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FRIEDRICH
KULTURTECHNISCHER
WASSERBAU
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Kultiirtecliiiisclier Wasserbaa
Handbuch
für
Studierende und Praktiker
von
Adolf Friedrich,
k. k. Hofrat, o. ö. Professor an der k. k Hochschule für Bodenkultur in Wien.
Zweite, umgearbeitete und erweiterte Auflage.
Zweiter Band.
BERLIN.
Verlagsbuchhandlung Paul Parey.
\«i«C Ar Laa4w1rtMbaA. OMtmbM ud FontwMM.
SW., Hedemannstrasse 10.
1908.
Kulturtecliiiischer Wasserbau.
Z^veiter Band.
Die Wasserversorgung der Ortschaften.
Die Stauweiherbauten. - Die Kanalisation der
Ortschaften, Reinigung und landwirtsehaftliehe
Verwertung der Abwässer.
Mit 211 Textabbildungen und 23 Tafeln.
BERLIN.
Verlagsbuchhandlung Paul Parey.
V«rlH ftr LMdwMMhaft. OwtMbM ud FaiHimf.
SW., Hedemannstrasse 10.
1908.
Alle Rechte^ auch das der Übersetzung, vorbehalten.
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VorTvort.
^ Bei der Bearbeitung der ersten Auflage, bei welcher der ganze Stoff
des kulturtechnischen Wasserbaues in einem Bande aufgenommen erscheint,
, konnte ich selbstredend einzelne Kapitel nicht mit jener Ausführlichkeit be-
^ handeln, wie es meine Absicht gewesen wäre. Namentlich wurde das letzte
Kapitel: „Kanalisation der Ortschaften und Reinigung der Abwässer" nur in
kurzem Umriß — entsprechend dem damaligen Bedürfnisse des Kulturtechnikers
' ' und den üblichen Methoden bei der Kanalisation kleiner Ortschaften — ge-
geben; andererseits gestattete der Raummangel eine ausführlichere Behandlung
dieses Stoffes nicht, da der Umfang dieses einen Bandes ohnehin das Maß
des Zulässigen erreicht hatte.
Nachdem jedoch dieses Handbuch nicht nur in den Kreisen der Kultur-
techniker und Landwirte, sondern auch in j«ien der Bauingenieure vielfach
Eingang gefunden hatte, glaubte ich, mehrfach geäußerten Wünschen Rechnung
tragend, bei Herausgabe der 2. Auflage nicht nur den ganzen Stoff des
kulturtechnischen Wasserbaues in zwei Bände trennen, sondern namentlich
auch die Kapitel des II. Bandes wesentlich ausführlicher behandeln zu sollen.
Das III. Kapitel: „Die Kanalisation der Ortschaften, Reinigung und land-
wirtschaftliche Verwertung der Abwässer" erfuhr eine ganz neue Bearbeitung
durch den Konstrukteur an meiner Lehrkanzel, Herrn Dr. Robert Fischer,
welcher sich seit Jahren diesem Spezialstudium widmete und auf seinen zahl-
reichen Studienreisen in Amerika, England, Deutschland und Frankreich
namentlich auf dem Gebiete der Reinigung der Abwässer reiche Erfahrungen
sammelte, aus welchem Grunde ich Herrn Dr. Fischer ersuchte, die Be-
arbeitung dieses Abschnittes selbständig zu übernehmen.
Ich benutze die Gelegenheit der nunmehrigen Vollendung des ganzen
Werkes mit Vergnügen, um Herrn Dr. Fischer nicht nur für seine dies-
bezügliche letztere Bereitwilligkeit bestens zu danken, sondern auch seine
Verdienste hervorzuheben, welche er sich um seine Mitarbeiterschaft und
Unterstützung bei der Herausgabe der 2. Auflage des I. Bandes erworben hat.
Gerne hätte ich bezüglich ausgeführter Wasserversorgungen und Kanali-
sationen mehr Beispiele gegeben, wenn dies der Umfang und die Kosten
dieses Bandes gestattet hätten.
Ebenso habe ich bei Vollendung dieses Bandes noch manche Lücke
bemerkt, deren Ausfüllung aus dem gleichen Grunde unterbleiben mußte.
20482 1
VI Vorwort.
Und SO Obergebe ich auch diesen IL Band in der Hoffnung der Öffent-
lichkeit, dafl derselbe die gleiche günstige Beurteilung und Aufnahme in den
Kreisen der fachkundigen Ingenieure und aller sonstigen Interessenten finden
möge, wie dies bei dem I. Bande der Fall gewesen ist, dabei nicht unter-
lassend, auch diesmal der Verlagsbuchhandlung Paul Parey in Berlin, im
speziellen dem Inhaber der Firma Herrn Arthur Georgi für das außer-
ordentliche Entgegenkommen und die vorzügliche Ausstattung des Werkes
herzlichst zu danken.
Wien, im November 1907.
Adolf Friedrich.
Inhalt.
I. Die WasBerrersorgimg der Orteohaiten. g^^^^
EinlaltnBg 3
I. Die moderne WasBerrersorgiuig der Ortsehalten 13
A. SIgenBchAfteii des 1f asserg.
I. Trinkwasser 14
Grenzwerte fUr die chemischen Bestandteile 16
Enteisenung des Wassers 19
Bakteriologische Benrteilnng des Wassers 21
Wasserschöpfapparat für Bohrlöcher 24
Hygienische Beurteilung der Talsperrenwässer 26
IT. Nutzwasser 36
B. Wasserbedarf 36
1. Trinkwasserleitungen 37
2. Allgemeine Wasserleitungen 37
Tabelle des faktischen Konsumes von 80 Städten 37
1. Privatverbrauch 41
2. Kommunale Zwecke 41
3. Gewerblicher und Industriebedarf 41
C. Wassergewinnnng 43
I. Quellfassungen 43
1. Felsquellen 44
2. Quellstuben (Wasserschlösser) 60
n. Sammelanlagen für Grundwasser (Bauliche Durchführung, Grundwasser-
schichtenplan, Filterrohrbrunnen, Pumpversuche) 53
1. Bestimmung der Ergiebigkeit eines Grundwasserstromes durch Rechnung . . 66
2. Ergiebigkeit einer Gravitations-Grundwassersammelleitung 68
3. Ergiebigkeit eines Sammelbrunnens durch Rechnung 69
Thiemsche Berechnungsmethode 70
Luegersche Berechnungsmethode 72
4. Direkte Messungen der Grundwassergeschwindigkeit (Slichtersche Methode). 74
5. Aufspeicherung des Grundwassers durch unterirdische Stauanlagen 77
m. Entnahme des Wassers aus offenen Wasserläufen 80
Absetzbassins 81
Filterbassins 82
Zulässige Filtriergeschwindigkeit 83
Typen von offenen Filterbecken 87
Jewell-Rapidfilter 89
IV. Wassersammlnng durch künstliche Teiche und Stauweiher .... 91
VTTT Inhalt.
Se t
D. Znleitang snm YeraorguugSirebiete (BeBeiroir) 93
I. Gravitationsleitungen 93
1. Offene Gerinne 93
2. Gedeckte Kanalieitungen 94
a) Leitungen ohne Druck 96
b) Drnckrohrleitnngen 96
Berechnung offener Gerinne, Kanal- und Rohrleitungen 98
3. Eiserne Gravitations-Dmckrohrleitnngen 100
4. Temperatnrzunahme des Wassers in langen Zuleitungen 100
II. Künstliche Hebung des Wassers 102
1. Wasserräder und Turbinen 103
Pelton-Motor 104
2. Hydraulische Widder (Stoßheber) 105
Ältere Konstruktion 109
System Decoeur 114
„ Dnrozoi 115
3. Göpel mit animalischem Antrieb 116
4. Windmotoren 117
5. Dampf-, Petroleum- und Gasmotoren 117
£• Hoehreserroire (Hoehbehllter) 121
Graphische Ermittelung des notwendigen Fassungsraumes 122
Lage der Reservoire 126
Bauliche Durchführung 127
Zusammenstellung über die Baukosten von Hochreservoiranlagen 134
F. Znleitnng Tom HochreflerToir bis mm Stadtrohmets 136
G. StAdtrohrnets 136
Berechnung (Dimensioniemng der Rohrstränge) 137
Kostenberechnung der kurrenten Rohrleitungen 139
Preistabelle für kurrente Rohrleitungen 140
Normaltabelle fUr Gewicht und Dimensionierung nach der deutschen Vereinsnormale 141
H. Fassoiiröhren and AkEeBSorien der Rohrleitungen 143
Fassonröhren 144
Akzessorien: I. Wasserschieber 145
n. Teiltöpfe 161
m. Schlammtöpfe 162
IV. Luftvenüle 162
V. Spülauslässe 164
VI. Hydranten 166
Hydrantenstandrohre 167
VII. öffentliche Auslaufbrunnen 168
J. Abgabe des Wassers 162
Der Venturi-Wassermesser 163
K. Beschreibung ansgefllhrter kleinerer Wasserrersorgongsanlagen .... 166
I. Wasserversorgung der Stadt Mährisch-Trübau.
1. Topographische und geologische Verhältnisse 165
2. Grundlagen für die Berechnung der Rohrkaliber 167
3. Höhenlage des Hochreservoirs und der Quelle 167
4. Kosten 169
Inhalt. IX
Seite
n. Das Wasserwerk der Stadt Teschen 170
Banbeschreibong : a) Wassersam melanlage 172
b) Haaptznleitung zum Hochreservoir 174
c) Hochreservoiranlage 175
d) Sudtrohmetz 176
e) Kosten 177
n. Die StauweiherbaateiL
A* Einleitung (Generelle Übersicht Über die bestehenden hervorragendsten Stanweiher) 181
B. Zweck der Stanweiher 184
1. Sammelreservoire 185
2. Entlastungsreservoire 185
3. Retensions- und Sammelreservoire 186
C. Wahl der TalabsehlnfisteUe 186
D. KongtrnktiTe Darehfilhrnng 190
I. Talsperren aus Mauerwerk 190
1. Das Abschlufiwerk :
a) Die Talsperre (Querschnittsform) 190
Berechnung des Profiles nach der allgemeinen Methode 193
Beispiele: Berechnung des Profiles nach Intze (für die Voigtsbacher
Sperre; Höhe Ä = 18 m) 198
Berechnung eines Profiles f ür ^ = 50 m ohne Berücksichtigung
des Erddruckes und Auftriebes 209'
Berechnung eines Profiles von h = 38 m Höhe mit Berück-
sichtigung des Erddruckes und Auftriebes 212
Höhe der Mauerkrone über dem Hochwasser und architek-
tonische Durchführungsweise der Mauerkrone 222
Normaltypen von Talsperren 223
b) Das Überfallwehr und Abflnfigerinne 226
Berechnung 227
Bauliche Konstruktion 228
Wehraufsätze 230
Abflußgerinne des Überfalles 232
c) Grundablafl 234
d) Grundablafi für die geregelte Wasserabgabe für Bewässerungen, Wasser-
versorgungen, gewerbliche und industrielle Anlagen 235
Kostenvoranschlag 237
e) Der Hochwasser-Grundablafi- und Umlanfkanal £40
a) Derivations- oder Umlaufkanal 241
ß) Hochwassergrundablafi 245
2. Die Nebenobjekte 246
3. Wege- und Straßenbauten 247
4. Nebenarbeiten 247
Wildbachverbauungen 248
Entstehung und Wirkung 249
Einteilung der Wildbachstrecken 251
Typen von Schottersperren 252
5. Die Grundeinlösung 255
II/Erddämme 255
X Inhalt.
E« Berechmiiig des Fassnngsiiihaltes der Staaweilierbecken. Seite
I. Approximativberechnung 257
n. Berechnung aus den Qnerprofilen 257
III. Notwendiger Fassungsraum der Gebirgsreservoire 258
1. Sammelreservoire 268
Berechnung des verfügbaren Wasservorrates aus den Regenböhen .... 260
Berechnung des notwendigen Fassungsraumes aus den Konsumtions- und
Vorratskurven (Graphikons) 266
Berechnung nach der Müll ersehen graphischen Methode 267
a) Gleichförmiger Konsum 269
b) Schwankender Konsum 271
2. Retentionsreservoire 271
3. Kombinierte Reservoire 272
Stauweiher für Genufiwasser 273
Benutzung der Stauweiher zur Gewinnung von Wasserkräften 273
F. Bandnrchfflbniiiir '^^73
Spezielle Baubedingnisse 274
1. Erd- und Felsarbeiten 274
2. Stollenbauten 284
3. Chaussierung von Strafien und Wegen 285
4. Steinwürfe und Faschinenwerke 287
5. Pflanzungen 290
6. Pflasterungsarbeiten 291
7. Maurer- und Steinmetzarbeiten 293
a) Beschafl'enheit der Steinmaterialien 293
b) Beschaffenheit, Bereitung und Verwendung der Mörtel 294
c) Ausführung der Maurer- und Steinmetzarbeiten 299
d) Ausmafi und Berechnung 309
8. Zimmerarbeiten 309
9. Eisen- und Metallarbeiten 316
10. Anstreicherarbeiten 316
Nachträge zur Baudurcbführung von Talsperrenmauern 318
e. Kosten der Stanweiher 323
Tabelle über Konstruktionsdaten und Kosten von 96 teils ausgeführten, teils
projektierten Talsperrenmauem 324
Einheitspreise für Wasserbauten 330
H. Ansgef flhrte Stanweiheranlairon.
I. Deutschland:
1. Eschbachtalsperre bei Remscheid 341
2. Urfttalsperre bei Gemünd 343
3. Die deutschen Vogesen-Stauweiher 351
Stauweiher im Fechttale 352
a) Der Darensee 353
b) Der Forellen weiher 353
c) Der Schiefirothriedweiher 353
d) Der Altenweiher 355
e) Der Lauchenweiher 360
II. Frankreich:
1. Reservoir von Torcy Neuf 369
2. „ de Montaubry 372
Inhalt. XI
Seite
3. Reservoir du Plessis 372
'4. „ du Cercey 372
6. „ von Mittersheim 372
6. „ de la Mouche 373
7. „ des Ban 374
8. „ von Bouzey 376
m. England:
Talsperre von Vimwey 378
IV. Indien:
1. Reservoir von Ashti 381
2. „ an dem Muthaflusse 381
V. Amerika:
1. Reservoir von Swcetwater 383
2. „ de Bear Valley 383
3. „ Cuyamaca 384
4. „ San Diego 386
VI. Österreich:
Der Bau der Stauweiher im Jaispitztale (Mähren) 386
1. Stauweiher bei Jaispitz 391
2. ^ „ Weirowitz 396
3. „ „ Grofl-Olkowitz 400
4. Talsperre der Stadt Komotau (Böhmen) 403
Talsperren bei Eisenberg und Reichenberg 408
nL Die EanaUsatlon der Ortsohaften, Bemignng und landwirtschaftliche
Verwertnng der Abw&eser.
EiBleitnng 413
A. Kanalisatioii der Ortschaften.
I. Vorerhebungen 420
II, Wahl des Kanalisationssystemes 420
ni. Bestimmung der abzuführenden Wassermengen 422
1. Brauchwässer und Indnstrieabwässer 422
2. Reg^nwasser . 423
RegenföUe von aufierordentlicher Intensität 430
IV. Berechnung des Kanalnetzes 435
1. Tiefenlage der Kanäle 442
2. Gefälle der Kanäle 442
3. Wahl der Profilform der Kanäle 442
V. Baumaterialien zur Herstellung der Kanäle 445
Dimensionen und Preise von glasierten Steinzeugröhren 448
„ „ „ „ Zementröhren 449
„ „ rt n Zisseler- und Monier-Röhren 450
VI. Notauslässe und Regenüberfälle 451
Vn. Einsteigschächte und Lampenlöcher 452
Vm. Strafieneinläufe 452
GC. Hausanschlüsse 454
X. Spülanlagen 454
XI. Lüftung der Kanäle 457
Xn. Mechanische Hebung der Abwässer 457
xn i«h«it.
Seite
Xin. Auspiündungen der Kanäle in die Vorfluter. 459
XrV. Bau- und Betriebskosten der Kanalisationsanlagen ' . 459
B. Beinigung und landwirtschaftllclie Terwertang der Abwftmer 460
I. Mechanische Reinigung 462
1. Mechanismen zur Zurückhaltung der Schwimm- und Schwebestoffe .... 462
2. Mechanische Klärung durch Sedimentation 465
a) Klärbecken . 465
Theorie der Beckenklärung 466
Mechanische Kläranlage der Stadt Znaim 474
b) Klärbrunnen und Klärtürme 476
3. Chemisch-mechanisches Klärverfahren 478
4. Unterbringung des Klärschlammes 480
6. Das Degen er sehe Kohlebrei-Verfahren 483
6. Desinfektion der geklärten Abwässer 484
II. Die biologischen Reinigungsmethoden 485
1. Das Faul verfahren. 486
a) Bauliche Durchführung und Betrieb der Faulbecken 497
2. Das Oxydationsverfahren 600
a) Allgemeines über die Wirkungsweise der biologischen Körper 500
b) Bauliche Einrichtung und Betrieb der Füllkörper 509
c) n n n „ r, Tropfkörper 615
d) Nachbehandlung der Abflüsse künstlicher biologischer Anlagen 522
e) Einflufi der Winterkälte auf den Betrieb des künstlichen biologischen Ver-
fahrens 623
f) Bau- und Betriebskosten des künstlichen biologischen Reinigungsverfahrens 623
g) Der gewachsene Boden als Oxydationskörper 524
h) Die intermittierende Bodenfiltration 630
i) Die Rieselfelder 533
a) Betriebs- und Produktionsverhältnisse 533
ß) Abwasserzuleitung zu den Rieselfeldern 640
y) Anlage- und Betriebskosten 643
III. Landwirtschaftliche Verwertung der Abwässer 648
IV. Reinigung der Abwässer der landwirtschaftlichen Industrien . . . 557
V. Die Selbstreinigung der Gewässer 563
Braekfehler, Ergänz angeii, Bemerkungen, Naehtr&ge etc 666
I. Die Wasserversorgung der Ortschaften.
Friedrich« WaaBerbao. Zweite Auflage, n. Band.
Einleitung.
Mit der permanenten Ansiedelung der früheren Nomadenvölker und der
Erbauung stabiler Wohnsitze trat natürlich auch an deren Bewohner die
Notwendigkeit heran, das Gemeinwesen einerseits mit dem für Nutz- und
Genußzwecke nötigen Wasser zu versehen, andererseits für eine möglichst
rasche und in nicht belästigender Weise zu erfolgende Ableitung der nicht
verbrauchten Wassermengen, insbesondere jedoch der Regen Wässer, der
Fäkalien, Schmutzwässer und Abfallstoffe Sorge zu tragen. —
Es tauchten also schon im Altertum die für das Gemeinwesen wichtigen
Fragen der Bewässerung (Wasserversorgung) und der Entwässerung
(Kanalisation) der Ortschaften auf und drängten die berufenen Vertreter
zu deren Lösung. —
Während die im Altertum hergestellten Kanalisationsbauten meist unzu-
reichende waren und den Anforderungen der Hygiene keineswegs entsprachen,
war das technische Gebiet der Wasserversorgung durch oft ganz bedeutende,
das Staunen der Nachwelt herausfordernde Kunstbauten vertreten.
Leider gerieten diese Zeugen hervorragender Tätigkeit auf dem Gebiete
des hygienischen Wasserbaues später in Verfall und wurde auch im Mittel-
alter und in der Neuzeit diesen wichtigen Aufgaben keine oder nur unbe-
deutende Aufmerksamkeit gewidmet. —
Erst der neuesten Zeit, den letzten Dezennien des verflossenen Jahr-
hunderts war es vorbehalten, zum Wohle der Menschheit hier Wandel zu
schaffen, und brach sich die allgemeine Erkenntnis der Notwendigkeit einer
rationellen, den Ansprüchen der modernen Hygiene entsprechenden Wasser-
versorgung, selbst der kleinsten Ortschaften, erst im allerletzten Dezennium
allmählich Bahn.
Was die antiken Wasserversorgungen der Städte anbelangt, so kannte
dieses im Altertum ganz hervorragend vertretene Gebiet der Kulturtechnik
mangels entsprechender leistungsfähiger Pumpwerke eine künstliche Hebung
des Wassers nicht, sondern wurde das den Flüssen, Seen oder Quellen ent-
nommene oder durch Brunnen und anderweitige Grundwassersammelanlagen
neu erschlossene oder endlich das in Zisternen oder künstlich hergestellten
grofien Staubecken (Stauweiher) gesammelte Meteorwasser immer mit natür-
lichem Gefälle in das Konsumtionsgebiet geleitet.
Diese Zuleitung erfolgte in offenen Gerinnen oder, was der Kriegsgefahr
wegen meistens durchgeführt werden mußte, in geschlossenen unterirdischen
Kanalleitungen, welche im allgemeinen der natürlichen Gestaltung des Terrains,
1*
4 Einleitung.
jedoch mit stetigem Gefälle folgend, mitunter auch in durch Felsen zu treibende
Stollen übergehen oder mit gewaltigen Aquädukten Täler übersetzen mußten.
Die erste Durchfahrung der Berge mittels eigener Tunnels wird in die
Zeit um 700 v. Chr. verlegt.
Dort, wo das Wasser in Röhren floß, wie z. B. durch Tunnels, wurde
als Rohrmaterial Stein, Blei oder Ton verwendet.
Druckrohrleitungen waren mit wenigen Ausnahmen mangels eiserner
Röhren und entsprechender Dichtung der aus anderem Material hergestellten
Rohre den alten Völkern unbekannt. Die älteste der bekannten Druck-
leitungen aus Steinröhren ist jene zu Patara in Griechenland.
Dieses Volk erkannte auch die Möglichkeit, statt der Aquädukte die
Taldurchquerung mittels Siphonleitungen durchzuführen, und weist beispiels-
weise die Hochdruckleitung von Pergamon einen hydrostatischen Druck von
20 Atmosphären auf.
Auch die Römer machten sich später in einzelnen Fällen diese Erkenntnis
der Heberwirkung zunutze, und finden wir bei der Wasserleitung von Alatri
die Siphonleitung einem Drucke von 10 Atmosphären ausgesetzt. Auf Grund
dieses Umstandes erscheint es nicht leicht erklärlich, warum gerade die
römischen Ingenieure nicht Bronze zur Herstellung von Druckrohrleitungen
verwendet haben, wodurch kostspielige Aquädukte erspart worden wären.
Wohl muß berücksichtigt werden, daß dieser Ersatz überhaupt nur für kleinere
Wasserquantitäten gedacht werden kann, nachdem im Altertum der Guß
größerer Rohrdurchmesser überhaupt ausgeschlossen war.
Die ältesten Anlagen von Wasserversorgungen sind gleich wie die
anderen Bewässerungswerke des Kulturbodens in Ägypten, Babylonien,
Assyrien, China und Syrien zu suchen.
Außer direkter Ableitung des Wassers aus dem Nilflusse zum Zwecke
der Wasserversorgung, über welche nur sehr spärliche Daten vorliegen, war
es insbesondere das System von Brunnenanlagen, durch welches Ägyptens
Wasserversorgungswesen repräsentiert erscheint.
Allgemeine geschichtliche Aufzeichnungen über durchgeführte große
Brunnenanlagen reichen bis 2500 v. Chr. zurück.
Über China wurden nur sehr spärliche Aufzeichnungen gefunden, aus
welchen zu entnehmen ist, daß in den ältesten Zeiten Brunnen oft bis zu
sehr bedeutenden Tiefen gegraben worden sein sollen, aus welchen das
Wasser mittels Eimer und Seiltrommel gehoben wurde.
Bezüglich Babylonien und Assyrien berichtet Strabo, daß die
berühmten hängenden Gärten, deren Basisflächen mit Bleiplatten belegt
waren, mit Wasser aus dem Euphrat versorgt wurden und zu diesem Zwecke
das Wasser mittels Eimerwerke auf 92 m Höhe gehoben werden mußte.
Unter Assurnässirpal (884 — 860 v. Chr.) wurden nachweislich bereits
an einzelnen Orten tiefe Brunnen gegraben und unter Senacherib (704 bis
681 V. Chr.) die Wasserleitung der Stadt Ninive (das heutige Nimrud)
gebaut, welche der Hauptsache nach aus einem 45 km langen, oft in Felsen
tief ausgearbeiteten Zuflußkanal bestand.
Einleitung. 5
Mannigfaltiger in der Art der Durchführung sind die Wasserversorgungs-
anlagen Syriens, deren älteste durch die Phönizier geschaffen worden sein
dürften. Unter diesen ist insbesondere die Quell- und Brunnenfassungs-
anlage Ras-el-Ain für die Versorgung von Tyrus hervorzuheben, welche
ca. 700 V. Chr. anläßlich der fünfjährigen Belagerung von Tyrus durch
Salmanassar hergestellt worden sein soll.
Karthago soll eine alte Wasserleitung besessen haben, welche später
unter Kaiser Hadrianus (123 n. Chr.) durch einen Neubau ersetzt wurde.
Der punischen Kolonie Motye auf Sizilien wurde das ira Gebirge
gesammelte Quellwasser durch eine zum Teil aus Zinnröhren bestehende
Leitung zugeführt.
Allgemeiner bekannt sind die großen Brunnen in Judäa. Der in der
Nähe von Sichern gelegene Jakobsbrunnen soll 23 m tief gewesen sein.
Ein Teil der Wasserversorgung von Jerusalem, die zwischen Bethlehem
und Hebron gelegenen Teiche Salomons (1016 — 975 v. Chr. erbaut), wird dem
Einflüsse der Phönizier (König Hiram) zugeschrieben.
Jerusalem wurde ehemals durch fünf Leitungen mit Wasser versorgt,
von welchen antiken Kanälen heute nur mehr zwei funktionieren, und zwar
jener des Mamillateiches und der Siloahquellenleitung, welch letztere auch
einen langen, unregelmäßig gekrümmten Tunnel aufweist.
Die heute noch vorhandenen Teiche des Salomon sind drei offene ge-
mauerte, treppenförmig untereinander gelegene Becken, in welchen die in
ihrer Nähe entspringenden Quellen gesammelt wurden.
Hervorragend war die Wasserversorgung der Stadt Damaskus, „das
Paradies, die Perle des Orients" mit ihren berühmten Zaubergärten, nicht nur
durch die Reichhaltigkeit der Bewässerung, sondern auch durch die weitver-
zweigte Verteilung des Baradaflufiwassers in alle Häuser der großen Stadt.
Halep (Aleppo) verwendete Flußwasser, welches durch Kanäle zugeleitet
und zum Teil später durch Schöpfräder gehoben wurde.
In den Ruinen von Palmyra wurden die Oberreste großer offener
Wasserbassins in der Nähe der Tempel gefunden, in welchen die religiösen
Waschungen vorgenommen wurden.
In Hamah (Epiphania) in Syrien wurde das Flußwasser durch große
Schöpfräder (bis 25 m Durchmesser) gehoben.
Griechenland. — Religiöser Kultus und frühzeitige Erkennung des
eminenten Einflusses eines guten Wassers auf die sanitären Verhältnisse
einer Ansiedelung bedingten bei den Griechen bereits im Altertum eine
hervorragende Entwicklung der Wasserversorgungstechnik.
Als öffentliche Wasserbezugsorte dienten anfänglich zumeist zahlreiche
Brunnen, deren Benutzung allgemein, insbesondere am Lande, nur auf einen
gewissen Umkreis (nach dem Solonschen Gesetze vier Stadien = 740 m) ge-
stattet wurde. Die außerhalb dieser Sphäre liegenden Bewohner erhielten
erst dann das Recht zur jedoch auch beschränkten Benutzung des nächsten
öffentlichen Brunnens, wenn sie nachweisen konnten, bei ihren Brunnen-
grabungen bis 10 Klafter Tiefe kein Wasser angetroffen zu haben.
g Einleitiing.
Außer diesen Brunnen wurden selbstverständlich auch event. vorhandene
Quellen, welche künstlich gefaßt und architektonisch ausgeschmückt wurden,
in die öffentliche Benutzung einbezogen und, wo nötig, in späteren Zeit-
perioden aus größerer Entfernung auch zugeleitet. Wo alle diese Bezugsorte
nicht ausreichten, wurden Zisternen oder größere offene gemauerte Reservoirs
errichtet und in denselben das Regenwasser gesammelt.
Zu den ältesten Wasserleitungen, welche die Griechen der Sicherheit
wegen immer unterirdisch anlegten, gehört die Versorgung von Mykenae
und Argos.
Zum größten Teil der Tätigkeit der Tyrannen werden zugeschrieben
die Wasserleitungen der Städte Athen, Theben undMegära, sowie von
Akragas (Sizilien) und Samos.
Der Stadt Athen wurde das Wasser durch unterirdische Kanäle zu-
geleitet, welche mit zahlreichen Luft- und Revisionsschächten versehen waren.
Während ihrer Blüte, in welcher Periode die Stadt ca. 200000 Einwohner
zählte, sollen 18 Wasserleitungen Athen gespeist haben.
Das moderne Athen benützt im rekonstruierten Zustande eine dieser
alten Leitungen.
Ein hervorragendes Werk ist die im 6. Jahrhundert v. Chr. erbaute
Wasserversorgung von Samos, welche von Herodot beschrieben wurde.
Nach demselben wurde das Wasser der sorgfältig gefaßten Leucotheaquelle
durch einen 7 Stadien (1100 m langen) Stollen in Tonröhren der Stadt zu-
geführt und mittels weiterer Rohrleitungen in derselben verteilt.
Dieses durch den Baumeister Eupalinos von Megara erbaute Werk
dürfte jedoch schon zur Römerzeit nicht mehr benutzt worden sein; es
wurden auch Reste einer römischen Leitung aufgefunden. Die Tonrohre von
600 mm Länge hatten entweder einen kreisförmigen Querschnitt von 180 mm
Durchmesser mit Ansatzstutzen oder bildeten ein offenes rechteckiges Gerinne
von 170/220 mm Querschnitt Die Dichtung erfolgte mittels weißen Kitts. -
Diese letzteren Röhren dürften zur Fortleitung des Wassers im Stollen ge-
dient haben.
Besonders interessant sind auch die Überreste der Leitung von Patara,
insbesondere der als Heberleitung (Siphon) gebaute Aquädukt daselbst, bei
welchem die auf der Krone des 9,6 m hohen Aquäduktes liegenden Stein-
röhren als eine der ältesten Druckrohrleitungen Griechenlands hervor-
zuheben sind.
Aus der sehr bedeutenden Anzahl der anderen Städte Griechenlands
und seiner Kolonien, welche mit Wasser versorgt wurden, wäre ferner die
hervorragende Hochdruckleitung von Pergamon hervorzuheben.
Den Erhebungen Gräbers und Gieblers zufolge dürfte diese Leitung
unter dem pergamonischen Könige Eumenes II. (197 — 159 v. Chr.) erbaut
worden sein.
Die beiden erwähnten Ingenieure haben aus dem aufgedeckten Hoch-
reservoir und den anderen Terrainkoten der durch die vorgefundenen Loch-
steine festgestellten Rohrtrasse konstatiert, daß diese Leitung in den tiefsten
Punkten einem Wasserdrucke von 17 — 20 Atmosphären ausgesetzt gewesen
Einleitung. 7
sein mufite, eine Inanspruchnahme, welche den Betriebsdruck unserer
heutigen modernen Leitungen von höchstens 10 Atmosphären wesentlich
überschreitet. (Zu bemerken ist, dafi unsere gußeisernen Röhren einem
maximalen Probedruck von 20 Atmosphären, Mannesmann -Stahlröhren
einem solchen von 50 Atmosphären ausgesetzt werden können.)
Leider wurden Reste dieser antiken Druckrohrleitung nicht gefunden,
daher die Frage bezüglich Rohrmaterial und Dimensionierung heute noch eine
ungelöste ist.
Hingegen wurde nach den Untersuchungen Schucharts gefunden, dafi
das Wasser der Quellen 60 km weit durch eine dreifache Tonrohrleitung dem
Hochreservoir zugeführt wurde. Die aufgefundenen Röhren der Zuleitung
haben 180 mm Lichtweite, sind 480 mm lang und 60 — 90 mm stark. —
Abweichend in der Art der Wasserbeschaffung und dem Umfange des
hierzu nötigen Reservoirs ist unter anderem die Wasserversorgungsanlage
von Alexandria. 360 Zisternen, darunter zwei- bis vieretagige, gewölbte
unterirdische Reservoirs, in bedeutenden Dimensionen ausgeführt, wurden
zeitweilig (beim Anschwellen des Nils) durch unterirdische Zuleitungskanäle
aus dem 20 m breiten Alexandriakanal mit Nilwasser gefüllt und sodann die
Zuleitungsstollen wieder geschlossen.
Römisches Reich. — Die Wasserversorgungen der Römer, bei
welchen dieser Zweig des Wasserbaues seine höchste Entwicklung im Alter-
tum erreicht hat, sind insbesondere dadurch charakterisiert, daß die Zuleitungen
sich nicht immer dem Terrain anschmiegten, sondern die Trasse derselben
ohne Rücksicht auf die zu überwindenden Höhenunterschiede und damit ver-
bundenen Schwierigkeiten mit möglichst gleichbleibendem Gefälle entwickelt
wurden und daher Berge mittels Tunnels durchfahren und Täler mittels
Aquädukten von oft kolossalen Dimensionen übersetzt werden mufiten. Diese
letzteren prächtigen und die Bewunderung herausfordernden Bauten, welche
in allen Teilen des grofien römischen Reiches noch heute als Reste seiner
einstigen Gröfle und Kultur anzutreffen sind, geben in erster Linie das Zeugnis
von der hervorragenden Tätigkeit der Römer auf dem Gebiete des Wasser-
versorgungswesens.
Unsere moderne Zeit, welche nicht über jene verhältnismäßig kolossalen
Geldmittel für solche Bauten und nicht über jene billige Arbeitskraft verfügt,
welche den alten Völkern insbesondere im Sklavendienste zu Gebote stand,
muß sich mit weniger prunkvollen Monumentalbauten begnügen und benutzt
überall dort die widerstandsfähigen Eisenrohre zur Forüeitung des Wassers,
wo nicht besondere örüiche Verhältnisse oder die bedeutende Größe des
sekundlich zu transportierenden Wasserquantums die Anlage von Aquädukt-
leitungen bedingen.
Die Zuleitungen der Römer bestanden selten in offenen Gerinnen; zu-
meist waren es gemauerte Kanäle, Stollen oder Rohrleitungen aus Blei oder
Ton, in seltenen Fällen aus durchbohrten viereckigen Tuffblöcken gebildet.
Aus der Baukunst Vi tru vi us' (Zeitperiode um Christi Geburt) ersehen
wir unter anderem die als notwendig vorgeschriebenen Rohrstärken und die
Art der Dichtung dieser Leitungen.
g Einleitiing.
So gibt Vitruvius als normale Länge der zu gießenden Bleiröhren
(Bleiplatten?) 10 Fuß (3 m) an. Bei Annahme dieses Normalmaßes soll eine
100 zöllige (260 mm) Röhre (centenaria fistula) 1200 Pfund (393 kg), die kleinsten
5 zölligen (125 mm) Röhren 60 Pfund (19,6 kg) wiegen (1 römisches Pfund
= 327,6 g). Hierbei bedeutet obiges Maß jedoch nicht den Durchmesser der
Röhren, sondern die Breite der Bleiplatten, aus welchen die Röhren gebogen
und sodann gelötet oder mit Mastix, event. auch durch umschließendes Mauer-
werk gedichtet wurden. Der Querschnitt der Bleiröhren war kein kreis-
förmiger, sondern ein eiförmiger, mit der Spitze nach oben gerichtet. Die
Lötung erfolgte nicht mit Zinn, sondern mit Blei.
Die Stöße der Röhren wurden durch Ineinanderschieben und Löten oder
durch Umlegung mit Muffen gedichtet.
Die Zuleitungen aus gebrannten Tonröhren wurden nicht unter 2 Zoll
(50 mm) stark hergestellt, die Dichtung der Stöße durch Einschieben des
kegelförmig geformten Schwanzendes und Ausgießen mit einem Brei, aus un-
gelöschtem Kalk mit Ol angemacht, durchgeführt.
Die Verteilungsleitungen waren aus Blei oder Ton hergestellt, und gibt
Vitruvius den letzteren mit Rücksicht auf die Gefährlichkeit der sich event
bildenden Bleisalze den Vorzug.
Trotzdem gelangten in Rom zumeist nur Bleiröhren zur Verwendung.
Aus den Ausführungen des hervorragenden römischen Ingenieurs
Frontinus (im Jahre 96 n. Chr. Curator aquarum: kaiserlicher Verwalter
der Wasserwerke Roms, im Jahre 100 unter Trajan Konsul) geht hervor,
daß die wissenschaftlichen Kenntnisse auf dem Gebiete der Hydraulik nur
sehr primitive waren, Geschwindigkeitsmessungen kannte man damals noch
nicht und man hatte von dem Einflüsse derselben, bezw. der Druckhöhe auf
das Ausflußquantum nicht die richtige Vorstellung.
So sagte unter anderem Frontinus: „Jedes Wasser, das von einem
höheren Orte kommt und nach kurzem Lauf in das Wasserschloß fällt, ent-
spricht nicht nur seinem Maß, sondern liefert noch Überfluß; so oft aber
das Wasser aus einem niedrigen Orte, also mit geringerem Gefälle, einen
weiteren Weg geleitet wird, büßt es durch die Trägheit der Leitung an Maß
ein." Auf diesen reinen Empirismus auf dem Gebiete der Hydrotechnik
finden wir nicht nur im Altertum, sondern bis zum vorigen Jahrhundert
herauf alle wasserbaulichen Durchführungen basiert.
Die Zumessung des Wassers an die Privatleitungen erfolgte durch eine
Art Wassermodulus (Wasserzoll), welcher von Vitruvius herstammen soll.
Die Einheit war der „Quinarius", ein Wasserquantum, welches durch
ein vertikales Rohr von 30 mm Durchmesser und 300 mm Länge abfloß,
wobei der Zuflußwasserspiegel 330 mm über der Einflußöffnung permanent
stehen mußte. Dieser Quinarius soll einem Ausflußquantum von 420 1 in
24 Stunden entsprochen haben, was jedoch der Berechnung nach nicht stimmt.
Als älteste Anlage städtischer Wasserversorgungen ist jene der
Metropole Rom anzusehen.
Nach Frontinus (um 100 n. Chr.) wurde Rom durch neun Leitungen,
die Aqua Appia Claudia (311 v. Chr.), Anio vetus (271 v. Chr.), Marcia (145
Einleitung. 9
V. Chr.), Tepula (126 v. Chr.), Julia (34 v. Chr.), Virgo (21 v. Chr.), Alsietina
(19 V. Chr.), Claudia (50 n. Chr.) und Anio novus (53 n. Chr.), im 6. Jahr-
hundert n. Chr. (nach Procopius) durch 14 Leitungen mit Wasser versorgt,
indem zu den früher angeführten Leitungen noch die 111 n. Chr. gebaute
Aqua Traiana (die heutige Aqua Paolo), die Severiana (ca. 225 n. Chr.),
femer die Aqua Antoniniana, die Alexandrina (Hadriana) und die Aqua
Aureliana hinzugekommen sind. Der älteste römische Aquädukt, die Aqua
Appia, wurde während der Republik von Gajus Plautius (358 v. Chr.)
begonnen und (311 v. Chr.) durch Appius Claudius Crassus vollendet.
Die Zuleitungskanäle lagen zumeist unterirdisch oder übersetzten auf
hohen Bogenstellungen (im engeren Sinne Aquädukt genannt) die Täler.
Der Querschnitt der gemauerten Kanäle war ein rechteckiger, die Decke
gerade, dachförmig oder halbkreisförmig (gewölbt) ; ihre lichte Breite schwtoikte
zwischen 0,50 und 1,70 m, ihre Höhe von 1—2,70 m. Der größte in Fels
eingetriebene Stollen hatte bei 1 m Breite eine Höhe von 2,3 m.
Die ersten sechs Wasserleitungen wurden unter der Republik, die
anderen zur Zeit des Kaiserreiches gebaut.
Die Angaben über die Menge des Wassers, welche durch diese Leitungen
der Stadt Rom täglich zugeführt wurde, variieren nach den einzelnen Forschem
zwischen 1^/, Millionen und 600000 m», alles riesige Quantitäten, welche
einen immensen Wasserüberfluß bedeuten würden, wenn dieses Wasser auch
wirklich in der Stadt konsumiert worden wäre. Durch Beschädigungen und
natürliche Undichtheiten der Aquädukte ging überdies ein größerer Teil des
Wassers verloren und gelangte somit gar nicht in die Stadt. Noch heute
verfügt Rom über kolossale Wassermengen, indem für häusliche Zwecke allein
500 1, für den Gesamtgebrauch 700 1 pro Kopf und Tag zur Verfügung stehen,
während den heutigen Anforderungen einer modernen Wasserleitung 150 1
pro Kopf vollkommen entsprechen.
Nach Herschel soll dem antiken Rom während der Blütezeit pro Kopf
und Tag ein Wasserquantum von 230 1 zur Verfügung gestanden haben.
Nachdem die Einwohnerzahl Roms zur Zeit seiner höchsten Entwicklung
mit 800000 Einwohner andererseits angegeben wird, so entspricht dies einem
Tagesquantum von bloß 184000 m« für das antike Rom; für das heutige
Rom mit kaum 600000 Stadtbewohnern würde für den Gesamtverbrauch mit
ca. 650 — 700 1 pro Kopf (also inklusive des Fontänenbedarfes und anderen
öffentlichen Gebrauchswassermengen) höchstens ein verfügbares Zuflußquantum
von 400000 m* resultieren. Nach anderen statistischen Daten wird für Rom
eine Einwohnerzahl von 300000, für den maximalen Bedarf pro Kopf 1105 1
angegeben.
Alle diese Zahlen stimmen also mit den sonst üblichen, in der Literatur
angegebenen Mengen nicht überein.
Die sichtbaren Teile der Leitung, also insbesondere die imposanten
Aquädukte erforderten große Reparaturen. So mußte Caracalla um das
Jahr 212 n. Chr. bedeutende Ausbesserungen an der Marcia vomehmen,
während jedoch diesen Bauwerken unter den späteren Kaisern nicht die
nötige Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Erst Arcadius und Honorius
10 Einleitung.
(400 n. Chr.) und später der Ostgotenkönig Theoderich (493—526 n. Chr.)
beschäftigten sich intensiver mit der Instandhaltung der Wasserleitungen.
In den Kriegen des Ostgotenkönigs Vitiges gegen Belisar (540 n. Chr.)
wurden die Aquädukte zum Teil zerstört. Die letzte der noch später
funktionierenden Aqua Traiana kam 549 n. Chr., kurz vor dem Ende des
ostgotischen Reiches, auch in Verfall. Erst unter der Herrschaft der Päpste
(776 n. Chr.) begannen wieder die Rekonstruktions- bezw. Ausbesserungs-
arbeiten bei den Aquädukten und die Instandsetzung der Wasserleitungen.
In neuester Zeit wird Rom durch vier Wasserleitungen versorgt,
und zwar die Aqua Vergine (erneuert im Jahre 1450), die Aqua Marcia
(Aqua Pia, im Jahre 1870 unter Pius IX. rekonstruiert, deren Zuleitungskanal
52 km lang ist), die Aqua Feiice, von Sixtus V. (1585 — 1590) errichtet, und
die Aqua Paolo, während der Regierung Pauls V. (1605 — 1621) erbaut.
Der bedeutende Umfang der Wasserleitungen der alten Urbs Roma
kann aus nachstehenden Zahlen entnommen werden:
Die früher angeführten neun ältesten Leitungen, welche das Wasser
einzelner Quellen, sowie des Flusses Anio und des alsietinischen Sees der
Stadt zuführten, hatten zusammen eine Länge von 436 km, von welcher
ca. 2^/, km auf Tunnels und ca. 63 km auf Aquädukte (Bogenstellungen) entfielen.
Das Wasser wurde dem sich steigernden Bedürfnisse entsprechend mit
immer größerer Druckhöhe in die Stadt eingeleitet, wodurch sich die Not-
wendigkeit ergab, die Aquädukte immer mehr zu erhöhen, bezw. eine Leitung
über die andere hinwegzuführen. Dadurch erreichten die Aquäduktbrücken,
in zwei bis drei Etagen angeordnet, ganz bedeutende Höhen.
So erheben sich die Bogenstellungen der Aqua Claudia bis zu 32 m
über die Talsohle.
Die Qualität des zugeleiteten Wassers war entsprechend den Entnahme-
stellen eine sehr verschiedene; einige Leitungen konnten nur als Nutzwasser
Verwendung finden. Das zumeist sehr harte, kalkreiche Quellwasser hatte
18 — 27 Härtegrade, überschritt also zumeist die von unseren Gesundheits-
kommissionen normierten allgemeinen Grenzen.
Zur Ablagerung der bei Trübungen des Wassers mitgeführten Sedimente
dienten eigene Absatz- und Klärungsbassins, Piscinae genannt, welcher
Name auch auf die gleichzeitige Verwendung als Fischbassins hindeutet.
Diese Bauwerke, oft aus zwei Etagen bestehend, weisen mitunter ansehnliche
Dimensionen auf. Der Fassungsraum der Piscinen entsprach zumeist dem
maximalen Stundenzuflufiquantum.
Nebstdem finden wir eigene Wasserschlösser (Kastella), zumeist
dreikammerig erbaut, aus welchen die Wasserverteilung direkt in der
Weise erfolgte, daß aus der mittleren Kammer, welche durch den Oberlauf
der beiden anderen Abteilungen gespeist wurde, die öffentlichen Spring-
brunnen, aus den letzteren die Bäder und Privatzuleitungen versorgt wurden.
Die Bewilligung zur Zuleitung in die Privathäuser wurde ausschließlich
nur vom Kaiser zumeist als Belohnung für geleistete Dienste erteilt.
Die Wasserrechtsverhältnisse Roms weisen überdies noch viele andere
höchst interessante Details auf, auf welche einzugehen hier die Zeit mangelt.
Einleitung. H
Aufler den Wasserversorgungsanlagen der Stadt Rom wären in Italien
selbst unter anderen noch die 173 v. Chr. durchgeführten Leitungen für
Fondi, Pisanus und Pollentia, femer jene von Neapel und Alatri
hervorzuheben.
Insbesondere ist es die um das Jahr 100 v. Chr. gebaute Wasserleitung
von Alatri, welche technisch dadurch interessant ist, daß bei derselben die
Römer sich der Vorteile einer Heber-(Siphon)-Leitung bedienten, bei welcher
100 mm weite Bleiröhren von 10 — 35 mm Fleischstärke in Verwendung kamen,
die einem maximalen Wasserdrucke von 10 Atmosphären ausgesetzt waren.
In den römischen Kolonien sind hervorzuheben die Wasserversorgungen
von Lyon, Pergamum, Arelatum (Arles) und Aspendus, welche ebenfalls
Heberleitungen besafien.
In der Zuleitung für Lyon waren 3 Siphons eingeschaltet, von welchen
der mittlere, aus 10 Bleirohrsträngen bestehend, 123 m Höhenunterschied
(Pfeilhöhe, 12 Atmosphären Überdruck) aufwies.
Der Siphon von Pergamum (römische Leitung) war, nur einem Wasser-
drucke von 26 m (2^/, Atmosphären) ausgesetzt, aus Tonröhren gebildet.
Als besonders hervorragende Bauwerke in den römischen Kolonien
Europas sind noch die durch ihre gewaltigen Dimensionen imponierenden
Aquädukte (Brückenleitungen) hervorzuheben.
In Gallia (Frankreich): der ca. 18 v. Chr erbaute Pons du Gard für
die Wasserleitung von Nemausus (Nim es), eine mächtige Brücke aus drei
übereinander angeordneten Bogenstellungen, deren einzelne Bogen (im ganzen
256 Stück) bis 24 m Spannweite besitzen. Das zur Übersetzung des Garonne-
tales bestimmte 2000 m lange Bauwerk hat eine größte Höhe von ca. 45 m
über dem Wasserspiegel des Flusses. Weiter sind hervorzuheben die
Aquädukte von Vienna, Antibes und Sens.
In Spanien: der Aquädukt von Tarragona (anfangs der christlichen
Zeitrechnung erbaut) in zwei Bogenstellungen von zusammen 30 m Höhe,
femer der Aquädukt von Chelves und Merida, endlich jener von Segovia
(unter Trajan gebaut), das größte der erhaltenen römischen Bauwerke Spaniens.
Seine größte Höhe beträgt 31 m bei einer Länge von 818 m. Die Brücke
besteht aus 109 Bogen, welche in zwei Etagen übereinander angeordnet sind.
In Deutschland finden sich gleichfalls Überreste römischer Wasser-
leitungen in den Städten Köln, Mainz, Metz und Straßburg, in Oster-
reich jene von Vindobona und Carnuntum.
Außer den bereits angeführten Wasserleitungen in Pergamum und
Aspendus haben die Römer auch in Kleinasien eine große Anzahl derartiger
Werke, mitunter auch auf Kosten der betreffenden Gemeinden geschaffen.
Erwähnt seien hier unter anderen die Städte Nicomedia, Alexandria-
Troas, Mytilene, Ephesus und Antiochia in Syrien.
Unter den römischen Wasserwerken in Afrika ragt insbesondere die
Leitung für Karthago hervor, welche eine Länge von 132 km besessen
haben soll; einer der im Zuge der Leitung befindlichen Aquädukte, welcher
unter Septimus Severus (193 — 211 n. Chr.) gebaut wurde, hatte eine Höhe
von 40 m.
12 Einleitung.
Byzantinisches Reich. — Die oströmischen Wasserleitungen, die
jedoch größtenteils nicht mehr aus der Periode des Altertums stammen,
sondern bereits dem Mittelalter angehören, weisen zum Unterschiede von den
weströmischen in bezug auf die Wasserbeschaffung insoweit wesentliche
Unterschiede auf, als hier wieder zahlreiche Anlagen von Stauweihem an-
zutreffen sind, welche jedoch in ihren Dimensionen sehr bescheiden und oft
nur als künstlich ausgehobene kleinere Teiche von rechteckiger Grundrißform
durchgeführt erscheinen.
Unter allen diesen Anlagen ist die Wasserversorgung von Kon-
stantinopel die bedeutendste.
Unter den antiken Bauobjekten dieser Anlage muß insbesondere der
Aquädukt des Valens hervorgehoben werden, welcher, um das Jahr 368
n. Chr. gebaut, eine Höhe von ca. 23 m hat und die Bogenstellungen in
zwei Etagen durchgeführt erscheinen- Der ursprünglich gegen 1200 m lange
Aquädukt wird nach wiederholt durchgeführten Reparaturen auch noch heute
notdürftig benützt.
I. Die moderne Wasserversorgung
der Ortschaften.
Das grotfe Gebiet der Kulturtechnik umfafit, wie bekannt, insbesondere
2 Hauptgruppen des Wasserbaues, welche wir unter der allgemeinen Be-
zeichnung Entwässerung und Bewässerung zusammenfassen. Diese Bezeichnung
umfafit jedoch nicht allein die Zu- und Abführung, also die zweckentsprechende
Wasserverteilung auf den landwirtschaftlich benutzten Grundstücken (Felder
und Wiesen) zum Zwecke der Erhöhung der Bodenertragsfähigkeit derselben,
sondern es gehört in die große Gruppe der Ent- und Bewässerungsarbeiten
auch die Ableitung des überflüssigen oder die Zuleitung bezw. Ergänzung
des fehlenden Wassers in Ortschaften im allgemeinen und in bewohnten
Räumen im speziellen. Während die Kanalisation den Zweck der Ent-
wässerung verfolgt, ist es Aufgabe der Wasserversorgung, menschliche Wohn-
räume insbesondere mit dem nötigen Wasser für Trink- und Nutzzwecke zu
versehen. Das Wasser kann oft nur zum Genüsse für Menschen und Tiere
verwendet werden, in welchem Falle wir es mit einer Trink was s er 1 ei tun g
zu tun haben, deren Zweck es ist, das qualitativ und quantitativ ent-
sprechende Wasser sowohl für Trink- als auch für Haushaltungszwecke
zu beschaffen; zu dem letzteren gehört das Wasser, welches beim Kochen
und Reinigen im Haushaltungswesen benötigt wird. Jenes Wasser, welches
zu allen anderen Zwecken benutzt wird und an welches naturgemäß andere
Ansprüche in qualitativer wie insbesondere in quantitativer Richtung
gestellt werden müssen, wird allgemein Nutzwasser genannt, und ist es
Aufgabe einer Nutz Wasserleitung, diesen verschiedenen und größeren
Bedarf zu decken.
Als Ideal bei Aufstellung eines Projektes für eine Wasserversorgung
hat die einheitliche Beschaffung eines sowohl für Trink- als Nutz-
zwecke entsprechenden Wassers zu gelten. Wohl ist dieses anzustrebende
Ziel insbesondere bei größeren Ortschaften und Städten nicht immer zu
erreichen.
Um beurteilen zu können, ob das zur Verfügung stehende Wasser
überhaupt verwendbar ist und im speziellen zu Trink- oder Nutzzwecken
benutzt werden oder endlich gleichzeitig beiden dienen kann, ist es notwendig,
in erster Linie der Frage der Qualität und der Quantität des Wassers näher
zu treten.
i4 !• I^ic WaÄserversorgung der Ortschaften.
Ä. Eigenschaften des Wassers.
I. Trinkwasser.
Ein gutes Trinkwasser muß klar und farblos, wohlschmeckend und
gesund sein und eine möglichst gleichbleibende Temperatur von 7 — 10® C.
besitzen. Die Reinheit des Wassers ist eine jederzeit mehr oder weniger
leicht zu erreichende Bedingung, indem einerseits das meiste Quell- und
Grundwasser an und für sich in vollkommen klarem Zustande gewonnen
wird, andererseits es jederzeit möglich ist, durch technische Maßnahmen eine
eventuelle künstliche Reinigung zu erzielen. Zu diesen Mitteln gehören die
Sedimentation und die Filtration, über welche später gesprochen werden soll.
Unter dem Begriffe „rein" ist nicht nur die Eigenschaft der Durchsichtigkeit
verstanden, sondern es soll das Wasser auch jenes Aussehen besitzen,
welches wir „kristallklar" nennen. (Bei anderen Getränken, wie Bier und
Wein, pflegt man diese Eigenschaft als „Glanz" zu bezeichnen.) Zur Be-
urteilung dieser vollkommensten Reinheit des Wassers in mechanischer
Beziehung bedient man sich am besten eines nicht zu kleinen geschliffenen,
aus ganz reinem Glase gefertigten Trinkgefäßes oder einer Flasche. Hierbei
ist zu berücksichtigen, daß ein Wasser in verhältnismäßig dünnen Schichten
ganz klar erscheinen kann, während es bei größerer Tiefe der Wasserschichte
eine Trübung etc., meist durch das Vorhandensein von sehr fein verteilten
Sedimenten bedingt, aufweist. Insbesondere ist dies bei Flußwasser zu
beobachten, das künstlich gereinigt (filtriert) zu Trinkzwecken verwendet
wird. Um in dieser Beziehung eine Norm zu schaffen, hat man eigene
Apparate konstruiert, die im wesentlichen darin bestehen, daß eine beliebig
weite Glasröhre mit dem auf seine Klarheit zu untersuchenden Wasser gefüllt
und konstatiert wird, ob bei einer gewissen Höhe der Wassersäule ein Faden,
Kreuz oder irgend ein kleiner Gegenstand noch vollkommen deuüich wahr-
zunehmen ist. Bei diesem Versuche kann auch die Farblosigkeit des
Wassers beurteilt werden. Die zweite Eigenschaft eines guten Trinkwassers
besteht in dem „Wohlgeschmack" desselben. Dieser Begriff ist nur relativ
aufzufassen, indem das Wasser eigentlich „geschmacklos und geruchlos"
*sein soll, auch keinen faden Geschmack besitzen darf.
Der Geruch kann bei moorigen Quellgründen durch chemische Bei-
mengungen, sonst zumeist durch das Vorhandensein aufgelöster Gase etc.
bedingt sein.
Der sogen. Geschmack, im günstigen Sinne aufgefaßt, ist einerseits be-
dingt durch die Härte des Wassers, andererseits durch das Vorhandensein
einer gewissen Menge halbgebundener und freier Kohlensäure, welche neben
der entsprechenden, nicht zu hohen Temperatur das Wasser frisch und
schmackhaft macht. Ist das Wasser zu weich und kohlensäurearm, dann
schmeckt es „fad" oder „schal". Wenn auch durch einen Gehalt an Kohlen-
säure das Wasser appetitanregend und damit sanitär sehr günstig auf die
Verdauung wirkt, so darf dieser Gehalt an Kohlensäure doch nicht jenen
Grad erreichen, welcher das Wasser zu einem sogen, „natürlichen Säuer-
ling" stempelt.*
A. Eigenschaften des Wassers. 15
Unter der Härte des Wassers versteht man das Mengenverhältnis der
in einer bestimmten Menge Wasser gelösten Mineralsalze, insbesondere der
kohlen- und schwefelsauren Kalk- und Magnesiasalze.
In Deutschland entspricht 1 (deutscher) Härtegrad 1 Teil Kalk (CaO)
in 100000 Teilen Wasser oder die äquivalente Menge Magnesia (MgO)^ wobei
1,0 Teil AfeO= 1,4 Teilen CaO entspricht.
Ein französischer Härtegrad entspricht einem Gehalte von 1 Teil
CaOf CO2 (kohlensaurem Kalk) in 100000 Teilen Wasser. Es ist also
1 französischer Härtegrad — 0,56 deutschen Härtegraden.
Die einfachste Methode zur Beurteilung der Härte des Wassers besteht,
wie in der allgemeinen Meliorationslehre (1. Band) bereits beschrieben, darin,
daß die gelösten Kalk- und Magnesiasalze mittels einer genau titrierten
alkoholischen Seifenlösung (z. B. nach Boudron und Boudet), welche aus
einer Tropfbürette dem Wasser nach und nach zugesetzt wird, herausgefällt
werden. Gewöhnlich werden bei den französischen Hydrotimetem (Härte-
messcrn) 40 m® Wasser der Untersuchung unterzogen und die erfolgte Neu-
tralisierung aus der Bildung eines ca. 1 cm hohen, feinblasigen, wenigstens
ö Minuten haltenden Seifenschaumes geschlossen. Die Menge der verbrauchten
Seifenlösung (auf der Tropfbürette direkt in einer französischen Graden ent-
sprechenden Skala eingeteilt) gibt direkt die Härte des Wassers an.
Nach dem Mafie der Härte unterscheidet man harte und weiche
Wässer. Vom Standpunkte des Hygienikers bezw. Hydrotechnikers pflegt
man ein Wasser, das über 5 — 6 deutsche Härtegrade besitzt, bereits zu den
harten zu zählen, während der Chemiker ca. 15® als Grenze annimmt und
Wässer über 30® erst als sehr hartes bezeichnet. Soll das Wasser gesund
sein, so darf es unter normalen Verhältnissen 20 Härtegrade absolut nicht
Oberschreiten. Die allgemein zuträglichste Härte ist 8—10®, also ziemlich
entsprechend den Temperaturgraden in Celsius. Die für den Gaumen an-
genehmste Temperatur zum Trinken im Hochsommer ist 10® R. — 12,5® C,
welches Wasser immerhin noch als ein frisches, der Gesundheit zuträgliches
bezeichnet werden muß. Hartes Wasser ist für Nutzzwecke, insbesondere
Industrien, ebenso auch zum Kochen schlecht geeignet (Kesselsteinbildung
und Hartbleiben der Hülsenfrüchte beim Kochen). Es ist im allgemeinen
bei Lösung einer Wasserversorgungsfrage selten möglich, ein Wasser von
der gewünschten Härte auswählen zu können, sondern es muß eben mit dem
vorhandenen gerechnet werden. Hierbei muß nochmals bemerkt werden,
daß es zumeist in sanitärer Richtung gar nicht rätlich erscheint, dort, wo es
auch durchführbar wäre, der seit jeher beispielsweise an sehr hartes Wasser
gewöhnten Bevölkerung plötzlich ein sehr weiches Wasser zur Verfügung
zu stellen.
Diese Grenze, vom sanitären Standpunkte aus aufgefaßt, wird im all-
gemeinen sehr schwanken und sich nach dem früher vor der Einführung der
Wasserleitung verfügbaren Wasser richten. Ortschaften, welche ehedem auf
Wasser aus Letten-, Mergel- oder Gipsschichten mit 30 — 40 Härtegraden an-
gewiesen waren, werden 20 ® als Grenze um so mehr akzeptieren müssen, als
16
I. Die Wasservenorgnng der Ortschaften.
in der nächsten Umgebung infolge der geognostischen Beschaffenheit der
wasserführenden Hangend- oder Liegendschichten vielleicht überhaupt ein
weicheres Wasser nicht beschafft werden kann. Der Bevölkerung von Ort-
schaften, welche seit Menschengedenken an das sehr weiche Wasser der
kristallinischen Schiefer-, Granit- und Quarzsandgebiete etc. gewöhnt waren,
würde ein Wasser von 10 — 15 Härtegraden, wenigstens solange die Reaktion
auf die Verdauungsvorgänge durch Gewohnheit nicht aufgehoben ist, viel zu
hart erscheinen. Im übrigen soll der Härtegrad auch ein solcher sein, daß
das Wasser ohne wirtschaftliche Nachteile zu allen häuslichen und gewerb-
lichen Zwecken verwendet werden kann. Das Wasser muß ferner in
chemischer Beziehung rein sein, d. h. es darf insbesondere der Gehalt an
organischer Substanz eine gewisse Grenze nicht überschreiten; dieselbe beträgt
35 ^
nach einigen Chemikern ca. inQQAAA- Derzeit wird diese Grenze durch die
Menge des zur Oxydation der organischen Substanz verbrauchten über-
mangansauren Kalilösung (zumeist 10 mg pro Liter) fixiert
Femer soll der Gehalt an Magnesia 40 mg im Liter nicht übersteigen,
salpetrige Säure und Ammoniak, femer Schwefelwasserstoff vollständig fehlen
und Chlor nur in Form von Kochsalz (ClNä) vorkommen. Wie persönlich
verschieden die Ansichten über gewisse zulässige Grenzen der im Genuß-
wasser gelösten Stoffe sind, kann aus nachstehender Tabelle entnommen
werden. (Fischer, „Das Wasser" etc.)
TabeUe
über sulässige (
Qrenswerte chemischer Bestandteile.
(Milligramm pro Liter.)
Benennung:
r-
Englische
Kommission
1874
Brüsseler
Kongrefi
1885
Schweizer
Kongrefi
1888
Tiemann
und Gärtner
1889
Gesamtgehalt an organischen
Stoflfen (ermittelt durch
übermangansaures Kali)
2-10
8-16
6-10
10
10
6-10
Darin:
Organischer Kohlenstoff .
—
—
—
2
—
—
5
„ Sückstoff.
—
—
—
0,3
0,1
0,05
0,2
Salpetrige Säure .
—
0
0
—
—
0
0
Ammoniak . . .
—
0
0
—
—
0
0
Salpetersäure . . .
4
27
6—15
—
2
20
5-16
Chlor
2-8
36
20-30
—
8
20
20—30
Schwefelsäure . .
2-63
80
80-100
—
60
—
60-100
Abdampfrückstand .
100-500
—
500
—
600
500
500
Gesamthärte (deutsche
Gra
ide;
18
17-20
18-20
—
20
—
18-20
Die von den österr. k. k. allgemeinen Untersuchungsanstalten für Lebens-
mittel in Wien, Prag etc. durchgeführten Analysen für Wasserversorgungs-
zwecke enthalten im Befund nachstehende Daten:
A. Eigenschaften des Wassers. 17
a) Äußere Beschaffenheit (Aussehen, Farbe, Geruch, Geschmack).
b) Reaktion (gegen Lackmus, gegen Rosolsäure).
c) Bodensatz.
d) Bakteriologischer Befund (Zahl der entwickelten Mikrobien- Kolonien
pro 1 cm* Wasser binnen . . . Tagen.
e) Chemische Beschaffenheit: In 1 Liter Wasser sind enthalten Milligramme.
Abdampfrückstand bei 100 <> C; Trockenrückstand bei 170 <> C; Glüh
rOckstand; Glühverlust; Eisenoxydul, Eisenoxyd, Kalk, Magnesia, Kali,
Natron, Ammoniak, Albuminoid-Ammoniak, Chlor, salpetrige Säure,
Salpetersäure, Schwefelsäure, Phosphorsäure, Kieselsäure, Kohlensäure
(freie, halbgebundene, gebundene), Schwefelwasserstoff, schwere Metalle,
Kaliumpermanganat zur Oxydation der organischen Stoffe, endlich
Gesamthärte (deutsche Grade) und bleibende Härte.
Der „Deutsche Verein für öffentliche Gesundheitspflege in Düsseldorf"
stellte 1876 diesbezüglich folgenden Satz auf: „Was die Beschaffenheit des
Wassers anbetrifft, so können Grenzwerte für die erlaubte und unschädliche
Menge fremder Bestandteile im Wasser zurzeit nicht festgestellt werden.
Die Hauptsache ist, dafi durch die Art der Anlage eine Verunreinigung durch
animalische Abfallstoffe und exkrementelle Stoffe ausgeschlossen ist." Gehalte
an Mineralgiften, Arsen, Blei etc., wenn auch noch so klein, schließen eine
Verwendung des Wassers als gewöhnliches Trinkwasser (nicht Mineralwasser)
völlig aus. Ein Eisengehalt des Wassers in Form von Eisenoxydul bildet
wohl keine gesundheitsschädliche Verunreinigung des Wassers, sobald der
selbe nicht größer als 0,1 — 0,16 mg pro Liter ist, nur wird der Eisengehalt
durch das Ausfällen des durch Zutritt der Luft in Eisenoxydhydrat ver-
wandelten unlöslichen Rostpulvers bei vielen Verwendungen des Wassers
sehr lästig. Das gleiche gilt von dem Mangangehalt, der besonders in
neuerer Zeit bei Grundwasserversorgungen plötzlich in großer Menge sich
vorfand, so beispielsweise in Breslau im Jahre 1906, in deren Anlage nach
einem Hochwasser plötzlich kolossale Mengen von Mangansulfat und Eisen
auftraten, welche im Maximum 300 mg, im Durchschnitt 130 mg pro Liter
betrugen.
Der größere Eisengehalt in einem aufgeschlossenen Grundwasser ist
insbesondere dadurch bedenklich, daß die Oxydulstufe nur bei mangelndem
Sauerstoff auftritt, was besonders bei versumpften Böden der Fall ist, deren
Wasser als solches insbesondere seines Reichtumes an organischer Substanz
wegen vom Genüsse auszuschließen ist. Im übrigen läßt sich manches im
Brunnen aufgeschlossene, anfangs eisenhaltige Wasser durch längeres Aus-
pumpen oder durch kräftige Luftoxydation (Aeration) in einen brauchbaren
Zustand überführen. Die letztere Methode besteht darin, daß das Wasser
entweder in dünnen Schichten langsam über breite Stufen (Terrassen), welche
mit grobem Schotter oder Reisig bedeckt sind, überrieselt und sodann in ein
Absatzbassin geleitet wird, wo die Sedimentierung des unlöslichen Eisen-
oxydhydrates stattfinden kann, oder aber aus einer eigens konstruierten
Rieseianlage kombiniert mit einer Sandfiltration.
Friedrich, Wasserbau. Zweite AuHage. U. Band. 2
18 I. Die Wasserversorgung der Ortschaften.
Leider muß bei großen Grundwasserversorgungen sehr häufig mit dem
Auftreten von Eisen im Wasser und dem kostspieligen Prozeß einer Ent-
eisenung gerechnet werden.
Die Art des Vorkommens von Eisen- und in seltenen Fällen auch von
Mangan Verbindungen im Untergrund, sowie ihre Bildung kann eine lokal
oft sehr verschiedene sein.
So äußerte sich rücksichtlich der epochalen Katastrophe in Breslau (1906)
Professor Luedecke über die Ursachen der plötzlichen Verunreinigung des
Wassers dahin, daß im Oderschwemmland Schichten eingelagert sind, welche
beträchtliche Mengen von Schwefeleisen enthalten, wie sich solches in den
meisten mit Wasser vollständig gesättigten Bodenschichten, in Sümpfen und
Mooren bildet und hier erst dann einer Veränderung unterliegt, wenn der
Grundwasserspiegel gesenkt wird (z. B. durch Auspumpen), wonach sodann
durch den Sauerstoff der in den Boden eindringenden Luft das Schwefel-
eisen in schwefelsaures Eisenoxydul (Eisenvitriol) umgesetzt wird, welches
Salz bekanntermaßen in Wasser leicht löslich ist. In dem durch Absenkung
des Grundwasserspiegels trocken gelegten Untergrund speichert sich nun
dieses Eisensalz auf, wird aber beim Steigen des Grundwasserspiegels oder
durch eingesickertes Tagewasser (bei Hochwasser etc.) wieder gelöst und
gelangt in die Entnahmebrunnen.
Während dieses Durchfließens durch den Boden bindet wohl der im
Boden enthaltene Kalk aus diesem Eisensalze teilweise oder bei großem
Kalkgehalt vollständig die Schwefelsäure und bildet schwefelsauren unlöslichen
Kalk, der unschädliAi ist.
Ist aber der Boden kalkarm, dann bleibt das Eisensalz als solches gelöst
und wird auch durch die Enteisenungsanlage, ebenso wie die Mangansalze,
zumeist nur wenig zersetzt, während im anderen Fall das von der Säure be-
freite basische Eisen als Eisenoxydhydrat ausgefällt wird. (In Stettin soll
man jedoch durch eine kräftige Aeration in der Enteisenungsanlage den
Mangangehalt von 5 auf 0,2 mg im Liter reduziert haben.)
Beim Boden des Oderschwemmlandes wurde nun durch die Analyse
mehr Schwefelsäure im Wasser nachgewiesen, als vom Kalk gebunden werden
kann. In einem späteren Artikel der „Schlesischen Zeitung" vom 10. Juni 1906
schreibt Prof. Dr. Luedecke, daß aus dem Analysenbefunde gefolgert werden
kann, daß die verunreinigenden Stoffe in der Nähe der Brunnen lagern
müssen und auf ganz kurzem Wege mit dem Wasser in die Brunnen gelangen.
Das Schädliche im Wasser ist die Schwefelsäure, die im Boden nach
Auspumpen des Grundwassers entstanden ist und Eisen und Mangan in
Lösung bringt. In anderen Fällen kann das Wasser auch Eisen in Form
von kohlensaurem Eisenoxydul enthalten, welches durch den Prozeß der
Aeration durch Aufnahme von Sauerstoff in unlöshches Eisenoxydhydrat
überführt und daher ausgefällt wird, welches Sediment später durch Filtration
entfernt werden muß.
Über die Grundprinzipien, nach welchen die Anlagen zur Enteisenung
von Grundwasser durchzuführen sind, wurde in übersichtlicher Weise auf
A. Eigenschaften des Wassers. X9
der 41. Jahresversammlung des deutschen Vereines der Gas- und Wasser-
fachmänner durch Zivilingenieur Prinz referiert.
Auf Grund der Betrachtungen über die hydrochemischen Vorgänge im
eisenhaltigen Untergrund, welcher nahezu in allen Formationen angetroffen
wird, ergeben sich folgende Erscheinungen:
Das Grundwasser hat einen veränderlichen Eisengehalt in einer wenig
gefestigten, an atmosphärischer Luft leicht zerfallenden chemischen Form.
Derselbe ist Ursache, daß sich das Wasser bald nach seiner Förderung an
die Erdoberfläche trübt. Die Trübung besteht oft nur in einem kaum merk-
baren bläulichen Opalisieren, steigert sich aber häufig bis zur reichlichen
Abscheidung bräunlicher Flocken. In den oberen Erdschichten ist vor-
herrschend Eisenoxyd vorhanden, welches, allmählich abnehmend, in Eisen-
oxydul übergeht, bedingt durch die allmähliche Abnahme des Sauerstoff-
gehaltes des Grundwassers während des Versinkens bis zur unteren Grenze
des freien Sauerstoffes. Damit zusammenhängend haben die Sande bis zur
Grenze des Vorkommens löslichen Eisenoxyduls ein gelbliches Aussehen, beim
Fehlen des ungebundenen Sauerstoffes sind sie grau. Die Lösung des Eisens
erfolgt durch das in den Untergrund einsickernde, Sauerstoff, Kohlensäure
und organische Substanz in Lösung haltende Meteorwasser. —
Mit großer Eisenabscheidung ist in der Regel verbunden eine beträchtliche
Auflösung organischer, namentlich humusartiger Substanz durch die aus der
Oxydation organischer Substanz hervorgegangene Kohlensäure.
Im Untergrund kann das Eisenoxydul zu Eisenhydroxyd oxydiert werden,
welches, sobald es mit organischer Substanz zusammenkommt, die letztere
wieder oxydiert und so abermals zu Eisenoxydul reduziert wird. Dadurch
wird eine neue Kohlensäurebildung hervorgerufen, welche zu einer weiteren
Vermehrung des Kohlensäuregehaltes Anlaß gibt. —
Als Begleiterscheinung eisenhaltigen Grundwassers bei bedeutendem
Gehalt an organischen Stoffen tritt zumeist Schwefelwasserstoff auf, der sich
bis zur Belästigung der Geruchsorgane steigern kann. Gebildet wird derselbe
durch Zersetzung (Reduktion) sauerstoffhaltiger Mineralsubstanzen, selbst
schwefelsaurer Salze (Gips). —
Der Eisengehalt bleibt nicht gleichmäßig derselbe, sondern steigert
sich zumeist.
Aufgabe der Enteisenung ist es, die Ausscheidung des Eisens
bezw. der Kohlensäure, welche dasselbe bindet, tunlichst zu beschleunigen.
Am rationellsten geschieht dies durch gleichzeitige chemische Bindung
und mechanische Einwirkung dadurch, daß das kohlensaure Eisenoxydul
zerstört und das feinverteilte, gefällte Ferrokarbonat durch Einwirkung des
atmosphärischen Sauerstoffes (Oxydation) in Flockenform überführt wird,
wodurch es durch die Filter leichter zurückgehalten werden kann.
Eine Enteisenungsanlage muß daher bestehen:
a) aus einer Oxydationsvorrichtung, welche das gelöste Eisen in
Flockenform überführt, und
b) aus einer Filteranlage, welche die ausgeschiedenen Eisenflocken
zurückhält.
2*
20 !• I^ic Wasserversorgung der Ortschaften.
Als Oxydationsanlage dienen zumeist sogen. Rieseier, die mit Koks
oder Klinker beschickt sein können oder aus Gradierwerken, welche aus Holz
und Astwerk bestehen.
Das Packen des Rieselers mit KoksstOcken (etwa in Faustgröße) muß
sorgfältig, unter Freilassung von Fugen erfolgen, um sowohl den permanenten
Luftzutritt zu gestatten, wie andererseits eine Verstopfung durch Eisenschlamm
zu verhüten.
Das belüftete oder gerieselte Wasser wird entweder direkt auf die
Filter geleitet oder dasselbe passiert vorher Sedimentierbassins und Verteilungs-
kammern. Die Filtriergeschwindigkeit ist hier ca. 10 mal größer wie die bei
normalen Flußwasser-Sandfiltern (Q = 2,5 m* pro m^ und Tag. Man kann
somit bei Feinfiltern ca. 25 m', bei Grobfiltern jedoch bis 40 und 50 m^ pro m*
und Tag aufleiten). Bei abnormal starkem Eisengehalt empfiehlt sich die
Verwendung von Doppelfiltern, und zwar Grob- und Feinfilter. Die ersteren
bestehen aus Kies und GeröUe von etwa 4 — 13 mm Korngröße und sind zu
bberst die gröbsten Steine gelegt, so daß sich keine Filterhaut bilden kann.
Die Feinfilter sind bezüglich der Anordnung des Materiales gleich mit den
gewöhnlichen Sandfiltern angeordnet.
Die Rieselerhöhe schwankt je nach dem Eisengehalt (insbesondere wenn
das Eisen an Humussäuren gebunden ist) zwischen 2 — 4 m, und soll die
Aufschlagwassermenge des Rieseier-Querschnittes nicht mehr als 0,5 — 1,0 sl.
pro 1 m* betragen. Rieseier-Packungen können bis 5 Jahre und darüber
gut funktionieren.
Durch die Enteisenung wird gleichzeitig durch das infolge Reduktion
des Kohlensäuregehaltes oft eintretende Ausfällen von Kalk- und Magnesia-
salzen auch eine Enthärtung des Wassers bewirkt.
Soll die Wirkung der Enteisenungsanlage eine in jeder Richtung
zufriedenstellende sein, dann muß sowohl bezüglich des Bausystems wie des
Betriebes die richtige Wahl getroffen werden.
Um über die Erfolge einer richtig durchgeführten Rieselanlage für
große Wassermengen nur ein Beispiel hervorzuheben, will ich auf die Ent-
eisenungs- und Feinfilteranlage der Stadt Breslau hinweisen, welche ich am
11. Juni 1906 besichtigte. Während an diesem Tage der Eisengehalt des
dem Rieseier zugeleiteten, mit Oderwasser gemischten Grundwassers 12 mg
betrug, zeigte das die Feinfilter passierte Wasser nicht einmal einen wahr-
nehmbaren Eisengeschmack und enthielt de facto nur 0,2 mg. Selbst bei
dem seinerzeit eingetretenen Maximalgehalt von 140 mg soll die Enteisenung
eine vollständige gewesen sein. Der Rieseier am Weidendamm ist für
maximal 72000 m^ berechnet und betragen die Reinigungskosten für 1 m*
Rieseier und Grobfilterfläche ca. 40 M. pro Jahr.
Um in chemischer Richtung genauen Aufschluß über die Beschaffenheit
eines Wassers zu erhalten, wird dasselbe einer qualitativen und quantitativen
chemischen Analyse unterzogen. Es empfiehlt sich, die betreffende Probe
von dem Chemiker selbst an Ort und Stelle entnehmen zu lassen, welcher
bei dieser Gelegenheit gleichzeitig auch den Gehalt an freier Kohlensäure
bestimmen kann. Wo dies der großen Entfernung oder der Kosten wegen
A. Eigenschaften des Wassers. 21
nicht möglich erscheint, werden ca. 5 Liter des zu untersuchenden Wassers
sorgfältigst in eine ganz neue, event. mit verdünnter Salzsäure gereinigte
Flasche eingefüllt, zuvor jedoch mit demselben Wasser Füllgefäß und Flasche
gut ausgewaschen und letztere mit einem neuen Korke verschlossen und
versiegelt.
Bei BeurteDung der Verwendbarkeit eines Wassers zu Trinkzwecken
spielen übrigens weniger jene Grenzwerte die Hauptrolle, welche bezüglich
der Quantität der gelösten chemischen Bestandteile von verschiedenen
Chemikern und Korporationen aufgestellt wurden und durch die chemische
Analyse nachgewiesen werden, sondern es tritt in vielen Fällen hauptsächlich
die Beantwortung der Frage in den Vordergrund, ob die Wasserentnahme-
stelle und ihre nächste Umgebung überhaupt einer eventuellen Verunreinigung
durch menschliche bezw. tierische Stoff Wechselprodukte, welche die Träger
von pathogenen Keimen sein können, ausgesetzt ist, oder ob dies als völlig
ausgeschlossen bezeichnet werden kann. Durch das Vorhandensein gewisser
chemischer Bestandteile kann allerdings auch auf die Verunreinigung durch
Stoffwechselprodukte geschlossen werden. So ist der Gehalt an Chlor, wel-
ches aus dem Chlornatrium des Urins stammen kann, dann bedenklich, wenn
gleichzeitig die Zersetzungsprodukte der Stickstoffverbindungen (Ammoniak,
salpetrige und Salpetersäure) im Wasser nachgewiesen werden, oder wenn
der Chlorgehalt den eines bestimmt nicht verunreinigten Wassers derselben
Gegend erheblich übersteigt. Ein solches Wasser ist unbedingt auszuschließen.
Früher begnügte man sich allgemein mit der chemischen Analyse.
Auch jetzt wird diese Untersuchung in allen jenen Fällen vollkommen aus-
reichen, wo die zur Versorgung gewählten Quellen direkt aus tiefen Fels-
spalten entspringen und hier auch gut gefaßt werden, also eine bakteriologische
Verunreinigung durch Mikroorganismen ausgeschlossen erscheint. Bei Fluß-
und Grundwasserleitungen jedoch hat man stets neben der chemischen Unter-
suchung das in Aussicht genommene Wasser auch einer bakteriologischen
Analyse zu unterziehen. Es ist nachgewiesen worden, daß manches chemisch
als rein, d. h. gesund befundene Wasser vom hygienischen Standpunkte
aus trotzdem nicht als rein bezeichnet werden konnte.
Unter den im Wasser vorkommenden organischen Mikroorganismen
sind es insbesondere die pathogenen Keime (z. B. die Typhusbazillen),
welche als Krankheitserreger infektiös wirken.
Da die Mikroorganismen zumeist nur von außen in das Grundwasser
gelangen können, so wird allgemein jenes Grundwasser bakteriologisch reiner
sein, welches tiefer liegt und durch eine entsprechend mächtige aufgelagerte
Infiltrationsschichte gegen äußere Verunreinigungen geschützt ist. Während
ein Wasser mit noch so wenig pathogenen Keimen absolut vom Gebrauche
auszuschließen ist, können solche Wässer, wo die unschädlichen Mikroben
ein gewisses Maß nicht überschreiten, anstandslos zur Versorgung heran-
gezogen werden. Auch die reinsten Quellwässer werden, weiter vom Ab-
fassungsorte untersucht, solche unschädliche Kleinwesen aufweisen.
Da bei Wasserversorgungen die Vorlage einer bakteriologischen (biolo-
gischen) Analyse des in Aussicht genommenen Wassers für Trinkwasser
22 !• Die Wasserversorgung der Ortschallen.
seitens der Behörden vorgeschrieben wird, so erscheint es untunlich, seitens
mancher kleineren Gemeinden aus SparsamkeitsrOcksichten die Entnahme der
Wasserproben für diese Analysen selbst zu besorgen, sondern muß diese von
einem Spezialisten selbst an Ort und Stelle erfolgen. Die Entnahme erfolgt
in kleinen, durch Wasserdampf sterilisierten luftleeren Probekölbchen
(Flügge sehe Kölbchen) mit langer, ausgezogener und zugeschmolzener Spitze,
welche, vorher erwärmt und wieder abgekühlt, in das Wasser getaucht, so-
dann unter Wasser mit einer Schere abgeschnitten wird, worauf das Wasser
in den evakuierten Kolben eindringt. Das teilweise gefüllte Probekölbchen
wird sodann sofort zugeschmolzen und in Eis verpackt. Die Ermittelung der
Keimzahl erfolgt in der Weise, daß eine bestimmte kleine Wassermenge mit
einem guten Nährboden, meistens verflüssigter Peptongelatine (10®/oige Gelatine)
gemischt, auf eine Platte ausgegossen und in einer keimdicht abgeschlossenen
feuchten Kammer der Entwicklung überlassen wird, worauf nach 8 — 14 Tagen
die Zählung der entwickelten Kolonien erfolgt. Das Gießen der Gelatine-
platten kann vom Fachmanne direkt auch an Ort und Stelle erfolgen, was
ratsamer erscheint.
In der Regel ist bei Entnahme der Wasserprobe die Quelle, der Ver-
suchsschacht etc. nicht gefafit und daher die Verunreinigung von außen,
namentlich auch durch die Arbeiter eine bedeutende. Wird nun in diesem
Zustande des Wassersammeiobjektes oder während der Fassungsarbeiten die
Probe entnommen, dann wird auch das Resultat der bakteriologischen Analyse
zumeist ein ungünstiges sein und event. dann insbesondere bei rein
theoretischer bezw. wissenschaftlicher Beurteilung die Nichtzulassung des
Wassers für Genußzwecke behördlicherseits ausgesprochen und auf diese
Weise das Kind mit dem Bade ausgegossen, also die beabsichtigte Durch-
führung eines sanitär wohltätig wirkenden Baues unmöglich gemacht werden.
Die Vornahme der definitiven bakteriologischen Analyse soll daher erst einige
Zeit nach vollständiger Bauvollendung der Wassersammelanlage vorgenommen
werden, insbesondere wo die Beschaffenheit des Ursprungsgebietes schon im
voraus eine schädliche Verunreinigung ausschließt, also z. B. bei Felsenquellen
oder in Waldgebieten befindlichen Quellen.
Bei Grundwasseraufschließungen mittels Probeschächten muß wohl schon
früher eine Analyse durchgeführt werden, um zu konstatieren, ob nicht etwa
pathogene Keime im Wasser enthalten sind, während bei Abwesenheit der-
selben eine Keimzählung, wie früher erwähnt, häufig zwecklos ist.
Bezüglich der bakteriologischen Beschaffenheit eines Genußwassers muß
jedoch hervorgehoben werden, daß nach dem neuesten Standpunkte der
Forschungen die Menge der Keime an sich kein Kriterium für die Beurteilung
der Güte eines Wassers bilden kann, sobald keine pathogenen Keime nach-
gewiesen erscheinen; es muß aber hierbei bemerkt werden, daß der Nachweis
von wirklich pathogenen Mikroben bisher überhaupt ein sehr schwieriger war,
bezw. daß nicht sicher konstatiert werden konnte, ob durch das betreffende
Wasser eine Infektion wirklich stattfinden könne oder nicht.
Dasselbe gilt von der Verteilung der Arten der Bakterien.
A. Eigenschaften des Wassers. 23
Nur wenn durch mehrfache bakteriologische Untersuchungen, insbe-
sondere nach längeren Trockenheitsperioden oder anhaltenden Landregen
plötzlich früher nicht konstatierte Bakterienarten in größerer Menge gefunden
werden, kann dies auf eine von außen her stammende Verunreinigung des
Brunnens oder der Quelle hindeuten, welche in manchen Fällen als hygienisch
bedenklich bezeichnet werden muß.
Es ist also weder das Resultat einzelner chemischer oder bakteriologischer
Analysen, soweit sie nicht das Vorhandensein giftiger Stoffe oder pathogener
Keime nachweisen, allein maßgebend, sondern es werden auch die geog-
nostischen und hydrologischen Verhältnisse der Umgebung des Brunnens von
hervorragendem Einflüsse sein.
Außer dem Nachweise einer Verunreinigung auf analytischem und
bakteriologischem Wege muß also insbesondere durch die Lokalverhältnisse
und die geognostische Beschaffenheit der Untergrundschichten die Möglich-
keit einer späteren Verunreinigung von der Oberfläche aus als
völlig ausgeschlossen nachgewiesen werden, soll ohne weitere Ergreifung
von Sicherheitsvorkehrungen das Wasserentnahmegebiet als tadellos erklärt
werden.
Dies ist nur dann möglich, wenn sich in einem entsprechend großen
Umkreis des Brunnens eine entsprechend mächtige, wasserundurchlässige,
zusammenhängende Schichte oberhalb der wasserführenden Schotter- und
Sandschichte befindet; das Vorhandensein einer solchen kann durch Bohrungen
erwiesen werden.
In größerer Entfernung von dem Brunnen, in der Richtung des Grund-
wassergefälles gemessen, ist das Vorhandensein einer solchen deckenden
Schichte oberhalb der wasserführenden Schotter- und Sandschichte weniger
von Belang, indem infolge einer länger andauernden Bodenfiltration und
Oxydation eine selbsttätige Reinigung solcher Abfallstoffe (Exkremente, Dung-
stoffe etc.) eintritt.
Ist in der näheren Umgebung des Brunnens die früher erwähnte
Schutzdecke (Letten- oder fette Lehmschichte) unter der Kulturschichte gar
nicht oder nicht zusammenhängend vorhanden, dann muß durch Schaffung
eines entsprechend großen Schutzrayons um den Brunnen, innerhalb dessen
jede Verunreinigung von oben (Düngung etc.) ausgeschlossen ist, dieser
Schutz künstlich geschaffen werden. Derselbe kann entweder als Wiesenland
ohne Düngung bewirtschaftet oder aber aufgeforstet werden. Hierbei ist
hervorzuheben, daß bezüglich der Düngung insbesondere die Stallmist- und
Jauchendüngung die gefährlichste ist, da durch dieselben pathogene Keime
(Krankheitserreger) in das Wasser gelangen können, hingegen mineralischer
Kunstdünger weniger von Bedeutung ist. Der Umfang dieses Schutzrayons
richtet sich nach der Größe der Depressionssphäre des Brunnens, d. h. jener
Grenze, bei welcher eine Absenkung des, natürlichen Grundwasserspiegels
nicht mehr eintritt.
Die Entnahme von Wasserproben zum Zwecke der chemischen und
bakteriologischen Untersuchung unterliegt in den meisten Fällen keiner be-
sonderen Schwierigkeit, insoweit als es sich um das Anfüllen jener Gefäße
24
I. Die Wasserversorgung der Ortschaflen.
#:;
handelt, aus welchen das zur Untersuchung notwendige Quantum sodann ent-
nommen werden kann.
In der Regel werden die Fassungsanlagen für die Quell- oder Grund-
wässer räumlich entsprechend groß genug sein, um eine Entnahme mittels
größerer Gefäße oder luftleerer Probekölbchen etc. zu ermöglichen.
Handelt es sich jedoch
darum, bei Aufstellung von
Grundwasserversorgungspro-
jekten das Grundwasser in
erster Linie durch eine An-
zahl von Bohrlöchern zu er-
schließen und die Abteufung
eines größeren Probebrunnens
von der früher zu konstatie-
renden Verwendbarkeit des
Wassers zu Genußzwecken
abhängig zu machen, was ins-
besondere bei kleineren An-
lagen der Ersparung der
Kosten wegen zumeist zu
empfehlen sein wird, dann
kann ein direktes Schöpfen
einer Wasserprobe unter dem
Spiegel des mehr oder weni-
ger tief unter dem Terrain
gelegenen Grundwassers mit
den bisher bekannten Appa-
raten um so weniger erfolgen,
als die Durchmesser der Bohr-
röhren kleinerer Anlagen ge-
wöhnlich nur 100—200 mm
betragen.
Diesem Bedürfnisse
Rechnung tragend, hat auf
mein Ansuchen Kollege Prof.
Dr. S. Zeisel nachstehend
beschriebenen Schöpfapparat
für Bohrlöcher von d^ 100 mm
konstruiert und wurde derselbe nach meiner Detailzeichnung durch den
Mechaniker L. Castagna-Wien hergestellt. (Siehe Österr. Monatsschrift f. d.
ö. Baudienst, 1899, Heft II.)
Nachdem sich sowohl bei den im chemischen Laboratorium des Prof.
Dr. Zeisel (k. k. Hochschule für Bodenkultur) gemachten Versuchen, als auch
durch die seither in der Praxis gemachten Erfahrungen die volle Verwend-
barkeit dieses Apparates erwiesen hat, so nehme ich keinen Anstand, die
einfache und dabei billige Konstruktion desselben zu, veröffentlichen.
Fig. 1. Wasserschöpfapparut für Bohrlöcher.
A. Eigenschaften des Wassers. 25
Der Apparat besteht in erster Linie aus einer Füllflasche mit ein-
geschliffenem Glasstöpsel, welche bei 200 mm Höhe und 50 mm äußerem
Durchmesser einen Fassungsraum von beiläufig 366 cm* hat.
Es kann somit durch eine dreimalige Füllung der Flasche 1 1 Wasser
dem Bohrloche entnommen werden.
Während des Füllens wird der Glasstöpsel durch eine Kautschukplatte
ersetzt, welche den glatt und eben abgeschliffenen Hals der Füllflasche wasser-
dicht abschließt, indem diese Kautschukplatte mittels einer Spiralfeder an den
Flaschenhals angepreßt wird.
Zur Sicherung und Fixierung ist die Füllflasche in einem vernickelten,
280 mm hohen, entsprechend starken Blechzylinder (d == 60 mm) eingestellt,
dessen Boden durch eine Bleiplatte entsprechend beschwert ist, während die
Flasche direkt auf einer starken, über der Bleiplatte befindlichen Kautschuk-
scheibe aufsteht.
Der Mantel dieser Blechhülse ist durch eine Anzahl von Längsschlitzen
und runden Öffnungen durchbrochen, um einerseits ein rasches Entweichen
der Luft, andererseits eine Prüfung der Klarheit des Wassers vor Öffnung
des Deckels zu ermöglichen. Desgleichen sind im abnehmbaren Deckel zwei
Öffnungen zur Entlüftung angebracht.
Der Deckel ist durch Bajonettverschluß leicht und sicher zu befestigen,
und ist mit demselben durch drei Stäbe ein aus Nickel angefertigter Ring in
Verbindung gebracht, welcher den Auftrieb der anfangs mit Luft gefüllten
leeren Flasche beim Hinabsenken ein öffnen des Kautschukverschlusses
hindert.
Die den Hals der Flasche abschließende Kautschukplatte kann durch
einen Metallstift gehoben und nach Aufhören des Zuges durch die Spiral-
federn der drei Führungsstangen wieder an die Flasche angepreßt werden.
In der Abbildung Fig. 1 erscheint in ca. einem Drittel der natürlichen
Größe der Schöpfapparat in Ansicht und Längenschnitt dargestellt. Darunter
befindet sich eine Ansicht des Deckels von unten und eine Daraufsicht
desselben. Zur rechten Seite ist das für geringere Tiefen sehr praktisch zu
verwendende Gestänge abgebildet, welches, aus einer Anzahl von 1 m langen,
vernickelten, zusammenschraubbaren Röhren bestehend, ein Hinabsenken des
Apparates in das Bohrloch ermöglicht. Das unterste Rohr ist auf den Deckel
direkt aufzuschrauben, während ein zweites, aus starken, ebenfalls je 4 m
langen Drähten bestehendes Gestänge an den Stift der Kautschukplatte an-
geschraubt wird. Dieses im Innern des Bohrgestänges befindliche Draht-
gestänge dient zum öffnen des Flaschenverschlusses, wenn derselbe ent-
sprechend tief unter der Wasserspiegeloberfläche untergetaucht ist. Nach dem
Aufhören des durch die aufsteigenden Luftblasen erzeugten Geräusches im
Bohrloch — ein Beweis der vollzogenen Flaschenfüllung — wird das Draht-
gestänge nachgelassen und der Apparat mit dem Rohrgestänge aus dem
Bohrloche gehoben, der Deckel der Hülse geöffnet, der Glasstöpsel eingesetzt
und die Flasche herausgehoben.
Für größere Absenktiefen können statt der Gestänge zwei Schnüre ver-
wendet werden, von welchen die eine an drei auf dem Deckel befestigte
26 !• I)ie Wasserversorgung der Ortschaften.
Karabiner angeknüpft wird, während eine zweite — die Zugschnur — an
einen Ring befestigt wird, welcher, dem Apparat beigegeben, für diesen Fall
in den starken Zentralstift der Flaschen- Verschluflplatte einzuschrauben ist
Selbstredend müssen vor der Wasserentnahme die Füllflasche, der Glas-
stöpsel und die Kautschukplatte entsprechend gereinigt bezw. sterilisiert werden.
In neuester Zeit wird in Fällen, wo Quell- oder Grundwasser qualitativ
und quantitativ nicht zur Verfügung steht, zu Genußzwecken auch das in
künstlichen Stauweihem (Talsperren) gesammelte Meteorwasser herangezogen
und sind die bisher gesammelten Erfahrungen äußerst günstige. Aus diesem
Grunde sollen im nachfolgenden die mit Rücksicht auf die Qualität dieses
Wassers vom Standpunkte der Hygiene notwendigen Betrachtungen ent-
wickelt werden.
Hygienische Beurteilung der Talsperrenwässen
Wie nicht anders zu erwarten, tauchten in jedem einzelnen Falle der
projektierten Verwendung von Tal sperren wasser für Genußzwecke von ver-
schiedenen Seiten Bedenken auf und bot sich zu derartigen Einwendungen,
insbesondere bei den der Bauausführung vorausgehenden Verhandlungen
bei zahlreichen Städten Deutschlands, welche nun schon seit Jahren mit
Stauweiherwasser zur vollsten Zufriedenheit versorgt werden, entsprechende
Gelegenheit.
Bei vielen dieser Fälle wurde der als hervorragender Spezialhygieniker
bekannte Direktor des hygienischen Institutes der Universität Bonn, Geheim-
rat Prof. Dr. Kruse zu Rate gezogen, auf dessen zahlreiche Gutachten ich
auch in den nachfolgenden Ausführungen öfters hinweise.
Es ist in erster Linie der Einwand naheliegend, ja vorauszusehen, daß
ein in offenen Teichen gesammeltes Bachwasser als solches schon zum Trinken
unbrauchbar ist und durch längeres Stehen in einem Teiche nur noch immer
schlechter wird, und zwar sowohl bezüglich seiner chemischen und bakterio-
logischen Beschaffenheit, wie auch rücksichtlich seiner Temperatur. Selbst
wenn das zufließende Bachwasser ein tadelloses Quellwasser wär^, müßte ich
den eben erwähnten Einwurf als vollkommen wahr und zutreffend be-
zeichnen, wenn es sich um die Ansammlung in flachen Teichen, also um
Oberflächenwasser handeln würde, gleichgültig ob das Abschlußwerk durch
einen gewöhnlichen Teichdamm aus Erde oder durch eine kunstvoll gemauerte
Talsperre von einigen Metern Höhe hergestellt ist.
Wesentlich anders gestalten sich jedoch die Verhältnisse, wenn die
Wassertiefe des Stauweihers eine größere ist.
Von einem in physikalischer, chemischer, physiologischer und hygienischer
Beziehung einwandfreien Wasser für Genußzwecke fordern wir verschiedene
Eigenschaften, welche sich in 2 Punkten ausdrücken lassen.
1. Das Wasser darf nicht gesundheitsschädlich,
2. es muß appetitlich sein.
Rücksichtlich seiner Verwendung als Nutz wasser wird neben einem
entsprechenden Grade von Reinheit auch verlangt, daß es
3. möglichst weich ist.
A. Eigenschaften des Wassers. 27
In bezug auf die erste Eigenschaft muß das zu Genußzwecken heran-
zuziehende Wasser chemisch und bakteriologisch einwandfrei sein, und
zwar muß dies in vorliegendem Falle weniger bei dem in den Stauweiher
einfließenden, als vielmehr bei dem durch die Rohrleitung aus dem Stau-
becken ausfließenden Wasser zutreffen, da, wie ich später nachweisen
werde, das Wasser durch langes Stehenbleiben in einem genügend tiefen
Stauweiher eine Reihe von Veränderungen erfährt, — einen Selbst-
reinigungsprozeß durchmacht.
Da bei Bachwasser in erster Linie immer den bakteriologischen Be-
denken der Vorrang eingeräumt wird, will ich auch diese Frage zuerst
besprechen.
Wie bezüglich der qualitativen chemischen Analysen hat man auch
rflcksichtlich der zulässigen Keimzahl gewisse maximale Grenzwerte
aufzustellen sich bemüht, die wohl nicht von einem ernsten Fachhygieniker,
jedoch von vielen Laien oft unrichtig aufgefaßt werden. So wie die chemischen
Grenzwerte schon seit langer Zeit nicht mehr so streng aufgenommen werden,
wird dies auch bezüglich der Keimzahl in einiger Zeit der Fall sein, in
welcher Richtung heute als Grenze 100, von anderen Seiten 300 Keime in
1 cm* als zulässig bezeichnet werden. .
Selbstredend betrifft dies nur die nicht pathogenen Keime.
Nach dem neuesten Standpunkte der Forschungen bildet, wie früher
schon hervorgehoben, die Menge der Keime an sich kein Kriterium für die
Beurteilung der Güte eines Wassers, sobald keine pathogenen Keime nach-
gewiesen erscheinen.
Dasselbe gilt von der Verteilung der Arten der Bakterien.
Als bezeichnend für die Auffassung der früher erwähnten Grenzwerte
will ich einen Absatz aus der Rede des Münchner Universitäts-Professors
Dr. Emmerich zitieren, welche er anläßlich der Begutachtung des Wassers
aus dem Ruhrflusse im Jahre 1904 gehalten hat; derselbe lautete: „Was
bedeuten überhaupt 10000 Keime im Kubikzentimeter Ruhrwasser gegenüber
der Milch mit 100000 bis 1 Mill. Keime? Die Butter auf einer Stolle hat
oft so viele Keime, wie Europa Einwohner. Gegenüber einer Käsestolle ist
eine Flasche Ruhrwasser eine homöopathische Dosis."
Doch, eine Grenze muß schließlich festgestellt werden, sonst gibt es
keinen Gradmesser für die Güte des Wassers. Bleiben wir also der
theoretischen Sicherheit wegen bei 100 Keimen pro cm*.
Das von diesem Standpunkte aus mehr oder weniger verdächtige Ober-
flächenwasser, welches in den Stauweiher hineinfließt, macht nun, wie früher
erwähnt, einen natürlichen Reinigungsprozeß durch. Als Beweis führt
Dr. Kruse unter anderem die Ergebnisse seiner zahlreichen Analysen vor,
welche er bei der Remscheider Talsperre gewonnen und die er in dem
1901 erschienenen „Zentralblatt für allgemeine Gesundheitspflege" veröffentlicht
hat. Diesem zufolge hatte das zufließende Bachwasser nach den innerhalb
10 Beobachtungsmonaten vorgenommenen 90 Analysen viele Hunderte und
Tausende Keime, während die Keimzahl des an der Sohle der Talsperre
28 I. I^ie Wasserversorgung der OrtschaftcD.
in der Nähe der Mauer ausfließenden Wassers durchschnittlich 50 im
cm* betrug.
Als besonders lehrreich hebt er folgende Beobachtung hervor:
Bei der Schneeschmelze Anfang März 1901 wurde der größte Teil des
Staubeckens mit Wasser angefüllt, welches ca. 3000 Keime aufwies. Mit
jeder Woche sank die Keimzahl im Becken und nach 6 Wochen fand er
im Mittel nur noch 38 Keime.
Diese Erfahrungen konnte Geheimrat Dr. Kruse nachträglich bei der
neugebauten Sperre in Barmen bestätigen.
Im März und April 1901 wurde das Staubecken zum ersten Male bis
zu einem Inhalte von 1 Mill. m* gefüllt, wobei die Keimzahl im zufließenden
Wasser 1000—2000 pro cm» betrug. Trotzdem fand er Ende Mai in dem
größten Teile des Beckens nur noch ca. 100 Keime, bloß in der Nähe des
Bach einlauf es wurden höhere Zahlen festgestellt.
Auch die in den letzten Jahren durch Professor Kolkwitz gemachten
Beobachtungen an dem Remscheider Stau weiher -Wasser bestätigten diese
hervorragenden Wirkungen der Selbstreinigung.
Diese Untersuchungen lehren uns nicht allein die Tatsache der Selbst-
reinigung des Wassers in den Stauweihem, sondern auch die Art und Weise,
wie sie sich vollzieht.
Das Bachwasser im Staubecken unterliegt während des Stehens in
erster Linie einer mechanischen Sedimentation; es findet femer eine
chemische Umsetzung gelöster Salze statt; die organischen Stoffe werden
zum Teil mineralisiert oder durch die Einwirkung gewisser, anfänglich im
Stauweiher befindlicher Bakterien hiervon gereinigt.
Dieser mechanisch-chemisch-biologische Prozeß wickelt sich in der
Weise ab, daß ein Teil der Keime mit den Sedimentstoffen zu Boden ge-
zogen wird, während durch die Tätigkeit der in jedem tieferen Staubecken
vorhandenen Protozoon, welche für den menschlichen Organismus unschädHch,
jedoch als Bakterienfresser bekannt, das Wasser von diesen Keimen befreit
wird. Weiter sind es die grünen chorophyllhaltigen Algen, die in ihrer
assimilierenden Tätigkeit das Wasser mit Sauerstoff anreichem, ferner Fäulnis-
bakterien, welche stickstoffhaltige Schlammteile durch ihren Lebensprozeß in
Ammoniak umwandeln, wieder andere, die das letztere in salpetrige Säure,
und endlich solche, die dasselbe in Salpetersäure umsetzen.
Zu diesen Prozessen gesellt sich nun noch die keimtötende Wirkung
des Lichtes, sowie die enorme Verdünnung hinzu, welche durch die
großen aufgespeicherten Wassermengen bedingt ist.
Die durch das Bachwasser mehr oder weniger zahlreichen in das Stau-
becken gelangten Bakterien sterben also daselbst allmählich ab, wozu jedoch
längere Zeit benötigt wird.
Derselbe Prozeß würde sich in den Wasserläufen, in Bächen und Flüssen
auch vollziehen, wenn das Wasser die nötige Zeit zur Reinigung hätte und
sich nicht fortwährend im Stadium der Bewegung befinden würde. Den viele
Wochen, bei großen Stauweihern mehrere Monate langen Aufenthalt in dem
an Nährstoffen armen Wasser des Stauweihers vertragen die Bakterien nicht,
A. Eigenschaften des Wassers. 29
wobei gleichzeitig auch der Sauerstoff der Luft, sowie die Belichtung zur
Vernichtung der Keime mit beitragen.
Auch die Krankheitserreger (die pathogenen Keime) vertragen, wie sehr
zahlreiche Laboratoriumsversuche nachgewiesen haben, den Aufenthalt im
reinen Wasser am wenigsten, so daß die Selbstreinigung bei pathogenen
Keimen eine viel raschere ist als bei unschädlichen Bakterien.
Kruse bewertet die Lebensfähigkeit von Typhus- und Cholerabazillen
im Wasser nur auf einige Wochen.
Grundbedingung für die Selbstreinigung ist also ein möglichst
langes Stehenbleiben im Stauweiher, d. h. möglichst große und
tiefe Staubecken.
Kruse ist völlig überzeugt, daß selbst etwa in den Stauweiher hinein-
gelangte Krankheitserreger absterben, ehe sie zum Abfluß gelangen können.
Dazu kommt noch die früher erwähnte enorme Verdünnung.
Also Sedimentierung, das Absterben durch Nahrungsmangel,
Luft- und Lichteinfluß sind die Hauptursachen der Selbstreinigung.
Auch in bezug auf die chemische Beschaffenheit erfährt das Wasser
durch den langen Aufenthalt im Staubecken, wie schon erwähnt, eine günstige
Beeinflussung.
Die seinerzeit an Dr. Kruse gestellte Frage, ob der Umstand, daß ein
Teil des Niederschlagsgebietes aus Sümpfen und Mooren besteht, die
Qualität des abfließenden Wassers schädlich beeinflussen könnte, beantwortete
er in nachstehender Weise:
„Von Schädlichkeit kann keine Rede sein, wie schon daraus hervorgeht,
daß sehr zahlreiche Talsperrengebiete in England und Amerika ähnliche Ver-
hältnisse aufweisen; die einzige Folge ist, daß das abfließende Wasser eine
leichte gelbliche Färbung zeigt, weil aus den Mooren organische Substanzen
in das Wasser übergehen, und zwar wird die Farbe im allgemeinen in den
kälteren Monaten, welche die Hauptmasse der Zuflüsse im Staubecken liefern,
lichter sein, weil das Wasser weniger Humussubstanz gelöst enthält, indem
bei niederer Temperatur alle Lösungsvorgänge langsamer zu erfolgen pflegen.
Im übrigen ist die organische Substanz, welche die Färbung bedingt,
von der harmlosesten Art (humussaure Salze), welche Substanz sich auch
sonst in allen natürlichen Wässern und hier in etwas vermehrter Menge
vorfindet."
Außer der Gewährleistung gegen Infektionsgefahr, die also den obigen
Auseinandersetzungen zufolge unter den später anzuführenden Bedingungen
gegeben ist, muß das Talsperren wasser auch von appetitlicher Be-
schaffenheit sein.
Diese ist bedingt durch eine entsprechende Temperatur, einen normalen
Geschmack und Geruch, bezw. Geschmack- und Geruchlosigkeit und ein
appetitliches Äußere, also Klarheit.
Die maßgebendste Eigenschaft hiervon ist wohl die Temperatur.
In dieser Richtung muß wieder der begründete Einwand gewärtigt
werden, daß das Wasser in den gewöhnlichen flachen Teichen bei hohen
30 1* I^ie Wasserveraorgmig der Ortschaften.
Lufttemperaturen um so wärmer värd, je länger es in denselben steht, ab-
gesehen von dem Übelstande, daß sich dabei oft auch Gase entwickeln.
Auch in dieser Richtung haben die praktischen Erfahrungen und die
Messungen an tieferen Seen das Gegenteil erwiesen.
Ohne jetzt schon Resultate bei in Betrieb stehenden Stauweiheranlagen
anzuführen, was später erfolgen soll, will ich in erster Linie auf die zahl-
reichen Temperaturmessungen hinweisen, welche der verstorbene Wiener
Universitätsprofessor Hof rat Dr. Friedrich Simony in den meisten öster-
reichischen Seen in verschiedenen Tiefen vorgenommen hat, und von den
ziemlich übereinstimmenden Resultaten ziffermäflig blofi jene des Attersees
hervorheben.
Dr. Simony fand daselbst folgende Hochsommertemperaturen des
Seewassers:
bei 1 m Tiefe 17,5 bis 20,0 <> C.
« 6 , „ 16,5 „ 19,50 „
« 12 „ „ 13,5 „ 16,00 ^
. 20 „ „ 6,0 „ 8,00 ^
. 30 „ „ 4,5 „ 5,50 ^
» 50 „ „ 4,2 „ 4,D „
80 4 0 4 4 0
Während also bis 12 m Wassertiefe der Einfluß der äußeren Luft-
temperatur noch zu bemerken war, entspricht die Temperatur des Wassers
in 20 m Tiefe beiläufig der dortigen mittleren Jahrestemperatur von 6 bis
8 0 C. — 4,8 — 6,4 0 R., während in größeren Tiefen nur mehr 4 — 5 o und zwar
ohne wesentliche Änderungen konstatiert wurden.
Nahezu gleiche Resultate in den gleichen Tiefen wiesen die Messungen
Dr. Simonys am Mond-, Wolfgang-, Gmundner und Hallstädter See auf.
Neben diesen Daten publizierte Universitätsprofessor Dr. E. Richter
in Graz die zahlreichen Resultate seiner Messungen an österreichischen und
bayerischen Seen.
Die wichtigsten (12) habe ich in einem Graphikon (Taf. I) aufgetragen,
wodurch eine deutlichere Übersicht erreicht wird.
Das Beobachtungs-Maximum der Seewasser-Oberflächentemperatur war
25,5 (beim Millstädter See) und das Minimum am Grunde des Atter- und
Wolfgang-Sees 3,9 o C. bei 164 bezw. 112 m Tiefe. Aus dieser graphischen
Darstellung ist mit einer frappanten Übereinstimmung bei diesen 12 Seen
Österreichs und Bayerns zu ersehen, daß zwischen dem 10. und 20. Meter Tiefe
die Temperatur rasch abnimmt. Dieser Sprung, der am markantesten zwischen
dem 10. und 12. Meter hervortritt, ist in einem Detail-Graphikon vom Wörther
See speziell hervorgehoben, wo innerhalb dieser 2 m im ganzen 10 Messungen
gemacht wurden. Selbst der nur 15 m tiefe Keutschacher See zeigt
zwischen 10 und 15 m Tiefe eine Abnahme von 10 auf 7,5 o C.
Die Messungen sind teils im Juli, August, teils im September
gemacht worden.
In den heißen Monaten ist der Verlauf der Temperaturkurve anfänglich
ein sehr flacher, da die Seeoberflächenerwärmung tiefer geht, während im
September der obere Teil der Kurve steil abfällt.
A. Eigenschaften des Wassers.
31
Während die Temperatur von 50 m Tiefe ab bei allen zwischen 4 und
5^ C. konstant bleiben, zeigt der Königsee, Chiemsee und Traunsee von 80
bezw. 180 und 150 m an eine kleine Steigerung der Temperatur, welche
Erscheinung dem Einflüsse der Erdwärme zugeschrieben wird.
Wir können daraus entnehmen, daß zur Erzielung von derart niederen
Temperaturen von 6 — 8*^ C, wie solche nur den besten Hochquellen ent-
sprechen, eine Stauweihertiefe von mindestens 20 m notwendig ist,
resp. das Wasser in dieser Tiefe entnommen werden muß.
De facto hatte das Talsperren wasser in Barmen (Rheinprovinz —
2^/2 Mill. m* Fassungsraum — 29,7 m größte Tiefe) im besonders warmen
Sommer 1901 bei einem Inhalte von 1 Mill. m^ (also wesentlich geringere
Stautiefe als obige 29,7 m) im Sohlenwasser dauernd eine Temperatur von
6—70 C.
Kruse hat dabei gelegentlich im Sohlen wasser auch so viel Kohlen-
säure gefunden, daß es im Glase perlte.
Das Remscheider Talsperren-Becken (max. Tiefe 18 m — 1,06 Mill. m*
Fassungsraum) ergab selbst bei Absenkungen bis unter die Hälfte des Fassungs-
raumes im Monatsmittel an der Sohle niemals eine höhere Temperatur als
12 0 C. = 9,6 0 R.
Von den vom L Januar 1900 bis 1. April 1901 monatlich durchgeführten
Temperaturmessungen in dem Remscheider Stauweiher will ich nur die am
meisten interessierenden Resultate der wärmeren Monate hier anführen«
1. Mai
1. Juni
1. Juli
1. August
1. Sept.
1. Okt.
Tiefe der Messungsstelle:
Inhalt
des Stauw
eihers am
Page der Messung (Mi]
11. m»)
0,886
0,765
0,699
0,867
0,865
0,634
An der Oberfläche . . .
10 0 C.
14,0
15,0
20,0
19,0
15,0
Bei 3 m Tiefe
9,6
12,5
14,0
18,5
18,0
14,5
n 6 n n
9,6
11,0
13,5
16,0
16,5
14,0
f 9 „ „
9,0
8,5
13,0
13,0
15,0
13,5
- 10 „ „
9,0
8,5
12,5
12,0
14,0
13,0
, 11 „ «
8,5
8,5
12,0
11,0
13,0
13,0
- 12 „ „
8,6
8,5
11,0
10,0
11,0
13,0
, 13 „ „
8,6
8,5
10,0
10,0
10,5
—
« 14 , „
8,6
—
—
9,5
10,0
-
,10, ,
—
—
—
—
—
n 16 . .
—
—
—
—
—
Das Gileppe — Talsperrenwasser bei Verviers — (Belgien 12 Mill. m^
Inhalt) zeigt bei 40 m Wassertiefe eine Temperatur von 4® C.
Wir werden also nach diesen Erfahrungen das Wasser im Hochsommer
noch genügend kühl aus dem Stauweiher erhalten, wenn in demselben stetig
um diese Zeit mindestens 10 — 15 m, womöglich jedoch 20 m Wasserstand
erhalten bleibt.
32 !• Die Wasserversorgung der Ortschaften.
Die Geschmack- und Geruchlosigkeit, sowie die Klarheit werden zumeist
von der chemischen Beschaffenheit des Wassers abhängen, und werden die-
selben, wie früher erwähnt, durch das längere Stehenbleiben im Stauweiher
ebenfalls einer günstigen Änderung unterworfen sein, insbesondere wird aber
durch die Sedimentation jede Trübung des Wassers behoben werden.
Den Beweis für die Richtigkeit der eben besprochenen Behauptungen
liefern nicht nur die wissenschaftlichen Untersuchungsresultate, sondern auch
die praktischen Erfahrungen, welche bei den vielen bereits durchgeführten
Stauweiheranlagen des Auslandes gemacht wurden.
Außer den bereits zitierten Beispielen seien noch nachstehende hervor-
gehoben:
In Deutschland war es zuerst die Stadt Remscheid, welche vor
15 Jahren (1891) einen Stauweiher für Trink- und Nutzwasserzwecke
erbaute.
Königsberg i. Pr. hatte schon früher Teichanlagen von zusammen
7 Mill. m* Fassungsraum zur Verfügung. Dem Beispiele Remscheids folgten
Lennep, Ronsdorf und Gevelsberg, ferner Barmen, Solingen, Elber-
feld, Plauen und Chemnitz i. S.
Die Talsperrenkommission der Stadt Nordhausen a. H. machte im
Sommer 1901 eine Studienreise durch Deutschland und Westfalen, um alle
Talsperrenanlagen, welche der Trinkwasserversorgung dienen, kennen zu
lernen.
Sie hat gefunden, dafi man überall mit der Güte des Versorgungs-
wassers rückhaltlos zufrieden war, obwohl in einzelnen Orten anfänglich
Mißtrauen zutage getreten war.
Nach diesen günstigen Ergebnissen wurde auch von der Stadt Nord-
hausen der Bau der Talsperre beschlossen.
Während in Deutschland der Beginn der Benutzung von Talsperren-
wasser also erst 15 Jahre zurückreicht, benutzt die Stadt Verviers in
Belgien schon seit 36 Jahren das Wasser der großen Gileppesperre, welche
der Stadt täglich 40000 m* zur Versorgung der Häuser und der Industrien liefert.
Viel früher und in zahlreicheren Fällen benutzt England und Amerika
(siehe die Berichte des Gesundheitsamtes des Staates Massachussets U. S. A.,
welche sich auf die Erfahrungen bei 37 natürlichen Wasserbecken [Teiche
und Seen] und 28 künstliche Stauweiher beziehen) dieses Wasser. In Eng-
land allein sind Millionen Menschen auf das Talsperrenwasser angewiesen.
Professor Dr. Kruse zitiert .ebenfalls gerade dieses Land, weil man
dort am frühesten auf die Möglichkeit der Verbreitung des Typhus und der
Cholera durch Wasser aufmerksam geworden ist und darum seit langer Zeit
auf solche Wasserepidemien scharf aufpaßt. Noch wichtiger ist, daß man
gerade in England ganz allgemein die Notwendigkeit, das Wasser der Flüsse
und Bäche, das sogen. Oberfläch enwasser, nur in gereinigtem Zustande zu
genießen, anerkannt hat, und daß es demnach in diesem klassischen Lande
der Sandfiltration Städte mit einer Bevölkerung von vielen Hunderttausenden
gibt (z. B. Manchester, Sheffield Halifax), welche Talsperrenwasser
unfiltriert genießen.
A. Eigenschaften des Wassers. 33
Man würde das sicher nicht bis in die neueste Zeit hinein getan
haben, wenn man das Talsperrenwasser für verdächtig gehalten hätte.
Kruse hebt weiter hervor, daß bisher noch keine Typhusepidemie
bekannt geworden ist, welche durch Talsperrenwasser erzeugt worden
wäre. In dem einen Falle in Verviers und in Remscheid (im Sommer 1900)
hat Kruse selbst festgestellt, daß die Infektion durch einen unterhalb der
Sperre laufenden Bach erzeugt wurde, dessen Wasser man ausnahmsweise,
um den Wasservorrat im Staubecken zu schonen, zur Aushilfe mitbenutzt
hat, was auch dadurch direkt nachgewiesen wurde, daß der Typhus nur in
jenem Teile der Stadt auftrat, wo kein Talsperren wasser eingeleitet war.
Rücksichtlich der Verwendung von Wasser aus Moorgebieten ohne
Beobachtung einer schädigenden Einwirkung auf die Konsumenten führe ich
ebenfalls England und Amerika als Beispiele an.
England.
Eine große Anzahl englischer Städte, welche durch Oberflächen wasser
versorgt werden, beziehen dasselbe aus Gebieten mit ziemlich ausgedehnten
Moorbildungen. Von Städten, welche derartige Wässer im Stauweiher
sammeln, seien hier genannt:
Liverpool (Virnvey-Sperre), Birmingham (Talsperren im Elan- und
Clearwen-Tale bei Rhayader), die Städtegruppe Nottingham, Derby,
Sheffield und Leicester, deren Wasserversorgung aus dem Flusse Derwent,
derzeit im Baue begriffen ist, endlich Edinburgh (Talla-Staudamm), vor
kurzem (1905) vollendet.
Ursprünglich wurde Liverpool mit dem direkt aus dem Stauweiher
zufließenden Wass«r versorgt, ohne vorhergehende Filtration. (Die Einleitung
des Virnvey Wassers erfolgte 1891.) Später wurden Sandfilter angelegt und
das Wasser mit einer Filtrationsgeschwindigkeit von ca. 2 m pro Tag gefiltert.
Das Wasser hat beim Verlassen des Stauweihers eine ziemlich starke
gelblich-braune Färbung und ist in der Nähe des Reservoirauslasses, wo die
konstante Rückleitung eines bestimmten Wasserquantums nach dem Unter-
laufe des Virnvey stattfindet, ein deutlich erdiger Geruch zu verspüren. In
Liverpool selbst hat das Wasser nur mehr einen Stich ins Gelbliche und
keinerlei merklichen Geruch oder Geschmack.
Der Bakteriengehalt beträgt im Jahresdurchschnitt der täglich ange-
stellten Analysen ca. 25 Keime pro 1 cm*. Es ist bemerkenswert, daß eine
Reihe früher angelegter Tiefbrunnen, welche gleichfalls zur Wasserversorgung
von Liverpool herangezogen wurden, einen konstant höheren Bakterien-
gehalt aufweisen.
Die kalorimetrischen Beobachtungen des Vimveywassers werden nach
einer besonders angefertigten Skala durchgeführt, können daher nicht zum
Vergleich herangezogen werden; größere Beobachtungsreihen sind überdies
nicht publiziert.
Das Einzugsgebiet der 1905 in Betrieb genommenen Stauweiher für die
Wasserversorgung von Birmingham weist noch erheblich ausgedehntere
Friedrich, Wasaerbau. Zweite Auflage. II. Band. 3
34 I. Die Wasserversorgung der Ortschaften.
Moorflächen auf, als jenes der Wasserversorgung von Liverpool. Dasselbe
ist fast vollständig unbewaldet und trägt an den Berglehnen nur eine
dürftige Heidevegetation.
Das Wasser zeigt in den Talsperren eine intensive gelblich-braune
Färbung, welche derzeit auch nDch dem in Birmingham zur Abgabe gelangenden
Wasser anhaftet, da die Filter noch nicht vollständig ausgebaut sind. Für
die Filtration sind Vorfilter unmittelbar bei den Stauweihern (bei Foel),
sowie die eigentliche Reinfiltration in den zu erweiternden Filteranlagen (von
Frankley) bei Birmingham im Baue begriffen.
Über das Wasser der Derwent-Reservoire und des Talla-
Reservoires von Edinburgh liegen noch keine Veröffentlichungen vor,
doch dürften" sich die Verhältnisse ebenso gestalten wie jene der Wasser-
versorgung von Birmingham, da die Bezugsorte vollkommen übereinstimmende
Charaktere aufweisen.
Amerika.
Boston, Vereinigte Staaten von Amerika.
Der Boston und mehrere benachbarte Gemeinden mit Trink- oder Nutz-
wasser versorgende Metropolitan -Water -Distrikt mit einer Kopfzahl von
ca. 850000 Bewohnern und einem täglichen Wasserverbrauch von 3500(K)0 m',
das ist pro Kopf und Tag ca. 400 1, bezieht das Wasser aus drei Niederschlags-
gebieten, von denen das seit 1850 in Verwendung stehende Cochituate-Gebiet
ca. 48,9 km^, das seit Ende der siebziger Jahre herangezogene Sudbury-
Gebiet ca. 194 km*, das erst im Ausbau begriffene Nashua-Gebiet 306 km*,
alle drei zusammen rund 550 km* umfassen. In allen 3 Gebieten finden sich
neben natürlichen Teichen größere Sümpfe, Moräste und Moore und erreichen
dieselben im Sudbury-Gebiet ca. 270 ha, das ist ca. 1,5 ®/o der Gesamtfläche,
im Nashua-Gebiet ca. 350 ha, das ist ca. 1,1 ®/q des Niederschlagsgebietes.
Diese Sumpfländereien werden parallelgehend mit dem Ausbau der Stauweiher
entwässert. Die Drainwässer gelangen in die Stauweiher, da eine gesonderte
Abfuhr derselben untunlich ist. Gegenwärtig findet eine Filtration des
Talsperrenwassers vor der Verwendung zu Genußzwecken nicht statt. Das
Wasser zeigt eine leichte Trübung und Färbung und läßt nur an heißen
Sommertagen einen schwachen pflanzlichen Geruch erkennen.
Der Bakteriengehalt ist im Jahresmittel mit ca. 250 pro cm* und Extremen
von ca. 40 — 1000 Keimen pro 1 cm* zu veranschlagen. Die Bakterien ge-
hören zu sanitär vollkommen unbedenklichen Arten.
Über die namentlich durch die Abflüsse aus den Sumpf- und
Moorgebieten hervorgerufene Färbung des Wassers werden fortlaufende Be-
obachtungen angestellt und bewegt sich hierbei die Färbung in Intervallen
von 0,20—1,00 der Platinskala.
Der Erfolg der Drainierung der versumpften Ländereien zeigt sich klar
in nachstehender Gegenüberstellung der Jahresmittel der kalorimetrischen
Beobachtungen an den Abflüssen von zwei Sumpfdistrikten vor bezw. nach
Durchführung der Trockenlegung.
A. Eigenschaften des Wassers. 35
Kalorimetrischer Befund (Platinskala).
Crane Swamp: vor der Drainiening (1894 — 95) 2,27
nach der Drainierung (1900) 0,82
Marlborough Junktion Swamp: vor (1894 — 95) 1,44
nach (1900) 0,47
Die Färbung ist sonach auf ca. SO^Jq der anfänglich beobachteten zu-
rückgegangen.
Experimentelle Untersuchungen über die Entfernung der bräunlichen
Färbung des Wassers, welche unter ähnlichen Bedingungen vom State Board
of Health (Staats-Gesundheitsamt) des Staates Massachusetts angestellt wurden,
ergaben, daß sich diese Färbung durch Sandfiltration bei einer Filtrations-
geschwindigkeit von 2 — 2,5 m pro Tag mit neuen Filtern vollkommen, mit
älteren Filtern zu erheblichem Teile entfernen läßt; ganz besonders wirksam
erwies sich eine Doppelfiltration mit zwischengeschalteter energischer Durch-
lüftung.
Auf Grund der geschilderten Vorgänge, Untersuchungen und Erfahrungen
erklärt Dr. Kruse das Talsperren wasser auf gleicher Stufe wie das Grund-
wasser stehend, und kann durch Ansammlung von Bach- oder Flußwasser
mittels Talsperren ein in physikalisch-chemischer, physiologischer
und bakteriologischer Beziehung vollkommen einwandfreies Genuß
wasser gewonnen werden, wenn nachstehende Bedingungen erfüllt werden;
1. Sämtliches Wasser hat am oberen Ende des Stauweihers einzutreten.
2. Das Wasser für die Speisung der Rohrleitung ist bei der Talsperre
selbst und zwar in möglichst größter Tiefe zu entnehmen.
3. Das Staubecken selbst soll möglichst lang und tief sein und einen
tunlichst großen Fassungsraum besitzen.
4. Die Absenkung des Wasserspiegels soll nicht über ein gewisses Maß
herunter gehen, so daß jederzeit ein 1 — 2 monatlicher Wasservorrat als Reserve
bleibt. In einer Richtung wird durch die größere stets vorhandene Wasser-
tiefe die Temperatur niedrig erhalten, andererseits wird die bakteriologische
Qualität des Wassers eine um so bessere, je größer dieser Reservevorrat ist.
Endlich bleibt derselbe unberührt von plötzlichen Erschütterungen, wie diese
sonst bei Schneeschmelze oder im Sommer bei Wolkenbrüchen eintreten
könnten. Die Erfahrung hat bei den größeren Talsperren gelehrt, daß, selbst
wenn im Laufe mehrerer Tage der Füllungsinhalt auf das Doppelte steigt,
nicht etwa eine gleichförmige Durchmischung des ganzen Wasserquantums
stattfindet, sondern das neu zutretende Wasser sich über den alten Wasser-
vorrat lagert, ohne denselben wesentlich in seinem Gleichgewichte zu stören.
Dies wird bewiesen durch die bakteriologischen Analysen, welche keine
Veränderung der Keimzahl oder höchstens eine vorübergehende Keimver-
mehrung im Wasser an der Talsperrensohle ergeben, während der größte Teil
des Beckeninhaltes sehr reich an Keimen ist und sich erst allmählich reinigt
5. Ist eine Auswahl in den Einzugsgebieten möglich, dann wird man
selbstredend jenes wählen, welches möglichst wenig bebaut und bewohnt ist.
In dieser Beziehung hat jedoch die Erfahrung gelehrt, daß ziemlich weite
Grenzen zulässig sind.
3*
36 I* l^ic Wasserversorgung der Ortschaften.
In Deutschland existiert bis jetzt kein Fall, in dem das Niederschlags-
gebiet ganz frei wäre von menschlichen Ansiedelungen.
Nach den amerikanischen Forschem ist diese Grenze mit ca. 120 Ein-
wohnern auf den Quadratkilometer Einzugsgebiet angenommen, bei deren
Überschreitung überhaupt erst die Möglichkeit einer Verunreinigung und die
Frage der Behebung eventueller Verunreinigungen in Betracht gezogen wird.
In diesem Falle wird, wo die örtlichen Verhältnisse es gestatten, die Be-
rieselung oder aber die Sandfiltration der größeren Sicherheit wegen
empfohlen, wodurch eine doppelte Gewähr dafür geboten wird, ein gänzlich
unverdächtiges Wasser zu gewinnen.
6. soll der Boden des Staubeckens selbst unmittelbar vor der ersten
Füllung gründlich von allen organischen Resten, Baumstämmen, Wurzeln
und der Humusschichte gereinigt werden.
IL Nuizwasser.
Die Eigenschaften, welche von einem Nutzwasser verlangt werden, sind
in erster Linie möglichste Reinheit (frei von sedimentären und chemischen
Verunreinigungen, also nicht trübe) und je nach dem Verwendungszweck keine
zu große Härte. Der letzteren Eigenschaft werden also zumeist alle Fluß-
wässer entsprechen. Im Falle vorübergehender Trübungen bei Hochwasser
wird durch entsprechende künstliche Reinigung (Filtration etc.) dem Wasser
die gewünschte Eigenschaft mit verhältnismäßig nicht zu hohem Kostenauf-
wande verliehen werden können.
B. Wasserbedarf.
Der Wasserbedarf hängt der Hauptsache nach von dem Zwecke ab,
dem die Wasserversorgungsanlage insbesondere zu dienen hat; er ist sonach
im allgemeinen wesentlich verschieden bei einer Trink- und bei einer Nutz-
wasserleitung. Weiter ist zu berücksichtigen, daß der Bedarf, pro Kopf und
Tag der Bevölkerung gerechnet, in großen Städten entschieden größer sein
wird wie in kleinen Ortschaften. Diese statistisch nachgewiesene Erscheinung
ist darin begründet, daß in großen Städten infolge größerer Wohlhabenheit etc.
auch im Wasserverbrauch höhere Ansprüche gestellt werden, insbesondere
bedingt durch Spülklosetts, Spül- oder Schwemmkanalisation, Besprengen der
Privat- und öffentlichen Gärten, sowie der Straßen, Speisung der Fontänen etc.
Für normale Verhältnisse hat man zur Berechnung des öffentlichen Wasser-
bedarfes von ganzen Ortschaften und Städten auf Grund statistischer Auf-
zeichnungen ein gewisses Quantum pro Kopf und Tag der Bevölkerung auf-
gestellt, das wohl auch bei den einzelnen Fachschriftstellern und Projektanten
variiert. Wenn auch der Grundsatz ein vollständig richtiger ist, daß vom
Standpunkte der Hygiene nie zu viel Wasser beschafft werden kann, so
müssen doch in Hinsicht auf die Bauökonomie gewisse Grenzen festgesetzt
und dürfen nicht die bezüglichen Resultate von großen Städten mit ausge-
sprochenem Wasserüberfluß in Betracht gezogen werden, sondern hat man
stets den wirklichen notwendigen Bedarf ins Auge zu fassen. Man kann
B. Wasserbedarf.
37
allgemein als mittleren jährlichen Wasserbedarf pro Kopf und Tag
der Bevölkerung annehmen:
1. Trinkwasserleitungen
für Trink-, Koch-, Wasch- und sonstiges Haushaltungswasser je nach der
Größe der Städte 20—45 1.
2. Allgemeine Wasserleitungen,
welche Trink- und Nutzzwecken dienen:
a) für Ortschaften und kleine Landstädte 50—60 1,
b) „ mittlere Städte (über 10000 Einwohner) .... 100 1,
c) ^ große Städte (über 100000 Einwohner) .... 120—150 1.
Bei Aufstellung des Projektes ist folgendes zu berücksichtigen: Dort,
wo obiges Wasserquantum pro Kopf und Tag in der entsprechenden Qualität
überhaupt zu beschaffen ist, wird man dasselbe als Faktor der Berechnung
zugrunde legen. Es sind jedoch obige Zahlen nicht derart aufzufassen, daß
in einem Falle, wo obiges Quantum mit für die Gemeinde erschwinglichen
Mitteln nicht zu beschaffen wäre, überhaupt von der Wasserversorgung
dieser Gemeinde abzusehen wäre. In einem solchen Falle muß man sich
lieber mit weniger aber gutem Wasser begnügen und unter obige Grenzwerte
gehen, was um so unbedenklicher akzeptiert werden kann, als der faktische
Verbrauch der meisten Städte, dort, wo eben keine Wasservergeudung vor-
kommt, ein kleinerer ist, wie dies nachstehende Tabelle des wirklichen
Wasserverbrauches einiger österreichischer und deutscher Städte aufweist.
Tabelle des faktischen maximalen Konsumes an Nutx- und Trinkwasser pro Kopf
und Tag von 80 Städten des In- und Auslandes, über welche mehrjährige
Betriebsaufxeichnungen vorliegen.
d
i
Land
Stadt
Ein-
wohner-
zahl
Liter
pro Kopf
and Tag
max.
Bemerkungen.
1
England
London
4200000
112
2
»
Manchester
850000
167
3
w
Liverpool
800000
129
Abgabe für industrielle Zwecke nach
Wassermesser, für Hausgebraucli
„^ discr^tion".
4
n
Birmingham
700000
105
Desgl.
5
n
Glasgow
611000
241
Abnormale Verhältnisse.
6
»
Newcastle inkl.
Gateshead
460000
153
7
n
Leeds
420000
158
8
Sheffield
367 000
99
9
w
Bristol
330000
100
10
n
Bradford
233 000
185
Wie No. 3.
11
n
Leicester
223000
80
38
I. Die Wasserversorgung der Ortschaften.
1
Ein-
Liter
Land
Stadt
wohner-
zahl
pro Kopf
und Tag
Bemerkungen.
A
max.
12
England
Edinburgh
206 000
163
13
n
Snnderland
150 000
89
14
n
Haddersfield
149 000
104
Wie No. 3.
15
n
Nottingham
130000
84
16
n
Derby
113000
104
17
»
Rochdale
108000
83
Wie No. 3.
18
n
Preston
82 000
111
19
n
Sonthpert
74 0 00
98
Wie No. 3.
20
n
Cambridge
60000
99
21
n
Devenpert
60000
154
Wie No. 3.
22
n
Norwich
57 000
66
23
Frankreich
Paris
2500000
69
Es stehen 1900 200 1 Nutzwasser
und 120 1 Quellwasser zur Ver-
fügung.
24
n
Lyon
400 000
85
25
n
Marseille
380000
470
26
Italien
Rom
400000
1105
Im Mittel 700 1, wovon 1601 pro
Kopf auf die Fontänenspeisung
entfallen.
27
Amerika
New-York
1515000
472
Mit 22000Wassermessem (im Mittel
300 1).
28
n
Philadelphia
1050000
477
29
n
Chicago
1100000
866
Im Mittel 530 1.
30
n
Brocklyn
838 000
389
n . 270 1.
31
n
St. Loais
452 000
460
. . 270 1.
32
n
Boston
448000
508
n .300 1.
33
n
Baltimore
434 000
496
n n 360 1.
34
n
Cincinnati
305000
583
„ « 420 1.
35
n
Baffalo
255 000
1479
. „ 700 1.
36
n
Washington
240000
—
„ „600 1.
37
n
Montreal
216000
320
38
n
Milwaukee
205 000
—
. „400 1.
39
n
Detroit
205000
734
. „ 600 1.
40
n
Teronto
181000
455
41
n
Providence
143000
234
Im Durchschnitt der amerikanischen
Städte entfallt rund 400 1.
42
Deutschland
Beriin
1500000
100
Durchschnittlich 80 L
43
n
Hamburg
500000
208
Abnormale Verhältnisse.
44
n
Breslau
480000
125
Mit Schwemmkanalisation und Spül-
klosetts-Abgabe mit Wassermesser
durchschnittlich 76 1.
45
T>
Leipzig
300000
123
DurchschnitÜich 97 1.
46
rj
Köln
282 000
224
Sehr wenig Wassermesser.
47
n
Dresden
276 000
125
Durchschnittlich 76 1.
48
7?
München
270000
71
6. Wasserbedarf.
39
1
Ein-
Liter
Land
Stadt
wohner-
pro Kopf
Bemerkungen.
1
zahl
und Tag
jj
max.
49
Deutschland
Magdeburg
193000
110
Mit Wassermesser 90 1.
Ohne „ 130 1.
60
1
Nürnberg
145 000
97
Durchschnittlich 67 1.
51
n
Düsseldorf
145 000
96
82 1.
52
n
Stattgart
140000
98
84 1.
53
n
Elberfcld
136 000
132
98 1.
54
n
Halle a. S.
100000
114
86 1.
55
n
Braanschweig
100000
103
69 1.
56
n
Stettin
100000
131
115 1.
57
rt
Altona
95 000
117
95 1.
58
?7
Posen
70000
110
47 1.
59
n
Lübeck
64 000
302
200 1.
Sehr wenig Wassermesser.
60
ri
Karlsruhe
62 000
198
Durchschnitüich 105 1.
61
»
Wiesbaden
62 000
112
80 1.
62
n
Würzburg
55 000
258
Abnormale Verh<nisse.
63
TJ
Kiel
53 000
95
Durchschnittlich 76 1.
64
Niederösterreich
Wien
1673 000
82
Für Hochquellenleitung in die
Häuser bloß 25 1 bemessen. Bei
voller Ausnutzung der Kapazität
des Aquäduktes 1380000 m*
täglich.
65
Steiermark
Graz
110000
66
43 1 im Mittel, 27 1 im Minimum.
66
Mähren
Brunn
100000
73
Ohne Industrie (—45 o/o) 106 1.
Mit ^ (MonatS'Maxim. Juni
1880).
67
ji
Olmütz
25 000
60
68
n
Mähr. Ostrau
25000
40
69
n
Iglan
24 000
51
Mit Industrie (projektiert auf 60 1
pro Kopf).
70
V
Znaim
15000
49
Ohne Industrie 58 1.
71
n
Neutitschein
14 000
48
72
T»
M. Schönberg
10000
36,6
Mit Industrie.
73
n
Müglitz
6000
25
74
Böhmen
Teplitz
27 000
111
Im Mittel 103 1 (samt Industrie).
75
T?
Aufiig a. E.
24 000
66
76
n
Eger
24 000
55
77
n
Brüx
24 000
68
„ „ 67 1 (ohne , ).
78
^
Saaz
18000
133
79
n
Rum bürg
14 000
46
„ „ 100 1(exkl. „ ).
80
Schlesien
Teschen
16000
45
40 I« ^ic Wassenrenorguig der Ortschaften.
Der zweite Faktor, die Einwohnerzahl, ist jedoch nicht nach dem Resultate
der letzten Volkszählung in Rechnung zu ziehen, sondern es muß das Wasser-
werk so projektiert werden, daß auch dem Bevölkerungszuwachs Rechnung
getragen wird. Vom Standpunkte der günstigen Finanzierung eines solchen
Unternehmens haben die Rechnungen ergeben, daß sich bei größeren Wasser-
werken, insbesondere bei solchen mit künstlicher Hebung, die Dimensionierung
der sofort zu bauenden Hauptbestandteile desselben mit Berücksichtigung
eines Bevölkerungszuwachses für die nächsten 15 — 25 Jahre empfiehlt, wobei
natürlich auf die Möglichkeit einer seinerzeit notwendigen Erweiterung der
Anlage Rücksicht genommen werden muß.
Bei sehr langen Quell-Zuleitungen wird man einen längeren Zeitraum
(30 — 50 Jahre) annehmen müssen. Bei kleinen Städten und Ortschaften ist
ohnehin der Bevölkerungszuwachs klein und wird namentlich bei Gravitations-
leitungen mit einem Menschenalter (also ca. 40 Jahre) zu rechnen sein. Dieser
Bevölkerungszuwachs beträgt, abgesehen von kleinen Städten, wo mitunter
ein Stillstand oder ein Rückgang zu beobachten ist, in größeren Städten im
Mittel ca. 2—3 ^Jq, in kleinen Städten 0,5—1 o/^, bei Dörfern ca. 0,3—0,5 o/^.
Bedeutet Z die gegenwärtige Einwohnerzahl, Zw die zukünftige Einwohnerzahl
nach n Jahren, so wird, falls ein gleichförmiger Zuwachs von p ^/q angenommen
wird, Zn—Z 1 1 + --r^jR ) (nach Art der Zinseszinsrechnung entwickelt),
daraus ist p^ 100 f\/--"- — l) und n = -^' — " ~ ^T -• Diese Art der
^ \^ Z / log. (1 + 0,01 p)
Berechnung des Bevölkerungszuwachses muß als das weitgehendste Maximum
angesehen werden; da der Zuwachs in längeren Zeitperioden kein gleich-
bleibender ist, sondern oft stark wechselt, so wird, um das ursprünglich zu
investierende Baukapital nicht unnötigerweise in zu hohem Maße in An-
spruch zu nehmen, bei Annahme eines größeren Zeitraumes nicht nach der
Zinseszinsformel gerechnet, sondern die lokalen Verhältnisse berücksichtigt
werden müssen. Andererseits aber kann voraussichtlich durch Schaffung
eines ausreichenden Wasserquantums die Möglichkeit der Ansiedelung neuer
Industrien oder aber eine bedeutende Vergrößerung der bestehenden Industrie-
und Gewerbeanlagen geschaffen werden.
Nach der Zinseszinsformel ist beispielsweise ein zu 4®/o angelegtes
Kapital K nach n Jahren Kn=^ K 1,04»», also nach 16 Jahren verdoppelt, nach
27 Jahren verdreifacht, nach 36 Jahren vervierfacht etc. Projektieren wir
nun eine leicht erweiterungsfähige Anlage (z. B. eine Pumpstation), so
könnte im Falle einer notwendigen Erweiterung nach 27 Jahren für dieselbe
der dreifache Betrag ausgegeben werden, als das ursprünglich investierte
Kapital unter Annahme des derzeitigen Bedarfes beträgt. Es bleibt also in
einem solchen Falle immer Sache der finanziellen Kalkulation, um die richtige
Wahl zu treffen.
Bei ganz kleinen Anlagen (Versorgung einzelner Gehöfte etc.) oder in
Städten, wo Industrie oder Viehzucht ganz abnormale Verhältnisse bedingen,
wird man bei Aufstellung des Wasserbedarfes detaillierte Berechnungen an-
stellen. Hierbei sind nachstehende Bedarfszahlen maßgebend.
B. Wasserbedarf. 41
I. Privatverbrauch.
In Wohnhäusern pro Kopf:
zum Trinken (2 1), Kochen, Reinigen zusammen .... 20 — 30 1,
für die Wäsche 10—16 „
also als Haushaltungswasser zusammen 30 — 45 „
für einmalige Klosettspülung 5 — 10 „
für Pissoirspülung:
a) intermittierend, für einen Standplatz und pro Stunde 30 — 60 „
b) kontinuierlich, für einen laufenden Meter Spülrohrlänge
und pro Stunde 200 „
für ein Wannenbad 350 „
für ein Sitzbad oder Dusche 30 „
für einmalige Garten- oder Hofbespritzung pro Quadratmeter 1 ,5 „
Tränken und Reinigen des Viehes:
1 Pferd oder Großvieh 50 „
1 Kleinvieh 10 „
1 Schwein . . .* 13 „
1 Kalb oder Schaf 8 „
für Reinigung eines Wagens 200 „
2. Kommunale Zwecke.
Auslaufbrunnen mit konstantem Auslauf pro Tag . 10000 — 15000 1,
Straßenbespritzung pro Quadratmeter 1 „
öffentliche Gärten pro Quadratmeter 1 — 1,5 „
Sparventilbrunnen ohne permanenten Auslauf
pro Tag 3000 „
1 Hydrant 4—6 sl pro Stunde = 14000—22000 „
3. Gewerblicher und Industriebedarf.
Brauereien pro Liter gebrauten Bieres 5 — 10 1,
Waschanstalten pro Bad 500 „
Schwimmbassin pro Quadratmeter einstündlicher Zufluß
während der Benutzungsstunden von 50 — 100 „
Kesselspeisewasser für Dampfmaschinen ohne Konden-
sation pro Stunde und Pferdestärke 20-30 „
Kesselspeisewasser für große Expansionsmaschinen mit
Kondensation 6 — 7 „
Schlachtehäuser pro Jahr und pro Stück geschlachteten
Viehes 300—400 „
Andere größere Industrien, sowie Schwemmkanalisationen werden speziell
bemessen und das Wasser mittels Wassermesser abgegeben. Diese Mengen
sind dann neben dem früher erwähnten Gesamtbedarf von 50 — 150 1 pro Kopf
und Tag der Bevölkerung, in welchem auch die sub a, b und c enthaltenen
Angaben inbegriffen sind, noch separat zuzuzählen.
Mittlerer Tagesbedarf. Dieser auf Grund des mittleren Tages-
konsums ermittelte mittlere Jahresbedarf schwankt je nach der Jahreszeit
42 !• I^ic Wasserversorgung der Ortschaften
und ist bei größeren Städten in der Regel infolge des großen Wasserver-
brauches für Besprizen im Hochsommer am größten und beträgt der
maximale Tageskonsum 125 — IoO^Jq des durchschnittlichen Tagesbedarfes.
Nach demselben ist die Größe des Hochreservoirs bei Gravitationsleitungen
kleinerer Ortschaften zu bestimmen. In 36 Städten Deutschlands schwankt
das Verhältnis zwischen dem maximalen und dem mittleren Tageskonsum
zwischen 1,14 und 1,89; in jenen Städten jedoch, wo das Wasser nicht
ä discrdtion, sondern mittels Wassermesser abgegeben wird, wechselt das-
selbe Verhältnis zwischen 1,2 und 1,5, also 120— 150<^/o.
Maximaler Stundenkonsum. Der Verbrauch ist jedoch auch während
des Tages verschieden und sind die Rohrdimensionen nach dem maximalen
Stundenkonsum zu berechnen (nebstdem noch der gleichzeitige Bedarf zur
Speisung von 1 — 2 Hydranten).
Der maximale Stundenkonsum am Tage des größten Ver-
brauches beträgt 10 — 12^/o des mittleren Tagesbedarfes, bei großen
Städten auch 150^/^ des mittleren Stundenkonsums am Tage des größten
Verbrauches.
Beispiel: Der mittlere Tagesbedarf einer Ortschaft von 2000 Ein-
wohnern würde z. B. 2000 . 60 1 = 120000 1 = 120 m» betragen. Das Hoch-
reservoir der Gravitationsleitung hat daher einen Fassungsraum gleich
dem maximalen Tageskonsum von 120 . 125 ^/q = 150 m^ zu erhalten. Das
Hauptzuleitungsrohr von den Quellen zum Hochreservoir ist nach dem
120 "«*
mittleren (permanenten) Zufluß Qmittei = qc^ao aec = 1|39 = 1,4 sl. zu dimen-
sionieren. Das Hauptspeise röhr für die Stadt (vom Hochreservoir bis zum
Beginn des Stadtrohmetzes) ist nach dem maximalen Stundenkonsum zu be-
rechnen. Derselbe beträgt:
12000 ^
Ö««c.* = 120 . lOO/o = 12 m«, also Q„u^.'^' = -^öÖÖ~^ ^ ^'^^ ®**
Nehmen wir nun an, daß bei dieser kleinen Stadt gleichzeitig nur
1 Hydrant für Feuerlöschzwecke oder Straßenbespritzung mit 0 = 4 sL zur
Verwendung gelangt, so muß das Hauptzuleitungsrohr eine Kapazität von
Q = 3,33 + 4,0 = 7,33 sl. erhalten. Bei einer ausschließlichen Trinkwasser-
leitung, woselbst man auf die Einbauung von Hydranten nicht Rücksicht
nimmt, wird natürlich das Hauptspeiserohr nur für Q = 3,33 sl. berechnet
werden. Aus dem Titel von Wasserverlusten durch Abgang bei den
Überlaufleitungen der Sammelobjekte infolge ungleichmäßigen Konsums, femer
durch eventuelle Undichtheiten in den Rohrleitungen soll zu dem oben be-
zeichneten Wasserbedarf noch ein Zuschlag von ca. 10 — 20 ^/q gegeben
werden.
Jährliche Verbrauchsschwankungen. Abgesehen von der Zunahme
des Wasserverbrauches mit zunehmender Bevölkerung, wechselt selbst bei
einem gleichbleibenden Bevölkerungsstande die Verbrauchssumme pro Jahr,
teilweise bedingt durch Änderung der klimatischen Verhältnisse (heiße, regen-
arme und kalte, regenreiche Jahre). Zum Teil jedoch nimmt der Konsum
zumeist alljährlich zu, und zwar in einem viel größeren Verhältnisse als der
C. Wassergewinnung.
43
t^jUi*n*n'
Zuwachs der Bevölkerung, da die Hausanschlüsse sich vermehren und über-
haupt bei zunehmender Erfahrung in bezug auf Annehmlichkeit, Nützlichkeit
und Billigkeit der Wasserentnahme aus dem Wasserwerke gegenüber des
früheren Bezuges aus Brunnen etc. die moderne Wasserleitung immer mehr
in Anspruch genommen wird.
Aus Fig. 2 ist die stetige Zunahme des Konsums aus dem Nutzwasser-
werke der Stadt Brunn in Mähren seit dem Jahre 1878 zu entnehmen.
Während im Jahre 1878 der Gesamtverbrauch 24,5 Mill. Österreich. Eimer
(ä 56 1) betrug, stieg der-
selbe im Jahre 1894 auf
68 Mill. Der Wasserver-
brauch für Industriezwecke
ist durch schraffierte
Flächen angedeutet und
betrug 1878 10 Mill. und
1894 21,2 Mill. Eimer, ent-
sprechend 40,8 und 31,2 o/^j
des Gesamtbedarfes. Die
Prozente sind durch eine
strichpunktierte Linie an-
gedeutet, wobei jedoch
als Höhenmaßstab der
doppelte des links eingezeichneten zu nehmen ist, also 0, 20, 40, 60 . . . 140
Prozente. Der Rest entfällt auf Hausverbrauch und öffentliche Zwecke inkl.
des 1 — 2^Iq betragenden Bedarfes für Betriebszwecke des Wasserwerkes selbst.
Fig. 2. OrapMkon des jährlichen Waeserverbraaches des
BrUnner Wasserwerkes.
C. Wassergew^innung.
Die Wassergewinnungs- bezw. Sammelanlage wird eine verschiedene
sein, je nachdem wir Quell-, Grund- oder Flußwasser verwenden wollen oder
event. das auf den Boden niederfallende Meteorwasser direkt zu sammeln
gezwungen sind (Sammelteiche, Stauweiheranlagen). In erster Linie sollen
die Sammelanlagen für Quellwässer besprochen werden.
L Quellfassungen.
Um bezüglich der Ergiebigkeit einer Quelle annähernde Grenzwerte zu
finden, müssen tunlichst viele Messungen in verschiedenen Jahren und Jahres-
zeiten vorgenommen werden. Insbesondere wird die geringste Ergiebigkeit
der Quelle in Betracht zu ziehen sein, welche in unseren Gegenden mittlerer
Seehöhe zumeist in den Anfang des Herbstes (September und Oktober) und
das Ende des Winters (Februar) vor Beginn der Schneeschmelze fällt. Anders
verhält es sich bei Quellen im Hochgebirge, deren Infiltrationsgebiet in die
Schneeregion fällt, oder wo überhaupt die Schneedecke lange liegen bleibt
und die Schmelze erst in den Sommer fällt. Eine Ausnahme bilden auch
die Quellen im Karstgebiete und ähnlichen von Höhlenbildungen durchsetzten
Formationen. Liefert die Quelle mehr als den notwendigen Bedarf oder
44 I- ^i^ Wasserversorgung der Ortschaften.
erscheint der letztere wenigstens immer gedeckt, dann wird die Quelle als
solche ohne weitere Sammelanlagen gefaßt werden können; im anderen Falle
muß eine entsprechende Vermehrung des abzufassenden Wasserquantums
durch Erweiterung, Tieferlegung, Sammelstollen, Sickerkanäle etc. angestrebt
werden, insoweit eine solche mit Rücksicht auf die geognostische Beschaffenheit
überhaupt zu erzielen möglich ist.
Die bauliche Konstruktion dieser Anlagen zerfällt in zwei Hauptgruppen :
a) die eigentliche Sammelanlage,
b) die Quellenstube (bei größeren Ausmaßen Wasserschloß genannt).
Tritt die Quelle nur an einem Punkte (konzentriert) zutage, so entfällt
eine Sammelanlage und wird nur die Quellenkammer oder die Quellenstube
zu bauen sein. Je nachdem der Austritt der Quelle von unten oder seitwärts
erfolgt, wird sich auch danach die bauliche Durchführungsart richten; weiter
wird die Fassung eine Änderung erfahren müssen, je nachdem die Quelle aus
Felsenspalten oder einer wasserführenden Schotter- oder Sandschichte ent-
springt. Ist das Quellwasser, an verschiedenen Orten austretend, zu sammeln,
so muß eine separate Sammelanlage angelegt werden. Dieselbe kann aus
einem System von einfachen Drainageröhren, besser gelochten Steinzeugröhren,
aus gemauerten Sickerkanälen oder aus Sicker- oder Sammelstollen oder
endlich auch aus Sammelbrunnen bestehen. In nachfolgenden Figuren sollen
nun einige der wichtigsten Typen von Quellfassungen vorgeführt werden,
wie solche bei den vom Verfasser projektierten und durchgeführten zahlreichen
Wasserversorgungen von Ortschaften und Städten zur Durchführung gelangten.
I. Pelsquellen.
Figuren 3 — 5 zeigen im Längenschnitt und Grundriß die Fassungen von
Quellen, welche an einem ßergabhange austreten. Mittels eines Schlitzes
Länxenschnitt Grundriß.
Fig. S. Einfache Quellfaasung.
wurde der Quelle nachgegangen und das Terrain bis zum gesunden an-
stehenden Fels aufgedeckt. Das in Fig. 3. aus einzelnen unmittelbar neben-
einander liegenden Felsspalten hervorquellende Wasser wird durch eine in
den beiderseitigen Felswänden eingebundene, in Portlandzementmörtel her
gestellte kleine Staumauer (0,16—0,30 m stark) abgedämmt, an welche Mauer
C, Wassergewinnnng.
45
sich eine kleine, 45/45/50 cm oder 60/60/50 cm weite Quellkammer anschließt,
welche mit einer Deckplatte bedeckt ist und deren 3 bergseitige Mauern mit
Schlitzen versehen sind. Aus diesem Objekt führt eine Eisen- oder Tonrohr-
leitung das Wasser der tiefer gelegenen Quellstube zu, in welche event. noch
andere derartige Leitungen einmünden. Die Quellkammer wird mit größerem
Geschiebe, Schotter und dergl. bedeckt und der andere Teil des Schlitzes
sodann wieder angeschüttet. Ein mit einer Nummer versehener Markstein
LäDgenBchnitt. Onmdrlfi.
Fig. 4. Qaellfassang mit Vereinigtingfischacht.
bezeichnet nachträglich oberirdisch die Lage dieser Quellfassung. In Fig. 4
(Grundriß) liegen die Quellspalten schon weiter voneinander und wird daher
die Quellsammelanlage aus einem Saugkanal in Verbindung mit einer oder
zwei kleinen Quellkammern und einer wasserdicht gemauerten Vereinigungs-
Längeo schnitt. Grondrifl.
Fig. .*>. Fassang von 2 Quellen mit einer Vereinigungskammer.
kammer (Schacht, Akkumulator) bestehen, wobei durch Staumauern ein Umlauf
des Wassers verhindert und der Eintritt in den Saugkanal durch bergseitig
im Mauerwerk ausgesparte Schlitze ermöglicht ist. Fig. 5 zeigt eine etwas
abweichende Form einer solchen Quellfassung, wobei der Saugkanal des großen
Gefälles wegen abgetreppt angeordnet erscheint. Aus dem 0,45/0,45/0,60 m
weiten Vereinigungsschacht wird das gesammelte Quellwasser durch eine
40 mm weite Gußrohrleitung der Quellstube zugeführt.
Fig. 6 a — e zeigt die Fassung einer Quelle, welche zur Versorgung
einer mährischen Stadt dient. Diese dem Pläner (Kreideformation) ent-
46
I. Die Wasserversorgung der Ortschaften.
b) Längenschnitt CD.
c) Grundriß.
"•^
a) Längensohnltt AB.
d) Querschnitt durch den
Beton-Sammelkanal.
Fig. 6. Qnellenfassung und Quellenstube.
e) Querschnitt durch den
Rohr-AbleitungskanaL
C. Wassergewinnang. 47
springende Quelle wurde zu Anfang des vorigen Jahrhunderts durch einen
kurzen Stollen aufgeschlossen, welcher seitdem einstürzte, wodurch die bei B
ersichtliche Terrainmulde entstand, welche später nach erfolgter Fassung der
Quelle (1896) mit Steinen ausgefüllt, mit einer Tegel- (Letten-) Anstampf ung
gedeckt und überdies durch Pflaster oder Rasenbekleidung auf der Terrain-
oberfläche gegen das Eindringen von Tagewasser geschützt wurde. Ein Teil
des alten Stollens ist aus dem Längenschnitt b und dem Grundriß c zu er-
sehen. Die Fassung der drei Austrittsstellen der Quelle aus Spalten des
Plänersandsteines erfolgte durch gelochte Steinzeugrohre, d = 150 mm. Die
Hohlräume der Felsnischen wurden sorgfältig mit reinen Bruchsteinen aus-
geschlichtet. Das Wasser sammelt sich in einem 4 m langen, 0,60 m weiten
und 0,90 m hohen, aus Beton hergestellten gewölbten Sammelkanal, welcher
zur Sicherung gegen Druck der darüber liegenden hohen Anschüttung sehr
kräftig dimensioniert erscheint; er ist in der Mitte mit einer Kontrollöffnung,
welche mit einer Steinplatte gedichtet ist, versehen.
Aus Sparsamkeitsrücksichten wurde die Herstellung eines neu zu
mauernden Zugangstollens unterlassen. Durch eine 200 mm weite Steinzeug-
rohrleitung, welche zum Schutze in einen aus Ziegelmauerwerk hergestellten
Deckeldurchlaß (35/40 cm) gelegt wurde (siehe Fig. 6 e), wird das Wasser der
in nächster Nähe gelegenen Quellenstube (Quellenhaus) zugeführt. Fig. 6 a
stellt den Längenschnitt durch den Sammelkanal mit der Ansicht der Böschungs-
versicherung, d den Querschnitt dieses Kanales dar..
Eine andere Art der Fassung von Felsenquellen wird durch Fig. 7
veranschaulicht, welche dem Projekte der Trinkwasserleitung für die Stadt
Brunn (Mähren) entnommen ist, das, in den Jahren 1889 — 1896 vom Verfasser
ausgearbeitet, der Gemeinde vorgelegt wurde. Die in Aussicht genommenen,
60 km von Brunn gelegenen Quellen des Kreidegebietes Brüsau-Mußlau würden
in verschiedener Weise zu fassen sein. Speziell die auf einer Strecke von
ca. 100 m lokal nebeneinander auftretenden Quellen von Brüsau {Q = 100 sl.)
werden einzeln gefaßt und durch einen Sammelkanal in das in der Nähe
gelegene Wasserschloß geführt. Die in Fig. 7 gezeichnete Quellfassung be-
zieht sich auf einen Quellaustritt, welcher derartig zu fassen ist, daß gleich-
zeitig die direkte Schöpfung des Wassers mittels Gefäßen ermöglicht werden
soll, da diese Quelle seit jeher von den in der Nähe wohnenden Personen
zur Deckung des Trinkwasserbedarfes verwendet wird. Hierbei muß jedoch
die Möglichkeit jeder eventuellen Verunreinigung ausgeschlossen bleiben. Wie
aus dem Grundriß zu ersehen ist, werden die nebeneinander liegenden Quell-
austritte No. 6, 7, 8 und 9 durch einen gewölbten Kanal a b verbunden. Das
hier gesammelte Wasser tritt bei c in den eiförmigen Beton-Sammelkanal cd
ein, dessen linke Wand m verlängert, die Schieberkammer s abschließt. Bei
geöffnetem Schieber 5 wird durch eine eiserne Rohrleitung das durch Treppen
zugängliche offene Wasserbassin / in dem Maße der Entnahme stets nach-
gefüllt werden, ohne daß eine Verunreinigung des Quellwassers in dem
Sammelkanal möglich ist. Eine eventuelle Bedienung des Schiebers s kann
durch den versperrten Einsteigschacht e erfolgen. Das Plateau der Quell
fassung liegt 1 m über dem höchst gelegenen Hochwasserspiegel.
48
I. Die Wasserversorgung der Ortschaften.
QÜEI\SCHN1TT. AB
Flg. 7. Fassung der obersten Brüsaner Bahnhofquellen (Projekt Briinn).
C. WassergewinnoDg.
49
Tritt das Wasser nicht konzentriert aus einzelnen größeren Steinspalten
auf, sondern sickert dasselbe mehr oder weniger gleichförmig aus dem durch-
lässigen Gestein aus, dann kann die Ergiebigkeit der Quelle durch einen
.Aiiz^.
Längenschnitt.
Querschnitt.
Fig. 8. Qaell-Sammelkanal im Stolleu.
Sammelkanal vermehrt werden, welcher entweder in einem von Tag aus
ausgehobenen tiefen Graben oder in einem bergmännisch vorgetriebenen
Stollen hergestellt wird. Er-
folgt der Austritt des Quell-
wassers nur auf einer Seite,
dann werden auf dieser
Schlitze in die bergseitigen
Widerlager des Deckeldurch-
lasses oder gewölbten Kanales
gelassen, das talseitige Wider-
lager hingegen wasserdicht
in Zementmörtel gelegt.
In Fig. 8 sind beider-
seits Schlitze belassen, da in
diesem Falle das Quellwasser
von beiden Seiten eintritt.
Der übrig bleibende freie
Stollenraum wird zumeist mit
Steinen gut ausgeschlichtet,
um ein Einstürzen zu ver-
hindern.
Fig. 9 und 10 zeigen
die Fassungen von lokal
auftretendem Quellwasser in
Basalttuff, welcher, überhaupt wasserdurchlässig, in seinen unteren Partien
die wasserführende Schichte repräsentiert. Als undurchlässige Liegend-
schichte tritt hier eine schwache Lage von Grünerde auf, welche auf Süß-
wasserkalk auflagert. Die lokale Quelle in Fig. 9 wurde durch ein ge-
lochtes glasiertes Steinzeugrohr T gefaßt, welches, auf einer Betonplatte B
Friedrich, Wasserban. Zweite Auflage. IL Band. 4
~1 T^iTi! ^ — I — -
Fig. 9. QuellfasBimg mit Schacht.
50
I. Die Wasserversorgung der Ortschaften.
Stehend, oben mit einem eisernen Deckel verschlossen ist. Der Zutritt des
Wassers erfolgt durch eine Schlichtung von Trockenmauerwerk, auf welche
ein Einsteigschacht aufgemauert ist, wodurch die Quelle jederzeit zugänglich
gemacht erscheint. Durch die Leitung r findet das Quellwasser seinen Ab-
fluß in einen Sammelschacht (Akkumulator) oder direkt in die Quellsammel-
stube oder das Hochreservoir.
In Fig. 10 konnte, da die Quelle mitten auf einem Acker liegt, kein
Einsteigschacht gemauert werden. Das gelochte Steinzeugrohr, das hier un-
mittelbar auf Felsen aufsteht und ringsum mit Schotter und Kies umschlichtet
ist, wird durch eine Kappe Z?, welche ähnlich einem Endstöpsel (siehe später
unter Fassonröhren) in die Muffe eingedichtet ist, wasserdicht abgeschlossen.
Eine kleine Mauer m dient als Stauschwelle für das in der wasserführenden
Schichte fließende Quell-
wasser und es ist gegen Ver-
unreinigung von der Ober-
fläche aus für einen ent-
sprechenden Abschluß durch
Zementguß und Lettenstamp-
fung gesorgt.
2. Quellstuben.
Um die Ergiebigkeit
und Reinheit der Quelle
jederzeit leicht kontrollieren
zu können, empfiehlt es sich,
eine eigene Quellstube,
Brunnenkammer, zu bauen,
welche bei sehr kleinen Lei-
tungen gleichzeitig die Stelle
eines Hochreservoirs ver-
treten kann. Größere Quell-
stuben pflegt man als
Wasserschloß zu be-
zeichnen. Eine größere Quellstube, welche leicht zugänglich sein muß, soll
einen Sandfang (Kammer für die Ablagerung des vom Wasser häufig mit-
geführten feinen Sandes) besitzen, um die Rohrleitung vor Verschlammung
zu schützen, weiter die eigentliche Reinwasserkammer und endlich die
Schieberkammer enthalten. Die letztere wird nur zu dem Zwecke gebaut,
um die Schieber in dem wasserfreien Räume leichter untersuchen, teeren
und schmieren zu können und das zu schnelle Rosten zu verhüten. Die
bauliche Konstruktion einer größeren Wasserstube ist aus Tafel II zu ersehen.
Ein Rohrstrang der Hauptzuleitung führt von hier zum Hochreservoir,
welches in der Nähe der Stadt gelegen ist; die Rohrleitung ist durch einen
Wasserschieber absperrbar und zur Verminderung der Kontraktion der
Wasserstrahlen beim Eintritt mit einem sogen. Trompetenrohr (siehe Fasson-
röhren) versehen. Diesen Rohrstrang pflegt man etwas höher als die Sohle
Fig. 10. Quellfassnng ohne Schacht.
C. Wassergewinnnng. 51
anzuordnen. Ein zweiter, kleinerer Rohrstrang im Niveau der Sohle der
Reinwasserkammer dient zur Entleerung der Quellstube (bei notwendiger
Reinigung), welche durch öffnen des bezüglichen Schiebers erfolgen kann;
in diese Leitung mündet unterhalb des Absperrschiebers die Überfall-
leitung ein, welche das eine gewisse Höhe überschreitende Oberflüssige
Wasser durch ein Trompetenrohr ü aufnimmt und durch die Entleerungs-
leitung abführt. Am Ende der Entleerungsleitung (Graben oder Bach) ist
ein Auslauf Objekt, mit einer Froschklappe verschlossen, einzubauen. Die
Kosten einer derartigen Quellstube belaufen sich auf ca. 3400 K (2900 M.).
Der in die Praxis eintretende Kulturingenieur kann aus nachstehendem
Kostenvoranschlage die Art und Weise der Aufstellung derartiger Projekts-
beilagen ersehen (siehe S. 52 und 53).
Auf Tafel III ist das Wasserschloß eines vom Verfasser projektierten
und 1894 gebauten Wasserwerkes im Grundriß, Daraufsicht, Ansicht und
3 Schnitten abgebildet. Das Wasserschloß besteht aus 2 Reinwasserkammern
(als Reserve bei Reinigung einer derselben) und einer mittleren Kammer, die,
mit Schotter gefüllt, als Grobfilter funktioniert und den Zweck hat, das ohne-
hin stets klare Grundquellwasser wohl nicht zu filtrieren, sondern Sand und
event. größere, durch die Sammelleitung gebrachte Steinchen etc. zurückzu-
halten. Die aus den 2 Sammelgebieten kommenden höher gelegenen Rohr-
leitungen (Taf. III, Fig. 3 und 6) führen das Wasser in diese Grobfilterkammer
ein, aus welcher es, vermittelt durch die anstoßende kleine Schieberkammer,
durch öffnen der Schieber s^ oder s^ (Taf. III, Fig. 6) in eine oder beide Rein-
wasserkammem eingelassen werden kann. Durch Offnen der Schieber Sg
oder S4 kann das Wasser in die 300 mm weite Hauptzuleitung eingelassen
und dem 12 km bei der Stadt gelegenen Hochreservoir zugeführt werden.
Durch die Schieber s^ und s^ kann eine Entleerung, durch die Oberfallrohre
«1, »21 ^^ ^^ Abführung des überschüssigen Wassers in den nahen Fluß be-
werkstelligt werden. Hinter den Schiebern s^ und s^ sind in die Hauptrohr-
leitung 2 Luftröhren /^ und /, eingebaut, deren Zweck in der später zu be-
handelnden mechanischen Einrichtung der Hochreservoire besprochen wird.
Die Kosten dieses Wasserschlosses belaufen sich auf 15400 K (13000 M.).
Bezüglich der Ausführung der Quellenfassungen ist im allgemeinen noch
zu bemerken, daß alles Mauerwerk in Zement auszuführen, daß Holz nicht
einzubauen und Moos nicht als Fugendichtungsmaterial zu verwenden ist,
soweit dieselben mit Wasser in Berührung kommen können. Eventuelles
Trockenmauerwerk muß sehr solid geschlichtet werden, da es sonst später
einstürzt. Gewölbungen etc. sind mit Zement oder Asphalt abzudecken,
überhaupt ist der Eintritt von Tagewasser in die Quellstube hintan zu halten.
Weiter soll das ursprüngliche Niveau des Wasserspiegels einer Quelle nie
gehoben werden, wenn dieselbe aus Felsspalten kommt, da durch ein
künstliches Aufstauen leicht ein unterirdischer anderweitiger Abfluß hervor-
gerufen werden kann, in welchem Falle die Ergiebigkeit der Quelle, statt
durch die Fassung größer zu werden, unter Umständen bedeutend reduziert
werden kann.
4*
52
I. Die Wassenrersorgnng der Ortschaften.
Vorausmafs und Kostenanschlag
für den Baa der Qaellenstabe (Taf. III).
Gegenstände:
österr. Währung
einzeln
K
zusammen
z. Brdarbeiten.
a) Aashub, 4 m tief, in lehmig-erdigem Material . . 57,2 m^
b) Anschüttung und Stampfung 40,4 „
2. Maurerarbeiten.
a) Sohlenpflaster aus prima Ziegeln, in Portlandzement-
mörtel gelegt, 0,30 m stark 4,2 m»
b) Ziegelmauerwerk in Portlandzementmörtel bis zum
Fnndamentabsatz (Fufibodenhöhe) 14,0 „
c) Gerades Ziegelmauerwerk in hydraulischem Kalkmörtel
(über Wasser) 22,0 „
d) Gewölbemauerwerk aus Ziegeln in hydraulischem
Mörtel 4,3 „
e) Glatter Portlandz6mentverputz, bis Fufibodenhöhe ge-
1 * 2
schliffen, — f— , 0,06 m stark 36,8 m«
f) Feiner innerer Verputz (vom Fuflboden aufwärts) mit
hydraulischem Mörtel, 1 : 2, 0,02 m stark .... 31,8 „
g) Rauher äußerer Verputz (über dem natürlichen Terrain)
mit hydraulischem Mörtel, 0,03 m stark .... 4,9 y,
h) Gewölbeabdeckung in hydraulischem Kalkmörtelbeton,
1:6, 10 cm stark 12,6 „
i) Herstellung der Fassade (Fngenschnitt etc.) . . . 20,8 „
k) Bruchsteinpflaster, trocken, in Sand l^i^ n
1) Hackelsteinmanerwerk in hydraulischem Kalk (zum Teil
Quadermauerwerk) :
a) Profilierte Gesimsquader und Türstock .... 3,73 m'
ß) Parapuet und Eingangsstufe 1,80 „
i. Zimmermanns-, Tischler- und Schlosserarbeiten.
a) Fußbodenbelag ans Eichenholz, 0,06 m stark ... 7,8 m*
b) 1 schmiedeeiserne Türe, 0,8 m breit, 1,7 m hoch, samt Türkegel
und Schlofi
c) 1 schmiedeeisernes Oberlichtfenster, 0,8 m breit, 0,4 m hoch
d) 4 Stück Steigeisen samt Versetzen
4« Mechanische Ausrüstung.
a) Schieber, rf = 150 mm 1 samt Handrad .... 1 Stück
„ d =^ 100 „ / und Spindel .... 1 „
Zu übertragen:
32
32
20
24
5
1
1
100
80
80
20
130
78
40
60
80
24
134
448
440
103
179
39
80
20
130
78
08
24
40
20
31
80
4
90
30
24
41
60
33 90
373
144
2417
40
76
C. Wassergewinnang.
53
Gegenstände:
österr. Währung
einzeln || zusammen
K
h
K
h
Übertrag:
b) Appretierte Fassonröhren, diverse, zu liefern loko Baustelle:
rf= 160 mm = 2,6 lfd. m . . . . = 120
d=100 „ =6,5 „ „ . . . . =160 2,7 M.-Ztr.
Dichten der Muffen in Hanf und Blei, </ = 160 mm 1 Stück
n n r n r» nw^^^ *^^ » ^ «
Flanschendichtungen d= 150 „ 3 „
rf=100 „ 7 ,
Einmauern der Rohre B „
30
3
2
3
2
2
22
2
30
30
86
96
40
80
2417
81
3
2
11
20
6
431
7
224
60
134
76
30
30
58
72
c) Normale Gufimuifenrohre, d = 100 mm, für die Entleerungs- und
Überfallleitung, Gesamtlänge 80 lfd. m . . . . 19,60 M.-Ztr.
Transport zur Verwendungsstelle 19,60 „
Aushub des Rohrgrabens, Legen und Dichten der Rohre in
Hanf und Blei, Wiederanschütten und Stößeln {d=100 mm),
80 lfd. m
20
84
d) Auslaufobjekt:
Erd- und Maurerarbeiten "i h D 1 h f 46 K
Fassonrohr samt Froschklappe / \ 14 „
5. Planierarbeiten, Besamen der Böschungen and diverses Un-
vorhergesehenes, panschaliter
30
Summe:
3400
—
Auch ein zu starkes Tieferlegen des Auslaufes ist tunlichst zu ver-
meiden, da hierdurch eine zu rasche Entwässerung des unterirdischen Quell-
sammelbeckens erfolgen kann.
Sammelröhren und Kanäle legt man mit ihrer Oberkante mindestens
1,5 m unter Terrain. Wo dies nicht überall möglich, mufi durch eine ent-
sprechend hohe Anschüttung die Überdeckung geschaffen werden. Das
gleiche gilt bei den Brunnenstuben. Die Geschwindigkeit des Wassers in
allen Druckleitungen soll zur Vermeidung hydraulischer Stöße Vnuix. = 1 m
pro Sekunde nie übersteigen. Endlich soll für eine Ventilation größerer
Brunnenstuben und für die Möglichkeit der Sedimentierung mitgeführten
Sandes etc. gesorgt werden.
IL Sammelanlagen f&r Grundwasser.
Das Vorhandensein von Grundwasser setzt immer die Existenz einer
eigenen wasserführenden Schichte, die gewöhnlich aus Schotter und
Sand besteht, voraus. Aufgabe der Sammelanlagen ist es nun, diese wasser-
führende Schichte in der günstigsten Art zu durchfahren, zu erschließen und
das gesammelte Wasser sodann einem Sammelbrunnen, Akkumulator, Wasser-
54
I. Die Wassenrersorgnng der Ortschaften.
schlösse etc. zuzuführen. Für Leitungen mit künstlicher Wasserhebung
wird es sich behufs billigster Erschließung und Gewinnung der im Tale ge-
legenen unterirdischen Grundwassermengen in vielen Fällen empfehlen, nur
einen großen Sammelbrunnen anzulegen, aus welchem mittels einer Pumpen-
anlage das Wasser angesaugt wird. Durch die Absenkung (Depression) des
natürlichen Grundwasserspiegels wird ein entsprechend rasches Zuströmen
des umliegenden Grundwassers erzielt. Dieses Zuströmen erfolgt mehr oder
weniger zentral (bei sehr ebenem Terrain) zum Brunnen zu und nimmt die
Absenkung des Wassers vom Brunnen aus immer mehr und mehr ab, bis
sie in einer gewissen Entfernung — vom Brunnen gleich Null wird. Diese
Absenkungs- oder Depressionskurve ist eine einer Parabel ähnliche Linie,
-" - 4
FJg. 11.
horizontalem
DepressionBknrve bei Flg. 12.
und geneigtem Terrain.
deren Gestalt durch Probebohrungen (verrohrte Bohrlöcher) 1, 2, 3 innerhalb
des Depressionsrayons (in Fig. 11 schraffiert) genau bestimmt werden kann.
Alles außerhalb dieses Depressionsrayons gelegene Grundwasser tangiert die
Ergiebigkeit des Brunnens gar nicht, insolange als die Depressionstiefe / nicht
vergrößert wird, in welchem Falle auch der Depressionsrayon (die Entnahme-
grenze) an Umfang zunimmt. Bei nicht normalen Verhältnissen oder größerem
Terrain- bezw. Grundwassergefälle ist die horizontale Projektion des De-
pressionsrayons kein Kreis, sondern eine Ellipse (Fig. 12).
In vielen Fällen, insbesondere bei größeren Grundwasser-Entnahme-
anlagen empfiehlt es sich, behufs Erziel ung des notwendigen Quantums die
Depression nicht allzugroß anzunehmen, sondern statt eines oder zweier großer
Pumpbrunnen eine größere Anzahl kleiner Brunnen anzuordnen, somit aus
jedem derselben nur ein kleines Quantum zu entnehmen, infolgedessen das
Grundwasser nur eine geringere Absenkung zu erfahren braucht. Diese
C. Wassergewinnimg. 55
Brunnen werden dann zweckmäßig mit Heberleitungen verbunden, durch
welche das Wasser event. einem Kontrollbrunnen zugeführt wird, dem
aber dann nur die Aufgabe eines Sammelbrunnens zufällt. Was die Ent-
fernung der einzelnen Saugbrunnen anbelangt, so dürfen sich natürlich die
der maximalen Depression entsprechenden Entnahmegrenzen nicht zu stark
tangieren bezw. übergreifen, weil sonst die Ergiebigkeit zweier benachbarter
Brunnen gegenseitig ungünstig beeinflußt wird.
Solche Saugbrunnen können event. als einfache Rohrbrunnen mit
1 — 2 sl. Ergiebigkeit abgeteuft werden (siehe weiteres bei den „Thiemschen
Filterrohrbrunnen ")•
Die Brunnen werden, wenn die wasserführende Schichte nicht sehr
mächtig ist, bis zum Liegenden derselben, zur wasserhaltenden Schichte
(Letten, Fels etc.) abgeteuft.
Ist die Schotterschichte sehr mächtig, dann wird der Brunnen nur um
ca. 1 m tiefer gebaut, als die zur Erzielung einer gewissen Zuflußmenge not-
wendige Depression beträgt. Oft ist der Wasserzufluß so stark, daß mit
einer starken Pumpe das Wasser nur bis zu einem gewissen stabilen Niveau
abgesenkt werden kann; man nennt dies dann die maximale Depressionstiefe.
Um die Ergiebigkeit eines solchen Saug-, zugleich Sammelbrunnens zu messen,
wurde derselbe früher häufig ausgepumpt und die Zeit bis zur Wiederan-
füUung beobachtet. Diese Art der Messung ist nur für Hausbrunnen zulässig,
die eigentlich gleichzeitig als Reservoir dienen, oder in jenen Fällen, wo die
ganze Sammelanlage einer Gravitationsleitung nur aus einem solchen Brunnen
besteht. In allen anderen Fällen hat man den Brunnenwasserspiegel bis zu
jener Tiefe mittels einer Pumpe abzusenken, bei welcher die Wasserentnahme
erfolgen soll. Es wird nun die Geschwindigkeit des Pumpens so reguliert,
daß der Wasserspiegel weder zu- noch abnimmt, d. h. sich im Beharrungs-
zustande der Depression befindet. In diesem Falle wirft die Pumpe so viel
Wasser aus, als zufließt, und kann daher mittels geeichter Gefäße dieses
Quantum leicht gemessen werden. Solche Messungen müssen insbesondere
in trockener Zeit oder im Frühjahr vor der Schneeschmelze einigemal durch-
geführt werden und sollen sich diese Versuche jedesmal auf einen ununter-
brochenen Pumpenbetrieb von wenigstens mehreren Tagen erstrecken. Trotz-
dem kann man der Projektberechnung der Sicherheit wegen immer nur ein
entsprechend reduziertes Zuflußquantum zugrunde legen, da jeder Saug-
oder Sammelbninnen nach mehrjährigem Betrieb in der Ergiebigkeit gegen-
über den Messungsresultaten in der Regel zurückgeht und nebstdem auch
die Ergiebigkeit durch die wechselnden Regenmengen zumeist oft bedeutend
beeinflußt wird. Die Beurteilung der Größe der Reduktion des dem Pump-
versuche entsprechenden maximalen Ergiebigkeits-Quantums des Brunnens
im Hinblick auf später eintretende sehr trockene Jahre, kann am sichersten
durch einen Vergleich der Niederschlagsmengen der dem Versuche voran-
gegangenen Infiltrationsperiode mit den entsprechenden Niederschlagsmengen
der bekannt trockensten Jahre erfolgen, wobei bezüglich der Regenhöhen
ein Graphikon für eine möglichst lange Zeitperiode (ähnlich wie auf Taf. II
Bd. I) Verwendung finden kann. Was die Situierung eines Pump- (sogen.
56
I. Die Wasserversorgung der Ortschaften.
Maschinenbrunnens) anbelangt, der gleichzeitig Saugbninnen ist, so ist in
erster Linie ein genauer Grundwasserschichtenplan zu konstruieren und
die Disposition so zu treffen, daß der Brunnen, in der Grundwassermulde
liegend, das größte Einzugsgebiet beherrscht; er darf weder auf einer Grund-
wasserscheide, noch in einem abgeschlossenen Grund wasserb assin liegen.
Aber auch für die Situierung mehrerer Saugbrunnen in einem und demselben
Entnahmegebiet wird die Konstruktion eines Grundwasserschichtenplanes
zumeist notwendig werden.
Will man keine unangenehmen Erfahrungen machen, so sind nicht nur
die geognostischen und die Grundwasserhöhenverhältnisse sorgfältigst zu
erforschen, sondern auch ein Schichtenplan der wasserhaltenden Schichte dann
zu konstruieren, wenn die Schotterschichte nicht mächtig ist. So kann
beispielsweise der Brunnen in eine mehr oder weniger große Tegelmulde
(Fig. 13) abgesenkt worden sein. Kurz
andauernde Pumpversuche, durch welche
diese Mulde infolge ihres großen Fas-
sungsraumes nicht trockengelegt wurde,
haben entsprechende Resultate geliefert
und wurde auf Grund derselben die
Sammelanlage gebaut. In trockenen
Jahren kann nun nach längerem Betriebe
der Pumpstation dieses unterirdische
Reservoir ausgepumpt werden und tritt
dann Wassermangel ein, der erst wieder
zum Teil behoben wird, wenn durch
Steigen des Grundwasserspiegels über
die Tegelwasserscheide ein Anfüllen
dieser Mulde erfolgt. Die zum Zwecke
der Erzielung möglichst kleiner Kosten
für Vorerhebungen beobachtete Spar-
samkeit kann in einem solchen in der
Praxis wiederholt vorgekommenen Falle
zu sehr bedauerlichen Betriebsunterbrechungen führen. Die geognostische
Untersuchung des Untergrundes ist aber auch aus dem Grunde notwendig,
um konstatieren zu können, ob die wasserführende Schichte innerhalb des
Entnahmerayons und darüber hinaus von einer wasserundurchlässigen Hangend-
schichte (Lehm, Letten) überlagert ist, weil sonst im Falle des Nichtvor-
handenseins dieser Schutzschichte gegen Oberflächenverunreinigungen für die
Schaffung eines entsprechenden Schutzrayons Sorge getragen werden muß.
(Siehe die eingangs erwähnten Eröterungen S. 23.)
Die Abteufung eines gemauerten Brunnens kann mittels Absenken
erfolgen oder aber in der Weise, daß der Brunnenschacht auf die ent-
sprechende Tiefe ausgehoben und event. gut ausgepölzt wird, worauf die
Mauerung des Brunnens von unten nach aufwärts erfolgt. In allen Fällen
kommt zu unterst der sogen. Brunnenkranz (Holz oder Eisen), welcher als
Fundament des Brunnenmauerwerkes (Brunnenmantels) dient. Das Brunnen-
Flg. 18. Omndwassermnlde.
C. Wassergewinnong.
57
mauerwerk wird nur innerhalb der wasserführenden Schichte mit einzelnen
Fugen für den Eintritt des Wassers versehen, sonst wasserdicht in Zement
gemauert. Was die Stärke des Brunnenschacht-Mauerwerkes aus Ziegeln be-
trifft, so wird dieselbe zunächst bis 1,50 m Lichtweite mit 32 cm, von
2,0 — 2,5 m Durchmesser mit 50 cm, von 3,0 — 3,5 m mit 2 Ziegellängen
(64 cm), von 4 — 5 m Lichtweite mit 80 cm und darüber mit 1 m bemessen.
^ -ys»-
Lfingensohnitt
Ztlfft
DarauflBicht.
Flg. 14. Sangbrnnnen für GravitationsIelimigeiL
Fig. 14 stellt die Bauart eines Saugbrunnens für Gravitationswasser-
leitungen dar. Der Wasserschieber wird in die Höhe der zu erzielenden
Grundwassersenkung, jedoch immer höher als die Brunnensohle situiert, um
Versandungen des Zuleitungsrohrstranges zu verhüten. Die Handhabung des
Schiebers erfolgt mittels Spindelstange und Handrad von einem Podium,
von welchem aus auch mittels Steigeisen oder eiserner Leitern der Einstieg
in den Brunnen erfolgt. Eine Überlaufleitung fixiert den höchsten zulässigen
Wasserspiegel im Brunnen. Um eine Verunreinigung des Grundwassers
58 !• ^ic Wasserversorgung der Ortschaften.
durch Tagewasser (Meteorwasser) zu verhindern, muß das Brunnenmauerwerk
über Terrain, also höher als der bekannte maximale Hochwasserspiegel etc.
aufgeraauert werden. Als Abschluß über Terrain wird gewöhnlich ein steinerner
Brunnenkranz (Deckplatten) angeordnet, in deren Falz ein zweiter verschließ-
barer Brunnendeckel eingelegt wird. Wird das Wasser aus dem Sammel-
brunnen nicht mit natürlichem Druck (per Gravitation) abgeleitet, sondern
durch Pumpen gehoben, dann wird in demselben ein aufrecht stehendes,
unten mit einem Saugkorb versehenes Saugrohr montiert, welches sich an
die in einem eigenen Pumpenhause situierte Pumpenanlage anschließt. Die
Saughöhe soll, einen rationellen Betrieb vorausgesetzt, 6 — 6 m nicht über-
schreiten und muß daher bei tieferen Brunnen die Pumpe selbst tiefer als
das Terrain placiert werden. (Die äußerste überhaupt erreichbare Saughöhe
ist 7 — 8 m.) Bei längeren Saugleitungen, also entfernter liegenden Pump
Stationen, müssen dieselben behufs Ermöglichung der Entlüftung mit einer
Steigung gegen die Pumpe zu angelegt werden. Die in den Saug- und Druck-
rohrleitungen rationell anzunehmende Geschwindigkeit ist v = 0,6 m. Bei
größeren Saugtiefen ist die Anbringung eines Fußventiles bezw. Rückschlag-
ventiles notwendig, um nach Einstellen des Pumpbetriebes die Wassersäule
zu erhalten, somit das teilweise Entleeren der Saugleitungen zu verhindern.
Um den Einfluß einer starken Depression des Grundwassers auf die
Grundwasserschichtenlinien zu veranschaulichen, habe ich in Fig. 15 und 16
zwei Aufnahmen der Grundwasserstände dargestellt als Resultate von im
Jahre 1903 amtlich durchgeführten, von mir veranlaßten Pumpversuchen in
einem bestehenden Maschinenbrunnen einer städtischen Wasserversorgungs-
anlage.
Fig. 15 zeigt die Grundwasserschichtenlinien im Beharrungszustande
vor Beginn des Pumpens, Fig. 16 jene bei Beendigung des Pumpversuches
und einer dabei erzielten Depression des Wasserspiegels um 4,16 m. Der
Nullpunkt der Kotierung entspricht der Brunnenhohle. Aus der vergleichenden
Betrachtung beider Figuren geht hervor, daß der Grundwasserspiegel zwischen
Kote 8,0 und 8,5 m unverändert blieb, daher die Schichtenlinie 8,0 hier als
Entnahmegrenze aufzufassen ist.
In Fig. 16 sind die interpolierten punktierten Isohypsen von 0,1 zu 0,1 m
der Deutlichkeit wegen nicht eingezeichnet. Die Beobachtung und Messung
der Grundwasserstände erfolgte durch abgeteufte Bohrröhren (No. 1 — 12).
Besteht die wasserführende Schichte aus sehr feinem Flugsand (Well-
oder Schwimmsand), dann fließt mit dem Wasser auch' der Sand in die
Brunnenröhre ein und füllt dieselbe baldigst an. Um dies nun zu verhüten,
muß entweder der Brunnendurchmesser sehr groß und dadurch die Eintritts-
geschwindigkeit des Wassers sehr klein gemacht werden, was auch durch
Anlage mehrerer Brunnen mit kleiner Absenkungstiefe erreicht werden kann,
oder aber es werden sogen. Filterbrunnen abgesenkt. Dieselben unter-
scheiden sich von den gewöhnlichen Brunnen dadurch, daß das Mauerwerk
des Brunnenmantels nicht voll gemauert ist, sondern einen ringförmigen
Zwischenraum enthält, welcher mit grobem Sand und Kies angefüllt wird.
Es stellen diese Brunnenmäntel also vertikale Filter dar. An Stelle dieser
C. Wassergewinnnng.
59
Konstruktion können auch statt des gemauerten Brunnenschachtes innerhalb
der feinen Flugsandschichten eiserne Filterrohre oder Röhren mit auswechsel-
baren Filterkörben verwendet werden. In dieser Hinsicht hat unter anderen
Ingenieuren der in Grundwasserversorgungsanlagen bekannte Spezialist Bau-
Flg. 16. GnmdwasBeraohlchtenplaiL vor Beginn des Pompens.
rät Thiem in Leipzig eigene nach ihm benannte Filterrohrbrunnen kon-
struiert; eines dieser neuesten Systeme ist durch die Fig. 17 veranschaulicht.
Der unterste Teil, der gußeiserne Filterkorb von 150 mm Durchmesser,
ist mit rechteckigen Schlitzen versehen und behufs Versteifung mit Rippen
ausgestattet Zum Schutze gegen das Eindringen von Sand ist derselbe mit
60
I. Die Wasserversorgung der Ortschaften.
einem verzinnten Kupferdrahtgewebe umhüllt. Mittels Übermuffe gekuppelt,
schliefen sich daran die Futterrohre, welche im obersten Teile in ein Ansatz-
flanschenrohr d = 125 mm übergehen, welches, durch eine Glocke abgeschlossen,
in die Strassenkappe hineinreicht. Ein eingeschalteter, mit dem Futterrohr
^00
Fig. 16. GhnmdwasBenchiditenplan nach Beendung des PompenB.
durch eine Doppelmuffe verbundener Flanschenkrümmer steht mit der
eigentlichen, 150 mm weiten Saugleitung in Verbindung und kann durch
einen Kupferblechschieber der Brunnen aufier Betrieb gesetzt werden. In
das Futterrohr reicht in erster Linie das 115 mm weite kupferne Saugrohr
des Filterbrunnens.
C. Wassergewinnnng.
61
Ein zentrales, 25 mm weites Beobachtungsrohr ermöglicht sowohl eine
Messung der Wasserstände, Entnahme von Wasserproben, sowie insbesondere
Flg. 17. Th lern scher FllterrohrbmDnen.
auch durch Ansetzen einer Pumpe die Aussaugung von eingedrungenem feinen
Sand oder durch Kompression als Spülrohr die Reinigung des Siebes. Im
Falle abnormaler Versandung des Filterkorbes kann der ganze Filterbrunnen
62
I. Die WaasenrersorgiiDg der Ortschaften.
mittels des am Boden angebrachten Ringes (siehe Schnitt gh) ganz heraus-
gezogen werden, in welchem Falle natürlich zuerst die Strassenkappe und
das obere Aufsatzrohr samt Krümmer abgenommen werden muß.
^_yj
ri
Flg. 18. FUterrohrbrannen mit Schacht A Detail des eisernen SchachtdeckelB.
Solche Rohrbrunnen werden entweder hintereinander längs der Tal-
weglinie der Grundwasserschichten oder rechts und links dieser Linie in
C. Wassergewinnung. 63
ein- oder mehrreihiger Anordnung, sogen. Reihen- oder Gruppenbrunnen, oder
endlich ringförmig (Ringbrunnen) situiert.
Alle die Brunnen einer Fassungsanlage sind durch einzelne Neben-
leitungen mit einer gemeinschaftlichen Hauptrohrleitung als Heberleitung mit
dem Hauptsammeibrunnen verbunden, aus welchem das gesammelte Wasser
gepumpt wird. Durch eingebaute Schieber kann nach Bedarf ein oder der
andere Brunnen aus dem Betrieb ausgeschaltet werden, was z. B. in dem
Falle notwendig erscheint, wenn eine lokale Verunreinigung bei einem
der Brunnen, ein später auftretender großer Eisen- oder Mangangehalt etc.
konstatiert wird. Mitunter werden diese Rohrbrunnen nicht bis zum Terrain
geführt, sondern wird bis zum maximalen Grundwasserspiegel ein Einsteig-
schacht gemauert, von dessen Sohle aus erst der Rohrbrunnen beginnt,
wodurch eine leichtere Zugänglichkeit und Bedienung der Schieber etc.
ermöglicht wird (siehe Fig. 18).
In erster Linie wird ein entsprechend weites Bohrloch abgeteuft und
dasselbe verrohrt. Bei Schottermaterial erfolgt dieses Abteufen nach Art der
Versenkmethode, indem innerhalb eines gußeisernen Bohrrohres, welches
entsprechend beschwert ist, durch einen Sackbohrer (Sackbagger) das Schotter-
material nach und nach herausgenommen wird, wonach das Bohrrobr allmählich
nachsinkt. Statt eines gußeisernen Rohres kann auch ein genietetes Blech-
rohr verwendet werden.
Ist dieses verrohrte Bohrloch auf die gewünschte Tiefe niedergebracht,
so wird in dasselbe das eigentliche definitive Mantelrohr von kleinerem Durch-
messer eingeführt, der äußere Raum zwischen diesen beiden Röhren mit
erbsengroßem Schotter ausgefüllt und nun das Bohrrohr wieder herausgezogen.
Der unterste Teil des Mantelrohres ist auf eine längere Strecke
perforiert, d. h. mit zumeist länglichen Löchern oder förmlichen Schlitzen
versehen, um das leichte Eindringen des Grundwassers zu ermöglichen
(siehe Fig. 18). In dieses 600 mm weite Mantelrohr reicht nun das Saugrohr
d = 200, welches in die 350 mm weite Hauptleitung einmündet und durch
einen Schieber S event. abgesperrt werden kann. Um eine stetige Heber-
wirkung zu ermöglichen, wird mitunter durch ei»€ eigene kleine Vakuum-
leitung vom Pumpenhaus aus das nötige Vakuum erzeugt. Im vorliegenden
Falle ist diese Anschlußsaugleitung 50 mm, die Hauptsaugleitung 60 mm weit.
Die Schieber sind in einen eigenen Schacht eingebaut.
Besteht jedoch die wasserführende Schichte zum Teil aus feinem Sand
(Well- und Schwimmsand), so muß für die Verhütung der Verstopfung der
Schlitze sowohl, wie das Eindringen des Sandes in die Leitungsröhren durch
Anbringung von feinen Sieben gesorgt werden. In diesem Falle wird der
untere Teil des Saugrohres selbst perforiert und mit Sieben oder mit einem
eigenen Filterkorb versehen. Tritt eine Versandung trotzdem ein, so kann
entweder das Saugrohr oder der Filterkorb herausgezogen und gereinigt
werden, oder aber kann die Reinigung von innen aus durch Druckwasser
mittels einer eigenen Spülleitung erfolgen. Der gelochte oder geschlitzte Teil
der Saugröhren oder der Filterkorb ist zu verzinken oder besser aus Kupfer
herzustellen.
64
I. Die Wasserversorgung der Ortschaften.
Solche Rohrbrunnen liefern ca. 1 — 4 sl. So wurden beispielsweise für
einige österreichische Städte derartige Brunnen von 150 mm Durchmesser in
30-— 40 m Entfernung abgeteuft, welche bei einer Depression von 1,5 m ein
Wasserquantum von 1 — 1,5 sl. liefern. In einem Falle liegt der Grund-
wasserspiegel 5 m unter Terrain, die Bohrröhren selbst sind 10 m lang, der
unterste Teil ist auf 1,8 m Länge perforiert und enden die Rohrbrunnen am
Terrain in eine Strassenkappe. Die Depressionskurven schneiden sich in
ca. 0,5 m unter dem ungesenkten Wasserspiegel.
Die Kosten eines solchen Rohrbrunnens rf= 150 mm betrugen bis 10 m
Tiefe pro Stück 700 K, also pro lfd. m 70 K, samt Abteufen und Verrohren
der 200 mm weiten Bohrlöcher und nachträgliches Herausziehen der Bohr-
röhren — wobei das Bohren und Verrohren selbst 300 K, also pro lfd. m
30 K kostete. Dieses einfachste System von Rohrbrunnen kann aber nur
für aus gröberem Schotter bestehende wasserführende Schichten Verwendung
finden. Derartige Rohrbrunnenanlagen haben, wie schon früher hervor-
gehoben, nicht nur den
großen Vorteil einer
lokal geringen Bean-
spruchung des Grund-
wasserstromes, eine
Vermeidung größerer
künstlich erzeugter
Grundwasserspiegel-
schwankungen und grö-
ßerer Eintrittsgeschwin-
digkeiten, sondern man
ist nicht auf einen oder
zwei Hauptbrunnen an-
gewiesen, daher auch
eine Betriebsstörung
nicht leicht möglich,
dem Eisenwerk Lauch-
^ — b
V— ^
Flg. 19. Disposition der Anlage einer Sammelleitong.
m
Die Thiem sehen Filterbrunnen werden
hammer bei Gröditz in Sachsen hergestellt.
Bei Gravitationsleitungen, also dort, wo das Grundwassergebiet ent-
sprechend höher situiert ist als die zu versorgende Ortschaft, und wenn der
Grundwasserspiegel in mäßiger Tiefe unter Terrain liegt, kann man das
Grundwasser statt durch Brunnen auch mittels Sammelleitungen (gelochte
Steinzeugrohre — Saugkanäle) erschließen und in einen dichten Sammel-
brunnen einleiten, von wo aus es zur Stadt gelangt. Als Grundsatz gilt,
diese Saugleitungen senkrecht auf die Linie des größten Grundwassergefälles,
also in die Talmulden zu legen. In Fig. 19 würde dieser Sammelkanal mithin
längs der Linie a b zu legen sein. Der Saugstrang ist talaufwärts wasser-
durchlässig, talabwärts wasserdicht herzustellen, mit gewaschenem Schotter zu
bedecken und das Eindringen des Tagewassers (Trübung) durch eine Beton-
schichte zu verhindern. Der Kanal- oder Rohrstrang soll, soweit derselbe
Wasser selbst aufnimmt, auf der wasserhaltenden Schichte aufliegen. Wird
C. Wassergewiimung.
65
infolgedessen die notwendige Tiefe bedeutend, so werden statt der offenen
Gräben Stollen vorgetrieben und die Saugleitung hineingebettet.
Fig. 20 veranschaulicht den Querschnitt eines Saugkanales für größere
Grundwasserquantitäten. Die punktierte Verlängerung des Mauerwerkes be-
deutet einen der Einsteig- oder Revisionsschächte, welche in größeren Ent-
fernungen, jedenfalls bei allen Bruchpunkten der Kanalachse einzubauen sind.
Die Einsteigöffnungen können event. bis zutage geführt und durch ver-
sperrbare Deckel abge-
schlossen werden.
In Fig. 21 a ist
der Querschnitt einer
Drainage (Sammel-
leitung aus gelochten
Steinzeugröhren) darge-
stellt. Auf der Talseite
wird durch eine Zement-
schichte eine Aufstau-
ung des Grundwassers
bewirkt und dasselbe
gezwungen, in die Rohrleitung einzutreten; desgleichen werden öfter bei
größeren Gefällen im Rohrgraben selbst, also senkrecht auf die Röhren, Be-
tonquerschwellen eingeschaltet. Das Gefälle dieser Rohrleitungen muß ein
solches sein, daß eine Ablagerung von Sand und Schlamm nicht stattfinden
kann; andererseits soll die Geschwindigkeit die Grenze von 1 m nicht über-
Flg. 30. Sangkanal (Querschnitt).
CS^mtnl,
.JMQ*^.-
-7'^
a) QnerBchnltt b) Detail eines gelochten Stelnzengrohres.
Flg. 31. Dralnage-Sammelleltnng.
schreiten. Alle 100 m sind Putzschächte anzuordnen. Eine Dichtung dieser
gelochten Steinzeugröhren ist bei gutem Untergrunde nicht notwendig, bei
den voUwandigen Steinzeugröhren, mittels welcher das gesammelte Wasser
aus dem Sammelgebiet weiter in die Quellstube geleitet wird, jedoch selbst-
verständlich. Die beste Dichtung besteht aus einem gut durchgekneteten
Gemenge von 2 Teilen Letten (fettem Ton) und 1 Teil Teer oder durch
Ausgießen der Muffe mit einem Gemenge von Asphalt und Teer. Gute ge-
lochte Steinzeugrohre sind als Sammelrohre eisernen ähnlichen Röhren vor-
zuziehen, wenn die Bettung eine entsprechende ist, da ein insbesondere durch
Rosten bedingtes Verlegen der Einflußöffnungen ausgeschlossen ist.
Friedrich, Wasserbau. Zweite Anflage. II. Band. 5
66
I. Die Wasserversorgung der Ortschaften.
Zwei oder mehrere solcher Sammelleitungen werden dann in einen
Vereinigungsschacht, Akkumulator, Sammelschacht (Fig. 22), vereinigt.
Dieses Objekt, 1,0 m breit und 1,70 m lang, ist durch eine niedere Scheide-
wand in 2 Abteilungen geteilt; eine davon enthält den Schieber s für die
Entleerungs- und Überfallleitung a mit dem Überfallrohre c und den Schieber s
für die Zuleitung b zur Quellstube (Reservoir etc.). In der Scheidemauer ist
eine Überfallöffnung ausgespart, über welche das von dem etwa mitgeführten
Sande befreite Wasser in die Schieberkammer überfließt. Eine 0,60/0,45 m
weite Einsteigöffnung ist mit einem versperrbaren eisernen Schachtdeckel,
der über Hochwasser gelegen ist, abgeschlossen. Ahnliche Sammelanlagen
und Sammelschächte sind aus Tafel IV zu entnehmen.
Auf Tafel II ist eine andere Wassersammelanlage mittels gelochter
Steinzeugrohre und Sammelbrunnen gezeichnet. Aus der Situation dieser
vom Verfasser projektierten und 1893 ausgeführten Anlage ist insbesondere
auch zu ersehen, daß die Quelle 1 mittels eines aus 600 mm weiten Stein-
zeugröhren hergestellten Brunnens, die Quelle 2 mittels eines gemauerten
Gnmdrifi. Längenschnltt.
Fig. 28. Qaellen-Akkamulator.
Brunnens gefaßt ist. Das dazwischen in der dort befindlichen wasserführenden
Schichte auftretende Wasser wird mittels Filterröhren (gelochte horizontale
Steinzeugrohre) abgefangen. Zwischen Quelle 2 und 3 wurde, da in dieser
Strecke kein Grundwasser auftritt, eine Leitung aus vollen Steinzeugröhren
(gedichtet) gelegt. Das unmittelbar hinter der Quellstube auftretende Wasser
wird durch einen rechteckigen Sammelkanal aufgefangen und mit dem anderen
gesammelten Wasser in die Quellstube eingeleitet.
I. Bestimmung der Ergiebigkeit eines Grund wasserstromes durch
Rechnung.
Für generelle Schätzungen der Ergiebigkeit eines Grundwassergebietes
kann man auch den Weg rechnerischer Ermittelung einschlagen. Als Rech-
nungsfaktoren werden in diesem Falle maßgebend sein:
1. das Gefälle, welches direkt aus dem Grundwasserschichtenplan entnommen,
aus welchen die Geschwindigkeit gerechnet werden kann;
2. die Durchflußfläche, das ist der wasserhaltende Querschnitt, also das
Porenvolumen, resp. der Zwischenraum zwischen den einzelnen Sand-
oder Schotterindividuen, welcher mit Wasser gefüllt ist, und
C. Wassergewüinang. g7
3. die Durchlässigkeit der wasserführenden Schichte, welche eben vom
Porenvolumen abhängt.
Nach den von Darcy über die Bewegung des Wassers im Boden vor-
genommenen Versuchen nimmt die Geschwindigkeit nahezu im gleichen
Verhältnis des Gefälles zu, zum Unterschied von gewöhnlichen Wasser-
leitungsprofilen, wo die Geschwindigkeit mit der Quadratwurzel aus 2 gh
wächst. Für vorliegenden Fall wird also allgemein die Geschwindigkeit
V = K- Y sein, wenn K einen von der Beschaffenheit des Materials der
wasserführenden Schichte, also der Durchlässigkeit abhängigen Koeffizienten
bedeutet.
Von den vom Wasser erfüllten Zwischenräumen (Fläche F) wird jedoch
nur ein Teil in Rechnung zu ziehen sein, nämlich derjenige, welcher nach
Abzug des durch Kapillarität zurückgehaltenen Wassers, sowie jenes Quan-
tums, welches zur Umhüllung der einzelnen Bodenpartikel notwendig ist, übrig
bleibt; bezeichnen wir dieses prozentuelle Verhältnis: das aktuelle Poren-
volumen, also -ri r-^ ir-=ir mit ÜT,, so wird sich der eigentliche
' Gesamtquerschnitt ^* °
wasserhaltende ^Querschnitt ausdrücken lassen durch K^^.F,
Wir erhalten somit die Grundgleichung:
Q = K,K^,F Y (1)
Lueger nimmt für praktische Zwecke den Durchlässigkeits-
koeffizienten K=dt den mittleren Durchmesser des Sand- oder Schotter-
individuums, allgemein Korngröfie genannt, an.
Es wäre also für rf= Ä'= 1 mm = 0,001 m das t; = 0,001 • y i Daher
L *
ist für das Gefälle y = l,0<>/o = 0,01; v = 0,001 . 0,01 = 0,00001 m,
= 1 ,0 o/oo = 0,001 ; V = 0,000 001 m,
= 0,5 o/oo = 0,0005 ; v = 0,000 000 5 m,
oder die Geschwindigkeit pro Tag (24*) ausgedrückt, ergebe:
z/j/ = 0,00001 . 86400 sec. = 0,864 m bezw. 0,0864 m
und im dritten Falle v = 0,0432 m.
Nehmen wir nun beispielsweise das aktuelle Porenvolumen Kj^ = 0,25
an, d. h. die Hohlräume entsprächen dem 4. Teil des Gesamtquerschnittes F^
femer die Komgröfle ^=^5^= 0,010 m, wäre femer diese Fläche der wasser-
führenden Schichte F= 1 m« und das Gefälle y = 1 «/oo = 0,001, so würde
1 m* wasserführende Schichte pro Tag ergeben:
Q^^ = 86400 sec. . 0,01 . 0,25 .Im«. 0,001 = 21,6 m«,
d. h. 0 = 0,25 sl.
oder ein Grundwasserstrom von 1 km Breite und 1 m Tiefe bei 2 mm Korn-
größe, einem Gefälle von 1 ^Jqq und einem Porenvolumen von K^ = 0,25
ergebe pro Sekunde:
6*
33 I* I^ic Wasserversorgung der Ortschaften.
h *
Q^K,K^,F'-j = 0.002 . 0,25 . 1000 m . 1 m . 0,001 = 0,0005 m« = 0,5 sl.
oder pro Tag Q^ = 43,2 m',
während derselbe Gmndwasserträger nach obigen Annahmen bis 10 mm
Korngröße Q^J^ = 216 m' liefern würde, also das 5 fache Quantum, ent-
sprechend der 5 fachen Korngröße.
2. Ergiebigkeit einer Gravitations-Grundwassersammelleitung
(gelochte Steinzeugrohrleitung, Saugkanäle etc.) (Fig. 23).
Ist Vx die Geschwindigkeit, mit welcher das Grundwasser im Abstände x
der Sammelleitung zufließt, und b die Länge dieser Saugleitung, und bedeutet
K^ den Porenvolumskoeffizienten, so beträgt die auf dieser Seite in das Rohr
gelangende Wassermenge Q'^Vx.y . b . K^, Das entsprechende Gefälle wird
durch die in Punkt / an die Depressionskurve gezogene Tangente repräsentiert,
I
g"%^y' "^ "^ wtt*4«r<iicht> Setlichte |
\\ - - L - -*
Flg. 28.
also = ^; es wird daher in die allgemeine Darcy sehe Formel v — K,J=K' -j
dy dy
substituiert: Vx= K - -r- und somit Q = K, K^,y ,b * -r- •
Aus dieser Gleichung ergibt sich für a: = o und y = h:
die Depressionskurve ist also ein Parabel der Gleichung
Für die Grenzwerte y= H und x= L wird
findet der Zufluß von beiden Seiten statt, so ist Q doppelt zu nehmen.
Die Entfernung L entspricht einem Punkte der Entnahmegrenze, wo
also die Absenkung gleich oder nahezu Null ist. Aus der Form der Depressions-
kurve ist zu ersehen, daß bei der Eintrittsstelle in die Sammelleitung die
C. Wassergewinnong.
69
Geschwindigkeit am grOflten ist, daher zwecks Verhütung einer Versandung
das Drainagerohr etc. mit einer Schotterlage zu umgeben ist.
Nach der von Prof. Forchheimer durchgeführten analytischen Ent
Wicklung für kürzere Sickerschlitze ist die Ergiebigkeit einer solchen von der
Länge / so groß, wie diejenige eines Brunnens vom Durchmesser -^ unter An-
nahme gleicher Depressionstiefe.
3. Ergiebigkeit eines Sammelbrunnens (Fig. 24 und 25).
Da der Zufluß von allen Seiten bei nahezu horizontal angenommenem
Grundwasserspiegel radial stattfindet, die Entnahmegrenze also nahezu eine
Kreislinie darstellt, die Depressionskurve die Erzeugende eines parabolischen
Kegels bildet, so erhalten wir nachstehenden Wert für Q in einem be-
liebigen Punkt /:
LÄMOEKFROnL.
1 Beobodit Kohr % Btobaeht T\ohr
aRUNDRiSS.
^ a *'
T- A M ^—
U A, -i
Strömung K^cViLun^*
Fig. M.
Ist Vx die Geschwindigkeit im Punkt /, so ist Q=^ Kj^.27t .x .y .Vx^
dy dy
und da v = AT • V^ , so ist ^ = -^- ^1 • 27i: . :«: .j/ • ^; für » = r wird y = A
und
und für y = H wird x = R und
0 =
K.JK,
.n(y^-
Ä«)
05
log. not.—
l und
0 —
K.K^.
7r(jar«-
■ h*)
V
iog.
not. —
Baurat Thiem, welcher diese Gleichungen vor längerer Zeit aufgestellt,
hat vor einigen Jahren (1902) gelegentlich eines von ihm für die Stadt Prag
erstatteten Gutachtens eine neue Auswertung der variablen Koeffizienten be-
züglich der Durchlässigkeit des Bodens entwickelt, wenn durch einen Pump-
70 I. Die Wassenrersorgung der Ortschaden.
versuch aus einem Rohrbrunnen und einigen innerhalb der Entnahmegrenze
abgeteuften Beobachtungsröhren die Gestalt der Absenkungskurve festgestellt
wurde.
Für den Durchlässigkeitsfaktor führt Thiem eine absolute Maßeinheit
— die Einheitsergiebigkeit s — ein, d. i. jene Wassermenge, welche in
der Zeiteinheit bei dem Gefälle 1 und der Fläche 1 geliefert werden würde.
Bezeichnet man mit
F die Profilfläche,
I das in ihr herrschende natürliche spezifische Gefälle,
€ die Einheitsergiebigkeit,
Q die das Profil F durchfließende Wassermenge,
dann ist nach dem Darcy sehen Gesetze Q = €.F.U
F und I werden nun bestimmt durch Bohrungen, aus deren Schichten-
folgen die Mächtigkeit der wasserführenden Schichte und das Grundwasser-
spiegelgefälle hervorgehen. Bei der geringen Entfernung der Bohrröhren
vom Rohrbrunnen müssen die Nivellements der Wasserspiegel natürlich auf
Bruchteile von Millimeter vorgenommen werden, was Thiem unter Zuhilfenahme
von genauen Senkeln und daran gehängten präparierten Papierstreifen (ohne
kapillare Ansaugung) ermöglicht.
Die Bestimmung des Wertes € erfolgt nun in folgender Weise:
Im Längenprofil und Grundriß (Fig. 24) ist die Strömungsrichtung an-
gedeutet, wobei der Grundwasserspiegel geneigt, eben und parallel zur un-
durchlässigen Sohle angenommen ist. Die Breite dieses Grundwasserstromes
wäre unbegrenzt.
Ein Rohrbrunnen und zwei Beobachtungsröhren wurden in einer Linie
liegend abgeteuft und nun durch einige Zeit aus dem Rohrbrunnen ein
konstantes Quantum entnommen und dadurch ein bestimmter Depressions-
wasserspiegel hervorgerufen, dessen Verlauf zwischen dem Brunnen und der
2. Bohrröhre (Beobachtungsrohr) genau bestimmt werden kann.
Thiem bezeichnet nun mit
r den Brunnenhalbmesser,
q die gemessene Brunnenergiebigkeit bei der erzeugten Depressionstiefe,
q^ die Ergiebigkeit, welche der Brunnen unter sonst gleichen Umständen
haben würde, wenn die natürliche Grundwassergeschwindigkeit gleich
Null, der natürliche Spiegel und die Sohle also horizontal wären,
y den Neigungswinkel der undurchlässigen Sohle gegen den Horizont,
i das natürliche spezifische Spiegelgefälle,
H die Mächtigkeit der wasserführenden Schichte,
X und y die Koordinaten der Depressionskurve, bezogen auf die geneigte
Sohle mit der Brunnenachse als Anfangspunkt.
Legt man im Grundriß durch den Brunnenmittelpunkt in der Strömungs-
richtung einen Sektor mit dem Zentriwinltel rf<jp, so fließt in diesen Sektor
in der Entfernung x vom Brunnen eine Wassermenge dq^ die sich zusammen-
setzt aus der algebraischen Summe von natürlich und künstlich fließender
Menge.
C. Wassergewinnimg. 71
Da das Gefälle ein physikalischer, an die Horizontale gebundener Begriff
ist, so muß auch die Gefällswertung der Kurven sich auf eine wagrechte
Abszisse, also auf die durch die Brunnensohle gelegte Horizontale beziehen.
d{y + x.sin.y)
Es ist dq = sx.cos,r.d^.y' d,(x.cos,y) '
Da für den sehr kleinen Winkel y an Stelle des Sinus die Tangente
gesetzt werden kann, so ist:
dq = €X.d<p,y^-£^ + ty
, . ' . ^1'^' dw
femer ist dq = ex , d^.y . t + ^ -•
Das erste Glied rechts vom Gleichheitszeichen ist die im Sektor im
Abstand x natürlich fließende Menge, das zweite die künstlich fließende.
Diese tritt gleichmäßig verteilt in den Brunnenmantel ein und jeder laufende
Meter Umfang erhält die Menge -^-^ — , mithin der Sektor -^— ^ — — ; nun ist
sx .y • -T^ = ir^
-^ dx 2 TT
r."
, ^ -. « - qi In.ai — ln.a ... ,
also s = IT— • —i = ri t« 1 wobei In = io£. naL
^^■y.dy
Der im fließenden Wasser stehende Brunnen hat aber unter sonst
gleichen Umständen dieselbe Ergiebigkeit, wie der im ruhenden Wasser
stehende, was Thiem an verschiedenen Orten früher schon nachgewiesen
hat; man kann deshalb an Stelle von q^ die beobachtete Ergiebigkeit q setzen.
Das natürliche Gefälle i ist aus obiger Gleichung verschwunden und die
Auswertung von s kann daher bei jedem beliebigen Gefälle sich vollziehen.
Die Verbindungslinie des Brunnens und der Beobachtungsrohre kann auch
von der Strömungsrichtung abweichen, ja sogar senkrecht darauf stehen, in
welchem Falle die natürliche Spiegellage horizontal ist.
Nach Einführung des Wertes von e in die Grundgleichung von Q
ergibt sich: Q = — ^ • j^^^,
F ist aber das Produkt aus der Profillänge / und der Mächtigkeit H der
wasserführenden Schichte; die letztere ist jedoch mit Bezug auf die Fig. 25:
TT Äi + Ä SijfS
Das zweite Glied kann in Form eines aliquoten Teiles n des ersten
ausgedrückt werden, also:
h A- h
H = ^"2 (1 + n) und da femer A^ — A = s — s^ ist.
72
I. Die Wasserversorgung der Ortschaften.
SO wird
_ (1 + n) I . i . g {In . a^ — In , a)
Um mit Rücksicht auf die Mächtigkeit und lokale Verschiedenheit der
wasserführenden Schichte und des Grundwassergefälles die Ergiebigkeit eines
Grundwasserstromes zu berechnen, ordnet Thiem, entsprechend verteilt, Ver-
suchsbrunnengruppen an, deren jede aus einem Rohrbrunnen und wenigstens
drei in Dreiecksform situierten Beobachtungsröhren besteht. Während aus
dem Rohrbrunnen ein bestimmtes Quantum geschöpft wird, erfolgt gleichzeitig
die Beobachtung der Depressionstiefen nach Eintritt des Beharrungszustandes
im gesenkten Grundwasserspiegel, und werden daraus die entsprechenden
Grundwasserschichtenlinien konstruiert und die lokale Richtung des Grund-
wasserstromes bestimmt.
Nach Lueger steUt sich die Ermittelung des Q bei einer bestimmten
Absenkungstiefe « wie folgt, wobei eine nahezu horizontale wasserhaltende
(undurchlässige) Schichte, also ein gleicher Wasserspiegel angenommen wird,
1^
■^iL^ MUujL^^^J.'i'-J- miii>
--X - il
Y--^
WgJjJ^
■jHwj kJmyig
Fig. 25.
daher die Entnahmegrenzenkurve eine Kreislinie vom Radius R ist. Lueger
bezeichnet mit
F den wasserdurchlässigen Querschnitt;
K den Durchlässigkeitskoeffizienten, vom Durchmesser des Sandkornes ab-
hängig. Annähernd drückt Lueger den Wert für K in Meter aus durch
den Durchmesser der Sandkörner in Millimeter — also für einen groben
Sand von 2 mm Korngröße entspräche ein /ir= 0,002, für sehr feinen
Sand von ^4 mm Größe ein AT =0,00025;
y den Modul für das freie Durchflußprofil, d. h. das Verhältnis des Poren-
volumens zum Gesamtvolumen;
V die Geschwindigkeit;
0 das sekundliche Wasserquantum.
Für einen beliebigen Punkt / (siehe Fig. 25) der Depressionskurve im
Abstand x vom Brunnen entspricht der wasserdurchlässige Querschnitt J**
einer Zylinderfläche vom Radius x und der Höhe y\ es ist also:
F=27t .(f »X .y^ und nachdem Q = F.v^ so ist v = -.
Q
27t . (f .x,y
C. Wasscrgewinnnng. 73
Ist dy die wirksame Druckhöhe, welche hinreicht, eine zwischen zwei
im Abstand dx auseinander liegenden Ringflächen die Reibung im Sande zu
fiberwinden, dann ist:
dx 2n,fp,x.y
Die Integration ergibt nun:
Für den Mantel des Brunnens ist y = hf der Wassertiefe im Brunnen
selbst, und x = r; war H die Wassertiefe vor Beginn des Pumpens, s die erzielte
Depression im Brunnen, so wird für x = r das
C = (H— s)« ~ log. nat. r,
O X
mithin: v« = (H—s)^ H %. log. nat,—
die Gleichung einer Rotationsfläche.
Ist R die Entfernung vom Brunnen, bei welcher^ nahezu gleich H wird,
so wird y = H und x = Ry
also: Q = n .K. g) • ^— •
iog» nat» —
Daraus ergibt sich die Depression (Absenkungstiefe) s:
> = ff-\/.
^ 0 . Ä
-H* D ^« wo«. —
Näheres über Grundwasserberechnungen siehe unter anderen Publi-
kationen: Handbuch der Ingenieurwissenschaften (Wasserbau, III. Kapitel,
Ingenieur Oesten); Lueger, Wasserversorgung der Städte; König, Wasser-
leitungen, 1907.
Bei allen diesen theoretischen Berechnungen wurde zumeist Sand von
gleichförmiger Beschaffenheit als Träger des Grundwasserstromes angenommen.
Nun besteht die wasserführende Schichte sehr selten aus diesem Materiale,
sondern zumeist aus verschiedenen großen Schotter, Gerolle mit wenig oder
viel Sand gemischt Da versagen nun die theoretischen Formeln und wird
man daher dieselben nur für generelle Projektsberechnungen gebrauchen
können, während für Detailprojekte unbedingt direkte Pumpversuche und
event direkte Geschwindigkeitsmessungen vorgenommen werden müssen.
Die Pumpversuche müssen sich auf möglichst lange Zeit in Form eines
kontinuierlichen (Tag und Nacht andauernden) Betriebes erstrecken, sind
womöglich auch in der Periode des tiefsten Grundwasserstandes (Trockenheits-
periode) vorzunehmen, und schließlich ist, wie andererorts erwähnt, noch
eine Reduktion des erhaltenen Minimums im Vergleich mit noch nieder-
schlagsärmeren Jahren durchzuführen.
74 I- ^ic Wasserversorgung der Ortschaften.
4. Direkte Messungen der Grundwassergeschwindigkeit
Direkte Messungen der Geschwindigkeit können in der Weise voi^-
nommen werden, daß eine Kochsalzlösung in eia Bohrloch geschüttet und
die Zeit bestimmt wird, bis in dem Wasser eines unterhalb liegenden zweiten
Bohrloches, durch eine volumetrische Analyse (Titriennethode> nachgewiesen,
der Kochsalzgehalt zu konstatieren ist.
So fand Thiem die Tagesgeschwindigkeit des Grundwassers in der
Nähe von Stralsund bei einem Gefälle von y = 20 ^Jqq im Mittel mit v = 38,3 m,
aus welcher er dann K bestimmte.
Da v= K -j = K.J, so ist
V 38,3*"
^ " y "" 86400'«^- . 0,02 "" "»"^^•
In das obere Bohrrohr wurden 150 kg Kochsalz eingebracht und die
Ankunftszeit der Salzwelle in den andern drei in Entfernungen von 23 m,
23 m und 44 m im Stromstrich gelegenen Bohrröhren gemessen. Die Vornahme
dieser zahlreichen Analysen ist eine zeitraubende Arbeit und doch nicht genau.
An Stelle des Kochsalzes versuchte man Färbungen des Grundwassers
mit Fluorescöin (Eosin) und Uranin. Uranin ist speziell in kolossalef
Verdünnung (TÄÄönTwi) ^^^^^ seine grün opalisierende Farbe besonders in
tiefen Wasserschichten (aber auch schon in einem Glasrohr von 5 cm Höhe)
noch deutlich wahrnehmbar.
Mit einer Lösung von 1 g Uranin in 10 g Wasser, welche tropfenweise
zugesetzt wird, kann man in vielen Fällen auskommen.
Abgesehen von dem Zeitaufwande kann durch diese Methoden wohl
die Ankunftszeit, also die mittlere Geschwindigkeit zwischen den zwei
Bohrröhren ermittelt werden, jedoch nicht die einzelnen Phasen in der Fort-
bewegung dieses Reaktionsmittels.
Das letztere ermöglicht die neue elektrolytische Methode der
Geschwindigkeitsmessung des Grundwassers von Professor Slichter
in Wisconsin (U. S. A.). Professor Slichter bedient sich bei seiner neuen
Methode der Elektrolyse, das heißt der elektrochemischen Zersetzung eines
Salzes, und verwendet als Elektrolyt Salmiak (Chlorammonium). Zu diesem
Behufe werden mit Rücksicht auf die Ermöglichung einer raschen Bestimmung
und anderseits auf die zumeist sehr kleine Geschwindigkeit des Grundwassers
in geringen Entfernungen zwei Rohrbrunnen (verrohrte Bohrlöcher, besser
gelochte Röhren, ähnlich den Thiem sehen Filterbrunnen) abgeteuft.
Im Interesse der Ermittelung der maßgebenden Geschwindigkeit für
hydrotechnische Projekte (beispielsweise Grundwasserversorgungen) wird man
auf Grund des früher konstruierten Grundwasserschichtenplanes diese beiden
Versuchspunkte in der Linie des größten Gefälles, also senkrecht auf die
zwei korrespondierenden Horizontal-Grundwasserkurven anordnen.
C. Wassergewinnung.
75
Das von Professor Slichter nach zahlreichen Versuchen mit anderen
Salzen schließlich akzeptierte und verwendete Chlorammonium besitzt den
Vorteil der leichten Löslichkeit in Wasser, großer Leitungsfähigkeit und
Billigkeit; es verhält sich im Hinblick auf den vorliegenden Zweck genügend
inaktiv gegen das umgebende Medium und weist einen geringen Diffusions-
Koeffizienten auf. Dieses Salmiaksalz wird vor Beginn der Messungen in
den in bezug auf die Nivellete des Grundwassers höher gelegenen Brunnen
eingebracht. Slichter verbindet zuerst die zwei Brunnen durch einen
leitenden Draht (Fig. 26), schaltet eine kleine, aus einigen Elementen be-
stehende Batterie und einen Amperemeter ein und läßt von dem nach dem
höher liegenden Brunnen führenden Draht einen zweiten Draht abzweigen,
welcher isoliert in das Wasser des unteren Brunnens hinabgeführt wird.
^^/A^^i^^
i'H»<lXa
> a
":v
jl^l^
■^
• . 6tronririckjlund
Flg. 26.
Die Verbindungsleitung zwischen Draht und eisernem Brunnenrohr
wird durch ein Messingband mit Klemmschraube hergestellt, während der in
das Wasser des unteren Brunnens hinabreichende Draht mit Kautschuk isoliert
ist und das Brunnenrohr nicht berühren darf. Der Draht von dem Brunnen-
rohr des tiefer liegenden Bohrloches, in welcher Leitung das Amperemeter
eingeschaltet ist, führt zu dem einen Pol der Batterie, während der andere
Pol sowohl mit dem Rohre des oberen Brunnens, wie mit der inneren
Elektrode des unteren Brunnens zu verbinden ist.
Wird nun das Wasser des oberen Brunnens mit Chlorammonium ver-
setzt, so kann man am Ausschlag des Amperemeters die allmähliche Ver-
änderung der Stromstärke erkennen, wenn das durch die Salmiaklösung
besser leitend gemachte Wasser des einen Brunnens sich in der Bewegungs-
richtung des Grundwassers dem anderen Brunnen nähert. Während die
76 I* ^ic Wasserversorgung der Ortschaften.
allmähliche Annäherung des reinen Grundwassers sich durch ein langsames
Steigen des Zeigers am Galvanoskop zu erkennen gibt, zeigt sich die Ankunft
des salmiakhaltigen Grundwassers des oberen Brunnens am unteren durch
einen plötzlichen stärkeren Ausschlag der Galvanoskopnadel an.
Es ist also nicht nur die langsame Bewegung des Grundwassers indirekt
bemerkbar, sondern auch der Moment der Ankunft der Salzwelle beim unteren
Brunnen markant hervortretend.
Nach Ankunft der Salzwelle bleibt die Nadel stehen, da sich sodann
die Leitungsfähigkeit des Wassers für den elektrischen Strom zwischen den
zwei Brunnen vorläufig nicht ändert, geradeso wie vor dem Beginn des
Einschüttens des Salmiaks.
Während innerhalb der Zeit der allmählichen Annäherung der Salzwelle
der Ausschlag des Zeigers bei graphischer Auftragung der entsprechenden
Beobachtungszeiten eine gleichmäßig ansteigende Kurve repräsentiert, wird
die letztere im Augenblick der Ankunft der Salzwelle plötzlich um ein
Viertel bis ein Fünftel der bisherigen gesamten Steigung in die Höhe gehen.
Abgesehen von der Ersparnis der zeitraubenden Analysen des Salz-
wassers bei den älteren Methoden liegt ein Hauptvorteil der Sli cht er sehen
elektrolytischen Methode, wie eingangs erwähnt, in der Ermöglichung der
Beobachtung der einzelnen Bewegungsphasen der Grundwasserwelle.
Professor Slichter nahm die meisten Messungen in ehemaligen Alt-
wasserarmen, welche durch Glazialschutt, aus grobem Granitschotter bestehend,
oder durch aus den Goldwäschen angeschwemmten Schotter angefüllt wurden,
und zwar ganz in der Nähe des offenen Flußbettes oder auf einer Insel
zwischen zwei Armen des Arkansasflusses in Westem-Kansas vor. Er ver-
wendete zweizöllige Röhren und ordnete 4 derselben derart an, wie es die
Fig. 26 zeigt. Die Röhren /2g, R^ und R^ sind voneinander je 2 Fuß und von der
oberen Röhre /?i, in welche die Salmiaklösung eingegossen wird, je 4 eng-
lische Fuß entfernt als Schlagbrunnen eingerammt, und wurde die Ankunft
der Salzwelle in allen 3 unteren Röhren gleichzeitig beobachtet.
Slichter fand unter anderem nachstehende Tagesgeschwindigkeiten unter
Anwendung äußerst kurzer Beobachtungszeiten /, wobei jedesmal die Weg-
länge s = 4 engl. Fuß ä 0,305 m = 1,22 m betrug:
1 22»"
/= 1*40'«= eOOO»«*^-, z;2/ = 86400 •-^ö^^ = ^'^»^Ö"^»
1 22»»»
/=:25» =90000'«-, »M* = 86400 ■ öö^öö^ = 1,16 m,
1 22»»*
/=18A =64800*«^-, ^8^* = 86400- ^4800^- "" l»^^ m,
1 22»»
/=14i// =52200-, z;,,Ä = 86400--^^^= 2,01m.
Die Beobachtungszeiten waren in einzelnen Beobachtungen etwas
größer wie die hier angegebenen, indem die kleinste Tagesgeschwindigkeit
0,915 m betrug.
C. Wassergewinnung. 77
In der 1907 zu errichtenden kulturtechnischen Versuchsstation meiner
Lehrkanzel auf dem Versuchsgute der Wiener Hochschule in Groß-Inzersdorf
sollen auch diese Versuche nach der Methode Slichter begonnen werden.
5. Aufspeicherung des Grundwassers durch unterirdische Stauanlagen.
Entsprechend dem ungleichförmigen oberirdischen Abfluß und dadurch
eintretender Perioden von Wasserüberfluß und Wassermangel werden in
gewissen Fällen auch durch ungleichförmige Speisung der Grundwasserströme
die letzteren mitunter sehr starke Schwankungen aufweisen.
In ahnlicher Weise, wie durch Anlage von Stauweihern bezüglich der
oberirdischen Wässer eine geregelte Wasserwirtschaft zu erzielen möglich
ist, indem in den Zeiten des Überflusses gewisse Mengen aufgespeichert werden,
um in wasserarmer Zeit ausgleichend zu wirken, kann auch durch Anlage
unterirdischer Stauwerke ein Becken geschaffen werden, welches bei ent-
sprechend großem Fassungsraum das ganze Jahr hindurch die Abgabe eines
gleichmäßigen Wasserquantums ermöglicht. Insbesondere wird dies dann
leicht möglich werden, wenn die Ergiebigkeit des Grundwasserstromes nur
in gewissen verhältnismäßig kurz andauernden Zeitperioden kleiner ist als
der Bedari z. B. für die Wasserversorgung einer Stadt.
Um ein derartiges Projekt überhaupt als realisierbar zu gestalten, muß
die Oberflächengestaltung und Beschaffenheit der wasserhaltenden (undurch-
lässigen) Liegendschichte eine derartige sein, daß der Abschluß überhaupt und
bauökonomisch möglich ist, wodurch eine Anstauung des Grundwasserspiegels
und Anfüllung des so gebildeten Beckens möglich erscheint. Um in dieser
Richtung klar zu sehen, ist es notwendig, durch eine große Anzahl von
Bohrlöchern die Höhenlage der wasserundurchlässigen Schichte zu konstatieren.
Aus den gefundenen Koten wird sodann, ähnlich wie ein Terrainschichtenplan,
ein Schichtenplan der Oberfläche dieser Schichte konstruiert, aus welchem
die Konfiguration sodann deutlich zu ersehen ist. Bezüglich der günstigsten
Bedingungen für die Abschlußsperren und den Fassungsraum des Beckens ver-
weise ich auf die im Kapitel über Stauweiheranlagen diesbezüglich angeführten
Voraussetzungen, dasselbe gilt auch rücksichtlich der Anordnung der Abfluß-
vorrichtungen.
Aber auch Quellwässer, also nicht Talgrundwässer, sondern in den
Hängen, in gewissen zerklüfteten Felsarten fließende Grundwässer lassen sich
durch Einbau von Sperrtüren im Sammelstollen etc. stauen. Diese Art von
Aufspeicherung solcher Felsenquellen setzt aber noch eine viel weitgehendere
Kenntnis des Berginnern, also sehr genaue Aufschlüsse und richtige
geologische Annahmen voraus, und ist dabei äußerst vorsichtig zu Werke zu
gehen, um durch den Aufstau nicht am Ende dem Wasser einen anderen
unterirdischen unbekannten Abfluß zu verschaffen.
Außer dem Einbau von direkten unterirdischen Talsperren kann aber
auch für einen Ausgleich in den wechselnden Wasserergiebigkeiten in anderer
Weise vorgesehen werden.
Bei einer Gravitations-Grundwassersammelanlage, welche also höher als
die zu versorgende Ortschaft liegt, kommt es häufig vor, daß durch Nieder-
78 I. Die Wasserversorgung der Ortschaften.
bringung der Sammelleitung bis zur undurchlässigen Schichte das zugehörige
Sammelbeckens bald entwässert wird und in trockener Zeit dann Wasser-
mangel eintritt. Aus dem entsprechenden Hauptsammeibrunnen fließt also
alles Grundwasser dem Hochreservoir oder Wasserschloß zu, woselbst der in
der Stadt nicht verwendete Überschuß durch den Überlauf einfach abfließt
und somit verloren geht.
Da man das Hochreservoir oder das Wasserschloß aus bauökonomischen
Gründen nicht so groß bauen kann, daß es als Kompensations- (Ausgleichs-)
Reservoir gegenüber der schwankenden Grundwasserergiebigkeit funktionieren
kann, so muß daher das Grundwasserbecken selbst zu dieser Aufspeicherung
herangezogen werden.
Diese vorübergehende Aufstauung des Grundwasserspiegels und damit
Magazinierung des nicht benötigten überschüssigen Grundwasserquantums
kann direkt in dem Hauptsammeibrunnen (Fig. 27), in welchem die Sammel-
leitungen a, by c (Steinzeugrohre, Kanäle etc.) einmünden, in nachstehender
prinzipieller Weise erfolgen. In normalen Fällen würde bei geöffnetem
Schieber s^ das der größten Depressionstiefe T entsprechende Wasserquantum,
welches durch die Sammelleitungen a, b und c in den Brunnen eintritt,
durch die Rohrleitung d weiter fließen und in das Wasserschloß etc.
gelangen. Dieses Abflußquantum Q würde also der Maximalergiebigkeit des
Zuflußgebietes entsprechen. Nun ist aber der Maximalbedarf q ein wesentlich
geringerer. Es kann daher der Überschuß Q — q^ statt abgeleitet, in dem
Grundwasserbecken aufgespeichert werden. Diesen maximalen Bedarf q wird
aber der Brunnen vielleicht schon liefern, wenn das Grundwasser bloß bis zu
einer Tiefe /, abgesenkt wird.
Schließen wir daher den unteren Schieber s^ und öffnen einen in der
Tiefe t^ unter dem ungesenkten Grundwasserspiegel gelegenen Schieber Sg
eines Standrohres, so wird in erster Linie das Wasser im Brunnen bis zu
dieser Höhe steigen und sodann durch Sg in das gemeinsame Zentralabsturz-
rohr und von hier durch die Rohrleitung d weiter fließen. Hierdurch wird
aber auch eine Rückstauung im ganzen Grundwasserbecken und somit eine
Aufspeicherung eintreten.
Sinkt nun die Ergiebigkeit des Einzugsgebietes unter den Bedarf ^, so
kann der fehlende Rest aus dem aufgespeicherten Vorrat im Grundwasser-
becken gedeckt werden, indem durch teilweise Öffnung des Schiebers s^ ein
entsprechendes Ablassen dieses Vorrates erzielt wird.
Rationeller wird eine beliebig hohe temporäre Anstauung des Grund-
wassers erzielt werden können, wenn statt dem einfachen Zentralrohr R mit
einem oder zwei Schiebern ein Teleskoprohr r angeordnet wird, das bei ü gleich-
zeitig als Überfallrohr funktioniert. Dieses Teleskoprohr, welches seine
Führung in der Stange / findet, kann durch Drehen einer fixen Spindel
(mittels des Handrades H) in dem Standrohre, in welches es mittels Stopf-
büchse wasserdicht eingepaßt ist, beliebig auf- oder abbewegt werden. Die
tiefste Absenkung wäre hier durch /g repräsentiert. Eine weitere Absenkung
müßte durch teilweises Öffnen des Schiebers s^ erfolgen.
C. Wassergewinnnng.
79
mamt rn. 1} tpr#^t<tn
Flg. 27. Sammelbnmnen mit Elnrlchtiing zur Erzielang variabler Grundwasserabsenkimgen.
80
I. Die Wasserversorgung der Ortschafken.
Wenn die Stauhöhe T bezw. /, eine bedeutendere ist, dann müssen die
Sammelrohrleitungen a^ by c aus derartigem Material hergestellt und gedichtet
werden, daß sie diesem Drucke genügenden Widerstand bieten.
IIL Entnahme des Wassers aus Bächen und Flüssen (offenen
Wasserläufen).
Das gewöhnlich sehr weiche Wasser der Flüsse (1 — 2 deutsche Härte-
grade) wird zumeist wohl nur als Nutzwasser Verwendung finden; es gibt
jedoch mitunter Wasserwerke größerer Städte, welche das filtrierte Flußwasser
auch zum Trinken benutzen. Im übrigen ist dieses Wasser für alle anderen
Zwecke infolge seiner Weichheit besser zu verwenden als die härteren Quell-
oder Grundwässer. Infolge der zeitweiligen Trübung muß das Flußwasser
erst einer Filtration unterzogen werden, deren Grad von der Art der Ver-
Fig. 88. Situation einer Fluflwasserentnahme.
Wendung abhängt. In der Regel besteht die Anlage für die Entnahme des
Wassers aus folgenden Bauobjekten (Fig. 28):
a) einer in den Fluß eingebauten Stauanlage (Wehr),
b) einer Hauptzuleitung, aus dem Oberwasser der Wehre mittels Röhren,
gemauerten Kanälen oder offenen Gräben abzweigend, welche das Wasser
c) den Absetz bassins, in welchen die gröbsten suspendierten Bestand-
teile des trüben oder schlammigen Wassers sedimentieren, zuführt. Aus
diesen fließt das Wasser durch eine Rohrleitung
d) in die Filterbassins ein, wird hier vollständig mechanisch gereinigt
und gelangt
e) in ein Reinwasserbassin (unter Umständen bei Gravitationsleitungen
in das Hochreservoir) oder event. in den Maschinenpumpbrunnen,.
aus welchem das Wasser in die Stadt geleitet wird.
Von einer Beschreibung der Anlagen sub a, b und e kann hier füglich
abgesehen werden und soll daher nur die bauliche Konstruktion der Absetz*
und Filterbassins besprochen werden.
ad c. Die Absetz- oder Sedimentierbassins werden auch Grob-
filter oder Strainer genannt, wenn sie mit großem Gerolle angefüllt sind.
Die Absetzbassins sind entsprechend große, zumeist offene, selten eingewölbte,,
in Mauerwerk oder Erde (mit Lehmschlag gedichtet) hergestellte Behälter.
Diese, sowie die Filter müssen mindestens immer doppelt angelegt werden,
um bei notwendiger Reinigung oder Reparatur eine Störung des Betriebes.
C. Wassergewinnung.
81
zu vermeiden. Man macht diese Bassins 2—3 m tief, wobei die Wassertiefe
1,5 — 2,5 m beträgt. Ihre Fläche hängt von der größeren oder geringeren Ver-
unreinigung des Wassers ab. Man wird sie bei großen Anlagen mindestens
ebensogroß machen wie die Filter und als Länge die doppelte Breite wählen,
in manchen Fällen dieselben jedoch ganz weglassen können. Zur Erhöhung
^~ -v* '~y^ v\ jj^
A : X7Tg;-<Q^,.<9er =
Sedimentierbassln mit Eintauchplatte (Wlntentellung).
der Wirkung der Sedimentation werden beim Auslauf Eintauchwände
praktisch verwendet, wodurch der ganze Bassinraum ausgenutzt wird, indem
sonst das Wasser, dem
kürzesten Wege folgend,
nur an der Oberfläche
weiter fließt und der untere
Wasserkörper nicht er-
neuert wird. Man zwingt
durch die im Sommer
aufgezogene, im Winter
herabgelassene Wand im
Sommer das untere, im
Winter das obere Wasser zum Ablauf. Im Winter fällt das kalte Wasser
zu Boden, setzt ab, erwärmt sich und steigt beim Auslauf wieder in die Höhe.
— Im Sommer ist dies umgekehrt.
Aus den Figuren 29 und 30 ist die Strömungsrichtung des durch-
fließenden Wassers bei gezogener und bei herabgelassener Eintauchplatte zu
ersehen; die skizzierten Kurven bedeuten Isothermen, d. h. Linien gleicher
Wärme, wobei die Werte (Grade) derselben im Sommer nach abwärts ab-
nehmen, im Winter nach abwärts zunehmen. Die Konstruktion der Absetz-
. Friedrich, Wasserbau. Zweite Auflage. II. Band. 6
Flg. 30. Stellang der Eintauchplatte im Sommer.
82
I. Die Wasserversorgung der Ortschaften.
bassins für Nutzwasser kann etwa in der in Fig. 29 veranschaulichten Weise
erfolgen. Der Einlauf des Wassers aus dem Zuleitungskanal a in das Bassin
/ oder // erfolgt je nach Stellung der Schützen Sj oder s^ durch eine breite
Einlauföffnung Ä, der Abfluß durch eine zweite obere Öffnung er, im Winter
auch durch die untere Öffnung d. In dem Sammelschachte e wird sich das
Wasser in gleicher Höhe erhalten, bezw. bei Öffnung des darin befindlichen
Schiebers durch die eiserne Rohrleitung / dem Filterbecken zufließen. Bei
aufgezogener Eintauchplatte im Sommer wird, um ein Überfließen des abge-
lagerten Sandes in den Sammelschacht zu verhindern, die untere Öffnung
durch eine Schütze s abgeschlossen werden müssen. Statt der Schütze und
einer rechteckigen Maueröffnung kann natürlich auch ein Schieber mit einem
kurzen Ansatzrohr angeordnet werden, von welchem dann auch eine direkt
in den Bach ausmündende Entleerungsleitung A (in Fig. 28 punktiert) ab-
zweigen kann. Die Sohle der Bassins muß mit den in der Figur durch
Pfeile angedeuteten Gefällen angelegt werden. Die Wasserentnahme aus
dem Bache sowohl, wie die Bauart der Absetzbassins kann natürlich auch in
anderer Weise bei grö-
.. Beekjpiaue othr ßeren Niederwassertiefen
§5 der Flüsse dadurch er-
folgen, daß statt des Zu-
leitungsrohres durch einen
gemauerten Kanal oder
eine Rohrleitung das
Wasser direkt ohne Stau-
anlage dem Flusse ent-
nommen wird.
ad d. Die Filter-
bassins. Die Filter können
ebenfalls offene oder ge-
deckte Bassins sein; letztere sind teurer, bieten aber den Vorteil größeren
Schutzes %'^%'^n Verunreinigung. Zur Filtration des Wassers im großen wird
wohl in vielen Fällen nur Sand verwendet. Die ca. 1,20 m hohe Filter-
schichte (Beschickung) besteht im untersten Teile aus einer 0,20 m hohen
Schlichtung von größeren Steinen, darauf folgt eine 0,15 m starke Schichte
sogen. Nußkieses von 50 — 60 mm Größe, sodann 0,12 m hoch eine Schichte
aus Bohnenkies (30 — 40 mm groß), weiter 0,08 m hoch Erbsenkies (10 — 20 mm),
sodann 0,05 m grober Sand von 3 — 5 mm Korngröße. Als oberste, wirksame
Filterschichte wird eine 0,ßO m hohe Schichte feinen Filtersandes von
0,5 — 1,5 mm Korngröße eingebracht. Sand und Kies sollen womöglich nur
aus reinem Quarz bestehen, wenn ein solcher in der Nähe, also nicht zu
teuer zu beschaffen ist. Der Wasserspiegel wird in einer rationellen Höhe Äj
von 0,60 m über der Sandschichte angenommen und soll derselbe noch
0,30 — 0,50 m unter den Deckplatten der offenen oder der Gewölbeanläufe
der gedeckten Filterbassins liegen (Fig. 31). Daraus resultiert eine gesamte
Minimaltiefe der Bassins von 2,10 m resp. eine Minimaltiefe der Filtersohle
unter dem Normalwasserspiegel von //= 1,80 m. Wird die oberste Schichte
\(H$f^inn-JSand.
ff^0t^jaier Sand.
•^«2 '^rbsenkitv.
•^*' B»hnenktms.
/fifmnjS^Me.
Flg. 31. Fllterachichte.
C. Wassergewinnung. 83
des Filtersandes verlegt, so wird während des Betriebes eine dünne Schichte
dieses Sandes sukzessive abgenommen, so lange, bis die ganze Schichte nur
noch 0,30 m stark ist. Hierauf muß neuer, gewaschener Sand aufgebracht
werden. Erst nach langer Zeit (ca. 10 Jahre und mehr) muß auch das andere
Material (Kies und Steine) erneuert und gewaschen werden.
Je größer die Filterdruckhöhe (Wasserstand Äi), desto rascher wird die
Filtration im allgemeinen erfolgen, d. h. die Filtriergeschwindigkeit wird eine
größere werden, damit aber die Qualität, d. h. Reinheit des Wassers, abnehmen.
Nehmen wir eine Druckhöhe von h^ = 0,60 m an, so müßte, freien Fall an-
genommen, also von jeder Reibung abstrahiert, die Geschwindigkeit
v = y/ 2gh = y/ 19,62 . 0,6 = 3,43 m
sein. Es würden also pro m^ Filterfläche und pro Sekunde 0 = 3,43 m'*
oder Qoi^ = 296,352 m' filtriert werden können. In der Praxis muß jedoch
die Filtriergeschwindigkeit eine viel kleinere werden.
Soll das Wasser Trinkzwecken dienen, also bakterienfrei sein (soweit
dies praktisch überhaupt möglich ist), dann haben die meisten Hygieniker
durch langjährige Versuche gefunden, daß pro m^ Filterfläche bei der
sogen, englischen, der langsamen Sandfiltration, täglich im Maximum
nur 3 m^ Wasser filtriert werden sollen.
Piefke in Berlin ist der Ansicht, daß bei möglichst keimfreier Filtration
die Filtriergeschwindigkeit t; = 0,030 m, also 30 mm pro Stunde nicht über-
schreiten soll, d. h. pro m* Filterfläche Q^^^ = 0,72 m* zur Filtration gelangen
soll. Also für ein Wasserquantum von täglich 10000 m* müßten die Filter eine
Fläche von ^ = 14000 m* besitzen. Daraus ist zu ersehen, welche kolos-
sale Flächen bei einer großen Stadt notwendig sind, wenn die Filtration nach
obiger Annahme ein in bakteriologischer Richtung gutes Trinkwasser liefern soll.
Nach Kirkwood und Samuelson soll die Geschwindigkeit in 24 h
1,5 m, d. h. 62 mm pro Stunde betragen, was pro m* und 24 h einem Filter-
quantum Q = 1,5 m^ entspricht.
Nach Lindley sollen diese Grenzen zwischen 1,8 und 3,0 m^ schwanken,
im Mittel also Q = 2,4 m'* betragen.
Die Kommission des deutschen Reichsamtes in Berlin gab an-
läßlich der Choleraepidemie im Jahre 1892 ein Gutachten dahin gehend ab,
daß bei den dortigen Sandfiltern nur bei einer Geschwindigkeit von 100 mm
pro Stunde ein den hygienischen Anforderungen entsprechendes Resultat
erzielt werden könne, welche Geschwindigkeit einem Q^^ und pro m* = 2,4 m'^
entspricht, also mit dem Lindleyschen Mittelwerte übereinstimmt.
Koch und viele andere Fachleute nehmen als zulässige Grenze
Q = 3,0 m» an.
Weiter ist zu berücksichtigen, daß die Größe der Filter nach dem
Maximaltagesverbrauch berechnet werden muß (also das 1^/4 — l^/j fache des
mittleren Bedarfes), wenn das filtrierte Wasser unmittelbar in den Maschinen-
brunnen fließt und von hier aus in das Hochreservoir bezw. direkt in die
Stadt gedrückt wird.
34 I- ^ic Wasserversorgung der Ortschaften.
Handelt es sich nur darum, Nutzwasser zu filtrieren, also zu klären, dann
kann natürlich eine weit höhere Filtrationsgeschwindigkeit angenommen werden.
Wie aus den früheren Ausführungen im I. Abschnitt des I. Bandes
(Allgemeine Bodenmeliorationslehre) hervorgeht, darf bei feinem Schlamm
die Sohlengeschwindigkeit F« = 0,08 m pro Sekunde nicht überschreiten,
wenn das Material nicht angegriffen, also weiter geführt werden soll. Es wird
also z. B. bei v = 0,05 m auch feiner Schlamm sedimentieren. Dies gebe bei
1 m^ Filterfläche ein sekundliches Durchflußquantum von Q = 0,05 m*^ oder
pro 24 h ö = 86400 . 0,05 = 4320 m». Bei v = 0,01 m wäre (ßo/ = 864 m» und
bei V = 0,001, also 1 mm Geschwindigkeit, Qo^ = 86,4 m*. Die Filterflächen
werden also dort, wo kein bakterienfreies Wasser beansprucht wird, wie
dies ausschließlich bei Nutzwasser der Fall ist, wesentlich kleiner werden
und pro m- Filterfläche im Minimum Q = 100 m^ pro Tag entsprechend
gereinigt werden können. Es wäre also bei einem täglichen Wasserbedarf
von beispielsweise Q^^^ = 10000 m^ eine Filterfläche von 100 m^ resp. inkl.
des Reservefilters eine Fläche von 200 m* notwendig. Wählen wir eine
quadratische Grundrißform für beide Filter zusammengenommen, so erhalten
wir als Seitenlänge 7=^^200= 15 m; es müßte daher jedes einzelne Filter-
bassin im lichten 7,5 m breit und 15 m lang werden (/ = 2 Ä), während bei
jp = 3 m*, dem üblichen Werte für bakterienfreie Filtration,
F=i^^ = 3333 m«
oder bei Annahme eines Reservefilters l=y/ 6666 = 80 m Seitenlänge resul-
tieren würde.
Bei Berechnung der notwendigen Filterfläche muß, wie schon er-
wähnt, auf den maximalen Tageskonsum Rücksicht genommen werden.
Jedes noch so sorgfältig hergestellte Filter wird anfänglich kein reines
Wasser liefern, sondern es wird erst nach einigen Tagen das trübe Fluß-
wasser klar aus dem Filter ausfließen. Diese Zeit ist eine verschiedene und
von dem Grade der Verunreinigung des zu filtrierenden Wassers abhängige,
und kann man nur behaupten, daß diese Interimsfrist kleiner wird, wenn das
Wasser schmutziger ist und wenn die Korngröße der obersten Sandschichte
abnimmt, wobei jedoch als zulässiges Minimum 0,5 mm Durchmesser ange-
nommen wird. Man hat über die Ursachen dieser Erscheinung nachgeforscht
und ist im allgemeinen zu der Ansicht gelangt, daß die anfänglich reinen
rauhen Sandkörner der obersten Schichte ihre Filtrierfähigkeit erst erhalten,
wenn sie durch den aufgebrachten feinen Schlamm eine gewisse Klebrigkeit
erhalten, und daß die Fähigkeit der oberen Sandschichte, Mikroorganismen
und schwache Trübungen zurückzuhalten, mit zunehmender Klebrigkeit
wächst. Durch diese aus schleimbildenden Bakterien bestehende Schlamm-
schichte, das Plankton, welches die Sandkörner mit einer Art Gallerte über-
zieht, werden sich jedoch die Zwischenräume des Sandes mit der Zeit immer
kleiner und kleiner gestalten, bis endlich das Filter „verstopft" ist, also gar
kein Wasser mehr durchfließt. Die Zeit vom Beginne der Filtrierung bis
zur Verstopfung der obersten Sandschichte, welche gewöhnlich „Laufzeit"
C. Wassergewinnnng.
85
des Filters genannt wird, ist je nach der Beschaffenheit des Wassers und
Sandes eine verschiedene und kann im Mittel mit 1 Monat bemessen werden,
so daß also jährlich 12 Reinigungen, d. h. Sandentfemungen der obersten
Schichte in einer Stärke von ca. 2 cm vorzunehmen sind. Dieser Sand wird
gewaschen und später wieder verwendet. Im Jahre wird daher eine Sand-
schichte von 2 . 12 = 24 cm abgetragen, welche gewaschen und später jährlich
auf einmal wieder aufgetragen wird. Im Laufe einer längeren Reihe von Jahren
wird es notwendig, das ganze Filtermaterial, also vom feinen Sande angefangen
bis zum großen Schotter
(Steine), vollständig heraus- j, j$^
zunehmen und zu. waschen.
Überdies soll von Zeit zu Zeit,
womöglich einigemal im Jahre,
das ganze Filterbassin vom
Wasser entleert und 2 — 3 Tage
der Einwirkung trockener
warmer Luft ausgesetzt wer-
den, wo durch erfahrungsge-
mäß die exakte Filtrierfähig-
keit länger erhalten bleibt.
Eine weitere unerläß-
liche Bedingung zur Erzielung
eines tunlichst gleichförmigen
Filtrierproduktes (Filtrates)
ist die Regelmäßigkeit des
Betriebes. Damit die oberste,
eigentlich filtrierende
Schichte, die Filterhaut,
nicht schon früher, also vor
der Verstopfung selbsttätig
durchbrochen wird, was ge-
schehen kann, wenn die
Filtrationsgeschwindigkeit
zeitweilig eine größere als
die früher angegebene wird,
so muß für eine möglichst gleichmäßige Filtration, also gleichen Zu- und
Abfluß, Sorge getragen werden. Zu diesem Behuf e muß insbesondere die
Filterdruckhöhe ziemlich konstant erhalten werden, was durch Regulierung
des Ab- oder Zulaufes geschieht. Dies kann entweder durch Regulierung
des Zuflusses mittels des Einlauf Schiebers durch den Filterwärter oder selbst-
tätig durch Regulierung des Wasserabflusses erzielt werden. In Fig. 32 ist
eine nicht automatische Vorrichtung zur Regulierung der Filterdruckhöhe
gezeichnet, welche beim Bremer Wasserwerke in Verwendung steht. In vor-
stehender Figur ist die Stellung des ausgezogenen Teleskoprohres in seiner
Höchstlage eine derartige, daß die Filtrierdruckhöhe gleich Null ist, also kein
Abfluß stattfindet. Durch Herabsenken des Rohres kann die Filterdruckhöhe h
Fig. 88. Vorrichtung zur RegoUenuig der Filtrierdmckhöhe.
gg I. Die Wasserversorgung der Ortschaften.
bis maximum 500 mm vergrößert werden. Das oben offene, mit einem
Trompetenrohraufsatz versehene Teleskoprohr dient also als Überfallrohr und
wird durch eine Führungsstange geleitet. Die Bewegung dieses durch eine
Stopfbüchse wasserdicht in das Standrohr eingepaßten Teleskoprohres wird
durch eine Schraubenspindel bewerkstelligt. An einem Pegel kann die
jeweilige Druckhöhe h abgelesen werden.
Ist der Zufluß an und für sich regelmäßig durch eine konstante Druck-
höhe und einen konstanten Durchmesser des Zuleitungsrohrstranges bedingt,
dann entfällt natürlich die Notwendigkeit einer weiteren Regulierung der
Filterdruckhöhe in den Filterbassins. Derartige Regulierungsvorrichtungen
mit Teleskopröhren etc. hat man auch automatisch wirkend (durch
Schwimmer etc.) konstruiert.
Bei Berücksichtigung aller der früher entwickelten, beim Betriebe von
Sandfiltem notwendig zu beachtenden Faktoren resultiert das Erfordernis der
Anlage von Reservefiltern, um im Betriebe an und für sich, wie in der
Erzielung eines gleichmäßigen Filtrates keinerlei Störungen eintreten zu lassen.
In der Regel sollen bei sehr großen Filteranlagen 3 Reservefilterbecken
bestehen, von denen das eine event. im Stadium der Entleerung und Durch-
lüftung, das zweite im Stadium der Reinigung (Abnahme der obersten 2 — 3 cm
starken Sandschichte) und das dritte Becken endlich im Stadium der Neu-
beschickung mit frischem Sand sich dann befindet, wenn die oberste Sand-
schichte bis auf jene Tiefe von 20 — 24 cm bereits entfernt wurde, welche als
minimale Filterschichte früher bezeichnet wurde. Das Waschen des Sandes
erfolgt gewöhnlich bei kleinen Anlagen in offenen hohen Holzkästen mittels
kräftigen Wasserstrahles und Rühren mittels Krücken, bei größeren Anlagen
in geneigt gelagerten, konischen, rotierenden Trommeln mit innenliegender
Schnecke; der von oben einlaufende Sand kommt bei der Drehung der
Trommel mit dem von unten aufsteigenden Wasser der Druckleitung in innige
Berührung und fällt rein gewaschen heraus. Die Kosten des gründlichen
Waschens von 1 m^ Sand belaufen sich auf ca. 120 Heller (1 M.).
Als Type für die gewöhnliche Art der Baudurchführung offener Filter
diene die in Fig. 33 und 34 abgebildete Filteranlage des Nutzwasserwerkes
der Stadt Saargemünd in Elsaß-Lothringen. Neben dem Saarflusse befindet
sich der 2,2/2,8 m weite Entnahmeschacht (Maschinenbrunnen), welcher durch
eine 200 mm weite Gußeisenrohrleitung mit dem Flusse kommuniziert. Aus
diesem Schachte wird mittels einer 200 mm Saugleitung das Wasser durch
die Pumpenanlage angesaugt und durch eine 200 mm Druckleitung auf die
Filter aufgepumpt. Das filtrierte Wasser sammelt sich in dem auf der Filter-
bassinsohle liegenden Reinwasserkanal und fließt mit natürlichem Druck in
den Reinwasserschacht ein. Der letztere, aus 4,15 m hohen, 1 m starken
Mauern in Portlandzement hergestellt, ist 3,4/3,4 m weit. Aus demselben
wird durch ein Pumpenpaar das reine Wasser angesaugt und in die Stadt
Saargemünd bezw. das Hochreservoir gedrückt.
Die beiden Filter haben je 300 m^ Fläche; eines ist 20,5 m, das andere
24,7 m lang und im Mittel 15 m breit. Die unregelmäßige Grundrißform ergab
sich durch die lokalen Besitzverhältnisse. Durch eine 175 mm weite Überlauf-
C. Wassergewiimnng.
87
und Entleerungsleitung, welche infolge der örtlichen Verhältnisse in diesem
Falle speziell oberhalb der Wasserentnahme in den Fluß einmündet, kann die
Trockenlegung des einen oder anderen Filterbeckens sowie des Reinwasser-
Pumpen - ffccuM^
r
iE
^ . \ \ \ \ \
•• jSaar-fluIs.
Flg. 38. Situation der FUteranlage in Saargemilnd.
Schachtes erfolgen. Die Filterbecken ruhen auf einer Betonsohle; die über
Terrain liegenden Umfassungsmauern sind 2,50 m hoch und haben 1,0 m obere
und 1,20 m untere Breite; die Mittelmauer ist oben 1,10, unten 1,30 m breit.
V....10Q...^
Fig. 34. Detaü-LängenBchnltt durch die Filterbecken.
Die Becken sind mit einem 3 cm starken geschliffenen Portlandzementverputz
gut gedichtet. Der Normalwasserspiegel liegt 0,50 m unter den Deckplatten,
die Filterwasserhöhe beträgt 0,35, die ganze Höhe der Filtersand- und
Schotterschichte 1,55 m. Quer über die Filterbassinsohle zieht sich der
Reinwasserkanal, welcher mit Steinplatten überdeckt ist und in welchem das
^g I. Die Wasserversorgang der Ortschaflen.
durch ein System von Drainagesträngen, die auf der Filtersohle liegen,
gesammelte filtrierte Wasser einfließt. Statt der Drainröhren können prak-
tisch auch 2 Reihen lose neben- und übereinander geschichteter Ziegel ver-
wendet werden.
Eine Type gedeckter Filter ist auf Tafel VI, kombiniert mit dem Hoch-
reservoir, gezeichnet. Eine zweite kleine Anlage, betreffend die Verwendung
und Filtration eines kleinen hochgelegenen Quellbaches für Trinkzwecke, ist
aus Tafel II, Fig. la, b und c zu ersehen. Durch eine in den Bach ein-
gebaute kleine Stauschwelle (siehe Punkt B im Längenprofil) wird das Bach-
wasser auf die Kote 278,8 m gestaut und gezwungen, in das Einlaßobjekt B
einzutreten, welches gleichzeitig als Grobfilter funktioniert, indem hier die
groben Sedimente (Blätter etc.) zurückgehalten werden. Von hier aus fließt
es in den 40 m langen, in die Tallehne eingebauten Sammelkanal (15/15/15 cm),
der gleichzeitig durch Schlitze das aus der Berglehne kommende Quellwasser
aufnimmt. Im gedeckten Filter A wird das Wasser einer absteigenden
Filtration unterzogen und gelangt in die Reinwasserkammer und von hier
durch einen Schieber in die mit einem Luftrohr versehene Zuleitung zum
Hochreservoir. Das Filter besitzt in vorliegendem Beispiel eine Fläche von
nur 0,8 m*, da das aus dem Hochwaldgebiete fließende kleine Quellbächleih
gemeinsam mit anderen Quellgebieten nur zur Speisung eines Meierhofes
dient, also das notwendige Wasserquantum ein sehr geringes ist. Dieser
Bezugsort dient überdies nur als Reserve bei trockener Zeit, in welcher das
Quellbachwasser ohnehin klar ist. Bei größerem Wasser wird die Einlauf-
öffnung durch eine Klappe oder ein Brett verschlossen.
Da bei großen Wasserwerksanlagen der nach der englischen langsamen
Sandfiltrationsmethode notwendige Baugrund bei notwendiger Erweiterung
der Filteranlagen oft schwer beschafft werden kann, mitunter auch gar nicht
verfügbar ist, ließ, um den notwendigen Flächenraum bedeutend zu reduzieren,
Wasserwerksdirektor F. Fischer in Worms Filterplatten aus einer kompri-
mierten sandsteinartigen Masse von 0,10 m Stärke anfertigen. Aus je zwei
solcher Platten wird, in einem Abstände von 0,03 m voneinanderstehend
und an den Rändern gedichtet, eine Art Kästen hergestellt und vertikal
nebeneinander aufgestellt. Diese vertikal aufgestellten Platten bilden die
Filterschichte, durch welche das Wasser unter dem normalen (üblichen)
Filterdruck durchsickert und gereinigt in die Hohlräume der Kästen gelangt,
aus welchen es durch eine eiserne Rohrleitung abgeleitet wird. Durch die
letztere kann umgekehrt durch Verbindung mit einer Wasser druckleitung
eine Reinigung der Platten, sowie ein Ablösen der sich auf der Oberfläche
bildenden Filterhaut von innen aus erfolgen, desgleichen durch Einlassen
von Dampf eine Sterilisierung der Platten (Vernichtung von Bakterien) erzielt
werden. Dieses neuere Filtersystem soll sich auf Grund der bisherigen Er-
fahrungen leider nicht entsprechend bewährt haben. Auf demselben Prinzipe
beruht ein im Journal für Gasbeleuchtung und Wasserversorgung 1906 pub-
liziertes System „Lanz", das als vertikales Steinfilter (fein poröser Naturstein)
aus Platten von 1,18 m Höhe, 0,48 m Breite und 0,18 m Dicke mit einer
Filterfläche von 1,6 m* pro Element, welche bei 375 mm stündlicher Filtrier-
C, Wassergewinnung. 89
geschwindigkeit pro Tag und Element somit 14,4 m* oder pro Quadratmeter
9 m* filtrieren. Jedes Steinplattenelement enthält 5 Bohrlöcher, aus welchen
das von außen eingedrungene Wasser unter max. 1,5 m Druckhöhe in eine
U förmige Bodenrinne ausläuft.
Nach Versuchen soll ein 15000 Keime enthaltendes Rohwaser bis auf
6 Keime gereinigt worden sein. Die Reinigung erfolgt wie beim Fisch er-
sehen Sandsteinfilter von innen nach außen. Auch hier muß die Eignung
dieses Systems als Großfilter noch abgewartet werden.
Jewell-Rapidfilter.
Die enorm großen Flächen, welche große Städte bei Anwendung der
langsamen Sandfiltration (englische Methode) beanspruchen, die hiermit ver-
bundenen großen Baukosten, sowie mitunter der eintretende Übelstand, daß,
wie früher hervorgehoben, bei notwendiger Erweiterung der Filtrationsanlage
die Stadt oft die nötigen Flächen Oberhaupt nicht zur Verfügung hatte, brachte
die Amerikaner in die Zwangslage, ein neues Schnellfiltersystem zu erfinden,
das nur den 50. Teil der Fläche der englischen Sandfiltration beansprucht,
indem 1 m^ Filterfläche imstande ist, statt 2,5 m* bis 125 m^ Wasser pro Tag
zu filtrieren.
Dabei ist sowohl die mechanische Reinigung (Klärung) als auch die
bakteriologische eine ausgezeichnete, indem von je 1000 Keimen pro cm* des
Rohwassers das Filtrat bloß 7 — 8 Keime enthält. Auch die Rfeinigung der
Filter selbst ist eine ganz außerordentlich raschere, indem die Filter wohl
normal nur ca. 3 — 4 Tage in ununterbrochenem Betrieb stehen, die jedes-
malige Reinigung jedoch bloß 7 — 11 Minuten erfordert.
Die Filter bestehen bei großen Anlagen zumeist aus eisernen, oben
offenen zylindrischen Gefäßen von meist 5,029 m Durchmesser und 2,862 m
Höhe; die Fläche ist daher 20 m* und filtriert also ein solches Filter pro Tag
125 . 20 = 2500 m*. Die Filtrationsgeschwindigkeit ist somit pro h = 5,2 m,
während sie nach Piefke (Berlin) bloß F* = 0,030 m OPw* = 0,72 m«) oder,
wie sonst üblich, Vh = 0,104 m {Q^ = 2,5 m») beträgt.
Das Charakteristische dieser amerikanischen Schnellfiltration besteht
darin, daß der Sedimentationsprozeß durch Zusatz von Chemikalien, welche
unlösliche Verbindungen erzeugen, außerordentlich beschleunigt wird.
Es wird nämlich dem zu reinigenden Wasser ein Zusatz von 2— 6^/^
Alaunlösung (schwefelsaure Tonerde) gegeben (in Form von amorphem
Alaun), und zwar pro m* Rohwasser zwischen 7 — 12 g (Anlage Triest). Da
1 kg Alaun 16 Heller kostet, so entfallen im Maximum pro m* Wasser rund
0,2 Heller Alaunverbrauch. Diese Alaunlösung bewirkt eine vollständige
Klärung des oft sehr unreinen Rohwassers, wobei auch die event. Humin-
substanzen (Moorwässer) ausgeschieden werden. (Die Anlage in Triest ist
seit 2 Jahren in Betrieb.)
Was die Wirkung des im Wasser gelösten amorphen Alaunzusatzes
anbelangt, so wird die schwefelsaure Tonerde durch den in jedem Wasser
enthaltenen Kalk zersetzt, indem schwefelsaurer Kalk (Gips) gebildet wird
90 I* ^ic Wasserversorgung der Ortschaften.
und das sehr fein verteilte, ausgeschiedene Tonerdehydrat, da spezifisch
schwerer, zu Boden fällt.
Dieses in lockeren Flocken ausfallende Tonerdehydrat hat eine doppelte
Aufgabe. Ein Teil dient dazu, in den Sedimentierbassins die suspendierten
Bestandteile einhüllend mit sich niederzureißen. Hierbei werden auch die
im allgemeinen als gelöst betrachteten H um in Substanzen, die dem Wasser
eine gelbe Färbung geben, mit ausgeschieden, desgleichen auch Eisenver-
bindungen. Ein anderer Teil des Tonerdehydrates gelangt auf das Filter und
dient hier, ein künstliches Plankton bildend, außer dem natürlichen Plankton,
hauptsächlichzur Bildung der filtrierenden Schichte, der Filterhaut.
Je besser das natürliche Plankton aus dem Rohwasser entfernt wird, um
so günstiger ist der Reinigungseffekt in bakteriologischer Beziehung, da das
künstliche Plankton, der Tonschlamm, das vorherrschend wirkende ist. Bei
diesem Verfahren nimmt auch die permanente Härte des Wassers etwas zu,
wobei die geringen Mengen des schwefelsauren Kalkes jedoch nicht in
Betracht kommen.
Bei einem sehr wenig kohlensauren Kalk enthaltenden Wasser kann
durch den Zusatz von schwefelsaurer Tonerde eine saure Reaktion eintreten,
in welchem Falle dann durch Zusatz von Kalkmilch die Neutralisation durch-
zuführen ist.
Vom hygienischen Standpunkt ist nachgewiesenermaßen dieser geringe
Zusatz von Alaun (7 — 50 g), sowie die Bildung der schwefelsauren Salze
ganz unschädlich.
Auf Grund der zahlreichen Versuche und gemachten Erfahrungen
können die Jewellfilter rücksichtlich der bakteriologischen Leistungsfähigkeit
mit der langsamen Sandfiltration als gleichwertig angesehen werden, in
bezug auf die Klärung und Entfärbung ist dieses Verfahren jedoch allen
anderen Systemen vorzuziehen. — Was die bauliche Einrichtung und
den Betrieb dieser Filter anbelangt, so besteht, wie früher erwähnt, das
Filter aus einem 5 m hohen Bottich (aus Holz oder Eisen), in dessen oberen
Teil ein kleinerer, kürzerer, zweiter Bottich hineinragt.
Der Zwischenraum zwischen beiden ist unten mit einem Boden abge-
schlossen und kommuniziert der untere freie Raum des großen Bottichs mit
dem oberen Bottich durch ein in der Mitte situiertes Rohr.
In den unteren Raum, der als Klärbassin dient, tritt das Rohwasser,
welches vorher den Alaunzusatz erhalten hat, durch ein Ventil ein, wobei
das Wasser nicht radial, sondern tangential einströmt.
Nach Ablagerung der gröberen Sedimentstoffe gelangt das Wasser durch
das zentrale Rohr in den oberen Bottich, wo es sich über die Oberfläche
des aus reinem Quarzsand bestehenden Filterbettes ausbreitet, dasselbe durch-
fließt und am Boden des kleinen Bottichs durch zahlreiche, mit feinen Sieben
geschlossene, trichterförmige Öffnungen in ein System von Abzugröhrchen
eintritt, welche alle rechtwinklig in ein diametral gelagertes Sammelrohr ein-
münden.
Aus diesem gelangt das gereinigte Wasser durch senkrechte Abfluß-
röhren und durch ein Ventil in die Reinwasser-Hauptleitung.
C. Wassergewinnung. 91
Ein auf das Eintrittsventil wirkender Schwimmer reguliert den Zufluß
und hält das Wasser im Filter auf konstanter Höhe.
Der Austritt wird durch einen äußerst sinnreich konstruierten Kontroll-
apparat (Weston Controller) ebenfalls reguliert und so die Filterleistung
konstant erhalten.
Die Reinigung geschieht durch Rückströmung von reinem Wasser
unter Druck (durch Pumpe oder Hochreservoir), verbunden mit Lüftung und
Durchrührung des Filtersandes mittels eines eigenen Rührwerkes, dem ge-
wöhnlich noch ein Nachspülen folgt.
Diese Manipulation erfordert nur einen Zeitraum von 5 — 10 Minuten
und kann bei sehr schmutzigem Wasser alle Tage vorgenommen werden.
Die Betriebskosten stellen sich ca. gleichhoch wie bei der gewöhn-
lichen Sandfiltration. Die Baukosten sind jedoch ganz bedeutend geringer
wie jene der englischen Sandfiltration, weil die verbaute Fläche wesentlich
kleiner ist.
Kosten der englischen Sandfilter. Werden die Kosten über-
wölbter Filter auf 1 m^ filtrierten Wassers reduziert, so betragen dieselben
nach Kirkwood 30—120 Heller = 0,25— 1,0 M. Nach Lindley stellen sich
dieselben wie folgt:
Baukosten (große gewölbte Filter) .... 0,25 M.
Filtrationskosten 0,75 .,
Gesamtkosten von 1 m** filtrierten Wassers 1,00 M. = 120 Heller.
Die Baukosten des Filterbassins selbst können (größere Anlagen
vorausgesetzt) pro m^ Filterfläche bei offenen Filtern 50 — 60 K = 50 M.,
bei überwölbten Filtern 80—100 K = 70—80 M. betragen. Kleinere Filter
kommen entsprechend teurer.
IV. Wassersammlung durch künstliche Teiche und Stauweiher.
In allen jenen Fällen, wo zur Versorgung weder Quell- und Grund-
wasser, noch offene Wasserläufe ausreichen, muß zur Errichtung entsprechend
großer Stauweiher, Gebirgsreservoire, geschritten werden. Rücksichtlich der
anstandslosen Verwendung von Talsperrenwasser zu Genußzwecken wird auf
die im allgemeinen Teile dieses Abschnittes vorgeführten Abhandlungen ver-
wiesen. Was den Bau derselben anbelangt, so wird in Kapitel II dieses
Bandes (Stauweiher- Anlagen) die Projektierung, Berechnung und bauliche
Durchführung dieser Anlagen des näheren behandelt werden. Mit jedem
Stauweiherbau wird jedoch für Wasserversorgungszwecke zweckentsprechend
eine Filteranlage zu verbinden sein, welche entweder gleich beim Stauweiher
zu erbauen oder aber mit der Hochreservoiranlage (Taf. VI) zu kombinieren
sein wird. In nachfolgendem soll noch der Eigenart der Wassersammlung
wegen die Wasserversorgung der Stadt Christiansund in Norwegen an
der Hand einiger im Jahre 1889 skizzierter Aufnahmen besprochen werden.
Christiansund, eine Stadt mit 9800 Einwohnern, südlich von Trondhjem
(Drontheim) an der Westküste Norwegens gelegen, besteht aus drei Inseln.
Die großen, zumeist kahlen Gneiskuppen und Abhänge dieses an und für
sich kleinen Insellandes gestatten kein Einsickern des Meteorwassers, so daß
92
I. Die Wasserversorgnng der Ortschaften.
b) Längenprofll CD,
ftöhpJU
trotz des durch den Golfstrom begünstigten Regenreichtums (1800 — 2000 mm
pro Jahr Regenhöhe) die Bildung von Süßwasserquellen ausgeschlossen er-
scheint. Die Stadt mußte
daher entweder eine
Zisternen- oder Ge-
birgsreservoir- (Stau-
weiher-) Wasserversor-
gung durchführen. Zu
diesem Zwecke wurden
in einer der steilen
Felsschluchten 3 kleine
Reservoire /, // und
///(Situation c, Fig. 35)
mittels gemauerter Tal-
sperren in unmittel-
barer Nähe der Stadt
angelegt.
Die Talsperre des
mittleren, 1889 gebau-
ten Reservoirs ist in
Fig. 35 d im Quer-
schnitt gezeichnet; sie
ist aus Gneisblöcken
trocken hergestellt und
nur auf der Wasser-
seite in Zement ge-
mauert. Die Reservoiit
sind 50—200 m lang
und zumeist 30 — 40 m
breit mit einer mitt-
leren Wassertiefe von
1 — 3 m. Der Fas-
sungsraum aller 3 Stau-
weiher dürfte meiner
c) Sltoationsplan.
\" 1
d) Profil der Staumauer des Reservoirs n. e) Querprofi] des Sammelkanales.
Fig. 35. Wassersammelanlage von Christiansund (Norwegen).
D. Znleitang zum Versorgungsgebiete. 93
Schätzung und flüchtigen Aufnahme nach ca. 30000 m* betragen. Die Mauern
besitzen keine gemauerten Grundablässe und Überfälle, sondern sind nur
durch kurze Rohrleitungen mit Schieber verbunden. Das oberste Reservoir
liegt nahe der Wasserscheide.
Da infolge des kleinen Einzugsgebietes dieser Reservoire von vielleicht
4 ha die Wassersammlung eine ungenügende war, wurden behufs Vergrößerung
desselben 2 Parallelschluchten einbezogen und zu diesem Zwecke an den
steilen Felsenabhängen und Tallehnen 0,3/0,4 m weite, gemauerte, offene
Sammelkanäle gebaut (siehe Querprofil e), welche sich längs der in dem
Situationsplan strichpunktierten Linie an den Abhängen entwickeln. Die
Verbindung der Sammelkanäle des Friedhof- und Wiesentales (vom Verfasser
gewählte Benennungen) erfolgt durch einen Siphon (siehe Querprofil AB),
Das von den Felsen abrinnende Regenwasser wird nun in diesen Kanälen
gesammelt und in die 3 Stauweiher geleitet, aus welchen es nach Passierung
einer Filteranlage in die Stadt gelangt. Das diesem kahlen Felseiland mühsam
und mit großen Kosten, abgewonnene Wasser ist ganz entsprechend trinkbar,
wird jedoch zuweilen noch in den Häusern selbst, wenn nötig, einer zweiten
Filtration und Kühlung unterzogen.
Eine zweite aparte Art, eine künstliche Herstellung von Grund-
wasser durch natürliche Sandfiltration im Boden weist die Stadt Göteborg
in Schweden auf (siehe „Gesundheits-Ingenieur", Jahrgang 1904; Hansen,
„Die städtischen Wasserversorgungen Schwedens").
Die Durchführungsmöglichkeit einer derartigen Wasserversorgung ist
natürlich ebenfalls an die ganz lokalen, im übrigen selten vorkommenden
geognostischen Untergrund Verhältnisse gebunden.
D. Zuleitung zum Versorgungsgebiete (Reservoir).
Die Hauptzuleitung, welche den Transport des Wassers aus dem
Gewinnungsgebiete (Wassersammelanlage, Wasserbezugsort) zum Abgabe-
gebiete (Hochreservoir) zu besorgen hat, kann entweder eine Gravitations-
oder eine Druckleitung sein. Liegt der Wasserbezugsort höher als der
Versorgungsort, dann wird das Wasser mit natürlichem Druck (per Gravi-
tation) zu dem letzteren geleitet werden können, während unter anderen
Umständen dasselbe auf die zur Versorgung nötige Höhe künstlich gehoben
werden muß.
I. Gravitationsleitungen.
Der Transport des Wassers kann in offenen oder geschlossenen
Leitungen erfolgen, also durch offene Gerinne (Gräben), oder durch ge-
schlossene unterirdische Gerinne (Kanäle, Kanal rohrleitungen), oder endlich
durch Druckleitungen (Eisenrohrleitungen) bewerkstelligt werden.
I. Offene Gerinne
werden überhaupt nur bei ausschließlichen Nutzwasserversorgungen und
größeren Quantitäten zur Anwendung gelangen. Das Profil derselben wird
94
I. Die Wasserversorgung der Ortschaften.
nach dem gerechneten Maximalerfordemis, bezw. bei Anlage eines Hoch-
reservoirs nach dem mittleren Tageserfordernis am Tage des größten Konsums
(Sommer) zu dimensionieren resp. etwas größer als dieses anzunehmen sein.
Bezüglich der baulichen Durchführung wird dann in einfachster Weise ein
offener Graben mit Böschungen von 1 : Vj^ — 1 : 2 hergestellt werden können,
wenn das Bodenmaterial ein entsprechend widerstandsfähiges ist und die
Geschwindigkeit des fließenden Wassers v = 0,60 m nicht überschreitet. Für
«/>0,6 — 1,20 m müssen die Böschungen und die Sohle des Grabenprofiles
durch Pflasterung gesichert werden, etwa in der aus Fig. 36 ersichtlichen
Weise, daß in eine Schüttung von grobem Schotter das Profil mit 1 : 1
Böschung ausgepflastert wird. Für Geschwindigkeiten v > 1,20 m muß das Profil
Fig. 86. Gepflasterter Waeserleltiiiigsgraben.
Fig. 37. Gemauerter Zuleltmigsgraben.
Flg. 88.
Holzgerlnne als 'Wasserleitungsgraben.
gemauert, also aus Ziegel- oder Bruchsteinmauerwerk oder in Beton hergestellt
werden (Fig. 37); dieser Fall wird auch dann einzutreten haben, wenn die für
flache Böschungen notwendige Grund-
fläche nicht verfügbar ist (an Stelle der
Kiessohle in Fig. 37 wird häufig Mauer-
werk oder Pflaster zu treten haben).
In Felsgrund können senkrechte Böschun-
gen und ein v bis 3 und 4 m angenommen
werden. Für sehr große Geschwindig-
keiten (in lokalen Strecken) und für pro-
visorische Leitungen kann man sich einer
Holzverkleidung (rechteckig oder, wie in Fig. 38, in Dreiecksform) bedienen.
Das Wasser in derartigen offenen Gräben ist natürlich sowohl der Erwärmung
wie der Verunreinigung stark ausgesetzt.
2. Gedeckte Kanalleitungen,
entsprechend tief verlegt, haben die eben erwähnten Nachteile nicht aufzu-
weisen, werden jedoch ihrer meist hohen Kosten wegen nur für größere
Wasserquantitäten und bei kleinen Gefällen in Anwendung kommen. Sie
haben insbesondere folgende Vorteile aufzuweisen:
1. haben dieselben, gut hergestellt, die längste Dauer, die in keinem Ver-
hältnisse zu jener der Eisenrohre steht, obwohl bezüglich der letzteren
noch nicht genügende Erfahrungen vorliegen, da die verwendeten Bau-
materialien (vorzüglichen Stein, Mörtel, Beton vorausgesetzt) gegen den
Einfluß der Luft und des Wassers viel widerstandsfähiger sind; als Be-
weis für die lange Bestandsdauer solcher gemauerter Leitungen können
D. Zoleitong zum Versorgungsgebiete. 95
wohl in erster Linie die über 2000 Jahre alten antiken Leitungen der
Römer und Griechen hervorgehoben werden.
2. bieten dieselben größere Sicherheit gegen Betriebsstörungen, als die
Brüchen ausgesetzten Eisenröhren.
3. können viel geringere Gefälle (bisy= 0,0001 == 0,1 ^/qq) ausgenutzt werden,
ohne die Qualität des Wassers besonders zu schädigen, während bei
eisernen Druckrohrleitungen kein kleineres als ein einer Geschwindigkeit
von min. 0,25 m, am besten von v — 0,5 — 0,6 m entsprechendes Gefälle
angeordnet werden soll.
4. Die Reinigung von Schlamm und Sand kann bei Druckrohrleitungen
durch Spülauslässe wohl bei vorhandenem größeren Druck sehr leicht
und billig bewerkstelligt werden, verursacht jedoch bei kleinem Gefälle
schon bedeutendere Schwierigkeiten und insbesondere dann starke
Inkrustationen, also Querschnitts Verengungen. Für kleinere Wasser-
leitungen werden überdies heute ausschließlich nur eiserne Druckrohr-
leitungen gebaut, wo halbwegs das entsprechende Gefälle vorhanden ist.
Offene Leitungen (offene Gräben) und gedeckte Kanalleitungen werden
auch dort vorteilhaft erbaut werden können, wo der gerechnete Rohrdurch-
messer den größten handelsüblich erzeugten (1200 mm) übersteigen würde
(also auch bei kleineren Zuflußquantitäten, jedoch sehr kleinen Gefällen),
weiter dort, wo beim Legen der Rohrleitung abnormaler Wasserzudrang zu
gewärtigen ist, endlich wo Kanalleitungen günstig trassiert, also in flachen
Lehnen ohne Quertalübersetzungen durch Aquädukte entwickelt werden
können; das Profil wird zweckdienlich nur im Abtrag (Einschnitt) zu legen
sein, um Setzungen und Wasserundichtheiten vorzubeugen. Abgesehen von
allen diesen Faktoren wird zumeist die Kostenfrage bestimmend auf die Ent-
scheidung betreffs der Wahl von Kanal- oder Druckleitungen einwirken. Die
Kanalleitungen müssen, da sie nie voll fließen sollen, „mit Gefälle" trassiert
werden. Dieselben können in der einfachsten Form aus glasierten Steinzeug-
röhren, aus Betonröhren, Monierröhren (Eisendrahtgeflecht mit Portland-
zementmörtel kombiniert) bestehen oder in Form von schliefbaren oder nicht
begehbaren Kanälen aus Stampfbeton, Ziegel-, Bruchstein- oder Quader-
mauerwerk mit verschiedener Querschnittsform hergestellt werden. Der be-
netzte Umfang ist durch einen 2 — 6 cm starken, geschliffenen Portlandzement-
verputz gut zu dichten, das Mauerwerk überdies selbst in hydraulischem
Mörtel herzustellen.
Von besonderem Interesse ist auch die Verwendung von Cement armd
für große Rohrdurchmesser in der seit neuerer Zeit in Frankreich üblichen
Herstellungsweise (System Bonna etc.).
Dieses System wird nicht allein für die Herstellung großer Kaliber für
Wasserleitungen und Kanalisationen, sondern auch für Hochreservoirs ver-
wendet, wie dies beispielsweise bei dem 4000 m^ Inhalt messenden im Quer-
schnitte kreisrunden Reservoir für Chatillon (Seine) der Fall ist.
Die Konstruktion der Leitungsröhren ist eine verschiedene, je nachdem
selbe ohne, unter mäßigem oder höherem Druck stehen.
96 I- I^ic Wasserversorgung der Ortschaften.
a) Leitungen ohne Druck (nicht volllaufende Rohre).
Zur Ableitung der Abwässer der Stadt Paris wurde ein Teil der Rohr-
leitung aus Cement arme und zwar bis 3 m Durchmesser hergestellt. Die
Rohrwand besteht in letzterem Falle aus einem Metallgerippe aus Stahlstäben
von 8 mm Durchmesser, welche nach der Richtung der Erzeugenden und
Leitlinien des zylindrischen Rohrmantels in Abständen von 110 mm verlegt
und an den Kreuzungsstellen mit geglühtem Eisendraht verbunden sind.
Dieses Eisengerippe ist in eine 8 cm dicke Zementmörtelschichte (450 kg
Zement auf 1 m* Sand) eingebettet und innen mit einem 1 cm starken Zement-
verputz überzogen. Die Wandstärke beträgt somit im ganzen 9 cm. Der
laufende Meter Rohr wiegt ca. 1 t.
Das Rohr ruht im Rohrgraben auf einer mindestens 0,31 m starken
Betonunterlage von 1 — 1,5 m Breite.
Außerdem sind Verstärkungsrippen angebracht, welche teils in armiertem
Zement, teils in Beton ausgeführt sind.
Die Herstellung der Rohre erfolgte im Rohrgraben selbst und kostete
der laufende Meter dieser größten Rohre 214 Fr. — 200 K.
b) Druckrohrleitungen.
Die größten Rohre, <l = l,80 m, nach dem System des Ingenieurs
Bonna ausgeführt, sind in Längen von 2,5 m mit 10 cm Wandstärke erzeugt.
Für einen Probewasserdruck über 13,6 m, bei welchem die gewöhnlichen
Zementrohre ein Schweißen zeigten, erhalten die Rohre eine innere Einlage,
bestehend aus einem Stahlblechmantel von 3,5 mm Stärke, welche bei einem
dieses Maß übersteigenden Wasserdruck eine entsprechende Erhöhung erfuhr.
Das Gerippe selbst besteht bei diesem System aus Stahlstäben von kreuz-
förmigem Querschnitt und haben die kreisförmig gebogenen Querstäbe einen
Querschnitt von 40/22/35 mm, die Längsstäbe 20/14/3 mm, welche je nach
den Druckverhältnissen 95 — 294 mm voneinander entfernt sind.
Die Stoßdichtung der einzelnen Rohrstücke erfolgt bei den Rohren mit
innerem Blechmantel mittels Kautschukbänder und geteerter Hanfstricke^
welche durch ein dreiteiliges Eisenband mittels Schrauben an das Rohr an-
gepreßt werden. Über diesen Stoß wird eine Ringmuffe aus armiertem Zement
geschoben und diese mit Zement ausgegossen.
Die Rohre ohne Blechmantel werden im Stoß nur durch eine Ring-
muffe gedichtet.
Die Rohrleitung wird im Rohrgraben auf Betonklötze gebettet.
Der Preis stellte sich pro lfd. m bei den Rohren mit Stahlblechmantel
auf 300 Fr., ohne Stahlblechmantel auf 200 Fr. Die armierten Zementrohre für
höheren Druck (bis 40 m), welche im Park von Herblay zur Verwendung
gelangten und bei 3 m Baulänge mit Durchmessern von 0,30 — 1,10 m aus-
geführt wurden, bestehen aus einer Lamelle von Stahlblech, welche beiderseits
von Gerippen aus im Querschnitt kreuzförmigen Stahlstäben umgeben und
innen und außen mit einer Zementmörtelschichte überzogen sind. Die größten
Rohre von 1,10 m Durchmesser haben 70 mm Wandstärke, die Bleche 0,6 mm;
die Querrippen laufen spiralförmig um die Längsstäbe.
D. Zaleitang zum Versorgiingsgebiete. 97
Die Dichtung erfolgt in gleicher Weise wie bei den früher behandelten
Rohren, nur wird hier die Stoßfuge zuerst mit einer Asbestlage und Blei-
weiß gedeckt.
Def Blechmantel wird aus einzelnen Tafeln hergestellt.
Die Kosten der Rohrerzeugung, Legung und Dichtung betrugen bei
rf= 1,10 m ca. 76 Fr., bei rf=0,30 m ca. 12 Fr. pro lfd. m.
In Amerika werden die Wasserleitungsrohre von großen Durchmessern
mitunter auch aus Holz (Sequoia gigantea und Sequoia sempervirens [Texas-
kiefer]) hergestellt, welche einen Wasserdruck bis 6 Atmosphären (Wasser-
versorgung von Denver in Colorado) anstandslos aushalten. Die Rohre
sind aus einzelnen großen Holzdauben zusammengesetzt und es sind zweierlei
Dichtungen üblich, und zwar entweder Stoßwechsel (Aliens Patent) oder mit
durchgehendem Stoß.
In ersterem Falle bestehen die Röhren von 0,3 — 1,8 m Durchmesser aus
lattenförmigen, 2,5 m langen Dauben, welche mit Feder und Nut gedichtet,
im Rohrgraben nach einer Schablone gelegt und durch schmiedeeiserne Ringe
mit Schrauben zusammengezogen werden. Bei durchgehendem Stoß erfolgt
die Dichtung durch einen gleichfalls aus Dauben hergestellten Holzring,
welcher mit Eisenbändem zusammengezogen wird.
Die Fig. 39 (a — h) repräsentiert einige Typen derartiger Wasserleitungs-
kanäle. In gewissen Entfernungen müssen Einsteig- oder Revisionsschächte
eingeschaltet werden. Bei Kreuzungen breiterer, flacherer Täler kann die
Trasse des Kanales in diese Seitentäler hinein entwickelt werden, unter anderen
Umständen resp. zumeist werden Seitentäler mittels kostspieliger Über-
führungen (Aquädukte) übersetzt werden müssen. Desgleichen wird mitunter,
insbesondere in schluchtartigen, gewundenen Felstälem, die Vortreibung von
Stollen notwendig werden.
Als Sammelleitungen und manchmal auch als Hauptzuleitung zum Hoch-
reservoir werden häufig Steinzeug-Muffenrohre (innen und außen glasiert)
verwendet. Bei der Trassierung und Berechnung derselben ist jedoch zu
beachten, daß im ungünstigsten Falle (Vollfließen) die Drucklinie mit der
Rohroberkante zusammenfallen, aber nie höher liegen darf, weil die Muffen-
dichtungen, welche zumeist aus Hanfstricken, dann Letten und oben Zement
oder aber aus Asphaltguß bestehen, einem Überdruck nicht widerstehen. Die
beste Dichtung für Tonröhren besteht neben den zuerst einzustopfenden Teer-
stricken aus einem Gemenge von 1 Teil Teer und 2 Teilen Ton (Letten),
oder die Muffen werden mit einer aus Teer und Asphalt bestehenden Mischung
ausgegossen. Bei größeren Gefällbrüchen und längeren Leitungen entlastet
man zu diesem Behufe die Steinzeugrohrleitung durch Einschaltung von
Entlastungsschächten, welche ganz ähnlich wie die Quellenakkumulatoren
gebaut sind.
Wie alle Röhren, so müssen auch die Steinzeugröhren mit den Muffen
gegen den Wasserlauf gelegt werden, und zwar womöglich 1,50 m mit der
Oberkante unter Terrain, damit die wechselnden Lufttemperaturen das in den
Röhren fließende Wasser gar nicht oder doch nicht wesentlich beeinflussen.
Manche Hydrotechniker beantragen insbesondere bei eisernen Röhren 2 m
Friedrich, Wasserbau. Zweite Auflage. II. Band. 7
98
I. Die Wasserversorgung der Ortschaften.
Verlegungstiefe, doch stehen die viel größeren Kosten in gar keinem Ver-
hältnis zum erzielten Effekte.
Nach vorliegendem, meinem Brünner Trinkwasserleitungsprojekte ent-
nommenen Graphikon (Fig. 40) der Luft- und Bodentemperaturen für Brunn
beträgt die mittlere Lufttemperatur + 8,2 <*, die mittiere Bodentemperatur bei
1 m Tiefe + 8,8 ^, bei 2 m Tiefe + 8,6 ® C, also eine sehr geringe, praktisch
W JL
SL'^ jf. , r! ■■■■^:-ä
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Fig. 89. Eanalproflle für Wasserleitongen.
belanglose Differenz. Bei 1 m Tiefe sinkt jedoch im Winter die Boden-
temperatur bis g^g^n 0^ herab, daher die Minimaltiefe mit 1,5 m allgemein
angenommen wurde.
Berechnung offener Gerinne, Kanal- und Rohrleitungen. Die
Berechnung der offenen Kanal- und Rohrleitungen erfolgt nach den im ersten
Kapitel dieses Handbuches (Bd. I) vorgeführten Formeln (Ganguillet und
Kutter, Weißbach etc., siehe Taf. III). Für Druckrohrleitungen empfiehlt
es sich zur rascheren Durchführung der Berechnungen eigener Graphikons
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2:
Flg. 40. Graphiken der Laft- und Bodentemperatnren fUr BrUnn nnd Zwittau.
7*
IQQ I. Die WassenrersorgTing der Ortschaften.
ZU bedienen. Ein solches auf Basis der üblichsten Weißbach sehen Formel
entworfenes Graphikon, welches für die Rohrdurchmesser rf=60 — 275 mm
konstruiert wurde, ist auf Tafel V (Bd. I) gezeichnet und nach der auf
S. 146 des 1. Bandes beschriebenen Weise zu gebrauchen. In erster Linie
ist wiederholt zu bemerken, daß die Geschwindigkeit, zur Vermeidung großer
hydraulischer Stöße in der Rohrleitung, 1,0 m pro Sekunde nicht überschreiten
soll und andererseits mindestens so groß angenommen werden muß, daß keine
Ablagerung der etwa raitgeführten Sedimentstoffe und keine zu große
Temperaturerhöhung durch langsames Fließen erfolgen kann.
5. Eiserne Gravitations-Druckrohrleitungen.
In der Mehrzahl der Fälle werden heute der Billigkeit, leichten Legung
und raschen Herstellung wegen eiserne Druckrohrleitungen gelegt, welche
ohne Rücksicht auf das wechselnde Gefälle oder auf Steigungen des Terrains
in die frostfreie Tiefe von 1,50 m unter dasselbe verlegt werden. Die Röhren,
zumeist Muffenröhren, 3 — 4 m lang, stehend gegossen, innen und außen heiß
asphaltiert, werden mit Hanfstricken und Blei gedichtet und mit den Muffen
gegen die Wasserlaufrichtung zu gelegt. An allen höchsten Punkten (Bruch-
punkten), also dort, wo Steigung und Gefälle abwechselt, müssen Luft-
ventile, an allen tiefsten Punkten Spülauslässe eingeschaltet werden. Um
jederzeit leicht zur Rohrleitung zu gelangen und eventuelle Reparaturen und
dergl. ohne Kulturschaden vornehmen zu können, wird man als Rohrtrasse
womöglich Wege, Straßen (im Bankett), Feldraine und dergl. wählen. Bäche
und Flüsse werden unterfahren und muß für eine Sicherung der Bachsohle
gegen Auskolkung durch Pflaster, Spundwände etc. Sorge getragen werden.
Bezüglich der notwendigen Druckhöhe zwischen Quellstube und Hochreservoir
ist zu betonen, daß dieselbe mindestens gleich sein muß der Reibungshöhe A,
(Reibungsverlust, verlorene Druckhöhe) plus einer kleinen Überdruckhöhe A3
(mindestens 1 — 2 m) für den Ausfluß in das Reservoir. (Siehe die spätere
Berechnung des Hauptrohrstranges vom Reservoir zur Stadt.)
6. Temperaturzunahme des Wassers in langen Zuleitungen.
Die Temperaturzunahme des Wassers in langen Zuleitungen, namentlich
in eisernen Druckrohrleitungen wird sehr häufig überschätzt und oft werden
aus diesem Grunde allein derartige weitgelegene Wasserbezugsorte bei Lösung
komplizierterer Wasserfragen von vornherein ausgeschlossen. In Wirklichkeit
ist diese Temperaturzunahme nicht bedeutend, wenn die Zuflußgeschwindigkeit
nicht zu klein angenommen wird und nicht ganz abnormale klimatische Ver-
hältnisse vorliegen.
Bedeutet:
to die maximale Bodentemperatur in Celsius-Graden in dem Rohrgraben,
ta die maximale Wassertemperatur bei der Entnahmestelle (Wassersammel-
anlage, Quellstube, Filter etc.),
/,• die maximale Wassertemperatur bei der Ankunftsstelle (Hochreservoir
bei der Stadt),
K den inneren Wärmeleitungskoeffizient des Bodens, in Kilogramm Kalorien
bezogen auf Meter und Stunden,
D. Zaleitnng zum Versorgungsgebiete. "^Ol
L die Länge der Rohrleitung,
Q die Wasserführung in Liter pro Stunde,
h die Tiefe der Rohrleitung (des Rohrmittels unter Terrain),
r der äufiere Rohrradius in Meter,
U — tr 1,185. Ä.Xr
so ist: lag* • -: r- = — ^rn ir; ; : '
to — ta Q (log. .2h — log.r)
Der Koeffizient K wechselt nach den Bodengattungen und beträgt als
oberste ungünstigste Grenze z. B. für die meist vorkommenden sandigen
Lehmböden und Ackererde K=2,
Die Bodentemperatur in ca. 1,5 m Tiefe schwankt ebenfalls nach Jahres-
zeit, Klima und Standort und betrug z. B. in Wien innerhalb der Jahre 1886 — 1905
bei h = 1,30 m, /o = 14,8— 20,5 « C, im Mittel 18,2 <> C,
„ Ä = l,80 , /o= 12,6-18,10 „ „ „ 16,30 ^.
Beispiel:
Ist /o = + 17 0 C. (maximale Bodentemperatur),
/a = + 80C.,
Är=2kgKal.,
Z. = 31600 m,
Q = 125 sl. . 3600 = 450000 1 pro Stunde,
h = 1,50 + 0,25 - 1,75 m,
r = 0,215 m,
dann ergibt sich fr =100C. d. h. eine maximale Gesamterwärmung auf
31,6 km von 10— 8 = 2,00C. oder pro Kilometer A = 0,0630C.
Nach der Formel von Professor Forch heimer: <r = <o + (fo — «o) « """'",
27r.Ji:
wobei H =
1000. Q. Log.. [^+^^-l)
resultiert nach obigem Beispiel folgende Temperaturzunahme.
Hier bedeutet K einen Leitungs-Koeffizienten, welcher angibt, wieviel
Wärmeeinheiten pro m* und Sekunde durch eine 1 m starke Bodenschichte
durchströmen, wenn die beiden Begrenzungsflächen auf 1 o C. Temperatur-
Differenz erhalten werden.
Für gewöhnliches feuchtes Erdreich kann im Mittel AT =0,00056 an-
genommen werden, dann ist:
0,00000153 ^^^^...o
n = 7- -^ — = 0,0000058.
e.'.^(^W^-.)
NB. Log. = log, nat.
log — - dekadische
Logarithmen.
Es bedeutet weiter Q in Sekunden m* und x die Rohrleitungslänge = L
in Meter, also sind:
Q = 0,125 m«,
/o = 170C.,
/c=80C.,
a: = 31600 m, dann ist
<r= + 9,620 C,
L = 82,00 km
A = + 0,042» C.
Z, = 173,00 „
A= 0,012» „
L= 90,00 „
A= 0,049» „
2,= 5,1 „
A== 0,196» ,
L= 2,25 „
A= 0,062» ,
L= 8,0 „
A= 0,125» „.
102 I. Die Wasserversorgung der Ortschaften.
also eine Erwärmung von 8,0 auf 9,62 = 1,62 ** €•, mithin etwas weniger wie
nach der ersten Berechnungsweise.
Nach wirklichen Messungen beträgt die Temperaturzunahme A = 4 — /«
pro Kilometer bei der
Frankfurter Quellleitung . . .
Vanne Leitung (Paris) ....
Alte Wiener Hochquellenleitung
Freiburg im Preisgau ....
Regensburg
Solingen (Hebung mechanisch) .
Im Mittel: A= 0,081 <> C-
Dies würde für das frühere Rechnungsbeispiel für A = 0,081 bei
Z = 31,6 km eine Zunahme von 2,56® C. entsprechen gegenüber den ge-
rechneten 2,0 bezw. 1,62 0 C.
II. Künstliche Hebung des Wassers.
Liegt die Wassersammelanlage (Quellstube, Grundwasserbrunhen oder
das offene Wassergerinne) tiefer als das Abgabegebiet (die Stadt oder Ort-
schaft) oder das zur Versorgung desselben mit natürlichem Druck entsprechend
hoch zu legende Hochreservoir, so muß zur Errichtung einer Pumpstation
geschritten werden, welche in nächster Nähe des Sammelbrunnens zu situieren
ist. Die Versorgung durch künstliche Hebung kann entweder in der Weise
erfolgen, daß das Wasser durch das Pumpwerk innerhalb einer 20 — 24 stündigen
Pumpzeit kontinuierlich in das Stadtrohrnetz gedrückt wird, welches durch
einen Rohrstrang mit einem sogen. Kompensationsreservoir in Verbindung
steht, in welches das durch die Zapfstellen nicht verbrauchte eingepumpte
Wasser, also insbesondere zur Nachtzeit, einfließt und aufgespeichert wird,
um in jener Zeit, wo der Konsum größer als das zugepumpte Wasserquantum
ist, aushelfend, ausgleichend (kompensierend) zu wirken. Statt des Hoch-
reservoirs kann in Städten, wo der entsprechende Raum hierfür nicht vor-
handen ist, auch ein entsprechend hohes Rohr (Standrohr) hergestellt werden,
welches die Druckdifferenzen reguliert, in welchem Falle jedoch eine 24 stündige
Pumpzeit und mindestens 2 Pumpmaschinen notwendig sind. Da diese Ver-
sorgungsweise nur bei großen Städten eintreten kann, deren Versorgung nicht
in das Gebiet des Kulturingenieurs fällt, so soll von einer weiteren Behandlung
hier Abstand genommen werden. Zumeist wird jedoch der Fall eintreten,
daß bei Grundwasserversorgungen neben oder über dem Sammelbrunnen die
Pumpstation errichtet wird, durch welche das Wasser in ein auf einem die
Stadt dominierenden Hügel situiertes Hochreservoir hinaufgedrückt wird, von
wo aus es selbsttätig (per Gravitation) in das Stadtrohmetz gelangt. In einem
solchen Falle wird das entsprechend groß zu bauende Reservoir binnen 6
bis 10 Stunden (also bei Tag) gefüllt und dann der Pumpbetrieb eingestellt.
Saug- und Druckrohre werden mit gleich großen Lichtweiten derart
projektiert, daß die mittlere Betriebsgeschwindigkeit ca. 0,6 m beträgt. Diese
rationelle Geschwindigkeit soll jedoch in keinem Falle 1,0 m überschreiten.
Der Inhalt des Druckwindkessels soll einen Fassungsraum gleich dem 3 fachen
D. Zaleitnng znm Versorgnngsgebiete. XQß
Pumpenvolumen besitzen und die Saughöhe möglichst gering (nicht über 5 m)
angenommen werden. Als Motor zum Antrieb der Saug- und Druckpumpen
können
a) Wasserräder und Turbinen,
b) hydraulische Widder (als selbständiger Motor und Pumpwerk), •
c) Göpel mit animalischem Antrieb (Menschen, Pferde oder Rinder),
d) Windmotoren,
e) Dampfmotoren (Lokomobile oder stationäre Dampfmaschinen mit Pumpen
oder Pulsometer) und
f) Elektromotoren
dienen; statt des Dampfes kann auch Petroleum, Benzin oder Gas (Heifiluft
oder Sauggas) als ökonomischer Motor zur Verwendung kommen.
I. Wasserräder und Turbinen.
Die notwendige Kraft (absoluter Effekt Na) berechnet sich aus
1000 Q^\H^
Na^-
75
in Pferdekräften, wobei Q^* das pro Sekunde auf die Höhe H^ zu hebende
Wasserquantum bedeutet.
Wir hätten beispielsweise einen Ort mit 1000 Einwohnern mit Nutz-
und Trinkwasser zu versorgen und nehmen pro Kopf und Tag 60 1 Bedarf
an, so erhalten wir einen mittleren Tagesbedarf von 60 m*^. Das Reservoir,
welches täglich zu füllen ist, hätte einen Fassungsraum von 75 m^, entsprechend
dem maximalen Tagesbedarf (gleich 125 ^/o des mitüeren Bedarfes). Diese 75 m*
sind nun innerhalb der Pumpzeit (bei Wassermotoren 12 oder 24 Stunden, bei
kleinen Dampfmotoren 5 — 10 Stunden), also z. B. in 24 Stunden hinaufzudrücken;
es entspricht dies einem sekundlich zu hebenden Quantum von
75»"'
Ö'" = 24.3600^^. = ^'^ ^^- = ^^^^^ '"'•
Die gesamte Förderhöhe (Höhenunterschied zwischen dem gesenkten
Brunnenwasserspiegel und dem Auslauf im Hochreservoir) würde betragen
//=30m, so erhalten wir als notwendigen Nutzeffekt
1000.0,0009.30 ^«^ ^, , , ,
TV; = ^ = 0,36 Pferdekraft.
Nun ist iVn = fe . Nat wobei der Wirkungsgrad >fc, d. h. der Prozentsatz
der wirklichen Leistung gegenüber der theoretischen Arbeit,
A = 0,30 — 0,40 bei unterschlächtigen und primitiv gebauten Wasserrädern,
k = 0,50 — 0,60 bei oberschlächtigen Wasserrädern und
k == 0,75—0,80 bei Turbinen
beiläufig beträgt. Nehmen wir als Motor ein oberschlächtiges Wasserrad,
so müßte dasselbe somit
Nn = k.Na = 0,6 Na, also -^ = Na = ^ = 0,51 Brutto-Pferdekräfte
leisten, wenn dasselbe permanent in Betrieb bleiben könnte.
104
I. Die Wasscrversorgang der Ortschaften.
Für kulturtechnische Zwecke sehr verwendbar ist der zu den Turbinen
gehörige Pelton-Motor.
Derselbe ist eine Aktionsturbine mit horizontaler Achse, geeignet für
höheren Druck und zur direkten Kuppelung für schnelllaufende Maschinen
oder aur Kraftübertragung mittels Riemen, Zahnräder, Friktionsräder etc.
Dieser Motor arbeitet mit hohem Nutzeffekt, namentlich bei großem Wasser-
druck und großer Tourenzahl; er kann event. schon bei 1 Atmosphäre Druck,
rationeller jedoch von 2 Atmosphären aufwärts, verwendet werden, und stehen
solche bis 50 Atmosphären Druck im Betrieb.
Dieser Motor (siehe Fig. 41) besteht 'aus einem gußeisernen Gehäuse,
in welchem auf einer horizontal gelagerten Achse aus Stahl das vertikale
,......if.....
Flg:. 41. Pelton-Motor.
Turbinen-Schaufelrad R aufgezapft ist. Der Radkörper selbst ist meist in
Gußeisen, die Schaufeln selbst in Phosphorbronze hergestellt und mit
Schrauben befestigt Im unteren Teil des Gehäuses mündet die Druckwasser-
zuleitung Z ein, welche in ein Strahlrohr mit Düsenansatz D endet, aus
welchem das unter Druck stehende Wasser direkt auf die Schaufeln ausfließt.
Der Zufluß selbst kann durch die Stellschrauben-Spindel S beliebig re-
guliert werden.
Das notorisch ausgenutzte Abwasser fließt in den Fundamentraum a
und von hier durch eine Ableitung A ab.
Berechnung:
Behufs möglichst rationellster Ausnutzung der Wasserkraft derart, daß
der die Radschaufel treffende Wasserstrahl theoretisch die ganze innewohnende
D. Zuleitung zun Versorgungsgebiete. 105
Arbeit abgibt, muß derselbe einerseits ohne Stoß eintreten, und während
seiner Bewegung längs der Schaufel seine Richtung völlig umkehrend, dieselbe
am Ende mit einer Geschwindigkeit gleich Null verlassen, eine Bedingung,
welche für alle Turbinenanlagen Geltung hat. Diese Regel bedingt, daß die
Bewegungs- (Umfangs-) Geschwindigkeit c der Radschaufel theoretisch halb so
V
groß sei, als die Eintrittsgeschwindigkeit i;, d. h. es sollte ^ = 9^ sein. Praktisch
wählt man zufolge Versuche über den besten Nutzeffekt für den Pelton-
Motor c = 0,46.v. Ist h die Höhe der Druckwassersäule, so wird mit
Rücksicht auf die Kontraktion und Reibung v = 0,95 ^ 2gh zu nehmen sein.
Als Raddurchmesser d wird der doppelte Abstand der Wasserstrahl-
achse von der Motorenachse angenommen und es gilt die Relation, wenn n
die Tourenzahl des Rades ist, n = -j. Es ist femer das sekundliche
(P.TT
Aufschlagwasserquantum in Kubikmeter O = v — j — und der Düsendurch-
messer in Meter s = V— ^ = 1 13 V— •
Nach der Stärke 6 des Wasserstrahles richtet sich dann die Größe
der Schaufeln.
(Siehe die Tabelle aaf Seite 106 und 107.)
Zum Schlüsse sei noch auf die Anfang dieses Jahrhunderts von Professor
A. Rateau (St. Etienne) erfundenen Hochdruck-Zentrifugalpumpen hingewiesen.
Diese von den Skodawerken in Pilsen gebauten Pumpen sind dadurch
charakterisiert, daß in einem zylindrischen Gehäuse auf einer gemeinsamen
Welle mehrere einfache Zentrifugallaufräder gekuppelt sind. U förmige Kanäle
leiten den Wasserstrahl aus einem im Gehäuse fix eingebauten Leitrad zu
dem nächstliegenden hinüber. In diesen Rückleitungskanälen sind sichel-
förmige Schaufeln eingegossen, welche den Wasserstrahl ohne schädliche
Wirbelbildungen zum nächstfolgenden Laufrade leiten, woselbst. er von den
Laufradschaufeln stoßfrei eriaßt wird. An dem vor dem ersten Laufrade be-
findlichen Gehäusedeckel ist das Saugrohr, im rückwärtigen Deckel eine Sammel-
spirale angeschlossen, welche durch ein konisches Rohr mit der Steigleitung
verbunden ist.
Eine solche Pumpe, z. B. mit 12 Laufräder, durch einen Elektromotor
angetrieben, hebt bei 1450 Touren pro Minute ll^/^ sl. auf eine Höhe von
177 m. Die Pumpe gibt forciert bei Q = 16^/, sl. noch immer einen Nutz-
effekt von 63®/o. Diese Pumpen eignen sich insbesondere für abnormal
große Förderhöhen bis 200 m.
2. Hydraulische Widder (Stofsheber).
Für kleine Wasserversorgungsanlagen und Fördermengen von Q = 0,05 bis
6,6 sl. können mit Vorteil hydraulische Widder (1797 von Mongolfier er-
funden) in Anwendung gebracht werden, wenn das Aufschlagwasserquantum,
mit welchem der Widder betrieben wird, bedeutend größer oder aber die
106
I. Die Wasserversorgung der Ortschaften.
Tabelle über
der Maschinen- und Armaturenfabrik
1 .s^ü"
Orörsen No.
00
0
1
Raddurchmesser . . . mm
78
84
130
iP
m
Anschlafirohr-Dnrchmesser „
13
19
25
Preis bei 2—6 Atm. . .
99 M.
130 M.
229 M.
1 1 "S
Düsen-Durchmesser mm
2
3
4
5
4
6
8
2 Atm. 1
18,82 m|
Wassermenge in Liter p. Min.
Umdrehungszahl p. Min. ca. .
Leistung in Pferdestärken . .
3,5
2119
0,011
8,4
0,03
14,9
1966
0,05
23,8
0,07
14,9
0,05
33,6
1272
0,11
59,6
0,20
3 Atm. 1
23,05 m \
Wassermenge in Liter p. Min.
Umdrehungszahl p. Min. ca. .
Leistung in Pferdestärken . .
4,3
2596
0,017
10,3
0,05
18,2
2409
0,09
28,5
0,14
18,2
0,09
41,1
1559
0,29
73
0,36
4 Atm. 1
26,61 m|
Wassermenge in Liter p. Min.
Umdrehungszahl p. Min. ca. .
Leistung in Pferdestärken . .
5,0
3000
0,023
11,8
0,08
21,1
2782
0,14
32,9
0,22
21,1
0,14
47,5
1800
0,31
84,6
0,56
5 Atm. 1
29,75 m 1
Wassermenge in Liter p. Min.
Umdrehungszahl p. Min. ca. .
Leistung in Pferdestärken . .
5,6
3350
0,029
13,2
0,11
23,5
3109
0,19
36
0,3
23,5
0,19
53
2011
0,44
94
0,78
6 Atm. j
32,59 m 1
Wassermenge in Liter p. Min.
Umdrehungszahl p. Min. ca. .
Leistung in Pferdestärken . .
6.1
3672
0,035
14,5
0,14
25,8
3406
0,25
40,5
0,4
25,8
0,25
58
2202
0,58
103
1,03
7 Atm. j
35,21 m|
Wassermenge in Liter p. Min.
Umdrehungszahl p. Min. ca. .
Leistung in Pferdestärken . .
f|il|
27,8
0,32
62,5
2412
0,73
111
1,30
8 Atm. 1
37,63 m]
Wassermenge in Liter p. Min.
Umdrehungszahl p. Min. ca. .
Leistung in Pferdestärken . .
0 S'H So«
2/5 S « 1
29,7
0,39
66,6
2546
0,88
119
1,59
9 Atm. 1
39,92 m 1
Wassermenge in Liter p. Min.
Umdrehungszahl p. Min. ca. .
Leistung in Pferdestärken . .
^ -9. -ü w -2
31,6
0,17
70,7
2700
1,03
126
1,9
10 Atm. j
42,08 m \
Wassermenge in Liter p. Min.
Umdrehungszahl p. Min. ca. .
Leistung in Pferdestärken . .
M .S2 iS _g S
33,4
0,55
75
2846
1,25
134
2,2
D. Zuleitung zum Versorgungsgebiete.
107
„Pelton"-Motoren
vorm. H. Breuer & Co. in Höchst a. M.
2
3
4
5
6
m
260
390
620
690
40
60
80
100
125
330 M.
517 M.
907 M
1648 M.
2420 M.
7
9
11,5
10
13
15
14
19
23
21
26
30
28
35
40
45,7
75,5
851
123
93,2
157,6
635
209
183
336
423
493
410
630
317
839
730
1140
239
1490
0,15
0,25
0,41
0,31
0,52
0,70
0.61
1.12
1,64
1.36
2,1
2,8
2,4
3,8
4,9
56
92
1043
151
114
193
778
257
224
412
519
605
503
774
389
1029
893
1400
293
1830
0,28
0,46
0,75
0,57
0,96
1,28
1,12
2,06
3
2.5
3,86
6,14
4,4
7
9,14
64,6
107
1203
174
132
223
899
296
258
475
599
697
581
892
449
1188
1030
1610
340
2110
0,43
0,71
1,16
0,38
1,48
1,97
1,72
3,16
4,64
3,87
6,95
7,9
6,8
10,6
14
72
120
1345
194
147
248
1005
331
288
530
670
780
647
994
502
1320
1150
1800
378
2360
0,6
1
1,62
1,22
2
2,76
2,4
4,4
6.5
6,4
8.3
11
9,6
15
19,6
79
132
1474
213
161
272
1100
364
316
580
734
855
710
1090
650
1460
1260
1970
415
2680
0,8
1,32
2,13
1,6
2,7
3,64
3,16
5,8
8,5
7,1
10,9
14,5
12,6
19,7
25,8
85
142
1614
230
174
293
1205
393
340
625
803
922
766
1176
603
1660
1360
2120
453
2790
1
1,65
2,68
2,03
3,42
4,58
3,96
7,3
10,7
8,9
13,7
18.3
15,9
24,8
32,5
91
151
1702
246
186
328
1270
420
364
667
847
985
816
1266
636
1680
1264
2260
479
2980
1,21
2,01
3,28
2,48
4,37
6,6
4,85
8,9
13,2
10,8
16,7
22,4
19,4
30,2
39,8
97
160
1806
26]
198
334
348
445
388
713
899
1045
866
1330
674
1780
1540
2420
508
3160
1,45
2,4
3,9
2,9
6
6,6
5.8
10,7
15,7
13
20
26,7
23,1
36,3
47,5
103
170
1903
276
211
354
1421
472
412
755
948
1100
920
1410
710
1890
1635
2570
536
3340
1,7
2,8
4,6
3,5
5,9
7,8
6,8
12,6
18,3
15,3
23,6
31,5
27,2
42,8
55,6
108
I. Die Wasserversorgung der Ortschaften.
ein gußeisernes
auf einer Seite
Jteservvü:
(kioUs
Förderhöhe gegenüber der Betriebs- (Aufschlags-) Höhe keine zu große ist.
Das Wasser eines Baches, einer Quelle etc., welches event. in einem Bassin
gesammelt wird, gelangt als Aufschlags- oder Betriebswasser durch die Rohr-
leitung a (Fig. 42) in den um ein gewisses Maß h tiefer gelegenen Widder,
welcher zur Sicherheit in einem gemauerten Schachte oder einem Maschinen-
häuschen situiert ist. Von dem Widder führt eine Rohrleitung rf, die Steig-
leitung, das gehobene Wasser in das Hochreservoir, welches um /r^ m höher
als das Auf Schlagswasserreservoir (die Quelle) liegt.
Die Wirkungsweise dieser hydraulischen Maschine ist nun folgende.
Der Widder besteht der Hauptsache nach aus 3 Hauptbestandteilen:
1. dem Unterteil (Fig. 43 a),
2. dem Windkessel w (Fig. 43 b und c),
3. dem Aufschlagventil B (Fig. 43 d).
Auf dem Unterteil ist über der mittleren Öffnung k
Klappenventil v^y mit Lederdichtung durch die Schraube h
derart befestigt, daß es um diesen Punkt drehbar gehoben werden kann,
während es, durch sein eigenes Gewicht
niedergedrückt, auf dem Ventilsitz dicht auf-
sitzt. Das Sperr- oder Aufschlagventil v^ ist
ein aus Bronze angefertigtes Kegel (Glocken-)
Ventil, mit 5 Öffnungen und einem Bolzen g
versehen, welcher seine Führung in dem
oberen zylindrischen Teil des Gehäuses B
findet. Der mittlere Teil des Gehäuses besteht
aus 4 bogenförmigen Armen d. Im Querschnitt
dieses Ventiles (Fig. 43 e) sind zwei dieser
Arme durchschnitten, daher schraffiert. Die
Hubhöhe o des Ventiles kann durch eine Schraubenmutter e reguliert werden,
auf welcher auch der auf dem Ventilbolzen g angeschraubte Kopf / frei
aufliegt.
Bei a (Daraufsicht) wird die schmiedeeiserne Rohrleitung für das Auf-
schlagwasser angeschraubt, bei n die Steigrohrleitung. (Die Blindflansche m
kann auch mit n vertauscht werden.) In ruhigem Zustande ist das Klappen-
ventil z/j geschlossen, das Sperrventil v^ offen.
Wird nun in dem montierten Widder das Betriebswasser eingelassen,
so wird anfangs ein Teil des Wassers durch die Öffnungen des Aufschlag-
ventils ausspritzen, infolge der Kontraktion beim Durchfließen durch die engen
Öffnungen und des Auftriebes des Glockenventils selbst das letztere jedoch
bald heben und es an seinen Ventilsitz anpressen. Da durch diese Ventil-
schließung die Strömung des Wassers plötzlich gehemmt wird, so müssen die
Rohrwände einen hydraulischen Stoß erleiden, welcher infolge der ange-
sammelten lebendigen Kraft imstande ist, einen größeren Widerstand als den
durch die darüber stehende Wassersäule bedingten Druck zu überwinden.
Durch diesen Stoß wird nun das Klappenventil v^ gehoben und ein Teil des
Wassers in den Windkessel w getrieben, was solange erfolgt, bis der Druck
der komprimierten Luft dem Wasserstoße das Gleichgewicht hält. Durch die
Fi£. 42. SchematlBche Skizze fUr die
ßereclmimg de( Widder.
D. Zaleitting zum Versorgangsgebiete.
109
komprimierte Luft wird gleichzeitig das Wasser aus dem Windkessel durch
die Öffnung B und n in die Steigrohrleitung gepreßt, gehoben und im
Reservoir zum Ausflusse gebracht. Sobald nach dem Wasserstoße das Gleich-
gewicht eingetreten ist, fallen die Ventile z^i und z/^ durch ihr eigenes Gewicht
wieder herunter, das strömende Wasser spritzt wieder beim Aufschlagventil
heraus etc. — das Spiel beginnt von neuem! Wie aus dieser Schilderung
a) Daranfticht nach Abnahme des Windkessels
und Anfschlagventils.
b) Qnersohnltt mn.
c) Längenschnitt al, d) Ansicht des Anfischlag- e) Querschnitt.
Ventils von unten.
Fig. 48. Hydraulischer Widder (ältere Konstruktion).
hervorgeht, arbeitet diese Wasserhebemaschine also selbständig und bedarf
nur geringer Wartung und Erhaltung.
Berechnung. Bedeutet
Q das Wasserzuflußquantum (Aufschlagwasser) in Liter pro Minute,
öl das durch den Widder geförderte (gehobene) Wasserquantum in Liter
pro Minute,
h das Gefälle des Aufschlagwassers in Meter,
Ai die Gesamtförderhöhe (Ä + Ä9),
J
110
I. Die WasserversorguDg der Ortschaften.
A3 die Nutzförderhöhe h^ — h und
K den Wirkungsgrad (Nutzeffekt) des Widders,
so mufi die Arbeitsleistung des Aufschlagwassers in Kilogrammmeter aus-
gedrückt, d. h. also das Gewicht des herabfallenden Wassers 1000 Q^* mal
der Fallhöhe h für den Gleichgewichtszustand gleich sein dem Hubarbeits-
effekte, das ist das Gewicht des in der gleichen Zeiteinheit gehobenen Wasser-
quantums Qi**^ mal der ganzen Hubhöhe h^. Nun beträgt das letztere (Q^)
nur einen prozentualen Teil von Qj welches Verhältnis durch K zum Aus-
druck gelangt. Drücken wir nun Q und jßi nicht in Kubikmeter, sondern in
Liter pro Zeiteinheit (also hier 1 Minute) aus, so entfällt der Faktor 1000 kg
(das Gewicht 1 m* Wasser) und wir erhalten die Arbeitsgleichung:
und daraus
sowie
Qi =
K =
K.Qh
und
Ä 0
Auf Grund von über .1000 Versuchen hat Eitelwein für verschiedene
Werte von -A- nachstehende Werte für den Koeffizienten K gefunden:
K = 1,12- 0,2 \/A
und nach dieser C
rleichi:
ing die folgende
Tabelle berechnet
h ""
1
2
3
4
5
6
8
10
12
15
16
20
K =
0,920
0,837
0,774
0,720
0,674
0,630
0,555
0,488
0,427
0,345
0,320
0,226
Nach d'Anbuisson ist K = 1,42 — 0,28 |/^ .
Nach Morin ist K = 0,258 V*2,8 - -^ •
n
Es wird allgemein also der Nutzeffekt R umso kleiner, je größer die
Nutzförderhöhe h^ bei gegebenen konstanten Aufschlagwassergefälle h wird.
Für die Lichtweite (Durchmesser d) der Zuleitung hat Eitelwein
folgende Relation gefunden. Es ist d*>*^ = 300 ^ Q , wobei Q in Kubikmeter
pro Minute ausgedrückt ist.
Für die Länge l der Zuleitung in Meter ergibt sich als rationeller Wert:
« = Ä, + 0,3^
(praktisch wird / nie unter 15 m angenommen).
D. Zuleitung zum Versorgungsgebiete. JXl
Der Durchmesser der Steigröhren rf^ soll nach Weifibach beiläufig die
Hälfte des Durchmessers d der Zuleitungsröhre betragen, also rfi = ^ ange-
nommen werden.
Die Fläche des Sperr- (Aufschlag-) Ventilausflusses soll gleich dem Quer-
schnitte der Zuleitungsröhren gemacht werden, das Gewicht des Sperrventils
möglichst klein sein; beide Ventile sollen möglichst nahe beieinander liegen,
wobei das Sperrventil womöglich auch unter Wasser stehen kann.
Es genügt endlich, den Fassungsraum des Windkessels gleich jenem
der Steigrohrleitung zu machen.
Mit Rücksicht auf die Herabminderung der effektiven Leistung des
Widders mit dem Verschwinden der Luft aus den Windkesseln, insbesondere
bei kleineren Anlagen, wird es sich der Sicherheit wegen empfehlen, nur mit
75 — 80®/q von O^ (des Förderquantums) zu rechnen.
Beispiel: Ist pro Minute öj = 1,5 1 auf h^ = 22,2 m zu heben und wäre
A = 6m, also Äi = Ä + Ag = 28,2 m, so ist-—- = 4,7, also AT =0,69. Es muß
also als Aufschlagswasserquantum
gj^^l,5.28,2^
^ K,h 0,69.6 ^"'"^^
pro Minute zur Verfügung stehen, von welchem ca. -zr^ = 15 ®/q auf die
gewünschte Höhe befördert werden.
Der erforderliche Durchmesser der Zuleitungsröhren ist:
rf«« = 300 yj Q = 300 yj 0,Öioym« = 30 mm,
jene der Steigröhren: rf^ = — - = 15 mm.
Beispiel: Das verfügbare Aufschlagwassergefälle sei A = 2 m. Man
soll durch einen hydraulischen Widder pro Minute ein effektives Förderquantum
von jßj = 30 1 in ein Hochreservoir heben, welches A^ = 8 m höher liegt als
die zu hebende Quelle. Es ist somit Aj = 8 + 2 = 10 m und -r- = 5. Es wird
daher K = 0,674 und muß daher das notwendige Aufschlagquantum, also die
minimale Ergiebigkeit der Quelle
0^gx.A.^ 30.10 ^
^ K.h 0,674.2 "^"^"^^
30
pro Minute, von welchem also bloß 30 1, d. h. -^^^ = 0^1^^ das ist 14®/o, auf
die gewünschte Höhe gefördert werden.
Einzelne Ingenieure rechnen als notwendigen Gesamtwasserverbrauch
0+01 = 222 + 30 = 252 1,
was der Sicherheit, aber nicht der Richtigkeit wegen immerhin angenommen
werden kann. De facto wird ja von dem Aufschlagwasserquantum Q der
oben berechnete 14®/oige Anteil = 30 1 in das Hochreservoir gehoben, während
112
1. Die Wasserversorgung der Ortschaüten.
der Rest 222 — 30 = 192 1 pro Minute durch das Aufschlag- (Sperr-) Ventil
ausspritzt und verloren geht.
Der erforderliche Durchmesser der Zuleitungsröhren beträgt:
rfm« = 300 ^ (^ = 300 y/ 0,222 m» = 141 mm,
d. h. man wählt den nächst größeren handelsmäßig erzeugten Durchmesser von
d = 150 mm.
Für die Steigleitung resultiert daher rf^ = ~ = 75 miii bezw. rfi = 80 m.
Die rationelle Länge der Zuleitung würde betragen:
/« = Äi + 0,3 • -^ = 10 + 0,3 . 5 = 11,5 oder rund 12 m.
Der Inhalt des Windkessels endlich würde betragen:
/ =
d^^n
h^ = 0,005 mMO = 0,050 m« = 50 1.
Lueger stellt bei Beibehaltung der gleichen Bezeichnungen, wie in
Fig. 42, nachstehende Werte auf, wobei Q und Q^ in Liter pro Sekunde
angenommen:
ür=77T^^^^f-7- = 1,12- 0,2 V-r^ und /« = A^ + 0,3 • ^•
Für den als Mittelwert AT =0,50 und Maximalwert AT =0,75 ange-
nommene K erhält er:
für Är= 0.50 öx = ^£q?^.
für K= 0,75
Öi =
3Ö.A
4Ai + 3A
Rocksichtlich der Rohrdurchmesser gibt Lueger nachstehende Tabelle:
Triebwassermenge Q
Triebrohrweite
Förderrohrweiie
in
in
in
Sek.-Liter
Millimeter
Millimeter
0,05- 0,10
20
10
0,10- 0,25
25
13
0,25- 0,50
30
16
0,50- 1,00
50
25
1,00- 2,00
75
40
2,00— 5,00
100
50
5,00—10,00
150
60
Um eine Übersicht des Verhältnisses zwischen Förderquantum und
Gesamtförderhöhe bei dem Arbeitsgefälle ä = 1 m und einer Aufschlagmenge
Q =101 pro Minute zu gewinnen, wurden nachstehende Werte ausgerechnet.
D. Zuleitnng zam Versorgungsgebiete. H3
Es ist für:
Äi = 1 m jPi = 9,2 1 (d. h. selbst wenn gar keine Förderhöhe
vorhanden, gehen Q = Oßl durch Reibung
verloren) ;
femer ist für ^i = 2 „ (p^ = 4,2 1,
^1= 4 , Öi = l,8 1,
Ai= 8 „ Öi = 0,7 1,
Äi = 12 „ 01 = 0,36 1,
Äi = 20 „ jp, = 0,111,
d. h. der hundertste Teil des Aufschlagwassers wird auf 19 m Höhe effektiv
gehoben. Es sind also die hydraulischen Widder bei großen Förderhöhen
nur dann zu verwenden, wenn das Förderquantum nur einen kleinen Teil
des Aufschlagwassers beträgt.
Bezüglich der Montierung bezw. Installation eines hydraulischen Widders
ist nachstehendes hervorzuheben:
Das sehr häufig vorkommende Stehenbleiben des Widders ist in der
Regel auf Undichtheiten zurückzuführen, welche infolge der kontinuierlichen
Stoßwirkungen durch Lockerung der Rohrverbindungen in der Druckleitung
(Aufschlagwasserleitung) namentlich dann entstehen, wenn die Länge der
Leitung und die Druckhöhe h größere sind.
Aus diesem Grunde sind Muffenrohrverbindungen mit Bleidichtung ganz
auszuschließen und nur Gewindemuffen oder Flanschendichtungen zu ver-
wenden. Die Aufschlagwasserleitung ist überdies unverrückbar zu montieren,
und zwar entweder durch Befestigen der Röhren mittels Rohrschellen an
Grundpfähle, welche in Entfernungen von 2 zu 2 m einzurammen sind, oder
in trockenen Rohrgräben durch Einbau von Querschwellen aus Trocken-
mauerwerk, welche die Rohrleitung umfassen und nach allen Richtungen
verspannen. Diese Leitung soll ferner in einem möglichst gleichförmigen
Gefile und ohne bedeutende Richtungsveränderungen geführt werden, weiter
ist die Aufschlagwasserhöhe h tunlichst nicht über 10 m anzuordnen und endlich
für einen guten Dichtschluß des Sperr- (Aufschlag-) Ventils zu sorgen. Die
Widder sollen möglichst nahe der Wasserbezugsquelle situiert werden,
während die Länge der Steigleitung bis zu gewissen Grenzen eine beliebige
sein kann.
Von Seiten der Maschinenfabriken wird für die gewöhnlichen Widder
nachstehende Leistungsfähigkeit angegeben:
(Siehe die Tabelle aaf Seite 114.)
Die Preise der einfachen Widder schwanken zwischen 80 und 1000 K
für Aufschlagwassermengen von Q = 3 — 400 1 pro Minute, jene der von
Merkl in Dresden gebauten sogen. Heureka-Widder von 100 — 3500 K bei
Q = 5—1000 1 pro Mmute.
Alle diese einfachen, nach dem alten System Mongolfier gebauten
Widder weisen mancherlei Nachteile beim Betriebe auf, insbesondere mit
Rücksicht auf die Situierung des Aufschlag- und Klappenventils.
Friedrich, Wasserbau. Zweite Auflage. II. Band. 8
114
I. Die Wasserversorgung der Ortschaften.
Leistungsfähigkeit der hydraulischen ^
mdder ]
pro 24 Stunden i
in Liter
Znflafl-
menge pro
1 Minute
Verhältnis zwischen Gefälle und Förderhöhe gleich:
in Litern
1:2
1:3
1:5
1:7
1:9
1:12
1:16
1:20
1:24
1:28
5
2 988
1895
964
627
423
263
153
97
59
41
10
5 976
3 791
1929
1254
846
527
306
194
119
82
15
8 964
5 686
2 903
1881
1269
790
459
291
178
123
20
11952
7 582
3 858
2508
1692
1054
612
388
238
164
25
14 940
9 477
4 832
3135
2115
1317
765
485
297
205
80
17 928
11372
5806
3 762
2 538
1580
918
582
356
246
40
23 904
15 164
7 716
5016
3 384
2108
1224
776
476
328
50
29 880
18 957
9648
6 274
4 233
2 635
1530
972
599
411
60
35 856
22 744
11612
7 524
5 076
3160
1836
1164
712
492
70
41832
26 536
13 522
8 778
5 922
3 708
2142
1358
832
574
80
47 808
30328
15 432
10032
6 768
4 216
2 448
1552
952
656
90
53 748
34118
17 380
11286
7 614
4 762
2 754
1646
1070
738
100
59 760
37 915
19 296
12 548
8 467
5 270
3060
1944
1199
822
200
119 520
75 830
38 592
25 096
16 934
10 540
6120
3888
2398
1644
300
179 280
113 744
57 888
37 644
25 400
15810
9180
5832
3596
2466
400
239040
151660
77184
50192
33 868
21080
12 240
7 776
4796
3288
500
298800
189 574
96 480
62 640
42 334
26 350
15 300
9 720
5994
4110
600
358560
227 488
115 776
75 288
50800
31620
18360
11664
7192
4932
In dieser Richtung hat Decoeur in Paris einen hydraulischen Widder
konstruiert, welcher von der Firma Rouart Freres & Co. in Paris
(137 Boulevard Voltaire) gebaut wird, welches System dadurch charakterisiert
ist, dafi Sperrventil und Aufschlagklappe durch zwei senkrecht übereinander
situierte solide, aus Bronze hergestellte Ventile V^ und P\ (siehe Fig. 44)
ersetzt sind. Die Beweglichkeit der Ventile, sowie ihr Spiel können durch
kräftige Spiralfedern beliebig reguliert werden. Nach den mit diesem System
vorgenommenen amtlichen Versuchen soll der Widder bei Aufschlagwasser-
gefällen h von mehr wie 2 m einen Nutzeffekt von SO ^Iq ergeben haben,
welcher bei A = 0,3 m und einer Förderhöhe von 9 m sogar noch 66 ^/q
betragen haben soll.
Die Pumpenbauanstalt Kunz in Mähr. Weißkirchen fertigt unter der
Verkaufsmarke „Mamut" nach dem gleichen System mit einigen Abänderungen
einen Widder an, welcher sich für große Förderhöhen bei kleinerem Betriebs-
gefälle besonders eignet. Die Funktionierung ist eine ganz gleiche wie die
des alten Mongolfier- Widders, nur spritzt das Wasser aus dem Aufschlag-
ventil V^ nicht frei aus oder in einen geschlossenen Kessel, wie bei den
Heureka- Widdern, sondern wird durch eine Abfallrohrleitung wieder in den
offenen Wasserlauf zurückgeleitet.
Der Preis dieser Mamut- Widder schwankt je nach dem Aufschlag-
wasserquantum Q = 3 — 1200 1 pro Minute zwischen 280 und 2700 K, jener
der Original Decoeurschen Widder zwischen 70 und 1400 Fr. bei einer
D. Zoleitimg zum Versorgiingsgebiete.
115
Quellenergiebigkeit von 1 — 2800 1 pro Minute und einem Nutzförderquantum
von 4 — 1600 1 pro Minute.
Fig^ 44. Hydraulischer Widder (System Decoeor).
Fig. 46. (System Durozoi.)
Fig. 46. (Widderschacht zü. Fig. 46.)
Andere französische Systeme sind jene von Durozoi in Paris (218 Rue
du Foubourg St. Honor^), von denen eines in den Fig. 45 und 46 abgebildet
ist. Bei diesem Widder ist das Stoßventil V^ (siehe Fig. 45) senkrecht auf die
Richtung des ankommenden Betriebswassers situiert und kann durch eine
8*
116
I. Die WaMenrersorgnng der Ortschaften.
Spiralfeder reguliert werden. Die erste Öffnung des durch den Wasserdruck
an den Ventilsitz angepreßten Ventiles kann durch einen Hebel erfolgen.
Für die Entlüftung und Entwässerung des Windkessels sind zwei Ventile mit
Handrädern in letzterem angebracht. Der Widder ist in einen Schacht (siehe
Fig. 46) eingebaut und kann aus der Situation (Fig. 47) die ganze Anordnung
einer derartigen Anlage ersehen werden. Das durch eine Stauanlage im
Flusse gestaute Wasser fließt in den Schieberschacht ein, wo der durch einen
Seiher abgeschlossene Einlauf der Triebleitung sich befindet. In der Nähe
des Flusses, am Ende des verfügbaren Betriebsgefälles, ist in einen separaten
Schacht der Widder eingebaut, aus welchem das überschüssige Betriebswasser
durch einen offenen Graben in den Fluß zurückgeleitet wird, welcher Um-
stand bezüglich der Wasserrechtsentschädigung sehr vorteilhaft in die Wag-
schale fällt.
Flg. 47. Situation einer Widderanlage.
Die Preise dieser Durozoischen Widder, welche auch für größere
Wassermengen konstruiert werden, bewegen sich zwischen 120 Fr. für die
kleinsten Widder mit 19 mm Zuleitung und 9 mm Steigleitung und 6000 Fr.
für die größten Apparate (No. 13) für 3000—6000 1 pro Minute Aufschlag-
wassermenge, 500 mm Zuleitung und 175 mm Steigleitung.
3. Göpel mit animalischem Antrieb.
Beim Betrieb einer Pumpenanlage mittels Göpel beträgt die durch-
schnittliche Leistung bei 8 Stunden Arbeitszeit zusammen
bei 1 Menschen .... 170000 kg/m = 6 kg/m pro Sekunde,
„ 1 Ochsen 1000000 „= 34 „ „ „
„ 1 Pferd 1160000 „ = 40 „
während bei den nicht animalischen Motoren (Wasser-, Dampf-, Wind- etc.
Motoren) 1 Pferdekraft mit 75 kg/ra pro Sekunde angenommen wird, was in
obigen 8 Arbeitsstunden einer Gesamtleistung von 2160000 kg/m (Kilogramm-
D. ZaleitnDg zum Vcraorgongsgebiete. W'J
Meter) entsprechen würde. Die Konstruktion eines Göpelantriebes ist aus
der früheren Fig. 319 (Bd. I, S. 347) zu ersehen.
4. Windmotoren.
Über die Leistung und Konstruktion der Windmotoren wurde anderen
Orts bereits gesprochen (Bd. I, S. 278—282).
5. Dampf-, Petroleum- und Gasmotoren.
Da die vom Kulturingenieur zu bauenden kleineren Wasserleitungen
wohl seltener mit Dampf etc. betrieben werden und überhaupt das Kapitel
„Dampfmaschinen und Pumpen etc." in das Gebiet des Maschinenbaues ge-
hört, so muß hier wegen Raummangel von einer weiteren Behandlung dieser
Motoren Abstand genommen und nur die Berechnung derartiger kleiner
Anlagen behandelt werden.
Bedeutet für doppeltwirkende Pumpen
Q das effektiv zu hebende Wasserquantum pro Minute in Kubikmetern,
Q* das theoretische Förderquantum,
so ist, da der Ausgufikoeffizient für gewöhnliche Pumpen g> = 0,85—0,80 m
beträgt, bei Annahme von y = 0,80 m Q = 1,25 Q*. Ist femer
z die Anzahl der Doppelhube oder Umdrehungen pro Minute,
D der Durchmesser des Pumpenstiefels (Zylinders) in Metern,
r die Lflnge der Kurbel,
F die Fläche des Pumpenzylinders in Quadratmetern,
dann ist q = 2r,f, der Inhalt des Pumpenzylinders in Kubikmetern gleich
dem auf einen Doppelhub gehobenen Wasserquantum. Bedeutet femer
h die Saughöhe \
h' die Druckhöhe i • M t
h" die den Reibungswiderständen entsprechende Druckhöhe ( '
(Reibungsverlust) ^
/ die Länge der Saugröhren,
/' die Länge der Druckröhren in Metern^
/ =/' den Querschnitt der Saug- und Druckröhren in Quadratmetern,
a = d* die bezüglichen Durchmesser,
V die Geschwindigkeit des Kurbelzapfens, entsprechend einer mittleren
Kolbengeschwindigkeit von 0,30 m pro Sekunde,
c die Geschwindigkeit des Wassers in den Saugröhren (rationell 0,6—1 m
pro Sekunde),
H den Druck in Atmosphären (rund ä 10 m Wassersäule),
y = 1000 kg das Gewicht von 1 m* Wasser,
so erhalten wir für doppeltwirkende Pumpen 0 = y . « . JD^tt . r (bei 1 Kolben-
ßft TT ID^ n \
hub —^ . 2r, beim Doppelhub 2 (— j— • 2r] = Z>«7r . r. Sind Q und z ge-
geben, so ist g= ^ 2x ' ^^® günstiges Verhältnis des Kolbendurchmessers
zum Hub ist ö" ~ 2"» ^^^ I>=^r zu* wählen.
218 I* ^ic WasserversorguDg der Ortschaften.
Ist die Hubzahl nicht gegeben, so kann man annehmen:
1,25 Q
Man nehme femer, wenn die Pumpe einen Saugwindkessel hat:
und wenn derselbe fehlt:
^^ 0,187g , . ^ n*Q*l
^^y/2giH-h)' ''°^"' *^ 3eOO/.2giH-h) ■
Ist dies nicht der Fall, so muß / oder q entsprechend vergrößert oder
ein Saugwindkessel angeordnet werden.
Die maximale Geschwindigkeit der Kurbel muß, wenn keine hydraulischen
Stöße in der Saugrohrleitung eintreten sollen, sein:
wobei L die Länge der Eurbelstange in Metern bedeutet.
Die Saugrohre müssen stets nach der Pumpe ansteigen und Luftsflcke
in der Druckleitung durch stetige Steigung vermieden werden oder, wo dies
nicht geht, Lufthähne (Luftventile) angeordnet werden. Den Querschnitt der
Druckrohre nimmt man bei nicht zu langen Rohrleitungen gleich dem der
Saugrohre. Wird jedoch für den event. eintretenden Maximalwert von v
F. z;« /'
der Ausdruck y, r;- > 1, so wähle man den Querschnitt /' so, daß die
Geschwindigkeit des Wassers in der Druckleitung c' = 0,6 beträgt.
In diesem Falle empfiehlt sich auch die Anlage eines Druckwindkessels, durch
welchen man eine geringere Inanspruchnahme der Betriebsteile erreicht.
Der Inhalt des Druckwindkessels für lange Rohrleitungen, bei
welchen die Betriebsteile nicht mehr als auf das Doppelte des mittleren
Druckes beansprucht werden sollen, soll
0,6 Q c' V
Vä =
2g{H+h' + h")
gemacht werden, wobei annähernd c* = 0,6 m zu wählen ist. Der Inhalt
des Saugwindkessels ist Vs=^q. Die Druckwindkessel verhindern auch die
hydraulischen Stöße; dieselben können bei einer Pumpe ohne Druckwind-
, . ^ . F.v« _ H+h' .
kessel nicht eintreten, wenn -yj — <^ g • — j, ist.
Liegt am Ende der Druckleitung ein Teil (/") der Röhren horizontal,
dann wird ein hydraulischer Stoß in dem Kniepunkte nicht eintreten, wenn
F if' ^ H ,
/•— ^^'TTT ist.
D. Zuleitung zum Versorgungsgebiete. JJ^Q
Der notwendige Rohrdurchmesser d bei gegebenem A', /' und Q ergibt
sich aus den im ersten Bande angegebenen Formeln und wird das
gefundene Resultat auf den nächst größeren handelsüblichen Durchmesser
abgerundet.
Die Geschwindigkeit des Wassers in den Röhren ist auch allgemein
4Q ...._ _y^^^
Vl,505 + A 4
c = — ^ oder= . — (nach Weißbach).
^ a/i ?;AK J.3 . '_
In der Praxis wählt man annähernd:
V = 0,3 m,
y = 0,8
und bei einfach wirkenden Pumpen
D = 0,0266 Y-^^ = 0,053 y[WQ~y
bei doppeltwirkenden Pumpen
D == 0,0188 Y-^^ = 0,037 y[mQ\
' 30z; 60O , 2r.z
^ = -2V^-2V^ daraus t; = -3^,
V«-
d = d^ = 1,25 Y > wobei c = 0,6 — 1 m betragen soll;
1,66 ö»".
hiermit ist c = -
d^
Die Betriebszeit in Stunden ist gleich dem pro Tag zu fördernden
Wasserquantum, dividiert durch 60 Q. Die notwendige motorische Kraft
(Bruttoeffekt) zum Betriebe der Pumpe berechnet sich nach dem früher
(S. 288, Bd. I) Gesagten für gut konstruierte Pumpen für y = 0,80, also — = 1,25,
im Mittel Na — 1,25 ^^ ^^
(bei gewöhnlichen Pumpen wird — = 1,50 angenommen werden müssen).
Beispiel. Ein Dampfmotor treibt eine unmittelbar über einem Brunnen
stehende doppeltwirkende Pumpe mittels Riementransmission. Die Pumpen-
riemenscheibe hat einen Durchmesser d^ = 1200 mm und macht z^ = 40 Touren
pro Minute. Die Riemenscheibe des Motors soll z^ = 120 Umdrehungen
machen. Wir haben das Verhältnis z^ : ä^ = d^id^ und daraus
z^.d^_ 40 . 1200
120
^2 = -^^— ^ = — h^ — = 400 mm
als notwendigen Durchmesser der Motorriemenscheibe (oder es kann bei
gegebenem d^ das d^ etc. gerechnet werden).
220 ^* ^^® Wasserversorgung der Ortschaften.
Ist der Kolbendurchmesser D = 0,120 m und der Kolbenhub 2 r = 0,240 m
(also in dem Verhältnisse wie 1 : 2), die Anzahl der Kurbelumdrehungen oder
Doppelkolbenhube pro Minute z — 40, der Ausgufikoeffizient g) = 0,80, d. h.
die Pumpe fördert 80®/q des theoretisch berechneten Wasserquantums, so
erhalten wir als effektives Förderquantum der Pumpe pro Minute:
ö = 5p.0.Z>'7r.r = 0,174 m* oder Q pro Stunde = 10 m* und
174
Bei einem beispielsweise täglich im Reservoir aufzuspeichernden Wasser-
40 m*
quantum von Öm*^^^™* resultiert eine Pumpzeit von j^ — g = 4 Stunden.
Die Kolbengeschwindigkeit beträgt:
2r.z 2.0,14.40 ^ ^^
^ = -^ö- = ^30 = ^»^Ö^
pro Sekunde; sie ist also vollkommen entsprechend. Wir hätten eine
maximale Saughöhe A = 4 m, eine Druckhöhe (Kolbenmittel bis Reservoiraus-
gufi) Ä' = 14 m und eine Länge der Druckleitung /=290 m (rund 300 m).
Mit Rücksicht auf geringe Reibungswiderstände und Vermeidung starker
Inkrustation wird ein Rohrdurchmesser rf=80 mm gewählt. Es ergibt sich
sodann ein
_ 1,56 g^- _ 1,56 . 0,0029 _
^~ rf« ~ 0,0064 -^»'7™-
Nehmen wir jedoch v an, und zwar c = 0,60 m, so erhalten wir:
d= 1,25 V^^ = 0,086 m,
es müßte also dann der nächst höhere handelsübliche Durchmesser (rf= 100 mm)
gewählt werden; indessen kann der Kosten wegen c: = 0,77 m, als zwischen
0,6 und 1,0 m gelegen, anstandslos akzeptiert werden. Als Reibungshöhe A"
erhalten wir:
nach Dupuit h" = 0,0015 • -^ • d^ = 3,33 m,
nach Weißbach A" = A • ^ • ^ = 2,83 m,
also im Mittel ca. A" = 3,00 m. .
Die Förderhöhe H der Pumpe beträgt somit:
i/= A + A' + A" = 4 + 14 + 3 = 21 m
und die notwendige Betriebskraft:
1000 O'«^- . H
Nn = 1,50 K. = 1,21 HP.
Mit Berücksichtigung des Kraftverlustes durch Transmission und Reibungs-
verlust beim Motor muß der letztere effektiv A^n=l,5HP. (Pferdekraft) ab-
E. Hochreserroire. 121
geben, daher, da immer Reservekraft vorhanden sein muß, ein Kleinmotor
von 2 HP. zu projektieren ist.
Betriebskosten. Ein Dampfmotor bis 2 HP. benötigt pro Pferdekraft
und Stunde 5 — 6 kg Steinkohle, also bei 1^/^ HP. Leistung und 4 Stunden
Betriebszeit inkl. Anheizen pro Tag ca. 50 kg. Dies ergibt, bei einem Kohlen-
preis von 3 K pro 100 kg, pro Tag (4 Betriebsstunden) 150 Heller. Ein kleiner
Petroleummotor (bis 2 HP.) benötigt pro Pferdekraft und Stunde 1 1 Roh-
petroleum ä 20 — 24 Heller, also pro Tag bei l^/g HP, Leistung und 4 Stunden
Betrieb einen Betrag von 120 — 144 Heller.
E. Hochreservoire,
Wir haben bei Aufstellung des Wasserbedarfes gesehen, daß derselbe
ein während des Jahres variabler ist und im Winter das Minimum, im
Sommer das Maximum erreicht; femer, dafl auch der Verbrauch währehd des
Tages ein verschiedener ist, und das während 24 Stunden zufließende Wasser
(bei Gravitationsleitungen) binnen 6 — 12 Stunden (der Konsumzeit) zur Abgabe
gelangt. Um nun einerseits diese verschiedenen Konsumschwankungen aus-
zugleichen, andererseits für Feuerlöschzwecke, Straßenbespritzung etc. einen
genügenden Vorrat zur Verfügung zu haben, werden eigene große Behälter,
„Hochreservoire" angelegt. Dies gilt insbesondere für Gravitationsleitungen,
für welche der Fassungsraum bei kleinen Anlagen und in normalen Fällen
wenigstens gleich dem mittleren Tagesbedarf anzunehmen ist, womöglich jedoch
bei kleinem Fassungsraum mit dem 1^/4 — l^/g fachen Tageskonsum (125 — 150 ®/o)
bemessen werden soll. Nur bei größeren Städten, also großem Wasserbedarf,
pflegt man zur Erzielung geringer Baukosten den Fassungsraum dadurch zu
verringern, daß man auf die Ergänzung durch das permanent, also auch
während der wirklichen Konsumzeit und während der Nacht zufließende
Wasser Rücksicht nimmt und dann das Reservoir nur dem beläufig ^/g fachen
Tagesbedarf entsprechend anlegt«
Genauer läßt sich der notwendige Fassungsraum von Quellwasser-
Reservoiren in jedem einzelnen Falle auf graphischem Wege ermitteln.
Haben wir in erster Linie den günstigsten Fall vor uns, nämlich den,
daß die Quellenergiebigkeit in allen Zeiten größer ist als der Miximaltages-
bedarf im Hochsommer, dann brauchen wir nur die Summenkurve von
24 Stunden des Zuflusses und jene des maximalen Bedarfes für einen solchen
Sommertag aufzutragen, und zwar beide von Stunde zu Stunde gerechnet, so
daß bei letzteren auch der maximale Stundenkonsum an diesem Tage des
größten Verbrauches zum Ausdrucke gelangt.
Aus den Betriebsberichten größerer Städte mit Pumpwerken können
die stündlichen Konsumziffem in Prozenten des Tagesbedarfes ausgedrückt
entnommen werden, die, als Summenkurve konstruiert, nach 24 Stunden,
daher als letzte Ordinate 100 ^/^ ergeben werden. Nach dieser Prozent-
oder relativen Stundenkonsum-Summenkurve kann dann die faktische stündliche
Konsumsummenkurve berechnet und konstruiert werden.
I
J
122
I. Die Wasserversorgung der Ortschaften.
Dieser relative Stundenkonsum betrug z. B. für Berlin an zwei Tagen
maximalen Verbrauches im August 1879 und im Juli 1882 in Prozenten des
Tagesverbrauches :
Nachts 12— 1 Uhr = 1,8 »/o bezw. 1,4 »/o-
l— 2
»,
= 1,8 .. ,
. 1,4 „
2- 3
))
= 1,8 „ ,
. 1,4 „
3- 4
»»
= 1,8 „ ,
, 1,8 „
4- 5
♦>
= 1,8 „ ,
1 ^l«' 1»
5— 6
11
= 2,7„ ,
, 2,9 „
Früh
6— 7
»♦
= 6.3,, ,
, 4,6.,
7- 8
,»
= 6,2,, ,
, 6,4 „
8- 9
1»
= 6,0 „ ,
, 6,8 „
9-10
»»
= «,s., ,
. 6,1 „
10—11
»»
= 6,0 ., ,
. «,2 „
11-12
»»
= 6,0 „ ,
> 6,2 „
Mittags
12- 1
M
= 6,8 „ ,
, 6.5 „
1— 2
»,
= 5,8 „ ,
. 6,6 ,.
2- 3
1»
= 6,6,, ,
. 6,6 „
3- 4
,»
= 6,6 „ ,
, 6,5 ,.
4— 5
1»
= 6,2,, .
> 6,6 „
ö— 6
»,
= 6,2,. ,
, 6,6 ,.
Abends
6- 7
»»
= 5,0 „ ,
, 6,1 „
7- 8
»»
= 4,7 „ ,
, 4,6 „
8— 9
Ji
= 3,6 „ ,
, 4,2 ,.
9-10
ft
= 2,9 „ ,
> «^|4 n
10—11
II
= 2,4 „ ,
, 2,5 „
Nachts
11-12
1»
= 1,8 „ ,
, 1,7 ,.
In 24 Stunden =lOO^/o bezw. lOO^/^j.
Der größte Konsum liegt also in den Stunden zwischen 10 — 12 Uhr mittags,
der kleinste zwischen 11 nachts und 6 Uhr früh. In Landstädten, namentlich
wo die ackerbautreibende Bevölkerung vorherrscht, würden, abgesehen von
dem Nachtminimum, das oft gleich Null ist, Konsummaxima außer Mittag
insbesondere in die Abendstunden fallen, wo das Vieh, vom Felde heim-
getrieben, getränkt wird.
In Städten mit Industrie wird diese Verteilung wieder eine andere werden.
Um eine richtige Darstellung zu erhalten, sind diese Kurven an dem
vorhergehenden und nachfolgenden Tage fortzusetzen (Fig. 48).
Der Verlauf der Verbrauchs- (Konsum) Summenkurven Vo Vo und ^^ Vu
in Fig. 48 zeigt an, daß der Verbrauch sich um Mittemacht der Null nähert
oder gleich Null ist, von da ab bis früh steigt, um dann während der Tages-
stunden bis gegen 8 Uhr abends beinahe konstant zu verlaufen.
Um mit hinreichender Sicherheit zu rechnen, wird man die obere
Tangente Vo Vo\ die untere Vu Vu berühren lassen. Dasselbe wird erreicht,
wenn die steilste Mittelkurve Vm Vm'y welche V» mit Vo' verbindet, als Grund-
lage der Konstruktion genommen wird. Die obere Tangente BB' stellt den
Zulauf von den Quellen oder der Grund wassersammelanlage dar, welcher
für diesen Tag hinreichend genau als konstant angenommen werden kann.
Die Größe CA des größten Vertikalabstandes zwischen dem unteren
E. Hochreservoire.
123
Tangentenpunkte A der Konsumkurve und der Zuflußkurve repräsentiert
den notwendigen Fassungsraum des Reservoirs, in vorliegender Zeichnung
ca. 28®/o des Tagesverbrauches, welcher Prozentsatz aber der konstanten
Reserve für Feuerlöschzwecke etc. entsprechend zu erhöhen ist, so daß in
Fig. 48. Graphisolie Ermlttelong des ReservolrfassnngBranmes.
vorliegendem Falle als Fassungsraum 50**/q des Maximaltagesver-
brauches resultiert, welches Maß mit der früher angegebenen Ziffer von
'/g = 66**/o des mittleren Tagesbedarfes (bei Annahme von öm= 125 ®/q Qmax)
übereinstimmt.
Wir sehen also, daß bei größeren Anlagen, wo ein unnötig großer
Fassungsraum schon bedeutende Mehrkosten verursacht, nicht mit der Zahl
124
L Die Wasserversorgung der Ortschaften.
von 100 ®/o oder gar 125% des mittleren Tagesbedarfes gerechnet werden
darf, was nur bei kleinen Reservoiren notwendig wird. Aus dem Graphikon
(Fig. 48) ist aber auch zu ersehen, dafi der konstante Zufluß von B bis A
das Reservoir füllt, wobei die Vertikalabstände zugleich den Fällungsgrad
repräsentieren. Nach A zwischen 7 und 8 Uhr früh wird der Inhalt des
100 000^
100.000
c
1
i
90. 000
d
Ml
90.000
m'
80.000
•i
cS^iiniisr/ ^
*1
1
80000
/
WJ
r
vo.ooo
/
W
»V
?0i)00
.4
^
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'V>
60. 000
i
%
OOjOOO
A
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50. 000
si
o .
1
50.000
\
^
1
>i 0.000
/
cm
/^trumalff\ ffejservoi'r' Großem
40000
d
ii
8 J^Mofuds-
1 J^rbraache ^ ihv '
30 000
M
II
Ä
'^'
• /
/
30.000
i
H
r
20.000
i
f
20 000
^
^
m
T
4
>«S
10.000
J
w
>/
«Ä
10.000
"J
f
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.J
ah
V...
...
-••>
,
0 ,
m
f
/^
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0
8
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10
11
iz
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
1
1 3 >
'± 5
6
r'7kripde.\Winfer-F^riade \S
ommer-J^riode. \Wmter-Periode. \JSommi
p
Fig. 49.
Reservoirs immer kleiner, da der Verbrauch gröjßer als der ZufluS ist, bis
endlich in B das Reservoir entleert wäre, wenn nicht der Reservevorrat
CO vorhanden wäre.
Nehmen wir nun den gewöhnlicheren häufigeren Fall an, dafi das
konstante Quellenzuflußquantum bloß dem mittleren Bedarf aus den Jahres-
mitteln berechnet entspricht, der maximale Tagesbedarf also nicht gedeckt
E. HochresexToirc. 125
erscheint, dann wird der notwendige Fassungsraum des Hochreservoirs ein
anderer werden.
Nehmen wir für kleinere Städte (ohne große Gärten- und Straßen-
bespritzung, öffentliche Pissoirs etc.) an, daß der Bedarf eines heißen Sommer-
tages dem Doppelten eines Wintertages entspricht, und sei der letztere 100 m*,
der erstere also 200 m« und der mittlere Tagesbedarf Q = 150 m* bezw. pro
Jahr 54000 m».
In dem Graphikon (Fig. 49) ist auf Grund obiger Annahmen die Zufluß-
linie in der rechten unteren Ecke für Q = 100, 150 und 200 m* pro Tag einge-
zeichnet und entsprechend parallel verschoben an die Konsumsummenkurve,
welche aber aus den früher angegebenen Gründen in das Vor- und Nachjahr
hinein verlängert erscheint. Der größte Vertikalabstand CA = Q'-^ij im
April = 2000 m' = 14,8 o/o des Jahresverbrauches, entsprechend einem "/^
monatlichen oder öS^/g tägigen Vorrat, würde also den nötigen kolossalen
Fassungsraum des Reservoirs darstellen, wenn der Quellenzufluß das ganze
Jahr wirklich konstant wäre.
Nun ist aber allgemein bekannt, daß die Quellenergiebigkeit in den
einzelnen Monaten sehr wechselt, so daß häufig auch die Zuflußsummenkurve
eine oft parallel mit der Konsumkurve verlaufende Linie ist, in welchem Fall
dann der Fassungsraum des Reservoirs sich ganz bedeutend verringert und
um so kleiner wird, je mehr Zufluß- und Konsumsummenkurven in ihrem
Verlaufe übereinstimmen.
Bei Druckleitungen ist der Hochbehälter immer als Kompensations-
reservoir aufzufassen, und zwar derart, daß während der Pumpzeit (Betriebszeit
des Druckwerkes bei kleinen 5 — 12, bei größeren 22 — 24 Stunden) das Wasser
direkt in das Stadtrohmetz gedrückt wird und das während der Betriebszeit
nicht konsumierte Wasser in das Hochreservoir eintritt, um nach Aufhören
des Pumpens oder bei temporär größerem Konsum selbsttätig mit Gravitation
wieder in das Stadtrohrnetz zurückzufließen und die Differenzen auszugleichen.
Bei Druckleitungen wird also der Fassungsraum des Hochreservoirs um so
kleiner gemacht werden können, je größer die Pumpzeit angenommen wird.
(Siehe auch den Aufsatz Müller in der Wiener Monatsschrift für den
öffentlichen Baudienst, 1896.) Bei permanentem Betrieb, z. B. bei hydraulischen
Widderanlagen kann daher das Reservoir gleich dem vierten Teil des Tages-
bedarfes angelegt werden, wenn auf Hydranten keine Rücksicht zu nehmen
ist. Ist der Zufluß aus den Quellen selbst ein sehr variabler, dann muß
diesem Umstände bei Normierung des Reservoirfassungsraumes Rechnung
getragen werden.
Müssen kleine Reservoire auf Wunsch der Gemeindevertretungen im
Hinblick auf die für Feuersgefahr zu schaffende Reserve den Normalfassungs-
raum wesentlich übersteigende Dimensionen erhalten, dann wird für den
Betrieb immer nur eine Kammer benutzt, die zweite Reservekammerfüllung
jedoch jährlich 1 — 2 mal abgelassen und erneuert.
Ist der Abfluß (Konsum) jederzeit gleich dem Zufluß (z. B. bei Versorgung
des Ortes mit ausschließlich permanent laufenden Brunnen), dann kann ein
Hochreservoir füglich ganz entbehrt werden, und wird man in einem solchen
126
I. Die Wasserversorgung der Ortschaften.
Falle die Quellenstube, das Wasserschloß, den Sammelbrunnen etc. etwas
größer anlegen als wie im Falle der Erbauung eines speziellen Hoch-
reservoirs.
Lage der Reservoire. Die Reservoire selbst sind tunlichst nahe der
Stadt, womöglich im Schwerpunkte des Versorgungsgebietes anzulegen, um
bei den Kosten des Hauptspeiserohrstranges zu sparen, die Druckverluste auf
ein Minimum herabzudrücken und die Temperatur des Wassers im Hoch-
sommer möglichst niedrig zu erhalten. Was die Höhenlage der Reservoire
anbelangt, so ist- dieselbe sehr oft fixiert durch die Höhenlage der Quellen
oder die Höhe des die Stadt dominierenden Hügels. Dort, wo überschüssige
Höhe vorhanden ist, wird sich die Höhenlage H des Reservoirs aus nach-
stehender Berechnung ergeben.
Als maßgebende Größe wird der Gesamthöhenunterschied H zwischen
dem Hochreservoirwasserspiegel und dem höchsten Terrainpunkte der Stadt
(höchstgelegenes Ver-
Jfacf,
ibn'man/ /ii'r /^rashriUrh^/i Jiruek
Flg. 60. Bestlinmimg der Höhenlage des Beaervoirs.
sorgungsobjekt) ins
Auge zu fassen sein und
wird i/=A' + A" + A'"
angenommen werden
müssen.
Hierbei bedeutet
(siehe Fig. 50):
h* die Tiefe des Reser-
voirwasserstandes,
welche bei kleinen
Reservoiren 1,5 bis
3 m, bei großen
gemauerten Hoch-
reservoiren bis 5 m und bei großen eisernen Hochbehältern bis 10 m
betragen kann;
A" den Druckverlust (Reibungshöhe) für die Länge L und Qmca. dieser Rohr-
leitung;
h*" die hydraulische Druckhöhe (Überdruck), welche der Höhe des Dach-
firstes der dort stehenden Häuser vom Terrain (bei einstöckigen Häusern
ca. 11 — 12 m, bei zweistöckigen Häusern ca. 15 m) plus jenem Über-
druck entspricht, mit welchem entweder der freie Strahl bei Feuersgefahr
noch über den Dachfirst reicht oder die Hausleitung im höchsten Stock-
werke zum Abflüsse gelangt, also mit Inbegriff der Reibungsverluste in
der Hausleitung oder im Hydrantenschlauche.
Ist überschüssige Höhe vorhanden, dann wird man bei zweistöckigen
Häusern und großen Wasserleitungen /r'" = 30 m, für kleinere Leitungen in
Landstädten 20 m wählen. Diese Ausmaße gelten — ein- oder zweistöckige
Häuser vorausgesetzt — als Maximalgrenzen, und kann dort, wo man über
einen Überschuß an Höhe nicht verfügt, natürlich auch unter dieses Maß ge-
gangen werden.
£. Hochreservoire.
127
Bauliche Durchführung. Hochreservoire können entweder in den
gewachsenen Boden verlegt oder auf eisernen Gerüsten montiert oder in
gemauerten Türmen placiert werden. Die letztere Art nennt man allgemein
Wassertürme.
Das Reservoir ist in der Regel in zwei getrennte Kammern zu teilen,
welche durch einen Schieber event kommunizieren können. Der Zweck
dieser Teilung ist die Ermöglichung der Reinigung einer dieser Kammern
ohne gleichzeitige Betriebsstörung. Des weiteren soll durch eingebaute
Zwischenwände für eine Zirkulation des Wassers Sorge getragen werden.
In einem eigenen Anbau (Schieber- oder Ventilkammer) sind alle
mechanischen Einrichtungen vorhanden, durch welche eine Entleerung des
Reservoirs, ein An-
füllen der einen oder
der andern Kammer,
das Überlaufen des die
normale Wasserspiegel-
höhe überschreitenden
Wassers, endlich die
direkte Speisung der
Stadt aus den Quellen
mit Umgehung des
Reservoirs ermöglicht
wird, wobei beim An-
lassen der Rohrleitung
durch ein eigenes Luft-
rohr für die Entlüftung
gesorgt werden muß.
In Fig. 51 ist der
Grundriß eines größe-
ren Kompensations-
reservoirs skizziert, in
welchem durch die ein-
gebauten Querwände der Kammern / und // eine vorzügliche Zirkulation des
Wassers ermöglicht wird. Zu- und Abfluß erfolgt durch das gemeinsame
Rohr R bezw. den Einlauf durch öffnen eines der Schieber S^ oder S^ durch
die Röhren e und das Standrohr ü^^ oder ü^^ wenn der Zufluß aus den
Quellen oder der Pumpstation größer als der Konsum ist, in welchem Falle
auch die Rückschlagklappe D durch den Wasserdruck von außen geschlossen
wird. Ist der Konsum größer, dann öffnet sich die Klappe und es fließt das
fehlende Quantum aus dem Hochreservoir durch die Auslaufröhren A^ oder
A^ und das tiefer als e liegende Rohr a in das Hauptrohr R ein.
In vielen Fällen wird es notwendig werden, insbesondere wenn das
Reservoir mit einer separaten Zu- und Abflußleitung versehen ist, noch
spezielle Überfall- und Entleerungsleitungen einzubauen, wie dies aus den
auf den Tafeln gezeichneten Reservoiren und den späteren Abbildungen
ersichtlich ist. Das Reservoir wird gewöhnlich nur zum Teil in den
Fl^. 61. GnindrlA eines KempensatioiiBTeservolrs.
128
I. Die Wassenrersorgimg der Ortschaften.
■TK^
RünSCHMtlX
I
gewachsenen Boden versenkt; der andere freistehende Teil muß 1 — l^/^ m
hoch mit Erde bedeckt werden, um — wie bei den Rohrleitungen — die
Beeinflussung der Lufttemperatur hintanzuhalten.
Die Reservoire können aus Stampfbeton, Ziegelmauerwerk in hydraulischem
oder Portland-Zementmörtel, in Eisen oder nach dem System Monier aus-
geführt werden. In den
zwei ersteren Fällen er-
halten sie im Innern bis
über die Wasserhöhe einen
(3 — 5 cm) starken geschlif-
fenen Portland - Zement-
in
verputz zur vollständigen
Dichtung des Wasser-
raumes. Die Teile des
Bauwerkes über Wasser-
höhe können in gewöhn-
lichem hydraulischen Kalk-
mörtel ausgeführt werden.
In nachstehendem
sollen nun einige Typen
kleinerer, vom Verfasser
projektierter Reservoire
beschrieben werden,
welche den Anforderungen
des Betriebes vollkommen
entsprechen.
Fig. 52 stellt ein
40 m* fassendes Reservoir,
aus 5^/2 mm starkem Kessel-
blech hergestellt, dar, wel-
ches zur Versteifung der
Wände mit zwei Reihen
von 25 und 20 mm starken
Rundeisenstangen ver-
strebt ist Als Boden
wurde 6^/2 mm starkes
Fig. 68. Beservolr ans SchmledeeiBen mit 40 m* FaBsnnfsraiim. Blech genommen , die
Ecken mit 65/65/20 mm
starkem Winkeleisen genietet. Das Bassin ist 4 m lang, 4 m breit und 2,5 m
tief. Die Kosten dieses Reservoirs belaufen sich auf 3500 K ö. W.
Ein Reservoir gleichen Inhaltes stellt Fig. 53, als einfachste Type eines
solchen Baues, dar, bei welchem die erwünschte Zweiteilung der Kammern
mangelnder Geldmittel wegen nicht durchgeführt wurde. Der Einstieg
geschieht durch einen Schacht mittels Steigeisen und von hier weiter über
eine eiserne Leiter. Bei z erfolgt der Zufluß, bei s^ (durch Öffnung dieses
Schiebers) der Abfluß zur Ortschaft etc.
Frledrloh, Wasserbau. Zweite Auflage. IL Band.
vV^vi^V \.. .v^-^. -)^v>^-.W^
VC
I
9
I
130 ^- ^^® Wasserversorgung der Ortschaften.
Wird eine Rohrleitung „angelassen", d. h. mit Wasser gefüllt, was sehr
langsam erfolgen soll, damit durch die unvermeidlichen hydraulischen Stöße
keine Rohrbrüche entstehen, so muß in dem Maße, als Wasser in das Rohr
eingelassen wird, die Luft entweichen können, ohne daß bei der Einström-
öffnung dieselbe gezwungen ist, sich durch das Wasser durchzupressen. Dies
wird durch Einbau hoher Luftröhren / hinter dem Absperrschieber s^ erzielt.
Der Schieber s^ der Entleerungs- (zugleich Überfall-) Leitung ist natürlich ge-
schlossen und wird nur behufs Entleerung des Reservoirs geöffnet. Zur
Fixierung der Reservoirwasserspiegelhöhe dient das Überfallrohr ^, das mit
seiner Endflansche im Wasserniveau liegt. Die Schieber sind von Straßen-
kappen aus bedienbar. Der Einsteigschacht ist gegen Temperaturbeeinflussung
mit einem zweiten umklappbaren Boden abgeschlossen. Ein am Ende der
Reservoirkammer eingemauertes Rohr sorgt für entsprechende Ventilation.
Das Reservoir ist auf eine Betonschichte fundiert und die Mauern ringsum
mit einer Lettenanstampfung umschlossen. Die Kosten dieses Reservoirs
belaufen sich auf 3200 K ö. W.
Reservoir für 150 m* Inhalt. Auf Tafel V ist ein Reservoir für
150 m* Fassungsraum dargestellt. Dasselbe ist bereits zweikammerig und mit
eigener Schieberkammer angelegt; das Charakteristische dieses Reservoirs ist
die Situierung der Schieberkaramer innerhalb des eigentlichen Reservoir-
raumes. Die Kommunikation der beiden Kammern / und // kann im Bedarfs-
falle durch Öffnen des Schiebers Sg erfolgen. Durch öffnen des Schiebers s^
oder Sg kann das von der Quellstube kommende Wasser in eine der Kammern
eingelassen werden, und liegen die Zuflußrohrmündungen z^ und z^ im Niveau
des Reservoirwasserspiegels. Um eine Zirkulation des Wassers in vertikalem
und horizontalem Sinne herbeizuführen, liegen die Trompetenrohre Oj und a^
der Ausflußleitungen (Hauptspeisestrang) zur Ortschaft an der Sohle und in
der vom Einlauf entgegengesetzten Ecke der Kammer. Durch öffnen der
Schieber Sg oder s^ kann eine Entleerung stattfinden; in diese Leitung münden
auch die Überfallleitungen ü^ und ü^ ein. Falls aus irgend einem Grunde
das Stadtrohrnetz mit Umgehung des Reservoirs unmittelbar durch die Quellen
gespeist werden soll, so wird durch Schließen der Schieber s^ und s^ und
durch öffnen des Schiebers s, die Verbindungsleitung v (siehe Längen-
schnitt EF) durch den Teiltopf T in Kommunikation mit dem Stadtstrange
gebracht. Auf dem Teiltppfe sitzt ein entsprechend langes Luftrohr /. Die
Ventilation der Schieber und Reservoirkammer erfolgt durch das Aufsetzrohr zf.
Die Kosten dieses Reservoirs belaufen sich auf 15600 K ö. W.
Reservoir für 180 m**, kombiniert mit gedeckter Filteranlage. Eine
Hochreservoiranlage mit 180 m^ Fassungsraum, kombiniert mit einer ge-
deckten Filteranlage mit gleichfalls 180 m^ gesamtem Rauminhalt bezw.
45 m'* Wasserraum exkl. der Filtermaterialschichte, ist auf Tafel VI
veranschaulicht. Diese projektierte Anlage ist in Beton hergestellt und
können alle Betriebskombinationen mit Hilfe der mechanischen Einrichtung
durchgeführt werden. In normalen Fällen, wo das Wasser einer Filtration
bedarf, wird dasselbe in den Schlammtopf A>^ und von hier nach Öffnung
des Schiebers s^ oder s., in eines der Filterbecken durch das Einlaufrohr E^
E. Hochreservoire. 13J
oder E^ einfließen, die Filterschichte (1,50 m hoch) passieren und gereinigt
in dem mit Steinplatten überdeckten und durch das Ventilationsrohr i^ und
Z.3 gelüfteten Reinwasserkanal sich ansammeln. Aus demselben kann es nach
Passierung des Teil-, zugleich Sedimenttopfes (A^ oder A^)^ wo mitgeführter
Sand zur Ablagerung gelangt, durch Öffnung der Schieber Sg oder s^ und s«,
S7 in die Zuflußleitung bezw. in die Reinwasserkammer / oder // geleitet
werden. Das Wasser kann auch, ohne die Filter oder das Reservoir zu
passieren, direkt in die Stadtrohrleitung (Öffnung von s^) gelangen. Endlich
können sowohl die Filter (mit s^^) oder die Reinwasserkammern (mit s^q und
Sji) entleert werden. In manchen Fällen dürfte es sich empfehlen, die Zufluß-
leitungen (5e, S7) in das Reservoir bis zu den oberen Ecken der Reinwasser-
kammern, also gegenüber der Filtereinlaufkammer zu verlängern, um den
Zu- und Abfluß nicht nebeneinander zu legen. Diese Anlage erfordert
einen Kostenaufwand von 30000 K ö. W.
Reservoir für 200 m* Fassungsraum. Liegt das Reservoir nicht
auf einem ebenen Bauplatz, sondern an einer Berglehne, dann wird die
Situierung der Schieberkammer und der Zugänge in die Reinwasserkammern
eine andere werden, wie dies aus Tafel VII ersehen werden kann. Die beiden
Kammern sind durch Scheidewände in zwei Abteilungen geteilt, welche durch
2 m breite, überwölbte Öffnungen kommunizieren. Der Zufluß (Einlauf) erfolgt
durch die Schieber s^ oder s^, der Ablauf durch a^ oder «g- Um die mecha-
nische Einrichtung etwas deutlicher ersichtlich zu machen, wurde speziell bei
diesem Reservoir dieselbe in den Fig. 54 und 55 im Detail gezeichnet.
In dieser Weise ist bei jedem Baue die mechanische Einrichtung zu
entwerfen, um nach diesem Plane die mit Nummern versehenen einzelnen
Fasson-Gußstücke im Eisenwerk bestellen zu können. (Die normalen Muffen-
röhren werden nur bezüglich ihrer Länge angegeben; die gleichartigen und
gleichgroßen Fassonröhren, welche liegend gegossen werden müssen, werden
mit den gleichen Nummern versehen und darnach der Erfordernisausweis zu-
sammengestellt.) Jede Kammer ist in vorliegendem Projekte mit einer separaten
Speiserohrleitung (Sg, s^) versehen, welche unterhalb der Schieberkammer sich
in einen gemeinsamen Hauptstrang zur Stadt vereinigen. Durch die Schieber
55, 5e kann die Entleerung erfolgen. Diese Figuren wurden nur der Dar-
stellungsweise wegen als Musterplan, nicht bezüglich der Anordnung der
mechanischen Ausrüstung selbst, dem Handbuche beigegeben, indem die
letztere als eine abnormale, durch lokale Verhältnisse bedingte bezeichnet
werden muß. Die Kosten dieses Reservoirs beliefen sich auf 19000 K ö. W.
Reservoir für 400 m* Fassungsraum. Um auch bezüglich der
übrigen Ausstattung eines Reservoirplanes dem Anfänger an die Hand zu
gehen, wurde auf Tafel VIII ein Plan in Farbendruck dargestellt. Dieses
Hochreservoir mit einem Fassungsraume von 400 m* (gleich -/g des Tages-
bedarfes von 600 m^) ist ein Kompensations-Hochbehälter. Statt einer
separaten Zu- und Abflußleitung geht ein einziger Rohrstrang, ^=175 mm,
vom Reservoir zur Stadt und ist am Fuße des Berges mit dem 150 mm
weiten Zuleitungsrohrstrange von der Quellenstube verbunden. Das Wasser
der Quelle fließt somit normal aus dem 150 mm - Zuleitungsstrange an obigem
i-.jynla^
V-Äl
\ M/aemm
^iniat^
Fig. 54. Mechanische Einrichtung eines Hochreservoirs (Taf. VII). QrondriA.
E. Hochreservoire.
133
Punkte direkt in den 175 mm weiten Stadthauptstrang ein und gelangt nur
das in der Stadt nicht gebrauchte Wasser in das Reservoir, welches also
die Konsumschwankungen unmittelbar ausgleicht (kompensiert). Das Über-
laufwasser gelangt durch zwei lange schmale Öffnungen in der Mittelmauer
in einen kleinen Kanal daselbst und von hier in die Überfallröhren. Alle
anderen Details sind aus dem Plane selbst zu entnehmen. Das Reservoir
wurde aus Hackelstein- bezw. Bruchsteinmauerwerk in Zementmörtel ausge-
führt und beliefen sich die Baukosten auf 19000 K ö. W.
Reservoir für 1600 m' Fassungsraum. Als letzte Type eines
größeren Reservoirs für 1600 m^ Inhalt ist auf Tafel IX ein in Stampfbeton
—1
]^fT^^Vtfi'?'-^$6sg0F^7^V^,
\^,
. jjmk^
Flg. 66.
Mechanische Elnrlchtimg eines Hochreservoirs (Taf. VIT). Querschnitt dnrch die Schieberkanimer.
ausgeführter Hochbehälter abgebildet. Die beiden Kammern werden durch
je drei Zungenmauern (Zwischenwände) abgeteilt, um eine günstige Zirkulation
des Wassers zu veranlassen. Gleichzeitig wurde diesem Beispiele auch die
graphische Stabilitätsbestimmung für die Reservoirmauern beigegeben. Die
Kosten dieses Reservoirs belaufen sich auf 74000 K. ö. W.
Kosten der Hochreservoire. Zur Beurteilung der Kosten solcher
Bauten wird, wie bei den Stauweihern, der Preis von 1 m^ aufgespeicherten
Wassers maßgebend sein, und sollte derselbe daher mit zunehmendem
Fassungsraum im allgemeinen kleiner werden. Als Übersicht kann nach-
folgende diesbezügliche Zusammenstellung insbesondere kleiner Reservoire
dienen, soweit solche dem Verfasser zur Verfügung standen. (Siehe Tabelle
auf Seite 134 und 135.)
134
I. Die Wasserversorgung der Ortschaften.
Da die letzten Preise ohne mechanische Einrichtung und Erd- und Fels-
arbeiten angegeben wurden, können dieselben nicht zum Vergleich mit den
übrigen Kosten verwendet werden. Aus den übrigen Zahlen ist zu ent-
nehmen, daß die Preise sehr variieren und nicht mit dem Fassungsraum ab-
nehmen, da die Fundierungskosten, die architektonische Ausstattung der
Fassade und Ausführung in Quader- oder Mörtelverputz, die Lage der Bau-
stelle etc. die Gesamtkosten sehr beeinflussen. Wenn von dem abnormal
niederen Preise von 20 K (bei Znaim) abgesehen wird, in welchem zufolge
Regiebau der Gemeinde eine größere Anzahl von Nebenauslagen nicht auf-
genommen erscheinen und die Kosten einer Schieberkammer wegfallen, so
kann man im Durchschnitt als Reservoirkosten pro Kubikmeter Fassungs-
raum 50 — 100 K bei einfacher Ausstattung der Fassade annehmen. Da jedoch
bei einem Wasserwerke (insbesondere einer Gravitationsleitung) trotz der
hohen Kosten dem Auge des Fremden und Einheimischen ohnehin wenig
geboten wird, so pflegen manche Gemeinden die unbedeutenden Mehrkosten
nicht zu scheuen, um die oberirdischen Bauwerke, also insbesondere die
Fassaden der Hochreservoire, in einfacher, aber doch würdiger Weise archi-
tektonisch ausstatten zu lassen.
Zusammenstellung über
die Baukosten von Hochreservoiranlagen.
Wasserwerk
Inhalt
Baumaterial
Gesamt-
kosten
Kosten
pro m'
Wasserraum
m»
K ö. W.
K ö. W.
Zwittau
40
Ziegel
3 200
80
Luhatschowitz
40
n
3000
75
Wischenau
40
V
3 200
64
«
n
40
Blech
3200
64
Schömitz
40
Ziegel
3 200
80
Tscheskonitz
ÖO
Beton
5900
118
Mahrenberg
50
f»
5800
116
Strobi
60
80
6200
7 200
103
Schönfeld
90
Groß-Seelowitz
100
Ziegel
10 800
108
Wsetin
100
100
Beton
10 800
9 200
108
Schwarzach
92
Eisgrub
150
n
21000
140
n .... .^ ... .
150
Ziegel
15 600
104
Mährisch-Altstadt
150
r
10 000
66
Brünn (Karthaus)
170
r»
24 000
140
Hohenstadt, ohne Filter ....
„ mit Filterraum
180
360
1 Beton
30 200
84
Grulich
200
200
Ziegel
18 800
12 800
94
Zwittau ...
64
E. Hochreservoire.
135
Wasserwerk
Banmaterial
Gesamt-
kosten
K ö. W.
Kosten
pro m'
Wasserraum
K ö. W.
Hohenfürth . . . .
Mährisch-Altstadt . .
Gewiisch
Mährisch-Altstadt . .
Stemberg . . . .
Perchtoldsdorf . . .
Mährisch- Weiflkirchen
Mährisch-Trübau . .
Müglitz
Freudenthal . . . .
Grottau
Melk
Jägemdorf . . . .
Brunn (Adamsthal)
Mödling
Znaim
Marburg
Teplitz
Teschen
Krakau
Brunn (Brüsaa) . . .
Remscheid . . . .
Diedenhofen . . .
Düren
Bremerhaven . . .
Staßfurt
Linz
Lahr
Minden
Aschaffenbnrg . . .
Couloramiers . . .
Baden-Baden . . .
Freiburg
Chemnitz
Wiesbaden . . . .
Nürnberg . . . .
Stuttgart
Lille
Genf
Hampton (England) .
Frankfurt a. M. . .
München
200
220
240
245
260
300
350
400
400
400
500
600
800
1000
1000
1130
1200
1360
1600
6000
10000
400
600
650
660
600
270
700
900
1000
1200
2000
4000
4000
4 300
8100
9 700
12 000
12500
12 500
20 000
45 000
Beton
Ziegel
Beton
Ziegel
Beton
n
Ziegel
Bruchstein
Ziegel
Beton
Ziegel
Beton
Ziegel
Beton
Ziegel
Beton
Ziegel
Blech
Beton
Ziegel
Beton
Ziegel
Beton
Ziegel
Beton
Ziegel
13500
12 000
18 200
17 200
20000
22 000
22 000
19 000
27 600
26 000
29 200
32000
35000
90000
54 000
22 600
74 000
64 000
74 000
280000
346 000
44 000
27 000
66 000
58 200
28 800
1s
c ^
'c W
0) -u
i o
o i^
2080000
67
54
76
70
80
73
62
48
69
65
60
53
44
90
54
20
72
47
46
56
35
110
94
120
88
48
30
40
36
58
44
22
14
28
30
13
38
15
54
46
136 ^* ^i^ Wasserversorgung der Ortschaften.
F. Zuleitung vom Hochreservoir bis zum
Stadtrohmetz.
Die Zuleitung vom Hochreservoir bis zum Beginn des Stadtrohrnetzes
— der Hauptspeisestrang des Verteilungsnetzes — . erfolgt mittels eisernen
Röhren, welche nach dem Stundenmaximum am Tage des größten Verbrauches
zu berechnen sind. Zu diesem hieraus resultierenden sekundlichen maximalen
Quantum ist noch zu addieren der Bedarf von ca. 4 — 6 sl. für je einen
Hydranten, welcher bei Feuersgefahr oder Strafienbespritzung gleichzeitig in
Aktion treten soll (zumeist werden zwei Hydranten als gleichzeitig in Betrieb
gesetzt angenommen). Für kleinere Ortschaften wird wohl der großen Kosten
wegen der Hydrantenbedarf und das Konsummaximum gleichzeitig nicht in
Rechnung gestellt werden, wodurch ein kleinerer Hauptrohrdurchmesser
resultiert, was jedoch nur dann von wesentlichem Belang ist, wenn der
Hauptspeisestrang zur Stadt eine größere Länge besitzt. Es sei femer er-
wähnt, daß man bei der Berechnung der Geschwindigkeit in den Rohr-
strängen der Verteilungsleitungen Vnutx. = 1 m anzunehmen pflegt, um allzu
große hydraulische Stöße, die ohnehin doppelt so groß wie der Arbeits-
(Betriebs-) Druck werden können, zu vermeiden. Andererseits soll Vmin. > 0,25 m
sein, um Ablagerungen von Sedimenten hintanzuhalten. Die Legung dieses
Hauptstranges geschieht, wie bei allen Eisenröhren, in 1,50 m Tiefe, mit den
Muffen gegen den Wasserlauf, die Dichtung der Röhren mit Hanfstricken
und Blei. Beim Beginn der Abzweigungen — also Beginn des eigentlichen
Stadtrohrnetzes — wird der Übergang der verschiedenen Rohrkaliber entweder
durch eigene Fassonröhren oder mittels eines Teiltopfes vermittelt, über
welchen später gesprochen werden soll.
G. Stadtrohmetz.
Das Stadtrohmetz bezweckt die eigentliche Verteilung des Wassers im
Versorgungsgebiete. Dasselbe kann entweder a) nach dem Zirkulations- oder
b) nach dem Verästelungssystem angeordnet sein; bei ersterem sind die Rohr-
leitungen alle polygonal verbunden, es gibt daher keine Endpunkte der Rohr-
stränge. Im allgemeinen pflegt man dem Zirkulationssystem den Vorteil der
Verhinderung von Ablagerungen, von Stagnation des Wassers, also der Er-
höhung der Temperatur, zuzuschreiben. Weiter kann bei Feuersgefahr ein
Hydrant zugleich von verschiedenen Strängen (durch entsprechende Schieber-
stellungen) aus, also viel kräftiger versorgt werden. Dort, wo viel oder
alles Wasser durch Hausleitungen abgegeben wird, wird man überhaupt nur
dieses System anwenden. Werden beim Verästelungssystem an den End-
punkten Sparbrunnen mit permanenten Ausläufen aufgestellt, dann ist dieses
System das billigere und entfällt der Nachteil der Stagnation. Im übrigen
ist zumeist die Situation der Stadt ausschlaggebend für die Wahl des Rohr-
netzsystems. Die Berechnung erfolgt bei Beobachtung einer einzuhaltenden
minimalen Überdruckhöhe wegen der Hydranten in der Weise, daß jeder
Rohrstrang ein gewisses Wasserquantum vom Hauptstrange erhält, unterwegs
an verschiedenen Stellen (Hausleitungen oder öffentliche Brunnen) Wasser
F. Zaleitnng vom Hochreservoir bis zun Stadtrohmetz. — G. Stadtrohmetz. 137
abzugeben hat und ein weiteres Quantum zur Versorgung von kleineren
Rohrsträngen an seinem Ende noch weiterführt, wobei auch der sogen, eigene
Bedarf berücksichtigt werden muß, also das dem Inhalte des Rohrstranges
von der Länge / und dem Durchmesser d entsprechende Wasserquantum, mit
welchem der Rohrstrang stets gefüllt erscheint.
In einzelnen Fällen, wo über viel Wasser, jedoch nur über sehr geringe
Druckhöhen verfügt wird, das Wasser also nicht in die Stockwerke geleitet
werden kann, werden kleinere Ortschaften einfach durch Aufstellung einer
gewissen Anzahl permanent laufender, öffentlicher Auslaufbrunnen versorgt.
Hier entfällt die Anlage eines eigenen Hochreservoirs und von Hydranten,
und ist auch die Berechnung des Rohrnetzes eine sehr einfache. Bei größeren
Städten und lokal ungleich großer Wasserabgabe wird man eigene Tabellen
aufstellen, wobei zu bemerken ist, daß bei der Berechnung der Druckhöhen
der Sicherheit wegen die Kote der Reservoirsohle als Druckhorizont (hydro-
statische Druckhöhe) angenommen wird.
Die Berechnung erfolgt der Sicherheit wegen unter Annahme eines
Verästelungssystems. Der Hauptstrang wird einerseits durch die größten
(belebtesten) Straßen, überhaupt dort geführt, wo der größte Wasserkonsum
erwartet werden muß, wenn nicht lokale Verhältnisse die Situierung des
Hauptstranges überhaupt feststellen. Die Berechnung erfolgt unter Annahme
einer Geschwindigkeit v=\ m (gleichzeitig als Maximum), wo Überschuß an
Druckhöhe vorhanden ist. Als kleinster Rohrdurchmesser ist in größeren
Städten rf=80 mm bei Hydrantenaufstellung, sonst in kleinen Ortschaften
^=60 mm zu wählen, und auch bei den kleinsten Anlagen ohne Hydranten
für die öffentlichen Rohrstränge nie unter 40 mm Durchmesser (wegen
Inkrustation) zu gehen.
Der Wasserbedarf wird entsprechend auf die einzelnen Straßen (mit
Berücksichtigung des Bevölkerungszuwachses und der künftigen Verbauung)
verteilt und alle 100 m ein Hydrant angenommen, der für kleinere Ort-
schaften 4, für größere Städte 5 — 6 sl. konsumiert.
Für kleinere Ortschaften werden wir also bei Feuerhydranten die letzte
Strecke des kleinsten Endrohrstranges für Q = 4: sl. zu rechnen haben. Bei
t;= 1 m ist die Fläche eines Rohres von:
rf=0,06 m, /= 0,0028 m«,
^=0,08 m, y7= 0,0050 m«,
es ist also in diesem Falle als Minimum ein Rohrdurchmesser von 80 mm zu
wählen, wenn der Hydrant nach dem Verästelungssystem berechnet wird,
d. h. nur von einer Seite das Wasser erhält. Beim Zirkulationssystem kann
in Fällen, wo größte Sparsamkeit eingehalten werden muß, ein Rohrdurch-
messer von rf = 60 mm (ö = 2 x 2,8 = 5,6 sl.) ausreichen.
Für den anderen Wasserbedarf exkl. der Hydranten werden also bei
v=l m für einen Wassertransport von:
Q = 2,8 sl. noch ^=60 mm,
0 = 2,0 sl. „ d = bO mm,
0 = 1,0 sl. „ rf=40 mm
Rohrdurchmesser genügen.
138
I. Die Wasserversorgung der Ortschaften.
Der Druck Verlust ist für die einzelnen Strecken des Hauptstranges von
gleichem Durchmesser separat derart zu rechnen (siehe Fig. 56), daß am
letzten Punkte beispielsweise noch ein Hydrant mit jß = 3 sl. und einer
hydraulischen Druckhöhe A" gleich dem dort notwendigen Überdruck gespeist
werden kann. Die gefundenen Durchmesser sind immer auf die nächst
höheren, fabriksmäßig erzeugten Rohrkaliber abzurunden. Bei dieser Be-
rechnung kann man sich mit Vorteil des Graphikons auf Tafel V (1. Band)
bedienen. Im Längenprofil obiger Fig. 56 ist die Sperrmaßlinie für H
irrtümlich bis zum Nivellementhorizont gezeichnet; de facto ist aber
H = h' + h" + h"\ Bezüglich der Berechnung des Stadtrohrnetzes siehe auch:
Lueger, Wasserversorgung der Städte (Darmstadt 1895); Kresnik, Zur
günstigsten Anlage städtischer Wasserleitungen (Zeitschrift des österreichischen
Fig. 56. Längenprofll und Situationsplan des Stadtrohrnetzes.
Ingenieur- und Architektenvereins, Wien 1895 und 1903); Müller, Graphische
Bestimmung für Wasserversorgungsanlagen (Österreichische Monatsschrift für
den öffentlichen Baudienst, 1896).
Was die Verteilung der Hydranten anbelangt, so werden dieselben in
der Regel in Entfernungen von 100 m entweder auf den Rohrstrang auf-
gesetzt oder, durch kleine Seitenstränge verbunden, seitwärts an Orten
plaziert, welche auf Kreuzungspunkten von Gassen so gelegen sind, daß im
Falle ihrer Benutzung keine Verkehrsstörung eintritt. Dort, wo öffentliche
Brunnen aufgestellt werden, wird die Verteilung und Lokalisierung nach den
örtlichen Verhältnissen anzupassen, also eine verschiedene sein.
Bezüglich der Kalibrierung der Rohre ist neben dem bereits Angeführten
noch zu berücksichtigen, daß dieselbe auch eine bauökonomische sein soll.
Abgesehen von dem unnötig großen Mehraufwande haben solche in bezug auf
das fortzuleitende Wasserquantum zu groß dimensionierte Rohrkaliber den
Nachteil, daß infolge der geringen Geschwindigkeit das Wasser an Frische
G. Stadtrohrnetz. 139
einbüßt. Für die Verzinsung und Amortisation der Anlagekosten a eines
Wasserwerkes haben wir eine jährliche Abschlagsquote C:
■=f('+^/)
zu leisten. Nehmen wir eine Bausumme (Anlagekapital) « = 1000 K, die
Verzinsung ^ = 5^/0 = 0,05, die Amortisationsfrist « = 50 Jahre an, so erhalten
wir eine Verzinsungs- und Amortisationsquote von:
1000 / 50 + 1 \
C = -^^(l+ ^•0,05] = 25K 50 Heller.
Auf diese Weise werden wir auch die Quoten für verschiedene Rohrdurch-
messer berechnen und danach das ökonomischste Kaliber wählen können.
Die Kosten der fertigen Rohrleitungen setzen sich zusammen aus
den Kosten der Rohrlieferung loco Baustelle, den Kosten des Legens und
Dichtens der Rohre mit Hanfstricken und Blei und den Kosten des Graben-
aushubes und Wiederanschüttens samt Stößeln des eingebrachten Materials.
Die Kosten der Rohrlieferung selbst setzen sich wieder zusammen aus
dem sogen. Grundpreis pro 100 kg Rohrguß loco Eisenwerk, welcher
Schwankungen ausgesetzt ist und infolge der allgemeinen Kartellierung der
Eisengießereien heute sehr emporgeschnellt ist. Derselbe beträgt zurzeit (1907)
19—20 K pro 100 kg loco Werk.
Zu diesem Grundpreis erfolgt für kleinere Röhren (unter 300 mm Durch-
messer) noch ein Zuschlag, welcher bei rf= 40 mm 4*/^ K, bei rf= 50 mm 3^/2 K,
bei rf= 60 mm 2^2 K, bei rf= 70 und 80 mm l^/a K, bei d= 90—175 mm 1 K
und ^==200—275 mm ^/^ K beträgt.
Bei Flanschenröhren erfolgt pro Flansche je nach Durchmesser ein Zu-
schlag von 0,85—50 K (letzterer für e/= 1200 mm).
Bei Projekten wird generell gewöhnlich für einfache Fassonröhren pro
100 kg ein Zuschlag von 4 K, für appretierte Fassons (abgehobelte Flanschen,
Bohrlöcher etc.) 8 K angenommen. Die in einem Stadtrohrnetz einzubauenden
Fassonröhren werden bei Generalprojekten nur geschätzt, und zwar pflegt man
zum gerechneten Bedarf an normalen Muffenröhren 5^/o für Fassons zuzu-
schlagen.
Zu diesem loco Werkpreis werden nun noch die Transportspesen,
Asphaltierung, Druckproben im Rohrgraben hinzuzurechnen sein.
Zu diesen normalen Kosten kommen in jenen Fällen, wo beim Rohr-
grabenaushub auf viel Wasser gestoßen wird, die Kosten der Wasserhaltung
hinzu, die entweder approximativ als Pauschale eingesetzt oder als Regie-
arbeit verrechnet werden. Bei Annahme eines Grundpreises für Eisenrohrguß
von 20 K pro 100 kg loco Eisenwerk bezw. 24 K loco Bauplatz, in welchem
alle Transportspesen, Asphaltierung, Rohrproben, Bauaufsicht und Unter-
nehmergewinn enthalten sind, erhalten wir nachstehende Kosten pro lfd. m
Rohrstrang auf Basis der deutschen Normalgewichte für gußeiserne Röhren.
140
I. Die Wasserversorgung der Ortschaften.
Preistabelle für die Herstellung kurrenter Oufsrobrstrttnge einschl. der Brdarbeiten.
(Karrente MufTenröhren.)
Preis pro lfd.
m in Kronen:
Darchmesser
in
Rohrpreise
Legen
Erdarbeit
Millimeter
loco
und
1,5 m
Zusammen
Bauplatz
Dichten
Deckung
40
2,85
0,75
1,30
4,90
50
3,25
0,80
1,30
5,35
60
3,95
0,85
1,30
6,10
70
4,20
0,95
1,40
6,55
80
5,05
1,05
1,40
7,50
90
5,60
1,16
1,40
8,15
100
6,30
1,30
1,40
9,00
125
7,90
1,40
1,40
10,70
150
9,80
1,65
1,40
12,85
175
11.95 .
1,90
1,40
15,25
200
14,20
2,20
1,50
17,90
225
16,50
2,45
1,50
20,45
250
18,90
2,80
1,50
23,20
275
21,75
3,05
1,50
26,30
300
23,95
3,35
1,60
28,90
325
26,60
3,56
1,60
31,75
350
29,40
3,80
1,70
34,90
375
31,30
4,00
1,70
37,00
400
35,00
4,20
1,70
40,90
425
37,00
4,40
1,80
43,20
450
40,55
4,80
1,80
47,15
475
44,10
5,15
2,00
51,25
500
48,20
5,50
2,10
55,80
550
64,60
5,90
2,20
62,70
600
61,95
6,40
2,30
70,65
650
70,60
6,95
2,50
80,05
700
80,35
7,50
2,70
90,55
750
90,55
7,90
2,90
101,35
800
101,85
8,25
3,10
113,20
900
123,70
8,60
3,30
135,60
1000
147,00
9,50
3,80
160,30
1100
175,50
11,00
4,20
190,70
1200
208,00
14,50
5,00
227,60
Anmerkung zu Erdarbeit. Zuschlag für Felsaushub:
Granit, Gneis, Porphyr pro m^
Kalk und Sandstein pro m'
8,40 K.
6,50 „
Die Gewichte der normalen Gußröhren sind aus nachstehender Normal-
tabelle zu entnehmen. Die Röhren, welche im Werke einem Probedruck von
15 — 20 Atmosphären ausgesetzt werden, reichen für alle Wasserleitungen bis
G. SUdtrohmetz.
141
Normaltabelle
für gufseiseme, stehend gegossene Muffen- und Planschenröhren.
Deutsche Vereinsnormale fUr 10 Atmosphären Betriebsdrack und max. 20 Atmosphären Probedruck.
messer
es
Banlänge
Wand-
stärke
Spezifisches Gewicht des Gußeisens = 7,260.
Durch
Berechnetes Gewicht in Kilogrammen:
d
1
^ufTenrohre
Flanschenrohre
Rohres in
.
A^«^iaa %^0 AM*
Millimeter
m
m
MiUi-
per
1 m
des
per
1 m
des
Muflfen-
Flan-
schen-
meter
exkl.
inkl.
Rohres
exkl.
inkl.
ganzen
Rohres
innerer
änfierer
Ro
hre
der
Muffe
der Flanschen
40
66
2,5
2
8
8,76
10,09
20,18
8,76
10,64
21,28
50
66
2,5
2,5
8
10,67
12,14
29,60
10,67
12,98
26,96
60
77
3
2,5
8,5
13,26
15,21
37,00
13,26
16,22
32,44
70
87
3
3
8,6
16.20
16,65
49,95
16,20
17,34
52,02
80
98
3
3
9
18,24
19,94
69,81
18,24
20,80
62,40
90
108
3
3
9
20,29
22,19
66,67
20,29
23,20
69,61
100
118
3
3
9
22,34
24,41
73,22
22,34
25,65
76,94
125
144
3
9,6
29,10
31,65
118,90
29,10
38,27
99,82
150
170
3
10
36,44
39,74
165,60
36,44
41,57
124,70
175
196
3
10,6
44,36
48,36
189,50
44,36
50,30
151,00
200
222
3
11
62,86
57,66
226,00
62,86
60,00
180,00
225
248
3
11,6
61,96
67,57
264,00
61,96
69,30
207,89
250
274
3
12
71,61
76,51
306,06
71,61
80,26
240,79
275
300
4
3
12,6
81,86
87,48
349,91
81,86
91,46
274,37
300
326
3
13
92,68
09,13
396,60
92,68
102,89
308,68
325
352
3
13,6
104,08
111,29
446,16
104,08
117,07
361,20
350
378
3
14
116,07
124,13
496,61
116,07
130,26
390,79
375
403
3
14
124,04
132,61
630,43
124,04
140,23
420,70
400
429
3
14,6
136,89
146,68
686,71
136,89
153,85
461,55
425
454
3
14,6
145,16
155,46
621,82
146,15
163,58
490,73
450
480
3
16
168,87
170,10
680,38
168,87
178,80
636,39
475
506
3
16,6
173,17
185,41
741.65
173,17
194,78
684,33
500
532
4
3
16
188,04
201,66
806,64
188,04
211,17
633.50
550
583
3
16,6
212,90
228,49
913,94
212,90
242,42
727,26
000
634
3
17
238,90
256,69
1026,75
238,90
270,51
811,52
050
686
3
18
273,86
294,64
1178,54
273,86
307,28
921,24
700
738
3
19
311,15
335,66
1342,64
311,15
348,82
1046,46
750
790
.
3
20
360,76
378,58
1514,33
360;76
390,63
1171,90
800
842
^
21
392,69
425,01
1700,03
392,70
430,80
1723.00
900
945
4
22,5
472,76
512,80
2051,21
472,70
514,30
2067,00
1000
1048
24
659,76
608,76
2436,03
559,80
604,60
2418,00
1100
1152
26
666,81
727,75
2911,00
666,80
725,80
2903,00
1200
1256
28
783,15
856,78
3427,10
783,10
1
845,60
3382,00
142 '• I^i® Wasserversorgung der Ortschaften.
rund 100 m hydrostatische Druckhöhe (10 Atmosphären) aus, auf welchen
Druck auch die im Handel vorkommenden Akzessorien des Rohrnetzes
konstruiert sind. Trotzdem zumeist viel geringere Inanspruchnahmen vor-
kommen, soll man mit Rücksicht auf unvermeidliche hydraulische Stöße nie
schwächere Röhren (mit geringer Wandstärke) verwenden. Solche schwächere
Röhren werden von einzelnen Werken für 8 Atmosphären Probedruck ge-
gossen, abgesehen von den sogen, schottischen Röhren, ganz dünnwandige
Abflußröhren für Ausgüsse, Aborte etc., welche überhaupt keinem Druck aus-
zusetzen sind.
Die Röhren sollen sowohl einzeln wie auch im Rohrgraben, als Rohrstrang
gelegt, vor dem Zuschütten einem Probedruck (mittels hydraulischer Rohr-
presse) gleich dem l^/g fachen bis doppelten hydrostatischen Drucke aus-
gesetzt werden.
Die Grabensohle wird in die Nivellette der Rohrunterkante gelegt, und
werden in derselben bei jedem Rohrstoß sogen. Muffenlöcher ausgegraben,
um die Dichtung vornehmen zu können. Je nach der Standfähigkeit des
Bodenmaterials werden in gewissen Strecken in der Rohrgrabentrace 1 — 2 m
breite Streifen Boden gelassen, welche nicht ausgehoben, sondern an der
Sohle stollenartig durchgraben werden; diese Erdklötze dienen zur Versteifung
der langen Grabenwände, welch letztere überdies bei leichtem Materiale mit-
unter ausgepölzt werden müssen. Die Dichtung der Muffenröhren erfolgt in
der Weise, daß in die völlig getrockneten Muffen zuerst Hanfstricke ein-
gestemmt werden, worauf der übrige Raum mit Blei ausgegossen wird,
welches man nachträglich verstemmt.
Um das Eingießen des Bleies zu ermöglichen, wird um den äußeren
Muffenrand ein nasser Hanfstrick gelegt, derselbe hierauf mit einer fetten
Lehmlage umgeben und gut verschmiert und nun der Strick oben wieder
herausgezogen, an welcher Stelle dann das Eingußloch für diese Lehmform,
entsprechend konisch erweitert, offen bleibt. Nach dem Guß wird der Lehm-
ring entfernt, das Blei mit eigenen Rohrstemmern verstemmt und die
Oberfläche glatt abgeschnitten.
Flache Kurven in vertikalem oder horizontalem Sinne werden nicht
mit Bogenstücken, sondern aus geraden Röhren gebildet, wobei das sogen.
Schwanzende (glatte Ende) des einen Rohres in die Muffe des anderen
Rohres etwas exzentrisch eingestellt wird, doch nur unter einem solchen
flachen Winkel, daß überall noch genügend Raum für die Bleidichtung übrig
bleibt. Statt Gußeisenröhren werden auch die sogen. Mannesmann-
Stahlrohre verwendet, welche, durch die Fabrikationsweise bedingt, in
wechselnden Längen von 3 — 8 m und mehr erzeugt werden. Um diese dem
Rosten viel leichter ausgesetzten Röhren vor der Oxydation zu schützen,
werden sie innen heiß asphaltiert und außen mit einer gleichfalls asphaltierten
Hülle aus Jutestreifen überzogen. Ihre Wandstärke ist viel geringer, also
auch das Gewicht pro lfd. m ein kleineres und die Manipulation beim Legen
eine leichtere, die Transportkosten geringere; dieselben können dem 2 — 3 fachen
Maximaldruck der Gußröhren unterzogen werden. Ihr Preis ist jedoch zur-
zeit noch insoweit ein hoher, indem sie nur für die kleineren Durchmesser
H. Fassonröhren uiid Akzessorien der Rohrleitangen. X43
mit Rücksicht auf die geringeren Dichtungskosten pro lfd. m konkurrieren
können und Röhren von großem Durchmesser überhaupt noch nicht her-
gestellt werden. Die Fassonröhren können ferner nicht aus diesem Material
direkt, sondern nur durch Annietung von Ansatzröhren, Muffen, Flanschen etc.
hergestellt werden. Da die Mannesmannröhren eine Durchbiegung gestatten
und ihrer größeren Länge wegen weniger Dichtungsstellen benötigen, ist ihre
Verwendung insbesondere bei nachgiebigem Untergrunde, bei Unterleitungen
und Überführungen, sowie bei großem Drucke anzuempfehlen. Sie bedürfen
jedoch auch einer sorgfältigeren Behandlung beim Transport und beim Ver-
legen, um jede Beschädigung der rostverhindernden Hülle zu vermeiden.
Von der Verwendung gewöhnlicher Gasröhren, welche von manchen
Unternehmungen bei kleinen Anlagen der Billigkeit wegen anempfohlen
werden, ist mit Rücksicht auf den an und für sich zu kleinen Durchmesser
und die Verstopfung durch Rostbildung abzuraten.
H. Fassonröhren und Akzessorien der Rohrleitungen.
Der Hauptsache nach bestehen die Rohrleitungen aus den normalen,
3 — 4 m langen, stehend gegossenen, innen und außen heiß asphaltierten
Muffei\röhren. In selteneren Fällen werden normale, 2 — 3 m lange
Fl ansehen röhren verwendet, deren Dichtung mittels Kautschuk-, Blei- oder
Lederringe und Verschraubung erfolgt. Bei kleinen Durchmessern genügen
4, bei mittleren 6, bei großen Röhren 8--12 Schrauben. Neben diesen
normalen geraden Röhren sind in jedem Rohrnetze noch sogen. Fasson-
röhren erforderlich. Zu denselben gehören die segm entförmigen Bogen-
rohre (Fig. 57 No. XIV oder im Handel mit K stück bezeichnet), meist 2 m
lang, für längere Bogen notwendig. Für schärfere Winkel in geraden
Leitungen werden sogen. Krümmer verwendet, und zwar mit Zentriwinkel
von 90 <> und 125 <>. Die häufigsten Formen der geraden Fassonröhren sind
in Fig. 57 No. I— XIV abgebildet. Neben diesen können noch andere
Kombinationen vorkommen, und ist bei Bestellung bei dem Eisenwerke dem
Verzeichnisse über Fassons die jeweilige Skizze in geraden Linien, die
Flansche mit einem kurzen Querstrich, die Muffe mit einem kleinen Bogen-
segment angedeutet beizugeben.
Beschreibung.
Fassonrohr No. I: Abzweigrohr mit zwei Flanschen,
„ „II: gerades Fassonrohr mit zwei Flanschen,
„ „ III: gerades Fassonrohr mit einer Flansche (F stück),
„ „IV: Trompetenrohr klein,
„ „V: Trompetenrohr groß,
„ „ VI: Abzweigrohr mit Muffe und Flansche (A stück),
„ „ VII: Abzweigrohr mit Muffe und zwei Flanschen,
„ „ VIII: Muffenrohr mit kleiner Flanschenabzweigung (A stück),
„ IX: Muffenrohr mit kleiner Muffenabzweigung (B stück),
„ „X: Muffenrohr mit kleiner schiefer Muffenabzweigung
(C stück).
144
I. Die Wasserversorgung der Ortschaften.
Fassonrohr No. XI: Reduktionsmuffenrohr (R stück),
„ „ XII: T stück mit drei Muffen,
„ XIII: Übermuffe (U stück),
„ „ XIV: Bogenrohr (K stück).
Nio II.
r
Nioill.
I IV. V. I
211 TU
N*^? VI.
Fig. 57. Faasonröhren (I— XIV).
Die kurzen Anschlußröhren für die Flanschenschieber und ähnliche
längere Rohre werden im Handel mit E stück (Muffen-Flanschenrohr), F stück
H. Fassonröhren und Akzessorien der Rohrleitungen.
145
No. vm
„ IX
„ X
„ XII
„ XIU
.. XIV
>.80^
(Flanschenrohr wie No. III) bezeichnet. Um Enden von Rohrleitungen zu
dichten, werden bei Muffen eigene Endkapseln (Endstöpsel), bei Flanschen
sogen. Blindflanschen gegossen. Die Übermuffen dienen zur Wieder-
dichtung von gesprungenen oder durchgestemmten Röhren. Die Dimensions-
verhältnisse einzelner Fassonröhren sind z. B. nachstehende:
/ fl = 150 mm -h 0.6 </+ 0,1 D,
\ Ä = 140 mm + 0,2 rf+ 0,5 Z),
I ö = 150 mm -h 0,6 rf+ 0,1 D,
\b= 90 mm -f 0.2 e/+ 0,5 Z),
c= 80 mm + 0,1 D,
( fl = 150 mm + 0,7 D,
\b= 90 mm 4- 0,7 D,
/=260mm + 0,4 A
Radius r=lOD (als Lager-Normale, überdies
in allen anderen Radien auf Bestellung anzu-
fertigen.
Alle Fassons sind liegend gegossen, daher schwerer wie die normalen
Rohre. Bei den Kostenanschlägen wird diesem Umstände dadurch Rechnung
getragen, daß je nach Häufigkeit der Fassons
ein Zuschlag von 5 — 6 ^/q zu dem gerechneten
Gewichte der normalen Röhren für die Fassons
approximativ gegeben wird. Da auch die Ge-
wichte der normalen Röhren etwas variieren,
wird auch bei diesen ein Toleranzgewichtszu-
schlag von 1 — 2^\q in Rechnung gesetzt. Zu
den Akzessorien des Rohrnetzes (Nebenbe-
standteilen desselben) gehören insbesondere:
I. Die Wasserschieber.
Da die Öffnung oder Schließung der
Durchflußöffnungen zur Vermeidung hydrauli-
scher Stöße äußerst langsam erfolgen soll, so
hat man schon seit längerer Zeit die früher
verwendeten Konushähne in den öffentlichen
Rohrsträngen durch Schieber ersetzt. Die-
selben können als Muffen- oder Flanschen-
schieber gebaut sein. Der Schieber besteht
aus dem Schiebergehäuse mit der Stopfbüchse
(aus Eisenguß), dem eigentlichen keilförmigen
Ringschieber, welcher aus Gußeisen hergestellt
ist, jedoch mit einer eingelassenen ringförmigen Gleitfläche und einer
Schraubenmutter aus Rotguß (Bronze) besteht, endlich aus der gleichfalls aus
Rotguß hergestellten Schraubenspindel mit sehr flacher Steigung. In dem
Schiebergehäuse ist korrespondierend mit dem Ringschieber ebenfalls eine
ringförmige Gleitfläche aus Bronze keilförmig eingelassen, so daß die beiden
geschliffenen Gleitflächen vollkommen dichten. Durch Drehung der fixen
Friedrich. Wasserbau. Zweite AuHage. 11. Band. 10
Flg. 68. Ansicht eines Flansohen-
sohlebers ds=80 mm.
146
I. Die Wasserversorgung der Ortschaften.
Spindelschraube wird der Schieber in dem oberen domförmigen Gehäuseteil
emporgehoben. Der Schieber kann entweder mittels eines Handrades bew^t
werden (siehe Fig. 58, Ansicht eines Flanschenschiebers von der Seite und
Daraufsicht), was die Anlage von Schächten oder Schieberkammern bedingt,
oder aber kann derselbe in die Erde eingebaut werden, in welchem Falle er
mit einer sogen. Einbaugarnitur, bestehend aus einer bis zum Terrain
hinaufreichenden Aufsteckspindel, einem Schutzrohr (über diese Spindel
FlansohenBchieber (DaranÜBioht).
Muffensclileber (Längenschnltt). Flanschenechieber mit Handrad (Qaenolinltt).
Fig. 59. Schieber mit Handrad oder Einbaugamitor.
aufgesteckt) und der Straßenkappe auszurüsten ist. (Fig. 59, Längenschnitt
eines Muffenschiebers mit Einbaugarnitur.) Die Straßenkappe, welche mit
einem aufhebbaren Gußeisendeckel versehen ist, wird auf einem starken
Eichenpfosten derart in das Straßenniveau montiert, daß sich dieselbe nicht
setzt, weil sonst beim Darüberfahren die Spindel gebogen und der Schieber
nicht funktionieren würde. Die Straßenkappe ist auch an nicht gepflasterten
Stellen sorgfältig zu umpflastern oder mit einem Steinkranz zu umgeben.
Fig. 59 zeigt auch den Querschnitt eines Schiebers mit Handrad und die
H. Fassooröhren nnd Akzessorien der Rohrleitungen.
147
Daraufsicht eines Flanschenschiebers mit der Bezeichnung der Haupt-Bau-
dimensionen, welche nebst den Kosten aus folgender Tabelle zu ersehen sind.
Lichter Durchmesser
Baulänge B
des Flanschen-
schiebers in
Millimeter
Preis des Schiebers
der
Durchgangsöfihong
mit Handrad
mit Einbau-
gamitar
in Millimeter
K ö. W.
40
240
26
38
50
250
28
40
60
260
33
46
70
270
38
60
80
280
44
66
90
290
48
60
100
300
67
70
126
325
76
90
150
350
99
114
175
375
130
146
200
400
156
172
225
425
192
208
250
450
235
260
275
475
280
296
300
500
310
326
325
526
386
405
350
550
440
460
375
575
500
620
400
600
555
675
425
625
610
630
450
650
730
754
475
675
800
824
500
700
840
864
550
750
940
970
600
800
1170
1200
650
850
1490
1620
700
900
1730
1760
750
960
1830
1870
800
1000
2360
2390
900
1100
3000
3040
1000
1200
4110
4160
1100
1300
5380
5426
1200
1400
6860
6876
Die anderen Konstruktionsdimensionen kleiner Schieber sind aus der
Tabelle auf Seite 148 zu entnehmen.
Auch hier werden bei größeren Anlagen seitens der Bauuntemehmungen
Nachlässe eingeräumt werden. Für die Hauseinleitungen werden kleine
Schieber (Fig. 60, rf=15 mm) in die Bleirohrleitungen eingebaut. Die Ver-
bindung mit den letzteren erfolgt durch eigene Verschraubungskuppelungen
(Holländer, Fig. 61) oder durch sogen. Sauger (Fig. 62).
10*
148
I. Die Wasserversorgung der Ortschaften.
Lichter Durchmesser D
40
50
60
80
100
125
150
175
Flanschendurchmesser D^
150
160
175
200
230
260
290
320
Schraubenlochdurchmesser D^
116
125
135
160
180
210
240
270
Schraubenzahl
4
4
4
4
4
4
6
6
Baulänge B der Flanschenschieber . .
240
250
260
280
300
325
350
375
Baulänge B^ der Muffenschieber ....
110
120
130
150
170
190
210
230
Handraddurchtnesser A
140
150
160
180
200
225
2f.O
275
Konstruktionshöhe H
268
292
306
355
394
455
508
562
Innerer Durchmesser des Schutzrohres d .
50
50
50
50
60
60
60
60
Ansicht
Qnenchnltt.
Längenschnitt
Flg. 60. Schieber d » 16 mm.
Flg. 61.
Verschraubung (Holländer).
Querschnitt Ansicht
Fig. 62. Sanger (2 = 15 mm.
Auf Tafel X ist schematisch die Art der Anlage einer Hausleitung
(Hauswasserversorgung) dargestellt. Der unter Druck stehende Straßenrohr-
Strang wird mittels einer sogen. Rohrschelle angebohrt (Fig. 63). An der
H. Fassonröhren und Akzessorien der Rohrleitungen.
149
aus zwei Teilen bestehenden, auf das Gußrohr dicht aufzuschraubenden Rohr-
schelle wird ein Kegel- (Konus) Hahn provisorisch aufgeschraubt, an welchem
der mit einer Stopfbüchse versehene Bohrapparat dicht befestigt wird, mittels
welchem durch den geöffneten Konushahn die Anbohrung des Straßenrohres
erfolgt. Ist die Wandung desselben durchbohrt, so wird der Bohrer so weit
Ansicht der Rohrschelle und Längenschnitt des Hahnes.
Ansicht des Hahnes von
oben.
Messingrohr als Verbindung mit dem
Bleirohr.
Querschnitt des Anbohrhahnes.
Flg. 68. RohrscheUe mit Anbohrhahn und Entwässerung.
zurückgezogen, daß der Konushahn wieder zugedreht werden kann, worauf
das Abschrauben des Bohrapparates (Bohrratsche) und das Anschrauben eines
Kniesaugers erfolgt, an welchen die Bleirohrleitung durch Lötung angeschlossen
wird. Vor dem Hause (am Trottoir) befindet sich der Hauptabsperrhahn
mit Einbaugamitur (Straßenventil), dessen Konstruktion aus Tafel X zu
ersehen ist. Bis hierher werden diese „Hausanschlüsse" in der Regel von
der Gemeinde aus besorgt, und hat die letztere das Recht, das Straßenventil,
wenn nötig, abzusperren. Die eventuelle Absperrung der Hausleitung durch
150
I. Die Wassenrersorgnng der Ortschaften.
den Hausbesitzer erfolgt durch einen eigenen, gewöhnlich im Keller situierten
Haupthahn mit Handrad, hinter welchen der Wassermesser gegebenenfalls
eingebaut wird. Von dieser Stelle aus kann eventuell eine Verzweigung
L&ngenschnitt
Qaenchnitt
1:20
QnmdrlB.
Flg. 64. Teiltopf mit Schacht.
der Bleirohrleitungen nach dem Garten, den Klosetts, Badezimmern und
Küchenausläufen etc. erfolgen. Alle Klosettspülungen und Zapfhähne in
Küchen und Korridoren sind mit Syphons zu versehen, überdies ist durch eine
separate Abfallrohrleitung (größere dünnwandige Eisenrohre) für den Abfluß
des überschüssigen Wassers in den Hauskanal Sorge zu tragen. Die Spülung
der Klosetts erfolgt seltener direkt aus der Druckleitung, sondern indirekt
H. Fassonröhren und Akzessorien der Rohrleitungen.
151
durch kleine, 6 — 15 1 fassende, 3 — 4 m über den Klosetts montierte Blech-
oder Gußeisenreservoirs, welche durch die Leitung gespeist und durch einen
Schwimmkugelhahn in bestimmter Wasserhöhe abgeschlossen werden. (Mit
6 1 kann bereits bei Wassermangel eine genügende Spülung erzielt werden,
obwohl in das Projekt 15 1 einzusetzen sind.) Für die Hausleitungen (Druck-
rohrleitung) werden jetzt allgemein geschwefelte Bleirohre verwendet und
pflegt man nachstehende Lichtweiten zu geben:
bis ca. 3 Ausläufen d = IS mm, bis 20 — 40 Ausläufen rf = 30 mm,
„ „10 „ d=20 „ „ 40-60 „ 0^=40 „
„ 10—20 „ d=2b „ „ 60—80 „ d=60 „
wobei von ^ = 40 mm an nicht mehr Bleirohre, sondern Gußeisenrohre ge-
nommen werden.
IL Teiltöpfe,
Der Hauptspeisestrang vom Hochreservoir zur Stadt wird in der Regel
bis zu einem Straßenkreuzungspunkte geführt, von welchem nach 2 bis
'Vi\
Fig. 66. Telltopf Im DetaU (4 armig).
Fig. 66. Schachtdeckel im Detail.
3 Richtungen die verschiedenen Hauptstränge des Stadtrohmetzes abzweigen.
Bei einer einfachen Gablung des Rohrstranges kann ein gewöhnliches Ab-
zweigstück mit eingebauten Schiebern genügen. Zweigen jedoch drei oder
mehr Leitungen von diesem den Beginn des eigentlichen Stadtrohrnetzes
zumeist markierendem Punkte ab, dann kann an dieser Stelle ein Schacht
gebaut werden, . welcher einen Teil topf T mit den zugehörigen Absperr-
schiebern Si bis «4 (Fig. 64) enthält. Mit dem Teiltopfe kann zweckmäßig
behufs zeitweiser Entlüftung ein Luftventil, welches am Deckel desselben an-
geschraubt ist, verbunden werden. Durch diesen Teiltopf wird gleichzeitig
152
I. Die Wasserversorgung der Ortschaften.
die Kontraktion des Wassers beim Eintritt in die Zweigleitungen auf ein
Minimum herabgedrückt. Fig. 65 stellt das Detail eines vierarmigen Teil-
topfes im Längenschnitt und Grundriti (halb Ansicht, halb Horizontalschnitt)
dar. Die Dichtung des Deckels erfolgt durch einen runden Gummiring von
10 mm Durchmesser. Der 45/60 cm weite Einsteigschacht ist durch einen
schweren gußeisernen Schachtdeckel (Fig. 66) verschlossen und mit einem
Riegelschloß absperrbar. Der Deckel selbst wird nach öffnen des Schlosses
mittels eines in der Mitte befindlichen losen Bolzens gehoben und seitwärts
gelegt. Das Schachtobjekt ist wasserdicht zu mauern und einzuwölben.
IIL Schlammtopfe.
An unzugänglichen oder schwer zugänglichen tiefsten Punkten der
Rohrleitung, z. B. bei einer Unterfahrung eines Flusses, ist am tiefsten
Punkte, der auf eines der beiden Ufer
verlegt wird, oder dort, wo die Her-
stellung eines Spülauslasses nicht mög-
lich oder zu teuer erscheint, ein
Schlammtopf einzubauen, der als ge-
wöhnlicher zweiarmiger Teiltopf mit
tieferem Kessel konstruiert werden kann.
Die abgelagerten Sedimente sind natür-
lich nach längeren Zeiträumen zu ent-
fernen. Mitunter wird in Fällen, wo
das Wasser viel Luft mitführt, mit dem
Schlammtopfe ein selbstwirkendes Luft-
ventil (Fig. 67) verbunden, welches, mit
einer hohlen Kupferblechkugel versehen,
sich durch den inneren Druck des
Wassers schließt. Sammelt sich in dem
oberen Teil dieses Apparates viel Luft
an, dann wird die Kugel herabsinken,
die Luft ausblasen und das Ventil sich
wieder schließen. Die Funktionierung dieser automatischen Luftventile ist
jedoch keine sichere.
IV. Luftventile.
An allen höchsten Punkten der Rohrleitung (Bruchpunkte in vertikalem
und konvexem Sinne) ist für die Möglichkeit einer Entlüftung durch Einbauung
von Luftventilen dort Sorge zu tragen, wo dieselbe nicht selbsttätig durch
Auslaufbrunnen oder öfteren Gebrauch von Hydranten erzielt wird. Fig. 68
zeigt den Einbau, Fig. 69 das Detail eines Luftventiles mit Straßenkappe.
Nach Lüftung einer kleinen Stellschraube wird der obere, mit 6 Seitenlöchem
versehene Kopf so weit hinaufgeschraubt, daß diese Löcher mit der Mündung
der Aufsatzröhre kommunizieren, worauf zuerst Luft ausbläst, dann Wasser
mit Luft (weißer Schaum) und zuletzt reines Wasser ausspritzt, worauf das
Ventil wieder geschlossen wird. Ein solches Luftventil samt Einbaugamitur
Fig. 67. Scblammtopf mit Luftventil.
H. Fassonröhren und Akzessorien der Rohrleitungen.
153
stellt sich auf 40 K ö. W., mechanische Luftventile mit einem Schacht und
eisernen Deckel pro Stück 100 K.
Längensohnitt.
Straßenkappendeckel.
Fig. 68. Luftventll-EinbaiL
01 — ^mD
Daranfticht.
Flg. 69. Detail des LnftventUes.
Querschnitt
AnBloht
Fig. 70. SpÜlaoslafi olme Schacht
Flg. 71. Auslanfobjekt mit Froschklappe.
154
I. Die Wasserversorgung der Ortschaften.
V. Spülauslässe.
An den tiefsten Punkten der Rohrleitungen, also auch an den Enden
der Rohrstränge, kann eine Ausspülung und damit eine Reinigung des Rohr-
Qnenohnitt
cr::::Ji:
LängenBchnitt
Daraufsioht.
GnmdrlA.
1 :urJ^aä^.
'''iw dl 1-lßte
ibl
Fig. 72. SpttlauBlaß mit Schacht.
netzes durch dortselbst angebrachte Hydranten, besser jedoch durch eigene
Spülauslässe bewerkstelligt werden. Am einfachsten kann dies in der in
Fig. 70 versinnlichten Weise dadurch erfolgen, daß am tiefsten Punkte ein
T stück eingebaut und an dieses
ein Ablaßschieber angeschlossen
wird. Das durch öffnen des
Schiebers (Straßenkappe) mit Druck
ausströmende Wasser reißt alle
eventuellen Ablagerungen im Rohre
mit und gelangt, durch ein Re-
duktionsrohr vermittelt, in die
größer dimensionierte Ablaßleitung
aus Steinzeug und durch diese in
den nächstgelegenen Graben oder
Bach. An diesem Punkte ist ein
Auslaufobjekt zu bauen (Fig. 71).
Das letzte Rohr ist wieder aus
Gußeisen und durch eine guß-
Fig. 78.
Elnsatzstiicke mit verschraabbaren Übermnffen.
H. Fassonröhren nnd Akzessorien der Rohrleitungen.
155
eiserne sogen. Froschklappe verschlossen, welche durch den Druck des
Wassers gehoben wird. In soliderer Weise und in Fällen, wo eine Messung
des Wassers gleichzeitig mit verbunden werden soll, kann man den Spülaus-
laß in der aus Fig. 72 ersichtlichen Weise in Kombination mit einem Ein-
steigschachte durchführen und event. einen Teiltopf einschalten. Haben die
Rohrleitungen ein sehr kleines Gefälle und ist der Wasserdruck ein so ge-
ringer, dafi durch Spülauslässe die gewünschte Reinigung nicht erzielt werden
Quersohnltt Ansicht.
Fig. 74. Unterflurhydrant
QuerBchnltt Ansicht
Fig. 75. Oherflurhydrant
kann, so müssen in die Rohrleitung in größeren Entfernungen Röhren mit
eigenen Putzöffnungen (durch Deckel verschlossen) oder aber eigene Einsatz-
stücke mit verschraubbaren Übermuffen (Fig. 73) eingebaut werden, und er-
folgt die Reinigung sodann mittels zylindrischer Stahldrahtbürsten, welche an
einem Doppelseile unter gleichzeitigem Wassereinfluß hin und her gezogen
werden.
VL Hydranten«
Um das Wasser dem Stadtrohrnetze für öffentliche Zwecke (Straßen-
und Parkbespritzung) und Feuerlöschzwecke leicht entnehmen zu können, sind
156
I. Die Wasserversorgung der Ortschaften.
in Entfernungen von ca. 100 m Hydranten einzubauen. Dieselben können
entweder im Niveau der Straße liegen (Unterflurhydranten) oder aber in
Form eines Ständers über Terrain sichtbar sein (Überflurhydranten). Die
letzteren haben den Vorteil, im Winter stets leicht zugänglich zu sein, sind
aber bedeutend teurer und können nur auf dem Verkehr nicht ausgesetzten
b) Elnarmlg^es
Standrohr.
c) ZwelarmigeB Standrohr.
a) Detallkonstroktlon
(Im Querschnitt).
Flg. 76. Hydrantenstandrohre.
d) Zweiarmiges Standrohr
mit AbBchluflventüen.
Orten plaziert werden. Unterflurhydranten können überallhin, entweder direkt
auf die Rohrleitung oder seitwärts, gesetzt werden; in letzterem Falle werden
sie auf einen Fußkrümmer aufmontiert.
Der Unterflurhydrant selbst besteht aus einem weiten Standrohr (Fig. 74),
welches am unteren Ende mit einem Ventil verschlossen werden kann und
am oberen Ende eine Ausweitung besitzt, welche als Auslauföffnung dient
und mit einem sogen. Bajonettverschluß versehen ist. Die Öffnung des Fuß-
ventils erfolgt mittels einer Spindel, welche in dem Hydrantenrohr situiert
H. Fassonröhren und Akzessorien der Rohrleitungen.
157
und am oberen Deckel durch eine Stopfbüchse gedichtet ist. In der in Fig. 74
gezeichneten Stellung ist das Ventil geschlossen und tritt das im Hydranten-
rohr stehen gebliebene Wasser durch eine im Fußventilgehäuse befindliche
Öffnung in den Untergrund aus. — Der Hydrant wird selbsttätig entwässert.
Beim öffnen des Ventils wird diese Entwässerungsöffnung geschlossen. Die
selbsttätige Entwässerung setzt das Vorhandensein eines durchlässigen Bodens
und eines tiefer liegenden Grundwasserstandes voraus. Sind diese Bedingungen
auf die Dauer nicht vorhanden, dann muß nach jedesmaligem Gebrauch des
Hydranten, insbesondere im Winter, durch eine kleine Handpumpe die Ent-
wässerung künstlich bewerkstelligt werden, um ein Einfrieren des Hydranten
zu verhindern. Spindelaufsatz und Bajonettverschluß befinden sich in einer
Straßenkappe, welche bei der Inbetriebsetzung des Hydranten zu öffnen ist.
Auf die Ausflußöffnung wird ein Standrohr aufgesetzt, mit dem Bajonett-
verschluß durch einfache Umdrehung der Flügelschraubenmutter gedichtet und
an die Ausflußöffnung der Spritzenschlauch angeschraubt. Beide müssen das
übliche Normalfeuerwehrschlauchgewinde besitzen.
Die Hydrantenstandrohre (Fig. 76) können einen einfachen oder
doppelten Auslauf mit oder ohne Abschlußventil besitzen.
Bei Nichtbenutzung beider Anschlüsse kann eine Öffnung mit einer
Kapsel verschraubt werden. Die Unterflurhydranten werden mit 50, 65 und
80 mm Durchflußweite gebaut. Bei den Oberflurhydranten entfällt das Stand-
rohr und wird der Schlauch direkt an eine der Kapseln des Hydrantenständers
angeschraubt. Die Dimensionen der Oberflurhydranten sind mit Beziehung
auf Fig. 75 nachstehende:
Höhe h der
Durchmesser D
Höhe
Ausflufiöffnung
des Ständers H
vom Terrain
mm
mm
mm
30
860
600
40
850
600
50
950
650
60
950
650
70
950
650
80
1090
725
90
1090
725
100
1090
726
Die Anschaffungskosten samt Montierung stellen sich bei Unterflur-
hydranten inkl. kompletter Einbaugarnituren und Straßenkappen:
d = 80/65 mm auf ca. 105 K,
rf= 80/80 „ „ . 120 „
bei Oberflurhydranten ^=80/65 mm auf ca. 150 K pro Stück; ein Fußkrümmer
für seitliches Setzen der Hydranten kostet 14 K, ein Stück Hydrantenstand-
rohr aus Kupfer mit messingenem Oberteil (2 teilig) mit Ventilen 125 K. In
158
1. Die Wasserversorgung der Ortschaften.
allen Orten, wo die Wasserabgabe nicht ausschließlich durch Hauseinleitungen
erfolgt, bilden einen wichtigen Bestandteil des Stadtrohmetzes:
VIL Die öffentlichen Auslaufbrunnen.
Dieselben können permanent laufende Brunnen oder sogen. Sparbrunnen
(mit intermittierendem Ausfluß) sein. Die ersteren werden keiner besonderen
mechanischen Einrichtung,
sondern nur eines Re-
gulierhahnes bedürfen,
mittels welchem das Aus-
flufiquantum geregelt wird.
Die bauliche Konstruktion
eines solchen Brunnens
kann etwa nach Fig. 77
erfolgen (Kosten samt
Schacht ca. 240 K). Um
jedoch die Wasserabgabe
ökonomischer zu gestalten,
wird man zumeist Spar-
brunnen bauen, bei wel-
chen nur durch Druck an
einen Hebel oder einen
Knopf das Wasser ent-
nommen werden kann.
Bei diesen Brunnen muß
jedoch nach erfolgter
Wasserentnahme das in
der Aufsteigröhre ver-
bliebene Wasser sofort
wieder in die frostfreie
Tiefe hinabsinken, um ein
Einfrieren der Brunnen-
röhre zu vermeiden. Dieses
Wasser kann entweder in
den nächsten Kanal ab-
fließen oder es sammelt
sich in einem Zylinder an,
um bei der nächsten Ent-
nahme mit frischem Was-
ser gemischt wieder zum
oberirdischen Ausflusse zu gelangen. Diese letztere Art der Konstruktion
rechtfertigt die Bezeichnung Sparbrunnen, während bei der ersteren Art eine
einfache Entwässerung wie bei den Hydranten stattfindet, und welche Brunnen
nach Type Fig. 77 gebaut werden können.
Eine rationelle Konstruktion eines Sparbrunnens ist aus Fig. 78 (Patent
Bopp und Reuther in Mannheim) zu entnehmen. Will man Wasser ent-
1:20
Fig. 77. Einfacher VentUbmnnen mit Schacht.
H. Fassonröhren und Akzessorien der Rohrleitungen.
159
nehmen, so drückt man auf den Hebel /, welcher Druck sich auf die Zug-
stange g (Belastungsgewicht) Oberträgt; hierdurch wird dieses gehoben resp.
das damit fest verbundene
Brunnenventil / geöffnet und
das Entwässerungsventil v
geschlossen. Das Wasser
tritt nun durch die Ventil-
öffnung in den Raum zwischen
Ventilkegel und Ventilsitz
durch die vier im Ventil-
kegel sich befindlichen
Schlitze in den Injektor
(Saugapparat), wo es durch
dessen saugende Wirkung
den elastischen Gummiring nt
anhebt, das im unteren Teile
des Schachtrohres stehende
Wasser selbsttätig durch die
Öffnungen o in der Pfeilrich-
tung nach- dem Steigrohre /
ansaugt und mit zum Aus-
flusse bringt. Nach Loslassen
des Hebels / schließt das
Ventil selbsttätig durch die
Zugstange (Belastungsge-
wicht) ab, wobei sich das
Entwässerungsventil v öffnet
und dem im Steigrohre A
stehen gebliebenen Wasser
den Rücktritt in den unteren
Raum des Schachtrohres ge-
stattet, von wo es bei der
nächsten Wasserentnahme
durch den Injektor e wieder
angesaugt und mit dem übri-
gen Wasser zum Ausflusse
gebracht wird.
Man erkennt, daß durch
diese Einrichtung eine Was-
serverschwendung und ein
Einfrieren des Steigrohres
absolut unmöglich ist und
kein Entwässerungswasser abgeleitet werden muß.
Systems sind insbesondere folgende:
1. Einfachste Konstruktion, wobei jeder Teil seinem Zweck entsprechend
auf das Solideste ausgeführt ist, daher geringstes Reparaturbedürfnis.
Flg. 78. Sparbninnen Patent Bopp und Reuther.
Die Vorzüge dieses
160
I. Die Wasserversorgnng der Ortschaften.
2. Keine Stopfbüchsendichtungen.
3. Leichte und schnelle Zugänglichkeit aller beweglichen Teile durch ein-
faches Lösen einiger Schrauben, ohne den Brunnen ausgraben oder die
Brunnensäule abschrauben zu müssen.
4. Kein gemauerter Schacht; statt dessen ein einfaches billiges Mantelrohr.
5. Zum Schutz gegen Einfrieren des Steigrohres schnellste Entwässerung
desselben durch ein genügend großes Entwässerungsventil in den unter-
sten Raum des
Schachtrohres,
ohne jedoch die-
ses Wasser ab-
leiten zu müssen.
6. Verlegung aller
beweglichen, mit
Wasser in Be-
rührung stehen-
den Teile in den
untersten Raum
des Schacht-
rohree, wodurch
auch ein Ein-
frieren dersel-
ben verhindert
und gerade da-
durch sicherste
Funktion und
einfachste An-
ordnung erreicht
wird.
7. Durch Anwen-
dung eines elas-
tischen Gummi-
ringes an den
Saugöffnungen
mit Wasser beim
f*— "!■«
Flg. 79.
Mechanlsmas eines SparbnumexiB mit Injektor nnd WindkesseL
und
des Injektors ist einem Anfüllen des Schachtrohres
Zuhalten des Auslaufs vorgebeugt.
Möglichste Entlastung sämtlicher Teile von den in der Leitung vor-
kommenden Stößen:
a) durch möglichst stoßfreien Schluß des Brunnenventils, da derselbe
gegen die Strömung erfolgt,
b) durch Benutzung des Schachtrohrunterteils als Windkessel,
c) der Brunnen wirkt als Sicherheitsventil, da der Abschluß durch ein
Gewicht für eine bestimmte Anzahl von Atmosphären hergestellt ist.
Die Kosten eines solchen Sparbrunnens belaufen sich auf ca. 400 K ö. W.
Fig. 79 zeigt den Querschnitt einer ähnlichen Konstruktion mit Injektor
Windkessel; der letztere dient zur Aufhebung bezw. Milderung der
H. Fa^sonröhren und Akzessorien der Rohrleitungen.
161
hydraulischen Stöße, wenn der Rohrleitungsdruck ein sehr großer ist. Das
Wasser tritt durch den Sauger p (Messing), welcher in das Bleirohr a einge-
lötet und durch den Holländer b mit dem Gußrohr c {d = Ib mm) verbunden
ist, in das Gehäuse d ein. Die voll schraffierten Schnitte bedeuten Gußeisen,
die gestrichelt schraffierten Schnittflächen Messing oder Rotguß (Bronze).
Das Ventil g befindet sich in einem durchlöcherten Kupferkorb (Sieb) ^,
welcher jede Verunreinigung des Ventilsitzes durch Sandkörner etc. ver-
hindert.
Durch eine Spiralfeder / wird das Ventil g an den Ventilsitz angepreßt.
Mit dem Ventil steht unterhalb ein mit Öffnungen o versehener Kolben in
Verbindung. Das Ventil g ist im Schnitte CD dreieckig und geht die volle,
runde Ventilspindel weiter aufwärts
in die röhrenförmige Hebeldruck-
stange s über.
Wird nun die letztere nach ab-
wärts gedrückt, so tritt das unter
Druck im Kessel d stehende Wasser
durch das Sieb e und das Ventil g in
die Öffnung A, von hier in den In-
jektor/und weiter in das an letzterem
angeschraubte Ausflußrohr (Steigrohr)
und gelangt endlich zum Ausfluß. Beim
Auslassen des Hebels wird durch die
Spiralfeder / das Ventil geschlossen,
wobei der Kolben o ein zu rasches
Schließen und damit größere hydrau-
lische Stöße verhindert. Das Wasser
aus dem Steigrohr fließt durch die vier
schrägen Öffnungen / des Injektors aus
und sammelt sich teils im Räume A,
teils im Mantelrohre / an. Da beim öffnen des Ventils resp. Durchströmen
des Wassers durch den konisch gebohrten Injektor unterhalb ein Vakuum
(Luftverdünnung) entsteht, so wird gleichzeitig das im Mantelrohre in der
frostfreien Tiefe angesammelte Rückfallwasser durch die Öffnungen i angesaugt
und gelangt, gemischt mit frischem Wasser, zum Ausflusse.
An den Endstrecken längerer Leitungen oder an höchsten Punkten
werden mitunter kombinierte Auslaufbrunnen eingeschaltet, welche
permanent, jedoch sehr schwach laufen und erst beim Niederdrücken des
Hebels das volle Wasserquantum liefern. Hierdurch wird einerseits das
Wasser in dem Rohrstrange vor Stagnation bewahrt, also immer frisch
erhalten, andererseits auf hohen Punkten eine Entlüftung bewirkt. Fig. 80
zeigt eine Konstruktion derartiger kombinierter Auslaufständer. Eine kleine
Umlaufleitung, welche durch einen kleinen Konushahn in ihrer Ergiebigkeit
beliebig reduziert, auch ganz abgesperrt werden kann und in das Steigrohr
mündet, liefert das permanente Ausflußquantum, während das durch einen
größeren Hahn regulierbare Konsumquantum beim Niederdrücken des Hebels
Friedrich, Wasserban. Zweite Auflage. II. Band. 11
Fig. 80. Mechanisrnns eines Sparbnumens, kom-
biniert mit permanentem Ansflufl.
162
I. Die Wasserversorgung der Ortschaften.
bezw. des Fußventiles durch einen Kolben direkt in das Steigrohr eintritt.
Beim Auslassen des oberirdischen Hebels wird durch einen zweiten unter-
irdischen Hebel der Kolben und damit die Hebelstange in die Höhe gezogen
und das Ventil durch eine Spiralfeder wieder geschlossen. Kolben und
Windkessel haben denselben Zweck wie bei der früher besprochenen
Konstruktion von Sparbrunnen, und dient der Raum unter dem Kolben als
Reservoir für das Abfallwasser, wenn die Umlaufleitung für permanenten
Ausfluß ganz abgesperrt, also der Brunnen nur als Sparbrunnen benutzt wird.
Der Kuriosität und Einfachheit der Konstruktion wegen wurden in
Fig. 81 drei norwegische Auslaufbrunnen abgebildet:
a) permanent fließender Trinkwasserbrunnen für die Eisenbahnstation Hamar;
b) die Type der Auslaufbrunnen des Wasserwerkes in Drontheim, bei
welcher das Steigrohr gleichzeitig mit der Hebel- bezw. Ventilstange
kombiniert ist;
c) Auslaufbrunnen der Wasserleitung in Bergen mit Niederschraubventil.
a) Trlnkwasserbmnnen
In Hamar.
c) AoBlaufständer
b) Anslanfständer in Drontheim. in Bergen.
Fig. 81. Aoalanf bronnen norwegischer Waraerleitungen.
Die beiden letzteren Typen können jedoch zur Nachahmung nicht an-
empfohlen werden.
J. Abgabe des Wassers.
Die Abgabe des Wassers kann erfolgen:
a) an die Konsumenten in Form von Auslaufbrunnen (kontinuierlich
fließende oder Sparbrunnen) oder mittels Hausleitungen, und zwar kann
die Abgabe mittels der letzteren entweder frei erfolgen (ä discrötion) oder
durch Wassermesser und Erhebung eines Wasserzinses pro Kubikmeter
bezw. bei freier Abgabe nach der Anzahl der bewohnten Räume oder
nach dem Wohnungszins berechnet werden;
b) für öffentliche Zwecke (für Feuerlöschzwecke und zur Bespritzung der
Straßen und öffentlichen Gartenanlagen) mittels Hydranten.
Die Abgabe mittels Wassermessers wird sich unter allen Umständen
für den industriellen und gewerblichen Konsum empfehlen, während für den
Haushaltungsgebrauch die freie bezw. pauschalierte Abgabe zumeist rationeller
J. Abgabe des Wassers.
163
und bequemer ist. In den österreichischen Städten schwankt der Wasser-
zins zwischen 16 — 40 Heller und beträgt bei den neueren Wasserwerken
zumeist 20 Heller pro Kubikmeter abgegebenen Haushaltungswassers. Bei
größerer Abnahme für Industrie und Gewerbe (zumeist über 300 m^) findet
eine entsprechende Reduktion des Einheitspreises von 20 bis auf 6 Heller
statt In Deutschland wird für Haushaltungszwecke 5 — 20 Pf. (6 — 24 Heller), für
Industriezwecke 5 — 40 Pf. (6 — 48 Heller) Wasserzins pro Kubikmeter erhoben.
Die Konstruktion der gewöhnlichen Wassermesser für kleinere Wasser-
abgaben, welche zumeist eine Art von Turbinen darstellen, wurde im I, Bande
(Seite 100) beschrieben. Sind jedoch große Wasserquantitäten zu messen,
dann werden andere Systeme rationeller arbeiten, von welchen hier speziell
der Venturi- Wassermesser hervorgehoben werden soll.
Der Venturi- Wassermesser.
Eines der einfachsten Systeme zum Messen großer Wassermengen in
Druckrohrleitungen ist jenes von Venturi, welches eine Genauigkeit der
p
P.
f'
V
N
--::^,.^^^^
Flg. 82. Ventnrl-WasBermesBer.
Messung bis auf 2% garantiert, keine mit dem Wasser in Berührung kommen-
den beweglichen Teile besitzt, einen geringeren Gefällsverlust gegenüber
anderen Systemen aufweist und endlich die durchgeflossene Wassermenge
mittels Diagramme oder Zählwerk registriert. Dieser Wassermesser kann an
beliebigem Punkte in den Rohrstrang eingebaut werden.
Der nach Venturi (Professor an der Universität Bologna, Ende des
18. Jahrhunderts) benannte, vom amerikanischen Hydrotechniker Herschel
konstruierte und vom Fabrikanten Kent in London erzeugte Wassermesser
beruht auf dem Gesetze der Injektoren und besteht aus einem sich ver-
jüngenden kurzen Konusrohr UT (siehe Fig. 82) und zweier oder mehrerer
anschließender, sich erweiternder Röhren TD. Die beiden Endquerschnitte
sind gleich groß und entsprechen dem lichten Durchmesser der kurrenten
Leitung, in welche der Wassermesser eingebaut ist. Zwischen beiden Konus-
röhren ist ein ganz kurzes Flanschenrohr „der Hals** eingeschaltet; die
11*
164 I« ^*« Wasserversorgung der Ortschaften.
Innenwandung des letzteren ist mit Vulkanit ausgefüttert und mit kleinen
Öffnungen versehen.
Desgleichen befinden sich bei der Eintrittsstelle f/ gleich große Öffnungen,
welche in ringförmige Druckkammern ausmünden, die in den • verstärkten
Flanschansätzen untergebracht sind. Diese zwei kleinen Druckkammern
kommunizieren durch dünne Kupferröhren mit der Registriervorrichtung
(Rekorder), welche auf einem oberhalb des Wassermessers oder bis zu einer
maximalen Entfernung von 300 m situierten Postament aufgestellt ist.
Unter Umständen kann die Registrierung auf elektrischem Wege auch
auf weitere Entfernungen übertragen werden. Die Registriervorrichtung
selbst besteht einerseits aus zwei vertikalen, oben geschlossenen Zylindern,
die am Boden kommunizieren, also eigentlich ein U-Rohr vorstellen, welches
mit Quecksilber gefüllt ist und in welches die dünnen Kupferröhren von der
Zufluß- und Halskammer einmünden und somit den entsprechenden Druck in
U und T auf die Quecksilbersäulen Obertragen. Darüber ist andererseits eine
gewöhnliche Registriertrommel mit Uhrwerk angebracht, auf welche das
Steigen und Fallen der Quecksilberoberflächen durch aus Eisen oder Vulkanit
hergestellte Schwimmer mit daranschließenden Stangen, vermittelt durch
Zahnstangen und Zahnräder, graphisch übertragen wird.
Dieses Diagramm kann mit einem Zählwerk kombiniert sein, so daß
durch ersteres die Wassermenge pro Zeiteinheit, durch das Zählwerk die
gesamte durchgeflossene Menge registriert wird. Wie aus Fig. 82 zu ersehen
ist, können diese verschiedenen Druckverhältnisse versuchsweise durch
Piezometer (offene Glasröhren) in den Punkten £/, T und D direkt ab-
gelesen werden.
Während bei der Geschwindigkeit t; = o die Wasserspiegel in den
Punkten P, P^ und Pj gleich hoch stehen werden, sinkt bei einem z; > o das
Wasser in P^ und P^.
Der Reibungsverlust (die verlorene Druckhöhe) P^ P^ wird am größten,
jene P,^ P^ am kleinsten sein und bedeutet letztere den in der Leitung über-
haupt eintretenden Gefällsverlust.
Unter der Voraussetzung, daß der Halsquerschnitt ^/^ des normalen
Leitungsquerschnittes ist, beträgt bei Annahme der für Wasserleitungen als
rationell zu bezeichnenden Durchflußgeschwindigkeit i; = 0,61 m (2 engl. Fuß),
die Reibungshöhe P^ P^ = 1,57 m und der Gesamtdruckverlust /\ P^ = 0,24 m.
Bei Annahme der in Rohrleitungen üblichen maximalen Geschwindig-
keit von 0,915 m (3 engl. Fuß, also ca. 1 m) steigt P^P^ auf 3,88 m und
PgPj' auf 0,58 m.
Auf Grund zahlreicher durchgeführter Versuche mit Röhren von 6 bis
2750 mm Durchmesser haben sich die günstigsten Resultate ^to Genauigkeit
der Angaben ergeben. In New-Jersey (U. S. A.) wurde bei einem 17 monat-
lichen Betriebe und einer durchschnittlichen Abgabe von 180000 m* pro Tag
mittels zweier Venturi-Messer von 1220 mm Lichtweite zwischen den Angaben
derselben und jener der 11 Abgabemesser an die Interessenten (</=300bis
1220 mm) eine Differenz von nur ^/»^/o konstatiert.
K. Beschreibung ausgeführter kleinerer Wasserversorgungen. 165
Die Venturi-Messer können auch beim Betriebe von Filteranlagen zweck-
entsprechende Verwendung finden, indem dieselben graphisch die jeweilige
Filtriergeschwindigkeit sowie den Widerstand, welcher dem durch das Filter-
bett durchfließenden Wasser entgegengesetzt wird, anzeigen.
K. Beschreibung ausgeführter kleinerer Wasser-
versorgungen.
I. Wasserversorgung der Stadt Mährisch-Trübau (Mähren).
Die Erkenntnis der Tatsache, daß mit dem Anwachsen und der Ent
Wickelung einer Gemeinde sich die Leichtigkeit des Erwerbes und damit der
Wohlstand, der mächtigste Faktor für Fortschritt und Kultur, steigert, war
neben der Ermöglichung eines größeren persönlichen Schutzes von jeher
Ursache der Städtebildung und der allmählichen späteren Ausdehnung der-
selben wie der Vermehrung ihrer Bewohner. Die Vermehrung der Wohn-
stätten brachte jedoch eine Reihe von Übelständen mit sich, welche nicht
nur die Annehmlichkeit der Existenz in ungünstigem Sinne beeinflußten,
sondern auch die Gesundheitsverhältnisse schädigten. Die durch eine dichte
Bevölkerung und rasche Entwickelung der Industrie bedingte Verschlechterung
der Luft und des Bodens bezw. des Grundwassers drängt die Gemeinde-
vertretungen, der Frage einer rationellen Entwässerung und Bewässerung
der Städte näher zu treten, bezw. dieselben durch Kanalisations- und Wasser-
versorgungsanlagen zu lösen.
So wurde auch seitens der Gemeindevertretung der Stadt Mährisch-
Trübau in richtiger Erkenntnis der Nützlichkeit und Notwendigkeit einer
den durch die Einbeziehung der Stadt in den Eisenbahnverkehr geänderten
Verhältnissen Rechnung tragenden Wasserversorgung bereits im Jahre 1888
die Wasserfrage angeregt und der Verfasser mit der Lösung derselben betraut.
Nach Austragung der mit diesem Projekte innig verknüpften wasserrechtlichen
Fragen wurde der Bau dieser Anlage erst im Jahre 1896 durchgeführt.
I. Topographische und geologische Verhältnisse.
Vom Gebirgsstocke des Schönhengstes zieht sich gegen Osten ein
Höhenrücken hin, welcher vor dem Trübauer Bache bezw. Kreuzberge mehr
oder weniger steil abfällt; auf diesem Rücken und dessen Abhängen ist die
alte Stadt Mährisch-Trübau erbaut, deren Häuser auch zum Teil den Fuß des
Kreuzberges bedecken, zum Teil in die Talniederungen des Trübauer und
Lichtenbrunner Baches hinabreichen. Das für die Wasserversorgungsstudien
in Betracht gezogene Terrain der Umgebung von Mährisch-Trübau ist geologisch
ein sehr verschiedenes. Im allgemeinen zu dem böhmisch-mährischen Kreide-
massiv gehörend, liegt der eigentliche Stadtgrund auf der hier ältesten For-
mation der devonischen Sandsteine und Schiefer, zumeist bedeckt von einer
wechselnd mächtigen diluvialen Lehm- (Löß-) Schichte. Die Devonformation
tritt bei Trübau nur in beschränkterem Maße zutage und bildet namentlich
den Gebirgsstock des Eichwald- und Burgstadtlberges einerseits, des Wach-
(Hammer-) Berges und Hutbusches andererseits. Außer den früher erwähnten
XQQ I. Die Wasserversorgung der Ortschaften.
Sandsteinen und Schiefer tritt an mehreren Stellen auch devonischer Kalk
zutage. In dieser Formation liegt das Quellengebiet des Höllgrabens mit
der forstlich Lichtensteinschen Wasserleitung. Als nächst jüngere, auf dem
Devon aufgelagerte Formation ist hier das „Rotliegende", die untere Dyas-
formation, anzuführen, welche die ganze Breite des welligen Hügellandes
zwischen den beiden von N nach S ziehenden höheren Gebirgskämmen der
Steinberge einerseits und dem Schönhengst und Homberg andererseits ein-
nimmt, in welchem Gebiete alle von W gegen O kommenden, in den Trübauer
Bach einmündenden Wasserläufe gelegen sind. In den tieferen Partien ist
das Rotliegende von diluvialem Lehm, an einzelnen lokalen Stellen von
tertiärem marinen Tegel überlagert. Die Dyasformation ist ziemlich wasser-
reich, das Quellwasser jedoch zumeist ein weiches. (Hierher gehört das
Tschuschitzer und Forellenteich-Quellgebiet, sowie jenes der bestehenden
Uttigsdorfer Tiefquellenleitung.) Wesüich und östlich ist diese breite Dyas-
mulde, wie schon früher erwähnt, eingerahmt durch die Gebirgsketten des
Schönhengst und der Steinberge, welche beide der Kreideformation an-
gehören. Während die eigentlichen Kuppen aus Plänermergel bestehen,
sind die Bergfüfle aus Quadersandsteinen, auf welche mitunter auch Ton-
und Grünsandschichten auflagern, gebildet. Infolge der starken Zerklüftung
sinkt das Wasser in bedeutende Tiefen und kommt durch Spalten am Gebirgs-
fuße noch in der Kreideformation liegend zutage oder aber kann dasselbe
sicher an der Formationsgrenze zwischen Kreide und Dyas erschroten (auf-
geschlossen) werden. In dem Kreidegebiet liegen die mächtigsten und an-
haltendsten, zugleich auch qualitativ besten Quellen von Langenlutsch und
am Homberge (Silberwasser).
Wie überall, so sind auch hier sehr häufig die oben genannten Gebirgs-
glieder von einer schwachen alluvialen Humusschichte, in den Tälern zu-
weilen mit einer Sand- und Schotterschichte bedekt.
Auf Grund der gepflogenen Vorstudien wurde das Langenlutscher
Quellengebiet für die Versorgung der Stadt gewählt; allerdings erschwerte
die große Entfernung der gewählten Quelle von der Stadt Mährisch-Trübau
die Anlage einer Leitung, die Vorteile jedoch, welche eine Wasserentnahme
in Langenlutsch wegen der günstigen Höhenlage sowie des langjährig bekannten
Wasserreichtums dieser Lokalität bot, überwogen bei weitem diesen Nachteil.
Die Höhenlage von Langenlutsch, welches um ca. 50 m höher liegt als der
große Platz in Mährisch-Trübau, gestattete die Anlage einer Gravitations-
leitung, so daß das Wasser ohne maschinelle Hilfe mit genügendem Druck
in die Stadt geführt unjd bis in den zweiten Stock der Häuser geleitet werden
konnte. Der große Wasserreichtum von Langenlutsch bietet femer Gewähr,
daß eine in Zukunft etwa nötige Vergrößerung des Wasserquantums leicht
und ohne zu große Kosten erfolgen kann.
Die in Betracht kommende Quelle entspringt in einem ehemals in den
Kreidesandstein vorgetriebenen ca. 15 m langen Stollen. Dieselbe wurde in
der Zeit zwischen 1888 und 1896 wiederholten Messungen unterzogen und
liefert 6 — 7,5 sl. Rechnet man pro Kopf eine Wassermenge von 60 1 täglich,
mit welchem Quantum die Bedürfnisse des Einzelnen, der Stadt und der
K. Beschreibnng aosgefiihrter kleinerer Wasserversorgungen. 167
gegenwärtigen Industrie vollauf befriedigt werden können, so genügt das
oben berechnete Wasserquantum für — wk — = 10000 Einwohner.
Nach den Angaben der Volkszählung betrug die Bevölkerung
im Jahre 1869 5192 Seelen,
„ „ 1880 6056 „ .
Nimmt man an, daß während dieser Zeit die Entwickelung der Stadt eine
gleichmäßige war, so berechnet sich nach der Zinseszinsrechnung die Be-
p 11/ fJAXc" "1
Völkerungszunahme pro Jahr mit ^ = 100 I ^/-rYöI ■'^ 1 ~ ^»^^/o "^^ daraus
die wahrscheinliche Einwohnerzahl von Mährisch-Trübau
für das Jahr 1890 mit ... . 6959,
„ „ „ 1900 „ . . . . 7997,
„ „ „ 1910 „ .... 9190,
„ „ „ 1920 „ . . . . 10561,
„ „ „ 1930 „ .... 12136.
Diese Einwohnerzahl (10000) dürfte die Stadt Mährisch-Trübau, der im
vorhergehenden besprochenen Wahrscheinlichkeitsrechnung gemäß, erst im
Jahre 1920 erreichen. Man sieht daraus, daß die von dieser einen Quelle
gelieferten Minimal- Wassermengen für voraussichtlich 25 Jahre vollkommen
genügen werden. Eine seinerzeit vielleicht notwendige Einbeziehung eines
Plus an Quellwasser läßt sich leicht durchführen. Wiederholte chemische
und bakteriologische Analysen haben die Vorzüglichkeit dieses Quellwassers
erwiesen.
2. Grundlagen für die Berechnung der Rohrkaliber.
Für die Berechnung der Rohrkaliber der Hauptzuleitung wurde eine
Bevölkerungszahl von 10000 Einwohnern mit einer Dotation von 60 1 pro
Kopf angenommen. Unter Voraussetzung dieser Annahme resultiert ein
täglich zu förderndes Wasserquantum von 10000.60 = 600 m* = 6,94 oder
rund 7 sL
3. Höhenlage des Hochreservoirs und der Quelle.
Nach der Lage der Drucklinie der Hauptzuleitung bei Annahme von
7 sl. Rohrkapazität wurde unter gleichzeitiger Berücksichtigung der Möglich-
keit von Hauseinleitungen die Höhenlage des Hochreservoirs (Kote 389,3 m)
mit ca. 27 m über dem großen Platz (Kote 361,6 m) angenommen, während
die Quelle in Langenlutsch (Kote 416,0 m) 54 m über dem Stadtplatze liegt.
In Fig. 83 ist das Längenprofil der 6800 m langen Zuleitung (d = 125 mm)
von der Quellstube bis zum Hochreservoir dargestellt. Der Rohrstrang geht
zumeist im Bankett der Bezirksstraße und sind im Zuge dieser Trasse vier
Luftventile und vier Spülauslässe eingebaut.
Fig. 84 zeigt in schematischer Skizze (im Maßstab gezeichnet) die An-
ordnung des Stadtrohmetzes nach der wirklichen Ausführung mit eingetragenen
Hydranten, Schiebern, Auslaufbrunnen und Rohrkalibem in Millimetern. In
nachfolgender Tabelle (siehe S. 169 und 170) wurde aus. dem ganzen
168
I. Die Wasserversorgung der Ortschaften.
Stadtrohrnetz die Berechnung der Drucklinie des Hauptstranges (Reservoir
bis zum tiefsten Punkte der Stadt, Kote 344 m) und einiger Nebenstränge
herausgehoben. Da der maximale Stundenkonsum am Tage des größten
Verbrauches ca. 10,5 ^/q des mitüeren Tageskonsums pro 600 m*, also
JlSaaerMiuity Mähr • Thäbau. Läi^miprt/U,
»94567
Fig. 8S. Längenprofll der Znleitong zum Hochreaervolr.
(^ = 63 m* oder Q=^\% sl. beträgt, so würde die erste Strecke des Haupt-
stranges, mit einem Zuschlag von 4 sl. für einen Hydranten, für ein
(p = 18 + 4 = 22 sl. gerechnet.
JSlixdi-Maihnt€t%.
V
^qSS-
Flg. 84. Sltaationsplan des Stadtrohraetzes.
Die bauliche Durchführung der Quellfassung ist aus der früheren Fig. 6,
jene des Hochreservoirs aus Tafel VIII zu ersehen und wird auf die bezügliche
frühere Beschreibung (S. 131) verwiesen. Die Baukosten dieses Wasser-
werkes beliefen sich inkl. der Wasserrechtsentschädigungen auf rund 214000 K,
welcher Betrag sich aus folgenden Rechnungsposten zusammensetzt:
K. Beschreibung ausgeführter kleinerer Wasserversorgungen.
169
Quellfassung 6200 K.
Hauptzuleitung zum Hochreservoir 58400 „
Hochreservoir 19000 „
Stadtrohrnetz 86400 „
Wasserrechtsentschädigungen und allgemeine Kosten . 44000 „
Zusammen: 214000 K.
Druckhöhenberechnung der Hauptstränge des Stadtrohmetzes
von Mährisch-Trübau.
Bezeichnung der Strecke:
£
O
'S
E
Q
1-8
-1
o «
s
TS
'S -^
Reservoirsohle
Bis Hydrant 1
Hydrant 1—2
„ 2-3
>» 3 — 4
,, 4 bis Abzweigung Rosen-
gasse
Rosengasse bis Hydrant 5 . .
Hydrant 5 bis Teiltopf I . .
Teiltopf I bis Hydrant 6 . .
Hydrant 6—7
„ 7-8
„ 8-9
„ 9 bis Teiltopf U . .
Teiltopf II bis Hydrant 22 . .
Hydrant 22—23
„ 23-24
„ 24-26
„ 26-26
„ 26—27
„ 27—28
Abzweigung Zwittauer Gasse
Bis Hydrant 16
Hydrant 16—17
Abzweigung Herrengasse, Grofier
Platz
Bis Abzweigung Frohngasse . .
„ Hydrant 18
Hydrant 18 bis Abzweigung
Röhrengasse
Röhrengasse bis Grofier Platz .
Grofier Platz bis Hydrant 19 .
630
126
166
130
86
40
36
66
160
106
166
26
60
100
106
130
100
120
116
106
100
90
6
80
16
60
22,0
22,0
21,68
21,32
21,00
18,86
18,76
16,64
16,38
14,98
14,72
14,31
11,64
11,34
10,84
10,32
9,67
9,17
4,67
8,61
4,26
10,62
9,61
9,49
9,10
8,62
176
176
176
176
175
150
160
126
126
125
126
125
125
125
125
100
100
100
100
125
100
125
125
125
125
100
0,92
0,92
0,90
0,89
0,88
1,07
1,06
1,26
1,24
1,21
1,20
1,17
0,96
0,93
0,89
1,32
1,23
1,18
0,68
0,69
0,67
0,87
0,78
0,77
0,74
1,09
6,10
6,10
6,00
6,76
6,60
9,40
9,35
16,30
16,00
14,36
13,90
13,30
9,10
8,75
8,00
20,40
18,40
16,80
4,85
6,22
4,10
7,70
6,36
6,30
5,88
14,61
3,84
0,76
0,93
0,75
0,48
0,38
0,33
1,00
2,40
1,51
2,29
0,33
0,65
0,88
0,84
2,65
1,84
2,02
0,56
0,66
0,41
0,69
0,03
0,60
0,09
0,73
386,60
382,66
381,90
380,97
380,22
379,74
379,36
379,03
378,03
376,63
374,12
371,83
371,60
370,96
370,07
369,23
366,68
364,74
36?,72
362,16
379,03
378,48
378,07
379,03
378,34
378,31
377,81
377,72
376,99
364,3
354,6
365,0
368,4
369,8
361,6
362,0
362,6
369,2
367,5
366,2
366,2
364,2
360,0
346,2
346,5
346,0
346,0
343,7
363,6
364,5
361,8
361,8
361,5
361,8
361,3
28,4
27,3
26,0
21,8
19,9
17,8
17,0
16,4
16,4
16,6
16,6
16.3
16,8
20,1
23,0
20,1
18,7
16,7
18,5
14,9
13,6
16,6
16,6
16,3
16,9
16,7
170
I. Die Wasserversorgung der Ortschaften.
Bezeichnung der Strecke:
i
mm
ü
e
'S w
Im «t
£-3
tSH
S 'O
'S •*
Hydrant 19 bis zur Ecke . .
Ecke bis Hydrant 20 ... .
Bis zur Ecke
„ ab Ledergasse
„ Hydrant 21
Ledergasse
Bis Hydrant 36
Abzweigung Grofier Platz, West-
Nord
Bis Hydrant 32
Hydrant 82—33
Abzweigung Röhrengasse . . .
Bis Hydrant 34
70
40
60
10
40
70
60
80
8,40
8,40
8,2
8,2
4,1
4,17
8,64
4,41
4.20
100
100
100
100
100
80
100
80
80
1,08
1,08
1,04
1,04
0,62
0,84
1,09
0,88
0,84
14,26
14,26
13,60
13,60
3,90
11,30
14,62
12,40
11,40
1,00
0,67
0,68
0,14
0,16
0,79
0,73
1,18
0,91
376,99
376,42
374,74
374,ißO
374,44
374,60
373,81
377,72
376,99
376,81
377,81
376,90
361,3
361,0
360,1
369,8
369,1
368,6
361,8
361,8
369,8
14,7
14,4
14,6
14,8
16,3
16,3
16,2
14,6
17,1
II. Das Wasserwerk der Stadt Teschen (Österr.-Schlesien).
Im März 1892 seitens der Gemeindevertretung der Stadt Teschen als
technischer Sachverständiger für die Lösung der Frage der' Wasserversorgung
dieser Stadt berufen, wurden in den Jahren 1892/93 die bezüglichen hydro-
technischen Erhebungen gepflogen, auf Grund derselben sodann im März 1894
das bezügliche Projekt vorgelegt, welches noch in demselben Jahre zur
baulichen Durchführung gelangte. Als Sachverständiger der Gemeindever-
tretung mußte der Verfasser bei Aufstellung des Programms über die durch-
zuführenden Vorarbeiten neben der Aufgabe, ein Wasserbezugsgebiet zu
finden, das in qualitativer wie quantitativer Hinsicht sichere Gewähr für den
ungestörten Bezug des Wassers für jetzt und künftige Generationen zu bieten
imstande ist, auch den Standpunkt größtmöglichster Bauökonomie und
minimalster Betriebskosten nicht außer acht lassen. Aus diesem Grunde
war das Arbeitsprogramm in nachstehenden Punkten fixiert. Quantitativ und
qualitativ günstige Resultate vorausgesetzt, waren in erster Linie natürlich
zutage tretende Quell wasser in möglichst größter Nähe der Stadt und ent-
sprechend hoch gelegen, also eine möglichst kurze Gravitations-Hochquellen-
leitung in Aussicht zu nehmen. Im Falle diesbezüglicher ungünstiger Studien-
erfolge mußten auch die weiteren Quellengebiete untersucht werden; sobald
die Zuleitungslänge eine bedeutendere wird, treten die Baukosten der Zu-
leitung gegenüber den Bau- und Betriebskosten einer nahe der Stadt gelegenen
Grundwasser- oder Tiefquellenleitung mit maschineller Hebung schon in ein
gleiches oder ungünstigeres Verhältnis. Waren auch die Studien für eine
nahegelegene Grundwasserversorgung von ungünstigem Erfolge begleitet, dann
mußten immer bei Aufrechthaltung einer möglichen Erweiterung der Wasser-
versorgung für spätere Generationen auch die weitesten Gebiete in hydro-
K. Beschreibung ausgeführter kleinerer Wasserversorgungen. ^71
technischer und geognostischer Beziehung durchforscht werden. Leider mußte
für Teschen der ganze oben geschilderte Weg durchwandert werden, aus
welchem Grunde auch die im Frühjahr 1892 begonnenen Vorstudien erst im
Dezember 1893 zum Abschluß gebracht werden konnten.
Wenn schon die Idee, das nötige Wasser in geschlossener Menge in
nächster Nähe der Stadt zu finden, infolge der ungünstigen Resultate der
Vorerhebungen zuletzt aufgegeben werden mußte, dann war es geboten, so
weit in das Flußgebiet hinaufzugehen, bis die nötige Höhe zur Beschaffung
einer Gravitationsleitung gewonnen wurde. Die Studien in den anderen
Quellengebieten waren insoweit von ungünstigerem Erfolge begleitet, als die
Quantität der Quellen in jedem einzelnen Gebiete vollständig unzureichend
gefunden wurde. Nur das Studium der Quellengebiete des Tyrra- und
Nieborowkabaches wies, wenn auch sehr weit gelegen, doch bezüglich der
Quantität die vorzüglichsten Resultate auf. Hier sind sowohl im Gebirge
ergiebige Quellen vorhanden, wie auch eben solche in den vorgelagerten
Schotterkegeln des Gebirges in Form von Grundwasser, d. h. nicht zutage
getretenen Quellwassers, überall erschlossen werden können. Die topogra-
phischen und geologischen Verhältnisse sind für die Quellenbildung außer-
ordentlich günstig. Die Quellen des Tyrragebietes, speziell am Fuße des
Gebirges, haben ein Niederschlagsgebiet von 21,6 km" (Einzugsgebiet), welches
zum größten Teil bewaldet und nur wenig bewohnt ist, und auf welches
große Regenmengen niederfallen. Das Gebirge gehört der Kreideformation
an. — Der Beschaffenheit des Godulasandsteines entsprechend, welcher das
Hauptmassiv dieses Gebirgsstockes bildet, gehört das Wasser zu den sehr
weichen, ist jedoch vom sanitären Standpunkte als Trinkwasser sehr geeignet,
wie es auch für alle Nutz- und Industriezwecke in allen Fällen bestens
verwertet werden kann. Die Spalten und Klüfte des Sandsteines nehmen
das Meteorwasser auf und führen es in die Tiefe, wodurch eine Zersplitterung
der Wasserlieferung schon in den höheren Schichten hintangehalten und die
Bildung ergiebiger, geschlossen fließender Quellen ermöglicht wird. — Ein
großer Teil dieses Wassers gelangt bis in die Niederung und fließt hier in
zahlreichen starken Adern in jenes Geschiebe ein, welches am Fuße des
Gebirges, den Übergang in das Tal vermittelnd, vorgelagert ist. In diesem
Schuttkegel findet es einen ausgedehnten vorzüglichen Rezipienten, indem es
sich beim Austritt aus dem engen Gebirgstale fächerförmig ausbreitet und
mit abnehmender Geschwindigkeit niederfließt. Stellenweise ist diese durch-
lässige wasserführende Schichte nur in geringerer Mächtigkeit über der
undurchlässigen unterliegenden Schichte gelagert, daher nicht imstande, in
seinen Zwischenräumen allem zufließenden Wasser Raum für die unterirdische
Fortbewegung zu geben. An diesen Stellen tritt das Wasser als Quelle zu-
tage. Wo dies nicht der Fall ist, da bewegt sich dasselbe als Grundwasser
noch eine geraume Strecke weiter, um die Gelegenheit zum oberirdischen
Ausfluß weiter unten, vielleicht erst im Flußbette selbst zu finden. Um be-
züglich der Konstantheit und Möglichkeit der Bildung größerer Quellen bezw.
Grundwassermengen in dem vorliegenden Tyrraquellgebiete für andere Jahre
Anhaltspunkte für die Beurteilung der Größe etwa eintretender abnormaler
172 I- ^*c Wasserversorgung der Ortschaften.
Minimas zu erhalten, wurde nebst Abteufung mehrerer Probebrunnen und
wiederholter Messung derselben auch auf rechnerischem Wege und basiert
auf die vieljährigen Erfahrungen und Messungen der Abflußmengen im Becwa-
gebiete (gleichfalls aus Karpathensandstein bestehend) die Menge der Quell-
wassermengen aus den gefallenen Regenmengen in folgender Weise bestimmt:
1. Durchschnittliche Quellwassermenge pro Tag, aus der jährlichen
Regenmenge berechnet. Für die 9 Beobachtungsjahre 1885 — 1893, seit welcher
Zeit die Station Teschen besteht, kann für das Quellengebiet der Tyrra eine
jährliche Regenhöhe von ca. 1000 mm angenommen werden. Das Nieder-
schlagsgebiet beträgt 21,63 km«. Wir erhalten somit 21630000 m« Regen-
menge pro Jahr. Von dieser gelangen zum oberflächlichen Abflüsse ca. 60 <^/q,
zur Verdunstung 20 ^/q, es versickern daher und bilden Quellen oder Grund-
wasser im Jahre 20 ^/^ der Regenmenge, d. h. 4326000 m* oder pro Tag
11850 m^. Da Teschen damals ca. 16000 Einwohner zählte, so beträgt der
Tagesbedarf bei einer Annahme von 100 1 pro Kopf und Tag bloß 1600 m'
oder 18,5 sl. permanenten Zufluß. Es entsprechen also obige 11850 m* dem
5 fachen späteren Bedarf für Teschen pro 2400 m®, wenn eine Einwohnerzahl
von 24000 Köpfen in Rechnung gezogen wird. (Der mittlere Zuwachs pro
Jahr betrug nach den Volkszählungen 1857, 1869, 1880, 1890 je 2,14 — 3 — 1,05 <>/o,
und betrug die Einwohnerzahl im Jahre 1890 inkl. Militär 15220 Köpfe. Der
größte Zuwachs wurde nach Erbauung der Kaschau-Oderberger Bahn 1869
konstatiert.)
2. Minimale Quellen- (bezw. Grundwasser-) Mengen aus dem kleinsten
beobachteten Quartal berechnet. Für das Stadtgebiet wurde in den 9 Jahren
als Minimum das Winterquartal 1890 mit 60 mm Regenhöhe konstatiert.
Trotzdem berücksichtigt werden muß, daß in dem höher gelegenen waldreichen
Quellengebiete der Niederschlag nach bekannten Tatsachen viel größer
gewesen sein muß, trotzdem weiter zu beachten ist, daß im Winter der Bedarf
an Nutzwasser in .der Stadt durch Wegfall der Straßen- und Gartea-
bespritzungen etc. bedeutend geringer ist als im Sommer, wurde doch der
Sicherheit wegen mit diesem Minimum von 60 mm gerechnet. Wir erhalten
für drei Monate 1297800 m* Regenmenge. Rechnen wir QO^Iq Abflußquote
und des Winters wegen bloß 10*^/q Verdunstung, so erhalten wir somit
SO^Iq für Grundwasserbildung, d. i. 389340 m» für 90 Tage, also 4326 m»
pro Tag, gegenüber 2400 m^ Bedarf, es ist also nahezu der doppelte Bedarf
gedeckt. Aus den meteorologischen Tabellen der seit langem bestehenden
Station Brunn ist zu ersehen, daß das Jahr 1893 eines der regenarmsten
Jahre in Mähren seit 1848 war, was auch für Schlesien im großen ganzen
angenommen werden konnte.
Auf Grund des genehmigten Projektes wurde im Mai 1894 mit dem
Bau dieses Wasserwerkes begonnen und dasselbe im Frühjahr 1895 vollendet.
Baubeschreibung,
a) Wassersammelanlage.
Die in erster Linie vorgenommenen Bauarbeiten erstreckten sich auf
die baulich rationelle und dabei vollständige Erschließung und Sammlung des
K. Beschreibung ausgefiihrler kleinerer Wasserversorgungen. 173
Grundwassers (nicht zutage getretenen Quellwassers) in der Gemeinde
Oldrzychowitz. Diese Aufschließungsarbeiten bestanden in tiefen Drainagen,
an deren Vereinigungspunkten sich Sammelschächte befinden, von welchen
aus durch gußeiserne Leitungen das gesammelte Wasser in ein Wasserschloß
geführt wird. Es wurden im allgemeinen senkrecht zur Grundwasserstrom-
richtung Gräben 4 — 5 m tief ausgehoben. Die Länge dieser Gräben beträgt
im ganzen 1500 m. In diese Gräben wurden sodann in der oberen Hälfte
gelochte glasierte Steinzeug-Tonrohre von 250 mm Lichte so eingelegt, daß
sie zur Hälfte in gewachsenem Boden eingebettet sind. Über diese Tonrohre,
welche nur lose ineinander gesteckt oder mit Hanfstrick und Letten ge-
dichtet sind, wurde reiner, gewaschener Flußschotter in einer Mächtigkeit von
30 cm über der Rohroberkante eingebracht, über welchen eine Stampfbeton-
lage von 15 cm und darüber ein Lettenschlag kam. Das übrige Material
wurde in Schichten von 30 zu 30 cm eingebracht und festgestampft (Taf. IV,
Fig. 11). Der Drainagegraben selbst wurde dann an der Oberfläche besamt.
Um den Einlauf des Grundwassers in die Sickerrohre leichter zu ermöglichen,
wurden in dem Rohrgraben von 4 zu 4 m kleine Stauwerke quer über den
Graben und in der Höhe bis zur Betonlage aus Stampfbeton hergestellt.
Am Ende jedes längeren Sammelstranges wurden Entlüftungsrohre (Steinzeug-
rohre) bis 50 cm unter Terrain eingebaut, welche Rohre in einen gemauerten
Schacht einmünden (Taf. IV, Fig. 9 und 10). Über Terrain gehen diese
Tonrohre in ein schmiedeeisernes Ventilationsrohr über. Am Ende dieser
Drainstränge werden gemauerte Sammelschächte aufgeführt (Taf. IV, Fig. 7
und 12). Diese Schächte haben eine Weite von 1,50 . 1,50 m im Lichten und
sind vollständig in Stampfbeton hergestellt; sie erhielten eine solche Tiefe,
daß das Wasser aus den Drainagen frei einfließt, was dadurch erreicht wird,
daß das Ablaufrohr mit der Oberkante 20 cm tiefer liegt als die Unterkante
des Einlaufrohres. Die Sohle des Schachtes liegt 50 cm tiefer als die Unter-
kante des Ablaufrohres. Durch diese Ausführungsart lagern sich aus den
Drainagen die mitgerissenen Sand- und Schlammteilchen hier ab und können
von Zeit zu Zeit mit Hilfe der angeordneten Leerlaufleitung, kombiniert mit
einer Umlaufleitung, entfernt und so der Schacht gereinigt werden. Die
Anordnung einer Umlauf-, zugleich Leerlaufleitung hat auch den Vorteil, daß
man beliebig eine oder die andere Fassung ausschalten kann. Von einer
separaten Leerlaufleitung wurde Abstand genommen, da die Kosten derselben
infolge des geringen Terraingefälles sehr große gewesen wären. Es wurde
nämlich, wie schon erwähnt, anstatt dieser eine Umleitung bei den Schächten
gemacht, wodurch man durch Schieberstellung das Wasser aus den Drainagen
direkt in das Ablaufrohr von den Quellschächten leiten kann. In dieser
Zuleitung zum Wasserschloß ist an jenem Punkte, wo die normale Tiefe von
1,7 m erreicht ist, der eigentliche Entleerungsschacht angebracht, durch
dessen Entieerungsleitung man das Wasser aus den Drainagen, welche
durch die Umleitung in diesen Schacht kommen, ableiten kann (Taf. IV,
Fig. 14 und 15).
Die Sohle des Schachtes ist betoniert, sowie die seitlichen vom Wasser
benetzten Flächen mit reinem Portlandzement verputzt und verschliffen. Der
174 ^' ^'® Wasserversorgung der Ortschaften.
übrige Teil des Schachtes ist roh verputzt und der ganze Schacht ringsum
mit Letten ausgestampft, um ein Eindringen von Tagwasser zu verhindern.
Der Schacht ist mit einem verschließbaren gußeisernen Deckel abgedeckt.
Zum Einsteigen sind Steigeisen angeordnet. Die eventuellen später durch-
zuführenden Fassungen der Hochquellen im Tyrratale, als Erweiterung der
bestehenden Sammelanlage, werden sich einfacher gestalten, indem dieselben
aus festem Felsen kommen. Diese Quellen werden aufgedeckt und denselben
in Form eines Stollens bis auf 6 m nachgegangen. Der Stollen erhält ein
lichtes Profil von 1,6 . 0,8 m, und ist in der Sohle eine Rinne auszuspitzen.
Der Vortrieb desselben muß so geschehen, daß die Quellen über der Sohle
austreten und in der Kunette zu der am Eingange des Stollens zu errichten-
den Quellkammer zufließen. Diese Quellkammer muß ebenso wie die oben
beschriebenen Sammelschächte vollständig dicht gemauert und mit einem
Leer- und Überlauf versehen sein. Da der Höhenunterschied zwischen dem
Vereinigungsschacht dieser Quellen und dem Akkumulatur (Sammelschacht)
ein bedeutender ist (107 m), so werden in dem ca. 3500 m langen Zuleitungs-
strange der Tyrraquellen ein oder zwei Druckentlastungsschächte einzubauen
sein. Von den einzelnen Sammelschächten führen gußeiserne Rohrstränge
zu dem Wasserschlosse. Die Konstruktion des Wasserschlosses ist aus den
Fig. 1 — 6, Tafel IV zu ersehen und wird bezüglich der Beschreibung auf den
Absatz „Quellstuben" verwiesen.
b) Haupfzuleifung vom Wasserschloß in Oldrzychowifz zum Hochreservoir
in Teschen.
Von diesem Wasserschloß führt das 300 mm im Lichten messende
Zuleitungsrohr zum Hochreservoir in der Obervorstadt von Teschen (Taf. IX).
Die Rohre sind durchschnittlich mit 1,5 m Deckung gelegt und auf gewachsenem
Boden gelagert. Die ganze Leitung schmiegt sich soviel als möglich dem
Terrain an und ist immer in Steigung oder Gefälle gelegt. In den Bruch-
punkten sind, falls von der Steigung in Gefälle übergegangen wird, Luft-
ventile in Schächten angeordnet, und wo von Gefälle in Steigung über-
gegangen wird, Spülauslässe, bestehend in Absperrschiebern, d = 100 mm,
mit Einbaugamituren und entsprechenden Leerlaufleitungen aus Tonröhren
situiert. Durch die Luftventile wird von Zeit zu Zeit durch öffnen derselben
die vom Wasser mitgerissene Luft herausgelassen und durch die Grund-
ablässe die mitgerissenen Schlamm- oder Sandteilchen entfernt. Die ver-
legten Rohre sind gußeiserne Muffenrohre, nach deutschen Normalien, stehend
gegossen, auf der Hütte auf 18 Atmosphären Wasserdruck geprüft und innen
und außen heiß asphaltiert. Die Dichtung derselben geschah durch Hanf-
stricke und Weichblei. Nach der Verlegung und Dichtung der Rohre wurde
das ausgehobene Material des Rohrgrabens zur Eindeckung wieder benutzt,
und zwar in horizontalen Lagen von 30 zu 30 cm festgestampft. Das Schotter-
material der Straße, welches beim Aushub separat deponiert wurde, mußte
zum Schluß auf den Rohrgräben wieder aufgeführt werden. Der lichte
Durchmesser des Zuleitungsrohres ist mit 300 mm berechnet, und zwar auf
Grund nachfolgender Annahmen:
K. Beschreibung ausgeführter kleinerer Wasserversorgungen. 175
Wasserspiegelkote Wasserschloß 360 "^ \ » __ ^ />
„ Reservoir 344 m / "~ '
Länge 12110 m, daher 0,132 ^/^^ Gefälle,
ö = 35 sL, *
daraus resultierte d = 270 mm.
Anstatt dieses nicht üblichen Diameters wurde ein 300 mm-Rohr ge-
nommen, und dieses liefert bei dem verfügbaren Gefälle und der Länge der
Leitung Q = 0,037 m* = 37 sl., also eine Wassermenge, welche für die weiteste
Zukunft hinaus für die Versorgung der Stadt Teschen ausreichend ist. Da
bei der Bauausführung eine teilweise Tracen Verlegung und damit eine Ver-
kürzung der Hauptzuleitung auf 10800 m durchgeführt wurde, so ergibt sich
de facto v = 0,59 m und Q = 4:1 sl.
c) Hochreservoiranlage (Taf. ix).
Das oberhalb der k. k. Landwehrkaseme situierte Reservoir hat vor-
läufig einen Fassungsraum von 1600 m*, d. i. eine Wassermenge, welche dem
jetzigen Tageskonsum, bei 16000 Einwohnern und 100 1 pro Kopf und Tag
gerechnet, gleichkommt, also einen Fassungsraum, welcher vollständig den
Verhältnissen entspricht, d. h. die Schwankungen im Tageskonsum ausgleicht
und für Feuerlöschzwecke und Straßenbespritzung eine entsprechende Reserve
bildet. Sollte sich die Notwendigkeit einer Vergrößerung desselben bei An-
wachsen der Einwohnerzahl ergeben, so ist hierauf Rücksicht genommen,
indem dann noch eine dritte Kammer angebaut wird und die einzelnen Rohr-
leitungen nur verlängert werden müssen, wobei aber die maschinelle Ein-
richtung selbst unverändert bleibt. Das in jetziger Größe projektierte
Reservoir besteht aus zwei vollständig getrennten Kammern von je 800 m*
Inhalt. Jede Kammer hat einen separaten Ein- und Ablauf, Leer- und Über-
lauf. Durch Schieberstellung in der Ventilkammer kann man jede Kammer
für sich oder beide zugleich in Betrieb nehmen. Der höchste Wasserstand
beträgt 3 m, in welcher Höhe die Überläufe angeordnet sind. Jede Kammer
ist durch Zungenmauem in einzelne Unterabteilungen geteilt, welche durch
freigelassene Bogen miteinander kommunizieren. Durch diese Anordnung hat
man eine leichte Überwölbung bezweckt, nebstdem, was der wichtigere
Umstand ist, wird eine Zirkulation des Wassers vom Einlauf zum Ablauf zur
Stadt erreicht. Das Reservoir selbst ist mit Ausnahme der Ventilkammer,
die in hydraulischem Ziegelmauerwerk erbaut ist, ganz aus Stampfbeton
(1:2:4 und 1:2:5) hergestellt, die vom Wasser benetzten Flächen mit reinem
Portlandzement verschliffen, die übrigen Innenwände rauh mit hydraulischem
Kalkmörtel verputzt. Das ganze Reservoir ist eingewölbt, auf der äußeren
Laibung mit Zementüberguß versehen, über welchen ein Asphaltüberguß kam,
worauf das ausgehobene Material bis zu einer Höhe von 1 m im Scheitel
aufgeführt wurde. Behufs guter Ventilation sind über jeder Kammer 10 Stück
Wolpertsche Ventilationsrohre angebracht.
Zur leichten Manipulation der Schieber, welche mit Scheibenzeiger-
werk von oben betrieben werden können, ist eine Ventilkammer angebaut.
176 ^' ^*® Wasserversorgung der Ortschaften.
welche nach außen durch eine entsprechende Fassade repräsentiert er-
scheint.
d) Sfadfrohrnefz.
Vom Reservoir führt das 300 mm im Lichten messende Rohr zur Stadt,
reduziert sich nach der ersten Abzweigung auf 275 mm, dann in immer
kleineren Dimensionen bis auf 80 mm. Das 300 mm-Rohr fördert bei 50 cm
Geschwindigkeit 35,34 1 pro Sekunde, wobei sich ein Druckverlust bei einer
Länge von 100 m von 0,118 m ergibt; bei 1 m Geschwindigkeit liefert dasselbe
Rohr 70,68 1 pro Sekunde und ergibt sich ein Druckverlust von 0,405 m pro
100 m. Der Berechnung des Hauptspeisestranges für die Stadt ist der
Maximal-Stundenkonsum am Tage des größten Wasserverbrauches zugrunde
gelegt. Derselbe beträgt erfahrungsgemäß 10,5 ®/o des mittleren Tagesver-
brauches. Der mittlere Verbrauch beträgt in späterer Zukunft Q = 2400 m*.
Es ist also:
^li* . o ^ 2400.10,5 ^_ .
(^-Maximum pro Stunde = rjr:: = 2o2 m*
oder jß-Maximum = 70 sl.
Die Dimension ist also so reichlich bemessen, daß selbst bei einer
doppelten Einwohnerzahl der Stadt Teschen die Lieferungsfähigkeit vollständig
hinreichend ist.
Die Druckhöhen in den einzelnen Straßen schwanken von 2,5 bis
5,7 Atmosphären. Es ist also möglich, überall in alle Stockwerke das Wasser
leiten und nebstdem die eingebauten Hydranten direkt zu Feuerlöschzwecken
benutzen zu können. Die einzelnen Straßen können durch Einbau von Ab-
sperrschieber abgesperrt werden, um bei eventuellen Arbeiten an den
einzelnen Rohrsträngen immer nur die betreffende Straße außer Betrieb
setzen zu können. Die eingebauten Feuerhydranten sind in zweierlei Art
ausgeführt, und zwar für freie Plätze und breite Straßen Überflurhydranten,
sonst Normal-Unterflurhydranten. Beide Arten sind mit mechanischer
Entleerung versehen, welche nach Gebrauch des Hydranten geöffnet wird,
damit das Wasser, welches noch im Körper des Hydranten sich vorfindet,
entleert werden kann und der Hydrant ganz ohne Wasser ist, wodurch ein
Einfrieren im Winter nicht stattfinden kann. Das Wasser der Entleerung
versickert in den den Hydranten umgebenden Steinwurf. Alle Hydranten
werden seitlich gesetzt, d. h. an den Bordstein des Trottoirs, wodurch ein
Auffinden derselben leicht möglich wird, weil ja die Trottoirs stets gereinigt
werden; außerdem hat diese Anordnung den Vorteil, daß bei Gebrauch der
Hydranten der Verkehr auf der Straße am wenigsten gestört wird.
Bei den Bachunterführungen sind überall Spülauslässe angeordnet,
um die sich event. ansammelnden Schlammteilchen ausspülen zu können. —
Auf den öffentlichen Plätzen und in Straßen, wo eine ärmere Bevölkerung
wohnt, welche sich Hausinstallationen nicht leicht einrichten lassen kann,
wurden frostfreie Ventilbrunnen angeordnet.
Nach dem vorgelegten Detailprojekte waren folgende Kostenziffern
präliminiert.
K. Beschreibong ausgeführter kleinerer Wasserversorgungen. 177
Kostenvoranschlag.
A. Wassersammelanlage:
I. Quellfassungen, Sammelanlagen und Zuleitun-
gen bis zum Wasserschlosse 84200 K.
IL Bau des Wasserschlosses 18400 „ 102600 K.
B. Hauptzuleitung vom Wasserschloß zum Hochreservoir,
12,1 km lang, Rohrstrang ^=300 mm, samt allen Objekten 338800 „
C. Bau des Hochreservoirs (Ziegelmauerwerk — 1600 m^
Fassungsraum) 77000 „
D. Stadtrohrnetz mit Akzessorien und Objekten, Auslauf-
brunnen etc 215000 „
Gesamtsumme: 733400 K.
Die Kosten der Einbeziehung der Tyrra- Quellen, deren Durchführung
einem späteren Zeitpunkte vorbehalten bleibt, sind im Projekte mit 61200 K
(exkl. der Wasserrechtsentschädigungen und Grundabtretungen) vorgesehen.
In obiger Bausumme (733400 K) erscheinen die Kosten für Grundeinlösungen,
Wasserrechts- und Kulturentschädigungen, Kommissionskosten, Bauleitung etc.
nicht aufgenommen; diese Summe repräsentiert also die reinen Baukosten.
Die Einlösung der Quellgründe kam im Durchschnitt auf 1600 K pro
Joch (2660 K pro Hektar). Trotzdem das Stadtrohmetz gegenüber dem
Projekte wesentlich erweitert wurde, stellen sich die wirklichen Ausführungs-
kosten niedriger als die des Projektes. Die gesamten Auslagen für die
Herstellung des Wasserwerkes inkl. der bedeutenden Mehrarbeiten betrugen:
A. Sammelanlage 99400 K.
Wasserschloß 15400 „ 114800 K.
B. Hauptzuleitung vom Wasserschloß zum Hochreservoir. . . 286200 „
C. Hochreservoir 74000 „
D. Stadtrohmetz . 190000 „
Zusammen: 665000 K.
Hierzu kommen noch:
Gmndankauf und Entschädigungen, diverse Auslagen, als
Bauleitung , Projektskosten , Telephonverbindung , Kom-
missionen und Taxen etc., zusammen 101000 K.
Kosten des gesamten Wasserwerkes: 766000 K.
Die Ausführungskosten der durch die Gemeinde hergestellten Haus-
leitungsanschlüsse, welche in die eigentlichen Kosten des Wasserwerkes beim
Projekte allgemein nicht aufgenommen werden, betrugen 24000 K.
Bei der im Juni 1895 vorgenommenen KoUaudierung des Baues durch
den Verfasser als Bauoberleiter wurden nachstehende Temperatur-Zunahmen
konstatiert.
Temperatur des Wassers:
a) im Wasserschloß 8,3 <> C
b) im Hochreservoir 11,3
0
n
c) am Ende des Stadtrohmetzes . . 13,1 o „ = 10,4 « R.
Friedrich, Wasserbau. Zweite Auflage. II. Band. 12
178 ^- ^^* Wasserversorgung der Ortschaften.
Mit Zugrundelegung der wirklichen Rohrlängen ergibt sich zwischen
a und b auf 10,5 km Länge (nach Verlegung der Rohrtrace gegen ursprüng-
lich 12,1 km) eine Temperaturzunahme von 3® C. = 2,4® R., zwischen b und c
auf 2,5 km Länge eine solche von 1,8® C. = 1,4® R. Diese Resultate sind
wohl insoweit noch nicht maßgebend, als das frisch angeschüttete Material
im Rohrgraben noch nicht genügende Dichte wie der gewachsene Boden
besitzt, daher den Eintritt der warmen Luft im Sommer damals noch stark
begünstigte, mithin später eine Herabminderung der Temperaturzunahme zu
gewärtigen sein wird.
In sehr heißen Perioden kommen wohl auch bei anderen langen Leitungen
wesentliche Temperaturzunahmen vor. So betrug nach eigenen Messungen
die Temperatur des Wiener Hochquellwassers in den höchstgelegenen End-
punkten (Währing Kottage)
im Juli 1895 15,2® C,
„ September 1895 14,3® „
„ Oktober 1895 13,3® „
und ebenso Ende Juni 1906 nach tagelanger enormer Hitze (bei Lufttemperatur
von 30® C.) hatte das Wasser 14,8® C, trotzdem dasselbe sehr erfrischend
schmeckte, während die Temperatur an den Quellen Kaiserbrunn und Stixen-
stein 6 — 8®, im Hauptreservoir am Rosenhügel 6 — 10® C. beträgt. Bei der
82 km langen Frankfurter Quellleitung aus dem Vogelberg- und Spessart-
gebiete betrugen die Wassertemperaturen: an der Quelle 9,0® C, im Haupt-
reservoir bei der Stadt (Laufdauer des Wassers 22 Stunden) 10,0® C. und
in dem 6000 m von diesem entfernten, am anderen Stadtende gelegenen
Gegenreservoir 12,75® C.
IL Die Stauweiherbauten.
12 •
Gebirgsreservoire
(Stauweiher oder Talsperren).
A. Einleitung.
Die großen Vorteile, deren sich menschliche Ansiedelungen in der
Nähe größerer und höher gelegener Seen und Teiche in wasserwirtschaftlicher
Beziehung zu erfreuen hatten, haben schon in alten Zeiten die Menschen
darauf geführt, dort, wo die Notwendigkeit und Möglichkeit vorlag, derartige
Wasserbehälter künstlich herzustellen.
In Indien, China, Japan, Ägypten, Assyrien und Persien finden wir seit
urdenklichen Zeiten solche Wassersammelanlagen oft in den riesigsten
Dimensionen durchgeführt. Zumeist sind die alten Staudämme (Talsperren)
in Form von Erddämmen hergestellt, während Sperren aus Mauerwerk erst
im 16. Jahrhundert in Spanien auftraten (die ältesten Staumauern bei Almansa
und Alicante in Spanien bestehen schon seit 1584). Der Umstand, daß Erd-
dämme keine bedeutendere Stauhöhe zulassen, sowie der Mangel wissen-
schaftlicher Untersuchungen und endlich die Furcht vor den mit einem
Zusammenbruche der Reservoirmauer verbundenen furchtbaren Verheerungen
haben in den früheren Jahrhunderten nur zur Erzielung geringerer Stauhöhen
Anlaß gegeben, während durch die in den letzten Jahrzehnten rapid fort-
schreitende Entwicklung der Bauwissenschaften insbesondere die Franzosen
als die ersten mit rationell dimensionierten hohen Absperrmauem hervortraten.
Im Prinzip wird ein Gebirgsreservoir hergestellt werden können, indem man
an einer passenden Stelle das Tal durch ein wasserdichtes Abschlußwerk
— eine Talsperre aus Mauerwerk, Erde oder Holz — absperrt, also eine
künstliche Stauanlage herstellt, hinter welcher sich das im Talgerinne, Bach-
oder Flußbett herabkommende Wasser bis zu einer gewissen Höhe an-
sammeln wird.
Diese Gebirgsreservoire setzen also zum Unterschiede von anderen in
die Erde versenkten Hochreservoiren oder durch künstlichen Aushub her-
gestellten offenen Behältern (Teiche) keinen Erdaushub zur Schaffung eines
künstlichen Fassungsraumes voraus. Die Vorteile, welche ein natürlicher See
oder eine künstlich hergestellte Sammelanlage — ein Stauweiher — in
wasserwirtschaftlicher Hinsicht für die unterhalb gelegenen Interessenten
bietet, sind im allgemeinen durch die Ermöglichung einer günstigen Regelung
der Zu- und Abflußverhältnisse charakterisiert. Wir haben bei Be-
sprechung des Kreislaufes des Wassers auf der Erde gesehen, wie ungleich-
förmig der Abfluß des in Form der atmosphärischen Niederschläge auf den
182 ^^' ^^* Stauweihcrbautcn.
Erdboden gelangenden Wassers während der einzelnen Jahresperioden sowohl
wie nach einem größeren Regenfalle im speziellen erfolgt.
Es ist weiter bekannt, dafi es im allgemeinen sehr trockene und sehr
nasse Jahre gibt, die in verschiedenen Intensitäten ca. alle 8 — 11 Jahre
wiederkehren, weiter, daß innerhalb eines Jahres selbst ein einzelner Monat
(bei uns z. B. der Monat Juni oder Juli) allein 20 — 30 ^/^ der jährlichen Regen-
höhen liefern kann, hingegen wieder andere Herbstmonate (z. B. der Sep-
tember), sowie einzelne Wintermonate äußerst trocken sind. Durch genügend
große und am richtigen Orte angelegte Stauweiher kann nun in den regen-
reichen Zeitperioden das Wasser aufgespeichert werden, um es bei Trockenheit
allmählich wieder abzugeben, wodurch also eine geregelte Wasserwirtschaft
erzielt wird. In den südlichen Ländern insbesondere wären ohne Stauweiher
die Existenzbedingungen für die Landwirtschaft nicht vorhanden, da infolge
der dort viele Monate andauernden Regenlosigkeit die für die Vegetation
notwendige Feuchtigkeit nicht vorhanden ist und durch die Sammelreservoire
künstlich geschaffen werden muß, zu welchem Behufe in der regenreichen
Zeit diese künstlichen Sammelbehälter gefüllt werden. In Indien sollen gegen
90 ^/q der in den Wasserläufen oberirdisch zum Abfluß gelangenden Wasser-
mengen für Zwecke der Landwirtschaft verwendet werden. Die indischen
Reservoire stammen aus den ältesten Zeiten und haben oft kolossale Fassungs-
räume. So besitzt das Reservoir von Ekruk bei Sholapur ca. 94 Mill. m*,
jenes von Mutha sogar 146 Mill. m* Fassungsraum. Solcher, wenn auch
kleinerer Stauweiher gibt es in Indien ungemein viele und soll die Provinz
Madras nach Jackson allein 53000 Reservoire aufweisen, welche zumeist
als Erddämme bis zu 19 km Länge hergestellt wurden. In Algier sind es
insbesondere die Monate Juni, Juli und August, welche regenlos sind. Die
während der Regenzeit wildbachartig anschwellenden Bäche und Flüsse ver-
siegen im Sommer vollständig. Die dortigen Reservoire stammen zumeist
aus alter Zeit, doch wurden auch in der Neuzeit einige Sperren angelegt,
von denen unter anderen das Reservoir von Cheliff mit 5 Mill. m* Fassungs-
raum zu erwähnen ist. Spanien besitzt in den südlichen Provinzen Valencia,
Murcia und Granada tropisches Klima und ermöglicht eine Bewässerung nur
durch große Reservoirs. So liefert z. B. das Reservoir von Tibi oder
Alicante am Monegroflusse (gebaut 1579 — 1584) das nötige Bewässerungs-
wasser für 3700 ha in einem Quantum von jährlich 30 Mill. m* Wasser.
Es stehen also pro Hektar jährlich 8000 m* zur Verfügung, was einem
fi 000 000 1
permanenten Zufluß während des ganzen Jahres von qi ooooon <^]f ~ ^»^^ ^^"
bezw. auf unsere übliche 6 monatliche Kulturperiode bezogen von 0,50 sl.
entspricht. Die 41 m hohe und 67 m lange Staumauer magaziniert ein
Wasserquantum von 5 Mill. m* auf und wird dieses Reservoir jährlich 6 mal
gefüllt. Das Reservoir von Elche am Vinalopoflusse (23 m hohe Mauer)
dient zur Bewässerung von 12000 ha Ackerland. Große Reservoire sind
weiter jene von Puentes, durch eine 48 m hohe Staumauer, 1885 an Stelle
des alten zerstörten Bauwerkes hergestellt, gebildet, welche ein Staubecken
von 31,56 Mill. m* abschließt; weiter wäre zu erwähnen das zur Wasserver-
A. Einleitung. 183
sorgung von Madrid dienende Reservoir von Villar am Lozoyaflusse, welches
durch eine 51 m hohe Staumauer einen Fassungsraum von 20 Mill. m^ ab-
schließt. In bezug auf Größe des Fassungsrauraes steht jedoch Ägypten
obenan.
Aus dem Altertum (2 — 3000 v. Chr.) stammend ist es insbesondere
der Möris-See, welcher die Hoch Wässer des Nils behufs Bewässerung der
Ländereien in der trockenen Jahreszeit ansammelte. Derselbe soll auf der
linken Seite des Nils ca. 15 Meilen südlich von Kairo sich befunden und bei
1200 km* Oberfläche 3 — 4000 Mill. m^ Wasser magaziniert haben und mit
Schiffen befahren worden sein. Das Wasser wurde diesem künstlichen See
durch einen ca. 50 Meilen langen Kanal vom Nil zugeleitet, von hier gegen
Memphis zur Bewässerung der Grundstücke geführt und das überschüssige
Wasser in die Wüste abgeleitet.
Als neuester, 1898 begonnener und vor kurzem vollendeter Stauweiher
ist das Assuan Reservoir hervorzuheben, welches, durch eine ca. 2 km lange
in Granit gemauerte Talsperre von 28 m Höhe gebildet, ein Wasserquantum
von ca. 1500 Mill. m^ aufspeichert, zurzeit das größte Reservoir der Welt.
Durch Erhöhung der Sperrmauer um ca. 7 m und Anlage eines
Auxiliarreservoirs durch Umwandlung des Wüstenbeckens Wadi Rajaan,
eine in der libischen Wüste (Provinz Fayoum) gelegene Oase, in einen See
sollen im ganzen 4000 Mill. m* Wasser magaziniert werden, um damit eine
Fläche von 2 Mill. Feddäns (ä 0,42 ha), also 420000 ha bewässern zu können,
durch welche Anlage eine Vermehrung des Volksvermögens von 60 Mill.
Pfund Sterling = 1440 Mill. K in Aussicht genommen ist, während die gesamten
Baukosten des erhöhten Assuan Stauweihers samt dem Auxiliar-See auf
5 Mill. Pfund Sterling = 120 Mill. K geschätzt werden. Ja man will noch
weiter gehen, um durch eine gleichförmigere Verteilung des zur Bewässerung
während eines Jahres zur Verfügung stehenden Wassers des Nilflußgebietes,
also namentlich durch eine wesentliche Vermehrung des Niederwasserquantums
des Nils während der 4 monatlichen Periode Mitte März bis Mitte Juli noch
weitere große Flächen der Kultur zuzuführen zu können. Zu diesem Behufe
sollen zwei Seen Mittelafrikas durch entsprechende Höherstauung nutzbar
gemacht werden.
Insbesondere ist hierzu der Albert Nyanza-See in Aussicht genommen,
in welchem während der 5 Monate, Dezember bis Mai, durch einen Aufstau
von 2 m ein Wasservorrat von 7500 Mill. m* aufgespeichert werden könnte.
Dieses Stauwehr soll beim Ausfluß des Sees bei Fabongo errichtet und
dadurch ermöglicht werden, die derzeit maximale Abflußmenge von 1300 m*
pro Sekunde auf die Zeit vom 1. Dezember bis 1. Mai auszudehnen, während
jetzt das Abflußquantum zeitweilig bis 700 m* pro Sekunde herabsinkt. In
den anderen 7 Monaten müßte mit dieser Minimalabflußmenge das Auslangen
gefunden werden. Würde der Aufstau jedoch mit 4 m Höhe durchgeführt
werden, dann könnten schätzungsweise 17000 Mill. m^ in diesem See mehr
magaziniert werden, durch welches Wasserquantum die Differenz vom Nieder-
wasser zum Hochwasser zu 600 Sek./m* auf weitere 6 Monate gedeckt
erscheinen würde.
184 ^^* I^i® Staaweiherbauten.
Außerdem steht noch der Viktoria Nyanza-See als Sammel- bezw.
Retentionsreservoir zur Verfügung und ist projektiert, an Stelle der Rigon-
fälle eine zweite Stauanlage zu bauen, durch welche dieser Seewasserspiegel
um 3 m gehoben würde. Die Ausdehnung des Viktoria Nyanza-Sees ist eine
derartig große, daß sein Spiegel nur um 0,23 m fallen würde, wenn man die
für den Aufstau des Albert Nyanza-Sees auf 4 m gewonnenen 17 Milliarden m'
dem erstgenannten See entnehmen würde. Da der Viktoria Nyanza-See
unmittelbar oberhalb des Albert Nyanza-Sees liegt, so würden durch diese
beiden Stauanlagen ungeheure Sammelreservoire geschaffen werden, gegen
welche selbst der derzeit überhaupt größte Sammelweiher von Assuan mit
1500 Mill. m* Inhalt als ein nur unbedeutend kleines Sammelbecken er-
scheinen würde.
Gegen diese großartigen Anlagen und Projekte in Afrika erscheinen
die europäischen Stauweiher, obwohl hierdurch für unsere Verhältnisse auch
ganz außerordentliches geschaffen wurde, nur als Miniaturbauwerke.
So besitzt Frankreich, England und Italien für europäische Ver-
hältnisse ganz bedeutende Stauweiher, welche der Wasserversorgung und
Speisung der Schiffahrtskanäle dienen. Es sind dies meist neuere Bauten
(Staudämme und Mauern) von 1 — 9 MilL m' Fassungsraum und Stauhöhen
bis 50 m. Auch in Rußland sind diese, zumeist in Holzkonstruktion aus-
geführten Bauten vertreten. Deutschland besitzt in den Vogesen mehrere
große Stauweiher bis 1 Mill. m* Fassungsraum, denen sich in neuerer Zeit
— ein Verdienst des verstorbenen Professors Intze aus Aachen — eine
bedeutende Anzahl viel größerer Gebirgsreservoire angereiht haben, von
welchen hier nur die große Urftalsperre bei Gemünd mit 45,5 Mill. m*
Fassungsraum bei 52,5 m Höhe der Talsperre, sowie die Marklissasperre
im Queistale mit 15 Mill. m* Inhalt bei 44,4 m Höhe hervorgehoben
werden soll.
In Belgien ist die große Gileppetalsperre bei Verviers zu erwähnen,
in der Rheinprovinz der Stauweiher bei Remscheid als die erste von
Prof. Intze im Jahre 1891 gebaute größere Talsperre.
In Österreich wurde im Jahre 1894 die erste für Hochwasserentlastung
bestimmte, gemauerte Sperre am Kontinent errichtet, welche vom Verfasser
dieser Handbücher projektiert und ausgeführt wurde; es ist dies die Talsperre
bei Jaispitz in Mähren.
Endlich weist auch Amerika hervorragende Stauweiherbauten auf.
Eine detailliertere Anführung der hervorragenderen neueren Talsperren-
bauten ist tabellarisch am Schlüsse dieses Kapitels gegeben.
B. Zweck der Stauweiher.
Wie erwähnt, wird durch die Anlage derartiger Reservoirs im allge-
meinen ein entsprechender Ausgleich der variablen Niederschlags- bezw.
Abflußmengen und eine Regelung der Abfluß Verhältnisse unterhalb dieser
Bauanlagen bewirkt werden können. Im speziellen werden diese Bauten
daher folgenden Zwecken dienen können:
B. Zweck der Stanweiher. 1^35
X. als Sammelreservoire,
während des größten Teiles des Jahres teilweise oder ganz gespannt,
1. für Versorgung von Städten mit Trink- und Nutzwasser;
2. zur Schaffung einer permanenten Wasserkraft für Gewerbe- und Industrie-
werke, Mühlen, Sägen etc.;
3. für Bewässerung der Grundstücke durch Speisung der Hauptzubringer,
insbesondere bei der Sommerbewässerung (Irrigationsreservoire);
4. zur Speisung von Schiffahrtskanälen, zumeist in den sogen. Scheitel-
strecken.
2. Entlastungsreservoire,
auch Rückhaltungs- oder Retensionsreservoire genannt, zur Entwässerung
der Ländereien. Die der Landeskultur zumeist schädlichen Sommerhoch-
wässer der Gebirgsflüsse und Bäche haben in der Regel einen sehr unregel-
mäßigen Verlauf.
Während durch längere Zeit des Abflusses hindurch das Bach- oder
Flußbett imstande ist, das dieser Periode entsprechende geringere sekund-
liche Durchflußquantum weiter zu leiten, tritt das in der Kulminationsperiode
ankommende Wasserquantum aus den Ufern aus, es exundiert und überflutet
die angrenzenden im Inundationsgebiete gelegenen Grundstücke.
Die Entwässerung dieser Kulturflächen in Form der Verhinderung ihrer
schädlichen Überflutung kann nun in den meisten Fällen durch eine ent-
sprechende Regulierung des Talrezipienten, des Flusses in der be-
kannten Weise erfolgen.
Es treten jedoch auch Fälle ein, wo die zur Aufnahme der Hochflut-
welle notwendige Beschaffung eines entsprechend großen Flußschlauches
durch örtliche Verhältnisse bedingt undurchführbar oder doch wenigstens
unrationell erscheint. Die größte ausgedehnteste Inundation tritt während
der Dauer der eigentlichen Hochflutwelle, welche bei Gebirgsflüssen und
Bächen in der Regel eine nur kurze ist, ein. Ist man nun imstande, den
Abfluß derart zu regeln, daß alle die Kapazität des rationell regulierten Fluß-
schlauches überschreitenden sekundlichen Abflußmengen in einem oberhalb
des Meliorationsgebietes errichteten künstlichen Staubecken (Gebirgsreservoir)
durch eine gewisse Dauer zurückgehalten und erst später abgelassen werden,
dann kann eine Exundation des Flußbettes unterhalb der Stauweiheranlage
und damit eine schädliche Überschwemmung der Grundstücke verhindert
werden.
Der Zweck eines solchen Retensions- (Entlastungs) Stauweihers wird
also darin bestehen, die gesamte während eines Hochwassers herabkommende
schädliche Abflußmenge auf eine längere Abflußperiode zu verteilen und
damit das maximale sekundliche Abflußquantum auf ein unschädliches Maß
zu reduzieren. Mit Rücksicht auf diese Zwecke, sowie auf die bekannten mit
der Anlage von Stauweihern verbundenen landwirtschaftlichen, hygienischen
und industriellen Vorteile ist der Bau von speziellen Retensionsreservoiren
an das Vorhandensein gewisser lokaler Verhältnisse gebunden. Das erste
dieser die Zurückhaltung der Hochwässer in erster Linie im Auge
][gg II. Die Stanweiherbaaten.
habenden Meliorationsprojekte wurde in Mähren (Österreich) in dem 75 km
langen Jaispitzbachtale nach dem Projekte und unter der Oberleitung des
Verfassers, 1894/95, baulich durchgeführt.^)
3. Retensions- und Sammelreservoire.
Wo es die Verhältnisse gestatten, bezw. auch erfordern, werden Reser-
voire angelegt, welche gleichzeitig dem Zwecke der Hochwasserentlastung
und beispielsweise auch der Irrigation und Industrie, seltener gleichzeitig der
Wasserversorgung dienen.
C. Wahl der Talabschlußstelle.
Ohne auf den speziellen Zweck des Reservoirs vorläufig Rücksicht zu
nehmen, wird man in allen Fällen bei Wahl einer Abschlußstelle bezw.
Reservoirstelle nachstehende Punkte zu berücksichtigen haben:
1. Die in Betracht kommenden Niederschlagsgebiete sind ihrer ganzen
Ausdehnung nach bezüglich der Gefällsverhältnisse der Talsohlen, der Haupt-
und Nebengerinne, eventueller größerer Geschiebs- und Sandführung, der
Talsohlenbreiten und der Bewaldungsverhältnisse, weiter in bezug auf die
geognostische Beschaffenheit so gründlich wie möglich zu durchforschen.
2. Da in dem Flachlande und den Niederungen für größere Reservoire
im allgemeinen infolge intensiverer Kultur die Grundeinlösung zu hohe
Kosten verursacht, wird man die Reservoire mehr in den hügeligen und
gebirgigen Teil des Niederschlagsgebietes verlegen und dabei womöglich
wenig oder gar nicht kultiviertes Land wählen.
3. Für größere Anlagen soll das sogen. „Einzugsgebiet" des Reser-
voirs, d. i. das Niederschlagsgebiet, oberhalb des Stauweihers möglichst
groß sein, weshalb Reservoire nicht zu nahe der Wasserscheide situiert
werden sollen. Der zu wählende oder vom Standpunkte der Bauökonomie
oft schon gegebene maximale Fassungsraum des Stauweihers muß in einem
richtigen Verhältnisse zur Größe des Niederschlagsgebietes, bezw. der ver-
fügbaren Regenhöhen des Einzugsgebietes stehen, so daß das als notwendig
erkannte Aufspeicherungsquantum durch die Niederschläge auch wirklich gedeckt,
das Reservoir unter Umständen mehrmals im Jahre gefüllt werden kann.
Falls das Reservoir Retensionszwecken zu dienen hat, muß das Einzugsgebiet
insbesondere ein möglichst großes sein, um für die unterhalb liegenden
Gegenden in einem Maße entlastend zu wirken, welches in einem günstigen
Verhältnisse zu den Baukosten des Gebirgsreservoirs steht.
4. Die Abschlußstelle des Reservoirs, d. i. die Baustelle für die
Talsperre, soll möglichst eng sein, während bachaufwärts, also ober-
halb der Sperre, das Tal sich möglichst erweitern soll, wodurch mit
tunlichst geringen Baukosten die größtmöglichste Wassermenge aufgespeichert
werden kann.
^) Vergl. österr. Monatsschrift für den öffentlichen Baudienst, I. Jahrgang, sowie Wiener
landwirtschaftliche Zeitung 1897, No. 87, und 1898.
C. Wahl der Talabschlnfistelle. lg?
5. Bei Annahme einer günstigen Abschlufistelle bezüglich des Verhält-
nisses ihrer Breite zu der mittleren Reservoirwasserspiegelbreite soll das
Gefälle der Talsohle selbst ein möglichst geringes sein, wodurch
mit einer verhältnismäßig niedrigen Mauer ein größerer Fassungsraum erzielt
werden kann, als bei steilem Gefälle und hohen Talsperren. Dieser Faktor
ist sehr zu berücksichtigen, da die Kosten einer Talsperre (Erde oder
Mauerwerk) mit zunehmender Höhe in abnormalem Verhältnisse wachsen.
6. Die Abschlußstelle selbst muß in bezug auf die Fundierung des Bau-
werkes insbesondere geognostisch gewissen Anforderungen entsprechen. Für
Talsperren aus Mauerwerk muß in nicht allzu großer Tiefe an der Sohle
sowie an den beiden Tallehnen ein gesunder, nicht zerklüfteter Fels ange-
troffen werden. Bei geschichtetem Fels ist eine horizontale (tonnlägige) oder
gegen das Reservoir einfallende Lagerung erwünscht und ist das saigere
(vertikale) oder nach dem Talgefälle gerichtete Einfallen der Schichten wo-
möglich zu vermeiden. Das Streichen der Schichten ist am günstigsten in
der Richtung der Talsperre, am ungünstigsten senkrecht auf diese. Während
das Einfallen der Schichten insbesondere für die Verminderung des Gleitens
der Mauer auf dem Untergrunde maßgebend ist, hängt von dem Streichen
der Schichten, der Grad der Wasserundurchlässigkeit des Reservoirs, sowie
die Kosten des Fundamentaushubes ab. Unter den ungeschichteten Felsarten
gewähren Granit, Basalt, Trachyt und Porphyr den besten Untergrund. Bei
geschichtetem Felsuntergrunde muß nebst Lagerung und Zerklüftung auch
noch darauf geachtet werden, daß unter der Sohle des Fundaments keine
Letten-, Ton- oder Mergelschichten und derartige Einlagerungen oder wasser-
durchlässige Sandschichten sich befinden, welche, von dem unter höherem
Druck stehenden Wasser des Sammelbassins durchfeuchtet, nachgiebig gemacht
und zum Abrutschen gebracht werden können. Insbesondere muß auch
eventuellen Verwerfungsspalten die größte Aufmerksamkeit gewidmet werden.
Die Fundamentuntersuchungen für das Detailprojekt dürfen sich nicht auf
die Abteufung einiger Bohrlöcher oder enger Versuchsschächte in der Längs-
achse der Mauer beschränken, sondern muß die künftige Fundamentsohle in
möglichst vielen Punkten auf die ganze Breite der Mauer ausgedehnt bloß-
gelegt werden, will man sich nicht späteren großen Täuschungen aussetzen
und soll der Ingenieur mit aller Energie auf die Durchführung dieser genauen
Untersuchungen hinarbeiten trotz des in der Regel an den Tag gelegten
Widerstandes seitens der das finanzielle Interesse der betreffenden Körper-
schaft (Gemeinde, Landesbehörde) scheinbar vertretenden maßgebenden Laien.
Die Erfahrung lehrt, daß mitunter in Probelöchern und kleinen Ver-
suchsschächten gesunder Fels erschlossen wurde, welcher sich nach Bloß-
legung der ganzen Mauerfundamentgrube beim Baue selbst als großer Findling
oder als Felsbank erwies, unter welcher sich eine zur Fundierung nicht
geeignete Bodenschichte vorfand. In anderen Fällen ergaben Jcleine, in der
Längsachse des Tales abgestufte Probeschächte in übereinstimmenden Tiefen
festen Fels, der gerade an der Stelle der beim Bau eröffneten Fundament-
grube sich als eine aus gesundem Material bestehende Felskuppe erwies,
während ringsum nur verwittertes Felsmaterial aufgeschlossen wurde. Der-
188 ^' ^i« Stauweiherbauten.
artige ungeahnte Täuschungen bedingen sodann eine oft bedeutende Kosten-
erhöhung infolge größerer Fundierungstiefe oder in manchen Fällen die voll-
ständige Auflassung dieser Abschlußstelle. In Anbetracht der hohen
Verantwortung, welche diese Bauten allen Beteiligten auferlegen, muß neben
einer vorzüglichen Bauausführung des Objektes selbst auch insbesondere auf
die vorzüglichste Fundierung gesehen werden.
Um nur einzelne solcher Fälle hervorzuheben, sei auf die Erfahrungen
beim Bau des Jaispitzstauweihers hingewiesen, ein Fall, der bei Gneis-
fundamenten häufig wiederkehrt. Auch beim Bau des Lauchenweihers in
den Vogesen zeigte sich trotz des in den Probeschächten erschlossenen,
ungemein harten kompakten Grauwackenfelses bei der späteren Aufdeckung
der Baugrube auf ihre ganze Breite, daß man es an einzelnen Stellen mit
großen Findlingen (Blöcken) zu tun hatte, infolgedessen mit der Fundierung
bedeutend tiefer gegangen werden mußte und natürlich eine nicht vorher-
gesehene namhafte Vermehrung der Baukosten zur Folge hatte. Eine andere
in den Vogesen projektierte Talsperrenabschlußstelle mußte aus ähnlichen
Gründen ganz aufgelassen werden. Natürlich wird diese Schuld dann von
den sogen, maßgebenden Persönlichkeiten auf das Konto der Fachingenieure
gebucht, Fälle, von denen Deutschland und Österreich einiges erzählen
könnten,- zum Unterschiede von Frankreich, in welchem Staate die in der-
artigen Bauangelegenheiten maßgebenden Personen eben auch Fachmänner sind.
Aber auch andere als Typen solider Fundamente geltende Felsarten
haben bei ihrer Aufschließung ganz merkwürdige Überraschungen geboten,
die aber in der Regel nie der Öffentlichkeit bekannt gegeben werden.
So ist das Anstehen von Granit nicht immer schon im voraus als
günstiges Anzeichen einer seichten Fundierung zu betrachten.
Bei den Talsperrenbauten bei Reichenberg in Böhmen konnten in dieser
Richtung weniger angenehme wie geognostisch interessante Wahrnehmungen
gemacht werden. Der dort aufgeschlossene feinkörnige bis porphyrartige
Granit mit großen Felsspaltindividuen übergeht in seinen oberen oft mächtigen
Schichten in ausgesprochenen Grus, der wohl nach den Untersuchungen
wasserdicht sein soll, auf welchen entweder direkt oder nach Übergießen mit
Zementwasser gemauert oder aber der Druck auf eine Betonplatte übertragen
wurde. Immerhin wäre eine solche Fundierung, wenn tunlich, zu vermeiden.
Bei dem Harzdorfer Talsperrenfundamentaushub, zu dessen Vollendung
ich gerade kam, zeigte der Granit eine Schichtung, und zwar Bänke gesunden,
unverwitterten Gesteins wechsellagemd mit stark verwitterten Grusschichten
und Nestern, zu deren vollständiger Abtragung bis zur Erreichung des voll-
kommen tragfähigen Felsens stellenweise ein Herabgehen in größere Tiefen
notwendig wurde. In diesem Fundamente trat auch eine höchst selten vor-
kommende ringförmige Bildung, eine lakkolitische Ablagerung des Granites
zutage, deren durch mich veranlaßte Aufnahme (3. Juni 1903) in Fig. 85
wiedergegeben ist.
Talsperren aus Erde (Abschlußdämme) werden auf Felsen selbst nie
fundiert, sondern immer nur dort errichtet, wo unter den Alluvionen der
C. Wahl der Talabschluflstelle.
189
Talsohle auf eine wasserundurchlässige, tragfähige, genügend starke Lehm-
schichte gestoßen wird. Ebenso soll im Reservoirbecken selbst der Unter-
grund eine mindestens l^/g m starke Lehm- oder Lettenschichte enthalten,
190 II. Die Stanweiherbanten.
wodurch allein die Möglichkeit eines sehr geringen Versickerungsverlustes
geboten ist. Dabei mufi wohl berücksichtigt werden, daß durch die allmäh-
liche Verschlammung auch nachträglich eine Dichtung erreicht werden kann.
Was die Tragfähigkeit des Untergrundes anbelangt, so werden die zulässigen
Maximalbelastungen bei der baulichen Durchführung solcher Reservoire be-
sprochen werden. Auch hier muß der Projektant auf die genaueste Unter-
suchung des Baugrundes vor Aufstellung des Detailprojektes durch viele und
große Probeschächte (nicht Bohrlöcher) unter allen Umständen bestehen.
D. Konstruktive Durchführung der Gebirgsreservoire.
Die konstruktive Durchführung wird insbesondere eine verschiedene
sein, je nach dem Materiale, aus welchem das Abschlußwerk hergestellt wird,
und sollen demgemäß zuerst die Talsperren in Stein und sodann jene in
Erde (die Staudämme) behandelt werden.
L Abschlufswerke (Talsperren) aus Mauerwerk.
Bei jeder Stauweiheranlage hat man nachstehende Hauptgruppen zu
unterscheiden:
1. die Reservoirmauer (Talsperre) samt zugehörigen Objekten, zusammen
„Abschlußwerk" genannt;
2. die Nebenobjekte; in manchen Fällen femer
3. den Umlauf- oder Derivationskanal; sodann stets
4. Wege- und Straßenbauten; und
5. Nebenarbeiten, als Bachregulierungen, Uferbefestigungen, Anpflanzungen,
Aufforstungen, Verbauung von Runsen im Reservoirgebiet, Telegraphen-
verbindung für Wettemachrichtendienst, Planien vor dem Überfallwehr
und für das Wächterhaus; endlich
6. die Grundeinlösungen und Wasserrechtsentschädigungen.
X. Das Abschlufswerk.
Das Abschluß werk ist gebildet aus:
a) der Talsperre oder Reservoirmauer als solche,
b) dem Überfallwehr samt Ablaufgerinne und
c) dem Grundablaß, welcher in der Regel die Vorrichtung zur geregelten
konstanten Wasserabgabe an die Mühlen und Industriewerke, für Be-
wässerungszwecke etc. enthält. Bei größeren Retensionsreservoiren tritt
dann in der Regel noch ein zweiter größerer Grundablaß,
d) der Hochwasserstollen, hinzu.
a) Die Talsperre (Querschniffsform derselben).
Wenn überhaupt jedes Bauwerk derart konstruiert werden muß, daß es
mit Rücksicht auf die auf dasselbe einwirkenden Kräfte — auf ihre Bean-
spruchung — bestimmten Bedingungen entsprechen muß, um auf eine gewisse
absehbare Zeit standfest (stabil) zu sein, so werden mit Rücksicht auf die in
Aussicht zu nehmende sehr lange Bestandesdauer, die große Verantwortung
und die bedeutenden Kosten von Reservoirmauern dieselben insbesondere in
D. Konstruktive DnrchfUhmng der Gebirgsresenroire. 191
bezug auf ihre Stabilität und ihre bauökonomische Querschnittsform den
strengsten Anforderungen genügen müssen. Die Bedingungen, denen
das Talsperrenprofil in vollem Maße entsprechen muß, werden folgende sein:
1. Die Mauer soll sowohl bei gefülltem wie bei leerem Reservoir in den
einzelnen Horizontalschnitten annähernd gleiche Maximalpressungen zeigen,
bezw. die Unterschiede sollen nicht zu bedeutende sein; Zugspannungen sind
selbstredend ausgeschlossen, aber auch sehr kleine Druckspannungen, welche
sich der Null nähern, sollen vermieden werden, weil durch das nicht überall
vorhandene gleiche spezifische Gewicht des Mauerwerkes in Wirklichkeit
die ausgerechnete kleine Druckbelastung eine Zugspannung sein kann.
2. Soll die Drucklinie, damit eben nirgends Zugspannung (also Klaffen
der Mauerfugen) auftritt, weder bei leerem noch bei gefülltem Becken nie
aus dem mittleren Drittel jedes Horizontalschnittes herausfallen.
3. Soll die maximale Belastung in den einzelnen Teilen des Mauerkörpers
sowie des Fundamentuntergrundes die zulässige Inanspruchnahme des Materials
nicht übersteigen. Im Gegenteile soll für nicht zu hohe Mauern eine Kanten-
pressung von 5 — 6 kg pro cm* nicht überschritten werden, und ist nur bei
sehr hohen Mauern (50 m) eine Druckbelastung von 10 — 12 kg pro cm* zu-
lässig (das letztere Maß wurde zuerst bei den hohen französischen Talsperren
bei vorzüglicher Beschaffenheit des Untergrundes akzeptiert, sodann auch in
andern Ländern angenommen, ohne auch von den geringsten Anständen
begleitet zu sein).
Wird berücksichtigt, daß der Bruch modul eines soliden Felsunter-
grundes zwischen 100 und 1100 kg pro cm* (Kalkstein und Granit) schwankt
und die zulässige Inanspruchnahme von Kalkstein 20, von hartem Sand-
stein 30 und von Granit 60 kg pro cm* beträgt, so repräsentieren obige an-
genommenen Maximalpressungen von 5 — 12 kg eine 20 — 100 fache Sicherheit
gegen Zerdrücken und eine 4 — 5 fache Sicherheit gegenüber der zulässigen
Inanspruchnahme.
. 4. Die Mauer muß gegen Gleiten die nötige Sicherheit aufweisen. Es
darf also der Winkel o), welchen die Resultierende R aus Mauergewicht und
Wasserdruck mit der Basis bezw. mit jeder beliebigen Mauerwerksfuge bildet,
nicht kleiner als der Reibungswinkei q von Stein auf Stein (im Mittel p = 30^)
sein, d. h., es muß -^(o^^q sein (siehe Fig. 86).
5. Soll bei Vorhandensein aller dieser Stabilitätsbedingungen die
Profilfläche ein Minimum sein, also ein bauökonomisches Querprofil dar-
stellen. Was die Form des Mauerquerschnitts anbelangt, so hat man bei
allen neueren Sperren zumeist die Dreiecksform Acf als Grundform an-
genommen (siehe Fig. 86).
Theoretisch könnte in der Wasserspiegelhöhe die Breite der Mauer = 0
sein, da bei ruhigem Wasser in diesem Punkte keinerlei Pressung herrscht.
In der Praxis jedoch muß dem Angriffe des Wellenschlages, des Windes,
Eisstoßes^ insbesondere jedoch der Möglichkeit einer Begehung der Mauer-
krone Rechnung getragen werden.
In dieser Richtung wird der Mauer eine Kronenbreite {b) von normal
3 — 5 m gegeben. Nur in jenen Fällen, wo die Mauerkrone gleichzeitig als
192
II. Die Staaweiherbaaten.
~- _-- itf, .. V
^
^'^^
a;
i ^^=*ff^-si:
Fahrstraße benutzt werden soll, wird eine dem jeweiligen Zwecke entsprechende
größere Breite angenommen werden. Aus Gründen der gleichförmigeren
Verteilung der Belastung, also Erzielung einer gleichförmigen Beanspruchung
des Mauerwerkes in den einzelnen Horizontalschnitten, wird, statt die Wasser-
seite lotrecht zu machen, dieselbe von einer gewissen Tiefe an mit einem
Anzug (Neigungsverhältnis ca. 1 : 10), also steil geböscht angelegt (siehe dß
in Fig. 86). Nach den vielfachen statischen Untersuchungen solcher Mauer-
profile, insbesondere solcher von größerer Höhe, empfiehlt es sich, diese
Böschung von 1 : 10 schon von dem Mauerkronenpunkte c aus anzunehmen,
wodurch die gewöhnlich pto Beanspruchung ungünstigste Stelle bei i wesent-
lich entlastet wird, überdies die Vertikalkomponente des Wasserdruckes das
Mauergewicht ohne Kosten vergrößert. Endlich wird der durch den Zu-
sammenstoß der beiden Geraden ui und ciA gebildete stumpfe Winkel uiA
. A , durch einen Kreisbogen ausgeglichen.
Bei den ersten Reservoirprojekten,
welche ich in den Jahren 1881—1884 für
den mährischen Landesausschuß anfertigte,
nahm ich als Grundlage der Berechnung
und graphostatischen Untersuchung die
Trapezform und die Profilnormen des In-
genieur en chef de ponts et chausses
Krantz in Paris an (siehe die spätere
Fig. 95), wich jedoch infolge der gelegent-
lich der bei den später unternommenen
Studienreisen in Nord-, Mittel und Süd-
frankreich, Elsaß, Baden, Westfalen, Belgien,
Holland, Norwegen, Schweden, Hannover
und Bayern gemachten Erfahrungen von
diesen Profilen wieder ab.
Hat man für irgend eine Höhe das Profil zu berechnen, so wird man
in erster Linie ein Normalprofil für die betreffende Höhe wählen und nun
dasselbe rechnerisch und graphostatisch untersuchen. Als Normalprofil wählt
man ein rechtwinkeliges Dreieck, dessen Basis A/ beiläufig gleich ^/j der
Höhe h angenommen wird (exkl. der Verbreiterung der Wasserseite durch den
i/io Anzug). Die Tiefenlage des Beginnes dieses Anzuges d nach den deutschen
älteren Profilen richtet sich nach der Gesamthöhe der Mauer und wird bei
kleinen Mauern 2 — 3 m, bei höheren 6 — 8 m und darüber betragen. Prot.
Intze hat diesen Anzug auch schon von der Mauerkrone an angeordnet, und
zwar sowohl von der Luft- wie von der Wasserseite aus, wodurch die Mauer-
profilfläche natürlich größer wird (siehe die graphostatische Untersuchung des
Mauerprofiles der Voigtbachsperre Taf. XI). Entsprechend der gewünschten
Kronenbreite b wird das Profil im obersten Teile rechteckig, endlich als Basis
der Berechnung der Wasserspiegel in gleicher Höhe mit der Mauerkrone
angenommen. Zum Behufe der rechnerischen Untersuchung teilt man nun
das Profil in Lamellen von 1 — 5 m Höhe ein und untersucht bezw. berechnet
nachstehende Größen für jede Kante. Wir haben z. B. für die unterste Kante
ABy also die Mauerbasis (Fig. 86), nachstehende Größen zu suchen:
Fig. 86.
D. Konsiraktive Dnrchfubning der Gcbirgsreservoire. 193
ä) Die horizontale Komponente des Wasserdruckes //,
welche für die Kante j4B in dem untersten Drittel l-^j angreift; dieselbe
berechnet sich wie bekannt aus der Formel {ton = Tonnen ä 1000 kg):
wobei y = 1000 kg das Gewicht von 1 m' reinen Wassers bedeutet. Wenn
auch das in dem Reservoir sich ansammelnde Wasser sehr häufig nicht rein
ist, also ein etwas größeres spezifisches Gewicht als 1,0 besitzt, so kann diese
Differenz mit Rücksicht auf den sonst einzuhaltenden hohen Sicherheitsgrad
vernachlässigt werden.
ß) Die vertikale Komponente des Wasserdruckes V.
Im Falle der Annahme einer durchaus vertikalen wasserseitigen Mauer-
bOschung würde V= o werden; im vorliegenden Falle jedoch ist diese
Komponente gegeben durch das Gewicht des Wasserkörpers ocdB = Fv und
greift im Schwerpunkt 5 dieser Fläche an. Es ist also:
Diese beiden Komponenten H und V schneiden sich im Punkte k] wird
von diesem aus nach einem ganz beliebig gewählten Kräftemaßstab auf der
horizontalen Linie km die Größe von H auf der vertikalen V= kl in Tonnen
aufgetragen und das Kräfteparallelogramm kmni gezeichnet, so erhalten wir
in kn die Größe und Richtung
y) des Wasserdruckes JV,
welcher senkrecht auf die Angriffsböschung dB gerichtet ist. Dieser Wasser-
druck ist nun zusammenzusetzen mit dem Mauergewichte.
^ Das Mauergewicht G,
welches im Schwerpunkt S des ganzen Mauerprofiles Fg (bei Untersuchung
anderer Fugen des oberhalb derselben gelegenen Mauerprofilteiles) angreift,
ist 0*^ = Fg*^*. y', wobei y' das Gewicht von 1 m* des Mauerwerkes bedeutet
Diese Größe ist von der Art der Herstellung des Mauerwerkes, sowie von
dem spezifischen Gewicht des verwendeten Mauersteines und des Mörtels
abhängig und muß praktisch vorher auf folgende Weise festgestellt werden.
Wir nehmen an, daß das Talsperrenmauerwerk in Zyklopenverband und in
hydraulischem Kalkmörtel gelegt, aus Sandstein hergestellt werden soll.
Man bestimmt zuerst das spezifische Gewicht des zum Bau zu ver-
wendenden Steines aus möglichst vielen Steinproben, sowie des hydraulischen
Mörtels nach dem durch Versuche festzustellenden Mischungsverhältnis von
Sand und Zement (Roman-Zement oder Roman- und Portland-Zement ge-
mischt). Beide Gewichtsbestimmungen müssen in vollkommen trockenem
Zustande erfolgen, damit der im Falle von Rißbildungen eintretende Auf-
trieb des Wassers durch das bei der Berechnung nicht berücksichtigte
Mehrgewicht des Mauerwerkes infolge später eintretender Durchfeuchtung
parallelisiert wird.
Friedrich, WasBerbau. Zweite Auflage. II. Band. 13
194 ^^' ^^^ Stanweiherbanten.
Es hat beispielsweise der betreffende Stein im trockenen Zustand
pro m^ ein Gewicht von 2000 kg, der hydraulische Mörtel 1700 kg. Bei
einem gut hergestellten Talsperrenmauerwerk in Zyklopenverband beträgt
die Menge des verwendeten Mörtels ca. 30 — 40 ^/o des Gesamtvolumens.
Wir erhalten daher
0,60 m» Bruchstein ä 2000 kg = 1200 kg,
0,40 „ Mörtel ä 1700 „ = 680 „
mithin zusammen 1880 kg
(bei 30 ^/o Mörtelverbrauch 1910 kg) als Gewicht von 1 m* trockenem Mauer-
werk in Sandstein.
Dieses Gewicht gilt für die Untersuchung der Stabilität (Stand-
sicherheit gegen Umkippen); zur Bestimmung der maximalen Kanten-
pressungen (Inanspruchnahme des Mauerwerkes und Untergrundes) ist
hingegen in gleicher Weise das Gewicht von 1 m^ vollkommen durch-
feuchtetem Mauerw'erk in Rechnung zu setzen.
Nehmen wir als anderes Beispiel Granit (spezifisches Gewicht zwischen
2,50 und 2,85, im Mittel ca. 2,6) und einen Mörtelverbrauch von 33<^/q an,
wie er bei sehr guter Mauerung und nicht zu kleinen Bruchsteinen immer
erzielt werden kann, dann haben wir, für Traßmörtel 1,9 spez. Gewicht
angenommen :
0,66 m» Granitbruchstein ä 2600 kg =1716 kg,
0,33 „ Mörtel ä 1900 „ = 627 „
mithin zusammen 2343 kg
als Gewicht von 1 m^ Granit-Zyklopenmauerwerk.
Für Gneis und Traßmörtel ergibt sich beiläufig 2400 kg.
„ Tonschiefer und Grauwacke in Traßmörtel 2300 „
Um diese Gewichte den lokalen Verhältnissen möglichst anzupassen,
empfiehlt es sich auch, mehrere größere Würfel voA mindestens 1 m* Inhalt
zu mauern und bei Verwendung der verschiedenen Arten der Gesteine
dann das Gewicht direkt zu bestimmen.
€) Bestimmung der Hauptresultanten R aus Mauergewicht und
Wasserdruck.
Die beiden Kräfte IV und G schneiden sich im Punkte p. Werden von
p aus die gerechneten Kräfte W und G {pq und pt) aufgetragen und das
Kräfteparallelogramm pqrt gezeichnet, so erhalten wir durch die Linie
pr—R die Größe und Richtung der Hauptresultanten. Dieselbe schneidet
die untersuchte Mauerkante AB \m Punkte a, dem Angriffspunkt von R auf
diese Mauerfuge. Dieser Punkt a bildet einen Punkt der zu konstruierenden
Drucklinie für das gefüllte Reservoir, welche gefunden wird, wenn
dieselbe Untersuchung für alle Mauerfugen (Lamellen) in gleicher Weise
durchgeführt ist. Diese Angriffspunkte a oder der geometrische Ort aller
derselben für unendlich schmale Mauerlamellen, also die Drucklinie, sollen
nun immer innerhalb des mittleren Drittels I-ö-) des Mauerprofiles fallen,
D. Konstraktive Durchfühmng der Gebirgsresenroire.
195
um einerseits Stabilität gegen Umkippen zu gewähren, andererseits Zug-
spannungen in den Kanten zu vermeiden und eine möglichst gleichförmige
Verteilung der Kantenpressungen zu erzielen.
0 Bestimmung über die Größe des Winkels co.
Wie bereits früher erwähnt, muß der Winkel (o der Resultanten R mit
der jeweiligen Mauerfuge einen größeren Winkel als den mittleren Reibungs-
winkel Q von Stein auf Stein, welcher im Maximum 35®, im Mittel 30®
beträgt, einschließen; es muß also -^(ö>30® sein.
fj) Bestimmung der Kantenpressungen (Inanspruchnahme des
Mauerwerkes und Fundamentgrundes).
Dieselben sind verschiedene, je nachdem das Reservoir leer oder gefüllt
ist. Die größten Kantenpressungen werden bei gefülltem Reservoir im
Punkte A (auf der Talseite), bei leerem Stauweiher im Punkte B (auf der
Wasserseite) stattfinden. Greifen wir wieder zunächst die Basiskante BA
heräiis"(Fig. 87) und wäre, wie in Fig. 86, B die innere wasserseitige Kante,
ferner a der Angriffspunkt der Resultanten R aus Mauergewicht G und
Fig. 87.
Flg. 88.
Wasserdruck IV. Wir können an diesem Orte das Kräfteparallelogramm,
ohne dadurch eine Änderung in Größe und Richtung von R zu bewirken,
auch derart zusammensetzen, daß wir die in gleichem Sinne, also vertikal
wirkenden Kräfte G und V summierend als eine Komponente, die horizontale
Komponente H des Wasserdruckes als 2. Komponente des Parallelogramms
der Größe nach auftragen, so erhalten wir in ar dieselbe Größe und Richtung
von R. Nehmen wir nun an, es läge der Angriffspunkt a im mittleren
Drittel, und zwar von der Mitte der Fuge um e entfernt. Wenn wir auch
hier, wie bei den früheren Berechnungen, die Dicke des in Betracht gezogenen
Mauerkörpers = 1 m annehmen, so wird AB = B'^ gleichzeitig die Fläche
eines 1 m breiten oder vielmehr dicken Streifens von der Länge AB dar-
stellen. Wir erhalten dann:
a) den mittleren Druck auf die Basiskante AB\
Q^ytan
dargestellt durch ein Rechteck BC D' A, bei Voraussetzung einer gleich-
förmigen Verteilung der ganzen Belastung. Da jedoch die letztere eine
exzentrische ist, so wird die Verteilung der Last eine ungleichförmige und
auf der Seite gegen A hin eine größere sein, weil nach dieser Seite der
Angriffspunkt a von der Mitte weggerückt liegt. Dieser kombinierte Druck
13*
196 ^' Die Stauweiherbauten.
setzt sich zusammen aus dem gleichförmig verteilten Drucke Po und der
durch die exzentrische Angriffsstelle der Fuge bedingten weiteren Inanspruch-
nahme; die letztere berechnet sich, wie aus der Elastizitätslehre bekannt,
aus dem Biegungsmomente M mal der halben Fugenbreite, dividiert durch
das Trägheitsmoment der in Betracht kommenden Mauerfläche.
Es ist allgemein
_ P ,M.f P=G + V\ , P _
PA = -jr + 2^, nun ist /r=^xi )y also-p =Po,
ferner das Biegungsmoment M=^P.e = {G + V).ej wobei e die Entfernung
des Angriffspunktes der Last von dem Fugenmittel bedeutet; für die Länge 1
ist femer das Trägheitsmoment J=y^ - 1 . B^, Diese Werte eingesetzt, er-
geben:
Pa = Po + —, =Po + Po--^, oder
b) P^ = Po(l + -g); für den anderen Kantenpunkt B erhalten wir in
analoger Weise:
Pb=^-^'_J_, oder
^ J
c) JPb = Po ( 1 — ^- j. Die Druckverteilung ist aus Fig. 87 durch das
schraffierte Trapez gekennzeichnet. Für den Fall, als der Angriffspunkt der
B
Resultierenden genau in das Fugendrittel (Kernpunkt) fällt, also ^=-n wird,
erhalten wir Pa = 2Po und Pß — o, Aus diesem ist zu ersehen, daß das
Mauerprofil derartig konstruiert sein muß, daß der Angriffspunkt der Resul-
tierenden bezw. die Drucklinie bei gefülltem Reservoir immer innerhalb des
mittleren Fugendrittels liegen muß, indem schon in dem Falle, wo Pa=2Po
wird, das Pb= + o durch eine Verschiedenheit im spezifischen Gewichte des
Mauerwerkes sehr leicht negativ werden, also durch die auftretende Zug-
spannung ein Klaffen der Fuge in B eintreten kann.
Bei leerem Reservoir. Hier wirkt nur das Gewicht der Mauer G
(Fig. 88); der Angriffspunkt a' dieser Kraft liegt in dem Durchschnittspunkte
der aus dem Schwerpunkte des jeweilig in Betracht gezogenen Mauerprofils
gezogenen Vertikallinie mit der betreffenden Mauerfuge, und erhält man als
geometrischen Ort aller dieser Durchschnittspunkte a' bei sämtlichen Mauer-
lamellen die sogen. Stütz linie oder Drucklinie für das leere Reservoir
und bei Verbindung der früher besprochenen Durchschnittspunkte a die
Drucklinie für das gefüllte Reservoir und einfachen Wasserdruck.
In gleicher Weise erhalten wir für das leere Reservoir folgende Fugen-
pressungen :
D. Konstruktive DurchfUhnmg der Gebirgsresenroire. 197
a) den mittleren Druck: Po = -:^:
b) die maximale Kantenpressung, welche bei leerem Reservoir in B
auftritt:
c) den minimalen Druck in A:
— .('-^.
Obwohl die zulässige Inanspruchnahme von Bruchsteinmauerwerk im
allgemeinen 8 — 12 kg pro cm*, von Beton 4 — 18 kg, von Ziegelmauerwerk
5 — 7 kg und von Felsgrund 8 — 20 kg pro cm* beträgt, so sollen der größeren
Sicherheit wegen die maximalen Kantenpressungen bei mittleren Mauerhöhen
(ca. bis 20 m) Pmax. = 5 — 7 kg pro cm* nicht Oberschreiten und soll nur bei
grofien Mauerhöhen (bis 50 m) Pmax. = 8 — 12 kg pro cm* als äußerste Grenze
angenommen werden. Die Grenze von 12 kg pro cm* wurde auch durch
den V. internationalen Binnenschiffahrtskongrefl in Paris (1892) als zu-
lässig erklärt. Bei neuen amerikanischen Sperren ist sogar bis 16 kg ge-
gangen worden. Zugspannungen, also ein negatives Pmin. darf absolut
nicht vorkommen, weil sonst ein Klaffen der Fugen und ein Undichtwerden
des Mauerwerkkörpers eintreten kann. Da das spezifische Gewicht der
einzelnen zum Bau verwendeten Steinblöcke selbst variieren kann, daher die
berechneten Kantenpressungen nicht immer genau mit der wirklichen In-
anspruchnahme stimmen, so dürfen die berechneten Pmin. nie kleiner als
0,1 kg pro cm* werden.
Fallen die Resultate für die einzelnen Mauerkanten nicht entsprechend
aus, dann ist durch entsprechende Zugabe oder Wegnahme an Profilfläche
der Angriffspunkt a und damit die andern Rechnungsfaktoren zu ändern.
Das Einzeichnen der Kräftepolygone wird nicht immer in der früher
besprochenen und zur Erklärung dienenden Weise, sondern häufig in
graphischer Weise damit erfolgen, daß seitwärts des Mauerprofiles ein Kräfte-
plan für die Konstruktion der Drucklinien konstruiert wird, wie ein solcher auf
der Tafel XVII konstruiert erscheint. Werden auf der ^-Achse beispielsweise
in irgend einem beliebigen, doch für das Zeichnungsformat passenden Maßstab
die für die einzelnen Mauerprofillamellen entsprechenden //i + //^ . . . + //n in
Tonnen, auf der Y-Achse die Summen ^i + Gj, Vq + G^. , .+ Vn + Gn aufge-
tragen, so erhält man in den Hypotenusen Ä^, R^.,.Rn die Richtung und
Größe der Resultanten, welche, parallel verschoben, auf das Mauerprofil über-
tragen werden können. Ebenso kann die Schwerpunktsbestimmung bei
geradlinigen Profilformen nach der gewöhnlichen Methode erfolgen oder aber
die ganze Untersuchung des Profiles auf graphostatischem Wege durchgeführt
werden. Die besprochene statische Untersuchungsmethode wurde bei allen
nicht in allemeuester Zeit gebauten Talsperren akzeptiert und ergaben sich
auch rücksichtlich der Beanspruchung keinerlei Übelstände. Auch Intze
benutzte diese Methode bei kleineren Mauerhöhen bis zuletzt. Nur in bezug
293 n. Die Staaweiherbanten.
auf die Gestalt des Mauerquerprofiles ordnete Intze die luftseitige Begrenzung
nach einem Radius an, während die Wasserseite von oben aus einen ^/^o ge-
böschten Anzug erhielt bis zu einer gewissen Tiefe, von wo an dieselbe
senkrecht verlief. Innerhalb dieser letzteren Partie gab Intze vor die Mauer
eine 1 : 2 geböschte und abgepflasterte Erdanschüttung zu dem Zwecke, um
einerseits an Sperrenmauerwerk und Verblendungs- (Dichtungs-) Schichte zu
sparen, andererseits in der Annahme, die Kantenpressungen in den unteren
Fugen günstiger zu gestalten. In diesem Falle muß natürlich der Erddruck
mit in Rechnung gezogen werden.
Die Berechnung eines solchen neuen Profiles geschah bezüglich der 18 m
hohen, 1906 vollendeten Voigtsbachsperre bei Reichenberg in Böhmen
(siehe Taf. XI), wie folgt:
Statische Berechnung des Mauerprofiles für die Talsperre
im Voigisbachtale.
Für die Berechnung des Mauerprofiles wurde ein höchster Stau bis zu
der auf Ordinate 393,50 m über Adria Hegenden Mauerkrone zugrunde gelegt,
unter der Annahme, daß der auf Ordinate 392,50 m liegende Überfall ver-
stopft sei.
Die Sohle der Mauer liegt an der tiefsten Stelle auf Ordinate 377,50 m
und ist demgemäß die Berechnung für eine größte Höhe von 18 m
durchgeführt.
Auf Taf. XI ist das Profil der Sperrmauer graphisch dargestellt worden,
wobei folgende Annahmen und Bedingungen zugrunde gelegt sind:
Das Gewicht des Mauerwerkes wurde zu 2300 kg pro m* angenommen.
Die Verblendung an der Wasserseite, welche bis zur Ordinate 389,50 m
hinunter reicht, ist für das Becken nicht berücksichtigt; dagegen wurde die
auf dem durch Fortlassung der Verblendung entstandenen Absätze liegende
Wasserlast in die Rechnung eingeführt. Die mittlere Stärke des Verblendungs-
mauerwerkes beträgt 0,70 m.
Die Erdhinterfüllung der Mauer beginnt bei Ordinate 390,50 m und
erhält eine Böschung 1 : 2.
Der Erddruck ist nach dem Rebhannschen Verfahren ermittelt, unter
Annahme eines natürlichen Böschungswinkels von 20^ und einem Mehr-
gewicht des nassen Bodenmaterials gegenüber Wasser von 900 kg/m^.
Für das leere Becken wurde ein Gewicht von 1700 kg/m* Erdhinter-
füllung angenommen und der Reibungswinkel von 20^ beibehalten.
Die wesentliche Vergrößerung der Stabilität, welche die Mauer durch
ihre nach einem Kreisbogen gekrümmte Grundrißform und durch die gewölbe-
artige Verspannung gegen die Talhänge erhält, ist bei der Untersuchung
nicht berücksichtigt worden.
Unter diesen ungünstigsten Annahmen wurde auf Taf. XI ermittelt:
1. die Stützlinie der Mauer für einen bis zur Mauerkrone reichenden Stau;
2. die Stützlinie für leeres Becken.
Die Untersuchung zeigt, daß in beiden Fällen die Stützlinie im inneren
Drittel (dem Kerne) des Mauerprofiles bleibt. Um nun einen genauen Anhalt
D. Konstruktive Dorchführnng der Gebirgsreservoire. 199
Ober den Verlauf der Stützlinien, sowie über die Größe der einzelnen Kanten-
pressungen zu erhalten, und um die graphische durch eine analytische Be-
rechnung zu prüfen, ist im folgenden für die in der Zeichnung angegebenen
horizontalen Fugen die größte und die kleinste Kantenpressung, sowie die
kleinste Entfernung des Schnittpunktes der Stützlinie von einer der beiden
Begrenzungen des inneren Drittels berechnet worden.
Auf die Mauer wirken folgende Kräfte ein: das Mauergewicht, der
Wasserdruck, der Erddruck und die Wasserlast.
Für die einzelnen Kräfte ist bei den untersuchten Fugen das Moment
bezogen auf die Mitte der jeweiligen Fuge aufgestellt.
I. Ermittelung des Gewichtes des Mauerkörpers oberhalb einer
beliebigen Fuge und des Momentes desselben in bezug auf den Mittelpunkt
dieser Fuge.
Wie aus Tafel XI ersichtiich, wird das Mauerprofil zunächst in Lamellen
geteilt, welche wieder in Rechtecke und Dreiecke zerlegt sind. Für die
letzteren wurden für einen Mauerkörper von 1 m Breite die Momente in bezug
auf die eingezeichnete, durch die vordere Kante der Sperrmauer gelegte
Achse x — x aufgestellt.
Der Abstand des Schwerpunktes, der über einer zu untersuchenden
Fuge liegenden Fläche von dieser Achse wird dann dargestellt durch den
Quotient: — p tfiFTi * während der Abstand des Schwerpunktes von
der Fugenmitte dann gleich dem Werte der folgenden algebraischen Summe
(Abstand der Achse x — x von der Vorderkante der Fuge) + (Abstand des
Schwerpunktes von der Achse x — x) — (halbe Fugenlänge) ist.
Das Moment des Mauerwerkes, sowie das Gewicht desselben wird ge-
funden durch Multiplikation des Flächenmomentes bezw. der Fläche mit dem
spezifischen Gewicht 2,30 des Mauerwerkes.
Für alle Momente wird festgesetzt, daß die rechtsdrehenden mit positiven,
die linksdrehenden mit negativen Vorzeichen in die Rechnung eingeführt
werden.
2. Gewicht der Mauerabschnitte und Momente derselben in bezug
auf Fugenmitte.
Mit Hilfe der Tabelle A sind in der darauffolgenden Tabelle B die
Abstände der Schwerlinie von der Achse x — x ermittelt, und zwar jedes-
mal für den Mauerteil von Krone bis zu der in Betracht kommenden Fuge.
Das Gewicht des Kubikmeters Mauerwerk ist zu 2,3 t angenommen.
Die Flächen der Mauerabschnitte sind aus der Tabelle A ersichtlich; dieselben,
multipliziert mit dem Gewichte 2,3 für den Kubikmeter Mauerwerk, ergeben
das Gewicht des über der jedesmaligen Fuge liegenden Mauerkörpers. Das
Produkt aus den so ermittelten Gewichten und den Abständen der Sehwer-
linie von der Mitte der Fuge, die aus den in der Tabelle B, Spalte 8
gefundenen Abständen und den Abmessungen auf Tafel XI ermittelt sind,
ergibt die Momente der Mauerabschnitte.
200
II. Die Stanweiherbanten.
A. TabeUe der Flächen bezw
. Gewichte der einzelnen Lamellen.
1.
2.
3.
4.
6. 1 6. II 7. 1 8.
Fläche
No.
Faktoren
Flächen
in
Quadrat-
meter
Lamellen:
Lamelle
No.
Fläche in Quadratmeter
Gewicht in Tonnen
einzeln
von der
Oberkante der
Mauer bis zur
Fuge
einzeln
von der
Oberkante der
Mauer bis zur
Fuge
I.
n. '
lü. '
IV.
V. '
^1
^1.
0,34 . 4,0
2
3,80.4,0
0,40 . 4,0
2
1,41.4,0
2
0,34 . 4,0
4,90 . 4,0
1,91 . 4,0
2
1,76 . 4,0
4,90.4,0
2,44 . 4,0
2
3,66 . 4,0
4,90 . 4,0
1,36 . 2,0
2
6,10 . 2,0
4,90.2,0
0,68
16,20
0,80
2,82
1,36
19,60
3,82
7,00
19,60
4,88
14,64
19,60
1,36
12,20
9,80
16,68
23,78
30,42
39,12
23,36
16,68
40,46
70,88
110,00
133,36
38,36
64,69
69,97
89,98
63,73
38,36
93,06
163,02
263,00
306,73
Die in Betracht kommenden Flächen, Gewichte, Hebelarme und Momente
sind in der Tabelle B zusammengestellt.
3. Ermittelung der Momente der Wasserdrücke und Wasserlasten.
Die Wasserdrücke sind von der Mauerkrone bis zur jedesmaligen Fuge
gerechnet, und zwar in horizontaler Richtung, so daß für die geneigten Teile
der hinteren Mauerbegrenzung noch die auf diesen Teilen ruhenden Wasser-
lasten zu berücksichtigen sind (siehe Tabelle D).
Der Wasserdruck ist allgemein W=y • -^, worin y das Gewicht des
Kubikmeters Wasser und h die Höhe vom Wasserspiegel bis zur Fuge be-
deutet.
D. Konstroktive Dnrchfähnrng der Gebirgsreservoire.
201
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+ 3,14
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— 0,23
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- 6,16
+ 48,02
- 21,81
- 26,79
+ 48,02
- 8,91
-37,21
+ 24,09
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202
n. Die Stauweiherbauten.
Die Ermittelung der Momente der Wasserdrücke erfolgt nach den
Formeln:
yy y ^ , m yy ^ ' 6 '
C. Momente des Wasserdruckes.
1.
2.
3.
4.
5.
Höhe der
gedrückten Fläche
ab Mauerkrone
h
3
Wasserdruck
Druck auf jede
Lamelle = W
Moment
iJf=y.-g-
m
m
t
t
m/t
4
1,33
W^= 8,00
I. W^ = 8,00
— 10,67
8
2,67
W^= 32,00
n. W^ = 24,00
— 86,33
12
4,00
W^= 72,00
m. iv^ = 40,00
— 288,00
16
5,33
PF, = 128,00
IV. W^ = 66,00
— 682,67
18
6,00
W^6 = 162,00
V. ^j = 34,00
— 972,00
4. Wasserlasten und Wasserlastmomente.
Es kommen in Betracht:
die Wasserlast auf der geneigten Fläche von Mauerkrone bis zu der 4 m
tiefer liegenden Fuge;
die Wasserlast auf dem durch Fortfall der Verblendung an der Hinter-
kante 4 m unter der Mauerkrone entstehenden Absätze von 0,70 m Breite.
Die Wasserlast kommt bei allen tiefer liegenden Fugen mit in Betracht.
(Siehe die Tabellen D und £ auf Seite 203.)
5. Ermittelung des Erddruckes und der Erddruckmomente.
Der Erddruck wird hervorgerufen durch die hinter der Mauer ange-
brachte, vom Mauerfuße bis zur 3 m unter der Mauerkrone liegenden Fuge
hinaufreichende Erdhinterfüllung, deren Oberfläche im Verhältnis 1 : 2 gegen
die Horizontale geneigt ist.
Für den nassen Erdboden der Hinterfüllung wurde ein Gewicht von
1900 kg/m* und ein natürlicher Böschungswinkel von 20® angenommen. Der
Reibungswinkel an der Mauer wurde 0® gesetzt. Für das bereits in Rech-
nung gezogene Wasser sind 1000 kg/m* abzuziehen, so daß für die Erde allein
ein Gewicht von 900 kg/m* bleibt. Bei leerem Becken wurde für den
trockenen Erdboden der Hinterfüllung ein Gewicht von 1700 kg/m* ange-
nommen.
Unter vorstehenden Voraussetzungen wurde der Erddruck nach dem
Rebhannschen Verfahren auf Tafel XI ermittelt. Die Abmessungen des Erd-
druckdreieckes ergeben sich dann durch folgende Rechnung:
D. Konstruktive Durchführung der Gebirgsreservoire.
203
4
8
12
16
18
D. Wasserlast und Wasserlastmomente.
1.
2.
3.
4.
6.
6.
7.
8.
9.
10.
mg der
on der
kröne
h
b
F
G
Breite der Fuge
= B inkl. Ver-
blendung
5-0,7
2
f-
5-0,7 1
1
Entferni
Fuge V
Mauer
2 3 *
= Z
m
m
m
m«
t
m
t/m
4
4
0,40
0,80
0,80
6,24
2,27
B
2
0,13
1.^+0,7 = ^
2,14
2 ^
+ 1,71
4
4
0,40
0,80
0,80
6,24
2,62
0,83
1,79
+ 1,43
8
4
0,40
0,80
0,80
6,65
3,33
0,83
2,50
+ 2,00
12
4
0,40
0,80
0,80
8,56
4,28
0,83
3,45
+ 2,76
16
4
0,40
0,80
0,80
11,00
5,50
0,83
4,67
+ 8,74
18
4
0,40
0,80
0,80
12,36
6,18
0,83
6,35
+ 4,28
E. Wasserlast auf dem 0,7 m breiten Absätze an der Wasserseite.
B
2
4
0,7
2,80
2,80
5,24
2,62
4
0,7
2,80
2,80
6,65
3,33
4
0,7
2,80
2,80
8,56
4,28
4
0,7
2,80
2,80
11,00
6,60
4
0,7
2,80
2,80
12,36
6,18
0,7
^-y-z
2
2
0,36
2,27
+ 6,36
0,36
2,98
+ 8,34
0,36
3,93
+ 11,00
0,36
6,15
+ 14,42
0,36
6,83
+ 16,32
ab--
ad_
ab ''
ad--
ae
ab'
ae-
be_
ab ''
be-
igäbe ■■
Igtgabc-
abc -
ec-
Igec
— Igtgec-
ec
15,00.
: tg 20«.
15,0.0,36397 = 5,460.
■ sin, 200.
: 15,0 . 0,34202 = 5,130.
■ COS. 200.
: 15,0. 0,93969 = 14,095.
:2,0.
: 10,30103 — 10.
: 630 26' 6".
14,095
tg 460 26' 6"
= 1,14907.
0,02374
1,12533
13,345.
204
II. Die Staaweiherbanten.
ac = 5,130 + 13,346 = 18,475.
ef = ^5^3 . 13,345 = 8,274.
a/= ag = ^5,13« + 8,274« = 9,735.
be ce
, 14,095 . 8,740 ^ ^^,
^^= 13,345 =^>^^^'
^imn = ^ghi.
In, Im Ä« , 9,231.9,231 , ^^,
— ^— = ^-^, lnt = -^ j^ = 5,681.
15
^^-J|- 5,681 = 4,924.
rs=^^' 5,681 = 3,409.
0« = A.. 5^681 = 1,894.
F. OrOfse und Momente des Brddnickes
(nach dem Reb hannschen Verfahren).
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
•sl s
b
m
h
m
Hache
m»
Erddrücke
in Tonnen
Hebel-
arm
m
Moment in '
ronnen-Meter
m
E
bei vollem
Becken
1 m» = 0,9 t
E
bei leerem
Becken
lm» = l,7t
bei vollem
Becken
bei leerem
Becken
8
12
16
18
1,89
3,41
4,92
5,68
5
9
13
15
4,73
15,36
31,98
42,60
4,26
13,82
28,78
38,34
8,04
26,10
54,37
72,42
1,67
3,00
4,33
6,00
- 7,11
— 41,46
- 124,62
— 191,70
- 13,43
- 78,30
- 236,42
-362,10
Q. Entfernung der Schwerpunkte von der Mitte der Fuge in Meter.
1.
2.
3.
4.
6.
6.
7.
8.
J ö «
Mauerwerk
Wasserlast auf dem Absätze
M + m
G+g
ernung <
e von d
inerkron
Moment
t/m = »i
Gewicht
t = G
Moment
t/m = fn
Gewicht
i = G
jlf+m
G+g
l¥,^
(Tab. B,
(Tab. B,
(Tab. E,
(Tab. E,
m
Sp. 11)
Sp. 10)
Sp. 10)
Sp. 5)
t/m
t
m
4x
-0,02
4x>c
-0,37
4xx
- 14,19
38,36
+ 6,36
2,80
- 7,83
41,16
— 0,19
8
+ 30,71
93,06
+ 8,34
2,80
+ 39,06
95,86
+ 0,41
12
+ 151,61
163,02
+ 11,00
2,80
+ 162,61
165,82
+ 0,98
16
+ 404,80
253,00
+ 14,42
2,80
+ 419,22
256,80
+ 1,64
18
+ 591,99
306,73
+ 16,32
2,80
+ 608,31
309,63
+ 1,97
D. Konstruktive Dnrchführnng der Gebirgsreservoire.
205
6. Zusammenstellung der Gewichte und Momente der Einzelkräfte und
Ermittelung der Stützlinie.
Die gefundenen Momente der Einzelkräfte und die vertikalen Lasten
wurden zur Ermittelung der Stützlinie in den Tabellen H und J zusammen-
gestellt und die Resultierenden der Momente in der mit SM bezeichneten,
die Resultierenden der vertikalen Lasten in der mit IV bezeichneten Spalte
gebildet.
H. Zusammenstellung der Gewichte und Momente der Binselkräfte, sowie Entfernung
des Schnittpunktes der Qesamtresultierenden von der Kante des Kerns.
Volles Becken.
1.
2. 1 3.
4. 1 5.
6. 1 7.
8.
9.
10.
11.
12.
13.
14.
'S
Mauerwerk
Wasser-
Wa«»er-
S
1
II
il- r
dmck
rechteck
g
o
G
s"-
ll|
1
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1=
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1 ^
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J i
1
ly
t
2:m
t/m
i = »
0 «a
li
m
m
m
4x
38,36
— 0,77
0,80
+ 1,71
- 10,67
39,16
- 9,73
— 0,25
0,76
0,51
4XX
38,36
- 14,19
0,80
+ 1,43
2,80
+ 6,36
- 10,67
—
41,96
- 17,07
— 0,41
0,87
0,46
8
93,06
+ 30,71
0,80
+ 1,84
2,80
+ 8,34
- 85,33
- 7,11
«76,66
- 51,45
— 0,53
1,11
0,58
12
163,02
+ 151,61
0,80
+ 2,76
2,80
+ 11,0C
~288,0C
- 41,46
166,62
-164,09
-0,98
1,43
0,46
16
253,00
+ 404,80
0,80
+ 3,74
2,80
+ 14,42
- 682,67
- 124.62
256,60
-384,33
-1,50
1,88
0,33
18
306,73
+ 591,99
0,80
+ 4,28
2,80
+ 16,32
+ 972,00
- 191,70
310,33
-551,11
-1,78
2,06
0,28
J. Momente des Verblendungsmauerwerkes in besug auf die Mitte
der untersuchten Fuge.
2.
3.
Entfemong
der Fuge
von der
Mauerkrone
Fläche
F
Gewicht
F,2ß
Abstand des
Schwerpunktes
von der
Mauerachse
x — x
Abstand der Schwerlinie von
der Mitte der Fuge
Moment
t m
8
12
16
18
2,80
2,80
2,80
2,80
6,44
6,44
6,44
6,44
4,34
4,34
4,34
4,34
1,75 + 4,35 --^ = + 2,77
3,66 + 4,35 — ^^ = + 3,73
6,10 + 4,35 --^=+4,95
7,46 + 4,35 — i^ = + 5,63
+ 17,84
+ 24,02
+ 31,88
+ 36,26
206
n. Die Stauweiherbaaten.
Der Abstand der Resultierenden von der Mitte der Fuge ist gleich dem
Quotient:
UM ^ Momentsumme
iV Vertikalsumme '
In besonderen Spalten wird außerdem angegeben ^/^ der Fugenlänge
und Abstand der Resultierenden von der Vorderkante bezw. Hinterkante des
inneren Drittels.
Die Tabelle H enthält alle Momente und Lasten, die für die Ermittelung
der Stützlinie beim vollen Becken berücksichtigt werden müssen, während
Tabelle K alle Momente und Lasten enthält für die Ermittelung der Stützlinie
bei leerem Becken.
K. Leeres Becken.
1.
2. 1 3.
4. 1 6.
6.
7.
8.
9.
10.
|ö»
Mauerwerk
Verblend-
manerwerk
ZV
t
SM
t/m
2M
^/
Hut
Lage der F
B unterhalb t
Mauerkrol
V
(Tab.A,
Sp. 8)
t
M
(Tab. B,
Sp. 11)
t/m
t
t/m
Ulli
P< ► .5
l . SM ,
%'^'sv-^
4x
38,36
- 0,77
38,36
- 0,77
0,02
0,76
0,74
4xx
38,36
— 14,19
—
—
38,36
— 14,19
0,37
0,87
0,50
8
93,06
+ 30,71
6,44
+ 17,84
99,60
+ 48,65
0,48
1,11
0,63
12
163,02
+ 151,61
6,44
+ 24,02
169,46
+ 175,63
1,04
1,43
0,39
16
253,00
+ 404,80
6,44
+ 31,88
259,44
+ 436,68
1,68
1,83
0,16
18
306,73
+ 691,99
6,44
+ 36,26
313,17
+ 628,25
2,01
2,06
0,05
7. Ermittelung der Kantenpressungen.
Nach Vereinigung sämtlicher Momente und Vertikalkräfte erfolgt nun-
mehr die Bestimmung der Kantenpressungen sowohl für gefülltes, als für
leeres Becken, und zwar nach der Formel:
EV , ßlM
<r=-^ +
10^2 •
Bei Umwandlung in kg/cm* ist zu setzen:
1000 2' F . 6 . 1000 . 100 I"^
<y =
oder
0' =
100 . 100 B -^ 100 . 10000 B^ '
10 ■ ^ * 10 ' R^ '
Bei vollem Becken findet die größte Pressung an der Luftseite statt
und ist gegeben durch:
10 ' Ä "*" 10 ' B' '
0*1 =
D. KoDstruktiTe Darchiilhmiig der Gebirgsreserroire.
207
während in diesem Falle die kleinste Pressung an der Wasserseite sich
ergibt aus:
^J_ XF 1_ 6. IM
^^ 10' B 10 * B^ '
Bei leerem Becken tritt das umgekehrte Verhältnis ein.
L. Ermittelung der Kantenpressungen.
I. Volles Becken.
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
o^
Kleinste
cS
d
Gleichmäfiige
Absoluter
Gröfite
Kanten-
SM
C/3
Druck-
Wert
Kanten-
pressung an
5
(Tab. H,
X
spannung
der Biegungs-
pressung an
der Wasser-
1 !S
'S
Sp. 11)
5
ZV
spannung
der Luftseite
seite
M^.
II
&.
10 B
eiM
SV ßSM
SV ßSM
1?
1^
10 B*
lOB ' 105^
10 B 10 J5«
m
m
t/m
t
kg/cm*
kg/cm"
kg/cm'
kg/cm*
4x
4,54
- 9,73
39,16
0,86
0,28
1,14
0,58
4xx
5,24
— 17,07
41,96
0,80
0,37
1,17
0,43
8
6,65
- 50,45
96,66
1,45
0,70
2,15
0,75
12
8,56
- 164,09
166,62
1,95
1,34
3,29
0,61
16
11,00
— 384,33
256,60
2,33
1,91
4,24
0,42
18
12,56
-551,11
310,33
2,51
2,16
4,67
0,35
n. Leeres Becken.
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
Entfernung der
Fuge von der
Mauerkrone
u
■S
5 «
CS u,
II
«5
SM
(Tab. K,
Sp. 7)
(Tab.K,
Sp.6)
st
< a
o
^ eS un
s
oq
S
tssr
5^
o
oq
2
m
m
t/m
t
kg/cm*
kg/cm»
kg/cm«
kg/cm«
4x
4,54
— 0,77
38,36
0,85
0,02
0,87
0,83
4xx
5,24
— 14,19
38,36
0,93
0,31
1,04
0,42
8
6,65
+ 48,55
99,50
1,50
0,66
2,16
0,84
12
8,56
+ 175,63
169,46
1,98
1,44
3,42
0,54
16
11,00
^- 436,68
259,44
2,36
2,16
4,52
0,20
18
12,36
+ 628,25
313,17
2,53
2,47
5,02
0,05
Die Untersuchung zeigt also, daß, selbst wenn das Wasser bis zur
Mauerkrone steigt, die höchste Kantenpressung innerhalb der zulässigen
Grenze bleibt und die Stützlinie Oberall innerhalb des inneren Drittels des
Mauerprofiles verläuft.
210
n. Die Staaweiherbaaten.
Bei Ermittelung der Querschnittsdimensionen dieser Talsperre wurden
nachstehende Grundannahmen bezw. Bedingungen angenommen:
1. Das spezifische Gewicht des Mauerwerkes beträgt y' = 2,3.
2. Die zulässige Maximalbeanspnichung des Mauerwerkes auf Druck soll
Pmax. = 10 kg pro cm* nicht übersteigen.
3. Den Stabilitätsuntersuchungen ist ein Wasserstand zugrunde gelegt, der
bis an die Mauerkrone reicht, — ein Fall, der bei entsprechender Dimen-
sionierung des Hoch wasserOberf alles und der Grundablässe praktisch nie
eintreten wird. Es zieht also die Untersuchung einen extrem ungünstigen
Belastungsfall in Betracht. Bei der Profilierung der Mauer wurde das
Hauptaugenmerk darauf gerichtet, die zulässige Maximalgrenze der
Materialbeanspruchung sowohl bei gefülltem wie bei leerem
Reservoir zu erreichen, d. h. die Festigkeit des Materials in beiden
Fällen gleichmäßig auszunützen.
Außerdem wurde bei der Profilierung darauf geachtet, die Minimal-
beanspruchungen möglichst hoch zu veranschlagen, um die
Schwankungen innerhalb möglichst kleiner Grenzen zu halten.
Das Profil zeigt dementsprechend auch eine Minimalpressung von
0,73 bezw. 0,52 kg pro cm*.
Die Bestimmung der Lage der Drucklinien für das leere und gefüllte
Becken, die Ermittelung der maximalen und minimalen Materialpressungen
und die Spannungsverteilung im Innern des Mauerkörpers wurden auf gra-
phischem Wege vorgenommen.
Die hierdurch gewonnenen Werte sind aus den nachfolgenden Tabellen
zu entnehmen.
Höhe
Fugenbreite
Summe
Summe
Lamelle
der
Lamellen-
der
Lamellen-
der
No.
der
Lamelle
Lamelle:
fläche
Lamellen-
flächen
gewichte
Lamellcn-
gewichte
obere
untere
m
m
m
m«
m«
t
t
I.
6,0
5,00
5,58
26,450
26,450
60,8350
60,8350
II.
5,0
5,58
7,50
31,600
58,050
62,0800
132,9150
III.
5,0
7,50
11,25
46,875
104,925
108,4125
241,3275
IV.
5,0
11,25
15,00
65,625
170,550
150,9376
392,2650
V.
5,0
15,00
18,75
84,375
254,925
194,0625
686,3275
VI.
5.0
18,75
22,50
103,125
358,050
237,1875
823,5160
VII.
5,0
22,50
26,25
121,875
479,925
280,3000
1103,8276
VIII.
5,0
26,25
30,00
140,625
620,550
323,4300
1427,2650
IX.
5,0
30,00
33,75
159,375
779,925
366,5620
1793,8276
X.
5,0
33,75
37,50
178,125
958,050
409,6873
2203,5150
D. Konstraktive Durchführung der Gebirgsreservoire.
211
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kO oa o
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CO CO CO
'o^ oiiauiBi
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14*
212
n. Die Stauweiherbauten.
Mittlere
Tiefe unter
Wasserdruck
horizontal
vertikal
Lamelle No.
Wasserspiegel
m
pro Lamelle
in Summa
pro Lamelle
in Summa
in Tonnen
I.
2,6
12,60
12,50
1,4375
1,4376
n.
7,5
37,60
50,00
4,3125
6,7500
m.
12,5
62,50
112,50
7,1875
12,9375
IV.
17,5
87,50
200,00
10,0625
23,0000
V.
22,5
112,50
312,50
12,9376
35,9375
VI.
27,5
137,50
450,00
16,8125
61,7600
vn.
32,6
162,50
612,50
18,8675
70,4376
vm.
37,5
187,50
800,00
21,5625
92,0000
IX.
42,5
212,50
1012,50
24,4375
116,4375
X.
47,6
237,50
1250,00
27,3125
143,7500
Auftrieb und Erddruck sind aus den früher angegebenen Gründen nicht
berücksichtigt; diese gegen Auftrieb stabile Mauer würde einen Materialmehr-
aufwand von ca. 15^/q erfordern, was nicht nötig ist, da die Mauer durch
Drainage diesbezüglich entlastet wird. Die in punkto Materialersparung von
manchen Seiten als günstig angesehene Erdanschüttung wird rücksichtlich des
Erddruckes nicht die statische Wirkung in dem gewünschten Maße ausüben,
weil bei Sammelstauweihem die Erdanschüttung vollständig mit Wasser durch-
tränkt ist, was wohl teilweise bei der Berechnung durch Einsetzung von bloß
700—800 kg gegen 1700—1800 kg zum Ausdrucke gelangt.
Für Stauweiher zur Ansammlung von Genuß wasser wird sich auch der
Verunreinigung wegen diese Erdanschüttung, welche insbesondere als Material-
depot der Bauuntemehmung sehr angenehm ist, nicht empfehlen. Der
Vorteil des Schutzes der Isolierschichte gegen Frost und Hitze durch die
Anschüttung entfällt bei solchen Sammelreservoiren, da in derselben zur
Erzielung einer niederen Temperatur etc. eine permanente Mindestwassertiefe
von 20 m ohnehin in Form des eisernen Vorrates erhalten bleibt.
Auf Tafel XIII ist das Profil einer Mauer für 38 m Höhe entwickelt,
wobei Erddruck und Auftrieb berücksichtigt erscheinen.
Statische Untersuchungen eines Mauerprofils von 38 m Höhe
(nach beiläufig angenommenen Dimensionen).
Die Staumauer soll auf ihre Beanspruchungen hin in 2 möglichen und
möglichst ungünstigen Fällen untersucht werden. Fall I wäre der, daß das Tal-
sperrenwasser bis zur Kote 538,00, das ist bis zur Mauerkrone reiche, so daß
bis zur Fundierungssohlenkote 500,00 eine Wasserhöhe von 38,0 m vorhanden
ist; und der Fall II wäre jener während des Betriebes hin und wieder sich
ergebende Zustand, daß das Wasser bis zur Kote 520,00 abgelassen wird, das
ist bis zur Höhe des Beginns der Erdanschüttung. In beiden Fällen sollen
D. Konstruktive DorchfÜhroDg der Gebirgsreservoire. 213
die im Mauerprofil sich ergebende Drucklinie, sowie die hierdurch bestimmten
Spannungen in einzelnen horizontalen Querschnitten auf rein rechnerischem
Wege ermittelt werden, deren Resultate durch die Tafel XIII veranschaulicht
werden; in dieser ist die Untersuchung des Falles I in schwarzer Farbe aus-
geführt und die Spannungsverteilungstrapeze in sien agelb er Farbe angelegt,
während die auf den Fall II bezüglichen Darstellungen in roter Farbe markiert
erscheinen.
Im Falle I ist auch angenommen, daß in den angenommenen Fugen
Wasser eindringe, dessen Auftrieb mehr oder weniger bedeutende Änderungen
in der Spannungsverteilung hervorbringt, wie später ausführlicher gezeigt
werden wird. Die Linien gleicher Beanspruchung (Spannungsniveaukurven)
vermitteln zwischen den einzelnen Querschnitten und gestatten, durch ein-
fache Interpolation für jeden Punkt der Mauer in jedem gegebenen Fall die
dort herrschende Beanspruchung zu finden. Die blau angelegten Spannungs-
profile in den einzelnen Querschnitten, gegeben durch Berücksichtigung etwa
entstehenden Auftriebs, gestatten die Konstruktion kontinuierlicher Linien
gleicher Beanspruchung, wie ebenfalls später gezeigt werden wird, nicht.
Als spezifisches Gewicht des Mauerwerks werden 2,30 t/m', des Wassers
1,00 t/m*, der nassen Erde unter Wasser ein Mehrgewicht von 0,90 t/m*
gegenüber Wasser angenommen.
Gestalt, Fläche und Gewichte der Mauer resp. der einzelnen Lamellen-
teile zwischen 2 vertikalen parallelen Ebenen in i,oo m Distanz.
Die Gestalt des Mauerprofils ist aus der Zeichnung ersichtlich. Von der
Kote 535,0 ab sind in Abständen von 5,00 m horizontale Schnitte I, II bis VIII
geführt, welche das Profil in gleichbezeichnete Lamellen teilen, deren Flächen
und Gewichte mit Fn resp. Qn und dem betreffenden Index bezeichnet sind.
Außerdem werden die Flächen und Gewichte 2^ F und E^Q m jedem Falle
von der Krone bis zur betreffenden Querschnittsebene herab gerechnet. Für
die spätere Zusammensetzung der wirkenden Kräfte ist es notwendig, auch
die Drehmomente der einzelnen Lamellengewichte in bezug auf einen Punkt
der vertikalen Achse XX^ sowie die Summe der Momente der Lamellen
gewichte von der Krone bis zur betreffenden Schnittebene herab zu ent
wickeln.
(Siehe die Zasammenstellang aof Seite 214 oben.)
Gewicht der Lamellen
pro 1 m Tiefe:
Qn
.KQn
öi= 12,00.2,30
= 27,600 t
27,600 t
ö«= 23,45.2,30
== 53,935 „
81,535 „
Ö8= 40,02.2,30
= 92,046 „
173,581 „
Ö4= 59,10.2,30
= 135,930 „
309,551 „
Ö6= 79,54.2,30
= 182,942 „ .
492,453 „
öe = 101,05 . 2,30
= 232,415 „
724,868 „
Ö, = 122,57 . 2,30
= 281,911,,
1006,779 „
08 = 144,17.2,30
= 331,591 „
1338,370 „
214
n. Die Stanweiherbanten.
Kubator der Lamellen pro 1 m Tiefe:
Fi= 4,00.3,00
5,00 . 2,10 2
Z'.F
/; = [ 4,00.5,00]+ 2
F3 = 16,10.5,00, + M1_M^
/', = [9,91.5,00] + ^^«i^
/; = [13,73 . 5,00]
3,82.5,00 5,0.0,5
_ . 3,82.5,00 , 5,0.0,5
F^ = [18,05 . 5,00] + ' g ' + ' g
3,81.5,00 , 5,0.0,5
F^ = [22,36 . 5,00] +
Fg = [26,67 . 5,00] +
2 • 2
3,83.5,00 , 5,0.0,5
= 12,00 m» 12,00 m»
^[5,40.0,50]= 23,45 „ 35,45 „
= 40,02 „ 75,47 „
= 59,10 „ 134,57 „
= 79,54 „
= 101,05 „
= 122,57 „
= 144,17 „
214,11 „
315,16 „
437,73 „
581,90 „
581,90 m»
Die Lage der einzelnen Kräfte Qn erhält man, indem man die Flächen-
momente in bezug auf die Achse XX durch die Fläche Fn dividiert.
I. Si =± 2,00
__ 20,00 . 2,00 + 3,45 [4,0 + 0,50] ^ 55,527
^- ^« "" 23,45 23,45
m. S3 =
30,50.3,05 + 9,52
6,10 +?|1
176,9124
IV. s, =
40,02
49,55 . 4,95 + 9,65
40,02
^^1 -r 3 J _ 352,0395
V. s, = -
59,10
68,65 . 6,27 + 9,55
59,10
ld,7ö-h 3 J 1,^5 3 614,6630
79,54
79,54
= 2,00 m
= 2,37 „
= 4,42 „
= 5,95 „
= 7,74 ,
VLSe =
[3 QO'
17,55 + -^
0,5.5,0.0,6 0,5.0,6.0,6'
o "r o
^-
101,05
947,8360
VIL s, ■•
21,36 . 5,00 . 10,68 + 9,55 [21,36 + ^
101,05
1,0.0,5.1,0 , 0,5.6,0.1,17
= 9,38 m
1=
2
122,57
1342,7780
122,57
= 10,95 m
D. Konstruktive Durchführung der Gebirgsrescrvoire.
215
VIII. 5« =
25,17 . 5,00 . 12,58 + 9,55 [25,17 + ^1 — UAi^
1,5.0,5.1,5 ,0,5.5.0.1,67
144,17
1828,0780
144,17
= 12,68 m
Die Zähler dieser Brüche mit 2,30 multipliziert, stellen die Gewichts-
momente der Lamellen in bezug auf die Achse XX dar.
M^ = 12,00 . 2,00 . 2,30
Mci = 55,5270 . 2,30
M^= 176,9124.2,30
M^= 352,0395.2,30
M^= 614,6630.2,30
M^= 947,8360.2,30
M^ = 1342,7780 . 2,30
Mq = 1828,0780 . 2,30
Alle diese auf das Mauerprofil bezüglichen Daten sind in nachstehender
Tabelle vereinigt:
Mn
I^Mn
= 55,2000 m/t
55,2000 m/t
= 127,7075 „
182,9075 „
= 406,8985 „
589,8060 „
= 809,6908 „
1399,4968 „
= 1413,7249 „
2813,2217 „
= 2180,0228 „
4993,2445 „
= 3088,3894 „
8081,6339 „
= 4204,5794 „
12 286,2133 „
12 286,2133 m/t
o
1
Distanz von xx
0
ja
1
0
0
B
B e
|v
Sn
0
B
1
1
:2
0
i
1
B ff
1 :^
iv
0
I.
4,00
1,33
2,00
2,67
12,00
12,00
27,600
27,600
2,00
55,2000
55,2000
n.
6,10
2,03
3,05
4,06
23,45
35,45
59,935
81,535
2,37
127,7075
182,9076
m.
9,91
3,30
4,95
6,60
40,02
75,47
92,046
173,581
4,42
406,8985
589,8060
IV.
13,73
4,58
6,87
9,16
59,10
134,57
135,930
309,551
5,95
809,6908
1 399,4968
V.
18,05
5,52
8,53
11,54
79,54
214,11
182,942
492,453
7,74
1413,7249
2 813,2217
VI.
22,36
6,45
10,18
13,90
101,05
315,16
232,415
724,868
9,38
2180,0228
4 993,2445
VII.
26,67
7,39
11,83
16,28
122,57
437,73
281,911
1006,779
10,95
3088,3894
8081,6339
vin.
31,00
8,33
13,50
18,66
144,17
581,90
331,691
1338,370
12,68
4204,5794
12 286,2133
Fall I. Statische Untersuchung der Mauer bei einem Höchststau bis
Kote 538,00..
a) Wasserdrücke.
Der Wasserdruck ist, von oben nach unten gleichmäßig wachsend,
durch das bekannte Wasserdruckdreieck dargestellt; bezeichnet man mit
IVn jedesmal den Wasserdruck vom Höchstwasserspiegel bis zur betreffenden
Fuge, so ist er dargestellt durch W^ = y ■ -0-, worin y das spezifische Gewicht
216 n. Die Stauweiherbanten.
und h die Tiefe der Fuge unter dem Höchstwasserspiegel bedeutet; da
7=1,00 t/m^ bedeutet, so ist Wi = -ö-; di« Richtung dieses Wasserdruckes
ist bis zur Lamelle IV horizontal, der Angriffspunkt der Kraft geht durch
den Schwerpunkt des Druckdreiecks. Das Drehmoment des jeweiligen Wasser-
druckes in bezug auf den Schnittpunkt der Achse XX mit der Fuge ist:
Vom Punkte IV, nämlich von dem Punkte an, wo die Vorderfläche der
Mauer geböscht ist, tritt der Wasserdruck senkrecht zu dieser Dossierung,
also in schräger Richtung auf. Die für die vertikale Fläche auftretende
Druckfigur (Trapez) IV, 1, 2, 3 wird für die geböschte Fläche einfach an die
Gerade IV V angetragen und ist somit IV, V, 2', 3'.
Die Ermittelung von Größe, Art und Richtung der Kraft geschieht
in folgender Art. Die Druckfigur ist für die Lamellenbreite d gleich:
lVn = {h--d),d+^==d
r ^1 d
Das Moment in bezug auf den unteren Begrenzungspunkt der geböschten
Fläche (Punkt V, VI etc.) ist:
3/frn = (Ä~rf)^ + -^ = -g-[3Ä~2rf].
Mwn
~Wn
unteren Begrenzungspunkt der geböschten Fläche:
Dividiert man y^^" = rf'n, so erhält man die Distanz der Kraft vom
^'"~ 3 ■ 2Ä-^-
Wir brauchen aber das Moment der Kraft Wn auf den Schnittpunkt der
Achse XX mit der Fuge, damit es mit den von den anderen Kräften her-
rührenden, ebenfalls auf diesen Pol bezogenen Momenten zusammengesetzt
werden kann.
M\,^ = Wn.d'r\ d'r = d\-e\ e=Vl.sin.a,
sin. a = y^.,-= — T, = 0,0995.
yl 0,0^ + 0,0^
Der Wasserdruck in einer Fuge unterhalb IV ist deshalb zusammen-
gesetzt aus dem horizontalen Wasserdruck WiVt P^^s dem schrägen Jf^,
dessen 2 Komponenten IV = Wn . sin. a, IV =^IV„ . cos. a sind; die Wasser-
druckmomente sind gleich dem Moment des Wi\ auf den betreffenden Punkt
plus dem auf diesen Punkt reduzierten Moment des Wn.
D. Konstraktive Durchführong der Gebirgsreservoire. 217
Zusammenstellung der horixontslen und schrägen Wasserdrücke.
Hori-
Moment
Tiefe
zontaler
Schräger
des^n
Re-
Fuge
unter
Wasser-
Moment
Wasser-
^
IV^
auf
Distanz
duziertes
No.
638,00
druck
Mwn
druck
fVn
n
n
Punkt der
Moment
Wn
Böschung
I.
3,00
4,50
4,6000
__
^_
,_
n.
8,00
32,00
85,3333
—
—
—
—
—
—
in.
13,00
84,60
366,1666
—
—
—
—
—
—
IV.
18,00
162,00
972,0000
Moment
des IVw
~
V.
23,00
—
1782,0000
102,50
10,20
101,98
246,0300
2,40
240,8750
VI.
28,00
—
2529,0000
230,00
22,88
228,86
1066,8800
4,64
1044,2000
vn.
33,00
—
3402,0000
382,50
38,06
380,86
2687,6000
6,76
2628,3260
vm.
38,00
—
4212,0000
560,00
66,72
657,20
4933,3300
8,81
4821,6000
b) Erddruck.
Da bis zur Kote 520,00 vor der Mauer eine Erdanschüttung vorgesehen
ist, so muß auch deren Erddruck auf die Mauer beachtet werden. Für das
Übergewicht des Erdraaterials unter Wasser gegen das Wasser werden
0,900 t/'m^ angenommen, der natürliche Böschungswinkel A = 20®; der Reibungs-
winkel des Erdmaterials am Mauerwerk wird vernachlässigt, so daß der Erd-
druck I zur Mauerfläche wirkt; der Erddruck wird (wie in der Zeichnung
für die Fuge VIII dargestellt) nach dem Rebhannschen Verfahren ermittelt,
wobei sich das Erddruckdreieck rse ergibt, welches in Gestalt des Dreieckes
VIII EIV an die vordere Böschung angetragen erscheint. Die rechnerische
Ermittelung ist folgende:
VIII R aus Dreieck IV VIII R,
VIII R = IV VIII'
sin. ß
sin. /iSO — (90 — a + /^l
20000
= IV VIII
sin. ß
COS. ß—a'
IV VIII =
COS. a
sin. |l80 — (y + 90 — /? -j- a)| rnQ rv 4- « - /?\
VIIIm^VIIIR- i ^ l^ = F////?-^^^'^y.^"^ ^.
stn. y stn. y
VIIIn^^yJIVVilT.VIlTm] VIIIp = VIIIn\ Vlllr^VIII R^ VIII m
. VIII t = IV VIII'
stn.y
= IVVIII'
stn. y
sin. (90 — ß + a + y) -''""■* cos.(y + a — ß)
COS. (y + a — ß)
rt=-VIIIt-VIIIr\ rs = rt'
sin. (y — ß)
218
II. Die Stanweiherbauten.
a = 5 <> 42' 38". /? = 20 <> 0' 0". y = 57 <> 43' 25".
rs = rt= VIII u = 12,48 m.
Der Erddruck area (res) = -^ ' stn. (90 — a) = -g- • cos. a.
area IVVIIIe = area {res)
VIII E =
rs^ COS. a
20,00
rs« cos, a _ 20,00 . VIII E
2 "" 2
VIIIE = 7 fi9m.
Für die anderen Fugen ergibt sich VIII E proportional ebenso, wie die
Erddrücke selbst.
20,00 . 7,69
Eviii =
0,9 = 69,21 t.
10.0 . 3.845
Evi= * o Ö,9 = 17,30 t
^^^^2M_ML. 0,9 = 38,94 t.
5,00 . 1,923 ^ ^
Ev = — ^ 0,9= 4,32 t.
Der Angriffspunkt liegt im Drittel der dreieckigen Druckfigur; ihr
Moment auf Schnittpunkt der Fuge und Böschung ist leicht gerechnet. Es
wird, wie im vorigen Falle, auf den Pol zum Schnittpunkt der Fuge mit xx
reduziert.
Zusammenstellung der Brddrttcke.
Fuge No.
Erddruck En
in Tonnen
Vn = En sin. a
Hn = En cos. a
Moment
Reduziertes
Moment
V.
VI.
vn.
vni.
4,320
17,300
38,940
69,210
0,430
1,720
3,870
6,890
4,300
17,210
38,750
68,870
7,2144
57,4814
194,5250
461,4290
6,9984
55,7604
188,7125
447,6550
c) Zusammensetzung der Kräfte.
Die Kräfte werden zusammengesetzt zu Resultanten, indem man für
jeden Querschnitt die Summe aller Vertikal-, sowie aller Horizontalkräfte und
der Drehmomente bildet. Der Sinn aller Kräfte, sowie aller Momente in bezug
auf den jeweiligen Pol zum Schnittpunkt der xx mit der Fuge ist derselbe,
so daß Vorzeichen nicht zu berücksichtigen sind und die algebraische
Summierung hier auch eine arithmetische wird. Durch Division
IM
ZV
erhält
man den Angriffspunkt der Resultanten auf der Horizontalfuge, durch den
ZM
Bruch rr den Angriffspunkt der Resultierenden auf der -AT-^-Achse, in
beiden Fällen vom Momentenpol aus gemessen. Die Verbindungsgerade beider
stellt Richtung und Lage der Resultanten vor. Die Verbindungskurve der
ersteren Punkte stellt die sogen. Stützlinie vor. Es soll die Zusammen-
setzung beispielsweise für die Fuge VI gezeigt werden:
D. Konstruktive Durchführung der Gebirgsreservoire.
219
i^V= E^Q + Vl/L+ ^rrj= 724,868 + 22,880 + 1,720
= 749,468 t
I^H = W.^ + iV^+ E^. = 162,000 + 228,85 + 17,210 = 408,060 t
-^>=^>« + <.r + <T7+<T^=^^993,2445 +
+ 2,592,0000 + 1,044,2000 + 55,7604 = 8,685,2049 m/t
8,685,2049 ^^ ^^ 8,685,2049 ^^ ^^
x= l..'... =11,58 m; ^= Wnan =^1,28 m.
749,468
408,060
Zieht man von x die Distanz der Querschnittsmitte von XX ab, so
erhält man „a** die Entfernung der Stützlinie von der Querschnittsmitte. Diese
Werte sind in der nachfolgenden Tabelle vereinigt:
Fuge No.
Summe der
Vcrtikal-
kräfte
Summe der
Horizontal-
kräfie
Summe der
Momente
X
y
a
1.
27,600
4,600
69,7000
2,16
13,26
0,16
11.
81,535
32,000
268,2408
3,29
8,38
0,24
III.
173,681
84,600
956,9726
6,61
11,31
0,66
IV.
309,511
162,000
2 371,4968
7,66
14,64
0,79
V.
603,133
268,280
4 843,0951
9,62
18,05
1,09
VI.
749,468
408,060
8686,2049
11,58
21,28
1,40
VII.
1048,699
681,330
14 200,6714
13,54
24,43
1,71
vm.
1400,980
788,070
21 774,4683
16,54
27,63
2,04
d) Ermittelung der Randspannungen in den Querschniffen.
Nunmehr kann an die Ermittelung derselben geschritten werden. Nach
den bekannten Formeln ist:
bb'
eiV.a IV b + 6a
b'b^
bb*
Hierin stellen b und b' die Dimensionen des Querschnitts dar, 2" Fund a die
bekannten Werte. Das bisherige System „Meter-Tonne" wird verlassen und
nunmehr in der Dimension „Zentimeter-Kilogramm" gerechnet; b ist hierbei
IV
^^^ , ist die mittlere Spannung. In nachstehender Tabelle sind
100 cm.
alle hier in Betracht kommenden Größen vereinigt.
(Siehe die Tabelle auf Seite 220.)
In einfacher Weise konnten nunmehr die Kurven gleicher Bean-
spruchung in Abständen von 1,0 at konstruiert werden.
220
n. Die Staaweiherbaaten.
Mittlere
Spannung
Spannung
Fuge No.
Breite b
0
a
Spannung
an der
Luflseite
an der
Wasserseite
cm
kg
cm
kg/cm*
kg/cm«
kg/cm«
I.
400
27,600
16,0
0,690
0,856
0,520
II.
610
81,535
24,0
1.336
1,651
1,021
m.
991
173,581
56,0
1,751
2,346
1,157
IV.
1373
309,511
79,0
2,253
3,030
1,476
V.
1805
603,133
109,0
2,787
3,799
1,778
VI.
2236
749,468
140,0
3,352
4,612
2,092
VII.
2667
1048,699
171,0
3,932
5,434
2,418
VIII.
3100
1400,980
204,0
4,519
6,281
2,734
e) BerQcksichfigung des Auftriebes.
Den neuesten Anschauungen folgend, wird auch der Einflufl des Auf-
triebes auf die Spannungsverteilung berechnet, welcher sich äußert, wenn das
unter seinem eigenen Druck befindliche Talsperrenwasser in eine horizontale
Fuge eindringt. Der oberhalb einer sich bildenden, an der Luftseite ge-
schlossenen Lagerfuge befindliche Mauerkörper soll sich unter den bei
dichter Mauer wirkenden Angriffskräften, den Pressungen des Auftriebs und
dem Gegendruck des Auflagekörpers im Gleichgewicht befinden; er ruht
demnach auf Wasser und Mauerwerk zugleich. Soweit der Gegendruck des
Auflagekörpers kleiner ist als der Auftrieb, tritt das konstante Maß des
letzteren ein und verändert hierdurch die Spannungs Verteilung im ganzen
Querschnitt Ob dann im übrigen Teil des Querschnitts der Gegendruck
durch Auftrieb und Mauerwerk zugleich oder nur durch letzteren geleistet
wird, ob also in den übrigen Teil der Fuge Wasser eintritt oder nicht, ist
für die rechnungsmäßige Standfestigkeit der Mauer gleichgültig. Die Spannungs-
figur besteht aus dem Rechteck der gleichmäßig verteilten Auftriebspressungen
und außerdem aus einem anliegenden Dreieck, welches in folgender Art be-
rechnet wird:
sy-A
= ^ V.a\ daraus a und x\
Die größte Spannung an der Luftseite ist dann um a größer als die
Pressung des Auftriebs. Zu bemerken ist noch, daß die Wirkung des
Auftriebs eine kleinere wird, wenn weiter oben in ähnlicher Weise eine Fuge
sich bildet, so daß die berechneten und in der Figur blau gezeichneten
Spann ungsfiguren nicht gleichzeitig bestehen können, weswegen auch für
diesen Fall keine Spannungsniveaulinien konstruiert werden können. Von
der Fuge IV an ist die Wirkung des Auftriebs, als zu geringfügig, zu vernach-
lässigen.
D. Konstruktive Durchführung der Gebirg sreservoire.
221
Fuge
No.
Breite b
Tiefe unter
Kote 638,00
Auftriebs-
pressung
o
X
Größte
Spannung
Luftseite
cm
m
kg/cm«
kg/cm»
cm
V.
1806
23,00
2,30
2,09
840
2,39
VI.
2236
28,00
2,80
3,10
796
6,90
vu.
2667
33,00
3,30
4,16
813
7,46
vm.
3100
38,00
3,80
6,62
807
9,32
Fall II. Wasserstand auf Kote 520,00.
Bis zur Fuge IV steht die Mauer nur unter den Wirkungen des Eigen-
gewichtes: von IV an treten zur Böschung normale Wasserdrücke auf, deren
Größe Wn = -ö- 1 wenn h die Tiefe der Fuge unter der Kote 520,0 bedeutet.
Der Angriffspunkt liegt immer im unteren Drittel der dreieckigen Druckfigur.
Das Moment auf den Schnittpunkt der Böschung und Fuge als Pol ist mit
einer sehr geringen Vernachlässigung konstruiert: -^-; es wird, wie im FaU I,
auf den Schnittpunkt von Lamelle und xx reduziert.
Die Erddrücke bleiben genau wie im Fall I.
Die Wasserdrücke sind in der folgenden Tabelle vereinigt.
Fuge No.
Tiefe
unter
620,00
Wasserdruck
t
Vertikal-
komponente
Horizontal-
komponente
Moment
Reduziertes
Moment
Y.
VI.
VII.
vm.
6,00
10,00
16,00
20,00
12,60
60,00
112,60
200,00
1,26
6,00
11,25
20,00
12,60
60,00
112,60
200,00
20,8760
166,6000
562,6000
1334,0000
20,2600
161,6000
540,7760
1294,0000
Zusammensetsung der KrBfte.
Fuge
No.
Summe der
Vertikal-
kräfte
Summe der
Horizontal-
kräfie
Summe der
Momente
X
a
1.
27,600
_
55,2000
2,00
0,00
n.
81,636
—
182,9075
2,24
0,81
m.
173,581
—
689,8060
3,39
1,56
IV.
309,551
—
1 399,4968
4,52
2,35
V.
493,008
16,80
2 840,4701
5,76
2,77
VI.
731,588
67,21
6 210,5049
7,13
3,06
VII.
1021,899
151,25
8 811,1214
8,62
3,21
VIII.
1365,260
268,87
14 027,8683
10,27
3,23
222 ö- I^i« Stanweihcrbaaten.
Hieraus ergeben sich die Randspannungen (rote Trapeze):
Fuge No.
Breite
ly
a
MitÜere
Spannung
Spannung
Spannung
Lnftseite
Wasserseitc
m
kp
cm
1.
400
27,600
0,00
0,690
0,690
0,690
n.
610
81,535
81,00
1,336
0,271
2,405
m.
991
173,581
iö6,00
1,751
0,096
3,397
IV.
1373
309,511
235,00
2,253
— 0,060
4,570
V.
1805
493,008
277,00
2,731
0,218
5,243
VI.
2236
731,588
305,00
3,272
0,589
5,955
VII.
2667
1021,899
321,00
3,831
1,061
6,597
vm.
3100
1365,260
323,00
4,400
1,645
6,996
In diesem Falle, wenn der Wasserspiegel auf Kote 520,00 m herab-
gesenkt wird, was beispielsweise bei einem für Trinkwasserzwecke dienenden
Stauweiher die Stauhöhe für den eisernen Vorrat repräsentieren kann, tritt
in Kante IV auf der Luftseite eine Spannung (—0,060 kg pro cm*) ein.
Die Untersuchung dieses beiläufig angenommenen Profiles ergibt somit, daß
für den Fall, als der Wasserspiegel wirklich so tief sinken sollte, der Anzug
der Mauer auf der Wasserseite und event. auch die Anschüttung nicht vom
Punkte IV, sondern von einem höheren Punkte (z. B. 111 oder II) aus zu
geben ist, damit die Drucklinie innerhalb des mittleren Mauerdrittels fällt
und dadurch Zugspannungen vermieden werden.
Im übrigen wird bezüglich der Beurteilung der Inanspruchnahme der
Umstand zu berücksichtigen sein, ob die Schwankungen des Reservoirwasser-
spiegels nur geringe oder sehr bedeutende, rasche oder langsame sind. In
dieser Richtung werden die Talsperren für ausschließliche Retensionszwecke,
wo also die Füllung und Entleerung sich im Laufe einiger Tage oder Wochen
vollzieht, den höchsten Ansprüchen auf Materialbeanspruchungsverteilung ge-
genügen müssen, andererseits Wasserauftrieb und Isolierung eine untergeordnete
Rolle spielen, wie dies bei ausschließlichen Sammelreservoiren der Fall ist.
Eines wäre noch zu erwähnen: An allen Stellen, wo Querschnitts-
veränderungen des Normalprofiles vorhanden, z. B. bei Grundablässen, muß
für eine entsprechende lokale Verstärkung des Profiles Sorge getragen werden.
Höhe der Mauerkrone über dem Hochwasser und Art der Durchführung
der Mauerkrone.
Da bei jedem größeren Wasserbecken durch Wind ein gewöhnlich von
der Länge und Breite dieses Beckens abhängiger und verschieden hoher
Wellenschlag erzeugt wird, da weiter jedes Überfluten der Staumauer ver-
mieden werden muß, aus Rücksicht auf eine eventuelle Unterspülung des Bau-
werkes, so muß die Mauerkrone in einer gewissen Höhe über dem höchsten,
im Reservoir erreichbaren Wasserspiegel liegen. Bei kleinen Reservoiren,
d. h. niederen Mauern, beträgt diese Höhe h im Minimum 1 m, bei etwas
größeren Staubecken l^/g — 2 m. Ingenieur en chef Krantz in Paris hat diese
D. Konstruktive DurchfUhnmg der Gebirgsreservoire.
223
Überhöhung h = -ttt angenommen, wobei H die größte Wasseitiefe bedeutet.
Die Mauerkrone erhält überdies auf der Wasserseite eine 0,8 — 1,0 m hohe
steinerne Parapuetmauer und an der Landseite ein Stein- oder Eisengeländer.
Die Geh- oder Fahrbahn wird konvex abgepflastert (Fig. 89). Um der Mauer
von der Talseite aus einen architektonisch entsprechenden bekrönenden Ab-
schluß zu geben, wird ein einfaehes Hauptgesims zu projektieren sein.
Solche entsprechende Gesimstypen sind aus Fig. 90 — 92 zu ersehen.
Normaltypen von Talsperren.
Um eine Übersicht über die Grundform, sowie die bedeutend differieren-
den Ausmaße der Profile zu geben, sind in nachstehenden Figuren charakte-
i-,dm>M~
Flg. 89.
Qaerprofll der Mauerkrone.
Fig. 90. Hauptgeflims
für niedere Talsperren.
Flg. 91. Haaptgesims für hohe Talsperren.
Fig. 92. Hanptgesims der Sperre Oouffres
d'enfers bei St. Etlenne (50 m hoch).
ristische Sperren profile abgebildet. Fig. 93 stellt das deutsche Normalprofil
(Type Fe cht) für eine Höhe von 22 m dar, — ein Profil, dessen Grundform
das Dreieck ist und welches den früheren Auseinandersetzungen zugrunde
gelegt wurde. Fig. 94 zeigt das deutsche Normalprofil für hohe Sperren (Type
Intze), die 58 m hohe Sperrmauer bei Gemünd, Fig. 96 das vom V. inter-
nationalen Binnenschiffahrtskongreß in Paris (1892) als mustergültiges, allen
Ansprüchen genügendes Normalprofil der Talsperre von Chartrain. In diesem
Profil sind die maximalen Kantenpressungen bei gefülltem Reservoir nach
3 verschiedenen französischen Berechnungsmethoden eingeschrieben, und zwar:
Pj nach Delocre, das gewöhnliche Verfahren, wie solches bei der Gouffre
d'enfer- Sperre etc., sowie heute auch in Deutschland bei nicht hohen
Sperren Anwendung findet;
P^ nach Bouvier, bei Annahme nicht horizontaler, sondern schräger Fugen
und Einwirkung der Normalkomponente für diese entsprechende Fuge;
224
n. Die Staaweiherbanten.
Fig. 98. Deutsches Nonualprofll (Fecht).
Fig. 94. Type Intze (fUr hohe Mauern).
^„
< b ;
\ K — —
Flg. 95. Französisches Profil (Erantz).
Fig. 96. Talsperre von Chartrain (54 m hoch).
«St..
^ i..lr..
Fig. 97. Italienisches Profil (Crugnola).
« *6\19. ^1
Flg. 98. Sperre „del Villar»*.
D. Konstruktive DnrchfUhnmg der Gebirgsreservoire.
225
/g nach Guillemain, welcher alle oberhalb der schrägen Fuge angreifenden
Kräfte in Rechnung zieht.
Fig. 99 zeigt ein im Jahre 1874 vom verstorbenen Professor H ar lach er
in Prag projektiertes Profil einer Talsperre im bösen Loch bei Komotau
(Böhmen), 37,5 m hoch, in der obem 15 m langen Partie sehr schlank. In
diesem Profil ist jedoch der Wasserspiegel für die Berechnung 2,5 m unter
der Krone angenommen. Hervorzuheben ist weiter, daß bei leerem Reservoir
die Drucklinie in den Fugen VII, VIII und IX (von oben gezählt) außerhalb
des Mauerdrittels fällt. Fig. 95 zeigt das französiche Normalprofil nach
Chefingenieur Krantz in Paris. Die Grundform bildet ein Trapez, welches
jedoch zum Teil durch Kreisbogen begrenzt ist. Bedeutet H die größte
Wassertiefe, so wählt Krantz folgende Verhältnisse:
A =
H
10'
H
n =
den inneren Radius /?< = 2,6 H\ ferner die Kronenbreite b\
6 = 2,0 m bei //= 5 m und m— 1,0 m bei //= 5 m
« = 2,5 „
„ -^ 7,0 „
„ - 10,0 „
» = 13,5 „
W ^^ y* yO „
Ober 35 m ordnet Krantz Absätze an, ähnlich wie in Fig. 97. —
Fig. 97. Italienisches Normalprofil von Ingenieur Crugnola. Das für
» = 2,5 „
n
n
= 10
n
» = 3,0 „
n
n
= 15
w
»=4,0 „
n
n
= 25
n
» = 5,0 „
n
n
= 35
n
„ = 10 „
» = lo „
n =20 „
n =25 ,
. = 30 „
n = 35 „
i... 'hm^m^m^
li «fr««. -4
Flg. 99. Profil Harlacher.
6SM
Fig. 100. OUeppe-Sperre.
eine Höhe von 50 m entworfene Profil hat als Grundform das rechtwinklige
Dreieck und von 35 m an aufwärts einen 1 m breiten Absatz auf der Talseite
der Mauer. — Fig. 98 stellt das Profil der am Flusse Lozoya in den Jahren
1869 — 1876 gebauten spanischen, zur Wasserversorgung von Madrid
dienenden Sperre „del Villar" dar, welche, 51,4 m hoch, sich dem Crug-
nolaschen Profil nähert, jedoch keinen Absatz besitzt. Das Reservoir hat
eine Kapazität von 20 Mill. m^. — Das trapezförmige Profil der Gileppe-
Talsperre bei Dolhain in Belgien (Fig. 100), zur Versorgung der Stadt
Friedrich, Wasserbau. Zweite Auflage, n. Band. 15
226
II. Die Stauweiherbauten.
Verviers, fällt durch seine übermäßige Dimensionierung gegenüber den schlanken,
bauökonomischen neuen Talsperren auf. Die vom belgischen Ingenieur
Bideaut projektierte und gebaute Talsperre schließt bei 47,7 m Höhe ein
Staubecken von 13 Mill. m^ Fassungsraum ab. — Fig. 101. Ein in den
Dimensionen wesentlich schwächeres Trapezprofil wird durch die CrystaU
Springs-Talsperre in Kalifornien, welche aus Betonblöcken hergestellt
wurde, repräsentiert. — Als Muster einer Talsperre, welche auf der ganzen
Kronenbreite als Überfallwehr eingerichtet ist, demgemäß starke Dimensionen
und eine eigentümlich geformte Talseite aufweist, ist in Fig. 102 die Virnwey-
Talsperre abgebildet, welche zur Wasserversorgung der Stadt Liverpool
dient. Die Maße sind in englichen Fuß ausgedrückt. Um eine Unterspülung
des Bauwerkes hintanzuhalten, ist unterhalb' der großen Talsperre eine kleine
Sperre errichtet, durch welche ein permanent gefülltes, 45 englische Fuß
tiefes, kleines Staubassin gebildet wird zu dem Zwecke, um die Wucht des
über die große Sperre herabstürzenden Wassers zu parallelisieren. — Als
f •STMi.
Flg. 101. Crystal-Springs-Sperre.
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«
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^ fit/ jl
Z^" ^ ^ ijf ""' ,■>!*
Flg. 102. Vlmwey-Sperre.
Flg. 108. Talspcpren-
profil des Reservoirs
de Bear Valley.
Type eines abnormal schwachen Profiles muß die Bear Valley-Sperre in
Kalifornien (Fig. 103) hervorgehoben werden. (Näheres findet sich in der Be-
schreibung dieses Stauweihers am Schlüsse dieses Kapitels.)
b) Das Oberfallwehr samt Ablaufgerinne.
Das bei jeder Staumauer anzubringende Überfallwehr hat den Zweck,
in jenen abnormen Fällen, wo der Grundablaß (Hochwasserstollen) infolge
Verstopfung oder anderer unvorhergesehener Hindemisse wegen nicht mehr
ausreichen sollte, bei gefülltem Reservoir dem überschüssig zufließenden
Wasser den Austritt aus dem Stauweiher zu gestatten, ohne die Talsperre
selbst zu überfluten, daher deren Bestand dadurch außer Gefahr vor Unter-
spülung zu bringen. Das Überfallwehr ist also das Hauptsicherheitsventil
bei unvorhergesehener Überfüllung des Staubeckens. Durch die Überfallkante
der Überfallvorrichtung (Wehrkrone) wird die Höhe der normalen Wasser-
spannung im Reservoir fixiert Durch am Wehrrücken angebrachte bewegliche
Weh rauf Sätze oder Dammbalken kann die Wasserspannung im Reservoir
und damit der Fassungsraum wesentlich erhöht werden, da in dieser Höhe
D. Konstraktive Dnrchfühnmg der Gebirgsresenroire. 227
die Wasserspiegelfläche am größten ist. Die Höhe h der Aufsätze, welche
bei Hochwassergefahr entfernt oder umgelegt werden, entspricht in der Regel
der bei Hochwasser anzunehmenden maximalen Überfallhöhe. Dieselbe kann
bei kleineren Einzugsgebieten 0,5 — 1,0 m betragen, soll jedoch mit Rücksicht
auf die Sicherheit des Absturzgerinnes selbst bei den größten Reservoiren
bezw. den größten Einzugsgebieten 2 m nicht überschreiten.
Dimensionierung. Das Überfallwehr, sowie das anschließende Ab-
flußgerinne sind derartig zu berechnen, daß bei gefülltem Reservoir und
Nichtfunktionieren des Grundablasses das größte, dem Einzugsgebiete ent-
sprechende Hoch Wasserquantum diesen Überlauf passieren kann. Es kann
nicht oft genug darauf aufmerksam gemacht werden, daß in der
Dimensionierung des Überfallwehres mit den ungünstigsten Fak-
toren gerechnet werden muß.
Das maximale Überlaufquantum Qmax. pro Sekunde und Quadrat-
kilometer, welches während der Kulminationsperiode eintritt, hängt be-
kanntlich von der Größe des Niederschlagsgebietes ab, d. h. es wird mit der
Größe der Fläche unverhältnismäßig kleiner. Weiter ist der Abflußkoeffizient
abhängig von dem Grade der Bewaldung, von der Kulturart, Bodenbeschaffen-
heit, den Neigungsverhältnissen, von der Regendauer und Intensität etc. Man
wird also zuerst trachten, nach den Aufzeichnungen oder Erfahrungen ent-
weder die maximale beobachtete Hochwassermenge in der Nähe der Ab-
schlußstelle aus dem Hochwasserprofil zu berechnen, oder aber wird man
aus den intensivsten Regenfällen, welche abnormale Hochwässer erzeugen,
das Qnua. berechnen.
Reservoire mit sehr großen Einzugsgebieten sind in der neueren Zeit
sehr wenige durchgeführt worden. Die meisten der neuen Reservoire haben
nur ein Einzugsgebiet von einigen Quadratkilometern. Das demnächst zu
bauende Reservoir von Weirowitz (am Jaispitzbaß) in Mähren hat beispiels-
weise ein Einzugsgebiet von 360 km*. Das abnormalste Hochwasserquantum
betrug dortselbst in der Kulmination (1902) Qmax. = 180 m*, trotzdem das Ein-
zugsgebiet nur*Hügelland ist; es entfällt daher pro km* ein Q'^- = 0,50 m*.
Bei kleinen Einzugsgebieten wird das Q'^- natürlich ein viel größeres werden,
und muß in solchen Fällen mit Wolkenbrüchen gerechnet werden, welche
mindestens 40 mm pro Stunde Regenhöhe ergeben und sich über einige
Quadratkilometer faktisch gleichzeitig ausbreiten können, während bei größeren
Gebieten man nur mit Landregen von ca. 100 mm pro Tag rechnen kann.
Ist die Regenhöhe h = 0,040 m pro Stunde, die Niederschlagsfläche
eines Quadratkilometers _^ = 1000000 m*, ferner a = 0,6 der Abflußkoeffizient
in der Kulmination, so erhält man:
Ö-.m.3 = -|^^^==6,5 m» pro km«.
Ein vollkommener Überfall wird bei Annahme einer Überfallhöhe von:
Ä = 1 m und Ä = 1 m; Ö = 0,443 .1.1 ^19,^6271 = 1,96 m»,
also rund pro lfd. m Überfallgerinne 0^2 m* pro Sekunde abführen; für
16
*
228 U- ^^ Staaweiherbaaten.
Q = 6,5 m^ müßte also bei A = 1 m Oberfallhöhe das Gerinne pro km-
= 3,25 m breit werden. Für größere Quantitäten wird man h = 1,5 — 2,0 m
annehmen.
Natürlich wird man diese Breite in mehrere Öffnungen teilen, welche
durch Oberbrückung entsprechend leicht zugänglich zu machen sind.
Sei beispielsweise Qmax. = 100 m', so ergibt sich für /r = 2 m Oberfall-
höhe ein sekundliches Oberlauf quantum von:
Q=:'^!^fi.b.h y!~2gh = 0,443 . 1 . 2 y 19,62 . 2 = 5,55 m«
pro lfd. ra Wehrüberfall, also für 100 m* abzuleitendes Hochwasserquantpm
eine notwendige Oberfalllänge bezw. Breite:
5,5o
Hierbei wurde "/j fx = 0,443 gerechnet, weil bei großen Oberfällen in
Talsperren die Zuflußbreite gleich der Abflußbreite angenommen werden
kann, wenn der Oberfall auf einer Seite der Talsperre liegt.
Bei Detailprojekten wird man sich dieser allgemeinen Annahme über
Niederschlagshöhen nicht bedienen, sondern trachten, aus den meteorologischen
Aufzeichnungen der im Einzugsgebiete oder in der Nähe gelegenen Stationen,
die Extreme in Rechnung zu ziehen.
Welche kolossalen Niederschläge auch unsere Gegenden aufweisen,
zeigt die Station Neuwiese im böhmischen Riesengebirge (750 m Seehöhe),
die meteorologische Station für das Einzugsgebiet der Friedrichswalder Tal-
sperre, welches 4,1 km^ groß ist und zu 65 ^/q aus Waldland und 35 ^/^ aus
Freiland (Heide, Jungwald) besteht. Während die mittlere Jahresregenhöhe
1400 mm beträgt, wurde im Juli 1897 binnen 24 h eine Regenhöhe von
345 mm und des ganzen 3 Tage andauernden Regens von 500 mm gemessen.
Während der Hochwasserüberfall für dieses kleine Einzugsgebiet mit
Q = 30 m' berechnet wurde (also 7,5 m* pro km^, ergab eine direkte
Messung des maximalen Hochwassers in der Kulmination Q = 20 m* (also
5 m^ pro km*).
Intze nahm für die schlecht bewaldeten, steilen Abhänge des Wupper-
gebietes (300 — 400 m Seehöhe) Q = 1 — 1,2 m* pro km*, am Bober und Queis
0 = 3 m», in Alfeld (nach Fecht) bei 850 m Seehöhe Q = 2,3 m« pro Sekunde
und km* an. Alle diese Einzugsgebiete sind klein. Für den Stauweiher in
Weirowitz (Mähren) mit 300 km* Einzugsgebiet habe ich Q = 0,25 m^ für
den Hassen st einstauweiher im Erzgebirge (600 — 900 m Seehöhe, 32,0 km*
Einzugsgebiet) 0 = 1,7 m*, für den Rauschengrundweiher im Erzgebirge
(bei 16 km* und 750 — 950 m Seehöhe) Q = 1,7 m^ pro km* gerechnet.
Bauliche Konstruktion der Überfälle. Die Überfälle können
entweder seitwärts in die Lehne oder in die Talsperre selbst gelegt werden.
Die günstigste Lage für den Überfall wäre, obwohl selten vorkommend, eine
seitwärts der Talsperre gelegene Terrain mulde im Talsperrenprofil oder in
dessen Nähe, wie dies z. B. bei der für den Donau- Oder-Kanal projektierten
Talsperre im Bystriczkatal (Betschwatal, Mähren) der Fall ist. Die Anord-
D. Konstruktive Durchfübrung der Gebirgsreservoire.
229
nung der Überfälle in die Tallehne, also senkrecht auf die Längenachse
der Reservoirmauer, ist für viele Fälle am rationellsten. Eine derartige
Konstruktion ist in Fig. 104 im Querschnitt und in Fig. 105 in der Darauf-
sicht dargestellt; es betrifft dies das Oberfallwehr der zur Versorgung der
Stadt Remscheid in der Rheinprovinz im Eschbach tale von Prof. Intze
projektierten und 1889 — 1891 ausgeführten Stauweiheranlage. Die Überfall-
länge beträgt -S = 20 m, die Überfallhöhe /r = 1 m; es können somit Q = SS
bis 40 m* abgeführt werden. Das abstürzende Wasser fließt in einen ge-
mauerten, mit starkem Sohlengefälle versehenen Kanal, welcher entsprechend
den zunehmenden Abflußmengen eine
Breite von 2 — 5 m besitzt, durch eine in
der Talsperre gebaute gewölbte Brücke
ab, gelangt in ein kurzes, in Felsen aus-
gesprengtes Ablaufgerinne und stürzt am
Ende desselben über die Felsabhänge
der Tallehne ab. Um ein Verlegen des
Überfallkanales durch Langholz, welches
bei Hochwasser in den Stauweiher ge-
langen kann, zu verhindern, sind über
denselben in Entfernungen von 2 m
eiserne Schienen m gelegt. Dieser Ab-
flußkanal ist entsprechend der abzu-
führenden Wassermenge zu berechnen,
wobei das Gefälle der Sohle ein solches
.MiMU«n4frmie
ZifOt-MättA^erinne
Flg. 104. Qnenchnltt Fig. lOö. Daranfoloht
Überfallwehi* bei der Talsperre in Remscheid.
sein muß, daß die erzeugte Geschwindigkeit die bekannten Maximalgrenzen
nicht überschreitet. Ein ähnlicher Überfall in der Tallehne ist in einer späteren
Figur (Reservoir du Ban bei St. Chamond) abgebildet. In anderen Fällen
müssen die Öffnungen in die Mauer selbst situiert werden und legt man die-
selben möglichst an die Tallehne, in einzelnen Fällen (siehe Stauweiher Weiro-
witz) ganz seitwärts. Derartige Überfälle, in der Achse der Reservoirmauer
gelegen, sind aus den späteren Figuren, betreffend die Beschreibung des
Altenweihers im Elsaß und der Jaispitzbachreservoire, zu entnehmen.
Intze hat mit Vorliebe die Überfälle (wohl nur für kleine Stauweiher)
in die Mitte der Talsperre verlegt, was nur für geringe Überfallhöhen und
Wassermengen zulässig erscheint, außer das Talsperrenprofil wird ein anderes,
230 ^* ^^^ Staaweiherbaaten.
wie z. B. die Virnwey-Sperre (Fig. 102), bei welcher, als Überfallwehr kräftig
dimensioniert, das Wasser auf ihrer ganzen Länge nach überstürzt. (Fassungs-
raum 15 Mill. m*, bei 306 km^ Einzugsgebiet.)
Bei der Marklissa-Sperre hat Intze oberhalb der Mauer in den
beiden Tallehnen 2 Überfälle von je 30 m Länge angeordnet, welche regulierbar
durch Entlastungsschützen ein Maximalquantum von 110 m' durch einen
schrägen Stollen in einen großen, kreisrunden Umlauf (Hochwasserstollen) von
5 m Durchmesser abführen. — Übersteigt das zufließende Hochwasser das
Quantum von 110 m*, welches durch die Entlastungsschützen abfließen kann,
so füllt sich von selbst der Hochwasserschutzraum.
Um nun ein Überströmen der Talsperre selbst zu verhindern, sind 2 m
unter der Mauerkrone an beiden Talseiten Überläufe von 68 m Länge an-
gelegt, welche zusammen eine Wassermenge von
Q = OfiF. yj^gh = 0,5 . 2,0 . 68 . 4,429 . yj 2 = 248 m«
abführen, welche ebenfalls durch Schächte in die Umlaufstollen abgeleitet
wird. Um die kolossale Wirkung der aus einer Höhe von 40 m herab-
stürzenden Wassermassen unschädlich zu machen, sind Schächte und Stollen
mit 10 cm starken Blechen ausgepanzert, welche Panzerung durch eine 60 cm
starke Betonhinterfüllung in die Stollen unverrückbar eingebaut wurde.
Diese Abfallschächte können bei einer Geschwindigkeit von t; = 21 m (I)
rund Q = 200 m» abführen.
Es dürfte diese Entlastungsanlage unter solchen Verhältnissen wohl
kaum von einem anderen Ingenieur Nachahmung finden.
Wehraufsätze. Die Höhe der normalen höchsten Wasserspannung
im Stauweiher wird durch die Höhenlage der Wehrkrone (Überfallkante) zu
bestimmen sein. Bei abnormalen Fällen wird zu der obigen Höhe noch das
Maß des über die Wehrkrone fließenden Wassers, .die Überfallhöhe, zuzu-
schlagen sein. Um nun für abnormale Fälle einerseits den Fassungsraum des
Stauweihers auf billige Weise zu vergrößern, andererseits das abnormal ge-
spannte Reservoir im Notfalle bei herannahendem Hochwasser auf ein ge-
wisses Maß rasch entleeren zu können, wird es sich in vielen Fällen empfehlen,
Wehraufsätze anzuordnen. — Da eine rasche Entfernung derselben durch
den Reservoirwächter eine Hauptbedingung ist, so wird diesem Umstände
bei der Konstruktion derselben Rechnung getragen werden müssen.
Die Wehraufsätze können für kleine Stauhöhen (0,3 — 0,6 m) in
Dammbalken bestehen, für größere Stauhöhen (1 — 2 m) jedoch als Klapp-
aufsätze oder als Schützen eingerichtet sein. Schützen sind nicht immer zu
empfehlen, weil die breiten Überfallöffnungen ganz freigehalten werden sollen,
um bei Hochwasser mitgeschwemmte längere Gegenstände den Überfall
passieren zu lassen. — Für die Jaispitzer Reservoire, sowie für die zahlreichen
von mir projektierten Reservoire des Marchgebietes in Mähren und im
böhmischen Erzgebirge habe ich Konstruktionen entworfen, deren Beschreibung
gelegentlich der Behandlung dieser Bauten und auf Seite 435 des I. Bandes
dieses Handbuches gegeben wird; insbesondere betrifft dies die Klappen-
wehraufsätze. Für größere Breiten der Überfallöffnungen können auch
D. Konstruktive Durchführung der Gebirgsreservoire.
231
bewegliche Dammbalkenaufsätze verwendet werden, deren Konstruktion
aus Fig. 106 und 107 zu ersehen ist.
Die Dammbalken lehnen sich auf einer Seite / (Fig. 106) an das Wider-
lager, auf der zweiten Seite an einen eisernen Ständer s (aus Winkel blech).
In der Hülse n wird eine Hebelstange befestigt und durch Herabbewegen
derselben das Gestänge ab und damit der um c drehbare Hebel gehoben.
An diesem Hebel -ist eine Rolle r befestigt, an welche sich der eine der an
den eisernen Ständer s angeschraubten Holzpfosten d anlehnt. Diese beiden
Holzbacken dienen zur Abschwächung der Wucht, mit welcher der Ständer
auf den Boden des Gerinnes auffält,
wenn derselbe ausgelöst wird; durch
die Rolle r wird eine gleitende Rei-
bung und damit ein geringeres Kraft-
erfordernis zur Auslösung bezweckt.
Der um M drehbare Ständer s wird
durch Anheben des Hebelarmes bc
seines Stützpunktes in r beraubt
und fällt nieder, gleichzeitig durch
die Knacke K den untersten Damm-
balken hebend, wodurch derselbe
nebst den anderen darüberliegenden
Balken zum Aufschwimmen gebracht
Fig. 106. Querschnitt.
Fig. 107. Grundriß.
Bewegliche Dammbalken- Wehranfsätze.
wird. Alle Dammbalken sind an Ketten befestigt, um das Fortschwimmen zu
verhindern. Derartige Aufsätze können auch für andere Zwecke (z. B. Be-
wässerungen) direkt als Stauanlage benutzt werden. Eine derartige Kon-
struktion eines Dammbalkenverschlusses befindet sich an dem Hochwasser-
Entlastungskanal der 111 bei Erstein (Elsaß). Ein anderes sehr praktisches
System von Klappen wehren ist jenes von Pasqueau, welches derselbe zuerst
bei der Barrage de la Mulatiere am Zusammenflusse der Rhone mit der
Saöne durchführte; insbesondere interessant und vorzüglich funktionierend
ist die Auslösevorrichtung der Klappenstützen (Strebe s^ Sg, Fig. 108 b — d),
welche ich auf Grund einer an Ort und Stelle aufgenommenen Skizze ge-
zeichnet habe. (Das System ist patentiert!) Die Klappe K (Fig. 108a), welche
232
n. Die Staaweiherbanten.
sich durch den Wasserdruck an den hölzernen Wehrschweller anlehnt, ist
etwas höher als in dem 3. Teil der Wassertiefe mit einem Scharnier A ver-
sehen, in welchem die bewegliche Strebe s^ s, gelagert ist. Diese Strebe
findet bei aufgerichteter Lage ihren Stützpunkt in dem Absatz mn des guß-
eisernen Gleitschuhes (Fig. 108 b). Soll die Klappe niedergelegt werden, so
wird durch Anziehen der Klappe bei / dieselbe in die horizontale Lage
gebracht, wodurch auch die Strebe von m n abgezogen wird, über den kleinen
Absatz r abfällt, welcher Stoß gehört wird; sodann läßt man das Seil nach,
Flg:. 108. Wehraofsätze von Pasqueau.
der Stützenfuß s^ gleitet neben dem schiefen Rande rm in der tieferen Rinne
des Gleitschuhes in der Richtung der Pfeile s^', s^", endlich s^'", die Strebe
legt sich sodann bei vollkommenem Nachlassen in die Rinne op^ deren Tiefe
bei 0 gleich Null ist, und nimmt die Klappe die punktierte Stellung ein.
Beim Aufziehen der Klappe K mittels der Ringe / und u über den Wehr-
schweller hinüber und Aufrichten derselben wird der Strebenfuß Sj'" in der
Rinne o/, sodann auf der schiefen Ebene om fortgleiten und endlich bei m in
den Absatz mn wieder einfallen, welcher Stoß ebenfalls leicht bemerkbar ist.
Abflußgerinne des Überfalles. Da in den seltensten Fällen das
über das Überfallwehr abfließende Wasser in seinem weiteren Verlaufe direkt
D. Konstraktive Darchfühning der Gebirgsreservoire.
233
Hg. 109. Abstürze In Felsen.
über die Tallehnen abstürzen kann, so müssen in der Regel anschließend
an die Überfallwehre Abflußgerinne hergestellt werden. Das Abfluß-
gerinne soll möglichst in die Lehne gelegt und tunlichst weit von der
Talsperre in den natürlichen Wasserlauf oder die Talsohle einmünden.
Da bei diesen Anlagen oft bedeutende Höhenunterschiede zu überwinden
sind und andererseits das Gefälle der Sohle Lein großes sein darf, weil
sonst die hierdurch erzeugte riesige Geschwindigkeit des Wassers eine
baldige Zerstörung
des Gerinnes bewirken
würde, so wird man
diese ' Höhendifferenz
durch wenige, aber
höhere Stufen ausglei-
chen, welche in der-
artigen größeren Ent-
fernungen anzulegen
sind, daß das über eine
Stufe herabstürzende
Wasser noch eine län-
gere Strecke mit ge-
ringem Gefälle fließen
kann, bevor es wieder
über die nächste Stufe
abstürzt Werden die
Stufen niedrig und
kurz angenommen, dann
fließt das Hochwasser,
die kleinen Absätze un-
berücksichtigt lassend,
über dieselben wie über
eine einzige schiefe
Ebene herab. Bei der
demnächst zur Ausfüh-
rung kommenden By-
striczka-Tal sperre
im Betschwagebiete
(Mähren), für die
Wasserversorgung des Donau-Oder-Kanales dienend, wurden für die Stufen
des Abfallgerinnes keine Gefälle nach dem Wasserlaufe, sondern ein kleines
Gegengefälle projektiert, um durch jede Stufe ein, wenn auch seichtes
Wasserbassin zu schaffen, in welchen das abstürzende Wasser einfällt. Zur
weiteren Reduktion der großen Geschwindigkeit wurde des weiteren im Tal-
boden am Ende des Überlaufgerinnes selbst ein größeres, tieferes Bassin
angeordnet, welches durch Einbau einer niederen Sperre einen permanenten
Wasserstand erhält. Durch einen in der letzteren eingebauten Überfall kann
gleichzeitig das Überlauf wasser gemessen werden.
.f^^t^,
Fig. 110. AbstUrse in Mauerwerk.
234 ^^- ^^® Stauweiherbauten.
Wird mit Berücksichtigung der im Eingange dieses Handbuches ent-
wickelten zulässigen Geschwindigkeiten das Abflußgerinne berechnet und
konstruiert, dann ist man oft gezwungen, die für Felsboden angegebene
Maximalgeschwindigkeit zu überschreiten. In einem solchen Falle ist die
Sohle des Oberfallgerinnes mit starken Bohlen oder Balken Mann an Mann
normal auf die Abflußrichtung zu belegen ; das Holz ist einerseits sehr wider-
standsfähig, andererseits ist eine Auswechslung schadhaft gewordener Stücke
leicht und mit geringen Kosten möglich. Die bauliche Durchführung derartiger
Stufen (Abstürze) in Felsenaushub und in gemauertem Gerinne ist aus den
Fig. 109 und 110 zu ersehen.
In seltenen Fällen, wo die seitliche Anlage eines Überfalles nicht
möglich ist oder die gerechnete Überfallbreite nahezu gleich der ganzen eng-
begrenzten Sperrenkrone wird, dort muß die ganze Reservoirmauer als
Überfallwehr und demgemäß sehr stark konstruiert werden, wie dies z. B.
aus Fig. 102 (Virnwey-Talsperre) zu ersehen ist.
c) Grundablässe.
Außer diesem bei jeder Talsperre anzuordnenden Überfallwehre muß
ein Grundablaß hergestellt werden. Bei Sammelreservoiren wird dieser
Grundablaß in der Regel aus einer Rohrleitung oder einem kleineren Kanal
(Durchlaß) bestehen, welcher, auf der Wasserseite absperrbar, entweder direkt
durch die Mauer oder separat als Stollen seitwärts geführt wird. Bei den
älteren spanischen Stauseen findet der Abschluß auf der Landseite statt,
welcher den Vorteil der leichten Besichtigung und Vornahme von Dichtungs-
arbeiten oder Reparaturen besitzt, jedoch den Nachteil hat, daß bei der
Konstruktion des Mauerprofiles der Auftrieb des Wassers in Berücksichtigung
zu ziehen ist, also diese Art des Verschlusses nur bei separaten Stollen
möglich ist, insbesondere dort angezeigt erscheint, wo der Ablaß aus einer
Eisenrohrleitung besteht. Unter allen Umständen jedoch muß bei landseitigem
Abschluß auch die Wasserseite in gewissen Fällen absperrbar sein. Bei
allen größeren resp. höheren Mauern wird es sich empfehlen, dieselben, als
Monolith auffassend, an keiner Stelle zu durchbrechen, sondern den Grund-
ablaß, wo dies die Terrainkonfiguration und die geognostische Beschaffenheit
zuläßt, als Stollen um die Mauer herum in der Tiefe der Talsohle zu führen.
Der Grundablaß wird bei Sammelreservoiren einerseits zur zeitweisen Ent-
leerung des Stauweihers behufs Reinigung desselben, andererseits zur
geregelten Abgabe des gesammelten Wassers für Bewässerungszwecke, Wasser-
versorgungen, gewerbliche und Industrieanlagen dienen. Bei Retensions-
reservoiren wird der Grundablaß insbesondere als Hochwasserentlastungs-
stollen zur Regulierung der an den unterhalb des Stauweihers gelegenen
Bach oder Fluß abzugebenden Wassermengen bei Hochwasser dienen. Sind
mit einem solchen Retensionsreservoir auch andere Zwecke verbunden, dann
kann die zur geregelten Abgabe kleiner Wasserquantitäten (siehe oben)
dienende Rohrleitung auf der Sohle oder an der Seitenwand des Stollens
situiert werden, oder aber es können zwei getrennte Grundablässe gebaut
werden.
D. Konstruktive DurchfUhnmg der Gebirgsreservoire. 235
d) Grundablafi für die geregelte Wasserabgabe für Bewässerungen,
Wasserversorgungen, gewerbliche und industrielle Anlagen.
Bei niedrigen Talsperren oder in jenen Fällen, wo die Anlage eines
Stollens nicht ausführbar oder rationell erscheint, kann die Rohrleitung direkt
durch die Mauer gelegt werden. Die Rohrleitung besteht zumeist aus guß-
eisernen Muffen- oder Flanschenröhren, welche auf der Wasserseite durch
einen Wasserschieber (siehe Kapitel über Wasserversorgungen) absperrbar
ist. Der Schieber selbst wird durch eine lange, mit Führungen versehene
Spindelstange und aufgesetztem Handrad von der Mauerkrone aus bedient.
An dem Schieber sitzt ein Trompetenrohr, um die Kontraktion beim Wasser-
eintritt möglichst zu verringern. Der Schieber samt Ansatzrohr wird durch
ein Einlaufobjekt vor Verschlammung und Verschotterung geschützt, ohne dafi
der Zutritt des Wassers hierdurch behindert wird. Auf der Talseite ist die
Rohrleitung mit einer Froschklappe verschlossen, um ein Verstopfen derselben
durch Tiere zu verhindern. Bei größeren Talsperren wird man trachten,
diese Rohrleitung in einen eigenen Stollen zu legen, um dadurch die jeder-
zeitige Untersuchung derselben zu ermöglichen. Auf Tafel XIV ist ein solcher
Grundablaß dargestellt, wie derselbe vom Verfasser für die Gebirgsreservoire
im mährischen Marchflußgebiete projektiert wurde. Der 1,8 m hohe und
1,6 m breite, zum Teil in festen Felsen vorgetriebene, zum Teil ausgemauerte
Stollen ist bogenförmig um die Talsperre herum in genügender Entfernung
von derselben im Niveau der Talsohle angelegt. Den Schnitt durch die
Stollenachse (unterbrochen gezeichnet), sowie durch das entsprechende Terrain
und den Teil der Reservoirmauer zeigt die oberste Figur. Der ganze Grund-
ablaß besteht aus folgenden Teilen:
a) dem Einlaufobjekt mit dem Einlauf klappenventil;
b) der Abschlußkammer mit Windkessel;
c) dem Stollen mit der Rohrleitung, welcher zwischen Einlaufobjekt und
Abschlußkammer auf 10 m Länge sehr solid vermauert ist, um einen
entsprechenden Abschluß gegen den Stauweiher zu erzielen, während
der andere Teil zugänglich und mit einem entsprechenden Gefälle an-
gelegt ist;
d) dem Auslaufobjekt mit der Regulierkammer.
In die Rohrleitung sind zwei Wasserschieber eingebaut; der obere
Schieber in der Abschlußkammer ist bei normalem Betrieb ganz, der untere
Schieber in der Regulierkammer nach Maßgabe des pro Sekunde abzugeben-
den Wasserquantums teilweise geöffnet. Die Wetterführung (Ventilation) des
Stollenteiles unterhalb der Staumauer erfolgt durch ein bis zu Tage führendes
Ventilationsrohr, während die Ventilation des unterhalb des Wassers liegen-
den Teiles event. auch automatisch mittels Windkessel und Abblasventil in
nachstehender Weise erfolgen kann. Nach den bei Wasserleitungen ge-
machten Erfahrungen ist bekannt, daß das Wasser jederzeit gewisse Quanti-
täten Luft mit sich führt, die es an allen höchsten Punkten des Rohrnetzes
ablagert, so zwar, daß dadurch nach einiger Zeit eine bedeutende Quer-
schnittsverengung für das durchfließende Wasser entstehen kann, welchem
Übelstande durch zeitweises öffnen der an den höchsten Punkten anzu-
236 ^' ^ie Stanweiherbauten.
bringenden Luftventile begegnet werden kann. In gleicher Weise wird sich
im vorliegenden Falle die vom Wasser mitgeführte Luft in dem Windkessel
ablagern, dort immer mehr komprimiert werden und endlich das am Dome
des Windkessels angebrachte, entsprechend konstruierte Luftventil heben.
Die unter dem Drucke der Reservoirwassersäule ausströmende Luft wird
nun, die eyent. nicht mehr respirable Stollenluft vor sich treibend, beim
Ventilationsschacht (Rohr) ausblasen und auf diese Weise die Wetterführung
veranlassen. Um die Wirkung des beim Regulierschieber mit großer Ge-
schwindigkeit ausströmenden Wassers auf das unterhalb liegende Mauerwerk,
Pflaster etc. zu parallelisieren, sind vor dem Ausflußrohr in Nuten des Mauer-
werkes des Einlaufobjektes Pfosten oder Balken eingeschoben, gegen welche
das Wasser anprallt und sodann über diese Stauwand ruhig abfließt. Alle
anderen Konstruktionen sind aus dem Grundriß, den Ansichten und Details
zu entnehmen. Im nachfolgenden ist auch der Kostenvoranschlag (S. 237 bis
239) für ein derartiges Objekt von 85 m Gesamtlänge (hiervon 68,5 m Stollen
mit 475 mm Rohrleitung) vorgeführt. Aus demselben ist zu entnehmen, daß
sich die Kosten der Rohrleitung samt mechanischer Ausrüstung pro lfd. m
auf 104,76 K, die Erd- und Maurerarbeiten pro lfd. m auf 183,52 K und die
Totalkosten des ganzen Grundablasses pro lfd. m auf 261,20 K stellen. Bei
der französischen Sperre am Furens bei St. Etienne, welche einen 200 m
langen, 2 m hohen und 1,8 m weiten ganz ausgemauerten Stollen mit 400 mm
weiter Rohrleitung besitzt, betrugen die Maurer- und Felsarbeiten 260 K, die
Rohrleitung (3 Rohrstränge) 56 K pro lfd. m. Obige 260 K repräsentieren
wegen Mangel anderer spezieller Objekte so ziemlich die Kosten des aus-
gemauerten Stollens.
Beim Altenweiher im Elsaß stellte sich der Stollenvortrieb (0,80 m
breit, 1,4 m hoch) in Granit pro lfd. m auf 60 M. = 72 K.
Eine zweite Anordnung eines Grundablasses (Rohrleitung mit Stollen)
ist aus der späteren Beschreibung des Reservoirs „du Ban" (Südfrankreich)
zu entnehmen.
Anstatt durch einen Grundablaß kann die Wasserentnahme mittels einer
Saugheberleitung erfolgen. Bedingung für die Anlage eines Hebers ist
bekanntlich, daß der Wasserspiegel in dem Stauweiher höher als die Aus-
mündung liege, und daß die Höhe des Scheitels des Hebers über dem Wasser-
spiegel im Stauweiher geringer sei als die dem Atmosphärendrucke ent-
sprechende Wassersäulenhöhe (10,3 m). Da der Druck des Wassers im
Scheitel des Hebers geringer als der Atmosphärendruck ist, so scheidet sich
aus dem durchfließenden Wasser Luft aus, welche sich im Scheitel ansammelt.
Nach einiger Zeit wird hierdurch die Funktion des Hebers gehemmt. In
diesem Falle muß durch Auffüllen von Wasser die Luft ausgetrieben werden,
zu welchem Zwecke im Scheitel des Hebers eine verschließbare Öffnung
angebracht wird. Bei größeren Heberanlagen hat man hier eine kleine Luft-
pumpe aufgesetzt, welche sowohl bei der Ingangsetzung des Hebers, als auch
zur Erhaltung seiner Tätigkeit bei längerem Betriebe dient. Ist derselbe voU-
(Fortsetzung des Textes siehe Seite 240.)
D. Konstraktive Darchiilhning der Gebirgsreservoire.
237
Kostenvoranschlag
für das Reservoir-Bntleerungsobjekt (Grundablals).
StoUeDanlage 68,5 m lang, 1,8 m hoch, 1,6 m im Lichten breit, mit 18 " (476 mm) gofieisemer
Rohrleitung, samt Ein- mid Auslaufobjekten.
österr. Währung.
Gegenstände:
Einzeln
K
h
K
h
I. Erd- und FelMrbeiten.
1. Einlauf Objekt. Aushub in gemischtem
Material ohne Sprengen 180 m'
2. Aus lauf Objekt. Aushub in gemischtem
Material ohne Sprengen 180 „ 310 m"
—
80
248
—
3. Stollenausbruch, zusammen 68,5 m lang.
NB. Hierbei wird angenommen, dafi ca. 30 m
in festem Sandsteinfels getrieben, ohne Aus-
mauerung ausgeführt, die restlichen 38,6 m
ausgemauert werden.
a) StoUenansbmch, 1,8 m hoch, 1,6 m breit, in festem
Sandstein (ohne Ausmauerung und ohne Aus-
zimmerung), 30 m lang 80 „
14
—
1120
—
b) Stollenausbruch mit Ausmauerung:
«) kurrentes Profil 240 m»
fi) Windkesselkammer 60 „ 300 „
20
—
6000
—
4. Abteufung des 320 mm -Bohrloches und Schachtes für das
Ventilationsrohr (im ganzen 10 m lang, hiervon 7 m langes
Bohrloch)
172
Kosten der Erdarbeiten
7600
—
IL Hanrerarbeiten.
A. Von Tag aus hersusteUendes Mauerwerk.
1. Einlaufobjekt,
a) Fundament (Bruchstein-Mauerwerk) \ in hydrau- / 27 m»
12
—
324
—
b) Widerlager „ \ lischem l 22 „
14
—
308
—
c) Gewölbe „ i Mörtel l 4 „
18
—
72
—
d) Pflaster in hydraulischem Mörtel 4 m*
3
—
12
—
e) Deckplatten, 0,20 m stark, einfach .... 11 „
16
—
176
—
f) Trockenpflaster 18 n
1
60
25
60
g) Verfugen mit hydraulischem Kalkmörtel ... 40 „
40
Diverses zur Abrundung
1
—
42
40
Zu übertragen:
1000
—
238
n. Die Stauweiherbanten.
Gegenstände:
österr. Währung.
Einzeln
Zusammen
K
Aaslaafobjekt.
a) Fuidament (Mauerwerk) \ in hydrau- i
b) Widerlager „ \ lischem l
c) Gewölbe „ i Kalkmörtel l
d) Pflaster in hydraulischem Kalkmörtel . .
Deckplatten, 0,10 m stark ....
0,20 „ „ , Endhaken
£) Trockenpflaster
g) Verfugen
•'{
Übertrag :
25 m»
60 „
4 .
24 m«
ö „
4 .
110 «
Diverses (Türen, Bedielung, Einsatzbalken etc.)
B. Unter Tag herxustellendes Mauerwerk.
1. Knrrcinte StoUenausmanerung. Kosten pro lfd. m:
a) Fundament und Widerlager (Mauerwerk aus
Bruchstein in hydr. Kalkmörtel), 2,1 m> k 24 K = 50,40 K
b) Gewölbe (Mauerwerk), 1,7 m» ä 32 K . ^ 54,40 „
c) Pflaster, 0,8 m" ä 6 K == 4,80 „
109,60 K
pro lfd. m oder rund 110 K, also 34,5 lfd. m a . . .
2. Windkesselkammer.
a) Widerlager und Fundament (Mauerwerk), 20 m*
a 24 K . = 480,00 K
b) Gewölbe (Mauerwerk), 9 m» k 32 K . . = 288,00 „
c) Pflaster, 6 m» k 6 K = 30,00 „
3. Vollausmauerung des kurrenten Stollens auf 10 m Länge,
pro lfd. m 2,3 m» ä 20 K = 46 K, aUo 10 lfd. m a
Diverses, wie Vermauerung des Ventilationsrohres und Un-
vorhergesehenes
Kosten der Maurerarbeiten
Hierzu Kosten der Erdarbeiten
Kosten der Stollenanlage (exkl. mechanischer Ausrüstung)
12
14
18
3
10
16
1
110
46
60
1000
276
840
72
72
60
112
6
110
133
2600
3 795
798
460
347
8000
7600
15 600
40
60
D. Konstruktive Durchfiihnuig der Gebirgsreservoire.
239
Österr. Währung.
Gegenstände:
Einzeln
Zusammen
K
h
K
h
WU Bohrleitimg lud meehmigclie Anurfigtung.
A. Rohrleitung.
An gnfieisemen Muffenröhren, d = 475 mm, 31 Stück, zu-
sammen 62 m lang, pro lfd. m 202 kg = 12524 kg . .
An gußeisernen Fassonröhren, d == 475 mm, 6 Stück, zu-
sammen 9 m lansr = 2000 kt
5
2
20
800
100
400
26
30
30
3 256
600
365
132
22
20
4
24
Legen und Dichten mit Hanf und Blei, 73 lfd. m ... .
An gußeisernen Flanschenröhren für Ventilation, d = 160 mm,
zusammen 11 m lang, pro lfd. m 40 kg = 440 kg . . .
Legen und Dichten, 11 lfd. m .
1 Ventilationsaufsatz
—
Diverses zur Abmndung
76
Kosten der kurrenten Rohrleitung
B. Mechanische Ausrüstung.
Wasserschieber, Gehäuse aus Gußeisen, Spindeln, Mattem etc.
aus Rotguß, samt Handrädern (fertig montiert), 2 Stück
1 Stück gußeisernes Einlaufventil, d=:41b mm
1 Windkessel samt Ventil
4 400
1600
100
400
100
—
Gußeiserne Ständer in der Regulierkammer, 2 Eisenbahn-
schienen als Träger (Pauschalpreis)
_
Kosten der mechanischen Ausrüstung
2200
—
Kosten der Rohrleitung und mechanischen Ausrüstung zusammen
Hierzu Kosten ad I. und 11. Erd- und Maurerarbeiten
6600
15 600
—
Qesamtkosten des Qrundablasses
22 200
240 I^' ^^^ Staaweiherbanten.
Ständig mit Wasser gefüllt, so genügt das Öffnen eines Schiebers, welcher
gewöhnlich am Ende des kürzeren Schenkels angebracht ist, um den Heber
in Gang zu setzen. Eine derartige Heberleitung, welche nicht zur Entleerung
des Reservoirs dienen kann, ist bei der Stauweiheranlage von Mittersheim
(siehe ausgeführte Bauten") zur Durchführung gelangt.
e) Der Hochwasser-Gründablaß- und Umlaufkanal.
Diese Objekte werden in jenen Fällen zur Projektierung gelangen, wenn
der Stauweiher insbesondere zur Zurückhaltung der Hochflutwelle, also als
Retensionsreservoir dienen soll. Diese Stauweiheranlage stellt dann einen
integrierenden Bestandteil eines Fluß- oder Bachregulierungsprojektes dar.
Nehmen wir beispielsweise an, ein Bach wäre imstande, infolge Bestandes
mehrerer gut erhaltener Brücken, Wehranlagen, fixierter (zwischen Häusern
gelegener) Durchflußprofile etc., selbst nach einer entsprechenden gleichförmigen
Regulierung des kurrenten Bachlaufes auf die Kapazität obiger fixierter
Durchflußobjekte, ein maximales Quantum von ö = 30 m* pro Sekunde weiter
zu führen, ohne zu exundieren, also aus seinen Ufern zu treten. Bei häufig
wiederkehrenden, durch größere Landregen erzeugten Sommerhochwässem
führt jedoch der Bach, dessen Ober- und Mittellaufgebiet im Hügel- oder
bergigen Lande gelegen ist, Q = bb m' während der Kulmination ab. Der
Bach wird also in jedem solchen Falle mit Q = 1 — 25 m* exundieren, welche
Überschwemmung große Schäden verursacht. Eine Regulierung des Baches
auf die obigen 55 m* würde infolge des Neubaues sämtlicher in gutem Bau-
zustande sich befindlichen Objekte (Brücken, Wehren etc.), sowie der durch
die notwendig werdende bedeutende Verbreiterung des Bachprofiles resul-
tierenden Grundeinlösung eine solche Bausumme beanspruchen, daß die
Rentabilität des ganzen Meliorationsuntemehmens dadurch in Frage gestellt
würde. Es wäre somit Aufgabe des Kulturingenieurs, zu studieren, ob in
einem solchen Falle nicht etwa die Anlage eines Retensionsreservoirs in dem
gebirgigeren Teile des Niederschlagsgebietes möglich und vorteilhafter wäre,
insbesondere wenn durch gleichzeitige Benutzung des zeitweise angesammelten
Wassers zu landwirtschaftlichen und gewerblichen Zwecken infolge Erhebung
eines Wasserzinses die Baukosten des Reservoirs schon aus diesem Titel
zum Teile amortisiert werden könnten.
In einem solchen Falle müßte dann, vorläufig von dem Zwecke als
Sammel- (Irrigations-) Reserv^oir abgesehen, das Reservoir derart angelegt
werden, daß alle Zuflüsse, welche ein sekundliches Quantum von 30 m* nicht
überschreiten, das Reservoir ungehindert passieren können, daß aber in dem
Momente, als der sekundliche Zufluß 30 m* übersteigt, das Plus durch eine
gewisse Zeit im Reservoir zurückgehalten würde. Diese Regelung in den
Zu- und Abflußverhältnissen in der eben geschilderten Weise kann nun auf
zweierlei Weise durchgeführt werden:
a) mittels eines Derivations- oder Umlaufkanales und eines Grund-
ablasses,
ß) mittels eines Hochwassergrundablasses.
D. Konstraktive Dorchfühning der Gebirgsreservoire.
241
a) Derivations- oder Umlaufkanal.
Oberhalb der ROckstaustelle des Stauwasserspiegels bei abnormaler
Spannung wird in den Bach oder Fluß eine Stauanlage eingebaut, von welcher,
ähnlich einem Werksgerinne, der Derivationskanal abzweigt, welcher, längs
der Lehne des Reservoirs sich hinziehend, in das Überfallwehr der Reservoir-
mauer einmündet (Fig. 111). Da dieser offene Graben womöglich mit Berück-
sichtigung eines seitlichen Massenausgleiches trassiert werden soll, so wird
derselbe zumeist zum Teil im Einschnitt, zum Teil in der Aufdämmung
liegen (Fig. 112), wobei die Krone des Dammes in der Nähe der Sperre in
gleicher Höhe mit der Sperrenmauerkrone zu liegen kommen wird. Bei
Annahme eines gewissen rationellen Wasserprofiles, dessen Ausmaß von dem
mit Rücksicht auf eine nicht zu überschreitende Wassergeschwindigkeit zu
wählenden Gefälle abhängen wird, wird der Beginn dieses Kanales, also der
Ort der Stauanlage, berechnet werden können.
Die Krone des Dammes muß mindestens 1 m,
besser 1,5 — 2 m breit gemacht werden, um die
Begehung dieses Kanales zu ermöglichen, und
0,3 — 0,5 m höher als der Kanalwasserspiegel
liegen. Die Kapazität dieses Derivationskanales
wird nur in sehr flachen Lehnen eine nam-
haftere, bei steileren Tallehnen jedoch nur eine
beschränkte sein, daher derselbe in den meisten
Fällen weniger zur Entlastung, als hauptsäch-
V\g. 111. SitnatioiL
Flg. 111. Qnenohnltt düToh den ümlanf kanal.
lieh dazu dienen wird, statt eines eigenen Grundablasses die permanente
Wasserabgabe für Industrie- und sonstige Zwecke zu besorgen. In jenem
Falle, wo der Umlaufkanal nur allein zur Entlastung für Hochwässer dienen
sollte, muß die Krone der Wehranlage (Fig. 111) in eine solche Höhe
gelegt werden, daß z. B. mit Bezug auf das früher angenommene Zahlen-
beispiel alle Zuflüsse des Baches, welche 30 m* pro Sekunde nicht über-
schreiten, in den Umlaufkanal einfließen und durch diesen in das Überfallwehr
der Reservoirmauer bezw. in den Bach unterhalb des Stauweihers gelangen
können. Sobald der Zufluß größer als 30 m* und im Maximum 55 m* wird,
dann fließt über das Wehr die Differenz, also 1 — 25 m®, in das Reservoir ein,
füllt dasselbe und kann in dem Maße, als der Bach oberhalb wieder weniger
als 30 m* abführt, durch einen Grundablaß sukzessive abgelassen werden, so
daß unterhalb des Stauweihers nie mehr wie höchstens 30 m', entsprechend
dem Fassungsraume des Baches, ablaufen.
Der Einlauf des Derivationskanales beim Überfallwehr der Reservoir-
mauer kann beispielsweise nach der in Fig. 113 — 117 gezeichneten Weise
Friedrich, WasserbaiL Zweite Auflage, ü. Band. 16
242
II. Die Staaweiherbaaten.
m
^
Flg. 118. Quenchnitt AB.
A--
Fig, 114. Qnmdrlfl.
Fig. 116. Querschnitt des Kanales oberhalb der Talsperre
Fig. 117. L&ngenschnltt CD.
Elnmiindimg des Derlvationskaiiales in das Überfallwehr der Talsperre.
D. Konstruktive Dorchfühning der Gebirgsreservoire.
243
vermittelt werden. Das von E aus (Fig. 114) in den offenen gemauerten
Derivationskanal (Querschnitt Fig. 116) fließende Wasser gelangt durch einen
in der Talsperre situierten Durchlaß in einen offenen quadratischen Raum
und von hier durch eine überwölbte Öffnung in das Abflußgerinne der Über-
fallwehre. Die 1,0 m hohen Wehrauf sätze bestehen in diesem Beispiel aus
Klappen (siehe Detail Tafel Jaispitzstauweiher).
Das Stauwehr W beim Beginn des Derivationskanales kann in einer
der üblichen Konstruktionen fester oder beweglicher Wehre durchgeführt
werden. Bei starkem Gefälle des Gebirgsbaches kann auch nachstehende
Fig. 118. Abzweigimg des Umlanfkanales
(Sitaatlon).
Fig. 119. Längenscbnitt.
pjÄ
Fig. ISO. Queraohnitt.
-1
Fig. 121. Trägerberechnnng.
primitive Holzbaukonstruktion (Fig. 118 — 120) zur Durchführung gelangen.
Die eine Seite ab des im Beginn als Holzgerinne hergestellten Derivations-
kanales dient gleichzeitig neben der eigentlichen Wehrkrone auch als Über-
fallkante. Bei s ist der Umlaufkanal mit
einer Schütze absperrbar und beginnt
von hier aus als Graben.
Werden durch den Derivations-
kanal Quertäler oder größere Talmulden
gekreuzt, so wird man diesen Teil als
Aquädukt in Blech oder Holz gebaut
herstellen. Die bauliche Durchführungs-
weise eines Blechaquäduktes mit ge-
mauertem Anschlußgerinne ist aus
Tafel IX (I. Bd.) zu ersehen. Für den
Vorgang bei der Berechnung der Träger eines Aquäduktgerinnes von 2,0/0,8 m
Querschnitt und 8 m Spannweite und aus 5 mm starkem Eisenblech
konstruiert, diene nachstehendes Beispiel:
Trägerberechnung für einen Blechaquädukt von 8 m Spann-
weite. Die Gesamtbelastung durch den Wasserdruck auf das ganze Aquädukt-
Blechgerinne eines Feldes von 8 m Spannweite, 2 m Breite und 0,8 m
Wassertiefe beträgt:
P = 2 m . 8 m . 0,8 m . 1000 kg = 12800 kg = 12,8 t;
hiervon entfällt bei Annahme von 3 Trägem auf den mittleren Träger die
Hälfte, also:
16*
244 ^* ^® Staaweiherbanten.
und auf die beiden Endträger:
T-=ß'**'
^ = 3,2t.
Bezeichnet M das Angriffs- (Biegungs-) Moment, W das Widerstands-
moment (Querschnittsmodul), s die zulässige größte Inanspruchnahme (Zug-
spannung) des Materials pro Flächeneinheit, so muß für den Gleichgewichts-
zustand im allgemeinen M=W.s sein. Nun ist für freiliegende, gleichmäßig
belastete Träger:
M= -5- und IV=^ — , also -5- = — • s,
o € o €
wobei / die Stützweite des Trägers, / das Trägheitsmoment des Querschnittes
und e die Entfernung der gespanntesten Faser von der Neutralachse für den
I förmigen Träger (aus Walzeisen) ist; wir haben femer:
,, BH^-(B-b)h^ , H
J= j^2 und e = -^,
wobei b die Stegdicke, H die ganze Trägerhöhe, h die Steghöhe und B
die Flanschen- oder Gurtungsbreite bedeutet Setzen wir diese Werte ein,
so erhalten wir:
BH^-(B^b)h^ _
^ 6// " /«
BH^-'iB^b)^
also: ^^iv.s^^u\BH^-{B-b)^'S,
^^
daraus ist: ^=-o~'
o«
a) Für den mittleren Träger haben wir P=6400 kg, / = 800 cm,
femer nehmen wir s = 1000 kg pro cm* als zulässige Inanspruchnahme für
Schmiedeeisen bei ruhiger Belastung an; es ist mithin:
„^ 6400.800 ^^^
IV = = 640
^ 8 . 1000 ^*"-
Nach der Tabelle des österr. Ingenieur- und Architektenvereins (siehe
Bd. I, S. 246) entspricht für Träger No. 28 W=- 601,4 und für Träger No. 28 a
W^= 728,3; wir wählen daher den nächst größeren Träger No. 28 a. Nun ist
noch das Eigengewicht zu berechnen. Das Eigengewicht des Gerinnes
beträgt auf 8 m Länge ca. 3000 kg, also entfällt auf den mittleren Träger die
Hälfte = 1500 kg; der Träger selbst wiegt ca. 500 kg, es ist daher die Eigen-
belastung Q = 2000 kg. Die Totalbelastung des mittleren Trägers ist somit
de facto:
P = 6400 + 2000 = 8400 kg,
also für den Träger 28 a:
D. Konstraktive DarchfUhnmg der Gebirgsreservoire. 245
„ Ss.lV 8.1000.728,3 „^^^ ,
^ = — r- = 800—^ = ^2^^^^»
d. h. mit Rücksicht auf die Eigenbelastung wäre das gewählte Trägerprofil
zu schwach. Wir ziehen also P= 8400 kg in Rechnung und erhalten:
„^ PI 8400.800 ^_
IV= = = 840.
8 s 8.1000
Dem Träger No. 32 entspricht IV = 862,9, d* h. die Tragkraft desselben
auf 8 m Stützweite beträgt:
Ss.Pf^ 8.1000.863
P = 7^^ = öÖÖ = 8630kg = 8,63t
oder pro Meter Stützweite:
P=: 8,63. 8 = 69,04 t.
Berücksichtigen wir nun auch das größere Eigengewicht des Trägers
No. 32 = 67,7 . 8 = 541,6 kg, so erhalten wir als Eigenbelastung
3000
des Gerinnes — g— = 1500 kg,
der Träger . = 542 „
zusammen = 2042 kg,
8442 800
also P = 6400 + 2042 = 8442 kg und IV= ^ ^'^^ = 844,2 kg,
also ein kleineres Widerstandsmoment als das des gewählten Trägers No. 32.
b) Auf die beiden äußeren Träger entfällt
an Wasserdruck 3200 kg,
3000
an Eigengewicht des Gerinnes — j— = 750
Trägergewicht No. 24 a 370 1120 „
zusammen P = 4320 kg.
Pi_ _ 4320 . 800 _
^"" 85 - 8000 ~^^^'
Nach der Tabelle besitzt Träger No. 24 a ein Jf^= 477,7; das gewählte
Profil entspricht also vollkommen.
Als mittlerer Träger wird also No. 32 und für die beiden Seitenträger
No. 24 a zu wählen sein. — Die in Tafel IX (I. Bd.) und Fig. 354 (I. Bd.) ge-
zeichneten Träger entsprechen den Typen No. 28 a und No. 24 und wurden
seinerzeit auf Grund anderer Rechnungsfaktoren bestimmt.
ß) Der Hochwassergrundablaß.
Da, wie früher erwähnt, der Umlaufkanal zumeist nur kleine Quantitäten
abzuführen in der Lage sein wird, ist es in der Regel der Hochwassergrund-
ablaß, welchem bei Retensionsreservoiren die Abflußregelung zufällt. Dieser
Grundablaß, welcher schon bedeutendere Querschnittsdimensionen bei einem
246 ^' ^^^ Stauweiherbanteo.
größeren Bache besitzen wird, kann entweder aus einem Durchlaß bestehen,
welcher, von rechteckigem, ovalem, gemischtlinigem oder kreisrundem Quer-
schnitt, am tiefsten Punkte durch das Sperrenmauerwerk geführt, in äußerst
solider Weise in Quader- oder Hackelsteinmauerwerk hergestellt wird. Die
Berechnung des notwendigen Querschnittes erfolgt als „offene Rohrleitung
oder als offenes Gerinne" derart, daß bei Annahme eines kleinen Überdruckes
von ^/a — 1 m zur Erzeugung der Eintrittsgeschwindigkeit das Profil in seinem
weiteren Verlaufe nicht vollfließt. In dem Maße, als der Wasserspiegel im
Reservoir steigt, wird die Einlauföffnung durch Absperrschützen etc. sukzessive
verkleinert. Ergibt die Rechnung ein zu großes Profil, so werden gekuppelte
Durchlässe (2 — 4 kleinere, nebeneinander liegende Öffnungen) angeordnet,
insbesondere aus dem Grunde, um durch kleine Schützen die Ermöglichung
ihrer Bewegung durch einen Mann zu erreichen. Vorteilhafter erscheint
jedoch die Vortreibung eines eigenen, von der Reservoirmauer unabhängigen
Stollens, der dann als Grundablaß- und Hochwasserstollen funktioniert.
Die Regulier- und Absperrvorrichtung wird am sichersten am Einlaufe
placiert, obwohl hierdurch gewöhnlich der Bau eines eigenen Schützen- oder
Schleusenturmes notwendig wird. Ein solcher Grundablaß wird zur voll-
ständigen Entleerung und Trockenlegung, sowie auch zur Ausspülung
(Reinigung) des Reservoirs benützt. Zum Zwecke der Reinigung von abge-
lagertem Schlamm, Sand u. dergl. wird das Reservoir bei ganz geschlossenen
Grundablaßschützen zum Teil unter Wasser gesetzt und dann die Schützen
plötzlich aufgezogen, wodurch ein großer Teil der Sedimente des Staubeckens
mitgerissen wird. Eine gründliche Reinigung der weiter oberhalb liegenden
Partien der Reservoirtalsohle muß in längeren Zwischenräumen je nach
Erfordernis mittels Aushub und Abfuhr erfolgen. Die bauliche Durchführungs-
weise derartiger Grundablässe und Stollen, ihre Funktionierung etc. ist aus
der späteren Beschreibung der Jaispitzstauweiherbauten zu ersehen.
Statt der bisher angeführten Art der Wasserentnahme durch eine oder
mehrere am tiefsten Punkte, also vor dem Grundablasse selbst angebrachten
Schützen kann dieselbe auch durch eigene Wassertürme erfolgen, welche
in verschiedenen Höhen durch einfache Schleusen oder durch Drehschützen
absperrbare und regulierbare Auslauföffnungen besitzen, welche nach Maßgabe
des sinkenden Wasserspiegels oder auch gleichzeitig in Funktion treten
können, wodurch neben manch anderen Vorteilen auch der Verschluß, da
unter geringerem Druck in viele Teile geteilt, ein billiger und leicht zu hand-
habender wird; doch verteuern derartige Wasserentnahmetürme die Stau-
weiheranlage um ein Bedeutendes. Die Beschreibung eines derartigen Wasser-
turmes siehe bei den französischen Reservoiren von TorcyNeuf (Taf. XVI)
und de la Mouche.
2. Die Nebenobjekte.
Zu den Nebenobjekten gehört bei allen größeren Reservoiranlagen
unter allen Umständen ein Wächterhaus, da derartig verantwortliche Bauten
der permanenten und eingehendsten Beaufsichtigung und Erhaltung bedürfen;
weiter wird häufig ein Schotter- und Sandablagerungsbassin am obersten
D. Konstruktive Durchfühnuij;: der Gebirgsreservoire. 247
Ende des Staubeckens (Einlauf des Reservoirbaches) und zwar oberhalb der
eventuellen Stauanlage für den Derivationskanal notwendig werden, welches
aus einem genügend großen, offenen Bassin besteht, in welches die Schotter-
und Sandmassen sich ablagern können. Das Bassin muß nach Bedarf natürlich
immer gereinigt werden.
In gewissen Fällen wird vor diesem Bassin oder vor dem Umlaufkanal
die Anbringung von Auffangrech en notwendig werden, um Langholz und
andere vom Hochwasser mitgeführte große Gegenstände zurückzuhalten und
so die Möglichkeit einer Verstopfung der Reservoirmauerobjekte zu verhindern.
In bezug auf die Verlegung des Grundablasses wird sich die Anbringung eines
Schutzrechens (Gitters) etc. vor demselben jedenfalls empfehlen.
3. Wege- und Strafsenbauten.
In der Höhe der Mauerkrone soll womöglich an beiden Seiten des
Stauweihers ein Gehweg, event. Fahrweg angelegt werden; femer ist ein
Auffahrtsweg zu der Talsperrenkrone von der Talsohle oder einem unterhalb
des Stauweihers gelegenen Fahrweg aus herzustellen. Der provisorische Bau
dieser Kommunikationsmittel wird in der Regel schon vor dem eigentlichen
Baubeginn der Talsperre durchgeführt werden, um die zum Bau notwendigen
Materialien und Gerätschaften zuführen zu können. Bei langen Zufahrten ist
die Anlage einer eigenen Materialeisenbahn rationell, wie dies beispielsweise
bei der Urfttalsperre der Fall war, bei welcher eine 12 km lange Eisenbahn
zu diesem Zwecke gebaut wurde. Die Krone des Umlaufweges muß der
raschen Entwässerung wegen konvex gestaltet, dem Wege selbst ein schwaches
Gefälle gegeben und Entwässerungsgräben auf der Bergseite angeordnet
werden, um das bei Regen von den Lehnen herabfließende Wasser rasch
abführen zu können. Bei steileren Tallehnen werden auf der Wasserseite
zuweilen Stützmauern, an einzelnen Stellen kleine Durchlässe etc. notwendig
werden. Gehwege sind zu beschottern, Fahrwege mit 1 m breitem Erdbankett
und einer entsprechend der Kategorie der Straße verschieden breiten Fahr-
bahn mit Grundbau und Beschotterung auszustatten.
4. Nebenarbeiten.
Zu den Nebenarbeiten gehören nachstehende Herstellungen: Planien
für den Bau des Wächterhauses und event. Terrain-Ausschlitzungen vor dem
Überfallwehre, die Herstellung einer Telegraphen- oder Telephonverbindung
für den Wetter- und Hochwasser-Nachrichtendienst, welcher vom Reservoir-
wächter zu besorgen ist. Steile Lehnen innerhalb des Arbeitsfeldes sind an-
zupflanzen oder aufzuforsten, anbrüchige Ufer des Baches zu befestigen, der
Bach selbst oberhalb, insbesondere jedoch unterhalb des Stauweihers eine
längere Strecke zu regulieren. Eine der größten Nebenarbeiten zum Zwecke
der Verhinderung der Schotter- und Geschiebe-Erzeugung bildet die Verbauung
eventueller schotterführender Runsen, Wasserrisse im Arbeitsfelde selbst und
der in das Reservoir einmündenden Wildbäche, aus welchen infolge Erosion
der Gerinne etc. oft bedeutende Schotter- und Geschiebemassen in das
Reservoir gelangen und dasselbe verschlammen können.
248 ^^- ^^^ Stauweiherbanten.
Die Notwendigkeit der zur Behebung dieser Obelstände erforderlichen,
unter dem allgemeinen Titel ,,Wildbachverbauungeii^^ zusammengefaßten
Wasserbauten gestaltet sich von Jahr zu Jahr dringender, und kann mit
Sicherheit behauptet werden, dafi die zur Bekämpfung dieser auch fOr die
unterhalb liegenden Flüsse und Ländereien bestehenden Gefahren und Übel-
stände notwendigen Arbeiten und Geldsummen von Jahr zu Jahr größere
werden, um die entfesselten Naturkräfte wieder zu bändigen und weitere
Schäden zu verhüten. Es ist femer zu beachten, daß diese Gefahren nicht
im einfachen Verhältnisse sich vergrößern, sondern im Potenzverhältnisse
zunehmen, daher es im Interesse der Landeskultur gelegen ist, so rasch als
möglich, weil am sichersten und billigsten, mit den sanitären Maßregeln
einzugreifen. Gehen wir zu der Betrachtung über das Wesen der Wild-
bäche über, so fragt es sich in erster Linie: „Was ist unter dem Ausdruck
Wildbach zu verstehen resp. wie entsteht derselbe?" Die auf die Erdober-
fläche fallendent Meteorwässer oder die durch Schmelzen der Schneemassen
entstehenden Wassermengen suchen, dem Gesetze der Gravitation folgend, so
rasch als möglich den tiefsten Punkt, also die Flußtalsohle zu erreichen, und
suchen zu diesem Zwecke, wenn nicht ihr Lauf bereits durch eine aus-
gesprochene Mulde vorgezeichnet ist, den kürzesten Weg, die sogen. „Linie
des größten Falles". Bei dieser Bewegung nach abwärts verrichten die
Wassermengen eine gewisse mechanische Arbeit, zusammengesetzt aus der
dem Gefälle des Talabhanges entsprechenden Geschwindigkeit und der in
der Zeiteinheit abfließenden Wassermenge resp. ihrem Gewichte, welcher
mechanische Effekt größer wird, wenn die beiden Faktoren zunehmen.
Dieser Arbeit des herabfließenden Wassers setzt nun der Boden einen
gewissen Widerstand entgegen, der abhängig ist von der geologischen Be-
schaffenheit, wie von der Kohäsion desselben. Ist dieser Widerstand geringer,
so wird der Boden durch das Wasser aufgewühlt; es bildet sich ein Rinnsal,
ein Wasser riß. In dem Maße, als die in diesem Bette nun konzentrierten
Wassermengen durch seitliche Zuflüsse sich vermehren, steigt die Geschwindig-
keit bei zunehmendem Gefälle, die Erosion des Bodens wird eine immer
stärkere, es entsteht nach und nach bei konstanterem Zufluß ein wirkliches
Bett. Während anfangs der arbeitenden Kraft des Wassers die nicht durch
Grasnarbe oder dichte Vegetation gebundene Humusdecke zum Opfer fiel,
widerstand auch später bei zunehmender Geschwindigkeit und Wassermenge
nicht mehr die unter dem Humus liegende Lehmschichte; die Erosion griff
weiter, die bloßgelegte Schotterschichte und die leicht verwitterbare Ton-
schieferlage wurde vom Wasser mitgenommen, der Wasserlauf wurde
„schotterführend". Mit Zunahme des Durchflußprofiles erreichte die Ge-
schwindigkeit des herabstürzenden Wassers nach und nach eine solche Größe,
daß endlich mitunter ganze Steinblöcke bis mehrere Kubikmeter Größe aus
ihrem Zusammenhang mit dem bloßgelegten Gebirgsmassiv gelöst, mit furcht-
barer Gewalt herabgewälzt wurden, im Vereine mit Geschiebe, Schotter,
Bäumen u. dergl.; der Bach ist das geworden, was wir unter dem Namen
^Wildbach" bezeichnen. Es wird also je nach dem Materiale und der
geologischen Beschaffenheit der Sohle und Uferwände das Bachbett bis zu
D. Konstruktive DarchfUhnmg der Gebirgsreservoire. 249
einem gewissen Maximum der Geschwindigkeit von dem strömenden
Wasser nicht angegriffen werden, also genügenden Widerstand bieten. Wird
jedoch diese Geschwindigkeitsgrenze überschritten, so tritt eine mit der
wachsenden Geschwindigkeit rapid zunehmende Erosion der Sohle und Aus-
kolkung der Ufer ein, das Gerinne wird immer tiefer in den Boden ein-
gerissen, die Ufer unterwaschen, wonach sie nachstürzen und durch die
lebendige Kraft des Wassers eine Zerstückelung des Materiales bewirkt wird,
dasselbe sonach, wie erwähnt, in Form von großen Blöcken, größerem Ge-
schiebe, Schotter etc. in das Tal abgeführt und je nach der Größe an jenen
Stellen abgelagert wird, wo das Gewicht desselben bereits größer als die
treibende Kraft des Wassers ist.
Es wird also im allgemeinen die Sanierung der Wildbäche darin
bestehen, den früheren Gleichgewichtszustand nach und nach wieder
herbeizuführen, was man erreichen wird, wenn die Geschwindigkeit
des herabströmenden Wassers wieder auf jenes Maß herabgedrückt ist, bei
welchem das Material des Bachbettes nicht mehr der Zerstörung ausgesetzt
erscheint. Dieser Zweck läßt sich erreichen, wenn man durch eine Reihe
von Querbauten im Bachbett das Gefälle des Baches in treppenförmige
Sektionen einteilt, wodurch oberhalb einer jeden solchen Talsperre ein
schwächeres Gefälle eintritt, dieser Raum nach und nach von dem noch
erzeugten kleineren Geschiebe ausgefüllt wird und durch eventuelle nach-
trägliche Erhöhung dieser Talsperre endlich jenes Gefälle sich erzeugt, bei
welchem kein Angriff der Sohle, also keine Geschiebebildung mehr eintritt.
Bei dieser Gelegenheit wird auch bemerkt, daß die Geschwindigkeit resp. die
mechanische Arbeit des fließenden Wasser sich dadurch auch verringert,
indem die lebendige Kraft des über die Sperre herabstürzenden Wassers
unterhalb derselben gebrochen wird. Diese Sperren, nach dem örtlichen
zur Verfügung stehenden Materiale einerseits, wie der Bodenbeschaffenheit
der Baustelle andererseits entsprechend, aus Holz oder Stein oder beiden
erbaut, müssen wasserdurchlässig hergestellt werden. Da sie also keinen
eigentlichen Wasserdruck auszuhalten haben, können sie auch in ihren Dimen-
sionen entsprechend schwächer gehalten werden wie Wasserabschlußmauern.
Wo solche höhere Sperren nötig, sollen dieselben anfangs niedrig ge-
halten und erst nach erfolgter Verlandung auf ihre endgültige Höhe gebracht
werden. Desgleichen ist es oft nötig, später nach Bedarf noch einige niedrigere
Sperren einzuschalten. Werden diese Fixpunkte zur Begrenzung der Ver-
tiefung der Bachsohle in Form von Talsperren nicht künstlich geschaffen, so
wird sich die Sohle des Baches so lange senken, bis endlich die Widerstands-
fähigkeit der leichtesten Materialien mit der bewegenden Kraft des Wassers
sich ins Gleichgewicht stellt, in welchem Falle dann kein Material mehr vom
Bache fortgeführt wird; es ist dann ein „Beharrungszustand** eingetreten,
das sogen. „Gl eich ge wich tsprofil" erreicht; doch ist dieser Zeitpunkt
selbst, als noch solange hinausgerückt angenommen, meist nur ein theoretischer.
Die eben beschriebene Erosion der Bachsohle betraf nur die unter-
wühlende Wirkung des Wassers in der Richtung des Längenprofiles und
wird gewöhnlich auch die Längsunterwühlung genannt. Die erodierende
250 II' I^i® Stauweiherbauten.
Wirkung im Bachbette beschränkt sich jedoch nicht allein auf die Sohle,
sondern es werden auch die Seitenwände unterspült, wodurch die ihres
festen Fußes beraubten Ufer nachstürzen und Anlaß zum Abrutschen der
Talgehänge geben, diese dadurch auch eine immer flachere Gestaltung an-
nehmen, bis auch hier nach langen Zeitperioden endlich einmal ein Gleich-
gewichtszustand eintritt; erst dann kann der Wildbach als „erloschen" ange-
sehen Werden. Diese letztere, mit dem Namen „Querunter wühlung"
bezeichnete Erosion wird teilweise in unmittelbarer Nähe der Talsperren
durch diese selbst verhindert, erfordert jedoch zumeist noch andere Sicherheits-
vorkehrungen, als da sind: Steinsätze oder Flechtzäune am Fuße unterwühlter
Ufer, Verflechtungen von Tallehnen, Entwässerung feuchter, rutschiger Gehänge
durch offene Gräben oder besser mit Schotter und Bruchsteinen ausge-
schlichteten Sickergruben, Aufforstung kahler Berglehnen und dergl. mehr.
Wir sind unter anderem jetzt auch bei der Aufforstung angekommen
und soll auch nun dieses Einflusses gedacht werden, um so mehr, als in
manchen Fällen Erscheinungen konstatiert werden müssen, die momentan
überraschend den günstigen Einfluß des Waldes als bloße Theorie erscheinen
lassen und die Gegner der retensiven Wirkung des Waldes scheinbar in
ihren Behauptungen unterstützen. Durch vielseitige ombrometrische Versuche
wurde konstatiert, daß ca. 25®/o des gesamten Niederschlages bei dichtem,
älterem Bestände (Hochwald) in den Baumkronen zurückgehalten werden,
mithin nur 75®/q der Regenmenge auf den Erdboden gelangen. Allein, nicht
nur die Baumkronen selbst, sondern auch die durch die Waldkultur bedingte
Waldstreudecke, die Moose und sonstige Vegetation des Waldbodens regulieren
den Abfluß des Wassers einerseits, wie sie andererseits die Bodenoberfläche
der meist steileren Abhänge binden und die Erosion derselben auch dadurch
schwerer ermöglichen, daß sie die auffallenden Regenmengen in eine Unzahl
feiner Wasserfäden teilen und die Geschwindigkeit des Abflusses vermindern.
Ich hatte häufig Gelegenheit, bei meinen vieljährigen Studien und Aufnahmen
wegen Gebirchsbachverbauungen im Walde von heftigen Gewitterregen
überrascht zu werden und dabei die rückhaltende Wirkung des Waldes de
facto zu beobachten. Man kann wohl hier einwenden, daß gerade in arron-
dierten Hochwaldgebieten sehr starke Hochfluten und bedeutende Ge-
schiebeerzeugung anzutreffen sind.
Was die ersteren anbelangt, so darf nicht vergessen werden, daß in
diesen Waldgebieten, nicht nur allein durch die bedeutende Seehöhe bedingt,
die Regenhöhen viel größere sind, sondern große Waldkomplexe an und für
sich häufigere und heftigere Niederschläge aus allbekannten Ursachen hervor-
rufen, und kann man behaupten, daß diese Hochfluten gewiß größere sein
würden, wenn der Wald nicht bestände. Was die konstatierte Geschiebe-
erzeugung in Hochwäldern anbelangt, so dürfte ihr Ursprung immer aus
jener Zeitperiode stammen, wo die betreffenden Waldpartien abgetrieben
wurden und die kahle Oberfläche durch die Dezennien andauernde Epoche
bis zum vollständigen hochstämmmigen Aufwuchs des Waldes Gelegenheit
zur Bildung von Runsen und Wasserrissen gab, welch letztere dann als
Sammelkanäle für die auch später im emporgewachsenen Walde niederfallenden
D. Konstraktive Dnrchfiihrnng der Gebirgsreservoire. 251
Meteorwässer oder Schneeschmelzen natürlich einem ähnlichen Schicksale
verfielen, wie die offenen Bachrinnsale, nachdem einmal der Gleichgewichts-
zustand derselben gestört war.
Einteilung der Wildbachstrecken. Im allgemeinen lassen sie sich
bei einem Wildbache drei Sektionen unterscheiden:
1. die Geschiebe-Erzeugungs-Sektion,
2. die Geschiebe-Transport-Sektion,
3. die Geschiebe-Ablagerungs-Sektion.
In der Regel ist die erste Sektion in höheren Gebirgen mit scharf be-
grenzter Wasserscheide, also bei ausgesprochenen Gebirgsrücken, die oberste;
sie besitzt das stärkste Gefälle, welches die Erosion der Bachsohle begründet.
Die darauffolgende Strecke weist ein kleineres Gefälle auf, zu klein, um die
Talsohle anzugreifen, und andererseits groß genug, um durch die hierdurch
erzeugte Geschwindigkeit des Wassers das meiste Geschiebe weiter zu
transportieren (die großen Steinblöcke bleiben in der Regel hier liegen). Die
letzte, unterste Sektion endlich weist bereits ein derartig kleines Gefälle
auf, daß die herabgeschwemmten Schotter- und Geschiebemassen nicht mehr
weiter transportiert werden können, sondern sich in Form eines Schuttkegels
ablagern. Diese Sektion
ist ausgesprochen nur dort
zu finden, wo der Wild-
bach vor seiner Einmün-
dung noch eine längere
Strecke in der Flußtal-
ebene fortfließt, während Fig. i«a. uferschutzbau.
sie dort ganz fehlt, wo
die Flußtalsohle sehr schmal oder der Fluß direkt unter dem Bergabhange
sich hinzieht, von welchem der Wildbach herabkommt. In den Vorgebirgen
zumeist, d. h. überall dort, wo ausgedehntere Hochplateaus die Wasserscheide
nicht markant hervortreten lassen, kann als die oberste Sektion noch
4. die Wasser-Sammel-Sektion hinzutreten. Diese repräsentiert
das eigentliche Wassersammelbecken, zeigt infolge des geringeren Gefälles
keine Erosion, daher meist feuchte und sumpfige Wiesen in den Terrain-
mulden ohne ausgesprochenen Bachlauf anzutreffen sind. Ist dieses oberste
Gebiet nicht bewaldet, so gelangt der gesamte Niederschlag konzentriert und
ziemlich rasch in die steile Schlucht der erzeugenden Sektion und beginnt
hier seine erodierende Wirkung, auch wenn dort Hochwald vorhanden ist.
Ein solcher Fall scheint dann auf den ersten Blick der zurückhaltenden und
geschiebeverhindemden Eigenschaft des Waldes zu widersprechen, ist jedoch,
wie eben erläutert, leicht erklärlich.
Wenn auch die Durchführung größerer Wildbachverbauungen zumeist
nicht in den Wirkungskreis des Kulturingenieurs, sondern beispielsweise in
Österreich derzeit in jenen des Forstingenieurs gehört, so wird sowohl der
Kulturingenieur wie Landwirt sehr häufig in die Lage kommen, derartige Ar-
beiten in kleinerem Umfange in Form der eingangs besprochenen Verbau ung
von schotterführenden Runsen u. dergl. selbständig durchführen zu müssen. Zu
252
II. Die Staaweiherbanten.
Fl^. 1S8. Sperre ans Holz, 1,6 m hoch, a Analcht und Län|(eii8chiiltt
diesem Zwecke sollen in nachfolgendem einige einfache Typen von Sperren
für Wildbachverbauungen und Runsen abgebildet werden. Notwendige lokale
Bachregulierungen und Bauten zum Schutze anbrüchiger, schottriger Ufer
können als Steinsätze oder in Holz in der in Fig. 122 veranschaulichten
Weise durchgeführt
werden , in welchem
Beispiele auch eine teil-
weise Bachbetträumung
vorgesehen ist. Fig. 123
und 124 zeigen die
Anordnung einer Tal-
sperre aus Holz für
1,5 m Höhe, als drei-
reihiger Flechtzaun her-
gestellt, in der Ansicht,
im Längenschnitt und Querschnitt. Sperren von 0,3 — 0,5 m Höhe werden
durch einen einfachen Flechtzaun, Sperren von 0,6 — 1,0 m Höhe durch einen
doppelreihigen Flechtzaun hergestellt. Fig. 125 — 127 stellen in Ansicht, Quer-
schnitt und Daraufsicht eine 2 m hohe
Sperre aus Holz mit einem gepflasterten
Absturzbett vor. Eine andere Kon-
struktionsweise einer hölzernen, 2 m
hohen Talsperre ist aus den Fig. 128
bis 130 ersichtlich. Der aus einem fünf-
reihigen Flechtzaunbau bestehende
Sperrenkörper ist entsprechend tief in
beide Tallehnen einzubinden (siehe per-
spektivische Ansicht der Uferausschlitzung in Fig. 130) und an diesen Stellen
sodann solid abzupflastem. Die Zwischenräume der Flechtzaunreihen werden
mit Geschiebe und Schotter ausgefüllt und oben trocken abgepflastert; talauf-
Flg. 184. b Qaersohnltt.
Flg. 125. Holzsperre, 8 m hoch, a Ansicht und Längenschnitt.
wärts wird der Sperrenfuß durch einen Steinwurf, talabwärts durch eine
dicke Faschinenspreitlage vor Unterkolkung gesichert. Sperren aus Holz
bedingen die Möglichkeit der Begrünung der Pfähle und Flechtruten, da sie
sonst bald absterben.
Als Muster von 3 m hohen Sperren aus Stein, welche dort gebaut
werden, wo der Untergrund Felsen ist und Steine in entsprechender Größe
D. Konstruktive DurchfUhnmg der Gebirgsreservoire.
253
und Qualität in der Nähe der Baustelle vorhanden sind, dienen die Fig. 131
bis 133. Fig. 133 zeigt die Anordnung einer kleinen, wasserdicht gemauerten
j, _m, -'dj^j*
-5g^ — i:^j":-^:.':-^'^''^r^^
Fig. 126. Holzsperre, 8 m hoch, b Querschnitt
Flg. 127. Holzsperre, 2 m hoch, o DaranMcht.
Fig. 128. Sperre ans Holz, 2 m hoch,
s Querschnitt
'ym<v
Fig. 129. b Daraufsicht und Horizontalsohnitt
Gegensperre, durch welche ein kleines Wasserbecken gebildet wird, welches
als Schutz gegen Unterspülung durch das herabstürzende Wasser dient. Die
kurze, größere, 3 m hohe Talsperre ist in Trockenmauerwerk geradlinig her-
gestellt. Bei größeren Längen können die Sperren auch bogenförmig und
254
II. Die Stanweiherbaaten.
mit Verkleidungshackelsteinmauerwerk in Mörtel gelegt werden, wie dies aus
den Fig. 134 — 136 ersehen werden kann. In diesem Falle ist jedoch zur
Flg. 180. 0 üferelnblndong.
Flg. 131. Sperre aus Stein (Trockenmaaenmg),
8 m hoch, a Ansicht.
Flg. 188. b Daranfsicht.
Fig. 188. c Querschnitt
Fig. 184. a Daraufsicht.
Flg. 185. b Querschnitt
Fig. 136. c Längenschnitt und Ansicht
Flg. 134—186. Sperre aus Stein (bogenförmig), 3 m hoch (in Mörtelmauerwerk).
D. Konstruktive Durchfühning der Gebirgsreservoire. 2öö
Hintanhaltung eines Wasserdruckes für die Möglichkeit des Wasserabflusses
durch Herstellung von ein oder zwei Grundablässen Sorge zu tragen.
5. Die Grundeinlösung.
Aller bleibend benötigte Grund für die Herstellung und Benutzung
eines Stauweihers muß definitiv eingelöst werden; bei solchen Gründen oder
Liegenschaften und Objekten, welche nur zeitweilig benutzt werden, muß die
Einräumung von Servitutsrechten angestrebt werden. Werden durch den
Bau der Stauweiheranlage bestehende Wasserrechte in ungünstigem Sinne
beeinflußt, dann muß das betreffende Wasserrecht entweder völlig erworben
oder aber eine Wasserrechts-Entschädigung geleistet werden, bei deren Be-
messung nicht der ziffernmäßige Entgang an Wasserkraft als Maßstab zu dienen
hat, sondern die Entschädigung in dem Maße der wirklichen Betriebs-
einschränkung und des daraus resultierenden Verdienstentganges zu berechnen
und hieraus die zu leistende Entschädigungssumme zu bestimmen ist.
IL Erddämme«
Staudämme aus Erde werden überall dort projektiert werden können,
wo kein felsiger Untergrund vorhanden und wo sowohl entsprechendes
Dichtungsmaterial (Lehm) als auch entsprechendes Dammanschüttungsmaterial
in genügender Menge verfügbar ist, und endlich dort, wo es sich um geringere
Stauhöhen handelt. Gegenden mit mehr feuchtem Klima werden für Erd-
dämme mehr entsprechen wie heiße, trockene, regenarme Gebiete. Die zur
Dammherstellung verwendete Erde soll womöglich aus 40*^/o Ton und 60^/q
Sand bestehen. Reiner Ton (Lehm) erzeugt nach Trockenheit Risse und
Sprünge und hat nach langem Regen die Tendenz zum Fließen. Ist das
Material zu sandig oder zu kiesig, so ist es nicht wasserundurchlässig und
der Dammkörper nicht stabil. Das beste Material ist grobkörniger Sand,
welcher gerade so viel Ton enthält, um die einzelnen Sandkörner zu binden.
Eine besondere Dichtigkeit wird erreicht, wenn man das Dammmaterial
während des Stampfens mit Kalkmilch begießt oder, falls zur Regenzeit ge-
arbeitet wird, man das feuchte Erdmaterial zeitweise mit Kalkpulver bestreut.
Das zu verwendende Erdmaterial muß vor der Verwendung von allen pflanz-
lichen Überresten befreit werden, welche sonst, später in Fäulnis übergehend,
Hohlräume im Dammkörper bilden würden. Das Dammmaterial wird in
10 — 20 cm hohen Schichten aufgebracht, angefeuchtet und festgestampft oder
gewalzt. In erster Linie jedoch ist das sogen. Dammfeld auszuheben; es ist
nämlich die als Basis oder Fundament des Dammes dienende Bodenfläche
von aller Vegetation und von der Humusdecke bis zum gewachsenen Boden
herab zu befreien, desgleichen ist sehr wasserdurchlässiger Untergrund zu
durchteufen und der Damm auf undurchlässigen, tragfähigen Grund zu
fundieren. Wo dies bei bedeutender Mächtigkeit der wasserdurchlässigen
Schichte zu kostspielig ist, werden am wasserseitigen Dammfuße oder auch
in der Mitte Quergräben bezw. Längsgräben bis auf die wasserdichte Schichte
abgeteuft und dieselben nachträglich mit Lehm oder Beton ausgestampft und
auf diese Weise sogen. Grundschwellen bis über das Terrain herauf her-
j
256 ^- ^^^ Siaaweiherbauten.
gestellt, welche ein Durchsickern des Wassers im Fundamente verhindern.
Auch pflegt man nebst einer mittleren Sohlschwelle aus Tonschlag noch einen
die Mitte des Dammkörpers bildenden Ton-, Lehm- oder Lettenkern (Puddel-
kem) anzuordnen (besonders in England gebräuchlich), welcher sich jedoch
in manchen Fällen praktisch nicht bewährt hat, weil man selbst bei der sorg-
fältigsten Arbeit nicht verhindern kann, daß zwischen dem Tonkeme (Puddel)
und dem angrenzenden DammschOttungsmaterial Spalten und Klüfte ent-
stehen, in welche das Wasser eindringt und zu großen Setzungen des Dammes
Anlaß gibt. Manche Ingenieure vertreten trotzdem diese englische Bauweise
noch heute sehr warm.
In Frankreich ist man von diesem System ganz abgegangen und wurde
diese Angelegenheit auch auf dem internationalen Binnenschiffahrtskongresse
zu Paris im Jahre 1892 besprochen. Das beste System der Dichtung ist die
Herstellung einer starken, wasserundurchlässigen Schichte auf der Wasser-
seite selbst.
Der damalige Berichterstatter Ober die insbesondere durch hohe Erd-
dämme gebildeten Speisungsreservoire des Zentrum- und Burgunderkanales,
Ingfeieur en chef des Ponts et Chauss^es in Dijon, Herr Fontaine, empfiehlt
zum Schlüsse seines Berichtes folgende Maßnahmen für die Herstellung von
Erdtalsperren, welche auch vom Kongreß angenommen und anempfohlen
wurden. Dieselben lauten:
1. Das zur Verwendung gelangende Erdreich ist dann am besten, wenn
es sich der Zusammensetzung von zwei Teilen Sand auf einen Teil Ton am
meisten nähert.
2. Bei gutem Erdreich kann man Stauhöhen bis 20 m zulassen.
3. Das beste und bauökonomischste Profil für die innere Böschung ist
jenes mit kleinen selbständigen Stufen von 1,5 — 1,8 m Höhe und einer
Neigung von 45 <^ (also 1 : 1), welche durch 0,8—1,0 m breite Absätze (Bermen)
getrennt sind, wobei alle 5 — 6 m eine doppeltbreite Berme anzuordnen ist.
Die äußere Böschung braucht nur eine Neigung von 1:1^4 — 1 • IV« zu be-
sitzen. Die beste Bekleidung für die Absätze wie für die Steindeckwerke
(Pflaster) ist ein Mauerwerk aus Bruchsteinen auf Beton von 0,4 — 0,5 m
Gesamtdicke.
4. Das Stampfen des Erdmaterials mit der Hand muß soviel als möglich
vermieden werden und statt dessen schwere Walzen (Dampfwalzen oder mit
animalischer Kraft gezogene) verwendet werden.
5. Es ist von Wichtigkeit, in den Damm keine Mauermassive einzu-
schieben, welche das Stampfen bezw. Walzen im großen beeinträchtigen.
6. Die Kanten (Schwellen) der Überfälle müssen möglichst niedrig
gehalten und durch leicht entfernbare Wehraufsätze die normale Stauhöhe
ergänzt werden, um durch diese Überfälle die größtmöglichsten Hochwasser-
mengen ableiten zu können.
Zu Punkt 2 dieser Schlußfolgerungen sei bemerkt, daß es sich empfehlen
wird, bei Erddämmen Wassertiefen über 10 m aus Sicherheitsrücksichten
womöglich zu vermeiden. — Bezüglich der in Punkt 3 beschriebenen Aus-
führung der Sicherung der wasserseitigen Böschung, sowie der Bauweise der
E. Berechnung des Fassungsinhaltes der Reservoire. 257
Grundablässe etc. wird auf die spätere Beschreibung dieser französischen
Sperren (Erddamm von Montaubry) hingewiesen.
B. Berechnung des Fassungsinhaltes der Reservoire.
L Approximativberechnung«
Bei den ersten Lokalstudien beim Suchen günstiger Reservoirstellen
wird es sich darum handeln, gleich an Ort und Stelle den Fassungsraum
eines Sammelbeckens annähernd zu berechnen. Zu diesem Zwecke sind
nachstehende Größen zu schätzen:
h die maximale Wassertiefe mit Berücksichtigung der bauökonomischen
Grenze,
/ die Länge des dieser Wassertiefe entsprechenden Wasserspiegels (vom
Talgefälle abhängig),
ßm die mittlere Talsohlenbreite des Staubeckens aus:
Mit Berücksichtigung des Neigungsverhältnisses der Tallehnen wird
daraus die mittlere Wasserspiegelbreite Bm und die mittlere Wasserprofil-
breite bm geschätzt werden können. Es ist dann der maximale Fassungs-
raum J=Ofih,bni.L Ist z. B. die größte Stauhöhe (Wassertiefe) Ä = 10m,
das Gefälle des Baches ca. 1%, d. h. auf 100 m Bachlänge 1 m Gefälle, so
ist für Ä = 10 m: /= 1000 m; es ist also die mittlere Wassertiefe Am = 5 m.
Hätte man für das mittlere Profil des Talbeckens, dessen Lehnen in einem Ver-
hältnisse von 1 : 2 geböscht sind, /^w = 80 m gefunden, so wäre Bm = 100 und
bm = 90 m, somit der beiläufige Fassungsraum des Beckens bei 10 m Stauhöhe
/= 0,5 . 10 . 90 . 1000 = 450000 m«.
IL Berechnung aus den Querprofilen,
Für alle anderen annähernd genauen Kubaturbestimmungen wird es sich
empfehlen, die Berechnung aus aufzunehmenden charakteristischen Quer-
profilen vorzunehmen; für Detailprojekte ist dies unbedingt notwendig.
Man wird nun entweder das ganze in Betracht kommende Terrain
tachymetrisch aufnehmen, was insbesondere bei dicht bewaldeten Gebieten
unumgänglich notwendig wird, daraus den Schichtenplan und aus diesem die
Querprofile konstruieren oder aber bei flacherem und offenem Terrain die
Querprofile direkt aufnehmen.
Man steckt zu diesem Behufe eine Achse in der Talsohle aus, darauf
senkrecht die richtig zu wählenden Querprofile (siehe Situation Weirowitz,
spät. Fig.), nivelliert die Achsenpunkte an, staffelt die an günstigen Punkten
gewählten Querprofilen ab, trägt diese Profile graphisch auf, zeichnet den
maximalen Wasserspiegel ein, planimetriert diese Wasserprofile und stellt
nun in der früher besprochenen Weise die Kubaturberechnung derart an,
daß man das arithmetische Mittel je zweier aufeinander folgender Profilflächen
mit ihrer Entfernung multipliziert.
Friedrich, Wasserbaiu Zweite Auflage. II. Band. 17
258 ^* ^^® Stauweiherbaaten.
IIL Notwendiger Fassungsraum der Gebirgsreservoire.
Je nach dem Zwecke, welchem der Stauweiher zu dienen hat, wird die
Berechnung des notwendigen Fassungsraumes des Staubeckens eine ver-
schiedene sein.
I. Sammelreservoire.
Wasserversorgungs-, Industrie- und Irrigations-Reservoire
dienen in der Regel nahezu ausschließlich diesem Zweck, da keine Unter-
brechung durch notwendige Entleerung vor großen Niederschlägen stattfinden
darf. Die erste Aufgabe wird es sein, das in einzelnen Jahren und Monaten
zur Verfügung stehende Abflußquantum des Einzugsgebietes zuerst zu erheben.
Man konstruiert zu diesem Behufe in erster Linie das Einzugsgebiet
(Niederschlagsgebiet) des Resei-voirs aus der Spezialkarte 1:75000 oder
1:25000 und berechnet dasselbe. Nun erhebt man die Regenhöhen für die
einzelnen Jahre und Monate aller für das Einzugsgebiet in Betracht kommen-
den, also innerhalb desselben oder außerhalb der Wasserscheide, in der Nähe
gelegenen ombrometrischen Stationen, soweit als diese Aufzeichnungen aus
den meteorologischen Berichten zur Verfügung stehen.
Behufs Ermittelung der Zuflußmengen in das Stauweiherbecken aus den
Niederschlagshöhen muß wiederholt betont werden, daß zur Berechnung die
Beobachtungsdaten eines möglichst langen Zeitraumes herangezogen werden
sollen.
Häufig stehen dem projektierten Ingenieur derartige lange Beobachtungs-
reihen überhaupt nicht zur Verfügung, mitunter wird aber zur Vermeidung
der zeitraubenden Sammlung und Auswertung der meteorologischen Daten,
also aus Bequemlichkeit, ein Zeitraum von ca. 10 Jahren als ausreichend an-
genommen, eine Annahme, die meist völlig unrichtig ist und zu den ärgsten
Irrtümern führt.
Ich habe schon im I. Bande dieses Handbuches (S. 53 und 135) an der
Hand des Graphikons (Taf. II) auf die bedeutenden Schwankungen der Jahres-
regenhöhen eines und derselben Station hingewiesen.
Zur weiteren Bekräftigung dieser Tatsachen und der Notwendigkeit der
größten Vorsicht bei den bezüglichen Berechnungen und daraus zu ziehenden
Schlußfolgerungen will ich noch die Ausführungen des Direktors der Königl.
sächsichen meteorologischen Station in Chemnitz (Sachsen) Herrn Prof. Dr.
Schreiber anführen. InDresdenund Freiberg begannen die regelmäßigen
Niederschlagsbeobachtungen in den Jahren 1828 resp. 1829, daher für diese
Stationen nunmehr 77 jährige Beobachtungen vorliegen.
Als Mittel der 73 Jahre (1828—1900) ergab sich für Dresden eine
Jahressumme von 610 mm, ein Minimum von 300 mm (1832) und ein Maximum
von 880 mm (1891); die Differenz zwischen den beiden letzteren Höhen betrug
somit 580 mm oder 95°/o des Mittels, das als Normalbetrag angesehen
werden kann.
Für die während dieser Periode gebildeten verschiedenen 11jährigen
Mittel (angeblicher Zusammenhang mit den Sonnenfleckenmaximas) ergaben
sich bloß 330/0 des Normal wertes; ja selbst die 35 jährigen Mittel aus ver-
E. Berechnung des Fassangsinhaltes der Reservoire.
259
schiedenen Epochen wiesen einen Unterschied von 10 ®/o gegen das 73 jährige
Mittel auf.
Für Freiberg beträgt der Unterschied zwischen Maximum und Minimum
91% des Normalwertes; die 11jährigen Mittel zeigen 39<>/o, die 35 jährigen
Mittel 17% Unterschied gegen den 72 jährigen Mittelwert.
Die Wahl dieser Mittel erfolgt auf Grund der Annahme der Periodizität
der Sonnenfleckenmaxima (11 Jahre — nach Prof. Brückner 35 Jahre, nach
Prof. Reis 110 — 112 Jahre), obwohl de facto innerhalb 11 Jahre 2 Maxima
und 2 Minima beobachtet wurden, welche Erscheinungen nachLockyer sich
auch in den Ländern um den indischen Ozean finden sollen.
Wichtiger als die Jahressummen ist jedoch die Gestaltung der Monats-
regenhöhen bezüglich der Verteilung der Niederschläge.
Dr. Schreiber stellt zum Schlüsse seines im Jahre 1901 gehal-
tenen Vortrages fol-
gende Prognose:
„Sollten
die
Flg. 187. Mittleres (MonatB-) Abfloßmengengraphlkon pro 1890—1895.
dargestellten pe-
riodischen Schwan-
kungen des Nieder-
schlages tatsächlich
bestehen, so wer-
den im Zeiträume
1900/10 meist unter-
normale Jahres-
mengen eintreten,
die aber nicht so
klein sind, wie in
den 30er und 70er
Jahren des vorigen
Jahrhunderts. Von
1908—1927 findet ein auf- und niederschwankendes Ansteigen
der Niederschlagsmenge statt, erreicht aber nicht die Höhe der
letzten 20 Jahre. Von da an würde sehr rasch eine Zeit starker
Trockenheit eintreten, und es müflten sich während der 2. Hälfte
des jetzigen Jahrhunderts alle die Vorgänge wiederholen, die wir
von 1830 an beobachten konnten.*^
Aus den Mittelwerten der einzelnen Beobachtungsstationen konstruiert
man nun für die einzelnen Beobachtungsjahre das Regenhöhengraphikon
(siehe Taf. IV, I. Bd.), bezw. in bezug auf die Größe des Einzugsgebietes das
Regenmengengraphikon nach der auf Tafel II des I. Bandes veran-
schaulichten Weise. Mit Berücksichtigung der Terrainverhältnisse, Be-
waldung etc. werden nun bei Annahme passender Abfluflkoeffizienten die
monatlichen Abflußmengen für die einzelnen Jahre berechnet und daraus ein
Abflußmengengraphikon konstruiert (Fig. 137). Die schraffierten Recht-
ecke bedeuten die monatlichen Regenmengen oder die daraus berechneten
monatlichen Abflußmengen. Aus dieser graphischen Darstellung wird man
17*
260 ^- ^^® SUaweiherbaaten.
natürlich bloß ein allgemeines Bild Ober die Verteilung der Abflußmengen zu
dem Bedarfe erhalten. Statt durch Rechnung wird man jedoch viel genauer
zum Ziele gelangen, wenn man in der Lage ist, über jahrelange Pegelauf-
zeichnungen eines in der Nähe des zu projektierenden Stauweihers gelegenen
Durchflußprofiles (Brücke oder Wehr etc.) zu verfügen, in welchem Falle man
sodann die Abflußmengen direkt berechnen kann. Nun rechnet man das
mittlere monatliche Wassererfordernis für jene Zwecke, denen das
Reservoir dienen soll, zeichnet dieses als horizontale Linie in das Graphikon
ein und vergleicht nun, wie sich dasselbe mit den in den einzelnen Monaten
zur Verfügung stehenden Abflußquantitäten kombiniert, ersieht daraus die
Größe des Überschusses oder Mangels in den einzelnen Monaten und berechnet
daraus den notwendigen Fassungsraum des Stauweihers.
Bei Berechnung des verfügbaren Wasservorrates ist auch die Größe
der Verdunstung, sowie beispielsweise bei Wasserversorgungen die Schwankung
im Konsum zu berücksichtigen, bei denen der Verbrauch im Sommer der
größte sein wird. Bezüglich des Abfluß-, Versickerungs- und Verdunstungs-
koeffizienten für Stauweiher wurden nachstehende Resultate gefunden.
Bezeichnet:
A die jährliche Abflußmenge (oder Höhe),
R die jährliche Regenmenge (oder Höhe),
K^ den Abflußkoeffizient,
K^ den Versickerungskoeffizient und
K^ den Verdunstungskoeffizient, endlich
W die zur Speisung der Reservoire wirklich verfügbare Wassermenge,
so schwankt
1. der Abfluß-Koeffizient K-^ (im Mittel des Jahres) im allgemeinen
zwischen 0,3 — 0,75, und zwar betrug derselbe beim Reservoir
von Montaubry . . . . A — 0,29 /?, also nahezu ^/g i?,
bei Groß-Bois A = 0,50 /?,
bei Furens A = 0,64 /?,
bei Remscheid ^ = 0,67 R oder nahezu ^/g /?,
von An9on A = 0,63 /?,
der Vogesentalsperren . . ^ = 0,60—0,80 R,
im Wuppergebiet . . . . ^ = 0,60—0,70 R,
der Komotauer Sperre , , A = 0,60 i?,
nach Crugnola .... ^ = 0,60—0,80/?.
Außer den bekannten Faktoren wird insbesondere der Koeffizient A\ von
der Durchlassungsfähigkeit des Untergrundes des orographischen (Sammel-,
Niederschlags-) Gebietes abhängen.
2. Der Verlust durch Versickerung (Filtration) im Stauweiheruntergrunde
selbst wird mit der Durchlässigkeit desselben, schlechter Dichtung des Ab-
schlußwerkes und Tiefe des Wasserspiegels zunehmen. Bei Erddämmen kann
der Versickerungsverlust in Kubikmeter und pro 24 h Kj = 0,35 bm . hm an-
gesetzt werden, wobei
bm die mittlere Breite des Dammes,
hm » „ Höhe „ „
£. Berechnung des Fassnngsinhaltes der Reservoire.
261
bedeutet; nach anderen kann der Filtrationsverlust auch mit ca. 500 — 1000 m*
pro Tag für jede Million Fassungsraum (5 — 10®/o) angenommen werden.
3. Die Größe der Verdunstung der freien Wasserspiegeloberfläche ist
je nach dem Klima des Ortes, seiner Lage gegen die herrschenden Winde etc.
eine sehr verschiedene und kann aus den meteorologischen Aufzeichnungen
der Stationen entnommen \verden.
Im allgemeinen können auch bei besseren Reservoirbauten größere
Prozente durch Versickerung und Verdunstung verloren gehen, so daß zur
Speisung der Reservoire nur ca. eine verfügbare Wassermenge von IV=^0J A
in Rechnung zu setzen wäre, d. h. also fV== 0,2 bis 0,5 R beträgt, oder mit
anderen Worten, von den Regenmengen nach diesen nur ganz allgemeinen
Annahmen durchschnittlich nur 20 — 50*^/q als wirklich verfügbare Wassermenge
anzunehmen wären. Zur weiteren Beurteilung dieser Frage sollen in nach-
stehenden Tabellen (S. 262 — 264) noch andere Erfahrungsresultate dienen,
welche in verschiedenen Werken publiziert wurden.
Über die Prozentverhältnisse der Abfluß- und Verdunstungshöhen bezw.
Mengen sind unter anderen im Wuppergebiet detailliertere Messungen vor-
genommen worden, welche in nachstehender Tabelle aufgezeichnet erscheinen.
Tabelle über Niederschlag, Abfiufs und Verdunstung der drei benachbarten TKler
Lennep, Uelfetal und Bevertal im Wuppergebiet (Rheinland).
1882 88 »/o Abflußmenge.
1883 70 „
1884 66 „
1885 70 „
1886 60 „
1887 67 „
1888 82 „
1889 72 „
1890 70 „
1891 68 „
1892 69 „
1893 69 „ „
1894 74 ,
1895 72 „
1896 62 „ „
15 jähriges Mittel 60 ^/o-
Mittlere jährliche Abflußprozente der Niederschlagsmengen bezw.
Regenhöhen in Lennep, welche zwischen 924 und 1662 mm schwanken und
im 15 jährigen Mittel 1217 mm betragen.
Bei einem Niederschlagsgebiet der Wupper bei Dahlhausen von 213,4 km
ergaben sich aus öjährigem Mittel nachstehende Prozent Verteilungen des
Abflusses auf die einzelnen Monate:
Januar .... 84 «/o- Mai 40 «/o- September . . 61 ®/o.
Februar ... 78 „ Juni .... 45 „ Oktober ... 74 „
März .... 68 „ Juli 48 „ November. . . 86 „
April .... 62 „ August. ... 46 „ Dezember. . . 86 „
262
II. Die Stauweiherbauten.
Stauweiher:
Fassungs-
raum
Einzugs-
gebiet
Regenhöhe
Abfluß-
quote
Bemerkungen.
MiU. m*
km«
mm
«/o
r
max. 1310
36
\ Aus lOjähr. Beobachtungen
Montaubry. . . .
6,0
16,0 \
min. 610
33
> ergaben sich im Mittel
\
mittel 840
34
1 29»/o.
Goudrexauge . .
13,0
—
—
49
Gileppe
12,6
40,0
—
69
Stehen in trockenen Jahren
zur Verfügung.
Remscheid. . . .
—
4,6
—
96
Max. Abfluß bei sehr un-
durchlässigem Terrain.
Liverpool . . . <
I
40,0
884
60
41
Altes Reservoirgebiet.
Vimwey-Gebiet.
Edinburgh ....
—
—
996
86
Elsafi-Lothringen
—
—
—
36
Im Mittel und zwar\ ,
41
Januar bis März
rsij
21
April „ Juni
^S|
7
Juli „ Septbr.
< "^
Verdunstung der freien
Wasserspiegel - Oberfläche
Lothringen:
600 mm pro Jahr; hier-
Stauteiche von
von entfallen:
260 m Seehöhe
—
Zur Hälfte
—
8
auf Januar bis März,
bewaldet.
36
44
12
» April „ Juni,
» JuU „ September,
„ Oktober „ Dezember.
zus.lOO«/j
96
Dezember bis Februar.
Mosel-Saar-Kanal
—
—
— l
30
9
März „ Mai.
Juni „ August.
Westfälische Fluß-
gebiete ....
—
—
-{
18
66
18
September „ November.
November bis April.
Mai „ Oktober.
Nach Michaelis entsprechen
1190 bezw. 400 m» durch-
schnittlich 800 m* Abfluß-
Elbe- und Saale-
menge pro Tag und km«.
gebiet
600
38
Nach Sasse (auf Grund 20
bis öOjähr. Pegelbeobach-
tungen) entspricht dies einer
durchschnittl. Abflußmenge
von 620 m^ pro Tag und
km«.
In England werden nach Humber in trockenen Jahren durchschnittlich 160 — 460 m*
pro Tag und km«, bezw. eine jährliche Abflußhöhe von 66 — 166 mm gerechnet, welche aus
einem Reservoirgebiet mit Sicherheit bezogen werden können.
£. Berechnnng des Fassnngsinhaltes der Reservoire.
263
Aus den neuesten Betriebsberichten der Wuppertalsperren-Genossenschaft
sind nachstehende Daten über Abflußkoeffizienten zu entnehmen.
Im Jahre
1903
1904
1905
1906
im Einzugsgebiete der
Bever-
Lingese-
Bever-
Lingese- Bever-
Lingese-
Bever-
Lingese-
Talsperre
Mittierer jährlicher
Zaflnfi pro km*
in Sek.-Liter . .
Prozent des Zu-
36,1
36,5
21,6
24,3
35,3
35,2
36,5
35,2
flasses gegenüber
der Regenhöhe .
Jahresregenhöhe in
Millimeter ....
90,5
1269
75,7
1486
67,5
1012
66,8
1148
75,8
1468
73,1
1520
83,6
1380
75,6
1444
Verdunstungshöhen der freien Wasserspiegel (in Proienten der Niederschlagshohen).
Mittel aas den drei nachbarlichen Tälern Lennep-, Uelfe- und Bevertal.
Lenneptal:
U
elfetal:
B
everta
1:
Jahr:
2
r
O V
u
fl
tl
ii
« Iß
2
>
II
1 1»
mm
mm
%
mm
mm
%
mm
mm
^
^
"^ 1889.
Januar .
• • .
55
25
45
45
35
77
39
27
69
64
Februar
113
— .
—
77
—
—
60
—
—
—
März.
74
70
94
68
90
132
55
60
109
112
April.
40
58
145
37
107
289
29
97
334
256
Mai .
78
98
125
53
132
249
54
134
248
207
Juni .
81
124
153
56
166
296
83
154
185
211
Juli .
153
110
71
171
114
67
149
168
113
84
August
166
115
69
153
95
62
142
135
95
75
September
126
102
80
120
85
70
105
102
97
82
Oktober .
54
83
153
42
67
159
29
75
258
190
November
54
50
92
52
30
58
37
33
89
80
Dezember
136
20
14
115
15
13
111
—
—
9
Im ganzen
Ja
hre
1130
855
75
989
936
95
894
985
110
93
264
II. Die Staaweiherbauten.
—
Lennept
al:
Uelfetal:
Bevertal:
Jahr:
1
2
1 -S
•2 •*
ifo
§1
SSO
1 s
1
ll
ti
§1
>
c c
11
mm
mm
%
mm
mm
Vo
mm
mm
%
%
1890.
Janaar .
.
192
40
20
197
36
18
158
24
15
18
Februar
6
—
—
—
—
—
—
—
—
—
März.
61
60
100
58
63
108
55
62
112
107
April.
98
95
96
89
71
80
79
90
114
96
Mai .
77
100
130
77
129
167
69
154
220
172
loni .
93
94
101
87
99
113
71
107
153
122
Juli .
149
89
60
161
107
66
134
118
88
71
August
163
83
50
145
89
61
146
115
78
63
September
16
66
406
13
64
492
13
67
515
471
Oktober .
166
33
20
144
36
25
141
32
22
22
November
265
10
4
232
10
4
221
20
9
6
Dezember
6
—
—
—
—
—
—
—
—
—
Im ganzen
Jahre
1297
629
46
1104
704
63
1089
799
73
62
1891.
Januar .
,
156
—
—
135
—
—
127
—
—
—
Februar
9
—
—
—
—
—
—
—
—
—
März.
160
50
31
144
50
34
93
50
54
39
April.
86
60
69
101
55
55
73
60
82
69
Mai .
77
110
172
91
107
119
65
120
184
148
Juni .
181
90
50
173
82
47
172
105
61
52
JuU .
102
110
108
112
116
103
91
126
139
117
August
112
90
80
79
86
108
74
100
135
108
September .
44
80
181
83
82
190
35
85
243
205
Oktober.
61
68
113
69
66
95
47
70
148
119
November
49
26
52
49
33
67
46
34
74
64
Dezember
193
—
—
177
4
2
183
—
—
1
Im ganzen
Jahre
1229
684
55
1170
781
67
1005
749
74
65
1892.
Januar .
102
—
—
72
—
—
60
—
—
—
Februar
79
20
25
65
22
33
54
22
40
33
März.
43
58
135
25
68
272
34
58
170
192
April.
44
79
180
30
106
353
34
80
235
256
Mai .
72
156
216
55
160
290
52
157
301
269
Juni .
86
118
137
85
113
132
65
125
192
153
Juli .
68
124
182
73
123
168
45
137
304
218
August
84
118
140
76
118
155
71
125
176
160
September
144
52
36
115
55
47
99
59
59
47
Oktober .
101
45
45
87
48
55
89
51
57
55
November
67
22
33
53
22
41
47
22
47
40
Dezember
130
—
—
128
—
—
127
—
—
—
Im ganzen
Ja
hre
1017
792
77
865
835
96
778
836
107
93
E. Berechnung des Fassangsinhaltes der Reservoire. 265
Aus allen 4 Jahren und den 3 Tälern ergeben sich also nachstehende
0*
Mittel: Januar 20<>/,
Februar 8
März 72 „
April 169 „
Mai 199 „
Juni 134 „
Juli 122 „
August 101 „
September 201 „
Oktober 96 „
November 47 „
Dezember 2 „
Im ganzen |ahre 78®/o.
Diese Verdunstungshöhen sind natürlich bei ihrer praktischen Ver-
wertung nicht auf die Fläche des Einzugsgebietes, sondern nur auf jene des
Stauweiherwasserspiegels zu beziehen. Sei die letztere / m*, so wird die
Verdunstungsmenge J/t;=/. A», wobei hv die Verdunstungshöhe in Meter
bedeutet. Sei also z. B. /= 100000 m« und die jährliche mittlere Ver-
dunstungshöhe K = 800 mm = 0,8 m, so beträgt Afy =/. Av = 80000 m'
pro Jahr (im Mittel), um welches Quantum also der Fassungsraum des Stau-
weihers, für das ganze Jahr geltend, zu vergröflem wäre. Natürlich wird man
bei genaueren Rechnungen diese Mengen für die einzelnen Monate bezw.
Quartale bestimmen.
Ein anderes Beispiel für die Berechnung der Abflufimengen aus den
Regenhöhen bezw. Regenmengen bieten die im Jahre 1906 durch Ingenieur
Czehak bei der Friedrichwald er Talsperre (Böhmen) vorgenommenen
direkten Messungen.
Die Regenhöhe dieses Jahres betrug h = 1700 mm. Das 4,1 km* große
Einzugsgebiet besteht aus 65®/o Wald und 35**/o Freiland (Heide und Jung-
wald). Die berechnete Regenmenge in diesem Jahre betrug R = 7,2 Mill. m*,
die faktisch gemessene Abflußmenge A = 5,0 Mill. m^. Es betrug also der
Abfluß 70*^/o der ombrometrischen Regenmenge.
Auf die einzelnen Monate verteilt, ergaben sich nachstehende Abfluß-
quoten der ombrometrischen Regenmengen:
Januar 40«/o\ x.
•' '^1 Frost.
Februar 48
■•>
März 103 „ . ^ , , ,
. ., At'm f Schneeschmelze.
Apnl 466
Mai 62 „
Juni 62 „
Juli 65 „
August 38 „ \
September ^3 | starke Verdunstung.
Oktober 76 „
November 69 „
Dezember . . 46 „ (Frost).
Im Jahresmittel 10 ^j^.
266 ^- ^ic Stanweiherbauten.
Bei Annahme einer Retension des Hochwaldes von 26^ j^ erhalten wir
nachstehende Resultate: Das Einzugsgebiet besteht aus 2,7 km^ Wald und
1,4 km* Freiland.
Es gelangen daher auf den Erdboden:
im Wald . . . 2700000 m«. 1,76 m = 4,752 Mill. m»,
hiervon ab 25 ^/q Retension = 1,188 „ „
bleiben für Waldbestand = 3,564 Mill. m»
für Freiland . . 1 400 000 mM,76 m = 2,464 „ „
also zusammen = 6,028 Mill. m*.
Da laut Messung 5,000 Mill. m« wirklich abflössen, so entspricht dies
einem Prozentsatz von 83% der auf den Erdboden gelangten Nieder-
schlagsmengen.
Auf die Quartale verteilt, ergeben sich für
das Winter-Quartal (Dezember — Februar) . . 44 ^/o,
„ Frühlings- „ (März— Mai) 207 „
„ Sommer- „ (Juni — August) 55 „
„ Herbst- „ (September— November) . 66 „
im Jahresmittel 70%
der ombrometrisch gemessenen Regenhöhe.
Hierbei ist hervorzuheben, daß der obere Teil des Einzugsgebietes
ziemlich flach gestaltet ist (viel Moorbildungen), daher bei steileren Abhängen
der Prozentsatz eigentlich noch größer werden sollte. Auch das durch Ein-
sickerung gebildete Grundwasser wird zum größeren Teil in das Stauweiher-
becken gravitieren.
Eine Obersichtliche Orientierung zwischen Wasservorrat und Wasser-
bedarf kann durch die graphische Konstruktion der Ab- bezw. Zuflußkurven,
sowie der Konsumtions- und Vorratskurven gewonnen werden. Diese
Kurven bilden den geometrischen Ort der algebraischen Summe aller vorher-
gegangenen Zufluß-, Verbrauchs- und Vorratsquantitäten. In Fig. 137 sind
diese Kurven skizziert (nicht konstruktiv eingezeichnet). Die Gestaltung der
Vorratskurve wird eine Änderung erfahren, wenn bei den Ordinaten der
jeweilige monatliche Wasserverbrauch in Abzug gebracht wird, was bei der
Konstruktion zu berücksichtigen ist. In Fig. 138 ist eine graphische Durch-
führung in Form eines Flächenprofiles für drei verschiedene Wasserbedarfs-
verteilungen skizziert. Die auf- und absteigenden Linien bedeuten die der
monatlichen Zuflußmenge des Niederschlagsgebietes entsprechende Abfluß-
bezw. Zuflußkurve (im 6. Monat = Juni das maximale, im 9. Monat — September
das minimale monatliche Abflußquantum). Die gestrichelte Linie bedeutet die
Kurve des monatlichen Wasserbedarfes; dieselbe wird für Wasserversorgungs-
zwecke (Jahr 1880 eingezeichnet) im August zumeist den höchsten Stand, im
Dezember und Januar die niedrigste Ordinate repräsentieren; im allgemeinen
wird diese Kurve eine unregelmäßige Linie, entsprechend den in den einzelnen
Monaten variablen Bedarfs mengen, darstellen. Für Industriezwecke mit zumeist
konstantem Wasserbezug geht die Konsumtionskurve in eine horizontale
Gerade über (siehe Jahr 1881). Die oberhalb derselben (als Ausgleichlinie
£. Berechnung des Fassnngsinhaltes der Reservoire.
267
gezogen) horizontal schraffierten Flächen repräsentieren die Oberschußwasser-
mengen, die unterhalb liegenden, vertikal schraffierten Flächen die durch das
Reservoir zu deckenden Wasserquantitäten (Mängel). In diesem Falle würde
entsprechend der größeren Fläche F der Inhalt des Stauweihers zu berechnen
sein. Im 3. BeispijBl (1882) ist die Einzeichnung von periodischen Wasser-
bedarfsmengen, z. B. für die Frühjahrs-, Sommer- und Herbstbewässerung,
skizziert. In England wird nach Hawksley die Zahl der Tage 7", für welche
zur Wasserversorgung ein Vorrat in dem Sammelweiher aufgespeichert werden
muß, nach der Formel T= . — berechnet, wobei h die durchschnittliche
jährliche Regenhöhe in Zentimeter bedeutet. Man kann femer auch
diese vergleichenden Graphikons in anderer Weise, ähnlich den Massen-
nivellements bei dem Erdbaue, konstruieren.
Es wird für die einzelnen Jahre (insbesondere auch für das trockenste,
also ungünstigste Jahr) eine Art Massennivellementkurve konstruiert,
Flg. 188. Graphlkon der Zuflofi- und Bedarfsknrven.
wobei die negativen Aufträge den Wasserbedarf, die positiven Abträge hier
die Zuflußmengen bedeuten, und ist dann entsprechend der größten inner-
halb der Beobachtungsjahre resultierenden negativen Wasserbedarfsordinate
der Fassungsraum des Reservoirs zu bestimmen.
Eine der übersichtlichsten graphischen Methoden ist durch das von
Ingenieur Müller im Jahre 1896 publizierte Verfahren der graphischen
Ermittelung des notwendigen Fassungsraumes der Stauweiher als
Sammelreservoire repräsentiert.
Nach der früher besprochenen Weise werden in erster Linie die
Abflußmengen für die einzelnen Monate aus den Niederschlagsmengen zu
berechnen sein.
Es empfiehlt sich im Interesse möglichst großer Genauigkeit, alle zur
Verfügung stehenden Beobachtungsjahre heranzuziehen, im Interesse der
Sicherheit wegen jedoch mindestens das trockenste mit einigen früheren und
nachfolgenden Jahren herauszugreifen. Aus den so erhaltenen monatlichen
event. Quartalabflußmengen wird durch Summierung je zweier aufeinander-
folgender Werte eine Abflußsummenkurve konstruiert werden können.
268
n. Die Staaweiherbanten.
Nachdem die einzelnen Summen stets positive Werte repräsentieren, so
wird die Kurve durchgehends immer ansteigen, je nach der Größe der hinzu-
tretenden Abflußmenge entweder steiler oder sanft ansteigend. Nur in dem
Falle, als in einem Monate der Niederschlag gleich Null wäre, würde die
Kurve in dieser Zeitepoche horizontal verlaufen (Fig. 139 ^5). Verbinden wir
2 Punkte A und B dieser Kurve durch eine gerade Linie, so wird dieselbe
die mittlere Abflußlinie darstellen, also jene Gerade, welche durch
Summierung der durch den Zeitraum AB = f gleichförmig abfließenden
Wassermenge Q entsteht. Es wird also:
O = - —
^ / Tage
den mittleren täglichen Abfluß darstellen.
Alle über dieser Linie AB liegenden Ordinaten cd, ef, CD etc. stellen
die Größe der jeweiligen Füllung des Stauweihers dar, und wird speziell die
Größe CD, in m* ausgedrückt, den notwendigen Fassungsraum des
Fig. 140.
Stauweihers darstellen, welcher notwendig wäre, um während der Zeit-
periode A B das durchschnittliche Wasserquantum Q aus dem Sammelbecken
abzugeben. Ziehen wir an die Summenabflußkurve (Fig. 140) eine untere
Tangente A A^y so stellt dieselbe ebenfalls die Summenlinie des durchschnitt-
lichen gleichförmigen Abflusses in der zwischen den 2 Berührungspunkten
A und A^ gelegenen Zeitperiode dar.
Alle Teile der Summenkurve, welche steiler als diese Tangente sind,
zeigen an, daß in dieser Periode die Abflußmengen größer waren als der
Durchschnittswert. In jenen Strecken, welche einen geringeren Neigungs-
winkel gegen die Horizontale aufweisen als der Neigungswinkel der Tangente,
werden die Abflußquantitäten in der Zeiteinheit kleinere sein als der Durch-
schnittswert Q.
Ziehen wir an die Summenabflußkurve im höchsten Punkte B eine
obere Tangente parallel zur unteren, so wird das Summenquantum in der
Strecke AB^ welches durch die Länge BC repräsentiert wird, einen Über-
schuß gegen das mittlere Abflußquantum darstellen, d. h. die Zuflußmengen
werden immer zunehmen, während in der Strecke von B bis A* die Zufluß-
mengen abnehmen, also Mangel eintritt, oder mit anderen Worten: während
£. Berechnung des Fassongsinhaltes der Reservoire.
269
in der Zeitperiode zwischen A und B sich der Stauweiher füllt, muß in der
Periode B A^ von demselben ein Teil des Vorrates abgegeben werden,
wobei dieser Vorgang bei mehrfach auf- und absteigender Kurve sich wieder-
holen kann und im Punkte Ay^ (dem unteren Tangierungspunkte) ein voll-
ständiges Entleeren des Stauweihers eintritt.
Wird die Summenabflußkurve für eine lange Reihe von Jahren kon-
struiert (Fig. 141), was, wie hervorgehoben, im Interesse möglichster
Genauigkeit notwendig ist, so wird in gleicher Weise durch Ziehen der
unteren Tangente A A^ die Summenlinie des mittleren Abflusses gewonnen
werden.
Der größte Abstand zwischen der oberen und unteren Tangente BC
repräsentiert dann den notwendigen Fassungsraum des Stauweihers, welcher
in der Lage ist, während der
11 Jahre (zwischen A und A^
das mittlere tägliche Abfluß-
quantum
^ /Tage
abzugeben.
Aus dieser Figur ist zu
ersehen, daß der Stauweiher für
eine große Zeitperiode zumeist
viel größer sein muß, als für
den Ausgleich eines einzelnen
Jahres, welches Verhältnis durch
die Differenz der Längen der
Ordinaten BC gegen bc ge-
kennzeichnet erscheint.
Alle diese Vertikalabstände zwischen der Summenabflußkurve und der
mittleren Summenlinie repräsentieren in ihrer in Kubikmeter ausgedrückten
Länge die jeweiligen Füllungen des Stauweihers. Nach diesen Ermittelungen
gehen wir nun zur Betrachtung des Wasserbedarfes über, also zu jenem
Quantum, welches entweder durch das ganze Jahr mehr oder weniger gleich-
förmig oder wesentlich wechselnd abgegeben werden muß.
Ich will hier von der temporären Entnahme, wie bei Bewässerungen
(Frühjahrs-, Sommer- und Herbstwässerung), absehen und nur die nahezu
gleichförmige Abgabe berücksichtigen, wie solche für industriellen
Bedarf Tag und Nacht event. in Betracht kommt, ferner die ungleich-
förmige Abgabe während eines Jahres annehmen, wie solche durch den
wechselnden Bedarf in den einzelnen Quartalen bei städtischen Wasser-
versorgungen eintritt.
a) Gleichförmiger Konsum.
Konstruieren wir die Summenkurve des gleichförmigen Konsums
bezw. der Wasserabgabe aus dem Stauweiher, so wird diese durch eine
gerade Linie repräsentiert. Um nun diesen gleichförmigen, also mittleren
270
II. Die Staaweiherbanten.
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Fig. 142. Gleichförmiger Konsum.
Konsum mit den verfügbaren Abflußmengen in Vergleich zu setzen, verschieben
wir die Summenlinie des Konsums so weit hinauf, bis dieselbe die Summen-
kurve des Abflusses in A bezw.
A* tangiert.
Ziehen wir nun zu dieser
unteren Tangente parallel in den
Kulminationspunkten B und ß'
der einzelnen Jahre obere Tan-
genten, so wird der größte
Wert unter den Vertikalab-
ständen, also hier BC (siehe
Fig. 142), den notwendigen
Fassungsraum des Stauweihers
darstellen.
Als Voraussetzung für die
Möglichkeit der permanenten
Abgabe eines bestimmten Quan-
tums muß die Bedingung hervor-
gehoben werden, daß dasselbe
kleiner sein muß, als die
zur Verfügung stehende
mittlere Zuflußmenge in
derselben Zeiteinheit. Nehmen
wir beispielsweise an, es wären
pro Jahr 10000 m* aus dem
Stauweiher gleichförmig abzu-
geben, also 27,4 m" pro Tag.
Durch die Linie MN
(Fig. 142) wird die entsprechende
Summenlinie der gleichförmigen
Abgabe, die Konsumkurve, re-
präsentiert.
Ziehen wir nun parallel
zu MN in den Punkten A und
A' die unteren, in den Kul-
minationspunkten B und B' die
oberen Tangenten an die Ab-
flußsummenkurve, so repräsen-
tiert der größte Wert der Ver-
tikalen (BQ den notwendigen
Fassungsraum des Stauweihers
(in diesem Falle also ca. 5000 m').
Dieser Wert BC ist nun von allen Tangierungspunkten i5, 5^, B^ und
Schnittpunkten Äj, ^2» ^s dieser oberen Tangente mit der Summenabflußkurv^e
etc. nach abwärts aufzutragen (Fig. 143 als Fortsetzung der Fig. 142 gedacht)
und von den so erhaltenen Punkten C, Q, C, etc. Parallelen zu MN zu
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Flg. 148. Gleichförmiger Eonstun.
E. Berechnung des Fassongsinhaltes der Reservoire.
271
ziehen, welche Linien die Suramenabflußkurve natürlich nicht tangieren, außer
in dem einem Punkt Ay der dem Maximalwert des Stauweiherinhaltes entspricht,
so ist nachstehendes zu ersehen: In der Zeitperiode von A bis b^ ist der
Stauweiher in Füllung begriffen, von b^ bis B^ ist er permanent gefüllt und
gelangt in diesem Intervall sogar ein Q von der Größe O D^ zum Überlauf
(und zwar hier = 800 m*). Von B^ ab tritt bis zum Punkte A* wieder eine
teilweise Entleerung ein, sodann bis b^ eine AnfüUung; von b^ bis B^ ist der
Stauweiher wieder gefüllt, wobei ein Überlauf C" D^ = 4100 m* stattfindet etc.
b) Schwankender Konsum.
Während die konstante Abgabe in der Praxis höchst selten eintritt,
bildet der variable Konsum die Regel.
In diesem Falle wird die Konsumsummenkurve keine gerade Linie,
sondern eine verschieden gekrümmte Kurve darstellen. Wird dieselbe
graphsich aufgetragen und in
den gleichen Zeitordinaten hinauf
verschoben, bis sie die Abfluß-
summenkurve in ^1, A^y A^
tangiert (Fig. 144), so stellen
die Ordinaten By^ Q, B^ Q, B^
Q etc. die für das betreffende
Jahr notwendigen Fassungs-
räume und die größte (B^ Cg)
den zu wählenden Fassungsraum
des Stauweihers dar.
Man hat nun wieder von
den B und Ä Punkten diesen
Wert B^ Cg nach abwärts auf-
zutragen, also B^ C^y Bg Cg,
und von den Punkten C^ Cg
die Konsumkurve parallel ein-
zuzeichnen.
Die zwischen beiden Kurven gelegenen Flächen (schraffiert) geben, wie
früher, ein anschauliches Bild über die FüUungs- und Entleerungsperioden,
sowie über eventuellen Überfall (z. B. QZ>).
Der größte Wert für den Fassungsraum des Stauweihers wird vor der
größten Trockenheitsperiode zu finden sein, weil dort die Summenkurve des
Abflusses am längsten flach verläuft und die stärker geneigte Konsumsummen-
kurve am meisten divergiert.
2. Retentionsreservoire.
Für diese ist die Berechnung des Fassungsraumes nach einer zu kon-
struierenden Abflußkurve des größten beobachteten oder berechneten Hoch-
wassers mit Berücksichtigung jenes sekundlichen Maximalquantums zu
berechnen, welches jederzeit in den Bach oder Fluß unterhalb abgegeben
werden kann. Ein ähnliches Beispiel ist für die Jaispitzreservoirberechnung
Flg. 144. Schwankender Konsom.
272
II. Die Stanweiherbanten.
durchgeführt und wird auf dasselbe verwiesen. Die in Fig. 145 (Hochwasser-
graphikon vom 10 — 13. März 1888) gezeichnete Sekundenabflußkurve, welche
aus der Pegelkurve konstruiert wurde, wird durch eine horizontale Linie
jP = 30 m^ abgeschnitten, welches Quantum der Bach unterhalb des Stau-
weihers, ohne zu exundieren, anstandslos abzuführen in der Lage ist. Am
10. März von 12 Uhr mittags bis 11. März 7 Uhr früh war das sekundliche
Abflußquantum des Baches ein größeres wie 30 m* und betrug in der 2 Stunden
dauernden Kulminationsperiode Qmax. = 81,4 m*. Wird nun diese dreieck-
ähnliche, schraffierte Fläche in der Weise berechnet, daß die Abszissen
Qsee. ni», die Ordinaten Stunden bedeuten, so erhalten wir ein;^Qj^\ welches
dem notwendigen Reservoirfassungsraume entspricht. In nachstehender Figur
Si^mmft Atffi/fsdattsr Sf^_
Fl^. 145. Graphikon des Verlaufes des Hochwaseen vom 10.— 18. Man' 1888
In der Pegelstatlon Durchlaß (Mähren).
ist diese Fläche in zwei verschieden schraffierte Teile zerlegt, da hier zwei
untereinander liegende Stauweiher in Betracht kommen.
3. Kombinierte Reservoire.
Retentionsreservoire können z. B. mit Bewässerungs- (Irrigations-) oder
Industrie Wasserreservoiren kombiniert werden, weil bei beiden Zwecken die
Trübung des Wassers ohne Belang, ja bei Irrigation sogar erwünscht ist. In
einem solchen Falle muß der Fassungsraum des Stauweihers im ungünstigsten
Fall gleich sein der Summe für Retentions- und Industriezwecke. In wasser-
reicher Gegend und Jahreszeit und insbesondere bei großen Einzugsgebieten
wird es jedoch öfter genügen, den Stauweiher nur nach dem Inhalte für die
Retention zu berechnen, da dieser in einem solchen Falle der weit größere
ist und die jedesmalige Füllung des Stauweihers nach großem Regen sicher
erwartet werden kann.
F. Baudurchführung. 273
Stauweiher für Genußwasser. In neuester Zeit wird, wie im ersten
Kapitel dieses Bandes (Wasserversorgungen der Ortschaften) bereits detailliert
besprochen, in allen Fällen, wo Quell- oder tadelloses Grundwasser nicht in
genügender Menge vorhanden ist, zu der Versorgungsart mittels Stauweiher
gegriffen und diese bei freier Wahl wohl entschieden der Flußwasserversorgung
(mit Filtration) vorgezogen.
Indem ich auf das früher Gesagte hinweise, will ich hier nur nochmals
hervorheben, daß insbesondere im Hinblick auf die Erzielung einer niederen
Temperatur des Wassers im Hochsommer ein sogen, eiserner Vorrat im ■
Reservoir permanent zu halten ist, daher derselbe zu dem früher gerechneten
notwendigen Fassungsraume noch zuzuschlagen kommt.
Benutzung der Stauweiher zum Betriebe von Wassermotoren. Eine
Turbine oder ein anderer hydraulischer Motor kann verwendet werden, um
einen Teil des Wassers in ein höher gelegenes Hochreservoir (für Wasser-
leitung) oder zur Speisung bezw. Bewässerung höher gelegener Grund-
stücke zu heben. Dieser Motor kann auch dazu dienen, um bei gespanntem
Reservoir die Schützen selbständig zu heben oder eine Dynamomaschine zu
betreiben, also die Wasserkraft in Elektrizität umzusetzen, diese in die
Industriezentren weiter zu leiten und dort wieder in Licht oder Kraft umzu-
setzen. In unserer Zeit benutzt insbesondere die Großindustrie als bewegende
Kraft den Dampf, welchen sie zumeist aus Kohle erzeugt; allein diese brenn-
baren Mineralien stellen sich nicht mehr in dem Maße wieder her, in welchem
dieselben verbraucht werden. Der mächtige Vorrat, welchen die Natur zu
unserer Verfügung gestellt hat, wird gewiß wohl für die Bedürfnisse unserer
Zeit genügen; man kann jedoch eine Zeitepoche voraussehen, wo dieses kost-
bare Hilfsmittel fehlen oder doch nicht ausreichen wird. Unter den dieselben
ersetzenden Kräftemitteln nimmt jedoch unstreitig in bezug auf die Ökonomie
und Allgemeinheit der Verwendung die Wasserkraft den ersten Rang ein.
Mit Rücksicht auf die sehr ungleiche Verteilung der Abflußmengen während
eines Jahres, andererseits auf den Umstand, daß größere natürliche Gefälle
(Wasserfälle) nur vereinzelt vorzufinden sind, wird wohl auch in absehbarer
Zeit die Schaffung künstlicher und permanenter Wasserkräfte durch Anlage
von künstlichen Seen, von Stauweihem größter Dimension eine häufigere
und allgemeinere werden, als dies bis heute der Fall ist, obwohl in dieser
Richtung außer Italien, Frankreich und England auch Deutschland — ein
Verdienst des verstorbenen Prof. Intze — schon jetzt einige hervorragende
diesbezügliche Bauwerke aufzuweisen hat. Diese großen Aufgaben, welche
in Zukunft somit zum Teil auch den Stauweiheranlagen zufallen werden und
eine häufigere Herstellung dieser Bauten gewärtigen lassen, haben mich ver-
anlaßt, dieses Kapitel der Kulturtechnik ausführlicher zu behandeln, als dies
bisher in der speziellen Literatur des Kulturingenieurs der Fall war.
F. Baudurchführung.
Mit Berücksichtigung des Umstandes, daß gerade diese Art von Wasser-
bauten zu den gefährlichsten und verantwortungsvollsten Werken des
Friedrich, Wasserbau. Zweite Auflage. II. Band. 18
274 Q- <^ic Stauweiherbauten.
Ingenieurs gehören, daher ihre Durchführung seitens aller dabei beteiligten
Bauorgane die größte Gewissenhaftigkeit und Genauigkeit beansprucht, sollen
nun im Detail jene speziellen Baubedingungen vorgeführt werden, welche bei
den vorliegenden Bauten beobachtet werden müssen; dieselben bilden eigent-
lich ein Kompendium der praktischen Bautätigkeit, welches in der Fachliteratur
gewöhnlich nicht vertreten ist. Diese Baubedingungen beziehen sich auf die
Vergebung des Baues der Stauweiher im Jaispitztale (Mähren), sind jedoch
allgemein auch für alle ähnlichen Bauten anwendbar.
Spezielle Baubedingungen,
geltend für den Bau der Stauweiher im Jaispitztale (Mähren).
I. Erd- und Felsarbeiten.
a) Vorarbeiten und allgemeine Bestimmungen.
§ 1.
Allgemeine Vorarbeiten.
Sobald die durch die Bauleitung zu bewirkende Aussteckung und
Profilierung vorgenommen ist, hat der Unternehmer mit denjenigen Arbeiten
zu beginnen, welche erforderlich sind, um das als Arbeitsfeld bestimmte
Terrain für die Ausführung der eigentlichen Erd- und Felsarbeiten herzu-
richten. Dieses Arbeitsfeld erscheint in den Situationsplänen mit einer violetten
Linie abgegrenzt. Zu den Aussteckungen und Vermessungen hat der Unter-
nehmer die notwendigen Arbeitsleute, Pflöcke etc. unentgeltlich beizustellen.
Bäume, Baum- und Gesträuchwurzeln, Hecken, Zäune, Bauten und Bau-
bestandteile, sowie Schnee- und Eisanhäufungen müssen beseitigt werden.
Abbruchmaterialien bleiben, insofern die Bauleitung nichts anderes über
dieselben verfügt, Eigentum des Bauunternehmers.
An Abhängen sind die für die Anlage von Fahrwegen bestimmten
Flächen, um das Abrutschen der angeschütteten Massen zu verhindern, auf-
zuhauen und mit Stufen zu versehen. Ausdehnung, Lage und Form dieser
Stufen bestimmt die Bauleitung.
Von Flächen, welche für die Aushebung von Einschnitten oder für die
Anschüttung von Dämmen bestimmt sind, ist, wenn dies von der Bauleitung
angeordnet wird, eine Schichte urbarer Erde — wenn solche vorhanden ist —
in der für jeden einzelnen Fall erforderlichen Dicke abzuheben und zu späterer
Verwendung für die Verkleidung der Einschnitte und Dammböschungen
seitwärts zu deponieren.
Auf Wiesenflächen ist im Erfordernisfalle die Rasendecke auszustechen
und zu späterer Verwendung seitwärts zu deponieren, jedoch nur in dem
Maße, als diese Verwendung stattfinden kann, ehe noch die ausgestochenen
Rasen austrocknen und absterben.
§2.
Entwässerungen.
Quellen oder sumpfige Stellen, welche dem Bestände der Geh- oder
Fahrwege gefährlich werden können, müssen durch offene oder Sickergräben
abgeleitet bezw. entwässert werden.
F. Baadurchfühnmg. 275
Zum Ausbau von Sickergräben wird grobes Geschiebe oder solches
Material benutzt, wie es sich bei der Aushebung von Felseinschnitten oder
als Abfall in Steinbrüchen ergibt, ohne alle Bearbeitung. Die unterste
Schichte des Ausbaues ist jedoch durch plattenförmige breite Steine pflaster-
artig zu bilden; die folgenden Schichten sind so zu legen, daß sie zusammen-
hängende kleine Durchlässe bilden, welche abermals mit plattenförmigen
Steinen bedeckt werden, über welche sodann der Rest des Ausbaues locker
aufgeschüttet wird.
In quellenreichem, schlammigem Grunde wird, um das Verschlammen
zu verhindern, die unterste Schichte des Ausbaues in eine Schichte von Moos
gelegt und der über derselben gebildete Durchlaß reichlich mit Moos umgeben
und bedeckt und hierüber erst der Rest des Ausbaues aufgeschüttet.
Wo kein Moos zu finden ist, können Reiser von Nadelholz oder Zweige
von Laubholz samt dem Laube verwendet werden.
§3.
Ausmaß und Berechnung von Vorarbeiten.
Alle im § 1 angeführten Vorarbeiten, soweit dieselben den Rahmen
des genehmigten Projektes überschreiten, werden nach dem laufenden Meter
verrechnet und bezahlt; im übrigen gelten auch hier die Bestimmungen des
§ 13 der allgemeinen Baubedingungen.
§4.
Baukanzlei.
Der Unternehmer ist verpflichtet, für die Bauleitung eine eigene ge-
räumige Baukanzlei herzustellen. Diese nur der Bauleitung zur Verfügung
stehende Bauhütte muß wasserdicht gedeckt, heizbar, mit der nötigen Ein-
richtung versehen und so situiert sein, daß von derselben aus einerseits der
Bauplatz übersehen werden kann, andererseits dieselbe außerhalb des Hoch-
wasserrayons zu liegen kommt.
Das für die Heizung der Bauhütte erforderliche Brennmaterial hat der
Unternehmer zu liefern, sowie auch die Reinigung der Hütte zu besorgen.
§5-
Sicherheitsvorschriften.
Alle bestehenden Vorschriften, welche die Aufrechterhaltung der öffent-
lichen Sicherheit bei Bauten zum Zwecke haben, muß der Unternehmer genau
beachten. Ebenso hat derselbe alle diesfalls bei der Behörde notwendigen
Schritte selbst zu veranlassen.
Der Unternehmer haftet und ist auch ersatzpflichtig für jeden Schaden,
welcher durch unterlassene Vorsichtsmaßregeln den Arbeitsleuten oder anderen
Personen, welche den Bauplatz zu besuchen befugt sind, an ihrer Gesundheit,
am Leben oder am Eigentum erwachsen sollte.
§6.
Funde.
Alle Gegenstände von archäologischem oder sonstigem Werte, welche
bei den Bauarbeiten aufgefunden werden sollten, gehören ausschließlich dem
18*
276 ^' ^i^ Suaweiherbanten.
Landesausschusse. Dieselben sind schon bei der Ausgrabung mit aller Vor-
sicht zu behandeln und sofort der Bauleitung in Verwahrung zu übergeben.
§7.
Entwässerung der Baugruben (Fundamente).
Alle aus dem Titel der Entwässerung und Trockenlegung der Baugruben
erwachsenden Vorkehrungen und Arbeitsleistungen sind auf Kosten des Unter-
nehmers und durch diesen zu besorgen.
b) Aushebung, Transport und Anschüttung.
§8.
Aushebung.
Nach Aussteckung des Bauobjektes durch die Bauleitung hat der Unter-
nehmer mit dem Fundamentaushube oder der betreffenden Erd- und Fels-
arbeit sobald wie möglich zu beginnen.
Bei Aushebung von Erdeinschnitten sind die bergseitigen Böschungs-
flächen derselben entweder durch Aufwurf eines kleinen Dammes oder durch
die Ziehung eines Grabens längs der oberen Kante der Böschungen gegen
den Angriff durch Wasser zu schützen.
Im Interesse des Arbeitsfortschrittes soll der Aushub der Fundament-
gräben stets so eingeleitet werden, daß Wasseransammlungen daselbst nicht
leicht stattfinden können oder, wenn dies der Fall sein sollte, die Trocken-
legung ohne besondere Schwierigkeiten und rasch bewerkstelligt werden kann.
Einschnittsböschungen in nicht felsigem Material sind dort, wo es die
Bauleitung anordnet, um die Dicke der Schichte urbarer Erde, mit welcher
sie nach Vorschrift dieser Bedingungen bedeckt werden müssen, tiefer als
ihr definitives Querprofil auszuheben.
Fundamentgruben für Kunstbauten, Stütz- und Futtermauern, für Stein-
sätze, Steinwürfe oder Hochbauten sind genau nach der von der Bauleitung
anzugebenden Gestalt und den vorgeschriebenen Dimensionen und nicht
eher auszuheben, als mit der Ausmauerung, Ausschlichtung oder Betonierung
derselben begonnen werden kann.
Sie sind nach Erfordernis auszuzimmern, auszuschöpfen und trocken
zu halten.
Stürzen solche Fundamentgruben infolge verfrühter Aushebung, unge-
nügender Auszimmerung oder was immer für einer anderen Veranlassung
ein, so fallen alle hierdurch veranlaßten Mehrarbeiten und Auslagen dem
Unternehmer zur Last. Höhlungen oder Unregelmäßigkeiten des Bodens und
der Wände, welche durch Einstürze entstehen oder von ungenauer Aus-
hebung und schlechter Versicherung herrühren, hat der Unternehmer auf
seine Kosten nach Anordnung der Bauleitung auszumauern oder mit unnach-
giebigen Materialien dicht auszufüllen.
Materialgewinnungsplätze sind nach den von der Bauleitung während
der Ausführung zu erteilenden speziellen Weisungen in möglichst regel-
mäßiger Gestalt auszuheben.
F. Baudurchfühnmg. 277
§9.
Verwendung der beim Baue aufgeschlossenen Baumaterialien.
Über die in der Aushebung aufgeschlossenen Materialien, welche auch
zu anderen Bauzwecken als zur Dammanschüttung geeignet sind, behält sich
die Bauleitung das unbeschränkte Verfügungsrecht vor, und zwar sind aus
diesen Materialien in erster Linie jene Arbeitsleistungen zu decken, für welche
der Bezug der Steine oder sonstigen Materialien aus den Materialplätzen
bezw. Steinbrüchen vorgeschrieben wird.
Ordnet die Bauleitung die teilweise Deponierung solcher Materialien
für anderweitige oder spätere Bedürfnisse an, so kann der Unternehmer in
diesem Falle keine weitere Entschädigung beanspruchen.
Gestattet endlich die Bauleitung dem Unternehmer die Verwendung
solcher Materialien zu seinen eigenen Zwecken, das ist zu solchen Arbeiten,
bei welchen ihm die Stein- oder Materialbestellung selbst obliegt, so ist er
zum Ersätze des event. dadurch abgängigen Anschüttungsmateriales im gleichen
Ausmaße auf seine Kosten verpflichtet.
§ 10.
Anschüttung.
Die Böschungsverhältnisse aller Anschüttungen werden mit Rücksicht
auf die Beschaffenheit des Materiales von Seiten der Bauleitung angegeben.
Dem Unternehmer ist es in der Regel freigestellt, Dammanschüttungen
mit einem Male auf ihre ganze Höhe oder auch in mehreren Schichten zu
bewerkstelligen.
Gewöhnliche Anschüttungen werden in der Regel nicht gestampft.
Soweit es die Umstände gestatten, soll der Kern der Dämme aus mög-
lichst unnachgiebigem, schwerem Material, die Außenseite derselben aus urbarer
Erde gebildet werden, welche die Besamung erleichtert und beschleunigt.
Tonartige Massen, welche zu Aufblähungen und Abrutschungen der
Dämme Anlaß geben können, sind, wenn deren Verwendung überhaupt nicht
vermieden werden kann, im Kern der Dämme anzubringen, in Schichten
festzustampfen und an allen Seiten, soweit der Frost eindringen kann, mit
gutem, widerstandsfähigem und die Anpflanzung begünstigendem Material zu
bedecken.
Festgefrorene Massen sind vor ihrer Verwendung in den Anschüttungen
zu zerkleinem, damit sie beim Auftauen keine Bewegungen der Dämme be-
wirken, und sind auch dann nur an der Außenseite derselben zu lagern.
Die Verwendung von Schnee- und Eismassen in den Anschüttungen ist sorg-
fältig zu vermeiden.
Höhere Dämme sind zur Ausgleichung späterer Senkungen mit einer
Überhöhung über das definitive Niveau und mit einer Vermehrung der
normalen Kronenbreite anzuschütten, welche nach der Höhe des Dammes
und der Beschaffenheit des Anschüttungsmateriales bemessen und in jedem
einzelnen Falle von der Bauleitung bestimmt wird.
Zur Anschüttung um Kunst- und Hochbauten ist zunächst den Wider-
lagern oder Mauerteilen und bis auf eine der Höhe des Bauobjektes gleiche
278 ^^- ^^® Stauweiherbautcn.
Entfernung von demselben vorzugsweise steiniges, sandiges, überhaupt un-
nachgiebiges und wasserdurchlassendes Material zu verwenden, welches für
diesen Zweck aufzusparen ist.
Wo solches Material nicht zu erhalten ist, wird die Anschüttung hinter
den Widerlagern in Schichten von 3 m Höhe aufgetragen und gestampft.
Wenn von der Bauleitung eine besondere Hinterfüllung mit Steinen
(Steinbeugung) angeordnet wird, gelten für dieselbe die Bestimmungen über
die Ausführung der Steinsätze.
Die Anschüttung um gewölbte Bauten muß hinter beiden Widerlagern
und bis auf eine angemessene Entfernung von denselben gleichzeitig be-
gonnen und gleichmäßig aufgeführt werden.
Der Scheitel der Gewölbe soll erst dann belastet werden, wenn die
Anschüttung hinter beiden Widerlagern bis auf die Hälfte der Gewölbehöhe
vorgerückt ist.
Insbesondere darf das Gewölbe nicht einseitig belastet werden, sondern
muß die Überschüttung nach der ganzen Länge des Objektes gleichförmig
vorgenommen werden.
Anschüttungen um Hochbauten dürfen erst nach Vollendung der in der
Anschüttung liegenden Hochbaukonstruktionsteile vorgenommen werden.
Bei freistehenden Mauern oder Pfeilern, die umschüttet werden, muß
die Anschüttung gleichzeitig von allen Seiten erfolgen.
Überhaupt ist der Anschüttung um Kunst- und Hochbauten die größte
Aufmerksamkeit zu schenken und jede einseitige Auffüllung sorgsamst zu
vermeiden.
Es darf deshalb das Material in der oben angegebenen Ausdehnung
auch nur mit Hand- oder Schiebkarren zugeführt werden, selbst wenn es bis
in die Nähe des Bauobjektes auf irgend eine andere Weise zu liefern ist.
Für alle Beschädigungen der Bauten durch die Erdarbeiten ist der
Unternehmer der letzteren haftbar.
Bei hohen Anschüttungen muß das abrollende Material auf geeignete
Art zurückgehalten werden, damit es nicht außerhalb des Profiles fällt.
Materialablagerungsplätze sowie Materialdepots sind wie Dämme nach
Anleitung des Planes und nach den von der Bauleitung zu erteilenden
speziellen Weisungen in regelmäßiger Gestalt mit geordneten Böschungen
und geebneter Krone herzustellen. Auch ist bei der Verteilung des An-
schüttungsraateriales auf spätere Nutzbarmachung der Ablagerungsplätze
Bedacht zu nehmen.
§11.
Steinsätze.
Dammkörper jeder Form und Ausdehnung, welche aus steinigem
Materiale von der Hand geschlichtet werden, heißen Steinsätze.
Dieselben finden hier hauptsächlich in der Form von kleinen Talsperren
zur Verbauung von Runsen etc. ihre Anwendung.
Sie werden aus ganz rohem, unbearbeitetem Steinmaterial ausgeführt.
Größere und kleinere Steine von unregelmäßiger Gestalt werden nach
Art von Trockenmauem der ordinärsten Gattung mit dem für jeden einzelnen
F. Baudurchführung. 279
Fall festgesetzten Anlaufe aufgeschlichtet und die Fugen mit kleinen Steinen
ausgefüllt; die Böschungsflächen werden entweder mit Erde überschüttet, um
das Anwachsen von Gräsern in den Fugen zu begünstigen, oder mit in den
Verband des Steinsatzes eingreifenden Steinen roll steinartig abgedeckt.
Ob eine solche Abdeckung anzuwenden ist, bestimmt die Bauleitung.
Größere und kleinere Steine sind bei der Schlichtung so zu mischen,
daß keine ungleichförmigen Setzungen eintreten können.
Die Steinsätze sind entweder horizontal oder geneigt zu schlichten, je
nach Anordnung der Bauleitung. Das erforderliche Material darf nicht mit
den gewöhnlichen Transportmitteln direkt auf die Steinsätze gefördert, sondern
muß vorher gelagert, sortiert und dann stückweise zugeführt werden.
Steinsätze müssen während des Aufbaues ihrer ganzen Länge nach stets
um wenigstens 1 m höher gehalten sein als ihre Hinterfüllung; sind sie mit
Trockenmauem verkleidet, so sind diese stets in gleicher Höhe mit den
Steinsätzen aufzuführen.
Fundamente von Steinsätzen sind durch Sickergräben zu entwässern,
deren Anlage die Bauleitung bestimmen wird; für ihre Ausführung treten die
Bestimmungen des § 2 in Kraft.
§ 12.
Ausmaß und Berechnung.
Die Herstellung sämtlicher Bauarbeiten und Lieferungen, soweit die-
selben bei Annahme einer Pauschalofferte den Umfang der kontraktlichen
Arbeiten des Projektes nicht überschreiten, wird nach Einheitspreisen
berechnet. In allen diesen Einheitspreisen ist stets die Vergütung der voll-
kommen hergestellten Arbeit nebst Beigabe aller hierzu nötigen Requisiten
und Materialien und Herstellung aller erforderlichen Gerüste und Hilfs-
konstruktionen inbegriffen.
Der Kubikinhalt der Erdmassen wird durch Multiplikation des arith-
metischen Mittels der Flächeninhalte zweier anliegender Querprofile mit dem
Abstand derselben erhoben, und zwar immer nach der Aushebung, nie nach
der Anschüttung gerechnet.
Die Querprofile werden immer senkrecht zur Längenachse des Bau-
objektes oder bei Straßenanlagen und Flußkorrektionen senkrecht zur Längen-
richtung aufgenommen, und es wird der Abstand der Querprolile stets in der
Achse des Objektes oder bezw. der Korrektion gemessen und der weiteren
Berechnung zugrunde gelegt, ohne daß der Divergenz der Querprofile bei
gekrümmten Richtungsverhältnissen besonders Rechnung getragen würde.
Auf den Mehraushub, welcher event. zufolge § 8 dieser besonderen
Bestimmungen behufs Humusandeckung der Einschnittsböschungen gemacht
werden muß, wird keine Rücksicht genommen, ebensowenig als eine Reduktion
der Einschnittsflächen wegen des Aushubes der Humusschichte, welche für
die Andeckung reserviert wurde, vorgenommen wird.
Bei Fundamentgruben wird stets nur der der größten Grundfläche des
Fundamentes und senkrechten Wänden entsprechende Aushub vergütet, wofern
nicht in speziellen Fällen ausdrücklich durch besondere Anordnungen eine
Abänderung dieser Bestimmungen getroffen wird.
280 II- -Die Stauweiherbauten.
Der Einheitspreis bei Erdarbeiten zerfällt in zwei Teile: in den Grund-
preis und in den Transportpreis.
Die für die Erd- und Felsarbeiten angesetzten Grundpreise begreifen
in sich: die Entschädigung für die Gewinnung, dann für das Aufladen des
Materiales auf die Transportmittel oder Überwerfen desselben auf 4 m Weite,
für die Herstellung der regelrechten Dammanschüttung oder event. Deponierung,
endlich für die Planierung sämtlicher Auf- und Abtragsböschungen im Rohen.
Die Entschädigung für etwaige Erschwernisse, welche im Einschnitts-
oder Materialgrubenbetrieb durch naheliegende oder zu verlegende Straßen
und sonstige Anlagen verursacht werden, ist gleichfalls in den betreffenden
Grundpreisen inbegriffen.
Die Grundpreise für die Erd- und Felsarbeiten werden im Durchschnitt
der verschiedenen Bodengattungen nach dem Befund von Probegruben be-
rechnet, welche von dem Unternehmer vor Abgabe des Angebotes besichtigt
werden können.
Findet der Bewerber zu seiner Belehrung über die durchschnittliche
Beschaffenheit des Grundes die Eröffnung weiterer Probegruben für nötig, so
ist ihm freigestellt, solche auf seine Kosten eröffnen zu lassen.
Der Grundpreis hat als Durchschnittspreis entweder für alle Aushub-
arbeiten des Arbeitsfeldes oder nach den einzelnen Objekten getrennt Geltung.
Im ersten Falle wird für den Fundamentaushub bei den kleineren Objekten
ein besonderer Durchschnittsgrundpreis vereinbart.
Zeigt sich der auszuhebende Grund infolge wechselnder Beschaffenheit
oder Zudranges von Wasser bei der Ausführung schwieriger, als sich nach
dem Befunde der Probegruben erwarten ließ, so hat der Unternehmer hierfür
keine Erhöhung, zeigt sich hingegen der Grund leichter, keine Erniedrigung
der vereinbarten Preise zu gewärtigen.
Wenn Aushubsmassen vor der Verwendung auf Anordnung der Bau-
leitung abgelagert, dann wieder erzeugt und verführt werden müssen, so wird
die Mehrarbeit des Wiedergewinnens und Aufladens mit einem vorher zu
vereinbarenden Preise pro Kubikmeter besonders berechnet.
Die Entschädigung für die Kosten des Materialtransportes vom Ge-
winnungsplatz bis zum Verwendungs- oder Deponierungsplatz, sowie bei
eventueller Wiedererzeugung vom letzteren bis zum definitiven Ort der Ver-
wendung, wird nach der Transporttabelle berechnet, welche für jedes Arbeits-
feld gesondert aufgestellt wird.
Bezüglich dieser Transporttabelle gelten folgende Bemerkungen:
Die Entschädigung für horizontalen Transport auf weniger als 5 m
Entfernung ist in dem Grundpreise inbegriffen.
Unter „Transportweite" wird verstanden: die gerade horizontale Ent-
fernung der Schwerpunkte des Gewinnungs- und Verwendungsortes nach der
Kubaturtabelle gerechnet, vermehrt um den Zuschlag von je 20 m für jeden
Meter, um welchen der Schwerpunkt des Verwendungsortes höher liegt als
der Schwerpunkt des Gewinnungsortes des Materials.
Dieser Zuschlag für Hebung findet jedoch nur in dem Falle statt, wenn
die horizontale Entfernung der Schwerpunkte des Gewinnungsortes und Ver-
F. Baudurchführung. 281
wendungsortes wenigstens 15 m beträgt und überdies die Verbindungslinie
dieser beiden Schwerpunkte in der Richtung des Transportes mit mehr als
5% ansteigt.
Transportweiten, welche zwischen jene der Transporttabelle fallen,
werden der ihnen zunächst liegenden Transportweite gleichgenommen.
Wenn Erdmassen auf Wegen gefördert werden müssen, welche außer-
halb des Arbeitsfeldes liegen (Zufuhr aus seitlichen Materialgruben, größeren
Bachkorrektionen u. dergl.), so wird die Transportweite bemessen vom
Schwerpunkte des Abtrages bis zum Schwerpunkte des Auftrages. Der Zu-
schlag für Hebung wird unter denselben Modalitäten wie früher bestimmt,
und wird statt der geraden horizontalen Entfernung von Schwerpunkt zu
Schwerpunkt die berechnete wirkliche Distanz in Rücksicht gezogen. Die
Entschädigung für das Abladen des Materials, dann für Anschaffung und Er-
haltung der Transportmittel und der Transportwege ist im Transportpreise
inbegriffen. Für die zur Anlage einer Dienstbahn allenfalls erforderliche
Herstellung von Gerüsten, Anschüttungen, Brücken oder Aushebung von
Schlitzen wird keine besondere Entschädigung geleistet.
Für den Transport von Erd- und Felsmaterial mittels Motoren hat die
Transporttabelle keine Gültigkeit, sondern wird die Entschädigung von Fall
zu Fall vereinbart.
Wenn sich ausnahmsweise die Notwendigkeit ergibt, geförderte Erd-
und Felsmassen im Damme oder in hergestellten Mauerwerken, falls solche
aus Einschnittsmaterialien hergestellt wurden, anstatt im Einschnitte zu messen,
so findet eine Reduktion der im Damme bezw. in den Mauerwerken sich
ergebenden Massen derart statt,
daß Felsen im angeschütteten Damm bloß mit . . . 70^/q,
im geschlichteten Damm mit 80 „
in den Mauern mit 90 „
alles übrige Material ebenfalls mit 90 „
der aus der Damm- resp. Mauermessung sich ergebenden Quantitäten, jedoch
dann mit Beibehaltung des Grundpreises, welcher für die im Einschnitte
erzeugten Massen angesetzt ist, berechnet werden.
Steinsätze werden nach dem Kubikmaße der Schlichtung bezahlt.
Zu der Ausführung der Steinsätze gehört das Deponieren des Materials
neben den Steinsätzen, das Aussuchen der passenden Steine, der Transport
von der Deponierungs- zur Verwendungsstelle und die Handarbeit des
Schlichtens.
Sollte infolge besonderer oder mangelhafter Dispositionen des Bau-
unternehmers der Fall vorkommen, daß das Steinmaterial nicht sogleich vom
Gewinnungsplatze zur Deponierstelle neben den Steinsatz geschafft werden
kann, oder hält es der Unternehmer aus anderen Gründen für zweckmäßig,
das Steinmaterial anderwärts provisorisch zu deponieren, so wird für das
hierdurch notwendig werdende wiederholte Auf- und Abladen, sowie für den
vermehrten Transport keine andere Entschädigung geleistet, als wenn das
Material vom Gewinnungsplatze unmittelbar zur Deponierstelle neben den
Steinsatz gebracht worden wäre.
282 ^- ^^^ Stanweiherbnaten.
Die Bearbeitung der sichtbaren Böschungen von Steinsätzen wird bei
roUsteinartiger Abdeckung im Sinne des § 11 nach dem vereinbarten Preise
pro Quadratmeter berechnet.
Bei Böschungen, die mit Erde überdeckt oder mit Trockenmauern
verkleidet werden, wird keine Vergütung für die Bearbeitung der sichtbaren
Fläche geleistet.
Der Unternehmer ist zur Nachschüttung sinkender Dämme bis zum Ein-
tritt des vollen Gleichgewichtszustandes verpflichtet, ohne andere Vergütungen
beanspruchen zu können, als ihm nach der wirklich geförderten Masse und
nach den für die Materialgewinnung bestimmten Preisen zukommen.
Für das Beseitigen von Schnee- und Eismassen, sowie für das Ableiten
des Tagwassers aus Einschnitten und Material-Gewinnungsplätzen oder an
Dämmen und Deponien wird keine wie immer geartete Vergütung geleistet.
Vor Beginn jeder Aushebung hat der Unternehmer alle auf die be-
treffenden Erd- und Felskörper bezüglichen Profile zu prüfen und, wofern er
sie richtig findet, unterschriftlich als richtig anzuerkennen.
Anstände sind sofort bekannt zu geben und werden durch gemeinsame
Prüfung ausgeglichen.
Unterläßt er die Bekanntgabe der Anstände, so treten die Profile der
Bauleitung ohne weiteres in Kraft und stehen ihm später keinerlei Reklamationen
gegen die Richtigkeit der Aufnahmen oder gegen zu geringe Anzahl der vor-
handenen Profile zu.
Bei den Berechnungen von Abschlagszahlungen für Aushebungen von
Einschnitten oder Materialgräben werden nicht die allenfalls durch den Vertrag
bestimmten Durchschnittsgrundpreise, sondern solche Preise in Rechnung
gebracht, welche der Beschaffenheit der verschiedenen Bodengattungen der
jeweilig erzeugten Massen nach Ansicht der Bauleitung entsprechen.
Ebenso werden bei Abschlagszahlungen auch nur die dem jeweiligen
Stande der Arbeiten entsprechenden Transportweiten bezw. Transportpreise
in Rechnung gestellt.
Die Bestimmung dieser Preisansätze, sowohl für die Aushebung als
Transport, für Abschlagszahlungen steht einseitig der Bauleitung zu.
Wenn aus irgend einer im Vertrage und dessen Beilagen vorgesehenen
Ursache die definitive Abrechnung vor Vollendung solcher Aushebungs-
arbeiten, für welche ein Durchschnittsgrundpreis besteht, erfolgen muß, so
wird dieser definitiven Abrechnung nicht der Durchschnittsgrundpreis, sondern
ein nach der Bodenbeschaffenheit der bereits erzeugten Massen im Verhält-
nisse zu dem Durchschnittsgrundpreise ermittelter Preis zugrunde gelegt.
Ebenso wird bei einer solchen Abrechnung nur die aus der wirklichen
Leistung ermittelte Transportweite in Rechnung gebracht.
c) Nacharbeiten.
§ 13.
Die Regulierung der Einschnittsböschungen ist vorzunehmen, sobald der
betreffende Einschnitt ausgehoben und die zur Besamung der Böschungen
geeignete Jahreszeit eingetreten ist.
F. Baudurchfühnmg. 283
Alle Unregelmäßigkeiten müssen entweder durch weiteres Abgraben
oder durch Nachfüllung beseitigt und Bankette, Gräben, Böschungen nach
Schnur und Lehre so gerichtet werden, daß sie vollkommen flüssige Linien
und Flächen bilden.
Die Wände von Einschnitten in Felsen müssen durch Nachsprengen
mittels kleiner Bohrlöcher und Ladungen von den gröbsten Unregelmäßig-
keiten und Vorsprüngen befreit werden, und sind insbesondere auch alle
losen Felsstücke zu beseitigen.
Bei Anschüttungen, welche ganz oder teilweise aus gesprengtem, rohem
Steinmaterial bestehen, werden die gröberen Massen desselben möglichst an
der Außenseite des Dammes gelagert, nach dem für jeden einzelnen Fall
bestimmten Böschungswinkel in möglichst gutem Verbände mit der Masse
des Dammes aufgeschichtet und die Fugen mit Erde ausgefüllt, um das An-
wachsen von Gräsern zu begünstigen.
Eventuell werden solche Anschüttungen nach Angabe der Bauleitung
auch abgepflastert oder, wie die Steinsätze, roUsteinartig abgedeckt.
Die Oberfläche der Bankette auf den Fahrwegen ist mit einer Schichte
Schotter oder Sand von 3 — 4 cm Dicke zu bedecken.
Auftrags- und, soweit es seitens der Bauleitung angeordnet wird, auch
Abtragsflächen sind mit den beiseite gelegten Vorräten von urbarer Erde
auf die in jedem einzelnen Falle von der Bauleitung zu bestimmende Dicke
und Ausdehnung zu bedecken.
Die Oberflächen der Einschnittsböschungen, welche steiler als l^/^ füßig
angelegt sind, müssen, sofern sie nicht Unebenheiten besitzen, welche das
Abrutschen der Schichte urbarer Erde verhindern, in einer diesem Zwecke
entsprechenden Weise bearbeitet werden.
Mit der Vollendung der Aushebung und mit der Planierung von Ein-
schnitten mit steilen Böschungen, welche auf Anordnung der Bauleitung durch
Flechtwerke und Pflanzungsanlagen geschützt werden müssen, ist so vor-
zugehen, daß unmittelbar nach der Planierung die Flechtwerke angelegt
werden können.
Alle Nebenanlagen des Hauptobjektes, als: Materiallager- und Material-
gewinnungsplätze, Bach- und Straßenkorrektionen etc., sind an Böschungen
und Sohle etc. wie das Hauptobjekt zu behandeln.
Auch bei den Nacharbeiten ist auf die mutmaßlich noch eintretende
Senkung der Dämme durch angemessene Erhöhung und Verbreiterung der
Krone Rücksicht zu nehmen.
Einschnittsböschungen, welche zu Bewegungen geneigt sind, können
durch Steinsätze bezw. Steinrippen geschützt und befestigt werden.
§ 14.
Ausmaß und Berechnung für Nacharbeiten.
Alle in dem § 13 angeführten Nacharbeiten, mit Ausnahme der event.
herzustellenden Steinsätze, Abpflasterungen und Flechtwerke, aber inkl. des
Ausbaues der Sickergräben, werden nach der kurrenten Länge verrechnet
2g4 n. Die Staaweiherbaaten.
und bezahlt, und zwar wird der Berechnung ein Einheitspreis für je 100 m
Länge zugrunde gelegt.
2. Stollenbauten.
§ 15.
Konstruktive Anordnung der Stollen.
Die zur Ausführung kommenden Stollenbauten sind bezüglich ihrer
Anlagen und eventuellen Ausmauerung im allgemeinen nach jenen Normal-
querprofilen und die Stollenstimen nach jenen Normalstollenportalen aus-
zuführen, welche mit Rücksicht auf die mutmaßliche Gebirgsbeschaffenheit in
dem Projekte aufgenommen sind.
Die Bestimmung, welche von den verschiedenen Stollennormalprofilen
bezw. Stollennormalportalen bei jedem einzelnen Stollen zur Ausführung
kommen soll, erfolgt seitens der Bauleitung, jedoch erst nach Maßgabe des
fortschreitenden Ausbruches der einzelnen Strecken eines jeden Stollens und
der damit erzielten Erkenntnis der Gebirgsbeschaffenheit und der Erforder-
nisse an etwaiger Ausmauerung.
Zur Ableitung des Sickerwassers sind folgende Einrichtungen zu treffen:
a) Im Gewölbe und in den Widerlagern sind Öffnungen von mindestens
10 cm Breite durch die ganze Mauerdicke und auf die Höhe von
mindestens 30 cm anzubringen; ihre Sohlen müssen in den Widerlagern
und den unteren Gewölbeteilen ein Gefälle von mindestens ^/^o erhalten
und mit Zementmörtel glatt ausgestrichen werden. Lage und Zahl der
Schlitze bestimmt die Bauleitung.
b) Die Stollensohlen im Felsausbruch müssen nach den in den Normal-
profilen angegebenen Gefällen von den Widerlagern gegen die Achse
geebnet, Unregelmäßigkeiten, Zerklüftungen und dergl. mit hydraulischem
Mörtel sorgfältig ausgeglichen werden; ebenso ist die innere, die Stollen-
sohle bildende Leibung ausgeführter Sohlengewölbe zu behandeln, so
daß die auf der Stollensohle sich sammelnden Bergwässer rasch gegen
die Stollenachse und die in derselben herzustellende Wasserableitung
abfließen können.
In der Achse des Stollens wird zur Ableitung des gesammelten Wassers
ein gemauerter Kanal nach dem Gefälle des Stollens ausgeführt.
An der untern Stollenstime mündet dieser Kanal in eine Dohle, deren
Sohle das Gefälle des Kanales erhalten muß.
In Fällen, in welchen rücksichtlich der Entwässerung in anderer Weise
verfügt werden sollte, hat sich der Unternehmer genau nach den ihm zu-
kommenden Plänen und den Weisungen der Bauleitung zu richten und die-
selben unweigerlich zur Ausführung zu bringen.
§ 16.
Arbeitsplan.
Die Wahl des Betriebssystems für den Stollen wird dem Unternehmer
anheimgestellt.
Ausbruch und Einrüstung der Stollen gehen absolut auf Gefahr und
Verantwortlichkeit des Unternehmers.
F. Baudurchführung. 285
Er haftet unbedingt für das Gelingen dieser Arbeiten und erhält keine
Entschädigung für die aus etwaigen Einbrüchen resultierenden Folgen, wie
z. B. Beseitigung der eingestürzten Massen, Ersatz und Verstärkungen der
Einrüstungen u. dergl.
Insbesondere ist der Unternehmer auch verpflichtet, die aus solchen Ein-
brüchen sich ergebenden Höhlungen im Gebirge, welche das normale Profil
übergreifen, ohne Entschädigung in Mörtel solid auszumauern, so dafi insbe-
sondere das Stollenmauerwerk sich überall dicht an das Gebirge anschließt.
Niemals dürfen zwischen dem Stollenmauerwerk und dem Gebirge
Rüstungshölzer verbleiben.
§ 17.
Materialien für Stollenausmauerungen.
Die Bauleitung bestimmt, welche Materialien zu den Sto^enaus-
mauerungen verwendet und in welcher Weise sie bearbeitet werden müssen.
Zu allem Stollenmauerwerk im Innern und an den Portalen ist nur hydrau-
lischer Kalkmörtel, an nassen Stellen, sowie zum Verstreichen der Fugen
dagegen Portlandzementmörtel zu verwenden. Welche Gattungen von
Mauerwerk zur Ausmauerung des Stollens in Anwendung kommen, ist aus
den Plänen ersichtlich.
Die Seitenwände des Entwässerungskanal es erhalten in Entfernungen
von 0,75 m Schlitze zur Aufnahme des Wassers.
§ 18.
Ausmaß und Berechnung.
Das Ausmaß der Stollen geschieht pro lfd. Meter.
Bei solchen Stollen, welche gemauerte Portale enthalten, werden die
Portalbauten nicht zum Stollen einbezogen, sondern als eigentlicher Stollen
nach Längeneinheit wird nur die innerhalb der Portalbauten liegende Stollen-
röhre samt dem Kanal in der Sohle des Stollens gerechnet.
Pro Stück dagegen werden gerechnet: die Portale, und zwar inbegriffen
die gesamte Stirnmauerung samt Abdeckung, insoweit der betreffende Plan
eine solche vorschreibt, der Entwässerungskanal — außerhalb der eigentlichen
Stollenröhre bis zur Stollendohle — und die Stollendohle selbst.
3. Chaussierung von Strafsen und Wegen.
§ 19.
. Art der Chaussierung.
Die Chaussierung soll bestehen:
Bei Fahrwegen, welche mit schwerem Fuhrwerk und häufig befahren
werden, in einem Grundbau und in einer Beschotterung.
Bei Fahrwegen, welche nur mit leichtem Fuhrwerk und weniger stark
befahren werden, in einer Schichte Beschotterung.
Bei Feldwegen in der bloßen Planierung und nur dann in einer leichten
Beschotterung, wenn die Wege, welche zu ersetzen sie bestimmt sind, gleich
falls beschottert waren.
2g6 n. Die Stauweiherbauten.
Die Dimensionen des Grundbaues und der Beschotterung richten sich
in der Regel nach den berechtigten Anforderungen derjenigen, in deren
Eigentum oder Fürsorge diese Straßen oder Wege übergehen sollen.
Sind die zur Durchführung vorstehender Grundsätze erforderlichen
Materialien in der Gegend nicht aufzufinden, so treten an die Stelle derselben
diejenigen Konstruktionssysteme und Materialien, welche bei der Anlage von
Straßen- und Wegebauten der Nachbarschaft in Anwendung gebracht werden.
§ 20.
Chaussierungsmaterialien.
Die Materialien, welche bei Chaussierungsarbeiten verwendet werden,
sollen aus harten Steingattungen gewählt werden, welche dem Froste und der
Nässe widerstehen und nicht leicht zerrieben werden können.
§ 21.
Grundbau.
Der Grundbau ist so anzulegen, daß die breitere Oberfläche der hoch-
kantig zu stellenden Steine auf den Boden kommt; auf dem Boden sind die
Steine so dicht als möglich zusammenzustellen und die Zwischenräume so aus-
zukeilen, daß einer innigen Verbindung derselben mit der Beschotterung nichts
im Wege steht.
Zur Begrenzung des Grundbaubettes sind an den Rändern ausgesuchte,
flache, mindestens 10 cm dicke Steine hochkantig zu stellen und etwas in die
Planie einzugraben.
Steine, deren obere Fläche über 15 cm breit ist, sind vor der Verwendung
zu spalten.
Mit dem Stellen des Grundbaues hat der Unternehmer erst dann zu
beginnen, wenn zuvor die Planie von der Bauleitung untersucht und als vor-
schriftsgemäß anerkannt ist.
§ 22.
Beschotterung.
Zur Beschotterung soll in der Regel Schlägelschotter und nur dann
Gruben- oder Flußschotter verwendet werden, wenn dies von der Bauleitung
ausdrücklich gestattet wird.
In beiden Fällen sollen die einzelnen Steine nur so groß sein, daß sie
durch eine kreisrunde Öffnung von 5 cm Durchmesser in jeder Richtung
passieren können.
Ist der Gruben- oder Flußschotter nicht odier so wenig mit Lehm
vermengt, daß die Beschotterung sich nicht oder erst spät zu einem Ganzen
verbinden würde, so muß demselben lehmige Erde oder Straßenabraum bei-
gemischt werden.
Aus Schlägelschotter hergestellte Straßenbahnen erhalten eine Sandüber-
deckung, deren Stärke von der Beschaffenheit des Schotters abhängig ist und
in jedem Falle von der Bauleitung bestimmt wird.
Reserveschotter hat der Unternehmer auf jene Plätze und in solcher
Menge beizustellen, wie es von der Bauleitung verlangt wird.
F. Bandurchfahnmg. 287
§ 23.
Ausmaß und Berechnung.
Das Ausmaß von Chaussierungsarbeiten wird nach den dem Unter-
nehmer von der Bauleitung eingehändigten Werkplänen oder Vorschriften
pro Kubikmeter berechnet, und wird hierbei auf eine event. notwendig
werdende Vermehrung des Schottermaterials während der Zeit der Haftungs-
pflicht keine Rücksicht genommen.
Der Unternehmer hat dafür Sorge zu tragen, daß bei Übernahme der
Arbeiten die Straßen oder Wege in dem erforderlichen Zustande sich be-
finden, und ist die Vergütung für die interimistische Unterhaltung in den
Preisen inbegriffen.
Reserveschotter wird nach Kubikmeter berechnet, zu welchem Zwecke
derselbe in regelmäßigen Figuren deponiert werden muß; diese Arbeitsleistung
ist im Einheitspreise inbegriffen.
Die nötigen Gewinnungsplätze zur Erzeugung geeigneter Chaussierungs-
materialien hat der Unternehmer, und zwar auf eigene Kosten, zu erwerben.
Der Einheitspreis umfaßt die Entschädigungen für alle Leistungen, welche
zur vollständigen Herstellung der Chaussierungsarbeiten erforderlich sind.
4. Steinwürfe und Paschinenwerke.
§ 24.
Steinwürfe.
Zu Steinwürfen für den Schutz von Ufern und Fundamenten gegen
den Angriff von Strömungen dürfen nur Steine verwendet werden, welche
dem Wechsel von Nässe und Trockenheit, von Wärme und Kälte vollkommen
widerstehen.
Das geringste zulässige Maß der zu verwendenden Steine wird je nach
der Tiefe und Strömung der Gewässer für den einzelnen Fall von der Bau-
leitung bestimmt.
Wo Steinwürfe unter Wasser angebracht werden, müssen die Steine
mit eisernen Stangen zurechtgelegt und ineinandergeschlichtet werden.
Über Niederwasser werden die Steine so gelagert, daß ein guter Ver-
band erzielt wird und daß die von der Bauleitung vorgeschriebenen Profile
in kontinuierlichen Linien eingehalten werden.
Größere und kleinere Steine sind hierbei so zu ordnen, daß der Stein-
wurf eine möglichst dichte Masse bildet.
Die größten Steine sind nach außen zu verwenden, um dem Angriffe
der Strömung kräftig zu widerstehen.
§ 25.
Flechtwerke.
Flechtwerke werden in der Regel angewendet:
a) Zur Befestigung von nassen, zum Abrutschen geneigten Böschungen und
von unfruchtbaren Flächen, an welchen Bepflanzungen ohne besondere
Hilfsmittel nicht möglich sind.
288 I^- ^ic Stauweiherbaaten.
b) Zum Schutze von Bachufern und Gerinnen mit starkem Gefälle und auch
von solchen Dammböschungen und anderen Flächen, welche dem Über-
strömen durch Hochwasser ausgesetzt sind.
c) Zur Herstellung der Runsen verbauungen.
In allen Fällen werden Pfählchen von ungeschältem Rundholz, zugespitzt,
eingerammt.
Zwischen die Pfählchen werden Ruten von Weiden oder Erlen, aus-
nahmsweise auch von anderem Laubholze oder von Nadelholz fest einge-
flochten und, nachdem dieses geschehen ist, die Pfähle bis zum oberen Rande
des Flechtwerkes nachgerammt.
Auf Flächen, welche Überströmungen ausgesetzt sind, werden die
Flechtwerke quer über die Richtung der Strömung auf dieselbe Weise ge-
bildet. Zwischen die Pfählchen und unter das Flechtwerk wird eine Lage
von Weiden- oder Erlenreisern, die Spitzen stromabwärts gekehrt, schief in
den Boden gesteckt, so daß sie durch das Flechtwerk fest niedergehalten
werden. Die Reiser müssen grün und keimfähig sein, und es hat der
Unternehmer die während der Haftzeit absterbenden Ruten durch frische zu
ersetzen.
Bei starkem Gefälle werden mittels quer über die Sohle gezogener
Flechtwerke Stufen gebildet, welche dazu dienen, die Strömung zu unterbrechen
und zu mäßigen.
Zwischen die Pfählchen und unter die Geflechte kommt dann eine
starke Lage Reiser, von Laub- oder von Nadelholz, die Spitzen stromabwärts
gekehrt, zu liegeh, eine Spreitlage, welche dazu bestimmt ist, das Auskolken
der Bachsohle unterhalb des Flechtwerkes zu verhindern.
Der Fuß der Uferböschungen wird überdies entweder gleichfalls durch
Flechtwerke oder durch Faschinen gesichert, welch letztere mit Pfählchen
festgenagelt werden.
Zu denjenigen Flechtwerken und Faschinen, welche zur Sicherung des
Fußes der Uferböschungen dienen, sind grüne, noch keimfähige Reiser zu
verwenden.
Wenn die Reiser vor Ablauf der Haftfrist absterben, so sind die An-
lagen von dem Unternehmer durch frische zu ersetzen.
§ 26.
Versicherung der Böschungen durch Spreitlagen und Wippenröste.
Die Versicherung der Böschungen des regulierten Baches mit Spreitlagen
besteht aus aneinander mit dem Zopfende nach unten gelegten Faschinen
von 0,15 m Durchmesser, welche durch in senkrechter Richtung auf die
Faschinen in Abständen von je 1 m gelegte Wippen von 0,15 m Durchmesser
und durch entsprechend starke Pflöcke an die Böschung befestigt werden.
Der Raum zwischen den Wippen wird auf der Höhe derselben mit Schotter
und Erde ausgefüllt.
Wippenröste bestehen aus zwei Lagen 0,15 m starker Wippen, welche
kreuzweise übereinander gelegt und in derselben Lage je 1 m voneinander
entfernt sind. An den Kreuzungsstellen werden die Wippen mit Draht ge-
F. Baudurchfilhning. 289
bunden und durch Faschinenpflöcke an die Böschung befestigt. Die Felder
werden auf die ganze Rosthöhe mit Schotter und Erde ausgefüllt.
§ 27.
Faschinen.
Faschinen werden aus starken, möglichst langen Zweigen von Weiden
oder sonstigen geeigneten Laubhölzern, ausnahmsweise auch von Nadel-
hölzern gebildet.
Die Länge der einzelnen Faschinen bestimmt je nach der Art ihrer
Verwendung die Bauleitung. Ist die Länge der einzelnen Faschinen größer
als die Länge der einzelnen Zweige, so sind letztere so zu verteilen, daß ein
tüchtiger Längenverband der Faschinen entsteht.
Der Durchmesser beträgt bei Legfaschinen 30 — 45 cm, bei Senkfaschinen
60 — 100 cm; die Füllung der Senkfaschinen besteht aus wenigstens faust-
großen Steinen, wo solche nicht zu finden sind, aus grobem Schotter. Die
Dicke der Füllung beträgt 30—60 cm.
Die Faschinen werden in Abständen von 25 — 30 cm gebunden, und
zwar Legfaschinen mit Weiden, Senkfaschinen mit Eisendraht von 3 mm
Stärke, doppelt um die Faschinen gewunden.
Einzeln gelegte Faschinen, sowie auch Faschinenwerke werden durch
entsprechend starke Faschinenpfähle, deren Dimensionen die Bauleitung von
Fall zu Fall vorschreibt, an den Boden befestigt Faschinen, welche der
Wasserströmung stark ausgesetzt sind, werden durch Piloten geschützt, deren
Stellung von der Bauleitung vorgeschrieben wird.
Unter Faschinenwerk wird jede Anlage verstanden, welche aus mehr
als zwei übereinander gelegten Lagen von Faschinen gebildet wird.
Ober die Art der Zusammensetzung größerer Faschinenwerke gibt die
Bauleitung die erforderliche Anleitung je nach den Verhältnissen des einzelnen
Falles.
§ 28.
Ausmaß und Berechnung.
Die Steinwürfe werden nach Kubikmeter, die Flechtwerke und einzeln
gelegte Faschinen inkl. der Befestigungspfähle nach laufenden Metern be
rechnet.
Faschinenwerke werden nach Kubikmeter berechnet.
Die sichtbare Fläche der Steinwürfe wird, soweit sie über Niederwasser
liegt, mit einem besonderen Preise pro Quadratmeter vergütet.
Bei Steinwürfen unter Wasser wird, wenn möglich, der Maßgehalt der
dazu verbrauchten Materialien vor der Verwendung erhoben.
Der Unternehmer hat zu diesem Zwecke entweder die gelieferten
Materialien aufzuschlichten oder es wird der Maßgehalt der zum Transport
derselben verwendeten Fahrzeuge erhoben und das gelieferte Material nach
Ladungen berechnet
Nähere Weisungen erteilt die Bauleitung.
Friedrich, Wasserban. Zweite Auflage. IL Band. 19
290 I^' ^^® Stau weiherbauten.
5. Pflanzungen.
§ 29.
Besamungen.
Die Böschungen von Dämmen und Einschnitten, die Böschungen, Sohlen
und Kronen von Materialgewinnungs- oder Ablagerungsplätzen, insbesondere
aber diejenigen Teile des Hauptobjektes und der zu demselben gehörigen
Anlagen, für welche Rasenbekleidungen nicht in Anwendung gebracht werden
können, weil das hierzu erforderliche Material fehlt, müssen, sobald sie re-
guliert und event. mit urbarer Erde bedeckt sind, mit Wiesengrassamen
(Heublumen) besäet werden.
Bei Lehmeinschnittsböschungen, wo eine vollständige Andeckung mit
Humus sich von vornherein als zwecklos erweist, müssen kleine Furchen in
die Böschungen gehauen, diese mit Humus ausgefüllt und mit gemischtem
Gras- und Hafersamen besäet werden.
§ 30.
Bepflanzungen mit Gesträuchen.
Wenn Pflanzungen mit Gesträuchen in urbarer Erde angelegt werden,
so sind die ausgehobenen Wurzelgruben nach erfolgter Einsetzung der
Pflanzen mit dem aus den Wurzelgruben gewonnenen Material wieder anzu-
füllen. Bei einem dem Wachstum der Pflanzen unzuträglichen Grunde müssen
die Wurzelgruben so groß angelegt und mit einer solchen Erdgattung aus-
gefüllt werden, daß das Wachstum der Pflanzen gesichert ist.
Nach der Beschaffenheit des Bodens richtet sich die Gattung der zu
versetzenden Pflanzen.
Was für Pflanzen und zu welcher Zeit dieselben versetzt werden sollen,
bestimmt die Bauleitung.
§ 31.
Rasen bekleidungen.
Rasenbekleidungen werden, wo hierzu geeignetes Material gewonnen
werden kann, je nach Anordnung der Bauleitung angewendet: zur Fassung
der Stirn- und Flügeldecken und Deckschichten, sowie der Böschungskegel
von Kunstbauten, zur Auslegung von Wasserrinnen, Wassergräben und
Seitengräben der anzulegenden Fahrwege, wo diese im Gefälle liegen, zur
Belegung der Böschungen von Bachkorrektionen und Dämmen, welche dem
Bespülen durch Hochwasser ausgesetzt sind, endlich zum Schutze von
Böschungen, welche aus beweglichem, feuchtem Material bestehen und zum
Abrutschen geneigt sind.
Die Rasen sind in quadratischen Stücken von 30 cm Breite und mindestens
10 cm Dicke auszustechen, und zwar immer nur in Vorräten, welche aufge-
braucht werden können, ehe noch die Rasen austrocknen und absterben. Sie
sind, wenn sie nicht sogleich verwendet werden können, in Haufen aufzu-
setzen und bei trockenem Wetter durch Begießen vegetationsfähig zu erhalten.
Die Rasenstücke dienen entweder zu Flach- oder Kopfrasenbekleidungen.
Im ersten Falle werden sie auf eine gut geebnete Schichte urbarer
Erde in regelmäßigen, nach der Böschung geneigten Lagen mit wechselnden
F. BaudurchfÜhnmg. 291
Fugen, die Wurzelseite nach unten gekehrt, angesetzt und mit 30 cm langen
Pfählchen angenagelt.
Im zweiten Falle werden sie in horizontalen Lagen mit wechselnden
Fugen, die Wurzelseite nach oben gekehrt, so übereinander gelegt, daß ihre
äußeren Kanten die Böschung bilden.
Kopfrasenbekleidungen werden nur zum Schutze von Böschungen an-
gebracht, welche zum Abrutschen geneigt sind.
Kopf- und Flachrasenbekleidungen dürfen nur auf gut gesetztem Boden,
welcher seine Festigkeit entweder im Verlaufe der Zeit oder durch starkes
Stampfen erlangt hat, angelegt werden.
Ebenso ist die Verkleidung im Verhältnis des Fortschreitens und mit
Rücksicht auf die herrschende Trockenheit stets hinreichend zu begießen.
§ 32.
Ausmaß und Berechnung.
Die Kosten der Besamung werden pro Quadratmeter berechnet.
Rasenbekleidungen werden nach der bekleideten Fläche berechnet.
Pflanzungen von Gesträuchen werden nach der Zahl der wirklich
gediehenen Pflanzen berechnet.
In dem betreffenden Preise ist die Aushebung der Wurzelgruben, sowie
ihre Ausfüllung mit urbarer Erde und die Lieferung der letzteren einbezogen.
6. Pllasterungsarbeiten.
§ 33.
Pflastergattungen und deren Anwendung.
Die in Anwendung kommenden Gattungen der Pflasterung sind:
a) Pflaster von rauhen Bruchsteinen,
b) Pflaster von Kieseln,
c) Pflaster von behauenen Bruchsteinen,
d) Pflaster von Ziegeln.
Alle diese Gattungen von Pflasterungen werden entweder trocken oder
in Mörtel ausgeführt.
Die Pflasterungen unterscheiden sich femer, je nachdem sie angewendet
werden für Wassergerinne oder für den Schutz von Böschungen und Ufern,
§ 34.
Pflasterungsmaterialien.
Eine unerläßliche Eigenschaft aller Pflastersteine ist die Widerstands-
fähigkeit gegen die Einflüsse die Witterung bezw. ihre Frostbeständigkeit.
Pflasterziegel müssen von der härtesten Gattung sein.
Es sollen für diesen Zweck von jedem Ziegelbrande diejenigen Stücke
gewählt werden, welche, ohne ihre regelmäßige Gestalt verloren zu haben,
bis zum Verglasen gebrannt sind.
Der Pflastersand muß frei von erdigen Teilen und grobkörnig sein,
jedoch nur so weit, daß die Größe der einzelnen Sandkörner 5 mm nicht
übersteigt.
19*
292 n. Die SUnweiherbauten.
Bei Pflasterungen mit behauenen Bruchsteinen oder Ziegeln ist für die
Ausfüllung der Fugen feiner Sand zu wählen.
Der für Pflasterungen zu verwendende Mörtel ist Mörtel von magerem
Kalk, für Pflasterungen von Wassergerinnen hydraulischer Mörtel.
Die Dimensionen der Pflasterungssteine hängen von dem Zwecke der
Pflasterungen ab und werden von Fall zu Fall von der Bauleitung bestimmt.
§ 35.
Ausführung des Pflasters.
Die obere Fläche der Pflasterungen wird entweder eben oder konkav
hergestellt.
In allen Fällen muß das vorgeschriebene Profil genau eingehalten werden
und sind insbesondere Kreuzungs- oder Bruchstellen der Pflasterung mit
besonderer Sorgfalt und Rücksicht auf einen soliden Verband auszuführen.
a) Trockenpflaster.
Bei der Pflasterung mit rauhen Bruchsteinen zum Schutze von Böschungen
und Ufern sind die einzelnen Steine so auszuwählen und an den Lager- und
Stoßfugen mit dem Hammer derartig zu richten und zusammenzusetzen, daß
sie eine, wenn auch rauhe, doch gleichartige Fläche bilden.
Die Gesichtsflächen der einzelnen Steine dürfen ganz unbearbeitet
bleiben und vorspringende Bossen behalten, wenn dies geschickt und mit
Geschmack behandelt wird.
Die Fugen sollen nicht über 20 mm weit sein und größere und kleinere
Steine so abwechseln, daß eine solide Verbindung des Pflasters entsteht.
Die Fugen sind mit Erde auszufüllen, um das Auswachsen derselben mit
Gras zu erleichtern. Das Auszwicken oder Ausschiefern der Fugen mit
kleinen Steinen ist nicht gestattet. Pflasterungen von rauhen Bruchsteinen
erhalten in der Regel keine besondere Unterlage, sondern werden mit dem
Material, auf welches sie zu liegen kommen, mit dem Hammer hinterstampft.
Soweit dieses indessen ohne besondere Kosten geschehen kann, ist
darauf zu sehen, daß sie mit steinigem, möglichst unnachgiebigem Material
hinterfüllt werden.
Bei der Auspflasterung von Wassergerinnen mit rauhen oder behauenen
Bruchsteinen oder mit Kieseln soll die Oberfläche des Pflasters möglichst
eben und ohne Vorsprünge und die Weite der Fugen nicht größer als
10 mm sein.
Das Pflaster wird etwas über seine richtige Höhe angelegt und mit
einer Handramme auf die richtige Höhe festgestoßen.
Bei der Auspflasterung von Wassergerinnen mit Ziegeln wird die
Sohle vor Anlage des Pflasters fest und eben gestampft, sofort das Pflaster
von stehenden Ziegeln mit höchstens 10 mm weiten wechselnden Fugen
angesetzt, jeder einzelne Stein mit dem Hammer festgeschlagen und die Fugen
mit Sand ausgefüllt.
F. Baudurchführung. 293
b) Mörtelpflaster.
Bei der Pflasterung in Mörtel wird auf die in allen Fällen 10 cm hohe,
durch Stampfen und Begießen verdichtete Sandunterlage eine Mörtelschichte
von 3 cm Dicke gebracht; auf diese werden die Steine ebenso wie bei der
trockenen Pflasterung angesetzt und die Fugen dicht mit Mörtel ausgefüllt.
Die einzelnen Steine untermauerter Pflasterungen müssen durch ab-
wechselnde Höhen in den Verband der Untermauerung eingreifen.
§ 36.
Ausmaß und Berechnung.
Pflasterungen aller Art werden nach Quadratmeter gemessen.
Zur Pflasterung gehören auch die Rand- und Saumsteine, Grat- und
Kehlsteine, welche bei der Pflasterung von Rinnen, beim Zusammentreffen
zweier StraSen und bei Straßenbiegungen vorkommen.
Pflasterfassungsplatten oder Quader werden als Gegenstände der Stein-
metzarbeit angesehen.
7. Maurer- und Steinmetzarbeiten.
a) BeschafTenheif der Sfeinmaferialien.
§ 37.
Allgemeine Bedingungen.
Zu allen Gattungen von Maurer- und Steinmetzarbeiten dürfen nur
solche Steinmaterialien verwendet werden, deren Güte und Tauglichkeit für
die Art ihrer Verwendung entweder durch die Erfahrung bei anderen Bauten
unter ähnlichen Verhältnissen oder durch Proben, welche von den Organen
der Bauleitung vorzunehmen sind, nachgewiesen worden ist.
Sie müssen mit Rücksicht auf den Ort und die Art ihrer Verwendung
nach der Qualität sorgfältig ausgewählt und sortiert werden und sollen, wenn
sie im Freien oder sonstwo verwendet werden, wo sie dem Wechsel von
Nässe und Trockenheit, von Wärme und Kälte ausgesetzt sind, diesen
vollkommen widerstehen; wenn sie einem bedeutenden Drucke oder dem
Angriffe mechanischer Kräfte zu widerstehen haben, den nötigen Grad von
Widerstandsfähigkeit besitzen; wenn sie für Hochbauten verwendet werden,
keine Feuchtigkeit anziehen und festhalten.
§ 38.
Bruchsteine.
Bruchsteine sollen, wo die Umstände es nur irgend gestatten, den tieferen
Schichten der Brüche entnommen und so zeitig gebrochen werden, daß sie
vor ihrer Verwendung vollständig austrocknen können.
Steine, welche zu häuptigem Mauerwerk, zu Gewölben oder zu Quadern
verwendet werden, müssen vollkommen gesund, frei von Stichen und Lagern
und von gleichem Korne sein.
Zu Zierquadern (Gesimsen und verzierten Quaderarbeiten) werden nur
Steine zugelassen, die überdies ein so feines Korn besitzen, daß eine reine
und scharfkantige Bearbeitung möglich ist.
294 n. Die SUuweiherbaaten.
§ 39.
Mauerziegel.
Die Ziegel müssen hellklingend, hart und gleichmäßig durchgebrannt
sein; sie dürfen nicht verglast sein und keine Kalkteile enthalten, welche beim
Vermauern oder Einlegen in Wasser die Ziegel zersprengen. Sie müssen
ebene Flächen und gut erhaltene Kanten haben.
Ziegel, welche zu Vorsetzmauerwerk bei Rohbauten verwendet werden,
mQssen mit besonderer Sorgfalt geformt, getrocknet und gebrannt sein. Sie
müssen vollkommen ebene Flächen, nach allen Seiten rechtwinklige und
scharfe Kanten besitzen und möglichst von gleicher Farbe sein.
b) Beschaffenheif, Bereitung und Verwendung der Möiiel.
§ 40.
Allgemeine Bedingungen.
Unerläßliche Bedingung bei der Bereitung aller Arten von Mörteln ist,
daß die zu denselben verwendeten Materialien ganz rein und im richtigen
Mengenverhältnisse vollständig gemischt und tüchtig durchgearbeitet werden,
damit das Ganze eine gleichartige Masse bilde und die einzelnen Sandkörner
vollständig von dem Kalke oder sonstigen Bindemittel eingehüllt werden.
Die Behälter, Flächen und Werkzeuge, welche zur Bereitung von
Mörteln dienen, müssen so beschaffen sein, daß keinerlei Verunreinigung
durch Beimischung fremder Bestandteile während der Bereitung möglich ist.
Der speziell für alle Maurerarbeiten in dem Abschlußwerke (Talsperre)
samt seinen Objekten zur Verwendung kommende Mörtel muß mittels Broyers
bereitet werden, um für alle Fälle eine innige und gleichförmige Mischung
von Sand und Kalk zu erzielen.
§ 41.
Sand.
Zur Mörtelbereitung kann Flußsand oder Grubensand verwendet werden.
In beiden Fällen soll er von hartem Gestein herrühren und rein von erdigen
und organischen Bestandteilen sein.
Unreiner Sand muß durch Schlämmen von fremdartigen Bestandteilen
befreit werden.
Sand von ungleichem, grobem Korn darf nur zu Mauerwerk und Pflaster
aus rauhen Bruchsteinen, zu Fundamentmauerwerk und zur Betonbereitung
verwendet werden.
Für alle übrigen Mauergattungen wird Sand von feinerem Korn verlangt.
Zur Mörtelbereitung muß Sand in trockenem Zustande verwendet werden.
§ 42.
Schotter.
Zur Betonbereitung darf nur Kleingeschläge aus harten Steingattungen
und ganz gleichmäßiger, vollkommen sandfreier Gruben- oder Flußschotter
verwendet werden. Im letzteren Falle müssen jedoch die einzelnen Steine
wenigstens eine Bruchfläche besitzen. Die einzelnen Steine des Schotters
F. Baudurchführung. 295
müssen durch eine kreisrunde Öffnung von 5 cm Durchmesser in jeder
Richtung passieren.
Größere Steine sind durch Zerschlagen auf dieses Maß zu verkleinern.
Zur Betonbereitung muß der Schotter vollkommen frei von Staub und erdigen
Bestandteilen sein oder, wenn dieses nicht der Fall ist, durch Waschen ge-
reinigt werden.
§ 43.
Mörtel aus fettem Kalk (Weißkalkmörtel).
Der fette Kalk muß, wenn er in einem wasserdichten Behälter mit dem
l^/g fachen Volumen Wasser begossen wird, aufbrausen, sich erhitzen und zu
einem Brei auflösen, welcher im Wasser löslich bleibt und weder an der Luft
noch unter Wasser erhärtet. In dieser Gestalt wird der fette Kalk in Gruben
gegossen, wo er, mit einer Schichte Sand bedeckt, wenigstens 14 Tage vor
der Verwendung eingesumpft bleiben muß, damit die schwer löschbaren Teile
desselben Zeit haben, sich vollends abzulöschen.
Zur Bereitung des Mörtels mit fettem Kalke werden in der Regel zwei
Raumteile Sand auf einen Raumteil Kalk und so viel Wasser genommen, daß
der Mörtel einen Brei bildet, welcher nicht von der Schaufel abläuft.
Vorräte von Mörtel mit fettem Kalke, welche vor der Verwendung
längere Zeit liegen geblieben sind, müssen, ehe sie verwendet werden,
neuerdings durchgearbeitet werden.
Mörtel von fettem Kalke (Weißkalkmörtel) darf übrigens nur zu Hoch-
bauten verwendet werden.
§ 44.
Mörtel aus natürlichem, magerem Kalk.
Unter „magerem Kalk" wird solcher Kalk verstanden, welcher aus
Steinen gebrannt ist, die nebst dem kohlensauren Kalk und etwaigen neutralen
Beimengungen geringerer Quantität wenigstens lO^/o Silikate (Tonerde,
Kieselerde) enthalten. Dieser Kalk wird auf einer geebneten und gereinigten
Fläche ausgebreitet, begossen, dann sofort in Haufen zusammengezogen, so
daß er sich mäßig erwärmt und in Staub zerfällt.
Wird dieses Resultat nicht auf einmal erzielt, so ist die Operation des
Begießens zu wiederholen. Ist der Kalk vollständig zerfallen, so wird er
durch ein Drahtsieb von den verbrannten und nicht gelöschten Stücken
befreit und muß dann sofort verwendet werden. Magerer Kalk muß frisch
gebrannt zur Verwendung kommen und bis zur Verwendung in Magazinen
aufbewahrt werden.
Zur Bereitung des Mörtels mit magerem Kalke werden in der Regel
Kalk und Sand zu gleichen Raumteilen genommen.
Der Kalk wird zuerst nach und nach mit Wasser gemengt, zu einem
weichen Teige verarbeitet, sodann ein gleiches Volumen trockenen Sandes
zugesetzt und von kräftigen, geübten Arbeitern tüchtig durchgearbeitet. Der
fertige Mörtel mit magerem Kalk muß die Konsistenz eines steifen Breies
oder Teiges haben, welcher in größeren Portionen mit der Kelle gefaßt
werden kann.
296 II. I>ie Stauweiherbauten.
Zum Ausgießen von Fugen darf die Menge des Kalkes und Wassers
vermehrt werden.
Mörtel mit magerem Kalk darf nur in Vorräten bereitet werden, welche
an demselben Tage aufgebraucht werden können.
Mörtel aus magerem Kalk kann bei allen jenen Nebenobjekten zu den
herzustellenden Mauern und Pflastern in Anwendung gebracht werden, soweit
für dieselben nicht Mörtel aus hydraulischem Kalk oder Zementmörtel vor-
geschrieben ist.
§ 45.
Mörtel aus hydraulischem Kalk (Romanzement).
Bezüglich der Definition und Eigenschaften des hydraulischen Kalkes
(Romanzementes) haben die vom österreichischen Ingenieur- und Architekten-
vereine aufgestellten Bestimmungen für die einheitliche Lieferung und Prüfung
von Romanzement Geltung.
Auf der Baustelle selbst wird seitens des mährischen Landesausschusses
eine Zementprüfungsstation errichtet und alle hydraulischen Bindemittel vor
ihrer Verwendung einer genauen Prüfung durch die Bauleitung unterzogen
werden.
Es ist seitens des Unternehmers für einen derartigen Vorrat der
hydraulischen Bindemittel Sorge zu tragen, daß im Falle der Beanstandung
und Ausschließung einer Partie Zement hierdurch keinerlei Störung in dem
Fortschritte der Maurerarbeiten eintreten kann.
Zur Bereitung des Mörtels mit hydraulischem Kalk werden in der Regel
ein Raumteil Kalk und zwei Raumteile Sand genommen.
Das Verfahren bei der Bereitung ist dasselbe wie bei dem Mörtel mit
magerem Kalk, nur müssen diese Mörtel mit noch größerer Sorgfalt und An-
strengung durchgearbeitet werden. Fertiger hydraulischer Mörtel muß die
Konsistenz eines steifen Teiges haben, und nur für das Ausgießen von Fugen
darf er, soweit notwendig, verdünnt werden.
Mörtel mit hydraulischem Kalk darf nur in kleinen Mengen bereitet
werden, welche binnen der nächsten drei Stunden aufgebraucht werden können.
Hydraulischer Mörtel, auf diese Weise zubereitet und zu einem steifen
Teige geballt, muß binnen 24 Stunden unter Wasser erhärten.
Mörtel mit hydraulischem Kalk kommt bei der Betonbereitung, sowie
bei allen Maurer- und Pflasterarbeiten in Fundamenten, dann unter Wasser
oder im nassen Boden, sowie im Stollen, endlich an allen übrigen Stellen
in Anwendung, wo er von der Bauleitung speziell angeordnet wird.
Was die Zusammensetzung und Beschaffenheit des bei der Mauerung
der Talsperre selbst zu verwendenden Mörtels anbelangt, so werden auf
Basis der von der Bauleitung mit der gewählten Zemeijitmarke und dem ver-
fügbaren Sand anzustellenden Proben die Mischungsverhältnisse, Zusammen-
setzung und Zubereitungs weise dieses Mörtels bestimmt werden, wobei der
Mörtel je nach den Proberesultaten als hydraulisches Bindemittel hydraulischen
Kalk oder Portlandzement mit oder ohne Zusatz von Weißkalk erhalten kann.
Bei Ziegel mauerwerk in hydraulischem Kalk- oder Portlandzementmörtel
sind die Ziegel vor ihrer Vermauerung durch längere Zeit in Wasser zu
F. Baadurchführung. 297
legen und beim Auftragen neuer Mauerschichten die alte Schichte vorher
gut anzufeuchten.
Zur Verwendung kommende Bruchsteine müssen vor der Vermauerung
von allen erdigen und tonigen Beimengungen befreit werden.
Eine ganz besondere Sorgfalt erfordert die Herstellung des Bruch-
stein-Zyklopenmauerwerkes der Talsperre.
Ist seitens der Bauleitung der aufgeschlossene Fundamentgrund als ent-
sprechend bezeichnet worden, so werden in erster Linie die etwaigen Fels-
spalten mit Beton ausgegossen, die sorgfältig mit StahldrahtbOrsten und Wasser
gereinigte Felsoberfläche mit einem dünnen Zementmörtelanwurf versehen
und dann erst mit der Mauerung des Fundamentes begonnen. Die in der
Nähe der Talsperre zu brechenden Bruchsteine werden mittels Rollbahnen
auf die Baustelle geführt und dort nach der Größe sortiert; die großen Mauer-
steine und kleineren, zum Verzwickeln bestimmten Bruchsteine werden vor
ihrer Verwendung durch einen kräftigen Wasserstrahl (3—4 Atmosphären
Druck) gut abgespült, event. mit Stahldrahtbürsten gereinigt.
Die großen Bausteine werden vom Rollwagen mittels großer Zangen
gehoben, durch einen Laufkran über die Verwendungsstelle gebracht, herab-
gesenkt und auf das saftig mit Mörtel und Steinzwickeln vorbereitete Lager
sofort definitiv aufgesetzt. — Die richtige Lage, also das eigentliche Versetzen
des Steines, muß noch vor dem vollständigen Aufsitzen, also in hängender
Lage bewirkt werden.
Das Mauerwerk ist streng zyklopenförmig, also ohne jede horizontale
Fugenausgleichung herzustellen.
Zur Feuchthaltung des Mörtels ist insbesondere bei trockener, heißer
Witterung das Mauerwerk mittels einer Druck Wasserleitung zu bespritzen.
Die fallweise Bekanntgebung anderer, hier nicht angeführter, technischer
Instruktionen und Normen behält sich die Oberbauleitung vor, und wird
der Unternehmer diesfalls durch die Bauleitung rechtzeitig in Kenntnis gesetzt
werden.
§ 46.
Portland-Zementmörtel.
Auch hier gelten die vom österreichischen Ingenieur- und Architekten-
vereine aufgestellten Bestimmungen für die einheitliche Lieferung und Prüfung
von Portland-Zement.
Außer zur Verfugung der Ansichtsflächen und zur Betonbereitung kann
event. auch der Portland-Zement zu dem Mörtel des Talsperrenbaues ver-
wendet werden.
§ 47.
Beton.
Beton kann in Anwendung kommen:
a) bei Gründungen von Bauten auf unebenem oder ungleich festem Bau-
grunde, oder als Unterlage für Pflasterungen;
b) bei Gründungen unter Wasser oder bei solchen Bauten, bei welchen
Wasserdichtigkeit Bedingung ist.
298 ^- ^^^ Stanweiherbanten.
Im ersten Falle wird zur Bereitung des Betons Mörtel aus hydraulischem
Kalk, im zweiten Falle Portland-Zementmörtel und Schlägelschotter genommen.
In dieser Hinsicht gelten die bereits angeführten Bestimmungen. Die Mischungs-
verhältnisse bestimmt die Bauleitung. Vor der Vermischung muß der Schotter
von allem Staub befreit und durch Begießen mit Wasser benetzt werden.
Mörtel und Schotter müssen von kräftigen, geübten Leuten so lange nach
allen Richtungen durchgearbeitet werden, bis eine vollständige Mischung und
Umhüllung aller Steine des Schotters mit Mörtel erfolgt ist.
Bei den sub a benannten Gründungen wird der Beton, nachdem die
Baugrube geleert und gesäubert und die Erlaubnis zum Beginn der Betonierung
von der Bauleitung erteilt worden ist, mit Schubkarren oder Tragkästen in
Schichten von höchstens 30 cm Dicke eingebracht und mit Handrammen ge-
ebnet und festgestampft.
Bei Nachtfrösten, anhaltendem Regen muß der Beton gegen das Ge-
frieren, Auswaschen und bei trockenem, warmem Wetter gegen allzu rasches
Trocknen geschützt werden. Bei anhaltendem Froste ist das Betonieren auf
die Dauer desselben einzustellen.
Beton, welcher durch Frost, Regen oder Hitze gelitten hat, ist der Unter-
nehmer verpflichtet, ohne Entschädigung zu beseitigen und durch guten zu
ersetzen.
Bei Gründungen unter Wasser muß der Beton durch hölzerne Schläuche,
welche bis auf die Oberfläche der zu bildenden Schichte hinabreichen, oder
mittels Kästen versenkt und mit Stampfen geebnet und niedergedrückt
werden.
Bei dieser Arbeit ist hauptsächlich darauf zu sehen, daß nicht beim Ver-
senken und Festdrücken des Betons die Mörtelbestandteile desselben aus-
gewaschen werden.
Der Beton, ob mit Mörtel von hydraulischem oder Zementkalk bereitet,
muß unmittelbar nach der Bereitung verwendet werden, widrigenfalls er als
unbrauchbar zu beseitigen ist.
§ 48.
Veränderungen in den Mischungsverhältnissen.
Stellt sich durch die von den Organen der Bauleitung anzustellenden
Mörtelproben die Notwendigkeit heraus, von den oben angegebenen Mischungs-
verhältnissen und Bereitungsmethoden abzuweichen, so hat der Unternehmer
den diesfalls an ihn gerichteten Weisungen nachzukommen, ohne hieraus
irgendwelche Ansprüche ableiten zu können.
Abänderungen in den Mischungsverhältnissen, welche vom Bauunter-
nehmer beantragt werden, können nur mit Bewilligung der Bauleitung auf
Grund vorhergegangener Versuche durchgeführt werden.
Das für die Proben erforderliche Material, sowie die Arbeitsleistung hat
der Unternehmer in allen Fällen unentgeltlich zu liefern.
F. Baudurchführung. 299
c) Ausführung der Maurer- und Sfeinmefzarbeifen.
§ 49.
Gattungen der Maurer- und Steinmetzarbeiten.
Bei den Maurer- und Steinmetzarbeiten werden unterschieden:
a) Maurerarbeiten, für welche die Steine nicht erst besonders und vor dem
Vermauern durch Steinmetze bearbeitet werden müssen, sondern durch
die Maurer selbst hergerichtet werden können. Hierher gehören Funda-
mentmauerwerk aus Bruchsteinen und häuptiges Mauerwerk aus unregel-
mäßigen Bruchsteinen. Diese Mauerwerksgattungen werden entweder
trocken oder in Mörtel ausgeführt.
b) Maurerarbeiten, bei welchen das Steinmaterial vor der Vermauerung
von Steinmetzen bearbeitet und von Maurern gesetzt wird. Hierher
gehört alles Mauerwerk aus lagerhaften Bruchsteinen, aus Bruchsteinen
in Schichten (Haustein- oder Hackelsteinmauerwerk) und das Quader-
mauerwerk.
c) Maurerarbeiten, welche aus Ziegelsteinen ausgeführt werden.
§ 50.
Untersuchung des Baugrundes vor dem Beginn der Maurerarbeiten.
Mit der Ausführung aller Arten von Steinarbeiten und Maurerarbeiten
darf nicht früher begonnen werden, als nachdem der Grund, auf dem sie aus-
geführt werden sollen, von dem bauleitenden Ingenieur untersucht und als
hinreichend fest erkannt worden ist und event. nachdem die auf die Ver-
rechnung bezüglichen Dimensionen des Fundaments festgestellt wurden (siehe
auch § 45).
§ 51.
Allgemeine Vorschriften für die Ausführung von Mauerwerk.
Für die Ausführung von Mauerwerk gelten, soweit hierüber nicht schon
oben Bestimmungen getroffen wurden, folgende allgemeine Vorschriften:
a) Die einzelnen Steine müssen durch die ganze Dicke der Mauer in gutem
horizontalem Verbände stehen, und Läufer und Binder müssen gehörig
miteinander abwechseln.
b) Bei der Vermauerung von unbearbeiteten Bruchsteinen wie von Quadern
muß immer die breitere Fläche der Steine nach unten gekehrt werden.
c) Lagerhafte unbearbeitete oder bearbeitete Bruchsteine wie auch Quader
dürfen niemals auf ihr Haupt gestellt, sondern müssen immer auf ihr
Lager gelegt werden.
d) Die Lagerflächen der Schichten bei Hausteinmauerwerk wie bei Quader-
mauerwerk müssen durch die ganze Dicke der Mauer sich im gleichen
Maße berühren, und soll das Unterlegen einzelner Steine, sowie überhaupt
die Anwendung von Hilfsmitteln vermieden werden, welche ein ungleiches
Zusammendrücken der Mauer herbeiführen.
e) Mauerteile, welche unter sich zusammenhängen, müssen, soweit es die
Umstände gestatten, gleichmäßig und gleichzeitig in die Höhe geführt
werden, damit die unvermeidliche Senkung eine gleichmäßige sei.
300 n> ^ic Staaweiherbaaten.
Welche Bauten und Teile von Bauten trocken und welche in Mörtel,
im letzteren Falle mit welcher Gattung von Mörtel sie ausgeführt werden
sollen, bestimmt die Bauleitung.
Mit der Anlage von Stütz- und Futtermauern in schwierigem Terrain
darf nur in kurzen Partien vorgegangen werden, worüber die Bauleitung von
Fall zu Fall die nötigen Weisungen erteilen wird.
§ 52.
Besondere Vorschriften für die Ausführung vonTrockenmauerwerk.
Bei Trockenmauerwerk werden die Fugen und Zwischenräume zwischen
den einzelnen Steinen im Innern des Mauerwerkes mit kleinen Steinen
ausgelegt.
Im übrigen gelten die Bestimmungen der betreffenden Mauerwerks-
gattung.
§ 53.
Besondere Vorschriften für die Ausführung von Mörtelmauerwerk.
Für die Ausführung von Mörtelmauerwerk gelten folgende Vorschriften:
a) Alle Zwischenräume zwischen den einzelnen Steinen müssen vollkommen
mit Mörtel ausgefüllt und die Steine innig mit dem Mörtel verbunden
werden. Zu diesem Zwecke sind die Steine, ehe sie mit Mörtel in
Berührung gebracht werden, von allem Staub zu befreien und sorgfältig
anzunetzen.
Bei trockener und warmer Witterung müssen die angefangenen Mauer-
teile häufig begossen und, wenn es verlangt wird, auch bedeckt werden.
b) Das Behauen und Zusammenpassen der Bruchsteine und Quader darf
nicht erst auf der Mauer, sondern muß vorher entweder auf dem Werk-
platze oder auf dem Gerüste geschehen, damit nicht Steine, welche
bereits vermauert sind, erschüttert, in ihrer Verbindung mit dem bereits
anziehenden Mörtel gestört oder gelockert werden, und damit das
bereits hergestellte Mauerwerk nicht durch die abfallenden Steinsplitter
verunreinigt werde.
c) Bei starkem Regen müssen die angefangenen Mauerteile durch Bedecken
gegen das Auswaschen des Mörtels geschützt werden. Bei Frösten muß
die Ausführung des Mörtelmauerwerkes auf die Dauer derselben ein-
gestellt werden.
Mauerteile, deren Mörtelverbindung durch Frost, Regen oder andere
Ursachen gelitten hat, hat der Unternehmer ohne Anspruch auf Ent-
schädigung abzubrechen und neu aufzuführen.
§ 54.
Fundamentmauerwerk aus Bruchsteinen.
Bei Fundamentmauerwerk aller Nebenobjekte werden zu den unteren
Schichten des Mauerwerkes die größten plattenförmigen Steine ausgewählt
und die Fugen derselben derart gewechselt, daß der Druck des darauf
ruhenden Mauerwerkes gleichmäßig auf die Sohle der Fundamentgrube ver-
teilt wird.
F. Baudurchfühning. 301
Bei Fundaraentmauerwerk in Mörtel wird die unterste Schichte in ein
auf die Sohle der Baugrube auszubreitendes reichliches Mörtelbett gelegt.
Bezüglich der Ausführung des Fundaraentmauerwerkes der Talsperre
selbst haben nebstdem die im § 45 angeführten Bestimmungen zu gelten.
§ 55.
Häuptiges Mauerwerk aus unregelmäßigen Bruchsteinen.
Bei häuptigem Mauerwerk aus unregelmäßigen Bruchsteinen können die
Lager- oder Stoßfugen im Mauerhaupt entweder in parallelseitigen oder in
unregelmäßigen (Zyklopen-) Formen angeordnet werden.
Die Bearbeitung des Mauerhauptes und der Lagerflächen ist so gut, wie
dies mit dem Mauerhammer geschehen kann, auszuführen.
Das Auszwicken oder Ausschiefern zu großer Fugen ist in keinem Falle
gestattet; dagegen können größere Lücken zwischen den Mauersteinen durch
sorgfältig eingepaßte Schiefer ausgefüllt werden, es dürfen aber die Schiefer
nicht von außen in die Fugen gesteckt, sondern müssen mit den Mauersteinen
eingelegt werden und in deren Verband eingreifen. Die zulässige Größe der
einzelnen Steine wird von dem bauleitenden Ingenieur von Fall zu Fall fest-
gesetzt. Im übrigen haben für das Zyklopenmauerwerk der Talsperre selbst
auch die im § 45 angeführten Bestimmungen zu gelten.
Die Deckschichten von überschütteten Stützmauern und von Futter-
mauem sind aus mindestens 40 cm tiefen und mindestens 20 cm hohen
Steinen herzustellen, welche rollsteinartig in die Mauer eingreifen und im
Stoße sich auf mindestens 15 cm Länge berühren. Diese Deckscharen er-
halten einen Erdhaken.
Die freiliegenden Deckschichten von Stützmauern sind aus mindestens
15 cm tiefen und mindestens 25 cm hohen Durchbindem herzustellen. Die
einzelnen Steine sollen zur Erzielung eines- guten Verbandes zwischen Mauer
und Deckschichte von ungleicher Höhe sein und vollständig in die Mauer
eingreifen. In den Stoßfugen sollen sich dieselben auf die ganze Tiefe und
Höhe der Steine berühren. Die obere Fläche ist rauh zu spitzen und die
äußere Kante auf 3 cm Breite abzufassen; die innere Kante ist auf 15 cm
Tiefe flüchtig abzuarbeiten.
In Entfernungen von 2,5 m sind größere Steine von mindestens 60 cm
Länge und mindestens 40 cm Höhe zur Aufnahme der eisernen Geländer-
säulen anzubringen, die im übrigen wie die anschließenden Deckschichten be-
handelt werden.
§ 56.
Häuptiges Mauerwerk aus lagerhaften Bruchsteinen,
Bei Mauerwerk aus lagerhaften Bruchsteinen müssen die einzelnen Steine
im Innern und Äußern nach der Tiefe der Mauer parallele Lagerflächen haben,
und das Mauerhaupt soll entweder senkrecht gegen die Lagerfläche oder ent-
sprechend dem vorgezeichneten Maueranlauf mit Hammer und Zweispitzeisen
flüchtig bearbeitet werden.
Nach der Länge der Mauer sind die einzelnen Steine entweder hori-
zontal oder je nach der vorgezeichneten Konstruktion des Objektes ansteigend
302 n. Die SUuweiherbauten.
und in der Regel unter sich parallel, nach der Tiefe der Mauer jedoch stets
horizontal zu versetzen.
Die unteren bearbeiteten horizontalen Lagerflächen der einzelnen Steine
des Mauerhauptes müssen wenigstens zwei Dritteile, die oberen wenigstens
ein Dritteil der natürlichen Lagerfläche betragen; dabei muß die untere be-
arbeitete Lagerfläche auf mindestens 16 cm Tiefe vom Mauerhaupt einwärts
auf die ganze Länge des Steines ausgedehnt sein.
Im Innern müssen die unteren Lager ca. die Hälfte, die oberen ca. ein
Viertel der natürlichen Lagerfläche betragen.
Die Weite der Lagerfugen darf nicht mehr als 12 mm betragen.
In den Stößen müssen die einzelnen Steine sich berühren und die
bleibenden Öffnungen sind sorgfältig auszumauern.
Dabei dürfen im Haupte die Schiefer nicht von außen hineingesteckt,
sondern sie müssen so eingelegt werden, daß sie in den Verband eingreifen.
Ausgenommen hiervon sind die Stoßfugen im Haupte, wo Lagerfugen
wechseln. Diese sind stets vertikal zu bearbeiten. Es können aber hierbei
Steine an ihrem oberen Lager ausgekröpft werden.
Ausgemauerte Stoßfugen im Haupte müssen stets und derart verbunden
werden, daß der überbindende Stein zu beiden Seiten der Fuge noch mindestens
auf 15 cm Länge auf bearbeiteten Lagern aufliegt.
Es dürfen im Mauerhaupte nur Stoßfugen und keine Lagerfugen aus-
gemauert werden.
Das Mauerwerk ist von 1,5 zu 1,5 m Höhe abzugleichen; zwischen diesen
Mauergleichen darf die Höhe der einzelnen Steine, welche aneinander stoßen,
nur so viel variieren, daß eine Steinhöhle durch höchstens 3 Steinlagen aus-
geglichen wird.
Im Mauerhaupt darf auch kein Stein höher sein, als die mittlere Breite
seines unteren bearbeiteten Lagers beträgt.
Über die Zahl der Binder verfügt die Bauleitung bei der Ausführung.
§ 57.
Schichtenmauerwerk aus Bruchsteinen (Hausteinmauerwerk).
Für das Schichtenmauerwerk aus Bruchsteinen (Hausteinmauerwerk)
sollen die einzelnen Steine am Haupte rechtwinklig, mit parallelen Lager- und
Stoßfugenflächen rein bearbeitet werden. Die Schichtenhöhe darf nicht weniger
als 20 cm, die Tiefe der Stoßfugenflächen nicht weniger als 15 cm, vom
Haupte an gemessen, betragen.
Die Anlage der Mauerschichten nach der Tiefe geschieht sowohl bei
senkrechten Mauern als bei Mauern mit Anlauf horizontal, im ersteren Falle
also rechtwinklig, im letzteren mit spitz- oder stumpfwinklig bearbeiteten
Mauerhauptsteinen. Bei Mauern, welche horizontale Flächen begrenzen, sind
die Schichten der Länge nach horizontal, bei solchen, welche ansteigende
Flächen begrenzen, parallel mit der Steigung durchzuführen.
Die Stoßfugen der einzelnen Steine müssen im Haupt derart abwechseln,
daß die Steine der einen Schichte die der anderen mindestens um 15 cm
überbinden.
F. Baadarchfühning. 303
Auf je zwei Läufer muß wenigstens ein Binder kommen, welcher min-
destens 25 cm über die Breite der Läufer greift.
Wo die Höhe der Schichten verändert wird, was nur in besonderen
Fällen zulässig ist, dürfen weder zwei Stoßfugen aufeinander treffen, noch
einzelne Steine ausgekröpft werden, sondern es müssen die Ungleichheiten
der Schichtenhöhe durch Einsetzen eines Steines ausgeglichen werden, der
die Höhe zweier Schichten hat.
Bei dieser Gattung von Mauerwerk darf die Weite der Lagerfugen
höchstens 10 mm und die Weite der Stoßfugen auf mindestens 15 cm vom
Haupte an höchstens 8 mm betragen.
Die Hintermauerung ist ebenfalls in Schichten auszuführen, welche mit
den Vorsetzsteinen gleich hoch sind, und sollen die Lager und Stoßfugen roh
gespitzt werden.
Jede Schichte muß für sich vollkommen eben abgeglichen werden.
Die beiden Lagerflächen der Hintermauerungssteine müssen mindestens
in drei Viertel ihres Ausmaßes parallel zueinander, die Stoßfugen — ebenso
in drei Viertel — senkrecht zu den Lagern sein. Im übrigen kann die Form
der Steine unregelmäßig bleiben, jedoch darf die Unregelmäßigkeit der Form
den Bedingungen eines soliden Verbandes keinen Eintrag tun.
Die Lücken müssen in jeder Schichte sorgfältig ausgemauert werden,
ehe mit dem Versetzen der nächsten Schichte fortgefahren wird. Im Mauer-
haupte müssen alle Steine durchaus scharfkantig sein.
Der Verband der Stoßfugen ist bei der Hintermauerung derart einzuteilen,
daß sich die einzelnen Steine sowohl in einer und derselben Schichte, als
auch in bezug auf die vorhergehende Schichte mindestens um 25 cm über-
greifen. Die kleinsten zulässigen Dimensionen der Läufer bestimmt die
Bauleitung.
Die Bauleitung kann ausnahmsweise gestatten, daß die Hintermauerung
einer Schichte in zwei Schichten geteilt werde.
§ 58.
Quadermauerwerk.
Für Quadermauerwerk jeder Art enthalten die Pläne die nötigen Be-
stimmungen hinsichtlich der Schichtenhöhe, der Gestalt und der Dimension
der einzelnen Steine.
Quader, welche zur Bildung von Fundamentschichten benutzt werden,
dürfen im Haupte und in jenen Flächen, welche auf dem Boden aufliegen,
rauh bossiert bleiben.
Die Lagerfugenflächen von Fundamentquadern müssen gespitzt oder
gekrönelt werden, so daß die Lagerfugen in vollkommen gleicher Weite,
welche in gewöhnlichen Fällen höchstens 15, bei sehr starker Belastung des
Mauerwerkes aber 20 mm betragen darf, durchlaufen.
Diese Vorschrift ist für Lagerfugen zwischen Quadern wie auch zwischen
Quadern und geschichtetem Mauerwerk einzuhalten.
Die Weite der Stoßfugen darf sowohl bei massivem als bei Verkleidungs-
Fundament-Quadermauerwerk 30 mm betragen.
304 n* ^i^ Staaweiherbauten.
Bei sonstigem Quadergemäuer mul5 jede Schichte für sich vollkommen
eben abgeglichen werden.
Die Lagerfugenflächen werden gekrönelt oder gestockt und die Lager-
fugen laufen in vollkommen gleicher Weite, welche in gewöhnlichen Fällen
höchstens 8, bei sehr starker Belastung des Mauerwerkes aber 10 mm betragen
darf, durch.
Die Weite der Stoßfugen darf auf 5 cm Tiefe vom Haupte an höchstens
5 mm betragen. Von jenen 5 cm an gegen den Kern der Mauer erhalten sie eine
gleichmäßige Weite von 9 — 12 mm, um das Ausfüllen mit Mörtel zu erleichtern.
Beim reinen und verzierten Quadergemäuer werden die Stoßfugen im
Haupte zusammengefügt und dürfen höchstens 3 mm Weite erhalten.
Bei Quadermauern müssen Läufer und Binder regelmäßig wechseln und
die einzelnen Steine sich mindestens 25 cm überbinden. Bei Verkleidungs-
mauerwerk von Quadern muß auf je zwei Läufer ein Binder kommen, welcher
die Hintermauerung auf wenigstens 35 cm bindet. Die Hintermauerung von
Quaderverkleidungen ist wie Mauerwerk aus Bruchsteinen in Schichten mit
der größten Sorgfalt und gleichmäßig mit der Quaderverkleidung aufzuführen.
Beim Versetzen von Quadern, welche eine sehr starke Belastung er-
halten, sind die Lagerfugen auf 5 cm vom Haupte einwärts offen zu lassen
und erst später, wenn die volle Belastung eingetreten ist, mit Mörtel auszu-
füllen, um das Abdrücken von Ecken und Kanten zu verhindern.
Einstückungen werden im Haupte von Quadermauern gar nicht geduldet.
Abgestoßene Ecken oder sonstige Beschädigungen müssen durch Nach-
arbeiten des betreffenden Steines verbessert werden.
Im Innern von Quadermauern sind fehlende Ecken insoweit zulässig,
als sie ^/g der Lagerfläche des betreffenden Steines nicht übersteigen, müssen
aber sorgfältig ausgemauert werden, ehe mit dem Versetzen fortgefahren wird.
Fundamentquader der unteren Schichte, insofern mehrere Fundament-
quaderschichten aufeinander liegen, und die Schlußsteine je einer Quader-
schichte müssen vollkantig sein.
Die Schablonen von gesimsten und sonst verzierten Quaderstücken hat
der Unternehmer, ehe er mit deren Ausführung beginnt, der Genehmigung
des bauleitenden Ingenieurs zu unterbreiten.
Brüstungen von Quadern werden sowohl in dem Lager als an den
Stößen mit verdeckten Falzen zusammengesetzt.
Zu dem Quadermauerwerk gehören auch noch die inneren Dolen-
deckel. Diese sind Quader ordinärster Gattung, welche bloß am unteren
Lager und an beiden Stoßflächen gespitzt, im übrigen aber mit dem Hammer
auf die dem Plane entsprechenden Dimensionen gebracht werden. Die
Dolendeckel werden auf ein Mörtellager gelegt und die Stoßfugen bis auf
15 cm von der Widerlagerkante weg in Mörtel gelegt, in der Mitte aber
offen gelassen.
§ 59.
Mauerwerk aus Ziegeln.
Mauerziegel werden vor dem Vermauern in Wasser gelegt, so lange
darin gelassen, bis keine Luftblasen mehr aus ihnen aufsteigen, und sodann
F. Baudurchfühnmg. 305f
in regelmäßigen Schichten in doppeltem Verband mit wechselnden Fugen
vermauert.
Die Weite der Fugen soll höchstens 12 mm betragen.
Bei Ziegelmauerwerk, welches ohne Verputz gelassen wird, sind im
Haupte immer die an Gestalt und Beschaffenheit besten Ziegel zu verwenden;
bei Ziegeln, welche für solches Mauerwerk nach besonderen Formen behauen
werden müssen, sind die behauenen Flächen mit einem grobkörnigen Sand-
stein trocken abzuschleifen.
§ 60.
Besondere Vorschriften für die Ausführung von Gewölben.
Bei allen Gewölben müssen die Lagerfugen der Länge nach parallel
durchgeführt und die Lagerflächen überall normal auf die innere Wölbungs-
fläche gerichtet werden.
Die Linien der Lagerfugen sind zu diesem Zwecke auf der Verschalung
der Bogengerüste vorzureißen.
Die beiden Gewölbeschenkel sind bei allen Gewölben gleichzeitig und
gleichmäßig von beiden Widerlagern aus aufzuführen, damit kein ungleicher
Druck auf die Bodengerüste entstehe, und diese letzteren sind dem Drucke
der Gewölbeschenkel entsprechend am Scheitel zu belasten.
Die Widerlager sind nur an den Gefällsbruchstellen von Objekten mit
verschieden geneigten Teilen und bei Stufen der Fundaments- oder der
Kämpferflächen zu trennen und stumpf zu stoßen.
Bei Gewölben aus Bruchsteinen sind die Schlußsteine, welche stets
Durchbinder sein müssen, erst nachdem beide Gewölbeschenkel von beiden
Seiten bis zum Schlüsse aufgeführt sind, genau auf das Maß zu bearbeiten
und mit der Handramme einzutreiben, bis das Gewölbe seine vollständige
Spannung erhalten hat und das Bogengerüste entlastet ist.
Die einzelnen Gewölbesteine dürfen keinesfalls über die Gewölbeauf-
mauerung vorstehen und müssen daher, wenn sie länger sind, noch vor dem
Versetzen abgeköpft werden.
§ 6L
Gewölbe aus lagerhaften Bruchsteinen.
Gewölbe aus lagerhaften Bruchsteinen werden aus mit dem Hammer
und Zweispitz keilförmig bearbeiteten Steinen hergestellt.
Bezüglich des Verbandes, der Bearbeitung der Steine und der Weite
der Lagerfugen gelten die vorerwähnten Vorschriften, insofern dieselben nicht
durch die nachstehenden Bestimmungen abgeändert werden.
Ausschieferungen sind in den Gewölbeflächen unzulässig.
Die Lagerflächen sollen bis auf mindestens drei Viertel der ganzen
Breite des Steines ohne erhebliche Höhlungen oder Vertiefungen sein.
Die Versetzsteine müssen nach der Tiefe des Gewölbes mindestens das
1^/3 fache Maß der Dicke des Steines haben.
Die erforderliche Anzahl der Durchbinder bestimmt die Bauleitung.
Nach je drei oder vier Schichten ist eine durchlaufende ebene Fläche
normal zur inneren Gewölbefläche und mit der unteren Kante parallel zur
Gewölbeachse herzustellen.
Friedrich, Wasserban. Zweite Auflage. IL Band. 20
306 ^^* ^^^ Staaweiherbauten.
Dieselbe Ausgleichung soll bei beiden Gewölbeschenkeln in annähernd
gleichen Abständen von der Widerlagerkante gehalten werden.
Nach Schließung des Gewölbes sind die Fugen noch mit flüssigem, hydrau-
lischem oder magerem Mörtel auszugießen.
§ 62.
Gewölbe aus bearbeiteten Bruchsteinen.
Bei Gewölben aus bearbeiteten Bruchsteinen (Hausteinen oder Quadern)
sind die einzelnen Steine nach dem Fugenschnitt keilförmig zu bearbeiten.
Hinsichtlich der Vermauerung, des Verbandes und der Fugenweite
gelten bei Gewölben aus Schichtenmauersteinen die Vorschriften der §§ 51,
53 und 57, bei Gewölben aus Quadern die Vorschriften der §§ 51, 63 und 58.
Beim Versetzen aller Gewölbesteine in Gewölben von größeren Spann-
weiten sind die Lagerfugen auf 5 cm Tiefe von der Leibung einwärts offen
zu lassen und erst später mit Mörtel auszufüllen, wenn das Gewölbe seine
vollständige Senkung erlitten hat, um das Abdrücken von Ecken und Kanten
in der Leibung zu verhindern.
Die erforderliche Anzahl der Durchbinder bestimmt die Bauleitung.
Die Gewölbestirnsteine sind mit sogen. Haken in das anschließende
Stimmauerwerk eingreifend herzustellen.
Ausnahmen hiervon bestimmt die Bauleitung.
§ 63.
Gewölbe aus Mauerziegeln.
Gewölbe aus Mauerziegeln bestehen in einer nach ihrer Dicke zu be
messenden Anzahl von konzentrischen Ringen, deren Dicke im einzelnen der
1- oder 1^/2 fachen .Länge eines Mauerziegels gleichkommt.
Die Schichten der einzelnen Ringe werden im einfachen Verbände an-
gelegt und die Weite der Gewölbefugen muß in allen einzelnen Ringen
gleich sein, so daß nur in gewissen Entfernungen die Gewölbefugen sämtlicher
Ringe aufeinander treffen. Diese Stellen sind zur Herstellung eines Ver-
bandes durch die ganze Gewölbedicke zu benutzen, indem eine aus vier
Ziegelschichten im doppelten Verbände vermauerte, gemeinschaftliche Gewölbe-
schichte angelegt und auf dieser sofort wieder mit den einzelnen Ringen
fortgefahren wird.
§ 64.
Ausmauerung (Nachmauerung) der Gewölbe.
Sobald die Gewölbe geschlossen sind, werden die Bogengerüste etwas
gelüftet und die Gewölbe einige Tage lang sich selbst überlassen, damit die
unvermeidliche Senkung und Zusammendrückung in den Fugen eintreten
kann. Ist dies geschehen, so werden sie in der in den Arbeitsrissen be-
stimmten Weise mit rauhen Bruchsteinen oder ordinären Mauerziegeln von
beiden Seiten gleichzeitig aufgemauert. Die nach beiden Seiten geneigten
Oberflächen der Aufmauerung werden sodann im Sinne des § 65 abgedeckt
Erst wenn die Aufmauerung vollendet ist, können die Bogengerüste
ganz entfernt werden.
F. Baadurchfilhning. 307
§ 65.
Abdeckung der Gewölbe.
Die Gewölbe müssen mit einem Oberguß aus hydraulischem Mörtel
oder Asphalt von der durch den bauleitenden Ingenieur in jedem besonderen
Falle zu bestimmenden Art und der vorgeschriebenen Stärke bedeckt werden.
Dieser Überguß ist erst nach Entfernung des Lehrgerüstes und nach
vollkommener Setzung des Gewölbes herzustellen. Ehe man den Mörtel an-
wendet, müssen die Fugen des Mauerwerkes vollständig freigelegt und seine
Oberfläche gänzlich gereinigt werden, und zwar mittels eines Besens aus
Eisendraht und durch Abspülung mit einer reichlichen Quantität Wasser.
Nachdem die Oberfläche des Gewölbes gereinigt ist und bevor sie alle
Feuchtigkeit verloren hat, muß die Mörtelschichte in ihrer ganzen Dicke
(6 — 10 cm) nach Vorschrift der Bauleitung aufgetragen werden.
Man preßt dieselbe mit flachen hölzernen Streichbrettern stark zusammen
und glättet sie wiederholt mit der Maurerkelle.
Hierbei füllt man alle sich bildenden Risse sorgfältig aus.
Diese Arbeit wird am nächsten Tage neuerdings aufgenommen und so
oft wiederholt, als notwendig ist, damit der Oberguß des Gewölbes bei seiner
vollständigen Erhärtung keine Spur von Spalten oder Rissen zeige.
§ 66.
Bearbeitung des Mauerhauptes.
Über die Art der Bearbeitung des Mauerhauptes, das ist der sichtbaren
Flächen bei Maurer- und Steinmetzarbeiten, gelten folgende Regeln, über deren
Anwendung im einzelnen Fall die Bauleitung das Nötige vorschreibt.
a) Bei Mauerwerk aus unregelmäßigen und lagerhaften Bruchsteinen, trocken
oder in Mörtel, müssen die Kanten der Häupter der einzelnen Steine
mit dem Maurerhammer sauber und flüchtig beschlagen werden.
An den Flächen der Häupter bleiben entweder die Bruchflächen
der Steine als Bossen stehen, deren Vorsprünge annähernd gleich sein
müssen und nicht abgespitzt, sondern mit dem Hammer abgeschlagen
werden, oder es werden die Häupter rauh gespitzt. Die Fugen der
Mörtelmauem werden von außen mit Portland-Zementmörtel verstrichen.
b) Bei Schichtenmauerwerk aus Bruchsteinen in Mörtel werden die Häupter
der einzelnen Steine zwischen scharf abgegrenzten und in allen Schichten
gleich breiten Schlägen reinlich gespitzt, gekrönelt oder gestockt.
Die Breite der Schläge darf nicht mehr als ein Zehntel der durch-
schnittlichen Höhe der Steine betragen, die Fugen werden mit Zement-
mörtel sauber ausgefüllt und verstrichen.
c) Bei Mauerwerk aus Quadern, trocken oder in Mörtel, werden die Häupter
der einzelnen Steine, wenn sie mit Mauerwerk nach §§ 55, 56, 57 und 59
in Verbindung stehen, entweder nach den sub a gegebenen jeweiligen
Vorschriften behandelt, oder sie werden zwischen Schlägen gespitzt und
gestockt, oder sie erhalten Bossen zwischen Schlägen.
Für die Behandlung der Bossen und die Breite der Schläge gelten
die sub a und b gegebenen Vorschriften.
20*
308 ^^' ^^® SUuweiherbanten.
Die Fugen werden mit Zementmörtel sauber ausgefüllt und ver-
strichen.
d) Bei Mauerwerk bloß aus Quadern und bei Zierstücken werden die Häupter
entweder nach der sub c gegebenen Vorschrift behandelt, oder sie er-
halten künstliche Bossen zwischen Schlägen, deren Form und Dimensionen
in den Arbeitsrissen bestimmt werden, oder sie werden auch ganz glatt
aufgeschlagen oder geschliffen. Die Fugen bleiben entweder auf 3 mm
Tiefe offen oder sie werden sauber verstrichen.
e) Bei Mauerwerk aus Ziegeln werden die Fugen desselben mit hydraulischem
oder Zementmörtel sorgfältig verstrichen.
f) Innere Mauerflächen bei Brücken oder Durchlässen erhalten in der Regel
keine Bossen.
g) Die Gewölbeleibungsflächen aus Stein und aus Ziegeln werden nach den
sub a, b, c, d und e gegebenen Vorschriften behandelt. Sie erhalten
nie Bossen.
Der Unternehmer ist verpflichtet, die sichtbaren Flächen der vollende-
ten Maurer- und Steinmetzarbeiten nochmals zu überarbeiten, die Löcher
der Gerüsthölzer so zu vermauern, dafl sie dem Auge nicht bemerkbar
sind, und Flecken von Mörtel und andere Unreinlichkeiten nötigenfalls
unter Anwendung chemischer Mittel zu entfernen. Die Fugen müssen
vor dem Verstreichen auf 2 — 3 cm Tiefe ausgekratzt, gereinigt und benetzt
werden.
Bei Ziegelrohbau darf bei der Nachbearbeitung resp. dem Reinigen in
keinem Falle die durch das Brennen hervorgebrachte Glasur der Ziegel an-
gegriffen werden.
Bei Quader- und Ziegelmauerwerk bleibt der Fugenmörtel 3 mm hinter
den Häuptern der Steine zurück und wird in dieser Tiefe festgestrichen.
Bei den übrigen Mauerwerksgattungen aber wird der Fugenmörtel über
das Haupt vorspringend in gleicher Breite aufgetragen, dann mit der Kelle
fest in die Fugen eingedrückt, ausgestrichen und geglättet.
Beim Verbrämen dürfen jedoch keine scharfen Kanten oder künstliche
Fugen mit dem Fugenmörtel hergestellt werden, auch müssen beim Verstreichen
der Fugen die Häupter der Steine rein erhalten werden.
§ 67.
Anpassen und Befestigen von Eisenteilen.
Überall, wo zur Verstärkung des Verbandes von Mauerwerk Eisen an-
gewendet oder Guß- oder Schmiedeeisenteile mit der Mauer in Verbindung
gebracht werden, ist der Unternehmer verpflichtet, dieselben ohne besondere
Entschädigung einzulassen, einzubohren, in Mörtel einzulegen oder einzugießen;
ebenso diejenigen Eisenteile, welche dazu dienen, andere Arbeiten an Mauer-
werk und Steinmetzarbeiten zu befestigen.
Müssen Eisenteile, welche an Mauerwerk anzupassen sind, mit Schwefel
oder Blei eingegossen werden, so werden die hierzu verwendeten Materialien
nicht besonders vergütet, sondern ist in dem Preise auch die Montierung
jedesmal inbegriffen.
F. Baudurchführung. 309
d) Ausmaß und Berechnung.
§ 68.
Ausmaß und Berechnung.
Gelieferte Steine, Schotter, Sand, Kalk, ßetonmauerwerk werden nach
Kubikmeter gemessen und berechnet, und zwar:
Bei Mauerwerk nach §§ 47, 52, 54 — 59 durch direktes Ausmaß der
Dimensionen der hergestellten Arbeiten, bei Gewölben aber dadurch, daß die
Mittellinie zwischen der äußeren und inneren Gewölbelinie mit dem arith-
metischen Mittel zwischen der Gewölbedicke am Schluß und am Wider-
lager und der so erhaltene Querschnitt mit der Länge des Gewölbes multi-
pliziert werden.
Bei einzelnen Quadern von nicht einfach parallelepipedischer Gestalt
wird der kubische Gehalt nach dem Gehalte des kleinsten Parallelepipedes
bestimmt, innerhalb dessen der betreffende Stein verzeichnet werden kann.
Ausnahmen von diesen Bestimmungen finden bei größeren QuaderstQcken
statt, auf deren Gestalt schon beim Brechen Rücksicht genommen werden
kann, wie beispielsweise bei runden Vorköpfen an Brückenpfeilern.
Bei keiner Art von Quadern wird ein Bruchzoll im Ausmaße berück-
sichtigt. Die Entschädigung für die im § 30 vorgeschriebene Behandlung des
Mauerhauptes ist in dem Preise der verschiedenen Mauerwerksgattungen in-
begriffen und es wird für die Bearbeitung der sichtbaren Flächen und das
Verfugen des Mauerwerkes keinerlei separate Vergütung geleistet.
Die Abdeckung der Gewölbe wird pro Quadratmeter berechnet
Für das Anarbeiten der Hacken an die Gewölbestimsteine wird keine
besondere Entschädigung in, Anrechnung gebracht; ebenso wird für das
Kubikmaß der Mauerwerksbossen keine Vergütung geleistet.
Sickerschlitze in Mörtelmauem sind ohne besondere Vergütung nach
Anordnung der Bauleitung auszuführen und mit hydraulischem Mörtel aus-
zustreichen.
Ein Abzug des Mauerwerkes für diese Öffnungen findet nicht statt.
Deckschichten bei Stütz- und Futtermauem werden in das Ausmaß der
Mauern einbezogen; für die erschwerte Bearbeitung wird eine Entschädigung
pro lfd. Meter Deckschichte geleistet.
In den betreffenden Preisen ist bei freiliegenden Deckschichten von
Stützmauern die Entschädigung für die Lieferung größerer Steine in bestimmten
Entfernungen zur Aufnahme der eisernen Geländersäulen inbegriffen.
Gelieferte Materialien zum Vergießen von Eisenarbeiten (Schwefel und
Blei) werden nicht berechnet, sondern sind in dem Preise für Lieferung und
Montierung inbegriffen.
8. Zimmerarbeiten.
§ 69,
Zimmer holzgattungen.
Zu den verschiedenen Baukonstruktionsteilen sollen in der Regel nur
folgende Holzgattungen verwendet werden:
310 n* ^i^ Staoweiherbanten.
die Lärche, die Weißtanne,
die Föhre (Kiefer, die Eiche,
die Rottanne, die Rotbuche.
§ 70.
Beschaffenheit und Bedingungen der Verwendung der
Zimmerhölzer.
Alle zu Zimmerarbeiten bestimmten Hölzer müssen gerade gewachsen,
vollkommen gesund und fehlerfrei sein. Sie müssen, sofern sie nicht zu
Hilfskonstruktionen, Gerüsten u. dergl., oder unter Wasser verwendet werden,
in hohen, trockenen Lagen und nicht in fetten, nassen Gründen aufgewachsen
und in der Jahreszeit geschlagen sein, in welcher kein Safttrieb stattfindet.
Sie müssen, wenn sie zu definitiven Konstruktionen aufier Wasser angewendet
werden sollen, mindestens ein Jahr vor ihrer Verwendung geschlagen und
gehörig ausgetrocknet sein.
Vorräte von rohen oder zugerichteten Bauhölzern werden auf Unter-
lagen, welche sie von der Bodenfeuchtigkeit isolieren, mit zwischengelegten
Holzstücken so aufgeschichtet, daß sie überall von der Luft bestrichen werden
können; durch Bedecken sind sie vor Sonne und Regen zu schützen.
Eichenhölzer, sofern sie nicht zu Hilfskonstruktionen oder unter Wasser
verwendet werden, müssen, sobald sie gefällt sind, auf die erforderlichen
Maße roh zugerichtet und, wo sich Gelegenheit hierzu bietet, je nach ihrer
Stärke auf zwei oder mehrere Wochen in Wasser gelegt werden, um durch
Entziehen des Gerbstoffes das Austrocknen derselben zu beschleunigen.
Rotbuchenhölzer dürfen nur unter Wasser oder zu Hilfskonstruktionen
in ihrem natürlichen Zustande, in allen anderen Verhältnissen aber nur unter
der Bedingung verwendet werden, daß sie nach einem von der Bauleitung
gut geheißenen Verfahren präpariert und dadurch gegen Fäulnis und Wurm-
fraß geschützt werden.
Alle zu definitiven Konstruktionen außer dem Wasser bestimmten
Zimmerhölzer müssen vom Splint befreit werden.
§71.
Bearbeitung der Zimmerhölzer.
Die zur Verwendung kommenden Zimmerhölzer müssen die in den
Plänen vorgeschriebenen Dimensionen nach allen Richtungen besitzen.
Für Baugerüste aller Art, welche nur für vorübergehende Zwecke
errichtet werden, können Rundhölzer oder roh beschlagene oder gesägte
Hölzer verwendet werden, wobei auf das Vorhandensein der im vorstehenden
Paragraphen geforderten Eigenschaften nur insoweit gesehen wird, als die
Solidität der Gerüste dieses notwendig macht.
Die Zimmerhölzer für Bogenrüstungen zu kleinen Gewölben, dann Leit-
pfähle und Zangen für Spundwände, endlich Spundplanken müssen sauber
beschlagen oder gesägt sein.
Die Zimmerhölzer zu größeren Gewölben sowie für definitives Zimmer-
werk, welches dem Auge entzogen wird, müssen genau auf die in den Werk-
F. Baudurchfiihrong. 311
rissen angegebenen Maße rechtwinklig und flüchtig behauen und gesägt sein.
Fehlende Kanten werden nur mit den von der Bauleitung festzusetzenden
Beschränkungen gestattet.
Zu Tragpfählen für Pfahlgründungen sind vorzugsweise gesunde und
gerade gewachsene Rundhölzer, von der Rinde und allen Unebenheiten
befreit, zu verwenden.
Die Hölzer für sichtbares definitives Zimmerwerk, dann für Röste,
Plankenböden, Wände und Böden von Senkkästen müssen vollkommen rein,
ohne auffallende Äste und Risse und überall vollkantig sein. Sie werden an
ihren sichtbar bleibenden Flächen gehobelt.
Verzahnte Balken müssen beim Einschneiden der Zähne aufgebogen
werden, damit sie sich, wenn sie ihre Belastung empfangen haben, nicht unter
die Horizontale senken.
Der Biegungspfeil beträgt für mäßige Belastungen 0,01, für starke Be-
lastungen 0,02 der Länge.
Die Schablonen von Gesimsen und ausgeschnittenen Holzteilen hat der
Unternehmer in natürUcher Größe aufzuzeichnen und, ehe er mit der Bear-
beitung derselben beginnt, der Genehmigung der Bauleitung zu unterstellen.
§ 72.
Ausführung des Zimmerwerkes im allgemeinen.
Zimmerwerke aller Art müssen auf gehörig geebneten Werkplätzen,
Röste und Plankenböden, Böden und Wände von Senkkästen, Bogenrüstungen
und Dachwerke auf horizontal liegenden Reißböden aufgerissen, angelegt, ab-
gebunden und so vollkommen zusammengepaßt werden, daß sie beim Auf-
schlagen und Zusammensetzen keinerlei Nacharbeit bedürfen.
Zum Aufschlagen und Zusammensetzen darf nicht eher geschritten
werden, als bis die einzelnen Stücke von dem bauleitenden Ingenieur unter-
sucht und gut befunden worden sind. Einstückelungen fehlerhaft gearbeiteter
Hölzer werden nicht geduldet.
§ 73.
Gerüste und Hilfskonstruktionen.
Bei Gerüsten und Hilfskonstruktionen aller Art kommt in Betracht, ob
sie von dem Unternehmer
a) für eigene Zwecke, das ist für die Ausführung von Bauten, deren Unter-
nehmer er ist, oder
b) für Zwecke der Bauleitung hergestellt werden.
Im ersten Falle ist es Aufgabe des Unternehmers, den Umfang, die
konstruktive Anordnung und die Dimensionen solcher Gerüste nach seinen
Bedürfnissen zu bestimmen; der Bauleitung steht es aber zu, an denselben
diejenigen Veränderungen, Ergänzungen und Verstärkungen anzuordnen,
welche sie im Interesse der Beschleunigung, der Genauigkeit, der Solidität
des Baues, sowie der Sicherheit der bei demselben beschäftigten Arbeiter für
notwendig erachtet.
312 n. Die Stauweiherbanten.
Der Unternehmer bleibt jedoch in jedem Falle für alle vorkommenden
Schäden und Unglücksfälle, welche infolge eines teilweisen oder gänzlichen
Gerüsteinsturzes sich ergeben sollten, verantwortlich und ersatzpflichtig.
Wenn solche Gerüste gleichzeitig mit der Ausführung oder nach
Vollendung der Arbeiten, für welche sie bestimmt sind, für die Ausführung
anderer, mit denselben in Verbindung stehender, aber entweder von der
Bauleitung in eigener Regie oder von anderen Unternehmern herzustellender
Arbeiten benutzt werden können oder müssen, so ist der Unternehmer der
Gerüste verpflichtet, gegen eine von der Bauleitung festzusetzende Ent-
schädigung dieses zu gestatten und, sofern es verlangt wird, seine Gerüste
bis nach Vollendung der fraglichen Arbeiten bestehen zu lassen und zu
erhalten.
Im zweiten Falle werden die Gerüste nach den von den Organen der
Bauleitung gegebenen Arbeitsrissen und Vorschriften ausgeführt.
§ 74.
Ausführung von Pfahlgründen.
Bei Pfahlgründen werden die Tragpfähle oder Piloten am dünnen Ende,
je nach der Beschaffenheit des Pfahlgrundes, entweder zugespitzt und an-
gebrannt oder mit einem vollkommen genau anzupassenden gußeisernen
Pfahlschuh versehen, am dicken Ende genau winkelrecht und eben ab-
geschnitten, etwas abgekantet und mit einem genau anzupassenden Pfahl-
ringe versehen, über welchen das abgeschnittene Ende des Pfahles etwa
15 mm vorsteht.
Die Pfähle werden mit einem Rammklotz eingetrieben, dessen Gewicht
im Verhältnisse zu dem Gewicht des Pfahles stehen und ungefähr 750 kg auf
jeden Kubikmeter des Pfahles betragen muß. Die Fallhöhe soll immer 1,6 m
sein. Mit dem Rammen wird so lange fortgefahren, bis der Tragpfahl auf
100 Schläge nicht mehr über 30 mm eindringt.
Bei Pfahlwerken, welche bedeutende Lasten zu tragen haben, müssen
auf Verlangen der Bauleitung alle einzelnen Pfähle, nachdem sie auf diese
Weise eingerammt sind, noch einmal mit je 100 Schlägen nachgerammt
werden, damit auch diejenigen, welche durch das Einrammen benachbarter
Pfähle gelockert worden sein könnten, einen festen Stand erhalten.
Piloten, welche beim Rammen beträchtlich nach der Seite ausweichen
und abnorme Richtung annehmen, müssen ausgezogen und von neuem ein-
gerammt, nötigenfalls durch frische ersetzt werden; ebenso Pfähle, von
welchen sich während des Schiagens vermuten oder wahrnehmen läßt, daß
sie Risse erhalten haben.
Wenn die Rammarbeiten vollendet sind, werden alle Tragpfähle mit
der Pfahlsäge unter Wasser in der vorgeschriebenen Höhe vollkommen eben
abgeschnitten.
Spund- und Leitpfähle zu Spundwänden werden wie die Tragpfähle
unten zugespitzt und angebrannt oder mit Schuhen versehen.
Sie werden entweder genutet oder sorgfältig und gut zusammengepaßt.
F. Baudurchfühnmg. 313
Es werden erst die Leitpfähle auf die erforderliche Tiefe geschlagen,
hierauf an dieselben zwei bis drei Hilfszangenpaare angeschraubt, welche
als Führungen der Spundpfähle zu dienen haben, und zwischen diese Zangen
und die Leitpfähle die Spundpfähle je einer Wandlänge eingestellt und ein-
gerammt.
Beim Einrammen der Spundpfähle ist so vorzugehen, daß die einzelnen
Pfähle während der Rammarbeit durchschnittlich immer auf gleicher Höhe
stehen; es dürfen also nicht die einzelnen Pfähle der Reihe nach festgerammt
werden, sondern, nachdem ein Pfahl um ca. 60 — 80 cm Tiefe eingedrungen
ist, muß der anstehende Pfahl auf dieselbe Tiefe nachgetrieben werden und
in dieser Art von Pfahl zu Pfahl die Rammarbeit fortgesetzt und dann wieder
aufgenommen werden, bis alle Pfähle feststehen.
Die Rosthölzer werden auf halbe Holzdicke überplattet.
Dielenböden werden aus passend aneinandergefügten Pfosten von vor-
geschriebener Holzstärke zusammengesetzt; Röste werden event. auch auf die
Piloten aufgezapft.
Die einzelnen Hölzer der Böden und Wände von Senkkästen werden
vollkommen genau zusammengehobelt, mittels Bolzen, welche in der Holzdicke
liegen, verschraubt und dicht kalfatert
§ 75.
Aufstellung und Ausschalung von Bogenrüstungen.
Bogenrüstungen müssen vollkommen unnachgiebige Unterstützungen und
solide Querverstrebungen erhalten.
Sie können bei kleineren Objekten auf Keile von Eichenholz und müssen
bei großen Brücken auf Schraubenapparate gestellt werden.
Bei Bogenrüstungen für größere Gewölbe müssen die einzelnen Hölzer
mit der größten Sorgfalt abgebunden, zusammengepaßt und, wenn es verlangt
wird, durch Bleche, welche in die Stoßfugen einzulegen sind, gegen das Ein-
drücken der Stirnflächen in das Langholz gesichert werden.
Die Verschalung von Bogengerüsten für Gewölbe aus kleinen Bruch-
steinen oder Mauerziegeln besteht aus 3 cm dicken Brettern von 25 cm Breite,
für Quadergewölbe aus Hölzern von quadratischem Querschnitt und 12 cm
Dicke, von denen je eines unter jede Gewölbeschichte zu liegen kommt.
Beim Ausschalen der Gewölbe muß das ganze Bogengerüste durch gleich-
zeitiges Lüften aller Keile resp. Drehen der Schraubenapparate gleichmäßig
gesenkt werden. Die Lüftung sowie die vollständige Ausschalung dürfen nicht
eher vorgenommen werden, als bis der bauleitende Ingenieur die Erlaubnis
dazu gegeben hat.
§ 76.
Aufstellung des definitiven Zimmerwerkes ohne Anstrich.
Die Aufstellung von definitivem Zimmerwerk darf, wenn dasselbe ohne
Anstrich bleibt, nur bei trockener Witterung geschehen, damit die sichtbaren
Flächen desselben nicht durch die Manipulation bei Regen und Kot beschmutzt
und unansehnlich werden. Ist dies bei der Aufstellung nicht zu vermeiden,
314 ^' ^^^ Staaweiherbaaten.
SO müssen alle sichtbaren Flächen rein abgewaschen oder, wo dieses nicht
genügt, überhobelt werden.
§ 77.
Einlassen und Befestigen von Eisenteilen.
Alle zur Verstärkung, Zusammensetzung und Befestigung des Zimmer-
werkes erforderlichen Guß- und Schmiedeeisenteile hat der Unternehmer ohne
besondere Entschädigung einzulassen, einzubohren und zu befestigen.
§ 78.
Anstrich.
Für den Anstrich der Zimmerarbeiten geben die besonderen Bestimmungen
für Anstreicherarbeiten die nötigen Vorschriften.
Zimmerarbeiten aller Art dürfen nicht eher angestrichen werden, als bis
die Austrocknung der Hölzer vollständig erfolgt ist, bei Holzkonstruktionen,
welche der Witterung ausgesetzt sind, in der Regel nicht vor Ablauf eines
Jahres von der Aufstellung an gerechnet. Der Anstrich darf nur in den
warmen Sommermonaten vorgenommen werden.
Holzteile, denen nach vollendeter Aufstellung des Zimmerwerkes nicht
mehr beizukommen ist, müssen teils vor, teils während der Aufstellung an-
gestrichen werden.
§ 79.
Ausmaß und Berechnung.
Gerüste und Hilfskonstruktionen aller Art, mit Ausnahme der Gewölbe-
rüstungen, werden nur in dem in § 73 b benannten Falle besonders berechnet,
sonst sind sie als zu der Arbeit, zu deren Ausführung sie dienen, gehörig zu
betrachten und werden nicht besonders bezahlt.
Gewölberüstungen werden nach dem laufenden Meter der Objektslänge
oder pauschaliter vergütet. Ausschließlich des Falles § 73 b bleiben auch alle
zu solchen Konstruktionen verwendeten Materialien Eigentum des Unter-
nehmers und fallen, soweit und in dem Zustande, in welchem sie noch vor-
handen, nach Vollendung des Baues an denselben zurück.
Diejenigen Zimmerarbeiten, welche Bestandteile der definitiven Bau-
objekte bilden, werden nach dem Kubikflächen- oder Längenmaße berechnet
Bei Tragpfählen, Leitpfählen und Spundplanken werden nicht nur die
wirklich verwendeten Teile, sondern auch deren Abfälle berechnet.
Bei allen andern Teilen von Zimmerwerk werden Abfälle nicht berück-
sichtigt. Einschnitte und Ausschnitte hingegen, soweit sie zur Verbindung der
einzelnen Konstruktionsteile und zur Bearbeitung derselben nach den vor-
geschriebenen Formen und Profilen notwendig sind, nicht in Abzug gebracht.
Bei verjüngten Hölzern, wie Pfählen von Rundholz, ist unter dem in
den Plänen bestimmten Durchmesser oder Querschnitt der mittlere Durch-
messer oder Querschnitt des betreffenden Holzstückes zu verstehen, nach
welchem auch das Ausmaß geschieht.
Das Einrammen von Tragpfählen und Spundwänden wird besonders
vergütet.
F. Bandnrchfiihntng. 315
9. Eisen- und Metallarbeiten.
§ 80.
Beschaffenheit der Eisenmaterialien.
Alles bei Baukonstruktionen zur Verwendung kommende Gußeisen muß
von grauem, feinkörnigem und gleichartigem Bruche sein, mit dem Meißel und
mit der Feile leicht bearbeitet und mit dem Hammer gerichtet werden können.
Alle Sorten von gewalztem oder geschmiedetem Eisen, welche zur Er-
zeugung von Nägeln, Nieten, Schrauben, Bolzen und Schließen verwendet
werden, müssen von besonders zähem, sehnigem Gefüge und im kalten wie
im warmen Zustande gut hämmerbar sein. Sie dürfen beim Umbiegen unter
scharfen Winkeln und Wiedergeraderichten keine Risse zeigen und müssen
eine absolute Festigkeit von 3800 kg pro cm* Querschnitt besitzen.
§ 81.
Bearbeitung.
Alle Gußbestandteile müssen vollkommen rein und scharf geformt sein
und dürfen keine Löcher, Blasen, Risse, Unebenheiten oder andere, ihre
Festigkeit oder ihr gutes Aussehen beeinträchtigende Mängel besitzen. Sie
müssen rein geputzt, mit Meißel und Feile von allen Angüssen und Gußnähten
sorgfältig und sauber befreit werden.
Alle Sorten von gewalztem und geschmiedetem Eisen müssen auf ihre
ganze Ausdehnung genau die vorgeschriebenen Dimensionen und Querschnitte
besitzen, rein ausgewalzt oder geschmiedet sein und nirgends Risse oder
andere Fehler zeigen.
Bei Schweißungen sollen die zusammengeschweißten Stücke auf die ganze
Ausdehnung der Schweißfugen innig miteinander verbunden sein und weder
äußerlich noch innerlich Risse oder Abblätterungen vorkommen.
Geschweißte Walz- oder Schmiedeeisensorten müssen an der Schweiß-
stelle dieselbe Widerstandsfähigkeit besitzen, wie in ihren übrigen Teilen.
Schrauben und Bolzen müssen genau in die für sie bestimmten Offnungen
passen.
Sie sind nach dem With wo rth sehen System zu schneiden und erhalten
die in den Plänen angegebenen Dimensionen und Formen der Köpfe und
Muttern. Die Gewinde müssen rein, hinreichend lang und bei allen Schrauben
und Bolzen von gleicher Stärke gleich geschnitten werden, so daß Muttern
und Schrauben nach Belieben verwechselt werden können.
Die Muttern dürfen weder zu fest noch zu locker auf den Gewinden
laufen. Köpfe und Muttern müssen, wenn sie zur Verschraubung von Eisen-
teilen dienen, auf den Flächen, mit welchen sie dieselben berühren, abgedreht
werden. Wenn die Muttern fest angezogen sind, so sollen mindestens
anderthalb Gewinde über dieselben vorstehen. Diese Vorsprünge werden
sodann mit der Feile sauber abgerundet.
Die zur Verwendung kommenden gußeisernen Muffenröhren müssen
auf 20 Atmosphären geprüft sein. Die Dichtung der Muffen erfolgt mit
Hanfstricken und Blei. Ebenso müssen die Wasserschieber auf obigen Druck
316 II- I^ie Stauweiherbauten.
geprüft und in ihren Eisen- und Metallbestandteilen mit der größten Sorgfalt
gearbeitet sein.
§ 82.
Verkittung und Anstrich.
Für die Verkittung und den Anstrich von Eisengegenständen geben die
besonderen Bestimmungen der Bedingnisse für Anstreicherarbeiten die er-
forderliche Anleitung.
Eisenteile, denen nach vollendeter Zusammensetzung oder Aufstellung
nicht mehr beizukommen ist, müssen teils vor, teils während der Zusammen-
stellung und Aufstellung angestrichen werden.
§ 83.
Abwägung und Berechnung.
Eisenarbeiten werden nach dem Gewichte in Kilogramm berechnet.
Die Erhebung der Gewichte der gelieferten Eisenteile geschieht durch
die Bauleitung mittels Abwägens an der Baustelle.
Für Walzeisensorten, Schrauben, Bolzen und dergl. wird event. ein
Normalgewicht pro Stück durch Abwägung einer Anzahl von Stücken be-
stimmt, welche genau die vorschriftsmäßigen Dimensionen besitzen.
IG. Anstreicherarbeiten.
§ 84.
Materialien.
Zum Anstrich von Bauten und Baubestandteilen, welche der Witterung
ausgesetzt sind, wird in der Regel Ölfarbe angewendet. Dieselbe besteht:
a) aus Leinöl, welches zur Beförderung des Trocknens dem Gewichte nach
mit 0,03 Bleiglätte abgekocht worden ist;
b) aus den je nach Umständen zu wählenden Farbmaterialien.
öl und Farbmaterialien werden zusammen fein und glatt abgerieben,
wenn sie in größeren Vorräten aufbewahrt werden sollen, durch aufgegossenes
Wasser gegen den Zutritt der Luft geschützt und erst vor der Verwendung
nach Erfordernis mit Öl verdünnt.
In besonderen Fällen wird auch Teer zum Anstrich verwendet.
§ 85.
Verfahren beim Anstreichen.
Jeder ölanstrich muß dreimal aufgetragen werden; es darf jedoch der
folgende Auftrag nicht vorgenommen werden, ehe der vorhergegangene voll-
ständig getrocknet ist.
Zu Anstreicherarbeiten unter freiem Himmel muß immer anhaltend
trockene, warme Witterung abgewartet werden.
Ehe mit dem Auftrag der Farbe begonnen wird, müssen die anzu-
streichenden Flächen sorgfältig abgescheuert, von allen Unebenheiten, Rauheiten
und Unreinigkeiten befreit und gut abgetrocknet werden.
Bei zusammengesetzten Konstruktionen werden diejenigen Berührungs-
und anderen Flächen, welchen nach erfolgter Zusammensetzung und Aufstellung
F. Baudurchführung. 317
nicht mehr beizukommen ist, noch vorher und für sich allein mit einem ein-
maligen soliden Grundanstrich versehen.
Nach der Zusammensetzung und Aufstellung folgt der Grundanstrich
aller sichtbaren Flächen; wenn dieser abgetrocknet ist, die Verkittung und
auf diese der zweite Anstrich. Dem dritten Anstrich muß eine sorgfältige
Ausbesserung aller etwa schadhaften oder schwachen Stellen des zweiten
Anstriches vorhergehen.
Wird mit dem dritten Anstrich keine vollständige Deckung des anzu-
streichenden Gegenstandes erzielt, so kann der Unternehmer, ohne hierfür
Entschädigung beanspruchen zu können, zu einem vierten angehalten werden.
Teeranstrich muß in vollkommen heißem Zustande auf trockenes, ge-
reinigtes Holz mindestens zweimal sattsam aufgetragen werden.
§ 86.
Anstrich auf Holz.
Holzkonstruktionsteile an Brücken, Barrieren, Warnungstafeln etc. werden
mit einer aus Ocker und reinem Bleiweiß gemischten Farbe nach Angabe der
Bauleitung angestrichen.
Zum Anstrich der Berührungs- oder später verdeckten Flächen bei
zusammengesetzten Konstruktionen, sowie zum Grundanstrich der sichtbaren
Flächen wird eine sehr verdünnte Farbe verwendet und möglichst heiß
aufgetragen.
Bei Brückenkonstruktionen darf zum äußeren Anstrich der Holzteile
nicht eher geschritten werden, als nachdem diese vollständig ausgetrocknet
sind, in der Regel erst im Sommer des auf die Zusammensetzung und Auf-
stellung der betreffenden Konstruktion folgenden Jahres.
Der Grundanstrich der äußeren Flächen muß mit einem steifen Pinsel
so aufgetragen werden, daß er in alle Unebenheiten, Fugen und Ritzen ein-
dringt. Die Verkittung geschieht mit Glaserkitt aus Leinöl und Kreide,
welcher mit einem Spatel fest in alle Ritzen und Öffnungen eingestrichen
und äußerlich geglättet wird.
Zum zweiten und dritten Anstrich wird dickere Farbe verwendet
§ 87.
Anstrich auf Eisen.
Eisenkonstruktionsteile erhalten einen Grundanstrich aus Mennige (Minium),
nicht mehr verdünnt als die beiden folgenden.
Mit diesem Anstrich werden zunächst und vor der Zusammensetzung
und Aufstellung der Konstruktion alle Berührungs- und sonstigen Flächen
versehen, denen später nicht mehr beizukommen ist, nach erfolgter Zusammen-
setzung auch sämtliche sichtbare Flächen der Konstruktion.
Zur Verkittung aller Unebenheiten und Fugen wird ein aus Mennige
(Minium) und Leinöl bereiteter Kitt verwendet
Zum zweiten und dritten Anstrich wird eine graue Farbe nach Weisung
der Bauleitung benutzt.
Beim Auftragen des Grundanstriches und bei der Verkittung ist mit
derselben Sorgfalt zu verfahren, wie bei Holzkonstruktionen.
318 n. Die Staaweiherbauten.
§ 88.
Ausmaß.
Das Ausmaß der Anstreicherarbeiten geschieht nach Quadratmetern und
wird dasselbe für die in jedem einzelnen Falle wirklich angestrichene Fläche
nach den Regeln der Geometrie bestimmt.
Nachträge zur Baudurchfiihrung von Talsperrenmauem«
Die Vermauerung der Bruch- und Werksteine kann, wie dies beispiels-
weise bei den Jaispitzer und bei den Vogesenstauweihern der Fall war, von
Gerüsten aus erfolgen, oder aber wie bei den meisten neueren Bauten in
Deutschland durch direkte Zufuhren der Mauersteine mittels Rollbahnen auf
die Verwendungsstelle. Diese letztere Methode wird sich als die billigere
insbesondere bei höheren Mauern, also größeren Basisbreiten und dort emp-
fehlen, wo ein langsam abbindender Mörtel verwendet wird, wie dies z. B.
beim Traßmörtel der Fall ist, der in Deutschland allgemein Anwendung
findet. Der Traßmörtel bleibt über einen Tag lang brauchbar, bindet langsam
ab, ist sehr plastisch und elastisch, so daß das Arbeiten sowie der Transport
mittels Rollbahnen auf dem frischen Mauerwerkskörper selbst bis zu gewissen
Grenzen unbedenklich erscheint, was beim Portland- und Romanzementmörtel
nicht in dem Maße der Fall ist. Schnellbindende Zemente dürfen für das
Talsperrenmauerwerk selbst überhaupt nicht zur Verwendung gelangen.
Überhaupt sind vor der Verwendung der einlaufenden Sendungen der
hydraulischen Bindemittel jederzeit Stichproben über Volumsbeständigkeit,
Wasserdurchlässigkeit etc. an der Baustelle durchzuführen.
Dem Traßkalkmörtel werden nebstdem noch die Vorzüge großer Dichtig-
keit und Billigkeit, sowie seine Eignung als guter Luftmörtel zugeschrieben.
Nachdem der Mörtel bis zu 14 Tage und darüber plastisch bleibt, ist auch
die Bildung von durch die Setzung bedingten Rissen und Sprüngen so gut wie
ausgeschlossen. Der Traßmörtel selbst bestand bei dem Lauchensee- Weiher
aus einem Gemenge von 1 Teil Traßmehl, 1 Teil Fettkalk mit 3 Teilen Sand.
Bei den Reichenberger Talsperren hat Intze ebenfalls die Verwendung
von Traß (und zwar nur aus dem Nettetal der Rheinprovinz) vorgeschrieben.
Dieser Mörtel besteht aus I.Teil Zementmörtel und 1 Teil Traßmörtel in dem
Mischungsverhältniß :
a) Traßmörtel: 1 Teil Fettkalkbrei, l^/g Teile bestes blaugraues Plaidter Traß-
mehl und 1^/4 Teile gewaschener scharfkantiger Sand;
b) Zementmörtel: 1 Teil Portlandzement und 3 Teile Sand.
(Andere Mörtelmischungsverhältnisse siehe bei den ausgeführten Stau-
weiheranlagen !)
Bezüglich der Eigenschaften des Traßmehles wird vorgeschrieben,
daß dasselbe auf einem Siebe. von 900 Maschen pro cm* dem Gewichte nach
einen Rückstand von höchstens 20 ®/q, auf einem von 5000 Maschen höchstens
50% ergeben soll. Es soll ferner wenigstens 7% chemisch gebundenes
Wasser enthalten und muß in konzentrierter Schwefel- oder Salzsäure zu '/,
seines Gewichte3 löslich sein, Probekörper aus einer Mischung von P/j
F. Baudurchführnng. 319
Raumteilen Traßmehl, 1 Raumteil Kalkbrei und 2 Raumteilen Sand sollen nach
einer Erhärtungsdauer von 1 Tag an der Luft und 27 Tagen unter Wasser
als Durchschnitt aus 10 Proben eine Zugfestigkeit von 10 kg pro cm* besitzen.
Nach Ansicht Prof. Intzes sollen reine Zementmörtel (ohne Traß) in-
soweit Nachteile besitzen, als „bei der Bauausführung eine zu rasche Erhärtung
eintritt, was bei Herstellung so gewaltiger Mauermassen nicht erwünscht ist,
und die Elastizität, die Beweglichkeit und die Dichtigkeit nicht derartige sind,
wie man dies für so große Mauern, die den erheblichsten Temperatur-
schwankungen und besonders Dfuckschwankungen ausgesetzt sind, wünschen
muß". Das aufgetauchte Bedenken, daß bei sehr starken Mauern in deren
inneren Partien eine vollkommene Erhärtung des Traßkalkmörtels nicht oder
erst nach sehr langer Zeit eintritt, widerlegte Intze durch Vorlage ver-
schiedener alter Mörtelproben aus diversen Talsperren.
Die Untersuchung ergab, daß selbst bei einem erst 9 Monate alten
Mörtel (Enneper Sperre) sowohl die Erhärtung eine vorzügliche ist, als auch
eine wirkliche Bildung von kieselsaurem Kalk ohne Vorhandensein von Kohlen-
säure eingetreten ist und nur an den äußeren Schichten sich unter der Ein-
wirkung der Luft etwas kohlensaurer Kalk gebildet hat.
Während bei seinen früher ausgeführten Talsperren in Deutschland nur
Traß, Kalk und Sand verwendet wurde, hat Intze bei den schlesischen und
böhmischen Sperren dem Mörtel auch noch Zement zugesetzt. Andere ältere
deutsche Stauweihermauern, z. B. die Vogesensperren, wurden meist nur mit
Portlandzement, hydraulischem Kalk und Sand gemauert.
Rücksichtlich der Herstellung der Fundamentsohle wurden in den
neuesten Baubedingungen der Reichenberger Talsperren noch folgende Punkte
aufgenommen.
Die Fundamentsohle soll, soweit dies praktisch durchführbar ist, in Ab-
sätzen derart hergestellt werden, daß die Mauerung in Schichten hergestellt
werden kann, die nahezu senkrecht zu der Drucklinie im Innern des Mauer-
werkes gerichtet sind.
Nachdem der felsige Untergrund bis auf die entsprechende Tiefe aus-
gehoben ist, soll die Fundamentsohle in den event. vorhandenen Klüften und
Rissen durch Ausspritzen mittels einer Druckwasserleitung (mindestens 2 Atmo-
sphären Druck) gereinigt und sonst im ganzen sorgfältig abgewaschen werden.
Hierauf sind die gereinigten Klüfte, Risse und Spalten auf das sorgfältigste
mit Zementtraßmörtel (1 Teil Zement, 2 Teile Sand und ^/g Teil Traßmehl)
auszugießen. Eine Wasserströmung in der Fundamentgrube, wodurch ein
Auswaschen dieser Fugen eintreten könnte, muß durch sorgfältiges Trocken-
halten derselben vermieden werden. Unvermeidliche Unebenheiten in der
Fundamentsohle sind, soweit erforderlich, mit Beton aus 1 Teil Zement,
3 Teilen Sand, ^/^ Teil Traßmehl und 6 Teilen Schotter in den notwendigen
zackigen Absätzen auszugleichen. Dieser Beton muß entweder unter Wasser
gesetzt oder täglich gehörig genäßt werden und hinreichend erhärtet sein,
bevor mit der Aufmauerung begonnen wird.
Vor Beginn der letzteren ist überdies die Betonoberfläche mit der Spitz-
hacke aufzurauhen, um einen guten Verband zu erzielen.
320 n. Die Stauwcihcrbautcn.
Sollten sich an einzelnen Stellen der Fundamentgrube Quellen zeigen,
so sind dieselben in geeigneter Weise durch vertikal placierte Steinzeug-
röhren von ca. 100 mm Lichtweite zu fassen und mit dem um sie herum
aufzuführenden Mauerwerk so weit zu verlängern, bis der Wasserandrang
aufhört.
Nach genügender Erhärtung des Mauerwerkes sind diese Röhren mit
Zementtraßmörtel aus 1 Teil Zement, 2 Teilen Sand und ^/g Teil Traßmörtel
sorgfältig zu vergießen.
Bezüglich der Ausführung des Talsperrenmauerwerkes sind be-
sonders nachstehende Bedingungen hervorzuheben:
Während das Innenmauerwerk mit dem früher erwähnten Traßmörtel
herzustellen ist, sollen die äußeren Steinschichten der Mauer an der Luftseite,
ferner das Mauerwerk der Verblendungsmauern an der Wasserseite, der
Schiebertürme, Schieberhäuser, Rohrstollen etc. in einem fetteren Mörtel,
bestehend aus 1 Teil Traßmörtel und 1 Teil Zementmörtel (1 Teil Zement,
2 Teile Sand), gemauert werden.
Zur HersteUung der Mörtel sind je 2 Mörtelmaschinen getrennt (als
Reserve) in Betrieb zu nehmen. Bei der Vermauerung darf der Mörtel nicht
durch Zusatz von Wasser dünnflüssiger gemacht werden.
Bei der Ausführung des Mauerwerkes ist streng darauf zu achten,
daß überall mit engen und dicht ausgefüllten Fugen gearbeitet wird.
Zu diesem Behufe sind Vorsprünge an den Bruchsteinen, welche die
Herstellung solcher Fugen erschweren, vor dem Vermauern mit dem Hammer
zu beseitigen.
Vor dem Verlegen der einzelnen Steine ist ein sattes Mörtelbett für
dieselben in der Weise vorzubereiten, daß beim Verlegen unter gleichzeitigem
Seitwärtsschieben des Steines oder unter Zuhilfenahme des Holzstößels die
Stoßfuge neben dem bereits hergestellten Mauerwerk möglichst auf volle
Höhe mit dem von unten aufquellenden Mörtel gefüllt wird, so daß nur
verhältnismäßig wenig Mörtel von oben zugegeben zu werden braucht. Ver-
boten ist, die Bruchsteine über eine größere Fläche zunächst mit offenen
Fugen nebeneinander zu legen und diese von obenher auszufüllen. Die gut
ausgefüllten Stoßfugen sind nach Möglichkeit noch mit Steinstücken auszu-
zwickein, doch dürfen die einmal verlegten Steine durch starke Hammer-
schläge nicht in ihrem Lager verschoben werden. Die Bausteine dürfen nie
auf den Kopf gestellt, sondern müssen immer auf ihr natürliches Lager
gelegt werden.
Solange der Mörtel hierzu noch weich genug ist, müssen an der Luft-
seite der Hauptmauer und an der Wasserseite der Verblendung die Fugen,
wenn nötig, unter Verwendung von etwas frischem Zementtraßmörtel (1 Teil
Zementmörtel 1:2, 1 Teil Traßmörtel 1 : 1^/^ : 1^/4) mit dem Fugeisen glatt
und fest ausgestrichen werden.
Das Behauen der Bruchsteine und Quader darf nicht auf der Mauer
geschehen. Es dürfen auch keine Steine in die Baugruben oder auf das
Mauerwerk geworfen werden, sondern dieselben müssen mittels Rollwagen
an die Versetzungsstelle gefahren und hier vorsichtig auf Pritschen aus frisch
F. Baudurchführung. 321
geschlagenem, hartem Holz abgeladen werden, damit eine Lockerung oder
Beschmutzung des fertigen Mauerwerkes nicht eintreten kann.
Auf Mauerwerk, welches nicht mindestens 6 Tage alt ist, dürfen Steine
weder transportiert noch abgeladen werden.
(Diese Bedingung ist wohl nur bei größeren Breiten der Mauer, also
im Fundament und in den unteren Teilen des aufgehenden Mauerwerkes
ohne wesentliche Betriebsstörung möglich! Anmerkung des Verfassers.)
Die Ausführung des Mauerwerks beginnt an den tiefsten Stellen jedes
Profils, und zwar zunächst in der Mitte der Talsperre am tiefsten Punkt, und
schreitet gleichmäßig nach beiden Seiten hin fort. Sobald die oberste gekrümmte
Schicht an der Wasserseite bis zur Oberfläche des Felsens angelangt ist, sind
jedesmal zunächst an der Wasserseite einige Schichten etwa 1 m hoch auf-
zumauern und diese ansteigend nach der Luftseite hin fortzusetzen.
Die Höhenunterschiede in den nebeneinander ausgeführten Mauerteilen
dürfen, zwischen den oberen Schichtflächen gemessen, im Interesse eines
gleichmäßigen Setzens und der Verhinderung von Rissen 1,5 m nicht über-
schreiten. Für den guten Anschluß des benachbarten Mauerwerks sind überall
im Verbände abgesetzte, nicht zu steile Abtreppungen herzustellen.
Die Mauer ist bei der Ausführung täglich dreimal, bei warmem Wetter
nach Anweisung der Bauleitung öfter, in der ganzen Ober- und Außenfläche
reichlich zu nässen. Zu diesem Zweck ist über dem Mauerwerk der Sperr-
mauer eine mit demselben hochzunehmende besondere Wasserleitung mit
Hahnstutzen in Entfernungen von höchstens 30 m zu verlegen, an welche
die zum Sprengen zu benutzenden, mit feinen Brausen versehenen Schläuche
angeschlossen werden sollen.
Für die Außenflächen der Mauer, der Stollen und Schieberschächte sind
nur ausgesuchte, feste und möglichst tief — mindestens 40 cm — einbindende
Steine zu verwenden. Die Ansichtsflächen des Mauerwerkes sind in gutem
Verbände ohne Zwickeln und mit engen, dicht ausgefüllten, höchstens 2 cm
starken Fugen auszuführen, und zwar abhängig von dem Steinmaterial ent-
weder in Schichten oder im Polygonal verband.
Nach der Wasserseite hin erhält die Bruchsteinmauerung in den oberen,
nicht durch die Bodenhinterfüllung gegen Einwirkung des Wassers und der
Luft geschützten Außenflächen eine Verzahnung, deren Vorsprünge und Formen
nach Zeichnung auszuführen sind. Dieser mit Verzahnung herzustellende und
der darunter liegende glatte Teil der Mauer, einschließlich der Betonausfüllung
und eines 50 cm breiten, mit Beton abzugleichenden Teiles der Felsober-
fläche, soll nach vollständigem Setzen des Mauerwerks mit einem mindestens
25 mm starken Zementtraßputz versehen werden. Dieser Putz ist aus 3 Teilen
Zementmörtel (1 Teil Zement und 2 Teile Sand) und 1 Teil Traßmörtel
(1 Teil Kalkbrei, l^s Teile bester Plaidter Traß und l«/^ Teile Sand) herzu-
stellen und in der Oberfläche glatt und dicht abzureiben. Die Seiten der
schwalbenschwanzförmigen Verzahnung sind mit besonderen Schablonen ab-
zuziehen.
Friedrich, WasBerbau. Zweite Auflage. IL Band. 21
322 ^* ^^^ Stauweiherbauten.
Bevor der Verputz auf die genannten Flächen gebracht wird, müssen
deren Fugen auf mindestens 30 mm Tiefe ausgekratzt bezw. ausgemeiflelt,
gereinigt und genäßt werden, damit die Dichtungsschicht innig mit dem Mauer-
werk verbunden wird. Die Oberfläche des Verputzes soll zunächst längere
Zeit feucht gehalten und gegen Austrocknen durch Sonnenstrahlen geschützt
werden.
Zum Anschluß neuer Putzflächen an die zuerst aufgeführten Teile sind
die Ränder der letzteren dünner aufzutragen und in der Oberfläche aufzu-
rauhen. Vor Aufbringen des Verputzes sind überall da, wo sich auf den zu
putzenden Flächen feuchte Stellen zeigen oder wo das Austreten von Sicker-
wasser zu erwarten ist, in das Mauerwerk 20 mm weite verzinkte eiserne
Sickerrohre einzusetzen, welche erst nach Erhärtung des umgebenden Putzes
und nach Aufhören deren Sickerung dicht zu schließen sind.
Nach Erhärtung des Verputzes und nach Trocknung, die gegebenenfalls
in vorsichtiger Weise künstlich zu befördern ist, soll die Oberfläche desselben
mit einem dreimaligen kalten Anstrich von Siderosthen versehen werden,
welcher eine dichte, zähe und fest haftende Haut bilden muß.
Die Ausmauerung der Verzahnung an der Wasserseite hat unter Ver-
wendung von Zementtraßmörtel (1 Teil Zementmörtel 1:2, 1 Teil Traß-
mörtel lil^/^rl^/^) zu geschehen, um eine schnelle Erhärtung und Ver-
minderung des Setzens zu erzielen. Es muß verhütet werden, daß ein meß-
bares Setzen der Ausmauerung eintritt; dieselbe darf daher nur so gefördert
werden, wie dies die fortschreitende Erhärtung gestattet.
Im Innern der Mauer sollen parallel zur wasserseitigen Profillinie nach
Zeichnung und nach der Massenberechnung in 2 m Abstand Drainröhren von
60 mm Lichtweite eingemauert werden, um alles etwa eindringende Sicker-
wasser abzufangen und nach unten abzuleiten, wo es in Sammelröhren aus
glasiertem Ton von 150 mm Lichtweite, von deren richtigen Funktionierung
sich der Unternehmer zu überzeugen hat, den beiden bereits angelegten Stollen-
sohlen zugeführt werden soll. Bei der Ausführung ist besondere Sorgfalt
darauf zu verwenden, daß diese Sickerröhren nirgends durch Mörtel oder
Steinstücke verengt oder verstopft werden. Jedes Rohr ist deshalb am oberen
Ende sofort nach dem Einsetzen mit einem aus einem Holzstöpsel mit darauf
befestigter Eisenblechscheibe bestehenden Deckel zu versehen, der erst ent-
fernt werden darf, wenn das folgende Rohr aufgesetzt werden soll. Die An-
schlüsse der Drainrohre an die Muffen der Tonrohrleitung und die Nähte der
letzteren sind sorgfältig mit Zementtraßmörtel (1 Teil Zementmörtel 1 : 2,
1 Teil Traßmörtel 1 : P/g : l^/J zu verstreichen und zu dichten.
Zur Beurteilung der zur Errichtung einer Staumauer notwendigen Zeit
sei hier hervorgehoben, daß, richtige Baudispositionen vorausgesetzt, ein
geschulter Maurer imstande ist, täglich 2 — 3 m^ Talsperrenmauerwerk herzu-
stellen.
Weitere Details, die bauliche Durchführung betreffend, sind in den Be-
schreibungen ausgeführter Stau weiheranlagen enthalten.
G. Kosten der Stanweiher. 323
G. Kosten der Stauvreiher.
Die Beurteilung der Kosten verschiedener Stauweiheranlagen wird nicht
nach den Zahlen der Gesamtkostensumme erfolgen können, sondern wird
insbesondere als Vergleichseinheit der Preis von 1 m* aufgespeicherten
Wassers, also 1 m* Stauweiherfassungsraum aus den Gesamtkosten
und dem Fassungsraume des Stauweihers berechnet werden müssen. Unter
Annahme normaler Verhältnisse wird dieser Preis mit zunehmendem
Fassungsraum der Reservoire kleiner werden, die kleinen Stauweiher daher
verhältnismäßig die teuersten sein. Zur Beurteilung der Kosten ausgeführter
Gebirgsreservoire dienen die nachfolgenden Tabellen I und ü.
(Siehe die Tabellen auf Seite 324—329.)
Einheitspreise. Die wichtigste, die Kostensumme am meisten beein-
flussende Rechnungspost ist der Einheitspreis für die Herstellung von 1 m^
Mauerwerk der Talsperre selbst. Soweit dieselben direkt an Ort und Stelle
erhoben werden konnten, betrugen die Kosten für 1 m® fertiges Tal-
sperrenmauerwerk:
bei Alfeld (Granit) 12,2 M. = 14,60 K,
beim Altenweiher (Granit) 19,0 „ = 23,00 „
beim Lauchenweiher (Grauwacke) . . 20,8 „ = 25,00 „
bei Remscheid (Lennepschiefer) . . . 13,0 „ = 15,00 „
bei Gouffre d*enfers (Granit) .... 20,0 Fr. = 20,00 „
bei Jaispitz und Weirowitz (Gneis) . . = 15,00 „
bei der Grünwalder Sperre (Granit) Offertpreise = 28 — 33 K, 1 ohne Zuschlag
bei Voigtsbach u. Mühlscheibe (Granit) „ = 19,00 K, \ für Verblend-
bei Friedrichswald (Granit) Offertpreise = 27,00 „ j mauerwerk,
wobei 1 M. = 1 K 20 h und 1 Fr. = 1 K ö. W. angenommen wurde.
Einzelne Speziaipreise für Reservoirbauten sind gelegentlich der Be-
schreibung ausgeführter Stauweiher angeführt.
Obwohl die Einheitspreise im allgemeinen von den landesüblichen und
lokalen Arbeitslöhnen, den durch die Lage des Stauobjektes bedingten
Zufuhrkosten, der Schwierigkeit der Bearbeitung des Steinmaterials und
sonstigen Faktoren abhängig, daher für jedes Detailprojekt im speziellen zu
berechnen sind, ist es für die Aufstellung von generellen Kostenanschlägen
insbesondere für den in die Praxis eintretenden Kulturingenieur etc. von
hohem Interesse, annähernde Einheitspreise für die verschiedenen Wasser-
bauarbeiten zu kennen, welche als Grundlage von generellen Berechnungen
und als Maßstab für die Beurteilung derartiger Preise überhaupt dienen
können.
Aus diesem Grunde werden außer dem in Bd. I, S. 250 angeführten
Bau- und Arbeitspreise in nachfolgendem noch die von selten des nieder-
österreichischen Landesbauamtes aufgestellten, für Wasserbauten geltenden
Einheitspreise bekannt gegeben.
(Siehe die Tabelle auf Seite 330—341.)
21*
324
II. Die Staaweiherbaaten.
I. Tabelle über Passungsraum und Kosten
Material
Land:
Bezeichnung des Stauweihers:
der
Fassnngsraum
Talsperre
m»
Indien
Ekmk bei Sholapur
Erddamm
94 000000
n
Mnthi (Bombay), Distrikt Kandesh
n
9 700000
n
Ashti (Sholapur)
n
38000000
»
Nehr (Sattara)
n
13900000
n
Kabra (Oberindien)
Mauer
1600000
n
Mntha (bei Poonah)
r
146000000
Amerika
de Ruyter
Erddamm
IIOOOOOO
n
Sudbury bei Boston
n
2000000
»
» j» n
«
5300000
n
» n n
v
6800000
»
BärenUl (Kalifornien), de Beaz Valley
Mauer
39 000000
(San Bernardino)
(Granit)
n
Croton Lake (bei New York), alter Weiher
Erddamm
18000000
n
Crystal-Springs bei San Franzisko
Mauer
121000000
(Kalifornien)
(Beton)
n
San Diego (Kalifornien)
Erddamm
17000000
n
Sweetwater (Kalifornien)
Mauer
(Granit)
22 000000
Australien
Adelaide-Stauweiher am Goulbumflufi
Mauer
(Marmor)
13500000
Algier
Djidionia bei St. Aim6
Mauer
2000000
»
Grand Cheurfas am Flusse Meckerra
r»
16 000000
n
Hamitz bei Algier
n
13 000000
Ägypten
Assuan-Stauweiher
(Granit)
1015000000
England 1)
Vimwey (bei Liverpool)
Mauer
54000000
Spanien
del ViUar
n
20000000
Belgien
Gileppe (bei Verviers)
7t
13000000
Frankreich
Torcy Neuf
Erddamm
8 760000
n
Montaubry
n
5030000
n
le Plessis
n
1320000
n
Chartrain
Mauer
4500000
n
Ternay
j»
3000000
n
du Ban (St. Chamond)
?7
1850000
»
Gouffre d'enfers (St. Etienne)
n
1600000
w
Pas du Riot
r)
1300000
Italien
Lavezze im Gorzentetal bei Genua
Mauer
(Serpentin)
2400000
n
Lago lungo-Gorzentetal bei Genua
»
3638000
'1
Serbatoio d'elle Lavagnina bei Genua
»
1100000
*) 15 Stauweiher (Erddämme) für Edinburg mit Fassungsräumen von 240000—7780000 m»
G. Kosten der Stauweiher.
einiger ausgeführten Stauweiher des Auslandes.
325
Preis pro Knbikmeter
Niederschlags-
Gröfite Höhe in Meter
aufgespeicherten Wassers
Bemerkungen.
gebiet
Talsperre
Wasserstand
fremde
Heller
km«
m
m
WShraDg
360,00
0,02 Fr.
2,0
130,00
19,5
—
0,067 „
5,6
338,00
17,4
—
0,025,
2,6
155,00
22,2
—
0,054 „
4,4
—
8,7
—
0,010 „
1,0
508,00
32,1
26,50
0,042 „
4,2
—
—
—
0,061 M.
6,8
117,00
7,6
5,20
0,14 „
17,0
16,70
18,3
15,00
0,61 „
72,0
15,20
19,8
16,80
0,63 ,
74,0
112,00
19,5
18,30
0,82 „
96,0
12,2
2,10 „
246,0
—
52,0
—
7,64 .
894,0
—
10,6
—
0,26 „
30,0
—
27,4
—
0,46 „
64,0
9562,00
21,6
19,50
0,76 „
89,0
85,00
28,0
17,00
0,18 „
21,0
—
40,0
30,00
0,06 „
7,0
—
38,0
—
0,09 „
10,0
3000000
37,0
22,00
0,03 „
2,9
90,00
41,5
28,00
0,65 „
78,0
—
51,9
41,50
0,08 Fr.
8,0
—
47,7
—
0,32 M.
38,0
—
20,0
14,50
0,25 Fr.
25,0
Rotliegender Sand-
—
24,2
15,20
0,126,
12,5
stein«
—
—
—
0,27 „
27,0
14,00
54,0
46,00
0,47 „
47,0
Porphyrfels.
28,00
40,0
35,35
0,34 „
34,0
Granit.
18,00
48,0
45,10
0,60 „
50,0
n
25,00
53,0
50,00
1,00 „
100,0
n
24,50
36,0
33,50
1,00 ,
100,0
n
17,87
37,7
32,00
0,31 Lira
30,0
17,87
45,0
32,80
0,53 „
64,0
24,00
21,7
—
0,23 „
24,0
kosteten pro m' aufgespeicherten Wassers zwischen 9 nnd 66 Heller.
326
II. Die Staaweiherbaaten.
II. Tabellarisches Verzeichnis der wichtigsten Konstruktions- und
(gemauerte
Reservoir
Baujahr
Höhe
h
Länge
/
Inhalt
M
^ame i
Land- oder
Flußgebiet:
der Talsperre
m
m
Tausend m*
Remscheid (Eschbachtal)
Westfalen
(Wuppergebiet)
1889/91
25,0
160,0
17,0
Paszertal bei Lennep
Wuppergebiet
1891/93
13,0
127,0
—
Bevertal bei Hückeswagen
n
1896/98
26,0
250,0
30,0
Lingesetal
n
1897/98
25,5
186,0
—
Salbach bei Ronsdorf
n
1898/99
23,5
155,0
—
Herbringhansertal bei Lüttring-
n
1898/1900
—
—
—
hausen
Seogbachtal bei Solingen
n
1900/02
43,0
180,0
65,0
Fülbecke bei Altena
Rahrgebiet
1894/96
27,5
140,0
15,2
Heilenbecke
Westfalen
(Ruhrgebiet)
1894/96
165,0
—
Haspertal
Ruhrgebiet
1901/03
—
—
—
Versetal
n
1902/03
25,0
157,0
25,5
Hennetal bei Meschede
n
1901?
__
_
Ennepetal bei Radeformwald
n
1902?
—
—
—
Glörbachtalsperre bei Brecker-
n
1902/04
32,0
165,0
33,0
feld
Östertal bei Plettenberg
n
1903?
—
—
—
Inbachtal bei Meinerzbagen
J7
1904?
27,8
152,0
27,6
Urfttal bei GemUnd
Eifel
(Ruhrgebiet)
1899/1904
58,0
226,0
Neyetal
Wuppergebiet
—
—
—
—
Nettelal bei Altena
Ruhrgebiet
—
—
—
—
Negertal bei Siedlinghausen
n
—
—
—
—
Glennetal
n
—
—
—
—
Mönetal bei Soest
Ruhrtal
(Westfalen)
—
40,0
—
220,0
Marklissatalsperre
Queifi
1901/05
45,6
145,0
71,4
Edertal
Ruhrgebiet
~
—
450,0
—
Okertal
n
—
56,0
—
—
Höfen
Rheinland
—
33,0
—
55,0
Hürtgen
n
—
—
—
—
Iserlohn
Westfalen
—
26,0
—
Iserlohn
n
—
—
—
—
G. Kosten der Stanweihcr.
327
Baudaten von Stauweiheranlagen Deutschlands und Österreichs
Talsperren).
Kosten inkl.
Fassungs-
raum
/
Einzugs-'
gebiet
F
Jährliche
Abflufl-
menge
A
Grunderwerb
Siautiefe
/
total
pro m*
aufgesp.
Bemerkungen.
Wasser
Mill.
m
MiU. m»
km«
Mill. m«
Kronen
Heller
18,0
1,065
4,50
3,600
8,643
65
7,5
0,117
1,50
1,200
0,126
108
16,0
3,300
22,00
17,520
1,716
52
öl = 0,72 MiU. m» Abfluß
18,5
2,600
9,00
8,000
1,284
49
pro km*.
19,3
0,300
0,87
0,650
0,612
204
29,7
2,500
5,50
4,400
2,400
96
36,0
3,000
11,80
8,000
2,520
84
27,0
0,700
3,50
2,800
0,394
56
19,5
0,450
7,60
5,500
0,336
74
27,5
2,050
8,00
6,000
1,630
79
23,7
1,650
4,70
3.700
0,720
43
Jährl. Regenhöhe 1000 mm
(Öl = 1,08 Mill. m«).
30,4
9,600
52,70
40,000
3,120
32
34,9
10,000
48,00
36,000
3,120
30
27,7
2,000
7,20
5,500
0,936
47
öl = 0,75 Mill. m» Abfluß
pro km*.
31,4
3,000
12.60
10,500
1,320
46
23,2
1,000
6,60
5,000
0,756
76
öl = 0,75 Mill. m' Abfluß
pro km".
52,5
45,500
375,00
180,000
4,800
10
Öi = 0,42.
23,9
6,000
11,60
9,200
2,040
34
Projektiert Öi = 0,793.
24,3
1,500
4,60
3,600
0,990
66
Projektiert.
28,0
4,000
14,00
11,200
1,920
48
Projektiert.
29,0
5,000
14,60
8.000
2,160
43
Projektiert.
—
118,000
416,00
236,000
14,400
14
Grunderwerb allein 6,3 Mill.
Mark. Bauarbeiten allein
—
15,000
303,00
_.
3,912
26
5,9 Mill. Mark. Jährl.
—
170,000
—
—
15,600
9
Kosten für Amortisation
—
27,000
—
—
10,200
38
616,000 Mark.
—
7,500
54,00
27,000
1,524
20
01=0,50.
—
4,000
22,00
12,000
0,720
18
01 = 0,54.
—
0,600
—
0,916
0,456
76
—
0,200
—
—
0,270
135
328
n. Die Stanweiherbaaten.
Reservoir
Baujahr
Höhe
h
Länge
/
Inhalt
M
Name:
Land- oder
Flußgebiet:
der Talsperre
m
ra
Tausend m'
Kalterberger Wald
Rheinland
23,6
25,0
Lenncp
n
1893/94
12,5
115,0
—
Lichthardt
n
—
33,0
—
40,0
Maularzhütte
^
—
—
—
—
Reifelhardt
^
—
—
33,0
43,0
Schewenhütte
n
—
—
—
Zweifallshammer
r
—
—
—
—
Frankenberg
n
—
—
—
—
Zweifall
ri
—
—
__
—
Alfeld
Elsaß
1883/88
28,0
255,0
28,3
Altenweiher
w
1886/88
22,0
113,0
—
Lauchensee
n
1889/96
30,5
250,0
—
Chemnitz
Sachsen
1890/93
28,0
180,0
24,2
Lohnweiler
Kurpfalz
1879
5,5
26,0
—
Osterode
Harz
—
—
13,5
—
Weißeritz (5 Stauweiher)
Vogtland
—
—
—
—
Komotau
Böhmen
1900/03
42,5
155,0
41,0
Harzdorfersperre bei Reichen-
r»
1902/04
19,0
157,0
16,2
berg
Schwarze Neiße (Friedrichs-
^
1902/06
23,5
340,0
42,0
waldersperre)
Voigtsbach
n
1904/06
15,8
145,0
12,0
Mühlscheibe
n
1904/06
22,0
155,0
16,0
Grünwaldersperre (Neiße)
,,
1906/08
20,0
420,0
43,0
Görsbach
n
—
21,5
258,5
32,0
Eisenberg
n
1902/04
23,0
90,0
8.5
Hassensteinsperre bei Kaaden
r
—
38,0
198,0
53,0
Rauschengrundsperre bei Brüx
n
—
42,0
175,0
60,0
Jaispitz
Mähren
1894/97
23,0
—
—
Weirowitz
V
—
16,5
110,0
—
Bystriczkatal (Betschwatal)
"
—
37,5
170,0
—
Wölfeltalsperre im Urnitztal
Pr. Schlesien
1905?
30,0
110,0
Klinesperre bei Gacko
Musicafluß
(Herzegowina)
26,4
100,0
11,0
G. Kosten der Stanweiher.
329
Kosten inkl.
Fassungs-
Einzags-
Jährliche
Grunderwerb
Stautiefe
Abfluß-
/
raam
gebiet
menge
total
pro m*
Bemerkungen.
J
F
A
aufgesp.
Wasser
Mill.
m
Mill. m»
km«
Mill. m8
Kronen
Heller
5,500
33,00
16,500
0.790
14
öl = 0,50 Mill. m« pro km«.
10,0
0,118
—
—
—
84
—
6,000
50,00
—
—
19
«
—
5,000
30,00
16,000
—
18
01 = 0,53.
—
6,000
34,00
—
1,200
20
—
6,000
37,50
19,000
1,080
18
01=0,50.
—
9,000
70.00
35,000
1,620
18
ß, = 0,50.
—
4,000
23,00
12,000
0,720
18
01 = 0,52.
—
8,000
65,00
32,000
1,440
18
01 = 0,60.
22,0
1,100
4,20
3,500
0,528
48
ß, = 0,83.
14,1
0,725
1,20
—
0,323
50
19,0
0,800
5,50
—
—
120
20,0
0,360
2,70
0.800
1,560
—
Durchschnittliche Regenhöhe
—
0,005
1,90
—
—
24
726 mm {Q^ = 0,29 Mill.
—
1,300
—
—
—
26
m»).
23,000
7,200
43
Bloß */4 des Jahresnieder-
schlages zum Abfluß ge-
bracht.
34,0
0,700
12,00
2,147
2,000
285
Niederschlagsmenge
12,0
0,630
15,50
—
0,825
131
3578000 m», also 60 o/o
Abflußquote (öi = 0,18).
13,5
2,000
4,10
—
1,800
90
9,0
0,250
6,90
—
0,472
188
14,5
0,250
6,70
—
0,615
244
14,5
2,700
26,60
—
2,700
100
15,6
0,500
11,80
—
1,030
206
16,5
0,050
3,60
—
0,460
914
Abflußkoeffizient = 0,6.
29,0
1,150
35,7
11,200
1,900
165
Generalprojekt öi = 0,31.
33,0
1,281
16,0
8,350
1,800
140
Generalprojekt Q^ = 0,52.
12,5
0,360
130,00
—
0,290
80
8,0
1,500
380,00
—
0,268
20
—
4,400
64,00
—
—
—
Projektiert fiir den Donau-
Oder-Kanal.
—
1,000
—
—
—
—
21,0
1,730
80,0
0,700
40
330
11. Die Staaweiberbaaten.
Einheitspreise für Wasserbauten.
I. Erd- und Baumeisterarbeiten.
Brdarbeiten fiir die knrrenten Gerinnuferstellangen, inkl. des
Aushubes für die Uferschutzbauten bezw. deren Fundamente.
Abgrabung und Aushebung nach den gegebenen Profilen,
ohne Unterschied der Bodengattung und der Aushubtiefe und ohne
Unterschied, ob die Aushebung im Trockenen oder unter Wasser
erfolgt, samt Verführung des Materials ohne Unterschied der Ver-
führungsdistanz, samt der bedingungsgemäfien Herstellung der profil-
mäfiigen Dämme mittels Anschütten und Stampfen in 30 cm hohen
Schichten, samt der Deponierung des überschüssigen Materials auf
die von der Bauleitung beigestellten Deponierplätze oder in die alten
abgebauten Arme, samt Anschütten, Stofien und Planieren des zu
deponierenden Materials, samt Beseitigung des Buschwerkes von der
Abgrabungsstelle, samt vollständiger Ausrodung aller Wurzeln und
Stöcke aus dem abzugrabenden und anzuschüttenden Terrain, samt
dem Abheben der ca. 15 cm dicken Humus- oder Rasenschichte von
den Abgrabungs- und Anschüttungsflächen, der zeitweiligen Deponierung
dieser Schichten samt der Wiederverwendung derselben zur Humierung
und Berasung der Gerinn- bezw. Dammböschungen, samt sorgfaltiger
Besamung der sonst nicht anderweitig gedeckten Böschungen mit
Grassamen, samt allfalligen Pölzen und Wasserschöpfen.
Hierfür wird an aller Arbeit, Material, Requisiten, Transport-
mittel, inkl. Herstellung und Erhaltung etwaiger Transportwege,
Materialtransportbahnen etc., samt Regie, zusammen an allem und
jedem vergütet pro Kubikmeter
Anmerkung: Die gesamte Erdbewegung, das ist Aushebung oder Ab-
grabung inkl. Anschüttung, wird rücksichtlich des Ausmafies nur
nach den wirklichen Abgrabungsdimensionen der planmäfiig herge-
stellten Gerinnprofile berechnet und bezahlt, daher für das etwaige
Abrutschen der Böschungen und neuerliche Aushebung des Gerinn-
querschnittes keine Mehrverrechnung oder Mehrvergütung eintritt und
der Unternehmer diese Leistungen aus Eigenem, auf seine Gefahr und
Kosten zu bestreiten hat.
Erdarbeiten für die Kunstbauten.
Abgrabung und Fundamentaushebuag bezw. Baggerung,
genau nach Zeichnung hergestellt, ohne Unterschied der Bodengattung
und der Aushubtiefe und ohne Unterschied, ob die Aushebung im
Trockenen oder unter Wasser erfolgt, samt Verführung des Materials
ohne Unterschied der Verführungsdistanz und der bedingungsgemäfien
Herstellung der pro film äßigen Dämme, sowie der Deponierung des
überschüssigen Materials auf die von der Bauleitung beigestellten
Deponierplätze, samt Pölzen und Wasserschöpfen, samt allem und
jedem und der etwa erforderlichen Herstellung eines entsprechenden
80
G. Kosten der Staaweiher.
331
Lfde.
No.
Gegenstand:
Einheitspreis
K
Fangdammes, in allem übrigen wie No, 1 des Preistarifes, pro Kubik-
meter fix und fertig hergestellt, wird vergütet 1 — 2 K, im Mittel
30
Deckrasenbelag aas regelmäßig geschnittenen, -^r- cm grofien, fetten
Rasentafeln, samt Anpflockong, Erzeugung der Rasenziegel und der
Pflocke, samt Beifahr des Materials und der Beschaffung der zur
Erzeugung des Materials erforderlichen geeigneten Grundflächen, an
allem und jedem pro Quadratmeter
Flechtcäune, nach Zeichnung hergestellt aus 1,5 m langen, 7 — 10 cm
dicken, am unteren Ende zugespitzten und in Entfernungen von je
60 cm voneinander in den Boden ca. 1 m eingetriebenen Pflöcken
aus frischem Weiden- oder Erlenholz, samt Herstellung der Löcher
mittels Vorschlagers, inkl. der Verflechtung mit dünnen, biegsamen
und auswachsenden Weidenruten, samt Herstellung eines ca. 15 cm
tiefen Grabens und dem Beschütten der fertiggestellten Flechtzäune
mit dein Aushubmateriale. Die Höhe der Ausflechtung mufi mindestens
40 cm betragen und müssen hiervon 25 cm zutage liegen, pro
Karrentmeter Flechtzaun, an Material und Arbeit, an allem und
jedem, fix und fertig hergestellt
Spreitlagen zur Versicherung von Gerinn- und Dammböschungen aus
ca. 3 — 6 m langen jungen Weidenruten, welche auf die zu schützenden
Böschungen beiläufig in einer Mächtigkeit von 5 cm mit den Spitzen
abwechselnd nach aufwärts und nach abwärts gelegt und mit den
je 1 m voneinander entfernten, 8—10 cm dicken Weidenwürsten
durch je 1 m voneinander eingeschlagenen, ca. 50 cm hohen und
6 cm dicken Weidenpflöcken niedergehalten werden, samt dem Zu-
decken der Spreitlagen mit Muttererde 10 cm hoch. An allem und
jedem, das ist also inkl. der Würste, Pflöcke und Befestigungsmittel
(Draht), pro Quadratmeter fix und fertig hergestellt
Steinwttrfe, an den Tagflächen abgearbeitet, aus wetterbeständigen,
harten Bruchsteinen, wovon '/^ des benötigten Quantums eine Größe
von 30 — 60 dm' und der Rest eine Gröfie von nicht unter 5 dm'*
haben sollen; an Lieferung und Beistellung der Steine, inkl. des
Aufschlichtens in leicht meßbaren Figuren zunächst der Verwendungs-
stelle, samt der Anarbeitung des Steinwurfes an Ort und Stelle nach
den bedingungsgemäfien Profilen, inkl. der Abarbeitung der Tag-
flächen mit senkrecht auf die Böschungsfläche abgearbeiteten Steinen
und der Herstellung des Fufies für das sich event. anschließende
Steinpflaster, samt dem eventuellen Auszwicken der Fugen, an aller
Arbeit, Requisiten, Regie pro Kubikmeter fix und fertig hergestellten
Steinwurfes
Btfschungspflaster aus 25 cm hohen, auf den Sturz gestellten, harten,
wetterbeständigen Steinen, samt Herrichtung der zu pflasternden
Flächen nach den normierten Profilen und Herstellung einer 10 cm
30
48
60
60
332
II. Die Stauweiberbauten.
Lfde.
No.
Gegenstand:
Einheitspreis
9.
10.
11.
12.
13.
dicken Sandbettung zur Aufnahme des Pflasters, samt dem Aus-
zwicken der Pflasterfugen, an aller Arbeit, inkl. der erforderlichen
Erdbewegung, an allen Materialien, Requisiten und Regie, an allem
und jedem pro Quadratmeter
Bruchsteinpflaster in Zementmörtel als Böschungs- und Rostpflaster
aus 25 cm hohen, auf den Sturz gestellten, harten, wetterbeständigen
Bruc. *einen, samt Herrichtung der zu pflasternden Flächen nach den
normierten Profilen in ein 5 cm starkes, hydraulisches Mörtelbett
gelegt, samt Ausgiefien und Verbrennen der Fugen mit Zementmörtel
pro Quadratmeter fix und fertig hergestelltes Pflaster
Trockenmauerwerk aus grofien, lagerhaften, wetterbeständigen, harten
Bruchsteinen, an Lieferung, Beistellung und Zurichtung der Mauer-
steine, Ausfuhrung des Mauerwerkes bis zur Vollendung, an allem
Materiale, samt Auszwicken oder Fugen mit Moos, an aller Arbeit,
Regie, Requisiten, Gerilstung etc., alles zusammen pro Kubikmeter .
Fundamentmauerwerk aus grofien, harten, lagerhaften Bruchsteinen
in hydraulischem Zementmörtel im Mischungsverhältnisse von 1 Teil
Zement und 2 Teilen reschem, gereinigtem Sand, ohne Unterschied
der Tiefe und Dicke des Mauerwerkes, inkl. Pölzen und Wasser-
schöpfen. An allem Materiale, aller Arbeit, samt Requisiten, Ge-
rüstung, Regie, das ist an allem und jedem, pro Kubikmeter fix und
fertig
Tagmauerwerk aus grofien, lagerhaften, wasser- und wetterbeständigen,
harten Bruchsteinen in hydraulischem Zementmörtel (2 Teile rescher,
gereinigter Sand und 1 Teil hydraulischer Zementkalk), die sichtbaren
Teile als Zyklopenmauerwerk aus grofien, abgearbeiteten Steinen mit
glatten Stirnflächen in genau zusammenpas*»enden, geradlinigen Stoß-
fugen, ohne Zwickel gemauert, die Fugen vergossen und verbrämt,
einschließlich der Einmauerung bezw. Versetzung aller Holz- und
Eisenteile der Kunstbauten, pro Kubikmeter fix und fertig hergestellt,
an allem und jedem
Betonmauerwerk aus normalmäfiig geschlägeltem Schotter, hydrau-
lischem Zementkalk im Verhältnisse von 1 Teil Zementkalk, 2 Teilen
reschem, gereinigtem Sand und 2 Teilen Schlägelschotter, fix und
fertig hergestellt, nebst allen Verrichtungen zur Versenkung des
Betons, samt Gerüstung, Pölzung und Wasserschöpfen, samt der Ver-
setzung der sämtlichen Holz- und Eisenteile der Kunstbauten, inkl.
der Herstellung eines ca. 5 cm starken Portlandzementverputzes an
den Tag- bezw. Aufienflächen, samt Abschleifen dieser Schichte, fix
und fertig hergestellt pro Kubikmeter
Portlandbetonmauerwerk aus normalmäfiig geschlägeltem Schotter
und Portlandzenient im Verhältni>se von 1 Teil Portlandzement,
2 Teilen reschem Sand und 2 Teilen Schotter, fix und fertig her-
gestellt wie No. 12, pro Kubikmeter
16
17 , —
20
32
G. Kosten der Stauweiher.
333
14.
15.
16.
17.
18.
19 a.
19 b.
20.
21.
22.
Ziegelmaoerwerk aus Wienerberger Ziegeln in hydraulischem Zement-
mörtel, die Fugen mit Zement verstrichen und verbrämt, einschliefilich
etwaiger Einmauerung von Holz- und Eisenteilen, an aller Arbeit,
Requisiten, Gerüstung und Regie pro Kubikmeter
Oewölbemauerwerk aus geschlämmten Wienerberger Ziegeln in
hydraulischem Zementmörtel, die Fugen mit Zement verstrichen und
verbrämt, an aller Arbeit, Requisiten, Gerüstung, Ausschalung und
Regie pro Kubikmeter
Deckplatten, 10 cm stark, aus ganz hartem Stein, rein abgearbeitet,
samt Anarbeiten der Wassemase, samt Versetzen in Portlandzement-
mörtel und Einlassen der Verbindungsklammem pro Quadratmeter
Deckplatten, 15 cm, sonst wie No. 15, pro Quadratmeter ....
Anflagerquader aus ganz hartem Stein, inkl. Versetzen und Ver-
klammem pro Kubikmeter
Hackelsteinverkleidung fiir die Schleusen und Wehranlagen aus ganz
harten, bedingungsgemäfi gelieferten, 50 — 60 cm hohen Hackel-
steinen in Portlandzementmörtel als Laufer und Binder mit senkrechten
Fugen, an den Außenseiten glatt angearbeitet und inkl. der Lieferung
der ordentlich behauenen EckstUcke, welch letztere auf 2 Seiten ent-
sprechend abzuarbeiten sind, samt Verbrämen der Fugen mit Portland-
zementmörtel, inkl. des Versetzens der Holz- und Eisenteile für die
gesamten Schleusenanlagen, als Aufzahlung für die bereits im Bruch-
steinmauerwerke verrechnete Kubatur pro Quadratmeter fix und fertig
Hackelsteinverkleidung für die Brücken aus harten, bedingungsgemäß
gelieferten, 40 — 50 cm hohen Hackelsteinen in Portlandzementmörtcl
als Laufer und Binder mit senkrechten Fugen angearbeitet, an den
Tagflächen mit einem je 3 cm breiten Randbande rauh abgestockt
und sonst mit 6 — 10 cm hervorstehenden rauhen Bossen versehen,
als Aufzahlung für die bereits im Bruchsteinmauerwerke verrechnete
Kubatur pro Quadratmeter fix und fertig
Glasierte Steinzeugrohre, 250 mm im lichten Durchmesser liefem,
an Ort und Stelle zuführen, in Zementmörtel versetzen, samt der
Herstellung, Zuschüttung und Einstampfen des Rohrgrabens, das ist
an allem und jedem, fix und fertig hergestellt pro Kurrentmeter . .
Strafsengrundbau aus 15 cm hohen, mit den breiten Flächen nach
unten gelegten harten Steinen, die Zwischenräume fest verkeilen und
verzwicken, inkl. der Lieferung und Anarbeitung der beiderseitigen,
30 cm hohen und ca. 45 — 50 cm langen Randsteine, an allem und
jedem pro Kubikmeter
Strafsenbe Schotterung aus normalmäßig geliefertem Schlägelschotter,
samt Zufuhr und dem Aufrichten in Prismen a 2 m^ und dem
Ausplanieren des Schotters nach erfolgter Übernahme desselben, an
allem und jedem pro Kubikmeter
26
15
100
18
10
334
II. Die Stanweiherbanten.
StraXsenbeschotterung aus rundem Donauschotter, sonst wie No. 22
24. Altes Mauerwerk abbrechen, das Material reinigen, sortieren und
schlichten, pro Kubikmeter
U. Zimmermanngarbeiten nnd EiBentelle.
Die Einheitspreise der Zimmermannsarbeiten verstehen sich samt aller
Materiallieferung und Zufuhr, allen Requisiten und Regie; dieselben
begreifen die vollständige, von der Bauleitung vorzuschreibende, sinn-
gemäße Anarbeitung der Hölzer (Zuspitzen, Zapfenschneiden, Löcher-
stemmen, Hobeln, Behauen und alle anderen notwendigen Zurichtungen)
nebst allen Nebenarbeiten, -Leistungen und Beistellungen (Zubringen,
Wasserschöpfen, Gerüsten, Versetzen etc.) bis zur fixen und fertigen,
fUr die Übernahme geeigneten Vollendung der betreffenden Objekte.
Es darf nur im Winter geschlagenes Rotlärchen- oder
Eichenholz verwendet werden. Eine Vergütung für Eisenteile
findet nur dort statt, wo bei den Zimmermannsarbeiten die Lieferung
und Anarbeitung der Eisenteile nicht mit inbegriffen ist.
a) Ans im Winter geschlagenem Rotlärchenholz.
26. PUotierung bei den Uferschutzbauten und bei den Schleusenanlagen,
inkl. Beistellung, Zufuhr and Anarbeitung des Materials.
Aus bis zu 6 m langen, 20 — 30 cm am dünnen Ende im
Durchmesser haltenden Rundpiloten, inkl. des projektsgemäfien Ein-
rammens der Piloten, das ist entweder bis zum Festsitzen oder aber
event. bis auf die ganze Länge, samt Spitzen und Herrichten der
Piloten, samt dem Befestigen des Schuhes und dem Anlegen des
Schlagringes, inkl. des Transportes, der Aufstellung, dem Rammen
mittels Rammmaschinen und des Abschneidens der eingerammten
Piloten. An allem Material, Zufuhr, Arbeit und Regie pro Kurrent-
meter fix und fertige Pilotierung:
a) bei einem Durchmesser der Piloten von 20 cm am dünnen Ende
") n n n n n n ^*^ n n n n
^) rt n n n n n ^ n v n n
26. Pilotierung bei den Brücken und Stegen, inkl. Beistellung, Zufuhr und
Anarbeitung des Materials.
Aus bis zu 10 m langen, 20 — 30 cm am dünnen Ende im
Durchmesser haltenden Rundpiloten, sonst genau wie in No. 25 be-
schrieben wurde und inkl. der erforderlichen Raramgerüste etc. An
allem Material, Arbeit und Regie pro Kurrentmeter fix und fertiger
Pilotierung wird vergütet:
a) bei einem Durchmesser von 20 cm am dünnen Ende ....
") n n n >i25„„ „ „....
W» n n »30j,„ „ „....
60
50
40
50
G. Kosten der Stanweiher.
335
Lfde.
Einheitspreis
Gegenstand:
No.
K
h
27.
Kappbäume, bis 6 m lang, alle vier Seiten reinkantig behauen,
die Tagteile gehobelt. An Material, Zufuhr samt Arbeit, fix und
fertig hergestellt pro Kurrentmeter:
a) bei einem Querschnitt von 20/25 cm
3
50
b) « 30/30 -
8
28.
"/ |l W n 1» ^-rKifxjxß ^
SattelhOlxer, auswendige, in Längen von 1,5 — 2,5 m, an allen vier
Seiten behauen, die Tagteile gehobelt. An Material, Zufuhr und
Arbeit, fix und fertig hergestellt pro Kurrentmeter:
a^ bei einem Ouerschnitt von 20/25 cm
3
b) , „ , „ 30/30 „
6
29.
/ n n »» n «'v/^v ^
SattelhÖUer, inwendige, in lüngen von 1,5— 2,5 m, an zwei Seiten
behauen, sonst wie No. 28, pro Kurrentmeter:
**
a) bei einem Querschnitt von 20/25 cm
2
50
b) ^ „ „ „ 30/30 „
5
30.
/ 7» w n 71 w^w „
Bndbäome, auswendige, für Brücken und Stege, in Längen bis zu
11 m, auf vier Seiten reinkantig behauen, die Tagteile ge-
hobelt. An Material, Zufuhr und Anarbeitung, fix und fertig her-
gestellt pro Kurrentmeter:
a) bei einem Querschnitt von 20/25 cm
5
b) „ „ „ „ 30/30 und 30/32 cm
9
—
31.
Bndbäame, innere, für Brücken und Stege, in Längen bis zu 11 m;
aus im Mittel 36 cm im Durchmesser haltenden Hölzern angearbeitet,
die Auflager im Ausmafie 30/32 cm, auf eine Länge von je 2,5 m
behauen, sonst rund und bloß oben für die Brückstreu behauen. An
Material, Zufuhr und Anarbeitung, fix und fertig hergestellt pro
Kurrentmeter
7
60
32.
Bndbäume, auswendige, für Brücken und Stege, vierkantig behauen.
bis zu 9 m lang, sonst wie No. 30:
a) bei einem Querschnitt von 20/25 cm
4
50
b) „ , , „ 30/30 «
8
33.
/ n n n n •'»'/•'vr „
Bndbäume, innere, für Brücken und Stege, in Längen bis zu 9 m.
sonst wie No. 31, pro Kurrentmeter
6
50
34.
Brückstreu aus 15/15 — 16/16 cm rein gehauenen BrückstreuhÖlzem
bis 5 m Länge, samt Legen, Pressen, Annageln und Beigabe der
Nägel, inkl. Beigabe der um je 50 cm über die Breite der Fahr-
bahn herausragenden längeren Brückstreuhölzer zur Befestigung der
Geländerstreben pro Quadratmeter fix und fertig hergestellt . . .
8
—
36.
Bisruten aus bis zu 8 m langen, zweiseitig behauenen, am dünnen
Ende wenigstens 15/20 cm starken Hölzern, samt Annageln und
Beigabe der Nägel pro Kurrentmeter:
a) bei einer Breite der Eisruten von 15 cm
2
40
b)i» n n n n »20„
3
—
Die Nägel müssen wenigstens 15 cm in die Piloten eingreifen.
336
n. Die Stanweiherbauten.
36.
37.
38.
39.
40.
41.
42.
43.
44.
45.
46.
47.
Rauhe Verschalung über die Hirnflächen der Endbäume bei den
Landjochen der Brücken und Stege aus 5 cm starken Pfosten, samt
Beigabe der Nägel, fix und fertig hergestellt pro Quadratmeter . .
Kreuzriegel bei den Stegen, aus 10/16 cm Holz, bis zu 4 m lang,
inkl. Annageln pro Kurrentmeter
Deckpfosten über den Zusammenstofi der Brückstreuhölzer, 5 cm stark,
30 cm breit, aus 6 — 6 m langen Pfosten, samt Beigabe der Nägel
und Annageln pro Kurrentmeter
Brückengeländer samt Mittelriegel und Schotterbaum, alles rein
gehobelt, genau nach Plan hergestellt und fertig aufgestellt. Die
Geländerbäume, Geländersäulen, Schotterbäume, in- und auswendigen
Streben aus je 16/16 cm Holz, die Ecksäulen 16/18 cm, der Mittel-
riegel 10/10 cm, fix und fertig hergestelltes Geländer, samt Beigabe
der notwendigen Verbindungsklammem pro Knrrentmeter ....
Steggelttnder mit Mittelriegel, alles rein gehobelt, genau nach Plan
hergestellt, fix und fertig aufgestellt. Geländersäule und Geländer-
baum aus 15/16 cm, Mittelriegel aus 10/10 cm Holz, Streben und
Büge 15/16 cm, samt Beigabe der Nägel und Annageln pro Kurrent-
meter
Hölzer für Längszangen oder Kappbäume bei den Uferschutzbauten
aus bis zu 9 m langen, vierkantig behauenen Hölzern von
15/20 — 20/25 cm Querschnitt, An Material, Zufuhr und Arbeit wird
pro Kurrentmeter vergütet:
a) bei einem Querschnitt von 15/20 cm
b) „ r, n , 20/20 „
c) . « „ „ 20/26 ,
QuerzangenhOlzer für die Uferschutzbauten, bis zu 5 m lang, zweiseitig
behauen, von 15/20 cm Querschnitt am dünnen Ende. An Material,
Zufuhr und Arbeit pro Kurrentmeter
Gehobelte Stichbettbedielung aus 5 cm starken, 30 cm breiten ge-
fugten Pfosten, samt Befestigung mittels 15 cm langer Schiftnägel,
inkl. Beigabe derselben pro Quadratmeter fix und fertig . . . .
Gehobelter Bohlenbelag, 5 cm stark, samt Beigabe der Nägel und
Anarbeitung, inkl. Hobeln der Tagfiächen, fix und fertig hergestellt,
an allem und jedem pro Quadratmeter
Mauerbänke und Stegschwellen bis zu 5 m lang, vierseitig behauen,
15/20 cm im Querschnitt, an den Tagflächen gehobelt, pro Kurrentmeter
Gehobelte Verschalung des Versteifungsgerippes bei den Mittelgries-
säulen der Grundschleusen aus 5 cm starken, bis 6 m langen ge-
hobelten, gefugten Pfosten pro Quadratmeter
Pilotierter Rost für die Fundamente von Ufermauem und Brücken
aus 4 m langen, am dünnen Ende 20 cm im Durchmesser haltenden
und in Entfernungen von je 1 m auf ihre ganze Länge eingerammten
50
50
30
40
40
G. Kosten der Stanweiher.
337
48.
49.
50.
61.
52.
53.
Rnndpiloten, inkl. Beigabe und des Anarbeitens der 4 kg schweren
Pilotenschnhe, sowie Legen und Befestigen der beiderseitigen 15/20 cm
starken Längsschwellhölzer und der 15/20 cm in Entfernungen von je
1 m anzuordnenden Querschwellhölzer. Die Schwellhölzer sind blofi
oben und unten reinkantig zu bearbeiten, samt Beigabe der erforderlichen
Verbindungsklammem, fix und fertig hergestellt pro Quadratmeter . 16
Schwellrost fQr Ufermauem und Brücken aus 15/20 cm starken Schwell-
hölzem, das ist den beiderseitigen Langhölzern und den in Ent-
fernungen von je 1 m eingebundenen Querriegeln, die Schwellhölzer
blo£ oben und unten rein behauen, samt Beigabe der 30 cm langen
eisernen Verbindungsklammem über jeder Kreuzungsstelle der Schwellen,
fix und fertig hergestellt pro Quadratmeter 4
Gefugte rauhe Verschalung bei den Bohlwerkswänden, als Abschluß
der Bohlwerksgerippe, aus 4 — 6 m langen, im Mittel 30 cm breiten
und je 8 cm dicken Pfosten, an Material samt Anarbeitung, inkl.
Beigabe und Annageln der 16 cm langen Nägel, so daß jeder Pfosten
an jeder Pilote zweimal angenagelt wird, inkl. der etwa erforderlichen
Erdarbeit, dem Wasserschöpfen, Pölzen und Gerüsten, das ist an
allem und jedem pro Quadratmeter fix und fertig hergestellt ... 6
Gefugte Spundwände zu den Bohlwerkswänden, als Abschluß der
Bohlwerksgerippe, aus 3 — 5 m langen, 8 cm dicken, 20 — 30 cm
breiten, gefugten Spundpfählen, an Lieferung des Materials, Zuspitzen,
Anarbeitung und vollständiger Einrammung auf eine mittlere Tiefe
von 1 — 2 m, an allem und jedem, samt etwaiger Erdarbeit, Wasser-
schöpfen und Gerüsten pro Quadratmeter fix und fertig hergestellt . 8
Gefugte Spundwände bei den Schleusenanlagen ans 3—4 m langen,
10 cm dicken, 20 — 30 cm breiten, gefugten Spundpfählen, samt voll-
ständiger Einrammung auf die ganze Höhe der Spundpfähle, sonst
wie No. 60, pro Quadratmeter 10
FalxbOrstenwand bei den Schleusen aus 5 m langen, 25 — 30 cm
breiten, 12 cm starken, gefalzten Spundpfählen, inkl. Einrammung
auf eine Tiefe von wenigstens 2 m unter der Sohlenoberkante der
Grundschleuse, an allem und jedem pro Quadratmeter 12
Bohlwerksgerippe zu den hölzernen Uferschutzbauten und als Fuß
von Böschungspflasterungen.
Dieses Gerippe umfaßt die Lieferung und vollständige An-
arbeitung der Piloten, Längs- und Querzangen, Querriegel und Erd-
verankerungspiloten, samt Beigabe und Anarbeitung der Eisenteile
und inkl. der fix und fertigen Erdarbeit für die Einbringung der
Querzangen, Querriegel und der Erdverankerungspiloten, inkl. Wasser-
schöpfen, Pölzen und Gerüsten. An Zimmermannsarbeit, Erdarbeit,
an Lieferung und Anarbeitung der Eisenteile, an allem und jedem,
fix und fertig pro Knrrentmeter 1 15 | 20
Friedrich, Wasaerban. Zweite Auflage. IL Band.
22
338
II. Die Staaweiherbauten.
54.
Anmerknng: Dieses Gerippe besteht aus in Entfernungen von je 1 m
voneinander eingerammten, 20 cm am dünnen Ende starken und
40 cm langen Rundpiloten, femer aus zwei Reihen mit den Piloten
verschraubter Längszangen von 15/20 cm Querschnitt und aus dem
in Entfernungen von je 8 m angebrachten, fix und fertig herge-
stellten Verankerungen, deren jede aus je zwei k 4,8 m langen Quer-
zangen, zwei je 1 m langen Querriegeln und einer 2 m langen
Erdverankerungspilote besteht.
Auf 1 Kurrentmeter Bohlwerksgerippe entfallen:
a) eine 20 cm starke, 4 m lange Rundpilote, samt
Rammen, k 1,60 K 6,40 K,
b) 2 Kurrentmeter Längszangen 15/20 cm, k 1,50 K . 3,00 „
c) 1 Pilotenschuh, ä 4 kg 2,00 „
d) 1 Schraube samt Platten, 15 mm 0,80 „
Hierzu kommt noch der achte Teil der Kosten fiir die nach-
stehend berechnete Erd Verankerung:
2 Querzangen ä 4,8 m, zusammen 9,6 m lang,
J5/20 cm zweiseitig behauen, a 1,30 K . 15,08 K,
2 m Querriegel k 1,30 K 2,60 „
2,20 m starke Rundpiloten samt Rammen 3,20 „
4 Schrauben, 2 a 50 cm lang, ^ 40 h . . 1,60 ^
2 i 45 „ „ ä 48 , . . 1,52 „
Zusammen 24,00 K.
Ein Achtel hiervon . 3,00 K.
Demnach kostet 1 Kurrentmeter hölzernes Bohlwerks-
gerippe 15,20 K.
Es wird ausdrücklich bemerkt, daß dieses Bohlwerksgerippe nur nach
dem fix und fertig hergestellten hölzernen Schutzbau mit dem oben
eingestellten Einheitspreise von 15,20 K zur Berechnung kommt,
und daß alle 8 m eine Verankerung herzustellen ist. Speziell wird
noch bemerkt, daß der Unternehmer über Weisung auf Anweisung
der Bauleittmg die Piloten statt mit 4 m event. auch ohne Ent-
schädigung auf 5 m Länge zu liefern und einzurammen hat; ebenso
kann es vorkommen, daß an einzelnen Stellen statt der 4 m langen
Piloten solche von 3 — 3^/^ m Länge genügen dürften.
Bohlwerkswandgerippe resp. Falzbürstenwandgerippe bei den Schleusen-
und Wehresanlagen, nach den Detailplänen genau hergestellt.
Diese in den Ausmaßen sehr verschiedenen Gerippe bestehen aus
in Entfernungen von je 1 m eingerammten, 25 — 30 cm am dünnen
Ende starken, 3 — 7 m langen Rundpiloten, Längszangen von 15/20 cm
Querschnitt und den in mehreren Fällen zur Anwendung gelangenden,
in Abständen von 4 m angebrachten Erdverankerungen, wie die bei
No. 53 beschriebenen, samt Beigabe und Anarbeitung der Eisenteile
G. Kosten der Stauweiher.
339
55.
56.
57.
58.
59.
60.
und inkl. der fix und fertigen Erdarbeit für die Einbringung der
Querzangen, Querriegel und der Erdverankerungspilote, dem Wasser-
schöpfen, den Pölzen nnd Gerüsten.
Für diese Herstellungen wird ein Einheitspreis nicht aufgestellt
und gelangen die bei diesen Anlagen zur Verwendung kommenden
Konstruktionselemente jedes für sich zur Verrechnung.
StrsJsengelttnder fQr Bexirksstrafsen I. Klasse, fix und fertig her-
gestellt, der Geländerbaum 16/18 cm stark, 4 m lang, die Geländer-
säule 18/21 cm, samt den 16/18 cm starken Querschwellen und
Streben, die Tagteile gehobelt, die Erdteile gekohlt oder geteert^
fix und fertig aufgestelltes Straßengeländer an Erd- und Zimmer-
mannsarbeit pro Kurrentmeter
Strafsengeländer für Gemeinde wege und Besirksstrafsen IL Klasse,
der 4 m lange Geländerbaum 14/16 cm stark, die Geländersänle
16/18 cm, samt den 14/16 cm starken Querschwellen und Streben,
sonst wie No. 55, pro Kurrentmeter
Schleuderpflocke, 2 m lang, 16/18 cm Querschnitt, Tagteile gehobelt,
Erdteile gekohlt, samt Aufstellen, pro Stück
MontierungsgerÜste zur Montierung der eisernen Straßenbrücken,
nach den Acgaben der Bauleitung hergestellt, samt Beigabe des er-
forderlichen Bohlenbelages und dem seinerzeitigen Abtragen des
Gerüstes, wobei das Material im Besitze des Unternehmers verbleibt,
pro Quadratmeter fix und fertig hergestellt
b) Aus Eichenholz (wintergeschlagenes).
HÖlxernes Konstruktionsgerippe für die Schleusenrorrichtung bei den
Hochwassergräben und bei den Grundschleusen, bestehend in Schleusen-
polstem, Eckgriessäulen, Mittelgriessäulen und Griesholmen ans rein-
kantig behauenen, bis zu 8 m langen Hölzern, inkl. Herstellung der
Falze, Nuten etc. und der erforderlichen Zimmermannsarbeit für
das Einlassen der Eisenteile, pro Kurrentmeter fix und fertig her-
gestellt, an aller Arbeit, Material und Zufuhr wird vergütet:
a) bei einem Querschnitt von 35/45 cm
b) „ « „ n 30/35 „
W r n »1 n 30/30 „
d) « » V » 45/45 „
HOlsernes Versteifungsgerippe für die Mittelgriessäulen, zugleich
Mitteljoche für die Bedienungsstege der Schleusen, aus reinkantig
behauenen, event. mit Falz oder Nut versehenen und an den Tag-
teilen abgehobelten Hölzern bis zu 8 m Länge, samt Beigabe und
Anarbeiten der Eisenbestandteile (Klammern, Nägel, Schrauben) wird
pro Kurrentmeter vergütet:
a) bei einem Querschnitt von 25/30 cm
b) „ „ „ „ 20/25 „
40
20
14
12
25
10
5
340
n. Die Stanweilierbaiiten.
Lfde.
Einheitspreis
Gegenstand:
No.
K
h
61.
Aufsugschütsen ans 26/30 cm breiten, bis 3 m langen Pfosten, in
Feder und Nnt genau nach der vom Unternehmer zu liaferaden und
von der Bauleitung zu genehmigenden Detailzeichnung hergestellt, an
Material, Zufuhr, Anarbeiten, Hobehi, samt Beigabe und Anarbeiten
der erforderlichen Eisenteile (Schrauben, Nägel und Bänder) fix und
fertig hergestellt pro Quadratmeter:
a) bei einer Stärke der Pfosten von 10 cm
12
—
*>)n n n n n »16«
16
—
c) Eisenteile.
62.
Bandeisen, Verbindungsklammem, Pratzen etc., pro Kilogramm . .
—
40
63
Pilotenschuhe. vierarmic. pro Kilofiramm
50
64.
Schrauben samt Platten pro Kilogramm
—
70
65.
SchauenaufaugSYorrichtungen, vollständig montiert, gleichgültig ob
Gufi- oder Schmiedeeisen (das ist Bänder, Zahnstangen, Zahnräder,
Schrauben, Kegelräder, Transmissionen, Kurbeln etc.), fix und fertig
geliefert, aufgestellt, an allem und jedem, pro 100 kg
70
~~'
Anhang.
Einheitspreise für Tagelöhne, Fuhrlohn, Materialien etc. und für sonstige
Arbeitsgattungen bei Regiearbeiteu,
auf Grund derer die früheren Preise berechnet wurden.
1. Die Tagschicht wird mit 10 vollen Arbeitsstunden festgesetzt.
2. Für die Beistellung und Abnutzung der Requisiten und Werkzeuge, für
die nach diesem Nachhange auszuführenden Regiearbeiten, dann für
Aufsicht werden 10®/q der für die betreffende Arbeitsleistung zur Ver-
gütung gelangenden Löhne geleistet, wobei aber Poliertagelöhne nicht in
Aufrechnung kommen dürfen.
3. Ein Maurergesellentagelohn 2,60 K.
4. Ein Handlangertagelohn (männlich) 2,00 „
5. Ein Handlangertagelohn (weiblich) 1,40 „
6. Ein Lehrjnngentagelohn 1,80 „
7. Eine Stunde über die tägliche Arbeitszeit wird mit 10^/q des Tagelohnes
vergütet.
8. Eine ganze Tagfuhre mit 2 Pferden samt Wagenbeistellung 14,00 „
9. Eine halbe Tagfuhre, sonst wie oben 8,00 „
10. Eine Fuhre kürzerer Dauer 4,00 „
11. 100 kg alte Eisenbahnschienen, an Material, Zufuhr und Versetzen, inkl.
Grundieren und dem zweimaligen Ölanstrich 15,00 „
12. 100 kg eiserne, gewalzte oder genietete Träger, samt Versetzen . . . 4,00 „
13. Eisengeländer, Versetzen pro lfd. m, samt zweimaligem Ölanstrich , . 1,00 „
14. Steinklammern, ca. 30 mm lang, 3 cm breit und 1^/j cm dick, samt
Versetzen, pro Stück 0,80 „
H. Ausgeführte SUnweiherbanten. 341
Daran anschliefiend folgen noch nachstehende Preise für Ufer- und
Lehnensicherungen, sowie für Verbauungen:
1. Herstellung von einreihigen FlechtzSunen,- 30 — 60 cm hoch, samt Liefenmg
des Materials, pro lfd. m 0^60 K.
2. Herstelluig von zweireihigen Flechtzännen, 1 m hoch, samt Lieferung
des Materials, pro lfd. m 1,60 ,,
3. Lehnenverflechtung mit Schlickzäunen, 20 — 30 cm hoch, in 1 m' grofie,
unter 46® geneigte Felder geteilt, pro Quadratmeter 1|20 ,,
4. Steinsatz aus zum Teil erzeugten, zum Teil aus an Ort und Stelle vor-
handenen Bruchsteinen hergestellt, pro Kubikmeter 1,60 „
5. Trockenpflasterung aus vorhandenen Steinen, pro Quadratmeter .... 0,60 „
6. Aushub in leichterem und mittlerem Material, pro Kubikmeter .... 0,&0 — 0,60 K.
7. Herstellung von Grundschwellen aus Rundholz, im Mittel </ = SO cm,
samt Sicherung durch Spreitlagen (samt Materialbeigabe), pro lfd. m . . 2,80 K.
8. Herstellung einer Sperre ans Holz, samt Materialbeigabe, 1 m hoch (als
zweireihigen Flechtzann) und Faschinenspreitlage 2,40 „
9. Sperren aus Holz, 1,5 m hoch, als dreireihiger Flechtzann (siehe Fig. 124) 3,(X) „
10. Sperren aus Holz, 2 m hoch (siehe Fig. 128) 15,00 „
11. Sperren aus Bruchstein, samt Fundament und Flügelaushub, pro Kubikmeter 5,00 „
Speziell fUr Stauweiher.
12. Wehraufsätze:
a) 2 m hohe Wehrbalkenaufsätze fiir 6 m Spannweite in der in Taf. XX,
Fig. 4, ersichtlichen Konstruktion, samt eisernem Steg und Aufzugs-
mechanismus, pro Feld (6 m breit) 2800 K.
b) 2 m hohe Klappenwehraufsätze nach Taf. XVII, Fig. 2, wie oben, pro
6 m breite Öffnung 3000 „
13. Eiserne Schütze, 1,5/1,0 m, samt Rahmen, Aufzugsmechanismus und
10 m langer Spindel (siehe Taf. XX, Fig. 13), pro Stück 1000 „
14. Preise von Röhren, Schieber etc. siehe in dem Abschnitt über Wasser-
versorgungen.
H. Ausgeführte Stauwelherbauten.
L Deutschland.
X. Der Stauweiher im Eschbachtale oberhalb Remscheid.
Dieser zur Wasserversorgung der Stadt Remscheid (in der Rhein-
provinz) im Eschbachtale von Prof. Intze in Aachen projektierte und in den
Jahren 1889 — 1891 ausgeführte Stauweiher wird durch eine 25 m hohe Tal-
sperrenmauer gebildet, welche, nach einem Radius von 125 m gekrümmt, als
horizontales Gewölbe beiderseits in solide Felswiderlager 2 — 2^/^ m tief ein-
gebunden ist. Die Kronenlänge beträgt 160 m, die Kronenbreite 4 m, die
Fundamenttiefe 5 — 6 m, die nutzbare größte Wassertiefe 18 m. Das Sperren-
profil ist ähnlich dem Elsässer Normalprofil konstruiert. Als horizontales
Gewölbe würde dieses Profil mit 12 kg pro cm* vollkommen stabil sein,
doch wurde hierauf keine Rücksicht genommen, sondern dasselbe bei
gefülltem Reservoir im Maximum nur mit 5,49 kg pro cm® an der äußeren
Kante, bei leerem Reservoir mit 5,31 kg pro cm* an der inneren Kante in
Anspruch genommen. Überdies wurden die Mauerwerkschichten konkav
342 ^^' ^^^ Staaweiherbaaten.
nach unten angeordnet, so zwar, daß dieselben normal zur Richtung der
Resultierenden liegen. Der Lennep schiefer, ein devonisches, lagerhaftes,
mit Grauwackenschiefer wechsellagemdes Gestein, ließ diese Art der Schichten-
mauerung zu; er besitzt ein spezifisches Gewicht von 2,7 kg, eine Druck-
festigkeit von 800 kg parallel zu den Schichtenflächen und 1500 — 2000 kg
pro cm* senkrecht darauf. Das Mauerwerk hat ein spezifisches Gewicht von
rund 2,4 kg. Die Parapuetmauern wurden aus Ziegeln, die Deckplatten aus
Basaltlava hergestellt. Der zum Mauern verwendete Mörtel bestand aus
4 Volumenteilen Fettkalk, 6 Volumenteilen bestem blauem Plaidter Traßmehl
(natürlicher Zement am Rhein) und 8^/2 Volumenteilen reingewaschenem
Rheinsand. Die Druckfestigkeit dieses Mörtels betrug nach 3 Monaten:
bei Erhärtung unter Wasser 166 kg pro cm*,
„ an der Luft 90 „ „
gegenüber der größten Beanspruchung im Mauerwerk von 5^/^ kg pro cm*.
Der Mörtel erwies sich bei einem Wasserdrucke von 2 Atmosphären voll-
kommen wasserdicht. Um das beinahe bei allen früher erbauten Talsperren
beobachtete Durchsickern zu ver-
hindern, wurde die Wasserseite
aus einem 65 bezw. 39 cm tiefen
und 90 bezw. 60 cm langen abge-
treppten Pflaster aus Klinkerziegel
hergestellt, und zwar wurde die
treppenförmige Oberfläche des
Sperrenmauerwerkes zuerst mit
Zement und Kalkmörtel gut ver-
putzt, sodann diesem Verputz ein
Flg. 146. Reservoinnaner der Talsperre bei Remscheid. zweimaliger Anstrich mit 1 Teil
Goudron und 2 Teilen Holzzement
gegeben und darauf erst die in Fig. 146 dunkel schraffierte Klinkerziegel-
schar gelegt. Dem guten Anschluß an die Fundamentsohle wurde eine
besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Da alle Fugen des aufgeschlossenen
gesunden Felsens durch einen kräftigen Wasserstrahl unter 10 m Druck
ausgespritzt waren und der Felsen selbst mit Stahldrahtbürsten rein ab-
gerieben war, wurden alle Fugen mit Portlandzement ausgegossen und alle
feinen Wasseradern, welche sich infolge stärkerer Regen zeigten, auf das
Sorgfältigste abgedichtet, so daß der an und für sich geringe Wasserzufluß in der
Baugrube schließlich auf 2 kleine Quellen zusammengedrängt wurde, welche
zunächst in Röhren gefaßt, abgeleitet und mit zunehmender Mauerhöhe der
Ausfluß so weit gehoben wurde, bis endlich der geringere Auftrieb ein
vollständiges Abdichten der Quellen ermöglichte. Der Felsaushub wurde
auch dort, wo er die Normalbreite überschritten hatte, voll ausgemauert.
Der Fassungsraum des Stauweihers beträgt 1 Mill. m^.
Die Kosten der Talsperre selbst betrugen . . 350000 M.
Der Filterturm zur Wasserentnahme etc. . . . 30000 „
Die Grundeinlösung . 108000 „
Zusammen: 488000 M.
H. Ausgeführte Stauweihcrbauten. 343
Es stellt sich daher 1 m' aufgespeicherten Wassers auf rund
49 Pf. = 58 h ö. W. Die Herstellung des Mauerwerkes wurde seitens der
Bauuntemehmung mit 13 M. pro ra^ (15,20 K) inkl. Lieferung der hydraulischen
Bindemittel übernommen, mit welchem Preise dieselbe jedoch knapp das
Auslangen gefunden hatte.
Das Niederschlagsgebiet des Stauweihers beträgt 4,5 km*, die Wasser-
spiegelfläche 13,4 ha; das Reservoir kann jährlich 4 mal gefüllt werden. Die
mittlere jährliche Regenmenge betrug 6 Mill. m^ (1333 mm Regenhöhe), die
mittlere jährliche Abflußmenge wurde mit 4 Mill. m* gemessen, woraus also
ein mittlerer Abflußkoeffizient K^ = 0,67 (67 ®/o) resultiert; derselbe betrug im
Winter bis 100 ^/q und im Sommer 10 ^/q. Die Messung des Abflusses erfolgte
automatisch durch einen von der Firma Hürxthal & Brune in Remscheid
angefertigten Apparat. Derselbe besteht aus einem in einem Häuschen
situierten, in dem Bache eingebauten Überfall. Die variable Höhe des
Wasserspiegels wird durch einen Schwimmer, eine durch Rollen geführte
Stange und eine Räderübersetzung vermittelt (selbstregistrierender Pegel),
mittels eines Schreibstiftes auf einer durch ein Uhrwerk rotierenden Trommel
registriert. Da für die jeweilige Überfallhöhe das zugehörige sekundliche
Abflußquantum durch Rechnung bestimmt wurde, so wird die auf dem
entsprechend rastrierten Papierstreifen der Trommel von dem Stifte gezeichnete
Kurve direkt die sekundlichen Abflußmengen repräsentieren.
In den älteren Projekten Prof. Intzes wurden nachstehende Einheits-
preise angenommen:
Erd- und Felsaushub im Mittel pro m» 2 M. (2,30 K).
Sperrenmauerwerk pro m* 14 M. (16,40 K).
Verputz und Dichtung der Wasserseite pro m* 2,50 M. (2,90 K).
Grundeinlösung (Wald, Acker und Wiese) pro Hektar 1000—3000 M.
(1170—3500 K).
Von den zahlreichen neueren, von Intze projektierten und geleiteten
Bauten soll mit Rücksicht auf die diesbezüglich erschienenen zahlreichen
Spezialpublikationen hier nur das größte Werk (das zurzeit größte Stauweiher-
becken Europas) besprochen werden. Es ist dies
2. die Urfttalsperre bei Gemünd (Rheinprovinz).
Diese Talsperre ist nicht nur in der Gruppe der Ruhrtalsperren, sondern
auch unter den übrigen europäischen Gebirgsreservoiren, sowohl in bezug
auf die Höhe der Abschlußmauer wie auch in Rücksicht auf den Beckeninhalt,
zurzeit die größte derartige Anlage. Die erste Veranlassung zur Aufstellung
des Projektes dieses Bauwerkes boten die im Auftrage der Regierung unter-
nommenen topographischen und hydrographischen Untersuchungen des Nieder-
schlagsgebietes der Roer, eines der Eifel entströmenden rechten Nebenflusses
der Maas, deren oftmals wiederkehrende Hochwässer bedeutenden Schaden
anrichteten. Im Verlaufe dieser Studien wurde die Erkenntnis gewonnen,
daß durch Anlage eines Sammelweihers im Tale der Urft, eines der wasser-
reichsten Zuflüsse der Roer, nicht nur ein großer Teil der verderben-
bringenden Hochfluten zurückgehalten werden könne, sondern daß auch
344
n. Die Stanweiherbauten.
gleichzeitig die Kosten dieser Schutzmaflregel durch die Ausnützung des Ab-
flusses dieses Staubeckens zum Betriebe einer Turbinenanlage nicht nur ge-
deckt, vielmehr sogar noch ein Gewinn erzielt werden könne. In dieser
Voraussetzung wurde der Bau durch eine Privatgesellschaft, die Ruhrtal-
sperren-Gesellschaft, in die Hand genommen.
Diese Gesellschaft setzt sich zusammen aus der Stadt Aachen, sowie
den Kreisen Aachen, Düren, Schieiden, Heinsberg, Jülich und Montjoie. Das
Projekt der Anlage wurde vom verstorbenen Geh. Regierungsrat Prof. Otto
Intze in Aachen aufgestellt, und lag auch die Oberbauleitung in den Händen
dieses bewährten Fachmannes.
^' Äm'aAtif^ Statt
Jk 1
4*«M***Mi-H^-i#-
Flg. 147. Bau der ürfttaisperre.
Schnitt dxirch die Staumauer samt Entlastnngsstollen und ScMeberturm.
Das Talbecken, das durch Errichtung der Ürfttaisperre in einen See
umgewandelt wurde, liegt kurz vor der Einmündung der Urft in die Roer in
einer Seehöhe von ca. 270 m, und ist die Abschluflstelle ca. 12 km von dem
Städtchen Gemünd an der Eifel entfernt. Das ziemlich stark gekrümmte Tal
weist hier eine Anzahl von Erweiterungen auf, welche der Vergrößerung des
Beckeninhaltes sehr zustatten kommen. Bei einer Wassertiefe von 52,5 m an
der Abschlußstelle bedeckt der Stauspiegel bei einer Länge von ca. 8 km eine
Oberfläche von ca. 216 ha, und wurde ein Fassungsraum von 45^2 Mill. m*
geschaffen. Zur Füllung dieses Beckens dient der Abfluß eines ca. 375 km*
messenden Niederschlagsgebietes, dessen jährliche Wasserabgabe nach dem
H. Ausgeführte Stanweiherbauten.
345
Mittel der Jahre 1888—1899 auf 160 Mill. m« zu veranschlagen ist Der Abfluß
dieser Wassermassen ist jahreszeitlich dermaßen verteilt, daß im Laufe eines
Jahres auf eine dreimalige AnfüUung des Beckens gerechnet werden kann.
Die Talsperrenmauer weist eine ziemlich komplizierte Querschnittsform
auf, welche sowohl vom DreiecksprofU wie auch vom Trapezprofil ziemlich
bedeutend abweicht (Fig. 147). Die Hauptabmessungen derselben sind:
Größte Mauerhöhe über der Fundamentsohle . . 58,0 m.
„ Wassertiefe 52,5 „
„ Sohlenbreite 50,5 „
Kronenbreite 5,5 „
Länge in der Krone 226,0 „
Krümmungsradius 200,0 „
Flg. 148. Bau der Urfttalsperre. Linke Einbindung.
Die bei verschiedenen neueren Talsperrenmauern perhorreszierte Bogen-
form der Mauer wurde bei der Urfttalsperre beibehalten, da der Projektant
aus dieser Ausführungsweise namentlich in Rücksicht auf die durch Temperatur-
änderungen bedingten Dilatationen eine größere Dichtheit erhoffte.
An der Abschlußstelle tritt überall vonGrauwacke durchsetzter devonischer
Schiefer zutage, und konnte nach Abtragung der oberen angewitterten Schichten
bereits in einer Tiefe von 4 m unter Terrain ein zum Aufbau der Mauer ge-
346 I^- ^^® Stauweiherbanten.
eignetes Felsbett bloßgelegt werden. Die Schichtung des Gesteines erwies
sich ebenfalls sehr günstig, indem die Schichten unter einem Winkel von 45®
gegen das Innere des Beckens einfallen und sich in der Richtung der Mauer
verflachen. Die feinen Risse in dem für die Mauersohle und die seitlichen
Einbindungen bloßgelegten Fels wurden außerdem durch einen Guß von
Zementbrei gedichtet. (Diese Dichtung ist auf Fig. 148, welche die linke
Einbindung zeigt, durch die hellere Färbung deutlich erkenntlich.^) Zum
Talsperrenmauerwerk gelangte für den Kern der Mauer Tonschiefer, für die
äußere, 2 m starke Schichte die widerstandsfähigere Grauwacke zur Ver-
wendung. Leider wiesen die zur Verfügung stehenden Bausteine ziemlich
kleine Dimensionen auf. Hierdurch wurde einerseits eine um so sorgfältigere
Ausführung des Mauerwerkes zur Vermeidung des Auftretens von Hohl-
räumen im Innern der Mauer erforderlich und andererseits auch der Mörtel-
verbrauch erheblich gesteigert. Während anfänglich 42<^/q Mörtel verwendet
werden mußten, hat sich bei zunehmender Übung der Maurer in der Behandlung
des Materials der Mörtelaufwand auf 33% des Mauerwerksinhaltes reduziert.
Zur Aufmauerung der Hauptmauer wurde Kalktraßmörtel verwendet. Derselbe
bestand aus 1 Volumenteil Fettkalk (Weißkalk), 1,5 Teilen Traßmehl und
1,75 Teilen Sand. Letzterer war Haldensand aus den Bleipochwerken von
Mechernich, ein Rückstand der Verarbeitung der im Buntsandstein auf-
tretenden Knotenerze. Dieser Sand besteht der Hauptmasse nach aus feinen
Quarzkörnern, enthält aber immer noch einen ziemlich bedeutenden Anteil
(0,4 ^Iq) Bleiglanz. Der Kalktraßmörtel ist wegen seiner langsamen Abbindung
gewählt worden, um während der Aufmauerung ein möglichst gleichmäßiges
Setzen des Mauerwerkskörpers ohne Bildung von Rissen zu gestatten.
Derselbe zeigte nach Verlauf von 4 Wochen eine Zugfestigkeit von 20 bis
22 kg, nach 12 Wochen eine Zugfestigkeit von ca. 30 kg. Um etwaige,
trotz der sorgfältigen Ausführung des Mauerwerkes in demselben auftretende
Wasseradern abzufangen, wurde bei der Urfttalsperre das erstemal der Einbau
von Drainagerohrsträngen vorgesehen, und durchziehen dieselben in Abständen
von 2,5 m Entfernung ungefähr den Grenzlinien des inneren Mauerdrittels
folgend die Mauer der ganzen Höhe nach und wurden an der Sohle durch
Rohrstränge aus glasierten Steinzeugröhren zusammengefaßt und nach den die
Mauer durchbrechenden Entlastungsstollen abgeleitet. Nach der Wasserseite
erhielt die Mauer überdies eine besondere Verkleidung, welche aus einem
Zementverputz von 25 mm Stärke besteht, der selbst wieder durch einen
Goudronanstrich und ein Verblendmauerwerk aus ausgesucht bester Grau-
wacke von 90 cm Stärke geschützt wird. Der Zementputz besteht aus 1 Teil
Zementmörtel im Mischungsverhältnis 1 : 2 und 1 — 3 Teilen Kalktraßmörtel.
Der untere Teil der Wasserseite der Mauer ist überdies durch eine Erd-
anschüttung mit zweifacher Böschung und Abpflasterung der direkten Ein-
wirkung des Wassers entzogen. Zur Verzierung der Talseite wurden neben
einem leichten Hauptgesimse einige Bänder aus Andernacher Basalt in
vertikaler Richtung der ganzen Höhe der Mauer nach eingelegt. Durch die
^) .Abbildungen nach den vom Adjunkten der Lehrkanzel Dr. Robert Fischer anläfilich
der 1902 von mir unternommenen Studienreise gemachten photographischen Originalanfnahmen.
H. Aasgefährte Siaaweiherbanten. 347
Mauer sind zwei Entlastungsstollen von 3,6 m Höhe und 2,4 m Breite ge-
führt, Ober deren wasserseitigem Austritt aus der Mauer ein Bedienungs-
schacht schornsteinartig aufgemauert wird, um die in diesen Stollen zur Ver-
legung gelangenden Rohrleitungen mit Schieber von 600 mm Durchmesser
bedienen zu können. Diese Stollen sind nach der Wasserseite unter der
Erdanschüttung in Form von Durchlässen weitergeführt und mit entsprechenden
Portalen ausgestattet. Die Stollen wurden nach Verlegung der Rohre auf
eine Strecke von 8 m mit Klinkern vermauert.
Der Hochwasserüberfall ist seitlich von der rechten Taleinbindung der
Mauer angeordnet. Anfänglich bestand der Plan, denselben mit einem selbst-
tätigen Döllschen Klappen wehre auszustatten, und sollte dasselbe nach
Erreichung des auf 1,5 m unter Mauerkrone fixierten Maximalstaues in
Wirksamkeit tretien und den Ablauf einer Wassermenge von 150 m'^ gestatten.
Da man jedoch infolge der Wichtigkeit, welche dem exakten Funktionieren
des Überfalles für die Sicherung des Bestandes der Staumauer zukommt, dem
automatischen Funktionieren dieses Klappensystems nicht genügend Vertrauen
schenkte, gelangte der Überfall, dessen Überfallskante auf Kote 322,5, das ist
1,5 m unter Mauerkrone, verlegt wurde, so zur Ausführung, daß demselben
eine im Grundriß wellenförmige Begrenzung gegeben wurde und in demselben
einige, bis auf Kote 320,0 herabreichende, durch Schützen verschließbare
Öffnungen angebracht wurden. Der Überfall ist durch Pfeiler von 1 m Stärke
in Felder von 7 m Lichtweite geteilt, und wird seiner ganzen Länge nach
von einer über die Pfeiler geführten Dienstbrücke überspannt. In dieser
Form ist derselbe imstande, bei einer Länge von 90 m und einer Stärke der
überfallenden Wasserschichte von 20 cm und bei geöffneten Schützen ein
sekundliches Wasserquantum von 100 ra^ abzuführen. An den Überfall
schließt sich eine Kaskade von 53 m Höhe an, deren einzelne Stufen 1,5 m
hoch sind und an Länge nach unten hin abnehmen, so daß dieselben bei
Erreichung der Talsohle nur mehr eine Länge von 60 m besitzen.
Zur Trockenhaltung der Baustelle während der Bauzeit wurde oberhalb
der Abschlußstelle ein provisorischer Erddamm angelegt und das durch
denselben aufgestaute Wasser mit Hilfe eines ca. 140 m langen Stollens
unter der Kaskade durch den Berg geführt. Dieser Stollen blieb auch nach
Fertigstellung der Mauer als Hochwasserentlastungsstollen in Funktion, jetzt
aber nicht mehr mit dem vollen Profil wirksam, sondern nimmt dasselbe
zwei auf eine Länge von 24 m eingemauerte Rohre von 700 mm Durch-
messer auf. Am Einlauf dieses Stollens war zur Zeit des Baues ein selbst-
registrierender Pegel aufgestellt, der, da die ganze zum Ablauf gelangende
Wassermenge dieses Profil passieren mußte, einen genauen Aufschluß über
die zu erwartende Speisung des Beckens zu geben imstande war. Der Pegel
war nach dem System Seibt-Fueß von Behm in Karlsruhe konstruiert.
Die Wasserentnahme aus dem Becken für die Speisung der bei Heimbach
situierten Wasserkraftanlage erfolgt durch einen ca. 1,5 km oberhalb der
Staumauer aus dem Reservoir abzweigenden Zuleitungsstollen, dessen Einlauf
auf Kote 279,0, das ist 43,5 m unter dem maximalen Stauspiegel, liegt, in
einer Länge von 2790 m und in einer maximalen Tiefe von 300 m unter
348 U* I^ic Staaweiherbauten.
Terrain den Kermeter Forst durchfahrt und bei Schwammenauel an der Roer
auf Kote 277,3 ausmündet. Dieser Stollen ist durchaus in Fels vorgetrieben,
und hat die wechselnde gegen Erwartung ungünstige Beschaffenheit des
durchfahrenen Gesteinsmaterials eine an einzelnen Stellen bis 77 cm starke
Betonauskleidung erforderlich gemacht. Der Stollen hat auf der Seite des
Beckens einen lichten Querschnitt von 6,14 m*, während der maximale Fels-
ausbruch bis 8 m* betrug. Derselbe steht auf eine Länge von ca. 2700 m
unter Druck. Der Wasserzutritt kann durch einen in der Entfernung von
106,7 m vom Einlauf in einem Schachte untergebrachten Torschieber reguliert
werden und ist zur langsamen Füllung des Stollens neben dem Torschieber
ein Umlauf angeordnet In einer Entfernung von 83,5 m vom Auslauf be-
ginnt die Druckrohrleitung, deren zwei Stahlrohre von 1500 mm Durchmesser
auf eine Strecke von 15 m die Tunnelvermauerung durchsetzen. Bei dem
Anfangspunkt der Druckrohrleitung ist ebenfalls ein Schacht abgeteuft. Von
hier aus kann der Wassereintritt in die Druckrohre reguliert werden, und
sind zu diesem Zwecke für jedes der beiden Rohre ein Hauptschieber, eine
Drosselklappe, sowie Umläufe zur langsamen Füllung der Rohre eingebaut.
Dieser Schacht wirkt übrigens auch als Druckregulator bei Schwankungen im
Wasserverbrauche der Turbinenanlage. Letztere wurde mit 8 Francis-
Turbinen ausgestattet und werden denselben sekundlich 10 m* Aufschlag-
wasser zugeführt. Die Druckhöhe desselben schwankt hierbei je nach dem
Füllungszustande des Beckens zwischen 70 und 110 m.
Bei Inangriffnahme der Bauarbeiten an der Urfttalsperre handelte es
sich in erster Linie darum, die endegene Baustelle, die bisher durch keinerlei
auf Massentransporte eingerichtete Wege erreichbar war, entsprechend zu-
gänglich zu machen. Zu diesem Zwecke wurde von der nächsten Bahnstation
Gemünd eine eigene Arbeitsbahn nach dem Baufelde errichtet. Dieselbe
besafi eine Länge von 12 km und wurde mit einem Kostenaufwande von
ca. 300000 K angelegt. Die Trasse derselben führte dem rechten Ufer der
Urft entlang. Die Nivelette verlief in einer Höhe von 3—4 m über dem
maximalen Stauspiegel des Sees, um auch nach Füllung desselben und einer
entsprechenden Änderung des Oberbaues einen bleibenden Fahrweg zu liefern.
Nur an einigen Krümmungen der Trasse wurde das Planum etwas gehoben,
um an Erdarbeit zu sparen, andererseits wurde an einigen Kreuzungen mit
Seitenbächen der Urft zur Verringerung der Höhen der Brücken eine Senkung
der Trasse durchgeführt. Die Bahn diente in erster Linie der Zufuhr des
Sandes und Zementes, sowie dem Verkehre eines Teiles der Arbeiter, der
nicht in dem eigens errichteten Barackenlager Unterkommen gefunden hatte.
Eine zweite Materialbahn, welche dem Laufe der Urft entlang in der Talsohle
selbst angelegt war, verband die verschiedenen, im Becken gelegenen Stein-
brüche mit der Baustelle.
Die großen Mengen von Baumaterialien, welche täglich zur Verwendung
gelangten, bedingten außerdem eine sorgfältige Disposition der Zufahrtswege
auf der Baustelle selbst. Die mit Bausteinen von den Lagerplätzen heran-
kommenden Wagen wurden auf Stockgeleisen an die wasserseitige Mauerfront
herangeführt und dann in Hebetürmen auf das jeweilige Mauemiveau befördert.
H. Ausgeführte Staaweiherbauten.
349
Zu diesem Zwecke waren im ganzen drei Fördertürme (Fig. 149) angeordnet,
wobei beide äußere der Hebung der beladenen Wagen, der mittlere der
Senkung der leeren Wagen dienten. Auf der Maueroberfläche selbst waren
drei Schienenwege der Länge nach verteilt, und wurden dieselben von drei
QuerschienenzOgen, die an die Türme anschlössen, gekreuzt. Die Kreuzungs-
stellen waren mit Drehscheiben ausgestattet, so daß die Wagen auf jedes
einzelne Geleise überführt werden konnten. Die motorische Kraft für die
Hebung der Plattformen (Förderschalen) der beiden äußeren Türme wurde
von je einer Dampfmaschine geliefert und durch Drahtseiltransmission über-
Fig. 149. Ban der ürfttalaperre. FördertUrme.
tragen. Die Senkung der Wagen in dem mit zwei Förderschalen aus-
gestatteten mittleren Turme wurde durch ein Bremsvorgelege reguliert. In
den äußeren Türmen waren die zu hebenden Lasten durch Gegengewichte
äquilibriert. Die Steine wurden bereits auf den Depots gewaschen, außerdem
war eine Wasserleitung an der Baustelle selbst angelegt, um das bereits aus-
geführte Mauerwerk allezeit entsprechend befeuchten zu können. Die Aus-
führung des Mauerwerkes erfolgte in der Weise, daß dasselbe um die Geleise
herum bis auf eine Höhe von 1,5 m aufgeführt, dann die Geleise gehoben
und die verbleibenden Rinnen auf die Gleiche aufgemauert wurden. Um die
im Grundrisse wie auch im Querschnitte bogenförmige Begrenzung des
Mauerwerkes allezeit genau einhalten zu können, bezw. die Aufstellung der
350
II. Die Stanweiherbauten.
Leergerüste zu erleichtern, wurden in dem Mauerkörper Gasröhren ein-
gemauert, deren gegenseitige Position mit dem Theodoliten festgelegt wurde,
und wobei von denselben die Einm essung der Mauerwerksbegrenzung jeder-
zeit leicht durchgeführt werden konnte. Die Mörtelbereitung wurde in einer
am rechten Mauerflügel im Niveau der Mauerkrone gelegenen Mörtelbereitungs-
station vorgenommen. Zur Löschung des Weifikalkes diente ein Bottich mit
Rührvorrichtung, und wurde der gelöschte Kalk vor seiner Verwendung zur
Mörtelbereitung vier Wochen eingesumpft, zu welchem Zwecke sieben Kalk-
gruben zur Verfügung standen. Die Mischung des Mörtels erfolgte in Mörtel-
Fig. 150. Bau der Urfttalsperre. Bremsberg.
mühlen nach dem System Kunz in Kempten. Vier dieser Mühlen hatten in
dem Traßmagazin Aufstellung gefunden und wurden durch einen Elektro-
motor angetrieben. Die Mischtrommeln faßten 1,5 m Mörtel und erfolgte die
Mischung in der Weise, daß zuerst der Weißkalk mit dem Traßmehl und
Wasser vermengt und dann der Sand zugesetzt wurde. Das Gemenge wurde
dann durch Kippen der Mischtrommel in Kastenwagen überfüllt und dieselben
über einen Bremsberg (Fig. 150) auf die Baustelle herabgelassen. Am Fuße
des Bremsberges befand sich ein die auf der Mauer verlegten Längsgeleise
kreuzendes Quergeleise, und konnten die den Bremsberg herabkommenden
Wagen mit Hilfe einer Drehscheibe auf dasselbe überführt und dann nach
allen Punkten der Mauer dirigiert werden. Die Weiterverteilung des Mörtels
H. Ausgefiihrte Stauweiherbauten. 351
erfolgte in eisernen Tragkästen oder mit Hilfe von Rutschrinnen, falls es sich
um die Beförderung nach tiefer liegenden Stellen handelte. Zur Zeit der
Besichtigung (31. Mai 1902) waren auf der Mauer selbst 150 Maurer be-
schäftigt, welche im Durchschnitt täglich ca. 300 m* Mauerwerk fertig stellten.
Auf je 15 Maurer entfiel eine permanente Überwachung, während im ganzen,
einschließlich der Ingenieure, 15 Aufsichtsorgane Dienst machten. Es waren
dies 2 Regierungsbauführer, 2 Bauaufseher, 2 Ingenieure der Bauuntemehmung,
3 Oberpoliere, 4 Vorarbeiter und 3 Aufseher für die Verteilung von Stein
und Mörtel. Die Bauarbeiten wurden an die Firma Philipp Holzmann aus
Frankfurt a. M. vergeben und betrug der für 1 m* Mauerwerk an die Unter-
nehmung bezahlte Pauschalpreis (inkl. Bindemittel) 16,5 M. = 19,8 K.
Der Stollen für das Kraftwasser wurde teilweise durch Bohrer mit
elektrischem Antriebe, teilweise von Hand aus vorgetrieben. Die Ventilation
(Wetterführung) erfolgte durch verzinkte Eisenrohre, welche die Luft durch
einen Sulzerschen Kompressor, der durch einen Elektromotor angetrieben
wird, zugeführt erhielten. Die Ausführung des Stollens kostete ca. 600 M.
gleich 600 K pro Kurrentmeter. Die elektrische Zentralisation, welche den
zum Betriebe der sämtlichen Baumaschinen — mit Ausnahme der Hebetürme —
erforderlichen Strom erzeugte, lag beiläufig in der Mitte zwischen der Tal-
abschlufistelle und dem Eingange des Kraftstollens.
Die gesamten Bauarbeiten an der Urfltalsperre wurden im Jahre 1904
beendet.
Die Baukosten der gesamten Kraftanlage wurden anfänglich mit
5 Mill. M. = 6 Mill. K veranschlagt, doch dürften mit dieser Summe in An-
betracht der Schwierigkeiten bei Ausführung des Kraftstollens kaum das
Auslangen gefunden worden sein. Die Kosten der Sperrmauer selbst waren
mit 3860000 M. = 4632000 K projektiert, beliefen sich jedoch wirklich nach
dem Bau auf 4800000 K, so daJß hiemach pro 1 m^ Fassungsraum 8,5 Pf. =
= 10,7 h entfallen.
Die Turbinenanlage erhielt 8 Turbinen k 1250 Nutzpferdekräfte, also
zusammen 10000 HP. Im Durchschnitt dürfte jedoch bei den wechselnden
Wassermengen und Gefällen nur auf 6400 HP. während 7200 Betriebsstunden
jährlich zu rechnen sein.
Unter Annahme einer* mäßigen Verzinsung und Amortisation würde
hiemach eine Pferdekraft an der Turbine selbst auf ca. 0,5 Pf. = 0,6 h zu
stehen kommen. Bei elektrischer Fernleitung würde sich dieser Selbstkosten-
preis je nach der Entfernung auf 1,0 — 1,5 Pf. = 1,2 — 1,8 h erhöhen.
3. Die deutschen Vogesen-Stauweiher.
Die von den östlichen steileren Abhängen des ca. 1300 m hohen Vogesen-
gebirges herabkommenden Bäche führen infolge der bedeutenden Niederschläge
wohl im allgemeinen reichliche Wassermengen den Tälern und Niederungen
zu, doch ist der Abfluß ein sehr unregelmäßiger und insbesondere die Nieder-
wasserquantitäten für die Industrie und die Wiesenbewässerungen unzu-
reichend. Nach einer seit 50 Jahren geübten Norm wird als Wasserbedarf
für die Wiesenbewässerung bei Mittel- und Niederwasser pro Jahr und Hektar
352 ^ ^^^ Staaweiherbanten.
8000 m* angenommen (80 cm Wasserhöhe), welcher auf 3 Wässerperioden
(Frühjahrsbewässerung im April, Sommerbewässerung im Juni, Juli und
August und Herbstbewässerung im September, Oktober und November) ver-
teilt wird.
Während die beiden ersten Bewässerungen nur den Zweck der An-
feuchtung verfolgen, wird im Herbste, wo auch die unbeschränkte Benutzung
der Hochwässer gestattet ist, eine düngende Wirkung angestrebt. Dieser
Bedarf ist nun beim Niederwasserstande der Bäche nicht gedeckt, desgleichen
auch die Industrie immer mit Wassermangel zu kämpfen hatte, was hier um
so mehr fühlbarer wurde, als dieses Ober-Elsaßgebiet weitab von den mittel-
europäischen grofien Kohlendistrikten liegt. Schon im vorigen Jahrhundert
wurde mit der Anlage künstlicher Seen begonnen, um eine geregeltere
Wasserabfuhr zu ermöglichen, doch waren diese, sowie die später getroffenen
Vorkehrungen zu primitiv und unzureichend. Erst seit dem Jahre 1875 wurde,
einer Eingabe der Wiesenbesitzer zufolge, mit den detaillierteren Erhebungen
wegen des Baues großer Stauweiher seitens der deutschen Regierung im
Elsaß begonnen und durch den Vorstand des kulturtechnischen Ministerial-
Departements, Ministerialrat Ingenieur H. Fe cht, die bezüglichen Projekte auf
Grund der bei den französischen Sperren gesammelten Erfahrungen und der
in dem letzten Dezennium bedeutend entwickelten Theorien über die Berech-
nung rationeller Staumauerprofile entworien und von demselben auch der
Bau des Stauweihers im Alfeld bereits 1889, jener der anderen Talsperren
1893 publiziert (Berlin, Verlag von Ernst & Korn).
Die neueren, innerhalb der Jahre 1883 — 1894 erbauten Stauweiher um-
fassen 6 Baustellen, von welchen 4 Sperren im Fechttale, 1 Sperre im DoUer-
tale sich befinden und die neueste 1894 vollendete Reservoirmauer im
Lauchtale situiert ist. — Alle Stauweiher liegen in unmittelbarer Nähe des
Vogesenkammes, welcher gleichzeitig die französische Reichsgrenze bildet.
4. Stauweiher im Fechttale.
Die Regenhöhe für die 1200 — 1300 m hohe Wasserscheide beträgt im
Durchschnitt ca. 2000 mm, im Fechttale selbst für 850 m Seehöhe 1500 mm,
für 440 m Seehöhe 1000 mm und für 150 m Seehöhe 650 mm (Straßburg).
Für Verdunstung und Versickerung wurde ^/g der Regenhöhe in Abzug
gebracht, also -4 = 0,66 R angenommen. Bei dieser Regenhöhe führt die
Fecht im Mittel 5 m* pro Sekunde, jedoch sehr unregelmäßig, ab, so daß bei
Hochwasser bis 100 m» und bei Niederwasser oft nur 0,6 m« zum Abflüsse .
kommen. Die bestehenden Wasserwerksanlagen des Fechttales benötigen
jedoch 3 m^ pro Sekunde. Durch die Reservoire soll nun beiläufig für einen
lOOtägigen Vorrat vorgesorgt und dadurch die Ermöglichung eines regel-
mäßigen Abflusses bezw. Ersatzes an jenen Tagen geschaffen werden, an
welchen der Fluß weniger als 3 m» abführt. Im Fechttale gelangten 4 Stau-
weiher, zumeist auf Staatskosten nach den Projekten und unter Oberleitung
des kaiserl. Ministerialrates Fecht, zum Teil durch Beiträge seitens der
Fabrikanten gedeckt, zur Ausführung.
H, Ausgeführte SUuweiherbauten. 353
a) Der Darensee (oder Sulzerersee),
in 1060 in Seehöhe gelegen und in den Jahren 1835 — 1887 durch den
Fabrikanten Hartmann aus Münster zuerst hergestellt, wurde in den Jahren
1890/91 mit einem Kostenaufwand von 57100 M. rekonstruiert. Der Stau-
weiherabschlufi wird durch einen 10,8 m hohen und 140 m langen Erddamm
hergestellt Die größte nutzbare Wassertiefe beträgt 9,8 m, der Fassungs-
raum 580000 m«.
b) Der Forellenweiher,
gleichfalls ein kleinerer, in 790 m Seehöhe gelegener Stauweiher, durch einen
Erddamm gebildet, welcher mit einem Kostenaufwand von 65700 M. her-
gestellt wurde. Die Herstellungsart war die gleiche wie bei dem in nach-
folgendem beschriebenen Schießrothriedweiher.
c) Der Schießrothriedweiher.
Dieser Weiher, ein ehemaliger natürlicher, auf einer Torfschichte auf-
gelagerter Hochsee liegt ganz in der Nähe der 1361 m hohen Vogesen-
Wasserscheide (Hoheneck und Spitzköpfe), knapp an der französischen
Grenze. Das Einzugsgebiet beträgt 124 ha = 1,24 km*, die Wasserspiegelfläche
ca. 5,6 ha; der maximale Fassungsraum beträgt bei einer maximalen Stautiefe
von 12,5 m = 360000 m®. Der 13,7 m hohe Staudamm ist 150 m lang und mit
gekrümmter Krone gebaut. Der Fuß ist jedoch gerade angelegt und als Fuß-
mauer hergestellt, welche bis auf den Granitfelsen hinabreicht. Ursprünglich
war eine Mauer projektiert, doch wurde der Fundierung wegen hiervon
später Abstand genommen. Als Dammschüttungsmaterial für die Wasserseite
wurde lehmiger Sand verwendet und in 10 cm starken Schichten aufgebracht,
mit Gießkannen dünnflüssige Kalkmilch aufgegossen, darüber etwas trockenes
Material gestreut und sodann gestampft. Bei Regenwetter wurde der Kalk
nur in Form von Kalkpulver aufgebracht. Auf 1 m* fertig gestampfter Damm-
schüttung kamen 15 — 20 1 = 9,4 — 12,5 kg Kalkpulver.
Das Dammmaterial bestand zumeist aus
0,86 kg Sand,
0,15 „ Lehm,
zusammen 1,00 kg Dammerde,
oder in Litern: 0,79 1 Sand,
0,21 „ Lehm.
Das Dammerdematerial wurde nach einiger Zeit sehr fest und wasser-
dicht. Beim Stampfen reduzierte sich die ursprüngliche Schichtenhöhe auf
ca. die Hälfte. Infolgedessen kam 1 m* festgestampftes Material mit Kalkmilch
auf ca. 1,65 M. zu stehen. Der eigentliche Dammkem wurde ohne Kalkmilch
in 20 cm hohen Schichten gestampft und stark begossen, hierbei alle vege-
tabilischen Stoffe sorgfältig entfernt. Werden zu obigem Preise noch alle
Nebenarbeiten etc. gerechnet, so kommt de facto 1 m^ gestampfter Damm
im Mittel auf ca. 2 M. (2,35 K). Der talseitige Damm teil ist aus steinigem
Material geschüttet und möglichst mit Sand gemengt. Diese Schüttung kam
nur auf 50 Pf. Die talseitige Böschung wurde durch Schlichtung der größeren
Steine treppenförmig hergestellt, die Wasserseite jedoch mit einem 80 cm im
Friedrich, Wasserbau. Zweite Aafla£;e. IJ. Band. 23
354 ^- ^^^ SUnweiherbaaten.
Mittel starken, auf der Rückseite mit Absätzen versehenen Zementniauerwerk
(verfugtes Zyklopenmauerwerk) verkleidet, welches sich auf eine ca. 2 m tiefe
und 2 m breite Herd- (Fuß-) Mauer aufbaut (siehe Taf . XV).
Die 6 m breite Dammkrone ist abgepflastert und auf der Wasserseite
mit einer steineren Parapuetmauer versehen; sie liegt 1,2 m über dem höchsten
Wasserspiegel. Auf einer Seite an der Tallehne befindet sich das Überfall-
wehr; dasselbe besteht aus 3 überbrückten Öffnungen von je 5 m Weite mit
2 Pfeilern, 80 cm stark und 1,20 m hoch; das Wehrgerinne ist ganz gemauert
und beim Ausfluß mit einer 3 m hohen Absturzmauer versehen. Das sich
daran anschließende gemauerte Abflußgerinne verengt sich von 16,6 m auf 1,3 m
und vereinigt sich mit dem gepflasterten Graben des Grundablasses.
Die Sohle des Abflußgerinnes ist nicht abgetreppt, sondern bildet eine
einzige schiefe Ebene von 1 : 3 Gefälle. Der Grundablaß besteht aus einem
1,50 m hohen, 1,10 m breiten, gewölbten Kanal (Gewölbe 35 cm stark), in
welchen eine 500 mm weite genietete Schmiedeeisenrohrleitung mit Flanschen
und Bleiringdichtung gelegt ist. An der Wasserseite besteht diese Rohrleitung
aus 500 mm weiten gußeisernen Röhren mit angegossenen Rippen, welche
auf 9 m Länge voll eingemauert sind. Der Einlauf ist mit einer von der
Dammkrone aus aufziehbaren Schütze verschlossen. Die Regulierung des
Abflusses erfolgt durch einen großen, in einem eigenen Auslaufobjekt situierten
Wasserschieber.
Um einerseits die Dilatation, wie unvermeidliche hydraulische Stöße zu
parallelisieren, ist an dem gekrümmten Auslaufrohr ein Kopf mit Spindel und
kräftiger Spiralfeder angebracht, der sich andererseits an einen starken Eisen-
anker S stützt, welcher fest eingemauert ist. Die Flanschen des Schiebers
können auf einer Eisenplatte leicht gleiten. Die Wucht des ausströmenden
Wassers wird durch ein Staubecken gemildert, welches durch eine aus Ein-
schubbalken bestehende, 1 m hohe Stauanlage gebildet ist. Der in eigener
Regie durch das kaiserliche Landesmeliorationsamt in den Jahren 1886 bis
1890 durchgeführte Bau dieses Stauweihers beanspruchte eine Summe von
162000 M. Bei einem Fassungsraume von 360000 m» entfällt somit pro m*
aufgespeicherten Wassers 45 Pf. (53 h).
Die Baukosten verteilten sich auf die einzelnen Rechnungsposten
wie folgt:
Baukosten nach Projekt.
I. Grunderwerb 19800 M.
II. Erdarbeiten 57140 „
III. Maurerarbeiten 61390 „
IV. Eisenwaren 8170 „
Zusammen 146500 M.
Hierzu durch den Bau bedingte Mehrkosten .... 15500 „
Zusammen 162000 M.
Die einzelnen Posten stellen sich aus nachstehenden Einheitspreisen
zusammen:
H. Aosgeftthrte Stanxreiherbauten. 355
ad I. 26 a Wald ä 15 M.
564 „ Weide 1 ,, ,^ .,
435 ; Wiese } '^'' ^-
Zusammen 19800 M.
ad II. 1. Fundamentaushub.
5339 m» ä 2,15 M 11500 M.
2495 „ ä 1,50 „ 3742 „
Abräumen des Terrains 1500 „
16742 „
2. Wiederanfallen und Planieren der Fundament-
grube, 5980 m» ä 0,50 M 2990 „
3. Dammanstampf ung samt Begießen mit Kalkmilch etc.,
18677 m* im Mittel angenommen ä 0,80 M. (kam de facto
auf 2 M.) 14941 „
4. Herstellung eines Weges, 3120 m lang, 2,5 m breit 3800 „
5. Mehrarbeiten, Überlaufproben etc. . . . . . 18140 „
57140 M.
ad III. 1. Hydraulische Bindemittel loco Baustelle.
195000 kg hydraulischen Kalk, pro Waggon
(10000 kg) 234 M 4563 M.
173000 kg Zement, pro Waggon (10000 kg)
450 M 7785 „
Zufuhr von 368000 kg, pro Waggon (10 000 kg)
150 M . 5520 „
17868 „
2. Bruchsteinmauerwerk für Fuß- und
Verkleidungsmauer (Zyklopenmauerwerk in
hydraulischem Mörtel, alles in allem, jedoch
ohne Lieferung der hydraulischen Binde-
mittel), 2400 m» ä 9,50 M 22800 M.
Mehrarbeiten . 2280 „
25080 „
3. Hausteinmauerwerk, Gewölbe, Deckplatten, Sohl-
platten, 65 m» ä 53 M 3445 „
4. Verfugen in Zement, 2980 m« ä 0,70 M 2086 „
5. Trockenpflaster, 50 cm stark, 9330 m« ä 2,50 M. . 10825 „
6. Diverses . 2086 „
Summe der Maurerarbeiten 61390 M.
ad IV. Gußeiserne Röhren, Absperrschieber, Schützen, Brücke
über den Wehrüberfall, Gitter etc 8150 M,
d) Der Alfenweiher.
Der Altenweiher, ein ehemaliger Hochsee, 8 km oberhalb Metzeral im
Fechttale in einer Seehöhe von 930 m gelegen, wird durch eine in Granit
zyklopenförmig gemauerte, 115 m lange Talsperre von 22 m Höhe, 4 m
Kronenbreite und 14,19 m Basisbreite gebildet und faßt bei 14 m Wassertiefe
23*
356 ^- ^^^ Staaweiherbanten.
730000 m«. Die Fundamenttiefe beträgt 7 m, der Baugrund ist Porphyrgranit.
Die Mauerkrone liegt 1 m aber dem höchsten Wasserspiegel. Da die See-
höhe des Stauweihers 930 m, jene des 2 km entfernten Bergfußes 660 m und
jene der 4 km vom Stauweiher entfernt liegenden Eisenbahnstation Mitlach
526 m beträgt, so war, wie bei allen Elsässer Talsperren, der Höhentransport
ein bedeutender und betrugen die Zufuhrkosten von der Bahn bis zur Bau-
stelle pro Waggon (10000 kg) = 150 M. Der 2 km lange, 2,5 m breite Fahr-
weg vom Bergfuß zum Weiher wurde mit 12^/q mittlerer Steigung neu an-
gelegt und kostete pro lfd. m ca. 1 M. (leichtes Material, kein Felsen). Diese
Strecke konnte 1 Pferd mit einem 2 rädrigen Karren bei 250 — 350 kg Ladung
des Tages 4 mal bergauf zurücklegen (also täglich 16 km). Die Tagelöhne
betrugen bei diesem Baue für:
Tagelöhner 3,00—3,20 M. (3,50—3,75 K),
Mineure 3,60 „ ( 4,20 „ ),
Maurer 4,50—5,00 „ (5,25—5,85 „ ),
Poliere 6,00—7,00 „ (7,00—8,20 „ ),
Steinhauer 5,00 „ ( 5,85 „ ),
ein 1 spänniges Fuhrwerk (Pferd) . 8,00 „ ( 9,40 .„ ).
In der Parapuetmauer wurden auf 5 Stellen, je 2,5 m breit, durch
eiserne Querstangen gesicherte Öffnungen ausgespart, um für den Fall, daß
das Hochwasser bei eventueller Verstopfung der Überfallwehre über die
Krone gehen sollte, die Stauhöhe nicht zu vergrößern, da die Mauer für den
mit der Krone gleich hohen Wasserspiegel berechnet ist. Neben diesem ist
noch ein separates, 15 m langes Überfallwehr in 3 Öffnungen angelegt,
welches bei A = 0,5 m Überfallhöhe Q = 10,3 m* abführen kann, trotzdem das
Niederschlagsgebiet dieses knapp an der Wasserscheide (Kastelberg 1350)
gelegenen Stauweihers nur 1,2 km^ beträgt. Die Wasserspiegelfläche des
Stauweihers beträgt 7,7 ha. Der im Frühjahr 1886 begonnene und im Herbst
1890 beendete Stauweiherbau erforderte eine Bausumme von 259000 M.
Die Kubatur der Staumauer beträgt 10320 m^, der Mörtelverbrauch 33 ^/q.
Im Projekt waren 30 ^/q Mörtel verbrauch angesetzt und wurde demnach das
spezifische Gewicht des Mauerwerkes wie folgt berechnet, wobei dasselbe
aus Porphyrgranit (Quarz, Orthoklas, Plagioklas und Magnesiaglimmer
[Orthoklas in großen Kristallen in die Grundmasse eingesprengt]) hergestellt
wurde. Es wog im Mittel 1 dm* Granit = 2,67 kg, der Mörtel = 1,90 kg, es
ergibt sich somit bei einem Mörtelverbrauch von 30 ^/q ein spezifisches Gewicht
des Mauerwerkes von 2,67 . 0,7 + 1,9 . 0,3 = 2,44 kg. Die Steingewinnung
erfolgte in nachstehender Weise: Zuerst wurden durch Probeschüsse die
notwendigen Mengen der Sprengmittel bestimmt, sodann erfolgte der Vortrieb
•eines Stollens (80 cm breit, 1,4 m hoch) durch 2 Mann. Bei Tag- und Nacht-
arbeit konnten pro Woche 2 lfd. m Stollen vorgetrieben werden. Der fertige
Stollen war 22 m lang, die Vorgabe betrug 17,5 m, der Stollen vortrieb
kostete 58 M. pro lfd. m, die Totalkosten der Sprengung sowie Stollen-
herstellung betrugen 3420 M., d. h. pro lfd. m Stollen samt Ladung und
Sprengung entfielen 155 M. Am Ende des Stollens wurde eine Kammer
hergestellt und dieselbe mit 45 Ztr. Pulver geladen, verdämmt und die zur
H. Ausgeführte Stauweiherbauten. 357
elektrischen Zündung bestimmten Drähte auflen um einen Baumast geschlungen.
Ein am nächsten Tage (Feiertag) in diesen Baum einschlagender Blitzstrahl
zündete die Mine, durch welche 6000 m* Steine gelöst wurden.
Mörtel. Zu unterst auf den Felsen wurde folgende Mischung gegeben:
1 Raumteil Portlandzement,
^/g „ hydraulischer Kalk,
2^/2 Raumteile Sand oder 3 Raumteile hydraulische Bindemittel auf 5 Teile Sand,
hierauf bis 1 m Mauerwerkshöhe das Mischungsverhältnis 1:1:3^/2, sodann
1 : 1^/2 : 5, weiter 1:2:6 (oder 1 Raumteil hydraulisches Bindemittel auf
2 Raumteile Sand) bis 7 m oberhalb Fundament, endlich 1:3:7 von 7 m bis
zur Krone. Die Mauerung geschah von feststehenden Gerüsten aus. Im
ganzen wurden 10320 m* Mauerwerk hergestellt. Durchschnittlich wurden
zur Herstellung von 1 m* Mauerwerk an Arbeit benötigt:
0,57 Maurer (Tagschichten),
0,72 Handlanger,
0,03 Maschinistenschichten.
Der Mörtel wurde mit Maschinen (Möller & Blum, Berlin) angemacht,
welche 4 — 5 m' Mörtel pro Stunde erzeugten und von einer 6 pferdigen Loko-
mobile angetrieben wurden. Zum Gewinnen, Reinigen und Beiführen der
Steine waren 1,66 Handlanger nötig (ohne Geräte und Sprengmaterial). Der
Sand kostete pro m':
Gewinnung 1,20 M.
Waschen 1,00 „
Verführen . 0,80 „
Zusammen 3,00 M.
Rollbahnlegen, Anfüllen der Baugrube etc. beanspruchten pro m" Mauer-
werk 0,49 Handlanger.
Verfugen des Mauerwerkes. Die Fugen wurden auf 5 cm Tiefe aus-
gekratzt und mit einem Mörtel, bestehend aus 1 Teil Portlandzement, 2 Teilen
gesiebtem Bausand und ^/^ — ^/j Teil hydraulischem Kalk (^/4 bei feuchter, ^/^ bei
trockener Witterung), verfugt. Bei trockenem Wetter wurde bis zum Erhärten
des Mörtels die Verfugung feucht erhalten. Das Verfugen pro m*, sowie
Auskratzen erforderten 0,11 Maurer- und 0,06 Handlangerschichten und an
Material 5 kg Portlandzement und 1,2 kg hydraulischen Kalk. Zur Ausfüllung
der Fugen und Risse, sowie zur Ausgleichung größerer Mulden im Fundamente
wurde Beton verwendet, im Mischungsverhältnisse von
1 Raumteile Portlandzement,
2 „ Sand und
6 „ Schlägelschotter.
Festgestampft ergibt sich das Verhältnis 1:2:5 oder 1 : 7. Die Kosten
von 1 m* Beton stellten sich wie folgt:
0,174 m« Portlandzement = 240 kg (6 M. pro 100 kg
loco Bau) = 14,40 M.,
0,35 ra« Sand ä 3,70 M = 1,30 „
1,10 m^ Schlägelschotter, 4 cm* groß, ä 5 M = 5,50 „
Zubereiten, Einbringen und Stampfen . = 2,80 „
zusammen 1 m* Beton (1 : 7) 24,00 M.
358
IT. Die Staaweiherbauten.
ohne Wasserschöpfen der Baugrube. Der Beton wurde auf eine Pritsche un-
mittelbar Ober den zu verdichtenden Felsspalten im Fundament gemischt, mit
der Schaufel hinabgeworfen und daselbst gut gestampft, sodann mit Kelle und
Fugeisen die Spalten gut ausgestrichen. Wurde am Abend die Arbeit ein-
gestellt, so ließ man das Wasser in der Baugrube stehen und wartete einen
Tag ab, erst dann wurde wieder ausgepumpt und neu betoniert. In die oberste
Schichte Beton wurden große Bruchsteine eingebracht, welche 40 — 60 cm
hervorragten, um dadurch einen guten Verband mit dem Mauerwerk zu er-
zielen. 100 kg Portlandzement kosteten loco Bahnstation Münster 4,50 M., die
Zufuhr bis zur Bahnstelle pro Waggon (10000 kg) 150 M.
Die Baukosten betrugen:
a) nach Projekt.
I. Grunderwerb (800 a sumpfige Wiesen und Wald) 10000 M.
II. Erdarbeiten:
1. Fundamentaushub,
leichtes Material, 7040 m« ä 2 M 14080 M.
felsiges „ 2970 „ ä 3,50 M. . . . 10395 „
2. Mehraushub und Diverses .... . . . 11025 „
35500 M.
III. Maurerarbeiten.
1. Hydraulische Bindemittel:
66 Waggon Portlandzement k 450 M. . . 29700 M.
69 „ hydraul. Kalk ä 234 M. . . . 16146 „
Zufuhr von 135 Waggon ä 152 M. . . . 20520 „
2. Bruchsteinmauerwerk, Herstellung exkl. Bin-
demittel, 10440 m« ä 11 M 114840 „
3. Hausteinmauerwerk, Deckplatten etc., 65 m*
ä 60 M 3900 „
4. Verfugen, 4130 m« ä 0,70 M 2891 „
5. Trockenpflaster, 290 m« ä 9,10 M. . . . 1189 „
6. Diverses . . . 1634 ^
190820 M.
IV. Eisenwerk, Aufzugsvorrichtung, Geländer (6 Mark pro
lfd. m) etc . . 4580 M.
Projektsumme 240900 M.
b) hierzu Mehrarbeiten 18100 „
Gesamtbaukosten 259000 M.
Es stellen sich somit die Kosten von 1 m* aufgespeicherten Wassers auf
259000 M. „^ ^^
73Wöra = 35Pf.(41h).
Aus Fig. 151 ist die Ansicht der linksseitigen Hälfte der Talsperre (von
der Talseite aus) zu ersehen, in welcher die drei Öffnungen der Überfall-
wehre von je 5 m Breite und 1,50 m Höhe angebracht sind. Durch ein-
schiebbare Staubalken kann der Wasserspiegel noch um 60 cm gestaut
werden, so daß der maximale Wasserstand 90 cm unter der Mauerkrone zu
H. AnsgefUhrte Stanweiherbauten.
359
liegen kommt. Die Überfallöffnungen sind mit einer 8 cm starken Bedielung,
welche auf Eisentraversen ruht, überbrückt Von der Wehrkrone hat das
Nachbett {Maueroberfläche) auf 4 m Länge 10 cm Gefälle und stürzt dort das
Wasser 8 m hoch frei herab in ein Felsengerinne. Außerdem ist aus Fig. 151
im rechten Teile eine der 2,5 m breiten, im Parapuet freigelassenen Öffnungen
nebst der Einbindung in die linke Tallehne zu ersehen.
>*»#>■
Fig. 151. Altenweiher (Maueransicht nnd Längensohnitt).
Fig. 152 veranschaulicht den normalen Querschnitt der Talsperrenmauer,
welche 4 m Kronenbreite und in je 2 m voneinander entfernten Abständen
nachstehende Stärken besitzt:
Krone — 2 m, Ä = 4,00 m.
„ - 4 „ ^ = 4,00 „
„ — 6 „ Ä = 4,05 „
„ - 8 „ * = 4,60 „
, -10 „ * = 5,70 „
„ -12 , Ä = 6,96 „
n -14 . * = 8,29 ,
„ -16 „ * = 9,67 „
Behufs Ergänzung des fehlenden Mauer-
querschnittes unterhalb der Wehrüberfall-
öffnungen ist das Mauerprofil verstärkt und
beträgt diese Verstärkung bei 16 m Tiefenlage
unter der Mauerkrone 37 cm, hinauf zu in den einzelnen Lamellen sodann 40,
44, 47, 38 cm (bei 8 m), entsprechend der geänderten Form der Drucklinie.
Der Grundablaß besteht aus einem am tiefsten Punkte der Talsohle
durch die Mauer geführten gekuppelten Deckeldurchlaß mit 2 Öffnungen von
je 400 mm Breite und 600 mm Höhe. Der Zwischenpfeiler (Quadermauer-
werk) ist 400 mm, die gemeinsame Deckplatte 300 mm stark und 1900 mm
lang; darüber ist ein halbkreisförmiges Quadergewölbe gespannt und voll
ausgemauert. Dieser 4 m lange gekuppelte Durchlaß geht in seinem weiteren
Verlaufe in einen gemeinsamen, 1200 mm hohen und 1200 mm breiten, ge-
wölbten Durchlaß über. Das Gewölbe, aus Hackelsteinmauerwerk hergestellt.
Flg. 152.
Altenweiher (Mauerquenchnitt).
350 11. Die Stauweiherbauten.
ist 350 mm stark. Der Abschluß auf der Wasserseite erfolgt durch 2 guß-
eiserne Schützen, welche durch Spindel von der Mauerkrone aus aufgezogen
werden können. (Konstruktion ähnlich wie auf Taf. XVII.) Die Spindel
besteht aus einer vollen runden Stange von 50 mm Durchmesser, welche
beim Hinaufziehen in Aktion tritt und auf Zug beansprucht wird. Diese
Spindel liegt in einem 105 mm weiten Rohr, welches beim Herablassen als
Spindel fungiert und da auf Druck beansprucht erscheint. Um die Ge-
schwindigkeit des durch den Grundablaß ausströmenden Wassers zu mäßigen,
wurden in einer Entfernung vom Auslaufobjekt in das Abflußgerinne Damm-
balken eingelegt, gegen welche das Wasser anprallt und ein kleines Stau-
becken bildet.
e) Der Lauchenweiher im Lauchfal oberhalb Laufenbach.
7,5 km oberhalb der Eisenbahnstation Lautenbach (Seehöhe 400 m) liegt
in einer Seehöhe von 620 m das Forsthaus Niederlauchen am Fuße des Berges,
4,5 km von letzterem entfernt in einer Seehöhe von 940 m der Lauchenweiher
selbst. Die Zufuhrkosten waren daher ebenfalls sehr groß. Während in der
Talstrecke (S^Jq Steigung) 1 Pferd 12 Ztr. (6 Meter-Ztr.) ziehen konnte, mußten
auf der 4^/^ km langen Bergstrecke (ll^/o) hierzu 2 Pferde benutzt werden.
Die Talsperre liegt nahe der Wasserscheide und beträgt daher das Einzugs-
gebiet des Reservoirs bloß 5,57 km^. Knapp unterhalb beginnen die Lauch-
Wasserfälle, deren Vorhandensein sowohl eine leichte Entwässerung der
tiefen Fundamentgrube, als auch die Anlage einer Turbine ermöglichten.
Die von B. Schmidt in Zell im Wiesentale (Baden) hergestellte Turbine mit
horizontaler Achse leistete bei 1,5 m Durchmesser, 61,5 m Fallhöhe und 40 bis
200 sl. Aufschlagwasser 16—120 Nutzpferdekräfte (50—75 o/o Nutzeffekt). Durch
diese Turbine wurden mittels Drahtseilantrieb die zur Erzeugung des Sandes
aus der sehr harten Grauwacke am Bauplatze situierten Steinbrechmaschinen
und Sandmühlen, die Mörtelmühlen und Zirkularsägen getrieben. 1 m* Sand
kam hier auf 7 — 8 M. inkl. Amortisation der maschinellen Anlage), während
er bei Zufuhr aus den weitgelegenen Tälern 15 M. gekostet hätte. Vor der
Projekts Verfassung wurden auf der Baustelle 13 Probeschächte abgeteuft und
auf Grund der gewonnenen Resultate die Fundamenttiefe mit 4 — 6 m projektiert.
Beim späteren Aushub der ganzen Fundamentgrube zeigte sich jedoch, daß
der früher gefundene Felsen kein gewachsener war, sondern daß sich unter
demselben schlechtes, nicht fundierungsfähiges Material vorfand. Infolgedessen
mußte mit dem Aushube auf 7 — 13 m Tiefe gegangen werden.^)
Mit dem Aushub wurde Mitte Juli 1889, mit der maschinellen Einrichtung
im August 1890, mit der Mauerung Mitte August 1891 begonnen, der gesamte,
^) Ein ähnlicher Fall passierte beim Aushab des Taispitzstauweihers und wird in diesem
Falle auf die früher betonte Notwendigkeit hingewiesen, für diese Rechnnngspost eine bedeutende
Reserve für „Unvorhergesehenes" einzusetzen oder die Aufschliefiung des Untergrundes in um-
fangreicher Weise zu veranlassen, wozu jedoch beinahe immer die Bewilligung des Kredites
seitens der Baubehörde fehlt, da bei den behördlichen Kostenvoranschlägen die Auswertung wo-
möglich auf Heller berechnet erscheint und die Rechnungspost „Unvorhergesehenes" als unzu-
lässig bisher vermieden werden mufite.
H. Ausgeführte Stauweiherbaaten. 361
durch Ministerialrat Fecht projektierte in Regie der Staatsverwaltung aus-
geführte und von dem damaligen Wasserbauinspektor H. Bühl er geleitete
Bau selbst im Jahre 1894 vollendet. Die in Zyklopenmauerwerk aus Grau-
wacke hergestellte Talsperre hat ein gleiches Profil wie der Altenweiher.
Die Kronenbreite beträgt 4 m, die Basisbreite 19,9 m bei 30 m Höhe (der
tiefste Punkt der mit Beton ausgefüllten Spalten liegt 32,5 m unter der Mauer-
krone). Die Fugenpressungen betragen bei vollem Reservoir an der Außen-
kante im Fundament im Maximum 7,06 kg pro cm*, auf der Wasserseite
0,26 kg (als Minimum 0,21 kg), wobei ein spezifisches Gewicht des Mauer-
werkes von 2,3 m und der Wasserspiegel in gleicher Höhe mit der Mauer-
krone angenommen wurde. Die Kubatur des Mauerwerkes beträgt 28000 m*.
Bei einer nutzbaren Wassertiefe von 19 m faßt das Reservoir 800000 m*,
wobei der Wasserspiegel eine Fläche von 11 ha bedeckt Der 35000 m** be-
tragende Aushub stellte sich im Mittel pro m* auf 3 M., der Felsaushub
speziell auf 3,50 M. (sehr feste Grauwacke). Die Mauer ist 250 m lang und
kostete 1 m* fertiges Talsperrenmauerwerk samt Regie und maschineller
Einrichtung 20,80 M. (24,4 K). Der Mörtelverbrauch betrug 30—33 ^/^ des
Gesamtvolumens des Zyklopenmauerwerkes.
Das Reservoir soll 3^/2mal im Jahre gefüllt, daraus 1600 ha Wiesen
bewässert und 30 Triebwerke mit dem fehlenden Wasser bei Niederwasser-
stand versorgt werden können. Um die Baugrube zu entwässern, wurde der
Lauchbach mittelst eines 23 m langen, 80/120 cm weiten, hölzernen Aquäduktes
(für max. Hochwasser Q = 2 m*) über dieselbe geleitet; die lokalen kleineren
Quellen wurden in der beim Altenweiher beschriebenen Weise bewältigt,
während die Ableitung des eigentlichen Grundwassers durch einen tiefen
Einschnitt erfolgte, durch welchen auch die Zu- und Abfuhr des Aushub-
materiales mittelst Schubkarren bewerkstelligt wurde.
Zur Gewinnung der Bausteine wurde in der Nähe der Baustelle auf der
Südseite ein Steinbruch eröffnet, von welchem auf zwei Rollbahngeleisen sowohl
die Bausteine wie der Abraum (Sandschroppen), der zur Sanderzeugung diente,
mit Handrollwagen abgeführt wurden. (Die Nordseite der Gehänge zeigte,
wie zumeist überall, so auch hier eine Zerklüftung des Gesteins durch Frost,
Bergstürze etc., war also zur Steinbruchseröffnung nicht geeignet.) Das Bau-
material ist eine äußerst dichte und sehr harte Grauwacke. Die Grauwacken-
bänke streichen ca. gegen OW. und fallen gegen N. unter 60— ^70° ein. Die
erste Hauptsprengung im Steinbruche wurde am 4. April 1890 durchgeführt
und wurden hierdurch ca. 60000 m* Stein gelockert. In 50 m Entfernung wurden
zwei zusammen 150 m lange Stollen zickzackförmig vorgetrieben und je mit
4 Minenkammem versehen. Die Kosten dieser Sprengung beliefen sich auf:
a) Stollenherstellung, 150 m lang ä 100 M 15000 M.,
b) 11000 kg Schwarzpulver mit 75 — 78^/0 Salpetergehalt, welches
eigens angefertigt wurde (da das gewöhnliche Sprengpulver
bloß 65 ^/q Salpeter enthält), 100 kg zu 80 M., im ganzen samt
etwas Dynamit 9000 „
c) diverse Einrichtungen, Leitung für elektrische Zündung, Ab-
räumen, Vermauern der Stollen etc . 6000 „
Gesamtkosten 30000 M.
362 H- I^ic Stauweiherbauten.
Die Lockerung stellte sich somit auf 2 M. pro m*. Im Durchschnitt
stellte sich später die Steingewinnung pro m* auf 3 M., inkl. der 300 m
langen Zufuhr per 20 Pf. pro m* vom Steinbruch zur Baustelle (ohne Geleise-
kosten). Später wurde Roborit^) aus Witten in Westfalen zur Sprengung
verwendet, welcher kräftiger als Schwarzpulver wirkte, ohne die Nachteile des
Dynamits zu besitzen. Die letzteren bestanden zufolge Proben mit der Grau-
wacke darin, daß bei kräftigen Sprengungen und bei Dynamitverwendung sich
in den Bausteinblöcken feine Haarrisse zeigten, welche event. zur Undichtheit
des Mauerwerkes beigetragen hätten. Die Rollbahnen mit 60 cm Spurweite
hatten von den vom Bauplatze 300 m entfernt liegenden Steinbruche gegen
den ersteren ein Gefälle von 2 — 3 ^/^ (für Handbetrieb) und ward per Rollwagen
gewöhnlich 0,5 — 0,6 m*, im Maximum 1 m* gewachsener Fels (nicht Raummeter)
ä 2850 kg befördert. Die im Steinbruch gewonnenen Steine wurden nach
Größe sortiert. Die größten Mauersteine hatten ein Ausmaß von 1 — 1,2 m',
entsprechend der zulässigen Tragfähigkeit der Krane und Gerüste. Die kleineren
Schroppen wurden durch 5 zackige Gabeln vom Grus getrennt und auf die
Deponieplätze für die Schotter- und Sandbereitung geführt (siehe Fig. 153).
Die größeren Abfallbruchsteine, welche zum Verzwickeln und zum Aus-
gleich beim Mauern Verwendung fanden, wurden am Bauplatze separat depoiiiert
und von dort mit Handkarren zur Verwendungsstelle geführt, nachdem sie
zuvor durch einen kräftigen, unter einem Drucke von 3 — 4 Atmosphären
stehenden Wasserstrahl gut abgespült wurden. Die großen, eigentlichen Bau-
steine wurden zum Teil ebenfalls als Reserve deponiert, um im Falle aus-
brechender Arbeiterstrike (Steinbrecher) im Fortschritt der Mauerung nicht
aufgehalten zu werden, zum Teil wurden sie direkt in die Nähe der Arbeits-
stelle geführt, dort, am Rollwagen liegend (bei a und b), mittels Wasserleitungs-
hydranten gut abgespritzt, event. mit Stahldrahtbürsten gut gereinigt, sodann
auf die Versetzgerüste geführt, mit 3 armigen Zangen gehoben und durch einen
Laufkran über die Verwendungsstelle geführt und herabgesenkt. Um ein Drehen
der Steine beim Herablassen mit dem Drahtseil zu vermeiden, sollen diese
Steinzangen mit einem Drehkloben versehen sein. Diese 3 armigen Steinzangen,
welche sehr verläßlich gearbeitet sein müssen, wurden von der Maschinen-
fabrik Josef Vögele in Mannheim bezogen und kostete eine 120 kg schwere
Stahlzange 120 M.
Die Zubereitung des Felsfundamentes erfolgte in ähnlicher Weise wie
beim Altenweiher. Der zur Ausfüllung der Felsspalten verwendete Beton be-
stand aus 1 Teil Portlandzement, ^/j Teil hydraulischem Kalk, 3 Teilen Sand
und 6 Teilen Schotter. Während der ersten Mauerungsperiode, in welcher
noch keine oder gegen das Zufuhrgeleise tiefliegende Gerüste aufgestellt waren,
wurden die mit Bausteinen beladenen Rollwagen auf einer schiefen Ebene
(Bremsberg) mit Drahtseil- und Trommelantrieb mit Bauwinde derart in die
Fundamentgrube hinabgelassen, daß der abgehende volle Wagen den leeren
Wagen hinaufzog. Die Regulierung der Bewegung erfolgte mittels einer
kräftigen Bremse. Die hierzu nötigen, aus Tiegelgußstahl angefertigten, 22 mm
^) Das Roborit besteht aus Chlornitrobenzol und Ammonnitrat oder aus Chloraaphtalin,
Dinitrobenzol und Ammonnitrat.
H. AusgefOhrte Stauweiherbauten. 3ß3
Starken, sehr geschmeidigen Drahtseile wurden von der Firma Stein & Comp,
in Mülhausen (Elsaß) bezogen und kostete der laufende Meter 2,16 M. Als
Aufzugsseile für die Laufkräne empfiehlt sich, Drahtseile mit Hanfseele zu
verwenden.
Die Steinschroppen wurden durch Steinbrechmaschinen (2 in Fig. 153)
durch Zerquetschen in Schotter verwandelt, derselbe durch ein Paternoster-
werk gehoben und in die Sortiertrommeln eingeführt, welche mit verschieden
großen Löchern versehen waren. Je nach Größe gelangten die sortierten
Schotterstücke durch separate Holzgerinne zu den Sandmühlen (Sandwalzen)
oder als Schotter zur Betonbereitung, während der aus den obersten Partieen
der Sortiertrommel herausfallende feine Sand direkt zum Sanddepot geleitet
wurde. Der bis 4 cm große Schotter gelangte, wenn er nicht zur Betonbereitung
verwendet ward, in die Sandwalzen. Der größere Schotter wurde nach
Einsetzen neuer Backen nochmals in die Steinquetschmaschine gebracht und
dort mehr zerkleinert. Ein Walzwerk lieferte pro 12 Stunden 25 — 35 m' Sand,
eine Steinbrechma§chine bis 50 m* Schotter. (Diese Maschinen wurden von
Brink & Hübner in Mannheim geliefert)
Die Mauerung wurde streng als Zyklopenmauerwerk durchgeführt,
ohne jede horizontale Ausgleichung (Schichtenmauerwerk wie in Remscheid).
Der zur Mauerung verwendete Mörtel bestand aus 1 m^ Traßmehl von Plaidt
bei Wiesbaden am Rhein, 1 m« Kalkteig (Weißkalk), 2^1^ m« Sand (von 60<>/o
Raumfüllung, d. h. ein 1 m* fassendes, mit Sand lose eingerütteltes Gefäß
nimmt noch 400 1 Wasser, entsprechend den 40 ^/o Zwischenräumen auf) und
0,6 m** Wasser (je nach Feuchtigkeit des Sandes variierend). Diese Mischung
ergab 3,6 m« Mörtel, hierbei entsprach 1 m« Traß = 1000 kg und hatte 48 o/o
Raumfüllung, 1 m» Kalkteig = 1440 kg, 1 m» Sand = 2,84 . 0,6 = 1700 kg (bei
60 ^Iq Raumfüllung und 2,84 spezifischem Gewicht der Grauwacke). Die zwei
montierten Mörtelmaschinen, (Kollergänge, Broyeur) lieferten zusammen
in 10 Stunden bis 50 m^ Mörtel, welche zusammen 12 Mann Bedienung inkl.
1 Vorarbeiter erforderten. Es stellte sich daher 1 m* Mörtelbereitung und
40 M.
-Verführung auf ^ — 3 = 80 Pf. (als Minimum), im Durchschnitt jedoch auf
1 M. Der zur Beigabe verwendete Weißkalk wurde in den hölzernen 9 Kalk-
gruben (P. 11, Fig. 153) eingesumpft und gelangte erst nach 14tägiger Lagerung
zur Verwendung. Der Traß wurde in den Steinquetschen in Stücke von
3 — 4 cm Größe gebrochen und in dieser Form mit dem Weißkalk und dem
Sand gemengt in die Mörtelmaschine eingebracht, und zwar wurde zuerst der
abgewogene Weißkalk (100 kg), dann Wasser und Traß (70 1) in den Broyeur
eingeschüttet und vermählen, sodann nach und nach 75 1 Sand von 5 — 10 mm
Korngröße beigemengt, die ganze Mischung 5 — 6 Minuten wieder gemahlen
und in eine unmittelbar neben dem Broyeur, jedoch tiefer gelegene Mörtel-
grube entleert. Jede Mahlung ergab 0,24 m* Mörtel. Wurde der Traß als
Mehl eingebracht, dann bildete er Klumpen und vermengte sich nicht so leicht.
Aus der Mörtelgrube wurde der Mörtel in ^/^g — ^/^^ m^ fassenden, 40/60 cm
breiten, 0,25 m tiefen Schubkarren, welche behufs leichterer Herausnahme
mit Schaufeln keine Vorderwand hatten, verführt oder kam derselbe auf
2 eiserne Mörtelkippwagen, ä 5 m^ Inhalt, mittels Rollbahn zur Baustelle und
364 ^• I^ie Stauweiherbauten.
wurde durch 4 Mörteltrichter (15) in die Baugrube hinabgeworfen. Der Sand
wurde mit dreieckigen Schubkarren verführt. Die Mörtelbereitung wurde
1 Stunde vor Arbeitseinstellung unterbrochen, um allen Mörtel zu verbrauchen,
andererseits mit der Mörtelherstellung 1 Stunde vor dem jeweiligen Arbeits-
beginn (Vor- und Nachmittag) begonnen. Der Beton für die Fundamente
wurde durch 50 cm weite und 6 m hohe hölzerne Zylinder in die Baugrube
hinabbefördert und durch kreuzweise in einer Schraubenlinie in den Zylinder
eingesteckte Eisenstäbe eine innige Vermengung des Mörtels mit dem Schotter
während des Herabfallens bewerkstelligt. Im Fundamente befand sich eine
separate RoUbahnanlage zur Verführung der mittels des Bremsberges herab-
transportierten Mauersteine. Zur Winterszeit wurde ebenfalls Schotter und
Sand erzeugt. Das Gerüst für den Bau der Staumauer wurde in 3 Etagen
ausgeführt, jedoch nicht auf das sukzessive aufsteigende Mauerwerk aufgestellt.
Hierzu wurde zumeist nur Rundholz (altes Tannenholz) verwendet, mit Aus-
nahme der Längsträger, auf welche das Geleise der Laufkräne montiert wurde.
Zum Verfugen der wasserseitigen Fassade wurde ein Mörtel von 1 Teil
langsam bindendem Portlandzement und 2 Teilen gewöhnlichem Zyklopen-
mauerwerksmörtel verwendet, die Talseite nur mit letzterem verfugt Der
Talsperrenmörtel wurde sehr steif (wenig naß) eingebracht und kam erst
durch den Druck der großen Steine und durch Daraufschlagen zum Schwitzen;
er wurde erst nach einer Woche an der Luft hart (d. h. abgebunden) und
nach einem Jahr steinhart. Unter Wasser erfolgte natürlich die Erhärtung
viel früher.
Der Arbeiterstand bestand bei vollem Belag aus ca. 200 Mann, unter
diesen 42 Maurer, 66 Steinbrecher und Mineure, 8 Zimmerleute, 2 Schmiede,
1 Wagner, femer 5 Aufseher, 5 Vorarbeiter und 1 Zimmerpolier. Die Be-
dienungsmannschaft für 8 Maurer betrug 4 Mann (2 für den Laufkran und
2 zum Steinanhängen); 1 Maurer leistete täglich bis 3 m^ Mauerwerk, zu
welchem 0,25 Handlangertagschichten für die Mörtelzufuhr erforderlich waren.
Die Löhne waren folgende:
1 Aufseher bezog 200—250 M. (250—350 K) pro Monat (inkl. Bauzulage),
1 Handlanger erhielt 2,80—3,10 M. pro Tag, im Mittel 2,90 M. (3,40 K),
1 Maurer „ 3,60-4,80 „ „ „ „ n 4,20 „ (4,90 „),
1 Vorarbeiter „ 3,60—5,00 „ „ „ „ „ 4,50 „ (5,30 „),
1 Handwerker „ 3,60-4,60 „ „ „ „ „ 4,20 „ (4,90 „),
1 Steinbrecher „ 3,00—3,50 „ „ „ „ „ 3,30 „ (3,90 „).
Die bei diesem Bau installierten Maschinen bedurften nachstehender
Betriebskräfte:
2 Broyeurs ä 10 HP 20 HP.
1 Steinbrecher 10 — 15
1 Walzwerk 15 „
1 Zirkularsäge 8 — 12 „
{d= 1100 mm und 600 Touren pro Minute),
also zusammen jeweilig 50 — 60 HP.
Die durch eine Turbine erzeugte Kraft wurde mittels einer Drahtseil-
transmission (V = 0,33 m pro Sekunde Geschwindigkeit) auf die Maschinen
H. Ausgeführte Staaweiherbanten.
365
übertragen; wo dieselben über Arbeitsstellen gingen, wurden unter denselben
Sicherheitsnetze aufgespannt. — Die Ableitung des Betriebswassers aus der
Lauch geschah durch eine Einlaßschütze 6 (Fig. 153) mit Schutzgitter; von
hier ging ein offenes Gerinne, in Holz ausgeführt, zum Einlaufschacht 5.
Der Wasserzufluß konnte durch eine Oberfallschütze 8 reguliert werden. Aus
dem Einfallschachte 5 führte eine 500 mm weite Holzrohrleitung mit mäßigem
Gefälle zur eisernen Teilkammer 4. Diese Leitung bestand aus 5 cm starken
Dauben von je 6 m Länge, welche durch 13 Eisenreifen verbunden waren;
die Dichtung dieser einzelnen 6 m langen Holzröhren erfolgte mit Hanfzöpfen
das ArbeKsfeldas für dan Bau des Lauchen -WiihBrs
Sianä vom tO. Au|uai 1S9£.
Fig. IM.
und Talklappen, welche durch Holzkreuze mit Schrauben angepreßt wurden.
Von 4 — 3 (dem Turbinenhaus) liegt die Leitung entsprechend der Terrain-
leitung mit großem Gefälle und mußte deshalb, um den Austritt der Luft
rasch zu ermöglichen, eine eigene Entlüftungsleitung 4 — 7 mit einem über
Tag ausmündenden Ventilationsrohr gelegt werden. Die Turbine konnte
vom Steinbrecherhause aus durch Drahtseilzug abgestellt werden. Überfälle,
Grundablaß mit Eisenschützen etc. sind ähnlich wie beim Altenweiher durch-
geführt.
In Fig. 153 ist die gesamte Arbeitsdisposition nach dem Stande der
Bauarbeiten am 10. August 1892 (vollendetes Mauerwerk 9500 m^) als
schematische Skizze veranschaulicht Hierbei bedeutet:
366 ^I* ^^c SUuweiherbaaten.
1 Steinbruch,
2 Sandmühle und Steinbrecher,
3 Turbinenhaus, ) 3 — 4 — 5 Holzrohrleitung zur Turbine,
4 eiserne Teilkammer, / 500 mm Durchmesser,
5 Einlaufschacht, 1 ^ ^ „ r^ , tt ,
n r?' t r LI } o — 6 offener Kanal aus Holz,
6 Einlaufschleuse, j '
7 Luftventil mit Rohrleitung,
8 Überfallschütze,
9 Mörtelmühle mit 2 Kollergängen,
10 Depot für gemahlenen Traß,
11 Holzbottiche (9 Stück) für abgelöschten Fettkalk (Kalkgruben
aus Holz),
12 Schuppen für Weißstückkalk,
13 Traßsteinlager,
14 Zirkularsäge,
15 Mörtelschütttrichter (4 Stück) □,
16 Turm für Hauptscheibe der Drahtseiltransmission,
17 Schmiede und Wohnbaracke,
18 alte Kantine,
19 Wohnbaracke,
20 neue Kantine,
21 große Wohnbaracke für Beamte und Aufseher,
22 Wohnbaracke,
23 einfache Böcke für Drahtseiltransmission
Es bedeutet femer:
de ein Geleis im Terrain in gleicher Höhe mit dem damaligen (1892)
Hauptgerüst-Laufkran,
/g ein tieferes, auf das Mauerwerk direkt aufgelegtes Gel eis.
Das Mörtelgeleis 10 — 15 lag im gleichen Niveau wie de. Außerdem
wurden noch tiefer liegende Geleise auf dem variablen Mauerwerksniveau
selbst hergestellt, mit Drehscheiben für Zubringung von Mörtel und Stein-
schroppen zum Verzwickeln. (Die Bremse bei den Rollwagen lag immer
auf der Bergseite, daher die vollen und leeren Wagen in gleicher Richtung
gezeichnet erscheinen.) Die Aufsicht bei diesem Regiebau war eine sehr
umfangreiche und strenge, und muß bei allen derartigen verantwortungsvollen
Bauten eine ausreichende sein; abgesehen davon wird bei zahlreichem
Aufsichtspersonale beim Regiebau eine ökonomische Mörtel Verwendung er-
möglicht, bei Vergebung des Baues an Bauunternehmer hingegen wieder der
genügende Mörtelverbrauch kontrolliert.
Die Gesamtkosten betrugen:
1. Grunderwerb 1500 M.
2. Nebenarbeiten 50000 „
3. Bauarbeiten 732000 „
4. Aufsicht und allgemeine Auslagen . . . . 81500 „
Summe 865000 M.
H. Ausgeführte Staaweiherbanten. 367
Bei 800000 m* nutzbarem Fassungsraum stellt sich somit 1 m^ auf-
gespeicherten Wassers auf 1|08 M. (I926 K).
Für die in die Praxis eintretenden, sowie in derselben bereits stehenden
Ingenieure dürften noch nachstehende Einzelpreise von Interesse sein:
Kosten von Im* Zyklopenmauerwerk.
An Arbeitslohn 8,50 M.
0,315 m^* Trafimörtel 3,80
Nebenkosten 8,50 „
Zusammen 20,80 M.
Fundamentaushub pro m*.
Im GeröUe 2,00 M.
Festes Gerolle (Moräne) 3,00 „
Fels 3,50—4,00 „
Sprengmi-ttel loco Baustelle.
Sprengpulver (62 ^/^ Salpetergehalt) pro Kilogramm . . . 0,72 M.
» (75 „ „ ) „ „ . . . 0,78 „
Roburit pro Kilogramm 1,80 „
Sekurit „ „ 2,00 „
Gelatine-Dynamit pro Kilogramm 3,10 „
3 fache Dynamitkapsel, 1 Stück 0,25 „
1 Ring Guttaperchazündschnur, 8 m lang 0,45 — 0,50 „
1 Ring weiße Zündschnur 0,26 „
Rollbahnkosten, 60 cm Spurweite, pro lfd. m.
Stahlschienen, 65 mm hoch, 7 kg pro lfd. m schwer, samt
Zubehör 2,90 M.
^^/i2 Schweller, 60 cm weit gelegt 0,40 „
Verlegen und Unterkrampen 0,40 „
Zusammen 3,70—4,00 M.
Im Tagelohn konnten die Rollwagen auf der 300 km langen Strecke
vom Steinbruch zur Baustelle 18 — 20 mal, im Akkordwege 22 — 24 mal am Tage
verkehren, wobei 0,5—0,6 m^ Steine verführt und 0,375 M. pro Wagen für
Verführung gezahlt wurden. Durch die Einführung der Akkordarbeit des
Verführens wurde auch die Tagelohnarbeit des Brechens beaufsichtigt bezw.
rege erhalten.
MörtelmOhle.
1 Broyeur mit 2 Läufern ä 1500 kg kostete ab Trier
(Fabrik Lais & Co.) 2200 M.
inkl. Fracht, Montage und Transmission kam 1 Broyeur
loco Bauplatz auf 3000
368 II- ^^^ Stanweiherbaaten.
Sandmühle.
1 Steinbrechmasch
ine
Nr. IV (Brink & Hübner
»
Mannheim)
2260
M
1 Walzwerk Nr.
VI
(Bi
rink & Hübner, Mannheim) .
3730
»
1 Elevator
n n n » •
1540
n
1 Siebtrommel
n n t) n •
820
n
Transmissionen
w n n n •
1200
n
Montage
n }} n n •
480
Zusammen 10030 M.
Turbinenstation.
1 Turbine (ab Fabrik) 2000 ^M.
Bremsregulator für 50 Pferde 1600 „
Drahtseilscheiben etc 2400 „
Zusammen 6000 M.
Rollendes Material.
1 Schubkarren, dreieckig 13 — 14 M.
1 Steintragbahre 9,50 „
1 Steinkarren 17,50 „
1 Rollwagen aus Holz (samt eiserner Armatur iind Bremse) 120 „
1 eiserner Plattformwagen 157 „
1 Doppelseitenkipper mit Stahlmulde, 0,5 m'* Inhalt (für
Erde und Mörtel) 178 „
Werkzeuge.
1 Stahlharamer, 8 kg schwer, k 0,90 M = 7,20 M.
1 Stahlfäustel, 6 kg schwer, ä 0,90 M = 5,40 „
1 Stahlhebeeisen, 1,80 m lang, 15 kg schwer, k 0,60 M. . = 9,00 „
1 Stahlhebeeisen, 2,20 m lang, 21 kg schwer = 12,60 ^
(alle Werkzeuge ganz aus Stahl gefertigt, nicht angestählt)
1 Ladestock (gezogenes Eisenrohr mit Kupferzwinge)
pro Stück 1,50—2,50 „
Steinkeile, 5 — 10 kg schwer, pro Kilogramm 0,70 „
Schaufeln (Stahl) ä 1,5 kg, ä 0,42 M., pro Stück .... 0,63
Pickel aus Primastahl ä 3,25 kg (Gebrüder Pongard,
Hohenlimburg) 2,60 „
Pickelstiele pro Stück 0,50 „
Schaufelstiele (Esche) pro Stück 0,70 „
Steinbohrstahl pro Kilogramm 0,65 — 0,80 „
Beleuchtungsmaterial.
Pechfackeln, 1 kg schwer, pro Stück 0,33 M.
„ 1^2 kg schwer, pro Stück 0,45 „
Pechkranz, 0,25 „ „ 0,05 „
ölgasstoff pro Kilogramm 0,45 „
Petroleum „ „ 0,26 „
H. Aosgefahrte Stanweiherbanten. 3gg
Schmiermaterial (A. Wingenroth, ehem. Fabrik in Mannheim).
Konsistentes Maschinenfett, gelb, pro Kilogramm .... 0,50 — 1,00 M.
Wagenfett pro Kilogramm 0,30 „
Lederriemenfett pro Kilogramm 0,36 „
Zement
Portlandzement (Dyckerhoff & Söhne, Bieberich) pro
Waggon loco Station Lautenbach 426 M
loco Baustelle 665
Derselbe wurde in einer Prüfungsstation am Bauplatze stets geprüft.
n
Traß von Plaidt.
Preis pro Waggon (10000 kg) 100 M.
Zufuhr 240
loco Baustelle zusammen 340 M.
Die Zufuhr betrug auf der 7,5 km langen Talstraße . . . 138 M.
(1 Pferd = 6 Meter-Ztr.) Auf der 4 km langen Bergstraße . 102 „
(2 Pferde = 6 Meter-Ztr.)
Holz.
1 m* Tannenholz im Walde (vom Staate überlassen ... 11 M.
IL Frankreich.
Von den vielen hervorragenden neueren Stauweihem Frankreichs sollen
neben 2 gemauerten Talsperren insbesondere nur 4 Erddämme hier vor-
geführt werden, welche zur Speisung des Zentrums- und Burgunder Schiffahrts-
kanales dienen.
I. Reservoir von Torcy Neuf.
Dieses im Jahre 1887 vollendete Reservoir (eines von den 12 Stau-
becken des Zentrumskanales) liegt oberhalb des Kohlenterrains von le Creuzot
im Rotliegenden. Es besitzt eine Wasserspiegelfläche von 166 ha, eine größte
Wassertiefe von 14,5 m und einen Fassungsraum von 8767000 m'. Die Krone
des 136,7 m langen und auf der tiefsten Stelle 16,3 m hohen Erdstaudammes
liegt 1,8 m über dem höchsten Wasserspiegel. Trotz der großen Wasserfläche
wurde bisher ein Wellenschlag von höchstens 50 cm Höhe beobachtet. Die
Kronenbreite beträgt 5,50 m, die Breite in der Talsohle 52,9 m, der Kubik-
inhalt des Dammes selbst 129000 m*. Der geradlinige, an den Enden (Wurzeln)
in die Berglehnen gut eingebaute Damm besteht aus sandig-toniger Erde.
Der dem Wasser zugekehrte Teil der Dammschüttung wurde in Schichten
von 7,5 cm Stärke gewalzt und bei größerer Trockenheit mit Kalkmilch be-
schüttet oder bei feuchter Witterung mit Kalkpulver bestreut. Beim Anschluß
an das Mauerwerk wurde mit der Hand gestampft, sonst nur gewalzt. Die
Walzen hatten einen Durchmesser von 700 mm, wogen leer 700 kg, mit Sand
gefüllt 1200 kg und wurden von Pferden gezogen. Mit einer solchen Walze
konnten pro Tag 80 m* Erde (gemessen im komprimierten Zustande) ein-
gewalzt werden, während eine auch zur Verwendung gelangte Dampfwalze
Friedrich, Waaserbaiu Zweite Auflage. II. Band. 24
370 ^* ^^^ Staaweiherbanten.
pro Tag 500 m« leistete. 1 m** Stampfung (Walzung) der Erde (Tonschlag)
samt Kalkzusatz kostete in eigener Regie 23 Cent = 24 h.
Der talseitige Teil des Dammes wurde aus derselben sandig- tonigen
Erde hergestellt und zu gleicher Zeit wie der wasserseitige Teil in Horizontal-
schichten gewalzt, jedoch mit dem Unterschiede, daß hier 20 cm starke Lagen
aufgeführt und gewalzt wurden, wobei eine Kompression auf 16 cm erzielt
wurde und die Herstellungskosten sich dadurch niedriger gestalteten. Bei
den Reservoiren in Montaubry und le Plessis wurde derselbe Herstellungs-
modus eingehalten und kam 1 m* gestampftes Erdreich (Tonschlag):
1. bei 7,5 — 10 cm Schichtenstärke:
a) Handstampf ung 1,00 Fr. = 96 h,
b) Walzen (2 Pferde) 0,40 „ = 38 „
2. bei 20 cm Schichtenstärke:
a) Handstampfung 0,60 Fr. = 58 h,
b) Walzen (2 Pferde) 0,28 „ = 27 „.
Im Durchschnitt stellte sich 1 m* Tonschlag inkl. Planie, Befeuchtung etc.
auf 0,80 Fr. = 77 h. Die Böschung auf der Wasserseite ist nach der auf
Taf. XVI veranschaulichten Weise (System Chefingenieur Vall^e) abge-
pflastert. Die landseitige Böschung (1 : l^/j geböscht) ist bis auf 5 m Höhe
mit Akazien bepflanzt. Der Fuß der wasserseitigen Böschung stützt sich auf
eine 1,5 m dicke, im Maximum 7 m hohe Herdmauer, welche 1 m tief in den
rotliegenden Sandsteinfels eingelassen ist, vor welcher nebstdem zur Ver-
meidung jeder Durchsickerung am Felsfundament noch 3 zum Dammfufie
parallele Lettenkerne hergestellt wurden.
a) Oberfallwehr (Deversoir).
Dasselbe ist 12 m lang. Die Aufsätze, aus 4 übereinander gelegten, mit
der Hand abnehmbaren Bohlen bestehend, sind 70 cm hoch und könnten bei
Entfernung derselben bei einer angenommenen Oberfallhöhe von A = 50 cm
pro 24 Stunden 0 = 660000 m« abfließen (d. h. 0 = 7,6 m» pro Sekunde),
was dem 4 fachen Abfluflquantum eines außerordentlichen Gewitterregens
entsprechen soll.^)
b) Wasserentnahmeobjekt zur Speisung des Zenfrumkanales.
Die Entnahme erfolgt mittels eines Wasserturmes und eines gewölbten
Grundablasses (Abflußkanal). Die obersten, an jeder Turmseite befindlichen,
je 2,2 m breiten Öffnungen, welche mit niederen Wehraufsätzen (A = 0,40)
versehen sind, dienen als eigentliches Überfallwehr und sind so dimensioniert,
daß das separate, früher besprochene Überfallwehr (Deversoir) füglich hätte
erspart werden können. Man war sich jedoch beim Baue resp. bei der Projekt-
aufstellung noch nicht klar über die Wirkungen, welche das Herabstürzen
größerer Wassermengen auf den Turm ausüben wird, und fürchtete eine starke
Erschütterung des Turmmauerwerkes. Diese Besorgnisse haben sich jedoch
nicht bestätigt. Der von außen viereckige Turm besitzt im Innern einen
*) Die obige Berechnung Fontaines entspricht einem Kontraktionskoeffizienten /lc = 0,41.
H. AasgefUhrte Staaweiherbaaten. 371
zylindrischen Schacht von rf= 1,5 m Durchmesser und endet unten in einen
Sumpf von 2 m Tiefe, welcher, stets mit Wasser gefüllt, die zerstörende
Wirkung des anprallenden Wassers aufhebt. Auf der oberen Plattform von
3,5/3,5 m Ausmaß sind die Aufzugsmechanismen der Schützen angebracht.
Die Speiseschleusen, deren es 3 gibt, sind stufenförmig in Vertikalabständeri
von je 4,8 m übereinander angebracht, durch eigene zylindrische Schützen
verschließbar und besitzen auf 40 cm Höhe eine Breite von 80 cm. Der Ver-
schluß geschieht mit konvexen, zylinderförmig gebogenen Drehschützen (System
Ingenieur Eugen Resal), welche also nicht gehoben, sondern gedreht werden.
Der Turm ist durch eine solide Eisenkonstruktion mit der Dammkrone ver-
bunden und seine isolierte Lage entschieden zweckmäßiger als die ältere Bau-
weise, nach welcher diese Türme in das Dammmasiv hineingelegt wurden,
wodurch die Dichtigkeit derselben sehr häufig ungünstig beeinflußt wurde.
Nebst diesen 3 Speiseschleusen ist am Fuße des Turmes noch eine 4. Sicher-
heitsschütze, 1,80 m hoch und 1,1 m breit, angebracht, welche den ganzen
Grundablafi absperrt. Chefingenieur Fontaine in Dijon äußert sich hierüber
wie folgt: „Wie groß der Wert dieses sinnreichen Schützensystemes auch
sein mag, so würden wir dasselbe dennoch heute (1892) zweifellos nicht an-
wenden, und auch bei dem für den Burgunderkanal projektierten neuen
Reservoir gedenken wir dasselbe nicht anzuwenden. An Stelle der 3 Speise-
schleusenschützen des Turmes von Torcy Neuf hätte man unserer Ansicht
nach mit Vorteil einen einzigen einfacheren und stärkeren Apparat verwenden
können, nämlich die in den „Annales des ponts et chaussdes, Aoüt 1886"
beschriebene einfache zylindrische, vertikale Schütze, wie dieselbe an allen
Schleusen des Zentrumkanales funktioniert. Der Turm würde, anstatt von
vier Seiten zugemauert zu sein, auf seiner ganzen Höhe einen 1 m breiten,
von einer Reihe kleiner übereinander liegender, durchgewölbter Öffnungen
unterbrochenen Abzugsschlitz erhalten, welche Öffnungen nach Bedarf durch
Dammbalken verschlossen werden könnten, um das Innere des Turmes vom
Reservoir abzuschließen. Die Hauptschütze wäre am Boden des Schachtes
zu situieren und bedürfte nur eines Durchmessers von 75 cm, um dieselbe
Wassermenge zu liefern, wie die bei vollem Reservoir gleichzeitig geöffneten
beiden obersten Schützen von Torcy Neuf {Q = 4,41 m* pro Sekunde), und
würde die Schützenhubhöhe bloß 2 cm, das Gesamtgewicht der Schütze samt
Aufzugsstange ca. 200 kg betragen. Man hätte sozusagen gar keine Reibung
mehr zu überwinden.
Bei einer Aufzugswinde von 1/50 würde die an der Kurbel auszuübende
Kraft höchstens 5 kg, der Preis des vollständigen, höchst solid konstruierten
Apparates loco Baustelle 900 Fr. betragen. Statt einer größeren Vertikal-
Zylinderschütze könnten deren zwei mit 60 cm Durchmesser angebracht
werden, wodurch eine Reserve im Falle Nichtfunktionierens der einen Schütze
geschaffen würde. Um den Wasserturm zu füllen und mit dem Reservoir in
Kommunikation zu setzen, würden vor Öffnung der Grundschleusen immer
einige Dammbalken zu entfernen sein. Eine Reparatur der Schütze ist durch
Wiederaufsatz |der Dammbalken und Entleerung des Turmes jederzeit leicht
möglich."
24*
372 ^* ^^^ Staaweiherbaaten.
Beim Reservoir Torcy Neuf kam 1 m* aufgespeicherten Wassers
auf rund 0,25 Fr. (24 h). Der Grundablaß ist, wie aus Taf. XVI zu er*
sehen, auf Gewölben fundiert.
a. Reservoir de Montaubry.
Dieses ebenfalls zur Speisung des Zentrumkanales dienende, im Jahre
1859 — 1861 erbaute Reservoir wird durch einen Erddamm gebildet, welcher
auf Taf. XVI im Querschnitt abgebildet ist. Die größte Wassertiefe beträgt
15,20 m und ist die Krone des Dammes 2,68 m über dem höchsten Wasser-
spiegel gelegen. Die Abpflasterung der wasserseitigen Böschung erfolgte
nach der im Detail gezeichneten Weise. Das Dammmaterial bestand aus
2 Teilen sandiger Erde und 1 Teil Ton für den vorderen Teil, während der
rückwärtige Teil aus gewöhnlichem Erdmaterial hergestellt und gestampft oder
gewalzt wurde. Der Damm ist auf Kalksteinfels solid fundiert. Die Wasser-
seite war ursprünglich mit Asphalt coul6 (gegossener Asphalt mit kleinem
Schotter) gedichtet; die Schichte bröckelte jedoch bei Temperaturdifferenzen
ganz ab und wurde daher später obiges Pflaster in Beton gelegt. 1 m^ auf-
gespeicherten Wassers kam auf 0,125 Fr. (12 h) zu stehen, da der Damm ein
nur kurzer ist. Der Fassungsraum des Reservoirs beträgt 5000000 m', die
Gesamtkosten stellten sich auf 730000 Fr.
3. Reservoir du Plessis.
In den Jahren 1868 — 1870 erbaut, dient dieses Reservoir gleichfalls als
Speisebehälter für den Zentrumkanal. Ein bestehender alter Damm wurde
erhöht und in ähnlicher Weise wie zu Montaubry ausgeführt. Taf. XVI zeigt
den Querschnitt des Abschlußdammes. Die größte Wassertiefe ist 7,75 m und
liegt die Dammkrone 1,70 m über dem höchsten Wasserspiegel. Der Fassungs-
raum des Stauweihers beträgt 1320000 m', die Gesamtkosten waren 156 (XK) Fr.,
so daß sich die Kosten pro 1 m^ aufgespeicherten Wassers auf
0,27 Fr, (26 h) belaufen.
4. Reservoir du Cercey.
Dieses zur Speisung des Burgunderkanales dienende Reservoir wurde
in den Jahren 1830 — 1838 ausgeführt und 1873 rekonstruiert. Der Damm
wurde nämlich aus zu lettigem (tonreichen) Material hergestellt und zeigte
Risse und Rutschungen, aus welchem Grunde später alle 12 m mächtige
bogenförmige Gurten (siehe Taf. XVI) eingezogen wurden, welche auf dem
Lias-Mergel aufstehen.
Der eigentümlichen Ablaßvorrichtung wegen sei noch
5. das Reservoir von Mittersheim
erwähnt. Der im Jahre 1867 vollendete, 332 m lange, geradlinige Erddamm
hat eine Kronenbreite von 6 m, eine Basisbreite von 31,5 m und ist 8,8 m hoch.
Der Stauspiegel liegt 70 cm unter der Dammkrone; die Wasserspiegelfläche
beträgt 262 ha, der nutzbare Fassungsraum 5800000 m*. Das Reservoir dient
zur Speisung des Kanales „des Houilleres de la Sarre". Statt des Überfall-
H. AnsgefUhrte Staaweiherbanten.
373
wehres ist hier, da die Abflußmengen nur gering sind, ein Heber (Siphon)
in den Damm eingebaut, welcher 7 m^ pro Sekunde abzuführen imstande ist.
wobei der höchste Wasserstand nur 50 mm über den gewöhnlichen ansteigt.
Aus Fig. 154 ist die Anordnung des aus einer 700 mm weiten Rohrleitung
gebildeten Siphons zu ersehen. Zur beliebigen
Wasserentnahme oder zur vollständigen Ent-
leerung des Reservoirs dient ein Grundablaß,
welcher mit einer Schütze verschlossen ist.
Näheres hierüber siehe Annales des ponts et
chauss^es 1869, I.
Zum Schlüsse der französischen Tal-
sperren soll noch bezüglich der baulichen
Durchführung des Wasserturmes das im Haut-
Marne Departement gelegene
6. Reservoir de la Mouche
hervorgehoben werden, welches 8648000 m^
Inhalt und ein Einzugsgebiet von 6500 ha be-
sitzt. Die Reservoirmauer ist 30,87 m hoch
und an der Wasserseite nahezu senkrecht
(62 cm auf 31 m Höhe). Die Grundform des
Profiles ist ein Dreieck mit 20,27 m Basis-
breite; die Kronenbreite ist normal nur 3,50 m,
wird jedoch durch an die Talseite angebaute,
viaduktähnliche, überwölbte Pfeiler (in 10,8 m
Entfernung, sogen. Halbviadukt) auf 7,60 m
verbreitert. Von der Talseite sieht diese Tal-
sperre einem vermauerten Viadukte von 410 m ™ .„ ,> . ^ , ^ v
*^ . T-i T^ r« • ^*?' ^^' Reservoir de la Mouche
L4nge vollkommen ähnlich. Das Profil ist (Schieuaentnrm).
374
II. Die Stanweiherbauten.
nach der von Generalinspektor Bouvier aufgestellten und von Guillemain
erweiterten Methode, nach welcher die neuen französischen Talsperren be-
rechnet sind, konstruiert und der fehlende obere Querschnitt in ökonomischer
Weise durch Verstärkung mit dem Halbviadukt ergänzt.
An die nahezu senkrechte Böschung auf der Wasserseite schließt sich
nun der in Fig. 155 gezeichnete halbkreisförmige Schleusenturm an, welcher
4 Schützen, von denen die unterste zur Entleerung dient, enthält. Der
Aufzugsmechanismus ist ein ähnlicher, wie der beim Altenweiher und Lauchen-
weiher beschriebene. Bei dem Bau dieser Staumauer betrug der Mörtel-
verbrauch 42 ^/qI die Kosten des Mauerwerkes betrugen 26,33 Fr. pro m*,
a Schnitt und Ansicht oberhalb der Sperre.
c Schnitt und Ansicht unterhalb der Sperre.
b Längenschnitt.
Fig. 156. ÜberfaUwehr des Reservoirs des Ban bei St Chamond (Frankreich).
die Gesamtkosten 5019287 Fr., so daß 1 m^ aufgespeicherten Wassers
sich auf 0,58 Fr. (56 h) stellte. Da die lange Mauer geradlinig und nicht in
Bogenform hergestellt wurde, zeigten sich, besonders im Winter 1890/91, bei
starken Temperaturdifferenzen feine Sprünge, die jedoch sich später wieder
schlössen.
7. Reservoir des Ban oder des Rive.
Das auf dem Flusse Ban in den Jahren 1866 — 1870 erbaute gemauerte
Reservoir dient zur Versorgung der Fabriken am Gierflusse und der Stadt
St. Chamond mit Trink- und Nutzwasser. Die 165 m lange, im Grundriß konvex
angelegte Mauer hat 4,9 m Kronenbreite und bei 45 m Höhe 38,7 m Basisbreite.
Als Grundablaß dient ein eigener, 60 m langer Stollen mit zwei 400 mm weiten
Rohrleitungen, welcher in den Felsen vorgetrieben wurde, ohne also das
Mauerwerk der Talsperre irgendwie zu tangieren. Auf der Wasserseite sind
H. Ausgeführte Stauweiherbaaten.
375
die Rohrleitungen resp. der Stollen auf 28,27 m Länge voll eingemauert.
Dem Flusse werden für die Fabriken 30 sl., der Stadt Chamond pro Tag
12000 m« zugeführt. Der Überfall (Deversoir) ist 30 m lang und ähnlich wie
in Remscheid in die Lehne eingebaut. Fig. 157 zeigt den Grundablaß und
Fig. 156 das Überfall wehr in den einzelnen Schnitten. Die Mauer ist im
0 Schnitt ed. ^ d Schnitt ef, e Schnitt gK
Fig. 167. Qrnndablaß des Reservolra des Ban bei St Chamond (Frankreich).
Maximum mit 8 kg pro cm* belastet berechnet; die Inanspruchnahme soll je-
doch nach neueren Berechnungen de facto 11 kg pro cm* betragen. Das
Niederschlagsgebiet beträgt 1800 ha = 18 km* mit einer durchschnittlichen
Jahresregenhöhe von 0,8 m; es stehen somit 14400000 m* Regenmenge zur
Verfügung. Die Erfahrungen sollen gezeigt haben, daß hiervon ca. 65**/q,
also 9360000 m* zum Abflüsse gelangen. Das Reservoir besitzt 1850000 m*
Inhalt; dasselbe wird jedoch nur 2 mal (im Herbste und Frühjahr) gefüllt.
376
II. Die Staaweiherbaaten.
Die Wasserspiegelfläche beträgt 18 ha, die Herstellungskosten beliefen sich
auf 950000 Fr., daher 1 m» aufgespeichertes Wasser auf 0,50 Fr. (48 h)
zu stehen kommt Bei vollem Reservoir sollen durch die Mauer bis 10 sl.
durchsickern. Das dem Granitgebiet entstammende Wasser ist sehr weich,
also für Industrieen etc. sehr gut.
8. Reservoir von Bouzey.
Das zur Speisung des Ostkanales in der Nähe von Epinal auf der West-
seite der Vogesen gelegene Reservoir von Bouzey wurde in den Jahren 1879
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Fig. 168. Talsperre von Bonzey (altes und neues Manerprofll).
bis 1882 mit einem Fassungsraume von 7 Mill. m^ bei 12,2 m Wassertiefe und
einem Kostenaufwande von 3,35 Mill. Fr. (0,48 Fr. = 46 h pro m* Wasser)
erbaut. Die ursprünglich nach dem Profil AB CD (Fig. 158) erbaute, im Grund-
riß geradlinige Talsperre ist 520 m lang und 19,7 m hoch; bei 4 m Kronen-
breite betrug die Basisbreite -^4jB = 11,35 m. Die Mauer ruht auf Schichten
von weichen Buntsandstein, welcher von einer Tonschichte durchsetzt ist.
2,8 m unter der eigentlichen Basis der Talsperre wird der Buntsandstein voll-
kommen fest; bis zu dieser fundierungsfähigen Schichte wurde wasserseits
H. Ausgeführte Stanweiherbauten.
377
bloß eine 2,8 m tiefe und 2 m breite Herdmauer K hergestellt, um eine Dicht-
heit gegen Durchsickern zu erzielen, anstatt die ganze Mauer bis auf diese
Tiefe zu senken. Als im März 1884 das Reservoir angespannt wurde, zeigten
sich bedeutende Deformationen und ein Abschieben der Mauer, sowie Risse
in derselben, durch welche 30000 m* pro 24 Stunden abgeflossen sein sollen
(siehe die detaillierte Abhandlung von Oberbaurat Weber von Ebenhof in
der Monatsschrift für den öffentlichen Baudienst, 1895, Heft VI, Wien, Alfred
Holder, und Wasserbauinspektor Bühl er: Schillings Journal für Gas- und
Wasserversorgung, 1895, sowie Dumas, Etüde sur les Reservoirs, Paris 1896).
Hierauf wurde in den Jahren 1888 und 1889 das Fundament der Mauer auf
¥\g, 159. Knrven der Inansprachnahme der Bouzey-Sperre.
der Talseite in der aus der Fig. 158 ersichtlichen Weise verbreitert (ACDFG)
und an der Wasserseite (bei A) ein neuer, oberflächlich konvexer, 2 m starker
Mauerblock, sowie eine Lettenanstampfung als Dichtung hergestellt. (Dieser
Mauerblock erscheint in der Zeichnung nicht eingetragen.) Betrachten wir
das ursprüngliche Talsperrenprofil AB CD nur betreffs der Stabilität bezw.
bezüglich der Kantenpressungen, so sehen wir, daß beim alten Profil von der
Kante II abwärts (Fig. 158) die Drucklinie in das äuflere Drittel der Mauer,
also außerhalb der sogen. Kemfläche fällt, mithin auf allen inneren Kanten
bedeutende Zugspannungen auftreten mußten. Durch die Rekonstruktion der
Mauer wurde an dem oberirdischen Teile derselben nichts geändert, daher
auch dort zwischen den Fugen I und IV (Fig. 159) bedeutende Zugspannungen
auftraten; der dem Zuge ausgesetzte Teil des Mauerprofiles ist durch die
378 ^« ^i* Stauweiherbauten.
schraffierte Fläche angedeutet; die eingezeichneten Kurven sind die kon-
struierten Linien gleichen Druckes. Insbesondere in der 5,50 m langen Fuge III
(entsprechend Fuge IV in Fig. 158), 11 m unterm Wasserspiegel gelegen,
fällt der Angriffspunkt a der Resultierenden (die Drucklinie) ca. 53 cm vom
Kernpunkt entfernt in das äußere Mittel hinein; hierbei wurde das beim Pro-
jekte angenommene spezifische Gewicht mit 2,25 kg akzeptiert. Wird jedoch
das von Bühler berechnete spezifische Gewicht des trockenen Mauerwerkes
mit 1,87 kg in Betracht gezogen, dann rückt dieser Punkt a^ in der gefähr-
lichsten (Bruch-) Fuge III 98 cm in das äußere Drittel, vom Kernpunkte aus
gerechnet, hinein, und hat Bühler die Kantenpressung auf der Landseite mit
24,8 kg pro cm* berechnet. Hierbei wurde die Basis des Mauerprofiies als
geradlinig in der Seehöhe 349,0 angenommen.
Dumas hat unter Zugrundelegung eines spezifischen Gewichtes von
2,2 kg das alte Profil A B CD untersucht und auch hier gefunden, daß in der
5,51 m langen gefährlichsten Fuge IV (Fig. 158) der Angriffspunkt a^ um
54 cm über den Kernpunkt in das äußere Fugendrittel hineinreicht. Die
maximalen Kantenpressungen hat derselbe mit 7,33 kg, in den unterhalb
liegenden Fugen noch etwas größer und in B 8,17 kg pro cm* berechnet
Trotz dieser Zugspannungen und großen Kantenpressungen . erhielt sich die
neukonstruierte Mauer vom Jahre 1889 — 1895, bis plötzlich am 27. April 1895
um 5^/2 Uhr früh die furchtbare Katastrophe des Durchbruches der Mauer auf
eine Länge von 200 m eintrat, der 7 Mill. m* fassende Stauweiher sich in einer
halben Stunde entlerrte und diese kolossalen Wassermengen mit 10 m Ge-
schwindigkeit auf eine Strecke von 20 km bis zur Einmündung in die Mosel
7 Ortschaften zerstörten, bei welcher Katastrophe auch über 100 Menschen
ihren Tod fanden Wie aus den früheren Betrachtungen hervorgeht, dürfte
insbesondere die ungenügende Profilstärke des über Tag befindlichen Teiles
der Talsperre, die ungenügende Fundierung, sowie schlechter Anschluß der
in zwei längeren Zeitperioden errichteten Mauerwerksmassen, endlich die
geradlinige Grundrißform der Mauer die Ursache des Zusammenbruches
bilden. Das Mauerwerk selbst war als solches, wie aus den Resten konstatiert
wurde, ein sehr gutes. In Fig. 158 erscheint punktiert auch das Querschnitts-
profil der Jaispitzstaumauer zum Vergleich eingezeichnet.
IIL England.
Als Type einer Talsperre, welche auf ihrer ganzen Kronenlänge als
Überfallwehr zu funktionieren hat, mithin eine von den normalen Typen
vollkommen abweichende Querprofilform besitzt, soll hier die zur Wasser-
versorgung der Stadt Liverpool in den Jahren 1881 — 1888 erbaute Talsperre
von Virnwey in nachstehender Ansicht (Fig. 160) vorgeführt werden. Das
zugehörige Querprofil zeigt Fig. 161, und wird auf das Seite 226 über diese
Sperre bereits Erwähnte hingewiesen. Der am Virnweyfluß (Nebenfluß des
Severn) oberhalb Shrewsbury (Nordwales) eingebaute Stauweiher besitzt ein
90 km* großes Einzugsgebiet und bei 25,6 m größter Wassertiefe einen Raum-
inhalt von 55000000 m». Die Gesamtkosten betrugen 12260000 Fr., mithin
kommt 1 m' aufgespeicherten Wassers auf 0,25 Fr. (21 h). Die Wasser-
o
r
380
n. Die Stauweiherbauten.
Spiegelfläche beträgt 453 ha, die Kronenlänge der Mauer 355 m und die Ge-
samthöhe der Mauer 49,1 m; die Überfallkrone ist 39,3 m unter der Fundament-
sohle gelegen. Die maximale Kantenpressung beträgt 9,82 kg pro cm*. Die
Tiefe des Wassers im Untersee, welcher gleichzeitig einen Gegendruck gegen
die Talsperre ausübt und als Schutz gegen das herabstürzende Wasser dient,
beträgt 13,7 m. Die Basisbreite beträgt 35,91 m, die 6,40 m breite Krone
ist als Fahrweg hergestellt, die einzelnen 6,4 m breiten Überfallöffnungen
überwölbt. Die Talsperre gewährt infolge der mächtigen und architektonisch
reich bedachten Entwicklung einen imposanten Anblick. Die Entnahme des
Wassers erfolgt aus einem in der Ansicht zu sehenden Wasserturme und
wird mittelst einer 124 km langen Leitung, in welcher auch eine Filter- und
Reinwasserreservoiranlage eingeschaltet ist, der Stadt Liverpool in einem
täglichen Quantum von 181720 m' zugeführt, nebenbei an den Fluß täglich
45000 m* abgegeben. Die Möglichkeit, über eine so große abgebbare Wasser-
menge zu verfügen, liegt in der großen Regenhöhe, welche im Durchschnitt
2200 mm pro Jahr beträgt; es stehen also bei
90 km« Einzugsgebiet 198000000 m« Regen-
menge zur Verfügung, während 82500000 m*
abzugeben sind, d. h. die Abflußquote muß
f \ ^ f \ wenigstens 41 ^/^ betragen.
^^ f ^ IV. Indien.
Die zumeist Bewässerungszwecken dienen-
den Reservoire Englisch-Indiens sind am häu-
figsten in den Provinzen Madras und Bombay
anzutreffen. In der Gegend von Madras ins-
besondere sind mehr als 50000 wohl zumeist
nur kleine Reservoire schon durch die Hindus
gebaut worden, welche zur Bewässerung von je 4 — 400 ha dienen; nur 5 Re-
servoire bewässern größere Gebiete. Zur Bewässerung von 1 ha rechnet man
dortselbst pro Jahr 9000 m** Wasser; mit Rücksicht auf die Verdunstungshöhe,
welche pro Jahr bis 2000 mm betragen kann, muß daher für jedes Hektar ein
Reservoirfassungsraum von ca. 15000 m* angenommen werden. Im allgemeinen
nehmen die Engländer für Bombay an, daß ^/^ der Regenmenge in das Reservoir
gelangt. Generalleutnant Mullins nimmt für die Provinz Madras unter Vor-
aussetzung einer 5 ^/q igen Verzinsung an, daß das Baukapital für die Her-
stellung der Stauweiher 0,026 Fr. = 2^/j h pro m^ aufgespeicherten Wassers
nicht übersteigen darf. Nach den Publikationen Leutnant Homes (1868)
verzinsen sich von den 6 großen Reservoirs Oberindiens 5 mit ungefähr 5 ®/q
des Anlagekapitals, wobei er hervorhebt, daß allerdings die Baupreise damals
sehr niedere waren und daß in der dortigen Gegend bereits durch eine Be-
wässerung mit 13500 m-^ pro Hektar jährlich 2 Ernten erzielt werden. Eines
dieser Reservoire ist jenes von Kabra, welches bloß 0,01 Fr. = 1 h pro m*
aufgespeicherten Wassers kostete.
Von den englischen Reservoiren sollen in nachfolgendem zwei der
interessantesten beschrieben werden, und zwar:
Flg. 161. Vlrnweyspcrre (Querprofll).
H. Ausgeführte Stauweiherbauten. 381
I. Das Reservoir von Ashti im Distrikte Sholapur (Indien).
Dieser im Jahre 1876 — 82 erbaute Erddammstauweiher dient zur Be-
wässerung von derzeit ca. 6000 ha Terrain. Der Stauweiher faßt ca. 38 Mill. m*
Wasser, hat eine Spiegelfläche von 1100 ha (11 km*) und ein Einzugsgebiet
von 338 km*. Die größte nutzbare Wassertiefe (Stauhöhe) beträgt 14 m,
die mittlere Jahresregenhöhe 950 mm, die Zuflußmenge ins Reservoir beträgt
-^ = 0,17 R, Hiervon gehen im Stauweiher selbst 6 Mill. m^ durch Ver-
sickerung und Verdunstung verloren, so daß also 48 Mill. m* zur Ver-
fügung stehen. Der Erddamm ist 3,8 km lang und beträgt seine größte
Höhe 17,4 m.
Da zuerst durch Ausrodung aller Wurzeln, der Vegetationsdecke etc.
ein gutes Fundament, das Dammfeld vorbereitet war, wurde in der Mitte
unter der künftigen Dammkrone ein 3 iri breiter Tonkem (Puddle) auf die
ganze Dammlänge bis zur undurchlässigen Braunkohlen-Sandsteinschichte
niedergebracht. Hierauf erfolgte die Anschüttung des Dammes derart, daß
der mittlere Teil aus schwarzem, sorgfältig ausgewähltem, lehmigem Boden,
der rechts und links anschließende Teil aus ausgesuchter bindiger, rotbrauner
Erde in Schichten von 20 cm Höhe eingewalzt wurde. Der talseitige äußere
Teil ist aus einer
Mischung der lehmigen *- '^ ^.^.i^. s» .^ --«r. .^
Erde mit Sand herge- t
stellt und 1 : 2 geböscht. ^
Die 3 füßige geböschte I -^'"^"^
Wasserseite ist durch- "■y^l-^JiiMiiii.piii »m
weg gepflastert. rh0^, |Sr,
An den beiden ^
Wurzelenden des Dam- ^^' ^«*- AbBchiußdamm Ashti
mes befinden sich die
Ablauf kanäle, bestehend aus gemauerten, gewölbten, 1 m breiten, 1,4 m hohen,
eiförmigen Durchlässen (mit der Spitze nach oben), welche durch den Damm
gehen, talseitig durch eine Mauer geschlossen sind, aus welcher 3 gußeiserne,
30 cm weite, mit Schieber versehene Rohrleitungen den Abfluß regulieren.
Der Hochwasserüberfall mit dem 240 m breiten Abflußgerinne ist in einem
seitwärts gelegenen Flügeldamm situiert.
Die Baukosten dieses Stauweihers betrugen 950000 Fr.; es stellt sich
somit 1 m* aufgespeicherten Wassers auf 0,025 Fn = 2 h.
2. Das Reservoir an dem Muthaflusse (Indien).
Der im oberen Becken der Kistna gelegene Muthafluß entspringt
48 km oberhalb der Stadt Poonah; 16 km von dieser Stadt entfernt wurde im
Jahre 1868 mit dem Baue der Talsperrenmauer begonnen. Die Talsperre,
auf Felsen fundiert, ist 1560 m lang und mit einem 440 m langen Überfall
versehen, dessen Schwelle 3,35 m unter der Mauerkrone liegt. Das Mauer-
profil ist trapezförmig, mit 4,35 m Kronenbreite und 32,10 m Gesamthöhe
(30 m über der Fußsohle). Die maximale Wassertiefe beträgt 26,50 m; da
jedoch die Schwelle der Speiseschleusen (Ablässe) 8,70 m unter dem Reservoir-
382 n* ^i^ Staaweiherbauten.
Wasserspiegel liegt, so ergibt sich hieraus, daß eine Wassertiefe von 17,8 m
nicht ausnutzbar ist. Obwohl der Grund dieses auffallenden Mißverhältnisses
in den Publikationen nicht angegeben erscheint, dürfte dieser Umstand,
wahrscheinlich durch eine lokale Terraingestaltung bedingt, auf den nutzbaren
Fassungsraum dieses Reservoirs trotzdem wesentlich einwirken, indem der
wirkliche Gesamtfassungsraum des Reservoirs mit 146 Mill. m^ der
nutzbare Inhalt desselben oberhalb der Schwellen der Ablaß- (Speise-)
Schleusen nur mit 90 Mill. m* angegeben wird. Die Wasserspiegeloberfläche
des Stauweihers beträgt 1400 ha, das Einzugsgebiet 508 km* (50800 ha), die
jährliche Regenhöhe bis 5000 mm. Rechnet man hiervon 1200 mm für
Verdunstung der freien Wasserspiegeloberfläche, entsprechend 16,8 Mill. m*
Wasser auf 1400 ha, so restiert ein nutzbarer Fassungsraum von 73,2 Mill. m*.
Da sich die Gesamtbaukosten des- Reservoirs auf 6,2 Mill. Fr. beliefen, so
6 2
kommt 1 m* nutzbarer Fassungsraum auf »^ = 0,084 Fr., während 1 m* des
durch die Sperre erzielten Fassungsraumes überhaupt sich auf TTn-R == 0,042 Fr.
= 4 h stellt, welch letzterer Preis der zur Beurteilung der Baukosten wichtigere
ist, während die obige Ziffer von 0,084 Fr. für die Rentabilität des Unter-
nehmens maßgebend wäre, wenn das Reservoir jährlich nur einmal gefüllt
werden könnte. Wird jedoch die Regenhöhe von 5000 mm, die jährliche
Verdunstungshöhe von 1200 mm für 1400 ha, das Einzugsgebiet von 508 km'
und die in Indien übliche Annahme, daß ^/^ der Regenmengen in das Reservoir
gelangt, ins Auge gefaßt, so ergibt sich, daß der nutzbare Inhalt des Reservoirs
jährlich mindestens 5 — 6 mal erneuert werden kann, daher der Preis für 1 m^
Wasser sich ca. auf 0,015 Fr. = 1^/, h stellen würde. Die Abgabe des Wassers
erfolgt durch 2 Kanäle, welche, auf beiden Ufern des Muthatales gelegen,
115 bezw. 22 km lang sind und 36000 ha eines Landes zu bewässern imstande
sind, welches, auf der Hochebene von Decan gelegen, in trockenen Jahren
nur 500 mm Regenhöhe besitzt Derzeit werden von dieser Fläche erst
27000 ha bewässert, nebstdem die Stadt Poonah, bis zu welcher der Kanal
am rechten Ufer schiffbar ist, sowie zahlreiche Dörfer mit Trink- und Nutz-
wasser versorgt.
V. Amerika.
Von den in Europa jetzt üblichen Dimensionierungen und Querschnitts-
formen völlig abweichend, sind die in neuerer Zeit in den vereinigten Staaten
Nordamerikas ausgeführten Staumauern als sehr interessant hervorzuheben.^).
Insbesondere gilt dies von den Reservoiren, welche zur Bewässerung der
regenarmen Wüstenregionen erbaut wurden. Unter diesen meliorations-
bedürftigen Ländereien ragt insbesondere die 125000 km® große Mohave-
wüste im südlichen Kalifornien hervor. Dieselbe grenzt nördlich an den
Staat Nevada und ist im Osten durch den tief eingeschnittenen Coloradofluß
vom Staate Arizona getrennt. Dieser auf einem Hochplateau hinziehende
Fluß ist durch seine ungeheuer tiefen Erosionen (Canon) bekannt; insbesondere
ist es der 380 km lange Grand Canon (großes Rohr), welcher, bis 1000 m
^) Ronna, Les irrigations de la rögion aride aox £tats-Unis. Fans 1896.
H. Ausgeführte Stauweikerbanten. 383
hohe, fast'^enkrechte Wände aufweisend, nordöstlich der Mohavewüste gelegen,
sich von Eldorado an gegen Osten hinzieht, und in welchen wiedei kleinere,
jedoch ebenso sehr enge und tiefe Seiten-Canons einmünden. Die Mohave-
wüste, welche zum Teile tiefer als der Meeresspiegel liegt, wird von dem
häufig trockenen Mohavefluß durchzogen, welcher, in der San Bemardino-
Kette entspringend, sich in einen Salzsurapf (Mohave Lak) ergießt. Von den
neueren. Reservoiren, welche insbesondere für die Irrigation dieser Wüsten-
ländereien bestimmt sind und teils in Mauerwerk, teils in Erde und Holz
ausgeführt wurden, sollen im nachfolgenden vier der interessantesten Bauten
hervorgehoben werden.
I. Reservoir von Sweetwater.
Dieser Stauweiher ist bei einer Spiegellänge von 5*/, km und einer
maximalen Breite von 1 km am Fuße des Berges San Miquel (750 m See-
höhe) im Tale des Sweetwater-Flusses gelegen. Die Sperre, welche hier den
Cafion Jomacha traversiert, wurde zuerst 18,3 m hoch über dem Flußwasser-
spiegel erbaut und nachträglich auf 27,45 m erhöht; sie besitzt einen trapez-
förmigen Querschnitt mit einer Kronenbreite von b = 3,65 m, einer Basis-
breite B = 14,05 m und einer Höhe h = 27,45 m. Die Mauer ist an der Krone
103,6 m, am Fuße 50,5 m lang, im Grundriß gewölbeartig mit 67,66 m Radius
und 91,40 m Sehnenlänge angeordnet und aus Granitmauerwerk in Zyklopen-
verband ausgeführt. Die Mauer hat einen Inhalt von 16000 m' Mauerwerk
mit einem mittleren spezifischen Gewichte von 2,6. Zum Schutze gegen den
Wellenschlag ist auf der Wasserseite eine 1,05 m hohe und 0,6 m breite
Parapuetmauer errichtet und auf der Landseite ein eisernes Geländer ange-
bracht. Das Überfall wehr besteht aus 8 Öffnungen von 12,2 m Länge und
1,5 m Höhe, welche durch Schleusen abgesperrt sind. Die Entnahmeleitung
besteht aus einem Hauptrohrstrang von 900 mm Durchmesser, deren Einlauf
sich in einem gemauerten Turm von 1,8 m Lichtweite, welcher ca. 15 m tal-
aufwärts von der Sperre gelegen, im Reservoirbecken selbst situiert ist und
welcher den maximalen Stauspiegel um 1 m überragt. Zwei andere Rohr-
leitungen von 350 und 450 mm Lichtweite, welche durch die Abschlußmauer
hindurch bis zum Entnahmeturm führen, funktionieren unabhängig von der
großen Leitung und dienen dazu, das Aufschlagwasser für Turbinen zu
liefern. Der Fassungsraum des Reservoirs beträgt 22 Mi 11. m* bei einer
Wasserspiegelfläche von 295 ha. Die Verdunstung ist in den Monaten Juni
bis November von großem Einfluß und beträgt die jährliche Verdunstungshöhe
1220 mm. Der Bau des Reservoirs wurde im November 1886 begonnen und
im März 1888 vollendet. Die Baukosten betrugen 1260000 Fr.; es stellt sich
somit 1 m** aufgespeicherten Wassers auf 0,05 Fr. = 5 h.
Das wegen seiner abnormalen Dimensionierung im Querprofil in-
teressanteste Bauobjekt bildet
2. die Talsperre des Reservoirs de Bear Valley (San Bemardino).
Unmittelbar im Norden des Pic San Bemardino und des Berges Graybock
in der Nähe des Santa Anaflußtales bricht das Bear Valley (Bären tal) durch.
384 ^' ^^ SUaweiherbantcD.
Das letztere bildet hier in 1900 m Seehöhe ein weites Becken von 20 km
Länge mit wechselnden Breiten von einigen hundert Metern bis zu 1,5 km,
welches die Wässer des Bear Creek empfängt und einem Niederschlagsgebiet
von 112 km* entspricht. Die aus Granit erbaute und auf dieselbe Gebirgsart
fundierte, 915 m lange Talsperre ist 19,50 m hoch und im GrundriS nach
einem Bogen vom Radius r = 80 m als horizontales Gewölbe ausgeführt
(Fig. 163).
Die talseitige Mauerfläche ist auf eine Höhe von 14,6 m vertikal, die
wasserseitige Fläche etwas geböscht gehalten und zwar derart, dafi dieser
obere Mauerteil eine Kronenbreite von 0,9 m und auf 14,6 m Tiefe eine Basis-
breite von 2,45 m besitzt. Dieses beängstigend schwache Mauerprofil sitzt
auf einem 4,9 m hohen, auf der Krone 4,45 m, an der Basis 6,75 m breiten,
trapezförmigen Fundamentsockel auf. Die Talsperre ist ein Granitmauerwerk
mit Portlandzementmörtel gemauert und die beiden Ansichtsflächen mit 9 cm
bis 1,7 m langen und 6 cm dicken, bearbeiteten Granitblöcken verkleidet
Die Flügelbreite (Kämpferfuge), mit welcher sich dieses
horizontale Gewölbe an die Granitfelswiderlager anlehnt,
beträgt das Doppelte der normalen Talsperrenprofilbreite,
jedenfalls, um die Inanspruchnahme der Tallehnen, her-
rührend vom Gewölbeschube, pro Quadrateinheit zu ver-
ringern. Die Maximalpressung soll 50 kg pro cm* be-
tragen. Der Fassungsraum des Reservoirs soll bei einer
Wasserspiegelfläche von 850 ha nach Ronna 50 Mill. m*,
nach anderer Publikation 39 Mill. m', die Bausumme
400000 Fr. (?) betragen, so daß 1 m* aufgespeicherten
"«7s '^^ Wassers auf 0,008 Fr. = 0,8 h bezw. 1 h zu stehen käme.
^';/^' ^„^^'P*™^- Jedenfalls müssen diese Zahlen mit einiger Vor-
profll des Reseryoirs . , , , , .11.
de Bear VaUey. Sicht aufgenommen werden , da es wohl kerne zweite
Stelle mehr geben dürfte, an welcher mit einer nach der
Profilzeichnung 19,5 m hohen, an der Krone ca. 60 m (nach der Textangabe
915 m) langen Mauer ein derartig kolossales Wasserquantum magaziniert
werden könnte. (Nach der photographischen Aufnahme wäre die Länge von
60 m mehr gerechtfertigt.) Wenn auch die Talsperre nur als horizontales
Gewölbe gerechnet und daher in diesen schwachen Dimensionen ausgeführt
wurde, so muß doch diese Profilform bezüglich der Dauer dieses Bauwerkes
zu den ernstesten Befürchtungen (siehe die Katastrophe Johnstown) Anlaß
geben, selbst wenn die Ausführung eine noch so vorzügliche sein sollte. —
Vederemo! —
Fig. 164 zeigt die Daraufsicht dieser Sperre nach einer von Dr. Fischer
gemachten photographischen Naturaufnahme.
3. Reservoir Cuyamaca (Kalifornien).
70 km nordöstlich der Stadt San Diego, in der Mitte der Berge von
Cuyamaca in einer Seehöhe von 1500 m gelegen, sammelt dieser Stauweiher
aus einem 35 km* großen Einzugsgebiet die Abflußmengen, welche jährlichen
Niederschlagshöhen von 750 — 1000 mm entsprechen, und welches Gebiet an
H. Ausgeführte Stanweiherbauten.
385
der Grenze der Wüste gelegen ist. Als Sperre dient ein aus tonigem Material
hergestellter Damm von 219 m Länge, 12,7 m Höhe, welcher an der Krone
4,90 m, am Fuße 10,66 m breit ist. Dieser Damm ist auf einer Tonschichte
fundiert und durch einen zentralen Tonkem, der bis unter die Fundament-
sohle reicht, gedichtet.
Die Böschungen betragen auf der Bergseite 1 : 2, auf der Talseite 1 : 1^/^,
welche letztere durch ein 20 cm starkes Pflaster versichert ist.
Das in Mauerwerk ausgeführte Überfallwehr besteht hier in einem Ent-
lastungskanal (1,06 . 1,37 . 36,0 m) mit einem Gefälle von 1 m, welcher Kanal
Flff. 164. Talsperre de Bear Valley (San Bemardlno).
in das Talgehänge eingeschnitten ist. Sein oberes Ende schließt sich an
einen gemauerten 2,4 m weiten Turm an, dessen Krone mit jener der Tal-
sperre gleich hoch liegt. In dem Turme befinden sich 2 Schützenöffnungen,
eine an der Sohle, die zweite um 4,7 m höher.
Bei einer Wassertiefe von 10 m magaziniert dieser Stauweiher 13 Mill. m*,
wobei die Wasserspiegelfläche 400 ha beträgt.
Der Bau wurde 1887 beendet und kostete 5,4 Mill. Fr., also 1 m^ auf-
gespeicherten Wassers 0,41 Fr. = 40 h.
4. Reservoir San Diego (Kalifornien).
Zur Ergänzung j des früheren Sammelweihers dienend wurde 50 km
oberhalb der Mündung des Flusses San Diego in einer Seehöhe von 245 m
Friedrich, Wasserbau. Zweite Auflage. II. Band. 25
3g6 n. Die Staaweiherbanten.
das tief eingeschnittene, oft von überhängenden Felsen gebildete Flufital
(Canon) durch eine 10 m hohe und 137 m lange, am Fuße 4,9 m, an der
Krone 1,9 m dicke Mauer abgesperrt.
Der Stauweiher dient zu Bewässerungszwecken von 4 Mill. ha wert-
losen Landes, teilweise zur Versorgung der Stadt San Diego.
Der Bau wurde 1886 in Angriff genommen, die Mauer 3,65 m tief in
das Flußbett fundiert, welche aus weichem zerbröckelnden Granit, der mit
Gerolle überdeckt ist, bestand. Wie nicht anders zu erwarten, zeigte das
Mauerwerk so starke Bewegungserscheinungen, daß die bergseitige Stirnfläche
der Sperre bis zur Basis neu hergestellt und durch einen Strebepfeiler von
60 cm Breite und 5,5 m Tiefe verstärkt werden mußte.
Der Anzug auf der Talseite beträgt auf 6 m 1,45 m, auf der Bergseite
2,10 m auf 6 m. Im Grundriß ist die Mauer bogenförmig angelegt.
Die Kosten dieses Reservoirs beliefen sich auf 278000 Fr.
VI. Österreich«
Der Bau der Stauweiher und die Bodenmeliorationen im Jaispitzbachtale
in Mähren.
Die Projektierung eines größeren Unternehmens zur Hebung der Boden-
ertragsfähigkeit im Jaispitzbachtale, dessen Erläuterung dieser Bericht zum
Gegenstande hat, bildete den Anfang zur Realisierung von Wünschen und Hoff-
nungen der Grundbesitzer von 15 Katastralgemeinden, Wünsche, welche zu An-
fang des vorigen Jahrhunderts auftauchten und seit dieser Zeit, immerwährend
frisch angeregt durch oft wiederkehrende Verheerungen durch Hochwasser
wie durch allmählich sich steigernden Rückgang in der Bodenertragsfähigkeit,
von Jahr zu Jahr dringender wurden und den Gegenstand vieler kommissioneller
Erhebungen und Verhandlungen bildeten, die seit dem Jahre 1801 in kurzen
Zeitintervallen bis Ende 1886 stetig wiederkehrten. Es wurde eine Reihe
von Verordnungen erlassen, deren Zweck es war, durch lokale Scbutzmaß-
regeln die drohenden Gefahren von demjenigen Teile des Tales abzuhalten,
der gerade den Gegenstand der bezüglichen kommissioneilen Verhandlung
bildete. Was lokal wenigstens in normalen Verhältnissen Abhilfe schaffte,
brachte wieder andere Liegenschaften in um so größere Gefahr, deren
Besitzer sich sofort wieder um Abhilfe an die Behörden wandten, und
wurde so jeder scheinbare Schritt zum Besseren die Ursache zu neuen
Beschwerden.
Aus diesem Dilemma konnte man sich nur durch ein einheitliches Vor-
gehen sämtlicher Interessenten befreien, und wurde auf Anregung des fürst-
lich Lobkowitzschen Gutsverwalters, Leopold Burg er in Bonitz, der erste
Schritt hierzu im Laufe des Jahres 1887 damit eingeleitet, daß, begründet
durch eine von demselben verfaßte geschichtliche Zusammenstellung und
Darstellung der Wasser Verhältnisse im Jaispitztale, sowie der bisherigen
Regulierungsversuche seitens sämtlicher Interessenten, ein Ansuchen an den
mährischen Landesausschuß gestellt wurde, die Verfassung eines Projektes
zur Melioration des Jaispitztales zu veranlassen. Dieser Bitte wurde seitens
H. Ausgeftlhrte Staaweiherbanten. 387
des Landesausschusses stattgegeben und der Verfasser dieses Handbuches als
damaliger Vorstand des Landes-Meliorationsamtes mit der Projektsverfassung
betraut. Das Projekt wurde dem mährischen Landtage vorgelegt, und erhielt
der bezügliche Gesetzentwurf die allerhöchste Sanktion. Bevor mit der Er-
läuterung des Projektes begonnen wird, sei vorher des Grundes Erwähnung
getan, warum aus einem einfachen Bachregulierungsprojekte, welches den
früheren Intentionen der Grundbesitzer eigentlich entsprochen hätte, ein
Bodenmeliorationsprojekt im engeren Sinne des Wortes wurde.
Wie in jedem ähnlichen, so auch im vorliegenden Falle muß bei gründ-
licher Lösung einer Wasserfrage danach getrachtet werden, den in früherer Zeit
stets eingenommenen einseitig defensiven Standpunkt zu verlassen, von
welchem aus betrachtet es sich also nur um die Verteidigung gegen ver-
heerende Hochwassermengen handelt, und mufi man bestrebt sein, bei der
Entwicklung der Projektsidee offensiv vorzugehen. Es soll nicht bezweckt
werden, den ankommenden Hochwasserfluten in ihrer unverkürzten Größe
die Wege zu ebnen, damit sie, ohne zu schaden, nur so rasch als möglich
aus dem Lande geschafft werden, wodurch auch die Nieder- und Mittelwässer,
dem Beispiele ihrer mächtigeren Genossen folgend, sich bemühen, nach Kräften
baldigst ihre heimadiche Stätte zu verlassen, soweit sie nicht durch das Veto
der Mühlenbesitzer durch kurze Zeit zurückgehalten werden.
Die rationelle Lösung einer derartigen Frage besteht darin, nicht nur
allein die schädlichen Wirkungen großer Wassermengen hintanzuhalten,
sondern auch die nützlichen Seiten dieses Elementes auszunutzen, soweit dies
durch die orographischen und hydrologischen Lokalverhältnisse möglich er-
scheint. Dies ist jedoch nur dann durchführbar, wenn ein Ausgleich zwischen
den herabfallenden Meteorwässern und den hierdurch bewirkten Abflußmengen
erzielt wird, so zwar, daß bei großen Hochwassern die maximale Flutwelle, auf
eine längere Zeitperiode verteilt, in das Hauptwassergerinne gelangt, und daß
das während des Überflusses vorhandene Wasser teilweise gesammelt wird,
um es zur Zeit der Not, also mangelnder Niederschläge, nutzbringend zu ver-
wenden für Bewässerungs- und industrielle Zwecke etc. Dieser Ausgleich ist
jedoch wirksam nur erreichbar durch Erbauung von genügend großen Gebirgs-
reservoiren (Stauweiher), soweit die Terrainverhältnisse überhaupt die Anlage
derartiger künstlicher Seen und Teiche gestatten. In dieser Weise durch-
geführt ist ein solches Unternehmen auch finanziell leichter durchführbar, weil
verzinslich und amortisierbar. Diese Art der Durchführung ist auch dem vor-
liegenden Projekte zugrunde gelegt.
Projekterläuterung.
Infolge des bedeutenden Niederschlagsgebietes des Jaispitzbaches pro
770 km* bei einer Länge des Hauptgerinnes von 75 km (10 Meilen), gelangen
insbesondere bei anhaltenden Landregen in die untere, ca. 35 km lange
Hauptbachstrecke (von Durchlaß bis zur Einmündung in die Thaya unterhalb
von FröUersdorf) bedeutende Wasserquantitäten, deren Abfluß im vorigen
Jahrhundert durch 16 große Teiche geregelt wurde. (Aus einer sehr alten
Karte konstatierte der Projektverfasser das Vorhandensein von ursprünglich
25*
388 n. Die SUaweiherbaaten.
86 Teichen im Niederschlagsgebiet des Jaispitzbaches.) Diese als Retensions-
reservoire funktionierenden Teiche wurden jedoch im Laufe der Jahre 1784
bis 1823 durch die betreffenden Patrimonialherrschaften allmählich trocken-
gelegt. Das früher bloß als Abzugsgraben benutzte Bachbett genügte nach
Auflassung der Teiche für die herabkommenden großen Wassermengen nun
nicht mehr. Durch diesen Umstand wie durch fehlerhaft angelegte Wasser-
bauten (Stauanlagen und Brücken), durch auftretende Eisstauungen, geringes
Sohlengefälle u. dergl. bedingt, exundierte einerseits das Hochwasser bereits
im Mittellaufe, andererseits wird es infolge der gegen den Unterlauf zu noch
ungünstiger werdenden Abflußverhältnisse rückgestaut, durch Anschwemmungen
die Bachsohle erhöht, so daß jetzt ein Teil der Niederungsflächen zu feucht,
ja häufig versumpft ist, welcher Grad der Versumpfung sich naturgemäß
immer mehr und mehr steigert. (Während die Kapazität des derzeitigen
Flußgerinnes im Mittellaufe bis 60,0 m' beträgt, verringert sich dieselbe in
der untersten Strecke im Thayatale bis 2,0 m^.) Gegen die häufig wieder-
kehrenden Überschwemmungen suchte man sich durch Errichtung von Schutz-
dämmen zu sichern, so wie man andererseits im Unterlaufe auch einige
Strecken bereits insoweit regulierte, als dem Bache ein mehr gerader Lauf
gegeben und ein größeres, regelmäßigeres Bett geschaffen wurde.
Doch auch diese Arbeiten erwiesen sich als unzureichend und sind zumeist
alljährlich bei 5000 Joch (2800 ha) der besten Grundstücke den Überschwem-
mungen, oft die ganze Ernte der Vernichtung preisgegeben, was auch durch
bedeutende Steuernachlässe (laut amtlichen Nachweisen seit 1873 mit zu-
sammen 25800 K) zum Teile dokumentiert wird. Es handelt sich im vor-
liegenden Falle nur durch eine rationelle Bachregulierung neben der Er-
möglichung einer entsprechenden geregelten Abfuhr der Hoch- und Mittel-
wässer, auch die an manchen Stellen zu hoch gelegene Bachsohle zu vertiefen
und dadurch die Möglichkeit einer natürlichen und künstlichen Ent- oder Be-
wässerung zu erzielen. Da jedoch sowohl der Jaispitzbach wie der Mühlgraben
gerade während der Zeit der Sommer- bezw. auch der Herbstbewässerung"
oft ganz ausgetrocknet ist, so müßte für einen entsprechenden und genügenden
Vorrat von Wasser zur Zeit des Überflusses durch Anlage von Gebirgs-
reservoiren Sorge getragen werden, wodurch gleichzeitig auch den unterhalb*
der Reservoire liegenden Mühlen das nötige Betriebswasser während 3 bis
4 Monate beschafft werden kann, in welcher Periode wegen Wassermangel
der Betrieb derzeit vollständig eingestellt werden muß. Das gesamte, im
Jahre 1887 vorgelegte Meliorationsprojekt zerfällt demnach in 3 Haupt-
gruppen:
1. der Bau der Gebirgsreservoire (Stauweiher);
2. die kurrente Bachregulierung auf ca. 35 km Länge;
3. die Anlagen zur künstlichen Bewässerung der Wiesen im Jaispitzbachtale
unterhalb Durchlaß.
Die erstere Anlage befindet sich bereits im Baue und wird dieselbe auf
Staats- und Landeskosten durchgeführt. Die Bachregulierung wird auf Basis
eines sanktionierten Gesetzes später im Wege einer Wassergenossenschaft
mit Staats- und Landessubvention zur Durchführung gelangen, während die
H. Ausgeführte Stanweiherbanten. 33g
dritte Hauptgnippe der Meliorationsbauten, durch die betreffenden Grund-
besitzer hergestellt, den Schluß dieses Meliorationsuntemehmens bilden wird.
Der Bau der Gebirgsreservoire im Jaispitzbachfale.
Zur Aufstellung bezw. Berechnung des notwendigen Fassungsraumes der
Reservoire war in Rücksicht auf die geplante Flußregulierung die Kenntnis
der größten Hochwässer in erster Linie notwendig. Bei dem im Jahre 1887
aufgestellten Generalprojekte konnten die bezüglichen Berechnungen nur auf
Basis der Aufzeichnungen der zahlreichen meteorologischen Stationen durch-
geführt werden. Im März 1888 bot 'sich dem Projektverfasser jedoch die in
hydrotechnischer Richtung willkommene Gelegenheit, den Verlauf eines Hoch-
wassers an Ort und Stelle zu beobachten, welches, in puncto Intensität nach
alten Wasserstandsmarken zu urteilen, zur Zeit der Projektverfassung als das
größte Hochwasser dieses Jahrhunderts angesehen werden mußte.^) Ähnliche,
jedoch etwas kleinere Hochwässer wurden auch später durch sehr bedeutende,
über ganz Mähren ausgedehnte Landregen hervorgerufen, beobachtet und bei
diesen Gelegenheiten auch direkte Geschwindigkeitsmessungen mittelst hydro-
metrischer Flügel durchgeführt. Als Hauptpegelstation wurde das Dorf
Durchlaß gewählt, jener Punkt, von wo an abwärts das Jaispitzbachtal sich
zu verbreitem beginnt, knapp unterhalb dem größten projektierten Reservoir
gelegen, zugleich den Anfang der kurrenten BachreguUerungsstrecke bildend.
Die Messungei^ und Berechnungen ergaben nun für Durchlaß eine Wasser-
menge Qmax, = 80 m' pro Sekunde, welche allmählich sich steigernd im
untersten Laufe bis Q = 120 m* pro Sekunde anwächst. Nach eigener
Beobachtung wurde die Dauer dieser Abfluß-Kulminationsperiode für die
einzelnen Strecken zwischen 1 und 3 Stunden gefunden; in Durchlaß speziell
betrug dieselbe 2 Stunden. Der Verlauf dieses Hochwassers ist aus dem
Graphikon (Fig. 165) zu ersehen, in welchem neben der P-egelkurve auch die
zugehörige sekundliche Abflußmengenkurve dargestellt erscheint.
Da das Einzugsgebiet des größten Reservoirs bei Weirowitz oberhalb
Durchlaß ca. 380 km* beträgt, so entfällt pro km* Niederschlagsgebiet eine
maximale Abflußmenge von Q = 0,21 m* pro Sekunde, wobei von obigen
380 km« auf Waldbestand 110 km« und auf Freiland 270 km« entfallen. Auf
Grund der lokalen Erhebungen wurden im ganzen Jaispitzgebiete 8 Stellen
gefunden, an welchen Stauweiherabschlußwerke rationell errichtet werden
könnten.
Nach Maßgabe der Bauökonomie des Objektes selbst, der Rentabilität
des Gesamtuntemehmens und des notwendigen Fassungsraumes andererseits
wurden endgültig 3 Reservoir-Abschlußstellen projektiert und genehmigt.
Es sind dies:
1. das Reservoir oberhalb der Stadt Jaispitz mit einem maximalen Fassungs-
raum von ca. 360000 m«;
2. das Reservoir oberhalb des Dorfes Weirowitz mit 1500000 m* maximalem
Fassungsraum, beide am Jaispitzhauptbache gelegen, und
^) Nach den Mitteilungen des Landesmeliorationsamtes soll das im Jahre 1902 (Pfingsten)
eingetretene Hochwasser in der Kulmination jenes vom Jahre 1888 wesentlich überschritten haben.
390
II. Die Stauweiherbaoten.
3. das Reservoir oberhalb Groß-Olkowitz mit ca. 400000 m* Inhalt, am
Hosterlitzer Bache, einem bedeutenden Nebenzufluß des Jaispitzbaches
im Mittellaufe.
Das Einzugsgebiet dieser 3 Reservoire beträgt beiläufig ^j^ des gesamten
Niederschlagsgebietes des Jaispitzbaches. Die Wirkungsweise der Reservoire
war nun so geplant, daß in der Kulmination die Hochflutwelle beim Reservoir
in Jaispitz von 30 m* auf 19 m* pro Sekunde, bei Weirowitz und Jaispitz
zusammen von 80 m* auf 30 m*, in Olkowitz von 26 m* auf 16 m* reduziert
werden soll.
Aus dem Graphikon (Fig. 165) ist zu ersehen, daß aus dem Weirowitzer
Reservoir durch 19 Stunden jp = 30 m* pro Sekunde im Maximum abgelassen
SestJnm^Abfk/fs^^sr ^*_
Flg. 165. Graphikon de« Verlanfes des Hochwassera vom 10.— 18. Mllrz
in der Pegelstation Durchlaß (Mähren).
werden sollen, während das andere dieses Quantum übersteigende Hoch-
wasser, dessen Quantität der schraffierten Fläche des Graphikons entspricht
und nach welcher die Fassungsräume der zwei Reservoire allgemein be-
rechnet sind, durch einige Zeit in den Reservoirs zurückgehalten und, soweit
das aufgespeicherte Wasser nicht für andere Zwecke zur Verwendung gelangt,
später nach und nach zum Ablaufe gebracht wird.
Der Stau weih er in Jaispitz ist nur als Retensionsreservoir gedacht
desgleichen jener in Groß-Olkowitz, während das Weirowitzer Reservoir
gleichzeitig als Sammelweiher zu dienen hat, aus welchem das nötige Wasser
zur Bewässerung von ca. 450 ha Wiesen und als Betriebskraft für die Mühlen
bezogen werden soll.
Zur konstruktiven Durchführung der einzelnen Stauweiher übergehend,
sei in erster Linie das oberste derselben erwähnt.
H. Ausgeführte Stauweiherbanten.
391
I. Stauweiher bei Jaispitz (Taf. XVII).
Außer den Vorerhebungen, welche man vor Aufstellung des generellen
Projektes durchführte, wurde im Winter 1893 durch Abteufung einer Anzahl
von Probeschächten die geognostische Beschaffenheit des Untergrundes für
das Reservoirabschlußwerk — die Talsperre — genauer konstatiert und auf
Grund dieser Resultate die Fundamenttiefe mit 7,5 m angenommen, in welcher
Tiefe auf fundierungsfähigen Gneisfels gestoßen wurde.
Fig. 166. Fandamentanshab and rechte Tallehneneiablndnng.
Im März 1894 wurde mit dem Fundamentaushube für die Talsperren-
mauer begonnen.
Nachdem man in der Talsohle die 6 — 7 m mächtige Schichte der Allu-
vionen des ehemaligen Teichgrundes, bestehend aus komprimiertem Teich-
schlammletten, Schotter und Geschiebeschichten, durchteuft hatte, wurde bei
6 — 7 m auf den Gneisfels gestoßen.
Bei dem Aushube auf die ganze projektierte Breite von 16,5 m zeigte es
sich jedoch, daß genau an der Stelle, wo seinerzeit der Probeschacht abgeteuft
wurde, in der projektierten Tiefe von 7,5 m wohl Gneisfels ansteht, derselbe
jedoch ganz zufällig nur an dieser Stelle unverwittert, also fundierungsfähig
ist, während ringsum nur verwitterter Fels anzutreffen war.
392
n. Die Stauweiherbaaten.
Während in den Tallehnen in 1 — 4 m Tiefe gesunder Gneis erschlossen
wurde, mußte in der Talsohle in einer größeren Ausdehnung bis auf 11,5 m
unter Terrain gegangen werden und verzögerte sich infolgedessen die Voll-
endung dieses gegen 10000 m^ betragenden Fundamentaushubes bis August 1894.
Fig. 166 veranschaulicht den vorgeschrittenen Fundamentaushub in der Tal-
sohle, sowie den Aushub für die Einbindung in der rechten Tallehne, woselbst
erst in 4 m senkrechter Tiefe gesunder Fels angetroffen wurde, während die
linke Tallehne eine geringere Einbindungstiefe aufweist.
Fig. 167. Be^nn der Mauemng (Ansicht von oben, rechte Tallehne).
Die Verführung des Aushubmateriales geschah je nach Entfernung der
Depotplätze von der Fundamentgrube mittelst Schubkarren, Hand- und Pferde-
kippkarren. Behufs Überleitung des Jaispitzbaches über die Baugrube wurde
am Fuße der linken Tallehne ein Aquädukt, bestehend aus einem Holzgerinne
für ca. 20 m* Wasserabfuhr pro Sekunde, und einer kombinierten Häng- und
Sprengwerkkonstruktion von 16 m Spannweite angelegt. (Siehe Fig. 166
und 167.
Das während der Zeit des Fundamentaushubes sich ansammelnde Grund-
wasser, sowie das aus den Felsspalten hervortretende geringe Quellwasser
wurde aus der Baugrube mittelst gewöhnlicher Baupumpen gehoben und in
den Bach geleitet.
H. Ausgeführte Stauweiherbaaten.
393
Mit zunehmender Aushubtiefe mußte eine Zwischenpumpstation einge-
schaltet werden. Die Kosten pro Kubikmeter Aushub beliefen sich exkl. der
Verführung auf 1,20 — 4,40 K. Im Durchschnitt der Bodenkategorien stellte
sich der Kubikmeter Aushub alles in allem samt Verführung auf ca. 2,40 K.
Als Abschlußwerk wurde eine aus Zyklopenmauerwerk hergestellte Talsperre
projektiert, welche eine Kronenbreite von 3 m und bei 28 m Höhe eine Basis-
breite von 16,5 m besitzt. Die Profilgrundform bildet ein Dreieck, die maximale
Kantenpressung beträgt 5 kg pro cm*, die Mauer selbst genügt allen Be-
Flg. 168. Beginn der Talsperrenmauemog (Ansicht von unten).
dingungen der Stabilität in hohem Maße. Die graphostatische Untersuchung
des Mauerprofiles ist aus Taf. XVII, Fig. 6, zu ersehen, wobei bemerkt wird,
daß die Mauerkrone jedoch auf behördlichen Auftrag nur mit 3 m Breite
ausgeführt wurde. Der zur Herstellung des Zyklopenmauerwerkes verwendete
Stein ist reiner Gneis oder Gneisgranit, im Steinbruche (ca. 0,6 km oberhalb
gelegen) sehr unregelmäßig gelagert (verworfen), und gestaltete sich dessen
Gewinnung infolge des vielen Abraumes kostspielig.
Bevor mit den Maurerarbeiten begonnen wurde, war es notwendig, die
hierzu erforderlichen Hilfsmittel, als: Herstellung des großen Versetzgerüstes,
Montierung der Hebemaschine (Kräne und Winden), Herstellung der Zufahrts-
394 n* ^i® Staaweiherbanten.
Straße zum Bauplatze, der Mörtelbereitungsstation, der Sandwäschereistation,
der Rollbahnen, des Bremsberges etc. zu vollenden. Die Fig. 167 und 168
veranschaulichen die vollendete 11 m tiefe Fundamentgrube und gleichzeitig
die Disposition der Laufkräne mit den Steinzangen beim Beginn der Mauerung
im September 1894. Der als Grubensand gewonnene Bausand mufite, da mit
ca. 33 ^/o erdigen und lehmigen Beimengungen versehen, zuerst einer gründ-
lichen Reinigung unterzogen werden, um zur Herstellung eines geeigneten
hydraulischen Mörtels verwendet werden zu können.
Zu diesem Behufe wurde auf dem Bauplatze eine mittels Dampfkraft
betriebene Sandwaschmaschine aufgestellt, welche pro Tag ca. 30 m' Sand
rein zu waschen im stände war. Der so gewaschene Sand war frei von allen
erdigen und lehmigen Bestandteilen und bestand beinahe ausschließlich aus
reinen Quarzkömern mit sehr wenig Feldspat gemengt, besaß ein mehr
kleineres Korn und war zur Bereitung eines wasserdichten Mörtels vorzüg-
lich geeignet. Im Winter 1893/94 wurde eine eigene Zementprüfungsstation
errichtet und alle in bezug auf die Entfernung des Gewinnungsortes über-
haupt in Betracht kommenden Zementmarken untersucht. Unter anderen
wurden die Zemente auch der Darrprobe und die in verschiedenen Mischungen
hergestellten Mörtel der Wasserdichtigkeitsprobe auf 1^/^ und 3 Atmosphären
Druck unterzogen.
Zur Mauerung wurde bis Ende 1894 ein Mörtel, bestehend aus 1 Raum-
teile Portlandzement, aus 2 Raumteilen Romanzement und aus 6 Raumteilen
reingewaschenem Sand, verwendet und der Mörtel selbst ziemlich steif ein-
gebracht.
Der Mörtel verbrauch betrug 30 — 40*^/0; bei den ausländischen Sperren
wurden ebenfaUs pro Kubikmeter Mauerwerk 28 — 42 ®/q Mörtel benötigt Die
Kosten eines Kubikmeters Zyklopenmauerwerk stellten sich bei der Jaispitz-
talsperre auf rund 15,0 K, während dieselben betrugen:
in Alfeld 13,— K,
„ Remscheid 13,50 „
„ Gouffre d^enfers 20, — „.
Bei dem in eigener Regie durchgeführten Bau des Lauchenweihers,
bei welchem die Kosten infolge der großen Seehöhe des Bauplatzes, der künst-
lichen Sanderzeugung und der sehr teuren Zufuhr abnorme waren, kam ohne
Nebenkosten 1 m^ Mauerwerk auf 13 K; samt den Nebenkosten, bestehend
in der bedeutenden Investition an Maschinen, Wohn- und Arbeiterhäusem,
Turbinenanlage, Aufsichtspersonal etc., jedoch auf 21 K. Mit der Mauerung
der Jaispitzer Talsperre selbst wurde Anfang September 1894 begonnen, und
wurden bis Ende November (Eintritt strengen Frostwetters) gegen 3000 m*
Zyklopenmauerwerk hergestellt. Da der Quellenzufluß in dem an der Wasser-
seite angelegten Fundamentquerschlitz ein größerer war, wurden diese Quellen
durch Ausbetonierung dieses Schlitzes abgedichtet.
Das Sperrenmauerwerk wurde im Zyklopenverbande durchgeführt, hierbei
zumeist Steinblöcke von 0,5 m^ und darüber in der Weise versetzt, daß bei
dem Mauerwerk keine durchgehenden Lagerfugen entstehen und jeder Stein
für sich derartig gelagert ist, daß er sich im stabilen Gleichgewicht befindet.
H. Ausgeführte Stauweiherbaaten. 395
Für jeden Steinblock muflte vor seinem Versetzen ein entsprechendes Lager
(ausreichend starkes Mörtelbett) vorbereitet werden. Weiter wurde nie
horizontal abgeglichen, sondern es wurden immer größere Blöcke als Binder
für die nächste Mauerwerkspartie durchgreifend versetzt. Die Steine selbst
wurden sowohl im Steinbruche mittels kräftigen Wasserstrahles und Stahl-
drahtbürsten von allem erdigen Überzug etc. befreit, als auch in der Baugrube
nochmals mit Wasser begossen und nötigenfalls gereinigt.
Um in dem Falle, als der Grundablaß nicht funktionieren sollte, ein Ober-
fluten der Reservoirmauer zu verhüten, wurde in der linken Tallehne ein
Oberfallwehr projektiert (Taf. XVII, Fig. 1). Dasselbe besteht aus 2 Ober-
fallöffnungen ä 6 m lichter Weite, welche nach Umklappen der Wehraufsätze
bei 1,5 m Wehrüberfallhöhe rund jp = 30 m^ pro Sekunde, d. i. das größte
beobachtete Hochwasserquantum, abzuführen imstande sind.
Die Höhe des maximalen Wasserspiegels, bei welchem das Reservoir
ca. 360000 m* faßt, ist durch die Oberkante der beweglichen Wehrauf Sätze
fixiert, welche 1,5 m unter der Mauerkrone liegt. Aus Taf. XVII, Fig. 2 ist die
Konstruktion dieser Klappenaufsätze zu ersehen, nach welcher durch Aufziehen
der eisernen Traverse, an welche sich die 4 um Scharniere drehbaren Klappen
von 1,5 m Höhe lehnen, diese letzteren niederfallen und dadurch im Gefahr-
falle ein möglichst rasches Entleeren des bei Herannahen eines Hochwassers
vielleicht gefüllten Reservoirs bis zur Wehrüberfallkrone ermöglicht wird.
Das über das Wehr fließende Wasser stürzt in ein in Felsen ausgesprengtes,
stark geneigtes Gerinne, fließt durch ein Objekt durch die Reservoirmauer
und gelangt in das ebenfalls in Felsen ausgesprengte Abflußgerinne, aus
welchem das Wasser sodann, über die die linke Tallehne bildenden Felsen
herabstürzend, in den unterhalb liegenden Bach sich ergießt. Entgegen diesen
projektierten Klappschützen wurde im Interesse der Kostenersparung behörd-
licherseits von dieser möglichst raschen Entlastung des Staubeckens auf 1,5 m
Tiefe Abstand genommen, und eine einzige ganz freie Oberfallsöffnung ohne
Schützen angeordnet und auch ausgeführt.
Zur Regelung der in das Reservoir zu- und abfließenden Hochwasser-
menge resp. zur Restringierung der Hochflutwelle von Qmax. = 30 m* auf 19 m*
pro Sekunde dient ein Grundablaß (Taf. XVII, Fig. 4). Ursprünglich war ein
Stollen in der linken felsigen Tallehne projektiert, doch mußte der größeren
Kosten wegen auf behördlichen Auftrag derselbe durch einen durch die
Mauer gehenden Grundablaß ersetzt werden.
Dieser Grundablaß besteht aus 3 gewölbten Durchlässen, welche durch
eiserne Schützen absperrbar sind. Bei voller Öffnung und Annahme eines
kleinen entsprechenden Wasserspiegelüberdruckes führen alle 3 Durchlässe
jP = 19 m* pro Sekunde ab. In dem Maße, als der Wasserspiegel im Reservoir
steigt, also die Druckhöhe zunimmt, müssen die Schützen sukzessive herab-
gelassen werden, so zwar, daß durch den Grundablaß immer nur eine maxi-
male Wassermenge Q = 19 m* pro Sekunde in den unterhalb gelegenen Bach
in normalen Fällen gelangen kann.
Das Reservoir ist sonach als Retensionsreservoir immer leer oder nahezu
leer zu halten, damit es bei herankommendem Hochwasser mit seinem ganzen
Inhalte rückhaltend (retensiv) zu wirken in der Lage sei.
396 ^' ^i® Stanweiherbanten.
Die Wirkung dieses Reservoirs wird also kurz skizziert nachstehende sein.
Das Reservoir ist leer, die SchOtzen des Grundablasses sind geöffnet.
Das Nieder- und kleinere Mittelwasser flieöt durch den Grundablaß unge-
hindert durch.
In dem Falle nun, daS die in das Reservoir durch den Jaispitzbach ein-
fließende Wassermenge wächst, wird bei dem Grundablaß sich ein Rückstauen
des Wasserspiegels im Reservoir bemerkbar machen.
Sobald der Wasserspiegel eine gewisse Marke Obersteigt, welche der
Druckhöhe entspricht, bei welcher die vollkommen geöffneten Durchlässe die
Wassermenge Q=^19 m* pro Sekunde abführen, wird der Reservoirwächter
nach Maßgabe einer Tabelle oder eines Pegels die allmähliche Schließung
eines der Durchlässe vorzunehmen haben, derart, daß durch den Grundablafi
immer nur eine Wassermenge j^ < 19 m' pro Sekunde abgelassen wird. In
dem Falle nun, als ein Hochwasser von der Höhe und Dauer des im Jahre
1888 beobachteten eintritt, wird der Wasserspiegel im Stauweiher höchstens
die Höhe der Wehraufsätze erreichen und dann allmählich wieder zu sinken
beginnen. Das Reservoir wird sich endlich nach und nach ohne Zutun des
Wärters selbsttätig wieder entleeren. Die gesamten Baukosten dieses Reservoirs
inkl. der Grundeinlösung, welch letztere ca. 12000 K beanspruchte (zumeist
sterile Felsabhänge, Hutweiden und aufgeforstete Lehnen), waren nach dem
Projekt auf 243200 K veranschlagt, so daß 1 m* aufgespeicherten Wassers auf
RfiOOOO ~ ^® ^ ^^ stehen kommen würde; infolge der bedeutend größeren
Fundierungstiefe stellten sich diese Kosten jedoch auf 80 h. Das zur
Mauerung der Talsperre notwendige Gerüste für zwei verschiedene Baustadien
ist auf Tafel XVIII und XIX abgebildet. Der Bau dieses Stauweihers wurde
1898 vollendet.
2. Der Stauweiher bei Weirowitz (Taf. XX).
Ca. 800 m oberhalb des Dorfes Weirowitz (3 km oberhalb Durchlaß)
erweitert sich die Talbreite an der zum Abschluß bestimmten Stelle von 90 m
in kurzer Distanz talaufwärts auf 390 m. Dieser Umstand sowohl, als das
geringe Talsohlengefälle, endlich eine zweite, nochmalige bedeutende Tal-
verbreiterung weiter oberhalb war für den Projektverfasser bestimmend, diese
Stelle für das Reservoirabschlußwerk zu beantragen. Dieser Abschluß soll
durch eine im Grundriß bogenförmige, in der Krone 110 ra lange, 9,5 m über
der mittleren Talsohle hohe Mauer hergestellt werden. Die gesamte Höhe
der Mauer inkl. der Fundierung beträgt 16,5 m, bei welcher Höhe dieselbe
eine Basisbreite von 11 m und eine Kronenbreite von 3 m erhalten soll
(siehe Taf. XX, Fig. 1 und 2). Die Situation dieses Reservoirs (siehe Fig. 169)
ist eine so günstige und bauökonomische, daß in Mähren, welches der
Projektverfasser zum Zwecke der Errichtung ähnlicher Reservoire für die
Marchregulierung etc. im Laufe der Jahre 1881 — 1886 vom Ursprünge der
March bis nach Göding durchforscht hatte, bei Berücksichtigung des großen
Einzugsgebietes von 380 km* und der minimalen Baukosten keine zweite
derartig günstige Stelle mehr aufgefunden wurde.
."N
a1J>^^
Flg. 169. Sltaation des Stanweihers bei Welrowltz. Maximaler FassiuigBrauin = 1,5 Mlll. m', normaler
FaBsimgsraum = 0,8 Mlll. m', WasBerspiegelfläche 86 ha, Manerhöhe (max.) = 16,5 m, gröfite nutzbare
Wassertlefe =B 8,0 m, gesamte Baukosten = 268000 E, Kosten pro m* aufgespeicherten Wassers (für
max. Spannung) = 16 Heller (nach Projekt).
398
II. Die Stanweiherbauten.
Auch in Frankreich, Deutschland, Belgien etc., in welchen Ländern
viel größere Reservoire zur Durchführung gelangten, fand ich nicht eine so
günstige Abschlußstelle, wie die vorliegende. Das Weiro witzer Reservoir ist
bei 1^/2 Mill. m^ maximalen Fassungsraums auf 268000 K veranschlagt; es
kostet somit 1 m' aufgespeicherten Wassers ca. 16 h.
Ein Überfallwehr (Taf. XX, Fig. 1) ermöglicht dem ankommenden
Wasser, bei event. gefülltem Reservoir dasselbe zu passieren, ohne die
Mauer selbst zu überfluten, wodurch die Sicherheit des Bauwerkes arg ge-
fährdet würde. Es besteht aus 4 Überfallöffnungen von je 6 m Weite, deren
jede mit 2 m hohen Dammbalkenaufsätzen versehen ist, die notwendigen
Falles rasch entfernt werden können. Die Fig. 3, 4 und 5 auf der Taf. XX
veranschaulichen die Konstruktion der projektierten beweglichen Wehraufsätze.
Die 6 m langen Dammbalken, welche je nach der variablen Größe des Wasser-
druckes verschieden dimensioniert sind, lehnen sich an der linken Seite an
einen Vorsprung (a) des Pfeilers bezw. Landpfeilers, während sie an der
\r:-^^^j^^jm^,
Fig. 170. A^nslcht des Hochwasser-ÜberfallserinneB.
rechten Seite durch einen eisernen T-Träger (ä), der, vertikal stehend, sich
um eine Achse umlegen kann, gestützt werden.
Wenn durch Aufheben des Hebels cd der durch den Wasserdruck an-
gepreßte eiserne Ständer b umfällt, so wird durch eine am unteren Ende
desselben angebrachte Knacke (Winkeleisen) der unterste Damrobalken und
damit auch die anderen gehoben und schwimmen letztere ab bezw. legen
sich, an Ketten hängend, an das linke Widerlager an. Infolge der bedeutenden
Stauhöhe (2 m) wurden in neuester Zeit statt der ursprünglich projektierten
Klappen, wie in Jaispitz, vom Projektverfasser die Dammbalkenaufsätze vor-
geschlagen. Die Überfallöffnungen sind infolge der örtlichen Terrainsituation
nicht senkrecht auf die Talsperre wie in Jaispitz, sondern in der Längenachse
derselben projektiert (Fig. 169). Hierdurch bedingt, wird das Überfallabfluß-
gerinne (Fig. 170) breiter und teurer. Es ist jedoch zu berücksichtigen, daß
bei dieser Lage der Überfallwehröffnungen lange, durch das Hochwasser
mitgebrachte Gegenstände (Bäume, große Eisschollen etc.) leichter das Wehr
passieren können, was im Interesse der Verhütung einer Verstopfung der
Öffnungen dieses großen Reservoirs wohl die größeren Baukosten rechtfertigt
H. Ausgeführte Stauweiherbauten. 399
Die Kapazität dieses Überfallwehres übersteigt der Sicherheit wegen selbst das
Maß des projektierten Hochwasserquantums von 80 m* pro Sekunde bedeutend.
Da die knapp unterhalb des Stauweihers liegende alte Mühle vom Lande
Mähren angekauft und der Betrieb derselben aufgelassen wurde, so entfällt
die entsprechende Vorrichtung zur Speisung des höher gelegenen Mühl-
grabens. Ein durch den Felsen zu treibender Stollen (Taf. XX, Fig. 6 — 15)
reguliert den Abfluß bei großen Hochwässern derart, daß von der im Maximum
ankommenden Wassermenge von 80 m* pro Sekunde bloß eine solche von
ö = 30 m* pro Sekunde in den Jaispitzbach abgelassen wird. Zu diesem
Behufe ist der Einfluß in den Stollen, welcher gegen die Wasserseite zu in
drei Durchlässe übergeht, durch eiserne Schützen ähnlich regulierbar wie
beim Jaispitzer Stauweiher.
Die günstige Konfiguration des Terrains bei der Resevoirabschlußstelle
einerseits, wie der Umstand, daß bei größeren Reservoiren die Talsperre als
ein Monolith zu betrachten und jede Durchbrechung desselben, wenn überhaupt
tunlich, zu vermeiden ist, eine Ansicht, welche die meisten Spezialfachleute
in Reservoirbauten vertreten und welche auch beim internationalen Binnen-
schiffahrtskongreß in Paris im Jahre 1892 in den bezüglichen Fachreferaten etc.
zum Ausdrucke gelangte, haben den Projektverfasser veranlaßt, insbesondere
bei Weirowitz einen Stollen zu beantragen. Die Detailkonstruktion der
eisernen Schützen ist aus den Fig. 13, 14 und 15 auf Taf. XX zu ersehen.
Hierbei ist speziell zu bemerken, daß bei der Konstruktion der Aufzugsspindel
dem Umstände Rechnung getragen wurde, daß in Berücksichtigung der großen
Länge und der eventuell möglichen Durchbiegung der Spindel für das Nieder-
drücken mit einem röhrenförmigen, für das Aufziehen mit einem vollen Quer-
schnitt vorgesorgt wurde. Der Betrieb dieses Stauweihers, welcher nicht nur
als Retensions-, sondern auch als Sammelreservoir funktionieren soll, wird
derartig einzurichten sein, daß in demselben je nach der Jahreszeit, bezw.
dem jeweiligen Erfordernisquantum für Industrie und Wiesenbewässerung,
welches erst nach durchgeführten Verhandlungen mit den Interessenten
genauer fixiert werden wird, ein gewisser Wasservorrat stets aufzuspeichern
und dessen sukzessive Abgabe durch entsprechende Öffnung einer der Schützen
zu regeln sein wird. Was die Krone der Talsperre selbst betrifft, so ist in
architektonischer Richtung auf der Talseite ein einfaches bekrönendes Haupt-
gesims und darauf auf einem niedrigen Steinsockel ein einfaches eisernes
Geländer aus Sicherheitsrücksichten projektiert, während auf der Wasserseite
nicht nur zur Sicherheit für die Menschen, sondern insbesondere zur Ver-
hinderung einer Überspülung der Krone durch einen höheren, 1,5 m über-
steigenden Wellenschlag eine 80 cm hohe Parapuetmauer beantragt ist. Hier-
durch ist auch die Möglichkeit geboten, im Falle einer außerordentlichen
Hochwasser-Katastrophe den Fassungsraum des Stauweihers bis auf 2 Mill. m*
auszunützen, wenn der Wasserspiegel bis zur Mauerkrone steigen sollte. (Die
in letzterer Zeit vorgenommenen größeren Fundamentaufschlüsse waren, trotz-
dem das Gestein nahezu im ganzen Sperrenprofil zu Tage tritt, ähnlich un-
günstige wie in Jaispitz, so daß 1 m^ aufgespeicherten Wassers sich auf
20—25 h stellen dürfte.)
400 II- ^^^ Staaweiherbauten.
3. Der Stauweiher bei Grofs-Olkowitz.
Einer der größten Nebenzuflüsse des Jaispitzbaches, der Hosterlitzerbach,
welcher bei Hochwasser derzeit bis 26 m* abführt und ca. 13 km unterhalb
des Weirowitzer Reservoirs bei Lechwitz in den Hauptbach einmündet, konnte
durch Wiederanspannung eines großen, im untersten Laufe gelegenen herr-
schaftlichen Teiches beinahe mit seinem ganzen großen Einzugsgebiete be-
herrscht werden. Der bestehende, bis auf die ehemalige Durchbruch- bezw.
Öffnungsstelle in gutem Zustande befindliche, ca. 5 — 6 m hohe Teichdamm
wurde derart rekonstruiert, daß an der tiefsten Stelle eine dreiteilige hölzerne
Regulierschleuse, auf Pilotenrost fundiert, eingebaut wurde, durch welche der
Abfluß so geregelt werden kann, daß statt der bisherigen maximalen 26 m^
pro Sekunde nur noch 16 m* dem Jaispitzbache zugeführt werden. Der Groß-
Olkowitzer Bach wurde zu diesem Behufe vorläufig innerhalb des Reservoirs
und ca. 1 km unterhalb desselben auf eine Kapazität von 16 m* reguliert,
welche Wassermenge den Teich somit, ohne zu exundieren, durch die offene
Schleuse passieren kann. Die Durchführung der Regulierung dieses Baches
in seinem weiteren Verlaufe ist im Wege einer Wassergenossenschaft in
Vorbereitung. In dem Momente, als die Wassermenge ö > 16 m* wird,
werden die Schleusen in einem der Zunahme der Druckhöhe entsprechenden
Maße herabgelassen, so daß auch bei ganz gespanntem Stauweiher nur 16 m*
zum Abflüsse gelangen. Sobald die zufließende Hochwassermenge abnimmt,
entleert sich der Teich selbsttätig. Da die Teichgründe aus sehr fruchtbarem
Wiesen- und Ackerland bestehen, mußte von einer faktischen Grundeinlösung
der großen Kosten wegen umsomehr Abstand genommen werden, als größere
Hochwässer wie 16 m^ sehr selten eintreten.
Der normale Fassungsraum dieses Stauweihers beträgt ca. 400000 m^,
wobei der höchste Wasserspiegel 1 m unter der Dammkrone angenommen
wurde.
Obwohl ein Überfluten dieses sehr flach (ca. 1 : 4) geböschten, berasten
Dammes, in welchem Falle der Fassungsraum 600000 m* betragen würde, mit
keinen Gefahren für dessen Bestand verbunden ist, wurde trotzdem für einen.
Überfall in Form einer sehr flachen Terrainmulde Sorge getragen. Die Über-
schwemmung der Teichgründe dürfte den Erfahrungen entsprechend bloft
1 — 2 Tage dauern, daher auch die Wartungs- und Erhaltungskosten mini-
male werden.
Weiter wurde auch eine teilweise Erhöhung des Dammes, sowie die
Neuherstellung von Fahrwegen zu beiden Seiten dieses Teiches notwendig.
Die Gesamtkosten dieses Stauweihers inkl. der Regulierung des Baches auf
2200 m Länge und des Grund- resp. Fruchtschadenersatzes etc. für 28000 K.
betrugen zusammen ca. 64000 K, so daß bei 400000 m* Inhalt der Kubikmeter
aufgespeicherten Wassers dieses offenen, im November 1894 vollendeten
Retensionsreservoirs nur 16 h kostet.
Da die bautechnischen Durchführungsdetails des Olkowitzer Reservoirs
sich auf die einfache, auf Pilotenrost fundierte Regulierschleuse beschränkten,
wurde wegen Raummangel von der Beigabe des Planes abgesehen.
H. Ausgeführte Stau weiherbauten. 401
Die kurrente Bachregulierung.
Die Situation dieser Regulierung samt den Baustellen der 3 Reservoire
ist aus der Fig. 171 zu entnehmen. Eine für die Möglichkeit der rationellen
Durchführung angestrebte Melioration in Hinsicht auf Entwässerung wie Ver-
hinderung der Hochwasserschäden notwendige Bedingung ist die Durchführung
der Thayaregulierung bei FröUersdorf.
Da die baldigste Inangriffnahme derselben zur Zeit der Projektsver-
fassung in Aussicht stand, wurde auch im Projekte der Jaispitzbachregulierung
die neue projektierte Thayasohle als Ausgangspunkt genommen. Die innerhalb
der Gemeinde FröUersdorf liegende Bachstrecke erscheint in den Kosten nicht
aufgenommen, da diese Gemeinde der Thay aWassergenossenschaft angehört
und von letzterer auch die Durchführung der Korrektion dieser untersten
Jaispitzbachstrecke vorgenommen werden soll. Bei der Aufstellung der not-
9SeMhim
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1:750000
Fig. 171. NiedenohlAgs- und Reservolrgebiet des JalBpltzbaohes.
wendigen Kapazität der neuen Bachprofile wurde teils nach den Regen-
messungen der zahlreichen meteorologischen Stationen, teils auf Grund von
Berechnungen nach konstatierten Wasserständen und von vorgenommenen
Geschwindigkeitsmessungen unterhalb Durchlaß ein maximales Hoch-
wasserquantum von 80 m* pro Sekunde gefunden und angenommen.
Von diesem Maximalquantum sollen während der Kulmination des Ab-
flusses 30 m* durch das Reservoir bei Weirowitz zurückgehalten werden, so
daß in das Bachbett von Durchlaß abwärts im Maximum nur 30 m^ gelangen
können.
Bei Annahme derselben meteorologischen Faktoren und der weiteren
Reduktion der Hochflutwelle des Groß-Olkowitzer (Hosterlitzer) Baches von
26 auf 16 m* nimmt die Kapazität des Bachprofiles entsprechend den unter-
halb einmündenden größeren Nebenbächen allmählich zu und erreicht bei
Grusbach 60 m*, gegenüber der jetzigen maximalen Abflußmenge von 120 m'
pro Sekunde.
Friedrich, Wasserbau. Zweite Auflage. II. Band. 26
402 ^- ^*® Stauweiherbauten.
Eine bezügliche Berechnung der Kosten einer Bachregulierung bei der
Voraussetzung des Nichtbestehens dieses Reservoirs, also ohne
Rückhaltung obiger 60 m«, ergab nicht nur einen Betrag, welcher die vorliegende
Totalsumme zum mindesten erreicht, sondern auch, daß im unteren Teile
derartige breite Profile resultieren, deren Ausführung seitens der Interessenten
auf großen Widerstand stoßen würde. Der große Vorteil der Aufspeicherung
und Ausnützung des Wassers ginge bei dieser Art Korrektion ebenfalls ver-
loren, wie man auch von einer Amortisierung des Baukapitals sowohl, als
auch von der Einführung einer Wiesenbewässerung absehen müßte.
Durch diese mit der Reservoiranlage .verknüpfte Reduktion der größten
Hochwasserwelle (während der Kulmination von 80 m^ auf 30 m* im oberen
Laufe unterhalb Weirowitz und von 120 m* auf 60 m^ bei Grusbach und
Fröllersdorf) wurde es ermöglicht, mit wenigen Ausnahmen alle Brücken- und
Stauanlagen zu belassen und nur durch kleine Rekonstruktionen dieselben in
den Rahmen des Projektes einfügen zu können. Dadurch werden auch die
wasserrechtlichen Verhältnisse der Mühlenbesitzer in keiner Weise geändert
und der Neubau von drei großen Stauanlagen wie einer Unzahl größerer
Brücken umgangen.
Die hammäßige Höhe des Wasserspiegels für den Mühlgraben wird
hergestellt durch Aufstellung von entsprechend (ca. 1 m) hohen Wehrauf-
sätzen, welche sich bei Hochwasser automatisch niederlegen und nach Ablauf
desselben selbsttätig wieder aufrichten. Durch alle diese günstigen Umstände,
wie der Annahme, daß diese Bauten von den Interessenten in eigener
Regie durchgeführt werden, bedingt, ist es ermöglicht, die Regulierung
dieser 20 km langen Strecke (vom oberen Durchlasser Wehr bis zur Gemeinde-
grenze Grusbach-FröUersdorf) zu dem geringen Betrag von 160000 K herstellen
zu können. Hierbei muß berücksichtigt werden, daß größere Strecken inner-
halb dieser 20 km schon derzeit eine Kapazität von 60 m^ pro Sekunde und
darüber besitzen, daß femer das Jaispitzbachbett viele Monate hindurch ganz
oder nahezu trocken ist, die Arbeiter daher in dem Bachbette stehend den
Aushub bewerkstelligen können, weiter, daß der Längentransp)ort unbedeutend
ist, zumeist nur ein Seitentransport (ein- und zweifacher Schaufelwurf) vor-
kommt und das Material der Bodenkategorie 1 und 2 nahezu ausschließlich
angehört, also zumeist Stichboden repräsentiert und nur an einzelnen Stellen
auch in die Kategorie 3, das ist Stich- oder Hauboden, übergeht. Die kurrente
Bachregulierung soll erst nach Vollendung der Stau weiherbauten in Angriff
genommen werden, und wird auf Basis eines erst anzufertigenden Detail-
projektes durch eine Genossenschaft wahrscheinlich gemeinde- oder wenigstens
sektionsweise durchgeführt werden, da, wie früher erwähnt, die jetzige
Kapazität des Flußschlauches in den verschiedenen Strecken ungemein variiert,
daher auch die Kosten pro lfd. m ganz bedeutend differieren.
Eine dem generellen Projekte vom Jahre 1887 beigeschlossene detaillierte
Rentabilitätsberechnung ergab die ganz bedeutende Vermehrung des Volks-
vermögens von ca. 3 Mill. K. In Erkenntnis der hohen volkswirtschaftlichen
Bedeutung dieser in Österreich zum ersten male zur Durchführung gelangenden
Art von Bodenmeliorationen erfreute sich dieses Projekt seitens der mährischen
H. Ansgeftihrte Staaweiherbaaten. 403
Landesvertretung der regsten Unterstützung und wurde dasselbe in der Session
1887 dem mährischen Landtage vorgelegt, durch welchen einem bezüglichen
Gesetzentwurfe die verfassungsmäßige Zustimmung erteilt wurde, worauf die
Sanktionierung dieses Gesetzes erfolgte.
Trotzdem infolge noch nicht erfolgter Bewilligung des gegen den
Kostenvoranschlag wegen ungünstigerer Fundierungsverhältnisse notwendig
gewordenen Mehraufwandes das größte (Weirowitzer) Reservoir noch nicht
erbaut war, hat der Jaispitzer Stauweiher den bezüglichen Nachrichten der
Tagesblätter zufolge seine retensive Wirkung bei dem großen Landregen und
Wolkenbrüchen Ende Juli 1897, Mai 1899 und Pfingsten 1902 vorzüglich
nachgewiesen, so daß beispielsweise im Jahre 1897 eine Ernte im Werte
von 80000 K vor Vernichtung gerettet wurde, durch welche Fälle die hohe
volkswirtschaftliche Bedeutung dieses Projektes nunmehr auch durch die
praktischen Erfahrungen in unzweifelhafter Weise nachgewiesen erscheint.
4. Talsperre zur Wasserversorgung der Stadt Komotau (Böhmen).
Die hydrographischen Verhältnisse der Umgebung der Stadt Komotau
haben die Zwangslage geschaffen, das zur einheitlichen Wasserversorgung
der mit dem Vororte Oberdorf rund 21000 Einwohner zählenden und sich
eines raschen Aufschwunges auf dem Gebiete industrieller Tätigkeit erfreuenden
Stadt erforderliche Wasserquantum angesichts des Fehlens gleichmäßig er-
giebiger Quellen und Grundwasserströme durch die Magazinierung der peri-
odisch abfließenden Oberflächenwässer zu beschaffen.
Schon vor Aufwerfung der Frage nach einer zentralen Wasserversorgung
hatte man der Aufspeicherung der Wässer des auch die Stadt Komotau durch-
fließenden Assigbaches — damals jedoch nur zum Zwecke der Regelung der
Abflußverhältnisse dieses Wasserlaufes — Beachtung geschenkt und war
bereits vor 33 Jahren (1874) von Prof. Harlacher in Prag das Projekt für
die Errichtung einer 40 m hohen Staumauer (35 m Wassertiefe) zur Bildung
eines 1,58 Mill. m' (20 Mill. Kubikfuß) fassenden Gebirgsreservoirs an der
unter dem Ortsnamen „Böses Loch" bekannten Klamm im Assigtale aus-
gearbeitet worden.^)
Mit der Änderung der Bestimmung der aufzuspeichernden Wässer für
Trinkwasserzwecke mußte dieses Projekt entsprechend abgeändert und zufolge
der Forderung, den Abfuß aus moorigen und torfigen Gebieten, wie solche
in den oberen Tälern des Erzgebirges vielfach auftreten, von dem Reservoire
fernzuhalten, die Talsperranlage nicht im Haupttale selbst, sondern im Tale
eines seitlichen Zuflusses, des GröUbaches, angeordnet werden.
Auch bei dieser Disposition war die gesonderte Ableitung der Abflüsse
einer innerhalb des Einzugsgebietes des GröUbaches von rund 12 km* gelegenen
Torfmoorfläche von 3,4 km* Ausdehnung durch Anlage eines das GröUbachtal
mit dem Assigtale verbindenden Stollens erforderlich. (Siehe Fig. 7 auf
Taf. XXI.) Die Abwässer der einzigen in dem ganzen Niederschlagsgebiete
gelegenen Ansiedlung, nämlich des Neuhauser Forst- und Hegerhauses, werden
1) „Technische Blätter.« VII. Jahrgang 1875, Prag.
26 "•
404 ^* ^^^ Stauweiherbaaten.
hierdurch gleichfalls von dem Reservoir abgehalten und erscheint durch diese
Schutzmaßregeln der Bezug eines selbst weitgehende Ansprüche befriedigenden
Reinheitsgrades des Wassers gewährleistet.
Der zur Magazinierung einer Wassermenge von 700000 m* notwendige
Beckenraum erforderte die Aufführung eines Abschlußwerkes von ganz be-
deutender Höhe. Dasselbe ist als Sperrmauer durchgeführt (siehe Fig. 8 auf
Taf. XXI) und besitzt nachstehende Hauptabmessungen:
Gesamthöhe der Mauer (normal) 35,75 m
Maximale Mauerhöhe über Terrain 32,40 „
Maximale Wassertiefe 30,65 „
Maximale Fundierungstiefe unter Terrain . . . 16,00 „
Kronenbreite der Mauer 4,00 „
Breite der Mauer am Mauerfuße 30,00 „
Länge der Mauer am Fuße 52,00 „
Länge der Mauer an der Krone 155,00 „
Kubatur des Mauerwerks 41,000 m«
Oberstaute Fläche bei maximaler Füllung . . . 5,60 ha
Krümmungsradius der Mauer 250,00 m.
Das Mauerprofil ist in seiner Massenverteilung so gewählt, daß die
maximalen Kantenpressungen in demselben bei leerem Weiher 5,94 kg/cm,
bei vollem Reservoir 6,12 kg/cm nicht übersteigen und die Minimalbean-
spruchungen nicht unter 0,55 kg/cm, bezw. 0,14 kg/cm heruntergehen. Der
statischen Untersuchung wurde ein spezifisches Gewicht des Mauerwerkes von
2,4 zugrunde gelegt. Diese Annahme hat sich auch während des Baues be-
stätigt gefunden.
Die Mauer ist ganz in Gneisfels fundiert und in Gneisbruchstein aus-
geführt. Den Fundierungsarbeiten standen insofern bedeutende Schwierig-
keiten entgegen, als in einem Teile des Talbodens, sowie an dem linken Tal-
gehänge ein entsprechend widerstandsfähiges Felsbett erst in bedeutenden
Tiefen, stellenweise erst bei 16 m unter Terrain angetroffen wurde, und ver-
größerten sich demzufolge die Kubaturen des Erd- und Felsaushubes, sowie
der einzubringenden Beton- und Mauerwerksmassen ganz erheblich. Ander-
seits erwiesen sich die Lagerungsverhältnisse des Gebirges äußerst günstig.
Jene Stellen des Fundamentes, welche ein Herabgehen bis zu 7 m unter die
allgemeine Fundamentalsohle erforderten, wurden durch Einbringung von
Portlandzement-Stampfbeton zur Gleiche gebracht. Allehthalben wurde der
bloßgelegte Fels mit Hilfe von Hochdruckwasserstrahl, Besen und Stahldraht-
bürste gereinigt, die Gesteinsfugen mit Zementwasser ausgespritzt und die
stärkeren Risse mit Portlandzementmörtel verfugt und sodann Beton in fetter
Mischung in unregelmäßigen Körpern eingebracht und die hierdurch gebildete
unregelmäßige Oberfläche mit einem Portlandzementverputze überzogen. Auf
diesem erst erfolgte der Ansatz des Bruchsteinmauerwerkes. Die Felsflächen
der beiderseitigen Lehnenanschlüsse der Mauer wurden in analoger Weise
vorbereitet.
Der zur Aufmauerung in Verwendung genommene Mörtel bestand aus
1 Teile Kirchdorfer Portlandzement, 1 Teile Looscher (hydraulischem) Kalk
H. Ansgefilhrte Stauweiherbauten. 405
und 6 Teilen am Baufelde selbst hergestellten Gneissand. Die Wahl dieser
Mörtelmischung erfolgte auf Grund eingehender Untersuchungen bezüglich
der Festigkeit und Widerstandsfähigkeit gegen Auslaugung. Mörtel und Beton
wurde mit Hilfe von Maschinen gemischt und soll der Mörtelverbrauch im
Mittel 28ö/o (?) betragen haben. War durch die sorgfältige Herstellung des
Mauerwerkes selbst schon eine hohe Dichtigkeit des Abschlußwerkes gewähr-
leistet, so wurde dieselbe durch Anbringung einer eigenen, die ganze Wasser-
seite der Mauer bis auf 1 m über den maximalen Stauspiegel überziehenden
Dichtungsschicht noch erhöht Letztere besteht aus einer auf dem verfugten
und gereinigten Mauerwerke über einem Goudronanstriche aufgetragenen Lage
von Naturasphalt mit Goudronzusatz, sowie einem dieselbe überziehenden
zweiten Goudronanstriche. Diese Dichtungsschicht ist ihrerseits wieder durch
eine Verkleidung aus Betonsteinen geschützt, und greift letztere bei einer
Stärke von 50, bezw. 80 cm schwalbenschwanzförmig in den Mauer-
körper ein.
Das Innere der Mauer enthält weiter eine Sammelanlage für Schwitz-
und Sickerwässer in Form einer Vertikaldrainage, bestehend aus Drainröhren
von 8 cm Lichtweite, die in Abständen von 2 m und einer Entfernung von
1 m von der wasserseitigen Mauerflucht in kleinen, im Mauerwerke ausge-
sparten Kaminen in Kleinschlag ohne Mörtel eingebettet sind und sich an
den Lehnenanschlüssen in Sammeldrains, an der horizontalen Fundamentpartie
hingegen in einen begehbaren Stollen ergießen.
Zum Zwecke der Wasserentnahme ist in der Achse der Staumauer an
der Wasserseite ein in Stampfbeton ausgeführter Turm angebracht; derselbe
dient zur Aufnahme zweier Standrohre, welche in verschiedenen Niveaus mit
Einlauf stutzen und Schiebern ausgestattet sind. Diese Rohre durchsetzen
dann die Mauer in einem horizontalen, auf der Wasserseite durch Betonkern
geschlossenen Stollen. Durch Anbringung der entsprechenden Wechsel kann
das Wasser aus jedem dieser Rohre von einem Schieberhäuschen aus sowohl
in einen kleinen Ausgleichsbehälter, der den Anfang der Zuleitung zur Stadt
aufnimmt, wie auch nach dem Gröllbache geleitet werden, und erfüllen hier-
mit die Standrohre gleichzeitig die Aufgabe von Grundablässen.
Zur unschädlichen Ableitung von Hochwassern zu Zeiten des Vollstehens
des Reservoirs dient ein Umleitungsgraben am linken Talgehänge mit einem
21 m langen Hochwasserüberfall, und vermag derselbe ein Wasserquantum
von 3 m* pro km* Einzugsgebiet abzuleiten. Die Überführung der Wässer
von der Lehne in die Talsohle wird durch eine Kaskade vermittelt, deren
einzelne Stufen aus Beton mit Holzverkleidung und gemauerten Seitenwänden
bestehen.
Am oberen Ende des Staubeckens sind Vorkehrungen zur Zurückhaltung
des Gerölles und Sandes, zur Ein- bezw. Umleitung des Wassers, sowie die
Registrierung des Zulaufes angebracht. Ein Grobfilter mit anschließender
Rohrleitung ermöglicht femer den bereits erwähnten Behälter unterhalb der
Mauer, bezw. die Zuleitung zur Stadt mit Umgehung des Stauweihers zu
speisen.
406 ^ ^^^ Staaweiherbanten.
Die äußere Ausstattung der Mauer ist einfach gehalten. Die Luftseite
der Mauer ist ohne jede Gliederung aus Gneis-Zyklopenmauerwerk bis zur
Wasserlinie hochgefflhrt; hier schließt ein rauhes Steinband den Hauptkörper
ab. Der Raum bis zur Mauerkrone, sowie jener für die Brustmauer ist zur
Aufn^me einer einfachen Bekrönung in Form von unterstützten Deckplatten
abwechselnd mit Zinnenpartien und Eisengeländem ausgenützt Die beiden
Schieberhäuser, eines auf der Mauerkrone, eines auf der Stollenausmündung,
sind als Zinnentürme durchgeführt. Sämtliche Abdeckungen von Gneismauer-
werkskörpem sind wegen der Unmöglichkeit, den vorhandenen Gneis auf
Werkstücke zu verarbeiten, in Granit aus den Pechgrüner Steinbrüchen aus-
geführt.
Das Staubecken wurde von allen vegetabilischen Bestandteilen gereinigt,
Unebenheiten entsprechend ausgeglichen und sodann im Bereiche der
wechselnden Wasserspiegel bis ca. 8 m unterhalb des Maximalstaues mit einer
Steinpflasterung versehen.
Der ebenfalls zur Wassergewinnungsanlage gehörige Moorwasserstollen
besitzt ein Profil von 1,2 m Breite und 1,8 m Höhe, und liegt mit einem Ge-
fälle von 8 ^/ö nahezu durchgehends im festen Gneis. Die Anfangs- und End-
strecken wurden in einer Länge von zusammen 90 m mit Beton verkleidet,
im Berginnern wurden nur einige kurze Strecken mit Beton versichert.
Das Talsperrenwasser gelangt in einer 7,3 km langen Druckrohrleitung
durch das Gröllbach- und Assigtal zur Filter- und Hochreservoiranlage, welche
ca. 90 m über dem Versorgungsgebiete gelegen ist
Die Filteranlage umfaßt drei Filterkammem von je 400 m* Filterfläche
und kann um zwei weitere Kammern vergrößert werden. Die Ausführung
erfolgte in Betoneisenkonstruktion. Der an das Filter angrenzende Hoch-
behälter enthält zwei Kammern mit zusammen 2500 m^ Inhalt und ist
ebenfalls in Betoneisenkonstruktion hergestellt. Beide Objekte sind auf Gneis-
fels fundiert.
Die Dimensionierung der Anlage gestattet eine Wasserentnahme von
40 sl. im Jahresdurchschnitte bei einer Maximalleistung von 90 sl. zu den
Zeiten des stärksten Verbrauches.
Für die Fertigstellung der Sperrmauer waren im Bauprogramm 3 Jahre
(1900 — 1902) vorgesehen. Die außerordentlichen Schwierigkeiten, welche die
Fundierung verursachte, brachten es jedoch mit sich, daß das erste Baujahr
fast vollständig mit dem Fundamentaushube, dem Baue der 8 km langen
Zufahrtstraße sowie sonstiger Nebenarbeiten verbraucht wurde.
Erst im Frühjahr 1901 wurde mit der Vorbereitung der Baugrube für
die Maurerarbeiten und am 22. August 1903 mit der Versetzung des eigent-
lichen Talsperrenmauerwerkes begonnen. Bis zum Eintritt der Herbstfröste
zu Beginn des November 1903 war nach Versetzung von ca. 6000 m* Mauer-
werk ungefähr das Niveau des natürlichen Terrains erreicht In dieser Bau-
periode wurde der Baustein aus einem ca. 200 m unterhalb der Baustelle
gelegenen Steinbruche gewonnen und der Sand in einer Maschinenanlage
gebrochen, woselbst auch die Mörtelbereitung erfolgte.
H. Ausgeführte Stanweiherbanten.
407
Für die im Jahre 1902 zu bewältigende Arbeit wurden umfangreiche
Vorbereitungen getroffen, um die angestrebte durchschnittliche Tagesleistung
von 250 m* einhalten zu können. Den ganzen Winter über wurden in den
Steinbrüchen zusammen löOOO m^ Baustein gebrochen und in Deponien
Flg. 172. Wassertarm für Eisenberg (Ansicht).
untergebracht In der Sandgewinnungsanlage wurden in der gleichen Zeit
3500 m* Sand hergestellt und deponiert.
Durch Verwendung elektrischer Kraftübertragung konnte femer der
bisher zentralisierte Betrieb den jeweiligen Bedürfnissen entsprechend geteilt
werden. Durch Anlage eines neuen Sandwerkes in der Nähe des Haupt-
steinbruches wurde Vorsorge für die Sandbeschaffung für die hochgelegenen
Mauerpartien getroffen. Von Beginn des Baujahres 1902 bis zu einer zu-
408
n. Die Stanweiherbaaten.
lässigen Mauerhöhe wurden die Bausteine einer tiefer gelegenen Deponie
und dem Bruche direkt entnommen und auf einem Ziehberge mit elektrischer
Doppelhaspel zum Arbeitsniveau aufgezogen. Der Mörtel wurde am Mauer-
fuße in zwei Mischtrommeln bereitet und mittels Löffelwerk hochgebracht
Die Reinigung der Steine erfolgte auf einer eigenen Waschstation. Die
natürliche Steingröße wurde nur insoweit beeinflußt, als größere Steine als
0,3 — 0,8 m*^ geteilt wurden und kleine
nur zur Ausschieferung und Ver-
keilung des Mauerwerkes zugelassen
wurden.
Die an der Wasserseite der
Mauer anzubringende Dichtungsschicht
und Verkleidung wurde in horizon-
talen Bändern von 1,5 — 2,0 m Höhe
dem Fortschritte der Aufmauerung
folgend hergestellt. Die hierbei be-
schäftigten Arbeiter vollführten diese
Arbeit von einem eigens konstruier-
ten Gerüste, bestehend aus eisernen,
mit einem über die Maueroberfläche
greifenden Arme verankerten Rahmen,
welche die Arbeitsbühne und die Ge-
länder trugen. Die Materialzubringung
erfolgte von der Mauer aus. Der
Stollenvortrieb erfolgte teils mit
Handbohrung, teils mit elektrisch
oder pneumatisch angetriebenen Stoß-
bohrern. Mit dem Vortriebe wurde
im Herbst 1899 begonnen, und erfolgte
der Durchstoß am 3. April 1903 mit
voller Schärfe in Richtung und Höhe.
Die Vollendung und Inbetrieb-
setzung der Anlage erfolgte im Jahre
1904.
Als Sammelreservoir für die
Zwecke der Trinkwasserbeschaffung
ist die Komotauer Talsperre zurzeit
(1907) die größte derartige durchge-
führte Anlage in Österreich und die erste größere Talsperrenanlage des
Königreiches Böhmen. Ganz in der Nähe dieser Anlage wurde der Eisen-
berger Stauweiher im Jahre 1904 mit einem Kostenaufwande von 460000 K
für Wasserversorgungszwecke erbaut, welcher einen Fassungsraum von
50000 m« hat.
Fig. 172 und 173 zeigen den zur Eisenberger Wasserversorgung not-
wendigen 32 m hohen Wasserturm von 240 m^ Inhalt in Ansicht und Längen-
schnitt (Kosten 54000 K).
Fig. 178. Wassertuiin für Eisenberg (Schnitt).
H. Ausgeführte Staaweiherbaaten.
409
Das aus Blech konstruierte Reservoir ist 6 m hoch und hat einen
Durchmesser von 7,16 m.
Für Zwecke der Trink-Nutzwasserversorgung anderer größerer Städte
in der Nähe von Komotau sollen, ebenfalls im Erzgebirge gelegen, 2 große
Talsperren, deren Fassungsräume jenen der Komotauer Sperre übersteigen,
erbaut werden, deren Projektierung durch den Verfasser dieses Handbuches
eben erfolgt, ebenso von weiteren 3 Talsperren im Erzgebirge zum Zwecke
der Schaffung von Betriebswasser für die Industrie in diesem Tale und die
Abwendung der Hochwassergefahr.
Fig. 174. Harzdorfer Sperre bei Reichenberg.
Zu gleichem Zwecke wurden für eine Genossenschaft in Reichenberg
eine Anzahl größerer Talsperren durch Prof. Intze projektiert und sind die-
selben bis auf 2 bereits durchgeführt^) (siehe das Verzeichnis über Kosten
von Talsperren). Von den Reichenberger Talsperren wird in Fig. 174 eine
Ansicht der Harzdorfer (nach Originalaufnahme von Dr. Fischer 1906) und
in Fig. 175 das Schieberhaus der Voigtsbachsperre im Detail vorgeführt, aus
*) Intze, Die geschichtliche Entwicklung und der Bau von Talsperren 1906. — Intze,
Über die Anlagen von Talsperren bei Reichenberg in Böhmen 1901. — Frank, Über das
gleiche Thema (AUgem. Bauzeitung 1902).
410
n. Die Staaweiherbanten.
welch letzterer Naturaufnahme sowohl die vorzügliche Durchführung dieses
aus Granithakelsteinen hergestellten Teiles des Abschlußwerkes, sowie der
Fugenverband des teils in Schichten teils in Zyklopenverband hergestellten
Verblendmauerwerkes der Talsperre zu ersehen ist.
Fl^. 176. Scfaleberhaiit der Voi^bachsperre bei Reichenberg.
Endlich sollen in Böhmen eine Anzahl von Retensionsreservoiren im
Interesse der Elbe- und Moldauregulierung, und in Mähren ein großer Stau-
weiher im Betschwagebiete (Bystritzkatal) für die Wasserbeschaffung des
Später zu bauenden Donau-Oder-Kanales demnächst errichtet werden.
m. Die Kanalisation der Ortsehaften,
Reinigung und landwirtsehafüiehe Verwertung
der Abwässer.
Bearbeitet von
Dr. Robert Christian Fischer,
Konstrnkteiir an der Lehrkanzel für knltnrtechnlsohen Waaserban der k. k. Hocbachnle
für Bodenknltiir in Wien.
Einleitung.
In der freien Natur kommt es nur selten zur dauernden Anhäufung
größerer Mengen organischer Substanzen. Sieht man ab von den ganz ver-
einzelt dastehenden und nur unter ganz besonderen äußeren Begleitumständen
möglichen Bildungen, wie etwa die Entstehung der Guanolager aus den Jahr-
tausende hindurch aufgehäuften Dejekten der Vogelwelt oder ein Aufbau von
Torflagern aus den Überresten einer untergegangenen Flora, so findet man,
daß die meisten Produkte des tierischen und pflanzlichen Lebens in unmittel-
barer Umgebung ihres Entstehungsortes auch wieder ihre Rückbildung zur
Mineralsubstanz erfahren.
Ebensowenig kommt es in der freien Natur zur Bildung von Abwässern
im engeren Sinne des Wortes. Wohl erfahren die Regenwässer, die sich
schon beim Fall durch die Atmosphäre mit gelösten Gasen, mineralischen und
organischen Stäubchen, ja selbst mit Kleinlebewesen beladen, in Fortsetzung
ihres Kreislaufes durch Abschwemmung und Lösung der mineralischen Be-
standteile der Erdkruste, von Stoffwechsel und Zerfallsprodukten der Tier-
und Pflanzenwelt, sowie endlich durch die Aufnahme der niederen Lebens-
formen dieser beiden Reiche eine natürliche Verunreinigung; letztere ist aber
selten so bedeutend, z. B. bei der Bildung von Salzlaugen oder dem Austritt
von Erdölquellen, daß derart verunreinigte Wässer einen schädigenden oder
gar hemmenden Einfluß auf die Abwicklung der Vorgänge in der freien Natur
auszuüben vermöchten.
Erst durch das Eingreifen des Menschen erfahren diese Verhältnisse
eine gewaltsame Verschiebung. Auch dann noch wird, solange die mensch-
lichen Ansiedelungen schwach bevölkert und zerstreut gelegen sind und
Ackerbau die Hauptbeschäftigung der Bewohner bildet, die Menge der pro-
duzierten Abfallstoffe immer noch eine recht geringe sein, und wenngleich
der auf dem Lande geübte Brauch der Aufsammlung und Wiederverwertung
der Rückstände, die sich fast ausschließlich auf die flüssigen und festen De-
jekte der Menschen und Haustiere, sowie eine minimale Menge von häus-
lichen Brauchwässern beschränken, noch nicht allenthalben als wirtschaftlich
rationell und hygienisch einwandfrei bezeichnet werden kann, — in dieser Hin-
sicht braucht wohl nur darauf hingewiesen zu werden, mit welcher Konse-
quenz auf dem Lande Hausbrunnen, Düngerstellen und Jauchegruben in un-
mittelbarer Nachbarschaft angelegt werden, — so bleiben doch etwaige Übel-
stände meist auf enge Räume beschränkt und würden sich dieselben wohl
auch allenthalben mit einfachsten technischen Mitteln und verhältnismäßig ge-
ringem Kostenaufwande vollständig beheben lassen.
414 ^* ^i^ Kanalisation der Ortschaften etc.
Anders stellt sich die Sachlage in jenen Orten dar, die sich unter der
äußeren Erscheinung einer rapiden Bevölkerungszunahme, fortschreitender
Bebauungsdichte und rasch emporschnellenden Bodenwerten mehr und mehr
genötigt sahen, den landwirtschaftlichen Betrieb aufzugeben und sich in erster
Linie der gewerblichen und industriellen Produktion und dem Handel zuzu-
wenden, in den Städten, die sich zu den Zentralen des Verwaltungsapparates
und zum Schauplatz des Luxuslebens umgestalteten.
Auf diese Orte konzentriert sich die Zufuhr aus umfangreichen Außen-
gebieten zur Deckung des Nahrungsraittelbedarfes der Bevölkerung und zur
Versorgung der Industrie mit Roh- und Zwischenprodukten aller Art, Stoffe,
die naturgemäß nicht restlos umgesetzt bezw. verarbeitet werden können.
Dort erfolgt die Produktion von Abfallstoffen nach Menge wie Art in ungleich
größerem Umfange als in der freien Natur, ihre Aufsammlung hingegen ist
selbst für relativ kurze Zeiträume unendlich erschwert, ihre Weiterverwendung
an Ort und Stelle vollkommen ausgeschlossen. Hier bleibt nur eine künst-
liche Entfernung der Unratstoffe der einzige Ausweg, wenn Mißstände ver-
mieden werden sollen, die sich von Behinderungen in der freien Ausnützung
des Raumes, Erschwernissen im Verkehr und Verletzungen des ästhetischen
Empfindens bis zu Gefahren für Gesundheit und Leben der Einwohner
steigern können.
Bei dem im Laufe der Jahrhunderte nur allmählich vollzogenen Übergange
der ländlichen in die städtische Besiedelungsform konnten auch die aus der
stetig steigenden Produktion an Abfallstoffen zu gewärtigenden Obelstände
nur nach und nach zum Bewußtsein der Bewohner gelangen. Ebenso wie
man sich anfänglich begnügte, die häuslichen Brauchwässer und die flüssigen
Rückstände der Gewerbebetriebe in die Abzüge der Regenwisteser zu entleeren,
welch letztere den Straßenzügen meist oberirdisch folgen und sich in den
nächstgelegenen Wallgraben oder Flußlauf ergossen, ebenso glaubte man sich
der Fäkalien dadurch entledigen zu können, daß man dieselben in Gruben
sammelte, deren Inhalt gelegentlich ausgefahren und wenn möglich der Land-
wirtschaft gegen Entgelt überlassen werden sollte. Und waren die Straßen
und Hofflächen damals nur ausnahmsweise mit einem dichten Pflaster versehen,
so daß ohnehin ein nicht unbeträchtlicher Teil der Regen- und Brauchwässer
in den Untergrund versickerte, so wurden die Sammelgruben absichtlich
undicht hergestellt, um einen großen Teil ihres Inhaltes in den Boden ver-
sinken zu lassen und so die Widerwärtigkeiten und Kosten einer oftmaligen
Entleerung ihres Inhaltes nach Möglichkeit zu beschränken.
Durch all diese in ihrer Tragweite noch völlig unverstandenen Maß-
nahmen wurde die grenzenlose Verunreinigung des Untergrundes der Städte
hervorgebracht, die vom verseuchten Boden auch auf dessen Wasserschätze
übergreifend den Ausgangspunkt von Seuchen bildete, die Jahrhunderte
hindurch unausrottbar in regelmäßig auftretenden Paroxysmen die Bevölkerung
dezimierten.
Erst um die Mitte des XIX. Jahrhunderts beginnt sich die seit den
Zeiten des Altertums wieder in Vergessenheit geratene Bedeutung der Ver-
sorgung der Städte mit reichlichen Mengen guten Wassers neue Anerkennung
Einleitung. 415
ZU schaffen, und mit ihr die Erkenntnis der Wichtigkeit einer raschen und
gründlichen Entfernung der Abfallstoffe für die Schaffung hygienischer Zustände.
In dieser Ära der Einführung zentraler Wasserversorgungen steigert sich der
Wasserverbrauch für häusliche und öffentliche Nutzungen auf ein Vielfaches,
und erheischt derselbe gebieterisch die Erstellung rationell angeordneter
Entwässerungsanlagen. Die Ausnutzung der Dampf kraft in Industrie und
Verkehrswesen erweckt neue Fabrikationszweige, erschließt neue Produktions-
und Absatzgebiete und übt eine mächtige Rückwirkung auf eine Vergrößerung
der Menge sowie die zunehmende qualitative Verschlechterung der Industrie-
abwässer; die wissenschaftliche Medizin stellt die wahre Natur sowie die Ver-
breitungsursachen einer Anzahl der verheerendsten Volksseuchen fest, und eine
sich der Allgemeinheit bemächtigende Bakterienfurcht spornt die städtischen
Verwaltungen an, Langversäumtes nachzuholen, die Sanierung der Städte mit
allen Kräften und Mitteln zu betreiben.
Aus diesem Drange heraus entsteht die Tendenz, nicht nur die eigentlichen
Abwässer raschestens aus dem Weichbild der Städte abzuleiten, sondern
denselben auch alles das, was durch die Schwemmkraft des Wassers nur
irgendwie beweglich gemacht werden kann, mit anzuvertrauen, vorerst ohne
jegliche Bedachtnahme auf die traurigen Folgeerscheinungen, welche sich in
den zu natürlichen Rezipienten der städtischen und industriellen Effluvien
degradierten Flußläufen abspielen mußten.
Durch eine unglückliche Verkettung äußerer Umstände sieht sich die
Landwirtschaft nicht veranlaßt, gegen den Entgang von Pflanzennährstoffen,
der durch die Abschwemmung der Fäkalien verursacht wird, energische
Stellung zu nehmen. Die Verarmung des Bodens durch fortgesetzten Raub-
bau, das von Justus von Liebig als drohend hingestellte Schreckgespenst,
zerfließt mit dem Momente der Entdeckung der südamerikanischen Salpeter-
und Guanolager, der Erschließung der Staßfurter Kalisalzlagerstätten, der Ein-
führung des Thomasprozesses im Hüttenbetriebe und der Ammoniakgewinnung
bei der Steinkohlengaserzeugung. Diese noch als unerschöpflich geltenden
Bezugsquellen bequem zu handhabender und sicher wirkender Düngemittel
lassen die in den städtischen Abwässern nur in stärkster Verdünnung dar-
gebotenen Pflanzennährstoffe um so entbehrlicher erscheinen, als die von
England herüberdringende Kunde über die vielfach unter recht ungünstigen
äußeren Umständen unternommenen Versuche zur landwirtschaftlichen Ver-
wertung der Abwässer keine zur Nachahmung besonders aneifemde wirt-
schaftliche Erfolge aufweisen.
Während das Assanierungswerk in den Städten rüstig vorwärtsschreitet
und in der Herabsetzung der Zahl der Erkrankungen und Todesfälle durch
Cholera, Typhus, Dysenterie u. dergl. seine segensreiche Wirkung äußert,
verschlechtert sich der Zustand der Vorfluter von Jahr zu Jahr, und wieder
nur allmählich ringt sich die Überzeugung durch, daß mit der Kanalisation
der Ortschaften allein das Abwasserproblem nicht gelöst, sondern lediglich
der Sitz des Übels an einen anderen Ort verlegt worden sei.
Die Klagen der Fischer, die sich unter der Neuordnung der Dinge zu-
erst geschädigt sehen, verhallen ungehört; im allgemeinen Aufschwünge wird
416 III. Die Kanalisation der Ortschaften etc.
die wirtschaftliche Bedeutung der Flußfischerei unterschätzt und nicht beachtet,
daß es sich hier nicht bloß um Einzelne handelt, die sich in ihrer Eidstenz
beeinträchtigt fühlen, sondern gleichzeitig auch um die Warner vor einer
Gefahr, die, wenn nicht Einhalt geboten wird, früher oder später auch die
Allgemeinheit bedrohen muß.
Leider fehlte eben zur Zeit des ersten Auftretens der Anzeichen einer
zunehmenden Verunreinigung der Gewässer noch die Erfahrung, um diese
Erscheinung für die Zukunft symptomatisch zu deuten, denn es ist eine erst
in der allerneuesten Zeit gewonnene Erkenntnis, daß zu den Agentien, welche
an der endgültigen natürlichen Umsetzung aller organischen Stoffe Anteil
nehmen und speziell in den Flüssen die als „Selbstreinigung" bezeichnete
Arbeitsleistung vollbringen, auch gewisse Organismengruppen gehören, die
nur unter ganz bestimmten äußeren Umständen ihre volle Aktivität entfalten
können. Diese machen aber sofort anderen, nicht mit demselben Leistungs-
vermögen ausgestatteten Lebewesen Platz, wenn der Verschmutzungsgrad
eine gewisse untere Grenze überschreitet. Bedarf es somit stets einer mehr
oder minder langen Zeit, bis der Kräfteüberschuß eines reinen Gewässers
aufgezehrt ist, so erfolgt andererseits eine rapide Verschlechterung, wenn erst
einmal jene Grenze erreicht ist, denn mit der Abnahme der Zahl und der
Herabsetzung der Leistungsfähigkeit der vorhanden bleibenden Individuen
nimmt naturgemäß nicht nur deren Arbeitsleistung ab, sondern es vergrößert
sich auch der unverarbeitet bleibende Rest, der dann im Verein mit neu
hinzutretenden Schmutzstoffen seinerseits neuerlich zur Verschlechterung der
Existenzbedingungen beiträgt.
Dieses Verhalten erklärt ungezwungen die wiederholt beobachtete Tat-
sache einer mit geradezu unheimlicher Geschwindigkeit fortschreitenden Ver-
schlechterung des Zustandes eines Gewässers, das vielleicht Jahrzehnte
hindurch ein hohes Selbstreinigungsvermögen aufwies, bis endlich durch die
allmählich anwachsende Belastung mit Abwässern die Grenzen seiner natür-
lichen Leistungsfähigkeit überschritten wurden und der Wasserlauf seine
wertvolle Eigenschaft plötzlich verloren zu haben scheint.
Aus denselben Gründen bedarf es stets einer recht langen Zeit, bis
ein einmal verschmutztes Gewässer nach Durchführung einer Entlastung zu
seinem ursprünglichen natürlichen Reinheitsgrade zurückkehrt.
Und heute scheint es schon hoch an der Zeit, nicht nur einem Weiter-
umsichgreifen einer Flußverunreinigung energisch Einhalt zu gebieten, sondern
auch die Wiederherstellung der natürlichen Verhältnisse planmäßig in Angriff
zu nehmen.
Die Schwierigkeiten, den steigenden Wasserbedarf der Städte, Ortschaften
und Industrieunternehmen zu decken, wachsen fortwährend; besonders im
Flachlande, wo ergiebige Quellen selten auftreten, das verfügbare Grundwasser
quantitativ unzulänglich oder qualitativ ungeeignet, die Anlage von Talsperren
zur Aufspeicherung von Tagewasserabflüssen aus unbesiedelten Einzugs-
gebieten unmöglich ist, sieht man sich vielfach genötigt, zu dem lange Zeit
verschmähten, inzwischen aber nichts weniger als besser gewordenen Fluß-
wasser seine letzte Zuflucht zu nehmen. Zwar ist es möglich, unter Einhaltung
Einleitung. 417
von besonderen Vorsichtsmaßregeln und hohem Aufwände an Betriebskosten
auch diese Wässer in einen hygienisch einwandfreien Zustand zu überführen;
appetitlich hingegen kann ein derart gewonnenes Wasser nie sein.
Auch andere Gewässemutzungen drängen dazu, der Reinerhaltung der
Flüsse die größte Aufmerksamkeit zuzuwenden. Ein harter Konkurrenzkampf
zwischen den einzelnen Industriegebieten zwingt sowohl nach einer Verbilligung
der Transporte der Rohprodukte als auch nach weitestgehender Herabsetzung
der Kosten der Betriebskräfte Umschau zu halten. So steht den großen
Flüssen eine vollständige Umgestaltung zu den Hauptarterien eines sich stetig
weiter verästelnden Systems von Schiffahrtskanälen, die ihrerseits aus den
kleineren Seitengewässern gespeist werden, bevor, und was sich nur vom
Rinngefälle irgendwie erübrigen läßt, bleibt zur Errichtung von Wasserkraft-
anlagen ausersehen, nachdem das Problem der Fernleitung der Energie in
Form elektrischer Ströme eine wirtschaftliche Lösung gefunden hat. Durch
Anlage mächtiger Stauseen, für die die kulturfernen Gebirgsschluchten allein
nicht mehr genügen, sondern selbst die Haupttäler wasserreicher Flüsse ab-
gedämmt werden müssen, sucht man das natürliche Regime der Gewässer der
vollständigen Beherrschung durch Menschenhand zu unterwerfen, und mit der
dauernden Aufrechterhaltung der Mittelwasserführung der Flüsse, den gleich-
sinnigen Interessen der ökonomischesten Wasserkraftausnutzung, der Schiff-
fahrt und der Landeskultur entgegenzukommen. Hier würden mit der Ein-
leitung von Abwässern in die in einzelne Staustufen mit träger Wasserer-
neuerung zerlegten Wasserläufe gröbliche Mißstände hervorgerufen, indem
einerseits die Ausscheidung der Sinkstoffe durch Sedimentation begünstigt,"
andererseits aber die Spülung des Flußschlauches durch die Hochwässer, die
manchen offenen Fluß in regelmäßigen Intervallen von gefahrdrohenden
fäulnißfähigen Schlammablagerungen befreit, in Wegfall kommen würde.
Dieser Ausblick auf die modernen wasserwirtschaftlichen Bestrebungen
zeigt, daß allenthalben aus der Verunreinigung der Gewässer durch Abfall-
wässer Obelstände zu befürchten sind, die der Realisierung manches Projektes
fast unüberwindliche Schwierigkeiten entgegenstellen^).
Im vorstehenden wurde begründet, daß eine rasche und vollständige
Entfernung der Abwässer aus dem Weichbilde der Ortschaften aus
hygienischen, wirtschaftlichen und ästhetischen Gründen unbedingt vorge-
') Um diese Ausführungen durch ein konkretes Beispiel zu illustrieren, mögen hier in
Kürze die Schwierigkeiten skizziert werden, mit denen die Stadt Breslau derzeit zu kämpfen hat.
Breslau reinigt seit Jahren seine gesamten Abwässer auf ausgedehnten Rieselfeldern, da die
kanalisierte und einen lebhaften Schififahrtsverkehr aufweisende Oder nicht fähig wäre, die
Kanalwässer der bei 600000 Einwohner zählenden Stadt ungeschädigt aufzunehmen. Die von
Jahr zu Jahr bedenklicher werdende Verschmutzung, die die Oder im oberschlesischen Industrie-
gebiete erfährt, veranlaßte nun die Stadt, die früher mit filtriertem Oderwasser versorgt war,
das Flufiwasserwerk aufzulassen und zur Grundwasserversorgung überzugehen. Die bekannte,
im Kapitel Wasserversorgung dieses Handbuches bereits besprochene Mangankatastrophe zwang aber,
vorerst das Flufiwasserwerk wiederum in Betriebe zu nehmen, und der Erwägung näher zu
treten, ein drittes Wasserwerk anzulegen, und dürfte diesbezüglich die Anlage von Talsperren in
dem ziemlich entfernt gelegenen Riesengebirge in erster Linie in Betracht kommen.
Friedrich, WaBserbau. Zweite Auflage. IL Band. 27
418 m. Die Kanalisation der Ortschaften etc.
nomraen werden muß, daß aber auch andererseits die Unterbringung der
Abwässer in den Wasserläufen die Lösung einer Reihe hochwichtiger wasser-
wirtschaftlicher Fragen, wie Trink- und Nutz Wasserversorgung, Kanalisierung
der Flüsse, Speisung von Schiffahrtskanälen, Ausnutzung der Wasserkräfte
beträchtlich erschwert, den Bestand der Flußfischerei vielfach sogar vollständig
vernichtet. Es muß demgemäß auch die Frage aufgeworfen werden, ob nicht
etwa eine Beschränkung der Abwässerproduktion nach gewissen Richtungen
hin möglich wäre und hierdurch schon eine erhebliche Entlastung der Vor-
fluter, sowie der etwa vorzuschaltenden Reinigungsanlagen erzielt werden
könnte.
Hiermit soll selbstverständlich nicht gegen die Anlage von Kanalisationen,
sondern lediglich gegen den Brauch, alles nur irgendwie abschwemmbare in
die Kanäle einzuleiten, Stellung genommen werden.
Betrachtet man von diesem Gesichtspunkte aus die Regenwässer, deren
Verunreinigung in engster Beziehung steht zum Verschmutzungsgrade der
Auffangflächen, von denen wieder Straßen und Plätze einen ganz bedeutenden
Prozentsatz ausmachen, so zeigt sich sofort, daß durch den ja auch aus rein
verkehrstechnischen Rücksichten anzustrebenden dichten und gegen Abnützung
widerstandsfähigen Ausbau der Fahrbahnen und Gehwege, sowie insbesondere
durch eine gründliche Straßensäuberung eine keineswegs unerhebliche Ver-
minderung der mit jedem Regenfall zur Abschwemmung gelangenden Unrat-
stoffe erzielbar wäre. Ein Teil der letzteren, vornehmlich Sand und der
spezifisch schwere mineralische Straßendetritus, gelangt schon in den Schlamm-
fängen der Straßeneinläufe sowie in den Kanälen selbst zur Wiederablagerung
und muß aus diesen schwer zugänglichen Räumen mit großen Kosten ent-
fernt werden. Der feinere mineralische und organische Schlamm, sowie alles
Lösbare, also gerade die Stoffe, die durch ihre Zersetzbarkeit besonders lästig
werden, erreichen direkt die Vorflut, vielfach schon durch die Regenauslässe,
oder bilden eine schwere Belastung der Kläranlage. (Beispielsweise entfernt
die Stadt Paris, die bei reichlicher Nutzwasserversorgung geradezu regelmäßige
Straßenwaschung betreibt, alljährlich aus den Kanälen selbst ca. 30000 m*
Sinkstoffe mit einem Kostenaufwande von rund ^/4 Mill. Fr., d. i. ca. 8 Fr./m',
sowie aus den auch nur die allergröbsten Sinkstoffe aufhaltenden Vorklär-
becken der Pumpstation von Clichy weitere 70000 m*. Es entfallen somit
bei einer Zahl von 2700000 Einwohnern pro Kopf und Jahr 11 + 26 = 37 1
grober Sinkstoffe. Berlin mit 2000000 Einwohnern und einer sorgfältig ge-
handhabten trockenen Straßenreinigung hat hingegen bloß einen Anfall von
ca. 15000 m^, d. i. pro Kopf und Jahr ca. 8 1. Wien, das noch ein be-
deutendes Areal ungepflasterter Straßen aufweist und mehrere Stadtbäche in
die Kanalisation einleiten mußte, fördert pro Kopf und Jahr ca. 13,5 1 Sand
und Schlamm aus den Kanälen.)
Es muß daher auch schon aus rein wirtschaftlichen Gründen zweck-
mäßiger erscheinen, derartige nicht unbedingt abschwemmungsbedürftige Stoffe
in trockenem bezw. angefeuchtetem Zustande regelmäßig und möglichst voll-
ständig von der Straßenoberfläche abzusammeln und definitiv zu beseitigen,
als dieselben in die Kanäle gelangen zu lassen und später wieder aus diesen
Einleitung. 419
selbst, aus dem Kanalwasser oder dem Vorfluter mit zumeist höheren Kosten
zu entfernen.
Weniger ließe sich hingegen bezüglich der Menge und Beschaffenheit
der Brauch- und Wirtschaftsabwässer erzielen, obwohl auch diesbezüglich durch
die modernen Bestrebungen ftir rationelle Abfuhr, Unterbringung und Wieder-
verwertung des Hausmülls manche Entlastung der Kanäle zu erwarten steht.
Am schwierigsten und auch wohl kaum allgemein entscheidbar stellt sich die
Frage bezüglich der Fäkalieneinleitung in die Kanäle. Für mittlere und große
Städte wird die Fäkalieneinleitung wohl auch fürderhin die rationellste Lösung
dieses Teiles des Assanierungsproblemes bleiben, wenn auch mit Bedauern
zugegeben werden muß, daß hierdurch der Landwirtschaft große Mengen von
Pflanzennährstoffen entzogen werden. Für kleinere Gemeinwesen, insbe-
sondere aber in Einzelansiedelungen kann das Abfuhrwesen mit den vervoll-
kommneten Sammel- und Transporteinrichtungen sowohl in sanitär als auch
ästhetisch einwandfreier Weise bewerkstelligt werden und gleichzeitig öko-
nomische Vorteile gewähren.
Manche bedeutsame Änderung könnte schließlich in der Art der Er-
zeugung industrieller Abwässer platzgreifen. Gerade die Industrie hat die
längste Zeit hindurch, auf ihre umfassende Bedeutung für den Aufschwung
im Erwerbsleben pochend, sich selbst nur die allemotwendigsten Be-
schränkungen auferlegt und erst in der allerneuesten Zeit begonnen, von dem
früher allen Bestrebungen zur Reinerhaltung der Gewässer gegenüber ein-
genommenen schroff ablehnenden Standpunkte abzugehen. Besonders auf
industriellem Gebiete wird sich eine Scheidung zwischen eigentlichen Ab-
wässern und Abfallstoffen, die auch auf anderem Wege beseitigt werden
könnten und lediglich aus Billigkeits- und Bequemlichkeitsrücksichten zur
Abschwemmung gebracht werden, mit Erfolg vornehmen lassen. Von alten
Anlagen sind allerdings derartige Betriebsumgestaltungen nur schwer zu
verlangen, ja oft auch technisch kaum durchführbar. Anders bei Neuein-
richtungen, bei denen ohnehin schon mehr darauf geachtet wird. Örtlichkeiten
aufzusuchen, die an sich die unschädliche Beseitigung aller produzierten Abfall-
stoffe erleichtern.
In diesem einleitenden Kapitel wurde wiederholt auf den genetischen
Unterschied zwischen natürlichen Wasserverunreinigungen und den eigent-
lichen Abwässern hingewiesen und dabei auch hervorgehoben, daß der Er-
zeugung und Unterbringung der Abwässer, so wie sie heute erfolgt, neben
einer unverkennbaren Notwendigkeit auch noch manche Willkürlichkeit
innewohnt.
Es ist von größter Wichtigkeit, daß der Ingenieur sowohl als Projektant
wie auch als technischer Beirat der Behörden diese allgemeinen Beziehungen
klar überblicke und bei allen seinen Maßnahmen voll würdige. Scheinen
dieselben doch den Weg zu weisen, auf dem in dem stets neu entbrennenden
Streite zwischen den Rechten und Pflichten der Abwässerproduzenten einerseits,
sowie den Interessenten an der Reinerhaltung der Wasserläufe andererseits
eine dem gemeinsamen Besten angepaßte Verständigung erzielt werden kann.
27*
A. Kanalisation der Ortschaften.
I. Vorerhebungen.
Zu den für die Projektsverfassung erforderlichen Vorarbeiten gehört in
erster Linie die Durchführung eines genauen Nivellements, das über das ge-
samte Ortsgebiet und die etwa nach demselben entwässernden Außengebiete
auszudehnen ist. Dieses Nivellement wird in eine Kopie des Katastral-Stadt-
planes eingetragen, auf der auch die in Aussicht genommene zukünftige Ver-
bauung ersichtlich zu machen ist. Neben der Terrainoberfläche sind auch die
Kellertiefen, der Grundwasserspiegel und dessen Schwankungen, sowie etwa
bereits vorhandene Kanäle in das Nivellement einzubeziehen, femer die
Nieder-, Mittel- und Hochwasserstände des als Vorfluter in Aussicht ge-
nommenen Gewässers, sowie die Stauanlagen in dem letzteren. Weiter sind
Erhebungen anzustellen über die geognostische Beschaffenheit des Unter-
grundes, soweit dieselbe mit Rücksicht auf die maximale Kanalisationstiefe in
Betracht kommt, über die Art des Straßenausbaues, Verbauungsdichte, Be-
völkerungsdichte, Kulturgattung der Außengebiete.
Auf Grund des zu konstruierenden Schichten planes und der erhobenen
Wasserscheiden des Stadtgebietes wird sowohl die Größe des gesamten
Niederschlagsgebietes als auch die Ausdehnung der einzelnen, den ver-
schiedenen Straßenkanälen, Haupt- und Nebensammelkanälen zuzuordnenden
Entwässerungsgebiete bestimmt werden können.
Eine weitere wichtige Vorfrage bezieht sich auf die Wahl des Kanali-
sationssystemes.
IL Wahl des Kanalisationssystemes.
Je nachdem, ob mit der Anlage einer Kanalisation die geregelte Ab-
leitung sämtlicher Abwässerkategorien angestrebt wird oder lediglich die am
stärksten verunreinigten, nämlich die häuslichen Brauchwässer mit oder ohne
Fäkalien, sowie die Industriewässer zum unterirdischen Abflüsse gelangen
sollen, spricht man von einer Vollkanalisation oder von einer Teil-
kanalisation. Den verschiedenen Durchführungsarten kommen naturgemäß
spezifische Vorzüge und Nachteile zu.
Eine auf die Ableitung der häuslichen und industriellen Abwässer be-
schränkte Teilkanalisation verursacht erheblich geringere Anlagekosten sowohl
für das allgemeine Kanalnetz, als auch für die Hausanschlüsse. Die Kanäle
funktionieren unbeeinflußt von der Größe der Niederschläge, Notauslässe
werden überflüssig und entfällt hiermit auch die Gefahr einer Verunreinigung
des Vorfluters innerhalb des Ortsgebietes. Eine zur Erreichung der Vorflut
event erforderliche mechanische Wasserhebung, sowie die Unschädlich-
machung der Abwässer der Teilkanalisation läßt sich, weil auf ein kleineres
A. Kanalisation der Ortschaften. 421
Wasserquantum beschränkt, mit geringeren Anlage- und Betriebskosten durch-
führen. Hingegen läßt die Teilkanalisation alle jene Übelstände weiter-
bestehen, die mit einer oberirdischen Ableitung der Meteorwässer verbunden
sind. Die Rinnen für die Einleitung der Dach- und Hofwässer in die den
Bürgersteigen entlang ziehenden breiten und tiefen Rinnsteine bilden mit
diesen zusammen daueri^de Verkehrserschwemisse. Dieses oberirdische
Leitungssystem bedarf einer aufmerksamen Reinigung, wenn die in ihm auf-
tretenden Ablagerungen keinerlei Anlafi zu Belästigungen ergeben sollen, auch
entfällt die Möglichkeit einer natürlichen Spülung des unterirdischen Kanal-
netzes durch die Regenwässer, ein Moment, das um so schwerwiegender
wird, je geringer die der Ortschaft zur Verfügung stehenden Nutzwasser-
mengen sind.
Die Anlage einer Teilkanalisation wird daher meist nur als halbe Mafi-
regel gelten können. In kleinen Ortschaften mit geringem Strassenverkehr
und namentlich dort, wo offene Wasserläufe das Ortsgebiet durchziehen und
ein angemessenes Terraingefälle eine rasche Ableitung der Meteorwässer
unterstützt, mögen die hervorgehobenen Nachteile der Teilkanalisation wohl
noch in Kauf genommen werden können. Größere Gemeinwesen hingegen
werden sich meist zum Ausbau einer Vollkanalisation entschließen müssen.
Letztere kann nun wieder so durchgeführt werden, daß das zur Aufnahme
der Brauch- und Industriewässer dienende Kanalnetz durch ein zweites eben-
falls unterirdisch verlegtes Leitungsnetz für die Abfuhr der Meteorwässer
ergänzt wird, Trennsystem, oder aber daß ein einziges für die gemeinsame
Ableitung sämtlicher Abwasserkategorien bestimmtes Kanalnetz erstellt wird,
Misch- oder Sammelsystem. Die vielfach gebräuchliche Bezeichnung
„Schwemmkanäle" wird derzeit meist nur für jene nach dem Sammel- oder
Trennsystem ausgebauten Anlagen angewendet, in denen die menschlichen
Dejekte mit abgeschwemmt werden.
Naturgemäß sind Vollkanalisationen wesentlich kostspieligere Anlagen als
Teilkanalisationen, ihre Vorzüge den letzteren gegenüber aber auch ganz un-
verkennbar. Hingegen läßt sich der Jahrzehnte hindurch geführte Streit über
die Vorzüge und Nachteile zwischen Trennsystem und Sammelsystem an-
gesichts der großen Zahl der in jedem Einzelfalle maßgebenden Faktoren
kaum allgemein entscheiden. Insbesondere werden die letzteren für die Mehr-
oder Minderkosten des einen der beiden Systeme bestimmend.
Als ein besonderer Vorzug des Trennsystemes muß gleich wie bei der
Teilkanalisation hervorgehoben werden, daß Notauslässe für die Brauch-
wasserkanäle entfallen und höchstens für die Regenkanäle in Betracht kommen.
Vielfach ist es möglich, die Regenwässer selbst einem hochgelegenen Vor-
fluter noch mit natürlichem Gefälle zuzuführen und hiermit die mechanische
Wasserhebung nur auf ' die quantitativ weit zurücktretenden Brauchwasser-
mengen zu beschränken. Ähnliches gilt bezüglich der Anlagen für die Un-
schädlichmachung der Abwässer. Als Nachteile des Trennsystemes sind die
bautechnischen Schwierigkeiten der Unterbringung und Ausführung des ge-
trennten Kanalnetzes bei den oftmals recht beschränkten Straßenbreiten
422
III. Die Kanalisation der Ortschaften etc.
geltend zu machen, ferner auch die Notwendigkeit einer steten Kontrolle
bezüglich der separaten Einleitung der Hauswässer bezw. Regenwässer
(namentlich jener der Hofflächen) in das zustehende Kanalsystem.
Demgegenüber bietet das Sammelsystem den nicht zu unterschätzenden
Vorteil der Einheitlichkeit dar: Bautechnische Schwierigkeiten ergeben sich
hier aus der großen Tiefenlage des ganzen Systemes, Obelstände aus der
Notwendigkeit Notauslässe anzuordnen, sowie Wasserhebung und Reinigung,
wo eine solche erforderlich wird, einem der Menge nach überaus wechselnden
Zuflüsse anpassen zu müssen.
III. Bestimmung der abzuführenden Wassermengen.
X. Brauchwässer und Industrieabwässer.
'Die Brauchwässer setzen sich zusammen aus den in den Hauswirt-
schaften für die Zwecke des Kochens, Waschens und Badens zur Verwendung
gelangten Wässern. Der Menge nach entsprechen die Brauchwasserabflüsse
ungefähr dem aus den Wasserversorgungsanlagen für den Hausbedari ent-
nommenen Wasserquantum, und ist dasselbe daher dort, wo nur Einzel-
wasserversorgung aus Hausbrunnen u. dergl. besteht, weit geringer als in
Orten mit zentraler Wasserversorgung. Die Brauchwasserproduktion unter-
liegt ähnlichen täglichen und jahreszeitlichen Schwankungen wie der Wasser-
verbrauch selbst, und muß daher damit gerechnet werden, daß der sekundliche
Maximalabfluß ungefähr 2 — 2,5 mal so stark wird, als der mittlere Abfluß.
Durch Zuleitung der menschlichen Ausscheidungen (Fäces und Harn) findet
nur eine ganz geringfügige Vergrößerung des Abflußquantums statt und
kann letzteres etwa wie folgt veranschlagt werden:
Einwohner-
zahl
pro Hektar
Braachwasserabflnfi in Sek.-Liter pro Hektar bei einem
Wasserverbrauch pro Kopf und Tag von
60
100
160
Mittel
Maximum
Mittel
Maximum
Mittel
Maximum
50
100
200
300
400
0,03
0,06
0,12
0,18
0,24
0,075
0,150
0,300
0,450
0,600
0,06
0,12
0,24
0,36
0,48
0,15
0,30
0,60
0,90
1,20
0,09
0,18
0,36
0,54
0,72
0,22
0,45
0,90
1,35
1,80
Der Brauchwasserabfluß bleibt sonach selbst bei dichter Besiedelung
und hohem V^asserkonsum immer noch recht gering. Die Beschaffenheit der
Brauchwässer wird bei Besprechung der Reinigung und landwirtschaftlichen
Verwertung der Abwässer noch des näheren behandelt werden.
A. Kanalisation der Ortschaften. 423
Bezüglich der Menge und Zusammensetzung der Industriöab Wässer
muß auf Spezial werke ^) verwiesen werden. Über die Abwässer landwirt-
schaftlicher Industrien (Zuckerfabrikation, Molkerei, Brennerei, Bier-Brauerei)
wird gleichfalls im Abschnitte „Abwässerreinigung" gesprochen werden.
Grundwasser gelangt nur ausnahmsweise in den Kanälen selbst zur Ab-
leitung und können die hierbei in Betracht kommenden Quantitäten nur auf
Grund spezieller örtlicher Erhebungen festgestellt werden.
2. Regenwasser.
Zur Bestimmung der in den Kanälen abzuführenden Niederschlags-
wassermengen reicht die Kenntnis der örtlichen Tagesregenmengen allein
nicht aus, es muß vielmehr auch auf Dauer und Intensität der einzelnen
Regenfälle, die oft nur ganz kurze Zeit anhalten, Rücksicht genommen
werden. Weiter ist der Einfluß einer Reihe von Faktoren zu beachten, die
teils direkt abflußhemmend, teils nur abflußverzögemd wirken.
Während bezüglich der Tagesregenhöhen in den ombrometrischen Be-
obachtungen der meteorologischen und hydrographischen Stationen bereits ein
reichhaltiges Material vorliegt, ist es meist recht schwer, sich auf direkten
Messungen beruhende Daten über Dauer und Intensität der Starkregen zu
beschaffen, nachdem die Zahl der mit Ombrographen ausgestatteten Stationen
leider immer noch viel zu gering ist.
Prof. Dr. G. Hellmann-Berlin, der Jahrzehnte hindurch dem Studium
der Niederschlagsverhältnisse seine besondere Aufmerksamkeit zugewendet
hat, veröffentlicht in dem kürzlich erschienenen umfangreichen Werke: „Die
Niederschläge in den norddeutschen Stromgebieten" (3 Bände,
Berlin 1906, Dietrich Reimers Verlag) eine Reihe zum Teil erst neu aufge-
deckter Beziehungen zwischen der Stärke der Einzelregenfälle längerer Dauer
und den Durchschnittswerten für längere Zeiträume, sowie über das Ab-
hängigkeitsverhältnis zwischen Regenintensität und Regendauer bei Platz-
regen. Da der Inhalt dieser neuen Publikation im I. Bande dieses Hand-
buches nicht mehr berücksichtigt werden konnte, möge angesichts des hohen
Wertes dieser Untersuchungen für den Wasserbauingenieur eine Reihe der
von Hellmann abgeleiteten Sätze, und zwar in zumeist wörtlicher Wieder-
gabe, an dieser Stelle eine nachträgliche Aufnahme finden. (Hellmann 1. c,
I. Bd. Text, S. 112—117.)
„1. Durchschnittlich verhält sich die mittlere Monatsmenge zum
mittleren Tagesmaximum desselben Monats wie 3,5 — 4 zu 1 oder das
mittlere Tagesmaximum beträgt durchschnittlich 25 — 29 ^/q der zugehörigen
mittleren Monatsmenge. Eine Ausnahme bilden sehr trockene Orte, wie Prag
und Halle a. S., wo die Verhältniszahl kleiner ist (3,1), oder sehr nasse, wie
*) Dr. J. König, Die Verunreinigung der Gewässer. Berlin 1899. Verlag von I. Springer.
— Dr. F. Fischer, Das Wasser, seine Verwendung, Reinigung und Beurteilung. Berlin 1902.
Verlag von J. Springer. — Dr. Häfcke, Städtische- und Fabrikabwässer. Wien 1901. Verlag
von A. Hartleben. — Dr. C. We igelt, Unsere natürlichen Fischgewässer usw. Stuttgart 1900.
Verlag von E. Ulmer. — Derselbe, „l'Assainissement et le Repeuplement des Rivi^res". Berlin 1904.
Verlag von C. Hey mann.
424 ^ ^^® Kanalisation der Ortschaften etc.
Klausthal, wo sie größer ist (4,6). Das deutet schon auf eine gesetzmäßige
Beziehung zwischen dem Betrage der mittleren Jahresmenge und des Tages-
maximums der Regenfälle hin.
2. In der warmen Jahreshälfte (April bis September) ist die mittlere
Monatsmenge im Verhältnis zum mittleren Tagesmaximum etwas
kleiner (7 : 8) als in der kalten (Oktober bis März). Eine Ausnahme macht
Luzem, das gerade im Sommer relativ große Tagesmaxima aufweist.
Im Mittel macht das mittlere Tagesmaximum im Sommerhalbjahr
29^/o, im Winterhalbjahr nur 25®/o der mittleren Monatsmenge aus.
3. Durchschnittlich verhält sich die mittlere Monatsmenge zum ab-
soluten Tagesmaximum desselben Monats wie 1,2 — 1,5:1 oder das ab-
solute Tagesmaximum beträgt 65 — 80 ^/^ der zugehörigen mittleren Monats-
menge. Auch hier machen sehr trockene und sehr feuchte Orte eine Aus-
nahme, und zwar in demselben Sinne wie bei dem mittleren Tagesmaximum.
4. In der warmen Jahreshälfte ist die mittlere Monatsmenge im
Verhältnis zum absoluten Tagesmaximum etwas kleiner (7:8) als in der
kalten.
Im Durchschnitt beträgt das absolute Tagesmaximum im Sommer-
halbjahr 80^/o, im Winterhalbjahr nur 70^/^ der mittleren Monatsmenge.
5. Das absolute Tagesmaximum verhält sich zum mittleren durch-
schnittlich wie 2^/4 : 1. An trockenen Orten ist dieses Verhältnis größer, an
feuchten kleiner.
6. Das Verhältnis der mittleren Jahresmenge des Niederschlags zum
mittleren und zum absoluten Tagesmaximum hängt von dem absoluten
Betrage der Jahresmenge selbst ab und wächst im allgemeinen mit diesem,
oder die Tagesmaxima sind an trockenen Orten relativ größer als an nassen."
Für die unter 6 angedeutete Beziehung zwischen der mittleren Jahres-
menge {H in Millimeter) und ihrem Prozentverhältnis {P) zum absoluten
Tagesmaximum (^in Millimeter) gibt Hellmann nachstehende Interpolations
formein:
iJ/= 21,38 + 0,0211 i/.
Diesen beiden Gleichungen entspricht nachstehende Tabelle:
M
mm
29,8
32,0
34,0
36,1
38,2
„Bei allen untersuchten Stationen liegt der häufigste Wert des
relativen Tagesmaximums (P) unter dem mittleren, und zwar um 1 — iVa^/o
der Jahresmenge.
Der kleinste Wert des relativen Tagesmaximums scheint nirgends
unter 2^/^ der Jahresmenge herabzugehen und zeigt bei allen Stationen eine
H
P
mm
'lo
400
7,46
500
6,39
600
5,67
700
5,16
800
4,78
H
P
M
mm
%
mm
900
4,48
40,3
1000
4,25
42,5
1100
4,05
44.6
1200
3,89
46,7
1300
3,75
48,8
A. Kanalisation der Ortschaften. 425
überraschende Gleichförmigkeit (2 — 3 ^/q). Nur an sehr trockenen Orten scheint
das relative Tagesmaximum nicht unter 3®/o zu sinken (Posen, Prag, Torgau,
Halle a. S.).
Dagegen ist der gröfite Wert des relativen Tagesmaximums
größeren Schwankungen unterworfen und wächst im allgemeinen proportional
dem mittleren Werte von P selbst. An feuchten Orten wie Klausthal, Emden
und Kleve geht das Maximum von P unter 9 ^/o herab, während es an trockenen
wie Halle und Frankfurt a. O. 18 % überschreitet.
Air diese Tatsachen lehren also, daß gerade trockene Orte zu
exzessiven Niederschlägen neigen."
Die He 11 mann sehen Untersuchungen ergeben, daß in dem untersuchten
Gebiete, das ja auch fast ganz Böhmen und Galizien sowie einen beträchüichen
Teilen der Schweiz umfaßt, die Tagesmaxima des Niederschlages fast aus-
nahrfislos auf die Sommermonate Juni bis August fallen und daß der größte
Teil derselben sich zwischen den Schwellenwerten 21 — 30 mm und 31 bis
40 mm hält.
Von besonderer Wichtigkeit sind die von Hell mann angestellten
Studien über die Beziehungen zwischen Intensität und Dauer von Platzregen.
Aus einem mehr als 1900 Einzelregenfälle umfassenden Beobachtungsmateriale
gelang es diesem Forscher, nachstehende empirische Gleichungen für die
Intensität mittelstarker Platzregen aufzustellen:
1 = -0,311 + ^:=r-,
A = - 0,31 1 + 3,522.^/2^,
und zwar bedeuten:
i die Intensität des Regens, ausgedrückt in Millimeter pro Minute;
/ die Regendauer in Minuten;
h die in der Zeit / gefallene Regenmenge in Millimeter.
Eine ähnliche Beziehung wurde auch für die stärksten Platzregen auf-
gestellt. Die dieser Gleichung entsprechenden Zahlwerte finden sich in der
nachstehenden Tabelle vereinigt. In derselben wurde zur Erleichterung ihrer
Verwertung die den einzelnen minutlichen Regenintensitäten entsprechenden
Regenmengen in Liter auf Hektar und Sekunde bezogen angefügt.
(Siehe die Tabelle auf Seite 426.)
Die in Spalte 4 und 7 der nachstehenden Tabelle angeführten Nieder-
schlagsergiebigkeiten sind auch in den Kurven I und II der Fig. 176 graphisch
zur Darstellung gebracht.
Leider genügt das derzeit vorhandene Beobachtungsraaterial noch keines-
wegs, um auch bezüglich der relativen Häufigkeit des Auftretens von Schlag-
regen der einzelnen Intensitätsklassen allgemeine Schlußfolgerungen ziehen
zu können. Und gerade dies wäre in hohem Grade wünschenswert, da es
aus bauökonomischen Gründen untunlich ist, das ganze Kanalsystem zur
Aufnahme und Abfuhr der allerstärksten Niederschläge, die doch zumeist nur
426
in. Die Kanalisation der Ortschaften etc
swiscben der Regenmenge und der Dauer der Piatsregen (Wolkenbrftche).
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
MitÜcre PUtzrcg<
tn:
Stärkste Platzregi
sn:
Wasser-
Wasser^
Regendaner
Gesamt-
Intensität
menge in
Gesamt-
Intensität
menge in
in Minuten
ergiebigkeit
in Millimeter
Liter pro
ergiebigkeit
in Millimeter
Liter pro
in Millimeter
pro Minute
Hektar und
Sekunde
in Millimeter
pro Minute
Hektar und
Sekunde
5
8
1,60
266
13
2,60
433
10
13
1,30
216
22
2,20
367
15
17
1,13
189
28
1,87
312
20
21
1,05
175
32
1,60
267
30
26
0,87
145
41
1,36
227
45
33
0,73
122
48
1,07
177
60
37
0,62
100
56
0,93
155
90
43
0,48
80
63
0,70
117
120
48
0,40
67
69
0,57
96
150
51
0,34
57
73
0,49
81
180
53
0,29
49
75
0,42
69
nach jahrelangen Zwischenpausen wiederkehren, einzurichten; man muß sich
in der Praxis vielmehr schon damit begnügen, die Kanäle so zu dimensionieren,
0
0
60
1^
IM
2^
18
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n[
10
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Regendeuen in Minuten
Fig. 176.
daß eine Überlastung derselben nicht öfter als etwa einmal im Jahre zu be-
fürchten ist. In diesem Sinne sind die Hell mann sehen Angaben für mittel-
A. Kanalisation der Ortschaften. 427
Starke Platzregen wohl schon als obere Grenzwerte anzusehen. Als untere
Grenze dürfte die in Fig. 176 als Kurve III eingetragene Regenkurve nach
Imhoff^) (aufgestellt für das rheinisch- westfälische Industriegebiet sowie das
Emschergebiet mit 770 mm Jahresregenhöhe) immer noch einen vollkommen
befriedigenden Sicherheitsgrad gewähren. Gelegentlich der Besprechung der
Abflußverzögerung wird auf die Bedeutung des Abhängigkeitsverhältnisses
zwischen Regenintensität und Regendauer nochmals zurückzukommen sein, und
seien hier nur noch einige verschiedenen neueren praktischen Ausführungen
zugrunde gelegte Zahlwerte mitgeteilt.
Bei der Kanalisation von Charlottenburg-Westend wurde von
Kayser*) eine durch nachstehende Zahlwerte festgelegte Regenintensitäts-
kurve zugrunde gelegt:
Regendauer in Minuten 5 10 15 20 30 40 60 90 120
Regenmengen in Sek.-Liter/Hektar 171 125 100 84 62 52 42 35 28.
In Wien^) rechnet man für die dicht verbauten Stadtteile mit Regen-
fällen von 125 sl./ha und halbstündiger Dauer für die weniger dicht verbauten
Gebiete mit 100 sl./ha und 20 Minuten Dauer.
Th. Heyd*) nimmt auf Grundlage mehrjähriger ombrographischer Be-
obachtungen für die Kanalisierung von Darmstadt an:
bei einer Regendauer von 10 Minuten . . 0,75 mm/Min. = 125 sl./ha
« n » „ 15 „ . . 0,60 „ = 100 „
n n V n 20 „ . . 0,45 „ = 75 „
Für die Kanalisation der kleinen Stadt Oppau rechnet derselbe Pro-
jektant*^) auf Grundlage der Orabrographendaten der benachbarten Stadt
Karlsruhe:
bei einer Regendauer von 5 Minuten . . 0,73 mm/Min. = 120 sl./ha
„ n n „ 10 „ . . 0,46 „ = 78 „
n n n „ 15 „ . . 0,32 „ = 54 ,.
Alle diese Daten fügen sich den oben angegebenen Intensitätsgrenzen
sehr gut an.
Dr. Ing. H. Kell er- Berlin, der in einer soeben veröffentlichten Ab-
handlung*) die Hellmannschen Untersuchungen einer eingehenden Diskussion
^) Dr. Ing. K. Imhoff, Taschenbuch für Kanalisationsingenieure, 1907 bei Oldenbourg,
München und Berlin erschienen.
*) Stadtbaninspektor Kays er- Charlottenburg, Berechnung der Regenwasserabflufimengen
für städtische Kanalisation. Technisches Gemeindeblatt, VIII. Jahrgang 1905/06, No. 6 und 7.
*) Sämtliche die Kanalisation der Stadt Wien betreffende Angaben, sowie die Fig. 182
und 189 sind dem von Baurat J. Kohl bearbeiteten Kapitel: „Die Entwässerungsanlagen der
Stadt Wien" des vom österreichischen Ingenieur- und Architektenvereine herausgegebenen
Werkes: „Wien am Anfang des XX. Jahrhunderts" entnommen.
*) Dipl.-Ing. Th. Heyd, Die Berechnung städtischer Kanalisationsanlagen unter Zugrunde-
legung von Regenfällen verschiedener Heftigkeit und Dauer. Gesundheitsingenieur 28. Jahr-
gang 1906, No. 19.
*) Derselbe, Die Kanalisation für Oppau in der Rheinpfalz, München 1906, Oldenbourgs
Verlag.
•) Dr. Ing. H. Keller, Regen- und Abflufimengen bei grofien Regengüssen. Zentralblatt
der Bauverwaltung, 28. Jahrgang 1907, No. 48 und 49.
428 ^- ^i^ Kanalisation der Ortschaften etc.
unterzieht, äußert sich über die Verwertbarkeit derselben beim Mangel örtlicher
Beobachtungen (1. c. S. 323): „Wenn aber solche fehlen, bietet die Landeskurve
für die Regenstärken der mittleren Platzregen eine brauchbare Grundlage bei
wasserbautechnischen Berechnungen. Handelt es sich um ein einzelnes Bau-
werk, z. B. einen Eisenbahndurchlaß oder Kanaldücker, so gebietet die
Vorsicht die Beibehaltung der aus ihr hervorgehenden Werte. Dagegen darf man
bei Ermittelung der Rohrweiten einer städtischen Kanalisierung die Regenstärken
der Tabelle A (hier Tabelle auf S. 426 Kol. 4 bezw. Kurve H der Fig. 176)
auf etwa die Hälfte vermindern." Diese Reduktion würde Werte liefern, welche
größtenteils zwischen jene der Im ho ff sehen und Kay ser sehen Intensitäts-
kurven fallen. Übrigens macht Keller auch darauf aufmerksam, daß die
Hellmannsche Regenstärkenkurve für mittlere Platzregen, wie sich aus einem
Vergleiche mit Beobachtungen von Specht^) ergibt, auch den süddeutschen
Verhältnissen vollkommen entspricht.
In nachfolgender Tabelle sind eine größere Anzahl von Regenfällen
außergewöhnlicher Intensität zusammengestellt.
(Siebe die Tabelle auf Seite 429.)
Als in ihren Wirkungen hervorragend intensive Regenfälle in Wien seien
jene der Jahre 1896 (1. August) und 1907 (17. Juli) hier hervorgehoben, welche
im Gebiete der Stadt Wien bedeutenden Schaden anrichteten; der letzten Kata-
strophe fielen sogar Menschenleben zum Opfer. Am 17. Juli 1907 erstreckten sich
die Verheerungen insbesondere über die Gemeindebezirke Gersthof, Hemals,
Ottakring, Dornbach und Neuwaldegg, welche von im Wiener Walde ent-
springenden und in die Kanalisation einbezogenen Stadtbächen durchflössen
werden. Der Regenfall vom 17. Juli ist in Fig. 177 auf Grund der Angaben
des im Garten der k. k. Hochschule für Bodenkultur aufgestellten Ombro-
graphen, System Hellmann-Fueß (mit einem vergrößerten Abszissenmaß-
stabe), zur Darstellung gebracht, doch dürfte diese Station, welche eine
Tagesregenmenge von 50 mm registrierte, nicht im Kemgebiete des Regens
gelegen gewesen sein, da die dem von den Wasserverheerungen stärkst be-
troffenen Gebiete zunächst gelegene, lediglich mit einem Ombrometer ver-
sehene Station „Wasserreservoir Schafberg" eine Tagesregenhöhe von 66,2 mm
meldet.
Das Diagramm zeigt, daß dem Hauptregenfall von 5 h 58' bis 7 h 10',
der in 72 Minuten eine Gesamtergiebigkeit von 30,9 mm aufwies, in der Zeit
von 4 h 45' bis 5 h 10' ein durch 25 Minuten anhaltender Regen von 13,5 mm
Ergiebigkeit vorherging. Da auch schon die Vortage ausgiebige Niederschläge
gebracht hatten (14. Juli 68,9 mm, 15. Juli 6,8 mm, 16. Juli 6,4 mm), dürfte
das Wasseraufnahmevermögen des Freilandes fast erschöpft gewesen sein und
nach neuerlicher Benetzung der Oberfläche durch den Regen um 5 h pm sich
für den zweiten Regenfall am Nachmittag des 17. Juli ein außerordentlich
hoher Abflußkoeffizient ergeben haben.
^) Specht, Größte Regenfälle in Bayern und ihre Verwertung für Hochwasserberechnnngen.
Abhandlungen des Kgl. Bayerischen hydrographischen Bureaus, München 1905.
A. Kanalisation der Ortschaften. 429
Tabelle über Regenfälle von aufsergewöhnlicher Intensität.
Land:
Datum
Dauer
Gesamt-
er-
giebig-
Intensität
Beobachtnngsort:
pro
pro
keit
Minute
Hektar
Minuten
mm
mm
sl.
Lauei)
Sachsen
5.
Juni 1896
6
29,8
4,970
830
Aweyden
Ostpreußen
4.
Aug. 1895
5
23,0
4,600
766
Wegeringhansen
Hannover
13.
Mai 1899
3
12,9
4,300
716
Hettensen
n
15.
Aug. 1901
3
12,5
4,170
695
Eisleben
Sachsen
16.
Aug. 1893
5
17,6
3,520
586
Morsbach
Rheinland
19.
Juli 1895
10
33,2
3,320
553
Meseritz
Posen
20.
Mai 1899
3
9,9
3,300
550
Radtkehmen
Ostpreußen
13.
Sept. 1898
6
19,6
3,270
545
Domm-Alsam
Hannover
23.
JuU 1895
10
31,0
3,100
614
Trebnitz
Schlesien
13.
Juni 1895
15
40,5
2,700
460
Odingen
Westfalen
20.
Aug. 1900
30
78,3
2,610
435
Oberheiden
n
9.
Juli 1896
30
73,7
2,460
410
Nieder-Marsberg
n
6.
Aug. 1897
45
103,0
2,290
381
Trenenbrietzen
Brandenburg
31.
Juli 1897
23
51,2
2,230
371
Wartha
Posen
16.
Aug. 1897
45
98,0
2,180
363
Bienan
Ostpreußen
26.
Juli 1896
30
65,0
2,170
361
Rötgen
Rheinland
27.
Aug. 1894
20
39,7
1,980
330
Bärentbai
n
17.
Tuli 1900
30
56,9
1,900
316
Neustadt a. d. Haardt
Bayern
7.
Sept. 1886
60
98,0
1,630
271
Wildgarten
Westpreuflen
1.
Aug. 1896
100
134,0
1,340
223
Waltershausen
Sachsen
14.
Aug. 1884
60
75,0
1,250
210
Trier
Rheinland
17.
Juni 1856
60
73,2
1,220
203
Berlin
Brandenburg
14.
April 1902
210
143,0
1,180
197
Schwerin
Mecklenburg
11.
Mai 1890
85
111,0
1,170
195
Bobersberg
Brandenburg
21.
Juni 1895
120
128,5
1,070
178
Görlsdorf
n
12.
Mai 1889
135
132,3
0,980
163
Benthen
Schlesien
24.
Mai 1882
180
109,6
0,610
101
Wien, Schmelz
Nieder-Österreich
7.
Juni 1894
15
37,0
2,470
411
„ Breitensee
n
21.
Juli 1902
30
—
—
300
„ Favoriten
n
22.
April 1904
8
—
—
300
„ Tttrkenschanze
rt
6.
Aug. 1905
6
—
—
300
„ Breitensee
n
2.
Juni 1900
13
—
—
250
» n
n
2.
Juni 1900
75
40,7
0,542
90
„ Türkenschanze
n
17.
Juli 1907
5
7,4
1,470
245
n n
»
17.
Juli 1907
72
31,0
0.430
71
„ Westbahnhof
n
1.
Aug. 1896
75
67,0
0,900
159
Neawiese
Böhmen
29.
Juli 1897
24 h
345,0
0,240
41
Berlin
Brandenburg
14.
April 1902
24 „
166,0
0,115
19
Pirna
Sachsen
10.
Juli 1886
24,
156,0
0,108
18
*) Die Angaben sind zum größten Teile dem wiederholt zitierten Werke von G. Hell-
mann entnommen.
430
III. Die Kanalisation der Ortschaften etc.
Von den auf die Erdoberfläche fallenden Niederschlagswässem gelangt
nur ein Teil in den Kanälen zum Abflüsse, während der oftmals gar nicht
so unbeträchtliche Rest durch Wiederverdunstung in die Atmosphäre, sowie
durch Versickerung in den Boden am Abströmen gehindert wird.
Bezeichnet man mit A das abfließende, mit E bezw. V das zur Ver-
dunstung bezw. Versickerung gelangende Teilquantum eines Regenfalles,
so wird: / E -^-VX
A = R-E-V=R\1 ^\ = R.tp.
xfj=l
R
E+V
R
^*W tn.
40
9 — ' — — 1
w^ - l
** 1 A
• 2
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U- 5
J 7 . 8V
Fl«. 177.
Graphische Darstellung des Nachmlttagsregenfalles vom 17. Juli 1907.
(K. k. Hochschule fUr Bodenkultur In Wien.)
Den Koeffizienten xp^ mit dem das Mengenverhältnis zwischen Nieder-
schlag und Abfluß zum Ausdruck gebracht werden soll, pflegt man Abfluß-
koeffizient zu nennen. Vielfach sind auch die Bezeichnungen Ver-
sickerungskoeffizient oder Dichtigkeitskoeffizient gebräuchlich, da
einerseits, wenigstens bei länger anhaltendem Regen, der Einfluß der Ver-
dunstung gegen die Versickerung weit zurücktritt und andererseits die Intensität
der Versickerung von der Verbauungsdichte besonders stark beeinflußt wird.
Genauere Untersuchungen über den sicher vorhandenen Einfluß von
Regenintensität, Ausdehnung, Flächengefälle und anfänglichen Durchfeuchtungs-
grad des beregneten Gebietes auf den Anfangswert des Koeffizienten tp, sowie
dessen Veränderungen während des Regenfalles selbst, vornehmlich infolge der
Zunahme der Durchtränkung der Auffangflächen, fehlen zurzeit noch vollständig.
A. Kanalisation der Ortschaften. 431
Für ip sind zumeist die nachstehenden Durchschnittswerte gebräuchlich
(nach A. Frühling):
Im Mittel
1. Für den alten dichtbebauten Kern der Städte . . . 0,70—0,90 0,80
2. Für die anschließenden Viertel, sowie für Stadtteile
mit geschlossener Verbauung 0,50 — 0,70 0,60
3. Für die Stadtviertel mit offener Bebauung .... 0,25—0,50 0,40
4. Für Übungsplätze, die unbebauten Flächen der Bahn-
höfe u. dergl 0,10—0,30 0,20
5. Für Anlagen, Gartenflächen, sowie die nach dem
Stadtgebiete entwässernden Wiesen und Äcker je
nach Gefälle und Beschaffenheit des Untergrundes . 0,05 — 0,25
6. Für die nach dem Stadtgebiete entwässernden Wald-
flächen u. dergl 0,01—0,20
Jedenfalls dürfte es sich empfehlen, für die sub 5 und 6 aufgeführten
Kategorien, sobald dieselben einige Ausdehnung besitzen, eine separate Be-
rechnung der zu erwartenden Abflußmengen auf Grund der im I. Bande dieses
Handbuches im Kapitel „Bodenentwässerung" gemachten Angaben vorzu-
nehmen. Vielfach empfiehlt es sich, zur Vereinfachung der weiteren Rech-
nungen das Produkt aus Abflußfläche und Abflußkoeffizient zu einem Faktor,
der „reduzierten Abflußfläche Fr", zusammenzuziehen. Für ein Einzugs-
gebiet von F ha Fläche und einen Regenfall von der mittleren Intensität i
(in Sek.-Liter pro Hektar) ergibt sich ein sekundlicher Oberflächenabfluß von:
q = xp.F.i = Fr.i sl.
Beträgt derselbe sonach nur einen Bruchteil der pro Zeiteinheit auf das
Niederschlagsgebiet auffallenden Regenmenge, so kann auch die sekundlich
durch die Kanäle abfließende Wassermenge infolge des Eintrittes einer Ab-
flußverzögerung selbst wieder dem Oberflächenabflusse gegenüber eine Ver
minderung erfahren.
Um den Begriff der Abflußverzögerung und dessen fundamentale Be-
deutung für die Dimensionierung der Regenkanäle klar hervortreten zu lassen,
ist es notwendig, auf den Abflußvorgang selbst etwas näher einzugehen. Zu
diesem Zwecke möge ein Querschnitt des Hauptkanales (etwa der Punkt P
in Fig. 178), den der Gesamtabfluß der Fläche F zu passieren hat, in Unter-
suchung gezogen werden. Aus dem Einzugsgebiete F seien ferner zwei
kleine Flächenteile /a und /b hervorgehoben, von denen /a unmittelbar beim
Punkte P, fß hingegen so gelegen sei, daß die Zeit, welche bis zum Eintreffen
der Abflüsse von /b beim Punkte P vergeht, für das betrachtete Einzugs-
gebiet ein Maximum werde, also:
L^jL^^»^ ' J«^(Ji.\ = ,
Vi V, Vg ' v„
'ii '«I '« • • • • Ä. sind die von dem Abfluß von/js in den Zeiten /i, /«, /g A>
mit den Geschwindigkeiten v^, üj» «'s ^» ^u durchlaufenden Teilstrecken.
432 III- I^ic Kanalisation der Ortschaften etc.
Während die Abflüsse von /a kurz nach Beginn des Regenfalles bereits
bei P anlangen, werden jene von fß erst um -rr = tmax. Sekunden später den
Punkt P passieren.
Die in irgend einem zwischen t=o und / = tmax. gelegenen Zeitpunkte
den Kanalquerschnitt bei P gleichzeitig durchströmenden Wasserteilchen
müssen dann auch offenbar einer bestimmten Teilfläche des Niederschlags-
gebietes entstammen, und zwar wird sich dieselbe bei Beginn des Regenfalles
nur auf die unmittelbare Umgebung der Fläche /a beschränken, bei an-
haltendem Regen aber stetig an Ausdehnung gewinnen und schließlich das
ganze Einzugsgebiet umfassen, falls nur der Regenfall so lange anhält, als die
Abflüsse von /b benötigen, um bis nach P zu gelangen. Die Teilfläche,
welcher die zu einem beliebigen Zeitmomente / den Kanalquerschnitt bei P
gemeinsam abfließenden Wasserteilchen entstammen, sei im folgenden „Ab-
fluß fläche'' genannt und mit Ft bezeichnet.
Derselben entspricht dann unter Annahme eines für die ganze Fläche
geltenden mittleren Abfluflkoeffizienten xp^ sowie einer der Regendauer / ent-
sprechenden durchschnittlichen Regenintensität u (in Liter pro Sekunde und
Hektar) die sekundliche Abflußmenge:
qt=tp.Ft,u. sl.
Nach Aufhören des Regens werden analog die Abflüsse von /a zuerst
versiegen, hingegen immer noch Abflüsse aus den entfernteren Teilflächen
des Einzugsgebietes bei P eintreffen, es wird also auch die diesen Wässern
zugeordnete Abflußfläche aus der Umgebung von/x allmählich gegen fs hin
abnehmen und endlich nach Verlauf der Zeit
wieder ganz auf Null reduziert sein. Mit Ta und Tr sei die Gesamtabfluß-
dauer bezw. die Gesamtregendauer bezeichnet. (Der Zeitaufwand für den
Zulauf der ersten und den Abfluß der letzten Wasserteilchen von /b nach P
ist zwar nicht genau gleich, und zwar infolge der Beeinflussung der Abfluß-
geschwindigkeit durch die Änderung der Wasserstandsverhältnisse und des
Oberflächengefälles bei Füllung bezw. Wiederentleerung der Kanäle, doch
kann diese Zeitdifferenz hier unbeschadet der Gültigkeit des Resultates dieser
allgemeinen Betrachtung unberücksichtigt bleiben.)
Nimmt man eine für die Dauer des Regenfalles konstante mittlere
Regenintensität an, ebenso einen konstanten mittleren Abflußkoeffizienten tp,
so wird einer wachsenden Abflußfläche auch ein zunehmender sekundlicher
Abfluß beim Punkte P entsprechen. Für einen Regenfall, dessen Gesamt-
dauer Tr größer ist als tmar,i werden sich sonach auch nachstehende 3 Phasen
des Abflußvorganges unterscheiden lassen.
I. Phase von /=o bis /=/mar.:
Die Abflußfläche wächst von Fo = o bis Fmax, = F^ der sekundliche Ab-
fluß bei P von qo = o bis qmax, = tp .F. i.
A. Kanalisation der Ortschaften. 433
II. Phase von / = tmax. bis t=TR:
Die Abflußfläche hat ihre größte Ausdehnung erreicht und behält
diesen Wert bei. Das Gleiche gilt vom sekundlichen Abflüsse: Fmax,=F]
qmax. = ip F,i.
III. Phase von t^TR bis i = Tr + fmax, = Ta:
Abflußfläche und sekundlicher Abfluß nehmen stetig von dem während
der 2. Phase konstant beibehaltenen Werte bis auf Null ab.
Für den Fall Tr > Unar. tritt sonach zwar eine Abflußverzögerung, d. i.
eine Verlängerung der Gesamtabflußdauer Ta gegenüber der Regendauer Tr
ein, doch bedingt dieselbe nicht auch eine Herabsetzung des im Zeitpunkte
der Kulmination bei P sekundlich abströmenden Wasserquantums dem
maximalen sekundlichen Oberflächenabfluß gegenüber.
Eine andere Erscheinung tritt ein, wenn die Gesamtdauer des Regen-
falls kürzer ist, als die für das Zuströmen der aus den entferntesten Teilen
des Einzugsgebietes stammenden Zuflüsse bis nach P erforderliche Zeit.
Sicherlich wächst in diesem Falle die Abflußfläche von /a aus stetig bis
zum Momente des Aufhörens des Regens, d. i. bis zum Zeitmomente Tr,
Dann versiegen wiederum zunächst die Zuflüsse aus der Umgebung von /i,
die Abflußfläche wird also von hier aus schon wieder abnehmen, während
sie sich andererseits noch gegen /b hin ausdehnt und diesen Punkt im
Zeitmomente / = tmax. erreicht. Erst von diesem Zeitpunkte angefangen wird
die Abflußfläche keinerlei Zuwüchse mehr erhalten, sie wird sich daher stetig
gegen /b hin zusammenziehen und im Momente Tr+ tmax. wieder ganz ver-
schwinden. In diesem Falle wird es also lediglich von der Konfiguration des
Einzugsgebietes abhängen, ob die Abflußfläche vom Momente des Aufhörens
des Regenfalles an in ihrer Gesamtausdehnung vorerst noch eine Zeit hindurch
wächst, stationär bleibt oder gleich wieder abzunehmen beginnt. Das Gleiche
gilt von dem der Größe der Abflußfläche proportionalen sekundlichen Abflüsse
iq) bei P,
Nachdem für den Fall Tr < Unax. die Abflußfläche selbst im Momente
ihrer größten Ausdehnung (fmax) nur einen Teil des ganzen Einzugsgebietes
decken kann, also auch dem sekundlichen Oberflächenabflusse Q = ipi'F'i
nur ein Maximalabfluß von ^ = V2 -/nuai. . i im Kanäle bei P entspricht,
ergibt sich:
q = ipi -fmax. ,i=(p.ipi.F.i=(p,Q.
_ tp^ ,/max. .i _q
^-" xp-,F.i "Q-
Im Falle Tr < /Wr. geht somit der Abflußverzögerung auch eine Herab-
setzung der im Momente der Kulmination im Kanäle abzuführenden Größt-
wassermenge parallel.
Den Proportionalitätsfaktor (p pflegt man „Verzögerungskoeffizient"
zu nennen.
Beachtet man weiter, daß für ein jedes Kanalsystem von bestimmter
Konfiguration und Ausdehnung die Größenänderung der Abflußfläche ledig-
lich eine Funktion der Zeit ist, d. h.:
Friedrich, WaBserbaa. Zweite Auflage. II. Band. 28
434 ^^* ^^® Kanalisation der Ortschaften etc.
Ft=f{f)\fn«».=f{TB),
so besagt dies, daß der Verzögerungskoeffizient selbst für ein und dasselbe
Kanalsystem keineswegs eine Konstante ist, sondern seinen Wert mit der
Regendauer jedes einzelnen Regenfalles ändert.
Bisher wurden nur Regenfälle von der gleichen mittleren Durchschnitts-
ergiebigkeit in Betracht gezogen. Greift man nun auch auf das bereits er-
örterte Abhängigkeitsverhältnis zwischen mittlerer Intensität und Dauer starker
Regengüsse zurück, betrachtet man also auch die Regenstärke als Funktion
der Zeit, und zwar der jeweiligen Gesamtregendauer, so kann man auch auf
den Vergleich der Abflußmengen untereinander verschieden starker Regen-
fälle übergehen und untersuchen, ob ein bestimmter Kanalquerschnitt durch
Dauerregen oder Schlagregen eine größere Beanspruchung erfährt.
Jedenfalls wird unter allen Regenfällen vom Typus Tr ^ tmax. jener den
größten sekundlichen Abfluß liefern, für den Tr = tmax. wird, denn dann wird
ja die Abflußfläche bereits das ganze Einzugsgebiet decken, länger anhaltende
Regen würden hingegen schon wieder geringere Intensität und somit auch
einen geringeren Abfluß aufweisen. Für Dauerregenfälle ist sonach der
maximale Kanalabfluß:
Einem Regenfall vom Typus Tr < tmax. entspricht andererseits ein
größter sekundlicher Kanalabfluß von:
^i=/r(7i).«(7i).
Somit wird das Verhältnis der beiden Abflußmengen:
q^ -/r{TR).i(rR)-=fr{TR) ijTR)
> fr .•// _ \ >
q ^ Fr.ii,tmax.) "^ Fr t (tmax.)
Da nun aber auch für TR<:;^tmax, die Beziehungen gelten:
ÜTr)
>i:-^<i.
Hfmax.)-^ ' Fr
SO kann
werden, d. h. die sekundliche Kanalabflußmenge für einen kurzen aber inten-
siven Regen kann größer werden, gleich sein oder kleiner bleiben als die
einem Dauerregen entsprechende Abflußmenge. In diesem Falle hat es nur
wenig Wert, einen dem früher definierten Verzögerungskoeffizienten analogen
Beiwert einzuführen. Denn derselbe müßte nicht nur von den speziellen
Verhältnissen jedes Kanalsystemes und der Regendauer, sondern auch noch
von der derzeit nur durch eine empirische Gleichung darstellbaren Beziehung
zwischen Regenintensität und Regendauer abhängig gemacht werden.
A. Kanalisation der Ortschaften. 435
In einem Spezialfälle wird es sich also darum handeln, die dem auf
seine Leistungsfähigkeit zu untersuchenden Kanalprofile zuzuordnenden Ab-
flußflächen für verschiedene Schwellenwerte der Regendauer, also etwa für
Tr = 10, 20, 30, ... . /max. Minuten zu ermitteln, die Produkte aus den einzelnen
zusammengehörigen Maximalabflußflächen und Regenintensitäten zu bilden
und aus denselben das Maximum herauszugreifen.
Alle Seitenkanäle, die kürzer sind als etwa ^/^ km, die also bei einer
Abflußgeschwindigkeit von 1 m/Sek. bereits in weniger als 10 Minuten der
ganzen Länge nach durchflössen werden, werden somit schon bei ganz kurzen
Regen mit dem vollen Oberflächenabflusse beansprucht. Dieselben müssen
daher auch stets reichlich dimensioniert werden. Andererseits dürfte es auch
für die Bestimmung der in den Haupt und Nebensammlem wirksamen Ab-
flussverzögerung kaum erforderlich sein, die Ermittelung der Abflußflächen
für Regenfälle von weniger als 10 Minuten Gesamtdauer vorzunehmen. Denn
es bedarf selbst bei sehr heftigen Regengüssen immer einer geraumen Zeit,
bis ein stationärer Zustand im Oberflächenabflusse eintritt.
IV. Berechnung des Kanalnetzes.
Bei Projektierung eines Kanalnetzes für die Abfuhr von Regen-
wässem wird man den nachstehend skizzierten Vorgang einzuschlagen haben.
Auf Grundlage einer den örtlichen Bedingungen angepaßten Regen-
intensitätskurve wird man der Dimensionierung vorerst die Ergiebigkeit eines
Regenfalles von der Regendauer Tb = tniax. zugrunde legen, da dieser unter
allen zu berücksichtigenden länger anhaltenden Regen den größten Kanal-
abfluß erzeugt. Bei Bestimmung dieser Regendauer ist man allerdings vorerst
auf eine Schätzung der zu erwartenden Abflußgeschwindigkeiten angewiesen,
doch ist die hierdurch bedingte Ungenauigkeit von nicht allzu großer Be-
deutung, da es sich ja doch immer nur um die Feststellung von Grenzwerten
handelt und eine allzu fehlerhafte erste Annahme nachträglich immer noch
entsprechend korrigiert werden kann. Für die so ermittelte Regenergiebig-
keit wird das Netz der Haupt- und Nebensammler dimensioniert und, falls
sich aus den hierbei genau bekannt werdenden Werten der Abflußgeschwindig-
keit und der größten Abflußzeit eine zu große Abweichung der ersten An-
nahme gegenüber ergeben sollte, eine entsprechende Korrektur vorgenommen.
Es bleibt sodann noch zu ermitteln, ob die gewählten Profile auch zur
Abfuhr der von Regengüssen kurzer Dauer gelieferten Abflüsse genügen, eine
Untersuchung, die natürlich nicht nur auf den Endquerschnitt beschränkt
bleiben darf, sondern sich zumindest auf alle Vereinigungspunkte von größeren
Straßenkanälen und Nebensammlem mit dem Hauptsammler, womöglich aber
auch auf alle für Profilwechsel in Aussicht genommenen Punkte zu er-
strecken hat.
Der hierbei einzuhaltende Vorgang sei an einem schematischen Beispiele
(Fig. 178) erläutert.
Das in der Situation dargestellte Ortsgebiet werde durch den Haupt-
sammler I, die Nebensammler II und III, sowie eine Anzahl kurzer Straßen-
kanäle entwässert. Auf Grundlage einer ersten Annahme sei die maximale
28*
436
Situation.
Ta --^
AbflussPlächen- Diagramm.
2« 90 kO
Abflussdauer m Minuten
Abflussmen^en - Diagramm.
sooo
Rejendauer In Minuten
FJg. 178. Situation, Abflußflächen- und Abflußmengen-Diagramm zur Bestimmung der Wirkung der
Abflußverzögerung.
A. Kanalisation der Ortschaften.
437
Abflußzeit (im Sammler I) auf etwa 50 Minuten abgeschätzt und sei weiter
das Kanalnetz auf eine der Regendauer von Tb = tmax. = 50 Minuten ent-
sprechende sekundliche Abflußmenge von 45 1 pro Hektar (nach der Imhoff-
schen Intensitätskurve) dimensioniert.
Den hierbei angenommenen Profilen und Gefällen mag im Haupt-
sammler von P bis zur Einmündung des Nebensammlers II eine mittlere Ab-
flußgeschwindigkeit von 2 m/Sek., zwischen den Einmündungen von II und
III von 1,5 m/Sek. und oberhalb der Einmündung von III von 0,8 m/Sek.
entsprechen. Die Abflußgeschwindigkeit im Sammler II betrage 0,9 m/Sek.
jene im Sammler III 1,3 m/Sek. Für die größte Abflußzeit ergibt sich hieraus
(vergl. die folgende Tabelle) eine Dauer von 3000 Sekunden, also Überein-
stimmung mit der ersten Annahme.
1 1
g
1
Länge
in Meter
m/Sek.
Abflafidaaer
in Sekunden
Fläche des
Einzugsgebietes
in Hektar
1
Reduzierte Fläche
des Einzugs-
gebietes in Hektar
II
|8
i|
.2
a
'1
'S
der
Sektion
Summe
der
Sektion
Summe
1
13
510
510
2,00
255
255
2,130
0,60
1,278
12
526
1035
2,00
263
518
4,680
0,60
4,610
8
123
1158
1,50
82
600
1,060
0,80
0,856
7
136
1294
1,50
91
691
3,660
0,80
2,928
4
407
1701
0,80
509
1200
9,730
0,80
7,784
3
480
2181
0,80
600
1800
9,670
0,50
4,835
2
480
2661
0,80
600
2400
12,420
0,40
4,968
1
480
3141
0,80
600
3000
8,150
64,600
0,40
3,260
30,519
n
11
74
1232
0,90
82
600
0,830
0,80
0,664
10
540
1772
0,90
600
1200
16,300
0,80
13,040
9
225
1997
0,90
250
1450
3,360
74,990
0,60
2,016
46,239
m
6
662
1956
1,30
510
1200
25,080
0,80
20,064
5
268
2224
1,30
206
1406
10,720
110,790
0,50
5,360
71,668
Zwecks Untersuchung des Einflusses von kurzen Schlagregen (die hier
auf den Punkt P beschränkt bleiben mag) ist es nun notwendig, die Abflufi-
flächen für verschiedene Zeitintervalle, etwa 10, 20, 30, 40, 50 Minuten, zu
bestimmen. Die Grenzen derselben lassen sich folgendermaßen auffinden:
Das unterste Stück des Hauptsammlers P bis zur Einmündung des
Nebensammlers II hat eine Länge von 1035 m, wird also bei v = 2 m/Sek. in
518 Sekunden durchflössen. Dasselbe gehört somit der 10 Minutenabflußfläche
ganz an, und erstreckt sich letztere noch auf einen Teil des Einzugsgebietes
des zwischen den Einmündungen von II und III gelegenen Abschnittes des
Hauptsammlers, der nun mit einer Geschwindigkeit von 1,5 m/Sek. durch-
flössen wird, nämlich über
(600 — 518). 1,5 = 123 m,
438 ^- ^^^ Kanalisation der Ortschaften etc.
d. i. Sektion 8. Die 10 Minutenfläche reicht somit am Hauptsammler bis in
die Entfernung von 1035 + 123 = 1158 m von P. Aus einer analogen Be-
trachtung ergibt sich, daß die 20 Minutenfläche über den EinmQndungspunkt
von III hinausreichty nachdem die Entfernung zwischen diesem und P bereits
in 691 Sekunden durchflössen wird. Die 20 Minutenfläche endet erst rund
407 m stromaufwärts, d. i. in einem Abstände von 1701 m von P. Die Grenz-
punkte der Minutenflächen 30, 40, 50 liegen, wie die Tabelle auf Seite 437
zeigt, in Distanzen von 2181, 2662 und 3142 m von P.
Auch der unterste Teil des Einzugsgebietes des Nebensammlers II ge-
hört noch der 10 Minutenfläche an; dieselbe endet erst rund 74 m oberhalb
der Einmündung. Die Grenze der 20 Minutenfläche liegt wieder um 540 m
weiter entfernt und gehört das ganze Einzugsgebiet dieses Nebensammlers II
1450 Sekunden nach Regenbeginn zur Abflußfläche von P.
Ebenso ergibt sich, daß noch 662 m des Nebensammlers III zur
20 Minutenfläche gehören und daß 1406 Sekunden nach Regenbeginn das
ganze Einzugsgebiet von III an der Abflußlieferung bei P Anteil nimmt.
In der Situation sind die auf die einzelnen Zeitintervalle bezogenen Ab-
flußflächen durch gleiche Schraffierung, sowie die den römischen Zahlen bei-
gefügten Indizes kenntlich gemacht und ihre reduzierten Flächen in der
Tabelle auf Seite 437 eingetragen.
Bei einem anhaltenden Regen werden demnach nach der 10. Minute
die Abflüsse von 6,744 ha am Sammler I und 0,664 ha am Sammler II als
von 7,408 ha bei P angelangt sein. Bis zum Ende der 20. Minute erweitert
sich dann die Abflußfläche am Sammler I um 10,712 ha, am Sammler II um
13,040 ha, am Sammler III um 20,064 ha, d. i. zusammen 43,816 ha, und um-
faßt dann ein Gesamtareal von 51,224 ha. 1406 Sekunden = 23* 26" nach
Regenbeginn hat die Abflußfläche längs des Sammlers III, nach 1450 Sekunden
= 24' 10" jene des Sammlers II, endlich nach 3000 Sekunden = 50' auch jene
am Sammler I ihre maximale Ausdehnung erreicht. Bei einem noch länger
anhaltenden Regen kann also keinerlei Vergrößerung der Abflußfläche mehr
eintreten, es müßte dann, konstante Regenintensität vorausgesetzt, auch das
sekundliche Abflußquantum bei P bis zum Regenende unverändert bleiben.
Betrachtet man andererseits einen kurzen Regenfall von z. B. nur
10 Minuten Gesamtdauer, so würden zwar die Zuwüchse, die die Abflußfläche
für P von 10 zu 10 Minuten erhält, in gleicher Weise erfolgen wie früher,
es werden aber mit Beginn der 11. Minute die Teilabflußflächen I^q und IIjo
allmählich wieder aus der Gesamtabflußfläche ausscheiden, so daß letztere nach
Schluß der 20. Minute nur die Flächen I^ 4- II^q + III^ umfassen würde.
Analog würde sich für einen Regen von 20 Minuten Dauer ergeben:
Abflußfläche nach 10 Minuten I^^ + IIjo,
„ 20 „ Iio + IIio + I«) + M«) + ni«„
„ n 30 „ loo + llao + UI90 + Iso + H«o + U^ao "sw. usw.
Diese Verhältnisse sind für das betrachtete Beispiel in der folgenden
Tabelle zahlenmäßig zum Ausdruck gebracht und lassen sich dieselben in
graphischer Darstellung besonders leicht überblicken.
A. Kanalisation der Ortschaften.
439
1
"3
G
s
Reduzierte AbBußfläche in HekUr
nach Verlauf von Minuten
^ 1
O
1 'S
^
«
1
•s
s
1
6
1
1
l
10
20
30
40
50
60
&
sl./ha
sl./ha
^
10
7,408
43,381
12,211
4,986
3,260
6733
3506
0,611
20
7,408
61,224
56,027
17,179
8,228
3,260
4300
3420
0,796
30
7,406
51,224
63,435
60,996
20,439
8,228
3726
3300
0,886
40
7,408
51,224
63,435
68,403
64,255
20,439
3440
3280
0,963
50
7,408
51,224
63,435
68,403
71,663
64,266
3163
3153
1,000
In Fig. 178 sind die Abfluflflächendiagramme der Sammler I, II und III
aufgetragen, und zwar gelten Regen- bezw. Abflußdauer als Abszissen, die
reduzierten Abflußflächen als Ordinaten. Sammler I liefert schon gleich nach
Regenbeginn (T= 0) Wasser, während die beiden anderen Sammler erst nach
518 bezw. 691 Sekunden an der Abflußlieferung bei P Anteil nehmen. In
den stark gezogenen Linien des Abflußflächendiagramms ist die jeweilige
Summe der Abflußflächen I — III dargestellt. Ebenso sind die Differenzflächen
für Regen von 10, 20, 30, 40, 50 Minuten Gesamtdauer eingezeichnet, und
zwar punktiert. Letztere ergeben sich, wenn man z. B. für 10 Minuten Regen
die Ordinate der Summenkurve bei 10 Minuten von jener bei 20 Minuten,
und zwar von der Kurve aus nach abwärts abträgt.
In dem gewählten Beispiele zeigt sich, daß sowohl bei Regenfällen von
10 als auch 20 Minuten Gesamtdauer die Ordinaten der Differenzflächen nach
Regenende noch eine Weile anwachsen. Erst bei einem 30 Minutenregen
tritt mit dem Regenende auch sofort eine Abnahme der Größe der Abfluß-
fläche ein.
Würde man nur Regenfälle gleicher Intensität, aber verschieden langer
Dauer miteinander vergleichen, so würde das Abflußflächendiagramm gleich-
zeitig auch als Abflußmengendiagramm gelten können, da ja dann zwischen
Abflußflächen und Abflußmengen direkte Proportionalität besteht. Nicht so,
wenn Regen verschiedener Dauer und Intensität in Betracht gezogen und
diese beiden Faktoren in das wiederholt angegebene Abhängigkeitsverhältnis
zueinander gesetzt werden, wie dies durch die Regenstärkenkurve zum Aus-
druck gebracht ist.
Die in diesem Falle auftretenden Verhältnisse sind in Fig. 178 im Ab-
flußflächendiagramm dargestellt, und zwar ist die mit Kanalabfluß bezeichnete
Kurve dadurch gewonnen, daß die Maximalordinaten der einzelnen Differenz-
flächen des Abflußflächendiagramms mit den auf dieselbe Regendauer be-
zogenen Regenintensitäten (wie dieselben der ebenfalls eingezeichneten Regen-
stärkenkurve entsprechen) multipliziert und die so erhaltenen maximalen
sekundlichen Kanalabflußmengen als Ordinaten zu der betreffenden Regen-
440 ^^* ^^^ Kanalisation der Ortschaften etc.
dauer als Abszisse aufgetragen wurden. (Der Kurvenast 0 — 10 Minuten wurde
nur punktiert angedeutet, da dessen Verlauf, wie früher bereits begründet,
nur mit einiger Unsicherheit angegeben werden kann.)
Das Abflußdiagramm enthält weiter die Kurve des Oberflächenabflusses,
welche sich ergibt, wenn man die Produkte aus der (reduzierten) Fläche des
ganzen Einzugsgebietes und den jeder einzelnen Regendauer entsprechenden
Regenintensitäten als Ordinaten zur Regendauer als Abszisse aufträgt.
Die zwischen beiden Kurven gelegene Fläche (in Fig. 178 schraffiert)
gibt dann ein deuüiches Bild von der Wirkung der Abflufiverzögerung auf
die Herabsetzung des maximalen sekundlichen Kanalabflusses dem Ober-
flächenabflufi gegenüber. Dieselbe zeigt insbesondere die schon früher her-
vorgehobene Tatsache, daß diese Herabminderung im engsten Abhängigkeits-
verhältnis zur Regendauer steht.
In diesem Beispiele, das ungefähr die Verhältnisse eines Ortes mit einem
dicht bebauten Kerne und einem langen, schwächer besiedelten Ausläufer
darstellt, zeigt sich, daß der Hauptsammler bei P durch kurze, heftige Regen-
güsse sogar etwas stärker beansprucht werden würde (3500 sL), als durch
jene länger anhaltenden und daher auch schwächeren Regen, für die über-
haupt keine Abflußverminderung durch Abflußverzögerung mehr eintritt
(3150 sL), trotzdem für Schlagregen eine ganz erhebliche Reduktion des
sekundlichen Kanalabflusses dem Oberflächenabfluß gegenüber eintritt. (Für
10 Minutenregen ca. 61°/o; diese Verhältniszahlen sind in der Tabelle auf
Seite 439 eingetragen und würden dem Verzögerungskoeffizienten für ver-
schiedene Regenlängen entsprechen.)
Von verschiedenen Autoren wurde in letzter Zeit eine Reihe von
graphischen Verfahren ausgearbeitet, um die Ermittelung der Wirkung der
Abflußverzögerung auf dem eben beschriebenen Wege, der zuerst von Prof.
A. Frühling angegeben wurde, auch in der Massenarbeit einfach und mög-
lichst übersichtlich zu gestalten, und muß diesbezüglich auf die betreffenden
Originalarbeiten verwiesen werden.^)
Man hat früher versucht, das Mengenverhältnis zwischen Niederschlag
und Abfluß durch eine einfache Formel zum Ausdruck zu bringen.
Bürkli-Ziegler setzte:
wobei der Abflußkoeffizient \\> = 0,5, femer für R die Regenmenge in Sek.-
Liter pro Hektar, für G das durchschnittliche Kanalgefälle in Promille, für F
die Fläche des Einzugsgebietes in Hektar einzuführen ist.
^) A. Frühling, Handbach der Ingeniearwissenschaflen III, 4. Bd., 1. Hälfte. —
E. Bodenseher, Zeitschrift des österr. Ingenieur- und Architektenvereins, LH. Jahrg. (1900),
No. 16. — Th. Heyd, Gesundheitsingenieur, XXVm. Jahrg. (1905), No. 2 und 13. — Der-
selbe, Die Kanalisierung von Oppau, München 1906. — W. Krawinkel, Gesundheitsiogenieor,
XXVm. Jahrg., No. 13 und 16. — H. Kayser, Technisches Gemeindeblatt VÜI (1905/06),
No. 6 und 7. — M. Vicari, Technisches Gemeindeblatt X (1907/08), No. 3.
A. Kanalisation der Ortschaften.
Diese Formel wurde später durch Baumeister vereinfacht in:
1
441
A^tp.R,
wobei allgemein:
Brix setzt:
i_
A = tff.R.
iff.R.(p,
yF
Von anderen Autoren wird die fallweise Änderung des numerischen
Wertes des Wurzelexponenten n empfohlen, so z. B. von Imhoff:
« = 4 bis « = 5: für langgestreckte Gebiete mit schwachem Gefälle;
« = 6: für mittlere Verhältnisse, d. i. bei Gebieten, die etwa so lang als
breit sind und deren Gefälle eine mittlere Abflufigeschwindigkeit von
ca. 1,2 m/Sek. im Kanal erzielen läfit;
n = S: für mehr kreisförmige Gebiete mit großem Gefälle.
Tabelle des Koeffisienten <p =
V^
Fläche
« = 4
n = b
« = 6
« = 7
« = 8
in Hektar
1
1,00
1,00
1,00
1,00
1,00
5
0,67
0.73
0,77
0,80
0,82
10
0,Ö6
0,63
0,68
0,72
0,75
20
0,47
0,66
0,60
0,66
0,69
40
0,40
0,48
0,54
0,59
0,63
60
0,36
0,44
0,61
0,56
0,60
80
0,33
0,42
0,48
0,63
0,58
100
0,31
0,40
0,46
0,52
0,67
150
0,29
0,37
0,43
0,49
0,54
200
0,27
0,36
0,41
0,47
0,52
Nach den früheren Ausführungen ist wohl unmittelbar klar, daß derlei
einfache Formeln, welche nur der Größe des Niederschlagsgebietes direkt
Rechnung tragen, seine Form und die damit bedingte Mannigfaltigkeit in der
Anordnung des Kanalnetzes, sowie die den verschiedenen Gefällswerten und
Kanalprofilformen entsprechende Abflußgeschwindigkeit kaum schätzungsweise
zu berücksichtigen gestatten, die heute an eine Kanalisationsanlage zu stellen-
den strengeren Anforderungen unmöglich befriedigen können. Insbesondere
fehlt diesen Formeln jegliches Kriterium bezüglich der Regendauer, für welche
eine Abflußverminderung infolge Abflußverzögerung überhaupt noch in An-
rechnung gebracht werden darf, und muß daher zu äußerster Vorsicht beim
Gebrauche dieser häufig verwendeten Formeln geraten werden.
442 ^ ^^^ Kanalisation der Ortschaften etc.
In der auf das früher angeführte Beispiel Bezug nehmenden Tabelle
auf Seite 439 sind die Verhältniswerte von Kanalabfluß zu Oberflächenabfluß
für die Regenfälle verschieden langer Dauer berechnet Es zeigt sich, daß
für dieses 110 ha umfassende Niederschlagsgebiet selbst für kurze Regendauer
(10 Minuten) der Verzögerungskoeffizient nicht unter 0,6 herabgeht, während
derselbe bei Verwendung der Verzögerungsformel mit « = 8 : 0,56, bei
n = ß : 0,47 und bei n = 4 : 0,32 betragen würde. Die hieraus berechneten
Kanaldimensionen würden sonach unbedingt zu klein ausfallen; für länger
anhaltende Regen würden sich die Verhältnisse noch weit ungünstiger ge-
stalten.
X. Tiefenlage der Kanäle.
Mischkanäle sowie die Brauchwasserleitungen bei der Trennkanalisation
sind so tief anzulegen, daß auch die Keller in dieselben frei entwässern
können oder doch zumindest selbst bei den höchsten Kanalwasserständen ein
Austritt von Kanalwasser in die Kellerräumlichkeiten, sowie ein länger an-
haltender Rückstau in die Hauswasserableitungen unterbleibt. Die Regen-
wasserkanäle des Trennsystems können seichter angelegt werden. Vielfach
wird auch das zur Entwässerung tief gelegener Hofflächen und Hintergebäude
erforderliche Gefälle für die Tiefenlage der Straßenkanäle und Sammler maß-
gebend. Jene Strecken der Hauptsammler, welche nicht mehr zur Aufnahme
der Abwässer, sondern lediglich zur Weiterleitung derselben nach dem Vor-
fluter oder der Reinigungsanlage dienen, erhalten meist eine flachere Lage
und können, wenn dieselben durch unbesiedelte Gebiete führen, oftmals sogar
als offene Leitungen ausgeführt werden.
2. Gefälle der Kanäle.
Die Gefällsverhältnisse der Kanäle sind zumeist schon durch die an ver-
schiedenen Punkten erforderliche Tiefenlage der Höchstwasserspiegel, sowie
die Niveauverhältnisse des Vorfluters bestimmt. Wo keinerlei Beschränkung
vorliegt, folgt man dem Gefälle der Straßenzüge. Für die kleineren Kanal-
profile sind nach Frühling folgende Gefällsgrenzen einzuhalten:
bei Hauskanälen von 15 cm Licht weite 1 : 20 — 1 : 50,
bei Straßenkanälen bis 30 cm Lichtweite 1 : 30 — 1 : 150,
bei Straßenkanälen von 30—60 cm Lichtweite . . . 1:50—1:200.
Bei bekriechbaren und begehbaren Kanälen können die Gefälle noch
weiter herabgesetzt werden, namentlich dann, wenn die Kanalstrecken selbst
schon konstant größere Wassermengen führen oder Gelegenheit zu reichlicher
Spülung gegeben ist. Allgemein ist jedoch danach zu streben, bei voller
Wasserführung mit der Wassergeschwindigkeit die untere Grenze von 50 bis
60 cm und die obere Grenze von etwa 2 m nicht wesentlich zu über-
schreiten, eine Forderung, der sich neben der Einhaltung entsprechender Ge-
fälle, besonders auch durch die Wahl zweckmäßiger Profilformen Rechnung
tragen läßt.
3. Wahl der Profilform der Kanäle.
Bei Profilierung der Kanäle muß man sich stets vor Augen halten, daß
in denselben wechselnde Mengen einer mit Schwimm-, Schwebe- und Sink-
A. Kanalisation der Ortschaften. 443
Stoffen stark beladenen Flüssigkeit abzuführen sind. Es mufi demnach das
Streben darauf gerichtet werden, auch bei kleiner Wasserführung noch eine
zur Hintanhaltung von Sinkstoffablagerung hinreichende Geschwindigkeit,
sowie eine das Weitertreiben der Schwimmstoffe ermöglichende Schwimm-
tiefe von mindestens 3 — 5 cm zu erzielen. Beiden Forderungen vermochten
die früher zumeist mit flacher Sohle angelegten Kanäle nicht zu genügen und
sind dieselben durch die kreisrunden und eiförmigen Querschnitte für kleinere
Abflufimengen, sowie die Profiltypen mit einer eigenen, stark gekrümmten
Sohlenrinne zur Zusammenhaltung der Niederwässer für große Kanäle ver-
drängt worden.
Zur Berechnung der Abflußgeschwindigkeit*) in den Kanälen wird die
Formel:
v = c,yj~RTJ
verwendet und der Koeffizient c derzeit fast allgemein nach der sogen, „ab-
gekürzten" Kutterschen Formel:
_ 100 y[R
^^ n + yj~R
unter Einführung des Zahlwertes:
n = 0,35
berechnet. Die sich hieraus ergebenden Werte für c stimmen fast vollkommen
mit jenen überein, die sich aus der weniger handlichen älteren Formel von
Ganguillet und Kutter:
ii2^ + 23-' ^'^^^^
für « = 0,14 und Gefälle 5 ^,001 ergeben. Aus dem Graphikon (Fig. 179)
kann der nach der älteren Formel berechnete Koeffizient c direkt abgegriffen
werden.
Eine Abstufung des Wertes von n mit Rücksicht auf die Rauhigkeit
der verschiedenen zur Herstellung der Kanäle verwendeten Materialien kann
entfallen, da die unvermeidliche Bildung eines die Kanalwand bedeckenden
schleimigen Oberzuges, der sogen. „Sielhaut", die spezifischen Rauhigkeits-
verhältnisse nach kurzer Betriebszeit in den Hintergrund treten läßt
Zur Erleichterung der Dimensionierung der Kanäle ist auf Tafel XXII
ein Graphikon für kreisförmige und eiförmige Profile aufgestellt, aus dem sich
die Wassergeschwindigkeiten und Wassermengen für die verschiedenen Rohr-
kaliber und Gefälle, und zwar bei voll fließenden Leitungen, unmittelbar
ablesen lassen.
^) Die Beziehungen zwischen Profilform, Gefälle, Abflnßgeschwindigkeit und Abflnfimenge
wurde bereits im Abschnitte „Hydrometrie'^ im I. Bande dieses Handbuches besprochen.
444
in. Die Kanalisation der Ortschaften etc.
Mit Hilfe der in den Fig. 180 und 181 gegebenen Diagramme ist es
femer möglich, Wasserführung und Wassergeschwindigkeit bei jedem be-
liebigen Füllungsgrade der Kreiskanäle und Eikanäle mit einem für praktische
Zwecke vollkommen hinreichenden Genauigkeitsgrade aus den entsprechenden
Werten für das vollfließende Profil abzuleiten. Der Gebrauch der Diagramme
wird durch nachstehende Beispiele erläutert.
1. Ein Kreiskanal mit 600 mm Durchmesser ist im Gefälle von 1 : 100
verlegt; bei welcher Füllhöhe und Abflußgeschwindigkeit vermag derselbe eine
Wassermenge von 250 sl. abzuführen?
Vr
*kl
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4
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«7. ^
y^
«.?
_^
mm
Flg. 179. Graphlkon für den Bauhlgkeits-Eoefflzienten C.
Nach dem Graphikon auf Tafel XXII führt das volllaufende Profil
350 1 mit einer Geschwindigkeit von 1,75 m/Sek. Da nur 250/350 = 0,71
dieser Wassermenge zum Abflüsse kommen sollen, ergibt das Diagramm
(Fig. 180) an der Wassermengenkurve eine relative Füllung von 0,62 der
Profilhöhe, also 500 . 0,62 = 310 mm. Die zugehörige Wassergeschwindigkeit
beträgt rund das 1,08 fache derjenigen des vollfließenden Querschnittes, d. i.
1,75 . 1,08 = 1,89 ra/Sek.
2. Ein Eikanal 105/70 cm, der bei einem Gefälle von 5^/oo und bei
Trockenwetterabfluß eine Wassertiefe von 25 cm aufweist, soll durch einen
Notauslaß so weit entlastet werden, daß derselbe unterhalb des letzteren nur
A. Kanalisation der Ortschaften.
445
noch die mit der vierfachen Regenmenge verdünnte Brauchwassermenge ab-
führt. Wie groß ist dann die Füllhöhe? Der Kanal führt volllaufend nach
dem Graphikon auf Tafel XXII 1000 sl. bei 1,45 m Geschwindigkeit. Bei
Trockenwetterabfluß, d. i. bei einer Füllhöhe von 25 cm bezw. 25/105 = 0,238
der Profilhöhe, ergibt sich nach dem Diagramm (Fig. 181) eine Leistung von
10*>/q der vollen Kapazität, d. i. 100 sl. Bei Regenwetter soll unterhalb des
Notauslasses die fünffache Wasserführung, d. i. 500 sl. bezw. 50 ^/^ der
Leistung bei voller Füllung, herrschen. Hierfür ergibt das Diagramm eine
Kneisprofil.
, Eiprofil
'u 115..
1-5
:1.
3^
... -4' 05 ^
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V
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Flg. 180. Flg. 181.
Graphische Dantellnng der Bezlehnngen zwischen FOUnngshöhe, Wassergeschwlndlgkelt und Wasser-
menge In teilweise gefüllt flieflenden Kreis- nnd Elkanälen.
relative Füllung von 0,53 der Profilhöhe, d. i. 1,05 . 0,53 = 55,6 cm Wasser-
tiefe. Dem entspricht eine Abflußgeschwindigkeit von 1,45 . 0,79 = 1,40 m/Sek.
V. Baustoffe zur Herstellung der Kanäle.
Die Kanäle mit kleinen Lichtweiten werden fast durchweg aus fabriks-
mäfiig angefertigten Steinzeugröhren (glasierten Tonröhren) und Zementröhren,
größere Kanäle aus Stampfbeton und Ziegel- (Backstein-) Mauerwerk hergestellt.
Bruchsteine finden zumeist nur als einzelne Werksteine an den der Abnützung
besonders ausgesetzten Stellen Verwendung. Die lange Zeit hindurch gehegte
Befürchtung, daß reiner Zement und Zementbeton den chemischen und mecha-
nischen Angriffen des Abwassers keinen genügenden Widerstand entgegen-
zusetzen vermöchte, hat sich als unbegründet erwiesen. Vorzügliches Material
und aufmerksame Arbeit vorausgesetzt, können sowohl Zement als Beton der
Einwirkung normal zusammengesetzter Abwässer unbedenklich direkt aus-
gesetzt werden. Industriewässer mit einem etwa I^/qo übersteigenden Gehalt
an freier Säure, sowie einer höheren Temperatur als etwa 45 — 50^ C. müssen
allerdings von der Einleitung in die Kanäle entweder ganz ausgeschlossen
werden oder zumindest einer Neutralisation bezw. Abkühlung unterworfen
werden. Vielfach werden die in Stampfbeton herzustellenden Kanäle mit
Sohlstücken oder Schalen aus glasiertem Steinzeug ausgekleidet, welch letztere
446
m. Die Kanalisation der Ortschaften etc.
dann bis Ober das Niveau der normalen Brauch Wasserführung emporzuziehen
sind. Diese Ausführungsweise bildet einen wirksamen Schutz gegen die An-
griffe des bei starker Strömung mitgerissenen Sandes (Fig. 182).
Steinzeugröhren werden als Muffenröhren in Baulängen von 1 m
und 70 mm Muffenlänge von den meisten Fabriken bis zu Durchmessern von
600 mm als Lagerware erzeugt. Zur Vermittlung des Überganges zwischen ver-
schiedenen Durchmessern dienen Reduktionsstücke, für Richtungsänderungen
Bogenröhren mit Zentriwinkeln von 90, 60, 45, 30 und 15^. Für die Einleitung
von Nebenkanälen kommen einfache oder doppelte Zweigröhren in Verwen-
dung und sind die schiefen Abzweigungen den normalen unbedingt vorzu-
ziehen. Fassonröhren erhalten meist Baulängen von 60 cm. In neuerer
Zeit werden auch Steinzeugröhren mit elliptischem und eiförmigem Quer-
schnitte angefertigt, dieselben sind aber zufolge der Schwierigkeiten der
Herstellung, namentlich des Verziehens beim Brennen, wesentlich teuerer
als Kreisröhren.
Die Verbindung
der Steinzeugröhren er-
folgte früher zumeist
mit Hanfstrick und
Lehmausstampfung der
Muffe. Die geringe
Widerstandsfähigteit
dieser Materialien gegen
wiederholten Wechsel
von Trockenheit und
Feuchtigkeit sowie die
vollständige Zerstörung
der Dichtung durch den
geringsten inneren
Überdruck haben zum gänzlichen Aufgeben dieser Dichtungsart geführt.
Auch die Dichtung mit Zementmörtel hat sich nicht voll bewährt, denn
abgesehen davon, daß durch Verwendung minderwertiger Zemente oder
nicht vollkommen reinen Sandes ein Zersprengen der Muffe zu befürchten
ist, wird bei gelungener Dichtung der Rohrstrang zu einem unnach-
giebigen Ganzen, das bei der geringsten Setzung einen Rohrbruch herbei-
führen kann. Die beste Dichtung erfolgt unter Verwendung von Asphaltkitt,
einer Mischung von Asphalt, Goudron und Teer. Dieselbe wird ähnlich wie
die Bleidichtung von gußeisernen Wasserleitungsröhren ausgeführt. In die
Muffe wird zuerst ein geteerter Hanfstrick mit dem Dichteisen fest eingestampft
und nach Anbringung eines Lehmwulstes oder eines Gießringes der heiße
Asphaltkitt in dünnflüssigem Zustande eingegossen. Es gibt auch Vorrichtungen,
welche ermöglichen, den Hanfstrick, der in Berührung mit den Abwässern
leicht der Zerstörung durch Fäulnis unterliegt, ganz wegzulassen. Der zu
diesem Zwecke viel verwendete Beinhauersche Apparat besteht aus einem
zylindrischen Luftkissen, das unter den Stoß geschoben und aufgepumpt die
Fuge nach innen vollkommen dicht schließt und so ein Eindringen des
flüssigen Dichtungsmateriales in das Rohrinnere hindert
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Fig. 182. Eikanal aus Stampfbeton mit Steinzengsohalen.
A. Kanalisation der Ortschaften. 447
Der Bedarf an Asphaltkitt beträgt ungefähr (nach A. Frühling) pro
Verbindungsstelle :
Rohrweite in Millimeter. .. 160 200 260 300 360 400 450 600 600
Kittbedarf in Kilogramm . . 1,0 1,2 1,6 2,0 3,6 6,0 7,7 9,0 10,0
Der Preis des Asphaltkittes beträgt ca. ... 7—8,6 K ö. W. pro 100 kg.
Der Preis der geteerten Hanfstricke ca. . . . 60 — 66 K ö. W. pro 100 kg.
(Siehe die Tabellen anf Seite 448.)
Zementröhren werden sowohl mit kreisförmigem als auch eiförmigem
Querschnitte fabriksmäßig hergestellt. Die Kreisröhren werden teils dick-
wandig aus reinem Zement, teils dünnwandig mit Eiseneinlagen angefertigt.
Gerade Röhren erhalten Baulängen von 1 m, Fassonröhren (Verjüngungsstücke,
ßogenstücke, Abzweigröhren) 60 cm Baulänge. Die starkwandigen Röhren
erhalten zur besseren Auflagerung in der Baugrube eine ebene Sohle. Ihre
Verbindung erfolgt mit Halbfalz, als Dichtungsmittel dient Zementmörtel.
Bei Ausführung der Dichtung ist darauf zu achten, dafl die zu verbindenden
Rohrenden gut angenäUt werden. Der in das Innere der Röhren quellende
Mörtel ist sorgfältig glatt zu streichen und die Fuge außen mit einem Zement-
wulst zu umgeben.
Die dünnwandigen Röhren mit Eiseneinlagen werden teils als
Muffenröhren (Zisselerröhren), teils mit glatten Enden ausgeführt (Monier-
röhren, Bonnaröhren mit Profileiseneinlagen) und dann mit Überschubmuffen
verbunden. Vielfach sind besondere Unterlagsstücke zur Sicherung der Rohr-
verbindung gebräuchlich.
Eine besondere Type von Zementröhren hat Stadtbaurat Metzger-
Bromberg für die Zwecke der Trennkanalisation eingeführt. Dieselben be-
stehen aus zu einem einzigen Körper vereinigten Doppelleitungen, von
denen die größere (obere) der Ableitung der Regenwässer, die kleinere
(untere) zur Schmutzwasserableitung dient.
(Siehe die Tabellen auf Seite 449 und 450.)
Die in der Baugrube aus Ziegelmauerwerk oder Stampfbeton
hergestellten Kanäle erhalten vielfach Sohlstücke aus Steinzeug oder Stampf-
beton, sowie aus denselben Materialien angefertigte Scheitel- oder Seitenein-
laßstücke zum Anschlüsse von Rohrkanälen. Betoneisenkonstruktionen
eignen sich besonders bei Ausführungen auf wenig tragfähigem Untergrunde,
sowie bei beschränkter Konstruktionshöhe.
Das in die wiederverfüUte Baugrube zusitzende Grundwasser findet zu-
meist schon längs der äußeren Kanalwandung hinlängliche Abflußmöglichkeit.
Bei stärkerem Grundwasserandrange und überall dort, wo eine dauernde
Tieferlegung des Grundwasserspiegels angestrebt wird, werden Drainröhren
oder gelochte Steinzeugröhren längs der Kanalsohle oder unter derselben
verlegt. Eine Einleitung der gesammelten Grundwässer in den Kanal darf
nur so vorgenommen werden, daß nicht auch umgekehrt Kanalwasser in den
Untergrund austreten kann. Dies kann dadurch bewerkstelligt werden, daß
die Sickerröhren an gedichtete Tonrohrleitungen angeschlossen, letztere all-
448
ni. Die Kanalisation der Ortschaften etc.
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III. Die Kanalisation der Ortschaften etc.
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A. Kanalisation der Ortschaften.
451
mählich hochgeführt und nach Erreichung des entsprechenden Niveaus über
dem höchsten Kanalwasserspiegel zum Ausgießen gebracht werden.
VL Notauslässe und Regenüberfälle.
Da bei Dimensionierung der Sammler nicht auf die größten Nieder-
schläge Rücksicht genommen werden kann, sind dieselben mit Einrichtungen
zu versehen, welche bei größerem Wasserandrange eine wirksame Entlastung
nach einem offenen Vorfluter gestatten. Vielfach werden derartige Ent-
lastungsanlagen sogar schon für normale Regenabflüsse zugelassen, sobald
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Flg. 183. NotauslaA.
durch dieselben nur ein den Verhältnissen des Vorfluters angemessenes Ver-
dünnungsverhältnis, das sich zumeist zwischen 1 : 2 — 1 : 6 bewegt, erreicht ist.
Die Notauslässe werden mit von der Hand zu betätigenden Schieber-
verschlüssen und Abschlußtüren oder mit Rückstauklappen ausgestattet, die
durch Gewichte so ausbalanziert sind, daß sie sich erst nach Erreichung eines
bestimmten Überdruckes öffnen, hingegen bei höheren Außenwasserständen
ein Einströmen des Wassers in den Kanal hindern.
Die Regenüberfälle werden zumeist nach Art der Streichwehre an-
geordnet und können ^s vollkommene oder unvollkommene Überfälle wirken.
Auch im letzteren Falle sollte der Wasserspiegel des Vorfluters auch bei
höheren Wasserständen noch tiefer gelegen sein als die Überfallskante. Läßt
sich dies nicht erzielen, so muß der Überfall mit beweglichen Aufsätzen aus-
gestattet oder der .Ablaufkanal durch Schieber oder Klappen vor dem Rück-
29*
452 ^n* ^^^ Kanalisation der Ortschaften etc.
Stau aus dem Vorfluter geschützt werden. Nachdem die Kulmination des
Kanalwasserabflusses wohl nur ausnahmsweise mit den Hochwasserständen
im Vorfluter zusammenfällt, kann dann trotz hoher Lage des letzteren zumeist
noch eine hinlängliche Entlastung erzielt werden. Die durch den Regenaus-
lafi abzuführenden Wassermengen, sowie dessen Laufzeit lassen sich an der
Hand der Abflufidiagramme unschwer bestimmen. Die Dimensionen des
Überfalls sind nach den bekannten Formeln für Überfall- bezw. Grundwehre
zu berechnen (Fig. 183).
VIL Einsteigschächte und Lampenlöcher.
An allen Vereinigungsstellen von Kanälen, bei Richtungsänderungen
und Gefällsbrüchen, event. auch in der kurrenten Kanalstrecke sind Einsteig-
schächte anzuordnen, deren gegenseitiger Abstand 100 m nicht überschreiten
darf, und sollten dieselben nur bei sehr beschränkten Raumverhältnissen
durch Lampenschächte ersetzt werden. Die Schächte müssen in ihrem
unteren Teile Lichtweiten von mindestens 1 m erhalten und dieses Ausmafi
auf Manneshöhe beibehalten, um den Arbeitern ein Aufrechtstehen und freie
Hantierung zu ermöglichen. Nach oben können sich
die Schächte dann konisch oder treppenförmig ver-
engen, um die Anbringung eines massiven, gut
schließenden Schachtdeckels zu erleichtern. Die
Schächte erhalten kreisrunden oder quadratischen Quer-
schnitt und werden die Wände in Mauerwerk, Stampf-
^ ^ "' beton oder aus fabriksmäßig erzeugten Schachtringen
^' M^hacwT^^''" aufgeführt. Die Sohle wird meist nachträglich ein-
betoniert, da sich bei dieser Ausführungsweise die
rinnnenförmige Fortsetzung der angeschlossenen Kanalprofile am leichtesten
durchführen läßt, denn es ist nicht empfehlenswert, die Schachtsohle tiefer zu
legen als die Kanalsohle und hierdurch diese zahlreichen Objekte als oft
zu reinigende Schlammfänge wirken zu lassen. Für den Einstieg sind Steig-
eisen den Leitern vorzuziehen. Bei Kanälen mit großer Wasserführung muß
der Einsteigschacht seitlich von der Kanalachse angeordnet werden und
unten mit einer über dem Niveau des Trockenwetterabflusses angelegten Platt-
form enden.
Lampenschächte bestehen aus einfachen, auf den Scheitel der Rohr-
kanäle aufgesetzten, vertikal nach aufwärts geführten Steinzeugröhren, die im
Straßenniveau in einer auf einem vom Rohre unabhängigen Fundament ge-
lagerten Straßenkappe enden (Fig. 184).
Vin. Strafseneinläufe.
Zur Einleitung der Straßenabwässer in die Kanäle dienen Einlaßobjekte,
welche beiderseits der Fahrbahn angeordnet werden. Bei verkehrsreichen
Straßen mit schwachem Gefälle darf die Distanz der einzelnen Einlasse 40
bis 50 m nicht überschreiten, bei schwächerem Verkehr und starkem Gefälle
können dieselben 80 — 100 m auseinanderliegen, und sind bei der Austeilung
die Straßenkreuzungen in erster Linie zu berücksichtigen. Der Wasserein-
A. Kanalisation der Ortschaften.
453
tritt erfolgt durch in der Rinnsteinsohle angeordnete Roste oder im Bordstein
der Seitenwege eingearbeitete Öffnungen (Froschmäuler). Die Straßeneinläufe
sind stets mit Schlammfängen zur Zurückhaltung des von der Straßenober-
fläche abgeschwemmten Sandes und Schlammes, sowie mit frostfrei, also in
Tiefen von 0,8 — 1,0 m unter Terrain gelegenen Wasserverschlüssen auszu-
statten.
In Fig. 185 ist eine ältere Type eines ganz in Mauerwerk hergestellten
und mit einer gerippten Eisenplatte abgedeckten Straßeneinlaufs (bei der
a Schnitt AB.
b Schnitt EF.
Bt
m
1
2C
d Schnitt CD.
Flg. 185. Straßeneinlanf In Neapel.
Kanalisierung von Neapel zur Ausführung gebracht) dargestellt. Derzeit ge-
langen häufiger fabriksmäßig aus Gußeisen, Steinzeug oder Zementbeton
hergestellte Straßensinkkasten zur Verwendung. Dieselben besitzen Licht-
weiten von 35 — 45 cm und eine Gesamttiefe von 1,80 — 2,30 m. In den
Schlammfang wird zur Erleichterung der Schlammentfernung ein stark ver-
zinkter eiserner Eimer eingestellt, der sich mit seinem oberen Rande fest an
die mit einem Dichtungsring versehene Sinkkastenwand anschließt (Fig. 186)
(Konstruktion der Firma Geiger -Karlsruhe) oder einen Kautschukring zur
Vermittlung des Dichtschlusses (nach Mai rieh) erhält. Der Eimerboden wird
nach Geiger aufklappbar eingerichtet, um die Schlammentleerung in be-
sondere Schlammtransportwagen zu erleichtem. Der Wasserverschluß ist
454
m. Die Kanalisation der Ortschaften etc.
bei einzelnen Konstruktionen mit dem Sinkkasten fest verbunden, bei anderen
durch ein mit der Krümmung nach oben zu verlegendes Bogenrohr herzustellen.
Die Verbindung des Sinkkastens
mit dem Straßenkanal erfolgt durch
ein Tonrohr von 150 — 200 mm
Lichtweite (Fig. 187). Die Einlauf-
gitter müssen kräftig gebaut sein,
um die Last und die Stöße der
gelegentlich über dieselben fahren-
den Wagen auszuhalten, und sind
dieselben bei den dünnwandigen
Sinkkastentypen nicht auf die Ge-
fäßwand, sondern auf ein beson-
ders herzustellendes Fundament
aufzusetzen.
IX. Hausanschlüsse.
Die Ableitung der Hausabwässer
erfolgt durch Tonrohrleitungen von
150— 200 mm Lichtweite, welche wo-
möglich ein Mindestgefälle von 2®/q
Flg. 186. Strafienslnkkasten aus Zementbeton,
System Gelger : JD = 40- 45 cm, H= 160—176 om,
*=60, 76, 100 cm, «=86 cm, r=16cm, WT =96,
ISO, 145 cm, A = 16— ao cm.
Flg. 187. Straflenquerschnltt
erhalten sollen, während das Maximalgefälle etwa 10 ^/^ nicht überschreiten soll.
Der Anschluß an die Straßenkanäle erfolgt ebenso wie bei den Straßenein-
läufen unter Benutzung von Fassonröhren, bei Rohrkanälen, bei gemauerten
oder betonierten Kanälen mit Formstücken aus Steinzeug oder Zementbeton,
welche in die Kanalwandung oder den Gewölbescheitel eingesetzt werden.
Seitliche Einmündungen sollen nicht zu tief, jedenfalls aber über dem Niveau
des Trockenabflusses liegen, um Rückstau in die Häuser zu vermeiden. Die
Regenröhren der Dächer sowie die Ableitungen der ebenfalls mit Sinkkasten
auszustattenden Einlaufe für die Hofwässer werden zumeist direkt an die
Hausleitungen angeschlossen und letztere durch Wasserverschlüsse von den
Straßenkanälen getrennt, um den Eintritt der Kanalgase in die Häuser zu
verhindern. Um die engen Hauskanäle vor Verstopfung durch das gerinnende
Fett aus größeren Küchen, Wäschereien, Seifensiedereien, Schlachthöfen und
Fleischhauereien zu schützen, sind Fettfänge anzulegen.
X« Spülanlagen.
Die nicht schliefbaren Rohrkanäle, insbesondere jene bei Trennkanalisa-
tionen, die der natürlichen Spülung durch Regenwasser entbehren, müssen
A. Kanalisation der Ortschaften.
455
in kurzen, regelmäßigen Intervallen künstlich durchgespült und hierdurch von
Schlammablagerungen befreit werden.
In Rohrkanälen von kleinem Durchmesser können zur Erzeugung des
Spülstromes die Einsteigschächte verwendet werden, wenn die Mündung der
aus denselben abgehenden Rohrstränge mit dauernd befestigten Handzug-
Schiebern oder sonstigen, event. nur temporär anzubringenden Abschluflvor-
richtungen ausgestattet werden. Diese Spülmethode, bei der zumeist nur das
angestaute Kanalwasser als Spülwasser dient, hat den Nachteil, daß das ein-
gestaute Abwasser selbst zur Schlammablagerung Anlaß geben kann und die
Kanäle einem inneren Überdrucke ausgesetzt werden. Eine intensivere
Fig. 188. Spülapparat, System B ö c k 1 n g.
Spülung erreicht man durch Anlage besonderer Spülkammem von 1 — 20 m*
Inhalt, welche mit reinem Leitungswasser, dem Ablaufe von Auslaufbrunnen,
Zierbrunnen oder Fontänen gespeist und für automatischen Betrieb oder eine
Bedienung von der Hand eingerichtet werden.
Die automatisch wirkenden Spüler sind zumeist nach dem Prinzipe des
Glockenhebers konstruiert. Fig. 188 zeigt einen solchen Kanalspülapparat
nach dem System der Firma R. Böcking & Co., Halbergerhütte. Der Spül-
apparat, der in einem beliebig geformten Schachte untergebracht werden
kann, besitzt ein Überfallrohr /?, welches mit einer bei O mit Öffnungen ver-
sehenen Zylinderkappe (Glocke) / bedeckt ist. Ist das Wassemiveau in der
Kammer bis zur Oberkante des Abfallrohres gestiegen, so tritt der Heber
durch Injektorwirkung in Aktion und erfolgt eine rasche Entleerung des
456
m. Die Kanalisation der Ortschaften etc.
ganzen Beckens. Die Injektorwirkung wird durch den trompetenförmigen
Einsatz am oberen Ende von i?, welcher die Ausbildung eines konzentrierten
Wasserstrahles begünstigt, kräftig unterstützt. Die Absperrung der Außenluft
erfolgt durch den Wasserspiegel des Syphonbeckens. Der Wasserzufluß
darf nicht zu gering bemessen werden, da sich sonst die Heberwirkung nicht
einstellt. Zur Hintanhaltung dieses Übelstandes werden die automatischen
Oluerschnitt.
Längsschnitt.
SfriiSTflUtppt
^Ali.yhA
Flg. 189. SpUlkammer.
Spülapparate vielfach mit Schwimmerschalen oder Kippgefäßen ausgestattet
(System Geiger).
Fig. 189 zeigt eine Spülkammer für Handbetrieb nach einer bei der
Kanalisation der Stadt Wien gebräuchlichen Type. Diese Anordnung ist
besonders dort am Platze, wo von einem Hochpunkte aus verschiedene Rohr-
stränge gleichzeitig beherrscht werden können.
In weiteren Kanälen kann man sich zur Erzeugung der Spülwelle sogen.
Überfallschieber oder Spültüren bedienen, Verschlüsse, die nur den unteren Teil
A. Kanalisatioo der Ortschaften. . 457
des Profiles absperren und hierdurch das Auftreten eines inneren Überdruckes
ausschließen. Die SpOltüren werden vielfach so hergestellt, dafi sich dieselben
nach Erreichung eines entsprechenden Staues selbsttätig öffnen.
Die Wirkung der Spül welle erstreckt sich nur auf eine kurze Kanal-
strecke und ist deshalb eine Spülung von zahlreichen Punkten unter Ver-
wendung geringerer Wassermengen meist wirksamer, als jene von wenigen
Punkten mit großen Wassermengen. Als Spülwasserbedarf ist pro 1 km
Kanallänge und Jahr ein Wasserquantum von 500 — 1000 m^ zu rechnen.
XL Lüftung der Kanäle.
Zwecks ständiger Erneuerung der sich rasch mit übelriechenden oder
selbst giftigen Fäulnisgasen (Ammoniak, Schwefelwasserstoff, Kohlensäure
und Kohlenwasserstoffe) beladenen Kanalluft, sowie auch zur Erleichterung
des Luftaustausches bei wechselnder Wasserführung der Kanäle müssen be-
sondere Lüftungseinrichtungen getroffen werden, da die mit Wasserverschlüssen
ausgestatteten Straßeneinläufe und Hausanschlüsse eine Kommunikation
zwischen Kanalluft und Außenluft verhindern. Zur Ableitung der Luft bei
raschem Wasserandrange genügt es, an hoch gelegenen Punkten die auf den
Kanalscheitel aufgesetzten Einsteig- und Revisionsschächte mit durchbrochenen
Schachtdeckeln zu versehen, doch sind dann zeitweise Geruchsbelästigungen
unvermeidlich. Werden die Regenabfallrohre der Dächer direkt in die Straßen-
kanäle eingeführt oder erst hinter den Hauswasserverschlüssen mit den Haus-
anschlußleitungen vereinigt, so tragen dieselben wesentlich zur Lufterneuerung
in regenloser Zeit bei. Bei größeren Anlagen empfiehlt sich die Anbringung
besonderer Luftschlote.
Auch die Hausentwässerungsanlagen selbst sind mit besonderen, bis über
die Dachfläche emporreichenden Lüftungsröhren zu verbinden. Letztere ver-
hindern gleichzeitig das beim raschen Ablassen größerer Wassermengen
(Entleeren von Badewannen u. dergl.) oft beobachtete und durch eine Injektor-
wirkung in den Abfallröhren zustande kommende Absaugen der Wasser-
verschlüsse der in den Stockwerken angebrachten Ausgüsse.
XU. Mechanische Hebung der Abwässer.
Bei hoher Lage des Wasserspiegels des Vorfluters oder der Abwässer-
reinigungsanlage wird eine mechanische Hebung der Kanalwässer erforderlich.
Die Leistungsfähigkeit des Hebewerkes ist hierbei beim Trennsystem mit
Rücksicht auf den größten stündlichen Wasserzulauf, beim Sammelsystem auf
Grundlage des vor Wirksamkeit der Notauslässe erreichten Verdünnungsgrades
der Abwässer zu bemessen.
Als Fördermaschinen kommen bei kleinen Förderhöhen in erster Linie
Zentrifugalpumpen in Betracht. Bei größeren Förderhöhen und langen
Anschlußleitungen, also namentlich den Druckleitungen nach entfernt gelegenen
Rieselfeldern, wird zumeist die Aufstellung von Kolbenpumpen vorgezogen.
Zur Schonung dieser Mechanismen sind die Abwässer durch Vorschaltung
von Sandfängen, sowie der später zu besprechenden Vorrichtungen zur Ent-
fernung der groben Schwimm- und Schwebestoffe einer Vorreinigung zu
unterwerfen.
458
ni. Die Kanalisation der Ortschaften etc.
Für den Antrieb der Pumpen kommen neben der Dampfmaschine
insbesondere Explosionsmotoren sowie Elektromotoren in Betracht
Letztere beiden Motorgattungen, welche eine namentlich bei kleinen Anlagen
besonders wertvolle Einfachheit in der Bedienung für sich haben, gestatten
überdies eine rasche Anpassung an die besonders beim Sammelsystem zu
gewärtigenden plötzlichen Belastungssteigerungen beim Eintritt von Regen-
fällen. Sauggasanlagen bieten zudem die Möglichkeit, den Abwässerklär-
schlamm als Brennmaterial mitverwenden und hierdurch dessen kalorischen
Wert vollkommener ausnützen zu können, als durch Kesselfeuerung.
Bezüglich der Kosten der Wasserförderung macht Metzger nach-
stehende Angaben:
Förderhöhe in Meter .... . . 10 15 20 25 30 35 40
Förderkosten pro 1 m« in Heller . 1,20 1,50 1,75 2,05 2,30 2,50 2,75
Dieselben umfassen die Aufwendungen für Heizmaterial, Bedienung und
Schmieröl, nicht aber auch die Verzinsung und Tilgung des Anlagekapitals.
Die Anlagekosten von Explosionsmotoren und Sauggasanlagen sind in
den nachstehenden Tabellen zusammengestellt.^)
Stationäre Explosionsmotoren.
Nominelle Leistung in effektiven Pferdestärken
Maximale „ „ ,, „
Umdrehungszahl pro Minute
Gewicht in Kilogramm
Preis in Kronen für den Betrieb mit Leuchtgas
„ „ „ „ „ „ „ flüssigem Brenn.
Stoff (Benzin, Spiritus)
1
1,4
250
430
1600
1900
2
2,5
250
660
2000
2400
3
4
250
850
2500
3000
4
5
240
1080
3000
3400
6
7
240
1250
3500
4000
8
10
220
1900
4000
4500
Nominelle Leistung in effektiven Pferdestärken
Maximale „ „ „ „
Umdrehungszahl pro Minute
Gewicht in Kilogramm
Preis in Kronen für den Betrieb mit Leuchtgas
,, „ „ „ „ „ „ flüssigem Brenn
Stoff (Benzin, Spiritus)
10
12
200
2400
5000
5500
12
14
200
2500
5500
6000
16
20
200
3400
6600
7100
20
25
200
4200
7600
8400
30
200
4500
8700
9500
30
35
200
ölOO
9700
10400
Sauggeneratorgasanlagen.
Nominelle Leistung in effekt. Pferdestärken
8
10
12
16
20
25
30
Maximale „ ,, „ „
9
11
14
18
22
28
33
Gewicht in Kilogramm der Generator-
gasanlage . .
1500
1600
1700
1800
2200
2300
2400
„ „ „ des zugehörigen
Motors . . .
2000
2500
2600
3600
4400
4700
5400
Preis in Kronen der Generatorgasanlage
2100
2200
2300
2400
2600
2800
3000
„ „ „ des zugehörigen Motors .
4800
5500
5800
7200
8000
9000
10000
^) Nach Prof. J. Rezek aus: „Hitschmann, Vademekum für den Landwirt".
A. Kanalisation der Ortschaflen. 459
Der Brennmaterialverbrauch pro Nutzpferdestunde kann für Explosions-
motoren folgendermaßen veranschlagt werden:
An Leuchtgas 600 1,
„ Benzin 0,33 kg,
„ Spiritus von 90 Volumprozent . . 0,40 „ .
Sauggasmotoren verbrauchen ca. 0,5 kg Anthrazit oder 0,8 kg Koks.
Eine namentlich in England und Amerika in mittleren und kleinen Orten
mit bestem Erfolge angewandte Art der Abwässerhebung ist jene durch
Druckluft unter Verwendung der Shoneschen Ejektoren.
Dieses System ist dadurch charakterisiert, daß die Abwässer den natür-
lichen Tiefpunkten des Ortsgebietes zugeleitet werden, sich dort in unterirdisch
eingebauten Druckkesseln sammeln und zeitweise mit Hilfe von Druckluft, die
von einer zentralen Kompressoranlage geliefert wird, nach einer gemeinsamen
Pumpstation oder direkt in Gravitationskanäle gehoben werden. Die Stadt
Ar ad in Ungarn ist nach diesem Systeme kanalisiert.
XIII. Ausmündungen der Kanäle in die Vorfluten
Sowohl bei der Einleitung ungereinigter Abwässer in wasserreiche
Vorfluter, sowie auch bei Ableitung gereinigter Abwässer ist bei der Wahl
und der technischen Ausgestaltung der Ausmündungsstelle das Augenmerk
darauf zu richten, eine möglichst rasche und vollständige Vermischung von
Abwasser und Flußwasser zu erzielen. Die Ausmündungen sind daher an
der Strömung frei zugängliche Stellen zu verlegen und weit gegen den
Stromstrich vorzuschieben. Hierzu eignet sich besonders die Anordnung
eines zur Stromrichtung deklinant verlegten, unter Niederwasser endigenden
Rohres.
Abschlußvorrichtungen an den Ausmündungen kommen nur dort in
Anwendung, wo bei zeitweise höheren Wasserständen im Vorfluter eine
mechanische Wasserhebung vorgesehen ist. Über derlei Zwecken dienende
Hänge- oder Pendelklappen, ausbalancierte Schützen, Schieber und Tore geben
die Preisbücher der in diesen Konstruktionen reich erfahrenen Spezialfirmen
(G. Geiger & Co., Karlsruhe, Böcking & Co., Halbergerhütte) Aufschluß.
XIV. Bau- und Betriebskosten der Kanalisationsanlagen.
Die Baukosten der Kanalisationsanlagen werden von so vielen örtlichen
Bedingungen, wie Ausdehnung und Besiedelungsdichte, Terraingefälle, Unter-
grundbeschaffenheit, Lage der Vorflut u. a. m., sowie insbesondere von dem
speziellen Kanalisationssystem beeinflußt, so daß generelle Veranschlagungen
sich nur innerhalb eines bedeutenden Spielraumes bewegen können.
Bei Teilkanalisationen wird im Minimum mit einem Aufwände von
10 — 20 K pro Kopf bezw. 15 — 25 K pro lfd. m der Kanallänge zu rechnen
sein. Schwemmkanäle erfordern in kleinen und mittleren Ortschaften etwa
20—40 K pro Kopf bezw. 30—50 K pro lfd. m Kanallänge. Die Kosten der
Trennkanäle stellen sich, wenn nicht die Verhältnisse für die Ableitung der
Regenkanäle besonders günstig sind, sogar noch höher.
460 ^^^' P^^ Kanalisation der OrUchaften etc.
Für die Betriebskosten kommen neben den Aufwendungen für die
bauliche Instandhaltung der Anlage, die mit etwa 1 ^'/q des Anlagekapitals
zu veranschlagen sind, noch die Kosten für die Reinigung und Spülung der
Kanäle in Betracht. Dieselben betragen pro lfd. m Kanallänge und Jahr etwa
0,25 — 0,50 K, wobei die größeren Zahlen für die kleineren Anlagen gelten.
Die Kosten der maschinellen Wasserhebung und Abwasserreinigung sind
jeweils separat zu veranschlagen.
B. Reinigung und landwirtschaftliche Verwertung
der Abwässer.
Im Rahmen dieses Handbuches können lediglich die städtischen Abwässer
sowie die Abwässer der landwirtschaftlichen Industrien, wie Zuckerfabriken,
Brauereien, Hefe- und Stärkefabriken, Molkereien und Schlachthäuser, Be-
rücksichtigung finden.
Unter städtischen Abwässern seien hierbei im allgemeinen jene Abwässer
verstanden, die aus gelegentlich durch Regenwasser verdünnten Haus- und
Straßenabflüssen mit oder ohne Zumischung von Fäkalien zusammengesetzt
sind und nur geringe Mengen von Industrieabflüssen (namentlich jener der
vornehmlich anorganische Beimischungen liefernden metallurgischen und der
chemischen Industrien) enthalten.
Unterliegt schon die Abschätzung der bei Einführung einer Kanalisation
zu erwartenden Abwassermenge ziemlichen Schwierigkeiten, so begegnet
eine auch nur annähernde Vorausbestimmung sowohl der absoluten Menge
der abzuführenden Schrautzstoffe als auch des Verunreinigungsgrades der
Wässer noch weit größeren Unsicherheiten. Denn die Beschaffenheit der
Abwässer wechselt von Ort zu Ort ganz bedeutend und unterliegt auch in
ein und derselben Kanalisationsanlage weitgehenden täglichen und jahres-
zeitlichen Schwankungen.^)
Die Mitteilung von Analysenergebnissen, die doch zumeist nur einzelne
Stichproben betreffen, mag deshalb zur Charakterisierung des Effektes einzelner
Reinigungsverfahren vorbehalten bleiben.
In chemischer Hinsicht können die städtischen Abwässer als äußerst
verdünnte Lösungen von Kristalloiden und Kolloiden, die stark wechselnde
Mengen von ungelösten Stoffen enthalten und zumeist alkalische Reaktion
besitzen, angesehen werden.
Bei einem Wasserverbrauch von etwa 100 1 pro Kopf und Tag bewegt
sich die Menge der in den städtischen Abwässern in regenloser Zeit zu
gewärtigenden suspendierten Stoffe zwischen 500 — 1500 mg pro Liter; 25 bis
50®/q derselben sind mineralisch, 50 — 75®/o organischer Natur. Der Gehalt
an gelösten Stoffen schwankt etwa zwischen 800 — 2500 mg/1 und tritt hier
zumeist (u. zw. namentlich bei großer Härte des Wasserleitungswassers) der
Gehalt an organischen Stoffen etwas zurück; derselbe beträgt beiläufig 25 bis
^) Über Entnahme und Untersuchung der Abwasserproben vergl.: Dr. K. Farnsteiner,
Dr. P. Buttenberg und Dr. O. Korn, Leitfaden für die chemische Untersuchung der Ab-
wässer. Berlin 1902. — Dr. C. Mez, Mikroskopische Wasseranalyse. Berlin 1898.
B. Reinigung und landwirtschaftliche Verwertung der Abwässer. 461
400/o. In den gelösten Stoffen finden sich 60—120 mg Stickstoff, 40— 80 mg
Kali, 10—40 mg Phosphorsäure, 100—200 mg Chlor. Städtische Abwässer
erfordern zur vollständigen Oxydation der gelösten Substanz etwa 150—400 mg
Permanganat. Dem entspricht ein Sauerstoffverbrauch von rund 37,5 — 160 mg
U mg KMnO^^ gibt ab 0,253 mg O).
Es muß betont werden, daß bei einem derartigen Wasserverbrauche die
prozentuale Zusammensetzung der Abwässer durch Fäkal ieneinleitung eine
praktisch kaum merkbare Veränderung erleidet, obwohl, absolut genommen,
die pro Kopf und Jahr in Ansatz zu bringende Menge an Auswurfstoffen
keineswegs gering ist.
Dieselbe beträgt nach Heiden:
Im Kot Im Harn Znsammen
kg kg kg
Im natürlichen Zustande . . 48,0 438,0 486,0
Trockensubstanz 11,0 23,0 34,0
Hierin:
Organische Substanz . . 9,4 18,2 27,6
Mineralstoffe 1.6 4,8 6,4
und zwar:
Stickstoff 0,8 4,4 5,2
Phosphorsäure .... 0,6 0,66 1,26
Kali 0,27 0,81 1,08
Von den angeführten Mengen gelangt aber — namentlich was den Harn
anbetrifft — zumeist nur ein Bruchteil in die Kanäle.
Neben den in den mannigfaltigsten Verbindungsformen in den Abwässern
enthaltenen organischen und anorganischen Fremdstoffen müssen noch die
Kleinlebewesen erwähnt werden. Die für die Umbildung der zersetzungs-
fähigen organischen Substanz besonders wichtige Bakterienwelt tritt hierbei in
den Vordergrund. Bei der allgemeinen Verbreitung derselben in der Natur
ist deren Auftreten in den Abwässern um so mehr zu gewärtigen, als ihnen
hier äußerst günstige Entwickelungsbedingungen, wie reichliche Nahrung, hohe,
gleichmäßige Temperatur, träger Lauf und Ausschluß des Lichtes, geboten sind.
Nachdem die Fälle, daß das Bakterienleben in den städtischen Abwässern
durch den Zutritt entwickelungshemmender oder keimtötender Substanzen —
wie solche von verschiedenen Industriebetrieben geliefert werden — ver-
nichtet werde, zu den Ausnabmeerscheinungen gehört, werden in 1 cm* Ab-
wässer zumeist mehrere Millionen von entwickelungsfähigen Keimen anzutreffen
sein und unter diesen, namentlich bei Fäkalienzuleitung, auch Vertreter der
für den Menschen pathogenen Arten vorkommen.
Ein so kompliziert zusammengesetztes Produkt muß naturgemäß schon
in den Unratkanälen selbst mannigfachen Veränderungen unterliegen. Neben
der vom Wechsel der Wasserstände bedingten Ablagerung und neuerlichen
Aufwirbelung, der mechanischen Zerkleinerung und Lösung der festen Stoffe
werden sich stets auch in der Flüssigkeit selbst chemische und biologische
Umsetzungen abspielen, so daß am Kanalauslaufe eine zumeist schon in einem
4g2 in. Die Kanalisation der Ortschaften etc.
vorgeschrittenen Grade der Zersetzung befindliche Flüssigkeit von unan-
genehmem Gerüche eintreffen wird.
Die neben der bei Einleitung ungereinigter Abwässer in einen Flufilauf
erzielten Verdünnung zur weiteren natürlichen Selbstreinigung der Wasser-
läufe beitragenden mechanischen, chemischen und biologischen Prozesse sind
qualitativ mit jenen identisch, die den zur künstlichen Unschädlichmachung
der Abwässer in Anwendung kommenden Verfahren zugrunde liegen.
Ein Unterschied besteht nur insofern, als dieselben in der freien Natur
unter wesentlich ungünstigeren, ja vielfach sogar störenden äufieren Umständen
ablaufen, so daß es hier zur Erreichung des Endeffektes längerer Zeiträume
bedarf, in deren Verlauf sich die Verunreinigungszone mit der fließenden
Welle über weite Flußstrecken ausdehnen und die in der Einleitung bereits
geschilderten Mißstände schaffen kann.
In den Reinigungsanlagen, in denen diese Prozesse durch besondere
technische Maßnahmen, unterstützt mit gesteigerter Intensität, ablaufen, lassen
sich die für ihr Zustandekommen maßgebenden Faktoren viel leichter über-
blicken als in den Flußläufen, und mag deshalb das natürliche Selbstreinigungs-
vermögen der Flüsse erst nach Besprechung der künstlichen Reinigungs-
verfahren seine Behandlung finden.
L Mechanische Reinigung.
Durch mechanische Reinigung lassen sich lediglich die ungelösten
Fremdstoffe aus den Abwässern mehr oder minder vollständig entfernen, und
zwar werden die gröberen Schwimm- und Schwebestoffe mit Hilfe besonderer
Mechanismen zurückgehalten, die Sinkstoffe durch Sedimentation ausgeschieden
(Klärung).
X. Mechanismen zur Zurückhaltung der Schwimm- und Schwebestoffe.
Dieselben gelangen als feststehende Stabrechen, rotierende Rechen
(Flügelrechen), Drahtrechen (Harfen), feststehende oder bewegte Siebe und
Siebbänder und Separatorscheiben zur Ausführung. Zur Erzielung eines
günstigen Effektes ist es stets zweckmäßig, diese Abfangvorrichtungen in
hintereinander geschaltete Elemente von verschiedener Stabentfemung bezw.
Maschenweite aufzulösen. Die Grobrechen und Grobsiebe dienen dann zur
Zurückhaltung der Körper von mehr als etwa 20 — 50 mm Durchmesser,
während durch die Feinsiebe und Feinrechen Partikel bis auf 2 — 3 mm herab
noch mit Sicherheit abgefangen werden können.
Da der Einbau derartiger Vorrichtungen eine bedeutende Verbreiterung
des Durchflußprofiles erfordert, wodurch eine Verminderung der Wasser-
abflußgeschwindigkeit bewirkt wird, sind vor denselben Sandfänge anzulegen.
Die Menge der in den letzteren ausgeschiedenen Sinkstoffe ist zumeist gering
und kann durch Ausbagger ung mit Handbetrieb leicht bewältigt werden.
Ebenso genügt es, bei kleineren Anlagen die Reinigung der Rechen und Siebe
zeitweise von Hand aus vorzunehmen*
Bei größeren Anlagen ist hingegen der maschinelle Betrieb entschieden
vorzuziehen. Von den zahlreichen hierfür in Aufnahme gekommenen
B. Reinigung nnd landwirtschaftliche Verwertung der Abwässer. 463
Mechanismen mögen im folgenden nur einige im mehrjährigen Betriebe als
besonders leistungsfähig erkannte Typen allgemein charakterisiert werden
und sei bezüglich der maschinentechnischen Details auf die Literaturangaben
verwiesen.
Die Kölner Rechenanlage*) umfaßt einen Satz von 4 Grobrechen
mit 20 mm Stabentfemung und ebensovielen Feinrechen mit 3 mm Stabdistanz.
Vor den Grobrechen befindet sich ein kleiner Sandfang, in dem pro 1 m^
Abwässer ungefähr 75 g Rückstände (mit 35®/o Wasser, 55 ^/q mineralischen,
lO^/o organischen Teilen) anfallen. Die Rechentafeln sind unter 45® gegen
die Strömung geneigt. Die Entfernung der angeschwommenen Stoffe erfolgt
durch Stahldrahtbürsten, welche durch einen über Achtkante laufenden ge-
schlossenen Gliederkettenzug leicht über die Rechentafelfläche gezogen werden.
Der obere Teil der letzteren ist durch ein Abstreichblech gedeckt. Die
Bürsten werden selbst wieder durch einen Kamm gereinigt. Die abgestrichenen
Stoffe fallen auf ein Transportband, das aus gelenkig verbundenen Blechtafeln
gebildet ist, und gelangen von hier direkt in Kippwagen. Der Antrieb der
Bürsten und des Transportbandes erfolgt durch Elektromotoren und stellt sich
der Gesamtkraftbedarf auf 5—6 HP. Der Anlage fließen pro Tag rund
55000 m» Abwässer zu (Köln zählt 380000 Einwohner) und kostete dieselbe
einschließlich eines nur vorübergehend betriebenen Klärbeckens ca. 418000 K,
d. i. 1,10 K pro Kopf. Die Betriebskosten stellen sich auf ca. 18 Heller pro
Kopf und Jahr. Der pro 1 m^ Abwässer gewonnene Siebrückstand beträgt
rund 180 g und enthält 80 ^j^ Wasser, 3,5 ^jg mineralische und 16,5 ^Jq organische
Substanz.
Die Düsseldorfer Reinigungsanlage (nach Riensch)*) verwendet
als Grobrechen zwei Flügelrechen, von denen jeder aus 6 an einer horizontalen,
über Wasser gelagerten Welle speichenartig angebrachten Rechentafeln mit
155 mm Stabentfemung besteht. Dieselben werden im Laufe des Tages
mehrmals umgestellt und die hierbei aus dem Wasser emportauchenden
Tafeln von Hand gereinigt. An Ort und Stelle erhaltenen Auskünften
zufolge ist die Stabdistanz etwas zu groß gewählt und ergibt sich hierdurch
eine Überlastung der 4 nachgeschalteten Feinrechen, welche aus harfenartig
mit Stahldrähten von 1,5 mm Durchmesser und 3 mm Abstand straff be-
spannten Rahmen bestehen, die unter 45^ zur Strömung geneigt in ent-
sprechende Gerinnsunterteilungen eingebaut sind. Die Reinigung dieser
Harfen erfolgt durch je 4 Kämme mit leicht auswechselbaren Stahldrahtzähnen,
die an einem vor der Harfe rotierenden Speichenkreuz befestigt sind und
durch besondere Führungen gezwungen werden, die ganze Harfenfläche zu
bestreichen. Die aufgefangenen Stoffe werden von diesen Kämmen auf Kipp-
wagen geworfen und abgefahren. An Siebrückständen entfallen pro 1 m^
Abwässer etwa 200 — 250 g und steigt diese Menge bei Regenwetter auf das
2— 21/2 fache.
*) C. Steuernagel, Die EntwÄssemng der Stadt Köln. Fortschritte der Ingenieur-
wissenschaften, IL Heft. Leipzig 1906. Engelmanns Verlag.
■) Abbildungen in Salomon, Abwässerlexikon. Jena 1906. Fischers Verlag.
464
ni. Die Kanalisation der Ortschaften etc.
Die Anlage ist noch nicht voll belastet und entfallen derzeit bei 500000 K
Baukosten und einer angeschlossenen Kopfzahl von 220000 Bewohnern pro Kopf
ca. 2,25 K Anlagekosten und ca. 23 Heller jährliche Betriebskosten.
Der Frankfurter Klärrechen, ^) der auch in der neuerbauten Klär-
anlage von Barraen-Elberfeld aufgestellt wurde, ist ein fünfarmiger FlQgelrechen,
welcher langsam dem Abwasserstrome entgegen rotiert. Die Stabdistanz läßt
sich dem angestrebten Reinigungseffekte entsprechend durch Einsetzen von
Zwischenringen regulieren. Die bei der Bewegung aus dem Wasser empor-
Fig. 190. Siebband der Abwasserreinigungsanlage von Göttingen.
tauchende Rechentafel wird von einem über dieselbe hinweggleitenden Ab-
streicher mit nachfolgender rotierender Bürste von den anhaftenden Schmutz-
stoffen befreit. Letztere fallen auf ein Transportband. In den beiden
genannten Städten dienen die Rechen zur Fernhaltung grober Schwimm- und
Schwebestoffe von den Klärbecken.
*) Die Reinigung der Abwässer in Frankfurt a. M. Frankfurt 1903. Verlag des
Stadt. Tiefbauamtes. — Schoenfelder, Die städtische Abwässerkläranlagc von Elberfeld-Bannen.
Mitteilungen der Königl. Priifungsanstalt für Wasserversorgung etc., Heft 8.
B. Reinigung und landwirtschaftliche Verwertung der Abwässer. 465
Die Göttinger Siebanlage (Fig. 190)^) arbeitet mit 2 aus 1,5 mm
starkem, geglühtem Kupferdraht angefertigten Siebbändern mit 10 mm Maschen
weite. Jedes derselben läuft mit einer Geschwindigkeit von 2,5 m pro Minute
in einem über dem Hauptsammler angeordneten Schachte über 2 in einer
durch Wind werk heb- und senkbaren Tragkonstruktion gelagerte Trommeln
und taucht in Arbeitsstellung unter einem Winkel von 45® in den Abwässer-
strom. Auf dem Siebbande befestigte Blechwinkel verhindern das Abgleiten
der aufgefangenen Schmutzstoffe, die erst nach Passieren der oberen Trommel,
wo das Band seine rückläufige Bewegung antritt, durch eine rotierende Bürste
in einen Kippwagen abgestreift werden. Diese Reinigung wird noch durch
Wasserspülung aus einem Strahlrohre unterstützt.
Da die Abwässer der nach dem Trennsystem kanalisierten Stadt Göttingen
(33000 Einwohner) in ziemlich frischem Zustande bei der Reinigungsanlage
eintreffen, werden hier relativ bedeutende Mengen von festen Stoffen, darunter
insbesondere auch Kotballen, aufgefangen. Der Siebrückstand beträgt etwa
500 — 600 kg pro Tag. Zur Bedienung der Anlage genügen zwei Mann, und
wird die gesamte Betriebskraft, von der etwa ^/g auf die Hebung des Spül-
wassers aus einem Tiefbrunnen entfällt, durch eine Maschine von 10 HP.
geleistet. Die Baukosten der Anlage betrugen rund K 73000, d. i. pro Kopf
K 2,20, die Betriebskosten (1906) K 6400 bezw. K 0,19.
Die auf maschinellem Wege aus den Abwässern entfernten Schmutz-
stoffe werden zumeist von den Landwirten gern abgenommen. Ihre An-
sammlung bis zum Zeitpunkte der Abfuhr erfolgt in entwässerbaren Gruben.
Zur Vermeidung von Geruchsbelästigung bei längerer Lagerung dient eine
Bestreuung mit Chlorkalk oder das Bedecken mit Torfmull. Die Siebrück-
stände können auch mit Hausmüll kompostiert oder mit diesem zugleich in
Müllöfen verbrannt werden.
a. Mechanische Klärung durch Sedimentation.
Durch Sedimentation können aus den Abwässern nur j.ene ungelösten
Stoffe ausgeschieden werden, welche ein vom Abwasser verschiedenes spezi-
fisches Gewicht besitzen. Die Trennung erfolgt dadurch, daß unter der
Wirkung der Schwerkraft die schweren Teilchen zu Boden sinken, hingegen
die an sich leichten oder durch Gasbläschen getragenen Partikel zur Wasser-
oberfläche aufsteigen. Diese Klärung kann in Becken, Brunnen oder Türmen
bewerkstelligt werden.
a) Klärbecken.
Der Klärbetrieb in Flach- oder Absitzbecken wurde früher zumeist
intermittierend geübt, d. h. ein größeres Becken wurde mit Abwasser
gefüllt, eine Zeitlang der Ruhe überlassen, sodann allmählich vom abgeklärten
Wasser befreit und vom ausgeschiedenen Schlamme gereinigt. Dieser Betriebs-
weise haften aber mannigfache Übelstände an. Einerseits geht die Zeit für
die Füllung und Entleerung des Beckens für den eigentlichen Klärbetrieb
verloren, und muß daher immer eine größere Anzahl von Becken zur alter-
^) Dr. Busch, Die Entwässerung der Stadt Göttingen etc. etc. Mitteilungen der Königl.
Prüfungsanstalt, Heft 5.
Friedrich, Wasserhau. Zweite Auflage. IL Band. 30
466 ^^' ^^^ Kanalisation der Ortschaften etc.
nierenden Benutzung bereit gehalten werden; weiter ist nach jeder einzebien
Entleerung auch eine Entschlammung vorzunehmen, wenn nicht der bereits
abgesetzte Schlamm bei der WiederanfüUung neuerlich aufgewirbelt werden
soll, andererseits ist auch im angefüllt stehenden Becken eine vollkommene
Wasserberuhigung praktisch nicht erreichbar, weil durch Konzentrations-
und Temperaturströmungen, durch Gasentwicklung bei einsetzender Fäulnis,
sowie zufolge der Einwirkung des Windes immer eine gewisse Wasser-
bewegung auftritt.
Aus diesen Gründen ist man fast allgemein zum kontinuierlichen
Klärbetrieb übergegangen, der dadurch charakterisiert ist, daß die Abwässer
das Klärbecken im langsamen Strome stetig durchfließen, wobei durch ent-
sprechende bauliche Ausgestaltung des Beckeneinlaufes und -Auslaufes dafür
gesorgt wird, daß sich die Strömung möglichst gleichförmig über den ganzen
Beckenquerschnitt verteile. Erst nach Ausbildung größerer, den Becken-
querschnitt einengender Schlammablagerungen oder bei Eintritt von Fäulnis-
erscheinungen im abgelagerten Schlamme wird die Wasserzufuhr eingestellt
und das Becken nach kurzer Ruhepause zunächst von seinem Wasserinhalte
befreit und sodann vom Schlamme gereinigt.
Die Durchflußgeschwindigkeit des Wassers wurde früher zumeist äußerst
niedrig, und zwar zu etwa 4 mm/Sek. angenommen und überdies den Becken
die bedeutende Länge von 80 — 100 m gegeben. Erst auf Grundlage neuerer
Untersuchungen^) hat man es als zulässig erkannt, nicht nur die Durchfluß-
geschwindigkeit wesentlich, und zwar bis auf 20 mm/Sek. und darüber, zu
erhöhen, sondern auch die Klärbeckenlänge auf 30 — 50 m herabzusetzen und
so die von einem Klärbecken bewältigte Abwässermenge ohne praktisch
fühlbare Herabsetzung des Kläreffektes wesentlich zu steigern.
Die wachsende Bedeutung, die eine sachgemäß durchgeführte Becken-
klärung nicht nur als selbständiges Reinigungsverfahren, sondern auch als
Vorbehandlung der Abwässer für eine nachfolgende biologische Reinigung
besitzt, läßt es notwendig erscheinen, hier auf die Theorie der Becken-
klärung besonders einzugehen.
Ein Schmutzteilchen, das im langsam fließenden Abwasserstrome eine
Sinkgeschwindigkeit v besitzt, bedarf, um die ganze Tiefe T eines Klärbeckens
zu durchsinken und sich auf der Beckensohle abzulagern, der Zeit:
V
In einem Becken von der mittleren Tiefe 7*, der Breite B und der nutz-
baren Länge i, dessen Gesamtinhalt somit Q = B . L . T beträgt und das
sekundlich vom Abwasserquantum q mit der Geschwindigkeit
^) Direktor A. Bock und Dr. F. Schwarz, Versuche über mechanische Klärung der
Abwässer der Stadt Hannover. Vierteljahrschrift fUr gerichtliche Medizin und öffentliches Sanitäts-
wesen. Dritte Folge. XDC. Band. Supplementheft. — Stadtbaurat Höpfner und Dr. Paul-
mann, Die Schmutzwasserreinigungsanlage der Stadt Kassel. Ebenda. — Stadtbaurat Steuer-
nagel, Die Probekläranlage zu Köln-Niehl etc. Mitteilungen der königl. Prüfungsan&talt filr
Wasserversorgung und Abwässerbeseitigung zu Berlin, Heft 4.
B. Reinigiing and landwirtschaftliche Verwertung der Abwässer. 467
^ B.T t
durchflössen wird, können nur jene Teilchen zur Ablagerung kommen, deren
Sinkgeschwindigkeit über dem Grenzwerte .
^ t ^ L ^ L.B.T B,L~^ Q
gelegen ist.
Die Klärung wird demzufolge um so vollständiger sein, je niedriger dieser
T
Grenzwert für v bezw. das Verhältnis - zwischen nutzbarer Tiefe und Durch-
flußzeit wird.
Für Becken von gleichem Gesamtinhalte und gleicher Durch-
flufimenge ergibt sich aus vorstehenden Gleichungen:
1. Flache Becken üben eine größere Klärwirkung aus als tiefe;
2. für Becken gleicher Tiefe (also B . L = -^J ist das relative Ver-
hältnis von Länge zur Breite für den Kläreffekt belanglos.
Es muß an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, daß Stadtbaurat
C. Steuernagel in seinen an die Erfahrungen am Probeklärbecken von
Köln-Niehl angeknüpften theoretischen Betrachtungen zu einer vom vor-
stehenden abweichenden Interpretation gelangt, indem derselbe ausführt
(a. a. O. S. 48):
„Bezeichnet man mit / die Zeit, welche ein Schmutzteilchen im Kanal-
wasser braucht, um ein Becken von der Länge / zu durchfließen, mit M die
pro Sekunde zu klärende Wassermenge und mit Q den Beckenquerschnitt
b . h oder Breite mal Höhe, so hat man:
Q' "'' v" M ^ M '
bezw. nach der früher eingeführten Bezeichnungsweise:
p_. q ■ ._ i: _ L.B.T
^^ B.T' '"" F ~ q
„Es hängt daher bei gleicher Wassermenge M theoretisch die Zeitdauer
und somit auch der derselben entsprechende Kläreffekt von dem Produkte
l.b.h oder dem kubischen Inhalte des Klärbeckens ab", oder mit anderen
Worten: „für dasselbe Kanalwasser ist bei gleicher Wassermenge der Klär-
effekt in verschiedenen Becken von verschiedenen Einzeldimensionen der
gleiche, sofern nur der kubische Inhalt der Becken der gleiche ist."
Steuernagel setzt nämlich den Kläreffekt lediglich der Zeit proportional,
was aber insofern unzulänglich erscheint, als die Mechanik der Klärung in
einem Becken erfordert, daß den Schmutzteüchen nicht nur Zeit gegeben
werde, um abzusinken, sondern auch die Beckensohle zu erreichen und sich auf
derselben abzulagern, da sonst die noch in Schwebe befindlichen Teilchen
von der aufsteigenden Strömung am Beckenauslaufe erfaßt und aus dem Becken
abgetrieben würden. Aus diesem Grunde erscheint es notwendig, von der
T
diese Forderung ausdrückenden Bedingungsgleichung v = — auszugehen.
30*
468 ^' ^ic Kanalisation der OrUcbaften etc.
Die Richtigkeit der hier vertretenen Anschauung ergibt sich auch un-
mittelbar aus folgender Betrachtung: In zwei im übrigen gleichen Klärbecken,
in denen nur die korrespondierenden Dimensionen der Breite und Tiefe
wechselseitig vertauscht wären, müßte, nachdem hierdurch weder der kubische
Inhalt noch Durchflußgeschwindigkeit und Durchflußmenge eine Veränderung
erfahren, auch ein gleicher Kläreffekt erzielt werden. Dies ist aber insofern
unmöglich, als Teilchen gleicher Sinkgeschwindigkeit in der gleichen Klärzeit
nicht verschiedene Beckentiefen zu durchsinken vermögen.
Bei der praktischen Verwertung müssen die oben abgeleiteten Sätze
insofern noch eine Gültigkeitseinschränkung erfahren, als man nur bei sehr
geringen Durchflußgeschwindigkeiten für diese einen für den ganzen Becken-
querschnitt konstanten Mittelwert annehmen darf. Denn es ist klar, daß nur,
wenn die benachbarten Wasserfäden verschwindend geringe Geschwindigkeits-
differenzen aufweisen, ein Übertritt der feinen Suspensa aus einem Faden
zum andern, also ein Durchsinken des Beckens nach der Vertikalen, stattfinden
kann. Eine derartige gleichmäßige Geschwindigkeitsverteilung ist aber weder
bei sehr flachen noch bei sehr tiefen Klärbecken zu erwarten, und dürfte es
sonach das zweckmäßigste sein, sich bei Feststellung der Querschnitts-
verhältnisse, für die überdies ja auch bautechnische und bauökonomische
Momente mitbestimmend werden, sich nicht zu weit von jenen Formen zu
entfernen, welche einen möglichst kleinen benetzten Umfang darbieten, also
einem möglichst kleinen Einfluß der Wand sowie der den Luftströmungen
ausgesetzten Wasserspiegelfläche unterliegen.
Für Querschnitte, welche sich der Rechtecksform anschmiegen, wäre
dies etwa das Verhältnis von T = -^ •
Dies läßt sich insofern leicht erreichen, als der erforderliche Gesamt-
durchflußquerschnitt ohnehin auf mehrere Einzelbecken verteilt werden muß,
um dem Wechsel der Zuflußmenge sowie der zeitweiligen Außerbetriebsetzung
einzelner Becken zwecks Entschlammung Rechnung zu tragen.
Ebenso wird man bei Wahl des Verhältnisses zwischen Länge und
Breite des Klärbeckens letztere Dimension nicht zu groß annehmen. Denn
die Forderung, die Wassereinströmung über den ganzen Querschnitt statt-
finden zu lassen, kann bei schmalen Becken technisch weitaus leichter be-
friedigt werden, als bei breiten. Trotzdem wird man der Ausbildung
unregelmäßiger Strömungen am Einlauf und Auslauf stets besonders Rechnung
tragen müssen, und aus diesem Grunde der aus den angegebenen Gleichungen
ableitbaren ^„nutzbaren Länge Z" für die praktische Ausführung immer noch
einen Zuschlag von 2 — 3 T erteilen.
In der Praxis wurde bisher ausschließlich das Abhängigkeitsverhältnis
des Kläreffektes von Durchflußgeschwindigkeit und Beckenlänge studiert, ein
Vorgang, der, wie die früher abgeleiteten Gleichungen zeigen, zwar für ein
und dasselbe Becken bei konstanter Wassertiefe und gleichbleibender Be-
schaffenheit der Abwässer einen Maßstab abzugeben vermag, aber keine
direkte Übertragung der gewonnenen Erfahrungen auf andere Becken-
dimensionen und Abwasserzusammensetzungen erlaubt. (So ist z. B. der
B. Reinigung und landwirtschaftliche Verwertung der Abwässer.
469
prozentuale Kläreffekt im Kölner Klärbecken für die stärker verschmutzten
Tagewässer größer als für die relativ reinen Nachtwässer. Hingegen enthalten
die sehr konzentrierten Kasseler Abwässer nach einer Klärung mit 4 mm
Geschwindigkeit und einer Entfernung von etwa 97<^/o der suspendierten
Stoffe noch ca. 120 mg organische Substanz in Schwebe, während die normalen
städtischen Abwässer von Köln bei 40 mm, also 10 mal größerer Klär-
geschwindigkeit und Entfernung, von 60 ^/q nur 110 mg ungelöster organischer
Substanz aufweisen.)
Sinkze&~
6 7 8
Flg. 191. Sedimentlerkurve nach Steuemagel.
Deshalb scheint es zur Charakterisierung der Leistungsfähigkeit eines
Beckens zweckmäßiger, einen absoluten Maßstab einzuführen und hierfür etwa
die „wirksame Sinkgeschwindigkeit" zu wählen. Hierunter sei im
folgenden jene Sinkgeschwindigkeit verstanden, welche einem Schmutzteilchen
zukommt, das bei der jeweils herrschenden Durchflußgeschwindigkeit während
der zum Durchströmen der nutzbaren Länge des Beckens erforderlichen Zeit
eben noch die ganze Beckentiefe zu durchsinken vermag.
Ein Blick auf die von Steuernagel für das Kölner Kanalwasser auf-
gestellte und in Fig. 191 wiedergegebene Sedimentierkurve, d. i. eine
graphische Darstellung der nach verschieden langen Zeiträumen in einem 2 m
tiefen Versuchsgefäße ausgeschiedenen Mengen von suspendierter organischer
Substanz, zeigt, daß nach der bereits in der ersten Stunde erfolgten Ab-
470 ^' ^i^ Kanalisation der Ortschaften etc.
lagerung der gröbsten Sinkstoffe die Menge der weiterhin ausfallenden feinen
und feinsten Schmutzteilchen von der ersten bis zur sechsten Stunde fast
proportional der Zeit anwächst und sich weiterhin der Grenzlinie för die
Oberhaupt ausscheidbaren Stoffe asymptotisch nähert. Vervollständigt man
dieses Diagramm durch Auftragung der auf eine Beckentiefe von 2 m bezogenen
Sinkgeschwindigkeitskurve, so zeigen sich in unverkennbarer Weise die nahen
Beziehungen zwischen der geringen Zunahme der Schlammausscheidung und
der wirksamen Sinkgeschwindigkeit, sobald diese sich einem noch fest-
zustellenden Grenzwerte nähert. Die kleinen Abweichungen erklären sich
hierbei ungezwungen daraus, daß der Natur der Abwässer entsprechend die
Verteilung der Schmutzpartikel über die einzelnen Sinkgeschwindigkeitsbezirke
unmöglich eine vollkommen gleichförmige sein kann.
Die Bedeutung der Sinkgeschwindigkeit als eines kritischen Wertes für
den Klärprozeß ist hierdurch wohl zur Genüge gekennzeichnet. Für die
Praxis ist dies insofern von größter Wichtigkeit, als gerade dieser Wert sich
in relativ kleinen und wohl allenthalben zu beschaffenden Versuchsgefäflen
oder selbst in einem Schlämmapparate in einfachster Weise feststellen läßt,
womit die Grundlage für die Dimensionierung von Becken bestimmter
Leistungsfähigkeit geschaffen wird.
Die Erfahrung, daß speziell aus städtischen Abwässern normaler
Konzentration ca. 20 ®/o der suspendierten organischen Substanz durch Sedi-
mentation überhaupt nicht zur Ausscheidung gebracht werden können, ge-
stattet auch einen Rückschluß auf die für praktische Zwecke überhaupt noch
in Betracht kommende geringste Sinkgeschwindigkeit zu ziehen. So läßt sich
aus den Steuernageischen Versuchen berechnen, daß bei einem über
6 Stunden ausgedehnten Klärbetriebe bei 2 m Beckentiefe während der
6. Stunde, der eine mittlere wirksame Sinkgeschwindigkeit von rund 0,1 mm/Sek.
zukommt, nunmehr 1,5 ®/q der im Abwasser in Suspension enthaltenen orga-
nischen Substanz ausfallen. In der 12. Betriebsstunde, der eine mittlere
Sinkgeschwindigkeit von 0,05 mm/Sek. entspricht, findet überhaupt keine
praktisch in Betracht kommende Schlammausscheidung mehr statt. Die untere
Grenze der wirksamen Sinkgeschwindigkeit dürfte sonach in die Größen-
ordnung 10—* mm/Sek. zu verlegen sein. Dies scheint auch aus dem Grunde
berechtigt, als die Geschwindigkeit, mit der die ihrem Wesen nach noch nicht
vollständig erforschten Brownschen Bewegungen vor sich gehen, nämlich
jene Vibrationen, mit denen sich mikroskopisch kleine Körperchen in Flüssig-
keiten ohne merkbare Beeinflussung durch die Schwerkraft dauernd in Be-
wegung erhalten, den Größenordnungen 10—2 bis 10—» mm/Sek. angehört
Für die Zwecke allgemeinster Orientierung läßt sich aus dem
geringen, derzeit verfügbaren Beobachtungsmateriale nachstehende Tabelle
über das Abhängigkeitsverhältnis zwischen Sinkgeschwindigkeit und prozen-
tualem Kläreffekt für städtische Abwässer normaler Beschaffenheit aufstellen:
Wirksame Sinkgeschwindigkeit in mm/Sek. . ^0,05 0,10 0,50 1,00 2,60 6,00
Kläreffekt in Prozenten 80 70—76 66—70 60—66 60—60 40—60.
Während sonach die Herabsetzung der wirksamen Sinkgeschwindigkeit
rasch aufhört den erreichbaren Kläreffekt zu steigern, verlangt diese Maßregel
B. Reinigung und landwirtschaftliche Verwertung der Abwässer.
471
andererseits eine ganz erhebliche Vergrößerung der Beckendimensionen, wie
aus nachstehender Tabelle ersichtlich wird.
Tabelle der erforderlichen nutzbaren Klärbeckenlänge L in Vielfachen der mittleren
KUrbeckentiefe J.
Durchfluß-
geschwindigkeit V
Wirksame Sinkgeschwindigkeit v in mm/Sek.
in mm/Sek.
0,06
0,1
0,6
1,0
6,0
10,0
1
20
10
2
1
0,2
0,1
5
100
60
10
6
1,0
0,6
10
200
100
20
10
6,0
1,0
20
400
200
40
20
10,0
2,0
30
600
300
60
30
16,0
3,0
40
800
400
80
40
20,0
4,0
50
1000
600
100
50
25,0
6,0
100
2000
1000
200
100
60,0
10,0
Den Schwankungen der Zuflußmenge zu einer Sedimetieranlage läßt
sich durch zeitweilige Steigerung der Durchflußgeschwindigkeit oder durch
Inbetriebsetzung einer größeren Beckenzahl in den Stunden des stärksten
Wasserandranges begegnen.
Die alleinige Anwendung der erstangeführten Maßregel führt entweder
zu einer Verminderung des Kläreffektes beim Maximalzufluß, oder zu einer
gleichfalls nicht wünschenswerten Verlängerung der Durchflußzeit in den
Zeiten geringen Zuflusses, die zumeist mit den Nachtstunden zusammenfallen,
in denen die Abwässer ohnehin relativ arm an suspendierter Substanz sind,
und eine Klärung oftmals sogar ganz unterbleiben kann. Die zeitweise
Änderung der Durchflußgeschwindigkeit bringt aber noch einen besonderen
Nachteil mit sich. Der Klärschlamm weist stets einen hohen und in erster
Linie durch seinen Gehalt an feinen und feinsten Teilchen bedingten Wasser-
gehalt auf. Daraus ergibt sich, daß bei einer mit hoher Klärgeschwindigkeit
oder in kurzen Becken vollzogenen unvollständigen Klärung, bei der nur die
groben Teüchen zum Ausscheiden gebracht werden, ein wesentlich wasser-
ärmerer Schlamm gewonnen wird, als bei einer durchgreifenden Klärung mit
kleiner Klärgeschwindigkeit, bei der auch die feinsten ausscheidbaren Teilchen
abgelagert werden.
Bei den Steuernageischen Versuchen betrug beispielsweise:
Dnrchflaßgeschwindigkeit in mm/Sek
Kläreffekt in Prozenten der ausgeschiedenen organischen Bestandteile .
Ausgeschiedene Schlammmenge in Liter pro 1 m' Abwässer ....
Wassergehalt des Schlammes in Prozenten
Trockensubstanzgehalt des Schlammes in Prozenten
Menge der pro 1 m' Abwässer ausgeschiedenen Trockensubstanz in gm
4
20
72,3
69,1
4,04
2,47
95,57
92,87
4,43
7,13
179,0
176,4
40
58,9
1,84
91,34
8,66
1592
472 III* ^^^ Kanalisation der Ortschaften etc.
Diese Zahlen zeigen deutlichst den großen Einfluß einer ganz geringen
Menge feinster Substanz auf die Erhöhung der Wasserkapazität.
Eine derartige Durchmischung grober und feiner Teilchen muß aber
insbesondere bei oftmals wiederholter Änderung der Klärgeschwindigkeit
auftreten, da die feine Substanz bei größerer Klärgeschwindigkeit erst am
Beckenende, bei kleiner Durchflußgeschwindigkeit aber schon näher am
Beckenanfang ausgeschieden wird.
Man wird also den Forderungen nach Erzielung eines gleichmäßig hohen
Kläreffektes sowie der Gewinnung eines wasserarmen Klärschlammes am
besten dadurch genügen, daß man dem Zuflußquantum entsprechend bald
mehr, bald weniger Becken in Dienst stellt und nur in den Stunden größten
Wasserandranges eine mäßige Durchflußgeschwindigkeitssteigerung gestattet.
Bei Bestimmung der Zahl der anzulegenden Becken kommt außerdem
in Betracht, daß ein Teil derselben zwecks Reinigung zeitweilig ausgeschaltet
werden muß, und diese Räumung im Sommer, in dem der Schlamm rasch in
Fäulnis übergeht, oftmals in Intervallen von nur 2 — 3 Tagen vorgenommen
werden muß, während im Winter ein 10 — 1 4 tägiger Turnus zumeist ausreicht,
falls die an den Becken auszuführenden Schlammtrichter die Anhäufung so
großer Schlammmengen gestatten.
Beim Trennsystem, dessen Abflußschwankungen zwischen Nachtminimum,
Tagesmittel und Tagesmaximum sich etwa im Verhältnis 0,5 : 1 : 2,5 bewegen,
läßt sich der normale Betrieb mit zwei Becken abwickeln, von denen während
der Nachtstunden nur eines, im Tagesbetriebe beide mit normaler Durchfluß-
geschwindigkeit arbeiten und letztere in der Zeit des größten Abflusses auf
das 2,5 fache gesteigert wird, während ein drittes Becken von gleicher Größe
(also 50 ®/q Reserve) im Wechselbetriebe mit den beiden andern die Vornahme
der Reinigung unter Vermeidung von Nachtarbeit gestatten würde.
Beim Sammelsystem, dessen Maximalabflußmenge durch die Kapazität
der Notauslässe festgelegt ist, müssen etwas größere Reserven vorhanden
sein. Nimmt man z. B. eine 5 fache Verdünnung des mittleren Zuflufl-
quantums (also immer noch doppelte Verdünnung, falls der maximale Brauch-
wasserzufluß und Regenabfluß zeitlich zusammenfallen) sowie eine 100 pro-
zentige Reserve, so wäre es zweckmäßig, 4 Becken anzulegen, von denen in der
Nacht ein einziges, beim mittleren Tageszuflusse 2 in Betrieb stehen, während
das Tagesmaximum entweder durch Steigerung der Durchflußgeschwindigkeit
auf das 2,5 fache der normalen in 2 Becken, oder auf das 1,66 fache in 3 Becken
bewältigt würde, und der maximale Regenabfluß in 3 Becken unter Erhöhung
der Klärgeschwindigkeit auf das 3,3 fache aufgenommen werden könnte.
Bei größeren Anlagen läßt sich der erforderliche Beckenquerschnitt auf
Sätze zu je 3 — 4 Becken, die nach dem angegebenen Schema zusammen-
arbeiten, aufteilen.
Auch bei Vornahme des Sedimentierbetriebes ist es notwendig, die
Abwässer vor Einleitung in die Klärbecken durch Sandfänge, Rechen oder
Siebanlagen von den gröbsten Sink-, Schwimm- und Schwebestoffen zu be-
freien, wozu die bereits besprochenen Mechanismen Verwendung finden.
Die in den Becken selbst an die Oberfläche steigenden feineren Schwimmstoffe
B. Reinigung und landwirtschaftliche Verwertung der Abwässer. 473
werden durch Tauchbretter zurückgehalten. Letztere sollen aber nur wenig
unter den Wasserspiegel hinabreichen, da sie die Strömung nicht ungünstig
beeinflussen dürfen.
Die Sohle der Klärbecken wird im Querschnitte muldenförmig aus-
geführt und mit einem nach dem Auslauf ansteigenden Längsgefälle (1 : 100
bis 1 : 50) sowie am Beckeneinlauf mit einem geräumigen Schlammtrichter
versehen. Die Erwartung, daß der ausgeschiedene Schlamm auf der so ge-
bildeten sanft geneigten Rutschfläche auch während des Betriebes unter
Wasser stetig nach dem Schlammfang fließen werde, hat sich wohl als
trügerisch erwiesen, denn der Klärschlamm besitzt trotz seiner Dünnflüssigkeit
dem Wasser gegenüber keine hinlängliche Gewichtsdifferenz, um auf dieser
sanften Neigung in Bewegung zu kommen. Dennoch hat diese Anordnung
insofern ihre volle Berechtigung, als am Beckenanfang die stärkste Schlamm-
ausscheidung stattfindet, die bei horizontaler oder gegen den Auslauf ab-
fallender Sohle in kürzester Zeit zu einer schädlichen Einengung des Durch-
flußquerschnittes führen müßte.
Um ein beträchtlich höheres Sohlengefälle zu erzielen und eine
Entschlammung unter Wasser zu ermöglichen, wurden die neuen Klärbecken
in Frankfurt mit zwei, jene von Elberfeld sogar mit 4 hintereinander liegenden
Schlammsümpfen versehen. In Elberfeld wurden hierbei die dem Einlauf zu-
gekehrten Schlammtrichter mit größerem Fassungsraume angelegt, um dem
stärkeren Schlammanfall in der ersten Beckenhälfte (etwa 50 — 60®/o der
Gesamtmenge an Sinkstoffen) Rechnung zu tragen. Hiermit wurde gleichzeitig
eine Trennung des wasserärmeren vom wasserreichen Schlamm angestrebt.
Die Einrichtungen zur Schlammableitung werden hierdurch allerdings wesentlich
kompliziert.
Während man früher sowohl die Wasserzuleitung als auch die Ableitung
mit Hilfe breiter, in der Höhe des Normalwasserspiegels gelegener Überfälle
bewerkstelligte, wird auf Grund der neueren Erfahrungen vorgezogen, die
Wassereinleitung mit Hilfe von Regulierschützen, durch welche der Einlauf-
querschnitt nach Breite und Höhe möglichst vollständig freigelegt werden
kann, vorzunehmen. Hiermit wird neben der Erzielung einer gleichförmigen
Strömung im Becken die Bildung von Schlammablagerungen im Zulaufkanal
hintangehalten.
Für den Ablauf findet man hingegen mit senkbaren Aufsätzen versehene
Wehrrücken beibehalten oder Klappschütze angebracht. Während letztere bei
entsprechend tiefer Lage des Ablaufkanales eine fast vollständige Entleerung
des Beckens gestatten, müssen neben den Wehrrücken noch besondere
Etagenablässe, Schwimmerarme und dergl. angebracht werden.
Das direkt über den Schlammablagerungen stehende Wasser ist zufolge
der bei der vollständigen Entleerung unvermeidlichen Schlammaufwirbelung
stets stark getrübt und darf nicht direkt in den Vorfluter eingelassen werden.
Dasselbe wird daher meist in den Zulaufkanal zurückgepumpt und neuerlich
dem Klärprozeß unterworfen.
Die Gefällverhältnisse gestatten wohl nur ausnahmsweise, den aus-
geschiedenen Klärschlamm per Gravitation abzuleiten. Zumeist wird eine
474 ^' ^i^ Kanalisation der Ortschaften etc.
mechanische Absaugung vorzunehmen sein, welche mit Hilfe von Schlamm
pumpen oder unter Verwendung von Vakuumkesseln bewerkstelligt wird.
Letztere werden meist in Zweizahl aufgestellt und so betrieben, daß alter-
nierend die aus dem einen Kessel abgesaugte Luft zum Abdrücken des
Schlammes aus dem andern verwendet wird. Da Schieber und Ventile in den
Schlammleitungen leicht Verstopfungen erfahren, hat die Firma Geiger ein
zuerst in Elberfeld eingebautes Schlammventil mit großem Durchgangs-
querschnitt nach dem Prinzipe des Dreiweghahnes konstruiert. Dasselbe
eignet sich insbesondere zum Anschluß mehrerer Schlammsümpfe an eine
gemeinsame Hauptleitung.
Als Baumaterial für die Klärbecken findet fast ausschließlich Stampfbeton
Anwendung, und ist auf Erzielung vollständiger Wasserdichtheit besonderes
Augenmerk zu richten. Vielfach wird an Stelle eines glatten Verputzes der
inneren mit dem kohlensäurereichen Abwasser in dauernder Berührung
stehenden Beckenteile eine Verblendung mit Klinkern oder selbst mit glasierten
Chamotteplatten angebracht. Eine Eindeckung oder Überwölbung der Becken
der ganzen Länge nach wird wohl nur ausnahmsweise durchgeführt werden;
Überbauten beschränken sich zumeist nur auf die Sieb- und Rechenanlagen,
die Schütz- und Schiebergalerien sowie die Räumlichkeiten zur Aufstellung
der Pumpen.
Bei Durchbildung der Fundamente, der Umfassung und Zwischenwände
der Becken ist auf die rasch wechselnde und oftmals einseitige Belastung,
sowie auf die Wirkung des Grundwasserauftriebes besondere Rücksicht zu
nehmen.
Als Beispiel einer dem neuesten Stande der Erfahrung entsprechenden
mechanischen Kläranlage sei jene der Stadt Znaim in Mähren^) im nach-
stehenden kurz beschrieben (Fig. 192).
Die Stadt Znaim, mit 15000 Einwohnern und lebhafter Industrie, besitzt
eine moderne Schwemmkanalisation; derselben liegt die Annahme eines
Trockenwetterabflusses von 1400 m^ pro Tag mit einem maximalen Stunden-
abfluß von 84 m' bezw. 23,3 sl. zugrunde. Für den Regenabfluß ist die vier-
fache Wassermenge, d. i. 93,2 sl., angenommen. Der derzeitige Abfluß dürfte
jedoch 1000 m-^ pro Tag noch nicht überschreiten. Unter diesen Annahmen
würde sich selbst bei einem Niederwasserquantum von 4 m^ pro Sekunde in
dem als Vorfluter dienenden Thayaflusse noch eine 120fache Verdünnung
ergeben und steigert sich dieselbe bei Mittelwasser sogar auf das 200 fache.
Trotzdem wurde die Vornahme einer mechanischen Klärung der Abwässer
notwendig, da der Hauptsammler im Bereiche des Rückstaues eines Wehres
ausmündet.
Die Anlage umfaßt 3 Klärbecken mit je 30 m Länge, 2,8 m mittlerer Breite
und 2,0 m mittlerer Tiefe. Die Sohle steigt unter 1 : 50 gegen den Becken-
auslauf an.
^) Diese Anlage wurde nach den Plänen des beh. aut. Bauingenieurs Ludwig Roth,
öffentl. Gesellschafters der Bauuntemehroung N. Rella & Neffe, Wien, von genannter Firma
im Jahre 1906 erbaut, und sei an dieser Stelle für die Überlassung der Pläne der geziemende
Dank zum Ausdruck gebracht.
B. ReiniguDg und landwirtschaftliche Verwertung der Abwässer.
475
s
CQ
a
3
t-^^i"*'''^
476 m. Die Kanalisation der Ortschaften etc.
Vor den drei Becken liegt eine gemeinschaftliche Einlaufgalerie, in
welcher der mit einem Eiprofil von 50/70 cm ausgeführte Hauptsammler nach
Passierung eines kleinen Sandfanges mit Stabrechen einmündet Jedes Becken
ist durch einen Schütz von der Einlaufgalerie abschließbar.
Am Beckenende befindet sich eine Überfallmauer, über deren Rücken
die geklärten Wässer abströmen. In derselben sind zwecks vollständiger
Entleerung der Becken seitlich übereinander je zwei senkbare Schütze an-
geordnet, so daß das Wasser von oben nach unten langsam abgelassen werden
kann. Die oberen Schütze ergießen ihr Wasser in die Reinwasserablaufgalerie,
während die unteren in einen verdeckten Rücklaufkanal führen, aus dem das
Wasser behufs neuerlicher Klärung in die Einlaufgalerie zurückgepumpt
werden kann.
Einlauf- und Ablaufgalerie sind durch einen loggienartigen Oberbau
gedeckt, um die Mechanismen und das Bedienungspersonal gegen die Un-
bilden der Witterung zu schützen. Die Pumpen für die Rückförderung des
über dem Schlamme stehenden Wassers, sowie für die Beförderung des
Schlammes nach den Schlammtrockenplätzen sind in einem eigenen Betriebs-
gebäude aufgestellt.
Nach der Entschlammung eines Beckens wird dasselbe von der Rein-
wassergalerie aus mit bereits geklärtem Abwasser gefüllt und dann erst die
Zuleitung von ungereinigtem Wasser begonnen. Hierdurch wird eine Störung
des Klärbetriebes in den benachbarten Becken vermieden. Als Durchfluß-
geschwindigkeiten ergeben sich bei gleichzeitigem Betriebe aller 3 Becken
für das derzeitige mittlere Zuflußquantum von 16,7 sl. 1,4 mm pro Sekunde,
bei 23,3 sl. 2 mm pro Sekunde und bei Regenabfluß etwa 8 mm pro Sekunde.
Die Anlage ist ganz in Stampfbeton bezw. Eisenbeton ausgeführt. Die
bei der Projektierung gehegten Erwartungen bezüglich der Erzielung eines
Kläreffektes von 70 ^/q wurden durch die Betriebsergebnisse sogar weit über-
troffen. Eine vom chemich-technischen Laboratorium zu Wien durchgeführte
Untersuchung ergab eine Abnahme im Gehalte an suspendierten organischen
Stoffen von 3517,2 mg pro Liter am Einlaufe auf 141,2 mg am Auslaufe,
sonach eine Entfernung von 96 ^/q. Die hohe Konzentration der Znaimer
Abwässer — bei der angeführten Probenahme ergab sich ein Gesamttrocken-
rückstand von 8964 mg pro Liter mit 4548 mg organischen Bestandteilen —
stammt von den in der Stadt betriebenen Gerbereien, Stockbeizereien und
der Gemüsekonserven-Industrie, welche u. a. bedeutende Mengen von Wasch-
wässem liefert.
Die Kosten der Anlage, einschließlich der mit Tonrohren von 20 cm
Lichtweite ausgeführten Schlammleitung nach 4 in ca. 1200 m Entfernung
gelegenen Schlammtrockenplätzen, belief sich auf rund 90000 K. Es entfällt
sonach auf 1 Tageskubikmeter ein Betrag von 64 K bezw. 6 K auf den Kopf
der derzeit angeschlossenen Bevölkerung.
b) Klärbrunnen und Klärfurme.
Im Gegensatze zu den Flachbecken, die vom Abwasser in horizontaler
Richtung durchflössen werden, ist die Wasserbewegung in den Klärbrunnen
B. Reinigung und landwirtschaftliche Verwertung der Abwässer. 477
und Türmen eine vertikal aufsteigende und daher jener der absinkenden
Schmutzteilchen gerade entgegengesetzt. Es könnten daher nur jene Teilchen
zur Ausscheidung gelangen, deren Sinkgeschwindigkeit größer ist als die
Steiggeschwindigkeit des Wasserstromes, wenn nicht durch jene Teilchen,
deren Sinkgeschwindigkeit der Steiggeschwindigkeit gleich ist, und die sich
daher in relativer Ruhe schwebend erhalten, ein sogenanntes „Schwebe-
filter" gebildet würde, das, sich nach und nach verdichtend, auch feinen,
durch die Strömung mitgerissenen Partikeln den Durchgang verwehren
würde. So erklärte es sich, daß selbst bei einer Durchflußgeschwindigkeit
von 0,5 — 1,0 mm pro Sekunde noch eine ziemlich weitgehende Ausscheidung
der Suspensa erfolgt. Die Brunnen und Türme erfordern somit auch für
kleine Wassermengen ganz bedeutende Querschnitte.
Klärbrunnen werden zumeist mit einem oberen, zylindrischen und
einem unteren, konischen Teile angelegt, welch letzterer sich zu einem
Schlammtrichter mit Schlammableitungsrohr verengt. Die Wasserzuleitung
erfolgt durch ein oder mehrere Abfallrohre kurz Ober dem Schlammfange.
Besondere Konstruktionsregeln fehlen derzeit noch gänzlich, doch scheint
nach diesbezüglich an Schlämmapparaten angestellten eigenen Beobachtungen
namentlich der konische Teil, in dem sich mit zunehmender Höhe eine Ver-
minderung der Durchflußgeschwindigkeit einstellt, der Ausbildung eines wirk-
samen Schwebefilters, das bei jeder Änderung der Durchflußmenge sowie des
Durchgangswiederstandes seine Lage wechselt, äußerst günstig. Demgemäß
dürfte es rationell sein, den konischen Teil nicht zu steil und möglichst lang
anzulegen. Um den auf der gleichfalls konischen Brunnensohle abgelagerten
Schlamm nach dem eigentlichen Schlammtrichter zu befördern, müssen be-
sondere Schlammabstreicher angelegt werden, die am zweckmäßigsten durch
maschinellen Antrieb dauernd in äußerst langsamer Rotation erhalten werden.
Durch Bedeckung eines Klärbrunnens mit einer gasometerartig über-
gestülpten zylindrischen, oben kalottenförmig abgeschlossenen Glocke aus
Eisenblech mit innerer Aussteifung durch Träger oder Winkelringe entstehen
die Klärtürme.
Die Wasserzuleitung erfolgt aus einem die Glocke ringförmig umziehenden
Zuleitungskanal, aus dem Abfallrohre bis über den Schlamm trieb ter hinab-
führen. Die Wasserentnahme findet unterhalb der Kalotte statt. Das Ab-
leitungsrohr muß in einem Ablaufbecken unter Wasserspiegel münden und
letzterer dauernd etwa 10 — 25 cm unter jenem des Zulaufgerinnes erhalten
werden, um den ganzen Apparat als Heber weiter wirken zu lassen, nachdem
derselbe durch Evakuierung der Glocke mit Hilfe einer von der Kalotte ab-
zweigenden Luftsaugleitung in Betrieb gesetzt wurde.
Die Konstruktionshöhe der Glocke ist somit schon durch die Höhe der
atmosphärischen Pressung begrenzt, doch empfiehlt es sich, dieselbe weit
niedriger zu halten, da ein zu hohes Vakuum den Gasaustritt aus dem Ab-
wasser begünstigt und dessen wiederholte Herstellung während des Betriebes
erforderlich macht Übrigens scheint nach den früher mitgeteilten Be-
obachtungen eine bedeutende Verlängerung des zylindrischen Teiles die
478 ^* ^^^ Kanalisation der Ortschaften etc.
Wirkung des Apparates ohnehin nicht wesentlich zu unterstützen und lediglich
dazu beizutragen, bei kleinen Zuflufisch wankungen eine begrenzte Lagen-
änderung des Schwebefilters zu gestatten. KlärtOrme wurden namentlich zur
Durchführung des noch zu besprechenden Degen ersehen Kohlebrei Verfahrens
von der Firma Röckner-Rothe, Berlin (jetzt Rothe & Co.), mit Durch-
messern bis zu 11 m errichtet.
Als eine besondere Durchführungsart der mechanischen Klärung muß
noch das Verfahren von Ch. Kremer genannt werden.^) Hierbei wird durch
Einbau verschiedener Leitwände in ein Becken von nur geringem Fassungs-
raum dem Abwässerstrom eine mehrfach abgelenkte Strömungsrichtung an-
gewiesen und hierdurch nicht nur eine Klärung des Abwassers erzielt, sondern
auch eine Trennung des Schlammes bewirkt, und zwar so, daß der leichte,
fettreiche Teil sich unter einer Glocke an der Wasseroberfläche ausscheidet
und abgeschöpft werden kann, während der fettarme und leicht entwässerbare
gröbere Schlamm zu Boden sinkt und durch eine Transportschnecke aus dem
Apparate entfernt wird. Ein Apparat für eine Tagesleistung von 1000 m'
beansprucht einen Raum von nur 15 m^ und vermag hierbei im kontinuierlichen
Betriebe etwa 50 ^/q der suspendierten Bestandteile zu entfernen; im inter-
mittierenden Betriebe, bei dem die Mengenleistung auf die Hälfte sinkt, soll
der Kläreffekt sogar über 70 ^/^ betragen. Für größere Abwässerquantitäten
werden die einzelnen Apparate zu Batterien vereinigt und soll ein Arbeiter
für die Bedienung von 12 Apparaten hinreichen. Da das Abwasser den
Apparat in etwa 15 Minuten durchfließt, gelangt dasselbe in ungefaultem Zu-
stande in den Vorfluter.
3. Chemisch-mechanische Klärverfahren.
Den chemisch-mechanischen Klärverfahren schwebte als Ziel vor, durch
Zusatz von Fällungsmitteln in den Abwässern gelöste Stoffe zur Ausscheidung
zu bringen und durch Bildung voluminöser, spezifisch schwerer und daher
rasch zu Boden sinkender Niederschläge die rein mechanische Ausscheidung
der feinen Schwebestoffe zu befördern. Die anfangs an diese Methoden ge-
knüpften Hoffnungen, welche sich nicht bloß auf den erzielbaren Reinigungs-
effekt, sondern auch auf die Gewinnung eines landwirtschaftlich hoch-
wertigen Klärschlammes bezogen, haben sich jedoch als unberechtigt gezeigt.
Von den zahlreichen bekannt gewordenen Verfahren vermochte — vom
Degen ersehen Kohlebreiverfahren abgesehen — keines die Erwartungen
voll zu befriedigen.
Hierbei ist zu beachten, daß angesichts der großen zu behandelnden
Abwässermengen als Zuschläge nur wohlfeile Substanzen Verwendung finden
können, daß bei der komplizierten Zusammensetzung, namentlich der städtischen
Abwässer, eine einzige Substanz die gewünschten Umsetzungen allein nicht
^) Das durch Patente geschützte Verfahren wird von der Gesellschaft für Abwässer-
klärung m. b. H. Berlin, Königgrätzerstraße 19, ausgeführt. Vergl. auch: Dr. M. Hoffmann,
Ein neues Klärverfahren für städtische Abwässer mit gleichzeitiger Fettgewinnung; Mitteilungen
der deutschen Landwirtschaftsgesellschaft Jahrg. 1904, No. 16, und Gesundheit XXDL Jahrg.
(1904), No. 16.
B. Reinigang und landwirtschaftliche Verwertung der Abwässer. 479
hervorzubringen vermag, die gleichzeitige Verwendung verschiedener Fällungs-
mittel aber oftmals zu einer Schwächung oder Aufhebung der Einzelwirkung
führt, daß endlich die starke Verdünnung den zeitiichen Verlauf sowie das
Endergebnis der Reaktion ungünstig beeinflußt, und daher Umsetzungen, die
unter Versuchsbedingungen vollkommenes zu leisten vermögen, im Groß-
betriebe vollständig versagen. Dies sowie die Schwierigkeiten bei Ver-
wertung der massenhaften Schlamm rückstände bedingen, daß die chemisch-
mechanischen Klärmethoden mehr und mehr an Bedeutung verlieren.
Als Klärmittel fanden hauptsächlich Ätzkalk und die schwefelsauren
Salze des Eisens, des Aluminiums und Magnesiums als prundsub-
stanzen einzeln oder in Kombination mit meist fast völlig wirkungslosen Zu-
schlägen Verwendung.
Ätzkalk (bezw. Kalkmilch), in Mengen von 100 — öOO mg pro 1 m*
den Abwässern zugesetzt und innig vermischt, führt durch Verbindung mit der
in fäulnisfähigen Abwässern stets reichlich vorhandenen Kohlensäure sowie
dem Ammoniumkarbonat zur Bildung von schwer löslichem Kalziumkarbonat,
das einen grobflockigen, leicht abscheidbaren Niederschlag liefert.
Ein besonderer Nachteil des Kalkzusatzes liegt in der Lösung von
Eiweißstoffen, sowie in der Austreibung von Ammoniak, wodurch Geruchs-
belästigungen entstehen.
Wenngleich ein Kalkmilchzusatz in der für Abwässererklärung üblichen
Menge keine vollkommene Sterilisierung herbeiführen kann, so wirkt derselbe
auf die in den Abwässern enthaltenen Bakterien doch zumindest entwick-
lungshemmend; in dem mit Kalkzusatz geklärten Abwasser können daher,
solange dasselbe einen Überschuß an Kalziumoxydhydrat aufweist, auch
keinerlei Fäulniserscheinungen auftreten. Die so behandelten Abwässer er-
scheinen daher beim Verlassen der Klärbecken vollkommen klar, farblos und
geruchlos. Diese Eigenschaft ist aber keine bleibende; sobald das über-
schüssige Kalziumoxydhydrat durch Kohlensäureaufnahme in das Karbonat
übergeführt ist, erscheint auch die sterilisierende Wirkung desselben aufge-
hoben und stellen sich mit der in der freien Natur unausbleiblichen Neu-
infektion auch rasch wieder Fäulnisvorgänge ein. Der Kalkzusatz hat also
kaum mehr geleistet als eine rein mechanische Sedimentation, wohl aber
die Schlammmengen sowie die Klärkosten erheblich erhöht.
Der Zusatz von Eisenchlorid, Eisen oder Aluminiumsulphat
führt mit dem in den Abwässern enthaltenen Alkali- bezw. Ammoniumkarbonat
zu analogen Niederschlagsbildungen. Die Tonerdesalze üben zwar außer-
dem auch eine fällende Wirkung auf gelöste Eiweißstoffe, im großen ganzen
leisten aber auch diese Zuschläge nicht wesentlich mehr als der billigere
Ätzkalk.
Bezüglich der technischen Durchführung unterscheiden sich die chemisch-
mechanischen Klärmethoden von der rein mechanischen Sedimentation lediglich
durch die Vorrichtungen für die Zumischung des Klärmittels. Dieselbe erfolgt
zumeist in Mischgerinnen, d. s. mit starkem Gefälle und besonderen Abfluß-
erschwemissen versehene Gerinne, in denen das vorher in Rührwerken
gelöste Fällmittel in den Abwasserstrom eingeleitet und mit diesem innig
480 ^^' ^^^ Kanalisation der Ortschaften etc.
vermischt wird. Die Regelung des Chemikalienzusatzes erfolgt entweder von
Hand oder mit Hilfe automatisch arbeitender Vorrichtungen, in letzterem Falle
zumeist in einer dem jeweiligen Abwässerzufluß proportionalen Menge. An-
gesichts des fortwährenden Konzentrationswechsels ist hierbei die Zugabe
eines Überschusses an Klärmittel meist unvermeidlich.
Wie bemerkt, haben die chemisch-mechanischen Methoden als selbständige
Reinigungsverfahren für städtische und ähnlich zusammengesetzte Industrie-
abwässer ihre Bedeutung fast vollkommen eingebüßt. Eine große Zahl von
Kläranlagen, welche früher mit Chemikalienzusatz arbeitete, ist auf den rein
mechanischen Sedimentierbetrieb zurückgekommen und erzielt bei rationeller
Handhabung desselben kaum ungünstigere Reinigungseffekte, als durch die
weit kostspieligeren chemischen Methoden.
Um ein konkretes Beispiel anzuführen, seien im nachstehenden einige
Daten über die Kläranlage der Stadt Leipzig angeführt. In dieselbe gelangen
die Abwässer von 545000 Personen und schwankt der Zufluß (im Jahre 1905)
zwischen 40000 m« und 107000 m*. Als Klärmittel dient eine Lösung von
Eisenoxyd in Eisensulphat, von der pro Jahr 7296 t mit einem Gehalte von
1295 t Eisenoxyd verbraucht wurden. Es entfällt pro 1 m* Abwässer ein
Zusatz von 54,5 gm Eisenoxyd und ergibt sich eine Schlammmenge von
93,550 m* wasserhaltigem Klärschlamm bezw. 3,95 1 pro 1 m* Abwässer. Der
Betrieb der Kläranlage, auf der im Jahresdurchschnitt etwa 40 Mann be-
schäftigt sind, erforderte im Jahre 1905 einschließlich Verzinsung und Tilgung
des Anlagekapitals die Summe von rund 474000 K, d. i. pro 1 m^ Abwässer
2,18 Heller, wovon 1,18 Heller auf den Klärmittelankauf entfallen. Pro Kopf
und Jahr ergibt sich ein Schlammanfall von 172 1 und Klärkosten von 0,87 K.
Der Klärschlamm wird zum kleinsten Teil auf besonderen Schlammtrocken-
plätzen getrocknet, zum größeren Teil nach einem der Kläranlage benachbarten,
von trockengelegten Altwasserarmen des Flusses Elster durchzogenen Gehölze
befördert. Angesichts der geringen Nachfrage der Landwirte haben sich die
Schlammdepots in beängstigender Weise vergrößert. Nachdem pro Fuhre
Schlamm von den Landwirten nur 30 — 60 Heller gezahlt werden, die Ver-
ladung hierbei aber von der Stadt getragen werden muß, erleidet dieselbe
bei der Schlammabfuhr sogar einen Verlust. Auch die Tage der Leipziger
Kläranlage dürften nur noch gezählte sein, nachdem der mit der chemischen
Behandlung erzielte Reinigungseffekt bei der raschen Zunahme der Abwässer-
menge kaum mehr genügt, den Vorfluter entsprechend rein zu erhalten.
4. Unterbringung des Klärschlammes.
Erfahren die Abwässer selbst durch die mechanische Entfernung der
ungelösten Stoffe mit ihrem hohen Gehalte an zersetzungsfähiger organischer
Substanz eine unter günstigen Vorflutverhältnissen bereits ausreichende
Reinigung, so erwächst durch das Verfahren noch die weitere Aufgabe, für
die unschädliche Unterbringung des ausgeschiedenen Klärschlammes zu sorgen.
Hierbei verursacht der hohe Wassergehalt des Schlammes die größten
Schwierigkeiten, indem derselbe nicht nur das Eintreten von Fäulnis-
erscheinungen begünstigt, sondern auch das zu bewältigende Schlammvolumen
B. Reinigung nnd landwirtschaftliche Verwertung der Abwässer. 481
auf ein Vielfaches vermehrt und so einen drückenden Ballast für die tech-
nische Weiterverwendung dieses Materials bildet.
Da der Schlamm zumeist mit einem Wassergehalte von über 90 ^Jq an-
fällt und erst bei etwa 60 ^/o Wassergehalt stichfest wird, müssen demselben
zwecks Überführung in diesen Zustand ganz beträchtliche Wassermengen
entzogen werden.
Bei einem Wassergehalt des
Schlammes in Prozent. . 40 45 50 66 60 65 70 75 80 85 90 95
entfällt 1 Teil Trockensubstanz
auf Teile Schlamm ... 1,66 1,81 2,00 2,22 2,50 2,85 3,33 4,00 5,00 6,66 10,00 20,00.
Dazu kommt, daß der frische, ungefaulte Schlamm, besonders bei hohem
Gehalte an Feinschlamm und Fett, sein Wasser nur schwer abgibt. Soll
die Trocknung an der freien Luft erfolgen, so wird der Schlamm zumeist in
besondere Becken geleitet, deren Sohle durch ein mit offenen Fugen auf
einer drainierend wirkenden Kiesschicht verlegtes Ziegelpflaster befestigt
wird. Der Schlamm darf dann aber nur in einer wenige Dezimeter starken
Schicht eingebracht werden und bedarf, um stichfest zu werden, je nach den
Witterungsumständen, eines Zeitraumes von mehreren Wochen. Daher ist
stets ein bedeutendes Areal an Schlammtrockenplätzen erforderlich. Steht
ein solches nicht zur Verfügung, so kann man sich wohl auch durch künst-
liche Wasserentziehung durch Zentrifugieren oder durch Abpressen in
Rahmenpressen einigermaßen helfen. Vielfach bedarf es aber dann noch
besonderer Zusätze (Kalk), um eine konsistente Masse zu erzeugen.
Auch für den abgetrokneten Schlamm ergibt sich wenig Aussicht auf
angemessene Verwertung.
Die Landwirtschaft zeigt meist nur geringe Neigung, den Klärschlamm
als Düngemittel zu verwenden, denn, obgleich derselbe immerhin ansehnliche
Mengen an Pflanzennährstoffen enthält, so werden diese doch nur in schwer
zugänglicher Form dargeboten. Andererseits enthält der Schlamm eine
Reihe vollständig wertloser Bestandteile, die, wie z. B. die feinen Zellulose-
fasem und die Fettstoffe, die physikalischen Eigenschaften des Bodens direkt
ungünstig beeinflussen.
So enthält z. B. der in Frankfurt a. M. gewonnene und früher unter
dem Namen „Frankfurter Poudrette" in den Handel gebrachte Klär-
schlamm in der Trockensubstanz 2,8 ^/^ Stickstoff, 1,5 ^/^ Phosphorsäure und
0,17 ^/q Kali. Die von Prof. P. Wagner mit diesem Rückstande vorge-
nommenen Düngungsversuche ergaben, daß dasselbe im ersten Versuchsjahre
wirkungslos blieb und im zweiten Jahre nur eine geringe Nachwirkung
äußerte, und zwar verhielt sich dieselbe zur äquivalenten Menge von Sal-
deterstickstoff bezw. Ammoniakstickstoff wie 100 : 96 : 9. Natürlich getrocknet
(mit 50 — 60 ®/q Wasser) wurde dieser Klärschlamm zu einem Preise von 85 h
pro einspännige Fuhre loco Kläranstalt abgegeben, fand aber bald nur noch
wenige Abnehmer. Auch nach künstlicher Trocknung und Vermahlung in
Säcken zu 100 kg, zum Preise von 1,45 K angeboten, erzielte derselbe nur
geringen Absatz.
Friedrich, Wassei'ban. Zweite AuHage. II. Band. 31
482 ^- ^*® Kanalisation der Ortschaften etc.
Zu ähnlichen Resultaten führten die von Prof. Dr. Backhaus^) mit
dem Schlick aus den auf den Berliner Rieselfeldern an den Druckrohraus-
mündungen angelegten Absitzbecken angestellten Düngungsversuche, welche
nicht nur die schwere Zugänglichkeit der Pflanzennährstoffe, sondern insbe-
sondere auch die ungünstige Rückwirkung auf die physikalischen Boden-
eigenschaften klar erkennen lassen. Dieselben äußerten sich namentlich bei
inniger Durchmischung des Schlickes mit dem Erdreich, während eine tiefe
Unterbringung sich als weniger schädigend erwies. Das gleiche Ergebnis
hatten die von Backhaus mit der Asche von Schlammbriketts ausgeführten
Versuche. Nach alledem ist die Möglichkeit einer rationellen Verwertung
der Schlammrückstände zu Düngungszwecken wohl nur auf Grund besonderer
Vorbehandlung durch Kompostierung und dergl. zu erwarten.
Auch die industrielle Verwertung des Klärschlammes hat bisher
wenigstens im Großbetriebe noch keine Dauererfolge aufzuweisen vermocht.
Die Extraktion von Fett, welche in der Kasseler Kläranlage*) nach einem
von Dr. Degen er ausgearbeiteten Verfahren — Zusatz von Schwefelsäure,
Erhitzen des Gemisches auf 100 ® C, Abpressen der erhitzten Masse in Filter-
pressen, Extraktion der zerkleinerten Preßkuchen mit Benzol, Rückgewinnung
des Extraktionsmittels und Destillation des Fettes — von der Maschinenfabrik
Beck & Henkel mehrere Jahre hindurch betrieben wurde, mußte im Jahre
1906 wiederum eingestellt werden, obzwar der Kasseler Klärschlamm sich
besonders reich an extrahierbarem Fett erwies (8 — 25 ®/o der Trockensubstanz)
und der Rückstand als Düngerpulver in Handel gebracht wurde. Andere
Fettgewinnungsverfahren, wie z. B. die Verarbeitung der Schwimmschicht der
Kremerschen Apparate durch Extraktion mit Tetrachlorkohlenstoff sowie das
Verfahren von Dr. Große-Bohle, bestehend aus der Erwärmung des zentri-
fugierten Klärschlammes auf 50^ C. und Verwendung der ausgetriebenen
fettreichen Schaumschicht zur Fettextraktion scheinen noch nicht über das
Versuchsstadium hinausgekommen zu sein.
Nach alledem bleibt man derzeit noch vielfach auf Schlamm-
vernichtung angewiesen. Auch hierfür kommt die Vergrabung des Schlammes
in Anwendung. Die Stadt Birmingham (700000 Einwohner),^ welche ihre
Abwässer vor der Landberieselung bezw. künstlich biologischen Reinigung
einer Vorklärung unterwirft und bei einer Tagesproduktion von rund 100000 m*
Abwässer mit einem täglichen Schlammanfall von 450 m^ zu rechnen hat,
besitzt auf ihren Rieselfeldern eigene, ausschließlich zur Schlammaufnahme
bestimmte Abteilungen, welche ein Areal von ca. 100 ha, d. i. ungefähr 8®/q
des gesamten Riesellandes, umfassen. Diese Parzellen sind vom regelmäßigen
Landwirtschaftsbetriebe ausgenommen und erhalten je 30 ha in dreijährigem
^) Prof. Dr. Backhaus, Landwirtschaflliche Versuche auf den Rieselgütern der Stadt
Berlin im Jahre 1904. Berlin 1905. Verlag von Paul Parey.
*) Höpfner und Dr. Paulmann, Über die Verarbeitung der Rückstände ans der
Schmutzwäi^ser-Reinigungsanlage der Stadt Kassel. Mitteilungen der Königl. Prüfungsanstalt,
Heft 1.
') G. A. Hart, Recent Expcrience in Sewage and Sludge Disposal at Saltley etc. The
Surveyor, Vol. XXVI (1904).
B. Reinigung und landwirtschaftliche Verwertung der Abwässer. 483
Turnus den gesamten Schlamm zugeführt. Hierzu dient eine eigene fixe
Hauptschlammleitung, an die nach Bedarf fliegende Leitungen angekuppelt
werden. Auf den Feldern selbst werden ca. 1 m breite und ^/j m tiefe
Furchen in Abständen von etwa 1 m ausgehoben, der flüssige Schlamm in
dieselben eingeleitet und, um Geruchsbelästigungen zu vermeiden, sofort mit
einer wenige Zentimeter starken Erdschicht bedeckt. Erst nach Verlauf von
etwa 2 Wochen werden die Furchen ganz zugeschüttet. Diese Art der
Schlammbeseitigung erfordert einen Kostenaufwand von etwa 40 h pro
1 m*. Ein anderes Verfahren der Schlammvemichtung besteht in seiner
gemeinschaftlichen Verbrennung mit Hausmüll in Destruktoren. Dasselbe
wird derzeit in Frankfurt a. M. eingerichtet.^) Auch hierbei muß der Schlamm
zuerst durch Zentrifugieren entwässert werden, und hat sich ein Gemenge
von 1 Teil Klärschlamm mit 2 — 4 Teilen Hausmüll ohne weitere Zuschläge
als brennbar erwiesen.
5. Das Degenersche Kohlebreiverfahren.
Im Gegensatz zu den übrigen chemisch-mechanischen Klärmethoden,
welche auf die in den Abwässern gelösten Stoffe eine unzulänglich fällende
Wirkung üben und daher dessen Übergang in stinkende Fäulnis nicht auf-
zuhalten vermögen, lassen sich mit dem Kohlebreiverfahren Reinigungseffekte
erzielen, welche auch die höchsten Anforderungen zu befriedigen vermögen.
Läßt sich mit demselben doch eine Entfernung von über 90 ^/q der Schwebe-
stoffe sowie eine Herabsetzung der Oxydierbarkeit um etwa 70 — 90®/o dem
Rohwasser gegenüber erreichen. Auch die Keimzahl erfährt eine wesentliche
Verminderung.
Als Klärmittel dient ein durch feinste Vermahlung unter Wasserzusatz
gewonnener Braunkohlen- oder Torfbrei, der dem Abwasser in einem Misch-
gerinne zugesetzt wird. Die erforderliche Menge schwankt je nach der
Eignung des Materials bezw. der Konzentration der Abwässer zwischen 1 — 2 kg
Braunkohle oder 2,5 — 4 kg Torf pro 1 m* Abwasser.
Wie alle humosen Substanzen wirken diese Zuschläge auf gelöste Stoffe
stark absorbierend und bewirken hierdurch deren Entfernung aus der Lösung.
Die Wiederausscheidung der leichten Kohlepartikel aus dem Abwasser
wird durch Zusatz von Aluminium- oder Eisensulphat (100 — 300 mg pro m*)
befördert und in Flachbecken (Köpenick) oder Röckner-Roth eschen Türmen
(Potzdam, Spandau, Tegel, Oberschöneweide bei Berlin) bewerkstelligt.
Der Menge der Zuschläge entsprechend ist der Anfall an wässerigem
Schlamm bedeutend und beträgt bei 90 — 95 ^/o Wassergehalt etwa 10 — 40 1
pro 1 m* Abwasser, doch läßt sich der Wassergehalt in Filterpressen auf etwa
65 ^/q sowie durch Nachtrocknen an der Luft auf 50 °/o herabsetzen. In dieser
Form ist der Schlamm nicht weiter zersetzungsfähig und kann daher un-
bedenklich allenthalben abgelagert werden.
Ebenso eignet sich der Schlammrückstand zur direkten Verbrennung
auf Plan- oder Treppenrosten ohne weitere Zuschläge, gestattet aber bei dieser
^) Uhlfelder, Bau einer Müllyerbreimnngsanstalt etc. etc. Gesundheit XXXI. Jahrg.
(1906), No. 2.
31*
484 ^^* ^^^ Kanalisation der Ortschaften etc.
Art der Verfeuerung eine nur unvollkommene Ausnutzung seines kalorischen
Wertes (5 — 6 kg Schlamm pro Pferdekraftstunde). Eine weitaus günstigere
Ausnutzung wird durch Vergasung im De utz er Braunkohlengenerator erzielt.
Die von Reichle und Dost^) in der Kläranlage von Oberschöne-
weide im Dauerbetriebe vorgenommenen Versuche haben ergeben, daß der
Heizwert der ausgefällten Schmutzstoffe 10 — 30°/q des Braunkohlezusatzes
beträgt und durch Vergasung von 2,5 kg Klärschlamm mit 50 ®/o Wassergehalt
eine Pferdekraftstunde gewonnen werden kann. Das erblasene Gas ist ziemlich
heizwertarm (ca. 800 W. E.). Hiervon muß allerdings für den Betrieb der
Anlage (Mahlgänge, Mischvorrichtungen, Filterpressen, Luftpumpe) ein Betrag
von etwa 15 ^/^ in Abzug gebracht werden. Trotzdem bleibt ein ganz erheb-
licher, anderweitig verwertbarer Kraftüberschuß, und wenngleich der hieraus
zu erzielende Erlös die Kosten der Abwässerklärung nicht voll deckt, so
vermag derselbe doch eine nicht unerhebliche Reduktion (etwa 25®/q) dieser
drückenden kommunalen Last herbeizuführen.
Das Kohlebreiverfahren gilt vielfach als überaus kostspielig, ein Vor-
wurf, den dasselbe im Hinblick auf seine hohe Leistungsfähigkeit, sowie die
Möglichkeit, die Kläranlage in unmittelbarer Nähe des Ortsgebietes unter-
bringen zu können, ohne irgend welche Unzukömmlichkeiten befürchten zu
müssen, selbst dann nicht verdient, wenn keine Schlammverwertung durch
Vergasung stattfindet. In den oben genannten Orten schwanken die Anlage-
kosten zwischen 120 — 180 K pro Tageskubikmeter, die Klärkosten (inkl. Ver-
zinsung und Amortisation, aber bei noch unvollständiger Ausnutzung des
Heizwertes des Schlammes) pro 1 m* zwischen 6 — 8 h, d. i. pro Kopf und
Jahr etwa 1,80—2,20 K.
6. Desinfektion der geklärten Abwässer.
Mit den feinen suspendierten Stoffen entziehen sich auch die im Ab-
wasser frei schwebenden Bakterien der Ausscheidung durch Sentimentation.
Da sich unter denselben, namentlich zu Epidemiezeiten, auch für den Menschen
pathogene Arten befinden werden, wird vielfach verlangt, die Reinigungs-
anlagen mit besonderen Einrichtungen auszustatten, um erforderlichenfalls
eine vollständige Desinfektion der Abflüsse vornehmen zu können.
Daß eine Desinfektion überhaupt nur bei Abwässern, welche von den
suspendierten Bestandteilen bis auf etwa 1 mm Teilchengröße herab befreit
wurden, praktisch durchführbar ist, erscheint durch die vorliegenden Beob-
achtungen*) vollständig erhärtet. Denn auch das wirksamste unter den in
Frage kommenden Desinfektionsmitteln, der Chlorkalk, zeigt, selbst in großen
Konzentrationen angewandt, nur geringe Tiefenwirkung und bedarf derselbe
^) K. Reichle und Dr. K. Dost, Über Schlammverwertung darch Vergasung insbesondere
beim Rothe-Degen er sehen Kohlebreiverfahren. Mitteilungen der Königl. Prüfungsanstalt,
Heft 8. — Schury und Bujard, Der Torfbreiklärversuch der Stadt Stuttgart etc. etc. Ebenda.
*) Dr. Dun bar und Dr. Zirn, Vierteljahrsschrift f. gerichtliche Medizin, 3. Folge, Bd. 16,.
Supplementheft. — Dr. Schumacher, Gesundheitsingenieur XXVIII, No. 22 — 24. — Dr.
Schwarz, Gesundheitsingenieur XXIX, No. öl. — Dr. Kranepuhl, Mitteilungen der Königl.
Vrüfungsanstalt, Heft 9. — Dr. Kurpjuweit, ebenda, Heft 9.
B. Reinigung and landwirtschaftliche Verwertung der Abwässer. 485
SO langer Einwirkungszeit, dafi seine Anwendnng auf die mit suspendierten
Stoffen beladenen Rohabwässer vollkommen ausgeschlossen bleibt.
Aber selbst mechanisch gut vorgereinigte oder in Sedimentierbecken
geklärte Abwässer erfordern einen Chlorkalkzusatz im Verhältnis von 1 : 5000
bis 1 : 2000, um bei zweistündiger Einwirkungszeit eine Abtötung der frag-
lichen Krankheitserreger eintreten zu lassen.
Chlorkalk enthält je nach Alter, Art der Aufbewahrung etc. 25 — 35®/o
Chlor. In den oben angegebenen Mengen dem Abwasser zugesetzt, wirkt
derselbe nur schwach niederschlagsbildend und verliert während der Ein-
wirkung etwa die Hälfte seines Gehaltes an freiem Chlor. Nur bei Einleitung
in äußerst wasserreiche Vorfluter genügt bereits die natürliche Verdünnung,
um eine Schädigung der Fische durch das freie Chlor hintanzuhalten, nachdem
für empfindlichere Fischarten nach Weigelt die zulässige Konzentrations-
grenze bei 0,00025^/00 gelegen ist. Unter ungünstigeren Vorflutverhältnissen
müßte hingegen eine Bindung des freien Chlors durch Eisenvitriolzusatz
vorgenommen werden.
Für die technische Durchführung der Desinfektion wären sonach ange-
sichts der langen Einwirkungszeit ganz bedeutende Beckenräume erforderlich.
Praktische Erfahrungen über die Durchführbarkeit und Wirksamkeit
des Verfahrens im Großbetriebe liegen derzeit noch nicht vor.
IL Die biologischen Reinigungsmethoden.
Während die im früheren besprochenen Klärmethoden darauf ausgehen,
die suspendierten Fremdstoffe aus dem Abwasser möglichst vollständig zu ent-
fernen und unschädlich zu machen, hinsichtlich der gelösten Stoffe aber fast
wirkungslos bleiben, richtet sich das Bestreben der biologischen Reinigungs-
methoden neben einer Ausscheidung der Suspensa und einer zweckentsprechen-
den Umformung der in letzteren enthaltenen organischen Substanz auch darauf,
die gelösten hochmolekularen oi^^anischen Komplexe teils bis auf Verbindungs-
formen abzubauen, die der weiteren Zersetzung nurmehr schwer zugänglich sind,
teils durch vollständige Oxydation in harmlose Mineralsubstanz überzuführen.
Die bei diesen Reinigungsverfahren wirksamen Kräfte sind aufs engste
verknüpft mit der Lebenstätigkeit bestimmter Gruppen niederer Lebewesen,
insbesondere der Bakterien.
Bei dem Umfange, den die Mikrobiologie in den letzten Jahrzehnten
angenommen hat, erscheint es ganz ausgeschlossen, an dieser Stelle die
Wirkungsweise der nach dem biologischen Prinzipe arbeitenden Reinigungs-
anlagen vom naturwissenschaftlichen Gesichtspunkte aus zu behandeln. Hier
können lediglich jene Momente hervorgehoben werden, deren Kenntnis für die
bauliche Ausgestaltung und den Betrieb derartiger Anlagen von Wesenheit ist.^)
^) Für ein eingehenderes Studinm der Biologie des Wassers sei neben dem bereits an-
geführten Werke von Mez noch insbesondere das Sammelwerk: Lafar, Handbuch der Tech-
nischen Mykologie, Jena 1907, Verlag von G. Fischer, genannt. Eine Reihe von Spezialfragen
finden sich in den schon wiederholt zitierten Mitteilungen aus der Kgl. Prüfmigsanstalt für Wasser-
versorgung und Abwasserbeseitigung zu Berlin (bisher Heft I — IX erschienen), Verlag A. Hirsch-
wald, behandelt.
4gg m. Die KaDalisation der Ortschaften etc.
Das biologische Reinigungsverfahren umfaßt eine Vorbehandlung der
Abwässer, welche entweder nach einem der früher beschriebenen Sedi-
mentierverfahren oder aber als Faulverfahren durchgeführt werden kann,
sowie die eigentliche Reinigung, welche entweder in künstlich angelegten
und nach dem Füll- oder Tropfverfahren betriebenen Oxydations-
körpern, durch intermittierende Bodenfiltration oder in Kombination
mit dem Landwirtschaftsbetriebe auf Rieselfeldern bewerkstelligt wird.
Während die künstliche biologische Reinigung sowie die intermittierende
Bodenfiltration die Vornahme einer möglichst durchgreifenden Vor-
reinigung unbedingt voraussetzen, wurden den Rieselfeldern früher
zumeist die Rohabwässer direkt zugeführt; doch bietet auch für die Landbe-
rieselung die Vorbehandlung eine unverkennbare Steigerung der Leistungs-
fähigkeit des Verfahrens.
I. Das Faulverfahren.
Es wurde bereits darauf hingewiesen, dafi die Abwässer schon in den
Kanälen einem Zersetzungsprozesse anheimfallen, der dann in den Klär-
becken seine Fortsetzung findet und hier durch die eintretende Gasbildung
eine unliebsame Störung des Sedimentationsvorganges bedeutet. Deshalb
sucht man einerseits den Aufenthalt des Abwassers in den Klärbecken nach
Tunlichkeit abzukürzen und andererseits durch oftmalige Entschlammung auch
die Anhäufung faulender Schlammassen in den Becken hintanzuhalten.
Im Gegensatze zu dieser Betriebsweise, welche überall dort am Platze
ist, wo eine weniger durchgreifende Reinigung angestrebt wird, wurde zuerst
von D. Cameron in Exeter um die Mitte des letzten Dezenniums des ab-
gelaufenen Jahrhunderts in systematischer Weise ein dahingehender Versuch
gemacht, durch Verlängerung der Aufenthaltsdauer des Abwassers in den
Becken, sowie durch Vermeidung der Entschlammung die auftretenden Fäulnis-
prozesse möglichst zu begünstigen, in der Hoffnung, hierdurch eine weit-
gehende Verzehrung des Schlammes und einen Abbau der mit dem Abwasser-
strom in Lösung zugeführten organischen Substanz zu erzielen.
Glaubte man aus den anfänglichen Erfolgen des Verfahrens die glück-
liche Lösung der für alle Sedimentationsanlagen bedrohlichen Schlammplage
gefunden zu haben, so erwiesen sich diese bezüglich der Schlammverzehrung
gehegten allzu weitgehenden Erwartungen wohl nicht als voll berechtigt.
Dennoch kann dem Verfahren seine hohe Bedeutung heute nicht mehr ab-
erkannt werden, nachdem die in der Zwischenzeit doch schon wesentlich
geklärten Anschauungen über die sich beim Faulverfahren abspielenden
Prozesse es ermöglicht haben, von den primitiven Anfangsformen zu bau-
technisch rationeller durchgebildeten Faulbecken überzugehen.
Von besonderer Wichtigkeit erscheint hierbei die Erkenntnis, daß
für die stets erforderliche biologische Weiterbehandlung der Faul-
raumabflüsse eine Durchfaulung der von den Sedimenten befreiten
Abwässer nicht nur nicht notwendig ist, sondern, wenn zu weit
getrieben, sogar schädlich wird. Demgemäß gehen die neueren Be-
strebungen dahin, durch eine rasch abgewickelte Klärung die Abwässer selbst
B. Reinigung and landwirtschaftliche Verwertung der Abwässer. 487
noch in möglichst frischem Zustande aus dem Faulraume abzuleiten, hingegen
den ausgeschiedenen Schlamm so aufzufangen, daß derselbe, ohne durch die
in ihm auftretenden Veränderungen die Abwicklung des Sedimentierbetriebes
zu stören, einer gründlichen Durchfaulung unterworfen werden kann.
Anfänglich wurde das Faulverfahren in geschlossenen Faulkammern
vorgenommen, um den freien Zutritt des Luftsauerstoffes und des Lichtes
hintanzuhalten, sowie Wärmeverluste auszuschließen, um die entwickelten
Fäulnisgase, an deren technische Weiterverwendung man dachte, aufsammeln
zu können und hierdurch gleichzeitig dem Eintritt von Geruchsbelästigungen
vorzubeugen.
Diese Maßregel hat sich aber seither als überflüssig erwiesen, und ge-
nügt es daher, im folgenden lediglich offene Faulbecken in Betracht zu ziehen.
Kleine Faulräume pflegt man zwar vielfach auch heute noch gedeckt anzu-
legen, doch erfolgt dies weniger zur Unterstützung ihrer Funktion, als viel-
mehr, um diese Räume den Blicken zu entziehen. Ist es doch selbst fraglich,
ob durch die Eindeckung die Geruchsbelästigung, welche ohnehin zumeist
weit überschätzt wird, ganz vermieden werden kann, wenn nicht besondere
Einrichtungen zur Gasableitung (hohe Ventilationsröhren und dergl.) ange-
bracht werden.
Die in den Faulbecken auftretenden Zersetzungsprozesse knüpfen sich
teils direkt an die Lebenstätigkeit von Bakterien, teils auch an die Einwirkung
der in den Abwässern enthaltenen ungeformten, hydrolytischen Fermente
(Enzyme).^) Von den Bakterien sind es insbesondere die obligaten und fakul-
tativ aneroben, also bei Abwesenheit von freiem Sauerstoff gedeihenden
Arten, welche in den Faulbecken ihre lösende und reduzierende Tätigkeit
entfalten.
Verfolgt man die in einem vom Abwasser langsam durchflossenen Faul-
becken auftretenden Vorgänge, so fällt vorerst die ziemlich lebhafte Gas-
entwicklung auf, welche sich nach Inbetriebnahme des Beckens von Tag zu
Tag steigert und je nach der Natur der Abwässer schon nach 2 — 3 Wochen
oder selbst erst nach Monaten in einen fast stationären Zustand übergeht,
der nur zwischen Sommer und Winter geringe Ergiebigkeitsschwankungen
erkennen läßt. Die produzierten Gase sind freier Wasserstoff, Methan und
geringe Mengen anderer Kohlenwasserstoffe, freier Stickstoff, Schwefelwasser-
stoff und Kohlensäure. Die dieser reichlichen Gasproduktion (bis zu etwa
25 1 pro 1 m* und Tag) parallel gehende Umwandlung organischer Substanz
darf aber angesichts des geringen Volumgewichts der entwickelten Gase
(1 m^ Wasserstoff wiegt 0,089 kg, 1 m^ Kohlensäure 1,977 kg) nicht über-
schätzt werden.
Neben der Gasentwicklung ist die Bildung der sogen. „Schwimm-
decke" besonders augenfällig. Dieselbe bildet der Natur der Abwässer ent-
sprechend bald nur einen dünnen, unter dem Winde einhertreibenden leder-
artigen Überzug der Beckenoberfläche, bald wächst dieselbe zu einer dicken
^) Bezüglich der Fermentwirkungen vergl. Dr. C. Oppenheimer, Die Fermente und
ihre Wirkungen. Leipzig 1903, Verlag von W. Vogel.
488 ^^' ^>c Kanalisation der Ortschaften etc.
Schicht an, in der sich in einer nach und nach eine humose Beschaffenheit
annehmenden schwarzbräunlichen Grundsubstanz schwer zersetzbare Körper
wie Korke, Pflanzenreste, Papier, Haare und Fettklümpchen erkennen lassen.
Das Ganze ist von einem dichten Pilzmyzel durchwachsen und stellenweise
durch Gasansammlungen zu kopfgrofien Blasen aufgetrieben. Im vorge-
schrittenen Zersetzungszustande wird die Schwimmdecke von zahllosen
Würmern und Maden bevölkert. Auch die Schwimmdecke zeigt eine Jahres
zeitliche Veränderung, indem sie in den kälteren Monaten, in denen die Um
Setzungsprozesse langsamer ablaufen, an Dicke zunimmt und gegen den Sommer
hin oft wieder ganz verschwindet. Diese Veränderung beruht wohl nur zum
geringeren Teile auf einer vollständigen Auflösung oder Vergasung ihrer Be-
standteile, sowie dem Ausfliegen der MOckenbrut; dieselbe dürfte vielmehr
ihre Erklärung dadurch finden, dafl die humifizierten Teile eine bröckelige
Struktur annehmen und auf den Boden des Faulbeckens niedersinken.
Anfänglich hielt man es für notwendig, die Schwimmschicht ungestört
anwachsen zu lassen, indem man ihr die Schaffung besonders günstiger Ent-
wicklungsbedingungen für die an dem Faulprozesse beteiligte Bakterienflora
zu verdanken glaubte. Dieser unleugbar vorhandene günstige Einfluß der
Schwimmdecke darf jedoch bei einer etwaigen Tendenz zu allzu starkem
Dickenwachstum nicht auf Kosten der Verminderung des Beckeninhaltes und
des Durchflufiquerschnittes erkauft werden, und erscheint es daher stets am
Platze, die Schwimmschicht, sobald dieselbe entsprechend humifiziert ist, zeit-
weise zu entfernen.
Die mit den gelösten Stoffen der Abwässer beim Passieren eines
Faulbeckens vorgehenden Veränderungen beziehen sich mehr auf qualitative
Umsetzungen als auf eine quantitative Verminderung, indem der geringen,
durch Gasbildung und Fällung bedingten Substanzausscheidung die Lösung
von Schlammbestandteilen entgegensteht. Die weitgehende, wenngleich für
Nachbehandlung nicht unerläßliche Spaltung der Schwefel- und stickstoffhaltigen
Eiweißverbindungen äußert sich in der Anreicherung der Abflüsse an freiem
Ammoniak und Schwefelwasserstoff, welche denselben ihren unangenehmen
Geruch verleihen. Mit dieser Abspaltung von Schwefelwasserstoff hängt auch
die Bildung von feinst verteiltem Schwefeleisen zusammen, das den Abflüssen
ihre schwärzliche Färbung verleiht, durch Sedimentation kaum ausscheidbar
ist und bei der Nachbehandlung in FüUkörpem leicht zu Betriebsstörungen
Anlaß gibt. Es mag noch hervorgehoben werden, daß die kolloiden Stoffe
im Faulbecken eine Umbildung erfahren, welche bewirkt, daß die durchge-
faulten Faulkammerabflüsse den Rohabwässem gegenüber weitaus leichter
filtrierbar sind.
Während man es anfänglich für unerläßlich hielt, die Abwässer zwecks
Erleichterung der biologischen Nachbehandlung einem zumindest 24 stündigen
Aufenthalte im Faulraum zu unterwerfen — die englischen Behörden schreiben
heute noch einen nutzbaren Faulbeckeninhalt von 1,25 — 1,5 des Trockenwetter-
abflusses vor — wird derzeit diese Verfaulung der Abwässer vielfach nicht
mehr als unumgänglich notwendig erachtet. Demgemäß sucht man die Aufent-
haltsdauer im Faulraum auf den zur Erzielung eines hohen Sedimentations-
B. Reinigung und landwirtschaftliche Venrertong der Abwässer. 4g9
Flg. 198. Sohwimmdeoke von 70 om Stärke In Croydon.
lmwi.rr -««»
wmimm
^Ti^i*^- ^M
^^^^^3F^Mt^/f^
^^B
1
Flg, 194. Vollständig zersetzte dUnne Scbwimmdecke in Birmingham.
490 11^- ^ic Kanalisation der Ortschaften etc.
effektes erforderlichen Zeitraum zu beschränken. Eine Ausnahme hiervon
machen kleine Anlagen, bei denen noch relativ große Faulbecken angelegt
werden, denen dann auch die Aufgabe zufällt, im Wechsel der Menge und
Zusammensetzung der Zuflüsse eine gewisse Ausgleichung hervorzubringen
und die Betriebsführung der Anlage zu erleichtem.
Wohl der wichtigste der sich im Faulbecken abspielenden Prozesse be-
trifft die im ausgeschiedenen Schlamme auftretenden Veränderungen.
Während bei Inbetriebsetzung eines Faulbeckens die Schlammablage-
rungen gleichwie in jedem Klärbecken stetig anwachsen, zeigt sich, daß bei
anhaltendem Faulbetriebe zumeist eine ganz wesentlich geringere Schlamm-
anhäufung auftritt, und daß die Schlammassen sich weit gleichmäßiger über
die ganze Beckenfläche verteilen, als beim reinen Klärbetriebe.
Dieser geringere Schlammanfall, welcher der von Ort zu Ort wechseln-
den Beschaffenheit der Abwässer entsprechend mehr oder minder auffällig
wird, wurde früher ganz der schlammverzehrenden Kraft der Faulprozesse
zugeschrieben, hat aber noch eine Reihe anderer Gründe.
In einem Faulbecken mit seiner durch die Gasentwicklung beunruhigten
Wassermasse kann sich unmöglich jenes gleichförmige Niedersinken der
Schmutzteilchen einstellen, das in einem gewöhnlichen Klärbecken stattfindet
und nach der früheren Theorie die Grundbedingung zur Erzielung eines
hohen Kläreffektes bildet. Unter den durch die Gasblasen wiederholt auf-
gewirbelten Sinkstoffen befinden sich zudem auch jene feinen Teilchen, welche
durch den fortschreitenden Mazerationsprozeß von den gröberen Schlamm-
flocken abgetrennt wurden, und die zu ihrer neuerlichen Ausscheidung
wesentlich längerer Zeiträume bedürfen, als die anfänglich zugeführten Sedi-
mente. Beide Umstände erklären wohl hinlänglich die Tatsache, daß in den
Faulbeckenabflüssen zumeist mehr feine Suspensa anzutreffen sind, als in
jenen von Klärbecken gleicher Dimensionen.
Den Hauptgrund der geringeren Schlammanhäufung in den Faulbecken
ist aber in der Veränderung der Wasserkapazität, welche der ausgeschiedene
Schlamm durch den Faulprozeß erfährt, zu erblicken.
Denn während der frische Klärschlamm zumeist einen Wassergehalt
von etwa 95 ^/q aufweist, sinkt jener des gut durchgefaulten Schlammes
auf etwa 80 ^/q. Dem entspricht aber schon allein eine Verringerung auf rund
^/4 des anfänglichen Volumens.
So bedeutende Verminderungen des Schlamm volumens, welche für die
definitive Schlammbeseitigung von größter Wichtigkeit wären, sind in der
Praxis nur selten in vollkommen einwandfreier Weise konstatiert worden.
Vielmehr bewegen sich die für die prozentuelle Schlammverminderung in gut
konstruierten, also auch einen hohen Sedimentationseffekt aufweisenden Faul-
becken angegebenen Zahlen zwischen etwa 10 — 40 ^/q des zugeführten Schlamm-
volumens.
Daß im Großbetriebe bisher keine höheren Effekte erzielt wurden, ist,
wie im folgenden gezeigt wird, zum Teil wohl auch auf die derzeit übliche
Handhabung des Faulbetriebes zurückzuführen.
B. Reinigung und landwirtschaftliche Verwertung der Abwässer. 491
In einem bereits längere Zeit im Betriebe stehenden Faulraume lagert
Schlamm von verschiedenem Alter und daher auch mehr oder weniger vor-
geschrittenem Zersetzungszustande. Neben den bereits vollkommen durch-
gefaulten, wasserarmen und daher dem Volumen nach stark geschwundenen
alten Ablagerungen finden s^ch die eben erst frisch angefallenen voluminösen
Sedimente. Sonach muß die gesamte Schlammenge in diesem Zustande
einen weit höheren durchschnittlichen Wassergehalt und damit auch ein be-
trächtlich größeres Volumen aufweisen, als eine gleichförmig und vollkommen
durchgefaulte Masse.
Aus dieser Tatsache lassen sich einige für die Dimensionierung und
die Betriebsführung der Faulbecken überaus wichtige Folgerungen ziehen.
Die rechnerische Behandlung des Problemes ist derzeit allerdings noch
an einige vereinfachende Grundannahmen geknüpft, und dürfen daher
die im folgenden gegebenen Entwicklungen lediglich als erste Näherung
angesehen werden.
Da der zeitliche Verlauf der Abnahme der wasserbindenden Kraft des
faulenden Schlammes noch nicht näher erforscht ist, mag — obzwar es wahr-
scheinlich ist, daß derselbe nach einer Exponential-Funktion erfolgt — hier
eine lineare Volumenverminderung in Betracht gezogen werden. Dabei sei
vorausgesetzt, daß sich die Wasserkapazität in / Tagen so weit vermindere,
daß das anfängliche Schlammvolumen von q auf qiX — n) herabsinke.
Alle durch Lösung und Vergasung im Schlamme bewirkten Substanz-
und Volumenverminderungen, sowie alle jene Veränderungen, welche nach
Ablauf der / Tage noch auftreten, mögen sogar vollständig außer Betracht
bleiben. Indem also dem stark abfallenden Aste der Kurve eine Sehne,
dem asymptotisch verlaufenden Teile aber eine zur Abszissenachse parallele
Gerade unterlegt wird, dürfte der hier gemachten Annahme ein hinlänglicher
Sicherheitsgrad zukommen.
Endlich sei vorausgesetzt, daß im Faulbecken pro 1 m^ Durchflußmenge
ein Schlammquantum von q Liter ausgeschieden werde. Dasselbe vermindert
der Annahme entsprechend in /Tagen sein Volumen auf ^(1 — «), also pro
Tag um -^.
Das Endresultat des im Dauerbetriebe Tag für Tag auftretenden Schlamm-
anfalles und der Schlammvolumenverminderung ist somit darstellbar als das
Summenglied einer fallenden arithmetischen Reihe mit der Differenz — «^//.
Der Voraussetzung gemäß sind nun zwei Fälle zu unterscheiden:
I. Die Dauer der Schlammansammlung (d. h. der zwischen zwei Ent-
schlammungen des Beckens liegende Zeitraum) sei kleiner als die zur voll-
ständigen Durchfaulung der zuerst angefallenen Schlammteilchen erforder-
liche Zeit /.
Für T<it ergibt sich die zugeführte Schlammenge:
Q^qT Liter, (1)
und die nach T Tagen angesammelte Schlammenge:
öi =
.-1(7--!)^
1-0,5 (7-1)^
Litevy (2)
492
III. Die Kanalisation der Ortschaften etc.
erzielte Volumenverminderung:
Q^ = Q-Qi = Ofi,q T(T- 1) y Liter. (3)
II. Die Betriebsdauer T sei größer als / und findet der Voraussetzung
gemäß im Zeitintervalle T—t keine in Betracht kommende Volumen Ver-
minderung mehr statt.
Für 7"> / wird dann die angesammelte Schlammenge:
öi = ^(l-«)(r-/) +
.-^/-l)^
/= ^ [T(l - «) + 0,5 « (/— 1)] Liter,
2V' -/ /
erzielte Volumenverminderung:
Q^^Q-Qi^qn[T- 0,6 {/ - 1)1 Liter.
Da in der Praxis />100 anzunehmen sein wird, erscheint es zulässig,
in den beiden letzten Gleichungen / an Stelle von (/— 1) zu setzen und daher
für den Fall r> / mit den vereinfachten Beziehungen
öl = ^ [7(1 - «) + 0,5 n t] Liter (4)
ö« = qn [T— 0,5 /] Liter (5)
zu rechnen.
Die den Gleichungen (1) — (5) entsprechenden Werte sind in der nach-
folgenden Tabelle zusammengestellt.
Dauer
der
Schlamm-
ansammlung
in Tagen
Schlamm-
anfall in
TTagen pro
1 m»
Tageszuflufi
Schlammrttckstand
Schlammrolumen-
Verminderung
Verhältnis
von
pro Tages-
kubikmeter
Zufluß
in Liter
Bruchteile des
anfänglichen
Schlamm-
anfalles
pro Tages-
kubikmeter
Zufluß
in Liter
Bruchteile des
anfänglichen
Schlamm-
anfalles
rückstand tur
Volumen-
Yermindenmg
T
Q
Öl
.=f
Q.
qt
qt
qt
0,25/
0,2b qt
0,227 qt
0,910
0,02S qt
0,090
10,1
0,50/
OjbOqt
0,413^/
0,826
0,087 qt
0,174
4,74
0,75/
0,1b qt
0.542^/
0,725
0,2m qt
0,275
2,67
1,00/
hOO qt
0,629^/
0,629
0,371 qt
0,371
1,69
1,25/
1,2b qt
0,677^/
0,550
OfilSqt
0,450
1,22
1,50/
l,bOqt
0,750^/
0,500
0,lbOqt
0,500
1,00
1,75/
hlbqt
0,798^/
0,456
0,952 y/
0,544
0,84
2,00/
2,00 qt
0,875^/
0,437
1,125^/
0,563
0,77
2,50/
2,50 y/
1,000^/
0,400
1,500^/
0,600
0,67
3,00/
3,00^/
1,125^/
0,375
1,875^/
0,625
0,60
4,00/
4,00^/
1,375^/
0,344
2,625^/
0,656
0,52
5,00/
bflOqt
1,625^/
0,325
3,375^/
0,675
0,48
10,00/
10,00 qt
2,875^/
0,287
1,12b qt
0,713
0,40
Diese Tabelle zeigt, daß in der ersten Betriebszeit nur eine geringe
Schlammschwindung auftritt und dafl eine Verlängerung derselben bis zum
Momente der beendeten Durchfaulung der zuerst ausgeschiedenen Sedimente
B. Reinignng and landwirtschaftliche Verwertung der Abwässer. 493
(r== f) erst eine Verminderung des Schlammvolumens um ca. 37 ®/q hervor-
bringt, die den früher mitgeteilten Zahlen recht gut entspricht.
Bei lang anhaltender Einlagerung ergeben sich wohl ganz bedeutende
Volumenverminderungen (z. B. 70 ^/q bei 7^=10/), doch wachsen gleichzeitig
die zur Aufnahme des Schlammrückstandes erforderlichen Faulbecken-
dimensionen ganz bedeutend.
Es ist daher notwendig, auch über die wirtschaftliche Bedeutung
einer längeren Schlam'meinlagerung im Faulbecken, welche zwar einen erheb-
lich geringeren Aufwand für die definitive Schlammbeseitigung verursacht, aber
auch höhere Anlagekosten bedingt, eine vergleichende Berechnung aufzustellen.
Erfordert 1 m'* Schlammraum des Faulbeckens ein Anlagekapital von
AT Kronen, für dessen Verzinsung und Tilgung bei ^ % jährlich KpjlOO Kronen
aufzuwenden sind, so verteilt sich dieser Betrag, wenn die Räumung in Inter-
vallen von T Tagen stattfindet, auf 365/7^ m^ Schlamm, d. h. es entfällt auf
jede Räumung der Teilbetrag von t^q onj^ pro 1 m*.
Nachdem bei der Betriebsdauer von T Tagen pro 1 m^ Anfall an frischem
Schlamm sich ein Rückstand von q^ m^ ergibt und eine Volumenverminderung
von ^2 m* erzielt wird, müssen also die Räumungs- und Beseitigungskosten
für q^ m*, d. i. bei einem Einheitspreise von k^ Kronen pro 1 m^ ^^ . kj^ Kronen
und die Kosten für die Verzinsung und Tilgung von q^ m^ Schlammraum,
d. i. ^1 • TTw^^ößF Kronen addiert werden, um zu den Gesamtkosten k für die
Unschädlichmachung von 1 m^ Schlammanfall zu gelangen:
KpT
k = qi
k,+
100.365/
Da sich die Gesaratkosten auch als Summe der Kosten für Rückstands-
beseitigung und Volumenverminderung auffassen lassen, so ergibt sich:
k = q^k^ + q^k^
^2 = 1— ?i»
und betragen die Kosten k der pro 1 m* Schlammanfall in T Betriebstagen
erzielten Volumenverminderung q für T<i /:
k^.J^P_.TA-^ 1
^ 365.100 [(r-l)n
iürT>t:
^P ^ . T
*. = ;
2T
365.100 \(2T—t)n
Die für einige Spezialwerte ausgemittelten Gesamtkosten k sind in den
nachstehenden Tabellen zusammengestellt. Dabei wurde angenommen, daß
die Anlagekosten für 1 m* Schlammraum bei normaler Ausführung etwa
20,00 K, unter schwierigen Verhältnissen 40,00 K betragen mögen und für
Verzinsung und Tilgung 5®/o zu rechnen wären. Für die Beseitigung der
Faulkammerrückstände (Betriebskosten für Entschlammung der Becken,
Deponieren bezw. Abtransport des Schlammes inkl. der Verzinsung und der
Abschreibungen für die hierzu erforderlichen baulichen und maschinellen
494
m. Die Kanalisation der Ortschaften etc.
Einrichtungen) wurden die Sätze von 1,00, 2,00 und 4,00 K pro 1 m' ein-
gestellt; endlich wurde für die maximale Volumen Verminderung der Wert
von n = */4 und für die Dauer des Faulprozesses ein Zeitraum von / = 100
bezw. 200 Tagen angenommen.
TabeUe I.
/=100; « = »/4.
2 a
Gesamtkosten K für die Beseitigung von 1 m* Klärschlamm (in Kronen)
bei einem jährlichen Aufwand für Verzinsung und Tilgung der Anlagekosten K
üt
für 1 m* Faulbeckenraum (in Kronen)
*l
Ä'=20;/ = 5o/o; K.p = l,00 j Ä' = 40; / = 5«/o; Ä'./ = 2,00
g 1
und den für die definitive Beseitigung von 1 m* Schlammrückstand erwachsenden
Q S
Kosten (in Kronen) von:
T
K^ = 1,00
K^ = 2,00
Kj^ = 4,00
i:, = i,oo
Kl = 2,00
AT, = 4,00
25
0,97
1,88
3,70
1,03
1,94
3,76
50
0,94
1,66
3,42
1,05
1,78
3,53
76
0,87
1,60
3,05
1,02
1,75
3,20
100
0,80
1,43
2,69.
0,97
1,60
2,86
150
0,71
1,20
2,20
o,eo
1,41
2,41
200
0,67
1,11
1,99
0,92
1,S4
2,23
300
0,68
1,06
1,81
0,99
1,37
2,12
400
0,72
1,07
1,78
1,10
1,44
2,13
500
0,77
1,10
1,81
1,22
1,54
2,25
1000
1,07
1,36
1,93
1,86
2,15
2,72
Im Faulbetrieb erzielbare Ersparnis:
I 33»/o I 47«/, I 570/0 I 10«/, I 33»/, | 47»/,
TabeUe 1
[L
/ = 200; ff = »/4.
25
1,02
1,98
3,89
1,09
2,04
3,95
50
1,03
1,94
3,76
1,16
2,07
3,89
100
1,05
1,88
3,53
1,29
2,10
3,75
150
1,02
1,75
3,20
1,32
2,05
3,50
200
0,97
1,60
2,86
1,32
1,95
3,20
300
0,91
1,41
2,41
1,32
1,82
2,82
400
0,92
1,35
2,23
1,39
1,83
2,71
500
0,95
1,85
2,15
1,50
1,90
2,70
600
0,99
1,37
2,12
1,61
1,98
2,73
800
1,10
1,44
2,13
1,85
2,20
2,88
1000
1,22
1,54
2,19
2,11
2,43
3,08
Im Faulbetrieb erzielbare Ersparnis:
I 9^ I 32 0/, I 47 0,^ I _9o/^ |
9^ I 35*/o
Die im vorstehenden entwickelten Gleichungen, sowie die in den beiden
Tabellen durchgeführten Spezialisierungen bilden den mathematischen Aus-
druck der folgenden Sätze.
B. Reinigung und landwirtschaftliche Verwertung der Abwässer.
495
1. Der Faulbetrieb erweist sich um so ökonomischer:
a) je niedriger die Anlagekosten für die Becken,
b) je höher die örtlichen Kosten für die definitive Beseitigung der
Schlammrückstände sind,
c) je leichter zersetzbar der zugeleitete Schlamm ist.
2. An Orten, wo die Anlagekosten hoch sind, die Unterbringung größerer
Schlammengen hingegen billig durchführbar ist, kann der Faulbetrieb
sogar kostspieliger werden als der reine Sedimentierbetrieb.
3. Nachdem die Zufuhr schwer zersetzbarer Stoffe den Faulbetrieb verteuert,
erscheint es rationell, derartiges Material von den Faulräumen fern zu
halten. Dies betrifft insbesondere den unzersetzbaren mineralischen
Strafiendetritus, sowie die an sich wasserarmen, groben, organischen
Fremdstoffe, die in Sandfängen bezw. mit Hilfe von Mechanismen auf
leichte und billige Art aus dem Rohwasser entfernt werden können.
Aus den Tabellen läßt sich weiters entnehmen, daß es in den meisten
Fällen möglich sein dürfte, die Faulbeckenräumung in Intervallen von halben
bezw. ganzen Jahren vorzunehmen und dann auf einen Zeitpunkt (zeitiges
Frühjahr oder Spätherbst) zu verlegen, in dem die landwirtschaftlichen Be-
triebe über freie Arbeitskräfte verfügen und sich noch am ehesten zur Ab-
holung dieser Rückstände verstehen werden.
Da beim Faulverfahren die Voreinschätzung der zu erwartenden Schlamm-
menge zwecks entsprechender Dimensionierung der Faulbecken von weit
höherer Bedeutung wird als beim reinen Klärbetrieb, mögen hier noch einige
Angaben über den zu erwartenden Anfall an frischem Schlamm folgen.
Bei städtischen Abwässern läßt sich derselbe noch am sichersten auf
Grundlage der Kopfzahl der angeschlossenen Bevölkerung ermitteln und mit
etwa 50 — 60 mg Trockensubstanz pro Kopf und Tag veranschlagen. Hier-
aus ergibt sich:
Wasserverbrauch pro Kopf
und Tag in Liter . . .
26
60
76
100
125
160
Frischer Schlamm mit 95®/o
Wassergehalt; Liter pro
1 m* Abwasser
40—50
20-25
12-16
10-12,5
8—10
6,6-8
Durchgefaulter Schlamm mit
SO^Iq Wassergehalt; Liter
pro 1 m* Abwasser . .
10—12,5
5-6,6
3-4
2,6-3,2
2-2,5
1,6-2
Kleine Anlagen, bei denen eine eventuelle Überdimensionierung der
Faulräume hinsichtlich der Anlagekosten nicht so stark ins Gewicht fällt,
können auf Grundlage dieser Angaben direkt projektiert werden. Bei größeren
Verhältnissen wird man stets gut tun, sich außerdem durch Vorversuche eine
Orientierung über Menge und Beschaffenheit des Schlammes zu verschaffen.
Allerdings gestalten sich derartige Versuche, insbesondere wenn sich die-
selben auch auf die zu erwartende Schlammverzehrung erstrecken sollen.
496 ^11- ^ie Kanalisation der Ortschaften etc.
äußerst schwierig;^) insbesondere verlangt die Übertragung der an kleinen
Probefaulräumen gewonnenen Erfahrungen auf größere ganz besondere Vor-
sicht, da die Resultate nicht rein multiplikativ verwertet werden dürfen.
Die in den vorstehenden Entwicklungen betretene Methode, lediglich
den anfänglichen Schlammanfall, die Volumen Verminderung durch Änderung
der Wasserkapazität, sowie die hierzu erforderliche Zeit als Ausgangswerte
zu benutzen und hieraus die sich mathematisch ergebenden Konsequenzen zu
ziehen, scheint nach dieser Richtung eine wesentliche Vereinfachung zu be-
deuten, nachdem sich diese Konstanten auch in gewöhnlichen Gefäßen mit
einer den praktischen Bedürfnissen hinlänglich Rechnung tragenden Genauig-
keit ermitteln lassen dürften.
Bezüglich der Unterbringung des Faulraumschlammes gelten die bereits
beim reinen Sedimentierbetrieb gemachten Angaben. Es bleibt nur zu be-
achten, daß Faulraumschlamm zufolge seiner größeren Konzentration weniger
dünnflüssig ist, also namentlich der Bewegung in engen Rohrleitungen einen
größeren Widerstand entgegensetzt. Bei vollkommen durchgefaultem Schlamm
macht sich auch bei der Entschlammung mit Hilfe von Vakuumkesseln der
Umstand als störend fühlbar, daß in letzteren zufolge der herrschenden Luft-
verdOnnung ein Gasaustritt begünstigt wird, der nicht nur Geruchsbeiästigungen,
sondern auch eine geringere quantitative Leistungsfähigkeit der Saugkessel
im Gefolge hat.
Der gut durchgefaulte Klärschlamm gibt auch den Rest seines Wassers
weit leichter ab als frischer Klärschlamm, braucht also, um stichfest zu werden
(bei etwa 50**/q Wassergehalt), wesentlich kürzere Zeiträume und daher auch
ein geringeres Areal an Schlammtrockenplätzen.
Als Beispiel für die chemische Zusammensetzung von Faulraumschlamm
diene nachstehender analytische Befund einer der Versuchskläranlage von
Essen entstammenden Probe.
In der Trockensubstanz sind enthalten:
Organische Bestandteile 36,2 o/o
hierin: Fette 3,2 o/q
Stickstoff 2,1 ^
Mineralische Bestandteile 63,8 ®/o
hierin: Kalk 6,4 ^/^
Magnesia ^fi „
Phosphorsäure 1,9 »
Kali 0,27,,
Hierin zeigt sich neben dem für durchgefaulten Schlamm charakteristischen
geringen Gehalt an organischer Substanz insbesondere die Armut an Fetten,
mit der wiederum die leichte Entwässerbarkeit in Zusammenhang zu bringen
ist. Der Stickstoff dürfte wohl nur in schwer assimilierbarer Form im Faul-
^) Vergl. hierzu Dzierzgowsky, Zur Frage von der Bedeatung des Septiktanks f. d.
biologische Abwasserreinigung; Gesundheitsingenieur Jahrg. XXX, No. 17 n. 18. — Dr. Cal-
mette, Rechcrches sur l'^puration biologique et chimique des eaux d'^gout. Paris 1905 — 07.
Mason & Cie.
B. Reinigang und landwirtschaftliche Verwertung der Abwässer.
497
raumschlamm enthalten sein, so daß auch dieses Produkt landwirtschaftlich
ebenso geringwertig erscheinen muß, wie frischer Klärschlamm.
a) Bauliche Durchfuhrung und Betrieb der Faulbecken.
Nachdem sich der Faulbetrieb aus dem Sedimentierverfahren entwickelt
hat, vielfach sogar in denselben Becken vorgenommen wurde, unterscheiden
sich die älteren Faulbecken nicht von gewöhnlichen Klärbecken für konti-
nuierlichen Klärbetrieb. Tiefreichende Tauchwände am Becken-Einlauf und
-Auslauf, durch die einerseits eine Zerstörung der Schwimmdecke, sowie
andererseits auch eine Wasserentnahme aus den zumeist an suspendierten
Stoffen ärmeren mittleren Wasserschichten ermöglicht werden sollte, bildeten
Flg. 195. OffSenes Faulbecken in Derby.
neben der an einzelnen Orten durchgeführten dichten Abdeckung die einzigen
baulichen Unterschiede.
Erst in den neueren Anlagen findet sich eine die Funktion der Anlage
unterstützende Gliederung, mit der auf eine Abhaltung der unzersetzbaren
oder schwer umformbaren Fremdstoffe auf eine Erhöhung der Sedimentations-
wirkung sowie eine Erleichterung der Entschlammung ohne Betriebsunter-
brechung hingearbeitet wird. So findet man z. B. in Birmingham eine Reihe
hintereinandergeschalteter Becken, von denen die ersten lediglich Sandfänge
und Vorklärbecken darstellen, während die folgenden der Schlammumformung
dienen. Eine ähnliche Anordnung besteht in Derby, wo langgestreckte Klär-
becken durch 2 gemauerte Querwände in 3 ungleich große Abteilungen ge-
sondert werden, von denen die erste als Sandfang, die mittlere und letzte
Friedrich, Wasserbau. Zweite Auflage. IL Band. 32
498
m. Die Kanalisation der Ortschaften etc.
als eigentlicher Faulraum bezw. zur Nachklärung dienen. Die einzelnen
Abteilungen kommunizieren durch in den Trennungsmauem ausgesparte
Öffnungen, bezw. in etwa halber Beckentiefe eingemauerte Rohrstutzen
(Fig. 195).
Alle diese Anordnungen haben aber den Nachteil, daß Sedinientierung
und Faulung in ein und demselben Becken nebeneinander hergehen und sich
gegenseitig stören, und daß die Durchflußzeit in Abhängigkeit steht von der
Menge der angehäuften Sedimente, so daß am Anfange der Betriebsperiode
vielfach eine allzu weitgehende Durchfaulung des Wassers, gegen Ende der
Betriebsperiode aber oftmals schon kein genügender Kläreffekt mehr er-
zielbar wird.
Diesbezüglich braucht ja nur darauf hingewiesen zu werden, daß bei-
spielsweise bei einem Schlammanfall von 12 1 pro 1 m* Abwasser und an-
fänglich 24 stündiger Durchflußzeit für t=T^ 100 und n = «/4, also rund 37 o/o
Schlammverzehrung, eine Schlammanhäufung von 100 . 0,012 . 0,63 = 0,75 m'
pro 1 Tageskubikmeter Zufluß
auftritt, welche die Durchflußzeit
allmählich auf 6 Stunden herab-
drücken würde, eine Zeitspanne,
die bei tieferen Becken nicht
mehr ausreichen würde, um einen
guten Sedimentiereffekt zu er-
zielen. Zieht man gar die nor-
malen täglichen Schwankungen
im Wasserzuflusse bezw. der
Durchflußgeschwindigkeit in Be-
tracht, so ergeben sich noch
weit ungünstigere Zahlen. Des-
halb gehen die neueren Be-
strebungen dahin, Sedimentier-
raum und Schlammverzehrungsraum voneinander zu trennen.
Die erste derartige Ausführung ist das sogen, „hydroli tische Becken**,
welches nach den Angaben von Dr. Travis in Hampton (England) errichtet
wurde (Fig. 196).^) Dasselbe besteht aus einem Klärbecken mit halbkreis-
förmiger Sohlenrinne, das durch der Längsachse nach laufenden Zement-
platten in einen mittleren, tief gelegenen Schlammfaulraum und zwei lediglich
der Sedimentierung dienende, höher gelegene Seitenkammern unterteilt wird.
Sedimentierraum und Faulraum stehen durch eine Anzahl von Öffnungen (am
unteren Anschluß der Bodenplatten) in Verbindung. Da der Faulraum sonst
keinerlei Wasserzuleitung, wohl aber einen dauernd offen stehenden Abfluß,
aus dem ca. V? ^^^ gesamten Anwassermenge zur Abströmung gelangt, auf-
weist, findet ein stetiger Schlammzufluß zum unteren Becken statt. Der
zwischen den vertikal stehenden Mittelplatten frei bleibende Raum ermöglicht
den Austritt der Fäulnisgase ohne Störung des Sedimentationsprozesses. Die
. ^) Vollständige Beschreibung mit Abbildungen in No. 703 (Jahrgang XXVm, 1905) der
Zeitschrift The Surveyor, London.
Fig. 196. Schematischer Querschnitt einer Faulkammer
nach Travis.
B. Reinigung und landwirtschaftliche Verwertung der Abwässer.
499
Entschlammung des unteren Beckens erfolgt durch mehrere in der Sohlen-
rinne angebrachte Schlammableitungsrohre.
Eine andere Anordnung wurde von der Emscher Genossenschaft
in der Versuchskläranlage von Essen erprobt und bereits in Reckling-
hausen für den Großbetrieb in Ausführung gebracht.^) Die (patentierte)
Konstruktion lehnt sich an das Vorbild von Hampton an, unterscheidet sich
Schnitt A— B.
Grondrlfi.
Flg. 197. Kläranlage mit Schlammfaulbnumen. Type der Emscher GtonosBenBchaft
aber von diesem insofern, als der Schlammfaulraum hier durch eine Reihe
hinter- bezw. nebeneinander gelegener Senkbrunnen gebildet wird, über die
ein Sedimentiergerinne geführt ist (Fig. 197). Diese Brunnen haben in
Recklinghausen 7 m inneren Durchmesser und 5,8 m nutzbare Tiefe, d. h.
^) Helbing, Die DurchfUhnmg des Emscher Genossenschaftsgesetzes,
meindeblatt, X. Jahrgang, No. 13.
Technisches Ge-
32*
500 ^^- ^^^ Kanalisation der Ortschaften etc.
einen Fassungsraum von rund 160 m^. Die für 26 000 Einwohner berechnete
Anlage kostet 72 000 K, d. i. pro Kopf ca. 2,75 K, und dürften die Betriebs-
kosten pro Kopf und Jahr 0,5 K nicht übersteigen. Endlich versieht auch
die Gesellschaft für Abwasserklärung die bereits früher erwähnten
Kremer sehen Apparate mit einem unterhalb bezw. seitwärts angeordneten
Schlammfaulraura, ^) nach welchem der ausgeschiedene Klärschlamm in mehr-
stündigen Intervallen durch eine mechanische Abstreichvorrichtung be-
fördert wird.
Während Travis Wert darauf legt, durch seinen Schlamm verzehrungs-
raum einen kontinuierlichen Abwasserstrom zu leiten und so die bei der
Schlammfaulung gebildeten löslichen Produkte auszuwaschen, wird bei den
beiden letztgenannten Ausführungsweisen jede Strömung durch den Schlamm-
faulraum grundsätzlich vermieden. Ob es bei dieser Anordnung, namentlich
wenn die Schlaramräume so tief angelegt sind, möglich sein wird, in einer
entsprechend kurzen Zeit eine vollständige Durchfaulung des Schlammes zu
erzielen, muß wohl noch abgewartet werden. Denn es ist eine bekannte
Tatsache, daß auch die Fäulnisprozesse zum Stillstande kommen, wenn sich
die bei der bakteriellen Tätigkeit gebildeten Umsetzungsprodukte, unter denen
sich auch Bakteriengifte befinden, in größeren Mengen anhäufen.
Für größere Anlagen scheinen auch die Klärbecken nach Elberfelder
Bauweise (S. 473)*) in Verbindung mit entsprechenden Schlammfaulbecken
oder Brunnen zur Vornahme des Faulbetriebes vorzüglich geeignet.
Während beim reinen Sedimentationsbetrieb darauf geachtet werden
muß die Becken stets vollkommen zu entschlammen, um Fäulnisprozesse hintan-
zuhalten, ist es beim Faulverfahren zweckmäßig, gelegentlich der Beckenent-
schlammung stets etwas gefaulten Schlamm zurückzulassen, um in der neuen
Betriebsperiode die volle Aktivität des Faulraumes möglichst rasch zu er-
reichen.
Von großer Bedeutung ist es ferner beim Faulbetrieb, größere Wasser-
spiegelschwankungen in den Becken tunlichst zu vermeiden. Denn jegliche
Verminderung der über den Schlammassen lagernden Wassersäule begünstigt
einen plötzlichen verstärkten Gasaustritt und bewirkt damit eine Aufwühlung
der Sedimente, sowie eine Störung des Sedimentationsprozesses.
2. Das Oxydationsverfahren,
a) Allgemeines über die Wirkungsweise der biologischen Körper.
Aus dem früheren geht hervor, daß das Faulverfahren nicht als selb-
ständiges, abschließendes Reinigungsverfahren, sondern lediglich als eine
besondere Art der Vorbehandlung gelten kann. Denn dasselbe vermag der
^) Eine derartige Anlage wird derzeit in der Versachskläranlage der Kgl. Prüfungsanstalt
für Wasserversorgung und Abwässerbeseitigang zu Berlin einer eingehenden Prüiong unterzogen.
') Nachtrag zu S. 473. Nach einer Mitteilung von Stadtbaurat Schoenfelder vollzieht
sich die Entschlammung der Klärbecken mit Hilfe der 4 Sümpfe tadellos. Bei den Erweite-
rungsbauten der Anlage ist eine weitere Vermehrung dieser Sümpfe auf 6 — 8 in Aussicht ge-
nommen, um die Differenzierung des Schlammes noch weiter treiben zn können. Die Baukosten
der Elberfelder Anlage betrugen 680000 K, d. i. pro Kopf 2,1 bezw. pro Tageskubikmeter 8,0 K.
B. Reinigung und landwirtschaftliche Verwertung der Abwässer. 501
an eine durchgreifende Behandlung zu stellenden Grundanforderung, ein
unveränderliches Endprodukt zu liefern, nicht zu genügen.
Hingegen lassen sich durch die Verarbeitung der vorgereinigten Abwässer
in biologischen (Oxydations-) Körpern vollkommen stabile Abflüsse
herstellen, die auch die weitgehendsten Ansprüche zu befriedigen vermögen.
Um von den zur Erzielung einer vollständigen Oxydation der organischen
Fremdstoffe erforderlichen Sauerstoffmengen, die unmittelbar oder mittelbar
der atmosphärischen Luft entnommen werden, eine ungefähre Größenvorstellung
zu erhalten, braucht nur daran erinnert zu werden, daß normale städtische
Abwässer (entsprechend einem Wasserkonsum von 100 1 pro Kopf und Tag)
einen Permanganatverbrauch von etwa 400 mg/1 aufweisen. Dem entspricht
ein Sauerstoffquantum von rund 100 gm pro 1 m' Abwasser, das (ohne
Rücksichtnahme auf die Abhängigkeit der Volumgewichte von den jeweils
herrschenden Temperaturen und Druckverhältnissen) in einem Luftvolumen
von rund 340 1 enthalten ist. Bei konzentrierten städtischen Abwässern kann
dieser Sauerstoffbedarf auf mehr als das Doppelte steigen; bei einem Per-
manganatverbrauch von 1200 mg/1, der allerdings nur von stark verunreinigten
Industrieabwässem (z. B. jenen von Bierbrauereien und Zuckerfabriken) er- '
reicht wird, würde die erforderliche Luftmenge sogar ebensogroß werden als
das Abwasserquantum selbst
Es sind also schon an sich, d. h. ohne Rücksicht auf etwaige bei der
Reaktion mitlaufende sauerstoffzehrende Nebenprozesse, stets bedeutende Luft-
volumina zum Ersätze des bei der Oxydation auftretenden Sauerstoffverbrauches
notwendig.
Da der freie Luftsauerstoff überdies bei den in Betracht kommenden
Temperaturen nur geringe Aktivität zeigt, würden auf rein chemischem Wege
zustande kommende Oxydationen erst nach unverhältnismäßig langer Zeit
ihren Abschluß finden. Dieselben werden somit praktisch bedeutungslos.
Hingegen lassen sich durch Zuziehung geeigneter Sauerstoffüberträger,
unter denen sich anorganische Katalysatoren, ungeformte Fermente und
bestimmte Gruppen niederer Lebewesen befinden, ganz wesentliche Reaktions-
beschleunigungen erzielen.
Gelangen die genannten Agentien in geschlossenen Wasserkörpem zur
Wirksamkeit, so bleibt der Verlauf der Oxydationsprozesse immer noch ein
langsamer und unvollständiger. Dies ist beispielsweise bei der Selbst-
reinigung der Wasserläufe der Fall, bei der die Sauerstoffaufnahme
lediglich durch die wälzende Bewegung des Wassers sowie durch die Sauerstoff-
ausscheidung grüner Pflanzen, insbesondere der chlorophyllführenden Algen,
in wirksamer Weise unterstützt wird.
Die Oxydationsprozesse vollziehen sich erst wesentlich rascher, wenn
der zu reinigende Wasserkörper in kleine Quantitäten aufgelöst mit der Ober-
fläche von festen Körpern in innige Berührung gebracht wird, welche nicht
nur den genannten Sauerstoffüberträgem als Stützpunkte dienen, sondern
auch selbst auf die Fremdstoffe eine besondere Wirkung ausüben, wodurch
letztere eine Anreicherung in der Grenzfläche der zur Berührung kommenden
Medien erfahren.
502 UI* ^i® Kanalisation der Ortschaften etc.
Bei den natürlichen biologischen Verfahren, der intermittierenden Boden-
filtration und Landberieselung wird dies dadurch erreicht, dafi durchlässige
entwässerbare Böden zeitweilig Abwässer zugeführt erhalten. Bei den künst-
lichen biologischen Verfahren treten verwitterungsbeständige Materialien wie
Koks, Schlacke oder Gesteinsbrocken an Stelle des gewachsenen Bodens.
Dieselben werden entweder in wasserdicht angelegte Becken eingeschlossen
und periodisch mit Abwasser überstaut (Füllverfahren), oder in freier Auf-
schichtung unter ständigem Luftzutritte vom Abwasser überrieselt (Tropf -
verfahren).
Die sich hierbei abspielenden Vorgänge können — insoweit sie für die
technische Durchführung des Verfahrens von Bedeutung sind — in folgende
drei Stadien eingereiht werden:
I. Ausscheidung der Fremdstoffe:
a) durch rein mechanische Sedimentation und Zurückhaltung der
Suspensa durch Oberflächenattraktion, Klebrigkeit und Auf-
saugungsvermögen der sich an der rauhen Materialoberfläche nach
und nach bildenden Schleimschicht;
b) durch Adsorption gelöster Stoffe durch die genannte Schicht;
c) durch chemische Bindung;
d) durch direkte Resorption seitens bestimmter Lebewesen.
II. Umsetzung der ausgeschiedenen Stoffe:
e) durch rein chemische Vorgänge (inkl. der Einwirkung ungeformter
Fermente);
f) durch die assimilatorische und dissimilatorische Tätigkeit der in
der Schleimschicht angesiedelten Lebewesen.
III. Entfernung der gebildeten Umsetzungsprodukte:
g) durch mechanische Ausspülung fester Stoffe u. zw. von Mineral-
substanz, organischen Abbauprodukten und organisierten Körpern;
h) durch Auslaugung löslich gewordener Verbindungen.
Diesen Einzelprozessen wurde im Laufe der Zeit eine recht wechselnde
Bedeutung beigemessen. Insbesondere gilt dies bezüglich der am Zustande-
kommen des Reinigungsprozesses beteiligten Mikroorganismen.
Nach der heute wohl nicht mehr ganz zutreffend als „englische Auf-
fassung" bezeichneten Anschauung wurde die direkte Aufnahme und Ver-
arbeitung der Fremdstoffe durch Bakterien als das wesentlichste Moment
des ganzen Verfahrens hervorgehoben. Diese Vorstellung erweist sich aber
als unvereinbar mit den über den zeitlichen Ablauf des Prozesses gewonnenen
Erfahrungen.
Die gerade entgegengesetzte Theorie, welche mechanisch physikalischen
Prozessen die primäre Bedeutung beilegt, wird derzeit vonBredtschneider^)
noch eifrig verfochten. Derselbe geht von der Ansicht aus, daß die fäulnis-
fähigen Fremdstoffe kolloidaler Natur seien, in den Abwässern nur in Pseudo-
lösungen vorkommen, daher auch auf rein mechanischem Wege von der
1) Bredtschneider, Gesundheitsingenieur XXVIII. Jahrg., No. 8, 9, 11, 15; XXDC.
Jahrg., No. 11. 13, 37.
i
B. Reinigung nnd landwirtschaftliche Verwertung der Abwässer. 503
Flüssigkeit trennbar wären und von der Schleimschicht dauernd festgehalten
würden.
Beide Theorien können nur beschränkte Teile des ganzen Erscheinungs-
komplexes in ungezwungener Weise erklären und müssen daher als unzu-
reichend bezw. unzutreffend bezeichnet werden.
Erst die Arbeiten Dunbars ^) vermochten ein zutreffendes allgemeines
Bild des Reinigungsvorganges zu entwerfen.
Nach diesem Forscher ist die Aufnahme der gelösten Stoffe durch
Adsorption als primärer Vorgang anzusehen. An diesen schließen 'sich die
Umsetzung der ausgeschiedenen Stoffe durch Mikroorganismentätigkeit
und parallelgehend eine Regeneration des Adsorptionsvermögens als
wesentlichste Momente für den biologischen Reinigungsprozeß. Die mechanische
Sedimentation sowie die Möglichkeit einer direkten Resorption gelöster Stoffe
durch Mikroorganismen kommt somit nur als untergeordnete Teilwirkmig in
Betracht.
Die Adsorptionserscheinungen sind mit der Bildung eines Wasser-
häutchens auf der adsorbierenden Substanz in Zusammenhang zu bringen,
das sich unter der Wirkung von Kohäsionskräften in stark komprimiertem
Zustande befindet. 2) Das Bestehen eines solchen Spannungszustandes wird
durch eine starke Wärmeentwicklung gelegentlich der Benetzung fein ver-
teilter, unlöslicher Körper durch Flüssigkeiten wahrscheinlich gemacht.^)
Die Adsorption gelöster Stoffe durch dieses Wasserhäutchen würde sich
dann dadurch erklären, daß Stoffe, deren Löslichkeit mit steigendem Drucke
zunimmt, im Benetzungshäutchen angesammelt werden, wohingegen Stoffe,
deren Löslichkeit mit Druckzunahme sinkt, die Tendenz besitzen, aus dem
Wasserhäutchen auszuwandern.
Adsorptionserscheinungen selbst sind längst bekannt und in der Tech-
nologie vielfach praktisch verwertet. Das spezifische Verhalten zwischen den
in den Abwässern regelmäßig anzutreffenden Fremdstoffen und den zum Aufbau
von Oxydationskörpem in Betracht kommenden Materialien wurde bereits
von verschiedenen Forschern eingehend studiert. Insbesondere hat Dzier-
zgowsky*) eine umfassende Reihe diesbezüglicher Versuche veröffentlicht.
Aus all diesen Untersuchungen geht hervor, daß schon das Körper-
material (Koks, Schlacke u. dergl.) einzelnen Stoffen gegenüber ein beträcht-
liches Adsorptionsvermögen äußert. Dasselbe findet aber eine ganz wesentliche
Steigerung, wenn sich auf den einzelnen Materialbrocken bei längerem Betriebe
ein quellbarer, klebriger Überzug gebildet hat, der aus mechanisch fest-
^) Die zahlreichen Originalarbeiten Danbars und seiner Mitarbeiter am Hamburger
Hygienischen Institute sind größtenteils im Gesundheitsingenieur erschienen. Eine Zusammen-
fassung derselben findet sich in dessen „Leitfaden für die Abwasserreinigungsfrage"
(1907 in Oldenbourgs Verlag, München, erschienen), eine kürzere Darstellung in No. 46 u. 47
des Jahrgangs LVIII (1906) der Zeitschrift des Österr. Ingenieur- und Architektenvereines.
") W. Nernst, Theoretische Chemie. Stuttgart 1907, Enckes Verlag.
') A. Mitscherlich, Bodenkunde. Berlin 1905, Verlag von Paul Parey.
*) Dzierzgowsky, Zur Theorie künstlicher biologischer Filter. Gesundheitsingenieur
XXX. Jahrg., No. 1 u. 2.
504 m« ^i® Kanalisation der Ortschaften etc.
gehaltener organischer Substanz, Bakterienzoogloeen u. dergl. besteht und
zahllose Kleinlebewesen beherbergt. Diesem Belag wird eine wabige Stuktur
und daher auch eine besonders große Oberflächenentwicklung zugeschrieben,
durch welche sich das experimentell nachgewiesene hohe Adsorptionsvermögen
erklärt. Auch ist die Annahme berechtigt, daß der von diesem Benetzungs-
häutchen reichlich adsorbierte Sauerstoff in Ozon übergeführt werde, wodurch
nicht nur ein ansehnliches Sauerstoffreservoir, sondern auch ein besonders
aktiver Zustand geschaffen würde.
Trotz seines hohen Adsorptionsvermögens könnte das Benetzungs-
häutchen nur kurze Zeit hindurch auf die mit ihm in Berührung kommenden
Fremdstoffe fixierend wirken, wenn letztere nicht auch unter Mitwirkung von
Mikroorganismen abgebaut und oxydiert würden. Hierdurch erlangen dieselben
ihre Löslichkeit wieder und werden ausgelaugt. Hiermit erscheint aber auch
das Aufnahmevermögen neuerlich regeneriert.
Gerade dieser auf biologischem Wege zustandekommende Regenerations-
prozeß ist für das ganze Verfahren typisch. Denn während bei allen anderen
Reinigungsmethoden die ausgeschiedenen Stoffe nachträglich noch durch
besondere Maßnahmen unschädlich gemacht werden müssen, erfolgt hier
parallelgehend mit der Ausscheidung auch der Abbau zu an sich schon stabilen
Endprodukten.
Ein technisch wichtiges Moment mag hier noch ganz besonders hervor-
gehoben werden. Im Dauerbetriebe eines Oxydationskörpers steht die Auf-
nahmefähigkeit für gelöste Stoffe in engstem Zusammenhange mit dem
Regenerationsvermögen. Denn eine Aufnahme hört auf, wenn die Stoffzufuhr
so rasch und reichlich oder bei so unzulänglichem Sauerstoffzutritt stattfindet,
daß Abbau und Regeneration nicht mehr gleichen Schritt zu halten vermögen.
Dann schwindet allmählich das Adsorptionsvermögen gänzlich und die Ab-
wässer passieren den Oxydationskörper, ohne gelöste Stoffe an denselben
abzugeben, d. h. ohne eine Reinigung zu erfahren. In diesem Falle wird
zwar der biologische Körper funktionslos, doch braucht derselbe noch keinen
dauernden Schaden zu nehmen. Denn wenn ihm rechtzeitig eine vollständige
Ruhepause oder doch wenigstens ein schonender Betrieb gewährt wird, so
erreicht auch das Adsorptionsvermögen allmählich seine ursprüngliche Leistungs-
fähigkeit zurück.
Anders verhält es sich hinsichtlich der ungelösten organischen Stoffe.
Was von diesen im biologischen Körper rein mechanisch zurückgehalten wird,
steht nicht in direktem Abhängigkeitsverhältnisse mit dessen Verarbeitungs-
vermögen. Es kann daher auch fortgesetzt mechanische Ausscheidung statt-
finden, wenn das Abbauvermögen, das sich ja auch auf ungelöste Stoffe er-
streckt, schon längst überschritten ist. Hier übt also der Körper zwar noch
eine zurückhaltende Wirkung, die sich anfänglich sogar in einer gesteigerten
Aufnahmsfähigkeit für gelöste Stoffe äußert, doch vollzieht sich diese An-
häufung unverarbeiteter Rückstände nicht ohne Rückschlag. Letztere werden
zunächst seine Durchlüftbarkeit herabsetzen und hiermit seine regelmäßige
Arbeit mehr und mehr stören, so daß rasch die ganze Funktionsfähigkeit ver-
loren geht und die Oxydationsprozesse durch Fäulnisvorgänge verdrängt werden.
B. Reinigung und landwirtschaftliche Verwertung der Abwässer. 505
Diese üblen Folgen einer Überlastung mit ungelösten Stoffen sind sogar
weit gefährlicher als eine Störung des Adsorptionsvermögens. Denn dieselben
lassen sich auch durch Einschaltung von Ruhepausen zumeist nur unvoll-
kommen und vorübergehend beheben. Gewöhnlich aber wird ein vollständiger
Abbruch, Waschung des Materiales und ein Neuaufbau des ganzen Körpers
erforderlich.
Hieraus läßt sich die Wichtigkeit erkennen, welche eine gründliche Vor-
reinigung in Form einer möglichst vollkommenen Entfernung aller Suspensa
für die Aufrechterhaltung der Betriebsfähigkeit biologischer Körper besitzt.
Eine Gruppe geformter Stoffe läßt sich allerdings nie vollständig von
dem Körper fernhalten, nämlich die sich in Milliarden ansiedelnden Lebe-
wesen, denen er sein Regenerationsvermögen verdankt. Ein nicht unbeträcht-
licher Teil derselben, u. zw. in erster Linie Bakterien, wird ständig mit den
Abflüssen ausgewaschen. Aber gerade die höheren Organismen, wie Würmer,
Insektenlarven u, dergl., deren Leiber ganz gewaltige Substanzmengen
repräsentieren, und die vielfach im biologischen Körper ihr Dasein beginnen
und abschließen, können gelegentlich zu besonderen Mißständen führen. Dies
tritt ein, wenn durch Zufuhr von Giftstoffen oder durch Kohlensäureanhäufung
die ganze Flora und Fauna des Körpers abstirbt oder wenn, wie dies bei
Tropfkörpern zu beachten ist, zu gewissen Jahreszeiten bestimmte Arten
gleichzeitig untergehen. Solche Katastrophen erfordern eine besondere Vor-
sicht in der Nachbehandlung der Abflüsse.
Aus den bisherigen Ausführungen geht hervor, daß für die Abwicklung
des biologischen Oxydationsprozesses zwei Faktoren von grundlegender
Bedeutung sind, nämlich die Darbietung großer Oberflächen als Sitz
der Absorptionskräfte und eine Erleichterung des Sauerstoff-
zutrittes zur Unterhaltung der Regenerationsvorgänge. Beide
Faktoren lassen sich in einem Medium von beschränkter räumlicher Aus-
dehnung nicht gleichsinnig steigern. Denn einer weitgehenden Verminderung
der Korngröße des Materiales, der bei nicht zu großer Verschiedenheit in
Größe und Form der einzelnen Konstituenten ein ziemlich konstantes Gesamt-
hohlraumvolumen bei rascher Zunahme der Gesamtoberfläche entspricht, bedingt
stets einen wachsenden Widerstand gegen die Durchlüftbarkeit.
Letzterer beginnt sich insbesondere dann schwer fühlbar zu machen,
wenn die zwischen den einzelnen Teilchen verbleibenden Zwischenräume
unter jene Größenordnung herabsinken, in der bereits kapillare Zurückhaltung
des Wassers erfolgt. Denn dann entzieht sich die vollständige Entwässerung
mehr und mehr der willkürHchen Handhabung.
Hieraus ergibt sich, daß die natürlichen biologischen Verfahren, welche
mit weit geringeren Körnergrößen arbeiten als Füll- und Tropfkörper, quan-
titativ nur weit geringer beansprucht werden dürfen, da ihre Durchlüftungs-
und Regenerierungspausen beträchtlich länger bemessen werden müssen.
Ebenso folgt, daß schwere Böden mit einem hohen Gehalte an tonigen Teilen,
dicht gelagerte feinkörnige Sande sowie insbesondere Moor- und Torfböden,
die sämtlich eine hohe absolute Wasserkapazität besitzen, als biologische
Körper unverwendbar sind.
506 ^* ^^^ Kanalisation der Ortschaften etc.
Es wurde schon angedeutet, daß beim FüUverfahren, bei dem die Ab-
wässer in die Oxydationskörper eingestaut werden, zwischen die einzelnen
Beschickungen Ruhepausen eingeschaltet werden müssen, in denen die
Regenerierung des Aufnahmevermögens vor sich geht, während beim Tropf-
verfahren im normalen Betriebe zumeist eine kontinuierliche Abwasserzufuhr
und Ableitung stattfindet, so daß hier die nie vollgefüllten Hohlräume einen
ständigen Luftzutritt ermöglichen.
Aus dieser Betriebsführung ergibt sich ein nicht zu übersehender Unter-
schied in der Arbeitsweise von Füll- bezw. Tropfkörpern.
In einem vollkommen eingearbeiteten, gut durchlüftbaren FoUkörper, der
rasch mit Abwasser beschickt wird, unterliegt das Material der ganzen Tiefe
nach fast vollkommen gleichen Bedingungen. Denn in den oberen wie unteren
Körperschichten werden gleich starke Absorptionskräfte auf eine Flüssigkeit
von ziemlich gleichartiger Beschaffenheit zur Einwirkung gelangen. Ein
Stillstand in der Wechselwirkung zwischen Adsorbens und Absorbendus wird
also entweder erst nach vollständiger Entfernung der aufnehmbaren Stoffe
(wofür theoretisch allerdings ein unendlich langer Zeitraum erforderlich wäre),
oder aber nach Erschöpfung der aufnehmenden Kräfte eintreten. Es wird
also insbesondere im zweiten Falle stets nur ein partieller Reinigungserfolg
erzielt werden können. Dies wird um so mehr dann eintreten, wenn die
tieferen Schichten des Füllmateriales zufolge ungünstiger Entwässerungs- und
Durchlüftungsverhältnisse in ihrem Regenerationsvermögen beeinträchtigt sind.
Anders liegen die Verhältnisse im Tropfkörper. Hier wird das Wasser
auf seinem Wege in die Tiefe durch allmähliche Abgabe der Fremdstoffe an
die oberen Schichten in zunehmendem Reinheitsgrade mit den unteren Körper-
zonen in Berührung kommen. Da letztere — vollkommene Einarbeitung des
Körpers vorausgesetzt — noch ein hohes ungesättigtes Adsorptions vermögen
äußern werden, wird hier dem zunehmenden Sättigungsdefizit entsprechend
sogar eine stärkere Wechselwirkung zu erwarten sein, als zwischen den oberen
in ihrer Aufnahmsfähigkeit erschöpften Körperzonen und den konzentrierteren
Schmutzwässern.
Im Tropfkörper sind daher die Bedingungen zu einer weit vollkommeneren
Reinigung geboten, als in einem einstufigen Füllkörper bei gleicher Belastung
mit Abwasser.
Erst durch Anlage mehrstufiger Füllkörper, d. i. durch Hinter-
einanderschaltung mehrerer Becken, welche dann auch jene am Tropfkörper
hervorgehobene und durch eine Verschiedenheit in Flora und Fauna gekenn-
zeichnete zonale Differenzierung der Arbeitsleistung aufweisen, lassen
sich auch mit dem Füllverfahren gleich durchgreifende Reinigungseffekte
erzielen.
Ahnliche Erwägungen lassen erkennen, daß es theoretisch unrichtig ist,
mehrstufige Füllkörper mit gleicher Korngröße anzulegen. Vielmehr sollen
die primären Körper, welche zufolge der in ihnen zur Ausscheidung gelangenden
suspendierten Stoffe ohnehin eine relativ stärkere Belastung erfahren und
daher auch besonders gut durchlüftbar sein müssen, um ihre volle Aktivität
zu bewahren, stets mit gröberem Korn angelegt werden. Denn in den
B. Reinigung und landwirtschaftliche Verwertung der Abwässer. 507
sekundären Körpern ist eine Verschlammung durch Suspensa weit weniger
zu befürchten.
Auf die Zwischenstellung, welche die intermittierende Filtration und der
Rieselfeldbetrieb zwischen dem Füllverfahren und dem Tropfverfahren ein-
nehmen, wird gelegentlich der Besprechung der erstgenannten Verfahren noch
zurückgekommen werden.
Im Anschlüsse seien noch die mit den verschiedenen Durchführungs-
formen des Oxydationsverfahrens erzielbaren Reinigungseffekte bezw. deren
Beurteilung auf Grund chemischer und bakteriologischer Untersuchungen
charakterisiert.
Hinsichtlich der Zurückhaltung suspendierter Stoffe erweist sich die
Behandlung auf gewachsenem Boden am leistungsfähigsten, wie dies angesichts
des hierbei wirksamen Filtrations Vermögens des feinen Materiales und seiner
geringen quantitativen Beanspruchung wohl nicht anders zu erwarten ist. Die
Abflüsse künstlicher biologischer Körper führen bei sachgemäßer Handhabung
des Betriebes stets geringe Mengen ungelöster Stoffe, die aber keineswegs
mit den in den Abwässern zugeführten fäulnisfähigen Schmutzstoffen identisch
sind, sondern zumeist aus schwer zersetzbaren Abbauprodukten von humus-
artiger Beschaffenheit bestehen. Daneben finden sich auch mineralische Ver-
witterungsprodukte des Körpermateriales. All diese Stoffe verursachen weder
nach Menge noch Beschaffenheit besondere Mißstände, und lassen sich durch
Sedimentation oder eine Nachfiltration durch Sand leicht aus den Abflüssen
entfernen, wonach die letzteren meist ein vollkommen farbloses, klares End-
produkt darstellen. Bei Tropfkörpern ist das Quantum der ausgeschwemmten
Stoffe meist etwas größer und enthalten dieselben, wie schon bemerkt, zeit-
weise auch größere Mengen von Kadavern kleinerer Lebewesen, welche dann
unbedingt ausgeschieden werden sollten, um keine ungünstige Rückwirkung
auf die Abflüsse bezw. den Vorfluter auszuüben.
Bezüglich der gelösten Stoffe ist vor allem zu bemerken, daß der Aus-
druck „gereinigt" keineswegs absolut, d. i. im Sinne einer vollständigen
Entfernung aller Fremdstoffe, sondern lediglich in bezug auf deren Un-
schädlichkeit aufgefaßt werden darf. Unter dieser Einschränkung werden
unter der heute herrschenden Anschauung schon alle jene Wässer als hin-
länglich gereinigt angesehen, welche, im unverdünnten Zustande bei Luft-
abschluß und normaler Zimmertemperatur längere Zeit hindurch aufbewahrt,
der stinkenden Fäulnis nicht mehr anheimfallen.
Die Versuche, den Punkt, bis zu dem die Abwasserreinigung getrieben
werden muß, um dieser Anforderung zu entsprechen, auf chemischem Wege
festzustellen, sind lange Zeit erfolglos geblieben. Die Bestimmung des Glüh-
verlustes sowie der Herabsetzung des Gehaltes an organischem Stickstoff und
Kohlenstoff zwischen Rohwasser und gereinigtem Wasser konnte diesbezüglich
keinen sicheren Anhaltspunkt liefern. Relativ am besten bewährte sich noch
die Ermittlung der Herabsetzung der Oxydierbarkeit, durch den Permanganat-
verb rauch (nach Kübel) gemessen, insbesondere seitdem Dunbar auf Grund
vergleichender Beobachtungen darauf aufmerksam machen konnte, daß
städtische Abwässer im allgemeinen der stinkenden Fäulnis nicht mehr
508 I^^* ^i^ Kanalisation der Ortschaften etc.
anheimfallen, wenn die Oxydierbarkeit durch das Reinigungsverfahren um
60 — 65 ^/o herabgesetzt wurde. Da gerade diese Verhältniszahlen erfahrungs-
gemäß vielfach falsch aufgefaßt werden, sei auf die Bedeutung derselben etwas
näher eingegangen. Bei der Beurteilung des Verunreinigungsgrades eines
Abwassers ist wohl zu unterscheiden zwischen den einzelnen verschieden
leicht zersetzbaren Fremdstoffen und der Konzentration, in der dieselben auf-
treten. Bei rein städtischen Abwässern, deren Verunreinigung im großen
ganzen denselben Ursprung hat, wird das Stoffgemisch selber zumeist weit
geringeren Schwankungen unterworfen sein, als seine Konzentration. Finden
sich z. B. in einem Rohwasser die Stoffe ö, ^, c, welche durch das Reinigungs-
verfahren in die höher oxydierten Verbindungen a\ b\ & übergeführt werden,
während zu einer anderen Zeit oder an einem anderen Orte zwar im Roh-
wasser dieselben Stoffe, aber in anderen Mengenverhältnissen ma, nb, pc^
und im Reinwasser die entsprechenden Abbauprodukte ma\ nb\ pc* anzutreffen
seien, so kann der Reinigungserfolg in beiden Fällen ein befriedigender sein,
trotzdem die Summe der Rückstände ma* + nb' -{- pc* sogar größer sein kann,
als der Anfangsgehalt a + b + c der Schmutzstoffe im Rohwasser von geringerer
Konzentration.
Die Herabsetzung der Oxydierbarkeit um 60 — 65 ^/q kann demgemäß
auch lediglich als kritischer Punkt für städtische Abwässer gelten,
und würden für die verschiedenen Gattungen von Industrieabwässern beson-
dere Grenzwerte aufgestellt werden müssen. Hierzu fehlen aber derzeit noch
die erforderlichen Unterlagen. Übrigens ist es Dunbar und seinen Mit-
arbeitern^) gelungen, den Nachweis dafür zu erbringen, daß der für städtische
Abwässer angegebene Grenzwert jenem Abbaustadium entspricht, bei der die
organischen Schwefel enthaltenden organischen Stoffe so weit zersetzt
sind, daß keine Schwefelwasserstoff-Entwicklung mehr auftritt, ein Gas, dessen
Bildung für das Auftreten stinkender Fäulnis charakteristisch ist.
Die Erreichung dieses Stadiums läßt sich durch ein überaus empfind-
liches Reagens, das Carosche Methylenblau, durch welches Schwefel-
wasserstoffmengen von 0,01 mg/1 noch nachweisbar sind, in schärferer und
gleichzeitig wesentlich einfacherer Weise bestimmen, als durch die umständ-
liche Oxydierbarkeitsermittlung.
Dieser Reinigungsgrad läßt sich mit sämtlichen Durchführungsweisen
des biologischen Verfahrens leicht erreichen; zumeist, namentlich beim Riesel-
feldbetrieb und der intermittierenden Bodenfiltration, liegt der erzielte End-
effekt sogar wesentlich höher. Hier ist eine Herabsetzung der Oxydierbarkeit
um mehr als 90 ^/^ nichts außergewöhnliches.
Mit der Beseitigung der Fäulnisfähigkeit der Abwässer ist aber auch
jener Punkt erreicht, von dem an die weiterhin sich selbst überlassenen oder
einem Vorfluter zugeleiteten Abflüsse ihre Beschaffenheit unmöglich wieder
verschlechtern können, wie dies z. B. bei der Kalkklärung der Fall ist
Dieselben werden vielmehr auf dem Wege der Selbstreinigung noch eine
fortschreitende Verbesserung erfahren.
^) Dr. Korn und Dr. Kam mann, Der Hamburger Test auf Fänlnisfahigkeit. Gesond-
heitsingenieur XXX. Jahrg., No. 11.
B. Reinigung und landwirtschaftliche Verwertung der Abwässer. 509
Vielfach wird auf die Anwesenheit von Nitraten in den Abflüssen ein
besonderes Gewicht gelegt. Jedenfalls bilden diese auch koloriraetrisch leicht
nachweisbaren Endprodukte der Mineralisierung des organischen
Stickstoffes einen wichtigen Indikator für die gute Funktion der Reinigungs-
anlage. Denn zufolge ihrer leichten Reduzierbarkeit ist ihr Bestand in Wässern,
in denen noch eine lebhafte Sauerstoffzehrung vor sich geht, unmöglich. In
diesem Sinne muß das Auftreten der Nitrate auch als wünschenswert be-
zeichnet werden.
Was schließlich den Gehalt an Keimen betrifft, so stehen auch hier
die Abflüsse der nach dem natürlichen biologischen Verfahren betriebenen
Anlagen obenan. Eine Herabsetzung der Keimzahl auf wenige hundert In-
dividuen, die man früher den Rieselfeldern zumutete, läßt sich allerdings im
Dauerbetriebe kaum erzielen, und wird auch nicht mehr als erforderlich be-
trachtet. Wenngleich die Herabsetzung der Individuenzahl eine erhebliche
ist, so gilt dies nicht gleicherweise bezüglich der vertretenen Arten, denn in
dieser Hinsicht unterscheiden sich die Abflüsse kaum von den Rohwässem.
Trotzdem ist bisher noch kein Fall zu verzeichnen, in dem eine biologische
Reinigungsanlage zum Ausgangspunkte einer Infektion geworden wäre.
Immerhin ist schon bei der Projektierung darauf Rücksicht zu nehmen, die
Abflüsse einer künstlichen biologischen Anlage zum mindestens in Epidemie-
zeiten einer Desinfektion, die sich schon während der Abwicklung des Ver-
fahrens oder in Form einer Nachbehandlung durchführen läßt, unterwerfen
zu können. Hierüber folgen noch spezielle Angaben.
b) Bauliche Einrichtung und Betrieb der Fullkörper.
Hinsichtlich der Eignung verschiedener Materialien zum künst-
lichen Aufbau von biologischen Körpern wurde bereits als Grundforderung
eine hohe Widerstandsfähigkeit gegen Verwitterung angeführt. Auch
wurde schon der Umstand betont, daß rauhe Oberflächenbeschaffenheit für
die Ausbildung und das Festhaften des für die volle Leitungsfähigkeit des
Körpers unumgänglich notwendigen schleimigen Überzuges (vielfach auch
Rasen oder Rasenbelag genannt) besonders günstig ist und daher die „Ein-
arbeitung" beschleunigt.
Harte Schlacke und Koks stehen in dieser Richtung obenan; ihnen
folgen Ziegelbrocken und Schlägelschotter, während glatter Fluß-
schotter und Kies an letzte Stelle zu setzen wäre. Auch hinsichtlich des
dargebotenen Hohlraumvolumens verhalten sich die letztgenannten Materialien
ungünstiger, da sich glatte, abgerundete Elemente dichter aneinanderlegen
als rauhe, zackige Fragmente.
Auf eine bestimmte chemische Zusammensetzung, insbesondere den
früher vielfach als wünschenswert angesehenen Eisengehalt, wird heute kein
besonderes Gewicht mehr gelegt. Denn eine geringere spezifische Eignung
eines örtlich leicht und billig zu beschaffenden Materials läßt sich durch
eine schwächere Beanspruchung der Volumseinheit durch entsprechende Ver-
größerung der Gesamtkubatur, oder durch Wahl einer kleineren Komdimension
leicht ausgleichen.
510
in. Die Kanalisation der Ortschaften etc.
Bei den genannten Materialien schwankt das absolute Hohlraumvolumen,
das bei nicht zu verschiedener Gestalt der EinzelstOcke von deren Dimen-
sionen unabhängig ist (bei Kugeln von gleichem Radius würde dasselbe bei
dichtester Lagerung rund 27 ^Jq betragen), zwischen 35 — 50 *>/q. Ein Teil des-
selben wird aber im Dauerbetriebe nicht nutzbar, weil selbst das gröbste
Material noch eine gewisse Wasserkapazität äußert. Von weitaus größerer
Bedeutung ist aber die im Betriebe mit dem Anwachsen des Rasenbelages
und der fortschreitenden Verschlammung parallelgehende Volumsverminderung.
Daher pflegt man den Berechnungen zumeist nur ein nutzbares Hohlraum-
volumen von 80 ^/o zugrunde zu legen.
Unter dieser Voraussetzung vermag 1 m* Füllkörpermaterial bei jeder
Beschickung 300 1 aufzunehmen.
Bezeichnet:
n die Anzahl der Beschickungen pro Tag,
z die Anzahl der zu durchlaufenden Stufen,
so vermag 1 m* Füllkörper pro Tag eine Abwassermenge von:
* z
zu verarbeiten.
Hiernach ist zur Verarbeitung von 1 m* Abwasser die Materialmenge:
m = 3,33 - m^
erforderlich.
Die Zahl der Beschickungen und Stufen schwankt bei den praktischen
Ausführungen zwischen 1—3.
Hieraus ergibt sich als Materialbedarf pro 1 m' Abwasser:
Anzahl
der
Materialbedarf in m* pro 1 m' Ab-
wasser bei einer Stnfenzahl von
Beschickungen
1
2
3
1
2
3
3,35
1,70
1,10
6,70
3,35
2,20
10,00
6,00
3,30
Für normale und dünne städtische Abwässer (entsprechend einem
Wasserverbrauch von 100 1 pro Kopf und darüber) kann man bei einstufigen
Anlagen mit 2 Beschickungen pro Tag rechnen und bei zweistufigen
Ausführungen auf 3 Füllungen hinaufgehen. Dreistufige Anlagen sind zu-
folge ihrer hohen Kosten bisher nur ganz vereinzelt ausgeführt worden
(z. B. Hampton in England).
Zur Behandlung konzentrierter Abwässer macht Imhoff^) den Vorschlag,
pro Kopf der angeschlossenen Bevölkerung (ohne Rücksicht auf die Stufenzahl)
mindestens 130 1 Füllmaterial in Ansatz zu bringen.
^) Imhoffy Die biologische Abwasserreinigung in Deutschland; Mitteilungen der KgL
PrüfungsansUlt etc. etc. Heft 7 (1906).
B. Reinigung und landwirtschaftliche Verwertang der Abwässer. 511
Beträgt der tägliche Wasserverbrauch pro Kopf q 1, so wird 1 m* Ab-
1000
Wasser von Personen produziert, demnach wäre pro 1 m* Abwasser
das Materialquantum:
130 .
nt = nr
q
erforderlich. Durch Verbindung mit der früher entwickelten Gleichung ergibt
sich hieraus:
w = = 3,33-.
q = 39 4 - ^ 40 - •
In dieser Form lassen sich die Beziehungen zwischen dem Wasser-
verbrauch und der Zahl der Stufen und Beschickungen leicht überblicken.
So ersieht man, daß bei einstufigen Anlagen und einem Wasserverbrauch
von ^ ^ 40 1 sich weniger als eine tägliche Beschickung ergeben würde.
Da ein derartiger Betrieb, wie noch gezeigt werden wird, eine zu große
Beckenzahl erfordern würde, wird man — falls die Gefällsverhältnisse dies
zulassen, auch hier immer 2 Stufen anlegen.
In diesen lassen sich die einem Wasserverbrauche von 20 — 40 1 pro
Kopf und Tag entstammenden Zuflüsse in 1 — 2 Beschickungen, jene von
40 — 60 1 pro Kopf in 2 — 3 Beschickungen bewältigen. Für ^ ^ 60 1 wären
zweistufige Anlagen bereits nach dem früher gegebenen Schema zu berechnen.
Für q = 40 — 80 1 ergeben auch einstufige Anlagen schon 1 — 2 Beschickungen
pro Tag.
Das erforderliche Körpermaterial ist beim Füllverfahren stets auf
mehrere Einzelbecken zu verteilen, deren Zahl mit Rücksicht auf die
Schwankungen der Zuflußmenge und die Anzahl der täglichen Be-
schickungen zu ermitteln ist.
Jede einzelne Beschickung umfaßt die Füllung, das Vollstehen, die
Entleerung und die Lüftung des entleerten Beckens. Hierbei wird
man stets trachten, die Lüftungsperiode angesichts der großen Bedeutung
dieser Phase für die Regeneration des Adsorptionsvermögens möglichst lang
auszudehnen. Die Dauer der Entleerung läßt sich* durch entsprechende
Dimensionierung der Drainage beliebig abkürzen; für die Zeit des Vollstehens
genügen ^/j — 2 Stunden. Da die tiefsten Körperschichten vom Momente des
Beginnes der Füllung bis zur Beendigung der Entleerung vom Luftzutritte
abgeschlossen sind und namentlich bei konzentrierten Abwässern erfahrungs-
gemäß ein Zeitraum von 6 Stunden hinreicht, um die Sauerstoffvorräte zu
erschöpfen und die Oxydationsvorgänge in Reduktions- und Fäulnisprozesse
umschlagen zu lassen, wird man trachten, die ersten 3 Phasen in weniger
als 6 Stunden abzuwickeln.
Nachdem man beim Trockenwetterabfluß sowie auch beim Trennsystem
bei einem Tagesquantum von Qm^ mit stündlichen Zuflußschwankungen von
etwa jg in der Nacht und ^ bis ^ in den stärksten Tagesstunden zu
512 m* ^ic Kanalisation der Ortschaften etc.
rechnen hat, läßt sich die zur glatten Abwicklung des Betriebes erforderliche
Beckenzahl b leicht berechnen.
Da bei n täglichen Beschickungen in jeder Stufe - m^ Holraumvolumen
vorhanden sein müssen, wird jedes Einzelbecken die Wassermenge -, — w*
fassen. Beschränkt man die Zeit für Vollstehen und Entleerung auf 2 Stunden,
so daß unter der oben begründeten Einsckränkung für die maximale Follungs-
dauer eines Beckens nur noch 4 Stunden verbleiben, so ergibt sich die
Beziehung :
bn • 48 '
n *
d. h. es wird:
für « = 1 6 = 12
« = 2 A= 6
« = 3 ^=4
womit auch die vorweggenommene Behauptung, daß bei kleiner Beschickungs-
zahl das Körpermaterial auf viele kleine Becken verteilt werden müsse, er-
wiesen ist.
Bei einem anhaltenden stündlichen Maximalzufluß von -j^ bis ^ wird
dann jedes Becken bereits in der Zeit:
^'"•'""6«- 12- bn ^'^ bn ' 10 ~'bn'
also in 50 — 60 Minuten gefüllt sein.
Unter der Annahme, daß der Maximalzufluß mehrere Stunden hindurch
unverändert anhalten würde, ergibt sich, daß das Aufnahmsvermögen —
emer btufe bereits m — : -777 bis — : ^ttt , also — bis — Stunden er-
«12 « 10 ' n n
schöpft wäre, demnach für:
« = 2 in 5 — 6 Stunden,
• «-3 „ 3,2-4
auf welchen Zeitraum ein Beschickungszyklus reduziert werden müßte.
Hieraus ergibt sich, daß die oben berechneten Beckenräume lediglich das
jederzeit in Bereitschaft zu haltende Aufnahmsvolumen darbieten, und daher
zumindest noch ein weiteres Becken gleicher Größe in Reserve zu
halten ist, um auch außertourliche Ruheperioden gewähren und Entschlammungen
ohne Betriebsstörung durchführen zu können.
Zwecks Reinigung der Regenwetterabflüsse des Sammelsystems,
die zumeist nur anfänglich eine größere Konzentration aufweisen, werden
vielfach noch besondere Füllkörper angelegt, die, weil nur vorübergehend
im Gebrauche, auch eine stärkere Beanspruchung erfahren können.
Die Tiefe der Füllkörper wird zumeist mit 1 — 1,2 m bemessen.
Größere Tiefen sind, selbst wenn das verfügbare Gefälle vorhanden wäre,
im Hinblick auf die erschwerte Durchlüftung nicht zu empfehlen.
B. Reinigung und landwirtschaftliche Verwertung der Abwässer. 513
Die Becken sind jedenfalls wasserdicht anzulegen. Im undurchlässigen
Boden kann diesbezüglich schon eine einfache Betonsohle genügen, während
die Wände lediglich abgeböscht werden und Pflasterung oder einen Zeraent-
plattenbelag erhalten. Doch ist auch hier die Herstellung solider Um-
fassungswände, welche bei weniger, dicht gelagerten Böden sowie im
Auftrage immer herzustellen sind, vorzuziehen.
Besonderes Augenmerk erfordert die Disposition der Drainage. Es
empfiehlt sich, die Sammler durch in der Sohle ausgesparte Rinnen zu bilden,
welche mit Ziegeln oder Zementplatten mit offenen Stoßfugen abgedeckt
werden und als Nebendrains Drainröhrstränge von mindestens 80 — 100 mm
Lichtweite in kleinen Abständen auf die Sohle aufzulegen. Die Drains
werden mit gröberem Material umhüllt. Sämtliche Sammler eines Beckens
sind in einem Schachte zusammenzuführen, in welchem der Bedienungs-
schieber angebracht wird. Es ist darauf zu achten, daß der Wasserspiegel
dieses Schachtes nach stattgefundener Entleerung unter die Drainaus-
mündungen zu liegen komme, um die vollständige Durchlüftung des Körpers
zu ermöglichen. Bei mehrstufigen Anlagen ist durch Anordnung eines
gemeinsamen Gerinnes für die Abflüsse der primären Körper Vorsorge
dafür zu treffen, daß die Becken der einzelnen Stufen in beliebigen Kom-
binationen zusammenarbeiten können.
Die Korngröße des Beschickungsmateriales ist, gute Vorreinigung
vorausgesetzt, bei einstufigen Anlagen mit etwa 5 — 10 mm, bei mehrstufigen
Anlagen in den primären Becken mit 10 — 30 mm, in den folgenden Stufen
mit 5 — 10 mm anzunehmen.
Zur Verteilung des Wassers genügt es nicht, dasselbe lediglich von
einem Punkte aus zuzuführen, da sonst das anliegende Material zu stark
beansprucht und rasch verschlammen würde. Vielmehr ist über der ganzen
Beckenoberfläche ein Netz von Verteilungsrinnen anzulegen. Hierzu
verdienen halbierte Steinzeugrohre vor den wenig haltbaren hölzernen Rinnen
den Vorzug (Fig. 198). In Manchester wird die Verteilung mit Hilfe eines
Systems radialer über die Körperoberfläche aufgedämmter Furchen, die mit feinem
Materiale ausgekleidet sind, bewerkstelligt (Fig. 199). Diese Art der Verteilung,
durch welche ein Teil der suspendierten Stoffe zurückgehalten wird, schützt
zwar den Körper einigermaßen vor Verschlammung, verursacht aber im
Betriebe ziemlich viel Instandhaltungsarbeit. Es bestehen auch Apparate zur
automatischen Regelung der Beschickung der Füllkörper (Septik Co., London;
Adams, York; Mather & Platt, Salford; Ames & Crosta, London). Die-
selben sind jedoch sämtlich in der Anlage ziemlich kostspielig und namentlich
bei strenger Winterkälte nicht absolut betriebssicher. Die Tendenz, den
Betrieb vollkommen automatisch zu gestalten, stammt aus der Zeit, in der
man glaubte, daß die Füllkörper bei regelmäßigem Betriebe keinerlei Instand-
haltungsarbeiten bedürfen.
Nachdem man aber zu der Erkenntnis gelangt ist, daß die Anlagen
nicht nur nicht sich selbst überlassen werden dürfen, sondern sogar eine
sehr aufmerksame Behandlung fordern, ist die Anwendung dieser
Apparate für größere Anlagen von geringerer Bedeutung geworden. Für
Friedrich, Wasserbau. Zweite Auflage. II. Band. 33
514
III. Die Kanalisation der Ortschaften etc.
Flg. 198. Abwasser-RelnignngBanlage von Exeter, FUllverfahren mit automatUchem Betrieb.
Flg. 199. FUllkörper mit Forchen -zor Abwasser- Verteilung in Manchester.
B. Reinigung und landwirtschaftliche Verwertong der Abwässer. 515
kleinere Anlagen, welche keine ständige Wartung, wohl aber eine zumindest
tägliche Revision beanspruchen, behalten dieselben allerdings ihren Wert;
diesbezüglich sind die einfachen, nach dem Heberprinzipe (ähnlich wie die
automatischen Spülkammem) wirkenden Apparate bei frostsicherer Aufstellung
wohl noch am betriebssicheren.
Wenngleich bei rationeller Vorbehandlung die Verschlammung der
Füllkörper nur langsam fortschreitet, so ist doch immer mit der Notwendig-
keit einer Entschlammung der Becken zu rechnen. Dieselbe erfolgt durch
Waschung des ausgehobenen Materiales auf Schüttelsieben u. dergl. Die
sich hierbei ergebenden ziemlich bedeutenden Schlammmengen müssen zum
mindesten in Absitzbecken ausgeschieden und das stark verunreinigte Wasch-
wasser einer neuerlichen Behandlung unterworfen werden. Da bei der Waschung
auch das verwitterte Füllmaterial entfernt wird, ist auch diesbezüglich für ent-
sprechenden Ersatz vorzusorgen.
Die Kosten einer solchen Entschlammung sind bedeutend und nach
Maßgabe der hierbei verwendeten maschinellen Hilfsmittel mit etwa 2 — 6 K
pro 1 m* in Ansatz zu bringen. Bei sachgemäßer Vorbehandlung und Ver-
meidung einer Überanstrengung der Füllkörper im Betriebe dOrite sich die
Notwendigkeit zur Vornahme der Entschlammung wohl kaum öfter als etwa
alle 3 Jahre ergeben.
c) Bauliche AusgesfaHung und Betrieb der Tropfkörper.
Die bereits beim Füllverfahren hervorgehobenen Gesichtspunkte gelten
auch bezüglich der Eignung der verschiedenen Materialien zum Aufbau von
Tropfkörpern, doch kommen beim Tropfverfahren nur die gröberen Sor-
timente in Betracht. Die Korngröße wird hier zumeist mit S — 10 cm,
manchmal sogar noch höher gewählt.
Tropfkörper werden einstufig angelegt, und rechnet man für dünne
und normale Abwässer pro 1 m* Tageszufluß 1,0 — 1,4 m* Körpermaterial.
Bei konzentrierten Abwässern empfiehlt sich ebenfalls die Anwendung der
Imh off sehen Regel, nämlich pro Kopf der angeschlossenen Bevölkerung
0,13 m^ Material in Ansatz zu bringen.
Im Gegensatze zum intermittierenden Betriebe der Füllkörper erfolgt
die Beschickung der Tropfkörper kontinuierlich, oder doch in so geringen
Zwischenpausen, daß man hier von einem ununterbrochenen Betriebe sprechen
kann. Letzterer gestattet, sich den Zuflußschwankungen vollkommen an-
zuschmiegen und braucht daher bei der Verteilung der erforderlichen Gesamt-
kubatur auf Einzelkörper nach dieser Richtung keine besondere Rücksicht
genommen zu werden. Die Zahl der Körper erscheint daher ledig^lich von
der Art der jeweils für die Wasseraufbringung gewählten Vorrichtungen ab-
hängig. Ebenso entfällt die Beschränkung der Tr opf kör p erhöhe im Hin-
blicke auf deren Durchlüftbarkeit, und wird dieselbe, falls nicht die verfüg-
baren Gefällverhältnisse bereits die Einhaltung bestimmter Grenzen erfordern,
weit größer bemessen als beim Füll verfahren; doch darf man auch hier
nicht über bestimmte Werte hinausgehen.
Wohl läßt sich durch Vergrößerung der Körperhöhe der zur Unter-
bringunji^ der Anlage erforderliche Raum vermindern und auch an den Kosten
33*
516 III. Die Kanalisation der Ortschaften etc.
für Unterbauten und Verteilungsvorrichtungen sparen; gleichzeitig wächst aber
die pro Flächeneinheit aufzubringende bezw. die im Beharrungszustande pro
Zeiteinheit den Körperquerschnitt passierende Wassermenge. Da außerdem
die normalen Zufluflschwankungen im gleichen Sinne wirken, und die Ab-
wasserverteilung sich nicht mit absoluter Gleichförmigkeit bewerkstelligen läßt,
insbesondere aber die intermittierend arbeitenden Verteilungsvorrichtungen
die tatsächliche Beaufschlagungsdauer der Flächeneinheit auf einen Bruchteil
der Beschickungsdauer des ganzen Körpers reduzieren, treffen hier eine Reihe
von Umständen zusammen, die nur allzuleicht eine örtliche oder zeit-
weise Überlastung einzelner Körperteile hervorbringen können. Denn die
Vergrößerung der sekundlichen Durchflußmenge gibt immer zu befürchten,
daß an Stelle des Tropfenfalles von Fragment zu Fragment sich Strömchen
ausbilden, welche die gesamte Körperhöhe in einer vielmals kürzeren Zeit
durcheilen als die einzelnen Tropfen. Hierdurch aber werden nicht nur Aus-
waschungen begünstigt, sondern event. sogar die für die Einwirkung der
Adsorptionskräfte verfügbare Zeit ungebührlich abgekürzt.
Erfahrungsgemäß sinkt die Durchflußzeit bei sehr grobem Körpermaterial
und intermittierender Bechickung auf nur 2 — 5 Minuten, während dieselbe
bei feinerem Material und kontinuierlicher Wasserverteilung 30 — 40 Minuten
beträgt.^)
Aus diesen Gründen erscheint es rätlich, Tropfkörper nicht höher
als etwa 2,5 — 3 m anzulegen.
Nachdem bei ordnungsmäßigem Betriebe das Hohlraumvolumen der
Tropfkörper nie vollständig mit Abwasser erfüllt sein kann, unterliegen die-
selben auch keinem inneren Wasserüberdrucke. Bei Ausbildung der Um-
fassungswände ist daher lediglich der Forderung zu entsprechen, das Material
zusammenzuhalten und event. Stützpunkte für die Anbringung der Ab-
wasserverteilungsvorrichtung zu gewähren.
Bei frei über Terrain stehenden Tropfkörpern aus grobem Material
genügt es daher, die Umfassung aus einer mit schwachem Anzug versehenen
Trockenschlichtung von Bruchstein oder besonders großen Schlacken-
und Koksbrocken herzustellen und event. durch Umlegung von Schließen
aus Bandeisen zusammenzuhalten. Feineres Material, das bei steiler Schüttung
einen höheren seitlichen Schub äußert, wird in eine Ummantelung aus
Zementmörtelmauerwerk, Stampfbeton oder Eisenbeton einge-
schlossen. Jedenfalls sind auch in diesen Umwallungen zur Erleichterung
des Luftzutrittes in verschiedenen Höhen Öffnungen auszusparen, an
die sich tief ins Körperinnere reichende gelochte Steinzeugröhren oder
Drainrohre anschließen.
Eine beachtenswerte (patentierte) Art der Umfassung hat die Firma
Pittel & Brause Wetter in Wien eingeführt. Dieselbe besteht aus Beton-
formstücken, welche durch vertikale Rundeisenstäbe zu einer Art Block -
kette vereinigt werden und bei großer Billigkeit den Ansprüchen an die
Festigkeit und Durchlüftbarkeit ausgezeichnet Rechnung tragen.
^) W. Clifford, The Time of Passage of Liquids through percoUting Beds. Sur-
Teyor XXXU, No. 820.
B. Reinigung and landwirtschaitliche Verwertung der Abwasser. 517
Als Unterbau der Tropfkörper eignet sich am besten eine Beton-
platte, welche bei kreisrundem Körperquerschnitt als sanft geböschter Kegel
ausgeführt wird und so das gereinigte Wasser nach einer die Platte um-
ziehenden abdeckbaren Rinne abfließen läßt. Mit Füßchen versehene tisch-,
pult- oder halbkreisförmige Formziegel, welche in England zur Herstellung
einer Art doppelten Bodens über der Betonsohle fast allenthalben angewendet
werden und die Entwässerung und Durchlüftung des Körpers wirksam unter-
stützen, sind am Kontinente noch wenig in Gebrauch.
Bei rechteckiger Grundrißform erhält die Sohlplatte eine Abdachung
nach den Längsseiten entlang ziehenden Rinnen. Breitere Tropfkörper werden
auch nach der bei den Füllkörpem angegebenen Art drainiert.
Zwingen die Nieveauverhältnisse dazu, die Tropfkörper ganz oder teil-
weise in den Boden zu versenken, so sollten dieselben auch hier womöglich
freistehend errichtet werden; zumindest aber müssen die äußeren Schichten
aus möglichst grobem Material hergestellt werden, um auch einen
seitlichen Luftzutritt zu gestatten.
Während sich die Wasserzufuhr zu den Füllkörpern in einfachster
Weise bewerkstelligen läßt, ist die Wasserverteilung über die Tropf-
körper eine weit schwierigere Aufgabe, deren rationelle Lösung um so mehr
Beachtung erfordert, als jede Ungleichförmigkeit in der Beanspruchung mit
einer Herabsetzung des sonst erzielbaren Effektes verbunden ist. Diesem
Umstände ist es wohl in erster Linie zuzuschreiben, daß das Tropfverfahren
angesichts seiner Überlegenheit in bezug auf Leistungsfähigkeit und Einfachheit
in Anlage und Betrieb das Füllverfahren noch nicht ganz verdrängt hat.
Namentlich in England steht eine ganze Reihe im mehrjährigen Betriebe
erprobter Abwasserverteilungsvorrichtungen im Gebrauche, welche den an sie
gerichteten Anforderungen mit mehr minder großer Vollkommenheit zu ent-
sprechen vermögen; doch stellen sich dieselben in der Anlage zumeist recht
kostspielig. Nach ihrer Wirkungsweise lassen sich dieselben in nachstehende
Gruppen einteilen:
a) Stabile Verteiler.
a) Tropfrinnen (nach W. B. Stoddart, Bristol) sind Rinnen aus
gelochtem \Vell blech, welche an ihrer Unterfläche Zäpfchen tragen, von
denen das über die Blechränder überschlagende Wasser auf den Brocken-
körper abtropft. Dieselben eignen sich nur für kleine Anlagen, da sie für
größere Flächen zu schwer ausfallen und besondere Stützkonstruktionen er-
fordern würden.
ß) Tropfnasen (nach J. Orange, Nottingham). Von einzelnen über
der Körperfläche liegenden Verteilungsrinnen ragen beiderseits Blechnasen
von verschiedener Länge vor, von denen das Abtropfen erfolgt.
y) Kipprinnen (Col. Ducat, W. E. Farrer, Birmingham). Auf
einer durchlaufenden Längsachse befestigte und der Länge nach in zwei
Kammern geteilte Rinnen werden alternierend mit Abwasser gefüllt, wodurch
ein Kippen der Rinne sowie ein Ausgießen des Inhaltes über die benachbarte
Körperfläche bewirkt wird.
d) Versprüher. Dieselben stehen in großem Maßstabe auf den Tropf-
körpern von Salford, Birmingham rFig. 200) sowie Columbus und
518 ni. Die Kanalisation der Ortschaften etc.
Reading in den Vereinigten Staaten in Verwendung. Der ganze Tropfkörper
ist hierbei mit einem Druckrohmetz überzogen, auf dem nach Maßgabe des
Fig. 800. Tropftörper aas Steinschlas mit Abwasser- VenprUher in Birmlnsham.
Fig. 801. Tropfkörper aus Koks mit Drehspreofcern in Wilmersdorf bei Berlin.
verfügbaren Überdruckes |in größeren oder kleineren Abständen Streudosen
angebracht sind, welche die]|Abwässer regenartig zur Verteilung bringen.
B. Reinigung und landwirtschaftliche Verwertung der Abwässer. 519.
Durch entsprechende Bohrung der Düsen bezw. durch Anprallen des Wasser-
strahles an einen Konus oder lemniskatenförmige, feststehende oder bewegliche
Bleche wird eine feine Zerstäubung des Strahles erzielt. Die Gleichförmigkeit
der Verteilung läßt bei wechselndem Wasserdrucke und insbesondere bei
windigem Wetter manches zu wünschen übrig. Auch sind die feinen Aus-
trittsöffnungen der Verstopfung ausgesetzt und bedürfen daher beständiger
Aufsicht. Endlich führt die Methode bei Aufbringung stark vorgefaulter Ab-
wässer zu Geruchsbelästigungen.
b) Rotierende Verteiler für kreisförmige Tropfkörper.
ä) Drehsprenger (Sprinkler), (Fig. 201), bestehen aus Röhren-
kreuzen mit 3 — 6 Armen, welche auf einem Zentralzapfen gelagert und bei
größerer Armlänge durch Zugschließen mit einer Zentralsäule verspannt sind.
Dieses Röhrenwerk ist einseitig mit einer Lochung versehen und gerät nach
dem Prinzipe des Segnerschen Rades in Rotation. Durch Anbringung
von Kugellagern, Entlastung durch Schwimmer, Ersatz der Stopfbüchsen
durch Quecksilberverschlüsse und ähnliche Mittel zur Herabsetzung der
Reibungswiderstände(Konstruktionen von Candy, Adams, Ham Baker&Co.,
London) ist es gelungen, Drehsprenger von Durchmessern bis zu 50 m bei
einer wirksamen Druckhöhe von nur 25 — 50 cm in Bewegung zu erhalten.
Durch entsprechende Austeilung der Austrittsöffnungen, deren
gegenseitiger Abstand vom Zentralzapfen aus abnimmt, läßt sich ein hoher
Gleichförmigkeitsgrad in der Wasserverteilung erzielen. Da die größeren
Typen namentlich bei freistehenden hochgebauten Tropfkörpern in ihrer Be-
wegung durch den Wind stark beeinflußt werden, hat man die einzelnen
Arme mit Klappen versehen, welche sich unter dem Winddrucke öffnen
bezw. schließen; übrigens läßt sich auch durch Erhöhung der Umfassungs-
wände über die Körperfläche ein wirksamer Windschutz erzielen. Andere
Konstrukteuere (Mather & Platt, Salford) haben das Röhrenwerk durch
drehbar aufgehängte offene Gerinne ersetzt, die das Wasser durch Boden-
öffnungen oder an einer adjustierbaren Überschlagskante austreten lassen,
und durch eine am Aufhängungspunkte angebrachte Turbine oder einen
Elektromotor in Bewegung gesetzt werden.
Bei stark wechselnden Zuflußmengen, die sich namentlich bei
kleinen Anlagen oft ergeben, müssen den Drehsprengern Kippgefäße oder
durch Heberwirkung zu entleerende Ausgleichsbehälter vorgeschaltet
werden, um die zum Betriebe erforderliche Aufschlagwassermenge durch
Aufstau zu gewinnen. Von verschiedenen Autoren wird dieser intermittierende
Betrieb, von dem man auch eine Spülung der Austrittsöffnungen
erwartet, grundsätzlich für alle Drehsprenger verlangt. Dann erfolgt
aber stets vor Eintritt der Bewegung sowie beim Stillstand längere Zeit
hindurch ein Ausgießen von Abwasser auf derselben Stelle, das, wie schon
begründet, nicht als besonders wünschenswert bezeichnet werden kann. Bei
größeren, aus mehreren Einheiten bestehenden Anlagen, welche ohnehin eine
ständige Wartung benötigen, scheint es daher ratsamer, den Zuflußschwankungen
durch alternierende Außerbetriebsetzung einzelner Körper Rechnung zu tragen.
520 ^* ^^^ Kaoalisaiion der Ortschaften etc.
Von allen Mechanismen zur Tropfkörperbeschickung haben die Dreh-
sprenger zufolge ihrer relativen Billigkeit und Einfachheit in der
Montage die größte Verbreitung gefunden.
/?)Scott-Moncrieff-Verteiler (Manlove Alliott & Co., Nottingham).
Ein einerseits von einem Zentralzapfen, andererseits von einem auf einer
Rundschiene laufenden Wagen mit Motorantrieb, gestützter Gitterträger trägt
ein Gerinne, das, vom Zentralzapfen aus gespeist, das Abwasser über eine
Anzahl von adjustierbaren Überfällen austreten und von vorspringenden Rippen
abtropfen läßt. Der Apparat sichert die vollkommenste Gleichförmigkeit
der Verteilung, ist aber in Anlage wie Betrieb äußerst kostspielig.
y) Der „Fiddian"-Verteiler (von Birch Killon & Co., Manchester)
läuft wie der vorbeschriebene auf einer Rundschiene um einen Zentralzapfen,
und besteht aus einer Serie auf gemeinsamer Achse aufgekeilter Zellenräder,
welche durch das Zufließen des Abwassers in Rotation versetzt werden und
ihre Bewegung durch ein Vorgelege dem auf der Rundschiene laufenden
Wagen mitteilen, wodurch das ganze System in Bewegung kommt. Die
Zellenräder gießen ihren Inhalt direkt auf die Körperoberfläche aus. Nachdem
der Apparat leichter gebaut ist als der vorbeschriebene und vom Abwasser-
strome selbst bewegt wird, stellt er sich auch wesentlich billiger als der
Scott-Moncrieff- Verteiler.
c) Verteiler mit fortschreitender Bewegung.
Der Fiddian- Verteiler wird auch für Tropfkörper von rechteckiger
Grundrißform ausgeführt und seine hin- und hergehende Bewegung dadurch
eingeleitet, daßauf der durchlaufenden Achse altemierd Zellenräder mit ent-
gegengesetzter Drehrichtung angebracht sind und durch eine Reversiervor-
richtung dem einen oder anderen Zellensystem Wasser zugeführt wird, wo-
durch auch die die Achse tragenden auf Längsschienen laufenden Wagen
ihre Bewegungsrichtung ändern.
Ein nach ähnlichem Prinzipe (Wicks-Dodd) (von Ham, Baker & Co.t
Birmingham) gebauter Apparat ist in Fig. 202 dargestellt. Auf diesem Bilde
ist auch die Art Wasserzufuhr aus einem höher gelegenen Gerinne durch
Vermittlung eines Hebers ersichtlich.
Die nach dem Prinzipe der Zellenräder gebauten Abwasserverteiler
zeichnen sich dadurch aus, daß feine, durch die suspendierten Stoffe verstopf-
bare Öffnungen an denselben vermieden sind. Auch findet ihre fortschreitende
Bewegung, wenngleich verlangsamt, selbst bei den kleinsten Zuflußmengen
statt, und ist somit die Wasserverteilung jederzeit eine durchaus gleichförmige.
Ein ebenfalls für hin- und hergehende Bewegung auf rechteckigen
Tropfkörpern bestimmter Verteiler wurde (von Willcox &. Raikes in
Birmingham) für die Abwasserreinigungsanlage von Hanley gebaut. Derselbe
besteht aus einem auf Schienen laufenden Wagenpaar, das eine Röhre mit
Ausgußöffnungen trägt und an einem über Gleitrollen und Spannvorrichtung
laufenden endlosen Kabel durch ein elektrisch angetriebenes Vorgelege mit
Reversiervorrichtung in Bewegung gesetzt wird.
d) Die Dunbarsche Deckschicht besteht aus einer die ganze Tropf-
körperoberfläche überdeckenden Lage von feihgesiebter harter Schlacke oder
B. Reinigung und landwirtschaftliche Verwertung der Abwässer.
521
scharfem Sande mit gleichförmigem rundlichem Korn und etwa 1 — 2 mm
Korndurchmesser, welche auf einer StOtzschicht aufruht. Da letztere das
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Flg. 202. Tropfkörper mit Zellenrad- Verteiler tnaeh Wicks-Dodd) in Wednesburry.
Fig. 203. Tropfkörper mit Deckschicht nach Dunbar (während der Beschickung) in Unna.
feine Deckmaterial vor dem Hineinfallen in das eigentliche Tropfkörpermaterial
zu hindern hat, muß sie in der Aufeinanderfolge ihrer Korngrößen sorgfältig
522 ^' ^^^ Kanalisation der Ortschaften etc.
abgestimmt werden und fällt daher um so stärker aus, je gröber das unter-
liegende Brockenmaterial ist. Hieifür genügt zumeist eine Stärke von 20 bis
40 cm. Die eigentliche Deckschicht wird 10 — 20 cm dick aufgebracht und
erfolgt die Wasserverteilung auf ihr durch ein Rinnensystem wie beim Füll-
verfahren (Fig. 203).
Sobald sich die Deckschicht im Betriebe verschlämmt und dann einen
wachsenden Durchgangswiderstand entgegenstellt, muß das Wasser auf ihr in
dünner Schicht aufgestaut werden. Zu diesem Zwecke wird die Deckschicht
an den Rändern des Körpers schalenförmig in die Höhe gezogen. Zeitweise
muß die Decklage ähnlich wie ein Wasserwerksfilter nach vorhergehender
Trockenlegung geschält werden. Ein Aufharken der verschlämmten Decke
ist zu vermeiden, wohl aber kann dieselbe nach der Schälung etwas aufge-
lockert werden.
Im Betriebe erfordert diese Verteilungsart eine sorgfältige Überwachung,
nachdem ein Durchreißen der Decklage eine örtliche Überlastung des Tropf-
körpers und einen Austritt ungereinigten Wassers zur Folge hat.
Während in den FüUkörpem eine Schlammanhäufung stattfindet, welche
das nutzbare Hohlraumvolumen und hiermit auch ihre Mengenleistung
herabsetzt und kostspielige Waschungen erfordert, kommen derartige Ver-
schlammungen der Tropfkörper fast nie vor, da hier eine dauernde Aus-
spülung des abgebauten Materiales Platz greift.
d) Nachbehandlung der Abflüsse kfinsflicher biologischer Anlagen.
In der Mehrzahl der Fälle dürfte sich die Ausscheidung der Suspensa
schon als hinlänglich erweisen. Diesbezüglich gelten die beim Sedimentations-
betrieb erörterten Gesichtspunkte. Nur bei sehr ungünstigen Vorflutverhält-
nissen oder im Falle, daß die Abflüsse bis zur Erreichung der Vorflut noch
längere Grabenstrecken in unverdünntem Zustande zu durchfließen hätten,
kann auch eine gründliche Nachbehandlung wünschenswert werden. Dieselbe
erfolgt am zweckmäßigsten in künstlich angelegten Sandfiltern (Chorley-
Filtern) die ebenso wie die Bodenfiltration intermittierend betrieben werden
müssen. Hierbei genügt es, pro 1 m^ Tageszufluß 1 m*^ Sand zu rechnen.
Durch derartige Filter läßt sich insbesondere eine wirksame Herabsetzung
des Keimgehaltes erzielen.
Auf Grund einer mehrfach gemachten Beobachtung mag hier auf einen
wiederholt konstatierten Fehler bei der Inbetriebsetzung der Nachfilter
hingewiesen werden. Erfolgt dieselbe gleichzeitig mit jener der biologischen
Körper, so fließen ihnen aus den noch nicht entsprechend eingearbeiteten
Körpern fast unveränderte Rohwässer zu. Diese Belastung übersteigt die
Leistungsfähigkeit des Sandes, und treten daher bald Verschlammungen oder
sogar Fäulnisprozesse auf, die später unter hohem Kostenaufwande behoben
werden müssen, wenn es nicht zu einer Verschlechterung der in den
einstweilen eingearbeiteten Körper erzielten guten Abflüsse kommen soll.
Es empfiehlt sich daher, derartige Nachfilter erst nach entsprechender
Einarbeitung der Hauptanlage in Betrieb zu nehmen. Ähnliche Er-
scheinungen ergeben sich, wenn die zwischen die Körper und die Sandfilter
B. Reinigung und landwirtschaftliche Verwertung der Abwässer. 523
einzuschaltenden Absitzbecken nicht regelmäßig gereinigt werden und der
hier ausgeschiedene Schlamm bei allzulanger Lagerung unter Wasser in
Fäulnis übergeht.
Zur fallweisen Desinfektion der Abflüsse künstlicher biologischer
Anlagen eignet sich am besten Chlorkalk in den bereits früher angegebenen
Konzentrationen (S. 484). Der Zusatz des Desinfektionsmittels kann (nach
Dunbar) sogar vor Aufbringung der vorgereinigten Abwässer auf die
Körper erfolgen, da die Oxydation des Restes an freiem Chlor so rasch
erfolgt, daß hieraus eine ungünstige Einwirkung auf den Organismenbestand
der Körper um so weniger zu befürchten ist, als diese Behandlung der Ge-
samtabflüsse doch nur in Zeiten besonderer Gefahr vorübergehend Platz greifen
dürfte. Bei dauernd zu desinfizierenden Abwässern, z. B. jenen von
Krankenhäusern, Schlachthäusern event. auch Gerbereien, müßte
hingegen mit äußerster Vorsicht verfahren werden, wenn die keimtötende
Wirkung des Desinfektionsmittels nicht auch den Körper schädigen soll.
e) Einfluß der Winferkfilfe auf den Betrieb des künsflichen biologischen Verfahrens.
Die anfänglich gehegte Befürchtung, daß die künstlichen biologischen
Verfahren unter den strengeren Bedingungen des kontinentalen Winters
versagen würden, hat sich erfahrungsgemäß als unberechtigt erwiesen. Die
in den Faulbecken und Oxydationskörpern ablaufenden Umsetzungen sind
stets mit Wärmeentwicklung verbunden, welche im Verein mit dem auch
im Winter nicht zu stark absinkenden Wärmeinhalte der Abwässer zur Auf-
rechterhaltung des Betriebes genügt.
Immerhin erscheint es geboten, Wärmeverluste nach Turilichkeit
einzuschränken. Dies gilt insbesondere bezüglich der freistehenden Tropf-
körper, deren äußere Schichten im Winter leicht vereisen, sowie hinsichtlich
der empfindlichen Verteilungsmechanismen. Kleine Anlagen wird man daher
in strengen Klimaten wenigstens provisorisch überdachen. Bei größeren
Anlagen sollte man sich des wirksamen Schutzes, den eine dichte Um-
pflanzung gegen Schneetreiben und Windanprall zu gewähren vermag,
nicht entäußern.
Füllkörper haben im Winter überhaupt weniger zu befürchten, ins-
besondere, wenn man die Verteilungsrinnen mit grobem Körpermaterial
umpackt
f) Bau- und Betriebskosten des künstlichen biologischen Reinigungsverfahrens.
Angaben zwecks genereller Veranschlagung der Bau- und Betriebskosten
der nach dem künstlichen biologischen Verfahren arbeitenden Anlagen lassen
sich derzeit noch schwer aufstellen. Die in dieser Richtung in England, das
wohl die meisten und ältesten derartigen Werke besitzt, gewonnenen Er-
fahrungen lassen sich auf kontinentale Verhältnisse kaum übertragen. Denn
abgesehen von der Verschiedenheit von Bodenpreisen und Arbeitslöhnen
sind ja viele der dortigen Anlagen aus schon bestehenden chemisch-mechanischen
Kläranlagen durch Umbau hervorgegangen, und sind auch die Ausmaße durch
besondere behördliche Vorschriften festgelegt. Außerdem wechseln die An-
lagekosten, namentlich mit Rücksicht auf die stets eine Hauptpost bildende
524 ^' ^ic Kanalisation der Ortschaften etc.
Beschaffung des Körpermat^rials, so stark, dafi hier mit Durchschnitts-
werten kaum gerechnet werden darf. Auch fällt die Größe der Anlage
stets stark ins Gewicht. Für die Verhältnisse Österreichs und Deutschlands
wird man als rohe Grenzwerte der Anlagekosten für mittlere und große
Verhältnisse etwa 5 — 15 K, für kleine und kleinste 20 — 50 K pro Kopf an-,
nehmen dürfen. Noch unsicherer gestaltet sich eine allgemeine Voreinschätzung
der zu erwartenden Betriebskosten. Daß dieselben nicht so gering sind,
wie man anfänglich erwartete, kann angesichts der stets beträchtlichen Kosten
der Vorreinigung und der periodischen Aufwendungen für Waschung imd
teilweisen Ersatz des Körpermateriales nicht überraschen. Einschließlich der
Kosten für Tilgung und Verzinsung des Anlagekapitales wird man bei großen
und mittleren Betrieben mit etwa 1 — 2 K, bei kleinen Anlagen mit 3 — 6 K
pro Kopf und Jahr zu rechnen haben.
Zur Gewinnung näherer Anhaltspunkte bei der Veranschlagung von
Spezialfällen sei hier nochmals auf die schon zitierte (S. 510) Arbeit Imhoffs
über die einschlägigen Verhältnisse Deutschlands hingewiesen.
g) Der gewachsene Boden als Oxydafionskörper.
Die Verwendbarkeit der verschiedensten Materialien zum Aufbau künst-
licher biologischer Körper sowie die Möglichkeit, den Grad der Reinigung
den örthchen Bedürfnissen genau anpassen zu können, bilden den unver-
kennbaren Vorzug des künstlichen biologischen Verfahrens. Denn hiermit
wird der Reinigungsbetrieb zu einer technisch Oberall durchführ-
baren Maßregel und seine Vornahme lediglich eine Kostenfrage.
Bezüglich der Durchführbarkeit der natürlichen biologischen Ver-
fahren herrscht nicht die gleiche Freiheit. Denn hier ist von Anfang an mit
einer bestimmten Beschaffenheit des als Medium dienenden gewachsenen
Bodens zu rechnen. Hiermit entzieht sich aber auch eine Reihe der für den
Reinigungseffekt maßgebenden Faktoren der willkürlichen Beeinflussung.
Während selbst sehr feinkörnige Füll- oder Tropfkörper immer nur
eine verschwindend geringe absolute Wasserkapazität besitzen, äußert der
gewachsene Boden, seiner Struktur entsprechend, einerseits eine wesentlich
geringere Durchlässigkeit für Wasser und Luft sowie andererseits ein
vielmals größeres Vermögen zur dauernden Zurückhaltung des Wassers.
Diese Eigenschaften lassen sich durch künstliche Maßnahmen nur . innerhalb
beschränkter Grenzen ändern. In diesem Verhalten liegt der Grund der
geringeren quantitativen Leistungsfähigkeit der natürlichen biologischen
Verfahren.
Im folgenden wird die Bezeichnung „intermittierende Boden-
filtration" für jedes nach dem biologischen Prinzipe auf gewachsenem Boden
durchgeführte Reinigungsverfahren angewendet, bei dem auf eine landwirt-
schaftliche Nutzung des Geländes kein Wert gelegt wird.
Mit dem Namen „Rieselfeld" sei jede nach dem gleichen Prinzipe
betriebene, aber auch landwirtschaftliche Nutzung anstrebende Abwasser-
reinigungsanlage bezeichnet, welche auf die Erzielung eines angemessenen
Reinigungserfolges das Hauptgewicht legt. Eine bestimmte Vorstellung
bezüglich der Art der Wasseraufbringung sei mit diesem Namen nicht verknüpft
B. Reinigung und landwirtschaftliche Verwertung der Abwässer. 525
Die Anlagen zur rationellen landwirtschaftlichen Verwertung
der Abwässer werden in einem eigenen Abschnitte besprochen.
Hinsichtlich der Wasser Verteilung verhält sich die intermittierende
Bodenfiltration und die Bodenberieselung ähnlich wie ein Tropfkörper mit
Deckschicht. Hingegen hängt es von besonderen Umständen ab, ob sich in
den tieferen Bodenschichten die für das Tropfverfahren oder für das Füll-
verfahren charakteristischen Vorgänge abspielen.
Die Durchlässigkeit des Bodens und die Art der Entwässerung sind
hierbei die maßgebenden Faktoren.
Das in die oberen Bodenschichten eingedrungene Wasser wird sich,
solange das Hohlraumvolumen noch nicht vollständig erfüllt ist, vorerst vertikal
nach abwärts bewegen, bis dasselbe den natürlichen Grundwasserstrom oder
den durch die Drainage künstlich festgelegten Wasserspiegel erreicht. '
Liegt diese Grenzfläche tief, so daß sie erst vom vollständig gereinigten
Wasser erreicht wird, und ist auch das natürliche Transportvermögen des
Grundwasserstromes oder die Leistungsfähigkeit der Drainage so groß, daß
der vermehrte Wasserzufluß von oben keine erheblichen Spiegelschwankungen
hervorzubringen vermag, so liegen die Verhältnisse genau wie beim künst-
lichen Tropf verfahren.
Nur wird hier das durch die Wasserkapazität des Materials festgehaltene
Wasser an der Bewegung keinen wesentlichen Anteil nehmen. Denn es ist
in erster Linie das jeweils frisch zufließende Wasser, das durch die nicht
kapillaren Zwischenräume nach abwärts sinkt und nur zum geringsten Teile
der durch d^i Neuzufluß verdrängte Inhalt der kapillaren Hohlräume, ein
Verhalten, das von Dunbar und seinen Mitarbeitern^) auch experimentell
verfolgt wurde.
Das kapillar festgehaltene Wasser wird erst durch Verdunstung sowie
insbesondere durch die Transpiration der Pflanzen, also namentlich auf den
Rieselfeldern, mit in den Kreislauf einbezogen.
Solche ideale Boden- und Grundwasserverhältnisse sind äußerst selten.
Von einzelnen der nordamerikanischen Bodenfiltrationsanlagen abgesehen,
finden sie sich beispielsweise auf einigen Bezirken der Pariser Rieselfelder
(Genevilliers, Merry-Pierrelaye), wo eine systematische Drainage angesichts der
tiefen Lage und der hohen Durchlässigkeit des Grundwasserträgers ganz ent-
fallen konnte und lediglich wenige tiefe offene Gräben und kurze Sickerrohr-
leitungen zur Entwässerung anzulegen waren.
Hingegen hat die tiefe Lage des Grundwasserspiegels auf den überaus
stark beanspruchten Rieselfeldern von Charlotten bürg eine Reihe sehr
kostspieliger Maßnahmen verursacht. Hier entzogen sich die in den durch-
lässigen Untergrund des hoch gelegenen Rieselfeldes eingedrungenen Wässer
innerhalb des Rieselbezirkes selbst fast vollkommen der Beherrschung, führten
aber im Laufe der Jahre zu einem gesteigerten Grundwasserandrang in tiefer
gelegenen Nachbargebieten und machten hier die Errichtung ausgedehnter
Abfanggräben erforderlich.
*; Dr. Kam mann und Dr. Carnwath, Über intermittierende Bodenfiltration. Gesond-
heitsingenieur Jahrg. XXIX, No. 42.
526 I^« ^ic Kanalisation der Ortschaften etc.
Eine andere Erscheinung wird auftreten, wenn der Grundwasserstand
ein hoher ist und zufolge einer geringen Durchlässigkeit des Grundwasser-
trägers die natürliche oder künstliche Drainage so langsam wirkt, daß sie
nicht in der Lage ist, die bei der Beschickung vom Boden aufgenommenen
Wassermengen aus letzterem in gleich raschem Tempo wieder zum Abflufi
zu bringen.
Dies wird insbesondere dann stattfinden, wenn die Bodenflächen längere
Zeit hindurch in stärkerer Schicht überstaut werden und das Wasser unter
Druck in den Boden eintritt. Dann muß sich mit zunehmender Füllung der
nicht kapillaren Räume der Bodenwasserspiegel allmählich heben und endlich
sogar die Bodenoberfläche erreichen. Da dann auch alle das Kapillarwasser
tragenden Menisken verschwinden, wird bei noch weiter anhaltendem Wasser-
zuflusse der gesamte im Boden eingeschlossene Wasserkörper an der Be-
wegung teilnehmen und eine allmähliche Erneuerung erfahren.
Die Verhältnisse liegen dann gleich, wie in einem Füllkörper, dessen
Beschickung nach erreichter Füllung bei geöffnetem Ablauf weiter fortgesetzt
wird,, eine Betriebsweise, zu der man sich bei zu klein bemessenen Anlagen
namentlicti zu Regenzeiten gelegentlich entschließen mußte. Auch auf Riesel-
feldern wurde in früherer Zeit vielfach in ähnlicher Weise verfahren, indem
die Abwässer insbesondere zur Winterszeit wochenlang in tiefen Becken
(Staubassins) eingestaut blieben.
Nach den früheren Ausführungen über die Bedeutung der Regenerierungs-
pausen kann es nicht überraschen, daß bei einer derartigen Betriebsführung
nicht nur mangelhafte Reinigungseffekte erzielt wurden, sondern auch die
Oxydationskörper selbst eine Schädigung davontrugen.
Ähnliche Verhältnisse herrschten übrigens auch auf einzelnen älteren
englischen Rieselfeldern, welche man seinerzeit in Ermangelung eines ge-
eigneteren Reinigungsverfahrens auf schwer durchlässigen Böden anlegen
mußte. Hier blieb das Schluckvermögen des Bodens selbst nach der Drainierung
im Vergleiche zum Abwasserzufluß so gering, daß das Hauptquantum nicht in
den Boden versinken konnte, sondern über die Oberfläche zum Abfluß ge-
langte (Broad Irrigation). Unter solchen Umständen konnte überhaupt
nur eine dünne Bodenschicht als biologischer Körper wirken, dessen Auf-
nahmsvermögen, wenn nicht sehr ausgedehnte Landflächen zur Verfügung
standen, sich stets rasch erschöpfte.
Da wegen Mangel an Gelände zur Einhaltung eines entsprechenden
Bewässerungszyklus zumeist nicht einmal die erforderlichen Ruhepausen ge-
gönnt werden konnten, die in Anbetracht der hohen Wasserkapazität und
der schweren Durchlüftbarkeit gerade hier besonders lang zu bemessen ge-
wesen wären, erklären sich ungezwungen die unzulänglichen Reinigungs-
wirkungen auf derart betriebenen Rieselfeldern. Dieselben wurden daher
nach Ausbildung des künstlichen biologischen Verfahrens teils entsprechend
entlastet (Leicester, Bolton), teils sogar ganz außer Betrieb gesetzt.
Für Neuanlagen kommen derartige Böden dermalen kaum mehr in
Betracht.
B. Reinigung und landwirtschaftliche Verwertung der Abwässer. 527
Wird hingegen die Abwasserzufuhr schon eingestellt, bevor der während
der Beschickung allmählich angestiegene Bodenwasserstand jenes Niveau über-
schritten hat, in das die Wässer zufolge ihres Hindurchganges durch die
aktiven oberen Bodenschichten (Reinigungszone) in bereits vollkommen
oder doch zumindest weitgehend gereinigtem Zustande gelangen, so wird sich
auch durch eine zeitweilige Füllung des gesamten Hohlraum volumens dieser
unteren Zonen keine Störung des Reinigungsvorganges ergeben. Denn
letzterer dient dann lediglich zur vorübergehenden Magazinierung der das
Aufnahmsvermögen der Drainage übersteigenden gereinigten Zuflüsse
(Ausgleichszone).
In diesem Falle würde gewissermaßen ein (durch die Reinigungszone
repräsentierter) Tropfkörper über einem Füllkörper (Ausgleichszone) gelagert
sein. Da letzterer dann nur weitgehend vorgereinigte Zuflüsse empfängt,
kann er auch eine längere Periode des Vollstehens und eine nur langsam
fortschreitende Entleerung schadlos ertragen.
Durch eine den jeweiligen Durchlässigkeitsverhältnissen angepaßte
Regelung der Intensität und Dauer der Beschickung, insbesondere aber durch
entsprechende Ausgestaltung der Drainage dürfte sich die vollständige, räum-
liche Trennung von Reinigungs- und Magazinierungszone zumeist* erreichen
lassen; zumindest aber kann durch sachgemäße Anlage und Betriebsführung
ein Übergreifen beider Zonen, welches gleichbedeutend wäre mit einem Füll-
betrieb, in dieser gemeinschaftlichen Zone zeitlich stark beschränkt werden.
Erst hiermit erscheint ein guter Reinigungserfolg vollkommen ge-
sichert. Denn ein für längere Zeit anhaltender Luftabschluß zufolge des
Gefülltstehens der nicht kapillaren Hohlräume muß auf die Leistungsfähigkeit
des auch während der Ruheperiode weit schwerer durchlüftbaren Bodens
nicht minder schädlich wirken, als eine ungebührliche Verlängerung der Phase
des Vollstehens für einen Füllkörper. Insbesondere gilt dies für die Riesel-
felder, auf denen ja außerdem auch noch die für ein Gedeihen der Kultur-
pflanzen eriorderiichen Standorts Verhältnisse geschaffen werden müssen.
Was die Tiefe dieser Reinigungszone betrifft, so zeigen die Erfahrungen,
daß bei den stärker beanspruchten intermittierenden Filtrationen die obere
1 m starke Bodenschicht bereits die Hauptreinigungsarbeit zu verrichten ver-
mag. Bei den schwächer belasteten Rieselfeldern sinkt die aktive Zone sogar
noch unter diese Grenze und dürfte mit 0,5 — 1,0 m anzunehmen sein.
Hiermit sind ungefähr die Niveaus fixiert, in die sich der geschlossene
Grundwasserstand auch während der Beschickung womöglich nie erheben
sollte. In einem Spezialfall läßt sich auf Grundlage dieser Angaben unter
Berücksichtigung der örtlichen Vorflutverhältnisse die zulässige maximale
Absenkungstiefe feststellen und hieraus das Aufnahmsvermögen der Ausgleichs-
zone sowie die zur rechtzeitigen Entleerung derselben erforderliche Kapazität
der Drainage unschwer berechnen.
Läßt sich die Wasserableitung aus dem gewachsenen Boden schon weit
schwieriger bewerkstelligen als in künstlich angelegten Oxydationskörpem,
so liegen die Verhältnisse bezüglich der Durchlüftung noch um vieles un-
günstiger. Diesbezüglich sind zwei Phasen scharf zu unterscheiden, nämlich
528 ^^^' ^^^ Kanalisation der Ortschaften etc.
das Nachdringen der Luft während der Entwässerungsperiode und der nach
erfolgtem Wasserabfluß vornehmlich auf dem Wege der Diffusion zustande-
kommende Gasaustausch.
Bezüglich der ersten Phase erscheint es nicht überflüssig, darauf hin-
zuweisen, daß sich bei praktischen Ausführungen etwas andere Erscheinungen
abspielen dürften als in den diesbezüglich bekannt gewordenen Experiraental-
untersuchungen. Denn ein kleiner Versuchskörper läßt sich naturgemäß rascher
beschicken und wieder vollkommen entleeren, als ein ausgedehntes Boden-
volumen. Während also die Versuchskörper bei der Entwässerung relativ
rasch bis auf den Grund mit atmosphärischer Luft gefüllt werden, kann die-
selbe im Großbetriebe dem vielmals langsamer absinkenden Bodenwasser
auch nur allmählich folgen. So würde z. B. bei einem natürlichen, biologischen
Körper mit einer Luftkapazität von 20 Volumprozenten, selbst wenn dessen
Drainage die enorme Leistungsfähigkeit von 100 sl./ha aufweisen würde, die
sich wohl nur in den grobkörnigsten Böden überhaupt wird erzielen lassen,
eine Wasserspiegelabsenkung' von 0,05 mm/Sek. ergeben. Bei Rieselfeldern
dürfte es sogar schon auf unüberwindliche Schwierigkeiten stoßen, dem Boden
ein sekundliches Wasserquantum von mehr als 10 — 20 sl. pro Hektar zu ent-
nehmen.^) Von einem „lebhaften" Einströmen der Luft in den Boden, von
dem fast in der gesamten Literatur der Draintechnik gesprochen wird, kann
also im allgemeinen keine Rede sein. Bei diesem langsamen Nachdringen
der Luft in die tieferen Bodenschichten wird dieselbe schon einen beträcht»
liehen Teil ihres Sauerstoffgehaltes an die durchstrichenen, regenerations-
bedürftigen oberen Schichten abgeben und sich gleichzeitig mit der dort neu
produzierten Kohlensäure beladen. Sonach wird in den Untergrund nicht
ein Gasgemisch von der Zusammensetzung der atmosphärischen Luft, sondern
ein Stickstoff-Kohlensäuregemisch mit wesentlich geringerem Sauerstoffgehalte
eingesogen werden. Dieses Gemisch wird angesichts des höheren Volum-
gewichtes der Kohlensäure während des Absinkens auf dem Wege der
Diffusion von der Außenluft wohl nur geringe Sauerstoffmengen eintauschen.
Trotz der im Vorstehenden begründeten Befürchtung einer Abweichung
zwischen den Beobachtungen an kleinen Versuchskörpem und Ergebnissen
des praktischen Betriebes scheinen auch die von Dunbar*) mit Sandkörpem
angestellten Versuche dieses Verhalten einigermaßen wiederzuspiegeln.
Dieselben zeigten kurz nach der Beschickung in einer Tiefe von 10 cm
einen Sauerstoffgehalt von 20,8 Volumprozent, in 90 cm Tiefe nur 12,5 ®/(j^
während die korrespondierenden Kohlensäuremengen 0,3 bezw. 2,0 Volum-
prozent betrugen. In stärker belasteten Körpern betrug das in 90 cm Tiefe
vorgefundene Sauerstoff quantum gar nur noch 0,1 ^/o, während der Kohlen-
säuregehalt bereits auf 4,4 Volumprozent gestiegen war.
^) Einige diesbezügliche, auf Annahme von Grenzwerten basierte Berechnungen finden
sich in einer in der Wiener Landwirtschaftlichen Zeitung in den Jahren 1902 und 190^
über das Thema „Schutzdrainage" geführten Kontroverse, bei der es sich darum handelte,
festzustellen, ob der Boden durch Drainage befähigt werden könnte, Niederschläge von 100 mm
pro Tag voll aufzunehmen und in derselben Zeit unterirdisch durch Drains wieder zum Abflnft
gelangen zu lassen.
*) Dunbar, Leitfaden etc., S. 213fr.
B. Reinigung und landwirtschaftliche Verwertung der Abwässer. 529
In den groben Sanden der intermittierenden Filter vollzieht sich der
Gasaustausch in der Ruhepause, nach den Versuchsergebnissen zu schließen,
so rasch, daß nach etwa 3 Tagen der Gehalt der Bodenluft an freiem
Sauerstoff, der ja übrigens nur einen Bruchteil der in dieser Zeit geschaffenen
Sauerstoffvorräte bildet, seinen ursprünglichen Wert, erreicht hat. Im Riesel-
feldboden dürfte dieser Prozeß sich ungleich langsamer abspielen. Weist
doch schon der hohe Kohlensäuregehalt normaler, ungedüngter Ackerböden
auf die Schwierigkeiten hin, die sich einem rascheren Gasaustausch entgegen
stellen.
Spezielle Untersuchungen über diese für den Rieselfeldbetrieb hoch
wichtige Frage liegen derzeit noch nicht vor, wie ja überhaupt das ganze
Problem der Abwässerreinigung auf Rieselland noch nicht dieselbe wissen
schaftliche Durchforschung gefunden hat, als das künstliche biologische
Verfahren und die intermittierende Filtration. Diesbezüglich ist man noch
vollständig auf Analogieschlüsse angewiesen. Immerhin mag aus den vor
stehenden allgemeinen Ausführungen die Wichtigkeit erkannt werden, welche
eine sachgemäß angeordnete Drainage für die Entwässerung und Lüftung
besitzt. In der Praxis sind nach dieser Richtung hin leider viele Unter-
lassungen vorgekommen.
Zum Schlüsse mag noch darauf hingewiesen werden, daß man speziell
in England die Drainierung schwerer Rieselfeldböden geradezu als
schädlich bezeichnet hat, indem man vielfach eine Rissebildung beobachtete,
die den Zutritt ungereinigten Wassers zu den Drains zur Folge hatte.
Nach den bei zahlreichen örtlichen Besichtigungen gewonnenen Ein-
drücken liegt aber auch vielfach eine unrichtige Anordnung der Drainage
vor, denn man hat oft nur wenige Drains oder gelochte Steinzeugrohre von
sehr großem Kaliber (8—16", d. i. 20—40 cm) in bedeutenden Abständen
(60—100' = 18—30 m) und geringer Tiefe (zumeist nur 3—4' = 0,9—1,2 m)
verlegt. Unter diesen Umständen ist es allerdings nicht verwunderlich, daß
der Boden keine gleichmäßige Auflockerung erfuhr, insbesondere, wenn die
Bewässerung der Durchführung der Drainierung unmittelbar folgte. Erst
eine enge und tiefe Drainierung könnte hier zu einem Erfolge führen.
Es wurde bereits hervorgehoben, daß man früher eine Vorreinigung
der Abwässer vor Aufbringung auf den gewachsenen Boden als vollkommen
überflüssig ansah. Bei einem derartigen Betriebe werden alle Suspensa teils
an ,der Oberfläche selbst, teils in der obersten, etwa 15 — 20 cm starken
Schicht zurückgehalten. Die hiermit bedingte Herabsetzung der Durchlässig-
keit wirkt naturgemäß keineswegs günstig und erfordert speziell auf stark
belasteten intermittierenden Filtern eine zeitweilige Schälung und Auf-
lockerung der obersten Schicht. Auch auf den Rieselfeldern führen derartige
Ablagerungen, abgesehen davon, daß sie auch die Kulturgewächse ver-
schlammen und entwerten, zu einer schädlichen Verschlickung, deren Zer-
störung wenigstens bei Ackerland gelegentlich der ohnehin regelmäßig
wiederkehrenden Bodenbearbeitung erfolgt; auf Wiesenland läßt sich dieselbe
ohne Verletzung der Grasnarbe kaum beseitigen.
Friedrich, Wasserball. Zweite Auflage. II. Band. 34
530 ^' ^^^ Kanalisation der Ortschaften etc.
Durch eine Vorbehandlung mit dem reinen Sedimentierverfahren oder
im Faulbetrieb läßt sich die Verschlammung hintanhalten und dadurch die
quantitative Leistung des Mediums auf ein Vielfaches steigern.
Man darf sich aber nicht der Täuschung hingeben, dafi zur Erzielung
dieses Effektes schon eine grobe Vorreinigung genüge. Denn gerade die
feinen Teilchen, welche sich an und zwischen die Bodenpartikel lagern, sind
es, welche die Durchlässigkeit des Bodens am stärksten herabsetzen. Daher
sollte man die Vorreinigung, wo eine solche in Aussicht genommen wird,
stets in durchgreifender Weise bewerkstelligen.
h) Die intermittierende Bodenfiltration.
Bezüglich der Eignung gewachsener Böden verschiedener Struktur zum
Betriebe der intermittierenden Bodenfiltration wurden namentlich von Seiten
des Gesundheitsamtes des Staates Massachusetts (vereinigte Staaten von
Nordamerika) Jahrzehnte hindurch sowohl an der in der Stadt Lawrence
eingerichteten Versuchsstation als auch an zahlreichen ausgeführten Anlagen
eingehende Studien gemacht.
Mit Aufnahme der Arbeiten über dieses bereits von Sir E. Frankland
angewandte Verfahren ist die genannte Station auch der Ausgangspunkt für
die ganze Entwicklung der künstlichen biologischen Abwasserreinigung
geworden. ^)
Für den ausführenden Ingenieur sind in erster Linie jene Forschungen
von Interesse, welche sich auf die Feststellung der Strukturverhältnisse jener
Böden beziehen, welche bei größter quantitativer Beanspruchung auch einen
hohen qualitativen Reinigungserfolg erzielen lassen.
Nach dem Vorgange des genannten Forschungsinstitutes wird diese
Eignung auf Grund zweier empirisch festgestellter Werte eingeschätzt, von
denen sich der eine auf die „wirksame Korngröße", der andere auf den
„Gleichförmigkeitsgrad" des Materiales bezieht.
Bildet man auf Grund einer mechanischen Bodenanalyse die Summen
der einzelnen Korngrößenprozente, und zwar vom feinsten Körnungsprodukte
ausgehend, was sich am übersichtlichsten durch Auftragen der Summenkurve
diagrammatisch darstellen läßt, so gibt jener Korndurchmesser, mit dem die
ersten lO®/© abschließen, die sogen, „wirksame" Größe. Man hält sich
nämlich zur Annahme berechtigt, daß die hiermit abgegrenzten feinsten
Teilchen in erster Linie für die Durchlässigkeit des Materiales entscheidend
seien. Ein gut verwendbarer Boden soll eine wirksame Größe von etwa
0,3 mm aufweisen.
Den Gleichförmigkeitskoeffizienten erhält man, indem man den
Quotienten aus der wirksamen Größe in jenen Komdurchmesser bildet, mit
dem die unteren 60 ^/o der Probe abschließen. Dieser Koeffizient soll
zwischen die Zahlwerte 2 und 5 fallen. Es müßten sonach 60 ^Jq der Partikel
kleiner sein als 0,6 — 1,5 mm. Diesen Strukturverhältnissen soll eine Wasser-
kapazität von 16 — 18 o/o entsprechen.
*) Reports of the State Board of Health of Massachusetts. Boston, Spezialbericht pro
1888/89, seither fortlaufende Jahresberichte No. 23—36.
B. Reinigung und landwirtschaftliche Verwertung der Abwässer. 531
Letztgenannte Größe steigt, wie leicht einzusehen, mit zunehmender
Feinheit des Materiales, also mit abnehmender wirksamer Größe, und fällt,
wenn der Gleichförmigkeitskoeffizient stark anwächst.
Vom Standpunkte der wissenschaftlichen Pedologie kann man jedoch
weder das bei der Ermittelung der feineren Korngrößenklassen eingehaltene
Schlämmverfahren, noch die auf dem eben skizzierten Wege gewonnene
Charakteristik der Bodenstruktur als einwandfrei bezeichnen. Denn es ist
eine unendliche Mannigfaltigkeit von Böden mit den verschiedensten Durch-
lässigkeitsgraden denkbar, für welche die Summenkurve der Komgrößen-
prozente durch die hervorgehobenen Punkte geht.
Es erscheint daher ratsamer, sich lediglich an das Kriterium zu halten,
daß zur intermittierenden Filtration geeignete Böden anfänglich eine Wasser-
kapazität von 15 — 20 Volumprozenten und, da man bei groben Sanden mit
einem Gesamthohlraumvolumen von 35 — 40 ^/o rechnen kann, eine Luftkapazität
von 20 — 25 Volumprozenten aufweisen sollen. Bei derartigen Böden würden
sonach Luft und Wasserkapazität annähernd gleich werden.
Während des Betriebes erfährt die Wasserkapazität durch Ein-
schwemmung feiner Teilchen schwerer oder unzersetzbarer Substanz, durch
die Anhäufung von Abbauprodukten von humoser Beschaffenheit und durch
Ausbildung der adsorbierenden Schicht um die einzelnen Partikel eine
Vergrößerung.
Nach der gelegentlich der allgemeinen Charakterisierung der biologischen
Reinigungsverfahren hervorgehobenen Bedeutung der Wasserkapazität, welche
jedenfalls als eine das nutzbare Hohlraumvolumen vermindernde Größe
entgegentritt, ist es unverkennbar, daß man einem Boden um so mehr
Abwasser zur Verarbeitung anvertrauen darf, je kleiner seine wasserhaltende
Kraft, bezw. je größer seine Luftkapazität ist. Zugleich mit der hierdurch
bedingten größeren Durchlässigkeit wächst aber auch die Schwierigkeit
hinsichtlich der Gleichförmigkeit der Beschickung mit Abwasser, worauf bei
der technischen Ausgestaltung der Wasserverteilung besondere Rücksicht zu
nehmen bleibt.
Bei den günstigsten Bodenverhältnissen kann man mit einer Tages-
leistung von etwa 500 m^ pro Hektar rechnen. Die Aufbringung erfolgt dann
aber aus den bereits erörterten Gründen nicht täglich, sondern in Intervallen
von mindestens 3 Tagen, also in einem Quantum von etwa 1500 m* pro Be-
schickung. Hieraus ergibt sich eine Jahresleistung von 180,000 m' pro Hektar.
Da die vollständige Entwässerung möglichst rasch zu erfolgen hat, wird man
j r^. . . j . . L . .IT. 1,500,000
der Dimensiomerungsdrainage nicht nur eine mittlere Leistung von Q^^QQ^Ant
d. L rund 6 sl., zugrunde legen, sondern zumindest das 4 — 5 fache Quantum,
also ein Abfuhrvermögen von etwa 25 — 30 sl. Da das Wasserquantum von
1500 m* bei einer Luftkapazität von 20 ^/^ einen Bodenraum von 7500 m* voll
anfüllen würde, müßte die Draintiefe womöglich mit 2 m bemessen werden,
wenn ein Rückstau in die Reinigungszone vermieden werden soll.
Bei ungünstigeren Strukturverhältnissen des Bodens muß dann nicht
nur eine Verlängerung der Ruheperiode, sondern auch eine Verminderung
34*
532 ^^' ^^® Kanalisation der Ortschaften etc.
des Beschickungsquantums Plat2 greifen. Rechnet man in diesem Falle mit
einem mittleren Tagesquantum von 300 m* pro Hektar und einem Gtflgigen
Turnus, so würde sich immer noch eine Jahresleistung von rund 110000 m**
pro Hektar ergeben.
Durch intermittierende Bodenfiltration lassen sich sonach die Abwässer
von 3000 — 5000 Personen (bei einem Quantum von 100 1 pro Kopf und Tag)
auf 1 ha Land vollkommen reinigen.
Die in der Versuchsstation von Lawrence und von Dunbar in Ham-
burg angestellten Versuche sprechen sogar für ein viel höheres Leistungs-
vermögen, insbesondere bei entsprechend gründlicher Vorbehandlung der
Abwässer, in welchem Falle Wassermengen von weit über 1000 m* pro Hektar
und Tag gereinigt werden konnten.
Diese Ermittelungen beziehen sich aber zumeist auf kleine Versuchs-
filter (in Lawrence von 0,2 — 20 m-). In größeren Anlagen dürften sich derlei
Leistungen zufolge der technischen Schwierigkeiten in der Wasserableitung
mit den derzeit üblichen Mitteln kaum erzielen lassen.
Die baulichen Anlagen für den Filtrationsbetrieb beschränken sich zumeist
auf die zur Bloßlegung der durchlässigen Bodenschicht erforderlichen Erd-
bewegung und die Herstellung der Drainage. Der abzutragende Mutterboden
wird dann gleich zur Aufführung der Umfassungsdämme der einzelnen Beete,
in welche das Gesamtareal unterteilt werden muß, Verwendung finden können.
Die Größe dieser Unterabteilungen läßt sich nach den beim Füllverfahren
entwickelten Gesichtspunkten bestimmen.
In den amerikanischen Bodenfiltrationsanlagen sind die einzelnen Becken
teils mit vollkommen horizontaler Sohle hergestellt und event. mit einem ein-
fachen Rinnensysteme zur leichteren Abwasserverteilung versehen, teils in
Furchen gelegt. Letztere Art des Ausbaues erleichtert insbesondere den
Betrieb der Anlage zur Winterszeit; dann bildet sich eine von den einzelnen
Kämmen getragene Eis- und Schneedecke, unter der die Abwässer sich einen
ungehinderten Weg offen halten. Diese Decke bildet auch einen guten Schutz
gegen Abkühlung, muß aber immer an einzelnen Stellen aufgehackt werden,
um auch den Luftzutritt zu ermöglichen (Fig. 204).
Bei der Beschickung wird bei einzelnen dieser Anlagen das in einem
Ausgleichsbehälter angesammelte Abwasser rasch auf ein Becken geleitet, auf
anderen das Wasser nach Maßgabe des Zuflusses zugeführt. Erstere Methode
sichert wohl eine gleichförmigere Belastung des ganzen Areales. Dies ließe
sich aber auch bei kontinuierlichem Zufluß durch eine kunstgerechte Aus-
legung der Oberfläche in flache Hänge und Rücken unschwer erzielen. Der
in den Ausgleichsbecken ausgeschiedene Schlamm wird meist besonderen
Becken zugeführt.
Im übrigen beschränkt sich der Betrieb neben der regelmäßigen Um-
stellung der Zuleitungsschieber und Schütze auf eine gelegentliche Schalung
der Oberfläche und ein Aufpflügen der obersten Schicht. Zeitweilig werden
den einzelnen Becken auch längere Ruhepausen zwecks Aufarbeitung der
angehäuften schwer zersetzbaren Substanz gewährt werden müssen.
B. Reinigung und landwirtschafiliche Verwertung der Abwässer.
533
Die Bau- und Betriebskosten der amerikanischen Anlagen sind angesichts
der hohen Arbeitslöhne ziemlich bedeutend. Die reine Aptierung und Drai-
nierung stellt sich (ohne Zuleitungskanäle, Ausgleichsbehälter etc.) auf etwa
25—40000 K, die Betriebskosten auf etwa 2000 K pro Hektar und Jahr.
Für unsere Verhältnisse dürfte sich selbst bei hohen Grundpreisen,
großer Erdbewegung, sowie enger und tiefer Drainierung 1 ha Filter auf
höchstens 8000 — 10000 K stellen. Rechnet man neben einer ^^j^igen Ver-
zinsung des Anlagekapitaies die jährlichen Betriebskosten hoch gegriffen zu
1600 K, so würde sich eine Gesamtausfage von 2000 K ergeben. Somit würde
Fig. 204. Abwasser-Reinigimg dnrch intermittierende Bodenflitration in Andover bei Boston.
bei einer angeschlossenen Kopfzahl von 3000 — 5000 Personen pro Hektar ein
Betrag von 40 — 66 h pro Kopf und Jahr entfallen.
Mit diesem Aufwände lassen sich Reinigungseffekte erzielen, die jenen
der besten Rieselfelder in nichts nachstehen.
i) Die Rieselfelder.
a) Betriebs- und Produktionsverhältnisse.
Die Strukturverhältnisse, welche einen gewachsenen Boden zur Reinigung
großer Abwassermengen auf dem Wege der intermittierenden Filtration
besonders befähigen, entsprechen nicht auch in gleichem Grade den An-
forderungen, welche anspruchsvollere Kulturgewächse an den Bau des Boden-
skelettes stellen. Gute Böden weisen wiederum keine hinlänglich große
534
m. Die Kanalisation der Ortschaften etc.
Durchlässigkeit für Wasser und Luft auf, um unter unseren klimatischen
Bedingungen jederzeit eine die Niederschlagsmenge um ein Vielfaches über-
steigende Belastung mit Abwasser zu ertragen.
Hierzu kommt der weitere Umstand, daß die Kulturpflanzen in ihren
verschiedenen Wachstumsstadien nicht nur einen wechselnden Bedarf an
Nährstoff und Wasser haben, sondern zu bestimmten Zeiten, u. zw. namentlich
während des ersten Entwicklungszustandes sowie in der Periode der Bildung
von Früchten, Samen und Reservestoffen, sogar eine große Empfindlichkeit
gegen einen Überschuß an leicht assimilierbaren Nährstoffen und Feuchtigkeit
aufweisen.
Fig. 205. Bewässerte Wiesen (RUckenbau) an der Vettabia bei Mailand.
Die Forderung, größere Abwassermengen auf Kulturland zu reinigen,
führt daher stets zu einer Reihe von Komplikationen, welche die Durch-
führung dieses Verfahrens zu einer überaus schwierigen Aufgabe machen.
Denn im praktischen Betriebe steht einem jahrein jahraus fließenden
Abwasserstrome meist nur ein beschränktes Aufnahmsgebiet gegenüber, und
bedarf es daher eines besonderen Geschickes des Betriebsleiters, um bei der
Disposition über die Wasser Verteilung einerseits den in erster Linie geforderten
Reinigungserfolg zu erzielen, ohne andererseits den Kulturen allzu großen
Schaden zuzufügen.
Anfänglich hatte man allerdings gehofft, durch Aufbrijigung der dung-
kräftigen Abwässer auf Kulturland neben dem Reinigungseffekte auch
wirtschaftliche Erfolge zu erzielen. Aber die Schwierigkeiten in der
B. Reinigung und landwirtschaftliche Verwertung der Abwässer. 535
Nähe der Abwasserproduktionsgebiete ausgedehnte Landflächen zu erwerben
oder dienstbar zu machen, deren Höhenlage, Oberflächengestaltung, Boden-
beschaffenheit, Grundwasser- und Vorflutverhältnisse einen intensiven Wässer-
betrieb gestatten, erwiesen sich meist so groß, daß man gar bald darauf ver-
zichtete, die Rieselei als gewinnbringendes Unternehmen anzusehen und sich
zufrieden geben mußte, wenn es nur. gelang, die Abwässer in einen für die
Vorfluter unschädlichen Zustand Oberzuführen.
Fällt doch die Errichtung der größeren städtischen Rieselanlagen fast
ganz in das letzte Drittel des abgelaufenen Jahrhunderts, also noch in eine
Zeit, in der man vor Ausbildung der künstlichen biologischen Reinigungs-
methoden und angesichts der vielfach unzulänglichen Leistungen der mecha-
nischen und chemisch-mechanischen Klärung auf die Rieselei als einziges
Rettungsmittel vor der überhandnehmenden Verpestung der Wasserläufe an-
gewiesen war.
Während man mit Hilfe der künstlich angelegten Oxydationskörper pro
1 ha nutzbarer Oberfläche die Abwässer von 50000 — 200000 Personen un-
schädlich zu machen vermag, und selbst bei der intermittierenden Boden-
filtration noch mit einer Zahl von 3000 — 5000 Personen pro Hektar gerechnet
werden darf, gelingt es selbst auf den leistungsfähigsten Rieselfeldern nur
bei entsprechend gründlicher Vorreinigung, die Abwässer von 500 — 1000 Ein-
wohnern dauernd unterzubringen. In den meisten ausgeführten Anlagen
sinkt die angeschlossene Kopfzahl sogar auf nur 200 — 500 pro I ha. Diese
Zählen lassen den enormen Landbedarf erkennen, welcher sich in Groß-
städten zur Unschädlichmachung der Abwässer ergibt. Würde gar eine
rationelle Verwertung der in den Abwässern enthaltenen Pflanzennährstoffe
angestrebt, so müßten diese Ausmaße noch auf das 5 — 10 fache vermehrt
werden.
Die auf einzelnen der größeren städtischen Rieselgüter Deutschlands
pro 1 ha aptierte Fläche entfallenden Abwassermengen sind in der Tabelle
auf S. 546 ersichtlich gemacht. Damach zeigt Berlin mit 12,610 m^ pro
Hektar und Jahr bezw. 34,6 m' pro Tag die schwächste Belastung. Die größte
Wasserzufuhr ergibt sich derzeit für die Pariser Anlagen. Dieselbe beträgt
in den verschiedenen Rieselbezirken durchschnittlich 31,200 — 56,400 m* pro
Hektar und Jahr, d. i. 85 bezw. 155 m^ pro Hektar und Tag. Charlotten-
burg soll vor der seit 1903 durchgeführten Erweiterung sogar 69,000 m* bezw.
190 m^ pro Hektar aufgebracht haben.
Im allgemeinen wird derzeit zumeist mit einem Abwasserquantum von
18000 m* pro Jahr bezw. 50 m* pro Tag und Hektar gerechnet. Alle
diese Zahlen sind jedoch lediglich aus dem Jahresquantum und der Gesamt-
fläche berechnete Mittelwerte. Tatsächlich ergeben sich für die verschiedenen
Jahreszeiten und Kulturgattungen, sowie in Anbetracht der nie vollkommen
gleichförmigen Bodenbeschaffenheit des ganzen Rieselkomplexes ganz be-
deutende örtliche und zeitliche Mehrbeanspruchungen. Insbesondere ver-
schieben sich die Verhältnisse zu Zeiten anhaltender Niederschläge, in denen
zu der vermehrten Wasserführung der Kanäle noch die auf die Flächen
direkt auffallenden Wassermengen hinzutreten.
536 UI- ^^^ Kanalisation der Ortschaften etc.
Dieses Mehrquantum beträgt nach Mafigabe der JahresregenhOhe bei
den Berliner Rieselfeldern ca. 50 ^/q, bei jenen von Paris ca. 16®/o; für Einzel-
regenfälle steigert sich dasselbe natürlich noch ganz bedeutend.
Da eine gründliche Abwasserreinigung auf Kulturland nur dann zu
erwarten ist, wenn die Zuflüsse nicht einfach über die Bodenoberfläche
strömen, sondern gänzlich zum Versickern gebracht werden, unterscheidet
sich die Bewässerung der Rieselfelder wesentlich von dem normalen Wässer-
verfahren, bei dem namentlich gelegentlich der intensiven Frühjahrs- und
Herbstbewässerung ein großer Teil des zugeführten Wassers nur über den
Boden hinwegfließt. Diese Forderung erschwert den Wässerbetrieb ganz
erheblich. Denn es ist, wie schon in Bd. I, S. 395 ff. auseinandergesetzt
wurde, nur mit Hilfe der Überstauungsmethode möglich, einen hohen Grad
von Gleichförmigkeit in der Abwasserverteilung zu erzielen. Hingegen
ergeben sich bei der Berieselung von Hängen und Rücken stets ungleich
starke Versickerungen, wenn das Zuflußquantum so gering bemessen wird,
daß der gesamte Zulauf auf der Tafelfläche selbst versinken kann. Man
wird daher überall, wo die Niveauverhältnisse dies gestatten, bei Hang- und
Rückenbauten mit einer wiederholten Wasserbenutzung zu arbeiten haben.
Doch dürfen dann die Abfang- und Transportiergräben nie mit den eigent-
lichen, ausschließlich für die Aufnahme der Drainwässer bestimmten Ent-
wässerungsgräben in Verbindung stehen, da andernfalls jegliches Versehen
des Rieselwärters einen Abfluß ungereinigten Wassers zur Folge hätte.
Hängen und Rücken kommen nur für permanente Wiesen in Betracht,
während die Horizontalstücke sowohl für Wiesen als auch für Futter- und
Getreideschläge reserviert bleiben.
Hackfrüchte und Feldgemüse empfangen zumeist Furchenbewässerung
oder Grabeneinstau zwischen schmalen Beeten (Fig. 206).
Horizontalstücke sind zur Erleichterung der Verwendung landwirt-
schaftlicher Maschinen möglichst groß und, wenn irgend angängig, nicht
unter 0,5 ha (etwa 50 x 100 m) anzulegen. Doch gebietet hier die Höhe der
Aptierungskosten, sowie die Forderung, den sterilen Untergrund nicht bloß-
zulegen, stets die Einhaltung bestimmter natürlicher Grenzen.
Im allgemeinen gestaltet sich die Unterbringung des Wassers im
zeitigen Frühjahre am schwierigsten. Denn zu dieser Zeit sollen einerseits
die Ackerparzellen zwecks Bodenbearbeitung und Anbau rechtzeitig trocken
gelegt werden, während es andererseits noch mit Gefahr verbunden ist, die
Vegetation auf den Wiesen durch Zufuhr des relativ warmen Kanalwassers
allzu zeitig neu zu beleben und hierdurch die zarten Pflanzen den Gefahren
der Spätfröste auszusetzen. Denn eben die Aufgabe, das Gesamtwasser-
quantum in den Boden versitzen zu lassen, verbietet hier forzierte Rieselungen
vorzunehmen, durch die man sonst der schädlichen Wirkung der Spätfröste
wirksam entgegenzutreten vermag.
Schwierig gestaltet sich auch der Winterbetrieb, der sich zumeist auf
eine Beschickung der in rauher Furche liegenden Äcker beschränkt Zu
dieser Zeit muß das auf geleitete Abwasser vielfach erst die früher gebildeten
Eis- und Schneedecken zum Auftauen bringen, bevor es in den Boden zu
B. Reinigung and landwirtschaftliche Yerwertnng der Abwässer. 537
.....--/s'/» \.
m
1 ^^^
k
Flg. 206. RUbenfeld während der Bewässerung auf den Rieselfeldern von Parls-Achöres.
Flg. 207. Stxorzacker während der Bewässenmg bei Frost Rieselfeld von Berlin-Malchow.
538 ^' I^ie Kanalisation der Oitschaften etc.
dringen vermag (Fig. 207). Trotzdem ergeben sich bei dieser Art der
Wasseraufbringung immer noch wesentlich bessere Reinigungserfolge, als
mit der fast ganz verlassenen Methode der Einstauung in tiefe Becken.
Im Herbste stehen fast die gesamten aptierten Flächen zur Wasser-
aufnahme bereit. Doch empfiehlt es sich auch hier wie im gewöhnlichen
Wässerbetrieb, die Wiesen vor Eintritt der Frostperiode rechtzeitig trocken
zu legen.
Große Aufmerksamkeit erfordert der Wässerbetrieb in der Haupt-
vegetationsperiode, dem späteren Frühjahr und den Sommermonaten, eine
Zeit, in der sich auf den künstlich entwässerten leichten Böden sogar oft
ein Wassermangel fühlbar macht. Denn die durch die reichliche Zufuhr
leicht assimilierbarer Nährstoffe verwöhnten Pflanzen vermögen der Wirkung
der Trockenheit um so weniger zu widerstehen, als sich dann neben dem
Wassermangel auch eine zunehmende Konzentration an jenen Stoffen ein-
stellt, die in großer Verdünnung Wachstumsstimulantia bilden, in größeren
Mengen aber als Pflanzengifte wirken. Hierher gehört insbesondere das
in den Abwässern stets in großen Mengen vorhandene Kochsalz (etwa 150
bis 200 mg/1).
Würde beispielsweise für ein Hektar Wiese nur das mittlere Quantum
von 50 m^ pro Tag zur Verfügung stehen, so kann damit ein Verdunstungs-
verlust von 5 mm pro Tag eben noch gedeckt werden. Diese Wassermenge
ist in Anbetracht der üppigen Vegetationsverhältnisse keineswegs als hoch
anzusehen. Würde nun in einer längeren Trockenperiode in Intervallen
von 10 Tagen gewässert werden, und zwar also mit einem Quantum von nur
500 m^ pro Hektar, das angesichts der großen Durchlässigkeit ohnehin schon
schwer gleichmäßig zur Verteilung gebracht werden kann, so ließe sich
hiermit (vergl. die auf S. 381 des I. Bandes dieses Handbuches gemachten
Angaben) ein Boden mit 40 ^/q Porenvolumen und 30 % Wasserkapazität nur
auf 25 cm Tiefe vollsättigen. Dieser Wasservorrat würde bei einem Wasser-
verbrauch von 5 mm pro Tag in 10 Tagen wieder gänzlich aufgezehrt sein;
Füllung und Entleerung würden sich also bei so schwachen Wässerungen
in einer dünnen Bodenzone abspielen, die auch durch das Dazwischentreten
normaler Regenfälle keine wesentliche Ausdehnung erfährt. Auch das
Wasser der tieferen Bodenschichten wird hier angesichts der geringen
kapillaren Leitfähigkeit an der Deckung des Wasserbedürfnisses keinen
wesentlichen Anteil nehmen.
Folgen einander mehrere schwache Wässerungen, so muß jede der-
selben neuerlich eine Konzentration der in den obersten Schichten kapillar
festgehaltenen Flüssigkeit herbeiführen, da dann eben eine Auswaschung nach
dem Untergrunde oder gar eine Abfuhr mit den Drainwässern nicht auftreten
kann. Diese zeitweise Anhäufung an sich leicht löslicher, aber vorüber-
gehend unbeweglich gemachter Stoffe wird sich für die Pflanzen umso nach-
teiliger geltend machen, je näher die jeweils geschaffenen Wasservorräte in der
zwischen zwei Wässerungen gelegenen Zeit ihrer Erschöpfung entgegengehen.
Hieraus erklärt sich die oft beklagte Tatsache, daß die Pflanzen trotz
der anscheinend reichlichen Wasserzufuhr auf den Rieselfeldern schon an
B. Reinigung tind landwirtschaftliche Verwertung der Abwässer. 589
Trockenheit leiden, während die Vegetation auf benachbarten unbewässerten
Feldern oft noch in vollster Kraft dasteht; desgleichen wurde schon wieder-
holt die einigermafien überraschende Erscheinung beobachtet, daß extrem
niederschlagsarme Jahre auf den Rieselfeldern mehr zu fürchten sind als
regenreiche.
Erst durch starke Wässerungen, welche eine Auswaschung und voll-
ständige Entfernung der angehäuften Stoffe mit sich bringen, kann diesen
ungünstigen Verhältnissen ein Ende bereitet werden. Das hierzu nötige
Mehrquantum an Wasser muß dann aber zumeist wieder auf Kosten anderer
Parzellen, deren Kulturen einen geringeren Wasserbedarf aufweisen (z. B.
Getreide), beschafft werden. Immerhin zeigt dieses Beispiel die Notwendig-
keit, bei Aufteilung des Gesamtareales auf die einzelne Kulturgattung, nicht
nur die Möglichkeit einer Wasserunterbringung, sondern auch jene einer
Wasserversorgung in Trockenperioden ins Auge zu fassen. Auf ver-
schiedenen Rieselfeldern hat man zur Bekämpfung sommerlicher Dürre schon
die Wiederverwendung der Drainwässer (Berlin, Freiburg i. B.) bezw. die
Vergrößerung der disponiblen Wassermenge durch Zupumpen von Reinwasser
(Danzig) mit Erfolg durchgeführt.
Die geschilderte vorübergehende Anreicherung des Bodenwassers an
Pflanzennährstoffen und Giften ist früher vielfach mit einer als schädlich ge-
fürchteten bleibenden Übersättigung der Rieselfeldböden verwechselt worden.
Daß ein solcher Zustand wohl kaum jemals schädigende Dimensionen an-
nehmen kann, ist rechnerisch leicht nachzuweisen.
So gibt Backhaus den auf den Berliner Rieselfeldern alljährlich zu-
geführten Überschuß an Kali mit 3 q pro Hektar an; würde derselbe dauernd
festgelegt, so ergäbe dies in 100 Jahren eine Anreicherung des ursprünglichen
Kaligehaltes des Bodens um 0,3 ^/q. Auch dann würden die Böden immer
noch einen wesentlich geringeren Vorrat an diesem unentbehrlichen Pflanzen-
nährstoffe besitzen, als gute Ackerböden. Dasselbe gilt von der stärker
absorbierbaren Phosphorsäure.
Zum Anbau auf Rieselfeldern eignen sich in erster Linie Gras und
Futterpflanzen, welche bei hoher Aufnahmsfähigkeit für Abwässer außer-
ordenüiche, quantitative Erträge liefern. Auf den Berliner Rieselfeldern
wird z. B. in 6 — 8 Schnitten 500 — 800 q Rieselgras geerntet Leider läßt
sich dasselbe angesichts seines höheren Gehaltes an Wasser und Salzen nur
langsam trocknen und schwer konservieren. Dies bedingt, daß zumeist
nur ein geringer Teil des Futters in eigener Wirtschaft verwertet werden
kann und der Rest zu geringen Preisen (in Berlin etwa 50 Pf. pro q, d. i.
kaum 50 ®/q seines Futterwertes) abgesetzt werden muß. Um dieser Schädigung
zu entgehen, wurden in den letzten Jahren auf den Berliner Rieselfeldern
bemerkenswerte Versuche^) mit künstlicher Trocknung eingeleitet, die
auch auf Mais und Wurzelfrüchte ausgedehnt werden.
Auch Hackfrüchte liefern bei bedeutendem Wasserkonsum hohe Brutto-
erträge. Kartoffeln eignen sich aber zumeist nur zu Brennereizwecken;
^) Backhaus, Landwirtschaftliche Versuche etc., S. 88 ff.
540 I^- I^i« Kanalisation der OrUchaften etc.
Zuckerrüben stehen in ihrem Zuckergehalte gewöhnlich an der unteren
Grenze der industriellen Verwertungsfähigkeit.
Zerealien können zufolge ihrer geringen Aufnahmsfähigkeit für Wasser
während der Vegetationsperiode nur in beschränkten Quantitäten angebaut
werden. Angesichts der stets platzgreifenden Stickstoffoberdüngung neigen
dieselben zur Lagerung und weisen auch ein ungünstiges Verhältnis zwischen
Korn und Stroh auf.
Der Feldgemüsebau hat sich sowohl hinsichtlich der Unterbringung
des Abwassers als auch in bezug der gelieferten Erträge auf Rieselfeldern
stets bewährt. Allerdings beschränkt der hohe Arbeitsbedarf derartiger
Kulturen deren Aufnahme in den Regiebetrieb. Dieselben eignen sich aber
in hohem Mafie bei Parzellenverpachtung.
Als ein neuer Betriebszweig ist in den letzten Jahren auk einzelnen
Rieselfeldern (Berlin, Dortmund) die Teichwirtschaft hinzugetreten.
Der hohe Gehalt der Drainwässer an Nährsalzen erfährt auf diesem W^;e
eine äufierst günstige Ausnützung, das Drainwasser selbst aber durch Hinzu-
tritt der reinigenden Kraft des Planktons eine wesentliche Verbesserung.
Auch die zeitweilige Düngung der Teiche mit Rohjauche hat sich als
zweckmäßig erwiesen.
ß) Abwasserzuleitung zu den Rieselfeldern.
Die Zuleitung der Abwässer zu den Rieselfeldern kann wohl nur in
vereinzelten Fällen der Gravitation in ohne inneren Überdruck fließenden
Zuleitern bewerkstelligt werden (Dortmund, Freiburg i. B.). Zumeist wird
die Anlage einer Druckleitung erforderlich, von der sich nach Erreichung
des Rieselgeländes einzelne Verästelungen nach den verschiedenen Hoch-
p unkten abzweigen (Berlin) oder nach Gewinnung der erforderlichen Höhe
ein das ganze bewässernde Gebiet beherrschender offener Hauptzubringer
ausgeht (Breslau, Danzig).
Im erstgenannten Falle pflegt man bei neueren Anlagen und stark
wechselnder Geländehöhe die Rieselbezirke in einzelne Druckzonen zu
zerlegen, denen das Wasser von der gemeinsamen Pumpstation aus ab-
wechselnd zugesendet wird (Paris-Mery Pierrelaye), oder für jede Ab-
teilung ein eigenes Hebewerk anzulegen, das von einer zentralen Kraft-
station aus betrieben wird (Birmingham).
Druckrohrleitungen und kleinere Zuleitungskanäle folgen zumeist öffent-
lichen Straßen und Wegen. Bei schwierigeren Terrainverhältnissen oder
besonders großen Leitungsausmaßen findet wohl auch eine Unterbringung
der Rohre in besonderen Galerien statt (Paris). ^)
Zur Konstruktion der Druckrohrleitungen finden bis zu Durchmessern
von 1,2 m zumeist gußeiserne Muffenrohre Verwendung. Größere Rohr-
kaliber werden aus genieteten Rohren oder in Eisenbeton hergestellt
(Fig. 208). Die Eisenbetonrohre für die Hauptzuleitung zu den Pariser
Rieselfeldern haben zur Erzielung einer vollkommenen Dichtheit Blechein-
^) Bechmann et Laanay, Notice sur les travaax de Taquedac et da parc agricole
d'Ach^res. Paris 1897, Dunod et Cie.
B. Reinigung und landwirtschaftliche Verwertung der Abwässer.
541
lagen erhalten, die entweder an der Innenfläche angebracht oder im Fleisch
des Rohres eingebettet sind.
Bei der konstruktiven Durchbildung der Druckrohrleitungen und der
mit diesen in Verbindung stehenden Spezialbauwerke, wie Siphons,
Aquädukte, Rohrbrücken u. dergl., ist stets zu beachten, daß es sich um den
Transport einer mit Schlamm beladenen, in Zersetzung befindlichen
Flg. 208. Druckrohr aus Eisenbeton (System Bonna) während der
Anbringung der Überschubmuffen. Rieselfeld von Paris-Acberes.
Flüssigkeit handelt. Es ist daher den Bedürfnissen nach Spülung und
Entlüftung in weit höherem Maße Rechnung zu tragen, als bei Rein-
wasserleitungen. Deshalb erscheint es rätlich, zur Vermeidung größerer
Schlammablagerungen eine Vorklärung der Abwässer vorzunehmen (Paris -
Colombes).
Ein wichtiges Spezialbauwerk bilden bei Druckrohren die Druckent-
lastungsanlagen. Dieselben werden in Form von Standrohren oder auto-
matisch wirkenden Auslässen ausgeführt Standrohre erhalten einen Überlauf,
542
III. Die Kanalisation der Ortschaften etc.
der nach Erreichung eines bestimmten Wasserstandes in Aktion tritt und
dem Mehrzufluß des Abwassers einen Ausweg nach einem Ausgleichsbassin
oder einem benachbarten Verteilungsgraben frei gibt. Durch einen Schwimmer,
dessen Kopf bei Erreichung des Maximalwasserstandes über dem Standrohre
erscheint und bei Tag durch eine Fahne, bei Nacht durch eine Laterne weit-
hin sichtbar gemacht wird, wird dem Wärter der Eintritt eines stärkeren
Wasserandranges angezeigt (Fig. 209).
Flg. 809. Standrohr mit Signalschwlmmer, Überlaafh>hr und
Absitzbecken auf den Rieselfeldern von Berlin-Malchow.
Automatische Auslässe finden sich namentlich auf den Pariser
Rieselfeldern. Dieselben bestehen aus einem mit Laufgewicht belasteten
Tellerventile, welches sich nach Erreichung eines bestimmten Überdruckes
öffnet und das Wasser nach einem anschließenden Verteilungsgraben ab-
fließen läßt.
Die Grundsätze für die Anlage des Netzes der Haupt- und Neben-
gräben einer Bewässerungsanlage wurden bereits im I. Bande dieses Hand-
buches auseinandergesetzt, dieselben finden ihre sinngemäße Anwendung auch
B. Reinigung nnd landwirtschaftliche Verwertung der Abwässer. 543
bezüglich der Wasserverteilung bei Spüljauchenrieselfeldem und lassen sich
unschwer auch auf die Wasserverteilung durch Druckrohre übertragen. Steht
genug Druck zur Verfügung, so ist es wohl das rationellste, die Zahl der
offenen Verteilungsgräben auf ein Minimum zu beschränken. Denn dieselben
verursachen immer große Landverluste und erschweren die Kommunikation
und die Bewirtschaftung der einzelnen Schläge ganz erheblich. Auf den
Rieselfeldern von Paris entfallen auf 1 ha Fläche ungefähr 40 — 60 m Rohr-
strang und auf etwa 1,5 — 4 ha eine Ausmündung.
Bezüglich der Drainierung der Rieselfelder wurde das wichtigste
bereits mitgeteilt. Es möge nur noch darauf hingewiesen werden, daß man
hier meist gezwungen ist, von dem sonst eingehaltenen Grundsatze abzugehen,
die Zahl der Drainausmündungen tunlichst zu beschränken.
Dies findet seine Begründung einerseits darin, daß die Sammler an-
gesichts der größeren abzuleitenden Wasserquantitäten sonst zu groß ausfallen
würden, andererseits um sich jederzeit von der guten Funktion der Drainage
und der Qualität der Abflüsse der einzelnen Schläge überzeugen zu können.
y) Anlage- und Betriebskosten.
Bredtschneider und Thumm^) haben unter der Annahme, daß bei
einer Abwasserproduktion von 120 1 pro Kopf und Tag 1 ha Rieselland ein
Tagesquantum von 50 m*^, entsprechend einer Kopfzahl von 420, aufzunehmen
vermöge, sowie unter der Voraussetzung, daß der landwirtschaftliche Ertrag
des Rieselfeldes durch die Betriebskosten ganz verzehrt werde, für ver-
schiedene Bodenpreise das Abhängigkeitsverhältnis zwischen Anlagekosten
und Reinigungskosten berechnet. Hierbei wurde weiter angenommen, daß
die Aptierungskosten 2500 M. pro Hektar betragen, die für Landerwerb und
Aptierung verausgabten Beträge zu 4 ^j^ zu verzinsen und für Instandhaltungs-
arbeiten 1 ^/o der Aptierungskosten aufzuwenden sind. Für den Fall der
Vornahme einer Vorreinigung rechnen die genannten Autoren eine Wasser-
menge von 150 m* pro Hektar und Tag (entsprechend 1260 Einwohnern) und
werden die Baukosten der Vorreinigungsanlage mit 0,3 M., die Schlamm-
beseitigungskosten mit 0,15 M. pro Kopf und Jahr angenommen.
Aus diesen Annahmen ergeben sich die nachstehend tabellierten Werte.
(Siehe die Tabelle auf S. 544.)
Derlei allgemeine Aufstellungen können natürlich die Mannigfaltigkeit der
äußeren Umstände, welche die tatsächlichen Reinigungskosten durch Rieselei
bestimmen, nicht voll berücksichtigen. Immerhin geben dieselben ein deut-
liches Bild des Einflusses der wichtigsten und von Ort zu Ort am stärksten
wechselnden Faktoren, nämlich der Kosten des Grunderwerbes und der pro
Flächeneinheit entfallenden Kopfzahl (bei Vornahme einer Vorreinigung).
Insbesondere zeigt sich, daß die Bodenpreise bei weitem nicht so stark ins
Gewicht fallen als vielfach angenommen wird, denn einer Verdoppelung der-
selben entspricht erst eine 30 ®/q ige Steigerung der Reinigungskosten. Dieser
Umstand verdient insofern besondere Beachtung, als die Annahme nicht un-
^) Mitteilnngen der kgl. FrOfongsanstalt für Wasserversorgung etc., Heft 3^ 1904.
544
III. Die Kanalisation der Ortschaften etc.
berechtigt ist, daß überall dort, wo die Bodenpreise nicht einzig durch die
spekulative Ausnützung der Zwangslage der Städte künstlich in die Höhe
getrieben erscheinen, sondern zufolge besserer chemisch-physikalischer Be-
schaffenheit des Bodens oder günstigerer Produktions- und Absatzbedingungen
gerechtfertigt erscheinen, trotz höherer Anlagekosten mit der Erzielung eines
landwirtschaftlichen Ertrages gerechnet werden kann.
Bodenpreis pro Hektar:
2000 M.
= 2400K
Pf.
2500 M.
= 3000K
Pf. I h
3000 M.
= 3600K
Pf. I h
4000 M.
= 4800K
Pf. I h
5000 M.
= 6000K
Pf. I h
6000 M.
= 7200K
Pf. 1 h
Reinigiingskosten pro 1 m'
Abwasser
Ohne Vorreinigung pro
Kopf ond Jahr . . .
Reinignngskosten pro 1 m^
Abwasser
Mit Vorreinigung pro Kopf
und Jahr
Durch die Vorreinigung ver-
ringern sich die Kosten
um
I
1,11
0,49
0,80
0,35
1,33
0,59
0,96
0,42
1,22
0,54
0,84
0,37
1,46
0,64
1,01
0,44
1,32
0,58
0,88
0,39
1,58
0,70
1,06
0,47
1,54
0,68
0,95
0,42
1,84
0,81
1,14
0,50
1,76
0,77
1,02
0,45
2,11
0,93
1,22
0,55
1,97
0,87
2,36
1,04
1,09 : 1,31
0,48
0,58
28%
31<>/o
33 0/,
38«/o
42«/o
^%
So zeigt von den älteren Berliner Rieselfeldern der relativ am billigsten
erworbene Rieselbezirk Osdorf (Grunderwerb pro Hektar 1726 M. inkl.
Aptierungskosten, auf die Gesamtfläche bezogen 4240 M.) in 20 Betriebsjahren
13 mal ein Defizit, das im Jahre 1900 die Höhe von 1,87 o/^, im 20jährigen
Durchschnitt 0,34 <^/o des Anlagekapitales erreichte. Hingegen war das teuer
erworbene Rieselgut Malchow (3080 bezw. 5188 M. pro Hektar) in der
gleichen Zeitperiode nie passiv, und hat eine durchschnittliche Grundrente
von 1,05 ®/o, eine Maximalrente von 2,32 ^/o abgeworfen. Das namentlich
durch die hohen Aptierungskosten kostspielig gewordene Rieselgut Falken-
berg (2510 bezw. 5167 M. pro Hektar) hat sogar mehrmals eine Grundrente
von 3,15 ^/q aufgewiesen.
In den nachstehenden Tabellen wurden die charakteristischen Zahlwerte
für Anlage und Betrieb der größten städtischen Rieselgüter des Kontinentes
einander gegenübergestellt. Da das Zahlenmaterial nicht durchweg offiziellen
Berichten entnommen werden konnte, mögen sich im einzelnen wohl kleine
Abweichungen von den wahren Werten ergeben. Bei den Kosten-
berechnungen ist durchweg eine 4^/Qige Verzinsung aller Kapitalsaufwendungen,
jedoch keinerlei Amortisation angenommen worden. Auch hierdurch sind
Abweichungen von den offiziellen Angaben bedingt, da vielfach ein anderer
Zinsfuß und die verschiedensten Amortisationssätze eingestellt erscheint.
Die zweite Tabelle berücksichtigt auch die Kosten der Wasserförderung
nach dem Rieselfeld. Diese Ausgabepost wird zwar vielfach auf das Konto
der Kanalisation gebucht, da dieselbe ja mit den Kosten des Reinigungs-
betriebes nicht unmittelbar verquickt ist. Doch erscheint es nicht unwichtig,
B. Reinigung und landwirtschaftliche Verwertung der Abwässer. 545
bei vergleichenden Kostenberechnungen auch diese Ausgabepost mit in den
Kalkül einzubeziehen. Inwieweit die Wasserförderkosten den Betrieb beein-
flussen können, zeigt sich am besten bei den Pariser Rieselfeldern. Daselbst
betragen die in der Tabelle nicht detaillierten reinen Betriebskosten der
Wasserförderung für den der Stadt zunächst gelegenen Rieselbezirk
Gennevilliers nur 162 Frs., für den Parc agricole d'Ach^res 618 Frs. und für
den erst unter 3 maliger Wasserhebung erreichbaren Bezirk M^ry-Pierrelaye
gar 927 Frs. pro Hektar und Jahr.
(Siehe die Tabelle auf S. 546 und 547.)
Während von selten der Abwässerreinigungstechniker gewöhnlich nur
die pro Kopf bezw. pro 1 m* Abwasser entfallenden Kosten angeführt werden,
erscheint es für den Landwirt und Kulturingenieur von besonderer Wichtig-
keit, alle Aufwendungen auf die Flächeneinheit des Landes zu beziehen.
Denn nur auf diesem Wege vermag man sich ein Bild darüber zu beschaffen,
ob und in welchem Umfange sich die Kosten des Reinigungsverfahrens durch
geeignete Kulturmaflnahmen noch weiter herabsetzen ließen. Denn wenn
auch, wie schon wiederholt hervorgehoben, auf den städtischen Rieselgütern
der Reinigungserfolg immer in erster Linie anzustreben ist, so bilden doch
diese Anlagen eine so schwere Belastung des Stadtsäckels, daß eine Ver-
minderung ihrer Betriebskosten dringend wünschenswert wäre.
In dieser Hinsicht zeigt sich, daß auf einzelnen Rieselfeldern die derzeit
erreichten Betriebseinnahmen ganz unverhältnismäßig niedrige sind, während
auf anderen durch die Anlagekosten kaum weniger belasteten Anlagen sogar
ganz ansehnliche Einnahmen erzielt werden, welche zu der Hoffnung be-
rechtigen, auch anderwärts in Zukunft bessere Betriebsergebnisse herbeizuführen.
Hierbei kommt insbesondere die Parzellenverpachtung für inten-
sive Kulturen (Gemüse, Handelsgewächse) in Betracht. Denn während an
Generalpacht zumeist nur etwa 50 — 75 K pro Hektar und Jahr erzielt werden
(Breslau, Dortmund), werden von Parzellenpächtem Pachtschillinge von
270 K (Berlin) bis 350 K (Braunschweig) entrichtet.
In diesen hohen Pachteingängen scheint z. B. das vorerwähnte gute
Wirtschaftsergebnis des Berliner Rieselgutes Malchow mit einem verpachteten
Areale von 450 ha (d. i. 36 ^/o der Gesamtfläche) begründet zu sein, während
auf dem ertragsschwächsten Gute Osdorf nur 2 ha in Pacht gegeben sind.
Allerdings bringt eine Parzellenverpachtung stets den Nachteil mit sich, daß
die Pächter einen schonenderen Rieselbetrieb verlangen, der natürlich auch
hier von den städtischen Organen gehandhabt werden muß. Es wird daher
das Ausmaß der in Einzelpacht gegebenen Flächen selbst bei entsprechender
Nachfrage nicht willkürlich gesteigert werden dürfen. Wenigstens scheinen
in Paris, das bei einem Gesamtareale von 5300 ha Rieselland nur 1565 ha,
d. i. 30®/o, in Eigenbesitz hat (welche Fläche aber selbst wieder an General-
pächter vergeben ist), zeitweise schon bedeutende Schwierigkeiten in der
Wasserunterbringung zu bestehen. Denn hier dient der städtische Besitz als
Regulator zur Aufnahme jener Wässer, welche von den Besitzern des
(Forteetzung des Textes auf S. 548.)
Friedrich, Wasserbau. Zweite Auflage. IL Band. 35
546
III. Die Kanalisation der Ortschaften etc.
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B. Reinigung und landwirtschaftliche Verwertung der Abwässer.
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548 ^' ^^^ Kanalisation der Ortschaften etc.
Privatlandes nicht übernommen werden. Daher entfallen auch auf die
städtischen Ländereien im Jahresdurchschnitt rund 59 ^/o des Gesamt-
abwasserquantums, und erscheinen dieselben sonach doppelt so stark be-
lastet, als das Privatland. Am ungünstigsten stellen sich die Verhältnisse im
Monat April, in dem die städtischen Besitzungen sogar 73 ^'/q des Zu-
flusses aufzunehmen haben, während sich in den Wintermonaten fast das
normale Verhältnis (Si^j^ ergibt.
Im allgemeinen geht aus den vorstehenden Zusammenstellungen hervor,
daß die Kosten der Abwasserreinigung auf Rieselfeldern noch nicht als fest-
stehend anzusehen sind. Denn dieselben scheinen — obgleich sie in An-
betracht des erzielten Reinigungseffektes an sich nicht als allzuhoch gelten
können — durch eine entsprechende Ausgestaltung dieser zumeist noch jungen
und unter ganz eigenartigen Verhältnissen stehenden Betriebe noch einer
weiteren Herabsetzung fähig.
III. Landwirtschaftliche Verwertung der Abwässer.
Der Umstand, daß es zumeist große und größte Städte waren, welche
unter dem Zwange, ihre Abwässer unschädlich zu machen, sich zuerst an
die Errichtung von Rieselfeldern heranwagen mußten, ist direkt als ein
Hemmschuh in der Lösung des Problemes einer rationellen landwirtschaft-
lichen Verwertung der Abwässer zu bezeichnen. Denn die auf diesem
Riesenunternehmen unter den schwierigsten äußeren Verhältnissen mit dem
Landwirtschaftsbetriebe erzielten wenig aufmunternden finanziellen Ergebnisse
haben nicht verfehlt, die weitesten Kreise mit Mißtrauen und Vorein-
genommenheit zu erfüllen. Findet man doch heute gerade unter den Lan<i-
wirten die Ansicht vertreten, daß die städtischen Spüljauchen-Rieselanlageh
als gewinnbringende Unternehmungen gedacht seien, während dieselben
nach der derzeitigen Sachlage einzig darauf ausgehen, auf dem zur Zeit ihrer
Gründung einzig offenstehenden Wege einen durchgreifenden Reinigungs-
erfolg zu erzielen.
Sicherlich hätten auch diese Großbetriebe zu anderen, weit besseren
wirtschaftlichen Endergebnissen geführt, wenn man bei ihrer Ein-
richtung über ein entsprechendes Maß unter einfacheren äußeren Bedingungen
gewonnener Erfahrungen verfügt häite, oder doch zumindest in der Lage
gewesen wäre, diese Anlagen allmählich in organischer Weiterentwicklung
auszubauen und auf ihren vollen Umfang anwachsen zu lassen. Ist es doch
eine allenthalben zu beobachtende Erscheinung, daß sich so einschneidende
Änderungen des Wirtschaftssystemes wie der Übergang vom exten-
siven Getreidebau zu Feldgemüsekultur und intensivem Futterbau auf von
Natur aus keineswegs futterwüchsigem Boden sich nur nach und nach
bewerkstelligen lassen, nicht aber mit dem Tage der vollen Inbetriebsetzung
eines Zuleiters, der von diesem Momente an einen ununterbrochen fließenden
Düngerstrom in ein Gelände sendet, dessen natürliche und wirtschaftliche
Produktionsfaktoren früher eine vollkommen abweichende Bewirtschaftungs-
weise bedingten.
B. Reinigimg und landwirtschaftliche Verwertung der Abwässer. 549
Alle diese Schwierigkeiten konnten und durften nicht geltend
gemacht werden, solange einzig und allein die Landberieselung
die Möglichkeit bot, Abwässer durchgreifend zu reinigen.
Denn gegenüber der Bedeutung der Reinhaltung der Wasserläufe für
das Gemeinwohl mußten alle Bedenken weichen, welche sich auf die
finanziellen Opfer für Anlage und Betrieb der Rieselfelder bezogen.
Heute verfügt man in den künstlichen biologischen Reinigungsverfahren
über ein Hilfsmittel, das, abgesehen von seiner universellen Durchführbarkeit,
auch dort, wp sich Rieselfelder als ökonomisch konkurrenzberechtigt oder
sogar vorteilhafter erweisen sollten, mehr und mehr Anwendung zu finden
verspricht. Denn die meisten Städte dürften Oxydationsanlagen mit ihrem
weitaus einfacher zu handhabenden Betriebe den Rieselfeldern vorziehen,
deren Leistungsfähigkeit rücksichtlich des Reinigungserfolges zwar theoretisch
noch immer an erster Stelle steht, praktisch aber an ein weit höheres Maß
von Sachkenntnis und Hingabe der Betriebsleitung geknüpft ist.
Diese Anschauungen herrschen nicht nur in England, das in Abwasser
fragen wohl über die reichsten guten und bösen Erfahrungen verfügt. Sie
scheinen auch auf dem Kontinente mehr und mehr Eingang zu finden.
Wenigstens geben einige der hervorragendsten Autoritäten ihrer Skepsis
hinsichtlich der Zukunft des Rieselbetriebes unverhohlen Ausdruck.^)
Der historischen Entwicklung der Dinge ist es sonach zuzu-
schreiben, wenn mit den Bestrebungen zur landwirtschaftlichen Verwertung
der Abwässer nicht nur technische Schwierigkeiten zu überwinden sind,
sondern auch noch ein verloren gegangenes Vertrauen erst wieder neu
erworben werden muß.
Soll eine landwirtschaftliche Abwasserverwertung möglich sein, so bedarf
es vor allem der Befreiung von dem einen gewinnbringenden Landwirtschafts-
betrieb auf den städtischen Rieselgütem vereitelnden Zwange, dortselbst
jederzeit übergroße Abwassermengen unterzubringen. Läßt sich derselbe
lediglich auf die eine im Interesse des Gemeinwohles zu erhebende Forderung
beschränken, den Verwertungsprozeß so zu handhaben, daß keinerlei sanitäre
Mißstände geschaffen werden, so dürfte sich auch an vielen Orten die
Gelegenheit zu einer wirtschaftlichen Ausnutzung der städtischen Effluvien
ergeben. Allerdings darf man sich nicht verhehlen, daß sich nicht allenthalben
die Abwasserreinigung durch Abwasservefwertung ersetzen lassen wird. Doch
dürfte sich zu deren Vornahme künftighin um so öfter Gelegenheit ergeben,
^) So schließt Danbar den mehrerwähnten „Leitfaden für die Abwässerreinigungsfrage"
mit den Worten: „Ich bin überzengt, dafi es sich für viele Städte billiger stellen wird, das
Berieselongsverfahren anfzngeben und es durch das künstliche biologische Verfahren zu ersetzen.
Es laut sich ziemlich sicher voraussehen, daß die Dinge diesen Verlauf tatsächlich nehmen
werden, sobald das Wachstum der Städte ein gewisses Maß überschritten hat. Ich bezweifle
z. B. nicht, dafi viele von uns es noch erleben werden, dafi Berlin seine Rieselflächen für
Bebauungszwecke verkaufe und künstliche biologische Anlagen als Ersatz herstellt."
In ähnlichem Sinne äufiert sich auch Calmette in dem ebenfalls schon zitierten Werke:
„Recherches sur T^puration des eaux d'6gout", pag. 228.
550 ^* ^i^ Kanalisation der Ortschaften etc.
je mehr mittlere und kleine Gemeinwesen sich zur Anlage von Vollkanali-
sationen entschließen.
Die verschiedenen Modalitäten, unter denen eine Abwässerverwertung
an einzelnen Abwasserproduktionsgebieten durchführbar wird, soll noch zur
besonderen Besprechung gelangen.
Bei der Abwasserverwertung beschränkt sich der Abwasserbezug ledig-
lich auf jenes Quantum, das zur Düngung und Anfeuchtung unumgänglich
notwendig erscheint, da ja jedes Mehr einen den Reinertrag schmälernden
Kostenaufwai>d verursacht.
Dieses Quantum ist aber stets weit geringer als jenes, das selbst wenig
geeignete Böden vollkommen zu reinigen vermögen. Es ist somit auch kein
Grund zur Befürchtung vorhanden, daß bei dieser Art der Verwendung
hygienisch bedenkliche Zustände geschaffen würden.
Mit Herabsetzung der pro Flächeneinheit Kulturlandes aufzubringenden
Wassermenge werden aber auch die Aptierungs- und Verteilungskosten wesent-
lich geringer ausfallen als auf den städtischen Rieselfeldern. Dieselben werden
sich dann nur innerhalb jener Grenzen bewegen, die heute schon von den
aus öffentlichen Mitteln unterstützten Genossenschaften, ja selbst von einzelnen
Grundbesitzern aus eigenem, für die Herstellung von Bewässerungsanlagen
und den regelmäßigen Zukauf künstlicher Düngemittel eingehalten werden.
Und diese Aufwendungen sind unter den derzeitigen Wirtschaftsverhältnissen
keineswegs gering^) und dürften in Zukunft sogar noch wesentlich vermehrt
werden können.
Gelegentlich der Besprechung der Rieselfelder, auf denen eine über-
mäßige Düngerzufuhr unvermeidlich ist, konnte ein näheres Eingehen auf den
Nährstoffgehalt der Abwässer und das Nährstoffbedürfnis der Pflanzen unter-
bleiben. Hier muß auf diese Verhältnisse etwas näher eingegangen werden,
doch kann angesichts der großen örtlichen und zeitlichen Schwankungen in
der Zusammensetzung der Abwässer derzeit nur mit rohen Durchschnittswerten
gerechnet werden.
Die pro Kopf und Jahr in den festen und flüssigen Abgängen der
Menschen enthaltenen Mengen an wertvollen Pflanzennährstoffen können nach
Heiden wie folgt veranschlagt werden:
Im Kot Im Harn Zusammen
Bestandteile: ^^ ^^ ^^
Im natürlichen Zustande. . 48 438 486
Trockensubstanz 11 23 34
Hierin Stickstoff 0,8 4,4 5,2
Kali 0,27 0,81 1,08
Phosphorsäure 0,60 0,66 1,26
Sonach wären in 1 m' Abwasser bei einem Wasserverbrauch von 100 1
pro Kopf und Tag 0,140 kg Stickstoff, 0,03 kg Kali und 0,033 kg Phosphor-
säure zu erwarten.
^) Heinemann, Anlage and Düngmig von Wiesen and Grasfeldem im Saaerlande.
Berlin, Verlag von Pass & Garleb.
B. Reinigung und landwirtschaftliche Verwertung der Abwässer.
551
Da aber einerseits nie sämtliche Auswurfstoffe in die Kanalwässer und
andererseits auch noch andere flüssige und feste Stoffe zur Abschwemmung
gelangen und eine Verdünnung durch Regen und Grundwässer etc. eintritt,
zeigt das Kanalwasser zumeist eine abweichende Zusammensetzung. Der
Stickstoffgehalt erfährt durch die in den Kanälen auftretenden Fäulnisvorgänge
eine Herabsetzung, der Kaligehalt eine wesentliche Vermehrung (von den
Seifen, Waschwässern u. dergl. herrührend). Bei generellen Veranschlagungen
wird man allgemein für Abwässer normaler Konzentration (100 1 pro Kopf
und Tag) im Jahresdurchschnitt pro 1 m* einen Gehalt von 80 — 100 gm
Stickstoff, 60 — 75 gm Kali und 20 — 25 gm Phosphorsäure in Rechnung stellen
dürfen. Das Nährstoffverhältnis würde also etwa N : K^O : P^O = 4:3:1 be-
tragen.
Nun ist aber der organische Stickstoff bezw. das Ammoniak der Pflanze
nur in untergeordnetem Maße direkt zugänglich. Da aber während der Um-
formung stets bedeutende Stickstoffverluste auftreten, wird man auch nicht
den ganzen Stickstoffgehalt der Abwässer als nutzbar betrachten dürfen. Die
in der Versuchsstation zu Lawrence für intermittierend betriebene Sandfilter
aufgestellten Stickstoffbilanzen ergeben, daß bis zu 20^/0 in den Filtern in
schwer zersetzbarer Form zurückgehalten wurden und ein gleicher Betrag in
Form von freiem Stickstoff entbunden wurde. Dies würde also Verluste von
40 0/q ergeben. Die von Gerlach^) mit den Wasserfäkalien der Stadt Posen
angestellten Düngungs versuche haben ergeben, daß sogar nur 45 — 58 ^/q, im
Mittel 47 ®/q des zugeführten Stickstoffs von den Pflanzen aufgenommen wurden.
Man wird also auch nie obige Verhältniszahlen, sondern nur das reduzierte
Nährstoffverhältnis von N : K^O : P2O5 = 2:3:1 in Rechnung stellen dürfen.
Der Nährstoffbedarf der Kulturpflanzen ist in der nachstehenden Tabelle
angeführt:
Nährstoff entnähme durch eine mittlere Ernte
in kg pro Hektar*)
Das erforderliche Quantum N
ist enthalten in m^ Abwasser
(bei 50 ^Iq Ausnutzung)
Das
Abwasser-
quantum
wird
Fruchtgattung
N
K,0
P9O,
Wasser
26 1
verbrauc
601
:h pro Ko
100 1
pf u. Tag
200 1
erzeugt
von
Personen
Zerealien
66
70
30
180
360
720
1440
20
Leguminosen
110
58
25
375
750
1500
3000
40
Hackfrüchte
101
204
44
360
700
1400
2800
36
Futterpflanzen
124
124
37
426
860
1700
3400
45
Verhältniszahlen im Mittel
(ohne Leguminosen) . .
10 :
14,2
: 3,6
—
—
—
—
—
Aus dieser Zusammenstellung geht hervor, daß bei Berücksichtigung
der unvermeidlichen Stickstoff Verluste die Nährstoffzusammensetzung der
Abwässer bei weitem nicht so ungünstig ist, als vielfach angenommen wird,
und daß sich dieselbe, wenn ein vollständiger Rückersatz des Stickstoffs an-
^) Gerlach, Mitteilungen der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschafb. Berlin 1903, Stück 2.
*) Nach O. Raitmair in Hitschmanns Vademecum für den Landwirt, 11. Auflage, Wien 1906.
552 ^* ^i^ Kanalisation der Ortschaften etc.
gestrebt wird, durch künstliche Beidüngung mit Kali zumeist leicht ent-
sprechend regulieren läßt. Der Phosphorsäurebedarf würde hierbei ohnehin
stets voll gedeckt. Zumeist wird auch eine künstliche Kalkzufuhr vor-
genommen werden müssen.
In der Tabelle wurden auch die zum vollen Stickstoffrückersatz erforder-
lichen Wassermengen bei verschiedenen Abwasserkonzentrationsgraden (unter
Annahme einer gleichbleibenden relativen Zusammensetzung) berechnet. In
der letzten Spalte der Tabelle wurde auch die Bewohnerzahl, welche die
angegebenen Abwassermengen im Laufe eines Jahres produziert, angegeben.
Praktisch ist diese Zahl allerdings insofern ziemlich bedeutungslos, als eben
bei der Abwasserverwertung ein kontinuierlicher Abwasserbezug undurch-
führbar ist. Hier wird also zeitweise mit einer höheren Kopfzahl zu rechnen
sein. Dies bedingt zwar selbst wieder eine gewisse Nährstoffvergeudung,
doch bleibt dieselbe auch dann noch weit zurück hinter jener auf städtischen
Rieselfeldern, mit der 10— 20 fachen Kopfzahl pro Hektar nutzbarer Fläche.
Weiter ist zu bemerken, daß Leguminosen und Futtergemische, denen
ja auch der freie Stickstoff der Atmosphäre zugänglich ist, zur Volldüngung
geringere Abwassermengen benötigen; doch wird man gerade bei diesen
Kulturgattungen nicht nur die angegebenen mittleren, sondern Maximal-
ernten anstreben und daher auch der Flächeneinheit Landes mehr Nährstoffe
zuzuführen haben.
Im allgemeinen zeigt sich, daß die zum vollen Rückersatz erforderlichen
Wassermengen selbst bei Abwässern normaler Konzentration nur etwa ^/jq
bis ^/7 der Zuflüsse zu den am schwächsten beanspruchten städtischen Riesel-
feldern (Berlin) betragen. Dieselben erreichen für Zerealien nur 10 — 12 %,
für Futterpflanzen ca. 26 — 28% einer mittleren Jahresregenhöhe von 600
bis 650 mm, bleiben also auch in der Größenordnung der Schwankungen der
Regenergiebigkeit zwischen nassen und trockenen Jahren. Diese Mehrzufuhr
an Wasser dürfte wohl selten als schädlich anzusehen sein, und wird sogar
zumeist durch den gesteigerten Wasserbedarf einer üppigeren Vegetation
wieder direkt in Anspruch genommen werden.
Hingegen würde auf durchlässigen, flachgründigen Böden und in
Gegenden, die arm sind an sommerlichen Niederschlägen, mit der für Düngungs-
zwecke hinreichenden Abwassermenge nicht auch schon der Wasserbedarf
zur Anfeuchtung der stärker transpirierenden Leguminosen und Futter-
pflanzen bestritten werden.
Stehen genügende Mengen an Abwasser zur Verfügung, so werden
diese Kulturgattungen wohl auch bei einer Mehrzufuhr von Dungstoffen keinen
Schaden nehmen, vorausgesetzt, daß der Wässerbetrieb so gehandhabt wird,
daß keine schädliche Konzentration der zugeführten Salze auftreten kann.
Wirtschaftlich erscheint es aber besser, in einem solchen Falle eine
künstliche Verdünnung der Abwässer vorzunehmen. Nach den früher
(Bd. I, S. 382) gemachten Angaben bewegen sich die unter den klimatischen
Verhältnissen Mitteleuropas zur Anfeuchtung erforderlichen Wassermengen
zwischen 3600 und 10000 m^ pro Hektar und Vegetationsperiode. Es
B. Reinigiuig und landwirtschaftliche Verwertung der Abwässer. 553
würde sonach, wenn keine Nährstoffvergeudung auftreten soll, ein normales
Abwasser auf das 2- bis 6 fache zu verdünnen sein. Bei reichlicherer
Wässerung kann naturgemäß noch eine weit höhere Verdünnung Platz greifen
(1 : 15 bis 1 : 30).
Wie die vorstehenden Ausführungen zeigen, stellt sich die landwirt-
schaftliche Abwasserverwertung stets dar als die Verquickung eines
Düngungsproblemes mit einem Bewässerungsproblem. Deshalb wird
der Verwertungsprozeß den örtlichen Verhältnissen entsprechend die mannig-
fachsten Modifikationen zu erfahren haben.
Allgemein lassen sich 3 Haupttypen von Verwertungsmöglichkeiten
unterscheiden, von denen eine jede derzeit schon durch praktisch erprobte
Anlagen repräsentiert ist, nämlich:
I. Verwertung konzentrierter Abwässer zur Düngung nicht unbedingt
bewässerungsbedürftiger Böden bezw. Kulturen (Eduardsfelde bei
Posen,!) Osterode).«)
II. Verwertung von Abwässern normaler Konzentration auf Böden, denen
neben einer Düngung auch eine Wasserzufuhr zustatten kommt
(Samländische Rieselfeldgenossenschaft bei Königsberg).**)
III. Verwertung künstlich verdünnter Abwässer auf in erster Linie
bewässerungsb'edürftigen Böden (Hardtfeld-Bewässerung bei Mül-
hausen i. E., Wiesenwässerungen an der Vettabia bei Mailand)*)
(Fig. 205 auf S. 534).
Hinsichtlich der Stellung der Abwasserverwertungsanlagen in
ihrem Verhältnisse zu den Abwasserproduktionsgebieten und der
örtlich notwendigen, mehr oder minder vollkommenen Abwasserreinigung
lassen sich im allgemeinen wieder verschiedene Fälle unterscheiden.
Eine Abwasserverwertung kann Platz greifen:
1. an Orten, die angesichts besonders günstiger Vorflutverhältnisse eine
Abwasserreinigung überhaupt als überflüssig erscheinen lassen;
2. zwecks Entlastung von Vorflutern, welche bei steigender Belastung
mit ungereinigten Abwässern einen allmählichen Rückgang in ihrem
Selbstreinigungsvermögen erkennen lassen;
3. im Anschlüsse an Reinigungsanlagen, und zwar
a) unter Verwendung der den örtlichen Verhältnissen des Vorfluters
entsprechend gereinigten Abflüsse,
^) Stadtbaainspektor A. Wulsch, Die landwirtschaftliche Verwertnng der städtischen
Kanalwässer, nach dem Vorbilde von Edaardsfelde bei Posen. Posen 1903. W. Decker & Co.
*) Derselbe, Landwirtschaftliche Verwertung der städtischen Kanalwässer von Osterode,
Gesundheit. XXXI. Jahrg., No. 9.
') Prof. Dr. Danckwerts, Bildung einer Wassergenossenschaft zur landwirtschaftlichen
Ausnutzung der Kanalisationswässer der Stadt Königsberg. Leipzig, Verlag von Leineweber.
— Derselbe, Mitteilung auf dem Vlfl. internationalen landwirtschaftlichen Kongrefi.
Wien 1907.
^) Hofrat £. Markus, Die Bewässerungen mit verdünnten städtischen Abwässern bei
Mailand. Österr. Wochenschrift für den öffentlichen Baudienst, Jahrg. 1902, No. 46. —
A. Celli und A. Menozzi, La Depurazione agricola delle acque die fognatura di Milano.
Modena 1902.
554 ^« ^ic Kanalisation der Ortschaften etc.
b) unter Verwendung der ungereinigten oder grob vorgereinigten
Zuflüsse.
Daß man sich die (sub 1) gekennzeichneten Verhältnisse, welche die
freieste Abwasserverwertungsmöglichkeit bieten, bisher nur wenig zunutze
gemacht hat, mag wohl in erster Linie dem schon hervorgehobenen Miß-
trauen gegen den wirtschaftlichen Erfolg derartiger Maßnahmen zuzuschreiben
sein. Daß man in früherer Zeit die Sachlage anders beurteilte, zeigen die
oft als die ältesten Rieselfelder genannten Craygentinny-Wiesen und
-Felder bei Edinburgh, sowie die Wiesen unterhalb B unzlau ^) in Schlesien,
wilde Berieselungen, denen hinsichtlich der Wasserverwendung und des zu
gewährleistenden Reinigungserfolges nur wenig Beschränkungen auferlegt
waren.
Sind andererseits Abwässer in Reinigungsanlagen bereits soweit un-
schädlich gemacht (3 a), daß dieselben unter den örtlichen Verhältnissen den
Vorflutern unbedenklich übergeben werden könnten, so wird sich gegen deren
zeitweilige landwirtschaftliche Verwertung wohl keinerlei Einwand erheben
lassen. Daß derlei Abflüsse vorzügliche Eigenschaften zur düngenden
Bewässerung besitzen, läßt sich namentlich an zahlreichen englischen
Reinigungsanlagen konstatieren. Denn in diesem Lande besteht noch die
behördliche Vorschrift, daß nicht nur die mechanisch oder chemisch-mechanisch
vorgeklärten, sondern selbst die in künstlichen biologischen Anlagen ver-
arbeiteten Abwässer einer Nachbehandlung auf Kulturland (zumeist Wiesen)
unterworfen werden sollen. Viele dieser Rieselwiesen, welche zur voll-
kommenen Ausnutzung des Dungwertes allerdings viel zu klein bemessen
sind, stammen aus einer Zeit, in der die Vorbehandlung nur in einer Klärung
bestand. Damals hatten dieselben sogar den wesentlichsten Teil der Reinigungs-
arbeit zu vollbringen. Heute erhalten dieselben teils nur kleinere Abwasser-
mengen, teils sogar ausschließlich biologisch vorbehandeltes Wasser zugeführt.
Bei diesen geänderten Verhältnissen haben sich aus von Unkräutern über-
wucherten Morästen allmählich üppige Wiesen mit einer süßen Gras-
vegetation entwickelt, welche sich in Aussehen und Ertrag von den umliegenden
Naturwiesen und Weiden auf das vorteilhafteste unterscheiden.
Auch in Deutschland hat man sich bereits an einzelnen Orten die Ab-
flüsse von Oxydationsanlagen zur wilden Wiesenbewässerung nutzbar gemacht
(Unna). In diesen Anlagen sind sicherlich die ersten Anfänge einer künftigen
intensiveren Abwasserverwertung zu erblicken.
Scheinbar haben die Abwasserproduzenten keinerlei Interesse an den
bisher genannten Verwertungsmöglichkeiten durch dritte Personen. Es bleibt
aber stets zu beachten, daß in vielen Fällen sowohl Rohabwässer als gereinigte
Abflüsse in längeren Leitungen den Vorflutern zugeführt werden müssen.
Auch diese Objekte erfordern neben den Anlagekosten noch Bet rieb sauf -
Wendungen für Entschlammung und Entkrautung. Letztere Ausgaben stehen
^) Die Bnnzlauer Wiesen sind in den letzten Jahren der Verbaaang zum Opfer
gefallen, und mufiten durch ein systematisch angelegtes und nun auf Reinigung betriebenes
Rieselfeld ersetzt werden.
B. Reinigung und landwirtschaftliche Verwertung der Abwässer. 555
in direktem Verhältnis zu dem abgeleiteten Wasserquantum, und würden
daher stets erheblich geringer werden, wenn mehr oder minder große Abwasser-
mengen zeitweilig oder gar dauernd der landwirtschaftlichen Verwertung
zugeführt werden könnten. So konnten z. B. die in dem 30 km langen
Ableitungsgraben, der die Abwässer der Stadt Königsberg nach dem Frischen
Haff befördert, angelegten Sedimentierbecken, denen anfänglich die Aufgabe
zugedacht war, die untere mit geringem Gefäfle versehene Grabenstrecke vor
Verschlammung zu schützen, fast ganz aufier Betrieb gesetzt werden, seitdem
der größte Teil der Abwässer von der samländischen Rieselfeld-
genossenschaft abgenommen wird. Aber selbst die Ableitung gut gereinigter
Abwässer kann insofern noch besondere Auslagen verursachen, als dieselben
zufolge ihres hohen Nährstoffgehaltes in wasserarmen Gräben und Vorflutern
das Emporkommen einer üppigen Flora zur Folge haben, die nicht nur Ab-
flußerschwernisse darbietet, sondern geradezu zu einer sekundären Wasser-
verunreinigung Anlaß geben kann, wenn namentlich die in solchen Wässern
wuchernden Pilze (Leptomitus), die grünen Algen und das besonders massen-
haft auftretende tierische Plankton zum Absterben gelangen. So mußte bei-
spielsweise auf einzelnen der Berliner Rieselgüter eine neuerliche Ver-
rieselung von Drainwässern einzig aus dem Grunde eingeführt werden, um
eine weitere Verminderung des Nährstoffgehaltes der im übrigen gut gereinigten
Abflüsse zu erzielen, und hierdurch die sekundäre Verpestung wasserarmer
Vorfluter zu bekämpfen.
Sonach haben auch in den (sub 1 und 3 a) angeführten Fällen die Ab-
wasserproduzenten ein direktes Interesse an einer landwirtschaftlichen
Weiterverwertung der Abflüsse, indem dieselbe nicht nur keine Ausgaben
erfordert, sondern sogar Ersparnisse erzielen läßt, und die Perspektive eröffnet,
in Zukunft einen wenn auch nur bescheidenen Wasserzins einheben zu können.
Bezüglich der Entlastung in ihrem Selbstreinigungsvermögen
bedrohter Vorfluter (2) braucht wohl nur darauf hingewiesen zu werden,
daß Wasserläufe, welche unter der allmählich gesteigerten Abwasserzufuhr
die ersten Anzeichen einer Verschmutzung erkennen lassen, vor weiterer
Verschlechterung bewahrt werden können, wenn ihnen wenigstens zeitweise
weniger Abwässer zugeführt werden. Da sich die nachteiligen Folgen der
Fluß Verunreinigung gerade in der warmen Jahreszeit am stärksten geltend
machen, in der auch die Möglichkeit der vollen landwirtschaftlichen Ver-
wertung der Abwässer besteht, erscheint es keineswegs ausgeschlossen, daß
durch eine zeitweise vollständige Entlastung vielerorts schon dem Eintreten
schlimmerer'Zustände erfolgreich begegnet werden kann. Denn die Erfahrung
hat gezeigt, daß Gewässer, welche sich im vollen Besitze ihres Selbst-
reinigungsvermögens befinden, zeitweilig ganz bedeutende Mengen
städtischer Abwässer aufnehmen können, ohne eine Schädigung zu erleiden.
In diesen Fällen liegt demnach auch die rechtzeitig^ Organisation
von Abwasserverwertungsunternehmen direkt im Interesse der Ab-
wasserproduzenten. Denn dann kann die Errichtung besonderer Reinigungs-
anlagen vielleicht noch Jahre hindurch aufgeschoben bleiben, event. sogar
ganz entfallen.
556 ^' ^i^ Kanalisation der Ortschaften etc.
Noch bedeutungsvoller erscheint die allmähliche Angliederung von
Abwässerverwertungsanlagen mit Rohwasserabnahme an Reinigungsanlagen,
von denen jede neben den Anlagekosten für eine bestimmte tägliche Maximal-
leistung auch noch Betriebsauslagen verursacht, welche in direktem Verhältnis
zu dem gereinigten Wasserquantum stehen. Bei dem Sedimentations- und
Faulbetriebe sind dies die Kosten der Schlammbeseitigung, bei dem biologischen
Verfahren in erster Linie die im Verlaufe mehrerer Jahre wiederkehrenden
Regenerierungskosten der Oxydationskörper. Während im ersten Falle bei
Verminderung der zu klärenden Wassermenge auch der Schlammanfall ver-
ringert würde, was einer direkten Ersparnis gleichkäme, würde sich im zweiten
Falle bei einer geringeren Beaufschlagung der Körper auch die Notwendigkeit
zur Vornahme einer Regenerierung erst in verhältnismäßig längeren Zwischen-
pausen einstellen; diese beiden Momente kommen einer Verminderung der
laufenden Ausgaben gleich. Auch auf den ohnehin mit Wasser und Dung-
stoffen stets überlasteten Rieselfeldern würde die Herabsetzung des
Wasserquantums nicht nur eine Verminderung der Verteilungskosten,
sondern auch eine Erleichterung des Wirtschaftsbetriebes und eine
Steigerung der Erträge mit sich bringen. Endlich mufi ja jede künstliche
Reinigungsanlage mit der Notwendigkeit einer Erweiterung rechnen. Durch
Angliederung von Verwertungsanlagen könnten also auch hier nicht
nur die laufenden Betriebskosten vermindert werden, sondern auch die Not-
wendigkeit einer Vergrößerung der Anlage in die fernere Zukunft hinaus-
gerückt bleiben. Bei Rieselfeldern hat man sich bisher schon vielfach bemüht,
Abwässer an Private abzugeben. An die Druckrohre der Berliner Riesei-
güter sind derzeit bereits ca. 350 ha Privatland angeschlossen. In Braun-
schweig wird von den angeschlossenen Privatgrundstücken ein Wasserzins
von 20 — 40 M. pro Hektar und Jahr erhoben. Die weitere Steigerung der
Wasserabgabe scheiterte bisher vielfach an dem sommerlichen Wassermangel.
Diesem Übelstande dürfte aber durch Zumischung von Reinwasser zumeist
leicht zu begegnen sein. Die auf den zum größten Teil in Privatbesitz
befindlichen Pariser Rieselfeldern herrschenden Verhältnisse wurden bereits
früher gestreift und sei hier nur nachgetragen, daß bei der Verpachtung
von Privatland, dem die größtmögliche Freiheit in der Abwasser-
verwendung zugestanden wird, hier Pachtschillinge bis zu 500 Fr. pro Hektar
und Jahr gezahlt werden, während die städtischen Domänen von ihren zur
unbedingten Abnahme jedes Wasserquantums verpflichteten Pächtern im
Höchstfalle 60 Fr. pro Hektar, also nur 12 ^/^^ erzielen.
Derzeit ist es allerdings noch unmöglich, die richtigen Größenver-
hältnisse zwischen Reinigungsanlagen und Verwertungsanlagen ab-
zuschätzen. Doch ist wohl anzunehmen, daß man diesbezüglich in der Praxis
bald ebenso zur Kenntnis der möglichen und zulässigen Belastungsfaktoren
gelangen würde, wie in dem nicht minder komplizierten Betriebe von Elek-
trizitätswerken für Licht und Kraftlieferung, deren ökonomische Dimensionierung
und Betriebsführung auch erst auf Grundlage der praktischen Erfahrung
möglich wurde. Die Anlagen zur landwirtschaftlichen Verwertung normaler
und verdünnter städtischer Abwässer unterscheiden sich in bautechnischer
B. Reinigung und landwirtschaftliche Verwertung der Abwässer. 557
Hinsicht nicht von gewöhnlichen Bewässerungsanlagen, deren Ausgestaltung
bereits im I. Bande dieses Handbuches eingehend behandelt wurde. Hin-
gegen wäre es wohl kaum möglich, die geringen Wasserquantitäten, welche
bei der Düngung mit konzentrierten Abwässern in Frage kommen, nach
einer der dortselbst beschriebenen Methoden zur gleichmäßigen Verteilung
zu bringen. Für derlei Zwecke kommt wohl in erster Linie das Spritz-
verfahren in Betracht, das derzeit in Eduardsfelde bei Posen sowie in
Osterode und auf den Wiesen des Herrenkrugparkes bei Magdeburg
seit längerer Zeit erfolgreich betrieben wird.
An diesen Orten werden die Abwässer (in Posen speziell die sogen.
„Wasserfäkalien", d. i. die aus den Spülabortgruben mit Wagen nach
einem Sammelbehälter abgefahrene, Oberaus konzentrierte Flüssigkeit) dem zu
düngenden Gelände in einer frostfrei verlegten Stammleitung durch ein
Pumpwerk zugeführt. Diese Stammleitung ist in Abständen von etwa 300 m
mit Anschlußstutzen versehen, an welche nach Bedarf verlegte „Feld-
leitungen** angekuppelt werden. Letztere bestehen aus leichten schmiede-
eisernen Flangenrohren mit Gummidichtung, deren Durchmesser nach Maß-
gabe des verfügbaren Überdruckes gewählt wird, mit Rücksicht auf die Mani-
pulation jedoch nicht mehr als 80 mm betragen sollte und allmählich auf 70
und 60 mm Lichtweite abnehmen kann. Diese Feldleitungen können bis auf
1 km vorgestreckt werden, müssen aber zur Erleichterung des Betriebes mit
einigen Schiebern versehen werden. Die Versprengung des Wassers er-
folgt mit einem Hanfschlauch von 25—30 m Länge und 50 mm Lichtweite
und einem angesetzten Strahlrohr mit 20 — 30 mm Mündungsweite. Ein Über-
druck von 10 m genügt zur Erzeugung eines Strahles von 10 — 15 m Sprung-
weite bei etwa 5 sl. Ergiebigkeit. Zur Bedienung einer Feldleitung genügen
3 Mann und ist für die Zurückkuppelung und Neuverlegung der Leitung
etwa ^/g der Arbeitszeit erforderlich. Bei einer 12 stündigen Arbeitsdauer
können somit reichlich 180 m* zur Versprengung gebracht werden.
Da bei dieser Art der Wasseraufbringung keinerlei Aptierungsarbeiten
notwendig sind, reduzieren sich die Anlagekosten auf jene der Rohrleitungen
und belaufen sich dieselben auf etwa 160 — 180 K pro Hektar. Die Betriebs-
kosten sind allerdings ziemlich hohe und werden nach den Erfahrungen auf
Eduardsfelde mit etwa 25 — 35 K pro Hektar und Jahr bei Aufbringung
von 150 — 400 m^ Abwasser angegeben. — Diese Art der Verteilung kann
sonach ausschließlich bei konzentrierten Abwässern in Frage kommen, deren
Dungwert die oben angegebenen Beträge übersteigt. Während in Eduards-
felde der Betrieb an Feiertagen und zur Nachtzeit überhaupt ruht, werden in
Osterode zu diesen Zeiten die Zuflüsse auf ein kleines Rieselfeld geleitet.
IV. Reinigung der Abwässer der landwirtschaftlichen Industrieen»
Die städtischen Kanalwässer, sowie die ähnlich zusammengesetzten, aber
weitaus konzentrierteren Abflüsse aus Schlachthäusern repräsentieren einen
gemeinsamen Abwassertypus, dessen Schädlichkeit in erster Linie durch die
Anwesenheit der fäulnisfähigen, hochmolekularen Stickstoffverbindungen be-
dingt ist. Da die in derlei Abwässern vor sich gehenden Zersetzungsprozesse^
558 ^- ^^c Kanalisation der Ortschaften etc.
mit einer Ammoniakproduktion verbunden sind, weisen dieselben auch stets
alkalische Reaktion auf.
Zu einem anderen Abwassertypus gehören die Abflüsse aus Zucker-
fabriken, Brauereien und Hefefabriken, Brennereien, Molkereien
und Stärkefabriken. Dieselben sind durch einen die Stickstoffverbindungen
an Menge weit übertreffenden Gehalt an Kohlehydraten charakterisiert. Sich
selbst überlassen, werden sich daher in derartigen Abwässern in erster Linie
lebhafte Gärungserscheinungen einstellen, welche mit der Produktion von
Buttersäure verbunden sind. Diese Verbindungen verleihen den anfänglich
meist neutral reagierenden Wässern einen zunehmenden Gehalt an freier
Säure, der nicht nur die Tätigkeit der gegen Säuren empfindlichen eiweiß-
spaltenden Organismen hemmt, sondern auch die Gärungsprozesse selbst zum
Stillstande bringt.
Bei Einleitung derartiger, unvollkommen vergorener Abflüsse in einen
Vorfluter würden nach eingetretener Verdünnung und mehr oder minder
vollständiger Neutralisation nicht nur die Gärungsprozesse ihren Fortgang
nehmen, sondern auch die vorher gehemmten Fäulnisprozesse ausgelöst und
hiermit unausbleibliche Mißstände geschaffen werden.
Von den genannten Abwasserkategorien sind die Roh-Zuckerfabriks-
abwässer nach Menge und Zusammensetzung die weitaus gefährlichsten.
Im Betriebe der Rübenzuckerfabrikation fallen selbst wieder zwei Arten
von Abwässern auf, nämlich die Schwemm- und Wasch Wässer und die
Diffusions- und Schnitzelpreßwässer. Erstere enthalten zumeist
mineralische Verunreinigungen, welche etwa 8 — 10 °/q des verarbeiteten
Rübenquantums betragen. Findet nur einmalige Verwendung dieser Wässer
statt, so kann ihr Quantum zu etwa 0,6 — 1,0 m* pro Tonne Rüben gerechnet
werden.
Für diese Abwässer genügt dann zumeist eine rein mechanische
Klärung. Viele Zuckerfabriken sind aber genötigt, die Schwemm Wässer
wiederholt zu verwenden, wodurch dieselben auch eine allmähliche An-
reicherung an organischen Substanzen erfahren, welche wenigstens zu Ende
der Kampagne auch eine durchgreifende Reinigung dieser Abwässer er-
forderlich macht.
Weit reicher an organischen Fremdstoffen sind die Diffusions- und
Preßwässer, deren Quantum mit 0,3 — 0,6 m* pro Tonne Rüben zu veran-
schlagen ist.
Diese Abwässer wurden früher mit Kalkmilch zu behandeln versucht.
Aber auch hier konnte nur eine Entfernung der Schwebestoffe sowie eine
vorübergehende Sterilisierung erzielt werden.
Eine gründliche Reinigung ließ sich hingegen nur durch inter-
mittierende Filtration (vergl. das Beispiel auf S. 559) oder durch Land-
berieselung erreichen. Beide Verfahren waren aber nur in beschränktem
Maße durchführbar, da gerade in der Umgebung der zumeist inmitten der
Rübenbaudistrikte gelegenen Fabriken schwere Böden vorherrschen, welche
die zur Vornahme der natürlichen biologischen Behandlung erforderlichen
Grundbedingungen nur ausnahmsweise darboten. Außerdem fällt die Arbeits-
B. Reinigimg and landwirtschaftliche Verwertung der Abwässer. 559
zeit der Rohzuckerfabriken auf den Spätherbst und die ersten Wintermonate,
in denen auch die klimatischen Verhältnisse zur Abwickelung dieser Verfahren
weniger günstig sind.
Über alle diese Schwierigkeiten helfen die künstlichen biologischen
Verfahren vollkommen hinweg, welche sich in den letzten Jahren schon in
einer Reihe von Anlagen bestens bewährt haben. ^)
Eine besondere Aufmerksamkeit gebührt hier der Vorbehandlung.
Nachdem die Abwässer stets bedeutende Mengen von Pflanzenfasern mit-
führen, welche jeden Oxydationskörper ehestens verschlammen würden,
müssen dieselben aufs sorgfältigste entfernt werden. Durch Sedimentation
lassen sich derlei leichte Partikel kaum vollkommen ausscheiden, um so mehr
als jeder längere Aufenthalt der Abwässer in der Vorreinigungsanlage
möglichst abgekürzt werden muß, um das Auftreten der sauren Gärung
einzuschränken, welche angesichts der hohen Temperatur, mit der die
Abwässer aus dem Betriebe ausgestoßen werden, stets rasch einsetzt. Sonach
bleibt nur eine Vorreinigung mit Hilfe feiner Siebe (Pülpenfänger) übrig.
Die biologische Nachreinigung wurde im Großbetrieb bisher
zumeist in Füllkörpern vorgenommen. Angesichts der hohen Konzentration
der Abwässer wird man stets zweistufige Anlagen anwenden und die
Ruhepausen reichlich bemessen müssen.
Bezüglich der Kostenfrage sei bemerkt, daß die in Leopoldsdorf bei
Wien seit 5 Jahren betriebene, für ein Tagesquantum von 1900 m* Abwasser
eingerichtete Anlage rund 60000 K kostete. Die Betriebsausgaben beliefen
sich pro Kampagne von 100 Tagen auf 660 K, dazu kommen noch die
angesichts der hier eintretenden überaus hohen Beanspruchung auch ziemlich
bedeutenden jährlichen Regenerierungskosten pro 3550 K. Trotzdem beträgt
der Kostenaufwand für die Reinigung von 1 m* Abwasser nur 2,2 h.
Für die künstliche biologische Reinigung der den Zuckerfabriksabflüssen
nahestehenden Abwasserkategorien gelten die gleichen Grundsätze.
Im nachstehenden*) folgt die Beschreibung einer von Hof rat Professor
Friedrich im Jahre 1893 projektierten und seither mit bestem Erfolge
betriebenen Reinigungsanlage für die Abwässer einer Zuckerraffinerie.
Dieselbe erforderte einen Kostenaufwand von 6000 K. (Hierzu Taf. XXIII.)
Einleitung.
Die im Betriebe einer Zuckerraffinerie sich ergebenden Abfallwässer
zerfallen in 2 Hauptgruppen:
a) In reine Abwässer.
Diese zumeist aus Kondensationswässem bestehenden, den größten Teil
der Abwässer bildenden Mengen entbehren jedweder Reinigung und werden
^) Dun bar und Thnmm, Beitrag zam derzeitigen Stande der Abwasserreinigungs-
frage etc. München 1902. — Dr. J. Kanp, Die Reinigung der gefahrlichen Abwässer einer
Zuckerfabrik auf biologischem Wege. Osterr.- Ungar. Zeitschrift f: Zuckerindustrie und Land-
wirtschaft, 1905, 5. Heft. — Calmette, Recherches etc. — Rolants, Epuration biologique
des eaux residuaires de sucrerie; Revue d'Hygi^ne. XXVI. (1904).
*) Gekürzter Wiederabdruck ans .der L Auflage dieses Handbuches.
560 ^* ^^^ Kanalisation der Cirtschaften etc.
mit behördlicher Bewilligung durch einen offenen Graben, welcher den
Mühlgraben traversiert, direkt in den Wildfluß eingeführt.
b) Die unreinen Abwässer
gelangen nach 2 getrennten Gruppen zur Reinigung bezw. Unschädlich-
machung:
1. die Abwässer von der Osmosierung der Melasse (Osmosewässer),
2. die Abwässer von der Knochenkohlebehandlung (Spodium-, Gär- und
Wasch Wässer), femer die aus der Reinigung der Fabriksräume etc.
stammenden Schmutz- und Wasch Wässer.
1. Die Osmosewässer, welche wegen ihres relativ großen Gehaltes
an gelösten, fäulnis- und gärungsfähigen Stoffen eine genügende Reinigung
nur schwer erzielen lassen, werden in Vakuum-Apparaten eingedampft und
in konzentriertem Zustande an Spiritusfabriken verkauft. Dieselben werden
demnach vollständig aus dem Betriebe entfernt und beeinflussen in keinerlei
Weise die Zusammensetzung der übrigen Abfallwässer.
2. Die Spodiumwässer von der Wiederbelebung der Knochenkohle
(Spodium) enthalten zwar nur noch geringe Mengen an gelöster, fäulnis-
und gärungsfähiger organischer Substanz, weil dieselbe durch den mehr-
tägigen Gärungs- resp. Fäulnisprozeß, welchen man die angesäuerte Knochen-
kohle vollständig durchmachen läßt, zum allergrößten Teile zerstört wurden;
sie sind jedoch beladen mit Fäulnis- und Gärungsfermenten, sowie mit den
gasförmigen Zersetzungsprodukten der vorangegangenen Gärung, nämlich
Kohlensäure, Kohlenwasserstoffe, Schwefelwasserstoff etc., die den wider-
lichen Geruch, der ihnen stets anhaftet, bedingen. Dieselben erfordern daher
eine gründliche Reinigung. Dieselbe kann auf natürlichem Wege durch
eine Berieselung oder in noch kräftigerer und wirksamerer Weise durch
eine intermittierende Erdbodenfiltration stattfinden.
Hydrofechiiische Berechnungen.
er) Quantitäten der pro Tag zum Abflüsse gelangenden Abwässer.
1. Reine Abwässer. Diese aus dem Einspritzwasser der Luftpumpen
und dem Wasser für den Fabriksbetrieb bestehenden Quantitäten betragen
zusammen pro 24 Stunden 20834 hl, dies gibt pro Sekunde Q = 24 sL
2. Unreine Abwässer, bestehend aus den Spodiumwässem, zu 1170 hl^
und den Schmutz- und Waschwässern, von der Reinigung der Fabriksräume
herstammend, zu 30 hl, zusammen 1200 hl während 10 Stunden oder pro
Sekunde Q = 0,0033 m« = 3,3 sl.
ß) Berechnung der Durchflußprofile.
1. Offener Graben für die reinen Abwässer. Für ein Gefälle /= 2 ^j^y
n = 0,03 und v = 0,235 ist bei 0,80 m Sohlenbreite, 1,36 m Wasserspiegel-
breite und 0,20 m Wassertiefe das Q = 51 sl., während de facto nur 24 sl.
zum Abflüsse gelangen. Das projektierte Profil ist also überreichlich groß
bemessen.
2. Gemauertes Gerinne für die unreinen Abwässer (rechteckiger
Querschnitt 0,15/0,30 m). Bei einer Wassertiefe / = 0,16 ist ß = 0,0225 m*
B. Reinigung und landwirtschaftliche Verwertung der Abwässer. 561
u = 0,45, R = 0,05, yfR = 0,22; für Backsteine (Ziegel) ist n = 0,015 und für
J=^^Iqo ist c = 35, z; = c ^'rJ = 0,35 m, ö = 8 sl., während de facto nur
3,3 sl. zum Abflüsse gelangen. Das Profil ist hauptsächlich aus dem Grunde
bedeutend größer projektiert, da an strengen Frosttagen etwas heifies Kondens
Wasser in den Kanal eingeleitet wird, um das Einfrieren zu verhindern.
Y) Filtrierfähigkeit des Erdbodens.
1. Geognostische Beschaffenheit des Untergrundes. Aus den
Resultaten der an 10 Stellen abgeteuften Probelöcher und Probegruben war
zu ersehen, daß unter einer 0,20—0,25 m starken Humusschichte eine ca. 1,20 m
mächtige, magere, lehmige Erdschichte liegt, darauf eine 0,20—0,50 m starke
lehmige Sandschichte und als Liegendes derselben eine ca. 2,0 m unter der
Oberfläche befindliche, sehr durchlässige Schotterschichte folgt, die bis 3,5 m
unter Terrain aufgeschlossen wurde. Der Grundwasserspiegel zeigte sich bei
2,97 m, also rund 3 m unter Terrain.
2. Versuche im Laboratorium. Die zur Filtration dienende, 1,20 m
mächtige lehmige Erdschichte, welche auf dem ganzen Filterfelde eine gleiche
Beschaffenheit aufweist, wurde auf ihre Wasserkapazität und Filtrierfähigkeit
im Laboratorium genauen Untersuchungen unterzogen und ergaben sich nach-
stehende Resultate: 206 g lufttrockener Boden nahm 59 g Wasser bis zur
vollständigen Sättigung auf; es besitzt also dieser Erdboden eine Wasser-
kapazität von 28,6 ®/o- Der mit Wasser vollständig gesättigte Boden ver-
mochte bei 0,180 m Höhe der Bodenschichte und 0,080 m Höhe der darüber-
stehenden Wassersäule und bei einem innem lichten Durchmesser der Probier-
glasröhre von d = 14 mm binnen 2 Stunden 50 Minuten im ganzen 35 cm^
Wasser zu filtrieren. Da die Fläche F/ =■ 0,000154 m* ist, so filtriert somit
1 m* dieses Bodens binnen 2 Stunden 50 Minuten = 170 Minuten Q = 0,227 m*
bei h = 0,08 m Oberstauungshöhe.
3. Größe des Filterfeldes. Die Fläche des zur Reinigung der Ab-
wässer zur Verfügung stehenden bezw. in Aussicht genommenen Filterfeldes
beträgt Fl = 1,2 ha.
4. Dauer der Kampagne. Die Kampagne beginnt ungefähr Anfang
Oktober und schließt Ende Mai, dauert somit ca. 243 Tage.
5. Filtrierfähigkeit des projektierten Filterfeldes. Nehmen wir
eine Oberstauungshöhe von A = 0,2 m (gleich der mittleren Wassertiefe /»»)
an, so wird das ganze 1,2 ha große Feld bei einem Zuflüsse Q = 120000 1
pro Tag (Zufluß während 10 Stunden) "Yoq — «~ - = 20 Tage ausreichen;
also wird pro Tag eine Fläche von ^ — = 600 m* notwendig werden.
Diesem täglichen Bedarfe entsprechend wurde die ganze Fläche in Staubassins
von normal 30 m Länge und 20 m Breite = 600 m^ Fläche eingeteilt (siehe
Tafel XXIII). Die Versuchshöhe der Wassersäule betrug nur 0,08 m, während
dieselbe in vorliegendem praktischen Falle 0,20 m beträgt. Es wird somit
auch die Filtrierfähigkeit de facto eine größere werden. Sehen wir jedoch
zur Sicherheit hiervon ab, so wird jedes Bassin von 600 m* (1 m^ : 0,227 m^ =
Friedrich, Wasserbaa. Zweite AuHafce. IL Band. 86
562
III. Die Kanalisation der Ortschaften etc.
I
I
I
I
i&i
= 600 m* : Jtr) X = 136,2 m» Wasser binnen 170 Minuten
oder rund binnen 3 Stunden filtrieren, während aus
der Raffinerie im Laufe eines Tages (beziehungsweise
eigentlich durch 10 Stunden) bloß Q = 120 m* aus-
fließen. (Es würde als eigentliche Filterfläche pro Tag
136 m« : 600 m« = 120 m» : x, also x = 530 m« resul-
tieren.)
Da nach Abzug der für Fahrwege etc. von der
in Verwendung stehenden Fläche eigentlich nur 9500 m*
für die Filtration zur Verfügung stehen, so reichen die
17 Bassins mit zusammen 1864 m^ Inhalt (bei 0,20 m
9500 m^
Wassertiefe) durch -^-^ — .^ =18 Tage aus. Es kommt
also während der 243 Tage andauernden Kampagne
243
jedes Bassin im Mittel ~to— = 13 mal zur Benutzung,
während durch 122 Tage oder 4 Monate das Feld als
Reinigungsobjekt vollkommen unbenutzt bleibt. Wird
jedoch noch berücksichtigt, daß das während 10 Stunden
aufgeleitete Wasser während dieser Zeit auch schon
durchfiltriert, so kommen
zu obigen 122 Tagen
noch -Y~ Tage = 122 Tage
hinzu; es resultieren also 244 Tage
oder 8 Monate Zeitraum, innerhalb welchen die im
Erdboden zurückgebliebenen Bestandteile der Abwässer
der Reinigung und Umsetzung durch Oxydation aus-
gesetzt bleiben.
Bauliche Durchführung.
a) Drainierung des Filterfeldes.
Die Drainageröhren wurden beiläufig in einer
Tiefe gelegt, welche der Oberfläche der Schotter-
schichte entspricht. Die Anordnung des Drainage-
rohmetzes und die bezüglichen Koten und Gefälle sind
aus der Tafel XXIII zu ersehen. Die Saugdrains
d^bO mm sind 5 m voneinander und laut Querprofil
AJ (Taf. XXIII) 1,15 m tief mit einem GefäUe / =
2,9— 10,0^/00 verlegt. Die obersten Enden sind mit
einem Ventilationsrohrstrang rf = 80 bis 50 mm und
/= 5^/00 verbunden, und in denselben 7 Ventilations-
schläuche (Luftventile) Li— 7 eingebaut. Der Sammel-
drain mündet provisorisch bei / in eine Grube G ein,
und wird nach Verschüttung derselben das Auslauf-
objekt bis an die Flußuferböschung verlegt werden.
B. Reinigung und landwirtschaftliche Verwertung der Abwässer.
563
ß) Staubassins.
Aus Fig. 210 und Taf. XXIII ist die Konstruktion und das Ausmafi der
Staubassins, aus Fig. 211 das Detail der kleinen Handstauschützen s und
der Einlaufobjekte zu ersehen. Das ganze Feld wurde entsprechend planiert
und wurden aus dem gewonnenen Material die Revierdämme hergestellt.
Bei A wurde ein gemauertes Bassin hergestellt, welches den Zweck hat,
einerseits die kleineren Unregelmäßigkeiten in der sekundlichen Abflußmenge
auszugleichen, andererseits die Verteilung in die 2 Hauptverteilungs-
gräben AH und AB leicht zu vermitteln, .und endlich etwaige größere
Verunreinigungen zurückzuhalten. Aus dem gemauerten Hauptgraben AH
zweigen außerdem noch die Parallelkanäle CD^ EF und HK ab, welche ein
rechteckiges Profil ("/g^ cm) und 2®/qq Gefälle besitzen.
y) Hauptzuleitungsgerinne.
1. Für die unreinen Wässer. Dieser 0,15 m breite, 0,30 m tiefe,
gemauerte Kanal ist zumeist gedeckt projektiert, nur an einzelnen Stellen
offen — die Deckung erfolgt zumeist aus dem Grunde, um das Einfrieren
bei Frost zu verhindern und ist an strengen Frosttagen überdies noch das
a Längensohnitt.
b Daraufsloht.
Fig. 211. Detail der Elnlanf Objekte.
c Ansieht
Vermischen dieser Abwässer mit einem kleinen Teile der warmen Kondens-
wässer in Aussicht genommen. Die Traversierung des Gerinnes über den
Mühlgraben geschieht mittelst eines Blechaquäduktes.
2. Für reine Abwässer. Der bestehende offene Graben wurde ent-
sprechend reguliert und läuft dieses Wasser durch die bestehende Eisen-
rohrleitung über den Mühlgraben, weiter durch den alten offenen Graben
am rechten Ufer und ergießt sich in den Schwarzafluß. Diese Reinigungs-
anlage ist nunmehr 14 Jahre im Betrieb und funktioniert dieselbe nach den
wiederholten Mitteilungen des Fabrikbesitzers anstandslos.
V. Die Selbstreinigung der Gewässer.
Die Erscheinung, daß mit Unratstoffen beladene Gewässer nach und
nach auf natürlichem Wege wieder einen höheren Reinheitsgrad annehmen,
wird als Selbstreinigung bezeichnet. Daß sich derlei Prozesse in sämt-
lichen Wasserläufen abspielen, ist wohl schon lange bekannt; hingegen wurden
die am Zustandekommen dieses Phänomens beteiligten Agentien und ihr
spezifisches Leistungsvermögen erst in der neuesten Zeit eingehender studiert.
So kommt es, daß die Lehre von der Selbstreinigung der Gewässer zu ver-
schiedenen Zeiten neben eifrigen Verfechtern stets auch heftige Gegner ge-
funden hat. Denn praktisch hat es sich vielfach gezeigt, daß die Gewässer
36*
564 lU- ^i® Kanalisation der Ortschaften etc.
der Aufarbeitung der ihnen zugemuteten Mengen an Fremdstoffen nicht
gewachsen waren. In diesen Fällen handelt es sich aber wohl nie — wenigstens
insoweit es sich um mit organischen Fremdstoffen verunreinigte und vor
Giftstoffen geschützte Wässer handelt — um ein vollständiges Versagen des
Selbstreinigungsvermögens, sondern eben nur um eine Überlastung oder um
den Mangel an der zur Wiederherstellung des anfänglichen Zustandes er-
forderlichen Zeit
Die Erklärung der Erscheinungen der Selbstreinigung wurde vielfach
in rein mechanischen, wie auch mechanisch-physikalischen und chemischen
Prozessen gesucht. Neben der mechanischen Sedimentation, sowie der
chemischen Säurebindung, von denen erstere aber selbst nur eine mittelbare
Reinigung herbeizuführen vermag, dürften die genannten Kräftewirkungen
(namentlich die direkte Oxydation, die keimtötende Wirkung des Lichtes u. dergl.)
stets nur untergeordnete Effekte bedingen.
Von weit höherer Bedeutung erscheinen auch hier die sich in den Fluß-
läufen abspielenden biologischen Prozesse.
Die Wirkungen derselben offenbarten sich mehr und mehr, seitdem
man neben der früher fast ausschließlich vorgenommenen chemischen und
bakteriologischen Wasserbegutachtung auch dem biologischen Gesamt-
bilde der Wasserläufe eine erhöhte Aufmerksamkeit zuzuwenden begann.
Denn gerade bei den fließenden Gewässern konnte die Untersuchung von
Einzelproben, die stets Zufälligkeiten ausgesetzt ist, kein so klares Bild dar-
bieten als eine biologische Analyse, welche neben der gesamten Mikroflora
und Mikrofauna auch den Bestand an höheren Lebewesen vollständig auf-
zeigt. Denn diese Organismenwelt spiegelt nicht nur den momentanen
Zustand oder die Durchschnittsbeschaffenheit des Flußlaufes wieder,
sondern sie trägt auch oft lange Zeit hindurch die Spuren einzelner Er-
eignisse, insbesondere gewaltsamer Eingriffe in das natürliche Regime
des Gewässers.
Marsson und Kolkwitz^) haben wohl zuerst darauf aufmerksam ge-
macht, daß man den verschieden stark verschmutzten Zonen eines Wasser-
laufes auch bestimmte „Leitorganismen" zuordnen könne, welche sich selbst
wieder zu spezifischen „Lebensgemeinschaften" (Biocoenosen) vergesell-
schaften. Nach dem von diesen Organismen ertragenen, mehr oder minder hohen
Verschmutzungsgrade unterscheiden die genannten Forscher einerseits Poly-,
Meso- und Oligosaprobien, denen andererseits die ausschließlich in reinen
Gewässern vorkommenden Katharobien gegenüberstehen.
Bezüglich der Zugehörigkeit der einzelnen Organismen zu diesen Kate-
gorien muß auf die bereits angeführte Spezialliteratur verwiesen werden (S. 485).
Werden einem Vorfluter größere Mengen fäulnisfähiger, schon in vor-
geschrittenem Zersetzungsstadium befindlicher Abwässer zugeführt, so wird
sich nach erfolgter Durchmischung zuerst eine lebhafte Sauerstoffzehrung
einstellen, welche sich insbesondere dort, wo sich Schlammanhäufungen
bilden, am stärksten äußern wird. Es sind dies namentlich die der Strömung
^) Dr. R. Kolkwitz und Dr. M. Marsson, Grundsätze für die biologische Beurteilung des
Wassers nach seiner Flora und Fauna. Mitteilungen der kgl. Priifungsanstalt etc. I. Heft (1902).
B. Reinigung und landwirtschaftliche Verwertimg der Abwässer. 565
entzogenen flachen, gut durchwärmten Uferbuchten und das Rückstaubereich
von Stauanlagen. An solchen Orten spielen sich dann Erscheinungen ab,
die jenen der Faulbecken ganz analog sind. Der geringe Sauerstoffvorrat
des Wassers und der reduzierbaren Verbindungen wird hierbei vollkommen
schwinden, und hiermit auch jegliches Leben höher organisierter Wesen
vernichtet Erst wenn die Anaeroben-Spaltungsprozesse so weit vor-
geschritten sind, daß der aus der Atmosphäre auf dem Wege der Diffusion
oder bei lebhafterer Wasserbewegung auch mechanisch zugeführte Sauerstoff
der Menge nach den Verbrauch überwiegt, kann sich eine allmähliche
Besserung des Zustandes einstellen. Dann werden neben den sapro-
phytischen Schlammfressern und den ausschließlich auf organische
Nahrung angewiesenen Abwasserpilzen nach und nach auch höhere
Tier- und Pflanzenformen ihre Existenzbedingungen wiederfinden.
Letztere bessern sich insbesondere vom Momente des Wiederauftretens der
chlorophyllführenden Algen, deren assimilatorische Tätigkeit die Sauer-
stoffanreicherung wirksam unterstützt.
Die biologische Selbstreinigung spielt sich in Form einer Reihe von
Lebenskreisläufen ab, bei denen stets ein Teil der organischen Substanz
durch Veratmung und enzymatische Spaltung in Gasform übergeführt wird,
während ein zweiter Teil als Leibessubstanz festgelegt, ein dritter in
Mineralsubstanz umgesetzt wird. Daneben werden allerdings auch wieder
Abfallprodukte gebildet.
Da die niedrigsten Organismen bei ihrer massenhaften Entwicklung
mit dem naturgemäßen Abschluß ihres Lebens auch den Anlaß zu einer
Selbstverunreinigung der Gewässer geben, ist es von höchster Wichtig-
keit, daß sich stets passende Lebensgemeinschaften bilden und hierdurch die
niedrigsten Organismengruppen noch vor ihrem Absterben von höheren
Organismen verzehrt werden. Hierdurch werden wachsende Mengen
organischer Substanz in einzelnen Individuen mit längerer Lebensdauer auf-
gespeichert und zeitweilig dem Stoffkreislaufe entzogen.
Gerade in dieser Richtung kommt einem geregelten Fischerei-
betriebe in den Gewässern eine von der Praxis noch lange nicht voll-
gewürdigte Bedeutung zu. Denn gerade jene Gewässer, deren Biocoenosen
auch einen reichen Fischbestand aufweisen, vermögen bei entsprechender
Pflege eine Reinigungsarbeit zu vollbringen, die jener der künstlichen
Reinigungsanlagen ebenbürtig zur Seite steht. ^) Aus diesem Grunde darf
die wirtschaftliche Bedeutung der Fischerei auch nie einzig und allein nach
den von ihr direkt produzierten Werten, die allerdings vielfach geringer
sind als jene anderer Erwerbszweige, beurteilt werden.
Denn als ein unentbehrliches Glied in der aufsteigenden Ent-
wicklung des organischen Lebens eines Gewässers besitzt gerade das
Fischleben eine fundamentale Bedeutung für die dauernde Reinerhaltung
der Wasserläufe.
^) Vergl. hierzu die Mitteilungen von Dr. Cronheim und Prof. Dr. Hofer auf dem
XIV. internationalen Kongresse für Hygiene und Demographie. Berlin 1907.
566 Drackfebler, Ergänzungen, Bemerkungen, Nachträge etc.
Druekfehler, Ergänzungen, Bemerkungen, Nachträge ete.
I. Band, Seite 32: 10. Zeile von unten lies „Rttckstauung" statt Einstauung.
I. Band, Seite 32: 27. Zeile von unten lies „m'' statt mm.
I. Band, Seite 35: 5. und 7. Zeile von oben lies „m'^ statt cbm.
I. Band, Seite 50: 11. Zeile von unten lies „Regenhöhen" statt Regenmengen.
I. Band, Seite 60: 6. Zeile von oben lies „km>" statt qkm (im Kopf der Tabelle).
I. Band, Seite 410: 17. Zeile von unten lies „Sekunde'^ statt Stunde,
n. Band, Seite 100: 16. Zeile von unten lies „4" sUtt 6.
n. Band, Seite 100: 10. Zeile von oben lies „3" statt 5.
II. Band, Seite 187: 4. Zeile von unten lies „abgeteufte*^ statt abgestufte Probeschächte,
n. Band, Seite 324: 24. Zeile von unten lies „de Bear Valley« statt de Beaz Valley.
II. Band, Seite 324: 20. Zeile von unten lies in der Kolumne: Preis pro m* aufge-
speicherten Wassers „26000000" statt 22000000.
n. Band, Seite 325: 24. Zeile von unten lies in der Kolumne: Preis pro m' aufge-
speicherten Wassers „0,08 M. und 0,9 h" statt 0,82 M. und 96,0 h.
II. Band, Seite 325: 22. Zeile von unten lies in der Kolumne: Preis pro m' aufge-
speicherten Wassers „0,076 M. und 8,9 h" statt 7,64 M. und 894,0 h.
n. Band, Seite 325: 20. Zeile von unten lies in der Kolumne: Preis pro m* aufge-
speicherten Wassers „0,046 M. und 5,0 h« statt 0,46 M. und 64,0 h.
n. Band, Seite 352: 16. Zeile von unten hat „4" zu entfallen, da eine Unteraliteilong
der Vogesen-Stauweiher.
U. Band, Seite 386: 4. Zeile von oben Ues „4000 acres = 1600 ha" sUtt 4 MiU. ba.
II. Band, Seite 386: 5. Zeile von oben soll es heißen: zur Versorgung der National
City bei der Stadt San Diego.
Bemerkungen.
II. Band, Seite 325: Die Kolumne „Preis pro m* aufgespeicherten Wassers" bedeutet
eigentlich die Baukosten pro m^ Fassungsrauro des Stauweihers. Mit Rücksicht auf
die lange Bestandsdauer eines Stauweihers und seine meist alljährlich mehreremal erfolgte
Füllung wird der Preis von 1 m* wirklich aufgespeicherten Wassers natürlich nur ein sehr
niederer sein.
Nachträge xu ausgeführten Stau weiheranlagen.
II. Band, Seite 384: 14. Zeile von unten lies „ist" statt wäre.
Bear Valley-Sperre: Nach den durch Dr. Fischer an Ort und Stelle gepflogenen
Erhebungen beträgt die Kronenlänge genau 90 m. Femer wurde demselben mitgeteilt, daS
diese Sperre bereits wiederholt vom Wasser überströmt wurde (darunter einmal ca. 1 m hoch),
ohne irgend Schaden genommen zu haben.
Der Stauinhalt beträgt de facto 48 MiU. m^ die gesamten Baukosten 360000 K, mithin
1 m* Fassungsraum auf 0,75 h zu stehen kommt.
Die Kubatur des Talsperrenmauerwerks beträgt 2530 m' und stellten sich die Kosten
von 1 m' Talsperrenmauerwerk und aller Nebenarbeiten auf 142 K, ohne dieselben also
die reinen Mauervverkskosten 115 K, ein enormer, einzig dastehender Einheitspreis, der seine
Begründung in den anfierordentlich hohen Znfuhrkosten (110 km wegeloses Hochgebirge) zu
dem gegen 2000 m hoch gelegenen Stauweiher hat.
II. Band, Seite 383: Sweet Water-Reservoir. Das Einzugsgebiet, welches voll-
ständig kahl zwischen 60 m und 1500 m Seehöhe gelegen ist, beträgt 476 km*.
Der Gesamtinhalt der Staubecken beträgt nunmehr nach der Rekonstruktion 25 MIU« Hl',
die Gesamtbaukosten 1267200 K, mithin 1 m' Fassungsraum sich auf rund 5 h stellt.
Die Mauerkubatur beträgt 15680 m^ und die Kosten von 1 m* Talsperrenmaner-
werk 80 K.
Druckfehler, Ergänzungen, Bemerkungen, Nachträge etc. 567
Die jährlichen Znflnßmengen schwanken zwischen 88 MUL m^ im Jahre 1895/96
(^43®/o der Jahresregenhöhe von 428 mm), und Null in den regenlosen Jahren 1900/1901,
im 13jährigen Mittel 16^/9 Mlll« m'.
NB. Am 17. und 18. Januar 1895 flofi das Wasser durch 40 Stunden über die Mauer-
krone in einer Maximalhöhe von 0,56 m (gleichzeitige Regenhöhe 150 mm), trotzdem alle
Entlastnngsvorrichtungen offen standen. Es gelangten hierbei Q = 500 m' pro Sekunde zum
Abflafi. Das Überfallwehr wurde seither wesentlich erweitert.
In Deutschland wäre noch unter anderen als neue Sperre hervorzuheben: die Gothaer
Talsperre bei Tambach (Thüringen); Baujahr 1902/1906, Höhe der Talsperre 27 m Stau-
tiefe 22 m, Fassungsraum 775000 m^, Einzugsgebiet 21 km', gesamte Baukosten 1050000 K,
Baukosten pro m^ Fassungsraum 137 h.
Staumauern in Beton. (Crystal-Springs-Sperre.)
Die Talsperre von San Mateo (nach einem im Stauraume gelegenen älteren
Reservoir mit Erddamm auch Crystal-Springs-Sperre genannt) wurde in den Jahren 1888
bis 1889 von der Spring-Valley-Wasserwerksgesellschaft als Erweiterungsbau der Wasserver-
sorgungsanlage der Stadt San Franzisko errichtet und war ursprünglich mit einer Höhe von
51,8 m bei 53,6 m Basisstärke und 7,5 m Kronenstärke projektiert. Dieselbe wurde jedoch
nur bis zur Höhe von 44,5 m ausgeführt. Sie ist mit einem Krümmungsradius von 195 m
angelegt und fafit derzeit 91000000 m>. Die Mauerkubatur beträgt 107000 m*. Die mittlere
Jahresregenhöhe im Einzugsgebiete^) beträgt 880 mm, von der durchschnittlich nur 14,5 ^/^
zum Abflufi gelangen. (Hierin sind die Verluste im Reservoir selbst mit eingerechnet.)
Die Mauer wurde ganz in Stampfbeton aus einzelnen Blöcken von 150 — 200 m*, welche
zahnförmig ineinander greifen, hergestellt. Hierbei wurden zuerst immer einzelne freistehende
Blöcke in Schalungen eingestampft und nach erfolgter Erhärtung die Zwischenblöcke ausgeführt.
Um einen guten Anschluß zu erzielen, wurden die erhärteten Flächen mit der Spitzhane
aufgerauht, mit Drahtbürste und Wasserstrahl gereinigt und mit Zementbrei überzogen. Durch
die horizontale und vertikale Verzahnung, welche die Ausbildung durchlaufender Fugen aus-
schließen, wurde auch tatsächlich eine fast vollkommene Wasserdichtheit der Mauer erzielt.
Das Mischungsverhältnis des Betons betrug 1 Teil Portlandzement, 2 Teile Dünensand
und 6^/2 Teile Steinschlag. Die Mischung erfolgte in maschinell angetriebenen Mischtrommeln.
Bei dem grofien Erdbeben im Jahre 1906 soll die Mauer, obwohl dieselbe dem
Zentrum des Erschütterungsgebietes ziemlich nahe stand, keinerlei Schaden erlitten haben.
Während die San Mateo-Sperre ein überaus kräftiges Profil besitzt, zeichnet sich die im
südlichen Kalifornien in der Nähe von San Diego im oberen Otaytale gleichfalls ganz in
Stampfbeton hergestellte Sperre durch ein sehr schwaches, einzig durch seine Bogenform stand-
fähig erhaltenes Profil aus.
Die obere Otay-Sperre hat eine Höhe von 23,5 m, eine Basisstärke von 4,30 m und
eine Kronenstärke von 1,22 m. Dieselbe ist auf der Wasserseite vertikal, auf der Luftseite
mit treppenförmigen Absätzen mit etwa 0,6 m Vorsprung und einem Krümmungsradius von
107 m angelegt, hat somit bei einer Kronenlänge von rund 110 m einen Zentriwinkel von fast
60^. Mit dieser Sperre wird ein Wasserquantnm von 3200000 m^ magaziniert.
Der verwendete Beton bestand aus 1 Teil Portlandzement, 3 Teilen Sand und 5 Teilen
Steinschlag von 5 — 6 cm Durchmesser. Derselbe wurde in Schichten von 15 cm Stärke ein-
gestampft und betrug die Bauzeit des ganzen Objektes nur 90 Tage. Zur Zeit der Be-
sichtigung (durch Dr. Fischer im Jahre 1901) war das im Jahre 1900 errichtete Reservoir
noch ganz leer, da die Jahre 1900 und 1901 einer außerordentlichen Trockenheitsperiode ange-
*) Die in der Literatur vielfach zu 14 engl. Quadratmeilen angegebene Fläche des
Niederschlagsgebietes bezieht sich auf die alte Crystal-Springs-Sperre; jenes der neuen Sperre
ist weitaus größer.
568 Druckfehler, Ergänzungen, Bemerkungen, Nachträge etc.
hörten. Doch soll sich aach diese Sperre in der Folgezeit als ziemlich wasserdicht
erwiesen haben.
Eine ähnliche Konstruktion besitzt eine in der Nähe von Dalnth (am Lake saperiar)
ausgeführte Staumauer, welche einen Teil des Abschlufiwerkes für eine grofie Wasserkraftanlage
bildet. Dieselbe besitzt bei 18 m Höhe 1,26 m Kronenstärke und ist bei 18 m Kronenlänge
ein Gnmdrifi mit einem Radius von 30 m angelegt.
Staurnftuern in armiertem Beton«
In den letzten Jaliren wurden in Amerika mehrere Stauwehre von beträchtlicher Höhe
(bis zu 10 m) in reiner Beton-Eisenkonstruktion ausgeführt (durch die Ambursen-Baogesell-
schaft, Boston), deren Bauart sich von der herkömmlichen in erster Linie dadurch unterscheidet,
dafi der Wehrkörper hohl angelegt ist. Derselbe hat dreieckigen Querschnitt, ruht auf der
längsten Dreieckseite und hat einen wasserseitigen Anzug von ca. 1:1. Diese Querschnittsform,
welche an sich ein Umkippen ausschliefit, wird durch die hohe Wasserlast, welche mit dem
Eigengewichte gleichsinnig wirkt, auch gegen eine Verschiebung vollkommen gesichert.
Diese Stauwehre bestehen aus einer armierten Grundplatte, welche gleichzeitig das Sturz-
bett bildet und deren Unterspülung durch entsprechend tief in den Untergrund eingreifende
Herdmauern oder Betonspund wände verhindert wird. Auf dieser Platte erheben sich armierte
Strebepfeiler, welche die als armierte Platten ausgeführten wasserseitigen und luftseitigen Ein-
deckungen tragen. Durch Offnungen in der Grundplatte, welche mit dem inneren Hohlräume
bezw. dem Unterwasser frei kommunizieren, wird auch ein Auftrieb unschädlich gemacht.
Trotz der geringen Wandstärken (25 — 60 cm) sollen nur ganz geringfügige Wasser-
ausschwitznngen auftreten. Der Hohlraum des Wehrkörpers wurde teils als unterirdische Fassage,
teils sogar zur Aufstellung von Turbinen und Dynamos verwendet.
Auch in Deutschland wurde durch Ziegler und Schacht bei dem Projekt der Saale-
sperre zwischen Ziegenrück und Saalfeld die Eisenbetonkonstruktion in Aussicht genommen.
Nachdem dieser Bau jedoch noch nicht durchgeführt wurde, verfügen wir über keine
diesbezüglichen praktischen Erfahrungen.
Auch die amerikanischen Eisenbetonsperren stehen noch zu kurze Zeit, um ein ab-
schliefiendes Urteil über die Haltbarkeit solcher Konstruktionen überhaupt und für unsere
klimatischen Verhältnisse im besonderen fällen zu können.
Hervorzuheben ist jedoch, dafi bei den Beton- und Betoneisenkonstruktionen, nament-
lich bei Talsperren, ein ganz aufierordentliches Augenmerk auf strengste Untersuchungen über
die Volumbeständigkeit des Zementmateriales, die Reinheit des verwendeten Sandes und Schlägel-
schotters (Steinschlages) während des ganzen Baues gerichtet werden mufi, was in Amerika der
Fall sein soll.
Weiter ist zu betonen, dafi man in Amerika weitaus sorgloser bei Errichtung dieser
Betonsperren, rücksichtlich der mit einem eventuellen Bruche der Mauer verbundenen Gefahr sein
kann, weil einzelne dieser Sperren in vollständig unbewohnten, sehr langen Tälern situiert sind,
während in Europa nahezu immer mit jedem Ausschluß einer Katastrophe gerechnet werden
mufi. Auch soll die volle Verantwortung bezüglich der Haltbarkeit der Sperren in Xmerika
auf die Baunntemehmung übertragen werden.
Von meinem Standpunkte aus würde ich bei den bisherigen geringen Erfahrungsdaten
über Verwendung des Betons (armiert und unarmiert) eine Verantwortung für höhere Talsperren
derzeit nicht übernehmen, sondern für letztere immer noch die übliche Herstellnngsweise in
Bruchstein-Zyklopenmauerwerk anempfehlen.
Versuche Über Wiesenbewässerungen
von Prof. Dr. Tacke.
Bei den auf Aueböden, Niedeningsmoor- und Sandböden bisher durchgeführten Versuchen
ergab die Berieselung erheblich günstigere Resultate, als die Staubewässemng, was insbesondere
beim Sandboden auffällig hervortrat.
Druckfehler, Ergänzungen, Bemerkungen, Nachträge etc. 5g9
Auf Aueboden gab die Rieselwiese gegenüber der ungedüngten um 77 ^/q, bei Niederungs-
moor um 90 ^/o mehr Heu ab. Dabei wurde bei den Rieselwiesen durchschnittlich 50 — 100 1
pro Hektar und Sekunde, bei den Stanwiesen 200 — 400 sl. aufgebracht.
Die Ergebnisse dieser Bewässerungsversuche gehen dahin, daß:
1. Die Fhosphorsänre (2 — 3 m/Ztr. pro Hektar) den Bewässerungseffekt ganz hervorragend
steigert.
2. Die Wirkung der Kalidüngung auf kalireichen bewässerten Böden ist ganz belanglos; auf
kaliarmen Böden ist bei Bewässerung nur eine schwache Kalizufuhr (etwa 2—3 m/Ztr. pro
Hektar) angezeigt.
3. Kalk ist auf kalkreichen Böden nicht erforderlich; der kalkarme Heidesandboden verlangt
bei Bewässerung etwa 40 m/Ztr. Mergel pro Hektar.
4. Voraussetzung für die erfolgreiche Bewiusserung ist die Verbesserung der geringwertigen
Vegetation durch Ansaat edler Wiesengräser.
6. Eine Schwankung des Wasserspiegels während der Vegetation von 0,45 m nach oben und
0,15 m nach unten ist ohne Einflufi.
6. Von einer Bodenanfeuchtung durch Einstauen des Wassers in Gräben ist ein Erfolg nur zu
erwarten bei nicht zu breiten Beeten und möglichst hohem, nicht zu kurze Zeit andauerndem
Anstau (Zentralblatt für Wasserbau und Wasserwirtschalt 1907, Heft 49).
Grundsätze für die Bntwässerung von Moorböden.
Gelegentlich des VIII. internationalen landwirtschaftlichen Kongresses in Wien (1907)
stellte der Leiter der Moorversuchsstation zu Bremen, Prof. Dr. Tacke, in seinem Referate
nachstehend zu beachtende Grundsätze fUr die Entwässerung von Moorländereien auf:
1. Die Entwässerung des Moorbodens ist vorsichtig zu bewerkstelligen, da derselbe infolge
seiner kolloidalen Beschaffenheit grofie Mengen Wassers so fest bindet, daß sie den darauf
wurzelnden Pflanzen nicht zugänglich sind, so dafi bei verhältnismäßig sehr hohem Wasser-
gehalt des Moorbodens ein Wassermangel für die darauf gebauten Pflanzen eintreten kann.
2. Die Entwässerung hat sich der Nutzungsart anzupassen und ist für Wiesen im allgemeinen
schwächer als für Weiden, für diese letzteren wieder schwächer als für Ackerland zu wählen.
3. Die Bedeckung von an sich dafür geeigneten Mooren mit mineralischen Bodenarten (Sand,
Lehm) gestattet und verlangt eine stärkere Senkung des Grundwasserspiegels, als auf nicht
behandeltem, kahlem Moor. Nach den neueren Erfahrungen ist selbst bei außergewöhnlich
starker Trockenlegung die Wirkung der Sandbedeckung für die Wiederherstellung günstiger
Feuchtigkeitsverhältnisse im Moorboden wieder Erwarten stark.
4. Bei der Beurteilung des Entwässeningsbedürfnisses bislang unzureichend entwässerter Moor-
gebiete muß dem Umstand Beachtung geschenkt werden, daß nach Ablauf des im Boden
angesammelten großen Wasserüberschusses und nach der Kultivierung der Moorflächen durch-
schnittlich nur verhältnismäßig geringe Wassermengen stetig abzuführen sind.
5. Die Gestaltung der unter der Wirkung der Entwässeningsvorrichtungen im Moorboden sich
ausbildenden Grundwasserkurven wird in hohem Grade durch die Verdunstung, durch die
Bodenoberfläche und Vegetation beeinflußt.
6. Die unterirdische Entwässerung (Drainage) in jeglicher Form leistet dort, wo sie technisch
möglich ist, für die Entwässerung und Durchlüftung des Moorbodens mindestens dasselbe,
wie die Entwässerung mittels offener Gräben. Die Verteilung des Wasservorrates in den
entwässerten Schichten ist sogar bei unterirdischer Entwässerung günstiger, als bei der durch
offene Gräben.
Die Wirkung der Drainage tritt nach frostfreien Wintern auf Moorböden früher ein,
als die offener Gräben.
570 Druckfehler, Ergänzungen, Bemerkungen, Nachträge etc.
Nachträge sur Literatur.
Kräuter, Landwirtschaftlicher Wasserbau, bearbeitet von Spöttle, Wcy und
Gerhardt. Handbuch der Ingenieurwissenschaften. 3. Teil : Der Wasserbau. 7. Band. Leipzig,
W. Engelmann, 1907. 1. Lieferung.
Nachtrag zu den österr. Formen der Regenmesser. Siehe Jelinek, Anleitung
zu den meteorologischen Beobachtungen. 5. Auflage, 1905; anchlszkowskj, Selbstregistrierendes
Ombrometer (Friedrich, Kulturtechnischer Wasserbau. L Auflage, S. 680).
Nachtrag zu den hjdrometrischen Flügeln. Anläfilich der Ausstellung in Mailand
1906 wurden auch die neuesten Ottschen Flügel des eidgenössischen hydrometrischen Bureaus
in der Schweizerischen Bauzeitung, Bd. XLVIEI, No. 13 u. 14 publiziert, welche in vielen Ländern
eingeführt, sich in der Praxis gut bewähren and von A. Ott in Kempten (Bajem) zu beziehen sind.
Nachtrag zu ^^Hydraulische Widder*'. IL Bd., S. 113: „Automatischer Widderantreiber **
der Firma Abt; siehe: Der Kulturtechniker. X. Jahrgang, 1907. Heft 4, S. 277.
n. Band, Seite 328, 3. Zeile von unten: Siehe di« nach Druckvollendung dieses Bandes
erschienenen Separatabdrücke aus der Allgemeinen Bauzeitung. Heft 2 und 3. Wien 1907;
£. Grohmann, Der Bau der Bystriczka-Talsperre im Betschwargebiete; Derselbe, Statische
Untersuchung der Staumauer für das obere Weichselreservoir.
Über Berechnungen von Rohrleitungen mit grofiem Durchmesser siehe Zeit-
schrift des österr. Ingenieur- und Architekten- Vereins 1907, No. 25, S. 467/461.
Über die Bewegung von Grundwasser siehe die Abhandlung von Dr. M. Paul nach
dem Vortrage des Ingenieurs Pennink in Amsterdam (Zeitschrift des österr. Ingenieur- und
Architekten-Vereins 1907. Heft 28 und 29).
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der Sommer-Wasserfemperaturen verschiedener
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FrledrlcTi^TV^sserbau. Zweite Auflage. IIBand.
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mittelst gelochten Steinzeugrohren^
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Maßstäbe.
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1 I I I I I I Verlag-vonPaul Parey IT
isoToivn.
e Untersuchung
0^ Jntze.
Tafel ZI.
Jjüeres Becken .
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Serlin SW. HcderaaTmstr.lO.
Erledrlch^'Wässerbau. Zweite Auflage. H^arid
Graphc
r Stauwe
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181
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Läil
I!rledricli;WasseTbaii. Zweite Auflage IIBand
Graphosl"al"ische Unl-ersuchung
einerSB"" hohen Talsperre
mitBerücksichh'gung des Erddruckes
und AuFlriebes.
'Vferlag'VDnPaul Vseef in
Tafe] m.
erlin STT Hedonamistx.lO.
Frledrlcli^'Wasserbau. Zweite Auflage-HBand.
Grundablass
für Bewässerung und Industriezwecke.
VenlUaUonschacbt
Ein ICLufo bjekt
und Regulierlutmmer,
EinlauF-Yenlil.
Läng&ischnitt.
— . — t-
f
Daraufsicht,
<^tA^ik^n
Ansirhi
des AuMlcuifolifelftfiM •
Qucrschnili
des tJinlatif'M'hachtvs.
Querschnitt
des Fi inIauf^cJuicAt£S.
Stolleaprofil
500 1000
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Verlag von Paul P&rey in
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' V/ -^
Tafel m
"o"^. Abnormaler Wasserspiegel.
Wasserspiegel bei vollem Reservoir:
Einlaufobjekt.
ediu SW. Hedeniaimslr. 10.
Eriedrlcli^Wasserbaii. Zweite Auflage. IIEaiui.
Schiesspothrie
in den \
Durch den Grund
Einlauf.
Querschni
durch den
Rohrcana
Querschnitt
Durch den Staudamm.
Veriatvon Pand Pai-ey in
d Stauweiher
ogesen.
ablass.
Tafel XE
Ansicht
des Auslaufobjektes.
terlin SW. Hedemamistr.lO.
Erledrlch.Wasserbau. Zweite Auflage. ÜBaad
(iuerschnitt.
^320^ 21-40
Staudämm e
Staudamm vor
"Vferla^ von Paul Paiey in J
n Frankreich.
Forey-Neuf.
Tafel IH.
Details.
loMe**!:
.aesij.
<«V '. Sä.
Staudamm von Cercey.
?«7 7« _,.,.,
irlin SAV! Hedeniamistr . 10.
Triedrlch.'Wasserbau. Zweite Auflage. HBand.
Bau desStauwei
Fig. t
Si/tw/ion t/or S'Utmmher-Ab.\cliliifsniauer
Fig. 3.
Graphostatische Untersuckung der Stauweiher-AbschluCsmauer.
Höhe 230 m.
HaT^£anhir Componaümde:iWasMenhuckr&
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Mauer Gewicht Cj^-m^' ^^
diuti a ^ £ a ^ Ä 0 T a 9 «Mir
L^me«>»,^^ 1 ■ i t f- f I I I I
Verla^von Paul Parey in
lers bei Jaispitz.
Tafel XHI.
Fig. 2.
Detailplan der ÜberFallwehronlage .
, ("iTriT"""!";"' 1" I , r
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1150.
SOl 2a4JS7 %Mtr.
Querschnitt.
tMhSJb Wiiii/3KV£^ansäfirSiahtIiMiil *■
Grundablass.
Ansicht des Einlau fs.
Constpuktions-Dafen.
AngmonuneneMau£fhähefdSerec/m4utg 230»c
HiUibare WiisseHiefis bei maxim. S/iaruuutg i2 0
" - u » normaUr " ..if'O
4^tezißschef Gtwüki d GnuiUmauerH^Icei 2-40
voUtntcrtd^/^$uer pro lau/isndat Meier .. {96 S
Gewicht " » » * * ^7f6
Honzontale ComftciieHled.Wags&'druckes . 2*1612
yetUkale . . « - 2S S
BewltatUe €uts diesem- lud. MauergewLcht .J6SS
Jium^wtichnahtne ] maxünaZe S-0f
d Mauerwerkes an^ > miälere \ hdgefüUJbanResenvir 3 Ot
dBasisütkg./trcm ] mintmaU] i 00
Jnanspnuhnahme | maxUnaie, Ji¥
dMauenyerkt» an' \ mttäere \ beileerent Reservoir 2 85
dBasisinkg^/tran] minimale] 0 56
Berlin S"W: Hedeniaimstr.lO.
TlrledrlclijWksserbsai. Zweiteilii£!lage.IIBand.
Ge rü 5
für die Jaispil
Länge
Zireri
• fi'OO . . ö ' ^®
Gerüst?^
Aferlag-vonPaaü Piarev ir
t- Plan
zer Staumauer.
i-Profil.
Tafel XM.
Berlin S"W; Hedemaimstr.lO.
Priedrlch,"Wa8serbau. Zweite Auflage. n.Baiui.
Gerüst-P
Quer Prof
Natürliche
Funi
Verlag von Paul Parey in \
lan.
Tafel XK.
fll.
Zweiies Gptüst
^^^^-^^Tir^k-^^ Erstes Gerüst
Terrain.
hüaxnent-SoMo. (reis)
Berlin S'W! Hedemaimstr.lO.
Triedrlcli^Wasserbau. Zweite Auflage. n.Baivd.
Bau des Stauweih(
Fig.l. Ansicht der Stauweiher- Abschlufsmauer
von der Wasserseite.
l .6^.-4*0^
Fig. 2. Querschnitt durch die Mauer.
9
Fig,3. Querschnitt.
Fig.l ^,5. UberFaÜ
pc5;®f\
laso
M « p 1 2 a 4 3 6 T 8«
KM \ \ 1 \ \ \ 1 1
Fig. 6 - 12. Hochwasser- Entlaslungs-Stotlen
Fig . 6. Längen sehn itt
Fig. 7. Schnitt CI).
Fig.a.ScIinitt AB.
Fig. 9. Fig^iO.
SchniU EF.
Fig.Jl. Ansicht d linlaufobjectes.
ir:t'!;
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Fig. 12. Grundriss
(gekrümmt )
1:600
« o I a 3 * s e 7 fl o 10 is vsT
hl I i I i! ' 11 I i 1 1 ^^rYig.^,nn.
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H I I I I I I
Verlag voll Paul Parey in
jrs bei Weipowitz.
UberFaltwehr.
Iwchranlaffe
"^ig. ^. Vorderansicht.
a
-600
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fug. S. Grundriss.
_i
w.
iXnsicht des Auslaufes.
1 : 300
«789«
Tafel XX.
Fig. 13, Ji IS. Schützen-Aufzüge FürdasResemü
Fig. 13. Ansicht Fig.l4i Querschnitt.
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Fig \ U. Qrundtiss.
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1:75
iMIlil Ml|
"H
3 Berlin S"W. Hedeniaimstr.lO.
Friedrlcli.Wasserbau. Zweite AufIage.n.Rand.
Die Wasserversorgung de
Kaiser Franz J
Mauerprofil durch den Entnahmehirm.
HoHzontalschnrtt AB.
Verlag von Paul Vsan
Tafel XXr.
königl. Stadt Komotau in Böhmen
seph-Talsperre im Grölltale.
Mauirprofil neben dem Entnahmehirm.
Situationskarte.
chnitt C-D
»
f in Berlin SW. HedeniamtstrlO.
I^ledilch,'Wä8serl>au. Zweite AoflagellBand. Q f^Q |
Fürdle Berechnung eiförmige
Eiprofil 1-5:1.
2000
3 4 5 6 10
Ciefälle pro Mille
20 90 40 50
IDOf-
Verlag von Paul Parcy in
>hikon
rund kreisrunder Kanalprofile.
Kreisprofil
Tafel XHL
05
10
20
30 40 50 10
Gefälle pro Mille
30 kO 50
Berlin SAV. Hedonaniistr.lO.
I!riedrlch,fl^8seTbau. ZWeiteiVufla^IIBand.
Situation
der Erdboden Filtrati
Oxydations- Anlage für dl
der Abwässer einerZuckerrafFi
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W.Sp
"Vferla^vonPaul Parey in 1
erlin S\V Hedoiiaimstr.lO.
j jo MuhLgrcCbcTt.
Tafel XXni.
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Grube G
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Verlag von Paul Parey in Berlin SW., Hedemannstraße lo.
Be^^egung des Wassers in Kanälen und Flüssen.
Tabellen und Beiträge
zur Erleichterung der neuen allgemeinen Geschwindigkeitsformel
von Ganguillef und Kutter.
lit ÜBterstltniig des I5ilgl. Prevrsisehen liniiterioBS IVr Landwlrtsehart, Don&iei md Font«n
herausgegeben yon W« R. Kuüer^ Ing^nlenr in Bern.
Zweite Auflage. Dritter Abdrucic.
Gebunden, Preis 7 M,
Lehrbuch der praktischen Meßkunst
mit einem Anhange über Entwässerung und Bewässerung des Bodens.
FIr iaid- »d ftrttwirtiehimiclie Lekriistaltei iid !■■ 8«ltatiiterriebt
bearbeitet yon
J. F. Z^icek,
PtofeBsor an der landw. Lehranstalt «Franclsco-Josephlnnm* In Mödling.
Zweite, neubearbeitete Auflage.
Mit 192 Textabbildungen und 4 Tafeln. Gebunden, Preis 6 M,
WÜdbachverbauungen und Regulierung
von Gebirgsflüssen.
Von
E. Dubislav,
Kg;L Meliorationsbanlnspektor in Frankfurt a. 0.
Mit 29 Plänen, 22 Lichtdrucktafeln und 139 Abbildungen.
Folioformat. Gebunden, Preis 40 M.
Handbuch des deutschen Dünenbaues.
Im Auftrage des Königl. Preuß. Ministeriums der öffentlichen Arbeiten
und unt-er Mitwirlning von
Dr. J. Abromeif, P. Bocic, Dr. A. Jenfzscli,
Assistent am botanischen Institut Reglemngs- und Forstrat Landesgeologe und Professor
zn Königsberg i. Pr., zn Königsberg i. Fr., zu Berlin,
herausgegeben yon
Paul Gerhardt,
Regierungs- uod Baurat zu Königsberg i. Pr.
Mit 445 Textabbildungen, Gebunden, Preis 28 M.
Die Veranschlagung und Verdingung
von Bauarbeiten in Zusammenlegungssachen.
Zum praktischen Gebrauch für Vermessungsbeamte
der landwirtschaftlichen Verwaltung, Wegebau- und Meliorationstechniker
bearbeitet von
E. Deubel,
Landmesser und Kultnrtecbniker.
Mit 7 Textabbildungen. Gebunden, Preis 7 M,
Zu beziehen durch jede Buchhandlung.