Auslauf,  durch  die  einerseits  eine  Zerstörung  der  Schwimmdecke,  sowie 
andererseits  auch  eine  Wasserentnahme  aus  den  zumeist  an  suspendierten 
Stoffen  ärmeren  mittleren  Wasserschichten  ermöglicht  werden  sollte,  bildeten 


Flg.  195.    OffSenes  Faulbecken  in  Derby. 


neben  der  an  einzelnen  Orten  durchgeführten  dichten  Abdeckung  die  einzigen 
baulichen  Unterschiede. 

Erst  in  den  neueren  Anlagen  findet  sich  eine  die  Funktion  der  Anlage 
unterstützende  Gliederung,  mit  der  auf  eine  Abhaltung  der  unzersetzbaren 
oder  schwer  umformbaren  Fremdstoffe  auf  eine  Erhöhung  der  Sedimentations- 
wirkung sowie  eine  Erleichterung  der  Entschlammung  ohne  Betriebsunter- 
brechung hingearbeitet  wird.  So  findet  man  z.  B.  in  Birmingham  eine  Reihe 
hintereinandergeschalteter  Becken,  von  denen  die  ersten  lediglich  Sandfänge 
und  Vorklärbecken  darstellen,  während  die  folgenden  der  Schlammumformung 
dienen.  Eine  ähnliche  Anordnung  besteht  in  Derby,  wo  langgestreckte  Klär- 
becken durch  2  gemauerte  Querwände  in  3  ungleich  große  Abteilungen  ge- 
sondert werden,  von  denen  die  erste  als  Sandfang,  die  mittlere  und  letzte 
Friedrich,  Wasserbau.    Zweite  Auflage.    IL  Band.  32 


498 


m.  Die  Kanalisation  der  Ortschaften  etc. 


als  eigentlicher  Faulraum  bezw.  zur  Nachklärung  dienen.  Die  einzelnen 
Abteilungen  kommunizieren  durch  in  den  Trennungsmauem  ausgesparte 
Öffnungen,  bezw.  in  etwa  halber  Beckentiefe  eingemauerte  Rohrstutzen 
(Fig.  195). 

Alle  diese  Anordnungen  haben  aber  den  Nachteil,  daß  Sedinientierung 
und  Faulung  in  ein  und  demselben  Becken  nebeneinander  hergehen  und  sich 
gegenseitig  stören,  und  daß  die  Durchflußzeit  in  Abhängigkeit  steht  von  der 
Menge  der  angehäuften  Sedimente,  so  daß  am  Anfange  der  Betriebsperiode 
vielfach  eine  allzu  weitgehende  Durchfaulung  des  Wassers,  gegen  Ende  der 
Betriebsperiode  aber  oftmals  schon  kein  genügender  Kläreffekt  mehr  er- 
zielbar wird. 

Diesbezüglich  braucht  ja  nur  darauf  hingewiesen  zu  werden,  daß  bei- 
spielsweise bei  einem  Schlammanfall  von  12  1  pro  1  m*  Abwasser  und  an- 
fänglich 24 stündiger  Durchflußzeit  für  t=T^  100  und  n  =  «/4,  also  rund  37 o/o 
Schlammverzehrung,   eine  Schlammanhäufung  von   100 .  0,012  .  0,63  =  0,75  m' 

pro  1  Tageskubikmeter  Zufluß 
auftritt,  welche  die  Durchflußzeit 
allmählich  auf  6  Stunden  herab- 
drücken würde,  eine  Zeitspanne, 
die  bei  tieferen  Becken  nicht 
mehr  ausreichen  würde,  um  einen 
guten  Sedimentiereffekt  zu  er- 
zielen. Zieht  man  gar  die  nor- 
malen täglichen  Schwankungen 
im  Wasserzuflusse  bezw.  der 
Durchflußgeschwindigkeit  in  Be- 
tracht, so  ergeben  sich  noch 
weit  ungünstigere  Zahlen.  Des- 
halb gehen  die  neueren  Be- 
strebungen dahin,  Sedimentier- 
raum  und  Schlammverzehrungsraum  voneinander  zu  trennen. 

Die  erste  derartige  Ausführung  ist  das  sogen,  „hydroli tische  Becken**, 
welches  nach  den  Angaben  von  Dr.  Travis  in  Hampton  (England)  errichtet 
wurde  (Fig.  196).^)  Dasselbe  besteht  aus  einem  Klärbecken  mit  halbkreis- 
förmiger Sohlenrinne,  das  durch  der  Längsachse  nach  laufenden  Zement- 
platten in  einen  mittleren,  tief  gelegenen  Schlammfaulraum  und  zwei  lediglich 
der  Sedimentierung  dienende,  höher  gelegene  Seitenkammern  unterteilt  wird. 
Sedimentierraum  und  Faulraum  stehen  durch  eine  Anzahl  von  Öffnungen  (am 
unteren  Anschluß  der  Bodenplatten)  in  Verbindung.  Da  der  Faulraum  sonst 
keinerlei  Wasserzuleitung,  wohl  aber  einen  dauernd  offen  stehenden  Abfluß, 
aus  dem  ca.  V?  ^^^  gesamten  Anwassermenge  zur  Abströmung  gelangt,  auf- 
weist, findet  ein  stetiger  Schlammzufluß  zum  unteren  Becken  statt.  Der 
zwischen  den  vertikal  stehenden  Mittelplatten  frei  bleibende  Raum  ermöglicht 
den  Austritt  der  Fäulnisgase  ohne  Störung  des  Sedimentationsprozesses.    Die 

.  ^)  Vollständige  Beschreibung  mit  Abbildungen  in  No.  703  (Jahrgang  XXVm,  1905)  der 
Zeitschrift  The  Surveyor,  London. 


Fig.  196.    Schematischer  Querschnitt  einer  Faulkammer 
nach  Travis. 


B.  Reinigung  und  landwirtschaftliche  Verwertung  der  Abwässer. 


499 


Entschlammung  des  unteren  Beckens  erfolgt  durch  mehrere  in  der  Sohlen- 
rinne angebrachte  Schlammableitungsrohre. 

Eine  andere  Anordnung  wurde  von  der  Emscher  Genossenschaft 
in  der  Versuchskläranlage  von  Essen  erprobt  und  bereits  in  Reckling- 
hausen für  den  Großbetrieb  in  Ausführung  gebracht.^)  Die  (patentierte) 
Konstruktion  lehnt  sich  an  das  Vorbild  von  Hampton  an,   unterscheidet  sich 

Schnitt  A— B. 


Grondrlfi. 
Flg.  197.    Kläranlage  mit  Schlammfaulbnumen.    Type  der  Emscher  GtonosBenBchaft 


aber  von  diesem  insofern,  als  der  Schlammfaulraum  hier  durch  eine  Reihe 
hinter-  bezw.  nebeneinander  gelegener  Senkbrunnen  gebildet  wird,  über  die 
ein  Sedimentiergerinne  geführt  ist  (Fig.  197).  Diese  Brunnen  haben  in 
Recklinghausen  7  m  inneren  Durchmesser  und  5,8  m  nutzbare  Tiefe,  d.  h. 


^)  Helbing,   Die  DurchfUhnmg  des  Emscher  Genossenschaftsgesetzes, 
meindeblatt,  X.  Jahrgang,  No.  13. 


Technisches  Ge- 


32* 


500  ^^-  ^^^  Kanalisation  der  Ortschaften  etc. 

einen  Fassungsraum  von  rund  160  m^.  Die  für  26  000  Einwohner  berechnete 
Anlage  kostet  72  000  K,  d.  i.  pro  Kopf  ca.  2,75  K,  und  dürften  die  Betriebs- 
kosten pro  Kopf  und  Jahr  0,5  K  nicht  übersteigen.  Endlich  versieht  auch 
die  Gesellschaft  für  Abwasserklärung  die  bereits  früher  erwähnten 
Kremer  sehen  Apparate  mit  einem  unterhalb  bezw.  seitwärts  angeordneten 
Schlammfaulraura,  ^)  nach  welchem  der  ausgeschiedene  Klärschlamm  in  mehr- 
stündigen Intervallen  durch  eine  mechanische  Abstreichvorrichtung  be- 
fördert wird. 

Während  Travis  Wert  darauf  legt,  durch  seinen  Schlamm verzehrungs- 
raum  einen  kontinuierlichen  Abwasserstrom  zu  leiten  und  so  die  bei  der 
Schlammfaulung  gebildeten  löslichen  Produkte  auszuwaschen,  wird  bei  den 
beiden  letztgenannten  Ausführungsweisen  jede  Strömung  durch  den  Schlamm- 
faulraum grundsätzlich  vermieden.  Ob  es  bei  dieser  Anordnung,  namentlich 
wenn  die  Schlaramräume  so  tief  angelegt  sind,  möglich  sein  wird,  in  einer 
entsprechend  kurzen  Zeit  eine  vollständige  Durchfaulung  des  Schlammes  zu 
erzielen,  muß  wohl  noch  abgewartet  werden.  Denn  es  ist  eine  bekannte 
Tatsache,  daß  auch  die  Fäulnisprozesse  zum  Stillstande  kommen,  wenn  sich 
die  bei  der  bakteriellen  Tätigkeit  gebildeten  Umsetzungsprodukte,  unter  denen 
sich  auch  Bakteriengifte  befinden,  in  größeren  Mengen  anhäufen. 

Für  größere  Anlagen  scheinen  auch  die  Klärbecken  nach  Elberfelder 
Bauweise  (S.  473)*)  in  Verbindung  mit  entsprechenden  Schlammfaulbecken 
oder  Brunnen  zur  Vornahme  des  Faulbetriebes  vorzüglich  geeignet. 

Während  beim  reinen  Sedimentationsbetrieb  darauf  geachtet  werden 
muß  die  Becken  stets  vollkommen  zu  entschlammen,  um  Fäulnisprozesse  hintan- 
zuhalten, ist  es  beim  Faulverfahren  zweckmäßig,  gelegentlich  der  Beckenent- 
schlammung  stets  etwas  gefaulten  Schlamm  zurückzulassen,  um  in  der  neuen 
Betriebsperiode  die  volle  Aktivität  des  Faulraumes  möglichst  rasch  zu  er- 
reichen. 

Von  großer  Bedeutung  ist  es  ferner  beim  Faulbetrieb,  größere  Wasser- 
spiegelschwankungen in  den  Becken  tunlichst  zu  vermeiden.  Denn  jegliche 
Verminderung  der  über  den  Schlammassen  lagernden  Wassersäule  begünstigt 
einen  plötzlichen  verstärkten  Gasaustritt  und  bewirkt  damit  eine  Aufwühlung 
der  Sedimente,  sowie  eine  Störung  des  Sedimentationsprozesses. 

2.  Das  Oxydationsverfahren, 
a)  Allgemeines  über  die  Wirkungsweise  der  biologischen  Körper. 
Aus  dem  früheren  geht  hervor,   daß  das  Faulverfahren  nicht  als  selb- 
ständiges,   abschließendes    Reinigungsverfahren,    sondern    lediglich    als    eine 
besondere  Art  der  Vorbehandlung  gelten  kann.     Denn  dasselbe  vermag  der 

^)  Eine  derartige  Anlage  wird  derzeit  in  der  Versachskläranlage  der  Kgl.  Prüfungsanstalt 
für  Wasserversorgung  und  Abwässerbeseitigang  zu  Berlin  einer  eingehenden  Prüiong  unterzogen. 

')  Nachtrag  zu  S.  473.  Nach  einer  Mitteilung  von  Stadtbaurat  Schoenfelder  vollzieht 
sich  die  Entschlammung  der  Klärbecken  mit  Hilfe  der  4  Sümpfe  tadellos.  Bei  den  Erweite- 
rungsbauten der  Anlage  ist  eine  weitere  Vermehrung  dieser  Sümpfe  auf  6 — 8  in  Aussicht  ge- 
nommen, um  die  Differenzierung  des  Schlammes  noch  weiter  treiben  zn  können.  Die  Baukosten 
der  Elberfelder  Anlage  betrugen  680000  K,  d.  i.  pro  Kopf  2,1  bezw.  pro  Tageskubikmeter  8,0  K. 


B.  Reinigung  und  landwirtschaftliche  Verwertung  der  Abwässer.  501 

an    eine   durchgreifende   Behandlung    zu    stellenden    Grundanforderung,    ein 
unveränderliches  Endprodukt  zu  liefern,  nicht  zu  genügen. 

Hingegen  lassen  sich  durch  die  Verarbeitung  der  vorgereinigten  Abwässer 
in  biologischen  (Oxydations-)  Körpern  vollkommen  stabile  Abflüsse 
herstellen,  die  auch  die  weitgehendsten  Ansprüche  zu  befriedigen  vermögen. 

Um  von  den  zur  Erzielung  einer  vollständigen  Oxydation  der  organischen 
Fremdstoffe  erforderlichen  Sauerstoffmengen,  die  unmittelbar  oder  mittelbar 
der  atmosphärischen  Luft  entnommen  werden,  eine  ungefähre  Größenvorstellung 
zu  erhalten,  braucht  nur  daran  erinnert  zu  werden,  daß  normale  städtische 
Abwässer  (entsprechend  einem  Wasserkonsum  von  100  1  pro  Kopf  und  Tag) 
einen  Permanganatverbrauch  von  etwa  400  mg/1  aufweisen.  Dem  entspricht 
ein  Sauerstoffquantum  von  rund  100  gm  pro  1  m'  Abwasser,  das  (ohne 
Rücksichtnahme  auf  die  Abhängigkeit  der  Volumgewichte  von  den  jeweils 
herrschenden  Temperaturen  und  Druckverhältnissen)  in  einem  Luftvolumen 
von  rund  340  1  enthalten  ist.  Bei  konzentrierten  städtischen  Abwässern  kann 
dieser  Sauerstoffbedarf  auf  mehr  als  das  Doppelte  steigen;  bei  einem  Per- 
manganatverbrauch von  1200  mg/1,  der  allerdings  nur  von  stark  verunreinigten 
Industrieabwässem  (z.  B.  jenen  von  Bierbrauereien  und  Zuckerfabriken)  er- ' 
reicht  wird,  würde  die  erforderliche  Luftmenge  sogar  ebensogroß  werden  als 
das  Abwasserquantum  selbst 

Es  sind  also  schon  an  sich,  d.  h.  ohne  Rücksicht  auf  etwaige  bei  der 
Reaktion  mitlaufende  sauerstoffzehrende  Nebenprozesse,  stets  bedeutende  Luft- 
volumina zum  Ersätze  des  bei  der  Oxydation  auftretenden  Sauerstoffverbrauches 
notwendig. 

Da  der  freie  Luftsauerstoff  überdies  bei  den  in  Betracht  kommenden 
Temperaturen  nur  geringe  Aktivität  zeigt,  würden  auf  rein  chemischem  Wege 
zustande  kommende  Oxydationen  erst  nach  unverhältnismäßig  langer  Zeit 
ihren  Abschluß  finden.    Dieselben  werden  somit  praktisch  bedeutungslos. 

Hingegen  lassen  sich  durch  Zuziehung  geeigneter  Sauerstoffüberträger, 
unter  denen  sich  anorganische  Katalysatoren,  ungeformte  Fermente  und 
bestimmte  Gruppen  niederer  Lebewesen  befinden,  ganz  wesentliche  Reaktions- 
beschleunigungen erzielen. 

Gelangen  die  genannten  Agentien  in  geschlossenen  Wasserkörpem  zur 
Wirksamkeit,  so  bleibt  der  Verlauf  der  Oxydationsprozesse  immer  noch  ein 
langsamer  und  unvollständiger.  Dies  ist  beispielsweise  bei  der  Selbst- 
reinigung der  Wasserläufe  der  Fall,  bei  der  die  Sauerstoffaufnahme 
lediglich  durch  die  wälzende  Bewegung  des  Wassers  sowie  durch  die  Sauerstoff- 
ausscheidung grüner  Pflanzen,  insbesondere  der  chlorophyllführenden  Algen, 
in  wirksamer  Weise  unterstützt  wird. 

Die  Oxydationsprozesse  vollziehen  sich  erst  wesentlich  rascher,  wenn 
der  zu  reinigende  Wasserkörper  in  kleine  Quantitäten  aufgelöst  mit  der  Ober- 
fläche von  festen  Körpern  in  innige  Berührung  gebracht  wird,  welche  nicht 
nur  den  genannten  Sauerstoffüberträgem  als  Stützpunkte  dienen,  sondern 
auch  selbst  auf  die  Fremdstoffe  eine  besondere  Wirkung  ausüben,  wodurch 
letztere  eine  Anreicherung  in  der  Grenzfläche  der  zur  Berührung  kommenden 
Medien  erfahren. 


502  UI*  ^i®  Kanalisation  der  Ortschaften  etc. 

Bei  den  natürlichen  biologischen  Verfahren,  der  intermittierenden  Boden- 
filtration und  Landberieselung  wird  dies  dadurch  erreicht,  dafi  durchlässige 
entwässerbare  Böden  zeitweilig  Abwässer  zugeführt  erhalten.  Bei  den  künst- 
lichen biologischen  Verfahren  treten  verwitterungsbeständige  Materialien  wie 
Koks,  Schlacke  oder  Gesteinsbrocken  an  Stelle  des  gewachsenen  Bodens. 
Dieselben  werden  entweder  in  wasserdicht  angelegte  Becken  eingeschlossen 
und  periodisch  mit  Abwasser  überstaut  (Füllverfahren),  oder  in  freier  Auf- 
schichtung unter  ständigem  Luftzutritte  vom  Abwasser  überrieselt  (Tropf - 
verfahren). 

Die  sich  hierbei  abspielenden  Vorgänge  können  —  insoweit  sie  für  die 
technische  Durchführung  des  Verfahrens  von  Bedeutung  sind  —  in  folgende 
drei  Stadien  eingereiht  werden: 

I.  Ausscheidung  der  Fremdstoffe: 

a)  durch  rein  mechanische  Sedimentation  und  Zurückhaltung  der 
Suspensa  durch  Oberflächenattraktion,  Klebrigkeit  und  Auf- 
saugungsvermögen der  sich  an  der  rauhen  Materialoberfläche  nach 
und  nach  bildenden  Schleimschicht; 

b)  durch  Adsorption  gelöster  Stoffe  durch  die  genannte  Schicht; 

c)  durch  chemische  Bindung; 

d)  durch  direkte  Resorption  seitens  bestimmter  Lebewesen. 

II.  Umsetzung  der  ausgeschiedenen  Stoffe: 

e)  durch  rein  chemische  Vorgänge  (inkl.  der  Einwirkung  ungeformter 
Fermente); 

f)  durch  die  assimilatorische  und  dissimilatorische  Tätigkeit  der  in 
der  Schleimschicht  angesiedelten  Lebewesen. 

III.  Entfernung  der  gebildeten  Umsetzungsprodukte: 

g)  durch  mechanische  Ausspülung  fester  Stoffe  u.  zw.  von  Mineral- 
substanz, organischen  Abbauprodukten  und  organisierten  Körpern; 

h)  durch  Auslaugung  löslich  gewordener  Verbindungen. 

Diesen  Einzelprozessen  wurde  im  Laufe  der  Zeit  eine  recht  wechselnde 
Bedeutung  beigemessen.  Insbesondere  gilt  dies  bezüglich  der  am  Zustande- 
kommen des  Reinigungsprozesses  beteiligten  Mikroorganismen. 

Nach  der  heute  wohl  nicht  mehr  ganz  zutreffend  als  „englische  Auf- 
fassung" bezeichneten  Anschauung  wurde  die  direkte  Aufnahme  und  Ver- 
arbeitung der  Fremdstoffe  durch  Bakterien  als  das  wesentlichste  Moment 
des  ganzen  Verfahrens  hervorgehoben.  Diese  Vorstellung  erweist  sich  aber 
als  unvereinbar  mit  den  über  den  zeitlichen  Ablauf  des  Prozesses  gewonnenen 
Erfahrungen. 

Die  gerade  entgegengesetzte  Theorie,  welche  mechanisch  physikalischen 
Prozessen  die  primäre  Bedeutung  beilegt,  wird  derzeit  vonBredtschneider^) 
noch  eifrig  verfochten.  Derselbe  geht  von  der  Ansicht  aus,  daß  die  fäulnis- 
fähigen Fremdstoffe  kolloidaler  Natur  seien,  in  den  Abwässern  nur  in  Pseudo- 
lösungen   vorkommen,    daher   auch   auf   rein    mechanischem  Wege    von    der 

1)  Bredtschneider,  Gesundheitsingenieur  XXVIII.  Jahrg.,  No.  8,  9,  11,  15;  XXDC. 
Jahrg.,  No.  11.  13,  37. 


i 


B.  Reinigung  nnd  landwirtschaftliche  Verwertung  der  Abwässer.  503 

Flüssigkeit  trennbar  wären  und  von  der  Schleimschicht  dauernd  festgehalten 
würden. 

Beide  Theorien  können  nur  beschränkte  Teile  des  ganzen  Erscheinungs- 
komplexes in  ungezwungener  Weise  erklären  und  müssen  daher  als  unzu- 
reichend bezw.  unzutreffend  bezeichnet  werden. 

Erst  die  Arbeiten  Dunbars ^)  vermochten  ein  zutreffendes  allgemeines 
Bild  des  Reinigungsvorganges  zu  entwerfen. 

Nach  diesem  Forscher  ist  die  Aufnahme  der  gelösten  Stoffe  durch 
Adsorption  als  primärer  Vorgang  anzusehen.  An  diesen  schließen 'sich  die 
Umsetzung  der  ausgeschiedenen  Stoffe  durch  Mikroorganismentätigkeit 
und  parallelgehend  eine  Regeneration  des  Adsorptionsvermögens  als 
wesentlichste  Momente  für  den  biologischen  Reinigungsprozeß.  Die  mechanische 
Sedimentation  sowie  die  Möglichkeit  einer  direkten  Resorption  gelöster  Stoffe 
durch  Mikroorganismen  kommt  somit  nur  als  untergeordnete  Teilwirkmig  in 
Betracht. 

Die  Adsorptionserscheinungen  sind  mit  der  Bildung  eines  Wasser- 
häutchens  auf  der  adsorbierenden  Substanz  in  Zusammenhang  zu  bringen, 
das  sich  unter  der  Wirkung  von  Kohäsionskräften  in  stark  komprimiertem 
Zustande  befindet.  2)  Das  Bestehen  eines  solchen  Spannungszustandes  wird 
durch  eine  starke  Wärmeentwicklung  gelegentlich  der  Benetzung  fein  ver- 
teilter, unlöslicher  Körper  durch  Flüssigkeiten  wahrscheinlich  gemacht.^) 

Die  Adsorption  gelöster  Stoffe  durch  dieses  Wasserhäutchen  würde  sich 
dann  dadurch  erklären,  daß  Stoffe,  deren  Löslichkeit  mit  steigendem  Drucke 
zunimmt,  im  Benetzungshäutchen  angesammelt  werden,  wohingegen  Stoffe, 
deren  Löslichkeit  mit  Druckzunahme  sinkt,  die  Tendenz  besitzen,  aus  dem 
Wasserhäutchen  auszuwandern. 

Adsorptionserscheinungen  selbst  sind  längst  bekannt  und  in  der  Tech- 
nologie vielfach  praktisch  verwertet.  Das  spezifische  Verhalten  zwischen  den 
in  den  Abwässern  regelmäßig  anzutreffenden  Fremdstoffen  und  den  zum  Aufbau 
von  Oxydationskörpem  in  Betracht  kommenden  Materialien  wurde  bereits 
von  verschiedenen  Forschern  eingehend  studiert.  Insbesondere  hat  Dzier- 
zgowsky*)  eine  umfassende  Reihe  diesbezüglicher  Versuche  veröffentlicht. 

Aus  all  diesen  Untersuchungen  geht  hervor,  daß  schon  das  Körper- 
material (Koks,  Schlacke  u.  dergl.)  einzelnen  Stoffen  gegenüber  ein  beträcht- 
liches Adsorptionsvermögen  äußert.  Dasselbe  findet  aber  eine  ganz  wesentliche 
Steigerung,  wenn  sich  auf  den  einzelnen  Materialbrocken  bei  längerem  Betriebe 
ein    quellbarer,    klebriger   Überzug   gebildet   hat,    der    aus   mechanisch    fest- 

^)  Die  zahlreichen  Originalarbeiten  Danbars  und  seiner  Mitarbeiter  am  Hamburger 
Hygienischen  Institute  sind  größtenteils  im  Gesundheitsingenieur  erschienen.  Eine  Zusammen- 
fassung derselben  findet  sich  in  dessen  „Leitfaden  für  die  Abwasserreinigungsfrage" 
(1907  in  Oldenbourgs  Verlag,  München,  erschienen),  eine  kürzere  Darstellung  in  No.  46  u.  47 
des  Jahrgangs  LVIII  (1906)  der  Zeitschrift  des  Österr.  Ingenieur-  und  Architektenvereines. 

")  W.  Nernst,  Theoretische  Chemie.     Stuttgart  1907,  Enckes  Verlag. 

')  A.  Mitscherlich,  Bodenkunde.     Berlin  1905,  Verlag  von  Paul  Parey. 

*)  Dzierzgowsky,  Zur  Theorie  künstlicher  biologischer  Filter.  Gesundheitsingenieur 
XXX.  Jahrg.,  No.  1  u.  2. 


504  m«  ^i®  Kanalisation  der  Ortschaften  etc. 

gehaltener  organischer  Substanz,  Bakterienzoogloeen  u.  dergl.  besteht  und 
zahllose  Kleinlebewesen  beherbergt.  Diesem  Belag  wird  eine  wabige  Stuktur 
und  daher  auch  eine  besonders  große  Oberflächenentwicklung  zugeschrieben, 
durch  welche  sich  das  experimentell  nachgewiesene  hohe  Adsorptionsvermögen 
erklärt.  Auch  ist  die  Annahme  berechtigt,  daß  der  von  diesem  Benetzungs- 
häutchen  reichlich  adsorbierte  Sauerstoff  in  Ozon  übergeführt  werde,  wodurch 
nicht  nur  ein  ansehnliches  Sauerstoffreservoir,  sondern  auch  ein  besonders 
aktiver  Zustand  geschaffen  würde. 

Trotz  seines  hohen  Adsorptionsvermögens  könnte  das  Benetzungs- 
häutchen  nur  kurze  Zeit  hindurch  auf  die  mit  ihm  in  Berührung  kommenden 
Fremdstoffe  fixierend  wirken,  wenn  letztere  nicht  auch  unter  Mitwirkung  von 
Mikroorganismen  abgebaut  und  oxydiert  würden.  Hierdurch  erlangen  dieselben 
ihre  Löslichkeit  wieder  und  werden  ausgelaugt.  Hiermit  erscheint  aber  auch 
das  Aufnahmevermögen  neuerlich  regeneriert. 

Gerade  dieser  auf  biologischem  Wege  zustandekommende  Regenerations- 
prozeß ist  für  das  ganze  Verfahren  typisch.  Denn  während  bei  allen  anderen 
Reinigungsmethoden  die  ausgeschiedenen  Stoffe  nachträglich  noch  durch 
besondere  Maßnahmen  unschädlich  gemacht  werden  müssen,  erfolgt  hier 
parallelgehend  mit  der  Ausscheidung  auch  der  Abbau  zu  an  sich  schon  stabilen 
Endprodukten. 

Ein  technisch  wichtiges  Moment  mag  hier  noch  ganz  besonders  hervor- 
gehoben werden.  Im  Dauerbetriebe  eines  Oxydationskörpers  steht  die  Auf- 
nahmefähigkeit für  gelöste  Stoffe  in  engstem  Zusammenhange  mit  dem 
Regenerationsvermögen.  Denn  eine  Aufnahme  hört  auf,  wenn  die  Stoffzufuhr 
so  rasch  und  reichlich  oder  bei  so  unzulänglichem  Sauerstoffzutritt  stattfindet, 
daß  Abbau  und  Regeneration  nicht  mehr  gleichen  Schritt  zu  halten  vermögen. 
Dann  schwindet  allmählich  das  Adsorptionsvermögen  gänzlich  und  die  Ab- 
wässer passieren  den  Oxydationskörper,  ohne  gelöste  Stoffe  an  denselben 
abzugeben,  d.  h.  ohne  eine  Reinigung  zu  erfahren.  In  diesem  Falle  wird 
zwar  der  biologische  Körper  funktionslos,  doch  braucht  derselbe  noch  keinen 
dauernden  Schaden  zu  nehmen.  Denn  wenn  ihm  rechtzeitig  eine  vollständige 
Ruhepause  oder  doch  wenigstens  ein  schonender  Betrieb  gewährt  wird,  so 
erreicht  auch  das  Adsorptionsvermögen  allmählich  seine  ursprüngliche  Leistungs- 
fähigkeit zurück. 

Anders  verhält  es  sich  hinsichtlich  der  ungelösten  organischen  Stoffe. 
Was  von  diesen  im  biologischen  Körper  rein  mechanisch  zurückgehalten  wird, 
steht  nicht  in  direktem  Abhängigkeitsverhältnisse  mit  dessen  Verarbeitungs- 
vermögen. Es  kann  daher  auch  fortgesetzt  mechanische  Ausscheidung  statt- 
finden, wenn  das  Abbauvermögen,  das  sich  ja  auch  auf  ungelöste  Stoffe  er- 
streckt, schon  längst  überschritten  ist.  Hier  übt  also  der  Körper  zwar  noch 
eine  zurückhaltende  Wirkung,  die  sich  anfänglich  sogar  in  einer  gesteigerten 
Aufnahmsfähigkeit  für  gelöste  Stoffe  äußert,  doch  vollzieht  sich  diese  An- 
häufung unverarbeiteter  Rückstände  nicht  ohne  Rückschlag.  Letztere  werden 
zunächst  seine  Durchlüftbarkeit  herabsetzen  und  hiermit  seine  regelmäßige 
Arbeit  mehr  und  mehr  stören,  so  daß  rasch  die  ganze  Funktionsfähigkeit  ver- 
loren geht  und  die  Oxydationsprozesse  durch  Fäulnisvorgänge  verdrängt  werden. 


B.  Reinigung  und  landwirtschaftliche  Verwertung  der  Abwässer.  505 

Diese  üblen  Folgen  einer  Überlastung  mit  ungelösten  Stoffen  sind  sogar 
weit  gefährlicher  als  eine  Störung  des  Adsorptionsvermögens.  Denn  dieselben 
lassen  sich  auch  durch  Einschaltung  von  Ruhepausen  zumeist  nur  unvoll- 
kommen und  vorübergehend  beheben.  Gewöhnlich  aber  wird  ein  vollständiger 
Abbruch,  Waschung  des  Materiales  und  ein  Neuaufbau  des  ganzen  Körpers 
erforderlich. 

Hieraus  läßt  sich  die  Wichtigkeit  erkennen,  welche  eine  gründliche  Vor- 
reinigung in  Form  einer  möglichst  vollkommenen  Entfernung  aller  Suspensa 
für  die  Aufrechterhaltung  der  Betriebsfähigkeit  biologischer  Körper  besitzt. 

Eine  Gruppe  geformter  Stoffe  läßt  sich  allerdings  nie  vollständig  von 
dem  Körper  fernhalten,  nämlich  die  sich  in  Milliarden  ansiedelnden  Lebe- 
wesen, denen  er  sein  Regenerationsvermögen  verdankt.  Ein  nicht  unbeträcht- 
licher Teil  derselben,  u.  zw.  in  erster  Linie  Bakterien,  wird  ständig  mit  den 
Abflüssen  ausgewaschen.  Aber  gerade  die  höheren  Organismen,  wie  Würmer, 
Insektenlarven  u,  dergl.,  deren  Leiber  ganz  gewaltige  Substanzmengen 
repräsentieren,  und  die  vielfach  im  biologischen  Körper  ihr  Dasein  beginnen 
und  abschließen,  können  gelegentlich  zu  besonderen  Mißständen  führen.  Dies 
tritt  ein,  wenn  durch  Zufuhr  von  Giftstoffen  oder  durch  Kohlensäureanhäufung 
die  ganze  Flora  und  Fauna  des  Körpers  abstirbt  oder  wenn,  wie  dies  bei 
Tropfkörpern  zu  beachten  ist,  zu  gewissen  Jahreszeiten  bestimmte  Arten 
gleichzeitig  untergehen.  Solche  Katastrophen  erfordern  eine  besondere  Vor- 
sicht in  der  Nachbehandlung  der  Abflüsse. 

Aus  den  bisherigen  Ausführungen  geht  hervor,  daß  für  die  Abwicklung 
des  biologischen  Oxydationsprozesses  zwei  Faktoren  von  grundlegender 
Bedeutung  sind,  nämlich  die  Darbietung  großer  Oberflächen  als  Sitz 
der  Absorptionskräfte  und  eine  Erleichterung  des  Sauerstoff- 
zutrittes zur  Unterhaltung  der  Regenerationsvorgänge.  Beide 
Faktoren  lassen  sich  in  einem  Medium  von  beschränkter  räumlicher  Aus- 
dehnung nicht  gleichsinnig  steigern.  Denn  einer  weitgehenden  Verminderung 
der  Korngröße  des  Materiales,  der  bei  nicht  zu  großer  Verschiedenheit  in 
Größe  und  Form  der  einzelnen  Konstituenten  ein  ziemlich  konstantes  Gesamt- 
hohlraumvolumen bei  rascher  Zunahme  der  Gesamtoberfläche  entspricht,  bedingt 
stets  einen  wachsenden  Widerstand  gegen  die  Durchlüftbarkeit. 

Letzterer  beginnt  sich  insbesondere  dann  schwer  fühlbar  zu  machen, 
wenn  die  zwischen  den  einzelnen  Teilchen  verbleibenden  Zwischenräume 
unter  jene  Größenordnung  herabsinken,  in  der  bereits  kapillare  Zurückhaltung 
des  Wassers  erfolgt.  Denn  dann  entzieht  sich  die  vollständige  Entwässerung 
mehr  und  mehr  der  willkürHchen  Handhabung. 

Hieraus  ergibt  sich,  daß  die  natürlichen  biologischen  Verfahren,  welche 
mit  weit  geringeren  Körnergrößen  arbeiten  als  Füll-  und  Tropfkörper,  quan- 
titativ nur  weit  geringer  beansprucht  werden  dürfen,  da  ihre  Durchlüftungs- 
und Regenerierungspausen  beträchtlich  länger  bemessen  werden  müssen. 
Ebenso  folgt,  daß  schwere  Böden  mit  einem  hohen  Gehalte  an  tonigen  Teilen, 
dicht  gelagerte  feinkörnige  Sande  sowie  insbesondere  Moor-  und  Torfböden, 
die  sämtlich  eine  hohe  absolute  Wasserkapazität  besitzen,  als  biologische 
Körper  unverwendbar  sind. 


506  ^*  ^^^  Kanalisation  der  Ortschaften  etc. 

Es  wurde  schon  angedeutet,  daß  beim  FüUverfahren,  bei  dem  die  Ab- 
wässer in  die  Oxydationskörper  eingestaut  werden,  zwischen  die  einzelnen 
Beschickungen  Ruhepausen  eingeschaltet  werden  müssen,  in  denen  die 
Regenerierung  des  Aufnahmevermögens  vor  sich  geht,  während  beim  Tropf- 
verfahren im  normalen  Betriebe  zumeist  eine  kontinuierliche  Abwasserzufuhr 
und  Ableitung  stattfindet,  so  daß  hier  die  nie  vollgefüllten  Hohlräume  einen 
ständigen  Luftzutritt  ermöglichen. 

Aus  dieser  Betriebsführung  ergibt  sich  ein  nicht  zu  übersehender  Unter- 
schied in  der  Arbeitsweise  von  Füll-  bezw.  Tropfkörpern. 

In  einem  vollkommen  eingearbeiteten,  gut  durchlüftbaren  FoUkörper,  der 
rasch  mit  Abwasser  beschickt  wird,  unterliegt  das  Material  der  ganzen  Tiefe 
nach  fast  vollkommen  gleichen  Bedingungen.  Denn  in  den  oberen  wie  unteren 
Körperschichten  werden  gleich  starke  Absorptionskräfte  auf  eine  Flüssigkeit 
von  ziemlich  gleichartiger  Beschaffenheit  zur  Einwirkung  gelangen.  Ein 
Stillstand  in  der  Wechselwirkung  zwischen  Adsorbens  und  Absorbendus  wird 
also  entweder  erst  nach  vollständiger  Entfernung  der  aufnehmbaren  Stoffe 
(wofür  theoretisch  allerdings  ein  unendlich  langer  Zeitraum  erforderlich  wäre), 
oder  aber  nach  Erschöpfung  der  aufnehmenden  Kräfte  eintreten.  Es  wird 
also  insbesondere  im  zweiten  Falle  stets  nur  ein  partieller  Reinigungserfolg 
erzielt  werden  können.  Dies  wird  um  so  mehr  dann  eintreten,  wenn  die 
tieferen  Schichten  des  Füllmateriales  zufolge  ungünstiger  Entwässerungs-  und 
Durchlüftungsverhältnisse  in  ihrem  Regenerationsvermögen  beeinträchtigt  sind. 

Anders  liegen  die  Verhältnisse  im  Tropfkörper.  Hier  wird  das  Wasser 
auf  seinem  Wege  in  die  Tiefe  durch  allmähliche  Abgabe  der  Fremdstoffe  an 
die  oberen  Schichten  in  zunehmendem  Reinheitsgrade  mit  den  unteren  Körper- 
zonen in  Berührung  kommen.  Da  letztere  —  vollkommene  Einarbeitung  des 
Körpers  vorausgesetzt  —  noch  ein  hohes  ungesättigtes  Adsorptions  vermögen 
äußern  werden,  wird  hier  dem  zunehmenden  Sättigungsdefizit  entsprechend 
sogar  eine  stärkere  Wechselwirkung  zu  erwarten  sein,  als  zwischen  den  oberen 
in  ihrer  Aufnahmsfähigkeit  erschöpften  Körperzonen  und  den  konzentrierteren 
Schmutzwässern. 

Im  Tropfkörper  sind  daher  die  Bedingungen  zu  einer  weit  vollkommeneren 
Reinigung  geboten,  als  in  einem  einstufigen  Füllkörper  bei  gleicher  Belastung 
mit  Abwasser. 

Erst  durch  Anlage  mehrstufiger  Füllkörper,  d.  i.  durch  Hinter- 
einanderschaltung mehrerer  Becken,  welche  dann  auch  jene  am  Tropfkörper 
hervorgehobene  und  durch  eine  Verschiedenheit  in  Flora  und  Fauna  gekenn- 
zeichnete zonale  Differenzierung  der  Arbeitsleistung  aufweisen,  lassen 
sich  auch  mit  dem  Füllverfahren  gleich  durchgreifende  Reinigungseffekte 
erzielen. 

Ahnliche  Erwägungen  lassen  erkennen,  daß  es  theoretisch  unrichtig  ist, 
mehrstufige  Füllkörper  mit  gleicher  Korngröße  anzulegen.  Vielmehr  sollen 
die  primären  Körper,  welche  zufolge  der  in  ihnen  zur  Ausscheidung  gelangenden 
suspendierten  Stoffe  ohnehin  eine  relativ  stärkere  Belastung  erfahren  und 
daher  auch  besonders  gut  durchlüftbar  sein  müssen,  um  ihre  volle  Aktivität 
zu    bewahren,    stets    mit   gröberem    Korn    angelegt   werden.     Denn   in   den 


B.  Reinigung  und  landwirtschaftliche  Verwertung  der  Abwässer.  507 

sekundären  Körpern  ist  eine  Verschlammung  durch  Suspensa  weit   weniger 
zu  befürchten. 

Auf  die  Zwischenstellung,  welche  die  intermittierende  Filtration  und  der 
Rieselfeldbetrieb  zwischen  dem  Füllverfahren  und  dem  Tropfverfahren  ein- 
nehmen, wird  gelegentlich  der  Besprechung  der  erstgenannten  Verfahren  noch 
zurückgekommen  werden. 

Im  Anschlüsse  seien  noch  die  mit  den  verschiedenen  Durchführungs- 
formen des  Oxydationsverfahrens  erzielbaren  Reinigungseffekte  bezw.  deren 
Beurteilung  auf  Grund  chemischer  und  bakteriologischer  Untersuchungen 
charakterisiert. 

Hinsichtlich  der  Zurückhaltung  suspendierter  Stoffe  erweist  sich  die 
Behandlung  auf  gewachsenem  Boden  am  leistungsfähigsten,  wie  dies  angesichts 
des  hierbei  wirksamen  Filtrations Vermögens  des  feinen  Materiales  und  seiner 
geringen  quantitativen  Beanspruchung  wohl  nicht  anders  zu  erwarten  ist.  Die 
Abflüsse  künstlicher  biologischer  Körper  führen  bei  sachgemäßer  Handhabung 
des  Betriebes  stets  geringe  Mengen  ungelöster  Stoffe,  die  aber  keineswegs 
mit  den  in  den  Abwässern  zugeführten  fäulnisfähigen  Schmutzstoffen  identisch 
sind,  sondern  zumeist  aus  schwer  zersetzbaren  Abbauprodukten  von  humus- 
artiger Beschaffenheit  bestehen.  Daneben  finden  sich  auch  mineralische  Ver- 
witterungsprodukte des  Körpermateriales.  All  diese  Stoffe  verursachen  weder 
nach  Menge  noch  Beschaffenheit  besondere  Mißstände,  und  lassen  sich  durch 
Sedimentation  oder  eine  Nachfiltration  durch  Sand  leicht  aus  den  Abflüssen 
entfernen,  wonach  die  letzteren  meist  ein  vollkommen  farbloses,  klares  End- 
produkt darstellen.  Bei  Tropfkörpern  ist  das  Quantum  der  ausgeschwemmten 
Stoffe  meist  etwas  größer  und  enthalten  dieselben,  wie  schon  bemerkt,  zeit- 
weise auch  größere  Mengen  von  Kadavern  kleinerer  Lebewesen,  welche  dann 
unbedingt  ausgeschieden  werden  sollten,  um  keine  ungünstige  Rückwirkung 
auf  die  Abflüsse  bezw.  den  Vorfluter  auszuüben. 

Bezüglich  der  gelösten  Stoffe  ist  vor  allem  zu  bemerken,  daß  der  Aus- 
druck „gereinigt"  keineswegs  absolut,  d.  i.  im  Sinne  einer  vollständigen 
Entfernung  aller  Fremdstoffe,  sondern  lediglich  in  bezug  auf  deren  Un- 
schädlichkeit aufgefaßt  werden  darf.  Unter  dieser  Einschränkung  werden 
unter  der  heute  herrschenden  Anschauung  schon  alle  jene  Wässer  als  hin- 
länglich gereinigt  angesehen,  welche,  im  unverdünnten  Zustande  bei  Luft- 
abschluß und  normaler  Zimmertemperatur  längere  Zeit  hindurch  aufbewahrt, 
der  stinkenden  Fäulnis  nicht  mehr  anheimfallen. 

Die  Versuche,  den  Punkt,  bis  zu  dem  die  Abwasserreinigung  getrieben 
werden  muß,  um  dieser  Anforderung  zu  entsprechen,  auf  chemischem  Wege 
festzustellen,  sind  lange  Zeit  erfolglos  geblieben.  Die  Bestimmung  des  Glüh- 
verlustes sowie  der  Herabsetzung  des  Gehaltes  an  organischem  Stickstoff  und 
Kohlenstoff  zwischen  Rohwasser  und  gereinigtem  Wasser  konnte  diesbezüglich 
keinen  sicheren  Anhaltspunkt  liefern.  Relativ  am  besten  bewährte  sich  noch 
die  Ermittlung  der  Herabsetzung  der  Oxydierbarkeit,  durch  den  Permanganat- 
verb rauch  (nach  Kübel)  gemessen,  insbesondere  seitdem  Dunbar  auf  Grund 
vergleichender  Beobachtungen  darauf  aufmerksam  machen  konnte,  daß 
städtische  Abwässer  im  allgemeinen   der  stinkenden  Fäulnis  nicht  mehr 


508  I^^*  ^i^  Kanalisation  der  Ortschaften  etc. 

anheimfallen,  wenn  die  Oxydierbarkeit  durch  das  Reinigungsverfahren  um 
60 — 65  ^/o  herabgesetzt  wurde.  Da  gerade  diese  Verhältniszahlen  erfahrungs- 
gemäß vielfach  falsch  aufgefaßt  werden,  sei  auf  die  Bedeutung  derselben  etwas 
näher  eingegangen.  Bei  der  Beurteilung  des  Verunreinigungsgrades  eines 
Abwassers  ist  wohl  zu  unterscheiden  zwischen  den  einzelnen  verschieden 
leicht  zersetzbaren  Fremdstoffen  und  der  Konzentration,  in  der  dieselben  auf- 
treten. Bei  rein  städtischen  Abwässern,  deren  Verunreinigung  im  großen 
ganzen  denselben  Ursprung  hat,  wird  das  Stoffgemisch  selber  zumeist  weit 
geringeren  Schwankungen  unterworfen  sein,  als  seine  Konzentration.  Finden 
sich  z.  B.  in  einem  Rohwasser  die  Stoffe  ö,  ^,  c,  welche  durch  das  Reinigungs- 
verfahren in  die  höher  oxydierten  Verbindungen  a\  b\  &  übergeführt  werden, 
während  zu  einer  anderen  Zeit  oder  an  einem  anderen  Orte  zwar  im  Roh- 
wasser dieselben  Stoffe,  aber  in  anderen  Mengenverhältnissen  ma,  nb,  pc^ 
und  im  Reinwasser  die  entsprechenden  Abbauprodukte  ma\  nb\  pc*  anzutreffen 
seien,  so  kann  der  Reinigungserfolg  in  beiden  Fällen  ein  befriedigender  sein, 
trotzdem  die  Summe  der  Rückstände  ma*  +  nb' -{- pc*  sogar  größer  sein  kann, 
als  der  Anfangsgehalt  a  +  b  +  c  der  Schmutzstoffe  im  Rohwasser  von  geringerer 
Konzentration. 

Die  Herabsetzung  der  Oxydierbarkeit  um  60 — 65  ^/q  kann  demgemäß 
auch  lediglich  als  kritischer  Punkt  für  städtische  Abwässer  gelten, 
und  würden  für  die  verschiedenen  Gattungen  von  Industrieabwässern  beson- 
dere Grenzwerte  aufgestellt  werden  müssen.  Hierzu  fehlen  aber  derzeit  noch 
die  erforderlichen  Unterlagen.  Übrigens  ist  es  Dunbar  und  seinen  Mit- 
arbeitern^) gelungen,  den  Nachweis  dafür  zu  erbringen,  daß  der  für  städtische 
Abwässer  angegebene  Grenzwert  jenem  Abbaustadium  entspricht,  bei  der  die 
organischen  Schwefel  enthaltenden  organischen  Stoffe  so  weit  zersetzt 
sind,  daß  keine  Schwefelwasserstoff-Entwicklung  mehr  auftritt,  ein  Gas,  dessen 
Bildung  für  das  Auftreten  stinkender  Fäulnis  charakteristisch  ist. 

Die  Erreichung  dieses  Stadiums  läßt  sich  durch  ein  überaus  empfind- 
liches Reagens,  das  Carosche  Methylenblau,  durch  welches  Schwefel- 
wasserstoffmengen von  0,01  mg/1  noch  nachweisbar  sind,  in  schärferer  und 
gleichzeitig  wesentlich  einfacherer  Weise  bestimmen,  als  durch  die  umständ- 
liche Oxydierbarkeitsermittlung. 

Dieser  Reinigungsgrad  läßt  sich  mit  sämtlichen  Durchführungsweisen 
des  biologischen  Verfahrens  leicht  erreichen;  zumeist,  namentlich  beim  Riesel- 
feldbetrieb und  der  intermittierenden  Bodenfiltration,  liegt  der  erzielte  End- 
effekt sogar  wesentlich  höher.  Hier  ist  eine  Herabsetzung  der  Oxydierbarkeit 
um  mehr  als  90  ^/^  nichts  außergewöhnliches. 

Mit  der  Beseitigung  der  Fäulnisfähigkeit  der  Abwässer  ist  aber  auch 
jener  Punkt  erreicht,  von  dem  an  die  weiterhin  sich  selbst  überlassenen  oder 
einem  Vorfluter  zugeleiteten  Abflüsse  ihre  Beschaffenheit  unmöglich  wieder 
verschlechtern  können,  wie  dies  z.  B.  bei  der  Kalkklärung  der  Fall  ist 
Dieselben  werden  vielmehr  auf  dem  Wege  der  Selbstreinigung  noch  eine 
fortschreitende  Verbesserung  erfahren. 

^)  Dr.  Korn  und  Dr.  Kam  mann,  Der  Hamburger  Test  auf  Fänlnisfahigkeit.  Gesond- 
heitsingenieur  XXX.  Jahrg.,  No.  11. 


B.  Reinigung  und  landwirtschaftliche  Verwertung  der  Abwässer.  509 

Vielfach  wird  auf  die  Anwesenheit  von  Nitraten  in  den  Abflüssen  ein 
besonderes  Gewicht  gelegt.  Jedenfalls  bilden  diese  auch  koloriraetrisch  leicht 
nachweisbaren  Endprodukte  der  Mineralisierung  des  organischen 
Stickstoffes  einen  wichtigen  Indikator  für  die  gute  Funktion  der  Reinigungs- 
anlage. Denn  zufolge  ihrer  leichten  Reduzierbarkeit  ist  ihr  Bestand  in  Wässern, 
in  denen  noch  eine  lebhafte  Sauerstoffzehrung  vor  sich  geht,  unmöglich.  In 
diesem  Sinne  muß  das  Auftreten  der  Nitrate  auch  als  wünschenswert  be- 
zeichnet werden. 

Was  schließlich  den  Gehalt  an  Keimen  betrifft,  so  stehen  auch  hier 
die  Abflüsse  der  nach  dem  natürlichen  biologischen  Verfahren  betriebenen 
Anlagen  obenan.  Eine  Herabsetzung  der  Keimzahl  auf  wenige  hundert  In- 
dividuen, die  man  früher  den  Rieselfeldern  zumutete,  läßt  sich  allerdings  im 
Dauerbetriebe  kaum  erzielen,  und  wird  auch  nicht  mehr  als  erforderlich  be- 
trachtet. Wenngleich  die  Herabsetzung  der  Individuenzahl  eine  erhebliche 
ist,  so  gilt  dies  nicht  gleicherweise  bezüglich  der  vertretenen  Arten,  denn  in 
dieser  Hinsicht  unterscheiden  sich  die  Abflüsse  kaum  von  den  Rohwässem. 
Trotzdem  ist  bisher  noch  kein  Fall  zu  verzeichnen,  in  dem  eine  biologische 
Reinigungsanlage  zum  Ausgangspunkte  einer  Infektion  geworden  wäre. 
Immerhin  ist  schon  bei  der  Projektierung  darauf  Rücksicht  zu  nehmen,  die 
Abflüsse  einer  künstlichen  biologischen  Anlage  zum  mindestens  in  Epidemie- 
zeiten einer  Desinfektion,  die  sich  schon  während  der  Abwicklung  des  Ver- 
fahrens oder  in  Form  einer  Nachbehandlung  durchführen  läßt,  unterwerfen 
zu  können.     Hierüber  folgen  noch  spezielle  Angaben. 

b)  Bauliche  Einrichtung  und  Betrieb  der  Fullkörper. 

Hinsichtlich  der  Eignung  verschiedener  Materialien  zum  künst- 
lichen Aufbau  von  biologischen  Körpern  wurde  bereits  als  Grundforderung 
eine  hohe  Widerstandsfähigkeit  gegen  Verwitterung  angeführt.  Auch 
wurde  schon  der  Umstand  betont,  daß  rauhe  Oberflächenbeschaffenheit  für 
die  Ausbildung  und  das  Festhaften  des  für  die  volle  Leitungsfähigkeit  des 
Körpers  unumgänglich  notwendigen  schleimigen  Überzuges  (vielfach  auch 
Rasen  oder  Rasenbelag  genannt)  besonders  günstig  ist  und  daher  die  „Ein- 
arbeitung" beschleunigt. 

Harte  Schlacke  und  Koks  stehen  in  dieser  Richtung  obenan;  ihnen 
folgen  Ziegelbrocken  und  Schlägelschotter,  während  glatter  Fluß- 
schotter und  Kies  an  letzte  Stelle  zu  setzen  wäre.  Auch  hinsichtlich  des 
dargebotenen  Hohlraumvolumens  verhalten  sich  die  letztgenannten  Materialien 
ungünstiger,  da  sich  glatte,  abgerundete  Elemente  dichter  aneinanderlegen 
als  rauhe,  zackige  Fragmente. 

Auf  eine  bestimmte  chemische  Zusammensetzung,  insbesondere  den 
früher  vielfach  als  wünschenswert  angesehenen  Eisengehalt,  wird  heute  kein 
besonderes  Gewicht  mehr  gelegt.  Denn  eine  geringere  spezifische  Eignung 
eines  örtlich  leicht  und  billig  zu  beschaffenden  Materials  läßt  sich  durch 
eine  schwächere  Beanspruchung  der  Volumseinheit  durch  entsprechende  Ver- 
größerung der  Gesamtkubatur,  oder  durch  Wahl  einer  kleineren  Komdimension 
leicht  ausgleichen. 


510 


in.  Die  Kanalisation  der  Ortschaften  etc. 


Bei  den  genannten  Materialien  schwankt  das  absolute  Hohlraumvolumen, 
das  bei  nicht  zu  verschiedener  Gestalt  der  EinzelstOcke  von  deren  Dimen- 
sionen unabhängig  ist  (bei  Kugeln  von  gleichem  Radius  würde  dasselbe  bei 
dichtester  Lagerung  rund  27  ^Jq  betragen),  zwischen  35 — 50  *>/q.  Ein  Teil  des- 
selben wird  aber  im  Dauerbetriebe  nicht  nutzbar,  weil  selbst  das  gröbste 
Material  noch  eine  gewisse  Wasserkapazität  äußert.  Von  weitaus  größerer 
Bedeutung  ist  aber  die  im  Betriebe  mit  dem  Anwachsen  des  Rasenbelages 
und  der  fortschreitenden  Verschlammung  parallelgehende  Volumsverminderung. 
Daher  pflegt  man  den  Berechnungen  zumeist  nur  ein  nutzbares  Hohlraum- 
volumen von  80  ^/o  zugrunde  zu  legen. 

Unter  dieser  Voraussetzung  vermag  1  m*  Füllkörpermaterial  bei  jeder 
Beschickung  300  1  aufzunehmen. 

Bezeichnet: 

n  die  Anzahl  der  Beschickungen  pro  Tag, 
z  die  Anzahl  der  zu  durchlaufenden  Stufen, 
so  vermag  1  m*  Füllkörper  pro  Tag  eine  Abwassermenge  von: 

*    z 
zu  verarbeiten. 

Hiernach   ist  zur  Verarbeitung  von  1  m*  Abwasser  die  Materialmenge: 

m  =  3,33  -  m^ 
erforderlich. 

Die  Zahl  der  Beschickungen  und  Stufen  schwankt  bei  den  praktischen 
Ausführungen  zwischen  1—3. 

Hieraus  ergibt  sich  als  Materialbedarf  pro  1  m'  Abwasser: 


Anzahl 
der 

Materialbedarf  in  m*  pro  1  m'  Ab- 
wasser bei  einer  Stnfenzahl  von 

Beschickungen 

1 

2 

3 

1 
2 
3 

3,35 
1,70 
1,10 

6,70 
3,35 
2,20 

10,00 
6,00 
3,30 

Für  normale  und  dünne  städtische  Abwässer  (entsprechend  einem 
Wasserverbrauch  von  100  1  pro  Kopf  und  darüber)  kann  man  bei  einstufigen 
Anlagen  mit  2  Beschickungen  pro  Tag  rechnen  und  bei  zweistufigen 
Ausführungen  auf  3  Füllungen  hinaufgehen.  Dreistufige  Anlagen  sind  zu- 
folge ihrer  hohen  Kosten  bisher  nur  ganz  vereinzelt  ausgeführt  worden 
(z.  B.  Hampton  in  England). 

Zur  Behandlung  konzentrierter  Abwässer  macht  Imhoff^)  den  Vorschlag, 
pro  Kopf  der  angeschlossenen  Bevölkerung  (ohne  Rücksicht  auf  die  Stufenzahl) 
mindestens  130  1  Füllmaterial  in  Ansatz  zu  bringen. 

^)  Imhoffy  Die  biologische  Abwasserreinigung  in  Deutschland;  Mitteilungen  der  KgL 
PrüfungsansUlt  etc.  etc.  Heft  7  (1906). 


B.  Reinigung  und  landwirtschaftliche  Verwertang  der  Abwässer.  511 

Beträgt  der  tägliche  Wasserverbrauch  pro  Kopf  q  1,  so  wird  1  m*  Ab- 

1000 
Wasser  von  Personen   produziert,    demnach   wäre  pro   1  m*  Abwasser 

das  Materialquantum: 

130     . 
nt  = nr 

q 

erforderlich.    Durch  Verbindung  mit  der  früher  entwickelten  Gleichung  ergibt 
sich  hieraus: 

w  = =  3,33-. 

q  =  39  4  -  ^  40  -  • 

In  dieser  Form  lassen  sich  die  Beziehungen  zwischen  dem  Wasser- 
verbrauch und  der  Zahl  der  Stufen  und  Beschickungen  leicht  überblicken. 
So  ersieht  man,  daß  bei  einstufigen  Anlagen  und  einem  Wasserverbrauch 
von  ^  ^  40  1  sich  weniger  als  eine  tägliche  Beschickung  ergeben  würde. 
Da  ein  derartiger  Betrieb,  wie  noch  gezeigt  werden  wird,  eine  zu  große 
Beckenzahl  erfordern  würde,  wird  man  —  falls  die  Gefällsverhältnisse  dies 
zulassen,  auch  hier  immer  2  Stufen  anlegen. 

In  diesen  lassen  sich  die  einem  Wasserverbrauche  von  20 — 40  1  pro 
Kopf  und  Tag  entstammenden  Zuflüsse  in  1 — 2  Beschickungen,  jene  von 
40 — 60  1  pro  Kopf  in  2 — 3  Beschickungen  bewältigen.  Für  ^  ^  60  1  wären 
zweistufige  Anlagen  bereits  nach  dem  früher  gegebenen  Schema  zu  berechnen. 
Für  q  =  40 — 80  1  ergeben  auch  einstufige  Anlagen  schon  1 — 2  Beschickungen 
pro  Tag. 

Das  erforderliche  Körpermaterial  ist  beim  Füllverfahren  stets  auf 
mehrere  Einzelbecken  zu  verteilen,  deren  Zahl  mit  Rücksicht  auf  die 
Schwankungen  der  Zuflußmenge  und  die  Anzahl  der  täglichen  Be- 
schickungen zu  ermitteln  ist. 

Jede  einzelne  Beschickung  umfaßt  die  Füllung,  das  Vollstehen,  die 
Entleerung  und  die  Lüftung  des  entleerten  Beckens.  Hierbei  wird 
man  stets  trachten,  die  Lüftungsperiode  angesichts  der  großen  Bedeutung 
dieser  Phase  für  die  Regeneration  des  Adsorptionsvermögens  möglichst  lang 
auszudehnen.  Die  Dauer  der  Entleerung  läßt  sich*  durch  entsprechende 
Dimensionierung  der  Drainage  beliebig  abkürzen;  für  die  Zeit  des  Vollstehens 
genügen  ^/j — 2  Stunden.  Da  die  tiefsten  Körperschichten  vom  Momente  des 
Beginnes  der  Füllung  bis  zur  Beendigung  der  Entleerung  vom  Luftzutritte 
abgeschlossen  sind  und  namentlich  bei  konzentrierten  Abwässern  erfahrungs- 
gemäß ein  Zeitraum  von  6  Stunden  hinreicht,  um  die  Sauerstoffvorräte  zu 
erschöpfen  und  die  Oxydationsvorgänge  in  Reduktions-  und  Fäulnisprozesse 
umschlagen  zu  lassen,  wird  man  trachten,  die  ersten  3  Phasen  in  weniger 
als  6  Stunden  abzuwickeln. 

Nachdem  man  beim  Trockenwetterabfluß  sowie  auch  beim  Trennsystem 
bei  einem  Tagesquantum  von  Qm^  mit  stündlichen  Zuflußschwankungen  von 

etwa  jg  in  der  Nacht  und  ^  bis  ^    in    den    stärksten    Tagesstunden    zu 


512  m*  ^ic  Kanalisation  der  Ortschaften  etc. 

rechnen  hat,  läßt  sich  die  zur  glatten  Abwicklung  des  Betriebes  erforderliche 
Beckenzahl  b  leicht  berechnen. 

Da  bei  n  täglichen  Beschickungen  in  jeder  Stufe   -  m^  Holraumvolumen 

vorhanden  sein  müssen,   wird  jedes  Einzelbecken  die  Wassermenge  -,  —  w* 

fassen.  Beschränkt  man  die  Zeit  für  Vollstehen  und  Entleerung  auf  2  Stunden, 
so  daß  unter  der  oben  begründeten  Einsckränkung  für  die  maximale  Follungs- 
dauer  eines  Beckens  nur  noch  4  Stunden  verbleiben,  so  ergibt  sich  die 
Beziehung : 

bn  •  48        ' 

n  * 
d.  h.  es  wird: 

für  «  =  1 6  =  12 

«  =  2 A=    6 

«  =  3 ^=4 

womit  auch  die  vorweggenommene  Behauptung,  daß  bei  kleiner  Beschickungs- 
zahl das  Körpermaterial  auf  viele  kleine  Becken  verteilt  werden  müsse,  er- 
wiesen ist. 

Bei  einem  anhaltenden  stündlichen  Maximalzufluß  von  -j^  bis  ^  wird 
dann  jedes  Becken  bereits  in  der  Zeit: 

^'"•'""6«-  12-  bn    ^'^  bn  '  10  ~'bn' 
also  in  50 — 60  Minuten  gefüllt  sein. 

Unter  der  Annahme,  daß  der  Maximalzufluß  mehrere  Stunden  hindurch 

unverändert   anhalten    würde,    ergibt    sich,    daß   das  Aufnahmsvermögen   — 

emer  btufe  bereits  m  — :  -777  bis  —   :  ^ttt  ,    also  —  bis  —    Stunden     er- 
«12  «      10  '  n  n 

schöpft  wäre,  demnach  für: 

«  =  2  in  5   — 6  Stunden, 

•       «-3    „    3,2-4 

auf    welchen    Zeitraum    ein    Beschickungszyklus    reduziert    werden    müßte. 

Hieraus   ergibt  sich,    daß  die  oben  berechneten  Beckenräume  lediglich  das 

jederzeit  in  Bereitschaft  zu  haltende  Aufnahmsvolumen  darbieten,  und  daher 

zumindest   noch    ein   weiteres    Becken   gleicher  Größe   in  Reserve   zu 

halten  ist,  um  auch  außertourliche  Ruheperioden  gewähren  und  Entschlammungen 

ohne  Betriebsstörung  durchführen  zu  können. 

Zwecks  Reinigung  der  Regenwetterabflüsse  des  Sammelsystems, 
die  zumeist  nur  anfänglich  eine  größere  Konzentration  aufweisen,  werden 
vielfach  noch  besondere  Füllkörper  angelegt,  die,  weil  nur  vorübergehend 
im  Gebrauche,  auch  eine  stärkere  Beanspruchung  erfahren  können. 

Die  Tiefe  der  Füllkörper  wird  zumeist  mit  1 — 1,2  m  bemessen. 
Größere  Tiefen  sind,  selbst  wenn  das  verfügbare  Gefälle  vorhanden  wäre, 
im  Hinblick  auf  die  erschwerte  Durchlüftung  nicht  zu  empfehlen. 


B.  Reinigung  und  landwirtschaftliche  Verwertung  der  Abwässer.  513 

Die  Becken  sind  jedenfalls  wasserdicht  anzulegen.  Im  undurchlässigen 
Boden  kann  diesbezüglich  schon  eine  einfache  Betonsohle  genügen,  während 
die  Wände  lediglich  abgeböscht  werden  und  Pflasterung  oder  einen  Zeraent- 
plattenbelag  erhalten.  Doch  ist  auch  hier  die  Herstellung  solider  Um- 
fassungswände,  welche  bei  weniger,  dicht  gelagerten  Böden  sowie  im 
Auftrage  immer  herzustellen  sind,  vorzuziehen. 

Besonderes  Augenmerk  erfordert  die  Disposition  der  Drainage.  Es 
empfiehlt  sich,  die  Sammler  durch  in  der  Sohle  ausgesparte  Rinnen  zu  bilden, 
welche  mit  Ziegeln  oder  Zementplatten  mit  offenen  Stoßfugen  abgedeckt 
werden  und  als  Nebendrains  Drainröhrstränge  von  mindestens  80 — 100  mm 
Lichtweite  in  kleinen  Abständen  auf  die  Sohle  aufzulegen.  Die  Drains 
werden  mit  gröberem  Material  umhüllt.  Sämtliche  Sammler  eines  Beckens 
sind  in  einem  Schachte  zusammenzuführen,  in  welchem  der  Bedienungs- 
schieber angebracht  wird.  Es  ist  darauf  zu  achten,  daß  der  Wasserspiegel 
dieses  Schachtes  nach  stattgefundener  Entleerung  unter  die  Drainaus- 
mündungen zu  liegen  komme,  um  die  vollständige  Durchlüftung  des  Körpers 
zu  ermöglichen.  Bei  mehrstufigen  Anlagen  ist  durch  Anordnung  eines 
gemeinsamen  Gerinnes  für  die  Abflüsse  der  primären  Körper  Vorsorge 
dafür  zu  treffen,  daß  die  Becken  der  einzelnen  Stufen  in  beliebigen  Kom- 
binationen zusammenarbeiten  können. 

Die  Korngröße  des  Beschickungsmateriales  ist,  gute  Vorreinigung 
vorausgesetzt,  bei  einstufigen  Anlagen  mit  etwa  5 — 10  mm,  bei  mehrstufigen 
Anlagen  in  den  primären  Becken  mit  10 — 30  mm,  in  den  folgenden  Stufen 
mit  5 — 10  mm  anzunehmen. 

Zur  Verteilung  des  Wassers  genügt  es  nicht,  dasselbe  lediglich  von 
einem  Punkte  aus  zuzuführen,  da  sonst  das  anliegende  Material  zu  stark 
beansprucht  und  rasch  verschlammen  würde.  Vielmehr  ist  über  der  ganzen 
Beckenoberfläche  ein  Netz  von  Verteilungsrinnen  anzulegen.  Hierzu 
verdienen  halbierte  Steinzeugrohre  vor  den  wenig  haltbaren  hölzernen  Rinnen 
den  Vorzug  (Fig.  198).  In  Manchester  wird  die  Verteilung  mit  Hilfe  eines 
Systems  radialer  über  die  Körperoberfläche  aufgedämmter  Furchen,  die  mit  feinem 
Materiale  ausgekleidet  sind,  bewerkstelligt  (Fig.  199).  Diese  Art  der  Verteilung, 
durch  welche  ein  Teil  der  suspendierten  Stoffe  zurückgehalten  wird,  schützt 
zwar  den  Körper  einigermaßen  vor  Verschlammung,  verursacht  aber  im 
Betriebe  ziemlich  viel  Instandhaltungsarbeit.  Es  bestehen  auch  Apparate  zur 
automatischen  Regelung  der  Beschickung  der  Füllkörper  (Septik  Co.,  London; 
Adams,  York;  Mather  &  Platt,  Salford;  Ames  &  Crosta,  London).  Die- 
selben sind  jedoch  sämtlich  in  der  Anlage  ziemlich  kostspielig  und  namentlich 
bei  strenger  Winterkälte  nicht  absolut  betriebssicher.  Die  Tendenz,  den 
Betrieb  vollkommen  automatisch  zu  gestalten,  stammt  aus  der  Zeit,  in  der 
man  glaubte,  daß  die  Füllkörper  bei  regelmäßigem  Betriebe  keinerlei  Instand- 
haltungsarbeiten bedürfen. 

Nachdem  man   aber  zu  der  Erkenntnis  gelangt  ist,    daß   die  Anlagen 

nicht  nur  nicht  sich   selbst  überlassen  werden  dürfen,    sondern  sogar  eine 

sehr   aufmerksame    Behandlung    fordern,    ist    die    Anwendung    dieser 

Apparate   für    größere  Anlagen  von  geringerer  Bedeutung  geworden.     Für 

Friedrich,  Wasserbau.    Zweite  Auflage.    II.  Band.  33 


514 


III.  Die  Kanalisation  der  Ortschaften  etc. 


Flg.  198.    Abwasser-RelnignngBanlage  von  Exeter,  FUllverfahren  mit  automatUchem  Betrieb. 


Flg.  199.    FUllkörper  mit  Forchen  -zor  Abwasser- Verteilung  in  Manchester. 


B.  Reinigung  und  landwirtschaftliche  Verwertong  der  Abwässer.  515 

kleinere  Anlagen,  welche  keine  ständige  Wartung,  wohl  aber  eine  zumindest 
tägliche  Revision  beanspruchen,  behalten  dieselben  allerdings  ihren  Wert; 
diesbezüglich  sind  die  einfachen,  nach  dem  Heberprinzipe  (ähnlich  wie  die 
automatischen  Spülkammem)  wirkenden  Apparate  bei  frostsicherer  Aufstellung 
wohl  noch  am  betriebssicheren. 

Wenngleich  bei  rationeller  Vorbehandlung  die  Verschlammung  der 
Füllkörper  nur  langsam  fortschreitet,  so  ist  doch  immer  mit  der  Notwendig- 
keit einer  Entschlammung  der  Becken  zu  rechnen.  Dieselbe  erfolgt  durch 
Waschung  des  ausgehobenen  Materiales  auf  Schüttelsieben  u.  dergl.  Die 
sich  hierbei  ergebenden  ziemlich  bedeutenden  Schlammmengen  müssen  zum 
mindesten  in  Absitzbecken  ausgeschieden  und  das  stark  verunreinigte  Wasch- 
wasser einer  neuerlichen  Behandlung  unterworfen  werden.  Da  bei  der  Waschung 
auch  das  verwitterte  Füllmaterial  entfernt  wird,  ist  auch  diesbezüglich  für  ent- 
sprechenden Ersatz  vorzusorgen. 

Die  Kosten  einer  solchen  Entschlammung  sind  bedeutend  und  nach 
Maßgabe  der  hierbei  verwendeten  maschinellen  Hilfsmittel  mit  etwa  2 — 6  K 
pro  1  m*  in  Ansatz  zu  bringen.  Bei  sachgemäßer  Vorbehandlung  und  Ver- 
meidung einer  Überanstrengung  der  Füllkörper  im  Betriebe  dOrite  sich  die 
Notwendigkeit  zur  Vornahme  der  Entschlammung  wohl  kaum  öfter  als  etwa 
alle  3  Jahre  ergeben. 

c)  Bauliche  AusgesfaHung  und  Betrieb  der  Tropfkörper. 

Die  bereits  beim  Füllverfahren  hervorgehobenen  Gesichtspunkte  gelten 
auch  bezüglich  der  Eignung  der  verschiedenen  Materialien  zum  Aufbau  von 
Tropfkörpern,  doch  kommen  beim  Tropfverfahren  nur  die  gröberen  Sor- 
timente in  Betracht.  Die  Korngröße  wird  hier  zumeist  mit  S — 10  cm, 
manchmal  sogar  noch  höher  gewählt. 

Tropfkörper  werden  einstufig  angelegt,  und  rechnet  man  für  dünne 
und  normale  Abwässer  pro  1  m*  Tageszufluß  1,0 — 1,4  m*  Körpermaterial. 
Bei  konzentrierten  Abwässern  empfiehlt  sich  ebenfalls  die  Anwendung  der 
Imh  off  sehen  Regel,  nämlich  pro  Kopf  der  angeschlossenen  Bevölkerung 
0,13  m^  Material  in  Ansatz  zu  bringen. 

Im  Gegensatze  zum  intermittierenden  Betriebe  der  Füllkörper  erfolgt 
die  Beschickung  der  Tropfkörper  kontinuierlich,  oder  doch  in  so  geringen 
Zwischenpausen,  daß  man  hier  von  einem  ununterbrochenen  Betriebe  sprechen 
kann.  Letzterer  gestattet,  sich  den  Zuflußschwankungen  vollkommen  an- 
zuschmiegen und  braucht  daher  bei  der  Verteilung  der  erforderlichen  Gesamt- 
kubatur auf  Einzelkörper  nach  dieser  Richtung  keine  besondere  Rücksicht 
genommen  zu  werden.  Die  Zahl  der  Körper  erscheint  daher  ledig^lich  von 
der  Art  der  jeweils  für  die  Wasseraufbringung  gewählten  Vorrichtungen  ab- 
hängig. Ebenso  entfällt  die  Beschränkung  der  Tr opf kör p erhöhe  im  Hin- 
blicke auf  deren  Durchlüftbarkeit,  und  wird  dieselbe,  falls  nicht  die  verfüg- 
baren Gefällverhältnisse  bereits  die  Einhaltung  bestimmter  Grenzen  erfordern, 
weit  größer  bemessen  als  beim  Füll  verfahren;  doch  darf  man  auch  hier 
nicht  über  bestimmte  Werte  hinausgehen. 

Wohl  läßt  sich  durch  Vergrößerung  der  Körperhöhe  der  zur  Unter- 
bringunji^  der  Anlage  erforderliche  Raum  vermindern  und  auch  an  den  Kosten 

33* 


516  III.  Die  Kanalisation  der  Ortschaften  etc. 

für  Unterbauten  und  Verteilungsvorrichtungen  sparen;  gleichzeitig  wächst  aber 
die  pro  Flächeneinheit  aufzubringende  bezw.  die  im  Beharrungszustande  pro 
Zeiteinheit  den  Körperquerschnitt  passierende  Wassermenge.  Da  außerdem 
die  normalen  Zufluflschwankungen  im  gleichen  Sinne  wirken,  und  die  Ab- 
wasserverteilung sich  nicht  mit  absoluter  Gleichförmigkeit  bewerkstelligen  läßt, 
insbesondere  aber  die  intermittierend  arbeitenden  Verteilungsvorrichtungen 
die  tatsächliche  Beaufschlagungsdauer  der  Flächeneinheit  auf  einen  Bruchteil 
der  Beschickungsdauer  des  ganzen  Körpers  reduzieren,  treffen  hier  eine  Reihe 
von  Umständen  zusammen,  die  nur  allzuleicht  eine  örtliche  oder  zeit- 
weise Überlastung  einzelner  Körperteile  hervorbringen  können.  Denn  die 
Vergrößerung  der  sekundlichen  Durchflußmenge  gibt  immer  zu  befürchten, 
daß  an  Stelle  des  Tropfenfalles  von  Fragment  zu  Fragment  sich  Strömchen 
ausbilden,  welche  die  gesamte  Körperhöhe  in  einer  vielmals  kürzeren  Zeit 
durcheilen  als  die  einzelnen  Tropfen.  Hierdurch  aber  werden  nicht  nur  Aus- 
waschungen begünstigt,  sondern  event.  sogar  die  für  die  Einwirkung  der 
Adsorptionskräfte  verfügbare  Zeit  ungebührlich  abgekürzt. 

Erfahrungsgemäß  sinkt  die  Durchflußzeit  bei  sehr  grobem  Körpermaterial 
und  intermittierender  Bechickung  auf  nur  2 — 5  Minuten,  während  dieselbe 
bei  feinerem  Material  und  kontinuierlicher  Wasserverteilung  30 — 40  Minuten 
beträgt.^) 

Aus  diesen  Gründen  erscheint  es  rätlich,  Tropfkörper  nicht  höher 
als  etwa  2,5 — 3  m  anzulegen. 

Nachdem  bei  ordnungsmäßigem  Betriebe  das  Hohlraumvolumen  der 
Tropfkörper  nie  vollständig  mit  Abwasser  erfüllt  sein  kann,  unterliegen  die- 
selben auch  keinem  inneren  Wasserüberdrucke.  Bei  Ausbildung  der  Um- 
fassungswände ist  daher  lediglich  der  Forderung  zu  entsprechen,  das  Material 
zusammenzuhalten  und  event.  Stützpunkte  für  die  Anbringung  der  Ab- 
wasserverteilungsvorrichtung zu  gewähren. 

Bei  frei  über  Terrain  stehenden  Tropfkörpern  aus  grobem  Material 
genügt  es  daher,  die  Umfassung  aus  einer  mit  schwachem  Anzug  versehenen 
Trockenschlichtung  von  Bruchstein  oder  besonders  großen  Schlacken- 
und  Koksbrocken  herzustellen  und  event.  durch  Umlegung  von  Schließen 
aus  Bandeisen  zusammenzuhalten.  Feineres  Material,  das  bei  steiler  Schüttung 
einen  höheren  seitlichen  Schub  äußert,  wird  in  eine  Ummantelung  aus 
Zementmörtelmauerwerk,  Stampfbeton  oder  Eisenbeton  einge- 
schlossen. Jedenfalls  sind  auch  in  diesen  Umwallungen  zur  Erleichterung 
des  Luftzutrittes  in  verschiedenen  Höhen  Öffnungen  auszusparen,  an 
die  sich  tief  ins  Körperinnere  reichende  gelochte  Steinzeugröhren  oder 
Drainrohre  anschließen. 

Eine  beachtenswerte  (patentierte)  Art  der  Umfassung  hat  die  Firma 
Pittel  &  Brause  Wetter  in  Wien  eingeführt.  Dieselbe  besteht  aus  Beton- 
formstücken, welche  durch  vertikale  Rundeisenstäbe  zu  einer  Art  Block - 
kette  vereinigt  werden  und  bei  großer  Billigkeit  den  Ansprüchen  an  die 
Festigkeit  und  Durchlüftbarkeit  ausgezeichnet  Rechnung  tragen. 

^)  W.  Clifford,  The  Time  of  Passage  of  Liquids  through  percoUting  Beds.  Sur- 
Teyor  XXXU,  No.  820. 


B.  Reinigung  and  landwirtschaitliche  Verwertung  der  Abwasser.  517 

Als  Unterbau  der  Tropfkörper  eignet  sich  am  besten  eine  Beton- 
platte,  welche  bei  kreisrundem  Körperquerschnitt  als  sanft  geböschter  Kegel 
ausgeführt  wird  und  so  das  gereinigte  Wasser  nach  einer  die  Platte  um- 
ziehenden abdeckbaren  Rinne  abfließen  läßt.  Mit  Füßchen  versehene  tisch-, 
pult-  oder  halbkreisförmige  Formziegel,  welche  in  England  zur  Herstellung 
einer  Art  doppelten  Bodens  über  der  Betonsohle  fast  allenthalben  angewendet 
werden  und  die  Entwässerung  und  Durchlüftung  des  Körpers  wirksam  unter- 
stützen, sind  am  Kontinente  noch  wenig  in  Gebrauch. 

Bei  rechteckiger  Grundrißform  erhält  die  Sohlplatte  eine  Abdachung 
nach  den  Längsseiten  entlang  ziehenden  Rinnen.  Breitere  Tropfkörper  werden 
auch  nach  der  bei  den  Füllkörpem  angegebenen  Art  drainiert. 

Zwingen  die  Nieveauverhältnisse  dazu,  die  Tropfkörper  ganz  oder  teil- 
weise in  den  Boden  zu  versenken,  so  sollten  dieselben  auch  hier  womöglich 
freistehend  errichtet  werden;  zumindest  aber  müssen  die  äußeren  Schichten 
aus  möglichst  grobem  Material  hergestellt  werden,  um  auch  einen 
seitlichen  Luftzutritt  zu  gestatten. 

Während  sich  die  Wasserzufuhr  zu  den  Füllkörpern  in  einfachster 
Weise  bewerkstelligen  läßt,  ist  die  Wasserverteilung  über  die  Tropf- 
körper eine  weit  schwierigere  Aufgabe,  deren  rationelle  Lösung  um  so  mehr 
Beachtung  erfordert,  als  jede  Ungleichförmigkeit  in  der  Beanspruchung  mit 
einer  Herabsetzung  des  sonst  erzielbaren  Effektes  verbunden  ist.  Diesem 
Umstände  ist  es  wohl  in  erster  Linie  zuzuschreiben,  daß  das  Tropfverfahren 
angesichts  seiner  Überlegenheit  in  bezug  auf  Leistungsfähigkeit  und  Einfachheit 
in  Anlage  und  Betrieb  das  Füllverfahren  noch  nicht  ganz  verdrängt  hat. 

Namentlich  in  England  steht  eine  ganze  Reihe  im  mehrjährigen  Betriebe 
erprobter  Abwasserverteilungsvorrichtungen  im  Gebrauche,  welche  den  an  sie 
gerichteten  Anforderungen  mit  mehr  minder  großer  Vollkommenheit  zu  ent- 
sprechen vermögen;  doch  stellen  sich  dieselben  in  der  Anlage  zumeist  recht 
kostspielig.    Nach  ihrer  Wirkungsweise  lassen  sich  dieselben  in  nachstehende 

Gruppen  einteilen: 

a)  Stabile  Verteiler. 

a)  Tropfrinnen  (nach  W.  B.  Stoddart,  Bristol)  sind  Rinnen  aus 
gelochtem  \Vell blech,  welche  an  ihrer  Unterfläche  Zäpfchen  tragen,  von 
denen  das  über  die  Blechränder  überschlagende  Wasser  auf  den  Brocken- 
körper abtropft.  Dieselben  eignen  sich  nur  für  kleine  Anlagen,  da  sie  für 
größere  Flächen  zu  schwer  ausfallen  und  besondere  Stützkonstruktionen  er- 
fordern würden. 

ß)  Tropfnasen  (nach  J.  Orange,  Nottingham).  Von  einzelnen  über 
der  Körperfläche  liegenden  Verteilungsrinnen  ragen  beiderseits  Blechnasen 
von  verschiedener  Länge  vor,  von  denen  das  Abtropfen  erfolgt. 

y)  Kipprinnen  (Col.  Ducat,  W.  E.  Farrer,  Birmingham).  Auf 
einer  durchlaufenden  Längsachse  befestigte  und  der  Länge  nach  in  zwei 
Kammern  geteilte  Rinnen  werden  alternierend  mit  Abwasser  gefüllt,  wodurch 
ein  Kippen  der  Rinne  sowie  ein  Ausgießen  des  Inhaltes  über  die  benachbarte 
Körperfläche  bewirkt  wird. 

d)  Versprüher.  Dieselben  stehen  in  großem  Maßstabe  auf  den  Tropf- 
körpern   von    Salford,    Birmingham    rFig.   200)    sowie    Columbus    und 


518  ni.  Die  Kanalisation  der  Ortschaften  etc. 

Reading  in  den  Vereinigten  Staaten  in  Verwendung.    Der  ganze  Tropfkörper 
ist  hierbei  mit  einem  Druckrohmetz  überzogen,  auf  dem  nach  Maßgabe  des 


Fig.  800.    Tropftörper  aas  Steinschlas  mit  Abwasser- VenprUher  in  Birmlnsham. 


Fig.  801.    Tropfkörper  aus  Koks  mit  Drehspreofcern  in  Wilmersdorf  bei  Berlin. 

verfügbaren  Überdruckes  |in  größeren  oder  kleineren  Abständen  Streudosen 
angebracht   sind,    welche    die]|Abwässer   regenartig   zur  Verteilung   bringen. 


B.  Reinigung  und  landwirtschaftliche  Verwertung  der  Abwässer.  519. 

Durch  entsprechende  Bohrung  der  Düsen  bezw.  durch  Anprallen  des  Wasser- 
strahles an  einen  Konus  oder  lemniskatenförmige,  feststehende  oder  bewegliche 
Bleche  wird  eine  feine  Zerstäubung  des  Strahles  erzielt.  Die  Gleichförmigkeit 
der  Verteilung  läßt  bei  wechselndem  Wasserdrucke  und  insbesondere  bei 
windigem  Wetter  manches  zu  wünschen  übrig.  Auch  sind  die  feinen  Aus- 
trittsöffnungen der  Verstopfung  ausgesetzt  und  bedürfen  daher  beständiger 
Aufsicht.  Endlich  führt  die  Methode  bei  Aufbringung  stark  vorgefaulter  Ab- 
wässer zu  Geruchsbelästigungen. 

b)  Rotierende  Verteiler  für  kreisförmige  Tropfkörper. 

ä)  Drehsprenger  (Sprinkler),  (Fig.  201),  bestehen  aus  Röhren- 
kreuzen mit  3 — 6  Armen,  welche  auf  einem  Zentralzapfen  gelagert  und  bei 
größerer  Armlänge  durch  Zugschließen  mit  einer  Zentralsäule  verspannt  sind. 
Dieses  Röhrenwerk  ist  einseitig  mit  einer  Lochung  versehen  und  gerät  nach 
dem  Prinzipe  des  Segnerschen  Rades  in  Rotation.  Durch  Anbringung 
von  Kugellagern,  Entlastung  durch  Schwimmer,  Ersatz  der  Stopfbüchsen 
durch  Quecksilberverschlüsse  und  ähnliche  Mittel  zur  Herabsetzung  der 
Reibungswiderstände(Konstruktionen  von  Candy,  Adams,  Ham  Baker&Co., 
London)  ist  es  gelungen,  Drehsprenger  von  Durchmessern  bis  zu  50  m  bei 
einer  wirksamen  Druckhöhe  von  nur  25 — 50  cm  in  Bewegung  zu  erhalten. 

Durch  entsprechende  Austeilung  der  Austrittsöffnungen,  deren 
gegenseitiger  Abstand  vom  Zentralzapfen  aus  abnimmt,  läßt  sich  ein  hoher 
Gleichförmigkeitsgrad  in  der  Wasserverteilung  erzielen.  Da  die  größeren 
Typen  namentlich  bei  freistehenden  hochgebauten  Tropfkörpern  in  ihrer  Be- 
wegung durch  den  Wind  stark  beeinflußt  werden,  hat  man  die  einzelnen 
Arme  mit  Klappen  versehen,  welche  sich  unter  dem  Winddrucke  öffnen 
bezw.  schließen;  übrigens  läßt  sich  auch  durch  Erhöhung  der  Umfassungs- 
wände über  die  Körperfläche  ein  wirksamer  Windschutz  erzielen.  Andere 
Konstrukteuere  (Mather  &  Platt,  Salford)  haben  das  Röhrenwerk  durch 
drehbar  aufgehängte  offene  Gerinne  ersetzt,  die  das  Wasser  durch  Boden- 
öffnungen oder  an  einer  adjustierbaren  Überschlagskante  austreten  lassen, 
und  durch  eine  am  Aufhängungspunkte  angebrachte  Turbine  oder  einen 
Elektromotor  in  Bewegung  gesetzt  werden. 

Bei  stark  wechselnden  Zuflußmengen,  die  sich  namentlich  bei 
kleinen  Anlagen  oft  ergeben,  müssen  den  Drehsprengern  Kippgefäße  oder 
durch  Heberwirkung  zu  entleerende  Ausgleichsbehälter  vorgeschaltet 
werden,  um  die  zum  Betriebe  erforderliche  Aufschlagwassermenge  durch 
Aufstau  zu  gewinnen.  Von  verschiedenen  Autoren  wird  dieser  intermittierende 
Betrieb,  von  dem  man  auch  eine  Spülung  der  Austrittsöffnungen 
erwartet,  grundsätzlich  für  alle  Drehsprenger  verlangt.  Dann  erfolgt 
aber  stets  vor  Eintritt  der  Bewegung  sowie  beim  Stillstand  längere  Zeit 
hindurch  ein  Ausgießen  von  Abwasser  auf  derselben  Stelle,  das,  wie  schon 
begründet,  nicht  als  besonders  wünschenswert  bezeichnet  werden  kann.  Bei 
größeren,  aus  mehreren  Einheiten  bestehenden  Anlagen,  welche  ohnehin  eine 
ständige  Wartung  benötigen,  scheint  es  daher  ratsamer,  den  Zuflußschwankungen 
durch  alternierende  Außerbetriebsetzung  einzelner  Körper  Rechnung  zu  tragen. 


520  ^*  ^^^  Kaoalisaiion  der  Ortschaften  etc. 

Von  allen  Mechanismen  zur  Tropfkörperbeschickung  haben  die  Dreh- 
sprenger zufolge  ihrer  relativen  Billigkeit  und  Einfachheit  in  der 
Montage  die  größte  Verbreitung  gefunden. 

/?)Scott-Moncrieff-Verteiler  (Manlove  Alliott  &  Co.,  Nottingham). 
Ein  einerseits  von  einem  Zentralzapfen,  andererseits  von  einem  auf  einer 
Rundschiene  laufenden  Wagen  mit  Motorantrieb,  gestützter  Gitterträger  trägt 
ein  Gerinne,  das,  vom  Zentralzapfen  aus  gespeist,  das  Abwasser  über  eine 
Anzahl  von  adjustierbaren  Überfällen  austreten  und  von  vorspringenden  Rippen 
abtropfen  läßt.  Der  Apparat  sichert  die  vollkommenste  Gleichförmigkeit 
der  Verteilung,  ist  aber  in  Anlage  wie  Betrieb  äußerst  kostspielig. 

y)  Der  „Fiddian"-Verteiler  (von  Birch  Killon  &  Co.,  Manchester) 
läuft  wie  der  vorbeschriebene  auf  einer  Rundschiene  um  einen  Zentralzapfen, 
und  besteht  aus  einer  Serie  auf  gemeinsamer  Achse  aufgekeilter  Zellenräder, 
welche  durch  das  Zufließen  des  Abwassers  in  Rotation  versetzt  werden  und 
ihre  Bewegung  durch  ein  Vorgelege  dem  auf  der  Rundschiene  laufenden 
Wagen  mitteilen,  wodurch  das  ganze  System  in  Bewegung  kommt.  Die 
Zellenräder  gießen  ihren  Inhalt  direkt  auf  die  Körperoberfläche  aus.  Nachdem 
der  Apparat  leichter  gebaut  ist  als  der  vorbeschriebene  und  vom  Abwasser- 
strome selbst  bewegt  wird,  stellt  er  sich  auch  wesentlich  billiger  als  der 
Scott-Moncrieff- Verteiler. 

c)  Verteiler  mit  fortschreitender  Bewegung. 

Der  Fiddian- Verteiler  wird  auch  für  Tropfkörper  von  rechteckiger 
Grundrißform  ausgeführt  und  seine  hin-  und  hergehende  Bewegung  dadurch 
eingeleitet,  daßauf  der  durchlaufenden  Achse  altemierd  Zellenräder  mit  ent- 
gegengesetzter Drehrichtung  angebracht  sind  und  durch  eine  Reversiervor- 
richtung  dem  einen  oder  anderen  Zellensystem  Wasser  zugeführt  wird,  wo- 
durch auch  die  die  Achse  tragenden  auf  Längsschienen  laufenden  Wagen 
ihre  Bewegungsrichtung  ändern. 

Ein  nach  ähnlichem  Prinzipe  (Wicks-Dodd)  (von  Ham,  Baker  &  Co.t 
Birmingham)  gebauter  Apparat  ist  in  Fig.  202  dargestellt.  Auf  diesem  Bilde 
ist  auch  die  Art  Wasserzufuhr  aus  einem  höher  gelegenen  Gerinne  durch 
Vermittlung  eines  Hebers  ersichtlich. 

Die  nach  dem  Prinzipe  der  Zellenräder  gebauten  Abwasserverteiler 
zeichnen  sich  dadurch  aus,  daß  feine,  durch  die  suspendierten  Stoffe  verstopf- 
bare Öffnungen  an  denselben  vermieden  sind.  Auch  findet  ihre  fortschreitende 
Bewegung,  wenngleich  verlangsamt,  selbst  bei  den  kleinsten  Zuflußmengen 
statt,  und  ist  somit  die  Wasserverteilung  jederzeit  eine  durchaus  gleichförmige. 

Ein  ebenfalls  für  hin-  und  hergehende  Bewegung  auf  rechteckigen 
Tropfkörpern  bestimmter  Verteiler  wurde  (von  Willcox  &.  Raikes  in 
Birmingham)  für  die  Abwasserreinigungsanlage  von  Hanley  gebaut.  Derselbe 
besteht  aus  einem  auf  Schienen  laufenden  Wagenpaar,  das  eine  Röhre  mit 
Ausgußöffnungen  trägt  und  an  einem  über  Gleitrollen  und  Spannvorrichtung 
laufenden  endlosen  Kabel  durch  ein  elektrisch  angetriebenes  Vorgelege  mit 
Reversiervorrichtung  in  Bewegung  gesetzt  wird. 

d)  Die  Dunbarsche  Deckschicht  besteht  aus  einer  die  ganze  Tropf- 
körperoberfläche überdeckenden  Lage  von  feihgesiebter  harter  Schlacke  oder 


B.  Reinigung  und  landwirtschaftliche  Verwertung  der  Abwässer. 


521 


scharfem  Sande    mit    gleichförmigem    rundlichem   Korn    und   etwa   1 — 2  mm 
Korndurchmesser,  welche  auf  einer  StOtzschicht  aufruht.    Da  letztere  das 


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Flg.  202.    Tropfkörper  mit  Zellenrad- Verteiler  tnaeh  Wicks-Dodd)  in  Wednesburry. 


Fig.  203.    Tropfkörper  mit  Deckschicht  nach  Dunbar  (während  der  Beschickung)  in  Unna. 

feine  Deckmaterial  vor  dem  Hineinfallen  in  das  eigentliche  Tropfkörpermaterial 
zu  hindern  hat,  muß  sie  in  der  Aufeinanderfolge  ihrer  Korngrößen  sorgfältig 


522  ^'  ^^^  Kanalisation  der  Ortschaften  etc. 

abgestimmt  werden  und  fällt  daher  um  so  stärker  aus,  je  gröber  das  unter- 
liegende Brockenmaterial  ist.  Hieifür  genügt  zumeist  eine  Stärke  von  20  bis 
40  cm.  Die  eigentliche  Deckschicht  wird  10 — 20  cm  dick  aufgebracht  und 
erfolgt  die  Wasserverteilung  auf  ihr  durch  ein  Rinnensystem  wie  beim  Füll- 
verfahren (Fig.  203). 

Sobald  sich  die  Deckschicht  im  Betriebe  verschlämmt  und  dann  einen 
wachsenden  Durchgangswiderstand  entgegenstellt,  muß  das  Wasser  auf  ihr  in 
dünner  Schicht  aufgestaut  werden.  Zu  diesem  Zwecke  wird  die  Deckschicht 
an  den  Rändern  des  Körpers  schalenförmig  in  die  Höhe  gezogen.  Zeitweise 
muß  die  Decklage  ähnlich  wie  ein  Wasserwerksfilter  nach  vorhergehender 
Trockenlegung  geschält  werden.  Ein  Aufharken  der  verschlämmten  Decke 
ist  zu  vermeiden,  wohl  aber  kann  dieselbe  nach  der  Schälung  etwas  aufge- 
lockert werden. 

Im  Betriebe  erfordert  diese  Verteilungsart  eine  sorgfältige  Überwachung, 
nachdem  ein  Durchreißen  der  Decklage  eine  örtliche  Überlastung  des  Tropf- 
körpers und  einen  Austritt  ungereinigten  Wassers  zur  Folge  hat. 

Während  in  den  FüUkörpem  eine  Schlammanhäufung  stattfindet,  welche 
das  nutzbare  Hohlraumvolumen  und  hiermit  auch  ihre  Mengenleistung 
herabsetzt  und  kostspielige  Waschungen  erfordert,  kommen  derartige  Ver- 
schlammungen der  Tropfkörper  fast  nie  vor,  da  hier  eine  dauernde  Aus- 
spülung des  abgebauten  Materiales  Platz  greift. 

d)  Nachbehandlung  der  Abflüsse  kfinsflicher  biologischer  Anlagen. 

In  der  Mehrzahl  der  Fälle  dürfte  sich  die  Ausscheidung  der  Suspensa 
schon  als  hinlänglich  erweisen.  Diesbezüglich  gelten  die  beim  Sedimentations- 
betrieb erörterten  Gesichtspunkte.  Nur  bei  sehr  ungünstigen  Vorflutverhält- 
nissen  oder  im  Falle,  daß  die  Abflüsse  bis  zur  Erreichung  der  Vorflut  noch 
längere  Grabenstrecken  in  unverdünntem  Zustande  zu  durchfließen  hätten, 
kann  auch  eine  gründliche  Nachbehandlung  wünschenswert  werden.  Dieselbe 
erfolgt  am  zweckmäßigsten  in  künstlich  angelegten  Sandfiltern  (Chorley- 
Filtern)  die  ebenso  wie  die  Bodenfiltration  intermittierend  betrieben  werden 
müssen.  Hierbei  genügt  es,  pro  1  m^  Tageszufluß  1  m*^  Sand  zu  rechnen. 
Durch  derartige  Filter  läßt  sich  insbesondere  eine  wirksame  Herabsetzung 
des  Keimgehaltes  erzielen. 

Auf  Grund  einer  mehrfach  gemachten  Beobachtung  mag  hier  auf  einen 
wiederholt  konstatierten  Fehler  bei  der  Inbetriebsetzung  der  Nachfilter 
hingewiesen  werden.  Erfolgt  dieselbe  gleichzeitig  mit  jener  der  biologischen 
Körper,  so  fließen  ihnen  aus  den  noch  nicht  entsprechend  eingearbeiteten 
Körpern  fast  unveränderte  Rohwässer  zu.  Diese  Belastung  übersteigt  die 
Leistungsfähigkeit  des  Sandes,  und  treten  daher  bald  Verschlammungen  oder 
sogar  Fäulnisprozesse  auf,  die  später  unter  hohem  Kostenaufwande  behoben 
werden  müssen,  wenn  es  nicht  zu  einer  Verschlechterung  der  in  den 
einstweilen  eingearbeiteten  Körper  erzielten  guten  Abflüsse  kommen  soll. 
Es  empfiehlt  sich  daher,  derartige  Nachfilter  erst  nach  entsprechender 
Einarbeitung  der  Hauptanlage  in  Betrieb  zu  nehmen.  Ähnliche  Er- 
scheinungen ergeben  sich,  wenn  die  zwischen  die  Körper  und  die  Sandfilter 


B.  Reinigung  und  landwirtschaftliche  Verwertung  der  Abwässer.  523 

einzuschaltenden  Absitzbecken  nicht  regelmäßig  gereinigt  werden  und  der 
hier  ausgeschiedene  Schlamm  bei  allzulanger  Lagerung  unter  Wasser  in 
Fäulnis  übergeht. 

Zur  fallweisen  Desinfektion  der  Abflüsse  künstlicher  biologischer 
Anlagen  eignet  sich  am  besten  Chlorkalk  in  den  bereits  früher  angegebenen 
Konzentrationen  (S.  484).  Der  Zusatz  des  Desinfektionsmittels  kann  (nach 
Dunbar)  sogar  vor  Aufbringung  der  vorgereinigten  Abwässer  auf  die 
Körper  erfolgen,  da  die  Oxydation  des  Restes  an  freiem  Chlor  so  rasch 
erfolgt,  daß  hieraus  eine  ungünstige  Einwirkung  auf  den  Organismenbestand 
der  Körper  um  so  weniger  zu  befürchten  ist,  als  diese  Behandlung  der  Ge- 
samtabflüsse doch  nur  in  Zeiten  besonderer  Gefahr  vorübergehend  Platz  greifen 
dürfte.  Bei  dauernd  zu  desinfizierenden  Abwässern,  z.  B.  jenen  von 
Krankenhäusern,  Schlachthäusern  event.  auch  Gerbereien,  müßte 
hingegen  mit  äußerster  Vorsicht  verfahren  werden,  wenn  die  keimtötende 
Wirkung  des  Desinfektionsmittels  nicht  auch  den  Körper  schädigen  soll. 

e)  Einfluß  der  Winferkfilfe  auf  den  Betrieb  des  künsflichen  biologischen  Verfahrens. 

Die  anfänglich  gehegte  Befürchtung,  daß  die  künstlichen  biologischen 
Verfahren  unter  den  strengeren  Bedingungen  des  kontinentalen  Winters 
versagen  würden,  hat  sich  erfahrungsgemäß  als  unberechtigt  erwiesen.  Die 
in  den  Faulbecken  und  Oxydationskörpern  ablaufenden  Umsetzungen  sind 
stets  mit  Wärmeentwicklung  verbunden,  welche  im  Verein  mit  dem  auch 
im  Winter  nicht  zu  stark  absinkenden  Wärmeinhalte  der  Abwässer  zur  Auf- 
rechterhaltung des  Betriebes  genügt. 

Immerhin  erscheint  es  geboten,  Wärmeverluste  nach  Turilichkeit 
einzuschränken.  Dies  gilt  insbesondere  bezüglich  der  freistehenden  Tropf- 
körper, deren  äußere  Schichten  im  Winter  leicht  vereisen,  sowie  hinsichtlich 
der  empfindlichen  Verteilungsmechanismen.  Kleine  Anlagen  wird  man  daher 
in  strengen  Klimaten  wenigstens  provisorisch  überdachen.  Bei  größeren 
Anlagen  sollte  man  sich  des  wirksamen  Schutzes,  den  eine  dichte  Um- 
pflanzung gegen  Schneetreiben  und  Windanprall  zu  gewähren  vermag, 
nicht  entäußern. 

Füllkörper  haben  im  Winter  überhaupt  weniger  zu  befürchten,  ins- 
besondere, wenn  man  die  Verteilungsrinnen  mit  grobem  Körpermaterial 
umpackt 

f)  Bau-  und  Betriebskosten  des  künstlichen  biologischen  Reinigungsverfahrens. 
Angaben  zwecks  genereller  Veranschlagung  der  Bau-  und  Betriebskosten 
der  nach  dem  künstlichen  biologischen  Verfahren  arbeitenden  Anlagen  lassen 
sich  derzeit  noch  schwer  aufstellen.  Die  in  dieser  Richtung  in  England,  das 
wohl  die  meisten  und  ältesten  derartigen  Werke  besitzt,  gewonnenen  Er- 
fahrungen lassen  sich  auf  kontinentale  Verhältnisse  kaum  übertragen.  Denn 
abgesehen  von  der  Verschiedenheit  von  Bodenpreisen  und  Arbeitslöhnen 
sind  ja  viele  der  dortigen  Anlagen  aus  schon  bestehenden  chemisch-mechanischen 
Kläranlagen  durch  Umbau  hervorgegangen,  und  sind  auch  die  Ausmaße  durch 
besondere  behördliche  Vorschriften  festgelegt.  Außerdem  wechseln  die  An- 
lagekosten, namentlich  mit  Rücksicht  auf  die  stets  eine  Hauptpost  bildende 


524  ^'  ^ic  Kanalisation  der  Ortschaften  etc. 

Beschaffung  des  Körpermat^rials,  so  stark,  dafi  hier  mit  Durchschnitts- 
werten kaum  gerechnet  werden  darf.  Auch  fällt  die  Größe  der  Anlage 
stets  stark  ins  Gewicht.  Für  die  Verhältnisse  Österreichs  und  Deutschlands 
wird  man  als  rohe  Grenzwerte  der  Anlagekosten  für  mittlere  und  große 
Verhältnisse  etwa  5 — 15  K,  für  kleine  und  kleinste  20 — 50  K  pro  Kopf  an-, 
nehmen  dürfen.  Noch  unsicherer  gestaltet  sich  eine  allgemeine  Voreinschätzung 
der  zu  erwartenden  Betriebskosten.  Daß  dieselben  nicht  so  gering  sind, 
wie  man  anfänglich  erwartete,  kann  angesichts  der  stets  beträchtlichen  Kosten 
der  Vorreinigung  und  der  periodischen  Aufwendungen  für  Waschung  imd 
teilweisen  Ersatz  des  Körpermateriales  nicht  überraschen.  Einschließlich  der 
Kosten  für  Tilgung  und  Verzinsung  des  Anlagekapitales  wird  man  bei  großen 
und  mittleren  Betrieben  mit  etwa  1 — 2  K,  bei  kleinen  Anlagen  mit  3 — 6  K 
pro  Kopf  und  Jahr  zu  rechnen  haben. 

Zur  Gewinnung  näherer  Anhaltspunkte  bei  der  Veranschlagung  von 
Spezialfällen  sei  hier  nochmals  auf  die  schon  zitierte  (S.  510)  Arbeit  Imhoffs 
über  die  einschlägigen  Verhältnisse  Deutschlands  hingewiesen. 

g)  Der  gewachsene  Boden  als  Oxydafionskörper. 

Die  Verwendbarkeit  der  verschiedensten  Materialien  zum  Aufbau  künst- 
licher biologischer  Körper  sowie  die  Möglichkeit,  den  Grad  der  Reinigung 
den  örthchen  Bedürfnissen  genau  anpassen  zu  können,  bilden  den  unver- 
kennbaren Vorzug  des  künstlichen  biologischen  Verfahrens.  Denn  hiermit 
wird  der  Reinigungsbetrieb  zu  einer  technisch  Oberall  durchführ- 
baren Maßregel  und  seine  Vornahme  lediglich  eine  Kostenfrage. 

Bezüglich  der  Durchführbarkeit  der  natürlichen  biologischen  Ver- 
fahren herrscht  nicht  die  gleiche  Freiheit.  Denn  hier  ist  von  Anfang  an  mit 
einer  bestimmten  Beschaffenheit  des  als  Medium  dienenden  gewachsenen 
Bodens  zu  rechnen.  Hiermit  entzieht  sich  aber  auch  eine  Reihe  der  für  den 
Reinigungseffekt  maßgebenden  Faktoren  der  willkürlichen  Beeinflussung. 

Während  selbst  sehr  feinkörnige  Füll-  oder  Tropfkörper  immer  nur 
eine  verschwindend  geringe  absolute  Wasserkapazität  besitzen,  äußert  der 
gewachsene  Boden,  seiner  Struktur  entsprechend,  einerseits  eine  wesentlich 
geringere  Durchlässigkeit  für  Wasser  und  Luft  sowie  andererseits  ein 
vielmals  größeres  Vermögen  zur  dauernden  Zurückhaltung  des  Wassers. 
Diese  Eigenschaften  lassen  sich  durch  künstliche  Maßnahmen  nur .  innerhalb 
beschränkter  Grenzen  ändern.  In  diesem  Verhalten  liegt  der  Grund  der 
geringeren  quantitativen  Leistungsfähigkeit  der  natürlichen  biologischen 
Verfahren. 

Im  folgenden  wird  die  Bezeichnung  „intermittierende  Boden- 
filtration" für  jedes  nach  dem  biologischen  Prinzipe  auf  gewachsenem  Boden 
durchgeführte  Reinigungsverfahren  angewendet,  bei  dem  auf  eine  landwirt- 
schaftliche Nutzung  des  Geländes  kein  Wert  gelegt  wird. 

Mit  dem  Namen  „Rieselfeld"  sei  jede  nach  dem  gleichen  Prinzipe 
betriebene,  aber  auch  landwirtschaftliche  Nutzung  anstrebende  Abwasser- 
reinigungsanlage bezeichnet,  welche  auf  die  Erzielung  eines  angemessenen 
Reinigungserfolges  das  Hauptgewicht  legt.  Eine  bestimmte  Vorstellung 
bezüglich  der  Art  der  Wasseraufbringung  sei  mit  diesem  Namen  nicht  verknüpft 


B.  Reinigung  und  landwirtschaftliche  Verwertung  der  Abwässer.  525 

Die  Anlagen  zur  rationellen  landwirtschaftlichen  Verwertung 
der  Abwässer  werden  in  einem  eigenen  Abschnitte  besprochen. 

Hinsichtlich  der  Wasser  Verteilung  verhält  sich  die  intermittierende 
Bodenfiltration  und  die  Bodenberieselung  ähnlich  wie  ein  Tropfkörper  mit 
Deckschicht.  Hingegen  hängt  es  von  besonderen  Umständen  ab,  ob  sich  in 
den  tieferen  Bodenschichten  die  für  das  Tropfverfahren  oder  für  das  Füll- 
verfahren charakteristischen  Vorgänge  abspielen. 

Die  Durchlässigkeit  des  Bodens  und  die  Art  der  Entwässerung  sind 
hierbei  die  maßgebenden  Faktoren. 

Das  in  die  oberen  Bodenschichten  eingedrungene  Wasser  wird  sich, 
solange  das  Hohlraumvolumen  noch  nicht  vollständig  erfüllt  ist,  vorerst  vertikal 
nach  abwärts  bewegen,  bis  dasselbe  den  natürlichen  Grundwasserstrom  oder 
den  durch  die  Drainage  künstlich  festgelegten  Wasserspiegel  erreicht.     ' 

Liegt  diese  Grenzfläche  tief,  so  daß  sie  erst  vom  vollständig  gereinigten 
Wasser  erreicht  wird,  und  ist  auch  das  natürliche  Transportvermögen  des 
Grundwasserstromes  oder  die  Leistungsfähigkeit  der  Drainage  so  groß,  daß 
der  vermehrte  Wasserzufluß  von  oben  keine  erheblichen  Spiegelschwankungen 
hervorzubringen  vermag,  so  liegen  die  Verhältnisse  genau  wie  beim  künst- 
lichen Tropf  verfahren. 

Nur  wird  hier  das  durch  die  Wasserkapazität  des  Materials  festgehaltene 
Wasser  an  der  Bewegung  keinen  wesentlichen  Anteil  nehmen.  Denn  es  ist 
in  erster  Linie  das  jeweils  frisch  zufließende  Wasser,  das  durch  die  nicht 
kapillaren  Zwischenräume  nach  abwärts  sinkt  und  nur  zum  geringsten  Teile 
der  durch  d^i  Neuzufluß  verdrängte  Inhalt  der  kapillaren  Hohlräume,  ein 
Verhalten,  das  von  Dunbar  und  seinen  Mitarbeitern^)  auch  experimentell 
verfolgt  wurde. 

Das  kapillar  festgehaltene  Wasser  wird  erst  durch  Verdunstung  sowie 
insbesondere  durch  die  Transpiration  der  Pflanzen,  also  namentlich  auf  den 
Rieselfeldern,  mit  in  den  Kreislauf  einbezogen. 

Solche  ideale  Boden-  und  Grundwasserverhältnisse  sind  äußerst  selten. 
Von  einzelnen  der  nordamerikanischen  Bodenfiltrationsanlagen  abgesehen, 
finden  sie  sich  beispielsweise  auf  einigen  Bezirken  der  Pariser  Rieselfelder 
(Genevilliers,  Merry-Pierrelaye),  wo  eine  systematische  Drainage  angesichts  der 
tiefen  Lage  und  der  hohen  Durchlässigkeit  des  Grundwasserträgers  ganz  ent- 
fallen konnte  und  lediglich  wenige  tiefe  offene  Gräben  und  kurze  Sickerrohr- 
leitungen zur  Entwässerung  anzulegen  waren. 

Hingegen  hat  die  tiefe  Lage  des  Grundwasserspiegels  auf  den  überaus 
stark  beanspruchten  Rieselfeldern  von  Charlotten  bürg  eine  Reihe  sehr 
kostspieliger  Maßnahmen  verursacht.  Hier  entzogen  sich  die  in  den  durch- 
lässigen Untergrund  des  hoch  gelegenen  Rieselfeldes  eingedrungenen  Wässer 
innerhalb  des  Rieselbezirkes  selbst  fast  vollkommen  der  Beherrschung,  führten 
aber  im  Laufe  der  Jahre  zu  einem  gesteigerten  Grundwasserandrang  in  tiefer 
gelegenen  Nachbargebieten  und  machten  hier  die  Errichtung  ausgedehnter 
Abfanggräben  erforderlich. 

*;  Dr.  Kam  mann  und  Dr.  Carnwath,  Über  intermittierende  Bodenfiltration.  Gesond- 
heitsingenieur  Jahrg.  XXIX,  No.  42. 


526  I^«  ^ic  Kanalisation  der  Ortschaften  etc. 

Eine  andere  Erscheinung  wird  auftreten,  wenn  der  Grundwasserstand 
ein  hoher  ist  und  zufolge  einer  geringen  Durchlässigkeit  des  Grundwasser- 
trägers die  natürliche  oder  künstliche  Drainage  so  langsam  wirkt,  daß  sie 
nicht  in  der  Lage  ist,  die  bei  der  Beschickung  vom  Boden  aufgenommenen 
Wassermengen  aus  letzterem  in  gleich  raschem  Tempo  wieder  zum  Abflufi 
zu  bringen. 

Dies  wird  insbesondere  dann  stattfinden,  wenn  die  Bodenflächen  längere 
Zeit  hindurch  in  stärkerer  Schicht  überstaut  werden  und  das  Wasser  unter 
Druck  in  den  Boden  eintritt.  Dann  muß  sich  mit  zunehmender  Füllung  der 
nicht  kapillaren  Räume  der  Bodenwasserspiegel  allmählich  heben  und  endlich 
sogar  die  Bodenoberfläche  erreichen.  Da  dann  auch  alle  das  Kapillarwasser 
tragenden  Menisken  verschwinden,  wird  bei  noch  weiter  anhaltendem  Wasser- 
zuflusse  der  gesamte  im  Boden  eingeschlossene  Wasserkörper  an  der  Be- 
wegung teilnehmen  und  eine  allmähliche  Erneuerung  erfahren. 

Die  Verhältnisse  liegen  dann  gleich,  wie  in  einem  Füllkörper,  dessen 
Beschickung  nach  erreichter  Füllung  bei  geöffnetem  Ablauf  weiter  fortgesetzt 
wird,,  eine  Betriebsweise,  zu  der  man  sich  bei  zu  klein  bemessenen  Anlagen 
namentlicti  zu  Regenzeiten  gelegentlich  entschließen  mußte.  Auch  auf  Riesel- 
feldern wurde  in  früherer  Zeit  vielfach  in  ähnlicher  Weise  verfahren,  indem 
die  Abwässer  insbesondere  zur  Winterszeit  wochenlang  in  tiefen  Becken 
(Staubassins)  eingestaut  blieben. 

Nach  den  früheren  Ausführungen  über  die  Bedeutung  der  Regenerierungs- 
pausen kann  es  nicht  überraschen,  daß  bei  einer  derartigen  Betriebsführung 
nicht  nur  mangelhafte  Reinigungseffekte  erzielt  wurden,  sondern  auch  die 
Oxydationskörper  selbst  eine  Schädigung  davontrugen. 

Ähnliche  Verhältnisse  herrschten  übrigens  auch  auf  einzelnen  älteren 
englischen  Rieselfeldern,  welche  man  seinerzeit  in  Ermangelung  eines  ge- 
eigneteren Reinigungsverfahrens  auf  schwer  durchlässigen  Böden  anlegen 
mußte.  Hier  blieb  das  Schluckvermögen  des  Bodens  selbst  nach  der  Drainierung 
im  Vergleiche  zum  Abwasserzufluß  so  gering,  daß  das  Hauptquantum  nicht  in 
den  Boden  versinken  konnte,  sondern  über  die  Oberfläche  zum  Abfluß  ge- 
langte (Broad  Irrigation).  Unter  solchen  Umständen  konnte  überhaupt 
nur  eine  dünne  Bodenschicht  als  biologischer  Körper  wirken,  dessen  Auf- 
nahmsvermögen, wenn  nicht  sehr  ausgedehnte  Landflächen  zur  Verfügung 
standen,  sich  stets  rasch  erschöpfte. 

Da  wegen  Mangel  an  Gelände  zur  Einhaltung  eines  entsprechenden 
Bewässerungszyklus  zumeist  nicht  einmal  die  erforderlichen  Ruhepausen  ge- 
gönnt werden  konnten,  die  in  Anbetracht  der  hohen  Wasserkapazität  und 
der  schweren  Durchlüftbarkeit  gerade  hier  besonders  lang  zu  bemessen  ge- 
wesen wären,  erklären  sich  ungezwungen  die  unzulänglichen  Reinigungs- 
wirkungen auf  derart  betriebenen  Rieselfeldern.  Dieselben  wurden  daher 
nach  Ausbildung  des  künstlichen  biologischen  Verfahrens  teils  entsprechend 
entlastet  (Leicester,  Bolton),  teils  sogar  ganz  außer  Betrieb  gesetzt. 

Für  Neuanlagen  kommen  derartige  Böden  dermalen  kaum  mehr  in 
Betracht. 


B.  Reinigung  und  landwirtschaftliche  Verwertung  der  Abwässer.  527 

Wird  hingegen  die  Abwasserzufuhr  schon  eingestellt,  bevor  der  während 
der  Beschickung  allmählich  angestiegene  Bodenwasserstand  jenes  Niveau  über- 
schritten hat,  in  das  die  Wässer  zufolge  ihres  Hindurchganges  durch  die 
aktiven  oberen  Bodenschichten  (Reinigungszone)  in  bereits  vollkommen 
oder  doch  zumindest  weitgehend  gereinigtem  Zustande  gelangen,  so  wird  sich 
auch  durch  eine  zeitweilige  Füllung  des  gesamten  Hohlraum volumens  dieser 
unteren  Zonen  keine  Störung  des  Reinigungsvorganges  ergeben.  Denn 
letzterer  dient  dann  lediglich  zur  vorübergehenden  Magazinierung  der  das 
Aufnahmsvermögen  der  Drainage  übersteigenden  gereinigten  Zuflüsse 
(Ausgleichszone). 

In  diesem  Falle  würde  gewissermaßen  ein  (durch  die  Reinigungszone 
repräsentierter)  Tropfkörper  über  einem  Füllkörper  (Ausgleichszone)  gelagert 
sein.  Da  letzterer  dann  nur  weitgehend  vorgereinigte  Zuflüsse  empfängt, 
kann  er  auch  eine  längere  Periode  des  Vollstehens  und  eine  nur  langsam 
fortschreitende  Entleerung  schadlos  ertragen. 

Durch  eine  den  jeweiligen  Durchlässigkeitsverhältnissen  angepaßte 
Regelung  der  Intensität  und  Dauer  der  Beschickung,  insbesondere  aber  durch 
entsprechende  Ausgestaltung  der  Drainage  dürfte  sich  die  vollständige,  räum- 
liche Trennung  von  Reinigungs-  und  Magazinierungszone  zumeist*  erreichen 
lassen;  zumindest  aber  kann  durch  sachgemäße  Anlage  und  Betriebsführung 
ein  Übergreifen  beider  Zonen,  welches  gleichbedeutend  wäre  mit  einem  Füll- 
betrieb, in  dieser  gemeinschaftlichen  Zone  zeitlich  stark  beschränkt  werden. 

Erst  hiermit  erscheint  ein  guter  Reinigungserfolg  vollkommen  ge- 
sichert. Denn  ein  für  längere  Zeit  anhaltender  Luftabschluß  zufolge  des 
Gefülltstehens  der  nicht  kapillaren  Hohlräume  muß  auf  die  Leistungsfähigkeit 
des  auch  während  der  Ruheperiode  weit  schwerer  durchlüftbaren  Bodens 
nicht  minder  schädlich  wirken,  als  eine  ungebührliche  Verlängerung  der  Phase 
des  Vollstehens  für  einen  Füllkörper.  Insbesondere  gilt  dies  für  die  Riesel- 
felder, auf  denen  ja  außerdem  auch  noch  die  für  ein  Gedeihen  der  Kultur- 
pflanzen eriorderiichen  Standorts  Verhältnisse  geschaffen  werden  müssen. 

Was  die  Tiefe  dieser  Reinigungszone  betrifft,  so  zeigen  die  Erfahrungen, 
daß  bei  den  stärker  beanspruchten  intermittierenden  Filtrationen  die  obere 
1  m  starke  Bodenschicht  bereits  die  Hauptreinigungsarbeit  zu  verrichten  ver- 
mag. Bei  den  schwächer  belasteten  Rieselfeldern  sinkt  die  aktive  Zone  sogar 
noch  unter  diese  Grenze  und  dürfte  mit  0,5 — 1,0  m  anzunehmen  sein. 

Hiermit  sind  ungefähr  die  Niveaus  fixiert,  in  die  sich  der  geschlossene 
Grundwasserstand  auch  während  der  Beschickung  womöglich  nie  erheben 
sollte.  In  einem  Spezialfall  läßt  sich  auf  Grundlage  dieser  Angaben  unter 
Berücksichtigung  der  örtlichen  Vorflutverhältnisse  die  zulässige  maximale 
Absenkungstiefe  feststellen  und  hieraus  das  Aufnahmsvermögen  der  Ausgleichs- 
zone sowie  die  zur  rechtzeitigen  Entleerung  derselben  erforderliche  Kapazität 
der  Drainage  unschwer  berechnen. 

Läßt  sich  die  Wasserableitung  aus  dem  gewachsenen  Boden  schon  weit 
schwieriger  bewerkstelligen  als  in  künstlich  angelegten  Oxydationskörpem, 
so  liegen  die  Verhältnisse  bezüglich  der  Durchlüftung  noch  um  vieles  un- 
günstiger.    Diesbezüglich  sind  zwei  Phasen  scharf  zu  unterscheiden,  nämlich 


528  ^^^'  ^^^  Kanalisation  der  Ortschaften  etc. 

das  Nachdringen  der  Luft  während  der  Entwässerungsperiode  und  der  nach 
erfolgtem  Wasserabfluß  vornehmlich  auf  dem  Wege  der  Diffusion  zustande- 
kommende Gasaustausch. 

Bezüglich  der  ersten  Phase  erscheint  es  nicht  überflüssig,  darauf  hin- 
zuweisen, daß  sich  bei  praktischen  Ausführungen  etwas  andere  Erscheinungen 
abspielen  dürften  als  in  den  diesbezüglich  bekannt  gewordenen  Experiraental- 
untersuchungen.  Denn  ein  kleiner  Versuchskörper  läßt  sich  naturgemäß  rascher 
beschicken  und  wieder  vollkommen  entleeren,  als  ein  ausgedehntes  Boden- 
volumen. Während  also  die  Versuchskörper  bei  der  Entwässerung  relativ 
rasch  bis  auf  den  Grund  mit  atmosphärischer  Luft  gefüllt  werden,  kann  die- 
selbe im  Großbetriebe  dem  vielmals  langsamer  absinkenden  Bodenwasser 
auch  nur  allmählich  folgen.  So  würde  z.  B.  bei  einem  natürlichen,  biologischen 
Körper  mit  einer  Luftkapazität  von  20  Volumprozenten,  selbst  wenn  dessen 
Drainage  die  enorme  Leistungsfähigkeit  von  100  sl./ha  aufweisen  würde,  die 
sich  wohl  nur  in  den  grobkörnigsten  Böden  überhaupt  wird  erzielen  lassen, 
eine  Wasserspiegelabsenkung'  von  0,05  mm/Sek.  ergeben.  Bei  Rieselfeldern 
dürfte  es  sogar  schon  auf  unüberwindliche  Schwierigkeiten  stoßen,  dem  Boden 
ein  sekundliches  Wasserquantum  von  mehr  als  10 — 20  sl.  pro  Hektar  zu  ent- 
nehmen.^) Von  einem  „lebhaften"  Einströmen  der  Luft  in  den  Boden,  von 
dem  fast  in  der  gesamten  Literatur  der  Draintechnik  gesprochen  wird,  kann 
also  im  allgemeinen  keine  Rede  sein.  Bei  diesem  langsamen  Nachdringen 
der  Luft  in  die  tieferen  Bodenschichten  wird  dieselbe  schon  einen  beträcht» 
liehen  Teil  ihres  Sauerstoffgehaltes  an  die  durchstrichenen,  regenerations- 
bedürftigen oberen  Schichten  abgeben  und  sich  gleichzeitig  mit  der  dort  neu 
produzierten  Kohlensäure  beladen.  Sonach  wird  in  den  Untergrund  nicht 
ein  Gasgemisch  von  der  Zusammensetzung  der  atmosphärischen  Luft,  sondern 
ein  Stickstoff-Kohlensäuregemisch  mit  wesentlich  geringerem  Sauerstoffgehalte 
eingesogen  werden.  Dieses  Gemisch  wird  angesichts  des  höheren  Volum- 
gewichtes der  Kohlensäure  während  des  Absinkens  auf  dem  Wege  der 
Diffusion  von  der  Außenluft  wohl  nur  geringe  Sauerstoffmengen  eintauschen. 

Trotz  der  im  Vorstehenden  begründeten  Befürchtung  einer  Abweichung 
zwischen  den  Beobachtungen  an  kleinen  Versuchskörpem  und  Ergebnissen 
des  praktischen  Betriebes  scheinen  auch  die  von  Dunbar*)  mit  Sandkörpem 
angestellten  Versuche  dieses  Verhalten  einigermaßen  wiederzuspiegeln. 

Dieselben  zeigten  kurz  nach  der  Beschickung  in  einer  Tiefe  von  10  cm 
einen  Sauerstoffgehalt  von  20,8  Volumprozent,  in  90  cm  Tiefe  nur  12,5  ®/(j^ 
während  die  korrespondierenden  Kohlensäuremengen  0,3  bezw.  2,0  Volum- 
prozent betrugen.  In  stärker  belasteten  Körpern  betrug  das  in  90  cm  Tiefe 
vorgefundene  Sauerstoff quantum  gar  nur  noch  0,1  ^/o,  während  der  Kohlen- 
säuregehalt bereits  auf  4,4  Volumprozent  gestiegen  war. 

^)  Einige  diesbezügliche,  auf  Annahme  von  Grenzwerten  basierte  Berechnungen  finden 
sich  in  einer  in  der  Wiener  Landwirtschaftlichen  Zeitung  in  den  Jahren  1902  und  190^ 
über  das  Thema  „Schutzdrainage"  geführten  Kontroverse,  bei  der  es  sich  darum  handelte, 
festzustellen,  ob  der  Boden  durch  Drainage  befähigt  werden  könnte,  Niederschläge  von  100  mm 
pro  Tag  voll  aufzunehmen  und  in  derselben  Zeit  unterirdisch  durch  Drains  wieder  zum  Abflnft 
gelangen  zu  lassen. 

*)  Dunbar,  Leitfaden  etc.,  S.  213fr. 


B.  Reinigung  und  landwirtschaftliche  Verwertung  der  Abwässer.  529 

In  den  groben  Sanden  der  intermittierenden  Filter  vollzieht  sich  der 
Gasaustausch  in  der  Ruhepause,  nach  den  Versuchsergebnissen  zu  schließen, 
so  rasch,  daß  nach  etwa  3  Tagen  der  Gehalt  der  Bodenluft  an  freiem 
Sauerstoff,  der  ja  übrigens  nur  einen  Bruchteil  der  in  dieser  Zeit  geschaffenen 
Sauerstoffvorräte  bildet,  seinen  ursprünglichen  Wert,  erreicht  hat.  Im  Riesel- 
feldboden dürfte  dieser  Prozeß  sich  ungleich  langsamer  abspielen.  Weist 
doch  schon  der  hohe  Kohlensäuregehalt  normaler,  ungedüngter  Ackerböden 
auf  die  Schwierigkeiten  hin,  die  sich  einem  rascheren  Gasaustausch  entgegen 
stellen. 

Spezielle  Untersuchungen    über  diese  für  den  Rieselfeldbetrieb  hoch 
wichtige  Frage  liegen  derzeit  noch  nicht  vor,   wie  ja  überhaupt  das  ganze 
Problem  der  Abwässerreinigung  auf  Rieselland  noch  nicht  dieselbe  wissen 
schaftliche    Durchforschung    gefunden    hat,    als    das    künstliche    biologische 
Verfahren   und  die  intermittierende  Filtration.     Diesbezüglich  ist  man  noch 
vollständig  auf  Analogieschlüsse  angewiesen.     Immerhin  mag  aus  den  vor 
stehenden  allgemeinen  Ausführungen  die  Wichtigkeit  erkannt  werden,  welche 
eine   sachgemäß   angeordnete  Drainage   für  die  Entwässerung   und  Lüftung 
besitzt.     In  der  Praxis  sind  nach   dieser  Richtung  hin   leider  viele  Unter- 
lassungen vorgekommen. 

Zum  Schlüsse  mag  noch  darauf  hingewiesen  werden,  daß  man  speziell 
in  England  die  Drainierung  schwerer  Rieselfeldböden  geradezu  als 
schädlich  bezeichnet  hat,  indem  man  vielfach  eine  Rissebildung  beobachtete, 
die  den  Zutritt  ungereinigten  Wassers  zu  den  Drains  zur  Folge  hatte. 

Nach  den  bei  zahlreichen  örtlichen  Besichtigungen  gewonnenen  Ein- 
drücken liegt  aber  auch  vielfach  eine  unrichtige  Anordnung  der  Drainage 
vor,  denn  man  hat  oft  nur  wenige  Drains  oder  gelochte  Steinzeugrohre  von 
sehr  großem  Kaliber  (8—16",  d.  i.  20—40  cm)  in  bedeutenden  Abständen 
(60—100'  =  18—30  m)  und  geringer  Tiefe  (zumeist  nur  3—4'  =  0,9—1,2  m) 
verlegt.  Unter  diesen  Umständen  ist  es  allerdings  nicht  verwunderlich,  daß 
der  Boden  keine  gleichmäßige  Auflockerung  erfuhr,  insbesondere,  wenn  die 
Bewässerung  der  Durchführung  der  Drainierung  unmittelbar  folgte.  Erst 
eine  enge  und  tiefe  Drainierung  könnte  hier  zu  einem  Erfolge  führen. 

Es  wurde  bereits  hervorgehoben,  daß  man  früher  eine  Vorreinigung 
der  Abwässer  vor  Aufbringung  auf  den  gewachsenen  Boden  als  vollkommen 
überflüssig  ansah.  Bei  einem  derartigen  Betriebe  werden  alle  Suspensa  teils 
an  ,der  Oberfläche  selbst,  teils  in  der  obersten,  etwa  15 — 20  cm  starken 
Schicht  zurückgehalten.  Die  hiermit  bedingte  Herabsetzung  der  Durchlässig- 
keit wirkt  naturgemäß  keineswegs  günstig  und  erfordert  speziell  auf  stark 
belasteten  intermittierenden  Filtern  eine  zeitweilige  Schälung  und  Auf- 
lockerung der  obersten  Schicht.  Auch  auf  den  Rieselfeldern  führen  derartige 
Ablagerungen,  abgesehen  davon,  daß  sie  auch  die  Kulturgewächse  ver- 
schlammen und  entwerten,  zu  einer  schädlichen  Verschlickung,  deren  Zer- 
störung wenigstens  bei  Ackerland  gelegentlich  der  ohnehin  regelmäßig 
wiederkehrenden  Bodenbearbeitung  erfolgt;  auf  Wiesenland  läßt  sich  dieselbe 
ohne  Verletzung  der  Grasnarbe  kaum  beseitigen. 

Friedrich,  Wasserball.    Zweite  Auflage.    II.  Band.  34 


530  ^'  ^^^  Kanalisation  der  Ortschaften  etc. 

Durch  eine  Vorbehandlung  mit  dem  reinen  Sedimentierverfahren  oder 
im  Faulbetrieb  läßt  sich  die  Verschlammung  hintanhalten  und  dadurch  die 
quantitative  Leistung  des  Mediums  auf  ein  Vielfaches  steigern. 

Man  darf  sich  aber  nicht  der  Täuschung  hingeben,  dafi  zur  Erzielung 
dieses  Effektes  schon  eine  grobe  Vorreinigung  genüge.  Denn  gerade  die 
feinen  Teilchen,  welche  sich  an  und  zwischen  die  Bodenpartikel  lagern,  sind 
es,  welche  die  Durchlässigkeit  des  Bodens  am  stärksten  herabsetzen.  Daher 
sollte  man  die  Vorreinigung,  wo  eine  solche  in  Aussicht  genommen  wird, 
stets  in  durchgreifender  Weise  bewerkstelligen. 

h)  Die  intermittierende  Bodenfiltration. 

Bezüglich  der  Eignung  gewachsener  Böden  verschiedener  Struktur  zum 
Betriebe  der  intermittierenden  Bodenfiltration  wurden  namentlich  von  Seiten 
des  Gesundheitsamtes  des  Staates  Massachusetts  (vereinigte  Staaten  von 
Nordamerika)  Jahrzehnte  hindurch  sowohl  an  der  in  der  Stadt  Lawrence 
eingerichteten  Versuchsstation  als  auch  an  zahlreichen  ausgeführten  Anlagen 
eingehende  Studien  gemacht. 

Mit  Aufnahme  der  Arbeiten  über  dieses  bereits  von  Sir  E.  Frankland 
angewandte  Verfahren  ist  die  genannte  Station  auch  der  Ausgangspunkt  für 
die  ganze  Entwicklung  der  künstlichen  biologischen  Abwasserreinigung 
geworden.  ^) 

Für  den  ausführenden  Ingenieur  sind  in  erster  Linie  jene  Forschungen 
von  Interesse,  welche  sich  auf  die  Feststellung  der  Strukturverhältnisse  jener 
Böden  beziehen,  welche  bei  größter  quantitativer  Beanspruchung  auch  einen 
hohen  qualitativen  Reinigungserfolg  erzielen  lassen. 

Nach  dem  Vorgange  des  genannten  Forschungsinstitutes  wird  diese 
Eignung  auf  Grund  zweier  empirisch  festgestellter  Werte  eingeschätzt,  von 
denen  sich  der  eine  auf  die  „wirksame  Korngröße",  der  andere  auf  den 
„Gleichförmigkeitsgrad"  des  Materiales  bezieht. 

Bildet  man  auf  Grund  einer  mechanischen  Bodenanalyse  die  Summen 
der  einzelnen  Korngrößenprozente,  und  zwar  vom  feinsten  Körnungsprodukte 
ausgehend,  was  sich  am  übersichtlichsten  durch  Auftragen  der  Summenkurve 
diagrammatisch  darstellen  läßt,  so  gibt  jener  Korndurchmesser,  mit  dem  die 
ersten  lO®/©  abschließen,  die  sogen,  „wirksame"  Größe.  Man  hält  sich 
nämlich  zur  Annahme  berechtigt,  daß  die  hiermit  abgegrenzten  feinsten 
Teilchen  in  erster  Linie  für  die  Durchlässigkeit  des  Materiales  entscheidend 
seien.  Ein  gut  verwendbarer  Boden  soll  eine  wirksame  Größe  von  etwa 
0,3  mm  aufweisen. 

Den  Gleichförmigkeitskoeffizienten  erhält  man,  indem  man  den 
Quotienten  aus  der  wirksamen  Größe  in  jenen  Komdurchmesser  bildet,  mit 
dem  die  unteren  60  ^/o  der  Probe  abschließen.  Dieser  Koeffizient  soll 
zwischen  die  Zahlwerte  2  und  5  fallen.  Es  müßten  sonach  60  ^Jq  der  Partikel 
kleiner  sein  als  0,6 — 1,5  mm.  Diesen  Strukturverhältnissen  soll  eine  Wasser- 
kapazität von  16 — 18  o/o  entsprechen. 


*)  Reports   of  the  State  Board   of  Health   of  Massachusetts.     Boston,  Spezialbericht  pro 
1888/89,  seither  fortlaufende  Jahresberichte  No.  23—36. 


B.  Reinigung  und  landwirtschaftliche  Verwertung  der  Abwässer.  531 

Letztgenannte  Größe  steigt,  wie  leicht  einzusehen,  mit  zunehmender 
Feinheit  des  Materiales,  also  mit  abnehmender  wirksamer  Größe,  und  fällt, 
wenn  der  Gleichförmigkeitskoeffizient  stark  anwächst. 

Vom  Standpunkte  der  wissenschaftlichen  Pedologie  kann  man  jedoch 
weder  das  bei  der  Ermittelung  der  feineren  Korngrößenklassen  eingehaltene 
Schlämmverfahren,  noch  die  auf  dem  eben  skizzierten  Wege  gewonnene 
Charakteristik  der  Bodenstruktur  als  einwandfrei  bezeichnen.  Denn  es  ist 
eine  unendliche  Mannigfaltigkeit  von  Böden  mit  den  verschiedensten  Durch- 
lässigkeitsgraden denkbar,  für  welche  die  Summenkurve  der  Komgrößen- 
prozente  durch  die  hervorgehobenen  Punkte  geht. 

Es  erscheint  daher  ratsamer,  sich  lediglich  an  das  Kriterium  zu  halten, 
daß  zur  intermittierenden  Filtration  geeignete  Böden  anfänglich  eine  Wasser- 
kapazität von  15 — 20  Volumprozenten  und,  da  man  bei  groben  Sanden  mit 
einem  Gesamthohlraumvolumen  von  35 — 40  ^/o  rechnen  kann,  eine  Luftkapazität 
von  20 — 25  Volumprozenten  aufweisen  sollen.  Bei  derartigen  Böden  würden 
sonach  Luft  und  Wasserkapazität  annähernd  gleich  werden. 

Während  des  Betriebes  erfährt  die  Wasserkapazität  durch  Ein- 
schwemmung feiner  Teilchen  schwerer  oder  unzersetzbarer  Substanz,  durch 
die  Anhäufung  von  Abbauprodukten  von  humoser  Beschaffenheit  und  durch 
Ausbildung  der  adsorbierenden  Schicht  um  die  einzelnen  Partikel  eine 
Vergrößerung. 

Nach  der  gelegentlich  der  allgemeinen  Charakterisierung  der  biologischen 
Reinigungsverfahren  hervorgehobenen  Bedeutung  der  Wasserkapazität,  welche 
jedenfalls  als  eine  das  nutzbare  Hohlraumvolumen  vermindernde  Größe 
entgegentritt,  ist  es  unverkennbar,  daß  man  einem  Boden  um  so  mehr 
Abwasser  zur  Verarbeitung  anvertrauen  darf,  je  kleiner  seine  wasserhaltende 
Kraft,  bezw.  je  größer  seine  Luftkapazität  ist.  Zugleich  mit  der  hierdurch 
bedingten  größeren  Durchlässigkeit  wächst  aber  auch  die  Schwierigkeit 
hinsichtlich  der  Gleichförmigkeit  der  Beschickung  mit  Abwasser,  worauf  bei 
der  technischen  Ausgestaltung  der  Wasserverteilung  besondere  Rücksicht  zu 
nehmen  bleibt. 

Bei  den  günstigsten  Bodenverhältnissen  kann  man  mit  einer  Tages- 
leistung von  etwa  500  m^  pro  Hektar  rechnen.  Die  Aufbringung  erfolgt  dann 
aber  aus  den  bereits  erörterten  Gründen  nicht  täglich,  sondern  in  Intervallen 
von  mindestens  3  Tagen,  also  in  einem  Quantum  von  etwa  1500  m*  pro  Be- 
schickung. Hieraus  ergibt  sich  eine  Jahresleistung  von  180,000  m'  pro  Hektar. 
Da  die  vollständige  Entwässerung  möglichst  rasch  zu  erfolgen  hat,  wird  man 

j      r^.  .      .  j     .  .  L  .  .IT.  1,500,000 

der  Dimensiomerungsdrainage  nicht  nur  eine  mittlere  Leistung  von  Q^^QQ^Ant 

d.  L  rund  6  sl.,  zugrunde  legen,  sondern  zumindest  das  4 — 5  fache  Quantum, 
also  ein  Abfuhrvermögen  von  etwa  25 — 30  sl.  Da  das  Wasserquantum  von 
1500  m*  bei  einer  Luftkapazität  von  20  ^/^  einen  Bodenraum  von  7500  m*  voll 
anfüllen  würde,  müßte  die  Draintiefe  womöglich  mit  2  m  bemessen  werden, 
wenn  ein  Rückstau  in  die  Reinigungszone  vermieden  werden  soll. 

Bei  ungünstigeren  Strukturverhältnissen  des  Bodens  muß  dann  nicht 
nur  eine  Verlängerung  der  Ruheperiode,  sondern  auch   eine  Verminderung 

34* 


532  ^^'  ^^®  Kanalisation  der  Ortschaften  etc. 

des  Beschickungsquantums  Plat2  greifen.  Rechnet  man  in  diesem  Falle  mit 
einem  mittleren  Tagesquantum  von  300  m*  pro  Hektar  und  einem  Gtflgigen 
Turnus,  so  würde  sich  immer  noch  eine  Jahresleistung  von  rund  110000  m** 
pro  Hektar  ergeben. 

Durch  intermittierende  Bodenfiltration  lassen  sich  sonach  die  Abwässer 
von  3000 — 5000  Personen  (bei  einem  Quantum  von  100  1  pro  Kopf  und  Tag) 
auf  1  ha  Land  vollkommen  reinigen. 

Die  in  der  Versuchsstation  von  Lawrence  und  von  Dunbar  in  Ham- 
burg angestellten  Versuche  sprechen  sogar  für  ein  viel  höheres  Leistungs- 
vermögen, insbesondere  bei  entsprechend  gründlicher  Vorbehandlung  der 
Abwässer,  in  welchem  Falle  Wassermengen  von  weit  über  1000  m*  pro  Hektar 
und  Tag  gereinigt  werden  konnten. 

Diese  Ermittelungen  beziehen  sich  aber  zumeist  auf  kleine  Versuchs- 
filter (in  Lawrence  von  0,2 — 20  m-).  In  größeren  Anlagen  dürften  sich  derlei 
Leistungen  zufolge  der  technischen  Schwierigkeiten  in  der  Wasserableitung 
mit  den  derzeit  üblichen  Mitteln  kaum  erzielen  lassen. 

Die  baulichen  Anlagen  für  den  Filtrationsbetrieb  beschränken  sich  zumeist 
auf  die  zur  Bloßlegung  der  durchlässigen  Bodenschicht  erforderlichen  Erd- 
bewegung und  die  Herstellung  der  Drainage.  Der  abzutragende  Mutterboden 
wird  dann  gleich  zur  Aufführung  der  Umfassungsdämme  der  einzelnen  Beete, 
in  welche  das  Gesamtareal  unterteilt  werden  muß,  Verwendung  finden  können. 
Die  Größe  dieser  Unterabteilungen  läßt  sich  nach  den  beim  Füllverfahren 
entwickelten  Gesichtspunkten  bestimmen. 

In  den  amerikanischen  Bodenfiltrationsanlagen  sind  die  einzelnen  Becken 
teils  mit  vollkommen  horizontaler  Sohle  hergestellt  und  event.  mit  einem  ein- 
fachen Rinnensysteme  zur  leichteren  Abwasserverteilung  versehen,  teils  in 
Furchen  gelegt.  Letztere  Art  des  Ausbaues  erleichtert  insbesondere  den 
Betrieb  der  Anlage  zur  Winterszeit;  dann  bildet  sich  eine  von  den  einzelnen 
Kämmen  getragene  Eis-  und  Schneedecke,  unter  der  die  Abwässer  sich  einen 
ungehinderten  Weg  offen  halten.  Diese  Decke  bildet  auch  einen  guten  Schutz 
gegen  Abkühlung,  muß  aber  immer  an  einzelnen  Stellen  aufgehackt  werden, 
um  auch  den  Luftzutritt  zu  ermöglichen  (Fig.  204). 

Bei  der  Beschickung  wird  bei  einzelnen  dieser  Anlagen  das  in  einem 
Ausgleichsbehälter  angesammelte  Abwasser  rasch  auf  ein  Becken  geleitet,  auf 
anderen  das  Wasser  nach  Maßgabe  des  Zuflusses  zugeführt.  Erstere  Methode 
sichert  wohl  eine  gleichförmigere  Belastung  des  ganzen  Areales.  Dies  ließe 
sich  aber  auch  bei  kontinuierlichem  Zufluß  durch  eine  kunstgerechte  Aus- 
legung der  Oberfläche  in  flache  Hänge  und  Rücken  unschwer  erzielen.  Der 
in  den  Ausgleichsbecken  ausgeschiedene  Schlamm  wird  meist  besonderen 
Becken  zugeführt. 

Im  übrigen  beschränkt  sich  der  Betrieb  neben  der  regelmäßigen  Um- 
stellung der  Zuleitungsschieber  und  Schütze  auf  eine  gelegentliche  Schalung 
der  Oberfläche  und  ein  Aufpflügen  der  obersten  Schicht.  Zeitweilig  werden 
den  einzelnen  Becken  auch  längere  Ruhepausen  zwecks  Aufarbeitung  der 
angehäuften  schwer  zersetzbaren  Substanz  gewährt  werden  müssen. 


B.  Reinigung  und  landwirtschafiliche  Verwertung  der  Abwässer. 


533 


Die  Bau-  und  Betriebskosten  der  amerikanischen  Anlagen  sind  angesichts 
der  hohen  Arbeitslöhne  ziemlich  bedeutend.  Die  reine  Aptierung  und  Drai- 
nierung  stellt  sich  (ohne  Zuleitungskanäle,  Ausgleichsbehälter  etc.)  auf  etwa 
25—40000  K,  die  Betriebskosten  auf  etwa  2000  K  pro  Hektar  und  Jahr. 

Für  unsere  Verhältnisse  dürfte  sich  selbst  bei  hohen  Grundpreisen, 
großer  Erdbewegung,  sowie  enger  und  tiefer  Drainierung  1  ha  Filter  auf 
höchstens  8000 — 10000  K  stellen.  Rechnet  man  neben  einer  ^^j^igen  Ver- 
zinsung des  Anlagekapitaies  die  jährlichen  Betriebskosten  hoch  gegriffen  zu 
1600  K,  so  würde  sich  eine  Gesamtausfage  von  2000  K  ergeben.     Somit  würde 


Fig.  204.    Abwasser-Reinigimg  dnrch  intermittierende  Bodenflitration  in  Andover  bei  Boston. 

bei  einer  angeschlossenen  Kopfzahl  von  3000 — 5000  Personen  pro  Hektar  ein 
Betrag  von  40 — 66  h  pro  Kopf  und  Jahr  entfallen. 

Mit  diesem  Aufwände  lassen  sich  Reinigungseffekte  erzielen,  die  jenen 
der  besten  Rieselfelder  in  nichts  nachstehen. 

i)  Die  Rieselfelder. 

a)  Betriebs-  und  Produktionsverhältnisse. 
Die  Strukturverhältnisse,  welche  einen  gewachsenen  Boden  zur  Reinigung 
großer  Abwassermengen  auf  dem  Wege  der  intermittierenden  Filtration 
besonders  befähigen,  entsprechen  nicht  auch  in  gleichem  Grade  den  An- 
forderungen, welche  anspruchsvollere  Kulturgewächse  an  den  Bau  des  Boden- 
skelettes   stellen.      Gute    Böden    weisen    wiederum    keine   hinlänglich    große 


534 


m.  Die  Kanalisation  der  Ortschaften  etc. 


Durchlässigkeit  für  Wasser  und  Luft  auf,  um  unter  unseren  klimatischen 
Bedingungen  jederzeit  eine  die  Niederschlagsmenge  um  ein  Vielfaches  über- 
steigende Belastung  mit  Abwasser  zu  ertragen. 

Hierzu  kommt  der  weitere  Umstand,  daß  die  Kulturpflanzen  in  ihren 
verschiedenen  Wachstumsstadien  nicht  nur  einen  wechselnden  Bedarf  an 
Nährstoff  und  Wasser  haben,  sondern  zu  bestimmten  Zeiten,  u.  zw.  namentlich 
während  des  ersten  Entwicklungszustandes  sowie  in  der  Periode  der  Bildung 
von  Früchten,  Samen  und  Reservestoffen,  sogar  eine  große  Empfindlichkeit 
gegen  einen  Überschuß  an  leicht  assimilierbaren  Nährstoffen  und  Feuchtigkeit 
aufweisen. 


Fig.  205.    Bewässerte  Wiesen  (RUckenbau)  an  der  Vettabia  bei  Mailand. 


Die  Forderung,  größere  Abwassermengen  auf  Kulturland  zu  reinigen, 
führt  daher  stets  zu  einer  Reihe  von  Komplikationen,  welche  die  Durch- 
führung dieses  Verfahrens  zu  einer  überaus  schwierigen  Aufgabe  machen. 

Denn  im  praktischen  Betriebe  steht  einem  jahrein  jahraus  fließenden 
Abwasserstrome  meist  nur  ein  beschränktes  Aufnahmsgebiet  gegenüber,  und 
bedarf  es  daher  eines  besonderen  Geschickes  des  Betriebsleiters,  um  bei  der 
Disposition  über  die  Wasser  Verteilung  einerseits  den  in  erster  Linie  geforderten 
Reinigungserfolg  zu  erzielen,  ohne  andererseits  den  Kulturen  allzu  großen 
Schaden  zuzufügen. 

Anfänglich  hatte  man  allerdings  gehofft,  durch  Aufbrijigung  der  dung- 
kräftigen Abwässer  auf  Kulturland  neben  dem  Reinigungseffekte  auch 
wirtschaftliche   Erfolge   zu    erzielen.    Aber   die   Schwierigkeiten    in    der 


B.  Reinigung  und  landwirtschaftliche  Verwertung  der  Abwässer.  535 

Nähe  der  Abwasserproduktionsgebiete  ausgedehnte  Landflächen  zu  erwerben 
oder  dienstbar  zu  machen,  deren  Höhenlage,  Oberflächengestaltung,  Boden- 
beschaffenheit, Grundwasser-  und  Vorflutverhältnisse  einen  intensiven  Wässer- 
betrieb gestatten,  erwiesen  sich  meist  so  groß,  daß  man  gar  bald  darauf  ver- 
zichtete, die  Rieselei  als  gewinnbringendes  Unternehmen  anzusehen  und  sich 
zufrieden  geben  mußte,  wenn  es  nur.  gelang,  die  Abwässer  in  einen  für  die 
Vorfluter  unschädlichen  Zustand  Oberzuführen. 

Fällt  doch  die  Errichtung  der  größeren  städtischen  Rieselanlagen  fast 
ganz  in  das  letzte  Drittel  des  abgelaufenen  Jahrhunderts,  also  noch  in  eine 
Zeit,  in  der  man  vor  Ausbildung  der  künstlichen  biologischen  Reinigungs- 
methoden und  angesichts  der  vielfach  unzulänglichen  Leistungen  der  mecha- 
nischen und  chemisch-mechanischen  Klärung  auf  die  Rieselei  als  einziges 
Rettungsmittel  vor  der  überhandnehmenden  Verpestung  der  Wasserläufe  an- 
gewiesen war. 

Während  man  mit  Hilfe  der  künstlich  angelegten  Oxydationskörper  pro 
1  ha  nutzbarer  Oberfläche  die  Abwässer  von  50000 — 200000  Personen  un- 
schädlich zu  machen  vermag,  und  selbst  bei  der  intermittierenden  Boden- 
filtration noch  mit  einer  Zahl  von  3000 — 5000  Personen  pro  Hektar  gerechnet 
werden  darf,  gelingt  es  selbst  auf  den  leistungsfähigsten  Rieselfeldern  nur 
bei  entsprechend  gründlicher  Vorreinigung,  die  Abwässer  von  500 — 1000  Ein- 
wohnern dauernd  unterzubringen.  In  den  meisten  ausgeführten  Anlagen 
sinkt  die  angeschlossene  Kopfzahl  sogar  auf  nur  200 — 500  pro  I  ha.  Diese 
Zählen  lassen  den  enormen  Landbedarf  erkennen,  welcher  sich  in  Groß- 
städten zur  Unschädlichmachung  der  Abwässer  ergibt.  Würde  gar  eine 
rationelle  Verwertung  der  in  den  Abwässern  enthaltenen  Pflanzennährstoffe 
angestrebt,  so  müßten  diese  Ausmaße  noch  auf  das  5 — 10  fache  vermehrt 
werden. 

Die  auf  einzelnen  der  größeren  städtischen  Rieselgüter  Deutschlands 
pro  1  ha  aptierte  Fläche  entfallenden  Abwassermengen  sind  in  der  Tabelle 
auf  S.  546  ersichtlich  gemacht.  Damach  zeigt  Berlin  mit  12,610  m^  pro 
Hektar  und  Jahr  bezw.  34,6  m'  pro  Tag  die  schwächste  Belastung.  Die  größte 
Wasserzufuhr  ergibt  sich  derzeit  für  die  Pariser  Anlagen.  Dieselbe  beträgt 
in  den  verschiedenen  Rieselbezirken  durchschnittlich  31,200 — 56,400  m*  pro 
Hektar  und  Jahr,  d.  i.  85  bezw.  155  m^  pro  Hektar  und  Tag.  Charlotten- 
burg soll  vor  der  seit  1903  durchgeführten  Erweiterung  sogar  69,000  m*  bezw. 
190  m^  pro  Hektar  aufgebracht  haben. 

Im  allgemeinen  wird  derzeit  zumeist  mit  einem  Abwasserquantum  von 
18000  m*  pro  Jahr  bezw.  50  m*  pro  Tag  und  Hektar  gerechnet.  Alle 
diese  Zahlen  sind  jedoch  lediglich  aus  dem  Jahresquantum  und  der  Gesamt- 
fläche berechnete  Mittelwerte.  Tatsächlich  ergeben  sich  für  die  verschiedenen 
Jahreszeiten  und  Kulturgattungen,  sowie  in  Anbetracht  der  nie  vollkommen 
gleichförmigen  Bodenbeschaffenheit  des  ganzen  Rieselkomplexes  ganz  be- 
deutende örtliche  und  zeitliche  Mehrbeanspruchungen.  Insbesondere  ver- 
schieben sich  die  Verhältnisse  zu  Zeiten  anhaltender  Niederschläge,  in  denen 
zu  der  vermehrten  Wasserführung  der  Kanäle  noch  die  auf  die  Flächen 
direkt  auffallenden  Wassermengen  hinzutreten. 


536  UI-  ^^^  Kanalisation  der  Ortschaften  etc. 

Dieses  Mehrquantum  beträgt  nach  Mafigabe  der  JahresregenhOhe  bei 
den  Berliner  Rieselfeldern  ca.  50  ^/q,  bei  jenen  von  Paris  ca.  16®/o;  für  Einzel- 
regenfälle steigert  sich  dasselbe  natürlich  noch  ganz  bedeutend. 

Da  eine  gründliche  Abwasserreinigung  auf  Kulturland  nur  dann  zu 
erwarten  ist,  wenn  die  Zuflüsse  nicht  einfach  über  die  Bodenoberfläche 
strömen,  sondern  gänzlich  zum  Versickern  gebracht  werden,  unterscheidet 
sich  die  Bewässerung  der  Rieselfelder  wesentlich  von  dem  normalen  Wässer- 
verfahren, bei  dem  namentlich  gelegentlich  der  intensiven  Frühjahrs-  und 
Herbstbewässerung  ein  großer  Teil  des  zugeführten  Wassers  nur  über  den 
Boden  hinwegfließt.  Diese  Forderung  erschwert  den  Wässerbetrieb  ganz 
erheblich.  Denn  es  ist,  wie  schon  in  Bd.  I,  S.  395  ff.  auseinandergesetzt 
wurde,  nur  mit  Hilfe  der  Überstauungsmethode  möglich,  einen  hohen  Grad 
von  Gleichförmigkeit  in  der  Abwasserverteilung  zu  erzielen.  Hingegen 
ergeben  sich  bei  der  Berieselung  von  Hängen  und  Rücken  stets  ungleich 
starke  Versickerungen,  wenn  das  Zuflußquantum  so  gering  bemessen  wird, 
daß  der  gesamte  Zulauf  auf  der  Tafelfläche  selbst  versinken  kann.  Man 
wird  daher  überall,  wo  die  Niveauverhältnisse  dies  gestatten,  bei  Hang-  und 
Rückenbauten  mit  einer  wiederholten  Wasserbenutzung  zu  arbeiten  haben. 
Doch  dürfen  dann  die  Abfang-  und  Transportiergräben  nie  mit  den  eigent- 
lichen, ausschließlich  für  die  Aufnahme  der  Drainwässer  bestimmten  Ent- 
wässerungsgräben in  Verbindung  stehen,  da  andernfalls  jegliches  Versehen 
des  Rieselwärters  einen  Abfluß  ungereinigten  Wassers  zur  Folge  hätte. 

Hängen  und  Rücken  kommen  nur  für  permanente  Wiesen  in  Betracht, 
während  die  Horizontalstücke  sowohl  für  Wiesen  als  auch  für  Futter-  und 
Getreideschläge  reserviert  bleiben. 

Hackfrüchte  und  Feldgemüse  empfangen  zumeist  Furchenbewässerung 
oder  Grabeneinstau  zwischen  schmalen  Beeten  (Fig.  206). 

Horizontalstücke  sind  zur  Erleichterung  der  Verwendung  landwirt- 
schaftlicher Maschinen  möglichst  groß  und,  wenn  irgend  angängig,  nicht 
unter  0,5  ha  (etwa  50  x  100  m)  anzulegen.  Doch  gebietet  hier  die  Höhe  der 
Aptierungskosten,  sowie  die  Forderung,  den  sterilen  Untergrund  nicht  bloß- 
zulegen, stets  die  Einhaltung  bestimmter  natürlicher  Grenzen. 

Im  allgemeinen  gestaltet  sich  die  Unterbringung  des  Wassers  im 
zeitigen  Frühjahre  am  schwierigsten.  Denn  zu  dieser  Zeit  sollen  einerseits 
die  Ackerparzellen  zwecks  Bodenbearbeitung  und  Anbau  rechtzeitig  trocken 
gelegt  werden,  während  es  andererseits  noch  mit  Gefahr  verbunden  ist,  die 
Vegetation  auf  den  Wiesen  durch  Zufuhr  des  relativ  warmen  Kanalwassers 
allzu  zeitig  neu  zu  beleben  und  hierdurch  die  zarten  Pflanzen  den  Gefahren 
der  Spätfröste  auszusetzen.  Denn  eben  die  Aufgabe,  das  Gesamtwasser- 
quantum in  den  Boden  versitzen  zu  lassen,  verbietet  hier  forzierte  Rieselungen 
vorzunehmen,  durch  die  man  sonst  der  schädlichen  Wirkung  der  Spätfröste 
wirksam  entgegenzutreten  vermag. 

Schwierig  gestaltet  sich  auch  der  Winterbetrieb,  der  sich  zumeist  auf 
eine  Beschickung  der  in  rauher  Furche  liegenden  Äcker  beschränkt  Zu 
dieser  Zeit  muß  das  auf  geleitete  Abwasser  vielfach  erst  die  früher  gebildeten 
Eis-  und  Schneedecken  zum  Auftauen  bringen,  bevor  es  in  den  Boden  zu 


B.  Reinigung  and  landwirtschaftliche  Yerwertnng  der  Abwässer.  537 


.....--/s'/»   \. 

m 

1   ^^^ 

k 

Flg.  206.    RUbenfeld  während  der  Bewässerung  auf  den  Rieselfeldern  von  Parls-Achöres. 


Flg.  207.    Stxorzacker  während  der  Bewässenmg  bei  Frost    Rieselfeld  von  Berlin-Malchow. 


538  ^'  I^ie  Kanalisation  der  Oitschaften  etc. 

dringen  vermag  (Fig.  207).  Trotzdem  ergeben  sich  bei  dieser  Art  der 
Wasseraufbringung  immer  noch  wesentlich  bessere  Reinigungserfolge,  als 
mit  der  fast  ganz  verlassenen  Methode  der  Einstauung  in  tiefe  Becken. 

Im  Herbste  stehen  fast  die  gesamten  aptierten  Flächen  zur  Wasser- 
aufnahme bereit.  Doch  empfiehlt  es  sich  auch  hier  wie  im  gewöhnlichen 
Wässerbetrieb,  die  Wiesen  vor  Eintritt  der  Frostperiode  rechtzeitig  trocken 
zu  legen. 

Große  Aufmerksamkeit  erfordert  der  Wässerbetrieb  in  der  Haupt- 
vegetationsperiode, dem  späteren  Frühjahr  und  den  Sommermonaten,  eine 
Zeit,  in  der  sich  auf  den  künstlich  entwässerten  leichten  Böden  sogar  oft 
ein  Wassermangel  fühlbar  macht.  Denn  die  durch  die  reichliche  Zufuhr 
leicht  assimilierbarer  Nährstoffe  verwöhnten  Pflanzen  vermögen  der  Wirkung 
der  Trockenheit  um  so  weniger  zu  widerstehen,  als  sich  dann  neben  dem 
Wassermangel  auch  eine  zunehmende  Konzentration  an  jenen  Stoffen  ein- 
stellt, die  in  großer  Verdünnung  Wachstumsstimulantia  bilden,  in  größeren 
Mengen  aber  als  Pflanzengifte  wirken.  Hierher  gehört  insbesondere  das 
in  den  Abwässern  stets  in  großen  Mengen  vorhandene  Kochsalz  (etwa  150 
bis  200  mg/1). 

Würde  beispielsweise  für  ein  Hektar  Wiese  nur  das  mittlere  Quantum 
von  50  m^  pro  Tag  zur  Verfügung  stehen,  so  kann  damit  ein  Verdunstungs- 
verlust von  5  mm  pro  Tag  eben  noch  gedeckt  werden.  Diese  Wassermenge 
ist  in  Anbetracht  der  üppigen  Vegetationsverhältnisse  keineswegs  als  hoch 
anzusehen.  Würde  nun  in  einer  längeren  Trockenperiode  in  Intervallen 
von  10  Tagen  gewässert  werden,  und  zwar  also  mit  einem  Quantum  von  nur 
500  m^  pro  Hektar,  das  angesichts  der  großen  Durchlässigkeit  ohnehin  schon 
schwer  gleichmäßig  zur  Verteilung  gebracht  werden  kann,  so  ließe  sich 
hiermit  (vergl.  die  auf  S.  381  des  I.  Bandes  dieses  Handbuches  gemachten 
Angaben)  ein  Boden  mit  40  ^/q  Porenvolumen  und  30  %  Wasserkapazität  nur 
auf  25  cm  Tiefe  vollsättigen.  Dieser  Wasservorrat  würde  bei  einem  Wasser- 
verbrauch von  5  mm  pro  Tag  in  10  Tagen  wieder  gänzlich  aufgezehrt  sein; 
Füllung  und  Entleerung  würden  sich  also  bei  so  schwachen  Wässerungen 
in  einer  dünnen  Bodenzone  abspielen,  die  auch  durch  das  Dazwischentreten 
normaler  Regenfälle  keine  wesentliche  Ausdehnung  erfährt.  Auch  das 
Wasser  der  tieferen  Bodenschichten  wird  hier  angesichts  der  geringen 
kapillaren  Leitfähigkeit  an  der  Deckung  des  Wasserbedürfnisses  keinen 
wesentlichen  Anteil  nehmen. 

Folgen  einander  mehrere  schwache  Wässerungen,  so  muß  jede  der- 
selben neuerlich  eine  Konzentration  der  in  den  obersten  Schichten  kapillar 
festgehaltenen  Flüssigkeit  herbeiführen,  da  dann  eben  eine  Auswaschung  nach 
dem  Untergrunde  oder  gar  eine  Abfuhr  mit  den  Drainwässern  nicht  auftreten 
kann.  Diese  zeitweise  Anhäufung  an  sich  leicht  löslicher,  aber  vorüber- 
gehend unbeweglich  gemachter  Stoffe  wird  sich  für  die  Pflanzen  umso  nach- 
teiliger geltend  machen,  je  näher  die  jeweils  geschaffenen  Wasservorräte  in  der 
zwischen  zwei  Wässerungen  gelegenen  Zeit  ihrer  Erschöpfung  entgegengehen. 

Hieraus  erklärt  sich  die  oft  beklagte  Tatsache,  daß  die  Pflanzen  trotz 
der  anscheinend  reichlichen  Wasserzufuhr  auf  den   Rieselfeldern  schon  an 


B.  Reinigung  tind  landwirtschaftliche  Verwertung  der  Abwässer.  589 

Trockenheit  leiden,  während  die  Vegetation  auf  benachbarten  unbewässerten 
Feldern  oft  noch  in  vollster  Kraft  dasteht;  desgleichen  wurde  schon  wieder- 
holt die  einigermafien  überraschende  Erscheinung  beobachtet,  daß  extrem 
niederschlagsarme  Jahre  auf  den  Rieselfeldern  mehr  zu  fürchten  sind  als 
regenreiche. 

Erst  durch  starke  Wässerungen,  welche  eine  Auswaschung  und  voll- 
ständige Entfernung  der  angehäuften  Stoffe  mit  sich  bringen,  kann  diesen 
ungünstigen  Verhältnissen  ein  Ende  bereitet  werden.  Das  hierzu  nötige 
Mehrquantum  an  Wasser  muß  dann  aber  zumeist  wieder  auf  Kosten  anderer 
Parzellen,  deren  Kulturen  einen  geringeren  Wasserbedarf  aufweisen  (z.  B. 
Getreide),  beschafft  werden.  Immerhin  zeigt  dieses  Beispiel  die  Notwendig- 
keit, bei  Aufteilung  des  Gesamtareales  auf  die  einzelne  Kulturgattung,  nicht 
nur  die  Möglichkeit  einer  Wasserunterbringung,  sondern  auch  jene  einer 
Wasserversorgung  in  Trockenperioden  ins  Auge  zu  fassen.  Auf  ver- 
schiedenen Rieselfeldern  hat  man  zur  Bekämpfung  sommerlicher  Dürre  schon 
die  Wiederverwendung  der  Drainwässer  (Berlin,  Freiburg  i.  B.)  bezw.  die 
Vergrößerung  der  disponiblen  Wassermenge  durch  Zupumpen  von  Reinwasser 
(Danzig)  mit  Erfolg  durchgeführt. 

Die  geschilderte  vorübergehende  Anreicherung  des  Bodenwassers  an 
Pflanzennährstoffen  und  Giften  ist  früher  vielfach  mit  einer  als  schädlich  ge- 
fürchteten bleibenden  Übersättigung  der  Rieselfeldböden  verwechselt  worden. 
Daß  ein  solcher  Zustand  wohl  kaum  jemals  schädigende  Dimensionen  an- 
nehmen kann,  ist  rechnerisch  leicht  nachzuweisen. 

So  gibt  Backhaus  den  auf  den  Berliner  Rieselfeldern  alljährlich  zu- 
geführten Überschuß  an  Kali  mit  3  q  pro  Hektar  an;  würde  derselbe  dauernd 
festgelegt,  so  ergäbe  dies  in  100  Jahren  eine  Anreicherung  des  ursprünglichen 
Kaligehaltes  des  Bodens  um  0,3  ^/q.  Auch  dann  würden  die  Böden  immer 
noch  einen  wesentlich  geringeren  Vorrat  an  diesem  unentbehrlichen  Pflanzen- 
nährstoffe besitzen,  als  gute  Ackerböden.  Dasselbe  gilt  von  der  stärker 
absorbierbaren  Phosphorsäure. 

Zum  Anbau  auf  Rieselfeldern  eignen  sich  in  erster  Linie  Gras  und 
Futterpflanzen,  welche  bei  hoher  Aufnahmsfähigkeit  für  Abwässer  außer- 
ordenüiche,  quantitative  Erträge  liefern.  Auf  den  Berliner  Rieselfeldern 
wird  z.  B.  in  6 — 8  Schnitten  500 — 800  q  Rieselgras  geerntet  Leider  läßt 
sich  dasselbe  angesichts  seines  höheren  Gehaltes  an  Wasser  und  Salzen  nur 
langsam  trocknen  und  schwer  konservieren.  Dies  bedingt,  daß  zumeist 
nur  ein  geringer  Teil  des  Futters  in  eigener  Wirtschaft  verwertet  werden 
kann  und  der  Rest  zu  geringen  Preisen  (in  Berlin  etwa  50  Pf.  pro  q,  d.  i. 
kaum  50  ®/q  seines  Futterwertes)  abgesetzt  werden  muß.  Um  dieser  Schädigung 
zu  entgehen,  wurden  in  den  letzten  Jahren  auf  den  Berliner  Rieselfeldern 
bemerkenswerte  Versuche^)  mit  künstlicher  Trocknung  eingeleitet,  die 
auch  auf  Mais  und  Wurzelfrüchte  ausgedehnt  werden. 

Auch  Hackfrüchte  liefern  bei  bedeutendem  Wasserkonsum  hohe  Brutto- 
erträge.    Kartoffeln   eignen  sich   aber  zumeist   nur  zu  Brennereizwecken; 


^)  Backhaus,  Landwirtschaftliche  Versuche  etc.,  S.  88  ff. 


540  I^-  I^i«  Kanalisation  der  OrUchaften  etc. 

Zuckerrüben  stehen  in  ihrem  Zuckergehalte  gewöhnlich  an  der  unteren 
Grenze  der  industriellen  Verwertungsfähigkeit. 

Zerealien  können  zufolge  ihrer  geringen  Aufnahmsfähigkeit  für  Wasser 
während  der  Vegetationsperiode  nur  in  beschränkten  Quantitäten  angebaut 
werden.  Angesichts  der  stets  platzgreifenden  Stickstoffoberdüngung  neigen 
dieselben  zur  Lagerung  und  weisen  auch  ein  ungünstiges  Verhältnis  zwischen 
Korn  und  Stroh  auf. 

Der  Feldgemüsebau  hat  sich  sowohl  hinsichtlich  der  Unterbringung 
des  Abwassers  als  auch  in  bezug  der  gelieferten  Erträge  auf  Rieselfeldern 
stets  bewährt.  Allerdings  beschränkt  der  hohe  Arbeitsbedarf  derartiger 
Kulturen  deren  Aufnahme  in  den  Regiebetrieb.  Dieselben  eignen  sich  aber 
in  hohem  Mafie  bei  Parzellenverpachtung. 

Als  ein  neuer  Betriebszweig  ist  in  den  letzten  Jahren  auk  einzelnen 
Rieselfeldern  (Berlin,  Dortmund)  die  Teichwirtschaft  hinzugetreten. 
Der  hohe  Gehalt  der  Drainwässer  an  Nährsalzen  erfährt  auf  diesem  W^;e 
eine  äufierst  günstige  Ausnützung,  das  Drainwasser  selbst  aber  durch  Hinzu- 
tritt der  reinigenden  Kraft  des  Planktons  eine  wesentliche  Verbesserung. 
Auch  die  zeitweilige  Düngung  der  Teiche  mit  Rohjauche  hat  sich  als 
zweckmäßig  erwiesen. 

ß)  Abwasserzuleitung  zu  den  Rieselfeldern. 

Die  Zuleitung  der  Abwässer  zu  den  Rieselfeldern  kann  wohl  nur  in 
vereinzelten  Fällen  der  Gravitation  in  ohne  inneren  Überdruck  fließenden 
Zuleitern  bewerkstelligt  werden  (Dortmund,  Freiburg  i.  B.).  Zumeist  wird 
die  Anlage  einer  Druckleitung  erforderlich,  von  der  sich  nach  Erreichung 
des  Rieselgeländes  einzelne  Verästelungen  nach  den  verschiedenen  Hoch- 
p unkten  abzweigen  (Berlin)  oder  nach  Gewinnung  der  erforderlichen  Höhe 
ein  das  ganze  bewässernde  Gebiet  beherrschender  offener  Hauptzubringer 
ausgeht  (Breslau,  Danzig). 

Im  erstgenannten  Falle  pflegt  man  bei  neueren  Anlagen  und  stark 
wechselnder  Geländehöhe  die  Rieselbezirke  in  einzelne  Druckzonen  zu 
zerlegen,  denen  das  Wasser  von  der  gemeinsamen  Pumpstation  aus  ab- 
wechselnd zugesendet  wird  (Paris-Mery  Pierrelaye),  oder  für  jede  Ab- 
teilung ein  eigenes  Hebewerk  anzulegen,  das  von  einer  zentralen  Kraft- 
station aus  betrieben  wird  (Birmingham). 

Druckrohrleitungen  und  kleinere  Zuleitungskanäle  folgen  zumeist  öffent- 
lichen Straßen  und  Wegen.  Bei  schwierigeren  Terrainverhältnissen  oder 
besonders  großen  Leitungsausmaßen  findet  wohl  auch  eine  Unterbringung 
der  Rohre  in  besonderen  Galerien  statt  (Paris). ^) 

Zur  Konstruktion  der  Druckrohrleitungen  finden  bis  zu  Durchmessern 
von  1,2  m  zumeist  gußeiserne  Muffenrohre  Verwendung.  Größere  Rohr- 
kaliber werden  aus  genieteten  Rohren  oder  in  Eisenbeton  hergestellt 
(Fig.  208).  Die  Eisenbetonrohre  für  die  Hauptzuleitung  zu  den  Pariser 
Rieselfeldern  haben  zur  Erzielung  einer  vollkommenen  Dichtheit  Blechein- 


^)  Bechmann  et  Laanay,   Notice   sur   les   travaax   de   Taquedac   et  da  parc  agricole 
d'Ach^res.     Paris  1897,  Dunod  et  Cie. 


B.  Reinigung  und  landwirtschaftliche  Verwertung  der  Abwässer. 


541 


lagen  erhalten,  die  entweder  an  der  Innenfläche  angebracht  oder  im  Fleisch 
des  Rohres  eingebettet  sind. 

Bei  der  konstruktiven  Durchbildung  der  Druckrohrleitungen  und  der 
mit  diesen  in  Verbindung  stehenden  Spezialbauwerke,  wie  Siphons, 
Aquädukte,  Rohrbrücken  u.  dergl.,  ist  stets  zu  beachten,  daß  es  sich  um  den 
Transport   einer   mit  Schlamm   beladenen,    in  Zersetzung   befindlichen 


Flg.  208.    Druckrohr  aus  Eisenbeton  (System  Bonna)  während  der 
Anbringung  der  Überschubmuffen.    Rieselfeld  von  Paris-Acberes. 


Flüssigkeit  handelt.  Es  ist  daher  den  Bedürfnissen  nach  Spülung  und 
Entlüftung  in  weit  höherem  Maße  Rechnung  zu  tragen,  als  bei  Rein- 
wasserleitungen. Deshalb  erscheint  es  rätlich,  zur  Vermeidung  größerer 
Schlammablagerungen  eine  Vorklärung  der  Abwässer  vorzunehmen  (Paris - 
Colombes). 

Ein  wichtiges  Spezialbauwerk  bilden  bei  Druckrohren  die  Druckent- 
lastungsanlagen.  Dieselben  werden  in  Form  von  Standrohren  oder  auto- 
matisch wirkenden  Auslässen  ausgeführt   Standrohre  erhalten  einen  Überlauf, 


542 


III.  Die  Kanalisation  der  Ortschaften  etc. 


der  nach  Erreichung  eines  bestimmten  Wasserstandes  in  Aktion  tritt  und 
dem  Mehrzufluß  des  Abwassers  einen  Ausweg  nach  einem  Ausgleichsbassin 
oder  einem  benachbarten  Verteilungsgraben  frei  gibt.  Durch  einen  Schwimmer, 
dessen  Kopf  bei  Erreichung  des  Maximalwasserstandes  über  dem  Standrohre 
erscheint  und  bei  Tag  durch  eine  Fahne,  bei  Nacht  durch  eine  Laterne  weit- 
hin sichtbar  gemacht  wird,  wird  dem  Wärter  der  Eintritt  eines  stärkeren 
Wasserandranges  angezeigt  (Fig.  209). 


Flg.  809.    Standrohr  mit  Signalschwlmmer,  Überlaafh>hr  und 
Absitzbecken  auf  den  Rieselfeldern  von  Berlin-Malchow. 


Automatische  Auslässe  finden  sich  namentlich  auf  den  Pariser 
Rieselfeldern.  Dieselben  bestehen  aus  einem  mit  Laufgewicht  belasteten 
Tellerventile,  welches  sich  nach  Erreichung  eines  bestimmten  Überdruckes 
öffnet  und  das  Wasser  nach  einem  anschließenden  Verteilungsgraben  ab- 
fließen läßt. 

Die  Grundsätze  für  die  Anlage  des  Netzes  der  Haupt-  und  Neben- 
gräben einer  Bewässerungsanlage  wurden  bereits  im  I.  Bande  dieses  Hand- 
buches auseinandergesetzt,  dieselben  finden  ihre  sinngemäße  Anwendung  auch 


B.  Reinigung  nnd  landwirtschaftliche  Verwertung  der  Abwässer.  543 

bezüglich  der  Wasserverteilung  bei  Spüljauchenrieselfeldem  und  lassen  sich 
unschwer  auch  auf  die  Wasserverteilung  durch  Druckrohre  übertragen.  Steht 
genug  Druck  zur  Verfügung,  so  ist  es  wohl  das  rationellste,  die  Zahl  der 
offenen  Verteilungsgräben  auf  ein  Minimum  zu  beschränken.  Denn  dieselben 
verursachen  immer  große  Landverluste  und  erschweren  die  Kommunikation 
und  die  Bewirtschaftung  der  einzelnen  Schläge  ganz  erheblich.  Auf  den 
Rieselfeldern  von  Paris  entfallen  auf  1  ha  Fläche  ungefähr  40 — 60  m  Rohr- 
strang und  auf  etwa  1,5 — 4  ha  eine  Ausmündung. 

Bezüglich  der  Drainierung  der  Rieselfelder  wurde  das  wichtigste 
bereits  mitgeteilt.  Es  möge  nur  noch  darauf  hingewiesen  werden,  daß  man 
hier  meist  gezwungen  ist,  von  dem  sonst  eingehaltenen  Grundsatze  abzugehen, 
die  Zahl  der  Drainausmündungen  tunlichst  zu  beschränken. 

Dies  findet  seine  Begründung  einerseits  darin,  daß  die  Sammler  an- 
gesichts der  größeren  abzuleitenden  Wasserquantitäten  sonst  zu  groß  ausfallen 
würden,  andererseits  um  sich  jederzeit  von  der  guten  Funktion  der  Drainage 
und  der  Qualität  der  Abflüsse  der  einzelnen  Schläge  überzeugen  zu  können. 

y)  Anlage-  und  Betriebskosten. 

Bredtschneider  und  Thumm^)  haben  unter  der  Annahme,  daß  bei 
einer  Abwasserproduktion  von  120  1  pro  Kopf  und  Tag  1  ha  Rieselland  ein 
Tagesquantum  von  50  m*^,  entsprechend  einer  Kopfzahl  von  420,  aufzunehmen 
vermöge,  sowie  unter  der  Voraussetzung,  daß  der  landwirtschaftliche  Ertrag 
des  Rieselfeldes  durch  die  Betriebskosten  ganz  verzehrt  werde,  für  ver- 
schiedene Bodenpreise  das  Abhängigkeitsverhältnis  zwischen  Anlagekosten 
und  Reinigungskosten  berechnet.  Hierbei  wurde  weiter  angenommen,  daß 
die  Aptierungskosten  2500  M.  pro  Hektar  betragen,  die  für  Landerwerb  und 
Aptierung  verausgabten  Beträge  zu  4  ^j^  zu  verzinsen  und  für  Instandhaltungs- 
arbeiten 1  ^/o  der  Aptierungskosten  aufzuwenden  sind.  Für  den  Fall  der 
Vornahme  einer  Vorreinigung  rechnen  die  genannten  Autoren  eine  Wasser- 
menge von  150  m*  pro  Hektar  und  Tag  (entsprechend  1260  Einwohnern)  und 
werden  die  Baukosten  der  Vorreinigungsanlage  mit  0,3  M.,  die  Schlamm- 
beseitigungskosten mit  0,15  M.  pro  Kopf  und  Jahr  angenommen. 

Aus  diesen  Annahmen  ergeben  sich  die  nachstehend  tabellierten  Werte. 

(Siehe  die  Tabelle  auf  S.  544.) 

Derlei  allgemeine  Aufstellungen  können  natürlich  die  Mannigfaltigkeit  der 
äußeren  Umstände,  welche  die  tatsächlichen  Reinigungskosten  durch  Rieselei 
bestimmen,  nicht  voll  berücksichtigen.  Immerhin  geben  dieselben  ein  deut- 
liches Bild  des  Einflusses  der  wichtigsten  und  von  Ort  zu  Ort  am  stärksten 
wechselnden  Faktoren,  nämlich  der  Kosten  des  Grunderwerbes  und  der  pro 
Flächeneinheit  entfallenden  Kopfzahl  (bei  Vornahme  einer  Vorreinigung). 
Insbesondere  zeigt  sich,  daß  die  Bodenpreise  bei  weitem  nicht  so  stark  ins 
Gewicht  fallen  als  vielfach  angenommen  wird,  denn  einer  Verdoppelung  der- 
selben entspricht  erst  eine  30  ®/q  ige  Steigerung  der  Reinigungskosten.  Dieser 
Umstand  verdient  insofern  besondere  Beachtung,  als  die  Annahme  nicht  un- 

^)  Mitteilnngen  der  kgl.  FrOfongsanstalt  für  Wasserversorgung  etc.,   Heft  3^  1904. 


544 


III.  Die  Kanalisation  der  Ortschaften  etc. 


berechtigt  ist,  daß  überall  dort,  wo  die  Bodenpreise  nicht  einzig  durch  die 
spekulative  Ausnützung  der  Zwangslage  der  Städte  künstlich  in  die  Höhe 
getrieben  erscheinen,  sondern  zufolge  besserer  chemisch-physikalischer  Be- 
schaffenheit des  Bodens  oder  günstigerer  Produktions-  und  Absatzbedingungen 
gerechtfertigt  erscheinen,  trotz  höherer  Anlagekosten  mit  der  Erzielung  eines 
landwirtschaftlichen  Ertrages  gerechnet  werden  kann. 


Bodenpreis  pro  Hektar: 


2000  M. 
=  2400K 

Pf. 


2500  M. 
=  3000K 

Pf.   I    h 


3000  M. 
=  3600K 

Pf.  I    h 


4000  M. 
=  4800K 

Pf.   I    h 


5000  M. 
=  6000K 

Pf.  I    h 


6000  M. 
=  7200K 

Pf.  1    h 


Reinigiingskosten  pro  1  m' 
Abwasser 

Ohne  Vorreinigung  pro 
Kopf  ond  Jahr     .     .     . 

Reinignngskosten  pro  1  m^ 
Abwasser 

Mit  Vorreinigung  pro  Kopf 
und  Jahr     

Durch  die  Vorreinigung  ver- 
ringern sich  die  Kosten 
um 


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1,11 
0,49 
0,80 
0,35 


1,33 
0,59 
0,96 
0,42 


1,22 
0,54 
0,84 
0,37 


1,46 
0,64 
1,01 
0,44 


1,32 
0,58 
0,88 
0,39 


1,58 
0,70 
1,06 
0,47 


1,54 
0,68 
0,95 
0,42 


1,84 
0,81 
1,14 
0,50 


1,76 
0,77 
1,02 
0,45 


2,11 
0,93 
1,22 
0,55 


1,97 
0,87 


2,36 
1,04 


1,09 : 1,31 


0,48 


0,58 


28% 


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So  zeigt  von  den  älteren  Berliner  Rieselfeldern  der  relativ  am  billigsten 
erworbene  Rieselbezirk  Osdorf  (Grunderwerb  pro  Hektar  1726  M.  inkl. 
Aptierungskosten,  auf  die  Gesamtfläche  bezogen  4240  M.)  in  20  Betriebsjahren 
13 mal  ein  Defizit,  das  im  Jahre  1900  die  Höhe  von  1,87  o/^,  im  20jährigen 
Durchschnitt  0,34  <^/o  des  Anlagekapitales  erreichte.  Hingegen  war  das  teuer 
erworbene  Rieselgut  Malchow  (3080  bezw.  5188  M.  pro  Hektar)  in  der 
gleichen  Zeitperiode  nie  passiv,  und  hat  eine  durchschnittliche  Grundrente 
von  1,05  ®/o,  eine  Maximalrente  von  2,32  ^/o  abgeworfen.  Das  namentlich 
durch  die  hohen  Aptierungskosten  kostspielig  gewordene  Rieselgut  Falken- 
berg (2510  bezw.  5167  M.  pro  Hektar)  hat  sogar  mehrmals  eine  Grundrente 
von  3,15  ^/q  aufgewiesen. 

In  den  nachstehenden  Tabellen  wurden  die  charakteristischen  Zahlwerte 
für  Anlage  und  Betrieb  der  größten  städtischen  Rieselgüter  des  Kontinentes 
einander  gegenübergestellt.  Da  das  Zahlenmaterial  nicht  durchweg  offiziellen 
Berichten  entnommen  werden  konnte,  mögen  sich  im  einzelnen  wohl  kleine 
Abweichungen  von  den  wahren  Werten  ergeben.  Bei  den  Kosten- 
berechnungen ist  durchweg  eine  4^/Qige  Verzinsung  aller  Kapitalsaufwendungen, 
jedoch  keinerlei  Amortisation  angenommen  worden.  Auch  hierdurch  sind 
Abweichungen  von  den  offiziellen  Angaben  bedingt,  da  vielfach  ein  anderer 
Zinsfuß  und  die  verschiedensten  Amortisationssätze  eingestellt  erscheint. 
Die  zweite  Tabelle  berücksichtigt  auch  die  Kosten  der  Wasserförderung 
nach  dem  Rieselfeld.  Diese  Ausgabepost  wird  zwar  vielfach  auf  das  Konto 
der  Kanalisation  gebucht,  da  dieselbe  ja  mit  den  Kosten  des  Reinigungs- 
betriebes nicht  unmittelbar  verquickt  ist.    Doch  erscheint  es  nicht  unwichtig, 


B.  Reinigung  und  landwirtschaftliche  Verwertung  der  Abwässer.  545 

bei  vergleichenden  Kostenberechnungen  auch  diese  Ausgabepost  mit  in  den 
Kalkül  einzubeziehen.  Inwieweit  die  Wasserförderkosten  den  Betrieb  beein- 
flussen können,  zeigt  sich  am  besten  bei  den  Pariser  Rieselfeldern.  Daselbst 
betragen  die  in  der  Tabelle  nicht  detaillierten  reinen  Betriebskosten  der 
Wasserförderung  für  den  der  Stadt  zunächst  gelegenen  Rieselbezirk 
Gennevilliers  nur  162  Frs.,  für  den  Parc  agricole  d'Ach^res  618  Frs.  und  für 
den  erst  unter  3  maliger  Wasserhebung  erreichbaren  Bezirk  M^ry-Pierrelaye 
gar  927  Frs.  pro  Hektar  und  Jahr. 

(Siehe  die  Tabelle  auf  S.  546  und  547.) 

Während  von  selten  der  Abwässerreinigungstechniker  gewöhnlich  nur 
die  pro  Kopf  bezw.  pro  1  m*  Abwasser  entfallenden  Kosten  angeführt  werden, 
erscheint  es  für  den  Landwirt  und  Kulturingenieur  von  besonderer  Wichtig- 
keit, alle  Aufwendungen  auf  die  Flächeneinheit  des  Landes  zu  beziehen. 
Denn  nur  auf  diesem  Wege  vermag  man  sich  ein  Bild  darüber  zu  beschaffen, 
ob  und  in  welchem  Umfange  sich  die  Kosten  des  Reinigungsverfahrens  durch 
geeignete  Kulturmaflnahmen  noch  weiter  herabsetzen  ließen.  Denn  wenn 
auch,  wie  schon  wiederholt  hervorgehoben,  auf  den  städtischen  Rieselgütern 
der  Reinigungserfolg  immer  in  erster  Linie  anzustreben  ist,  so  bilden  doch 
diese  Anlagen  eine  so  schwere  Belastung  des  Stadtsäckels,  daß  eine  Ver- 
minderung ihrer  Betriebskosten  dringend  wünschenswert  wäre. 

In  dieser  Hinsicht  zeigt  sich,  daß  auf  einzelnen  Rieselfeldern  die  derzeit 
erreichten  Betriebseinnahmen  ganz  unverhältnismäßig  niedrige  sind,  während 
auf  anderen  durch  die  Anlagekosten  kaum  weniger  belasteten  Anlagen  sogar 
ganz  ansehnliche  Einnahmen  erzielt  werden,  welche  zu  der  Hoffnung  be- 
rechtigen, auch  anderwärts  in  Zukunft  bessere  Betriebsergebnisse  herbeizuführen. 

Hierbei  kommt  insbesondere  die  Parzellenverpachtung  für  inten- 
sive Kulturen  (Gemüse,  Handelsgewächse)  in  Betracht.  Denn  während  an 
Generalpacht  zumeist  nur  etwa  50 — 75  K  pro  Hektar  und  Jahr  erzielt  werden 
(Breslau,  Dortmund),  werden  von  Parzellenpächtem  Pachtschillinge  von 
270  K  (Berlin)  bis  350  K  (Braunschweig)  entrichtet. 

In  diesen  hohen  Pachteingängen  scheint  z.  B.  das  vorerwähnte  gute 
Wirtschaftsergebnis  des  Berliner  Rieselgutes  Malchow  mit  einem  verpachteten 
Areale  von  450  ha  (d.  i.  36  ^/o  der  Gesamtfläche)  begründet  zu  sein,  während 
auf  dem  ertragsschwächsten  Gute  Osdorf  nur  2  ha  in  Pacht  gegeben  sind. 
Allerdings  bringt  eine  Parzellenverpachtung  stets  den  Nachteil  mit  sich,  daß 
die  Pächter  einen  schonenderen  Rieselbetrieb  verlangen,  der  natürlich  auch 
hier  von  den  städtischen  Organen  gehandhabt  werden  muß.  Es  wird  daher 
das  Ausmaß  der  in  Einzelpacht  gegebenen  Flächen  selbst  bei  entsprechender 
Nachfrage  nicht  willkürlich  gesteigert  werden  dürfen.  Wenigstens  scheinen 
in  Paris,  das  bei  einem  Gesamtareale  von  5300  ha  Rieselland  nur  1565  ha, 
d.  i.  30®/o,  in  Eigenbesitz  hat  (welche  Fläche  aber  selbst  wieder  an  General- 
pächter vergeben  ist),  zeitweise  schon  bedeutende  Schwierigkeiten  in  der 
Wasserunterbringung  zu  bestehen.  Denn  hier  dient  der  städtische  Besitz  als 
Regulator  zur   Aufnahme  jener   Wässer,   welche   von   den   Besitzern   des 

(Forteetzung  des  Textes  auf  S.  548.) 
Friedrich,  Wasserbau.    Zweite  Auflage.    IL  Band.  35 


546 


III.  Die  Kanalisation  der  Ortschaften  etc. 


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B.  Reinigung  und  landwirtschaftliche  Verwertung  der  Abwässer. 


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548  ^'  ^^^  Kanalisation  der  Ortschaften  etc. 

Privatlandes  nicht  übernommen  werden.  Daher  entfallen  auch  auf  die 
städtischen  Ländereien  im  Jahresdurchschnitt  rund  59  ^/o  des  Gesamt- 
abwasserquantums, und  erscheinen  dieselben  sonach  doppelt  so  stark  be- 
lastet, als  das  Privatland.  Am  ungünstigsten  stellen  sich  die  Verhältnisse  im 
Monat  April,  in  dem  die  städtischen  Besitzungen  sogar  73  ^'/q  des  Zu- 
flusses aufzunehmen  haben,  während  sich  in  den  Wintermonaten  fast  das 
normale  Verhältnis  (Si^j^  ergibt. 

Im  allgemeinen  geht  aus  den  vorstehenden  Zusammenstellungen  hervor, 
daß  die  Kosten  der  Abwasserreinigung  auf  Rieselfeldern  noch  nicht  als  fest- 
stehend anzusehen  sind.  Denn  dieselben  scheinen  —  obgleich  sie  in  An- 
betracht des  erzielten  Reinigungseffektes  an  sich  nicht  als  allzuhoch  gelten 
können  —  durch  eine  entsprechende  Ausgestaltung  dieser  zumeist  noch  jungen 
und  unter  ganz  eigenartigen  Verhältnissen  stehenden  Betriebe  noch  einer 
weiteren  Herabsetzung  fähig. 

III.  Landwirtschaftliche  Verwertung  der  Abwässer. 

Der  Umstand,  daß  es  zumeist  große  und  größte  Städte  waren,  welche 
unter  dem  Zwange,  ihre  Abwässer  unschädlich  zu  machen,  sich  zuerst  an 
die  Errichtung  von  Rieselfeldern  heranwagen  mußten,  ist  direkt  als  ein 
Hemmschuh  in  der  Lösung  des  Problemes  einer  rationellen  landwirtschaft- 
lichen Verwertung  der  Abwässer  zu  bezeichnen.  Denn  die  auf  diesem 
Riesenunternehmen  unter  den  schwierigsten  äußeren  Verhältnissen  mit  dem 
Landwirtschaftsbetriebe  erzielten  wenig  aufmunternden  finanziellen  Ergebnisse 
haben  nicht  verfehlt,  die  weitesten  Kreise  mit  Mißtrauen  und  Vorein- 
genommenheit zu  erfüllen.  Findet  man  doch  heute  gerade  unter  den  Lan<i- 
wirten  die  Ansicht  vertreten,  daß  die  städtischen  Spüljauchen-Rieselanlageh 
als  gewinnbringende  Unternehmungen  gedacht  seien,  während  dieselben 
nach  der  derzeitigen  Sachlage  einzig  darauf  ausgehen,  auf  dem  zur  Zeit  ihrer 
Gründung  einzig  offenstehenden  Wege  einen  durchgreifenden  Reinigungs- 
erfolg zu  erzielen. 

Sicherlich  hätten  auch  diese  Großbetriebe  zu  anderen,  weit  besseren 
wirtschaftlichen  Endergebnissen  geführt,  wenn  man  bei  ihrer  Ein- 
richtung über  ein  entsprechendes  Maß  unter  einfacheren  äußeren  Bedingungen 
gewonnener  Erfahrungen  verfügt  häite,  oder  doch  zumindest  in  der  Lage 
gewesen  wäre,  diese  Anlagen  allmählich  in  organischer  Weiterentwicklung 
auszubauen  und  auf  ihren  vollen  Umfang  anwachsen  zu  lassen.  Ist  es  doch 
eine  allenthalben  zu  beobachtende  Erscheinung,  daß  sich  so  einschneidende 
Änderungen  des  Wirtschaftssystemes  wie  der  Übergang  vom  exten- 
siven Getreidebau  zu  Feldgemüsekultur  und  intensivem  Futterbau  auf  von 
Natur  aus  keineswegs  futterwüchsigem  Boden  sich  nur  nach  und  nach 
bewerkstelligen  lassen,  nicht  aber  mit  dem  Tage  der  vollen  Inbetriebsetzung 
eines  Zuleiters,  der  von  diesem  Momente  an  einen  ununterbrochen  fließenden 
Düngerstrom  in  ein  Gelände  sendet,  dessen  natürliche  und  wirtschaftliche 
Produktionsfaktoren  früher  eine  vollkommen  abweichende  Bewirtschaftungs- 
weise bedingten. 


B.  Reinigimg  und  landwirtschaftliche  Verwertung  der  Abwässer.  549 

Alle  diese  Schwierigkeiten  konnten  und  durften  nicht  geltend 
gemacht  werden,  solange  einzig  und  allein  die  Landberieselung 
die  Möglichkeit  bot,  Abwässer  durchgreifend  zu  reinigen. 

Denn  gegenüber  der  Bedeutung  der  Reinhaltung  der  Wasserläufe  für 
das  Gemeinwohl  mußten  alle  Bedenken  weichen,  welche  sich  auf  die 
finanziellen  Opfer  für  Anlage  und  Betrieb  der  Rieselfelder  bezogen. 

Heute  verfügt  man  in  den  künstlichen  biologischen  Reinigungsverfahren 
über  ein  Hilfsmittel,  das,  abgesehen  von  seiner  universellen  Durchführbarkeit, 
auch  dort,  wp  sich  Rieselfelder  als  ökonomisch  konkurrenzberechtigt  oder 
sogar  vorteilhafter  erweisen  sollten,  mehr  und  mehr  Anwendung  zu  finden 
verspricht.  Denn  die  meisten  Städte  dürften  Oxydationsanlagen  mit  ihrem 
weitaus  einfacher  zu  handhabenden  Betriebe  den  Rieselfeldern  vorziehen, 
deren  Leistungsfähigkeit  rücksichtlich  des  Reinigungserfolges  zwar  theoretisch 
noch  immer  an  erster  Stelle  steht,  praktisch  aber  an  ein  weit  höheres  Maß 
von  Sachkenntnis  und  Hingabe  der  Betriebsleitung  geknüpft  ist. 

Diese  Anschauungen  herrschen  nicht  nur  in  England,  das  in  Abwasser 
fragen  wohl  über  die  reichsten  guten  und  bösen  Erfahrungen  verfügt.  Sie 
scheinen  auch  auf  dem  Kontinente  mehr  und  mehr  Eingang  zu  finden. 
Wenigstens  geben  einige  der  hervorragendsten  Autoritäten  ihrer  Skepsis 
hinsichtlich  der  Zukunft  des  Rieselbetriebes  unverhohlen  Ausdruck.^) 

Der  historischen  Entwicklung  der  Dinge  ist  es  sonach  zuzu- 
schreiben, wenn  mit  den  Bestrebungen  zur  landwirtschaftlichen  Verwertung 
der  Abwässer  nicht  nur  technische  Schwierigkeiten  zu  überwinden  sind, 
sondern  auch  noch  ein  verloren  gegangenes  Vertrauen  erst  wieder  neu 
erworben  werden  muß. 

Soll  eine  landwirtschaftliche  Abwasserverwertung  möglich  sein,  so  bedarf 
es  vor  allem  der  Befreiung  von  dem  einen  gewinnbringenden  Landwirtschafts- 
betrieb auf  den  städtischen  Rieselgütem  vereitelnden  Zwange,  dortselbst 
jederzeit  übergroße  Abwassermengen  unterzubringen.  Läßt  sich  derselbe 
lediglich  auf  die  eine  im  Interesse  des  Gemeinwohles  zu  erhebende  Forderung 
beschränken,  den  Verwertungsprozeß  so  zu  handhaben,  daß  keinerlei  sanitäre 
Mißstände  geschaffen  werden,  so  dürfte  sich  auch  an  vielen  Orten  die 
Gelegenheit  zu  einer  wirtschaftlichen  Ausnutzung  der  städtischen  Effluvien 
ergeben.  Allerdings  darf  man  sich  nicht  verhehlen,  daß  sich  nicht  allenthalben 
die  Abwasserreinigung  durch  Abwasservefwertung  ersetzen  lassen  wird.  Doch 
dürfte  sich  zu  deren  Vornahme  künftighin  um  so  öfter  Gelegenheit  ergeben, 

^)  So  schließt  Danbar  den  mehrerwähnten  „Leitfaden  für  die  Abwässerreinigungsfrage" 
mit  den  Worten:  „Ich  bin  überzengt,  dafi  es  sich  für  viele  Städte  billiger  stellen  wird,  das 
Berieselongsverfahren  anfzngeben  und  es  durch  das  künstliche  biologische  Verfahren  zu  ersetzen. 
Es  laut  sich  ziemlich  sicher  voraussehen,  daß  die  Dinge  diesen  Verlauf  tatsächlich  nehmen 
werden,  sobald  das  Wachstum  der  Städte  ein  gewisses  Maß  überschritten  hat.  Ich  bezweifle 
z.  B.  nicht,  dafi  viele  von  uns  es  noch  erleben  werden,  dafi  Berlin  seine  Rieselflächen  für 
Bebauungszwecke  verkaufe  und  künstliche  biologische  Anlagen  als  Ersatz  herstellt." 

In  ähnlichem  Sinne  äufiert  sich  auch  Calmette  in  dem  ebenfalls  schon  zitierten  Werke: 
„Recherches  sur  T^puration  des  eaux  d'6gout",  pag.  228. 


550  ^*  ^i^  Kanalisation  der  Ortschaften  etc. 

je  mehr  mittlere  und  kleine  Gemeinwesen  sich  zur  Anlage  von  Vollkanali- 
sationen entschließen. 

Die  verschiedenen  Modalitäten,  unter  denen  eine  Abwässerverwertung 
an  einzelnen  Abwasserproduktionsgebieten  durchführbar  wird,  soll  noch  zur 
besonderen  Besprechung  gelangen. 

Bei  der  Abwasserverwertung  beschränkt  sich  der  Abwasserbezug  ledig- 
lich auf  jenes  Quantum,  das  zur  Düngung  und  Anfeuchtung  unumgänglich 
notwendig  erscheint,  da  ja  jedes  Mehr  einen  den  Reinertrag  schmälernden 
Kostenaufwai>d  verursacht. 

Dieses  Quantum  ist  aber  stets  weit  geringer  als  jenes,  das  selbst  wenig 
geeignete  Böden  vollkommen  zu  reinigen  vermögen.  Es  ist  somit  auch  kein 
Grund  zur  Befürchtung  vorhanden,  daß  bei  dieser  Art  der  Verwendung 
hygienisch  bedenkliche  Zustände  geschaffen  würden. 

Mit  Herabsetzung  der  pro  Flächeneinheit  Kulturlandes  aufzubringenden 
Wassermenge  werden  aber  auch  die  Aptierungs-  und  Verteilungskosten  wesent- 
lich geringer  ausfallen  als  auf  den  städtischen  Rieselfeldern.  Dieselben  werden 
sich  dann  nur  innerhalb  jener  Grenzen  bewegen,  die  heute  schon  von  den 
aus  öffentlichen  Mitteln  unterstützten  Genossenschaften,  ja  selbst  von  einzelnen 
Grundbesitzern  aus  eigenem,  für  die  Herstellung  von  Bewässerungsanlagen 
und  den  regelmäßigen  Zukauf  künstlicher  Düngemittel  eingehalten  werden. 
Und  diese  Aufwendungen  sind  unter  den  derzeitigen  Wirtschaftsverhältnissen 
keineswegs  gering^)  und  dürften  in  Zukunft  sogar  noch  wesentlich  vermehrt 
werden  können. 

Gelegentlich  der  Besprechung  der  Rieselfelder,  auf  denen  eine  über- 
mäßige Düngerzufuhr  unvermeidlich  ist,  konnte  ein  näheres  Eingehen  auf  den 
Nährstoffgehalt  der  Abwässer  und  das  Nährstoffbedürfnis  der  Pflanzen  unter- 
bleiben. Hier  muß  auf  diese  Verhältnisse  etwas  näher  eingegangen  werden, 
doch  kann  angesichts  der  großen  örtlichen  und  zeitlichen  Schwankungen  in 
der  Zusammensetzung  der  Abwässer  derzeit  nur  mit  rohen  Durchschnittswerten 
gerechnet  werden. 

Die  pro  Kopf  und  Jahr  in  den   festen   und   flüssigen  Abgängen   der 

Menschen  enthaltenen  Mengen  an  wertvollen  Pflanzennährstoffen  können  nach 

Heiden  wie  folgt  veranschlagt  werden: 

Im  Kot      Im  Harn       Zusammen 
Bestandteile:  ^^  ^^  ^^ 

Im  natürlichen  Zustande.    .  48  438  486 

Trockensubstanz 11  23  34 

Hierin  Stickstoff 0,8  4,4  5,2 

Kali 0,27  0,81  1,08 

Phosphorsäure 0,60  0,66  1,26 

Sonach  wären  in  1  m'  Abwasser  bei  einem  Wasserverbrauch  von  100  1 
pro  Kopf  und  Tag  0,140  kg  Stickstoff,  0,03  kg  Kali  und  0,033  kg  Phosphor- 
säure zu  erwarten. 

^)  Heinemann,  Anlage  and  Düngmig  von  Wiesen  and  Grasfeldem  im  Saaerlande. 
Berlin,  Verlag  von  Pass  &  Garleb. 


B.  Reinigung  und  landwirtschaftliche  Verwertung  der  Abwässer. 


551 


Da  aber  einerseits  nie  sämtliche  Auswurfstoffe  in  die  Kanalwässer  und 
andererseits  auch  noch  andere  flüssige  und  feste  Stoffe  zur  Abschwemmung 
gelangen  und  eine  Verdünnung  durch  Regen  und  Grundwässer  etc.  eintritt, 
zeigt  das  Kanalwasser  zumeist  eine  abweichende  Zusammensetzung.  Der 
Stickstoffgehalt  erfährt  durch  die  in  den  Kanälen  auftretenden  Fäulnisvorgänge 
eine  Herabsetzung,  der  Kaligehalt  eine  wesentliche  Vermehrung  (von  den 
Seifen,  Waschwässern  u.  dergl.  herrührend).  Bei  generellen  Veranschlagungen 
wird  man  allgemein  für  Abwässer  normaler  Konzentration  (100  1  pro  Kopf 
und  Tag)  im  Jahresdurchschnitt  pro  1  m*  einen  Gehalt  von  80 — 100  gm 
Stickstoff,  60 — 75  gm  Kali  und  20 — 25  gm  Phosphorsäure  in  Rechnung  stellen 
dürfen.  Das  Nährstoffverhältnis  würde  also  etwa  N  :  K^O  :  P^O  =  4:3:1  be- 
tragen. 

Nun  ist  aber  der  organische  Stickstoff  bezw.  das  Ammoniak  der  Pflanze 
nur  in  untergeordnetem  Maße  direkt  zugänglich.  Da  aber  während  der  Um- 
formung stets  bedeutende  Stickstoffverluste  auftreten,  wird  man  auch  nicht 
den  ganzen  Stickstoffgehalt  der  Abwässer  als  nutzbar  betrachten  dürfen.  Die 
in  der  Versuchsstation  zu  Lawrence  für  intermittierend  betriebene  Sandfilter 
aufgestellten  Stickstoffbilanzen  ergeben,  daß  bis  zu  20^/0  in  den  Filtern  in 
schwer  zersetzbarer  Form  zurückgehalten  wurden  und  ein  gleicher  Betrag  in 
Form  von  freiem  Stickstoff  entbunden  wurde.  Dies  würde  also  Verluste  von 
40  0/q  ergeben.  Die  von  Gerlach^)  mit  den  Wasserfäkalien  der  Stadt  Posen 
angestellten  Düngungs versuche  haben  ergeben,  daß  sogar  nur  45 — 58  ^/q,  im 
Mittel  47  ®/q  des  zugeführten  Stickstoffs  von  den  Pflanzen  aufgenommen  wurden. 
Man  wird  also  auch  nie  obige  Verhältniszahlen,  sondern  nur  das  reduzierte 
Nährstoffverhältnis  von  N :  K^O  :  P2O5  =  2:3:1  in  Rechnung  stellen  dürfen. 

Der  Nährstoffbedarf  der  Kulturpflanzen  ist  in  der  nachstehenden  Tabelle 
angeführt: 


Nährstoff  entnähme  durch  eine  mittlere  Ernte 
in  kg  pro  Hektar*) 

Das  erforderliche  Quantum  N 

ist  enthalten  in  m^  Abwasser 

(bei  50  ^Iq  Ausnutzung) 

Das 
Abwasser- 
quantum 
wird 

Fruchtgattung 

N 

K,0 

P9O, 

Wasser 
26  1 

verbrauc 
601 

:h  pro  Ko 
100  1 

pf  u.  Tag 
200  1 

erzeugt 

von 
Personen 

Zerealien 

66 

70 

30 

180 

360 

720 

1440 

20 

Leguminosen 

110 

58 

25 

375 

750 

1500 

3000 

40 

Hackfrüchte 

101 

204 

44 

360 

700 

1400 

2800 

36 

Futterpflanzen 

124 

124 

37 

426 

860 

1700 

3400 

45 

Verhältniszahlen    im    Mittel 

(ohne  Leguminosen)    .     . 

10   : 

14,2 

:   3,6 

— 

— 

— 

— 

— 

Aus  dieser  Zusammenstellung  geht  hervor,  daß  bei  Berücksichtigung 
der  unvermeidlichen  Stickstoff  Verluste  die  Nährstoffzusammensetzung  der 
Abwässer  bei  weitem  nicht  so  ungünstig  ist,  als  vielfach  angenommen  wird, 
und  daß  sich  dieselbe,  wenn  ein  vollständiger  Rückersatz  des  Stickstoffs  an- 

^)  Gerlach,  Mitteilungen  der  Deutschen  Landwirtschafts-Gesellschafb.   Berlin  1903,  Stück  2. 
*)  Nach  O.  Raitmair  in  Hitschmanns  Vademecum  für  den  Landwirt,  11.  Auflage,  Wien  1906. 


552  ^*  ^i^  Kanalisation  der  Ortschaften  etc. 

gestrebt  wird,  durch  künstliche  Beidüngung  mit  Kali  zumeist  leicht  ent- 
sprechend regulieren  läßt.  Der  Phosphorsäurebedarf  würde  hierbei  ohnehin 
stets  voll  gedeckt.  Zumeist  wird  auch  eine  künstliche  Kalkzufuhr  vor- 
genommen werden  müssen. 

In  der  Tabelle  wurden  auch  die  zum  vollen  Stickstoffrückersatz  erforder- 
lichen Wassermengen  bei  verschiedenen  Abwasserkonzentrationsgraden  (unter 
Annahme  einer  gleichbleibenden  relativen  Zusammensetzung)  berechnet.  In 
der  letzten  Spalte  der  Tabelle  wurde  auch  die  Bewohnerzahl,  welche  die 
angegebenen  Abwassermengen  im  Laufe  eines  Jahres  produziert,  angegeben. 
Praktisch  ist  diese  Zahl  allerdings  insofern  ziemlich  bedeutungslos,  als  eben 
bei  der  Abwasserverwertung  ein  kontinuierlicher  Abwasserbezug  undurch- 
führbar ist.  Hier  wird  also  zeitweise  mit  einer  höheren  Kopfzahl  zu  rechnen 
sein.  Dies  bedingt  zwar  selbst  wieder  eine  gewisse  Nährstoffvergeudung, 
doch  bleibt  dieselbe  auch  dann  noch  weit  zurück  hinter  jener  auf  städtischen 
Rieselfeldern,   mit  der  10— 20  fachen  Kopfzahl   pro  Hektar  nutzbarer  Fläche. 

Weiter  ist  zu  bemerken,  daß  Leguminosen  und  Futtergemische,  denen 
ja  auch  der  freie  Stickstoff  der  Atmosphäre  zugänglich  ist,  zur  Volldüngung 
geringere  Abwassermengen  benötigen;  doch  wird  man  gerade  bei  diesen 
Kulturgattungen  nicht  nur  die  angegebenen  mittleren,  sondern  Maximal- 
ernten anstreben  und  daher  auch  der  Flächeneinheit  Landes  mehr  Nährstoffe 
zuzuführen  haben. 

Im  allgemeinen  zeigt  sich,  daß  die  zum  vollen  Rückersatz  erforderlichen 
Wassermengen  selbst  bei  Abwässern  normaler  Konzentration  nur  etwa  ^/jq 
bis  ^/7  der  Zuflüsse  zu  den  am  schwächsten  beanspruchten  städtischen  Riesel- 
feldern (Berlin)  betragen.  Dieselben  erreichen  für  Zerealien  nur  10 — 12  %, 
für  Futterpflanzen  ca.  26 — 28%  einer  mittleren  Jahresregenhöhe  von  600 
bis  650  mm,  bleiben  also  auch  in  der  Größenordnung  der  Schwankungen  der 
Regenergiebigkeit  zwischen  nassen  und  trockenen  Jahren.  Diese  Mehrzufuhr 
an  Wasser  dürfte  wohl  selten  als  schädlich  anzusehen  sein,  und  wird  sogar 
zumeist  durch  den  gesteigerten  Wasserbedarf  einer  üppigeren  Vegetation 
wieder  direkt  in  Anspruch  genommen  werden. 

Hingegen  würde  auf  durchlässigen,  flachgründigen  Böden  und  in 
Gegenden,  die  arm  sind  an  sommerlichen  Niederschlägen,  mit  der  für  Düngungs- 
zwecke hinreichenden  Abwassermenge  nicht  auch  schon  der  Wasserbedarf 
zur  Anfeuchtung  der  stärker  transpirierenden  Leguminosen  und  Futter- 
pflanzen bestritten  werden. 

Stehen  genügende  Mengen  an  Abwasser  zur  Verfügung,  so  werden 
diese  Kulturgattungen  wohl  auch  bei  einer  Mehrzufuhr  von  Dungstoffen  keinen 
Schaden  nehmen,  vorausgesetzt,  daß  der  Wässerbetrieb  so  gehandhabt  wird, 
daß  keine  schädliche  Konzentration  der  zugeführten  Salze  auftreten  kann. 

Wirtschaftlich  erscheint  es  aber  besser,  in  einem  solchen  Falle  eine 
künstliche  Verdünnung  der  Abwässer  vorzunehmen.  Nach  den  früher 
(Bd.  I,  S.  382)  gemachten  Angaben  bewegen  sich  die  unter  den  klimatischen 
Verhältnissen  Mitteleuropas  zur  Anfeuchtung  erforderlichen  Wassermengen 
zwischen  3600   und   10000  m^  pro  Hektar   und   Vegetationsperiode.     Es 


B.  Reinigiuig  und  landwirtschaftliche  Verwertung  der  Abwässer.  553 

würde  sonach,  wenn  keine  Nährstoffvergeudung  auftreten  soll,  ein  normales 
Abwasser  auf  das  2-  bis  6  fache  zu  verdünnen  sein.  Bei  reichlicherer 
Wässerung  kann  naturgemäß  noch  eine  weit  höhere  Verdünnung  Platz  greifen 
(1 :  15  bis  1 :  30). 

Wie  die  vorstehenden  Ausführungen  zeigen,  stellt  sich  die  landwirt- 
schaftliche Abwasserverwertung  stets  dar  als  die  Verquickung  eines 
Düngungsproblemes  mit  einem  Bewässerungsproblem.  Deshalb  wird 
der  Verwertungsprozeß  den  örtlichen  Verhältnissen  entsprechend  die  mannig- 
fachsten Modifikationen  zu  erfahren  haben. 

Allgemein   lassen  sich   3  Haupttypen  von  Verwertungsmöglichkeiten 
unterscheiden,  von  denen  eine  jede  derzeit  schon  durch  praktisch  erprobte 
Anlagen  repräsentiert  ist,  nämlich: 
I.  Verwertung  konzentrierter  Abwässer  zur  Düngung  nicht  unbedingt 
bewässerungsbedürftiger    Böden    bezw.    Kulturen     (Eduardsfelde    bei 
Posen,!)  Osterode).«) 
II.  Verwertung  von  Abwässern  normaler  Konzentration  auf  Böden,  denen 
neben    einer    Düngung    auch    eine    Wasserzufuhr    zustatten    kommt 
(Samländische  Rieselfeldgenossenschaft  bei  Königsberg).**) 
III.  Verwertung    künstlich    verdünnter    Abwässer    auf    in    erster    Linie 
bewässerungsb'edürftigen  Böden  (Hardtfeld-Bewässerung  bei  Mül- 
hausen  i.  E.,    Wiesenwässerungen    an    der    Vettabia    bei   Mailand)*) 
(Fig.  205  auf  S.  534). 
Hinsichtlich   der  Stellung  der  Abwasserverwertungsanlagen  in 
ihrem    Verhältnisse    zu    den    Abwasserproduktionsgebieten    und    der 
örtlich  notwendigen,  mehr  oder  minder  vollkommenen  Abwasserreinigung 
lassen  sich  im  allgemeinen  wieder  verschiedene  Fälle  unterscheiden. 
Eine  Abwasserverwertung  kann  Platz  greifen: 

1.  an  Orten,  die  angesichts  besonders  günstiger  Vorflutverhältnisse  eine 
Abwasserreinigung  überhaupt  als  überflüssig  erscheinen  lassen; 

2.  zwecks  Entlastung  von  Vorflutern,  welche  bei  steigender  Belastung 
mit  ungereinigten  Abwässern  einen  allmählichen  Rückgang  in  ihrem 
Selbstreinigungsvermögen  erkennen  lassen; 

3.  im  Anschlüsse  an  Reinigungsanlagen,  und  zwar 

a)  unter   Verwendung   der   den   örtlichen    Verhältnissen    des    Vorfluters 
entsprechend  gereinigten  Abflüsse, 

^)  Stadtbaainspektor  A.  Wulsch,  Die  landwirtschaftliche  Verwertnng  der  städtischen 
Kanalwässer,  nach  dem  Vorbilde  von  Edaardsfelde  bei  Posen.    Posen  1903.    W.  Decker  &  Co. 

*)  Derselbe,  Landwirtschaftliche  Verwertung  der  städtischen  Kanalwässer  von  Osterode, 
Gesundheit.     XXXI.  Jahrg.,  No.  9. 

')  Prof.  Dr.  Danckwerts,  Bildung  einer  Wassergenossenschaft  zur  landwirtschaftlichen 
Ausnutzung  der  Kanalisationswässer  der  Stadt  Königsberg.  Leipzig,  Verlag  von  Leineweber. 
—  Derselbe,  Mitteilung  auf  dem  Vlfl.  internationalen  landwirtschaftlichen  Kongrefi. 
Wien  1907. 

^)  Hofrat  £.  Markus,  Die  Bewässerungen  mit  verdünnten  städtischen  Abwässern  bei 
Mailand.  Österr.  Wochenschrift  für  den  öffentlichen  Baudienst,  Jahrg.  1902,  No.  46.  — 
A.  Celli  und  A.  Menozzi,  La  Depurazione  agricola  delle  acque  die  fognatura  di  Milano. 
Modena  1902. 


554  ^«  ^ic  Kanalisation  der  Ortschaften  etc. 

b)  unter  Verwendung  der  ungereinigten  oder  grob  vorgereinigten 

Zuflüsse. 

Daß  man  sich  die  (sub  1)  gekennzeichneten  Verhältnisse,  welche  die 
freieste  Abwasserverwertungsmöglichkeit  bieten,  bisher  nur  wenig  zunutze 
gemacht  hat,  mag  wohl  in  erster  Linie  dem  schon  hervorgehobenen  Miß- 
trauen gegen  den  wirtschaftlichen  Erfolg  derartiger  Maßnahmen  zuzuschreiben 
sein.  Daß  man  in  früherer  Zeit  die  Sachlage  anders  beurteilte,  zeigen  die 
oft  als  die  ältesten  Rieselfelder  genannten  Craygentinny-Wiesen  und 
-Felder  bei  Edinburgh,  sowie  die  Wiesen  unterhalb  B unzlau ^)  in  Schlesien, 
wilde  Berieselungen,  denen  hinsichtlich  der  Wasserverwendung  und  des  zu 
gewährleistenden  Reinigungserfolges  nur  wenig  Beschränkungen  auferlegt 
waren. 

Sind  andererseits  Abwässer  in  Reinigungsanlagen  bereits  soweit  un- 
schädlich gemacht  (3  a),  daß  dieselben  unter  den  örtlichen  Verhältnissen  den 
Vorflutern  unbedenklich  übergeben  werden  könnten,  so  wird  sich  gegen  deren 
zeitweilige  landwirtschaftliche  Verwertung  wohl  keinerlei  Einwand  erheben 
lassen.  Daß  derlei  Abflüsse  vorzügliche  Eigenschaften  zur  düngenden 
Bewässerung  besitzen,  läßt  sich  namentlich  an  zahlreichen  englischen 
Reinigungsanlagen  konstatieren.  Denn  in  diesem  Lande  besteht  noch  die 
behördliche  Vorschrift,  daß  nicht  nur  die  mechanisch  oder  chemisch-mechanisch 
vorgeklärten,  sondern  selbst  die  in  künstlichen  biologischen  Anlagen  ver- 
arbeiteten Abwässer  einer  Nachbehandlung  auf  Kulturland  (zumeist  Wiesen) 
unterworfen  werden  sollen.  Viele  dieser  Rieselwiesen,  welche  zur  voll- 
kommenen Ausnutzung  des  Dungwertes  allerdings  viel  zu  klein  bemessen 
sind,  stammen  aus  einer  Zeit,  in  der  die  Vorbehandlung  nur  in  einer  Klärung 
bestand.  Damals  hatten  dieselben  sogar  den  wesentlichsten  Teil  der  Reinigungs- 
arbeit zu  vollbringen.  Heute  erhalten  dieselben  teils  nur  kleinere  Abwasser- 
mengen, teils  sogar  ausschließlich  biologisch  vorbehandeltes  Wasser  zugeführt. 
Bei  diesen  geänderten  Verhältnissen  haben  sich  aus  von  Unkräutern  über- 
wucherten Morästen  allmählich  üppige  Wiesen  mit  einer  süßen  Gras- 
vegetation entwickelt,  welche  sich  in  Aussehen  und  Ertrag  von  den  umliegenden 
Naturwiesen  und  Weiden  auf  das  vorteilhafteste  unterscheiden. 

Auch  in  Deutschland  hat  man  sich  bereits  an  einzelnen  Orten  die  Ab- 
flüsse von  Oxydationsanlagen  zur  wilden  Wiesenbewässerung  nutzbar  gemacht 
(Unna).  In  diesen  Anlagen  sind  sicherlich  die  ersten  Anfänge  einer  künftigen 
intensiveren  Abwasserverwertung  zu  erblicken. 

Scheinbar  haben  die  Abwasserproduzenten  keinerlei  Interesse  an  den 
bisher  genannten  Verwertungsmöglichkeiten  durch  dritte  Personen.  Es  bleibt 
aber  stets  zu  beachten,  daß  in  vielen  Fällen  sowohl  Rohabwässer  als  gereinigte 
Abflüsse  in  längeren  Leitungen  den  Vorflutern  zugeführt  werden  müssen. 
Auch  diese  Objekte  erfordern  neben  den  Anlagekosten  noch  Bet  rieb  sauf - 
Wendungen  für  Entschlammung  und  Entkrautung.    Letztere  Ausgaben  stehen 


^)  Die  Bnnzlauer  Wiesen  sind  in  den  letzten  Jahren  der  Verbaaang  zum  Opfer 
gefallen,  und  mufiten  durch  ein  systematisch  angelegtes  und  nun  auf  Reinigung  betriebenes 
Rieselfeld  ersetzt  werden. 


B.  Reinigung  und  landwirtschaftliche  Verwertung  der  Abwässer.  555 

in  direktem  Verhältnis  zu  dem  abgeleiteten  Wasserquantum,  und  würden 
daher  stets  erheblich  geringer  werden,  wenn  mehr  oder  minder  große  Abwasser- 
mengen zeitweilig  oder  gar  dauernd  der  landwirtschaftlichen  Verwertung 
zugeführt  werden  könnten.  So  konnten  z.  B.  die  in  dem  30  km  langen 
Ableitungsgraben,  der  die  Abwässer  der  Stadt  Königsberg  nach  dem  Frischen 
Haff  befördert,  angelegten  Sedimentierbecken,  denen  anfänglich  die  Aufgabe 
zugedacht  war,  die  untere  mit  geringem  Gefäfle  versehene  Grabenstrecke  vor 
Verschlammung  zu  schützen,  fast  ganz  aufier  Betrieb  gesetzt  werden,  seitdem 
der  größte  Teil  der  Abwässer  von  der  samländischen  Rieselfeld- 
genossenschaft abgenommen  wird.  Aber  selbst  die  Ableitung  gut  gereinigter 
Abwässer  kann  insofern  noch  besondere  Auslagen  verursachen,  als  dieselben 
zufolge  ihres  hohen  Nährstoffgehaltes  in  wasserarmen  Gräben  und  Vorflutern 
das  Emporkommen  einer  üppigen  Flora  zur  Folge  haben,  die  nicht  nur  Ab- 
flußerschwernisse darbietet,  sondern  geradezu  zu  einer  sekundären  Wasser- 
verunreinigung Anlaß  geben  kann,  wenn  namentlich  die  in  solchen  Wässern 
wuchernden  Pilze  (Leptomitus),  die  grünen  Algen  und  das  besonders  massen- 
haft auftretende  tierische  Plankton  zum  Absterben  gelangen.  So  mußte  bei- 
spielsweise auf  einzelnen  der  Berliner  Rieselgüter  eine  neuerliche  Ver- 
rieselung  von  Drainwässern  einzig  aus  dem  Grunde  eingeführt  werden,  um 
eine  weitere  Verminderung  des  Nährstoffgehaltes  der  im  übrigen  gut  gereinigten 
Abflüsse  zu  erzielen,  und  hierdurch  die  sekundäre  Verpestung  wasserarmer 
Vorfluter  zu  bekämpfen. 

Sonach  haben  auch  in  den  (sub  1  und  3  a)  angeführten  Fällen  die  Ab- 
wasserproduzenten ein  direktes  Interesse  an  einer  landwirtschaftlichen 
Weiterverwertung  der  Abflüsse,  indem  dieselbe  nicht  nur  keine  Ausgaben 
erfordert,  sondern  sogar  Ersparnisse  erzielen  läßt,  und  die  Perspektive  eröffnet, 
in  Zukunft  einen  wenn  auch  nur  bescheidenen  Wasserzins  einheben  zu  können. 

Bezüglich  der  Entlastung  in  ihrem  Selbstreinigungsvermögen 
bedrohter  Vorfluter  (2)  braucht  wohl  nur  darauf  hingewiesen  zu  werden, 
daß  Wasserläufe,  welche  unter  der  allmählich  gesteigerten  Abwasserzufuhr 
die  ersten  Anzeichen  einer  Verschmutzung  erkennen  lassen,  vor  weiterer 
Verschlechterung  bewahrt  werden  können,  wenn  ihnen  wenigstens  zeitweise 
weniger  Abwässer  zugeführt  werden.  Da  sich  die  nachteiligen  Folgen  der 
Fluß  Verunreinigung  gerade  in  der  warmen  Jahreszeit  am  stärksten  geltend 
machen,  in  der  auch  die  Möglichkeit  der  vollen  landwirtschaftlichen  Ver- 
wertung der  Abwässer  besteht,  erscheint  es  keineswegs  ausgeschlossen,  daß 
durch  eine  zeitweise  vollständige  Entlastung  vielerorts  schon  dem  Eintreten 
schlimmerer'Zustände  erfolgreich  begegnet  werden  kann.  Denn  die  Erfahrung 
hat  gezeigt,  daß  Gewässer,  welche  sich  im  vollen  Besitze  ihres  Selbst- 
reinigungsvermögens befinden,  zeitweilig  ganz  bedeutende  Mengen 
städtischer  Abwässer  aufnehmen  können,   ohne  eine  Schädigung  zu  erleiden. 

In  diesen  Fällen  liegt  demnach  auch  die  rechtzeitig^  Organisation 
von  Abwasserverwertungsunternehmen  direkt  im  Interesse  der  Ab- 
wasserproduzenten. Denn  dann  kann  die  Errichtung  besonderer  Reinigungs- 
anlagen vielleicht  noch  Jahre  hindurch  aufgeschoben  bleiben,  event.  sogar 
ganz  entfallen. 


556  ^'  ^i^  Kanalisation  der  Ortschaften  etc. 

Noch  bedeutungsvoller  erscheint  die  allmähliche  Angliederung  von 
Abwässerverwertungsanlagen  mit  Rohwasserabnahme  an  Reinigungsanlagen, 
von  denen  jede  neben  den  Anlagekosten  für  eine  bestimmte  tägliche  Maximal- 
leistung auch  noch  Betriebsauslagen  verursacht,  welche  in  direktem  Verhältnis 
zu  dem  gereinigten  Wasserquantum  stehen.  Bei  dem  Sedimentations-  und 
Faulbetriebe  sind  dies  die  Kosten  der  Schlammbeseitigung,  bei  dem  biologischen 
Verfahren  in  erster  Linie  die  im  Verlaufe  mehrerer  Jahre  wiederkehrenden 
Regenerierungskosten  der  Oxydationskörper.  Während  im  ersten  Falle  bei 
Verminderung  der  zu  klärenden  Wassermenge  auch  der  Schlammanfall  ver- 
ringert würde,  was  einer  direkten  Ersparnis  gleichkäme,  würde  sich  im  zweiten 
Falle  bei  einer  geringeren  Beaufschlagung  der  Körper  auch  die  Notwendigkeit 
zur  Vornahme  einer  Regenerierung  erst  in  verhältnismäßig  längeren  Zwischen- 
pausen einstellen;  diese  beiden  Momente  kommen  einer  Verminderung  der 
laufenden  Ausgaben  gleich.  Auch  auf  den  ohnehin  mit  Wasser  und  Dung- 
stoffen stets  überlasteten  Rieselfeldern  würde  die  Herabsetzung  des 
Wasserquantums  nicht  nur  eine  Verminderung  der  Verteilungskosten, 
sondern  auch  eine  Erleichterung  des  Wirtschaftsbetriebes  und  eine 
Steigerung  der  Erträge  mit  sich  bringen.  Endlich  mufi  ja  jede  künstliche 
Reinigungsanlage  mit  der  Notwendigkeit  einer  Erweiterung  rechnen.  Durch 
Angliederung  von  Verwertungsanlagen  könnten  also  auch  hier  nicht 
nur  die  laufenden  Betriebskosten  vermindert  werden,  sondern  auch  die  Not- 
wendigkeit einer  Vergrößerung  der  Anlage  in  die  fernere  Zukunft  hinaus- 
gerückt bleiben.  Bei  Rieselfeldern  hat  man  sich  bisher  schon  vielfach  bemüht, 
Abwässer  an  Private  abzugeben.  An  die  Druckrohre  der  Berliner  Riesei- 
güter  sind  derzeit  bereits  ca.  350  ha  Privatland  angeschlossen.  In  Braun- 
schweig wird  von  den  angeschlossenen  Privatgrundstücken  ein  Wasserzins 
von  20 — 40  M.  pro  Hektar  und  Jahr  erhoben.  Die  weitere  Steigerung  der 
Wasserabgabe  scheiterte  bisher  vielfach  an  dem  sommerlichen  Wassermangel. 
Diesem  Übelstande  dürfte  aber  durch  Zumischung  von  Reinwasser  zumeist 
leicht  zu  begegnen  sein.  Die  auf  den  zum  größten  Teil  in  Privatbesitz 
befindlichen  Pariser  Rieselfeldern  herrschenden  Verhältnisse  wurden  bereits 
früher  gestreift  und  sei  hier  nur  nachgetragen,  daß  bei  der  Verpachtung 
von  Privatland,  dem  die  größtmögliche  Freiheit  in  der  Abwasser- 
verwendung zugestanden  wird,  hier  Pachtschillinge  bis  zu  500  Fr.  pro  Hektar 
und  Jahr  gezahlt  werden,  während  die  städtischen  Domänen  von  ihren  zur 
unbedingten  Abnahme  jedes  Wasserquantums  verpflichteten  Pächtern  im 
Höchstfalle  60  Fr.  pro  Hektar,  also  nur  12  ^/^^  erzielen. 

Derzeit  ist  es  allerdings  noch  unmöglich,  die  richtigen  Größenver- 
hältnisse zwischen  Reinigungsanlagen  und  Verwertungsanlagen  ab- 
zuschätzen. Doch  ist  wohl  anzunehmen,  daß  man  diesbezüglich  in  der  Praxis 
bald  ebenso  zur  Kenntnis  der  möglichen  und  zulässigen  Belastungsfaktoren 
gelangen  würde,  wie  in  dem  nicht  minder  komplizierten  Betriebe  von  Elek- 
trizitätswerken für  Licht  und  Kraftlieferung,  deren  ökonomische  Dimensionierung 
und  Betriebsführung  auch  erst  auf  Grundlage  der  praktischen  Erfahrung 
möglich  wurde.  Die  Anlagen  zur  landwirtschaftlichen  Verwertung  normaler 
und  verdünnter  städtischer  Abwässer  unterscheiden    sich   in  bautechnischer 


B.  Reinigung  und  landwirtschaftliche  Verwertung  der  Abwässer.  557 

Hinsicht  nicht  von  gewöhnlichen  Bewässerungsanlagen,  deren  Ausgestaltung 
bereits  im  I.  Bande  dieses  Handbuches  eingehend  behandelt  wurde.  Hin- 
gegen wäre  es  wohl  kaum  möglich,  die  geringen  Wasserquantitäten,  welche 
bei  der  Düngung  mit  konzentrierten  Abwässern  in  Frage  kommen,  nach 
einer  der  dortselbst  beschriebenen  Methoden  zur  gleichmäßigen  Verteilung 
zu  bringen.  Für  derlei  Zwecke  kommt  wohl  in  erster  Linie  das  Spritz- 
verfahren  in  Betracht,  das  derzeit  in  Eduardsfelde  bei  Posen  sowie  in 
Osterode  und  auf  den  Wiesen  des  Herrenkrugparkes  bei  Magdeburg 
seit  längerer  Zeit  erfolgreich  betrieben  wird. 

An  diesen  Orten  werden  die  Abwässer  (in  Posen  speziell  die  sogen. 
„Wasserfäkalien",  d.  i.  die  aus  den  Spülabortgruben  mit  Wagen  nach 
einem  Sammelbehälter  abgefahrene,  Oberaus  konzentrierte  Flüssigkeit)  dem  zu 
düngenden  Gelände  in  einer  frostfrei  verlegten  Stammleitung  durch  ein 
Pumpwerk  zugeführt.  Diese  Stammleitung  ist  in  Abständen  von  etwa  300  m 
mit  Anschlußstutzen  versehen,  an  welche  nach  Bedarf  verlegte  „Feld- 
leitungen**  angekuppelt  werden.  Letztere  bestehen  aus  leichten  schmiede- 
eisernen Flangenrohren  mit  Gummidichtung,  deren  Durchmesser  nach  Maß- 
gabe des  verfügbaren  Überdruckes  gewählt  wird,  mit  Rücksicht  auf  die  Mani- 
pulation jedoch  nicht  mehr  als  80  mm  betragen  sollte  und  allmählich  auf  70 
und  60  mm  Lichtweite  abnehmen  kann.  Diese  Feldleitungen  können  bis  auf 
1  km  vorgestreckt  werden,  müssen  aber  zur  Erleichterung  des  Betriebes  mit 
einigen  Schiebern  versehen  werden.  Die  Versprengung  des  Wassers  er- 
folgt mit  einem  Hanfschlauch  von  25—30  m  Länge  und  50  mm  Lichtweite 
und  einem  angesetzten  Strahlrohr  mit  20 — 30  mm  Mündungsweite.  Ein  Über- 
druck von  10  m  genügt  zur  Erzeugung  eines  Strahles  von  10 — 15  m  Sprung- 
weite bei  etwa  5  sl.  Ergiebigkeit.  Zur  Bedienung  einer  Feldleitung  genügen 
3  Mann  und  ist  für  die  Zurückkuppelung  und  Neuverlegung  der  Leitung 
etwa  ^/g  der  Arbeitszeit  erforderlich.  Bei  einer  12  stündigen  Arbeitsdauer 
können  somit  reichlich  180  m*  zur  Versprengung  gebracht  werden. 

Da  bei  dieser  Art  der  Wasseraufbringung  keinerlei  Aptierungsarbeiten 
notwendig  sind,  reduzieren  sich  die  Anlagekosten  auf  jene  der  Rohrleitungen 
und  belaufen  sich  dieselben  auf  etwa  160 — 180  K  pro  Hektar.  Die  Betriebs- 
kosten sind  allerdings  ziemlich  hohe  und  werden  nach  den  Erfahrungen  auf 
Eduardsfelde  mit  etwa  25 — 35  K  pro  Hektar  und  Jahr  bei  Aufbringung 
von  150 — 400  m^  Abwasser  angegeben.  —  Diese  Art  der  Verteilung  kann 
sonach  ausschließlich  bei  konzentrierten  Abwässern  in  Frage  kommen,  deren 
Dungwert  die  oben  angegebenen  Beträge  übersteigt.  Während  in  Eduards- 
felde der  Betrieb  an  Feiertagen  und  zur  Nachtzeit  überhaupt  ruht,  werden  in 
Osterode  zu  diesen  Zeiten  die  Zuflüsse  auf  ein  kleines  Rieselfeld  geleitet. 

IV.  Reinigung  der  Abwässer  der  landwirtschaftlichen  Industrieen» 

Die  städtischen  Kanalwässer,  sowie  die  ähnlich  zusammengesetzten,  aber 
weitaus  konzentrierteren  Abflüsse  aus  Schlachthäusern  repräsentieren  einen 
gemeinsamen  Abwassertypus,  dessen  Schädlichkeit  in  erster  Linie  durch  die 
Anwesenheit  der  fäulnisfähigen,  hochmolekularen  Stickstoffverbindungen  be- 
dingt ist.    Da  die  in  derlei  Abwässern  vor  sich  gehenden  Zersetzungsprozesse^ 


558  ^-  ^^c  Kanalisation  der  Ortschaften  etc. 

mit  einer  Ammoniakproduktion  verbunden  sind,  weisen  dieselben  auch  stets 
alkalische  Reaktion  auf. 

Zu  einem  anderen  Abwassertypus  gehören  die  Abflüsse  aus  Zucker- 
fabriken, Brauereien  und  Hefefabriken,  Brennereien,  Molkereien 
und  Stärkefabriken.  Dieselben  sind  durch  einen  die  Stickstoffverbindungen 
an  Menge  weit  übertreffenden  Gehalt  an  Kohlehydraten  charakterisiert.  Sich 
selbst  überlassen,  werden  sich  daher  in  derartigen  Abwässern  in  erster  Linie 
lebhafte  Gärungserscheinungen  einstellen,  welche  mit  der  Produktion  von 
Buttersäure  verbunden  sind.  Diese  Verbindungen  verleihen  den  anfänglich 
meist  neutral  reagierenden  Wässern  einen  zunehmenden  Gehalt  an  freier 
Säure,  der  nicht  nur  die  Tätigkeit  der  gegen  Säuren  empfindlichen  eiweiß- 
spaltenden Organismen  hemmt,  sondern  auch  die  Gärungsprozesse  selbst  zum 
Stillstande  bringt. 

Bei  Einleitung  derartiger,  unvollkommen  vergorener  Abflüsse  in  einen 
Vorfluter  würden  nach  eingetretener  Verdünnung  und  mehr  oder  minder 
vollständiger  Neutralisation  nicht  nur  die  Gärungsprozesse  ihren  Fortgang 
nehmen,  sondern  auch  die  vorher  gehemmten  Fäulnisprozesse  ausgelöst  und 
hiermit  unausbleibliche  Mißstände  geschaffen  werden. 

Von  den  genannten  Abwasserkategorien  sind  die  Roh-Zuckerfabriks- 
abwässer  nach  Menge  und  Zusammensetzung  die  weitaus  gefährlichsten. 

Im  Betriebe  der  Rübenzuckerfabrikation  fallen  selbst  wieder  zwei  Arten 
von  Abwässern  auf,  nämlich  die  Schwemm-  und  Wasch  Wässer  und  die 
Diffusions-  und  Schnitzelpreßwässer.  Erstere  enthalten  zumeist 
mineralische  Verunreinigungen,  welche  etwa  8  — 10  °/q  des  verarbeiteten 
Rübenquantums  betragen.  Findet  nur  einmalige  Verwendung  dieser  Wässer 
statt,  so  kann  ihr  Quantum  zu  etwa  0,6 — 1,0  m*  pro  Tonne  Rüben  gerechnet 
werden. 

Für  diese  Abwässer  genügt  dann  zumeist  eine  rein  mechanische 
Klärung.  Viele  Zuckerfabriken  sind  aber  genötigt,  die  Schwemm  Wässer 
wiederholt  zu  verwenden,  wodurch  dieselben  auch  eine  allmähliche  An- 
reicherung an  organischen  Substanzen  erfahren,  welche  wenigstens  zu  Ende 
der  Kampagne  auch  eine  durchgreifende  Reinigung  dieser  Abwässer  er- 
forderlich macht. 

Weit  reicher  an  organischen  Fremdstoffen  sind  die  Diffusions-  und 
Preßwässer,  deren  Quantum  mit  0,3 — 0,6  m*  pro  Tonne  Rüben  zu  veran- 
schlagen ist. 

Diese  Abwässer  wurden  früher  mit  Kalkmilch  zu  behandeln  versucht. 
Aber  auch  hier  konnte  nur  eine  Entfernung  der  Schwebestoffe  sowie  eine 
vorübergehende  Sterilisierung  erzielt  werden. 

Eine  gründliche  Reinigung  ließ  sich  hingegen  nur  durch  inter- 
mittierende Filtration  (vergl.  das  Beispiel  auf  S.  559)  oder  durch  Land- 
berieselung erreichen.  Beide  Verfahren  waren  aber  nur  in  beschränktem 
Maße  durchführbar,  da  gerade  in  der  Umgebung  der  zumeist  inmitten  der 
Rübenbaudistrikte  gelegenen  Fabriken  schwere  Böden  vorherrschen,  welche 
die  zur  Vornahme  der  natürlichen  biologischen  Behandlung  erforderlichen 
Grundbedingungen  nur  ausnahmsweise  darboten.    Außerdem  fällt  die  Arbeits- 


B.  Reinigimg  and  landwirtschaftliche  Verwertung  der  Abwässer.  559 

zeit  der  Rohzuckerfabriken  auf  den  Spätherbst  und  die  ersten  Wintermonate, 
in  denen  auch  die  klimatischen  Verhältnisse  zur  Abwickelung  dieser  Verfahren 
weniger  günstig  sind. 

Über  alle  diese  Schwierigkeiten  helfen  die  künstlichen  biologischen 
Verfahren  vollkommen  hinweg,  welche  sich  in  den  letzten  Jahren  schon  in 
einer  Reihe  von  Anlagen  bestens  bewährt  haben.  ^) 

Eine  besondere  Aufmerksamkeit  gebührt  hier  der  Vorbehandlung. 
Nachdem  die  Abwässer  stets  bedeutende  Mengen  von  Pflanzenfasern  mit- 
führen, welche  jeden  Oxydationskörper  ehestens  verschlammen  würden, 
müssen  dieselben  aufs  sorgfältigste  entfernt  werden.  Durch  Sedimentation 
lassen  sich  derlei  leichte  Partikel  kaum  vollkommen  ausscheiden,  um  so  mehr 
als  jeder  längere  Aufenthalt  der  Abwässer  in  der  Vorreinigungsanlage 
möglichst  abgekürzt  werden  muß,  um  das  Auftreten  der  sauren  Gärung 
einzuschränken,  welche  angesichts  der  hohen  Temperatur,  mit  der  die 
Abwässer  aus  dem  Betriebe  ausgestoßen  werden,  stets  rasch  einsetzt.  Sonach 
bleibt  nur  eine  Vorreinigung  mit  Hilfe  feiner  Siebe  (Pülpenfänger)  übrig. 

Die  biologische  Nachreinigung  wurde  im  Großbetrieb  bisher 
zumeist  in  Füllkörpern  vorgenommen.  Angesichts  der  hohen  Konzentration 
der  Abwässer  wird  man  stets  zweistufige  Anlagen  anwenden  und  die 
Ruhepausen  reichlich  bemessen  müssen. 

Bezüglich  der  Kostenfrage  sei  bemerkt,  daß  die  in  Leopoldsdorf  bei 
Wien  seit  5  Jahren  betriebene,  für  ein  Tagesquantum  von  1900  m*  Abwasser 
eingerichtete  Anlage  rund  60000  K  kostete.  Die  Betriebsausgaben  beliefen 
sich  pro  Kampagne  von  100  Tagen  auf  660  K,  dazu  kommen  noch  die 
angesichts  der  hier  eintretenden  überaus  hohen  Beanspruchung  auch  ziemlich 
bedeutenden  jährlichen  Regenerierungskosten  pro  3550  K.  Trotzdem  beträgt 
der  Kostenaufwand  für  die  Reinigung  von  1  m*  Abwasser  nur  2,2  h. 

Für  die  künstliche  biologische  Reinigung  der  den  Zuckerfabriksabflüssen 
nahestehenden  Abwasserkategorien  gelten  die  gleichen  Grundsätze. 

Im  nachstehenden*)  folgt  die  Beschreibung  einer  von  Hof  rat  Professor 
Friedrich  im  Jahre  1893  projektierten  und  seither  mit  bestem  Erfolge 
betriebenen  Reinigungsanlage  für  die  Abwässer  einer  Zuckerraffinerie. 
Dieselbe  erforderte  einen  Kostenaufwand  von  6000  K.     (Hierzu  Taf.  XXIII.) 

Einleitung. 

Die  im  Betriebe  einer  Zuckerraffinerie  sich  ergebenden  Abfallwässer 
zerfallen  in  2  Hauptgruppen: 

a)  In  reine  Abwässer. 
Diese  zumeist  aus  Kondensationswässem  bestehenden,  den  größten  Teil 
der  Abwässer  bildenden  Mengen  entbehren  jedweder  Reinigung  und  werden 

^)  Dun  bar  und  Thnmm,  Beitrag  zam  derzeitigen  Stande  der  Abwasserreinigungs- 
frage etc.  München  1902.  —  Dr.  J.  Kanp,  Die  Reinigung  der  gefahrlichen  Abwässer  einer 
Zuckerfabrik  auf  biologischem  Wege.  Osterr.- Ungar.  Zeitschrift  f:  Zuckerindustrie  und  Land- 
wirtschaft, 1905,  5.  Heft.  —  Calmette,  Recherches  etc.  —  Rolants,  Epuration  biologique 
des  eaux  residuaires  de  sucrerie;  Revue  d'Hygi^ne.     XXVI.  (1904). 

*)  Gekürzter  Wiederabdruck  ans  .der  L  Auflage  dieses  Handbuches. 


560  ^*  ^^^  Kanalisation  der  Cirtschaften  etc. 

mit    behördlicher   Bewilligung    durch    einen    offenen    Graben,    welcher    den 
Mühlgraben  traversiert,  direkt  in  den  Wildfluß  eingeführt. 

b)  Die  unreinen  Abwässer 
gelangen    nach    2   getrennten    Gruppen   zur   Reinigung    bezw.    Unschädlich- 
machung: 

1.  die  Abwässer  von  der  Osmosierung  der  Melasse  (Osmosewässer), 

2.  die  Abwässer  von  der  Knochenkohlebehandlung  (Spodium-,  Gär-  und 
Wasch  Wässer),  femer  die  aus  der  Reinigung  der  Fabriksräume  etc. 
stammenden  Schmutz-  und  Wasch  Wässer. 

1.  Die  Osmosewässer,  welche  wegen  ihres  relativ  großen  Gehaltes 
an  gelösten,  fäulnis-  und  gärungsfähigen  Stoffen  eine  genügende  Reinigung 
nur  schwer  erzielen  lassen,  werden  in  Vakuum-Apparaten  eingedampft  und 
in  konzentriertem  Zustande  an  Spiritusfabriken  verkauft.  Dieselben  werden 
demnach  vollständig  aus  dem  Betriebe  entfernt  und  beeinflussen  in  keinerlei 
Weise  die  Zusammensetzung  der  übrigen  Abfallwässer. 

2.  Die  Spodiumwässer  von  der  Wiederbelebung  der  Knochenkohle 
(Spodium)  enthalten  zwar  nur  noch  geringe  Mengen  an  gelöster,  fäulnis- 
und  gärungsfähiger  organischer  Substanz,  weil  dieselbe  durch  den  mehr- 
tägigen Gärungs-  resp.  Fäulnisprozeß,  welchen  man  die  angesäuerte  Knochen- 
kohle vollständig  durchmachen  läßt,  zum  allergrößten  Teile  zerstört  wurden; 
sie  sind  jedoch  beladen  mit  Fäulnis-  und  Gärungsfermenten,  sowie  mit  den 
gasförmigen  Zersetzungsprodukten  der  vorangegangenen  Gärung,  nämlich 
Kohlensäure,  Kohlenwasserstoffe,  Schwefelwasserstoff  etc.,  die  den  wider- 
lichen Geruch,  der  ihnen  stets  anhaftet,  bedingen.  Dieselben  erfordern  daher 
eine  gründliche  Reinigung.  Dieselbe  kann  auf  natürlichem  Wege  durch 
eine  Berieselung  oder  in  noch  kräftigerer  und  wirksamerer  Weise  durch 
eine  intermittierende  Erdbodenfiltration  stattfinden. 

Hydrofechiiische  Berechnungen. 
er)  Quantitäten  der  pro  Tag  zum  Abflüsse  gelangenden  Abwässer. 

1.  Reine  Abwässer.  Diese  aus  dem  Einspritzwasser  der  Luftpumpen 
und  dem  Wasser  für  den  Fabriksbetrieb  bestehenden  Quantitäten  betragen 
zusammen  pro  24  Stunden  20834  hl,  dies  gibt  pro  Sekunde  Q  =  24  sL 

2.  Unreine  Abwässer,  bestehend  aus  den  Spodiumwässem,  zu  1170  hl^ 
und  den  Schmutz-  und  Waschwässern,  von  der  Reinigung  der  Fabriksräume 
herstammend,  zu  30  hl,  zusammen  1200  hl  während  10  Stunden  oder  pro 
Sekunde  Q  =  0,0033  m«  =  3,3  sl. 

ß)    Berechnung   der   Durchflußprofile. 

1.  Offener  Graben  für  die  reinen  Abwässer.  Für  ein  Gefälle  /=  2  ^j^y 
n  =  0,03  und  v  =  0,235  ist  bei  0,80  m  Sohlenbreite,  1,36  m  Wasserspiegel- 
breite und  0,20  m  Wassertiefe  das  Q  =  51  sl.,  während  de  facto  nur  24  sl. 
zum  Abflüsse  gelangen.  Das  projektierte  Profil  ist  also  überreichlich  groß 
bemessen. 

2.  Gemauertes  Gerinne  für  die  unreinen  Abwässer  (rechteckiger 
Querschnitt  0,15/0,30  m).     Bei  einer  Wassertiefe  /  =  0,16   ist  ß  =  0,0225  m* 


B.  Reinigung  und  landwirtschaftliche  Verwertung  der  Abwässer.  561 

u  =  0,45,  R  =  0,05,  yfR  =  0,22;  für  Backsteine  (Ziegel)  ist  n  =  0,015  und  für 
J=^^Iqo  ist  c  =  35,  z;  =  c  ^'rJ  =  0,35  m,  ö  =  8  sl.,  während  de  facto  nur 
3,3  sl.  zum  Abflüsse  gelangen.    Das  Profil  ist  hauptsächlich  aus  dem  Grunde 
bedeutend  größer  projektiert,  da  an  strengen  Frosttagen  etwas  heifies  Kondens 
Wasser  in  den  Kanal  eingeleitet  wird,  um  das  Einfrieren  zu  verhindern. 

Y)  Filtrierfähigkeit   des  Erdbodens. 

1.  Geognostische  Beschaffenheit  des  Untergrundes.  Aus  den 
Resultaten  der  an  10  Stellen  abgeteuften  Probelöcher  und  Probegruben  war 
zu  ersehen,  daß  unter  einer  0,20—0,25  m  starken  Humusschichte  eine  ca.  1,20  m 
mächtige,  magere,  lehmige  Erdschichte  liegt,  darauf  eine  0,20—0,50  m  starke 
lehmige  Sandschichte  und  als  Liegendes  derselben  eine  ca.  2,0  m  unter  der 
Oberfläche  befindliche,  sehr  durchlässige  Schotterschichte  folgt,  die  bis  3,5  m 
unter  Terrain  aufgeschlossen  wurde.  Der  Grundwasserspiegel  zeigte  sich  bei 
2,97  m,  also  rund  3  m  unter  Terrain. 

2.  Versuche  im  Laboratorium.  Die  zur  Filtration  dienende,  1,20  m 
mächtige  lehmige  Erdschichte,  welche  auf  dem  ganzen  Filterfelde  eine  gleiche 
Beschaffenheit  aufweist,  wurde  auf  ihre  Wasserkapazität  und  Filtrierfähigkeit 
im  Laboratorium  genauen  Untersuchungen  unterzogen  und  ergaben  sich  nach- 
stehende Resultate:  206  g  lufttrockener  Boden  nahm  59  g  Wasser  bis  zur 
vollständigen  Sättigung  auf;  es  besitzt  also  dieser  Erdboden  eine  Wasser- 
kapazität von  28,6  ®/o-  Der  mit  Wasser  vollständig  gesättigte  Boden  ver- 
mochte bei  0,180  m  Höhe  der  Bodenschichte  und  0,080  m  Höhe  der  darüber- 
stehenden Wassersäule  und  bei  einem  innem  lichten  Durchmesser  der  Probier- 
glasröhre von  d  =  14  mm  binnen  2  Stunden  50  Minuten  im  ganzen  35  cm^ 
Wasser  zu  filtrieren.  Da  die  Fläche  F/  =■  0,000154  m*  ist,  so  filtriert  somit 
1  m*  dieses  Bodens  binnen  2  Stunden  50  Minuten  =  170  Minuten  Q  =  0,227  m* 
bei  h  =  0,08  m  Oberstauungshöhe. 

3.  Größe  des  Filterfeldes.  Die  Fläche  des  zur  Reinigung  der  Ab- 
wässer zur  Verfügung  stehenden  bezw.  in  Aussicht  genommenen  Filterfeldes 
beträgt  Fl  =  1,2  ha. 

4.  Dauer  der  Kampagne.  Die  Kampagne  beginnt  ungefähr  Anfang 
Oktober  und  schließt  Ende  Mai,  dauert  somit  ca.  243  Tage. 

5.  Filtrierfähigkeit  des  projektierten  Filterfeldes.  Nehmen  wir 
eine  Oberstauungshöhe  von  A  =  0,2  m  (gleich  der  mittleren  Wassertiefe  /»») 
an,   so  wird  das  ganze  1,2  ha  große  Feld  bei  einem  Zuflüsse  Q  =  120000  1 

pro  Tag  (Zufluß  während  10  Stunden)      "Yoq — «~  -  =  20  Tage   ausreichen; 

also  wird  pro  Tag  eine  Fläche  von ^ —  =  600  m*  notwendig  werden. 

Diesem  täglichen  Bedarfe  entsprechend  wurde  die  ganze  Fläche  in  Staubassins 
von  normal  30  m  Länge  und  20  m  Breite  =  600  m^  Fläche  eingeteilt  (siehe 
Tafel  XXIII).  Die  Versuchshöhe  der  Wassersäule  betrug  nur  0,08  m,  während 
dieselbe  in  vorliegendem  praktischen  Falle  0,20  m  beträgt.  Es  wird  somit 
auch  die  Filtrierfähigkeit  de  facto  eine  größere  werden.  Sehen  wir  jedoch 
zur  Sicherheit  hiervon  ab,  so  wird  jedes  Bassin  von  600  m*  (1  m^ :  0,227  m^  = 
Friedrich,  Wasserbaa.    Zweite  AuHafce.    IL  Band.  86 


562 


III.  Die  Kanalisation  der  Ortschaften  etc. 


I 


I 

I 


I 


i&i 


=  600  m* :  Jtr)  X  =  136,2  m»  Wasser  binnen  170  Minuten 
oder  rund  binnen  3  Stunden  filtrieren,  während  aus 
der  Raffinerie  im  Laufe  eines  Tages  (beziehungsweise 
eigentlich  durch  10  Stunden)  bloß  Q  =  120  m*  aus- 
fließen. (Es  würde  als  eigentliche  Filterfläche  pro  Tag 
136  m«  :  600  m«  =  120  m»  :  x,  also  x  =  530  m«  resul- 
tieren.) 

Da  nach  Abzug  der  für  Fahrwege  etc.  von  der 
in  Verwendung  stehenden  Fläche  eigentlich  nur  9500  m* 
für  die  Filtration  zur  Verfügung  stehen,  so  reichen  die 
17  Bassins  mit  zusammen  1864  m^  Inhalt  (bei  0,20  m 

9500  m^ 
Wassertiefe)  durch  -^-^ — .^  =18  Tage  aus.  Es  kommt 

also  während  der  243  Tage  andauernden  Kampagne 

243 
jedes  Bassin  im  Mittel  ~to— =  13  mal  zur  Benutzung, 

während  durch  122  Tage  oder  4  Monate  das  Feld  als 
Reinigungsobjekt  vollkommen  unbenutzt  bleibt.  Wird 
jedoch  noch  berücksichtigt,  daß  das  während  10  Stunden 
aufgeleitete  Wasser  während  dieser  Zeit  auch  schon 
durchfiltriert,  so  kommen 
zu  obigen 122  Tagen 

noch  -Y~  Tage =  122  Tage 

hinzu;  es  resultieren  also 244  Tage 

oder  8  Monate  Zeitraum,  innerhalb  welchen  die  im 
Erdboden  zurückgebliebenen  Bestandteile  der  Abwässer 
der  Reinigung  und  Umsetzung  durch  Oxydation  aus- 
gesetzt bleiben. 

Bauliche  Durchführung. 
a)  Drainierung  des  Filterfeldes. 
Die  Drainageröhren  wurden  beiläufig  in  einer 
Tiefe  gelegt,  welche  der  Oberfläche  der  Schotter- 
schichte entspricht.  Die  Anordnung  des  Drainage- 
rohmetzes  und  die  bezüglichen  Koten  und  Gefälle  sind 
aus  der  Tafel  XXIII  zu  ersehen.  Die  Saugdrains 
d^bO  mm  sind  5  m  voneinander  und  laut  Querprofil 
AJ  (Taf.  XXIII)  1,15  m  tief  mit  einem  GefäUe  /  = 
2,9— 10,0^/00  verlegt.  Die  obersten  Enden  sind  mit 
einem  Ventilationsrohrstrang  rf  =  80  bis  50  mm  und 
/=  5^/00  verbunden,  und  in  denselben  7  Ventilations- 
schläuche (Luftventile)  Li— 7  eingebaut.  Der  Sammel- 
drain mündet  provisorisch  bei  /  in  eine  Grube  G  ein, 
und  wird  nach  Verschüttung  derselben  das  Auslauf- 
objekt bis  an  die  Flußuferböschung  verlegt  werden. 


B.  Reinigung  und  landwirtschaftliche  Verwertung  der  Abwässer. 


563 


ß)  Staubassins. 
Aus  Fig.  210  und  Taf.  XXIII  ist  die  Konstruktion  und  das  Ausmafi  der 
Staubassins,  aus  Fig.  211  das  Detail  der  kleinen  Handstauschützen  s  und 
der  Einlaufobjekte  zu  ersehen.  Das  ganze  Feld  wurde  entsprechend  planiert 
und  wurden  aus  dem  gewonnenen  Material  die  Revierdämme  hergestellt. 
Bei  A  wurde  ein  gemauertes  Bassin  hergestellt,  welches  den  Zweck  hat, 
einerseits  die  kleineren  Unregelmäßigkeiten  in  der  sekundlichen  Abflußmenge 
auszugleichen,  andererseits  die  Verteilung  in  die  2  Hauptverteilungs- 
gräben AH  und  AB  leicht  zu  vermitteln,  .und  endlich  etwaige  größere 
Verunreinigungen  zurückzuhalten.  Aus  dem  gemauerten  Hauptgraben  AH 
zweigen  außerdem  noch  die  Parallelkanäle  CD^  EF  und  HK  ab,  welche  ein 
rechteckiges  Profil  ("/g^  cm)  und  2®/qq  Gefälle  besitzen. 

y)  Hauptzuleitungsgerinne. 

1.  Für  die  unreinen   Wässer.    Dieser  0,15  m  breite,  0,30  m  tiefe, 

gemauerte  Kanal  ist  zumeist  gedeckt  projektiert,   nur  an  einzelnen  Stellen 

offen  —  die  Deckung  erfolgt  zumeist  aus  dem  Grunde,  um  das  Einfrieren 

bei  Frost  zu  verhindern  und  ist  an  strengen  Frosttagen  überdies  noch  das 


a  Längensohnitt. 


b  Daraufsloht. 
Fig.  211.    Detail  der  Elnlanf Objekte. 


c  Ansieht 


Vermischen  dieser  Abwässer  mit  einem  kleinen  Teile  der  warmen  Kondens- 
wässer  in  Aussicht  genommen.  Die  Traversierung  des  Gerinnes  über  den 
Mühlgraben  geschieht  mittelst  eines  Blechaquäduktes. 

2.  Für  reine  Abwässer.  Der  bestehende  offene  Graben  wurde  ent- 
sprechend reguliert  und  läuft  dieses  Wasser  durch  die  bestehende  Eisen- 
rohrleitung über  den  Mühlgraben,  weiter  durch  den  alten  offenen  Graben 
am  rechten  Ufer  und  ergießt  sich  in  den  Schwarzafluß.  Diese  Reinigungs- 
anlage ist  nunmehr  14  Jahre  im  Betrieb  und  funktioniert  dieselbe  nach  den 
wiederholten  Mitteilungen  des  Fabrikbesitzers  anstandslos. 

V.  Die  Selbstreinigung  der  Gewässer. 

Die  Erscheinung,  daß  mit  Unratstoffen  beladene  Gewässer  nach  und 
nach  auf  natürlichem  Wege  wieder  einen  höheren  Reinheitsgrad  annehmen, 
wird  als  Selbstreinigung  bezeichnet.  Daß  sich  derlei  Prozesse  in  sämt- 
lichen Wasserläufen  abspielen,  ist  wohl  schon  lange  bekannt;  hingegen  wurden 
die  am  Zustandekommen  dieses  Phänomens  beteiligten  Agentien  und  ihr 
spezifisches  Leistungsvermögen  erst  in  der  neuesten  Zeit  eingehender  studiert. 
So  kommt  es,  daß  die  Lehre  von  der  Selbstreinigung  der  Gewässer  zu  ver- 
schiedenen Zeiten  neben  eifrigen  Verfechtern  stets  auch  heftige  Gegner  ge- 
funden hat.    Denn  praktisch  hat  es  sich  vielfach  gezeigt,   daß  die  Gewässer 

36* 


564  lU-  ^i®  Kanalisation  der  Ortschaften  etc. 

der  Aufarbeitung  der  ihnen  zugemuteten  Mengen  an  Fremdstoffen  nicht 
gewachsen  waren.  In  diesen  Fällen  handelt  es  sich  aber  wohl  nie  —  wenigstens 
insoweit  es  sich  um  mit  organischen  Fremdstoffen  verunreinigte  und  vor 
Giftstoffen  geschützte  Wässer  handelt  —  um  ein  vollständiges  Versagen  des 
Selbstreinigungsvermögens,  sondern  eben  nur  um  eine  Überlastung  oder  um 
den  Mangel  an  der  zur  Wiederherstellung  des  anfänglichen  Zustandes  er- 
forderlichen Zeit 

Die  Erklärung  der  Erscheinungen  der  Selbstreinigung  wurde  vielfach 
in  rein  mechanischen,  wie  auch  mechanisch-physikalischen  und  chemischen 
Prozessen  gesucht.  Neben  der  mechanischen  Sedimentation,  sowie  der 
chemischen  Säurebindung,  von  denen  erstere  aber  selbst  nur  eine  mittelbare 
Reinigung  herbeizuführen  vermag,  dürften  die  genannten  Kräftewirkungen 
(namentlich  die  direkte  Oxydation,  die  keimtötende  Wirkung  des  Lichtes  u.  dergl.) 
stets  nur  untergeordnete  Effekte  bedingen. 

Von  weit  höherer  Bedeutung  erscheinen  auch  hier  die  sich  in  den  Fluß- 
läufen abspielenden  biologischen  Prozesse. 

Die  Wirkungen  derselben  offenbarten  sich  mehr  und  mehr,  seitdem 
man  neben  der  früher  fast  ausschließlich  vorgenommenen  chemischen  und 
bakteriologischen  Wasserbegutachtung  auch  dem  biologischen  Gesamt- 
bilde der  Wasserläufe  eine  erhöhte  Aufmerksamkeit  zuzuwenden  begann. 
Denn  gerade  bei  den  fließenden  Gewässern  konnte  die  Untersuchung  von 
Einzelproben,  die  stets  Zufälligkeiten  ausgesetzt  ist,  kein  so  klares  Bild  dar- 
bieten als  eine  biologische  Analyse,  welche  neben  der  gesamten  Mikroflora 
und  Mikrofauna  auch  den  Bestand  an  höheren  Lebewesen  vollständig  auf- 
zeigt. Denn  diese  Organismenwelt  spiegelt  nicht  nur  den  momentanen 
Zustand  oder  die  Durchschnittsbeschaffenheit  des  Flußlaufes  wieder, 
sondern  sie  trägt  auch  oft  lange  Zeit  hindurch  die  Spuren  einzelner  Er- 
eignisse, insbesondere  gewaltsamer  Eingriffe  in  das  natürliche  Regime 
des  Gewässers. 

Marsson  und  Kolkwitz^)  haben  wohl  zuerst  darauf  aufmerksam  ge- 
macht, daß  man  den  verschieden  stark  verschmutzten  Zonen  eines  Wasser- 
laufes auch  bestimmte  „Leitorganismen"  zuordnen  könne,  welche  sich  selbst 
wieder  zu  spezifischen  „Lebensgemeinschaften"  (Biocoenosen)  vergesell- 
schaften. Nach  dem  von  diesen  Organismen  ertragenen,  mehr  oder  minder  hohen 
Verschmutzungsgrade  unterscheiden  die  genannten  Forscher  einerseits  Poly-, 
Meso-  und  Oligosaprobien,  denen  andererseits  die  ausschließlich  in  reinen 
Gewässern  vorkommenden  Katharobien  gegenüberstehen. 

Bezüglich  der  Zugehörigkeit  der  einzelnen  Organismen  zu  diesen  Kate- 
gorien muß  auf  die  bereits  angeführte  Spezialliteratur  verwiesen  werden  (S.  485). 

Werden  einem  Vorfluter  größere  Mengen  fäulnisfähiger,  schon  in  vor- 
geschrittenem Zersetzungsstadium  befindlicher  Abwässer  zugeführt,  so  wird 
sich  nach  erfolgter  Durchmischung  zuerst  eine  lebhafte  Sauerstoffzehrung 
einstellen,  welche  sich  insbesondere  dort,  wo  sich  Schlammanhäufungen 
bilden,  am  stärksten  äußern  wird.     Es  sind  dies  namentlich  die  der  Strömung 

^)  Dr.  R.  Kolkwitz  und  Dr.  M.  Marsson,  Grundsätze  für  die  biologische  Beurteilung  des 
Wassers  nach  seiner  Flora  und  Fauna.     Mitteilungen  der  kgl.  Priifungsanstalt  etc.     I.  Heft  (1902). 


B.  Reinigung  und  landwirtschaftliche  Verwertimg  der  Abwässer.  565 

entzogenen  flachen,  gut  durchwärmten  Uferbuchten  und  das  Rückstaubereich 
von  Stauanlagen.  An  solchen  Orten  spielen  sich  dann  Erscheinungen  ab, 
die  jenen  der  Faulbecken  ganz  analog  sind.  Der  geringe  Sauerstoffvorrat 
des  Wassers  und  der  reduzierbaren  Verbindungen  wird  hierbei  vollkommen 
schwinden,  und  hiermit  auch  jegliches  Leben  höher  organisierter  Wesen 
vernichtet  Erst  wenn  die  Anaeroben-Spaltungsprozesse  so  weit  vor- 
geschritten sind,  daß  der  aus  der  Atmosphäre  auf  dem  Wege  der  Diffusion 
oder  bei  lebhafterer  Wasserbewegung  auch  mechanisch  zugeführte  Sauerstoff 
der  Menge  nach  den  Verbrauch  überwiegt,  kann  sich  eine  allmähliche 
Besserung  des  Zustandes  einstellen.  Dann  werden  neben  den  sapro- 
phytischen  Schlammfressern  und  den  ausschließlich  auf  organische 
Nahrung  angewiesenen  Abwasserpilzen  nach  und  nach  auch  höhere 
Tier-  und  Pflanzenformen  ihre  Existenzbedingungen  wiederfinden. 
Letztere  bessern  sich  insbesondere  vom  Momente  des  Wiederauftretens  der 
chlorophyllführenden  Algen,  deren  assimilatorische  Tätigkeit  die  Sauer- 
stoffanreicherung wirksam  unterstützt. 

Die  biologische  Selbstreinigung  spielt  sich  in  Form  einer  Reihe  von 
Lebenskreisläufen  ab,  bei  denen  stets  ein  Teil  der  organischen  Substanz 
durch  Veratmung  und  enzymatische  Spaltung  in  Gasform  übergeführt  wird, 
während  ein  zweiter  Teil  als  Leibessubstanz  festgelegt,  ein  dritter  in 
Mineralsubstanz  umgesetzt  wird.  Daneben  werden  allerdings  auch  wieder 
Abfallprodukte  gebildet. 

Da  die  niedrigsten  Organismen  bei  ihrer  massenhaften  Entwicklung 
mit  dem  naturgemäßen  Abschluß  ihres  Lebens  auch  den  Anlaß  zu  einer 
Selbstverunreinigung  der  Gewässer  geben,  ist  es  von  höchster  Wichtig- 
keit, daß  sich  stets  passende  Lebensgemeinschaften  bilden  und  hierdurch  die 
niedrigsten  Organismengruppen  noch  vor  ihrem  Absterben  von  höheren 
Organismen  verzehrt  werden.  Hierdurch  werden  wachsende  Mengen 
organischer  Substanz  in  einzelnen  Individuen  mit  längerer  Lebensdauer  auf- 
gespeichert und  zeitweilig  dem  Stoffkreislaufe  entzogen. 

Gerade  in  dieser  Richtung  kommt  einem  geregelten  Fischerei- 
betriebe in  den  Gewässern  eine  von  der  Praxis  noch  lange  nicht  voll- 
gewürdigte Bedeutung  zu.  Denn  gerade  jene  Gewässer,  deren  Biocoenosen 
auch  einen  reichen  Fischbestand  aufweisen,  vermögen  bei  entsprechender 
Pflege  eine  Reinigungsarbeit  zu  vollbringen,  die  jener  der  künstlichen 
Reinigungsanlagen  ebenbürtig  zur  Seite  steht.  ^)  Aus  diesem  Grunde  darf 
die  wirtschaftliche  Bedeutung  der  Fischerei  auch  nie  einzig  und  allein  nach 
den  von  ihr  direkt  produzierten  Werten,  die  allerdings  vielfach  geringer 
sind  als  jene  anderer  Erwerbszweige,  beurteilt  werden. 

Denn  als  ein  unentbehrliches  Glied  in  der  aufsteigenden  Ent- 
wicklung des  organischen  Lebens  eines  Gewässers  besitzt  gerade  das 
Fischleben  eine  fundamentale  Bedeutung  für  die  dauernde  Reinerhaltung 
der  Wasserläufe. 


^)  Vergl.   hierzu   die   Mitteilungen  von   Dr.  Cronheim   und   Prof.   Dr.  Hofer   auf  dem 
XIV.  internationalen  Kongresse  für  Hygiene  und  Demographie.     Berlin  1907. 


566  Drackfebler,  Ergänzungen,  Bemerkungen,  Nachträge  etc. 


Druekfehler,  Ergänzungen,  Bemerkungen,  Nachträge  ete. 

I.  Band,  Seite  32:  10.  Zeile  von  unten  lies  „Rttckstauung"  statt  Einstauung. 

I.  Band,  Seite  32:  27.  Zeile  von  unten  lies  „m''  statt  mm. 

I.  Band,  Seite  35:  5.  und  7.  Zeile  von  oben  lies  „m'^  statt  cbm. 

I.  Band,  Seite  50:  11.  Zeile  von  unten  lies  „Regenhöhen"  statt  Regenmengen. 

I.  Band,  Seite  60:  6.  Zeile  von  oben  lies  „km>"  statt  qkm  (im  Kopf  der  Tabelle). 

I.  Band,  Seite  410:  17.  Zeile  von  unten  lies  „Sekunde'^  statt  Stunde, 
n.  Band,  Seite  100:  16.  Zeile  von  unten  lies  „4"  sUtt  6. 

n.  Band,  Seite  100:  10.  Zeile  von  oben  lies  „3"  statt  5. 

II.  Band,  Seite  187:  4.  Zeile  von  unten  lies  „abgeteufte*^  statt  abgestufte  Probeschächte, 
n.  Band,  Seite  324:  24.  Zeile  von  unten  lies  „de  Bear  Valley«  statt  de  Beaz  Valley. 

II.  Band,  Seite  324:  20.  Zeile  von  unten  lies  in  der  Kolumne:  Preis  pro  m*  aufge- 
speicherten Wassers  „26000000"  statt  22000000. 

n.  Band,  Seite  325:  24.  Zeile  von  unten  lies  in  der  Kolumne:  Preis  pro  m'  aufge- 
speicherten Wassers  „0,08  M.  und  0,9  h"  statt  0,82  M.  und  96,0  h. 

II.  Band,  Seite  325:  22.  Zeile  von  unten  lies  in  der  Kolumne:  Preis  pro  m'  aufge- 
speicherten Wassers  „0,076  M.  und  8,9  h"  statt  7,64  M.  und  894,0  h. 

n.  Band,  Seite  325:  20.  Zeile  von  unten  lies  in  der  Kolumne:  Preis  pro  m*  aufge- 
speicherten Wassers  „0,046  M.  und  5,0  h«  statt  0,46  M.  und  64,0  h. 

n.  Band,  Seite  352:  16.  Zeile  von  unten  hat  „4"  zu  entfallen,  da  eine  Unteraliteilong 
der  Vogesen-Stauweiher. 

U.  Band,  Seite  386:   4.  Zeile  von   oben   Ues  „4000  acres  =  1600  ha"   sUtt  4  MiU.  ba. 

II.  Band,  Seite  386:  5.  Zeile  von  oben  soll  es  heißen:  zur  Versorgung  der  National 
City  bei  der  Stadt  San  Diego. 

Bemerkungen. 

II.  Band,  Seite  325:  Die  Kolumne  „Preis  pro  m*  aufgespeicherten  Wassers"  bedeutet 
eigentlich  die  Baukosten  pro  m^  Fassungsrauro  des  Stauweihers.  Mit  Rücksicht  auf 
die  lange  Bestandsdauer  eines  Stauweihers  und  seine  meist  alljährlich  mehreremal  erfolgte 
Füllung  wird  der  Preis  von  1  m*  wirklich  aufgespeicherten  Wassers  natürlich  nur  ein  sehr 
niederer  sein. 

Nachträge  xu  ausgeführten  Stau  weiheranlagen. 

II.  Band,  Seite  384:  14.  Zeile  von  unten  lies  „ist"  statt  wäre. 

Bear  Valley-Sperre:  Nach  den  durch  Dr.  Fischer  an  Ort  und  Stelle  gepflogenen 
Erhebungen  beträgt  die  Kronenlänge  genau  90  m.  Femer  wurde  demselben  mitgeteilt,  daS 
diese  Sperre  bereits  wiederholt  vom  Wasser  überströmt  wurde  (darunter  einmal  ca.  1  m  hoch), 
ohne  irgend  Schaden  genommen  zu  haben. 

Der  Stauinhalt  beträgt  de  facto  48  MiU.  m^  die  gesamten  Baukosten  360000  K,  mithin 
1  m*  Fassungsraum  auf  0,75  h  zu  stehen  kommt. 

Die  Kubatur  des  Talsperrenmauerwerks  beträgt  2530  m'  und  stellten  sich  die  Kosten 
von  1  m'  Talsperrenmauerwerk  und  aller  Nebenarbeiten  auf  142  K,  ohne  dieselben  also 
die  reinen  Mauervverkskosten  115  K,  ein  enormer,  einzig  dastehender  Einheitspreis,  der  seine 
Begründung  in  den  anfierordentlich  hohen  Znfuhrkosten  (110  km  wegeloses  Hochgebirge)  zu 
dem  gegen  2000  m  hoch  gelegenen  Stauweiher  hat. 

II.  Band,  Seite  383:  Sweet  Water-Reservoir.  Das  Einzugsgebiet,  welches  voll- 
ständig kahl  zwischen  60  m  und  1500  m  Seehöhe  gelegen  ist,  beträgt  476  km*. 

Der  Gesamtinhalt  der  Staubecken  beträgt  nunmehr  nach  der  Rekonstruktion  25  MIU«  Hl', 
die  Gesamtbaukosten  1267200  K,  mithin  1  m'  Fassungsraum  sich  auf  rund  5  h  stellt. 

Die  Mauerkubatur  beträgt  15680  m^  und  die  Kosten  von  1  m*  Talsperrenmaner- 
werk  80  K. 


Druckfehler,  Ergänzungen,  Bemerkungen,  Nachträge  etc.  567 

Die  jährlichen  Znflnßmengen  schwanken  zwischen  88  MUL  m^  im  Jahre  1895/96 
(^43®/o  der  Jahresregenhöhe  von  428  mm),  und  Null  in  den  regenlosen  Jahren  1900/1901, 
im  13jährigen  Mittel  16^/9  Mlll«  m'. 

NB.  Am  17.  und  18.  Januar  1895  flofi  das  Wasser  durch  40  Stunden  über  die  Mauer- 
krone in  einer  Maximalhöhe  von  0,56  m  (gleichzeitige  Regenhöhe  150  mm),  trotzdem  alle 
Entlastnngsvorrichtungen  offen  standen.  Es  gelangten  hierbei  Q  =  500  m'  pro  Sekunde  zum 
Abflafi.     Das  Überfallwehr  wurde  seither  wesentlich  erweitert. 

In  Deutschland  wäre  noch  unter  anderen  als  neue  Sperre  hervorzuheben:  die  Gothaer 
Talsperre  bei  Tambach  (Thüringen);  Baujahr  1902/1906,  Höhe  der  Talsperre  27  m  Stau- 
tiefe 22  m,  Fassungsraum  775000  m^,  Einzugsgebiet  21  km',  gesamte  Baukosten  1050000  K, 
Baukosten  pro  m^  Fassungsraum  137  h. 

Staumauern  in  Beton.     (Crystal-Springs-Sperre.) 

Die  Talsperre  von  San  Mateo  (nach  einem  im  Stauraume  gelegenen  älteren 
Reservoir  mit  Erddamm  auch  Crystal-Springs-Sperre  genannt)  wurde  in  den  Jahren  1888 
bis  1889  von  der  Spring-Valley-Wasserwerksgesellschaft  als  Erweiterungsbau  der  Wasserver- 
sorgungsanlage der  Stadt  San  Franzisko  errichtet  und  war  ursprünglich  mit  einer  Höhe  von 
51,8  m  bei  53,6  m  Basisstärke  und  7,5  m  Kronenstärke  projektiert.  Dieselbe  wurde  jedoch 
nur  bis  zur  Höhe  von  44,5  m  ausgeführt.  Sie  ist  mit  einem  Krümmungsradius  von  195  m 
angelegt  und  fafit  derzeit  91000000  m>.  Die  Mauerkubatur  beträgt  107000  m*.  Die  mittlere 
Jahresregenhöhe  im  Einzugsgebiete^)  beträgt  880  mm,  von  der  durchschnittlich  nur  14,5 ^/^ 
zum  Abflufi  gelangen.     (Hierin  sind  die  Verluste  im  Reservoir  selbst  mit  eingerechnet.) 

Die  Mauer  wurde  ganz  in  Stampfbeton  aus  einzelnen  Blöcken  von  150 — 200  m*,  welche 
zahnförmig  ineinander  greifen,  hergestellt.  Hierbei  wurden  zuerst  immer  einzelne  freistehende 
Blöcke  in  Schalungen  eingestampft  und  nach  erfolgter  Erhärtung  die  Zwischenblöcke  ausgeführt. 
Um  einen  guten  Anschluß  zu  erzielen,  wurden  die  erhärteten  Flächen  mit  der  Spitzhane 
aufgerauht,  mit  Drahtbürste  und  Wasserstrahl  gereinigt  und  mit  Zementbrei  überzogen.  Durch 
die  horizontale  und  vertikale  Verzahnung,  welche  die  Ausbildung  durchlaufender  Fugen  aus- 
schließen, wurde  auch  tatsächlich  eine  fast  vollkommene  Wasserdichtheit  der  Mauer  erzielt. 

Das  Mischungsverhältnis  des  Betons  betrug  1  Teil  Portlandzement,  2  Teile  Dünensand 
und  6^/2  Teile  Steinschlag.     Die  Mischung  erfolgte  in  maschinell  angetriebenen  Mischtrommeln. 

Bei  dem  grofien  Erdbeben  im  Jahre  1906  soll  die  Mauer,  obwohl  dieselbe  dem 
Zentrum  des  Erschütterungsgebietes  ziemlich  nahe  stand,  keinerlei  Schaden  erlitten  haben. 

Während  die  San  Mateo-Sperre  ein  überaus  kräftiges  Profil  besitzt,  zeichnet  sich  die  im 
südlichen  Kalifornien  in  der  Nähe  von  San  Diego  im  oberen  Otaytale  gleichfalls  ganz  in 
Stampfbeton  hergestellte  Sperre  durch  ein  sehr  schwaches,  einzig  durch  seine  Bogenform  stand- 
fähig erhaltenes  Profil  aus. 

Die  obere  Otay-Sperre  hat  eine  Höhe  von  23,5  m,  eine  Basisstärke  von  4,30  m  und 
eine  Kronenstärke  von  1,22  m.  Dieselbe  ist  auf  der  Wasserseite  vertikal,  auf  der  Luftseite 
mit  treppenförmigen  Absätzen  mit  etwa  0,6  m  Vorsprung  und  einem  Krümmungsradius  von 
107  m  angelegt,  hat  somit  bei  einer  Kronenlänge  von  rund  110  m  einen  Zentriwinkel  von  fast 
60^.     Mit  dieser  Sperre  wird  ein  Wasserquantnm  von  3200000  m^  magaziniert. 

Der  verwendete  Beton  bestand  aus  1  Teil  Portlandzement,  3  Teilen  Sand  und  5  Teilen 
Steinschlag  von  5 — 6  cm  Durchmesser.  Derselbe  wurde  in  Schichten  von  15  cm  Stärke  ein- 
gestampft und  betrug  die  Bauzeit  des  ganzen  Objektes  nur  90  Tage.  Zur  Zeit  der  Be- 
sichtigung (durch  Dr.  Fischer  im  Jahre  1901)  war  das  im  Jahre  1900  errichtete  Reservoir 
noch  ganz  leer,  da  die  Jahre  1900  und  1901  einer  außerordentlichen  Trockenheitsperiode  ange- 

*)  Die  in  der  Literatur  vielfach  zu  14  engl.  Quadratmeilen  angegebene  Fläche  des 
Niederschlagsgebietes  bezieht  sich  auf  die  alte  Crystal-Springs-Sperre;  jenes  der  neuen  Sperre 
ist  weitaus  größer. 


568  Druckfehler,  Ergänzungen,  Bemerkungen,  Nachträge  etc. 

hörten.      Doch    soll    sich    aach     diese    Sperre     in     der    Folgezeit    als     ziemlich    wasserdicht 
erwiesen  haben. 

Eine  ähnliche  Konstruktion  besitzt  eine  in  der  Nähe  von  Dalnth  (am  Lake  saperiar) 
ausgeführte  Staumauer,  welche  einen  Teil  des  Abschlufiwerkes  für  eine  grofie  Wasserkraftanlage 
bildet.  Dieselbe  besitzt  bei  18  m  Höhe  1,26  m  Kronenstärke  und  ist  bei  18  m  Kronenlänge 
ein  Gnmdrifi  mit  einem  Radius  von  30  m  angelegt. 

Staurnftuern  in  armiertem  Beton« 

In  den  letzten  Jaliren  wurden  in  Amerika  mehrere  Stauwehre  von  beträchtlicher  Höhe 
(bis  zu  10  m)  in  reiner  Beton-Eisenkonstruktion  ausgeführt  (durch  die  Ambursen-Baogesell- 
schaft,  Boston),  deren  Bauart  sich  von  der  herkömmlichen  in  erster  Linie  dadurch  unterscheidet, 
dafi  der  Wehrkörper  hohl  angelegt  ist.  Derselbe  hat  dreieckigen  Querschnitt,  ruht  auf  der 
längsten  Dreieckseite  und  hat  einen  wasserseitigen  Anzug  von  ca.  1:1.  Diese  Querschnittsform, 
welche  an  sich  ein  Umkippen  ausschliefit,  wird  durch  die  hohe  Wasserlast,  welche  mit  dem 
Eigengewichte  gleichsinnig  wirkt,  auch  gegen  eine  Verschiebung  vollkommen  gesichert. 

Diese  Stauwehre  bestehen  aus  einer  armierten  Grundplatte,  welche  gleichzeitig  das  Sturz- 
bett bildet  und  deren  Unterspülung  durch  entsprechend  tief  in  den  Untergrund  eingreifende 
Herdmauern  oder  Betonspund wände  verhindert  wird.  Auf  dieser  Platte  erheben  sich  armierte 
Strebepfeiler,  welche  die  als  armierte  Platten  ausgeführten  wasserseitigen  und  luftseitigen  Ein- 
deckungen  tragen.  Durch  Offnungen  in  der  Grundplatte,  welche  mit  dem  inneren  Hohlräume 
bezw.  dem  Unterwasser  frei  kommunizieren,  wird  auch  ein  Auftrieb  unschädlich  gemacht. 

Trotz  der  geringen  Wandstärken  (25 — 60  cm)  sollen  nur  ganz  geringfügige  Wasser- 
ausschwitznngen  auftreten.  Der  Hohlraum  des  Wehrkörpers  wurde  teils  als  unterirdische  Fassage, 
teils  sogar  zur  Aufstellung  von  Turbinen  und  Dynamos  verwendet. 

Auch  in  Deutschland  wurde  durch  Ziegler  und  Schacht  bei  dem  Projekt  der  Saale- 
sperre zwischen  Ziegenrück  und  Saalfeld  die  Eisenbetonkonstruktion  in  Aussicht  genommen. 

Nachdem  dieser  Bau  jedoch  noch  nicht  durchgeführt  wurde,  verfügen  wir  über  keine 
diesbezüglichen  praktischen  Erfahrungen. 

Auch  die  amerikanischen  Eisenbetonsperren  stehen  noch  zu  kurze  Zeit,  um  ein  ab- 
schliefiendes  Urteil  über  die  Haltbarkeit  solcher  Konstruktionen  überhaupt  und  für  unsere 
klimatischen  Verhältnisse  im  besonderen  fällen  zu  können. 

Hervorzuheben  ist  jedoch,  dafi  bei  den  Beton-  und  Betoneisenkonstruktionen,  nament- 
lich bei  Talsperren,  ein  ganz  aufierordentliches  Augenmerk  auf  strengste  Untersuchungen  über 
die  Volumbeständigkeit  des  Zementmateriales,  die  Reinheit  des  verwendeten  Sandes  und  Schlägel- 
schotters (Steinschlages)  während  des  ganzen  Baues  gerichtet  werden  mufi,  was  in  Amerika  der 
Fall  sein  soll. 

Weiter  ist  zu  betonen,  dafi  man  in  Amerika  weitaus  sorgloser  bei  Errichtung  dieser 
Betonsperren,  rücksichtlich  der  mit  einem  eventuellen  Bruche  der  Mauer  verbundenen  Gefahr  sein 
kann,  weil  einzelne  dieser  Sperren  in  vollständig  unbewohnten,  sehr  langen  Tälern  situiert  sind, 
während  in  Europa  nahezu  immer  mit  jedem  Ausschluß  einer  Katastrophe  gerechnet  werden 
mufi.  Auch  soll  die  volle  Verantwortung  bezüglich  der  Haltbarkeit  der  Sperren  in  Xmerika 
auf  die  Baunntemehmung  übertragen  werden. 

Von  meinem  Standpunkte  aus  würde  ich  bei  den  bisherigen  geringen  Erfahrungsdaten 
über  Verwendung  des  Betons  (armiert  und  unarmiert)  eine  Verantwortung  für  höhere  Talsperren 
derzeit  nicht  übernehmen,  sondern  für  letztere  immer  noch  die  übliche  Herstellnngsweise  in 
Bruchstein-Zyklopenmauerwerk  anempfehlen. 

Versuche  Über  Wiesenbewässerungen 

von  Prof.  Dr.  Tacke. 
Bei  den  auf  Aueböden,  Niedeningsmoor-  und  Sandböden  bisher  durchgeführten  Versuchen 
ergab  die  Berieselung  erheblich  günstigere  Resultate,  als  die  Staubewässemng,  was  insbesondere 
beim  Sandboden  auffällig  hervortrat. 


Druckfehler,  Ergänzungen,  Bemerkungen,  Nachträge  etc.  5g9 

Auf  Aueboden  gab  die  Rieselwiese  gegenüber  der  ungedüngten  um  77  ^/q,  bei  Niederungs- 
moor um  90  ^/o  mehr  Heu  ab.  Dabei  wurde  bei  den  Rieselwiesen  durchschnittlich  50 — 100  1 
pro  Hektar  und  Sekunde,  bei  den  Stanwiesen  200 — 400  sl.  aufgebracht. 

Die  Ergebnisse  dieser  Bewässerungsversuche  gehen  dahin,  daß: 

1.  Die  Fhosphorsänre  (2 — 3  m/Ztr.  pro  Hektar)  den  Bewässerungseffekt  ganz  hervorragend 
steigert. 

2.  Die  Wirkung  der  Kalidüngung  auf  kalireichen  bewässerten  Böden  ist  ganz  belanglos;  auf 
kaliarmen  Böden  ist  bei  Bewässerung  nur  eine  schwache  Kalizufuhr  (etwa  2—3  m/Ztr.  pro 
Hektar)  angezeigt. 

3.  Kalk  ist  auf  kalkreichen  Böden  nicht  erforderlich;  der  kalkarme  Heidesandboden  verlangt 
bei  Bewässerung  etwa  40  m/Ztr.  Mergel  pro  Hektar. 

4.  Voraussetzung  für  die  erfolgreiche  Bewiusserung  ist  die  Verbesserung  der  geringwertigen 
Vegetation  durch  Ansaat  edler  Wiesengräser. 

6.  Eine  Schwankung  des  Wasserspiegels  während  der  Vegetation  von  0,45  m  nach  oben  und 
0,15  m  nach  unten  ist  ohne  Einflufi. 

6.  Von  einer  Bodenanfeuchtung  durch  Einstauen  des  Wassers  in  Gräben  ist  ein  Erfolg  nur  zu 
erwarten  bei  nicht  zu  breiten  Beeten  und  möglichst  hohem,  nicht  zu  kurze  Zeit  andauerndem 
Anstau  (Zentralblatt  für  Wasserbau  und  Wasserwirtschalt  1907,  Heft  49). 

Grundsätze  für  die  Bntwässerung  von  Moorböden. 
Gelegentlich   des   VIII.   internationalen    landwirtschaftlichen  Kongresses   in  Wien   (1907) 
stellte    der  Leiter   der  Moorversuchsstation   zu  Bremen,   Prof.  Dr.  Tacke,   in   seinem  Referate 
nachstehend  zu  beachtende  Grundsätze  fUr  die  Entwässerung  von  Moorländereien  auf: 

1.  Die  Entwässerung  des  Moorbodens  ist  vorsichtig  zu  bewerkstelligen,  da  derselbe  infolge 
seiner  kolloidalen  Beschaffenheit  grofie  Mengen  Wassers  so  fest  bindet,  daß  sie  den  darauf 
wurzelnden  Pflanzen  nicht  zugänglich  sind,  so  dafi  bei  verhältnismäßig  sehr  hohem  Wasser- 
gehalt des  Moorbodens  ein  Wassermangel  für  die  darauf  gebauten  Pflanzen  eintreten  kann. 

2.  Die  Entwässerung  hat  sich  der  Nutzungsart  anzupassen  und  ist  für  Wiesen  im  allgemeinen 
schwächer  als  für  Weiden,  für  diese  letzteren  wieder  schwächer  als  für  Ackerland  zu  wählen. 

3.  Die  Bedeckung  von  an  sich  dafür  geeigneten  Mooren  mit  mineralischen  Bodenarten  (Sand, 
Lehm)  gestattet  und  verlangt  eine  stärkere  Senkung  des  Grundwasserspiegels,  als  auf  nicht 
behandeltem,  kahlem  Moor.  Nach  den  neueren  Erfahrungen  ist  selbst  bei  außergewöhnlich 
starker  Trockenlegung  die  Wirkung  der  Sandbedeckung  für  die  Wiederherstellung  günstiger 
Feuchtigkeitsverhältnisse  im  Moorboden  wieder  Erwarten  stark. 

4.  Bei  der  Beurteilung  des  Entwässeningsbedürfnisses  bislang  unzureichend  entwässerter  Moor- 
gebiete muß  dem  Umstand  Beachtung  geschenkt  werden,  daß  nach  Ablauf  des  im  Boden 
angesammelten  großen  Wasserüberschusses  und  nach  der  Kultivierung  der  Moorflächen  durch- 
schnittlich nur  verhältnismäßig  geringe  Wassermengen  stetig  abzuführen  sind. 

5.  Die  Gestaltung  der  unter  der  Wirkung  der  Entwässeningsvorrichtungen  im  Moorboden  sich 
ausbildenden  Grundwasserkurven  wird  in  hohem  Grade  durch  die  Verdunstung,  durch  die 
Bodenoberfläche  und  Vegetation  beeinflußt. 

6.  Die  unterirdische  Entwässerung  (Drainage)  in  jeglicher  Form  leistet  dort,  wo  sie  technisch 
möglich  ist,  für  die  Entwässerung  und  Durchlüftung  des  Moorbodens  mindestens  dasselbe, 
wie  die  Entwässerung  mittels  offener  Gräben.  Die  Verteilung  des  Wasservorrates  in  den 
entwässerten  Schichten  ist  sogar  bei  unterirdischer  Entwässerung  günstiger,  als  bei  der  durch 
offene  Gräben. 

Die  Wirkung  der  Drainage  tritt  nach  frostfreien  Wintern  auf  Moorböden  früher  ein, 
als  die  offener  Gräben. 


570  Druckfehler,  Ergänzungen,  Bemerkungen,  Nachträge  etc. 

Nachträge  sur  Literatur. 

Kräuter,  Landwirtschaftlicher  Wasserbau,  bearbeitet  von  Spöttle,  Wcy  und 
Gerhardt.  Handbuch  der  Ingenieurwissenschaften.  3.  Teil :  Der  Wasserbau.  7.  Band.  Leipzig, 
W.  Engelmann,  1907.     1.  Lieferung. 

Nachtrag  zu  den  österr.  Formen  der  Regenmesser.  Siehe  Jelinek,  Anleitung 
zu  den  meteorologischen  Beobachtungen.  5.  Auflage,  1905;  anchlszkowskj,  Selbstregistrierendes 
Ombrometer  (Friedrich,  Kulturtechnischer  Wasserbau.    L  Auflage,  S.  680). 

Nachtrag  zu  den  hjdrometrischen  Flügeln.  Anläfilich  der  Ausstellung  in  Mailand 
1906  wurden  auch  die  neuesten  Ottschen  Flügel  des  eidgenössischen  hydrometrischen  Bureaus 
in  der  Schweizerischen  Bauzeitung,  Bd.  XLVIEI,  No.  13  u.  14  publiziert,  welche  in  vielen  Ländern 
eingeführt,  sich  in  der  Praxis  gut  bewähren  and  von  A.  Ott  in  Kempten  (Bajem)  zu  beziehen  sind. 

Nachtrag  zu  ^^Hydraulische  Widder*'.  IL  Bd.,  S.  113:  „Automatischer  Widderantreiber ** 
der  Firma  Abt;  siehe:  Der  Kulturtechniker.    X.  Jahrgang,  1907.    Heft  4,  S.  277. 

n.  Band,  Seite  328,  3.  Zeile  von  unten:  Siehe  di«  nach  Druckvollendung  dieses  Bandes 
erschienenen  Separatabdrücke  aus  der  Allgemeinen  Bauzeitung.  Heft  2  und  3.  Wien  1907; 
£.  Grohmann,  Der  Bau  der  Bystriczka-Talsperre  im  Betschwargebiete;  Derselbe,  Statische 
Untersuchung  der  Staumauer  für  das  obere  Weichselreservoir. 

Über  Berechnungen  von  Rohrleitungen  mit  grofiem  Durchmesser  siehe  Zeit- 
schrift des  österr.  Ingenieur-  und  Architekten- Vereins  1907,  No.  25,  S.  467/461. 

Über  die  Bewegung  von  Grundwasser  siehe  die  Abhandlung  von  Dr.  M.  Paul  nach 
dem  Vortrage  des  Ingenieurs  Pennink  in  Amsterdam  (Zeitschrift  des  österr.  Ingenieur-  und 
Architekten-Vereins  1907.    Heft  28  und  29). 


Draeh  ▼«•  Vir.  Btollb«rg,  ll«r««knrff. 


Erledrlch,TI%8seTbau.  ZweiteAuflage-IIBaiid. 


Tafel  l 


Graphikon 

der  Sommer-Wasserfemperaturen  verschiedener 

Seen 


fo  SeeWasserspiegelTS'Cels 


Verlag-von  Paul  Parcy  in  "Berlin  SW.  Hedemaimstr.lO. 


FrledrlcTi^TV^sserbau.  Zweite  Auflage.  IIBand. 


Wassersam 


l  QueLßachyWasser-Sammdaj^ 


la.  Filter 


Id.  -EijilcjLss  -  OU 


Verlag  von  Vblxü  P^rev  in 


imelanlage. 


T;ifol  n. 


E  Quellenfassung  und  Sammelanlage 

mittelst  gelochten  Steinzeugrohren^ 
und   Sammelbrunnen 


■Berlin  SW.  HedemaimstrlO. 


J 


'  1 


Quelle 


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Ub&rfa  U  LH  tan  g. 


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^^■7 .  A.'V.y/-qf  '  ■iV'V.üfMtwBg 


--vdgB.-rltT" , 


Qaerscknitf 

des  Zuletluugs  Cattate. 


-♦•* 


<■      -  90   -      # 


Längenschnitt 


cl&r 


Verlag  von  Paul  Parey  in 


istube, 


Tafel  m. 


D  etaii. 


erlin  S"W.  Hedemaimstr.lO. 


Daraufsicht. 


Priedrich,'Wasserl)aii.ZweiteAiiflage.II.BaiuL.  Wrl^^PP^Ch  I  0  9  9    II     ßriinflW 


Wdssepschloss, 


Fig.l.    Vorderansicht. 


Fig.  2.  Seitenansicht. 


Fi 


Fig.3.  SchnUt  E-F. 


Fi^A.  Schnitt  G"H. 


Ol23V5e78t    » 

iliüil    I    I    I    I    I    I    I    I     I 


Fig.  S.  Grundriss  und  Daraufsicht 


"Verlag  von  Paul  Parey  in 


assersammelanlage. 

Q  uelLFass  ungen. 

f.  7.    QuelLsammelschacht.      Fig.  9  Entlü'ftungsschacht. 


Tafel  ffi 


Sammelschächte. 


Schnitte, 


^.'-;; 
•"^ 


Fig.tZ.   Vereimgungs'       Fig.i¥.  Reinigimgs- 
scimcht.  u  EnHocrungb'Sclmr/iI 

Sehnt/ ic 


n' 


yiPir*iM>t- 


^i 


FigJt. 


/ly  /ö.  Orandriss 


Qatn-fimfil 
i^  cii*s  imivnaleji 


J  Fig.  l-f .  Grimdriss. 


Fiß.  6,   Grvttdnss  iSouiermmj 


IC  IK 


Haufd-Luloitung  d'JOO  "Ym  nach  Tischen    j 


lerlin  S'W:  Hedenunnistr.lO. 


Fig.  IS.  Grundriss. 


van  ihn  Tfira-Quellen  und  Brunnen  V 


jD^     jF 


TtiedrlchJWasserbau.  Zweite  Auflage-IIBand. 


0  uerschnitt     AB 

durch,  die  Schveberkammer. 


Hochr 

für  150'?»  F 


tm^m  ^nm»^ 


W <1> ■# ^p't' » ^  p'i»  n» *<>  i^p  ■' m N* ynf n'^<<*<^iij{yii 


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*  m 


Grundriss. 


X- i^ 


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..j^ 


■  i  ^ 


•'7 


\\\t     '" 


xur  5to<2/^ 


Verlag  Von  Paii]  Pärey  u 


Tafel  V. 


servoip 

ssungsraum. 


Länffenschnitt  EF 

durch,  die  SchiebefkaintTter. 


"■  ^  ' j   i-^*T^sa^  ';Hn  1  ■  ■  I " 


■<p*ii'V^^ 


\n  sieht. 


CD. 


Länffenschnitt    GH 

£7^</  Seitenansicht  der  Schieberkammet, 


Berlin  SW.  Hedeniaimstr.  10. 


T!rledrlch,Wasserbau.  Zweite  Auflage-IIiBand. 


Hochreservoir  r 

für  zus.:180"i^ 


Querschnitt  AB. 


Verlag  von  Vaxü  Piarey  in : 


lit  Filteranlage. 

-assungsraum. 


Tafel  H. 


Längenschiiitt  CD. 


,-iw«J:.l.Bt,„|.j.ip^j. 


Lanf/enschnilt  ER 


j»  i  «.# ?   TO  «-12 


Länffonscbnitt  GII. 


Z.1 


L««s, 


pi^'w.*t,|u  <^'»4^'y^''<;*W'yjCTH^gqig^^ 


erlin  S^.  HederaaTmstr.lO. 


Triedrlch.Wasserbau.  Zweite  Auflage.  IIEand. 


Ho  ehre 

für200'!'Fas 


Querschnitt   AB 

durch  dvs  vorderen  Resetvoirkammem. 


s 


und  Setk 


'/fawr  "i  n  luf  1^  ■  ■!  1^  <i  ly  }fmf^  mm^''  ^<'v  m*%  m^Cw^  '■11'^"^    t  ■  t  n  ipi 


>l^maiAr^«  Qi  Hv4'/k 


Gruitdriss. 


A— I 


B 


Ld 


%if^ 


Aferlag-vönPaul  Barey  in  1 


sservoip 

ssungsraum 


Tafel  n. 


Schnitt    CD 

eixojisicht  des    Vorbaues. 


A^nsicht, 


ngenschnilt  GH. 


■it^t^r^mgm^^m^  "^'1  it4\'  yi*i-  m^'^fmm.k^'t  -  ■  K^' 


Querschnitt  EF 

durch  die  ScAieberkammer. 


■>  -fj  lil»,^ 


MAfsAtab. 


erlin  S^  Hedcraaimstr.lO. 


Erledrlcli,Wk8serbau.  Zweite  Auflage.  IIBand. 


Hochre) 

von  400  Cubikmet 


Querschnitt  AB. 


Ciru/rdrfss. 


"Verlag^ron  Paul  Earey  in 


jervoir 

3r  Fassungsraum. 


Tafel  M 


Längenschnitt  CD. 


Vorder- Ansicht. 


1 


rfc      t 


Schniti  EE 


Querschnitt    GH. 


^Jl  ^  j.  t  ■■  .^^ijjyiJj j^  TlPHrijeq^^i  ^-jj-'g?   l»  "  "LLf---* ".  J  J---**  -:  - 


Seifen  -  Ans  ich  t. 


Draufsicht 


1 .  250 


KTlin  S"W:  Hedenunmslr.10. 


Triedrich,Wksserl)  all.  Zweite  Auflage-IlBand 

Hochresenvoip  fürlßOO  Ci 


F(q.  1.  L  üugeus  c  hn  ilt  A-B . 


Fi  ff.  S.  Vorderansicht. 


Fig.  6.  Eintritt  in  die  Schieberkammer. 


V 1-^ 


Verlag  von  Paul  Parey  in  ] 


Tafel  K. 


ibikmeter  Fassungsraum. 


Fig.  4-.    Grundriss. 


J^  ^Betonwiegt  2*^70  J^. 


natürlicher  Boschs.  j^-SS* 
Reibungs  f  zwischen  Erde  u Beton -10* 

Grö/hts  Zug^>tumungbei  leeremJleseiroü'isliaLQuers<Jmittah'^gf(g.pt.'^_ 
Jerlin  SW.  HedemamistrlO. 


Kräftemalkstah  l-^-lOOKg. 


Triedrlch^Wasserbau.  Zweite  Auflage.  IIBand. 


H  a  u  s  e  i 
Det 


Anbohrschelle  mit  Kniesauger, 


Hauptlialm. 


Ä(r 


StrassenventiL 


Längen 


Aferiag-vonPacul  Parey  in 


n  leitung. 
ails. 


Tafel  X. 


F  i  g  •  4 .  Jlaiiptleittmff  bis  zitfn.  Haus 


i..,. 


schnitt. 


^lin  S"W.  Hedemamistr.lO. 


ErledrlcIi;Wk8serbau.  Zweite  AnflagellBaiid. 
Volles  Tiecheih. 

JUuiüiS'24f'^  o j'M^  ^  _  ,  Höchster  Stau  y 


Graphostatiscli 


M- 


Maßstäbe. 

O       r        2       3        U       5       ß       7 


44- 


0  /o     n     n    t3     r^    fsJ^ter  ,,   ,    .  ^     ,  ^ 

1  I      I      I      I      I      I  Verlag-vonPaul  Parey  IT 


isoToivn. 


e  Untersuchung 

0^  Jntze. 


Tafel  ZI. 


Jjüeres  Becken . 


2't9k 


O't^kg 


k- 635 ■»    I 

(i. ^.^j [»j 

Serlin  SW.  HcderaaTmstr.lO. 


Erledrlch^'Wässerbau.  Zweite  Auflage.  H^arid 


Graphc 

r  Stauwe 


(L^ 


99 
181 


w±?_ 


1  W/  'L. 


WU 


\  wöWtl_ 


Läil 


I!rledricli;WasseTbaii.  Zweite  Auflage  IIBand 


Graphosl"al"ische  Unl-ersuchung 
einerSB"" hohen  Talsperre 

mitBerücksichh'gung  des  Erddruckes 

und  AuFlriebes. 


'Vferlag'VDnPaul  Vseef  in 


Tafe]  m. 


erlin  STT  Hedonamistx.lO. 


Frledrlcli^'Wasserbau.  Zweite  Auflage-HBand. 

Grundablass 

für  Bewässerung  und  Industriezwecke. 


VenlUaUonschacbt 


Ein  ICLufo  bjekt 
und  Regulierlutmmer, 


EinlauF-Yenlil. 
Läng&ischnitt. 

— . — t- 


f 


Daraufsicht, 


<^tA^ik^n 


Ansirhi 

des  AuMlcuifolifelftfiM  • 


Qucrschnili 

des  tJinlatif'M'hachtvs. 


Querschnitt 
des  Fi  inIauf^cJuicAt£S. 


Stolleaprofil 


500  1000 


aooo"V«» 


f 


Verlag  von  Paul  P&rey  in 


///vi 

'  V/  -^ 


Tafel  m 


"o"^.  Abnormaler   Wasserspiegel. 


Wasserspiegel   bei  vollem  Reservoir: 


Einlaufobjekt. 


ediu  SW.  Hedeniaimslr.  10. 


Eriedrlcli^Wasserbaii.  Zweite  Auflage.  IIEaiui. 


Schiesspothrie 
in  den  \ 

Durch  den  Grund 


Einlauf. 


Querschni 
durch  den 
Rohrcana 


Querschnitt 
Durch  den  Staudamm. 

Veriatvon  Pand  Pai-ey  in 


d  Stauweiher 
ogesen. 

ablass. 


Tafel  XE 

Ansicht 
des    Auslaufobjektes. 


terlin  SW.  Hedemamistr.lO. 


Erledrlch.Wasserbau.  Zweite  Auflage. ÜBaad 

(iuerschnitt. 

^320^  21-40 


Staudämm  e 

Staudamm  vor 


"Vferla^  von  Paul  Paiey  in  J 


n  Frankreich. 

Forey-Neuf. 


Tafel  IH. 


Details. 


loMe**!: 


.aesij. 


<«V  '. Sä. 


Staudamm  von  Cercey. 

?«7  7«  _,.,., 


irlin  SAV!  Hedeniamistr .  10. 


Triedrlch.'Wasserbau.  Zweite  Auflage.  HBand. 


Bau  desStauwei 


Fig.  t 
Si/tw/ion  t/or  S'Utmmher-Ab.\cliliifsniauer 


Fig.  3. 
Graphostatische  Untersuckung  der  Stauweiher-AbschluCsmauer. 

Höhe  230  m. 


HaT^£anhir  Componaümde:iWasMenhuckr& 


■•-^.^',MI 

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^      ■■■   1 

Vijl 

§3 

»«'VI 

Mauer  Gewicht  Cj^-m^'  ^^ 


diuti    a     ^     £     a     ^     Ä     0    T     a     9    «Mir 

L^me«>»,^^    1     ■    i    t    f-  f    I    I    I    I 


Verla^von  Paul  Parey  in 


lers  bei  Jaispitz. 


Tafel  XHI. 


Fig.  2. 
Detailplan  der   ÜberFallwehronlage . 


,  ("iTriT"""!";"' 1"  I  ,  r 


I    '  r    ^  f 


J L 


-^T-^ 


1150. 

SOl  2a4JS7  %Mtr. 


Querschnitt. 


tMhSJb  Wiiii/3KV£^ansäfirSiahtIiMiil  *■ 


Grundablass. 


Ansicht  des  Einlau fs. 


Constpuktions-Dafen. 


AngmonuneneMau£fhähefdSerec/m4utg     230»c 
HiUibare  WiisseHiefis  bei  maxim.  S/iaruuutg     i2  0 
"  -      u      »  normaUr     "  ..if'O 

4^tezißschef  Gtwüki  d  GnuiUmauerH^Icei        2-40 
voUtntcrtd^/^$uer  pro  lau/isndat  Meier     ..  {96  S 
Gewicht    "       »       »         *  *  ^7f6 

Honzontale  ComftciieHled.Wags&'druckes  .  2*1612 
yetUkale  .  .         «         -  2S  S 

BewltatUe  €uts  diesem-  lud.  MauergewLcht  .J6SS 


Jium^wtichnahtne    ]  maxünaZe         S-0f 

d  Mauerwerkes  an^     >  miälere      \  hdgefüUJbanResenvir  3  Ot 
dBasisütkg./trcm  ]    mintmaU]       i  00 

Jnanspnuhnahme   |    maxUnaie,  Ji¥ 

dMauenyerkt»  an'    \   mttäere      \  beileerent Reservoir      2  85 
dBasisinkg^/tran]   minimale]      0  56 


Berlin  S"W:  Hedeniaimstr.lO. 


TlrledrlclijWksserbsai.  Zweiteilii£!lage.IIBand. 


Ge  rü  5 

für  die  Jaispil 
Länge 


Zireri 


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Gerüst?^ 


Aferlag-vonPaaü  Piarev  ir 


t-  Plan 

zer  Staumauer. 
i-Profil. 


Tafel  XM. 


Berlin  S"W;  Hedemaimstr.lO. 


Priedrlch,"Wa8serbau.  Zweite  Auflage.  n.Baiui. 


Gerüst-P 

Quer  Prof 


Natürliche 


Funi 

Verlag  von  Paul  Parey  in  \ 


lan. 


Tafel  XK. 


fll. 


Zweiies  Gptüst 


^^^^-^^Tir^k-^^    Erstes  Gerüst 


Terrain. 


hüaxnent-SoMo.  (reis) 

Berlin  S'W!  Hedemaimstr.lO. 


Triedrlcli^Wasserbau.  Zweite  Auflage.  n.Baivd. 


Bau  des  Stauweih( 


Fig.l.    Ansicht  der    Stauweiher- Abschlufsmauer 
von  der  Wasserseite. 


l    .6^.-4*0^ 


Fig.  2.  Querschnitt  durch  die  Mauer. 

9 


Fig,3.  Querschnitt. 


Fig.l  ^,5.    UberFaÜ 


pc5;®f\ 


laso 

M    «      p  1  2  a  4  3  6  T  8« 

KM \ \ 1 \ \ \ 1 1 


Fig.  6  - 12.    Hochwasser- Entlaslungs-Stotlen 
Fig .  6.  Längen  sehn  itt 


Fig.  7.   Schnitt  CI). 


Fig.a.ScIinitt  AB. 


Fig. 9.  Fig^iO. 

SchniU  EF. 


Fig.Jl.  Ansicht  d  linlaufobjectes. 

ir:t'!; 


w™ 


Fig.  12.  Grundriss 
(gekrümmt ) 


1:600 

«  o  I  a  3  *  s  e  7  fl  o  10  is  vsT 

hl  I  i  I  i!  '  11  I  i 1 1   ^^rYig.^,nn. 


0B0     1     sa^se 

H  I   I  I  I   I  I 


Verlag  voll  Paul  Parey  in 


jrs  bei  Weipowitz. 


UberFaltwehr. 


Iwchranlaffe 

"^ig.  ^.  Vorderansicht. 


a 


-600 


rT^gjT 


fr 


fug.  S.    Grundriss. 

_i 


w. 


iXnsicht  des  Auslaufes. 


1  :  300 


«789« 


Tafel  XX. 

Fig.  13,  Ji  IS.  Schützen-Aufzüge  FürdasResemü 
Fig.  13.    Ansicht         Fig.l4i  Querschnitt. 


'y/y///^/:,^/' 


Fig  \  U.    Qrundtiss. 


T 


1:75 


iMIlil  Ml| 


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3 Berlin  S"W.  Hedeniaimstr.lO. 


Friedrlcli.Wasserbau.  Zweite  AufIage.n.Rand. 


Die  Wasserversorgung  de 

Kaiser  Franz  J 


Mauerprofil  durch  den  Entnahmehirm. 


HoHzontalschnrtt  AB. 


Verlag  von  Paul  Vsan 


Tafel  XXr. 


königl.  Stadt  Komotau  in  Böhmen 

seph-Talsperre  im  Grölltale. 

Mauirprofil  neben  dem  Entnahmehirm. 


Situationskarte. 


chnitt  C-D 

» 


f  in  Berlin  SW.  HedeniamtstrlO. 


I^ledilch,'Wä8serl>au.  Zweite AoflagellBand.  Q  f^Q  | 

Fürdle  Berechnung  eiförmige 
Eiprofil  1-5:1. 


2000 


3        4      5     6  10 

Ciefälle  pro  Mille 


20  90      40    50 


IDOf- 


Verlag  von  Paul  Parcy  in 


>hikon 

rund  kreisrunder  Kanalprofile. 

Kreisprofil 


Tafel  XHL 


05 


10 


20 


30      40  50  10 

Gefälle  pro  Mille 


30       kO     50 


Berlin  SAV.  Hedonaniistr.lO. 


I!riedrlch,fl^8seTbau.  ZWeiteiVufla^IIBand. 


Situation 

der  Erdboden  Filtrati 
Oxydations- Anlage  für  dl 
der  Abwässer  einerZuckerrafFi 


V>^ 


W.Sp 
"Vferla^vonPaul  Parey  in  1 


erlin  S\V  Hedoiiaimstr.lO. 


j  jo        MuhLgrcCbcTt. 


Tafel  XXni. 


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Grube    G 


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Verlag  von  Paul  Parey  in  Berlin  SW.,  Hedemannstraße  lo. 


Be^^egung  des  Wassers  in  Kanälen  und  Flüssen. 

Tabellen  und  Beiträge 

zur  Erleichterung  der  neuen  allgemeinen  Geschwindigkeitsformel 

von  Ganguillef  und  Kutter. 

lit  ÜBterstltniig  des  I5ilgl.  Prevrsisehen  liniiterioBS  IVr  Landwlrtsehart,  Don&iei  md  Font«n 

herausgegeben  yon  W«  R.  Kuüer^  Ing^nlenr  in  Bern. 

Zweite  Auflage.    Dritter  Abdrucic. 

Gebunden,  Preis  7  M, 

Lehrbuch  der  praktischen  Meßkunst 

mit  einem  Anhange  über  Entwässerung  und  Bewässerung  des  Bodens. 

FIr  iaid-  »d  ftrttwirtiehimiclie  Lekriistaltei  iid  !■■  8«ltatiiterriebt 

bearbeitet  yon 

J.  F.  Z^icek, 

PtofeBsor  an  der  landw.  Lehranstalt  «Franclsco-Josephlnnm*  In  Mödling. 

Zweite,  neubearbeitete  Auflage. 
Mit  192  Textabbildungen  und  4  Tafeln.    Gebunden,  Preis  6  M, 

WÜdbachverbauungen  und  Regulierung 
von  Gebirgsflüssen. 

Von 
E.  Dubislav, 

Kg;L  Meliorationsbanlnspektor  in  Frankfurt  a.  0. 

Mit  29  Plänen,  22  Lichtdrucktafeln  und  139  Abbildungen. 

Folioformat.    Gebunden,  Preis  40  M. 


Handbuch  des  deutschen  Dünenbaues. 

Im  Auftrage  des  Königl.  Preuß.  Ministeriums  der  öffentlichen  Arbeiten 

und  unt-er  Mitwirlning  von 
Dr.  J.  Abromeif,  P.  Bocic,  Dr.  A.  Jenfzscli, 

Assistent  am  botanischen  Institut  Reglemngs-  und  Forstrat  Landesgeologe  und  Professor 

zn  Königsberg  i.  Pr.,  zn  Königsberg  i.  Fr.,  zu  Berlin, 

herausgegeben  yon 
Paul  Gerhardt, 

Regierungs-  uod  Baurat  zu  Königsberg  i.  Pr. 
Mit  445  Textabbildungen,    Gebunden,  Preis  28  M. 


Die  Veranschlagung  und  Verdingung 
von  Bauarbeiten  in  Zusammenlegungssachen. 

Zum  praktischen  Gebrauch  für  Vermessungsbeamte 
der  landwirtschaftlichen  Verwaltung,  Wegebau-  und  Meliorationstechniker 

bearbeitet  von 
E.  Deubel, 

Landmesser  und  Kultnrtecbniker. 
Mit  7  Textabbildungen.    Gebunden,  Preis  7  M, 


Zu  beziehen  durch  jede  Buchhandlung.