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Full text of "Kunstchronik und Kunstmarkt, wochenschrift für kenner und sammler"

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T^A-T-t'i,*^ 


8*,0^. Il-K. 


Sarbart College Ittraru. 

CHARLES SUMNER, LL.D., 
OF BOSTON, 
[Ctow Ol 1830}. 


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KUNSTCHRONIK 


NEUE FOLGE 


Vierter Jahrgang 


LEIPZIG 

Verlag von E. A. Seemann 
1893- 



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Kunstehronik 

Neue Folge. 


••• — 


Inhalt des vierten Jahrgangs. 


(Die schrägliegendefi Zifiern mit vorgesetztem Z beziehen sich auf die Kleinen Mitteilungen in der ,,ZeitBchrift für 

bildende Kun8t'^) 


Grössere Aufsätze. 


Spalte 


Münchener Eindrücke 1 

Die dritte internationale Aquarellausstellung in Dresden. 

Von //. A. hier 5. 21 

Der Scbluss der Londoner Kunstsaison. Von 0. v. SMeinitx 17 
Rubens' heilige Cäcilie im Berliner Museum, gestochen 

von 0. Eilers, Von A, Rosmberg 33 

Die Zimbabwe-Ruinen 30 

Die Gem&lde des Zeitblom und Schülein in der Unga- 
rischen Landesgalerie. Vdn Th, v. Frimmel ... 37 

Georg Bleibtreu f.. Von A. Rosenherg 49 

Handzeichnungen italienischer Meister in pbotographi- 

schen Aufnanmen von Brami und Co, in Dornach, 

kritisch gesichtet von Giovanni Marelli (Lennolieff), 

Mitgeteilt von E, Hahich. (Fortsetzung und Schluss) 

53. 84. 157. 209. 237 

Korrespondenz aus Dresden 65. 385 

Ober den Anteil der mathematischen Wissenschaften 

an der Kultur der Renaissance 81 

Die neuesten Ei-werbungen für das British Museum 97 

John Webber und die Erfinduner der Litho(n*aphie von 

S, R. Köhler f ... 102 

Wettbewerb um eine Malerradirung 113 

Vom Christmarkt. Von Nautilus 114 

Aus eines Bildners Seelenleben. Plastik, Malerei und 

Poesie von 0, Eberlein 124 

Katalog der Gemäldegalerie im KQnstlerhause Rudol- 

finum in Prag. Von Th, v. Frimmel 137 

Der Knabe mit dem Pfeil. Archäologische Humoreske. 

Von a. Topf 140 

Von der Wiener Akademie 153 

Eine Dürer-Zeichnung aus dem Jahre 1497. Von D, Burk- 

hardi 169 

Die Ausstellung der Münchener „24" in Berlin. Von 

A, Rosenberg 185 

Der neue Dürer im Berliner Museum. Von A. Rosefiberg 201 
Die Academie de France in Rom und die Acad^mie des 

Beaux-Arts in Paris 205 

Bemerkungen über das Wesen der Grazie. Von C. Oraf 

Corofiini'Oronberg 217 

Pietro Aretino als Maler. Von A, SckuUfieiß , . . . 233 

Leopold Müller's Nachlass 249 

Wiener Künstlerhaus 251 

Die Winterausstellung im Künstlerhause zu Budapest . 265 

Deutsche Konkurrenzen 268 

Karl von Gontard 270 

Zu Heinrich von Brunn's fünfzigjährigem Doktorjubi- 
läum von E. Loewy 281 

Die Ausstellung der „Vereinigung der Elf* in Berlin. 

Von A. Rosenberg 285 

Vom englischen Büchermarkt 288 

Die Winterausstellung der Londoner Akademie. Von 

J, P, Richter 305 

Die Märzausstellung der Düsseldorfer Künstler . . . 321 

Wilhehn Lübke f 337 

Die neuesten Erscheinungen der englischen Radir- und 

Kupferstichkunst 353 


Spalte 

Die Jahresausstellung im Wiener Künstlerhause. Von 

R, Bock 369. 401. 417 

Der Stecher W. Von A, v. Wurxbach 433 

Die große Berliner Kunstausstellung. I. II. III. IV. Von 

A. Rosenberg 449. 4ü5. 497. 515 

Kunsthistorischer Kongress in Nürnberg 1893 . . 481. 513 

Kunstausstellung; in Rom. Von C, Lyka 483 

Peter Symen. Von S, R, Köhler 519 

Zur Neuaufstellung der Kölner Malerschulen Im Museum 

Wallraf-Richarte zu Köln 545 

Bfichersehau. 

Bonahi, R., Die römischen Feste 72 

Borhnannj R,j Die Bau- und Kunstdenkmäler von Berlin 222 

Brunn, 11, Griechische Kunstgeschichte. 1 407 

Burckhardfj J,, Cicerone. 6. Auflage 190 

Clernen, F., Die Kunstdenkmäler der Rheinprovinz. Z 298 

Christ ist erstanden 551 

Dünn, J,, Die Baukunst der Griechen 39 

Faber, Fr. Prof., Das Svstem der Künste ..... 24 
Führer durch die Sammlungen des Museums schlesischer 

Altertümer in Breslau 56 

Oeymüller, H, p,, Thesaurus of Architecture and its 

subsidiary arts 526 

Ologau, O., Die Schönheit 40 

Qraits, J., Eine Rundreise durch Spanien 225 

Grosse, H., Bibelbilder und Bilderbibeln 57 

Guhl tmd Koner, Leben der Griechen und Römer . . 524 

Handbuch der Kunstpflege in Österreich. II. Auflaf^e. Z 167 
Händcke, Dr. B., BibKographie der schweizerischen 

Landeskunde: Architektur, Malerei 190 

Händcke, Dr. B„ Die PannertrSger der 13 alten Orte . 274 
Raverkom van Rijsewijk, P,, Das Museum Boijmans in ^ 

Rotterdam 58 

Heineinann, K., Goethe's Mutter. IV. Auflage . . . 126 
Hclbig,W. , Führer durch die öffentlichen Sammlungen 

klassischer Altertümer in Rom. (Von E, Löicy,) . . 174 
Hochaltar, der, und das Gestühl im Chor der laoster- 

kirche zu Blaubeuren 524 

Hofstede de Groot, C, Quellenstudien zur holländischen 

Kunstgeschichte 521 

Hrach, F., Der Bau des Wohnhauses vom gesundheits- 
technischen Standpunkte 103 

Hülsen, Gh., Das Forum Romanum 275 

Jahresbericht des Museums in Boston (Mass.) .... 525 
Janitschek, H., Die Kunstlehre Dante's und die Kunst 

Giotto's 38 

Hg, A., Kunstgeschichtliche Charakterbilder aus Öster- 
reich-Ungarn 144 

Katalog der Bibliothek der königl. Akademie der Künste 

zu Berlin 524 

Karvadias, Katalog des archäologischen Nationalmu- 
seums in Athen 191. 480 

KriMeller, Dr, F., Die italienischen Buchdrucker- und 

Verlegerzeichen bis 1525 330 

Kunstverständnis, von heute, das 39 

Lehfeld, Dr. i?., August Wredow. Gedächtnisrede . . 71 


IV 


Inhaltsverzeichnis. 


Spalte 

Jjeischhigy J,, Der Fassadenschmnck 421 

Merx, </., Das ästhetische Formgesetz der Phistik ■ . 210 
Muther, E., Geschichte der Malerei im 19. Jahrhundert 

293 525 

3/yrfeq<;/^. Wienerstadt Z 299 

Pastor^ W,y Donatello. Eine evolutionistische Studie . 24 
lieiffenstein, C, Tk,, Bilder zu Goethe's Dichtung und 

Wahrheit 292 

Rieth, 0., Skizzen . 226 

Roever, N. de, Het Schnnsconcurs voor's Rijks-Museum 56 

Sammlungen, die, des rrovinzialmuseums in Hannover 57 

Sckmidkunx, H., Ge^en den Materialismus 57 

Schmidt, Dr, A, Ernst von Bändel. Ein deutscher 

Mann und Künstler 310 

Schuster, Dr. i?., Zappert's ältester Plan von Wien. Z 167 
Stier, H.f Bückblick auf dieEntwickelung der deutschen 

Architektur in den letzten 50 Jahren Z 167 

Terey, O. v. Albrecht Dürer's venezianischer Aufenthalt 

von 1494—1496 189 

Tßioma, H,, u. Thode, IL, Federspiele 225 

Unaewitter, 0,, Lehrbuch der gotischen Konstruktionen 361 

Valentin, V., Alfred Rethel, eine Charakteristik ... 291 

Wappen, die, der wichtiffsten Städte Europa's . . . 409 
Warourg, Ä., Sandro DotticelU „Geburt der Venus" 

und „Frühling** 359 

Weisel, Bildwerke aus altslavischer Zeit 180 

Wetxsäcker, Dr, F., Die Bildnisse Wieland's . , , Z 12() 

Wilke, H., Biographie des Malers Carl Gustav Hellquist 171 

Wörmann, Katalog der Di-esdener Galerie 57 

Knnstlitteratiir und Kunstblätter« 

Archäologie chretienne: (Biblioth^que de l'enseignement des 
Beaux-ArtsJ 41. 127. — Braun, Ad,, in Domach, Die Ge- 
mäldegaleneen Roms 501. 552. — Büttner Ifänner xu Thal, 
Dr., Anhalts Bau- und Kunstdenkmäler Z 144. — Orott- 
ger% A., Nachlass 241. — Händcke u. Müller, Münster- 
ausbau in Bern 422. — UanfstaengVs, Fr., Photographieen 
nach Gemälden der Dresdener Galerie 311. — Sforte, M., 
Eine neue graphische Reproduktion der Siztinischen Ma- 
donna 375. — Jacohy, L., Stich nach Soddoma's Alexander 
und Rozane 299. — Index of artists represented in the de- 
partment of prints and drawings in the British Museum 
527. — Justi, Murillo Z 24. — Kunst, unsere 553. — Lieber- 
mann, M., Porträt des Bürgermeisters von Hamburg, Dr. 
K. Petersen. Radiruhg von A. Krüger 294. 390. — Maler- 
radirungen diO» Künstlerklubs St. Lukas in Düsseldorf H. 1. 
Z 120. — Neumeister und Haeberle, Deutsche Konkurrenzen 
4. 90. — Palustre, Die Architektur der Renaissance 40. — 
Ritter, L., Radirung von Adam Krafit's Sakramentshäus- 
chen in der Lorenzkirche in Nürnberg 330. — Symonds, 
J. A., Leben Michel Anfirelo*8 127. — Tilanus, eine Monographie 
über Liotard 551. — Verzeichnis von Photographieen nach 
Werken der Malerei bis zum Anfange des 19. JsLnrhunderts 526. 

Nekrologe« 

Ainmüller, H. 40. — Arbo, P. 41. — Baisch, 0. 41. — Bi- 
linska, A. 376. — Bleibtreu, G. 25. — Borselen, W. van 
9. — Brandt, 0. 8. — Brunner, J. 553. — Büchting, 0. 
454. — Cabat, N. L. 312. — Cauer, Prof. Rob. 339. 376. 

— Cole, V. 363. — Darcel, A. 454. — Derer, R. 363. — 
Dubray 25. — Essenwein, A. 25. — Franceschi, J. 553. — 
Gabi, A. 294. — Galland, P. 127. — Geoflfroy de Chaume 
8. — Girardet, P. 294. — Giraud, Ch. 25. — Glaize, A. 553. 

— Gonon, E. 9. — Grönland, R. 127. — Grotjohann, Ph. 
58. — Grunow, C. 257. — Gudden, M. 409. — Gu^rin, G. 
8. — Gurlitt Fr. 241. 256. — Hennicke. J. 40. — Honrath 
376. — Janitschek, H. 488. — Joly, E. de 8. — Jonghe, 
G. de 294. — Kaeseberg. A. 553. — Kels, Fr. 376. — Klaus, 
J. 553. — Klimt, B. 145. — Lang, H. 554. — Lang, L. 
470. — Leitner, Q. v. 527. — L^pme, St 8. — Leuteritz, 
E. A. 391. — Lindenschmit, Prof, Dr. L. 257. — Meckel, 
A. V. 440. — Meienburg, V. v. 294. — Michiels, A. 104. — 
Möller, W. 501. — Morgenstern, K. 213. — Müller, K. 
553. — Otto, Prof. M. P. 339. — Pappermann, E. M. 376. 

— Pettie, J. 275. — Roever, Dr. N. de 340. — Sachs, M. E. 
501. — Schaumann, H. 501. — Schlesinger, H. 275. — 
Schlesinger, K. 470. — Schobelt, P. 392. — Scholtz, J. 454. 
~ Scholz, W. 488. — Signol, E. 25. — Speer, R. 192. — 


Steche, R. Z 96. — Stoltenberg-Lerche, V. 191. — Symonds, 
J. A. 391. — Wieseler, Fr. 145. — Winterfeld, F. W. 488. 

— Wittig, A. 276. 294. - Woolner, Th. 58. — Yvon, A, S. 553. 

Personalnaclirichteii. 

Bartels, H. v. 257. — Becker, K. 363. — Besnard 90. — 
Bochmann, Gr. v. 257. — Bokelmann, L. 363. — Breuer, 
P. 25. — Brunn, Prof. H. 192. 330. — Brunow 341. — 
Burckhardt, J. 3()3. 455. — Calandrelli, A. 456. — Char- 
pentier 456. — Dahl, H. 341. — Daubner, G. 241. — De- 
frasse 456. — Dohme, Dr. R. 227. — Dollmayr, Dr. H. 41. 

— Ende 363. — Falat, J. 257. — Frimmel, Dr. Th. v. 528. 

— Galland, Dr. G. 341. — Gebhardt, E. v. 363, — Geier, 
0. 409. — Geiger, N. 257. — Geyger, M. 41. 456. — Guif- 
frey, J. 312. — Gurlitt, C. 276. — Guthknecht, G. 554. — 
Harrach, Fr. Graf 456. — Hausmann, Fr. 9. — Hey den, 
Prof A. V. 295. 312. — Hilgers, K. 74. — Horowitz 90. 

— Hundrieeer, E. 341. — Jaensch, G. 25. — Janssen, K. 
502. — Janssen, P. 363. — Jordan, Dr. 363. — Kampf, A. 
377. 422. — V. Keudell 363. — Kips, Prof 554. — Knaus, 
L. 456. — Knille, 0. 363. — Koner, M. 257. — Köpping, 
K. 192. 363. — Kröner, Chr. 422. — Krüger, A. 455. — 
Lamotte 456. — Lehrs, Dr. M. 393. ■— Löfftz, L. 528. 554. 

— Matsch, F. 528. — Meyer, H. 341. — Meyerheim, P. 
363. — Mohn, P. 341. — Niemann, G. 456. — Oechelhäuser, 
Dr. V. 456. — Oeder, G. 528. — öttingen, Dr. W. v. 41. — 
Oven. S. Ph. C. 440. — Passini, L. 227. — Rieß, P. 528. — 
Rochegrosse, G. 104. — Rosenberg, Dr. Marc 528. — Roybet, 
F. 440. — Saglio 502. — Schaper, F. 363. 456. — Schmar- 
sow, Dr. A. 528. 554. — Schmidt, M. 363. — Schmitz, 
Fr. 257. — Schnars-Alquist 181. — Schöne. Dr. 295. 341. 
Schwechten 363. — Seidel, Dr. P. 227. — Siemering 363. 
Skarbina, F. 257. 295. — Stiassny, Dr. R. 192. — Tholen 
90. — Thumann, P. 25. 341. — ühde, F. v. 455. — Vigne, 
P. de 257. — Vischer, Dr. R. 422. — Vogel, Prof. H. 213. 
241. — Vriendt, Th. 90. — Werner, A v. 192. 363. 554. 

— Wittig, A. 257. — Wolff, Fr. 341. — Wölfflin, Dr. II. 
393. — Zumbusch, K. 528. 

Wettbewerbnngen nnd PreisTerteilnngeii« 

Berlin, Ergebnis der Konkurrenzen bei der Kunstakademie 
IC^. 127. 476. Stipendium der Menzel- Stiftung 145. Preis 
der Ginsberg -Stiftung 192. Wettbewerb zur Errichtung 
eines Denkmals für die Kaiserin Augusta in Berlin 241. 
Ergebnis der Bewerbung um das Denkmal für KurfELrst 
Fnedrich I. von Brandenburg bei Friesack 241. 341. Bau 
des Märkischen Provinzialmuseums 276. — Chicago, Preis- 
verteilung auf der Weltausstellung 554. — Darmstadt, 
Denkmal ftlr Oberbürgermeister Ohly 363. — Dresdefi, Bau 
eines neuen Empfangsgebäudes des Personenbahnhofs Dres- 
den-Altstadt 58. — Düsseldorf, Künstlerische Ausschmückung 
des Rathaussaales 105. Goldene Medaille für Prof. P. Jans- 
sen für die Schlacht bei Worringen 529. — Esseg, Pfarr- 
kirche 470. — Grimfna, Malerische Ausschmückung der 
Aula der Fürstenschule 134. — Halle, Bau des Riebeck- 
stiftes 502. — Kobletix, Architektonischer Überbau des 
Kaiserin Augusta-Denkmals 393. — Leipxig, Ergebnisse der 
Radirungskonkurrenz der Zeitschrift f. o. K. Z 72. — Stutt- 
gart, Kaiserdenkmal 41. — Wien, Denkmal Friedrich 
Schmidt's 409. 456. Preisverteilung an der Wiener Aka- 
demie der bildenden Künste 528. 

Denkmäler. 

Denkmälerchronik 42. 73. 555. — Baden-Baden,Kai8enn Augusiar 
Denkmal 42. — Berlin, Kaiser Wilhelm-Denkmal 128. 145, 
162. 192. 341. 363. Denkmal für die Kaiserin Augusta 257. 
Ausführung des von f P- O^^o hinterlassenen Lutherdenk- 
mals 393. — Borgo San Sepolcro, Denkmal für Piero della 

* Francesca 9. — Catd), Gussmodell für das Blücher- Denk- 
mal 295. — Oremona, Denkmal fElr A. Ponchielli 9. — 
Düsseldorf, H. Heine -Denkmal 227. 357. — Etns, Kaiser 
Wilhelms-Denkmal 409. — Halle a/S., Denkmal für R, v. 
Volkmann 9. — Heilbronn, Mausoleum der Familie Link 9. 
Karlsrtüte, Kaiserdenkmal von Prof. Ad. Heer 470. Grab- 
denkmal für den f Prinzen Ludwig Wilhelm von Baden 
in Karlsruhe von Prof. Volz 470. Scheffel-Denkmal 90. — 
Koblenx, Reiterstandbild Kaiser Wilhelm's I. am deutschen 
Eck 181. — Lahr in Baden, Bismarck - Denkmal 530. — 


InhaltsverzeichDis. 


Magdeburg, Denkmal fDr Fr. Friesen 9. — Mailand, Stop- 
pani-Monument 9. — Montpellier, Denkmal für Alezander 
Cabanel 128. — München, Denkmal für M. v. Schwind 502. 
— Neubrandenburg, Fritz Reuter-Denkmal 456. — Paris, 
Denkmal für Thiers auf dem Pore Lachaise 295. — Pisa, 
Denkmal für Viktor Emanuel 9. — Porta WeMfaliea, Denk- 
mal für Kaiser Wilhelm 258. 342. 528. — Ruhrort, Kaiser 
Wilhelm -Denkmal von Prof. Eberlein 470. — Sprottau, 
Denkmal für H. Laube 502. — Straßburg, Denkmal fiir 
t Bischof A. Räß 3r>4. — Stuttgart, Denkmal Kaiser Wil 
helm's I. 529. Karl-Olga-Denkmal 456. — Wien, Denkmäler 
des Grafen Leo Thuu-Hohenstein und der Pädagogen Exner 
und Bonitz 457. -— Neue Organisation der Denkmäler- 
pflege in den Rheinlanden 530. 

SammlimgeiL nnd Ansstellungen. 

Basel, Museum in der BarfDßerkirche 10. — Berlin, Museum: 
Die Sammlung der Bildwerke der christlichen Epoche 90, 
Durer-Bild 146, Die deutschen Onginalskulpturen 502, Aus- 
stellung von Farbendrucken im Kupferstichkabinett 59. 
Nationalgalerie: Ankäufe auf der Kunstausstellung 503. 535, 
Erwerbung von Studien Geselschaps 276, Sonderausstel- 
lungen der Werke von Biermann u. Graeb 330, Beteiligung 
an der Ausstellung in Chicago 242. Rauchmuseum 243. Por- 
trätsamnilung der kgL Bibliothek 10. Michael Beer-Preis 
der Berliner Kunstakademie 343. Ergebnisse der letzten 
großen Kunstausstellung 128. Satzungen für die großen 
Kunstausstellungen 213. Kunstausstellung : Programm 290, 
Die Jury 393, EröfiPnung 411, Plakat 313, Die Ausstellungs- 
kommission 277, Prämiirungen 505, A. v. Wemer's Bild der 
ersten ReichstagserÖfibung durch Kaiser Wilhelm II. 504, 
Ausstellung der nachgelassenen Werke des Bildhauers Paul 
Otto 364, Beteiligung der Münchener Secessionisten 379, Aus- 
stellung der von der großen Ausstellung Zurückgewiesenen 
440. 458. Kunstgewerbemuseum: 25 j. Jubiläum 92. 105, Aus- 
stellung der für Chicago bestimmten Gegenstände 243, Aus- 
stellung der Arbeiten von Walter Crane 471,' Ausstellung 
von Wohnungseinrichtungen 42, Aus Berliner Kunstaus- 
stellungen 163. 258. 314, 378. Amsler u. Ruthard : Ausstel- 
lung Karlsruher Künstler 73. Ausstellung zu Ehren des 
Marine- und Landschaftsmalers Prof. H.Esdike 410. Kunst- 
salon von Fritz Gurlitt: Possart- Ausstellung 72. Ausstellung 
von Gemälden des schwedischen Malers B. A. Liljefors 342. 
Ausstellung eines Bildes von W. Scheresschewski im Kunst- 
verein 441. Schulte's Kunstausstellung 42. — Bonn: Eröff- 
nung des neuen Provinzialmuseums rneinischer Altertümer 
504. — Breslau, Ausstellung des Schlesischen Kunst Vereins 
26. Vermächtnis fdr das schlesische Museum der bildenden 
Künste 313. — Chicago, Zur Beteiligung Deutschlands an der 
Weltausstellung 259. Malereien für das Gebäude des „deut- 
schen Weinbau Vereins" 243. — Christiania, Landeskunst- 
ausstellang 26. — Banxig, Ausstellung des Kunstvereins 
105. „Sturm im Golfstrom" von R. Eschke fclr das Museum 
angekauft 377. — Dresden, Atjuarellausstellung 10. Aus- 
stellung von Mal werken sächsischer Künstlerinnen Z 24, 
Ausstellung des Sächsischen Kunstvereins 146. Ausstellung 
von Schülerarbeiten der Kunstschule 59. Erwerbung von 
F. Y. Uhde's Heiliger Nacht fQr die kgl. Gemäldegalerie 146. 
Ankauf von H. Thoma: Der Hüter des Thaies &: die kgl. 
Gemäldegalerie 393. Ankäufe fiir die königliche Gemälde- 
galerie 422. 490. Vermächtnis von R. F. Nossky an die 
Gemäldegalerie 532. — Düsseldorf, Ausstellung in der Kunst^ 
halle 332. 410. 424. Ausstellung des Kunstvereins für Rhein- 
land u. Westfalen 492. Ausstellung bei Ed. Schulte 313. 
377. 457. 492. 532. Beteiligung der „freien Vereinigung** 
an der Berliner Kunstausstellung 331. Erwerbungen der 
Städtischen Gemäldegalerie 379. Ed, Kämpfer: Scenen aus 
dem Leben Luther's in Erfurt 425. — Fitime, Gemälde- 
ausstellung 342. — Oent, Internationale Kunstausstellung 
26. — Halle a/S,, Jahresbericht des Städtischen Museums 
241. — Hamburg, Ausstellung im Kunstverein 493. — Hati- 
nover, Jubiläumsausstellung des Künstler Vereins 59. Inter- 
nationale Aquarellausstellung im Kunstsalon L. Schulze 332. 
— Kairo, Der Zustand des Gizeh-Museums 343. — Königs- 
berg i. P., Wanderausstellungen 92. Erwerbung eines Bis- 
marckbildnisses von Lenba^h 422. — Konstantinopel, Samm- 
lung des Herrn v. Radowitz 10. — Konstanx, Kunstaus- 
stellung der Bodenseestädte 10. ~ London, Begründung 
einer neuen Britischen National Gallery 128. Erwerbungen 
der National Gallery 441. Dante Ausstellung 394. LucaSigno- 


relli-Ausstellüng 442. Teppich-Ausstellung im South Ken- 
sington Museum 531. — Lübeck, Eröffnung des neuen 
Museums 423. — München, Ankäufe auf der internationalen 
Ausstellung 1892 Z 7L Kartenerlös der internationalen 
Ausstellung 1892 Z 72. Jahresausstellung 1893 im k. Glas- 
. palaste 313. 474. 493, Die Jury 442, Kollektivausstellungen 
441 . Ausstellung der Sezessionisten 313. 422. 459. 474. 504. 556. 
Ausstellung für Maltechnik 331. 531. Herkomer- Ausstellung 
Z 24, — Nordhausen, Kunstvereine links der Elbe 10. — 
Nürnberg, Das Germanische Museum 242. 556. —Paris, Meis- 
sonier-Aus8tellung213. 242. 313. Schenkung für das Museum 
Carnavalet 26. Ausstellung im Museum Guimet 10. Por- 
trätausstellung 442. — Plauen i. V,, Schenkung des „Sal- 
vator"- Museums 146. — Posen, Ausstellung des Knnst- 
vereins 344. — Prag, Jahresausstellung im Rudolfinum 277. 
— Rom, Ständige Ausstellung des Deutschen Künstler Vereins 
193. Begründung eines Museums von Gipsabgüssen 471. — 
Soüa, Ausstellung von Gemälden von D. Dobrovics im 
Sobranjegebäude 530. — Vieh, Museum 258. — Weimar, 
Kunstausstellung 59. — Wien, Bilderbestand der Kaiser- 
lichen Gemäldegalerie 377. Stiftungsfest der Akademie der 
bildenden Künste 26. XXII. Jahresausstellung im Künstler- 
hause 343. Ausstellung des Aquarellistenklubs 423. Aus- 
stellung des Nachlasses Emil Jacob Schindler's 91. Die 
archäologische Ausstellung 533. — Winterthur, Gemälde- 
ausstellung aus Privatbesitz 26. — Würxburg, Fränkische 
Ausstellung von Altertümern in Kunst und Kunstge- 
werbe 504. 

Vereine und Gesellsohaffceiu 

Berlin i Archäologische Gesellschaft 75. 148. Architekten- 
verein 243. Kunstgeschichtliche Gesellschaft 75. 129. 228. 
259. 297. 426. 475. Der neue Deutsche Kunstverein 128. 
164. 297. 379. 505. Verein Berliner Künstler: Die Vorstands- 
wahl und die Ausstellungsfrage Z 96, Verwendung der 
Ergebnisse der Jubiläumsausstellung 1891 243, Munch-Aus- 
stellung 73. 92. 148. 195. 364, Streitigkeiten 493. 505. — 
Dresden, Der sächsische Kunstverein 535. — Düsseldorf, 
Der Kunstverein für Rheinland und Westfalen 379. — Eise- 
nach, Delegirtenversammlung der deutschen Kunstgenossen- 
schaft 394. — Karlsruhe, Generalversammlung des Kunst- 
vereins 460. — Linx, Der oberösterreichische Kuustverein 
344. — München, Der Streit in der Künstlerschaft 76. 129. 
148. 165. 195. Verein der bildenden Künstler Münchens 
(Sezessionisten) 296. Verein für Originalradirung 244. — 
Nürnberg, Albrecht Dürer- Verein 59. — Rom, Deutsches 
Archäologisches Institut 181. 213. 260. — St. Louis, Kunst- 
verein 297. — Weimar, Verbandstag der Vereine für deut- 
sches Kunstgewerbe. 443. — Wien, Verhandlungen der 
archäologischen Sektion der 42. Versammlung deutscher 
Philologen und Schulmänner 460. 

Aasgrabnngeii und Fände. 

Bukarest, Ausgrabung einer römischen Säule 27. — Delphi, 
Ausgrabungen der Franzosen 426. 443. — Griechenland, 
Archäologische Entdeckungen 394. — Hissarlik, Dörpfeld's 
Ausgrabungen 536. 556. — Korinth, Ausgrabungen ISl. — 
Optcyck, Auffindung von vier Gemälden von Casper de Crayer 
443. — Rom, Ausübungen 332. — Sendschirli, Ausgra- 
bungen 380. — Trier, Neue Ausgrabungen 506. — Verona, 
Malereien von Giotto im Präfekturpalast 11. 

Kmisthistorisches. 

Amsterdam, Rembrandt^s Deckenbild im Rathaus 30. — Dres- 
den, Kunstgeschichtliche Findlinge aus dem Kgl. Sächsi- 
schen Hauptstaatsarchive. Von Th, Distel Z 70, Z 95, Fort- 
führung des Verzeichnisses der Kunst- und Baudenkmäler 
Sachsens 506. — Echtemach, Herkulesstatue im Abtei- 
gebäude 77. — Vöge, Eine deutsche Malerschule um die 
Wende des zehnten Jahrhunderts 31. — Villers, Cister- 
zienserabtei in Brabant 28. 148. -^ Wien, Zur Erläuterung 
des großen Galeriebildes von Teniers 536. 

Vermisolite Naehriehteii. 

Antiquitäten inApulien 540. — Baden-Baden, Durm*s Kaiserin 
Augusta-Bad 501. Ausschmückung der Schalterhalle im 
Postgebände 508. — Basel, Böcklin's Gemälde „Gott Vater 
zeigt dem Adam das Paradies** 476. — Berlin, „Theater 


VI 


InhaltsverzeioliniB. 


unier den Linden" von Fellner und Helmer 11. Neues 
Theater 107. Zur Baugeschichte des Berliner Schlosses 165. 
Yersammlungshaus der Abgeordneten des Kreises Teltow 
in Berlin 165. Jahresbericht der Kunstakademie 195. Der 
neue Vorhang des Opernhauses. Von Pi-of. A. v. Hey den 
244. Innere Ausschmückung des Rathauses 299. 462. 476. 
Erwerb eines Dürer in London für das Museum 412. 
Kunstpflege des Magistrats 429. Hans Bohrdt: Kurbranden- 
burgs erste Seeschlacht (1676) 462. C. Locher: Marine 
vom Kaiser angekauft 477. A. v. Werner: Eröffnung des 
Reichstags durcn Kaiser Wilhelm II. 494. H. Vogel* Bildnis 
von Bürgermeister Petersen in Hamburg 494. — Bern, 
Schweizer Parlamentsgebäude 444, — Breslau^ Die Bilder 
des Norwegers Munch 427. — Brunn, Vakante Direktor- 
stelle des Mährischen Gewerbemuseums 333. — Dresden, 
St. Petrikirche in der Neustadt KX). Stiftung zur Hebung 
der Freskomalerei 318. Monumentalbrunnen von R. Diez 
für den Albertplatz 412. Tiedge-Stiftung 444. Spaltung 
in der Künstlerschaft 538. — Fislehen, Luther's Sterbehaus 
77. Luther's Sterbezimmer 557. — Elberfeld, Ausschmückung 
des Rathauses 557. — Frankfurt a. 3/., Restauration der St. 
Paulus Pfarrkirche 29. 60. J. Hoffmann : Partie bei Rohrbrunn 
im Spessart und Motiv an der Nidda bei Praunheim 364. — 
Freiburg i. Br„ Neubau der Herz- Jesu-Kirche 29. Erneue- 
rung der Pyramide des Münsters 316. — Görlitz, Enthül- 
lung des Kaiser Wilhelms- Denkmals 42S. — Hanau, Die 
Königliche Zeichenakademie 445. — Eornburg v. d, i7., 
Ankauf eines Bildes von Corrodi durch Kaiser Wilhelm II. 
46. — Karlsruhe, Aus dem Karlsruher Kunstleben 345. 
Monumentale Malerei 346. Bildnis des Deutschen Kaisers 
von Ferd. Keller .3(54. Büste der fKaiserin Augusta von 
Prof. Moest 364. Über Wilhelm Lübke's letzte Lebensjahre 
380. Von der Akademie der bildenden Künste 396. Er- 
weiterungsbau der Kunsthalle 476. Weltring's Büste von 
Anselm Feuer bach 506. — Ijcipiig, Bildnis König Albert's 
von Sachsen von Fr. v. Lenbach Z 24, — London, L^at 
der National Gallery 29. Erwerbung eines Bildes von Jan 
van der Meer von Delft für die National Gallery 245. — 
Mailand, Katalog der Brera- Galerie von Prof. &. Carotti 
Z 24, Interessante Entdeckung in Betreff von L. da Vinci's 
Abendmahl 196. — Marburg, Ausschmückung der Aula der 
Universität 506. — Meißen, Herstellung der Kreuzgänge des 
Franziskaner-Klosters 107. — MüncJien, Vortrag von Dr. Scott 
über die Chicagoer Weltausstellung Z 24. Grundstein- 
legung des Künstlerhauses 506. Archäologische Studien in 
Nordamerika 149. — Nymwegen, Der Rundbau auf dem 
Valkenhofe 214. — Osnabrück, Der sogenannte Kaiser- 
becher 60. — Paris, Ankauf einer Fälschung durch die 
Verwaltung des Louvre Z 24. — Rom, Zur Baugeschichte 
des Pantheon 182. Über die Lage der deutschen Künstler- 
schafb 229. Eine neue Erklärung der RaffaeVschen Fresken 
in der Stanza della Segnatura im Vatikan 277. Gericht- 
liches Urteil über die Entführung der Galerie Sciarra 345. 

— Sahburg, Demolirung des Linzer Thores 446. 476. 539. — 
Silchester, Ausgrabungen einer altrömischen Stadt 261. — 
Troja, Fortsetzung der Ausgrabungen 278. — Venedig, Re- 
stauration des heiligen Theodor 344. Der Markuslöwe 42S. 44.'). 

— FT't>«, Leitung des kunsthistorischen Hofmuseums 28. Jubi- 
läum der kais. Akademie der Künste 60. 132. Ein Kinderfest 
im Künstlerhause 197. Aufstellung der zwei Gruppen von 
Pferdebändigern von Th, Friedl vor den Hofmuseen 245. 
Der 200. Geburtstag Georg Raphael Donner's 476. — Wies- 
baden, Ausschmüc^ng des Rathauses 539. — Böcklin, Su- 
sanne im Bade 344. Neues Selbstporträt 538. — Über- 
einen vergessenen Amsterdamer Genremaler aus der Rem- 
brandtzeii Pieier van den Bosch 260. — Ein neues Bild von 
Defregger aus dem Tiroler Aufstande 1809 344. — Medaille 
auf August v, Essenirein 345. — Fd, v. Qehhardt, Die Berg- 
predigt 299. — Zum Gesandtenbilde Holhcin^s 45. 108. — 
Ein Gemälde von Wolf Iluber 46. — A, Kampf, Ansprache 
Friedrich's des Großen an seine Generale in Koben 300. — 
Versuche zur Belebung des technischen Verfahrens der grie- 
chischen und römischen Bildhauer durch H. Kokolsky 333. 

— Bild Kaiser Friedrich's III. Ar den Rathaussaal in Berlin. 
Von Kcinke 296. — Auffindung von Zeichnungen von 
Lukas von Leiden 196. — Lenbach, Fr. v.. Ein neues Bildnis 
des Fürsten Bismarck 381. — Majr, G., Trauernde Ham- 
monia 59. 107. 149. — Alexander Dumas über Meissonier 


316. — Ä, MenxeVs neues Gouachebild für die Weltaus- 
stellung in Chicago 346. — Millet, F,, Die Schäferin Z 96, 

— Entdeckung eines echten P. Pourbus in Brügge 347. 

— Baffael, Originalkartons der Arazzi 28. — Rembrandi, 
„Die Predigt Johannis des Täufers" 77. — G, Rochegrosse, 
„Das Ende Babylons" 92. -- Schi?idler's „Pax" für das 
Wiener Hofmuseum angekauft 133. — Stöwer, Die Yacht 
Hohenzollern im Geschwader vom Kaiser angekauft 427. 
Tliorwaldsen, Reiterstatue von Poniatowski 299. Thor- 
traldsen's falsches Vorbild zum Reuchlin in der Walhalla 
477. — F. V. Uhde, Christus unter den Arbeitern 346. — 
Bilder über 1812 von Wereschtscfuxgin 316. — Fabriken 
zur FSlschung von Gemälden 107. — „Kunst und Technik 
der Radirung". Von B. Mannfeld 130. — Die Kunst und 
die Sozialdemokratie Z 144. — Zur Reform der Maltechnik 
3(X). — Geschenk des Kaisers von Österreich an den Papst 
.S(X). — Zum Triumphzug Maximilian's I. 347. — Kaiser 
Wilhelm 11. über moderne und alte Kunst 394. — Ein 
Unikum künstlerischer Illustration 428. — Der neue würt- 
tembergische Kunstetat 445. — Die Renten- und Pensions- 
anstalt für deutsche Künstler 507. 557. — Einstige Preise 
für Kunstwerke 557. 

Tom Knnstmarkt« 

A. 

Amsterdam, Kunstauktion bei Fr. Müller 397. — Berlin, 
Kupferstichauktion bei Amsler u. Ruthardt 182. 412. Kunst- 
auktion Upke 13. 29. 61. 77. 214. 230. 245. 334. 382. 430. 

— Dresdeti, Kunstauktion bei v. Zahn u. Jänsch 301. Kunst- 
lagerkatalog von Fr. Meyer 150 Z 120. — Frankfurt ajM., 

' Kunstauktion Bangel Z 24. 61. 108. 230. 301. 334. ;348. 446. 
558. Auktion von i.A. C.Prestel 462. — Hamburg, Auktion 
der Kunstschätze des gesti-andeten Dampfers Eider 77. 
Versteigerung der Sammlung Schuldt durch J. M. Heberle, 
Köln 365. — Köln, Kunstauktion J. M. Heberle (H. Lem- 
pertz Söhne) 61. 109. 301. 413. 430. — I^eimig, Kunst- 
auktion bei Bömer 94. 430. Hiersemann's Kataloge Nr. 
108, 109, 110, 112, 115: 29. 198. 214. 397. 446. Lager- 
katalog Nr. 106 von A. Twietmeyer 413. — Lofidon, Auk- 
tion in London, Gemäldesammlung von Mr. Bingham Mild- 
may 508. Schluss der Auktionen 541. — München, Rosen- 
thaVs Kataloge Nr. 85, 90: 29. 166. — Nürnbei-g, Verkauf 
von Essenwein*s Bibliothek 245. — Stuttgart. Kupferstich- 
auktion von H. G. Gutekunst 333. — Wien, Versteigerung 
von Leopold Müller's Nachlass bei Mietke 245. Verstei- 

ferung des Nachlasses von E. J. Schindler 110. Auktion 
ei C. J. Wawra 301. 

B. 

Berlin, Bilderpreise der Sammlung von H. J. Degens van 
Kervendonk, versteigert durch R. Lepke 366. — Hamburg, 
Ergebnisse der Versteigerung der Schuldt'schen Sammlung 
398. — Londm, Bilderpreise 413. 429. 462. 477. Z 30(). — 
Paris, Bilderpreise 166. 366. 429. — Paris, Die fünf ersten 
Tage der Auktion Spitzer 381. Preise der Sammlung 
Spitzer 413. 429. 446. 462. Gesamterträgnis der Vente Spitzer 
4y7. Über den Verbleib der Spitzer'schen Sammlung 494. 

— Wien, Ergebnis der Versteigerung des Nachlasses von 
E. J. Schindler 149. Erträgnis der Versteigerung von 
L. Müller's Nachlass 301. 

Beriolitigiingen« 

Druckfehlerberichtigung 29. 46. 61. 198. 414. 

Zu den Tafeln. 

Ijmkota, Vor dem Forum der Vernunft. Originalradirun g 
Z 24. 72. — C. Stöving, Bildnis des Architekten C. v. Groß- 
heim. Photogiavüre von Meisenbach, Riffarth u. Co. Z 96. 

— Th. Rousseau, Herbfitlandschafb. Heliogravüre von Fr. 
Hanfstaengl Z 16S. — A". Olgyay'Matirko, Winter am See. 
Originalradirung Z 169. — rrol. Ilagen, Am Niederrhein. 
Originalradirung Z 192. — Marmorpalais (Aus dem Pracht- 
werk: „Potsdam, ein deutscher Fürstensitz. Verlag von 
Amsler u. Ruthardt in Berlin) Z 216. 


KUNSTC 



^(^/i ^^. ^Xl' 


ONIK 


WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE. 

» 

Ankundigungsblatt des Verbandes der deutschen Kunstgewerbevereine. 


HERAUSGEBER: 

CARL VON LÜTZOW und DR. 

WIEN 

Ueagasse 58. 


A. ROSENBERG 


BERLIN SW. 
Teltowentrasse 17. 


Verlag von E. A. SEEMANN in LEIPZIG, Gartenstr. 15. Berlin: W. H. KÜHL, Jägerstr. 73. 


Neue Folge. IV. Jahi^ang. 


v!> 1892/93. 


Nr. 1. 13. Oktober. 


Die Knnstchroiiik enobeint alB Beiblatt snr «Zeitscbrift für bildende Kirnet* und Enin „Knnstgewerbeblatt** monatlicb dreimal, in den 
Sommermonaten Jnll bis September mobatlich einmal. Der Jabrgang kostet 8 Hark nnd umfasst S8 Kammern. Die Abonnenten der „Zeit- 
sohrift fiLr bildende Knnst" erbalten die Knnstobronik gratis. — Inserate, k 80 Pf. für die dreispaltige Petitseile, nehmen anßer der Yer- 
lagshandlong die Annoncenexpeditionen von Haaseüstein k Yogier, Rad. Messe a. s. w. an. • 


MÜNCHENER EINDRÜCKE. 

Ohne den Meteorologen spielen zu wollen, darf 
man getrost behaupten, dass unter der allgemeinen 
Depression, welche auf unserem Ausstellungswesen 
lastet, auch der Münchener „Salon" bereits zu leiden 
beginnt. Er ist nicht mehr, was er vor vier Jahren 
war, ein Rendezvous der internationalen Kunst. Nur 
wenige Schulen sind dieses Mal in geschlossener 
Phalanx vertreten. Das Ganze wird mehr und mehr 
zu einem bunten Gemisch interessanter Zufälligkeiten. 

Bekanntlich ist in der Münchener Künstlerschafk 
ein heftiger Meinungskampf über die Aufgabe der 
jährlichen Ausstellungen entbrannt Es handelt sich 
dabei im wesentlichen um die Frage, ob man dem 
Nationalen oder dem Internationalen den Vortritt 
geben solL Wir glauben und hoffen, dass dem 
ersteren der Sieg bleiben wird. Denn ohne feste Wur- 
zeln iin heimischen Boden kennen wir keine Blüte der 
Kunst und keinerlei Segen in unserem Ausstellungs- 
wesen. Wenn Frankreich eine Ausstellung veran- 
staltet, heiße sie nun „Salon*' oder „Exposition uni- 
verselle'* oder wie immer: den Hauptnachdruck legt 
es allemal auf die Glorifikation der heimischen Kunst. 
Je mehr Gäste geladen werden, der Wirt setzt stets 
seinen höchsten Stolz darein, durch das Fest, das er 
giebt, den Glanz seines Hauses zu steigern, der Welt 
seine Stärke zu zeigen. Bei uns läuft die Sache nur 
zu häufig auf das Gegenteil hinaus. Wir sind immer 
geneigt, das Fremde als das Bessere anzupreisen und 
nachzuahmen. Kein Zweifel, wenn die deutsche Kunst 
in den letzten Jahren an ihrer nationalen Eigenart 
manches eingebüßt hat, so sind die rasch sich wieder- 
holenden internationalen Ausstellungen die mitl)e- 
stimmenden Ursachen davon. 


Die einzige Schule, die sich von der modernen 
internationalen Strömung fast gänzlich unberührt 
zeigt, ist die österreichische oder vielmehr die Wiener 
Schule. Sie entbehrt vielleicht dadurch jenes prickeln- 
den Reizes der übrigen Abteilungen und wird von den 
Extremen der jüngsten Richtung über die Achsel 
angesehen. Aber dem ruhigen Beobachter gewährt 
sie den Anblick fröhlicher Gesundheit und einer trotz 
aller Harmonie im ganzen doch sehr bemerkbaren 
Mannigfaltigkeit der Talente und Bestrebungen. Die 
Palme gebührt den Landschaftern und vor allen dem 
so jäh dahingerafften Jakob Emil Schindler, der sein 
reiches Können hier noch einmal im vollen Glanz 
entfaltet hat. 

An der Münchener Schule ist ein erfreuliches 
Emporblühen der Plastik rühmend hervorzuheben. 
Ein so stattliches Reiterdenkmal ist in Deutschland 
lange nicht entstanden, wie die för Landshut in der 
Pfalz bestimmte Reiterstatue des Prinzregenten 
Luitpold von W. v. Eiiniann, Würdevoll und schön 
bewegt, von gelungener Porträtähnlichkeit, erhält 
die Figur durch die geschmackvoll behandelte Hu- 
bertusordenstracht einen historischen Charakter, der 
sie über die prosaische Wirklichkeit erhebt, ohne ihre 
Wahrheit zu beeinträchtigen. In RQmann ist der 
Münchener Schule ein Meister des plastischen Bildnis- 
faches erstanden, der die durch Wagmüllers Tod ge- 
rissene Lücke auszufüllen verspricht. 

Dass die Münchener Malerei ihre Position rühm- 
lich behauptet, braucht kaum besonders betont und 
hier nicht im einzelnen weiter ausgeführt zu werden; 
dennvrir wollen dem Spezialberichterstatter nicht vor- 
greifen. Wo Kräfte wie Lenhach, Mair, TJhde, Zü- 
gel u. s. w. zusammenwirken, da kann es an fesselnden 


3 


MüncbeTier Eindrücke. 


und imponirenden Leistungen nicht fehlen. In Len- 
bachs diesjährigem Bismarck liegt die ganze Tragik 
eingeschlossen, die mit dem Schicksal dieser weltge- 
schichtlichen Persönlichkeit über die Nation herein- 
gebrochen ist. Gedanken- und sorgenschwer späht 
er in die Feme ! . . . Uhdes „Verkündigung an die 
Hirten" ist an durchleuchteter Geistigkeit mit das 
Schönste, was er uns je geboten. Nur die Hirten de- 
freggem da und dort leicht störend realistisch.' — 
Solche Helllichtmalferei wie in Marrs „Sommernach- 
mittag" lassen wir uns gern gefallen. Denn das Licht 
der Sonne spielt um diese in der Sommerlaube ver- 
sammelten Mädchen und Kinder so freundlich und 
mild, so lauschig und erwärmend, dass es uns ganz 
wohlig zu Mute wird, und das ist ja doch immer 
der höchste Triumph der Kunst, nenne sie sich, wie 
sie wolle. — Auch Zügel übt mit seiner großen 
Leinwand „Schwere Arbeit" eine solche elementare 
Wirkung auf den Beschauer. Die schwere Arbeit 
verrichten zwei mächtige Rinder vor dem Pfluge, den 
der im Hintei^runde sichtbare Bauer uns entgegen 
lenkt Das tief gefurchte dampfende Ackerfeld steigt 
wellig an, so dass wir über das Erdenrund in den 
lichten Horizont zu blicken meinen. Das erhebt die 
Situation über das Genremäßige, giebt dem Bilde 
etwas urtümliches, Typisches. Es ist, wie wenn wir 
ein Stück Kulturgeschichte in dieser schweren Ar- 
beit vor uns sähen. 

Und was machen denn unsere lieben Freunde, 
die Franzosen? Sie experimentiren natürlich, wie 
die übrigen. Aber sie gehen darin nicht auf! Das 
vielbesprochene Riesenbild von Bochegrosse kann 
uns wieder einmal zeigen, wieviel gesunde Kraft und 
Tüchtigkeit in der Pariser Schule steckt. Auch im 
Debauchiren bis zum Unglaublichsten erregt sie noch 
unsere Bewunderung. Der „Fall Babylons' bot dem 
Künstler die erwünschteste Gelegenheit dar, alle 
Lüste dieser Welt zu einem großen Opemschluss zu 
vereinigen. Es ist der Ausklang der letzten Orgie, 
der eben verhallt, während im Hintergrunde schon die 
Rächerscbaren des Kyros hereinstünnen. Die Baals- 
priester liegen mit ihren Schönen auf kostbaren 
Teppichen unter Bergen von Früchten und umge- 
stürzten Bechern herum, wie die fetten Schinken und 
Hummer auf einem Stillleben von Snyders. Leuch- 
tendes Fleisch wetteifert mit dem Glänze der Edel- 
steine und Perlen, der Brokatstoffe und Goldpokale. 
Diese Körperlichkeit, diese Stofflichkeit ist die eigent- 
liche Domäne der Kunst des Meisters. Der historische 
Moment dient ihm nur als Vehikel. Auch der 
archäologische Apparat ist bloße Nebensache, und 


das ist noch ein Glück. Denn es giebt keine grö- 
ßere Feindin der wahren Kunst als die vordringliche 
Archäologie. 

Wer sich von den gewaltigen Lnpressionen 
solcher Bilder erholen will, dem hat Lenbach ein 
reizvolles Refugium hergestellt in den beiden ge- 
schmackvolleingerichteten kleinen Räumen, in welchen 
er eine Sammlung von Werken alter Meister aus dem 
Privatbesitz mit wertvollen Vasen, Möbeln, Skulp- 
turwerken zu einem schönen Ensemble vereinigte. 
Eine Anzahl dieser Kostbarkeiten stammt aus dem 
Besitz Ihrer Majestät der Kaiserin Friedrich, die 
übrigen gehören bekannten Berliner, Leipziger, Mün- 
chener, Hamburger und Wiener Kunstfreunden. 
Es nahm uns Wunder, diese reiche und zu präch- 
tiger Wirkung gebrachte Sonderausstellung alter 
Meisterwerke sowohl beim Publikum als auch von 
Seiten der Münchener Presse so wenig beachtet zu 
finden. Vornehmlich die großen Holländer des sieb- 
zehnten Jahrhunderts, die Landschafter und Still- 
lebenmaler in erster Linie, sind .darin durch Ka- 
pitalstücke vertreten und auch die italienische und 
spanische Malerei steuerten mehrere sehr beachtens- 
werte Werke bei. Jan Fyt, Brouwer, Snyders, Hon- 
decoeter. Frans Hals, Jakob und Salomon Ruisdael, 
Claas Heda, Rubens, Tizian, Martinez del Maso 
mögen hier genannt sein, ohne dass damit die Aus- 
wahl der Besten erschöpft wäre. Unter den Skulp- 
turen stach uns vor allem ein Marmortorso griechi- 
schen Meißels in die Augen, jedenfalls ein Werk 
von hochedler Abstammung, wenn auch nicht ge- 
rade „aus der Zeit des Phidias'S wie der Katalog 
meint. 

Die Villa LenbaeJis, unsern Lesern aus einer 
früheren Beschreibung bekannt, hat ihre geschichtliche 
Weihe empfangen durch den Besuch Bismarcks, der 
bekanntlich während der denkwürdigen Münchener 
Tage hier sein Absteigequartier nahm. Der rück- 
wärtige, getrennt stehende Bau wurde von Lenbach 
f&r den hohen Gast prächtig eingerichtet und bei 
diesem Anlass eingeweiht. Man glaubt durch die 
kunstreich geschmückten Räume eines römischen 
Palastes der Hochrenaissance zu schreiten, wenn man 
diese mit edlem Geschmack ausgestatteten Säle und 
Gemächer betritt, in denen der größte deutsche Mann 
der Gegenwart bei dem geistvollsten Bildnismaler 
unserer Tage weilte. Wahrlich, es steht nicht 
schlecht um den Wert und das Ansehen der deut- 
schen Kunst, wenn ihr solch eine Gastfreundschaft 
zu üben möglich ward! Und liegt nicht darin auch 
ein neuer Beweis für die hohe politische Mission 


Die dritte internationale AquarellauBetellung in Dresden. 


6 


der Kunst,- dass sie mächtig dazu beitragen half, 
Nord und Süd aneinander zu ketten zu unlöslichem 
Bunde? 

Wir sind dadurch mit unseren Eindrücken aus 
dem Banne der Ausstellungen in die Öffentlichkeit 
hinausgetreten und gestatten uns schließlich auch 
noch ein Wort über die öffentliche Kunst, die Mün- 
chener Arekiteldur. Sie hat eine Fülle kleiner Auf- 
gaben zu lösen in der Herstellung der zahllosen 
Villen und Wohnhäuser, welche, das weite Netz der 
Gartenstraßen einsäumen, von denen die Stadt in 
ihrem ganzen Umkreise begrenzt wird. Man sieht 
da viel Hübsches, Wohnliches, aber auch manches 
Plumpe und Bizarre, in missverstandener deutscher 
Renaissance und modernem Rokoko. Der einzige 
Bau von grandioser Anlage, den die Gegenwart her- 
vorzubringen verspricht, scheint der neue Justizpalast 
von Thiersch zu werden, dessen Rusticaquadermassen 
sich eben an Stelle des alten Kadettenhauses längs 
des botanischen Gartens zu erheben beginnen. Möge 
der schlichte, große Sinn Leo v. Klenzes, des ein- 
zigen älteren Münchener Architekten von wahrhaft 
monumentalem Zuschnitt, über der Vollendung des 
Baues walten, damit nicht das beliebte kleinliche 
Detail auch hier die Wirkung beeinträchtige, wie 
das leider in der Architektur der Gegenwart so häufig 
der Fall ist! C. v. L. 


DIE DRITTE INTERNATIONALE 

AQUARELLAUSSTELLUNG IN DRESDEN. 

• 

Es ist das Verdienst der Dresdener Kunstgenos- 
senschaft, durch die von ihr ins Leben gerufenen 
internationalen Ausstellungen von Aquarellen, Pa- 
stellen, Handzeichnungen und Radirungen, deren 
dritte am 10. August eröffnet wurde, den Beweis 
erbracht zu haben, dass auch diese Zweige der Kunst- 
übung, die bis jetzt meist nur als Anhängsel zu den 
großen Ausstellungen von Ölgemälden erschienen, 
künstlerischen Wert genug besitzen, um Kenner 
wie Laien flir sich allein anzuziehen, Selbstver- 
ständlich drängte sich dem Besucher diese Über- 
zeugung am stärksten auf, als im Jahre 1887 zum 
erstenmal dieser Versuch .mit glänzendem Erfolg ge- 
macht wurde. Die Teilnahme des Publikums war 
überaus lebendig und schien zu den besten Erwar- 
tungen für die Möglichkeit einer regelmäßigen 
Wiederholung des Unternehmens zu berechtigen. 
Leider zeigte jedoch das allgemeine Interesse schon 
bei der zweiten Ausstellung vor zwei Jahren eine 
Verminderung, und gegenwärtig ist der Anteil und 


die Kauflust des Publikums so gering, dass man sich 
vergeblich nach genügenden Erklärungsgründen um- 
sieht, um diese Teilnahmslosigkeit zu verstehen. An 
der Ausstellung selbst kann es nicht li^en, wenn 
sie mangelhaft besucht bleibt, denn sie enthält eine 
lange Reihe vorzüglicher Werke und kann den Ver- 
gleich mit ihren Vorgängerinnen in dieser Hinsicht 
wohl vertragen. Allerdings sind diese vorzüglichen 
Werke meist Landschaften oder Porträts; erfahrungs- 
gemäß aber sind es ja die Genrebilder mit leicht 
verständlichen Stoffen, welche* die Menge anziehen, 
und diese fehlen in der That auf der diesjährigen 
Ausstellung in auffallender Weise. Unter den wenigen 
Ausnahmen verdient das große Bild von Robert 
Sterl: „In der Dorfapotheke" hervorgehoben zu 
werden, weil es nicht nur in technischer Hinsicht ' 
sehr gelungen erscheint, sondern auch in den Ge- 
sichtszügen der einzigen bßiden Personen, die es ent- 
hält, einem Apotheker mit weißem Haar und einer 
alten, von ihm Medizin erhaltenden Frau aus den nie- 
deren Ständen, einen ganz eigenartigen, an das spezi- 
fisch sächsische, kleinbürgerliche Wesen erinnernden 
Lokalcharakter besitzt und gerade, dadurch ähnlich 
anmutend wie Ludwig Richters Zeichnungen wirkt 
An Ludwig Richters Vorbild gemahnen auch die 
beiden kleinen Aquarellblätter von Wilhelm Clauditis. 
Das eine eröffnet uns den Blick in einen- Pfarrgarten, 
wo dessen Besitzer, ein Pastor im Käppchen, an 
einem heiteren Frühlingstag sich in die Zeitung ver- 
tieft hat, das andere, Maimorgen betitelt, zeigt uns 
zwei Kinder, die auf einer im frischesten Grün .pran- 
genden Wiese Blumen pflücken. An beiden Bildern 
ist namentlich der landschaftliche Teil gut gelungen, 
während das sonst von Claudius bevorzugte ^ürliche 
Element zurücktritt. Auch sonst fehlt es nicht an 
Beispielen dafür, dass unter den jüngeren Dresdener 
Malern das Studiuiti der Landschaft im erfreulichen 
Fortschritt begriffen ist. Wir denken vor allen an 
Oearg Gustav Estlery der mehrere kleine, aber stim- 
mungsvoll angelegte Proben seiner Landschaftstudien 
ausgestellt hat, und an die von einer großartigen 
Naturauffassung zeugenden Kohlekartons Hermann 
Qattikers und Hans Taegers. Als Porträtmaler ent- 
wickelt sich Franx Siebert mit jeder neuen Leistung 
immer verheißungsvoller. Sein in Pastell ausgefbhr- 
tetf Selbstporträt ist nicht nur sehr ähnlich, sondern 
überhaupt in jeder Beziehung trefflich durchgeftlhrt. 
In noch höherem Maße gebührt Carl N. Bantxers 
„Witwe^ dieses Lob, ja man kann behaupten, dass 
sich dieser Studienkopf des Dresdener Künstlers neben 
dem Damenporträt Dagnan-Bouverets unbedenklich 


Die dritte internationale Aqaarellausstellung in Dresden. — Nekrologe. 


8 


sehen lassen kann. Umsomehr müssen wir bedauern, 
dass sich Julitis SchoUz mit seinem „Morgengruß", der 
einer noch sehr jugendlichen Schonen von einem 
Verehrer im Gestalt eines Blumenstraußes und eines 
Briefchens am Morgen, da sie noch im Bett liegt, 
überschickt worden ist, offenbar an einen Stoff 
gewagt hat, der außerhalb seiner Begabung liegt. 
So geschickt die weißen Federkissen, auf denen das 
Haupt der Schonen ruht, gemacht sind, so ausdrucks- 
los ist ihr Gesicht und so gezwungen die Haltung 
ihrer über der Brust gekreuzten Hände. Wie ganz 
anders verstehen die Franzosen derartige Scenen 
wiederzugeben, die, wenn sie so schüchtern, wie das 
Scholtz gethan hat, behandelt werden, nach keiner 
Richtung hin befriedigen können. Außer Scholtz 
hat. sich von den älteren, namhaften Dresdener Künst- 
lern nur noch Oehme mit einem figürlichen und fünf 
landschaftlichen Aquarellen beteiligt, die seine be- 
währte Tüchtigkeit von neuem erkennen lassen. 

Die Zahl der von München nach Dresden 
geschickten Bilder ist weder groß, noch ihre 
Qualität im allgemeinen hervorragend. Am be- 
deutendsten haben ohne Zweifel LHll und Bartels 
ausgestellt. Wenn erstierer namentlich als Schilderer 
des Venezianischen Fischer- und Schifferlebens bril- 
lirt, so erscheint die Technik des anderen in der 
Wiedergabe des wildbewegten, nordischen Meeres 
geradezu staunenswert. Sie besiegt scheinbar spie- 
lend alle Schwierigkeiten und wetteifert mit dem 
ölbilde so sehr, dass der eigentliche Aquarellcharak- 
ter darüber ganz verloren geht. Dill und Bartels 
imponiren beide durch Kraft und Kühnheit, dagegen 
entzückt uns Erich Kubiersckky durch seine Poesie, 
die auch aus seinen diesjährigen mitteldeutschen 
Flusslandschaften, die so einfach und schlicht ge- 
halten sind, in erfreulichster Weise zu uns spricht. 
In Strathmann lernen wir einen etwas derben, dra- 
stische Wirkungen liebenden Humoristen nach dem 
Mustek Oberländers kennen, der namentlich als Mi- 
miker die komischten Effekte zu erzielen versteht. 
Die Münchener Radirung wird durch Peter Halm, 
Ludioig Kühn, Carl Theodor Meyer-Basel und nament- 
lich durch Wilhelm Krauskopf auf das vorteilhafteste 
vertreten. — Noch weit geringer als die Beschickung 
von München ist die von« Düsseldorf aus ausgefallen. 
Sieht man von den vier Aquarellen Theodor Bochoüs 
aus dem modernen Soldatenleben ab, die den Künst- 
ler in fortschreitender Entwicklung begriffen zeigen, 
so bieten nach unserem Dafürhalten eigentlich nur 
noch die Arbeiten Arthur Kampfs erhöhtes Interesse 
dar. unter ihnen steht das „Mutterlos* betitelte 


Aquarell oben an. Ein junger Mann in ärmlichen 
Verhältnissen hat seine betagte Mutter, das einzige 
Wesen, das ihm Liebe erwies, verloren. Verzweifelt 
starrt er durch das geöffnete Fenster seiner dürftigen 
Wohnung, durch das das helle Sonnenlicht grell und 
scharf einfallt. So einfach wie der Vorwurf, ist auch 
seine Behandlung; Kampf verschmäht alle Effekte, 
wirkt aber gerade durch seinen schlichten Realismus 
wahrhaft ergreifend. Außer Kampf hat diesmal 
unter den deutschen Naturalisten nur noch der 
Berliner Skarbina das Leben, wie es thatsächlich ist, 
resolut zu packen gewagt. Er ist in Dresden sehr 
gut vertreten, doch sind die meisten der ausgestellten 
Bilder schon von früher her bekannt. Auch ffans 
Herrmann hat zum großen Teil nur Bilder nach 
Dresden geschickt, die beireits in Berlin oder Mün- 
chen zu sehen. waren. Aber wenn wir in ihnen auch 
meist alte Bekannte wiederfinden, so freuen wir uns 
doch über diese Begegnung, da sie zu den besten 
Erzeugnissen ihres Urhebers gehören. Wesentlich 
sind die Fortschritte, die Ludung Deitmann seit zwei 
Jahren gemacht hat. Sie treten am deutlichsten an 
seiner „Judenbörse in Hamburg" hervor, einem Bilde, 
das an Lebendigkeit der Darstellung und Naturwahr- 
heit der Beleuchtung an Menxels Schilderungen aus 
dem Volksleben heranreicht, und entschieden zu den 
besten Stücken der Ausstellung zahlt. Es wird 
übrigens f&r Dresden dauernd erhalten bleiben, da 
es für das kgl. Kupferstichkabinett angekauft worden 
ist. Da wir uns hier auf die Hauptsachen beschrän- 
ken müssen, können wir aus der überraschend gut 
beschickten Berliner Abteilung nur noch die als 
Tuschzeichnung behandelten Kaiserporträts Max 
Koners hervorheben, die in ihrer ungesuchten Einfach- 
heit weit höher stehen, als die bekannten, großen 
Paradebilder dieses Künstlers. (Schluss folgt.) 


NEKROLOGE. 

St. In Paris starb am 25. August der Bildhauer 
Qecffroy de Chaume^ Direktor des Museums im Trocadero 
im Alter von 76 Jahren. 

St. In Paris starb der Maler Qeorg Ouerin, ein Schüler 
von Ton, der seit 1880 hauptsächlich als Landschafter sich 
auszeichnete. 

St. In Paris starb am 27. September im 57. Lebens- 
jahre der Landschaftsmaler Stanislas Lepine, geboren im 
Jahre 1836. Im Jahre 1889 erhielt er auf der Weltausstellung 
eine goldene Medaille. 

St. Am 26. September starb in Paris der Architekt 
der Deputirtenkammer E. de Joly^ geboren am 7. April 1824. 

^*^ Der Landschaftsmaler Otto Brandt, der seit vierzig 
Jahren in Rom ansässig war, ist am 10. September in 
Olevano, wo er den Herbst zu'bringen wollte, plötzlich an 
einexh Gehirnschlage gestorben. 1828 in Berlin geboren, 


9 


Nekrologe. — Personalnachrichten. — Denkmäler. — Sammlungen und Ausstellungen. 


10 


kam er schon, nach einem Aufenthalt in Paris, zu Anfang 
der fünfziger Jahre nach Rom, wo er sich bald durch seine 
Landschaften nach italienischen Motiven, besonders in Aqua- 
rell, und durch seine Genrebilder aus dem Volksleben einen 
geachteten Namen erwarb. Er war ein hochgeschätztes Mit- 
glied des deutschen Eünstlervereins in Rom, dessen Spiel- 
zimmer er mit anmutigen Genrebildern ausgestattet hat. 

St. Im Hacuj starb der Landschaftsmaler T. Willem van 
Barsdeii. 

St. Paris, Vor kurzem starb der Gießer Eugen Oonon 
bekannt durch die von ihm wieder entdeckte Technik des 
Gusses „ä la cire perdue*^ Zahlreiche Statuen und Reliefs 
sind in dieser Technik gegossen. Das Verfahren hat der 
Staat schon vor längerer Zeit angekauft, doch beklagte sich 
der alte Meister (geb. 1814) in den letzten Jahren seines 
Lebens, dass ihm von den Behörden keine Schüler zuge- 
schickt wQrden. So liegt die Gefahr nahe, dass die Technik 
wieder in Vergessenheit gerät. (Le Temps.) 


PERSONALNACHRICHTEN. 

= tt. Frankfurt a. M. Bildhauer Friedrich Eans^nann^ 
bisher Lehrer an der Kunstgewerbeschule, wird vom 1. Oktober 
ab an Stelle des in Ruhesttand tretenden Professors Gustav 
Kaupert den Unterricht in der Bildhauerei des Städelschcn- 
Kunstinstitutes leiten. 


DENKMALER. 

Orenuma. Ein Denkmal des Komponisten A. Pmi- 
ehieüif ausgeführt von Pietro Bordini, wurde, am 18. Sep- 
tember in Gremona enthüllt. 

St. In Pißa ist in Gegenwart des Prinzen von Neapel 
ein Reiterstandbild Viktor Emanuels enthüllt worden. 

«= tt H^lbronn, Nach den Entwürfen des Architekten 
Emil von Lange, Direktors der königl. Kunstgewerbeschule 
in München, wurde auf dem Friedhofe das einen dorischen 
Bau bildende Mausoleum der Familie Link hergestellt. Im 
Innern trägt ein Marmorpostament die Büste des verstorbenen 
Link; dieselbe ist von Bildhauer Professor Anton Hess in Mün- 
chen in weißem Karraramarmor zur Ausführung gebracht 
worden. 

,^*^ Die Ausführung eines Denkmals für Friedrich 
Friesen^ das in seiner Vaterstadt Magdeburg errichtet 
werden soll, ist von dem Komitee dem Bildhauer Habs in 
Berlin, einem geborenen Magdeburger, übertragen worden. 

Stoppani' Monument, Dem am 1. Januar 1891 zu Mai- 
land verstorbenen Generaldirektor der naturwissenschaft- 
lichen Museen Mailands und der Lombardei, dem gelehrten 
Geologen und Schriftsteller Abbe und Universitätsprofessor 
Dr. Antonio Stoppani soll ein Monument in Mailand errichtet 
werden. 

St.- In Borgo San Sepolcro ist am 18. September ein 
Denkmal des berühmten Sohnes dieses Ortes, des Malers 
Piero della Francesca enthüllt worden, (Secolo.) 

^*^ Mit der Ausführung eines Denkmals für den Hallenser 
Chirurgen Richard v. Volkmann ist der Bildhauer Arthur Volk- 
vmnn in Rom, ein Verwandter des Gefeierten, beauftragt 
worden. Das Denkmal, das vor dem Haupteingange der chirur- 
gischen Klinik in Halle errichtet werden soll, wird in der über- 
lebensgroßen, sitzenden Figur R. v. Volkmanns bestehen. Sie 
wird in Marmor ausgeführt werden. 


SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN. 

4,*4t Die Porträtsammlung der königliehen Bibliothek in 
Berlin, die, wie wir in Nr. 33 der Kunst chronik v. J. ge- 
meldet haben, 'dem königlichen Kupferstichkabinett über- 
wiesen worden ist, und die etwa ca. 50 000 Stück, darunter aller- 
dings auch Dubletten, umfasst, besteht nach* einer Mittei- 
lung der „Vossischen Zeitung" fast ausnahmslos aus Bild- 
nissen von Regenten, Mitgliedern fürstlicher Häuser, Staats- 
männern, Gelehrten, Theologen, Künstlern und sonstigen 
Männern und Frauen, welche den Zeitgenossen merkwürdig 
und bedeutend erschienen. Die Sammlung, welche den Bild- 
nisbestand des königlichen Kupferstichkabinetts bestens 
ergänzt, ist von bedeutendem Werte, und zwar sowohl von 
der künstlerischen als auch kulturgeschichtlichen Seite. Sie ist 
vorzugsweise Entstanden aus 'verschiedenen Vermächtnissen, 
welche der königlichen Bibliothek im Laufe der Zeit zuge- 
fallen sind, dann aber auch aus Ausschnitten von wertlos 
gewordenen alten Büchern, deren Aufbewahrung nicht mehr 
notwendig erschien. 

Ein großartiges Museum wird die Stadt Basel er- 
halten. Die alte, im rein gotischen Stil erbaut« Barfußer- 
kirche, bislang zu einer Niederlage entwürdigt, wird zur 
Aufnahme der Schätze des Baseler Museums hergestellt. Das 
riesenhohe Schiff dieser alten Kirche soll zur Aufstellung 
von Architektur- und Skulpturstücken, sowie als Waö'enhalle 
dienen. Die SeitenschifiPe nehmen die Einzelsammlungen, 
die Staats-, Rats- und Zunftaltertümer, die umfangreichen 
Kollektionen von Hausgei*ät, Porzellan, Glas, die Kostüm- 
sammlung, die letzten Reste des Baseler Totentanzes, die 
musikalischen Instrun^ente u. s. w. aus der von Wackernagel 
begründeten, mittelalterlichen Sammlung auf, bislang in 
einem Nebengebäude des Münsters wie in einem Trödelladen 
aufgespeichert. Die Gesamtkosten des Umbaues und der 
Einrichtung werden 460000 Franken betragen, 300000 Franken 
aus der Staatskasse und 160000 Franken durch Private auf- 
gebracht; aber dann wird auch ein Museum geschaft'en sein, 
mit dem nur wenige rivalisiren können. (Münch. N. Nachr.) 

St.' Am 26. September ist im Museum ömniet in 
Paris eine Ausstellung der Ergebnisse einer Forschungsreise 
eröffnet worden, welche Herr Jaques de Morgan, der gegen- 
wärtige Leiter der Ausgrabungen in Ägypten, kürzlich in 
Arnienien und Persien ausgeführt hat. Die gesammelten 
Altertümer umfassen das ganze Gebiet von der Steinzeit 
bis zum 15. Jahrhundert, aus welchem persische Email- 
arbeiten vorliegen. 

St. Das kaiserliche Museum in Konstantinopel hat für 
30000 Franks die Sammlung von Altertümern angekauft, die 
der bisherige deutsche Botschafter y. Radowitz gesammelt hat. 

St. Konstanx. Die Kunstausstellung der Bodenseestädte 
ist, nachdem sie in Bregenz und Überlingen gewesen, jetzt 
in Konstanz eröffnet worden. 

St. Nordhuusen. Der Verband der Kunstvereine links 
der Elbe hat «ine reichhaltige Kunstausstellung in Nord- 
hausen veranstaltet. 

Dresden, Das Preisgericht der diesjährigen Aqualrell- 
ausstellung, welches aus den Herren Eugen Felix- Wien, 
Julius Jacob-Berlin, Paul Kiessling- Dresden, Georg Papperitz- 
München, Adolf Seel-Düsseldorf bestand, hat folgende Aus- 
zeichnungen zuerkannt: Die goldenen Medaillen (Staatspreise) 
den Herren : T. Brown - Edinburgh und Ludwig Dettmann- 
Charlottenburg; die silbernen Medaillen (Staatspreise) den 
Herren: Christian Kröner-Düsseldorf, Franz Skarbina-Berlin, 
Alezander Stichart-Dresden. 


11 


AuRgrabungcn an<] Funde. — Kunstbistorisches. — Yermisclite Nachrichten. 


12 


AUSGRABUNGEN UND FUNDE. 

St. Im Pr&fekturpalast in Verana sollen kürzlich Male- 
reien von Gioito (?) wieder aufgedeckt worden sein. 


KUNSTHISTORISCHES. 

St. W. Vögc hat als Ergänzungsheft VII. der „West- 
deutschen Zeitschrift für Geschichte und Kunst" (Trier, 
Fr. Lintz) eine hochinteressante Abhandlung über „Eine 
deutsche Malerschule um die Wende des xehnteti Jahr- 
hunderts'^ erscheinen lassen. Vöge betont bei der Erforschung 
der alten Buchmalerei die Notwendigkeit, neben der ikono- 
graphischen Forschung auch die Prüfung der künstlerischen 
Auffassungsweise und der Technik dieser Buchmalereien eben- 
so zu betreiben, wie dies den- Werken einer späteren Kunst- 
entwickelung gegenüber schon längst geschieht. Er versucht 
aas einer Reihe von*Ck)dice8 eine Verwandtschaft zu kon- 
struiren, auf welchen fußend wiederum eine große Anzahl 
von Handschriften gemeinschaftliche Merkzeichen haben; 
auf diese Weise kommt er zu dem Erfordernis einer Haupt- 
schule. Es wird nun des weiteren festgestellt, dass inner- 
halb der Schule, in der technischen Behandlung wie in der 
Charakteristik bestimmt feststehende Formeln üblich waren, 
die sich nur im Laufe der Zeit verschoben haben. Wesent- 
liche Merkzeichen lassen byzantinische Einflüsse erkennen. 
Wo diese Schule ihren Sitz gehabt hat, ist ungewiss, Vöge 
will dieselbe nach Köln verlegen und bringt triftige Gründe 
dafür vor, doch ist ein vollständiger Beweis noch nicht ge- 
lungen. Mit Sicherheit aber glaubt er, und das ist das wesent- 
lichste der Sache, aus der Summe von zwanzig Handschrif- 
ten eine in eine Hauptschule und in Filialen sich zerteilende, 
nach typisch von anderen Werken unterschiedenen einheit- 
lichen Regeln, d. h. Malbüchern arbeitende Schule der säch- 
sischen Eaiserzeit entdeckt zu haben. Diese Feststellungen 
verdienen nicht nur grofies Interesse der Gelehrtenwelt, weil 
sie eine neue Gruppirung der deutschen Frühkunst geben, 
sondern sie führen leicht auch im weiteren, gerade im Hin- 
blick auf die byzantinischen und früh-christlichen Spuren in 
der Darstellungsweise, die Kunstforschung nach ganz neuen 
Richtungen; lässt sich ferner der Sitz dieser Schule in KOln 
noch sicherer beweisen, dann hätten wir im Hinblick auf 
die spätere kölnische Malerei die Führung einer Über Jahr- 
hunderte sich erstreckenden Entwickelung deutschen Kunst- 
lebens in Köln. (Köln. Ztg.) 


VERMISCHTE NACHRICHTEN. 

A. R. Die Wiener ThecUerbaumeisler Fellner und Helmer 
haben jetzt auch in Berlin in dem am 23. September eröflF- 
neten f,Theater Unter den Linden*^ eine Probe ihres glän- 
zenden Talents abgelegt, freilich mehr nach der dekorativen, 
als nach der monumentalen Seite, da das verfugbare Bau- 
terrain ihnen nicht die Anlage eines freiliegenden Bauwerks 
gestattete. Eine von einer Aktiengesellschaft erworbene, 
etwa 60 Meter breite und 350 Meter tiefe Grundfläche sollte 
durch Anlage eines Theaters, eines Hotels, eines Cafes und 
mehrerer Restaurationslokalitäten zu größtmöglicher Renta- 
bilität gebracht werden, und hinter diesem Gesichtspunkte 
mussten die künstlerischen Forderungen zurücktreten oder 
sich doch wenigstens auf die Ausbildung und Ausstattung der 
Innenräume zurückziehen. Die der Straße „Unter den Linden" 
zugewendete Hauptfassade ist nebst den dort gelegenen 
Cafes, Binnenhöfen n. s. w. von ^den Berliner Architekten 
Cremer und Wolffenstein entworfen worden. Von Fellner und 


Helmer ist die 57 Meter lange und 20 Meter hohe Fassade 
an der Behrenstraße und das von hier zugängliche Theater- 
gebäude geschaffen worden. Trotzdem ist die Gesamtwir- 
kung des großen Gebäudekomplezes im Äußeren und Inneren 
ziemlich einheitlich, da sich Berlin und Wien in der üppig- 
sten Anwendung der Barock- und Rokokoformen zusammen- 
gefunden haben. Während Cremer und Wolffenstein in der 
Fassade Unter den Linden ihre schon mehrfach erprobte Be- 
gabung für beherrschende Monumentalität wiederum bewährt 
haben, freilich hier mit geringer Wirkung, weil die Fassade 
wegen der Baumreihen auf der Mittelpromonade niemals zur 
vollen Geltung kommen kann, hatten Fellner und Helmer 
nach der Behrenstraße zu eine Fassade zu entwerfen, hinter 
der Räume verschiedenartiger Bestimmung angelegt werden 
sollten. Sie haben gleichwohl den Versuch gemacht, wenig- 
stens in der Bildung des Mittelrisalite den Gedanken an 
einen Theaterbau zu erwecken. 

Ober drei Eingängen, die in einen Vorraum und von da 
in das Treppenhaus führen, erhebt sich das durch drei Rund- 
bogen geteilte Hauptgeschoss, und über drei Lukamen steigt 
ein dreieckiger, von einem Atlanten getragener Giebel empor, 
dessen Feld von einer flgurenreichen Gruppe dßs Wiener Bild- 
haners Friedl angefüllt ist In einer üppigen Entfaltung 
von Männer-, Frauen- und Kindergestalten soll hier das 
„Eden, jenes glückliche Land, in welchem nur Milch und 
Honig fließt, wo nur dem Gesang, dem Tanz und dem Spiele 
gehuldigt wird*', veranschaulicht werden. Dieses Fortissimo 
der äußeren plastischen Ausschmückung, das jedoch auf die 
übrigen, durch zahlreiche Offnungen sehr einförmig und 
kasernenmäßig gestalteten Teile der Fassade nicht ausgedehnt 
worden ist, setzt sich in den Innenräumen fort, aber nicht 
in dem Grade, dass die begleitenden Künste der Plastik und 
Malerei die Architektur Überwucherten. Vom Vestibül und 
dem Treppenhause, indem zunächst eine einarmige Treppe 
zum ersten Rang emporführt, von der sich dann zwei Treppen- 
läufe rechts und links zum zweiten Rang abzweigen, steigert 
sich vielmehr die monumentale Wirkung bis zum Zuschauer- 
raum, und der Umrahmung der Bühnenöffnung. Dieses Er- 
gebnis ist um so staunenswerter, als der Baugrund in Wirk- 
lichkeit sehr beschränkt ist und man überdies bei der Aus- 
schmückung des Plafonds im Zuschauerraum auf die Mittel 
der duftigen und luftigen Rokokomalerei verzichtet hat, die 
die Höhenabmessungen scheinbar erweitert. Der Schöpfer 
des Deckengemäldes, das den Einzug der heiteren Musen 
und ihres Gefolges durch das Brandenburger Thor darstellt, 
Maler Veith^ hat die Figuren vielmehr in voller, farbiger 
Wirklichkeit, etwa in der Art des Veneziafters Tiepolo, dar- 
gestellt, mit jener üppigen Lebensfülle, die für die dekorative 
Kunst in Wien bezeichnend ist. Durch diesen reichen Farben- 
akkord wird die übrige Dekoration des llieatersaals, die 
sich in elfenbeinfarbenen Tönen mit Vergoldung bewegt, 
ebenso sehr gehoben wie durch die Ausstattung der Bogen, 
Balkons, Parquet- und Promenadenräume durch purpurrote 
Brüstungen, Sitze und Bodenteppiche. Die innere Wandung 
des obersten Ranges ist in ihrem zur Voute übergehenden Teil 
durch riesige Atlanten belebt, die kein Gebälk oder Gesims 
zu tragen haben, aber in sehr lebhafter Bewegung sind. 
Hier wäre ein größeres Maß künstlerischer Besonnenheit 
heilsamer gewesen. Eine so erschreckende Fülle von Gym- 
nastik, deren Zweck schwer begreiflich ist, brauchten Künstler 
wie Fellner und Helmer, die auch durch rein architektonische 
Mittel zu großen monumentalen Wirkungen zu gelangen 
wissen, nicht zur Verstärkung dieser Wirkungen heranzu- 
ziehen. Trotz dieser und anderer Ausstellungen, die man im 
einzelnen zu erheben berechtigt ist, stellt sich doch die ge- 


i 


13 


Auktionen. — Zeitsckrifien. — Inserate. 


14 


samte Schöpfnng als ein durch Feinheit des Geschmacks und 
Genialitat der Durchführung höchst imponirendes Denkmal 
der Wiener Dekorafcionskunst dar. 


AUKTIONEN. 

Am 11. November 1892 gelangt in Berlin eine Kollek- 
tion von Kupferstichen, Radirungen und Holzschnitten, aus 
dem Besitze des Herrn Dr. F. W. Klever in Köln her- 
stammend, im Rudolf Lepkeschen Kunst - Auktionshause zur 
Versteigerung. Diese Kollektioii dürfte selbst bei verwöhnten 
Sammlern eine nicht unbedeutende Kauflust hervorrufen, denn 
es sind nicht allein Namen von ersten Meistern der Kupfer- 
stichkunst reich vertreten, sondern auch die einzelnen Blätter 
von so vorzüglichem Druck und guter Erhaltung, wie solche 
nur in wenigen größeren Sammlungen vorhanden sind. Nament- 
lich unser Altmeister deutscher Kupferstich- und Holzschneide- 
kunst, A. Dürer, sowie A. v. Dyck, Rembrandt und G. F. 
Schmidt fallen zuerst mit ihrer stattb'chen Nummernzahl in 
die Augen. Von Dürer finden wir Hauptblätter, wie St. 
Hubertus B. 57, die Wirkung der Eifersucht B 73, die 
Melancholie B. 74 und die große Fortuna B. 77 in Ab- 
drücken von seltener Schönheit; die Porträts der van Dyck- 
schen Ikonographie haben fast durchweg nur die sehr seltenen 
ersten Etats aufzuweisen ; von Rembrandt und von G . F. Schmidt 
sind prachtvolle und außerordentliche Blätter in großer Reich- 
haltigkeit vorhanden. Andere Meister, Aldegrever, Altdorfer, 
Beham, de Bry, Dietrich, Everdingen, Ostade, Fencz, Waterloo 
u. a. verdienen ebenfalls größte Beachtung und wir verweisen 
auf den Katalog Nr. 868 des Lepkeschen Kunst- Auktions- 
hauses, welcher von diesem Institute kostenfrei entnommen 
werden kann. Wir können nicht unterlassen^ schließlich noch 
auf clie höchst interessanten Stiche und Holzschnitte anonymer 
Meister des 15, und 16. Jahrhunderts aufmerksam zu machen ; 
hier würde sich manches Blättchen finden, welches man in 
ersten Museen vergeblich suchen dürfte. 


ZEITSCHRIFTEN. 

Allgemeine Kunstchronik. 1892. Nr. 19. 20. 

Die Alt-AusstelluDg im Kilnstlerbause. — Joseph Ryszkiewicz. 
Von Dr. A. Nossig. — Internationale Kunst ausstellung in Mün- 
chen. Von H. Peters.— Meraner Bilder. Von O. Bamberg. — 
Die Ansstellang für Wohnungseinrichtungen in Berlin I. Von 
Fr. Hermann. — Zum „Hiss in der Künstlerschaft'*. 
Bildnisse des Chr. Kolambus. Kunstbriefe: Krakau. Von J. 
Suesser. — Düsseldorf, -i- Zum „Riss in der Künatlerschaft*'. 
Von Faber. — Wahl der Darstellungsmaße in der Bildnerei. 
Von Emil Uhlmann • Eltz. . — Kunstgeschichtliche Schriften. 
Von Dr. A. Nossig. 

Anzeiger des germaniBchen Nationalmaseums. 1892. Nr. 4. 

• Chronik des germanischen Museums. — Katalog der im germa- 
nischen Museum vorhandenen zum Abdrucke bestimmten ge- 
schnittenen Holzstöcke vom XV.— XVIII. Jalirhundert (Fort- 
setzung). 

Anzeiger für schweizerische iltertam.skande. 1892. Nr. 4. 

Prähistorische Gräberfunde im Leukerbad. Von J. Heierli. — 
Archäologische Funde aus Ems. Von Major Gaviezel. ^ Grab 
der Bronzezeit im Gärten bergswald bei Wyl. Von Ulrich. — 
Das .WasserhauB im Rohr" bei Rümlang. Von Zeller-Werd- 
müller. — Das Waldmannshaus zu Blickendorf. Von Hun- 
ziker. — Alte Abbildungen des Stiftbaues Maria Einsiedeln 


(Schluss). Von J. Zemp. — Schweizer Glasgemälde im Trinity- 
coUege in Oxford. Von Angst. — Die Wandgemälde der Bar- 
fttfierkirche in Basel. Von Stückelberg. — Bericht nber die 
Auffindung von Wandgemälden im Hause „zum Pflug" in Basel. 
— Statistik sohweizerischer Kunstdenkmäler. Von J. R. Rahn. 

Architektonische Rnndschan. 1892. Nr. 12. 

Tafel 89. Villa C. Heilmann in Landau (Pfalz) erbaut von Prof. 
L. Lewy in Karlsruhe. — Tafel 90/91. Schlosstheater in Totis 
erbaut von Fellner und Helmerj Architekten in Wien. — 
Tafel 98. Rheinische Bierhalle in Mainz, erbaut von Architekt 
H. Ritter in Frankfurt a./M. — Tafel 93. Gartenhaus in Lauf 
a. d. Pegnitz, erbaut von Prof. E. Haeberlein Karlsrahe. — 
Tafel 94. Entwurf einer Synagoge für Breslau von Cramar und 
Wolffenstein, Architekten in - Berlin. — Tafel 95. Treppenhaus 
in Schloss Mirabell in Salzburg, aufgenommen von Architekt H. 
Kirchmayrin München. — Tafel 96. Barockfassade des Palais 
Windisch^rätz, Renngasse in Wien, aufgenommen von Architekt 
L. Schmidl daselbst. 

Bayerische Gewerbezeitnng. 1892. Nr. 17. 

Der moderne Buchdruck und unsere Buchdruck- Illustrationen. 
Von Dr. J. Stockbauer. 

Christliches Kunstblatt 1892. Nr. 9. 

Akademische Kunstausstellung in Berlin. — Ein Friedhofsbild in 
Bozen. — Das Chorgestühl zu Ulm und das zu Memmingen. — 
Studien zur Geschichte der Gotik in Böhmen. — Gabriel Max. — 
Raifaels Schule von Athen. — Christliche Grabdenkmäler und 
Grabinschriften. 

Oewerbehalle. 1892. Heft 10. 

Tafel 7S. Bücherschrank und Schreibtisch, entworfen von E. 
Hansen, Lehreram Gewerbemuseum in St. Gallen. — Tafel 74. 
Gläser aus dem k. k. Osterreichischen Museum für Kunst und 
Gewerbe in Wien, aufgenommen von R. Schinkel daselbst. — 
Tafel 75. Leinenpresse im städtischen Gewerbemuseum zu Flens- 
burg (holländische Arbeit), aufgenommen' von W. Au gst in Paris. 
Tafel 76. Bucheinband aus dunkelbraunem Leder, grau mit Gold- 
kontur, Verzierungen Gold (1760), im deutschen Gewerbemuseum 
in Berlin, aufgenommen von Regierungsbaumeister 0. Pötsch in 
Charlottenburg. — ' Tafel 77. Kanzel für die Stadtpfarrkirche St. 
Leonhard in Graz, entworfen von Prof. A. Ortwein daselbst. — 
Tafel 78. Liegende Grabsteine auf dem St. Johannisfriedhof in 
Nün>berg, aufgenommen von F. Walt her daselbst. — Tafel 79. 
BalkoDgitter, entworfen von Architekt E. Bopst in Berlin. — 
Tafel 80. Zierleisten und Vignetten, entworfen von B. Franke 
in Wien. 

Kunst für Alle. 1893. Nr. 1. 

Die Münchener internationale Kunstausstellung 1892. IX. Von 
Fr. Pecht. — Die dritte internationale Aquarellaussteilung in 
Dresden. ,Von P. Schumann.' — Ateliergedanken. Von M. 
Klinger.'— Die Mainz^- Ausstellung für christliche Kunst. 

Mitteilungen des k. k. Osterreichisehen Museums für 
Kunst und Industrie. 1892. H. 9. 

Ein Besuch bei Theophil us. Von H. Macht I. — Die Wiener 
Frauenarbeiten auf der Pariser Ausstellung. — Die farbigen 
Kupferstiche des 18. Jahrhunderts. Von E. Chmelarz. (Schluss.) 

Repertorlum der Kunstwissenschaft« 1892. H. 4/5. 

Leonardos Ansichten über das Verhältnis der Künste. Von C. 
Brun. -- Lionardo da Vinci's Auge. Von Dr. Th. v. Frimmel. 

— Studien aus der Mainzer Gemäldegalerie. Von Fr. Rief fei. 

— Neue Beiträge zur Entstehungsgeschichte der kreuzförmi gen 
Basilika. Von Dr. H. Graf. — Erfurter Steinmetzordnungen 
des 15. und 16. Jahrhunderts. Von Cornelius Gurlitt. — 
Zusätze zum Werk des Heinrich Gödig. Von H. W. Singer. — 
Das Abendmahl Christi in der bildenden Kunst bis gegen den 
Schluss des 14. Jahrhunderts. Von Ed. D ob hart. — 

Zeitschrift für christliche Kunst. 1892. H. 6. 

Anton WÖnsams Tafelgemälde. VonE.Firmenich-Richartz.— 
Über den Bau von Notkirchen. Von Schnütgen und V. Statz. 

— Die Propsteikirohe zu Oberpleis III, Von W. fiffmann. — 
Gedanken über die moderne Malerei l. Von P. Keppler. 

L»Art Nr. 680. 

Les Eculptures de Tabbaye de Mozac Von M. F. Lam y. — Salon 
de I89d. (Portsetzung). Von Paul X^eroy. 

(«azette des Beaux-Arts. Nr. 424. Oktober 1892. * 

Les musöes de Madrid: Le mus^e de Prado, L Von Paul Le- 
fort. — La' propagande de la renaissance en Orient durant le 
XV. siöcle. I. Von E. Müntz. — Le mus6e des antiques ä 
Vienne III: Le mausol6e de Trysa. Von S. Rein ach. — Les 
grands mödailleurs fran^ais. I: Etienne de Laune et Guillaume 
Martin. Von M. F. Mazerolle. — Recherches nouvelles sur 
Donatello, Masaccio et Vellano. Von M. C. deFabriczy. — 
Le mu86e national de Florence et la Collection Carrand. Von 
M. A. P6rat6. 


Verlag von £• A. Seemann in I^elpzlg. 

Soeben erschien Heft 3 von: 






Eine Sammlung interessanter Entwürfe aus den Wettbewerben deutscher Architekten, herausgegeben von A. Nou- 

meister und E. Häberle, Architekten und Professoren in Karlsruhe. 

Haseums- Konkurrenz für Flensburg 1892. 32 S. 8«. Preis 1 M. 20 Pf. 

Heft 4, „Kirchen-Konkurrenz för St Johann und Breslau" behandelnd, ist in Vorbereitung. 


15 


Inserate. 


16 


^XXX^XXXXXXXXXXXHXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX^^ 


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Die KunstTereine zu Königsberg i. Pr., Stettin, Elbing, 
Görlitz und Posen veranstalten im Jahre 1893 gemeinsame 
Gemäldeausstellungen unter den bei jedem Vereine zu er- 
holenden Bedingungen. Einzusenden sind die Gemälde an 
die Spediteure: G. Dietrich k Sohn in Berlin, Invalidenstr. 50 
bis zum 14. Januar 1893, Gebrüder Wetsch in München, 
Schützenstr. 5 und G. Paffrath in Düsseldorf, Jakobystr. 14 
bis zum 6. Januar. Nur im EinTernehmen mit dem be- 
treffenden Kunstvereine erfolgende spätere Einsendungen 
werden frei befordert. [574 


^vvvvvvvvvvvvvvvvvvvvvvvvvvvvvvvvvvvvvvvvvvvj : 


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Cfemäldesaal in Frankfiirt a. H. 

Ausstellnngea nnd Anktion^ n ron Gemälden, Antiqultftfen und Könst^effen- 
ständen. — Kataloge auf Wunsch gratis und franko durch Rudolf Banget in 

Frankfurt a. H., Kunstauktionsgesch&ft gegr. 1869. [468 


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Kupferstichen. Badirun^en n« Holz- 
Bcbnitten aus dem vormaligen Besitze 
des Herrn Dr. F. W. Klever in Köln. 
Darunter hervorragend schöne und 
seltene Blätter von tadello5>er Erhaltung 
von Bekam, De Ery, Dfirer, Van 
Oyck, Eyerdingen, Ostade, Rem- 
brandt, Schmidt, unbekannten deut- 
schen Formsehneidern und Stechern 
des XV« u« XVI. Jahrhunderts etc. 

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Berlin, Eochstr. 28/29. [564 


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gen zu Dantes Divina Commedia bis 
zum Ausgang der Renaissance. Mit 
3 Holzschnitten iiu Text und 2 Tafeln. 

gr. 8. geh. Preis M. 2 — . 
Der Verfasser giebt einen vorläufigen Ab' 
scbluss längerer Stadien in Deutschland und 
Italien über die Darstellungen zu Dante, wobei 
namentlich und Zum ersten Male die illustrirten 
Handschriften der Commedia einer näheren Be- 
trachtung unterzogen werden. Das Schriftchen 
dürfte fUr Kunsthistoriker und Verehrer Dantes 
von Interesse sein. [562 

_L«lp«lg^ Breitkop f A Harte l. 

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ist im ganzen oder einzeln zu verkaufen. 
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zu richten an Bad. S^ellltAter, Kunst- 
handlung, Berlin t^W.« Jerusalemer 
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versandte das diesjährige (VI.) 
Vereinsheft , enthaltend Radir- 
ungen von: DSring, Eilers, Franck, 
Konnert, Lamm, Schnee, Skarbina, 
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Büdnissammlung noch Eilers 
Radirung des Prof. Dr. Jos. 
Joachim hinzugeftigi 
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Schriftdrucke \^ jK. 

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mal für Ponchielli; Pisa, Denkmal Viktor Emanuels; Heilbronn, Mausoleum der Familie Llnck; Magdeburg, Friesen -Denkmal; 
Mailand, Stoppani - Monument ; Denkmal für Piero della Francesca in Borgo San Sepolcro; Halle, Denkmal für Richard y. Volk- 
mann. — Porträtsammlung der königlichen Bibliothek in Berlin. Museum der Stadt Basel. Ausstellung im Museum Guimet in 
Paris. Museum zu Konstantinopel. Kunstausstellung in Konstanz. Kunstausstellung in Nordbausen. Aqnarellausstellung in 
Dresden. — Ausgrabungen in Verona. — Vöge, Eine deutsche Malerschule um die Wende des lehnten Jahrhunderts. ^ Theater 
Unter den Linden von Fellner nnd Hellmer. — Knnstauktion yon B. Lepke in Berlin. — Zeitschriften. — Inserate. 


^^r die Redaktion yerantwortlich Artwr Seemann. — Druck von August Pries in Leipzig. 


(Dieser ^«lumuier lii^gt ein Prospekt bei von Dr. £• Albort & €ie., Mfincbeii : (iaierie Schock. 



Sn.C /C 


KUNSTCHRONIK 

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE. 
Ankündigungsblatt des Verbandes der deutschen Kunstgewerbevereine. 

HERAUSGEBER; 

CARL VON LÜTZOW und DR. A. ROSENBERG 


Verlag von E. A. SEEMANN in LEIPZIG, Gartenetr. 15. Berlin; W. H. KÜHL, Jigeretr. 73. 


Neue Folge. IV". Jahrgang. 


Nr. 2. 


. Oktober. 


Die RBoitehranJk emlieiiil ali BsiblkU zur .Keltiohrin flLr bUdenda Kamt* nnd EDm ,SiiiiitKe»erbebliU* monatliob dnlnwl, In da 
SoiBmarmDDftten Juli bli September mDn&llIcb sIdidkI. Der JfthrgkiiB kostet B Mark nnd nmTutt >■ Nammani. Die Abonnenten dar .Zeil- 
■Bbrlft ffir bildends Kumt* erbalten dls Knnetchronlk Eratii. — FUr ZaicfaonnKeD, Huntekripta etc., die nnverUnEt elngeiuidt wetdan, 
leiiten Bed^kljon und TerUgehuidliuie keine Gewähr. Inserkt«, k M Pf. tHr die drelapftltige PetiUelle, nehnan ADätt: der TarlkCihud- 
iDng die Annonoeneipaditionen Ton B»>*enitaln & Vogler. Bnd. Mone n. a. «. u. 


DER SCHLÜSS DER LONDONER KÜNST- 
SAISON. 
Die Versteigerung der BogenanoteD tMagniac- 
Sammlung" bei Christie bildete mit der gleichfalls 
unter den Hammer gekommenen Gemäldegalerie 
des Lord Dudley das Hanptereignis der diesjährigen 
Londoner Saison. 
Erstere erzielte 
einen runden Preis 
Ton 103100 £ und 
bestand ans ca. 
1500 Kammern der 
wertvollsten Eunst- 
objekte, die unter 
nachfolgenden Un- 
terabteilungen auf- 
gefilhrt wurden: 
Historische Gemäl- 
de TOB Jean nnd 
Fran^ois Clouet, 
Holbein und an- 
deren Meistern des 
16. und 17. Jahr- 
hunderts; byzanti- 
nische Champleve- 
emaillen, Limogesemaillen des 13., 14. and 15. Jahr- 
hunderts; Kirohengeräte des 14. und 15. Jahrhun- 
derts; Goldscbmiedewerke ans derselben Epoche; 
dekorative Stöcke in gotischer Form, Schnitzereien 
in Buchabaum und Elfenbein aus dem 15. Jahr- 
hundert; BOstungen nnd Waffen. Den Glanzpunkt 
der Sammlung biMeten die keramischen Gegen- 


HobbcDA und Vui de Valde: Hollkodiaohe Ludiebaft 


stände und Krüge im Stil Henri IL sowie die Falisay- 
Della Eobbia-, Majolika und spanisch-maurischen Ob- 
jekt« dieses Genres. Sehr gut vertreten war außerdem 
venezianisches, deutsches und Schweizer Glas. End- 
lich sind noch zu verzeichnen Miniaturen und illu- 
strirte Bücher aus dem 16. Jahrhundert, altfranzd- 
sische Möbel, Gewebe, Uhren und Gerätschaften aus 
edlen Metallen. 

Das Hauptin- 
terease errate der 
Krug aus der Zeit 
Heinrich U., ein 
Juwel der ganzen 
Sammlung, Aber 
dessen Ursprung 
nichts Bestimmtes 
bekannt ist; die 
Autorschaft wird 
dem Girolamo della 
Robbia, Oiron oder 
Sainte-Porchere zu- 
geschrieben; der- 
artige Stücke sind 
Überhaupt nur 60 
vorhanden, und 
falls ein solches 
auf den Markt kommt, findet stets ein großer Wett- 
bewerb statt. Der Vater des Mr. Magniac kaufte 
den Krug 1842 fDr 96 L., während er bei der 
jetzigen Auction einen Preis von 3990 L. erzielte. 
Das Kunstwerk ist nur 14^/, englische Zoll hoch 
und hat im größten Durchmesser 5^/4 englische Zoll; 
im Jahre 1S50 wurde es in London ansgestellt und 


19 


Der Schliua der Londoner Kunitraison. 


stammt aus der Odiot-Sammlang in Puis; es ist viel- 
leieht das beste Exemplar seiner Gattung. Die 
Farbe des Kruges kann als rol^elb bezeichnet werden, 
mit geometrischen eingelegten Yerzierungeo in dunkel- 
braun und in verschiedenen Mustern. Ein nicht 
minder umstrittener Kanstgegenstand, mit Darstel- 
lungen aus der Apokalypse, war die große 1858 von 
Martial Courtois angefertigte ovale, emaillirte Limoges- 
Echfissel, welche 1225 L. brachte. Gleiches Interesse 
erregte ein sehr schöner, getriebener Brusthamisch 
mailändische Arbeit 
von Paolo deXegroli, 
aus dem 16. Jahr- 
hundert, der mit420L. 
bezahlt wurde. Das 
in dem Panzer befind- 
liche Schussloch soll 
von einer Kugel her- 
rühren , die Moritz 
von Sachsen in der 
Schlacht von Sievers- 
hausen traf. Ein sehr 
kunstvoller Becher, 
Silber vergoldet, mit 
Deckel, getriebenen 
Blumen, deutsche Ar- 
beit aus dem 17. Jahr- 
hundert, erzielte einen 
Preis von 310 L. Der 
Kopf eines Bischuf- 
stabes aus dem Jahre 
1280 von vorzttglich- 
ster Arbeit, stellt die 
Auferstehung der bei- 
den Lokalheiligen von 
Limoges dar, und 
zwar die der heiligen 
Valerie und des hei- 
ligen Martial. ^«*''^ ^'^^'^ ^"^ 

Von besonders 
hervorragenden Eunstgegenständen m^en noch 
folgende erwähnt werden: ein für Franz I. ange- 
fertigtes Jt^dhom, 21 englische Zoll lang, 1530 
von Leonard Limonsin, eine seiner schönsten Ar- 
beiten. Dargestellt sind St Hubertus , umgeben 
von seinen Hunden, knieend vor dem Hirsch, David 
und Goliath, Jaf^d- und andere Scenen. Verkaufe- 
preis 6615 L. Eine Limogesplatte von demselben 
Künstler mit Porträts von Karl IX. von Frank- 
reich und Elisabeth von Österreich, 1573, wurde 
lltr 3150 L., und das Pendant hierzu, der Kardinal 


von Guise und seine Mutter, Anns von Eate-Ferrara, 
1557, wurden fSr 3050 L. zugeschlagen. Unter den 
Elfenbeinschnitzereien ist noch ein sehr bekanntes 
Stück aus dem Kachlass des Kardinals von York, 
des letzten Stuart, hervorzuheben, bestehend in einem 
Kasten aus dem 14. Jahrhundert, als Schmuck die he- 
gende vom H. Eustachins enthaltend; das Kunstwerk 
gehörte früher Maria Stuart, Der Verkaufspreis betrug 
2040 L. Von kleineren Gegenständen mögen noch 
fönende Preise verzeichnet werden: eine Truhe von 
Buchsbaumholz, 15. 
Jahrhundert, 185 L, 
ein Reliquienschrein 
mit Juwelen, 1470, 
Schweizer Arbeit, 680 
L; ein venezianisches 
Kelchglas, 1480, 215 
L.; desgleichen ein sol- 
chesvon Diamantglas, 
250 li.; eine kleine 
Hangelampe, sehr 
seltenes arabisches 
Glas, 1356, ans der 
Moschee des Sultans 
Hassan in Kairo, 225 
L.; eine Mailänder 
Rüstung, 1570, mit 
Figuren und Arabes- 
ken in Basrelief, 740 
L.; eine zweihenklige 
Vase, spanisch-man- 
risch, 1 5. Jahrhundert 
700 L. Sechs alte 
Schweizer Glasschei- 
ben mit Wappen 420 
L.; ein alter Aubus- 
son-Teppich 480 L. — 
Die Versteigen] ng 
der ^DuMey- QaÜen/' 
bei Christie, über wel- 
che die Kunstchronik schon berichtet bat, war 
wohl eine der bedeutendsten , die seit zehn Jahren 
in London stattgefunden, und brachte an einem Nach- 
mittage 101320 L. Lord Dudley war ein ebenso 
großer wie generöser Liebhaher, so dass er häufig 
enorme Preise für Bilder anlöte; indessen machte 
er auch mitunter ein glückhches Geschäft; so Ter- 
kaufte er bekanntlich seinen kleinen Baffael, die drei 
Grazien, für 24000 L. an den Herzog von Aumale, 
obgleich ihm dieses Bild nur mäßiges Geld ge- 
kostet hatte; aber die Regel war, dass er nicht danach 


verliebu Kavalier. 


21 


Die dritte internationale Aquarellaasstellung in Dresden. 


22 


iarachtete, ein Gemälde, so zu sagen, geschenkt 
zu erhalten , vielmehr war Lord Dudley ein Be- 
schützer der Kunst im großen Stile. Die Anzahl der 
Nummern des Katalogs war verhältnismäßig nur 
klein, 91 Bilder, von denen die Niederländer zuerst 
versteigert wurden. Unter diesen nimmt unstreitig 
die Landschaft von Hobbema mit Figuren von A. v. de 
Velde den ersten Platz ein. Waagen sagt über 
dieses Kunstwerk: „Es ist ein Meisterwerk und ein 
Gemälde, welches dem Wert einer ganzen Galerie 
gleichkommt, und mit dem wenige Bilder in der 
Welt den Vergleich aushalten können." Der Ver- 
kaufspreis betrug 9600 L. Ein kleiner F. Mieris, 
„der verliebte Kavalier'^ erzielte 3570 L. Dieses 
chef-d'oeuvre ist einzig in seiner Art in Erhaltung, 
Harmonie der Farben, Zeichnung und sorgföltiger 
Ausführung. Unter den 64 italienischen Bildern war 
das Hauptstück die Kreuzigung von Raffael, ganz 
in der Manier seines Lehrers Perugino gehalten. 
Lord Dudley kaufte das Gemälde vom Fürsten von 
Canino, und dieser erstand es vom Kardinal Fesch. 
Baffiael malte das Bild für die Familie Gavari, die 
es der Dominikanerkirche in Citta di Gastello widmete, 
woselbst es über 300 Jahre verblieb. 

Das Kunstwerk bleibt in England; der neue 
Besitzer Mr. Mond zahlte dafür 11 130 L., der von 
der englischen Nationalgalerie dem Herzoge von 
Marlborough vor einigen Jahren gezahlte Preis für 
dessen Raffael betrug 75 000 L. Wenn dies Bild 
als unzweifelhaft echt bezeichnet werden muss, so 
kann Gleiches nicht von dem Gemälde gesagt werden, 
welches den Namen „La vierge a la legende^^ führt. 
Dieses Werk erreichte trotzdem einen Preis von 3200 L. 
Das Berliner Museum erstand bekanntlich das große, 
sehr schone Altargemälde des Venezianers Grivelli 
für 147 000 Mark. Die im ganzen realisirte Summe 
von 101 320 L. ist die größte, welche an einem Tage 
bisher bei Christie erreicht wurde. — 

V. SCHLEINITZ, 


DIE DRITTE INTERNATIONALE 
AQUARELLAUSSTELLUNG IN DRESDEN. 

(Schluss.) 

Bietet der deutsche Teil der Ausstellung bei 
aUer Tüchtigkeit einzelner Werke nur wenig Neues, 
so ist die vom Ausland gekommene Anzahl von Bil- 
dern zwar nicht groß, aber dafür mit wenigen Aus- 
nahmen um so interessanter. Allerdings sind Italien 
und die Niederlande nur spärlich und unbedeutend 
vertreten, so dass ein Vergleich mit dem in früheren 


Ausstellungen Gebotenen kaum gezogen werden kann. 
Die Aufzählung des Guten hält also hier nicht lang 
auf. Dazu gehören aus der Gruppe der Italiener 
die vollendet schönenBleistiftzeichnungen von Cornelia 
Paczka, geb. Wagner, in Born, ein ungemein zart 
gestimmter Kanal von Fäiberto Petiti in herbstlicher 
Beleuchtung, zwei kleine Genrebilder von dem in 
London lebenden Caffieri, Frauen und Kinder am 
Meeresstrand darstellend, und eine als „der Glaube'^ 
bezeichnete Frauengestalt von Endo Eroli, Aus 
der holländischen Abteüung genügt es, die Arbeiten 
Nicolaas van der Waays anzuführen. Er versteht es, 
gleichzeitig elegant und flott zu sein und mit we- 
nigen breiten Pinselstrichen seine Absicht zu errei- 
chen. Seine „Versammlung" einer Herrengesellschaft, 
die über irgend einen Gegenstand beratet, ist von 
ähnlicher Lebendigkeit wie Dettmans „Judenborse'S 
seine Dame in Rosa aber gehört zu den vortrefflich- 
sten Darstellungen weiblicher Schönheit in der Aus- 
stellung. Dieses Lob kann man dem ,Jiachenden 
Kopf' des Pariser Modemalers Besnard nicht nach- 
sagen. Vielmehr haben wir es hier mit einer 
Karikatur zu thun, die den Künstler bei uns wenig 
günstig einführt und geeignet ist, ganz falsche Vor- 
stellungen über seine Bedeutung zu erwecken. Weit 
vorteilhafter ist der Eindruck, den die ausgestellten 
Proben von der Kunst BotUet de Monvels erwecken. 
Monvel zeigt im Gegensatz zu Besnard, dass in 
Paris neben dem Streben nach dem Ungewöhnlichen 
und Bizarren, das verblüffen und blenden soll, auch 
der Zug zum Einfachen vorhanden ist, der allerdings, 
echt französisch , sofort wieder einen extremen Charakter 
annimmt Das beeinträchtigt in unseren Augen die 
im übrigen so schönen, namentUch in der Zeichnung 
gelungenen drei Illustrationen des Künstlers zu einem 
französischen Roman, kommt aber dem reizenden 
Bildnisse eines kleinen Mädchens sehr zu gute. 
Weitere mehr oder minder wertvolle Leistungen 
von französischen Künstlern sind die von Dagnan- 
Bouveret, Maria Joseph JwiU, Charles Luden lAandre, 
Madeleine Lemairc, Lhermitte und dem Wiener Riharx, 
Ihnen reihen sich einige deutsche Maler, die in Paris 
ihre weitere Ausbildung suchen, an. Mit schö- 
nem Erfolg hat dies Julius Wengd gethan, dessen 
Bildnis seiner Frau einen ansehnlichen Fortschritt 
über seine früheren Arbeiten hinaus bedeutet. 
Von Stettetis Pastellbildniss eines offenbar leidenden 
Mädchens mit schwarzem Haar in eigentümlicher 
violett-blauer Beleuchtung ist sichtlich von Dagnan- 
Bouveret beeinflusst. Engelharts „Konzert -Oaf^haus^ 
ist vortrefflich beobachtet , hat aber einen unserem 


23 


Die dritte internationale Aquarell ausAtellang in Drenden. — Bfich erschau. 


24 


deutschen Geschmack wenig zusagenden Haut-goüt, 
während sich die »yNägelschneiderin**, die einer vor- 
nehmen Dame dieses Geschäft, das die meisten Men- 
schen bei nns noch selbst besorgen, abnimmt, von 
diesem widerlichen Beigeschmack freihält. — Ganz neu 
für Dresden ist die Beteiligung schottischer Künstler. 
Es ist ein glücklicher umstand und wird hoffentlich 
gute Früchte bei uns tragen , dass zu ihnen Meister 
ersten Ranges gehören. So vor allem Jam^ Paterson, 
Wie wenige versteht er sich auf das eigentliche 
Aquarell, das er breit und sicher behandelt und 
überaus durchsichtig zu gestalten weiß. Seine Land- 
schaften und Blumenstücke, beide gleich vollendet, 
sind in dieser Hinsicht überaus lehrreich. Gleich- 
zeitig aber besitzt Paterson einen seltenen Blick für 
das Poetische in der Landschaft, wie das seine Dar- 
stellung von General Wades Bridge in Aberfeldy 
glänzend beweist. In Macaulay- Stevenson lernen wir 
dann einen Stimmungsmaler ersten Rangs kennen. 
Sein Gebiet ist die Mondscheinlandschaft, deren unbe- 
stimmte Konturen er durch eine ganz eigenartige, 
verschwommen erscheinende Technik äußerst wir- 
kungsvoll wiederzugeben weiß. Durch ungewöhn- 
liche Tiefe und Kraft der Farbe überraschen Nishets 
große Flachlandschaften. Sie erinnern an die besten 
alten holländischen Meister und besitzen doch in 
ihrer etwas sentimentalen Auffassung ein entschie- 
den modernes Gepräge. Von Shorbum Boss enthält 
die Ausstellung mehrere wegen der in ihnen gelösten 
schwierigen koloristischen Probleme interessante 
Aquarelle aus Venedig, Mason Bunter debütirt mit 
vier höchst gelungenen Marinen, und Thomas Pyne 
sandte ein sonniges, heiteres Landschaftsbild, auf 
dem sich reifender Weizen im Vordergrund mit einer 
anmutigen Flussgegend im Hintergrund zu einem 
überaus reizvollen Ganzen vereinigt. Zu diesen vor- 
züglichen Landschaftsmalern kommt noch der aus- 
gezeichnete Tiermaler T. Aasten Bro^vn hinzu, um 
zu zeigen, einen wie hohen Stand die Aquarellma- 
lerei gegenwärtig in Schottland erreicht hat. — Von 
den wenigen spanischen Bildern, die in Dresden zu 
sehen sind, nehmen die beiden kleinen Genrescenen 
von J. K Äranda einen hohen Rang ein. Die beiden 
Maler, die im Freien ein Mädchen porträtiren, sind 
in ihrem Eifer prächtig charakterisirt^ und der ele- 
gante Kunstsammler, der daheim seine Schätze mustert, 
bildet ein köstliches Pendant zu jenen. So hat fast 
jede kunsttreibende Nation wenigstens das eine oder 
andere Werk von Bedeutung aufzuweisen, so dass 
das höchst anziehende vergleichende Bilderstudium 
auch auf dieser dritten Aquarellausstellung, deren 


hauptsächlichste Erscheinungen wir in diesem Be- 
richt zu würdigen versuchten, mit Erfolg und Genuss 

betrieben werden kann. 

Kötflchenbroda, Anfang September. 

H. Ä. LIER. 


BÜCHERSCHAU. 

Das System der Künste. Von Prof. Friedr, Woher, 
Guhrau, Lemke. 1892. 30 8. 8. 

* Diese aus einem Vortrage hervorgegangene kleine 
Abhandlung will nicht den ganzen Beichtnm der Ästhetik 
und der einzelnen Knnstformen erschöpfen, sondern nur die 
sämtlichen Künste in eine systematische Ordnung bringen. 
Der Verf. blickt in Kürze auf die früheren Systeme, namentlich 
auf die von Kant, Schelling, Solger, Schopenhauer, Hegel, 
Vischer und Lasaulx zurück und nähert sich in seiner eigenen 
Darlegung am meisten dem Hegeischen Gedankenkreise. 
Nur dass er dem Material, in welchem der Künstler schafft, 
Anteil geben will an der Idealität der Kunst, während Hegel 
das Material im verwirklichten Ideal verschwinden lässt 
Aus dieser Bedeutung, welche Faber dem Materiale vindizirt, 
ergiebt sich ihm folgerichtig, dass diejenige Kunst die höchste 
sein müsse, welche den „entwickeltsten Naturstoff, nämlich 
den leibhaftigen Menschen" zum Darstellungsmittel habe, 
also der Tanz, die Schauspielkunst. Faber erkennt in den 
verschiedenen Künsten nur die „verschiedenen Weisen, die 
Aufgabe des Menschen zu lösen, sich durch freie That selbst 
hervorzubringen: als die der Schwere gegenübertretende 
Starrheit des Sto£b (Architektur), als Gestalt (Plastik), als 
die Allgemeinheit des Lichts (Malerei), als Beseelung (Musik), 
als Gedanke (Poerie) und endlich in leibhaftiger Persönlichkeit 
als ideale Person (Schauspielkunst)". Die weitere Ausfüh- 
rung des Grundgedankens möge man in dem Schriftchen 
selbst nachlesen. Dasselbe enthält — allerdings in bisweilen 
etwas abstrakter imd allzu knapper Form — viele treffliche, 
aus der Tiefe geholte Einzelheiten. 

* Donatello. Eine evolutionistische Untersuchung auf kunst- 
historischem Gebiet. Von Willy Pastor, Gießen, Trenck- 
mann. 1892. IV und 105 S. 8. 

Der gesuchte Titelbeisatz und das Vorwort dieser 
Broschüre erwecken für dieselbe gerade kein günstiges Vor- 
urteil. „Dem Problem des Donatello — präludirt der Autor 
— kann man vom schöngeistigen Standpunkt aus nicht bei- 
kommen, man muß es physiologisch, ja medizinisch behandeln." 
Sieht man von dem weitschweifigen und recht „schöngeistig** 
geschriebenen Einleitungskapitel ab, so enthält die Schrift 
ganz einfach einen neuen Versuch, die Werke des großen 
Florentiners na^h Stilkriterien zu ordnen und so zu einer 
klaren Vorstellung von seinem Elntwickelungsgange zu ge- 
langen. Die Untersuchung ist auf Grund eingehender Autopsie 
geführt und ergiebt in manchen Einzelheiten beachtens- 
werte Resultate. So z. B. in Bezug auf die Datirung der 
Arbeiten Donatellos für S. Lorenzo in Florenz. Gewöhnlich 
setzt man dieselben in die Jahre 1440—44 und in eine noch 
spätere Zeit Pastor bringt die Jahre 1428 — 33 dafür in Vor- 
schlag und will lür einige der Arbeiten eine Mitwirkung 
des Brunelleschi statuiren. Das Gesamturteil, welches der 
Verfasser über die Kunst Donatellos fällt, lautet nicht so 
günstig, wie wir es zu hören gewohnt sind. Er betont, bei 
allem Respekt vor der Begabung des Meisters, stark den 
Mangel an Einheitlichkeit in dessen Streben. „Donatello 
konnte auf keinem Gebiete der Skulptur späteren Generationen 
zum Vorbild werden, weil seine Thätigkeit auf keinem der- 


25 


Nekrologe. — Personalnachrichten. — Sammlongen und Aunstellungen. 


26 


selben ein abgeschlossenes Ganze bildet. Immer, wo er im 
Begriff ist, das Höchste leisten za kOnnen, bricht er jäh ab.'* 
— y^s fehlte ihm die rücksichtslose SelbetheiTÜchkeit; er 
konnte nicht herrschen, er gehorchte. Unter den Künstlern 
vom ersten Adel ist Donatello nicht zu suchen.*' 


NEKROLOGE. 

St. In Paris ist im Alter von 74 Jahren der Bildhauer 
Dubray, Schöpfer zahlreicher Statuen (Napoleon I. in Ronen) 
und Reliefs (Jeanne d'Arc in Orleans) gestorben. 

-z. Der bekannte Schlachtenmaler Qeorg Bleibtreu ist 
am 16. Oktober in Charlottenburg gestorben. 

St In Parü starb im Alter von 86 Jahren der Maler 
Emü Signol, ein Schüler des Baron Gros. 

St In Paris starb im Alter von 73 Jahren der Maler 
Cfiarles Oiraudt einer der bekanntesten Maler von Interieurs 
unter dem zweiten Kaiserreich. 

* August Essenwein, der erste Vorstand des germanischen 
Museums in Nürnberg, ist dortselbst am 13. Oktober nach- 
mittags im Alter von 61 Jahren gestorben. Seinem künst- 
lerischen Berufe nach Architekt > wandte er sich aber auch 
in jungen Jahren bereits mit Erfolg kunstgeschichtlichen 
Studien zu und war namentlich ein eifriger Pfleger des roma- 
nischen Stiles und seiner Erforschung. Von 1856-^1866 wirkte 
Essenwein in Österreich, zuerst in Wien, dann zwei Jahre in 
Graz, und beteiligte sich lebhaft an dem damaligen Auf- 
schwünge der mittelalterlichen Archäologie und an der 
Wiederbelebung des modernen Kunstgewerbes, für welches 
er seine Kenntnisse des romanischen Stiles mit Vorliebe 
fruchtbar zu machen suchte. Sein großes Werk über die 
mittelalterlichen Kunstdenkmale der Stadt Krakau und die 
Arbeit Über die Backsteinbaukunst des Mittelalters ent- 
stammen jenen Jahren. 1866 als erster Vorstand des germa- 
nischen Museums nach Nürnberg berufen, vollendete Essen- 
wein den Ausbau der Nürnberger Karthause, in welcher sich 
das Museum befindet, und organisirte dessen gegenwärtige 
großartige Entwicklung, sowie er auch durch zahlreiche 
Publikationen und kleinere Arbeiten für die litterarische Nutz- 
barmachung des Museums unausgesetzt thätig war. Außer- 
dem fallen in die letzten Dezennien Essenweins Entwürfe 
l^r die Restaurirung mittelalterlicher Kirchen in Nürnberg, 
K5ln, Bonn und andern Orten. 


PERSONALNACHRICHTEN. 

*^* Im Lehrkörper der mit der Berliner Akademie der 
Künste verbundenen Unterrichtsanstalten treten mit Beginn des 
Winterhalbjahres einige Änderungen ein. An der Hochschule 
wird die Leitung der Modellirklasse, welche durch den Tod 
des Professors Albert Wolff erledigt ist, vom Bildhauer Gerhard 
Jaensch Übernommen werden. Durch diese Berufung ist die 
Stelle eines Hilfslehrers im Bildhaueraktsaal frei geworden, 
der nach dem Ausscheiden des Prof. Schaper unter Leitung 
von Prof Herter steht Dieses Hilfslehreramt ist dem Ber- 
liner Bildhauer Peter Bretter übertragen worden. Das bisher 
von Professor Julius Schrader geleitete Meisteratelier für Ge- 
schichtsmaler geht auf Professor Patd Thumawn über, den 
früheren langjährigen Lehrer der Äntikenklasse, der nach 
mehrjährigem Aufenthalt in Italien wieder seinen Wohnsitz 
in Berlin genommen hat. 


SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN. 

St. In Winterthur ist eine Ausstellung von Gemälden 
aus Privatbesitz, die eine stattliche Anzahl guter Bilder 
ans Licht gefördert hat, eröffnet worden. 

*Die Wiener Akademie der bildenden Künste begeht am 
26. Oktober ihr zweihundertjähriges Stiftungsfest, zu welchem 
der Kaiser sein Erscheinen zugesagt hat In der reichge- 
schmückten Aula, an deren Decke an diesem Tage die Feuer- 
bachschen Malereien zum erstenmal sich der ÖfiPentlichkcit 
zeigen werden, wird eine plastisch verzierte Gedenktafel ent- 
hüllt, welche in ihrer Mitte die Reliefmedaillons des Kaisers 
Franz Joseph L und des Kaisers Leopold I., des Gründers 
der Akademie, zeigt. Eine Gedenkmünze und eine Denk- 
schrift, in welcher letzteren über die Wirksamkeit der An- 
stalt eingehender Bericht erstattet wird, sollen das Ge- 
dächtnis an die Feier bewahren. 

St Christiania, Am 1. Oktober wurde die Landeskunst- 
ausstellung eröffnet worden; ausgestellt haben 82 Künstler 
mit 181 Kunstwerken; darunter 64 norwegische Maler mit 140 
Bildern; von Skulpturen finden sich nur 14 Werke auf der 
Ausstellung. 

St Breslau, Die Herbstausstellung des Schlesischon 
Kunstvereins ist eröffnet worden. 

St Paris, Der Prinz Lobanoö' hat dem Museum Cama- 
valet eine Sammlung von 6 Aquarellen, die sich auf den 
Prozess MoreauPiohegru-Cadoudal (1804) beziehen, geschenkt 
Oent, Die unter Mitwirkung des belgischen Staates vor 
kurzem eröffnete internationale Kunstausstellung hat sich zu 
einer der bedeutendsten Ausstellungen Belgiens gestaltet 
Künstler Deutschlands, östei-reich- Ungarns, Frankreichs, 
Englands, Hollands, Belgiens, Dänemarks und Norwegens 
haben sich an ihr beteiligt; 1185 Kunstwerke, darunter 894 
Gemälde, sind ausgestellt; überdies 171 Aquarelle und 
Pastellgemälde, 98 Bildhauerwerke und Kupferstiche, Litho- 
graphien und Bauzeichnungen. Da die Säle mit Kunstwerken 
überfüllt sind, so ist es schwierig, eine vollständige Cbereicht 
zu gewinnen. Deutschland ist ganz ansehnlich vertreten und 
weist tüchtige Leistungen auf. Liebermann's Mai'ktbild aus 
Haarlem, in gewohnter Manier und Meisterschaft gemalt, von 
MeckeVs (Karlsruhe) Wasserschöpfer und arabische Schach- 
spieler, Normann*s (Berlin) Sturm am Nordkap und Abend 
an der norwegischen Küste, Vogels (Berlin) Am Meeresufer 
und Marinebild, Schlichting's (Charlottenburg) Ansichten des 
Seebades Hey st, Schröter's (Karlsruhe) Abend am Ufer des 
Michiganseee, Kallmorgen*s (Grötzingen) Dorfbrand und 
grünende Bäume, Vetter's (München) Genrebild, Tacke's 
(Braunschweig) Faust und Mephistopheles in der Walpurgis- 
nacht, die Porträts von Block (München) und Ondrusek 
(Augsburg), Laubmann (München), sind ganz besonders 
hervorzuheben. Die Düsseldorfer Malerschule hat sich 
stark beteiligt; es ragen hervor: die Landschaftsbilder von 
Flockenhaus, Winter und Jemberg, Holländische Dünen, 
Arnz, Stillleben, Schottischer Auerhahn; Sonderland, Unnütze 
Ermahnungen, Bolder, Siesta und Erdmann, Feindesrache. 
Während die Werke deutscher Maler eifrige Würdigung 
finden, haben die von Paris und aus Frankreich eingesandten 
außerordentlich zahlreichen Gemälde eine gewisse Enttäu- 
schung bereitet; fast sämtliche französische Gemälde, unter 
denen es hervorragende Kunstleistungen giebt, waren schon 
in den Pariser Salons ausgestellt. Die Porträts von Bonnat 
(Renan), Ghabas, Dagnan-Bouveret, Besnard, die nackten 
Frauengestalten von Roll, Raffaeli*s Pariser Typen, die schOn 
gestimmten Landschaften von Adolphe und Viktor Binet 
seien besonders erwähnt Mit tüchtigen und zahlreichen 


27 


Ausgrabungen und Funde. — Eunttbistorisches. — Vermischte Nachrichten. 


28 


Eunstleistungen sind die niederlftndischen Maler vertreten; ihr 
Können beweisen namentlich die Landschaften und Genrebilder. 
Unter den ersteren verdienen Mesdag (Haag), ,Die Nacht'', 
Taco Mesdag (Scheveningen) Dünenbild, Roelofs Umgegend 
Haarlems, De Bock (Haag) Ddnen, unter den letzteren Bosch- 
Reitz (Amsterdam) Heringsverkanf in Comuailles — ein 
pr&chtiges packendes Bild, — Breitner „Auf Befehle wartender 
Unteroffizier**, Dekker (Amsterdam) Die Waisenmftdchen Haar- 
lems, Henkes (Yoorburg) Raucher, und de la Mar (Amster- 
dam) holländische Landmftdchen und Bäuerin besondere Er- 
wähnung. Eine tüchtige Leistung ist das von Fräulein Schwarze 
(Amsterdam) ausgestellte Familien -Porträtbild, mit großem 
Können und seltener Fertigkeit gemalt. Der dänische Maler 
Kroyer in Skagen hat nicht nur durch seine Landschafben, 
sondern auch durch sein Porträtbild, welches die französischen 
Ausschussmitglieder in der Kopenhagener Kunstausstellung 
darstellt, einen Erfolg erzielt, einen größeren Erfolg Thaulow 
(London) mit seinen prächtigen Schnee-EfiPekten. Hamiltons 
(Glasgow) schottische Landschaften, Guthrie*8 (Glasgow) Dorf- 
kinder seien besonders erwähnt. Grönvold(ChriBtiania) hat tüch- 
tige Leistungen, wie „Das tägliche Brot" und „Unterbrochenes 
Frühstück**, Smith-Hald (Bergen) ein schön gestimmtes Abend- 
bild am NordQord ausgestellt. Die belgischen Maler, auch 
die YoUlichtmaler, sind vollzählig vertreten. Vanaise's (Brüssel) 
geschichtliches, dem Volkshelden Van Artevelde gewidmetes 
Gemälde ist die bedeutendste Leistung; ihm schließen sich 
Van der Onderaa, die Galerien des Juweelpaud auf dem 
Antwerpner Jahrmarkt des 16. Jahrhunderts, Luyten, der 
Ausstand, ein packendes wildbewegtes Bild einer Versamm- 
lung ausständiger Bergarbeiter, Geets, Marionetten am Hofe 
Margaretha*8 von Österreich, an. L6onFr^eric, stete eigen- 
artige Wege wandelnd, stellte ein geistvoll, aber mystisch 
gehaltenes Triptychon aus, welches im Mittelgemälde die 
„Sainte-Face*S in den Seitengemälden ;,Gott den Vater** und 
den „Heiligen Geist** darstellte. Verstraete, Totenwache in 
den Kempen, Gluysenaer, die vier Reiter der Apokalypse, die 
Landschaften von Claus, Baerteson, Beemaert, Den Duyts, 
Van der Hecht, Stobbaerts, Stallbilder, Van Leempattens 
Rückkehr von der Wallfahrt, Verweers, weidende Kühe, 
Meuniers Bilder aus dem Borinage bekunden das Können 
und Fortschreiten der belgischen Malerschule; auch die 
Porträts von Lalaing, Herbo, Duj ardin sind wertvoll. 
Unter den Aquarellen bleibt die hervorragendste Leistung 
die Ausstellung von Hans Hemnann (Berlin). Sein Amster- 
damer Fischmarkt, die Bäuerin aas Dordrecht und .die 
Dämmerung sind Perlen der Aquarellmalerei. Auch die 
Aquarelle von Staquet (Brüssel), Titz (Brüssel), Hagemans 
(Brüssel), Lhermitte (Paris), van der Waag und Roelofs 
(Haag) sind trefiPlich. Unter den Bildhauerarbeiten, welche 
insgesamt das Können und Vorwärtsstreben der belgischen 
Bildbauer aufs neue erweisen, ragen hervor: die Arbeiten 
von Dillens, Vincotte, van der Stappen, Lambeaux, Gharlier, 
Dubois, Samuel, Derudder und Le Roy. Rodln (Paris) hat 
eine prächtige Marmorbüste von Puvis de Ghavannes aus- 
ge8tellt;'auch eine Büste von Strobl (Pest) verdient Erwähnung. 
Die Regierung und die Stadt Gent haben zum Ankaufe von 
Kunstwerken auf dieser Ausstellung ansehnliche Mittel be- 
willigt. (Vossische Zeitung.) 


AUSGRABUNGEN UND FUNDE. 

St In der Nähe von Bukarest hat man bei Ausgrabungen 
die wohlerhaltenen Trümmer einer Säule gefunden, die im 
Jahre 106 nach Ghristi Geburt errichtet ist. Die Basreliefii 
stellen die Siege Trajans über die Daker dar. 


KUNSTHISTORISCHES. 

\* Dteumfangreiehen Ruinen der seit 1147 entstandenen 
CisterxienseraJbiei Viüers in der Provinz Brabant, die 1796 
zerstört wurde, sind, wie der „Vossischen Zeitung" geechrieben 
wird, von der belgischen Regierung zu dauernder Erhaltung 
angekauft worden. Die Ruinen umfeMsen das im Obergangs- 
stil^ erbaute rechteckige Refektorium, den aus dem 14., 15. 
und 16. Jahrhunderte stammenden, meist gotischen Kreuz- 
gang und die von 1240 bis 1272 im gotischen Stil erbaute 
Kirche. Im Innern befinden sich Grabsteine brabantischer 
Herzoge aus dem 14. Jahrhundert 


VERMISCHTE NACHRICHTEN. 

— Über das kunsthistorische Hofmuseum in Wien 
bringen die „Münchener Neuesten Nachrichten" vom 19. Sept. 
eine Korrespondenz aus Wien, welcher wir die nachfolgenden 
Sätze entnehmen: „Das kais. kunsthistorische Museum hat an 
Stelle des abtretenden Direktors Ritter v. Engerth einen neuen 
Vorstand erhalten in der Person des bisherigen Kustos und 
Direktorstellvertreters August Schaff er. Hatte seiner Zeit die Er- 
nennung Engerths eine gewisse Überraschung hervorgerufen, 
so ist die Wahl Schäffers noch viel schwerer zu erklären.*' — 
„Während in Dresden, Berlin und dem Haag den Museen 
Männer vorstehen, wie Woermann, Bode und Bredius, die 
durch ihre gediegenen Arbeiten und langjährigen Studien 
über alte Kunst sich eines europäischen Rufes erfreuen, ver- 
traut man die Sammlungen des Belvedere einem homo novus 
an, der sich bis vor zehn oder zwölf Jahren überhaupt nicht 
mit alter Kunst beschäftigte. Einem tüchtigen Landschafts- 
maler, der mehr aus Opportunität als aus Beruf sich in das 
neue Fach fand, als Kustos der Akademie der bildenden 
Künste mit Eifer der Sorge um die Galerie oblag, den be- 
gonnenen Katalog aber als Torso zurückließ. Ein ganzes Leben 
gehört dazu, um in dem Labyrinth der Nachahmer das Echte 
zu erkennen, und nirgends ist der Dilettantismus gefähr- 
licher, als bei der Beurteilung von Bildern. Wie soll sich das 
gestalten bei Erwerbungen? Wohl hat es mit diesen seine 
guten Wege. Seit dem Kauf des Triptychons von Gerard 
David von Brügge aus der Sammlung Artaria*s ist nichts 
zur Ergänzung der Galerie angekauft worden, was von Be- 
deutung wäre. Für das genannte Bild hatten sich schon 
vorher so viele Stimmen erhoben, dass' die Verantwortung 
gering war. Aber wenn es gilt, andern Museen zuvorzu- 
kommen, mit raschem Blick das Gute, Seltene zu erkennen und 
zu erwerben, kann man nicht erst eine Enquete einberufen und 
sich den Rücken decken.*' — ,,Sicherheit im Urteile lässt 
sich nicht durch guten Willen ersetzen. Es kann die That- 
Sache nicht weggeleugnet werden, dass man jetzt schon zur 
Erkenntnis gelangt, die Aufstellung der Bilder sei eine 
falsche und müsse geändert werden. Der Schwerpunkt 
unserer Galerie ist die sehr reiche Sammlung von Bildern 
des Rubens. Die bedurfte und bedarf nicht der aufdringlichen 
schwerAIligen Rahmen, gegen deren Verwendung eine fein 
empfindende Direktion Einsprache erheben musste. Der herr- 
liche Ildefonsoaltar steckt in dem bauchigen Barockrahmen 
wie in einem Gürtel von Watte, die Velazquez hängen in 
falschem Licht, die Rembrandts desgleichen, und mittel- 
mäßige, neuhinzugekommene Bilder drängen sich zwischen 
die alten Lieblinge. Das große Publikum braucht eine Füh- 
rung, um es allmählich zur Erkenntnis des Guten and Besten 
zu erziehen« Die wird nicht gewonnen, wenn man das Auge 
verwirrt und Gutes und Alltägliches durcheinander hängt.*' 
Das Auftauchen angeblicher Originalkartdns der Äraxxi 
von Raffael in Russland hat in London viel Btaub au%e- 


29 


Vom Kmurinnarkt. — EniiBtgescliiohtliches. — Dnickfehlerberichtigung. — Zeitechriften. 


30 


wirbelt, da die wirklichen Originale bekanntlich im Souih- 
Kensington Museum aufbewahrt werden. Der Konservator 
der Privatgalerien der Königin, Mr. Robinson, welcher in 
dieser Frage mit Recht als Autorit&t gilt, äußert sich über 
die russischen Funde dahin, dass dieselben weder Kartons 
noch Gobelins seien; es sind thateftchlich nur Kopien in Tem- 
perafarbe auf Leinwand, sicherlich nicht einmal von den 
Londoner Originalen, sondern wahrscheinlich von den Qo- 
belins in Rom kopirt, die in Flandern zu Lebzeiten Raffaels 
für die Siztinische Kapelle angefertigt wurden. Die russischen 
Wiederholungen kamen vor zwei oder drei Jahren Ofifentlich 
in einer Gemäldegalerie in Gockspur-Street zur Ausstellung, 
woselbst es sich erwies, dass sie etwa 150 Jahre später ge- 
schaffen waren als die 1516 auf Befehl des Papstes Leo X. 
von Raffael vollendeten Originale, ürsprflnglich waren es 
bekanntlich zehn Kartons, von denen aber drei, die Steinigung 
des hl. Stephanus, die Bekehrung Pauli und Paulus im 
Kerker zu Philippi, verloren gegangen sind, jedoch in den 
letzten Jahren als Wandteppiche denen von Rom nachge- 
bildet wurden, und sich jetzt ebenMls im South-Kensington 
Museum befinden. Die in „Ford-Abbey'' Herrn Evans ge- 
hörigen Gobelins sind dagegen ein schönes Duplikat, in Arras 
während des 16. Jahrhunderts angefertigt, ebenso wie die 
wundervolle Serie des Berliner Museums. Es scheint, dass 
man in einer Periode vor 150 Jahren nach Herstellung der 
Originale fast in jedem Lande diese letzteren reproduzirte. 
Selbstverständlich repriLsentiren die Nachahmungen alle nur 
denkbaren Rangstufen des Wertes. Auf den Rat von Rubens 
kaufte Karl L von England die Originalkartons und ließ in 
der königlichen Manufaktur von Mortlake mehrere Gewebe 
danach herstellen. Oliver Cromwell ließ bekanntlich alle 
Kunstschätze Karls I. verkaufen, nur diese Raffaels blieben 
verschont, weil er sich persönlich für dieselben interessirte, 
und sie wurden zuerst provisorisch im Whitehall-Palast, später 
durch Wilhelm III. im Hampton-Gourt-Palast untergebracht. 
Die Königin lieh die herrlichen Werke dem South-Kensington 
Museum. Indessen dürfte es unzweifelhaft sein, dass der 
Rauch und schwarze Nebel Londons in absehbarer Zeit den 
kostbaren Stücken sehr nachteib'g werden vnrd, obgleich sie 
sich unter Glas befinden. Die Wandteppiche in Ford-Abbey 
kamen gleichfalls durch Cromwell dorthin; der Lord Protektor 
schenkte sie einem sehr hoch in Gnaden bei ihm stehenden 
Justizbeamten, dem Vorfahren der jetzigen Besitzer. 

V. SOHL. 

St. Londofi, Die Nationalgalerie hat von Lady Hamilton 
neben andern Bildern ein bezeichnetes Bild von Sir Josnah 
Reynolds als Legat erhalten, das die Lady Gockbnm und 
ihre Kinder darstellt und welches nach dem Stiche von 
G. Wilkie unter dem Namen Cornelia und ihre Kinder be- 
kannt ist. 

^ Die evangelische St. Paulus-Pfarrkirche in Frank* 
fürt am Main wird soeben im Innern mit einem von der 
Stadtverwaltung bewilligten Kostenaufwande von 50000 Mk. 
restaurirt und durch ein von dem Bildhauer Rumpf ge- 
schaffenes Reliefbild von Philipp Jakob Spener, dem Senior 
der Frankfurter Geistlichkeit (von 1666 bis 1686), geschmückt. 

s= tt. Freiburg im Breisgau, Am 2. Oktober fand im 
Bahnhofstadtteile, „Stühlinger" genannt, die feierliche Grund- 
steinlegung des Neubaues der Herz-Jesu-Kirche durch den 
Erzbischof Dr. Roos statt. Die Entwürfe zu dieser dritten 
katholischen Pfarrkirche Freiburgs rühren von dem 1891 ver- 
storbenen erzbischöflichen Bauinspektor Franz Bär her und 
es ist nur zu bedauern, dass die nur beschränkt vorhandenen 
Geldmittel Veranlassung sind, bei der Ausführung sowohl 
den Kuppelbau auf der Kreuzung der Schiffe als auch den 


Chorumgang und Kapellenkranz wegzulassen; immerhin 
wird der Kostenaufwand noch 400000 Mk. betragen. Die 
Vorderfront soll zwei Türme erhalten. 


VOM KUNSTMARKT. 

Berlin. Am 25. und 26. Oktober findet bei Rud. Lepke 
eine Versteigening von Ölgemälden und Aquarellen deutscher 
und ausländischer Meirter ersten Ranges, femer einer kleinen 
Kollektion Terrakotten (Tanagrafignren) u. s. w. aus dem 
Besitze des Hofkunsthändlers Fritz Gurlitt in Berlin wegen 
Liquidation des Kunstlagers in der Behrenstrafle statt 

St Ludwig Rosenthals Antiquariat in München ver- 
sendet soeben Katalog 85: Auswahl seltener und kostbarer 
Porträts. Holzschnitt, Kupferstich: Radirung, Schabkunst. 
Porträtwerke. „Mit einem alphabetischen Register der Künst- 
lernamen.*' Demnächst erscheint Katalog 90: Holzschnitt und 
Kupferstich im XV. Jahrhundert. 

St. Soeben erschien im Verlage von Karl W. Hierse- 
mann, Spezialbuchhandlung fUr Kunst- und Kunstgewerbe 
ein reichhaltiger Katalog (Nr. 106), über 3000 Nummern ent- 
haltend, Über Architektur, Ornamentik, Innendekoration, 
Möbel, einschließlich der vom Architekten Heinrich Müller 
in Bremen hinterlassenen Bibliothek. 

KUNSTGESCHICHTLICHES. 

Zu dem Aufsatz über Rembrandts Deekenbild im Amster- 
damer Rathaus (S. 569 des vorigen Jahrgangs) ist nachzu- 
tragen, dass Cornelius Hofstede de Groot nicht der einzige 
gewesen ist^ der den Zusammenhang des Stockholmer Bildes 
mit dem des Amsterdamer Rathauses erkannt hat. Der Ge- 
nannte hat seine Vermutung Herrn Bredius gegenüber ge- 
äufiert, hat aber dann der Besichtigung des Bildes im Amster- 
damer Rathause nicht beigewohnt Bei dieser haben Madsen 
aus Kopenhagen und de Roever unabhängig die gleiche Ver- 
mutung wie Hofstede de Groot ausgesprochen, letzterer hat 
sie zuerst im Nieuwe Rotterdamsche Gourant veröffentlicht 
Dies zur Steuer der Gerechtigkeit p. SCH. 

DRUCKFEHLERBERICHTIGUNG. 

Seite 2 der Kunstchronik Zeile 18 von oben lies Landau 
in der Pfalz statt Landshut i. d. Pf. 


ZEITSCHRIFTEN. 

Allgemeine KmtBtehronlk. 1892. ITr. 21. 

Tatramaler. Von Dr. A. Nossig. — Internationale Kunstans- 
stellong in Manchen. Von H. Peters. — Rosenbain-Albuin. 
Von B. Schäfer. 

Bayerisehe Geirerbeseitong. 1892. Nr. 18. 

Die Reichsgesetze zum Schutze des gewerblichen geistigen 
Eigentums. Von G. Davidsohn. 
L'Art 1892. Nr. 681. 

La oomödie d^a^Jourd'hiii. Yon F. Lhomme. — Les Artistes 
franoais pendant la Revolution. Von H. de Ghenneviöres. 

Zeitsehrlft fVr ehrisfUelie Kunst. 1892. H. 7. Oktober. 

Der Mantel der heil. Elisabeth im Elisabetherinnen- Kloster 
zu Klagenftirt. Von A. Rigl. — Über Oewölbescheiben. Von 
F. Cr Uli. — Kreuskapellchen eq Gnojaa, Kreis Marienbnrg 
(Wpr.). Von Steinbrecht. — Gedanken ttber die moderne 
Maierei. II. Von F. Kopp 1er. 

The Art Jonmal. Oktober 1892. 

Professor Herkomer's School. — English and American Archi- 
tectnre. Von H. Townsend. — John Linnels Country. Von 
A. T. Story. <- The Fnrnishing and Decoration of the house. 
V. Carpets and Curtains. Von A. Vallance. ~ Rambles in the 
isle of ^igth. III. Von M. B. Huish. 

The Magaiiiie of Art. Oktober 1892. 

Jan van Beere. Von M. H. Spiel mann. — Copyright in Works 
of flne Art. In two parte. 11. Considerations and snggestions 
for a new bill. Von G. B. Samuel. — The Dixon bequest at 
Bethnal Green. III. The Engllsb Oil-Paintlngs. Von W. Shaw- 
Sparrow. — Burmese Art and Burmese Artists. IL Von U. 
L. Tilly — Freuch Feeling in parislan pictures. Impressions 
of the Salons. Von B. Hamilton. 


3t 


Inserate. 


32 


Die Italieniscben Photograpliien 

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Für die Redaktion verantwortlich Artur Seemann. — Druck von August Pries in Leipzig. 


KUNST 



/ 


(fA^-o A^ 


RONIK 


WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE. 

AnkQndigung&blatt des Verbandes der deutschen Kunstgewerbevereine. 

HERAUSGEBER: 

CARL VON LÜTZOW und DR. A. ROSENBERG 


WIEN 
Hengassa 68. 


BERLIN SW. 
Teltowerstrasse 17. 


Verlag von E. A. SEEMANN in LEIPZIG, Gartenstr. 15. Berlin: W. H. KÜHL, Jägerstr. 73. 


Neue Folge. IV. Jahrgang. 


^ 


1892/93. 


Nr. 3. 27. Oktober. 


Die Knnstchronik erscheint als Beiblatt zur «Zeitschrift für bildende Kunst* and znm „Ennstgewerbeblatt" monatlich dreimal, in den 
Sommermonaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark and amfasst 83 Kummen. Die Abonnenten der „Zeit- 
schrift für bildende Kunst' erhalten die Kunstchronik gratis. — Für Zeichnungen, Manuskripte etc., die unverlangt eingesandt werden, 
leisten Redaktion und Terlagshandlung keine Qew&hr. Inserate, ä 80 Pf. fttr die dreispaltige PetitKeile, nehmen außer der Verlagshand- 
lung die Annoncenexpeditionen von Haasenstein h Yogler, Bad. Messe u. s. w. an. 


RUBENS' HEILIGE CÄCILIE 

IM BERLINER MUSEUM, GESTOCHEN 

VON G. EILERS. 

Das ganz von Rubens' eigener Hand gemalte 
Bild der Berliner Galerie, das die heilige Patronin 
der Musik unter der Gestalt der zweiten Gemahlin 
des Meisters in der reifen Fülle ihrer Schönheit dar- 
stellt, darf sich eines Stammbaums rühmen, der bis 
in Rubens' Werkstatt zurückführt. Es kann keinem 
Zweifel unterliegen, dass das Berliner Bild mit jenem 
identisch ist, das in dem gedruckten Verzeichnis 
des zur öffentlichen Versteigerung bestimmten, künst- 
lerischen Nachlasses des Meisters unter Nr. 93 auf- 
geführt ist. Wie manch anderes Bild, das Helena 
Fourment in ihrer wirklichen Erscheinung oder in 
einer allegorischen oder mythologischen Verkleidung 
wiedergab, hatte er auch dieses zu eigener Augen- 
weide in seiner Werkstatt zurückbehalten. Überdies 
muss es auch, wie die malerische Behandlung deut- 
lich erkennen lässt, erst in den letzten Lebensjahren 
seines Schöpfers entstanden sein, wie Rooses an- 
nimmty 1639 oder 1640. Jedenfalls hat Rubens noch 
die Zeit gefunden, an eine Reproduktion des Bildes 
durch den Kupferstich zu denken, mit der er Jan 
Witdoeck beauftragte. Wie wir aus einem Briefe 
des Druckers Balthasar Moretus wissen, war Wit- 
doeck der einzige Stecher, den Rubens in den letzten 
Jahren seines Lebens noch regelmäßig beschäftigen 
konnte, weil seine zunehmende Handgicht ihn hin- 
derte, mehr Vorlagen für andere Stecher anzufertigen 
und ihre Probedrucke zu retouchiren. Dieser letzte 
Stecher, der unter Rubens' Leitung gearbeitet hat, 


war leider auch der schwächste. Aber er kam we- 
nigstens den damaligen künstlerischen Anschauungen 
des Meisters insofern entgegen, als er sich auf starke 
malerische Wirkungen verstand. Über dem Stiche 
der heiligen Gäcilie hat aber noch ein besonderer 
Unstern gewaltet, da er offenbar nicht mehr bei 
Rubens' Lebzeiten vollendet worden ist. Denn er 
trägt nicht, wie Witdoecks andere Hauptblätter, das 
dreifache Privileg, jene dem Künstler vom Könige 
von Frankreich, den Regenten Belgiens und den 
holländischen Generalstaaten erteilte Schutzmarke, 
durch die Stiche nach Rubens' Werken als unter 
seiner Aufsicht und Mitwirkung entstanden beglau- 
bigt werden. Daraus erklärt sich auch, dass der 
Kopf der Heiligen keine Spur von der tiefen Be- 
seelung, von der heiligen Begeisterung, womit ihn 
Rubens ausgestattet, wiedergiebi Im übrigen hat 
sich Witdoeck aber sehr eng an das. Urbild ange- 
schlossen, nur mit dem Unterschied, dass sein Stich 
das Original von der Gegenseite reproduzirt. 

Das Bild gehörte nicht zu denjenigen, die nach 
Rubens' Tode zur öffentlichen Versteigerung kamen. 
Wie Genard aus Urkunden mitgeteilt hat, erhielt es 
ein Herr van Ophem zum Geschenk, weil er bei dem 
Verkauf von 29 Bildern an den König von Spanien 
gute Dienste geleistet hatte. Nach den Ermittelungen 
von Rooses (L'oeuvre de P. P. Rubens H. p. 240) 
tauchte es wieder bei der am 30. Juli 1742 in Paris 
erfolgten Versteigerung der Sammlung des Prinzen 
von Carignan auf. Es wurde für 10000 Livres ver- 
kauft, vermutlich an den Herzog von Tallard; denn 
bei der Versteigerung von dessen Sammlung am 
22. März 1756 ging es für 20050 Livres in den Be- 


35 


Die Zimbabwe-Ruinen. 


36 


sitz des Königs Friedrich II. von Preußen über, aus 
dem es in das Berliner Museum gekommen ist. 

Als Professor Gustav Eilers, der sich durch eine 
Reihe höchst fleißiger Grabstichelblätter, vornehmlich 
durch die mustergültige Reproduktion des Morett und 
des Kaufmanns Gyze nach Holbein bekannt gemacht 
hat, an die Aufgabe ging, von der heiligen Cäcilie die 
erste würdige Übersetzung in die Ausdrucksweise der 
schwarzen Kunst zu geben, war er sich von vornherein 
klar darüber, dass dieser feinen Blüte des Rubens*- 
sehen Kolorismus mit dem Grabstichel nicht beizu- 
kommen ist. Er wandte deshalb eine kombinirte 
Technik an, indem er zunächst das ganze Bild ra- 
dirte und dadurch etwas der Untermalung Adäquates 
schuf. Dann nahm er den Grabstichel zur Hand 
und brachte damit namentlich in den Fleischpartien, 
im Antlitz und im Halse der Heiligen und in den 
nackten Körpern der Engelsbübchen jenen leuchten- 
den Schmelz, den das kräftige Impasto des Meisters 
dem Urbilde verliehen, zur vollen Anschauung und 
Wirkung. Endlich half er noch mit der kalten 
Nadel nach, und aus der Verbindung dieser Methoden 
ist eine Reproduktion erwachsen, welche die durchsich- 
tigen Schatten, die Reize des Helldunkels und die 
unendliche Mannigfaltigkeit der ineinander über- 
fließenden Halbtöne ebenso treu widerspiegelt, wie 
die in volles, blondes Licht getauchten Stellen, ohne 
dass letztere aus der bezaubernden Harmonie des 
Farbenkonzerts herausfallen. ^) 

Es ist merkwürdig, dass auch dieser zweite 
Stich nach der heiligen Cäcilie einem Missgeschick 
begegnet ist. Als die Arbeit des Stechers schon 
ziemlich weit vorgerückt war, wurde das Bild einer 
Reinigung unterzogen, und dabei ergab es sich, dass 
es an manchen Stellen, namentlich in der Gewandung 
der Heiligen, durch Übermalungen, vermutlich im 
vorigen Jahrhundert, verunstaltet worden war. Nach- 
dem diese Zuthaten beseitigt worden waren, erschien 
die Handschrift des Meisters in ihrer ursprünglichen 
Reinheit, deren Echtheit übrigens durch einen Ver- 
gleich mit dem alle Äußerlichkeiten genau wieder- 
gebenden Witdoeck'schen Stiche bestätigt wird. Da- 
nach war Eilers genötigt, seine Arbeit einer gründ- 
lichen Umwandlung zu unterziehen, die für ihn aber 


den Vorteil hatte, dass er noch tiefer in den Geist 
des Rubens'schen Stils in seiner höchsten Entwick- 
lung eindringen konnte. 

ADOLF R08ENBERQ. 


1) Das Blatt, dessen StichgröOe 60: 44 cm beträgt, ist 
in zwei Abdrucksgattungen, in 60 Frühdrucken auf echt 
Chinapapier mit Rubens* Bildnis als Marke und in Schrift- 
drucken auf Chinapapier, im Selbstverlage des Stechers er- 
schienen. Den Vertrieb hat die Kunsthandlung von Paul 
Bitte in Berlin übernommen. 


DIE ZIMBABWE-RUINEN. 

Mr. Theodor Bmtj der wohlbekannte Afrika- 
reisende und Archäologe, hielt bei Gelegenheit des 
Orientalistenkongresses in London einen längeren Vor- 
trag über seine Forschungen und Ausgrabungen der 
Zimbabwe-Ruinen. Er war bei deren Vornahme von 
seiner Gemahlin b^leitet, die unerschrocken alle 
Gefahren teilte und speziell alle photographischen 
Aufnahmen machte. Westlich des Sabaefiusses sind 
zahlreiche Komplexe von Ruinen über das ganze 
Land zerstreut. Derjenige Teil der Ostküste Afrikas, 
der heute Sofala genannt wird und unter portugie- 
sischer Herrschaft steht, wurde einst als das Land 
Ophir und Sitz der Königin von Saba angesehen, 
ob mit Recht, kann auch heute noch nicht ent^ 
schieden werden; indessen der uralte Name „Sabae- 
äuss*' lässt eine gewisse Ideenverbindung als gerecht- 
fertigt erscheinen. Die von dem Reisenden entdeckten 
Ruinen liegen 15 englische Meilen von dem Fort 
Viktoria entfernt Die großen Zimbabwe-Ruinen 
nehmen einen sehr bedeutenden Flächenraum ein und 
bestehen aus einem massiven, kreisförmigen Gebäude 
auf einem mäßigen Hügel, von wo aus sich ein weit 
verzweigtes Netz von Baulichkeiten das Thal ent- 
lang zieht, während auf einer 400 Fuß hoch ge- 
legenen Felsenplatte in ungeheurer Ausdehnung eine 
labyrinthartige Festung angelegt ist Die Höhe der sie 
umgebenden Mauern beträgt 30 Fuß, ihre Dicke 
16 Fuß, und zwar in so regelmäßiger und mühsamer 
Konstruktion, dass man dieselbe wohl sicher als 
Sklavenarbeit ansehen kann, da Zeitdauer kein Hin- 
dernis gewesen zu sein scheint Viele Beweise 
deuten darauf hin, dass in den aufgefundenen Türmen 
die Kultusceremonien stattfanden. 

Die Festung umschloss in der Mitte einen Tempel, 
in dem Gefäße aus Diorit-, Speck- und Seifenstein 
standen, die mit Figuren und Jagdscenen bemalt 
waren. Die interessantesten Entdeckungen knüpfen 
sich an die frühere Goldgewinnung. Dass Gold hier 
in großen Mengen vorhanden gewesen sein muss, 
ist mit Sicherheit zu behaupten ^ da selbst minder- 
wertige Waffen und geringfügige Gegenstände aus 
anderen Metallen gelegentlich mit Gold reparirt 
sind. Als Resultat der Entdeckungen hält der 
Forscher folgendes für höchst wahrscheinlich: die 




37 


Die Gemälde des Zeitblom und Scbülein in der ungarisclien Landesgalerie. — Bücberscbau. 


38 


Ruinen gehören nach ihrer Bauart, Herstellungsweise 
und Eigenart keinem bisher bekannten afrikanischen 
Stamme an, jedenfalls zeugen sie aber von einem hoch- 
entwickelten und civilisirten Volke, welches Gold 
produzirte und zum Schutz hierfür die befestigte 
Stadt angelegt hatte. Die vorgefundenen Überreste, 
so namentlich schönes arabisches Glas, kleinere Vögel 
als Amulette, deuten auf Arabien, Asien und das 
graueste Altertum hin; ebenso stellen die steinernen 
Vögel die assyrische Astarte oder Venus, jedenfalls 
das weibliche Element in der Natur, vor. Die großen 
Zirababwe-Ruinen sind nicht phönizischen, wohl aber 
vor - mohammedanisch - arabischen Ursprungs , dann 
aber tritt unverkennbar persischer Einfluss hervor. 
Forts ähnlicher Art, wie die Hauptruinen, sind im 
ganzen Lande zerstreut. r. SOHL, 


DIE GEMÄLDE DES ZEITBLOM UND SCHÜ- 
LEIN IN DER UNGARISCHEN LANDES- 
GALERIE. 

Jahrzehnte lang und bis in die neueste Zeit 
haben die Tafeln mit dem Tod der Maria und den je 
drei Heiligen daneben als inschriftlich beglaubigte 
Werke Zeitblom's und Schtilein's gegolten. Diese 
Tafeln stanmien aus Münster bei Augsburg und 
waren eine Zeitlang im Besitz Ipolyi's, der sie der 
ungarischen Landesgalerie tibermachte. Ein genaues 
Studium der Inschriften auf diesem Mtinsterer Altar- 
werk veranlasste mich, in meinen «Kleinen Galerie- 
studien" (S. 248 ff.) die angebliche Bezeichnung mit 
den Künstlernamen für falsch zu erklaren. „Was 
man . . . heute auf den Tafeln liest, stammt wohl 
kaum aus Münster, sicher nicht aus Zeitblom's Werk- 
stätten sondern ziemlich wahrscheinlich aus der Zeit 
der Boisserde, der Zeit von Grün eisen und Mauch, 
aus der Zeit des Restaurators Eigner. ** Nun finde 
ich nachträglich in Naumann's Archiv für die zeich- 
nenden Künste (VI, 1860, S. 18) eine Mitteilung 
E. Harzen's über die Münsterer Tafeln, die meinen 
Hinweis auf den verdächtigen Eigner überaus kräftig 
stützt. „Das erwähnte Flügelbild" (so heißt es von 
jenem angeblich signirten Flügel mit S. Gregorius, 
Johannes Evangelista und Augustinus) „befand sich 
noch im vorigen Jahre im Atelier des Herrn Konver- 
sators Eigner zu Augsburg aufgestellt, dessen Güte 
ich die Mitteilung der betreffenden Partikularien ver- 
danke." Hier hätten wir's also: die Inschriften mit 
den Künstlernamen stammen fast sicher von Eig- 
neres geschickter Fälscherhand, die demnach in die 
Zeitblom-Schülein- Frage, mutatis mutandis,eine ähn- 


liche Unordnung gebracht hätte, wie ehedem auch 
in die Holbeinfrage durch die berüchtigte Inschrift 
auf einem der Augsburger Bilder. Also, Ehre dem 
Eigner'schen Andenken! 

Über die Identität des Altarwerkes aus Münster, 
das durch Eigneres Hände gegangen ist, mit den 
Tafeln, die gegenwärtig in der ungarischen Landes- 
galerie zu sehen sind, giebt es keinen Zweifel, da 
Harzen's Beschreibung hinreichend genau ist, um 
eine Verwechslung auszuschließen. 

Wien, 27. August 1892. 

Ih\ TIL V. FRIMMEU 


BÜCHERSCHAU. 

Die Kwistlefire Daniels und Giott6*s Kunst Antrittsvor- 
lesung von n. Janitschek, Leipzig, Brockhaus 1892. .Sl S. 8. 

* Im Eingange beschäftigt sich der Autor mit der Bc- 
griifsbestimmung und den Aufgaben der Kunstgeschichte und 
definirt diese mit seinem Vorgänger Anton Springer als 
y, einen Ausschnitt aus der Geschichtskenntnis eines Volkes, 
einer Zeit", in dem nicht bloß die Gesetze darzulegen sind, 
„unter welchen das Schöne keimt und ausreift'S sondern 
durch den ,,auch Auge und Seele für die Wahrnehmung des 
Schönen in den Kunstwerken der Vergangenheit und Gegen- 
wart'* erzogen werden sollen. „Das Kunstwerk ist nie etwas 
anderes als ein durch die künstlerische Anschauung revi- 
dirtes Stück Natur.'* Und da die künstlerische Anschauung 
nicht bloß von dem Temperament des Künstlers abhängig, 
sondern auch durch Ort und Zeit bedingt ist, müssen diese 
bestimmenden Faktoren durch die Kunstgeschichte genau 
erforscht werden, um den richtigen Standpunkt für die Wür- 
digung der Kunsterscheinungen zu gewinnen. — Für die 
Kunst Giotto^s, zu deren Betrachtung Janitschek dann über- 
geht, ist die Kunstlehre Dante's längst als grundlegendes 
und erklärendes Element nachgewiesen. Schnaase besonders 
hat die innere geistige Verwandtschaft beider treffend er- 
örtert. Aber die künstlerischen Anschauungen des großen 
Dichters blieben im einzelnen noch schärfer zu präzisiren 
und auf ihre Wurzeln sowohl in den Stimmungen seiner 
Zeit als auch in den Systemen seiner Vorgänger zurückzu- 
führen. Dies bildet den weiteren Inhalt des Janitschek'schen 
Vortrags. Die Untersuchung gipfelt in den Sätzen: „Dar- 
stellen kann der Künstler (nach Dante^s Lehre) nur, was er 
innerlich zu erleben vermag. Lebenswahrheit ist das höchste 
Ziel des Künstlers.'* Da liegen die tiefen Analogieen mit der 
Kunst Giotto's. Während die Kunst des Mittelalters Hand- 
werk blieb und es auch durch Cimabue nur zu der erhaben- 
sten Stufe strenger T^pik brachte, beginnt in Giotto zum 
erstenmal die Seele des künstlerischen Individuums sich zu 
regen; „energische Mitempfindung durchdringt den evange" 
lischen oder legendarischen Stoff**; darin wetteiferte Giotto 
als Maler mit Dante als Poeten; er entdeckte „die Natur der 
Seele für die Malerei, wie Dante für die Dichtung", und darf 
deshalb an die Spitze der Künstler des Rinascimento gesetzt 
werden, wenngleich erst seinen Nachfolgern, den Meistern 
des Quattrocento, die „Entdeckung der äußern Natur", und 
damit die volle Befreiung von den Fesseln des mittelalter- 
lichen Stils gelang. Jene Wahrheit in der Schilderung des 
Seelenlebens aber, „die Energie in den Ausdrucksformen'*, 
hat die Zeitgenossen so begeistert, dass sie die äußerlichen 


39 


Kunstlitteratur. — Nekrologe. 


40 


Mängel der Darstellungen Giotto's ganz übersahen und ihn 
als den Begründer des „stile nnovo" priesen. Wir kunst- 
geschichtlichen Betrachter müssen gleichsam zu Zeitgenossen 
Giotto's werden, um zu empfinden, welche Künstlerkraft sich 
in ihm birgt. — Und dies gilt von allen Meistern, von denen 
der Gegenwart wie von denen der Vergangenheit: den Genius 
begreift nur, wer sich ehrfürchtig in sein Wesen und Wer- 
den vertieft. 

Das Kunstverständnis ron heide. München, C. Fritsch. 
1892. 67 S. 8. 

* Diese anonym erschienene kleine Schrift, als deren 
Verfasser wir wohl einen Münchener Maler der jüngeren 
oder mittleren Generation anzunehmen haben, enthält in 
etwas umständlicher Form so mianche gute Gedanken und 
gesunde Grundanschauungen, dass wir sie den Lesern und be- 
sonders unsern maßgebenden Kunstbehörden zur Beachtung 
empfehlen möchten. Der Autor klagt über die niedrige Stufe 
des heutigen Kunstverständnisses, im Vergleiche mit dem 
weitverbreiteten Sinne für Musik und Litteratur, und be- 
schäftigt sich eingehend mit den Mitteln, diesen Zustand zu 
verbessern. Vor allem wünscht er das Publikum darüber 
gründlich aufgeklärt zu sehen, dass es nicht im Gegenständ- 
lichen, „Begebenheitlichen'* (wie er sagt), sondern allein in 
der Art der Darstellung den Wert der Kunst suchen müsse. 
„Die Schönheit im Leben und die Schönheit in der Kunst 
sind 7wei grundverschiedene Dinge.'' Für die Malerei ist 
das „Prinzip der reinen KoloristiV das einzige wahrhaft 
moderne Prinzip. — Dann sei mehr für den fertigen Künstler 
zu thun, nicht alles und Übermäßiges für den lernenden. 
Die Kunst braucht nicht nur Schulen und Stipendien, sondern 
vornehmlich Aufträge. Ohne diese müsse sie verkümmern. 
— In Sachen des Ausstellungswesens eifert der Autor lebhaft 
gegen die übertriebene Ausländerei. Diese müsse den Aus- 
ländem selbst verächtlich vorkommen. „Die übermäßige 
Bevorzugung der fremden Kunst hat bei uns schon einmal, 
in der zweiten Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts, die 
heimische Kunst zu Fall gebracht" — Nicht ohne Berech- 
tigung fuhrt der Autor Klage über die Präponderanz der 
Architekten im modernen Kunstschul- und Gewerbewesen. 
Er will, dass Maler und Bildhauer auch in diesen öffent- 
lichen Angelegenheiten mitraten sollen. Der künstlerische 
Greist der Architektur selbst werde gewinnen, wenn Maler 
und Bildhauer den Einfluss auf ihr Schaffen zurückgewännen, 
den sie in der Renaissance besessen. Am geföhrlichsten aber 
sei das in unserer Zeit so häufige Dreinreden von Laien bei 
der Entscheidung der höchsten Kunstfragen. „Das Höhere 
und Höchste zu verstehen, ist nicht Sache jedes gewöhn- 
lichen Menschen, ebenso wie es für einen gewöhnlichen Vogel 
schwer sein möchte, einem Adler in seinem Fluge zu folgen.** 

* „Die Baukunst der Griechen'* von Josef Dwrm, eine der 
für unsere Leser besonders wichtigen Abteilungen des be- 
kannten, bei Bergsträßer in Darmstadt erscheinenden „Handi- 
buchs der Architektur*', ist soeben in neuer, vollständig um- 
gearbeiteter Gestalt erschienen. Das Decennium, welches seit 
der ersten Ausgabe des Buches (1881) verflossen ist, hat uns 
u. a. die epochemachenden Funde von Tiryns und Pergamon, 
die großen Publikationen über Olympia und Kleinasien und 
eine Reihe von Einzelforschungen und systematischen Werken 
über die hellenische Architektur gebracht» so dass die ältere 
Durm'sche Behandlung des Gegenstandes sich als an Haupt und 
Gliedern unzureichend erwies. Der Verfasser begnügte sich 
jedoch nicht mit einer sorgfältigen Ausnützung der neuesten 
Litteratur für die Zwecke seines Buches, sondern verschaffte 
sich selbst auch erneute Autopsie der klassischen Denk- 
mälerstätten; er war demnach in der Lage, den modernen 


Pfadfindern kritisch nachzugehen und ihre Resultate teils 
nach eigener Anschauung zu bestätigen, teils zu ergänzen 
und zu berichtigen. Der Umfang der zweiten Auflage ist 
auf 38G Seiten angewachsen (gegen 247 der ersten). Auch 
die Illustrationen sind durch viele neue, zum Teil von Durm 
nach der Natur gezeichnete Stücke vermehrt. Eine ganz 
besonders wertvolle Beigabe bildet das von dem rühmlichst 
bekannten Archäologen Prof. Dr. F,von DuJm in Heidelberg 
herrührende, musterhaft gearbeitete Register. Dasselbe ent- 
hält nicht nur die alphabetisch geordnete Übersicht über alle 
in dem Buche behandelten Ortschaften und Denkmäler, 
sondern in klein gedruckten Seitenkolumnen aubh ein voll- 
ständiges Verzeichnis der dazu gehörigen wichtigeren Litte- 
ratur, unter Ausschluss des Veralteten und unter Weglassung 
der bekannten Handbücher und Nachschlagewerke. Alles in 
allem genommen, löst das Durm'sche Buch in der vorliegen- 
den zweiten Bearbeitung die ihm gestellte Aufgabe, uns von 
der Architektur der Griechen ein klares, wissenschaftlich 
begründetes Bild zu geben, in vorzüglicher Weise, und darf 
allen Architekten, Archäologen und Schulmännern aufs 
wärmste empfohlen werden. 

Die Schönheit. Vortrag von Dr. Gustav Ghgau, o. Prof. 
d. Philosophie. Kiel und Leipzig, Lipsius & Tischer. 1892. 
26 S. 8. 

* Der Vortrag wurde im Saale der höheren Mädchen- 
schule zu Kiel zum Besten des Gustav-Adolf- Vereines gehalten, 
und hieraus erklärt es sich wohl, dass der Ton mehr dem 
des protestantischen Kanzelredners als des ordentb'chen Pro- 
fessors der Philosophie entspricht. Mit den Grundanschau- 
ungen des Autors können wir uns übrigens einverstanden 
erklären. Er tritt mit Wärme für einen lebensvollen Idealis- 
mus ein, wie ihn die Kunstheroen aller Zeiten lehren. „Körper, 
Farben, Töne" — sagt er — „sind nicht an sich selbst schön ; 
sie sind es nur, wenn und soweit sie die Bewegung des Lebens 
ausdrücken, das aus verborgenen Tiefen in die Erscheinung 
triti** Seine Beispiele und Gitate wählt der Autor am liebsten 
aus der Bibel, aus Schiller und Beethoven. Von Goethe 
schweigt er! 


KUNSTLITTERATUR. 

St. Von d&r Bibliothequs de V Enseignement des Bcaux-Arts 
ist soeben ein neuer Band erschienen und zwar von L. Palustre : 
Die Architektur der Renaissance. Das Buch ist mit zahlreichen 
Abbildungen nach photographischen Aufnahmen des Ver- 
fassers geschmückt. 


NEKROLOGE. 

*^* Der Berliner Architekt Julius Hennicke ist am 
14. Okt. zu Konstanz im 61. Lebensjahre gestorben. Im 
Verein mit seinem langjährigen Kompagnon van der Hudci 
dem zumeist die künstlerische Gestaltung der Aufgaben oblag, 
hat er in Berlin seit dem Ende der sechziger Jahre eine Reihe 
von Monumentalbauten, Wohnhäusern und Villen geschaffen, 
unter denen die großen Gasthäuser: Kdiserhof, Centralhotel 
und Habsburger Hof, das Haus des Ofiflziersvereins und das 
Lessingtheater die hervorragendsten sind. Als Schüler Hitzig's, 
unter dessen Leitung er den Börsenbau ausführte, hat er sich 
zumeist in den Formen der italienischen Renaissance, später 
auch, wie z. B. in der inneren Ausschmückung des Lessing- 
theaters, im Rokokostil bewegt. 

*,* Der Geschichtsmaler Heinrich AinmiiÜer^ ein Sohn 
des Glasmalers Max Ainmüller, ist am 7. Oktober in Salzburg 
im 55. Lebensjahre gestorben. In der Münchener Glas- 


41 


Personalnachrichten. — Wettbewerbungen. — Sammlungen und Ausstellungen. 


42 


malereianstalt hatte sich Ainmüller unter der Leitung seinefl 
Vaters in dieser Technik ausgebildet, zugleich aber auch den 
Unterricht von Heinrich Hess genossen, um den monumen- 
talen Stil den Bedingungen der Technik anzupassen. In 
dieser Absicht hat er zahlreiche Kartons för Glasfenster ge- 
zeichnet, die für Kirchen in England, Schottland, Süddeutsch- 
land und für den Vatikan zu Rom ausgeführt worden sind. 
*^* Der norwegische OesehiehUviakr Peter Arbo, der sich 
seit 1852 in Düsseldorf bei Karl Sohn und sp&ter (von 1861 bis 
1870) in Paris gebildet hat, ist am 14. Okt. zu Ghristiania 
im Alter von 61 Jahren gestorben. Einige seiner Hauptwerke, 
„die Walkuren**, „die wilde Jagd" und „der Asgardsreigen", 
besitzt die Nationalgalerie in Ghristiania. Andere sind „der 
Tod Rolf Krakels** und „die Krönung Karl 's XV. im Dom zu 
Drontheim". Als Direktor der Zeichen- und Handwerkerschule 
in Ghristiania hat sich Arbo auch um die Förderung des 
Kunstunterrichts in Norwegen verdient gemacht. 

\* Der Schriftsteller Otto Baischy ein Bruder des Malers 
Hermann Baisch, ist am 16. Oktober in Stuttgart, wo er die 
Stelle eines Redakteurs von „Über Land und Meer'' inne 
hatte, im 53. Lebensjahre gestorben. Er war ursprünglich 
Maler, ging aber bald zu litterarischer Thätigkeit über, die 
sich vorzugsweise auf dem Gebiete der Kunstkritik bewegte. 
Er hat auch einen wertvollen Beitrag zur Kenntnis der 
neueren deutschen Kunstgeschichte in dem Buche „Jobann 
Ghr. Reinhart und seine Kreise'* (Leipzig 1882, Seemann) 
geliefert. 


PERSONALNACHRICHTEN. 

*^* Dem Kupferstecher und Radirer Geyger in Berlin 
ist die Stelle eines Lehrers an der Akademie der bildenden 
Künste in Dresden mit dem Titel Professor unter gleich- 
zeitiger Ernennung zum Mitgliede des akademischen Rates 
übertragen worden. 

*^* Dr. Wolfgang von Oeitingen, Privatdozent an der 
Universität zu Marburg, ist als Professor der Kunstgeschichte 
an die Kunstakademie zu Düsseldorf berufen worden. Er 
wird sein Amt schon im November antreten. Ursprünglich 
Litterarhistoriker, hat sich von Oettingen später der Kunst- 
wissenschaft zugewendet, in der er sich vornehmlich durch 
seine Studien „über das Leben und die Werke des Antonio 
Averlino genannt Filarete" (Leipzig 1888) und durch seine 
Ausgabe des Filarete^schen Traktats über die Baukunst in den 
„Quellenschriften zur Kunstgeschichte" bekannt gemacht hat. 
Durch seine Berufung ist die Düsseldorfer Frage in der Rich- 
tung gelöst worden, welche die „Kunstchronik" in Nr. 27 
des vorigen Jahrgangs vertreten hat. 

*Dr. H. Dollmayr , unser geehrter Mitarbeiter, der in 
letzter Zeit als Hilfskraft am Kupferstichkabinett der kais. 
Hofbibliothek in Wien angestellt war, wurde in provisorischer 
Eigenschaft an die dortige kais. Gemäldegalerie berufen. 
Wir begrüßen die Ernennung des tüchtigen jungen Kunst- 
gelehrten deshalb mit doppelter Freude, weil dadurch zum 
erstenmal nun auch an dieser Galerie mit dem veralteten 
Usus gebrochen wird, nur Maler, Kupferstecher oder Dichter 
mit der Verwaltung einer Gemäldesammlung zu betrauen. 
Vivat sequens! 


ÖENKMÄLER. 

= tt. Baden-Baden. Am 30. September wurde das von 
Professor Josef Kopf in Rom geschaffene , aus einer Porträt* 
büste von karrarischem Marmor auf entsprechendem Posta- 
mente bestehende Denkmal der verstorbenen Kaiserin 
Augusta an der Lichtenthaler Allee, feierlich enthüllt. 

*^,* Denkmäler Chronik. Ein bronzenes Reiterstandbild 
Kaiser Wilbelm^s 1., das nach dem Modelle des Bildhauers 
Reusch, Professors an der Kunstakademie in Königsberg, ge- 
gossen worden ist, ist am 18. Oktober in Siegen enthüllt 
worden. — An demselben Tage fand die feierliche Ent- 
hüllung des Denkmals Kaiser Friedrich*s in Spandau in Gegen- 
wart Kaiser Wilhelm*s II. statt. Der Schöpfer des Denkmals 
ist der Berliner Bildhauer Albert MantJte. Das 2,(55 m hohe, 
in Bronze gegossene Standbild des Kaisers erhebt sich auf 
einem 3 m hohen Sockel aus rotem schwedischen Granit, dessen 
Unterbau zwei Granitstufen bilden. Kaiser Friedrich trägt 
die Uniform der Königin-Kürassiere mit Kürass und Helm 
auf dem Haupt Die rechte Hand hält wagerecht den Feld- 
marschallstab. Der linke Arm stützt sich auf den Pallasch, 
dessen Griff die Hand umspannt. Das Haupt des Kaisers ist 
leicht erhoben und sein Blick folgt dem Lauf der Havel. 
An der Vorderseite des Postaments ist die Widmungsinschrift 
angebracht Die drei anderen Seiten des Sockels tragen 
Reliefs aus dem Leben des Kaisers und seinen Beziehungen 
zu Spandau. Das erste stellt den Kaiser dar, wie er, begleitet 
vom Oberförster Ganzler, von der Jagd aus dem Spandauer 
Stadtforst zurückkehrt und ihm von seiner Gemahlin ein 
Erfrischungstrunk kredenzt wird. Das zweite zeigt Kaiser 
Friedrich, wie er mit seinem Sohne, dem Prinzen Heinrich, 
gelegentlich eines Waldbrandes in dem Forst am 16. April 
1881 werkthätige Hilfe leistet, und das dritte Relief bezieht 
sich auf die Übersiedelung des todkranken Herrschers von 
dem Gharlottenburger Schloss nach dem Neuen Palais bei 
Potsdam, wie er auf der Dampfjacht „Alexandra" Spandau 
xmd die Gharlottenbrücke passirt. 


SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN. 

Ln Änschluss an die Ausstellung von Wohnungseiur 


* * 


WETTBEWERBUNGEN. 

St. Stuttgart. Im Kunstgebäude sind die preisgekrönten 
Entwürfe zum Kaiserdenkmal von Klein und Bonisch aus- 
gestellt 


richtwigen und verwandter Gewerbe, welche in Berlin von 
Mitte August bis Mitte Oktober stattgefunden, hat der Di- 
rektor der Sammlungen des Kunstgewerbemuseums in Ber- 
lin, Prof. Julius Lcssing^ am 12. Oktober im dortigen Verein 
für deutsches Kunstgewerbe einen Vortrag über moderne 
Möbel gehalten, dem wir nach den Berichten Berliner Blätter 
folgendes entnehmen: Die Ausstellung habe das Gute, zu 
zeigen, womit der Markt gefuttert wird. Mit starrem Staunen 
sehe man die Überfullung der Formen mit Schmuckorna- 
mcnten. Noch vor dreißig Jahren hatten die Möbel, die 
damals mit Vorliebe aus Mahagoni hergestellt wurden, ein 
ziemlich kahles Gepräge. Dann trat ein Aufschwung ein, 
eine moderne Renaissance. Publikationen und Sammlungen 
wurden dem Handwerker zur Verfügung gestellt. Schwer 
zugängliche Stücke der Möbelkunst früherer Jahrhunderte 
wurden Gemeingut des Volkes. Darin lag aber schon der 
Keim des Obels, an dem wir jetzt kranken. Das Handwerk 
nahm die dekorativen Motive der Kunstwerke des Mittel- 
alters ohne Verständnis auf, und das führte zur Überladung 
und Übersättigung mit Formen. Die als Muster dienenden, 
aus früheren Jahrhunderten erhaltenen Stücke sind aber 
keine Gebrauchsmöbel, sondern mit besonderem Fleiß zu be- 
sonderen, mehr dekorativen Zwecken hergestellte Sachen 
gewesen, die eben deshalb nicht verbraucht wurden, sondern 


43 


Sammlungen und Ausstellungen. 


44 


auf unsere Zeit gekommen sind. Nur solche werden ge- 
sammelt und gesehen. Die auf unsere Zeit gekommenen 
gotischen Stühle z. B. waren gar nicht für Wohnungszwecke 
hergestellt, sondern ihre hohen Lehnen, ihre Spitzen, Kanten 
und Schnörkel sollten der Würde und dem Stil des Gottes- 
hauses entsprechen, für das sie bestimmt waren. Ahmt man 
sie heute für den täglichen Gebrauch nach, so fordert das nur 
den Spott heraus. Für diese Erkrankung unserer Geschmacks- 
richtung ist aber nicht nur das Tischlergewerbe, sondern 
noch mehr die Prunksucht des Publikums verantwortlich zu 
machen. Jeder will auch in seiner Wohnung mehr scheinen 
als er ist, und so möchte eine Einrichtung für 1000 M. aus- 
sehen, als ob sie 10000 Mark kostete. Mit einer System- 
oder Stiländening kommen wir aus dem Übel nicht heraus. 
Bei Renaissance wie bei Rokoko oder Gotik sind die gleichen 
Übelstände. Wir müssen die Forderung aufstellen, dass 
Möbel gebaut werden ohne jede historische Rücksicht, bloß 
im Hinblick auf ihre Zweckmäßigkeit. Baraus wird sich 
ganz von selbst ein neuer, ein Gebrauchsstil herausbilden, 
wie dies mit Rücksicht auf die Technik z. B. bei den ge- 
bogenen Möbeln der Fall ist. In Amerika und England hat 
man schon jetzt Bettstellen aus Eisen, die nicht den min- 
desten Anspruch auf Kunstform, sondern nur auf Zweck- 
mäßigkeit haben. Auf anderen Gebieten der Industrie hat 
sich ein solcher Umschwung bereits vollzogen. Man ver- 
gleiche Equipagen und Schiffe der Neuzeit mit denen fi-üherer 
Jahrhunderte. Alles Zierwerk, jede Dekoration ist wegge- 
fallen, und doch erscheinen uns die nur auf Zweckmäßigkeit 
berechneten Formen der Wagen und Schiffe schön. Auch 
bei unsern Möbeln kann der Schmuck aus sich selbst, aus 
der Zweckmäßigkeit heraus erwachsen imd als Dekoration 
kann immer noch das vertiefte Ornament angewendet werden 
(Kerbschnitt). Die jetzt herrschenden Verzierungen an den 
Möbeln sind meist ursprünglich den architektonischen Formen 
an Bauten entlehnt, was entweder durch das ganz anders- 
artige Material zu einer Vergewaltigung der Form oder des 
Gebrauchszwecks führte. Man denke an die korinthischen, 
dorischen und ionischen Säulen bei Möbeln. Die Folge 
dieser unzweckmäßigen Nachahmung ist ein Möbel mit einer 
Unzahl angeleimter Simse, Kanten, Leisten u. s. w., die gar 
keine Berechtigung haben. Am Hause ist der Giebel berech- 
tigt, denn er verdeckt das schräge Dach. Am Spiegel, am 
Spind mag er geduldet werden, was soll er aber am Sofa 
oder gar am Stuhl oder am Schreibtisch, wo er mir nur die 
Fläche nimmt, auf die ich etwas legen kann? In der Aus- 
stellung giebt es Stühle mit einem Giebel an der Lehne. 
In der Mitte ist er eingeknickt und mit einem Sockel ver- 
sehen. Darauf befindet sich eine Kugel, darauf ein Obelisk, 
und auf diesem eine Figur. Ähnlich unzweckmäßig sind die 
jetzigen niederen Füße der Kastenmöbel. Sie gestatten wohl 
dem Schmutz, einzudringen in den hohlen Raum, nicht aber 
dem Besen. Bei jeder Gelegenheit schlägt man die Kanten 
und Simse von den Möbeln ab. Man nennt das in Berlin 
sehr bezeichnend „abgeleimt". Wie viel Zeit braucht eine 
Hausfrau heute, um die Winkel und Ecken der Möbel in 
gutem Zustande zu erhalten? An Stelle der zweckmäßigen 
Schubladen macht man jetzt den architektonischen Säulen 
zu Liebe ThÜren, und wo Schubladen sind, versieht man sie 
nicht mit zweckmäßigen Handhaben zum Aufziehen, sondern 
verlangt, dass man die 10 oder 12 Schubladen eines Schreib- 
tisches alle mit demselben Schlüssel aufzieht, den man sich 
jedesmal erst suchen und greifen muss. Das Publikum sollte 
rücksichtslos brauchbare Möbel verlangen, die mit Rücksicht 
auf ihren Zweck konstruirt sind. Die Ausstellung hat das 
Gute gehabt, uns die gerügten Übel stände klar vor Augen 


zu stellen, und kann so dazu dienen, auch Besserung zu 
schaffen." 

A. R. In SchuUe^s Ktmstausstdlung in Berlin hat 
während der letzten Wochen vornehmlich ein figurenreiches 
Gemälde von Fritx Werner „6. Februar 1888" lebhaftes 
Interesse erregt. Es stellt den Moment dar, als Fürst Bis- 
marck in der vierten Nachmittagsstunde des genannten Fe- 
bruartages das Reichstagsgebäude verließ, nachdem er jene 
große, von höchster staatsmännischer Weisheit durchdrungene 
Rede zu Gunsten der Forderungen für den Militäretat ge- 
halten hatte, die in dem Worte: „Wir Deutsche fürchten 
Gott, sonst nichts auf dieser Welt" gipfelte. Draußen in der 
Leipzigerstraße hatte sich eine undurchdringliche Menschen- 
masse angesammelt, die mit fieberhafter Ungeduld auf das 
Erscheinen des Reichskanzlers wartete. Als er dann aus 
dem Portal heraustrat und, am Arm seines Sohnes, des 
Grafen Herbert, den Fahrdamm der Leipzigerstraße über- 
schritt, begegnete ihm ein so stürmischer Ausbruch patrio- 
tischer Begeisterung, dass Graf Herbert nur mit Mühe seinem 
Vater den Weg durch die erregte Menge bahnen konnte. 
Diesen Moment hat Fritz Werner zum Gegenstande seines 
Bildes gemacht. Aber er hat sich dabei einige künstlerische 
Freiheiten genommen, die nicht ohne Einspruch bleiben dürfen, 
weil die meisterhafte Charakteristik des einsam über den 
Damm hinwegschreitenden Kanzlers und die lebensvolle 
Mannigfaltigkeit der Nebenfiguren leicht bei späteren Gene- 
rationen die Vorstellung erwecken können, dass wir in diesem 
Bilde eine Urkunde von geschichtlicher Treue besitzen. So 
hat sich der Vorgang in Wirklichkeit nicht abgespielt. Fürst 
Bismarck ist an der Seite seines Sohnes gegangen, der auf 
dem Wemer'schen Bilde mit Herrn von Rottenburg erst in 
einiger Entfernung folgt, und zu so ceremoniellen Verbeu- 
gungen, wie sie eine Dame im Vordergrunde links macht, 
ist in dem Menschengewühl kein Platz gewesen. Offenbar 
haben künstlerische Rücksichten den Maler bestimmt, auf eine 
genaue Wiedergabe der Wirklichkeit zu verzichten. Er wollte 
uns die Gestalt des Reichskanzlers isolirt, ohne jede Ver- 
deckung zeigen, und dieser Absicht verdanken wir eine in 
allen Einzelheiten gleich vollendete Charakterfigur, die bei 
ihrem winzigen Umfange mehr enthält als die lebens- und 
überlebensgroßen Bismarckfiguren auf den Historienbildern 
A. V. Wemer's. — Die Schulte'sche Kunstausstellung scheint 
übrigens trotz des Misserfolges, den die Ausstellung der 
„Vereinigung der Elf* gehabt hat, die Wege des Impressio- 
nismus und des Naturalismus noch weiter verfolgen zu wollen. 
Sie hat ihre Räume den ersten Versuchen eines impressio- 
nistisch gestimmten Naturschwärmers, Namens Hcms Bttsse^ 
geöffnet, der in einer langen und langweiligen Reihe von 
öl- und Aquarellstudien nach Motiven aus Oberbayern, Unter- 
italien und Sizilien gezeigt hat, wie man die italienische 
Natur „entgöttern", jeder poetischen und malerischen Reize 
entkleiden kann, ohne etwas Besseres oder Überzeugenderes 
an die Stelle des Geraubten zu setzen. Diese Debüts un- 
reifer Künstler nehmen nachgerade einen Umfang an, der 
an die Probegastspiele der Theateijünger auf unseren Schau- 
bühnen erinnert Eine völlige Berechtigung zu einer solchen 
Sammelausstellung hat dagegen der Münchener Landschafts- 
maler J. Fery in sieben großen, mit höchster Sorgfalt durch- 
geführten Ölgemälden und in 27 Aquarellstudien nachge- 
wiesen, welche die romantischen Wunder des Nordwestens der 
Vereinigten Staaten von Nordamerika schildern, die erst 
durch die Northern Pacificbahn den Touristen erschlossen 
worden sind: den Yellowstone National Park mit seinen 
Geisers und Riesenwasserfällen, mit seinen vulkanischen Ge- 
bilden |und seinen Schluchten, durch die sich der Yellowstone 


45 


Vermischtes. — Berichtigung. — Zeitschriften. 


46 


River seinen Weg gebahnt, und die landschaftlichen Reize 
des Dakotalandes. Der Zeichner and der Maler müssen hier 
Hand in Hand gehen, um dem plastischen Charakter und 
der farbigen Erscheinung in gleichem Maße gerecht zu 
werden, und diese Verbindung ist dem KfSnstler so wohl ge- 
langen, dass seine ernste Arbeit der vollen Anerkennung 
aller würdig ist, die sich durch die nichtswürdigen Schmiere- 
reien der Impressionisten nicht verwirren lassen. 


VERMISCHTES. 

Der neue Holbein in der National Oallery in London. 
Wir beschränken uns in den folgenden Zeilen auf die Zurück- 
weisung der Ansicht über die rätselhafte Figur im Vorder- 
grunde des Bildes, wie sie in Heft 12 des vongen Jahrganges 
der «Zeitschrift für bildende Kunst" ausgesprochen worden 
ist. Eigentlich brauchten wir den Herrn Verfiässer jenes Auf- 
satzes nur auf die vor kurzem von uns in der „Eunst-Chronik'^ 
erschienene Anleitung aufmerksam zu machen, die wir gaben, 
um die von Zimmermann aufgestellte Behauptung zu er- 
härten und jedermann leicht ad oculos zu demonstriren. 
Zimmermann und mit ihm gewiss alle, die gesunde Augen 
und Verständnis für die Verzerrungen von körperlichen Ob- 
jekten bei der Spiegelung in gekrümmten polirten Flächen 
besitzen, werden in der hässlichen Erscheinung bloß einen 
zahnlosen Greisenschädel und keine Ealdaunen erblicken. 
Die Figur schwebt auch nicht unkOrperlich außerhalb der 
Perspektive des Bildes; sie liegt vielmehr — und das ist die 
sehr weit getriebene künstlerische Freiheit Holbein^s, dass er 
das Vexirspiegelbild für sich als etwas Körperliches darstellt, 
indem er den Spiegel einfach weglässt, der doch die Vor- 
aussetzung der Existenz der ganzen Erscheinung ist — sie 
liegf vielmehr, sagen wir, auf dem Flies des Fußbodens, auf 
welchen sie sogar sehr deutlich einen durch das Licht von 
rechts bedingten Schatten wirft. Holbein hat das Vexir- 
spiegelbild eines in der Natur von links beleuchteten Schädels 
abgebildet. Freilich gab dem Künstler dazu weder die Wahr- 
heit, deren er sich sonst überall befleißigt, noch der gute 
Geschmack ein Recht, es war wahrscheinlich eine Schrulle des 
Auftraggebers, die ihn zu einer solchen nicht zu rechtfertigen- 
den Oe8ch7nacklosigkeit veranlasst«. Ganz richtig will die 
Figur nicht als reaJer Körper betrachtet werden, das dürfte 
bis heute auch gar niemand eingefallen sein. Der Autor und 
alle, die den Schädel aus seiner Verzerrung nicht herauszu- 
lösen wussten, mögen sich doch eingehend der geringen 
Mühe imterziehen, in einem einfachen konkav-konvexen 
schwarzen Zwickerglas die Zeichnung oder Photographie in 
der Weise, wie wir es in der „Kunst-Chronik" angaben, als 
konzentrirtes Spiegelbild anzusehen. Wir haben einer großen 
Anzahl Personen sowohl durch das Experiment mit dem Glas 
als auch bloß durch Schiefansehen des Blattes die Richtig- 
keit der Zimmermann'schen Behauptung dargethan. Ein 
jeder Maler oder Zeichner muss lachen, wenn Zweifel an der 
Richtigkeit dieser Behauptung laut werden. Im Vertrauen: 
wenn „Kaidaunen** gleich „KaJden", nicht bloß Weichteile, 
Eingeweide bedeuten würde, sondern auch „Überreste" im 
allgemeinen, reliquiae, also eventuell auch das Schädelgerüste, 
dann klappte die Erklärung Streites. Wenn es aber — wie 
ich im „Grimm** bestätigt fand, lediglich „innere** Weich- 
teile sind, nicht! Dann sind die Kaidaunen nichts als ein 
schlechter Kalauer. Streit sagt, dass Versuche mit aJten 
Spiegeln (es geht auch mit neuen, wenn es nur die richtigen 
sind), Cy linderspiegeln, wie sie Holbein auf dem Bilde giebt, 
mit Schiefanschauen der großen Originalphotographie u. dgl. 


wenig halfen. Also tcenig doch! Es hätte schon mehr und 
ganz geholfen, wenn man genau zugesehen hätte! Da der 
Schädel als Spiegelbild in einer cylindrischen Fläche darge- 
stellt ist, wird niemand auf der Welt wieder mit demselben 
Spiegel das verzerrte Bild in seiner Naturform konzentriren 
können; dazu braucht man die konvexe Seite des Konkav- 
konvexspiegels. „Vergleiche mit einem wirklichen Schädel 
kühlten eines jeden Phantasie gründlich ab. Ein Unter'kiefer 
ist jedenfalls nicht aufzuweisen.** So Streit. Es ist gar nicht 
notwendig, mit großen Anstrengungen irgendwelche Phan- 
tasie aufzubieten, sondern es ist lediglich der rein natürlich- 
optische Vorgang auf der Konvexseite des Spiegels zu beob- 
achten. Man braucht dann auch gar keinen Vergleich mit 
wirklichen Schädeln. Ein geübtes Auge — vielleicht kennt 
der eine oder andere Gegner der Zimmermann'schen Behaup- 
tung jemand, der ein solches besitzt — erkennt Übrigens 
auch ohne allen Apparat die Schädelknochen, selbst in ihrer 
Verzerrung. RüD. BÖCK. 

Ein Gemälde von Wolf Huher, Anfangs September 
gelang es mir endlich, ein beglaubigtes Gemälde des W. Huber 
aufzofinden. Dasselbe befindet sich in der Stadtpfarrkirche 
zu Feldkirch in Vorarlberg an einem (rechten) Seitenaltar 
und stellt die Beweinung Christi in einer Gruppe von acht Fi- 
guren vor. Es trägt unten auf einer Tafel die Bezeichnung: 
WH MDXXI. Dass das Bild aber in der That von Wolf 
Huber ist, d. h. dem Verfertiger der bekannten Holzschnitte 
und Zeichnungen, und nicht etwa von einem andern W. H., 
beweist die Vergleichung mit eben diesen Schnitten und 
Zeichnungen. Es ist übrigens ein sehr vorzügliches Bild; 
die Figuren sind von tiefer Empfindung beseelt, und die Kompo- 
sition 'ist gut abgewogen. Stimmungsvoll ist auch die Land- 
schaft. Die Farbe neigt zur Buntheit, doch ist sie von einem 
gewissen zarten Schmelze. Fragt man nun nach dem Ver- 
hältnis zu dem frühen Kruzifixe von 1503 in Schleißheim, so 
findet man die jugendliche Herbigkeit desselben sehr ge- 
mildert; man sieht, wie die 18 Jahre, die dazwischen liegen, 
dem Künstler zu edlerer Empfindung und reiferer Durch- 
bildung verhalfen. Doch erinnert noch vieles an den ur- 
sprünglichen Zusammenhang. Die Proportionen der Figuren 
sind sogar dieselben geblieben. Auch die landschaftlichen 
Hintergründe stehen sich noch nahe: Behandlung des Laubes, 
die charakteristischen Ausläufer desselben, die zungenftJrmige 
Üferbildung etc. Eine gewissenhafte Restauration thäte Übri- 
gens der Tafel sehr not. Herr Photograph Jos. Vincenz in 
Feldkirch hat dieselbe auf meine Veranlassung hin ange- 
nommen. WILH. SCHMIDT. 

= tt. Homburg vor der Höhe, Der deutsche Kaiser 
Wilhelm II. kaufte bei seiner Anwesenheit am 18. September 
hier im Atelier des Malers Professor H. Gorrodi aus Rom das 
Ölbild einer „Darstellung des Tempelplatzes vor der Omar- 
Moschee in Jerusalem mit dem heiligen Brunnen". 


BERICHTIGUNG. 

S. 300 des III. Bandes N. F. der Zeitschrift muss es in 
Spalte 2, Zeile 13 von unten statt „mit horizontaler Balken- 
decke** heißen: „mit einem einfachen Tonnengewölbe". 


ZEITSCHRIFTEN. 

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und Industrie. 1892. H. 10. 

Znr Geschichte des altägyptisohen Schmuckes. Von J. Folnesies. 
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47 


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betreffend Verzeichnis 


KUNST 





< A- 


ONIK 


WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE. 

Ankundigungsblatt des Verbandes der deutschen Kunstgewerbevereina 

HERAUSGEBER: 

CARL VON LÜTZOW und DR. A, ROSENBERG 


WIEN 
Heugasae 58. 


BERLIN SW. 
Teltowerstrasse 17. 


Verlag von E. A. SEEMANN in LEIPZIG, Gartenstr. 15. Berlin: W. H. KÜHL, Jägeratr. 73. 


Neue Folge. IV. Jahrgang. 


<) 1892/93. 


Nr. 4. 3. November. 


Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt snr «Zeitsehrift Ar bildende Kunst" und xnm «Knnstgewerbeblatt" monatlich dreimal, in den 
Sommermonaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und nmfasst 88 Nmnmem. Die Abonnenten der „Zeit- 
schrift fttr bildende Kunst" erhalten die Kunstchronik gratis. — Fttr Zeichnungen, Manuskripte etc., die unverlangt eingesandt werden, 
leisten Redaktion und Yerlagshandlung keine Gewähr. Inserate, k 80 Pf. fttr die dreispaltige Petitxeile, nehmen aniSer der Verlagshand- 
lung die Annoncenexpeditionen von H^asenstein <i Vogler, Rud. Messe u. s. w. an. 


GEORG BLEIBTREU t- 

Der volkstümliche, aber allezeit bescheidene 
Meister, der um die Mittagsstunde des 16. Oktobers von 
uns geschieden ist, nach einem Leben voll rastloser, 
fruchtbarer und erfreulicher Thätigkeit, die erst drei 
Tage vor seinem Tode ermattete, nimmt unter den 
zahlreich en Schlachten- und Kriegsmalem des 19. Jahr- 
hunderts eine gesonderte Stellung ein. An ursprüng- 
licher Genialitat und an dramatischer Ejraft haben 
ihn A. de Neuville und Franz Adam übertroffen, 
denen er dann aber gleich als dritter in der Reihe 
folgt; in der eleganten, dem Mikroskope Stich hal- 
tenden Genauigkeit der Details bleibt er hinter Meis- 
sonier und seinem Schüler Detaille zurück, und in 
der raf&nirten Durchbildung des Kolorits sind ihm 
einige andere Franzosen, auch Russen und Spanier 
überlegen, die freilich alle der jüngsten Generation 
angehören, also die, Bequemlichkeit haben, sich auf 
die Schultern ihrer Vorgänger stellen zu können. 
Aber an Vielseitigkeit, an Universalität steht der 
Mann, dessen kleiner Körper von einem gar gewal- 
tigen Geiste durchglüht war, obenan. Wie keiner 
seiner Vorgänger, Nebenbuhler und Nachfolger, hat 
er die jedem Darsteller zeitgenössischer Ereignisse 
drohende Gefahr, bei Gemälden großen Stils auf das 
flache Niveau der Illustration zu geraten, fast immer 
siegreich zu überwinden gewusst, und er ist denn 
auch bis jetzt der einzige, dem es gelungen ist, für 
die Schilderung einer modernen Schlacht oder einer 
Episode daraus einen den Gesetzen des monumen- 
talen Stils entsprechenden Ausdruck zu finden. Das 
war nicht etwa die zufallige Folge einer glücklichen 


Eingebung, sondern das Erzeugnis ernsthaften, be- 
wussten Strebens, dessen Wurzeln vielleicht auf die 
Lehrjahre an der Düsseldorfer Akademie zurück- 
reichen. 

Am 27. März 1828 in Xanten am Rhein ge- 
boren, kam Bleibtreu schon 1843 auf die Düssel- 
dorfer Akademie. Aber er war keiner von den 
Faprestos, die früher Reife schnelles Schaffen folgen 
lassen. Er fand sich in das System und in seine 
Vertreter nicht hinein, und nach fünf Jahren warf 
er — zum ersten- und letztenmal in seinem Leben 
— die Flinte ins Korn. Er suchte sich anderswo 
zu sammeln, kehrte aber noch einmal nach Düssel- 
dorf zurück, und jetzt traf er in Th. Hildebrandt 
auf einen Lehrer, der ihn in dem, was not that, in 
der Malerei förderte. Freilich malte der junge Bleib- 
treu keine Geschichtsbilder aus romantischer Ver- 
gangenheit; er lebte und webte in und mit seiner 
Zeit, und es war damals, um die Wende der vier- 
ziger Jahre, ein höchst verwegenes Unternehmen 
für einen jungen Maler aus der Düsseldorfer Schule, 
dass er in dem ersten Probestück seiner nunmehr 
etwas sicherer gewordenen Kunst eine Episode aus 
der verunglückten Erhebung der Schleswig-Holsteiner 
gegen das dänische Joch, das Gefecht bei Bau und 
den Untergang des Kieler Studenten- und Tamer- 
korps, mit flammender Begeisterung schilderte. Dieses 
Bild, das bei seiner Ausstellung an verschiedenen 
Orten einen tiefen Eindruck machte, ist gewisser- 
maßen für Bleibtreu's fernere Entwicklung, fÄr den 
Künstler wie für den Menschen, das Prototyp, der 
Leitstern seiner Thaten in Kunst und Leben geblieben. 
Er hat immer auf der Seite der Unterdrückten ge- 


51 


Georg Bleibtreu f. 


&i 


standen, und wie er ihre Leiden zu ergreifendem 
Ausdruck gebracht hat, so hat er auch immer am 
hellsten gejubelt, wenn das Befreiungswerk gelungen 
war. Solcher Befreiungen hat er viele gesehen: von 
Schleswig-Holstein bis Elsass-Lothringen, und er hat 
die Großthaten, die dazu geführt haben, durch die 
stürmische Beredsamkeit seiner Kunst verherrlicht. 
Aber sein vielumfassender Geist sah darin noch nicht 
das Endziel seines nationalen Strebens. Seit zehn 
Jahren beschäftigte ihn ganz besonders die Lage der 
Deutschen in Siebenbürgen, und mit voller Be- 
geisterung suchte er nach seinem Teil dahin zu 
wirken, dass auch dort wieder die deutsche Volks- 
kraft erwache, um dem Ansturm der Magyaren und 
Slaven die Stirn zu bieten. 

Wenn das künstlerische Rüstzeug, das Bleib- 
treu von der Düsseldorfer Akademie mit sich fort- 
nahm, auch seinem Thatendrang nicht genügen 
wollte, so hat er doch sicherlich in Düsseldorf den 
Grund zu jenem Stilgefühl gelegt, das ihn später 
über viele seiner Mitstrebenden erhob. Eine Reihe 
von Jahren nach jenen ersten Erfolgen hatte er frei- 
lich keine Gelegenheit, dieses Stilgef&hl an irgend 
einer größeren Aufgabe zu erproben, obwohl er un- 
ermüdlich Gefechtsscenen und Schlachtenbilder malte, 
deren Motive teils jener Schleswig-Holsteinischen 
Bewegung, zum größeren Teile der Zeit der Befrei- 
ungskriege von 1813—1815 entnommen waren. Aber 
gerade solchen Bildern war die Stimmung und 
geistige Richtung der offiziellen Kreise in den fünf- 
ziger Jahren nichts weniger als günstig, und nach- 
dem Bleibtreu 1858 nach Berlin übergesiedelt war, 
sah er sich sogar genötigt, sich durch Anfertigung 
von Illustrationen und Steinzeichnungen die Soige 
um den eben gegründeten Hausstand zu erleichtern. 
Dass er auch auf diesen Zweig künstlerischer Thätig* 
keit den gleichen Fleiß und dieselbe Begeisterung 
verwandte, wie auf seine Gemälde, zeigen besonders 
die in Holz geschnittenen Illustrationen zu .der 
Sanomlung „Deutschlands Kampf- und Freiheitslieder" 
(Leipzig, 1862—63). Das Jahr 1864 brachte ihm 
endlich die Aufgaben, nach denen er sich so lange 
gesehnt hatte. Aus demselben Boden, der 16 Jahre 
zuvor nur jene Niederlagen deutschen Heldentums 
gesehen, die sein Pinsel geschildert, erblühten jetzt 
Siege auf Siege, die er in einer Anzahl kleinerer 
Bilder und auch in einem großen figurenreichen Ge- 
mälde verherrlichte, das den Übergang der preu- 
ßischen Truppen nach Alsen darstellt (jetzt in der 
Berliner Nationalgalerie). Er hatte dieses Bild noch 
nicht vollendet, als ihm der Ausbruch des preußisch- 


österreichischen Krieges Gelegenheit bot, seine Stu- 
dien unmittelbar vor der schreckensvollen Natur zu 
machen. Im Hauptquartier des Prinzen Friedrich 
Karl war er Zeuge der bedeutungsvollsten Ereig- 
nisse des Krieges, und trotz seines zarten, schwäch- 
; liehen Körpers trug er alle Beschwerden, Mühsal 
und Entbehrung mit dem unverwüstlichen Frohsinn 
des Rheinländers und gehoben durch die Überzeu- 
gung, jetzt endlich zur Erreichung der höchsten 
Ziele seiner Kunst gerüstet zu sein. Den Glanz- 
und Höhepunkt seiner Schöpfungen, zu denen ihm 
seine in Böhmen gemachten Studien und Beobach- 
tungen die Stoffe boten, bezeichnet die ebenfalls in 
der Berliner Nationalgalerie befindliche „Schlacht 
bei Königgrätz^^ die Abwehr eines Angriffs öster- 
reichischer Kavallerie auf den Staudpunkt des könig- 
lichen Hauptquartiers. Doch war es ihm vergönnt, 
eine noch höhere Staffel seiner Kunst zu erklimmen. 
Durch seine Werke und die Vorzüge seiner Persön- 
lichkeit hatte er die Gunst des Kronprinzen Friedrich 
Wilhelm gewonnen, in dessen Gefolge er dem deutsch- 
französischen Kriege von Wörth über Sedan bis 
Paris beiwohnen durfte. Mit rastlosem Fleiße machte 
er sich nach seiner Heimkehr an die künstlerische 
Gestaltung seiner Entwürfe, und schon 1871 begann 
mit den „Bayern vor Paris", 'womit er seinem 
Freunde, dem General v. Hartmann, ein ehrenvolles 
Denkmal setzte, jene lange Reihe von Werken, die 
Bleibtreu's Namen für immer eng mit der großen 
Zeit von Deutschlands Wiedergeburt verknüpft haben. 
Noch in seinem Todesjahre fügte er zu dieser Reihe 
einen würdigen Schlussstein in dem Bilde „Kaiser 
Friedrich in der Schlacht am Mont Valerien", worin 
sich sein feiner Sinn für farbige Stimmung unter 
einem beherrschenden Grundton noch einmal in alter 
Kraft offenbarte. Es ist besonders charakteristisch 
für seine Kunst, dass er niemals den Gegenstand 
einem feststehenden koloristischen System unter- 
ordnete, sondern die koloristische Haltung aus der 
Natur des Motivs entwickelte. Daraus erklärt sich 
die große Mannigfaltigkeit, die seine Gemälde in der 
koloristischen Behandlung aufzuweisen haben, aber 
auch ihre Lebensfrische und ihre überzeugende Wahr- 
heit. Es giebt Bilder Bleibtreu's — wir citiren 
nur die Zusammenkunft der Generale v. Moltke und 
V. Wimpffen und ihrer Begleiter am Abend des 
1. September vor Sedan und die Flucht Napoleon's I. 
nach der Schlacht bei Belle-Alliance, — die etwas 
von der fascinirenden, beinahe dämonischen Wirkung 
Rembrandt'scher Helldunkelstücke an sich haben. 
In diese letzte Periode seines Schaffens, deren 


53 


Handzeicbnungen italienischer Meister. 


54 


Früchte wir nicht im Einzelnen aufzählen, weil sie 
den Kunstfreunden noch in frischer Erinnerung sind, ! 
fallen auch seine monumentalen Schöpfungen, die 
drei Wandgemälde in der Herrscher- und Feldherm- 
halle des Berliner Zeughauses: die Musterung der 
Freiwilligen durch Friedrich Wilhelm III. vor den 
Thoren von Breslau, das Zusammentreffen von Blücher 
und Wellington am Abend der Schlacht bei Belle- 
Alliance und der Angriff der preußischen Qarde auf 
Si Privat Er hat noch die Genugthuung erlebt, ! 
alle jüngeren und älteren Kunstgenossen, die hier 
neben ihm gewirkt, durch sein richtiges Gefühl für 
die Forderungen des monumentalen Stils und für 
das erlaubte Maß koloristischen Aufwandes über- 
troffen zu haben. Daneben hat er sich um die Aus- 
schmückung dieser Räume ein besonderes Verdienst 
erworben, das wenig bekannt ist, aber nicht vergessen 
werden darf. Seinem energischen Auftreten an ent- 
scheidender Stelle, seiner Zähigkeit im Festhalten 
an dem einmal als richtig Erkannten ist es zu 
danken, dass diese Gemälde direkt auf die Wand, 
also in der dem monumentalen Stile entsprechenden 
Technik, und nicht, wie andere widerstrebende Mächte 
wollten, im Atelier auf Leinwand gemalt worden 
sind, um dann nachträglich auf der Wandfläche be- 
festigt zu werden. Auch hierin hat sich der Grund- 
zug eines Charakters offenbart, dem nichts auf der 
Welt so sehr verhasst war, wie Falschheit und 
Lüge ! ADOLF ROSENBERG. 


HANDZEICHNUNGEN ITALIENISCHER 

MEISTER 

in photograpkiscJien Aufnahmen von Braun d; Co, m Domachj 
kritisch gesichtet von Giovanni Morelli (Lermolieff), 

Mitgeteilt von E. Habioh. 

(9. Fortsetzimg.) 

Franciabigio. 

4iS. Fjgure agenouiilöe Nein, wertlos. 

49. Figure de ferame Nein, weiilos. 

D. Ghtrlandivlo. 

50. Zacharie au temple Echt, schön. 

51. Tableau cVautel (l^encadrement est de 

Vasari) Nicht Ghirlandajo 

PeDiil, 

53. SainteFamille (zu dem Bilde Borghese) Wohl echt. 

54. Descente de Croix ? 

Pemzzi. 

55. Projet d'autel Schwerlich echt. 

56. Choeur d'^glise Schwerlich echt 


Rosso Bossi. 

61. Jupiter et TAmour 

62. Bacchante et satyre 

63.. Exercices gymnastiques .... 

64. La guerre 

65. Portrait d'homme 


Nein, Schule 
Fontainebleau. 


Rossi (Francesco) gen. SalyiatL 

66. Sainte Familie Echt. 

67. Venus et Adonis Nicht echt. 

68. ApoUon vainqueor du serpent Python Nicht echt. 

69. Figures all^goriques Echt, schön. 

70. Figure asaise «. Echt. 

Andrea del Sarto. 

71. La naissance de la Yierge .... 

72. Les ouvriers de la Vigne .... 

73. La Vierge 

74. Quatre saints 

75. Saint Jean-Baptiste 

76. Figure pour la naissance de la Vierge Kopien. 

77. Figure de profil 

78. Saint Jean 

79. Portrait de femme 

80. D'apr^s lui. La Vierge, PBnfant et 

Saint Jean 


MüSEüM IN Dresden. 
Fra Bartolommeo. 

8. Figure d'homme nu, vu de dos . . Nein, Unsinn. 

9. Le Christ en croix, de profil ä gauche \ 

10. Le Christ et les quatre Evangelistes Lein, ohne Wert. 

11. Töte d'homme, tournee ä trois quarts j 

Fers la gauche • ' 

Berettini da Cortona« 

12. Le Christ et la Samaritaine . . . Echt. 

Sandro BotticelU. 

13. Croquis : Jeunehomme, vu de dos Nein, Dom. Ghirlandajo. 

Perino del Yaga. 

15. Croquis pour un triomphe de Bacchus 

(trois figures) Nein. 

16. La mise au tombeau (six figures) . Nein. 

Miclielangelo Buonarroti, 

17. Etüde de bras droit 

18. Etüde pour le crucifiement de Saint 

Pierre .... 

19. Deux figures debout et drapees . . 

20. Croquis: Büste d'homme, la tete 

appuy^ sur son bras droit . . . 

O^entile da Fabriano. 

25. Figure de jeune homme nu, vu de 

face Nein, ein Florentiner. 

Fra Angelico. 

26. Un ange de face et un enfant de profil 

ä droite Echt. 

Flllpplno Lippl. 

32. Deux figures, Tune debout, l'autreassise Echt. 


> Alle unecht. 


55 


Handzeichnungen italienischer Meister. — Bücherschau. 


56 


> Nein. 


Pesellino. 

36. Martyr, Gomposition de cinq figures Nein; Kopie nach 

Predelle in Florenz. 

Peruzzi. 

37. Hercule, vu de dos Fraglich. 

Antonio Pollajaolo. 

39. Guerriers sorpris au bain .... Nein; Genga. 

Coslmo Kosselli« 

40. Etüde pour un Saint Jean . * . . .1 Nein; Filippino 

41. Jeunehommeassis. Revers du prec^dant J Lippi. 

Lnca Signorelli. 

44. Etudes de quatre figures nues Nein; Antonio Polls^uolo. 

Lorenzo dl Credl. 

45. Sainte Catherine et Saint Etienne . Nein; Raffaellino 

del Garbo. 

Leonardo da YlncL 

49. Etüde pour la Vierge. Büste en face Nein; Andrea Ver- 

rocchio. 

eioyanni Belllnl. 

51. La Vierge suruntröne. Deuz Saints Nein; Carpaccio. 

Paolo Veronese. 

53. Deuxsatyres^corch^par desnymphes Kopie. 

54. Pietä.. Le corps du Christ soutenu 

par lea trois Maries 

55. Martyr 

Oloyanni Battlsta Franco. 

58. Le baptdme du phrist Unsinn. 

Pordenone. 

60. Le mariage de la Vierge .... Kopie. 

Tintoretto. 

61. La Sainte Cöne Echt 

Tizlano. 

62. Saint J6röme agenouill6 Unsinn. 

63. Paysage et ville au bord de la mer Nein; Dom. Cam- 

pagnola. 

Pemgino. 

Deuz figures d'apötres pour la Trans- 

guration Kann echt sein; 

sehr trocken. 

Baphael Santi. 

74. Dessin pour un plat .... Nein; Perin del Vaga. 

75. Eye debout tenant la pomme dans la 

main gauche . Schule. 

76. Le g6nie de Diane pour la Fame- 

sina Nein; Giulio Romano. 

77. Genies volants ........ Fälschung. 

79. Combat de cavaliers . Echt; nach Leonardo da Vinci. 

80. Etüde de töte pour le buisson ardent 1 -jn^^ß-n 
Sl. La Vierge et l'Enfant; les seules totes / 

- 82. Martyre de Sainte F^licit^ .... Nein; Schule. 

Lo Spagna. 

83. Le Päre ötemel .... Nein; Raffaellino del Garbo. 

Corregglo. 

84. Deuz enfants entour6s d'une guirlande 

de fruits Nein; Gaudenzio Ferrari. 


Fresken 
des Luini. 


85. Croquis pour leSaint Georges de Dresde Kopie. 

86. Enfant pour le meme tableau . . . i 
bo. id. ... l 1^ 
89. Croquis pour l'Assomption de Parme | '^ 

89. Töte de femme, face ) 

BolirafBo. 

90. La Madeleine aux pieds du Christ . Nein; ist ein Vene- 

zianer. 

Bramantlno. 

91. Groupe de cinq donateurs agenouill^s, Kopien nach 

toumes vers la gauche .... 

92. Groupe pareil toQm6 vers la droite 

GioTannl da Hilano, 

94. Trois figures k cheval, trois enfants 

et un äne Kopie nach Fresken. 

G^loTannl Morazone. 

95. La mise au tombeau ...... Ist ein Deutscher. 

Cesare da Sesto. 

96. Tete d'enfant de face Echt. 

Antonio d'Enrlco TanzL 

97. Etüde d'homme nu, de face . . . Dumm. 

O^uerclno. 

98. Une femme couchöe et deux enfants Echt. 

Annibale Carracei. 

99. La Nuit, belle composition pour une 

all^gorie Schlechte Kopie. 

Agostlno Carraecl. 

100. Satyre couch6 Kopie. 

(Fortsetzung folgt) 


BÜCHERSCHAU. 

X. Hei Sekijnconcours voor's Rijks-Museum. De Waarheid 
volgehouden tegen Ihr. Mr. Victor de Stuers door Mr. N, 
de Roever, Amsterdam^ S. L. van Looy. 1892. 8. 

y. Eine Reihe von Enthüllungen über die Vozg&nge bei 
dem Wettbewerb um den Bau des neuen Reichsmuseums in 
Amsterdam, dessen Urheber bekanntlich der Architekt P. J. 
H. Ouypers aus Roermond ist Der Archivar der Stadt 
Amsterdam, Hr. N. de Roever^ sucht in ausführlicher Weise dar- 
zuthun, dass die ganze Konkurrenz nur ein Scheinmanöver 
(„een wassen neus^') war und dass man weder in finanzieller 
noch in künstlerischer Hinsicht mit dem neuen Museam einen 
glücklichen Wurf gethan habe. Der Bau soll so ziemlich 
auf das Doppelte des Voranschlages gekommen sein. Dem 
Schriftchen ging eine lange Zeitungsfehde mit Hm. F. de 
Stuers voraus, welche Hr. de Roever am Anfang seiner Dar- 
legung zum Wiederabdruck bringt 

* Von dem .^Führer durch die Sammlungen des Museums 
schlesischer Altertümer in Breslau**, den der verstorbene 
Kaiesse zuerst angefertigt hatte, ist eine neue (dritte) Auflage 
erschienen, welche schon durch die vollständige Umordnung 
der inzwischen beträchtlich vermehrten Museumsbest&nde, dann 
aber auch mit Rücksicht auf die Fortschritte der Wissenschaft 
nötig geworden war. An der Neubearbeitung haben die 
Herren Ä, Langenhan, E, Frantz, Überschär und der Gustos 
des Museums E, v, Özihak zusanmien gewirkt Das hübsch 
und sorg^tig ausgestattete kleine Buch enthält auch eine 


57 


Bücberschau. — Nekrologe. — Preis verieüungen. 


58 


Anzahl von guten lllosirationen der wichtigsten Gegenstände 
in Holzschnitt und Zinkotypie, z. B. des schönen Barbara- 
altars, der Malereien am Marienaltar, einzelner nrgeschicht- 
licher Funde, Waffenstücke, Stoffmuster u. a. m. 

* ißegen den Materialismus^* nennt sich eine Reihe von 
gemeinfasslichen Flugschriften, zu deren Herausgabe sich unter 
der Leitung von H, Sehmidkunx in München die vornehmsten 
Gegner der materialistischen Weltanschauung in Deutschland, 
ein Carrierey du Prel, Lazarus u. a. vereinigt haben. Von 
dem erstgenannten rührt das erste Heft der Folge unter dem 
Titel „Materialismus und Ästhetik** her; das letzterschienene 
fünfte Heft schlägt gleichfalls in das Gebiet unserer Zeit- 
schrift; es führt den Titel: „Kunst und Nachahmung*', und 
sein Autor, Max Bormann, ist darin mit Erfolg bemüht, den 
auf Aristoteles zurückgehenden Begriff der „Nachahmung" 
in sein richtiges Verhältnis zur Kunst zu bringen. Es wäre zu 
bedauern, wenn mit der ersten Reihe der Flugschriften das 
verdienstliche Unternehmen eingehen sollte, wie man nach 
einer Ankündigung der Redaktion befürchten muss. 

* Von Wlyrmann^s trefflichem Kataloge der Dresdener 
Qalerie ist soeben die zweite durchgearbeitete Auflage er- 
schienen, welche der Aufgabe, „den zur Zeit ihres Erscheinens 
erreichten Stand der kunstgesohicbtlichen Forschung wieder- 
zuspiegeln", in mustergültiger Weise gerecht wird. Bei 
einer Anzahl von Bildern, deren Urheber früher noch zweifel- 
haft erschienen, sind positive Bestimmungen gewonnen, durch 
welche die Wertschätzung der Gemälde steigen muss. In 
andern Fällen, wie z. B. bei der Magdalena nach Gorreggio 
und der Wiederholung des berühmten Holbein'schen Ma- 
donnenbildes, giebt der Katalog in nicht misszuverstehender 
Weise deren Minderwertigkeit an. 53 Bilder erscheinen dem- 
gemäß unter andern Künstlernamen oder Überschriften, 34 
meistens moderne sind neu hinzugekommen. Wie bei der 
ersten Auflage, so hat auch jetzt wieder Herr Inspektor 
Q, Müller manches Dankenswerte beigesteuert. 

* Die Sammlungen des Provinxdalmuseums in Hanno- 
ver (Piinzenstrasse 4) haben nach ihrer nunmehr beendigten 
Nenaufstellnng einen Katalog erhalten, dessen erster Teil 
(Altertümer) nach den Aufzeichnungen des verstorbenen 
Studienrats Dr. Müller abgefasst ist, während der zweite 
(Skulpturen) von Prof. K Köhler und der dritte (Gemälde) 
von Dir. Dr. Eisenmann bearbeitet wurden. Die Arbeit des 
Letztgenannten ist, der Bedeutung der Gemäldesammlung ent- 
sprechend, der weitaus wertvollste Bestandteil des Kata- 
logs und steht fn Bezug auf Inhalt und Form selbstverständ- 
lich vollkommen auf der Höhe der heutigen Wissenschaft. 
Es sind hier die Gemälde aus den früher kgl. hannoverschen 
Schlössern und die des verstorbenen Oberbaurates Hausmann 
vereinigt, vorwiegend Werke holländischer und vlämischer 
Meister, zu denen dann einige wertvolle Altdeutsche, vor- 
nehmlich Holbein d. J., und wenige Italiener, endlich eine 
Anzahl modemer Bilder hinzukommen. Eisenmann hat die 
letzteren von den alten Meistern abgesondert, wie sie auch 
im Gebäude räumlich geschieden sind, und innerhalb der 
beiden Abteilungen die Maler chronologisch geordnet. Das 
ist bei Sammlungen dieser Art das einzig Praktische. Kurze 
Biographieen, klare Beschreibungen, sorgfältige Angaben über 
Malgrund, Bezeichnungen, Mafie und Provenienz bilden den 
Inhalt des Verzeichnisses. Faksimiles der Monogramme sind 
nicht beigegeben. 

* „Bibelbilder und BUderbibdn'' ist der Titel einer Folge 
von Aufsätzen in der , ^Pädagogischen Warte*' (1892, Nr. 14ff.), 
in welcher R, GrossCf Lehrer zu Halle a. S., das Gesamt- 
gebiet der Bibelillustration in bibliographisch-kritischer Über- 
sicht zusammenfasst. Auf die altchristliche und mittelalter- 


liche Zeit nur kurz zurückblickend, beginnt er die Dar- 
stellung mit den großen Meistern des 15. und 16. Jahrhun- 
derts und führt sie, unter sorgfältiger Charakteristik aller 
Hauptwerke, bis auf die Gegenwart, auf die Bibelbilder 
Schnorr's und Dor6*s, auf die Prachtausgaben und biblischen 
Anschauungsbilder für den Schulunterrichi unserer Tage 
herab. Sowohl für Kunstfreunde und Kunstgelehrte als auch 
namentlich für Pädagogen und Theologen wird diese reich- 
haltige, von großer Belesenheit und gesundem Urteil zeugende 
Zusammenstellung von Nutzen und Interesse sein. Eine 
separate Ausgabe wäre wünschenswert. 

* Das Museum Boijmans in Rotterdam hat durch seinen 
Direktor, Hm. P. Haverkom van Rijsemj\ einen neuen 
Katalog erhalten, welcher das kurze, vor neun Jahren er- 
schienene Verzeichnis der Sammlung aus der Feder desselben 
Autors zu ersetzen bestimmt ist. Unseres Erachtens ist dies- 
mal in den Lebens- und Bilderbeschreibungen des Guten 
etwas zu viel gethan. Kataloge sind keine Künstlerlexika; 
sie sollen uns nur über Herkunft, Bildungsgang und Wirk- 
samkeit der Künstler gut orientiren und in diesen Angaben 
allerdings auf der Höhe der neuesten Forschung stehen. In 
den Bilderbeschreibungen soll kurz das Notwendige gegeben 
werden, um Verwechselungen mit ähnlichen Kompositionen 
auszuschließen. Zwei Druckseiten sind dazu in keinem Fall 
erforderlich, auch nicht bei so figurenreichen Darstellungen, 
wie dem Bilde von R. Brakenburgh Nr. 34, das der Ver- 
fasser unter dem seltsamen Schlagworte: „Ce n'est pas pour 
ton nez*' beschreibt. Im übrigen ist man ihm für seine 
fleißige und praktisch angelegte Arbeit zu lebhaftem 
Danke verpflichtet Der Katalog weist 431 Gemälde (324 
von alten Meistern, meistens Niederländern) und 15 Skulp- 
turwerke auf. Von den Bildern der alten Meister sind die 
Signaturen beigedruckt, und durchgängig Malgrund, Maße 
und Provenienz genau verzeichnet. 


NEKROLOGE. 

^♦^ Der englische Bildhauer Thomas Woolnerj der sich 
vornehmlich durch sehr eingehend charakterisirte Porträt- 
büsten und -Statuen bekannt gemacht hat — man nannte 
ihn den „Denner der Skulptur** — ist am 7. Oktober in 
London im 67. Lebensjahre gestorben. Seine bekanntesten 
Werke sind die Statue Macaulay's im Trinity College in Cam- 
bridge, die Büste Richard Cobden's in der Westminsterabtei 
und die Statuen Palmerston^s und Beaconsfield*s in Palace 
Yard gegenüber dem Parlamentsgebäude. 

Düsseldorf» Am 26. Oktober starb nach längeren Leiden 
der Historienmaler Philipp Grotjohann^ geboren am 27. Juni 
1841 zu Stettin. Am meisten ist er als Zeichner und Illu- 
strator bekannt geworden; von ihm sind die Klassikeraus- 
gaben, der Shakespeare, der Walter Scott des Grote'schen 
Verlags illustrirt worden. Hervorzuheben sind besonders die 
Aquarelle zum Hohenzollemwerk und Heine's ,3uch der 
Lieder" und WolflTs „Lurlei**. 


PREISVERTEILUNGEN. 

^*« Zu dem Wettbewerb um den Bau eines neuen Em- 
pfangsgebäudes des Personenbahnhofes Dresden - Altstadt 
sind 23 Preisentwürfe eingegangen. Das Preisgericht hat, 
wie die Dresdener Nachrichten mitteilen, einen ersten Preis 
nicht erteilt. Es beschloss vielmehr, die gleichwertig be- 
zeichneten Entwürfe mit den Kennworten: „Hephaestos** 
und „Helios'' dergestalt zu prämiiren, dass der Geldbetrag 
beider Preise diesen Entwürfen je zur Hälfte mit 7500 M. 


59 


Sammlungen und Ausstellungen. — Vereine und Gesellschaften. — Verschiedenes. 


60 


sagesprochen wurde. Als Verfasser ergaben sich: Entwurf 
„Hephaestos'' Baurat Arwed Rossbach in Leipzig (der Er- 
bauer des neuen Amtsgerichtsgebftudes in Dresden), f%ir den 
Entwurf „Helios" die Bauräte E, Oiese und P. Weidner in 
Dresden. Preise von je 1000 M. erhielten femer: Entwurf 
„Fertiges Verfasser Neekelmann^ Architekt in Stuttgart, 
„Flügelrad**, Verfasser Prof. Frentzen in Aachen, „Kosmos**, 
Verfasser Architekten Cremer und Wolffenstein in Berlin. 


SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN. 

Weimar, Bei Gelegenheit der Feier der goldenen 
Hochzeit des Großherzogs von Sachsen -Weimar ist eine 
Kunstausstellung eröffnet worden, die einen allseitig be- 
friedigenden Eindruck macht. Erreicht wird dies in erster 
Linie durch die Vermeidung allzugroßer Säle, in welcher 
das einzelne Werk sich in der Masse verliert, andererseits in 
der Zusammenstellung der zu einander passenden Gegen- 
stände in Gruppen, ein Grundsatz, der sich in Berlin 
und München auch bewährt hat. Vertreten sind alle Rich- 
tungen, in ganz vorzüglicher Weise die französische Schule 
von Fontainebleau. Auch das Kunstgewerbe weist ganz 
hervorragende Erzeugnisse auf, besonders zu nennen ist die 
japanische Sammlung. 

Hannover, Zur Feier des 50 jährigen Jubiläums des 
Künstlervereins ist. eine Ausstellung von Werken der Mit- 
glieder des Vereins in den Räumen des Museums veran- 
staltet worden, welche außerordentlich zahlreich beschickt 
worden ist. Fünf Säle sind gefüllt mit Gemälden, Skulp- 
turen, architektonischen Zeichnungen u. s. w., der f&nfbe ist 
für die beiden Ehrenmitglieder des Vereins, den Hofmaler 
Professor Friedrich Kaulbach und den Geheimen Regierungsrat 
Professor Hase bestimmt, die sich mit einigen hervorragenden 
Werken beteiligt haben. 

Berlin. Im kgl. Kupferstichkabinett ist eine Aussteüwig 
von Farbendrucken eröffnet^ -die einen Überblick über die 
Entwiokelung dieser Technik auf dem Gebiete des Holzschnitts 
und Kupferstichs von ihren AnHUigen bis zum Ende des 
18. Jahrhunderts geben soll. 

Dresden, Im Brührschen Palais hat eine Ausstellung von 
SckiUerarbeiten der Königlichen Kunstakademie stattgefunden, 
die sehr zahlreich besucht war und im allgemeinen einen 
befriedigenden Eindruck gemacht hat. 


VEREINE UND GESELLSCHAFTEN. 

Nürnberg, Der Albreekt Dürer- Verein feierte am 19. Ok- 
tober d. Js. sein hundertjähriges Jubiläum. Derselbe wurde 
am 13. Oktober 1792 von dem Kunsthändler Frauenholz als 
„Gesellschaft Nürnberger Künstler und Kunstfreunde** ge- 
gründet, und hat in den hundert Jahren seines Bestehens, 
namentlich durch die veranstalteten Ausstellungen, sehr 
segensreich gewirkt 


VERSCHIEDENES. 

^*, Gabriel Max hat den Hamb. Nachr. zufolge für die 
Notleidenden Hambui^s ein wertvolles Gemälde, „Die trau- 
ernde Hammonia", gespendet. Das Bild soll im November 
in Hamburg zum Verkauf ausgestellt werden. 

^♦^ Der sog. Kaiserbechrr der Stadt Osnabrück bleibt 
bis auf weiteres im Besitze der Stadt. Wie wir früher ge- 


meldet, hatte der Oberpr&aident der Provinz Hannover die 
Genehmigung des von der Stadt beschlossenen Verkaufs des 
Kaiserbechers für 250000 M. versagt. Auf eine vom Magistrat 
dagegen beim Kultusminister eingelegte Beschwerde hat 
dieser, wie der Hanno v. Courier mitteilt, nunmehr erklärt, 
dass er in Übereinstimmung mit der Auffassung des Herrn 
Oberpräsidenten den Verkauf des hervorragenden Kunstwerkes 
nicht genehmigen könne; der Frage eines Ankaufes des 
Kaiserbechers für den Staat würde er aber erst näher treten 
können, wenn, was zur Zeit nicht der Fall sei, zwingende 
Gründe die Stadt Osnabrück zur Veräußerung ihres alten 
Besitzstandes nötigen sollten. 

Frankfurt ajM, Bei den Wiederherstellungsarbeiten 
an der Paulskirche soll auch die Decke neu gemalt werden. 
Bei dieser Gelegenheit sind auch wieder die Entwürfe her- 
vorgeholt worden, die der Historienmaler J. F. Dietrich in 
Stuttgart (geb. 1789 in Biberach, gest. 1846) seiner Zeit zur 
Ausmalung der Kuppel gemacht hat. Dieselben sind nicht 
zur Ausführung gekommen, was bei der Schönheit des Ent- 
wurfs, der in der PresteVschen Kunsthandlung ausgestellt 
ist, sehr zu bedauern ist. Zur Zeit ist die Kuppel wegen 
der besseren Akustik mit einer Schalldecke versehen, die 
in weit einfacherer dekorativer Weise bemalt werden soll. 

* Die Gedenkfeier, mit welcher die Wiener Akademie 
der bildenden Künste am 26. Oktober ihren zweihundert- 
jährigen Bestand festlich beging, nahm einen würdigen und 
glänzenden Verlauf. Der Kaiser, die Erzherzoge Rainer 
und Wilhelm, die Minister und eine große Zahl anderer 
hoher Würdenträger waren inmitten der von der Akademie 
geladenen Festgäste in der Aula erschienen. Nach einer Be- 
grüßung durch den Rektor Baron Easenauer, auf welche der 
Kaiser huldvoll antwortete, ward zunächst die Enthüllung 
der von den E^rofessoren HeUmer, Niemafm und 2ki/mbuseh 
ausgef£lhrten, plastisch reich geschmückten Gedenktafel vor- 
genommen und die von Prof. TaiUenhayn und Giseleur 
Wa^ckmann angefertigte silberne Erinnerungsmedaille sowie 
die von dem sillndigen Sekretär der Akademie, Regierungs- 
rat Lott verfasste Denkschrift dem Monarchen überreicht. 
Der akademische Gesangverein begleitete die Feier mit dem 
weihevollen Vortrage der Volkshymne und einer Cantate von 
Beethoven. Nachdem der Kaiser mehrere der Anwesenden 
persönlich begrüßt und sämtliche Professoren und Beamten 
der Akademie durch Ansprachen ausgezeichnet hatte, be- 
sichtigte er eingehend die Deckengemälde der Aula, die 
großartigen Schöpfungen Ansdm Feuerbach's, die an diesem 
Tage mit den von Prof. Oriepenkerl und dem Malert. Tentschert 
hinzugefügten Ergänzungen zum erstenmal in ihrer vollen 
Pracht erschienen. Prof. v. Lütxow machte dabei den Ci- 
cerone. Nach dem Ausdrucke der allerhöchsten Zufrieden- 
heit verließ der Kaiser unter Fanfarenklängen die Halle, die 
dann noch längere Zeit den Gegenstand der Bewunderung 
des zahlreich versammelten Publikums bildete. — Nach Be- 
endigung der eigentlichen Feier nahm das Kollegium der 
Akademie sodann die Glückwunschadressen der Wiener 
Künstlergenossenschafl und des Wiener Klubs der Plastiker 
entgegen, welcher letztere der Akademie auch eine für den 
Tag angefertigte Denkmünze widmete. Der Rektor Baron 
Hascnauer beantwortete in beredten, herzlichen Worten die 
Ansprachen der Wiener Künstler. — Am Abend waren Lehrer 
und Schüler der Akademie, sowie eine große Anzahl Wiener 
I Künstler und Kunstfreunde, in den schönen, festlich ge- 
, schmückten Räumen des Künstlerhauses zu einem von der 
' akademischen Jugend veranstalteten Bankett vereinigt, welches 
j den haimonischen Abschluss des gewiss allen Teilnehmern 
' unvergesslichen Tages bildete. 


61 


Vom Konstmarkt — Berichtig«iiig. — Zätachriften. — Inseratie. 


62 


VOM KUNSTMARKT. 

Berlin, Am 8. und 9. November findet in Lepke^s 
Kunstauktionshaus eine Yersteigernng von Gemälden mo- 
derner Meiflter und von Aquarellen, Ilandzeichnungen und 
Olstudien statt. 

Frankfurt ajM. Am 14. November u. ff. Tage kommt 
in R, BmigcVs Gemäldesaal die Sammlung des Herrn Oskar 
Stahel aus Würzburg unter den Hammer ; der Katalog mit Licht- 
drucken erscheint demnächst. — Ferner ist in Vorbereitung 
ein Katalog über die Sammlung des Rentners B. in B., 
eines in der Kunstwelt rühmlichst bekannten Sammlers 
hervorragender modemer Gemälde. 

Kunstauktion, Am 14. und 15. November d. Js. ver- 
steigert J. M. Heberle (H. Lempertz Sohne) in Köln die reich- 
haltige und ausgewählte Gemäldesammlung des verstorbenen 
Hofarchitekten Adolf Schuster in Brüssel. Die Sammlung 
enthält Bilder der niederländischen, deutschen, italienischen, 
spanischen etc. Schulen des 15.— 19. Jahrhundert«. Nament- 
lich die Niederländer (Berchem, Bol, Jan van Goyen, Pieter 
de Hooch, Molenaar u. a. m.) sind gnt vertreten, auch Bilder 
von Rubens, Murillo u. a. vorhanden. Der mit einer Helio- 
gravüre und zahlreichen andern Abbildungen geschmückte 
Katalog ist soeben erschienen. 


BERICHTIGUNG. 

Aus Frankfurt a/M. geht uns zu der Personalnachricht 
in Nr. 1 der Kunstchronik Spalte 9 die Nachricht zu, j,das8 
der Bildhauer Friedrich Hausmann nach wie vor als Ordi- 
narius der Bildhauerfachklasse an der Kunstgewerbeschule 
an dieseni Institut seine Hauptlehrthätigkeit ausübt." 


ZEITSCHRIFTEN. 

Allgemeine Kunstchroiilk. 1892. Nr. 22. 

Aus dem KnDsUchat«e Böhmens. — Der Maler des Todes. V<m 
Ft. M. Fels. -^ Bildhanerei im Olaspalaste. Von H. Peters. 

— Die Auastellang f&r Wohnongseinrioiituii^eii in Berlin. 11. Von 
Fr. Hermann. — Knnstbriefe. Von J. S uns er. 

Chrlsüickes Kunstblatt 1892. Nr. 10. 

Aus Hierapolis in Phryeien. Von V. Schnitze. — Die Lorenz- 
kirche in Närnberg. — Neues aus dem nnterirdischen üom. 

Die Kunst fOr Alle. 1892/93. Nr. 2 u. 8. 

Die Münchener internationale Ausstellung von 1892. Von Fr. 
Peoht. — Die historisohe Sammlung und das Archiv der Man- 
chener Künstlergenossenschaft. Von G. A. Horst. -^ Ans dem 
Marseiller Museum. Von H. Helfe rieh. — August Noaok. 

Jahrbuok der königlich preussiscben Kunstsanimloiigen^ 
1892. Heft 4. 

rber einige Holsschnittzeiehnungen Holbein*s. Von R. Kekule. 

— Beitrag sur Geschichte des ältesten italienischen Holsschnitts. 
Von P. Kristeller. — Ein Entwurf Micbelangelo's sur Six- 
tinischen Decke. Von H. Wölfflin. — Die Ausstellung von 
Kunstwerken aus dem Zeitalter Friedrichs des Großen. I. Fried- 
rich der Grosse als Sammler von Gemälden und Skulpturen. Von 
P. Seidel. — Rembrandt's Predigt Johannes des Täufers. Von 
W Bo de 

Kunst-Salon. 1892/98. Ueft 1. 

Zur Einfährung. — BUder im Hause. Von J. Trojan. — Kunst 
und Volk. Von Fr. Dernburg. — Photographie und vervielfäl- 
tigende Kunst. I. Von H. Mey er. -> Die Vereinigung der Kunst- 
freunde für amtliche Publikationen der kgl. Nationalgalerie. Von 
A. Rosenberc — Modem er Holzschnitt und das Atelier von 
Klose und WolTmerstädt in Berlin. Von M. Schmidt. — Bern- 
hard Mannfeld. 

Zeitsekrift des Bayeriscben KunstfrewerbererelDs. 1892. 
Ueft 9/10. 

Aus der Grossherzoglichen Kunstkammer in Karlsruhe. — Die 
kirchliche Kunst in geschichtlicher Übersicht. Von J. v. Falke. 
(Schluss.) — Die Kunstrichtung des 19. Jahrhunderts. Von 
C. Gurlitt. 

Tke Magazine of Art 1892. November. Nr. 145. 

Drawings at the British Museum. Von W. Armstrong. —Art 
in its relation to Industry. Von Alma-Tadema. — A word to 
young english Painters. VouF. Cormon. — The Lelcester Cor- 
poration Art gallery. I. Von S. J. Viccars. — Originality in 
pen-drawing and design. Von H. Furniss. — The nPrix de 
Uome" at the 6cole des Beaux-Arts, Paris. Von A. V. P ar- 
mint er. — Titian*s summer pilgrimage. Von Leader Scott. 


VERLAG VON E. A. SK 


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64 


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Die KunstTereine zu Kfinigsberg i. Pr, Stettin, Elbing, 
Görlitz und Posen veranstalten im Jahre 1893 gemeinsame 
Gemäldeausstellungen unter den bei dem Kunstrereine in 
Kfinigsberg i. Pr. zu erholenden Bedingungen. Einzusenden 
sind die Qemalde an die Spediteure: 6. Dietrich k Sohn in 
Berlin, Invalidenstr. 50 bis zum 14. Januar 1893, Gebrüder 
Wetsoh in MOnohen, Schützenstr. 5 und 6. Paffrath in Düssel- 
dorf, Jakobystr. 14 bis zum 6. Januar. Nur im EinTer- 
nehmen mit dem betreffenden Kunstvereine erfolgende 
spätere Einsendungen werden ft*el befördert. [574 


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soeben erschienen. Derselbe hat an 
Übersichtlichkeit und Vornehmheit der 
Ausstattung wesentlich gewonnen und 
enthält eine durch viele Illustrationen 
geschmückte Obersicht über unsre Re- 
produktionen nach Gemälden alter und 
moderner Meister religi(^sen, patriotischen, 
historischen und mythologischen Inhaltes ; 
Genrebilder, Jagd- und Sportbilder, Land- 
schaften und Heestücke. Der Katalog 
wird Regen Einsendung von 50 Pfennigen 
(fürs Inland), von 80 Pfennig (fürs Aus- 
land) franko zugesendet. 

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haltigen Sammlung von alten Pergament- 
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aus dem Besitze des Herrn Architekt 
Fritz Hasselmann in Kapfelberg, früher 
in München. Katalog franko u. gratis» 
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fnuizband M. 24. — . 


Inhalt: Osorg Bleibtren f. Von A. Rosenberg. — Handzeichnangen italienischer Meister. Kritisch gesichtet von G. Her eil i; Mitgeteilt 
von £. Hab i eh. — N. de Boever, Het Schijnconconrs voor*8 B^ks-Museum; Führer durch die Sammlung des Museums sehlesischer 
Altertümer in Breslau; H. Schmiokunz, Gegenden Materialismus; Woermann, Dresdener Galerie; Die Sammlungen des Provinzial- 
museums in Hannover; Grosse, Bibelbilder und Bilderbibeln ; r. Haverkom van Bijsewyk, Katalog des Museums Boijmans in 
Rotterdam. — Th. Woolner f ; P. GrotJ ohann f. ~ Wettbewerb um den Bau eines neuen Empfangsgebäudes des Personenbahnhofes 
in Dresden- Altstadt. — Weimar, Kunstausstellung; Hannover, Ausstellung des Künstiervereins; Berlin, Ausstellung von Farben- 
drucken; Dresden, Ausstellung von Schülerarbeiten. — Nürnberg, Albrecht Dürer- Verein. — G. Max, Die trauernde Hammonia; 
ÖHuabrück, Der sog. Kaiserbecher; Frankfurt a. M., Freskenent würfe zur Kuppel der Paulskirche; Wien, Festfeier der Akademie 
der Künste. ~ Kunstauktionen: Berlin, Lepke; Frankfurt a.M., Bangel; Köln, Lempertz. — Berichtigung. — Zeitschriften. — Inserate. 


Fflr die Redaktion verantwortlich Ariwr Seemamn, — Druck von August iVtes in Leipzig. 


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KUNS 




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RONIK 


WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE- 

Ankundigungsblatt des Verbandes der deutschen Kunstgewerbevereina 

HERAUSGEBER: 

CARL VON LÜTZOW und DR. A. ROSENBERG 


WIEN 
HeagMse 58. 


BERLIN SW. 

TeltowentraBse 17. 


Verlag von E. A. SEEMANN in LEIPZIG, Gartenstr. 15. Berlin: W. H. KÜHL, Jägerötr. 73. 


Neue Folge. IV. Jahrgang. 


1892/93. 


Nr. 5. 17. November. 


Die Knnttchronik erscheint alt Beiblatt »nr »Zeitechrift «ttr bildende Kunst" und zum .Kunstgewerbeblatt» monatlich dreimal, in den 
Sommermonaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Hark und umfasst 33 Nummern. Die Abonnenten der .Zeit- 
schrift für bildende Kunst" erhalten die Knnstchronik gratis. — Für Zeichnungen, Manuskripte etc., die unverlangt eingesandt werden, 
leisten Redaktion und Yerlagshandlung keine Gewähr. Inserate, k 30 Pf. fttr die dreispaltige Petitseile, nehmen auBer der Verlagshand- 
lung die Annoncenexpeditionen von Haasenstein h Vogler, Rud. Messe u. s. w. an. 


KORRESPONDENZ. 

Aus Dresden, Anfang November 1892. 

Während es im vergangenen Sommer, in dem 
die großen Ausstellungen in Berlin und München 
das Interesse der Kunstfreunde vorzugsweise in An- 
spruch nahmen, ftir Ihren Berichterstatter wenig von 
Dresden zu erzählen gab, drängen sich in diesem 
Herbste die Kunstausstellungen in Dresden so, dass 
es geboten erscheint, in einer übersichtlichen Dar* 
Stellung die einzelnen Unternehmungen gleichzeitig 
zu würdigen. Hierbei müssen zunächst der Aquarell- 
aussteUung im Polytechnikum, von deren Hauptleis- 
tungen bereits an dieser Stelle die Rede war, noch 
ein paar ergänzende Bemerkungen gewidmet werden. 
Es wurde berichtet, dass ihr Besuch im Anfang viel 
zu wünschen übrig ließ, so dass die Gefahr eines 
nicht unbeträchtlichen Unterschusses nahe lag. Dieser 
ist jedoch glücklicherweise nicht eingetreten, da die 
Ausstellung in der letzten Zeit so gut besucht wurde, 
dass sie einige Tage länger, als ursprünglich geplant 
war, geöffnet bleiben konnte. Auch soll der Ver- 
kauf zufriedenstellend ausgefallen und das Unter- 
nehmen auch nach dieser Seite hin günstig verlaufen 
sein. Es wäre zu wünschen, dass der Ausstellungsaus- 
schuss darüber auch in der Öffentlichkeit ziffernmäßige 
Rechenschaft ablegte, wie es bei den Münchenern 
und anderen großen Veranstaltungen dieser Art schon 
längst Sitte, in diesem Jahre aber unseres ViTissens 
in Dresden noch nicht geschehen ist. 

Bald nach dem Schluss der Aquarellausstellung 
wurde in den Räumen des konigl. Sachs. Kunstge- 
werbemuseums eine Sonderausstellung von Elfenbein- 


arbeiten eröffnet Sie ist hauptsächlich durch die 
Bemühungen eines Beamten des Museums, des Herrn 
Dr. Berling, zu stände gekommen und gewährt eine 
ziemlich vollständige Übersicht über dieses heute nicht 
gerade mehr eifrig betriebene, einst aber blühende 
Spezialfach kunstgewerblicher Thätigkeit. Öffentliche 
Sammlungen und einzelne Liebhaber haben zum Teil 
prachtvolle Stücke beigesteuert, und eine Verlosung 
ausgewählt schöner Arbeiten moderner Elfenbein- 
schnitzer dient dazu, das an und für sich schon rege 
Interesse des Publikums an dem Unternehmen zu 
erhöhen. In technischer Beziehung erregen nament- 
lich die alten Schnitzereien aus Indien und Afrika 
wegen ihrer ungemein sauberen Ausführung Aufsehen. 
Von den älteren europäischen Arbeiten verdienen 
ein elfenbeinerner Einsatz in dem hölzeren Einbände 
eines Evangeliencodez aus dem Besitz der Leipziger 
Stadtbibliothek und eine der Deutschen Gesellschaft 
in Leipzig gehörige Tafel mit dem den Drachen er- 
legenden heiligen Michael Beachtung. Vortrefflich 
erscheinen die an CoUlofs Gestalten erinnernden Bett- 
ler- und Zigeunerfiguren, die von dem bekannten 
Simon Troger in München herrühren sollen. Die 
großartigsten Stücke der historischen Abteilung dürf- 
ten aber die verschiedenen Arbeiten des Dresdener 
Bildhauers BcUthaser Permosers sein. Die wunder- 
volle Kreuzigungsgruppe gehört der Leipziger Stadt- 
bibliothek und ist ein seit langem bekanntes Werk. 
Weniger bekannt ist ein Heiland am Kreuz, der 
Eigentum der Jakobigemeinde in Freiberg ist. Unter 
den Arbeiten neuerer Elfenbeinschnitzer ist keine von 
solcher Vollendung zu finden, wie sie die Werke 
Permosers zeigen. Immerhin aber lässt die Ausstel- 


67 


Korrespondenz aas Dresden. 


68 


lang erkennen, dass wir gegenwärtig eine Anzahl 
Werkstätten besitzen, die aucli größere Ansprüche 
zu befriedigen wissen. Fehlt es doch nicht an einer 
langen Reihe geschmackvoll entworfener und sauber 
ausgeführter kunstgewerblicher Arbeiten. Nament- 
lich haben uns eine Anzahl höchst wertvoller Stock- 
griffe gut gefallen, während uns die verschiedenen 
Versuche, Schachfiguren künstlerisch zu gestalten, 
schon deshalb als misslungen erscheinen, weil sie 
für den praktischen Gebrauch untauglich sind. 

Die VoUendung des großartigen, von uns in 
diesen Blättern bereits beschriebenen Yiktoriahauses 
an der Ecke der See- und Pragerstraße hat den 
Kunsthändler Theodor Lichtenberg aus Breslau in 
die Lage versetzt, seine früher auf der Ferdinand- 
straße gelegenen Salons in weit besser beleuchteten 
und entsprechend ausgestatteten Bäumen neu zu er- 
öffnen. In den ersten Wochen enthielten sie aller- 
dings im wesentlichen nur Marktware mittlerer Güte, 
so dass der Besuch der Lichtenberg'schen Ausstellung 
kaum lohnend erschien. In letzter Zeit aber ist es 
gelungen, ihr eine Reihe hervorragender Gemälde 
zuzuführen, die eingehender Betrachtung würdig 
sind. In erster Linie gilt das von den Bildern und 
Skizzen Brich Kttinerschky's in München, von denen 
eine solche Anzahl vereinigt in Dresden noch nicht 
zu sehen war. Ihr Gegenstand ist, wie das immer bei 
den Bildern dieses Künstlers der Fall ist, so einfach 
wie möglich: auf den meisten kehren Baumgruppen 
und Wasser wieder, manchmal ist das Terrain ein 
wenig gebirgig, in der Regel aber haben wir es nur 
mit Flachlandschaften zu thun. In der Ausführung 
sind sie ohne jede Prätension, so schlicht wie das 
Stück deutscher Erde, das ihnen als Vorwurf gedient 
hat. Wer aber überhaupt Sinn hat für den Reiz 
der Einfachheit und gewohnt ist, die bescheidenen 
Schönheiten solcher Motive in der Natur selbst zu 
sehen, der wird mit Freude bekennen, dass uns in 
KvUerschky ein neues, eigenartiges Talent enigegen- 
tritt, von dessen weiterer Entwicklung wir noch 
manche schöne Frucht erwarten dürfen. 

Im vollen Gegensatz zu der anmutenden Schlicht- 
heit Kuhiersehkys steht die routinirte Fertigkeit E'i^i/ert 
Bracht' s, dessen Bilder und Reiseskizzen wir bei Lichten- 
berg in einer Sonderausstellung vorgeführt erhalten. 
Dass Bracht viel kann, wollen wir nicht leugnen, wir 
haben sogar, als er anfing, vortreffliche Heideland- 
schafteu von ihm gesehen. Heute woUen uns aber seine 
Sachen nicht mehr gefallen, sie sind zu sehr ma- 
nierirt imd zu wenig fein empfunden. Das ist aber 
nur naturlicli. Wer wie Bracht heute in der Schweiz, 


morgen an der Riviera und bald darauf im Orient 
herumlandschaftert, der mi^ seine Mappen mit geo- 
graphisch interessanten Studienblättem füllen, aber 
Werke von bleibendem Werte können dabei nicht 
entstehen. Die besten Stücke der etwa siebzig Num- 
mern zählenden Kollektion gehören daher auch nicht 
der orientalischen, sondern der deutschen Abteilung 
an. Es sind die Landschaften aus der Mark und 
den angrenzenden Gebieten, unter denen sich ein 
oder das andere gelungene Bild befindet, wenn auch 
kdnes eine ähnliche Treue der Beobachtung und 
des Tones zeigt, wie die Bilder Kvhierschky^s. Wir 
wollen damit nicht sagen, dass die Ausstellung keine 
Beachtung verdiene, aber wir meinen von einem 
Künstler, wie Bracht ist, Besseres erwarten zu können. 

Unterden übrigen zu Anfang November ausgestell- 
ten Gemälden ist Ldebermann^s Kartoffelacker weitaus 
das beste. Hier ist wirkliches Natuistudium vorhanden 
und bei der flottesten Behandlung ein unbedingt 
sicheres Festhalten des Gesamteindrucks der natür- 
lichen Erscheinung. IJhdes „Näherin" am Fenster 
ist zwar in Bezug auf die Wiedergabe der Licht- 
wirkung gelungen, aber viel zu wenig intim, um 
uns fesseln zu können. Auch Harburgef^s Wirtshaus- 
scene gehört nicht zu den besten Stücken des Künst- 
lers, der sonst stets die richtige Größe für seine hu- 
moristischen Vorwürfe zu finden weiß, sich aber hier 
im Format vergriffen und auch in der Farbe zu 
stark aufgetragen hat. Ein reizendes Porträt ist 
dagegen das von dem Grafen Harrach herrührende 
Bildnis der Gräfin Vitzthum, und dass der Dorf- 
schulze des Grafen Kaickreuth, der gleich zuerst bei 
Lichtenberg zu sehen war, heute aber bereits wieder 
aus der Ausstellung verschwunden ist, zu den ver- 
heißungsvollsten Werken der jungen Schule gehört, 
ist allen Besuchern der vorjährigen Münchener 
Jahresausstellung bekannt. Gelingt es, auch in Zu- 
kunft die neuen Räume mit so interessanten Bildern 
wie gegenwärtig zu versehen, dann dürfte das Lich- 
tenbei^'sche Unternehmen in der That wesentlich 
zur Belebung der Dresdener Kunstinteressen beitragen. 

Diesen Zweck verfolgt die unter dem Protek- 
torate Ihrer Majestät der Königin Carola stehende 
„Ausstellung von Malwerkefi sächsischer Künstle^ 
rinnenf\ die während der Monate November und 
Dezember im zweiten Stockwerk des BrühFschen 
Palais auf der Augustusstraße eingerichtet ist, aller- 
dings nicht in erster Linie. Vielmehr ist es hierbei 
hauptsächlich darauf abgesehen, von dem sich er- 
gebenden Überschüsse dem obererzgebirgischen und 
voigtländischen Frauen vereine einen möglichst be- 


69 


Koi-respondenz aus Dresden. 


70 


iarächÜichen Beitrag für seine Zwecke zu gewähren. 
Immerliin aber besitzt auch diese Veranstaltung 
künstlerische Bedeutung genug, um auch nach dieser 
Richtung anregend zu wirken. Sie ist vor allem 
wundervoll arrangirt und bietet durch die Herbei- 
ziehung von zum Teil vollendet bemalten kunst- 
gewerblichen Arbeiten besonderen Reiz. Da wohl 
nur ein kleiner Teil der Damen, deren Werke hier 
vereinigt sind^ berufsmäßig die Kunst ausübt, hat 
die Kritik sich nur mit denjenigen zu beschäftigen, 
die auch sonst mit ihren Arbeiten öffentlich aufzu- 
treten pflegen. Zu den berufensten dieser berufs- 
mäßigen Künstlerinnen, um an eine Wendung im 
Vorwort des von dem Galeriedirektor Prof. Wörmajin 
sorgfaltig bearbeiteten Katalogs zu erinnern, gehört 
aber Dora Hitx, die vor nicht zu langer Zeit von 
Paris nach Dresden übergesiedelt ist. Sie hat zwei 
ganz prächtige Gouachebilder und ein größeres Öl- 
gemälde ausgestellt, Arbeiten, die sich in jeder grö- 
ßeren Kunstausstellung behaupten würden und sie 
im Vollbesitz ihrer Mittel zeigen. Neben ihrer fer- 
tigen Erscheinung interessirt uns namentlich eine 
junge Dame, Ritta Boemm, eine Ungarin, die in 
Dresden viel von sich reden macht und ein ent- 
schiedenes Talent zu besitzen scheint. Ihre Gouache- 
bilder nach ungarischen Motiven, eine Dorfstraße, 
ein Bauernhof, ein Friedhof, sind fein empfunden 
und gut gezeichnet, doch möchten wir glauben, dass 
ein kräftigerer Farbenauftrag und überhaupt ein 
resoluteres Zugreifen der Künstlerin nur von Nutzen 
sein könnte. Daran fehlt es Fräulein Käthe Juncker, 
die in München ausgebildet wurde, zu ihrem Glücke 
nicht. Ihre Pastellbilder, Mädchen- und Kinderköpfe 
darstellend, verdienen deshalb mit Anerkennung ge- 
nannt zu werden. Ebenso ist das lebensgroße Bild- 
nis einer jungen Geigerin von Helme Gammitis, mit 
Pastellstiften ausgeführt, als tüchtige Leistung zu 
bezeichnen. Ob das männliche, vermutlich mit Zu- 
hilfenahme einer Photographie auf Porzellan aus- 
geführte Bildnis von Anna von TJhde von einer be- 
rufsmäßigen Künstlerin herrührt, wissen vnr nicht 
zu sagen. Es ist jedenfalls sehr ähnlich, da in dem 
Dargestellten sofort der berühmte Münchener Maler 
Fi-itx von ühde erkannt wird. Adelgunde Ortlmus hat 
ein namentlich in der Farbe vorzügliches Frühlings- 
bild ausgestellt, und die Skizzen und Studien der 
Freiin Alma von Niethammer verraten eine entechie- 
dene koloristische Begabung. Unter den kunstge- 
werblichen Arbeiten ist der Ofenschirm von Hilda 
Kunkel, Lehrerin des Dresdener Frauenerwerbsvereins, 
hervorzuheben. Er ist durch Lederschnitt mit Be- 


malung hergestellt und mit einer Bronzeeinfassung 
versehen. Eine höchst geschmackvolle Arbeit ist 
das japanisch bemalte Theeservice von Hanna SehoUx, 
während das anspruchsvoll auftretende, große deko- 
rative Panneau der Frau Marikieiwiex, das eine Ver- 
bindung von Stickerei und Malerei zeigt, zwar über- 
aus kostbar erscheint, aber nicht den Erwartungen 
entspricht, zu dem man nach dem reichlichen Lob, 
das die Dresdener Presse den früheren Arbeiten 
dieser Dame gezollt hat, berechtigt ist. Es ist nach 
unserem Dafürhalten zu bunt gehalten und leidet 
an einem Übermaß von großblättrigen Blumen, die 
das als Vorwurf gewählte architektonische und land- 
schaftliche Motiv aus der Alhambra fast erdrücken. 

Auch in den Räumen des Kunstvereins in dem 
ersten Stockwerk des Brühl'schen Palais, in denen 
für kurze Zeit die Studienarbeiten der Dresdener 
Akademie ausgestellt waren, sind die regelmäßigen, 
im Sommer aber unterbrochenen Wochenausstellungen 
wieder aufgenommen worden. Doch ist dort bis auf 
die zum Teil vortrefflichen Einkäufe zur Verlosung, 
die das Direktorium auf der letzten Aquarellaus- 
stellung gemacht hat, noch nicht viel Erwähnens- 
wertes zu sehen. Wir nennen daher nur eine große 
Frühlingslandschaft von ^Qm^^nffiren Edvmd Schleich 
in München nach einem Motiv aus den so ungemein 
malerischen Isarauen und einige kleinere Landschaften 
von Karl Küstner ^ der nach Auffassung und Technik 
ein Schüler WenghMs in München zu sein scheint. 
Gleichzeitig war auch eine kleinere orientalische 
Landschaft mit Pyramiden ausgestellt, die als ein 
Werk des verstorbenen Münchener Malers Adolf lAer 
bezeichnet war. Obwohl das kleine Bild so un- 
günstig aufgehangen war, dass eine genauere Be- 
trachtung unmöglich war, kann doch behauptet 
werden^ dass hier ein Irrtum obgewaltet hat. Lier 
hat niemals ein ihm so fern liegendes Studiengebiet 
wie den Orient zum Vorwurf für ein Bild gewählt, 
und die ganze Technik des Gemäldes ist so ver- 
schieden von der seinigen, dass man schwer begreift, 
wie es möglich war, das Bild auf seinen Namen zu 
taufen. Allerdings ist in der linken Ecke, wenn wir 
in der Dunkelheit richtig gesehen haben, sein Name 
zu lesen, aber wir hegen starke Zweifel an der Echt- 
heit dieser Bezeichnung, die, wie wir vermuten, von 
irgend einer unberufenen Hand dem Bilde nachträg- 
lich gegeben worden ist. Das Bild ist übrigens in- 
zwischen auf Veranlassung des Vorstandes wieder 
entfernt worden. 

Die lebhafteste Anteilnahme des Publikums 
dürfte aber unter allen Ausstellungen der letzten 


71 


Bficherschau. 


72 


Zeit die der Entwürfe für den Umbau, resp. Neubau 
des Böhmischen Bahnhofes gefunden haben. Da 
jedoch für die Beurteilung des Wertes dieser Pro- 
jekte in erster Linie nicht künstlerische, sondern 
praktische Gesichtspunkte in Frage kommen und 
über diese mitzusprechen nur derjenige ein Recht hat, 
der genau in die Pläne der obersten Eisenbahn- 
behorde eingeweiht ist, begnügen wir uns mit dem 
Hinweis darauf, dass neben den beiden preisgekrönten 
Entwürfen von Qiese und Weidtier in Dresden und 
von Rossbach in Leipzig im Publikum vor allem auch 
das Xeckelmami'sclie Projekt, das in architektonischer 
Beziehung höchst gelungen ist, jedenfalls aber be- 
deutende Mittel erfordert hätte, sehr viel Freunde 
gefunden hat. Im allgemeinen aber geht die An- 
sicht dahin, dass der künftige Hauptpersonenbahnhof 
in Dresden in jeder Hinsicht großartig durchgeführt 
werden und hinter den prachtvollen Bauten in Frank- 
furt a/M., Köln, Hannover, Berlin und München nicht 
zurückbleiben wird. Wenn diese Hoffnung sich er- 
flüUen sollte, wird der Bahnhofsbau seine befruch- 
tende Wirkung auf die ganze architektonische Weiter- 
gestaltung Dresdens sicher ausüben und damit diese 
zunächst rein praktische Frage auch (Ür die Neu- 
belebung der Kunst in Dresden von großer Be- 
deutung werden. H, A, LIER. 


BÜCHERSCHAU. 

Biographie des Malers Carl Ovstav Heüqvist, nach 
authentischen Quellen bearbeitet von Heinrich Wilke. Mit 
einem Porträt Berlin 1891. C. F. Conrad's Buchhandlung 
Paul Ackermann, gr. 8^. 71 S. 

Wir begrüßen 68 immer freudig, wenn ein Fachmann 
einem Kollegen ein litterarisches Denkmal setzt; sind wir 
doch gewiss, dass er, wie kein anderer, seine Individualität 
zu erfassen vermag. Einen Mangel — abgesehen von der 
mehr oder weniger auffallenden Unsicherheit, mit der der 
Mann des Pinsels oder Meißels in der Regel die Feder f^hrt 
— kann eine solche Biographie freilich leicht zeigen: den 
an Objektivität; oft schleicht sich ein zu großes Pro oder 
Contra ein, und die Wage des Richtenden will nicht ins 
Gleichgewicht kommen.' — Der vorliegenden Lebensbeschrei- 
bung eines früh Dahingeschiedenen ist weder der eine noch 
der andere Vorwurf zu machen — sie hat nur einen Fehler: 
sie ist zu kurz. Gerade wenn wir uns am besten lesen, 
schließt der Autor und entzieht uns seine Führerhand, die 
uns mit so viel Verständnis und Liebe zum Meister geleitet 
hat. Es ist, als ob wir aus einem gastlichen Hause plötz- 
lich auf die Gasse gesetzt und uns selbst überlassen wür- 
den. Nicht, dass wir uns nicht selber zurechtfänden — der 
müsste blind sein, der dies bei Hellqvist nicht vermöchte — 
allein wir bedauern, nicht weiter beobachten zu können, wie 
die Gestalt des Helden und seine unvergänglichen Thaten 
sich in einer gleichgestimmten Seele spiegeln. 1^- ^• 

August Wredow, Gedächtnisrede, gehalten in der Öffent- 
lichen Sitzung des Kuratoriums der Wredow'schen 2ieichen- 
schule zu Brandenburg a. d. H, den 20. September 1891 von 


Dr. Richard Lehfeld, Bibliothekar. Brandenburg a. d. H., 1892. 
49. 37 S. 

Diese dem Jahresberichte der obengenannten Zeichenschule 
beiliegende Biographie giebt uns ein anschauliches Bild des 
Lebens und patriotischen Wirkens des Bildhauers Professor 
August Wredow, Er war 1804 in Brandenburg geboren und 
starb am 21. Januar 1891 in Berlin. 1823 trat er in die Schule 
Rauch's, mit dem er viele Jahre in innigem Kontakt war, 
der erst in den letzten Lebensjahren Rauch's gestört wurde. 
In Italien verkehrte Wredow viel mit Thorwaldsen, dessen 
Schüler er daselbst wurde. 1840 kehrte er wieder nach 
Deutschland zurück; mit Glücksgütern gesegnet, hat er nie 
mit des Lebens Not gekämpft; seinen Reichtum verwendete 
er zum Wohle anderer, indem er eine in seiner Vaterstadt 
Brandenburg von Köpke ins Leben gerufene gewerbliche 
Zeichenschule erst auf das ausgiebigste forderte und später 
zu seiner Uni versaler bin machte. Er unterstützte den 
Neubau des Hauses für die Anstalt mit 60000 Mk., schenkte 
die ganze innere Ausstattung, seine großen Kunstsammlungen, 
darunter 15000 Stiche, nebst 300000 Mk. an Barem, so dass 
zum Schluss seine öesamtstißung eine halbe Million Mark 
übei'stieg. Die Bibliothek enthält ca. 1500 Bände, die Oma- 
mentsammlung ungefähr 3000 Blatt. In der Gemäldesamm- 
lung gehören unter den sechzig Ölbildern zwanzig der deutschen, 
dreizehn der niederländischen Schule an. Die Kupferstich- 
Sammlung birgt 800 Stiche nach Rubens und das Werk 
Chodowiecki^s fast vollständig, überdies ezistirt eine Samm- 
lung ron Marmorskulpturen, Gipsen, Bronzen und Holz- 
schnitzereien, in welcher sich Wredow*sche Originale befinden, 
so in Marmor sein Merkur, Paris, Ganymed, femer der Gipsabguss 
seiner Nikegruppe fiuf der Schlossbrücke in Berlin und von 
den Aposteln in der Katharinenkirche in Brandenburg etc. 
Eine reiche Sammlung kunstgetcerblicher Objekte endlich, von 
Gemmen und von Münxen vervollständigen das Ensemble. 
All dieser Reichtum steht der Ofifentlichkeit zur Verfügung 
und ist in den Dienst einer Schule gestellt, die im vergangenen 
Schuljahre von 168 Schülern besucht war, die sich aus allen 
Ständen und gesellschaftlichen Kreisen rekrutirten. Wir 
glauben keinen Kommentar an all die angeführten That- 
Sachen anfügen zu müssen, um die Manen Wredow ^s zu ehren. 
Ehre wem Ehre gebührt! BK. 

R. Bonghij Die römischen Feste. Deutsch von Ruhe- 
mann. A. Hartleben's Verlag, Wien, Pest, Leipzig. 216 S. 4". 

Wir beschränken uns bei der Besprechung dieses Werkes 
lediglich auf den illustrativen Teil derselben, der insofern 
ein bedeutenderes Interesse bietet, als er uns die modernste 
italienische Buchillustration vor Augen führt und zwar von 
Künstlern, die geschickt in Schwarz und Weiß zu arbeiten 
verstehen. G. A. Sartorio und ügo Fleres sind die Zeichner 
des von dem berühmten italienischen Staatsmanne verfassten 
Werkes. Wir können vielen Illustrationen etwas Wild-Ori- 
ginelles in der Auffassung und Komposition nicht absprechen, 
müssen aber mit Bedauern die bis an die Karikatur streifende 
Flüchtigkeit in der Ausführung tadeln, die um so krasser in 
die Augen springt, als nicht eine liebevolle Künstlerhand 
die Reproduktion der Originale z. B. in Holzschnitt über- 
nommen, sondern der unbarmherzige photographische Apparat 
die Werke bei der Herstellung der Cliches in phototypischer 
Manier mit dem Netze selbst in dem Guten beeinträchtigt 
hat, das sie besitzen. Auf diesem Wege wurden eine große 
Anzahl Vollbilder weiter nichts als graue nebb'ge Flächen, 
in denen ebenso neblige verschwommene Gestalten schweben ; 
alle Luftperspektive ist verwischt, Wände, Fußböden, Luft- 
hintergründe, Vorhänge, Fleisch etc. — Alles müde, stumpf, 
stufenlos — ein graues Elend! Das Unkünstlerische und 


73 


Personalnachrichten. — Denkmäler. — Sammlungen und Anastellungea. — Vereine und (icsellschaften. 


74 


Kunstgefährliche speziell dieser Reproduktionsiechnik bringt, 
wie 80 viele andere Werke, auch dieses in drastischer Weise 
zum Ausdruck. Für den Verleger, der möglichst billig seine 
Cliches in der Hand haben will, ist die Technik durchs Netz 
wie geschaffen, die reproduzirten Kunstwerke aber werden 
damit guillotinirt. Wir werden gelegentlich an anderer 
Stelle über den tiefen einschneidenden Schaden dieser Repro- 
duktionsart für die moderne Illustrationskunst ausf&hrlich 
sprechen unter Hinweis auf gediegene Publikationen und 
Parallelstellung solcher mit Werken, in denen Tuschirungen 
und Gemälde das Unglfick haben, in der Netzmanier sich 
zeigen zu müssen. rud. bock. 


PERSONALNACHRICHTEN. 

Dem Bildhauer Karl Hügers in Charlottcnhtirg ist 
das Pr&dikat Professor beigelegt worden. 




DENKMALER. 

^♦^ Denh?iälerchro7iik. In dem Wettbewerb um ein 
Reiterstandbild Kaiser WilhelnVs /., das dife Rheinprovinz 
am deutschen Eck in Koblenz errichten will, haben den ersten 
Preis der Bildhauer E, Hundrieser und der Architekt Bruno 
Schmitt in Berlin davongetragen. Den zweiten Preis er- 
hielten Bildhauer Professor F. Sckaper mit Architekt 0. Rieth 
in Berlin, den dritten Bildhauer Professor P. Otto in Berlin. 
Zum Ankauf empfohlen wurde der Entwurf des Bildhauers 
Ilidding und des Architekten Halmhuber, ebenfalls in Berlin. 
Eingegangen waren 25 Entwürfe. Die Entscheidung über 
die Ausführung wird beim Zusammentritt des Provinzial- 
landtages erfolgen. — Von den zur Errichtung eines Denk- 
mals für Kurfürst Friedrich L von Brafidenburg bei Friesack 
eingegangenen Entwürfen hat das Komitee diejenigen von 
Calandrelli und Boese zur engeren Wahl gestellt. Die Ent- 
scheidung wird erst erfolgen, nachdem die Künstler gewisse, 
vom Denkmalsausschuss gewünschte Änderungen vorgenom- 
men haben werden. — Ein Denkmal des Erfinde« der 
Lithographie Alois Senefelder ist am ö. November in Berlin 
enthüllt worden. Es hat seine Aufstellung auf einem Platze 
im Norden der Stadt, zwischen der Schönhauser Allee und 
der Weißenburgerstraße, gefunden. Die Kosten des Denk- 
mals, das der Bildhauer Pohle in weißem Marmor ausgeführt 
hat, sind durch Beitrage von Lithographen, Künstlern, Kunst- 
händlern und Kunstfreunden in ganz Deutschland aufgebracht 
worden. Berlin ist zum Standort des Denkmals gewählt 
worden, weil in Berlin das lithographische Gewerbe, insbe- 
sondere der auf der Lithographie aufgebaute Farbendruck, 
in höchster Blüte steht. Das Denkmal zeigt auf hohem 
Sockel den Erfinder in ganzer Figur, in der schlichten Bluse 
des Arbeiters, wie er sinnend einen auf das Knie gestützten 
Lithographirstein betrachtet. Der Sockel hat nur an der 
Vorderseite einen figürlichen Schmuck durch zwei nackte 
Genien erhalten, deren einer den Namen Senefelder^sin Spiegel- 
schrift an den Sockel schreibt, während der andere ihre 
Wirkung in einem Spiegel betrachtet. — In dem Wettbewerb 
um dos Kaiser- Wilhelm- Denhn^U f^i Kiel hat derProvinzial- 
ausschuss im Gegensatz zu den Sachverständigen, die einen 
engeren Wettbewerb zwischen Professor Otto und Ä. Brütt 
in Berlin vorgeschlagen hatten, die Entscheidung dahin ge- 
troffen, dass er Brütt mit der Anfertigung eines neuen Ent- 
wurfs für ein Reiterdenkmal beauftragt hat. 

SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN. 

A.R. Berlin. Der Kunstsalon von FritxChirlitt ist von der 
Behrenstraße nach der Leipzigerstraße 131 übergesiedelt und 


am 29. Oktober mit einer Ausstellung Böcklin'scher GemSJde 
eröffnet worden, die mit wenigen unbedeutenden Ausnahmen 
nur längst bekannte Werke 'des Meisters enthielt. Am 
5. November folgte eine Sonderausstellung von 73 Ölgemälden, 
ölstudien, Pastellen und Aquarellen Felix Possar6s, die einen 
vollständigen Überblick über das Schaffensgebiet des fleißigen 
Künstlers gewährte. Obwohl Spanien noch immer sein be- 
vorzugter Studienplatz ist, hat er in neuerer Zeit auch in 
Tanger, am Comersee, im Engadin, in Tarasp und anderswo 
dankbare Motive gefunden, die er mit steigender koloristi- 
scher Virtuosität zu gestalten weiß. Insbesondere sind einige 
Innenräume mit Figuren aus dem Engadin ausgezeichnet 
in der Wiedergabe komplizirter Lichtwirkungen. Sein 
Bestes und Glänzendstes zugleich bietet er aber nach wie vor 
in seinen mit vollendeter Feinheit durchgeführten, mit I^guren 
belebten Innenräumen aus den beiden berühmtesten Denk- 
mälern der maurischen Architektur, der Alhambra und 
dem Alcazar in Sevilla, und in seinen südspanischen Land- 
schaften, vornehmlich in denen, deren Motive aus Elche 
und Umgebung geschöpft sind. — Amskr und Ruthardt 
haben eine Ausstellung von Aquarellen, Pastellen und Zeich- 
nungen Karlsruher Künstler veranstaltet, die ein sehr er- 
freuliches Bild von der regen Kunstthätigkeit in der badischen 
Hauptstadt und von ihrer gesunden Richtung darbietet. Neben 
bewährten Meistern wie KKrabbes, H. Baiseh, F. Kaümorgen 
und Q. Sc'hönleber ist die jüngere Generation besonders her- 
vorragend durch A, v. Meckel, der neuerdings Studien in Schott- 
land gemacht hat, durch Hans v. Volkmann (Landschaften 
aus Hessen), Jtdi^is Bergmann (Landschaften mit Pferden 
und Rindvieh) und P. von Ra/venstein vertreten, der vor- 
nehmlich in den engen Gassen norditalienischer Städte mit 
ihrem bunten Volksleben zu Hause ist. Auch Max und 
Viktor Romatif Franx Rein und J3. KUy sind verheißungs- 
volle Talente. 


VEREINE UND GESELLSCHAFTEN. 

A.R. Eine Ausstellung von Ölgemälden und Ölstudien 
des norwegischen Malers Eduard Munch^ die am 5. Novem- 
ber in den Räumen des Vereins Berliner Künstler eröffnet 
wurde, hat unter einem Teile der Mitglieder eine so 
lebhafte Entrüstung erregt, dass zur näheren Erörterung 
der Angelegenheit von Seiten des Vorstandes eine außer- 
ordentliche Generalversammlung auf den 12. November be- 
rufen worden ist. In den Munch'schen Bildern handelt es 
sich nämlich um Exzesse des Naturalismus, wie sie in Berlin 
noch niemals zur Ausstellung gelangt sind. Was der Nor- 
weger in Bezug auf Formlosigkeit, Brutalität der Malerei, 
Roheit und Gemeinheit der Empfindung geleistet hat, stellt 
alle Sünden der französischen und schottischen Impressio- 
nisten wie der Münchener Naturalisten tief in den Schatten. 
Es sind Bildnisse, Interieurs mit Figuren, Straßenansichten, 
Strandlandschaften und groteske Phantasiestücke, die in der 
liederlichsten Art hingeschmiert sind, so dass es bisweilen schwer 
hält, eine menschliche Form daraus zu erkennen oder über- 
haupt nur die Natur eines dargestellten Gegenstandes zu 
bestimmen. Selbst die beredtesten Verteidiger des natura- 
listischen Kunstprinzips sind vor solchen rohen Anstreicher- 
arbeiten in die bitterste Verlegenheit geraten. Dass dieses 
Kunstprinzip schließlich zu so grotesken Verirrungen fuhren 
musste, haben freilich die Besonnenen yorausgesehen. Um 
so erfreulicher ist es, dass die letzten Konsequenzen so schnell 
gezogen worden sind und sich der Abgrund geöffnet hat, der 
zur Umkehr mahnt. Ober die Munch'schen Bilder, die, wie 
es in der Voranzeige des Vereins hieß, „Ibsen'sche Stimmung" 


75 


Vereine und Gesellschaften. 


76 


widerspiegeln sollen, ist kein Wort weiter zu verlieren, 
weil sie mit Kunst nichts zu thun haben. Voraussichtlich 
werden sie aber insofern eine heilsame Wirkung üben, als 
die Ausstellungskommissionen sich eine Zeitlang vor ähnlichen 
Experimenten mit dem Naturalismus hüten werden. Eine 
Anzahl von Mitgliedern des Vereins hat zwei Anträge an 
den Vorstand gestellt, von denen der erste ,,au8 Hochachtung 
vor Kunst und ehrlichem künstlerischen Streben und um den 
Verein Berliner Künstler vor dem Verdacht seiner nicht 
würdiger Unternehmungen zu bewahren*^ den sofortigen 
Schluss der Rotunde verlangt, in der die Munch'schen Bilder 
ausgestellt sind. Da dieser Antrag nur von 23 Mitgliedern 
unterstützt worden ist, hat der Vorstand seine Beratung 
abgelehnt Dagegen hat der zweite Antrag die nach den 
Statuten erforderliche Unterstützung (durch 31 Mitglieder) 
gefunden, und er wird demnach am 12. November zur Ver- 
handlung kommen. Er verlangt eine Neuwahl der Ausstellungs- 
koramission an Stelle der jetzigen, die die Munch 'sehen Bilder 
der Ausstellung zugeführt hat. Wie verlautet, soll es auf 
Empfehlung des Malers F, v, Uhde in München geschehen 
sein. — Außerdem" hat die Ausstellung des Vereins Berliner 
Künstler seit Beginn der Herbstsaison nur eine Reihe von 
Aquarellen, Gouachemalereien, Pastellen und Zeichnungen 
gebracht, die aus der letzten Dresdener Aquarellenaus- 
stellung ausgewählt worden sind. 

Nachschrift, Die oben erwähnte Versamynlung des Ver- 
eins Berliner Künstler am 12. November hat einen stür- 
mischen Verlauf genommen. Auch über den ersten Antrag 
wurde abgestimmt und mit 120 Stimmen gegen 105 der so- 
fortige Schluss der Ausstellung der Munch'schen Bilder be- 
schlossen. Infolgedessen legte die Ausstellungskommission 
ihr Amt nieder, und etwa 70 Mitglieder verließen das Vereins- 
lokal. Voraussichtlich wird dieser Schritt eine Spaltung des 
Vereins zur Folge haben. Dann schritt man zur Wahl einer 
neuen Kommission, wobei sieben der früheren Mitglieder 
wiedergewählt wurden. 

S. Archäologische Gesellschaft in Berlin, Die zahlreich 
besuchte erste Sitzung nach der Sommerpause (am 1. Nov.) 
wurde von Herrn Schöne mit der Mitteilung eröffnet, dass 
der erste Vorsitzende, Herr Curtius, zwar dieser Sitzung noch 
nicht beiwohnen könne, jedoch von seiner Krankheit ge- 
nesen sei und zum Winckelmannsfeste wieder zu erscheinen 
hoffen dürfe. Derselbe legte von dem mit Unterstützung 
des Kultusministeriums von den Herren B. Curtius und F.Adler 
herausgegebenen Prachtwerke: „Olympia, die Ergebnisse der 
vom Deutschen Reiche veranstalteten Ausgrabung'' den soeben 
ausgegebenen Tafel- und Textband vor, der die erste Hälfte 
der Baudenkmäler enthält. Die zahlreichen anderen Ein- 
gänge unterzog Herr Conxe einer orientirenden Besprechung. 
Die Reihe der Vorträge eröffnete Herr Kekule mit einer 
Besprechung des angeblichen Ausspruches des Lysipp: ab an- 
tiquis factos quales essent homines, a se quales viderentur 
esse. An diesen Vortrag schloß sich eine sehr angeregte 
und eingehende Debatte, an der sich außer dem Vortragenden 
die Herren Conze, Diels, Kalkmann und Trendelenburg be- 
teiligten, ohne dass über die Erklärung der schwierigen 
Stelle eine Einigung erzielt werden konnte. Bei der vor- 
gerückten Zeit konnte danach nur noch Herr Piichstcin seinen 
Vortrag über die Grundrisse selinuntischer Tempel, die er in 
Gemeinschaft mit Herrn Koldewey im vergangenen Winter 
an Ort und Stelle neu aufgenommen hatte, halten, während 
ein anderer in Aussicht genommener Vortrag für eine spä- 
tere Sitzung zurückgestellt werden musste. 

Die erste diesjährige Sitzung der kunstgeschichtlichen 
Gesellschaft zu Berlin fand am 28. Oktober im Hotel Kaiser- 


hof statt. Dem Verein wurde zunächst Rechenschaft ab- 
gelegt über die Ausstellung von Kunstwerken der Rokoko- 
zeit, welche er im Sommer in der kgl. Kunstakademie 
veranstaltet hatte. Die Ausgaben sind durch die erhobenen 
Eintrittsgelder nicht völlig gedeckt worden, so dass der 
Verein einen Zuschuss aus eigenen Mitteln oder aus dem 
vorhandenen Garantiefonds leisten wird. Im Übrigen kann 
man mit Genngthuung auf den Erfolg dieser Ausstellung 
zurückblicken. — Herr Bode berichtete sodann über einige 
wichtige Auktionen des verflossenen Sommers, speziell über 
die Versteigerung der Sammlungen des Earl of Dudley und 
des Mr. Hollingworth-Magniac. — Darauf sprach Herr Dr. 
Sarre im Anschluss an die erwähnte Rokokoausstellung über 
„Berliner Silberarbeiten im 18. Jahrh.'* Wie aus der geringen 
Zahl der Berliner Marken in Rosenberg's Handbuch schon 
hervorgeht, ist die Berliner Silberproduktion unter den ersten 
Kurfürsten nur schwach. Meist wurde der Bedarf durch 
Nürnberger, später mehr noch durch Augsburger Arbeiten 
gedeckt. Schon unter dem großen Kurfürsten und dem ersten 
König begann sich das Silberschmiedgewerbe zu heben, wurde 
dann aber besonders begünstigt durch Friedrich Wilhelm L, 
der trotz seiner sonstigen Sparsamkeit großen Aufwand in 
Edelmetallgeschirren trieb. 1714 privilegirt er die Berliner 
Goldschmiedezunft, deren Altmeister der geschickte, aber 
wenig moralische Meister Daniel Mannlich wurde, als dessen 
Nachfolger dann Lieb erkühn auftritt. Auch unter Friedrich IL 
wird die Berliner Goldschmiedekunst noch gepflegt, bis das 
Interesse des Königs sich mehr dem Porzellan zuwendet. — 
Erhalten ist verhältnismäßig wenig, da bereits Friedrich IL 
vieles umschmelzen, anderes einschmelzen ließ. In den 
Napoleonischen Zeiten ist dann fast der ganze Gold- und 
Silberschatz der kgl. Schlösser und des Berliner Adels in die 
Münze gewandert. Von dem trotzdem Erhaltenen wurden 
in Photographieen einige schöne Stücke mit den Marken 
Lieberkühn's, Sandrart's u. a. vorgelegt. — Herr Bode be- 
richtete schließlich über die Fortsetzung der Publikationen 
der Sammlung Spitzer, ferner über Veränderungen im Be- 
stände der italienischen Museen, besonders in den kleineren 
Sammlungen der umbrischen Marken und Oberitaliens. 

»*:,t Der Streit in der Münchener Künstlerschaft, der 
immer noch nicht, trotz der vermittelnden Vorschläge der Re- 
gierung, zum Austrag gekommen ist, hat auch die kürzlich 
in Berlin abgehaltene Delegirtenversammlung der Ällgemeifien 
deutschen Kunstgenossenschaft beschäftigt. Das Ergebnis 
der Beratungen war eine Revision der Statuten, die der 
Hauptvorstand der Genossenschaft nunmehr in ihrer ver- 
änderten Gestalt mit einem Begleitschreiben versendet hat, 
worin es u. a. heißt: „Der § 2 hatte in seiner bisherigen 
Fassung eine Unklarheit darüber hervorgerufen, ob in einer 
Stadt nur eine oder mehrere Lokalgenossenschaften der all- 
gemeinen deutschen Kunstgenossenschaft bestehen könnten, und 
ob also unter den (in München) vorliegenden Umständen eine Ab- 
änderung der Statuten angezeigt erschiene. Nach sorgfältiger 
Prüfung hat die Delegirtenversammlung die Überzeugung 
gewonnen, dass bei der Stiftung der Kunstgenossenschaft 
der Grundgedanke maßgebend gewesen ist, einen einheit- 
lichen Verband der in Deutschland lebenden Künstler zur 
gegenseitigen Förderung ihrer gemeinsamen Interessen zu 
bilden und den in jeder einzelnen Kunststadt lebenden Mit- 
gliedern dieser Genossenschaft eine angemessene Vertretung 
in der allgemeinen Genossenschaft zu sichern. Die Delegirten- 
versammlung hat keine Veranlassung gefunden, von diesem 
GrundgedanJ[en abzugehen, glaubt vielmehr, dass die Allge- 
meine deutsche Kunstgenossenschaft, ihrem Zweck und der 
Absicht ihrer Gründer entsprechend, von allen Strömungen 


77 


Kunsthisiorisches. — Vermischtes. — Vom Kunstmarkt. — Zeitschriften. 


78 


innerhalb der Korporationen der einzelnen Kunststädte fern 
zu halten sei Die DelegirtenTersammlong hat sich deshalb 
darauf beschränkt, den §§ 2—6 des Statuts eine Fassung 
zu geben, welche keine Unklarheit über die Einrichtung und 
Bedeutung der deutschen Kunstgenossenschaft aufkommen 
lassen kOnnte.'* § 3 der Satzungen, der f&r den gegenwär- 
tigen Streit, soweit er die Kunstgenossenschafb berührt, ent- 
scheidend ist, hat jetzt folgenden Wortlaut; „Die Allgemeine 
deutsche Kunstgenossenschaft gliedert sich in Lokalkunst- 
genossenschaften in den verschiedenen Städten Deutschlands 
und Deutsch-Österreichs. Sämtliche in einer Stadt lebende 
Mitglieder der allgemeinen deutschen Kunstgenossenschafb 
bilden nur eine Lokalgenossenschaft." 


KUNSTfflSTORISCHES. 

IHer. In der „Trierischen Landeszeitung*' vom 3. d.M. 
wird über eine Herkulesstatue auf dem turmf5rmigen Aufbau 
im Hauptportale des Abteigebäudes Echtemach berichtet, 
die den Kunstforschem bisher entgangen und über deren 
Herkunft und Aufstellung an einem kirchlichen Gebäude 
nichts bekannt geworden ist. 


VERMISCHTES. 

4,** Luthers Sterbehaus in Einleben soll im alten Stil 
wieder hergerichtet und künstlerisch ausgeschmückt werden. 
Zu diesem Zweck haben sich die Behörden der Stadt, wie der 
„Fränkische Kurier" mitteilt, an Professor Wanderer in 
Nürnberg gewendet. 

1»*^ „Die Predigt Johannes des Täufers^*, eine Grisaille 
von Rembrandt^ die bei der Versteigerung der Dudley'schen 
Gemäldegalerie für etwa 65000 Frank in den Besitz des Ber- 
liner Museums übergegangen ist (s. Nr. 32 der „Kunstchronik'' 
N. F. lll.), ist nach früheren Wertschätzungen damit keines- 
wegs zu hoch bezahlt worden. Wie Dr. W. Bode im „Jahr- 
buch der königl. preußischen Kunstsammlungen'^ mitteilt, 
hat der Earl of Dudley bei der Versteigerung der Galerie 
des Kardinals Fesch in Rom im Jahre 1845 etwa 80000 Frank 
dafür bezahlt, und im Jahre 1857, als das Bild auf der Aus- 
stellung in Manchester erschien, hat es W. Bunger auf 100000 
Frank geschätzt Der Kardinal Fesch soll 40000 Frank dafE&r 
gezahlt haben, um 1678 befand sich das Bild im Besitze 
des bekannten Rembrandtfreundes Bürgermeister Six. Als 
dessen Sammlung 1702 versteigert wurde, erzielte das Bild 
einen Preis von 710 Gulden. 

VOM KUNSTMARKT. 

Haytüfurg, Am 28. d. M. findet im Auktionshaus fUr 
Kunstsachen die Versteigerung einer sehr wertvollen Samm- 
lung von Kupferstichen, Radirungen, Holzschnitten etc. statt, 
welche aus dems. Z. bei derlsle of Wight gestrandeten Schnell- 
dampfer Eider geborgen sind. Der Katalog ist soeben erschienen. 

Im Rudolph Lepke^schen Kunstauktionshause zu Berlin 
kommt am 23. d. Mts. eine bedeutende Gemäldesammlung 
alter Meister unter den Hammer. Diese interessante Kollek- 
tion aus vornehmem Besitz, vorzugsweise aus alten Schlössern, 
säkularisirten Kirchen etc. herstammend (wie in der Ein- 
leitung des Kataloges erwähnt), war seiner Zeit in Herrn 
Ed. Schulte's Kunsthandlung zu Berlin bereits ausgestellt 
und dürfte daher dem Berliner Publikum noch wohl in Er- 
innerung sein. Wir begnügen uns damit, auf den beschreiben- 
den Katalog (Nr. 872) hinzuweisen, und heben nur nament- 
lich hervor die „Thronende Madonna*' des Osorio Francisco 


Meneses (Murillo*s bewährten Schülers) , wovon eine Repro- 
duktion dem Kataloge beigefugt ist, femer das Porträt des 
heil. Ludwig von Lieven Mehus, die Altarbilder von Gauden- 
zio Ferrari, P. Gramorseus, der Entwurf von Tintoretto, die 
Lucretia von Quintin Massys, die Bilder von Paolo di Dono, 
gen. Uccelli, Jan Miel, Roos, Rugendas. Als besonderer Vor- 
zug föllt die gute Erhaltung der Gemälde ins Gewicht, 
da sie in keiner Weise durch Restaurationen gelitten 
haben, vielmehr noch in ihren alten echten Rahmen ganz 
das ursprüngliche Gepräge bewahrt haben. — Im Anschluss 
an diese Versteigerung kommt an den zwei darauffolgenden 
Tagen eine recht interessante Antiquitätensammlung eben- 
daselbst zum Ausgebot (Katalog Nr. 873). Vorbesichtigung 
für beide Sammlungen am Sonntag, Montag und Dienstag, 
den 21., 22. und 23. November, in der Zeit von 10—2 Uhr. 


ZEITSCHRIFTEN. 

Allgemeine Kunstchronik. 1892. Nr. 28. 

J abelfest der Kanstakademie. — Tatramaler. II. Von Dr. A. 
Nossig. — Ein neaes G^rabstichelblatt. — Ernst Benedikt Kietz, 
weiland Zeichenlehrer der deutschen Kaiserin Augnsta Viktoria. 

— Atelierbesuche. 

Architektonlsehe Knndschan. 1892/98. Nr. 1. 

Taf. 1. Konkurreuzentworf einer evangelischen Kirche fdr Heil- 
bronn. Von Zaar& Vahl, Architekten in Berlin. Erster Preis. 

— Taf. 2. Fassade Parkstraße 20 in Düsseldorf. Entworfen von 
Klein & Dörschel, Architekten daselbst. — Taf. 3. Villa Kröner 
in Stuttgart. Erbaut von Eisenlohr& Weigle, Architekten 
daselbst. — Taf. 4 u. 6. Wohn- und Geschäftshaus des Herrn 
Kommerzienrats L. Bemheimer, Maximiliansplatz in Manchen. 
Nach den Entwürfen des Prof. Fr. Thiersch erbaut von Archi- 
tekt C. Dülfer. — Tal 6. Wohnhaus in Chicago. Erbaut von 
Architekt F. M. Whitehouse daselbst. — Taf. 7. Wohnzimmer 
des Architekten Prof. G. Seidl in München. Von ihm selbst 
entworfen. — Taf. 8. Wohnhaus in der Avenue de Wagram in 
Paris. Erbaut von Architekt S. Sauvestre daselbst. 

Bayerlsehe Gewerbezeitnng. 1892. Nr. 19 a. 20» 

Die Reichsgesetze zum Schutze des gewerblichen geistigen Eigen- 
tums. (Schluss.) Von G. Davidsohn. — Johann Heinrich Stob- 
wasser und seine Lackwarenfabrik in Braunschweig. Von Chr. 
Scherer. 

Die Graphischen Kftiute. 1892. Heft 4 n. 5. 

Boben Hang. Von Franz Hermann. — Otto Qreiner. Von 
R. Graul. — Die Bilder italienischer Meister in der Galerie des 
Fürsten Liechtenstein in Wien. Von W. Bode. — Original- 
radjrungen Mttnohener Künstler. Von R. Graul. 
Die Kunst für AUe. 1892/98. Nr. 4. 

Die historische Sammlung und das Archiv der MünohenerKttnstler- 
genossenschaft. (Schluss.) von G. A. Horst. — Rundschau, 
von Fr. P e c h t. —Eine Plauderei über Modelle. Von 0. v. A d e 1 u n g. 

Gewerbehalle. 1892. Heft 11. 

Taf. 81. Kelch ans vergoldetem ProbesUber mit ciselirtem Orna- 
ment, Filigranarbeit und Imitationssteinen verziert, im k. k. 
Reichsmuseum in Wien. Entworfen von Prof. Herdtle, aus- 
geführt von Bris &Anders in Wien.— Taf. 82. Passepartouts 
für Photographien. Entworfen von H. Kaufmann in München. 

— Taf. 83. Thürbesohl&ge aus dem Münster in Ulm. Aufgenom- 
men von R. Knorr in Stuttgart. — Taf. 84. Details aus dem 
Fürstenzimmer des Schlosses Velthums in Südtirol. Angenom- 
men von Architekt H. Kirchmeyer in München. >- Taf. 85. 
Plafond. Entworfen von C. Lei big in München. — Taf. 86. 
Büffet. Entworfen von Zeichenlehrer H. Güting in Stuttgart. 

— Taf. 87. Puttenmotiv aus der Klosterkirche zu Dießen am 
Ammersee. Aufigenommen von Architekt H. Kirchmavr in Mün- 
chen. — Taf. 88. Italienisoher Seidenstoff (17. Jahrhnnaert), weüS, 

felb, dunkelblau. — Italienischer Samtstoff (17. Jahrhundert), 
ellgelb und dunkelrot. Im Österreich. Museum für Kunst und 
Gewerbe in Wien. Aufigenommen von G. Janik. 

Gazette des Heanx-Arts. Nr. 425. November 1892. 

Sculptures foröziennes de la r^^naissance II: Le ohateau de La 
Bastie d'Urfö. Von M. Thiollier. — L'exposition des Arte de 
la femme au Palais de riodustrie. Von M. T. de Wyzewa. — 
Artistes contemporains : M. Burne-Jones, döcorateur et omamen- 
tiste. Von M. P. Leprieur. — Le portrait mioiature en France. II. 
Von M. H. Bottchot. — Les musftes et lespublications relatives 
k l'histoire de Tart en Hollande. Von M. E. Michel. 

I/Art. Nr. 682 u. 688. 1. November 1892. 

Cosimo Tura. I u. II. Von G. Gruyer. — Mus6e de Cahors. 
Von J. Mommeja. — La nouvelle pröfeoture de Lyon. Von 
P.Leroy. — Un donröcentauMusöeduLouvre. VonE.Molinier. 

The Art Journal. Novemb. 1 892, u. The Art Annnal fori 892. 

Mr. Logsdail and Lincoln. ~ Kecent fashions in freuch ait. I. 
Von Marion Hepworth Dizon. — Our provincial art Museums 
and Galleries. V: Birmingham City Museum and Art Gallery. 
Von H. M. CundalL — RaphaePs ,,Crucilixion*'. — Hargrove^s 
„Madonna". Von M. E. Francis. — A j^rovincial sohool of Art. 
Von Aymer Vallance. — The mural pamtings at Marlborough 
House. Von M. Q. Holyoake. — Professor llubert Herkomer, 
Royal Academician, bis Life and Work Von W. L. Courtney. 


79 


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Übersichtlichkeit und Vornehmheit der 
Ausstattung wesentlich gewonnen und 
enthält eine durch viele Illustrationen 
geschmückte Obersicht über unsre Re- 
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schaften und Seestücke. Der Katalog 
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Römische Feste. — K. HUgers. — Deukmälerchronik. — Berlin, Kunstsalon von Fr. Gurlitt ; Amsler & Ruthardt. — Verein Berliner 
Künstler; Archäologische Gesellschaft in Berlin; Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin; Streit in der Hünchener Künstler- 
Schaft. — Herkulesstatue in Echternach. — Luthers Sterbehaus in Eisleben ; Die Predigt Johannes des Täufers von Reinbrandi. — 
Hamburg, Knnstauktion 28. XI. 92; Berlin, Kunstanktion bei Lepke 23. XI. 92. — Zeitschriften. — Inserate. 


Für die Hedaktion verantwortlich Äritir ikeniann. — Druck von Ättgtist Pries in Leipzig. 


^<JkHiv COLI 


KUNS 



GciM/<j 


RONIK 


WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE. 
Ankundigungsblatt des Verbandes der deutschen Kunstgewerbevereine. 

HERAUSGEBER: 

CARL VON LÜTZOW und DR. A. ROSEN BERG 


WIEN 
Hengasse 58. 


BERLIN SW. 
Teltoweratrasse 17. 


Verlag von E. A. SEEMANN in LEIPZIG, Gartenstr. 15. Berlin: W. H. KÜHL, Jägeretr. 73. 


Neue Folge. IV. Jahrgang. 


1892/93. 


Nr. 6. 24. November. 


Die Kamtchronik erscheint als Beiblatt zur »Zeitschrift fftr bildende Kunst" and zum «Kanstgewerbeblatf* monatlich dreimal, In den 
Sommermonaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark and amCasst 88 Kammern. Die Abonnenten dar „Zeit- 
schrift fftr bildende Kanst* erhalten die Kanstohronik gratis. — Für Zeichnungen, Manuskripte etc., die unverlangt eingesandt werden, 
leisten Redaktion nnd Yerlagshandlung keine Gewähr. Inserate, 4 80 Pf. fftr die dreispaltige Petitzoile, nehmen aufier der Yerlagshand- 
lung die Annonceneipeditionen von Haasenstein & Vogler, Rud. Messe u. s. w. an. 


ÜBER DEN ANTEIL DER MATHEMA- 
TISCHEN WISSENSCHAFTEN AN DER 
KULTUR DER RENAISSANCE *). 

Dass die Wissenscliaft neben der Kunst einen 
Hauptanteil an der Kultur des Renaissancezeitalters 
hat, wissen wir alle. Aber selten wurde uns diese 
Thatsache für eines der wichtigsten Gebiete der 
Wissenschaft, die mathematische Disziplin, mit gleicher 
Klarheit und mit so weitem Blicke dargelegt, wie 
in dem oben bezeichneten Vortrage der Virchow- 
HoltzendorfiTschen Sammlung, der überhaupt als ein 
kurzes Resume der Geschichte des mathematischen 
Wissens vom Altertum bis auf Kopernikus gelten 
kann und somit viel mehr enthält, als der Titel an- 
deutet Da der Inhalt des Schriftchens seiner Natur 
nach mit der Entwickelung der Kunst — man denke 
nur an die mathematischen Grundlagen der Archi- 
tektur und der Perspektive — die verschiedensten 
Berührungspunkte darbietet, wollen wir durch einige 
Daten auf das Interessanteste hinweisen. 

Zunächst giebt der Autor eine lichtvolle Dar- 
stellung der mathematischen Leistungen des Alter- 
tums. Alles gipfelt in den unsterblichen Verdiensten 
der Griechen, während die Römer bekanntermaßen 
keinen einzigen nennenswerten Mathematiker hervor- 
gebracht haben. In Alexandrien war der Mittelpunkt 
der mathematischen Studien des hellenischen Alter- 
tums. — Von dort wurden die Wissensschätze eines 
Euklid und Eratosthenes, eines Hipparch und Ptole- 
mäos dann durch die Araber dem Westen Europas 


1) Vortrag von Dr. F, Rudio^ Prof. in Zflricb. Hamburg 
1892. 33 S. 8. 


übermittelt. „Nach den hohen Schulen von Toledo, 
Sevilla, Cordova und Granada strömten im 12. und 
13. Jahrhunderte die Gelehrten von ganz Europa, 
um die griechischen Klassiker kennen zu lernen und 
sie — was das Wichtigste war — aus dem Ara- 
bischen in das Lateinische zu übertragen. Auf diesem 
Wege (nicht durch die Vermittelung von Byzanz^ 
wie man oft behauptet hat) wurde, namentlich durch 
die unermüdliche Übersetzungsthätigkeit eines Ger- 
hard von Cremona, eines Atelhart von Bath und 
anderer, dem christlichen Abendlande der allmähliche 
Einblick in die hohe mathematische Kultur des 
klassischen Altertums erschlossen." 

Noch ein zweites Verdienst kommt den Arabern 
zu. Sie haben mcht nur die Mathematik der Griechen, 
sondern auch die Zahlzeichen und die Zahlenlehre der 
Inder dem modernen Europa vermittelt Wenn der 
hellenische Geist, als der eines vorwiegend formal 
begabten, auf sinnliche Anschauung gerichteten 
Volkes, in erster Linie sich mit den geometrischen 
Problemen beschäftigte, so hatte der bei den Indern 
seit altersher im Volke verbreitete und zu unge- 
wöhnlicher Höhe entwickelte Zahlensinn die dortigen 
Mathematiker vorzugsweise auf das Gebiet der Arith- 
metik und der Algebra geführt. Von den Indem 
ist das Zahlensystem und die Positionsarithmetik 
zu den Arabern und von diesen besonders durch 
Leonardo Pisano, den bedeutendsten Mathematiker 
des christlichen Mittelalters (speziell durch dessen 
Liber abaci, 1202), der modernen Wissenschaft zu- 
geführt worden. 

Auf der Geometrie der alten Griechen und auf 
der Arithmetik der Inder des Mittelalters beruht alles, 


83 


Handzeichnongen itaüenischer Meister. 


84 


was die Kultur der Renaissance an arithmetisclier 
Erkenntnis besaß. Wie innig aber diese letztere 
mit der Kunst der Renaissance zusammenhängt, das 
lehrt uns die Geschichte des 15. und 16. Jahrhun- 
derts auf jeder Seite. In der universellen Bildung 
der großen Meister der Renaissance macht das mathe- 
matische Wissen eines der wichtigsten Elemente aus. 
Brunelleschi's kühner Kuppelbau des Florentiner 
Domes war das Ergebnis nicht nur seiner gediegenen 
technischen und konstruktiven, sondern auch mathema- 
tischen Studien. Lionardo war ein Heros an mecha- 
nischer und mathematischer Erkenntnis. Mit un- 
widerstehlicher Macht zog es Dürer sein Leben lang 
zu den mathematischen Wissenschaften hin. Seine 
„Unterweisung der Messung" (1525) ist das Haupt- 
ergebnis seiner hier einschlägigen Studien. Die 
^preifste Frucht der gegenseitigen Durchdringung 
künstlerischen und mathematischen Geistes'* aber, 
die wissenschaftliche Ausbildung der Perspektive, 
darf „so recht eigentlich ein Kind der Renaissance 
genannt werden'^ Indem Rudio dies mit Recht be- 
tont und neben Lionardo auch dessen Vorläufer auf 
diesem Gebiete namhaft macht, hätte er insbesondere 
noch des Piero della Francesca gedenken sollen, der 
sich praktisch wie theoretisch bekanntlich um die 
malerische Perspektive hochverdient gemacht hat. 

Die letzten Seiten der Schrift gehören dem 
großen Begründer des modernen Weltsystems, 
Kopemikus, dem Zeitgenossen des Lionardo, des 
Raffael und Michelangelo. Der Autor entwirft von 
seiner Persönlichkeit und von der Entwickelung 
seiner fundamentalen Lehre ein fesselndes Bild. Aus- 
schlaggebend für diese war die Berührung des Ko- 
pernikus mit den großen italienischen Mathematikern 
und Astronomen seiner Zeit. Sein epochemachendes 
Werk ist eine Frucht der Verschmelzung des deutschen 
und italienischen Geistes. „Den ungewöhnlichen For- 
men- und Schönheitssinn," — sagt Rudio — „den Ko- 
pemikus bei der Begründung seines Systems bekundete, 
werden wir dem Einflüsse der italienischen Kunst 
zuschreiben, für welche der junge Astronom ein 
offenes Auge und ein feines Verständnis besaß." 
Wenn Kopemikus selbst, bei der Auseinandersetzung 
seiner Lehre, von der bewunderangswürdigen Sym- 
metrie des Universums, von der harmonischen Ver- 
bindung der Bahnen der Gestirne spricht, so quillt 
sein Mund über von dichterischer Begeisterung und 
er gebraucht Worte, die nicht der rechnende Ver- 
stand, sondern die Phantasie eines künstlerischen 
Genius ihm eingegeben haben. C. r. L. 


HANDZEICHNUNGEN ITAÜENISCHER 

MEISTER 

in photographischen Aufnahmen von Braun db Co,in Domaeh, 
krUiseh gesichtet von Giovanni MoreUi (Lermolieff), 

Mitgeteilt von E. Habioh. 

(10. Fortsetznng.) 

Museum in Dbesden. 
Jacopo Cavedone. 

101. Paysage: au milieu une femme tenant 

8on enfant Kopie. 

Gtaido Reni. 

102. Le Grucifiement de Saint Pierre . . 

103. Esquisse pour une Judith avec la t§te 

d'Holopherne 

104. Esquisse: David aveclatSte de Goliath 

105. Büste de femme toumeeverslagauche 

106. Etüde pour un Saint Jean .... 

107. Etüde pour le crucifiement de Saint 

Pierre 


' Kopien. 


Elisabetta Sirani. 

108. Femme assise, bnste Kopie. 

Domenichino. 

109. Saint Paul demi-figure 

110. Gons^ration de Saint J^röme, enfant I 

111. Groquis pour un Evang^Iiste; il est | ^ ' 

aasis, de face ' 


Ohne Wert. 


Zeichnui^en in Weimar. 
Correggio. 

1. L'adoration des bergers, composition 

de nombreuses figures Nein. 

2. La Vierge assise tenant Tenfant 

J^sus dans ses bras 

3. Etüde d'homme nu, mort .... 

Gnercino. 

4. Etüde pour une Sainte Familie . . Nein; ohne Wert. 

Fra Bartolommeo. 

5. Etüde d'ange volant yers la droite . Nein; ohne Wert 

6. Etüde pour trois apötres et tSte du . 

Ghrist I Nein; Foschi 

7. Trois etudes de buste d'homme et | da Faenza. 

cinq pieds ' 

8. Tdte de femme inclinöe et trois figures 

de femme Fälschung. 

9. Tete de moine, toume l^g^rement vers 

la gauche Ohne Wert. 

10. Differentes etudes : trois tetes d'homme, 

cinq mains et un pied 

11. Buste de jeunegarQon, la tete inclinee 

et tourn^e de trois quarts ä gauche 

12. Deux enfants nus, accroupis . . . 

13. Deux autres etudes d*enfants nus, 

accroupis 

14. Deux croquis pour une Vierge, deux 

tAtes de moine et quatre inains . Fälschung 


» Nein; wertlos. 


85 


HandzeichnuDgen italieiUBcher Meisier. 


86 


Späte Kopien. 

Falsche Be- 
stimmungen. 


15. Un Saint agenonillöy et rdp^fcition da 

buste et de la tSte du m§me . . 

16. Feuille d'6tude: jeane homme debout 

et cinq tdtes \ Ohne Wert. 

17. T6te de vieillard, grandeur natore . 

18. T6te de femme, toum^e de trois 

quarts k droite 

19. Tdte de jeane fille de profil k gauche Echt, aber verwischt. 

20. TSte d'homme de profil & ganche . 

21. Tdte d'abbesse toum^ de trois quarts 

& gauche 

22. Tdte d'homme, presque de face . . 

23. Groquis pour une Pieta 

24. Cavalier k cheval, dirig6 vers la droite 

25. Moine agenouille, tu de profil k gauche Echt. 

26. Moine agenouill6, vu de profil ä droite 

27. Figure de femme drap6e et assise, les 

bras 6tendu8 

28. TSte de religieuse de face .... 

29. TSte de jeune homme de face . . . 

30. T§te de moine legörement toum^e 

ä gauche 

31 • Tdte inclin^ de moine de profil h, droite 

32. Tgte d'ange de profil k droite . . . 

33. Figure de femme debout, ^levant une 

^p6e de la main droite .... 

34. Le Portrait de l'aoteur dans un m6- 

daillon Nein. 

Michelangelo Baonarroti. 

39. Le Bonge de la vie humainei dessin 

grav^ par L. Lucchesi et Beatrizet Nein; ohne Wert. 

Paolo Veronese. 

42. Les noces de Cana; une premiäre 

composition Nein; ohneWei*t. 


1 
) 

\ 
i 


} 


Kopien. 


Modern. 


Wertlos. 


Nein; ist Sodoma. 


Nein; ohne Wert. 


Zeichnungen in den Uffizien. 
AlberUnelli. 

5. Le Christ en croix, entour^ de Martyrs. 

Le F^re ^temel Echt. 

Fra Angellco. 

11. Mort de Saint Paul: deuz figures . Nein; Kopienach 

Perugino. 
16. La Vierge tenant l'enfant J^us sui: 

ses genoux Echt 

BaldOYlnetti. 

37. Deux figures d'homme debout. . . 

38. Deux figoresd'hommedirig^ä. gauche 

39. Descente de croix 

Poceetti. 

40. Gostume: homme debout vu de dos 

41. Quatre meines debout toumös ä droite 

42. Projet de plafond de forme ronde 

43. Projet de plafond; croquis .... 

44. Omementation pour une voüte de 

plafond 

45. D4coration de plafond 

46. Projet de decoration de plafond carrö 

47. Un coin de plafond ; projet de decoration 

48. Gariatide entre deux fen^tres et frise 

supörieure 

49. Projet de döcoration de plafond . . 

50. Decoration du quart d'un plafond 

51. Projet d'ornements de plafond . . . 


] 


> Echt. 


Fra Bartolommeo. 

52. Etüde d'enfants 

53. Groquis pour le tableau inacheve des 

Offices 

54. Figures d'anges 

55. Noli me tangere 

56. Anges agenouilles 

57. Le Ghrist aux Oliviers 

58. Femmes et enfants 

59. Les saintes femmes 

60. Annonciation, deux croquis difierents 

61. Adoration des mages 

62. Le Ghrist et la Samaritaine, deux 

croquis diff^rents 

63. Difierents croquis 

64. Deux croquis pour la Vierge etl'Enfant 

65. Deux croquis pour la Vierge etPEnfant 

66. Saint Etienne 

67. La Vierge et l'Enfant 

68. Saint Marc 

69. La Vierge et l'Enfant 

70. Figure de saint agenouilie .... 

71. Femme vue de dos. Gostume . . . 

72. Figure debout, drap^e 

73. Figure assise de face, drap^e . . . 

74. Figure drap^e, agenouilUe .... 

75. Le proph^te Isate, esquisse du tableau 

de la tribune 

76. Job, esquisse du tableau de la tribune 

77. Etüde pour une figure debout . . . 

78. Etüde pour une figure de sainte . . 

79. Töte de moine ^ Echt. 

80. Sainte Familie 

81. Groquis d*ajustement de manches 

82. La Vierge et VEnfant 

83. Esquisse pour la Vierge au baldaquin 

84. Descente de croix 

85. Etüde pour un saint Jean .... 

86. Etüde pour un saint Jean .... 

87. Grande figure drap^ de face . . . 

88. Figure drap6e de profil 

89. SainteFamille(Le tableau est au palais 

Pitti) 

90. Sainte Familie 

91. Etüde de töte 

92. Saint Paul 

93. Le Ghrist en croix 

94. Etüde d'aprös antique 

95. Groquis pour une bacchante . . . 

96. Esquisse 

97. Figure drap^ 

98. Figure drap^e 

99. Le Ghrist aux Oliviers . . 

100. Gomposition 

101. Groquis pour une figure de saint . 

102. Groquis pour un portement de croix 

et une sainte Familie 

103. Groquis et pi^e de vers 

104. Groquis 

105. Groquis 

106. Tete de Vierge 

107. Töte de femme 

108. Töte d'enfant 

109. Annonciation . . ; Nein; Albertinelli. 


87 


Handzeichnungen italienischer Meister. 


88 


110. Croquis pour une sainte Familie . 

111. L'Ascension 

112. La Yierge entour^e d'anges . . 

113. La Circoncifiion 

114. Le Pore Eterael 




Echt. 


\ Echt. 


Nein,ohneWert. 


Domenico Beccafaini. 

115. Quatre tetes d'anges .... 

116. La Vierge et PEnfant. . . . 

117. Gompoeition de sept figures 

118. Saint Pierre conduit en prison 

119. La Visitation 

120. Deux croquis pour des anges . 

121. Groupe de guerriers .... 

Stefano della Bella. 

122. Composition de nombreuses figures . Echt. 

Lorenzo di Bicei. 

123. Le Christ benissant Saint Pierre et 

Saint Paul Nein ; ohne Wert. 

Andrea Boscoli. 

124. Grande composition pour decoration 

de plafond Ohne Wert. 

BotticelU. 

125. V6nu8 couchee, ä cöte d'elle l'Amour ) Nein, ohne 

126. Le Christ apparaissant k ses disciples i Wert. 

127. Figure d'ange debout toume vers la 

droite 

128. Figure dränge debout toum^ vers la 

gauche 

129. Etüde de figure d'homme nu, vu de 

face Nein; ist Filip- 

pino Lippi. 

130. Le Sauveur, buste, vu de face. . . Nein; ist Raffael- 

lino del Garbo. 

131. Deux vestales Nein; Filippino 

Lippi. 

132. Ange debout, vu de profil k droite . } Nein; Schule 

133. Ange dirig6 vers la droite . ... ) des Botticelli. 

134. Ange debout, vu de face Echt. 

135. Ange agenouill^ et deux enfants . . 

136. Figure drap^e et assise, tenant une 

coupe 

137. La Saint« Familie Nein; ein Schüler 

des Lorenzo di 
Credi u. Botticelli. 

138. Saint Jean debout l^gärement tourne 

vers la gauche Echt und schön. 

139. Trois anges Schüler. 

140. Etüde de femme nue debout, et etude 

d'une main et d'un pied .... Kopie. 

141. Un ange agenouilll, toume ä. gauche Könnte Fiorenzo 

di Lorenzo sein. 

142. Ün Cardinal assis, yu de face . . . Echt. 

143. Figure d'homme debout et figure 

d'ange de profil ä gauche . . . Schule. 

Perino del Yaga. 

144. Sainte Familie, groupe de six figures Echt; späte Zeit. 

145. Le pied d'on candelabre; dessin de \ 

decoration 

146. Dessin pour un calice avec des riches 

omements 


Schule des 
Botticelli. 


147. La Vierge, TEnfant et le petit Saint i ,, , 

Jean i ^^^^5 "^^ 

148. Arabesques, dessin d'omements . . j ^^^ ^^^ 

149. Croquis d'omementation 

150. Arabesques, frise 

151. Projet de decoration 

152. Croquis pour une frise 

153. Dessin pour une coupe 

154. Deux pi^ces d'orfövrerie 

155. Dessin pour un grand candelabre 

156. Projet de decoration 

157. Arabesques et ornements . . . . ^ Echt 

158. Projet de frise 

159. Frise omementale 

160. Projet de frise 

161. Dessin de coffret 

162. Decoration 

163. Cariatide de decoration 

164. Croquis de console 

165. Projet de coffret 

166. Composition de nombreuses figures 

dans un paysage Echt; spSlt. 

167. Dessin de coffret avec riebe ornemen- 

tation 

168. Combat naval; composition de forme 

ronde 

169. Triomphe de Bacchus ; composition de 

nombreuses figures 

170. Combat antique 

171. La Sainte Familie 

172. Groupe inachev^ de figures de femmes 

173. Deux Saints debout et un mendiant \ Echt. 

accroupi 

174. La Yierge avec TEnfant et plusieurs 

Saints 

175. La Sainte Familie avec le petit Saint 

Jean 

176. La Vierge avec l'Enfant et Saint 

Joseph . . , 

177. Croquis d'une Sainte Familie . . . 

178. Composition de sujet religieux . . 

Michelangelo Baonarroti. 


182. 
183. 

186. 
188. 

189. 


M 


La Furia'^ tete de demon . . . . 
Tete de femme tournee ä droite . . 

„La Prudence" groupe allegorique . 
Denxtdtes de femme de profil ä gauche, 

plus une tete de vieille femme 
Buste de femme, les seins decouverts, 

de profil k gauche 


Das Blatt kommt 

oft vor. 

Nein; Bandinelli. 

I Nein; Bacchi- 
i acca. 


f 


Echt. 


Plero di Cosimo. 

211. La Vierge adq^unt TEnfant tenn par 

un ange Echt. 

213. Le Christ en croix . Nein; Filippino 

Lippi. 

Carlo Dolei. 

214. Portrait d'un aieul de Dolci, d'apr^s 

un dessin de Michel-Ange . . . ? 

Saffaelllno del Cl^arbo. 

217. Honneurs rendns k un ev§que . . . Echt. 

218. Manage de Sainte Catherine . . . Nein; Fra An- 

gelico. 


89 


Kunst! iiicratur. — Personal nacbrichten - Denkmäler. — Saminlangen und Ausstellungen 


90 


219. 
220. 
221. 
222. 

2-24. 

225. 
226. 
227. 

228. 
229. 


Une Sainte debout devant un moine 

assifl 

Ange deboaty jouant du violon . . 

Mort de Saint Faul, groupe de deux 

figures 

Figure de Saint drap6 et assis, vu 

de face 

Deux jeunes hoxnmes agenouilles 

devant un erSque debout. . . . 
Composition de trois figures d'bommes 

drap6s 

Un dvdque bannissant Satan . . . 
Saint Faul debout, vu de &ce . . . 
Sainte Catherine debout, 16g^rement 

tourn^ k droite 

Saint Fierre et Saint Faul, bustes • 
Büste de la Yierge tenant TEnfant 

Jösus, debout 


Kopie. 

Nein; Schule des 

Filippino Lippi. 

Kopien. 


Echt. 


Echt. 


Domenico Ohirlandajo. 


2iJ5. 

236. 

237. 
238. 

239. 
240. 

241. 

242. 
243. 

244. 

245. 
246. 

247. 

248. 
249. 
250. 


Etudes: jeune hommes assis, homme 

agenouill6 et deux etudes d'anatomie 
Etudes: homme aads, tenant un b&ton, 

et moine agenouill6 

La Visitation 

La Visitation: croquis avec paysage 

et architecture 

Le mariage de la Vierge 

Figure de femme versant de Veau 

(fresque de Santa Maria Novella ä 

Florence 

Figure agenouill^e, vue de dos; ^tude 

de draperie 

Deux figures debout 

L'Annonciation; ^tude pour le tableau 

aux Uffizii 

Deux t$tes d'en&nts 


I Schülerarbeiten 
nach 
D. Ghirlandajo. 


Echt. 


Echty schön. 

Kopien von 

Schülern des 

D. Ghirlandt^o. 


Trois figures; ^tude de draperie . . 
Etüde de quatre figures 

La Vierge avec TEnfant et un ange Kein; Kopie nach 

Terracotta. 

T6te de femme, presque de face . . Nein. 

Figure d'homme agenouiU6 vu de dos Echt, 

TSte d'homme, vue de face. . . . Nein; Raffaellino 

del Garbo , 6e- 
mälde in S. Spirito 
in Florenz. 

Benozzo Gtozzoli. 


251. Figure de femme drap^e de profil 

ä. gauche et figure de vieillard . Kopie nach Fra 

Filippo Lippi. 

253. La Vierge et Saint Jean; les deux 

debout Echt. 

254. Trois anges musiciens, debout. . . Echt; wie Fioren- 

zo di Lorenzo von 
ihm herkommt! 

255. Deux meines debout; une femme 

agenouillee , p,^^^ 

256. Moine debout, vu de face .... 

257. La Vierge debout, vue de face . . 


Fra Filippo Lippi. 

260. Figure de jeune homme drape assis 

261. ün Saint agenouill6 vu de profil k 

gauche et jeune homme drapö debout 

262. Trois figures drap^es : celle du milieu est 

agenouill6e, les deux autres debout 

264. La Vierge, TEnfant et Saint Jean . 

265. Trois figures drap^es assises k terre . 


1 


Nein; Filippino 
Lippi. 


Moderne Kopie. 
Schülerarbeit 
nach Filippino 
und Ghirlandajo. 


Kopien von 
Schülern. 


Filippino Lippi. 

266. Trois figures d'bommes debout drapees Nein; Schüler. 

267. LaViergeagenouilldeadorantl'Enfant 

couchö k terre 

268. Figure de vieillard agenouill^, de profil 

k gauche 

269. Figure d'homme drap6, assis et vu 

de face 

270. Figure de jeune homme drapö assis 

et toum6 k gauche 

271. Deux porteurs de liti^re et repetition 

de la Jambe gauche de celui ä droite 

272. Moine debout vu de profil a gauche 

273. Groupe d'bommes et de femmes dans 

un paysage 

274. Croquis: nombreuses figures autour 

d*un 6vgque 

275. Croquis: composition de nombreuses 

figures 

276. Groupe de plusieurs figures a droite 

et k gauche d'un ^^eque .... 

277. Ün ange debout, vu de profil k droite 

278. Groupe de nombreuses figures dans 

un paysage avec architecture . • 

279. Le Christ et les docteurs, croquis . 

(Fortsetzung folgt.) 


Echt 
Kopie. 


► Echt. 


KUNSTLITTERATUR. 

Im Verlage von E. Ä. Seemann in Leipzig ist soeben 
das vierte Heft der deutschen Konkurrenzen, herausgegeben 
von Neutneister und Häberle, erschienen. Dasselbe enthält 
Kirchenkonkurrenzen für Breslau (5 Entwürfe) und für 
St. Johann (19 Entwürfe). 


PERSONALNACHRICHTEN. 

^*i^ Zu Ehrenmitgliedern der Münchener Kunstakademie 
sind die Maler Besnard in Paris, Th. Vriendt in Antwerpen, 
Horoicitx in Fest und Tholen im Haag gewählt und vom 
Prinz-Regenten bestätigt worden. 

. DENKMÄLER. 

KarlsriJie. Am 19. d. Mts. wurde das Denkmal Viktor 
V. Scheflfers, entworfen und ausgeführt von Prof. Volz, feier- 
lich enthüllt. 


SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN. 

• _ 

A.R. Die Abteilung der Bildwerke der christlichen Epoche 
im Berliner Museum hat in den letzten Jahren eine so be- 
deutende Vermehrung erfahren, dass die vorhandenen Räume 
längst nicht mehr zu einer auch nur einigermaßen über- 
sichtlichen Aufstellung der Gegenstände ausreichten, obwohl 
man im Laufe der Jahre noch vier Kompartimente von der 
an den Hauptsaal angrenzenden Galerie im westlichen 


91 


Vereioe und GeBellschafben. — Vermischtes. 


92 


Flügel des Alten Museums hinzugenommen hat. Da der 
geplante Neubau der drei großen Gebäude, die das in allen 
Räumen überfüllte Alte und Neue Museum entlsisten sollen, 
wie es scheint, auf unbestimmte Zeit vertagt worden ist, ist 
Dr. W. Bode, der Direktor der Sammlung, auf den Ge- 
danken gekommen, durch partielle Überbauung eines Licht- 
hofes einen zweiten Saal zu gewinnen, der sich unmittelbar 
an den übrigens höchst ungenügend beleuchteten Hauptsaal 
anschließt. Dieser durch gleichmäßig wirkendes Oberlicht 
erhellte Saal, der, auf zwei eisernen Säulen ruhend, über 
dem Lichthof gleichsam in die Luft gebaut ist, ist kürzlich 
vollendet und mit seinem Inhalt am 15. November eröffnet 
worden. Man hat darin fast ausschließlich die italienischen 
Bildwerke des Mittelalters und der Renaissance unterge- 
bracht, die den Stolz des Berliner Museums bilden. Diese 
Sammlung ist, dank der Wachsamkeit und dem Sammel- 
eifer Bode's, allmählich zu einer Bedeutung angewachsen, die 
sie dicht neben die gleichartigen Sammlungen im Kensing- 
ton-Museum in London, im Louvre zu Paris und in Florenz 
stellt An Vielseitigkeit steht sie hinter keiner dieser Samm- 
lungen zurück, und ebensowenig fehlt es ihr an Stücken 
ersten Ranges. Noch im vorigen Jahre ist namentlich die 
Abteilung italienischer Kleinbronzen durch den Ankauf der 
Falke^schen Sammlung in London für eine verhältnismäßig 
geringe Summe (ca. 70000 M.) um eine stattliche Anzahl 
auserlesener Stücke bereichert worden. Diese Kleinbronzen 
bedürfen noch sehr der kritischen Sichtung und einer gründ- 
lichen Stilprüfung. Es sprechen aber gewichtige Gründe 
dafür, dass sich unter den Berliner Bronzen ein paar echte 
Stücke des Gellini befinden. Auch die Berliner Plaketten- 
sammlung ist eine der reichsten und vollständigsten, die es 
giebt. Da in dem neuen Saale Bildwerke jeglicher Gattung 
und jeglichen Materials (Marmor, glasirter und bemalter 
Thon, Holz, Bronze, Stuck, Sandstein u. s. w.) untergebracht 
werden sollten, musste für die StofiTbekleidung der Wände 
ein möglichst neutraler Ton gewählt werden, der jedes Stück 
zu seiner individuellen Geltung kommen lässt. Man hat 
sich för einen blassgrünen Anstrich entschieden , der mit 
goldenen lilienartigen Ornamenten in weiten Abständen 
gemustert ist. Die Voute ist weiß geblieben. An der dem 
Eintretenden zugekehrten Schmalwand hat die große farbige 
Terrakotta-Gruppe der Madonna mit dem Kinde von Bene- 
detto da Majano auf hohem Sockel Aufstellung gefunden, 
flankirt von einer mäunlichen, dem Antonio Rossellino zuge- 
schriebenen Marmorbüste und der anmutigen Marmorbüste 
einer neapolitanischen Prinzessin (früher Marietta Strozzi 
genannt], in der Bode neuerdings ein Werk des Dalmatiners 
Francesco Laurana erkannt hat Einen passenden Hinter- 
grund bildet ein ungewöhnlich großer, persischer Teppich, 
der zu der von Bode nachgewiesenen Gattung gehört, die 
unter chinesischen Einflüssen entstanden sind. Auf den 
weiteren Inhalt des Saales, in dem etwa 350 Bildwerke 
jeglicher Art Unterkunft gefunden haben, gehen wir an 
dieser Stelle nicht weiter ein, weil der gegenwärtige Bestand 
der Berliner Renaissance -Sammlung in einem illustrirten 
Aufsatz in der „Zeitschrift^* demnächst eingehende Würdi- 
gung finden wird. 

* Der Nachlass Emil Jakob Schindler'Sj des berühmten 
Wiener Landschafters, ist gegenwärtig im Wiener Künstler- 
hause mit einer Auswahl seiner besten Gemälde aus früheren 
Jahren aus einheimischem und fremdem Besitz öfientlich 
ausgestellt Außer den vollendeten Bildern umfasst die ge- 
schmackvoll arrangirte Ausstellung auch mehrere Hunderte 
von Zeichnungen und Studien des allzu früh verstorbenen 
Meisters. 


Berlin. Das 25jährige Bestehen des KönigL Kunstgewerbe^ 
Museums ist am 21. November 2V2 Uhr Nachmittags durch 
einen Festakt im Lichthofe des Museums gefeiert worden. 
Die Gründung der Anstalt fällt in den Herbst des Jahres 
1867 ; als Festtag ist auf Befehl Seiner M^estät des Kaisers 
der 21. November, der Geburtstag Ihrer Majestät der Kaiserin 
Friedrich, gewählt worden, welche dem Museum von Anbe- 
ginn als vomehmlichste Förderin zur Seite stand. An dem- 
selben Tage ist auch 1881 das jetzige Gebäude feierlich 
eröffnet worden. 

Die Kunstvereine xu Königsberg i/Pr., Stettin y Elbing, 
Qörliix und Posen veranstalten im Jahre 1893 von Anfang 
Februar bis August wieder einen Gyklus von Ausstellungen. 
Wir weisen auf sie mit dem Bemerken hin, dass 
Werke, welche für diese Ausstellungen bestimmt werden, 
spätestens bis zum 14. Januar an die Spediteure G. Dietrich 
& Sohn in Berlin NW., bis zum 6. Januar an Gebrüder 
Wetoch in München und G. Pfaifrath in Düsseldorf einge- 
sendet sein müssen. 


VEREINE UND GESELLSCHAFTEN. 

Der Streu in der Berliner Künstlersckaft ^ über den 
wir in voriger Nummer noch kurz berichten konnten, scheint 
bei weitem nicht den Umfang annehmen zu wollen, wie die 
Sezession in der Münchener Künstlerschaft Die außerordent- 
liche General versammlimg am 12. November nahm freilich 
einen sehr stürmischen Verlauf. Nachdem der Antrag Eschke 
und Genossen, der den Schluss der Ausstellung der Munch- 
sehen Gemälde forderte, mit 120 gegen 105 Stimmen ange- 
nommen worden war, verließen etwa 70 Künstler verschiedenen 
Alters und verschiedener Richtungen auf eine Aufforderung 
des Radirers Köpping das Yereinslokal und begaben sich 
nach einem Lokal in der Potsdamerstraße, wo der Beschlnss 
gefasst wurde, eine Freie Künstlervereinigung zu begründen, 
ohne dass jedoch ihre Mitglieder aus dem Verein Berliner 
Künstler auszutreten brauchten. Zu dieser Vereinigung haben 
etwa 50 Künstler ihren Beitritt erklärt und zur Erledigung 
der Vorarbeiten ein Komitee gewählt, das aus dem Radirer 
Prof. Köpping (Vorsitzender), den Malern Hausmann, Scheuren- 
berg und H. Vogel, den Bildhauern M. Kruse und Manzel 
und dem Architekten Fritz Wolff besteht. Es handelt sich 
dabei weniger um einen Streit der Alten und Jungen oder 
um Meinungsverschiedenheiten in ästhetischen Dingen, son- 
dern die Vereinigung will ihren Einfluss dahin geltend machen, 
dass neues Blut in den Vereinskörper eingeft&hrt werde und 
besonders in das Ausstellungswesen des Vereins ein frischerer 
Zug hineinkomme. Ein Teil der Opposition scheint sich 
auch gegen den jetzigen Vorsitzenden, A. v. Werner, zu 
richten, der das letzte Mal mit nur einer Stimme Majorität 
gewählt worden ist. 

VERMISCHTES. 

* „Das Ende Babylons'* von Georges Rochegrössef den 
deutschen Kunstfreunden von der diesjährigen Münchener 
Ausstellung bekannt, macht gegenwärtig im Wiener Künstler- 
hause großes Aufsehen. Der Kritiker des „N. W. Tagblatts" 
schreibt über das kolossale Bild u. a.: „Rochegrosse hat den 
furchtbaren Moment für seine Darstellung gewählt, in welchem 
die trunkene, von der tollen Festnacht bis zur Bewusstlosig- 
keit übermüdete Gesellschaft im Königsschloss zu Babylon 
vom Tritt des Perserheeres zu einem schrecklichen Erwachen 
gebracht wird. Ein gewaltiger Vorwurf, dem Rochegrosse 
bis an die Grenze der Möglichkeit gerecht geworden ist. 
Wenn die Kühnheit sich mit solchem Können paart, wie wir 
es auf diesem Bilde linden, dann verrückt sich der Maßstab 


93 


Vom Kunstmarkt. — Zeitschriften. — Inserate. 


94 


mit dem Einzelheiten gemessen werden können. Eine Figur 
in der gewagten Stellung, wie die im Vordergründe im 
vollen Lichte erscheinende Mädchengestalt, wäre, für sich 
allein ans geboten, trotz der meisterhaften AusfÜhrang, der 
unvergleichlich schönen Modellirung und dem vollendeten 
Inkarnat ein Schlag in das Gesicht für den Beschauer. In 
diesem Ensemble ist sie wahr und darum recht; sie gehört 
zu dem übrigen, ebenso wie die anderen nackten und halb- 
nackten Frauengestalten, wie die üppigen Stoffe und Kissen, 
welche Über die Sitzbänke gebreitet sind, wie die Früchte, 
Blumen und Prunkgeräte, wie die vom Übermaß des Ge- 
nusses entnervten und niedergeworfenen Männer, die im 
totenähnlichen Schlummer hier und dort lagern in dem Vor- 
hof des Königspalastes, der Schauplatz der Orgie war, welche 
die letzte sein sollte des Königs Nebonetus. Was hat Roche- 
grosse nicht alles gelernt! An dem ist ein Assyriologe ver- 
dorben — er muss als Maler diesen Verlust für die archäo- 
logische Wissenschaft wett machen. Die Tempelgeräte von 
Jerusalem, er hat sie getreulich in das Bild hineingenommen, 
wie sie die Bibel beschrieben hat. An dem mächtigen sieben- 
armigen Leuchter aus Gold kohlt noch das letzte Lichtchen, 
und die roten Erdölflammen auf den Treppenwangen, die 
hinaufführen zum Portale nach den inneren Gemächern des 
Königsschlosses, verteilen ein warmes Licht über den Baum; 
sie spiegeln sich in dem eben noch sichtbaren unteren Teile 
der Statue des Bei, zu deren Füßen ein Teil der trunkenen 
Gesellschaft sich gelagert hat, sie leuchten auf die alten 
Backsteinmauem, von denen die monotonen Reihen der Re- 
lieffiguren niederstarren ... Im Vordergrunde liegt alles 
im Schlaf der Erschöpfung, ohne eine Ahnung von dem, 
was sich ereignet. Je weiter das Bild sich vertieft — und 
seine perspektivische Konstruktion ist eine so vollendete künst- 
lerische Leistung, dass man erst aufmerksam darauf werden 
muss, will man der hier überwundenen Schwierigkeiten inne 
werden — um so mehr kommt Leben und Bewegung, um 
so mehr kommt Bewusstsein in die Masse. Der Freitreppe 
zunächst ist eine ägyptische Sklavin aufgefahren in hellem 
Entsetzen mit furchtbarem Aufschrei. Mit aufgerichtetem 
Oberkörper, die Arme hoch in die Luft gestreckt, ruft sie: Der 
Feind ! Der Feind ! Die Figur ist im Schatten, man sieht nur ihre 
Silhouette, diese Silhouette aber lebt, und was sie sagen soll, ist 
allgemeinverständlich. Schlaftrunken hebt ihre Nachbarin, ein 
Indermädchen, das Haupt, schlaftrunken und träge wenden 
die ihr zunächst lagernden Teilnehmer am Königsfeste dem 
Gitterthore sich zu, dessen Flügel weit aufgesprungen sind. 
Auf der Höhe der Treppe scharf sich abhebend von dem Licht- 
kreis, der durch das Portal aus dem Innern des Palastes 
strahlt, steht ein Priester ^) erstarrt vor Schreck über das, was 


er sieht, und über ihm schwebt ein schwarzer Schatten, die 
Sense in der weitabgestreckten Rechten, die Todesgöttin mit 
den Attributen der Astarte, die einzige poetische Lizenz, 
welche sich Rochegrosse hier gegen die gestrenge Frau 
Archäologie herausgenommen hat. Durch das mit stil- 
gerechten Reliefs geschmückte Tonnengewölbe sieht der 
dämmernde Morgen herein, und heran schreiten im blauen 
Licht die Perser mit Fackeln, fernher ragt der Turm des 
Bei. — Es ist eine solche Summe grofier künstlerischer Qua- 
litäten in dem Bilde, dass man der Suche nach seinen 
Schwächen gerne überhoben wäre. In den Schattenpartien 
hat der Maler sich die Arbeit leichter gemacht, als gerade 
unumgänglich nötig war; das sind Mächtigkeiten, die man 
umsomehr bedauern muss, als die Hauptteile des Bildes 
von der souveränen Techm'k des Künstlers unleugbares 
Zeugnis geben. Wer die Lokaltöne so bestimmt und sicher 
zu differenziren weili, wie wir es zwischen der blumen- 
geschmückten Vase und der Treppenmauerung sehen, wer in 
der Stoffmalerei, in der Zeichnung der gewagt43sten Ver- 
kürzungen solches Können bewährt, der kann auch dort den 
Ausdruck des Körperhaften finden, wo ihm nicht eine nahe 
Lichtquelle natürliche Schattenwirkungen bietet. Der Ge- 
samtwirkung thut das allerdings nicht viel Eintrag; diese 
ist eine mächtige, eine weit mächtigere, als sie irgend ein 
uns bekanntes Bild der Danielsage bietef 


1) Nicht vielleicht der König selbst? 

Der KnnstTerein in Ziliieh 

wünscht im Jahre 1893 seinen Mit- 
gliedern als Vereinsblatt einen 
Kupferstich zuzustellen. Künstler, 
welche in der Lage sind, uns einen 
passenden Stich in einer Anzahl 
von 500 Expl. zum Preise von 
4—5 Mk. pr. Expl. zu liefern, werden 
hiermit emgeladen, uns bis späte- 
stens 31. Dezember 1892 ein Probe- 
blatt einzusenden. [606] 
Zflrich, 12. Nov. 1892. 

Im Auftrag des Vorstandes: 
Der Aktuar: Alb. HelEinami. 


Anm. d. Red. 


VOM KUNSTMARKT. 

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Konstdenkmale des Königreichs Bayern. — Alfred Rethel. — Eine 
neue Weihnachtsgabe. — Die Wittenberger Schlosskirche. 

Mitteilungen des k. k« l^sterreioliiBChen Museums fOr 
Kunst und Industrie. 1892. November. Nr. 11. 

Die Dosensammlung des Österreich. Museums. Von Bacher.— 
Die Ausstellung der Stickereifachschule zu Dombim. Von 
A. Riegl. — Zar Geschichte des altägyptischen Schmuckes. 
(Fortsetzung.) Von J. Folnesios. 

Zeitsehrift für christliche Kunst. 1892. Nr. 8. 

Stadien zur Geschichte der französisohen Plastik. I. Der skulp- 
turensohmuck der Kathedrale von Amiens und die Bildhauer- 
schule der Isle de France. Von P. Giemen. — Gedanken über 
die moderne Malerei. III. Von P. Keppler. — Ein Beitrag zur 
mittelalterlichen Begriibnisweise. Von W. Effmann. 

Archivio Storico delP Arte. 1892. Nr. 5. 

II Leone di San Marco (Bronzo veneziano del Milleduecento). 
Von G. Boni. — Lavori dMntaglio e tarsia nei secoli XV e XVI 
a Reggio Emilia. VonF. Malaguzzi Valeri. — La Gancelleria 
ed altri palazzi di Roma attribuiti a Bramante. (Fortsetzung.) 
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Holzsclinitten, 

durch den Auktionator und Taxator 

Emil Httblenpfordt 

Femspr. 9089. 
Ausstellung zur Besichtigung: 
Sonnabend, 26. Nov., 11—4 ühr. 
Sonntag, 27. Nov., 11-2 Uhr. 
Kataloge in der Commeter'schen 
Kunsthandlung, sowie in meinem 
Bureau erhältlich. [607] 

Verlag von E. A. SEEMANN, LeipzigT 
Von Wilh. Lübke. 

GescMcbte der Ärcbitektar. 

0. Aufl. 2 Bände mit 1001 Illustrationen. 

Preis 26 M., geb. in Kaliko 30 M., in 

HalbiTanz 32 M. 

Inhalt: t^ber den Anteil der mathematischen Wissenschaften an der Kultur der Bensissanee. — Handzeichnnnffen italienischer Meister. 
Kritisch gesichtet von G. Morel li; Mitgeteilt von E. Hab ich. — Deutsche Konkurrenzen. 4. — Besnard; Th. Vriendt; Horowitz; 
Tholen. — SchelTeldenkmal in Karlsruhe. — Die Abteilung der Bildwerke der christlichen Epoche im Berliner Museum ; der 
Nachlass Emil Jakob Schindler's; das 25 Jährige Stiftungsfest des Kgl. Kunstgewerbemuseums in Berlin; Aasstellungen der 
Kunstgewerbevereine zu Königsberg i. Pr., Stettin, Elbing, Görlitz und Tosen. —Das Ende Babylon's von G. Rochegrosse. — 
Leipzig, Kanstaaktion von G. G. Boemer. — Zeitschriften. — Inserate. 


Fttr Kunstfreunde. 

unser neuer Katalog ftlr 1892/93 ist 
soeben erschienen. Derselbe hat an 
Übersichtlichkeit und Vornehmheit der 
Ausstattang wesentlich gewonnen and 
enthält eine durch viele Illustrationen 
geschmückte Obersicht über unsre Re- 
produktionen nach Gem&lden alter und 
modemer Meister religiösen, patriotischen, 
historischen und mythologischen Inhaltes; 
Genrebilder, Jagd- und Sportbilder, Land- 
schaften und Seestücke. Der Katalog 
wird gegen Einsendung von 50 Pfennig 
(fürs Inland), von 80 Hennig (fOrs Aus- 
land) frtmko zugesendet 

PhotograpMsche Gesellgchaft, Berlin. 

Soeben erschien: 

299. Lagerkatalog: 

Archäologie, Architektur 
und Kunstgewerbe, 

/.um Teil aus der Bibliothek des Herrn 

Generalvikar Straub in Straßburg. 

1^ 72S Nummorn. 'Wl 

Frankfnrt a/M. C&o^l 

Joseph Baer & Co«, 

Buchhändler und Antiquare. 

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Ed. Hildebrandt's 

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lUostrirtes Verzeichnis mit Angabe der 
Frühdrucke gratis. Zu beziehen durch jede 
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Verlag von 

Raimund Nitscher, Berlin S. 14. 


Für die Redaktion yerantworÜich ArUm' Seemann, — - Druck von Auguet 


in Leipadg. 


Der heutigen Nummer liegt ein Prospekt der Verlagsbuchhandlung von 0. Daniin in Dresden-A. betr.: M. Pudor, 

Ketzerisclie Kuustbriufe, bei. 


KUNS 



e^i/c 


RONIK 


WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE. 
Ankfindigungsblatt des Verbandes der deutschen Kunstgewerbevereina 


HERAUSGEBER: 

CARL VON LÜTZOW und DR. 

WIEN 
Heugasse 68. 


A. ROSENBERG 


BERLIN SW. 
T«ltowentras8e 17. 


Verlag von E. A. SEEMANN in LEIPZIG, Gartenstr. 15. BerUn: W. H. KÜHL, Jägeretr. 73. 


Neue Folge. IV. Jahi^ang. 


1892/93. 


Nr. 7. 1. Dezember. 


Die Kanstchronik ersoheint als Beiblatt zur «Zeitschrift für bildende Kunst** und zum ,Knnstgewerbeblatt" monatlich dreftnal, in den 
Sommennonaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark iind nmfasst 88 Nummern. Die Abonnenten der „Zeit- 
schrift für bildende Kunst** erhalten die Kunstchronik gratis. — Für Zeichnungen, Manuskripte etc., die unverlangt eingesandt werden, 
leisten Redaktion und Yerlagshandlung keine Gewähr. Inserate, ä 80 Pf. für die dreispaltige Petitzeile, nehmen außer der Yerlagshand- 
lung die Annoncenexpeditionen von Haasenstein h Vogler, Bud. Messe u. s. w. an. 


DIE NEUESTEN ERWERBUNGEN FÜR 
DAS BRITISH MUSEUM. 

Von den Baulickkeiten und Skulpturen xu Peraepolis und 
Ptisargada, — Das Monument des Oyrus, — Die Inschrift 

von Bisuiun, 

In der Wissenschaft und Litteratur haben die 
Perser wenig geleistet, dagegen zeugen für ihre 
Geschicklichkeit in den bildenden Künsten die groß- 
artigen Buinen des reizend gelegenen Persepolis, be- 
stehend in Trümmern von Eönigsburgen und Pa- 
lästen mit Thorhallen, Säulengängen, Marmortreppen 
und Wänden voll Inschriften und Bildnereien, sowie 
in Konigsgräbem und in zahllosen Überresten von 
Statuen, Basreliefe und andern Skulpturwerken, 
welche Götter und symbolische Wundertiere, unter- 
jochte Völker, Geschenke bringende Boten, sowie 
dienende Hof leute in geschmückten Gewändern dar- 
stellen und uns ein Abbild des ganzen persischen 
Staatslebens geben. 

Um die nach langen Kämpfen schwer errun- 
gene Beichseinheit des persischen Weltreichs durch 
ein symbolisches Denkmal zu verewigen, ließ Darius 
Hystaspes durch heimische und fremde Werkmeister 
die neue Haupt- und Totenstadt Persepolis er- 
bauen, die für das ganze Reich dasselbe sein sollte, 
was Pasargada für die Landschaft Persis war. Perse- 
polis wurde gleichsam die Hülle oder der Leib des 
von der Volkssage verklärten Musterfürsten und 
Lichtbekenners „Dschemschid", dem Darius nach- 
eifern wollte. Alexander der Große soll nach einem 
schwelgerischen Mahle, und entrüstet über die furcht- 
baren Verstümmelungen an 800 gefangenen Griechen, 
welche durch die Perser verübt waren, selbst die 


Brandfackel in die Prachtgebäude von Persepolis 
geschleudert haben, um durch die Zerstörung des 
alten Herrschersitzes den Anfang einer neuen ge- 
schichtlichen Zeit zu bezeichnen und die Zerstörung 
der griechischen Tempel zu rächen. Die Ruinen 
von Persepolis und Pasargada reden noch jetzt 
von der alten Pracht dieser Wiege des persischen 
Eönigsgeschlechts. Während Susa (die Schöne) in 
einer Kiesebene, entfernt vom Material zum Bauen 
von Palästen, liegt dagegen Persepolis unmittelbar 
an den blauen Kalksteinbrüchen, aus welchen diese 
erbaut wurden. Leider ffthrt die Hauptkarawanen- 
straße von Ispahan nach Schirfis an den Ruinen von 
Persepolis vorüber, und jeder Reisende verstümmelt 
mehr oder weniger die Monumente, um Andenken 
mit in die Heimat zu bringen. Die Kunstarbeiten, 
welche meistens in den soliden Felsen eingehauen 
und von kolossalen Dimensionen sind, oder sich 
auf gewaltigen Blöcken befinden, fortzuschaffen, ist 
fEist unmöglich. Selbst wenn man die Blöcke zer- 
sägen wollte, würde ihre Handhabung allen Mitteln 
des gewöhnlichen Transports spotten, da der Weg 
nach dem nächsten Hafen, Bushire, noch immer 
213 englische Meilen beträgt und durch gebirgiges 
Land und über Pässe von 7500 Fuß Höhe führt, 
wo nur einzelne Maultiere mühsam einen Pfad finden. 
Wir können uns daher beglückwünschen, dass Perse- 
polis im Ganzen ak Monument erhalten bleiben wird 
und nicht nur „magni nominis umbra*'. 

Bisher befand sich in England nur wenig Mate- 
rial von dort und dieses stammte aus der Expedition 
von Dieulafoy; so einzelne Bruchstücke von Bas- 
reliefs im British Museum, Geschenke des kunst^ 


99 


Die neuesten Erwerbungen für das British Museum. 


100 


sinnigen Beschützers der Wissenschaften, des Grafen 
von Aherdeen und des Sir Gore Ouseley. Die groß- 
artige Serie von Fundstücken, welche Dieulafoy für 
die franzosische Regierung erwarb, fanden im Louvre 
zu Paris Aufstellung, so besonders der prachtvolle 
„Pries der unsterblichen". 1887 wurde Cecil Smith 
von der britischen Regierung nach Persien geschickt, 
und er empfahl, tüchtige Former dorthin zu senden, 

9 

ehe es zu spät, da der Transport unmöglich sei. 
Der Staat zögerte, indessen durch hochherzige Privat- 
leute, wie Lord Savile, und durch die Hilfe Sir 
Drummond Wolfs wurde die Sache durchgeführt. 
Der Former Giuntini mit seinem Sohn erwiesen sich 
als sehr geschickt. Beide hatten schon Bildwerke 
in Mexiko für das South-Kensington Museum „in 
situ" abgeformt. Die Expedition leitete Mr. Blundell, 
der über diesen Gegenstand einen sehr interessanten 
Vortrag beim diesjährigen Orientalistenkongress hielt. 
Die gewohnliche Masse zum Formen konnte wegen 
der Beschwerlichkeit des Weges nicht angewandt 
werden, und man bediente sich daher einer Papier- 
mach^masse aus faserigem spanischen Papier, das 
eine vorzügliche Form giebt Ein Blatt dieses Pa- 
piers wird in Wasser getränkt und auf die Ober- 
fläche der Skulptur gelegt und so lange mit einer 
weichen Bürste aufgedrückt, bis jeder Zwischenraum 
der obern Bildfläche ausgefüllt ist. Diesem Blatt 
wird ein zweites hinzugefügt und in derselben Weise 
folgen sechs bis acht Stücke Papier. Man lässt 
dann das Ganze trocknen und erhalt auf diese Weise 
eine Papiermacheformi, welche bei gewöhnlicher Vor- 
sicht die Gestalt behält und kein Risiko des Zer- 
brechens bei Transportschwierigkeiten verursacht 
Die Expedition war im November aufgebrochen und 
ist jetzt zurückgekehrt. Unter den so ^gewonnenen 
Abdrücken befindet sich der lange Fries mit Figuren, 
welcher das Treppenhaus der von Xerxes errichteten 
Halle zierte. Er besteht aus einer dreifachen Reihe 
von Figuren, einer Prozession von Höflingen und 
Personen verschiedener Nationalitäten, welche dem 
König zu dem Frühjahrsäquinoctium Geschenke 
bringen, gerade so wie der Schah noch heute 
solchen Tribut empfängt. An einer Wendung der 
Treppe befindet sich eine charakteristische Gruppe 
von Löwen, die einen Stier angreifen; daneben eine 
vortreflFliche Figur aus der „Leibgarde der Unsterb- 
lichen'*, die einen lehrreichen Vergleich mit dem 
kolorirten Gardisten aus Susa gestattet. Femer ist 
zu nennen: ein kolossales Relief über einem Thür- 
bogen des Palastes des Darius: der König mit einem 
Greifen kämpfend; ein Hochrelief von dem Thor 


der Halle der „hundert Säulen"; der König sitzt auf 
dem Thron, über ihm das beschützende Emblem des 
Ormudz, unterhalb fbnf Reihen bewaffneter Krieger, 
wahrscheinlich als Typen der verschiedenen Natio- 
nalitäten in der persischen Armee. 

Gyrus und Kambyses regierten vom Sattel 
herab, wie unsere Kaiser im Mittelalter, bald da, 
bald dort; sie waren fast beständig auf Feldzügen. 
Wenn Gyrus rastete^ so war es zu Pasargadae, dem 
Hauptort seines Stammes, dem Sitz seiner Ahnen. 
Dort ist er auch begraben, dort an seinem Lieblings- 
aufenthalt hat er Stadt und Burg gleichsam als 
Siegesdenkmal neu erbaut. 49 englische Meilen von 
Persepolis auf dem Wege von Schiras nach Ispahan 
in der Nähe des Dorfes Murghab, stand noch vor 
wenigen Monaten das Monument, in welchem das 
Ghrabmal des Gyrus erkannt wird, majestätisch durch 
seine Einfachheit und die Großartigkeit der Um- 
gebung. Das Grabmal war im Viereck von einer 
Säulenhalle umgeben, um den ein Hain und Anger 
sich zogen. In der Nähe war ein kleines Haus für 
die Magier, die das Grab zu bewachen und die 
Totenopfer jeden Tag darzubringen hatten. Alexander 
der Große sah noch die Leiche; während er in Indien 
war, haben Griechen das Grabmal geplündert; 
Alexander ließ nach der Rückkehr die Thäter hin- 
richten und schloß die Grufb mit seinem Siegelring. 
Seit langer Zeit war das Grabmal leer, von den 
Säulen stand noch eine einzige! Die Expedition von 
Mr. Cecil Smith kam gerade noch zur richtigen Zeit, 
um die Abformungen bewerkstelligen zu können, 
denn das Monument ist in jüngster Zeit arg zerstört 
und verwüstet. In wenigen Jahren wird keine Spur 
mehr von demselben vorhanden sein. Das wichtigste 
Ereignis von allen ist deshalb wohl der gelungene 
Abdruck des Bildes des Gründers der großen 
Herrscherfamilie der Achämeniden, denn die früheren 
Abbildungen sind mehr oder weniger mangelhaft. 
Einst soll eine Inschrift besagt haben: „0 ihr Sterb- 
lichen! Ich bin Cyrus, Sohn des Kambyses, Gründer 
der persischen Monarchie und Beherrscher Asiens, 
beneidet mich deshalb nicht um dieses Denkmal!" 
Die von der Expedition mitgebrachte, abgeformte 
Keilinschrift lautet: „Ich bin Cyrus der große 
König, der König der Könige, der Ach'aemenide!" 
Der Tote spricht wie ein Lebender, denn hier 
herrschte der feste Glaube an die Unsterblichkeit 
der Seele. Darunter steht das bekannte Bild des 
Cyrus in assyrischer Tracht mit erhobener Rechten 
und vier Fittichen, denn Cyrus ist hier schon als 
Genius erfasst! Das erste Duplikat im Gipsabguss 


101 


Jobn Webber und die Erfindung der Lithographie. 


102 


erhalt das British Museum, das zweite New- York, 
und die übrigen Bewerber werden der Reihe nach, 
nach Eingang der Bestellung, berücksichtigt. Die 
bereits oben erwähnte Art der Formung kann näm- 
lich zur Reproduktion beliebig vieler Abgüsse und 
Abdrücke verwandt werden. Entweder wird die 
Papiermacheform direkt benutzt, um eine neue Gips- 
matrize zu schaffen, oder sie wird mit Leinöl und 
französischer Politur behandelt, um beliebige Ab- 
güsse zu erlangen. 

Das mystische Bild des Cyrus mit seiner auf- 
fallenden Tracht und Ausschmückung ist inzwischen 
zerstört, und es bleibt zu bedauern, dass die persische 
Regierung diese Schätze, welche größere Juwelen 
darstellen als alle Diamanten des Schahs, nicht besser 
beschützt hat Mr. Blundell berichtet ferner, dass 
er mehrere Reste sehr schöner Farben entdeckt habe, 
so ein tiefes Blau an den Propyläen ^ ebenso waren 
mehrere Skulpturen blau angemalt. Auf einer Stein- 
platte fand er in Linien den sehr detaillirten Plan 
und die Verteidigungswerke der Akropolis von Pasar- 
gada, von welcher Diodor ganz ausführlich als der 
Residenz des Königs und seiner Schatzkammer er- 
zählt. Die Entwicklung der Kunst in diesen Funden 
lässt mit Sicherheit auf assyrischen, ägyptischen 
und griechischen Einfluss schließen. 

Auch die berühmte Inschrift von Bisutun wurde 
einer genauen Untersuchung unterzogen. Dort steht 
ein imposanter Fels, der sich 1700 Fuß hoch senk- 
recht über die Ebene erhebt. Schon Semiramis soll 
darauf ihr Bild haben eingraben lassen. Jetzt stehen 
noch etwa 1000 Zeilen Keilschrift darauf und Skulp- 
turen. Diese beziehen sich auf den König Darius. 
Der König steht in faltenreichem Gewand in der 
Mitte, die Rechte hebt er drohend empor, sein rechter 
Fuß steht auf einem besiegten Feind, hinter ihm 
stehen zwei Leibwächter. Bilder und Inschriften 
fangen nicht am Fuße des Felsens an, wo sie der 
Zerstörung ausgesetzt gewesen wären, sondern 300 
Fuß über der Erde. Der Felsen ist soi^faltig ge- 
glättet, Höhlungen und Spalten sind mit geschmol- 
zenem Blei ausgeflillt, die Inschrift selber ist mit 
einer Art Glasur überzogen worden, um den Buch- 
staben einen schärferen Umriss zu geben und sie 
gegen den Einfluss der Elemente zu sichern. Das 
Ganze ist ein Triumphdenkmal des Darius, das den 
Bericht seiner Kriege in folgender Weise anhebt zu 
erzählen: „Ich Darius, der große König, der König 

der Könige, König in Persien, u. s. w. Es 

spricht Darius der König: Acht meiner Famüie 
waren früher Könige, ich bin der neunte, von sehr 


langer Zeit her sind wir Könige. Es spricht der 
König: durch die Macht Auramazda's bin ich König, 

Auramazda (Ormudz) übergab mir das Reich!" 

Der Schluss dieser hochwichtigen Inschrift ist äußerst 
charakteristisch: „Es spricht Darius, der König: du, 
der du nachher diese Tafel sehen wirst, bewahre 
sie, dann wird Auramazda dein Freund sein, zerstörst 
du sie aber, so möge Auramazda dich und deine 
Familie schlagen." v. SOHL. 


JOHN WEBBER UND DIE ERFINDUNG DER 

LITHOGRAPHIE. 

Im 23. Jahrgange der „Kunstchronik", No. 3, 
Sp. 35-40, No. 4, Sp. 54—58, und No.32, Sp. 507— 511, 
erschienen zwei Artikel von mir unter obiger Über- 
schrift. Dazu kommt noch eine Entgegnung auf den 
ersten Artikel, in No. 25, Sp. 393—400, von Herrn 
M. König, unter dem Titel: „Noch einmal John 
Webber und die Erfindung der Lithographie." Meine 
in meinem ersten Artikel an die Vorsteher öfifent- 
licher Kabinette und die Eigentümer von Privat- 
sammlungen gerichtete Bitte um Nachricht über 
etwaige in ihren Händen befindliche Arbeiten V?eb- 
ber's ist leider erfolglos geblieben. Außer der Mit- 
teilung Prof. Colvin's, auf direkte Anfrage hin, die 
ich in meinem zweiten Artikel mitteilte, ist mir 
nichts zugekommen. Ebenso war es mir bis vor ganz 
kurzem unmöglich, etwas von dem genannten Künstler 
aufzutreiben. Nun aber habe ich endlich doch ein 
Blatt gefunden, und zwar in der vor einigen Monaten 
dem Harvard College geschenkten und meiner Obhut 
vertrauten John Witt Plandall- Sammlung. Es ist 
das Blatt, welches „Kunstchronik", XXIII, No. 4, 
Sp. 57, unter No. 10 folgendermaßen beschrieben ist: 
„Waldige und felsige Küste von Japan mit einem 
Hafenplatz, über welchem zwei Flaggen auf Stangen 
aufgehisst sind. Eine Treppe führt links zu einem 
Gebäude. Links im Vordergrund fährt ein SchiflFer 
in einem Boote, in welchem sich zwei Personen be- 
finden." Was in dieser Beschreibung, die von der 
auf der Platte ausgeftihrten Zeichnung gemacht ist, 
,4inks" ist, zeigt sich auf den Abdrücken naturge- 
mäß „rechts". Die Bildfläche misst 410 mm in der 
Breite, die Höhe lässt sich nicht ganz genau be- 
stinunen; da oben keine Umgrenzungsliuie zu sehen 
ist, doch misst sie wenigstens 265 mm. Das Blatt 
ist ohne Schrift, tr%t aber handschriftlich in Blei- 
stift die Bezeichnung: „Gravö ä Londres par J. 
Weber 1792." Der Plattenrand ist nicht sichtbar, 
da das Papier beschnitten ist Dass man es hier mit 


103 


Bücherschau. — Nekrologe. — Personalnachrichien 


104 


einer ^ySoft-gronnd^^-Badirung zu thun hat, unter- 
liegt aber trotzdem keinem Zweifel. Man braucht 
nur die Striche der Zeichnung mit den Strichen in 
älteren Lithographieen ähnlicher Art, etwa den land- 
schaftlichen Darstellungen Wagenbauer'S; zu ver- 
gleichen, um sich des Unterschiedes bewusst zu werden. 
Webbefs „Weichgrund-Strich" ist sanft und weich, 
das Eom ineinander fließend, der lithographische 
Kreidestrich ist verhältnismäßig hart und sandig und 
im Korn getrennt. Noch lehrreicher aber sind die 
schwarzen Stellen. Diese sind bei Webber tief und 
sammetartig, da sie eben das Resultat tiefgeätzter 
Linien sind, in der Lithographie hingegen sind sie 
flach und hart, ab notwendige Folge des Druckes 
von der Oberfläche. Die gewöhnliche Rauheit eines 
Abdrucks von einer tiefgeätzten oder gestochenen 
Platte zeigt sich freilich in Webber s Arbeit nicht, 
da eben eine Weichgrund-Radirung keine sehr tiefe 
Atzung verträgt. Betrachtet man aber die dunklen 
. Stellen unter dem Vergrößerungsglas, so erhält man 
doch den Eindruck leichter Erhöhung der Linien, 
während dagegen die dunklen Stellen einer Litho- 
graphie, ebenso betrachtet, vollkommen flach bleiben. 
Als weiterer Beweis dafdr, dass das Webber sehe Blatt 
von einer tiefgeätzten Platte gedruckt ist^ kann end- 
lich das Vorkommen von »creves* angef&hrt werden. 
Ein „crev6" entsteht, wenn die Wände zwischen 
mehreren eng neben einander liegenden Linien, welche 
zusammen einen schwarzen Fleck ergeben sollen, 
niederbrechen, respektive von der Säure weggefressen 
werden. Es resultirt alsdami eine verhältnismäßig 
große seichte Stelle, welche die Schwärze nicht mehr 
halten kann und daher grau druckt, indem der 
Lappen oder die Hand beim Wischen der Platte in 
dieselbe eindringt und die Schwärze wegnimmt. 
Solcher „creves^^ zeigen sich mehrere auf dem mir 

vorliegenden Webber'schen Drucke. 

Ä R. KOEELER. 


BÜCHERSCHAU. 

Der Bau des Wohnhauses vom gesundheästeehnischen 
Standptmkte, Vortrag, gehalten von Ferdinand Hrach^ dipl. 
Architekten, Wien 1891, Verlag der Wiener freiwilligen 
Rettangsgesellschaft. 

Der hauptB&cblich mit den hygienischen Einrichtungen 
des modernen Hanses beschäftigte Autor findet doch auch 
Gelegenheit, ein Gebiet zu streifen, das den Kunstfreund und 
Künstler nicht als gesundheitsbedürftigen Menschen, sondern 
als Liebhaber der Schönheit berührt. Die unserm Organismus 
so gefährlichen Feinde des Mauerfraßes oder übergroßer 
Feuchtigkeit sind auch wahre Vandalen gegen Bilder aller 
Art, gegen Stiche, Gipse, Stoffe, Waffen, Geräte und Schmuck 
in Metall, Holzmöbel u. s. w. Wie viele Kostbarkeiten dieser 
Richtungen durch die genannten Gefahren schon zerstört 


wurden und noch immer zum großen Teil infolge yon Fahr- 
lässigkeit zerstört werden oder wenigstens arg gelitten haben 
und in ihrem Fortbestande geHlhrdet wurden und werden, 
ist wohl nicht zu ermitteln. Die peinlichste Untersuchung 
der Mauern und Wände, an denen Kunstwerke Aufstellung 
finden , ist Pflicht eines jeden im Interesse des Bildes oder 
was es sonst immer ist, sowie in seinem eigenen Interesse. 
Nach Westen freiliegende — nicht angebaute — Mauern 
müssen schon auflerordentlich solid gearbeitet und sehr gut 
trocken sein, wenn sie nicht in zarten Niederschlägen an die 
Rückwand der Bilder Wasser abgeben sollen, wodurch infolge 
der in der günstigen Atmosphäre wuchernden und sich zahl- 
reich entwickelnden Pilzkolonien Stiche und Aquarelle 
schimmeln, Metalle rosten oder wenigstens matt werden, 
das Holz aber schwammig, wertvolle Stoffe und Leder mufflich 
werden und zerfallen. Mögen also unsere Sammler, die großen 
wie die kleinen, diese Punkte ja nie aus dem Auge verlieren. 
Im übrigen ist Hraeh's Vortrag so voll von trefilichen Winken 
för die Vereinigung ästhetischer und praktischer Bedürfnisse 
und für die Verwirklichung des Satzes, dass nur in einem 
gesunden Hause sich ein gesunder Körper entwickeln kann, 
dass wir schon deshalb das mit viel Ernst und Humor zugleich 
geschriebene Broschürchen nur warm empfehlen können. 

BK. 


NEKROLOGE. 

^*^ Der französische Kunstschriflsteller Alfred Michiels 
ist Ende Oktober in Paris, wo er zuletzt Bibliothekar an der 
^k^ole des beaux-arts war, im 80 Lebensjahre gestorben. Er 
hat sich vornehmlich durch eine zehnbändige „Histoire de la 
peinture flamande*' (1844 — 1875), die er im Auftrage der 
belgischen Regierung verÜEMste, durch eine Biographie von 
Rubens und ein Werk Über van Dyck bekannt gemacht. 
Diese Schriften zeichnen sich aber mehr durch Lebendigkeit 
und Eleganz der Darstellung als durch ihren wissenschaftr 
lichen Gehalt aus, der vor ernster kritischer Prüfung nicht 
besteht. 

PERSONALNACHRICHTEN. 

* Ober den französischen Maler Georges Rochegrosse, 
dessen „Ende Babylons" kürzlich in Wien ausgestellt 
war, bringt der Pariser Korrespondent dee dortigen „N. W. 
Tagblatts" einige auch ftLr unsere Leser interessante Mit- 
teilungen, denen wir das Nachstehende entnehmen: „Roche- 
grosse zählt trotz der vielen und gewaltigen Leistungen, 
deren er sich bereits rühmen darf, kaum 33 Jahre und macht 
durch sein ganzes, wie von poetischem Schimmer verklärtes 
Wesen den Eindruck jener Männer, welche noch jünger 
scheinen, fkls sie sind.' Überaus frappant und charakteristisch 
ist sein Kopf mit dem sich glatt anschmiegenden Haare, 
das tief in die Stime sie fast ganz bedeckt; es ist 
absolut der Kopf eines Assyriers, wenn man dieses merk- 
würdige, ovale, von einem spitz zulaufenden Bart um- 
rahmte Gesicht in seinem matten Teint betrachtet, aus 
welchem zwei grofie, dunkle, mandelförmige Augen milde 
hervorleuchten. Die Figur ist mittelgroß, elegant und wohl- 
proportionirt." Schon sein erstes Bild, welches 1882 im Salon 
ausgestellt wurde: „Vitellius, durch die Straßen Roms gezerrt", 
trug dem Künstler eine Medaille dritter Klasse ein. Ein Jahr 
später erlangte er mit seiner „Andromache" eine Medaille 
zweiter Klasse und den Prix du Salon. Es folgten „La 
Jacquerie** und „La Folie du Roi Nabuchodonosor'*, endlich 
„La mort de Babylon", für welches letztere Bild er den Orden 
der Ehrenlegion und in München die goldene Medaille er- 


105 


Wettbewerbungen. — Sammlungen und Ausstellungen. — Vermischtes. 


106 


hielt. Wie die Gemahlin des Künstlers, eine junge distin- 
guirte Blondine, dem Berichterstatter mitteilte, malte Roche- 
grosse an dem ,,£nde Babylons** drei volle Jahre und machte 
dabei ca. 40000 Fr. Auslagen für Modelle) Leinwand, Farben, 
Kostüme u. s. w. 


WETTBEWERBUNGEN. 

= tt. Düsseldorf. Zum Wettbewerbe für die künst- 
lerische Ausschmückung des Rathaussaales waren fänf Ent- 
würfe eingegangen. Das Preisgericht, dem aus Berlin Ge- 
heimer Rat Jordan^ Pr&sident Becker sowie Architekt Pro- 
fessor Ende und Professor Janssen angehörten, hat den ersten 
Preis dem Entwürfe von Professor Albert Baur zuerkannt* 
Um den zweiten Preis losten die Geschichtsmaler Klein- 
Chevalier und Friix Neuhatis, da ihre Entwürfe gleichwertig 
erachtet wurden. Nach dem Gutachten der Preisrichter 
sollen alle drei Künstler an der Ausführung beteiligt werden. 

•^* Von der Berliner Kunstakademie, Das Ergebnis der 
für das laufende Jahr ausgeschriebenen Konkurrenzen um 
den großen Staatspreis auf dem Gebiete der Malerei und 
der Architektur im Beti-age von je 3300 M. zu einer ein- 
jährigen Studienreise ist folgendes gewesen: a. der für Maler 
bestimmte Preis ist dem Geschichtsmaler Alexander Frenz 
aus Rheydt, z. Z. in Düsseldorf wohnhaft, b. der für Archi- 
tekten bestimmte dem Regierungsbaumeister Otto Sehmalx 
aus Karthaus in WestpreuOen, z. Z. in Berlin wohnhaft, zu- 
erkannt worden, c. Gleichzeitig wurde dem Maler Ludwig 
Fahrenkrog aus Rendsburg, z. Z. in Berlin, für seine zur 
Bewerbung eingereichten Arbeiten eine Öffentliche Be- 
lobigung ausgesprochen. 


SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN. 

Danxdg, Der Kunstverein veranstaltet für die Zeit vom 
9. März bis zum 16. April 1893 in den R&nmen des Stadt- 
museums eine Kunshussiellung (Ausstellung von Gem&lden 
lebender Künstler. Nähere Auskunft ist von dem Vereins- 
vorstande, welcher auch Verkäufe an Private, sowie Ankäufe 
für das Stadtmuseum — unentgeltlich — vermittelt, zu er- 
langen. 

«*4. Aus Anlass des 25jährigen Bestehens des Königlichen 
Kunstgewerbemuseums in Berlin hat am 21. November in 
dem zu Ehren des Tages mit den Schätzen des Museums 
festlich geschmückten Lichthofe eine Feier stattgefunden, 
über die Berliner Blätter folgendes berichten: „Kurz vor 
3 Uhr erschien, von einer Schar weißgekleideter Schülerinnen 
des Museums und der Kunstschule mit duftigen Blumengrüßen 
empfangen, die Kaiserin Friedrich, mit ihr ihre TOchter, die 
drei Prinzessinnen Charlotte, Victoria 'und Margarete, unter 
Vorantritt des Kultusministers und des Generaldirektors der 
Königlichen Museen Geheimrat Dr. Schoene. Nachdem die 
allerhöchsten und höchsten Herrschaften Platz genommen 
hatten, ergriff der Kultusminister Dr. Bosse das Wort, um in 
formvollendeter Rede auf die Bedeutung des Institutes und 
der Feier hinzuweisen und den großartigen Aufschwung zu 
schildern, den das Kunstgewerbe während der letzten fünfzig 
Jahre in Berlin erfahren habe. Er gedachte dabei der Ver- 
dienste, die die Stadtverwaltung Berlins sich allezeit um diesen 
Aufschwung erworben habe, der doch in seinen Hauptzügen 
vor allem dem Herrscherhause zu verdanken sei. König 
Friedrich Wilhelm III., König Friedrich Wilhelm IV. und 
Kaiser Wilhelm L, sie alle hätten dem Kunstgewerbe das 
aufrichtigste Interesse zugewandt, bis dann das kronprinz- 
liche Paar, bis Kaiser Friedrich III. unä seine erlauchte Ge- 
mahlin die fruchtbare Anregung gegeben hätten, aus der 


die gegenwärtige Blüte des Kunstgewerbes in Berlin so recht 
eigentlich hervorgegangen sei. Mit einem Hoch auf Se. 
Majestät den Kaiser, der das Werk seiner erhabenen Eltern 
in so hochherziger Weise fortsetze und der mit seinem er- 
lauchten Bruder einst selbst Schüler des Museums gewesen 
sei, schloss die Rede des Ministers. An Stelle des durch 
Krankheit am Erscheinen verhinderten Direktors Grunow 
sprach nun Prof. J. Lessing über die Sammlungen des Mu- 
seums von ihren kleinsten Anfängen bis zu ihrer jetzigen Ent- 
faltung, wie im Jahre 1865 zuerst der Wunsch rege geworden 
sei, eine kunstgewerbliche Sammlung zu begründen, wie sich 
das Institut von den kleinen Versuchen im Diorama in der 
Stallstraße und später in der Porzellanmauufaktur langsam 
fortentwickelt habe, bis die auf Anregung des kronprinzlichen 
Paares 1872 im Zeughause veranstaltete Ausstellung von Wer- 
ken aus Privatbesitz den jetzigen Aufschwung begründet 
habe, und wie vor 11 Jahren, auch an dem Geburtstage der 
Kaiserin Friedrich, das Gebäude des Kunstgewerbemuseums 
eröffiaet worden sei. Er gedachte auch der Toten, die sich 
um die Entwickelung hochverdient gemacht haben, vor allem 
des hochseligen Kaisers Friedrich, dann aber auch Männer, 
wie Martin Gropius, Louis Ravene, Leonhard Lehfeld, Halske 
und der Brüder Vollgold. Nachdem Professor Ewald hierauf 
über die ünterrichtsanstalten des Museums in längerer ge- 
schichtlicher Ausführung und Minister Delbrück im Namen 
des Vorstandes und Beirates gesprochen hatten, eröfinete 
Stadtschulrat Bertram die lange Reihe der Deputationsredner, 
um im Auftrage des Magistrats und der Stadtverordneten 
eine Schenkungsurkunde über 15000 M. zu überreichen, deren 
Zinsen zur Unterstützung talentvoller Schüler verwendet 
werden sollen. Für die Akademie der Künste, die Akade- 
mische Hochschule und den Verein Berliner Künstler über- 
brachte Professor Carl Becker die Glückwünsche. Auch das 
Reiehspostamt, für das Geheimrat Fischer, und die Reichs- 
druckerei, in deren Namen Geheimrat Busse sprach, hatten 
Deputationen entsendet. Die Technische Hochschule vertrat 
Rektor Lampe, den Verein für deutsches Kunstgewerbe Herr 
Otto Schulz, der mit besonders warmen Worten des Kaisers 
Friedrich gedachte, den Architektenverein Baurat Hinkeldey, 
den Handwerkerverein Dr. Schwerin, die Kunstschule Prof. 
Dr. Hertzer und die Innungen Obermeister Meyer. Endlich 
erschien, begleitet von Abgesandten der jetzigen Schüler, der 
Verein „Ornament", um den Entwurf zu dem Jubiläum sge- 
schenk der ehemfkligen Schüler, einer für den Lichthof be- 
stimmten, reich omamentirten Uhr, zu überreichen und einen 
Huldigungskranz zu Füßen der Kaiserin Friedrich niederzu- 
legen. In herzlichen Worten brachte hierbei Modellmeister 
Schley von derKönigl. Porzellanmanufaktur die Empfindungen 
des Dankes zum Ausdruck, von denen die einstigen Schüler 
des Museums an diesem Tage und fkllezeit beseelt seien. Nun 
ergriff der Kultusminister Dr. Bosse noch einmal das Wort, 
um dem Verein „Ornament'* und der Stadt Berlin für ihre 
Gaben, dann aber auch allen anderen Deputationen in Namen 
des Instituts für ihre Glückwünsche, den Behörden für ihr 
Interesse, den Lehrern und Schülern für ihre Mitarbeit, und 
vor allem der Kaiserin Friedrich für ihr Erscheinen zu 
danken. Mit einem Hoch auf die Elaiserin Friedrich schloss 
die Feier." 


VERMISCHTES. 

H. A. L. Die in der Nähe des Leipziger Bahnhofes an 
der Großenhainerstraße in Dresden 'Neaaiadt neuerbaute 
St, PetrUcirehe ist über dem Eingangsportal mit fünf, mit 
Keim'schen Mineralfarben auf Goldgrund ausgeführten Ge- 
mälden geschmückt worden. Die Gemälde rühren von dem 


107 


Vermischtes. — Vom Kunstmarkt. 


108 


Historienmaler Professor Alfred Diethe in Dresden her und 
stellen den Apostel Petrus, umgeben von den yier Evange- 
listen, dar. Die Arbeit wurde ans den Mitteln des Eunst- 
fonds bestritten. Auch die gelungenen Glasfenster im Innern 
der Kirche sind von Herrn Professor Diethe mit Malereien 
versehen worden. 

H. A. L. In Meißen sind auf Veranlassung des dortigen 
Vereins für die Geschichte der Stadt die Kreuzgänge des 
ehemaligen Franziskanerklosters wieder hergestellt worden. 
Sie sollen in Zukunft dazu dienen, die zahlreichen Grabdenk- 
mäler des in kurzer Zeit zur Säkularisation gelangenden 
St. Johanneskirchhofes, die zum großen Teil von Kflnstlem 
der königlichen Porzellanmanufaktur herrühren, aufzunehmen. 
Übrigens findet man schon jetzt in ihnen eine Anzahl inter- 
essanter Monumente. Zu diesen gehört in erster Linie das 
Grabmal der Mutter von Elias Schlegel, eine Arbeit des be- 
rühmtesten Modellmeisters der Manufaktur, Jo€iektmKändler\ 
deren Erneuerung im nächsten Frühjahr zu Ende geführt 
werden soll. Von den übrigen Denksteinen und Kunst- 
werken soll bei einer späteren Gelegenheit die Rede sein; 
für dieses Mal muss es genügen, zu sagen, dass die Stadt 
Meifien durch die Restauration dieser Kreuzgänge einen 
neuen Anziehungspunkt für die Altertums- und Kunstfreunde 
gewonnen hat. 

*^* Das von Qabrid Max zum Besten der Notleidenden 
Hamburgs geschenkte Oemälde y,ln memoriafn 1892"^ das 
eine trauernde Frau darstellt, die vor einer Statue der Ham- 
monia niedergesunken ist, ist für 14500 M. an einenHam- 
burger Privatmann verkauft worden. 

*^* Fabriken xur Fälschung von Öemälden, Wie der 
„Vossischen Zeitung*' geschrieben wird, ist am 16. November 
vor dem Brüsseler Appellhofe eine überraschende Enthüllung 
bei Gelegenheit einer Prozessverhandlung gemacht worden. 
In Antwerpen war ein gewisser Jean Defordt verhaftet worden, 
weil er gefälschte Gemälde alter und neuerer Meister ver- 
kaufte; er hatte angebliche Rubens, Frans Hals u. s. w. an 
den Mann gebracht. Der Antwerpener Gerichtshof verurteilte 
ihn zu 14 Monaten Gef&ngnis. Er legte die Berufung ein, 
und die neue Beweisaufnahme ergab, dass es in Antwerpen 
ganze Fabriken zur Fälschung von Gemälden giebt. Selbst' 
ein Fischhändler beschäftigt sich mit deren Absatz ; ein Anti- 
quitätenhändler beherbergt bei sich junge Maler, deren Ge- 
mälde sodann als Verlat, De Braekeleer u. s. w. in den Kunst- 
handel kommen. Der Gerichtshof bestätigte das Urteil erster 
Instanz. 

♦*^ Unter dem Namen ^^Neues Theater" ist am 19. Novem- 
ber in Berlin ein neuer Musentempel eröffnet worden, der 
nach dem Plane des Architekten H. Seelifig, des Erbauers 
des Stadttheaters in Halle a. d. S., auf einem eingebauten 
Grundstücke am Schiffbauerdamm errichtet worden ist. Ob- 
wohl das Gebäude an drei Seiten frei liegt, ist auf eine 
monumentale Gestaltung nach außen hin verzichtet worden, 
weil das Theater wegen der Lage des Grundstücks von den 
umgebenden Wohnhäusern fast völlig verdeckt wird und 
von den Verkehrsstraßen aus nur wenig davon zu sehen ist. 
Nur die vom Scbifi'bauerdamm aus sichtbare Ecke ist durch 
ein in das Hauptvestibül führendes Portal und durch einen 
Balkon, sowie einen turmartigen Dachaufbau besonders her- 
vorgehoben. Über die innere Einrichtung und künstlerische 
Ausstattung des Theaters entnehmen wir einer Beschreibung 
in der Berliner „Post** folgende Angaben: ,4)ie Lage des 
Gebäudes gestattete eine sehr klare und übersichtliche, zu 
der Hauptachse ziemlich gleichmäßige Grundrissbildung. Nur 
der hintere, an der Bühne gelegene Coulissenraum ist infolge 
der schiefen Abschneidung des Grundstückes durch die Nach- 


bargrenze auch unsymmetrisch gestaltet. Die ganze Breite 
der vorderen Schmalfront nimmt das Vestibül ein, in welches 
die Kasse in der Mitte der hinteren Kopfwand eingebaut ist 
Das Vestibül hat an beiden Ecken mehrere Eingänge für 
Fußgänger, in der Mitte die Anfahrt für Wagen und die 
Eingänge für das mit denselben kommende Publikum. Wände 
und Decken sind ganz in lichten Tönen gehalten. Über 
mehrere Stufen und durch vier Thüren gelangt man in den 
den Zuschauerraum umziehenden breiten Korridor, an dessen 
beiden vorderen Ecken die Treppen zum ersten und zweiten 
Rang, nebeneinander, aber gemäfi den neuen Vorschriften, 
vollständig von einander getrennt, emporführen. Auch hier 
herrschen dieselben lichten Töne, wie im Vestibül. Die nach 
oben zum ersten Rang führenden Treppen sind aus Eichen- 
holz mit schön und reich geschnitzten Geländern hergestellt 
Der Zuschauerraum besteht aus dem Parkett, einem ersten 
und zweiten Rang. Hinter letzterem liegt noch vor der der 
Bühne gegenüber liegenden Wand ein Amphitheater. Logen 
sind nur sparsam angeordnet, im zweiten Rang überhaupt 
nicht. Im ganzen sind 850 Sitz])lätze vorhanden. Wände 
und Decke des Zuschauerraums sind ebenfalls in lichten 
Tönen, aber mit reicher Vergoldung gehalten, gegen welche 
das dunkle Rot der Sessel und Vorhänge wirkungsvoll ab- 
sticht Reicher omamentaler und figürlicher Schmuck, von 
Bildhauer Westpfahl modellirt, ziert die Balkons und die 
Decke. Die Beleuchtung besorgt der aus venetianischem 
Glase hergestellte Kronleuchter, der in der Mitte ein von den 
Glasprismen verdecktes Bogenlicht und außerdem eine Reihe 
einzelner Glühlichter aufweist Einzelne Glühlichtgruppen 
sind auch an den Balkons verteilt. An dem die Bühnen- 
öffnung überspannenden Bogen ist in der Mitte das Medaillon- 
porträt des Kaisers, von zwei Putten gehalten, angebracht 
Der Vorhang ist von Professor Max Koch gemalt. Der In- 
halt der Darstellung ist der Sieg des Idealen über das Reale. 
Ein Jüngling, der sein Ross hinter sich führt und von allerlei 
Gestalten gefolgt wird, steht am Rande eines Gewässers, aus 
dem Nixen auftauchen und ihn durch dargereichtes Geschmeide 
und Waffen zu verlocken suchen. Er beachtet aber weder 
ihre schönen Gestalten, noch die Schätze, die sie ihm bieten. 
Sein Blick ist aufwärts gerichtet nach einer Ideal gestalt, die 
in den Wolken schwebt und ihm den Kranz entgegenstreckt 
Die Bühne ist 15 m tief und 17 m breit. Außerdem ist noch 
eine 7 m tiefe Hinterbühne vorhanden. Die Höhe beträgt 
etwa 14,5 m bis zum flachen Holzcementdach. An der vor- 
deren Schmalfront ist im ersten Rang über dem Vestibül ein 
Foyer angelegt worden, das mit reichem malerischen Schmucke 
von Professor Max Koch ausgestattet ist. In der Mitte der 
Fensterwand ist eine Nische angebracht, in welcher dioramen- 
artig die Ruinen des Theaters von Taormina erscheinen. Die 
unteren Teile der Querwände sind getäfelt, darüber ist eine 
gobelinartige Dekoration und hierüber ein gemalter, figür- 
licher Fries angebracht Die der Fensterwand g^egenüber 
liegende Langwand schmückt eine von Marmorsäulen ge- 
tragene, in der Höhe des zweiten Ranges liegende Empore/^ 
* Zum Qesandtenbilde Holbein^s in der Londoner Na- 
tionalgalerie wird uns berichtet, dass Mr. Goote vom British 
Museum nun auch das Original des auf dem Bilde sicht- 
baren Rechnungsbuches aufgefunden hat. Es wäre danach 
ein Ingolstädter Druck des Apian, von welchem Holbein 
auch das Torquetum abbildete. 


VOM KUNSTMARKT. 

Frankfurt a, M. Am 9. Dezember kommt eine Samm- 
lung von Aquarellen und Handzeichnungen modemer und 


109 


Vom Kunstmarki — Zeitsclirifben. — Inserate. 


110 


älterer Meister sowie der Kunstblätter, Bücher und Franku- 
furtensien ans verschiedenen Hinterlassenschaften im Auk- 
tionssaal für Kunstsachen, Neue Mainzerstraße 66, durch 
RvdolfBangd zur Versteigerung. — Am 12. Dezember kommt 
im Gemäldesaal desselben die Sammlung von Gemälden hervor- 
ragender modemer Meister aus dem Besitze des Herrn Rentner 
B. in B. zur Versteigerung, die außerordentlich wertvolle 
Gemälde Karlsruher Künstler (SchOnleber, Baisch, Grethe, 
Hoff, Kallmorgen u. a.) enthält; auch die Düsseldorfer, 
Münchener und Berliner Künstler sind mit hervorragenden 
Werken vertreten. Von älteren Meistern sind nur Braeke- 
leer, Galame und Schirmer mit je einem Bilde repräsentirt. 
Der Katalog mit 29 Abbildungen in Lichtdruck erscheint in 
wenigen Tagen. 

Köln afRk. Bei J, M, Heberle [H. Lempertx Söhne) be- 
ginnt am 5. Dezember eine Reihe von Versteigerungen, die 
sich bis zum 19. Dezember hinziehen. Den Reigen eröffnet 
eine reichhaltige und ausgewählte Waffensammlung aus den 
Beständen einer altgräflichen Rüstkammer, deren Verzeichnis 
952 Nummern enthält; dieselbe kommt vom 5. bis 7. Dezember 
unter den Hammer. Ihr schließen sich am 9. und 10. die 
reichhaltigen und treffliche Sachen enthaltenden Gemälde- 
sammlungen der verstorbenen Herren Freiherr von St. Remy 
zur Biesen in Köln, D. Boom in Köln u. a. an; zugleich 
werden am 10. eine Anzahl von Ölgemälden, Kupferstidien etc. 
aus einigen Dombau- Prämienkollekten, die von den Ge- 
winnern nicht abgenommen waren, mit zur Versteigerung 
gelangen. Vom 12. bis 17. Dezember kommen die reichhaltigen 
Kunstsammlungen aus dem Nachlasse der Herren Frhr. von 


St. Remy zur Biesen in Köln, Justizrat von Holthoff in Wies- 
baden und die oetasiatische Sammlung des Herrn Kommer- 
zienrat Fr. Wolff in München-Gladbach zur Auktion; der 
Katalog enthält über 2000 Nummern. Den Beschluss macht 
am 19. eine große Anzahl von Juwelen und Schmuckgegen- 
ständen aus dem Nachlasse der Frau Wwe. Ph. Engels in 
Köln, sowie die Sammlung von Gemmen, Gameen etc. aus 
dem Nachlasse des Herrn Dr. J. J. Merlo in Köln u. a. 

* Wiai, Der Nacklass Emil Jakob Schmäler' 9j dessen 
wir in letzter Nummer gedachten, wird am 5. Dezember und 
folgende Tage durch E, 0. Mtetkke im Wiener Künstlerhause 
versteigert. Der soeben erschienene illustrirte Katalog um- 
fasst 327 Ölgemälde, Studien, Skizzen, Aquarelle und Zeich- 
nungen, darunter mehrere von Schindler's feinsten und stim- 
mungsvollsten Arbeiten. 


ZEITSCHRIFTEN. 

Allgemeine Kiustchronik. 1892. Nr. 24. 

„Der Fall Babylons.'* — Victor Pohoimy. Von R. Schaefer. — 
Goethe- und Sohillerplatz. Von H. Eollett. — Kunstbriefe: 
Rrakau. Von J. Suesser; München. Von H. Peters. — Ber- 
liner Kunst. Von Franz Hermann. — Der besohimpfte Heiland. 
— Ans Ebers, Selbstbiographie. — „Panem et CXroenses!" Die 
bürgerliche Kunst und die besitzlosen Volksklassen. Von Dr. 

A. MOBSig. 

Bayerlselio Gewerbezeltnng. 1892. Nr. 21 u. 22. 

Die farbigen Kupferstiche des 18. Jahrhunderts. Von E.Ghmelarz. 

L'Art Nr. 684. 15. November 1892. 

La femme noy6e d'Amboise. Von L. A. Bosseboeuf. — 
J. B. Huet. Von G. Qabillot. ~- L'Art Italien de la Renais- 
sance. Von G. Gruyer. 


Kunstauktion von C. G. Boerner in Leipzig. 

Donnerstag den 8. De»ember 1892, 

Beichhaltige Knnstbibliotliek, sowie zahlreiclie Kupfer- 
und Praehtwerke^ darunter viele Seltenheiten. 

Katalog gratis zu beziehen vod der 

Kunsthandlung von C. G. Boerner in Leipzig. 


Oemälde alter Meister. 

Der Unterseichnete kauft stets heryorragende Originale alter Heister, vorzüglich der 
Diederl&ndischen Schule, vermittelt auft schnellBte und saohverstindisste den Yerkanf 
einaelner Werke, wie konipl. Samminngen und ttbemimmt AnftriLge für alle größeren 

GemaLdeauktionen des In- und Anelandee« 

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einzeln als in ganzen Sammlungen die Kunsthandlung von 

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stünden. — Kataloge auf Wunsch gratis und franko durch Rudolf Bangel in 
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welche in der Lage sind, uns einen 
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stens 31. Dezember 1892 ein Probe- 
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Der Aktuar; Alb, HetKmaim, 

Verlag Ton B. A. Seemann, Lelpiig. 

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beworben deutscher Architekten, heraus- 
gegeben von A« Nenmelster u. E^Häberle, 
Architekten und Professoren in Karlsruhe. 

I.Heft: Bathans-Konkurreiiz fDr 

Pforzheim 1892. 
2. Heft: Bathans-Eonknrrenzfar 

Plauen-Dresden 1892. 
S.Heft: Hnseums-Eonkurreiiz f. 

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neuerer OemUde. 

Anmeldefrist bis 31. Januar 1893; nicht satzungsmäßig angemeldete 
Einsendungen werden beanstandet. 

K Nähere Auskunft erteilt auf portofreie Anfragen der Vorstand des Vereins 
umgehend und unentgeltlich. 


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1. Reichhaltige Sammlutg von WAffOIl aller Art ans den Beständen 
einer aitgrftfllolieii Bttstkammer. (952 Nummern, 4 Phototypien). 

Versteigenmg den 5. bis 7. Dezember 1892. 

2. Au8«:ewfthite große Sammlung von GemUden alter Und neuerer 

Meister aus dem Nachlasse der Herren: Freiherr yon St. Kemj 
Kor Biesen in K^^ln, D. Boom in K^^ln etc. nebst einer Anzahl von 
Gemälden, gerahmten Kupferstichen etc. aus früheren Dombau-Prämien- 
KoUekten, die infolge Nichtabnahme seitens der Gewinner zu Gunsten 
der Kassa des Centraldombauvereins veräufiert werden (325 Nummern, 
10 Phototypien). 

Versteigenug den 9. nnd 10. Dezember 1892. 

3. Beichhaltife nachgelassene Knnstsanunlnngen der verstorbenen 
Herren: flreiherr Ton St. Bemy cur Biesen in K^^lh, Justiirat 
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Porzellanen; Arbeiten in Edelmetall, Elfenbein, Bronze etc.; Möbel- 
und Einrichtungsffegenstände, Miniaturen, römische Antiquitäten etc., 
sowie die OStaSlkuSChe Raiwmliing des Herrn Kommenienrat 
Fr. Wolff in IL-Gladbaoh (2038 Nummern, 4 Phototypien). 

Versteigerang den 12. bis 17. Dezember 1892. 

4. Reiche Sammlung von Brillanten Und anderen Jnwelen, 

Bctamnckgegenständen etc. aus dem Nachlasse der Frau Wwe. 

Ph. Engels in K^^ln, sowie Gemmen Und Cameen des verstorb. 
Herrn Dr. J. J« Merlo in Ktihi u. a. (315 Nummern). 

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Akademie der Künste zu Berlin. Linien- 
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dmokOf eingetragen beim deutschen 
Eunstverleger- Vereme, k 300 Jf^ Schrift- 
drucke aut China k 36 Jlf, 
Die Versendung übernahm 

Paul Bette, Berlin SW. 12. 



Inhalt: Die neuesten Erwerbongen für das British Mnseom. — John Webbernnd die Erfindung der Lithographie. — Von S. R. Köhler. — 
Hrach : Der Baa des Wohnhauses vom gesnndheitstechnisohen Standpunkte. — A. Hichiels. — G. Bochegrosse. — Düsseldorf: 
Wettbewerb zur Ausschmttckung des Rathanshofes ; Verteilung des sroßen Staatspref ses an der Berliner Akademie der Künste. 



bei Baneel 9. u. 18. XII. 92; Köln: Kunstanktionen bei Heberle 6.— 19. XII. 99: Wien: Kunstauktion bei Miethke 6. XII. 98. — 
Zeitschriften. — Inserate. 


Für die Redaktion verantwortlich Artur Semumn, -— Druck von August Pries in Leipzig. 


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KUNSTCHRONIK 


WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE. 

Ankundigungsblatt des Verbandes der deutschen Kunstgewerbevereine« 

HERAUSGEBER: 

CARL VON LÜTZOW und DR. A. ROSENBERG 

WIEN BERLIN SW. 

Heagasse 58. Teltowentrasse 17. 

Verlag von E. A. SEEMANN in LEIPZIG, Gartenstr. 15. Berlin: W. H. KÜHL, Jägerstr. 73. 


Neue Folge. IV. Jahrgang. 


Ö 1892/93. 


Nr. 8. 15. Dezember. 


Die KnnBtohroiük erscheint als Beililatt Eor «Zeitschrift für bildende Kanst** und znm «Knnstgewerbeblatt** monatlich dreimal, in den 
Sommermonaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und nmfasst 8S Nummern. Die Abonnenten der „Zeit- 
schrift fiir bildende Kunst* erhalten die Kunstchronik gratis. — Für Zeichnungen, Hanuskripte etc., die unverlangt eingesandt werden, 
leisten Redaktion und Yerlagshandlung keine Gewähr. Inserate, ä 80 Pf. für die dreispaltige Petitzeile, nehmen außer der Yerlagshand- 
lung die Annoncenexpeditionen von Haasensteln k Vogler, Rud. Messe u. s. w. an. 


Wettbewerb um eine Malerradinmg. 


Zu dem von der unterzeichneten Verlagsbuch- 
handlung ausgeschriebenen Wettbewerbe wurden 
rechtzeitig 53 Radirungen eingesandt. Zwei Blätter 
waren nicht anonym und zwei weitere Blätter nur 
in je einem Exemplare vorhanden. Zum Bewerbe 
wurden somit 49 Blatt zugelassen, welche wie folgt 
bezeichnet waren: 

„Dideldum!"* 

«Weg damit." 

C + M + B. 

Von oben. 

Am Wasser. 

Calmato. 

0. D. 1. 

0. D. 2. 

Quelle. 

Dame, Zeitung lesend. 

Am Strand von Göhren. 

Aktstudie. 

Lektüre. 

StilUeben. 

München 1892 III. 

1892 II. 

1893 I. 
Leben heißt Streben. 
Zwei Lebensstützen brechen 

nie: 
Gebet und Arbeit heißen sie. 
Landweg nach dem Regen. 
Die Erwartung. \ aus 

All \ Holland 

AOena. / und vom 

Holländische Mühle. | rhein^ 


Nr. 1. 

Kennwort 

Nr. 2. 

» 

Nr. 3. 


Nr. 4. 

m 

Nr. 5. 

„ 

Nr. 6. 

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Nr. 7. 

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Nr. 8. 

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Nr. 9. 

*? 

Nr. 10. 

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Nr. 11. 

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Nr. 12. 

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Nr. 13. 

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Nr. 14. 

m 

Nr. 15. 

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Nr. 16. 

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Nr. 17. 

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Nr. 18. 

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Nr. 19. 

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Nr. 20. 

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Nr. 21. 

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Nr. 22. 

m 

Nr. 23. 

» 


Nr. 24. Kennwort Knobel. 


Nr. 25. 

TC 

Embryonaler Heiliger. 

Nr. 26. 

m 

Tempora mutantur UI. 

Nr. 27. 

y> 

II. 

Nr. 28. 

« 

I. 

Nr. 29. 

n 

strebe I. 

Nr. 30. 

n 

. 11. 

Nr. 31. 

.. 

. III. 

Nr. 32. 

« 

. IV. 

Nr. 33. 

M 

Moorbruch. 

Nr. 34. 

*. 

Frisch gewagt. 

Nr. 35. 

M 

Amorchen. 

Nr. 36. 

.■ 

Speranza. 

Nr. 37. 

M 

Garpe diem. 

Nr. 38. 

M 

Tristan III. 

Nr. 39. 

m 

. II. 

Nr. 40. 

w 

. I. 

Nr. 41. 

m 

Am häuslichen Herd. 

Nr. 42. 

« 

Stahl und Kupfer. 

Nr. 43. 

•t 

Christus. 

Nr. 44. 

T 

Apis. 

Nr. 45. 

m 

Aller Anfang ist schwer L 

Nr. 46. 

m 

IL 

Nr. 47. 

1. 

m 

Nr. 48. 

« 

Natur. 

Nr. 49. 

.» 

Z. i. Dr. 

Von den 

mit 

Namensangabe eingegangenen 

Blättern wurde eines, Tiroler Bauer von Robert 

Raudner, von 

der unterzeichneten Verlagshandlung 

erworben und 

im 

November publizirt. Eine Ra- 

dirung mit dem Kennwort „Castrogiovanni* traf zu 

spät ein. 


E. A. SEEMANN. 


115 


ue 


Urteil des Preisgericht«. 

Die anterfeitigten Preisrichter fQr den vom Ver- 
leger dieser Zeitschrift auegeschriebenen Wettbewerb 
am eine Malerradirung haben von den 49 rechtzeitig 
eingelaufenen Arbeiten von 26 Bewerbern 
keine des ersten Preiaea würdig 
befunden, weil in keiner derselben sich diejenige 
Verbindung technißchen Könnens mit Eigenschaften 
rein künstlerischer Art vorfindet, welche die voll- 
kommen gelungene Malerradirung besitzen niuss. 

Sie einigten sich jedoch über die Verleihung 
von drei Preisen Bwelter Ordnung und empfahlen 
außerdem vier Blätter dem Verleger der Zeitschrift 
zum Ankauf. Nach Eröffnung der Couverts ergaben 
sich folgende Namen als Einsender der hiermit aus- 
gezeichneten sieben Radirungen: 

Fflr den zweiten Preis: 
Nr. 4 .Venoben* C. rA-J/eyer-Sose/in München. 
Nr. 41 .Am häuslichen Herd" Jos. Damherger 
in München. 
1 .Dideldum* Frit; Völlmy in München. 

Fflr den Ankauf: 
. ,Am Wasser' C. Th. Meyer- Basel in 
München. 


Nr. 


Nr. 


Nr. II ,Am Strande von QShren" (Rügen) Alb. 

Krüger in Berlin. 
Nr. 37 .Carpe diem" Karl Jahnck in München. 
Nr. 34 .Frisch gewi^" (Hohe Politik) von 
J. Keiimann in München, 
gez. J. V. Berger. gez. K. Koopping. gez. W. Unger. 
gez. C. V, Lütsow. gez. E. A. Seemann. 

Zu dem Urteil ist noch zu bemerken, dass es 
nicht durchweg einstimmig gefallt wurde. Nr. I 
.Dideldum" erhielt von fünf nur drei Stimmen. 
Dafür fielen auf Nr. 5 .Am Wasser' zwei Stimmen. 
Außer den oben zum Ankauf empfohlenen Blättern 
wird von Herrn Professor Koeppiug in Berlin noch 
Nr. 20 .Landweg* zur Erwerbung für die Zeitschrift 
f^r bildende Kunst vorgeschlagen. 

Die Verl^sbuchhandlung wird den Urhebern 
der Radirangen, soweit deren Arbeiten nicht preis- 
gekrönt oder durch Kauf erworben werden, die ein- 
gesandten Blätter wieder zustellen. Sie beabsichtigt 
vorerst, die ganze Reihe im Leipziger Kunstverein 
auBzuBtellen, was im Laufe des Januar geschehen soll. 

Leipxig, d. 9. Dezember 1892. 

E. A. Seemann. 


Aus HbuCs Werken, 111. Prachlaupeabp, Deutsche Verl.-.iii; 

VOM CHR1STM.\RKT. 

Unser diesjähriger Rundgang um den litteru- 
rischen Weihnachtsmarkt lässt sich etwas politisch 
an. Das erste Werk, das uns zur Hand kommt, 
zeigt uns den Fürsten „Uismarck und seine Leute*, 
das zweite hat eine gewisse Ähnlichkeit mit eiuer 
Militärvorlage. Doch sollen unsere Leser nicht 
fürchten, dass wir ihnen hier so .ein garstig Lied, 
ein leidig Lied" anstimmen könnten. Man hat 
daran im täglichen Leben genug, und es scheint 
uns poUtiseh, nicht auch noch hier Politik zu treiben. 

Das Werk, das C. W. Allers Ober .Bismarck 
in Friedrichsruh* herausgegeben bat'), konnte kaum 
zeitgemäßer kommen. Der reißende Absatz, den es 
findet, beweist, dass diese Voraussicht sutrifill. Es 


1) Stattgatt, Union. Imp.-Fol. Geb. M. 50.- 


ist hier und da schon in der Öffentlichkeit von dem 
Werke die Rede gewesen, und die Erwartungen 
waren deshalb sehr hoch gespannt. Vielleicht fin- 
det sich nun mancher enttäuscht, der wunder was 
fiir Geheimnisse darin vermutete. Allers führt uns 
die Umgebung des Fürsten, die landschaftliche frei- 
lich weniger als die menschliche, bis hinab zum 
Koch und Portier vor. Deputationen, audienzen- 
beischende Zuschauer, Momentphotographen sind 
darin so gut vertreten, wie Nnchbam, Freunde und 
Verwandte des Fürsten, Der Künstler, dessen Blei- 
stift wie eine Zauberwurzel alle Thüren sprengt, hat 
sein Möglichstes geleistet. Die Charakteristik des 
Fürsten, Lothar Bucher's, Lenbacb's und Schwenin- 
ger's sind vorzüglich. Auch an scherzhaften Wen- 
dungen fehlt es nicht. Es ist merkwürd^, dass 
Fürst Bismarck, der für die bildende Kunst so ver- 


117 


Vom ChristmEurkt. 


118 


hältnismäßig geringes Interesse zeigte, grade mit 
einem Ualer so nahe Freundschaft hat: Franz 
von Lenbach klagt, wie wir aus dem Text des 
Werkes ersehen, oft darüber, beim FDrsten kein 
Verständnis für seine Arbeit zu finden. Und 
dennoch zählt Lenbach zu den ältesten Freunden des 
Forsten. Ihre Verwandtschaft, das Gemeinsame 
dieser beiden Naturen, liegt nicht aufdem Gebiet 

der bildenden 
Kunst Die Wahr- 
haft^keit, des 
einen in der Poli- 
tik , des andern 
in der Malerei, 
macht ihre Größe 
aus. Auch Len- 
bach's Auge hat 
das streng For- 
schende, das 
Seelen Analysi- 
rende, das man 
dem Bismorck'- 
sehen Äuge nach- 
rühmt. Unlauteres 
besteht vor ihm 
nicht. 

Die .Militär- 
vorlage", von der 
wir oben eine 

Andeutung 
machten, ist eine 
Schilderung un- 
seres Heeres, vrie 
sie augenialliger 
und wahrer kein 
.Militärwochen- 
blatt* liefern kann. 
»Unser Heer" ist 
für Carl Rikhling^) 
schon seit vielen 
Jahren ein Gegen- 
stand des eifrig- 
sten Studiums. Die Früchte dieser Thatigkeit sind 
den Lesern dieses Blattes schon aus verschiedenen 
Probenbekanntgeworden. Das gegenwärtige Sammel- 
werk stellt sich als eine Mappe mit Scenen aus dem 
Soldat«nleben im Frieden dar und wiU offenbar ein 
Seitenstück sein zu dem schon früher von C. F. T. 
Wiskott Ter&ffentlichten Werke .Unsere Marine" 



FnuE TOD Lanbach, Aob 


1} Breslau, Wiskott. Fol, In Mappe M. 35.- 


von Allers. Dass es dem Soldatenleben nicht an 
Humor fehlt, ist bekannt; im allgemeinen freilich 
geht's scharf und nüchtern her. Aber .was im Leben 
uns verdrießt, man im Bilde gern genießt', mag es 
auch hier heißen, und mancher, der mit Behagen 
von der Manöverzeit zu erzählen liebt, findet hier, 
was er .litt und liebte*, in sorgfältigen, wenngleich 
etwas nüchternen Tuschzeichnungen wieder. Alle 
Chargen vom 
obersten Kri^- 
herm bis zum 
Gemeinen sind 
vertreten , auch 
, Begleiterschei- 
nungen", wie der 
Marketender und 

die neugierige 
DorQugend, fehlen 
nicht Besonders 
anziehend sind die 
bewegteren Grup- 
penbilder aus dem 
Manöverleben, aus 
dem Hiwak, die 

Krankenträger- 
fibung und dci^l 
Die Kavallerie ist 
etwas spärlich be- 
dacht, wns im In- 
teresse der künst- 
lerischen Wir- 
kung des Ganzen 
zu bedauern ist. 
Mann und Koss 

in den meist 
reicheren Unifor- 
men der berittenen 
Truppen sind an 
sich schon male- 
rischer und geben 
reichere, wechsel- 
voUe Bewegun- 
gen, als die vom starren Kommando gefesselten 
Regimenter zu Fuß. Das pekuniäre Opfer, welches 
im gegenwärtigen Falle fUr das Militär gefordert 
wird, beträgt 35 Mark, eine in Ansehung des Ge- 
botenen mäßige Besteuerung. 

Noch .civilere* Preise freilich haben die weite- 
ren Erzeugnisse der Weihnachtslitteratur, die durch 
die verschiedensten Hausmittel des VerUgsbnch- 
händlers uro die Gunst des goldbeladenen Käufers 


119 


Vom Christmarkfc. 


120 


buhlen. Ein uraltes Rezept hat in wieder neuer 
Ausführung bei dem von Bodenstedt herausgegebe- 
nen Werke ^) ^ Liebe und Leben" herhalten müssen. 
Das Mädchen aus der Fremde wurde herbeigerufen, 
seine unverwelklichen Gaben auszustreuen, und um 
ihm recht gute Aufnahme zu sichern, ließ der Ver- 
leger ihm ein eigenes buntes Kleid herstellen. Es 
ist eine Anthologie, die das wechselnde Empfindungs- 
leben der Frau in seinen verschiedenen Phasen dar- 
stellen wilL Bodenstedt hat kurz vor seinem Tode 
sich an diese Aufgabe, deren Lösung schon oft ver- 
sucht wurde, mit Eifer gemacht. Es ist gewiss 
keine leichte Aufgabe, in dieser Weise auf dem 
Parnass zu botanisiren und die so verschieden ge- 
stalteten und duftenden Blumen zu einem schönen 
Kranze zusammenzuwinden. Der Verleger ist nun, 
um das Verschiedenartige etwas mehr zusammen zu 
stimmen, auf den Gedanken gekommen, eine viel- 
genannte Dichterin zur Mitwirkung heranzuziehen; 
ihre Poesien sollten gewissermaßen die Wende- 
punkte des weiblichen Lebens charakterisiren. Diese 
Idee lässt sich hören, sie würde bei rechter Aus- 
fährung dem Ganzen etwas Rückgrat verleihen. Die 
Hauptsache ist und bleibt freilich bei einem Werke 
dieser Art die Illustrirung, die verständigerweise in 
eine Hand gelegt wurde. Der Künstler^ dem die 
Aufgabe oblag, das künstlerische Zierwerk zu dieser 
Poesienreihe zu entwerfen, hätte durch geeignete 
Behandlung dem poetischen Mosaik zu einheitlichem 
Eindruck verhelfen können. Merkwürdigerweise ist 
aber dazu nicht der leiseste Versuch gemacht wor- 
den. Sowohl die farbigen Blätter von oft berücken- 
der Buntheit, als auch die vielfach ausgestreuten Text- 
abbildungen sind so heterogenen Charakters, dass es 
den Anschein hat, als habe der Künstler absichtlich 
solches künstlerisches Allerlei geben wollen. Er 
giebt bald moderne Figuren, bald Rokokogestalten, 
bald sogenannte Renaissancekostüme, bald die Mode 
des Empire, und stellt sogar die antike Muse ans 
moderne Klavier. Verlangt man von einem Werke 
solcher Art nichts als eine Reihe bunter Bilder und 
auf jeder Textseite eine Illustration, so mag dieses 
Buch gelten. Der Ausstattung kann, was Papier 
und Druck anlangt, unbedingtes Lob erteilt werden. 
Die Verschiedenartigkeit der Lettern stört ein wenig, 
war aber nicht zu vermeiden, wenn eben ein be- 
stimmtes Gedicht in einen bestimmten Raum ein- 
geftigt werden sollte. 

Mit dem Frauenleben beschäftigt sich auch das 


1) Leipzig, Ad. Fischer's Verlag. Fol. Geb. M. 15.— 


bei Ad. Titze in Leipzig erschienene Werkchen *) von 
Rene Jleinicke und Frida Schanx: „0 du selige Back- 
fischzeit!" (Preis geb. M. 8.—) Der feinsinnige 
Künstler stellt hier in acht Bildern, die durch Licht- 
druck vervielfältigt worden sind, das hoffnungsreiche 
Leben des Zwitters zwischen Kind und Dame, der 
den wenig liebenswürdigen Namen Backfisch tragt, 
zierlich und in modernster Gestaltung dar. Auf 
dem Eise, beim Kränzchen , in der Tanzstunde, 
beim ersten Balle zeigt er uns die schmächtigen 
Figürchen, deren noch ein wenig eckiges Be- 
wegen besonders in den prächtigen Originalen 
zur Erscheinung kommt. Die Nachbildung ent- 
behrt natürlich etwas der zarten koloristischen Reize 
des Originals, doch sieht man auch den Verkleine- 
rungen in Schwarz und Weiß noch an, dass eine 
feinfühlige, wohlgeschulte Hand diese kleinen Kunst- 
werke schuf. Zu den Bildern hat Frida Schanz eine 
Reihe passender Verse hinzugefügt, die ihre eigen- 
tümliche, nie versagende Begabung wiederum deut- 
lich beweisen. Einen tieferen seelischen Anteil ver- 
mögen diese wohlgepflegten Reime nicht zu er- 
wecken. Sie schildern uns allgemeine Empfindun- 
gen, die jeder wohl versteht, nicht aber die inneren 
Erlebnisse eines Individuums, die man mitfühlt. 

Wie anders wirkt dies Zeichen auf mich ein! 
möchte ich angesichts der prächtigen novellistischen 
Leistung von Jeanne Schultz^) ausrufen, die in einem 
zartblau gebundenen Bande uns verkündet, ,was 
der heilige Joseph vermag." Es ist ein allerdings 
sehr profanes Wunder, das er einem liebenswürdigen 
Backfisch zuliebe zuwege bringt Dieses kleine 
Persönchen sitzt, von einem Drachen von Tante be- 
hütet, auf der verschneiten, einsamen, verfallenen 
Burg ihrer Väter und wartet auf ,ihr Abenteuer *". 
Leider will das Abenteuer aber nicht von selbst er- 
scheinen, und das Warten ist doch gar zu lang- 
weilig. Ein altes Mütterchen im Dorfe, das im Ge- 
rüche steht, allerlei wunderbare Kuren ausführen zu 
können, verweist die ungeduldige Kleine an den hei- 
ligen Joseph, zu dem sie neun Tage lang eifrig 
beten solle. Auf eine ganz überraschende Art führt 
dann der silberne Heilige des Boudoirs wirklich das 
Abenteuer herbei, und nun beginnt der kleine, köst- 
lich behandelte Roman dieses lustigen Dom- 
röschens, der schließlich zu dem wohlbekannten er- 
wünschten Ende führt. Diese Erzählung ist in 
einem so frischen Ton gehalten und von so fröh- 


1) Leipzig, Ad. Titze. 8«. 

2) Stuttgart, Engelhorn. Geb. M. 12. 


t2l 


Vom ChrirtnuirkL 


lichem Humor durchweht, dass man mit Bedauern j 
schließlich von den lebendig geacbilderten Figuren ! 
Abschied nimmt. Die Abbildungen, die E. Bayard ' 
zu dem Texte giebt, verleugnen den französischen 
Ursprang nicht; sie sind keck entworfen, fein ge- 
zeichnet und erhöhen den Eindruck des Textes noch 


ewig jui^en Schriften Wilhelm Hauffs, von dessen 
Werken die Deutsche Verh^sanstalt in Stuttgart 
eine Prachtausgabe in zwei Bänden auf den Weih- 
nachtstisch legt'). Sie bildet ein SeitenstOck zu den 
schon vorhandenen Schiller- und Ooethe-Ansgaben 
und ist mit demselben Gesohick und Geschmack 


wesentlich, da sie von ganz ähnlichem Charakter 
sind. Besonders niScbten wir hervorheben, dass 
diese novellistisehe Filigranarbeit rein und klar ist 
wie ein frischer Bergquell und daher auch für jedes 
junge Mädchen eine geeignete LektQre bilden kann. 
Wie ein klarer Bei^quell sprudeln auch die 


ausgeführt, wie jene. Die Kompositionen zu den 
liebliehen poetischen SchSpfiingen des wackeren 
schwäbischen Dichters sind von Ktinstlern wie Wol- 


1) Stutt^rt, Deutsche VerlagaanstaH. i 
r.eb. M. Ü').- 


123 


Aus eiD68 Bildners Seelenleben. 


124 


demar Friedrich, H. Lefler, F. Amling entworfen 
und diese Namen sind ja in Deutschland wohl- 
bekannt. Wir wünschen dieser Ausgabe Eingang 
in recht viele Hausbibliotheken; es giebt fär die 
reifere Jugend kaum bessere Lektüre. Sie sind aus 
echtem deutschen Geiste geflossen, voll reichen Ge- 
müts und von romantischem Schimmer umspielt. — 
Ein Produkt echt deutscher Kunst sind auch die 
Federzeichnungen von Bertha Bagge, die, zu einer 
Mappe vereinigt, unter dem Titel , Lieder und Bilder" 
in C. F. Amelang's Verlag in Leipzig erschienen 
sind^). Sie zeigen eine merkwürdige Verwandtschaft 
mit den Kompositionen Ludwig Kichter's und sind 
doch so selbständig, dass wir mit Vergnügen nach- 
drücklich auf die Mappe hinweisen. Die Art und 
Weise der Zeichnung, die Komposition der Land- 
schaft, die StaJETage und die frei spielende Ornamentik, 
alles gemahnt an große Meister der Illustration, 
unter andern auch an M. von Schwind. Das sind 
keine bloßen Nachahmungen, sondern Entwürfe, die 
etwas von dem Geiste der Meister in sich tragen. 
Durch die Wiedergabe in Heliogravüre gewinnen 
die Zeichnungen nahezu den Charakter von Radi- 
rungen. In solchen Häusern und Familien, wo man 
die Romantik nicht ganz verscheucht hat — sie wird 
leider allenthalben von der rauhen Wirklichkeit ver- 
jagt — mag diese Mappe eine beifallige Aufnahme 
flnden. Sie bewahrt eine bescheidene Poesie in sich 
und steht dadurch im Gegensatze zu manch moder- 
nem Prachtwerke, wo die Photographie^ die Feindin 
der poetischen und künstlerischen Darstellung, un- 
umschränkte Herrscherin geworden ist. Es wäre 
eine interessante Aufgabe für den Beobachter der 
Zeitbewegungen, einmal zu untersuchen, in wie weit 
die halb mechanische photographische Technik in 
Bezug auf die Kunst und Litteratur schädlich ge- 
wirkt hat. Sie hat ohne Zweifel neben unermess- 
lichem Nutzen auch manchen Nachteil gebracht. 
Sie arbeitet langsam und stetig daran, die Fähig- 
keit künstlerischen Genießens abzustumpfen. Dass 
der Sinn der Menschen in Kunst und Litteratur 
immer mehr auf das rein Thatsächliche gerichtet 
ist, dass dem Darsteller der „Einklang, der aus dem 
Busen dringt und in sein Herz die Welt zurücke 
schlingt**, verloren zu gehen droht, ist eine Erschei- 
nung, der die Photographie gewiss auch Vorschub 
leistet. Nicht nur in der bildenden Kunst, auch im 
Roman und im Drama macht sich das bemerklich, 
wo der Trieb zu phonographiren, statt zu dichten, 

1) Fol. In Mappe M. 12.— 


deutlich erkennbar ist. Nicht mit dem gläsernen 

Auge der herzlosen Dunkelkammer sollen Welt und 

Menschen beschaut werden, sondern auf dem zarten 

Grunde, der von Lust und Leid zu vibriren vermag, 

sollen die irrenden Lichter der Außenwelt Seele und 

Leben erlangen, um dauernd zu rühren und leisen 

Nachklang des Vorgefühlten zu wecken. 

NAUTILUS. 


AUS EINES BILDNERS SEELENLEBEN. 

PLASTIK, MALEREI UND POESIE 
VON GUSIAV EBERLEIN.i) 

m. Wesen und Wege des heutigen Kunst- 
schaffens sind einem intimeren personlichen Ver- 
hältnis zwischen Künstler und Publikum wenig 
günstig. Die realistische Richtung gipfelt in unein- 
geschränkter Objektivität; viele Künstler der Gegen- 
wart sehen das Ziel der Kunst da, wo der Schöpfer 
vor seinem Werke völlig in den Hintergrund tritt, 
sie wollen objektiv erscheinen und suchen — bald 
spröde, bald auch wohl gar zu stolz — ihr persön- 
liches Empfinden und Trachten den Augen ihrer 
Nebenmenschen nach Kräften zu entziehen. Selbst- 
bekenntnisse und Selbstbiographien bildender Künst- 
ler, an denen gerade die deutsche Kunstgeschichte 
bisher so reich war, sind in den letzten Jahrzehnten 
selten geworden. 

Um so überraschender und bezeichnender wirkt 
die Gabe, mit welcher einer unserer ersten Bild- 
hauer, Gustav Kberkifif diesmal an den deutschen 
Weihnachtstisch tritt Er hat treffliche Nachbil- 
dungen seiner Skulpturen vereint, ihnen in Tusch- 
zeichnungen eine stimmungsvolle Umgebung ge- 
schaffen, selbständige Skizzen hinzugefügt und das 
Ganze als reiche Illustration zu einer Sammlung 
seiner Gedichte verwertet Plastik, Malerei und 
Poesie verbinden sich hier zu einem Prachtwerk, 
wie es in Deutschland völlig eigenartig ist, selbst 
die Schwesterkunst der Musik — durch Kompo- 
sitionen zu Eberlein's Gedichten von Hermami Erler 
vertreten — ist hinzugezogen worden, um .eines 
Bildners Seelenleben" zu schildern. — EinzelneGrund- 
züge des letzteren stehen in Eberlein's Skulpturen sinn- 
fällig verkörpert vor Augen. Dass er nüchternem Rea- 
lismus abhold ist, bezeugt jedes seiner Werke. In 
kraftvolle, jugendschöne Menschenkörper bannt er 
die Gestalten einer Idealwelt, in der Venus und 
Amor das Scepter führen und ewiger Frühling 
herrscht Man könnte ihn den Anakreoutiker unter 
unsern Bildhauern nennen — freilich mehr im Hin- 


1) Berlin 1892. SchuUz-Engelhardt. 


125 


Bücherschau. 


126 


blick auf den Geist seiner Werke, als auf ihre Form, 
denn äußerlich bleiben seine Gestalten in der 
weichen Fülle ihrer Glieder und in der malerischen, 
auf das Momentane gerichteten Auffassung der Ba- 
rockplastik näher als der Antike, und dem entspricht 
auch das effektreiche Pathos, welches er zuweilen 
erstrebt und erreicht Zweifellos hat anakreontische 
Poesie die Geburtsstunden seiner glücklichsten 
Schöpfungen verklärt Auch in seinen Gedichten 
klingt sie wieder. Sie bergen keinen tiefen Ge- 
dankeninhalt und nur selten stürmische Leidenschaft, 
wohl aber einen allem Schonen offenen Sinn. Lenz 
und Liebe, Jugend und Naturpoesie sind die viel- 
fach variirten Grundthemata, in welche stets von 
neuem der Dank an den Schöpfer für die Schaffens- 
kraft tont 

Bisweilen sind sie dithyrambisch gehalten, meist 
aber spricht die anakreontische Muse in leichten, 
gefalligen Versen. Dass die letzteren oft nicht so 
vollendet und geglättet sind, wie Eberlein's Bild- 
werke, wird dem Künstler niemand verübeln, zumal 
einzelne Gedichte, wie „Lebenspfad", „Wilde Rosen", 
„Am Hange", „Glockenblume", „Maiglöckchen", 
„Pantöffelchen", „Der sterbende Krieger", „Gebet", 
auch dem zünftigen Dichter Ehre machten. Beruht 
doch auch der Wert dieser Veröffentlichung weniger 
in ihren Einzelheiten, als in ihrer ganzen Tendenz, 
welche im Gegensatz zu den Mächten, die heut' im 
Reiche der Kunst die Herrschaft ftihren, für den 
Idealismus eintritt, und die heut* so häufig geleug- 
nete Verbindung zwischen dem, was die Hand schafft 
und was die Seele empfindet, in den Worten bekennt: 
,,Es soll, wie ein Motiv durch Melodien, 
Des Kflnstlers Wesen sich durch seine Werke ziehen." 
Die vignettenartigen Umrahmungen der Bild- 
werke — meist Landschaften und Blumen — zeugen 
von feinem künstlerischen Takt und dekorativem 
Geschick, und einige der selbständigen Entwürfe, 
wie beispielsweise das Bauernkind mit dem Blumen- 
strauß, lassen Eberlein's Begabung in neuem Lichte 
erscheinen, während andererseits auch aus diesen 
Aquarellen zuweilen die etwas süßliche, gar zu 
„ideal" verflüchtigte Weise spricht^ welche einzel- 
nen Eberlein 'sehen Frauenfiguren die rechte Lebens- 
frische nimmt. — Das aber sind Bemerkungen, 
welche nur an dieser Stelle berechtigt sind: als 
Prachtwerk für das deutsche Haus ist diese Publi- 
kation mit rückhaltloser Freude zu begrüßen, und 
besondere Anerkennung gebührt der Verlagsbuch- 
handlung für die vornehme, in allen Teilen trefflich 
gelungene Ausstattung. Derartige Publikationen 


pflegen in Frankreich zeitweilig zur Modesache zu 
werden: bei uns verhält man sich ihnen gegenüber 
leider meist spröde. Mögen diese Zeilen dazu bei- 
tragen, diese Sprödigkeit zu überwinden! 


BÜCHERSCHAU. 

Karl Heinemann. Goethe*8 Mutter. Ein LebeDsbild nach 
den Quellen. Vierte Auflage. (Leipzig, Artur Seemann, 
geb. 8 Mk.) 

Wenn ein streng wisseoBchaftlich gehaltenes Buch in der 
kurzen Frist von einem Jahre und zwei Monaten es zu vier 
Auflagen bringt, so muss das ganz besondere Ursache haben. 
Einmal ist ja der Gegenstand des Baches ein überaus glflcklich 
gewählter. Goethe*B Mutter ! Wem geht nicht bei diesem Namen 
das Herz auf? Seit der Zeit, wo der Dichter selbst in Dichtung 
und Wahrheit ein Bild seiner Mutter entworfen, seit der Ver- 
öffentlichung von Bettina's Briefwechsel mit einem Kinde, 
der neben dem großen Dichter seine Mutter scharf in den 
Vordergrund stellte, hat die pr&chtige Frau nicht aufgehört, 
ein Liebling des deutschen Volkes zu sein. Aber zu zweit 
gebührt doch dem Verfasser des Buches das grOßte Verdienst 
daran, dass sein Werk so gut „gegangen" ist Es war eine 
tüchtige Aufgabe, das nachgerade massenhaft au^espeicherte 
historische Material kritisch zu sichten, zu durchdringen und 
zu benutzen. Wenn Verfasser als Mann der Wissenschaft jeden 
Blender verschmähte, wenn er in seiner Entsagung oft so weit 
ging, Frau Rat lieber mit eigenen Worten sprechen zu lassen, 
als selbst das Wort zu nehmen, so hat er vielleicht denen, 
die durch Lektüre erregt, nicht angeregt sein wollen, nicht 
Genüge gethan, wohl aber allen, die nach des Tages Arbeit 
noch ein Stündchen denkender Einkehr bei den großen Geistern 
der Nation halten wollen. Und endlich zum dritten: der Ver- 
lagshandlung gebührt ein großer Anteil an der Verbreitungs- 
fähigkeit des Buches. Sie hat es schon bei der ersten Auf- 
lage mit Illustrationen ausgestattet, die beim Lesen nicht 
störten, sondern anzogen, nicht unterbrachen, sondern auf 
den Text nur noch mehr aufmerksam machten. Wir haben 
bei einer Besprechung der ersten Auflage die reichhaltigen 
Kunstbeilagen des Buches bereits gewürdigt. Es wird dem 
Charakter dieser Zeitschrift angemessen sein, wenn wir auf die 
Vermehrung der Kunstbeilagen, welche die dritte und die vierte 
Auflage erfahren hat, hauptsächlich eingehen. Im ganzen haben 
wir 18 solcher neuen Beilagen gezählt. Davon sind einzelne 
an die Stelle bereits vorhandener getreten, das Goethehaus 
in Frankfurt z. B. ist nach einer im .Jahre 1890 angefertigten 
Photographie gegeben, anstatt nach der Abbildung aus Kön- 
necke's Bilderatlas, der Holzschnitt nach dem Bilde Goethe's 
von May ist jetzt durch eine Heliogravüre ersetzt, Lili*s Bild 
nach einem im Goethehause in Frankfurt befindlichen Stich 
hier mitgeteilt Die Heliogravüre nach dem May'schen Bilde 
scheint nach der von der Verlagsbuchhandlung Cotta vor 
einigen Jahren herausgegebenen Photographie gemacht zu 
sein, die leider allzustark retouchirt worden ist, so dass das 
Bild in Heinemann^s Buch etwas Gelecktes bekommen hat 
Ganz anders wirkt eine Photographie ohne Retouche, wie sie 
unser verstorbener Zarncke für seine Sammlung hat anfertigen 
lassen. Bei Lili's Bild scheint es dem Herrn Verfasser entgan- 
gen zu sein, dass es bereits in JügeVs Buch, das Puppen- 
haus, veröffentlicht worden ist. Es ist bei Jügel leicht 
kolorirt, die Züge sind noch etwas schärfer als in der hier 
vorliegenden Reproduktion, Lili sieht dort entschieden älter 
aus als hier. Wir hätten aber, offen gestanden, an dieser 


127 Kunstlitteratur. — Nekrologe. — Wettbewerbungen. — Denkmäler. — Sammlungen und Ausstellungen. 


128 


Stelle lieber eine Wiederholung des Jugendbildes der Ge- 
liebten gesehen. 

Interessant sind die beiden Bilder zu S. 18 und S. 205, 
das Goelhehaus in Frankfurt und der Hof desselben, die erste 
Ansicht vor dem Umbau gedacht. Wir sagen gedacht, denn 
nach der Natur sind beide Bilder nicht entworfen. Es sind 
Zeichnungen, die ReifiPenstein etwa um das Jahr 1830, doch 
wohl mit starker Zuhilfenahme der Phantasie, angefertigt 
hat. Überaus wirksam ist die schöne Heliogravüre, nach 
dem Schadow'schen Standbilde der beiden Prinzessinneu 
Louise und Friderike von Mecklenburg-Strelitz. Höchst will- 
kommen sind auch die verschiedenen Ansichten vom Ross- 
markt und des Hauses, in welches Frau Rat Ende Juni 1795 
einzog, und wo sie bis an ihr Lebensende wohnte. Der 
Holzschnitt des Jahrmarktsfestes in Plundersweilen, nach dem 
Aquarell von Kraus (ob direkt?) gemacht, wird vielen 
Lesern willkommen sein, zumal Verf. ihn überaus geschickt 
erlftutert hat Bekannt war das Bild schon durch frühere 
Wiedergaben, z. B. in Eürschner-Spemann*s Goetheausgabe^ 
Neu war uns des Yer&ssers Nachweis von einer Darstellung E[lop> 
stock's und seiner Anhänger auf diesem Bilde. Sie ist jedoch 
überzeugend. Die Bilder, das Scharmützel vor dem Bockeif- 
heimer Thor am 22. April 1796, Fürst Primas von Dalberg, 
Paläophron und Neoterpe haben den Referenten wenig an- 
gesprochen, er hatte beim letztgenannten, das er, einfach ge- 
sagt, scheußlich findet, nicht die Empfindung der Frau Rat, 
die einen schönen Rahmen dazu verfertigen, ein GIeis darüber 
machen und es in ihrem Schlafzimmer zum beständigen An- 
schauen aufhängen wollte. Aber gerade die Vorliebe der 
Frau Rat rechtfertigt ja die Wiedergabe des Bildes in Heine- 
mann's Buch. Die vierte Auflage bringt eine neue Ver- 
mehrung des BildeiBchmuckes: das Bild des Vaters der Frau 
Rat (aus Kessler's Gedenkblättem) und ein Bild von Job. 
Heinrich Merck nach einem Stich von Weger, der auf ein 
Bild in Lavater's Physiognomik zurückgeht W. A. 


KUNSTLITTERATUR. 

* Eine neue Michelangelo -Biographie. Von John Äd- 
dington Symonds, dem Verfasser des bekannten Werkes über 
die Renaissance in Italien, ist bei J. C. Nimmo in London 
ein zweibändiges Leben Michelangelo's erschienen, das seine 
Aufgabe namentlich darin sucht, das im Buonarroti- Archiv 
zu Florenz befindliche handschriftliche Quellenmaterial dem 
modernen Leser zugänglich zu machen und außer Michel- 
angelo selbst in seinen Briefen und Aufzeichnungen vor- 
nehmlich dessen alte Biographen, Condivi und Vasari, zum 
Worte konmien zu lassen. Das Buch ist sehr gediegen aus- 
gestattet und vortrefflich illustrirt. 

— Von der Bibliotheque de Venseignement des Beaux- 
Arts ist soeben der 41. Band, enthaltend l'Arch^ologie chr^- 
tienne, erschienen. 


NEKROLOGE. 

— Am 30. November starb in Paris an den Folgen 
eines Sohlagflusses im Alter von 70 Jahren der Maler Peter 
Oaüand, Lehrer der dekorativen Kunst an der Schule der 
sohGnen Künste. 

Der StilUebenfnaler Rene Groerdand ist am 8. Dezember 
im Alter von 43 Jahren in Berlin gestorben. 


eine Angabe ist nicht erteilt. Aus den einzureichenden 
Werken muss die Fähigkeit des Urhebers sprechen, sich 
auf dem Gebiete der idealen und monumentalen Kunstrich- 
tung weiter auszubilden. Das Stipendium betragt je 3300 M. 
und ist der Sieger verpflichtet, eine einjährige Studienreise 
nach Italien zu unternehmen. — Die Konkurrenzarbeiten 
sind bis zum 15. Mai 1893 an den Senat der Königlichen 
Akademie der Künste einzureichen; sie können aber auch 
den Kunstakademien zu Düsseldorf, Königsberg i./Pr., Kassel 
oder dem Staederschen Kunstinstitut zu Frankfurt a./M. 
unterbreitet werden. Die Zuerkennung der Preise erfolgt 
im Monat Juni 1893. — AusfElbrliche Programme können 
von allen höheren Kunstunterrichtsinstituten Deutschlands 
bezogen werden. 

DENKMÄLER. 

G. Berlin. Der Bildhauer Professor ReinJiold Begas hat 
nunmehr definitiv den Auftrag zur Anfertigung des „Kaiser 
Wilhelm-Nationaldenkmals" erhalten. 

— Am 19. November ist in Montpellier auf dem Kirch- 
hofe St. Lazare das Denkmal für den 1889 gestorbenen 
Maler Aleaxmder Cabanel eingeweiht worden. 


WETTBE WERBUNGEN. 

G. Berlin, Der große akademische Staatspreis wird fär 
4aB Jahr 1893 fOr „Bildhauer" und „Maler"* ausgeschrieben. 
Der Wettbewerb ist den Statuten entsprechend ein freier; 


SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN. 

*^* Die letxte große Berliner Kunstausstellung, die wieder 
die Akademie veranstaltet hatte, hat, trotzdem sie nur 78 
Tage gedauert, ein günstiges Ergebnis gehabt. Sie ist von 
316080 zahlenden Personen besucht worden, zu denen noch 
mehr als 6000 Inhaber von Saisonkarten hinzukommen. Ein- 
gesandt waren im ganzen 2973 Arbeiten, von denen nach 
dem Spruche der Jury 716 zurückgevriesen wurden. Zwei 
Drittel der Gesamtausstellung stammten aus Berlin. Ver- 
kauft wurden 146 Arbeiten im Werte von zusammen 170000 M. 
Die Ausgaben stellten sich im ganzen auf rund 154000 M., 
die Einnahmen auf mehr als 165000 M., so dass der erzielte 
Überschuss die Summe von 11000 M. übersteigt 

*^* Über die Begründung einer neuen Britischen Na- 
tionalgalerie wird der „Frankfurter Zeitung*' aus London 
geschrieben: Nachdem der Mäcen Mr. Taie sich mit dem 
gegenwärtigen Schatzkanzler Harcourt über den Platz fClr 
ein Museum geeinigt, in welchem seine der Nation zum Ge- 
schenke angebotene Gemäldesammlung Auüstelhing finden 
soll, wird auch London endlich seines „britischen Luzem- 
bourgs" sicher sein. Die von Mr. Täte angebotene Galerie 
wird jedenfalls, was die Zahl der darin vertretenen britischen 
EünsÜer und die Auswahl ihrer Werke betrifft, einen vor- 
züglichen Kern zu dem neuen Museum fClr britische Malerei 
bilden. Am glücklichsten unter allen englischen Malern ist 
Sir John Millais vertreten mit drei seiner künstlerisch voll- 
endetsten und populärsten Bilder „Das Thal der Ruhe**. 
„Ophelia" und „Die Aufsuchung der Nordwest-Passage'*. Von 
Sir Frederik Leighton befindet sich darin ein Bild aus der 
letzten Academy - Ausstellung „Die See giebt ihre Toten 
wieder*', das ursprünglich für eine Kathedrale bestimmt war. 
Glücklich gewählte Beispiele der englischen Genremalerei 
imserer Tage sind Orchardson's „Der erste Tanz'' und „Liebes- 
zank oder die gespaltene Laute", sowie Filden's „Der Doktor". 
Von dem Landschafbs- und Seemaler Mr. Hook besitzt die 
Sammlung zwei meisterhafte „Eüstenscenen aus Devonshire**. 

VEREINE UND GESELLSCHAFTEN. 

*^* Ein „Deutscher Kunstverein*'^ ist vor einiger Zeit in 
Berlin begründet worden. Dieser Verein hat sich das Ziel 
gesteckt, die Kunst zu fördern und das Interesse und Ver- 


129 


Vermischtes. 


130 


ständnis für sie in möglichst weite Kreise zu tragen. Zu 
diesem Zwecke will man Kunstwerke nach Maßgabe der 
vorhandenen Mittel ankaufen und jährlich durch das Los 
unter die Mitglieder verteilen. Femer sollen Kunstwerke 
vervielfältigt werden, jedes Mitglied soll davon jährlich oder 
mindestens alle zwei Jahre ein Exemplar als Vereinsgabe, 
möglichst nach Auswahl, erhalten; diese Vervielfältigungen 
werden in Kupfer* oder Stahlstichen, Radirungen, plastischen 
Arbeiten etc. bestehen. Auch wird der Verein in seiner 
nächsten Hauptversammlung eine Summe bewilligen, die 
für Beschaffung von Kunstwerken zu öffentlicher Bestimmung 
vorgesehen ist; doch braucht diese Summe nicht jährlich 
verwendet zu werden. Endlich will der Verein anstreben, 
dauernde und periodische Kunstausstellungen in Berlin zu 
veranstalten. Der Jahresbeitrag ist auf 20 Mark angesetzt: 
„Stifter" wird man durch Leistung einer Summe von min- 
destens 1000 Mark. Bis jetzt zählt der Verein etwa 350 
Mitglieder, unter denen sich auch zahlreiche Künstler be- 
finden. 

%* Der Streit in der Münchener Künstlersckafl ist jetzt 
dahin entschieden worden, dass der Prinzregent der Künatler- 
genossenschaft die Benutzung des Glaspalastes zur Abhaltung 
der nächstjährigen Kunstausstellung unter den Üblichen Be- 
dingungen und unter Belassung bestehender Einbauten ge- 
nehmigt hat Die Vertreter der sezessionistischen Künstler 
reisen demnächst nach Dresden ab behufs Verhandlungen 
mit den städtischen Behörden wegen einer im nächsten 
Jahre geplanten Gemäldeausstellung. Wie der „Kölnischen 
Zeitung*' dazu aus Dresden geschrieben wird, wünscht man 
dort dringend, den „Verein bildender Künstler" an Dresden 
zu fesseln. 

S. Kunstgeschicktliehe Oesellschaft xu Berlin. November- 
sitzung. Herr lÄppmann berichtete über die Ausstellung 
alter Farbendrucke, welche in dem von ihm geleiteten Kupfer- 
stichkabinett der kgl. Museen veranstaltet ist. Übersichtliche 
Anordnung der vortreff'lich gewählten Blätter, ausführliche 
gedruckte Erläuterungen, die Auskunft geben sowohl über 
die wichtigsten technischen Verfahren, als auch Über jedes 
einzelne Blatt, machen die Ausstellung nicht nur für Spezial- 
kenner, sondern auch für weitere Kreise in hohem Grade 
nutzbar. Herr Lippmann gab einen Überblick über die Ge- 
schichte des Farbendruckes. Sie beginnt mit der Ge- 
schichte des Holzschnittfarbendruckes; der Redner wies auf 
die ältesten derartigen Versuche im Buchdruck des 15. Jahr- 
hunderts, auf den Fust-Schöffer'schen Psalter von 1457 und 
die farbig gedruckten Holzschnitte aus venezianischen Offi- 
zinen hin. Eine mehr künstlerische Entwicklung des Holz- 
schnittfarbendruckes beginnt im Anfang des 16. Jahrhunderts 
ziemlich gleichzeitig in Deutschland und Italien. Seit 1510 
erscheinen die ersten Clairobscurs (Farbenholzschnitte, von 
mehreren Platten gedruckt) aus Burgkmair's Atelier i) , ge- 
schnitten von Jost de Negker, und zwar gleich so vollendete 
Werke, wie „der Tod als Würger**, dann Fugger's Porträt u. a. 
Lucas Cranach, H. B. Grien, Wechtlin u. a. arbeiten in der 
gleichen Manier, welche auf eine Nachahmung der farbig 
grundirten, mit weißen Lichtem gehöhten Handzeichnungen 
zurückzuführen ist. Doch gewinnt diese Technik keine große 
Verbreitung. — Etwa derselben Zeit scheinen die besten 
Farbenholzschnitte des Italieners Ugo da Carpi zu entstam- 
men, zu dessen bedeutendsten Nachfolgern Andrea Andreani 
und andere zählen. — Neben vereinzelten Versuchen in den 


1) Die Datirang 1606 und 1609 auf Granaoh'schen Glairobsoars 
dürfte Bich auf die Entstehang der Eontarplatte beziehen , während 
die Farbenplatten wohl erst später nachgearbeitet wurden. 


Niederlanden (H. Goltzius, Chr. Jegher, J. Lievens), neben 
Fr. Blomaert's Experiment, Holzfarbendruck mit dem Kupfer- 
druck zu verbinden, ist noch besonders interessant der Ver- 
such John Jackson's, die fast vergessene Technik zur Repro- 
duktion berühmter venezianischer Gemälde wieder zu be- 
leben. In unserem Jahrhundert blüht der Holzschnittfarben- 
druck unter wesentlich veränderten Bedingungen und in ver- 
änderter Technik wieder auf. Im 17. Jahrhundert beginnen 
die Versuche, farbige Drucke von Eupferplatten zu erzielen. 
Auch hierfür bietet die Ausstellung eine Reihe vortrefflicher 
Beispiele, da die Sammlungen des Kabinetts zum Teil durch 
glückliche neuere Ankäufe wesentlich bereichert sind. — 
Dem Farbenholzschnitt ist die von Ch. le Blond (geb. 1670) 
erfundene Manier nachgebildet, wobei jedesmal nur eine 
Farbe auf die Druckplatte aufgetragen, und diese Farben 
nach einander auf dem Druckblatte zum Abdruck kommen. 
Dieses Verfahren wirkt besonders glücklich in der Anwen- 
dung auf Schabkunstblätter. Die höchste Entwicklung findet 
es in den Aquatintadrucken der Franzosen Janinet, Des- 
courtis etc., unter denen besonders Debucourt's „Promenade 
publique'* und „Promenade du Palais Royal** durch geist- 
reiche Zeichnung und feiuQ Darstellung der Beleuchtungs- 
effekte sich auszeichnen. — Daneben werden Versuche 
gemacht, die verschiedenen Farbentönc^ zusammen auf einer 
Platte aufzutragen und so das Abdrucksverfahren zu verein- 
fachen. Hercules Seghers ist hier bahnbrechend, bis die 
Methode im 18. Jahrhundert in England sehr vervollkommnet 
und in großem Umfange ausgebeutet wird (Bavtolozzi u. a.). 
— Sodann berichtete Herr Bode über die Erweiterung und 
Neuordnung der Abteilung italienischer Skulpturen im kgl. 
Museum, worüber an dieser Stelle bereits referirt ist. Nach- 
dem Herr Bode noch auf die bevorstehende Auktion der 
Sammlung Spitzer verwiesen, wird eine Reihe litterarischer 
Neuigkeiten vorgelegt und besprochen. 

VERMISCHTES. 

-u- Über ,yKunst ufid Technik der Radirung^' hielt Herr 
Bernhard Mannfeld in der Sitzung des Vereins für deut- 
sches Kunstgewerbe am 28. November einen Vortrag, dem 
wir folgendes entnehmen: Unter Radirung versteht man eine 
Zeichnung auf einer Kupferplatte, welche durch Atzwasser 
in die Platte vertieft wird, während beim Kupferstich die 
Linien direkt mit einem scharfen Stichel, wie ihn jeder 
Graveur gebraucht, in die Kupferplatte gegraben werden. 
Bei der Radirung werden die Striche etwa ebenso willkür- 
lich gelegt, wie man sie mit dem Bleistift oder der Feder 
auf Papier zeichnen würde. Sie entspricht dem künstle- 
rischen Geiste der Gegenwart mehr, als irgend eine andere 
graphische Kunstgattung. Phantasie und Stimmung sind ihr 
ebenso geöffnet, wie der nervöse Reiz modemer Kunst- 
schöpfung. Der Kupferstecher, auch der genialste seines 
Zeichens, verhält sich im wesentlichen zum schaffenden 
Künstler doch nur wie der Übersetzer zum Dichter. Das 
Bild des Künstlers setzt er in schwarze Striche und Punkte 
um, mit dem Stichel gräbt er sie möglichst gleichmäßig und 
korrekt in die Kupferplatte 'ein. Sein Instrument bringt es 
mit sich, dass er regelmäßige, gerade oder geschweifte, sanft 
an- und abschwellende Linien produzirt, unregelmäßige, 
scharf gebrochene Linien aber, wie sie die Landschaft oder 
Architektur erfordert, gelingen ihm schlecht Sein Gebiet 
sind daher glatte Plane oder gewölbte Flächen. Dagegen 
der menschliche Körper, Gewänder und krause Gebilde, wie 
Felsen und Bäume, sagen seiner Ausdrucksweise wenig zu. 
Für den Stahlstich gilt das Gleiche, nur ist die Stahlplatte 
härter als Kupfer und wirkt meist hart und kalt Bei den 


131 


Vermischtes. 


132 


RadiruDgen unterscheidet man solche, die ein vorhandenes 
Bild reproduziren und Originalradirungen; die erstere giebt 
das Ölgemälde mit all seinen Reizen des Tones und aller 
Freiheit der Pinselführung wieder, so dass bei scheinbar 
freiester Behandlung doch denkbar vollkommenste Treue 
der Wiedergabe geboten ist. Die Originalradirungen da- 
gegen erheischen vom Künstler ein sehr umfassendes Schaffen, 
er muss Maler, Radirer und Drucker zugleich sein. Als 
Maler wählt er da$ Motiv, macht seine Studien nach der 
Natur und entwirft das Bild. Nun beginnt die eigentliche 
Radirung auf der Eupferplatte, die launenhafte Atzung mit 
ihren oft g^nz überraschenden und unbeabsichtigten Er- 
scheinungen. Übung und Gefühl müssen hier ersetzen, was 
bei anderen Techniken feststehende Regeln thun, die sicheren 
Erfolg garantiren. Femer die Vollendung der Töne durch 
Schabeisen, Polirstahl und Diamantnadel. Hieran schließt 
sich die Arbeit an der Druckerpresse, die Herstellung zu- 
nächst der Probedrucke, dann, nach Vollendung der Ra- 
dirung, die der Fein- oder Remarquedrucke, die, von des 
Künstlers eigener Hand ausgeführt, seinen Intentionen in 
höchster Vollendung entsprechen. Sie zeigen die geistige 
und leibliche Handschrift des Künstlers, und auch einem 
grüfieren Publikum, welches nicht Hunderte und Tausende 
für ein Kunstwerk ausgeben kann, bietet sie Gelegenheit, 
ein originelles Kunstwerk zu erwerben. Somit ist die Ori- 
ginalradirung die vornehmste der graphischen Künste, bei 
der man die Abwesenheit der Farbe nicht mehr bemerkt 
und empfindet. Ober die ältere Geschichte der Radirkunst 
ist wenig bekannt; sie scheint aber aus dem Kunstgewerbe 
entsprungen: Waffen und Gerätschaften sind früh mit Gra- 
virungen und Atzungen versehen worden. Albrecht Dürer 
hat die Technik gekannt und verwertet, jedoch mit nur ge- 
ringer Ausnutzung ihrer Ausdrucksmittel. .Die niederlän- 
dischen Stecher des 16. Jahrhunderts haben in gleicher Weise 
nur wenig zur Entwicklung derselben beigetragen. Erst 
Rembrandt, der geniale Meister des Helldunkels, hat auf 
dem Gebiete der Originalradirung das Höchste geleistet. 
Von den vielen weiteren Meistern sind zu nennen Salvator 
Rosa, Berghem, Everdingen, Piranesi und Tiepolo. Als der 
malerische Sinn unter dem Drucke der klassizistischen Be- 
strebungen zu Anfang unseres Jahrhunderts ermattet war, 
verschwand die Radirung vollständig. Die französischen 
Künstler nahmen sie wieder auf. Charles M6ryon zuerst, 
ihm folgte Laianne, Flameng, Jacquemart, Legros, L'hermitte 
und andere, und unter diesem Einfluss unser bedeutendster 
Meister, Karl Köpping, dessen Nachbildungen Rembrandt^scher 
Bilder zu dem Bedeutendsten gehört, was je auf dem Ge- 
biete der reproduzirenden Radirkunst geleistet worden ist. 
Die Malerradirungen französischer und englischer Künstler 
der Neuzeit zu studiren gab die Kgl. Nationalgalerie in ihrer 
Ausstellung 1881 ebensowohl Gelegenheit, wie die Inter- 
nationale graphische Ausstellung 1883 in Wien. Die be- 
deutendsten englischen Radirer sind Hubert Herkomer, Hasel- 
tine, Macbeth, Seymour Haden, Slocombe, Strang, Tissot u. a. 
In Deutschland war während der ersten Jahrzehnte unseres 
Jahrhunderts die Radirung nur in zeichnerischer, trockener 
Weise geübt worden, bis in den vierziger Jahren die Düssel- 
dorfer Künstler, unter ihnen besonders der Maler, Radirer 
und Dichter Robert Reinick die ersten Versuche machte, 
den Radirungen farbige Wirkung abzugewinnen. Gleich- 
zeitig hatte Adolf Menzel in seiner geistvollen, unnachahm- 
lichen Weise diesen Zweig der Kunst aufs neue gepflegt. 
Danach war es vornehmlich ünger, der seine erstaunliche 
Schaffenskraft in den Dienst der Reproduktion alter Meister- 
werke stellte. Seit jener Ausstellung englischer und fran- 


zösischer Radirungen haben sich besonders Stecher vom 
Fach, Eilers, Hans Meyer, Jacoby, Geiger, Krostewitz, Feld- 
mann, Stuck, der Originalradirung zugewendet. Besonders 
aber sind hier zu nennen die Namen Stauffer-Bem und Max 
Klinger. Redner bespricht dann seine eigenen Arbeiten, die 
er zur Erläuterung ausgestellt hatte und in denen er sieh 
als Darstellungsgebiet das malerische Stadt- und Landschafls- 
bild gewählt habe. Er habe es sich zur Aufgabe gemacht, 
die Radirung zum vollständigen und selbständigen Bilde 
auszugestalten. Augenblicklich ist er damit beschäftigt, im 
Auftrage der Kgl. Nationalgalerie die bekanntesten Bilder 
des großen Architekturmalers Karl Graeb zu radiren und 
in einem Werke zu vereinigen, welches in Kürze erschei- 
nen wird. 

* Zum Jubiläuni der Wiener Akademie haben wir noch 
einige künstlerische Momente nachzutragen. Zunächst die 
der Feier unmittelbar voraufgegangene Aufstellung der beiden 
von Edm. v. Hofmann modellirten Kentaureng rujtpen aus 
Bronze auf den die Haupttreppe des Gebäudes flankirendeu 
Steinsockeln. Der Kentaur ist in beiden Gruppen nach 
antiker Weise als der wilde Naturdämon gedacht, welchen 
der auf seinem Rücken sitzende kleine Eros bändigt: dem 
jugendlichen Halbmenschen legt er Zügel an, den älteren 
lässt er auf die besänftigenden Klänge des Saitenspiels 
lauschen. Dieser greise Kentaur ist besonders gelungen; er 
fügt sich gut in die etwas eng bemessenen Sockellinien ein. 
während der Pferdeleib des jüngeren mit Lebhaftigkeit über 
den Rahmen hinausgreift. Die Durchbildung beider Gruppen 
ist eine sehr tüchtige, der von Turbain besorgte Bronzeguss 
vorzüglich. — Den beiden Künstlern, welche die an der 
Stirnseite der Aula angebrachte Gedenktafel plastisch zu ver- 
zieren hatten, war eine schwierige Aufgabe gestallt; sie 
haben dieselbe aufs glücklichste gelöst. Unter der Gedenk- 
tafel nämlich ist der Abguss des Parthenonfrieses eingelassen, 
über ihr an der Decke prangen die Bilder Feuerbach' s. 
Zwischen Antik und Modem war der Übergang zu schaffen 
und zugleich ein Stil zu finden, der sich den feinen und 
strengen Formen der Hansen^schen Architektur des Saales 
gut anpasst. Die Künstler wählten ein Mittelding zwischen 
Hoch- und Flachrelief und gaben der Umrahmung einen ge- 
fälligen Anflug von malerischer Spätrenaissance. Diese Um- 
rahmung rührt von Prof. Edin. Helltner her. Als figürlicher 
Schmuck der Einfieissung fallen besonders zwei unten links 
und rechts hervortretende Gestalten in die Augen : eine weib- 
liche rechts (die Malerei) und eine nur mit halbem Leibe 
sichtbare männliche links (die Skulptur). Palmzweige und 
Blumengewinde dienen zur Bereicherung des Bildwerks. Den 
Mittelpunkt der Komposition füllt ein Rund mit den Relief- 
porträts der Kaiser Leopold I. und Franz Josef l. , als des 
ersten Gründers der Anstalt und des Erbauers der gegen- 
wärtigen Akademie; diese beiden hinter einander gescho- 
benen Flachreliefs rühren von Prof. K. Zumbuseh her. Zu 
beiden Seiten und am Fufie der Gedenktafel künden In- 
schriften den Anlass zu deren Anfertigung und die Namen 
der beiden kunstsinnigen Hen'scher. Den oberen Abschluss der 
Tafel bildet die Kaiserkrone. — Auch der beiden von Prof. 
J, Tautenhayn zu dem Feste der Akademie verfertigten Me- 
daillen muss schließlich noch eingehender gedacht werden. 
Die von dei* Akademie dem Kaiser gewidmete Medaille trS^ 
auf der V<»rderseite wiederum das Doppelbildnis der beiden 
genannten Monarchen in einem von vier Genien gehaltenen 
und mit Blumen bekränzten Oval; die Rückseite zei^ uns 
die Künste, durch drei Jünglinge repräsentirt, welchen die 
in ihrer Mitte sitzende Pallas Athena ihre Unterweisungen 
giebt. Auf der zweiten Medaille, welche der Wiener Klub 


133 


Zeitschriften. — Inserate. 


134 


der Plastiker der Akademie widmete, sehen wir vorne die 
Allegorie der Plastik mit dem Genius des Wohlstands zur 
Seite, der das Füllhorn seiner Gaben in ihren Schoß aus- 
leert, rückwärts die Widmungstafel, von drei sie schmücken- 
den Genien imigeben. Beide sinnreich erfundenen und lebens- 
voll modellirten Gedenkmünzen sind von dem trefflichen 
Wiener Giseleur K. Waschmann in Metall ausgeführt. 

* E, J. Sehindler's „Pax", unseren Lesern durch die Ra- 
dirung von Alphons bekannt, wurde auf Befehl des Kaisers 
Franz Joseph für die Galerie des Bofmuseums in Wien um 
10000 fl. angekauft. 

U. A. L. Bekanntmacktmgen des akademischen Rates in 
Dresden, Der akademische Rat zu Dresden hat am 21. No- 
vember dieses Jahres ein Bewerbungsschreiben zur Erlangung 
von Entwürfen für die malerische Ausschmückung der Aula 
in der neu erbauten Fürstenschule zu Grimma erlassen. Die 
Aula soll mit 11 Wandgem&lden versehen werden. Als 
Thema des Hauptgemäldes wird die Predigt des Paulus in 
Athen vorgeschlagen, also derselbe Gegenstand, den Anioti 
Dietrich bereits in der Aula des Johanneums zu Zittau in 
kolossalem Maßstabe mit Wachsfarben behandelt hat Für 
einige Wandflächen bleibt dem Künstler die Auswahl der 
Gegenstände überlaussen, für andere wieder werden Medaillons 
und Figuren gewünscht. Für die besten Farbenskizzen sind 
die Preise in der Höhe von 500 und 400 Mark ausgesetzt. 
An der Bewerbung können nur sächsische oder in Sachsen 
lebende Künstler teilnehmen. Als Ablieferungstermin ist der 
1. Juli 1893 bestimmt. — Eine zweite Bekanntmachung be- 
zieht sich auf die Verleihung des akademischen Reisestipen- 
diums, das wiederum für das Jahr 1893 für einen Maler 
ausgeschrieben wird, nachdem es im Jahre 1892 nicht ver- 
geben werden konnte. Eine dritte Bekanntmachung besagt, 
dass das Reisestipendium für das Jahr 1893 zunächst für 
einen Kupferstecher oder Radirer bestimmt ist. Sollten keine 
Bewerber aus diesem Kunstzweig auftreten, so behält sich 
der akademische Rat die Verleihung an einen Architekten 
vor. Die Bekanntmachungen sind u. a. abgedruckt in der 
1. Beilage zum Dresdener Anzeiger vom 30. November. 


ZEITSCHRIFTEN. 
Anzeiger des GermaidselieiiNatiojulmiigeiuiig. 1S99. Nr. 5. 

Egl. bayer. Qeheimrat Dr. August von Essenwein, erster Direktor 
des Qermanischen Natioualmuseoms. Von H. Bosch. — Zur 
Frage nach Hans Sachs* Quellen und Stoffen. Von Dr. L. F r an k e 1. 

— Der Nürnberger Rotschmied Jacob Weinmann. Von H. B ö s c h. 

— Kosten einer Reise von Nürnberg nach Venedig 1681. Von 
H. Bosch. — Eiserner Thürklopfer des 18. Jahrhunderts. Von 
H. B ö s c h. — Katalog der im germanischen Museum vorhandenen, 
zum Abdrucke bestimmten geschnittenen Holzstöoke vom 16. bis 
18. Jahrhundert. I. Teil. Bogen 10 bis 18. 

Arcliitektoiüsclie BniLdsehau. IX. 1892/98. Nr. 2. 

Taf. 9. Hauptportal des Wohn- und Geschäftshauses des Herrn 
Kommerzienrats L Bernheimer, Maximiliansplatz in München. 
Entworfen von Fr. Thierse h, ausgeführt von Architekt 0. D ü 1 f er 
daselbst. — Taf. 10. Geschäftshaus für den Vorsohussverein in 
Baden-Baden. Erbaut von Architekt W. Vittali daselbst. — 
Taf. 11. Entwürfe zum Innenausbau eines Schlössohens in Tirol 
von Zaar und Vahl, Architekten in Berlin: Schlafeimmer des 
Besitzers. — Taf. 12. Künstlerhaus in Budapest. Erbaut von 
Architekt A. Lang daselbst. — Taf. 18. Erbbegräbnis für den 
Eommerzienrat Gustav Selve auf dem Friedhof zu Lüdenscheid 
in Westf. Entworfen von Bauinspektor E. Ende 11 in Steglitz. 

— Taf. 14. Villa des Herrn J. Lowenberg in Oregon Erbaut von 
Architekt J. Hodgson daselbst. — Tai. 16. Das bemalte Haus 
in Eggenburg (Niederösterreich). Aufgenommen von Architekt 
J. Schubauer in Baden bei Wien — Taf. 16. Villa des Herrn 
Direktor Rosen berg in Wannsee bei Berlin. Erbaut von Crem er 
und Wolffen stein, Architekten in Berlin. 

Die Kunst fOr Alle. 1892/98. Nr. 5. 

Der Albrecht Dürer- Verein in Nürnberg. I. Von Dr. P. J. R6e. 

— Rundschau. Von Fr. Pecht. — .Auch** eine Kolumbus-Aus- 
stellung. Bin Notschrei. Von Dr H. Barth. 

e^werbehalle. 1892. Heft 12. 

Taf. 89. Schmiedeeisernes Gitter im Stil des 18. Jahrhunderts. 
Entworfen von Fr. Fischer in Wien. — Taf. 90. Entwürfe zu 
Schmuckgegenständen von L. Beschor in Hanau. — Taf. 91. 
Schrank Im Stil deutscher Renaissance. Im Privatbesitz iu Mün- 
chen. — Taf. 93. Marmorepitaphien aus der PÜBürrkirche in Ster- 
zing in Tirol. Aufgenommen von R. Larch und A. Laokner, 
Fachlehrer in Bozen. — Taf. 93. Einlagen in Silber und Schild- 
krot, Stil Louis XIII. Vom Schreibtisch des Marschall de Gröquy 
in den Sammlungen des Hotel Gluny in Paris. Aufgenommen 
von W. Äugst daselbst. — Taf. 94. Entwürfe zu Blumen. Von 
Fr. Hildenbrandt in Köln a. Rh. — Taf. 96. Standuhr mit 
elektrischem Licht. Entworfen von K. Lederle, Assistenten 
am Nordböhmischen Gewerbemuseum in Reichenberg. — Taf. 96. 
Dekorative Füllungen. Entworfen von K. Leibig in München > 

The Magazine of Art. Nr. 146. Dezember 1892. 

The portraits of Lord Tennyson. I. Von Tfa. Watts. — The Lei- 
cester Corporation Art Oallery. II. Von B. L. Viccars. — 
Daniel Vierge. Vom Herausgeber. — Sculpture of the year. 
The Salons of the Champs Elysöes and the Champ de Mars. Von 
Gl. Phillips. — The noble amateur. Von M. H. Spielmann. 

— On the shores of the Zuyder Zee. Von G. A. T. Middleton 
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J« Andree, Regierungs-Baumeister und Lehrer am Eunst^ 

fewerbe- Museum in Berlin. Mit 82 Abbildungen. Br. 
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Das Email, seine Technik und seine Ge- 
schichte, von Ferd. Lathmer. Direktor der Knnstgewerbe- 
schule in Frankfurt a. M. Mit Abbildungen. 3r. M. 3.30, 
geb. 4 M. 

Handbucb der FflanzenomamenUk. Zu- 
gleich eine Sammlung von Einz^motiven für Eunstgewerbe- 
treibende von Ferd. Moser, Direktor der Handwerker- u. 
Kunetgewerbeschule in Magdeburg. Br. 6 M., geb. 7 M. 
(Die S«inmlaxig wird fortgetetet.) 


135 


Tnsei*ate. 


136 


Ennstansstellniig Danzig. 

Der Kunst verein zu Danzig veranstaltet für die Zeit 

vom 9. März bis 16. April 1893 

in den Räumen des Stadtmuseums zu Danzig eine Ausstellung wertvoller 
neuerer Ijremälde. 

Anmeldefrist bis 31. Januar 1893; nicht satzungsmäßig angemeldete 
Einsendungen werden beanstandet. 

Nähere Auskunft erteilt auf portofreie Anfragen der Vorstand des Vereins 
umgehend und unentgeltlich. 


Königliche Akademie der Künste zu Berlin. 

Bekanntmachung. 

Die Konkurrenzen um den großen Staatspreis finden im Jahre 1893 auf- 
den Gebieten der Malerei und Bildhauerei statt. 

Ausführliche Programme, welche die Bedingungen der Zulassung ent- 
halten, können von der unterzeichneten Akademie der Künste, dem hiesigen 
Künstler -Verein sowie von den Kunstakademieen zu Dresden, Düsseldorf, 
Kassel, Königsberg, München, Wien, den Kunstschulen in Karlsruhe, Stutt- 
gart, Weimar und dem Staede^schen Institut zu Frankfurt a. M. bezogen 
werden. 

Berlin, den 8. Dezember 1892 

Der Senat 

der Königlichen Akademie der Künste, 

Sektion fär die bildenden Künste. 

C. Becker. 


I>ie Italieniiselien Photograpliien 

aller Verlagsanstalten. Grut^ iiii<l billig. 

Kansthandlung HUGO GROSSER, Leipzig. 

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gt&nden. — Kataloge auf Wunsch gratis und franko durch Rudolf Bangel in 
Fraiümirt a. IL, Kunstauktionsgeachäft, gegr. 1869. [468 


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Der Unteneiohnete kavft stets heryorragende Originale alter Meister, vorsttglloh der 
niederl&ndiaoben Sohnle, yermittelt aufs sohnellste und saohyerstftndicste den Verkauf 
einselner Werke, wie kompl. Sammlnngen nnd flbemimmt Aufträge ror alle größeren 

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auch Aquarelle, ersten Ranges kauft und übernimmt zum Verkauf, sowohl 
einzeln als in ganzen Sammlungen die Kunsthandlung von 

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Frühdrucke gratis. Zu beziehen durch jede 
Kunst- und Buchhandlung. [596] 

Verlag von 

Raimund Mitscher, Berlin S. 14. 

Der Knnstrerem in Zfirieh 

wünscht im Jahre 1893 seinen Mit- 
gliedern als Vereinshlatt einen 
Kupferstich zuzustellen. Künstler^ 
welche in der Lage sind, uns einen 
passenden Stich in einer Anzahl 
von 500 Expl. zum Preise von 
4—5 Mk. pr. Expl. zu liefern, werden 
hiermit eingeladen, uns bis späte- 
stens 31. Dezember 1892 ein Probe- 
blatt einzusenden. [606] 
Zflrich, 12. Nov. 1892. 

Im Auftrag des Vorstandes: 
Der Aktaar: Alb. HelBmanLn» 


Inhalt: 



— Erfolge der leteten Berliner KunitaiiBateÜung ; Bemrttndung einer neuen Britischen Nationalgalerie. — Deutscher Künstvereis 
in Berlin: Streit in der Münchener Künstlerschaft ; Kunstgeschiohtliche Gesellschaft in Berlin. ~ B. Mannfeld: Ueber Konst 
und Technik der Radirung; zum Jubiläum der Wiener Akademie; E. J. Schlndler's Fax; Bekanntmachung des akademisehen 
Rats in Dresden betr. miSerisohe Ausschmückung der Aula der Fürstenschule in Grimma. — Zeitschriften. — Inserate. 


Für die Redaktion verantwortb'ch Ärhir Seemcmn. — Druck von Augtut Pries in Leiprig. 

U^ Dieser Nummer liegen 2 Prospekte bei: von der Verlagsbnchhandlang von E. A. Seemann in Leipiig und 
der Verlagsbuchhandlung von P. Friesenhalin in Leipzig, auf welche wir unsere Leser besonders aufmerksam machen. 



^a^c A. 


KUNSTCHRONIK 


WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE. 
Ankündigungsblatt des Verbandes der deutschen Kunstgewerbevereina 


• \ 


HERAUSGEBER: 

CARL VON LÜTZOW und DR. 

WIEN 

Hengasse 58. 


A. ROSENBERG 


BERLIN SW. 
Teltoweretruse 17. 


Verlag von E. A. SEEMANN in LEIPZIG, Gartenstr. 15. Berlin: W. H. KÜHL, Jägerstr. 73. 


Neue Folge. IV. Jahrgang. 


^ 


1892/93. 


Nr. 9. 22. Dezember. 


Die Knnstohronik erscheint als Beiblatt sar ,ZeitBChrift für bildende Kunst" und Eum »Kanstgewerbeblatf* monatlich dreimal, in den 
Sommermonaten Jall bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Hark nnd nmfasst 89 Nummern. Die Abonnenten der „Zelt- 
Bchrift für bildende Kunst" erhalten die Knnstchronik gratis. — Für Zeichnungen, Manuskripte etc., die unverlangt eingesandt werden, 
leisten Redaktion und Yerlagshandlung keine Gewähr. Inserate, i 80 Pf. für die dreispaltige Petitzeile, nehmen außer der Yerlagshand- 
Inng die Annoncenexpeditionen von Haasenstein k Vogler, Rnd. Hesse u. s. w. an. 


KATALOG DER GEMÄLDEGALERIE IM 
KÜNSTLERHAUSE RUDOLFINUM ZU 

PRAG.i) 

Es ist der Zahl nach die achte Auflage des 
Kataloges der Oesellschaftsgalerie in Prag, aber die 
erste von wissenschaftlicher Bedeutung, die hier be- 
sprochen werden soll. Seitdem diese neue Auflage 
erschienen ist, haben die früheren Kataloge nur 
mehr für den Nachweis der Provenienzen einigen 
Wert. Als beschreibende Verzeichnisse sind sie von 
der neuen Auflage gänzlich überholt. Die Verspätung 
dieses Referates, bedingt durch mehrere Umstände, 
deren Erörterung nicht hierher gehört, möge ent- 
schuldigt werden. Ich hoffe, dass die Bemer- 
kungen, die hier folgen, den Fach genossen nicht 
ganz unerwünscht sein und dass sie begeisterte 
Bilderfreunde zu einem erneuerten Studium der inter- 
essanten Galerie im Rudolfinum aufmuntern werden. 
Die neue Aufstellung der Sammlung ist ja eine sehr 
vorteilhafte, und der neue Katalog ist bequem ein- 
gerichtet. Die Beschreibungen der Bilder sind meist 
zureichend und gehen auch auf das Material des 
Malgrundes soweit ein, dass die Holzarten genannt 
sind. Die Abmessungen der altem Ausgaben sind 
durchgesehen und verbessert worden, die Signaturen 
sind in vielen Fällen vorzüglich wiedergegeben und 
zwar in Holzschnitt. Nur die Wiedergabe der Be- 
zeichnung von Nr. 169 sieht eher wie der Andro- 
medanebel aus als wie das Faksimile einer Künstler- 


1) Mit 1 Plane and 30 Lichtdrucken, herausgegeben von 
der Gesellschafb patriotischer Kunstfreunde in Böhmen. Pr.ig, 
A. Haase. 1889. 8. 


Inschrift. Immerhin mag es hingehen, da der Nebel 
im Holzschnitt recht gut wiedergegeben ist und so 
wenigstens einen Begriff von der Undeutlichkeit der 
Signatur giebt. Eines hat mich bei der Wiedergabe 
der Künstlerinschriften sehr gewundert, dass man 
sich dazu nicht der angeblich so berühmten Husnik'- 
schen Phototypie bedient hat, für die man doch 
in Prag vor einigen Jahren gewaltige Lanzen brach. 

Das Vorwort und die Einleitung des neuen 
Kataloges nennen die zahlreichen Mitarbeiter an 
dem Werke und geben eine knappe Darlegung der 
fast hundertjährigen Geschichte, auf welche die 
Prager Gesellschaftsgalerie zurückblickt. 

Zu S.XXII, zur Geschichte der Hoser'schen Samm- 
lung, ergeben sich Ergänzungen aus meinem Aufsatze 
im Repertorium für Kunstwissenschaft XV, S. 59 und 
184. Auf Seite 59 meiner Mitteilungen ist ohne mein 
Verschulden eine Anmerkung ausgefallen. Sie ver- 
wies auf das »Alphabetische Verzeichnis der in der 
H(oser)schen Privatgemäldesammlung zu Wien, Alser- 
vorstadt, Währinger Gasse Nr. 298, enthaltenen Kunst- 
werke. Wien zu Ende des Jahres 1838" (ein höchst 
seltenes Heftchen), sowie auf das ebenfalls seltene 
„Verzeichnis der im Galeriegebäude der Gesellschaft 
patriotischer Kunstfreunde zu Prag (am Hradschin) 
aufgestellten Hpser*schen Gemäldesammlung", Prag, 
Haase 1844, das sich von dem bekannten dicken 
Catalogue raisonne der Hoser'schen Sammlung durch 
geringeren Umfang (nur IX und 22 Seiten) und 
durch ein Vorwort unterscheidet, in dem einige Be- 
merkungen über die ältere Aufstellung der Hoser'- 
schen Sammlung in Wien enthalten sind. Hier kann 
nicht weiter auf diesen interessanten Abschnitt des 


139 


Der Knabe mit dem Pfeil. 


140 


Eataloges eingegangen werden, da ich noch einige 
neue Beobachtungen über mehrere Bilder der Galerie 
mitteilen möchte und den engen Rahmen einer Be- 
sprechung nicht überschreiten will. Meine Beob- 
achtungen führen in einem Falle auf eine neue 
zweifellos richtige Bestimmung eines Gemäldes und 
sie geben Ergänzungen für den Katalog oder Vor- 
schläge ftir neue Diagnosen u. s. w. Einige alte 
echte Signaturen sind vom Katalog übersehen worden. 
Diese finden sich auf dem Bega Nr. 31, der auf dem 
Brett rechts unten mit: C B bezeichnet ist, und auf 
dem Pkter Molyn Nr. 476, der den echten Namens- 
zug des Künstlers in heller Schrift unfern der Mitte 
des Bildes an einem Brette trägt. Das P ist über 
das M gestellt. 

Eine zweifellos richtige neue Diagnose, die ich 
hier zu geben habe, ist die auf Jacoh Grhnmer für 
das große flandrische Volksfest Nr. 456, das im 
Katalog als Karel v. Mander verzeichnet steht. 
Zur Vergleichung diente mir hauptsächlich der 
kleinere voll signirte und überdies monogrammirte 
Jacob Grimmer aus der alten Ambraser Sammlung, 
von dem vor einigen Jahren in der Kunstchronik 
schon die Rede war. Auf dem Prager Bilde kehrt 
nun sowohl das Monogramm des Ambraser Bildes 
wieder (G M verbunden) , als auch eine große An- 
zahl individueller Typen, ganz abgesehen von ge- 
wissen Eigentümlichkeiten der Färbung. Das Am- 
braser Bild ist viel kleiner als das Gemälde im 
Rudolfinum; deshalb ist die Stilverwandtschaft nicht 
so auffallend, wie etwa bei Gegenstücken. Ganz 
unabweisbar wird aber die Diagnose auf Jacob Grim- 
mer, wenn man im Prager Bilde die kleineren Figuren 
des ferneren Mittelgrundes genau betrachtet, welche 
die vollkommensten Analogien zu den Figürchen des 
Ambraser Gemäldes bilden. Vergleicht man dagegen 
das flandrische Fest in Prag mit dem alt und echt 
signirten Bilde des Karel van Mander in der kaiser- 
lichen Galerie zu Wien (die Signatur auf diesem 
Bilde ist bisher von der Litteratur gänzlich übersehen 
worden), so kann man mit bestem Willen auch nicht 
einen Pinselstrich oder einen Ton entdecken, der 
uns berechtigen würd^e, das Prager Bild auf Van 
Mander zu taufen. Der Wiener Van Mander weist 
die folgende Bezeichnung auf: „K. v. Mander* (im 
Grunde links neben dem Oberarm). Nahe damit 
verwandt ist Nr. 128 der fürstlich Liechtenstein'schen 
Galerie und ein männliches Bilduis der ehemaligen 
Sammlung Herm. Sax in Wien. 

Zu Nr. 520 „Der verliebte Jäger" habe ich eine 
Vermutung zu äußern. Dieses fein und flüssig ge- 


malte, etwas süßliche Bild wird vom großen Katalog 
bedingungsweise dem OchierveU zugeschrieben. Eine 
Anmerkung macht auf die Möglichkeit aufmerksam, 
dass das Bild von Eglon van der Neer stamme. Nun 
habe ich aber gegen beide Diagnosen von meiner 
Seite einzuwenden, dass mir weder von Ochtervelt noch 
von Eglon v. d. Neer solche sichere Bilder bekannt 
sind, die als Analoga für das Gemälde in Prag dienen 
könnten. Dagegen stellt ein signirter Arnold i\ Boo- 
vcn in der Liechtenstein- Galerie zu Wien eine Scene 
dar, die dem verliebten Blumenspiel auf dem Prager 
Bilde sehr verwandt ist und die besonders koloristisch 
dem Prager Bilde auffallend nahe steht. ZuföUiger- 
weise habe ich beide Bilder kurz nach einander 
gesehen, so dass ich die Vermutung mit einiger 
Zuversicht aussprechen darf, auch das Prager Bild 
sei von A. v. Boonen. 

Zu Nr. 119, einer Winterlandschaft vom alten 
Peete?- Brueghel oder aus dessen unmittelbarer Nähe, 
merke ich nur nebenbei an, dass sie dieselbe Kompo- 
sition zeigt, wie das signirte Winter bild in der 
kaiserlichen Galerie in Wien Nr. 754, wie eine alte 
Kopie in der gräflich Harrach'schen Galerie in Wien 
und wie eine etwas jüngere Kopie in der Neapeler 
Galerie. 

Die Signatur von Nr. 705, dem sogenannten 
Esaia^ v, d. Velde, halte ich für falsch und zwar 
wegen der befremdenden Farbe. 

Bei Nr. 151 von Haris i\ Cofiinca-ho mochte ich 
darauf hinweisen, dass nach einer Vergleichung, die 
ich aus dem Gedächtnis gemacht habe, die Gruppe 
des Herkules im Olymp, welche auf dem Prs^er 
Bilde dargestellt ist, dieselbe ist, die auf dem großen 
Stich des H. Goltzius nach dem B. Spranger'schen 
Olymp vorkommt. Dies nur eine Anregung zu 
weiteren Studien, die ja wohl den Prager Kunst- 
gelehrten näher liegen, als mir. Sie mögen dann 
auch die Angaben des Kataloge« der Galerie zu 
Embden über Hans van Conincxloo tüchtig ausnützen. 

Wien, 10. Oktober 1892. 

Dr. TU. t, FRJMMEL, 

DER KNABE MIT DEM PFEIL. 

ARCHÄOLOGISCHE HUMORESKE 
VON GUIDO TOPF. 

Zur Feier des Sieges, den Lysauder über die 
Athener bei Agospotamoi erfochten hatte, wurde in 
Korinth eine Festfeier vorbereitet. Einige Jäger, 
welche ausgegangen waren, um für die Festmahl- 
zeiten Wildbret zu liefern, trafen an einer Quelle 
zu gemeinsamem Jagdfrühstück zusammen. AVäh- 


J 


141 


Der Knabe mit dem Pfeil. 


142 


rend sie sich an Speise und Trank erquickten, griff 
einer der Knaben, die sie begleitet hatten, nach den 
Pfeilen seines Herrn und fing an, ein anmutiges 
Spiel mit ihnen zu treiben. Um leichter hantiren 
zu können, entledigte er sich seines Chitons; und 
während er Pfeil um Pfeil in die Luft warf und 
wieder fing, sahen ihm die Jagdgenossen zu, mit 
Wohlgefallen sowohl seine Geschicklichkeit als seine 
schöne Gestalt betrachtend. 

Einer der Jäger, der Bildhauer Diotrephes, der 
einzige, der noch nichts erbeutet hatte, trug von 
dort die schönste Jagdbeute nach Hause: das Motiv 
zu einer Statue, deren Ausführung er sofort nach 
seiner Heimkehr begann. 

Schon- manches schöne Bildnis hatte er ge- 
fertigt. In dem Haine von Olympia prangten die 
Standbilder zweier Sieger, von seiner Hand gebildet, 
welche als Meisterwerke der Bildhauerkunst galten; 
aber sein neuestes Werk, der Knabe mit dem Pfeil, 
übertraf alle früheren. Es stellte einen schönen 
Knaben dar, welcher, seiner Geschicklichkeit sich 
freuend, — im Angesichte ein triumphirendes Lä- 
cheln — mit der Rechten einen Pfeil, den er eben 
in der Luft gefangen, über seinem Haupte empor- 
Lält 

Die aus reinstem pentelischen Marmor ausge- 
führte Statue fand den ungeteilten Beifall eines 
reichen korinthischen Kaufmanns. Derselbe ließ 
eine gute Nachbildung in Bronze ausführen und 
stellte diese; als schönste Zierde seiner Wohnung, 
in Seinem Atrium auf. 




Als der römische Feldherr Lucius Mummius als 
Sieger in Korinth eingedrungen war, ließ er alles, 
was von Kunstschätzen in der eroberten Stadt un- 
versehrt geblieben, nach Rom transportiren. „Nehmt 
euch in acht!" sagte er zu den Soldaten, „wer eine 
Statue zerbricht, muss eine neue anfertigen lassen." 
So kam die Bronzestatue des Knaben mit dem Pfeil 
Dach. Rom. Mummius machte dieselbe dem Cn. 
Cornelius Lentulus, seinem Mitkonsul, zum Geschenk. 
»"Welch herrlicher Amor,^ sagte Konsul Corne- 
^^\vs, als er die Statue in seinem Sanktuarium auf- 
gestellt hatte, zu seiner Gemahlin. „Sieh, er hebt 
niit triumphirendem Lächeln den Pfeil in die Höhe, 
als wollte er sagen: das ist die WafiFe, mit der ich 
über Menschen und Götter siege." — »Auch über 
uns hat er den Sieg davongetragen/' antwortete die 
jugendlich schöne Frau, mit den weißen Armen den 
würdigen Gatten umschlingend. 

Der Glaube an die alten Götter schwand vor 


dem Glauben, den die Apostel in Rom verkündeten. 
Der erste aus dem Geschlechte des Konsuls Corne- 
lius, der sich zum Christentume bekehrt hatte, rei- 
nigte alsbald, nachdem er die hl. Taufe empfangen, 
seine Wohnung von den heidnischen Götterbildern. 
Einige der Bilder verschenkte er, andere zerschlug 
er. Auch den Amor wollte er zertrümmern, aber 
die Bronze hielt die Schläge, die nach ihr geführt 
wurden, aus. Ein Sklave erhielt den Auftrag, den 
bronzenen Zeugen heidnischer Verblendung in die 
Tiber zu werfen, hatte aber Mitleid mit der schönen 
Figur und barg sie in einem Vorratsraume unter 
allerhand Gerumpel. 

# 

Zur Zeit der Diokletianischen Verfolgung zog 
der Presbyter Lucius die Statue aus ihrem Ver- 
stecke hervor. 

Lucius war in der alttestamentlichen Geschichte 
wohl unterrichtet. Er kannte das Freundschafts- 
bündnis, das zwischen David und Jonathan bestan- 
den hatte. Jonathan hatte dem flüchtigen David 
gesagt: „Wenn ich am dritten Tage nach dem Ziele 
schieße und zu meinem Knaben sage: siehe, die 
Pfeile liegen dortwärts vor dir, so fliehe, denn der 
Herr heißt dich gehen." Und am dritten Tage schoss 
Jonathan nach dem Ziele und rief seinem Knaben: 
„Der Pfeil liegt dortwärts vor dir! Eile!" 

Als Lucius die Statue vor sich hingestellt hatte, 
sagte er: „Das ist Jonatlian^s Knabe; den Pfeil, der 
,dortwärts vor ihm* gelegen, hat er gefunden und 
zeigt ihn freudig von weitem seinem Herrn. Aber 
dem David ist der Pfeil eine Mahnung zu eiliger 
Flucht. Und was Jonathan's Knabe dem David kün- 
dete, dasselbe kündet er uns: fliehet, damit ihr dem 
Tode entrinnet" Und Lucius floh auf ein Landgut 
in der Nähe Mailands. Den bronzenen Knaben Jo- 
nathan's aber nahm er mit sich; derselbe galt der 

Familie gleich einem Rettungsengel. 

. * * 

* 

In der Diokletianischen Verfolgung, während 
deren Lucius dem Tode glücklich entgangen war, 
ist 'der hl. Sebastian den Märtyrertod gestorben. Er 
wurde seines Bekenntnisses wegen den Mauretanern 
preisgegeben, welche ihn mit ihren Pfeilen er- 
schossen. Denn dass er durch die Pflege der from- 
me;i Irene dem Leben erhalten worden sei, ist eine 
nicht ausreichend verbürgte Nachricht. 

Der Glaube, die Bronzestatue stelle Jonathan's 
Knaben dar, erlosch mit dem Geschlechte des Lu- 
cius. Die Statue kam darauf in den Besitz eines 
Bischofs. Derselbe frug sich, wen die Statue dar- 


L 


143 


Bücherscliaü. 


144 


stelle, und fand sehr bald die Antwort: „Das ist 
der Märtyrer Sehasiian! Der Künstler hat ihn dar- 
gestellt in dem Momente, in welchem er in ver- 
klärter Gestalt vor dem Throne Gottes erscheint. 
Den mauretanischen Pfeil, der ihm den Tod ge- 
bracht, hält er triumphirend empor, und aus seinem 
Antlitz leuchtet uns das freudige Bewusstsein des 
ßekenners, der die Krone der Ehren erwartet." Der ; 
Bischof weihte eine Kapelle dem hl. Sebastian und 
ließ den Knaben in einer Nische am Altare auf- 
stellen. 

Hundert Jahre lang stand der Knabe dort und 
lächelte — da kam^ Narses und belagerte Rom. 
Byzantinische Katapulte legten die Kapelle des hl. 
Sebastian in Trümmer, das Bild des Heiligen, das 
in der Nische unverletzt stehen geblieben war, 
brachte man in den Katakomben in Sicherheit. 


* 


Lange, lange Zeit hat der bronzene Knabe da 
unten lächelnd gestanden, bis ein Altertumsforscher 
ihn ans Licht brachte. Wer ist der Knabe? — 
„Niemand anders als ein Engel des Gerichts, Er 
hält einen von den Gottespfeilen empor, von denen 
geschrieben steht: scharf sind deine Pfeile, dass die 
Völker vor dir niederfallen. Und von dem Triumphe 
Gottes über seine Feinde, von dem es im zweiten 
Psalm heißt: Der im Himmel wohnt, lacht ihrer, 
der Herr spottet ihrer, sehen wir auf dem Engel- 
gesichte ein herrliches Abbild. Wie schön, dass 
sich die Christen, wenn sie während der Verfol- 
gungen ihre Toten geheim in den Katakomben be- 
statteten, mit dem Ausblick auf den endlichen Sieg 
ihres Gottes zu trösten wussten!'' 

Der Engel des Gerichts erhielt seinen Platz in 
der Bibliothek eines Gelehrten zu Mailand. Da stand 
er mitten zwischen den Werken heidnischer Schrift- 
steller und lächelte. 




verbannt worden war, hat auch der bronzene Knabe 
Paris verlassen. 

Auf einigen interesselosen Umwegen gelangte 
der letztere in ein Bahnhofsgebäude des südlichen 
Frankreichs. 

„Was hat denn der Knabe da zu bedeuten?" 
fragte ein Beisender. Der Bahnhofsinspektor ant- 
wortete: „Der Pfeil bedeutet die Tehgiaphie. In dem 
Gesichte des Knaben aber spricht sich die -Freude 
darüber aus, wie herrlich weit es jetzt des Menschen 
Geist gebracht hat.*^ 


* * 


In jüngster Zeit hat ein florentinischer Ge- 
lehrter die Statue stehen sehen. Er hat sie sogleich 
als antik erkannt und soll eine Abhandlung bei 
der Akademie in Paris eingereicht haben, in welcher 
er bei dem Versuche, die Figur zu deuten, auf den 
Sonnenmythus zu sprechen kommt. Er behauptet, 
der Knabe sei der junge Helios; der Pfeil bedeute 
den ersten Sonnenstrahl, der uns bei dem Triumphe 
der Sonne über die Winternebel entgegenleuchte. 

Man will bemerkt haben, die Statue schiene 
gerade dann besonders zu lächeln, wenn sie von 
der aufgehenden Sonne beleuchtet wird. Das spricht 
flir die Deutung des gelehrten Florentiners. Nach 
andern Wahrnehmungen aber soll die Statue seit 
Einreichung jener gelehrten Abhandlung nicht nur 
bei Sonnenaufgang, sondern überhaupt ein viel in- 
tensiveres Lächeln zeigen. 

Worüber wird sie Avohl im Jahre 2000 zu 
lächeln haben? 


Als Napoleon 1. im Mai 1796 als Sieger in 
Mailand eingezogen war, bekam er die schöne Statue 
zu Gesicht. Er dachte nicht an das Gericht, so 
dienlich ihm ein solcher Gedanke gewesen wäre, 
und dachte sich unter dem Knaben keinen Engel. 
„Sieh da, der Öaiius des Buhms!^^ sagte er, „wie 
freundlich und glückverheißend er mir entgegen- 
lächelt. Er zeigt empor zur Sonnenhöhe höchster 
Ehre, zu welcher ich mich aufzuschwingen im Be- 
griflF stehe. Schafft ihn nach Paris!" 

* 

Nicht lange, nachdem Napoleon nach St. Helena 


BÜCHERSCHAU. 

* Unter dem Titel „Kimstgeschichtliche Charalderbilder 
aus Österreich - U?igarn*^ ist soeben das von uns bereits vor 
längerer Zeit angekündigte Buch im Tempsky'schen Verlage 
in Wien und Prag erschienen, das die kunstfreundlichen 
Leserkreise mit den wichtigsten Erscheinungen auf dem 
weiten und kunstgesegneten Ländergebiete Österreich - 
Ungarns in populärer Darstellung bekannt machen soll. 
Unter der Leitung Ä. Ilg's haben sich sechs österreichische 
Autoren, M, Hoemes, R, r. Schneider ^ J. Strxygowski, J- 
Kcnnirth, li. Zimmer mann und A, Nossig zu dem Werke 
vereinigt und eine Reihe von tüchtigen Künstlern, wie Unger^ 
IL Charlernontj Niemann j Bemt, Ohmann u. a. sich zuge- 
sellt, welche das elegant ausgestattete Buch mit Radirungen, 
Holzschnitten und Zinkotjpien reich ausgestattet haben. 
Von jedem der Autoren rührt die Bearbeitung eines größe- 
ren Abschnitts in selbständiger Form her. Die Charakter- 
bilder umfassen den ganzen Verlauf der Entwickelung von 
der Urzeit bis zur Gegenwart. Wir wollen hofi'en, dass die 
schöne Aufgabe, die das Unternehmen sich gestellt hat, die 
Verbreitung des Sinnes und Verständnisses für die heimische 
Kunst des Ostreiches, in weitem Umfange gelöst werden 
wird und dass Autoren wie Verleger des allseitigen Dankes 
teilhaftig werden, den sie für ihre fleißige und geschmack- 


145 


Nekrologe. — Preisverteilungen. — Denkmäler. — Sammlungen und Ausstellungen. 


146 


volle Arbeit verdienen. In erster Linie dürften die noch 
wenig bekannten älteren Epochen der österreichischen Kunst- 
geschichte, welche hier zum erstenmal in zusammenfassen- 
der Behandlung vorliegen, das lebhafteste Interesse der 
Leser erwecken. 


NEKROLOGE. 

Ernst Klimt f. Einer der begabtesten und hoifnungs- 
vollsten jungen Künstler Wiens, der Maler Ernst Klimt, ist 
am 9. Dezember im Alter von 29 Jahren gestorben. Er war 
der jüngste in dem künstlerischen Dreibunde der Gebrüder 
Klimt und Franz Matsch, die sich durch ihre gemeinsamen 
Arbeiten zum Schmucke der Treppenhäuser des neuen Burg- 
theaters und des Kunsthistorischen Hofmuseums rasch eine 
hervorragende und geachtete Stellung in den Wiener Kunst- 
kreisen erworben haben. Alle drei sind Wiener. Ernst 
Klimt wurde am 3. Januar 1864 geboren, während sein 
Bruder Gustav um anderthalb Jahre älter ist; ihr Vater ist 
der in seinem Fache gleichfalls sehr tüchtige Graveur Ernst 
Klimt. Die beiden Brüder Klimt studirten gemeinsam mit 
dem etwas älteren Franz Matsch an der Kunstgewerbeschule 
des österreichischen Museums unter Lauf berger und Berger 
und traten dann auch gemeinsam und einander glücklich 
ergänzend in die künstlerische Thätigkeit ein. Ihre ersten 
Arbeiten waren die Vorhang- und Deckengemälde für die 
Theater in Reichenberg, Fiume und Karlsbad. Auf Eitel- 
berger's Empfehlung Übertrug ihnen dann Baron Hasen auer 
die Ausführung der Deckengemälde in den beiden Treppen- 
häuser des neuen Burgtheaters — Darstellungen aus der 
Geschichte des llieaters — und den kunsthistorischen Fiies 
im Treppenhause des Kunstmuseums. Ernst Klimt führte im 
Burgtheater als eigene Arbeiten die Deckengemälde: „Hans- 
wurst auf der Jahrmarktbühne" und „Die Aufiuhrung von 
Moliere's «Eingebildetem Kranken* aus. Nun ist in das 
schöne und einträchtige Verhältnis der drei Künstler gerade 
durch den Tod des jüngsten von ihnen eine Lücke gerissen 
worden, wodurch die beiden anderen gewiss auf das schmerz- 
lichste betroffen worden sind. (N. Fr. Presse.) 

*»* Der Archäologe Friedrich Wieseler, Professor an der 
Universität Göttingen, ist daselbst am 10. Dezember im 
82. Lebensjahre gestorben. 


PREISVERTEILUNGEN. 

*^* Van der Berliner Kunstakademie, Das Stipendium 
der Dr. Adolf Menzel-Stiftung im Betrage von 1000 M, ist 
durch Beschluss des Kuratoriums der Stiftung für das Jahr 
1893 dem Maler Fritx Groicvieyer aus Münster in Westfalen 
verliehen worden. 


DENKMALER. 

*^* In betreff des in Berlin xn cn-ichtenden National' 
denkmals für Kaiser Wilhelm L hat der Kaiser, wie schon 
in voriger Nummer gemeldet worden, die Entscheidung zu 
Gunsten eines von l^rofessor Begas ganz neu entworfenen 
Planes getroffen. Dieser Entwurf unterscheidet sich sowohl 
in der figürlichen Darstellung wie im architektonischen Auf- 
bau nicht unwesentlich von den früheren Entwürfen. Ins- 
besondere hat das hoch sich aufbäumende Rossr, dessen Leib 
die Gestalt des Kaisers dem Anblick teilweise entzog, weichen 
müssen ; an seine Stelle ist ein ruhig dahinschreitendes Ross 
getreten. Beibehalten ist dagegen der Siegesengel, der das 
Pferd am Zügel führte und zur Linken des Kaisers einher- 
ging. Auch die Haltung und der Ausdruck des Kaisers 
haben keine wesentliche Änderung erfahren. Ferner sind 


die Friedensgenien, die Gruppen an der Vorder- und Rück- 
seite des Sockels, sowie die vier auf den Stufen lagernden 
Löwen in dem neuen Entwürfe geblieben. Weggefallen 
sind dagegen die auf beiden Seiten aus Nischen hervorstür- 
menden antiken Siegeswagen. Die Quadrigen sind durch 
! allegorische Gestalten abgelöst, und die um sie früher grup- 
pirten Paladine des Kaisers haben jetzt besondere Stand- 
bilder vor den Säulen einer halbkreisförmigen Halle erhalten, 
die als architektonischer Aufbau das Denkmal umgiebt Die 
Säulenhalle ist in solchen Grenzen gehalten, dass eine grö- 
ßere Einengung des Spreebettes vermieden ist. Der ganze 
architektonische Teil des Entwurfes hat eine wesentliche 
Vereinfachung ei-fahren, und auch die kostspielige Brücke, 
die zu der geplanten „verlängeren BehrenstraOe'* führen 
sollte, ist jetzt endgültig aufgegeben. Die Kosten der Aus- 
führung werden sich nach der „Fiunkf. Zeitung" auf IG Mill. 
Mk., nach der Nordd. Allg. Z. auf kaum 8 Mill. Mk. belaufen. 


SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN. 

•^* Die Berliner Oeniäldcgalerie ist, wie die „National- 
Zeitung*' berichtet, in diesen Tagen in den Besitz eines 
Hauptwerkes von All/recht Dürer gelangt, eines Madonnen- 
bildes, das Dürer während seines Aufenthaltes in Venedig 
im Jahre 130G ausgefilhrt hat. Die Komposition stimmt 
fast genau mit der Mittelgruppe des „Rosenkranzfestes" 
Dürer's im Kloster Sti-ahow zu Prag überein. Das Gemälde 
ist von Geh. Rat Bode aus Privatbesitz in Schottland er- 
worben worden. 

H. A. L. Für die Kgl. Qemüldegalerie in Dresden ist 
Mitte Dezember das seit dem Jahre 1888 bekannte Gemälde 
Frit^ von Uhdc^s „Die heilige Nacht" mit Genehmigung 
Sr. Majestät des Königs angekauft worden. Uhde hat das 
Mittelbild seines Werkes umgeändert und die beiden Flügel 
neu gemalt. Die alten Flügel hat ein Dresdener Kunst- 
freund eiw^orben. Außer der „Heiligen Nacht" waren der 
Galeriekommission noch das bekannte „Abendmahl" und 
zwei weitere Bilder: „Obdachlos" und „Zur Sommerszeit" 
angeboten worden. 

*^* Die unter dctn Namen „Salraionnuseum*^ bekannte 
Kunst- und Naturaliensammlung des Herrn Schaufuß ist 
durch Schenkung des Besitzen in das Eigentum der Stadt 
Plauen im Vogtlande übergegangen. Man schätzt ihren 
Wert auf 4-50()0()0 M. 

H. A. L. Sächsischer Kunstverein in Dresden, Während 
die Ausstellungsräume des sächsischen Kunstvereins in der 
ersten Etage des BrQhrschen Palais in der ersten Zeit nach 
der Wiedereröffnung noch ziemlich dürftig beschickt waren, 
haben sie sich gegen Ende des November sehr reichlich mit 
Bildern gefüllt, von denen einige auch für die Kunstfreunde 
außerhalb Dresdens Interesse haben dürften. Zu diesen mehr 
als gewöhnlichen Gemälden müssen wir zunächst das Fröh- 
lingsbild Karl Noah Bantxer^s zählen. Bantzer ist unter den 
jüngeren Malern Dresdens weitaus das am meisten ver- 
sprechende Talent, aber von einigen kleineren Arbeiten ab- 
gesehen, ist es ihm bisher noch nicht gelungen, eine voll- 
kommen befriedigende Leistung hervorzubringen. Wir nehmen 
von diesem Urteil weder seine „Wallfahrer am Grabe der 
heiligen Elisabeth" in der Dresdener Galerie, noch seine „hes- 
sischen Bauern beim Abendmahl", für die er in diesem 
Jahre in München durch Verleihung einer Medaille ausge- 
zeichnet worden ist, aus. Denn beiden Gemälden fehlt 
trotz ihrer technisch vorzüglichen Durchführung das eigent- 
lich Packende, und das hat seinen Grund darin, dass Bantzer 
in ihnen versucht hat, einen seelischen Vorgang zur Dar- 


\ 


147 


Vereine und (lesellschaften. — VermischtcB. 


148 


Stellung zu bringen, der mit den Mitteln der Malerei nicht 
darzustellen ist. In dem gegenwärtig im Kunstverein aus- 
gestellten Gemälde hat er aber einen solchen Stoff behandelt, 
der zu solchen Bedenken keinen Anlass bietet, so dass diesmal 
Wollen und Können bei ihm ohne Rest ineinander aufgehen. 
Eine junge Bauemdime liegt unter einem blühenden Apfel- 
baume auf einer im frischen Grün prangenden Wiese und 
spielt mit einem kleinen Kinde, dem es neckend ein paar 
Blumen vorhält. Die helle Frühlingssonne beleuchtet die 
anmutige Gruppe mit ihren Strahlen, so dass der Frühling 
in den Menschenherzen mit dem in der Natur in engsten 
Zusammenhang gebracht worden ist. Frische, kräftige Farben, 
vortreffliche Zeichnung und Vermeidung alles kleinlichen 
Details erhöhen die Wirkung des Bildes, das zu den erfreu- 
lichsten Erscheinungen gehören dürfte, die seit langer Zeit 
im Kunstverein ausgestellt worden sind. Erfreulich ist auch 
der Eindruck, den das neueste Werk des Dresdener Akademie- 
professors Julius Scholix^ „Andacht" betit-elt, hervomifl. 
Während wir uns seinem Pastellbild: „Ein Morgengruß" in 
der Aquarellausstellung gegenüber ablehnend verhalten 
musston, freuen wir uns, in dieser neuen Schöpfung einen 
Beweis davon zu sehen, dass die Kraft des Künstlers noch 
nicht erlahmt ist. Scholtz führt uns hier eine junge Bäuerin 
in Dachauer Tracht vor, die in einem Kirchenatuhl kniet, 
weshalb nur ihr Oberkörper sichtbar ifet, und andächtig ihr 
Gebet verrichtet. Ihr Kopf ist mit einer an Wilhelm Lcibl 
erinneniden Sorgfalt gemacht und durchaus hell gehalten, 
wie überhaupt das ganze Bild sichtlich unter dem EinHuss 
der neuesten Richtung sticht, ohne deren Ausschreitungen mit- 
zumachen. Von einer solchen kann man wohl auch l>ei 
Julius WeiigeVs Gewächshausscene nicht sprechen; immerhin 
aber tritt die Figur der jungen Dame, die sich die in dem 
Gewäcbsliause blühenden Chrysanthemums betrachtet, zu 
wenig vor den Blumen hervor, so dass sie kaum einen höheren, 
als einen rein koloristischen Wert in der im hellsten Licht 
gehaltenen Studie beanspruchen kann. Unter den Land- 
schaften stehen diesmal die Gemälde von Franx- Hochrnami 
in Charlottenburg durch Zahl und Tüchtigkeit allen anderen 
voran. Hochmann, den wir für einen Schüler von liaiseh in 
Karlsruhe halten, hat seit einiger Zeit sein Studienfeld nach 
Pommern verlegt und von dort manche schöne Frucht mit- 
gebracht, doch können wir nicht verschweigen, dass seine 
Arbeiten noch sehr ungleichmäßig an Wert sind. Er arbeitet 
offenbar sehr rasch und bringt daher neben tüchtigen, sorg- 
fältig ausgeglichenen Gemälden auch manches noch recht 
unfertige Werk zu Markte. liickard Linderuin in München, 
der von Dresden ausgegangen ist und zwei Bilder eingesendet 
hat, ist ein geschickter Nachahmer Grütxner's geworden; da 
aber die ewige Wiederholung essender, trinkender, lesender 
oder musizirender Mönche schon bei dem Meister langweilig 
zu werden anfangt, können wir Linderum zu der Wahl 
seiner Spezialität nicht beglückwünschen. Was er liefert, 
ist gangbare Marktware, hat aber kein höheres Kunstinteresse, 
ebensowenig wie Hugo Oehmichen^s Genrebilder, die längst 
bekannte Motive in einer hergebrachten Form wiederholen. 
— In der Generalversammlung des Kunstvereins am 1^8. No- 
vember wurde als Prämienblatt filr das Jahr 181)4 der Stich 
von Theodor Langer nach Fritx August von Knulbach\s Ge- 
mälde: „Ein Maitag" in der Dresdener Galerie ausgewählt. 
Gleichzeitig wurde beschlossen, die seit dem Jahre 1801 un- 
verändert gebliebenen Statuten einer Revision zu unterziehen 
und die neuen Satzungen einer zu Anfang des nächsten Jahres 
einzuberufenden Generalversammlung zur Beschlussfassung 
vorzulegen, in der auch der bis zu diesem Termin im Amte 
bleibende Vorstand neu gewählt werden soll. 


VEREINE UND GESELLSCHAFTEN. 

*^* Au^ dem Verein Berliner Künstler. Unter dem Namen 
„Freie Künstlervereinigung" haben jetzt diejenigen Mitglieder 
des Vereins Berliner Künstler, die in der Angelegenheit des 
norwegischen Malers Munch zur Minorität gehört haben, 
einen Bund geschlossen. Prof. Karl Kopping, der an der 
Spitze dieser Vereinigung steht, hat an alle Herren, die daa 
Verhalten jener Minderheit ausdrücklich gebilligt haben, 
ein Rundschreiben versandt, worin es heißt, das Programm 
der Vereinigung sei: „auf jede Art dafür zu wirken, dass 
die Beziehungen der Berliner Künstlei-schaft zu den Künstler- 
schaften in und außerhalb Deutschlands in einer für das 
Berliner Kunstleben ft^rderlichen Weise gewahrt und gekräf- 
tigt werden, und dass jedes individuelle künstlerische Schaffen 
sein Recht finde." Der Zusammenhang der Mitglieder der 
Vereinigung soll lose sein; einer Anzahl von Vertrauens- 
männern soll die Befugnis zustehen, die Mitglieder zu Ver- 
sammlungen einzuberufen und diese Versammlungen zu 
leiten. Durch die Mitgliedschaft in der „freien Künstler- 
vereinigung** wird die Stellung des einzelnen zum „Verein 
Berliner Künstler" in keiner Weise beeinflusst. 

S. Die Archäohgitiche Gesdhchaft in Berlin feierte ihr 
diesjähriges Winchcl man ns fest am 9. Dez., dem Geburts- 
tage Winckelmann's, in den Räumen des Archit^ktenhauses. 
Die von Herrn Dr. Friedrich Koepp verfasste, mit drei Tafeln 
und zwanzig Textabbildungen ausgestattete Festschrift ,,über 
das Bildnis Alexander's des Großen** war den Mitgliedern 
schon vorher zugegangen und gelangte am Abend nur an 
die Gäste der Gesellschaft zur Verteilung. Unter diesen 
hatte die Gesellschaft die Ehre, Se. Königliche Hoheit den 
Erbgroßherzog von Baden zu begrüßen. Der erste Vor- 
sitzende, Herr Curtius, von längerer Krankheit wieder ge- 
nesen, eröffnete die Reihe der Vorträge mit einem Überblick 
über die Ergebnisse der Forschungen über die griechische 
Heroenzeit und sprach dann ausführlich über die neuen 
Entdeckungen im KopaiscbcMi Seethal. Der Vortrag wurde 
an einer Karte erläutert, die Herr Kaupcrt nach den neuesten 
Aufnahmen entworfen und gezeichnet hatte. — Daraufsprach 
Herr Botho Graef über die allgemeinen Ergebnisse der Vasen- 
funde auf der athenischen Akropolis, worauf Herr Puch- 
stein mit einem Vortrage über Brandopferaltäre, vornehm- 
lich über den Altar des Hieron in Syrakus, den Beschluss 

machte. 

♦^* Eine Abordnung der Münehener Sexessionisten hat 
in Dresden bereits Verhandlungen angeknüpft, die eine 
Übersiedelung der Sezessionisten von München nach Dresden 
vorbereiten sollen. Zunächst wurden die vorhandenen Aus- 
stellungsräuralichkeiten besichtigt. Um schon im nächsten 
Jahre eine Ausstellang zu ermöglichen, ist der Plan gefasst 
worden, einen Interimsbau zu errichten, der bis zur Voll- 
endung des neuen Kunstausstellungsgebäudes dienen soll. 
Man schätzt die Zahl der Sezessionisten auf 120, denen sich, 
im Falle ihrer Auswanderung, noch etwa IOC) bis 150 in 
München lebende, ausländische Künstler anschließen würden. 
Bei dieser Sachlage macht der bayerische Kultusminister 
Dr. v. Müller alle Anstrengungen, um die Auswanderung 
zu verhindern. Wie der „Straßburger Post" aus München 
geschrieben wird, will er in dieser Absicht durch Verleihung 
einer Reihe von Ordensauszeichnungen den hervorragen- 
deren unter den Sezessionisten ein Zeichen besonderer Wert- 
schätzung geben. 

VERMISCHTES. 

*^* Die Cistcrcicnserabfci ViUns in Bvlyirn. Auf An- 
dringen aller archäologischen und kunstverständigen Kreise 


149 


Vom Eunstmarkt. — Zeitachriften. 


150 


des Landes hatte die Regierung den Entacbluss gefasst, die 
großartigen Ruinen der dem 12. Jahrhunderte entstammen- 
den Cistercienserabtei Yillers in den Besitz des Staates zu 
übernehmen und diese teils im Übergangsstile, teils im go- 
tischen Stile erbauten Bauwerke auf Kosten des Staates zu 
erhalten und wiederherzustellen. Obwohl die Regierung den 
Eigentümern der Ruinen eine sehr bedeutende Entschädigung 
angeboten hatte^ lehnten sie es ab, sie dem Staate zu über- 
lassen; sie gestatteten die Besichtigung der I^uinen nur gegen 
Entrichtung eines Eintrittsgeldes, thaten aber nicht das min- 
deste, um diese für die Geschichte und die Entwicklung der 
Baukunst wichtigen Baulichkeiten, die aus einem Refekto- 
rium, einem Kreuzgange und einer Kirche bestehen, zu er- 
halten. Der Staat betrat den Rechtsweg und der Gerichts- 
hof in Nivelles — Villers liegt in der Provinz Brabant — 
hat, wie der „Vossischen Zeitung" geschrieben wird, nun- 
mehr entschieden, dass die Abtei Villers sofort dem Staate 
zu übergeben ist und die den Eigentümern zuzubilligende 
Entschädigung durch vereidigte Sachverständige festgesetzt 
werden soll. Die Pläne zur Restaurirung der Ruinen sind 
schon ausgearbeitet worden. 

*^* Archäologische Studien in Nordamerika, Wie die 
neugriechische Zeitung „Hestia'^ mitteilt, soll die Regierung 
der Vereinigten Staaten von Nordamerika die griechische 
aufgefordert haben, ihr Gipsabgüsse von allen hellenischen 
Bildwerken zu verkaufen für ein großes, neu zu gründendes 
archäologisches Museum in New- York. Auch sollen die 
Amerikaner die Absicht haben, ein zweites Exemplar des 
Parthenons von der Akropolis zu Athen als genaue Kopie 
in New-York neu aufzubauen. Die geeigneten Architekten 
seien schon unterwegs. 

— Das Gemälde von 0, Max: „Die trauernde Ham- 
monia", Geschenk des Künstlers zum Besten der Notleiden- 
den Hamburgs, wird im Aufkrage der Commeter'schen Kunst- 
handlung in Hamburg von dem Radirer W, Rohr in Mün- 
chen radirt werden. Andere VervieinUtigungen werden auf 
Wunsch des Herrn Prof. Max nicht gemacht. 


VOM KUNSTMARKT. 

* Die Versteigerung von E, J. Schindlers Nachlass 
durch H. 0. Miethke in Wien brachte ein Gesamtorträgnis 
von ca. 80 (XK) fl. Das kunstliebende Wiener Publikum und 
die Vertreter der dortigen öfi'entlichcn Sammlungen betei- 
ligten sich daran aufa lebhafteste. Am ersten Auktions- 
tage (r>. Dezember) erzielten die höchsten Preise: Schindler's 
letztes Bild, eine von alten Pappelbäumen begrenzte „Land- 
straße" CGIO fl. (Käufer Herr Salo Kohn); ferner die Ge- 
mälde: „Pappel-Allee bei Gewittersturm" 2A7)() fl. (Herr 
Miethke im Auftrage), ..Waldbach 170.") fl. (Baron Königs- 
warter), „Bauerngehöft im Frühling" 1700 fl. (Akademie der 
bildenden Künste), „Der Waldweg" 1580 fl., „Garten im 
Pfarrhofe von Weißkirchen an der Donau" 1550 fl. (Professor 
Mauthner), „Garten im Frühling" (Frau Wiener v. Welten), 
„Birkenwäldchen im Frühling" 1400 fl. (Eugen Miller 
v. Aichholz), „Die Brandung" 1300 fl. (Herr Popper), „Land- 
schaft bei Rodaun im März" 1280 fl., „Abendlandschaft' 
1200 fl. (Herr Dr. Low), „Gegend an derThaya bei Lunden- 
burg" 1150 fl. (Herr Szent-Ivany) , eine Naturstudie „Wald- 
bach bei Plankenberg" 1110 fl. (Herr Dr. v. Mauthner), 
„Küste bei Sebenico" 1010 fl. (Herr Dr. Baum), ,,Hafen von 
Ragusa** 1000 fl., Partie bei Amsterdam 980 fl. [Herr Sarg), 
„Hof eines Bauernhauses in Weißenkirchen" 010 fl. «Herr 
Legier, „Partie aus Hallstadt" 870 fl. (Baron Königswarterl, 


„Partie aus dem Garten in Plankenberg" 800 fl. (Fabrikant 
Richard Moll), „Mühle bei Friesach" 800 fl. (Herr Stift), 
eine Naturstudie „Landschaft an der Tulln" 800 fl. (nach 
Breslau verkauft), „Motiv aus Istrien 800 fl. (Herr Kuffher), 
„Holzfäller im Walde" 770 fl. (Herr 0. Bondy), „Hafen von 
Lovrana bei Abbazia" 755 fl. (Herr Ed. Figdor), eine Natur- 
studie „Mühle bei Plankenberg" 700 fl. (Herr Moriz Mayer), 
„Landschaft im Vorfrühling*' 680 fl. (Herr R. v. Gutmann), 
„Sägemühle an einem Bache" G50 fl. (Hei-r y. Dobner), 
„Straße au einem Walde bei Regenwetter" 550 fl. (Herr 
ZiÖerer), eine Naturstudie „Praterlandschaft" 430 fl., „Ge- 
müsegarten im Frühling-' *J05 fl., eine Naturstudie „Die 
Heuernte" 350 fl. (Hofschauspielerin Frau Schratt). — Am 
zweiten Tage wurden versteigert: „Das Thal des Friedens", 
das Motiv zu dem bekannten Gemälde „Pax", 2260 fl. 
(Käufer Herr Dr. Strauss), „Bauerngut bei Goisem" 550 fl. 
(Herr v. Dobner), „Landschaft bei Regenstimmung" 495 fl. 
(Käuferin Frau Landsberg aus Breslau), „Nussbaumallee in 
Hacking" 480 fl. (Herr Dr. Seewald), „Partie aus dem Garten 
in Plankenberg" 465 fl. (Herr v. Dobner), „Waldlandschaft 
mit Figuren staffirt) 405 fl. (Herr Miller v. Aichholz). 
„Weiden bei einem Acker" 405 fl. (Herr Hellmann), „Alter 
Friedhof bei Ragusa" 355 fl. (Herr v. Szent-Ivany). — Den 
höchsten Preis des dritten Tages erreichten die fünf Kartons 
(Kohlenzeichnungen) zu der Dichtung „Waldfräulein von 
Zedlitz, und zwar „Waldfräuleins Geburt", „Waldfräuleins 
Leben im Walde", „Waldfräulein und der Einsiedel beim 
Wasserfall", „Einsiedel's Klause" und „Waldfräulein" erblickt 
die weite Welt*-, 915 fl. (Käufer Herr L. Lanner), femer 
vierzehn Blatt Bleistiftzeichnungen zum „Waldfräulein" 
330 fl. (Frau Pollak). Ein Aquarell, „Landschaft an einem 
Bache", fand für 285 fl. und eine vollendete Aquarellstudie 
zu dem Ölgemälde „Landschaft an der TuUn" für 150 fl. 
einen Käufer. 

Dresden, Soeben ist der 18. Kunstlagerkatalog des Kunst- 
händlers Franx, Meyer erschienen. Derselbe enthält 190C 
Nummern Radirungen, Kupferstiche, Holzschnitte älterer 
und neuerer Meister. 


ZEITSCHRIFTEN. 

Allgemeine Knnstchronik. 1892. Nr. 25. 

Von Jacob Emil Schindler. — Das neue Theater in Krakau. Von 
Dr. A. NosBig. — Die Scheflfel-Feier in Karlsruhe. — Deutsche 
Kultui-pflege. — Kunstbrief. Von H. Peters. 

Die Kunst für Alle. 1892 93. Nr. 6, 

Der Albrecht Dürer-Verein in Nürnberg. (Schluss.) Von Dr. P. 
J. Röe. — Rundschau. Von Fr. Pecht. — Die Kolumbus-Aus- 
stellung in NewrYork. 

Kiuist-Salon. 1892/98. Heft 2. 

Photographie und vei'vieltältigende Kunst. (Schluss.) Von 
H.Meyer. — Wie sollen wir Gemälde betrachten V Von M. 8 c h m i d. 
— Der Dogenpalast zu Venedig. Von G. Galland. — Der neue 
Stich nach RuDeus' heiliger Gäcilie von Prof. U. Eilers. — Kunst- 
geschicht« und Geschmacksrichtung. Von L. Kämmerer. — 
Wie äußert sich das Interesse der uncivilisirten Völkerschaften 
für die bildenden Künste V Von P. Reichard. 

Mitteilungen des k. k. Ssterreichischen Museums fiir 
Kunst und Industrie. 1892. Heft 12. 

Der Hausrat im Mittelalter. Von J. v. Falke. — Zur Geschichte 
des Kunsttöpfers Hans Kraut in Villingen. V'on A. 11g. — Zur 
Ueschichte des altügj'ptischen Schmuckes. Von J. Folnesics. 

I/Art Nr. 685. 1. Dezember 1892. 

La Comedie d'anjourd'hui. Von F. Lhomme. — Notes d'art 
japonais. Von E. Deshayes. — ßlie Delaunaj'. (Foitsetzung.) 
Von P. L. 

Oazette des Beaux-Arts. Nr. 426. Dezember 1892. 

Le Mus6e des Autiques ä Vienne. (Schluss.) Le Mausolöe de 
Trysa. Von L. Reinach. — Les Musöes de Madrid: Le Mnsöe 
de Prado. II. La pcinture italienne: Les Venetiens. Von P. Le- 
f ort. — Le sculpteur Claude Michel, dit Glodion. l. Von J.-J. 
Guiffrey. — La Tapisserie de Saint Anatoile de Salins. Von 
D. M. Prost. — Gorrespondance de Russie: Un portrait de Mo- 
liöre sign6 P. Migriard. Von M. Scheikewicz. 


151 


Inserate. 


152 


Kunstansstelliing Danzig. 

Der Kunstverein zu Danzig veranstaltet für die Zeit 

vom 9. März bis 16. April 1893 

in den Räumen des Stadtmuseums zu Danzig eine Ausstellung wertvoller 
neuerer Ijremälde. 

Anmeldefrist bis 31. Januar 1893; nicht satzungsmäßig angemeldete 
Einsendungen werden beanstandet. 

Nähere Auskunft erteilt auf portofreie Anfragen der Vorstand des Vereins 
umgehend und unentgeltlich. 


Verlag von ARTUR SEEMANN in Leipzig. 

Soeben erschien in vierter Auflage: 

Goethe's Mutter. 

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Goethe's Dichtung u. Wahrheit. 12 Ab- 
bildungen mit Text eleg. geb. Jf 18.— 

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lienische Kunstcharaktere, geh. Jf 7.60. 
geb. Jf 10.— 

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Kurfürst und Moritz von Nassau, der 
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Hildebrandt. Ad. M., Wappen- 
fibel. 4. Aufl. Jf 1.50. 

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Donner -T.Richter, O., JergRat- 
geb, Maler yon Schwäbisch Gmünd, 
Jf 20.— 

Galiand, Dr. Gx.^ Geschichte der 
Holländischen Baukunst u. Bildnerei, 
Preis Jf 15.—, geb. Jf 18.— 

Haupt, Albreclit, Die Baukunst der 
Renaissance in Portugal. Bd. I. Jf 18.— 

Rosenber^y Dr. M., Der Gold- 
schmiede Merkzeichen. Jf 22. — , geb. 
jf 25. 

l^eibt^ K. O. "W., Helldunkel Ur 3.20 
Thode, Dr. H., Die Malerschule von 

Nürnberg im 14. u. 15. Jahrhundert. 

Geh. Jf 12.—, geb. J^ 15.— [622] 

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RNAMENTIK 

von Frau Sales Meyer. 

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auf 300 Tafeln. Preis brosch. M. 9.-, 

gebd. M. 10.50. 


Inhalt: Katalog der Gemälddgalerie im Eünstlerhaase Radoliinum zaPraf?. Von Th. v. Frimmel. — Der Knabe mit dem Pfeil. ArohSo- 
logische Humoreske. Yon 6. Topf. — Kunstgeschichtliche Charakterbilder aus Osterreich-Unram. — E Klimt f; F. Wieseler f. 
— Preisverteilung der A. Menzel-Stiftung. — Nationaldenkmal für Kaiser Wilhelm I. in Berlin. — Erwerbung eines Bildes von 
A. Dürer für die Berliner Gemäldegalerie; Erwerbung eines Bildes von P. v.Uhde für die Gemäldegalerie in Dresden; .Salvator- 
museum" in Plauen; Sächsischer Kunstverein in Dresden — Aus dem Verein Berliner Künstler; Archäologische Gesellschaft in 
Berlin; die Münchener Sezessionisten in Dresden. — Die Ginterzienserabtei Villen in Belgien; Archäologische Studien in Nord- 
amerika; Badirung des Bild^ von G. Max: Die trauernde Hammonia. — Die Versteigerung von £. J. Sehindler's Nachlass in 
Wien; Kunstlagerkatalog von F. Meyer in Dresden. — Zeitschritten. -— Inserate. 


Ftir die Redaktion verantwortlich Ärtur Seemann. — Druck von August Pne8 in Leipzig. 


J 


KUNSTC 



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• / 


ONIK 


WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE. 

Ankundigungsblatt des Verbandes der deutschen Kunstgewerbevereine. 

HERAUSGEBER: 

CARL VON LÜTZOW und DR. A. ROSENBERG 


WIEN 
Hengasse 58. 


BERUN SW. 

Teltowentraiie 17. 


Verlag von E. A. SEEMANN in LEIPZIG, Gartenstr. 15. Berlin: W. H. KÜHL, Jägeratr, 73. 


Neue Folge. IV. Jahrgang. 


'• 1892/93. 


Nr. 10. 29. Dezember. 


Die Kanttohronik erscheint als Beiblatt snr «ZeiUohrift fÜT bildende Kunst* nnd sum «Knnstgewerbeblatt* monatlicli dreimal, in den 
Sommermonaten Jnli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 6 Mark and nmfasst 83 Ni^mmem. Die Abonnenten der „Zeit- 
schrift für bildende Knnst" erhalten die Kanstchronik gratis. — Für Zeichnungen, Manuskripte etc., die unverlangt eingesandt werden, 
leisten Redaktion und Yerlagshandlung keine Gewähr. Inserate, k 80 Pf. für die dreispaltige Petitaeile, nehmen außer der Verlagshand* 
lung die Annoncenexpeditionen von Haasenstein & Vogler, Rad. Mosse a. s. w. an. 


VON DER WIENER AKADEMIE. 

* Zum zweihundertjährigen Jubiläum dieser Lehr- 
anstalt erschien, wie wir bereits gemeldet, ein amt- 
licher Bericht aus der Feder des ständigen Sekretärs, 
Regierungsrats Th. Lott, welcher eine Fülle dankens- 
werter Angaben enthält, die f&r die weiteren Kreise 
der .Kunstwelt Interesse haben. Fr bietet uns zu- 
nächst einen Überblick über die Geschichte der Aka- 
demie während der letzten fünfzehn Jahre, seit ihrer 
Übersiedelung in den Neubau^ und führt somit die 
historische Darstellung^ welche C. y. Lützow in seiner 
1877 erschienenen Festschrift gegeben hatte, bis zur 
Gegenwart weiter. Wir gewinnen genaue Einsicht 
in die Organisation der Anstalt und die mit der- 
selben vorgegangenen Veränderungen, in die Ein- 
teilung und Regelung des Unterrichtes, in die Ver- 
hältnisse der akademischen Schülerschaft, ihre Rechte, 
Pflichten, Vereine u. s. w. Dann werden wir mit 
dem Personalstand der Akademie und mit den selb- 
ständigen Leistungen der an dem Institute wirken- 
den Professoren während des angedeuteten Zeitraums 
bekannt gemacht. Wir erhalten eine quellenmäßige 
Geschichte der großen Sammlungen der Akademie, 
lernen ihr Eingreifen in die zeitgenössische Kunst- 
entwicklung bei wichtigen Anlässen, z. B. bei Ent- 
scheidungen über öffentliche Wettbewerbe, bei Aus- 
stellungen, Festen u. dergl. kennen, gewinnen Ein- 
blick in das Budget der Akademie, in ihre reiche 
Ausrüstung mit Stipendien, Preisen u. s. w. Wir 


1) Bericht über die Studienjahre 1876/77 bis 1891/92. 
Erstattet aus Anlass der Feier des zweihnndertj ihrigen Be- 
standes der Akademie. Wien, 1892. 136 S. S. 4. 


erhalten schließlich auch Aufschluss über manche 
noch unerfüllte Bestrebungen und Wünsche, welche 
in den Kreisen der Akademie, wie in der gesamten 
Künstlerschaft Österreichs, genährt werden. 

Um einzelne Punkte von besonderer Wichtig- 
keit herauszugreifen, erwähnen wir zunächst, dass 
an der Wiener Akademie streng darauf gesehen 
wird, den Hochschulcharakter der Anstalt, welchen 
das Statut ihr gewährleistet, in allen Einrichtungen 
zu behaupten und zu festigen. Die drei bildenden 
Künste, Architektur, Plastik und Malerei, werden 
untereinander im vollen Gleichgewicht und in un- 
ausgesetzter Wechselwirkung erhalten; keine ein- 
zelne Kunst wird einseitig gefordert, keine bestimmte 
Richtung besonders begünstigt; die Aufgabe aller 
Teile ist, die Schüler zu selbständiger künstlerischer 
Thätigkeit in den großen Zweigen der Kunst heran- 
zubilden. Diesem Charakter der Akademie entspricht 
auch das wechselnde Rektorat und die Leitung der 
Geschäfte durch das Professorenkollegium. Bei der 
Wahl des Rektors wird darauf gesehen, dass die 
sämtlichen Kunstfächer bei der Besetzung dieses 
Amtes wechselsweise an die Reihe kommen^ so dass 
allen Repräsenjianteu der verschiedenen Kunstfacher 
einmal voller Einblick in das Getriebe des Ganzen 
ermöglicht wird. Der einzelne Professor versieht 
die Geschäfte seines Lehramtes ohne jede Bevor- 
mundung und ist allein für die Erfolge seiner Thätig- 
keit verantwortlich. 

Größere Ausstellungen von öffentlichem Cha- 
rakter veranstaltet die Akademie nicht. Sie beteiligt 
sich dagegen lebhaft an den Jahresausstellungen 
und internationalen Ausstellungen der Wiener Kunst- 


155 


Handzeichnnngen italienischer Meister. 


156 


lergenossenschaft, an deren Seite sie auch bei den 
Aussteilungen des Auslandes teilzunehmen pflegt. 
Die Verteilung der größeren Preise der Akademie 
erfolgt gleichfalls auf den Ausstellungen der Oe- 
nossenschaft. — Die Schulausstellungen, welche am 
Schluss jedes Studienjahres in den Räumen der Aka- 
demie stattfinden und allerdings auch dem Publikum 
zugänglich sind, beschränken sich selbstverständlich 
nur auf Arbeiten der studirenden Jugend, von deren 
Talent und Können sie, neben den Resultaten der 
theoretischen Prüfungen, in erster Linie Zeugnis 
abzulegen bestimmt sind. — £ine dankenswerte Er- 
weiterung des akademischen Unterrichts brachte die 
1880 eröffnete Spezialschule für Tiermalerei. 1891 
erfolgte die Einrichtung eines Freilichtmalplatzes. 

Sehr viel geschieht an der Wiener Akademie, 
um die mittellosen Schüler zu unterstützen und zu 
fördern. Im letzten Studienjahre wurden von 280 
Studirenden 110 von dem ohnehin minimalen Schul- 
gelde von 10 fl. befreit und 119 mit Stipendien und 
Preisen im Werte von 19622 fl. bedacht, wozu noch 
1880 fl, vom akademischen Unterstützungsverein 
kommen.^) An staatlichen Beiträgen zu Studien- 
reisen werden jährlich 2450 fl., an Geldern für Natur- 
modelle wurden im letzten Jahre gegen 6000 fl. ver- 
wendet. , Unter solchen Umständen* — heißt es in 
dem Bericht — „kann behauptet werden, dass nicht 
wenige begabte und tüchtige junge Leute, nament- 
lich Maler, welche die ganze statutarisch zulässige 
Studienzeit von neun Jahren an der Akademie ver- 
bringen, wo ihnen Ateliers und Unterrichtsbehelfe 
aller Art kostenfrei zur Verfügung stehen, etwa in 
der zweiten Hälfte ihrer Schülerzeit, sorgenloser 
existiren, als in den ersten Jahren ihrer künstlerischen 
Selbständigkeit." 

An die detaillirte Aufzählung der großen mate- 
riellen Mittel der Akademie schließt sich ein nicht 
minder interessanter Abschnitt über deren reiche 
Lehrmittelsammlungen. Außer der Pariser Akademie 
dürfte keine zweite Hochschule der Kunst mit einem 
gleich wertvollen Apparat ausgestattet sein. An der 
Spitze der Sammlungen steht die berühmte Lam- 
berg'sche Galerie mit ihren kostbaren Niederländern, 
vervollständigt durch die Schenkung des Kaisers 
Ferdinand, welche namentlich venetianische Bilder 
umfasst, und durch bedeutenden Zuwachs aus letzter 
Zeit, u. a. die namhaften Geschenke des Fürsten 


Liechtenstein. Die Galerie zählt gegen 1150 Stücke 
und erfreut sich eines zahlreichen Besuches. Daran 
schließen sich die gleichfalls stark frequentirten 
Sammlungen der Bibliothek mit ihren mehr als 
60000 Kupferstichen und etwa 20000 Handzeich- 
nungen, sowie das namentlich in den letzten Decen- 
nien beträchtlich angewachsene Museum der Gips- 
abgüsse, das alle Epochen der bildenden Kunst, vor- 
zugsweise das klassische Altertum und die Renais- 
sance, in ihren Hauptwerken repräsentirt. Der 
Bericht enthalt über den Zuwachs dieser Sammlungen, 
sowie über den sonstigen Lehrapparat der Anstalt, 
über die Yerwaltungseinrichtungen, Kataloge u. s. w. 
genaue Daten. 

Zum Schluss richtet der Verfasser des Berichts 
im Namen der Akademie einen kräftigen. Appell an 
die leitenden Kunstkreise, dem Gedeihen der Anstalt 
dadurch Vorschub zu leisten, dass sie der großen 
Kunst mit regelmäßig gewährten namhaften Mitteln 
zur Seite treten. Übung ist die beste Schule, Auf- 
träge sind die besten Lehrnleister: das ist der Re- 
frain dieser Betrachtung. Wenn man in Osterreich 
jährlich einen Betrag von 200000 Gulden ftir die 
Pflege der großen Kunst (der historischen und reli- 
giösen Malerei und Bildhauerei) von Staatswegen 
aufwenden würde, so wäre das die sicherste Börg- 
schaft für den Bestand einer ideal gesinnten KiSnstler- 
schaft, eine Schutzwehr gegen die zersetzenden Ein- 
flüsse der Gegenwart, eine Anfeuerung für die wohl- 
habenden Gesellschaftskreise, es in der Pflege der 
heimischen Kunst den Vorfahren gleich zu thun. 
Das neue, glänzende Wien darf von der hohen 
Stufe, die es erreicht, nicht wieder herabsteigen! 

Wie man es in Wien gewohnt ist, so zeichnet 
sich auch das vorliegende Buch, dessen mannigfach 
belehrenden Inhalt wir nur skizziren konnten, durch 
eine höchst gediegene Ausstattung aus. Eine Reihe 
von aktenmäßigen Beilagen und ein sorgfältig ge- 
arbeitetes Register erhöhen seinen Wert und seine 
Brauchbarkeit. 


1) Dieser im Jahre 1877 gegründete Verein besitzt bereits 
ein Stammvermögen von 24600 fl. An der Spitze der Spender 
steht Prof. H. v. Angeli mit dem stattlichen Betrago von 
rjS23 fl 


HANDZEICHNUNGEN ITALIENISCHER 

MEISTER 

in photographtscken Aufnahmen von Braun db Co, in Domach, 

kritisch gesichtet von Oiovanni Morelli (Ijerrfiolieif). 

Mitgeteilt Ton K. Habigb. 

(11. Fortsetzung.) 

Zeichnungen in den Uffizien. 

280. La Sainte Familie 

281. Croquis: La Vierge adorant l'Enfant 

et des Saints ) Nein. 

282. Femmedrapeeetagenouillee, touni^e 

a droiter les mains jointes . . . 


157 


Haudzeicbnungen italienischer Meister. 


158 


284. La Sainte Familie avec architecture 

au fond Echt. 

285. Composition de nombreuses figures, 

fond d' architecture Echt; zum Bilde 

S. Maria Novella 
ä Florenz. 

286. Medaillon avec ornements 

287. id. 

288. Projet d'omements . . . 

289. Arabesques et ornements 

290. Feuille d'6tude d'ornements 

291. Arabesques et ornements 

292. id. 

293. id. 

HasoUno da Panicale. 

294. Figured'hommedebouttoumöädroite , . 

' et ßgure d'homme assis, lisant . . I ^^^'' ^^^^^^ 



Echt 


295. Figure d'homme drap6 debout^ vu de 


nach 


Nein. 


face et figure d'homme drap6 assis ) ^^PV^^o Lippi- 

Francesco dl Gfiorgio Martini. 

296. Frqjet d'autel; au milieu TAnnon- \ Nein; schön; 

ciation I h&ngt von Lo- 

297. Projet d'autel; au milieu La Vierge | renzo dl Credi 

et TEnfant I ab. 

Hasaccio. 

300. Yieillard barbu drapö et debout^ vu 

de face 

301. Vieillarddrap^et.debout, vudeprofil 

ä gauche 

Pesello. 

306. Gostume: jeune homme debout dirig6 

ä droite Nein ; ein Floren- 

tiner. 

Peseliino. 

307. Figure d'Homme debout, vu de profil 

ä droite . 

306. Figure de jeune homme debout, vu 
de face 

309. Figure d'homme assis ; tourn^ k gauche 

310. Figure de femme drap6e assise; vue 

de dos. . . . • Fälschung nach 

Büd, 

Peruzzi. 

314. Projet de plafond Nein; Sodoma. 

Pisanello. 

316. Croqui8;groupedecinqfigure8drap6es Ohne Wert. 

Pollajaolo (Antonio). 

317. Feuille d'^tude dq quatre figures nues, 

plus un torse et un bras .... Kopie nach ihm. 

318. Etüde de figure nue assise .... Nein. 

319. Encensoir omement6 Echt. 

320. Trois figures d^hommes drap^s. . . Nein. 

330. Une allSgorie; groupe de six figures 

331. Trois hommes nus, combattant un ^ Echt. 

centaure 

332. Büste de jeune homme nu, leg^rement 

toum6 ä droite Nein;Pintoricchio. 

333. Jeune homme debout» le regard leve Echt. 


Nein; Floren- 
tiner. 


Pontormo. 

336. Trois figures d'hommes nus .... 

337. Etüde de cinq enfants en diff^rentes 

attitudes 

338. Trois figures d'hommes nus, accroupis 

339. Ornements 


> Echt. 


Mattoo ßosselli. 

343. Mort d*un Saint; composition cintr6e 

de nombreuses figures 

344. Etüde de femme drap^e et assise, la 

tete r6pdt^ trois fois 


Echt. 


^ 




Echt. 


Lorenzo di Credi. 

362. Etüde de l'enfant J^os assis et tourn4 

h gauche Kopie. 

364. La Vierge et VEnfant Echt. 


Andrea del Sarto. 

382. T^te d^homme l^^rement tourn6e 

k droite 

383. Portrait de femme, mi-corps, vu de 

face 

384. Töte de jeune gar^on de profil k gauche 

385. Etüde de quatre mains , \ , , , 

386. Etüde de main gauche 

387. Figure d'homme debout, mi-figure, vu 

de profil ä droite 

388. Tete d'enfant riant 

389. Pietä; composition de six figures. . 

390. La Sainte Familie avec le petit Saint 

(le&in •.*■....... 

391. L'Adoration des mages; composition 

de nombreuses figures 

392. Tdte d'ange, vue de face .... 

393. T6te de jeune femme de profil k gauche 

394. Tete d'homme de profil k gauche . 

395. Predicatlon de Saint Jean .... 
396 Etüde pour une cöne; quatre figures 

bustes 

397. Tete de femme inclinöe, l^gerement 

tourn^e k gauche 

398. Draperie 

399. Croquis pour une Sainte Familie. . 

400. Pieta; composition de quatre figures 

401. Büste d'homme, 6tude pour une ohne 

402. id. 

403. Homme drap^, mi- figure, la tete 

toum^ k droite 

404. T§te de femine, vue de face . . . 
40."). Ange agenouill^, vu de profil ä gauche 

406. Femme drap6e debout, vue de face . 

407. Figure d'homme drape debout, la tete 

tournee a droite 

4()8. L'Adoration des mages 

409. Figure d'homme drap6 debout, vu de 

face 

410. Figure d'homme drape, marchant vers 

la gauche ......... 

411. Täte de femme, profil k gauche . . 

412. Tete d'enfant, tournee k droite . . 

413. Täte d'enfant de profil ^ droite . • 

414. La K^urrection, croquis 


Kopie. 


\ Echt. 


159 


Handzeichnungen italieniBcher Meister. 


160 


Andrea Yerroechio. 

426. Töte d'ange vue de face ? Kann echt sein. 

427. Etade d'apr^s la statue en bronze de 

David Neue gefälschte 

Kopie nach Peru- 
gino. 

Leonardo da Yincl. 

434. Büste de femme, vue de face, les bras 

crois^s Nein ; Bacchiacca. 

435. Tete de femme, vue de face . . . Nein; Marco d'Og- 

giono. 

436. Büste de femme, la tete toum6e k 

gauche ? Bern, de* Conti? 

438. T§te chauve d'un vieillard, toumee 

ä gauche Kopie. 

439. Esquisse de deux tStes d'hommee et 

notes en manuscrit avec la date 1478 Echt. 

440. La Vierge et l'Enfant \ 

441. T§te de femme* 16g^rement toumee Kopien. 

ä. droite 

442. T6te de femme vue de profil k droite. 

Gopie du dessin du Louvre, No. 162 Unbekannt. 

446. T§te d'homme de profil ä gauche . Echt. 

448. La Vierge et TEnfant embrassant un 

Chat Nein; Sodoma. 

450. Büste de jeune homme avec ample 
chevelure, en face un vieillard 
chauve Echt. 

452. Etüde de figures et d'architecture 
pour le fond du tableau inacheve 
del'Adoration des mages auz Ufßzii Echt. 

Girolamo Gfenga. 

465. ' L' Adoration des mages. Composition 

de norabreuses figures Kopie nach Ge- 
mälde. 

Pintoricchlo. 

466. Le bon pasteur, debout et dirigö vers 

la gauche Kopie. 

467. Femme debout de profil ä droite, 

tenant une come d'abondance . . \ Echt. 

468. Femme debout de profil k gauche . J 

469. Nymphe et Satyre Nein: Matteo Bai- 

ducci. 

470. Figure de femme drap6e debout et 

vue presque de dos Kopie. 

471. Mucius Scaevola Vielleicht echt. 

Olulio Romano* 

477. Figure de femme marchant vers la 

droite Echt. 

479. Allegorie. Un sculpteur dans son 

atelier, entour^ d'anges .... Echt 

480. Croupe de trois figures d'hommes nus, 

accroupis 

481. Naissance de Castor et PoUux . . . 


Kopien. 


Baphael Santl. 

482. La Vierge assise vue de profil ä gauche 

tenant l'Enfant J6sus Echt. 

483. MoTse frappant le rocher \ Nein; Perin del 

484. La Feste ' V«^- 


485. Etüde pour la „Vierge au Poisson" 

de Madrid Nein; Schule des 

Andrea del Sarto. 

486. Etüde de draperie pour la „Vierge de \ 

Fran^ois ler" au Louvre . , . . l Nein; Qiulio 

487. Etüde d'Enfant pour le tableau pro- ( Romano. 

cedent I 

488. Abraham prostemö devant Dieu . . Nicht von Raf- 

fael; aber gute 
Zeichnung. 

489. Etüde pour le „Saint Jean'' de la 

Tribüne k Florence Nein; Giulio Ro- 
mano. 

490. Huit croquis pour une Vierge et l'En- 

fant Echt. 

491. Les saintes femmes Nein; Giulio Ro- 

mano. 

492. Figure de jeune homme nu marchant 

vers la gauche Wer? Vielleicht 

Perugino od.Kopie 
Raffaellistisch. 

493. Figure de femme portant un vase, 

vuededo8;pourrincendieduBourg Nein; Giulio Ro- 
mano. 

494. Le veau d'or, composition de nom- 

breuses figures Nein; Perin del 

Vaga. 

495. Les fr^res de Joseph devant les puits Nein; Kopie. 

496. Croquis pour une sainte Familie . . Nein; wertlos. 

497. Feuille d'etudes : deux bustes dliommes 

et deux anges volant Echt. 

498. Fragment de la „Dispute du saint Sa- 

crement", le groupe inf^rieur k 
gauche Kopie. 

499. Predication de Saint Paul, composi- 

tion de six figures Kopie. 

500. Croquis pour une Sainte Familie. . Nein; ohne Wert 

501. La Vierge tenant TEnfant, buste . Nein; Pintoric- 

chio-artig. 

502. Sainte Familie 

503. La Vierge agenouill6e, vue de profil 

k gauche 

504. La Vierge mi-figore et l'Enfant . . Echt. 

505. Quatre cavaliers galopant vers la 

droite et jeune homme nu .' . . Nein; Pintoric- 

chio zu den Fres- 
I ken in Siena. 

i 506. Saint Georges et le dragon .... 
I 507. id. .... 

508. Mise au tombeau \ Echi 

509. La Vierge agenouillee avec l'Enfant 

J^sus et le petit Jean 

510. „Cavalcata", groupe de Cavaliers et 
de nombreuses figures Nein;Pintoricchio. 

511. Portement de croix Kopie. 

512. D^livrance de Saint Pierre .... WsArscheinlich 

Perin del Vaga. 

513. Feuille d'^tude. Femme assise; deux 
enfants portant un livre; draperie 
et buste de femme Nein; Giulio Ro- 
mano od. Raimondi. 

514. Deux etndes de draperies .... Nein; Kopie von 

einem Schüler des 
Lor^ttze di Credi. 


Nein; 
ohne Wert. 




J 


161 


Handzeicfanun^en italienischer Meister. — Denkmäler. 


162 


Baroccio. 


Unsinn. 


515. La Yierge avec TEnfant J^sus et le 

petit Saint Jean Echt. 

516. T§te de la Yieige leg^rement tourn^e 

a gauche Nein ; ohne Wert. 

517. La Vierge mi-figore, tenant l'Enfant 

de Bon bras ganche Echt. 

518. Feuille d'ötude: deuz tStes de Vierge 

et deuz bustes de TEnfant . . . Echt. 

519. MoTse tenant led tables de la loi . Nein; ohne Wert. 

520. Denz croquis de la Vierge et 1 Enfant 

et ^tade d'un petit Saint Jean 
agenoüill^ Echt. 

521. D'apr^s Baphael: Etudes de trois 

anges volants 

522. D^apr^sRaphael: Etüde d'angevolant ^ 

523. D'apr^B Raphael : Etüde d'ange volant ; 

et rep^tition da buste 

524. D'apr^B Raphael: Sibylle .... 

525. Ecole de Raphael: Groqois. Trois 

femmes assiseB ä. terre, un cheval 
galopant yers la gauche et un ange 
volant 

526. Ecole de Raphael: Entr6e du Christ 

k J^msalem 

Perngino. 

527. La Vierge debout vue de face, les 

mains jointes Echt. 

528. Moine assis, vu de profil k gauche . Kopie. 

529. Le Christ auz Oliviera \ kt • i4i 

530. Deuz Anges brisant des baguettes . J ^^^^' ^^^<^s- 

531. Figure de femme drap^e, debout ?ae 

de face Echt. 

532. Figure d'homme drape et debout, 

toumö vers la gauche Kopie. 

533. Figure de vieillard chauve drap6, 

debout et vu de face Echt 

534. La Vierge assise et tenant PEnfant 

J6bus Schüler. 

535. Femme drap^e portant un vase, mar- 

chant vers la gauche Nein;Pintoricchio. 

536. V^nus debout et Amour (Schale Perugino's, 

Decke des Cambio.) 

537. Cinq apdtres debout ) Wahrscheinlich 

538. Trois apötres debout iGiannicoLManni 

539. Cinq figures d'hommes dirig^s vers \ 

la droite l Echt. 

540. Sainte Catheripe debout, vue de face J 

541. Figure de Saint debout et de iace, 

liaant Echt, frühe Zeit. 

542. Le Christ auz Oliviers. Le tableau 

est ä TAcademie de Florence . . Nein ; Lo Spagna. 

543. Socrate debout, vu de profil ä droite Echt, um 1499— 

1500. 

544. TSte de jeune homme k longue cheve- 

lure, vue de face . Echt 

545. Figure de vieillard agenouillä, 1^- 

rement toum6 k gauche .... Schule. 

546. Etade pour ^^VEns^v^lissement du 

Christ" Kopie. 

547. Autre 6tude pour le m§me tableau . i 

548. TroiBiöme 6tude pour le meme tableau J ^®"® Kopien. 

Ramenghl, dlt Bagnacayallo. 


Annlbale CarraccI. 

590. Buste de Vierge avec TEnfant tenant 

la croix Schidone. 

Francesco Francia. 

038. La Vierge debout, adorant TEnfant 

Jesus couch^ k terre Kopie nach Ge- 
mälde. 
639. Sainte Familie, composition de sept 

figures . Echt. 


640. Ange agenouill6, toume ä droite, etude \ 

pour une Annonciation .... 1 Kein- 

641. Trois figures de Saints debout: au ) -, wlrt 


LUIS iigurtsH \XK3 ouaiiLS utsuuuk: au / 

milieu Sainte Catherine appuyöe 1 
sur la roue ' 


Nein; aber ein 
Venezianer. 


Ercole Grandi. 

642. Costumes militaires; groupe de quatre 

soldats debout. Kopie nach Pinto- 

ricchio. 

Cosimo Tara. 

668. Figure drap^e de vieillard toum^ vers 
la droite, mais regardant le spec- 

tateur . Nein; ist Barto- 

lommeo Montagna. 

Glorgione. 

747. Paysage: sur le devant de grands ^ 
blocs de rochers; au fond k droite 
un village 

748. Paysage: sur le devant trois hommes 
arm^ de lances au pied d'un arbre; 
plus loin une ri viere avec deuz bar- 
ques et un pont k deuz arches . 

749. Des hommes et des femmes chantant; 
groupe de huit figures Nein ; lombardisch- 

venezianifich. 
755. Saint Jean-Baptiste debout .... Nein; Polliyuolo. 

Jacopo d^ BarberL 

764. Le Christ; groupe de deuz figures . Echt. 

O^iovanni Bellini. 

768. La Vierge et PEnfant entre Saint Jo- 
seph, Saint Koch et deuz autres 

Saints Nein; Francesco 

Morone. 
770. Tete d'homme vue de face, etude 
pour une figure de la„Pietä", tableau 
auz UfBzii Nein; gute Zeich- 
nung. 

Liberale da Verona. 

780. Saint Antoine debout; derri^re lui 

Satan Echt. 

(Fortsetzung folgt.) 


559. Les quatre Evang^listes, debout 


Echt. 


DENKMALER. 

*^.* Zmn Kaiser Wilkelm-Denkmal in Berlin, Die Nach- 
richten über eine endgültige Entscheidung in betreff des 
Nationaldenkmals far Kaiser Wilhelm L und die Angaben 
über die Kosten, die wir den politischen Zeitungen entnommen 
haben (s. die vorletzte Numimer), scheinen irrtümlich odei* 
doch verfrüht zu sein, wie aus folgender, schon kurz er- 
wähnten offiziösen Mitteilung der ,,Nordd. Allg. Ztg." hervor- 


163 


Sammluagen und Ausstellungen. *- Vereine und Geaellflchaften. 


164 


geht: „An die Thatsache, dass Se. Majestät der Kaiser vor 
kurzem eine neue Modellskizze zu dem NationaldenkmaL 
für Kaiser Wilhelm I. in Augenschein genommen und mit 
der weiteren Durcharbeitung dieses EntwUrft durch Professor 
Begfis sich einverstanden erklärt hat, knüpfen die Zeitungen 
bereits Mutmaßungen Über die Höhe der Kosten der ganzen 
Denkmakanlage. Da die Vorarbeiten Über den Entwurf einer 
Skizze noch nicht hinausgekommen sind, liegt es auf der 
Hand, dass für eine einigermaßen zuverlässige Kostenberech- 
nung die Voraussetzungen noch fehlen. Wenn gleichwohl 
geschrieben wird, dass die Kosten der Ausführung rund 16 
Mill. Mark betragen würden, so darf dies ohne weiteres als 
eine ganz ungerechtfertigte Übertreibung bezeichnet werden. 
Wollte man die Kosten auf Grund der vorliegenden Skizze 
annähernd schätzen, so würde sicherlich auch nur die Hälfte 
jener Summe nicht erreicht werden." 


SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN. 

A. R. ÄU8 Berliner KunsicmsaieUnngen. In den vier 
ständigen Kunstausstellungslokalen Berlins hat während 
der letzten Wochen vor Weihnachten eine so große Betrieb- 
samkeit geherrscht, dass selbst der abgehärtetste Kunst- 
berichterstatter nur mit dem Aufgebot seiner ganzen Kraft 
der „Flucht der Erscheinungen" folgen konnte. Zum Glück 
handelte es sich bei der Mehrzahl wirklich Hur um flüchtige 
Erscheinungen, vor denen der Fuß des Kunst Wanderers 
ungern verweilt. Das vornehmste Interesse nahmen einige 
Sonderausstellungen in Anspruch, die ausnahmsweise ein- 
mal nicht zu den unberechtigten und unberufenen gehör- 
ten. Wohl noch niemals seit ihrer Eröflhung sind die 
neuen Ausstellungsräume von Eduard Schulte, Unter den 
Linden 1, so stark besucht gewesen, wie bei der Ausstellung 
des Cyklus der Originalzeichnungen von C. W, Allers „Fürst 
Bismarck inFriedrichsruh" und der großen Tuschzeichnungen 
von Carl Röchling zu dem Prachtwerk „Unser Heer*. Beide 
Cyklen sind in unserer neulichen Nummer auf Grund der 
im Kunsthandel erschienenen Beproduktionen ihren Ver- 
diensten entsprechend gewürdigt worden. Auch die Sonder- 
ausstellungen von E, Henseler, Th, von Eckenbrecher 
(Aquarelle aus Norwegen) und Fr. Neydhardt (Landschaften 
und Bilder aus dem Volksleben Japans) boten ein stoff- 
liches Interesse. Weniger einwandsirei waren dagegen 
einige Sonderausstellungen von Anfängern und unselbstän- 
digen Nachahmern, die wir mit Stillschweigen über- 
gehen, weil dieser Bericht keine Statistik künstlerischer 
Krankheitserscheinungen werden soll. Von den übrigen 
Werken, die uns Schulte in den letzten Wochen ge- 
boten hat, heben wir noch das mit großem Fleiße und 
reicher Kenntnis durchgeführte Bild „Gustav Adolfs (lebet 
vor der Schlacht bei Lützen*' von Louis Braun in München, 
das umfangreiche, von der letzten Münchener Ausstellung 
bekannte Gemälde des Spaniers Moreno Carbofiero: „Der 
Einzug des spanischen Söldnerfuhrers Roger di Flor in 
Konstantin Opel 1303*', das weder durch seinen Inhalt noch 
durch seine malerische Ausfahrung ein stärkeres Interesse 
hervorruft, ein mit gioßer koloristischer Virtuosität be- 
handeltes Seestück von Karl Salixmann: „Kaiser Wilhelm II. 
auf der Walfischjagd an Bord des Duncan Grey, 15. Juli 1802", 
ein fein charakterisirtes Bildnis des Generalfeldmarschalls 
Grafen von Blumenthal von Oeorg Lampe in Berlin und 
die landschaftlichen Studien von R. WarthmüUer hervor. 
Ein Kolossalgemälde von Max Pütschmann, „Ein Fischzug 
Polyphem's", der in seinem Netz drei Meernixen gefangen 
iiat und eine davon mit der Linken in die Höhe hebt, als 
wollte er sie verspeisen, ist nach Erfindung und Ausführung 


so grotesk, dass wir uns mit seiner Erwähnung begnügen 
dürfen. — Bei Ourlitt ist der Ausstellung von Gemälden 
und Aquarellen FeUx PoasarVs^ des Alhambra^ und Alcazar- 
Malers, eine Sammelausstellung von fünfundzwanzig in Öl- 
und Wasserfarben gemalten Strandlandschaften und Mari- 
nen von Hermann Hendrich gefolgt, der es liebt, seine 
meist auf eine düstere Tonart gestimmten, aber stets mit 
starken poetischen Reizen ausgestatteten Bilder mit Nixen, 
Wassergeistern und besonders mit den Göttern und Göttinnen, 
den Helden und Heldenweibem der nordischen Mythologie 
zu bevölkern. Zur sogenannten „heroischen Landschaft'* hat 
er gewissermaßen ein Seitenstück in der „heroischen Marine*' 
geschaffen. Ein „Allerseelentag** an der Küste der Bretagne, 
wo die Geister der Ertrunkenen den Andächtigen erschei- 
nen, die ihr Gedächtnis ehren, „die traurige Weise", die ein 
junger, auf einer Klippe am Meeresstrande sitzender Hirt 
seiner Flöte entlockt, der „Raub des Rheingolds*' und das 
„Meeresleuchten" mit in allen Farben schillernden Nixen, 
die auf den Wogen dahingleiten, sind die hervorragendsten 
unter den letzten Schöpfungen des eigenartigen Künstlers. 
Am 18. Dezember ist an ihre Stelle eine Ausstellung von 
Ölgemälden und Aquarellen des bekannten holländischen 
Marinemalers H, W, Mesdag und seiner Gattin, der etwas 
stark zum Naturalismus neigenden Landschafts- und Still- 
lebenmalerin S. Mesdag van Routen getreten. Ihn^n hat sich 
der seit zehn Jahren an der Amsterdamer Reichsakademie 
thätige Kupferstecher Professor R. Stang gesellt, der nicht 
nur die Mehrzahl seiner eigenen Werke , sondern auch über 
70 Arbeiten seiner Schüler und Schülerinnen (größtenteils 
Originalradirungen) ausgestellt hat, die seiner Lehrthätigkeit 
ein rühmliches Zeugnis geben. — Bei Amslcr und Rnthardt 
waren 46 Aquarelllandschaften von Albert Ilertel zu sehen, 
die der fleißige Künstler im verflossenen Sommer und Herbst 
nach Motiven vom Gardasee, aus Merane, Bozen, Salzburg, 
Gastein u. a. 0. gemalt hat. Es sind nicht Studien und 
Skizzen, die einen Eindruck, einen Stimmungsmoment mit 
flüchtigen Strichen festhalten, sondern sorgsam und doch 
nicht kleinlich durchgeführte. Blätter von völlig bild- 
mäßiger Wirkung , in denen sich feinste Naturbeobachtung 
mit einer koloristischen Virtuosität verbindet, die alle 
Luft- und Lichtstimmungen in ihrem malerischen und 
poetischen Gehalt zu erschöpfen weiß. — Am wenigsten 
ist aus dem Verein Berliner Künstler zu melden, dessen 
Ausstellungskommission nach derEntfernung derMunch'schen 
Bilder durch Majoritätsbeschluss noch nicht zu neuen 
bemerkenswerten Thaten gekommen ist. Größeres Interesse 
erregte nur eine Anzahl Bildnisse, Volkstypen und Innen- 
räume von Kirchen und Wohnhäusern njit Figuren aus Dit- 
marschen von dem kürzlich von Düsseldorf nach Karlsruhe 
übergesiedelten Chr, L. Bokelmann, der in diesen Arbeiten 
eine Breite und Flottheit der malerischen Dai-stellung 
entfaltet hat, die seinen früheren Werken fremd gewesen 
waren. 

VEREINE UND GESELLSCHAFTEN. 

*^* Der neue y^Deutsche Kunstrerein in Berlin" hat am 
20. Dezember seine begründende Versammlung gehabt, worin 
die Satzungen angenommen, ein Vorstand und ein Schieds- 
geriebt gewählt wurden. Zum ersten Vorsitzenden wurde 
der Staatsminister Oberpräsident v. Achenbach gewählt, der 
nicht anwesend war. Den Vorstand bilden des weiteren die 
Herren: Geh. Oberreg.-Rat Jordan, Geh. Reg.-Rat Dohme, 
Prof. Hans Müller, Kaufmann Mielitz, Bankier Willy Mole- 
naar, Bankier C. H. Kreschmar, Justizrat v. Simson, die Maler 
Connwi Fehr, Hans Fechner, J. Wentscher, Bildhauer Otto 


165 


Vermisclites. — Vom Eunstmarki — Zeitschriften. 


166 


Riescli, Prof. C. Becker. Präsident der Akademie, Prof. F. 
Schaper, Redakteur G. Schweitzer, Yerlagsbuchhändler P. 
Parey, Yerlagsbuchhändler R. Mosse und Geh. Reg.-Bat Lipp- 
mann. Dem Kunstverein sind 640 Mitglieder beigetreten. 

VERMISCHTES. 

*»* Für die Versammlungen der Abgeordneten des Kreises 
Teltow ist in Berlin in der Yiktoriastraße nach dem Entwürfe 
des Baurats Schwecläen ein Monumentalbau mit Sandstein- 
fa9ade errichtet worden, zu dessen künstlerischer AusschmÜk- 
knng im Innern die Gemeinden Rixdorf und SchOneberg zwei 
von Prof. Max Koch ausgeführte Gemälde gestiftet haben, 
die zwei kulturhistorisch wichtige Momente aus der Geschichte 
des Kreises darstellen: ,,Der große Kurfürst besichtigt den 
ersten Kartoffelanbau in der Mark" und ,,Friedrich der Große 
besichtigt die Meliorationsarbeiten an der Nuthe bei Potsdam". 
Die Bilder nehmen die südliche Längsseite des Sitzungssaales 
ein. An der Nordseite wird eine Statue des Kaisers Wilhelm IL 
aufgestellt werden, die nach einem Modell von A. Caktndrelli 
in Bronze gegossen wird. 

*^* Ztim Münchener Künstlerstreit wird der „Frank- 
furter Zeitung" geschrieben, dass im Schöße der sezessioni- 
stischen Künstlergruppe erhebliche Dissonanzen hervorgetreten 
seien, seitdem infolge der abiebnenden Haltung der Sezes- 
sion der Glaspalast für die nächstjährige Kunstausstellung 
nieder der Künstlergenossenschaft eingeräumt worden ist. 
Auch zwischen den Sezessionisten und dem früheren Geschäfts- 
führer der Kfinstlergenossenschafb, Rat Paulus, der ein Haupt- 
faktor in der sezessionischen Bewegung war und ihre Haupt- 
stütze bei Hof gewesen ist» sollen Differenzen eingetreten 
sein. — Wie jetzt aus Dresden berichtet wird, ist die vom 
Depeschenbureau Herold verbreitete Nachricht, nach welcher 
eine Abordnung Münchener Künstler mit den Dresdener Be- 
hörden wegen Übersiedelung nach Dresden und einer im 
nächsten Jahre hier abzuhaltenden Ausstellung verhandelt 
habe, auf einem Irrtum beruht. 

*,* Zur BaugeschiclUe des Berliner Schlosses hat, wie 
die ,,Yo8sische Zeitung" meldet, Dr. C. Ourlitt eine Ent- 
deckung gemacht, die für seine von allen übrigen Kunst- 
historikern abweichende Ansicht über Schlüter's Anteil ent- 
scheidend sein soll. Gurlitt hatte in mehreren Abhandlungen 
zu beweisen gesucht, dass um 1690 der Umbau des Schlosses 
begonnen habe, dass Schlüter, der 1698 an den Bau kam, 
ursprünglich nach einem nicht von ihm, sondern wahrschein- 
lich von einem Italiener gefertigten Plan baute und dass 
nur die Portale I und Y des Schlosses, fem er die Anlage 
des zweiten Hofes sowie Teile der Innendekoration von 
Schlüter selbst entworfen seien. Diese Ansicht wurde von 
Wall^, Borrmann und Dohme entschieden bestritten, indem 
sie annahmen, der Schlossbau habe erst 1698 nach Schlüter 's 
eigenen Plänen begonnen. Gurlitt hat nun die Pläne, deren 
Existenz er vermutete, wohl erhalten entdeckt, und zwar 
stammen sie aus der Zeit zwischen 1694 und 1698 und sind 
von dem Architekten Christian Eltester gefertigt, der bis 
1694 in Rom Architektur studirte und 1700 jung verstarb. 
Aus diesen Plänen soll mit Sicherheit hervorgehen, dass die 
LustgartenFront des Schlosses, wie Gurlitt schon aus stili- 
stischen Gründen angenommen hatte, ursprünglich ohne Por- 
tal Y geplant und höchst wahrscheinlich bis zum zweiten 
Stock aufgebaut worden war, ehe Schlüter Schlossbaudirek- 
tor wurde. 


VOM KUNSTMARKT. 

\* In den Pariser Gemiüdeversteigerungen erzielen die 
Bilder neuerer französischer Meister, besonders der aus der 


Schule von Fontainebleau , trotz des Panamaskandals und 
der damit verknüpften Geldverluste, immer noch ungewöhn- 
lich hohe Preise. So wurde z. B. bei der Yersteigcrung 
der Günzburg'schen Sammlung am 13. Dezember ein Tier- 
stück von Troyon, das der Besitzer fQr 5600 Frank gekauft 
hatte, mit 73000 Frank bezahlt, und eine Landschaft von 
Th, Bousseauy die 2400 Frank gekostet hatte, wurde fQr 
33500 Frank versteigert. Es handelte sich dabei nicht ein- 
mal um hervorragende Meisterwerke. 

München. Soeben ist in Ludwig Rosenthal's Antiquariat 
Katalog 90, enthaltend Incunabula xylographica et chalco- 
graphica, erschienen. Es ist ein stattlicher Folioband mit 
102 Illustrationen :der seltensten Art, und wir behalten uns 
vor, auf denselben später noch ausführlich zurückzukommen. 
Der Preis des Katalogs betr&gt 10 Mark, ein in Betracht 
der vortrefflichen Ausstattung nicht zu hoher Preis. 

ZEITSCHRIFTEN. 

AUgemelne Kunstchronlk» 1892. Nr. 26. 

Im KüDstlerhaase. — Fritz Buri^er. Von R. 8 o h a e f 6 r. — Eanst- 
brief ans Lemberg. Von K. J. Nitman. — Knnstplanderei aus 
Sachsen. Von Dr. 0. Mo th es. — Neue Schriften ttber Kanst- 
denkmftler und moderne Kunst. 

Arehitektoniselie Uundsehav. IX. 1892/98. Nn 8. 

Taf. 17. Villa Heinr. Liebrich-Herkel in Neustadt a. Haardt; er- 
baut von Prof. L. Levy in Karlsruhe. — Taf. 18. Konkurrenz- 
projekt zu eiuem in New- York zu errichtenden Denkmal für den 
General U. S. Orant vom f Baurat O. Hieser. — Taf. 19. Par- 
lamentshaus für Japan; entworfen von den Architekten Ende 
und Böckmann und fKöhler in Berlin. — Taf. 20. Erstes 
Seitenportal vom Wohn- und Geschäftshaus des Herrn Kommer- 
zienrat L. Bernheimer in München; nach den Entwürfen von 
Fr. Thiersch ausgeführt von Architekt C. Dülfer daselbst. — 
Taf. 81 u. 23. Villa des Baron Ritter in Wölhan bei Cilli (Unter- 
steiermark) nebst projektirtem Zubau für einen Saal und Aus- 
sichtsturm. Entworfen und erbaut vom f Banrat 0. Hieser. — 
Taf. 89. Wohnhaus Thümmler. Albertstraße 26 a in Leipzig; erbaut 
von Architekt P. Gründling daselbst. — Taf. 84. Friedhof- 
kapelle in Loschwitz bei Dresden; erbaut von Reuter und 
Fischer, Architekten in Dresden. 

Bayerische Gewerbezeitimgr* 1892. Nr. 28. 

Wohnstuben im 16. und 17. Jahrhundert. Eine kulturgeschicht- 
liche und vergleichende Studie. Von H. Becker. 

Christliches Kunstblatt 1892. Nr. 12. 

Die Friedenskirche in Stuttgart. — Die Malereien im Rathause 
zu Goslar. — Bilder zu Dante's göttlicher Komödie. 

Die Kunst für Alle. 1892/98. Heft 7. 

Die Bedeutung der illnstrirten Zeitschriften für die Kunst. Von 
F. Schnitze. — Der Fall Munch. Von Dr. Relling. — Rund- 
schau von Fr. Pecht. 

Gewerbehalle. 1898. Heft 1. 

Taf. 1. Seitenportal der Jesuitenkirche in Mannheim; aufgenom- 
men von E. Hagemeister in Karlsruhe, -- Taf. 2. Schrank, 
massiv Eichen mit Nnssbaum ; entworfen und ausgeführt von Bild- 
hauer A. Siegfried in Güstrow. — Taf. 8. Bilderrahmen aus 
der Kirche zu Mögeldorf bei Nürnberg (Nürnberger Arbeit, 
16. Jahrb.); aufgenommen von K. Lürtzing in Nürnberg. — 
Taf. 4. Silbernes WeihrauchschilTchen (Ende des 16. Jahrh.) aus 
dem Kirohenschatz der heil. Kreuzkirche zu Gmünd ; auf^nom- 
men von W. Rupp in München. -- Taf. 6. Salonschrank im Stil 
Louis XIV.; entworfen von L. Kugler in Wien. — Taf. 6. Teil 
einer geätzten Grabplatte (Solenhofener Stein) in der Dionysius- 
kirche in Esslingen; aufgenommen von R. Knorr in Stuttgart. 

— Taf. 7. Farbige Thttrbeschläge in Velthurns: aufgenommen von 
Architekt H. Kirch mayr in München. — Taf 8. Wandmalereien 
im Schloss Golde^g im Pongau, Herzogtum Salzburg; aufge- 
nommen von Architekt J. von Grienberger in Salzburg. 

Zeltoehrift für ehristliehe Kunst. 1892,98. Heft 9. 

Studien zur Geschichte der französischen Plastik. IL Die Königs- 
portale der nordfrauzösischen Kathedralen. Von Paul Giemen. 

— Die neue Reliquienbüste für das Haupt des heil. Faulinus in 
Trier. Von G. Hermeling. — Alter Taufstein zu Seligeuthal. 
Von Effmann. — Der Centralbau auf dem Valkenhofe bei Nym- 
wegen. Von G. Human n. 

L'Art 5r. 686. 15. Dezember 1892. 

Ingres k Montauban: le Mus^e Ingres. Von J. Mo mm 6 ja. — 
Comödie Fran^aise: Suzanne Reichemberg. Von E. Stoullig^ 

— La Statue d'Honor6 de Balzac. Von Ph. Andebrand. — 
Silhouettes d'artistes contemporains. XXII: R. Piguet. Von 
P. Leroi. 

The Art Journal. 1892. Dezember. 

Ernest Parton. — Recent Fashions in French Art. II. Von M. 
Hepworth Dixon. — Dogs of war. Von E Blantyre Simpson. 

— Conceming a revival of art guilds. Von W. S. Sparrow. — 
Bolton Abbey in the present time. Von L Berens. — The fur- 
nishing and decoration of the house. VI : Windows-Blinds. Light- 
ing and Accessories. Von Aymer Vallance. — The new Qallery : 
Autumn Exhibition. 


167 


Inserate. 


16S 


Kimstaiisstellimg Danzig. 

Der Kunst verein zu Danzig veranstaltet für die Zeit 

vom 9. März bis 16. April 1893 

in den B&umen des Stadtmuseums zu Danzig eine Ausstellung wertvoller 

neuerer Cvenälde« 

Anmeldefrist bis 31. Januar 1893; nicht satzungsmäßig angemeldete 
Einsendungen werden beanstandet. 

Nähere Auskunft erteilt auf portofreie Anfragen der Vorstand des Vereins 
umgehend und unentgeltlich. 


Verlag von E. A. SEEMANN in Leipgig. 

Deutsche Renaissance. 

Sleine knMg§h€, 

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mm Scadinm der 

Deatschen BeiiAisMuee. 

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Subakriptionrnpreim 30 
Einzelne Lieferungen apart i M. 


SfeutseAe Xonäurrenjen. 

Eine Sammlung Interessanter Entwürfe ans den Wettbewerben deutscher Architekten. 

Zusammengestellt und herausgegeben 


von 


Prof. A. Neumeister, Reg.-Baumeister, und Prof E. Häberle, 

Karlsruhe, Baden. 

Erschienen sind Heft 1—4; demnächst erscheinen Heft 5—7. 

Die geplante fortlaufende Veröffentlichung der Entwürfe hei deutschen Preis- 
hewerbungen bezweckt, die c^eistige Arbeit, die schöpferischen Gedanken, die in 
den Entwürfen enthalten sind, der deutscheu Architektenwelt zu erhalten und zu- 
gänglich und nutzbar zu machen. Es soll von jeder Preisbewerbung, die allge- 
meines Interesse hat, entweder ein einzelnes Heft von etwa 24 Seiten mit 50—00 
Abbildungen erscheinen, oder es sollen mehrere Konkurrenzen, die die gleiche 
Aufgabe behandeln, in einem Heft zusammengenommen werden. 


z. Fassaden und Fassadentefle (10 Liefgn.!. 
s. Täfelungen, Mobiliar und Stuck (6LfKn.). 

3. Schlosserarbeiten (5 Lieferungen). 

4. Füllungen und Dekorationsmodve (4li%n>)> 

5. Gerät und Schmuck (3 Lieferungen). 

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E. Hab ich. (11. Fortsetzung.) — Zum Kaiser Wilhelmdenkmal in Berlin. — Aus Berliner Kanstausstellungen. — KttnstlervereiB 
in Berlin. — Yersammlungshaus der Abgeordneten des Kreises Teltow ; Münchener Künstlerstreit; Zar Baagesohichte des Berliner 
Schlosses. — Pariser Gemäldeauktion ; Rosenthars Incunabel-Katalog. — Zeitschriften. — Inserate. 


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Für die Redaktion yerantwortlich Artur Seemann. — Druck von August Pries in Leipzig. 


KUNST 



-^^njii- /c 


y 


NIK 


WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE. 

AnkOqiiigungsblatt des Verbandes der deutschen Kunstgewerbevereina 


HEBAUSQEBEBt 

CARL VON LÜTZOW und DR. 

WIEN 
HeagasM 58. 


A. RÖSENBERG 

BERLIN SW. 
Teltowerstrasse 17. 


V«l«g von E. A- SEEMANN in LEIPZIG, Gartenatr. 15. Berlin: W. H, KÜHL, Jägeretr. 73. 


Nfme Folge. IV. Jahrgang. 


i) 1892/93. 


Nr. 11. 5. Januar. 


Dl« Kiui«t«bnyiiik «rMheint »1« BeiblMt sw .Zeitschrift für bUdende KmiiBt** und zmm .Kuistgewerbeblatt" monatUeh dreimal, in den 
SoMmermoBaten Juli big Beptember monatUob einmal. Der Jahrgang kostet 8 Xark nnd unfaset 88 Nunmern. Die Abonnenten der „Zeit^ 
•etirift Ar bildende Kunst* eihalten die Kunstehronik gratis. — Für Zeichnungen, Xannskripte etc., die unv erlangt eingesandt werden, 
leisten Redaktion nnd Verlagshandlnhg keine Gewfthr. Inserate, A 80 Pf . fUr die dreispaltige Petitzeile, nehmen außer der Yerlagshand- 
Inng die Aanoncenespedltlonen von Haasenstein k Vogler. £nd. Messe n. s. w. an. 


EINE DÜRER-ZEICHNUNG AUS DEM 

JAHRE 1497. 

Durch nachfol- 
gende Zeilen soU ein 
kleiner Irrtum meiner 
Schrift «Albrecht 
O&rer^s Aufenthalt in 

Basel* berichtigt 
und zugleich dem 
Nürnberger Meister 
eines seiner interes- 
santesten Jugend- 
werke zurückerstattet 
werden. 

8. 39, Anm. 68 
meiner Abhandlung 
machte ich die Be- 
merkung, dass eine 
Federzeijchnung des 
Städel'schen Institu- 
tes in Frankfurt „Die 
Macht des Todes '^ 
(Lippmann Nr. 193) sich in einer Clair-obscur- 
Zeichnung der Albertina kopirt vorfinde. Bei Nach- 
prüfung der einschlägigen Litteratur und genauerer 
Untersuchui^ der beiden Zeichnungen bin ich indes 
zu einer etwas anderen Ansicht über die gegen- 
seitigen Beziehungen der beiden Blätter gelangt. 
Ich veröffentliche hier das Ergebnis meiner nachträg- 
lichen Studien und nehme die bisher über die Wiener 
Handzeichnung laut gewordenen kunstkritischen 
urteile zum Ausgangspunkt meines kleinen Auf- 
satzes. 



St. Katharina. 


V. Eye (A. Dürer, S. 34) hat das Wiener Blatt 
zum erstenmal entschieden für Dürer in Anspruch 
genommen und zugleich eine 1497 (Eye las 1491) 
datirte, in Stuttgart befindliche Kopie dieser Zeich- 
nung namhaft gemacht. Über die Technik dieser 
Stuttgarter Kopie — ob Federzeichnung, ob Holz- 
schnitt — wurde lange gestritten. Ein sich mit den 
Ghiffern «O. Qr.^ bezeichnender Kunstschriftsteller 
(Kunstblatt 1831, S. 414) und K B. Stark (Albrecht 
Dürer und seine Zeit) hielten das Stuttgarter Blatt ftir 
eine Zeichnung, v. Beiberg (Anzeiger für Kunde der 
deutschen Vorzeit 1855, 314) und Woltmann (Hol- 
bein IP, 192) nahmen es für einen Holzschnitt; 
v. Eye (Dürer, 34) und Passavant (Peintre-Graveur 
III, 226) vermochten nicht über diese technische 
Frage zu einer Entscheidung zu gelangen. Der 
Dürer'sche Ursprung der Komposition wurde bloß 
durch Waagen (Kunstdenkmäler in Wien II, 158) 
angefochten, der das Wiener Blatt für ein Werk 
Baldung's hielt und der Stuttgarter Kopie keine Er^ 
wähnung that. Thausmg endlich hat in einem Auf- 
satz in «Zahns Jahrbüchern" 2, 216ff. energisch zu 
der Frage Stellung genommen, indem er das Wiener 
Blatt nach Waagen's Vorgang für ein Werk Bal- 
dung's, dessen Kopie in Stuttgart für einen Holz- 
schnitt und die Inschrift der Stuttgarter Kopie 
,1497 und Monogramm ** für eine plumpe Fälschung 
späterer Zeit erklärte. In welche der leicht zu 
unterscheidenden Stilperioden Baldung's die Zeich- 
nung einzureihen sei, haben aber sowohl Waagen 
als auch Thausing wohlweislich verschwiegen. 

Da es — wie der Schreiber dieser Zeilen ge- 
nugsam erfahren hat — nicht ratsam ist, die Rich- 
tigkeit einer Thausing'schen Hypothese zu bezweifeln, 


171 


Eine Dflrer-Zeichiiuiig ane dem Jahre 1497. 


172 


wurde die eben geDODOte Annahme des großen 
Dürerforsoliers zum Rang einer kunstgeschiehtlichen 
Thatsache erhoben, an welcher erst in jüngster Zeit 
SliassTiy in — wie mir scheint — allzu z^hafter 
Weise zu rüttehi versuchte (Zeitschrift für bildende 
Kunst, XXIV, 291, Anm.). Jedenfalls muss Stiassny 
Recht bebalten, wenn er die. Federkizze Lippmann 
193 entgegen meiner oben angefahrten Bemerkung 
als eine Art von Studie zu der großen Komposition 
in Wien erklärt; die Wiener Clair-obscur-Zeicbnung 


kalypse zu legen; nicht nur der Geist der Wiener 
Komposition im allgemeinen — der Hang zu wilder 
Phantastik — sondern auch die Austtihrung und' 
stilistische Behandlung der Einzelheiten bis ins 
Detail der Pferdegeschirre und landschaftlichen Uotive 
ist den Holzschnitten der Apokaljpse ßberaus nahe ver- 
wandt und zeigt mit jeder nur wünsch baren Deutlich- 
keit die prägnante Eigenart des großen ^f ümbergera. 
Schon allein die stilkritigchen Gründe erlauben 
es also, die Dürer-Zeichnung an das Ende des 1 5. Jahr- 


A. DDbxr: Drei Reiter t< 


überfanen. (Alb«rtin« in « 


wird aber jedem unbefangenen Kunst^eund, dem 
die Dürer'.sche Formengebung aus den Jahren 1496 
bis 1500 etwas geläufig ist, unbedingt als ein echtes 
und zudem höchst charakteristisches Werk des großen 
NUmbergers, als eine Art von Nebenti-ucht seiner 
Studien für die Holzschnitte der Apokalypse er- 
scheinen. In dieser Weise haben eich z. B. Ed. His- 

Heusler und Max Lehrs mir gegenüber geäußert. 

Ich bitte jeden Leser dieser Zeitschrift, welcher 

sich ftir die Frage . interesairt, die Wiener Zeich-. 

nung neben einen beliebigen Holzschnitt der Apo- 


hunderts zu setzen; ab weiteres Hilfsmittel zur Fest- 
stellung der Entsteh nngszeit tritt aber noch die Clair- 
obacur-Technik des Blattes hinzu, welche Dürer in 
durchaus gleicher Weise auf den um 1502 geschaf- 
fenen Entwürfen zu den Flügeln des St. Veiter Altars 
übte. — Die Kopie des Wiener Blattes in Stuttgart 
endlich, welche ich leider nicht aus Autopsie keime, 
ist von Thausing jedenfalls zu abschätzig beurteilt 
worden. Schon die Inschrift auf dem rechts gegen 
unten befindlichen Wegekreuz darf nicht so ohne 
weiteres als urkundliches Material verworfen werden. 


173 


Büchenchan. 


174 


Thausing bemerkte in seiDem oben angeführten Auf- 
satze, wo wir auch ein Faksimile der betreffenden 
Inschrift finden, dass die Form der Ziffern des Da- 
tums — vornehmlich die der 7 — für das 15. Jahr- 
hundert paläographisch unmöglich sei und dass so- 
mit die ganze Inschrift eine neuere Fälschung sein 
müsse. Diesem Machtspruch entgegen muss ich 
meinerseits behaupten, dass die Ziffern der Zahl 1497 
keinen einzigen Zug enthalten, der uns verbietet, 
das Datum für gleichzeitig zu halten; das Mono- 
gramm Dürer s ist natürlich falsch. Aber was steht 
denn der Annahme entgegen, dass die Stuttgarter 
Kopie in nächster Nähe Dürer's vielleicht auf Bestellung 
entstanden sei und dass der Kopist — möglicher- 
weise ein Gehilfe Dürer's, — dem die Entstehungs- 
zeit des Originals wohl bekannt war, auch ohne 
dass sich ein Datum darauf vorfand, auf der Kopie 
diesem Mangel abhalf? Künstliche Mittel, um die 
Gleichzeitigkeit der Stuttgarter Inschrift zu be- 
kämpfen, sind ja bald zur Hand, aber wohin sollte 
denn eine Forschung führen, welche grundsätzlich 
jegliches Aktenmaterial, welches nicht in den Rah- 
men der aufgestellten Hypothese passt, als unecht 
verwirft? 

Kurz, meine Ansicht geht dahin, dass das 
Datum 1497, welches so trefflich mit der augen- 
scheinlichen Entstehungszeit der Wiener Zeichnung 
übereinstimmt, auf keinen Fall anders als gleichzeitig 
entstanden sein kann. Da das Wiener Blatt in 
seinen unteren Partien stark verwaschen ist, dürfen 
wir aber immerhin auch noch an die Möglichkeit 
denken, dass es einst selbst datirt und monogrammirt 
gewesen sei. 

. Sollten diese Zeilen dazu beitragen, die Auf- 
merksamkeit der Forscher auf dieses heute fast ver- 
gessene und doch so charakteristische Jugendwerk 
Dürer 8 zu lenken, so haben sie ihren Zweck erreicht. 
NachschrifL Das als Kopfstück benützte StKatha- 
rinenbildchen ist ein Werk aus Dürer's Basler Zeit 
und gehört einem kleinen Cyklus von Heiligendar- 
stellungen an, welche Dürer für die Offizinen Furter 
& Bergmann von Olpe geschaffen hatte. Trotzdem 
die heil. Katharina meines Wissens erst seit 1496 
in Basler Drucken vorkommt, ist sie jedenfalls schon 
zu Beginn des Jahres 1494 auf den Stock gezeichnet 
worden, denn die übrigen Heiligenbilder dieser Folge 
kommen bereits in dem Druck „Sebastiani Brant in 
laudem virginis Marie carmina. Basel 1494' vor 
(Stockmeyer & Beber 129, 1). Zu diesem Cyklus ge- 
hört auch der in meiner Schrift „A. Dürer in Basel", 
S. 29 reproduzirte St. Sebastian, welcher übrigens 


schon in einem Furter'schen Druck verwandt worden 
ist, der alter als das oben genannte Brant'sche Werk 
zu sein scheint. 

Näheres über die in Basel, entstandenen Werke 
Dürer's werde ich binnen kurzem publiziren; zugleich 
werde ich den Nachweis erbringen, dass Dürer oft 
Holzstocke mit Terenz - Illustrationen, deren figür- 
licher Teil von anderen Meistern herstammt, mit 
landschaftlichen und architektonischen Hintergründen 
versehen hat; vielleicht thue ich auch gut, jetzt 
schon zu bemerken, dass Lippmann mit seiner Ver- 
mutung, der auf einem der Terenzstöcke vorkom- 
mende Name «Formysen^^ werdeauf den Holzschneider 
zu beziehen sein, Recht behalten hat. 

DANIEL. BURCKHABDZ 


BÜCHERSCHAU. 
Wolfgang Heibig, Führer durch die öffentlichen Samm- 
langen klassischer Altertümer in Born. 2 Bände. 
Leipzig, Karl Bädeker, 1891. — Gebd. 12 Mk. 
Weit später als er vorhergesehen, gelangt der Un- 
terzeichnete dazu, der Einladung der Bedaktion folgend, 
von dem genannten Werke Nachricht zu geben, welches 
inzwischen durch eine volle Eeisesaison in der Hand 
zahlreicher Besucher der römischen Museen praktisch 
den Beweis seines Wertes geliefert hat. 

An ,Jüngere Archäologen und gebildete Laien'^ 
wendet sich in gleicher Weise das Buch, und die einen 
wie die anderen werden in demselben in der That ihre 
Bechnung finden. Dem jüngeren Archäologen gewährt 
das Werk für seine Stadien in den römischen Museen, 
ähnlich wie Friederichs- Wolters' Beschreibung der Ber- 
liner Gipsabgüsse, nur zum Teil mit noch weiter ge- 
steckten Zielen, eine seit langem entbehrte Einführung, 
die ihn nicht nur in gegenständlicher und kanstgeschicht- 
licher Hinsicht zu jedem der behandelten Denkmäler 
rasch über den gegenwärtigen Stand der Forschung 
orientirt, sondern ihm auch für jenen Teil der Schulung, 
der nur vor den Originalen gewonnen werden kann, wie 
das Beurteilen von Ergänzungen, Überarbeitungen und 
sonstiger technischer Details, eine wertvolle Anleitung 
giebt. Und auch dem einer solchen Einführung nicht 
mehr Bedürftigen wird das Bach durch die sorgfältige 
Zusammendtellung der Litteratur, die stete Berücksich- 
tigung der Fundumstände u. s. w. sowohl vor den Mo- 
numenten selbst als auch am Arbeitstische willkommene 
Dienste leisten. Der Laie aber, der den Denkmälern 
des Altertums in den römischen Museen eingehendere 
Aufmerksamkeit widmen will, wird es mit Freude be- 
grüßen, nun endlich über die knappen Angaben der 
Beisebücher hinaus eine Führung zu besitzen, die aus 
der verwirrenden Masse das Interessante für ihn heraus- 
greift und, indem sie in einer von besonderen fachlichen 
Voraussetzungen freien Darstellung ihm Verständnis und 


175 


BficlMTWhftll. 


176 


Gennss von vielem erst erschließt^ den bildenden Wert 
eines Aufenthaltes in Born wesentlich erhöhen hilft. 
Die Wissenschaft so dem ^ößeren Kreise der Gebil- 
deten dnrch seine Arbeit näher gebracht zu haben, wäre 
ein Verdienst des Verfassers, auch wenn er sie nicht 
durch eine Beihe in dem Buche niedergelegter eigener 
Bemerkungen und thatsächlicher Angaben bereichert 
hätte. 

Das in den zwei Bänden behandelte Material um- 
fasst sämtliche öffentlich zugängliche Sammlungen, also 
Vatikan, beide kapitolinische Museen, Lateran, die Villen 
Albani und Borghese, die Paläste Boncompagni-Ludovisl 
und Spada, die Antiken der vatikanischen Bibliothek 
und vorgreifend auch einige der hauptsächlichsten Stücke 
des noch uneröffneten Nationalmusenms in den Diokle- 
tiansthermen. An diesen von Heibig selbst bearbeiteten 
Teil scliließt sich die Beschreibung des etruskischen 
Museums im Vatikan, des Kuseo Kircheriano und der 
archäologisch interessanten Objekte des Museo preistorico, 
die Emil Heisch zum Verfasser hat Ausgeschlossen blieb 
der der Veröffentlichung seitens der Akademie der Lincei 
noch harrende Bestand des neuen Museo suburbano in 
der Villa di Papa Giulio. Dagegen hätten die hervor- 
ragendsten der in der Stadt zerstreuten und allgemein 
zugänglichen Bildwerke, wie die Kolosse von Monte 
CavaUo, der Marc Aurel, die Pasquinogmppe a. a. sich 
wohl noch in den Bahmen des Führers fügen lassen. 

Die für ein solches Unternehmen zu treffende Aus- 
wahl unterliegt selbstverständlich je nach Individaalitftt 
sehr verschiedener Beurteilung. Im großen und ganzen 
halte ich die von Heibig gegebene für zweckentsprechend, 
wenngleich mir hier und da das antiquarische Interesse 
gegen das stilistische und künstlerische zu überwiegen 
schien und manches nach meiner Meinung auch hätte weg- 
bleiben können. Anderes dagegen hätte nach der Ten- 
denz des Buches nicht übergangen werden sollen, wie 
z. B. im Salone des kapitolinischen Museums der Apollo 
mit dem Wasservogel, verbeck Kunstmythol. V, S. 241, 5, 
in der Sala degli Animali die stieropfemde Nike, im 
Museo Chiaramonti die zuletzt von Bobert archäol. 
Märchen, S. 192 ff. behandelte Beliefdarstellung und das 
Ikariosrelief^ im Konservatorenpalast die neuerdings von 
Winter im 50. Berliner Winckelmannsprogramm publi- 
zirte Bellefplatte, im Lat^eran die schöne dreiseitige 
Basis, Benudorf-Schöne 460, oder das feine Attische Be- 
lief ebenda 482. Auch das anmutige Nymphenrelief 
Chiaramonti XXV, 698 und das Spenderelief Museo Pio 
Clemi V, 26 hätten Erwähnung verdient. Im Zimmer 
der Philosophen des Kapitels sind mit Ausnahme 
des Meleagersarkophags sämtliche Beliefs übergangen. 
Hier wie bei anderen Weglassungen handelt es sich zum 
Teil um vielbesprochene, schwer erklärbare Darstellungen, 
über die es von besonderem Interesse gewesen wäre, die 
Ansicht des Verfassers kennen zu lernen. 

Unlengbate Vorliebe verrät sich für ikonographische 


Fragen, ein Gebiet, das bekanntlioh gerade Heibig viel- 
fache Förderung dankt. Auch der Führer enthält eine 
Anzahl, soviel ich sehe, neuer Porträtbestimmungeii. So 
die der beiden Kolossalköpfe im Hofe des Konservatoren' 
palastes (532, 584) als August und Nero; die des va- 
tikanischen sog. Zenon (287) aLi Aratos oder des Kopfes 
der borghesischen Sitzfigur (984) als Thukydides. An- 
deren herkömmlichen Deutungen wird entgegengetreten; 
so bei Nr. 219 im vatikanischen Büstenzimmer (nicht 
August, sondern hellenistischer Herrscher), bei Nr. 282 
(der angeblichen Aspasia des Saals der Musen), bei der 
Kolossalstatue im Falazzo Spada (946), deren köpf, wie 
Heibig schon an anderem Orte ausgeführt, nicht Pom- 
pejus darstellt. Auch anonym bleibende oder ideale 
Porträts sind zuweilen treffend (z. B. 79, 278)^ charak- 
terisirt, und die in solchen Fällen nicht selten beliebte 
drastische Darstellungsweise werden gewiss viele als be« 
sondere Würze des Buches schätzen« Ich kann freilich 
der Neigung des Verfassers, in der BUdung des Gesichtes 
die überlieferten oder vorauszusetzenden Charaktereigen- 
schaften mit mathematischer Sicherheit wiederzufinden, 
nicht überall folgen, namentlich wo (wier z. B. bei 552) 
mit einem solchen Versuche dem künstlerischen Ver- 
mögen des Verfertigers zu viel Ehre angethan wird. 

Die den römischen Antiken seit Jahrhunderten zu 
Teil gewordene Aufmerksamkeit, die für jedes halbwegs 
au£^llende Detail eine gelehrte Erklärung suchen und 
oft auf Kosten des gesunden Verstandes annehmt ließ, 
birgt darum gerade bei diesem Material eine be* 
sondere Gefahr für die Unbefangenheit des Urteils und 
selbst des Blickes in sich. Um so anerkennender mtiss 
es hervorgehoben werden, daes der Verfasser sich von 
solchen nur durch die Tradition gestützten Erklärungen 
im großen und ganzen frei gehalten hat. Nicht gering 
ist die Zahl der von ihm selbst vorgeschlagenen oder be- 
richtigten Erklärungen. So deutet er die weibliche 
Kolossalbüste mit Schleier aus Villa Lu^ovisi (874) auf 
Demeter, die „Sappho" der Villa Borghese (9l9) auf 
Aphrodite, die Hea-men des Laterans (636, 637) auf 
Pannus mit weiblichem Gegenstück. Der Lyslppische 
Eros (426) spannt den eigenen, nicht des Herakles 
BogeUf u. a. m. Auch an der Augustusstatue des Bnaeclo 
nuovo (5), deren Beschreibung zu den gelungensten des 
Werkes zählt, werden Einzelheiten am Panzersdunuck 
von Heibig anders als bisher gedeutet. Besondere 
Hervorhebung verdienen noch die Behandlung der ele* 
ganten weiblichen Gewandfigur der Kandelabergalerie 
(379; von Heibig vermutungsweise auf Phryne bezogen), 
der Gruppe im Kabinett der kapitolinischen Venus (452), 
der sogen. Venus vom Esquilin (561), der kapitolinischen 
Wölfin (612) u. a. Daneben fehlt es freilich hicht an 
Fällen, wo der Verfasset mir allzuviel sehen oder er- 
klären zu wollen scheint. So wenn in def vatikadisdien 
Gruppe des Nil (47) die Art, wie das Wasser neb^ 
der Spitze des Füllhornes unter dem Gewände hervof- 


177 


Bflcherachau. 


178 


quillt, die yerborgenheit der Milquellen andeuten oder 
die an fiein nnd Arm hinanklimmenden Knaben das all- 
mfthliche Anschwellen des Flnsses veranschanlichen sollen: 
letzteres Motiv, das zugleich künstlerisch in anmutigster 
Weise die aufsteigende Linie des rechten Beines belebt^ 
erklärt sich doch ungezwungen aus der einmal vom 
Künstler angenommenen Situation. Bei der Karyatide 
des Braodo nuoyo (1) soll der Bausch des Peplos an den 
Giebel erinnern, der nebenbei bei der als Vorlage aner- 
kannten Korenhalle gar nicht vorhanden ist. In dem 
Omphalemosalk des Kapitols (411) weisen Keule und 
Schild neben Herakles doch wohl nicht auf dessen thaten- 
reiches Leben hin, sondern sind einfach die ihn charak- 
terisirenden Attribute. Wie die Anwesenheit des 
Helios auf dem kapitolinischen Prometheussarkophag (446) 
mir nicht auszudrücken scheint, dass die Erschafftang 
des Menschen bei Sonnenaufgang stattfinde, so kann 
ich auf dem chiaramontischen Eelief mit der Mühle (97) 
keine Andeutung finden, dass die Arbeit des Nachts 
vor sich geht: täusche ich mich nicht, so hält Heibig 
den Schaft mit davon ausgehendem Strick für eine 
brennende Fackel, die Rolle eines Flaschenzugs für 
eine Lampe. Zu viel Gelehrsamkeit scheint mir auch 
aufgewandt, wenn zu dem Mosaik der Sala a croce 
greca (320) auf das System der altgriecbiscben Scliilde, 
oder zu dem Kuppelbau auf dem lateranischen Niobiden- 
sarkophag (679) auf das Schatzhaus des Atreus verwiesen 
wird: hier hätte es doch näher liegende Analogien 
gegeben. 

- Treffend ist die Bemerkung über das Modellstudium 
beim Laokoon (I, S. 99). Hingegen scheint mir der 
Vergleich der beiden Herastatuen der Botunde (297, 
801) nach der Seite des Stiles nicht erschöpfend; was 
zur zweitgenannten gesagt ist, beschränkt sich wesentlich 
auf den Kopf. 

Von den kunstgeschichtlichen urteilen Helbig's seien 
hier nur einige hervorgehoben. Die Tänzerin des 
Maskenkabinetts (249) wird für eine Originalarbeit des 
8. oder 2. Jahrb. v« Chr., für eine ebensolche aus helle- 
nistischer Zeit der Zenon des Kapitols (523) ange- 
sprochen. Bei der Gruppe des Silen mit dem Bakchos- 
knaben (4) hebt Heibig den nachlysippischen Charakter, 
wie ich glaube, mit Eeoht hervor. Für die Zuteilung 
der Molosserhunde des Belvedere (151, 152), sowie des 
BroDZepferdes Im Konservatorenpidast (609) an Lyslpp 
steht wohl noch eingehendere Begründung vom Verfasser 
selbst in Aussicht, während die zu den schönen Mädchen- 
figuren des Konservatorenpalastes (559, 560) ausge- 
sprochene Veimutnng, dieselben könnten von dem Da- 
naideneyklus im palatinischen Apollotempel herrühren, 
voi^ussichtlich von anderer Seite in weiterem Znsammen- 
hange untersucht werden wird. Besonders beachtens- 
wert sind gerade von Helbig^s Seite Bemerkungen, 
wie die über den alezandrinischen Ursprung der Venus- 
statuette im Lateran (694) oder über den campa- 


nischen, beziehungsweise römisch -campanischen des 
bronzenen Dionysos der Diokletiansthermen (959), oder 
den etruskischen der Pallas in Villa Albani (762), ferner 
die Zuteilung der Reliefs des Konservatorenpalastes 
(543, 545, 546) an die Zeit Hadrian's statt jener der 
Antonine, oder was I, S. 359 zu Nr. 81, 82 über die 
Porträtkunst des 3. und 4. Jahrhunderts n. Chr. gesagt 
ist Über manches wird sich streiten lassen. So möchte 
ich für das Vorbild der Ariadne (212) etwas tiefer, für 
das der Pudicitia (8) etwas höher hinauf gehen, als 
Heibig. Die Spes des Konservatorenpalastes (588) halte 
ich für nicht archaisch, die Nike ebenda (589) für 
Kopie. Nicht zutreffend scheint mir auch — um an- 
deresj was sich im Bahmen dieser Anzeige nicht gut 
abthun lässt^ zu übergehen -^ was zur Begründung 
nordgriechiscben Ursprunges bei der einen esquilinischen 
Stele (585) gesagt wird, oder des pergamenischen zur 
„Persephone^ des Kapitols (528), wenngleich die Be- 
merkung über das Gewand der letzteren an sich richtig 
ist. In zwei Fällen werden Werke auf Euphrahor ge- 
tauft: so der Paris der Statnengalerie (186) und die Leto 
mit den Zwillingen im kapitolinischen Museum (418), 
letztere nach dem Vorgange von Schreiber und Overbeck. 
So sehr man es willkommen heißen müsste, wenn sich 
Von der Individualität dieses bislang nur der Künstler^ 
geschichte angehörigen Meisters aus Nachbildutigen 
seiner Werke ein konkreteres Bild gewinnen ließe, so 
kann ich die erwähnten Versuche doch für wenig ge- 
glückt ansehen. Bei dem Paris liegt die Zurflckführung 
auf Euphranor ja ziemlich nahe, doch bleibt dafür eine 
zuverlässigere Grundlage zu wünschen, als die schließlich 
auf jede halbwegs gelungene Parisfigur passende epi- 
grammatische Charakteristik des Plinius und der Hinweis 
auf die Proportionen der Figur, bei der nicht unwesentliche 
Teile ergänzt sind. Nicht verständlich ist es mir aber, 
wie fielbig nicht nur diese Statue und die Letogruppe 
demselben Künstler zuschreiben, sondern die Beziehung 
auf Ettphranor bei der Gruppe mit den Worten be- 
gründen kann: „Der Ausdruck der Bewegung und die 
Behandlung der Gewänder entspricht vollständig der 
Kunstweise der zweiten attischen Schule." Für mich 
spricht sich im Stil dieser Gruppe ein noch kaum völlig 
überwundener Archaismus aus. 

Der auf die Litteraturnachweise verwandten be- 
sonderen Sorgfalt ist schon eingangs gedacht worden. 
Absolute Vollständigkeit darin war natürlich Weder er- 
reichbar noch beabsichtigt. Erwähnung verdient hätte 
vielleicht noch zum Praxitelischen Satyr (521) Brunn, 
Deutsche Rundschau VIII, S. 200 ff. (der in der Note 
zu dieser Nummer verheißene Nachtrag ist nebenbei 
nicht erfolgt); zum sterbenden Gallier (529) die Ver- 
mutung V. ürlich's, pergamen. Inschriften, S. 28, zum 
Porträt des Perikles (281) die neugeftmdene Inschrift 
Deltion 1889. S. 35 ff., zu den Trapezophoren im Bel- 
vedere (136) Brunn, Sitzungsber. d. bayr. Akademie 1888, 


179 


Bfloherflchau. 


180 


S. 312, sowie die athenigchen Fragmente v. Sybel 962, 
6404, durch welche ich an anderem Orte ein älteres 
griechisches Vorbild auch für diese Komposition nach- 
zuweisen gedenke, gleichwie für das Pyrrhichistenrelief 
desVatikans(291,Ygl.Hauser neu-attische Reliefs, Typ. 50) 
in einem großen Weihgeschenke des Xenokles, Sohnes 
des Xeinis, auf der athenischen Akropolis, wovon Stücke 
noch erhalten sind (v. Sybel 6569, Deltion 1889, S. 97). 

Es war nicht leicht, den Ton der Darstellung so 

* 

zu treffen, dass den beiden Kategorien von Benutzem, 
für die das Buch bestimmt ist, Genüge geschah; dass 
dies im ganzen glücklich erreicht wurde, bildet nicht 
einen der geringsten Vorzüge der Helbig'schen Arbeit. 
Wenn es mir scheint, dass dabei dem in der Vorrede 
an zweiter Stelle genannten ^gebildeten Laien'' gleich- 
wohl zumeist in erster Linie Rechnung getragen wurde, 
so soll damit dem Buche gewiss nichts Nachteiliges nach- 
gesagt werden. Nur ob Worte wie Telamone, Thymia- 
terion, auch Seilen u. a. dem Nichtfachmann gel&ufig 
sind^ bleibe dahingestellt. 

Der kleineren Kunst und den Objekten des täg- 
lichen Lebens wie des Kultes gehört größtenteils der 
Bestand jener Sammlungen an, deren Bearbeitung in dem 
vorliegenden Werke E, Beisch übernommen hat. Vieles 
daruntergeht über den Bereich der eigentlich klassischen 
Kultur und Kunst hinaus und pflegt darum dem gewöhn- 
lichen Arbeitsgebiet auch des Archäologen femer zu 
liegen. Um so willkommener wird dem, der sich zur 
Vervollständigung seiner Studien an der Hand der Schätze 
des Museo Gregoriano oder des Grabes von Palestrina 
über die Fundstücke etruskischer Nekropolen zu orien- 
tiren wünscht, die durch Reisch's Arbeit gebotene An- 
leitung sein. Der Verfasser hat sich den Stoff nach 
seinen so verschiedenen Seiten mit Glück zu eigen ge- 
macht und allenthalben dem heutigen Stande der Wissen- 
schaft Rechnung zu tragen gesucht. Die Auswahl hätte 
wohl etwas knapper sein können, doch lässt sich dieselbe 
durch die besondere Rücksicht, die, wie erwähnt, auf 
diesem Gebiete auf den archäologischen Benutzer des 
Buches zu nehmen war, rechtfertigen. Die Eigenart 
des Materials begründet auch die von den anderen Teilen 
des Führers etwas abweichende Behandlung. So sind 
den beiden hauptsächlichen Sammlungen des Museo Gre- 
goriano, den Vasen und den Bronzen, wie ähnlich auch 
den Goldfunden des Grabes Regulini-Galassi^ Einleitimgen 
vorangeschickt, die, mit Sachkunde und anziehender 
Frische geschrieben, einen besonderen Schmuck der ge- 
nannten Abschnitte bilden, und von denen namentlich 
die über die Vasen gewiss dazu beitragen wird, auch 
weitere Kreise über eine dem allgemeinen Interesse 
bisher ziemlich entrückte Klasse von Kunstwerken auf- 
zuklären. Gleiches Lob gebührt der Einzelbehandlung 
der in ihrer NeuaufsteUung durch 0. L. Visconti dem 
Studium mit dankenswerter Liberalität zugänglich ge- 
haltenen Vasen; höchstens könnte man fragen, ob der 


Führer der Ort war, Konjekturen über die Meister ein- 
zelner Schalen vorzubringen^ zumal es Reisch nach der 
Andeutung der Vorrede an Gelegenheit nicht fehlen wird, 
dieselben dem wissenschaftlichen Forum vorzulegen und 
näher zu begründen. 

Noch ist der zum besseren Verständnisse einzelner 
Ausführungen beigegebenen Abbildungen, sowie des hand- 
lichen Formates und gefälligen Dmckes zu gedenken. 
Wir zweifeln nicht, dass ein Buch, welches einem wahr- 
haften Bedürfiiis in so vorzüglicher Weise entspricht 
und bei dessen Bearbeitung sich fachmännische Be- 
herrschung des G^enstandes und Geschick der Dar- 
stellung in nicht gewöhnlichem Maße vereinigten, bald 
weite Verbreitung finden und häufige Auflagen erleben 
wird. Ein etwas niedriger gehaltener Preis könnte dazu 
gewiss noch weiter beitragen. 

Rom. E. LÖW7. 


Waigel, Br. M.» Bildwerke aus aUslariseher Zeit Mit 25 
eingedruckten Abbildungen. Braunschweig, F. Vieweg u. 
Sohn. 1892. 4^^. 32 S. (Sep.-Abdr. aus dem „Archiv für 
Anthropologie*' XXI. Bd., 1. u. 2. Heft.) 
Während wir über die Kultur der Germanen vor und 
nach der Völkerwanderung aus den Gräberfunden uns ein 
annähernd richtiges Bild machen können, sind wir dies 
bei den Slaven nicht imstande, weil diese den Verstorbenen 
keinerlei Geräte ins Grab mitzugeben pflegten. Von der 
Tempelpracht von Rethra ist uns nichts, Vineta uns bloß in 
der Sage erhalten. Was wir von den £lbe-Slaven wissen, 
verdanken wir älteren, nicht Überall unparteiischen Schrift- 
stellern, und was die Lokalitäten betrifft, wo allenÜEills Denk- 
mäler des slavischen Volkes zu finden sind, so wären ledig- 
lich die zahlreichen kleinen ButgwäUe als solche zu be- 
zeichnen. Und doch war der Kulturzustand der Wenden 
zur Zeit der Ottonen kein allzu primitiver. Sie waren den 
deutschen Heeren an Kriegstfichtigkeit ziemlich gewachsen. 
Die deutschen Missionäre gingen bei ihrer Bekehrung sehr 
energisch vor. Die Tempel, vielfach von Holz und gelegent- 
lich Pfahlbauten, wurden verbrannt, die Bildwerke in die 
Gewässer versenkt. Manche, wie die drei Steinfiguren von 
Bamberg (Fig. 12 u. 16), wie die Steinsäule von Husiaiyn 
in Galizien (Fig. 17 u. 18) sind aus ehemaligen Flussläufen 
wieder ausgegraben worden. -Diese, sowie andere notorisch 
aus ehemals slavischen Gebieten herrührende Fundstücke — 
unter denen wohl der sogenannte Suanteuit von Altenkirchen 
auf Rügen, die Reliefplatte von Bergen, ebendaselbst, und 
die Steinfigur von Mosgau-Groß-Herzogswalde, Kreis Rosen- 
berg, Westpreußen (Fig. 10, 11, 1—3) die interessantesten 
sind — bilden den Gegenstand der vorliegenden Arbeit 
M. Weigel's. In der genauen Beschreibung, welche den ein 
zelnen Figmren gewidmet ist, ward bei der Säule — richtiger 
dem Pfeiler von Husiatyn — bei der vierten Figur oben 
rechts übersehen, dass sie weiblichen Geschlechtes ist. In 
Bezug auf die Gewandung sei bemerkt, dass deren oberer 
ringförmiger Abschluss (Fig. 1 — 4), ihre Länge und ihre ring- 
förmigen Wülste unten (Bamberg No. 12, 13) uns auf einen 
Pelz hinzudeuten scheinen; dass der am Rücken einzelner 
Figuren (Bamberg 13, 15) wohl nichts anderes darstellen 
dürfte, als ein auf den Pelz gesticktes Ornament, wie solches 
in den slavischen Ländern auf Pelzen da und dort noch ge- 
tragen wird. Als Resultat ergiebt sich: die formell äuDerst 


181 Personalnachrichten. — Denkmäler. — Vereine und Geßellflchaften. — Vermischtes. — Vom Kunstmarkt. 182 


primiti?en Bildwerke sind sämtlich in den letzten Jahrhun- 
derten des slafischen Heidentums entstanden, stimmen aber 
mit den Beschreibungen, die uns Thietmar von Merseburg, 
Helmold und Saxo Grammaticus von den slavischen Götter- 
bildern geben, vollkommen Überein. Die Deutung auf be- 
stimmte Gottheiten ist vor der Hand nicht möglich. D, 

PERSONALNACHRICHTEN. 

**♦ Der Marinemaler Sehnars -Älquist ist auf einstim- 
migen Beschluss der sämtlichen deutschen Lokalkunstgenossen- 
schaften zum Delegirten für Chicago gewählt worden. 

DENKMÄLER. 

*^* Über die Ausfühnmg des Reiterstandbildea Kaiser 
Wilhelm's L, welches die Rheinprovinz am Deutschen Eck 
in Koblenz errichten will, hat der rheinische Provinzialland- 
tag nach langen, zum Teil sehr erregten Verhandlungen am 
14. Dezember endgültigen Beschluss ge&ssst. Danach ist, 
wie wir dem „Centralblatt der Bauverwaltung'' entnehmen, 
der mit der Denkmalfrage betraute Provinzialausschuss er- 
mächtigt, mit den Verfassern des mit dem ersten Preise ge- 
krönten Entwurfs (Bildhauer Eundrieser und Architekt Bruno 
Sekmitx in Berlin) wegen einzelner an dem Reiterbilde und 
seinem Sockel vorzunehmenden Abänderungen, sowie wegen 
Einschränkung und Vereinfachung des Unterbaues in Ver- 
bindung zu treten und demnächst frbr die Ausführung des 
Denkmals das Erforderliche zu veranlassen. 


VEREINE UND GESELLSCHAFTEN. 

e. 1. Am 9. Dezember 1892, also genau am 175. Geburts- 
tage Winckelmann's, hat das deutsche archäohgisehe Institut 
in Rom seine Sitzungen wieder angenommen. Den ersten 
Vortrag hielt Dr. Huelsen Über den Bauzustand des Palatin 
in der ersten Kaiserzeit. Hierauf gab Dr. Ämelung Hit- 
teilung über ein von ihm kürzlich im Museum von Palermo 
wieder aufgefundenes, bisher nur aus der Zeichnung Barrey^s 
und dem Hauverschen Gipsabguss bekanntes Fragment vom 
Ostfries des Parthenon. Dasselbe schließt genau an ein in 
Athen aufbewahrtes Stückchen an und enthält einen Teil 
der unteren Gewandpartie der Peitho und des Stuhles der 
Aphrodite. Zum Schluss besprach Prof. Petersen ein in der 
Sammlung des Marchese Chigi in der Nähe von Siena be- 
findliches, von einem griechischen Sarkophage herrührendes 
Relief, in dessen Darstellung er die neun Musen mit Mne- 
mosyne, Apollon und Hermes und dem von den Musen unter- 
wiesenen Homer erkennt. Das fein komponirte Relief, welchem 
auch für die Geschichte der Entwickelung der Musendar- 
stellungen Bedeutung zukommt, weist in einer Fülle reiz- 
voller Einzelmotive auf die attische Kunst des vierten Jahr- 
hunderts n. Chr. hin; die nahe Verwandtschaft mit den 
Musendarstellungen der kürzlich entdeckten mantineischen 
Basis wurde vom Vortragenden hervorgehoben. 


VERMISCHTES. 


* * 


Ausgrabungen a/iif dem Boden des alten Korinth, 
Nach dem neuesten Hefte der Mitteilungen des Eaiserl. Deut- 
schen Instituts in Athen hat die griechische archäologische 
Gesellschaft Ausgrabungen in Korinth unternommen. Es 
handelte sich dabei zunächst um die Bestimmung der Lage 
der alten Agora. Diese selbst ist zwar nicht gefunden worden, 
aber die Grabungen haben das erfreuliche Ergebnis gehabt, 
dass sieb die antiken Bauwerke und die über ihnen errich- 
teten byzantinischen Gebäude als viel besser erhalten her- 


ausgestellt haben, als nach den früheren Erfahrungen er- 
wartet werden durfte. So wurde z. B. der wohlerhaltene 
Fußboden und Stylobat des Hofes eines aus der besten grie- 
chischen Zeit stammenden Wohnhauses aufgedeckt, dessen 
Bauglieder teilweise zu einem darüber erbauten byzanti- 
nischen Hause verwendet waren. Beide Anlagen waren so 
vollständig mit Erde bedeckt, dass vor der Ausgrabung auch 
nicht der geringste Rest einer Mauer sichtbar war. Nach 
diesen Erfahrungen darf man nut Bestimmtheit voraussetzen, 
dass die meisten Gebäude des alten Korinth noch in ihren 
Fundamenten und unteren Teilen erhalten sind. Die voll- 
ständige Aufdeckung der Stadt oder wenigstens ihres wich- 
tigsten Teiles kann daher nur eine Frage der Zeit sein. 

%* Zur Baugeschichte des Pantheons in Rom. Nachdem 
ein Mitglied der französischen Akademie in Rom, Chedanne, 
vor mehreren Monaten nähere Untersuchungen Über die 
Entstehung des Pantheon angestellt, ist die Angelegeinheit 
auch von der italienischen Regierung weiter verfolgt worden. 
Über die bisherigen Ergebnisse dieser Untersuchungen hat 
jetzt der Abteilungschef im Unterrichtsministerium Beltrami 
nähere Mitteilungen gemacht, denen wir das Folgende ent- 
nehmen. Zunächst darf jetzt als feststehend betrachtet werden, 
was früher nur vermutet wurde, nämlich dass die Gesamtmasse 
der Rotunde des Tempels eine dem Hadrian oder auch dem 
Agrippa zuzuschreibende Mörtelkonstruktion ist. Architekten 
und Archäologen sind sich von je darüber einig gewesen, 
dass die Rotunde und der Portikus des Tempels weder archi- 
tektonisch, noch konstruktiv zusammen gehören, also auch 
zu verschiedenen Zeiten errichtet sein müssen. Die vorwie- 
gende Meinung lautete dahin, dass der Rundbau von Agrippa 
und zwar aus dem Jahre 27 v. Chr. stammte und dass die 
Säulenhalle später, aber immer noch von Agrippa erbaut 
worden sei. Seitdem ist aber bewiesen worden, dass die 
Rotunde ein Werk des Hadrian, also ungefähr 160 Jahre 
nach Agrippa entstanden sein muss. Darauf war jetzt die 
Frage zu entscheiden, ob der Portikus als einziger Überrest 
des Tempels des Agrippa stehen geblieben war oder als eine 
Rekonstruktion aus den Überresten des Tempels des Agrippa 
zum Schmucke der vorderen Fa^ade des Bauwerks Hadrian's 
zu betrachten ist. Zu diesem Zwecke wurden die Fundament« des 
Pantheons aufgedeckt Die Ergebnisse dieser Nachgrabungen 
sind noch nicht völlig zum Abschluss gebracht, sie haben je- 
doch schon die Thatsache festgestellt, dass das Fundament der 
Säulenhalle seinem Materiale und der Art der Konstruktion 
nach sich von dem der Rundhalle unterscheidet. Damit also 
steht fest, dass die Giebelinschrift recht hat, welche den 
Portikus als ein Bauwerk Agrippa's bezeichnet. Es sind so- 
dann die Fundamente zweier Längsmauem in einer Ausdeh- 
nung von 43,8 Metern festgestellt worden, die im korrespon- 
direnden Verhältnisse zur Frontgrnndmauer stehen, welche 
als Basis der acht Säulen des Portikus verwendet wurde. 
Betrachtet man diese Mauern als Reste eines rechtwinkeligen 
Tempels im griechischen Stile, so muss die Hauptachse des 
Pantlieons des Agrippa sich perpendikulär zur Achse der Ro- 
tunde verhalten haben. Das erstere muss demnach in der- 
selben Richtung wie ein anderer, ebenfalls zur Zeit des 
Agrippa errichteter Tempel auf dem Marsfelde gestanden 
haben, dessen Reste noch in der Via di Pietro sichtbar sind. 
Die Frage der Erhaltung des Bauwerks wird denmächst das 
Parlament beschäftigen. 


VOM KUNSTMARKT. 

— Am 30. d. Mts. und folgende Tage gelangt durch 
das Kunstantiquariat von Amslei' cO Ruthardt in Berlin W,^ 


183 


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18 


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^ Für die Redaktion verantwortlich Arbuar Seemcum. — Druck von August Pries in Leipsig. 


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WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE. 
Ankundigungsblatt des Verbandes der deutschen Kunstgewerbevereina 


HERAUSGEBER^ 

CARL VON LÜTZOW und DR. 

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Verlag von E. A. SEEMANN in LEIPZIG, Gartenstr. 15. Berlin: W. H. KÜHL, Jägeretr. 73. 


Neue Folge. IV. Jahrgang. 


•3 1892/93. 


Nr. 12. 19. Januar. 


Die Kmostehronik erscheint als Beiblatt svr «Zeitsohrift fttr bildende Kunst* und cum «Kunstgewerbeblatt* monatlioh dreimal, in den 
Sommermonaten Juli bis September monatlieh einmal. Der Jahrgang kostet 8 Xark und umfasst SS Nummern. Die Abonnenten der »Zeit- 
schrift fllr bildende Kunst* erhalten die Kunstohronik gratis. — Für Zeichnungen, Manuskripte etc., die unT erlangt eingesandt werden, 
leisten Redaktion und Terlagshandlung keine Oew&hr. Inserate, A 80 Pf. fUr die dreispaltige Petitaeile, nehmen außer der Yerlagshand- 
lung die Annoncenexpeditionen von Haasenstein & Vogler, Rud. Messe u. s. w. an. 


DIE AUSSTELLUNG DER MÜNCHENER .24- 

IN BERLIN. 

Während sich die Spaltung innerhalb der Mün- 
chener EünsÜerschaft immer mehr erweitert und un- 
heilbarer gestaltet, während von berufener und un- 
berufener Seite Versuche gemacht werden, f&r die 
Ausstellungen der Münchener Sezessionisten in Dres- 
den oder Berlin Bäume zu gewinnen, und während 
sich in Berlin selbst Konflikte bilden, bei denen per- 
sönliche und künstlerische Motive in wunderlicher 
Verquickung mitgewirkt haben, ist eine geschlossene 
Schar von Münchener Künstlern, gleichsam zu einer 
Art von Bekognoscirung, in die Schulte'sche Aus- 
stellung eingezogen, um das Terrain zu sondiren 
und mit dem Kunstgeiste der Berliner Bevölkerung 
Fühlung zu suchen. Es ist keine offizielle Abord- 
nung der Sezession; denn die „24^^ sind nur ein 
schlichter Künstlerklub, die « Stammtischgesellschaft*' 
eines Münchener Kaffeehauses, zu der auch Künstler 
gehören, die nicht förmlich dem Verein der Sezes- 
sionisten beigetreten sind. Aber die Kunstanschau- 
ung, welche die Mehrzahl dieser .24* beherrscht, ist 
im wesentlichen dieselbe, der auch die Mehrheit; der 
Sezessionisten huldigt. Fritz von Uhde und sein 
Naturalismus sind hier wie dort das Panier, und 
alles, was seltsam, abenteuerlich, extravagant, bizarr, 
von dem Herkommen abweichend ist, findet bei den 
«24* ebenso viele fanatische Bewunderer und Nach- 
ahmer, wie in der Vereinigung der Sezessionisten. 
Wenn man von zwei niedlichen, in Meissonier scher 
Art gemalten Rokokobildchen von TheohcUd Scharrt, 
zwei geistvoll oharakterisirten, aber leider im Bei- 


werk sehr flüchtig behandelten Bildnissen, dem des 
Archäologen Curtius und dem einer jungen Frau, 
von ReinJiold Le^sius, ein paar Grisaillen des Ulu- 
strators Fritx Wähle und zwei mit höchster Leben- 
digkeit, ganz in dem guten realistischen Sinne der 
Florentiner Quattrocentisten oharakterisirten Portrat- 
büsten von Hugo Kaufmann absieht, verfolgen die 
Schöpfungen der übrigen Mitglieder der Vereinigung 
dasselbe Ziel: die nichtigsten Dinge, die alltäglich- 
sten, zum Teil widerwärtigsten Motive in einer Dar- 
stellungsweise, an der nichts bemerkenswert und auf- 
fallend ist, als die n^ehr oder minder stark ver- 
letzende Nachlässigkeit, Schludrigkeit und Roheit 
der Technik, zur Anschauung zu bringen. In der 
Art der AusftLhrung lassen sich noch einige Stufen- 
grade unterscheiden. Einzelne, wie z. B. Brufw 
PigUiein, H. v. Habermann, Joseph Block, Albert Keller 
und der Illustrator H Schlittgen haben noch nicht 
völlig mit ihrer künstlerischen Vergangenheit ge- 
brochen. Wenn sie sich auch unter dem Einfluss der 
bösen Beispiele , die ihre guten Sitten verdarben, 
mit vollem Behagen an die Lösung der raffinirtesten, 
im Grunde aber völlig zweck- und interesselosen 
Farben- und Beleuchtungsprobleme — natürlich 
unter der Ägide des in München vergötterten Fran- 
zosen Besnard — gemacht haben, so geben sie doch 
noch immer etwas auf Zeichnung, Modellirung und 
ähnliche altertümliche Gewöhnungen des malerischen 
Handwerks. Man versteht wenigstens, was sie sagen 
wollen, wenn der Inhalt ihrer Schildereien auch herz- 
lich unbedeutend ist. Da die genannten Künstler 
nun einmal zu der Überzeugung gelangt zu sein 
scheinen, dass ihre bisherigen Ausdrucksmittel für 


187 


Die Ausstellung der Münchener ,,24" in Berlin. 


188 


die neue Welt ihrer stürmischen Gedanken zu eng 
geworden sind, so hätten sie zum mindesten aber 
auch ihre „neue Ennst" an großen Aufgaben 
probiren sollen. 

Das ist der wunde Punkt der , neuen Kunst*', 
über die ihre Propheten und die Beth5rten in ihrem 
Qefolge nicht hinwegkönnen. Die armseligsten Ein- 
falle, rohe Studien, inhaltsleerer Atelierabhub werden 
zu einer Ausstellung zusammengepfercht, die der 
Welt eine neue OfiPenbarung der Kunst bringen soll. 
Nach den großen Worten, dem schwungvollen Pro- 
gramm immer und immer dieselbe Abzahlung in 
kleiner Münze, dieselbe Vertröstung auf die kommen- 
den Thaten der neuen Männer. Aber sie kommen 
und kommen nicht, und die wenigen von den deut- 
schen Naturalisten und Impressionisten, die noch 
etwas gekonnt und auch geleistet haben, gehen bei 
diesen fruchtlosen Experimenten, bei diesem Umher- 
tappen nach einer dunklen Zukunft vielleicht ganz 
und gar zu Qrunde. Wir denken dabei in erster 
Linie an Fritz von Uhde* Was er zur Ausstellung 
der „24^ hergegeben hat, ist seiner nicht würdig, 
auch wenn er es beiläufig, unter vielem anderen, aus- 
gestellt hätte, am allerwenigsten aber, wo es sich, 
wie hier, um eine ernsthafte Probe auf die Berech- 
tigung und den Bestand der «neuen Kunst" handelt. 
Was er z. B. auf einem großen Bilde zeigen wollte, 
das zwei Schulmädchen darstellt, die sich an einem 
(Kartentische vereint über ein Buch beugen, die Re- 
flexe der durch das Laubdach der beschattenden 
Bäume dringenden Sonnenstrahlen auf den Händen, 
Gesichtern, Kleidern der beiden Mädchen und auf 
ihre Umgebung, das hat der Münchener Carl Marr 
in seinem unabhängig von den .24^ ausgestellten 
BUde «Sommemachmittag« viel übeneugender, na- 
turwahrer, koloristisch wirksamer und vor aUen 
Dingen liebenswürdiger und geistreicher geschildert. 
Er führt uns eine um zwei Tische gruppirte Ka£Pee- 
gesellschaft von Frauen und Mädchen in der Tracht 
vom Anfang dieses Jahrhunderts unter dem Schatten 
breitästiger Bäume vor, im Vordergründe Kinder, 
die unter der Obhut ihrer Wärterinnen herbeihüpfen- 
den Hühnern Brosamen streuen. Es soll hier nicht 
bloß die Anmut, sondern ebenso sehr die Wahrheit 
der Schilderung gepriesen werden. Denn es ist 
schlechterdings nicht einzusehen, weshalb die Wahr- 
heit nach dem Prinzip der Naturalisten Uhde'scher 
Richtung nur allein in der absichtlich auf jeden 
koloristischen und formalen Reiz verzichtenden Wieder- 
gabe einer stumpfsinnigen, öden Wirklichkeit zu 
suchen und zu finden sein soll. Marr hat uns schon 


öfter gezeigt^ dass dieselben koloristischen Probleme, 
die sich die Naturalisten stellen, auch auf anderem 
Wege und noch dazu viel glücklicher gelöst werden 
können. 

Die Kunstgeschichte lehrt uns durch ihre Ent- 
wicklung in drei oder vier Jahrtausenden, die vnr 
überschauen können, dass allmählich gewachsene und 
in sich gefestigte Kunst- und Naturanschauungen nicht 
so im Handumdrehen, durch einen revolutionären 
Handstreich, wie etwa ein französisches Kabinett 
unter der dritten Republik, gestürzt und beseitigt 
werden können. Dazu bedarf es in erster Linie eines 
großen Geistes, der den Mut und vor allen Dingen 
die alle um ihn herum mit sich fortreißende Kraft 
zur That besitzt Wer in Fritz von Uhde diesen 
Geist erblickt hatte, wird sich von Jahr zu Jahr 
mehr enttäuscht f&hlen, und unter den kleinen 
Geistern, die sein Gefolge bilden, ist auch nicht 
einer, der irgendwie befähigt wäre, die Führung zu 
übernehmen. Wir wollen deshalb nicht näher auf 
die fragwürdigen Experimente eingehen, welche die 
Herren Benno Becker, Louis GorirUh, Hans Borch- 
hardt und Ädelbert Niemeyer — wir nennen nur die 
Extremsten unter diesen .fahrenden Künstlern' — 
für Sehens- und ausstellungswert erachtet haben. 

Die Ausstellung der .24* hat, wie wir noch 
einmal hervorheben wollen, mit dem sezessionistischen 
Vereine der Münchener Künstler offiziell nichts zu 
thun. Aber agitatorisch und progranmiatisch für 
die Ziele der Sezession ist sie im Grunde doch. 
Neben persönlichen Reibereien und Zwistigkeiten 
hat der Streit zwischen der alten und neuen Kunst«- 
anschauung, die Abneigung gegen und die Leiden- 
schaft für die Zulassung aller fremdländischen Kunst- 
richtungen zu den Münchener Ausstellungen das 
Steinchen ins Rollen gebracht Wir nehmen weder 
für den alten, in Sieg und Herrschaft verbleibenden 
Stanmi der Genossenschaft, noch für die Sezessio- 
nisten Partei. Aber so viel ist klar, dass die Sezes- 
sionisten vor dem großen Publikum arg in Verruf 
kommen, wenn aus ihrer Mitte Vereinigungen ent- 
springen, die mit großer Wichtigthuerei öflFentliche 
Ausstellungen veranstalten wie die der .24". Es ist 
eine alte Erfahrung in der Kunst, dass eine große, 
alles und alle bezwingende That mehr gewirkt hat, 
als hundert geschriebene oder gemalte Proteste und 
Programme. ADOLF ROSENBERQ, 


189 


Bflcheraohan. 


190 


BÜCHERSCHAU. 

Gabriel Ton Törey, JJbreeht Dürer' s venexianücker Auf- 
enthalt von 1494 -1495. Straßburg, J. H. Ed. Heitz. 1892. 4. 
Wenn wir in vergangenen Jahren von der Wert- 
schätzung Dürers jenseits der Leitha hörten, handelte es sich 
in den meisten Fällen um die Frage nach der Abstammung 
des Meisters, nach der ursprünglichen Nationalität seiner 
Familie. Es ist nun ein erfreuliches Zeichen, dass ein junger 
Kunsthistoriker, der Ungarn seine Heimat nennt, aber seine 
wissenschaftliche Ausbildung zumeist in Deutschland em- 
pfangen hat, an die Lösung der Frage nach Dürers erster 
Reise nach Venedig gegangen ist Die unmittelbare Veran- 
lassung zur Behandlung dieser Frage bot Daniel Burckhardts 
ebenso anregendes als zum Widerspruch reizendes Buch: 
„Albrecht Dürers Aufenthalt in Basel 1492^1494", in welchem 
bekanntlich die erste italienische Reise in Abrede gestellt 
und augenommen wurde, der Nürnberger Meister habe die 
Zeit vom 25. April bis 28. August 150(5 fem von Venedig 
und zwar in den Tiroler Bergen zugebracht. Diesen Behaup- 
tungen tritt V. T^rey unter Aufgebot aller irgendwie bedeut- 
samen iitterarischen und künstlerischen Zeugnisse entgegen: 
er iÜhrt die Hauptstellen aas den Briefen Dürers an Pirk- 
heimer an und giebt der Überzeug^g Ausdruck, dass eine 
Reise nach den Tiroler Bergen, zu welcher übrigens auch 
keine Veranlassung vorlag, gewiss dem Busenfreunde ge- 
meldet worden wäre; er weist auf die ungemein rege und 
ergebnisreiche Thätigkeit des Meisters in Venedig hin, welche 
eine Unterbrechung, eine längere Abwesenheit nicht gestattet 
hätte; er gedenkt der misslichen materiellen Lage des Meisters, 
welche solchen Reisen nicht gerade günstig war, und bezieht 
das „rediisset" in der bekannten Stelle bei Scheurl: „Qui 
com nuper in Italiam rediissef ' auf einen früheren Aufent- 
halt Dürers in Italien. Fast gleichzeitig mit T^rej unter- 
suchte übrigens auch Prof. Dehio in den „Göttingischen ge- 
lehrten Anzeigen" (Nr. 23) dieselben Fragen: hat eine 
Jugendreise nach Italien stattgefunden und in welchem Jahre? 
Hat Burckhardt den Beweis erbracht, dass Dürer in seinen 
Wanderjahren 1490—94 sich nicht in Venedig aufgehalten 
hat, so kommen nun Dehio und T^rey zu dem Schlüsse, 
Dürer habe nach seiner Verehelichung im Jahre 1494 eine 
Reise unternommen, die bis ins Jahr 1495 hinein dauerte. 
Dehio sowohl als Terey legen ihren AusfÜhiungen so ziem- 
lich das gleiche Beweismaterial zu Grunde : die von Ephrussi 
mit Unrecht in die Jahre 1505 — 1507 verwiesenen Zeich- 
nungen in der Albertina und in den üfßzien, ferner die 
Zeichnung nach Credi bei Baron Schickler (Paris), dann die 
venezianischen Kostümstudien in der Aibertina (vgl. Springer, 
Dürer, S. 162) und die Zeichnung des Apollo und der Diana 
im Britischen Museum. Um sich in die italienische Formen- 
welt völlig hineinzuleben, um mit der Gedankenwelt Man- 
tegna's so innig vertraut zu werden, dazu genügten nicht 
einige nach Deutschland gebrachte italienische Kupferstiche: 
V. T6rey betont, dass sich einzelne Blätter aus der Apoka- 
lypse, dann das dreiteilige Altarwerk der Dresdener Galerie 
überhaupt nur im Zusammenhalte mit Werken Mantegna's 
und Bellini^s erklären lassen, und Dehio äußert sich eben 
im Hinblick auf dieselben Schöpfungen des Nürnberger 
Meisters in ähnlicher Weise, v. Terey schließt seine Beweis- 
führung mit der treffenden Bemerkung, erst dann, wenn wir 
eine erste italienische Reise von 1494—95 gelten ließen, 
würde sich der offenbar auf Jacopo de' Barbari bezügliche 
Satz : „Das Ding, das mir vor eilf Jahren so wohl gefallen 
hat, das gefällt mir jetzt nicht mehr; und wenn ich's nicht 
selbst sähe, so hätte ich keinem andern geglaubt" u. s. w. 


ohne Zwang deuten lassen. Das gesamte Beweismaterial für 
die erste italienische Reise, an der übrigens nur wenige 
zweifelten — Thausing, Wickhoff, W. v. Seydlitz, W. Schmidt 
und andere haben schon früher wichtige Argumente dafür 
beigebracht — wird von Herrn v. T^rey geschickt zusammen- 
gestellt und überzeugend ins Treffen geftlhrt Es lässt sich 
auch gegen die Festsetzung der Zeit der ersten italienischen 
Reise schwerlich ein Einwand erheben; das psychologische 
Bedenken, welches sich etwa im Hinblick auf die Trennung 
der erst kurze Zeit Vermählten geltend machen ließe, scheint 
mir doch nicht stichhaltig genug, um ernstlich in Betracht 
kommen zu können. T^rey*s eingehende und treffende Kritik 
des Burckhardt*schen Werkes, die hier die Gestaltung einer 
ungemein luxuriös ausgestatteten Schrift (30 Seiten) i) ange- 
nommen hat — als „Fortsetzung** zu dem Buche Burckhardts 
bezeichnet sie etwas ängstlich der Verfasser — bedeutet also 
einen Fortschritt unserer historischen Erkenntnis des großen 
Meisters selbst in kleinen Einzelheiten. Die sieben Licht- 
drucke, welche der Studie beigegeben sind, beweisen, wie 
ernst und gewissenhaft der Verfasser seine Beweisführung 
nahm. Die kleine Schrift ist demselben, gegen dessen Aus- 
führungen sie gerichtet ist, nämlich Daniel Burckhardt, „in 
Freundschaft zugeeignet" — auch in dieser Widmung liegt 
ein lobenswerter Fortschritt: die frische Polemik auf wissen- 
schaftlichem Boden braucht niemals in gehässiges Gezanke 
auszuarten. FR. LTH. 

Bibliographie der Schweiierischen Laadeelrancle: 

Architektur, Plastik und Malerei. Zusammengestellt von 
Dr. Berthold Raendcke, Privatdozent der Kunstgeschichte 
an der Universität Bern. Bern, K. J. Wyss. 1892. 8". 
100 S. 
Eine sehr verdienstvolle, fleißige und durch übersichtliche 
Anordnung ausgezeichnete Arbeit, deren Wert noch durch 
ein sorgfältiges Namen- und Sachregister erhöht wird. Im 
ersten Abschnitt citirt der Herausgeber die allgemeinen, die 
Schweiz betreffenden Werke für alle drei Künste, und in 
den drei folgenden Abschnitten behandelt er jede der drei 
Künste einzeln, indem er zunächst wieder die zusammen- 
fassenden Schriften anführt und dann die Monographien, 
Abhandlungen, Aufsätze in Zeitschriften u. s. w., die sich 
auf einzelne Denkmäler und auf einzelne Künstler beziehen, 
nach topographischen Gesichtspunkten oder in alphabetischer 
Folge anordnet. Es ist erstaunlich, wie reichhaltig die ein- 
schlägige Litteratur im Verhältnis zur Kunstproduktion des 
kleinen Landes ist, dessen künstlerische Interessen übrigens 
im Spiegel dieser Bibliographie in einem weit günstigeren 
Lichte erscheinen, als es die häufig erhobenen Klagen über 
den Mangel an Kunstliebe in der Schweiz erwarten ließen. 
Dabei erhebt der Verfasser nicht einmal Anspruch auf Voll- 
ständigkeit seiner Litteraturnachweise. Da er in der Vorrede 
um Ergänzung bittet, wollen wir ihm wenigstens einen 
Beitrag liefern, indem wir ihn auf die kleine, aber inbalt- 
reiche Schrift „Die Brunnen in der Schweiz, Denkmäler 
der Kunst- und Kulturgeschichte" von Dr. phil. Claere 
Schubert (Frauenfeld 1885, J. Huber's Verlag) aufmerksam 
machen, die noch deshalb besonderes Interesse beansprucht, 
weil sie die Promotionsarbeit einer jetzt in Berlin lebenden 
Dame ist, die in Zürich Kunstgeschichte studirt hat. A. R, 

— n. Jacx>b Burckhardfs Cicerone ist soeben in sechster Auf- 
lage erschienen. Sie erweist sich als eine wesentlich ver- 
besserte, wenn es auch auf dem Titel nicht gesagt wird. 


1) Toh mass indes bemerken, dass der Text auf S. 9 begixmt und 
S. 84 endet; dann folgen wertvolle Anmerkungen. 


191 


Nekrologe. — PersoDalnacbrichten. — PreisTerteilungen. — Denkm&ler. 


192 


Eine durchgreifende Revision war besonders in der letzten 
2jeit eine stark fühlbare Notwendigkeit, denn bei den viel- 
fachen Ver&ndemngen in der Aufistellung der Ennstwerke 
in staatlichen und besonders in Privatgalerien versagte das 
Raster gar ULofig. Diesem Übelstand ist durch die Unter- 
stützung von italienischen Gelehrten abgeholfen und das 
Register ist zugleich auch etwas übersichtlicher angeordnet, als 
es vordem war. Der Herausgeber Geheimrat Bode hat sich 
bei dem massenhaft zuströmenden Material genötigt gesehen, 
einige Mitarbeiter heranzuziehen, die besondere Studien auf 
einzelnen Gebieten machen konnten. Bode hat vor allem 
die Skulptur und Malerei der Renaissance überarbeitet, als 
deren Kenner er ja allgemeines Ansehen genießt. Aber auch 
sonst ist seine beesemde und sichtende Hand zu erkennen. 
Eine dankenswerte Neuerung ist auch die Lostrennung des 
Registers von dem eigentlichen Werke. Das Register kann 
nun bequem in der Tasche mitgeftihrt werden. 

* Soeben ist ein neuer Katalog des archäologischen Na- 
tioncUmuseums in Athen aus der Feder des gegenwärtigen 
Ephoros der Altertümer Griechenlands, P. KawadictSj er- 
sdiienen. Der bisher vorliegende erste ßand (504 Seiten B^) 
umfasst 1044 Werke, von denen eine genaue Beschreibung 
nebst Angabe der Maße, des Materials, der Erhaltung u. s. w. 
unter HinzufÜgnng der wissenschaftlichen Litteratur geboten 
wird. Der in griechischer Sprache verfasste Katalog steht 
vollkommen auf der Höhe der heutigen Wissenschaft. Die 
Prolegomena enthalten eine knrzgefasste Geschichte des Mu- 
seums. Auch ein Plan desselben ist beigefügt. 


NEKROLOGE 

\* Der norwegische Oenre- und Architekturmaler Vinxent 
Stoltenberg-Lerche, gewöhnlich St. Lerche genannt, ist am 
28. Dezember v. J. in Düsseldorf, wo er seit 1856 ansässig 
war, gestorben. Einem Nekrologe der „Köln. Ztg.'' ent- 
nehmen wir folgendes über seinen Lebensgang: Zu TOnsberg 
in Norwegen 1837 geboren, studirte der Verstorbene nach 
absolvirtem Gymnasium auf der Universität in Christiania, 
beschloss indessen schon im Alter von 19 Jahren, sich der 
Malerei zu widmen, und kam 1856 nach Düsseldorf, wo er 
Schüler der Kunstakademie wurde und bis 1858 blieb. Seine 
ersten selbständigen Arbeiten waren Architekturbilder, ins- 
besondere Interieurs von Klöstern und Kirchen, die wegen 
ihrer gediegenen und von eingehendem Verständnis zeugen- 
den Wiedergabe sowie der feinen malerischen Behandlung 
halber vielen Beifall fanden. Später wandte er sich mit 
gleichem Erfolge der Genremalerei zu und leistete durch 
die Verbindung beider Treffliches. Mit Vorliebe malte er 
Genrebilder aus der Rokokozeit, welche er fein humoristisch 
behandelte. Infolge eines Staatsstipendiums hielt Lerche sich 
längere Zeit in Venedig auf und machte Studienreisen in 
Deutschland, Frankreich, Holland und Skandinavien. Die 
Frucht dieser Studienreisen war eine reiche Ausbeute, wert- 
volles Material für seine späteren Arbeiten, namentlich vor- 
zügliche Architekturstudien, von denen er viele später als 
Ölgemälde und Aquarelle ausführte. Ein Hauptwerk von ihm. 
„Das Innere der Lambertuskirche", besitzt das Stadtmuseum 
in Bergen (Norwegen). Von seinen bekanntesten größeren 
Bildern sind zu nennen : „Der Zehntentag im Kloster*', „Die 
Klosterbibliothek", „Ein Wirtshaus zu Köln zur Zeit der 
französischen Occupation", „Der Besuch eines Kardinals im 
Kloster" und die bereits erwähnten humoristischen Rokoko- 
Genrescenen. Lerche beteiligte sich auch an der Ausschmük- 
kung des Gürzenichsaales in Köln durch die großen Wand- 
bilder, das Fest der Vollendung des Domes darstellend. Als 


Illustrator war der Verstorbene ebenfalls sehr geschätzt und 
war als solcher Mitarbeiter bedeutender deutscher, schwe- 
discher und norwegischer illnstrirter Zeitungen; auch als 
Schriftsteller machte Lerche sich bekannt durch zwei Bände 
Reiseskizzen, die 1872 und 1874 erschienen sind, zwei Hefte 
Kinderreime und Volksweisen, Arabesken u. s. w. 

•^* Der Architekt Rudolf Speer, Lehrer am Kgl. Kunst 
gewerbemuseum in Berlin, ist in der Nacht zum 6. Januar 
plötzlich an einem Herzschlage gestorben. Am 4. März 1849 
zu Waren in Mecklenburg geboren, war Speer seit Jahren 
für die Architektenfirma Gropius und Schmieden thätig. Wie 
wir der „Nordd. Allg. Ztg." entnehmen, war er schon an 
der Ausarbeitung der Entwürfe für den Bau des Kunst- 
gewerbemuseums beteiligt, und als Martin Gropius noch vor 
Vollendung dieses seines letzten Werkes 1880 starb, trat 
Speer in die Lücke ein, um seitdem an den weiteren Ar- 
beiten des nun Schmieden und Speei'schen Ateliers hervor- 
ragend beteiligt zu bleiben. An der ünterrichtsanstalt des 
Kunstgewerbemuseums wirkte Speer seit 1879. 

PERSONALNACHRICHTEN. 

*^* Die Münchener Kimstiergenossenschaft hat Direktor 
A, von Werner und Professor Karl Koepping in Berlin zu 
Ehrenmitgliedern gewählt. 

*^* Zum 50jährigen Doktorjubiläum des Archäologen 
Heinrich Brunn in München hat die griechische Regierung, 
wie der „Vossischen Zeitung" berichtet wird, ein sinniges 
Geschenk gemacht Sie hat zur Ausführung der Büste des 
Jubilars, die seine Schüler und Verehrer darbringen wollen, 
einen antiken Marmorblock gespendet. 

* Dr. Robert Stiassny, unser geschätzter Mitarbeiter > 
wurde zum Kustosa^ unkten an den kunstgewerblichen Samm- 
lungen des k. k. österreichischen Handelsmuseums — ehemals 
Orientalischen Museums — in Wien ernannt. Es freut uns, 
diesen begabten jungen Gelehrten damit nun auch an einer 
der großen Wiener Sammlungen angestellt zu wissen, wenn- 
gleich es allerseits Wunder nimmt, ihm nicht einen Wirkungs- 
kreis angewiesen zu sehen, der seinem bisherigen St-udien- 
gebiete näher gelegen wäre, als die im Handelsmuseum im 
Vordergrunde stehende ostasiatische und sonstige exotische 
Kunst 


PREISVERTEILUNGEN. 

\* Von der Berliner Kunstakademie. Der 1000 M. be- 
tragende Preis der Ginsberg-Stiftung, die zum Andenken an 
den beim Erdbeben von Ischia gestorbenen Maler Ginsberg 
begründet wurde, ist in diesem Jahre dem Maler Ernst 
Wilhelm Müller- Schön feld und dem Bildhauer Karl Jermann 
zuerkannt worden. 


DENKMALER. 

*4* iJber den neuen Entwurf xum Nationcddenhnal für 
Kaiser Wilhelm I, in Berlin, den Prof. B. Begas auf Befehl 
des Kaisers angefertigt hat und der, soweit die plastischen 
Teile in Betracht kommen, der Ausföhrung zu Grunde ge- 
legt werden soll, bringen die Berliner Zeitungen jetzt fol- 
gende nähere Mitteilungen : „Das (auf dem Platze der jetzigen 
Schlossfreiheit zu errichtende) Standbild erhält als Hinter- 
grund eine nach dem Schlosse zu geö£Ehete Säulenhalle, die 
sich in ihrem Stile dem Charakter des Schlosses und des 
Eosander'schen Portales anschließt Der Kaiser reitet auf 
das Schloss zu und tritt soweit aus der Halle hervor, das« 
er auch von beiden Seiten frei gesehen wird. Die beiden 


193 


Sammlungen und Ausstellungen. 


194 


Ausläufer der Säulenhalle sind mit Portalen im Barockstile 
geschmfickt, auf denen sich Quadrigen befinden. An der 
Säulenhalle werden den deutschen Ffirsten Denkmäler in 
Form von Statuen gesetzt, die in der Ausführung eine Gröfie 
von vier Metern erhalten. Der obere Teil der Säulenhalle 
wird durch allegorische Gruppen und durch Trophäen be- 
lebt, wie sie in ähnlicher Art die Attika des Zeughauses 
zieren. Das Standbild des Kaisers wird in so gewaltigen 
Verhältnissen errichtet, dass die Massen des Schlosses es 
ebensowenig erdrücken können, wie den Begasbrunnen. Reiter 
und Pferd erhalten die Höhe von 12 Metern. Der Kaiser 
ist in würdiger Haltung dargestellt; eine Viktoria fahrt das 
ruhiger ausschreitende Pferd. Die vier auf Kugeln schwe- 
benden Siegesgöttinnen an den Ecken des Postaments sind 
zwar beibehalten, aber doch gegen früher verändert worden; 
sie erscheinen jetzt mehr individualisirt und sind zu den 
Sockelfiguren inniger in Beziehung gebracht An Stelle der 
beseitigten Quadrigen sind auf beiden Seiten des Postaments 
Krieg und Frieden veranschaulicht. Rechts die Gestalt eines 
Kriegers mit dem Schwerte, dahinter ein Relief, auf welchem 
eine Quadriga herangesaust kommt, und der Tod, rechts 
und links mit der Sense ausholend, reiche Ernte hält. An 
der entgegengesetzten Seite erscheint der Friede als ein Jüng- 
ling mit Palme und Tafel, hinter welchem sich im Relief 
ein landschaftliches Gefilde ausbreitet; hier ist die Friedens- 
gestalt von blumenstreuenden Kindern umgeben, während 
ringsum der Ackerbau in reichem Segen blüht Verhältnis- 
mäßig einfach ist jetzt die Vorder- und Rückseite des Posta- 
ments behandelt; hier besteht der Schmuck vorzugsweise in 
sinnbildlichen Emblemen etc. Auch in dem neuen Entwurf 
finden sich die vier auf den Ecken der Stufen lagernden 
Löwen. Die Ausführung des Denkmals erfolgt teils in 
Bronze, teils in Stein. Die Herstellung der großen Modelle 
wird im Laufe des Jahres in Angriff genommen werden.'' 


SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN. 

\* Eine ständige Ävsstellung des deutschen Künstler' 
Vereins in Rom, der unter dem Vorsitze des sehr rührigen 
und energischen Professors Meurer einen neuen Aufschwung 
genommen hat, ist am 26. Dezember v. J. in einem großen, 
elektrisch beleuchteten Saale im Erdgeschosse des Palazzo 
Serlupi unter den Gesellschaftsräumen des Vereins eröffnet 
worden. Dadurch will man versuchen, auch den Werken 
der deutschen Künstler, die durch die stetig zunehmende 
Produktion der Italiener und Spanier stark in den Hinter- 
grund gedrängt worden sind, die Aufmerksamkeit der frem- 
den und einheimischen Kunstfreunde zu gewinnen und zu 
sichern. Der erste Versuch ist im ganzen wie im einzelnen 
überraschend glücklich ausgefallen. Die Mehrzahl der aus- 
gestellten Werke, namentlich der Bildhauerarbeiten, bekunden, 
wie wir einer Korrespondenz der Berliner „Post" entnehmen, 
einen großen Ernst und ein noch größeres Können. Jüngere 
Bildhauer, wie Stanislaus Cauer, Arnold Katsch, Tuaillon, 
Fuchs, Seebock, Hecht, Volkmann, welche die Berliner ; 
Künstlerkreise noch als Stipendiaten oder in den Anfangs- 
stadien ihrer Laufbahn kannten, können bereits ehrenvoll 
neben den vollendeten Werken eines Kopf oder Sommer 
bestehen. Von letzterem sehen wir wieder einen jener wein- 
frohen Centauren in Bronze, der seine Freude daran hat, 
wie aus dem Schlauche auf seinem Rücken der Wein — das 
zierliche Bildwerk ist als Zimmerfontäne gedacht — in Strö- 
men herausschießt. Die grün schimmernde Patina, die 
Sommer für seine Halbgottheiten anzuwenden pflegt, erhöht 
die Täuschung, so dass man eine wahre Antike aus Meister* 


band vor sich zu haben glaubt Professor Kopf führt mit 
der Büste „des Mädchens Klage" zum erstenmale dem Pu- 
blikum die Behandlung des gekörnten Marmors mit heraus- 
genommenen Lichtern nach einer eigenen Methode vor, ein 
Verfahren, welches dem Stein eine eigene Lebendigkeit und 
Natürlichkeit giebt. Die lebensgroße Figur eines römischen 
Fechters von Arnold Katsch, das erste bedeutendere Werk 
des Berliner Künstlers, wird demnächst in Berlin seine Auf- 
wartung machen. Die „Psyche'' von Stanislaus Cauer ist 
eine reizende, träumerisch kokette Mädchengestalt in Bronze, 
ein wahres Kleinod der Miniaturbildhauerkunst Herm. Hecht*s 
„Neidkopf* mit der züngelnden Schlange giebt der Dresdener 
Akademie Recht, die den jungen Künstler schon vor zwei 
Jahren durch Erteilung der goldenen Medaille auszeichnete, 
Tuaillon, der sonst sehr zurückhaltende ElsäBser, der seine 
künstlerische Ausbildung vor allem in Berlin erhielt, ist mit 
mehreren Arbeiten hervorgetreten, die ein sehr großes Können 
verraten, gleichwie auch der antike Reiter mit Lanze von 
Volkmann, dem Schöpfer des Standbildes seines Onkels vor 
der Universität in Halle, eine weit Über den Durchschnitt 
hinausreichende Arbeit ist. Weniger Bedeutendes enthält 
die Ausstellung von Ölgemälden und Aquarellen. Der Berliner 
Fritz Brandt hat aber neben seinen allzu schillernden Ma- 
rinen von Ischia und Capri ein Aquarell der Ziegeleien in 
Casamicciola ausgestellt, welches seine bisherigen Arbeiten 
weit übertrifft. Ottomar Brioschi ist mit Landschafken aus 
Südtirol, dem Sabinergebirge und mit einem stimmungs- 
vollen „Heiligen Hain in der römischen Campagna" vertreten. 
Ein außerordentlich befähigter Genremaler ist Guillery. Die 
Blumenstücke der Frau Schmidt-Preuschen sind bekannt und 
anerkannt. KnÜpfer's nackte, ruhende Mädchengestalten 
haben schon seit geraumer Zeit die Bewunderung der Kunst- 
kenner erregt. Hermann Hirzel, den man bisher nur als 
Zeichner und Maler kannte, ist Kupferstecher geworden und 
zwar mit hoher Begabung, wie seine Platten „Villa Falco- 
nieri in Frascati" und „Vigne vor den Thoren Roms" uns 
lehren, Wegelin hat hübsche Ansichten aus den Ruinen 
Pompeji^s zur Ausstellung gesandt. Äußerst zart und duftig 
sind die Aquarelle von Carlo Rauch, von denen einzelne 
gleich nach Eröffnung der Ausstellung abgesetzt wurden. 
Fräulein Richter hat sich schon seit Jahren eine ganz be- 
sondere Spezialität durch ihre Mädchenköpfe, zumeist Mo- 
delle aus Capri, geschaffen, die in der Feinheit und Sauber- 
keit der Ausführung ihresgleichen suchen. Zu den am meisten 
besprochenen und angefochtenen Werken der Ausstellung 
gehören die Arbeiten von Otto Greiner und Max Klinger. 
Greiner hat eine auf Stein ausgefELhrte Federzeichnung „Das 
urteil des Paris" ausgestellt, die von neuem beweist, dass 
er die künstlerischen Mittel besitzt, die Lithographie wieder 
zur Kunst zu erheben. Klinger hat neben mehreren gra- 
phischen Blättern, in denen sich Radirung und Stich ver- 
binden, der Ausstellung auch eine Probe seiner bildnerischen 
Kunst in einer „Neuen Salome" zugeführt Die neue Sa- 
lome ist eine nach Art der buddhistischen Gottheiten hockende 
Mädchengestalt mit über der Brust gekreuzten Armen im 
faltigen Gewände in polychromer Behandlung. Links und 
rechts zu l^ßen der Gestalt steht je ein maskenartig be- 
handelter Männerkopf (als Symbole ihrer Opfer). Das Merk- 
würdigste an dieser Gruppe ist, dass Klinger die Augen so- 
wohl der Salome als auch die der beiden Masken nicht 
bemalt, sondern eingesetzt hat. Die Wirkung dieser mit 
Pupillen versehenen Bemsteinaugen ist ganz eigentümlich. 
Der Künstler will die Salome auch in Marmor ausführen 
und genau so farbig behandeln, wie das obige Modell. 


195 


Vereine und Gesellacbaften. — Vermischtes. 


196 


VEREINE UND GESELLSCHAFTEN. 

O I^ Münchener Sexessionüten, die sich in ihren Kund- 
gebungen „Verein bildender Künstler Münchens" nennen, 
haben sich, nachdem die Versuche, in Dresden festen Faß 
zu fassen, erfolglos geblieben, anscheinend aach auf Wider- 
stand gestoßen sind, wie aus einzelnen Stimmen der Dres- 
dener Presse hervorgeht, an den Berliner Magistrat ge- 
wandt. Ihre Bitte geht dahin, dass der Magistrat ihnen 
Räume gewähren möge, die es dem Vereine gestatten, „in 
einer in diesem Jahre zu veranstaltenden, geschlossenen Aus- 
stellung das künstlerische Prinzip, welches die Mitglieder 
des Vereins seit Jahren anstreben, zur Geltung zu bringen". 
Dexjenige, der den Münchener Sezessionisten diesen Schritt 
angeraten, hat jedenfalls damit gezeigt, dass er nicht im 
geringsten mit Berliner Ortsverhältnissen vertraut ist. Die 
Berliner Stadtbehörde hat seit Jahren mit einem stetig wach- 
senden Mangel an Raum zur Unterbringung ihrer zahl- 
reichen Verwaltungszweige und Beamtenkörper zu kämpfen. 
Das neue Rathaus in der Königsstraße ist längst zu klein 
geworden, und der Magistratssäckel wird so sehr in An- 
spruch genommen, dass der Magistrat nicht einmal die in 
der mehrfach erwähnten Petition Berliner Künstler ausge- 
sprochenen Wünsche berücksichtigen konnte. Er hat sich 
deshalb auch dem Gesuche der Münchener Sezessionisten 
gegenüber in gleicher Neutralität verhalten, aus der nur ein 
Strahl des Wohlwollens bricht, der zu nichts verpflichtet. 
Das Magistratskollegium hat nämlich beschlossen, dem Ver- 
ein mitzuteilen, dass es zwar der Sache wohlwollend gegen- 
überstehe, den Wünschen des Vereins aber nicht entsprechen 
könne, da die Stadtverwaltung von Berlin geeigneter Räumlich- 
keiten zu einem solchen Unternehmen ermangle. Indessen 
sei der Magistrat bereit, die Bestrebungen des Vereins zur 
Ermittelung geeigneter Räumlichkeiten etc. zu unterstützen. 

*^* Die Entfernung der Bilder des Norwegers Muneh 
aus der Ausstellung des Vereins Berliner Künstler durch 
Majoritätsbeschluss hat zu einem Nachspiel geführt, das auch 
den Lehrkörper der Berliner Hochschule für die bildenden 
Künste in Mitleidenschaft zieht. Die Professoren Hugo Vogels 
Franx Skarbina und August von Heyden, die sich auf Seite 
der Minorität befanden und am 18. November eine Protest- 
erklärung gegen die Majorität unterzeichnet hatten, haben 
nämlich ein Gesuch um Entlassung aus ihren Lehrämtern 
beim Kultusminister eingereicht. In jener Erklärung war 
u. a. folgender Satz enthalten: „Wir wurden bei unserer 
Stimmabgabe von dem Gedanken geleitet, dass Herr Munch, 
von einer durch den Verein Berliner Künstler frei gewählten 
Kommission zur Ausstellung eingeladen, als vom Verein 
selbst eingeladen betrachtet werden muss, und deshalb ver- 
urteilen wir, ohne zu der in den Munch'schen Bildern aus- 
gesprochenen Kunstrichtung irgendwie Stellung nehmen zu 
wollen, die Schließung der Ausstellung aJs eine dem üb- 
lichen Anstand xutviderlaufende Maßnahme.^* Die letzten 
Worte sind von Mitgliedern der Majorität als eine persön- 
liche Kränkung aufgefasst worden, und da an der Hoch- 
schule Lehrer aus beiden Parteien des Vereins nebeneinander 
wirken, haben sich unerquickliche Verhältnisse herausge- 
bildet, die die drei Genannten zur Einreichung ihres Ent- 
lassuDgsgesuches bewogen haben. 

VERMISCHTES. 

*^* Von der Berliner Kunstakademie. Der Präsident der 
Akademie hat den Mitgliedern den üblichen Jahresbericht 
erstattet, dem folgendes zu entnehmen ist: Aus den Erträgen 
der Kunstausstellungen ist der Akademie ein Vermögen von 


nahezu einer halben Million M. erwachsen. Auf Veranlassung 
der Akademie sind zwischen den einzelnen deutschen Kunst- 
akademien Verhandlungen gef&hrt worden zur Gewinnung 
eines deutschen Künstlerhauses in Rom. Die Angelegenheit 
ist den einzelnen Landesregierungen mit der Bitte vorge- 
tragen worden, in diesem Sinne beim Reichskanzler Schritte 
zu thun. Auch mit dem Wettbewerb fQr das Friesacker 
Kurfürstendenkmal hat sich die Akademie beschäftigt; sie 
wandte sich, da weder Preise in Aussicht gestellt noch die 
Namen der Jurymitglieder genannt waren, an den Vorsitzen- 
den des Denkmalkomitees, um im Interesse der mitbewer- 
benden Künstler eine Änderung des Programms herbeizu- 
führen. Es ist dies nicht gelungen, trotzdem sind 21 Ent- 
würfe eingegangen, darunter von namhaften Bildhauern. 
Der Bericht erkennt hierin einen deutlichen Beweis dafür, 
dass die Zahl der vom Staate , städtischen Behörden und 
Korporationen gestellten monumentalen Aufgaben in keinem 
Verhältnis mehr steht zu der Menge der aus den staatlichen 
Kunsthochschulen hervorgehenden Künstler. 

• Interessante Entdeckung, Die „Münch. Neuest. Nachr." 
schreiben: Vor einigen Monaten war der Leonardo-Biograph 
Paul Müller -Walde so glücklich, im Refektorium von S. 
Maria delle Grazie zu Mailand die Fensteröffnungen aufzu- 
finden, welche ursprünglich zur Beleuchtung des Raumes 
gedient hatten, wie sie Leonardo da Vinci bei Inangriff- 
nahme seines Abendmahles vorfand und auf deren Lage hin 
er Höhe und Perspektive für sein unsterbliches Meisterwerk 
wählte und Licht und Schatten in den einzelnen Gruppen 
und Gestalten verteilte. Diese in der Höhe des Wandgemäldes 
befindlichen Fenster waren seit Jahrhunderten zugemauert 
und durch unmittelbar unter der Deckenwölbung durchge- 
brochene Fenster ersetzt gewesen, wodurch die Wirkung der 
Malerei schwer beeinträchtigt und besonders die linke Hälfte 
fast ganz in Schatten gestellt worden war. Es gelang Dr. 
Paul Müller- Walde, zunächst den k. Delegirten für die Kon- 
servirung der lombardischen Kunstdenkmäler, den berühmten 
Kunstforscher und Architekten Luca Beltrami, für seinen 
Plan, den alten Zustand des Refektoriums wiederherzustellen, 
zu gewinnen, und dieser setzte es mit gewohnter Energie 
bei der italienischen Regierung durch, dass alle Bedenken 
behoben und die Erlaubnis zur Wiederherstellung des Re- 
fektoriums, wie es in den neunziger Jahren des fünf- 
zehnten Jahrhunderts bestanden, erteilt wurde. Die Arbeiten, 
welche, da es sich nur um Herauslösung von lose eingefüg- 
ten Ziegeln aus älteren Fensterrahmen und um die Ver- 
deckung später zugefügter Öffnungen handelt, jede Gefahr 
für das unschätzbare Kunstwerk ausschließen, werden in An- 
griff genommen, sobald es die Witterung erlaubt, und das 
Abendmahl Leonardo^s, welches keineswegs so zerstört ist, 
wie sensationslustige Reisende zuweilen berichtet haben, wird 
von jahrhundertlangem Banne erlöst werden und mehr denn 
je seine Bedeutung, das oberste aller Kunstwerke zu heißen, 
behaupten. Wie wir hören, wird der zweite Band der in 
Dr. Georg Hirth's Kunstverlag erscheinenden Leonardo-Bio- 
graphie Paul Müller-Walde's („Leonardo da Vinci in Mai- 
land"), welchen wir bald nach Ostern zu erwarten haben, 
bereits Wiedergaben von unmittelbaren Aufnahmen nach 
Leonardo's Abendmahl in seiner neuen oder vielmehr in 
seiner ursprünglichen Beleuchtung enthalten. 

*^* Auffindung von Zeichnungen von Lucas von Leyden. 
Der Direktor der Manuskriptabteilung des Britischen Museums, 
Sidney Colvin, hat, wie das „Centralblatt fttr Bibliotheks- 
wesen" mitteilt, vor kurzem einen Band von großem künst- 
lerischen Interesse erworben. Es ist dies eine Sammlung 
von alten niederländischen und deutschen Zeichnungen, von 


197 


Vom Knngtmarkt. — Berichfagungen. — Zeitschriften. — Inserate. 


198 


denen die meisten echte Werke des Lucas von Leyden sind, 
dessen Signatur sie auch tragen. Der großen Mehrzahl nach 
sind es PorträtkGpfe, aber es befinden sich auch einige 
Figurenzeichnungen darunter. Dr. Golvin hat sie aus dem 
alten Einbände, der sie ein paar Jahrhunderte in einem 
englischen Hause behütete, herausgenommen, und sie werden 
fortan mit den anderen im Museum sich befindenden Zeich- 
nungen des Meisters katalogisirt und vereinigt werden. 

* Ein Kinderfest im Wiener Künstlerhause, Im Deut- 
schen Saale des Wiener Künstlerhauses fand am 27. Dezbr. 
abends ein von den Mitgliedern der Eünstlergenossenschaft, 
Damatä, Fröschl, Kautsky, Bamberger , Kaufmann j Baron 
Merode und Petrowüsch arrangirtes Fest für die Kinder der 
Mitglieder der Eünstlergenossenschaft statt. Es waren über 
hundert Kinder mit ihren Angehörigen erschienen. Im Hinter- 
grunde des Saales war links eine Felsenlandschaft und rechts 
der Stall zu sehen, aus welch* letzterem ein Ochs und ein 
Esel die KOpfe zum Fenster hinausstreckten. Felsenland- 
Bchaft und Stall, zwischen denen ein freier, bühnenartiger 
Raum sich befand, waren zum Teil mit künstlichem Schnee 
bedeckt und boten bei Beleuchtung einen prächtigen Anblick. 
Auf der Estrade hinter diesen Dekorationen, welche von den 
Malern Damaut, FrÖsehl und Petrotoitseh hergestellt waren, 
befand sich eine bis nahe an die Decke reichende, prilchtig 
geschmückte Tanne, auf welcher Schneeflocken im Glänze 
unz&hliger Lichtlein flimmerten. Ein schönerer Christbaum 
als dieser dürfte noch kaum gesehen worden sein. Auch 
an einem „heiligen Nikolo" fehlte es nicht, den ein Diener 
des Hauses zum Ergötzen der Kinder in bester Art repräsen- 
tirte. Ungemein reizend war es, als zwölf Kinder im Alter 
von 3 bis 5 Jahren mit Harmonium- und Klavierbegleitung 
ein Weihnachtslied anstimmten. Fräulein Rößler, ein junges 
hübsches Mädchen, hielt, als Weihnachtsengel kostümirt, 
eine in Versen abgefasste „Ansprache des Weihnachtsengels*'. 
Bei den Worten: „Damit Ihr auch seht, dass ich Wort 
halten kann — So fange ich gleich jetzt zu beschenken an 
— Und rufe beim Namen ein jedes Kind — So viel auch 
hier versammelt sind !** wurde die Beteilung der Kinder mit 
den verschiedensten Spielzeugen, Nippsachen etc. etc. vor- 
genommen. Das Gedicht, vom Maler Frösehl mit einer 
reizenden Zeichnung geschmückt, wurde sodann unter den 
anwesenden Gästen gedruckt verteilt. Den Schluss des Festes 
bildete eine Bewirtung der Großen und Kleinen. 

(Wien. Fremdenbl.) 


VOM KUNSTMARKT. 

Leipzig. Soeben erschien Katalog 109 von Karl W, 
Hiersemann, enthaltend Kunstgeschichte, Handbücher der 
Malerei, Kupferstich- und Holzschnittkunde und die übrigen 
vervielfältigenden Künste. Die Werke stammen zum Teil 
aus den von Dr. Paul Schönfeld in Berlin und Dr. H. A. 
Weiske in Leipzig hinterlassenen Bibliotheken. 

BERICHTIGUNGEN. 

In der letzten Nr. der „Kunstchronik** sind infolge eines 
unliebsamen Versehens drei Namen unrichtig gedruckt. Wir 
bitten zu lesen: Sp. 181 statt Barrey's Carrei/s und statt 
HauvePschen Fautvfschen, femer Sp. 183, oben: Dietxe statt 
Diepe. 


ZEITSCHRIFTEN. 

Allffemetne Knnstehroiilk. 1898. Nr. 1. 

Mittelalterlicher Hansrat. — Krakauer BUdhaner. Von Dr. A. 
Nossiff. — Berliner Ansstellangen. Von F. Herrn an n. — 
Eunstpiaaderei aas Sacbsen. Von Dr. 0. Mothes. — Konst- 
briefe : München. Von H.P e t e r s ; Madrid . — Ans dem Eflnstlerhans. 

Anzeiger des GermantsehenNatioiialmiiBeiiiiis. 1898. Nr.l. 

Die Madonna vom Wohnhanse des Veit Stoß. Von Dr. P. J. R6e. 

— Disziplin im dreißigjährigen Kriege. Von B. Schmidt. ~ 
Katalog der im germanischen Mnseum vorhandenen zam Abdrucke 
bestimmten geschnittenen Holzstöcke vom 15. bis 18. Jahrhundert. 
I. Teil. Bogen 14 bis 18. 

Bayerisdie Gewerbezeltiuff. 1892. Nr. 24. 

Wohnstuben im 16. und 17. Jahrhundert. Eine kulturgeschicht- 
liche und vergleichende Studie. (Schluss.) Von H. Becker. 

Zeitschrift des Bayerisclien Knnstgewerbeyereins. 1892. 
Heft 11/12. 

Spanische Aufnäharbeiten. Von Dr. A. Rio gl. — Die Volks- 
wlrtsohaftliehe Ausbildung für den gewerbuchen und kunst- 
gewerblichen Beruf. Von Dr. K Schaf er. — Kunst und Kunst- 
handwerk im Dienste der Naturkunde. 

Zeitsehriftmrchri8tlicheKiin8t.l892/98.Heftl0. Januar. 

Der Meister von St. Severin. Von E. Firmenich-Bichartz. 
Die neue Dekoration des Domes zu Frauenburg. Von Fr. Ditt- 
rich. — Die Türme der St. Martinskirche in Kassel. Von 
H. Schneider. 

Gaiette des Beanx-Arts. 1898. Nr. 427. 

Les öcoles italiennes au Mus6e impArial de Vienne (ler article). 
Von F. Wickhoff. ^ La propagande de la Renaissance en 
Orient durant le XV. siöde lH.)\ Ita Russie. Von E. Mttntz. 

— La princesse G16mentine de Mettemich, peinture de Lawrence, 
gravnre en couleurs de A. Bertrand. Von A. de Lostalot. 

— L'ezposition d'Art retrospectif de Madrid. (L) Von F. Ma- 
zeroUe. — Rembrandt d*aprö8 un livre nouveau. Von L. 

L'Art'^'Nr. 687. 1. Januar 1898. 

La Gomödie d'ai^ourd*hui. Von F. Lhomme. ~ L*Art dans les 
jardins. Von G. deLöris. — David d* Angers et son temps. 
Von Ph. Audebrand. — Les malades et les oifformös dans l'art. 
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y einzeln rar ö m. abgegeben. [04Uj y 


]>ie Italienischen Photog^raphien 

aller Verlagsanstalten. Oui^ uncl 1>tllii^. 

Kanstliaiidlaiig HÜ60 GROSSER, Leipzig. 

Kataloge. Auswahlsendungen. [479 


Xoniurrenjen. 

Eine Sammlung 
interessanter Entwürfe aus den Wett- 
beworben deutscher Architekten, heraus- 
gegeben von A. Nenmeister u. E.Häberle| 

Architekten und Professoren in Karlsruhe. 

I.Heft: Bathans-Koiikiirreiiz fOr 
Pforzheim 1892. 

2. Heft: Rathaos-Konknrrenzfflr 
Planen-Dresden 1892. 

S.Heft: Hnseums-Konknrrenz f. 
Flensburg 1892. 

4. Heft: Kirchen - Konkurrenz f. 
Breslau n.8t. Johannl892. 

5. Heft: Konkurrenz fflr Tllla 
Kuhnt In Halle a. S. 

G.Heft: Klrehenkonkurrenz fflr 
Aachen. 

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Jedes Heft von 32 Seiten mit 50 — GO 

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Inhalt: Die Aaastellung der Münchener ,,24" in Berlin. Von A. Rosenberg. — G. v. T6rey: Albrecht Dttrer's venezianischer Aufent- 
halt von 1494 — 1495 ; Bibliographie der schweizerischen Landeskunde ; Jacob Burckhardt's Cicerone, 6. Auflage ; Katalog des 
archäologischen NationalmuBeums in Athen. — Vinzent Stoltenberg-Lerche f ; R. Speer f. — A. v. Werner; K. KOpping; H. Brunn; 
R. Stiassny. — Preisverteilung der Ginsberg-Stiftung an der Berliner Kunstakademie. — Der neue Entwurf zum Nationaldenkmal 
für Kaiser Wilhelm I. in Berlin von Prof. Begas. — Ständige Ausstellung des deutschen Kiinstlervereins in Rom — Die 
Münchener Sezessionisten ; Verein der Berliner Künstler. — Von der Berliner Kunstakademie ; Lionardos Abendmahl ; Auffindung 
von Zeichnungen von Lucas von Leiden ; Ein Kinderfest im Wiener Künstlerhause. — Katalog 109 von K. W. Hiersemann. — 
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Für die Redaktion verantwortlich Artur Seematm, — Druck von August Pries in Leipzig. 


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Jahrhunderts, insbesondere deutscher Mebter des XV. (Meister £• S. 1466) und 
niederländischer Malerradirer des XVIT. Jhdts. Früheste Schabkunstblätter von 
Prinz Rupert, Caspar von Fürstenberg, Thomas von Ypem. Farbendrucke 
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Das Werk ist nicht nur für Jeden Goethe- 
fireund von Interesse, sondern darf Anspruch 
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milie. Das Vorbild der Frau AJa, ihre tiefe 
Religiosität, ihre lebhafte Phantasie, ihr 
munterer Witz , ihr steter Frohsinn , die 
Unersohrockenheit in gefährlichen Zeiten, 
ihre Genügsamkeit, ihre unendliohe Liebe 
zu dem Sohne, kurz, ihre ganze körper- 
liche und geistige Tttchticfkeit wird ge- 
eignet sein, einen wohlthätigen Einfluss 
auf jung und alt auszuüben. 


Verlag voii E. A. Beemaim, Lelpsig. 


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KUNSTCHRONIK 

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE. . 

Ankundigungsblatt des Verbandes der deutschen Kunstgewerbevereine. ' 

HERAUSGEBER: 

CARL VON LÜTZOW und DR. A. ROSEN BERG 

WIEN BERLIN SW. 

Hengasse 68. Teltowentraue 17. 

Verkg von E. A. SEEMANN in LEIPZIG, Gartenstr. 15. Berlin: W. H. KÜHL, Jägeretr. 73. 


Neue Folge. IV. Jahrgang. 


1892/93. 


Nr. 13. 26. Januar. 


Die Knnstctaronik eraoheint als Beiblatt aur »ZeitBchrirt fttr büdende KnnaV» und cam ^unstgewerbeblatt» monatUoh dreimal, in den 
Sommermonaten Juli bis September monatUoh einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und nmfasst 88 Nnmmem. Die Abonnenten der „Zeit- 
schrift für bildende Kunst« erhalten die Ennstohronik gratis. — Für Zeichnungen, Manuskripte etc., die unverlangt eingesandt werden, 
leisten Redaktion und Yerlagshandlung keine Gewähr. Inserate, li 80 Pf. fttr die dreispaltige Petitseile, nehmen aufier der Terlagshand- 
Inng die Annoncenexpeditionen von Haasenstein U Yogier, Rud. Messe u. s. w. an. 


DER NEUE DÜRER IM BERLINER MUSEUM. 

Zu den drei Perlen Dürerscher Kunst, die 
während des letzten Jahrzehnts in die Berliner 
Gblerie Übergegangen sind, zu den Bildnissen Fried- 
richs des Weisen, Jakob Muffels und Hieronymus 
Holzschuhers , hat sich eine neue gesellt^ eine 
thronende Madonna mit dem Kinde in einer Land- 
schaft, die Geheimrat Dr. Bode von dem Marquis 
of Lothian in Schottland, wie man sagt, für 4000 Pfd. 
erworben hat. Der Preis ist nicht zu hoch, wenn 
man in Betracht zieht, dass dies das letzte, unzweifel- 
haft echte Bild von Dürers Hand ist, das sich noch 
im Privatbesitz befunden hatte, also noch für eine 
öffentliche Sammlung erreichbar gewesen war, und 
sehr begreiflich ist daher der Unmut der englischen 
Zeitungen darüber, dass dieses Bild, wie so viele 
vor ihm, vnederum außer Landes gegangen ist, dass 
die Direktion der Londoner National Gallery nicht 
zu rechter Zeit die Hand darauf gelegt hat. Es 
giebt zwar noch zwei Dürer zugeschriebene Bilder 
im Privatbesitz; aber sie sind zum mindesten ver- 
dächtig, jedenfalls nicht hinreichend beglaubigt: 
Das Bildnis von Dürers Vater im Besitze des Her- 
zogs von Northumberland (Sion-House in London) 
wird von Kennern als eine Kopie des Exemplars in 
den Uffizien zu Florenz bezeichnet, und das kleine 
Bild eines jungen Mädchens mit einer Katze am 
Fenster beim Principe di Santangelo in Neapel hat 
wenigstens von Thausing das Zeugnis erhalten, dass 
es ff nichts mit Dürer gemein*^ hat. 

Es handelt sich bei dieser Erwerbung, die der 
Wachsamkeit und der Thatkraft ihres Urhebers 


wiederum ein glänzendes Zeugnis ausstellt, nicht 
bloß um eine Bereicherung der Berliner Galerie, 
sondern auch um einen äußerst wichtigen Beitrag 
zu dem gerade jetzt von der Kunstforschung viel er- 
örterten Kapitel „Dürer in Venedig". Das Bild ist 
bisher nur einmal — 1871 in der Londoner Royal 
Academy — öffentlich ausgestellt gewesen und auch 
nur einmal in der Kunstlitteratur, in Thausings 
Dürerbiographie, mit wenigen Worten erwähnt 
worden. Thausing bat das Bild nicht selbst gesehen. 
Er spricht nur von einer „sitzenden Madonna von 
1506, fast lebensgroß, von zwei schwebenden Engeln 
gekrönt .... stark verrieben und übermalt, soll 
aber die Spuren der Echtheit noch tragen.* Er war 
also durch seine Gewährsmänner nicht unterrichtet 
worden; dass das Bild die Beglaubigung von Dürer 
selbst an sich trägt Auf einem links von der 
Madonna stehenden niedrigen Tische oder Schemel, 
dessen Platte in der Perspektive von der Unter- 
kante des Rahmens liegt, ist nämlich ein Gartolino 
mit der die bekannten Züge Dürers tragenden In- 
schrift zu sehen: Albert(u)s Durer Germanus faciebat 
post Virginis partum 1506, und daneben das Mono- 
gramm. Nach dieser Inschrift, die zudem wie auf 
der des , Rosenkranzfestes* inmitten der Walschen stolz 
den 9 Germanus* betont, kann das Bild also nicht zu 
den „sechs Thefelle* gehört haben, die Dürer zum Ver- 
kauf aus Nürnberg nach Venedig mitgebracht hatte. 
Es ist in Venedig gemalt worden, freilich mit Hilfe 
mitgebrachter Studien und Erinnerungen, mit Hilfe 
von Figuren und architektonischem Beiwerk, die 
Dürer schon auf früheren Bildern verwertet hatte. 
Aber in der Gesamtkomposition und in der fröhlich 


203 


Der neue Dürer im Berliner Museum. 


204 


aufleuchtenden Färbung ist doch das Ganze von einer 
Art festlichen Jubels erfüllt, der sich nur aus der 
Stimmung erklaren lässt, die den auf einige Zeit 
lästiger Fesseln ledig gewordenen, filnfunddreißig- 
jährigen Künstler zu Anfang des Jahres 1506 be- 
herrschte. 

In der gesamten Anordnui^ schon trägt das 
Bild den Stempel der Venezianischen, insbesondere 
der Bellinischen Schule. Die Madonna, angethan 
mit einem roten, halb von den Schultern herab- 
geglittenen Mantel, mit einem Oberkleide von gleicher 
Farbe und einem blauen Untergewande, von dem 
nur der nach unten spitz zulaufende Brustteil zu 
sehen ist, sitzt vor einem purpurroten, glattgespannten 
Vorhang, der den landschaftlichen Hintergrund in 
zwei Hälften teilt. Rechts blickt man einen zum 
Meeresstrande sanft abfallenden Abhang mit ver- 
schlungenen, zwischen Wiesen und Bäumen zu einer 
Häusergruppe ftüirenden Weg hinab, und darüber 
hinweg schweift der Blick über tlas blaue Meer, eine 
Huldigung an Venedig. Links begrenzen schnee- 
bedeckte Bergesriesen den Horizont, und im Mittel- 
grunde sieht man eine Rirchenruine mit einem vor- 
geschobenen Thorbogen, die ziemlich genau mit einem 
gleichartigen Qebäude im Mittelgrunde der 1504 ge- 
malten Anbetung der Könige in den Uffizien zu 
Florenz übereinstimmt Über dem Haupte der 
Madonna halten zwei unten in ziemlich kompakt 
gemalten Wolken steckende Cherubim mit bunten 
Schmetterlingsfiügeln einen Blumenkranz. Das licht- 
blonde Haupthaar der Madonna ist glatt gescheitelt, 
fallt aber in langen, zierlich gekräuselten Locken auf 
den Hals und die rechte Schulter herab. Die rechte 
Hand stützt die Madonna auf einen Folianten in 
dunkelrotem Einband, und mit der linken umfasst 
sie das nackte Kind, das auf einem purpurroten 
Sammetkissen steht, nach hinten mit einer Windel 
bedeckt. In der erhobenen Rechten hält der Kleine 
einen Saugbeutel; das Köpfchen wendet er aber neu- 
gierig nach seinem linken Arm, auf dem ein Zeisig 
sitzt. Danach hat das Bild den Namen der ^ Madonna 
mit dem Zeisig" erhalten. Anscheinend hat den 
Vogel der kleine Johannes gebracht, der von rechts 
naht und dem göttlichen Kinde eine Maiblume reicht. 
Vielleicht deutet diese Blume daraufhin, dass das 
Bild im Frühling 1506 gemalt worden ist Hinter 
Johannes steht ein geflügelter Engel, der den 
Kreuzesstab des kleinen Pilgers hält. 

So stark verrieben und übermalt, wie Thausing 
angiebt, war das Bild nicht, als es in den Besitz des 
Berliner Museums kam. Freilich mussten einige 


Schäden, die sich vornehmlich auf das Antlitz und 
das Haar der Madonna erstreckten, durch Hausers 
geschickte Hand ausgebessert werden, was durchaus 
im Geiste der wohlerhaltenen Teile geschehen ist. Der 
landschaftliche Hintergrund und die bunten Flügel 
der Cherubim sind Meisterwerke der Feinmalerei, und 
ein Gleiches gilt von den Haaren der Madonna. 
Man erinnert sich dabei jener bekannten, von Came- 
rarius überlieferten Anekdote, nach der der greise 
Giovanni Bellini nichts an Dürer so sehr bewundert 
haben soU, wie die feine Malerei seiner Haare. In 
einem der Briefe an Pirkheimer vom 7. Februar 1506 
erzählt Dürer mit Stolz, dass Bellini ihn besucht 
habe. Vielleicht hat er gerade damals an unserem 
Bilde gemalt; denn vor dem Februar war das 
andere Bild, das in Betracht kommen könnte, das be- 
rühmte , Rosenkranzfest*, noch nicht über den Ent- 
wurf hinausgediehen. Auch stellt sich unser Bild 
in manchen Äußerlichkeiten als eine Vorstufe zum 
Rosenkranzfeste dar, mit dem namentlich die über 
dem Haupte der Madonna mit dem Zeisig schwebenden 
Cherubim übereinstimmen. 

Es fehlt nicht an Studien und Zeichnungen, die 
zur .Madonna mit dem Zeisig *" gedient haben. Eine 
mit Weiß gehöhte Federzeichnung im Louvre zeigt 
einen der die Madonna krönenden Engel. Der andere 
findet sich auf einem in gleicher Technik ausgeführten, 
mit der Jahreszahl 1506 und dem Monogranmi be- 
zeichneten Blatte mit drei Kinderköpfen in der Pariser 
Nationalbibliothek, das Dürer auch für das Rosen- 
kranzfest benutzt hai Auch sonst giebt es noch 
Zeichnungen Dürers, die mit der Madonna mit dem 
Zeisig in Zusammenhang zu bringen sind. Das 
wichtigste dieser Dokumente aber ist die große 
Studie zu dem Christusknaben: eine weißgehöhte 
Feder- und ' Tuschzeichnung mit dem Monogramm 
und der Jahreszahl 1506 in der Kunsthalle zu Bremen, 
die das Kind genau in derselben Stellung wie auf 
dem Gemälde auf einem Polster vor einem Vorhang 
mit Brokatmuster zeigt, nur mit der Abweichung, 
dass es in der Rechten statt des Saugbeutels ein 
Kreuz hält. Auflfallig bei dieser Sorgfalt in Vor- 
studien ist, dass die Hände der Madonna so grob 
und überkräftig sind, dass man sie für Männerhände 
halten möchte. Vermutlich hat Dürer seine eigenen 
Hände als Modelle benutzt. 

Die Direktion der Gemäldegalerie hat 'die Er- 
werbung des Gemäldes als Anlass zu einer größeren 
Dürer- Ausstellung benutzt, in der nicht bloß die zuletzt 
erwähnten Studien und die dem Gemälde nahestehenden 
Bilder in Lichtdrucken und Photographien, sondern 


205 


Die Academie de France in Rom und die Acad^mie des Beaux-Arts in Paris. 


206 


auch die drei obenerwähnten Bildnisse, die herror- 
ragendsten Originalzeichnungen des Meisters aus dem 
Besitze des Eupferstichkabinetts und die bedeutendsten 
seiner Kupferstiche in prachtvollen Abdrücken zu 
einem überaus anziehenden und lehrreichen Gesamt- 
bilde vereinigt worden sind. 

ADOLF ROSENBERQ. 


DIE ACADEMIE 

DE FRANCE IN ROM UND DIE ACADEMIE 

DES BEAUX-ARTS IN PARIS. 

* Die Pariser »Encydopedied'Architecture" bringt 
in einigen Heften des letzten Jahrgangs (1891) eine 
Reihe von Artikeln aus der Feder des Architekten 
P. Gout, welche für die Beurteilung der französischen 
Eunstlehranstalten wichtig und auch für deutsche 
Leser mannigfach interessant sind. Wir entnehmen 
denselben einige der bemerkenswertesten Mitteilungen. 

Am 7. November 1890 richtete der französische 
Unterrichtsminister, Mr. Leon Bourgeois, eine Zu- 
schrift an die Pariser Academie des Beaux-Arts mit 
Vorschlagen zu einer Revision der Satzungen, 
welchen die Academie de France in Rom ihren alten 
Ruhm verdankt. Es sei in Erinnerung gebracht, 
dass die Academie de France in Rom unmittel- 
bar der Pariser Academie des Beaux-Arts untersteht, 
und dass diese letztere in aller Welt hochangesehene 
Körperschaftsich für eine derjenigen obersten Stellen 
ansieht, welche berufen sind, in Sachen der Kunst 
Vorschläge zu machen, Rat zu erteilen, nicht aber 
sich von irgend einer Behörde oder Persönlichkeit 
beeinflussen, geschweige denn leiten zu lassen. Als 
daher der Minister sich veranlasst sah, Abänderungen 
in den Statuten der Academie de France in Rom zu 
beantragen^ war er genötigt, sich damit zunächst an 
die Pariser Academie, beziehungsweise deren stän- 
digen Sekretär, den Grafen Henri Delaborde zu 
wenden. Er hat vor diesem Forum keine Gnade ge- 
funden! Die Pariser Academie hegt die römische 
Anstalt wie ihr Schoßkind. Sie will nichts an ihrem 
Wesen geändert wissen. 

Und worin bestanden die Vorschläge des Mi- 
nisters? Zunächst wollte er den Studienkreis der 
römischen Stipendiaten geographisch ausgedehnt 
wissen. Nach § 16 der Statuten sollen die Stipen- 
diaten nur Italien, Sizilien und Griechenland zu ihrer 
weiteren Ausbildung durchreisen. Der Minister 
wünschte Spanien und Holland hinzugefügt, und zwar 
mit der durch eine Modifikation des § 17 einzu- 
führenden Bestimmung, dass der Stipendiat, nachdem 
er während des ersten Jahres in Rom und Mittel- 


italien geweilt, darauf im zweiten und dritten das 
weitere Italien, Griechenland und Sizilien bereist 
hätte, dann sich für das vierte Jahr ein Land frei 
wählen dürfe, in welchem er die für seine Begabung 
und Vorliebe passendste weitere Ausbildung sich er- 
werben könne. 

Den zweiten, das Gastrecht der römischen 
Academie berührenden Vorschlag übergehen wir und 
wenden uns zu der Änderung im § 28 der Statuten. 
Dieser Paragraph legt den Malern der Academie de 
France die Verpflichtung auf, im ersten Jahre eine 
lebensgroße Figur, entweder aus der Mythologie oder 
aus der alten Geschichte, zu malen. Nach der Ansicht 
des Ministers nun sollte die Wahl der Darstellung 
nicht auf die alte Geschichte allein beschränkt 
bleiben, sondern auch auf die moderne ausge- 
dehnt werden. — Derselbe Spielraum sei auch den 
Bildhauern zu gewähren (§ 29). Was sodann die 
Architekten betrifft (§ 30), so sollten diese bei den 
von ihnen zu Uefemden detaillirten Darstellungen 
alter Monumente nicht an die antiken Denkmäler ge- 
bunden bleiben, sondern auch die Bauten des Mittel- 
alters und der Renaissance mit in ihren Studienkreis 
einbeziehen und auch außerhalb Italiens, Siziliens und 
Griechenlands liegende Monumente zu Gegenständen 
ihrer Restaurationsentwürfe machen dürfen. Endlich 
sollte auch den Kupferstechern, Medailleuren und 
Steinschneidern (§ 31 und 32) gestattet werden, das 
Studium modemer Vorbilder neben dem der antiken 
zu betreiben. 

Soweit der Minister, der seine Vorschläge zugleich 
mit der Pariser Akademie auch dem höheren ün- 
terrichtsrat zur Begutachtung überreichte. Die Ur- 
teile des von dieser Behörde bestellten Referenten, 
des Senators Bardoux, stimmten im Wesentlichen mit 
den Äußerungen des Sekretärs der Academie, des 
Grafen Delaborde, überein; beide verhielten sich 
den Änderungsvorschlägen des Ministers gegenüber 
im Wesentlichen ablehnend. Beide halten an der 
Überzeugung fest, dass für die höhere Ausbildung 
der Künstler die Kunstwelt Italiens und Griechen- 
lands genüge. Delaborde erinnert in seinem Gut- 
achten daran, dass Italien für die Maler aller Zeiten, 
von Rubens, van Dyck, Velazquez, Ribera und Rey- 
nolds angefangen bis auf Cornelius und Overbeck^ 
als das gelobte Land der Kunst gegolten habe. Er 
spricht sich entschieden gegen das Reisen der Pen- 
sionisten während der Zeit ihres römischen Studien- 
aufenthaltes aus. Erst nach Beendigung desselben 
können die Reisen begonnen werden, damit nicht 
der Hauptzweck des römischen Studiums, für den 


207 


Handzeichnungen italienischer Meister. 


208 


Maler das große Geschichtsbild, f&r den Bildhauer 
die Marmorstatue, beeinträchtigt werde. — Was die 
Architekten betrifft, so weist der Sekretär der Aca- 
demie auf die zahlreichen Restaurationsentwürfe von 
Bauten außerhalb Italiens und Griechenlands, nament- 
lich aus Ägypten und Eleinasien, hin. Dazu hätten die 
Direktoren der Academie de France bisher still- 
schweigend ihre Zustimmung gegeben. Gegen die 
statutarische Fixirung dieses Usus sei also nichts 
einzuwenden. Das Mittelalter und die Renaissance 
hineinzuziehen, sei nicht ratsam, könne den Stipen- 
disten nur nebenbei gestattet werden. — Zu den 
§§ 28 und 29 bemerkt Delaborde, dass die Academie 
keine archäologische Einseitigkeit patronisiren wolle. 
Aber sie müsse mit Entschiedenheit daran festhalten, 
dass sich die Pensionäre allen Schwierigkeiten des 
Nackten gewachsen zeigen. Werde dieses Haupt- 
erfordemis erfüllt, dann sei es am Ende gleich, aus 
welcher Zeit oder aus welchem Volk die Darstellungen 
geschöpft werden. — Jeder „Salon*' beweise übrigens, 
dass die Gegenstände frei aus der Mythologie oder 
der Litteratur entnommen zu werden pflegen. Ein 
weiterer Spielraum in der Stoffwahl sei nicht rätlich. 

Innerhalb dieser Ideen also bewegte sich das 
von der Academie und dem Senat erstattete Votum 
und der Minister musste sich mit ganz geringfügigen 
Änderungen des Bestehenden zufrieden geben. 

Fabula docet, dass die sonst so weit vorge- 
schrittene und bewegliche französische Nation in 
Dingen der Kunst sehr konservativ gesinnt und 
wenigstens in ihren höchsten autoritativen Kreisen 
jedem Experimentiren mit Neuerungen abhold ist, 
falls diese auch nur von fem die guten Traditionen 
zu berühren drohen, auf denen alle große Kunst von 
altersher beruht. 


HANDZEICHNUNGEN ITALIENISCHER 

MEISTER 

in photographischen Aufnahmen von Bratm <i; Co, in Domach, 

kritisch gesichtet von Giovanni MoreUi (Lermolieff), 

Mitgeteilt von £. Habioh. 

(12. Fortsetzung.) 

Zeichnungen in den Uffizien. 
Andrea Hantegna. 

791. Jadith avec sa servanie mettant la 

tete (VHolopherne dans le sac; 1491 Echt; die Kopie 

im Louvre, Braun 
Nr. 410. 

Bartolommeo Hontagna. 

792. La Vierge et l'Enfant (attribu6 aussi | 

ä G. Bellini) 

703. Vieillard debout et va de face tenant 
an livre ferme de la main gauche 


Bomanlno da Brescla« 

804. Croquis d'un grand nombre d'enfants £cbt. 

Carpaccio. 

806. Deax figures drap^es d'bommes mar- 

chant vers la gaucbe Echt. 

Tiziano. 

813. Paysage: ä gauche, Tentr^e d*une 

foret; k droite, la vue d'ane vallee 

entour^e de collines bois^es . . . Nein; Dom. Garn- 

pagnola. 
817. Deuz hommes debout, toum^s vers 

la droite Echt. 

819. Deux Amours et un enfant jouant 

avec un chien Echt. 

821. La Mort de Saint Pierre martyr . . 
828. La Madone apparaissant ä quatre 

Saints 


Echt. 


Nein; Palma 
giovine. 


Sodoma. 

838. Portrait de jeune homme portant une 

couronne de laurier Echt, auch einige 

andere Nummern. 

Garofalo. 

847. Tete de jeune homme, l^g^rement 

toum^e ä gauche Echt. 


Zeichnungen in der Ambrosiana zu Mailand. 
Unvollständige Kritik. 

Leonardo da Vinci. 

32. TSte de femme toum^e ä gauche . Schule; schön. 

33. TSte de jeune femme toum6e d. droite Nicht Leonardo; 

schön. 
65. Tdte de la Vierge, d'apr^s le tableau 

„La Sainte Anne** au Louvre . . Schule. 
101. Töte de vieillard toum^e ä droite . Nein; Filippino 

Lippi. 

BAphael Santi. 

128. Homme guidant un gar^on, 6tude pour \ 

la Transfigaration I Nein; Giulio 

129. Etüde d'homme nu, debout vers la | Romano. 

gauche, tenant un vase . . . . i 

136. Cartonpour Tecole d' Äthanes: partie \ 

de gauche 1 

137. Carton pour l'äcoled' Äthanes: partie j ^^"'^• 

de droite ) 


Zeichnungen in der Academia di helle arti zu Venedig. 

Unvollständige Kritik. 

Leonardo da Vinci. 

58. Etüde pour ,,la Sainte C^ne'* ä Milan Echt. 

Bernardino India. 

258. La Sainte Familie entour^ de cinq 

anges Echt. 

Pordenone. 

275. Attribut: La Präsentation au temple Echt. 


209 


Handzeichnimgen italienischer Meister. — Bücherschau. 


210 


Oemälde im Prado zu Madrid. 
Fra Angelico. 

14. L'Annonciation Echt. 

Barocclo. 

17. La naissance de J^sns Kopie nach dem 

Bilde in der Am- 
brosiana. 

Leandro Bassano. 

48. J^sus-Christ present^ au peuple . . Nein; Kopie nach 

Tizian. 

GloTannl Belllnl. 

60. La Yierge et TEnfant Jesus avec 

Sainte Ürsule et Sainte Madeleine Echt; retouchirt. 

Corregglo. 

132. Noli me tangere Echt; aber mit- 

genommen. 

133. Descente de croiz Kopie nach dem 

Bilde in Parma. 
135. La Yierge et l'Enfant J^sus et Saint 

Jean Kopie. 

Danlello Crespl. 

145. Jesus-Christ mort, soutenu par la 

Vierge Echt. 

Qlorglone. 

23G. Sainte Brigitte offrant des fleurs k 

l'enfant J^us Nein; Tizian früh. 


Domenico Theotocopnlo. 

242. Portrait d'un seigneur espagnol . . 
245. Portrait d'homme 


} 


Echt. 


Bemardlno Luini. 

289. L'enfant J^sus et Saint Jean s^em- 

brassant Kopie. 

290. Sainte Familie Echt. 

291. Salom^ recevant des mainsd'un soldat 

la tete de Saint Jean Echt; aber ent- 
stellt. 

Andrea Hantegna« 

295. Mort de la Yierge Nein; wertlos. 

Parmiglanlno. 

333. Portrait d'une dame noble avec trois 

enfants Echt; schön. 

335. Sainte Barbe Nein; aber hübsch. 

336. Sainte Familie Echt; schön. 

Pontoimo. 

340. Sainte Familie avec Saint Jean et 

Saint Joseph Nein; Kopie nach 

Andrea del Sarto. 

Fordenone (Antonio). 

341. La Yierge et Tenfant Jesus avec 

St. Roch et Saint Antoine dePadoue Nein; ist Giorgione. 

Francesco Bossi. 

361. Sainte Familie Echt 

Baphael Santi. 

364. Sainte Familie k Tagneau .... Echt. 


365. La Vierge au poisson Echt; so nimmt 

Giulio Romano 
den Raffael auf. 

3(56. Le Christ portant la croix (lo Spasimo) Meistens von Giu- 
lio Romano gemalt. 

367. Portrait d*un cardinal Echt, Retouehen. 

368. La Visitation Weder von Raf- 

fael noch von 
Giulio Romano, 
erinnert an Penni. 

369. Sainte Familie (La Perla) .... Größtenteils von 

<7iulio Romano. 

370. La Yierge k la rose Nein; Giulio Ro- 

mano, übermalt. 

371. Sainte Familie (}& Yierge au l^zard) Nein; Giulio Ro- 

mano. 

[Kopien nach 
dem Originale 
der Galleria 
Doria in Rom. 

Andrea del Sarto. 

384. La Yierge, Venfant J^us, Saint Jean 

et deux anges Wohl echt, über- 
schmiert 

385. La Yierge, l'enfant J6su8, Saint Joseph 

et un ange Echt 

386. La Yierge t^nant Peniant Jesus sur 

ses genoux et Saint Joseph ... Ob echt, ist kaum 

zu sehen. 

387. Le sacrifice d' Abraham Echt 

Sebastiano del Plombe. 

395. J^us portant la croix Echt, doch mit- 
genommen. 

G^iorannl Battlsta Tiepolo. 

408. La Sainte Eucharistie \ w v 

409. Le char de Y6nus ] ^'^^ 

Tintoretto. 

411. Portrait du gön^ral v^nitien Sdbastien \ 

Yeniero > Echt. 

412. Portrait d'homme J 

417. Portrait d'un archev§que Echt. 

420. Portrait d*unejeune Y^netienne tenant 

une rose k la main; — .... Nein; Francesco 

Bajssano. 
(Fortsetzung folgt.) 

BÜCHERSCHAU. 

Joh. Mera, Das (isthetische Formgesetz der Plastik, 
Leipzig, Seemann, 1892. VL u. 302 S. 4 M. 
Der Verfasser nimmt zwei getrennte Quellen 
der Schönheit an, die aber fireilich im ästhetischen 
Genuss zur ungetrennten Einheit zusammenfließen. 
Die Form ist ihm nicht nur schön als die durch- 
sichtige und vollständige Erscheinung des in ihr 
niedergelegten Lebensgehalts, sondern sie hat ihre 
eigenen Schönheitsgesetze, die in nichts anderem 
begründet sein können, als im Wesen und der Funk- 
tionsweise des Organs, mit dessen Hilfe wir hin- 


211 


Bücherschan. 


212 


fällige Formen erfassen, in unserer Sinnlichkeit. Er 
unternimmt es daher, aus dem Sehvorgang und seinem 
Zweck die Bedingungen zu entwickeln, die ein 
Gegenstand notwendig erfQllen muss, wenn seine 
Form dem Auge schön erscheinen soll. Dabei be- 
trachtet er die Formen der Gegenstände unter einem 
doppelten Gesichtspunkt, einmal als einfache Ele- 
mente der Empfindung, sodann als Material und 
Vehikel der Anschauung. Kommt die Form in der 
ersten Hinsicht der Organisation unseres Auges ent- 
g^en, ermöglicht sie ihm eine seiner Natur ent- 
sprechende Thätigkeit, so ist der Gegenstand «sinn- 
lich und schön*; ist die Form dagegen so gestaltet, 
dass sie die Erreichung des Zwecks des Sehvor- 
gangs erleichtert und seine vollständige Durchfüh- 
rung sichert, so erscheint der Gegenstand «formell- 
ästhetisch-schön**. Dieser Zweck ist aber, wie Merz 
in Weiterbildung Eantisch-Helmholtz'scher Gedanken 
entwickelt, kein anderer, als die Gewinnung der An- 
schauung eines geschlossenen räumlichen dreidimen- 
sionalen Ganzen* Aus diesem Zweck entspringen 
die einzelnen Bestimmungen fär das Formell-Schöne, 
die der Verfasser unter dem Namen Formgesetz des 
äußeren Sinns zusammenfasst und die fbr die drei 
Künste des äußeren Sinns, für Architektur, Plastik 
und Malerei, in gleicher Weise gelten. Während 
Merz die Durchführung der so gefundenen Grund- 
sätze in Malerei und Architektur ftir später in Aus- 
sicht stellt, hat er sie für die Plastik im vorliegen- 
den Buch geleistet. Zunächst werden aus der von 
den beiden Schwesterkünsten verschiedenen Aufgabe 
der Plastik die besonderen Grundsätze abgeleitet, 
die sich für sie aus dem allgemeinen Formgesetz 
ergeben. Indem es nun aber der Verfasser unter- 
nommen hat, sein Formgesetz an den einzelnen pla- 
stischen Meisterwerken auf seine Richtigkeit zu 
prüfen, sah er sich genötigt, sich über die inhali>- 
lichen Motive der einzelnen Statuen Klarheit zu ver- 
schaffen, d. h. zu untersuchen, welchen Lebensgehalt 
sie in sich schließen und durch« welche sinnfällige 
Mittel sie ihn zur Darstellung bringen. Man wird 
dem ersten theoretischen Teil das Lob der Neuheit 
nicht versagen können, wobei noch manches zu fer- 
nerer Diskussion Anlass geben wird; aber erst in 
diesem weit umfangreicheren zweiten empirischen 
Teil liegt die eigentliche Bedeutung, die dem Buch 
zukommt; auf ihm ruht das Interesse, das ihm auch 
der nichtzünftige Kunstfreund entgegenbringen wird. 
Mit einem stets sicheren plastischen Verständnis hat 
Merz die Meisterwerke der alten Zeit wie die der 
jüngsten Vergangenheit analysirt und ihren Lebens- 


gehalt festgestellt. Das ist freilich kein neues Unter- 
fangen: seit Winckelmann besitzen wir eine Beihe 
ebenso geistvoller wie feinfühliger Männer, welche 
mit beredten, dichterisch beschwingten Worten den 
Gehalt der Kunstwerke geschildert und „Anleitung 
gegeben haben zu ihrem Verständnis'. Ihre Arbeit 
hat Merz ergänzt, insofern auch die moderne Kunst 
mit liebevollem Verständnis in den Kreis der Be- 
trachtung gezogen ist, und zugleich in einigen Fällen 
berichtigt, wo sie ihrem Gegenstand nicht gerecht 
geworden sind. Aber während die Kunstanaljsen 
früherer Betrachter ein Ausfluss instinktiven Er- 
fassens und genialer Intuition sind, giebt Merz zu- 
gleich auch die Mittel an, mit deren Hilfe der Pla- 
stiker einen bestimmten Gehalt ausgedrückt hat, er 
weist die Elemente auf, welche den Eindruck er- 
zeugen. Nie ist es ihm dabei wohler, als wenn 
er hinsichtlich des Gehalts nichts Neues bieten muss, 
sondern das auf seine Ursachen zurückführen kann, 
was andere richtig geschaut haben. Wir werden 
zuerst belehrt, welche Wege der Plastik zu Gebote 
stehen, wenn sie Bewegung darstellen will, und die 
alten, seit Lessings Laokoon viel erörterten Fragen 
über den fruchtbaren Moment und das Transitorische 
in der Kunst erfahren eine neue glückliche Lösung. 
Dann wendet sich der Verfasser den psychischen 
Zuständen bezw. Vorgängen in wohlgeordneter, auch 
psychologisch wertvoller Stufenfolge von den ein- 
fachsten bis zu den komplizirtesten Erscheinungen 
zu und zeigt, wie jeder Lebensäußerung der Seele, 
z. B. dem Affekt, der Lust und dem Schmerz, dem 
Wollen und der Vorstellungsthätigkeit, der Gesin- 
nung und dem Selbstbewusstsein, sei es, dass sie ver- 
einzelt oder in mannigfaltigen Kombinationen auf- 
treten, ein bestimmtes Bewegungsverhältnis im mensch- 
lichen Körper entspricht, das nur ihr eigen ist und 
deshalb gemäß dem geheimnisvollen Zusammenhang 
unserer leiblichen und geistigen Organisation als ihr 
Ausdruck empfunden wird. So ist hier zum ersten- 
mal das geleistet, was Lotze in einer Bemerkung 
seiner Geschichte der Ästhetik als eine Aufgabe für 
die Zukunft hingestellt hat: . der Eindruck des Kunst- 
werks ist auf Grundsätze zurückgeführt*. Vor der 
Klippe der Systemsucht, die hierbei leicht gefähr- 
lich hätte werden können, bewahrt den Verfasser 
sein ästhetischer Takt, wie ihm denn die Einzel- 
heiten des Systems aus der Anschauung selber er- 
wachsen sind und es ihm leichter begegnet, dass 
sich ihm das System nicht ganz schließen will, als 
dass er die Anschauung durch das System meisterte. 
Dieses Feingefühl macht sich allenthalben in zart 


213 Nekrologe. — Personalnachrichten. — AuBstellmigen. — VermiBchtes. — Vom Kunatmarkt — Zeitschriften. 214 


empfundenen, lebensprühenden Bemerkungen geltend. 
Man lese selbst, was der Verfasser über Basis und 
Sockel, über dekorative Plastik, über Büste und 
Gruppe, über Baumdarstellung und Gewand, über 
Portratstatuen und einzelne vielbehandelte Figuren, 
wie den Laokoon, Apoll vom Belvedere, Niobe, bis 
zu Rietscbels Luther, Schapers Ooethe, Schilliugs 
.Krieg", Zumbuschs Maria Theresia zu sagen weiß. 
Freilich ist Merz* Buch keine leichte und bequeme 
Lektüre: es erfordert das genaue Nachprüfen jedes 
einzelnen Satzes am betreffenden Kunstwerk und 
leider sind die Nachbildungen der hervorragendsten 
Statuen, die in dem vornehm ausgestatteten Buche 
gegeben sind, nicht immer ganz zweckentsprechend. 
Aber wer sich die Mühe nimmt, mit des Verfassers 
Augen die Kunstwerke zu betrachten, der wird das 
Buch mit dem freudigen OefÜhl aus der Hand 
legen, dass der Kreis gottlicher Bildungen, den die 
Plastik geschaffen, ihm in dieser Beleuchtung den 
Glanz eines neuen reicheren Lebens gewonnen zu 
haben scheint und dass ihm eigentlich erst durch 
sie das Auge erschlossen worden ist zu vollem pla- 
stischen Sehen. TE, M. 


PERSONALNACHRICHTEN. 

*,^* Professor Hugo Vogel in Berlin hat in einem er- 
neaten Gesuch an den preußischen Kultusminister darum ge- 
beten, seine Lehrthätigkeit an der Hochschule der bildenden 
Künste schon jetzt einstellen zu dürfen. (Vgl. die vorige 
Nr.) Dieses Gesuch soll vom Minister genehmigt worden sein. 


SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN. 

%* DU Satzungen für die großen Berliner Kunstaus- 
stellungen sind, wie die „Nordd. Allg. Ztg." mitteilt, durch 
Allerhöchsten Erlass vom 15. Januar genehmigt worden. 
In nächster Zeit werden daher sechs Mitglieder der akade- 
mischen Kunstgenossenschafb und sechs Mitglieder des Ver- 
eins Berliner Künstler — alle zwölf durch die betreffenden 
Körperschaften gewählt — zugleich mit drei Düsseldorfer 
Künstlern als Ausstellungskommission zusammentreten. 

•^* Die große Meissonier - Ausstellung wird im Monat 
März in der Galerie von Georges Petit in Paris stattfinden. 


VERMISCHTES. 

e. Deutsches archäologisches Institut in Born. In den 
beiden letzten Sitzungen vom 23. Dezember und 13. Januar 
erläuterte Prof. Petersen, anknüpfend an die neue Pubb'ka- 
tion von Meomartini« i monumenti e le opere d'arte della 
cittä di Benevento (Benevent, Druck von de Martini e figli), 


NEKROLOGE. 

*^* Der Landschaftsmaler Karl Morgenstern, ein Sohn 
und Schüler von Johann Friedrich Morgenstern, der sich 
besonders durch Landschaften aus dem bayerischen Hoch- 
land und aus Italien bekannt gemacht hat, ist am 10. Ja- 
nuar in seiner Geburtsstadt FrankAirt a. M. im 82. Lebens- 
jahre gestorben. 


die Darstellungen des bisher nur in ungenügenden Wieder- 
gaben veröffentlichten Triumphbogens in Benevent vom 
Jahre 115 nach Chr. Außerdem besprach in der erstgenann- 
ten Sitzung noch Prof. Dessau aus Berlin einige Mithras- 
reliefs, in der zweiten Prof. Läicy ein athenisches Relief- 
fragment, in welchem er ein Stück vom Kopfe der Aphro- 
dite vom Ostfries des Parthenons erkannte, ferner Prof. Mau 
ein durch eine Reihe ungewöhnlicher Erscheinungen aus- 
gezeichnetes Haus in Pompeji. 

Der Rundbau auf dem Valkenhofe bei der hollän- 
dischen Stadt Nymivegen, der bisher stets als ein Bauwerk 
aus der Zeit KarFs des Großen, d. h. aus dem Ende des 8. 
oder dem Anfang des 9. Jahrhunderts angesehen wurde, ist 
kürzlich von G. Humann in Essen einer näheren Unter- 
suchung unterzogen worden, worüber er in der «.Zeitschrift 
far christliche Kunst" (V, Hefl 9) berichtet. Humann war 
von dem Museumsdirektor Abeleven in Nymwegen auf- 
gefordert worden, einen Plan zur Wiederherstellung der nicht 
in sehr gutem baulichen Zustand befindlichen Kapelle zu ent- 
werfen. Auf Grund seiner Untersuchungen hat er aber von 
einer Erneuerung abgeraten , um eine weitere Erforschung 
des kunstgeschichtlich ungemein wichtigen Bauwerks zu er- 
möglichen, und daraufhin haben die maßgebenden Personen 
beschlossen, die alte Pfalzkapelle mit allen Veränderungen, 
die sie im Laufe der Zeit erlitten, der Zukunft zu erhalten. 
Obwohl Humann nicht eine gründliche bautechnische Prü- 
fung vornehmen konnte, ist es ihm doch, im Gegensatz zu 
der allgemeinen Annahme, wahrscheinlich geworden, dass 
die Einzelformen die Entstehung des Bauwerks eher in das 
10. oder 11., als in das 8. oder 9. Jahrhundert verweisen. 
Auch in späterer Zeit haben die Kaiser Otto I. und IL, Hein- 
rich IL, Konrad II. und III. mehrfach in Nymwegen verweilt. 
Danach wäre die Frage nach der Entstehungszeit des Rund- 
baues noch nicht genügend beantwortet 


VOM KUNSTMARKT. 

Berlin, Im Kunstauktionshause von Rudolf Lepke findet 
am 31. Januar und 1. Februar eine Versteigerung einer ge- 
wählten Sammlung wertvoller Gemälde alter Meister sowie 
von Aquarellen und Zeichnungen hervorragender neuerer 
Meister statt Femer kommen am 13. Februar und den 
folgenden Tagen wertvolle Sammlungen von älteren Kupfer- 
stichen, Radirungen, Holzschnitten, Schabkunstblättem, Litho- 
graphien etc. zur Versteigerung; ferner eine sehr interessante 
Sammlung Originalkupferplatten von Ch. Wilberg, A. Carstens, 
J. Berger a. a.; sodann drei kostbare Missalien mit Minia- 
turen und eine Porträtsammlung russischer Fürsten, Feld- 
herren, Staatsmänner und Gelehrten; schließlich Handzeich- 
nungen und Aquarelle. Der 1649 Nummern enthaltende 
Katalog ist soeben erschienen. 

LeipMg. Soeben erschien im Verlage vonZ. W. Hierse- 
inann Katalog Nr. 110, enthaltend Werke Über öffentliche 
und private Gemäldegalerien, femer Holzschnitt- und Kupfer- 
stichwerke und künstlerische Lithographiepublikationen« Die 
Werke stammen zum Teil aus der von Herrn Dr. H. A. Weiske 
in Leipzig hinterlassenen Bibliothek. 


ZEITSCHRIFTEN. 

ilUemelne Kunstohroiilk« 1898. ITr. 2. 

Die neue Sankt Annakirohe in München. Von A. Braun. ~ 
Kunstbrief. Von H.Peter s. — Grundrissvorbilder von Gebäuden 
für kirchliohe Zwecke. Von 0. Mothes. 

Bayerische Gewerbezeitang« 1893. Xr. 1. 

Altes und Neues aus Handwerksgeschichte und Handwerksrecht. 


215 


Zeitschriften. — Inserate. 


216 


Dte Kmigt Ar AUe. 1892/98. Heft 8. 

Engen KlimBoh. Von Fr. Graf. — Rundschau. Von Fr. Peeht. 

Mittefliiiigen des k. k. Ssterreichischen Musenms für 
Kunst and Industrie. 1898. Heft 1. 

Zur Geschichte der österreicdiischen Steinschneider des Barock- 
ceitalters. Von Dr. A. Ilg. — Zur Geschichte des altägyptisehen 
Schmuckes. Von J. Folnesios. 


Repertorium für Knnstwissensohaft. 1892. Heft 6. 

Neue Beiträge zur Entstehungsgeschichte der kreuzförmigen 
Basilika. Von Dr. H. Graf. — Der deutsche nnd niederlfindisobe 
Kupferstich des 15. Jahrhunderts in den kleineren Sammlungen. 
VonM. Lehrs. —Das Abendmahl Christi in der bildenden Kunst 
bis gegen den Schlnss des u. Jahrhunderts. Von E. Dobbert. 


Inserate. 


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auch Aquarelle, ersten Ranges kauil und übernimmt zum Verkauf, sowohl 
einzeln als in ganzen Sammlungen die Kunsthandlung von 

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nisdsxländisohen Schule, vermittelt »oft sohnellste nnd saehverstftnd^sts den Yerkanf 
einxelner Werks, wie kompl. Ssmmlnngen nnd ttbemimmt Anftarige rar alle größeren 

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Jacob BureUnrdt's 

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Franz Heyer, Kunsthändler, 

Semmarstraße 7. [033] 


Inhalt: Der neue Dürer im Berliner Museam. Von A. Rosenberg. — Die Acadömie de Franoe in Rom und die Acadömle des Beaux- 
Arts in Paris. — Handzeichnangen italienischer Meister. Kritisch gesichtet von G. Morel 11; Mitgeteilt von £. Habioh. 
(12. Fortsetzung.) — J. Merz, Das ästhetische Formgesetz der Plastik. — E. Morgenstern f- — H. Vogel. — Die Satzungen für 
die großen Berliner Knnstaasstellangen : Die große Meissonier-AasstellaDg in Paris. — Deutsches archäologisches Institut in Born; 
Der Rundbau auf dem Yalkenhofe bei der holländischen Stadt Nymwegen. — Kunstauktionen bei R. Lepke in Berlin; Katalog Nr. HO 
von K. W. Hiersemann. — Zeitschriften. -> Inserate. 


Für die Redaktion verantwortlich Aritu' Seenumn, — Druck von Äugtui /Vte« in Leipzig. 


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KUNS 



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■A: 


ONIK 


WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE. 
Ankundigungsblatt des Verbandes der deutschen Kunstgewerbevereine, 

HERAUSGEBER: 

CARL VON LÜTZOW und DR. A. ROSENBERG 

WIEN BERLIN 8W. 

Heugasse 68. Teltowentrasse 17. 

Verlag von E. A. SEEMANN in LEIPZIG, Gartenatr. 15. Berlin: W. H. KÜHL, Jägeretr. 73. 


Neue Folge. IV. Jahrgang. 


O 1892/93. 


Nr. 14. 2. Februar. 


Die Knnstcbronik erscheint als Beiblatt zur nZeitsohrlft fttr bildende Kanst" und znm „Kanstgewerbeblatf* monatlich dreimal, in den 
Sommermonaten Jnli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Hark und nmfasst 83 Nummern. Die Abonnenten der „Zeit- 
schrift Tür bildende Knnst* erhalten die Knnstchronik gratis. — Für Zeichnungen, Manuskripte etc., die unverlangt eingesandt werden, 
leisten Redaktion und Yerlagshandlung keine Gewähr. Inserate, ä 80 Pf. fttr die dreispaltige Petitseile, nehmen außer der Verlagshand- 
lung die Annoncenexpeditionen von Haasenstein & Vogler, Rud. Messe u. s. w. an. 


BEMERKUNGEN ÜBER DAS WESEN 

DER GRAZIE. 

VON CARL GRAF CORONINI- CRONBERO. 

So wie es fQr empfangliche Seelen ein meta- 
physisches Bedürfnis giebt, dessen Befriedigung 
Aufgabe der verschiedenen Religionsbekenntnisse ist, 
80 hat auch der in der Atmosphäre der Kultur auf- 
gewachsene Mensch, wenngleich er selbst wenig Bil- 
dung haben mag, gewissermaßen ein künstleriscJies 
Bedürfnis, das insbesondere bei den Südländern ent^ 
schiedener hervortritt und die Annäherung an das 
idealisirte Sinnliche mit mehr oder weniger Thatkraft 
anstrebt. Deshalb üben insbesondere auf die Massen 
die Kunstreiter eine sehr starke Anziehungskraft. 
Teilweise wohl wegen der staunenswerten Fertigkeit, 
mit welcher sie ihre Evolutionen vollführen, nicht 
zum mindesten aber deshalb, weil sich die schönsten 
Gebilde der Schöpfung, der Mensch und das Pferd, 
zu den anmutigsten Gruppen verbinden und ihre 
plastischen Formen, gehoben durch die graxiöse Bö- 
tvegung, reizend darstellen. Diese Betrachtung führt 
mich auf den umstand; dass man der Bewegung an 
sich, vom künstlerischen Standpunkt aus betrachtet, 
eine besondere Aufmerksamkeit nicht zu schenken 
scheint, obwohl sie zunächst durch die Mimik und 
den Tanz, der doch in den Kahmen der plastischen 
Kunst, wenigstens der Verwandtschaft nach, hinein- 
gefügt zu werden verdient, eine Anregung hierzu 
finden könnte. Nebenbei sei in Erinnerung gebracht, 
dass ja in der Musik und Poesie die Bewegung im 
Takt und in der Metrik ihre Vertreter findet. 

Die Plastik an sich scheint mir in der Beur- 


teilung der schönen Form während der Buhe allein 
noch nicht erschöpft, und ich meine, dass die schöne 
Bewegung ebenfalls eine besondere Aufmerksamkeit 
verdient. Und zwar umsomehr, als die Grazie, ohne 
weiteres ein Attribut des Schönen, eben in der Be- 
wegung am meisten hervortritt, obwohl sie auch 
im Moment der Ruhe ihre volle Wirkung üben kann. 
Die Grazie, von den Franzosen vielleicht am meisten 
gepflegt, gewürdigt und verstanden und daher von 
ihnen auch am meisten übertrieben und bis zum 
Zerrbild aufgebauscht, ist wohl einer ästhetischen 
Analyse wert und ihr Studium würde vielleicht 
manchen neuen Lichtstrahl werfen auf den immer- 
hin noch rätselhaften Reiz, den der Anblick des 
Schönen »auf den empfänglichen Sinn ausübt. Die 
Venus von Milo, der Apollo vom Belvedere, der 
Antinous, der Narciss u. a. sind nicht bloß des- 
halb Kunstwerke ersten Ranges, weil sie allen An- 
forderungen künstlerischer Proportionen im Sinne 
der klassischen Bildner entsprechen. Stellen wir 
dasselbe Vorbild, das dem Künstler bei Schaffung 
des Apollo vorschwebte, das heißt mit denselben 
Proportionen, wie einen Ladestock hin, oder die Venus 
wie eine Pagodenfigur, so ist es aus mit der Schön- 
heit. Zu der Tadellosigkeit der einzelnen Glied- 
maßen des Kunstwerkes und ihren relativen Propor- 
tionen gehört somit auch ihre absolute und gegen- 
seitige Richtung im Räume, um dem Geschmack zu 
genügen, und diese Richtung muss nicht allein 
zweckmäßig, das heißt der beabsichtigten Wirkung 
entsprechend, sondern sie muss auch graziös sein. 
Unzweckmäßiges oder besser gesagt Zweckwidriges 
verträgt sich nicht mit dem Wesen des Schönen, 


219 


Bemerkungen über das Wesen der Grazie. 


220 


das von keiner Seite her in seiner Erscheinung ge- 
stört werden will; denn das Zweckwidrige ist sozu- 
sagen unwahr und das Schöne kann der Wahrheit 
nicht widersprechen. Aber die Zweckmäßigkeit 
allei7i kann nicht der Leitstern des Schönen sein. 
Nebst dem Yorhandensein der richtigen Proportionen 
in den einzeken Teilen des Kunstwerkes, nebst ihrer 
Lage im Räume und gegeneinander, nebst der Zweck- 
mäßigkeit ihrer Stellung zum Erzielen des beabsich- 
tigten Eindruckes gehört noch ein anderer Faktor 
zum vollendeten Kunstwerke. 

Es war zuvor von der Bewegung die Rede. 
Ich komme nunmehr darauf zurück. Eine Bewegung, 
welche in gerader Linie erfolgt , kann zweckmäßig 
sein, weil sie am wenigsten Aufwand an Kraft und 
Zeit erfordert, aber graziös ist sie nicht. Ein Turner, 
welcher seine Evolutionen auf dem Reck oder dem 
Trapez womöglich gradlinig auszufahren bestrebt 
wäre, eine Tänzerin, welche ähnliches thäte, wäre 
nicht graziös. Ebensowenig ein Schauspieler, der 
überhaupt auf seine Haltung, auf seinen Gang, auf 
seine Gestikulation sehr bedacht sein muss, und 
wäre er auch gebaut wie ein antiker Heros. Dagegen 
aber ist ein spielendes Kätzchen, das seine mut- 
willigen Sätze in schön geschwungenen Wellenlinien 
vollführt, die eigentlich vom ersten Impulse seiner 
Sprungwerkzeuge abhängen, äußerst graziös. Ebenso 
ein Pferd im Galopp, wenn es Aktion hat, seine 
Beine in geschwungenen Linien bewegt, den Hals 
einbiegt und über den Boden dahinschießt. Dies 
alles scheint auf den Satz zu führen, dass die Be- 
schreibung einer graziösen Linie gewissermaßen mit 
einem generösen Überschuss an Kraft geschehen, 
somit solchen zweckentsprechenden Kurven folgen 
müsse, bei denen eine mäßige Kraftverschwendung 
vorkommt. Vielleicht, damit es den Anschein habe, 
als wären sie mit der größten Leichtigkeit voll- 
bracht, wodurch sozusagen eine gewisse Emanzipa- 
tion von den Gesetzen der Materie bekundet und 
eine Annäherung an das Geistige, an das Ideale er- 
reicht würde. Wie graziös ist der Flug einer Alpen- 
dohle im Vergleiche mit dem einer Wachtel oder 
einer zahmen Ente! Warum? Weil die Dohle schein- 
bar ihre Kreise so wunderbar anmutig zieht, als 
wenn sie von einer außer ihr gelegenen Triebkraft 
getragen würde. Es scheint somit ein Faktor der 
graziösen Bewegung jedenfalls in dem Mangel einer 
sichtbaren oder supponirten Anstrengung zu liegen. 
Wie graziös weicht die Rose, die Trauerweide, das 
Schilf dem Andringen bewegter Lüfte aus! Wie un- 
geschickt hingegen die Lilie und alle die unschmieg- 


samen Gewächse, welche die Kurve selbst in ihrer 
passiven Bewegung verschmähen. Es wirft sich aber 
nun die weitere Frage auf: ist denn die Grazie bloß 
ein Attribut der Bewegung? Ist sie nicht auch im 
Zustand der Ruhe, eine Eigenschaft des Schönen? 
Allerdings. Und zwar deshalb, weil die Ruhe im- 
merhin als der Abschluss oder der Anfang einer 
Bewegung angesehen werden muss. Bekanntermaßen 
liegt die große Meisterschaft Raffaers im Malen des 
Faltenwurfes darin, dass daraus entnommen werden 
kann, ob der bekleidete Körperteil im Vordringen 
oder im Weichen begriffen ist, ein Beweis, dass 
auch er ähnlicher Meinung war. 

Ein Kind hat sich zum Schlafen hingelegt. In 
diesem letzten Moment der Bewegung liegt die 
Grazie. Und wenn man die besten antiken Statuen 
durchgeht, stellen die meisten eine erstarrte Be- 
wegung dar. So der lauschende Narciss, so die über- 
raschte Venus von Knidos, so der sterbende Gallier, 
so der tanzende Faun u. s. w. Wenn aber die Grazie 
auf der Kurvenlinie beruht, welche die Bewegung 
beschreibt, dann ist wohl die Frage am Platze, ob 
diese Kurven, die da etwas Grandioses, dort etwas 
Elegantes, wo anders wieder etwas Generöses an 
sich haben, nicht etwa mathematisch bestimmbare 
Linien darstellen, etwa Komposita von Ejreisen, 
Ellipsen, Hyperbeln, Parabeln, Cycloiden etc. sind. 
Freilich wohl scheint der Umstand, dass ja die Grazie 
ein weiteres Feld beherrscht und auch abgesehen 
von den erwähnten Linien zur Erscheinung kommt, 
dagegen zu sprechen. Denn die Grazie kann auch 
in einem Vortrag liegen, in einem Musikstück, in 
einer poetischen Wendung, im Ausdruck des Ge- 
sanges, im Anschlag einer Note, im Stil überhaupt, 
in der Toilette, in der Phrase, im Benehmen, kurz 
in allen Äußerungen des Seelenlebens. Wenn aber 
bei allen diesen Äußerungen die Bezeichnung Grazie 
dennoch mit Recht angewendet wird — und es 
scheint auch dies der Fall zu sein, — weil ein so 
allgemein empfundener und wiedergegebener Ein- 
druck eine sichere Orundläge haben muss, dann 
muss die Grazie, die wir früher der schön geschwun- 
genen Linie zuschrieben, und jene, die sich bei den 
soeben erwähnten vielfachen Erscheinungen mani- 
festirt, verwandte Merkmale haben, die auf eine ge- 
meinsame Urquelle zurückgeführt werden können, 
aufweiche alle Äußerungen des menschlichen Willens, 
bei denen die Form mit eine wesentliche Rolle 
spielt, hindeuten. Suchen wir diese Gemeinschaft- 
lichkeit! 

Als vorhin von der Grazie in der Bewegung 


• i 


221 


Bücherachaa. 


222 


die Rede war, wurde gesagt, dass dieselbe von der 
Eurre abhängig sei, welche die Bewegung beschreibt 
Wir möchten diese Behauptung hier dahin ergänzen, 
dass die Grazie nicht nur von der Form, oder sagen 
wir von dem Schwung der Linie allein abhängt, die 
sie beschreibt, sondern auch von dem Verhältnis der 
Geschwindigkeit, mit welcher die einzelnen Teile der 
Linie zu stände kQmmen, von dem Verhältnis der 
Anfangs- und Endegeschwindigkeit. Es gehört somit 
jenes Accelerando und Rallentando der einer Kurve 
folgenden Bewegung jedenfalls mit zur Bestimmung, 
ob diese Bewegung graziös ist oder nicht. Ist die 
Kurre der Bewegung an sich, das heißt als Linie 
graziös, sind es aber die relativen Zeitverhältnisse 
nicht, dann ist auch die Bewegung nicht vollständig 
graziös. 

Nun rücken wir dem Wesen der Grazie um 
einen Schritt näher. Die graziöse Bewegung ver- 
langt eine Abweichung von der Gleichmäßigkeit in 
ihrem zeitlichen Verlauf. Sie verlangt eine gewisse 
Überschwänglichkeit im Räume und in der Zeit 
Aber in dieser Freiheit, in dieser anscheinenden Sorg- 
losigkeit liegt eine Gesetzmäßigkeit, deren Auffin- 
dung doch möglich sein sollte. Wenn die Kurven 
der graziösen Linie im Räume mathematisch bestimm- 
baren Gesetzen folgen, wenn auch deren Zeitfolge 
(das Accelerando und Rallentando) auf ein festes 
Gesetz zurückgeführt werden könnte, wie z. B. jenes 
der Fallgeschwindigkeit, dann könnte man wohl 
sagen, dass ihrem inneren Wesen eine gewisse Pro- 
portionalität zu Grunde liege. Wenn wir eine ana- 
loge Proportionalität in den anderen Formen finden 
würden, nämlich in der Grazie, die in der Musik, 
im Vortrage, im Stil, in dem Anschlag der Stimme, 
in den Umgangsformen, in der Toilette, mit einem 
Worte in aUen anderen Manifestationen des ästhe- 
tischen Sinnes vorkommt, dann könnte man wohl 
auf eine innere Verwandtschaft aller dieser Erschei- 
nungen schließen und dann wäre es nicht allzu ge- 
wagt, wenn man sie alle als aus einem gemeinsamen 
Urquell entsprungen ansehen würde* Es lässt sich 
aber thatsächlich z. B. in der Musik die Grazie, die 
in einer sanften Abwechselung des Forte und Piano, 
des AUegro und Adagio, des Erhöhen oder Vertiefen 
des Tones, des Schwellen und Verklingenlassen des- 
selben und überhaupt in der ganzen Wiedergabe 
des Tonbildes liegt, mit einem systematischen Hin- 
ziehen von Kurvenlinien vergleichen. Dasselbe könnte 
man von der Grazie im Vortrage, im Stil, in der Phrase, 
im Benehmen überhaupt sagen, wenn man der Phan- 
tasie einen erlaubten Spielraum einräumen will. 


Ein lockeres weitmaschiges Netz wäre somit 
da, welches aUe die vielfaltigen Formen der Grazie 
umschlingt, sozusagen die Mutterlauge, aus der sich 
der Begriff der Grazie herauskrystallisirt. Wenn 
die Baukunst eine gefrorene Musik genannt wurde, 
so könnte man die Plastik eine festgebannte Grazie 
nennen. 

Die Grazie ist zweifellos ein Faktor des Scliönen 
und zwar jenes Schönen, welches nach den Gesetzen 
der Ästhetik durch die Künste zum Ausdrucke 
kommt und dessen Darstellung dem Genius des 
Mensclien zukommt, sovne auch jenes Schönen, das 
der Schöpfer in die Natur gelegt hat und das vor- 
zugsweise dann diese Bezeichnung verdient, wenn 
es als formvollendeter Typus seiner Gattung gelten 
kann. Wenn die innere Natur dieses, allen beiden 
eben erwähnten Kategorieen des Schönen zukonmien- 
den Faktors, unserem Erkennen verschlossen wäre, 
wenn näher nachgewiesen wäre, nach welchen Ge- 
setzen das Band der Grazie alles dasjenige um- 
schlingt, was schön genannt wird, dann wäre man 
auch der klaren Feststellung des Begriffes des 
Schönen in der allgemeinsten Bedeutung, das immer 
noch trotz seiner Anziehungskraft einem leicht ver- 
schleierten Bilde gleicht, näher gerückt 

Mögen sich berufene Geister finden, die diese 
flüchtig hingeworfenen Gedanken eingehender aus- 
führen und dadurch ihre innere Berechtigung fest- 
stellen oder vielleicht durch die Überzeugung von 
ihrer Unhaltbarkeit auf eine andere richtigere Fährte 
gelangen. Ihnen sei auch die weitere Erörterung 
der Frage anheimgestellt, ob sich nicht die Begriffe 
geschmackvoll und graziös bis auf kleine Verschieden- 
heiten in der Schattirung nahezu decken. 

BÜCHERSCHAU. 

Die Bau- und Eunstdenkmäler von Berlin. Im 

Auftrage des Magistrats der Stadt Berlin bearbeitet 
von R Bomnann. Mit einer geschichtlichen Ein- 
leitung von P. Clausmtx, Mit 28 Lichtdrucktafeln, 
zahlreichen Abbildungen und 3 Plänen. Berlin, 
Julius Springer. KL Fol. 436 S. 

Bei der Inventarisation der Bau- und Kunst- 
denkmäler in der Provinz Brandenburg, die Prof. 
B. Bergau im Auftrage des brandenburgischen Pro- 
vinziallandtags durchgeführt hat, war Berlin von dem 
Auftraggeber von vornherein ausgeschlossen worden, 
vermutlich weU man einerseits den Umfang des 1885 
erschienenen starken Bandes nicht noch mehr aus« 
dehnen und weil man andrerseits dem Magistrat der 
Reichs- und Landeshauptstadt das nobile officium 


223 


Bücherschan. 


224 


eines eigenen Inventarisationswerkes nicht nehmen 
wollte. Der Berliner Magistrat hat denn auch diese 
Pflicht anerkannt und, nachdem er in dem Kegie- 
rungshaumeister Bomnann eine geeignete Kraft ge- 
wonnen, im Sommer 1887 mit der Arbeit beginnen 
lassen. Sie hat mehr Zeit und Mühen erfordert, als 
bei dem verhältnismäßig geringen Bestand an Kunst* 
denkmälem im eigentlichen Sinne erwartet werden 
durfte. Erst kurz vor Weihnachten des verflossenen 
Jahres ist das Werk erschienen, das sich freilich, 
weit über den Rahmen eines bloßen Inventars, zu 
der lange entbehrten Kunstgeschichte der Stadt Berlin 
ausgewachsen hat, ohne darüber den Charakter und 
die Bestimmung eines Inventars ganz zu verlieren. Der 
Verfasser ist nämlich beiden Richtungen seiner Auf- 
gabe oder vielmehr den höchsten Anforderungen, die 
man an derartige Arbeiten überhaupt stellen kann, 
dadurch gerecht geworden, dass er die Zwecke der 
Kunstgeschichte durch eine „Übersicht über die 
Geschichte der Kunst in Berlin vom XIIL bis zum 
Ende des XVIII. Jahrhunderts" in zusammen- 
hängender Darstellung gefördert und daneben die 
Pflicht des Statistikers durch eine lange Reihe von 
Monographieen über die einzelnen Denkmäler der 
Architektur und Plastik, wiederum weit über die 
Grenzen trockener Inventarisationsarbeit hinaus, in 
mustergültiger Weise erfüllt hat 

Dieses Lob fallt um so schwerer ins Gewicht, 
als man sich kaum eine undankbarere Aufgabe 
ersinnen kann als eine Inventarisation der Kunst- 
denkmäler Berlins. Der Magistrat sagt zwar in 
seiner Vorrede, dass der Schatz an Bau- und Kunst- 
denkmälern Berlins viel größer ist, „als man nach 
dem modernen Aussehen unserer Stadt vermuten 
sollte." Aber diese optimistische Auffassung der 
Dinge ist nur cum grano salis zu verstehen. Man 
hatte nichts erwartet, und nun haben sich doch noch 
spärliche Reste und Spuren gefunden, aus denen sich 
wenigstens erkennen lässt, dass die Mark und im 
besonderen auch Berlin während des Mittelalters und 
derRenaissancezeitin engem künstlerischenZusammen- 
hang mit Sachsen gestanden hat, was übrigens, soweit 
es sich um die Renaissanceteile des königlichen 
Schlosses handelt, schon früher bekannt gewesen 
und nachgewiesen worden war. 

Es ist ein schmerzliches Bekenntnis für den 
Inventarisator einer großen Stadt, wenn er unum- 
wunden erklären muss, dass von den mittelalterlichen 
Denkmälem Berlins „einzig und allein das schöne 
lichte Chor der Klosterkirche, der Kirche des Fran- 
ziskanerordens, in den Bereich der höheren Kunst 


gehört.* Dieser Kirche und den Resten der aus- 
gedehnten Klosteranlage hat Borrmann eine be- 
sonders eingehende Untersuchung gewidmet, die zu 
den anziehendsten Teilen seines Buches gehört. Die 
Hauptsachen stehen freilich wie so vieles andere in 
diesem Inventar nur noch auf dem Papier. Wird 
doch schon unter den Denkmälem der Schlüterzeit 
so gründlich aufgeräumt , dass .manches, was uns 
unantastbar und unerschütterlich erschien, bereits 
heute zur Legende gehört. Wir erinnern nur an 
die 1889 abgebrochene «alte Post" (das sog. gräfl. 
Wartenbergsche Palais), womit ein unanfechtbar 
beglaubigter Privatbau Schlüters der Forschung, die 
sich nicht bloß auf Photographieen stützt, für immer 
entzogen worden ist. Das ist um so beklagens- 
werter, als sich in jüngster Zeit eine Strömung vor- 
zudrängen gesucht hat, die auch den einzigen Ruhm 
der Berliner Kunstthätigkeit bis zum Ende des 18. Jahr- 
hunderts, die Thaten Schlüters , in Bezug auf ihre 
Selbständigkeit erheblich eingeschränkt wissen wUL 
Borrmann hat die Hypothesen von C. Gurlitt hin- 
sichtlich der ersten Entwürfe zum Berliner Schloss- 
bau in Schlüterscher Fassung bereits früher mit 
großem Scharfsinn und mit kühler Besonnenheit 
widerlegt, und er bleibt auch in diesem Werke bei 
seiner Meinung. Es ist selbstverständlich, dass die 
Streitfrage von neuem erörtert werden muss, da 
Gurlitt nach Zeitungsnachrichten neue Beweise zur 
Stütze seiner Hypothesen versprochen haben soll. — 
In einer anderen Streitfrage, die sich um den ersten 
Entwurf zum Berliner Zeughause dreht, hat Borr- 
mann den Untersuchungen Gurlitts beigepflichtet, 
der dem Direktor der Pariser Bauakademie, Blondel, 
auf Grand glaubwürdiger Zeugnisse, die Erfindung 
der Fassade zuschreibt. 

Über einem wenig erfreulichen Denkmäler- 
vorrat und über einer noch weniger erquicklichen 
Polemik hat Borrmann wenigstens ein schriftstelle- 
risches Werk errichtet, das in allen Teilen mit gleich- 
mäßiger Vorsicht durchgearbeitet ist und nur das 
vollkommen Sichere überliefert, wie man es von 
einer solchen Arbeit erwarten darf Es ist nur zu 
bedauern, dass seine Arbeit da aufhört, wo die 
eigentliche Kunst in Berlin beginnt, am Anfang des 
19. Jahrhunderts. Es ist die gewöhnliche den Inven- 
tarisationsarbeiten gesteckte Grenze, die hier um so 
strenger festgehalten worden ist, als der Berliner 
Architektenverein eine neue Ausgabe seines 1877 
erschienenen Buches .Berlin und seine Bauten* 
vorbereitet. Der Architektenverein würde, nachdem 
Borrmann ein allen Ansprüchen genügendes Werk 


225 


Bücherschau. 


226 


ge8clia£Fen hat, gut daran thun, sich ausschließlich 

auf das 19. Jahrhundert zu beschränken. 

A. II 


Fedenpiele von Eans Thoma und Henry Thode, Verlag 
von Heinrich Keller, Frankfurt a/M. 
Wir haben nie ein Werk, in dem bildende Kunst und 
Dichtung sich die Hand gereicht, mit der gleichen Stimmung 
und dem gleichen mitlebenden Empfinden genossen, wie die 
zu Weihnachten erschienenen „Federspiele" von Thoma, dem 
jüngst in der Zeitschrift f. bild. Kunst gewürdigten Maler- 
poeten, und Thode, dem geistvollen Schilderer deutsch-mittel- 
alterlicher Kunst, den wir hier zum erstenmal als Dichter 
kennen lernen. Die Federspiele sind lithographirte Skizzen 
aus Thoma's Mappen, wovon einige dem erw&hnten Aufsatz 
beigegeben waren, Figürliches, Landschaftliches durch- 
einander, aus den Bildern des Künstlers bekannte Motive, 
neue dazu, mit der ganzen Reinheit und Poesie in Erfindung 
und Darstellung, mit dem Zauber des innerlich wahrhaft Er- 
lebten. Mehr als je vor den Gemälden drftngt sich die Ver- 
wandtschaft des modernen .Genius mit Dürer auf, die 
Gemütstiefe, in der beide wurzeln, die Gabe der Charakte- 
ristik, das Sinnig- Zarte und das Derb -Schwungvolle bei- 
einander. Einzelnes anzuführen ist nicht möglich, da eine 
annähernd gleiche Höhe in allen diesen losen Blättern ist, 
in diesen Einfällen, neckischen wie ernsten, in diesen Ge- 
danken- und Stimmungsrätseln. Von einem Text ist keine 
Bede; die Gedichte, von großer Sicherheit und Reichtum der 
Form, sind getreue gleichwertige Übersetzungen der Skizzen ; 
wir haben uns nur schwer vorstellen können, dafis zwei, 
wenn auch verwandte Individualitäten zwei Künste zu einem 
organischen Gefüge von dieser Einheit zusammenschweißen 
könnten; auf eine rätselhafte Frage des Malers ist nicht 
immer eine Antwort, sondern oft eine noch geheimnisvollere 
Frage das dichterische Echo. — Etwas Vei*wandtes haben 
vor Jahren M. von Schwind und E. v. Feuchtersieben in 
dem „Album der Radirungen"- geleistet. Nur ist Thoma's 
Phantasie weiterhinschweifend, seine Erzeugnisse haben 
freilich wiederum die Zierlichkeit der Schwind'schen Kleinig- 
keiten nicht. F. H. M, 

Johaiin Grans, Eim Bundreise durch Spanien, Ein Führer 
zu seinen Denkmalen, insbesondere christlicher Kunst 
Wien, Woerl. 8». 414 S. 
Bestimmter Studien halber hat Graus eine Reise nach 
Spanien unternommen, deren Ergebnisse teilweise bereits in 
der von ihm redigirten Zeitschrift „Der Kirchenschmuck*' 
veröffentlicht waren, nun aber bereichert und ergänzt in 
Buchform erschienen sind. Gestützt auf gründliche littera- 
rische Vorarbeiten ist er ans Werk gegangen und hat die 
Resultate in der bescheidenen Form eines Tagebuches ver- 
öffentlicht; wir denken unwillkürlich an Nohl's „Italie- 
nisches Skizzenbuch". Die Erforschung des Landes galt 
vorzugsweise der Architektur und auf diesem Gebiete finden 
wir eine Reihe der schönsten Resultate. Die verschiedenen 
Einflüsse der fi-anzösischen und maurischen Architektur sind 
ebenso klar wie Überzeugend dargelegt. Höchst interessante 
Aufschlüsse bieten in dieser Hinsicht die Kathedralen zu 
Valencia, Sevilla, Toledo, ganz besonders auch St. Esteban 
zu Salamanca etc. Noch bedeutender sind die Ergebnisse 
der Untersuchung des in die Moschee zu Cordova eingebauten 
Domes zu Cordova mit trefflichen Grundrissaufnahmen, wie 
auch das über die Dome zu Granada, Malaga und die Kirche 
des Escorial Mitgeteilte, welch letztere Kirchen schon der 


Renaissance angehören. Ganz besonders auffallend sind bei 
größeren wie bei kleineren Kirchen die Längskapellen, die in 
unseren Landen namentlich bei einschiffigen Kirchen erst in 
der Renaissance häufiger auftreten. In Spanien findet sich 
diese letztere Anlage schon im Mittelalter überaus häufig. 
Sehr belehrend sind weiterhin die Mitteilungen über litur- 
gische Eigentümlichkeiten und die damit zusammenhängen- 
den Einrichtungen der Kirchen. Erwähnt sein mag die An- 
lage des Domhermchores im Langschiff, der Lettner, die paar- 
weisen Kanzeln (bes. S. (38), das Lesepult, der riesige Hoch- 
altar, die eigentümliche Altaranlage mit zwei Seiteneingängen 
und dahinter die Sakristei (S. 88) u. s. w. Von den Werken 
der Malerei ist am meisten der Bilder des Prado gedacht 
und namentlich eine Anzahl trefflicher Bemerkungen über 
Murillo gemacht. Wie der Titel besagt, ist das Hauptgewicht 
auf die kirchliche Kunst gelegt, die profane maurische wie 
christliche gleichwohl nicht außer acht gelassen; ergeben 
sich ja so oft wichtige Beziehungen zur kirchlichen Kunst! 
Über die Moschee zu Cordova, die maurischen Bauten zu 
Toledo und Sevilla, ganz besonders über die Alhambra finden 
wir eine Anzahl der treffendsten Bemerkungen. Weiter seien 
als bisher nur wenig gewürdigt genannt: das Stadthaus zu 
Sevilla, ein köstlicher Bau der Frührenaissance, die Lonja 
zu Valencia, die Audienca zu Barcelona u. s. w. Auf der 
Hin- und Rückreise musste Graus Norditalien und Südfrank- 
reich passiren, wovon er gleichfalls sehr bemerkenswerte 
Studien mitteilt, ganz besonders über Genua, Marseille, 
weiter Alby und Toulouse; sehr interessant ist auch die Be- 
schreibung der neuen Kirchen zu Lourdes. Eine reiche illu- 
strative Beigabe sowohl von Grund- als auch von Aufrissen, zum 
größten Teil nach Originalaufhahmen, illustrirt das Buch. 
Die Publikation muss um so verdienstvoller genannt werden, 
als die Kunstlitteratur über Spanien keine reiche ist; jeder, 
der sich mit spanischer Kunstgeschichte beschäftigt, wird 
das Graus'sche Buch gern benützen. 

Wien. ALFRED SCHNERICH, 


Eine neue Folge architektonischer und dekora- 
tiver Studien und Entwürfe von Otto Rieth, 20 Hand- 
zeichnungen in Lichtdruck. Berlin, Verlag von Georg 
Siemens, 1892. Folio. Mit Vorwort. 
Rieth bietet uns mit der vorliegenden Publikation eine 
Fortsetzung seiner „Architekturskizzen"; während er aber 
in diesen — wenigstens im Vorwort — sich als Kunstkosmo- 
polit bekennt^ der gleich der Biene aus jeder Blume Honig 
zu saugen weiß, vorzüglich aber aus den Üppigen Blüten des 
Barockstils, zeigt ei' sich uns jetzt, wenn er es auch nicht 
eingesteht, auf anderer Bahn: er betont die Notwendigkeit 
einer größeren Anwendung und zweckentsprechenden Indivi- 
dualisirung des Ornaments, indem er — endlich einmal ein 
Mutiger! — gegen die heillose Fetischdienerei des Akanthus- 
blattes auftritt, das uns schablonenhaft im Ballsaal und 
Theater wie in der Kirche oder am Grabdenkmal entgegen- 
grinst. — Das ursprünglich prächtige und — mit Maß, Ziel 
und Zweck angewandte — immer und ewig wirksame Motiv 
ist zum Schmarotzer geworden, der alles überwuchert und 
nichts Gutes aufkommen lässt. Seine Domäne muss beschränkt 
werden, wenn nicht eine Ermüdung eintreten soll. Um das 
bewirken zu können, wird der Kosmopolit national-, er weist 
auf die Traditionen der romanischen und frühgotischen 
Muster hin, die ihre Motive der so mannigfaltigen heimischen 
Fauna und Flora entlehnen, mit welchen Mitteln auch wir 
Modeme wie alle künfb'gen Geschlechter befähigt sind, eine 
individuelle, bexiehungsvoüe Ornamentik zu schaffen, eine 


227 


BücherRchau. — Personalnachrichten. — Denkmäler. — Vereine und Gesellschaften. 


228 


Richtung, die übrigens Siccardsburg und van der Niül in 
Wien schon vor drei Decennien anstrebten und zum Teil 
auch mit Glück bethätigten. Der menschliche Organismus 
ist es nicht in letzter Reihe, dem wir bei diesen Schöpfungen 
Rieth*s begegnen, er muss — wie der Künstler will — gleich 
dem Ornamente selbst den Kampf ums Leben schildern, 
Märchen erzählen, Stinunung erwecken, beide müssen in un- 
mittelbarer Beziehung stehen zu dem Räume, in dem sie 
verwertet, und zu der Zeit, in der sie geschaffen werden. 
Wir sind auf die Verfolgung dieses Zieles sehr begierig 
und dürfen uns nach dem bisher Erschienenen freuen, 
dass noch weitere Hefte in gleichem Umfange erscheinen 
sollen. Es ist nicht zu zweifeln, dass dem Autor seine 
Absicht vollkommen geglückt ist, seine Kunstgenossen zu 
ähnlichem Schaffen anzuregen. — Da die hier vorliegen- 
den Blätter zum Teil älteren Datums sind — noch vor denen 
der ersten Publikation entstanden — so erklärt sich manche, 
oft noch an die Schule erinnernde Unsicherheit, hie und da 
die Wiederholung des geharnischten Ritters zu Pferde, der 
gar zu stark mittelaltert und nicht recht in das Übrige, so 
gut dem modernen Geschmack Angepasste, sowohl im Bau- 
lichen als rein Dekorativen, passen will; zu den schönsten 
Blättern gehören: Das kleine Rathaus (Blatt 7) mit seinem 
noch gotisirenden Renaissancetraum in der reizenden Flur, 
die in drei Bogenöfinungen nach beiden Seiten des Hauses 
sich öffnet, getragen von massiven kurzen Säulencylindem; 
dann die ,yQroße Halle'* (Blatt 8), ein Thransaal von impo- 
santer, berechneter Wirkung, die durch eine reiche dekorative 
Bronzeausstattung und ein Glasmalereifenster von riesigen 
Dimensionen noch bedeutend erhöht wird. Daran schließt 
sich die „Vorhalle für ein Museum*^ (Blatt 10), an der be- 
sonders die prächtige architektonisch-plastische Eckverzierung 
des heiligen Georg mit dem Drachen ebenso originell als be- 
lebend wirkt. ,,Die Thüre xu einer BegrähiisstäW (Blatt 12) 
und der monumentale .,Treppenhatis -Aufgang" (Blatt 13), 
letzterer mit der „Arbor artis" als Ecklösung, die prächtige 
Fassadenmalereistudie ,f Heilbronn" (Blatt 14) und die reizen- 
den, klar und verständlich komponirten und ebenso anspre- 
chenden omamentalen Kompositionen .,Kunst" und „Schlaf' 
(Blatt 16 und 18) zeigen nicht nur die Phantasie, sondern 
auch ein seltenes Können ihres Urhebers. Als sinnig-gedanken- 
reiche Arbeit für einen Goldschmied bietet er ein originelles 
„Fischglas" (Blatt 19), und endlich nimmt Rieth von uns 
Abschied mit einer „Dekorativen Deckenmalerei" , die — eine 
ältere Arbeit — viel mehr von der Zukunft ihres Schöpfers 
verspricht, als sie selbst bietet RUDOLF BÖCK. 


PERSONALNACHRICHTEN. 

O Der Qenremaler Ludwig Passini, ein geborener 
Wiener, ist vom König von Preußen zum ausländischen 
Ritter des Ordens pour le merite ernannt worden. 

*^* Geh. Regierungsrat Dr. Robert Dohme ist zum ersten 
ständigen Sekretär der königlichen Akademie der Künste in 
Berlin ernannt worden. — Dr. Paul Seidel^ Kustos der Kunst- 
sainmlungen in den königlich preußischen Schlössern, hat 
den Kronenorden 4. Klasse, der Maler Professor August von 
Hey den in Berlin den roten Adlerorden 3. Klasse mit Krone 
und Schleife erhalten. 

DENKMÄLER. 


Die „Rhein. Westfälische Zeitung"' berichtet darüber folgen- 
des: „Das Komitee zur Errichtung eines Heinedenkmals 
hat an die Stadt Düsseldorf ein Schreiben gerichtet, in dem 
unter Bezugnahme auf den Beschluss vom Jahre 1888, wo 
dem Komitee von der Stadtverordnetenversammlung für das 
Heinedenkmal drei Plätze zur Verfügung gestellt worden 
waren, der Platz im Hofgarten zunächst der goldenen Brücke 
am Ananasberge beansprucht und weiterhin mitgeteilt wurde, 
dass das Denkmal bis zum Jahre 1895 durch Professor Herter 
in Berlin in Granit und Bronze vollendet sein werde. In 
der Stadtverordnetenversanomlung am 24. Januar referirte 
nun der Beigeordnete Beckers, im Auftrage der städtischen 
Verwaltung, dass diese prinzipiell noch auf demselben Stand- 
punkte wie im Jahre 1888 stehe, dass aber seit damals die 
Situation sich um vieles geändert habe. Die Hergabe des 
Platzes erscheine heute schon wegen der inzwischen in 
nächster Nähe erfolgten Aufstellung des Kriegerdenkmals 
unthunlich, und weiterhin wäre es nicht angezeigt, durch 
die Anregung dieser Frage die kaum über die Angelegenheit 
zur Ruhe gekommenen Gegensätze innerhalb der Bürger- 
schaft wieder aufleben zu lassen. Die Verwaltung bean- 
trage daher, die Hergabe des Platzes abzulehnen und weiter 
zu beschließen, dass überhaupt von der Aufstellung eines 
Heinedenkmals in Düsseldorf Abstand genommen werden 
solle. Dieser Antrag wurde einstimmig zum Beschlnss er- 
hoben." Durch diese Entscheidung ist das Denkmalkomitee 
in eine sehr unangenehme Lage versetzt worden, da es den 
Auftrag an Prof. Herter bereits definitiv erteilt hat. Übrigens 
sind die Mittel noch nicht vollständig aufgebracht; erst vor 
wenigen Tagen hat das Komitee in rheinischen Blättern 
einen neuen Aufruf mit der Bitte um Beiträge veröifentlichi 


♦ . * 


♦ Die Errichtung eines Denhnals für Heinrich Heine 
in seiner Geburtsstadt Düsseldorf ist nunmehr von den dor- 
tigen städtischen Behörden endgültig abgelehnt worden. 


VEREINE UND GESELLSCHAFTEN. 

In der Januarsitzung der Berliner kimstgeschichtlicJien 
Gesellschaft hielt Dr. Kristeller einen Vortrag Über „Buch- 
druckersignete'', über die Marken oder Zeichen, welche die 
Drucker auf dem Titelblatt der von ihnen herausgegebenen 
Werke anzubringen pflegten. Es existirt über diese Signete 
bereits eine ausgedehnte Litteratur. Besonders wichtig ist 
die Publikation der Verlagshandlung Heitz in Straßburg, 
welche alle existirenden Signete systematisch nach Druck- 
orten geordnet herausgeben wird, und davon bereits den 
ersten Band (Elsass) hat erscheinen lassen. — Die Signete 
sind weniger als Schutzmarken denn als künstlerischer 
Schmuck des Titelblattes zu betrachten. Häufig wird als 
Signet die Handelsmarke oder Hausmarke des Druckers ver- 
wendet, sonst ein Wappen, Monogramm oder redendes Zeichen. 
Ferner werden die figürlichen Haus- oder Ladenschilder be- 
nutzt, später immer mehr allegorische oder emblematische 
Darstellungen übernommen. — Der Vortragende wendete 
sich dann zur Betrachtung der italienischen Signete seit dem 
Ende des 15. Jahrhunderts. Er legte zahlreiche Reproduk- 
tionen nach seinen an Ort und Stelle gefertigten Aufnahmen 
vor. Unter dienen lässt sich zunächst eine große ältere 
Gruppe ausscheiden, welche ein bestimmtes Motiv, ein Doppel- 
kreuz auf der Weltkugel, mannigfach variirt. Dasselbe geht 
in seinem Ursprung auf die Drucke des Johannes von Köln 
zurück, der es zuerst seit 1480 in Venedig anwandte. Später 
begegnen wir auch in Italien allen in Deutschland verwen- 
deten Signetformen, sehr früh z. B. auch der emblematischen 
Form in den Drucken des Aldus Manutius. Später wird das 
Signet nicht mehr Druckerzeichen, sondern Verlegerzeichcn, 
was es bis heute geblieben ist. — Die Herren Bade und Lipp- 
fnann berichteten sodann über die Ausstellung der Werke 


229 


Vermischtes — Vom Ennstmarkt. — Zeitschriften. 


230 


A. Dürer's, die von ihnen in einem Oberlichtsaale der Ge- 
mäldegalerie der Egl. Museen veranstaltet ist. Den Schluss 
bildeten Mitteilungen Über neue Erscheinungen der kunst- 
geschichtlichen Litteratur. m. sch. 


VERMISCHTES. 

*^* Über die Lage der deutschen Künstlerschaft in Rom 
und den geplanten Bau eines Ätelierhauses erhält die Berliner 
„Post** eine Zuschrift aus Rom, der wir folgendes entnehmen: 
,;Die deutsche Kunst in Rom steht zur Zeit vor einer Ent- 
scheidung von unberechenbarer Wirkung. Sie wird entweder 
zu neuem Leben erwachen oder von Jahr zu Jahr kläglicher 
dahinsiechen. Man wird sich erinnern, dass im vergangenen 
Jahre der hiesige deutsche Eönstlerverein auf Betreiben 
seines Yorsitzenden , des Professors Meurer, sich in einer 
Eingabe an das preußische Eultusministerium wandte und 
darin die Notwendigkeit des Baues eines Atelierhauses in 
Rom nachwies. Diese Angelegenheit hat seitdem nicht 
geschlafen. Es haben in Berlin wiederholt Besprechungen 
amtlicher und privater Natur stattgefunden, und das nächste 
Ergebnis war gewesen, dass die preußische Regierung er- 
klären ließ, falls dem Gesuche des deutschen Eunstler Vereins 
Folge gegeben werden könne, so dürfe solches nur von 
Reichs wegen geschehen, da die Wohltbat eines derartigen 
Instituts allen deutschen Stipendiaten, nicht nur den preu- 
ßischen allein zu Gute kommen müsse. Demgemäß wan- 
derte die genannte Eingabe in das Reichskanzleramt, und 
dieses blieb ebenfalls nicht müßig. Es erließ Anfragen bei 
den verbündeten Regierungen und Akademieen. Die Ant- 
worten lauteten durchgehends zustimmend, bis auf eine 
einzige. Sie kam von der bayerischen Regierung. Aber 
auch diese lautete nicht ablehnend, sondern abwartend. 
Und das war sehr erklärlich, weil München zur Zeit sich 
genugsam mit seinen Se^essionisten zu plagen hatte. Gerade 
Bayern aber, und diesem Staate gerade der Anforderungen der 
Sezessionisten halber, hätte die Anfrage des Reichskanzleramtes 
willkommen sein müssen. Der Antrag des deutschen Eünstler- 
vereins hatte den Ansichten der verbündeten Regierungen 
und Fachleuten recht gegeben, welche die Errichtung einer 
deutschen Akademie in Rom als nicht zweckentsprechend 
und zu kostspielig widerrieten. Ein Atelierhaus macht jede 
Lehrkraft entbehrlich und schafft dennoch den hervor- 
ragendsten Mangel des gegenwärtigen Eünstlerlebens in Rom 
ab, das Fehlen des Vorbildes in Gestalt des schaffenden 
Meisters. Nicht einer, sondern zehn und zwanzig große 
deutsche Eunstler äußern jahraus, jahrein den Wunsch, einen 
Winter Über in Rom zu wirken und sich selbst neu aufzu- 
richten an der Antike und an der Natur Italiens. Ihren 
Wunsch vereitelt das gänzliche Fehlen passender Ateliers, 
denn was von solchen irgendwie wertvoll ist, wird von An- 
sässigen nicht aus der Hand gelassen. Die Stipendiaten 
sitzen zerstreut in der Stadt und gönnen sich kaum das 
liebe Leben, um die Ateliermiete erschwingen zu können. 
Ein Atelierhaus aber bringt Meister und Anfänger in die 
naheste Berührung. Die Vorteile, die sich für alle Eunst- 
gebiete aus dieser Berührung ergeben, sind unberechenbar. 
Warum, zum Beispiel, leisten die jungen Bildhauer in Rom 
viel, viel mehr als die jungen Maler? Nicht weil im Vatikan 
und auf dem Eapitol die klassischen Meisterwerke zu sehen 
und zu studiren sind, sondern weil zum Glück noch immer 
Meister wie Eopf und Sommer in Rom wirken! Schließlich 
ruft heutzutage alles, und namentlich München, nach Frei- 
lichtmalerei. Wenn das Atelierhaus in Rom den Eünstlem 
ausschließlich Räume zur Verfügung stellt, welche die Arbeit 


im Freien ermöglichen, was verlangt Bayern noch mehr zu 
Gunsten seiner Sezessionisten? Ein zweiter nicht minder 
wichtiger Umstand aber fällt ebenso in das Gewicht wie das 
künstlerische Interesse. Der Eunstler will und muss beachtet 
und geachtet sein, wenn er selbst Trieb empfinden soll. 
Besseres und Bestes zu leisten. Übersehen zu sein, kann er 
viel weniger vertragen, als einen kritischen Tadel. Aus 
diesem umstände heraus war die Schaffung der beständigen 
Ausstellung im Deutschen Eünstlervereine schon ein guter 
Schritt nach vorwärts. Die Blätter Roms haben wohl oder 
übel von den deutschen Eünstlem Notiz nehmen müssen. 
Es war ihnen anzumerken, wie sauer es ihnen wurde, ein- 
mal nicht von Italienern, Spaniern und Franzosen sprechen 
zu sollen, und manche bittere Pille hat von den Deutschen 
heruntergeschluckt werden müssen. Wie soll es aber anders 
sein, wenn nichts geschieht, was uns in den Augen der Aus- 
länder ein Ansehen g^eben mussl Wir brauchen hier keine stolze 
Akademie, wir brauchen nur Namen von Elang, vereinigt 
an einem, sozusagen vaterländischen Orte, Namen, an denen 
die Eritik nicht achtlos vorübergehen darf, die dem Aus* 
lande zeigen, dass die deutsche Eunst etwas anderes ist, 
als hier im Augenblicke leider repräsentirt wird. Dann 
wird auch die Eritik den jüngeren Eräften Beachtung 
schenken und sie auf ihrem Entwickelungsgange beobachten 
müssen. Das Heranziehen erster deutscher Eräfte aber ist, 
wie schon mehrfach betont und bewiesen, ohne den Bau 
eines Atelierhauses, als des billigsten und praktischesten 
Mittels zum Zwecke, nicht denkbar. Eine weitere Zögerung 
birgt eine große moralische und materielle Gefahr in sich. 
Das Unternehmen des Atelierhauses in Rom ist eine politische, 
künstlerische und patriotische That zugleich.** 


VOM KUNSTMARKT. 

— Berlin. Am 7. Februar und den folgenden Tagen 
findet in Rudolf Lepkes Kunstauktionshaus die Versteigerung 
einer Sammlung wertvoller Gemälde neuerer Meister, sowie 
gerahmter Aquarelle von L. Passini, Ed. Hildebrandt, A.Hoguet 
u. a. statt; angeschlossen ist eine Sammlung älterer und 
neuerer Eunstgegenstände der verschiedensten Ari Der 
Katalog ist soeben erschienen. 

— Frankfurt a/M, Am 7., 8. und 9. Februar findet in 
Rudolf Banget' s Auklionssaat für Kunslsachen eine Versteige- 
rung von Gemälden moderner und älterer Meister (Samm- 
lung des Herrn Carl Pauli in München) statt. Daran schließt 
sich eine hochinteressante Sammlung von römischen und 
griechischen antiken Gegenständen, femer Metallarbeiten zu 
Dekorationsz wecken, Arbeiten in Silber, Gold und Edelsteinen. 
Der Eatalog ist soeben erschienen. 


ZEITSCHRIFTEN- 

Christliclies Knnstblatt. 1898. Nr. 1. 

Btickblick. — Leid und Frend einer schwäbischen Kirche. 

Jahrbneli der kdniglicli Prenssisehen Knnstsammliingeii. 
XIV. Heft 1. 

Die Wandgemälde von S. Angelo in Formis. Von F. X. Kraus. 

— Noti2 über Albrecht Altdorfer. Von H. Friedländer. — Die 
Aasstellung von Kunstwerken ans dem Zeitalter Friedrioh's des 
Großen : II. Erzeagnisse der Silbenchmiedeknnst. Von Fr. 
Sarre. — Pieter van den Bosch. Ein vergessener Genremaler 
von Amsterdam. Von W. Bode und A. Bredius. ^ Die Biblio- 
thek Julius. II. Von F. Wickhoff. 

L'Art Nr. 688. 15. Januar 1898. 

La comödie d'aujourd*hui. Von F. Lhomme. — Vandalisme: 
Le palais des Beaux-Arts ä Lille. Von P. Leroi — Ingres ä 
Hontauban: Le Musöe Ingres. Von J. Mommöja. — Adrien Dn- 
bouohö et le Musöe cöramique de Limoges. Von C. Leymarci. 

— Les expositions d* hiver en Angleterre et en Ecosae. 


231 


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232 


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eine Anleitimg znm Gennss der Kunstwerke Italiens 


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Sechste durchgesehene und verbesserte Auflage 

bearbeitet von 
Wilhelm Bode. 

I. Teil: Altertum mit Register. IL Teil: Mittelalter und 
neuere Zelt. 1. Band: Architektur und Plastik. 
2. Band: Malerei. 3. Band: Alphabetisches Orts- 
und Namenregister. 

1893. kl. 8. Zusammen in 4 Bände geb. 16 M. 

Diese neue Auflage des allen Kunstfreunden ans Herz gewachsenen 
„Cicerone'' ist eine von dem Herausgeber auf das sorgfältigste durch- 
gesehene und berichtigte. Einen besonderen. Yorzog besitzt sie in 
dem jetzt sehr übersichtlich eingerichteten, mit allen zur Orientirung 
in Kirchen und Museen ertbrderlichen Vermerken versehenen Register^ 
das die Form eines topographischen Knnstlexikons fUr Italien er- 
halten hat. Das Register wird, soweit der Oberschuss reicht, auch 
einzeln für 3 M. abgegeben. [640] 


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findlichen Originalen, insbesondere 
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1. Hefb: Bathans-Eonknrrenz fOr 
Pforzheim 1892. 

2.Hefb: Bathans-KonknrrenzfOr 
Planen-Dresden 1892. 

3. Heft: Mnsenms-Eonknrrenz f. 

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4. Heft: Kirchen - Konkurrenz f. 

Breslau n.St Johannl892. 

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6. Heft: Kirehenkonkurrenz für 

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Demnächst kommt zur Ausgabe: 

7./9. Hefb: Bahnhofkonkurrenz f 
Dresden. 

Jedes Heft von 32 Seiten mit 50 — 60 

Abbildungen kostet M 1.80, 

im Abonnement M 1.20. 

Wird fortgesetzt 


Inhalt: Bemerkungen über das Wesen der Grazie. Von 0. Graf Coronini -Cronberg. — Borrmann, Die Bau- und Runstdenkm&ler von 
Berlin; H. Thoma und H. Thode, Federspiele; J. Graus, Eine Rundreise durch Spanien ; O. Rieth. Skizzen. — L. Passini; Dobme; 
Seidel; A. v. Heyden. — Heinedenkmal in Düsseldorf. — Berliner kunstgeschichtliche Gesellschaft. — Die Lage der deutschen 
Künstlerschaft in Rom und der geplante Bau eines Atelierhauses. — Lepke's Kunstauktion 7. 2. 93 und Bangere Knnst«uktion 


7—9. a. »8. — Zeitschriften. — Inserate. 


Für die Redaktion verantwortlich Aritw Seemann, — Druck von August Pries in Leipzig. 


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KUNSfe 



^-:>XV^ 


ONIK 


WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE. 

Ankundigungsblatt des Verbandes der deutschen Kunstgewerbevereine. 

HERAUSGEBER: 

CARL VON LÜTZOW und DR. A. ROSENBERG 


WIEN 
Heagasse 58. 


BERLIN SW. 
Teltowerstrasse 17. 


Verlag von E. A. SEEMANN in LEIPZIG, Gartenstr. 15. Berlin: W. H. KÜHL, Jägerstr. 73. 


Neue Folge. IV. Jahrgang. 


1892/93. 


Nr. 15. 16. Februar. 


Die Knnstohronlk erscheint als BeiblaU eut «Zeitechrift fttr bildende Kunst" nnd cnm nKunAtgewerbeblatt" monatUeh dreimal, in den 
Sommermonaten Juli bie September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Hark nnd nmfasit 88 Nnmmem. Die Abonnenten der „Zeit- 
schrift für bildende Kunst" erhalten die Kunstohronik gratis. — Für Zeichnangen, Hannskripte etc., dlennverlangt eingesandt werden, 
leisten Redaktion und «yerUgahandlong keine Gewfthr. Inserate, k 80 Pf. fttr die dreispaltige FetitiseUe, nehmen aoßer der Yerlagshand- 
Inng die Annoncenexpeditionen von Haasenstein k Vogler, Bnd. Messe n. s. w. an. 


PIETRO ARETINO ALS MALER. 

VON ALBERT SCHÜLTEEISS. 

In der gelehrten Monographie , welche Crowe 
und Cavalcaselle uns über Tizian geliefert, ist der 
Briefwechsel des Aretiners mit dem Malerftbrsten als 
eine der wichtigsten Quellen ftir biographisches 
Detail angegeben und dort ist auch des öfteren hervor- 
gehoben, welch feines Verständnis der so arg ver- 
rufene Schrifteteller fOr künstlerisches SchaJGPen ge- 
zeigt, welch eminoit lebhaftes Interesse er gegen- 
über allen Äußerungen der Kunst bethatigi Dass 
er gründlicher und geistreicher als jeder andere 
Litterat über Malerei, über Wesen und Technik der 
Kunst zu reden verstand, haben seine Zeitgenossen 
ausnahmslos zugeben müssen und Pietro gilt ohne 
weiteres in solchen Dingen als Autorität Der ge- 
lehrte Vielschreiber Lodovico Dolce (1508—1568) 
hat uns einen „Dialog über die Malerei* hinter- 
lassen, der in fingirten Formen, manche historische 
Ungenauigkeiten enthaltend, zwischen Aretino und 
einem gewissen Fabiani geführt, zur Verherrlichung 
Tizian's geschrieben ist. ungleich deutlicher freilich 
tritt Pietro's kritisches Urteil, besonders aber sein 
hervorragendes Talent für Schilderung zu Tage in 
den Briefen, die er an seine Freunde gerichtet hat und 
in zahlloser Menge könnten Belege daraus erbracht 
werden. Man pflegt als Beweis für seine feine 
Beobachtungsgabe ein Schreiben zu citiren, welches 
er im Mai 1544 an Tisdan gesandt und worin er das 
von dem Fenster seines Palastes aus wahrgenommene 
Farbenspiel der Wolken am abendlichen Himmel be- 
schreibt. „Wenn*', so heißt es am Schlüsse, die näher 


befindlichen Wolken in heller Sonnenglut flammten, 
zeigten einige Stellen eine grünblaue Färbung, andere 
wiederum ein Blaugrün, das in der That von der 
Laune der Natur, dieser Meisterin der Meister, ge- 
mischt war. Mit ihrem Hell und ihrem Dunkel ver- 
tiefte und hob sie hervor, was sie für notwendig 
hielt, so dass ich, der ich weiß, wie in Deinem Pinsel 
Geist von ihrem Geiste waltet, zu drei oder viermalen 
ausrief: „Tizian, wo weilst Du nun?* Würdest Du 
doch, auf mein Wort, falls Du das, was ich Dir be- 
richte, gemalt hättest, die Welt in dasselbe Erstaunen 
versetzt haben, welehös mich verwirrte.* — Wenn 
sich hier ein feines Gefühl für die Farbe ausspricht, 
so zeigt Aretino den künstlerischen Blick der Vene- 
zianer Meister für reale Gestaltungen in dem lebens- 
firischen Bilde, welches er uns entwirft von dem 
bunten Treiben auf dem Ganalazzo, das er an einem 
Wochentage schildert. Die Rialtobrücke und ihre 
Umgebung, der Fischmarkt, der Fondaco dei Tedes- 
chi sind erfüllt von einer geschäftig hin- und her- 
wogenden Menge; zahllose Boote, beladen bis zum 
Rande mit allem, was die Jahreszeit bietet, kommen 
daher, ein sanfter Wind schwellt ihre Segel; 
unter frohen Scherzen werden sie ausgeladen, und 
so entsteht vor unseren Augen eines jener figuren- 
reichen Bilder, wie später Bemardo Beiotto, genannt 
Canaletto, sie gemalt. Diese anschauliche Schilderung 
Aretino*s findet sich in einem Briefe, im Okt 1537, 
von der Gasa Bologni aus, seinem Wohnsitz am großen 
Kanal, an den Padrone selbst gerichtet. 

Dass Pietro zu solch freudigem Erfassen einer 
bunten Realität in glücklichster Weise beanlagt ge- 
wesen, ist wohl von jeher, so lange man sich über- 


235 


Pietro Aretino als Maler. 


236 


haupt mit dem Manne ernstlicher beschäftigt, zuge- 
standen worden; dass er aber hierzu ein geschultes 
Verständnis besessen, ist eine noch wenig bekannte 
Thatsache. Pietro Aretino, darüber darf nunmehr 
kein Zweifel mehr bestehen, hat, freilich nur in re- 
lativ früher Jugend und wohl nicht lange Zeit, sich 
praktisch vorgebildet, als ausübender Jünger der 
Kunst den Pinsel gehandhabt. Seit, vor kaum 
einem Jahrzehnt, die italienischen Bibliotheken ihre 
ängstlich gehüteten Schätze herausgegeben, vor allem 
das Archivio Gonzaga zu Mantua sich erschlossen, 
sprudeln völlig neu entdeckte Quellen und den Be- 
mühungen der Forscher ist es gelungen, eine bisher 
dunkel gebUebene Periode im Leben dieses merk- 
würdigen Mannes, der in seiner Persönlichkeit ein 
ganzes Zeitalter reprasentirt, dermaßen aufzuhellen, 
dass nicht er allein, nein seine ganze Umgebung, 
Zeit und Volk vorübergehend in eine andere Be- 
leuchtung gerückt uns erscheinen. 

Der verdienstliche Herausgeber einer Samm- 
lung volkstündicher italienischer Dichtungen, d'An- 
cona, hat unter den sog. Marcianischen Hand- 
schriften einen alten Druck aufgefunden, am 22. 
Januar 1512 zu Venedig veröffentlicht: „Ein neues 
Werk von dem sehr fruchtbaren jungen Maler Pietro 
Aretino, d. h. Liebeslieder, Sonette, Capitoli, Episteln, 
Barzellette (scherzhafte Einfalle) und ein Klagelied." 
In der Vorrede versichert der Autor, dass er all dieses, 
fast in einem Augenblick gemacht"; wir hätten es 
also in diesem Falle mit einer Stegreifpoesie zu 
thun und es wird uns das demnächstige Erscheinen 
eines schon begonnenen anderen Werkes angezeigt. 

Die ganze Sammlung bietet nun freilich, nach 
dem Urteü berufener Kritiker, nichts als eine Wieder- 
holung verbrauchter Gemeinplätze einer falschen 
volkstümlichen Dichtungsart, eine sklavische Nach- 
ahmung des Serafino Aquitano (1466 — 1500), der, 
ein verspäteter Minnesänger, sich an den verschie- 
densten Höfen Italiens herumgetrieben; aber das erste 
Sonett gestattet keinen Zweifel an der Urheberschaft 
unseres Aretino. Den Sonetten selbst geht der 
Vermerk voraus: „Einige Sachen von einem Are- 
tinischen JünglingPietro, dieser Fertigkeit — facolta — 
und der Malerei beflissen^* und dann folgt ein Sonett 
mit einer Widmung an den Peruginer Francesco de 
Bontempi, der vielleicht identisch ist mit dem in Are- 
tino's Briefen erwähnten Francesco Buoncampi, einem 
Jugendfreund aus Perugia, wo der Dichter (geb. 1492) 
bekanntlich einige Jahre verlebte. 

Ein anderer Beweis wird uns erbracht durch 
eine Aufzeichnung des Chronisten Sanudo, welcher 


meldet, dass auf der Rialtobrücke zu Venedig an einer 
Säule, denselben Zwecken dienend, zu denen die 
Pasquino-Statue in Rom sich hergeben musste, sich 
am 29. Nov. 1532 eine bissige Schmähschrift gegen 
Pietro Aretino angeheftet fand, welcher, in Not ge- 
raten, vorübergehend wenigstens, nicht im stände war, 
seine Hausmiete zu bezahlen, und in Gefahr lief, ob- 
dachlos zu werden. Seine scharfe Feder hatte ihm 
viele Feinde geschaffen, jetzt in der Bedrängnis 
wurde der sonst Geftirchtete gehöhnt: „Hättest du 
deinen Pinsel nicht weggelegt, denn du bist, wie ich 
höre, einstens Maler gewesen, so würdest du nicht 
schließlich Hungers sterben auf einer Brücke.* 

Auch dieses Dokument, zweifellos echt, hat sich 
unter den Marcianischen Handschriften vorgefunden 
und es ist somit bis zur Evidenz der Beweis erbracht, 
dass Pietro, eine Zeitlang wenigst^as, den Plan ge- 
hegt, sich der Malerei zu widmen. Dass er dieses 
Vorhaben aufgegeben, brauchen wir gewiss nicht zu 
beklagen, denn die Nachwelt hat nichts, rein gar 
nichts dabei verloren: Aretino hätte ein ganz anderer 
sein müssen, um in der bildenden Kunst auch nur 
etwas zu erreichen, und es ist ohne weiteres klar, 
dass er seine ersten, wohl gänzlich misslungenen 
Versuche auf das ängstlichste verschwiegen, auch 
diesen Teü einer unrühmlich verbrachten Jugend in 
das Dunkel der Vergessenheit gehüllt wissen wollte. 
Er am allerwenigsten war der Mann, dem es gegeben, 
der Ausgestaltung eines begonnenen Werkes in selbst- 
loser Hingebung ganze Jahre zu widmen, er liebte 
ein mühelos rasches Schaffen und rühmte sich laut, 
an einigen wenigen Vormittagsstunden ganze Lust- 
spiele, Dialoge und lange Tractate verfasst zu haben. 
„Wenn ich*, so schrieb er seinem Gevattersmann 
Marcolini, «nur den dritten Teil der Zeit, die ich 
vergeude, zum Schreiben verwenden wollte, würden 
alle Pressen nicht hinreichen, meine Werke zudrücken* 
und für diejenigen, denen die Wahl des Ausdrucks 
Mühe macht, hat er nichts als Spott und Hohn, als 
»Pedanten" verfolgt er sie mit dem ganzen Ingrimm 
seines Herzens. Gewiss ein solcher Mann ist nur 
als Schriftsteller an seinem Platze, wenn es sich 
darum handelt, das Publikum in Atem zu halten, 
der Welt immer und immer wieder die eigene Per- 
sönlichkeit vorzurücken, Reklame zu machen um 
jeden Preis; und so hat Tizian mit allem Recht den 
Freund, dessen Bemühungen er nicht zum geringsten 
Teil Ruhm und Ansehen dan'kte, bezeichnet als den 
Condottiere der Litteratur, was wir übersetzen wollen 
mit Stammvater der Journalistik. Aber wenn der 
Aretiner es auch verstanden hat, „einzig mit einer 


237 


Handzeichnungen italienischer Meister. 


238 


Feder, einem Tinteafass und einem Bündel Papier 
versehen, des ganzen Weltalls zu spotten", wie er 
sagt, die Fürsten und Mächtigen sich nutzbar zu 
machen, wenn er ohne sonderliche Mühe sich eine 
runde Million und darüber erschrieben, so müssen 
wir doch an dieser Stelle betonen, dass er noch etwas 
mehr gewesen und ftir seine Zeit Höheres bedeutet 
als ein gemeiner käuflicher Lobschreiber. Wie ein 
Michel Ängelo, ein Sansovino, ein Sebastiano ihm 
gehuldigt, ein Tizian in ihm die congeniale Natur 
erkannt, so sahen Karl V.y Eonig Franz I. und 
wie sie alle heißen mögen, die damals die Welt be- 
herrschten, in dem talentvollen Schriftsteller einen 
Mann, welcher als ebenbürtig ihnen gegenüber trat, 
furchÜos, weil unabhängig, ein „freier Mann von 
Gottes Gnaden '', der erste, wenn auch nicht der beste 
Vertreter einer werdenden Großmacht — der öflfent- 
lichen Meinung. 


HANDZEIGHNUNGEN ITALIENISCHER 

MEISTER 

in photoffrapkisehen Aufnahmen von Braun <& Co, in Domaeh, 
kritisch gesichtet von Oiovanni Moreüi (Lermolieff), 

Mitgeteilt von £. Habigh. 

(13. Forteetzung und Schluss.) 

Gemälde im Prado zu Madrid. 


421. Portrait d'un gaerrier 

422. Joseph et la femme de Potiphar . . 

424. La chaste Suzanne 

432. Portrait d'iine jeane Vönitienne . . 

440. Portrait d^une jeune V^nitienne . . 

441. Portrait d'une jeune femme, la poi* 

trine d6couverte 

442. Portrait en bnste d'une jeune femme 
444. Portrait d*une jeane dame v^nitienne 


Echt. 


Nein; Marietta 
Robusti. 


Tiziano. 


450. La bacchanale 


451. Offrande k la deesse des amours . . 

452. Portrait d'Alphonse Iw d'Este, duc de 

Ferrare 

454. Portrait en pied du roi Philippe II . 

455. Vönus et Adonis 

45(3. Le p^ch^ origiuel 

457. Portrait ^questre de Gharles-Quint sur 

le champ de bataille de Mühlberg 

458. Danae recevant la pluie d*or . . . 

459. V6nu8 se r^creant avec la musique . 

460. y^nus se r^cr^ant avec l'amour et la 

musique 

461. Salom^ portant la tete de Saint Jean 

462. La glorification de la Sainte Trinite 

467. Ecce homo 

468. La Dolorosa .... ... 


Echt, doch sehr 
übermalt. 


Echt 


Echt; schön. 
Echt; schön. 
Echt; frühe Zeit, 
übermalt. 

£^ht; sehr schön. 

Echt 

Echt 

Echt 
Kopie. 

Echt. 


} 


470. Philippe IL offrant au ciel son fils 

l'infant Don Ferdinand 

471. AUocution ä ses soldats du g^neral 

marqais del Yasco 

475. La Vierge des douleurs 

476. La Religion secourue par TEspagne 

477. Portrait du Titien peint par lui-mSme 
479. Portrait d'une dame 

482. Diane et Act^on 

483. Diane d^ouvrantlafaiblesse de Calisto 
485. Portrait de Vimp^ratrice Dona Isa- 
bella de Portugal 

487. J6sus portant la croix 

488. Jesus-Christ et Simon le Gyreneen . 

489. Le Sauveur apparaissuntd. la Madeleine 

Paolo Veroncse. 

526. Venus et Adonis 

528. J68U8 et le centurion 

533. Moise sauv^ des eaux du Nil . . . 

Leonardo da Vinci. 

550. La Joconde 


Echt 

Echt; spate Zeit 

Echt 

Echt; aber mit- 
genommen. 


- Echt. 


Echt. 


Nein; ein Nieder- 
lander. — 


Echt; sehr ver- 
dorben. 


Gemälde in der Ermitage zu Petersburg. 

Beim Durchmustern der Photographieen von Gemälden 
der Ermitage äußerte Morelli, daes er Petersburg nie besucht 
habe und eine Autopsie bei einigen Bildern, um ein sicheres 
Urteil abzugeben, erst nötig sei. — Bei solchen ihm zweifei. 
haften Fällen sind die Worte ,,mü8Bte es sehen'* beigefügt. — 

Andrea Yerrocchio. 

1. La Vierge avec TEnfant Nein; ist ein Schü- 

ler des Lorenzo di 
Gredi , welchem 
Morelli den Na- 
men Tomaso ge- 
geben hat. — 

Cosimo RosseliL 

2. La Vierge avec TEnfisuit Nein; falsche At- 

tribution. 

Botticelli. 

3. L'Adoration des mages Echt und sehr 

schön. 

OioYanni Bellini. 

4. La Vierge avec VEnfant Jösus et des 

Saints Echt; aber sehr 

mitgenommen. 

Lo Spagna. 

8. La Vierge avec l'Enfant et des Saints Wahrscheinlich 

echt; aber etwas 
Fremdartiges im 
Bilde. 

Francesco Bizzo da Santa Croce. 

12. La femme adult^re en presence du 

Christ Ist alte Kopie nach 

Palma Vecchio. 

Leonardo da Yinei. 

13. La Madone Litta ....... Nein; Bemardino 

dei Conti. 


239 


HandzeichnaDgen italienischer Meister. 


240 


14. Sainte Familie Nein; Geeare da 

Sesto. 

15. Portrait d^une dame Kopie nach einer 

Zeichnung. 

Marco d'Oggiono. 

16. Copie de la Sainte Gene de Leonardo 

da Vinci Kopie. (?) 

Sebastiane del Piombo. 

17. Portenient de croiz Wie in Madrid; 

müsste es sehen. 

Francesco OranaccI. 

22. La Nativite £her Bugiardino; 

müsste es sehen. 

Andrea del Sarto. 

24. Sainte Familie avec Sainte Catherine, 

Sainte Elisabeth et le petit Saint 

Jean Echt; stark geputzt. 

25. Sainte Barbe Nein. 

26. Sainte Familie Echt. 

Domenico Ghirlandajo. 

30. Sainte Familie avec Saint Jean-Bap- 

tiste ä. genouz Nein; nicht zu be- 
stimmen. 

BaphaSl SantL 

37. Sainte Familie Nein; gute Fäl- 

schungiSehr schOn. 

38. La Vierge de la maison d'Albe . . Nein; Giulio Ro- 

mano. 
'39. Saint Georges k cheval perce de la 

lance le Dragon Echt; Mb. 

39 bis. La Vierge Gonestabile .... Echt. 
40. Portrait d'un vieillard ? Sehr schön, Über- 
malt; müsste es 
sehen. 

GInlio Romano. 

56. La Vierge avec VEnfant auquel eile 

offre des fleurs Kopie nach ihm. 

57. La Vierge avec VEnfant et Saint Jean Echt; aber arg ent- 

stellt durch Über- 
malung. 

58. La Fomarina Nein ; nach d Bilde 

Barberini, wahr- 
scheinlich von ei- 
nem Niederländer. 

Franeeseo Francia. 

68. La Vierge avec l'Enfant Nein; nach dem 

Karton des Fran- 
cesco von einem 
seiner Söhne. — 

69. Lfi Vierge avec TEnfant et de Saints Echt; früh, noch 

Einfluss des L. 
Gosta. 

Oiacomo Francia. 

70. La Vierge et l'Enfant avec Sainte 

Gath^rine War echt; ist aber 

ganz verdorben. 

Lulni. 

71. La Viergre ä mi-corps, avec Fenfant 

J6sus Kopie. 


72. Sainte Gath^rine et deux anges . . Scheint echt zu 

sein; müsste das 
Bild sehen. 

73. Portrait d'un persounage repr^ente 

sous la figure de St. S^bastien . . Echt. 

74. Portrait d'une jeune dame dite la 

Colombine Nein; Giampietri- 

no, sehr schön. 

Cesare da Sesto. 

76. La Vierge avec VEnfant Echt. 

Corregglo. 

81. La Madone del Latte Kopie. 

82. L'Assomption de la Vierge .... Kopie nach Fres- 

ke in Parma. 

82a. Apollon et Marsyas Nein; geistreich, 

von einem Deut- 
schen, der dem Mi- 
chelangelo folgte. 

Farmigianino. 

86. La Mise au tombeau Echt. 

Lnea Longhl. 

88. Sainte Gath^rine Echt; zweite Ma- 
nier. 

Palma Yecchio. 

90. L'Adoration des bergers Echt; aber mit- 
genommen. 
92. SainteFamille,r£nfantre9oitles fleurs 

que lui oifre le petit St. Jean . , Nein;Bonifazio I. 

Tiztano. 

105. Portrait de jeune dame Nein; Kopie nach 

dem Wiener Bilde, 
von einem Deut- 
schen. 

Bonifazlo Yenezlano. 

109. L'Adoration des bergers Echt; aber sehr 

verdorben. 

Paris Bordone. 

111. Une dame avec son enfant .... Wohl echt; müsste 

die Farbe sehen. 

Horetto. 

112. Judith debout, la main droite appuy^e 

sur le glaive Nein ;Giorgione, aber 

mitgenommen. 

113. La Foi Echt. 

Bronzino. 

124. Portrait d*une dame Echt. 

125. Portrait d'une dame tenant un vase 

rempli d'oeillets Nein. 


Galerie Liechtenstein in Wien. 

Leonardo da Vinci. 

32. Büste de jeune femme Nein ; ist nach Mo- 

relli's kurz vor sei- 
nem Tode ausge- 
sprochenem Urteile 
ein Werk des An- 
drea Verrocchio. 


241 Knnstblätter. — Nekrologe. — Personalnachrichten. — Wettbewerbnngen. — Sammlungen and Ausstellungen. 242 


KUNSTBLÄTTER. 

Im Verlage von M. Perles in Wien sind die beiden 
ersten Lieferungen eines Werkes: Arthur Grottger*s Nachlass, 
gesammelt und herausgegeben von seiner Schwester, er- 
schienen. Das Werk soll 10 Lieferungen {k 2 Heliogravüren) 
nach Originalzeichnungen des Künstlers enthalten. 

NEKROLOGE. 

*^* Der Eofkunathcbndkr FrUx Ourlitty der Begründer 
des Gurlitt'schen Eunstsalons in Berlin, ist am 8. Februar 
nach schweren Leiden in der Heilanstalt Thonberg bei 
Leipzig im 39. Lebensjahre gestorben. 


PERSONALNACHRICHTEN. 

*^* Der LandsehaftsTnaler Qeorg Daubner in Berlin ist 
ab Lehrer au die Kunstgewerbeschule zu Strassburg i. £. 
berufen worden. 

*^* Von der Berliner Kunstakademie. Prof. Hugo Vogel 
hat die erbetene Entlassung ans seinem Lehramt an der 
Berliner Hochschule für die bildenden Künste vom Kultus- 
minister erhalten. Der Grund dieses Ausscheidens ist, wie 
früher gemeldet worden ist, auf die Spaltung im Künstler- 
verein wegen der Bilder des Norwegers Munch zurückzu- 
führen. Es verlautet, dass Prof. Vogel beabsichtigt, Atelier- 
unterricht zu erteilen. An seiner Stelle führt vorläufig Prof. 
Scheurenberg die Leitung der Malklasse an der Hochschule. 

WETTBE WERBUNGEN. 

*^* In der Betcerbung um ein hei Friesack zu errichten- 
des Denkmal für Kurfürst Friedrich L von Brandenburg 
waren zwei Entwürfe von Boese und Calandrelli zur engeren 
Wahl gestellt worden. Li der Sitzung des Denkmalsaus- 
schusses wurden für den ersteren 15, für den zweiten 2 Stim- 
men abgegeben. Entgegen dieser Entscheidung hat der 
Kaiser die Ausführung des Calandrelli'schen Entwürfe be- 
stimmt. 

*,* Zur Errichtung eines Denkmals für die Kaiserin 
Augusta in Berlin sind mehrere Bildhauer von dem Komitee 
aufgefordert worden, Entwürfe zu einem engeren Wettbewerb 
einzuliefern. Für die Aufstellung des Denkmals hatte das 
Komitee sechs Plätze zur Wahl gestellt Seiner Aufforde- 
rung sind Ernst Eertery Fritx ScJiaper, Erdmann Encke, Otto 
Riesch und Emil Steiner in Berlin und Moest in Karlsruhe 
gefolgt. Nach der Einiieferung der Entwürfe hat das Komitee 
eine Sitzung abgehalten, um über den Platz zu beschließen. 
Man entschied sich in erster Reihe für den Platz zwischen 
dem Opembause und dem Palais Kaiser Wilhelm's I., in 
zweiter Reibe für einen nicht näher bezeichneten Platz im 
Tiergarten. Die endgültige Entscheidung hängt vom Kaiser 
ab, der, wie mitgeteilt wurde, voraussichtlich den Opemhaus- 
platz bestimmen wird. 


SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN. 

Baue a/S, Jahresbericht des Städtischen Museums für 
Kunst und Kunstgewerbe, Auch in dem abgelaufenen achten 
Jahre des Bestehens des Städtischen Museums hat es die 
Zuwendung einer Anzahl von Geschenken zu verzeichnen: 
ein Gipsrelief, Porträt des Bildbauers* Heidel , Schöpfer des 
Händeldenkmals, von Herrn Bildhauer 0. Rudolph; ein 
Ölgemälde, Simson, von Herrn Buchhändler P. Steffenhagen 
in Merseburg; eine Anzahl Lithographieen, von Herrn Hand- 
schuhftibrikant G. Merkwitz; ein Ölgemälde, Studien- 


kopf eines Mohren, von C. Steffeck, von Herrn F. O.; 
ein Bootmodell aus Sansibar, von Herrn Dr. med. Heynacher; 
ein Farbendruck, von Herren Meisenbach, Riffarth & Co. 
in München; fünf Originalzeichnungen von W. Gentz, 
von Herrn Maler Ismael Gentz in Berlin; drei Farbendrucke, 
von der Kunstdruckerei des Herrn Emest Matthey in Graz 
(Österreich); ein sog. Yivatband und sieben Autographen, 
von Herrn Oberst a. D. von Schünholtz; eine japanische 
Tischdecke, von Frau Professor Köhler; zwölf Stahl- 
stiche, von Heim Fabrikant Karl Schmidt; eine Samm- 
lung Tapetenmuster, von der Firma F. A. Schütz, Halle. Die 
Bestände des Museums haben sich im letzten Jahre vermehrt 
um: 8 große Wandgemälde, 6 ölgremälde, 8 plastische Werke, 
10 kunstgewerbliche Gegenstände und 30 Stiche und Zeich- 
nungen. Der Besuch der Sammlungen ist auf 7300 Personen 
gestiegen, die höchste bisher erreichte Zahl. Am meisten 
haben dazu die veranstalteten Sonderausstellungen beige- 
tragen, von welchen zu erwähnen sind: die Reproduktionen 
der Galerie des Grafen Schack in München; Sammlungen 
von Gemälden, Zeichnungen und Studien der Maler Franz 
Gehrts (Halle), Philipp Roth in München, Philipp Franck, früher 
in Halle, jetzt in Berlin, AdolfMännchen in Halle ; femer größere 
Kollektionen von Gemälden, Kartons und Studien aus dem 
künstlerischen Nachlass des Orientmalers W. Gentz zu Berlin 
und des Historienmalers Th. Große in Dresden. Aufterdem 
wurden vorübergehend ausgestellt: 64 öl- und Aquarell- 
gemälde, 26 Kunstblätter und 20 kunstgewerblicheGegenstände. 

*^* Die MeissonieraussteUung in Paris wird am 6. März 
in der Galerie Petit eröffnet werden. Das Komitee hofft, 
mindestens 1100 Werke des Meisters vereinigen zu können. 

*^* Die Berliner Nationalgalerie hat zur Weltausstellung 
in Chicago acht plastische Werke und etwa zwanzig Ge- 
mälde abgesendet. Die Bildwerke sind Gustav Eberlein's 
„Domauszieher*', „der gefthrdete Amor** von Schweinitz, 
Brütt's Gruppe „Eva mit ihren Kindern", ,.Junger Faun mit 
dem Bacchusknaben*' von Karl Begas, Paul Otto*s „Mädchen 
im Dienst der Vesta" und die Reinhold Begas'schen Büsten 
von Bismarck, Moltke und Adolf Menzel, unter den Ge- 
mälden befinden sich die Apotheose Kaiser Wilhehn's des 
Siegreichen von F. Keller, Reiterporträt Kaiser Wilhelm^s II. 
von W. Schuch, die Porträts der Professoren Mommsen und 
von Helmholtz von Knaus und die Flachsscheuer in Laren 
von M. Liebermann. 

*^* Das Germanische Museum in Nürnberg scheint, ob- 
wohl das Deutsche Reich bereits 22 Jahre besteht, immer 
noch weit entfernt von der Aussicht zu sein, zur Reichs- 
anstalt erhoben und damit aller Sorgen um sein Fortbe- 
stehen enthoben zu werden. Nach einer Korrespondenz der 
„Yossischen Zeitung** sind die jetzigen Verhältnisse nichts 
weniger als erfreulich. „Es herrscht immer noch das Inter- 
regnum, dass ein Yerwaltungsbeamter unter der Beeinflussung 
eines leitenden Komitees die Geschäfte des Direktoriums 
schlecht und recht führt, ohne dass sich irgend eine Aus- 
sicht auf endgültige Lösung zeigte. Der Haupthaken liegt 
in der schlechten finanziellen Lage des Instituts, welches 
fast ganz auf freiwillige Beiträge gegründet ist. Es haben 
nun langwierige Verhandlungen zwischen dem Deutschen 
Reiche und Bayern stattgefunden, die, wie aus einer Notiz 
des „Frank. Kur." hervorzugehen scheint, zu einem Abschluss 
nicht geführt haben. Es wird in der Mitteilung gesagt, dass 
die Besetzung des Direktorpostens dem Kultusminister Dr. 
von Müller viele Sorge mache; eine Verstaatlichung des In- 
stituts stoße an maßgebender Stelle in München auf Wider- 
stand, die Verstaatlichung durch Bayern wäre die eine Mög- 
lichkeit, um die es sich unter den jetzigen Verhältnissen 


243 


Vereine und Gesellschaften. — Vennischtes. 


244 


handeln könnte, die andere eine hinreichende ünterstQtzung 
durch das Reich und Bayern gleichzeitig/' 

*^* Das Rauehmuaeum in Berlin, das unter der Leitung 
des Professors R. Siemering steht, hat in letzter Zeit eine 
wesentliche Bereicherung erfahren , worüber Siemering fol- 
gende Mitteilungen gemacht hat. Die Nummern wurden um 
98, von 256 auf 354 vermehrt, die zum größten Teil aus 
Vorräten des Lagerhauses entnommen sind. Durch Kauf 
wurde des Meisters Bücherschrank erworben, geschenkt — 
meist von seinen Angehörigen — wurden seine Totenmaske, 
sein Olbildnis von Eretschmar, sein Mantel und Arbeitsrock, 
seine Werkzeuge u. s. w. Hr. Dr. Eggers in Berlin widmete 
Abgüsse zweier Medaillen auf Rauch und der Medaillen auf 
Karl August, auf Humboldt und Goethe. Die bedeutendste 
Erweiterung des Museums besteht in der Einrichtung eines 
Raucharchivs. Es enthält die Geschenke der Nachkommen 
des großen Bildhauers, der Geschwister d' Alton-Rauch. Das 
Archiv umfasst in der 1. Abteilung die Akten über Rauch's 
Arbeiten, über seine persönlichen, über Verwaltungs- nnd 
königliche Angelegenheiten, sowie Rauch's gesamte Korre- 
spondenz, soweit sie vorhanden ist. Durch Kauf kamen die 
Briefe des Meisters an David d' Angers hinzu. Die 2. Ab- 
teilung enthält Zeichnungen von Rauch, von seinen Arbeiten, 
Studien und Skizzen, in Mappen geordnet. Die 3. Abteilung 
besteht aus Tagebüchern, Geschäftsbüchern und Kalendern 
sowie aus 18 Druckwerken, die auf Rauch und seine Schule 
Bezug haben. 

Berlin, Die Ausstellung der Ehrengeschenke, welche fdr 
die Weltansstellung in Chicago bestimmt sind, wird im Licht- 
hofe des Kunstgewerbemuseums bis Ende Februar verlängert 
werden. Sie ist seit der Eröffnung noch um hervorragende 
Stücke vermehrt worden. 

*^* Für die Weltausstellung in Chicago hat der „Deutsche 
Weinbauverein", der die Erzeugnisse der deutschen Wein- 
kultur dort in einem eigenen Gebäude vorführen wird, zum 
künstlerischen Schmuck eines halbkreisförmigen Ausbaus f&nf 
Dioramen malen lassen. Sie stellen Landschaften aus den 
fänf vornehmsten Weingegenden Deutschlands dar, aus dem 
Rheingau, dem Moselthal, dem Elsass (Umgebung von Rap- 
poltsweiler), Baden (Badenweiler und Wüllheim) und Würt- 
temberg (Neckarthal zwischen Canstatt und Esslingen). Die 
beiden ersten sind von Rummelspacher und Herwarth (Lichter- 
felde bei Berlin), die drei andern von Riehter-Lefensdorf im 
Verein mit Freudemann in Berlin ausgefEihrt worden. 


VEREINE UND GESELLSCHAFTEN. 

Dem Vereine Berliner Künstler war zur Veranstaltung 
seiner Jubiläumsausstellung im Jahre 1891 vom Berliner 
Magistrat eine Garantiesumme von 100000 M. übergeben 
worden, die aus dem Cberschuss der Einnahmen zurück- 
gezahlt werden konnte. Der Magistrat stellte jedoch die 
Summe dem Künstlerverein als zinsloses Darlehen unter der 
Bedingung zur Verfügung, dass innerhalb von zehn Jahren 
mit Hilfe der Summe ein Vereinshaus gebaut werde. Wie 
der Vorstand nunmehr in der Sitzung vom 7. Februar mit- 
geteilt hat, ist die Summe dem Magistrat wieder zurück- 
gegeben worden. Eine Begründung des Entschlusses wurde 
nicht gegeben. Es ist also anzunehmen, dass keine Aussicht 
vorhanden ist, dass der Verein im Laufe des nächsten Jahr- 
zehnts in den Besitz eines eigenen Heims gelangen werde. 

*^* Der Berliner Architektenverein hat zur Bearbeitung 
einer neuen Auflage seines Werkes „Berlin und seine Bauten", 
die er gemeinschaftlich mit der „Vereinigung Berliner Archi- 
tekten" unternimmt, einen Aosschuss von 7 Mitgliedern ge- 


wählt. Vorsitzender ist Oberbaudirektor Wiebe, Regierungs- 
baumeister R. Borrmann ist Redakteur der Architektur- 
abteilung (Mitarbeiter Baurat Hoßfeld und Architekt K. £. 0. 
Fritsch), Redakteur der Ingenieurabteilung Bauinspektor 
Eger (Mitarbeiter Stadtbauinspektor Gottheimer und Baurat 
Housselle). 

München, Der Verein für Originalradirung hielt am 
27. Januar eine von 34 ordentlichen Mitgliedern besuchte 
Generalversammlung ab. Dem Berichte des Vorstandes ist 
zu entnehmen, dass sich der Verein in der kurzen 2ieit seines 
Bestehens rasch entwickelt hat. Die Generalversammlung 
beschloss einstimmig auf Antrag des Vorstandes, zur wei- 
teren Verbreitung der Publikationen folgende Bestimmung in 
die Statuten aufzunehmen: „Passive Mitglieder können Per- 
sonen werden, welche die Kunst nicht berufsmäßig ausüben, 
gleichviel ob in München wohnhaft oder auswärts. Dieselben 
entrichten einen Jahresbeitrag von 25 Mark, wof^r sie die 
Jahrespublikation des Vereins erhalten.^* — Der Vorstand 
setzt sich aus folgenden Herren zusammen: 1. Vorsitzender 
Prof E, Zimmermann, 2. Vorsitzender Fritx Bär, Schrift- 
fahrer Walter Ziegler, Kassier Sion L, Wenban, Beisitzer: 
H. Anetsberger, Peter Hahn, C. Th. Meyer-Basel. 


VERMISCHTES. 

Professor August von Eeyden hat für das Königliche 
Opernhaus in Berlin an Stelle des alten, von ihm vor 25 Jahren 
geschaffenen einen neuen Vorhang gemalt, der am 27. Januar, 
am Geburtstage des Kaisers, zum erstenmal dem Publikum 
gezeigt wurde. Der alte Vorhang stellte den Triumphzug 
des auf einem Delphine sitzenden griechischen Sängers Arion 
dar. Die schwungvolle, von feinem Schönheitsgefühl durch- 
drungene Komposition ist bald nach ihrer Vollendung von 
dem Künstler selbst f&r die „Zeitschrift für bildende Kunst" 
(IIL Jahrgang, S. 132) radirt worden. Der neue Vorhang, 
dessen Motiv der Kaiser selbst aus mehreren ihm vom 
Künstler vorgelegten Skizzen gewählt hat, stellt einen ent- 
sprechenden Vorgang aus der nordischen Mythologie dar. 
Zum Verständnis des Inhalts ist folgende Erläuterung aus- 
gegeben worden. „Bragi, der beste der Skalden, wird von 
Odin zu den Menschen gesendet, sie mit Sang und Dicht- 
kunst zu erfreuen. Odin, der listig durch Bethörung der 
schönen GunlÖd, Suttung^s Tochter, diesem den Dichtermet 
geraubt hatte, setzte Bragi ein, des Wundertrankes zu walten, 
den Walküren, die unsterblichen Metspenderinnen Walhalls 
verteilen sollen. Einäugig sitzt Odin unter der Weltesche 
Yggdrasil, denkend der Zeit, da er Gnnlöd's Liebe gewann, 
durch die Zweige des Baumes schimmert die goldene Götter- 
burg. Drei Walküren mit ihren Metkrügen Odhrör (Begei- 
sterung), Bodn (Hingebung) und Son (Sühne) umgeben Odin, 
um dessen Haupt die Raben Hugin und Munin flattern, wäh- 
rend ihm zu Füßen seine Wölfe Geri und Freki liegen. In 
der Mitte des Bildes steht Bragi, singend mit goldener Harfe. 
Alles lauscht ihm begeistert, vor allem seine Gattin Idun 
mit den goldenen Äpfeln im Schöße, deren Besitz den Göt- 
tern ewige Jugend bewahrt; Liebe und Dichtkunst verbannen 
das Alter. Auch Zwerge und Nixen wollen Bragi^s Gesang 
hören, und der alte Ferge, auf dem Rande des Bootes sitzend, 
schneidet Rohrpfeifen, um auf seine Art auch Kunst zu üben. 
Ein Krieger, Sänger und Held, bittet um einen Trunk aus 
dem Kruge Odhrör, und Lichtalfen bringen Kränze für die, 
deren Sangeskunst Lohn verdient. Fem in den Wolken aber 
tragen Walküren gefallene Helden nach Walhall." Das Bild 
ist nicht dem Charakter eines in Falten herabfallenden Vor- 
hanges angepasst, sondern als monumentales Gemälde ge- 


245 


Vom Kunatmarkt. — Zeitschriften. 


246 


dacht. Deshalb hat es auch eine breite, omamentale £in- 
fansmig erhalten, die wie ein Goldrahmen wirken soll nnd 
auch wirkt. Daraufhin ist das Kolorit licht und reich ge- 
stimmt, ohne dass jedoch ein unruhiger, zerstreuender Ein- 
druck hervorgerufen wird. Von größtem malerischen Beize 
ist die landschaftliche Umgebung und der Hintergrund mit 
dem Blick auf das Meer und den von rötlich glänzenden 
Wolken durchzogenen Himmel. 

* Die neueste bedeutendere Erwerbung der National 
Oallery in London^ durch welche eine empfindliche Lücke 
der Sammlung anfs glficklichste ausgeftkllt wurde, ist ein 
Meisterwerk von Jan ran der Meer van Belft, die „Dame am 
Klavier'* aus dem Nachlasse W. Burger's (Thor^'s) in Paris, 
des bekanntlich um die bessere Würdigung des trefflichen 
altbolländischen Malers hochverdienten französischen Kritikers. 

* Der Bildhauer Theodor FriecU in Wien hat fttr den 
Platz zwischen den beiden Hofmuseen zwei kolossale Gruppen 
von Pferdebändigem in weißem Marmor gearbeitet, welche 
seit kurzem an ihren Plätzen zu beiden Seiten der vom 
Hofstallgebäude herabführenden Rampe aufgestellt sind. 
Der Künstler bewährte in den beiden männh'chen nackten 
Gestalten (einem Germanen und einem Römer) und den von 
ihnen bei den Mähnen gefassten, sich aufbäumenden Rossen 
wieder von neuem seine große Meisterschaft in der Komposition 
solcher bewegter Gruppen. Die Formgebung wetteifert 
mit den besten Werken der Wiener Barockskulptur in 
effektvoll gesteigerter und virtuos behandelter Muskulatur. 


VOM KUNSTMARKT. 

Berlin, Am 21. dieses Monats kommt die Sammlung 
von Olgem&lden moderner Meister der Frau S. de Rycksen, 
Brüssel, im Rudolph Lepke'schen Kunstauktionshause, Koch- 
straße 28/29, unter den Hammer. Es sind vorzugsweise 
Meister der neueren belgischen, holländischen und franzö- 
sischen Schule, welche in dieser Sammlung vertreten sind. 
Der illustrirte Katalog führt die Nummer 884. — In un- 
mittelbarem Anschluss daran wird laut Katalog 885 eine 
Kollektion von Gemälden und Aquarellen modemer Meister, 
sowie eine Sammlung von Antiquitäten ebendaselbst am 
22. Febr. 1893 und folgende Tage zur Versteigerung kom- 
men. In dem illustrirten Katalog finden wir Namen wie 
Siemiradzki, Konr. Dielitz, Pradilla, Emest Meissonier« Norb. 
Schrödl, M. Schödl, Max Hoenow, Brendel, N. V. Diaz u. a. 
bedeutender Meister. Von der Antiquitätensammlung heben 
wir als besonders bemerkenswert die Miniaturen auf Elfen- 
bein und in Email, sowie die schönen Limogen, die alten 
Porzellane und die römischen und altägyptischen Ausgra- 
bangen, die altitalischen Gläser, die bemalten Holzskulp- 
turen, Arbeiten in edlen und unedlen Metallen etc. hervor. 

Die Essenwein'sche Bibliothek ist in den Besitz der 
Antiquariatsbuchhandlung von Jos, Baer d- Co, Übergegangen. 

Wien: Am 2. März gelangt durch H. 0. Miethke im 
Kfinstlerhause der bedeutende künstlerische Nachlass Leopold 
C. Müllers zur Versteigerung. Der reich illustrirte Katalog 
ist soeben erschienen. 


ZEITSCHRIFTEN. 

Allgemeine Rmistetaroiilk. 1898. Nr. 8. 

Ansstellnng des Aquarellistenklabs. — Atelierschau. Von Gl. 
Sokal. — Koiistbriefe: Krakau. Von J. Sa ess er- München. 
Von H. Peters. — Don Juan Valera. — Ad albert Stifter über 
bildende Kunst. Von F. Uasslwander. — Das Aquarell enalbum 
des Herrn Hinisterpräsidenten. 

iBzeiger für Schweizerisohe Altertumskunde. 1898. Nr. 1. 

Vorbistorische Monumente nnd Sagen aus dem Eringerthal. Von 
B. Beber. — VorbistoriBohes aus dem Binnenthal. Von B. Beber. 


— Die Or&ber beim Heidnischen Btihl zu Baron. Von J. Hei e r 1 i. 

— Antiquarische Funde aus dem Kanton Solothun. Von K. 
Meisterhans. — Die beiden Erlinsburgen Ewischen Niederbipp 
und Oensingen. Von K. Meisterbans. — Zur Baugeschichte 
des Klosters Einsiedeln. Von K. Stehlin. — Die Wandgemälde 
der Barfttßerkirche in Basel. Von Dr. E. A. Stttckelbere. 
(Sohluss.) — Die Wandgem&lde in der St. Katharinenkapelle in 
Wiedlisbach und ihre Wiederherstellung. Von Chr. Schmidt. 

— Bauemgescbirr. Von H. Angst. ~ Ein Beitrag zur Geschichte 
der schweizerischen Glasmalerei. Von H. Angst. — Statistik 
schweizerischer Kunstdenkmäler. Von J. B. Bahn. Kanton 
Tessin. (Schluss.) 

jLrchitektonlBehe Bnndsctaau. 1892/98. Lieferung 4. 

Taf. 26. Villa Bachstein im Grunewald (Haiensee) bei Berlin ; er- 
baut von Cremer und Wolffenstein, Architekten in Berlin. 

— Taf. 96. König-Karlsbad in Wildbad ; entworfen und ausgeführt 
von Oberbaurat F. Bernerin Stuttgart. — Taf. 27. Stuckdeko- 
ration für das Haus Ecke Via Dante und Via Giulini in Mailand ; 
entworfen von Architekt A. Ghiodera daselbst. — Taf. 28. Denk- 
mal Kaiser Wilhelm's I. in Lippstadt in W.; entworfen und aus- 
geführt von Schmieden una Speer. Architekten in Berlin. — 
Taf. 29. Entwürfe zum Innenausbau dnes Schldsschens in Tirol 
von Zaar und Vahl, Architekten in Berlin. — Taf. SO. Wohn- 
und Geschäftshaus des Herrn Kommerzienrat L. Bemheimerf 
Maximiliansplatz in München ; nach den Entwürfen von Prof. Fr. 
Thiersch, ausgeführt von Architekt M. Dülfer daselbst: 
Hausthür an der Südseite. —Taf Si. Villa des Hofknnsthändlers 
Honrath in Groß-Liohterfelde; erbaut von Architekt M. Born 
daselbst. — Taf. 82. Giebel mit dekorativer Holzverkleidung an 
alten Bauernhäusern in Böhmen; aufgenommen von Architekt 
G. Mirkovsky in Berlin. 

Bayeriselio Gewerbezeltnng. 1898. Nr. 2«. 

Die Verordnungen des Fürstbischofs Franz Ludwig zur Hebung 
des Handwerks. Von Dr. F. Leitschuh. 

Die Oraphisetaen Kfinste. XY. Jahrgang. Heft 6. 

Fritz von Uhde. Von B. Graul. 

Die Knngt für Alle. 1892/98. Heft 9 n. 10. 

Von alten und neuen Porträts. Von 0. Donner v. Bichter. -^ 
Bundschan. Von Fr. P echt. — Albrecht de Vriendt. — Von alten 
und neuen Porträts in London. II. Von O. Donner von 
Bichter. — Die retrospektive Ausstellung in New-York. Von 
P. Hann. — Vom MÜncnener Kunstmarkt. Von Fr. Peoht. — 
Die Ausstellung der ,24*' in Berlin. Von Fr. Belling. 

GewerbehaUe. 1898. Heft 2. 

Taf. 9/10. Abschlussgitter der Gapilla del Condastable in der Kathe- 
drale zu BurgoB : aufgenommen von Prof. B. Biscbof in Karls- 
ruhe. — Taf. 11. Buffett; entworfen von E. Hansen in St. Gallen. 

— Taf. 12. Entwürfe zu Glasfenstern von Prof. C. Schick in 
Kassel. — Taf. 18. Grabmal auf dem Prag. Friedhof in Stuttgart ; 
entworfen von Eisenlohr und Weigle, Architekten daselbst. 

— Taf. 14. Metallplatten; entworfen und ausgeführt von der 
Aktiengesellschaft Schaeff er und Walker in Berlin. — Taf. 16. 
Tisch; entworfen von C. Lederle, Assistenten am Nordböh- 
misohen Gewerbemusenm in Beiohenberg. — Taf. 16. BrokatstolT ; 
italienisch - byzantinische Arbeit des 18. Jahrhunderts, im k. k. 
Oesterreichischen Museum für Kunst und Gewerbe in Wien ; auf- 
genommen von P. Wahn daselbst. 

Knnstsalon. 1892/98. Heft 8. 

Die' Mimik im Dienste der bildenden Kunst. I. Von Prof. K. 
Skraup. — Das Kupferdruckpapier. Von G. Buss. — Aus dem 
Wiener Künstlerhause. Von Dr. A. Nossig. — Brief ans Bom. 
Von H. V. Freu sehen. — Wie äufiert sich das Interesse der 
uncivilisirten Völkerschaften für die bildenden Künste? (Schluss.) 
Von P. Beiohard. — Die Hochzeit Alezanders und der Bozane 
von Sodoma. Gestochen von Loul s Jacoby . Von Dr. A. B o s e n b e r g. 

Zeitsehrift des Bayerisehen Knngtgewerbeyereins. 1898. 
Heft 1/2. 

Studien über Barock und Bokoko in Oberbayem. Von Prof. Dr. 
B. BiehL — Über Trophäen. Von Prof. Dr. M. Hanshofer. 
~ Moderne Frankfurter Silberarbeiten. 

Gasette des Beanx-Arts. 1898. 1. Febmar. Nr. 428. 

Etudes sur la peinture siennoise: Ducoio I. Von A. P6rat6. — 
La Cöramique italienne d'aprös quelques livres nouveaux. UI. 
Von A. D ar cel. — Un iableau de Velasquez au Mus6e de Bouen. 
Von L. Gonse. — Les öcoles italiennes au Mnsöe de Vienne. II. 
Von F. Wickhoff. — L*ezposition d'Art r^trospectif ä Madrid. 
II. Von F. Maze rolle. — Le sculpteur Claude Michel dit 
Clodion. n. Von J. J. Guiffrey. 

VArL Nr. 689. 1. Februar 1898. 

La reliure fi*an^ise. Von H. Beraldi. — Corot 
Marsan. Von C. Leymaroi. — Vandalisme: Le 
Beauz-Arts ä Lille, von P. Leroy. 

Tbe Magaiine of Art. Febmar 1898. Nr. 148. 

Current Art: The Boyal Society of Painters in Water Colours. 
Von Fr. Wedmore. — The old iMsters-Ezhibition. Vom Heraus - 

ßeber. — The Art-life of John Leech. Von H. Silver. — 
agnan-Bouveret. Von Prinz B. Karageorgevitsch. — Sug- 
gestions for a newflne-art Copyright Art. Vom Herausgeber. 

— „La Zingarella**. — Design. IL Von W. C rane. ^ Mr. Timothy 
Cole and American Wood-engraving. Von B. Bale. — The ^Pre- 
ferences** of Mr. Harry Quilter. Von M. H. Spiel mann. 

Arehivio Storloo dell' Arte. 1892. TL Noyemb.-Dexemb. 

Francesco di Simone Fiesolano. Von A. Venturi. — II Foro 
dei Mercanti di Bologna. Von E. Orioli. — La Pinacoteca di 
Brera e 11 suo nuovo Catalogo. Von G. Frizzoni. — La basi- 
lioa di San Michele in Foro in Luooa. Von E. Bidolfi. 


ä Mont-de- 
palais des 


247 


Inserate. 


248 


Inserate. 


Gemälde moderner und alter Meister. ■ 1 ^^^^±±±^^^±^ 


auch Aquarelle, ersten Ranges kauft und übernimmt zum Verkauf, sowohl 
einzeln als in ganzen Sammlungen die Kunsthandlung von 

[698] Th. Salomon, Berlin W.^ Fnedrichstr. 168. 



Gfemäldesaal in Frankfurt a. M. 

Avssielliuigeii und AnktioneH tob Gemälden, AnUqulttien und Kunstgegeii- 
ständen. — Kataloge anf Wunsch gratis und franko durch Bvdctlf Buigel in 
Frankfurt a. M., Kunstauktionsgesch&ft, gegr. 1869. [46S] 


Oemälde alter Meister. 

Der Unteneiolmete kauft stets herrorragende Originale alter Meister, vorzttglioh der 
niederläadisohen Sehnle, yeimittelt aufs schnellste und saoliyerständigste den Yerkanf 
einxelnw Werke, wie konwl. Sammlnngen and ttbemimmt Aufträge rar alle größeren 

&emaldeaiiktionen des In- and Aaslandes. 

Potodamerstrsße t. [579] JOSef Th. SchalL 


Kunsthandlung HUGO OBOSSER, LeipEig. 

Sondergeschäft für Photographie. 

Vertretung und Musterlager der Photogr. Anstalt 

^d. Sraun Sc Oo«, X>oi*na,oli. [567] 


Verlag von E« A. S^eemano in lieipzlfp. 

Meisterwerte der Casseler Galerie. g^^^i^^ZText 

von Dr. 0« Eisenmann, Direktor des Museums in Coesel, ISdß, Eleg. geb. 
20 M. ; Ausgabe auf chinesischem Papier geb. mit Goldschnitt 25 M. 

Album der Brannschwelger Galerie. g^S^irsükS. mü 

illustrirtem Text von Dr. R. Graul. 1888. eleg. geb. 15 M.; mit Kupfern 
auf chines. Papier geb. 20 M. 


Lmvn. Kustanktion Yon H. 0. MIETHKE in Wien. 

Der bedeutende kfinstlerische Nach1as9 

Leopold C. Müller's, 

Professors an der k. k. Akademie der bildenden Künste in Wien, 

bestehfind aus Tollendeten und nnYollendeten Ölgemälden, 
Skizzen, Naturstudien und Zeichnungen gelangt am 2. März 
d. J. im Künstlerhause zu Wien zur öffentlichen Versteigerung. 

Der reich illustrirte Katalog mit einem Vorwort von Georg 
Ebers und dem Bildnisse Leopold C. Mütter's ist zum Preise von 
Mark 10.— zu beziehen durch H. 0, Mlethke, Verlagsbuch- 
handlung in Wien I, Neuer Markt 13, 1. Stock. [ssoi 


iNNIHlllilhl l.l IUI 'MlHIIIillHIIlllll I ||'|..|lHII|lHi|l||ll|l|t|Hll|IH||| i;' 1 1 > IHIHll: ■|illi|lllll|lll|i|lUi \w 

Jaetb Bareüiardt's 

Cicerone. 

« 6. Auflage, s 

Auf verschiedentlich seäußerten 
Wunsch habe ich mich veranlasst 
gesehen, das alphabetisch nach 
Städten geordnete, eine bequeme 
Übersicht bietende 

# Register # 

zum 2. Teile, Mittelalter und Neue 
Kunst, des «Cicerone'' auch 

mit Papier dnrchscbossen 

herstellen zu lassen. 

Der Preis eines durchschossenem 
Exemplars des Registers ist 4 Mk., 
der freis des ganzen Werkes er- 
höht sich bei durchschossenem 
Register um 1 Mk., also geb. von 
16 auf 17 Mark. 

Das Register ist bei dieser neuen 
Auflage mit den zur Orientirung 
in Museen, Kirchen und Kunst- 
sammlungen größeren ümfanges 
nötigen Vermerken versehen und 
kann als bequemer Führer in der 
Brusttasche mitgefiihrt werden. 

B. A. Seemam in Leipzig. 


• imiit; 


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Berliner 

Knnstanktlon. 

Dienstag, den 21. Febr. Ton lOUhrab : 

Kollektion Rycksen, 

72 wertvolle Ölgemälde meist neuerer 
holl&ndischer, belgischer, französischer 
etc. Meister laut Katalog 884. 

Am 22« ds. : Eine umfangreiche Samm> 
lung wertvoller neuerer Ölgemälde der 
deutschen und französischen Schule, so- 
wie am 28.: wertvolle Antiquitäten, 
Porzellane, Autographen Kaiser Wil- 
helm I., etc. (Katalog 885). [649] 

Rudolph liepke's 
Kunst - A^iilctionslmus« 

Berlin S.W.. Kochstraße 28/29. 


eiß. ~ Handxeichnungen italienischer Meister. Kritisch gestclitet von G. Morelli; 
Grottger*B Nachlass. —F. Qurlitt f. — O. Daabner: H. Vogel. — Preisbewerbung nm das 


Inhalt: Pietro Aretino als Maler. Von A. Schulthei 

mitgeteilt von E. Habic h. (Schluss.) — Arthur Giu^b»* •» *--..».-«-. ^ • . — ^±—- •• , -; ^-.-— w. j — . . ^_-.. - .„— ^,.^- — « -~ — 
Dermal für Kurfürst Friedrich I. in Friesack; Preisbewerbung fdr ein Denkmal für die Kaiserin Äugnsta in Berlin. - Jahres- 
bericht des St&dtischen Museums für Kunst und Kunstgewerbe in Halle ; Meissomerausstellung in Paris; Werke der Berliner 
Nationalgalerie für die Weltausstellung in Chicago; Das Germanische Museum m Nürnberg; Das Rauchmuseum in Berlin ; Aus- 
stellune^er fftr Chicago bestimmton Gegenstände im Kunstgewerbemuseum zu Berhn; Ausstellung des deutschen Weinbauvereins 
in ChiCÄgo. — Verein Berliner Kttnstler ; Berliner Architektenverein ; Verein für Orieinalradirong in München. - Vorhang im 
Ke\ Oülrnhause in Berlin, von A. v. Heyden; Erwerbung eines Bildes von Jan van der Meer m der National gallery In London ; 
nie PferdebändiKer von Th Friedl vor den Hoftnuseen in Wien. — Kunstauktion bei B. Lepke in Berlin; Verkauf der Essenwein- 
schen BibUothek; Kunstauktion bei H. 0. Mlethke in Wien. - Zeitschriften. - Inserate. 


Für die Redaktion verantwortlich Ärlur Seemann — Druck von August Pries in Leipzig. 


KUNSTCTHRONIK 


WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE. 
Ankündigungsblatt des Verbandes der deutschen Kunstgewerbevereine. 


HERAUSGEBEE: 


CARL VON LUTZOW 

WIEN 


DR. A. ROSENBERG 


Vertag von E. A. SEEMANN in LEIPZIG, Gartenstr. 15. Berlin: W. H. KÜHL, Jägeretr. 73. 


Neue Folge. IV. Jahrgang. 


1892/93. 


nitchroDlk encbsliit aU BBiblall lur .ZeiUchiift Tür bildende Kunil* Dsd lum .Eanit^avcrbe] 
t«n Juli bU Saptamber moit&tlloh alDmkl. Der J^hrgKiig boatat » Huk nod umfKwt SS Namm 
lobrin nr bildende Kanal* erhmllen die Knnitobronilt gntii. _ Für ZBichnnnsBn, HanaBkripte eto , die a: 
leiataD Red&kUon nnd Verlftptaandlung keine Qeniibi'. Inierate. k SO Pf. fUr die dreiaptltlge Petitieile, i 
Inns die AnnonceDexpeditloneD fOD BkaeanateiD ti Vogler. Bad. Hoeia a. t. «. tu. 


Nr. 16. 23. Februar. 

Bblatt- mooBtUeli dralmBl, in den 

mern. Die Abonnenten dar „Zait* 

inverlangt eingesandt Verden, 

1 kuBar der Verlagihand- 


LEOPOLD MULLER-S NACHLASS. 
MIT ABBILDUNGKN. 
Ba ist ein BOschel farbiger Blüten, was jetzt in 
Wien aus der Verlassenschaft unseres unvei^esa- 
liehen Leopold Malier zum ölfentliclieD Aufschlag 
kommt. Obgleich in Dresden (1ä:(4) geboren, 
war Malier doch ein echtes Wiener 
Kind, von Familie und von Qeblüt, 
und wurzelte lange Jahre auch mit 
seinem SchofTen fest im Wiener Boden. 
Wie man weiß, gehörte er zu den 
glflcklichsten Illustratoren des .Figaro' 
und seine früheren Bilder sind dem 
heimischen Stoffkreis entlehnte Genre- 
darstellungen. Erst als reifer Künst- 
ler kam er ins Ausland, zuerst 1SG7 
nach Paris, dann Anfang der sieb- 
ziger Jahre nach Italien und Sicilien, 
endlich nach Ägypten. Und hier, 
unter dem lichten Himmel, in der 
farbigen Welt des Nillsndes, fand er 
die eigentliche Domäne seiner Kunst, 

die ihn zum bewährten Meister, zu „.,..., 

' Ein .Student in Keiro. 

emem der gesuchtesten Schilderer den NatnrEitadie von leoiold h 
orientalischen Lebens machte. 

Der uns vorliegende, von //. 0. Mklltke mit ge- 
wohntem Qeschmack ausgestattete Katalog des Müller '- 
sehen Nachlasses, aus dessen reichem Bilderschmuck 
wir den Leeern einige Proben bieten, umfasst in 
seiner ersten Abteilung 149 in Öl gemalte Studien, 
Skizzen und fertige Gemälde in Rahmen, woran 
sich in der zwpi(j>n Abteilung noch 54 gloiclifalls 


in Ül gemalte Studien und Skizzen in Passepartouts, 
in der dritten 44 Zeichnungen und Skizzenbücher, 
in der vierten endlich einige wenige Möbel und 
KoatfimstOcke aus dem Atelier des Künstlers an- 
schlielien. 

Dem Stoffe nach gehören die weitaus zahl- 
reichsten und künstlerisch wichtigsten Stücke des 
Nachlasses dem Orient an. Es sind 
darunter einige ganz fertige Bilder, 
nebst einer Anzahl unvollendeter. Das 
lebhafteste Interesse der Sammler 
werden jedoch die schönen Studien 
und Skizzen erregen, weil sie ftr 
Müller's ganze Art zu schaffen und 
zu studiren ungemein bezeichnend 
sind. Die Skizzen sind fast sämtlich 
von seltenem koloristischen Beiz: 
man sieht, dasa der Künstler vor 
allem das Malerische suchte und der 
Natur abzugewinnen verstand. Dazu 
kommt die größte Sorgfalt im Studium. 
Die typischen Kopfe und Gestalten 
der bunten orientalischen Welt sind 
mit liebevollster Genauigkeit durchge- 
bildet, bis in alle feinen Besonderheiten 
des Charakters und des Ausdrucks. In 
der warm und lebendig geschriebenen Charakteristik 
Müllers, welche der berühmte Ägyptolog Oeori/ 
Ebers, ein langjähriger Freund des Verstorbenen, 
dem Kataloge beigefügt hat, betont er mit Recht 
den unermüdlichen Fleilä Müller's als eine seiner 
hervorstechenden Eigenschaften und führt mehrere 
von MnlWs ÄiiUerungen an, welche diese Seitp seines 


251 


Wiener KQustlerhauB. 


252 


Wesens iliustriren. Der Nachlass bekräftigt das 
durch eine Reihe von Beispielen. Wenn man MGller 
mit zwei berQhmten französiachen Orientmalern ver- 
gleichen wollte, 80 könnte man Bogen: er tibertrifft 
Ger6me an farbigem Reiz und Fromentin an fleißiger 
Durchbildung. In der ersteren Eigenschaft bewährt 
er eich als Wiener, in der zweiten als Deutecher. 


WIENER KÜNSTLERHAUS. 
Nach altgewohntem Brauche wurde zu An- 
fang Dezember wieder eine Weihnachtsausstellung 
eröffoet, welche sich aber 
diesmal in ihrem Oehalte 
weit tiber das gewöhn- 
liche Maß des Chriat- 
markts erhob. Als be- 
sondere Gaben hatten sieb 
vor allem Kollektivaus- 
stellungen von Jjenbach 
uud Sluek eingestellt; die 
des letzteren bot nicht 
nur eine reiche Auswahl 
der neueren Ölbilder des 
Meisters, sondern auch 
eine ganze Galerie in- 
teressanter Handzeich- 
nungen allegorischen In- 
halte, welche in Gerlach'a 
bekannten Sammelwer- 
ken publizirt wurden, und 
eine Anzahl seiner sati- 
risch-humoristischen Fe- 
derskizzen, die in den 
, Fliegenden Blattern" er- 
schienen sind. In der 
allgemeinen Ausstellung 
— umzunächst von dieser 

zu berichten — ragten namentlich die größeren 
Gemälde von Osw, ArJienbnrh , Huyo Kauffmami und 
Ckkrv'i aus ihrer Umgebung empor. Des ersteren 
„Villa d'Este", ein Architekturprachtfitück in zauber- 
haftem Zwielicht des Mondes und der Abendröte, 
ist von geradezu heroischer Wirkung. Das Gemälde 
ist in Komposition und künstlerischer Verarbeitung 
wohi eine der herrlichsten Schöpfungen des unver- 
gleichlichen Meisters, der unter den landläufigen 
Vedutenmalem wie ein Riese dasteht und, was bei 
der un geschwächten Schaffenskraft unsere Bewun- 
derung herausfordert, nie ins Flüchtige oder Triviale 
verrällt. Wie billig wäre ein Theaterbelenchtung.s- 


Juuge KoptinnRn. Studienliöpre von Leopold Müller. 


etfekt bei diesem Motiv gewesen, und mit welcher 
Soi^alt hat der KUnstler jedes Zuviel vermieden 
und dem Auge nur geboten, was der Zauber der 
Natur in gottgeweihter Abendstunde offenbart! 
B. KauffmanWn , Holzerschmam" ist ein anspruchs- 
loses Bauernmotiv, vorzüglich gemalt und in den 
Gestalten TortreEHich charakterisirt, aber zu groß fQr 
die denn doch zu wenig sagende Episode. Ghierici, 
der Miniaturmaler im Großen, war fein und glatt, 
aber ancb kindlich-humorvoll wie immer. In farben- 
brillanter Feinmalerei bot uns Qalofre y Oimenex 
(Barcelona) in seinem „Zigeunerleben" eine wahre 
Augenweide; alles 
schwimmt im sonnigen 
Äther des Südens. Alshei^ 
vorragende Bilder waren 
femer einige TierstScke 
zu notiren; obenan eine 
„Viehweide in den Da- 
nen' von Herrn. Baisch. 
Die klaren, satten Fai> 
benföne sind mit ge- 
wohnter Meisterschaft zu 
einander gestimmt, und 
die Zeichnung verrät das 

feinste Naturstudium. 
Art!/, Thiele schilderte in 
größeren Scenen aus dem 
Gebirge das .Hochwild- 
leben", und Jul. Blaas in 
einem reizend durch ge- 
fdhrten kleineren Bilde 
,die Heimkehr", die 
schwere Arbeit der Dorf- 
gäule. Von Gustav Schütt- 
lelier sahen wir eine 
ganze Kollektion von Öl- 
studien, zumeist Strand- 
motive, in denen wir so recht den intimen Verkehr 
des Meisters mit der Natur belauschen konnten. 
So unmittelbar die Bilder der Wirklichkeit ent- 
nommen sind , so offenbart sidi doch in jedem 
Pinselstrich die individuelle künstlerische Fassung 
und die sofortige Verarbeitung zu einem künstle- 
rischen Ganzen. Die bewegten Strandmotive mit 
den verschiedenartig gestimmten Lüften, sowie die 
kraftvoll vorgetragenen, sonnten Architekturbilder 
aus dieser Sphäre zeigen wohl in erster Linie die 
Meisterschaft des Künstlers. Im kleineren Genre 
waren der Wiener Humorist J. Ktnxel mit einem 
Bildchen ,Böse Zungen" und Frnn-i, Ritlieit mit einer 


Wiener KQnsUerhaua. 


254 


pikanten venetiaiiischen Kamevalsscene am Markus- 
platz wirksam vertreten. Auch Rud. Ottenfeld's .Mon- 
tenegriner auf der Flucht' dürfen nicht übergangen 
werden. UnterdeiiLandEchaften erinnerten //.Itoraauf 's 
. Bauern garten" in der zarten Abtönung der Farben 
an Schindler's fein empfundene Vortragsweise; Uber- 


wie man Lenbach's Malweise bezeichnet hat In den 
auegestellten Porträts ist übrigens der KünsÜer in der 
Durchführung des Details weiter gegangen als sonst, 
ohne aber damit das Auge vom Auge, dem Spiegel 
der Seele, abzulenken. Einen besonderen Reiz erhielt 
die kleine Ausstellung noch durch das .Schlangen- 


troffen, in Bezug auf reizvolle DetaÜausftlhning, madcheo*. Der anmutig bewegte, jugendliche Tors 


wurde das Bildeben 
noch durch Bcnltiure's 
.Bauernhof". Einzig 
in ihrer Art waren 
wieder die Blumen- 
stücke der Frau Olga 
1 1 'ksinger-Ftorian ; es 
sind immer kleine Far- 
bengedichte, die von 
der Künstlerin in die- 
sem Genre auf die 
Leinwand gezaubert 
werden. Ein Waldbild 
von Mülkr - Kurzwelhj 
verblüffte mit seinen 
koloristischen Effek- 
ten; vergriffen im Mo- 
tiv und in der Farbe 
hatte sieb diesmal Ki- 
torc Tito in seinem 
großen Bilde: .Ausdeii 
venezianischen Alpen*. 
Wir treten in das 
Lenbaeh - Kabinett und 
Snden hier zunächst 
das neu geschaffene 
Bildniss Ihrer kÖoigl. 
Hoheit der Frau Prin- 
zessin Glementine von 
Coburg, dann das des 
jungen Mingbetti, des 
Baron Tucher u. a. 
und in der Mitte dieses 
vornehmen Zirkels das 
.Indische Schlangen- 
mädchen*. Über die 
Porträts wollen wir uns 

kurz fassen; sie zeigen uns den Meister in der Wieder- 
gabe des Geistig-Individuellen der Peraönlicbkeiten 
auf einem Höhepunkte, der wohl kaum weiteren 
Potenzen zugeführt werden kann. Er überr^ darin 
alle Bildnismaler der Gegenwart Und zu dieser zeich- 
nerischen Priorität gesellt sich die koloristische Vor- 
nehmheit, „die historische Tradition unserer Klassiker", 


Nasleb, ägyptische TibEeriii, Maturatudie Ton Lbopolp Müller. 


der braunen Schönen 

tritt in vollendeter 
Modellirung aus dem 
Grunde hervor, und das 
Antlitz mit dem fas- 
ciuirenden Blick, das 
in kühner Überschnei- 
dung nach rückwärts 
geneigt ist, steht zu 
dem emporgehobenen 
Haupte der mächtigen 
Boa in wirkungsvollem 
Gegensatz. Andere 
Bildnisse, wie die von 
Liezt, Gladstone etc. 
sind wohl von früher 
her bekannt, aber ein 
Zusammentreffen mit 
so vornehmen Geistern, 
wie uns Lenbaeh ver- 
mittelt, ist immer ein 
interessantes und an 
regendes Ereignis. 

Nun hieben wir 
uns in die phantastische 
Welt Franx Siuck's. 
Die Ausstellung hat 
drei Käume umfasst 
und bot in Ölbildern, 
Skulpturen, Handzeich- 
nungen , tladirungen 
und Photographien ein 
nahezu vollständiges 
Bild von dem Schaffen 
des in Wien noch ziem- 
lieh unbekannten 
Künstlers. Das eigen- 
artige Stoffgebiet, welches in mancher Beziehung an 
jenes Böcklin's streift, sowie die originelle Darstellung, 
die schrill von allem Gewöhnlichen absticht, erregen 
an und für sieh das lebhafteste Interesse, aber auch 
diametral sich entgegenstehende Urteile, Es sind 
ganz merkwürdig dämonisch- visionäre Erscheinungen, 
die sich in den Bildern offenbaren: bald unheimlich, 


255 


Wiener Künstlerhaus. — NekroloRe. 


256 


trogiBch, dann wieder bizarr, gewürzt mit tollem ' 
Htunor, weniger das Sinnlich-SchSne als vielmehr 
das Markige, auch oft Ungeschlachte mit Absicht^ 
lichkeit hervorkehrend, aber durchweg fesselnd darch 
ihren geistigen Gehalt. Stuck geht allem Hergebrach- 
ten aus dem Wege und sucht nicht durch Äußerlich- 
keiten zu bestechen, sondern erfasst zu allererst 
den seelischen Kernpunkt des Gegenstandes; der 
Pinsel folgt darin, so weit er's eben vermag. 
Zudem besitzt der KQustler eine seltene Vielseitig- 
keit, sowohl in Bezug 
auf das Darzustellende 
als auch in der Tech- 
nik. Er malt,modellirt, 
zeichnet mit allen 
Mitteln und radirt mit 

gleicher Meister- 
schaft. Im Unheim- 
lich-Gruseligen und 
in der derbrealisti- 
schen Satire bewegt 
sich seine Phantn-sie 
wohl am liebsten. Da- 
bei begegnen wir aber 
auch wieder Bildern 
der Lust und Freude 
und reizvollen land- 
schaftlichen Stim- 
mungsbildern. „Käm- 
pfende Faune*, .Das . 
verlorene Paradies", 

.Glühwürmchen', 
Liebesfrühling, PietiV 
n. 3. w. — wer sollte 
glauben, dass Bilder 
so heterogener Art 
alle von einer Hand 
herrühren! In der 

Mitte der interessan- ^*"^« "ituet ei-Khemn in K»iro. 

ten Gemälde -Kollek- 
tion liegegnete uns auch Meister Lenbach noch 
einmal in dem vorzüglichen Porträt unseres Künst- 
lers. In noch ungleich höherem Grade als in den 
ausgestellten Ölbildern imponirt« Stuck durch seine 
Schwarzweißausstellung in Tusch- und Federzeich- 
nungen und Radiningen, Die Allegorie als launig- 
heitere Folie, sowie die satirische Karikatur besitzen 
in ihm einen Meister ersten Ranges. Zudem beherrscht 
der Künstler das Ornament und die heraldischen 
Formen mit einer Verve, um die ihn Facharchitek- 
ten beneiden mögen. Es leuchtet aus allen Kom- 


positionen, ob heiter oder ernst, echt deutsche Kraft 
hervor, gepaart mit tiefem Empfinden und geisti- 
gem Sichvertiefen in den Gegenstand. Denjenigen 
Wiener Kunstfreund en, denen der Inhalt eines Kunst- 
werkes mehr als der äuUerliche Glanz wiegt, hat das 
Kfinstlerhaus mit der Stuckausstellnng ohne Frage 
einen seltenen Genuss bereitet. j. /,, 

NEKROLOGE. 

O Der Berliner Rofhmatliämlkr Fritx. Giirlilt, dessen 
Tod wir in der vorigen Nummer gemeldet haben, bat im 
Berliner Knnatleben dee 
letzten JabrKebnts eine 
hervorragende Rolle go- 
epielt, die etwa mit der 
den Hechts im Karpfen- 
teich ve^leichbar ist. 
Seiner Untemehmungs- 
iQBtentapracbennuinicht 
die Mittel, <lie ihm r.u 
Gebote standen, und an 
dem Zwiespalt, der zwi- 
schen dem Erreich ten und 
Gewollten immer grOCcr 
wurde.riebengichEchliell- 
lieh Beine geistigen Kräfte 
auf. Was er mit Be- 
geisterung und wahrer 
herzlicher Teilnahme be- 
gonnen hat, werden an- 
dere, denen eine kDhlere 
Ueschäfbroutine zar Seite 
steht, vielleicht glQck- 
licher durchfilhren. Kr 
war vom Beginn seines 
Geschäfts an ein Anwalt 
derVervehmteniVerkann- 
ten und Obdachlosen. Ob- 
wohl er immer etwas von 

LenbiMih, Defrcgger, 
Knaus, Paul Meyerheim. 
F. Ä- Kaulbach zu zeigen 
hatte, geborte seine volle 
NeignngdochdenNatura- 
listen oder, in seinem 
Sinne , den Natoimen- 
Bchen im. Am meisten 
lag ihm Böcklin am Her- 
zen, den er durch Aus- 
stellungen iiltcr und neuer Werke so lange den Berlinern 
7.U Gemüte geführt hat, bis sich nach dem Vorgänge der 
Nationalgalerie auch mehicre Privatsammlungen zur Auf- 
nahme seiner Schöpfungen entschlossen. Fast sämtliche 
Werke des Bildhauers Adolf Hildebrand hat er in einer 
Sonderiiusatellung in der Berliner Kunstakademie vereinigt, 
die das Material zu eiucr eingehenden Charakteristik des 
Meisters in der „Zeit.'^chrift für bildende Kunst" (XX. S. 221 IT.) 
geliefert hat. Nicht geringeren Eifer hat er für Mai Lieber- 
mann. F. V. Uhde, Max Klinger, Thoma. LeJbl, den Norw^er 
Sinding und andere seiner Landsgenossen, den Italiener 
Brancaccio und viele andere entfaltet, und wenn es ihm auch 
nicht gelungen Ui. so viele Kunstfreunde zu dem Maße seiner 
eigenen WertschStzung der von ihm beschützten Künstler zu 


a LEOi-oi 


257 


Pcrsonalnachrichleii. — DeDktuuler. — Sammlangen und Ausstellungen. 


25S 


bekehren, wie er es selbst gewünscht hätte, so hat er doch 
aus manchem verkannten Künstler einen besser gekannten 
und geachteten gemacht. Auch um die Beteiligung des Aus- 
landes an der Berliner Jubiläumsausstellung von 188G hat er 
sich verdient gemacht, und zu seinen bleibenden Verdiensten 
gehört es auch, dass er zuerst die schönsten von den Tana- 
gräischen Terrakotten des Berliner Museums und den an- 
mutigen, aus Wachs gebildeten Mädchenkopf im Museum zu 
Lille^ ein Meisterwerk der italienischen Renaissancebildnerei, 
durch vortreffliche Nachbildungen weiteren Kreisen zugäng- 
lich gemacht. Auch nach seinem Tode wird die Ausstellung 
und Kunsthandlung unter der alten Firma weitergeführt 
werden. Gurlitt war ein Sohn des Landschaftsmalers Louis 
Gurlitt, der im vorigen Jahre seinen 80. Geburtstag gefeiert hat. 

*^* Professor Dr. Ludwig Lnndenschmit, der Direktor des 
römisch-germanischen Gentralmuseums in Mainz, ist daselbst 
am 14. Februar im 84. Lebensjahr gestorben. 

*^* Der erste Direktor des kgl. Kunstgewerbemuseums in 
Berlin, Carl GrunaWj ist am IG. Februar im 70. Lebensjahr 
gestorben. 


PERSONALNACHRICHTEN. 

*^* Zu ordenilicheu Miiglicdati der Akademie der Künste 
in Berlin sind gewählt und vom Minister bestätigt worden: 
der Maler Juljan Falaif der Maler Professor Max Koner, 
der Maler Professor Franx Skarbina, sämtlich in Berlin, der 
Bildhauer Nikolaus Geiger in Wilmersdorf, der Maler Pro- 
fessor Hans von Barieis in München, der Maler Gregor von 
Bochmann in Düsseldorf, der Bildhauer Paui de Vigne in 
Brüssel und der Dom-Baumeister Franx Schmitx in Straßburg 

* August Wifdg, der bekannte Bildhauer, Professor an 
der königl. Akademie der Künste in Düsseldorf, feiert am 
23. März d. J. seinen 7i). Geburtstag. Wittig ist u. a. der 
Schöpfer der schönen Gruppe „Hagar und IsmaeV* in der 
Nationalgalerie zu Berlin. 


DENKMALER. 

*^* Das Komitee für die Errichtung eines Ileincdenkmals 
in Düsseldorf hat am 12. Februar eine Sitzung abgehalten, 
in der u. a beschlossen wurde, gegen die bekannte Ent- 
scheidung der Stadtverordnetenversammlung vom 24. Januar 
Verwahrung einzulegen. Sollte dieser Schritt keinen Erfolg 
haben, so wird, wie man der „Frankfurter Ztg.** schreibt, das 
Komitee der Frage, ob das Denkmal nicht anderwärts, z. B. 
in Frankfurt zu errichten wäre, näher treten. 

*^* Mit der Ausführung des Denkmals für die Kaiserin 
Augusia in Berlin ist Professor Fritx Schapcr von dem Komitee 
beauflragt worden. Di\s Denkmal wird auf dem Platze 
/.wischen dem Palais Kaiser Wilhclm's 1. und dem Opern- 
bause errichtet werden. 

*^,* Das Modell xu dnn Kaiser- Wilhclm^Denkmal für die 
Paria Westfalieaj das im Atelier des Architekten Brtino 
Schmitx in Berlin ausgestellt ist, ist vom Kaiser besichtigt 
und einer eingehenden Kritik unterzogen worden. Nach 
einer Mitteilung der „Vossischen Zeitung'* wurde der Gesamt- 
haltung des Modells beigestimmt, für die Architektur in An- 
betracht des großen Maßstabes aber eine noch weiter gehende 
Vereinfachung der Formen und die Beseitigung dekorativen 
Beiwerks in Vorschlag gebracht. Der Kaiser erinnerte an die 
Trajanswand, an die Nildenkmäler und andere Schöpfungen 
der Alten, denen man in der Einfachheit und Großartigkeit 
nacheifern solle. Der wuchtige Aufbau der Halle, die von 
Türmen und Bastionen umgeben ist und dabei keinem der 


historischen Stile folgt, schien den Beifall des Kaisers zu 
finden, der die Femwirkung des Denkmals und das Zusammen- 
gehen mit der umgebenden Natur als die Hauptsache hin- 
stellte. Die von Prof. Zumbusch in Wien, einem geborenen 
Westfalen, modellirte barhäuptige Kaiserfigur in Reiterstiefeln, 
Panzer und übergeworfenem Hermelin entsprach nicht ganz 
dem Geschmacke des Monarchen, der ine einfachere, histo- 
risch treuere Gestalt in Militärmantel und Helm vorziehen 
wollte, weshalb das endgültige Modell erst noch einmal vor- 
gelegt werden soll. 


SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN. 

Museum in Vieh. Aus einem Briefe des Sekretärs des 
bischöflichen archäologisch-artistischen Museums zu Vieh in 
Katalonien, Herrn Jose Serra y Campdelacren, entnehmen 
wir folgende interessante Notiz: Im Jahre 1890 wurde zu 
Vieh ein von dem dortigen Bischof, Dr. D. Jose Morgades 
y Gili, gegründetes archäologisch-artistisches Museum eröffnet, 
welches, gleich von Anfang an sehr reichhaltig und bedeu- 
tend, an Gegenständen des christlichen Mittelalters in Spa- 
nien nicht seines Gleichen hat, an Tafelgemälden des 9. bis 
12. Jahrhunderts aber nach der Versicherung der Sachver- 
ständigen vielleicht in ganz Europa einzig dasteht („cuyo 
Museo copiosisimo y famoso ya al nacer, en objetos de la 
edad media cristiana no tiene rival en Espana, y por la 
Serie de pinturas en tabla de los siglos IX al XU, segun 
afirman los inteligentes, ni siquiera en Europa**). 

A. R. Aus Berliner Kunstausstellungen. Während de« 
Januars und der ersten Hälfle des Februars haben die vier 
permanenten Kunstausstellungen Berlins neben der Ausstellung 
der Münchener „24" nur wenig geboten, was in der Chronik 
der Kunst unserer Zeit verzeichnet zu werden verdient. Bei 
Amsler und Ruthardt ist einer Sonderausstellung von Aqua- 
rellen des Hamburgers Asean Lutley-oth^ die einen Zeitraum 
von 20 Jahren umfassten, und von Aquarellen der im vorigen 
Jahre verstorbenen Berliner Blumen- und Stilllebenmalerin 
Thercse Laudien eine Ausstellung von Aquarellen, Pastell- 
und anderen Zeichnungen gefolgt, an der ausschließlich 
Damen beteiligt sind. Aus der Menge treten gerade keine 
besonders glänzenden Schöpfungen hervor; aber das technische 
Können steht auf einer so achtungswerten Höhe, dass bei 
der Mehrzahl der Damen von Dilettantismus oder von Be- 
schränkung der Ausdrucksmittel nicht mehr die Rede 
sein kann, dass nicht wenige sogar zu einer staunens- 
werten Virtuosität gediehen sind, die mit allen Raffine- 
ments der modernen Technik mitgeht. Wir heben aus der 
Masse nur die Namen Dora Eitx, Luise Bcgas-Parmeniicr, 
Jeanna Bauek, L, Löwenhrüek-Parmenticry Bertha Schröder^ 
C. Klein (Blumenstücke), Agnes Stamer, Frieda Mensfiausen 
und Helene MühÜhaler hervor. — Bei Schulte stand die Aus- 
stellung nach dem Abschied der „24" zunächst unter dem 
Zeichen der Bildnismalerei. Graf Rarrach war mit dem 
Bildnis eines Geistlichen in schwarzem Gesellschaftsanzug 
vertreten, das alle guten Eigenschaften der Hellmalerei mit 
den Voraügen des Holbeinstils verband. Der Berliner Maler 
Hanns Fechner, einer der begabtesten unter der jüngeren 
Generation, zeigte in den Bildnissen der Professoren Virchow 
und Knaus, des Humoristen Wilhelm Raabe und des natura- 
listischen Stürmers Gerhart Hauptmann eine V^ielseitigkcit 
der malerischen Charakteristik, die von der späteren Ent- 
wickelung des noch jungen Künstlers das Beste erwarten lässt. 
Seine Ausdrucksweise ist selbständig, unbefangen, frei und 
natürlich, ohne natui-alistisch im unangenehmen Sinne zu sein. 
In Martha Kasten stellte sich zum erstenmal in Berlin eine 


259 


Vereine und (iesellachaften. — Vermiechtes. 


260 


ßildnismalerin vor, die ihre große technische Gewandtheit 
in der Pariser Schule gelernt hat Eine gesunde, frische 
Naturanschauung offenbarte sich in einer Reihe landschaft- 
licher und Interieurstudien in Aquarell aus Gastein und Um- 
gebung von Emü Doepler d, j, — Bei Öurliit wurde Mitte 
Januar eine internationale Ausstellung von Aquarellen und 
Pastellzeichnungen eröffnet, an der die Berliner Mctx Lieher- 
mann, F. Skarbina, E, Eerrmannj L, DettmanUy der von 
Karlsruhe nach Berlin übergesiedelte Darsteller orientalischen 
Lebens Ä, von Meekely A, Männchen in Halle und Ä, Lutteroth 
in Hamburg hervorragend beteiligt waren, ohne jedoch einen 
neuen Beitrag zur Kenntnis oder zur höheren Würdigung ihrer 
Kunst zu liefern. 

*^* Zur Beteiligung Deutschlands an der Weltausstellung 
in Chicago. In der Ausstellung des Vereins Berliner Künstler 
ist für einige Zeit die in malerischer Weise dargestellte An- 
sicht des Deutschen Hauses zu sehen, das in Chicago er- 
richtet worden ist, um während der Zeit der dortigen Welt- 
ausstellung zur Unterbringung von Sammelausstellungen und 
fQr die Empfangs-, Arbeits- und Bureauräume für den Reichs- 
kommissar zu dienen. Die Entwürfe zu dem im Stile der 
deutschen Frührenaissance gehaltenen Bauwerke sind von 
dem Regierungsbaumeister Johannes Radke, einem der Archi- 
tekten des Reichskommissariats, gefertigt worden, während 
die Ausführung an Ort und Stelle unter der Leitung des 
Architekten Aug. Fiedler in Chicago erfolgt ist. Die ausge- 
stellte Zeichnung bringt den reich farbigen Eindruck, den das 
deutsche Haus inmitten seiner Umgebung hervorruft, in male- 
rischer Weise zur Wirkung. Die sehr glücklich und harmonisch 
wirkende farbige Ausstattung der Zeichnung wurde von dem 
Architektur maier Wilhelm Herwarth, Lehrer an der königl. 
Hochschule der bildenden Kunst«, ausgeführt. 

VEREINE UND GESELLSCHAFTEN. 

In der Februarsitzung der Berliner hmstgeschichtlichen 
Gesellschaft sprach Herr Dr. P. Jessen über den Stil Louis XVI 
im französischen Kunstgewerbe. Redner legte zunächst den 
Entwickelungsgang dieses Stiles dar, der eine Reaktion gegen 
die zügellosen Formen des Rokoko bildete. Wiederaufnahme 
der strengeren antiken Formen, besonders unter dem Ein- 
fluss der pompeianischen Ausgrabungen, ist das leitende 
Motiv. Litterarisch wird die Bewegung durch Soufflot, Cochin, 
Laugier u. a. seit etwa 1750 vorbereitet. De Neufforge's 
„Recueil elementaire d Wchitecture" vertritt bereits den neuen 
Stil, der allerdings in der Architektur um so leichter Ein- 
gang fand, als das Rokoko sich ja im wesentlichen nur auf 
die Umgestaltung der Innendekoration bezog. Auch hier 
wird strenge, symmetrische Gestaltung jetzt Regel, die Rah- 
menprofile, Muschelformen etc. weichen den antiken Stab- 
und Bandformen, Mäander, Eierstab, Kymation werden reich- 
lich angebracht. Die antiken Architekturformen, die S&ule 
und ihre Teile, die Triglyphen, Friese etc. werden unablässig 
zu den verschiedensten Zwecken benutzt. Im Ornament 
wird ein mageres Akanthusrankenomament herrschend, die 
Grotteske wird wieder belebt, Naturblumen, Guirlanden, 
Blumengewinde beliebt. Letztere dienen dazu, die starren 
(leraden der Architektur zu brechen und zu beleben. Eine 
besondere Vorliebe hat man für antike Embleme, besonder 
für die Sinnbilder der Trauer, der Liebe, der Natur, für 
Urnen, Fackeln, Taubenpaare etc. Eine Fundgrube hierfür 
bietet Delafosse in seiner „Nouvelle iconologie historique ou 
attributs hieroglyphiques". Im Mobiliar herrschen neben den 
fournirten Möbeln (mit Metallbeschlag) die reich geschnitz- 
ten, teils bemalten, teils lackirten Hölzer. Die Stützen, z. B. 


der Tische, werden oft als Säulen, Pfeilerbündel, Lanzen- 
schäfbe etc. gestaltet Die Bronzetechm*k ist glänzend ent- 
wickelt. Besondere Ausbildung wird den Uhren zu teil, die 
teils mit Emblemen, teils figürlich dekorirt werden. Bronze- 
fassungen sind auch für Fayencen und Porzellane sehr be- 
liebt, welch letztere dem Stile entsprechend strenger deko- 
rirt werden. So liefert der Stil Louis XVI auch mannigfache 
Anregung für das moderne Kunstgewerbe. Doch dürfte er 
bei uns keinen ausgedehnteren Einfluss ausüben, da seine 
zarten und eleganten Formen zu wenig dem Geschmacke 
des größeren Publikums entgegenkommen. — Herr Dr. v, FaUce 
berichtete sodann über das neu erschienene Werk von M. 
L. Solon: „The ancient art stoneware of the Low countries 
and Germany, London 1892*'. Es fasst die gesamte 
bisher über „deutsches Steinzeug" publizirte Litteratur zu- 
sammen und schildert auf Grund derselben unter Berück- 
sichtigung aller hierfür wichtigen Sammlungen die Geschichte 
des „deutschen Steinzeuges". Redner gab eine kurze Über- 
sicht dieses Entwickelungsganges , besprach die wichtigsten 
Fabriken in Siegburg, Raeren, Nassau und Kreaßen etc. und 
erörterte zum Schluss die Frage, ob die Marken auf diesen 
Töpferwaren dem Töpfer oder dem ornamentirendcn Künstler 
zuzuschreiben seien. M. srii. 

e. 1. Deutsches archäologisches Institut in Rom, — In 
der Sitzung vom 20. Januar besprach Prof. Lanciani einige 
in verschiedenen Teilen Roms zum Vorschein gekommene 
Bildhauer- und Steinmetz wer kst&tten, in denen sich zahlreiche 
Stücke antiker Skulptur vorfanden. Lanciani erkennt in 
denselben Werkstätten römischer Künstler aus der zweiten 
Hälfte des 12. und der ersten des 13. Jahrhunderts (wie der 
Cosmaten u. a.) und knüpfte hieran einige interessante Be- 
merkungen über das Verhältnis einzelner aus diesen Ateliers 
hervorgegangenen Werke zu den von denselben benutzten 
antiken Vorbildern. — Dr. Hülsen machte Mitteilungen Über 
ein im vorigen Jahre an der Stelle des Palazzo Cafiarelli 
entdecktes Stück von der Cella der Juno im großen 
kapitolinischen Jupitertempel, welches als das einzige bisher 
gefundene Stück der Cella (die anderen bekannten Reste ge- 
hören der Substruktion an) von Interesse ist Femer ver- 
teidigte der Voiiragende auf Grund epigraphischer Zeugnisse 
(Militärdiplome und die neuentdeckten auf die Säkularspiele 
bezüglichen Urkunden) gegenüber der abweichenden Meinung 
Richter' s die ältere Ansicht, wonach um den Jupitertempel 
sich ein ausgedehnter, von zahlreichen Heiligtümern anderer 
Götter eingenommener heiliger Bezirk befunden habe, und 
wies vermutungsweise dem in den genannten Urkunden 
mehrfach erscheinenden Tempel der fides i)opuli Romani die 
Stelle westlich unter der Casa Tarpeia zu. 


VERMISCHTES. 

Über einen vergessenen Amsterdamer (lenremalcr aus 
der Rcmbrandtxcit Pieter van den Bosch machen W. Bode 
und A. Bredius im neuesten Hefte des ,, Jahrbuchs der König- 
lich preußischen Kunstsammlungen'^ einige Mitteilungen, denen 
wir folgendes entnehmen. Aus Urkunden war der Name 
des Künstlers schon seit einigen Jahren bekannt; aber ohne 
nachweisbare Bilder von seiner Hand war der Name ohne 
j Wert. Erst ein unter dem Namen des Pieter van Slingeland 
geführtes Bild in der Berliner Galerie (Nr. 1011) „die Köchin 
beim Putzen" hat einen Anhaltspunkt gegeben, der zu wei- 
teren Ermittelungen Über Werke des Künstlers geföhrt hat. 
Bei einer Untersuchung und Reinigung des Bildes fand Dr. Bode, 
dass die „Buchstaben P. v. S. sich in P. v. Bos verwandelten, 
die letzten Buchstaben freilich nicht mehr ganz deutlich, 


261 


Zeitschrifben. — Inserate. 


262 


weil sie teilweise ausgekratzt waren''. Eine weitere Beglau- 
bigung fand Dr. Bode auf der Rückseite der Holztafel» auf 
der das Bild gemalt ist, in dem mit schwarzer Farbe in 
großen Buchstaben geschriebenen Namen: Pieter van den 
Bosch. Auf Grund dieses Bildes haben Bode und Bredius 
diesem Maler noch einige andere, zumeist als JSlingeland*' 
bezeichnete Bilder zugewiesen; aber nur eines davon, „die 
Witwe", eine alte !Frau in der Bibel lesend, in der Peters- 
burger Eremitage, trägt die Bezeichnung: P. v. Bos. Desto 
häufiger kommt der Name des Künstlers in den holländischen 
Auktionskatalogen des 17. und 18. Jahrhunderts vor. Ver- 
anlassung zu diesen Nachforschungen hat die Schenkung der 
kleinen Einzelfigur einer Spitzenklöpplerin, die Bode gleich- 
falls als ein Werk des P. van den Bos in Anspruch nimmt, 
an die Berliner Galerie gegeben. Die urkundlichen For- 
schungen haben bis jetzt festgestellt, dass der Maler um 1613 
in Amsterdam geboren worden ist und dort noch bis 1660 
gelebt hat. Nach der Charakteristik, die sich aus seinen 
Bildern ziehen lässt, gehörte er zu „der kleinen Zahl von 
Künstlern, die Rembrandt's Empfindungs- und Darstellungs- 
weise aus seinem großen historischen Stil in die Schilderung 
des alltäglichen Lebens übertrugen". 

Mit großem Erfolge wurden in letzter Zeit die syste- 
matischen Ausgrabungen der aÜrömischen Stadt Silchester 
im südlichen England fortgesetzt, und zu den bereits be- 
kannten Resultaten sind nicht minder wichtige hinzugetreten. 
Dicht an der Südostecke des freigelegten Forums, das im 
Centrum der Stadt liegt und durch den Winkel zweier 
zusammenführender Straßen gebildet wird, stieß man auf 
die Fundamente und Mauerreste einer kleinen Basilika, deren 
Plan und Anlage, sowie andere Umstände den sicheren 
Schluss gestatten, dass man es hier mit einer römisch- 
britischen christlichen Kirche zu thun hat. Der Fußboden 
war mit rotem Mosaik bedeckt. Da, wo die Kanzel ge- 
standen haben mochte, befand sich ein besonders schönes 
Mosaik von schwarzen und weißen Quadraten, mit einem 
Rand von roten und grauen Kugeln auf weißem Grund. In 
dem mit roten Backsteinen gepflasterten Atrium befand sich 
eine Fontäne. Alle Anzeichen deuten darauf hin, dass jenes 


Gebäude aus der Mitte des 4. Jahrhunderts stammt und 
somit der bis jetzt älteste Kirchenbau sein dürfte, den man 
in England kennt. Ein ziemlich gut erhaltenes Haus wurde 
vollständig freigelegt und in diesem ein Altar entdeckt, 
der wahrscheinlich der Minerva geweiht war. Man ist zu 
diesem Schluss berechtigt, da man in diesem Hause eine 
Bronzefigur der Minerva, von sehr guter Arbeit, vorfand. 
Die Figur ist ungefähr 8 Zoll hoch, vorzüglich gezeichnet, 
und schöner als alle bisher in England gefundenen Bild- 
nisse dieser Göttin. Diese ist in der gewöhnlichen Stellung 
dargestellt; der Faltenwurf ist geschmackvoll, die Brust mit 
der Ägis bedeckt. Das ganze Werk ist gut durchgeführt, 
vorzüglich erhalten und mit einer schönen Patina über- 
zogen, s 


ZEITSCHRIFTEN. 

Allgemeine Kunstcliroiiik. 1898. Nr. 4. 

Berliner Ennstleben. Von F. H. Meissner. — Ans Camuntam. 
— Atelierschau. Von Cl. Sokal. — Pariser Ateliers. Von Dr. 
A. N o B 8 i g. — Das Renoviren alter Kupferstiche. Von J. K e r m an. 

Bayerisclio Gewerbezeitung. 1893. Nr. 3. 

Die Verordnungen des Fürstbischofs Franz Ludwig zur Hebung 
des Handwerks. Von Dr. F. Leitschnh. (Schluss.) 

Chrisüiclies Kunstblatt. 1898. Nr. 2. 

Altchristliche Lampen aus Athen. Von V. Schultae. --,Die 
bildliche Darstellung des Glaubensbekenntnisses. Von E. W er- 
nicke. — Die Bibel mit Bildern der Heister christlicher Kunst. 
Von Dr. R. Pfleiderer. — Zum heutigen Kirchenbau. — Die 
Kunst- und Altertumsdenkmale im Königreiche Württemberg. 

Mltteilnngen des k. k. SsterreicMschen Museums filr 
Kunst und Industrie. YUI. Heft 2. ^ 

Die Ausstellung mittelalterlichen Hausrats im Osterr. Museum. 
Von J. V. Falke. — Der antike Webstuhl. Von A. Riegl. 

Zeitschrift ftlr ehrlstllclie Kunst. Y. 1892/98. Heft 11. 

Studien zur Geschichte der Aransösischen Plastik. 111. Die An- 
fange der Bildhauerschule von Reims. Von P. Giemen. — Die 
Erzthüren und die Fassade von St. Zeno zu Verona. Von St. 
B eis sei. — Die elektrische Beleuchtung der Kirchen. Von 
A. Schutt t gen. — Entwurf zu Kaselkrenz und Stolen in ein- 
fachster Applikationsstickerei. 

L'Art. Nn 690. 15. Februar 1898. 

Les peintures de H. Ehrmann ä Thötel de ville de Paris. Von 
£. Mol inier. — Soixante-seiziöme exposition de ^The french 
Gallery" ä. Londres. Von A. Raymond. — Ingres & Montauban: 
Le mus6e Ingres. Von J. Mommöja. (Schluss.) — Vandalisme: 
Le palais des Beauz-ArU de Lille. VonP. Leroi. (Fortsetzung.) 


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Abbildungen 


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263 


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264 


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Kunstausstellungen ; das deutsche Haus in Chicago. — Berliner kunstgeschichtliche Gesellschaft ; Deutsches archäologisches Institut 
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schen Stadt Silohester in England. — Zeitschriften. — Inserate. 


Für die Redaktion verantwortlich Ariur Seemann — Druck von Am/usi Pries in Leipzig. 


KUNST€HRONIK 


WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE. 
Ankündigungsblatt des Verbandes der deutschen Kunstgewerbevereine. 

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CARL VON LUTZOW 

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Verlag von E. A. SEEMANN in LEIPZIG, Gartenstr. 15. Berlin: W. H. KÜHL, Jfigerstr. 73. 


Neue Folge. IV. Jahrgang. 


1892/93. 


Nr. 17. 2- März. 


Die KDiiatcfaroDik enoheini da Beiblatt mr ,Ze!Mabrlft fDr bildende Kuoit' und snm .KnnstgewerbebUtt* moDttlleh dreimal. In den 
Sommermonateii Jall bl* Scptembar moDttlloh elniii*!. Dar Jahrgang koatet a Hark Dod oinfMit BS Nummem. Dia Abonnenten der ,Ze[t- 
Bcbrlft IDt blldenda Kunst* erhalten die KaBitabionlli gratis. — FUi ZalchnuDBan, Vannskrlpta etc., die unverlangt eingesandt werden, 
leisten Radaktion und Terlagahandliuig kejna aawlbr. Inaarate, i ta Ff. /Br die drelapaltige Fetitaella, nehman anSer der Varlagaband- 
lang die Annen ceneipedltlooen von Baaaanitein & Vogler, Bad. Hoaea n. i. «. an. 


DIE WINTERAUSSTELLUNG 
IM KÜNSTLERHAUSE ZU BUDAPEST. 
A. L. Die jährlich wiederkehrenden Ausstella 
gen in Budapest 
nehmen an Umfang 
und Interesse Jahr 
für Jahr zu und 
sind zurZeit der Er- 
öffnung von größ- 
ter Anziehungs- 
kraft Das vor- 
nehme, dem Kriti- 
siren stark zunei- 
gende, wie das 
schaulustige Publi- 
kum trgreift passi- 
onirt die Gelegen- 
heit, in den Jahr 
um Jahr zur Schau r. 
gestellten Schöp- /i 
fungen die kOnst- 'J 
lerische Entwickel- i^ 
ung und Leistungs- ;; 
fähigkeit der wett- ~. 

bewerbenden 
Künstler zu ver- 
gleichen und die 
nach Ruhm und 
Namen erst ringenden kennen zu lernen. 

Die heurige Ausstellung wurde so reich be- 
schickt, daas infolge der Unzulänglichkeit der zur 
Verfügung stehenden ßäume nahezu dreihnudert 


n Ratheuiip in Planen-Dre!' 


Werke abgelehnt werden muesten. Es konstituirte 
sich auch ein .Salon des refus^s", der dieser Tage 
zur Eröffnung gelangen wird. 527 Nummem jedoch 
— die höchste bisher verzeichnete Ziffer (wenige 
Aquarelle, Bronzen 
und nur einige Mar- 
morstatuen mit^e> 
rechnet) — sind zur 
Aufnahme gelangt. 
Darunter domini- 
ren 142 Ungarn mit 
335 Werken; die 
Übrigen verteilen 
sich auf 45 Deut- 
sche mit 71, 34 Ita- 
liener mit 61, 11 
Österreicher mit21 , 
6 Spanier mit 1 1 
Werken, nebst eini- 
gen wenigen Bel- 
giern, Franzosen, 

Norwegern und 
einem Amerikaner. 
Was die Be- 
teiligung und Ver- 
— tretung der aus- 

ländischen Ktinst- 
,(t a. 1er an der Aus- 

stellung betrifft, so 
kann dieselbe schon der mangelhaften Raumverhält- 
nisse wegen nicht der Absicht entsprechend geraten, 
ein Bild des Niveau's europäischer Kunstleistung zu 
.sein — eine Aufgabe internationaler Ausstellungen 


267 


Deutsche Banbonkarrenzen. 


— sondern sie ist eine zuiallige, aber genügend vor- 
züglicbe Repräsentanz, die sieb aus Ausstellern zu- 
sammensetzt, die sich hier Medaillen, Preise oder Käufer 
holten und stets mit Werken gerne wiederzukehren 
pflegen, wie denn auch diesmal die hier bestens be- 
kannten und atets gern gesehenen Meister Verstraete, 
Jan Verhae, Leon Abrt/, Walter Mrk, Joh. Normann, 
hudw. Munthe, Paul Peel, Jose Vilkgas, Bwnpiani und 
Lancerotto sich wieder einstellten. Neu bekannt 
werden wir mit Jos6 Gamelo's verhindertem Duell, 
dem an Umfang größten Bilde der Ausstellung, 
und mit Arlur Ferrari-^, der eine bunte Straßensceue 
aus Kairo und ein vornehmes Frauenbildnis von 
elfenbeinerner Glätte und akademischer Eleganz aus 
Paris einsandte. Von den Pastellbildern sind die 
von ÄMwf Alois Sebram, von den Aquarellen die von 
Joai Viliega.1 in erster Linie 
zu nenueu. 

Auf die einheimischen 
Künstler Qbei^ehend, ist zu- 
nächst zu bemerken, dass man- 
ches Vorzügliche und viel Gutes 
da ist, dass aber in der stark 
zimehmenden KQnstlerzahl und 
in der gesteigerten quantita- 
tiven Produktion wenig Be- 
deutendes, Neues, Packendes, 
Originelles, ja nicht einmal -^ 

Sensationelles aufiallt. Es be- 
quemen sich alle in bekannten 
Richtungen und Genres, stellen 
hQbsche Bilder aus, die dem 
Pubhkum gefallen, die aber von 
keiner Eigenart, keinem Ringen 
und Kämpfen Zeugenschaft geben — und die Aus- 
stellungsräume, die eigentlich für ernsthafte und ge- 
diegene Bilder der berufene Kampfplatz wären, 
bergen gefallige Bilder, der friedlichsten Betrachtung 
gewärtig. In einer anderen Hinsicht aber ist die 
Ausstellung bemerkenswert, und hierin finde ich 
ihren eigentlichen Wert: es manifestirt sich da eine 
lebendige Beziehung zwischen Kunst und Leben so 
augenfällig und so unmittelbar, dass dies ihren 
ganzen Charakter bestimmt. Und diese Wechsel- 
beziehung ist Grundlage fHi das Aufkommen einer 
nationalen Kunst. Dass diese sich nngestflm Bahn 
bricht, dafür bfli^ schon eine Schar von Maler- 
kräften, die in diesem Sinne bereits in unserer 
primären Generation sich selbst geschaffen hat. Dass 
sie ohne Tradition entstehen konnte, ist ihr ur- 
eigenstes Verdienst. 


OnindiiHa der Kirche 


Vom Allgemeinen zum Einzelnen Obei^ehend, 
ist zu erwähnen, dass die Malerei des grollen Stils, 
die der Stütze des Staates und der Kirche bedarf 
— wegen Maugels solcher — auch fast gänzlich 
fehlt Ein historisches Bild von Jendressik und eine 
Pietä von Baüo sind alles in allem, was diese 
Richtung vertritt. Das Porträt, die Landschaft 
lind das Genrebild par excellence in seinen vielen 
Formen, Arten und Abarten dominiren und ver- 
drängen alles andere. Von Munkdcsy ist eine ganz 
kleine Skizze, von Bencsür ein Frauen- und ein 
Männerporträt, von Liezenmayer ein Genrebildchen 
da. Vastagk ist schwächer vertreten als sonst Pallik 
ist der ständige und beste Repräsentant des Tier- 
stUcks; Spdnifi Meslerhazi/ und Mannheimer sind die- 
jenigen der Landschaft. Bihari, Packa, Tioskoviie, Böhm, 
SkuUxky, Badit%, HoUosy, Pa- 
taky, Peske, Herd, Vägo, Mar- 
gitay, Eisenhut, Bosch und noch 
viele andere nebst der ganzen 
Benc»Hr^hule sind die besseren 
Vertreter der von uns gekenn- 
zeichneten nationalen Kunst- 
richtung. Ballo, Vajda, Neo- 
grady, Halmi und Pc^ sind im 
Aufsteigen begriffen. EÜnem 
zahlreichen Nachwuchs , — 
mehr als ein Dutzend neuer 
Namen begegnen uns — ist 
dies noch, vorbehalten. Er 
macht sich durch starke In- 
anspruchnahme von Baum und 
ip. 1171, (Emporen.) ^^''''^ bemerkbar. Isfs darum, 

dass ältere bekannte Ueister 
fehlen? Von Ziehy, Wagtier, Lolx u. m. a. finden 
wir keinen Pinselstrich; auch der stete mit vor- 
nehmen Porträtbildern reich vertretene Horotmtz fehlt 
diesmal ganz. 

Von den Marmorstatuen gebahrt derjenigen von 
Slrobl, die den Grafen Jul. Kärolyi darstellt, die 
Palme. Sie ist ein Meisterwerk der Porträtkuost 
Budapest Anfang Dezember 1892. 


DEUTSCHE BAUKONKURRENZEN. 

Das verdienstliche Unternehmen der Professoren 
A. Nmmeistfr und E. Iläberle^j, die bei den Wett- 
bewerbungen deutscher Architekten versinnlichten 
Baugedanken in handlichen Heften zu fixiren, hat 
wie zu erwarten war, lebhaften Beifall und rege 


1) Deutsche Konkurrenzen. Leipzig. G. A. 


n Gontard. 


270 


Förderung von allen Seiten gefunden. Seit dem i 
Mai des vorigen Jabres sind sieben Hefte er- 
scbienen, die den veracbiedeuartigsten Inhalt zeigen i 
und von der Vielseitigkeit des Unternehmens Zeugnis 
ablegen. Die Verlags bachbandlung beabsichtigt, wie 
es in einem soeben erschienenen Prospekt heißt, ein 
periodisches .Unternehmen daraus zu machen, das , 
soweit thunlich in 12 Hefteo im Jahre erscheinen | 
soll. Der Konkurrenz um das Rathaus in Pforz- , 
heim sind seither Wettbewerbungen um folgende ' 
Bauten erfolgt: Itathaua in PUuen bei Dresden, , 
Museum in Flensburg, Kirchen - in SL Johann und | 
Breslau (Heft 4) und in Aachen (Heft 6), Villen in i 
Halle (Heft 5) und Bahnhofsgebäude iu Dresden. 
Das letzlf^enannte iet in Doppelformat erschienen und 
mit Heft 7 — 9 bezeichnet In Vorbereitung belinden ' 
sich noch: Beamten -Wohnhäuser fUr Stuttgart, | 
Bibliothek in Bremen, Kir- 
che in Pforzheim , Ge- 
schäftshaus in Dresden. 

Im Anfang schien es, 
als wenn das gewählte 
Kleinoktavformat , das zu 
starker Verkleinerung der 
Zeichnungen nCtigte, hier 
und da nicht auereichen 
könnte. Auf diese Schwie- 
rigkeit sind die Heraus- 
geber besonders bei der 
Bahnhofskonkurrenz ge- 
stoßen. Es war unmöglich, 
bei der großen Bauflache 
and den entsprechend umfangreichen Zeichnun- 
gen eine so starke Verkleinerung zu geben, dass 
die Abbildungen in das Oktavheft gepasst hätten. 
Die Deutlichkeit wQrde so empfindliche Einbuße 
gelitten haben, dass das Heft allen Wert verloren 
haben würde. Der Ausweg, das Format zu ver^ 
doppeln und ein kleines Querfolio daraus zu machen, 
ist nur zu billigen, zumal solche Ausnahmen sich 
selten zeigen werden. Für die Übrigen Hefte genfigt 
das praktische kleine Format völlig, und wie scharf 
und klar die Grundrisse, Aufrisse und Perspektiven 
erscheinen, davon mi%en die beigedruckten Proben 
Belege geben. FOr den geschulten Architekten sind 
diese Skizzen vollständig ausreichend, ein Bild zu 
geben von den leitenden Gesichtspunkten, die bei 
den Entwürfen maligebend waren. Mit jedem neuen 
Hefte wird die anSerordentliche Zweckmäßigkeit 
des Unternehmens deuUieher. Eine Fülle von An- 
regungen strömt von den Blättern aus und die 


Verschiedenheit der Entwtbfe fordert die Kritik 
des Betrachters geradezu heraus. Insofern sie zur 
Vergleichung anregen, bilden diese Hefte als Samm- 
lung von Musterbeispielen ein Lehrmittel ersten 
Banges für angehende Architekten. Dies um so 
mehr, als diese Lehrmittel nicht auf die pedantische 
Methode eines einzelnen zurückgehen und nicht 
nach einer Schablone beigestellt sind, sondern dem 
besten Lehrmeister, den es je gab, dem Leben selbst 
ihr Dasein verdanken. Der niedrige Preis (bei Sub- 
skription Mk. 1.20 das Heft) macht es auch minder 
Bemittelten zugänglich; beim Einzelbezug ist der 
Preis eines Heftes um die Hälfte erhöht (Mk. 1.80). 
Um von der Reichhaltigkeit der Hefte eine Vor- 
stellung zu geben, erwähnen wir, dass in Heft 2 sieben 
EntwUirfe in 19 Grundrissen und !0 Ansichten 
(Fassaden und Perspektiven) dargestellt sind, in Heft 3 
(Museum iu Flensburg) 
22 Entwürfe, in Heft 4 
(Kirchen) 24 Entwürfe, in 
Heft 5 (Villa Kuhnt in 
HaUe)21 Entwürfe, inHefte 
(Kirche in Aachen) 8 Ent- 
würfe, in Heft -7—9 (Em- 
pfangsgebäude des Haupt- 
bahnhofes in Dresden) 10 
Entwürfe wiedei^egeben 
wurden. J 


OrandriBi der Kircha Sp, ni, (Scbiff.) 


KARL VON GONTARD. ') 
Herr Architekt Wtäle hat es versucht, einem viel- 
beschäftigten Künstler Friedrich'» des Großen durch 
Schaffung eines ausführlicheren Lebensbildes Ge- 
rechtigkeit in Beurteilung seiner Thätigkeit wider- 
fahren zu lassen. Wir sind Überzeugt, dass der 
Autor seinen Zweck vollkommen erreicht hat und 
dass sein Klient in Zukunft auch Über seine engere 
Heimat hinaus die Beachtung der kunstgeschicht- 
lichen Forschung finden wird, die er tbatsächlich 
verdient. 

Die Gontards stammen aus der Dauphine, von 
wo sie gegen Ende des XVII. Jahrhunderts ausge- 


1) Leben und Wirken Karl ». Oontant's. Zum 100, Todes- 
tage am 23. September 1891. Nach neueren üntenuchungen 
und vielen bielier nicht beButiten Quellen im Zusammenhang 
dargestellt von Feier Wa!le. Mit Gontard'a Portrftt und drei 
Abbildungen. Berlin 1891, Verlag »on Wilheim Ernat & Sohn 
(vormals Kmsl. & Korn), kl. 4". 38 Seiter. 


271 


Karl t 


1 Gontud. 


272 


wandert Bein durften. Es existiren mehrere Linien; 
einer derselben, der Mannheimer, entstammt nnser 
Künatler, der am 13. Januar 1731 geboren ward und | 
frtkhzeitig mit Beinern Vater nach Bayreuth kam, wo j 
letzterer in kurfDrstlichem Dienste eine Ähnliche : 
Stellung bekleidete wie später der Sohn. Hier kam 
dieser in jungen Jahren in Berührung mit Alessandro 
und Carlo Öalli-Bibiena. Seine eigentlichen Lehrer 
aber waren Joseph Saint Pierre (fälschlich Sempier) 
und der Hofbauinapektor Uudolph Heim-ich Richter. 


Holland und kehrte nach einer circa zweijährigen 
Stodieufahrt nach Bayreuth zurfick, wo er von 1753 
an wahrscheinlich an der inneren Ausstattung des 
während seiner Abwesenheit fertiggestellten neuen 
Schlosses gearbeitet haben dürfte. Bald darauf, 1754, 
genosfl er die Gnade, vom Markgrafen Friedrich and 
seiner Gemahlin Wilhelmine, der Lieblingsachwester 
Friedrich's des Großen, auf eine Reise nach Frank- 
reich und Italien mitgenommen zu werden. Als ein 
charakteristisches Pröbchen des „aufgeklärten Des- 


bBrlottenburg. DsuWche Konkurreuzeii 


1 750 ging Gontard als Stipendist nach Paris, wo er 
bei Jaqites Franfois Blondel arbeitete, dem etwas be- 
rfichttgten Restaurator der Metzer Kathedrale, der 
einen hohen Ruf als technischer Schriftsteller genoss. 
Gleichwohl hat Gontard nicht viel von diesem 
Lehrer angenommen und der Schlu^s, ihn als fran- 
zösischen Meister zu bezeichnen, ist neben der Ver- 
lockung durch seinen fränkischen Namen auf die voll- 
ständige Unkenntnis der wahren Verhältnisse zurUck- 
zafKhren, in diePeter Walle endlich Licht gebracht hat. 
Während der Pariser Studien bereiste Gontard auch 


potismus" diene die Erwähnung des Umstände?, dass 
die Mittel zu dieser mit einem Gefolge von fünfzig 
Personen angetretenen außerordentlichen Eleise durch 
eine K(/pfstener beschaßl wurden. Wie einfach! 
Unter den Eindrücken dieser Reise rief der Markgraf, 
kaum zurückgekehrt, 1756 eine Akademie der KUnste 
in Bayreuth ins Leben, die leider unter seinem Nach- 
folger 17t>4 einging, was Gontard, der als Lehrer an 
dieser Anstalt gewirkt hatte, veranlasste, einem Rufe 
nach Berlin, an den Hof Friedrich's des Großen, 
Folge zu leisten. Doch war er nicht der einzige in 


273 


Karl von Gontard. — Bücherschau. 


274 


die Mark berufene Bayreuther. Friedrich zog 
Kiinstler aller Art heran, um dem nach dem Hu- 
bertsburger Frieden ermüdeten Europa zu zeigen, 
wie lebensfroh und kräftig das kleine Preußen sei; 
er wQsste, wenn es auch oft schwer ging, immer 
wieder die Mittel aufzutreiben, so oft es galt, Glanz 
zu entwickeln. Architekten, Bildhauer, Maler, Ver- 
golder und Eabinettstischler, im Ganzen 235 fremde 
„Ouvriers", kamen — größtenteils aus Bayreuth — 
zum großen Verdruss der in Potsdam und Berlin 
heimischen Kunstkräfte, die diese Zeit ärgerlich die 
„Bayreuther** nannten. 

Unser Karl von Gontard entwickelt, als Ingenieur- 
Hauptmann 1764 mit der Aufsicht über den Bauhof 
betraut^ eine außerordentliche Thätigkeit u. zw. in 
Potsdam und Berlin. Er arbeitet neben dem selb- 
ständigen Bau zahlreicher Wohnhäuser mit am 
„Neuen Fcdais^^ in Potsdam, entwirft den Plan und 
beginnt den Bau der Communs und der Colonnaden, 
baut 1768 die Haupttreppe im „Neuen Palais'', den 
„Aniiketir^^ und yFreundschaftstemiyel" , die Waehlhäusei' 
beim genannten Palais, das königl. Salxtnagaxin, das 
Drachenhaus bei Sanssouci, 1771 — 77 das MUitär- 
waisenhaus u. v. a., 1777 in Potsdam das NoaJcschc 
Haus, das durch seinen würdigen, warmen Klasai- 
xisnius außerordentlich anheimelt. Im selben Jahre 
baut er die Spittclhrüeke und die Spiitelcolonnaden, im 
folgenden die Königsbrücke und die Köjiigscolonnadcn^ 
1780 entwirft und beginnt er den Bau der Gens- 
darmentürmej und führt das Tr&ppenhatis der königl. 
Bibliotliek aus. 1786 entwirft er das Oranienburger Thor, 

Dies Gontard's Thätigkeit unter Friedrich IL, 
der ihn Überdies auch gelegentlich aus Misstrauen 
in seine Amtsthätigkeit sechs Wochen in seinem 
eigenen Hause in Arrest sitzen ließ, ein beliebtes 
Mittelchen des Königs« um störrige Künstler zur Raison 
zu bringen. Nicht Friedrich IL, sondern Joseph IL 
hat Gontard, dessen Vorfahren des Adels verlustig 
geworden waren, denselben wieder verliehen. Die 
Dankbarkeit und Anerkennung des großen Königs 
scheint — wenigstens unserm Künstler gegenüber — 
keine sehr intensive gewesen zu sein, denn, nachdem 
er schon zweiundzwanzig Jahre in seinem Dienste 
gestanden, war er noch immer Hauptmann, erst 
Friedrich Wilhelm II. ernannte ihn zum Major. 
Friedrich pflegte die Künstler schlechter als gemeine 
Soldaten zu behandeln und war aufdringlich mit seinen 
Plänen und Ideen, die er roh und skizzenhaft bis 
zur Unverständlichkeit aufs Papier warf; wenn sich 
dann niemand in den Hieroglyphen zurechtfand, war 
er ungehalten und ungerecht hart Walle giebt eine 


solche Zeichnung Friedrich's II. für das Stadtschloss 
in Potsdam (1747), die architektonisch ganz wert- 
los ist. 

1786 arbeitet Gontard den Entwurf fbr die 
Paradeaufstellung und Beisetzung Friedrich's IL, plant 
und beginnt 1787 dasManuarpalais in Potsdam, an dem 
er bis 1789 fortbaut, um es dann von andern weiter- 
führen zu lassen; überdies richtet er 1787 mehrere 
Räume in den Königskammern in Berlin ein. Von 
1788—91 entfaltet er auch noch seine Lehrthätigkeil 
an der Akademie, der freien Künste, Am 23. Sep- 
tember 1791 stirbt er auf einer Badereise nach 
Schlesien fem der Heimat in Breslau, Sein Geschlecht 
blüht noch heute. 

Interessant und bezeichnend für seinen Charakter 
ist die stille, bescheidene, sich nirgends vordrängende 
Größe, die überall Bedeutendes leistet und segensreich 
wirkt. Außer seinen hinterlassenen Werken spricht 
beredt für ihn eine große Anzahl tüchtiger Schüler 
noch aus seiner Bayreuther Zeit, unter denen be- 
sonders die in Berlin wirkenden Unger und Richter 
zu nennen sind. 

Wir können die klar und exakt geschriebene 
Schrift Walle's nur aufs wärmste empfehlen und sind 
überzeugt, dass sie des Dankes der kunstgeschicht- 
lichen Forschung, für die sie in gewissem Sinne ein 

Quellenwerk genannt werden kann, sicher sein darf. 

BK, 

BÜCHERSCHAU. 

Die Fannerträger der dreiiehn alten Orte nach 
den Kolnclmitten TSvu Grafs von Dr. B. Haendckc, 
Mit 16 Lichtdrucktafeln. Aarau, 1893. 
Dieses Werk ist eine Separatausgabe aus der von der 
mittelschweizerischen geographisch -kommerziellen Gesell- 
schaft hei ausgegebenen „Völkerschau". Ks ist in jeder Be- 
ziehung zu loben, sowohl was die treffliche Ausstattung als 
auch was den eingehenden Text anbelangt. In letzterem 
kommt Haendcke zuerst auf das Leben seines Helden zu 
sprechen. Urs Graf ist um 1485 zu Solothurn geboren; er 
dürfte sich frühzeitig nach Straßburg begeben haben, da der 
dortige Verleger Knoblauch sonst kaum schon 1503 Jugend- 
arbeiten des Künstlers verlegt hätte. Im Jahre 1507 stand 
Urs bei dem Goldschmied Leonhard Tüblin zu Zürich in 
Arbeit. Da bereits 1509 in Baseler Druckwerken Holzschnitte 
nach ihm erscheinen, so wird er schon damals diesen Ort 
bewohnt haben. Zwei Jahre später kaufte er sich in die 
Goldschmiedezunft zu Bojsel ein. Die Rheinstadt blieb nun 
sein ständiger Aufenthalt » wenn der lockere, wilde Geselle 
nicht, was öfter vorkam, als Reisläufer in den Krieg zog. 
Im. Jahre 1518 wurde er Mitglied der Schmiedezunft zu Solo- 
thurn, ohne übrigens dorthin überzusiedeln. Er starb vor 
dem März 1530 zu Basel. — Grafs Thätigkeit als Goldschmied 
ist heutzutage nur mangelhaft zu verfolgen, viel mehr da- 
gegen ist er durch seine Kupferstiche, Zeichnungen und Holz- 
schnitte zu würdigen. Der Verfasser weist darauf hin, dass 
wir von Graf die erste datirte Radirung besitzen. Es ist 


275 


Nekrologe. — Personalnachrichten. — Konkurrenzen. — Sammlungen und Ausstellungen. 


276 


richtig: das Blättchen mit dem ihr Bein waschenden Mäd- 
chen ist eine veritable Eisenradirung und sowohl das Mono- 
gramm als auch die Jahreszahl 1513 erscheinen reinlich und 
zweifelsohne. Dürer, den man sonst als den ersten bezeich- 
nete, der die frühest datirtan Radirungen geliefert, steht um 
zwei Jahre zurück. Plötzlich aber stößt uns der Verfasser 
wieder in die Ungewissheit. Er sagt nämlich, das Mono- 
gramm in dieser Form mit dem Dolch komme nicht vor 
1519 (Nagler erwähnt übrigens das Dolch monogramm als 
schon auf einer Zeichnung von 1518 befindlich, was aller- 
dings wenig verschlägt) vor und schließt daraus, Graf habe 
1513 zu radiren versucht, habe aber die Platte liegen gelassen 
und erst etwa 1519 beendigt. Die Möglichkeit dieser An- 
nahme lässt sich nicht leugnen, doch sträubt man sich 
immerhin gegen die Vorstellung, der Künstler habe das Blätt- 
chen nicht auf einen Sitz fertig gemacht und zuerst die 
Jahreszahl, dann sechs Jahre später das Monogramm bei- 
gefügt. Es kann ja auch sein, dass Graf die Radirung vor- 
datirt hat, um den Dürer'schen Blättern voranzustehen. 
Freilich gilt dies nur, wenn die Möglichkeit ganz abge- 
schnitten sein sollte, dass Graf die Ätzung 1513 gemacht 
habe. Ich bin hier nicht in der Lage, diese interessante 
Frage zu erledigen. Die „Pannerträger** entstanden 1521 
und bilden 16 schwarz auf weiß gedruckte Holzschnitte. In 
Basel befinden sich die Entwürfe dazu, 10 Zeichnungen in 
Silberstift, von denen Haendcke gleichfalls Facsimiles giebt 

WILH. SCHMIDT. 

Dm fonun Bomanun. Rekonstruktion nach Angaben 
und mit Erläuterungen von Ch, Hülsen. 
Das unter vorstehendem Titel vor kurzem in der Spit- 
höver'schen Buchhandlung in Rom erschienene Heftchen 
(Preis 2V2 Francs) enthält zwei nach Hülsen^s Angaben von 
F. 0. Schuhe und dem Wiener Architekten V, Rauscher ge- 
zeichnete Wiederherstellungen des forum Romanum, die eine 
von einem Punkt vor der Freitreppe des Castortempels, die 
andere von der Nordecke der Rostra aus gesehen, und im 
Anschlüsse daran einige kurz gefasste Angaben über Be- 
stimmung und Geschichte der einzelnen Anlagen, sowie 
drei Planskizzen, welche das forum Romanum in der Re- 
publik, der Kaiserzeit und in seinem jetzigen Zustande ver- 
gegenwärtigen. Dem Bestreben, aus den erhaltenen Trümmern 
ein Bild des einstigen Ganzen " zusammenzufügen, wird 
durch die genannten, zeichnerisch wohlgelungenen Re- 
konstruktionen in einer die Phantasie in wissenschaftlich 
gesicherte Bahnen leitenden Weise entgegengekommen. Der 
Gedanke ist trefflich und verdiente auch auf die anderen 
Ruinenkomplexe des alten Roms Anwendung. Vielleicht 
darf man eine in gleicher Weise von Hülsen im Vereine mit 
Rauscher entworfene Wiederherstellung eines Teiles des 
Palatins, welche dem Vortrag des ersteren in der Er- 
öffnungssitzung des archäologischen Instituts zu Grunde lag, 
als die Ankündigung einer solchen Fortsetzung ansehen, e. 1. 

NEKROLOGE. 

*^* Der schottische Qesehichts- und QenremoUer John 
Pettie ist am 21. Februar in Hajatings im 54. Lebensjahre 
gestorben. Eines seiner Hauptwerke, „Eduard VI. vor der 
Unterzeichnung des ersten Todesurteils", ist mit der Schwabe- 
schen Sammlung in die Hamburger Kunsthalle gekommen. 
Eine Abbildung brachte die „Zeitschrift für bildende Kunst*' 
im XXIV. Jahrgang, S. 6. 

*^* Der Genre- und Porirälmaler Heinrich Schlesinger 
ist am 21. Februar in Neuilly bei Paris im 80. Lebensjahre 
gestorben. Er war aus Frankfurt gebürtig, hatte sich zuerst 


auf der Wiener Akademie gebildet und ging dann nach 
Paris, wo er sich dauernd niederließ. Seine größten Erfolge 
erzielte er in den sechziger Jahren durch seine elegant ge- 
malten Mädchen- und Frauengestalten, durch Genrebilder 
und durch Allegorieen, von denen die „fünf Sinne'* am 
meisten bekannt geworden sind. 

*,* Der Bildhauer August Wittig, Professor der Bild- 
hauerkunst an der Kunstakademie zu Düsseldorf, ist daselbst 
am 20. Februar im 67. Lebensjahre gestorben. Aus Meißen 
gebürtig, wurde er 1843 Schüler RietechePs in Dresden. 184Ü 
ging er mit einem Stipendium der sächsischen Regierung 
nach München und von da nach Rom, wo er 1852 die 
Gruppe Hagar und Ismael begann, die ihm seinen ersten 
großen Erfolg eintrug und auch das Hauptwerk seines Lebens 
geblieben isi Die Ausführung in Gips, die den besonderen 
Beifall von Cornelius fand, der nächst Rietschel den größten 
Kinfluss auf Wittig geQbt hat, befindet sich im Museum zu 
Leipzig, die Ausfuhrung in Marmor (1871 vollendet) in der 
Berliner Nationalgalerie, die auch eine Kolossalbüste des 
Cornelius in vergoldeter Bronze von ihm besitzt. Seit 1864 
war er Lehrer der Bildhauerkunst an der Düsseldorfer Aka- 
demie. Für Düsseldorf schuf er die kolossale Bronzebüste 
W. V. Schadow*B. In den letzten fünfzehn Jahren trat sein 
künstlerisches Schaffen fast völlig hinter seiner Lehrthätig- 
keit zurück. Von seinen früheren Schöpfungen sind noch 
der Raub des Hylas, Siegfried's Abschied von Krimhilde, eine 
Charitas, eine Lurlei und das Relief einer Grablegung 
Christi für die Kirche in Dönhofstädt in Ostpreußen hervor- 
zuheben. 


PERSONALNACHRICHTEN. 

\* Der Privatdoxent an der technischen Hochschule in 
Charlottenburg-Berlin, Dr. Cornelius Chirlitt, ist zum aufier- 
ordentlichen Professor mit dem Lehrauftrage für Stillehre 
der technischen und tektonischen Künste, sowie für Formen- 
lehre und Geschichte der Baukunst des Mittelalters an der 
Technischen Hochschule in Dresden ernannt worden. 


KONKURRENZEN. 

*^* In der Konkurrenx um den Bau des Märkischen 
Proinnxialmuseums in Berlin y zu der 76 Entwürfe einge- 
gangen waren, hat das Preisgericht, das aus den Herren 
Oberbaudirektor v. Siebers aus München, Geh. Oberbaurat 
Adler, Baurat Schmieden, Oberbandirektor Spieker, Baorat 
Hossfeldt und Stadtrat Friedel aus Berlin bestand, folgendes 
Urteil abgegeben. Der erste Preis von 4000 M. wurde dem 
Entwürfe mit dem Motto «Joachim Hektor*" (Verfasser Reg.- 
Baumeister Wilhelm Möller in Berlin), der zweite Preis von 
2500 M. dem Entwürfe mit dem Motto „Roland** (Verfasser 
Regiernngs- und Baurat Eggert in Wiesbaden) und der dritte 
Preis von 1500 M. dem Entwürfe mit dem Motto , Branden- 
burgs Adler" (Verfasser Zaar und Vahl in Berlin) zuge- 
sprochen. Zum Ankauf empfohlen wurden die Entwürfe 
Nr. 48 (Motto „Märkisch"), Nr. 51 (Motto „Auf märkischer 
Erde aus märkischer Erde") und Nr. 67 (Motto „1640"). 
Welcher von den preisgekrönten Entwürfen zur Ausführung 
gelangen wird, hängt von der Entscheidung der städtischen 
Behörden ab. 


SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN. 

*^* Für die Berliner Nationalgalerie sind, wie die 
„Nordd. Allg. Ztg.^' mitteilt, dank kaiserlicher Munificenz 
hundert Studien in Blei, Kreide und Rotstift, die Professor 
Oeselschap für seine Gemälde in der Kuppelhalle des Ber- 


277 


Vermischtes. — Zeitschriften. 


278 


liner Zeughauses angefertigt hat, erworben worden. Mehrere 
Kartons zu diesen monumentalen Gemälden hat der belgische 
Staat angekauft. 

IVag. Vom 15. April bis 15. Juni d. J. findet die 54. 
Jahresausstellung des Kunstvereins f&r Böhmen im Kfinstler- 
bause ,,Rudolfinum" statt. Die Ausstellung soll Werke der 
Malerei, der Skulptur und des Kunstdruckes umfassen. Auf 
der letzten Ausstellung wurden im ganzen 91 Kunstwerke 
fftr den Betrag von ca. 40000 M. verkauft. Für die Ver- 
losung werden auch in diesem Jahre Kunstwerke angekauft 
werden; überdies wird die Galerie durch Ankäufe von Werken 
lebender Meister ständig vermehrt. 

*^* Die akademische KunsUxusstellung in Berlin soll am 
14. Mai eröffnet werden und wird bis zum 30. Juli dauern. 
Zum Vorsitzenden der Ausstellungskommission ist Prof. Carl 
Becker j zum Schriftführer Prof. Hans Meyer gewählt worden. 
Die Delegirten der Düsseldorfer Künstlerschaft sind Prof. 
E. Hunten, Prof. Fritz Roeber und Maler Ernst Bosch. 

VERMISCHTES. 

Eine neite Erklärung der RaffaeVschen Fresken in 
der Stoma della Segnatura im Vatikan hat Franx Wick- 
hoff in einem Aufsatze begründet, den das neueste Heft des 
«Jahrbuchs der Königlich preußischen Kunstsammlungen'' 
veröffentlicht. Aus einer Reihe von Zeugnissen, die er geschickt 
in Verbindung bringt, hat er die Überzeugung gewonnen, 
dass dieser Raum zur Aufnahme der Privatbibliothek des 
Papstes Julius IL bestimmt und dass darauf der Inhalt der 
malerischen Ausschmückung berechnet war, die nichts an- 
deres sei als die Illustrirung eines Bücberkataloges. Man 
dürfe dabei freilich nicht an eine Bibliothek im modernen 
Sinne denken; denn „die Bücher wurden damals nicht in 
Wandschränken, sondern in freistehenden Pulten aufbewahrt." 
Nur als Schmuck einer Bibliothek würden die Malereien ver- 
ständlich. „Bücher haben die allegorischen Figuren in Hän- 
den^ die oben auf den Thronen sitzen, nur der Justitia lassen 
Schwert und Wage die Hände nicht frei; die Evangelien, 
die ehrwürdigsten Bücher für die Christen, werden von 
Engeln zu den Gläubigen hinabgetragen; Bücher schreiben 
und lesen jene vier um das Sakrament versammelten heiligen 
Väter, Bücher liegen verstreut am Boden, und Heilige wie 
Laien in der Gemeinde sind durch ihren Besitz ausgezeich- 
net; Rollen und Schriften halten jene, die sich der geheim- 
nisvollen Gegenwart der Musen erfreuen; Bücher und Tafeln 
in allen Händen auf der Schule von Athen; Konzipiren, 
Schreiben, Lesen, Erklären der Schriften in allen Winkeln, 
so dass sich kaum eine Beziehung zu den Schriftwerken er- 
denken ließe, die hier nicht ihren sinnlichen Ausdruck ge- 
funden hätte. Selbst jene zwei höchsten Philosophen sind 
nur durch ihre zwei berühmtesten Bücher bezeichnet; ein 
Buch fasst der Papst mit den Gesetzen der Kirche, und 
Justinian sitzt dort, ein Buch, sein berühmtes Corpus vor 
sich. Auf den Grisailles unter dem Parnass werden auf 
einer Seite Bücher in einem Marmorsarkophage gefunden, 
auf der anderen Seite Bücher verbrannt. Es giebt kein 
zweites Werk der bildenden Künste, in dem Bücfier eine so 
große Rolle spielen, in dem alles von Büchern ausgeht, alles 
auf sie zurückbezogen wird.'* 

*^* Fortsetzung der Ausgrabungen in Trqja, Frau Schlie- 
mann hatte in dem Vorwort zum letzten Bericht ihres ver- 
storbenen Gatten über die Ausgrabungen in Troja das Ver- 
sprechen gegeben, die durch den Tod ihres Mannes unter- 
brochenen trojanischen Grabungen fortzusetzen und zum 
Abschluss zu bringen. Dieses Versprechen soll, wie der 
„Reichsanzeiger" meldet, jetzt eingelöst werden; die Aus- 


grabungen sollen gegen Mitte April beginnen und werden 
voraussichtlich etwa drei Monate dauern. Ihre Leitung ist 
von Frau Schliemann dem früheren Mitarbeiter ihres Mannes, 
Herrn Professor Dörpfeld, erstem Sekretär des Kaiserlichen 
archäologischen Instituts in Athen, übertragen worden, dem 
noch einige deutsche Mitarbeiter zur Seite stehen werden. 
Während der Dauer der Ausgrabungen sind diese HeiTen 
gern bereit, allen denjenigen, welche Troja besuchen, die 
Ruinen zu erklären und ihnen beim Studium behilflich zu 
sein. Da über den Zustand der Ruinen und ihre Bedeutung 
nicht immer richtige Ansichten herrschen, ist es im Interesse 
der Wahrheit sehr erwünscht, wenn möglichst viele Fach- 
männer sich zur Reise nach Troja entschließen und die 
Ruinen selbst untersuchen wollen. Die Zeit dazu ist nicht 
zu versäumen, weil die Ruinen und Erdschichten wegen ihrer 
einfachen Bauart und geringen Festigkeit voraussichtlich den 
zerstörenden Einflüssen der Witterung nicht lange Wider- 
stand leisten werden. Angaben über den besten Weg zur 
Reise nach Hissarlik- Troja findet man in den bekannten 
Reisehandbüchern; doch ist auch der Leiter der Ausgrabun- 
gen zu jeder näheren Auskunft bereit. 

ZEITSCHRIFTEN. 

Arehitektonlsehe Rimdsehau. 1892/98. Heft 5. 

Taf. 33/35. SchloBsPflugensberg bei Eisenach; erbaatvonL. Neher 



des Herrn Leving^r in Landau (Pfalz); erbaut von Prof. L. Levy 
in Karlsruhe. — Taf. 38. Bazargebäude in Groß-Lichterfelde : er- 
baut von Baumeister R. R. Hintz daselbst. — Taf. 39. Kaiser- 
Eimmer im Bahnhof der Berlin-Magdeburger Eisenbahn in Pots- 
dam; umgebaut von Gremer und Wolffenstein, Architekten 
in Berlin. — Taf. 40. Vasen vom Sommersitz des Prinzen Eugen 
von Savoyen, Schlosshof im Harchfelde (Niederösterreich); auf- 

fenommen von den Architekten F. A. Oh mann in Prag und 
. Kriegbammer in Wien. 

Die Kunst für Alle. 1892/93. Heft 11. 

Von alten und neuen Porträts in London. Von 0. Donner von 
Richter. (SchlussO — Aus dem deutschen Künstlerverein in 
Rom. Von Dr. H. Barth. — Rundschau. Von Fr. Pecht. 

Gewerbehalle. 1898. Heft 8. 

Taf. 17. Schmiedeeisernes Thor* entworfen von F. Horarik, 
ausgeführt von J. Horarik. — Taf. 18. Initialen; entworfen von 
K. Kaufmann in München. — Taf. 19. Schmuokschränkchen ; 
entworfen von D. Kropp jun. in Bremen. — Taf. 2o. Omamen- 
tale Details von persischen MessinggefUßen ; aufgenommen von 
R. Knorr in Stuttgart. — Taf. 81. Entwurf zu einem Stuck- 
plafond. Von t Baurat 0. Hi es er. — Taf. 28. Stuhl in geschnitz- 
tem Nussbaumholz (Venedig 1560) im South Kensington Museum 
in London ; aufgenommen von A. Meze y in Budapest. — Taf. 23. 
Thürklopfer im Kunstgewerbemuseum in Köln ; aufgenommen von 
Fr. St an g er daselbst. — Taf. 24. Betstühle aus der St. Johannis- 
kapelle am Donaukanal in Wien (18. Jahrhundert); aufgenommen 
von A. Roth daselbst. 

Mitteilangen der k. k. Gentralkommission zur Erfor- 

schimg and Erhaltangr der Kunst- und historischen 

Denkmale. 1892. Heft 8 u. 4. 

Die Bilderreste des Wigalois-Cyklus zu Runkelstein. III. Von 

E. K. Graf Wald stein. — Böhmische Zinngefäße. III. Von F. 
Ritter v. R2iha. — Ein Warenhaus aus dem Mittelalter in Prag. 
Von A. Wiehl. — Paläolithische Fundstellen in der Wachau 
(Niederösterreich). Von L. H. Fis.cher. — Die alten Brunnen 
von Olmtitz. Von A.Nowak. — Ältere Grabdenkmale in Kärn- 
ten. II. Von L. V. Beck h-Widmanstett er. — Die Wallfahrts- 
kirche zu Kiritein. Von A. Prokop. — Beiträge zu einer Bau- 
gesohichte der Veste Wildberg bei Hom in Nieder.österreich. Von 

F. Ende. — Die Durchforschung am Hr&dek in G&slau im Jahre 
1891. Von Gl. Germ&k. — Die Kirchen von Gemic und Strobnic. 
Von J. Branis. — Die prähistorische Ansiedlung bei Sittich 
und bei Malnioe in Krain, dann die römische Ansiedlung bei letz- 
terem Ort. — Der wälsche Hof in Kuttenberg. Von J. BraniS. 

— Burg Buohlan in Mähren. Von A. Prokop. — Ausgrabungen 
in Mautem an der Donau 1890 und 1891. Von L. Karner. — 
Zur Bedeutung der heraldischen Forschung (der Wappenkunde) 
für das Kunstgewerbe. Von L. v. Beckh-Widmanstetter. 

— Alte Grabdenkmale aus Mähren. Von V. Houdek. — St. Mar- 
tinskapelle bei Ludesoh. 

The Hagasdne of Art März 1898. Hr. 149. 

The National Gallery of british art, and Mr. Tate's GoUection. 
I. Its history. Von H. Spiel mann. — Reginald Easton, Minia- 
ture-painter. Von W. P. Frith. — Italian painting and the 
late Giovanni Morelli. — .The portrait of a poet". By Jacopo 
Palma (Q. I- Von W. F. Dick es. — The home-life of John Leech. 
Von H. Silver. — „The prelude". Gemalt von C. S. Fearce, 

gestochen von S. A. Seh off. — Formal Gardens. — The indian 
letal-work ezhibition at the imperial institute. Von G.Birdwood. 


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Pannerträger der dreizehn alten Orte nach den Holzschnitten Urs Grafs; Ch. Hülsen: Das Forum Romanum. — J. Pettie t; 
H. Schlesinger f; A. Wittig f. — Dr. 0. Gurlitt. — Konkurrenz um den Bau des Märkischen Provinzialmuseums in Berlin. — Er- 
werbung von Studien Geselschap'H für die Berliner Nationalgalcrie; Jahresausstellung in Prag; Akademische Kuostansstellung 
iu Berlin. — Eine neue Erklärung der Raffaerschen Fresken in der Stanza deUa Segnatura im Vatikan; Fortsetsung dsr Aus- 
grabungen in Troja. — Zeitschriften. — Inserate. 

Für die Redaktion yerantwortlich Artur Seemann, — Druck von Au^guM Pries in Leipzig. 

Die.ser Nummer liegen 2 Prospekte boi: 1) von G. Hirth'» Verlag. Mfinchen, betr. R.Muiher, Geschichte der Malerei 
im 11). Jahrhundert. 2} von Schleicher k ScliUlly Papierfabrik, Düren | betr. Festschachteln, die wir der Beachtung 
der Leser empfehlen. 


/-/ 


KUNS 





ONIK 


WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE. 

Ankundigungsblatt des Verbandes der deutschen Kunstgewerbe vereine. 

HERAUSGEBER: 

CARL VON LÜTZOW und DR. A. ROSENBERG 

WIEN BERLIN SW. 

Heagftflse 68. TeltowentraBse 17. 

Verlag von E. A. SEEMANN in LEIPZIG, Gartenstr. 15. Berlin: W. H. KÜHL, Jägerstr. 73. 


Jahrgang. 


^jff^ 


1892/93. 


Nr. 18. 16. März. 


Die Kunstohronik erscheint als Beiblatt sai «Zeltsohrift fttr bildende Kunst" und cum «Kunstgewerbeblatt" monatlich dreimal, in den 
Sommermonaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfastt 88 Nummern. Die Abonnenten der „Zeit- 
schrift fttr bildende Kunst" erhalten die Kunstchronik gratis. — Für Zeichnungen, Manuskripte etc., die unverlangt eingesandt werden, 
leisten Redaktion und Yerlagshandlung keine Gewähr. Inserate, fc so Pf. f&r die dreispaltige Petitieile, nehmen auBer der Yerlagshand- 
Inng die Annoncenexpeditionen von Haasens tein k Vogler, Rud. Mosse u. s. w. an. 


ZU HEINRICH VON BRUNN'S FÜNFZIG- 
JÄHRIGEM DOKTORJUBILÄUM. 

Am 20. März werden es fünfzig Jahre ^ dass 
Heinrich Brunn von der Universität Bonn zum 
Doktor promovirt wurde. Freunde und Schüler 
haben beschlossen, an diesem Tage seine Büste, in 
Marmor ausgeführt, im archäologischen Institute 
auf dem Kapitol, der Stätte seines langjährigen 
Wirkens, aufzustellen. Der Tag, an dem ein halbes 
Jahrhundert einer Laufbahn, die wie wenige für die 
wissenschaftliche Erkenntnis der alten Kunst segens- 
reich gewesen ist, sich erfüllt^ ist ein Festtag für 
die gesamte Kunstwissenschaft, und diesen der 
Kunst und ihrer Erforschung im weitesten Sinne 
gewidmeten Blättern geziemt es, seiner an hervor- 
ragender Stelle zu gedenken. 

unter ihren Lesern ist keiner, dem erst gesagt 
zu werden brauchte, was Heinrich Brunnes Name 
für die Kenntnis der antiken Kunst bedeutet. Oiebt 
es doch kaum einen Teil der archäologischen 
Wissenschaft, der nicht von ihm in weitestreichender 
Weise beeinflusst worden wäre, von ihm nicht die 
fruchtbarsten Anregungen empfangen hätte. Wie 
er in seiner ersten großen Arbeit, der aus den litte- 
rariscben und inschriftlichen Quellen erschlossenen 
äußeren Geschichte der Kun§t in allen ihren Zwei- 
gen, einer neuen Disziplin, der Künstlergeschichte, 
die Wege wies, so hat er in zahlreichen, zumeist in 
den Publikationen des archäologischen Instituts und 
der bayerischen Akademie niedergelegten Einzel- 
schriften die Gesetze der inneren Entwickelung der 
griechischen Kunst zu ergründen gesucht. Auch 


vor den verwickelten Problemen der etruskischen 
Kunst machte er nicht Halt; ein gut Teil von dem» 
was heute an Aufhellung dieses dunklen Gebietes 
vorhanden ist, ist Brunn's Verdienst Und nicht 
minder reich ist der Ertrag, den seine Thätigkeit 
i^r die gegenständliche Erklärung der alten Kunst- 
werke geliefert hat, von den Darstellungen der be- 
malten Vasen bis hinauf zu den hochentwickelten 
Kunstgebilden in Fries und Giebeln eines Par- 
thenon. 

Aber mit der litterarischen Produktion, so 
reich und umfassend dieselbe auch ist, und so be- 
fruchtend sie sich auch dort erwiesen hat, wo sie 
Widerspruch gefunden, erschöpft sich nicht, was 
Brunn's einzige Stellung in der Archäologie der 
Gegenwart begründet Erst als Sekretär des archäo- 
logischen Instituts in Rom, dann seit nahezu einem 
Menschenalter als Lehrer an der Universität München 
war es ihm vergönnt, mit lebendigem Wort und 
Beispiel auf Generationen von Forschern einzu- 
wirken, ihnen seine Art, die Kunstwerke zu sehen 
und aufzuflEussen, persönlich mitzuteilen. Ein großer 
Teil derer, in deren Händen heute die Pflege 
archäologischer Wissenschaft liegt, hat so in nähe- 
rem oder fernerem Schülerverhältnis zu Brunn ge- 
standen, und über die Grenzen der antiken Kunst 
hinaus entreckt sich diese seine Wirksamkeit 

Was den kunstgeschichtlichen Untersuchungen 
Brunn's ihren eigensten Stempel aufdrückt, ist die 
Methode, die er selbst ab Analyse der Formen be- 
zeichnet: er zerlegt die künstlerischen Ausdrucks- 
und Vortragsmittel, aus denen der Stil sich zu- 
sammensetzt, in ihre Elemente, um so die kQnst- 




io di 


283 


Za Heinrich von Brunnes fünfzigjährigem Doktorjubiläum. 

ft 


284 


lerische Eigenart der Werke in voller Schärfe zu 
erfassen. Die Studien über die Bildwerke yon 
Agina, Olympia, Pergamon, die verschiedenen Ar- 
beiten aber die nordgriechische Kunst sind, um nur 
die hervorragendsten anzufahren , Beispiele dieser 
Methode. 

Aber nicht bloß zur Gewinnung kunstgeschicht- 
licher Erkenntnisse verwendet Brunn seine Methode. 
In einer Reihe von Aufsätzen tritt er mit der gleichen 
Betrachtungsweise an plastische Schöpfungen der 
griechischen Kunst heran, um klarzulegen, durch 
welche Mittel in denselben der künstlerische Aus- 
dinick eines bestimmten Gotterideals erreicht wird. 
Wenn wir bei diesen Arbeiten etwas eingehender 
verweilen, so geschieht es deswegen, weil Brunn 
dieselben jüngst, mit zahlreichen Lichtdrucktafeln 
und Textabbildungen geschmückt, zu einem Bande 
vereinigt^) und damit den besonderen Wert be- 
kundet hat, den er selbst diesen Studien beilegt. 
In der That, kaum irgendwo prägt sich die wissen- 
schaftliche Eigenart Brunn's so scharf aus, wie in 
diesen Aufsätzen, die sich in ihrer von gelehrtem 
Beiwerk freien, nicht selten poetisch gehobenen 
Darstellung an weiteste Kreise wenden: und indem 
dieselben Arbeiten aus den verschiedensten Perioden 
von Brunn s wissenschaftlicher Thätigkeit umfassen 
— der älteste Aufsatz stammt aus dem Jahre 1846, 
der jüngste, bisher ungedruckte, trägt das Datum 
1892 — bieten sie zugleich das seltene Beispiel 
einer durch ein ganzes Leben hindurch bewusst und 
klar festgehaltenen Idee. 

Diese Idee ist in kurzen Worten die folgende. 
Indem der griechische Künstler bei SchafiFung einer 
Gottergestalt ein bestimmt erfasstes Ideal vor Augen 
hat, geht er von der Gestaltung jener Organe aus, 
in denen das charakteristische Wesen jenes Ideals 
sich am deutUchsten ausprägt, und dieser ausdrucks- 
vollste, charakteristischste Teil bedingt dann weiter 
die Bildung der übrigen. So führt der Au&atz über die 
Farnesische Hera den Gedanken durch, wie bei der 
Schöpfung derselben die Homerische Vorstellung der 
„ochsenäugigen Hera* maßgebend gewesen ist, wie 
sich demgemäß die Charakteristik in der Bildung der 
Augen konzentrirt und von dieser alle übrigen 


1) Griechische Götterideale in ihren Formen erläutert 
von Heinrich Brunn. München 1893, Yerlagsanstalt ftlr 
Kunst und Wissenschaft, vormals Friedrich Bruckmann. — 
Die Titel der einzelnen Aufsätze sind: Hera Farnese. Hephae- 
stos und Odysseus. Hypnos. Meermedusa. Demeter von 
Knidos. Medusa. Die Personifikation des Meeres in grie- 
chischer Plastik. Apollo Giustiniani. Asklepios und Zeus. 


TeUe des Kopfes bestimmt sind. Ähnlich geht die 
Gestaltung des Schla^ottes von dem homerischen 
Bilde eines Vogels aus. Wie femer in dem Kopf der 
Demeter von Enidos die milde Trauer und verhal- 
tene Schwermut der ihres Kindes beraubten Mutter 
an dem Gegensätze mit dem unbefriedigten, leiden- 
schaftlichen Sehnen eines Triton besonders erläutert 
wird, so bedient sich Brunn auch sonst noch des 
gleichen Mittels, um beispielsweise durch Gegen- 
überstellung eines Odysseus das Wesen des He- 
phaistos, oder des Zeus von Otricoli einmal die 
Bildung des Meergottes in der vatikanischen Ro- 
tunde, das andere Mal die des Asklepios von Milo 
schärfer erfassen zu lassen, oder, wie in dem Auf- 
satz über den Apollo Giustiniani, zu zeigen, wie 
durch Betonung verschiedener Seiten desselben 
göttlichen Wesens verschiedene künstlerische Typen 
entstehen. 

Brunn hat es für richtig befunden, die Auf- 
sätze in ihrer ursprünglichen Fassung unverändert 
abzudrucken. Er selbst weiß es, wie mancher Bau- 
stein seither seine Brauchbarkeit eingebüßt hat, und 
ihn am allerwenigsten braucht man wohl daran zu 
erinnern, wie seine Betrachtungsweise den Gesichts- 
punkt historischer Entwickelung nicht ausschließt: 
giebt er doch selbst mehrfach, wie in den Auf- 
sätzen über die Hera oder Medusa, Belege dafür. 
Aber für das Urteil kommt es nicht auf das einzelne, 
sondern auf dasjenige an, was Brunn' selbst als 
den maßgebenden Gedanken für diese Studien be- 
zeichnet, das ist „die Begründung des Satzes, dass 
das geistige Verständnis idealer künstlerischer 
Schöpfungen sich nur gewinnen lässt auf der Ghrund- 
lage einer gründlichen Analyse der Form*. 

In geistiger Frische begeht Brunn seinen Ge- 
denktag. Noch harren zahlreiche Entwürfe ihrer 
Vollendung, so vor allem die griechische Kunst- 
geschichte, von der er in den letzten Jahren mehr- 
fach Proben veröffentlicht hat und die zu erläutern 
die unter seiner Leitung von Bruckmann heraus- 
gegebenen „Denkmäler griechischer und römischer 
Skulptur* bestimmt sind. Möge der wiederkehrende 
Frühling dem verehrten Meister auch die volle kör- 
perliche Rüstigkeit bringen, damit er der Wissen- 
schaft ganz gebe, was von ihm noch zu erwarten 
er sie berechtigt hat! 

Korn. EMANUEL LÖWY. 




285 


Die Ausstellnng der „Vereinigung der Elf' in Berlin. 


286 


DIE AUSSTELLUNG DER ^VEREINIGUNG 
DER ELF* IN BERUN. 

Dem Eonventikel der Münchener n^V, das zur 
Hälfte aus überzeuguDgsyollen Naturalisten, zur an- 
deren Hälfte aus Verirrten und VerbllifFten bestand, 
ist nach einer kurzen Zwischenherrschaft am 5. März 
im Schulte'schen Salon die zweite Ausstellung der 
noch Yom vorigen Jahre in schreckensvollem An- 
denken stehenden ,,Elf ** gefolgt Während der Zeit 
des Interregnums machten sich verschiedene Par- 
teien ungefähr im Paritätsverhältnis geltend: die- 
jenigen, die heute Idealisten und Schönförber ge- 
scholten werden, weil sie Wahrheit und Schönheit 
zu vereinigen suchen, durch Edgar Meyer, der eine 
Reihe fein gestimmter, mit edelsten koloristischen 
Reizen erfbllter Landschaften, Marinen und Straßen- 
ansichten aus Venedig und Umgebung ausgestellt 
hatte; die kecken Realisten durch die Brüsseler 
David und Pierre Oyensj die in Innenräumen mit 
Figuren auf die Wiedergabe der raffinirtesten Be- 
leuchtungskomplikationen ausgehen, und die natu- 
ralistischen Ultras durch den in München gebildeten, 
jetzt in Holstein lebenden Hans Olde^ der in seinen 
Landschaften zu allen Jahreszeiten wahre Orgien des 
Farbentaumels vollführt Die «Elf*, die jetzt ans 
Ruder gelangt sind, haben dem Ruf, der ihnen vor- 
aufging, keinen Abbruch gethan. Das verflossene 
Jahr ist an ihnen fast spurlos vorübergegangen. 
Die extremen Naturalisten sind nur noch etwas 
starrsinniger, fanatischer und formloser geworden, 
und die anderen haben sich von ihrer Art nicht ab- 
bringen lassen. Das ist ein höchst verdächtiges 
Symptom, das dafür spricht, dass auch diese kaum 
ins Leben getretene Vereinigung bereits unter dem 
Zeichen der Sezession steht 

Eine geistige Gemeinschaft zwischen den Elf 
oder auch nur ein gemeinsames Streben war schon 
bei ihrer ersten Ausstellung nicht zu bemerken. 
Diese zweite Ausstellung zeigt eine noch stärkere 
Kluft. Was haben die Landschafts- und Marine- 
maler Müüer'KurxweUy und Schnars-Alquist mit Na- 
turalisten vom Schlage Liebermann's zu thun? Die 
Strandlandschaften des ersteren haben vornehmlich 
durch den Reiz der poetischen Stimmung und durch 
den Schmelz des geschmeidigen^ fast flaumigen 
Kolorits auf das große Publikum gewirkt, und das 
passt nicht in das System der Naturalisten, die auch 
unter den «Elf^ das erste Wort führen und darum 
ein Bild Kurzwelly's, vielleicht weil es gar zu schön 
gemalt war, voü ihrer Ausstellung zurückgewiesen 


haben. Der Hamburger Schnars-Alquist ist ein 
Marinemaler, der mit großer koloristischer Gewandt- 
heit allen atmosphärischen Stimmungen gerecht 
wird, daneben aber ein starkes Gewicht auf korrekte 
Zeichnung und. plastische Darstellung legt. Streng 
genommen also auch einer, der nach naturalisti- 
schen • Begriffen ins alte Eisen gehört. Der in 
München gebildete J. Alberts schildert in überaus 
trockenen Abschriften nach der Natur Land und 
Leute der Halligen, jener Nordseeinseln, auf denen 
sich ein eigenartiger Menschenschlag in alten Ge- 
wohnheiten erhalten hat: das Innere karg ausge- 
statteter Gotteshäuser, einen Friedhof, Fischer und 
Landleute daheim und im Freien, herb und nüchtern 
in Zeichnung und malerischer Durchführung. Ein 
vollends unsicherer Kantonist ist der BerUner Hugo 
Vogel, der sich schon durch das Bildnis Robert 
Dohme's, eine Art ^ Symphonie in Blau und Grün"^ 
und durch einige niederländische Innenräume mit 
Figuren als entschiedenen Anhänger der , neuen 
Kunst* ausgewiesen hatte und jetzt plötzlich nüt 
zwei Bildnissen, dem einer jungen Dame in weißer 
GeseUschaftstoilette und dem eines jungen Orgel- 
spielers, erscheint, die wieder in seinem alten, vor- 
nehmen Stil, in jener maß- und geschmackvollen 
Ausdrucksform gehalten sind, zu der er den Grund 
in der Düsseldorfer Schule gelegt hat. Eine neutrale, 
oder doch ziemlich indifferente künstlerische Persön- 
lichkeit ist der Porträtmaler G. Mosson^ dessen 
Bildnis des vor seiner Staffelei eine Cigarette 
rauchenden Malers Fr. Stahl nur durch den hellen, 
sonnigen Ton und durch die nachlässige Haltung 
des Dargestellten für die neue Richtung zeugt. Ein 
anderer der Elf, der Berliner Landschaftsmaler Wolter 
Leistikow, hat seinen Naturalismus gegen das vorige 
Jahr sogar erheblich gemäßigt. Die Mehrzahl seiner 
ÖlbUder und Pastellzeichnungen sind ungemein reiz- 
voll durch die Feinheit des Tons, durch die duftige 
Zartheit der Behandlung und durch die poetische 
Stimmung, alles Eigenschaften, die den vor der na- 
turalistischen Episode entstandenen Landschaften 
des noch jungen Künstlers schnell allgemeine Be- 
achtung errungen haben. 

Stärker scheinen sich dagegen die naturalisti- 
schen Neigungen bei Hans Herrmawn und Fr. Stahl 
ausgebildet zu haben. Ersterer bemüht sich, in der 
Lindenallee einer holländischen Stadt, die von kleinen 
Mädchen belebt ist, die vor der Schule ihre kind- 
lichen Spiele treiben, vergeblich, die .Symphonie 
von Blau und Grün*" zu stände zu bringen, während 
eine holländische Bleiche mit Wäscherinnen wieder 


287 


Vom engliBcben Büchermarkt. 


^88 


die gesunde Frische der Naturanschauung zeigt, die die 
Bilder Herrmann'Si trotz häufiger Wiederholung der 
Motive, immer anziehend macht. — Zwei Skizzen 
von Friedrich Stahl ^ »Ein Windstoß* (Motiv aus 
Brüssel) und »Aus einem Pariser Eonzertgarten", 
befinden sich noch so sehr in dem Zustande der 
ersten rohen Andeutung, dass sie f&glich im Atelier 
des Künstlers hätten bleiben sollen. Eine öffentliche 
Kunstausstellung ist doch kein Institut zur Ent- 
zifierung von Hieroglyphen! Wir haben darin wohl 
nur ein Zugeständnis an die Häupter der »Elf zu 
sehen; denn in der zu gleicher Zeit bei Amsler und 
Ruthardt eröffneten zweiten Ausstellung der »Gesell- 
schaft deutscher Aquarellisten *" sind Herrmann und 
Stahl mit Bildern vertreten, deren künstlerische 
Auffassung und koloristischer Stil die beiden 
Künstler noch durchaus in ihrem alten Fahrwasser 
zeigen. 

Danach bleiben nur noch Max Liebermann, L. 
V, Hofmann und Fra/nx Skarbina übrig, die freilich 
alles aufgeboten haben, um das Siegel, das sie der 
vorjährigen Ausstellung aufgedrückt hatten, auch 
der diesjährigen zu erhalten. Unter den Lieber- 
mann'schen Bildnissen befinden sich zwei, in denen 
wenigstens ein Streben nach tieferer Charakteristik 
unter der schludrigen Ausführung emporkeimi Da- 
für zeigt sich in den »Holländischen Waisenmäd- 
chen* in einem Park, das, vermutlich als staunens- 
wertes Specimen deutscher Kunst, f&r die Galerie 
in Straßburg i. E. angekauft worden ist, wieder der 
alte Liebermann in seiner uns völlig unverständ- 
lichen Vorliebe für das fingerdicke Hinstreichen der 
weißen Lichter, das seinen Ölgemälden ein relief- 
artiges Aussehen giebt. Wir begnügen uns mit 
diesen Andeutungen, da sich demnächst die »Zeit- 
schrift« näher mit Liebermann beschäftigen wird. 
Auf die grotesken Phantasieen von L. v. Hofmann 
näher einzugehen, könnte den Schein erwecken, dass 
man sie ernst nimmt Diese Landschaften und Strand- 
büder, die ihr Schöpfer übrigens selbst zum Teil 
als »Eindrücke und Phantasieen« bezeichnet, haben 
trotz ihres kecken, jedem gesunden Gefühl Hohn 
sprechenden Gebahrens nicht einmal den Vorzug 
der Originalität. Franzosen und Schotten haben 
dergleichen schon mit viel feinerem Sinn für wirk- 
liche Farbensymphonieen gemalt. Hofmann's Eigen- 
tum scheinen nur die scheußlichen, dürren Ge- 
spenster zu sein, mit denen er seine Landschaften 
belebt und die vermutlich Nymphen, Nixen oder 
ähnliche Elementargeister, vorstellen sollen. Am 
bedauerlichsten ist es, dass Franz Skarbina seine 


ursprüngliche Kraft, den Reichtum und die Fülle 
seiner Beobachtungen immer mehr in Experimenten 
verzettelt, die alle auf dasselbe Ziel hinauslaufen, 
die verzwicktesten Beleuchtungsprobleme zu allen 
Tages-, Nacht- und Jahreszeiten zu lösen. Vor- 
arbeiten und immer wieder Vorarbeiten, gelungene 
und misslungene, bald fein und poetisch empfunden, 
wie z. B. das Liebespaar im Park an einem Sonuner- 
abend, bald nur auf die rohe, materielle Wirkung 
ausgehend, und das wiederholt sich jahraus, jahr- 
ein, ohne dass sich das große Werk einstellt, in 
dem endlich einmal die Summe aus diesen Experi- 
menten gezogen wird. ADOLF ROSENBERG, 


VOM ENGLISCHEN BÜCHERMARKT. 

Das Königshaus der Stuarte, „r/te Royal Ilouse 
of Stuart y ist ein prachtvolles Werk, welches 40 
kolorirte Platten nach Zeichnungen von W. Qipp 
enthält, die in ihrer Art das Vorzüglichste in Chromo- 
lithographie darstellen, was bisher in diesem Fache 
geleistet wurde. Reiche Silber- und Goldeinlagen er- 
hohen den äußeren Glanz des bei Macmillan heraus- 
gekommenen und der Konigin gewidmeten Werkes. 
Der beschreibende Teil des Buches ist durch eine 
Autorität auf antiquarischem Gebiet, St John Hope, 
verfasst*und mit einer Vorrede von Skelton versehen. — 
Selten hat eine regierende Familie solchen Zauber auf 
die Gemüter ausgeübt, wie die der Stuarts, welche 
gleich den maurischen Königen von Granada mit 
Recht als die Unglücklichen bezeichnet werden können. 
Die Liebenswürdigkeit und Schönheit verschiedener 
ihrer Angehörigen, deren Thorheiten und die Zähig- 
keit, mit der sie ihrer Sache anhingen, die Abenteuer 
sowie der tragische Tod mehrerer ihrer Mitglieder 
haben dem ganzen Königshause das allgemeine In- 
teresse und eine gewisse Zuneigung erworben. Die 
Thatsache, dass viele Stuarts französische Prinzen 
und Prinzessinnen heirateten, mag wohl mit dazu 
beigetragen haben, den Sinn der schottischen Könige 
für Kunst und Litteratur zu heben. Aus diesem 
Grunde haben die Reliquien der Stuarts in der Regel 
außer dem geschichtlichen und antiquarischen In- 
teresse auch einen ungewöhnlichen künstlerischen Wert, 
da sie vielfach die Werke von Künstlern ersten Ranges 
aus der italienischen, französischen, spanischen und 
niederländischen Schule sind. Die Reichskleinodien 
nehmen mit die erste Stelle ein, aber auch Bildnisse der 
Königin Maria, Jacobs L, Karls I., Karls IL, Jacobs II., 
Jacobs III. und des Prätendenten Karl Eduard haben 
hohen Kunstwert. Die schönsten Miniaturen, die auf 


i 


289 


Vom englischen Büchennarki. 


290 


die Stuart-Epoche Bezug habeo, besitzt der Herzog 
von Bucdeuch und Lord Galloway, während die 
seltensten Eupfersticlie in dieser Hinsicht sich in der 
Sammlung des Herrn A. Morrison befinden. Das 
älteste Kunstwerk jenes Zeitabschnittes ist jedenfalls 
das Cüborium, welches Malcolm, Konig von Schott- 
land (1056), besessen haben soll. Dem Interesse fttr 
die Reliquien der Maria Stuart kommt am nächsten 
das (tbr Karl L, ihren unglücklichen Enkel, und 
dessen Kinder. Sobald wir uns aber dem Ende des 
17. Jahrhunderts nähern, mehren sich die Denk- 
mäler zwar der Zahl nach, nehmen aber daf&r an 
Formyollendung und Schönheit entschieden ab. Der 
dem letzten Mitgliede aus dem Königshause der 
Stuarts, dem Kardinal von York, einst gehörige, 
prachtvoll geschnitzte Elfenbeinkasten wurde im 
vorigen Jahre för einen sehr hohen Preis bei Christie 
öffentlich verkauft. 

Der Verfasser der Vorrede zu obigem Werk, 
John Skelton, der viele Jahre dem Studium der Lebens- 
geschichte der Maria Stuart gewidmet, wird eine 
Biographie der Königin herausgeben, welche in der 
Hauptsache eine Verteidigung derselben bildet. 
Die Porträts und Illustrationen sind nach Originalen 
angefertigt, welche die Königin Viktoria, die franzö- 
sische Regierung, Lord Salisbury und die hervor- 
ragendsten „Stuart-Sammler* zu diesem Zwecke zur 
Disposition gestellt haben. — 

Das „Handbuch der griechischen Kunst und Archäo- 
logie*^ von A. S. Murray, dem Kustos der griechischen 
und römischen Altertümer im British Museum, ist 
sicherlich in seiner Art das bedeutendste neuere 
Werk in englischer Sprache. Der Verfasser sagt in 
der Einleitung: «Unter dem Einfluss der Entwicke- 
lungslehre hat sich das Studium der griechischen 
Kunst in Oeschichte und Wissenschaft verwandelt" 
— Das Werk beginnt mit der Kunst der frühesten 
Zeiten und der primitivsten Form in Griechenland, 
und führt uns mit Meisterhand bis auf den Zenith 
der Schönheit Der Autor trägt uns mit bewunderns- 
werter Sicherheit und Methode überwältigendes Mate- 
rial in entzückender Form vor, indem er mit den 
neuesten Resultaten der Entdeckungen in Hissarlik, 
Mykenae, Tirjns und Olympia schließt. Das bei John 
Murray herausgekommene Buch ist mit zahlreichen 
Illustrationen geschmückt und behandelt jeden Zweig 
griechischer Kunst in ihrer Entstehung und Vollen- 
dung, so besonders Vasen, Bronzen, Gemmen, Skulp- 
turen, Terrakotten, Wandmalereien, Architektur 
und viele andere Dinge. Allein ausgenommen sind 
die griechischen Münzen. Mr. A. S. Murray erklärt in 


richtiger Erkenntnis: «Die griechischen Münzen in 
' ihrer Reichhaltigkeit und Wichtigkeit erfordern für 
sich allein ein Buch.' 

Die Direktion des British Museum hat soeben 
denjenigen Teil des Generalkataloges der Bibliothek 
neu herausgegeben, der über den Artikel „Bibel^* 
handelt. Der von dem Bibliothekar Mr. Martineau 
verfasste Band enthält 242 Spalten mit 2700 Nummern. 
Diese Zahl repräsentirt nur diejenigen Bücher, denen 
das alte und neue Testament vollständig vorliegt. 
Unvollständige Ausgaben, einzelne Bücher der Bibel 
sowie die besonderen Ausgaben des alten und neuen 
Testaments erhalten einen eignen Band im S[atalog. 
Ebenso hat das zum British Museum gehörige, aber 
in einem besonderen Gebäude, in Cromwell Road, 
untergebrachte «Naturhistorische Museum* einen 
neuen von Mr. Lydekker redigirten Katalog herausge- 
geben, der sehr schöne Holzschnitte aufweist Dieses 
Werk ist deshalb von ungewöhnlichem Interesse, 
weil es mit viel Geschick vollständige Restaurationen 
und Rekonstruktionen von Tieren veranschaulicht, 
von denen nur einzelne Teile aufgefunden wurden. 

Ein fiir Kunstliebhaber imd Sammler sowie für 
Verwaltungen von Kunstinstituten und Händler fast 
unentbehrliches Buch hat Mr. Bedford herausgegeben. 
Leider ist die erste Auflage sofort vergriffen worden, 
und eine neue Ausgabe dürfte vor ge^umer Zeit 
nicht zu erwarten sein. Dieses Werk, welches mit 
vielen Illustrationen versehen ist, giebt genauen Auf- 
schluss über die hervorragendsten Verkäufe vbn 
Kunstgegenständen in der Zeit von 1628 — 1888. Die 
Anhäufung des Stoffes ist mit großer Gründlichkeit 
und Sachkenntnis bewältigt. Die Gegenstände, der 
erzielte Preis, der Käufer und Verkäufer sind, soweit 
dies nur irgend möglich war, genau bezeichnet 

„Die Grenzsteine NorthumberUmds** nennt sich 
ein von John Bates verfasstes und von der antiqua- 
rischen Gesellschaft herausgegebenes Werk, welches 
uns neuen Aufschluss über mittelalterliche Architek- 
turverhältnisse Englands bietet Die genannte Land- 
schaft stellt hinsichtlich ihrer überreichen mittelalter- 
lichen Erinnerungen etwa dasselbe in England dar, 
wie dies in Frankreich mit der Touraine der Fall ist 
Merkwürdigerweise ist gerade in demselben Augen- 
blick ein ähnliches Werk in englischer Sprache von 
Cook herausgekommen, betitelt »Die alte Touraine". 
In jenem interessanten Werke werden 300 Schlösser, 
feste Plätze und Türme in der Grafschaft Northumber- 
land sehr eingehend besprochen. In dem zweiten 
Buch handelt es sich im unbewussten Gegensatz zu 
jenen rauhen und felsigen Elementen um das schöne 


291 


Vom englischen Bücbennarkt. — Bficherschau. 


292 


und liebliche Thal der Loire mit ihren glanzvollen, 
sagenumwobenen Burgen und Schlössern. In beiden 
Gegenden blühte der Feudalismus am kräftigsten 
und längsten, aber namentlich in Frankreich erhielt 
er an der Loire den Todesstoß durch die von 
Ludwig XI. begonnene und von Richelieu vollendete 
Politik. Das von Theodor Cook verfasste Buch ist 
in London bei Percival und Comp, erschienen. 

Endlich möge ein bei demselben Verleger er- 
schienenes Werk „Die Morgenröte der Kunst'' von Äfartin 
Conway erwähnt werden. — Kunstgewerblichen Inhalts 
sind folgende Schriften: „lUusirirte Geschichte der 
Kunstmöbel von lAtchfield'', . „Die Grundsätze des 
Ornaments von James Ward'' und ein von G. Tanered 
geschriebenes und von Spints verlegtes Buch, welches 
sich mit MedaiUen und solchen Ehrenabxeichen befasst, 
die von den frühesten Zeiten bis auf unsere Tage 
für die Armee und Marine verliehen wurden. 


findet Retbel als Historienmaler eine schöne Würdigung, 
wie auch seine interessante Arbeitsweise, sein ,,realer Idesr 
lismus". Eines vermisst man an der schönen Arbeit ungern 
als Beigabe: ein authentisches Porträt des großen Toten, 
dessen Lebenswerk besprochen wird. R. b. 


BÜCHERSCHAU. 

Alfred BetheL Eine Charakteristik von V&U Valentin. 

(Ästhetische Schriften I.) Berlin, Emil Felber. 1892. 

80. 60 S. 

Nur die notwendigsten historischen Daten zur Klar- 
stellung der künstlerischen Eigenart RetheFs, des großen 
,^dealen Realisten*', verwendend, weiß der Autor, als wohl- 
gesinnter Interpret des Künstlers, uns die Absichten des 
letzteren in einer poetischen Auffassung zu yerdolmetschen, 
die selbst dort, wo vielleicht zuviel hineingelegt wurde, 
durch die Schönheit des Vortrags allein gewinnen wird. 
Jeden&lls verdiente die zwar nicht ausgesprochene, aber 
zweifellos vorhandene Tendenz, Rethers geniale Schöpfungen 
auch einmal wieder dem Kunstfreund und der Gesamtheit 
näher zu bringen, alle Unterstützung. Das hohe geistige 
Ringen der Künstler der dreißiger und vierziger Jahre un- 
seres Jahrhunderts ist wie in einem Brennspiegel zusammen 
gefasst und gießt wieder seinen Glanz verklärend aus auf 
die nicht ohne Schwärmerei gezeichnete Gestalt Rethel's. 
Sein direkter Verkehr mit Philipp Veit in Frankfurt, wo- 
hin er von Düsseldorf gegangen war, die Befruchtung seines 
Geistes durch die GomelianiBchen Ideen, von denen er sich 
aber nicht unterjochen ließ, der immer mehr sich heraus- 
bildende Gegensatz zu seinem ersten Lehrer Schadow, das 
Wachsen des Realismus in seinen Arbeiten, bei aller poeti- 
schen Konzeption, die damit verbundene Vorliebe) für die 
einen schnellen Ausdruck ermöglichende öltechnik, seine 
Reise nach Italien und die an Michelangelo erinnernde 
Tragik, dass ihm die liebste Arbeit zur Qual seines Lebens 
wird, — das alles findet eine beredte Schilderung. Der 
Hannibalzug und der Totentanz werden in ihren einzelnen 
Blättern durchgesprochen und erklärt Etwas eingehender 
hätten wir das Verlöschen des Feuers, das den zu früh Ge- 
schiedenen auszeichnete, geschildert gewünscht. Wir hören 
wohl von einer Gemütskrankheit, allein wir glauben, dass 
eine nähere Motivirung und das Pathologische gerade bei 
einer solchen Erscheinung so viel zur Aufklärung beiträgt, 
dass es nicht, ohne den Stachel der Nichtbefriedigung hinter- 
lassen zu haben, übergangen werden kann. Zum Schluss 


C. Th. HeÜFeiuiteuL Bilder xu Goethe* s Dichtung mid 
Wahrheit, Blicke auf die Stätten, an denen der Dichter 
seine Kindheit verlebt. Frankfurt a.M., Verlag von Heinrich 
Keller, 1893. M. 18.— 
Das Werk, das nicht bloß für den Goethefreund interessant, 
sondern auch kulturgeschichtlich wichtig ist, liegt in vierter 
Auflage vor uns. Die Abbildungen bendien teils auf eigener 
Anschauung Reiffenstein's oder auf „Mitteilung gewissenhafter 
Personen". Trefirlich unterstützt wurde der Herausgeber bei 
seiner Arbeit durch den Grundriss von Matthäus Merian 
(1628), die Zeichnung von Salomon Kleiner (1728) und das 
Morgenstem'sche Panorama von Frankfurt. Den Bildern 
beigefügt sind die dazugehörenden Stellen aus Dichtung 
und Wahrheit, so dass sich Wort und Bild gar trefiflich 
gegenseitig erläutern. Das erste Bild führt uns die beiden 
Häuser vor Augen, aus denen das Vaterhaus Goethe*s vor 
dem umbau (1755) bestand. Vor der Hausthür steht das 
Geräms, von dessen Bedeutung und Benutzung Goethe 
ausf&hrlich auf der ersten Seite von Dichtung und Wahr- 
heit spricht. pDie äußere Form und das Aussehen der 
beiden Häuser*, sagt Reiffenstein, „sind natürlich auf dem 
Wege der Mutmaßung hergestellt, doch mit besonderer 
Benutzung der vorhandenen schriftlichen Aufzeichnungen. *" 
Mit großer Freude dachte noch der alternde Goethe an die 
schönen Stunden, die er als Kind, besonders beim Unter- 
gang der Sonne im Gartenhause im zweiten Stock durch die 
herrliche Aussicht von der Hinterseite des Hauses aus ge- 
nossen hatte. Diese Aussicht führt uns das zweite schön 
gelungene Bild vor Augen. In weiter Feme liegt der 
Taunus und wird das Städtchen Höchst sichtbar. Die 
Türme der Stadt schließen malerisch das innere Bild ab. 
An der Stadtmauer liegt der Mohrengarten mit der Kegel- 
bahn, „wo er die Kegelkugeln rollen und die Kegel fällen 
hörte'', und hieran anschließend eine Reihe anderer prächtiger 
Gärten, auf denen sehnsuchtsvoll das Auge des einsamen 
Knaben ruhte. Heute ist die Pracht verschwunden, die neu 
angelegte Kaiserstraße durchschneidet den Platz. Die Aus- 
sicht, die Goethe nach vom heraus von seinem berühmten 
Zimmer aus geboten wurde, war ganz anders geartet. Es 
war der Blick auf die Straße, den Hirschgraben, insbesondere 
das Haus der Brüder von Ochstenstein, das Reiffenstein auf 
Blatt VI wiedergegeben hat Das Goethe^sche Haus nach dem 
Umbau erscheint auf Blatt HI, ein Bild von dem Vorsaal im 
ersten Stock, wo sich die bekannte Scene zwischen Goethe 
und dem Grafen Thoranc abspielte, auf dem V. Blatte. 
Die Richtigkeit des IV. Bildes, des Brunnens im Hofe, 
an dem einst die Königin Luise von Preußen als Kind in 
den glücklichen Tagen bei Frau Rat gespielt, ist von Goethe 
selbst bestätigt worden. Der Braunen wurde 1823 von 
Maler Rösel gezeichnet (von Rabe in Kupfer geätzt) und 
in 12 Exemplaren an Goethe geschickt. Dieser sandte ein 
Exemplar an Freund Klinger und eins an die Prinzessin von 
Gumberland mit demselben Gedicht, das aber sonderbarer- 
weise für keins von beiden passt Wo jetzt auf der Friedberger 
Gasse das Hotel Dressel sich erhebt, lag früher Haus und Garten 
des Stadtschultheißen Textor (Bl. VII). Hierher flohen Wolf- 
gang und Cornelie „vor didaktisch -pädagogischen Bedräng- 
nissen^', hier besorgt höchsteigenhändig der Stadtschultheiß, 


293 


EunsÜitteratnr. — KnnsfcblMter. — Nekrologe. 


294 


,,eme mitÜere Person swischen Alcinous und Laertes'S in 
taJarähnlichem Schlafrock, auf dem Haupt eine fialtige schwarze 
Sammetmütze und die altertämlichem Handschuhe vom Ffeiffer- 
gericht auf den Händen, die feinere Obsi- und Blumenzucht 
Das schOne und sehr klare Bild, das auf den Angaben von 
Anna Maria Textor, einem Geschwisterkind Goethe's, beruht, 
ist eine pr&chtige Illustration zuGoethe's genl&uer Beschreibung 
und zeigt auch das Nebenhaus mit Garten, das früher 
Textors gehörte. Das Haus wurde 1786 mit dem Tode des 
Stadtschultheißen verkauft und brannte 1796 bei der Be- 
lagerung der Stadt nieder, wie wir aus Frau Rats Schilderung 
wissen. Der Garten, der der Familie Goethe vor dem Fried- 
berger Thore gehörte — es war ein großer gutgehaltener 
Weinberg — fehlt auch nicht in unserem Werke. Auf 
ihm wurden die Weinlesen abgehalten, von denen der 
greise Goethe mit freundlicher Erinnerung und Frau Rat 
in ihren Briefen mit Freude und Jubel berichtet. Auf 
einem anderen Bilde (Bl. X) tritt uns Elinger's Ge- 
burtshaus vor Augen. Es ist ein gar ärmliches Haus, 
wie natürlich bei den traurigen Verhältnissen seiner Mutter, 
aber es ist doch berühmt geworden auch dadurch, dass hier 
die jimgen Stürmer und Dränger verkehrten und sich ihre 
Dichtungen vorlasen. Auch Lilli*8 Haus auf dem Eornmarkt 
erhalten wir (Bl. XII) in seiner alten Gestalt nach einer 
Zeichnung des Erbauers; Frau Schönemann hatte es 1770 
neu erbauen lassen. Das historische Eckfenster, durch das 
Goethe Lilli zum letztenmal sah, ist das letzte, das der 
reformirten Kirche am nächsten liegt, wie Reiffenstein versichert 
Die Abbildung des Konzertsaales von Junghofer (IX) führt uns 
in eine frühere Zeit zurück. Hier wurde von 1756 — 1782 
Theater gespielt Hier hat Frau Rat oft ihren Lieblingen 
gelauscht und hier ist dem kleinen Groethe eine neue Welt, 
die für ihn so bedeutungsvoll werden sollte, aufgegangen. — 
Der Herausgeber verdient große Anerkennung für den 
pietätsvollen Fleiß, mit dem er es unternahm, ehe es zu 
spät war, die Stätte der Jugend unseres größten Dichters, so 
wie sie damals war, uns vor Augen zu führen. In der Ein- 
leitung finden sich zwei sonderbare Versehen; einmal wird 
bei der Erklärung von Bl. X von einem Dichter Heime 
gesprochen ; es ist natürlich Heinse gemeint, doch das könnte 
ein Druckfehler sein. Schlimmer ist, was am Ende der Ein- 
leitung steht: „An diesem Fenster hörte Goethe Lilli am 
Abend vor seiner Abreise nach Heidelberg im Dezember 1774 
singen.^' Weder ist das am Abend vor der Abreise ge- 
schehen, wie ganz deutlich in I)ichtung und Wahrheit 
zu lesen ist, noch hat diese Abreise im December 1774 statt- 
gefunden. Dass Goethe in Heidelberg einkehrte, direkt nach 
Weimar fuhr und dort am 7. November 1775 ankam, sollte 
Reiffenstein nicht wissen? Die Abreise aus Frankfurt feuid 
am 30. Oktober 1775 früh 6 Uhr statt, wie im Goethe'schen 
Tagebuche deutlich steht k, h. 


KUNSTUTTERATUR. 

* Die reich illustrirte „Oeachichte der Maierei im neun- 
zehnten Jahrhundert'*yon Eiehard Muther^ welche wir im vorigen 
Jahrgange der Kunstohronik bereits ankündigten, beginnt so- 
eben in G. Hirth*s Kunstverlag in München zu erscheinen. Das 
groß angelegte, auf drei starke Bände berechnete Buch soll 
sich zunächst dadurch von den früheren Darstellungen ver- 
wandten Inhalts unterscheiden, dass es nicht etwa nur ein- 
zelne Hauptgebiete, wie Deutschland und Frankreich, sondern 
die gesamten europäischen Länder, welche für die Ent- 
wickelung der Malerei ins Gewicht fallen, mit gleicher 
Gründlichkeit behandelt Dann aber stellt sich der Autor 


.durchaus auf den modernen Standpunkt: Alles, was nur 
geistige oder künstlerische Reproduktion der Veigangenheit 
ist, soll bei ihm zurücktreten gegenüber dem wahrhaft 
Neuen, diu unser Jahrhundert kennzeichnet oder auf die in 
ihm zur Blüte gelangten Erscheinungen vorbereitet. Als 
solche bahnbrechende Vorläufer der modernen Meister be- 
trachtet Muther mit Recht die englischen Sitten- und Bildnis- 
maler des achtzehnten Jahrhunderts. Er ftlhrt mit Energie 
und Geist den von Hettner für die Litteraturgeschichte 
geltend gemachten Gedanken auch für die Kunstgeschichte 
durch, dass nirgends anderswo als in England, der Heimat 
aller modernen philosophischen und politischen Ideen, auch 
die Anfftoge der modernen Kunst zu suchen sind. Bisher 
liegt uns nur das erste Heil des Werkes vor; sobald mehr 
davon erschienen sein wird, kommen wir eingehend auf die 
bedeutende Leistung zurück. 


KUNSTBLÄTTER. 

X. Max lAebermann^a Forträt des Bürgermeisters von 
Hamburg, Dr. Karl Petersen, ist in Radirung von Albert 
Krüger in Berlin bei der Commeter'schen Kunsthandlung in 
Hamburg erschienen. Die Stichgröße ist 38x65 cm. Der 
Preis für Remarkdrucke auf Japanpapier 100 Mark; mit der 
Schrift auf chinesischem Papier M. 30. — 

NEKROLOGE. 

H.A.L. Ende Februar starb in Dresden der Bildhauer 
Victor von Meyenburg. Am 25. September 1834 in Schaff- 
hausen geboren und auf der Münchener Kunstakademie und 
dann bei Professor Hagen in Berlin ausgebildet, hatte er 
namentlich für das Züricher Museum eine Anzahl von plas- 
tischen Arbeiten ausgeführt Seit seiner Übersiedelung nach 
Dresden im Jahre 1869 nahm er den wärmsten Anteil an 
dem Kunstleben der sächsischen Hauptstadt, doch drang von 
seinem Schaffen nur selten eine Kunde in die Öffentlichkeit. 
Genauere Angaben über sein Leben und seine Thätigkeit 
findet man in der 5. Beilage zum Dresdener Anzeiger vom 
23. Februar 1893. 

August IVittig, dessen Tod wir gemeldet, war schon 
seit längeren Jahren von asthmatischen Beschwerden heim- 
gesucht und erlag erneuten heftigen Anfällen dieses Leidens. 
Er war zu Meißen am 23. März 1823 geboren (nicht 22. März 
1826, wie u. a. in Seubert^s Künstlerlexikon steht) und somit 
stand sein siebzigster Geburtstag nahe bevor. Eine eingehendere 
Besprechung seines Lebens und künstlerisdien Wirkens, 
welche bestimmt war, ihm einen Qruß zu jenem Festtage 
zu bringen, müssen wir uns in veränderter Form vorbe- 
halten. 0. i>. V. R, 

— Paris, Am 27. Februar starb der Kupferstecher 
Paul Oirardett der letzte seines in der Geschichte des 
Kupferstichs hochbedeutenden Namens, im Alter von 72 
Jahren. Er stach u. a. Marie Antoinette vor dem Revolu- 
tionstribunal nach P. Delaroche, das Gespräch von Poissy nach 
J. N. Robert Fleury, den Taschenspieler und die goldene 
Hochzeit nach B. Yautier. 

— Antwerpen. Im Alter von 65 Jahren starb der 
Maler Gustav de Jonghe, bekannt durch eine Reihe von 
Genrebildern, unter denen wir erwähnen: die Pate, die Zwil- 
linge und die Waisen. 


* « 


Der Qenremaler Pro fessar Alois Oabl, der Schöpfer 
zahlreicher, durch Reichtum und Liebenswürdigkeit der 
Empfindung ausgezeichneter Genrebilder aus dem Volksleben 
Tirols und Oberbayems, ist am 4. März in München im 
48. Lebencgahre gestorben. Wie verlautet, hat der beklagens- 


295 Personalnachrichten. — Denkm&ler. — Sammlungen tfnd AuBstellungen. — Vereine und Geselltchaften. 


296 


werte KünaÜer durch Selbstmord geendet, wozu er durch 
NahrongsBorgen gedrängt worden ist. Man soll in seinem 
Nachlass nor 20 Pf. gefunden haben. 


♦ * 


PERSONALNACHRICHTEN. 

Von der Berliner Kunstakademie. Die Professoren 
A. V, Heyden und Franx Skarbina, die wegen unliebsamer 
Vorkommnisse, die mit dem Fall Munch in Zusammenhang 
stehen, ihre Entlassung aus dem Lehrkörper der Hochschule 
für die bildenden Künste nachgesucht haben, werden mit 
Schluss des Wintersemesters aus ihren Ämtern scheiden. 

\* Der Oeneraldirektar der königlichen Museen in Berlin, 
Qeheimrat Dr, SekönSy zugleich vortragender Rat im Kultus- 
ministerium, beabsichtigt, in nächster Zeit seine Ämter nieder- 
zulegen. Nach einer Berliner Korrespondenz der „Kölnischen 
Zeitung** ist der Grund dieses Rücktritts nicht etwa, wie ver- 
breitet worden ist, in Gresundheitsrücksichten zu suchen, 
sondern in ernsten Meinungsverschiedenheiten mit höheren 
Verwaltungsstellen, die durch die stetig wachsende Raum- 
not in den königlichen Museen hervorgerufen worden sind. 
Noch harren vergeblich die großartigen Schätze der perga- 
menischen Ausgrabungen einer würdigen Aufstellung, die 
olympischen Sammlungen sind in einer Hütte untergebracht, 
die Meisterwerke der Renaissancezeit, die gerade in den 
letzten Jahren mustergültig vermehrt worden sind, kOnnen 
in ihrer jetzigen Aufstellung nicht zur vollen Wirkung kom- 
mMi; zahlreiche hervorragende Kunstwerke haben auf den 
D&chem und in den Kellern, in Magazinen beiseite gestellt 
werden müssen und werden so der öffentlichen .Wirkung 
entzogen und selbst dem Verderben preisg^eben. Geheim* 
rat Schöne hat im Verein mit Kaiser Friedrich unermüdlich 
für die endliche Ausführung dieser Neubauten gewirkt; die 
Pläne sind längst fertig; ein vorzüglicher Bauplatz ist auf 
der Moseumsinsel gegeben; aber bisher hat die preußische 
Finanz Verwaltung ein unerbittliches Nein gesagt, und so 
werden wohl noch Jahrzehnte vergehen, ehe die große Be- 
deutung, welche die Königlichen Museen schon in ihrem 
jetzigen Bestände fSr die Pflege von Kunst und Wissenschaft 
besitzen, zur vollen öffentlichen Wirksamkeit gelangen wird. 
Geheimrat Schöne, der zugleich außerordentliches Mitglied 
der Akademie des Bauwesens ist, war vor zwei Jahren 
durch die Rheinische Friedrich-Wi]helms-Üniversität dadurch 
ausgezeichnet worden, dass sie ihm eine ordentliche Honorar* 
Professur in der philosophischen Fakultät angeboten hatte. 
Nach der „Köln. Ztg.*' ist es nicht unmöglich, dass er auf 
dieses Anerbieten zurückkommen wird, falls er seine jetzige 
Rüoktrittsabsicht ausführt 

DENKMÄLER. 

*4,* Das Oussmodell für das Blücher-Denkmal in Caub, 
mit dessen Ausführung Prof. Fritx Schaper in Berlin be- 
traut worden ist, ist nunmehr vollendet. Die Feier der Ent- 
hüllung ist auf den 18. Juni 1894, den Gedenktag der 
Schlacht bei Belle- Alliance, festgesetzt worden. Von den 
auf etwa 60000 M. sich belaufenden Denkmalskosten sind 
etwa 52000 M. zusammengebracht Die Deckung des fehlen- 
den Restes hofft das Komitee von einem Staatszuschusse 
und von weiteren freiwilligen Beiträgen. Die letzteren sind 
entweder an den Regierungspräsidenten von Tepper -Laski 
oder das Bankhaus B. Berl6 in Wiesbaden zu richten. 

— Paris, Auf dem Kirchhofis Päre Lachaise wird ein 
Denkmal für Thiers^ ein Werk des Bildhauers Mercie, auf- 
gestellt 


*^* Mit der Ausführung eines Bildnisses Kaiser Fried- 
rieh's III, für den Sitzungssaal des Berliner Magistrats, das 
Kaiser Wilhelm II. dem Magistrate zum Geschenke machen 
will, ist der Maler Karl Kemke in Berlin beauftragt worden. 


SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN. 

%♦ Das Programm für die große Berliner Kunstaus- 
stellung ^ die vom 14. Mai bis 30. Juli dauern wird, ist 
versandt worden. Da es sich nur wenig von dem früheren 
unterscheidet, beschränken wir uns darauf, folgende Be- 
stimmungen hervorzuheben: § 3. Zugelassen zur Aus- 
stellung werden Werke lebender Künstler aller Länder 
aus dem Gebiete der Malerei, Bildhauerei und Architektur, 
der zeichnenden und vervielfältigenden Künste. Diese 
müssen von den Urhebern selbst oder mit deren ausdrück- 
licher schriftlicher Erlaubnis eingesandt werden. Ausge- 
schlossen siad Werke, welche bereits auf einer der großen 
Berliner Kunstausstellungen ausgestellt waren, femer ano- 
nyme Arbeiten und Kopien, letztere mit alleiniger Ausnahme 
der Zeichnungen für den Kupferstich. Den Architekten ist 
es gestattet, Photographieen ihrer ausgeführten Bauten zur 
Ausstellung zu bringen. Ebenso werden Photog^phieen aus- 
geführter .Wandgemälde zugelassen, g 4. Jeder Künstler 
darf nur drei Werke derselben Gattung zur Ausstellung 
bringen (ausgenommen hiervon sind cyklische Darstellungen), 
jedoch behält sich die Ausstellungskommission vor, Aus- 
nahmen von dieser Regel zu gestatten. § 5. Die Werke 
der Mitglieder der Königlichen Akademie der Künste zu 
Berlin, sowie der Inhaber der Preußischen großen goldenen 
Medaille für Kunst sind Jury- und frachtfrei. § 15. Neben 
dem gewöhnlichen Katalog wird ein illustriiier Katalog er- 
scheinen. Die Zeichnungen oder Photographieen der für 
diesen Katalog bestimmten Werke sind bis zum 15. April 
an die Ausstellungskommission einzusenden. Die Zuerken- 
nung der Medaillen erfolgt nicht mehr, wie früher, nach 
Abstimmung und Vorschlag durch den Senat der Akademie, 
sondern durch eine Jury, die aus den aus Preußen gebür- 
tigen oder in Preußen ansässigen Inhabern der großen gol- 
denen Medaille gebildet wird. Die Ausstellungskommission 
besteht aus den Herren Carl Becker, Vorsitzender, Hans 
Meyer, Schriftführer, E. Bosch, K. Dielitz, G. Eilers, H. Ende, 
E. Hildebrand, E. Hunten, E. Hundrieser, 0. von Kameke, 

E. Koemer, M. Koner, Fritz Röber, G. Saltzmann und 

F. Schaper. Die Geschäftsführung der Ausstellung und die 
Vermittelung der Verkäufe sind dem Geschäftsführer des 
Vereins Berliner Künstler, Herrn Hermann Preckle, über- 
tragen. Alle Mitteilungen resp. Anfragen etc. sind bis zum 
12. April an das Bureau der Ausstellungskommission — W., 
Wilhelmstraße 92 — , von da ab an dasselbe Bureau — 
Ausstellungsgebäude am Lehrter Bahnhof NW. — zu richten. 
Der Verkaufsordnung entnehmen vrn: noch, dass es nicht 
statthaft ist, den angesetzten Verkaufspreis zu erhüben. 


VEREINE UND GESELLSCHAFTEN. 

Der Verein der Bildenden Künstler Münchens, die 
sog» Sexsssionisten, haben auf der Generalversammlung am 
3. März einstimmig beschlossen, sich an der großen Berliner 
Kunsta^tssteüung , die am 14. Mai eröffiiet wird, zu betei- 
ligen, und zwar unter nachfolgenden, von der Berliner Aus- 
stellungskommission gewährten Bedingungen: 1. Eigener 
Raum. 2. Eigene Hängekommission. 3. Beschränkung der 
Werke des einzelnen Ausstellers auf drei. 4 Eigene Jury. 
Den Münchener Gästen ist der letzte große Saal des Aus» 


297 


Vereine und Gesellschaften. 


298 


fltellungsgebäudee vorbehalten worden, erforderlichenfalls 
auch die angrenzenden Nebenräume. — Daneben wollen die 
Sezessionisten eine zweite Ausstellong in München veran- 
stalten, wo ihnen ein Gebäude an der Prinz-Regentenstraße 
zur Verfügung gestellt worden ist. Diese zweite Ausstellung 
wird vom 1. Juli bis zum 15. Oktober dauern. 

— St, Lauts (Ver. Staaten v. Amerika). Der Kunst- 
verein, welcher seit dem Jahre 1878 besteht und um dessen 
Gedeihen sich namentlich die Kunsthändler A. Koch, ein 
Bruder des Berliner Hygienikers R. Koch, und W. Albers 
hervorragende Verdienste erworben haben, hat sich ein 
eigenes Heim gegründet. Die Mittel dazu sind von deutsch- 
amerikanischen Kunstfreunden beigesteuert. Dasselbe ent- 
hält eine Halle für permanente Ausstellungen und für Vor- 
träge. In dem Hause darf nur deutsch gesprochen wer- 
den. MOge das neue Haus eine rechte Ffiegeslätte der 
deutschen Kunst werden und bleiben ! 

*i^* DcLS Amt des ersten Vorsitxenden des in Berlin neu^ 
gegründeten Deutsehen Kunstvereins, der schon über 1000 
Mitglieder zählt, hat Freiherr von dem Knesebeck, Kammer- 
herr der Kaiserin , Übernommen. Wie verlautet, plant der Vor- 
stand bereits für das laufende Jahr 1893 an Stelle der sonst 
Üblichen Nietenblätter eine eigenartige Vereinsgabe, die sich 
für jeden Hausstand eignen dürfte, während für die Ver- 
losung gleichfalls die mannigfaltigsten Kunsterzeugnisse ins 
Auge gefasst werden. Anmeldungen von Mitgliedern nimmt 
der erste Schriftführer, Professor Dr. Hans Müller, Berlin W., 
Potsdamerstraße 49, entgegen. 

In der Sitzung der Berliner hunstgesehichtlichen Gesell- 
sehaft am 24. Februar sprach Herr Dr. Kaemmerer über die 
neue Quellenkritik Vasari^s. Der Ruf des Giorgio Vasari 
als des Begründers der kunstwissenschaftlichen Litteratur 
ist durch die neueren Forschungen nach den Quellen, aus 
denen Vasari schöpfte, stark erschüttert. — Neben den von 
ihm selbst citirten Quellen, den Schriften des Ghiberti, 
Alberti, Domenico Ghirlandigo u. a. kommt eine Reihe 
unmittelbarer Mitteilungen in Betracht, die ihm aus den 
Kreisen der damaligen rOmischen Gelehrtenwelt, aus der 
Umgebung des Kardinals Alessandro Famese, durch Paolo 
Giovio, Annibale Caro, Tolomei und Molza geliefert wurden. 
— Weitere Quellen des Vasari fand man in den Archiven, 
in denen verschiedene Mannskripte, Kompilationen zur tos- 
kanischen Künstlergeschichte enthaltend, als mit Vasari's 
Viten in Zusammenhang stehend sich ergaben. Um die 
Untersuchung und Publikation dieser Manuskripte haben sich 
besonders G. v. Fabiiczy und Carl Frey Verdienste er- 
worben. Als Resultat dieser Forschungen, die Fabriczy 
formulirt hat und denen Frey sich im wesentlichen an- 
schließt, ergiebt sich folgendes: Der Codex Gaddianus 
(Magliabecchiana XVH, 17), um 1537—1546 entstanden und 
bisher als Quelle Vasari^s betrachtet, ist nicht als solche an- 
zusehen. Vielmehr schöpft er mit Vasaii gemeinsam aus 
einer älteren Quelle, dem etwa 1516—30 entstandenen libro 
di Antonio BiüL Erhalten ist dieses Werk des Billi in 
zwei Abschriften, dem Codex Strozzianus (Magliabecch. XXV, 
7, 636) aus den Jahren 1550/60 und in der flüchtigen Ab- 
schrift des florentiner Domherrn Antonio Petrei (Magliabecch. 
XIII, 7,89), etwa um 1565/70. — Der Verfasser des Billi'schen 
Werkes ist noch unbekannt. Aber sicher ist auch er nicht 
als primäre Quelle zu erachten, da er auf ältere Arbeiten, 
besonders auf eine noch unentdeckte Quelle A (um 1500 — 1507 
anzusetzen) zurückgeht, während er sowohl von Ghiberti 
als auch von Domenico Ghirlandajo's verschollenen Ricordi 
unabhängig ist. — Zu diesen von Fabnczy publicirten 


Manuskripten fügt Frey noch den Codex Gaddianus, die 
Kompilation eines Anonymus, die, von einer Einschiebung 
über Sieneser Künstler und einer Reihe beigefügter Reise- 
notizen abgesehen , nichts hervorragend Wichtiges bringt. 
Frey's Publikation ist sehr sorgfältig, in dem Kommentare 
sehr reichhaltig, aber leider sehr unübersichtlich in der An- 
ordnung. Befremdlich erscheint auch die Neigung des 
Herausgebers, jede Randglosse des Abschreibers oder Kompi- 
lators auf neue, noch unbekannte „Quellen" zurückzufahren. 
Herr Dr. Kaemmerer weist auch darauf hin, dass sich im 
Besitz des Cortoneser Stadtbibliothekars Mancini ein noch 
unpublizirtes Manuskript aus der Strozziana befindet, die 
KünsÜerviten des Giov. Bau, Geüi (1498—1563), die um 
1540 — 50 niedergeschrieben wurden. Erst nach Publikation 
dieser Handschrift ist eine abschließende Untersuchung 
möglich über Vasari's Bedeutung, über seine Methode der 
Quellenbenutzung, über den ^ert oder Unwert seiner 
Angaben wie seiner kritischen Urteile. — Sodann sprach 
Herr Dr. Friedländer über „Dürer's erste italienische Reise*'. 
Er wies darauf hin, wie der alte, von Thausing und Ephrussi 
geführte Streit in letzter Zeit durch Bufckhardt's Publikation 
wieder in Fluss gekommen und außer verschiedenen Rezen- 
sionen auch G. V. Tdrey's Schrift „Dürer *8 venezianischer 
Aufenthalt" daran angeknüpft hätten. Herr Dr. Friedländer 
versuchte, einen. Überblick über den augenblicklichen Stand 
der Frage zu geben. Er konstatirte zunächst, dass Dürer, 
nachdem er bei Wohlgemuth (Pleydenwurff?) in der Lehre 
gewesen, 1490 sich auf die Wanderschaft begab, dass er 
Scheurl zufolge 1492 in Kolmar bei Schongauer's Brüdern, 
und danach in Basel war, dais er dem Imhof sehen Inventar 
zufolge zu Stra£burg 1494 seinen Meister und seine Meisterin 
malte, dass er dann, seiner Familienchronik zufolge Pfing- 
sten 1494 heimkehrte und im Juli desselben Jahres heiratete. 
Der längere Aufenthalt in Basel ist erhärtet durch die An- 
fertigung der von Burckhardt nachgewiesenen Arbeiten für 
Holzschnittillustration, die nach Ansicht des Redners Dürer 
angehören. Nun soll aber Dürer, wie von vielen Seiten 
(Thausing, Retberg etc.) angenommen wird, auch im An- 
fang der neunziger Jahre Italien besucht haben. Redner 
führte die Beweise hierfür an, die betreifenden Notizen im 
Brief an Pirkheimer, die Notiz ScheurVs „qui cum nuper 
rediisset*', und hält für beide an dem Bezug auf eine erste 
italienische Reise fest. Sodann wies er aus der Geschichte 
der Dürer-Handzeichnungen nach, dass Dürer seit 1494 nach 
italienischen Stichen zeichnet, dass vom Jahre 1495 die Studie 
nach einem Christuskind des Lorenzo di Credi, nach vene- 
zianischem Frauenkostüm, und etwa aus derselben Zeit eine 
Reihe undatirter Zeichnungen mit italienischen Motiven 
stammen. Endlich nahm Dürer auch in der Malerei die von 
Mantegna geübte Technik, Temperafarbe auf ungebleichter 
Leinwand, an. Das alles scheint zusammengenommen eine 
erste italienische Reise höchst wahrscheinlich zu machen. 
Betreffs des Zeitpunktes dieser Reise schließt Dr. F. sich der 
Meinung von W. Schmidt und T6rey an, dass Dürer erst im 
Jahre 1494 nach seiner Hochzeit nach Italien gekommen 
sein dürfte. Aus dieser Zeit stammen die italienischen Mo- 
tive datirter Handzeichnungen, nach dieser Zeit wendet er 
die neue Maltechnik an, und vor allem wandelt sich sein 
bis dahin noch von Schongauer abhängiger Stil zu jener 
Größe der Formen, die auf italienische Vorbilder zurückzu- 
gehen scheint (vgl. Dresdener Altar und Apokalypse 1496 
bis 1498). Auch die Briefiiotiz an Pirkheimer vom Jahre 
1506 „das Ding, das mir vor 11 Jahren so wohl gefiel" weist 
auf das Jahr 1495 hin, in dem somit Dürer's erste italie- 
nische Reise stÄttgefunden haben dürfte. — Ein Bericht des 


299 


Vermiflchies. 


300 


Herrn Geh. Rat Bode über Aassiellungen in London und 
gescbäftliclie Mitteilungen schlössen die Sitzung. m. 8. 


VERMISCHTES. 

* Prof, Louis Jacoby in Berlin hat seinen vor Jahren 
in Angriff genommenen Stich nach Soddama's „Alexander 
und Roxane*' unläiigst vollendet Die bisher davon bekannt 
gewordenen Abdrücke befriedigen in Fachkreisen wenig und 
rechtfertigen die Erwartung nicht, dass der Künstler den 
mit seiner „Schule von Athen'* erzielten „succös d'estime" 
durch einen vollen Erfolg übertreffen werde. Im Gegen- 
teil! Namentlich in den nackten Teilen der Figuren, den 
reizvollsten des berühmten Bildes, zeigen sich bedenkliche 
Schwächen. Auch in technischer Hinsicht steht der Stich 
auf keiner sonderlichen Höhe. Er sieht aus wie ein matter, 
überarbeiteter Wieriz. Das' Beste daran ist noch die Land* 
Schaft des Hintergrundes und der Kopf der Roxane. 

— Ein seit langer Zeit verschollenes Werk von Thor- 
waldseUf die Reiterstatue des Prinzen Poniatowski, ist von 
dem Mitgliede der Petersburger archäologischen Gesellscbafb 
Polewtiew wieder aufgefunden worden. Dieselbe schmückt 
das Schloss des Fürsten Paskewitsch-Eriwanski in Homel 
bei Minsk in Russland. 

— nn. Düsseidorf. Seit einigen Tagen , ist bei Eduard 
Schulte das gerade vollendete Gemälde Ed. v. Gebhardt's 
„Die Bergpredifft" zur Ausstellung gelangt. Es ist eins der 
interessantesten Werke des Meisters. Über einer figuren- 
reichen Komposition mit stimmungsvoller Landschaft, 
welche den Charakter der Heimat des Künstlers (Esthland) 
trägt, leuchtet ein feingetönter, heller Abendhimmel. 
Christus sitzt auf einem Hügel, die Hände nach vom ge- 
streckt, den Mund wie zum Sprechen geöffnet, rings um ihn 
herum gelagert Männer und Frauen, Jünglinge und 
Mädchen und Kinder, alle andächtig horchend auf die 
Worte des Heilands. Tracht und Typen sind, wie immer 
bei V. Gebhardt, moderne Bauern, echte Germanen. Es ist 
hier nicht der Ort, um über die Berechtigung dieser Auf- 
fassung zu debattireu, uns interessirt nur das Bild als 
solches und der geradezu imponirende Ernst und die seltene 
Charakteristik von Gebhardt nötigt selbst dem Gegner und 
künstlerisch anders denkenden Kritiker Achtung und Be- 
wunderung ab. Die tiefe Andacht, die physiognomischen 
Studien der verschiedenen Köpfe, die Gruppirung, der Ge- 
samtton und der riesige Fleiß, der aus dem Werke spricht, 
fesselt immer aufs neue, und das Bild ist fortwährend von 
dichten Gruppen eifrig debattirender Zuschauer umstellt. 
Dass die Urteile manchmal sehr weit auseinandergehen, ist 
nicht mehr als natürlich. Was uns noch besonders beim 
ersten Blick auffällt, ist, dass alle Gebhardt'schen Bilder 
keinen „neuen*' Eindruck machen, d. h. die Malerei ist so 
getreu den alten Meistern nachempfunden, dass dieselben eben- 
so gut vor Jahrhunderten wie heute geschaffen sein könnten. 
Das aber ist gerade dieses Künstlers besondere Vorliebe, 
und sie ist darum durchaus nicht unselbständig, weil der 
Meister seinen eigenen iudividuellen Geist hineinzulegen 
versteht, in die alte Form einen neuen Inhalt zu gießen 
weiß. 

*^* Die Deputation für die innere Ausschmückung des 
Berliner Rathauses hat beschlossen, für die vier Nischen im 
Hauptvestibül vier allegorische Figuren in weißem Marmor 
ausführen zu lassen, welche die im alten Berlin am meisten 
betriebenen Gewerbe, Fischerei, Schifffahrt, Handel und Acker- 
bau, versinnlichen sollen. Die Auswahl der ausführenden 
Künstler ist einer Subkommission überlassen worden. Da- 


gegen soll zur Ausführung einer Statue des MiniBtem von 
Stein, des Begründers der Städteordnung, die in einer Nische 
des Korridors aufgestellt werden soll, ein Wettbewerb aus- 
geschrieben werden. 

*,* Zur Reform der MaÜechnik. Im Verein Berliner 
Künstler hielt am 4. März der Farbenchemiker Ooradam 
einen Vortrag über Künstlerfarben. Er setzte zunächst aus- 
einander, dass die Mal weise der älteren italienischen und 
holländischen Meister durchaus kein Geheimnis mehr für uns 
sei. Sodann bewies er, dass unsere moderne Malweise merk- 
lich von der älteren MaJweise abwiche', und dass es nötig 
sei, sich die Erfahrungen der älteren Technik zu nutze zu 
machen. Herr Goradam sprach Über die verschiedenen Öl- 
farben, über die Harz- und Firnisfarben, die Temperafarben, 
die Pereirafarben und über die Mussinifarben der Firma 
Schmincke & Co. in Düsseldorf. Zum Schlüsse führte er aus, 
dass seit vier bis fünf Jahren die ganze Malerwelt im höch- 
sten Maße durch die verschiedenen Farbenfabriken beun- 
ruhigt worden sei; man müsse den Konkurrenzstreit in an- 
derer Weise zu schlichten versuchen. Jeder Maler gehe in 
technischer Beziehung gewöhnlich seinen eigenen Weg, und 
es sei höchst bedauerlich, wie viele Erfahrungen dadurch 
verloren gegangen seien. Herr Goradam schlug alsdann 
vor, ein Archiv zu begründen, in dem jeder Maler seine Er- 
folge und Misserfolge verzeichnen kann. Das Archiv dürfte 
natürlich nur den Interessen der Maltechnik offen stehen. 

O Ein umfangreiches Oeschiehishüd des Düsseldorfer 
Malers Arthur Kampf das in zahlreichen, lebensgroßen Fi- 
guren eine Ansprache des krank im Bett liegenden Königs 
Friedrich's II. von Preußen an seine Generale in Koben an 
der Oder nach der Schlacht bei Kunersdorf darstellt, ist von 
dem bekannten Landschaftsmaler 6eorg Oeder in Düsseldorf 
angekauft und der dortigen Kunsthalle geschenkt worden. 

mm 

Geschenk des Kaisers von Osterreich an den Papst. 
Der Telegraph meldete vorige Woche aus Rom, dass Kaiser 
Franz Joseph dem Papste zu dessen Jubiläum eine kostbare 
Kassette mit hunderttausend Frank zum Geschenke gemacht 
hat, und dass diese Geldspende den Heiligen Vater in die 
Lage setzen soll, den Büchersaal der vatikanischen Bibliothek, 
dessen Vermehrung Leo XIII. zum Frommen der historischen 
Studien sich besonders angelegen sein lässt, nach Wunsch 
und Bedarf zu bedenken. Es wird die Leser interessiren, 
zu erfahren, dass die erwähnte Kassette ein Pi-achtstück 
modemer Wiener Kunstarbeit ist, welches im verflossenen 
Jahre von Professor Joseph Tautenhayn entworfen und 
modellirt und von Joseph Kowarzik ciselirt wurde. Die in 
Ebenholz und Silber ausgeführte Kassette ist 34 Centimeter 
lang und 24 Centimeter hoch, und trägt an ihren Seiten, 
an den Ecken und am Deckel reichen figürlichen Schmuck. 
Der Deckel zeigt als Hauptfigur in ovalem Felde die in 
flachem Relief dargestellte allegorische Gestalt der Zeit, auf 
ihrem Flügelwagen dahinschwebend, in der Linken das 
Stundenglas, und rings herum die gleichfalls in Relief be- 
handelten Bilder der vier Menschenalter. An den abge- 
rundeten Ecken der Kassette sind in frei herausgearbeiteten 
Figuren die Hören des Frühlings, Sommers, Herbstes und 
Winters dargestellt und zwischen ihnen, an den vier Seiten, 
zeigen sich wiederum Relief bilder: vorne der anbrechende 
Tag, rückwärts die Nacht, links das Erwachen der schlum- 
mernden Erde im Frühling, rechts endlich die Freuden des 
Herbstes bei dionysischer Festlust. Die Schönheit der Form- 
gebung und die Sorgfalt der Ausführung stehen mit dem 
Gedankenreichtum der Kompositionen auf gleicher Höhe. 
Man kann sich keine gefälligere und zugleich gediegenere 
Fassung für die kaiserliche Spende denken. (N. fr. Presse.) 


301 


Vom Kunstmarkt. — Zeitscluiften. — Inserate. 


302 


VOM KUNSTMARKT. 

Köln, Vom 21. bk 24. März gelangen bei J, M, Heberle 
(H. Lempertz' SObne) eine Sammlang von Waffen, Kunst- 
Hkchen, Antiquitäten und Juwelen, femer vom 27. bis 29. 
März aus verschiedenen Nachlässen eine Sammlung von 384 
Gemälden, darunter vorzügliche Originalarbeiten älterer und 
neuerer Meister, zur Versteigerung. 

Frankfurt ajM, Am 21. März kommt im Gem&ldesaale 
von Rud, Ba/ngel eine größere Anzahl von Gemälden vorzüg- 
licher modemer Künstler, darunter ^e Sammlung des Herrn 
Th. Blanch in Stockholm, verschiedene spanische Bilder, 
sowie Gemälde aus dem Nachlasse des Herrn H. P. Zeuner 
in Hanau zur Versteigerung; daran schließen sich am 22. 
und 23. d. Mts. zahlreiche Antiquitäten und Kunstgegen- 
stände aus letztgenanntem Nachlasse. Die Kataloge sind 
soeben erschienen. 

Wien, Bei C. «/. Wawra gelangen am 20. März und 
den folgenden Tagen die reichhaltige Kupferstiohsammltmg 
aus dem Nachlasse des Kunsthändlers £. Hirschler -und eine 
Sammlung alter Kupferstiche und Radimngen, Porträts, 
Karikaturen, Sittenbilder, Kostüme und historische Dar- 
steUungen zur Versteigerang. 

— Dresden. Für den 20. März dieses Jahres kündigt 
das Kunstantiquariat von v. Zahn dt Jaensch wieder eine 
Kunstauktion an. Die Sammlung beginnt mit 118 Hand- 
'zeichnungen und Aquarellen modemer Meister. Es folgen 
ca. 250 Kupferstiche alter Meister. Hier sind nun lauter 
Blätter verzeichnet, die sich durch besondere Schönheit hin- 
sichtlich des Drackes wie der Erhaltung und durch große 
Seltenheit auszeichnen. Die folgende Abteilung enthält die 
jetzt 30 beliebten Kupferstiche des achtzehnten Jahrhunderts, 
namentlich die Arbeiten in Schabkunst und Farbendruck. 
Den Schluss bilden eine Anzahl besonders schOner alter An- 
sichten, darunter einige Hauptblätter Canaletto*s. 

* Die Versteigerang von Leopold MüUer's künstlerischem 
Nachlassy welche in Wien vom 2. bis 4. März stattfand, 
hatte ein dem Werte der Verlassenschaft entsprechendes, 
glänzendes Resultat. Der Gesamterlös beziffert sich auf 
ca. 127000 fl. ö. W. Bereits vor der Auktion hatte Kaiser 
Franz Joseph das Bildnis der jungen Araberin Nafusa (Nt. 5 
des Katalogs) zum Preise von 7000 fl. für die Galerie des 


Hofmuseums angekauft. Von den bei der Versteigerung der 
Bilder erzielten Preisen geben wir im nachfolgenden die 
wichtigeren unter BeifQgung der Namen der Käufer an: 
Nr. 1 Markt bei Kairo 6010 fl. (Herr D. Gutmann), Nr. 4 
Insel Elephantine 1110 fl. (Prinz Reuß), Nr. 7 Junge Vene- 
tianerin 660 fl. (Herr Gabos), Nr. 11 Der Geldwechsler 920 fl. 
(Herr Rud. Reichert), Nr. 13 Junge Koptin 3510 fl. (Gräfin 
Castell), Nr. 15 Ägyptischer Barbier 2450 fl. (Baronin Klein), 
Nr. 22 Ein Sphinzgesicht von heute 3005 fl. (K. K. Akademie 
d. büd. Künste), Nr. 23 Hof eines Hauses in Assuan 1000 fl. 
(Markgraf Pallavicini), Nr. 24 Neger aus Darfur 1210 fl. (Herr 
Phüipp Schöller), Nr. 26 Tric-Trac-Spieler 1205 fl. (Herr Rud. 
Reichert), Nr. 27 Junge Sicilianerin mit Palmzweigen 5700 fl. 
(Herr Ephrussi), Nr. 37 Rast in der Wüste bei Gizeh 6550 fl. 
(Herr G. Reichert), Nr. 39 Ägyptische Sängerin 1110 fl. (K. 
K. Akademie), Nr. 52 Kairener Knabe 530 fl. (Prinz Reuß), 
Nr. 57 Beduine vom Berge Sinai 1065 fl. (Herr Phil. Schöller), 
Nr. 58 Bildnis einer jungen Koptin 2500 fl. (Pinakothek in 
München), Nr. 61 Arabisches Kaffeehaus 1450 fl. (Herr G. Rei- 
chert), Nr. 85 Kairener Teppichflicker 1650 fl. (HeiT Dr. Frieß), 
Nr. 133 Hof eines Hauses in Venedig 1445 fl. (Herr Salo Cohn). 


ZEITSCHRIFTEN. 
Allgemeine Kunstchronik« 1S98« Xn 5. 

Iieopold Karl Müller und sein Nachlass. — Atelierschau. Von 
Cl. Sokal. — Kunstbriefe: München. Von H. Peters; Düssel- 
dorf. — Ans neuer Renaissanceforschung. 

Anzeiger des Germanischen Nationalmusenms« 1898« Nr. 1« 

Zur Geschickte der technischen Verwendung des Papiers. Von 
H. Bosch. — Ein Brief vom Maler Müller an Wieland. Von 
Dr. R. Schmidt. — Zur Geschichte des Reichenhaller Salz- 
handels. Von H. Bosch. 

Die Knnst f&r AUe. 1892/98. Heft 12. 

Joseph Wenglein. Von Fr. Pecht. — Kunstausstellung in 
Neapel. Von C. Lyka. — Rundschau. Von Fr. Pecht. 

Zeitselurift fUr oliristUehe Kunst. 1892/98. Heft 12. 

Glasgem&lde der ehemaligen Sammlung Vinceut in Eonstanz. 
Von Schnütgen. — Die alte romaische Pfarrkirche cu Kriel 
bei Köln. Von L. Arntz. — Über Form und Ausstattung der 
Bilderrahmen. Von K. Atz. ~- Reliquienkästchen von Elfenbein 
im Museum zu Schwerin. Von F. Seh lie. — Die Erzthüren und 
die Fassade von St. Zeno zu Verona. II. Von St. B eis sei. 

Gazette des Beanx-Arts. 1. März 1898. Nr. 429. 

Les Arts arabes dans le Magreb: Tlemcen II. Vod Ary Renan. 
— Le Mus6e du Prado : La peinture italienne. III. Von F. L e f o r t. 
Exposition des ofuvres de Meissonier I: Le vignettiste et le 

faveur. Von H. Böraldi. — Exposition de maitres anciens 
la Royal- Academy. Von Cl. Phi 11 ips. — L*Art döcoratif dans 
le vieux Paris. XI. Von S. Reinach. 


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„ 30. Hymnologie n. Kirchenmusik. 

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KUN 







RONIK 


WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE. 

Ankundigungsblatt des Verbandes der deutschen Kunstgewerbevereina 

HERAUSGEBER: 

CARL VON LÜTZOW und DR. A. ROSENBERG 


WIEN 
Hengassd 58. 


BERLIN SW. 
Teltowerstrasse 17. 


Verlag von E. A. SEEMANN in LEIPZIG, Gartenstr. 15. Berlin: W. H. KÜHL, Jägerstr. 73, 

t^ 


Neue Folge. IV. Jahrgang. 


1892/93. 


Nr. 19. 23. März. 


Die KttDstchronik erscheint als Beiblatt zur .Zeitschrift fttr bildende Knnst" und znm nKunstgewerbeblatt" monatlich dreimal, in den 
Sommermonaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Hark und nmfasst 88 Nummern. Die Abonnenten der „Zeit- 
schrift fUr bildende Kunst* erhalten die Kunstohronik gratis. — Für Zeichnungen, Manuskripte etc., die unverlangt eingesandt werden, 
leisten Redaktion und Yerlagshandlnng keine Oew&hr. Inserate, k 80 Pf. fttr die dreispaltige Petitseile, nehmen außer der Yerlagshand- 
lung die Annoncenexpeditionen von Haasenstein k Vogler, Rud. Messe u. s. w. an. 


DIE WINTERAUSSTELLUNG DER 
LONDONER AKADEMIE. 

Die yierundzwanzigste Winterausstellung von 
Werken älterer Meister in der Königlichen Aka- 
demie in London enthalt zwar mehrere Gemälde, die 
ebenda schon in früheren Jahren zu sehen waren, 
aber dem Interesse der Sammlung wird dadurch 
nicht im mindesten Abbruch gethan. Die Mehrzahl 
der 178 Werke von Meistern der italienischen, der 
vlämischen^ der holländischen zumal und auch der 
einheimischen Schule müssen ebenso auf den Kunst- 
freund wie auf den Forscher einen tiefen Eindruck 
machen. Numerisch schwach vertreten ist nur die 
spanische und die deutsche Schule. Von der erste- 
ren kommt eigentlich nur Murillo mit drei hervor- 
ragenden Werken in Betracht Am bedeutendsten 
ist die Buhe auf der Flucht nach Ägypten (Nr. 131) 
aus der Sammlung des Earl of Straf ford in Wrotham 
Park, eines der liebreizendsten und bestechendsten 
Werke Murillo's in England, von tadelloser 
Erhaltung. Die Geschichte des Bildes giebt 
Gurüs unter Nr. 134, und es möge hier bei- 
läufig bemerkt sein, dass die Frage, welche Curtis 
auf wirft, ob das 1816 von G. Byng in der British 
Institution ausgestellte, aus einem Kapuzinerkloster 
in Genua stammende und 1810 für 1000 £ in 
London verkaufte „Biposo'' mit dem Strafford sehen 
Bilde identisch sein könne, einfach zu bejahen ist, 
weil „Bynch" der Familienname der Strafifords ist. 
Aus derselben Sammlung ist das Bild der lebens- 
großen Gestalten des hl. Joseph, welcher den 
Christusknaben an der Hand führt (Nr. 113), eines 


von jenen Meisterwerken, zu deren vollem Genuss 
der Weg durch die kaudinischen Pässe des Bigot- 
tismus führt. 

Während unter den Italienern des sechzehnten 
Jahrhunderts nur weniges neben dem vielen Vor- 
trefflichen von geradezu bestechender Wirkung ist, 
ist das Verhältnis bei den Malern des fünfzehnten 
Jahrhunderts eher das umgekehrte. Aus der an 
Italienern reichen Sammlung in Locko Park ist vor 
allem das sogenannte Porträt des Sigismondo Mala- 
testa zu nennen, welches für Piero d^Ua Francesca 
gilt (Nr. 146). Es ist ein im Profil nach links ge- 
wandtes Brustbild eines etwa fünfzehnjährigen 
Prinzen, das sich mir sofort als Werk des Francesco 
Cossa von Ferrara zu erkennen gab, und wer mit 
den kostbaren Wandmalereien dieses Meisters im 
Palazzo Schifanoja sich vertraut gemacht hat, wird 
gewiss dieser Bestimmung auch noch aus einem 
Nebengrunde seinen Beifall nicht versagen. Jene 
Fresken enthalten das Porträt des Borso inmitten 
anderer Prinzen des Hauses Este und des Hofstaates. 
Offenbar ist der Dargestellte auf dem Tafelbild auch 
ein Prinz des Hauses Este; — aller Wahrscheinlich- 
keit nach ist dies ein Jugendporträt des späteren 
Herzogs Ercole L, von dem wir sonst nur Porträts 
auf Medaillen, die seiner Begierungszeit angehören, 
besitzen. Man vergleiche besonders die des Spe- 
randio (Heiß PL VII, 1) und des Coradini (Heiß 
PL V, 1, 3 — 7). Ich möchte dieser Neubestimmung 
desw^en ein besonderes Gewicht beilegen, weil an 
ihr das Becht jüngster Neutaufen von Porträts auf 
Gossa's Namen bemessen werden sollte. 

Drei Porträts der Ausstellung führen den Namen 


307 


Die Winteraasstellung der Londoner Aliiademie. 


308 


des Domenico Ghirlandajo. Die National Gallery 
verzeichnet ebenfalls drei, und wenn man diese Be- 
nennungen unbesehen hinnehmen wollte, so könnte 
man auf etwa vier bis sechs Stilwandlungen allein 
im Portratfach bei diesem stilkonsersativsten unter 
den Florentiner Quattrocentisten schließen. Das 
Porträt des Francesco Sassetti (Nr. 149 der Aus- 
stellung) mit seinem Sohn Theodorus, aus der Samm- 
lung B. H. Benson, früher bei Mr. Graham, stimmt 
technisch in jeder Hinsicht überein mit dem Porträt 
des alten Mannes mit der widerlich geschwollenen 
Nase und dem reizenden Knaben zur Seite, welches 
seit wenigen Jahren im Louvre sich befindet. In 
beiden Bildern ist die breite Manier des Freskanten 
charakteristisch. Die Farben sind möglichst unge- 
brochen. Ein sattes Rot in den Gewändern waltet 
vor, wie in manchen seiner großen Altarwerke. 
Ghirlandajo zählte sechsunddreißig Jahre, als er 
die Wandmalereien der Kapelle Sassetti vollendete. 
Am Ende seiner von da ab fieberhaften Thätigkeit 
stehen die Fresken im Chor von S. Maria Novella, 
und dieser Zeit gehört auch das schöne, viel- 
besprochene Damenporträt an in der National 
Gallery, aus der Samndung H. Willett, die Wieder- 
holung einer Figur jener Chorfresken. Hier ist die 
Ausführung reich an Detailmalerei, die Töne sind 
bei feiner Abstufung fleißig verschmolzen. In diese 
Klasse gehören auch die beiden Porträts der Aus- 
stellung Nr. 159 und Nr. 163 aus der Sammlung Drury 
Lane, von denen Repliken in der Berliner Galerie 
unter dem Namen des Mainardi sich befinden 
(Nr. 83 u. 86). Sowohl in dem Willett'schen als auch 
in dem Lowe'schen Damenporträt Nr. 163 ist rechts 
in der oberen Ecke des Bildes eine Korallenkette 
angebracht, welche im Kreisbogen, gleich wie eine 
Guirlande dahängt. Bekanntlich leitet Vasari den 
Namen Ghirlandajo ab von den in der Werkstatt 
des alten Tommaso massenhaft fabrizirten «ghir- 
lande*", einem besonderen Damenschmuck, was zwar 
die neueren Kommentatoren nicht gelten lassen 
wollen, aber diese alten Porträtbilder treten doch 
offenbar dafür ein, und, was hier mehr zu sagen 
hat, sie legen uns die Benennung Ghirlandajo näher, 
als die Mainardi's, womit nicht gesagt sein soll, 
dass bei der Ausführung nicht auch Gehilfen be- 
teiligt gewesen sein mögen. In Altarwerken Ghir- 
landajo's lassen wir bei viel geringeren Köpfen ja 
auch seinen Namen geltei). 

Von Florentiner Bildern ist noch die Gestalt 
eines fliegenden Engels zu nennen, das Fragment 
eines großen Altarwerkes (Nr. 160) aus dem Besitz 


der Countess Brownlow, welches hier als Masaccio 
gilt, aber durchaus die Stilmerkmale eines hervor- 
ragenden Schülers des Fra Filippo aufweist, näm- 
lich des liebenswürdigen Pesellino, von dem nur 
wenig Werke uns erhalten sind. 

Mantegna's Heilige Familie (Nr. 151) aus der 
Sammlung von L. Mend ist ein der Kunstlitteratur 
noch unbekanntes Bild, das vor einigen Jahren in 
Verona entdeckt wurde. Die Komposition ist der 
des Dresdener Bildes verwandt Auch der Umfang 
ist so ziemlich der gleiche. In dem Mend'schen 
Bilde ist der Typus des Christuskindes von einer 
Vollendung, dass man ihm die Anerkennung einer 
geradezu klassischen Leistung nicht versagen kann. 
Das Christkind steht auf einer kreisförmigen, die 
knieende Madonna scheinbar umschließenden Stein- 
brüstung, dem Jwrtus clausus der mittelalterlichen 
Symbolik, an der u. a. auch Carpaccio auf zwei 
Darstellungen der hl. Familie noch festhält. Der 
Johannesknabe steht zur Seite des Jesusknaben 
und deutet auf denselben. Die Idee des .Salvator 
Mundi" ist hier in einer Weise zum Ausdruck ge- 
bracht, die in der auf das Reformationszeitalter 
folgenden Epoche italienischer Kunst geradezu als 
ketzerisch gegolten haben würde. Es ist dies gewiss 
eines des spätesten und reifsten Werke Mantegna's, 
von dem bisher nur ein Stück seit dem Ende des 
vorigen Jahrhunderts bekannt war. 

Von Bildern der Veronesischen Schule sind die 
beiden Einzelfiguren der Heiligen Petrus und 
Johannes (Nr. 153) aus derselben Sammlung zu- 
nächst zu nennen. Dieses Jugendwerk des Girolamo 
dai Libri kann nicht später angesetzt werden, als 
das erste Decennium des sechzehnten Jahrhunderts. 
Verglichen mit den Übrigen drei bekannten Jugend- 
werken in der Galerie und in der Kirche S. Ana- 
stasia in Verona und in der Pfarrkirche von 
Malsesine, erscheinen die Londoner beiden Tafel- 
bilder noch früher. Aus dem Charakter der hier 
noch ganz minutiös behandelten Landschaft ergiebt 
sich das unwiderleglich. Seinen weltbekannten 
späteren Stil verraten zuerst die Heiligengestalten 
im Chor von Marcellise, und für die Entstehung 
dieser ist das Jahr 1515 beglaubigt. Hieraus er- 
giebt sich ein ganz merkwürdiges kunstgeschicht- 
liches Problem, auf das ich an anderer Stelle näher 
einzugehen mir vorbehalte. Als Dürer im Jahre 
1526 die berühmte Johannesfigur, jetzt in der 
Münchener Pinakothek (Nr. 247), malte, muss ihm 
diese Johannesfigur des Girolamo dai Libri vorge- 
schwebt haben; denn Bewegung und Faltenwurf 


309 


Bücherschau. 


310 


sind bei beiden Figuren dieselben, nur im Gegen- 
sinn. Dürers in Trient gemachte Naturstudien 
können als indirekter Beweis dafür gelten, dass er 
auch Verona auf der Heerstraße nach Venedig be- 
rührt hat 

In dem nebenan hängenden Bilde Nr. 154 der 
Ausstellung (Besitzer Captain 6. L. Holford) ist ein 
Knabenkopf dargestellt, dem Giovanni Bellini zu- 
geschrieben; denn die Bezeichnung auf der gemalten 
Marmorbrüstung lautet: Opus Bellini loannis 

Veneti 

NON ALITEE. 

Bei einer solchen Inschrift muss es wohl für 
mindestens naseweis gelten, eine andere Benennung 
vorzuschlagen. Aber die Bilder des braven Jacopo 
de' Barbar) in Dresden (Nr. 57 — 59) und in Weimar 
(Nr. 3) stimmen so überein mit diesem Kopf, dass 
man sich über das .nicht anders* hinwegsetzen und 
dies feine Bildchen den Werken des welschen Jakob 
anreihen darf. 

Von den Schülern Bellini 's ist gewiss Vincenzo 
Catena in englischen Sanmilungen trefflicher und 
reicher vertreten, als irgendwo sonst Nur sind sie 
insgemein mit dem Aushängeschild des Namens 
seines Lehrers versehen: Giovanni Bellini — non 
aliter! Selbst die National Gallery mit ihren drei 
Hauptwerken Gatena's (neben vier echten Bellini's) 
macht hier keine Ausnahme. Es ist also selbstver- 
ständHch, dass auch Lord Brownlow's Anbetung der 
Hirten, Nr. 161 der Ausstellung, als Giov. Bellini 
aufgeführt ist, obwohl hier an gar niemand anders 
als an Catena gedacht werden kann, — was auch 
schon in »The Academy* (Nr. 1079) hervorgehoben 
wurde. Catena ist nächst Bellini, Giorgione und 
Carpaccio der grösste Poet unter seinen venezianischen 
Zeitgenossen und als solcher bewährt er sich auch 
in dieser großen Komposition mit ausgedehnter 
Landschaft. 

Über die Eünstlerfamilie der Bonifazi hat be- 
kanntlich Morelli-Lermolieff in seinen .Eunstkriti- 
schen Studien* Aufklärung gebracht Nachdem nun 
erwiesen ist, dass der sogenannte Bonifazio Veronese 
der größte dieses Namens ist, kann es gerade nicht 
Wunder nehmen, dass dieser Bevorzugungsname auch 
alsbald missbräuchlich in Anwendung kommt Und 
in dieser Ausstellung ist das um so auffälliger, weil 
hier auch das von Morelli beschriebene echte Jugend- 
werk desselben als Nr. 156 (Band II, Seite 319, 
wo es noch als in Florenz befindlich aufgeführt ist; 
Sammlung J. P. Richter) ausgestellt ist Sowohl 
Captain Holford 's Anbetung der Hirten (Nr. 158), 


als auch die Heilige Familie (Nr. 117) aus des Earl of 
Strafford Sammlung sind von der Hand des Boni- 
fazio n. Letzteres ist im Katalog der Ausstellung 
als Tizian aufgeführt An einem echten Tizian fehlt 
es diesmal überhaupt, denn auch das Bild der Diana 
mit Actaeon (Nr. 121), Earl Brownlow gehörend, 
ist nur das Werk eines Nachahmers. 

Vor Eröffnung der Ausstellung war vielfach die 
Erwartung ausgesprochen worden, dass die Palme 
dem Giorgionebild der Ehebrecherin vor Christus 
aus der Stadtgalerie von Glasgow werde zuerkannt 
werden. Nun hat zwar dieses farbenprächtige Bild 
den Ehrenplatz an der Wand bekonunen (Nr. 119), 
aber in dem Urteil der Kritiker und Kunstfreunde 
darüber ist eine starke Ernüchterung bemerklich. 
Ich hatte das Bild vor einem Jahrzehnt schon in 
Glasgow als Domenico Campagnola bestimmt und 
diese Benennung hat jetzt auch die .Times ** in der 
Besprechung der Ausstellung und Dir. Sidney Colvin 
vom British Museum in der »Pall Mall Gazette* 
als die allein mögliche angenommen und näher be- 
gründet JEAN PAUL RICHTER, 


BÜCHERSCHAU. 

Ernst Ton BaadeL Ein deutscher Mann und Künstler. 
yonlix.BßnnannSehmidL Mit 6 Abbildungen. Hannover, 
Carl Mayer (Gust. Prior), 1892. 4». X und 214 S. 
Wie es die feste, wetterharte Gestalt des Mannes, der 
das Hermanndenkmal auftürmte, nicht anders verlangt, ist 
hier Ernst von Bändel in kerniger deutscher Weise ein 
schönes schriftliches Denkmal gesetzt worden, das bei aller 
Einfachheit und Schlichtheit in der Darstellung doch von 
einem so warmen, oft begeisterungsvollen Zug von Freund- 
schaft durchweht ist, ohne all die Rührseligkeit, die so gern 
die Biographen zum Herzenfangen ihrer Leser in allen Ton- 
arten spielen lassen. Wohl aber schlSgt der Autor tief em- 
pfundene Töne an, wo es gilt, die infolge seiner Unterneh- 
mungen oft genug schwer gestörte Seelenruhe des Künstlers 
zu schildern; oft ist es, wie auch bei all dem fröhlichen 
und Humorvollen in der Darstellung weniger der Autor als 
Bändel selbst, der da mit seinen eigenen Worten in Brief- 
auBzügen und notorischen Äußerungen citirt wird. In lebens- 
voller Darstellung wird uns BandeFs Verkehr mit dem Mün- 
chener Kreis, seine erste Berührung mit demselben in Nürn- 
berg, Gnade und Ungnade König Ludwig^s und dessen Ver- 
söhnung mit dem recht oft widerhaarigen Künstler geschildert. 
Die Jugend desselben, das Herumtasten nach der richtigen, 
ihm zusagenden unter den Künsten, die Schilderung des 
ganz unzulänglichen, bureaukratisch verknöcherten Kunst- 
unterrichtes, worin sich Anfang und Ende des Jahrhunderts 
an manchen Orten wie Zwillinge ähneln, das alles sind 
Schilderungen, die durch persönliche Äußerungen Bandel's 
aufs glaubwürdigste gesteigert, im Einzelnen das Gesamte 
widerspiegeln und kunst- wie kulturhistorisch gleich wert- 
voll sind. Naturgemäß ist der Löwenanteil der Schrift dem 
das Leben Bändels so ganz ausfüllenden Hermanndenkmal 
im Teutoburgerwald gewidmet, das unter unglaublichen 


311 


Kunstblätter. — Nekrologe. — Personalnachrichten. 


312 


Schwierigkeiten entstand und nur der Beständigkeit und der 
zähen Ausdauer seines Urhebers sein Dasein dankt. Die kri- 
tischen Beleuchtungen Dr. Schmidt*8 wirken außerordentlich 
durch eine seltene EinfisLchheit , oft kindliche Naivität, die 
jeder Schönfärberei aus dem Wege geht und über der An- 
erkennung des Guten und der oft schier unüberwindlichen 
Schwierigkeiten technischer und anderer Natur speziell beim 
Teutoburgerdenkmal nie der Mängel vergisst; dabei versucht 
er eine Erklärung, eine Motivirung derselben zu geben; durch 
Anführung der in jeder Individualität liegenden Gegensätze 
gewinnt aber das Bild an Licht und Schatten. — Eine Cha- 
rakteristik Bandel's leitet zum Kapitel über sein Familien- 
leben hin, das uns den Künstler von der schönsten mensch- 
lichen Seite kennen lehrt — ein Abschnitt, der so vielen 
Biographieen mangelt, wenn er aber anzubringen ist, sehr be- 
deutend zur Modellirung der Figur beiträgt Alle die Per- 
sonen, die Bändel während seines langen thätigen Lebens 
im Verkehr kennen lernte, hat Schmidt in ein genaues Ver- 
zeichnis gebracht, so dass das Buch auch für spezielle Fragen 
aus dem Kunstleben jener aufstrebenden Epoche raschen 
Aufschluss zu geben vermag. Gegen achtzig größere und 
kleinere Arbeiten des Meisters sind nach der Zeit der Ent- 
stehung geordnet und mit ihrem gegenwärtigen Aufstellungs- 
orte und dem Namen des Materials, in dem sie ausgeführt 
wurden, notirt, gleichfalls eine dankenswerte Erweiterung 
der Monographie, die in befriedigendster Weise eine er- 
schöpfende Darstellung des Lebens des „großen National- 
romantikers'', wie ihn der Autor nennt, und seiner Fahrten 
und Irrfahrten im Gebiete der Künste giebt. Wir können 
das Werk in Ansehung seiner Vorzüge, schon in Anbetracht 
der starken kritischen Benützung von autobiographischem 
Material, das Dr. Schmidt von BandeVs Witwe zur Ver- 
fügung gestellt wurde, aufs beste empfehlen. 

ItVV. BOCK. 


KUNSTBLATTER. 

Franx Hanfstaengl's Photographieen nach Gemälden der 
Dresdener Galerie, Es ist seit zwanzig Jahren das dritte 
Mal, dass die Generaldirektion der königlichen Sammlungen 
in Dresden die Genehmigung zu einer umfassenden photo- 
graphischen Aufnahme der alten Gemälde der Dresdener 
Galerie erteilt hat. Obwohl nach den im Jahre 1883 er- 
folgten, meist vortrefflich gelungenen Aufnahmen von Ad. 
Braun & Co., die 600 Nummern umfassen, gerade kein 
dringendes Bedürfnis dazu vorlag, ist es nur zu billigen, dass 
die Generaldirektion einem erneuten Wettbewerb keinen 
Riegel vorgeschoben hat, um so mehr, als die Braun *schen, 
allmählich auf ganz Europa ausgedehnten Galeriewerke zu 
einem Privileg auszuarten drohten und durch ihre ziem- 
lich beträchtlichen Preise namentlich Gelehrten und wenig 
bemittelten Kunstfreunden eine Art von Zwangssteuer auf- 
erlegten. Dies war gewiss gerechtfertigt, solange das 
Verfahren des unveränderlichen Kohledrucks ein Geheim- 
nis der Firma Ad. Braun & Co. in Domach war. Das ist 
es heute nicht mehr, und darum ist es nur zu wünschen, 
dass der Vorgang der Münchener Firma Franz Hanfstaengl 
eifrige Nachfolge fände, vorausgesetzt, dass damit eine 
wesentliche Ermäßigung der hohen Preise für mechanische 
Reproduktionen einträte. Die seit 1871 angefertigten Photo- 
graphieen nach Gemälden der Dresdener Galerie gewähren 
ein sehr interessantes Material zur Beurteilung der ungeheuren 
Fortschritte, die die Photographie und das auf ihr beruhende 
Druckverfahren in zwanzig Jahren gemacht hat. AVir er- 
innern uns noch, welch großes Aufsehen die 1872 erschiene- 


nen Aufnahmen der Berliner Photographischen Gesellschaft 
damals machten. Man hatte noch niemals zuvor Photo- 
graphieen gesehen, auf denen die Handschrift des Künstlers 
so deutlich erkennbar gewesen, noch niemals Photographieen 
von dem Umfange, wie z. B. die Sixtinische Madonna. Diese 
große That ist freilich durch die Braun'schen Aufnahmen 
von 1883 überholt worden; aber noch heute ist eine Anzahl 
der Blätter der Photographischen Gesellschaft empfehlens- 
wert und auch für Studienzwecke brauchbar, wobei noch 
der geringe Preis ins Gewicht fällt Dass, beiläufig bemerkt, 
die Photographische Gesellschaft mit den Fortschritten der 
Technik mitgegangen ist, hat sie erst im vorigen Jahre durch 
eine vortreffliche Heliogravüre der Sixtinischen Madonna 
von ungewöhnlich großem Umfange bewiesen, der eine 
photographische Aufnahme aus dem Jahre 1891 zu Grunde 
liegt. Der Name Franz HanfstaengVs, den die neuesten, von 
1892 datirten Aufnahmen tragen, hat für die Dresdener 
Galerie einen historischen Klang. Der Begründer der Firma 
hat vor etwa fünfzig Jahren die erste große Publikation der 
Dresdener Galerie in Steindruck veranstaltet. Jetzt kommt 
sein Nachfolger mit der Photographie, die die Lithographie 
tot gemacht hat. Die uns vorliegenden Probeblätter dieser 
HanfstaengPschen Photographieen tragen in so hohem Grade 
den Stempel der Vollkommenheit, dass es den Erfindern der 
Zukunft schwer fallen dürfle, ein Verfahren zu ersinnen, das 
noch mehr Licht in die Finsternis nachgedunkelter Öl- 
gemälde alter Meister bringen könnte. Holbein*8 Bildnis 
des Morette, freilich eine dankbare Aufgabe für die Photo- 
graphie, tritt uns auf dem großen Imperialformat in wahr- 
haft unheimlicher Lebendigkeit entgegen, und selbst in der 
Verkleinerung auf Folioformat sind die tiefsten Schatten 
kaum merklich getrübt. Die Höhle, in der die Battonische 
Magdalena ruht, ist so vollkommen aufgehellt, dass man 
das Bild besser in allen Einzelheiten verfolgen kann als vor 
dem Original, und die Aufnahme der Sixtinischen Madoima 
hat aus der Leinwand noch mehr herausgeholt, als heute 
dem unbewaffneten menschlichen Auge erkennbar ist. Es 
wäre zu wünschen, dass die Firma sich entschlösse, auch 
Ausgaben in Kabinettformat zu veranstalten, wie sie es bei 
ihren Aufnahmen aus der Münchener Pinakothek gethan 
hat. Dann würden erst die Schätze der Dresdener Galerie 
zu einem Gemeingut und zugleich dem Trödel mit unwür- 
digen Nachbildungen in Dresdener Läden ein Ende gemacht 
werden. A, R. 


NEKROLOGE. 




Der Landschaftsmaler Nicolas Louis Cabat, einer 
der Begründer der modernen Stimmungslandschaft in der 
französischen Malerei, ist am 13. März zu Paris im 81. Le- 
bensjahre gestorben. 


PERSONALNACHRICHTEN. 

*^* Zum Administrator der Pariser Gohelinsmanufaktur 
ist an Stelle des in den Ruhestand getretenen (rerspach der 
Kunstschriftsteller Jides Guiffrey, Verfasser der „Histoire 
universelle de la tapisserie," einer Biographie van Dyck^s 
und anderer Werke, ernannt worden. 

*^* Detn Geschiehtsmaler Prof. August von Heyden ist 
vom Kultusminister die erbetene Entlassung aus dem Lehrer- 
verbande der Berliner Hochschule für die bildenden Künste, 
an der er Vorlesungen über Kostümgeschichte hielt, gewährt 
worden. 


313 


Sammlungen and Ansstellungen. 


314 


SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN. 

*^* Für die große Berliner KunstattssteÜung war eine 
Konkurrenz um ein Plakat ausgeschrieben worden, an der 
sicli 23 Künstler mit 26 Entwürfen beteiligt haben. Der 
erste Preis im Betrage von 1000 M. wurde Prof. Ernst 
Hildebrand zuerkannt. Der Entwurf zeigt eine Idealfigur 
der Kunst, die in der hochgestreckten Rechten den verheißen- 
den Lorbeer trägt; daneben hat ein schwebender Adler das 
entrollte Banner der Ausstellung in den Krallen; in der Tiefe 
schimmern die Türme und Kuppeln von Berlin, insbesondere 
Schlosskapelle und Rathausturm hervor. Den zweiten Preis 
von 200 M. erhielt der Maler Budi Rother, 

*^* Die in München geplante Ausstellung der dortigen 
Sexessionisten wird wegen finanzieller Schwierigkeiten, und 
weil das Gebäude an der Prinzregentenstraße nicht recht- 
zeitig vollendet werden kann, in diesem Jahre unterbleiben. 

— München, Die vierte Jahresattssteüung von Kunst- 
werken aller Nationen, in gleicher Weise wie in den Vor- 
jahren im KOnigl. Glaspalaste zu München von der Münchener 
Künstlergenossenschaft veranstaltet, wird wie bisher am 
1. Juli laufenden Jahres eröffnet. Zur Durchfährung der 
Ausstellung hat sich der Gesamtvorstand der Genossenschaft 
als Ausstellungskomitee konstituirt und zunächst die folgen- 
den Herren kooptirt: die Maler Anders- Andersen-Lundby, 
Professor Hans von Bartels, Professor Josef von Brandt, 
Wladislav von Czachorski, Professor Adolf EchÜer und den 
Kupferstecher Jakob Deininger. Die meisten der vorge- 
nannten Herren sind zugleich beauftragt, als Bevollmächtigte 
der Münchener Künstlergenossenschaft die verschiedenen 
Kunstcentren des Kontinents zu besuchen, um bei der dortigen 
Künstlerschaft für die Jahresausstellung thätig zu sein. 
Seit längerer Zeit sind die verschiedenen Komitees schon in 
eifriger Thätigkeit und ohne Zweifel werden Künstler und 
Kunstfreunde konunenden Sommer im Münchener Glaspalaste 
so viel des Interessanten zu sehen bekommen, wie bei irgend 
einer der vorhergehenden Jahre.saus8tellungen. 

Bei Ed, Schulte in Düsseldorf ist die neben der „Freien 
Vereinigung'* fortbestehende permanente Ausstellung in 
dieser Woche durch drei Kabinettstückchen von Pradilla 
(„Karneval in Rom", .»Wäscherinnen** und „Auf der Terrasse**) 
ausgezeichnet. Drei Pradilla's auf einmal! Wer die enor- 
men Preise kennt, die der große Spanier heute bekommt, 
der weiß, was das heißen will. Seitdem der Künstler in 
Berlin die Medaille erhalten, hat man ihm in Deutschland 
erst die gebührende Wertschätzung angedeihen lassen. Es 
bedarf ja dazu solcher äußerlichen Mittel — leider! Von 
den drei Bildern gefallen uns die „Wäscherinnen** vielleicht 
am besten, doch wer die Wahl hat, hat die Qual und in 
diesem Falle auch das Portemonnaie zu — erleichtem. — 
Oswald Achenbach hat schon wieder ein Bild fertig, das 
geht alle Wochen so lustig weiter. Eine Landschaft von 
Garl Heffner (jetzt ein seltener Gast bei uns geworden), des- 
gleichen ein Hortung f ein Muntfie und ein feiner Oeder sind 
ebenfalls hinzugekommen. — nn. 

•j^* Die Meissonier- Ausstellung in Paris ist am 6. März 
in der Galerie G. Petit eröffnet worden. An diesem Tage 
betrug der Eintrittspreis 100 Frk. Die Einnahme belief sich 
jedoch nur auf 16000 Frk., was bei dem großen Andränge 
daraus zu erklären ist, dass sich unter den Besuchern viele 
Eingeladene befanden, an der Spitze Präsident Carnot. 

— Breslau, Dem scklesischen Museum der bildenden 
Künste ist von dem verstorbenen Stadtrichter a. D., J. Fried- 
länder, eine bedeutende Sammlung von Gemälden und 


Bronzen testamentarisch vermacht worden mit der Bedingung, 
dass von Seiten des Museums ein Fonds gegründet werde, dessen 
Zinsen zu Reisestipendien fKr jüngere Künstler verwandt 
werden, um diesen Fonds zu schaffen, wird von Seiten des 
Museums ein großer Teil der Bilder, die zur Au&ahme in 
die Galerie weniger geeignet sind, verkauft werden. Für 
die Galerie zurückbehalten sind: G. Max, Venus und Amor; 
0. Achenbach, Oberitalienische Landschaft; E. J. Schindler, 
Regenlandschaft; J. E. Meyerheim, Katzenfamilie; F. De- 
fregger, Apfelschälerin; Schleich sen., Landschaft; zwei 
Bronzen von Moreau-Vauthier. Zum Verkauf sollen ge- 
langen Bilder von E. Meyerheim, J. Dupr6, E. Grützner, 
A. Seitz, J. Jutz, C. Süs, W. Kray, A. Achenbach, L. Dou- 
zette, R. v. Haanen, Dressler, F. Vinea, Alb. Zimmermann, 
C. Gussow und A. Holmberg und noch viele andere minderer 
Bedeutung. Nur durch das einmütige Zusammengehen 
opferwilliger Kunstfreunde, zumal derer, die dem Verstor- 
benen nahe gestanden, mit der Verwaltung des Museums 
lassen sich die idealen Absichten des Erblassers, die Kunst- 
sammlungen und zugleich die Künstler zu fordern, verwirk- 
lichen. Wir haben die Zuversicht, dass er sich in seinen 
Voraussetzungen nicht getäuscht habe. (Schlesische Ztg.) 

A. R. Aus Berliner Kunstausstellungen, Die im vorigen 
Jahre ins Leben getretene Gesellschaft deutscher Aquarellisten, 
die sich von den ähnlichen Gesellschaften in Paris, London 
und Wien dadurch unterscheidet, dass sie nur auf eine 
geringe Anzahl von Mitgliedern beschränkt ist — * sie zählt 
gegenwärtig acht — hat bei Amsler S Ruthardt (Gebr. 
Meder) ihre zweite Ausstellung am 6. März eröfifoet. Sie ist 
zwar nur mit 36 Blättern beschickt; aber es sind fast durch- 
weg völlig ausgereifte Schöpfungen, in denen die Künstler 
nicht nur ihr Bestes gegeben, sondern zum Teil auch ihre 
glänzendsten früheren Schöpfungen übertroffen haben. Dies 
gilt besonders von Hans v, Bartels in München und dem 
Dresdener Miax Fritx, Ersterer hat außer einer von einem 
tiefen Augenpunkt genommenen Ansicht des Promenaden- 
platzes in München zur Herbsteszeit und bei lebhaftem Ver- 
kehr ein holländisches Strandbild ausgestellt: eine eben ge- 
landete Fischerbarke im Mittelgrunde, die von Käufern um- 
geben ist, und im Vordergrunde eine junge, von Glück über 
ihren guten Einkauf strahlende Frau, die, vom Winde zer- 
zaust, mit ihrer Bürde nach Hause eilt. Mit einem blühen- 
den Kolorit von strotzender Gesundheit ist hier eine pla- 
stische Kraft vereinigt, die bisher nur selten in einer Wasser- 
farbenmalerei erreicht worden ist Freilich hat H. v. Bartels 
gleich den übrigen Mitgliedern der Gesellschaft längst die 
reine Aquarelltechnik alten Stils aufgegeben. Wie er selbst 
in einer Abhandlung über Aquarellmalerei, die er zu dem 
Raupp'schen Katechismus der Malerei beigesteuert hat, her- 
vorhebt, ist „ein Teilen der Aquarelltechnik in Gouache und 
reines Aquarell ein überwundener Standpunkt. Das Weiß 
in dieser Technik gehört vollkommen gleichberechtigt zu 
den übrigen Farben, genau wie in der Ölmalerei.'* Er ist 
der Meinung, dass erst dadurch die Aquarelltechnik mit der 
Ölmalerei an Leuchtkraft und Intensität der Farbe wett- 
eifern, ja sie sogar übertreffen könne. Wenn letzteres bis- 
her auch noch nicht eingetreten ist, so ist es doch zu er- 
warten, wenn die deutsche Aquarelltechnik sich so weiter 
entwickelt, wie in den letzten fQnf bis sechs Jahren. Diese 
Fortschritte sind keinem so sehr zu gut« gekommen, wie 
dem poesievollen Landschaftsmaler Max Fritz, der sich von 
seiner etwas spitzen, tüpfelnden Manier in einem Feldweg 
zur Sommerszeit, einem holländischen Kanal im Februar 
und einer Strandpartie von Rügen bei bewölktem Himmel 
zu vollkommener Freiheit der malerischen Darstellung er- 


315 


YenrnBchtes. 


316 


hoben und in einem hoUändisclien Eücheninteriear mit einer 
Frau am Herde in der Feinheit des Helldunkels, der Kraft 
und Durchsichtigkeit des Tons die besten alten Niederländer 
erreicht hat. Hcms Hemnaim erhält sich in seinen Ansichten 
aus Chioggia, Dordrecht, Amsterdam (Morgen- und Abend- 
stimmung}, Ylissingen (Gemüsemarkt) und Berlin (Blick auf 
das neue Reichstagsgeb&ude) auf seiner alten, respektablen 
Höhe; nur sollte er beizeiten auf größere Mannigfaltigkeit 
der Motive sehen , um nicht in Routine und Manier zu ge- 
raten. Auch Franx Skarbma bietet in seinen Ansichten 
enger Hamburger Gassen und Innenrftume und in einer Ber- 
liner WinterlandschiEiffc, einem Blick auf die Potsdamer Brücke 
Fom Kanal aus, nichts Neues, aber doch bei weitem Erfreu- 
licheres und künstlerisch Reiferes, als in der Ausstellung 
der „Elf*. Auch der Illustrator Friedrich Stahl zeigt sich 
in zwei duftigen Park- oder Gartenlandschaften mit Figuren 
in der Tracht der zwanziger Jahre dieses Jahrhunderts viel 
poetischer, feiner fühlend und geschmackvoller, als in seinen 
roh hingewischten Olskizzen, die er bei Schulte ausgestellt 
hat. Efie Versuche Skarbina^s, verwickelte Beleuchtungs- 
effekte zur Anschauung zu bringen, scheinen den Düssel- 
dorfer Arthur Kampf zu ähnlichen Experimenten verlockt 
zu haben, die aber weniger geglückt sind, als eine vortreff- 
liche, an die plastische Art H. Herrmann's erinnernde Fluss- 
landschafl mit Männern und Frauen auf dem hohen Ufer, 
die mit Gebärden des Entsetzens und des Mitleids auf einen 
von einem Dampfer geschleppten Kahn blicken, an dessen 
Mast die gelbe Choleraflagge gehisst ist Minder hervor- 
ragend sind die Frühlings- und Sommerlandschaften von 
L. Dettmann in Berlin, von dem wir Besseres erwarten 
durften, und zwei Blätter von Noah Bantxer in München, 
das Brustbild einer alten Frau mit violetter Kapuze und 
eine trauernde Witwe im Sorgenstuhl. Als ein Ganzes be- 
trachtet ist diese Ausstellung die erfreulichste und einheit- 
lichste, die Berlin seit langer Zeit gesehen hat. — In OurliWs 
KunaUahn ist einer Ausstellung von Gemälden neuerer fran- 
zösischer Künstler, meist solcher ans der Schule von Fon- 
tainebleau, die fast ausschließlich zu der Ware gehörten, 
die auf dem französischen Kunstmarkt keinen Absatz mehr 
findet, eine Sonderausstellung von Tierbildem des in Mün- 
chen ansässigen, aus Berlin gebürtigen Malers Hubert von 
Heyden, eines Sohnes des trefflichen Geschichtsmalers August 
von Heyden, gefolgt. Seine Darstellungen von Löwen, Tigern, 
Wildschweinen u. dergl. m. sind sowohl durch ihren be- 
trächtlichen umfang, als durch die eigenartige malerische 
Behandlung, die vielleicht etwas von der Wildheit und 
schreckhaften ünheimlichkeit dieser Bestien widerspiegeln 
wollte, auf den letzten Münchener Jahresausstellungen auf- 
gefallen. Auch in Zeichnungen und Radirungen hat er sich 
als Anhänger der modernen naturalistischen Richtung be- 
kannt, der aber nicht so weit geht, die Form völlig der im- 
pressionistischen Stimmung, dem Eindruck des Augenblicks, 
dem Stammeln des Naturlauts zu opfern. Zu den wilden 
Tieren hat er jetzt auch die zahmen Schweine und die Be- 
wohner des Hühnerhofs gesellt und dabei Gelegenheit ge- 
habt, sich auch als Landschaftsmaler, meist mit starker 
Anwendung des sommerlichen Sonnenlichts, zu zeigen. Als 
Landschaftsmaler fehlt es ihm nicht an Stimmung, an feiner 
Beobachtung; er hat sogar bisweilen poetische Anwand- 
lungen. Aber noch hat die überströmende Lust am Schaffen 
dem jungen Manne keine Zeit gelassen, seine Kräfte zu sam- 
meln und zum Ausgleich der in Berlin und München em- 
pfangenen Eindrücke zu bringen. 


VERMISCHTES. 

*^* Die Pyramide dee Freihurger Müruters muss, wie 
der „Frankf. Ztg/* geschrieben wird, in der Höhe von 
15 Metern abgenommen und völlig erneuert werden, weil 
diese obere Hälfte nur vermittelst zahlreicher Eisenklammem 
zusammengehalten wird, und ein Blitzschlag, wie der von 
1561, sie völlig zerstören würde. Die gründliche Wieder- 
herstellung des Münsters in allen seinen Teilen wird erst 
1896 im großen Stile begonnen werden und etwa 15 Jahre 
dauern. Die Kosten, die teilweise durch die bekannte Geld- 
lotterie aufgebracht werden, sind auf 1^/4 Millionen geschätzt, 
die der Freilegung des durch einige Gebäude verunstalteten 
Münsterchors auf ^U Millionen, weil mehrere der einzureißen- 
den Häuser dem Münsterfabrikfonds gehören. 

•,* Der Maler Wereschtschagin ist mit der Vollendung 
einer Bilderreihe beschäftigt, die Vorgänge aus dem Kriegs- 
jahre 1812 darstellt. Mehrere dieser Bilder bringen eine den 
Franzosen gerade jetzt gewiss peinliche Erinnerung, die da- 
malige französische Wirtschaft in Russland zur Darstellung, 
insbesondere die Entweihung russischer Heiligtümer in den 
Moskauer Kirchen. Wereschtschagin beabsichtigt, diesen 
Bilder-Cyklus nicht nur in Bussland auszustellen, sondern 
damit auch nach Deutschland und Osterreich-Üngam zu 
konmien. 

*^* Alexander Dumas über Meissonier. Zu dem Kataloge 
derMeissonier-Ausstellung hat Dumas eine Vorrede geschrieben, 
der wir in folgendem die begeisterungsvolle Einleitung und 
einige interessante Beiträge zur Charakteristik des Meisters ent- 
nehmen. Dumas, ein langjähriger Freund Meissonier's, erhebt 
sich darin zu einem bei ihm ungewöhnlichen Pathos. „Ihr, die 
ihr in diesen Saal tretet," so beginnt er, „lasst an der ThÜr die 
Neugierde zurück, die euch so oft über seine Schwelle ge- 
führt hat, und bereitet euch zur Achtung, Rührung und 
Dankbarkeit vor. Hier giebt es sechzig Jahre der aufrichtigsten 
und angestrengtesten Arbeit, der heißesten und edelsten 
Liebe zur Kunst, des reinsten Ideals. Niemand that mehr 
als dieser Mann, um eure Bewunderung und Hochschätzung 
zu verdienen. Während dieser sechzig Jahre der Arbeit der 
Armut, der Kämpfe des Reichtums, des Ruhms, gehörte 
keine Minute der Zögerung, der Entmutigung, dem Zweifel 
an, und keine Minute der Selbstbefriedigung und der Genuss- 
freude. Jede Sekunde enthielt eine neue Anstrengung auf 
dem Wege zur Vollkommenheit, die er so oft erreicht hat. 
Kein einziges Zugeständnis an den Geschmack der Käufer, 
an die großen Summen, die ihm geboten wurden. Sechzig Jahre 
hindurch hatte dieser Mann sich nicht einen Abend zu Bette 
gelegt, um sich von der Tagesarbeit zu erholen, ohne an 
die Arbeit des folgenden Tages zu denken und nach ihr zu 
verlangen. Was dieser fünfzehnjährige Jüngling, der Sohn eines 
unbekannten Händlers, inmitten der gewöhnlichsten, un- 
künsÜerischesten Waren des väterlichen Ladens zu träumen 
und in der Kunst zu ahnen begann, das hat er fünfzig Jahre 
hindurch an jedem Tage, den Gott ihm gab, mit einer Ge- 
duld, einer Kraft und einem Glauben ohnegleichen ver- 
wirklicht. Wenn es jemals einen wahren Beruf gab, der 
einem Kinde sein Kennzeichen auf die Stirn drückte und es 
durch alle Hindemisse hindurch zur Meisterschaft trieb, so 
war es der Beraf Meissonier's.'* Folgende Stelle schildert die 
Lebensweise des Meisters mit interessanten Zügen: „Bei 
Tagesanbrach erhebt er sich im Sommer wie im Winter. 
Er zündet Licht an und unterzieht das einer erbarmungs- 
losen Revision, was er Tags zuvor geschaffen hat. Dann 
bereitet er seine Palette, wobei er eine Schnitte Brot und 
einen Apfel verzehrt, und sitzt nun auf seinem Bocke bis 


317 


Yermisclites. — Zeitschriften. 


318 


zur Dinerstunde, ohne andere Gesellschaft als die eines seiner 
großen Windspiele. Er dejeonirt ganz allein um die Mittags- 
zeit, wie ein wahrhafter Anachoret; ein bis zwei Sardinen 
oder etwas Schinken und eine Tasse Thee, die er sich selbst 
zubereitet, bilden das Menü. Während dieser kärglichen 
Mahlzeit liest er Shakespeare, Byron, Dante, Saint-Simon, 
militärische Erzählungen, geschichtliche oder philosophische 
Bücher, immer etwas Ernstes, das ihn zum Nachdenken 
zwingt, das ihn begeistert, über das er mit seinen Besuchern 
diskutiren kann. Das Diner nimmt er im Familienkreise 
und in Gesellschaft eines oder zweier Freunde ein. Abends 
pflegt seine Tochter zu musiziren. £r greift dann zu Feder 
und Stift, um beim Scheine der Lampe eine jener tausend 
Figuren zu zeichnen, die seine Einbildungskraft beschäftigen. 
Zur Erholung und Zerstreuung werden Spazierritte in den 
Wald von Saint-Germain, Bootfahrten und Schwimmübungen 
vorgenommen. Da aber das Alter kommt und der Arzt das 
Reiten und die kalten Bäder verbietet, so arbeitet der Meister 
des Tags zwei oder drei Stunden länger, das ist alles, und 
ob er in Paris, in Poissy, in Antibes, wo er mehrere Winter 
wohnte, in Venedig, wohin es ihn Ende August zog, weilte 
— überall befolgte er die gleiche Lebensweise. In Venedig 
war er allerorten mit seinem Album und selbst mit seinem 
Schemel, auf dem Markusplatze, auf der Piazzetta, am Strande 
des Meeres, auf den Quais, auf den Straßen, immer in dem 
Glauben, dass niemand ihn kenne und dass man sich nicht 
mehr mit ihm als mit den Übrigen beschäftige. Ist man da 
noch erstaunt, dass die 1200 Nummern des Katalogs noch 
nicht die Hälfte der gesamten Werke Meissonier's darstellen? 
Wer ihn gefragt hätte, wie er so viele Meisterwerke schaffen 
könnte, dem müsste er erwidert haben: „Weil ich immerfort 
daran denke!'* Und daher hatte er auch diesen schönen, 
mächtigen, heiteren und leuchtenden Kopf, der nach dem 
Kopfe des Moses von Michel-Angelo modellirt schien." An 
anderer Stelle tritt Dumas der Behauptung entgegen, dass 
Meissonier sehr stolz und seinen Kunstgenossen gegenüber 
im Urteil ungerecht und schroff gewesen sei. Im Gegenteil 
habe er die aufrichtigste Bewunderung der anderen mit der 
größten Bescheidenheit verbunden. Zum Belege dessen er- 
zählt Dumas eine Anzahl Anekdoten, von welchen hier 
einige wiedergegeben seien: „Als Fortuny mit seinen schönen 
Wasserfarbenbildem auftrat, sagte mir Meissonier: „Ich 
würde mir den kleinen Finger der linken Hand abschneiden 
lassen, um so zu malen, wie dieser Mann." Und er malte 
für mich ein Wasserfarbenbild, dessen Gegenstand meiner 
„Affaire Cl^menceau** entlehnt ist. Er versuchte darin, mit 
Fortuny zu wetteifern, den er an diesem Tage, wie jeder- 
zeit, übertraf. Unterdessen kopirte Fortuny gewissenhaft 
Meissonier'sche Bilder, um sich in seiner Kunst auszubilden; 
er zeigte diese Kopieen dem Meister mit der Frage, ob er mit 
ihnen zufrieden sei. An dem Tage, wo sein Bild , J'riedland", 
an dem ich ihn seit 10 Jahren arbeiten sah, nach Amerika 
al^eschickt vnirde, besuchte ich ihn frühmorgens, um diesem 
Werke Lebewohl zu sagen. Ich fand ihn damit beschäftigt, 
die letzten Lichter auf die Degen zu setzen. „Also heute", 
fragte ich, „geht wirkL'ch das Bild ab?" — ,|Ja", antwortete 
er, „und wenn ich nicht mein Wort gegeben hätte, so würde 
ich es nicht abschicken, denn ich finde es nicht gut.'* Und 
die Leute erzählen von dem unermesslichen Stolze dieses 
Mannes! Seine Bewunderung für die Meister kleidete sich 
in seinem Munde oft in die originellsten Formen. Man 
stritt in seiner Gegenwart Über Delacroiz, und mehrere An- 
wesende gefielen sich darin, MeiBsonier über diesen Künstler 
zu stellen. „Lassen Sie mich in Buhe!" rief Meissonier; 
„Delacroix ist der Hahn; wir sind nur die Hennen!" ... Er 


kehrte von der Jubelfeier Michel- Angelo*s zurück, bei welcher 
er eine Bede gehalten hatte. In seiner Werkstatt unterhielt 
sich eine Versammlung von Freunden über diese Feier. 
„Meissonier**, sagte jemand, „hegt eine solche Verehrung 
für Michel-Angelo, dass er dessen Pantoffeln geküsst hat; ich 
habe es gesehen." — „Das ist um so schöner," bemerkte ein 
anderer, „als es nicht die wahren Pantoffeln Michel-Angelo's 
sind." — ,Jch wusste es wohl,** antwortete Meissonier, der 
während dieses Gesprächs zu arbeiten fortfuhr, „aber was 
liegt daran? Der Glaube bedarf keiner Beweise." — „Aber 
was hätten Sie denn gethan, wenn es die wahren Pantoffeln 
gewesen wären?** — „Ich hätte sie gestohlen!" 

— Dresden. Laut Bekanntmachung des akademischen 
Rats stehen ihm in diesem Jahre 3000 Mark Zinsen aus 
einer Stiftung zur Hebung der Freskomalerei zur Ver- 
fügung. Es sollen in den Wohnräumen eines Kunstfreundes 
ein oder mehrere Bilder in Freskomalerei ausgeführt werden, 
deren Stoffe von dem Besitzer bestimmt werden. Die Aka- 
demieen zu München, Berlin, Düsseldorf, Karlsruhe und 
Dresden haben ihre im jährlichen Wechsel erfolgende Mit- 
wirkung zur Durchführung der Stiftung ftlr einen bestimmten 
Bezirk zugesagt. In diesem Jahre trifft die Reihe hierzu die 
königl. sächsische Kunstakademie zu Dresden. Kunstfreunde, 
welche im Königreich Sachsen oder in den thüringischen 
Herzogtümern oder in dem Herzogtume Anhalt oder Braun- 
schweig oder endlich in den Fürstentümern Reuß ein Haus 
besitzen, worin sie einen Raum mit Freskomalerei geschmückt 
haben möchten, werden nun aufgefordert, sich bis zum 
1. Juli d. J. beim hiesigen akademischen Rat schriftlich zu 
melden und ihm zugleich Mitteilung zu machen über den 
darzustellenden Gegenstand und die gewünschte Art der 
Darstellung (Figurenbild, Landschaft, Dekoration), die Gröfie, 
Gestalt, Lage des Raumes und der Wandfläche, durch Ein- 
sendung eines möglichst speziellen Grund- und Aufrisses, 
die Höhe des Betrages, welche sie etwa bei größerer Aus- 
dehnung der Arbeit beizusteuern gewillt sind. — Die Kosten 
fdr die Vorbereitung der Wandfläche, Herstellung der Ge- 
rüste und Beschaffung der nötigen Requisiten hat der Be- 
sitzer des zu schmückenden Gebäudes zu tragen. 


ZEITSCHRIFTEN. 

Allgemeiiie Kunstchroiük. 1898, Nr. 6. 

Känstler bei der Arbeit. Von K. Sokal. — Über offen tliohe 
G&rten und den Schmack der Straßen und Plätze. Ypn L. Abel. 
Kunstbrief: Düsseldorf. — Pariser Ateliers. Von Dr. A. Nossic. 

— Zwei .anUke** Novitäten. Von Dr. 0. Hothes. 

Bajerisehe Gewerbeieitmig. 189S. Nr. 4/5. 

Künstlerische Metalleinla^n. Von Stookbauer. — Die Kas- 
seler Weifiglaahtttte von 1688. Von Dr. A. v. Draoh. 

Knnstsaloii. 1892/1^8. Heft 4. 

Die Mimik im Dienste der bUdenden Kunst. (Forte.) Von Prof. 
K. Skraup. — Vom römisohen Kunstleben. Von H. v. Preu- 
schen. — Pariser Kunstbrief. Von Dr. A. Nossig. — Polnische 
Kunst. Von J. Suesser. 

Mitteilnngeii des k. k. SsterreiolüBcheii MuseiiiiiB fQr 
Kunst und Industrie. 1898. Man. 

Die Pariser Ausstellung weiblicher Knnstarbeiten. Von A. Biegl. 

— Die Natnrformen und die Ornamentik. Von H. Maoht« 

Repertoriam der Konstwissensohaft. XYI. Heft 1/2. 

Das Geheimnis der leonardesken Altargem&lde in Valencia. Von 
Dr. G. Justi. — Die antiken Triumphbogen in Italien. Von 
H. Wölfflin. — Der deutsche und niederlandisohe Kupferstich 
des fünfisehnten Jahrhunderts in den kleineren Sammlungen. 
Von M. Lehrs. — Plaketten im Museo Correr eu Venedig, von 
E. Jacobson. — Die Herstellungsphasen spätmittelalterlioher 
Bilderhandschriften. Von J. Neuwirth. — Über Spitsenbüoher 
und Spitzen. Von E. v. ü bis eh. 

L'Art MSrz 1898. Nr. 691. 

Meissonier. Von L. Royer-Miles. — Philippe de Champaigne 
et Purt-Royal. Von A. GaEier. — Camille Saint -Saens. Von 
Q. Servidrea. 


319 


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ationen in Hünchen; Ausetellnng bei Ed. Schulte in Düsseldorf: Heissonier-Ausstellung in Paris; Schlesisohes Museum der Bilden- 
den Künste in Breslau; Aus Berliner Kunstausstallungen. — Die Pyramide des Preiburger Münsters; Bilder über I8t2 von Weresch- 
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Folge: 

Wendel Dietterlln 

Maler von StraBborg. 

Ein Beitrag sur Geschichte 

der deutschen h!unst in der zweiten 

Hälfte des 16. Jahrhunderts 

von 

Karl Ohnesorge. 

Mit einem Titelbilde, firosch. 2 M. 


'^ I /» 


V. 


^M'f^^'^ 00/.^;^ 


KUN 



RONIK 


WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE. 
Ankundigungsblatt des Verbandes der deutschen Kunstgewerbevereine. 

HERAUSGEBER: 

CARL VON LÜTZOW und DR. A. ROSENBERG 


WIEN 
Heogasse 58. 


BERLIN SW. 
Teltowentrasse 17. 


Verlag von E. A. SEEMANN in LEIP2:iG, Gartenstr. 15. Berlin: W. H. KÜHL, Jägeretr. 73. 
Neue Folge. IV. Jahrgang. ' ^f 892/93. Nr. 20. 30. März. 


Die Eanatchronik erscheint als Beiblatt zur «Zeitsohrift fttr bildende Kunst" und sam „Kanstgewerbeblatt*" monatlich dreimal, in den 
Sommermonaten Jnli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark and nmfasst 83 Nnmmem. Die Abonnenten der «.Zeit- 
sohrlft fttr bildende Kunst* erhalten die Knnstohronik gratis. — Für Zeichnungen, Manuskripte etc., die unverlangt eingesandt werden, 
leisten Redaktion und Yerlagshandlung keine Gewähr. Inserate, k 80 Pf. für die dreispaltige Petitseile, nehmen außer .der Verlagshand- 
Inng die Annoncenexpeditionen von Haasenstein k Vogler. Rad. Mosse u. s. w. an. 


DIE MÄRZAUSSTELLUNG 
DER DÜSSELDORFER KÜNSTLER. 

Ab im November v. J. der bekannte Vor- 
fall im Verein ^Berliner Künstler" in Ange- 
legenheit der Munch - Ausstellung die Geister auf- 
einander platzen ließ, da konnte man bald darauf 
in einer KunstrZeitscbrift folgende interessanten 
Aassprüche lesen: »Ich ärgere mich lieber über 
ein Bild, als dass ich mich davor lang^veile. (!) 
Was wird die neue Kommission ausstellen? 

lauter Bilder von — , dazwischen ein fader 

Düsseldorfer als seltene, wenn auch nicht angenehme 
Abwechslung, — Ich werde wohl nicht mehr hin- 
gehen.* (!) — Der letzte »Stoßseufzer*' wirkt ein 
wenig komisch am Schlüsse eines sonst ganz 
treffenden »schneidigen* Artikels, aber was der 
Verfasser so leichtweg über die Düsseldorfer Kunst 
hingeworfen hat, gicbt doch Anlass zum Denken. 

Wer das Kunstleben der letzten Jahre in Deutsch- 
land verfolgt hat, wird es erfahren haben, dass 
obige Bemerkung und die ihr zu Grunde liegende 
Geringschätzung ein, wenn auch nicht allgemeines, 
so doch keineswegs vereinzelt dastehendes Vorurteil 
ist Eine merkwürdige Unbekanntschaft mit den Ver- 
haltnissen der alten rheinischen Künstlerstadt hat 
das Gerücht, dass man dort noch am alten Zopf 
hängen geblieben sei, in die Welt gesetzt. Der 
Grund ist leicht gefunden und liegt einmal in der bei 
den heißen Kämpfen der fortschreitenden Gärhung in 
jüngster Zeit ungewöhnlich stark auftretenden Riva- 
lität der großen Kunstmetropoleii und damit ver- 
bundenen Irrtümern — so beispielsweise dem, dass 


die Kunst in Düsseldorf nicht mit der raschen £nt* 
Wickelung Schritt gehalten — andererseits — vielleicht 
selbstverschuldet — in dem entschieden zu geringen 
Prozentsatz an starkem Selbstgefühl und Wagemut, 
welche hingegen die jüngere Münchener . Kunst 
manchmal ein wenig prahlerisch, aber immerhin 
interessant und kraftvoll erscheinen lässt. In Düssel- 
dorf herrscht kein stark ausgeprägter »Korpsgeist* 
mehr. Wenn man noch den unleugbaren Mangel 
an ernster, verständnisvoller Kritik in Betracht zieht 
— es giebt in Düsseldorf keine einzige Kunstzeit- 
schrift (!) und keine Männer von Gewicht und Ein- 
fluss, die mit Geist und Mut Düsseldorfs Anteil am 
deutschen Kunstleben vertreten -r so hat man wohl 
den Hauptschlüssel gefunden zu der ganz gebühren- 
den Stellung, welche die Düsseldorfer Kunst in den 
letzten Jahren nach außen hin einnimmt. »Klappern" 
gehört ja zum Handwerk, und wer nicht sein 
Teil mitklappert, wird bald übersehen. — Dass aber 
just von Berlin aus jene liebenswürdige Bemerkung 
gefallen ist, wirft ein so drolliges Licht auf den 
unglücklichen Urheber, weil es ihm, als Kunst- 
interessenten, nicht unbekannt sein sollte, dass die 
Düsseldorfer Künstler lange vor ihren Berliner 
Kollegen auf der »Höhe der Situation' standen! 
Die scharfe Trennung war hier längst eingetreten, 
bevor der Fall Munch den angehäuften Zündstoff 
auch zuletzt in Berlin in Brand steckte. Soll denn 
der traurige Zwist unter den Parteien innerhalb der 
Genossenschaften sich in kleinlichen Zänkereien 
zwischen den einzelnen Kunststädten fortsetzen? 
Ein klein wenig vornehme Gesinnung und gegen- 
seitiges Geltenlassen wäre eher am Platze. 


323 


Die Märzausstellung der Düsseldorfer Künstler. 


324 


In der am 5. März erofiheten Doppelausstellung 
bat die Düsseldorfer Künstlerschafb wieder den 
Beweis dafür geliefert, dass sie ganz auf der Hohe 
der Zeit steht und getrost jeden Vergleich aushalten 
kann. Wie im vorigen Jahre, hat die Partei der 
sogenannten »Jungen* (die »Freie Vereinigung Düssel- 
dorfer Künstler und ihre Freunde**) die großen 
Räume des Schulte'schen Kunstsalons inne, während 
die »Alten*, wie früher, in der Kunsthalle ausstellen. 
Beide Teile haben sich diesmal aufs äußerste an- 
gestrengt, mit dem guten Erfolge, dass beide ziemlich 
ebenbürtig zur Geltung kommen und nicht, wie im 
vorigen Jahre, ein entschiedenes Übergewicht auf 
Seiten der »Jungen* liegt. Unter letzteren fehlt 
leider diesmal Arthur Kampf. 

Lassen wir den »Alten* den Vortritt. Da ist 
zunächst Oswald Achenbdck^s grandiose Farben- 
symphonie: »Fußweg zwischen Arricia und Albano 
mit Blick auf Rom und die romische Gampagna.* 
Der Meister scheint sich hier noch selbst übertroffen 
und in ungehemmter Schöpferlust formlich geschwelgt 
zu haben! Diese grandiose Arbeit enthält eine 
Farbenfreudigkeit und satte Harmonie, wie sie selbst 
dieser gottbegnadete Künstler noch kaum schöner 
erreicht hat. Dicht daneben ist eine ganz andere 
aber nicht weniger originelle Künstlerindividualität 
mit nicht weniger als neun Porträts und zwei Genre- 
bildern vertreten: Christian Ludwig Bokelmann, Selt- 
same Ironie! Moderner als Bokelmann kann man 
kaum sein und Bokelmann stellt bei den »Alten* 
aus! (Wenn dagegen G. von Bochmann als ein 
Hauptführer bei den »Jungen* gilt, wie soll man 
da noch von einer Trennung und Verschiedenheit 
in den Richtungen sprechen?) Das Publikum läuft 
in die Ausstellungen, hört die schönen Schlagworte 
»Secessionisten*, »Idealisten*, »Freie Vereinigung*, 
»Alte*, »Junge*, und wenn ihm der Kopf brummt 
von all dem Wortschwall, soll es da noch Freude 
und Genuss an der Kunst empfinden? .Nein, diese 
Künstler!* Geduld, ihr Herren, lasst die Geister 
und die Farben aufeinander platzen, es muss doch 
Frühling werden! Und er kommt! Wer Augen hat 
zu sehen, der sieht ihn! — Bokelmann s Porträt- 
studie von Claus Grotb ist hochinteressant; sie stellt 
den Dichter dar, wie er im Begriff ist zu sprechen: 
leicht vorgebeugte Haltung, die Lippen etwas ge- 
öffnet, in der linken Hand eine Cigarre, die ganze 
Bewegung nachlässig- gemütlich. Auf der linken 
Seite des Bildes steht in gutem holsteiner Platt zu 
lesen: »De Dicher as Verteiler!" — Nicht weit 
davon hängt ein feines Interieur: „Allein^^: Durch 


weiße Gardinen strahlt Licht in einen düstem Raum, 
in welchem ein einsamer Knabe auf einer Bank 
sitzt; sehr stimmungsvoll. — Die Familienporträts 
sind erstaunlich unmittelbar in der Wirkung; keine 
Spur von »Manier* und dabei die größte Sicherheit. 
Aber schmeicheln thut Bokelmann nicht! Wenn Sie 
ein »hübsches* Bild haben wollen, meine verehrten 
Damen, gehen Sie ['nicht zu Bokelmann! Keine 
Pose, keine vorteilhafte Stellung, alles wird bei ihm 
der rücksichtslosen ungeschminkten Charakteristik 
und dem rein malerischen Interesse geopfert Die 
in der Nähe hängenden Sachen werden von dieser 
titanenhaften Malerei fast sämtlich buchstäblich 
»totgeschlagen*. 

Bochmann's kleines Genre zeigt viel Freiheit in 
der Behandlung des Lichtes und eine prachtige 
Studie in Rot sind die überraschend virtuosen 
»Mohnblumen* der Frau Magda Kräner; doch was 
steht auf dem zweiten goldenen Schildchen ge- 
schrieben: »Verkauft*? Diesmal das erste und von 
einer Dame? Vivant sequentes! Jutz bringt eins 
seiner bekannten Geflügelstücke: »Zweikampf aus 
Eifersucht* zwischen zwei »Enterichen* in seiner fein 
ausgeführten und farbigen Manier. Bei Fagerlin 
ist das Interieur einer holländischen Küche zum 
Wegnehmen greifbar. Die beiden Figuren, ein junges 
Fischerpaar, nicht ganz so ungezwungen, wie man 
es wohl wünschen möchte. 

Die Marinemalerei ist seit einem Decennium mit 
der Entwicklung der modernen Landschaft gleichen 
Schritt gegangen. Diejenigen, welche die immensen 
technischen Schwierigkeiten überwinden, sind zwar 
nur eine Minorität derer, welche gern Wasser malen 
möchten und schließlich erkennen, dass da der guten 
Wille nicht ausreicht; aber wir besitzen doch jetzt 
eine ganze Reihe Künstler, welche sich das Element 
des Meeres zum Spezialstudium gemacht haben und 
sowohl Ton und Stimmung wie die Bewegung von 
Wellen und Wind mit tüchtigem, teilweise genialem 
Pinsel wiedergeben können. Unter den »Alten* hat 
Petersen- Angeln zwei umfangreiche Ölbilder (in 
denen uns die überschlagenden Wellenkämme weniger 
gefallen, als die sehr gut beobachtete Stimmung), 
mehrere Aquarelle und ein Dünenbild von Holland 
ausgestellt. Das ist „pleinair/^^ Wie der Sand glüht, 
wie die heiße Luft zittert und die aus wolkenlosem 
Hinunel niederstrahlende Sonne die See wie ge- 
schmolzenes Silber erglänzen lässt! Man muss das 
aus eigener Beobachtung kennen, um dieses vor der 
Natur gemalte Bild zu verstehen. Drei Tage solche 
Sonne malen und nicht farbenblind werden ist ein 


325 


Die Märzausstellong der Düsseldorfer Künstler. 


326 


Wunder. — — In der Tiermalerei ist diesmal 
Kröner außer einem größeren Ölbild (»brüllender 
Hirsch*) durch sehr feine Aquarellstudien aus der 
Nähe von Binz (auf Rügen) vertreten. Hirsche im 
Walde bringt auch Oraf Brühl der zwar an sicherer 
Meisterschaft sich noch nicht mit Eröner messen 
kann, sonst aber fein in der Stimmung, namenÜich 
der landschaftlichen ist. Wenn vrir noch in der 
Landschafb von Canal, Frische, Bode, Schweizer, 
Macco und von Bemutt nennen, so glauben wir 
diesmal von den Bildern in der Eunsthalle Abschied 
nehmen zu können, ohne den Vorwurf der Un- 
gerechtigkeit zu verdienen. Es ist noch so manches 
tüchtige Stück vorhanden, aber wer vnll sie alle 
nennen? Eine alles aufzählende »encyclopädische* 
Kritik ist ein Unding. — 

Bei den »Jungen** ist nur Tlieodor i?ocÄo// diesmal 
mit einem , historischen* Gemälde — wenn man die 
Schlachtenmalerei im Sinne RochoU's dazu rechnen 
will — repräsentirt, die beiden vorjährigen (A. Kampf 
und Otto Heichert, zu denen sich Rocholl's prächtiger 
»Husarenstreich* hinzugesellte), fehlen leider! — 
Auch dürfte in rein malerischer Hinsicht das jetzige 
Werk RochoU's mit dem vorjährigen kaum auf eine 
Stufe zu stellen sein. Es behandelt wieder eine 
Episode aus den blutigen Kämpfen unserer Kavallerie 
bei Vionville-Mars la tour gegen die französische Über- 
macht und ist betitelt: „Mn Hoch auf den König!'' 
Der schwer verwundete Oberst von Auerswald bringt 
nach der Attacke dreier Schwadronen Gardedragoner 
gegen eine französische Infanteriedivision mit dem 
Rest seiner Getreuen das Hoch auf Se. Majestät aus! 
V. Auerswald erlag zwei Tage darauf seinen Wunden. 
Dieser packende Vorgang ist von dem Künstler mit 
der ihm eigenen realistischen Kraft und glühendem 
Patriotismus gegeben, doch stört hier leider die 
nicht sehr glückliche Farbengebung, besonders die 
ununterbrochenen Massen Hellrot in der Luft. 

Ein Bild ganz anderer Art und wohl seelisch 
noch feiner und einfacher empfunden ist Fr. v. Brütfs 
»Erinnerungsti^* ein »Genre-Historienbild*, wenn 
man will: Ein Veteran der Freiheitskriege, mit der 
Landwehrmütze von 1812/15, steht neben einem 
kräftig gebauten jüngeren Manne aus dem 70 er 
Feldzug, der den Arm in der Binde trägt, hinter 
ihnen ein Grabmonument: Sie haben einen gemein- 
samen Erinnerungstag gefeiert. — Der technische 
sowohl wie geistige Inhalt des kleinen Bildes ist 
bedeutend und dabei ein Kolorit! Satt und har- 
monisch durch und durch. 

In der Fleischmalerei haben sich Frenz und 


Zieger ergangen, letzterer mit Carl Becker zusammen, 
ein ähnliches Motiv wie im vorigen Jahre, doch 
bedeutend besser gemalt: zwei nackte Nixlein liegen 
am Strande und lauschen der Flöte eines verliebten 
Pan, die eine der Schönen dreht dem Beschauer den- 
jenigen Körperteil zu, auf den schon weiland Frau 
Aphrodite Kallipygos so stolz war, eine beliebte 
Pose bei Zieger. Das Fleisch ist warm und weich 
gemalt und der Gesamtton mit dem von Becker 
gemalten Hintergrund (Bnmdung mit Sonnenunter- 
gang) in bester Harmonie. Das diesem gegenüber 
hängende große Bild von Frenz: »Das goldene 
Zeitalter* wirkt dagegen recht kalt und grünlich, 
ist aber voll Leben und Phantasie. Der fleißige 
Künstler hat in letzter Zeit viel Erfolg mit seiner 
genialisch angelegten Malerei gehabt. 

L. Feldmann's , Jüngling zu Naim* bewegt sich 
so völlig in den Fußstapfen von Gebhard's, dass ein 
Maßstab für seine selbständige Schaffensfähigkeit 
noch nicht möglich ist. W. Spatz zeigt viel Ernst 
und Sinn für das Seelische in seinen christlichen 
Sujets , Mater*, »Flucht* und «Gang zur heiligen 
Familie*, doch stört die unglückselige Farbe; alles 
wirkt grün, selbst der Esel hat ein grünes Fell be- 
kommen! 

Nun zu den prächtigen Landschaften und 
Marinen! Letztere sind gut und äußerst zahlreich 
vorhanden, man braucht nur die Namen Erwin 
Günter^ Qerman Grobe, Wendung, Heimen, Petersen-- 
Flensburg und Carl Becker zu nennen. Der Letzt- 
genannte entwickelt sich immer kräftiger und zeigt 
ein schönes Talent für Hocbseemalerei mit starkem 
Farbensinn. Walter Petersen^s »Idyll* ist warm und 
leuchtend in der Farbe und Gustav Marx hat drei 
Skizzen gebracht, zwei vom »Martinsabend* und eine 
Konzertskizze, welche mit viel Lebendigkeit und 
impressionistischer Technik gemalt sind. 

Zwei ä la Kröner behandelte Tierstücke von 
Henke sind sehr tüchtige und ernste Arbeiten. Carl 
Sohn's zwei Porträts (,Hortense* [Genreporträt] 
und Kinderporträt) von feinem Sinn und Geschmack 
bilden mit den Schwabe'schen Porträts zusanunen 
Zierden der Ausstellung. August Schlüter's Interieur 
(Aquarell) ist eine sehr flotte tüchtige Arbeit und 
Schnitzler's „Bei der Laterne*, wo der Schatten des 
Esels gespensterhafte Formen gegen die Mauer 
wirft, ein amüsantes Stückchen. 

Munthe und Öder sind, wie immer, gut, und 
Hugo Mühlig bringt drei seiner herrlichen lichtfrohen 
Morgenstimmungen in den Feldern; die »Kornbinder* 
besonders sind virtuos und von prachtvoller Leucht- 


327 


Die MärzausBteliung der Düsseldorfer Künstler. 


328 


kraft! Wahre Kabineiistücke sind wieder die beiden 
von Bochmann's, der so entzückend malt, dass eine 
Kritik überhaupt nicht mehr möglich ist! Ras- 
müssen und Spörer haben ebenfalls tüchtige Sachen 
ausgestellt und der junge L. Herzog zeigt ein ge- 
sundes frisches Talent und gute Naturbeobachtung. 
Das in seiner Art Kräftigste in der Landschaft hat 
diesmal aber Jeitiberg geleistet. Das große Bild hat 
einen Farbenklang und eine tiefe großartige Kraft, 
die, wie die Bokelmann'schen Porträts in der Kunst- 
halle, alles was in der Nähe hängt «kapuf" macht 
Wenn die in den oberen Wolkenschichten etwas zu 
dick und schwer aufgetragene Luft nicht den ruhigen 
Genuss an der Farbenwirkung störte, wär's tadellos. 
— Liesegang, Luis, Eugen Kampf, Wansleben, Her- 
manns, Härtung, Irmer, Zimmermann und Wortmann 
figuriren alle mit trefflichen Landschaften, bei denen 
die Naturstudien von Wortmann aus dem Wald- 
paradies Insel Vrim bei Rügen, wo der Künstler seit 
23 Jahren allsommerlich weilt (zum erstenmal aus- 
gestellt), eine sehr interessante Kollektion bilden. 
Seine fertigen Bilder gefallen uns weniger. — Last, 
aber wenn wir bitten dürfen, not least seien noch 
zwei Künstler genannt, die immer zur Zierde einer 
Ausstellung gereichen werden: Das Brüderpaar Karl 
und Johannes Qehris! Ersterer hat ein im Privat- 
besitz befindliches entzückendes ,yWidmungshlaii'' 
(Aquarell) ausgestellt und letzterer ein prächtiges 
Bild: »Was sich liebt, das neckt sich." Der Gegen- 
stand ist folgender: Ein nordgermanischer Küsten- 
wächter zur Vikingerzeit reitet auf seinem (Jaul am 
Strande (das Pferd ist tadellos gemalt), begegnet 
seinem blonden Schatz, einer frischen untersetzten 
Fischerdirne, streckt ihr drohend die riesige Lanze 
entgegen, die sie mit schnellem Oriff gefasst hat: 
beide sehen sich in die Augen, der rauhe Krieger 
und die dralle, mutige Maid, ein Sinnbild gesunder 
Naturkraft. Voll Humor und Genialität ist dieses 
Gebrts'sche Werk, das Herz geht einem auf, wenn 
man's anschaut! Der landschaftliche Hintergrund 
ist wunderbar stimmungsvoll, ein Stück germanischer 
Urpoesie, wie sie in den Nibelungen und der Edda 
anklingt. Hier ist Realismus mit Phantasie ver- 
schmolzen zu glücklichster Wirkung. 

Fassen wir den Eindruck des Gesehenen noch 
einmal zusammen, so zeigt unsere heimische Kunst, 
dass sie nicht stehen geblieben, sondern voll und 
ganz mit der Zeit fortgeschritten ist. Was Düssel- 
dorf insbesondere betrifft, so hat es zum größten 
Teil die tollen Sprünge der ersten Entwickelungs- 
phase unseres .plein-air" (wenn der so schauderhaft 


missverstandene und missbrauchte Ausdruck denn 
doch nun mal an allem Unheil schuld sein soll!) 
überwunden; man halt es nicht mehr für eine un- 
umgängliche Forderung des Naturalismus, aus- 
schließlich die Kehrseite des Lebens zu ver- 
herrlichen. 

An Tollheiten hat es auch hier viel gegeben, 
wenngleich nicht ganz in dem Maße, wie sie die 
safb- und kraftüberschäumende Genialität Münchens 
zu Tage gefördert hat Hanswürste haben von 
alters her jede Weltbewegung begleitet Was in 
der Übergangszeit verbrochen wurde, hat keine Be- 
deutung mehr für die siegreich vorwärtsdringende 
echte Kunst Die krankhaften Erscheinungen, wie 
sie in der Litteratur — um eine Parallele zu ziehen 
— jene Ibsen'sche fin de siecle-Pigur , der typische, 
rückenmarksschwindsüchtige «Erbsündenbock* war, 
verschwinden mehr und mehr, und an ihre Stelle 
tritt ein neuer, frischer Geisteshauch, die Erhebung 
aus den Fesseln der Äußerlichkeit und dem Ringen 
mit der bloßen Materie, der Übergang vom Ob- 
jektiven ins Subjektive: das Morgenrot fllr die 
Kunst der Zukunft! 

Heute tritt überall die ernste, treue Hingebung 
zu Tage und der rastlos vorwärtsstrebende Sinn, 
der die modernen Errungenschaften nicht bloß weil 
sie Mode sind und vom engen Parteistandpunkt aus 
anzueignen sich bemüht, sondern sie wirklich zu be- 
herrschen und zu überwinden sucht Das unsichere 
Umhertappen, die Bajazzosprünge und das Koket- 
tiren mit unverstandenen Prinzipien weicht zurück 
vor dem in so heißen Kämpfen wiedergewonnenen 
Fundament, vor dem fest gemauerten Fundament 
des Gelernten. 

Es sei mir zum Schlusß erlaubt, einen kleinen 
Auszug aus dem kürzlich erhaltenen Schreiben 
eines Künstlers wiederzugeben, weil er typisch ist 
für die Sturm- und Drangperiode der neuen Kunst 
und in klarer, knapper Form das veranschaulicht 
und beleuchtet, was ein Dutzend theoretische Kunst- 
schwätzereien nicht fertig bringen. 

,Sie werden sich vielleicht wundem,* — 
schreibt der Künstler — »dass ich vor drei Jahren 
in einer größeren Kunstzeitschrift einer der ^en- 
ragirtesten Pleinairisten Deutschlands* genannt 
worden bin. — Mit mir ging es folgendermaßen 
zu. Ich stamme aus der alten Münchener Schule, 
dem Zeitalter des Asphalts (sechziger Jahre); die 
Kunst drohte in Farbe und Form in Verfall zu ge- 
raten , da sie in erster von der Natur immer mehr 
abwich, in letzterer konventionell und manierirt ge- 


329 


Bücherschau. — Kunstblätter. — PersonalnachrichteD. ~ Sammlungen und Ausstellungen. 


330 


worden war. Einige emstdenkende Künstler in 
. München erwogen deshalb, auf welche Weise eine 
Rückkehr zur Natur bewerkstelligt werden könne. 
Wie ein deus ex machina kam die in Frankreich 
auftauchende Hellmalerei diesen Bestrebungen zu 
Hilfe, und der bekannte Umschwung vom Asphalt 
zum Eremserweiß war alsbald eingetreten. Dass 
dieser Sprung aus dem Dunkeln ins Helle nur als 
ein Läuterungsprozess betrachtet und gemacht wer- 
den darf, das haben allerdings viele nicht ein- 
gesehen. 

Alle diejenigen, welche nicht wieder heraus- 
kommen, werden unfehlbar allmählich von der Bild- 
fläche verschwinden, diejenigen aber, die in richtiger 
Verbindung des Alten — was beim Teufel auch 
verflucht viel Schönes geleistet hat! — mit dem 
Neuen ihre Kunst weiter pflegen, werden bahn- 
brechend fbr die Zukunft sein. 

Ich habe mir gesagt seiner Zeit, wenn ich mich 
nicht ganz in diesen Läuterungsprozess hineinstürze, 
so würde ich die konventionelle Farbe niemals los- 
werden, und so setzte ich mich vor die Natur und 
malte mal im Juni und Juli wirklich grüne Bäume 
und Wiesen mit wjrklich blauen Schatten, wenn der 
Tau noch darauf lag. Warum malte ich und andere 
dieselben Wiesen und Bäume früher zur selben 
Jahreszeit braungrün und gelbbraun V Weil uns ge- 
lehrt ward, das seien vornehme Farben. (!) 

So waren wir unrettbar der Unwahrheit ver- 
fallen, und als dann die Wahrheit in ihrer vollen 
Reinheit geübt werden sollte, da schmeckte sie uns 
nicht recht, weil wir .bessere Kost" gewohnt 
waren. Aber sie wurde trotzdem gepflegt, bis zum 
äußersten, nur mit dem Unterschiede, dass ich z. B. 
mein künstlerisches Sehen, welches von Kindheit an 
auf das Schöne in der Natur hin gebildet worden 
ist, plötzlich mir nicht abgewöhnen konnte und 
also in der Wahl der Motive, die ich wahrheits- 
getreu malte, immer dem SchönheitsgefÜhl Rech- 
nung getragen habe. Ich habe also mein Sehen 
nur in Bezug auf die Richtigkeit der Töne, der 
Farben zu bessern gesucht und mich sorgfaltig ge- 
hütet, es in Bezug auf die Form (Geschmack) zu 
verschlechtern. Ich habe mich aber, was also Farbe 
anbelangt, übertrieben hineingestürzt in das Helle^ 
nur reinen Sonnenschein gemalt, jede dunklere Be- 
leuchtung vermieden und so erreicht, dass ich die 
asphaltsaucige Manier glücklich losgeworden. Im 
zweiten Jahre modifizirte ich dieses übertriebene 
Hellsehen, und zur Zeit glaube ich den Beweis ge- 
liefert zu haben, dass ich auf richtigem Wege 


wandele. Meine dermaligen Schüler machten den 
Prozess mit mir durch und danken mir heute noch 
dafür. Diese werden sicher keine Pleinairisten im 
schlimmen Sinne, wohl aber gesunde Naturbeob- 
achter. " 

Es ist überflüssig, der klaren Sprache eines der 
ersten Landschafter Deutschlands noch ein Wort 
hinzuzuftlgen, und darum Schluss für diesmal. 


BÜCHERSCHAU. 

Im Verlage von J. FI, Ed. Beitx (Heitz & Mündel) in 
Straßburg erscheinen zur Zeit als Teil eines größeren Werkeb 
über die Büchermarken oder Buchdrucker- und Verleger- 
zeichen, die italienischen Buchdrucker- und Verlegerzeichen 
bis 1525, herausgegeben von Dr. P. Kristellcr. Das Werk 
bietet eine möglichst vollständige Zusammenstellung aller 
von italienischen oder in Italien thätigen Verlegern und 
Buchdruckern bis um das Jahr 1525 verwendeten Signete 
mit allen Varianten. Nur ein kleiner Teil dieser Buch- 
druckerzeichen ist bisher in älteren Sammlungen von Sig- 
neten oder in bibliographischen und kunstwissenschaftlichen 
Veröffentlichungen bekannt gemacht worden. Die außer- 
ordentliche Seltenheit eines großen Teiles der Signete dieser 
Zeit, besonders derjenigen aus dem Anfange des 15. Jahr- 
hunderts, wird dieser Veröffentlichung noch einen beson- 
deren Wert verleihen; sie wird den Bibliographen und Bücher- 
freunden ein wertvolles Material liefern, dem Kunstfreunde 
und Forscher eine Fülle originaler und künstlerisch wert- 
voller Omamentformen und Darstellungen aufweisen. 


KUNSTBLÄTTER. 

Adam KrafVs iveltbekanntes steinernes Sakramentshäus- 
chen in der Lorenxkirche xu Nürnberg ist von dem Maler 
Paul Räter in einem großen, jetzt in Privatbesitz zu Berlin 
befindlichen Ölgemälde dargestellt worden, und sein Bruder 
Lorenz hat danach eine 38 cm breite, 53. cm hohe Radirung 
gefertigt. Das Sakramentshäuschen ist mit vollem Verständ- 
nis für die Einzelformen und ihre künstlerischen Eigentüm- 
lichkeiten, sowie die plastische und malerische Gesamt- 
wirkung, umgeben von Altären, Chorstühlen, Glasgemälden, 
Grabmälern, Totenschildem nachgebildet worden. Die 
Radirung giebt das Ölgemälde mit allen seinen Einzelheiten 
in seiner malerischen Gesamtwirkung treu wieder. r. b. 


PERSONALNACHRICHTEN. 

*^* Dem Archäologen Prof. Heinrich Bninn ist aus An- 
lass seines 50jährigen Doktorjubiläums vom deutschen Kaiser 
die goldene Medaille für Kunst und Wissenschaft verliehen 
worden. 


SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN. 

A. R. In der Berliner Nationdlgalerie ist eine Sonder- 
ausstellung der nachgelassenen Arbeiten der jüngst verstor- 
benen Jjandschafts- und Architekturmaler Eduard Biermann 
(1803—1892) und Patd Qraeb (1842—1892) veranstaltet wor- 
den, nicht, wie früher üblich gewesen, im obersten Stock- 
werk, sondern im zweiten der beiden Corneliussäle, die mehr 


331 


Sammlungen und Ausstellungen. — Ausgrabungen und Funde. 


332 


und mehr ihrer früheren Bestimmung entzogen werden. Da 
die Sonderausstellungen nur gegen Eintrittsgeld zugänglich 
sind, muss jeder, der zu Cornelius gehen will, zur Zeit Bier- 
mann und Graeb mit in den Kauf nehmen, deren GemSide, 
Aquarelle, Studien, Skizzen und Bleistiftzeichnungen — der 
Katalog zählt 290 Nummern auf — noch zum Teil die Come- 
lius'schen Kartons bedecken. Wenn der Raummangel so 
groß ist, so verzichte man entweder auf die Sonderausstel- 
lungen, die in den Lokalen des Künstler Vereins und der 
Kunsthändler wohl besser am Platze wären und vielleicht 
einen noch reicheren Erlös für die Hinterbliebenen brächten, 
oder man schaffe ein neues würdiges Unterkommen für die 
Gomelius'schen Kartons, an denen noch ein großer Teil un- 
serer Kunstfreunde mit inbrünstiger Verehrung hängt. Über 
die Sonderausstellung ist nichts zu sagen, was neue Beiträge 
zur Charakteristik der beiden Künstler bieten könnte. Eduard 
Biermann ist über Berlin hinaus nur wenig bekannt gewor- 
den. Er war anfangs Porzellan-, später Dekorationsmaler 
und schloss sich dann eine Zeitlang der von Schinkel be- 
gründeten Richtung der Landschaftsmalerei an, die phanta- 
stische Architekturen von ungebundener Erfindung in ideale 
Landschaften setzte. Das Beste seines Könnens lag in der 
Technik. Seine Olstudien sind zum Teil flott, keck und von 
einer natürlichen Frische, die wir heute als realistisch im 
besten Sinne preisen. Bei seinen Zeitgenossen fand die höchste 
Bewunderung ein Cyklus von 16 Aquarellen, die Früchte 
einer im Jahre 1852 unternommenen Studienreise nach Dal- 
matien« Diese Blätter sind auch heute noch wirksam, frei- 
lich mehr durch ihre Romantik und die phantastische Auf- 
fassung, als durch die koloristische Note, der das Element 
der modernen Stimmungslandschaft völlig fremd ist. — Paul 
Graeb war der fleißige Schüler und Nachahmer seines Vaters 
Karl Graeb. Er hat mit einem gleichen Aufwand von Detail- 
studien eine große Zahl von Ölgemälden, von Aquarellen 
und Miniaturmalereien auf Elfenbein ausgeführt und er hat 
auch in einigen seiner Werke den großen Stil seines Vaters 
erreicht. Aber er war ein Nachahmer, und deshalb ist seine 
Individualität von der seines Vaters schwer zu unterscheiden. 
Die Photographie hat dem Fach der Architekturmalerei 
großen Schaden gethan. Feinsinnige Kunstfreunde werden 
aber trotz der Photographie und ihrer wissenschaftlich ge- 
regelten Ausläufer an den geistvollen und bis ins geringste 
Detail ausgeführten Aquarellen und Bleistiftzeichnungen 
Paul Graeb's ihre Freude haben. 

O Aitch der fyFreien Vereinigung^' der Düsseldorfer 
Künstler ist auf ihren Antrag gleich den Münchener Sezes- 
sionisten von der Leitung der großen Berliner Kunstaus- 
stellung ein eigener Saal bewilligt worden. Zur Beteiligung 
an der Ausstellung haben sich 50 Mitglieder der Vereinigung 
durch Unterschrift verpflichtet. 

München, Ausstellung für Maltechnik. Die „Deutsche 
Gesellschaft zur Beförderung rationeller Mal verfahren*' (Vor- 
sitzender Herr Professor F. von Lenbach) hält zur Realisimng 
ihrer Bestrebungen eine Ausstellung von alten und neuen 
Gemälden und dekorativen Malereien, Werken der polychro- 
men Plastik und Architektur, unter besonderer Berücksich- 
tigung der bei denselben in Anwendung gekommenen Mate- 
rialien und Verfahrungsarten, der bezüglichen Restaurirungs- 
und Konservirungsmittel und der sämtlichen auf die Mal- und 
Farbentechnik bezüglichen Hilfs- und Lehrmittel, Uten- 
silien etc., in München ab. Programm: I. Historische Ab- 
teilung. (Entwickelung der Maltechniken von den ältesten 
Zeiten bis in die Gegenwart.) A. Altertum. Restitution und 
Versuche, die Malerei der Ägypter, in Hellas, Rom und Byzanz 
V)etreffend, nach den vorhandenen Quellen, Funden und 


chemischen Untersuchungen. 1. Fresko- und Wandmalerei. 
2. Tafelmalerei. 3. Vasenbilder. (Circumlitio und Enkaustik ) 
B. Mittelalter und neuere Zeit. Bemalte Bildwerke aus Holz 
und Stein, Bilder der verschiedenen Schulen Italiens, Deutsch- 
lands und Hollands, womöglich in Original auf Pergament, 
Holz, Leinwand, mit Leim-, Gouache-, Ol- und PastellfiEu:- 
ben etc. Zeichnungen mit allen Arten Kreiden, Sepia, 
Tusche etc. Miniaturmalerei auf Pergament etc. Farbige 
Kupferstiche, Eglomisd, Silhouette etc. Hieran anschließend : 
Moderne Technik. 1. Fresko -Wandmalerei für Innen- und 
Außenräume. 2. Technik in Öl und Olharz, Gouache, Wachs etc. 
n. Ethnographische Abteilung. Malerei der Chinesen, Inder, 
Japaner und Perser, Araber etc. 227. Kunstgewerbliche Ab- 
teilung. (Soweit die Malerei eine Hauptrolle spielt.) Glas-, 
Porzellan- und Emailmalerei (Lithokaustik), Lackarbeiten und 
alle eingelegten Arten von Schmelzfarben (Mosaik). IV. Poly- 
chromirung ton Statuen. V. Litteratur und ünterrichi. 
VI. Technische Abteilung, a) Konservirungs-, Regenerations- 
und Restaurationsmethoden. Die Arten der Zerstörung von 
Bildern, deren Ursachen und Beseitigung, b) Unsolide Tech- 
niken. (Ihre Ursachen und Folgen.) c) Materialien, Appa- 
rate und Utensilien. 1. Rohmaterialien: Samen. Rohfarben. 
Leimarten und Klebestoffe Überhaupt. Harze und Balsame. 
Fette und ätherische öle. Lösungsmittel. Kasein. Wachse. 
Leinwanden. Malpappe. Malbretter. Sand- und Mörtel- 
materialien. Wasserglas etc. 2. Fertige Fabrikate: Farben. 
Firnisse. Lacke, öle. Binde-, Mal- und Grundirungsmittel. 
Malgründe. 3. Apparate und Utensilien. — Vorsitzender der 
Ausstellungskommission ist Herr Professor C. Gnssow. An- 
meldungen sind bis 15. Mai an den Schriftführer der 
Kommission, den Chemiker Herrn Adolf Wilh. Keim in Grün- 
wald bei München einzusenden, welcher alle weiteren die 
Sache betreffenden Aufschlüsse erteilt. 

Düsseldorf. Im Treppenhause der Kunsthalle befindet 
sich seit einigen Tagen als Nachlieferung für die Märzaus- 
stellung eine interessante plastische Gruppe. Sie rührt von 
einem jungen Bildhauer (Schüler des verstorbenen Professors 
Wittig) H. A. Frische her, der mit dieser größeren Arbeit 
jedenfalls die Aufmerksamkeit weiterer Kreise auf sich lenken 
wird. Zwei Araber zu Pferde kämpfen mit einem Löwen. 
Tiere und Menschen sind lebensgroß ; die Gruppe wirkt, trotz 
der wilden Bewegung der Einzelheiten, geschlossen und zeigt 
ein starkes, ernstes und gesundes Talent und fleißiges Stu- 
dium. Die Gruppe wird, wie wir hören, von hier zur großen 
Berliner Ausstellung gehen. 

Am 15. Mai d. J. wird in Hannover im Kunstsalon 
L. Schtdxe eine internationale Aquarellausstellung eröffnet 
werden, zu welcher alle europäischen Künstler eingeladen 
werden. Der einmalige Transport wird vom Aussteller ge- 
tragen, ingleichen die Feuerversicherung. Vorherige An- 
meldungen werden erbeten von L. Schulze in Waldhausen bei 
Hannover. 


AUSGRABUNGEN UND FUNDE. 

*^* Ausgrabungen in Rom. Wie der „Kölnischen Zei- 
tung" geschrieben wird, hat der italienische Unterrichts- 
minister angeordnet, die Ausgrabungen und die Freilegung 
des Palastes der Cäsaren auf dem palatinischen Hügel derart 
zu beschleunigen, dass das deutsche Kaiserpaar bei seinem 
Besuche in Rom (Mitte April) in der Lage sei, zuerst die 
Prunksäle des ersten römischen Kaisers Augustus zu betreten. 


333 


Vermischtes. — Vom Kunstmarkt. — Zeitschriften. 


334 


VERMISCHTES. 

A. R. Der Bildhauer Hermann KokoUky in Charlotten' 
bürg hei Berlin beschäftigt sich seit einigen Jahren damit, 
gewisse technische Verfahren der griechischen und römischen 
Bildhauer zu ergründen und, vorläufig in kleinem Maßstäbe, 
durch praktische Versuche wieder zu beleben. Zuerst hat 
er sich an die geheimnisvolle Goldelfenbeinplastik des Phidias 
gewagt und in einer weiblichen Idealböste dargethan, dass 
das Rätsel gelöst werden kann, wenn nur die nötigen Mittel 
zur Verfügung stehen, und dass die Wirkung höchst reizvoll 
ist, auch wenn das Motiv des Bildwerks von geringer künst- 
lerischer Bedeutung ist. Um den Künstler zu weiteren Ver- 
suchen zu ermutigen, hat der Kaiser die Büste angekauft. 
Kokolsky ist jetzt auf diesem Wege weiter gegangen, indem 
er die Marmorbüste eines jungen, begeistert aufblickenden 
Mädchens in altgriechischer Gewandung ausgeführt hat, die 
mit allen Reizen der antiken Polychromie, soweit wir sie 
aus halb erloschenen Spuren herauslesen können, ausgestattet 
ist. Der Marmor ist in den Fleischteilen getönt, in der Ge- 
wandung, die aus einem von der rechten Schulter herabge- 
glittenen Untergewand und einem von links herumgeschlun- 
genen Mantel besteht, so bemalt, dass das in verschiedenen 
Nuancen von Rot gezeichnete Muster der Kleider das Korn 
des Marmors durchschimmern lässt. Das Haupthaar ist ver- 
goldet und von einem Lorbeerkranze mit grün emaillirten 
Blättern umschlossen. Die Augen sind aus geschliffenen 
Halbedelsteinen eingesetzt (aus weifiem und schwarzem 
Onyx); die Pupillen sind aber von einem Goldreif unageben, 
weil der Künstler nicht eine realistische Täuschung beab- 
sichtigt hat. Der Blick der aufwärts gerichteten Augen hat 
freilich etwas Starres und Lebloses. Man wird — aber auch 
nur hier — an die Wachsfiguren mit Glasaugen erinnert. 
Sonst macht die Büste den Eindruck warmen Lebens, der 
erzielt worden ist, ohne dass der Künstler dem Material 
Zwang angethan hat Es wäre zu wünschen, dass ihm die 
Mittel geboten würden, diese höchst interessanten Versuche 
fortzusetzen. Die Büste ist in der Berliner Nationalgalerie 
ausgestellt. 

Mährisches Oewerbemuseum in Brunn, Infolge der Be- 
rufimg des Professors Prokop. an die technische Hochschule 
nach Wien, der nebenbei die Ehrenstelle eines leitenden 
Direktors versieht, muss ein Ersatz geschaffen werden, und 
das Kuratorium des Museums hat daher in der Sitzung vom 
19. Februar 1. J. beschlossen, eine mit 2500 fi. Gehalt dotirte 
Stelle des Museumsdirektors und Vorstandes des kunstge- 
werblichen Ateliers des Mährischen Gewerbemuseums neu 
zu kreiren, welche demnächst zur Besetzung kommt und 
ausgeschrieben wird. Gefordert werden neben universeller 
Bildung, administrativer Befähigung und ausschließlicher 
Thätigkeit am und für das Museum: technisch-akademische 
und kunstgeschichÜiche Studien. Architekten mit mehr- 
jähriger Praxis auf dem Gebiete der Innenausstattung oder 
speziellen kunstgewerblichen Gebieten haben den Vorzug. 
Bewerber haben ihr Gesuch mit Photographie, Abschriften 
der Zeugnisse und sonstigen Belegen bis spätestens 30. April 
1. J. an das Kuratorium des Mährischen Gewerbemuseums 
in Brunn abzugeben. 


VOM KUNSTMARKT. 

Wenn der Kunsthändler H, O, Ontekunsf in Stuttgart 
eine Versteigerung von Kupferstichen ankündigt, so kann 
man sicher darauf rechnen, dass Kunstfreunden vorzügliche 


und auch seltene Kunstblätter entgegengebracht werden. 
Derselbe Fall ist bei der Auktion, die der Kunsthändler am 
11. April vornehmen will, zu erwähnen; die Kunstwerke be- 
stehen aus Kupferstichen, Radirungen und Holzschnitten, 
die allen Schulen und allen Jahrhunderten angehören, und 
vielfiEUih kommen seltene Kunstblätter vor, die bisher der 
Kunstgeschichte unbekannt geblieben sind. Um geschätzte 
Meister beispielsweise aus dem Katalog hervorzuheben, er- 
wähnen wir A. Dürer und dessen reich vertretene Schüler, 
wie Aldegrever, Altorfer, die beiden Beham, G. Pencz, 
dann die Altmeister Schongauer und van Mecken, die Ita- 
liener Gampagnola und Marc- Anton, die Niederländer Rem- 
brandt und Waterloo. HoUar ist besonders mit seinem Werke 
sehr reich vertreten, auch klassische alte Holzschnitte kom- 
men vor. In einer zweiten Abteilung werden KünsÜer neuerer 
Zeit aufgeführt, denen alte Zeichnungen folgen, darunter viel- 
fach seltene Werke. Der Katalog enthält zum Schlüsse Ab- 
bildungen einzelner Stücke und Zeichnungen, an denen 
Sammler ihre Freude haben können. W, 

R, Lepke wird nach ausgegebenem Katalog am 7. April 
ein Kupferstichanktion halten, die, obgleich nur einen mäßi- 
gen Umfang besitzend, mit ihren Kunstwerken viele Sammler 
zur Auktion berufen dürfte. Der Herausgeber des Katalogs 
hat Werke des Linienstichs, die durch Meister des 19. Jahr- 
hunderts entstanden sind, der genannten Auktion zugeführt 
und sich größtenteils auf das Lexikon berufen, das der 
Kunsthändler A. Apell in Dresden 1880 herausgegeben hat. 
Es gelangen zur Auktion ganz vortreffliche Stiche zum Ver- 
kaufe, unter denen nicht blofi Seltenheiten, sondern auch 
frühe Abdrucke vor aller Schrift vorkommen. Vertreten 
sind alle Schulen, aus denen wir einzelne beispielsweise 
nennen wollen: Andreani, L. Galamatta, Boucher-Desnoyers, 
Gampagnola, A. Dürer, Feising, Forster, Caravaglia, G. Longhi, 
E. Mandel, Moritz Steinla, P. Toschi, F. Weber und nament- 
lich R. Morghen mit seinem reich vertretenen Werke. 
Sammler dürfen sich außerdem für manche der seltenen 
interessiren. W. 

— Frankfurt ajM, Am 10. April findet in R, BangeTs 
Auktionssaal für Kunstsachen die Versteigerung von Jacob 
Hoff's künsÜerischem Nachlass statt, bestehend aus Arbeiten 
des Künstlers selbst sowie einer kleinen, aber gewählten 
Sammlung von Bildern älterer Meister. Der mit mehreren 
Lichtdrucken geschmückte Katalog ist soeben erschienen. 


ZEITSCHRIFTEN. 

Christliches Kunstblatt 1898. Nr. 8. 

Lather*8 Verhältnis zu Kunst und Künstlern. — Die bildliche 
Darstellung des Glaubensbekenntnisses. Von E. Wernioke. — 
Zur Baukunde der Gotik. Von H. Steindorf f. 

Die Oraphisclien Künste. XVI. 1898. Heft 1. 

Gotthard Kühl. Von R. Graul. — Zur Geschichte des Farben- 
drucks: I. Der Farbenholzschnitt. Von J. Springer. — Der 
Kupferstich in der Schule und unter dem Einfluss des Rubens. 
— Holzschnitte und Kupferstiche alter Meister in Kachbildungen 
der kais. deutschen Reichsdruckerei. 

VAit 15. März 1898. Tür. 692. 

Francesco Francia orföTre 6i le nouveau portrait du Cardinal 
Alidosi. Von A. Saglio. — A propos d*un ivoire offert au Mu86e 
duLouvre. Von E. Molinie r. — Nicolas Poussin et le „007010** 
de Costozza dans le Vicentin. Von B. Mo rwein. 

IrchiTio Storioo dell' Arte. TL 1898. Heft 1. 

n Museo nazionale di Firenze nel triennio. 1889—1891. Von 
U. Rossi. — L'incoronazione della Vergine, dipinta da Ambrog^o 
Fossano, detto il Borgognone neir abside della basilica di San 
Bimpliciano in Milano. Von L. Beltrami. — La chiesa della 
Madonna di Galliera in Bologna. Von F. Malaguzzi-Valeri. 


335 


Inserate. 


336 


1893 
Miltufaen. 


Jahresausstellung 

von JtunfltDerßen alter Rationen 

im togl. ^iasipüiaft 

vom 1. ^xt£x &i0 ^txöe g>Rfoßer. 

nnmci^tt t tmin: üi« 15. «pril. mnütfttnmMttmin : 

1.— 20» 8»oi. 


[673] 


9ie Unuitf^etter ^ättltUrgntoffenfi^aft 


Gemälde moderner und alter Meister, 

auch Aquarelle, ersten Ranges kauft und übernimmt zum Verkauf, sowohl 
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Herrn Dr. J. Tttsingh im Haag, wo- 
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Parbedrucke etc. 
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II. Alte GemUde und Antiquitäten aus 

verschiedenen Nachlassen. 
Versteigerung: 11. April 1893. 

III. Handseichnnngen der alten Meister, 

besonders der Niederl^der. Samm- 
lung des Herrn Carl Schöffer, 
Versteigerung 30. und 31. Mai 1893. 

IV. Kupferstiche und Radirunnen der 

holländischen, englischen, französi- 
schen und deutschen Schule. Samm- 
lung des Herrn Carl Schöffer. 
Versteigerung: 30., 31. Kai« 
1. TL 2. Juni 1893. 
Die Kataloge werden auf Anfrage 
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Verlag von £• A. Seemann in Lelpsig. 

Soeben ist erschienen als Nr. 21 der 
Beiträge lur Kunstgeschichte i Neue 

Folge: 

Wendel Dietterlin, 

Maler von Straßbnrg. 

Ein Beitra«^ zur Geschichte 

der deutschen Kunst in der zweiten 

Hälfte des 16. Jahrhunderts 

von 

Karl Ohnesorge. 

Mit einem Titelbilde. Brosch. 2 M. 



Inhalt: Die Märzausstellung der Düsseldorfer Künstler. — Dr. P. Kristeller: Die italienischen Baohdrucker- und Verlegerzeiclien bis 1595. 
— L. Ritter: Adam Kraft's steinernes Sakramentshäuschen in der Lorenzkirche zu Nürnberg. — Prof. H. Brunn. — Ausstellung 
der Arbeiten der t Haler E. Biermann und P. Oraeb in der Nationalgalerie in Berlin; Beteiligung der „Freien Vereinigung* der 
Düsseldorfer Künstler an der Berliner Kunstausstellung ; Ausstellung für Maltechnik in München ; Nachtrag zur Märzaus- 
stellung in Düsseldorf; internationale Aquarellausstellung in Hannover. — Ausgrabungen in Rom. — versuche zur Belebung des 
technischen Verfahrens der griechischen und römischen Bildhauer; Mährisches Gewerbemnseum in Brunn. — Kunstauktion bei 
H. G. Qutekunst in Stuttgart; Kunstauktion bei R. Lepke in Berlin; Kunstauktiou bei R. Bangel in Frankfurt a. M. — Zeit- 
schriften. — Inserate. 


Für die Redaktion verantwortlich AHur Seemann. — Druck von August Pries in Leit)zig. 


J 


KUN 



XJa..AJu^ 


ONIK 


WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE. 
AnkQndigungsblatt des Verbandes der deutschen Kunstgewerbevereine. 

HERAUSGEBER: 

CARL VON LÜTZOW und DR. A. ROSENBERG 


WIEN 
Heugasse 68. 


BERUN SW. 
Teltowen trasse 17. 


Verlag von E. A. SEEMANN in LEIPZIG. Gartenstr. 15. Berlin: W. H. KÜHL, Jägerstr. 73. 


Neue Folge. IV. Jahrgang. 


y^ 1892/93. 


Nr. 21. 13. April. 


Die KaDStohroDfk erscheint als Beiblatt aar «Zeitsohrifb für bildende Kunst** und zom „Knnstgewerbeblatt* monatlich dreimal, in den 
Sommermonaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und nmfasst 83 Nnmmem. Die Abonnenten der «Zeit- 
schrift für bildende Knnst' erhalten die Knnstchronik gratis, — Für Zeichnungen, Mannskripte etc., die unverlangt eingesandt werden, 
leisten Redaktion nnd Verlagshandlnng keine Gewähr. Inserate, k 80 Pf. für die dreispaltige Petitxeile, nehmen aaßer der Yerlagshand- 
Inng die Annoncenexpeditionen von Haasenstein & Vogler, Rnd. Messe n. s. w. an. 


V7ILHELM LÜBKE f. 

Im sonnigen Süden, am grfinen Felsenstrand 
von Abbazia triflPl uns, doppelt schmerzlich, die 
erschütternde Kunde von dem Tode des alten 
treuen Genossen, in dem die deutsche Gelehrten- 
vrelt eine ihrer Zierden, jeder, der ihm näher 
stand, einen warmherzigen, edelgesinnten Freund 
zu betrauern hat! 

An dem gemeinsamen Werke, dem wir 
dienen, der Verbreitung und Vertiefung des 
ernsten Sinnes für Kunst und Kunstgeschichte, 
haben viele erlesene deutsche Männer unseres 
Jahrhunderts mitgewirkt. Keiner aber durfte 
sich dabei solcher Erfolge rühmen, wie unser 
eben dahingeschiedener Freund, dem zu der So- 
lidität streng wissenschaftlicher Grundlage, zu 
nimmer müdem Fleiß und weitausschauender 
Vielseitigkeit auch die seltene Gabe geföUigster 
Darstellungskunst in reicher Fülle zu eigen war. 
Ohne Lübke's Werke, welche diesem glücklichen 
Verein wissenschaftlicher und künstlerischer 
Eigenschaften ihren gerechten Ruhm verdanken, 
hätte sich die junge kunstgeschichtliche Disciplin 
in Deutschland nimmermehr die hohe Stellung 
im litterarischen Leben der Nation erobert, welche 
sie gegenwärtig einnimmt. 

Wilhelm Lübke, geb. am 17. Januar 1826 in 
Dortmund, hat sich aus kleinen, drückenden Ver- 
haltnissen mühsam emporgearbeitet. Als der 


Sohn eines braven Volksschullehrers, dessen 
fromme, geistesklare und energische Natur er 
uns in seinen «Jugenderinnerungen" ergreifend 
geschildert hat, war er früh schon für den Lehrer- 
beruf bestimmt und begann auf der Universität 
Bonn mit philologischen Studien. Kinkel's be- 
geisterndes Wort entzündete zuerst den Sinn des 
Jünglings für die mittelalterliche Kunst des 
Vaterlandes; Kugler's, Guhl's, dann Schnaase's 
und Waagen's Einfluss brachte dann später in 
Berlin in Lübke den Entschluss zur Reife, die 
Kunstgeschichte zu seinem Lebensberufe zu er- 
wählen. 

In Lübke's litterarischen Arbeiten, die mit 
dem Jahre 1853 beginnen, lassen sich zwei 
Gruppen unterscheiden, deren eine der Spezial- 
forschung, namentlich der deutschen Denkmäler- 
welt, deren andere der universellen kunstge- 
schichtlichen Darstellung angehört. Die erstere 
wird besonders durch sein grundlegendes Buch 
über die mittelalterliche Kunst in Westfalen re- 
präsentirt; für die letztere bietet seine allbekannte 
Architekturgeschichte (1855) das glänzendste 
Beispiel. Es war ein besonders glücklicher Um- 
stand, dass Lübke zu der universalhistorischen 
Behandlung der Baukunst sich vor allem hin- 
gezogen und befähigt fühlte. Hier konnte sich 
sein Talent klarer Massengliederung, scharfer 
Charakteristik und Stilkritik am freisten und 
wirkungsvollsten enthalten. In diesen Kardinal- 


339 


Wilhelm Lübke f- — Nekrologe. 


340 


eigenschaften der Eunsfcgeschichtsclireibung bleibt 
Ltibke's „Architekturgeschichte" für alle Zeit ein 
schwer zu übertrefiFendes Vorbild. 

Zwei nicht minder gelungene, von dem in- 
zwischen lebendig erwachten Sinn des großen 
kunstfreundlichen Publikums getragene Werke 
Lübke's sind die „Geschichte der deutschen Re- 
naissance und der 1860 in erster Auflage er- 
schienene „Grundriss der Kunstgeschichte". Die 
erstere hat namentlich in künstlerischen und 
kunstgewerblichen Bereisen eine weitgreifende 
Wirkung ausgeübt, während der „Grundriss" den 
Anforderungen gebildeter Leser aus allen Stän- 
den und Berufsklassen Genüge leistet. — Die 
„Geschichte der Plastik" (1863), die „Renaissance 
in Frankreich" und zahlreiche kleinere Schriften 
aus den verschiedensten Gebieten der Kunstge- 
schichte und aus angrenzenden Sphären ver- 
vollständigen dieses Bild einer unvergleichlich 
fruchtbaren und segenbringenden litterarischen 
Thätigkeit. Als einzelne Beispiele seien hier 
nur die gedankenreiche Abhandlung über Michel- 
angelo's Malereien in der Sixtinischen Kapelle, 
der schöne Text zu Dürer's Kupferstichen, die 
in den Mitteilungen der Wiener Gentralkommis- 
sion enthaltenen Reiseberichte aus Italien hervor- 
gehoben. Viele dieser stets aufs sorgfaltigste 
ausgefeilten Essays und Untersuchungen, welche 
früher im . Deutschen Kunstblatt", in der , Zeit- 
schrift für bildende Kunst', in .Nord und Süd" 
und in anderen Revuen erschienen waren, hat 
Lübke bekanntlich in mehreren Sammelbänden 
vereinigt herausgegeben. In den letzten Jahren 
war er auch ein fleißiger Mitarbeiter an der 
Münchener (früher Augsburger) .Allgemeinen 
Zeitung". Hier verfolgte er das Gesamtleben 
der Kunst und Kunstlitteratur der Gegenwart mit 
aufmerksamem Auge und war für alle wichtige- 
ren Strömungen und Erscheinungen des Tages 
ein wohlwollender, doch stets ernster Kritiker. 


Bisweilen ließ er auch den Blick auf die ver- 
wandten Geisteswerke d^r Litteratur und Musik 
hinüberschweifen und fand auch wohl in poli- 
tischen und religiösen Streit- und Zeitfragen das 
befreiende oder zündende Wort. 

Lübke gehört zu denjenigen hervorragenden 
i Lehrern seines Fachs, welche die Kunstgeschichte 
nicht an Universitäten, sondern an künstlerischen 
Fachschulen und technischen Hochschulen zu 
lehren berufen wurden. Er hat daher nicht im 
Sinne gelehrter Methodik Schule gemacht, aber 
auf praktische Architekten und Künstler, auf 
große Kreise kunstgebildeter Laien auch vom 
Katheder herab einen mächtigen Einfluss aus- 
geübt. Er begann seine Lehrthätigkeit 1857 an 
der Berliner Bauakademie, wurde dann 1861 an 
das Polytechnikum in Zürich, wo damals Vischer 
und Semper neben ihm wirkten, darauf 1866 
nach Stuttgart, endlich 1885 nach Karlsruhe be- 
rufen, an welchem letzteren Orte neben der Pro- 
fessur auch die Generaldirektion der großherzog- 
lichen Kunstsammlungen seinen Händen anver- 
traut war. 

Eine schwere Verletzung am Auge und ein 
inneres Leiden, welches den geistig Nimmer- 
müden seit längerer Zeit notigte, alljährlich die 
Heilquellen der böhmischen Bäder aufzusuchen, 
haben Lübke's elastische, durch einen starken 
Willen beherrschte Natur vorzeitig aufgerieben. 
Allzu früh sank er, am 5. dieses Monats, im 
Alter von 67 Jahren dahin, eine weit klaffende 
Lücke zurücklassend, zu deren Ausfüllung kein 
ihm an Geist und Wissen Ebenbürtiger lebt 
Wir, die vrir am lebhaftesten den unersetzlichen 
Verlust zu fühlen im stände sind, den sein Tod 
der deutschen Wissenschaft zugefügt hat, be- 
trauern in ihm auch mit tiefer Wehmut den in 
allen Lebenslagen als echt erprobten Freund, die 
reine, von wahrer Humanität erfüllte Seele. 

0. r. L. 


NEKROLOGE. 

Der Bildhnwr Professor Martin Paul Otio, der 
Schöpfer de» W. von Humboldt-Denkmals in Berlin und des 
Kaiser Wilhelm- Denkmals inKms, ist am 6. April in Berlin 
im 47. Lebensjahre gestorben. Die Vorarbeiten für das 
Luther-Denkmal in Berlin, das auf dem Neuen Markte er- 
richtet werden soll, hat er so weit gefördert, dass es nach 
seinen Kntwürfen in seinem Geiste vollendet werden kann. 

Q Der Bildhavpr Professor Robert Cauen der sich be- 
sonders durch seine Gruppen und Kinzelfiguren aus deutschen 


Märchen und Dichtungen bekannt gemacht hat, ist am 
2. April an einem Herzschlage in Kassel im 63. Lebens- 
jahre gestorben. 

*** Der holländische Kunstforscher Dr. Nicolas de 
Roever, Direktor des Stadtarchivs in Amsterdam, ist da- 
selbst am 18. März gestorben. Er hat sich um die Auf- 
klärung der holländischen Künstlergeschichte durch fleißige 
Urkundenforschungen, deren Ergebnisse er zumeist in der 
Zeitschrift „Oud Holland" niedergelegt hat, große Ver- 
dienste erworben. 


34 t - Personalnachrichteh. — Denkmäler. — Sammlungen und Ausstellungen. 


342 


PERSONALNACHRICHTEN. 

Berlin, Der Dozent an der Kgl. technischen Hochschule^ 
Dr. 0, Qalland^ ist von der Niederlandischen Gesellschaft 
fftr Kunstgewerbe (arti et industriae) im Haag zu ihrem 
Ehrenmitgliede ernannt worden. 

*^* Dem Bildliauer Emil Humlrieser in Charlottenburg 
bei Berlin ist das Prädikat Professor beigelegt worden. 

O Der Generaldirektor der känu/lichen Museen in Berlin, 
Qeheimrai Schöne, ist von seinem Urlaube zurückgekehrt 
und hat seine Amtsgeschäile wieder übernommen. Die 
y^ordd. Allg. Ztg.*' glaubt daraus schließen zu können, doss 
die Gründe, die ihn zu seinem beabsichtigten Rücktritt be- 
wogen haben, nunmehr hinföllig geworden und die Pläne 
der Erweiterungsbauten für die königlichen Museen wieder 
aufgenommen worden sind. Wie nach der ,,Po8t'' verlautet^ 
hat der Finanzminister sich geneigt erklärt, seinerseits die 
Hand dazu zu bieten, dass die Bebauung der Museumsinsel 
in absehbarer Zeit ausgeführt werde. Es handelt sich dabei 
nicht nur um den Neubau eines Antiken- und Renaissance- 
museums, sondern auch um die Errichtung eines Denkmals 
für Kaiser Friedrich. Auch der Neubau der Kunstakademie 
und der königlichen Bibliothek soll damit in Verbindung 
stehen. 




Zu Mitgliedern der Jury und der Bnngekommission 
für die Berliner Kunstaussteüiing sind vom Verein Berliner 
Künstler die Maler Thumann, Mohn und Hans Dahl, der Bild- 
hauer Brunow, der Kupferstecher H. Meyer und der Archi- 
tekt Fritz Wolif gewählt worden. Ersatzmänner sind Maler 
Oskar Frenzel und Bildhauer Manzel. 


DENKMALER- 

*#* An dem Berliner Natiotialdenktnal für Kaiser 
Ullhelm L wird im Atelier des Professors li. Begas so 
eifrig gearbeitet, dass man das lebensgroße Hilfsmodell zu 
der Reiterfigur bis zum Juli zu vollenden hofft. An der 
Ausführung sind die Bildhauer Bernewitz und Hidding be- 
teiligt. Nach Vollendung des Hilfsmodells soll, wie die 
Berliner Zeitungen melden, sofort die Übertragung fast auf 
das Dreifache (2^6) vorgenommen werden. Der Kaiser, der 
am 18. März dem Atelier von Professor Begas einen Besuch 
abstattete, nahm von dem Fortgang der Arbeiten mit Be- 
friedigung Kenntnis. Während er das Modell besichtigte, 
durften die im Arbeitskittel steckenden Bildhauer ihre 
eifrige Thätigkeit nicht unterbrechen. Nach den Berech- 
nungen, die Professor Begas angestellt hat, wird er in der 
Lage sein, die letzten Modelle zum Nationaldenkmal bis 
zum 1. Oktober 1890 zu vollenden, so dass von seiner Seite 
der Enthüllung am 22. März 1897, dem hundertsten Geburts- 
tage Kaiser Wilhelm's I., nichts im Wege steht. Wie ferner 
verlautet, ist über die Gestaltung der architektonischen Um- 
rahmung des Denkmals noch keine Entscheidung getroffen 
worden. Uofbaurat Ihne hatte Bedenken gegen die von 
Begas im Verein mit einem jungen Architekten geschaffene 
Umrahmung geltend gemacht und ist beauftragt worden, 
seinerseits einen architektonischen Entwurf herzustellen. 

*^.* In der Angelegenheit des Denkmals des Kurfürsten 
Friedrich L, das bei Friesack in der Mark Brandenburg er- 
richtet werden soll, hat der Ausschuss eine Mitteilung an 
die Zeitungen ergehen lassen, aus der hervorgeht, dass der 
Ausschuss völlig korrekt verfahren hat. Es heißt in der 
Mitteilung: „Bei der unter Zuziehung eines Vertreters des 
königlichen Ministeriums der geistlichen etc. Angelegen- 


heiten erfolgten engeren Auswahl unter den eingegangenen 
Entwürfen vereinigten sich sämtliche Stimmen des Aus- 
schusses auf die der Bildhauer Boese und Calandrelli. Der 
Ausschuss hat alsdann in Ausführung eines bereits im 
Jahre 1891 gefassten Beschlusses die Entscheidung' darüber, 
welcher von diesen zwei Entwürfen für die Ausführung zu 
wählen sei, unter Überreichung eines ausführlichen Gutachtens 
dem Ermessen des Kaisers anheimgestellt. Der Kaiser hat 
sich darauf für den Calandrelli'schen Entwurf entschieden, 
der nunmehr ausgeführt werden soll. Von dem Denkmal, 
"wie es der Künstler auf der Höhe vor Friesack zu gestalten 
gedenkt, werden Lichtdruckabbildungen gefertigt und den- 
jenigen, welche zu dem vaterländischen Unternehmen bei- 
steuern, zugänglich gemacht werden. Beiträge nehmen die 
Kreis- Kommunalkasse zu Rathenow, sowie Herr Bankier 
Alexander Meyer Cohn, Berlin, Unter den Linden Nr. 11, 
entgegen. Wie verlautet, ist dem Bildhauer Boese, dessen 
Entwurf die große Majorität der Stimmen gefunden hatte, 
eine Entschädigung von 1500 M. zuerkannt worden. 

*^* Der Enttvnrf des Prof v. Zumbusch in Wien xu 
dem Standhilde Kaiser Wilhelm' s L, das für das Denk- 
mal der Provinz Westfalen auf dem Wittekindsberge be- 
stimmt ist, hat nunmehr die Genehmigung des Kaisers er- 
halten. Der Entwurf stellt den verewigten Kaiser gepanzert 
unter dem Hermelinmantel, mit der Linken auf den Pallasch 
gestützt und die Rechte wie segnend Über die ihm zu Füßen 
liegenden westfölischen Lande ausstreckend, barhäuptig, 
jedoch mit dem Siegeslorbeer geschmückt, auf einfachem 
Granitsockel stehend, dar. Die Statue wird in einer Größe 
von sieben Metern ausgeführt -werden. Der architektonische 
Teil des Denkmals rührt von Bruno Schmitz her. 


I 


SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN. 

* In Fiumc, der aufblühenden ungarischen Hafenstadt 
am Quai-nero, findet gegenwärtig eine Ausstelhtny von Ge- 
mälden alter und modemer Meister, sowie von Gegenständen 
alter Kunstindustrie statt, welche namentlich aus dem letz- 
teren Gebiete manches Beachtenswerte und Schöne darbietet. 
Das Unternehmen steht unter dem Protektorate der Gräfin 
Ilona Batthyiiny-Andrassy, und das Fiumaner Lokalkomitee 
fand für die Werke moderner Malerei besonders von Seiten 
des Ungarischen Kunstvereins eine dankenswerte Unter- 
stützung. Zu der Ausstellung der älteren Kunstobjekte 
haben mehrere vornehme Fiumaner Familien kostbare 
Stücke, vornehmlich Porzellan, Silbersachen, auch schöne 
alte Drucke und Manuskripte beigesteuert. 

A. R. Der schwedische Maler Bruno Afidrcas Liljrfors, 
der auf der vorjährigen Münchener Ausstellung eine Medaille 
erster Klasse erhalten hat, ist jetzt auch mit einer etwa 
dreißig Nummern umfassenden Sammlung seiner meist mit 
Federwild stafQrten Sommer-, Herbst- und Winterlandschaf- 
ten in Berlin erschienen, wo ihn der Gurlitt'sche Salon auf- 
genommen hat. Er ist keiner von den Verwegenen im 
Genre Munch, aber doch durchaus modern in seiner sum- 
marisch-impressionistischen Wiedergabe der Töne, die sich 
aber merkwürdigerweise nur auf die Landschaft erstreckt. 
Die Tiere, mit denen er sie belebt, vorzugsweise Wildenten, 
Birkhühner, Schnepfen, Auerhähne, wilde Schwäne, Reb- 
hühner im Fluge, in der Ruhe oder auf der Flucht vor 
raubgierigen Verfolgern, gelegentlich auch weiße Hasen und 
Füchse, sind im Vergleich zur skizzenhaft angedeuteten Land- 
schaft mit plastischer Schärfe herausgearbeitet. Man hat 
die Empfindung, dass das Auge des Jägers, der das Huhn 


343 


Sammlangen und Ausstellungen. — Vereine und GeseUschaften. — Vermischtes. 


344 


oder den Vogel unter allen Lichtverh&ltnissen erspäht, sch&rfer 
ausgebildet ist als das Auge des Malers, der, etwa wie der 
Berliner H. Kohnert, Landschaft und Federwild mit gleich- 
mäßiger Liebe behandelt. Liljefors ist auch in der That ein 
gründlich geübter Weidmann, aber darum nicht etwa ein 
Dilettant in der Malerei. Im Jahre 1860 in Upsala geboren, 
hat er sich anfangs bei einem dortigen Zeichenlehrer, dann 
auf der Akademie in Stockholm und später in München und 
Paris gebildet, wo er mit seinem Landsmann A. Zorn stu- 
dirte. Er hat also alle Erscheinungen des modernen Natura- 
lismus kennen gelernt, trotzdem aber mehr Poesie und 
Stimmungskraft bewahrt, als die meisten seiner skandina- 
vischen Eunstgenossen. Mit der feinen Beobachtung der 
Natur, die sich dem Jäger von selbst aufdrängt, ist der 
seelenlose, stumpfsinnige NaturaUsmus unvereinbar. 

— IMen. Am 28. März wurde die XX IL Jakresaiis- 
stcUung im Küvsthrhause eröffnet, und zwar auch diesmal 
wieder in feierlicher Weise in Anwesenheit S. M. des Kaisers 
und des Protektors des Eünstlerhauses, Erzherzog Carl Lud- 
wig, vieler hoher Würdenträger, einer großen Zahl Mitglieder 
der Genossenschaft der bildenden Künstler imd geladener 
Gäste. Der Rundgang des Kaisers durch die Ausstellung 
nahm mehr als zwei Stunden in Anspruch; an Räumlich- 
keiten sind heuer bis auf einen Raum das ganze Parterre 
und im ersten Stock der Mittelsaal und die beiden anstoßen- 
den Pavillons occupirt; in den beiden Mittelsälen zu ebener 
Erde begrüßt, uns auch dieses Jahr wieder die Plastik , die 
in großen und kleinen Werken in wirklich auserlesenen 
Stücken vertreten ist Das Grabmonument, die Porträt- und 
Tierplastik, die religiöse und mythologische in ganzen Fi- 
guren und im Relief, die Genre- und polychrome Bildhauerei, 
letztere besonders durch A. Straßer, präsentiren sich vor- 
züglich. Der große Reichtum an Ol- und Aquarellbildern, 
an Handzeichnungen und Radirungen zeigt in glücklichem 
Zusammentreffen alle Phasen der modernen bildenden Kunst, 
in die hier und da, aber recht spärlich, wie in einem rings- 
um knospenden und blühenden, vom mächtigen Frühlings- 
trieb erftillten Garten, ein altes Reis aus verschwundenen 
romantischen Tagen hcreinragt. Die Aquarelle, die be80ndei*8 
eine Anzahl deutscher Meister ausgestellt hat, zeugen von 
der gewaltigen und wir sagen gleich, glückgekrönten Arbeit 
auf diesem Gebiete. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil 
für die Künstler wie für das schauende Publikum liegt in 
der heuer zum erstenmal durchgeführten Anordnung der 
Bilder in nur drei Reihen Übereinander, wodurch beiden 
Teilen viel Ärger und Verdruss erspart wurde; freilich wurde 
dadurch die Annahme einer geringeren Anzahl Werke be- 
dingt. — Einzelne der vertretenen Richtungen eingehend 
würdigende Besprechungen werden ehestens folgen. Die 
Gesamtzahl der ausgestellten Werke beläuft sich auf 832 
Nummern. Bk. 

*^* Von der Berliner Kunstakademie. Der Michael- 
Beer -Preis, der in diesem Jahre für Bildhauer jüdischer 
Religion ausgeschrieben war, ist dem Bildhauer Max Levi 
aus Stuttgart, einem Schüler von F. Schaper, zuerkannt 
worden. Der 2250 M. betragende Preis ist zu einer Studien- 
reise nach Italien bestimmt. 

*^* Der Zustand des Qixeh-Museum^ bei Kairo j das die 
Schätze des früheren Museums in Bulak aufgenommen hat, 
hatte schon lange die Aufmerksamkeit der ägyptischen Re- 
giemng auf sich gezogen, und eine Kommission war er- 
nannt worden, das Gebäude zu prüfen. Nach ihrem Bericht 
ist dessen Zustand gefährlicher als man glaubte. In einigen 
wenigen Stunden würde, bei der Masse Holz in den Wän- 


den, den dünnen Verschlagen, den hölzernen Fußböden und 
den geräumigen äußeren Veranden, ein Feuer das Haus zer- 
stören können. Die Regierung hat, wie die „Times** melden, 
den Vorschlag, das Museum in ein neu und eigens zu dem 
Zwecke in zugänglicher Lage zu errichtendes üaus, dessen 
Kosten auf 130000 Pfiind veranschlagt wurden, zu über- 
führen, abgewiesen und dagegen eine Summe von 90000 
Pfund zu Veränderungen und Ausbesserungen des gegen- 
wärtigen Gebäudes ausgeworfen; es soll damit feuersicher 
gemacht werden. Die Caisse de la Dette will die Kosten 
aus dem Reservefonds decken. Man kann nicht gerade 
sagen, dass das gegenwärtige ägyptische Ministerium die un- 
schätzbare und mit ungeheurer Mühe zusammengebrachte 
Sammlung des Museums besonders hochhält. 

Posen, Der Kunstverein veranstaltet in diesem Jahre 
seine Kunstausstellung schon im Mai und Juni, anstatt im 
August und September. Die Ausstellung wird sehr reich- 
haltig sein und ist mit derselben wiederum eine Verlosung 
von Kunstwerken, die auf der Ausstellung angekauft werden 
sollen, verbunden. 


VEREINE UND GESELLSCHAFTEN. 

Der ol/erösterrc ichische Kunst verein wird, wie uns 
aus Linx geschrieben wird, daselbst während der Monate 
I Juli und August wieder eine Kunstausstellung veranstalten, 
j nachdem er aus Mangel an einem geeigneten Lokal mehrere 
, Jahre davon hatte Abstand nehmen müssen. Jetzt ist dem 
Verein im neuen Museum ein schöner Saal mit Oberlicht 
zur Verfugung gestellt worden. Eine Beteiligung an dieser 
Ausstellung ist auch außerhalb Österreichs lebenden Künst- 
lern zu empfehlen, da man gesonnen ist, in diesem Jahre 
mehr Kunstwerke als früher anzukaufen. 


VERMISCHTES. 

Venedig. Der heilige Theodor, der erste Patron der 
Republik, ist von der Säule, welche ihn seit dem Jahre 
1329 trug, herabgenommen worden, um einer gründlichen 
Restauration unterworfen zu werden. Der Torso der über- 
lebensgroßen Figur ist römische Arbeit. Auf dem Brust- 
hamisch sind in starkverwittertem Relief zwei geflügelte 
Genien, die eine Trophäe halten oder schmücken, angebracht. 
Antik sind auch das unter dem Panzer hervorkommende 
Unterkleid, die Schulterteile mit dem Ansätze einer Toga. 
Alles übrige, so auch der schöne Kopf, dürfte aus der Zeit 
der Aufstellung selbst stammen. Schwert und Lanze sind 
von Erz, der mit dem Kreuze geschmückte Schild von Mar- 
mor. Die Säule, welche sich immer mehr neigte, ist wieder 
gerade gerichtet, und der Heilige wird in nicht zu femer 
Zeit wieder seinen alten Platz einnehmen. '^' H^. 


* * 


Bikklin's humoristisches Gemälde „Susafina im 
Bade^\ das bei seinem Erscheinen auf der Berliner Jubiläums- 
kunstausstellung von 1891 großes Aufsehen erregt hat, ist 
bei seiner Versteigerung in Lepke's Kunstauktionshaus von 
dem Kunsthändler E. Schulte für 5900 M. erworben worden. 
Der frühere Besitzer soll 20000 M. dafür gezahlt haben. 


4> * 


Ein neues Bild von Defregger, Professor Franz 
von Defregger arbeitet an einem neuen Bilde aus der Tiroler 
Geschichte, welches für die im Sommer in Innsbruck statt- 
findende Tiroler Landesausstellung bestimmt ist. Das Ge- 
mälde bringt eine der bemerkenswertesten Episoden aus 
dem Tiroler Aufstande von 1R09 zur Ansicht, nämlich die 
Selbststellung des Tharerwirtes Peter Sigmair von Olang 


345 


Vermischtes. 


346 


welcher durch seine Selbstauslieferung an die Franzosen 
seinen von den letzteren gefangenen und an des Sohnes 
Stelle zum Tode bestimmten Vater vor dem Erschießen ge- 
rettet hat. Außerdem wird die Landesausstellung in Inns- 
bruck noch weit über hundert neue Werke von mehr als 
siebzig Tiroler Künstlern enthalten. 

In der 6. Bäuerischen Münzanstalt zu Nürnberg ist eine 
Medaille, zum Andenken an Auffust von Essenwein geprägt, 
erschienen. Sie hat 6 cm Durchmesser und zeigt auf der 
Vorderseite das sehr ähnliche, lebensvolle ForMt Essen- 
wein's im Profil, modellirt nach einer lebensgroßen Büste 
von H. Schwabe. Die Rückseite der Medaille zeigt eine 
nach einer Zeichnung Essenwein's vortrefi'lich stilisirte Ge- 
samtansicht des Germanischen Museums, welches mit seinen 
vielen größeren und kleineren Baulichkeiten verschiedenster 

Art jetzt bekanntlich ein ganzes Stadtviertel einnimmt. 

R. B, 

M. R. Aus dem Karlsruher Kunstleben, Die Verschie- 
bungen, welche vor kurzem in den leitenden Stellen der 
badischen Ministerien stattgefunden, haben zur großen Genug- 
thuung aller beteiligten Kreise in die Leitung der Konst- 
angelegenheiten nicht herQbergegriffen. Präsident Nokk ist 
zwar Staatsminist^r geworden, aber das Ressoii; der Wissen- 
schaft und Kunst hat er behalten. Eine Abordnung der 
Akademie der bildenden Künste hat ihm in offizieller Weise 
dafür gedankt und die Versicherung erhalten, er werde 
nach wie vor die wissenschaftlichen und künstlerischen In- 
teressen mit dem grüßten Eifer zu fördern suchen, weil er 
unter anderem auch in der Kunstbildung einen der wichtig- 
sten Faktoren zur Erziehung des Menschen sehe. Diese Über- 
zeugung findet ihren praktischen Ausdruck in einer weit- 
gehenden Förderung der Kunst: bedeutende Ankäufe werden 
gemacht, neue Stellen kreirt, talentvolle Kräfte nach Italien 
gesandt und neuerdings wird den jüngeren Malern und Bild- 
hauern duich den Bau eines zweiten Atelierhauses ein 
wesentlicher Dienst geleistet. Die Initiative ging, wie in so 
vielen anderen Fällen, vom Großberzog aus, der den Platz 
in großmütiger Weise zur Verfügung stellte, die ersten Mittel 
aber haben die Künstler selbst aufgebracht und das Ministe- 
rium hat durch eine Garantie fiir die Verzinsung des in- 
vestirten Kapitals, sowie durch Übernahme der Verwaltung 
die Lebensfähigkeit des Unternehmens gesichert. Alles das 
ist aber in Karlsruhe nicht allein der Ausdruck einer Förde- 
rung von oben, sondern das Spiegelbild der lebendigen 
Thätigkeit und aufkeimenden Kraft der Bürgerschaft selbst. 
Wie die Kunstschule entsprechend ihrer inneren und äußeren 
Erweiterung jetzt den Namen Akademie der bildenden Künste 
trägt, so hat auch das allgemeine Kunstleben eine Ent- 
vrickelung erfahren, durch welche der Name der Karlsruher 
Schule zu einem deutlich umrissenen Begriffe angewachsen 
ist. Was in den Werkstätten dieser Künstlerschaft geleistet 
wird, soll den Lesern dieser Blätter mit. größerer Regel- 
mäßigkeit als bisher mitgeteilt werden. 

Über die Entführung der Galerie Sciarra aus Rom 
hat jetzt das römische Gericht sein Urteil gefällt. Nach 
mehrtägigen Verhandlungen, die übrigens keine Aufklärung 
Über den Verbleib der Gemälde ergaben, verurteilte die 
Strafkammer den Fürsten Sciarra zu drei Monaten Gefäng- 
nis, 5000 Lire Geldstrafe, Rückerstattung des für die ver- 
kauften Kunstwerke erhaltenen Kaufschillings und Tragung 
der Prozesskosten. Der Kaufpreis ist auf 1266(X)0 Lire ge- 
schätzt worden. Es ist aber noch fraglich, ob damit das 
Richtige getroffen ist, da es scheint, dass der Fürst mit den 
Käufern nicht eher abschließen wollte, als bis sein Prozess 
zum Austrag gekommen wäre. Man glaubt, dass die Bilder 


in Paris verborgen seien. Den Abgesandten der italienischen 
Regierung ist es nicht gelungen, das Versteck in Paris aus- 
findig zu machen. 

O Adolf Menzel hat ein für die Weltausstellung von 
Chicago bestinmites Gouachebild gemalt, welches auf klei- 
nem Umfange wieder eine seiner Erinnerungen und Be- 
obachtungen aus dem Badeleben in Kissingen in staunens- 
werter Lebendigkeit und Frische wiedergiebt: das Gedränge 
um das „Morgenbüffett der Feinbäcker** und die heiteren 
und komischen Scenen, die sich dort täglich in der Saison 
abspielen. In einer großen Zahl von scharf charakterisirten 
Individualitäten hat Menzel wiederum seine bekannte 
Meisterschaft bewährt, die trotz seines hohen Alters noch 
nichts von ihrer Kraft, auf kleinem Raum eine schier un- 
endliche Lebensfülle zu konzentriren, eingebüßt hai 

, *^* Ein Gemälde von Früx, von Vhde, j, Christus unter 

den Arbeitem^^j ist von der französischen Regierung für das 

! Luxembourg-Museum angekauft worden. 

M. R. Monumentale Malerei in Karlsruhe, Eine große 
monumentale Aufgabe beschäftigt gegenwäi-tig Ferdinand 
Keller, Er hat durch die eingereichten Entwürfe den Sieg 
bei der Konkurrenz um die Ausmalung der großen Halle 
in dem Neubau des Landesgewerbemuseums in Stuttgart 
davongetragen. Aber bei seiner eminenten Gestaltungskraft 
ruht ein solcher Entwurf nicht monatelang im Atelier, ohne 
einem steten Läuterungsprozess unterworfen zu werden. Das 
Preisausschreiben hatte sich mit einer rühmenswerten Zurück- 
haltung jeder künstlerischen Beeinflussung enthalten; aber 
bei dem Bestreben des konkurrirenden Künstlers, dem Ge- 
dankengang des Auftraggebers zu folgen, konnte es nicht 
fehlen, dass die dem Preisausschreiben beigelegten ,,Bei- 
spiele'* seine Phantasie in bestimmte Bahnen lenkten, die 
Einteilung des verfügbaren Raumes in Einzelfelder und das 
Zerlegen des Grundgedankens in getrennte Kompositionen 
beeinfloasten. Es war das ein Kompromiss zwischen dem 
Stoffe und der Eigenart des Künstlers, welcher, wie das 
Urteil der Preisrichter gezeigt hat, volle Zustimmung ge- 
funden hat. In der Muße des Ateliers hat sich nun der 
Künstler noch mehr in die Aufgabe eingelebt, so dass er 
jetzt alles, was etwa an seinem Stoffe spröde sein konnte, 
seiner Individualität nach umgebildet und sich so zum 
wahren Herrn Über ihn gemacht hat. Wir müssen uns mit 
einer solchen allgemeinen Andeutung über die Veränderun- 
gen in der Komposition begnügen, bis die Stuttgarter Kom- 
mission Gelegenheit gehabt hat, die Äußerungen dieses interes- 
santen Läuterungsprozesses zu beurteilen. — Auch ein Schüler 
von Keller, Franx Hain, steht gegenwärtig vor einer grö- 
ßeren Arbeit. Durch das Professorenkollegium der Akademie 
ist ihm dieses Mal die Aufgabe der Blumstiftung zugefallen, 
in einem Privathause ein Gemälde in „buon fresco*' auszu- 
führen. Die Bedingungen der Stiftung räumen dem Besitzer 
des Hauses, in welchem die Malereien aufgeführt werden, 
einen weitgehenden Einfluss auf den Inhalt der Darstellung 
ein. Diese vollkommen berechtigte und innerlich gesunde 
Einrichtung hat aber in dem gegebenen Falle unserem ge- 
schickten jungen Künstler einigen Zwang auferlegt. Der 
mehr auf das Idyllische gerichteten Natur Hain's ist nämlich 
die Familiengeschichte eines Mannheimer Kaufhauses zum 
Thema gestellt worden, eine Familiengeschichte, deren 
Etappen von einem Heidelberger Wirtshause zum Mann- 
heimer Eafen gehen. Als Mittelstück steht dazwischen die 
Darstellung einer silbernen Hochzeit mit sechzehn lebens- 
großen Figuren, darunter sechs Porträts, gewiss etwas zu 
viel bei einem Auftrage, welcher im Sinne des edlen Stifters 
mehr auf Förderung und Anregung der künstlerischen Kräfte 


347 


Vermiflclites. — Vom Ennsiinarkt. — Zeitschriften. 


348 


als auf ihre volle Ausnütasimg geht Hain beherrscht aber 
auch das Figürliche und die Kunst der Komposition mit 
solcher Sicherheit, dass er auch dieser schwierigen Aufgabe 
Herr werden wird. 

Zum „Tntdmphxug^'^ Maximilian^ s I. Mit Studien Über 
Jörg Breu beschäftigt, nahm ich Veranlassung, auch den 
Triomphzug des Kaisers Maximilian I. durchzugehen. Ich 
habe nun allerdings von Breu nichts gefunden, doch glaube 
ich den Abschluss der bisherigen Forschungen über die an 
der Folge thätigen Meister bieten zu können. Bereits 
M. Thausing hat sich um die Meisterkenntnis verdient ge- 
macht. £r veröifentlichte im XUI. Jahrgang der Mitteilun- 
gen der k. k. Centralkommission eine Studie speziell über 
den Anteil Dürer's an dem Werke. Er zeigte , dass ein 
großer Teil der Blätter, die Bartsch sämtlich unter Burgk- 
mair gebracht hatte, von anderen Meistern, darunter auch 
Dürer, herrühren müsse. Schestag, der im Jahrbuch der 
Kunstsammlungen des allerhöchsten Kaiserhauses, I. S. 154 f., 
den Triumphzug herausgab, schloss sich in der Frage der 
Künstlerbenennungen an Thausing an. Dann kam S. La- 
schitzer, der in Bd. V, S. 167 des Jahrbuches den Anteil des 
Leonhard Beck an dem Triumphzug bezeichnete; diesem 
Meister gehören an die Tafeln 115 bis 120 und 126. Wenn 
ich oben sagte, dass Thausing die Mitwirkung A, Dürer' s 
am Triumphzuge festgestellt habe, so ist dies nicht dahin 
zu verstehen, dass nun auch sämtliche von ihm genannte 
24 Blätter von Dürer eigenhändig aufs Holz gezeichnet 
seien, wie Thausing geglaubt hatte. Dies scheint mir bloß 
von den Tafeln 89 und 90 zu gelten (dem Viktoriagespann 
und dem Wagen mit der burgundischen Heirat), welche die 
volle Meisterschaft der Dürer'schen Feder zeigen. Die an- 
deren Blätter 91 bis 110, 121 und 122 sind offenbar von Hana 
Sprifiginkke, der sie unter der Aufsicht Dürer's gezeichnet 
haben wird. Die Tafeln 127 und 128, welche marschirende 
Landsknechte darstellen, rühren meiner Ansicht nach von 
Hans Schätffclein her. Unser längstbekannter Freund AI- 
brecht AltdorfeTj den wir bereits in der Ehrenpforte Maxi- 
milian's (vgl. meinen Au&atz in der Chronik für vervielfäl- 
tigeiide Kunst, 1891, Nr. 2) antrafen, hat sich mit den Tafeln 
57 bis 88 und 132 bis 137 eingestellt. Es ist hier wohl nicht 
nötig, die sattsam bekannten Manieren Schäufelein^s und 
Altdorfer's noch einmal zu entwickeln, und ich bin über- 
zeugt, dass die Herren Kollegen den von mir neu zugefügt 
ten Namen Springinklee , Schäufelein und Altdorfer ihren 
Beifall nicht versagen werden. WILH. Schmidt. 

In Brügge wurde durch Professor Joh. M. Brans aus 
Brüssel ein echter Peter Pourhus (1510 — 1574), das Porträt i 
des Bischofs Petrus Curtius oder De Corte von Brügge, ent- 
deckt. Dasselbe Porträt findet sich in einer Folge von fünf- 
zehn Kupferstichen von Wanters von Geot, 1761, und in 
Th. CanneeFs „Geschichte des Bistums Brügge". Das Ori- 
ginal, das, seit ca. 100 Jahren verschollen, im Besitze von 
Genter und Brügger Familien existirte, hat eine Größe von 
78 : 61 cm und stellt den Bischof sitzend im Lehnstuhl vor. 
Es ist ein Kniestück. Gesicht und Hände sollen von außer- 
ordentlicher Feinheit der Ausiiihrung sein. Für die Delika- 
tesse, mit der das Bild gemalt ist, spricht der Umstand, 
dass seine Bestimmung durch das exakt ausgeführte Wappen 
des Bischofs möglich war, das er auf seinem Siegelring 
gravirt trägt. Das Bild geht aus dem Privatbesitz ins 
Museum von Antwerpen über. Vgl. Näheres Nr. 26 Ü. L. 
u. M. 1893. m-. 


VOM KUNSTMARKT. 

Frankfurt ajM, Am 18. d. Mts. gelangt im Auktions- 
saal für Kunstsachen eine Sammlung von Gemälden und 
Studien von W. Emel6 in Karlsruhe i. B. durch R, Bangel 
zur Versteigerung. 


ZEITSCHRIFTEN. 

Allgemeine Kunstehronik. 1898. Hr. 7« 

FünfündzwaDzig Jahre Kunstgewerbeschule. — Die Reeelung des 
Stuben vierteis. Von J. Leisching. — Künstler bei der Arbeit. 
Von Ol. Sokal. — Kunstbrlefe: Erakau. Von J. Suesser; 
München. Von H. Peters; Paria. Von Dr. A. Nossig. — 
Maler Eduard Kaiser. ■— Die Jahresausstellung im Künstler- 
hause. Von Spurin s. — Das Technische in den Künsten. Von 
J. Leisching. — Kunstbrief. Von K. J. Nitman. — Berliner 
Kunst. VonH. M ei ssne r. — Pariser Ateliers. VonDr.A. Nossig. 

Architektonische Kondschan. 1892/93. Heft 6. 

Taf. 41. Haupteingang zum Rathaus in Geestemünde; erbaut nach 
den Entwürfen von Prof. H. Stier in Hannover. — Taf. 42. Ent- 
würfe zum Innenausbau eines Schlösschens in Tirol von Zaar 
und Vahl, Architekten in Berlin. Salon. — Taf. 43. Brunnen 
im Garten der Villa Lenbach in München; auCs^nommen von 
H. E V. Berlepsch und Fr. Weysser, Architekten daselbst. 
— Taf. 44. Villa Germania in Baden (Niederösterreicb) ; erbaut 
vom Stadtbaumeister Fr. Schmidt daselbst. — Taf. 45. Villa 
Franz in Haiensee (Grunewald); erbaut von Crem er und Wolf- 
fenstein, Architekten in Berlin. — Taf. 46. Börse für landwirt- 
schaftliche Produkte in Wien: erbaut von Prof. C. König da- 
selbst. ~ Taf. 47. Pavillon der Kakao- und Chokoladenfabrik 
von Walter Baker & Co. für die Weltausstellung in Chicago 
189S; entworfen von Carröre und Hastings, Architekten in 
New- York. — Taf. 48. Wohnhaus in Kassel, erbaut 1644. Thnr 
von 1701; aufgenommen von Reg.-Baum. R. Hagen in Kassel. 

Bayerische Gewerbezeitnng. 1893« Nr« B. 

Die Kasseler Weifiglasfaütte von 1583. Von Dr. A. v. Drach. 
(Fortsetzung.) 

Die Kunst fttr Alle. 1892/98. Heft 18. 

Alte und neue Kunstgeschichte. Von R. Mut her. — Blärchen 
und Sage. Ein Fest der Münchener Akademiker. — Julius Ber- 

fer*8 Deckengemälde im k. k. kunsthistorischen Hoftnaseum. Von 
r. Pecht. 

Gewerbehalle. 1898. Heft; 4t. 

Taf. 86. Ulmer Schmiedearbeiten; aufgenommen von R. Knorr 
in Stuttgart. — Taf. 26. Geschirrschrank im niederrheinischen 
Barockstil im Privatbesitz; aufgenommen von E. Brosche, 
Architekt in Berlin. — Taf. 87. Romanisches Altarkreuz von ver- 
goldeter Bronze , vorn mit feueremaillirten Evangelisten , rück- 
wärts mit Filigi'anarbeit und Steinen besetzt. Höhe 118 cm; 
entworfen vom t Oberbaurat Baron v. Schmidt; ausgeführt von 
Brix und Anders, Hof-Gold-, Silber- und Bronzewai'enfabrik 
in Wien. Eigentum der Domkirche in Fünfkirchen. — Taf. 28. 
Dreiarmige Hängelampe, Hand- und Wandleuchter in blankem 
Uessin^guss und blankem Schmiedeeisen; entworfen von H Kauf- 
mann m München. — Taf. 29. Geschliffenes Stengalglas, unregel- 
mäßig achteckig, mit Jagdbildern und Ornamenten, 18. Jahr- 
hundert. — Deckelglas, facettirt mit Wappen und Arabesken, 
matt geschliffen, 18. Jahrhundert. Im österreichischen Museum 
für Kunst und Gewerbe in Wien; aufgenommen von A. Kettner 
daselbst. — Taf. 80. Blumenfriese und Gehänge; entworfen von 
B. Francke inWien. — Taf. 31. Oberrheinisches Kirohengestühl ; 
aufgenommen von Fr. Miltenberger in Köln. — Taf. 38. In- 
tarsia, deutsche Arbeit, um 1600; aufgenommen von A. Kreis sik 
in Wien. 

Zeltsclirlft des Bayerischen Kanst^ewerbevereins. 1898. 
Heft 3/4. 

Studien über Barock und Rokoko in Oberbayem. Von Dr. B. 
Riehl. (Schluss.) — Julius Elchinger, Nekrolog. 

Zeitselirift fttr christliclie Kunst. April 1898. Heft 1. 

Hölzerne Spruchteller oder Bricken aus Güstrow im Museum zu 
Schwerin. Von F.Schlie. — Neuentdeckte vorromanische Wand- 
malereien. Von P. Keppler. — Das St. Vincent-Haus in Hof- 
heim i. T. Von M. M eckel. — Entwurf eines romanischen Hoch- 
altars. Von Schnütgeu. 
L'Art. 1. April 1898. Nr. 898. 

La tin d'un mus6e. La vente Spitzer. Von E. Mol inier. 

Oaiette des Beaux-Arts. 1. April 1898. Nr. 480. 

Le nonveau scribe du mus6e de Gizeh. Von G. Masp^ro. — 
Exposition des oeuvres de Meissonier; Schluss: Le pelntre; le 
dessinateur. Von L. v. Fourcaud. — Exposition a'Art retro- 
spectif de Madrid. Von F. Mazerolles. — Artlstes contem- 
porains: Arnold Boecklin. 1. Von F. H. Meissner. — L'art 
a6coratif dans le vieux Paris. XXL Von A. de Champeau. — 
La vente des collections Spitzer. Von A. deLostalot. — Le 
musöe lapidaire d' Arles. Von A. V a 1 a b r ö g u e. ~ Le monvement 
des arts en AUemagne et en Angleterre. Von T. de Wyzewa. 

The Magazine of Art April 1898. Nr. 150. 

British etching. Von Fr. Wedmore. I: Turner. Wilkie-Geddes- 
Palmer-Whistler. — The „St. Anne" of Leonardo da Vinci. Von 
A. Marks. — The National Galery of British Art, and Mrs. 
Tate's collection. 11. The pictures. Von H. Spielmann. — 
The Portrait of a poet. By Jacopo Palma (?) at the National 
Oalery. II. Von W. Fred. Dickes. — Temple Newsam and its 
art collection. Von 8. A. Byles. 


349 


Inaeiate. 


350 


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heur, Ch. Chaplin, C. de Cock, P. Ch. Comte. Eug. Delacrolx (2). 
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mann, A. M. Guillemin (3), F. Heilbuth (3), L E. G. Isabey, A. Melbye (3), 
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den des Meisters, ist zum Preise von 
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dieses Blattes (Leipsigr, Oartenstrafte 15). 

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I.Heft: Bathaus-Eonkiirrenz fOr 
Pforzheim 1892. 

2. Heft : Rathaus- Konkurrenz f H r 

Planen-Dresden 1892. 

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Flensburg 1892. 

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Breslau u.8t. Johannl892. 

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[673] |H» iltittti4«n»r 9iinfll«r8rno|r«nri4aft- 


351 


Inserate. 


352 


Kunstverein 

für die Rheinlande und Westfalen. 

Die diesjährige KanstaassteUiiiig wird am Sonntag p den 

21. Mai a.C. (Pfingsten), in den Räumen der Knnsttaalle hierselbst 
eröffnet. 

Indem wir unter Hinweisung auf nachstehende Bestimmungen 
die Künstler zur Beschickung dieser Ausstellung einladen, ersuchen 
wir ergebenst, durch zahlreiche Zusendungen, auch von größeren um- 
fangreicheren Kunstwerken, zur Hebung derselben möglichst beizutragen. 

Bestimmungen. 

1. Die Daaer der KuDstausstelluD^ ist aaf den Zeitraum von Sonntag, den 
21. Mai, bis Samstag, den 17. Jnnl inkl. bestimmt. 

2. Alle für die Ausstellung bestimmten Kunstwerke müssen längstens bis zum 
10. Mai d. J. im Ausstellungsgebäude unter der Adresse: .«iLunstverein für 
die Rheinlande und Westfalen'' abgeliefert werden. — Einsendungen nach 
jenem Termin werden zur Ausstellung nicht mehr zugelassen. 

3. Kunstwerke, mit welchen unsere Ausstellungen bereits beschickt worden , 
sowie solche Kunstwerke, welche in den der diegährigen Ausstellung vor- 
hergehenden drei Monaten in hiesiger Stadt öffentlich zur Anschauung 
gebracht worden sind, endlich Kopieen vorhandener Werke werden nicht 
angenommen. 

4. Die Ölgemälde sind unter Rahmen, die Aquarelle, Zeichnungen, Kupfer- 
und Stahlstiche, sowie Holzschnitte, unter Glas und Rahmen einzuliefern. 

5. Der Kunstverein trägt nur den Hertransport in gewöhnlicher Fracht für 
diejenigen zur Ausstellung gesandten Objekte, welche seitens der Jury zur 
Ausstellung angenommen werden. 

6. Mit dem Ankaufe eines Kunstwerkes seitens des Kunst Vereins geht das 
Recht der Yervielföltigung desselben an den Verein über und ist die Ein- 
sendung hierfür geeigneter Werke besonders erwünscht. 

7. Verkäufe an Private werden durch das Bureau der Kunsthalle vermittelt, 
deren Kasse daför, wie für die vom Kunst verein angekauften Bilder 6 % 
seitens der Verkäufer erhält. 

8. Anmeldungen mit genauer Angabe des Gegenstandes und des Preises der 
einzusendenden Kunstwerke werden längstens bis zum 10. Mai d. J. erbeten. 
Dieselben haben schriftlich auf Formularen zu erfolgen, welche durch den 
Geschäftsführer des Vereins, Herrn M. Sandte Alexanderstraße 13, zu beziehen 
sind; nur unter den in dieser Weise angemeldeten Bildern macht der Kunst- 
verein seine Ankäufe. 

9. Eine vom Verwaltungsrat ernannte, aus Künstlern bestehende Kommission 
entscheidet über die Annahme. 

10. Vor Schluss der Ausstellung darf kein eingeliefertes Kunstwerk ohne Ge- 
nehmigung des Kunstvereins zurückgenommen werden. 

Düsseldorf, den 80. März 1893. 


[6781 


Der Verwaltungsrat. 

I. A.: A. Bagel. 


Gemälde moderner und alter Meister^ 

auch Aquarelle, ersten Ranges kauft und übernimmt zum Verkauf, sowohl 
einzeln als in ganzen Sammlungen die Kunsthandlung von 

r59s] Th. Salomon, Berlin W., Friedrichstr. 168. 


Die Herren Kupferstecher 

werden höflichst ersucht, Probe- 
blätter von Kupferstichen, wel- 
che sich zu Vereins- (Nieten-) 
Blättern eignen, an den unter- 
zeichneten verein einzusenden. 

Münster i/W., M&rz 1893. 

Der Westfälische 
f6'9i Kunstverein. 


Friedrich Cohen, 

Buchhandlung in Bonn, 

offerirt ein tadelloses Exemplar 

von 

RoofleSy Max 9 VOeuvre de Rubens. 
Histoire et description de ses tableaux 
et dessins. 5 voll. Avec 430 photo- 
typies par Jos. Maes. Anvers 1886 — 92. 
40. (Ladenpreis 200 Frk.) för 110 M. 
franko. 



Oejjj jg malde 

Drlitiiii^s IMnrdir^ 


IMtalbi|.lln«icf 



Knnstanktionen 

von 

Frederik Muller & Co., 
Amsterdam. 

1. Sammlung: JajpaniBclie Kirnst Von 
Herrn Dr. J. Tüsingh im Haag, wo- 
bei prachtvolle Schiiitaerelen (Netz- 
ke's), Porsellan- und Broniewaran, 
Faroedracke etc. 
Auktion: 12. April 1893. 

lllustrirter Katalog k M. 1. — 

11. Alte Oamälde nnd Anttqvltfttaa aus 

verschiedenen Nachlassen. 

Versteigerung: 11. April 1893. 

III. HandzeioliBiuioeB der alten Meister, 

besonders der Niederländer. Samm- 
lung des Herrn GaH Schöffer, 

Versteigerung 30. und 31. Mai 1893. 

IV. Knpferstiehe und Radlrnngen der 

holländischen, englischen, itanzösi- 
sehen und deutschen Schule. Samm- 
lung des Herrn Carl Schöffer. 

Versteigerung: 30., 31. Kai, 
1. n. 2. Juni 1893. 

Die Kataloge werden auf Anfrage 
geschickt. 



AasBtellang in Flame ; Ausstellune von Bildern des schwedischen Malers Liljefors ; XXII. Jahresausstellang im Künstlerbaase in 
Wien; Von der Berliner Kunstakademie; der Zastand des Gizehmuseams in Kairo; Kunstaassteliung in Posen. — Ausstellang des 
österreichischen Kunstvereins in Linz. — Restauration des heil. Theodor in Venedig; BÖcklin^s .Susanna im Bade**; ein neaes 
Bild von Defregger; Medaille auf A. v. Essenwein; aus dem Karlsruher Künstleben; über die Entführung der Galerie Sdarra; 
ein neues für Chicago bestimmtes Bild von Ad. Menzel; Fr. v. ühde*s „Christas unter den Arbeitern" von der französischen Re- 
gierung angekauft; Monumentale Malerei in Karlsruhe- zum „Triumphzug" Mazimilian's I.; Entdeckungeines echten Peter Pourbos 
in Brügge. ~ Kunstauktion bei Bangel in Frankfurt a/M. » Zeitschrifteu. — Inserate. 


Für die Redaktion verantwortlich Arliir Seemann. — Druck von August Pries in Leipzig. 

Dieser Nummer liegt ein Prospekt der Terlagsanitalt in MfiBClien, betr. Brunn^ griechische Geschichte I., bei, welchen 
wir der Aufmerksamkeit der Leser empfehlen. 


'^^^y<J^. ^ 




KUNSTCHRONIK 

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE. 
Ankundigungsblatt des Verbandes der deutschen Kunstgewerbevereina 

HERAUSGEBER: 

CARL VON LÜTZOW und DR. A. ROSEN BERG 

WIEN BERLIN SW. 

Hengasee 58. TeltowentnMe 17. 

Verlag von E. A. SEEMANN in LEIPZIG, Qartenstr. 15. Berlin: W. H. KÜHL, Jägerstr. 73. 


Neue Folge. IV. Jahrgang. 


■,^ 1892/93. 


Nr. 22. 20. April. 


Die KanBtchronik erscheint als Beiblatt sur ^ZeiUobrin für bildende Kunst" and enm „Kunstgewerbeblatt" monatlich dreimal, in den 
Sommermonaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Kark und nmfasst 88 Nummern. Die Abonnenten der ,,Zeit- 
Schrift far bildende Kunst" erhalten die Kunstchronik gratis. — Für Zeichnungen, Manuskripte etc., die unverlangt eingesandt werden, 
leisten Redaktion und Verlagshandlung keine Gewähr. Inserate, k 80 Pf. fiir die dreispaltige PetitEeile, nehmen außer der Yerlagshand- 
lung die Annoncenexpeditionen von üaasenstein & Vogler, Rud. Messe u. s. w. an. 


DIE NEUESTEN ERSCHEINUNGEN DER 
ENGLISCHEN RADIR- UND KUPFERSTICH- 
KUNST. 

Die Radirung hat in keinem Lande eine so do- 
minirende Stellang unter den graphischen Künsten 
sich zu erringen gewusst, wie in England, und nir- 
gends mehr als hier findet in diesem Kunstzweige 
eine lebhafte Wechselwirkung zwischen Künstler 
and Publikum statt,' aus der sich wiederum mit 
folgerichtiger Konsequenz ein außerordentliches 
Schaffen und Streben entwickelt. Der Grund der 
allgemeinen Beliebtheit der Radirung liegt haupt- 
sächlich in dem Umstände, dass die kunstliebende 
und zugleich wohlhabende Mittelklasse in England 
ohne Schwierigkeiten imstande ist, die zwar immer- 
hin verhältnismäßig hohen Preise für gute Radirun- 
geuy nicht aber solche für Meisterwerke der Malerei 
zu zahlen. Zudem haben für Liebhaber und Sammler 
die Radirungen den ganzen Reiz geistreicher Origi- 
nalschöpfungen und die von dem großen Publikum 
gewünschte volle Freiheit eines leichten und schein- 
bar spielenden Vortrags, der unserer Zeitrichtung 
entspricht Ja diese graphische Kunstbethätigung 
hat so viel Verlockendes, da sie der Phantasie, In- 
dividualität und Stimmung alle Thore öffnet, dass 
selbst vielbeschäftigte und hochgestellte Laien dem 
Zauber nicht zu widerstehen vermögen, sich in ihr 
zu versuchen. So hat durch Zufall ein Dubliner 
Kunsthändler eine Sammlang von Radirungen ent- 
deckt, welche kein Geringerer als die Königin von 
England selbst ausgeführt hat. Der erwähnte Kunst- 
händler kaufte aus dem Nachlasse des verstorbenen 


Grafen von Charlemont einige Mappen mit Skizzen 
imd Ausschnitten illustrirter Zeitungen, unter denen 
er zu seinem größten Erstaunen mehrere Radirun- 
gen der Königin fand. Sie trugen die Inschrift: 
, Gezeichnet von Albert, radirt von Victoria. Der 
Lady Charlemont von Victoria geschenkt. ** Bei dieser 
Gelegenheit dürfte es nicht uninteressant sein zu 
hören, dass augenblicklich im ^ Imperial -Institute" 
in London, dem Central-Kunstgewerbemuseum Eng- 
lands und der Kolonien, unter den nach Chicago 
zu sendenden Gegenständen sich auch von der Kö- 
nigin, der Prinzessin Beatrice und der Prinzessin 
von Schleswig-Holstein eigenhändig gemalte Bilder 
befinden, welche die Umgegend von Balmoral zum 
Vorwurf haben. In keinem Lande treibt die Ama- 
teurkunst üppigere Blüten als in England mit all 
ihren Vorteilen, die Anregung zum Sammeln schafft 
und dem eigentlichen Künstler dankbare Abnehmer 
für seine Werke sichert. Die Kehrseite der Medaille 
besteht in dem Überhandnehmen illustrirter Jour- 
nale und Winkelblättchen, welche eine Hochflut der 
erbärmlichsten Machwerke reproduziren und geradezu 
geisttötende Illustrationen liefern. 

Zu den großen Verlagshandlungen, die nur gute 
Arbeiten veröffentlichen, gehört Ä. Tooth <& Son. 
Diese Kunsthandlung ist augenblicklich stark damit 
beschäftigt, ihre Serie von Radirungen nach Mets- 
sanier vol vervollständigen. Eine sehr charakteri- 
stische Figur dieses Meisters hat Boulard radirt, und 
in der Ausführung Bestimmtheit , Sicherheit und 
Energie bewiesen. Das aus den letzten Jahren Meis- 
sonier*s stammende Bild ist „Der Dragoner", welcher 
beim Genuss seiner Pfeife und eines Gläschens Wein 


355 


Die neuesten Erscheinungen der englischen Radir- und Kupferstiebkunst. 


356 


nach überstandenen Strapazen sich der wohlverdien- 
ten Ruhe hingiebt. Da wo Meissonier Scenen ruhiger 
Häuslichkeit malt, die mit Gemüt, gründlichem Detail- 
studium und feinem historischen Sinn in der Weise 
der alten Holländer erfasst sind, scheint die Be- 
wunderung des Publikums und der Sammler gerecht^ 
fertigt Weniger möchte dies da der Fall sein, wo 
er Napoleon und die Thaten seiner Armee zu ver- 
herrlichen und in großem Stile wiederzugeben sucht, 
obgleich gerade diese Reihenfolge von Bildern ihm 
die ungeteilte Gunst des französischen Publikums 
eingetragen hat. Ein Bild der letzteren Gattung ist 
dasjenige, welches den einfachen Titel ,1806" führt 
und gleichfalls durch eine bei A. Tooth erschienene 
Radirung von Jacquet meisterhaft veranschaulicht 
wird. Die Scene ist das Schlachtfeld von Jena am 
14. Oktober 1806. Napoleon erteilt den Befehl zum 
Vorrücken der Artillerie und der Kavallerie, die 
sich mit Ungestüm auf den Gegner wirft. Napoleon 
zu Pferde auf seinem berühmten Marengo, umgeben 
von seinem Generalstabe, von denen besonders Ber- 
thier, Coulincourt und Duroc hervortreten, beobachtet 
von einer Anhöhe aus den Fortgang der Schlacht. 
Jacquet 's Radirung ist von sympathischer Treue, so- 
wohl hinsichtlich der Fülle von Details, als auch in 
betreff des allgemeinen Eindrucks. Die unendlich 
feine Behandlung von Licht und Schatten in fast 
unmerklichen Übergängen entschädigt uns für die 
Abwesenheit der Farben. Die Landschaft, die düstere 
graue Beleuchtung, die nasskalte Oktoberatmosphäre 
und der schwärzliche Himmel mit seinen großen 
Massen sich langsam bewegender Wolken sind 
äußerst stimmungsvoll zur Geltung gebracht. 

Mr, Lowenstam hat eine sehr zarte Radirung 
nach Alma'Tadema's .Ein stummer Gruß" hergestellt 
Sanfter Ausdruck und ungemeine Leichtigkeit der 
Behandlung sind die charakteristischen Eigenschaften 
seiner N^idel und fehlen auch bei dieser Arbeit nicht. 
Der Verleger des Blattes ist Mr. Gooden. Bei der 
Nennung von Alma-Tadema möchte ich zweierlei 
erwähnen: erstens die äußerst wohlwollende Aner- 
kennung, welche die Photogravüre der , Berliner 
Photographischen Gesellschaft* in den Londoner 
Fachkreisen gefunden hat, die in einer vorzüglichen 
Reproduktion von Alma-Tadema's akademischem 
Bilde von 1891 besteht und ^Das Erden paradies" 
benannt ist. Zweitens erscheint die Bemerkung am 
Platze, dass Alma-Tadema's neueste Kunstleistung^ 
die seinen bedeutenden archäologischen Kenntnissen 
ein neues Zeugnis ausstellt, einen großen Erfolg er- 
rungen hat. Diese Leistung besteht in Zeichnungen 


,und Entwürfen zu den Scenen und Kostümen des 
nach dem Kingslej'schen Roman verfassten Dramas 
„Hypatia". 

Einer der fruchtbarsten und zugleich besten 
englischen Radirer der Neuzeit ist M. Laguükrmie, 
der mit beispielloser Schnelligkeit arbeitet und binnen 
kürzester Frist drei wertvolle Radirungen vollendet 
hat. Zwei derselben „La Bella di Tiziano" und 
»Die Kinder Karl's L*" nach vanDjck sind beiAgnew, 
die dritte Radirung , Helene Fourment** nach Rubens 
bei Danthome zur Ansicht ausgestellt Laguillermie 
hat durch das ernste Studium und geistige Ein- 
dringen in die Werke van Djck's, so namentlich 
durch die Wiedergabe mit der Nadel des in Wind- 
sor befindlichen Porträts der Herzogin von Loth- 
ringen, sich hier den Ruf als bester Ausleger und 
Obersetzfer van Dyck's erworben. Die Nachfrage 
nach den bezüglichen Arbeiten ist infolgedessen so 
rege geworden^ dass er bestimmt zu sein scheint, 
den Platz einzunehmen, welchen in früheren Jahren 
Waltner als Literpret der alten Meister inne hatte. 
Das Bild in Windsor »Die Kinder Karl's 1.*, nach 
welchem die Platte hergestellt ist, verdient jeden- 
falls den Vorzug vor derselben Darstellung in der 
Turiner Galerie. Niemals sind wohl Kinder gemalt, 
die zugleich so fürstlich und doch kindlich sind. 
Anmut und Liebenswürdigkeit sprechen aus diesem 
Bilde. Laguillermie hat es verstanden, seiner 
Übertragung den stimmungsvollen Habitus der vor- 
nehmen Welt mit feiner Charakteristik einzuhauchen 
und eine warme und kräftige Färbung mit den ein- 
fachsten Mitteln zu erreichen. Die zweite und nicht 
minder edle Radirung desselben Künstlers ist das 
Blatt nach „La Bella di Tiziano'' im Palast Pitt! zu 
Florenz. Die prangende Schönheit dieser Frau, der 
Reichtum des Kostüms und die Meisterschaft, mit 
der Tizian das ganze Bild malte, hat letzterem den 
Ruf erworben, als Typus des weltlichen Stils der 
venezianischen Renaissance zu gelten. Da Laguiller- 
mie diese Epoche der Malerei auch durch die Ra- 
dirung zur Anschauung bringen wollte, so konnte 
er kein besseres Sujet wählen. In Bezug auf die 
Größen Verhältnisse seines Blattes hat er die von 
dem Präsidenten der »Radir- Gesellschaft", Seymour 
Haden, als mustergültig aufgestellten Regeln wesent- 
lich überschritten. Das Blatt misst 27 : 20 eng- 
lische Zoll und ist daher größer als alle mir be- 
kannten in Linienmanier hergestellten Stiche nach 
jenem Bilde. Wie bereits bemerkt, ist es Laguiller- 
mie darum zu thun, typische Werke der älteren 
Meister durch die Nadel zu reproduziren, und das 


357 


Die nenesten Erschemungen der englischen Radir- nnd EnpfentiöhkünBt. 


358 


von ihm nach der ^ Helene Fourment*' des Bubens 
in der Sammlung van der Hoop in Amsterdam her- 
gestellte Blatt bildet einen weiteren Fortschritt in 
dieser Richtung. Trotz des raschen Schaffens yermeidet 
er durch seine Gründlichkeit die Klippen, welche 
oft der Radirtechnik durch ihre Beweglichkeit er- 
wachsen. Zum Ruhme der deutschen Kupferstich- 
kunst sei hierbei erwähnt, dass der Stich der „Heil. 
Cacilie* von Professor Eilers, nach dem Gemälde 
von Rubens, in der gesamten Tages- und Fachpresse 
Englands den ungeteiltesten Beifall findet. Beson- 
ders wird die geniale Kombination der ausgleichen- 
den und ergänzenden Anwendung von Grabstichel 
und Nadel hervorgehoben. 

Die ,Art Union of London" ist wohl diejenige 
Gesellschaft Englands, welche mit am meisten dazu 
beiträgt, die Kenntnis und Liebe zur Kunst zu för- 
dern. Präsident der Vereinigung ist der Graf Derby, 
Seit ihrem Bestehen hat die Gesellschaft ungefähr 
fär 462000 ^Kunstwerke angekauft und an ihre Mit- 
glieder verteilt. In diesem Jahre veröffentlicht die 
»Art Union* eine Originalradirung von Robert Mao- 
helh nach seinem akademischen Bilde von 1892 
»Nachzügler zur FAhre*. Das Sujet bildet die alte 
pittoreske Stadt Kings Lynn von jenseits des Flusses 
gesehen, zu dem die im Vordergrund befindlichen 
Fischer eilen, um das letzte Fährboot noch zu er- 
reichen. R. Macbeth ist ein Radirer von so fest be- 
gründetem Ruf, dass kaum etwas Neues über ihn 
gesagt werden kann. Die Originalradirung stellt 
die höchsten Ansprüche an den graphischen Künstler: 
er muss Maler, Radirer und Drucker in einer Person 
sein, er muss die Grammatik der Malerei, die Zeich- 
nung vollständig beherrschen, Phantasie und Em- 
pfindung besitzen, und endlich Plastik und Malerei 
in ihrem Zusammenwirken scharf beurteUen können. 
Daher ist die Radir- oder Atzkunst mit Recht als 
die Königin der graphischen Künste zu betrachten. 
Das vorliegende Blatt ist eine der besten Arbeiten 
Macbeth's, in der die Vorzüge seines festen und 
prächtigen Stils durchweg erkennbar sind. Die Platte 
misst ohne Rand 22 : 14 englische Zoll. — Die zweite 
Publikation der «Art Union* fährt den etwas ab- 
sonderlichen Namen , Souvenir of Velazquez* und 
ist in Mezzotintomanier gehalten. Der Vorwurf für 
den Stich wird durch das schöne, gleichnamige Bild 
von Sir John Mülais gegeben, welches sich in der 
Diplomgalerie der Königlichen Akademie befindet. 
Der Stil fallt in die beste Periode von Millais. Ein 
junges, hübsches englisches Mädchen wird dargestellt 
in Auffassimg und Farben des Velazquez. Dies ist 


aber auch das einzigste, was an den spanischen 
Meister erinnert Das Blatt hat eine Größe' von 

22*4 • IS ^^gl* ZoU ^^^ ^^ ^^^ ^^* ^^ Ouüoch ge- 
stochen. Die Mezzotintomanier kam bekanntlich 
schon sehr früh durch den Prinzen Ruprecht von 
der Pfalz nach England und wird aus diesem 
Grunde häufig die , englische Manier" kurzweg ge- 
nannt. Es wird hierbei, im Gegensatze zu den an- 
deren Stich manieren, aus dem Dunkeln ins Helle 
gearbeitet. Die auf diesem Wege erreichte Wirkung 
ist eine sehr zarte und weiche und reicht vollkom- 
men aus, wo es sich, wie hier, nur um eine äußerst 
korrekte Wiedergabe des Originals von Millais handelte. 

Bei Lebzeiten war Romney nicht beliebt bei den 
Kupferstechern, namentlich nicht im Vergleich mit 
seinem großen Rivalen Sir Joshua Reynolds; aber 
die letzten Jahre haben einige Platten nach jenem 
Meister hervorgerufen und die Nachfrage nach den- 
selben hält an. Die beste derartige, gleichfalls in 
Mezzotinto ausgeführte und recht gelungene Arbeit 
nach dem Bilde „Lady Hamilton als Natur", eines 
der bedeutendsten Werke von Romney, ist bei Men- 
doza erschienen. Die Verfasserin, Mrs. Cormack^ ist 
dem Originale, welches voller Leben und Bewegung 
ist, vollkommen gerecht geworden. Ein verhältnis- 
mäßig neuerer Meister ist Oreenhead, der eine Über- 
tragung des Bildes in der Nationalgalerie, „Die drei 
Grazien" von Joshua Reynolds, in der Kunsthand- 
lung von Oraves ausgestellt hat. Die Hauptfigur 
des Bildes ist die zur damaligen Zeit sehr berühmte 
Gräfin Anna Townshend. 

Der einzige SPich von Bedeutung in der langen 
Liste der neueren Arbeiten ist eine Landschaft von 
John Finnie, dessen gediegene Leistungen in den 
Ausstellungen schon vielfach Aufmerksamkeit erregt 
haben. Das Blatt stellt eine sehr hübsche, friedliche 
Landschaft mit großer Naturtreue dar, und doch mit 
jener Individualität, die keinem großen Künstler 
fehlen darf. Der in Bristol bei Frost & Reed er- 
schienene Stich führt den Namen „Weideflächen". 

Die auf der letzten Ausstellung der „Royal 
Society of Painter-Etchers" von unserem berühmten 
Landsmanne Professor Hubert Herkomer eingesandten 
Radirungen müssen als bereits bekannt vorausgesetzt 
werden. Dasselbe gilt wohl gleichfalls von den 
Werken Robertsons, Axel Haigs und W, Strangs. — 
Schließlich soll bemerkt werden, dass vor einigen 
Wochen bei Christie eine sehr umfangreiche Auk- 
tion einer Sammlung von Kupferstichen Bartolozzi's 
stattfand. Diese Kollektion gehörte früher dem Her- 
zoge von Lucca und ist wahrscheinlich von Barto- 


359 


BQchenchao. 


360 


lozzi für ersteren angelegt worden. Ein großer Teil 
der Stiche sind Blätter nach alten Meistern und 
Zeitgenossen, namentlich der Angelica Eauffmann. 
Es waren ferner von Bartolozzi auch einige mehr- 
farbige Drucke vorhanden. Wie bekannt, kam zu 
seiner Zeit die Neuerung auf, von der Kupferplatte 
mehrfarbige Bilder herzustellen. Le Blan, der diese 
Technik noch wesentlich verbesserte, machte 1720 
in London seine ersten hierauf bezüglichen Ver- 
suche, und der farbige Eupferdruck kam in Eng- 
land zu so großer Vollkommenheit, dass von hier 
aus die ganze Welt mit solchen Kunstblättern ver- 
sorgt wurde. Noch heute ist der farbige Stich jeden 
Genres der beliebteste Zimmerschmuck des Eng- 
länders, und eine Liebhaberei, fftr die er leicht viel 
Geld ausgiebt S 


BÜCHERSCHAU. 

Aby Warburg, Sandro Botticeüi's „Geburt der Venus'* 
und „Frühling'', Straßburger Dissertation. 1892. 
gr. 8. 

Während der Verfasser die beiden bekannten 
Florentiner Botticellibilder einer eingehenden Prüfung 
unterzieht, giebt er uns nach zwei Seiten hin Auf- 
schluss über dieselben. Einmal wird ihr Inhalt fest- 
gestellt und im Zusammenhang damit der Anlass 
ihrer Entstehung annähernd fixirt, dann aber wird 
die äußere Gestaltung der Figuren auf den sich in 
ihnen offenbarenden Einfluss der Antike geprüft. Es 
ergiebt sich dabei das Resultat, »dass es zwar ein- 
seitig, aber nicht unberechtigt ist, die Behandlung 
des bewegten Beiwerkes zum Kriterium des Ein- 
flusses der Antike auf die Kunst der Renaissance 
zu machen. 

Warburg verschlingt die Untersuchung beider 
Fragen miteinander; wir dagegen wollen sie ge- 
trennt betrachten, weil uns auf diese Weise die ge- 
wonnenen Resultate deutlicher ins Auge springen. 
Die Geburt der Venus in den Uffizien nimmt 
ihren Stoff nicht direkt aus Homer, wie Jul. Meyer 
nahegelegt hat, sondern aus einem zeitgenössischen 
Dichter, dem Polizian, welcher bei der Beschreibung 
eines fingirten Reliefs mehrere Züge einflicht, welche 
in der homerischen Schilderung dieses Vorganges 
fehlen, aber bei Botticelli aufgenommen sind. Nicht 
des „Zephyrs Windhauch*, sondern mehrere Winde 
treiben Venus ans Ufer, sie wird nicht in unbe- 
stimmter Weise auf den Wogen des Meeres ge- 
tragen, sondern steht in einer Muschel und wird 
endlich am Lande nicht mit einem im allgemeinen 
als gottlich bezeichneten Gewände, sondern speziell 


mit einem gestirnten erwartet Wenn diese Ele- 
mente an und für sich vielleicht nicht zwingend 
sind, so passt es doch, wie sich Warburg ausdrückt, 
zu der Überlieferung, die Polizian als Inspirator 
Raffael's und Michelangelo's gelten lässt, in ihm 
auch den Berater Botticelli's zu sehen. Bei Homer 
und bei Polizian sind es die Hören, welche das 
Gewand für Venus bereit halten, auf dem Bilde 
aber sehen wir nur eine Figur, welche gewohnlich 
als Frühlingsgöttin bezeichnet wird, sie muss aber 
als Höre des Frühlings präcisirt werden. 

Im »Frühling" legt Warburg wiederum die An- 
lehnung an Polizian dar, daneben aber auch den 
Einfluss Alberti's, welcher nach antiken Schrift- 
quellai die Grazien in ungegürtetem Gewände er- 
scheinen lässt Dieses Motiv, welches kaum durch 
antike Kunstwerke der Renaissance überliefert sein 
kann, sehen wir bei Botticelli deutlich hervortreten. 
Ja, er scheut sich so sehr, es zu übergehen, dass 
er einer seiner Grazien den Gürtel nimmt, obgleich 
er ihrem Gewände einen Wurf giebt, der nur durch 
einen Gürtel motivirt werden kann. — Die Gruppe 
auf der äußersten Rechten des Bildes werden aus 
Ovid in gesicherter Weise als Flora, welche Früh- 
lingsrosen aus dem Munde bläst, und als der sie 
verfolgende Zephyr erkannt Das rosenstreuende 
Mädchen in blumigem Gewände ist, wie auf der 
Geburt der Venus, wieder die Höre des Frühlings, 
in welcher Warbui^ nicht mit Unrecht eine An- 
lehnung an die Antike, etwa an die Florentiner 
Flora, welche er abbildet, erkennt Die Figur am 
linken Rande lässt sich als Hermes deuten, welcher 
die Wolken verscheucht Eine antike oder zeitge- 
nössische Begründung für das Auftreten und Han- 
deln dieser Gestalt war zwar nicht beizubringen, 
indessen' zeigt ihre offenbar unter Zwang vollzogene 
Unterbringung auf dem Gemälde, dass etwas ganz 
Bestimmtes durch sie angedeutet werden sollte und 
dass sie durchaus nicht als bloße künstlerische Zu- 
that aufzufassen ist. — Jetzt steht nur noch die 
Erklärung der Mittelfigur aus. Vasari hatte neben 
der Geburt der Venus auch ein Frühlingsbild, 
»Venus, von den Grazien bekränzt*, gesehen. Wenn 
der Inhalt unseres Bildes auch damit nicht exakt 
wiedergegeben ist, so nimmt Warburg doch den 
Hinweis auf Venus auf, welche als Brennpunkt der 
ganzen Darstellung erscheint, und benennt das Ge- 
mälde »Das Reich der Venus *^ in dem Sinne, wie 
es Polizian schildert 

Sehr ansprechend ist noch eine Vermutung, 
welche an die Höre des Frühlings geknüpft wird. 


361 


Bücherscbau. 


362 


Warburg legt uns nahe, dass sie das Porträt der 
Simonetta Yespucci sein könnte. Diese anmutige, 
von Giuliano Medici verehrte junge Frau erlag drei- 
undzwanzigjährig der Schwindsucht und wurde von 
Polizian als Nymphe Simonetta in seiner Oiostra, 
dem Festgedicht auf ein Turnier eben dieses Oiu- 
liano, besungen. Für Giuliano ist auch offenbar 
das Bild gemalt worden, welches diese Liebesepisode 
künstlerisch verewigt und .wenn man sich denkt, 
dass das ,Reich der Venus' seine Veranlassung in 
einem ernsten Erlebnisse hat, so lässt sich auch 
Haltung und Stellung der Venus eher verstehen, 
sie blickt den Beschauer ernst an, den Kopf beugt 
sie etwas nach ihrer rechten Hand hin, die sie 
mahnend erhebt!" 

Nun kommen wir zu dem, was bei Warburg 
im Vordergrunde der ganzen Untersuchung steht: 
zum Einfluss der Antike. Wir sind gewohnt, diesen 
in hundert einzelnen Zügen zu erkennen und wenn 
der Nachweis versucht wird, dass sich die Renais- 
sance an antike Vorbilder anlehnte, «wenn es sich 
um die Darstellung äußerlich bewegten Beiwerkes 
— der Gewandung und der Haare — bandelte," so 
können wir dem nur zustimmen, weil es in der 
That auffällig ist, in der Renaissance bei gewissen 
bewegten Figuren so viel Anlehnung an die Antike 
zu finden. Es bleibt aber ein besonderes Verdienst 
des Verfassers, den Einfluss des bewegten Beiwerkes 
mit einer staunenswerten Sachkenntnis und einer 
weiten Belesenheit Schritt für Schritt in verschie- 
denen Einzelfällen nachgewiesen zu haben. Mit 
sicherer Hand geleitet er uns zu den Parallelen 
zwischen den Dichtern und Künstlern des Alter- 
tums mit denen des Quattrocento, welche durchweg 
eine Abhängigkeit der Neuen von den Alten in 
Sachen der Bewegung verraten. 

Die Untersuchung bringt so greifbare Resul- 
tate auf einem Gebiete, auf welchem man sich bisher 
mit dem richtigen Gefühle begnügte, dass man dem 
Verfasser wirklich Glück dazu wünschen kann, mit 
einer Erstlingsarbeit einen Schatten kunstwissen- 
schaftlicher Erkenntnis mit festem Strich zur Sil- 
houette ausgebildet zu haben. 

MARC ROSENBERG. 

Lehrbuch der gotüiohen Koluitraktionen von G. ün- 

gewitter. III. Auflage. Neu bearbeitet von K, Mohrmann^ 

Prof. an der techn. Hochschule zu Riga. Mit über 1200 

Abbild, im Text und auf Tafeln. Leipzig, T. 0. Weigel 

Nachfolger (Chr. Herrn. Tauchnitz) 1889—1892. 

Die Würdigung dieser neuen Ausgabe des Ungeintter^schen 

Werkes ist in Bezug auf Einteilung, Inhalt und wissen- 

schafüiche Bedeutung durch die Fachpresse in erschöpfender 


und sachkundigster Weise erfolgt. Dazu kommt der didak- 
tische Wert der Arbeit, der in der täglichen ünterrichtspraxis 
zu Tage tritt. Den älteren Kollegen, welche sich mit dem 
Studium der ersten beiden Auflagen befasst haben, wird, wie 
dem Unterzeichneten, dieses Studium sauer genug geworden 
sein, insofern der breite Stil der Ableitungen und die in 
einem Atlas vereinigten, nur mühsam zu benutzenden Illu- 
strationen unverhältnismäßig viel Kraft und Zeitaufwand 
beansprucht hatten. Das war um so empfindlicher, je mehr 
die neueren Erscheinungen der Litteratur auf den anderen 
technischen Gebieten bestrebt waren, ihren Inhalt in ge- 
drängtester Kürze und Übersichtlichkeit dem Leser vorzu- 
fahren. Wohl so mancher, der mit Feuereifer an das Werk 
herantrat, wird alsbald erlahmt sein, und von den Studirenden 
darf ohne Übertreibung behauptet werden, dass unter hundert 
höchstens einer ganz bis zum Ende damit gekommen ist. 
Meister üngewitter hatte sich in seinem Buche die undank- 
bare Aufgabe gestellt, junge Männer mit wenig mehr als 
Volkssohulbildung zu Architekten zu erziehen, und war da- 
durch gezwungen, vieles aufzunehmen, was unsere heutigen 
Studirenden teils von der Mittelschule her mitzubringen, 
teils von anderen, als den Fachprofessoren an der Hochschule 
zu erlernen pflegen. So sind die ermüdenden Weiterungen 
in seinem Werke zu erklären. Wie ganz anders in der von 
Mohrmann neu bearbeiteten dritten Auflage! Man kann jetzt 
alles lesen, sehen, verstehen. Was früher nur zu ergrübeln 
war, das erfasst sich jetzt leicht, wie von selbst. Das Buch 
ist, kann man sagen, zur guten Hälfte neu und dem heutigen 
Wissen, insbesondere der Bedeutung der Statik und Mechanik 
unseres 19. Jahrhunderts nach allen Seiten hin gerecht ge- 
worden. Dabei ist jeder Überflüssige Ballast vermieden und 
wird jeder, der die Notwendigkeit theoretischer Kenntnisse 
ftir den gebildeten Architekten unserer Tage anerkennt, zu- 
geben müssen, dass in diesem Werke Theorie und Praxis 
in glücklichster Mischung und weiser Abwägung vereinigt 
erscheinen. Wenn es schon für den erfahrenen Architekten, 
der gewohnt ist, unvermittelt zu arbeiten, erfrischend und 
anregend wirkt, in dem Buche nachzulesen und damit von 
Zeit zu Zeit den Kanon seiner Kunst in sich zu erneuern, 
oder um mit einem verstorbenen Heros unseres Faches zu 
sprechen, sich bei solcher Lektüre „auf die Nieren zu prüfen", 
so gilt das ganz besonders von den jüngeren Architekten und 
Studirenden, denen es darum zu thun ist, mehr und mehr 
in das innerste Wesen der gotischen Baukunst einzudringen. 
Der Architekturunterricht an unseren Hochschulen ist nun 
einmal durch die übrigen, nicht zu umgehenden Fächer mehr 
oder weniger eingeengt und kann sich nicht in dem Maße 
entfalten, wie das etwa auf Akademieen der Fall ist. weshalb 
es auch den betreffenden Professoren sehr schwer wird, in den 
knapp zugemessenen Unterrichtsstunden eine nach allen Seiten 
abgerundete und im Detail erschöpfende Entwicklung der 
Baufonuen zu geben. Hier tritt als hochwillkommener Helfer 
in der Not die neueste Mohrmann'sche Bearbeitung auf, der 
man mit Recht, wie früher geschehen, den Ehrentitel eines 
deutschen YioUet-le-Duo zuerkennen darf, ja, die dieses 
einzige Werk des großen französischen Meisters an gedrängter 
Kürze und wissenschaftlicher Vertiefung noch erheblich über- 
ragt. Wie sehr Mohrmann mit seiner Arbeit das Richtige 
getroffen hat, dafür geben unsere Schuibibliotheken eine 
drastische Illustration, in denen die seitherigen Auflagen 
unbenutzt vergilben, während die neue Ausgabe dauernd 
vergriffen oder belegt ist; und wenn früher ganze Jahrgänge 
von Studirenden das Ungewitter'sche Werk kaum dem Titel 
nach gekannt haben, sieht man dasselbe jetzt mehr und 
mehr auf den Arbeitstischen in den Zeichensälen liegen. Ein 


363 Nekrologe. — Personalnachrichten. — - Wettbewerbungen. — Denkmäler. — Sammlungen und Ausstellungen. 364 


Sammelwerk malerischer Gestaltungen aller Art, verschie- 
denster Lösungen einer und derselben Aufgabe, oder tausend- 
fach variirter Details will und kann das Buch nicht sein, 
dafür sorgen, durch die neueren Reproduktionsmethoden unter- 
stützt, die ins ungemessene anschwellenden übrigen Archi- 
tekturwerke im reichlichsten Maße; allein den Kern der 
Sache hat uns Mohrmann in erstaunlicher Klarheit und Voll- 
ständigkeit gegeben, und dafür gebührt ihm reichster Dank 
der Architekten im allgemeinen und der akademischen Bürger- 
schaft im besonderen. Möge das Werk, wie sein berühmter 
französischer Rivale, allen Jüngern der Kunst immer mehr 
zum unentbehrlichen Berater und treuen Freunde werden! 
MUnohen, Janaar 1893. Prof, H. r. SCHMIDT. 


NEKROLOGE. 

*^* Der sckweixertJtche Bildhauer Robert Dorer, ein 
Schüler von Schwanthaler, Rietschel und HShnel, ist am 
13. April in seinem Geburtsort Baden im Aargau im 63. Le- 
bensjahre gestorben. Er hat sich besonders durch das Na- 
tionaldenkmal in Genf, das die Vereinigung der Republik 
Genf mit der Schweiz durch zwei weibliche Figuren dar- 
stellt, durch acht Statuen berühmter Bürger Berns am Kasino 
daselbst und durch den Nationalbrunnen vor dem Bundes- 
rathaus bekannt gemacht. 

*^* Der enffitscke Landschaftsmaler Vicat Cole ist am 
6. April in London, 00 Jahre alt, gestorben. 

PERSONALNACHRICHTEN. 

*^* Professor Jacob Burekhardt hat nach fünfunddreißig- 
jähriger Lehrthätigkeit seine Entlassung aus dem Lehr- 
körper der Universität Basel eingereicht 


# * 


Die preußische Landeskutistkotnnnssion ist kürzlich 
durch Berufungen des Kultusministers neu gebildet worden. 
Sie umfasst jetzt 15 Mitglieder, darunter 8 Maler (Karl 
Becker, 0. Knille, Paul Meyerheim und A. v. Werner in 
Berlin, E. v. Gebhardt und P. Janssen in Düsseldorf, L. Bokel- 
mann in Karlsruhe und Max Schmidt in Königsberg), zwei 
Bildhauer (Schaper und Siemering in Berlin), zwei Archi- 
tekten (Ende und Schwechten in Berlin), ein Graphiker (Karl 
Köpping in Berlin) und zwei Nichtkünstler (Geheimrat Dr. 
Jordan und Wirkl. Geheimrat von Keudell). 


WETTBE WERBUNGEN. 

= tt. Darmstadt. Beim öffentlichen Wettbewerbe zur 
Erlangung von Modellen und Entwürfen für ein dem Ober- 
bürgermeister Ohly zu eiTichtendes Denkmal sind 41 Arbeiten 
eingelaufen. Der erste Preis und die Ausführung des Denkmales 
wurden dem Bildhauer Friedrich Hausmann, Professor an 
der Kunstgewerbeschule in Frankfurt a/M., zuerteilt; den 
ausgesetzten zweiten Preis erhielt Karl Tümmler in Jena. 


DENKMALER. 

%* Vom Nationaldenhnal für Kaiser Wilhelm L in 
Berlin, Über die Gestaltung der architektonischen Umgebung 
des Denkmals ist jetzt, wie die Berliner Blätter melden, die 
Entscheidung getroffen worden. Baurat Ihne, dessen früherer 
Entwurf zurückgewiesen worden war, hatte einen neuen ge- 
schaffen, der dem Kaiser vorgeführt wurde. Zum Vergleich 
war auch der Entwurf von Begas zur Stelle, und gegenüber 
der Skizze des Denkmals befand sich ein Modell der Schloss- 
front. Es soll sich dabei herausgestellt haben, dass Baurat 


Ihne der Architektur eine so vorherrschende Stellung gegeben 
hatte, dass sie das Denkmal in der Größe schlug und auch 
den Anblick des Schlosses allzu sehr beeinträchtigte. Es 
trat auch deutlich zu Tage, dass Architektur und Plastik 
nicht zusammengingen und von verschiedenen Künstlern 
stammten. Der Kaiser erklärte, dass der Ihne'sche Entwurf 
nicht zu verwenden sei, und er hat nunmehr endgültig be- 
stimmt, dass der gesamte Entwurf von Prof. Begas zur Aus- 
führung kommt. Der Kaiser soll Herrn Baurat Ihne anheim- 
gegeben haben, die Ausföhrung der Architektur nach der 
Skizze von Begas zu übernehmen. Herr Ihne dürfte darauf 
jedoch schwerlich eingehen, und es wird voraussichtlich 
dem Architekten Gustav Halmhuber, der nach dem Plane 
des Prof. Begas den Entwurf gezeichnet und detaillirt bat, 
auch die Ausführung übertragen werden. Herr Halmhuber 
war früher im Reichstagsbaubureau bei Wallot beschäftigt. 
=: tt. Stuttgart, Im Kunstgewerbe verein ist gegenwärtig 
das dem verstorbenen Bischof Andreas Räß gewidmete, für 
den Straßburger Münster bestimmte Grabdenkmal öffentlich 
ausgestellt. Den Entwurf des in gotischem Stile mit einem 
Baldachin gekrönten Werkes fertigte der Dombaumeister 
Frnnx Schmitx in Strasburg, das Reliefbildnis des Kirchen- 
fürsten L, Stienne und den Erzguss des Ganzen Paul Stotx, 

SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN. 

*^* Die nachgelassenen Werke des Bildhauers Paul OttOj 
insbesondere seine Skizzen und Modelle zum Lutherdenkmal 
in Berlin, werden auf der großen Kunstausstellung zu einer 
Sonderausstellung vereinigt werden. 


VEREINE UND GESELLSCHAFTEN. 

O Der norwegische Maler Edtard Munch, der trotz der 
üblen Erfahrungen, die er mit seinen Bildern gemacht, seinen 
Wohnsitz in Berlin genommen hat, hatte sich zur Aufnahme 
in den Verein Berliner Künstler gemeldet. Wie es nach 
den Satzungen des Vereins erforderlich ist, hatte er zu 
diesem Zwecke ein Bild gemalt, die Darstellung eines auf 
einem Sofa liegenden Mannes, das in der Sitzung des Vereins 
vom 11. April zur Besichtigung und Prüfung gelangte. Das 
Ergebnis der Abstimmung war, dass Munch mit 77 Stimmen 
gegen 39 zurückgewiesen wurde. — Inderseiben Sitzung wurde 
beschlossen, das Sterbegeld von 300 auf 400 M. zu erhöhen. 


VERMISCHTES. 

= tt. Frankfurt a/M. Der Maler Jakob Eoffmann hat 
im Auftrage des Prinzregenten Luitpold von Bayern zwei 
Landschaften „Partie bei Rohrbrunn im Spessart" (Herbst- 
landschaft) und „Motiv an der Nidda bei Praunheim" (Som- 
merlandschaft) gemalt, welche im hiesigen Kunstvereine zur 
öffentlichen Ausstellung gelangten. 

^ tt. Karlsnihe, Der Bildhauer Professor Moest ist mit 
der Ausführung einer Büste der verstorbenen deutschen 
Kaiserin Augusta in Carmramarmor beschäftigt; das Kunst- 
werk ist bestimmt, die innere Treppenhalle des Kaiserin 
Augusta-Bades in Baden-Baden zu schmücken. 

*^* Professor Ferdinand Keller in Karlsruhe ist mit der 
Vollendung eines großen Bildnisses des deutschen Kaisers 
beschäftigt, das, wie die „Nordd. Allg. Ztg." mitteilt, den 
Mittelpunkt des Ebrensaals der Berliner Kunstausstellung 
bilden wird. Der Künstler hat den Herrscher in ganzer 
Figur dargestellt. Der Hermelin umwallt seine in die Uni- 
form der Gardes du Corps gekleidete Gestalt, deren Brust 


365 


Vom Eunstmarkt. — Zeitschriften. — Inserate. 


366 


der schwarze Eürass umschlieBt. Als Hintergrund wählte 
der Künstler den Thronhimmel, im Vordergründe werden 
die hinaufführenden Stufen sichtbar. 


VOM KUNSTMARKT. 

Kunstavktion in Hatnötirg, Die Firma J. M. Heberle 
(H. Lempert£ Söhne) ans Köln versteigert am 2. Mai die be- 
deutende Gemäldesammlung aus dem Nachlasse des verstor- 
benen Rentners Abraham Philipp Schuldt in Hamburg in 
der Villa des Erblassers, Hohe Bleichen 19. Die Kollektion 
nmfasst 90 Gemälde von hervorragenden deutschen, franzö- 
sischen, belgischen und holländischen Meistern des 19. Jahr- 
hunderts, einige Bilder älterer Meister und eine Reihe Zeich- 
nungen und Stiche. Der sehr elegant ausgestattete Katalog 
in Folio enthält 34 Lichtdrucke der wichtigsten Bilder, 
deren Urheber für die Bedeutung der Sammlung Zeugnis 
geben. Ein frühes Bild von Andr. Achenbach eröffnet die 
stattliche Reihe, dann folgt eine Landschaft mit Kühen von 
Rosa Bonheur, ein Genrebild von Chaplin, arabische Huf- 
schmiede von E. Delacroix, ein Figurenbild von N. Diaz, 
Diana auf der Jagd, eine Waldlandschaft desselben Meisters, 
dann ein Jagdstück von Alfr. de Dreuz, ein stafßrtes Land- 
scbaflsbild von J. Duprä und ein lebhaft bewegter „Kampf 
zwischen Arabern und Beduinen" von E. Fromeutin. Es 
folgen A. M. Guillemin, F. Gauermann, Ferd. Heilbuth, E. Isa- 
bey, Munkacsy, Pettenkofen, Alfr. Stevens, B. Verboekhoven, 
Florent Willems und G. Washington u. a. Von den älteren 
Meistern seien wenigstens Boucher, Greuze, Van Loo und 
van Toi genannt. Zwei Abbildungen in Lichtdruck, die 
dieser Nummer beiliegen, zeigen die Bilder Nr. 14 und Nr. 
24 des Katalogs. — Nr. 14 giebt die Darstellung von Diaz, 
Ruhe der Diana nach der Jagd, und wiid im Katalog als 
ein Kapitalbild und ganz hervorragende Schöpfung des Mei- 
sters bezeichnet, „dns außerordentlich schön in Färbung und 
Behandlung, geistreich im Vortrag, reizvoll in Stellung und 
Behandlung der anmutigen Figuren" ist. Es ist auf Lein- 
wand gemalt, 117 cm hoch und 71 cm breit, hezeichnet. 
Nr. 24 von Eugen Fromentin wird charakterisirt als „hervor- 
ragendes, bekanntes Werk des Meisters, ungemein lebendig 
in der Komposition, vortrefflich in der Wiedergabe der Land- 
schaft, der Figuren und des Lufttons/* Auf Leinwand, Höhe 
108, Breite 72 cm, bezeichnet Eng. Fromentin 1872. 

Vom 3. bis 5. Mai kommt die reiche kimstgewerhliche 
Sammlujig^ über die in einem zweiten, nicht minder gut 
ausgestatteten Katalog berichtet wird, unter den Hammer. 
Sie umfasst 636 Nummern: Dosen, Bijouterieen, Taschenuhren, 
Bergkrystallarbeiten mit Edelmetall montirt, Silberarbeiten, 
Bronzen, Email- und Elfenbeingegenstände, Lackarbeiten, 


Miniaturen, Majoliken, Fayencen, Porzellane aller Art, Gläser 
Möbel, Münzen und Bücher, dahei vieles Auserlesene und 
Kostbare. Es sind ganze Zimmereinrichtangen dabei, die 
von gutem, ausgebildetem Geschmacke zeugen. Das Erträg- 
nis der beiden Auktionen soll zu einer wohlthätigen Stiftung 
verwendet werden. Die Sammlung ist vom 29. April bis 
1. Mai zur Besichtigung ausgestellt. 

Berlin, Am 11. April wurden bei R. Lepke bei Ver- 
steigerung der Sammlung H J. Degens van Kervendonk fol- 
gende Preise erzielt: G. Dou: Scene aus der Sintflut 490 M. ; 
Frans Hals: Männliches Porträt 690 M.; Comelis de Waal: 
Die Erstürmung einer Stadt 760 M.; Jacob Gerritsz Gu\jp: 
Die Münzmeister 2850 M.; A. Palamedes: Interieur mit lu- 
stiger Gesellschaft bei Tische 900 M.; J. Victors: Niederlän- 
dische Dorf kirchweih 2505 M.; Gregorius de Coninck: Still- 
leben 4005 M ; P. Moreelse: Halbfigur einer vornehmen 
Dame 900 M.; Dirk Maes: Eine Jagdgesellschaft 780 M.; 
Math\js Naiven: Holländisches Interieur 600 M.; Palamedes 
und E. V. d. Velde: Lagerscene 1805 M.; Adriaen van Utrecht: 
Kolossal-Stillleben 1080 M.; J. A. Beerstraaten: Winterland- 
schaft 640 M.; A. v. Dyck: Die heilige Jungfrau mit dem 
Christuskinde 500 M.; W. Kalf: Stillleben 1300 M.; P. de 
Ring: Stillleben 1405 M.; S. v. Ruijsdael: Das Dorf Falken- 
hof b. Nymwegen 590 M.; J. Wijnants und J. Lingelbach: 
Landschaft 505 M.; P. Aertsen: Die Geburt Christi 600 M.; 
M. Hobbema: Die Wassermühle 5100 M. 

* Bilderprei^e, Bei der Versteigerung der Denain'schen 
Gemäldesammlung in Paris wurden hohe Preise erzielt. So 
zahlte man für ein Porträt von Rembrandt 41000 Francs, 
für einen Fragonard (Heimkehr) 16000, für einen Prudhon 
(die Jahreszeiten) 80000, für Pastelle von Latour 6500, 11000, 
18000, für einen Th. Rousseau (Regenbogen) 17500, für einen 
Nattier (Porträt der Frau de Sombreval) 42700, für einen 
Bonington (am Bache) 17500, für einen Diaz (im Walde) 
12500 Francs u. s. w. Im Ganzen lieferte dieser erste Tag 
425000 Francs Der Gesamtertrag der Versteigerung betrug 
618791 Francs. 


ZEITSCHRIFTEN. 

Bayerische Gewerbeieitung. 189S. Nr. 7. 

Der Fächer im Orient. Von P. v. Melingo. 

Knnstsalon. 1892/98. Heft 5. 

Die Mimik im Dienste der bildenden Kunst. Von Prof. E. S k r au p. 
(SchluBs.) — Der Kupferdruck. Von Q. Bubb. — Münchener 
kunstbnefe. Von R. Berger. —Wiener Brief. Von Gl. Sokal. 
— Aus dem Römischen Kunstleben. Von H. v. Preuschen. 

Mitteilungen des k. Ic« l^sterreioliiBclien Museams fQr 

Kunst und Industrie. 1898. April. 

Archäologische Ausstellung im k. k. österreichischen Museum 
1893. — Eine neue Publikation aus dem österreichischen Museum. 
Von B. Bücher. — Die Naturformen und die Ornamentik. Von 
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Kervendonk durch B. Lepke in Berlin ; Bilderpreise bei der Versteigemng der Denain*schen Gemäldesammlung in Paris. — Zeit- 

Schriften. — Inserate . ^ 

Für die Redaktion verantwortlich Arttsr Seemann. — Druck von Ätigitst Pries in Leipng. 

' Dieser Nummer liegt ein Prospekt der Yerlaffsbuchhandlunff 0. Hlrtll'i KnnitTOrlag in Mftnolien bei, enthaltend 
urteile der Presse über B. MtUher, Geschichte der Malerei im 19. Jahrhundert. 


^ij>6:c^4Jt^ ) 


KUNS 



ONIK 


WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE. 
Ankundigungsblatt des Verbandes der deutschen Kunstgewerbevereine. 

HERAUSGEBEE: 

CARL VON LÜTZOW und DR. A. ROSENBERG 

WIEN BERLIN SW. 

HeugMSe 58. Teltowerstrasse 17. 

Verlag von E. A. SEEMANN in LEIPZIG, Gartenstr. 15. Berlin: W. H. KÜHL, Jägerstr. 73. 


Neue Folge. IV. Jahrgang. 


^ 1892/93. 


Nr. 23. 27. April. 


Die Kanstchronik erscheint als Beiblatt zar .Zeitschrift für bildende Kanst" und zam „Kanstgewerbeblatt*' monatlich dreimal, in den 
Sommermonaten Jali bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und nmfasst 8S Kümmern. Die Abonnenten der .Zeit- 
schrift fttr bildende Kunst" erhalten die Kanstchronik gratis. — Für Zeichnungen, Manuskripte etc., die unverlangt eingesandt werden, 
leisten Redaktion und Yerlagshandlung keine Gewähr. Inserate, ä 80 Pf. f&r die dreispaltige Fetitzeile, nehmen außer der Yerlagshand- 
lung die Annoncenexpeditionen von Haasenstein & Vogler, Rad. Messe a. s. w. an. 


DIE JAHRESAUSSTELLUNG IM V^IENER 

KÜNSTLERHAUSE. 

Das an unserer modernen Kunst so recht zu 
Schanden gewordene Sprichwort »Wie die Alten 
sungen^ so zwitschern die Jungen* hat auf jeder 
Ausstellung, die wir zu besuchen Gelegenheit haben, 
allen Grund sich zu verstecken; noch eher hören 
wir die Stimmen der Ururgroßväter aus den Moder- 
nen heraus, fast nie aber sind die mehr oder minder 
stimmlosen direkteren Vorfahren zu erkennen. Denn 
auch die Renaissancekünstler sind, im Gegensatz zu 
den Gotikern, nicht neuerungssüchtiger und zwar 
aus innerem Triebe nicht neuerungssüchtiger gewesen 
als unsere Modernen. Auch wir haben zum weitaus 
größten Teil auf das Erbe der Väter verzichtet, wir 
haben für unsere neuen Bedürfnisse ein neues Haus 
gebaut und dem alten Gott, der sich uns in neuer 
Gestalt ofiFenbarte, einen neuen Tempel getürmt. 
Freilich sind noch viele, wenn auch nicht unter den 
Künstlern selbst, so doch in der großen Masse der 
Genießenden mit ihren Sinnen nicht so weit, um das 
Wort der Apostel des neuen gereinigten Glaubens 
zu verstehen. Noch immer und wohl noch für lange 
wird, wie zu allen Zeiten und auf allen Gebieten, 
ein großer Teil der Menge an dem »Was" hängen 
und nicht um das »Wie" fragen. Aber die Aufgabe 
aller Streiter für die schönste Blüte menschlicher 
Kultur, für die Kunst, muss es sein, auf den betrete- 
nen Pfaden mutig vorwärts zu schreiten, unbeküm- 
mert um den Beifall oder die Missbilligung des 
Tages. Es ist übrigens gar keine Gefahr vorhanden, 
dass unsere Kunst davon abgehe: eine Zeit, die sich 


das konsequente Streben nach ungeschminkter Wahr- 
heit auf die Fahne geschrieben hat, muss zum Schluss 
auf das nach unseren menschlichen Begriffen Beste 
und Vollendetste kommen. Jeder Gang durch eine 
mit so viel Rigorosität wie die heurige Jahresaus- 
stellung arrangirte Versammlung von modernen 
Kunstwerken zeigt nach allen Seiten den rechten 
Weg zur Wahrheit; ist doch die Wahrheit überall 
zu finden, wenn wir nur unsere Augen öffnen wollen; 
aber wenige haben die Augen, um zu sehen; freilich 
ist ein unterschied zwischen sehen und sehen. Die 
Indolenz ist stärker als der gute Wille, seine Sinne 
zu üben. Mancher bildet sich beim Genuss von Süß- 
holz ein, ein Gourmand zu sein, und hält Austern 
und Sekt ftb* gemeine Nahrung. Stephan Simonj 
hat, ob absichtlich oder unabsichtlich wissen wir 
nicht, eine etwas unparlamentarische Satire, die ewig 
wahr bleibt, gemalt und auf der heurigen Ausstellung 
exponirt: »Verschmähte Gabe" ist der TiteL Ein 
trefflich gemaltes Bild; Gedanke und Form gleich 
gut: Licht und Leben ringen darauf um den Preis, 
welches von beiden besser wiedergegeben wurde. 
Ein kindliches Mädchen verehrt einer Gruppe von 
köstlich stumpfsinnigen, aber um so selbstbewusster 
dastehenden Zweihufern ein üppiges Bouquet von 
Pfingstrosen zum Fräße» die von jenen beschnuppert 
und als unwürdig für einen Wiederkäuermagen mit 
unwilligem Gebrumm zurückgewiesen werden. Hätte 
uns der zoologische Name »Zweihufer'^ nicht an den 
Schopenhauerischen Schimpf »Zweifößler" erinnert, 
uns wäre nimmer in den Sinn gekommen, in dem 
köstlichen Gouachebilde eigentlich eine Tierfabel mit 
ausgesprochener Tendenz zu finden. 


371 


Die Jahresausstellung im Wiener Künstlerhause. 


372 


Wie jedes gewaltige Streben auch die Wider- 
willigen mit sich fortreißt, so sehen wir es auch in 
der modernen Kunst! Der nüchtern und kühl reflek- 
tirende Elassizist und der alles yerzuckernde Roman- 
tiker müssen zu eigenem Nutzen und Frommen mit 
der Natur ein Kompromiss schließen, wenn sie als 
Künstler bestehen wollen; thun sie es nicht, so 
zeigen sie eine überlebte Grimasse, von der sich jeder 
achselzuckend mit der bedauernden Frage abwendet: 
»Wer reitet so spät durch Nacht und Wind?* 
Auch dafür mangelt es nicht an Belegen in unserem 
Künstlerhause. Wenn eine Zeit, so hat es unsere be- 
wiesen, dass man die Kunst nicht nach der Elle 
messen darf, so gewaltige Anstrengungen oft selbst 
auf dem Gebiete der nicht monumentalen Malerei ge- 
macht vnirden, den Leinwandfabrikanten durch große 
Lieferungen auf die Beine zu helfen; im Ganzen und 
Großen ist ein Zurückgehen der Absicht zu verzeich- 
nen, die Natur in einfachen, anspruchslosen, ich 
mochte sagen bürgerlichen Vorgängen, die wir gerne 
unter dem Namen Genre zusammenfassen, in lebens- 
großen Figuren festzuhalten, und wenn dies doch der 
Fall ist, so geschieht es gegenwärtig auf viel in- 
timere Weise als früher, wie heuer Heinrich 
Knirr imd Walter Firle in München beweisen. 
Das Genrebild im weitesten Sinne des Wortes, vom 
anheimelnden Kinderstück oder der dürftigen Markt- 
scene bis hinauf zum aufregenden sozialistischen Ten- 
denzbilde, das schon die Wurzel der Historie bildet, 
gewinnt wieder mehr Boden und scheint den ihm 
gebührenden Raum, nämlich unsere Zimmer, vrieder 
zurückzuerobern. Das Vermächtnis Rembrandt's, 
das mit wenigen Ausnahmen, zu denen unsere ältere 
Wiener Schule der dreißiger bis in die sechziger 
Jahre gehört, fast überall vergessen war, gießt wieder 
seinen Segen aus. Die Flucht aus einer nahegelege- 
nen Vergangenheit, aus der gesuchten „Unglücks- 
malerei* der Theaterphrase, der wir übrigens ihr 
großes, wenn auch zum Teil unbeabsichtigtes Ver- 
dienst nicht absprechen wollen, in eine entferntere 
Vergangenheit, die in ihrem Streben dem jetzigen 
Sturm und Drang ähnelt, war von größtem Vorteil. 
Die intime Landschaft in Vereinigung mit dem Tier- 
stück, das eben so innige und eingehende Bild des 
Lebens in seinen tausendfaltigen verschiedenen gesell- 
schaftlichen Äußerungen, der gewaltige Beitrag, den 
die moderne Kunst zur Biographie unserer Zeit im 
Porträt liefert, wie dies zum Teil in viel objektiverer 
Weise als überhaupt je geschieht, diese ganze Summe 
von Leistungen der Malerei wie auch der Plastik 
steht im Zeichen der inbrünstigsten Hingebung an 


die ewig junge Natur: selbst der Idealist verschmäht 
es, seine Gedanken auf Kosten der Wahrheit zu 
bringen und auch darin gleicht unsere Zeit den 
besten Epochen der Antike und der Renaissance, 
wir brauchen da nur an unsere Deutschen Klinger^ 
Stuck und Thoma zu erinnern; dass neben anderen 
Halbblinden auch hier und da ein Kritiker der jetzt 
noch neuen Erscheinung zeternd und scheltend nach- 
humpelt, das darf doch niemand wundem; das Ghros 
des gebildeten Publikums sieht jetzt schon durch die 
moderne Kunst sein eigenes Gemütsleben in der 
einzig ftir unsere Zeit passenden Weise ausgedrückt 
und die berühmte Affaire zwischen Mops und Mond 
hat inmier nur dem ersteren geschadet — Sonder- 
barerweise merkt man unserer neuen Kunst, der 
die Zukunft gehört, fast in nichts mehr den Umweg 
an, den sie machen musste, um in rüstigem Weiter- 
schreiten zur Wahrheit zu gelangen: wir meinen 
die zöpfische Schulung der jüngsten unter den 
Kunstjüngem an unseren Akademieen mit der An- 
tike; es ist die Geschichte von einem, dem's zu Herzen 

ging, dass ihm der Zopf so hinten hing es 

ist noch keinem eingefallen, endlich einmal den Zopf 
ganz abzuschneiden. 

Diese und hundert andere flüssige Reflexionen, 
die von allen Seiten heranfluten, werden in jedem 
Besucher der Ausstellung rege, die, wir müssen es 
der Jury zu besonderer Ehre nochmals nachsagen, 
zu den bestarrangirten gehört. Nach dem Grund- 
satz: das Bessere ist der Feind des Guten, hat wohl 
viel des letzteren nicht aufgenommen werden können. 
Das vorhandene Minderwertige, das nicht groß an 
Zahl ist, dient ab nicht unerwünschte Folie und 
giebt, wohl sehr unfreiwillig von seiten seiner 
Autoren, die beredte Lehre, wie man es nicht 
machen soll. 

Wie immer nimmt die Malerei die dominirende 
Stellung ein. Ihr reiht sich mit ungefähr hundert 
Werken die Plastik und quantitativ sehr bescheiden 
die Architektur an. 

So wie sich uns die Plastik zuerst beim Betreten 
des Ausstellungsraumes präsentirt, so wollen wir ihr 
auch den Vortritt in der Besprechung zu Teil werden 
lassen. Darin hält sie heuer vollkommen Schritt 
mit der Malerei, dass sie als monumentale und de- 
korative Kunst, wie sie durch Beriky 0, König, Vogl, 
Dümbauer, Brenner und Eatkatisky vertreten ist, kein 
Übergewicht über die vortrefflichen, zum guten Teil in 
Bronze ausgeführten Porträtbüsten, einige vorzüg- 
liche realistische Gruppen und Einzelfiguren zu er- 
ringen vermag. Vor allen verdienen die realistische 


373 


Die Jahresausstellang im Wiener Künetlerhause. 


374 


BroDzegruppe von Überbacher in München „Junger 
Faun mit Pantherfamilie " und der »Gefangene Fischer* 
von dem Spanier Marinas Oarcia in Segovia weitaus die 
Krone. Das letztere Werk — ein alterer Knabe sucht 
seinen kleineren Bruder aus der Umklammerung 
eines Polypen zu befreien — ist in der Wiedergabe 
des physischen und psychischen Vorganges, der körper- 
lichen Anstrengung beider und der großen Seelen- 
angst des Kleinen von der gegenstandlichsten Wir- 
kung — ein in's Plastische übersetzter Murillo. Aber 
auch die erstgenannte Schöpfung ist von schneidigem 
Realismus in dem behaglichen faunischen Lächeln 
des Knaben und dem schleichenden Pantherweibchen 
— dabei von jeder Seite betrachtet das Ganze von 
grosser Schönheit der Linien, ohne der Wahrheit Ein- 
trag zu thun, weil alles ungesucht und unbeabsich- 
tigt wirkt. Benk's , Herrschertugenden* fOr den 
neuen Burgtrakt am Michaelerplatz sind ein schönes, 
akademisches Werk, aber viel geschmeidiger ist seine 
trauernde, weibliche Figur mit der herrlichen Dra- 
perie vom Grabmale Coudenhove; fast möchten wir 
sagen sich selbst übertroffen hat er in der Matmor- 
büste einer jungen Frau, die uns wie ein lieblicher 
Traum der Frührenaissance berührt. VogVs Raimund- 
Denkmal müsste in der richtigen landschaftlichen 
Umgebung und mit allem Raffinement einer decenten 
Polychromirung geradezu von frappirender Wirkung 
sein. 0. König hat leider seinem innersten, heiteren 
Wesen wenig entsprechende Sujets in Grabdenkmälern 
zur Bearbeitung gefunden. Dürribauer möchten wir 
lieber auf seinen alten realistischen Wegen begeg- 
nen. Kaan's „Eva mit Kain und Abel*' wäre, statt 
des bösen Buben noch einen zweiten guten gesetzt, 
eine noch viel bessere Caritas geworden. Bathausky, 
Lax und Schwartz stellen in Kleinplastik aus, wobei 
der letztere von den dreien freilich der Meister ist: 
der Ciseleur mit der fein empfindenden Hand. Das 
Streben dieser Künstler, die Plastik als Zimmerschmuck 
wieder gangbarer zu machen, verdient alle Unter- 
stützung. Von den älteren Monumental -Plastikern 
bringt Kundmann seine schöne Figur von der Fassade 
des kaiserlichen Museums .Das Kunstgewerbe", 
Tautenhayn eine schön aufgebaute Gruppe ,Träu- 
mende Nymphe" und ein alle Fähigkeiten des 
Meisters zeigendes malerisches Bronzerelief „Das 
Urteil des Paris", das besonders in den ganz plastisch 
herausgearbeiteten Figuren des Paris und des Her- 
mes rechts^ und der Juno und ihrer Begleiterin 
links von größter Lebendigkeit ist. Die Komposition 
der Mittelgruppe schließt sich in eine halbkreisför- 
mige Linie, ohne deshalb zu akademisch zu werden. 


Ungern vermissen wir Medaillen dieses geschmack- 
vollen Eklektikers und seines realistischen Kunstge- 
nossen Scharff. Hat Roty keine andere Frucht ge- 
tragen als ein paar ausgestellte Gussmedaillen von 
Sckaffer? Das ist doch kaum glaublich; wir haben 
Hofihung fürs nächste Jahr! Durch Anmut und 
Wahrheit hervorragend ist die Gruppe »Frühling" 
von Brenner, ein gesund naiv geschautes Stück Na- 
tur von ungekünstelter Wiedergabe männlicher und 
weiblicher Formen: ein angeborener Schönheitssinn 
mit gefalliger Vortragsweise wird wohl den vielver- 
sprechenden Künstler vor Verflachung bewahren. 
Nicht übergehen dürfen wir den tüchtigen Hans 
Bemaard, der zwei von Waschmann in Bronze ausge- 
führte Madonnenreliefs bringt voll religiösen Gefühls, 
ein modemer Quattrocentist ähnlich wie Fuss in 
seinem „Votivbild". Unvergessen sei noch Wind's 
derb-sinnliche Mädchenfigur .Schlange". Unter der 
Kleinplastik zeichnet sich Winder's lebendige Pferde- 
gruppe und Alois DülCs Reiterstatuette des Erzher- 
zogs Albrecht aus, in der allerdings der mächtige 
Einfluss des Radetzky - Monumentes fühlbar ist. 
Charlemont bringt einen trefflichen Bettlerjungen. 
Den ganzen romantischen, künstlerischen Vormärz 
zaubert uns WeigVe , Raimund' vor Augen. Pendl hat 
eine glückliche tanagräische Empfindung in seine 
kleine Figur aus Buchsholz zu legen gewusst. JarVs 
schönes Talent versprüht leider in kleinen Tier- 
gestalten. Die bemalte Plastik vertritt wie immer 
mit gutem Erfolg Arthur Siraßer, und seine Terra- 
cotta »Verlassen" berührt uns wie ein Bild von 
Millet. Weyr hat ein reizendes Marmorrelief mit 
wenig aber außerordentlich geschmackvoller Ver- 
goldung. Ein Mädchen, das dem schlafenden Amor^ 
einem köstlichen, kleinen Kerlchen, die Flügel stutzt. 
In der Bronzebüste überragt alle, wir sind's gewohnt, 
an Charakteristik, genialer Auffassung und leben- 
atmender Wiedergabe unser Tilgner, sowohl in sei- 
nem »Brückner" mit der köstlichen taktirenden Hand, 
als auch in seinem »Preyer**; aber auch in seinem 
Marmor werk »Hans Makart" sticht er die anderen 
aus dem Sattel. Es ist ein schöner, aber schmerz- 
licher Nachruf an das früh erloschene Meteor der 
Wiener Koloristik. Der Raum gestattet uns nicht, 
die vorzüglichen Porträts von Kautsch, Schmidgruber, 
Swohoda^ Bitterlich und mancher anderer einer ein- 
gehenden Würdigung zu unterziehen, die sie ver- 
dienen. 

Wie die Wiener Plastiker, so sind auch die 
Wiener Maler, wenn auch nicht immer Autochthonen, 
aber doch hier wirkend und von dem genius 


375 


Kunstblätter. — Nekrologe. 


376 


loci beeinflusst, in geschlossener Reihe erschienen 
als stolze, sieghafte Phalanx. In prävalirender Weise 
ist das Porträt aus aller Herren Ländern vertreten: 
der einfache schlichte Bfirger, der yermögUche 
Fabriksherr, schöne Frauen und Mädchen aus allen 
Kreisen der Gesellschaft, ernste Gelehrte, hohe 
Aristokraten und selbst ein gekröntes Haupt, Fer- 
dinand Ton Bulgarien auf dem staatmachenden 
Prunkbilde von Bencxur, Das weitaus interessanteste 
und wir sagen es geradeheraus beste Werk hat 
Gustav Klimt in seinem bewegten , Zuschauerraum 
des Theaters in Totis" gebracht Hätte es der 
Meister nicht schon hundertmal anderweitig be- 
wiesen, dass er im Großen und im Kleinen wie kein 
zweiter das Leben in der Wiedergabe von Form und 
Farbe beherrscht, er hätte es damit gethan. Die 
Bewegung in den Gruppen, das Lokalkolorit, der 
ganze Theatemimbus, alles ist unvergleichlich. Un- 
sere einheimischen Künstler, der geföllige Eugen 
von Blaas, der kernige Kasimir Pochwalshtj, der ele- 
gante Horoivitz mit seinem sprechenden Portrait Pulsz- 
ky's, der Kolorist Benczur^ der peinlich genaue rAüe- 
inand, und im Porträt auch der roh verlästerte 
Griepenkerly der schneidige Wilda, der ehrliche JtUius 
Schmid und Krämer als Impressionist, der noch 
manche Härte verlieren sollte, haben wie auch noch 
eine Reihe anderer ihr Bestes und damit wirklich 
Vollendetes gebracht Von ausländischen Werken 
sind das Frauenporträt mit dem herrlichen Neufund- 
länder von Bennemtz, die Porträts von Brüit und be- 
sonders Marr^ die reizende Frau Feirari's durch getreue 
Reproduktion schwieriger Lichteffekte bedeutend. Eine 
Reihe vortrefflicher Werke in Pastell, besonders 
von den einheimischen anerkannten Meistern in 
diesem Fache, dem wahren Salonlöwen Clemens von 
Pai4singer, von Mehoffer, Frösckl, Michalek, der auch 
als Radirer excellirt, und Bunxl schließen würdig 

das Kapitel Porträt RUD. BOCK. 

(Schluss folgt.) 


KUNSTBLÄTTER. 

A. R. Eifie neue graphische ReproduJction der Sixtinischen 
Madontw. Der Maler Äfax Horte in Berlic; ein Schüler der 
dortigen Akademie, der sich später bei J. Lef^bvre und 
B. Constant in Paris weitergebildet bat, bat sich seit einigen 
Jahren auch als Radirer mit Glück versucht, besonders in 
der Wiedergabe eines Wandgemäldes „Columbus vom hohen 
Rat in Salamanca verhGhnt", das der italienische Künstler 
Nicolaus Barabino für einen Palast in Genua ausgeführt hat. 
Jetzt hat er sich, ganz auf eigne Hand, ohne Unterstützung 
eines Verlegers, an eine Reproduktion der Sixtinischen 
Madonna gewagt, fQr die er einen Maßstab gewählt, der 
wenigstens durch die Größe (89 cm Höhe bei 65 cm Breite] 


alle früheren graphischen Nachbildungen des berühmten Ge- 
mäldes übertrifft In der Behandlung der Einzelheiten hat 
sich der Künstler aber nicht die der Radirung zustehende 
Freiheit zu Nutze gemacht £r hat vielmehr alle Details, 
vornehmlich die Bildwebereien auf der Casula des hl. Sixtus 
und das Gewimmel der Cherubim im Hintergrunde, zu klarer 
Anschauung gebracht, so dass er darin selbst nicht hinter 
der subtilen Arbeit des Manderschen Stiches zurückgeblieben 
ist Darüber hat er den geistigen Gehalt des Originals keines- 
wegs vernachlässigt. Er hat vielmehr den schier unergründ- 
lich tiefen Ausdruck der Köpfe im allgemeinen richtig, mit 
schlichter und naiver Empfindung, den Mitteln seiner Kunst 
gemäß widergespiegelt Die koloristische Haltung des uns 
vorliegenden Probedrucks ist tiefer gestimmt als die des Ge- 
mäldes. Es sind noch Unklarheiten und rußige Stellen vor- 
handen, die aber durch eine Überarbeitung der Platte, viel- 
leicht auch schon durch geschickten Druck beseitigt werden 
können. Wir empfehlen die Platte der Beachtung der Kunst- 
händler und Kunstvereine, die mit ihrem Erwerb einen glück- 
lichen Griff machen dürften. 


NEKROLOGE. 

*^* Der Berliner Kunsthändler Honrath, Inhaber der 
Firma Honrath und van Baerle, ist am 19. April im Alter 
von 55 Jahren in Großlichterfelde bei Berlin gestorben. 

*^* Die polnische Porträtmalerin Anna Bilinska ist 
Mitte April in Warschau, 35 Jahre alt an einem Fieber ge- 
storben. Sie hatte sich in Paris gebildet und war dort 
schnell eine beliebte Bildnismalerin der aristokratischen 
Welt, besonders der Russen und Polen, geworden. Ihre durch 
glänzende malerische Technik und durch Energie der Cha- 
rakteristik gleich ausgezeichneten Bildnisse und figürlichen 
Studien haben ihr auch auf den internationalen Ausstellun- 
gen in Berlin und München hohe Anerkennung erworben. 
1891 erhielt sie in Berlin die kleine goldene Medaille. 

*,* Der Oenremaler Franx Kels ist am 20. April, 65 
Jahre alt, in Düsseldorf gestorben. Er hat sich besonders 
in gemütvoller Darstellung des Familienlebens der west- 
fälischen und rheinischen Landleute ausgezeichnet 

H.A. L. Am 4. April starb zu Meißen der Maler Ernst 
Moritx, Pappennann, Wie aus seinen eigenen, von Loose 
in den Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt 
Meißen, Bd. II, Heft 2, S. 274 abgedruckten Aufzeichnungen 
hervorgeht, war er am 28. Oktober 1830 in Meißen geboren 
und auf der Dresdener Akademie unter Be?idemanh*s Leitung 
zum Maler ausgebildet worden. Seit dem Jahre 1854 war 
er als Porzellanmaler an der Kgl. Manufaktur in Meißen 
thätig und galt dort für einen der besten Vertreter seines 
Faches. Auch als Porträtmaler erfreute er sich in Meißen 
eines l^egründeten Rufes. 

w. Kassel, Der hier am ersten Ostertage verstorbene, 
als Bildhauer und Maler rühmlichst bekannte, sowie durch 
seine gewinnende Persönlichkeit selbst allgemein beliebte 
Prof. Robert Cauer war als zweiter Sohn des Bildhauers 
Emil Cauer am 13. Februar 1831 in Dresden geboren, wandte 
sich anfangs der Malerei zu und studirte im Jahre 1850 
unter Sohn und Schadow in Düsseldorf. Später als Bild- 
hauer thätig, schuf er eine Reihe trefflicher Porträtbüsten 
(u. a. von Kaiser Wilhelm I.), Märchengestalten und Grab- 
monumente, und zahlreiche andere Werke. Nach längerem 
Aufenthalt in Kreuznach und in Rom siedelte der Künstler 
vor wenigen Jahren nach Kassel über, wo er besonders als 
Porträtmaler (in Pastellgemälden) Bedeutendes leistete. Sein 
frühes Ende findet allgemeine Teilnahme. 


377 


Pemoualnauliriuliten. — Sammlangen und Ausstellungen. 


378 


PERSONALNACHRICHTEN. 


* 


Der Maler Arthur Kampf in Düsseldorf, der als 
Leiter der Malklasse an die Berliner Kunstakademie berufen 
worden war, bat die Berufung abgelebnt. 

SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN. 

* Über den Bilderbestand der kais. Oemäldegalerie in 
Wien und ibrer Depots bringt die „Wiener Zeitung*' 
vom 12. März einen offenbar aus offizieller Feder stam- 
menden Artikel, aus dessen maleriscbem Kauderwelsch einige 
statistische Daten hervorleuchten, die ein allgemeines Inter- 
esse beanspruchen dürfen. Die Gesamtmasse der Bilder be- 
lauft sich demnach auf 5785 Nummern. Davon sind gegen- 
wärtig in der Galerie des Hofmuseums aufgestellt: 1797 
Werke alter, 333 Werke neuerer Meister und 464 Aquarelle 
und Handzeichnungen. Dazu kommen die bis vor kurzem 
im unteren Belvedere aufbewahrt gewesenen Bilder der Am- 
braser Sammlung, im ganzen 1506 Nummern, femer 512 in 
den kaiserlichen Schlössern und Appartements untergebrachte 
Gemälde und etwa 1100 Bilder in den Depots. Dass die 
letzteren besondere Kostbarkeiten bergen, wie man wieder- 
holt geäußert hat, ist eine ganz unbegründete Fabel. Es 
genügt, wenn der Bestand der Depots in Ordnung gehalten 
und die Bilder vor dem Verderben bewahrt werden, um sie 
erforderlichenfalls för dekorative Zwecke verwenden zu 
können. Das ist für uns das einzige erfreuliche Resultat der 
im übrigen ziemlich unerquicklichen Mitteilung, dass die 
kais. Galerie wenigstens vor weiteren Depotausgrabungen 
bewahrt bleiben soll. 

— nn. Düsseldorf, Bei Eduard Schulte sind einige inter- 
essante Novitäten zur Ausstellung gelangt. Es sind dies ein 
Aquarell von PradiUa und drei Kaiserporträts von Max 
Koner, Die beiden kleineren Kaiserbilder (halbe Lebens- 
größe) in Schwarz und Weiß gehören zu dem Glücklichsten, 
was Koner bisher gemalt hat. Das eine ist in Husaren-, 
das andere in Kürassieruniform aufgenommen; die Behand- 
lung ist äußerst lebendig und von sprechender Ähnlichkeit 
Das große ölporträt hat dagegen noch etwas von der höl- 
zernen steifen Manier der früheren Koner^schen Kaiserbilder. 
Die beiden kleineren, kaum über eine flotte Skizze hinaus- 
gehenden Bilder zeigen eine entschieden freiere und von 
bewusstem Können geleitete Hand, trotzdem dass sie wie Kinder 
eines flüchtigen Momentes erscheinen. — Der Gegenstand 
des neuen Pradilla*8chen Aquarells ist ein italienisches Wäscher- 
mädel, das, während die Arme im Schoß ruhen, nachdenk- 
lich, etwas sinnlich -träumend vor sich hinschaut. Neben 
ihr liegt ein entfaltetes „billet doux''. Die Färbung ist nicht 
ganz so leuchtend, wie in den Ölbildern des Meisters, wie 
überhaupt Pradilla in seinen Aquarellen einen weniger 
brillanten, etwas nüchterneren Farbenton anschlSgt, als in 
der Ölfarbe. Die sonstigen bekannten Vorzüge des großen 
Spaniers kommen, wie es scheint, in der Aquarelltechnik 
nicht in solchem Maße zur Geltung. Aber fein gestimmt 
und vor allem klassisch-heiter und bei aller Kraft geschmack- 
voll bleibt Pradilla immer. 

Ein Gemälde des Berliner Marinemalers Richard 


* * 


Eschke, „Sturm im Golfstrom" bei Abendstimmung, ist für 
das städtische Museum in Danzig angekauft worden. 

A. R. Aus Berliner Kunstausstellungen. In Gurlitt's 
Kunstsalon hat der Maler Lesser üry eine etwa 70 Nummern 
umßiflsende Ausstellung von ölskizzen, Studien und Pastell- 
zeichnungen veranstaltet, die nach der überaus schwülstigen 
und geschmacklosen Anpreisung des Katalogs „vom Reifsten'' 


sind, „das die atmosphärische Malerei in Deutschland hervor- 
gebracht hat, kleine Wunder des Augenblickes, Licht- und 
Luftstudien, doch Studie von der Art, die tief hinein in die 
Organisation des Künstlers leuchtet.'* Wir haben schon viel 
vom „atmosphärischen Druck" gelesen und erfahren, aber 
die Erfindung einer „atmosphärischen Malerei", also einer 
Malerei, die mit „Atmosphäre" malt, ist eine neue Errungen- 
schaft, die der Verfasser des Gallimathiaa verantworten mag, 
der die Eindrücke Iiessor Ury^s dem Publikum durch die 
Beredsamkeit seines Mundes vermitteln will. Dem Maler 
wird mit einem solchen Wust von Phrasen ein schlechter 
Dienst geleistet. Miui bauscht ihn damit zu einer Größe 
auf, die er nicht ist und vielleicht auch gar nicht einmal 
sein will. Er ist ein Eclio der französischen und belgischen 
Impressionisten, einer der frühreifen Genies, die aus innerem 
Drange der Kaufmannslohre entlaufen sind, dann keine Zeit 
mehr gefunden haben, um das langweilige Zeichnen zu 
lernen, aber in den fieien Ateliers von Brüssel und Paris 
soviel erhascht haben, dass sie ihre Eindrücke, ihre Farben- 
visionen so auf die Leinwand bringen können, dass Träumer, 
Phantasten, blasirte Fin de si^cle-Menschen und ähnliche 
pathologische Existenzen darüber in Entzücken und in 
Taumel geraten. Es ist eine Art von Haschisch-Rausch, 
unter dem diese sondorbiire Gemeinde von Kunstenthusiasten 
gegenwärtig steht, und diesen Zustand suchen auch ihre 
Wortführer in der Presse zum Ausdruck zu bringen, indem 
sie die Grammatik vorgewaltigen und die deutsche Sprache 
zum blöden Stammeln erniedrigen. Als Lesser Üry vor vier 
oder fünf Jahren in Beiiin mit Straßenbildem auftrat, die 
so roh zusammengeschmiert waren, dass man nur schwarze, 
rote und gelbe Flecke unterscheiden konnte, soll Menzel zu 
seinen Bewunderem gehört und Großes von der Zukunft des 
jungen Mannes (er ist jetzt 30 Jahre alt) erwartet haben. 
Von seiner unergründlichen Schwarzmalerei hat sich Ury 
allerdings befreit, wie es scheint, durch eine Reise nach 
Italien, wo er, besonders in Capri, die Sonne kennen gelernt 
hat Was er seitdem gemalt hat^ ist farbiger, sonniger und 
verständlicher. Eine koloristische Empfindung ist in diesen 
Landschaften mit Stafüsige, in diesen Straßenbildem, in 
diesen Innenräumen mit Figuren vorhanden. Aber wo bleibt 
die Stimmung, das seelische Element, die Gemütstiefe oder 
auch nur, wenn wir uns auf die geringsten Ansprüche be- 
schränken, die nationale Note? Alles nur Nachäffung der 
naturalistischen Belgier und Franzosen. Und von diesen 
Leuten erwarten ihre Wortführer in der Presse das Heil der 
deutschen Kunst! — Die Schulte^ selie Kunstausstellung hat 
Anfangs April den Berlinern zumeist Gemälde vorgeführt, die 
an dieser Stelle schon in Berichten aus Düsseldorf und 
München gewürdigt ^ orden sind. Aus der Masse der neuen 
Erscheinungen, die voraussichtlich auf der großen Kunstaus- 
stellung wieder auftauchen werden, seien nur die fein indivi- 
dualisirten und geschmackvoll angeordneten männlichen und 
weiblichen Bildnisse von Fenner H. Behnier, der mit Eifer 
Holbein studirt zu haben scheint, vielleicht auch in Paris 
manches gelernt hat, die fein empi^ndenen Landschafben der 
Stilllebenmalerin Elise Hedinger, das Bildnis des General- 
feldmarschalls Grafen v. Blumenthal von Qeorg Lampe und 
das Porträt des Afrikareisenden Grafen Joachim Pfeil von 
Anna Jaeger, einer Malerin, die auch gründlich zeichnen 
gelernt hat, hervorgohoben. Wie gewöhnlich bei Schulte 
spielen auch in dieser Ausstellung die Spanier und die 
Italiener eine hervorragende Rolle. Sie, nicht die deutschen 
Naturalisten und Impressionisten, sind die Hechte im Karpfen- 
teich. Was hier Pradilla mit drei Bildern aus den achtziger 
Jahren, Qaroia y Bamos, Mas y Fondevilla, Lonxa, GaUegos 


379 


Vereine und Gesellschaften. — Ausgrabongen und Funde. — Vermischtes. 


380 


u. a. geboten haben, giebt mehr zu denken und zu Überlegen, 
als das ziellose Gefasel der nach Frankreich schielenden 
deutschen Naturalisten, die niemals fertig werden. 

— nn. Düsseldorfs Die St&dtische Gemäldegalerie hat 
zwei neue Erwerbungen aus den Jahresausstellungen ge- 
macht: unter den ,, Alten" das in unserem Artikel erwähnte 
„DQnenbild von Holland" von Pdersen-Angeln und von den 
„Jungen" die „Esthnische Landschaft'^ von Gregor voti Bock- 
mann; die erste Acquisition eines Bildes des Meisters, wodurch 
eine Lücke der stadtischen Galerie nunmehr glücklich aus- 
gefüllt ist 

*^* Zur Berliner Kunstatiastellimg haben die Münchener 
Sezessionisten etwa 450 Werke angemeldet. Fritz v. Uhde 
sendet drei Bildnisse, darunter den „Schauspieler" und ein 
Stimmungsbild „In der heiligen Nacht". Franz Stuck will 
sieben Bilder und eine plastische Arbeit, die Bronzestatuette 
eines Athleten, ausstellen. Femer haben Joseph Block, Hans 
Borchardt, Ferd. Max Bredt, Georg Buchner, Richard Lep- 
sius, Wilhelm Trübner ihre Beteiligung zugesagt. Auch die 
Zeichner der „Fliegenden", Ren^ Reinicke und Scblittgen, 
sind unter den ausstellenden Sezessionisten. Ihnen wird sich 
die Reihe der korrespondirenden Mitglieder anschließen. Da 
ist Hubert Herkomer, Robert Hang in Stuttgart, Hans Thoma 
in Frankfurt a/M., der fänf Genre- und Stimmungsbilder 
sendet, der Weimaraner von Gleichen-Ruß wurm, der Enkel 
von Schiller, der jetzt in Leipzig weilende Max Klinger 
(sechs Radirungen und drei Gemälde), endlich Stephan Sin- 
ding aus Kopenhagen mit drei bildnerischen Gruppen. 


VEREINE UND GESELLSCHAFTEN. 

Der Deutsche Kunstverein in Berlin, über den wir un- 
längst berichteten, hat seit seiner Begründung nunmehr 
schon weit über tausend Mitglieder gewonnen. Er hat es 
sich zur Pflicht gemacht, nur wirklich künstlerische Werke 
anzukaufen und zur Verlosung unter die Mitglieder zu 
bringen, sowie, an Stelle der ominösen „Nietenblätter", von 
der Hand der berufensten Künstler Nachbildungen der ver- 
schiedenartigsten Gattung und Technik nach anerkannten 
Meisterwerken neuer und alter Kunst, auch Bronzen und 
Prachtwerke, alljährlich in größerer Auswahl jedem Mit- 
gliede zur Verfügung zu stellen. Der Jahresbeitrag betrSgt 
20 Mark; zum Stifter wird man durch eine Spende von 
mindestens 1000 Mark. 

— Düsseldorf. Der Kunstverein für Rheinland und 
Westfalen zählt jetzt, wie wir seinem soeben erschienenen 
Jahresberichte entnehmen, '6000 Mitglieder. Die Reinein- 
nahme des vergangenen Jahres beträgt 63433,56 Mark. 
Der Verein ist das hervorragendste Kunstinstitut der west- 
lichen Provinzen und hat in den 64 Jahren seines Bestehens 
auf allen Gebieten der bildenden Kunst eine erfolgreiche 
Thätigkeit entwickelt. Entgegen dem Grundsatz anderer 
Kunstvereine, den Beitrag den Mitgliedern in Gestalt von 
ausgelosten Ölgemälden, Radirungen und Stichen wieder zu- 
zuwenden, wurde bei der Gründung des Vereins beschlossen, 
einen beträchtlichen Teil der Vereinsbeiträge dem direkten 
Genuss der Mitglieder ein für alle Mal zu entziehen und 
ausschließlich zur Herstellung öffentlicher Kunstdenkmäler 
zu verwenden. Diesem Entschlüsse verdankt eine groQe 
Zahl herrlicher Monumentalschöpfungen ihre Entstehung. 
Außerdem veiiieilt der Verein alljährlich an seine Mit- 
glieder Vereinsblätter, die imimer hervorragende Erzeugnisse 
der Kupferstechkunst waren. Auch das diesjährige Vereins- 
blatt schließt sich seinen Vorgängern würdig an. Es ist 
ein Stich von Prof. E. Forberg nach dem Gemälde von 


Th. Rocholl: Begrüßung Kaiser Wilhelm's L nach der Schlacht 
bei Sedan. Der Stich giebt das Gemälde in vorzüglicher 
Weise, die volle malerische Wirkung erreichend, wieder. — 
Die die^ährige Ausstellung des Vereins wird vom 21. Mai 
bis 17. Juni stattfinden. (Vergl. Chronik Nr. 21, Inserat) 

AUSGRABUNGEN UND FUNDE. 

*^* Ausgrabungen in Sendschirli. Der Kaiser hat nach 
einer dem Vorsitzenden des Orientkomitees in Berlin, Prof. 
Dr. Richard von Kaufmann, gewordenen Mitteilung zu den 
Kosten einer Expedition zum Abschluss der Ausgrabungen 
des Orientkomitees in Sendschirli in Nordsyrien ein Gnaden- 
geschenk von 25 000 M. bewilligt. 


VERMISCHTES. 

* über Wilhelm Lübke'*s letxte Lebensjahre macht uns 
ein befreundeter Kollege die nachfolgenden Mitteilungen: 
„Die Stellung in Karlsruhe trat er mit frischem Mute und 
lebhaftem Geiste, aber in körperlicher Schwäche an. Er 
war genötigt, von seiner alten Gewohnheit, stundenlang un- 
unterbrochen zu arbeiten, abzustehen. Dennoch bereitete 
er hier noch verschiedene Neuauflagen seiner Werke, dar- 
unter die zehnte seines Grundrisses, vor und schrieb in der 
unglaublich kurzen Zeit von zwei Semestern seine Ge- 
schichte der deutschen Kunst. Wie sehr ihn die Arbeit an 
diesem Buche freute, so ungern sah er sich bei ihr 
zu einem rascheren Tempo als ihm lieb war, gedrängt, und 
so sehr betrübte ihn die gerichtliche Anklage eines Ver- 
legers, der auf das Manuskript ältere Rechte zu haben 
glaubte. Die glänzende Freisprechung konnte ihn nicht 
entschädigen für das Schmerzliche des Vorwurfs, in gewinn- 
süchtiger Absicht ein gegebenes Wort nicht eingehalten zu 
haben. Bei dem großen materiellen Erfolge, den seine 
Thätigkeit gehabt hat, verblieb ihm doch immer eine ge- 
wisse Scheu, in geschäftliche Manipulationen einzutreten, 
und wo irgendwie Gelgenheit dazu war, spendete er in 
reichlicher Weise. So überließ er beispielsweise die Ein- 
künfte aus dem Besuche seiner Vorlesungen seitens 80—100 
Personen aus der Stadt der Anstalt, an welcher er wirkte. 
Er legte sich auch freiwillig neue Arbeiten auf, so ein 
Kolleg über die Gemälde der Großherzogl. Galerie und 
Vorträge in verschiedenen Vereinen, sowie bei Hofe. Das 
Bedürfnis, Kunstwerke zu sehen, hat Lübke bis in die 
letzte Zeit nicht verlassen. Auf Grund einiger Reisen in 
dem nun seine Heimat gewordenen Lande schrieb er seine 
Arbeiten über Offenburg und über Schwarzach, welche 
letztere sein Beitrag zur Jubiläumsschrift der technischen 
Hochschule bei der vierzigjährigen Regierungsfeier des 
Großherzogs von Baden war. Eine Reise in das Gebiet der 
norddeutschen Backsteinbauten und zu den Miniaturen- 
schätzen der Stuttgarter Bibliothek kam seiner Geschieht« der 
deutschen Kunst zu gute, Besuche in den Kunstausstellungen 
von Berlin und München seinein glänzenden Kolleg über mo- 
derne Kunst. — Die Aufführung eines neuen Stückes, ein 
wichtiges Konzert, der Besuch eines erkrankten Freundes, 
das alles waren Gründe, welche ihn in Ferien und einzelnen 
freien Tagen von Karlsruhe wegführten. Lebhaft, von 
geistiger Frische sprudelnd, kam er immer zurück, aber die 
geistige Anregung war nicht stark genug, um den unter 
einem Diabetes leidenden Körper für lange wieder aufzu- 
rütteln. Als die lange Krankheit seiner ersten Frau hinzu- 
kam und ihn die Rücksicht auf sein eigenes materielles 
Wohlergehen zurücksetzen ließ, ihn geistig und moralisch 
schwer bedrückte, da war es um ihn geschehen. Ihr Tod 


381 


Vom Kunstmarkt.*' — Berichtigung. — Zeitschrifben. — InBeraie- 


382 


fand ihn gebrochen. Er vermfthlte sich noch zum zweiten- 
mal und hatte das Qlück, in seiner zweiten Frau das zu 
finden, was er so nGtig brauchte: eine stete geistige An- 
sprache, eine eifrige Vorleserin — denn auch seine Augen 
hatten sehr gelitten — und eine aufopferungsvolle Pflegerin 
in den letzten schweren Monaten. Das gefährliche Zeichen 
einer nahen Auflösung war die Öffnung einer Wunde an 
der Ferse. Prof. Gzemy, der zur Beratung hinzugezogen 
wurde, und Prof. Billroth, mit welchem er sich als beider- 
seitigem langjährigen Freunde in Verbindung setzte, er- 
kannten sofort den Ernst der Lage. Der Patient aber er- 
fuhr davon nichts und hatte das beneidetiswerte Glück, 
ohne wesentliche Schmerzen und ohne irgendwelche Beun- 
ruhigung in Frieden die letzten Wochen zu verleben. Erst 
in den allerletzten Tagen wurde der Geist umnachtet, 
immer noch ehe der Patient das Bewusstsein von dem 
Ernst der Krankheit erlangt hatte. Die Trauer um seinen 
Tod äußerte sich in einem großartigen Leichenbegängnis, an 
welchem wegen der verspäteten Anzeige leider viele seiner 
auswärtigen Freunde zu ihrem größten Leidwesen nicht 
teilnehmen konnten. Der Großherzog und die Großherzog^n 
hatten Vertreter entsandt, der Minister und der Eeferent 
für die Hochschulen waren persönlich erschienen. Am 
Sarge sprach der Rektor des Karlsruher Polytechnikums, 
indem er auf die Methode Lübke's hinwies, welche in ihrer 
strengen Sachlichkeit manches mit dör Methode der natur- 
wissenschaftlichen Forschung gemein habe. Dann brachte 
Prof. Lemcke, Rektor des Polytechnikums in Stuttgart, in 
warmen, bewegten Worten den Abschiedsgruß eines alten 
Freundes. Es folgten noch kurze Ansprachen verschiedener 
Vereine und Korporationen, welchen Lfibke teils als Mit- 
glied, teils als Ehrenmitglied angehört hatte." 

JE^in neues Bildnis des Fürsten Bismarck van Franx, 
Lenbackf das das Datum des 1. April 1892 trägt, ist in dem 
Lokale des Vereins Berliner Künstler zur Ausstellung ge- 
langt. Es stellt den Fürsten in der Interimsuniform der 
Halberstädter Kürassiere, mit dem Paletot, die Arme hinter 
dem Rücken gekreuzt, nach links gewendet, etwa bis zu den 
Knieen dar. Der mit dem blitzenden Stahlhelm bedeckte 
Kopf ist fast ganz im Profil wiedergegeben, aber mit einer 
leichten Wendung, so dass beide aufwärts blickende Augen, 
die Blitze zu sprühen scheinen, sichtbar sind. Während sich 
das Dunkelblau der Uniform, in dem nur der Griff des herab- 
hängenden Pallasches und der gelbe Kragen ein paar helle 
Noten bilden, von der Nacht des Hintergrundes nur wenig 
abhebt, ist der Kopf dagegen mit so gewaltig wirkender 
Plastik, so farbig und so monumental herausgebildet, dass 
wir hier wieder einmal eines der historischen Bildnisse 
großen Stils vor uns haben, die Lenbach in letzter Zeit 
hinter flüchtigen Improvisationen stark zurücktreten ließ. 


VOM KUNSTMARKT. 

*^* Die fünf ersten Tage der Auktion Spitzer j die am 
17. April in Paris begonnen hat, haben einen Erlös von 
1064555 Frank gebracht. Danach scheint es, als würden 
die hinsichtlich der Preise gehegten Erwartungen noch über- 


I 


troffen werden. Von den einzelnen Preisen heben wir folgende 
hervor : Das Louvre-Museum kaufte für 41000 Francs die Büste 
eines jungen Mannes, Bronze, venetianische Arbeit, 18. Jahr- 
hundert Eine andere Bronzebüste derselben Epoche wurde 
mit 20 000 Francs bezahlt. Eia antiker Reiter, Bronze, von 
Andrea Briosco, Ende des 15. Jahrhunderts, stieg bis auf 
46 500 Francs. Nr. 48 Einbanddecke aus Elfenbein, karo- 
lingische Arbeit aus dem 9. Jahrhundert, erzielte 4100, Nr. 49 
Kästchen aus Bein geschnitzt, italienische Arbeit, 10. Jahr- 
hundert, 6300, Nr. 50 byzantinisches Triptychon, Elfenbein- 
arbeit des 10. Jahrhunderts, 21 500, Nr. 55 arabisches Elfen- 
beinkästchen, 11. Jahrhundert, 10 200, Nr. 57 deutsches Jagd- 
horn aus dem 11. Jahrhundert, 8000 und Nr. 60 tragbarer 
Altar, deutsche Goldschmiedearbeit aus Elfenbein und Email, 
11. Jahrhundert, 24000 Francs. (Diese beiden Nummern wurden 
vom Gluny-Moseum erworben.) Von den Goldschmiedearbeiten 
kirchlicher Bestimmung erzielten femer Nr. 239 7700, Nr. 252 
4800,Nr.254 7000 und Nr. 302 9500 Francs. Von den Limousiner 
Emailarbeiten gingen fort: Nr. 417 Triptychon von Nardon 
P^nicaud zu 12000, Nr. 418 Triptychon desselben Künstlers 
zu 10 100, Nr. 439 Triptychon Jean II. Penicaud zu 19 000, 
Nr. 468 das große Blatt von Leonard Limcusin zu 64000 
und Nr. 538 Truhe von Pierre Gourteys zu 10000 Francs. 
Von den Bronzen erzielten Nr. 1471 Tod des Adonis, ita- 
lienische Gruppe des 17. Jahrhunderts 10 000, Nr. 1476 zwei 
italienische Fackelhalter des 16. Jahrhunderts 31500, sowie 
Nr. 1480 und 1481 zwei venezianische Feuerböcke aus dem 

• 

16. Jahrhundert 51 000 Francs. Einen spanischen Altarkelch 
mit durchsichtigem Schmelz (14. Jahrhundert) kaufte das 
Louvre f^r 41000 Francs, das Mus^ Clnny erstand einen 
Elfenbein krummstab (12. Jahrhundert) für 13000, einen 
deutschen kleinen Silberaltar (11. Jahrhundert) für 10200, 
einen französischen kupfernen Zellenschmelzbuchdeckel (12. 
Jahrhundert) für 25 000 Francs; ein metallener Evangelien- 
einband (9. Jahrhundert) wurde für 36000, ein Reliquaiium 
(spanische Arbeit, 14. Jahrhundert) nach Wien für 40000 
Francs verkauft. 

— Berlin. In Rud. Lepke's Kunstauktionshause findet 
vom 2. bis 5. Mai die Versteigerung wertvoller Gemälde 
neuerer Meister (Menzel, Millet, 0. Achenbach, Brendel u. 
V. a.), antiker und modemer Kunstsachen, einer großen Kollek- 
tion Aquarelle, Zeichnungen und eingerahmter Kupferstiche 
statt. Der Katalog Nr. 897 ist soeben erschienen. 

BERICHTIGUNG. 

In Nr. 21 der Kunstchronik, im Nekrolog W. Lübke's, 
Sp. 338, letzte Zeile v. u. ist „entfalten" (statt: enthalten) 
zu lesen. 


ZEITSCHRIFTEN. 

Die Kanst für Alle. 1892/98. Heft 14. 

Alte and neue Kunstgeschichte. Von B. Mut her. (Schluss.) — 
Friedrich August Wittig. — Die Jahresausstellung der Düssel- 
dorfer Künstler. — Die Ausstellung der XI. Yon Dr. Bell in g. 

L'Art Nr. 694. 15. April 1898. 

Frödörio Spitzer, Notes et Souvenirs. Von E. Bonn äff 6. — 
.Le Roman de la Böse** aveo les illastrations de 1S98. Von 
F. Lhomme. — A propos d'un ivoire eifert au musöe da Loavre. 
(Schluss.) Von £. Molini er. 


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Aasstelliingeii and Anktfoneii von Gemälden, Antiquitäten nnd Knnstgegen» 
ständen. — Kataloge auf Wunsch gratis und franko durch Rudolf Bangel in 
Frankfurt a. M.^ Kunstauktionsgeschaft, gegr. 18G9. [463J 



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384 


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Soeben erschienen Heft 1 des II. Jahrgangs: Stadt oibliothek in Bremen. 


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Hildebrandt, Hallatz, Grönland, Koppay, 
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Neydhart, Varese, Voltzetc. — Außerdem; 

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Verlag von E> A. SEEMANN in Leipzig, 

Beiträge zur Kunstgeschichte. 


Alte Folgte. 

1. Schultz, Alwin, Die Legende vom Leben der Jung- 
frau Maria. 80 S. Br. 3 M. 

2. Wustmann, G., Beiträge zur Geechichte der Malerei 

in Leipzig vom 15. bis zum 17. Jivhrhundert. 70 S. Br. 2 M. 

3. Lange, Eonr.^ Dae Motiv dee auf))estutzten Fusses 

in der antiken Kunst und deren statuansche Verwendung 
durch Lysippos. 64 S. mit 1 Tafel. Br. 2 Jt. 

4. Muther^ Bich.^ Anton Graff, sein Leben und seine 
Werke. 128 S. mit dem Portriit des Künstlers in Licht- 
druck. Br. 3 M, 

5. Holtzinger, Heinr«, über den Ursprung und die 
Bedeutung der Doppelchöre. 30 S. Br. 1 Ji, 

6. Kabl, Bob.9 Dae venezianische Skizzenbuoh. 123 S. 

mit 23 Abbildungen. Br. 4 Jl. 

7. Yalentin^ Yeit^ Neues über die Venus von Miio. 

50 S. 1.60 Ji, 

8. Voss, Georg, Die Darstellungen des Weltgerichts in 

der bildenden Kunst des frflh(m Mittelalters. 90 S. mit 
2 Tafeln in Lichtdruck und Abbildungen im Text. Br. 3 M, 

Neue Folge. 

1. Schumann, Paul, Barock und Rokoko. 130 S. mit 

11 Abbildungen. Br. 4 M, 

2. K6e, P,, Peter Candid. 266 S. Br. 6 M. 

3. Leitschuh, F. F., Die Familie Preisler und Marcus 
Tusoher. 82 S. Br. 2 M, 

4. Kaeuimerer, Ludw., Die Landschaft in der deut< 
sehen Kunst. 107 S. Br. 2 Jt. 

5. Ficker, Johannes, Die Darstellung der Apostel In 
der altobrlstilchen Kirche. 156 8. Br. 3 M, 

6. Oettingen^ Wolfgang v., Antonio Averlino gen. 
Fliarete. 68 S. Br. 2 JL 

7. Kristeller, Paul, Die Strassburger Bücheriilustra- 

tion im XV. und im Anfange des XVI. Jahrhunderts. 
172 S. mit 35 Abbildungen. Br. .H. 


8. Tonian, Hugo, Studien über Jan van Soorel. 52 S. 

mit 6 Taleln in Lichtdruck und Holzschnitt. Br. 2 uff. 

9. Ficker, Paul Oerh«, Der Mitralis des Sicardus nach 

seiner Bedeutung für die Ikonographie des Mittelalters. 
78 S. Br. 2 M, 

10. (jraul, Richard. Beiträge zur Geschichte der deko- 
rativen Skulptur in den Niederlanden während der ersten 
Hälfte des 16. Jahrhunderts. 55 S. Br. 2 uCT. 

11. Pauli, Gustay, Die Renaissancebauten Bremens im 

Zusammenhange mit der Renaissance in Nord Westdeutsch- 
land. 120 S. mit 12 Abbildungen. Br. 3 M. 

12. Koelitz, Karl, Hans Suess von Kuimbacb und seine 
Werke. Ein Beitrag zur Geschichte der Schule Dürer's. 
88 Seiten. Br. 3 jT. 

13. Friedländer, Max, Albrecht Altdorfer, der Maler 

von Regensburg. 175 S. mit 3 Abbildungen. Br. 5 uT. 

14. Firmenich-Richartz, Ed., Bartholomaeus Bruyn 
und seine Schule. 147 S. mit 7 Abbildungen im Text 
und 5 Lichtdrucktafeln. Br. 5 M, 

15. Wilisch, £., Die altkorinthische Thonindustrie. 176 S. 

mit 8 Tafeln. Br. 6 M. 

16. Thieme, C, Hans Schaeufelein's malerische Thitio- 
keit 184 S. mit 12 Lichtdrucken. Br. 6 u^. 

17. Magnus, Hugo, Die Darstellung des Auges In der 
antiken Plastik. Mit 5 Tafeln Abbildungen. 96S. Br. 4 M, 

18. Lichtenberg, Reinhold Freiherr v., zur Ent- 

wickelungsgeschichte der Landschaftsmalerei bei den 

Niederländern und Deutschen im 16. Jahrhundert. Mit 
Abbildungen. 128 S. Br. 4 Ji, 

19. Steinmann, E., Die TItull und die kirchliche Wand- 
malerei im Abendlande vom 5. bis zum 11. Jahrhundert 
142 S. Br. 5 Jt, 

20. Zimmermann, E., Die Landschaft in der venezia. 
nischen Malerei bis zum Tode Tizians. 214 S. Br. 5 uT. 

21. Ohnesorge, K,, Wendel Ditterlin, Maler von Strass. 
bürg. Mit 1 Abbildung. 08 S. Br. 2 M. 


Inhalt: pi» JfhresauBstellung im Wiener Künstlerhause. Von R. Bock. - Eine neue graphische Reproduktion der Sixtinischen Madonna 
von IL Horte. - Honrath 1; A. Bilinska t; Fr. Kels t ; E. M. Pappermann t; R. Cauer t — A Kamnf — nir T?nyArh^.Jl^^^ 
kais. Gemäldegalerie in Wien; Ausstellung bei E. Schalte in Düswldorf; Esihke, ötum im GolfsÄ^ Aus bÄ? kSi.^^^^^ 
stelluneen : Städtische Gemftld«o-Ri«H« in n«aaAiiinrf • /?io m««/.!,^««,. c«l-»=<..«.-»^„ -..* irl d".!:-™"^».. J^?* ueriiner Kunstaus- 



T j -» w. r' -r: > Lebensiahre; ein neues mianis aes uursten üismarck von Lenbadi. — Die Ereehniase der ra 

Tage d er Auktion der Sammlung Spitzer; Auktion bei R. Lepke in Berlin. - Berichtigung. - Zeitschriften - fSseSte!^ 


Für die Rediiktion verantwortlich Arlur Seemann, — Drock von August Pries in Leipzig. 


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KUNSTCHRONIK 


WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE. 

Ankundigungsblatt des Verbandes der deutschen Kunstgewerbevereine. 

HERAUBGEBEE: 

CARL VON LÜTZOW und DR. A. ROSENBERG 

WIEN BERLIN SW. 

_A Hengaase 68. Teltowerstraaie 17. 

Verlag von E. A. SEEMANN in LEIPZIG, Gartenstr. 15. Berlin: W. H. KÜHL, Jägerstr. 73. 


Neue Folge. IV. Jahrgang. 


1892/93. 


Nr. 24. 11. Mai. 


Die KuBBtcbroBik ersohelnt als Beiblatt zur „Zeitsehrifb für bildende KnnBt* and zum „Knnstgewerbeblatt* monatllob dreimal, in den 
Sommermonaten Jnli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark and nrnfasst 83 Nammem. Die Abonnenten der „Zeit- 
Bohrifb für bildende Knnst* erhalten die Kanstohronik gratis. — Filr Zeichnungen, Hanaskripte etc., die unverlangt eingesandt werden, 
leisten Redaktion and Yerlagshandlung keine Gew&hr. Inserate, i 80 Ff. ftr die dreispaltige Petitzeile, nehmen außer der Yerlagshand- 
lung die Annoncenexpeditionen von Haasenstein & Yogier, Rad. Hosse u. s. w. an. 


KORRESPONDENZ. 

Dresden, Apnl 1892. 

Ihr Berichterstatter hat wieder einmal Zeit ver- 
gehen lassen, seitdem er Ihnen das letzte Mal Mit- 
teilung über das Dresdener Kunstleben machte. Sie 
mögen daraus nicht etwa auf Saumseligkeit seiner- 
seits schließen, sondern sein Schweigen dem Um- 
stände zuschreiben, dass im vergangenen Winter auf 
dem Gebiete der bildenden Kunst in Dresden so 
wenig neue hervorragende Werke an die Öffentlich- 
keit getreten sind, dass sich deren Erwähnung in 
Ihrem Blatte, das ja Erscheinungen von lokaler Be- 
deutung nur gelegentlich berücksichtigen kann, nicht 
hätte rechtfertigen lassen. Allerdings haben wie 
während des letzten Winters eine im Vergleich zu 
früheren Jahren nicht unbeträchtliche Anzahl inter- 
essanter Gemälde zu sehen Gelegenheit gehabt, aber 
diese waren größtenteils nicht in Dresden geschaffen, 
sondern von auswärts uns zugeschickt worden, nach- 
dem sie bereits an anderen Orten zur Ausstellung 
gelangt und hinlänglich, zum Teil auch an dieser 
Stelle, kritisch gewürdigt waren. Sieht sich Ihr 
Dresdener Korrespondent infolgedessen der Not- 
wendigkeit überhoben, schon bekannte Bilder hier 
noch einmal zu besprechen, so möchte er doch we- 
nigstens im Hinblick auf die Dresdener Verhältnisse 
auf die große Wichtigkeit hinweisen, die derartige 
Ausstellungen fremder, außerhalb Dresden gemalter 
Bilder für die allmähliche Weiterbildung und Um- 
bildung des Dresdener Geschmackes haben. Der 
kleine Bruchteil der Bevölkerung, der in Dresden 
überhaupt der bildenden Kunst ein lebhafteres 


Interesse entgegenbringt , steht der modernen 
Kunst vielfach noch sehr fern, zum Teil sogar 
ratlos, gegenüber. Das zeigte sich am deutlichsten, 
als das von der Galeriekommission angekaufte Bild 
von Uhde, das die ^ Heilige Nacht" darstellt, in der 
Galerie zur Besichtigung gebracht wurde. Während 
eine kleine Anzahl extrem fortschrittlich gesinnter 
Kunstfreunde und Künstler in diesem Bilde Dhde's 
ein Werk von unerreichter Größe zu sehen meinte 
und sich in übertriebenen Lobeserhebungen nicht 
genug thun konnte, werden von den in Dresden am 
meisten verbreiteten Anhängern einer älteren Kunst- 
anschauung, und zwar gleichmäßig von Künstlern wie 
von Laien, die wegwerfendsten Urteile über Uhde*s 
Schöpfung laut, die jedem, der den Entwickelungs- 
gang der modernen Malerei miterlebt und in seinen 
Hauptstadien beobachtet hat, einfach unbegreiflich 
bleiben müssen, zumal wenn er bedenkt, dass Uhde 
imter allen Modernen derjenige ist, der schon durch 
die Wahl seiner Stoffe am meisten zu packen und 
anzuregen versteht. Wie würde in Dresden erst eine 
Ausstellung von lauter Gemälden der Secessionisten 
abgelehnt worden sein, wenn man schon ihrem un- 
/ streitig bedeutendsten Führer so wenig Verständnis 
und guten Willen entgegenbringt! Es ist deshalb, 
wenigstens in unseren Augen, keineswegs zu be- 
klagen, dass die Verhandlungen zwischen den Mün- 
chener Secessionisten und dem Dresdener Stadtrat de- 
finitiv als gescheitert anzusehen sind, da beide Teile, 
die ausstellenden Künstler und das Dresdener Publi- 
kum, eine Enttäuschung erlebt hätten, die besser ver- 
mieden wird, weil sie der Sache der Kunst selbst 
einen empfindlichen Schaden zugefügt hätte. Die 


387 


Korrespondenz. 


388 


Thatsachen lehren auch hier wieder, dass die Eni- 
wickelungsphasen, in denen sich das künstlerische 
Schaffen fortbewegt, auch von dem Publikum mit 
durchgemacht werden müssen, da^ sich nur aUmäh- 
lich in seinen Anschauungen ändert, weil das Ver- 
mögen der Augen, sich neuen Eindrücken anzupassen, 
offenbar ziemlich begrenzt ist. 

Unter diesem Gesichtspunkte betrachtet, scheinen 
uns die oben erwähnten Ausstellungen als Erziehungs- 
mittel großen Wert zu besitzen. Wir verdanken sie 
hauptsächlich unseren drei größten Kunsthandlungen, 
unter denen die von Theodor Lichtenberg, die über 
die am besten beleuchteten Räume verfügt, den beiden 
anderen thatkräftig und geschickt vorangeht. Es ist 
jedenfalls für unsere Verhältnisse nicht ungünstig, dass 
in den Lichtenberg'schen Ausstellungen keineswegs 
bloß moderne Künstler zum Worte gelangen, sondern, 
dass dort auch Arbeiten älterer Richtungen, nament- 
lich auch einzelne Proben der in Dresden noch so 
beliebten Historienmalerei, Aufnahme finden. Man- 
cher, der sich vor dem Beschauen einer Freilicht- 
malerei wie vor einem ansteckenden Oifbe hütet, 
besucht den Lichtenberg'schen Salon, um derartige 
Bilder zu sehen, und da er doch auch den Schöpf- 
ungen der vermeintlich gefährlichen Revolutionäre 
begegnet, so gewöhnt er sich vielleicht dort an das 
Neue, das ihm dann mit der Zeit weniger ab- 
scheulich dünkt und schließlich wohl gar noch ge- 
fällt. Wir wissen nicht, ob Herr Lichtenberg ab- 
sichtlich seine Ausstellungen nach diesem Gesichts- 
punkt einrichtet, müssen ihm aber das Zeugnis aus- 
stellen, dass er bis jetzt recht geschickt operirt hat. 
Nachdem ei im Januar eine Sammlung von Still- 
leben und Blumenstücken, die meist von Malerinnen 
herrührten, veranstaltet hatte, brachte er im Februar 
eine Reihe hochbedeutender Bildnisse Ludwig 
Bokeknann's^ die gleichzeitig mit dem bekannten 
Bilde von Hennann Neuhaus'. »Der verlorene Sohn" 
zu sehen waren. Im März folgte dann schon kräf- 
tigere Kost, eine Anzahl s^k realistischer Farben- 
skizzen von den Brüdern David und Pierre Oyens in 
Brüssel. Das Kühnste aber war es, am Ende dieses 
Monats eine Stuck- Ausstellung vorzuführen, in der 
sich auch das von der vorjährigen Münchener Aus- 
stellung bekannte Kreuzigungsbild des Künstlers be- 
findet, das den Anhängern der herkömmlichen Histo- 
rienmalerei selbstverständlich noch viel entsetzlicher 
erscheinen muss, als alles, was Uhde bisher ge- 
schaffen hat. 

Auf diese Weise hat es Lichtenberg den ganzen 
Winter über verstanden, seinen Ausstellungen An- 


ziehungskraft zu verleihen und seinen Kollegen, die 
durch ihre kleineren Ausstellungsräume schon an 
und f&r sich im Nachteil sind, den Rang abzulaufen. 
Zur Erhöhung des Interesses an seinen Unterneh- 
mungen lässt er obendrein einen eigenen Kunst-Bericht 
erscheinen, der über die bei ihm ausgestellten Bilder, 
allerdings mehr panegyrisch als kritisch, referirt. 
Wir wünschen diesen Bemühungen den besten Er- 
folg und können unsererseits die eröffnete Kon- 
kurrenz nur mit Freuden begrüßen, da durch sie 
offenbar mehr Bewegung in das Dresdener KunsÜeben 
konmit, als es seit Jahren besessen hat. 

Hoffentlich teilt sich diese auch dem Kunstverein 
mit, der diesen Winter noch nicht viel davon ver- 
spüren ließ. Denn wenn wir von drei Bildnissen Franz 
Sieberfs, von denen wenigstens zwei bedeutende, 
durch vortreffliche Charakteristik ausgezeichnete 
Leistungen waren, während das dritte den Eindruck 
des Gequälten machte, absehen, so wüssten wir 
nicht, was wir seit unserem letzten Berichte von dort 
ausgestellten Kunstwerken hier anzuführen hätten. 
Die Hofihung auf eine Verbesserung liegt aber um 
so näher, als sich der Kunstverein seit kurzem mit 
neuen Satzungen versehen hat, die den Anforde- 
rungen der Gegenwart in weit höherem Maße ent- 
sprechen, als dies bei den alten Statuten vom Jahre 
1861 der Fall war. Unter anderem wird in den neuen 
Satzungen als einer der Vereinszwecke ausdrücklich 
angeführt, dass den Mitgliedern durch .Vorträge über 
die bildenden Künste*' Anregungen geboten werden 
sollen, wie dies z. B. im Leipziger Kunstverein der 
Fall ist, während in den früheren Statuten nur von 
»Mitteilungen und Besprechungen über Gegenstände 
der bildenden Künste" die Rede war, ohne dass we- 
nigstens in der letzten Zeit an eine Ausführung 
dieser Bestimmung gedacht wurde. 

Ferner ist in den neuen Satzungen von der Er- 
richtung oder Erwerbung eines Vereinshauses die 
Rede, das über kurz oder lang zu einem unabweis- 
baren Bedür&is werden dürfte. Besonders wichtig 
erscheint der Paragraph, der die ausdrückliche 
Forderung enthält, dass zur Ausstellung nur Werke 
zugelassen werden sollen, die künstlerischen Wert 
haben. Danach sind alle dilettantischen Arbeiten, 
die bisher nicht streng genug ausgeschlossen 
blieben, von nun an von den Ausstellungen abzu- 
weisen. Die Bedingungen und das Verfahren bei 
der Aufnahme von Kunstwerken zur Ausstellung 
und zum Verkauf sollen vom Direktorium durch ein 
eigenes Regulativ festgestellt werden, das im Druck 
erscheinen und hoffentlich strenge, wenn auch nicht 


389 


Eorreepondenz. — Eonstbl&tter. 


390 


einseitige, Forderangen enthalten wird. Jedenfalls 
ist damit dem neuen Direktorium, das in einer un- 
gewöhnlich zahlreich besuchten Versammlung ge- 
wählt wurde und das der Hauptsache nach aus 
Männern besteht, die auf der Yermittelungsliste 
standen, eine bedeutungsvolle Aufgabe gestellt wor- 
den, von deren glücklicher Lösung das fernere Ge- 
deihen des Eunstvereins wesentlich abhängen wird. 
Leider hat sich der langjährige Vorsitzende des Ver- 
eins, Herr Oberbürgermeister Dr. Stübd, veranlasst 
gesehen, eine Wiederwahl abzulehnen. An seine 
Stelle hat das neue Direktorium den Grafen Otto 
Vitxthum von Ecksiädt zum Vorsitzenden und den 
Maler Professor PatU Küßling zum Stellvertreter ge- 
wählt. 

Bedauerlicherweise aber haben wir außer den 
von uns berührten erfreulichen Thatsachen auch 
einen entschiedenen Verlust zu verzeichnen, den das 
Dresdener Kunstleben erfahren hat. Er wurde 
durch den Tod des Professors Richard Steche herbei- 
geführt, der am 3. Januar, wie wir bereits kurz ge- 
meldet haben, nach längerer Krankheit in seiner Woh- 
nung zu Niederlößnitz bei Kötzschenbroda starb. 
Gehört das Wirken Steche's, dem bekanntlich die 
Ausführung des Inventarisationswerkes der sächsi- 
schen Kunstaltertümer anvertraut war, auch in erster 
Linie der Kunstwissenschaft und Archäologie an, 
so darf doch nicht vergessen werden, dass auch die 
Kunst selbst in Steche einen leistungsfähigen Jünger 
verloren hat. Die besten Arbeiten, die Steche als 
selbständiger Architekt ausgeführt hat, sind allein 
dings nicht in Dresden, ja nicht einmal in Sachsen, 
sondern in Mecklenburg und Schlesien zu suchen, 
aber seine Thätigkeit als Restaurator und künstle- 
rischer Beirat ist doch auch Sachsen zu gute ge- 
kommen, namentlich Pirna, wo er die ersten Vor- 
schläge für die Restauration der Stadtkirche machte, 
und Dresden, wo er mit Eifer für die Erneuerung 
des Inneren der Neustädter Kirche gewirkt hat. Vor 
allem aber hat das Kunstgewerbe in Sachsen an ihm 
einen entschiedenen Förderer und gewiegten Kenner 
eingebüßt, da das Kleingewerbe und überhaupt die 
technischen Künste dasjenige Gebiet waren, auf dem 
er sich nächst dem der Architektur am meisten zu 
Hause fühlte. War er es doch, dem Dresden die so 
wohlgelungene historische Ausstellung des Jahres 
1875, eine der ersten dieser Art in Deutschland^ 
in erster Linie zu danken hatte. Diese Bemühungen 
sollen ihm ebensowenig vergessen werden, wie die 
Anregungen, die er für die Erhaltung und Zugänglich- 
machung zahlreicher Altertümer rings im Lande ge- 


geben hat Sein Name wird daher in späterer Zeit 
überall da mit Ehren genannt werden müssen, wo 
von den Männern, die zur Neubelebung der Kunst 
und der Kunstinteressen in unserer Zeit in Dresden 
beigetragen haben, die Rede sein wird. Wer sich 
über das Leben und Wirken des Mannes genauer 
unterrichten will, der darf auf den Nekrolog im 
neuesten Hefte des Archivs für sächsische Geschichte 
verwiesen werden, wo der Unterzeichnete den Ver- 
such gemacht, einen Überblick über Steche's wissen- 
schaftliche und künstlerische Leistungen zu geben. 

H. A. LIEB. 

KUNSTBLÄTTER. 

Krüger's Radirung nach Ltebermann^s Dr. Petersen. Der 
Widerstreit der Meinuiigeii über Max Liebemiann's Bildnis 
des verstorbenen Hamburger Bürgermeisters Dr. Petersen ist 
noch frisch in der Erinnerung der Kunstfreunde, aber allge- 
mach hat sich wohl das Urteil über dies naturalistische Bild- 
nis zu Gunsten des Malers gekl&rt. Denn was immer gegen 
die Auffassung vorgebracht werden mag, die den alten im 
Selbstbewusstsein und Wohlwollen starken Mann in einer 
Amtstracht vorführt, deren barockes Aussehen — Kniehosen, 
Schaube, Mühlsteinkragen und ein riesiger Spitzhut mit brei- 
tem Rande — gar altfränkisch uns anmutet, die rein male- 
rische Qualität dieses Porträts hat das Gepräge echter, ernster 
Künstlerschaft. Es ist auf die Impression hin gearbeitet in 
einer eigensinnig tockirenden Malerei, die, weil sie rücksichts- 
los mit ihren Ausdrucksmitteln um sich geht, dem reprodu- 
zirenden Künstler die Interpretation in schwarz und weiß 
nicht eben leicht macht. Die Gestalt des Bürgermeisters 
hebt sich von einem nur ungefähr angedeuteten Vorhang 
als eine schwarze Masse ab, in der nur wenig helle Gegen- 
sätze vorkommen: der unbedeckte Graukopf, die Hände und 
Spitzenmanchetten, das weifie Rund der dicken Krause, die 
Handschuhe, und jene Glanzlichter als Helligkeiten wirken, 
die am Griff des Degens, an den Halbschuhen und glitzernd 
am Seidenbesatz der faltigen Schaube spielen. Alle übrige 
Gewandung ist schwarz, zeigt nur nach der Art des Stoffes 
und des Faltenwurfs verschiedene Gradationen von den 
dumpfen wannen TOnungen des Tuches zu dem kalten 
glatten Schwarz des Seidenbesatzes und zu dem duftig wei- 
chen Schwarz der Strümpfe und des Flors, der den riesigen 
Hut, den der Bürgermeister im rechten Arme trägt, umspinnt. 
Eine Mannigfaltigkeit der Nuancen steckt in dieser schwarzen 
Masse, der in der Wiedergabe mit den Mitteln des Stichs 
und der Radirung nur eine Hand gerecht zu werden vermag, 
die vollkommen sicher in der Verwendung der technischen 
Mittel und geschickt ist, auf den diskreten Reiz stofflicher 
Feinheiten einzugehen. Krüger's Behandlung gerade des 
Stofflichen ist vorzüglich. Seine Technik ist fast reine Stichel- 
arbeit, sie sagt, was sie will, mit künstlerischer Empfindung, 
wirkt reizend materiell. Wenn Liebermann^s Bild auch nicht 
nach jedermanns Geschmack ist, Krüger's Arbeit wird bei 
allen, die gute selbständige Stecherkunst zu beurteilen ver- 
mögen, demselben Beifall finden, den Liebermann's Werk als 
Malerei bei den fortschrittlich gesinnten Leuten vom Fach 
und den gleichgesinnten Kunstfreunden gefunden hat. Krü- 
ger's große Radirung (Stichfläche 65 zu 37 cm) ist im Verlag 
der Commeter'schen Kunsthandlung in Hamburg erschienen. 

E. G. 


391 


Nekroloi^ 


392 


NEKROLOGE. 

Ernst August Leuteritx, Bildhauer, starb in Meißen am 
20. April. Er war am 25. Februar 1818 in Fischergasse bei 
Meißen als armer Leute Kind geboren und erhielt infolge- 
dessen nur eine unzureichende Schulbildung. Da er Talent 
zum Zeichnen verriet, bekam er den ersten Zeichenunterricht 
an der Zeichenschule der Kgl. Porzellanmanufaktur in Meißen 
und trat dann im Jahre 1836 als Bossirerlehrling in die 
Fabrik ein, in der er mit dem Modelliren und dem An- 
fertigen von Lichtbildern beschäftigt wurde. Im Jahre 1838 
wurde er auf Kosten der Manufaktur auf die Dresdener 
Kunstakademie gesandt, wo er Schüler Rutschers wurde, 
aber zunächst mit so wenig Erfolg arbeitete, dass er bald 
wieder nach Meißen zurückkehrte und wieder in der Fabrik 
thätig war. Als er nach Verlauf von zwei Jahren den Ver- 
such in Dresden erneuerte, hatte er mehr Glück. Rietschel 
verwendete ihn bei seinen eigenen Arbeiten und hätte es 
gern gesehen, wenn er die Modellirung von Bauches Statuen 
dos Boleslaw und Stanislaus in Lauchhammer übernommen 
hätte. Leuteritz traute sich aber die glückliche Durchfüh- 
rung einer derartigen Aufgabe nicht zu, da ihn Schüchtern- 
heit und übergroße Bescheidenheit, die ihm noch lange an- 
hafteten, bedenklich machten. Er kehrte also im Jahre 1843 
nach Meißen zurück, wurde hier Modelleur an der Manu- 
faktur und rückte schon im Jahre 1849 zum Vorsteher der 
Gestaltungsbranche auf. Als solcher hat er bis zum 1. April 
1886, wo er in den verdienten Ruhestand eintrat, mit großem 
Erfolg gewirkt und sich wesentliche Verdienste um den Auf- 
schwung, den die Manufaktur in neuerer Zeit gewonnen hat, 
erworben. Nicht nur verstand er es, die vielen amtlichen 
Schwierigkeiten als Leiter von gegen 170 Personen glücklich 
zu überwinden, sondern er war auch als Erfinder und An- 
geber von Mustern und Formen erfolgreich thätig. In der 
von ihm im Jahre 1863 neu geordneten Modellsammlung 
der Manufaktur, die mehrere hunderttausend Stück um- 
fasst, befindet sich eine große Anzahl von Modellen, die als 
sein geistiges Eigentum anzusehen sind. Dazu gehört vor 
allem ein in den fünfziger Jahren modellirter Tafelaufsatz, 
der in Tausenden von Exemplaren angefertigt und verkauft 
wurde, und ein besonders beliebt gewordenes Fruchtkörb- 
chen, das die Krone eines Palmbaumes bildet und von Lord 
Palmerston zuerst bestellt wurde. An den technischen Foii- 
schritten der Keramik ist Leuteritz insofern beteib'gt, als er 
der Erfinder des sogenannten Masse-auf-Masse-Porzellans ist. 
Seine Verdienste waren allgemein anerkannt. Im Jahre 1867 
hat er auf der Pariser Weltausstellung die große silberne 
Medaille, 1873 auf der Wiener ein Ehrendiplom und gleich- 
zeitig das Ritterkreuz des sächsischen Albrechtsordens erhalten. 
Seit dem Jahre 1882 führte er den Titel eines Professors. 
Wer ihn persönlich kannte, musste ihn in vielen Stücken 
als ein Original ansehen. Die guten Eigenschaften des alten 
sächsischen Wesens, die von Jahr zu Jahr seltener werden, 
waren in seiner Persönlichkeit stark ausgeprägt. Sein Verlust 
wird daher in Meißen noch lange betrauert werden. (Vgl. 
das Meißener Tageblatt 1886, Nr. 76, S. 536 und W. Loose 
in den Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt 
Meißen. Meißen 1888. II, 2, S. 255.) H. ä, L. 

John Äddington Symonds f. Mr. John Addington Sy- 
monds, der nicht nur in England, sondern auch über die 
Grenzen seines engeren Vaterlandes hinaus bekannte Kunst- 
historiker und Forscher auf dem Gebiete der italienischen Re- 
naissance, starb am 19. April in Rom. Noch kurz vor seinem 
Tode war er mit der Durchsicht der zweiten Auflage seines Auf- 
sehen erregenden Werkes: „Das Leben Michelangelo's** beschäf- 


tigt. Man kann mit Recht behaupten, dass genanntes Werk — 
jeden&Us in englischer Sprache — das bedeutendste ist, was 
seit vielen Jahren über den Gegenstand gedruckt wurde und 
sich ebenbürtig an die besten deutschen, auf Michelangelo 
bezüglichen Schriften anreiht. — John Symonds war 1840 in 
Bristol geboren, wurde auf der Harrow-Schule erzogen und ab- 
sei virte seine Universitätsstudien mit besonderer Auszeichnung. 
Er erhielt den großen Ehrenpreis für seine Studie: „Die Renais- 
sance", und dieser Umstand wirkte auf sein ferneres Leben 
bestimmend und entscheidend ein. Das erste der Öffent- 
lichkeit übergebene Buch betitelt sich: ,JSinfÜhrung in das 
Studium Dante's". Hierauf wandte er sich Petrarca und 
Boccaccio, sowie den Humanisten und Poeten des 15. und 
16. Jahrhunderts zu. 1876—1878 erschienen seine „Skizzen 
und Studien aus Italien". Dasjenige Werk, nach welchem 
der Verfasser wünschte wirklich ernsthaft beurteilt zu werden, 
war die .Geschichte der Renaissance'' in 5 Bänden mit der 
folgenden Ergänzung: „Die katholische Reaktion*. Der erste 
Band „Das Zeitalter der Despoten' erschien 1875, der zweite 
und dritte „Die Wiederbelebung des Studiums* und „Die 
schönen Künste'' im Jahre 1877. Die beiden .letzten Bände 
über italienische Literatur von 1300—1531, welche 1881 her- 
auskamen, zeichnen sich durch klaren, fiiefienden und wirkungs- 
vollen Stil aus und bilden infolge ihrer Fülle von neuen 
Thatsachen eine schätzenswerte Quelle für den Literatur- 
historiker. Sein Buch «Die Vorläufer Shakespeare's* (1884) 
giebt uns eine vorzügliche Schilderung der frühesten englischen 
Literaturperiode. Ebenso nimmt Symonds einen hohen Rang 
als Übersetzer ein, und in seiner Wiedergabe der Gedichte 
Michelangelo's steht er unerreicht da. Gleichfalls lieferte 
Symonds ungewöhnlich gute Übersetzungen von Cellini*8 
Autobiographie und von den Memoiren Carlo Gozzi's. J 

*^* Der QesehichiS' und Bildnismaler Professor Paul 
Schoben, Lehrer iEui der Kunst- und Eunstgewerbeschule in 
Breslau, ist daselbst am 3. Mai gestorben. Schobelt wurde, 
wie wir einem Nekrologe der „Schlesischen Zeitung'' ent- 
nehmen, am 9. März 1838 zu Magdeburg geboren. Der 
Malerei widmete er sich zuerst an der Akademie zu Düssel- 
dorf, wo er unter den Prof. Mücke und Köhler arbeitete. 
Es folgte ein Jahr des Studiums in Brüssel. Nach Preufien 
zarückgekehrt, wurde er an der Berliner Akademie in die 
Malklasse des Professors J. Schrader aufgenommen. Aber 
mehr als kunstakademische Bildung förderten ihn 1859 bis 
1860 seine Studien in Paris. Er besuchte dort das Atelier 
von Gleyre. Studien im Louvre wurden gleichzeitig ge- 
trieben. Nach Berlin zurückgekehrt, trat er wieder in das 
Schrader'sche Atelier ein und erhielt dann bei der akade- 
mischen Konkurrenz um den großen Staatspreis das damals 
dreijährige Stipendium für Rom und Italien (1862). Dort 
war es sein unablässiges Bemühen, im Sinne der erhabenen 
deutschen Vorgänger in der Malerei sich individuell weiter 
zu bilden und eine Fühlung mit der Heimat zu erreichen. 
Es gelang dies aber erst nach einer langen Reihe von 
Jahren. Kaiser Wilhelm I. interessirte sich für seine Ar- 
beiten und erwarb auf der Berliner Ausstellung 1872 eines 
seiner Bilder. Hierauf erfolgte eine größere Bestellung für 
die Nationalgalerie (Mars und Bellona) und infolge einer 
engeren Konkurrenz 1881 — 82 der Auftrag, den Festsaal im 
Kultusministerium malerisch auszuschmücken. Am 1. Juni 
1882 wurde Schobelt von Rom als ordentlicher Lehrer der 
Königlichen Kunst- und Kunstgewerbeschule nach Breslau 
berufen. Hier entstanden die Gemälde für den Festsaal des 
Kultusministeriums, femer die großen Kartons für die neue 
Kirche am Gendarmen markt (der alte und der neue Bund], 
die Kartons zu den Gemälden in der Apsis der Dorotheen- 


393 PereoiiÄlnachrichten. — Wettbewerbimgen. — Denkmäler. — Ausatellungen. — Vereine und GesellBchaften. 394 


kirche und die Entwürfe f&r Fenster der Kaiser Wilhelm- 
Gedächtniskirche in Berlin. 

PERSONALNACHRICHTEN. 

H. A. L. Dr, Max Lekrs, Direktorialassistent am Egl. 
Kupferstichkabinett in Dresden, ist am letzten Geburtstage 
Sr. Majestät des Königs zum Professor ernannt worden. — 

Basel. An Stelle Jakob Burckhardt's wurde Dr. Heinrich 
Wölfflin, Privatdozent in München, an die hiesige Univer- 
sität berufen. Er siedelte bereits in den ersteii Maitagen 
von München hierher über. 


WETTBE VVERBUNGEN. 

*j^* In dem Weltbetverb um den arehitektoniscJten Über- 
bau des Kaiserin Augusta-Denkmals in Koblenx, hat der Archi- 
tekt Bruno Schmiix in Berlin den ersten Preis erhalten. 
Der zweite Preis wurde dem Regierungsbaumeister Scholter 
in Stuttgart, ^er dritte dem Regierungsbaumeister Kokte in 
Posen zuerkannt. Der Entwurf des Architekten Jahn in Char- 
lottenburg erhielt eine lobende Anerkennung. 


DENKMALER. 

%* Die weitere Ausführung des von Prof. Paul Otto un- 
vollendet hinterlassenen Lutherdenkmals für Berlin ist dem 
Bildhauer Robert Toberentx übertragen worden, der nach 
mehrjähriger Lehrthätigkeit an der Kunstschule in Breslau 
1891 seinen Wohnsitz in Berlin genommen hat. Er hat sich 
in den letzten Jahren besonders durch einen monumentalen 
Brunnen für Görlitz, die nackte Marmorfigur einer einen Amor 
formenden, antiken Bildhauerin und die Figur des anmutigen 
schlafenden Mädchens bekannt gemacht, die die „Zeitschrift 
für bildende Kunst" (N. F. III. S. 252] wiedergegeben hat 

SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN. 

*^* Die Jury der großen Berliner Kufistausstellung hat 
den Kupferstecher Prof. Gustav Eilers zu ihrem Vorsitzen- 
den, den Maler Prof. Thumann zu dessen Stellvertreter ge- 
wählt. — Die Ausstellung wird nicht, wie ursprünglich be- 
stimmt war, am 30. Juli, sondern erst am 17. September 
geschlossen werden. 

%* Für die Kötitg liehe Gemäldegalerie in Dresden ist 
ein Gem&lde von Hans Thoma „Der Hüter des Thaies" aus 
der Kunsthandlung von Emil Richter angekauft worden. 

Eine Dante-Ausstellung in London. Der Kurator der 
„Universitj Hall", Mr. Wicksteed, ist in England rühmlichst 
bekannt als ein enthusiastischer Schüler und Ausleger Dante's 
und seiner Zeitepoche. Um das Interesse und die Kenntnis 
für seine Schriften sowie das Verständnis für sein Zeitalter 
zu erhöhen, hat Mr. Wicksteed in der Bibliothek des Dr. 
William in Gordon-Square eine Sammlung von Gegenständen 
vereinigt, die wesentlich zur Erreichung des obigen Zweckes 
dienen. Aus der „Vemon-" und anderen Bibliotheken sind 
bedeutende hierauf bezügliche Schätze hergeliehen, die das 
Kunst- und Universitätsleben, sowie die wissenschaftlichen 
Stadien des 13. und 14. Jahrhunderts veranschaulichen. 
Bilder von Crivelli, Botticelli, Fra Angelico unä Signorelli, 
Zeichnungen und Kupferstiche sind ausgestellt, welche uns 
die theologische und moralische Auffassung, die Beziehungen 
zwischen materiellem und geistigem Leben des Volkes zeigen, 
wie sie zur Zeit Dante's vorherrschend waren. So vor allem 
zeigt uns das wiederkehrende Sujet des jüngsten Gerichts 
die Lehre des Dualismus, die zeitige Auffassung des Kaiser- 
tums und die entgegengesetzte des Papstes über himmlische 
Dinge. Jedes Bild und jeder Kupferstich trSgt, soweit dies 


anging, eine bestimmte Stelle aus Dante's Werken. Histo- 
rische Tabellen zeigen uns den Stand der Astronomie Dante's 
und seiner Zeit. Kommentare zu seinen Schriften, kurz nach 
seinem Tode verfasst, sind gleichfalls vorhanden, aus denen 
der Einfluss VirgiPs und Gicero's auf Dante ersichtlich wird. 
Ebenso finden wir in der Leihausstellung alte Schulbücher, 
Grammatiken, rhetorische und philosophische Schriften jener 
Epoche; femer ein altes Bild, das uns Florenz genau zur 
Zeit Dante*B, und ein neues Bild von Leighton, welches 
uns das heutige Florenz zeigt. Ebenso finden vnr neuere 
Bilder, namentlich von Bume- Jones und Leighton, deren 
Sujets Bezug auf Dante haben. Schließlich ist hier eine 
interessante Sammlung von Kunstwerken aller Art, Por- 
träts, Kameen, Gemmen, geschnittene Steine, Schmuck- 
gegenstände, Büsten, Statuetten und andere kunstvolle Anti- 
quitäten ausgestellt, die auf die „göttliche KomOdie", wie 
auf Dante und sein Zeitalter Bezug haben. ^ 

VEREINE UND GESELLSCHAFTEN. 

*^* Eine Delegirtenversammlung der Deutschen Kunst- 
genossensehafl wird am 25. Mai in Eisenach tagen, um die 
Satzungen für eine Pensionsanstalt für deutsche bildende 
Künstler zu beraten. Für die Beratung hat der Großherzog 
den Saal im Residenzschlosse zu Eisenach bewilligt, ebenso 
die Zuziehung von rechtsverständigen Staatsbeamten. Auch 
Autoritäten auf dem Gebiet des Versicherungswesens werden 
teilnehmen. 


AUSGRABUNGEN UND FUNDE. 

Archäologische Entdeckungen in Griechenland. Dr. Karl 
Waldetein von der amerikanischen archäologischen Gesell- 
schaft hat bei Gelegenheit der Ausgrabungen des Hera- 
Tempels zwischen Argos und Mycenae eine wichtige Ent- 
deckung gemacht, unter Leitung dieses Gelehrten waren 
200 Arbeiter mit Ausgrabungen beschäftigt, als sie auf die 
polygonalen Fundamente eines uraltenTempels der Hera stießen, 
der nach Nachrichten alter Schriftsteller bereits 423 v. Chr. ab- 
gebrannt war. Unweit des alten, jetzt wieder aufgefundenen 
Tempels war das neue Bauwerk errichtet worden. Ge- 
schmolzene Bronze, zahlreiche Vasen und sogenannte Krüge 
von Mycenae und Korinth wurden schon innerhalb weniger 
Tage vorgefunden. Man hofft daher mit Zuversicht, dass 
die fernere Ausbeute eine außergewöhnlich interessante sein 
wird. — Die britische archäologische Gesellschaft, welche 
ihre Ausgrabungen bei Megalopolis beendet hat, und deren 
B.esultate binnen kurzem veröffentlicht werden sollen, wird 
nun mit ihren Arbeiten in Agosthena bei Korinth fortfahren. 
Daselbst befinden sich nämlich vollkommen erhaltene Über- 
reste von Befestigungen aus dem 5. Jahrhundert v. Chr. 
Vor allem hofft man den von Pausanias erwähnten Melampus- 
Tempel aufzufinden. (J 


VERMISCHTES. 

*^* Kaiser Wilhelm //. über moderne und alte Kunst. 
Bei dem am 27. April erfolgten Empfange einer VeHretung 
der Deutschen in Rom hat Kaiser Wilhelm IT. eine Reihe 
von Äußerungen über moderne und alte Kunstverhältnisse 
gethan, die wegen ihrer bestimmten Färbung und nament- 
lich wegen des abfälligen Urteils Über die neueste deutsche 
Architektur großes Aufsehen erregt haben. Die Berichte der 
Blätter weichen in den Einzelheiten voneinander ab. So 
soll der Kaiser nach dem „Berliner Tageblatt'* das Wallot- 
sche Reichstagsgebäude als den „Gipfel der Geschmacklosig- 
keit'' bezeichnet haben. Am vertrauenswürdigsten scheint 


395 


VemuBcIiteB. 


396 


ans der wohl von einem Ohrenzeugen herrührende Bericht 
der „Yosfiiflchen Zeitung*' zu sein, dem wir das Folgende ent- 
nehmen: Für den deutschen Eünstler^erein waren die Herren 
Brioschi (in Vertretung des abwesenden Vorsitzenden Prof. 
Meurer), Prof. Dr. Schoener und Prof. Kopf, für die Kolonie 
außerdem u. a. der Bildhauer Prof. Gerhardt erschienen. 
Der Kaiser begann, sichtlich gut aufgelegt, eine vielerlei 
Gegenstände berührende Unterhaltung, namentlich Interesse 
an künstlerischen Fragen beweisend. Als auf seine Bemer- 
kung, dass unsere denkmalschaffende Gegenwart den Künst- 
lern viel zu thun gebe, der Prof Gerhardt unbedenklich 
einfiel: „Falls Majestät noch einige Denkmäler zu vergeben 
hätten, würden wir gern zugreifen/' antwortete der Monarch 
lächelnd: „Was ich thun kann, soll gern geschehen." Den 
Meister Kopf beglückwünschte er zu seinen vortrefflichen 
Porträtarbeiten, namentlich dem in seinem Besitze befind- 
lichen Bildnisse Kaiser Wilhelm's L, das von allen, die es 
sehen, bewundert werde. Über die endliche Erledigung der 
Berliner Denkmalsirage und die Umgestaltung der Schloss- 
freiheit sprach er sich höchst befriedigt aus; in Verbindung 
mit den Wasseranlagen werde der Platz einen monumen- 
talen und sicherlich schönen Anblick darbieten, was in dem 
hinter der Entwiekelung der neuen Stadtteile zurückgeblie- 
benen Alt -Berlin nötig sei. Herr Brioschi antwortete auf 
die in humoristischem Tone gethane Frage: „Etwa Freilicht' 
7naler?*' mit „Freilicht und auch alte Schule", worauf der 
Kaiser lachend mit dem Finger drohte: „Bei mir in Berlin 
haben es die Freüichtmaler nicht gut; ich halte sie da 
unterm Daumen," Noch mehr geht dem hohen Herrn offen- 
bar die neue Berliner Architektur wider den Strich. Er 
fällte über das neue Beichstagsgebäude ein sehr ungünstiges 
Urteil und beklagte im allgemeinen, dass die Architekten, 
die in der Presse Rückhalt finden, allzu sehr das Über- 
gewicht an sich reißen und die anderen Künste in zweite 
Linie drängen. Dies sei um so schädlicher, als sich die 
Architektur unbillig von den alten guten Vorbildern, die 
zum Glück in Italien noch in solcher Menge anzutreffen seien, 
entferne und oft ins Stil- und Regellose verfalle. Auch das 
Denkmal an der westfälischen Pforte gab dem Kaiser Stoff 
zu allerlei Ausstellungen. „Meine Frau nennt es immer 
den Bienenkorb", sagte er, „man hat die Statue des Kaisers 
so in das Innere hinter die dicken Pfeiler hineingesetzt, dass 
man Mühe hat, ihn unverdeckt zu sehen." Überhaupt findet 
er einen großen Teil der neuen Monumente wenig nach 
seinem Geschmack, oft zu gesucht, zu abstrus und realistisch, 
der einfachen überwältigenden Schönheit und Verständlich- 
keit entbehrend. Ein Vorstandsmitglied des Künstlervereins 
benutzte diese Gelegenheit, um das Gesprach auf den nur 
in Bayern noch Widerspruch findenden Plan der Errichtung 
eines deutschen Künstlerhauses in Rom zu bringen. Der 
Kaiser ging lebhaft auf den Plan ein, zeigte sich vollkom- 
men damit einverstanden, dass das Studium an den klassi- 
schen Stätten für unsere deutsche Kunst keineswegs Über- 
flüssig oder minderwertig geworden sei, dass ein Atelierhaus 
in Rom von großem Nutzen werden müsse und die Unter- 
stützungen der Regierungen verdiene^ und stimmte dem Vor- 
schlage des Botschafters — den er zu eingehenderen Mit- 
teilungen über die Frage aufforderte — zu einem Besuche 
des in Aussicht genommenen Grundstückes gern zu. Offen- 
bar beschäftigen Baufragen den Monarchen in hohem Grade» 
Er gestand, dass er persönlich in Rom u. a. nach einem ftlr 
den Kirchenbau zu Jerusalem brauchbaren Muster eines 
Campanile Ausschau halte, und er hatte sich bei der Be- 
sichtigung der Villa Hadriana mancherlei Fragen des Zweckes, 
der Mittel und Ausführung der riesenhaften Anlage vor- 


gelegt und zu beantworten gesucht. Eins war ihm klar ge- 
worden: dass die Anlage kaum zu stände gekommen sein 
würde, wenn — „es zu Hadrian's Zeit schon Kommissionen 
gegeben hätte*'. Im Anschluss an diese Äußerungen wird 
der „Vossischen Zeitung*' weiter geschrieben, „dass die Ur- 
teile über die heutige Berliner Architektur in eingeweihten 
Kreisen weniger Überrascht haben, als man vielfiu^h anzu- 
nehmen scheint. Schon vor mehreren Jahren, als dem Kaiser 
die wieder aufgefundenen Pläne Jean de Bodt*s für das Zeug- 
haus Überreicht wurden, nahm er Anlass, sich über die 
moderne Baukunst in Berlin abAUig zu äußern. Er klagte 
darüber, dass man im allgemeinen viel zu sehr geneigt sei, 
Säulen über Säulen an den Fronten anzubringen und über- 
dies Figuren, Ornamente; Gartouchen u. s. w. in gehäuftem 
Maße zu verwenden. Damals wurden von dem Kaiser das 
Schloss zu Berlin und das Zeughaus als Muster vornehmer 
Bauten den heutigen Architekten vorgehalten. Wenn der 
Kaiser sich jetzt im einzelnen über das Reichstagsgebäude 
in wenig schmeichelhaftem Sinne verbreitete, so hat er nur 
das wiederholt, was er früher schon in den Ateliers ein- 
zelner Künstler gesagt hat. Als der Kaiser eines Tages in 
einem Atelier das Modell des riesigen Adlers für die Süd- 
front des Reichstagsgebäudes sah, erklärte er durchaus zu- 
treffend, der Adler sei zu klein. Als man ihm dann aber 
erklärte, der Adler werde in Wirklichkeit dreimal so groß 
werden, blieb er bei dem einmal abgegebenen Urteile. Auch 
bei den zahlreichen Kirchenbauten der Residenz hatte der 
Kaiser Gelegenheit, seinen Stilauffassungen Ausdruck zu 
geben. Bei der Kaiser Wilhelm-Gedächtniskirche ist es, wie 
es heißt, auf seine Befehle zurückzuführen, dass der Turm 
der höchste in Berlin werden soll; in Architektenkreisen ist 
man jedoch der Ansicht, dass der Turm dadurch viel zu 
schlank ausfallen wird. Ebenso findet die Ansicht, dass die 
heutigen romanischen Kirchen in Berlin den mittelalter- 
lichen Bauwerken tun Rhein möglichst ähnlich werden sollen, 
in Architektenkreisen keinen Beifisill. Der Gegensatz des 
Kaisers zu unseren namhaftesten Architekten zeigte sich am 
deutlichsten beim Umbau des weißen Saales. Die oberste 
Körperschaft unseres Bauwesens meinte, soviel als möglich 
die überlieferte Architektur schonen zu müssen. Der Kaiser 
verwarf jedoch ihr Gutachten imd berief den Baurat Ihne, 
dessen Leistungsfähigkeit bisher nicht auf dem Gebiet des 
Monumentalen, sondern auf dem der Kleinkunst und der 
Innendekoration gelegen hatte." 

M. R. Von der Akademie der bildenden Künste in Karls- 
ruhe. Am Schlüsse des vorigen Jahres sind drei neue Lehrer 
hierher berufen worden: Robert Rötxelherger^ zuletzt in 
München, um die erste Zeichenklasse zu übernehmen, Chr. 
L. Bokelmann aus Düsseldorf, um den zu stark in Anspruch 
genommenen Schönleber zu entlasten, und Wilh. Krauskopf, 
um einen neuen Lehrstuhl für Radirung einzunehmen. 
Pötzelberger, welcher zu den Künstlern gehört, die Land- 
schaft und Figuren mit gleicher Sicherheit beherrschen, geht 
mit großer persönlicher Hingabe an seinen Lehrberuf und 
ist rasch eine wirksame Stütze der Anstalt geworden. Bokel- 
mann wurde hier einer besonders schwierigen Aufgabe gegen- 
über gestellt. Schönleber hatte nämlich als Vorbereitung 
für die Landschaftsmalerei eine Stillebenklasse gebildet, 
welche eine Berühmtheit innerhalb der Schülerkreise ge- 
worden war. Sie gevrährte den Schülern Gelegenheit, in die 
Technik der Malerei eingeführt zu werden und dabei den 
Farbensinn zu üben, wie sie vielleicht noch nie an einer 
ähnlichen Anstalt geboten worden war, und übt auch auf 
jüngere Kräfte an anderen Schulen eine starke Anziehungs- 
kraft aus. Das Bedürfnis aber von dem Teile seiner Lehr- 


397 


Vom KaxiBtiiiarkt — ZeiiadirifteEu 


398 


thätigkeit enibimden zn werden, welcher dem Programme 
nach die Einführung in die Technik der Malerei bildet, ver- 
anlasste SchOnleber, diese Malklasse aufzugeben. Man fand 
eine nene Kraft für diese Arbeit in Bokelmann. Er wird in 
der kurzen Spanne Zeit, die ihm hier zu wirken vergOnnt 
war, kaum warm geworden sein kOnnen, und schon wird 
ihn, wie wir h(^ren, ein Ruf nach Berlin in einen anderen 
Wirkungskreis versetzen. (Diese Mitteilung wird uns von 
Berlin aus bestätigt. Bokelmann wird das durch den 
Rdcktritt Prof. Hugo YogeFs frei gewordene Lehramt an 
der Hochschule f&r bildende Künste zum Beginn des Win- 
terhalbjahrs fibemehmen. Die Bed.) Die Berufung von 
Krauskopf war eine der letzten Thaten des verstorbenen 
Lfibke, der glücklich war, beim Minister und bei den Kollegen 
an der Akademie schon bei der ersten Anregung ein bereit- 
williges Entgegenkommen zu finden. Die Art, wie Krauskopf 
seine Aufgabe fasst, ist insofern interessant, als er sich gleich 
von Anbeginn das höchste Ziel stellt Nicht eine reprodu- 
zirende Kunst will er lehren, sondern die Natur soll un- 
mittelbar mit den Mitteln seiner Kunst wiedergegeben werden. 
Hat er in dem ersten Semester seine Schüler, zu welchen 
sich die ersten Meister unserer Akademie gesellt haben, mit 
der Technik bekannt gemacht und zur Pflege der Radirung, 
meist nach eigenen Werken geführt, so soll weiterhin seine 
Aufgabe sein, die Radirnadel direkt nach der Natur arbeiten 
zu lassen. Sein scharfer und feiner Blick, seine sichere 
und leichte Hand verbüigen ihm in dieser Thätigkeit einen 
bedeutenden Erfolg. 


VOM KUNSTMARKT. 

Kunstauktion in Amsterdam, Durch Frederik Müller 
<& Co. in Amsterdam, Doelenstraat 10, gelangt am 30. Mai 
und den folgenden Tagen die Sammlung des Herrn Carl 
Schöffer zur Versteigerung, die aus Kupferstichen, Badirun- 
gen und Handzeichnungen der hollSjidischen , vl&mischen, 
englischen, französischen und deutschen Schulen besteht. 
Stiche und Zeichnungen sind in zwei besonderen Katalogen 
verzeichnet. Der erstere führt einschließlich einer kleinen 
Büchersammlung 1662 Nummern auf. Unter den Stichen 
und Radirungen, die zum Teil aus der Sammlung van der 
Kellen stammen, sind besonders gut vertreten die Namen 
G. Bega, Berghem, S. a Bolswert, W. Delff, E verdingen, 
H. Goltzius, A. van Ostade, P. Pontius, Rembrandt (mit eini- 
gen Blättern ersten Ranges), G. Visscher, L. Vorsterman. 
Sehr reich sind auch die englischen Schabkunstblätter des 
vorigen Jahrhunderts vertreten. In der französischen Ab- 
teilung sind besonders die Farbendrucke von Debucourt, in 
der deutschen Abteilung die Blätter von Dürer, H. S. Beham 
und G. F. Schmidt beachtenswert. — Der Katalog der Hand- 
zeichnungen zählt 508 Nummern auf, unter denen sich durch 
Bezeichnungen, Monogramme und sonst gut beglaubigte 
Blätter von L. Bakhuyzen, Dirk van Bergen, Jan Breughel, 
Jan van Goyen, Gaspar und Gonstantin Netscher (ein Album 
von 69 Blättern), Rembrandt, E. van de Velde und Waterloo 
befinden. 

Von K W, Hieraemann in Leipxtg ging uns kürzlich 
ein Katalog (Nr. 112) von Kunstblättern, als Stichen, Radi- 
mngen, alten Lithographieen, Handzeichnungen zu, denen 
sich eine Reihe Kunstbücher, zum Teil von Rud. Weigel in 
Leipzig stammend, anschließen. Aldegrever, R. della Bella, 
J. Gallot, Ghodowiecki, G. N. Gochin, eine Reihe ez-libris, 
J. M. Moreau d. j., Job. El. Ridinger sind besonders be- 
merkenswert, femer eine Reihe chinesischer und japanischer 


Zeichnungen und Malereien, Handzeichnungen von J. A. Klein, 
G. de Lairesse, G. le Brun, kostbare Miniaturen des Mittel- 
alters, und eine sehr reichhaltige Sammlung von Kunst- 
publikationen in Stich, Radirung, Lithographie und wert- 
volle Kunsthandbücher machen den Beschluss. 

*^* Die Versteigenmg der SehuUWschen Qemäldesamm- 
hmg in Hamburg, über die wir in Nr. 22 der „Kunstchronik*' 
berichtet haben, hat etwa 333000 M. ergeben. Den höch- 
sten Preis erzielte N. Diaz: „Ruhe der Diana nach der 
Jagd" mit 32100 M. Das Bild geht nach Paris. E. Fromen- 
tin: „Der Überfall in der Feldschlucht*' geht fQr 18200 M. 
nach Paris. E. Delacroix: „Die arabische Hufschmiede*' 
wurde verkauft für 15000 M.; A. Melbye: „Die Rhode von 
Kopenhagen** für 19000 M.; „Waldinneres" von N. Diaz für 
14 000 M. (nach Basel); „Hutten's KrOnung durch Kaiser 
Max'' von Ferd. Heihbuth fQr 2600 M.; desselben: „Tasso 
und die beiden Leonoren*' erzielte 2750 M.; Andreas Achen- 
bach: „Überschwemmte Mühl wehr" 5100 M.; Jsabey: „Strand 
in Rouen** 2500 M.; Rosa Bonheur: „Landschaft mit Vieh*' 
2500 M.; Gharles Ghaplin: „Waldidylle'' 2090 M. Bei der 
Versteigerung ereignete sich ein seltsamer Zwischenfall, Über 
den der „Frankfurter Zeitung** folgendes berichtet wird: 
„Bekanntlich wurden vor mehr als einem Monat fünf Ge- 
mälde der Sammlung gestohlen. Es sind die im Katalog 
unter den Nummern 7, 12, 39, 51 und 68 stehenden Ölbilder 
und zwar: „Frühlings- Waldlandschaft** von Gäsar de Gode, 
„Lowe, seinen Verfolger zerfleischend**, „Hühnerhof" von 
Gharl. Emilie Jaquet, „Zigeuner auf der Heide** von Aug. 
Pettenkofen und die „ausziehende Schafherde** von Verboek- 
hoven. Unter den anwesenden ausländischen Käufern befisuid 
sich auch ein Pariser Herr, der bei Betrachtung eines Bildes 
im Katalog bemerkte, dasselbe Gemälde sei ihm als „Kopie** 
kurz vor der Abreise aus Paris zum Kauf angeboten. Die 
Feststellung des Umstandes seitens des Kunstauktionators 
Lempertz, dass eine Kopie des Bildes nicht vorhanden sei, 
veranlasste den Franzosen, unter Nennung seines vollen 
Namens für die Richtigkeit seiner Angaben einzutreten. 
Die Pariset Polizei wurde von der Bekundung in Kenntnis 
gesetzt, so dass wohl Aussicht vorhanden ist, die Inhaber 
der gestohlenen Gemälde und die Urheber des Diebstahls 
zu finden.*' 


ZEITSCHRIFTEN. 

Allgemeine Knnstchroiilk. 1898. Hr. 9. 

Die JahresausateUang im Kttnstlerhanse. Von Spurius. — Die 
arimm'schen Kinder- und HausmärcheD. — Zam neuen evange- 
lischen Kirchenstil. Von B. Schäfer. 

Anzeiger für Schirelzerlgehe Altertamskuiide. 1898« Heft 
2 n. 8. 

Römisches in Kaiserangst, der Basler Hardt und in Baselaugst. 
Von Th. Burckhardt-Biedermann. ~ Ein Eyangellar aus 
dem 9. Jahrhundert. Von B. Haendtke. ~ Hestanration der 
Klosterkirche in Königsfelden. Von J. C. Kunkler. — Wand- 

femülde in der Stiftskirche zu Payeme. Von Dr. E. A. S t ü o k e 1- 
erg. — Das Kästchen von Scheid. Von F. Jeoklin. — Die 
mittelaUerlichen Kunstdenkmäler des Kantons Solothum. Von 
J. R. Rahn. (Zur Statistik schweizerischer Knnstdenkmäler.) 

ArchitelLtonisohe Bondsohan. 1892/98. Heft 1. 

Taf. 49. Denkmal für Robert von Mayer in Heilbronn: entworfen 
und ausgeführt von Eisenlohr und Weigle, Architekten in 
Stuttgart, und Prof. W. v. Rümann. — Taf. 60. Akademie 
der Wissenschaften in Wien; erbaut 1753 bis 17&Ö; aufge- 
nommen von Architekt L. Schmiedl daselbst. — Taf. 61. 
Patronatakirohe für Wolfshagen an der Stepenltz; erbaut 
vom Regierungsbanmeister W. Möller in Berlin. — Taf. 58. 
Wohnhans in Landau (Pfalz); erbaut von Professor L. Levy in 
Karlsruhe. — Taf. 58. Feld des Holzplafonds in der St. Bartho- 
lomäuskirche in Wöhrd -Nürnberg; entworfen von Architekt Th. 
Eyrioh in Nnmberg. — Taf. 64. Städtisches Wohngebände für 
Turin; entworfen von Chiodera und Tschudi, Architekten 
in Zürich. — Taf. 66. Haupttreppenhaus im Geschäftshaus des 
Oberlandesgerichts in Köln a/Rh. ; entworfen im Ministerium der 


399 


Zeitsohriften. — Imemte. 


400 


öffentliehen Arbeiten ; ansgefflhrt unter spezieller Banleitang des 
Landbauinspektors Thömer. — Taf. 66. Rathaus, Schale nnd 
Turnhalle zu Neostfidtel-Schneeberg; 1. S. : erbaut Ton Ludwig 
und Hülssner, Architekten in Leipzig. 

Bayerisoho Oewerbezeitnng. 1898« Nr« 8« 

Wohnung und Heim. 

Die Kangt für AUe. 1892/98. Heft 15. 

Die Entwickelung der Schönen Künste in den Vereinigten Staaten 
von Nordamerika. Von B. Koehler. — Die XXIL Jahreeau- 
stellung im Wiener Künstlerhause. Von K. v. Vinoenti. 

Gewerbehalle. 1898« Heft 5. 

Taf. SS. Silberarbeiten; entworfen und ausgeführt von K. Both- 
mttller in München.— Taf. 84. Entwurf eu einem Stuckplafond 
vom t Banrat 0. Hie s er. — Taf. 85. Altar in St. Leonnard in 
Graz; entworfen von Prof. A Ortwein daselbst. — Taf. 86. 


Französischer Bucheinband (Marcus Miohel 1853) imBuohgewerbe- 
museum in Leipzig; aufgenommen von K. Burg er, Kustos da- 
selbst. — Taf. 87. Entwurf zu einem Pfeilerkasten von B. La- 
kitsch in Wien. — Taf. 88. Oberlichtgitter nnd Thttrfüllungen ; 
entworfen und ausgeführt von O. Hauber in Schw&b. Gmünd. 

— Taf. 89. Initialen: entworfen von H.Kaufmann in München. 

— Taf. 40. Ghorgestuhl ans St. Stephan in Wien; auijgenommen 
von H. Zippel daselbst. 

The Magasliie of Art. Mai 1898. Nr. 151. 

The royal Aoademy Ezhibitibn. I. Vom Herauegeber. — 
British Etching. von Fr. Wedmore. II. Sevmonr Haden; 
A. Legros ; Strang ; Holroyd — Mr. W. T. Baker s coUection at 
Streatham Hill. I. The en|^ish Pictures. Von A. T. Story. — 
The art of Khuenaten. Von Prof. FlindersPetrie. ~ Wilnehn 
Hasemann*s home in the Black Forest. Von M. E. Bewies. — 
The National Galleiy of British Art and Mr. Tate's CoUection. 
III. Its nltimate management. Von H. Spielmann. 


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Der Unterzeichnete kauft stets hervorragende Originale alter Meister, vorzUglich der 
niederländischen Schule, vermittelt aufB schnellste und sachverstandigste den Verkauf 
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lUusnratlonen geschmückte Übersicht Aber 
unsere Beprodutlonen nach ÖeMftUea alt«r 
und Moderner Meister religiösen, Mtrlettoehen, 
klstorltehen u. njthologlteheB Inhaltes; Genre- 
bUder, Jagd- und SportbUder, Laadsehaflea 
und Seestdeke. Der Katalog wird gegen Bta- 
sendnag tob 60 Vtg, (fürs Inland), tob 80 Ptjg, 
(fttrs Ausland), in Brieftnarken ftranko an- 
gesendet. [690] 

PhotogrrapUsche G^esellschafti 

Berlin. 



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llr1iltaGr*8 Unnk^ 


ScWrtiltaMWM 


Inhalt: Korrespondenz aus Dresden. — Krügers Eadirung nach Liebermanns Dr. Petersen. — £. A. Leuterit« f; J. A.fSyiiK»ndfl t; 
P. Schobelt t- — M. Lehre; H. Wölfflin. — Wettbewerb zum Kaiserin Angnsta- Denkmal. - Lutherdenkmal für Berlin. — Jurj 
der Berliner Kunstausstellung; Erwerbung der Dresdener Galerie; Dante -Ausstellung in London. — Delegirtenversammlung der 
deutschen Kunstgenossenschafb in Eieenaoh. — Archüologische Entdeckungen in Griechenland. — Kaiser Wilhelm II. über neue 
und alte Kunst. — Karlsruhe, Personalwechsel an der Akademie. — KunsUuktion in Amsterdam (Sammlung Schöffer); Katalog 
von K. W. Hiersemann; Preise der Sohuldt'schen Gemäldesammlung in Hamburg. — Zeitschriften. — Inserate. 

Für die Redaktion Teiantwortlich Artur Seemann. — Draok von August Pries in Leipzig. 




^^ (y^'Q^^ y\ 


KUNSTCHRONIK 

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE. 
Ankundigungsblatt des Verbandes der deutschen Kunstgewerbevereina 

HERAUSGEBER: 

CARL VON LÜTZOW und DR. A. ROSENBERG 

WIEN BERLIN SW. 

^ HeagMse 68. Teltowerstrane 17. 

•vi) 

Verlag von E. A. SEEMANN in LEIPZIG, Gartenstr. 15. Berlin: W. H. KÜHL, Jägeratr. 73. 


Neue Folge, IV. Jahrgang. 


1892/93. 


Nr. 25. 18.iMai.fiJ 


DSe Knnstchronik erscheint &18 Beiblatt Eur „Zeitsohrift für bildende Kanst" und zum „Ennatgewerbeblatf monatUob dreimal, in den 
Sommermonaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und nmfasst 88 Nammem. Die Abonnenten der „Zeit- 
selirift für bildende Kanst* erhalten die Knnstchronik gratis. — Für Zeichnungen, Manuskripte ^to., die unverlangt eingesandt werden, 
leisten Redaktion und Yerlagshandlung keine Gewfihr. Inserate, k 80 Pf. ftr die dreispaltige Petitxeile, nehmen außer der Verlagshand- 
lung die Annoncenexpeditionen Yon Haasenstein tt Vogler, Bud. Messe u. s. w. an. 


DIE JAHRES-AUSSTELLUNG IM WIENER 

KÜNSTLERHAUSE. 

(Fortsetzung.) 

Ähnliche Grundanschauungeo, wie das Porträt, 
beherrschen auch die übrigen Zweige der modernen 
Malerei, das mythologische, religiöse und mystische 
Bild, das ganze ausgedehnte Gebiet des Genre, Land- 
schaft und Tierstück,. Blumenbild und Stillleben. 
Jeder sucht je nach seiner Individualitat und Stärke 
die Natur mit den ihm zu Gebote stehenden Aus- 
drucksmitteln in größter Treue und mit Vermeidung 
jeder konventionellen Lüge widerzuspiegeln. 

Bokdmann hat mit seiner gemalten Novelle 
„Testamentsabfassung" eines der besten Genrebilder 
ausgestellt. Der reiche Mann im Lehnstuhl wird 
der verstoßenen Tochter, die in ängstlicher Er- 
wartung zu seinen Füßen kauert und Verzeihung 
erbittet, seine Arme wieder öffnen, um der lieben 
Kleinen willen, die halb furchtsam halb neugierig 
an der Thüre stehen; zwei Frauen des Hauses dürften 
da kaum viel als Anwälte zu helfen haben, wo das 
Herz des Großvaters spricht. Der eifrig schreibende 
Notar ist nur Geschäftsmann, den der Vorgang in 
der Familie nicht kümmert. Zwei große, brennende 
Kerzen erhellen den düstern, üppig reichen, mit 
Wandgetäfel, Lüstern, Teppichen und Vasen ge- 
schmückten Raum. Ein Streiflicht fällt bei der 
Portiere zur Linken auf die beiden Kinder. Während 
der Maler in diesem Stück ein glücklicher Dichter ist, 
giebt er uns in drei anderen Bildern charakteristische 
Typen ohne alle Nebenabsicht: „Vor Beginn des 
Gottesdienstes in Wyk auf der Insel Föhr" ist ein 


Kircheninterieur mit interessanten Kostüm- und Be- 
leuchtungsstudien im Innenraum, Streiflichtern und 
Reflexen von feinster Beobachtung. Dieses Bild und 
der betende Alte, sowie der Greis vorm Kirchenthor 
sind Loblieder auf die biedere Einfachheit unserer 
deutschen Kleinbürger. 

Bokelmann sehr nahe steht Hugo König in 
München, der das Genre mit Vollendung im Freien 
darstellt. Wie sehr er die Landschaft beherrscht, 
beweist sein Mondaafgang am Bande des Birken- 
waldes. In einen solchen Wald hat er sein reiz- 
volles, wegmüdes Mädchen gesetzt, mit seinem Holz- 
bündel, und dem getreuen Pinscher an der Seite. — 
Ein winterliches, nebelgraues Bild, in dem der innere 
Kontrast, die sonnige Kindheit zweier kleinen Mädchen 
hellleuchtend wirkt, führt uns zum Türmer von 
St. Peter in München; der weite Blick auf die Stadt, 
die ferne verschwimmt, die Frauentürme und das 
hohe Dach mit dem Schneestreifen darauf, die zwei 
fröhlichen Mädchen in den drolligen Filzschuhen — 
es ist selten Gleichgutes zu finden. Das Bild ist 
Eigentum der Pinakothek. — Hamann Koch ist ein 
geschmackvoller, intimer Naturalist, was er mit seinem 
„Nonnenbegräbnis auf Frauenchiemsee", einer Sym- 
phonie in Grau, beweist und mit dem gut deutsch em- 
pfundenen Landmädchen, das auf dem Feld bei der 
Arbeitsein Abend-Ave-Maria betet.— Ein Impressionist 
ist gegen diesen der, wie schon erwähnt, auch durch 
ein sehr charakteristisch aufgefasstes und in über- 
raschend einfacher Manier gearbeitetes männliches 
Porträt vertretene Amerikaner ^atr mit seiner „Fahrt 
zur Kommunion", in welcher er in den weiß- 
gekleideten Mädchen im Mittel- und Hintergrund in 


403 


Die Jahresausstellnng im Wiener Künstlerhause. 


404 


den Booten, ,und ib der Sttinmung des landschaft- 
lichen Abschlusses durch große Innigkeit der Natur- 
betrachtung excellirt, während er den Vordergrund, 
die breite Wasserfläche eü sehr yemachlässigt und 
speziell in dem verschwommenen Bilde der Spi^elung 
des Bootes zu sehr die Momentaufiiahme statt des 
weniger scharfen Sinneneindruckes sprechen lässt. 
Firle und Knirr mit ihren vorzüglichen lebensgroßen 
Krankenbildern haben wir schon einleitend erwähnt. 
Sowohl die Genesende als auch ihre alte, um sie so 
treu besorgte Mutter sind in der Charakteristik des 
Gebrochenseins, der Kraftlosigkeit einerseits und der 
anspruchslosen, liebevollen Hingebung der anderen, 
wie auch die Wiedergabe des sonnig - nebligen 
FrÜfalingsmorgens von größter Wahrheit. 

Lärmender in seinem rQcksichtslosen, aber ehren- 
werten Naturalismus tritt uns Franz Skarbina ent- 
gegen in seiner grinsenden «alten Gratulaniin*. Edler 
ist Bme Reinieke in seinem ergreifenden Aquarell 
^Martha's Tod*, in dem namentlich das sterbende 
Mädchen mit. der mageren, den am Bette im groß« 
ten Schmerze niedergesunkenen Geliebten segnenden 
Hand von Tiefe des Gemütes und einem außer- 
gewöhnlichen Können zeugt. — Theodor Rauecker in 
München erzählt in einer für die Zukunft seines 
Talentes vielversprechenden Weise einen beweg- 
lichen Klosterroman von einer jungen Nonne, die 
bei ihrer Flucht aus dem Kloster verunglückte und 
todeswnnd am Boden liegt Neben ihr der Priester, 
der ihr die Wegzehrung reichen will und das flu- 
chende Gekeif der alten Oberin mit unwilliger Ge- 
bärde zurückweist, während das Gezeter bei einem an* 
wesenden Grobschmied derbere Wirkung hervorruft. 
Maihiaa Schmidt hat uns dagegen mit seinem . Berg'^ 
gigerl", mit den zwei unmöglich hochbeinigen Sen- 
nerinnen mit den Salongesichtern, wenig angenehm 
überrascht. — Viel glücklicher ist Eduard GriHxner mit 
seinem «Kloster frieden" vertreten, dem freundlichen 
goldigerleuchteten Uibliotheksraum mit den zufrie- 
denen Gelehrten. — WiUielm Diex hat ein in seiner 
kraftvollen Art gemaltes Reiterstück eingeschickt, 
auf dem einige verwegene Strauchritter glücklich 
ihren Verfolgern entwischt sind, von denen sie ein 
breiter Fluss trennt. — Gabriel Max. archaisirt in seinem 
Kostümbild aus dem 16. Jahrhundert, das er „Herbst- 
reigen* betitelt und das älteren Datums sein könnte, 
gar stark in der AufTassung, besonders aber durch 
die Imitation der Patina alter Meister, die doch be- 
kanntlich nicht von diesen, sondern erst allmählich von 
der Zeit herrührt. — Defreggcrs bekanntes Porträt 
seiner Kinder ist durch seine Konzeption ein reizendes 


Genrebild zu nennen, weshalb wir es auch hier an- 
führen. — Dieselbe Tendenz, das Porträt genrehaft 
auszustatten, verrät auch Alexander, Goltz in seiner 
n klavierspielenden Dame" oder Johann F. Krämer in 
seinem . Familienporträt " mit den reizend lachenden 
Kindergestalten, einem Opus von schweren aber glück- 
lich gelösten Beleuchtungsproblemen im Sonnenlicht. 
Bokelmann, Skarbina, Krämer und Goltz ausgenom- 
men sind die Genannten sämtlich Münchener Künstler, 
die heuer wieder, wie schon diese kurze Erwähnung 
des Hervorragendsten teigt, in großer und leistungs- 
fähiger Zahl an der Ausstellung beteiligt sind. Es 
sei uns zur Bekräftigung dessen nur noch ein kurzer 
Rückblick auf die in einzelnen Namen schon ge- 
streifte Bildnismalerei gestattet 

Das vorzüglichste Einzelporträt hat Georg Papperitz 
ausgestellt: eine lebensfrische, temperamentvolle Blon'* 
dine, im peluchebeschlagenen Lehnstuhl sitzend, den 
reizenden Kopf auf die linke Hand gestützt; ein Sis- 
bärenfell liegt auf dem Boden des Gemaches, das 
durch einen schweren grauen Sammtvorhang abge- 
schlossen ist; die verschiedenen Grau und Weiß, 
das Schwarz des Seidenkleides, das leuchtend ge- 
malte Fleisch^ das zerstreute Licht, das über dem 
Ganzen webt, machen, verbunden mit einer liebens- 
würdig*8charfen Charakteristik der Porträtirten und 
einer fast impressionistischen Wiedergabe, der es 
aber nicht an befriedigendster Intimität in der Aus- 
fahrung fehlt, dieses Werk zum nobelsten modernen 
Charakterbild. — Alois Ei^dtcli hat einen im Lehn- 
stuhl sitzenden, nach rechts gekehrten jüngeren Mann 
portratirt, an dem er eingehendes Studium Rem- 
brandt's mit freiester moderner Auffassung zu einem 
glänzenden Effektstück von Kontrasten vereinigt. 
Anspruchsloser und ganz ohne Spitzfindigkeiten oder 
Beigaben, wir greifen dies nochmals heraus, um 
damit die gegenwärtige Wiener Anschauung im 
Gegensatz zur Münchener zu kennzeichnen, lediglich 
den Mann selbst, hat Horoviix den ungarischen Ge- 
lehrten Franz Pulszky auf die Leinwand gezaubert 
in einer auf einige Distanz fast unheimlich wirken- 
der Lebendigkeit; die kleinen herzensguten Augen, 
das lange, dünne Greisenhaar, das den Kopf um- 
rahmt, die fast spießbürgerliche Gemütlichkeit, ver- 
bunden mit äußerer Wohlbeleibtheit, lassen das Bild 
förmlich hörbar schwer atmen. 

Temple verbindet nicht ohne Glück die ganze 
Figur mit dem Interieur, wobei ihm diesmal freilich 
das letztere besser gelungen ist — Bernatzik empiri- 
sirt glücklich in einer Liebeswerbung, die noch der 
Entscheidung harrt, warum aber ist er nicht seiner 


405 


Die JahresausstelluBg im Wiener Künstlerhaose. 


406 


Datürliehen Begabung, unsere Zeit zu schildern, treu 
geblieben? Hoffentlich dauert dies Verkennen der 
eigenen Kraft nicht länger an. — Walter bringt eine 
Neabelebnng eines von dem Doyen der Wiener Pastel* 
Uten, Oeargt Becker^ zuerst vor vielen Jahren gewagten 
Versuches, ein genrehaftes Straßenbild in Pastell, bei 
dem nur dasLokale liebevollere Durchführung verdient 
hätte; die gegebene Anregung sollte weiter gepflegt 
werden. — Unter den Feinmalem im besten Sinne des 
Wortes steht Altmeister Jlfen^c/, der Vater des modernen 
Qenre, obenan mit seiner Idylle in Aquarell: ein vor- 
nehmer Herr lauscht, am (Vtthstüoktisch im Freien 
sitzend, der Arie eines kleinen gefiederten Matur- 
sängers. — Von den Wiener Künstlern ist in der- 
selben Richtung thätig Bessl^ der besonders mit seinem 
„Freier'^ einen bedeutenden Schritt vorwärts gemacht 
hab — Eine ganze Reihe Einheimischer können wir 
nur summarisch zeichnen : B^mza und Oisehy diesen 
mit einer spitzigen Wiener Straßenscene mit Klatsch- 
weibern und Liebespaar von heute, jenen von vor 
hundert uod soviel Jahren; Kinxel ist auf ähnlichen 
Abwegen wie Beruatzik, Konopa ist stark impressio- 
nistisch, aber glücklicherweise nur in der Erfassung 
des Momentes — die Ausführung ist solid, die Em- 
pfindung in der Arbeit tief; es ist wirklich gefühlte 
, Andacht*, die er malte. — Die Tradition der Ältwie- 
ner pflegt mit starkem eigenen Empfinden EUminger 
in seinem Tierstück «an der Waldquelle^ und einem 
lebhaft erzählten „Markt im Waldviertel". — „Ahn- 
liche Scenen, nur im glühenden Lokalkolorit seiner 
Heimat, liefert der Spanier Oalofre. — Silvio Botta 
hat durch eine humorvolle Darstellung der Wirkung 
eines Windstoßes auf die am Strande arbeitende 
„Damenwelt*^ eines italienischen Städtchens das Flui- 
dum des Windes wie einen Geist festgebannt; Ko- 
walski^Wierusx hat in seinem „letzten Sonnenblick* 
ein schweres Problem hochkünstlerisch gelöst, das 
Zusammenstoßen und Ineinandergreifen warmer Töne 
des Hintergrundes in die kalten des Vordergrundes, 
den ein polnisches Liebespaar von sprechender Natur- 
wahrheit belebi 

Das religiöse Bild hat seinen vorzüglichsten Ver- 
treter in Jose Benüiure mit seinem in Tempera aus- 
geführten, von tiefster Empfindung getragenen toten 
„St Franoiscus von Assisi*". ~ Otto SeiWs „Madonna" 
verliert sehr durch die unschön angebrachten und 
wenig sympathischen, zum Teil recht geschmacklos fri- 
sirten Engelknaben und Engelmädcheu, — die Kinder 
sind geschlechtlich zu deutlich getrennt. Die im 
Schatten der Nacht gehaltene Partie ist die Licht- 
seite des Bildes. — Unser Franx, Zimmermann hat in 


seinem Abendmahl stark italienisirende Typen, aber 
eine wie die andere lebenskräftig, und bietet in der 
Gruppirungdes Qanien viel neue Gedanken. — VeüUs 
„Heilige Caecilia* ist ein mehr dekoratives Meister- 
stück von vornehm- freundlicher Farbenwirkung. — 
Vielversprechend ist BaUö in seiner Pieta. — Einen 
lebensvollen Kopf Johannes des Täufers hat Bencxur 
ausgestellt — Eine bedeutende künstlerische und 
dichterische Kraft ist Peter Staekiewiex^ was er in den 
zehn Grisaillen der «Volkssimren von der Mutter 
Gottes*' als Künstler von Gottes Gnaden beweist 

Als feingebildeter Maler zeigt sich uns von einer 
ganz neuen Seite der Wiener Seligmann mit seinem 
monumentalen Bilde: „Der Weg zum Hadea*^ nach 
der Odyssee XXIV, Vers 4 bis 12, einer edlen Dar- 
stellung des Hermes Psychopompos, der, als einziger 
aus der ganzen Schar mit süßem Leben begabt, fest 
und stolz hinabschwebt zu den stygischen Gewässern 
und der Wiese mit Asphodel; wie ein Magnet das 
Eisen, zieht er die Schemen hinter sich nach, die in 
ergreifender, empfindungsvoller Weise und mit dem 
dazu nötigen Aufgebote eines vollendeten großen 
Könnens Jugend und Alter, frühgebroohene Krafb 
und Schönheit, Affekte und Leidenschafken charakte- 
risiren. — Eine stark geschminkte Beminiscenz an 
GabaneFs gleichnamiges Werk bietet uns HirsM in 
seiner „Venus Anadyomene'', die uns wie seine zwei 
letzten großen Werke wünschen lässt, den Künstler 
wieder den Weg gehen zu sehen, den er seinerzeit 
in seinem „Pestbild** betrat. — Viel aufrichtiger in 
Farbe und Zeichnung ist der Triestiuer Wostry, der 
in seinem Bilde „Chloe und Daphnis** zugleich ein 
schönes Können als Landschafter und Tiermaler be- 
kundet; nur seine Menschen lassen — an Natür- 
lichkeit zwar nichts — aber umsomehr bei Themen 
wie das hier besprochene an Anmut zu wünschen 
übrig. — Knüpfefi's Meemymphen, von Kentauren ge^ 
schreckt, sind so wenig mythisch und so gut modern, 
dass wir das Bild eine vorzügliche Marine mit eben- 
solcher Staffage nennen müssen. — Dettmann's « Hei- 
lige Nacht^ leistet an impressionistisch behandelter 
Mystik das Höchste. Es zeigt viel schöne Licht- 
effekte, ein deutliches Auseinanderhalten der auf 
Erden wandelnden Menschen, denen die frohe Bot- 
schaft zu teil wird, von den ätherischen Scharen der 
heilverkündenden Engel, die in dichtem Gedränge 
um die Geburtsstätte des Knäbleins zur Anbetung 
versammelt sind. Viel tiefreligiöse Empfindung ver- 
rät sich an manchem Orte und ein überwältigendes 
Drängen und. Sehnen nach Glauben liegt darin. Der 
Erfolg wäre ein ganzer, wenn mehr Liebe auf die 


407 


Bücherschan. 


408 


Ausfuhrung verwendet worden wäre. — AdcUbert Kossak's 
„Hoch Habshurg' verfehlt in seinen visionären Ge- 
stalten österreichischer Krieger aus früheren Jahr- 
hunderten die beabsichtigte Wirkung: das sind keine 
geträumten Geister, sondern in einer Maskerade mit- 
laufende Leute von Fleisch und Blut. Technisch 
lässt die Arbeit, wie wir es von Kossak gewohnt 
sind, keinen Wunsch über. — Ganz unzureichend 
ist Goltz in seiner Dichterweihe. Innere und äußere 
Unebenheiten die schwere Menge, welche die geringe 
poetische Kraft des Autors zeigen, der in der reali- 
stischen Wiedergabe von Genrescenen seine Lorbeeren 
finden wird. Nur andeutungsweise: Wie steht es 
mit dem warmen Lieht von links und dem kalten 
von rechts, wenn im Hintergrunde die Sonne steht — 
oder soll es der Mond sein? Und die stumpfe Aus- 
druckslosigkeit der Typen! Woher die Passions- 
blume in den Händen dieser sehr irdischen Gottin? 

RÜD. BOCK 
(Schlnas folgt.) 

BÜCHERSCHAU. 

Grieohische Eunstgesohichte von Heinrich Brunn, 
Erstes Buch: Die Anfänge und die älteste deko- 
rative Kunst. München, Verlagsanstalt für Kunst 
und Wissenschaft (vormals Fr. Bruckmann). 1893. 
XIV und 185 S. 8. 
Schneller als wir es gehofft, ist auf die , Grie- 
chischen Götterideale' des Münchener Jubilars dessen 
seit Jahren vorbereitete Kunstgeschichte Griechen- 
lands gefolgt. Nur mit Widerstreben — das ent- 
nimmt man der Vorrede — hat sich Heinrich Brunn 
dazu entschlossen, seine schon vor mehr als zwanzig 
Jahren begonnene Arbeit abzuschließen: mitten in 
den Gang der Arbeit fielen Schliemann's epoche- 
machende Funde, dann die Entdeckungen in Olympia 
und Pergamon, endlich die jüngsten Ausgrabungen 
auf dem Boden Griechenlands hinein, an deren Ver- 
anstaltung Franzosen, Engländer, Amerikaner, Oster- 
reicher und Griechen selbst wetteifernd Anteil haben ; 
zu dieser fortwährenden Bereicherung des Materials 
und der dadurch herbeigeführten Verschiebung der 
wissenschaftlichen Standpunkte nehme man Brunn's 
eigentümliche Forschernatur, die mehr auf sorgsam er- 
wägende Analyse, als auf rasch entscheidende Synthese 
gerichtet ist. Niemanden kann es da Wunder nehmen, 
wenn er sieht, dass dem Verfasser das endlich denn 
doch gebieterisch sich aufdrängende »manum de ta- 
bula" nicht leicht geworden ist und dass wir in dem 
vorliegenden Buche — wie der Autor sich selbst 
ausdrückt — „nicht eine vollständige .und alles er- 
Fchöpfende Kunstgeschichte'*, sondern nur die »not- 


wendige Unterlage fiir einen Neubau** derselben er- 
halten. Es sind in Wirklichkeit eine Reihe von 
Detailuntersuchungen feiner und eindringlichster 
Art, selbstverständlich mit vollster Herrschaft über 
das ganze große Material geführt und von zahlreichen 
trefflich gewählten Abbildungen begleitet: für jeden, 
der sich in die Tiefen der Kunstentwickelung von 
Althellas einweiheil lassen will, die beste nur denk- 
bare Unterweisung, dem größeren Pubhkum jedoch 
schwer zugänglich. 

Das erste Buch des Werkes, das uns bis jetzt 
allein vorliegt, lässt von der plastischen Herrlichkeit 
der hellenischen Kunst noch nicht viel ahnen. Es be- 
handelt nur die Anfänge der Bauthätigkeit und der 
dekorativen Künste, für deren bessere Erkenntnis die 
letzten zwei Decennien bekanntlich besonders er- 
giebig gewesen sind. Die älteste, sagenhafte, vor- 
homerische Zeit, für welche die primitivsten Funde 
von Mykenae, dann die sogenannten Inselsteine, die 
Vasen aus den Gräbern beim Dipylon in Athen und 
die Goldbecher von Vaphio als charakteristische 
Hauptdenkmäler gelten dürfen, lässt uns bereits das 
Ringen eines einheimischen Elementes mit dem 
fremden erkennen. Letzteres ist in seinen Grund- 
lagen orientalisch und wurde den Griechen über 
Phönizien und Kleinasien zugetragen; die Goldbecher 
von Vaphio sind die vollendetsten Schöpfungen dieser 
Kunstrichtung. Ersteres, das einheimische Wesen, 
der Keim des späteren Hellenischen, scheint nord- 
griechischen Ursprungs zu sein; es manifestirt sich 
in den Vasen des sogenannten „geometrischen Stils**, 
und zwar als gegliederter Raum, als organische Form, 
als Verbindung verschiedener Gestalten zu einer 
Komposition, „nicht nur im Raum^ sondern auch in 
der Unterordnung unter einen geistigen Gedanken." 

Dieses Prinzip der hellenischen Kunst musste 
sich jedoch erst durch innige Durchdringung mit 
fremden Anschauungen stärken, bevor es zur vollen 
Entwickelung gelangen konnte. Das nächste Stadium 
solcher Verflechtung mit äußeren Einflüssen zeigt 
uns die Kunst bei Homer. Brunn hat diesem Ge- 
genstande bereits vor Jahren eine Spezialanter- 
suchung gewidmet Ausführlich legte Heibig die 
gesamten Kulturverhältnisse des epischen Zeitalters 
in seinem bekannten Buche dar. Die neue Darstel- 
lung Brunn's hat beides zur Grundlage und führt 
die darauf beruhenden Anschauungen in bestimmterer 
Fassung weiter. Für die Technik der homerischen 
Schilde bieten ihm die in Mykenae gefundenen Dolch- 
klingen, für die Komposition und den Stil der konzen- 
trischen Reliefstreifen an den Schilden die norditalie- 


409 


Nekrologe. — Personalnachriohten. — Denkmäler. — Sammlungen imd Ausstellungen. 


410 


nischen Situlae die erwünschten Anhaltspunkte. Dabei 
wird der Fortschritt von dem poetischen Realismus 
des homerischen Schildes des Achill zu den Anfangen 
mythologischer Darstellung, auf dem Hesiodischen 
Schilde des Herakles entsprechend gewürdigt. — 
Eine besonders wichtige, an mannigfachen neuen 
und überraschenden Perspektiven reiche Abhandlung 
ist das Kapitel über die Erstarkung des hellenischen 
Geistes gegenüber den fremden Einflüssen. Hier 
wird zunächst Phönizien in seiner ausschließlich ver- 
mittelnden Stellung auf das richtige Maß von 
Bedeutung zurückgeführt und Assyrien gegenüber 
sogar die Bückwirkung des Hellenentums auf den 
Stil der Bildwerke von Kujundschik mit sehr beach- 
tenswerten Gründen behauptet. Vortrefflich ist die 
daran geknüpfte Analyse der Funde von Gypern. 
In ihrer bunten Mannigfaltigkeit und Stilmischerei 
weist Brunn das Siegreiche Hervorbrechen hellenischer 
Kunst nach und legt vornehmlich an dem Herakles- 
relief von Golgoi schlagend die Hellenisirung assy- 
rischer Vorbilder dar. — Einen Hauptabschnitt des 
letzten Kapitels bildet die geistige Rekonstruktion 
des Thrones von Amyklae und des Kypseloskastens. 
In der Ausstattung des letzteren sehen wir das, was 
am Schilde des Hesiod als Keim hervortrat, zur 
vollen Blüte gediehen: die Sagenwelt der Hellenen 
hat sich der bildnerischen Phantasie bemächtigt 
Damit war die poetische Grundlage für die eigentlich 
hellenische Kunst gewonnen. 

Brunn hofft die weiteren Bücher, welche uns aus 
der Vorhalle in das innere Heiligtum des großen 
Kunstvolkes fahren sollen, in nicht zu langen 
Zwischenräumen vollenden zu können. Mögen ihm 

alle guten Geister dabei zur Seite stehen! 

C V. L. 

— Im Verlage von M, Ridil in Leipzig ist bereits in 
zweiter Auflage ein Werk: „Die Wappen der wichtigsten 
Städte Europas** erschienen. Die Tafeln bringen in treff- 
licher &rbiger Reproduktion und historischer Treue die 
Wappen von 192 Städten Europas. 

NEKROLOGE. 

%* Der Münchener Porträtmaler Max Qudden^ ein Sohn 
des mit König Ludwig IL umgekommenen Obermedizinalrats 
Dr. von Gudden, ist Anfang Mai im Alter von 35 Jahren 
gestorben. 

PERSONALNACHRICHTEN. 

*45* Dem Bildhauer Otto Geyer^ Dozenten an der Tech- 
nischen Hochschule in Berlin, ist das Prädikat Professor 
beigelegt worden. 

DENKMÄLER. 

*,i5* Das Kaiser Wilhelm-Denkmal in Ems, das letzte 
vollendete Werk des jüngst verstorbenen Berliner Bildhauers 


Prof. Paul Otto^ ist am 7. Mai enthüllt worden. Es stellt 
den Kaiser in Civilkleidern dar, die er während seines 
häufigen Kuraufenthalts in Ems zu tragen liebte. Die in 
etwas über Lebensgröße gehaltene Figur, die in weißem 
carrarischen Marmor ausgeführt ist, steht auf einem Sockel 
von rötlichem Gi-anit. Die beiden Seiten des Sockels sind mit 
zwei Bronze-Reliefs geschmückt, von denen das eine den 
Kaiser, von seinem Generaladjutanten Grafen Lehndorfi' und 
Leibarzt Dr. von Lauer begleitet, am Brunnen darstellt, 
während das andere an die Begegnung des Kaisers mit dem 
Kronprinzen Friedrich Wilhelm und dem Prinzen Wilhelm 
in Ems (6. Juli 1885] erinnert 

SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN. 

— nn. Düsseldorf, In der Kunsthalle ist seit kurzem 
neben dem F. Röber'schen Cyklus ein großes Gemälde von 
Professor Peter Janssen zur Aufstellung gelangt. Es ist für die 
städtische Galerie von Hen-n Weiler als Geschenk bestimmt 
und behandelt ein geschichtliches Ereignis, welches für die 
Stadt Düsseldorf von besonderer Bedeutung geworden: „Die 
Schlacht hei Worringen". Sie wurde im Jahre 1288 als eine der 
blutigsten Schlachten des Mittelalters zwischen Siegfried, Erz- 
bischof von Köln, und Herzog Johann von Brabant ausge- 
fochten. Durch das Eingreifen der l>ergischen Landleute wui*de 
die für den Herzog Johann schon verloren geglaubte Schlacht 
gewonnen und der Erzbischof Siegfried gefangen genommen. 
In dankbarer Erinnerung an diesen Sieg erhob Graf Adolf 
von Berg Düsseldorf zur Stadt. Professor Janssen hat den 
Moment dargestellt, in welchem der Mönch Walter Dodde 
durch seine feurige Ansprache das bergische Landvolk zum 
Eingi-eifen in die Schlacht begeistert. Das Bild ist energisch 
in der Komposition, kräftig und gesund in der Farbe und 
mit technischer Meisterschaft durchgeführt. Daneben ist 
eine Kollektion kleiner Gouachebilder von Professor Ernst 
Röber (Bnider von F. Röber) und der ganze Nachlass von 
Studien in öl und Aquai-ell des im vorigen Jahre verstorbe- 
nen norwegischen Malers Vincent St. Lerche ausgestellt, 
welcher fast sein ganzes Leben in Düsseldorf zugebracht 
hat. Unter den E. Röber'schen Bildern sind einige stark 
„böcklinisirt", andere wieder originell und schwungvoll und 
von reizvoller Stimmung. So der Kampf zweier Tritonen 
um einige am Gestade des Ufers liegende Weiber imd der 
Überfall einer Meerfrau durch einen Satyr, der sie am langen 
goldenen Haare gepackt hat, in dem Augenblick, wo sie 
sich in ihr nasses Element stürzen will. — Die drei Putten, 
welche mit neugierigem Staunen einen Pfeil Amor's betrach- 
ten, mit dem der Schalk sechs rote liebeskranke Herzen 
durchschossen hat, ist auch ein mit liebenswürdigem Humor 
behandeltes Blättchen. Die Technik ist durchweg flott und 
es zeigt sich auch hier dasselbe Gefühl fBr Schwung und 
Bewegung, welches die großen Kompositionen von Fritz 
Röber auszeichnet. — Drei Porträts in Gouache sind lebendig 
und ähnlich. — Die Lerche- Ausstellung zeigt wieder einmal 
recht deutlich, wie viel bedeutender und interessanter die 
Naturstudien und Skizzen beL manchen Malern sind und 
wirklich bleibenderen Wert haben, als ihre fertigen Bilder. 
Unter den Aquarellen von Interieurs aus allen möglichen 
Schlössern, Bibliotheken, Küchen und Kellern sind feine, 
prächtige koloristische Stücke. Die Technik des Aquarells 
hat der leider zu früh verstorbene Künstler in meisterhafter 

Weise beherrscht. 

Zu Ehren des Marine- und I^ndscfuiflsmalers Prof, 
Hermann Eschke in Berlin, der am (5. Mai seinen 70. Ge- 
bui-t^ta«? gefeiert hat, haben seine Schüler bei Schulte eine 
Ausstellung veranstaltet, um dem großen Publikum eine 


411 


Yermiflchtes. — Vom Ennstmurki. 


412 


Vorstellung davon zu gebeD, was die Berliner Malerei dem 
„Atelier Escbke** verdankt Als Schüler des Begründers der 
Berliner Marinemalerei, Kranse, hat fischke durch Studien 
in Paris, vornehmlich aber durch Studien nach der nordischen 
Natur, die er seit 1860 durch h&nfige Reisen gründlich kennen 
lernte, diesen Zweig der Malerei vom Dilettantismus eigentlich 
erst zur Kunst erhoben und zu einer Zeit, wo an der Berliner 
Kunstakademie wenig oder gar nichts zu lernen war, Talente 
herangebildet, die heute zu den ersten Meistern der Berliner 
Landschafts- und Marinemalerei gehören Aus ihrer Zahl 
heben wir in erster Linie Ernst Kömer, L. Doiixette, Felix 
Possart, Carl Saltzmann, Hans Schleich und JUchard Es^tke, 
einen Sohn des Meisters, hervor, deren Gemälde und Studien 
auch den Glanzpunkt der Ausstellung bilden. AuAer ihnen 
haben sich noch Franx und Wilhelm Bombaeh, K, Diclitx, 
M, Erdmann, Georg Hesse, August Koepsel, Albert Lahde und 
Fritx Sturm an der Ausstellung beteiligt. Damit ist die 
Zahl der Schüler Eschke's aber noch nicht erschöpft. Aach Paul 
Flickel, der Architekturmaler H. Hartmann und der frühere 
Opernsänger A, Fricke gehören zu den Schülern Eschke's, 
die ihrer Dankbarkeit im Verein mit Douzette, Saltsmann, 
Kömer, Schleich, Possart, Dielitz und Sturm durch Bemalung 
einer Palette mit charakteristischen Proben ihrer Spezialität 
Ausdruck gegeben haben. 

A. R Die große Berliner Kunstausstellung ist am 14. Mai, 
vormittags^ 11^ Uhr, durch den Prinzen Friedrich Leopold 
von Preuften in Vertretung des Kaisers feierlich eröffnet 
worden. Sie ist die erste, die unter der neuen Organisation 
stattfindet, nach der die Veranstaltung der Kunstausstellun- 
gen fortan von der Gesamtheit der Berliner Künstlerscbaft, 
d. h. von der Genossenschaft der Mitglieder der KgL Aka- 
demie der Künste und dem Verein Berliner Künstler Über- 
nommen wird. Damit haben die sogenannten „akademischen 
Kunstausstellungen", die während eines Zeitraums von 107 
Jahren bestanden haben, aufgehört. Durch die neue Orga- 
nisation ist ein freierer Zug in die Verwaltung und Leitung 
der Ausstellung hineingekommen, der sich zunächst darin 
offenbart hat, dass den Münchener Sezession ist en eigene Aus- 
stellungsräume zur Verfügung gestellt worden sind und das 
Recht einer eigenen Jury gewährt worden ist. Die Befürch- 
tungen, die man an das Auftreten der Sezessionisten in 
Berlin geknüpft hatte, haben sich nur zum geringen Teile 
bestätigt Es fehlt zwar in der Münchener Ausstellung nicht 
an naturalistischen und impressionistischen Ausschreitungen; 
aber der Gesamteindmck ist doch bei weitem erfreulicher^ 
als man erwartet hatte. Selbst F. v, Uhde hat sich in dem 
Bildnis des eine Rolle studirenden Münchener Schauspielers 
Wohlmuth eine Mäßigung auferlegt, die man leider in seinen 
letzten Werken allzu häufig vermisst hatte. Wertvoll ist, 
dass sich im Gefolge der Münchener auch einige franzö- 
sische Künstler, darunter Dagnan-Brniveret mit einer Ma- 
donna, eingefiinden haben. Im übrigen ist die Beteiligung 
ausländischer Künstler sehr gering, und selbst einige der 
hervorragendsten unter den einheimischen — wir nennen 
nur Menzel, A. v. Werner und B. Begas — haben ihre Teil- 
nahme an der ersten Ausstellung neuer Ordnung versagt 
Es müsste denn sein, dass noch, wie es in früheren Jahren 
geschehen ist, einige Nachzügler zu erwarten sind. Sonst 
ist die Ausstellung, trotzdem dass die Jury ihres Amtes un- 
barmherzig gewaltet hat — u. a. sind die von Munch ein- 
gesandten Bilder zurückgewiesen worden — , überaus reich 
beschickt Der Katalog, der wiederum im Verlage von 
R Schuster in zwei, diesmal glücklicherweise nicht mit Inse- 
raten beschwerten Ausgaben erschienen ist, in einer großen, 
mit 208 Abbildungen versehenen und einer kleinen für den 


Elandgebrauch, führt 2452 Nummern auf, von denen 1725 
Ölgemälde, 380 Aquarelle und Zeichnungen, 60 gn^hisebe 
Arbeiten, 251 Werke der Plastik und 35 architektonische 
Entwürfe und Abbildungen ausgeführter Bauten sind. In 
Bezug auf die Qualität der gebotenen Leistungen hat, wie 
im vorigen Jahre, wieder die Plastik das Übergewicht, na- 
mentlich in monumentalen Schöpfungen, unter denen die 
Denkmäler Kaiser Wilhelm's I. fQr £lbei*feld und Mannheim 
von O. Eberlein und für Bremen von It. Baencald und das 
kolossale Standbild des Fürsten Blücher für Caub von 
F, Schaper die ersten Stellen einnehmen. In der Malerei ist, 
wie seit langen Jahren schon, das Bildnis und die Land- 
schaft am besten und reichsten vertreten. Die Genremalerei 
geht immer mehr zurück, und die Erinnerung an die Ge- 
schichtsmalerei groften Stils wird eigentlich nur noch durch 
das bereits hier erwähnte Gemälde von Pe4er Janssen „Der 
Mönch Walther Dodde und die Bergiächen Bauern vor ihrem 
entscheidenden Eingreifen in die Schlacht bei Worringen 
1288" und durch W, Simmler's „Fahrt des Großen Kur- 
fürsten über das Haff*', eine Wiederholung seines im Ber- 
liner Zeughause ausgeführten Wandgemäldes, rege erhalten. 


VERMISCHTES. 

*^* Ein Gemälde von A, Dürer, ein tceiblieher Studien^ 
köpf von orientalischem Typtis, der wahrscheinlich während 
Dürer*s Aufenthalt in Venedig gemalt worden ist, hat, wie 
der „Vossischen Zeitung" geschrieben wird, Direktor Dr. 
W. Bode fär die Berliner Gemäldegalerie in London von 
dem Kunsthändler Gooden gekauft. Die Maße des Bildes 
sind 11 Zoll zu 8 Zoll. Der Rahmen trägt das Wappen der 
FrescobEildini , einer Florentiner Patrizierfamilie, aus deren 
Besitz das Gemälde vermutlich nach England gelangt ist 
Hier befand es sich sehr lange im Besitz einer Familie Chol- 
mondelejs in Shropshire, ohne dass die englische Kunstwelt 
von dem Schatz wusste. Der Kunsthändler Gooden, der es 
dort auffand, bot es der National Gallery an, aber bevor 
der schwerföllige Verwaltungsapparat in Bewegung gesetzt 
werden konnte, hatte Bode das Bild gesehen und sofort — 
wie es heißt, für 22 000 M. — erstanden. 

H. A. L. Robert Diex, der Urheber der famosen Brunnen- 
statue des Gänsediebes auf dem Ferdinandplatze in Dresden- 
Altstadt, hat Mitte April das Modell zu dem zweiten für 
den Albertplatz in Neustadt bestimmten Monumentalbrunnen 
vollendet. Während der erste bereits in Bronze gegossene 
Brunnen das ruhige Wasser schildert, soll der zweite das 
bewegte Wasser darstellen. Leider bat eine öffentliche Aus- 
stellung des Modells nicht stattgefunden, so dass wir aus 
eigener Anschauung darüber nicht berichten können. In- 
dessen lautet das Urteil der wenigen, die das Modell gesehen 
haben, übereinstimmend günstig, so dass man auf die öffent- 
liche Ausstellung des Werkes nach Vollendung des Gusses 
gespannt sein darf. 


VOM KUNSTMARKT. 

Berlin. Die Kunsthandlung von Amsler u, Ruthardt 
hält am 12. Juni und an den folgenden Tagen ihre XX XXV. 
Kupferstichauktion ab. Es kommt die sehr reichhaltige 
Sammlung des zu Bremen verstorbenen Herrn L. H. Storck 
zur Versteigerung. Sie enthält: Kupferstiche, Radirungen, 
Holzschnitte alter Meister; Schabkunstblatter und Farben- 
drucke des XVI II. Jahrhunderts; Linienstiche, Radirungen 
und Lithographieen von Künstlern unseres Jahrhunderts; 
Russica, Historienblätter, Städteansichten; Bucher Über Kunst, 


41S 


Vom Eunstmarkt — Berichti^fvmg. — Zdtachriften. — Inserate. 


414 


Galeriewerke, Lexika, Bartsch und Robert Dumesnil, Le 
peintte graveur, Nagler's Künetler-Lezikon u. 8. w. 

%* Die Versteigerung der Spitxer' selten. Sammlung in 
Paris hat in den Tagen vom 24. bis 28. April 1 760 965 Frk. 
ergeben, so dass sich der Gesamtertrag der ersten sehn Tage 
auf 3731540 Frk. beläait Beim Beginn der zweiten Woche 
(Sonnabend und Sonntag werden keine Versteigerungen ab- 
gehalten) ha^ Obrigens der £ifer der Teilnehmer, sich gegen- 
seitig SU überbieteui erheblich nachgelassen. Man ist allm&hlich 
dahinter gekommen, dass die Versteigerung mit großem 
Raffinement in Scene gesetet worden ist* indem an den ersten 
Tagen die Glanzstücke aus allen Abteilangen zum Ausgebet 
gelangt sind, und dass viele Stücke mehr oder minder 
geschickt restaurirt sind. Immerhin sind auch in d«r sweiten 
Woche enortne Preise gesahlt worden. So ist x. B. ein 
spanischer Sattel aus geschnitztem Elfenbein (13. Jahrh.), das 
Hauptstüok der Elfenbein- Abteilung, vom Louvre-Museum für 
85 000 f^rk. angekauft worden. 

%* Bilderpreise in London, Bei der Versteigerung der 
Lord Glifden^schen Sammlung von Gemälden alter Meister^ 
die Anflmg Mai bei Christie stattfiind, erzielte Rembrandt's 
„FVau des Bürgermeistei-s SijL'* 7035 Pfd. 10 Sh. und das 
SeitensUlck daeu: „Der Bürgermeister Six**, 5775 Pfd., Velas- 
quez' „Marianne von Osterreich'' 4305 Pfd., desselben Malers 
„Isabella ton Bourbon'' 2625 Pfd.; Sir Joshua Reynolds^ 
Portrat der Lady Caroline Piice 3885 Pfd. und Gains- 
boroogh^s Portr&t der Lady Can- 1249 Pfd. 10 Sh. 

— ^ Soeben ist der Kunstlagerkatalog Nr. lOG der Buch- 
handlung von Ä, Tietmeyer in Leipzig erschienen. Er 
enthält in 935 Nummern Kupferstiche, Bolzschnitte und 
FiATbendmcke. Die demnBxshst erscheinenden Kataloge Nr. 107 
und 108 Werden die Fortsetzung bringen. Die Sammlung ent- 
hält viele wertvolle und seltene Abdrücke. 

Köln a. Rh, Vom 29. Mai bis 3. Juni bringt J. M, Heberle 
(H. Lempert« S5hne) die II. Serie der Kunst-Sammlung des 
Museums Christian Hammer in Stockholm. Sie enthalt: 
Töpfereien, Mi^oliken, Fayencen, daiunter namentlich schwe- 
dische, Porzellane, Arbeiten in Glas, Elfenbein und Email, 
Arbeiten in Gold und Silber, in Bronze, Eisen und Zinn, 


Textilarbeiten, Arbeiten in Stein, Schildpatt, PelrlmutiBr, 
Bernstein etc., Arbeiten in Holz, Möbel und Einrichtungs- 
gegenstände, Miniaturen und Gemälde; die Sammlung del: 
Musikinstrumente. 


BERICHTIGUNG. 


In Nr. 24 der Kunstchronik, Spalte 390, Zeile 8 v. u. lies 
,)niigend8*' anstatt „reisend**. 


ZEITSCHRIFTEN 
AiiKeigerdesCIftrmaiiiseheliKatioiialiiiageniiis. 1898. Nr.S. 

Eine Karte von ^ianderii vom Jahre 1588. Von E. TrAser. — 
aeBohwoMnenbach der Klirtiber^r Barbierer und Wtmd&rzte. 
Voa H. BAsoh. -- Der Todestag des Malers Oeot« Penz. Von 

g. Bös oh. — KataloR der im GennaiüBOhen- Mnstoam befind- 
chen Gem&lde. S. Aimige. 

ChristUokeB Knnstblatt 18M« Nr. 4. 

Es ist voUbmoht. — Znsi neaen Dogma im Kirohenbaa. — Die 
Fraaenkiz€he zu Dresden. — Ans Dr. Otters Leben. ~ Orpheus 
in der altchristliohen Kunst. — Hurillo. — Gottlob Heinrich 
Eapp. 

Die Kunst fttr Alle. 1892/93. Heft 16. ^ 

Die Ent^viokelung der schönen Künste in den Vereiniglea Staaten 
von Kordamerika. (Fortseta.) Vott tL Köhler. — DiS 8t. Jahres- 
ausstellung im Wiener Ktthstleniattse. (Sohluss.) — Aus rbmi- 
schen Ateuen. 

Cfaiette des Beanx-lrts. 1. Mal 189S. Nr. itU 

La Bculpture Floren tine au XIV. et au XY. siöole. I. Von M. Rey- 
mond. — Le mssöe de Frede. lY. Les Cooles du Nord: les pri- 
mtUnk Von R. Hymatis. — Le scolpteur Claude Michel dil 
Clodion. III. Von J. J. Guiffrey. — Claudius Popelin et la 
Renaissance des £mauz peints. I. Von L. Falize. -> Reynolds 
eil Italie. L von L. Dimieri 

I'lrt Nr. 696. 1. Mid 1898. 

La com6die d'aujourd'hi^. Von Lkomme. — La HoUakide des 
Ostades. Von M. v. d. wiele. — Onzi^me exposition annuelle 
de la Royal Society of Painter-Etchers. Yoh F. Buhot. — Le 
oent-onfti^e salon de Paris et le cent-vlngt-etnqui^me salon de 
Londres. Von P. L e r e 1. 

Archirio Storioo delP AHe. Jahrgtaiig YL Mftnt-lpHl 
1898. Heft 2. 

Una tavola in bronzo di Andrea del YenfOcohIo rappreseatents 
la Deposisione nella chiesa del Carmtne in Venezia. Von W. 
Bode. — Lttigi Cai»poni da Milano, soaltore. Von D. Geölt. — 
Copie tedesche in rame Italiane esegrtlte nel secoio XV. Voi 
B. Lehrs. ~ II libio di sehitEi d'un pittore olandese liel Museo 
di Stuttgart. Von C. de Fabriczy. 


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2. BathauB f. Flauen-Dresden. 
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5. Villa für Halle. 

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der wichtigsten Städte Europas. — M. Guddeu f. — 0. Geyer. — Kaiser Wilhelmsdenkmal in Ems. — Ausstellung in der Kunst- 
halle in Dusseldorf; Eschke - Ausstellung in Berlin; Eröffnung der großen Berliner Kunstausstellung. — Neue Erwerbung eines 



KQr die Redaktion vci-antwoi-t.Uch Arixir Seemann, — Druck von August Pries ia Leip^g. 


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KUNST 





RONIK 


WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE. 
Ankundigungsblatt des Verbandes der deutschen Kunstgewerbevereina 

HERAUSGEBEE: 

CARL VON LÜTZOW und DR. A. ROSENBERG 

WIEN BERLIN SW. 

Bensasse 68. Teltowentrasee 17. 

Verlag von E. A. SEEMANN in LEIPZIG, Gartenstr. 15. Berlin: W. H. KÜHL, Jägeretr. 73. 


Neue Folge. IV. Jahrgang. 


1892/93. 


Nr. 26. 25. Mal 


Die Kunstchronik erscheint &!« BeibUtt zur ^ZeiUchrift für bildende Kunst" und «um „Kunstgewerbeblatt" monatlich dreimal, In den 
Sommermonaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfaast 88 Nummern. Die Abonnenten der „ZeiU« 
Schrift für bildende Kunst" erhalten die Kunstchronik gratis. — Für Zeichnungen, Manuskripte etc., die unverlangt eingesandt werden, 
leisten Redaktion und Yerlagshandlung keine Gew&hr. Inserate, k 80 Pf. für die dreispaltige PetitEeile, nehmen auBer der Yerlagshand« 
Inng die Annoncenexpeditionen von Haasensteln U Vogler, Rud. Mosse u. s. w. an. 

Reihe ausgezeichneter heimischer Kräfte, so unser 
großer Farbensymphoniker Boheri Rußj der seiner 
Überraschenden „Felseneinsiedelei von San Bomedio*' 
eine wirklich dem Feiertagsgedanken des Bildes an- 
gepasste, lebendig einherschreitende Staffiere in einer 
Procession gab, die aus dem Nebel des Hintergrundes 
kommend, vortrefflich in die sonnige Herrlichkeit 
des Vordergrundes mit dem goldig glänzenden Baum 
passt; auch äein „Markt von EoUmann" verdient in 
dieser Beziehung größte Anerkennung. Das gleiche 
gilt von Adolf Kauf man mit seinen gutbeobachteten 
„Winterabenden", Hlavadek mit seinen Veduten, 
Darnaut mit seinen mährischen Landschaften, Canal 
mit seiner riesengroß gedachten holländischen Fluss- 
landschaft, Düscheiner^ der immer impressionistischer 
wird, von Tina Blau, die noch immer den Prater 
— heuer ein wenig zu grün — malt, und Zetsohe^ 
der schön breit angelegte Neckarbilder brachte. 
Hierher zu den unbedingten Anhängern der Oltech- 
nik schwören auch die beiden Achenbach, von denen 
Oswald zum mindesten durch seine Gedankenfrische 
modemer empfindet; er ist durch einige meisterhaft 
koloristische Schilderungen aus Mittel-Italien — 
Grabmal der Caecilia Metella, Ansichten von Ischia 
in Abendlicht u. a. vertreten, — ist ein vorzüglicher 
realistischer Beobachter, der uns keinen ewig blauen 
Himmel Italiens vorlügt, sondern auch neblige 
Wolken- und Dunstschwaden malt, wie Merkel- auf 
seiner sonnenduftigen grauen Ansicht der Engels- 
burg mit St. Peter im Hintergrund und dem Tiber 
zur Linken. Als intimer Naturbeobachter stellt 
sich Flickel vor mit seinem sumpfigen Wald- 
iniiern; der Pleinairist Kalhnorgen ergiebt sich beson- 


DIE JAHRES-AUSSTELLUNG IM WIENER 

KÜNSTLERHAUSE. 

(Scblass.) 

Bevor wir zur Besprechung der Landschaft über- 
gehen, müssen wir vorausschicken, dass das Aquarell 
ein immer größeres Gebiet erobert, und mit Vor- 
teil und bleibendem Erfolge mit dem Ol gerade auf 
diesem Gebiete in glücklichste Konkurrenz getreten 
ist. Es hat das Ölbild an Kraft und Sättigung 
nicht nur erreicht, sondern auch vor diesem noch 
den Vorteil einer größeren Natürlichkeit in der be- 
absichtigten Wirkung voraus. Dies beweisen seit einer 
schönen Reihe von Jahren unser Rudolf AU, der 
Münchener Bartels, der Dresdener Oekme, unsere 
Bemi, Darnaut u. v. a. Alt wird, abgesehen von einem 
öfter etwas konventionellen Blau in den Schatten, 
von Jahr zu Jahr überzeugender in Farbe und Form; 
seine künstlerische Verwandtschaft mit Menzel drängt 

sich immer mehr auf; dies beweisen seine „Fass- 

* 

ziehergasse am Neubau*, das Innere der Gasteiner 
Niklaskirche und seine reich detaillirten Landschaften. 
Bartels hat in seiner „Sturmflut" die Meisterleistung 
in Aquarell auf der heurigen Ausstellung im großen 
Maßstabe geliefert. Ihm reiht sich als kräftiger 
Farbengeber Ernst Ochmc an mit seinen Vorarlberger- 
scenen und Hermann Baisch, eine massiva Kraft, 
die ihresgleichen sucht in der Vereinigung von 
Landschaft und Tierstück in beiden Mal weisen. Ghiesel 
ist als Aquarellist ein stimmungsvoller Laganenmaler. 
Bemt pflegt wie bisher mit großem Glücke die 
Vedute. — Nur der Ölfarbe ergeben, mit der sie 
ihre schönsten Effekte erzielt, arbeitet eine ganze 


419 


Die Jahresansstellimg im Wiener Künstlerliause. 


420 


ders in seinen „Mähern", in denen die Schwüle des 
Tages, das Zittern der heißen Luft tüchtig ge- 
kennzeichnet ist, ganz der Wiedergabe eines kurzen 
Eindrucks. Außerordentlich farbenkräftig und wahr ist 
Douxette in seinen Mondlandschaften, die vor allen 
ähnlichen Bildern auffallen. — Ein interessantes und 
vielversprechendes Talent ist Theodor Härmann, der 
in seinen Waldinterieurs und selbst in Winterland- 
schaften ganze Farbenbrände anstiftet; er zeigt 
manchen schroffen Gegensatz zu den Modernen und 
ist doch ganz modern in der Aufrichtigkeit seiner 
starken Empfindung, die er rücksichtslos wiedergiebt. 
Hoffentlich lässt seine künstlerische Klärung nicht 
lange auf sich warten. — Die Marine vertritt Han^ 
Oude am besten: die Weite des Meeres und die 
Größe des Himmels giebt sein Pinsel vortrefflich in 
seinem Bilde aus den norwegischen Scheeren wieder. 
— Als tüchtige Landschafter, wie dies in der Natur 
der Sache liegt, zeigt sich uns eine Anzahl an- 
erkannter Tiermaler der älteren und neueren Rich- 
tung, so WeisJiaupt, der das flimmernde Licht auf 
der Weide am Bach und das Gewimmel der Kühe 
glücklich trifft, Lins, der starke Impressionist , der 
eine Gansherde sehr humoristisch konterfeit; doch 
möchten wir auch von ihm wieder intimer Gearbei- 
tetes sehen; Thiele mit seinen Winterscenen und 
endlich der markige Friese, der sich auf einer 
preußischen Heide mit einem Schaufelhirsch ebenso- 
gut zurechtfindet, wie mit dem Löwenpaar in der 
Berberei. 

Den Übergang von den Landschaftern zu den 
Blumenmalern vermittelt der in Paris gebildete 
Ribarx; er versteht es, jede Pflanze mit einem Stück 
der sie charakterisirenden Landschaft zu umgeben, 
was ihm besonders geschmackvoll in seiner piris*' 
gelungen ist; diese Richtung wird Schule machen. 
Olga Wisinger-Florian hat einen großen, seit fast drei 
Jahren vorbereiteten Cyklus „Die Monate" aus- 
gestellt, der, ohne Anspruch auf Komposition zu 
machen, die bekannte Meisterschaft der Künstlerin 
in der Wiedergabe eines Ausschnittes aus der Natur 
glänzend zeigt, so besonders in den blütenschweren 
Zweigen des März-April, dem Juli-August mit ihren 
Garben und dem Mohn, im Allerheiligen- und Winter- 
bild und in dem fein der Natur abgelauschten Er- 
wachen der ersten Blüten. — Ein vorzügliches Bild 
hat der Schüler des unvergesslichen Schindler, Carl 
Moll, in seinem von blühenden Blumenstöcken aller 
Farben geschmückten Fenster, das von einem Streif- 
licht getroffen wird, ausgestellt. Ein ähnliches 
Sujet in einfacherer Lösung brachte Marie Hermann, 


Gegen die Vorjahre tritt an Zahl das StiUUhen 
bedeutend zurück. Durch große Wahrheit zeichnet 
sich in diesem Fache Charlotte Hampel und beson- 
ders J. F. Carstens aus, dem das Stoffliche der Me- 
talle vorzüglich gelingt. Der hochbegabte Adam 
Kunz zeigt uns die Natur leider immer mehr unter 
einer Patinakruste eines alten nachgedunkelten 
Schmökers. Wozu eine solche Brille? Camiüa 
Friedländer und Schödl frappiren durch ihre spitz- 
pinseUgen Mikromalereien immer wieder aufs neue 
durch ihren Bienenfleiß und ihre, sagen wir, engel- 
hafte Geduld, bei allem Mangel an künstlerischen 
Gedanken. 

Wir haben nur noch wenige Worte der an Zahl 
recht bescheiden vertretenen Architekturzeichnung 
zu widmen. Unseren Architekten möchten wir nicht 
nur in ihrem, sondern auch in Absicht auf das wohl- 
verstandene Interesse des Publikums raten, etwas 
aufdringlicher zu sein. Es sollte keine Jahresausstel- 
lung geben, auf der uns nicht wenigstens in einem 
größeren Saale die Architektur allein von ihrer 
wichtigen Thätigkeit erzählt — Heuer freuen wir 
uns, Neues von Anton Weber, Franz von Krauß 
und Hermann Oiesel zu sehen. Krauß stellt den 
Entwurf zu einem Waldbrunnen aus, der uns in 
seinen romanisirenden Formen wie ein Stück aus 
einer Schwind'schen Märchenerzählung anheimelt. 
Weber hat ein Projekt für ein Bad in Sophia, in 
dem er den römischen Thermen zu einer Renaissance 
verhilft. — 

Was uns ganz allgemein bei den oft so vor- 
züglichen Eindrucksmalern fehlt, ist die Intimität 
in der Ausführung, die sich, wir glauben die Zeichen 
dafür bereits zu sehen, ganz von selbst in hicht 
zu ferner Zeit einstellen wird. Die Kunst hat 
wieder das Bedürfnis^ aus dem Breiten in das Tiefe 
zu gehen. 

Und nun noch ein Wort über die so bald ge- 
schlossene Abendausstellung: es muss nicht nur den 
ausstellenden Künstler, sondern auch jeden Freund 
der Kunst, der auf die weitestgehende Popularisirung 
derselben so wie jener Gewicht legt, unangenehm 
berührt haben, sofort die Flinte ins Korn werfen zu 
sehen nach den ersten Tagen des schlechten Be- 
suches. Vielleicht denkt die Leitung darüber nach, 
ob an Frühjahrssonntagen Abends überhaupt eine 
passende Zeit für großen Besuch ist, und ob denn 
eine Krone ö. W. der Eintrittspreis ist, mit dem 
man die an Wochentagen zu haranguirenden Massen 
heranzieht, und mit dem man die Kunst volkstümlidi 
macht — ? RUD. BOOK, 


421 


Bücherschau. — Eunstlitterahir. — Personalnachrichten. — Sammlungen und Ausstellungen. 


422 


BÜCHERSCHAU. 

Der FagBadengohinnok, Eine Studie von Jtdttis Leisching. 

Mit 76 Abb.. Wien, Pest, Leipzig, A. Haxtleben's Verlag. 

1893. Gr. 8, 230 S. 
Diese „Studie**, wie der Autor seine Arbeit nennt, ist 
bei aller Erweiterungsfähigkeit des beweglichen Thema*s in 
der vorliegenden Form ein fertiges und in sich abge- 
rundetes Ganzes, das nur nach einer Seite hin der Verv^l- 
kommnung würdig wäre, ja derselben zu leichterem und 
vollem Genüsse unbedingt bedarf: wir meinen nach Seite 
einer umfassenderen Detaillirung. Ein so gewaltiger Block 
verlangt mehr Gliederung, wenn er nicht unbezwinglich er- 
scheinen soll. Die Studie erscheint uns wie eine litterarische 
Verkörperung der wohlgefOgten antiken Stadtmauern, die 
aus einem Stück oder aus einem Guss zu sein schienen. 
Die oft geradezu lapidare Ausdrucks weise Leisching's erinnert 
wiederholt an Semper, dessen litterarische Monumente in 
ihrer äußeren Erscheinung wie seine massiven architek- 
tonischen denselben Vater verraten: das schönste sind die 
von außen unsichtbaren, im Innern verkörperten Gedanken. 
Die Arbeit ist in drei Abschnitte und ein kurzes Schluss- 
wort geteilt: I. Die Wandbereitung in ihrer geschichtlichen 
Entwickelung (57 S.), II. Die architektonische Gliederung der 
Fassade (108 S.), IIl. Die Plastik und Malerei im Dienste 
der Architektur (59 S.). All dieses ist von einer energischen 
zielbewussten Natur konzipirt mit viel Geist und Fleiß, der 
auf ein gründliches Quellenstudium verwendet wurde, das 
wieder von einer durch ein bestimmtes persönliches urteil 
vorgenommenen kritischen Sichtung Zeugnis ablegt. Eine 
Fülle von eigenen guten Gedanken und neuen Anschauungen 
kunst- und kulturgeschichtlichen wie ethnographischen In- 
halts bedingt mit einer Reibe dem Zwecke gut dienender 
Abbildungen den originellen Charakter des Buches, das 
überall den klaren, aufs Praktische gerichteten Sinn des 
Architekten — denn das ist Leisching — widerspiegelt. 
Vielleicht ließe sich die zu geringe Detaillirung schon durch 
MarginaUUel erreichen. Als notwendige Ergänzung dazu 
ist dann ein Verzeichnis dieser Marginalien im Index 
nicht zu umgehen; wir glauben, dass damit die Brauchbar- 
keit des trefflichen Buches sehr gewinnen würde, während 
gegenwärtig ein rasefies Orientiren außerordentlich schwer, 
ja z. T. unmöglich ist. Was die Abbildungen betrifft, so 
sind nur einige wenige bei ihrer Feinheit der Zeichnung doch 
zu klein, um ein deutliches Bild zu gewähren; doch wäre 
auch dem bei einer neuen Auflage leicht abzuhelfen. Un- 
gern vermissen wir die Illustrationen zu den orientalischen 
und klassischen Stilen, deren Wandbereitung und Fassaden- 
schmuck der Autor einer so eingehenden Würdigung unter- 
zieht, dass uns die zeichnerische Wiedergabe unerlässlich 
scheint; dies gilt ganz besonders vom ersten Abschnitt des 
Buches. Wir zweifeln nicht, dass Leisching seine Gründe 
hatte, diese instruktiven Zeichnungen nicht zu bringen, allein 
darüber ist er uns eigentlich in einem Vorwort Rechenschaft 
schuldig: ungenügende Ausstattung z. B. aus Erspamisrück- 
sichten wäre bei einem solchen unternehmen Sünde ; auch der 
vielleicht vorzubringende Gvund, dass alle die erwähnten 
Stile in den betreffenden citirten Spezialwerken in Biblio- 
theken einzusehen sind, ist wohl nicht stichhaltig; für einige 
Illustrationen sähen wir gerne besser konstruirte, klarere 
Bilder — in der instruktiven Art von Lambert und Stahl, 
— wir zählen hier die betreffenden der Seite nach auf: 
120, 122, 142, 150, 152, 160 und 162. Geradezu reizend und 
unübertrefflich genau bei aller Zartheit finden wir die 
Zeichnung nach Luca della Robbia auf Seite 211, und die 


ähnliche Nischenfigur aus Graz, die wir aber, wenigstens 
nach dem Bildchen, nicht für einen hl. Christoph, sondern 
für einen auf Wolken stehenden hl. Joseph halten. Bei 
der Mehrzahl der Illustrationen ist der Ausdruck „Studie^* 
wohl am Platze ; dort, wo er es mit dem Beigeschmäcke des 
Flüchtigen ist, möchten wir im Interesse des Werkes selbst 
auch eine Verbesserung wünschen; es sind ja nicht viele solche 
Stellen, oft ist es das Malerische der Fassade, das selbst in 
den kleinen Federzeichnungen trefflich wiedergegeben ist, 
wenn wir auch bei den obenerwähnten Nummern lieber das 
Konstruktive in der Wiedergabe betont finden möchten. 
Doch alle diese leicht zu verbessernden Mängel dürften dem 
Autor wohl selbst am besten bekannt sein; sie sind den 
großen Vorzügen des Werkes gegenüber verschwindend 
klein, und wir empfehlen dasselbe nicht nur dem Architekten, 
Kunstgelehrten und Kunsthistoriker, sondern auch jedem 
Freunde architektonisch-dekorativer Ausstattung aufs wärmste 
und sind überzeugt, dass keiner das anziehende Buch aus 
der Hand legen wird, ohne gern wieder zu ihm ziurück- 
zukehren. RUDOLF BÖCK. 


KUNSTLITTERATUR. 

— Münster aiisbau in Bern, Unter Oberleitung des Ülmer 
Münsterbaumeisters Beyer wird bekanntlich der Turm des 
Bemer Münsters seiner Vollendung entgegengefuhrt. Zur 
Feier dieses bedeutsamen Ereignisses bereiten Dr. B, Haendcke, 
Privatdozent der Kunstgeschichte, und Aiig, Müller, leiten- 
der Architekt des Münsterausbaus, beide in Bern, eine groß 
angelegte Publikation vor, welche in Wort und reichem 
Bilderschmuck eine Geschichte des Berner Münsters und eine 
Schilderung des fertigen Baues geben soll. Das Prachtwerk 
wird vor Ende dieses Jahres im Verlage von Schmid, Francke 
<0 Ck>. in Bern erscheinen. 


PERSONALNACHRICHTEN. 

*#* Dem Tier- und Landschaftsmaler Christian Kröner 
in Düsseldorf ist das Prädikat Professor beigelegt worden. 

*** Der Geschichtsmaler ÄrtJiur Kampf in Düsseldorf 
hat ein Lehramt an der dortigen Kunstakademie erhalten. 
Zugleich ist ihm das Prädikat Professor beigelegt worden. 

%♦ Dr. i?. Vischer^ Professor der Kunstgeschichte an 
der technischen Hochschule zu Aachen, hat einen Ruf an 
die Universität Göttingen als Nachfolger K. Lange's erhalten 
und angenommen. 

SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN. 

*^* Für die Königliche Gefnäldegalerie in Dresden sind 
auf der großen Berliner Kunstausstellung eine Pietä von 
Max Klinger, der kürzlich von Rom nach Leipzig Über- 
gesiedelt ist, eine Nymphe am Ufer eines Teiches von 
Alexander Harrison in Paris, ein norwegischer Lootse von 
Christian Kroh in Berlin und das Tierstück „Fuchs mit 
Schneehase" von L. A, Liljefors in Upsala angekauft worden. 

*^* Für das städtische Museum in Königsberg ist ein 
von Lenbach gemaltes Bildnis des Fürsten Bismarck durch 
den Vorstand des Kunstvereins erworben worden. 

*^* Die Münchener Sexessianisten haben den Plan, in 
diesem Jahie auch in München eine eigene Ausstellung zu 
veranstalten, noch nicht aufgegeben. Wie der „Frankf. Ztg.*' 
geschrieben wird, sind die Verträge über den Bau des Aus- 
stellungsgebäudes bei hohen Konventionalstrafen so bemessen, 
dass die Ausstellung am 15. Juli eröffnet werden kann. 
Das Gebäude wird nach dem neuen Verfahren der Ver- 


423 


Sammlungen und Ausstellungen. 


424 


Wendung von Gips und Schilf mit Holzgerippe in griechischem 
Stil mit Säulenhalle, Festsaal mit Kuppel und ohne Restau- 
rationsräume hergestellt. Bis zur Eröffnung der Ausstellung 
wird ein nebenan liegendes Gafö des Eigentflmers des Aus- 
stellungsareals fertig, und zwischen beiden Gebäuden soll 
eine Verbindung durch einen Restaurationsgarten hergestellt 
werden. Das Areal ist den Sezessionisten auf 5 Jahre un- 
entgeltlich eingeräumt. 

Wien, — Wie seit einer Reihe von Jahren^ so eröffnete auch 
heuer wieder der Aquarellisten' Club der Genossenschaft der 
bildenden Künstler Wiens eine Spezialausstellung von Aqua- 
rellen und Pastellen, über die wir wegen damaliger 
Verhinderung unseres Referenten erst jetzt zu berichten in 
der Lage sind. Die Ausstellung wurde am 15. Januar 1893 
eröffnet und war von ungefähr 120 Künstlern aus Österreich, 
Deutschland, Holland und Italien mit 325 Werken beschickt 
worden. Hochinteressant für den raschen Entwickelungsgang 
und bezeichnend für die weitreichende Domäne der moder- 
nen Aquarellmalerei war der mächtige Vorstoß des Gouache, 
respektive die engste Vereinigung des letzteren mit dem sog. 
reinen Aquarell: eine Verbindung, die nur von größtem 
Vorteil für die weitestgehende Ausdrucksfähigkeit ist, eine 
Errungenschaft, die wir französischen und deutschen Künst- 
lern, unter diesen besonders Ilans von Bartels und Eugen 
Kämpft die auch vorzüglich vertreten waren, verdanken. Unter 
den Wiener Aquarellisten waren vorzüglich der Architekt 
Qustav Bamberger mit prächtigen Architekturbildem aus 
Wien, so mit der Minoritenkirche und dem monumentalen 
Thor des Liechtenstein' sehen Majoratshauses, Hugo Charle- 
mont mit Motiven aus den Donau- Auen und dem altersgrauen 
Kreuzgang in Millstatt vertreten, sowie ein neuer Stern der 
Blumenmalerei, Bosa Mayreder, mit duftig gemalten Rosen. 
Hennann Oiesel hatte eine Auerhahnjagd ausgestellt, in 
der die Frühmorgenstimmung auf das empfindungsvollste 
wiedergegeben war. Ein kraftvoller , Schiffzug an der Do- 
nau", im Dämmer eines nebligen Tages, gemalt von Stefan 
Simony, vertrat sehr glücklich das Tierstück. Von Pastell- 
malern haben in einer Reihe Porträts Bunxl, Frosch l, Ooltx, 
Mehoffer und Veith, letzterer in einer reizenden Farbendich- 
tung: yDas Abendlied* das Beste geleistet. Von deutschen 
Meistern neben den obengenannten war Hcmiann Baiseh 
vorzüglich, besonders durch seine „Holländische Viehweide** 
vertreten; allzu salopp und gleichgültig, besonders im Figür- 
lichen, Uhde in seinem Pastell „Frühherbst". So trefflich 
die Farbenstimmung war, so roh und unwahr waren die zwei 
in der Silhouette ganz verwischten Kinder; so sieht niemand 
— der Meister selbst nicht. Unter den holländischen Meistern 
waren Rochussen vorzüglich durch seinen „Überfall von 
Rotterdam" und Alma Tadema durch ein antikes Genrestück 
vertreten, in welchem der von Tadema so geliebte Marmor 
wieder eine große Rolle spielte; dasselbe gilt von Mesdag mit 
seinem Scheveningerstrand. — Auch die Düsseldorfer hatten 
sich korporativ beteiligt, und es waren hauptsächlich land- 
schaftliche Stimmungsbildchen mit kleiner Staffage vor- 
handen, auch einiges Militärische, das durch Ldns, Rocholl, 
Kampf ausgestellt war. Auch der alljährlich vorzüglich 
vertretene Otistav Simony aus Rom hatte eine grandiose 
Architektur mit Staffage ausgestellt. — Auf dem jetzt be- 
tretenen Wege weiterschreitend, ist es sicher, dass „die ver- 
einigte Aquarell'Gouachemalerei" dem Ölbild noch weiterhin 
Territorium abgewinnen wird. /?. /?. 

— Lübeck. Am 16. Mai ist das neue Museum eröffnet 
worden. Es ist unter Führung der „Gesellschaft zur Beför- 
derung gemeinnütziger Thätigkeit" zum großen Teil aus 
einem Vermächtnis von 150 000 M., das der Lübecker Bürger 


G. Blohm 1878 seiner Vaterstadt zur Förderung des Ge- 
deihens vaterstädtischer Angelegenheiten hinterließ, errichtet 
worden. Den Bau leitete der Stadtbaudirektor Schwinge. 
Derselbe enthält im Erdgeschoss rechts die Säle des Museums 
für Völkerkunde, links das Gewerbemuseum und die schöne 
Halle für kirchliche Kunst mit ihrem einzig dastehenden 
Inhalt aus den reichen Schätzen der alt^n Lübeckischen 
Kirchen. Das Obergeschoss enthält das sehr bedeutende 
näturhistorische Museum und das Handelsmuseum, das Dach- 
geschoss mit gutem Oberlicht die ziemlich umfangreiche 
Sammlung von Gipsabgüssen, die Kupferstich- und Münz- 
sammlung und die Gemälde. 

Düsseldorf Im Treppenhause der Kunsthalle ist gegen- 
wärtig eine Gesamtausstellung der Arbeiten des jüngst ver- 
storbenen August Wittig, teils Entwürfe, teils fertige Sachen 
und Abgüsse seiner größeren Werke veranstaltet. Sie giebt 
ein anschauliches Bild von dem Schaffen des Dahingeschie- 
denen und bietet viel des Interessanten für den Kenner. 
Sie zeigt den Ideenreichtum und die ideale Auffassung des 
auf klassischem Boden gebildeten Künstlers. Zwei Porträts 
(das eine im Jünglingsalter, das andere, von Rethel gemalt, 
in reiferen Jahren], sowie eine Bleistiftzeichnung auf dem 
Totenbett von Carl Gehrts sind der Ausstellung beigefügt. 
— Femer ist das große Bild von Arthur Kampf: „Rede 
Friedrich^s des Großen an seine Generale auf dem Kranken- 
bett zu Koben an der Oder" im Hauptsaal zur Auf- 
stellung gelangt. Es wird dieses Jahr zur Münchener Aus- 
stellung gehen und dann endgültig seinen Platz in der 
städtischen Galerie einnehmen, in deren Besitz es durch 
Schenkung des Herrn Malers Georg Oeder übergegangen 
ist. Kampf ist einer von den jüngeren Künstlern, die nur 
eins kennen: das von Ehrgeiz und Liebe zur Kunst getriebene 
rastlose Schaffen! Ein positives Können und Wissen spricht 
aus allen seinen Arbeiten und der Fleiß, von dem schon 
Wilhelm Kaulbach behauptete, „dass er die bessere Hälfte 
des Genies sei''. Dass Kampfs figurenreiche Kompositionen 
hin und wieder etwas Überladen erscheinen, etwas zu viel des 
Guten geben, muss man ihm, angesichts der Qualität des Ge- 
botenen, schon nachsehen. Es scheint bei Kampf das Zeichen 
einer überschüssigen Produktionskraft zu sein. Sein vorjäh- 
riges Bild (Professor Steffens' Rede an die Freiwilligen, 1813) 
litt stark an diesem Obermaß; bemerkbar, wenn auch weniger 
störend, ist es auch in diesem Gemälde bei der Gruppe der 
Generale, so gut sie sonst gemalt sind. Ein Meisterstück ist der 
halbaufgerichtete kranke Monarch, dessen Augen im Fieber 
glänzen, während er mit Energie die Worte spricht, welche 
nnter dem Gemälde auf einer Tafel geschrieben sind): 
„Sagen Sie meinen braven Soldaten, dass es keine eingebil- 
dete Krankheit ist — dass ich eher nicht ruhen werde, bis 
alles wieder hergestellt ist und dass mich nichts als der 
Tod von meiner Armee trennen soll." Kampf hat den seeli' 
sehen Vorgang dieses historischen Moments mit genialem 
Empfinden zum Ausdruck gebracht, und sein eminentes 
Können leistete ihm dabei wieder treff'liche Dienste. — Wir 
möchten unseren heutigen Rundgang durch die Kunsthalle 
nicht schließen, ohne eines kleinen, aber interessanten Genre- 
bildchens zu gedenken, welches den Namen Jemberg trägt. 
Diesmal also keine Landschaft, sondern ein feingestimmtes 
Interieur mit einer Figur darin, deren komische Haltung 
sich bei näherer Betrachtung erklärt. Der Mann in roter 
Weste und graugrünem Rock hat seine Meerschaumpfeife 
auf den Boden fallen lassen, in zwei Stücken liegt sie zu 
seinen Füßen. Die Bestürzung ist prächtig zum Ausdruck 
gebracht, nicht im Gesicht, denn das ist durch einen breit- 
krämpigen Strohhut verdeckt j sondern in der Stellung und 


425 


Vereine und Gesellschaften. — Ausgrabungen und Funde. 


426 


Bewegung des Körpers. Ein reizendes Bildchen und dabei 
von einer Intimität und Genauigkeit in der Durchführung, 
wie man sie bei Jemberg häufig vermisst, denn er liebt es 
meist nicht, sich bei diesen Dingen aufzuhalten. Die Farben- 
gebang ist fein und kräftig, das Ganze hat eine gewisse 
EcfUlieit — die Franzosen haben ein Wort dafür: yju^tesse", 
welches kaum zu übersetzen ist — , welche an Meissonier 
erinnert. Der Titel des kleinen Bildes ist „Pech"! Wer 
aber dieses kleine „Pech" gemalt hat und wer es später 
„hat**, dem kann man Glück wünschen. — nn. 

— nn. Düsseldorf, „Ijuther als Manch y eine psycholo- 
gische Studie" — so könnte man die sechs Scenen aus dem 
Leben Luther^s in £rfurt nennen, welche Ed. Kämpfer 
im Schulte'schen Salon ausgestellt hat Sie stellen den 
ersten Lebensabschnitt des großen Mannep dar, die Zeit, 
welche als Prüfung und Vorbereitung voranging, ehe er das 
wurde, was dem Jahrhundert seinen Namen aufdrücken 
sollte — der Reformator. Luthei* ist hier noch ganz der 
gläubige Katholik, der Mönch voll Schwärmerei und Leiden- 
schaft. Im ersten Bilde sehen wir ihn an der Leiche seines 
vom Blitz erschlagenen Freundes Alexis knieen. Durch ver- 
gitterte Scheiben bricht fahles Mondlicht in das Gewölbe 
auf den im Bahrtuch daliegenden Toten und auf den an der 
Seite der Bahre in tiefen Schmerz versunkenen Luther. Hier 
bei der Leiche seines geliebten Jugendfreundes erwachte in 
ihm der Gedanke, Mönch zu werden. Er geht, entschließt 
sich, den Bitten seines Vaters und seiner Freunde zum Trotz, 
ius Kloster zu gehen. Aber auch dort ist für ihn kein Frieden, 
kein Trost. Nicht in einem passiven Leben kann seine kraft- 
volle Natur Ruhe finden, sie fordert Thaten. Luther unter- 
wirft sich den härtesten Proben klösterlicher Zucht und Ent- 
sagung; im Schnee sehen wir ihn, schwer belastet, vor den 
Thüren reicher Patrizier kleine Gaben für das Kloster sam- 
melnd, ja er wird zum Fanatiker und Asketen. Halbtot und 
bewusstlos finden ihn die Mönche in seiner Zelle am Boden 
liegen, den Rücken zerfleischt und blutig von der furcht- 
baren Selbstgeißelung. Mit neugierigem Staunen oder gleich- 
gültigem Stumpfsinn betrachten ihn seine Ordensbrüder, 
während der eine, der ihm später Trost durch den Glauben 
wiederbrachte, ihn vom Boden hebt. Fühlen sie wohl in 
diesem Augenblick, welch eine Welt, welch eine Riesen- 
kraft in dem ernsten hageren Möncb lebt, der dort ohn- 
mächtig am Boden liegt? Können sie ahnen, dass der 'ijl;is8e 
Mann mit den tiefliegenden Augen, der die Nächte hindurch 
in seiner Zelle die Bibel studirt, bis der helle Tag ins Gitter- 
fenster scheint, Stein um Stein das Gebäude des Reforma- 
tionsgedankens aufbaut, das dereinst die Säulen der Kirche 
und die Kultusform der gesamten Christenheit in ihren Grund- 
festen erschüttern sollte? — Folgerichtig entwickelt sich 
hier eins aus dem anderen bis zu dem letzten Gemälde: 
„Der Erfurter Magistrat emp^gt Luther auf seiner Durch- 
reise nach Worms." Hier ist der Bami gebrochen. Zu freier, 
kühner That ist der einsame Mönch erwacht, nach langen, 
bangen Jahren des Zweifels und der Prüfung. Ein klarer, 
fester Blick in den noch jugendlichen,* aber vom Übermaß 
des Denkens mageren, scharfen Zügen blitzt über die ihn 
umringende Menge dahin. — Dies in kurzen Umrissen der 
Inhalt der Kämpferischen Bilder, welche für das Rathaus in 
Erfurt bestimmt sind. Sie sind in der Gerhard'schen Casein- 
färbe gemalt, mit der für diese Mal weise erforderlichen, 
etwas dekorativen Technik und Sicherheit im Auftrag. Die 
Cas^infarben trocknen bekanntlich hell auf. Wir haben 
bisher noch keine tiefere und sattere Wirkung mit dieser 
Farbe erzielen sehen, als sie von Kämpfer erreicht worden 
ist. — Die sechs Parodieeu auf eine noch in lebendiger Er- 


innerung stehende norwegische Ausstellung von der Hand 
Carl M, Seyppel's sind nicht ohne Geschick und parodistisches 
Talent gemacht. Besonders die „Mitternachtssonne" mit dem 
Hinterkopf und zwei „durchleuchteten" Ohren rechts unten 
wirkt prächtig. Die anderen Blätter sind ' teilweise zu zart 
geraten, z. B. das „gelobte Land" enthält koloristische Fein- 
heiten. Auch die Stücke „nach Krefeld" und „nach Duis- 
burg" sind gut — Ja, es kann nicht ein jeder ohne wei- 
teres — Munch nachmachen! 


VEREINE UND GESELLSCHAFTEN. 

— In der Aprilsitzung der kunstgesckichtlichen Gesell- 
scliaft in Berlin sprach Herr Dr. Stettiner über die Por- 
zellanmanufaktur zu Sövres. Er legte zunächst den unter- 
schied zwischen dem echten, kaolinhaltigen, in Deutschland 
verwendeten Porzellan (päte dure) und der in Sevres verar- 
beiteten päte tendre dar. Sodann ging er auf die für die 
Bestimmung der Porzellane so wichtigen Marken über. Jedes 
Stück habe eine, bisher nur wenig beachtete, eingepresste 
Mai'ke. In den Malerateliers werden dann als Fabrikmarke 
zwei verschlungene L (das königl. Monogramm) in blauer 
Farbe über Glasur angebracht. Hinzugefügt wird ein Buch- 
stabe des Alphabets zur Bezeichnung der Jahreszahl, end- 
lich meist noch eine Künstlersignatur. Unter Zugrunde- 
legung der vortreflFlichen Publikation von Ed, Oamer: „La 
porcelaine tendre" erläuterte der Vortragende die Geschichte 
der Manufaktur in ihren vier Hauptperioden, von der Gründung 
zu Vincennes (1745— -1756) und der Verlegung nach Sevres 
bis zum Aufgeben der päte tendre -Fabrikation im Anfang 
unseres Jahrhunderts. — Herr Dr. Springer hielt sodann 
einen Vortrag über „die Stecher der Rubensschule". Er 
legte das neuerdings von der Wiener Gesellschaft fQr ver- 
vielfältigende Kunst herausgegebene Prachtwerk yonÄ, Rosen- 
berg vor, betitelt: „Die Rubensstecher**, Wien 1893. Vor- 
nehme Ausstattung und ein elegant geschriebener, sehr ge- 
diegener Text wurden als die Vorzüge dieser Publikation 
hervorgehoben. Ihr Inhalt ward in kurzen Zügen dar- 
gelegt Rubens, der bereits in Italien mit der Radirung 
vertraut geworden, fertigte nach der Heimkehr in Antwerpen 
eine Reihe von Entwürfen für den dortigen Verleger More- 
tus. Gestochen wurden sie von den Galle's, von W. 
Swanenburg, A. Stock, J. Mattham, J. Müller u. a. Dann 
begründete Rubens, der indessen Privüegia erworben, eine 
eigene Werkstatt für Kupferstich, und seitdem übte er auch 
unmittelbaren Einfluss auf die Ausbildung der Technik aus, 
die nun immer breiter, malerischer, fiajrbig und flS^hig wurde. 
Die Hauptmeister dieser Schule sind Pieter Soutmann, Lucas 
Vorstermann, Paulus Pontius, die Bolswert u. a. Unter den 
Radirern wurden F. van den Wyngaerden und Theodor van 
Kessel, unter den Holzschneidern Christoph Jegher hervor- 
gehoben. Herr Dr. Springer legte zum Schluss die neueste 
Publikation von Prof. Dr. Max Lehrs: „Der Meister der 
Liebesgärten*' vor. 


AUSGRABUNGEN UND FUNDE. 

*^* Bei den Ausgrabungen der Franzosen in Delphi 
sollen, wie aus Paris gemeldet worden ist, die Überreste des 
Schatxhatises der Athener gefunden worden sein. Das ent- 
deckte Bauwerk, das dafür gehalten wird, hat die Form 
eines dorischen Tempels und war mit Metopen versehen. 
Auf den Mauern des Gebäudes waren Inschriften in attischem 
Dialekt eingemeißelt. Man hat die Fragmente von fünf 
Metopen gefunden. Außerdem sind 150 Fragmente von In- 


427 


Yermiachteis. 


428 


Bchrifben anfgefuDden worden. Ans diesen Entdeckungen 
schöpft man in Paris die Hoffnung, dass die antiken Denk- 
mäU'r von Delphi nicht weggeschleppt sind, so dass man 
auch weiterhin auf reiche Ausbeute rechnen kann. 




VERMISCHTES. 

Ein BiUi des Marinemalers Willy Simcer in Tegel 
bei Berlin, „die Kaiserliche Yacht Hohenzollem im Ge- 
schwader", ist Yon dem deutschen Kaiser angekauft worden. 
Über die Bilder des Norwegers Munch, die in Berlin 
einen kleinen Wirbelsturm hervorriefen, äußert sich ein 
Kunstfreund in der „Schlesischen Zeitung" nach deren Be- 
sichtigung im Schlesischen Kunstverein zu Breslau: Die Be- 
sucher werden nicht lange unschlüssig über das Urteil sein, 
das sie über diese Malereien zu fallen haben, und werden 
auch der Meinung sein, dass die Kritik hier nicht vieler 
Worte bedürfe. Zu erläutern ist ja auch nichts. Es sind 
lauter Momentaufnahmen aus dem Leben: Gestalten, Inte- 
rieurs, Landschaftausschnitte — alles mit Rücksicht ausschließ- 
lich auf den Farbenwert, nicht auch auf die gegenständliche 
Bedeutung gewählt. Und der Referent ist der letzte, den 
geneigten Lesern einreden zu wollen, die Bilder seien schön, 
oder sie gewännen an Schönheit durch ruhiges Sich vertiefen. 
Nein, in dieser Hinsicht ist kein Wort zu verlieren. Trotz- 
dem ist die Sache damit nicht ganz erledigt. Die Besucher 
der Ausstellung werden die Beobachtung gemacht haben, 
dass diese eigentumlich traumhaften Farbenvisionen keine 
vereinzelte Erscheinung sind, dass sie vielmehr symptoma- 
tische Bedeutung haben. Die moderne Reaktion gegen die 
Schwächen einer zurückliegenden Kunstepoche mit konven- 
tioneller, innerlich und äußerlich vielfach unwahrer Auf- 
fassung und Darstellung, der häufig etwas gewaltsame Über- 
gang zum Naturalismus, hat uns zwar große Vorteile, ge- 
waltige Förderung in der Technik eingebracht. Aber eben 
infolge ihrer Gewaltsamkeiten und Obertreibungen schoss 
die Bewegung zuweilen über das Ziel hinaus; galt früher 
die Linie alles, so ließ man bald nur noch die Farbe gelten ; 
ja, etliche abseits aufschießende Wildlinge wollen nur noch 
ganz bestimmte Farben und Färbungen gelten lassen, Natur- 
stimmungen, die vielleicht ausnahmsweise vorkommen oder 
nur von besonders gestimmten, also nicht mehr unbefange- 
nen Augen so wahrgenommen werden. Wie alle vermöge 
eines gewissen Kraftaufwandes über die Oberfläche empor- 
tauchenden Extreme, fand auch dies seine lauten Herolde; 
und was im Grunde eine Verirrnng, eine Wachstumskrank- 
heit ist, soll nun als Prinzip, eine subjektive, anomale Er- 
scheinung soll als Norm, als allgemein gültige Wahrheit 
anerkannt werden. Die frühere Kunstrichtung war den Re- 
formatoren zu konventionell, und nun sind sie auf dem 
besten Wege, eine viel schlimmere Konventionalität aufzu- 
richten, die jede künstlerische Eigenart zu ersticken droht. 
Wollen sie uns wirklich überreden, das normale Auge nehme 
die Außenwelt in dieser charakterlos verschwommenen, alle 
Gegenstände in formlose Farbennebel auflösenden Weise 
auf? Und diese krankhafte, alle männliche Gestaltungskraft 
verneinende Kunstweise sollte das Ziel und Ende des mit 
so viel Geräusch inscenirten Wahrheitskultus sein? Die 
Selbstauflösung da, wo wir endlich die kraftvolle Zusammen- 
fassung aller neueren Bestrebungen zu einer Übermächtig 
ihren Willen diktirenden Künstlerpersönlichkeit von klar 
und stark ausgeprägten Zügen und einer auch die Wider- 
strebenden mit fortreißenden Wärme und Überzeugungskraft 
erwarten? Nein, wir lassen uns durch solche moderne Ent- 
wickelungskrankheiten den festen Glauben an eine schönere 
künstlerische Zukunft nicht nehmen und wollen die stören- 


den Eindrücke baldigst der Vergessenheit übergeben wie 
einen vor dem Tageslicht sich verflüchtigenden Alpdruck. 

A. W. Der Markuslöwe in Venedig j der bekanntlich in 
der letzten Zeit einer gründlichen Restaurirung unterworfen 
ist, hat seit dem 25. April v. J., dem Tage des heiligen 
Markus , wieder seinen alten Platz auf einer der Säulen 
zwischen Dogenpalast und Markusbibliothek eingenommen. 
Seit wann der Löwe dort steht, ist nicht festzustellen; aus 
einer alten Chronik erfahren wir aus dem Jahre 1173, dass 
die Säulen errichtet wurden; über den Löwen selbst schweigt 
die Chronik, man hat an ihm Züge entdecken wollen, die 
auf assyrischen Ursprung weisen. Von Napoleon wurde er 
nach Paris entführt und auf dem Invalidenplatz aufgestellt, 
1815 wurde er von den Österreichern nach Venedig zurück- 
gebracht, doch litt er bei der Herabnahme von dem Posta- 
ment in Paris argen Schaden. Die Gräfin Helene Potocka 
berichtet darüber in ihren Memoiren, dass die Franzosen 
nicht zu bewegen waren, die Arbeiten der Überfuhrung zu 
übernehmen, und die Österreicher es daher selbst thun muss- 
ten, dabei aber so ungeschickt verfuhren, dass der Löwe von 
seinem Piedestal herunterfiel und in 20 Stücke zersprang. 
Die Freude der Franzosen war natürlich groß; doch wurde 
der Löwe wieder zusammengesetzt und auf seinem alten 
Platze in Venedig wieder aufgestellt. In den letzten Jahren 
hatte sich die Säule gesenkt, die Senkung wurde aber durch 
Unterschieben kupferner Keile auf der gesenkten Seite be- 
seitigt. Da der Löwe aber immer hinfUUiger wurde, musste 
etwas für ihn geschehen; man fasste erst den Plan, den 
Löwen abzugießen und mittelst dieses Modells einen neuen 
herzustellen, den alten aber in ein Museum 2U bringen. Da 
aber dieser Vorschlag keinen Beifall fand, gab man ihn auf; 
man versuchte eine gründliche Restaurirung im Arsenale. 
50 Stücke, durch Eisenstangen verbunden, bilden das Ganze. 
An dem Bauche des Löwen befindet sich ein Thürchen. 
Auf den Rat des Architekten Vondracco nahm man einen 
Gipsabguss von dem Inneren und goss nach dieser Form 
eine Fütterung, welche mit 350 Schrauben von innen heraus 
befestigt und außen vernietet wurden. So wird wohl diese 
Restaurirung auf lange Zeit vorhalten und Venedig noch in 
fernen Zeiten sein Wahrzeichen am gewohnten Platze er- 
blicken. 

Ein Unikum künstlerijicJier Illustration enthält der so- 
eben erschienene 0. Bapd von Brockhaus' Konversations- 
lexikon, 14. Auflage, in der prächtigen Lichtdrucktafel „Genter 
Altar", welche den Artikel van Eyck begleitet. Das für die 
Entwickelung der Kunst epochemachende Bild ist in seinen 
einzelnen Teilen an weit voneinander entfernten Orten ver- 
streut, so dass es erhebliche Schwierigkeiten machte, das 
monumentale Werk zum erstenmal in seiner ursprünglichen 
Gesamterscheinung getreu wiederzugeben (wie bei dem Ori- 
ginal mit auf- und zuklappenden Flügeln). — Der 6. Band 
ist Überhaupt, gleich seinen Vorgängern, mit einer Fülle 
illustrativen Schmuckes ausgestattet und reich an vorzüg- 
lichen Artikeln. Unter den in den Kreis dieser Zeitschrift 
fallenden Abschnitten heben wir z. B. die Aufsätze über 
englische und über etruskische Kunst hervor, welche beide 
von sorgfältig ausgeführten Tafeln begleitet sind. Aus dem 
Gebiete des modernen Bauwesens gilt dasselbe von dem 
Artikel über die großartige Forthbrücke unweit Edinburgh 
und vielen anderen. 

\* Das Kaiser Wilhelm -Denkmal in OörliU ist am 
18. Mai in Gegenwart des Kaisers Wilhelm 11. enthüllt 
worden. An den beiden Langseiten des Sockels, auf dem 
sich das bronzene Reiterstandbild des Kaisers erhebt, stehen 
die ebenfalls in Bronze gegossenen Figuren des Fürsten Bis- 


429 


Vom Knnstmarkt — Zeitachriften. 


4S0 


marck und des Grafen Moltke. Dem Schöpfer des Denkmals, 
Prof. Johannes Pfuhl in Gharlottenbnrg, ist der kgl. Eronen- 
orden 3. Klasse verliehen worden. 

*** Kunstpflege des Berliner Magistrats, Auf Ersuchen 
der StadtverordnetenTersammlung hatte der Magistrat einen 
vom Stadtverordneten Baurat Kyllmann gestellten Antrag, 
in den städtischen Etat 100000 M. für Eanstzwecke einzu- 
setzen, einer Subkommission Überwiesen. Die Kommission 
hat ihre Beschlüsse jetzt dem Kollegium unterbreitet. Da 
der Etat itir 1893/94 bereits genehmigt ist, hat der Magistrat 
beschlossen, im laufenden Etatsjahre bei jedem einzelnen 
Falle, in welchem ein Kunstwerk seitens der Stadtgemeinde 
angekauft werden solle, einen besonderen Gemeindebeschluss 
herbeizuführen und die hierzu erforderlichen Mittel aus dem 
Fonds für unvorhergesehene Ausgaben zu entnehmen. Da- 
gegen sollen für 1894/95 und bis auf weiteres 100000 M. für 
Kunstzwecke in den Etat eingestellt werden. Zum Ankauf 
von Kunstwerken soll eine gemischte Kommission aus fünf 
Magistratsmitgliedem und zehn Stadtverordneten nieder- 
gesetzt werden mit der Ermächtigung, selbständig Ankäufe 
ohne vorherige Einholung eines Gemeindebeschlusses abzu- 
schließen. 

VOM KUNSTMARKT. 

*** -Öie von Meissonier hinierlassenefi Oemälde und Ol- 
skixxeti sind in den Tagen vom 12. bis 14. Mai bei G. Petit 
in Paris versteigert worden. Der Gesamterlös betrug 
1 741 185 Frank. Den höchsten Preis erzielte das bekannte 
Gemälde „Der Kupferstecher"' mit 272 100 Frank. Für das 
Museum von Lyon wurde der „General Ghampionnef' für 
21 000 Frank erworben. Eine „Ansicht von Antibes'' brachte 
23 000 Frank, ein „Edelmann aus der Zeit Ludwig's XIII." 
35000 Frank, der „Trompeter von 1807- 17 500 Frank, ein 
„Kürassier** 18 100 Frank, ein ,4)ragoner" 22 500 Frank, ein 
„Karl I.« 16 000 Frank. 

♦n,* Das Interesse an der Versteigerung der Spitxer'scke9^ 
Sammlung in Paris hat in den letzten Ta^n erheblich nach- 
gelassen. Insbesondere haben die Fayencen, namentlich die 
Palissyschüsseln und die früher sog. Henri II.- oder Giron- 
ware, die man jetzt nach ihrem wahrscheinlichen Ursprungs- 
ort Fayencen von St Porchaire nennt, auffallend niedrige 
Preise erzielt Für ein Giron-GieQgefaß wurden 32 000, fQr 
einen Pokal 30 500 Frank bezahlt, während noch vor kurzem 
gut erhaltene Giron- Fayencen, deren es überhaupt nur 50 
bis 60 geben soll, mit 70—80 000 Frank bezahlt wurden. 

Am 12. Mai wurde vor sehr zahlreichem Publikum die 
berühmte Kunstsammlung des Grafen von Essex in King- 
Street durch Chriatie öffentlich versteigert. Da die Saison 
bereits begonnen hat und London augenblicklich viele Fremde 
aus den Kolonieen beherbergt, die zur Eröffnung des Impe- 
rial-Instituts nach England gekommen waren, so wurden trotz 
der großen Spitzer'schen Konkurrenzauktionen sehr hohe 
Preise bezahlt. Die Yerkaufsgegenstände bestanden haupt- 
sächlich aus altem S^vres, orientalischem Porzellan, alten 
Bronzen, dekorativen Möbeln, welche aus der Werk- 
statt des französischen Kunsttischlers Boulle hervorgegan- 
gen waren, und vielen anderen Kunstgegenständen jeden 
Genres. Die Kollektion war zu einer sehr günstigen Zeit, 
unmittelbar nach der großen französischen Revolution, in 
Frankreich selbst begründet worden. Eine Garnitur von 
fünf meergrünen Yasen, 15, 14 und 13 2^11 hoch, erzielten 
1400 £. Für eine meergrüne Seladon- Bowle mit Deckel, 
Alt-Sövres, von Cafßeri, 15 Zoll hoch, wurden 500 £ bezahlt. 
Eine eiförmige Vase, Alt-Sevres, mit Festons in Relief, kam 


auf 1260 £. Eine ähnliche Vase, bezeichnet 1767, erreichte 
den außerordentlichen Preis von 2000 £. Eine prachtvolle 
altbronzene Neptunstatuette erreichte 640 £, Nach einem 
heftigen Wettkampf wurde eine Louis XVI-Pendule von 
Pante, 28 Zoll hoch, 21 Zoll breit, für 2520 £ verkauft. 
Ein paar Louis XVI- Kandelaber, getriebene Goldbronze, 
1155 £, Ein sehr schöner Satz von sechs geschnitzten und 
vergoldeten Sesseln, mit Gobelins Überzogen, brachten 
1700 £, Der Gesamterlös der Auktion betrug 24402 i^. 

S 
— Leipzig. Am 1. Juni und den folgenden Tagen ver- 
steigert die Kunsthandlung von 0, 0. Bömer, Nümberger- 
straße Nr. 44, mehrere Sammlangen voif' Kupferstichen, Ra- 
dirungen und Holzschnitten alter und neuerer Meister. 
Reichhaltige Werke von J. F. Bause, J. G. Wille, J. E. Bi- 
dinger, Stiche nach Boucher, Grenze, Laueret, Watteau etc. 
Der Katalog ist soeben erschienen. 

Berlin, Am 9. und 10. Juni d. Js. findet in R, Lepke^s 
Kunstauktionshaus, Kochstraße 28/29, die Versteigerung einer 
wertvollen Sammlung von seltenen älteren Kupferstichen, 
Radirungen, Farbendrucken und Schabkunstblättem statt 
Dabei befinden sich Sittenbilder, Kostüme, galante Dar- 
stellungen, Porträts; ferner große moderne Blätter in Linien- 
stich und gemischter Manier, zum großen Teil vor aller 
Schrift Der Katalog ist soeben erschienen. 

Köln. Die Gemäldegalerie aus dem Nachlasse der Frau 
Reichsgräfin- Witwe von Anrep-Elmi zu Schwitten und Burgau 
wird am 5. und 6. Juni durch J. M, Heberle (H. Lempertz 
Söhne) in Köln öffentlich angeboten. Der elegant ausge- 
stattete Katalog führt 118 Nummern aus diesem Nachlasse 
auf; hieran schließt sich sogleich eine Liste von 68 Gemäl- 
den meist älterer Meister aus dem ehemaligen Besitze des 
t Generalarzt Dr. R. Ooecke in Köln, die im Anschlüsse 
daran zur Versteigerung kommen sollen. Den beiden Ver- 
zeichnissen sind 14 Lichtdrucke beigegeben, die 20 der hervor- 
ragendsten Bilder wiedergeben. Es sind die folgenden: Por- 
trät der Gräfin Anrep-Elmt von L. Qallait\ Aiwasowski, 
Rettung eines Schiffbrüchigen, Eugen Verboekhoven und Xav, 
de Cock, Landschaft mit Vieh, H, H. Opder Heide, Schiff- 
bruch, ^V, van Aclst, Stillleben, J, G, Cuyp, Großes Fami- 
lienbild, L. Qovhau, Freundliches Anerbieten, W, J, La^uy^ 
Die Köchin, F. van Mieris d. ä., Neckerei, M, van Musschery 
Der Arzt, P. Mignard, Bildnis einer Dame, Tßi, Netscher, 
desgl., Caspar Neisciier, Porträt eines Fürsten, J. A, ran 
Rarensteijn, Bildnis einer Frau, desgl. eines Mannes, Jan 
Thomas j Ärztliche Konsultation, Art ATtdrea del Sarto's, 
Madonna mit Heiligen, J, ran Ooyen, Flusslandschaft, Cor- 
nelis Dusart, Innenbild, 7). Jhniers d,j\, Bildnis eines Mannes. 
Bemerkenswert sind einige sehr schöne Rokokorahmen. 


ZEITSCHRIFTEN. 

Bayerische Gewerbeieitmig. 1898. Nr. 9. 

Rohstoffgenossenschaften , Werkgenossenschaften and Magasin- 
vereine. Von Dr. Th. Hampke. 

Mitteiliuigeii des k. k. 5sterreielilscheii HasenniB fllr 
Kunst QBd Industrie. 1898. Heft 6. 

Die ältesten Htufen italienischer Kunst und Industrie. Von 
Dr. M. Uörues. 

Repertorinm der Kunstwissenscliafi. XTI. Heft 8. 

Die Cappella dell' Assunta im Dom zu Prato. Von A. Scbmar- 
sow. — Die Mindener Bilderhandschriftengrnppe. Von Dr. W. 
Vöge. — Wann war der Meister E. S. in den Niederlanden? 
Von A. Y. Wurz bach. >- Zwei Probleme zur Geschichte der An- 
fänge des romanischen Baustils. Von G. Dehio. 

Zeitschrift fQr christliche Kunst 1898/94. Heft 2. 

Der Pallant'sche Altar. Von fi. Firmen ioh-Richartz. — 
Die neue Pfarrkirche zu Houten bei ütreoht. Von A. Tepe. — 
Ein geschnitzter Sakristeischrank aus der spätromanischen 
Periode. Von Sohnütgen. 


Inserate. 


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niederltndlHdisii Schule, TgrmitteU kuFS Bohnellste und sacbTeTSt4ndii 
elnxelner Werke, wie kompl. SamndaDgen und ttbeFDimmt Aafti' 
aMUUdwDktlODen des Id- and AuBluides. 

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InLiTbeck; Wittig-AusBtellnr- - "- - ■■ - - ■ ■■ ■ 
-;- ABSgrabiinBODln Delphi, 

Anfation in Paria; Siiit7nr'i»>l 
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er. — Erwerbnngen der l)r 
\a in München; Aquarellist 
] in DÜBseldorf. — Kunstge^ 
Bilder Mnnch's in BrsBlau; 
_ ..i--i.._. liuustpflege des l 


hmucli; B. Haendcke. Pablikation 
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ition in Berlin; Heberle's Kemäldeverstsigemng In KAIn. 


- Xeltscbrlften. — Inserate. 


ing); Leipiiger Kopfer- 


Fflr die Redaktion verautwortlieh Äriv;r Seemann. — Dmck von Atigasl f¥KS in beipcig. 


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KUNS 



ONIK 


WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE. 
Ankundigungsblatt des Verbandes der deutschen Kunstgewerbevereina 

HERAUBGEBEB: 

CARL VON LÜTZOW und DR. A. ROSENBERG 

WIEN BERLIN BW. 

i« HengMM 58. Teltowentniie 17. 

Verlag von E. A. SEEMANN in LEIPZIG, Gartenstr. 16. Berlin: W. H. KÜHL, Jägeretr. 73. 


Neae Folge. IV. Jahrgang. 


1892/93. 


Nr. 27. 1. Juni. 


Die KanstohTonlk ertcheint als Beiblatt snr «Zeitiobrift für bildende Konst" und snm »Knnitgewerbeblatt* monatlich dreimal, in den 
Sommermonaten Jnli bifl September monatlieh einmal. Der Jahrgailg kostet 8 Mark und nmfaset 89 Kmnmern. Die Abonnenten der „Zeit» 
sehrift für bildende Kunst" erhalten die Rnnstchronik gratis. — Für Zeichnungen, Manuskripte etc., die unverlangt eingesandt werden, 
leisten Redaktion nnd Verlagthandlnng keine Qew&hr. Inserate, ä 80 Pf. fUr die dreispaltige Petitceüe, nehmen aoßer der Yerlagshand- 
Inng die Annoncenexpeditionen von Haasens tein h Vogler, Rad. Messe n. s. w. an. 


DER STECHER W, 

Der Leser besorge mcht, dass ich vielleicht mit 
der Absicht umgehe, der Hypothese: Dürer habe 
nach dem Meister W kopirt, neue Stützpunkte zu 
bieten, oder zum so und so vielten Male darzulegen, 
dass diese Annahme unhaltbar sei Der Stecher W, 
der nach DQrer, Schongauer und anderen kopirt hat^ 
ist ein Kopist und kein Meister. Er ist unmöglich 
identisch mit dem Lehrer Dürer's, Wolgemut, denn 
ein Meister, der die Flügel des Peringsdorffer'schen 
Altars (Germanisches Museum) gemalt hat, kopirt 
überhaupt keine Kupferstiche, auch nicht, wenn sie 
von Dürer und Schongauer sind, weil ein so respek- 
tables schöpferisches Talent, wie diese Altarflügel 
es bekunde nicht zur handwerksmäßigen Eopisten- 
arbeit herabsinken kann. Es ist gar nicht unwahr- 
scheinlich, dass sich hinter der Mehrzahl dieser, mit 
dem Buchstaben W bezeichneten Eopieen der Gold- 
schmied Wenzel von Olmütz, der Kopist des «Todes 
der Maria" von Schongauer, verbirgt, aber es ist im 
Grunde genommen von sehr geringer Bedeutung, 
wie er geheißen hat oder was er gewesen ist; denn 
ein Kopist ist nur ein Handwerker, in der Regel 
ein ganz talentloser, dessen Individualität es nicht 
lohnt, darüber so viel unmögliche Hypothesen 
ins Feld zu führen, als von einer beträchtlichen 
Anzahl sehr geistvoller und auch ziemlich sachkun- 
diger Schriftsteller im Laufe der letzten Jahre wirk- 
lich geschah. 

Zuletzt hat Dr. M. Lehrs in seinem Buche über 
„Wenxd von Oknütx" (Dresden. 1889) diesem Stecher 
reote Kopisten ein besonderes Werk gewidmet, in 


welchem er mit seltener Gewissenhaftigkeit alle von 
Bartsch, Passavant und anderen dem Meister W zu- 
geschriebenen Blatter^ 91 an der Zahl, neuerdings 
numerirt, ihr Vorhandensein bis in die Überseeischen 
Kupferstichsammlungen von Oswego und Baltimore 
konstatirt, und ihre, oft allerdings etwas fragwür- 
dige, Erwähnung bis hinunter in die ehrwürdigsten 
Auktionskataloge dokumentirt. Lehrs bietet uns 
hiermit eine ziemlich sichere Grundlage zur Beur- 
teilung dieses unter dem Namen „Meister W* oder 
Wenzel zusammengefassten Kollektivbegriffes, und 
wir fragen auch sofort^ ob es denn in der That mög- 
lich ist, dass alle diese 91 Kupferstiche von ein und 
demselben Kopisten W, er heiße nun Wenzel oder 
anders, herrühren; dies ist höchst unwahrscheinlich 
und es muss irgendwo ein Irrtum stecken, der noch 
nicht bemerkt wurde und der alle jene unhaltbaren 
Hypothesen, die in der W-Frage heraufbeschworen 
wurden, mit verschuldet haben muss. 

Bei sorgfaltiger Untersuchung der W- Stiche 
fällt es vor allem auf, dass sich hier 11 Blätter i) 
vorfinden, über deren Originalurheber nicht einmal 
eine Vermutung geltend gemacht wurde; dies sind 
vor allem sieben gotische Baldachine^, eine Mon- 
stranz und ein Deckelpokal, eine Verkündigung 
Maria und ein heil. Paulus, — durchaus Blätter, 
welche Qualitäten aufweisen, die gewiss keine Ko- 
pistenhand verraten. Die einzige Rechtfertigung, 


1) Lehrs, N. 3, 46, 79, 80, 81, 82, 83, 84, 85, 86 u. 87. 

2) Wir behalten diese. Bezeichnung „Baldachine" der 
Kürze wegen bei, obgleich sie die Objekte dieser Kupferstich- 
gmppe nichts weniger als zutreffend bezeichnet. 


435 


Der Stecher W. 


436 


auch sie ftir Kopieen nach verlorenen Originalen zu 
halten, liegt lediglich in dem Umstände, dass sie mit 
demselben oder mit einem ähnlichen W bezeichnet 
erscheinen, mit welchem die 9 Eopieen nach Dürer 
und die 51 nach Schongauer versehen sind; denn 
finden wir einen Stecher einmal als Kopisten, so 
können wir unbedingt annehmen, dass alle von ihm 
herrührenden Blätter Kopieen sind; aber was beweist 
uns, dass diese und noch 12 andere, mögen sie mit 
W bezeichnet sein oder nicht, wirklich von dem 
Kopisten W, dem sogenannten Wenzel herrühren? 
Die Identität der Technik? In technischen Fragen 
war doch Bartsch, der selbst ein nicht ungeschickter 
Radirer war, gewiss kompetent, und er äußerte sich 
über zwei solcher Schongauer-Kopieen (Lehrs N. 75 
u. 76 bei Bartsch, VI, p. 334) sehr vorsichtig und 
zurückhaltend: «Nous rangeons cette estampe parmi 
Celles de Wenceslas d'Olmutz sans pouvoir soutenir 
qu'elle soit de ce maiire; la taille differe de celle 
dont les autres estampes de ce graveur sont execu- 
tees, et la lettre W est d'une autre forme et plus 
grande.* Bartsch bemerkte also, dass nicht nur das 
W ein anderes, sondern dass auch die „taille", der 
Grabstichelzug, in diesen zwei Blättern ein anderer 
ist. Diese vermeintliche Identität der Technik ist 
somit nicht einmal bei den mit W bezeichneten 
Kopieen, geschweige bei den übrigen Blättern auf- 
recht zu halten. Hinter diesem W verbergen sich 
mehrere Stecher. 

Betrachten wir einmal die vor allem anderen 
aus dem Werke des Kopisten W heraustretenden 
Baldachine (Lehrs, 80 — 87). Bartsch hat ihrer vier im 
Werke des Wenzel von Olmütz beschrieben. Passa- 
vant hat dasselbe gethan. Aber Bartsch ist hierbei 
etwas Menschliches widerfahren. Er übersah nicht, 
dass von den vier Baldachinen, die er kannte, nur 
einer mit W bezeichnet ist, die anderen dagegen 
unbezeichnet sind; er übersah aber, dass sie alle 
gewiss nur von derselben Hand herrühren können, 
von welcher die ganz identisch behandelten Balda- 
chine (B. VI, p. 59, N. 16, 17 etc.) sind, die er auf 

Grund des darauf sichtbaren Monogramms: W O 

beschrieben hatte. Es sind dieselben spätgotischen 
Motive, dieselbe Rippenkonstruktion, derselbe Auf- 
bau der Fialen. Bartsch hatte diesen Monogram- 
misten gleich neben den , Meister ES. 1466* gestellt 
und damit eine gewisse Abhängigkeit von diesem 
stillschweigend zugestanden, die bei einem Vergleiche 
des Erkers (Pass. II, 281, N. 38) mit der Kapelle 
der .Madonna von Einsiedeln" des Meisters ES. 


auch gar zu deutlich wird. Passavant hält diesen 
Monogrammisten auf Grund der Bezeichnung eines 
Blattes: ^Kraeck« (B. 22) für einen Holländer. Das 
Wort nKraeck" ist allerdings holländisch und be- 
zeichnet jene Art SchijBFe, welche dieser Kupferstich 
(B. 22) vorstellt Passavant übersieht aber, dass ein 
Holländer, dem das Wort ^Kraeck* und seine Be- 
deutung sehr wohl bekannt gewesen sein muss, nie- 
mals auf den Gedanken gekommen wäre, mehrere 
holländische Schiffe zu stechen und bei einem 
derselben zur eigenen Erinnerung an das Gesehene 
auch den Namen dieses Dinges zu bemerken, sondern 
dass dies nur einem Fremden in dei; Sinn kommen 
konnte, der zum erstenmal nach Holland kam, 
dort zum erstenmal die See und derartige Schiffe 
sah, mehrere derselben zeichnete und zur eigenen 
Erinnerung auch den fremden Namen .Kraeck" 
notirte. Die Vermutung, dass dieser Stecher kein 
Holländer gewesen sein kann, wird durch den Hin- 
weis auf das wiederholt vorkommende pfälzische 
Wappen in der militärischen Folge desselben Stechers 
(B. VI, p. 63, N. 24 u. 25) wesentlich unterstützt. 
Passavant bezeichnet das Wort „Kraeck* als ^grave 
sur la planche*. Dutuit, der das Pariser Exemplar 
dieses Blattes (B. 22) gesehen zu haben scheint, 
citirt Passavant, übergeht aber das ^grave", und 
das Wort ,Kraeck* ist vielleicht ebenso, wie die 
erwähnten Wappen in der Folge der Albertina nur 
hineingezeichnet. 

Dass aber diese, dem Wenzel zugeschriebenen 
Baldachine nicht in das Stecherwerk dieses Kopisten 
gehören können, wird auch durch eine andere Be- 
gründung klar. Aus ihnen, weil sie zum Teil Bischofs- 
stäbe, Monstranzen und Sakramentshäuser u. dergl. 
darstellen, auf die Goldschmiedsthätigkeit des Er- 
finders zurückschließen wollen, ist kaum statt- 
haft; denn deshalb, weil sie für einen Goldschmied 
als Mustervorlage gestochen wurden, folgt noch 
nicht, dass sie auch von einem Goldschmiede ge- 
stochen sind; am wenigsten aber scheint hierzu der 
Dürer- und Schongauer -Kopist Wenzel der Mann 
gewesen zu sein, denn es ist ein Unterschied zwischen 
dem peinlichen, Wochen und Monate in Anspruch 
nehmenden, sklavischen Nachstechen eines vorhan- 
denen Stiches und dem Komponiren kolossaler archi- 
tektonischer Aufrisse; und. das sind diese sogenann- 
ten Baldachine. Sie rühren von einem gewaltigen, 
architektonisch konstruirenden Talente, einem Bild- 
hauer und Architekten im Geiste des Adam Kraft 
her, dessen Kühnheit und Vornehmheit des 'Aufbaus 
sie vielleicht übertreffen. Dass dieser St^^jcher ein 


437 


Der Stecher W. 


438 


Architekt gewesen sein muss, betfaätigen die mannig- 
faltigen Erker und Brannen etc., die uns unter den 

Blattern des W A begegnen. In jedem Kupferstecher 

einen Goldschmied sehen wollen, nur deshalb, weil 
die Kopisten Israhel van Meckenen, Bocholt und 
Wenzel eingestandenermaßen Goldschmiede gewesen, 
hat doch keine Berechtigung. Kennen wir doch 
Schongauer und Dürer als Maler, Jörg Syrlin und 
Veit Stoß als Bildschnitzer und Bildhauer; und diese 

Baldachine der Stecher W und W O sind offenbar 


Arbeiten eines ebenso bedeutenden Künstlers ; wie 
jene es gewesen sind, nicht aber Arbeiten eines 
Kopisten oder Goldschmiedes, recte Handwerkers. 
Zum Beweise, dass es schöpferische Künstlerphan- 
tasie, nicht aber handwerkliche Goldschmiedsarbeit 
ist, die uns da vorliegt, erinnere ich an die ganz 
ähnlichen architektonischen Konstruktionen Makart's. 
Bei näherer Untersuchung dieser Baldachine 
wird es sich aber ergeben, dass das hinter dem W 

stehende Zeichen O, welches sogar auf einem Blatte 

(B. 23) vor dem W steht, nur den späteren Re- 
toucheur bedeutet, in dessen Hände die ganz unbe- 
zeichneten Baldachine (B. VI, p. 341, N. 55, 56, 57) 
und jene nur mit einem W bezeichneten infolge eines 
uns unbekannten Umstandes nicht gelangten. 

Ebenso fraglich ist die Urheberschaft WenzeFs 
bei einem anderen Blatte, dem heil. Paulus (Lehrs, 
N. 46).^) Lehrs sagt: .Diese groteske Apostelfigur 
in ihrer stark bewegten Haltung scheint nach einer 
Holzskulptur gestochen zu sein*, eine Vermutung, 
welche vielleicht ihre Berechtigung hat. Dann aber 
rührt dieses Blatt gewiss nicht von dem Kopisten 
Wenzel her, denn nach einer Holzskulptur stechen, 
heißt nach einem Körper selbständig zeichnen, und 
so viel künstlerisches Können mute ich dem Wenzel 
nicht zu, denn sie ist so originell und sicher ge- 
stochen, dass sie unmöglich von dem Stümper her- 
rühren kann, der in der Dürer-Kopie: »Die Dame 
zu Pferd* (Lehrs, N. 62) die Fußspitze des Lanz- 
knechts abschneidet, weil er den ganzen Fuß nicht 
mehr auf der Platte unterbringen konnte. 

Noch weit sonderbarer ist das Verhältnis jener 
Blätter sowohl zu Wenzel als untereinander, welche 
Lehrs als Kopieen nach dem Meister PW bezeichnet. 


1) Reproduzirt in C. v. Lützow: Geschichte des deut- 
schen Kupferstichs, S. 47, N. 20. 


Wir wissen, wer der Meister PW ist; das heißt 
wir wissen es nicht, aber es ist uns bekannt, dass 
er den sogenannten Schweizerkrieg (Pass. II, p. 159), 
ein rundes Kartenspiel, und noch ein paar andere 
Blätter gestochen hat, die seine schweizerische Ab- 
kunft hinlänglich verraten, obgleich die Wasser- 
zeichen seiner Drucke zu dem merkwürdigen Schlüsse 
geführt haben, dass er ein Kölner sein müsse. Lehrs 
sagt, dass Wenzel den Meister PW mit Vorliebe 
kopirte, und er bezeichnet auch 11 Blätter als solche 
Kopieen nach dem Meister PW. 

Die erste ist: Die Madonna auf dem Basen 
(L. 8). Lehrs sagt: „Kopie vielleicht nach dem 
PW/ Die zweite ist: Die Madonna vor der Wein- 
laube, von 2 Engeln gekrönt (L. 11). Auch hier 
heißt es: , Vielleicht nach einem Stich des kölnischen 
Meisters PW.** Die dritte ist: Die Beweinung 
Christi (L. 31). Hier heißt es wieder: „Vielleicht 
nach einem verschollenen Stich des Meisters PW." 

Die heilige Ursula (L. 57) ist für Lehrs: „un- 
verkennbar die Kopie eines verschollenen Originals 
des Meisters PW von Köln." Die Gold wägerin (L. 
61) geht für Lehrs wie N. 57 »auf ein verschollenes 
Original des Meisters PW zurück." Aristoteles und 
Phyllis (L. 65) „ist eine Kopie nach dem Meister 
PW* sagt Lehrs; — in Wahrheit ist es eine Kopie 
nach einem unbezeichneten Blatte, über welches sich 
Bartsch (X, p. 52, N. 27) mit der größten Vorsicht 
äußert: ,Ce morceau est tellement dans le goüt de 
M. Scliongauer qu'on est tente de Ten croire TAuteur* 
und Passavant (U, p. 114) pflichtet ihm hierin voll- 
kommen bei. 

Bei der Lautenschlägerin (L. 17) ist es die- 
selbe willkürliche Zuweisung des angeblichen (aber 
nicht vorhandenen) Originals an den Meister PW. 
Über dieses Blatt äußert sich Bartsch (VI, p. 343), 
nachdem er es als eine „Piece douteuse*" für das 
Werk Wenzel's bezeichnet: „Ce morceau etant essefi- 
iidlement different des autres estampes gravees par 
W. d'Olmutz, et pour le dessein et pour la taille, 
nous n'osons pas l'attribuer ä ce maitre." Bartsch 
glaubt somit gar nicht, dass dieses reizende Blatt, 
obwohl es mit W bezeichnet ist, von dem Wenzel 
herrühren könne, und bezweifelt, dass es überhaupt 
eine Kopie sei, was auch gar nicht nachzuweisen ist. 

Von den vier Ornamenten (L. 88, 89, 90 und 
91) ist nur die Querflillung kugeliger Blattenden 
(L. 88), auf ein mit PW bezeichnetes Blatt zurück- 
zuführen, es ist aber sehr fraglich, ob die unbezeich- 
nete Kopie auch wirklich von der Hand Wenzels 
ist; und in dem Original der Hochfüllung mit 


439 


Nekrologe. — PerBonalnachrichten. — Sammlungen und Ausstellungen. 


440 


11 Einderengeln sieht das P sehr fragwürdig aus, und 
was das W der Kopie betrifft, so sind wir hier in 
demselben Falle, in dem wir uns gegenüber anderen 
W befinden; es ist mindestens sehr fraglich, ob es 
das W des Wenzel ist 

Wir haben es also hier eher mit einem ganz 
neuen Meister, dem Meister , Vielleicht ", aber gewiss 
nicht mit dem Meister PW zu thun, der schließlich 
ein Schweizer wäre, aus dem plötzlich ein Kölner 
geworden ist, der burgundische Motive behandelt 
hat Ich will nicht von der heiL Ursula (L. 57) 
sprechen, einem Blatte, welches unmöglich eine 
Kopie WenzePs sein kann, aber hinter dem Origi- 
nale der Oold wägerin (L. 61) und der Lautenschlä- 
gerin (L. 67) den Stecher des Schweizerkrieges und 
den Meister der runden Spielkarten zu suchen, ist 
doch eine etwas starke Zumutung. Lehrs trägt nicht 
einmal Bedenken, den Hennin, den diese beiden 
letztgenannten Damen tragen, um drei Decennien 
länger auf ihren Häuptern sitzen zu lassen, als dies 
genau besehen möglich wäre. Als der Schweizer 
PW um 1500 arbeitete, gab es speziell diese For- 
men des Hennin längst nicht mehr. Yiolet-le-Duc, 
der in derartigen Kostümfragen eine Autorität ist, 
sagt ausdrücklich (lU, p. 238): «Ces hennins qui 
commencent ä paraltre en 1395, persistent jusqu'en 
1470* und (p. 242): .Cest de 1470 k 1475 que les 
hennins dispandssent." 

Man fragt nun, wie kommt das Zeichen W auf 
Stiche, die so verschieden sind, dass sie unmöglich 
von einer Hand herrühren können? Bezeichnet es 
verschiedene Stecher, die ihren Namen mit W be- 
ginnen konnten? Möglich; wahrscheinlicher ist es 
aber, dass das W nur den Verleger bezeichnet; dieser 
kann der beliebte Wenzel gewesen sein, oder auch ein 
anderer, aber das ist gewiss, dass aus dem Vorkom- 
men des Buchstaben W auf einem Kupferstiche nicht 
der Schluss gestattet ist, dass er auch von Wenzel 
von Olmütz gestochen sei, welche Annahme für eine 
beträchtliche Zahl der hier erwähnten 20 Blätter un- 
möglich aufrecht zu halten ist. Was aber speziell 
den Meister PW betrifft, so darf man nicht über- 
sehen, dass der Schweizerkrieg nicht PW, sondern: 

P. "p W. bezeichnet ist. Wer garantirt uns denn, 

dass der Buchstabe W nicht ein ebenso fremd- 
artiger Zusatz ist, wie der zweite Buchstabe, der aus 
anderen Blättern desselben Stechers spurlos ver- 
schwunden ist. Oder sollte dieser zweite Buchstabe 
des Monogramms auf dem Schweizerkriege gar nichts 
zu bedeuten haben? ALFRED v. WURZBACH 


NEKROLOGE. 

Q Der Orienttnaler Adolf von Meckel ist am 24. Mai 
in Berlin an den Folgen eines Selbstmordveraachs, den er 
einige Tage vorher unternommen, im 38. Lebensjahre 
gestorben. Erat im Spätherbst vorigen Jahres war Meckel 
7on Karlsruhe, wo er bis dahin seinen Wohnsitz ge- 
habt, nach Berlin, seiner Vaterstadt, übergesiedelt. Er 
war ein Zögling der Karismher Kunstschule, wo er sich, 
besonders unter der Leitung H. Gude's, der Landschafte- 
malerei widmete. 1879 trat er zuerst mit einigen Land- 
schaften nach Motiven aus Schottland in die Öffentlichkeit. 
Dann kultivirte er eine Zeitlang die schweizerische Gebirgs* 
landschaft und fand zuletzt seinen Schwerpunkt in der Schil- 
derung der Landschaft und des Volkslebens des Orients, den 
er durch mehrere Studienreisen nach Syrien, Palftstina, 
Ägypten und Nordafrika gründlich kennen lernte. Seine 
orientalischen, zumeist reich staffirten Landschaften, Straften- 
bilder und Architektuntücke gewannen ihm schnell einen 
geachteten Namen, und mit seinen Erfolgen wuchs auch 
sein malerisches Können, das sich bald, sowohl in der Ol- 
als auch in der Aquarelltechnik, zu großer koloristischer Virtuo- 
sität entfaltete. Seine Bilder aus der syriBchen und ara- 
bischen Wüste, die mit Arabern in weißen Burnussen belebt 
waren, sind Meisterwerke in der Behandlung lichter Lokal- 
töne unter der Einwirkung des glühenden Sonnenlichts. 1886 
erhielt A. v. Meckel die kleine goldene Medaille der Ber- 
liner Ausstellung. Auf der diesjährigen Ausstellung ist er 
mit vier Bildern vertreten, die ein weiteres Fortschreiten 
auf dem Wege einer maßvollen^ sich eng an die Natur hal- 
tenden Hellmalerei bekunden. Als Grund seines Selbstmor- 
des wird verletzter Ehrgeiz angegeben. Er soll fünf Bilder 
zur Ausstellung eingeschickt haben, und die Zurückweisung 
des einen soll ihn so tief erbittert haben, dass er sich eine 
Kugel durch die Brust schoss. 


PERSONALNACHRJCHTEN. 

%* *^*V Philipp Ounliffe Owen, der Direktor des South 
Kensington Museums in London, ist, wie der „Vossischen 
Zeitung*' geschrieben wird, in den Ruhestand getreten. Er 
gehörte ursprünglich zur englischen Marine, trat aber 1854 
in den Dienst des Museums, dessen Leitung ihm 20 Jahre 
lang anvertraut war. Sein Rücktritt hat zu einer Teilung 
der Anstalt gefllhrt; die Knnstabteilung ist dem Professor 
Middleton aus Cambridge übertragen worden, während der 
bisherige stellvertretende Direktor Generalmajor Fesiing die 
Leitung der Abteilung für technische Erziehung übernom- 
men hat 

*^* Die Ehrenmedaille des Pariser Salons ist dem Genre- 
maler Ferdinand Raybet zuerkannt worden. 


SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN. 

*^* Eine Ausstellung der von der großen Berliner Aus- 
stellung Zurückgewiesenen soll am 3. Juni in Berlin eröffnet 
werden. Wie in einer Versammlung der Zurückgewiesenen 
mitgeteilt wurde, sind dazu etwa 200 Kunstwerke angemeldet 
worden. Das Ausstellungskomitee besteht aus den Malern 
Max Horte, Edvard Munch, Edm. Ebel, Schmidt -Herboth 
und dem Bildhauer Max Klein. Von letzterem ist ein Modell 
zum Kaiser Wilhelm - Denkmal für Stuttgart, das von der 
Jury prämiirt und zur Ausführung empfohlen worden ist, 
von Max Horte seine große Radirung nach der Kxünischen 
Madonna zurückgewiesen worden. 


441 


Sammlangen und AuäBtellungen. 


442 


Encerbungen der National Öallery in Ijondon. Es 
scheint, dass das Missgeschick, welches die National Gallery 
dadurch erfuhr, dass Dr. Bode ihr sozusagen den ,,Dürer" 
vor den Aug^i fortsiahm, die Direktoren des gedachten 
Instituts bewogen hat, sofort den Ankauf zweier Bilder zu 
veröffentlichen. Die Verhandlungen im Parlament über den 
Dürer kamen einem Tadel sehr nahe. — Es wurden näm- 
lich zwei Kabinettstücke eines der am seltensten vorkommenden 
niederländischen Meister erworben. Dies ist Wilhelm Cor- 
nelis Duyster , von dem in Dresden, Stockholm und Peters- 
burg, aber sonst wohl in keiner größeren öffentlichen Ga- 
lerie Europa's Bilder vorhanden sind. Eins davon stellt 
eine Gruppe von Personen dar, welche mit einem Spiele an 
einem Damenbrett beschäftigt sind, während es andere beob- 
achten, ähnlich wie auf dem Bilde in der Eremitage. Der 
Gegenstand des zweiten Werkes ist ein Kampf zwischen 
Kavalieren und Räubern und gleicht sehr dem Su^et des 
Dresdener Bildes. Namentlich die Ausführung des ersteren 
ist sehr gelungen und erinnert an Pieter Ck)dde und Fi*ans 
Hals. Die beiden Genrebilder sind voll bezeichnet^ sehr gut 
erhalten und stammen direkt aus der Familie eines Offiziers, 
dessen Vorfahren mit Wilhelm 111. von Oranien nach Eng- 
land herüberkamen. S 

*^* Ein grosses Bild des in München lebenden russischen 
Malers Wladimir Schereschcwski ist zur Zeit im Berliner 
Künstlerverein ausgestellt. Es ist bereits als „Sensations- 
bild" in München und Budapest gezeigt worden, entspricht 
aber keineswegs den Erwartungen, welche die voraufgeschickte 
Reklame rege gemacht hat. Es trägt den aufregenden Titel 
,J(ach Sibirien'* und stellt das Innere eines Etappengefäng- 
nisses, also eine Scene während des Transportes der Ver- 
bannten dar. Ein Trupp dieser Unglücklichen hat nach be- 
.schwerlichem Marsche auf dem Moskauer Trakt, wie die 
mehrere tausend Kilometer lange Landstraße heißt, die Si- 
birien von Westen nach Osten durchschneidet, in einem der 
Etappenhäuser Halt gemacht, in dem sie ohne Rücksicht 
auf Alter und Geschlecht zusammengepfercht werden, um 
so, in schrecklichem Elend, auf den bloßen Steinfliesen 
liegend, die Nacht zu verbringen. Neben gemeinen Ver- 
brechern kauern in demselben Sträflingskleide, mit eben- 
solchen Ketten an den Füßen, politische Verbannte, viel- 
leicht, auf administrativem Wege Verschickte, die noch nicht 
einmal den Grund ihrer Verhaftung und Verschickung 
kennen. Dazwischen hocken Frauen und Kinder, die sich 
Mstelnd aneinanderschmiegen , während der bewachende 
Soldat, dessen Herz längst keine Regung mehr spürt, beim 
Anblick solchen Jammers dort im Vordergrunde ruhig seine 
Pfeife schmaucht, die wütenden Blicke, die ihm die Ge- 
&ngenen zuwerfen, mit höhnischem Grinsen beantwortend. 
Das Bild giebt die Luftstimmung im Innern eines Kerker- 
raumes treffend wieder, lässt aber in der Durchführung der 
Einzelheiten manches zu wünschen übrig. Jedenfalls ist es 
kein so hervorragendes Kunstwerk, dass es würdig wäre, in 
Sonderausstellungen von Stadt zu Stadt herum gef&hrt zu 
werden. Es wird als „gemaltes Manifest^' zum Sturz des 
russischen Kolosses so wenig beitragen wie zur Förderung 
der Malerei. 

München. Jahresausstellung 1893. Die nunmehr vor- 
liegenden Anmeldungen deutscher und ausländischer Künst- 
ler und die schon eingetroffenen Werke geben die erfreuliche 
Gewissheit, dass die kommende Ausstellung so reichhaltig 
wie nur jemals beschickt sein und den vorhergehenden 
Unternehmungen der MQnchener Künstlergenosaenschaft aji 
künstlerischem Werte keinesfalls nachstehen wird. Neben 
einer umfangreichen Vertretung der verschiedenen Kunst- 


centren wird eine Anzahl Kollektivansstellungen hervor- 
ragender Künstler das Gesamtbild der Ausstellung noch 
reicher gestalten. Zunächst seien die unlängst Verstorbenen 
erwähnt. Von Emil Schindler und Leopold Müller wird 
eine Reihe bedeutender Bilder und Skizzen zur Ausstellung 
gelangen, namentlich die Werke Leopold Müller's dürften 
besonderes Interesse beanspruchen, da dieser Künstler bisher 
auf Münchener Ausstellungen nur selten vertretmi war. 
Herrn Prof. Hildebrand ist es zu verdanken, dass weitere 
Kreise Gelegenheit haben werden, eine plastische Arbeit 
des verstorbenen Malers und Bildhauers Stauffer-Becn zu sehen. 

Porträtaussteüung. Im Laufe des Monats Juni beab- 
sichtigt die „Association des Joumalistes Parisiens" eine in- 
teressante Ausstellung zu veranstalten. Sie wird nämlich 
in der „Ecole des Beaux-Arts" am Quai Malaquais den Pa- 
risern in Ölbildern, Zeichnungen, Silhouetten, Photographieen, 
Aquarellen, Pastellen, Medaillons etc. die französischen Jour- 
nalisten und Schriftsteller aus der Zeit von 1793 bis 1893 
vorführen und rechnet auf einen guten Erfolg dieser eigen- 
artigen und wohl noch nicht dagewesenen Ausstellung. 

(Lpz. Tgbl.) 

*** Die Jury für die Münchener Jahresausstellung ist 
folgendermaßen zusammengesetzt: Maler: A. Andersen- 
Lundby, Prof. H. v. Bartels, W. v. Czachorski, K. Eilers, 
J. Ekenaes, M. Grönvold, Prof. N. Gysis, Prof. G. Hackl, 
E. Kubierschky, Prof. W. Lindenschmit, L. Putz, Ph. Roth, 
Prof. F. Roubaud, R. Schleich, Prof. A. Wagner; Bildhauer: 
Th. Dennerlein. Prof. J. v. Kramer, 0. Lang; Architekten: 
Prof. J. Bühlmann, Prof. L. Romeis, E. Seidl; Graphiker: 
Tb. Knesing, Prof. E. Obermayer, A, Schultheiß. Diese Jury 
fungirt als Aufnahmejury und Hängekommission; die Preis- 
jury wird erst später gewählt werden. 

Luca Signorelli' Ausstellung, Der „Burlington Kunst- 
klub'' in London hat vor einiger Zeit eine Leihausstellung 
derjenigen Bilder dieses Meisters veranstaltet, welche sich 
in England in festen Händen befinden. Es war dem 
Vorstande der genannten Kunstgesellschaft gelungen, von 
23 in England bekannten Bildern von Signorelli, bei 
welcher Summe die National Gallery mit inbegriffen ist, die 
verhältnismäßig große Zahl von 17 davon hier zu ver- 
einigen. Diese Werke bilden den Kern der Ausstellung. 
Hierzu kommen noch drei schöne Zeichnungen und außer- 
dem eine Serie von Photographieen und anderen Reproduk- 
tionen aller bekannten Bilder des Meisters, so dass in Lon- 
don zum erstenmal volle Gelegenheit geboten wurde, ihn 
umfassend und in allen Details zu studiren. Obgleich 
Signorelli seine Eigentümlichkeit am schönsten in den gproßen 
Wandgemälden in der Kapelle der Madonna di San Brigio 
im Dom zu Orvieto zum Ausdruck brachte, so lässt doch 
das hier Gebotene einen guten Überblick über sein Schaf- 
fen zu. Signorelli fasste die verschiedenartigsten Bestre- 
bungen der florentiner Maler nach naturtreuer Darstellung 
in höherem Sinne zusammen, und sein feines Naturverständ- 
nis würde noch stärker wirken, hätte er mehr Farbensinn 
besessen. Auch in den hier ausgestellten Bildern zeigten 
sich all seine Vorzüge: Kraft, Energie, Größe des Entwurfs 
und Korrektheit der Linien. Da, wo er die „Letzten Dinge*' 
darstellt, zeigt er uns mächtig ergreifende, leidenschaftlich 
bewegte Kompositionen, meist von nackten Gestalten, die 
zwar streng, aber edel gezeichnet sind, voll gewaltigen in- 
neren Lebens. Sehr interessante Beispiele seiner Kunst bieten 
zwei Fragmente: „Die Taufe Christi** und eine „Pietä**. 
Femer sind zu erwähnen: „Die Geißelung Christi" und 
M. Benson's „Madonna mit dem Kinde". Von diesem Bilde 
befindet sich eine Wiederholung in der Galerie von Liver- 


443 


Vereine und Gesellschaften. — Ausgrabungen und Funde. — Vermischtes. 


444 


pool, die auf der Ausstellung zum Vergleich neben dem 
Ben8on*8chen Bilde hängt. Darüber, ob beide Bilder 
von einer Hand herrühren, ist die Kritik hoffnungslos ge- 
teilt Mr. Benson's Bild stammt direkt aus derjenigen Fa- 
milie in Gortona, für welche „Lucas Gortonensis*' es gemalt 
hat. Ebenso befand sich auf der Ausstellung eine Wieder- 
holung und Variation des Bildes aus der Brera in Mailand, 
welches teils an Botticelli, teils an Michelangelo erinnert. 
Sehr interessant ist Mr. Mond's Freskobild, jetzt auf Lein- 
wand übertragen, welches das Gegenstück zu dem in der 
National Gallery befindlichen „Triumph der Keuschheit" 
bildet. „Coriolanus" war früher in der Lepland- Samm- 
lung und ursprünglich zu einer Serie Yon vier Fresken ge- 
hörig, welche 1509 für den Pandolfo Petrucci-Palast in Siena 
angefertigt worden waren. Aber nichts giebt uns eine bessere 
Idee von dem Vorgänger Michelangelo's und von der Er- 
habenheit und Stärke seines Stils, als die von Herrn Becke- 
rath in Berlin geliehene Zeichnung, die noch schOner ist 
als der Herkules und Antäus der Königin Viktoria. S 

VEREINE UND GESELLSCHAFTEN. 

%* Die Vertreter der Vereine für deutscJies Kunstgewerbe 
haben am 19. Mai in Weimar ihren 6. Delegirtentag abge- 
halten. Vertreten waren u. a. die Kunstgewerbevereine von 
Berlin, Braunschweig, Breslau, Dresden, Halle, Hamburg, 
Karlsruhe, Magdeburg, Leipzig, München, Oldenburg, Stutt- 
gart. Aus den Verhandlungen ist hervorzuheben, dass in 
Bezug auf die früher bereits angeregte Revision der Muster- 
schutzgesetzgebung beschlossen wurde, zunächst noch wei- 
teres Material zu sammeln. Zu geeigneter Verwertung soll 
auch dem Vorort Material Übermittelt werden, betreffend 
das geschäftliche Verfahren der Reichsbehörden in Bezug 
auf die Ausstellung in Chicago; aus Verbandskreisen waren 
in dieser Beziehung mancherlei Klagen laut geworden. 
Femer wurde beschlossen, dahin zu wirken, dass seitens der 
deutschen Kunstgewerbemuseen nicht nur Altertümer, son- 
dern auch hervorragende Arbeiten der Gegenwart angekauft 
würden. Von einer Petition an den Reichskanzler um Be- 
rücksichtigung auch anderer Städte als Berlin bei Vergebung 
von kunstgewerblichen Arbeiten wurde Abstand genommen. 
Der Berliner Ausstellung beschloss man die lebhafteste Unter- 
stützung zu gewähren, unter der Voraussetzung, dass die 
KunstgewerbeausstelluDg einen nationalen Charakter erhalte. 
Zum Vorort wurde Dresden und der Dresdener Kunstverein 
erwählt. 


Herrn liouis Lampe, mit ihrer Wiederherstellung. Diese 
Arbeit ist, wie jetzt der „Vossischen Zeitung*' geschrieben 
wird, trefflich gelungen. Die geretteten vier Gemälde stellen 
dar: die Heiligen Laurentius, Sebastian, Paulus, Petrus und 
Katharina huldigen der Jungfrau; Huldigung vor dem hei- 
ligen Nikolaus; die Bekehrung des Paulus und die Taufe 
Christi. Es schweben Verhandlungen, um diese Gemälde 
dem Brüsseler Museum zu erhalten. 


AUSGRABUNGEN UND FUNDE. 

*^* Von den Ausgraburigen xu Delphi. Nach dem Be- 
richt des Ephoren, der die griechische Regierung bei den 
französischen Ausgrabungen in Delphi vertritt, ist ein fast 
vollkommen erhaltener, kolossaler Marmorkopf jüngst ent- 
deckt worden. Augenscheinlich gehörte er einer riesigen 
Apollo -Statue an. Das Haar ist mit einem Bande aufge- 
bunden. Femer ist eine Metope gefunden worden, welche 
vom Schatzhaus der Athener in Delphi herrührt. Sie stellt 
einen Stierkampf dar. Auch sind 20 konsularische Votiv- 
tafeln ans Licht gefördert worden, deren Inschriften sich 
auf die Befreiung der Sklaven beziehen. 

*♦♦ Vier hervorragende Gemälde des Anttcerpener Meisters 
Caspar de Crayer sind vor etwa acht Monaten in der Kirche 
des Brabanter Dorfes Opwyck in einem völlig verwahrlosten 
Zustande aufgefunden worden. Der Kunstminister betraute 
den Sachverständigen der Brüsseler königlichen Museen, 


VERMISCHTES. 

H. A. L. Aus der im März veröffentlichten Mitteilung 
über die Tiedge-Stiftung in Dresdeti geht hervor, dass sich 
das Vermögen der Stiftung am Schlüsse des Jahres 1892 
auf 663800 Mark belief. Von den Zinsen dieses Kapitals 
wurde ein Teil als Abschlagszahlung für den Bildhauer 
Bruno Fischer verwendet, der im Auftrage des Direktoriums 
ein Standbild der Gerechtigkeit ftir den Brunnen auf dem 
Holbeinplatz zu Dresden modellirt hat, dessen Modell bereits 
an die Erzgießerei von C. A. Bierling in Dresden zum Bronze- 
guss abgeliefert worden ist. Demselben Bildhauer sind von 
dem Stiftungskomitee noch zwei weitere für denselben 
Brunnen bestimmte Figuren, welche die Schuld und die Un- 
schuld darstellen sollen, sowie der figurale Schmuck für das 
Postament zur Modellirung in Auftrag gegeben worden. 
Außerdem leistete das Stiftungskomitee noch eine zweite 
Abschlagszahlung an den Landschaftsmaler Rudolph Schuster 
in Dresden, bei dem ein größeres Ölgemälde für die Stiftung 
bestellt worden ist. An Ehrengeschenken oder Unterstützun- 
gen sind im Jahre 1892 16650 M. verausgabt worden. Davon 
entfallen 1500 M. an Maler und 8250 M. an Hinterlassene 
von Malern, 300 M. an Kupferstecher und 2400 M. an Hinter- 
lassene von Kupferstechern und 900 M. an Hinterlassene von 
Bildhauern. Die übrigen Summen kamen Dichtern und 
Schriftstellern beziehentlich ihren Hinterlassenen , sowie 
Hinterlassenen von Musikern zu gute. 

Schweixer Parlamentsgehäude, Man schreibt der „N. fr. 
Presse" aus Bern: Der schweizerische Nationalrat hat den 
Bau eines schweizerischen Parlsunentsgebäudes beschlossen 
und dafür einen Kredit von sechseinhalb Millionen Frank 
bewilligt Das Gebäude kommt zwischen die beiden Bundes- 
ratshäuser an der Stelle zu stehen, wo jetzt das ßemer 
Kasino sich befindet. Den meisten nach Bern kom- 
menden Fremden ist das Kasino bekannt; genießt man 
ja doch von dessen Garten einen prächtigen Ausblick 
auf den Schneekranz der Bemer Hochalpen. Die Verbauung 
gerade dieses Platzes thut daher manchem Bemer weh. 
Ersatz ist aber in dem an Aussichtspunkten reichen Bern 
leicht zu schaffen. Professor Hans Auer hat die Pläne ent- 
worfen, wie er auch den Bau des neuen Bundesratshauses 
nach seinen Plänen leitete. Das Parlamentsgebäude erscheint 
als dominirender Mittelbau der beiden symmetrisch ange- 
legten Verwaltungsgebäude. Es wird mit den letzteren durch 
Galerieen verbunden sein. Im Parlamentsgebäude werden 
die beiden Sitzungssäle so angelegt, dass der Nationalrats- 
saal gegen Süden, der Ständeratssaal gegen Norden und 
zwischen beiden die Haupttreppe liegen wird. Im gegen- 
wärtigen Nationalratssaal sind die Journalisten möglichst 
schlecht untergebracht. Der betreffende Platz stellt eher 
einen Käfig als eine Loge dar. Dazu ist es in diesem Jouma- 
listenraum so dunkel, dass man ihn beim hellen Tag künst- 
lich erleuchten muss. Viele Redner werden daselbst nur halb 
oder gar nicht verstanden. Im Gegensatze hierzu sind im 
neuen Parlamentsgebäude zweckmäßige Räume für die Be-t 
richterstatter vorgesehen. Der Stil des Parlamentsgebäud es 




^•^:i 


445 


Vom Kunstmarkt. — Zeitschriften. 


446 


hält sich im großen und ganzen an die Renaissance. Die 
Bauzeit dürfte sechs Jahre dauern. 

*^^* Der Markuslötüe in Venedig. Die italienischen Sach- 
TcrsiAndigen, die kürzlich bei der Ausbesserung des berühm- 
ten, auf einer der Säulen der Piazzetta stehenden Markus- 
löwen zu Rate gezogen wurden, hatten sich dabei ausge- 
sprochen, dass das Werk aus dem 12. Jahrhundert stamme. 
Diese Ansicht hat aber, wie die „Academj" mitteilt, nicht 
allgemeine Zustimmung gefunden. In einem an die „Aca- 
demie des Inscriptions" gerichteten Schreiben bestreitet Herr 
Gasati ihre Richtigkeit aus folgenden Gründen: 1) weil die 
Bronze des Mittelalters im allgemeinen ein Viertel oder ein 
Fünftel Blei enthalte, wogegen die des Löwen aus Kupfer 
mit 15 Proz. Zinn bestehe; 2) weil der Stil in keiner Hin- 
sicht der mittelalterlichen Kunst entspreche; und 3) weil, 
wenn das Denkmal in der angenommenen Zeit angefertigt 
worden wäre, ein Bericht darüber in den Archiven irgend 
einer italienischen Stadt vorhanden sein dürfte. Nach Casati 
sind vielmehr gewichtige Gründe zu der Annahme vor- 
handen, dass der Löwe eine etruskische Arbeit sei. 

MB. Der neue WürUernbergi^che Kufisteiai. Ein regel- 
mäßiger Etat zur Anschaffung von Kunstwerken in Württemberg 
besteht seit 1845. Damals wurden 4000 fl. bewilligt, 1862 7600 fl., 
1875 24343 Mark; diese Summe ist bis heute stehen geblieben, 
abgesehen davon, dass fär die Kunstschule jetzt ein bedeu- 
tend höherer Aufwand gemacht werden muss und auch der 
Staat für verschiedene Privatvereine zur Pflege der Kunst 
und des Altertums weitere Beiträge bewilligt hat. Die ein- 
zelnen Posten setzen sich folgendermaßen zusammen: An- 
schaffungsfonds Hir Gemälde 17143 M., für die Kupferstich- 
sammlung 5143, für Plastik 2057. Unterstützungen an Pri- 
vatvereine : Württ. Kunstverein 1000 M., Verein f. christl. 
Kunst in der evangelischen Kirche 515 M., desgl. in der 
katholischen Kirche 250 M., Verein zur Förderung der Kunst 
in Stuttgart 1000 M., Kunstverein Heilbronn 300 M., Alter- 
tumsverein in Stuttgart 600 M., Altertums verein in Ulm 430 M., 
Altertumsverein in Hall 400 M., Altertumsverein Tübingen- 
Reutlingen 400 M. Bezüglich der Sammlung vaterl. Alter- 
tümer ist eine Änderung insofern eingetreten, als nach 
Ableben des seitherigen Vorstandes Prof. Majer jetzt die 
Direktion dieser Sammlung mit dem Landeskonservatorium 
vereinigt worden ist. Für das Lapidarium und die Münz- 
sammlung soll ein eigener Beamter angestellt werden. Der 
Anschaffungsfonds für diese Sammlungen beträgt 11 300 M. ; 
außerdem sind noch 2000 M. für Restaurationen altertüm- 
licher Baudenkmale ausgeworfen. Beiläufig sei erwähnt, 
dass nach dem Vorgange Badens jetzt auch eine historische 
Kommission errichtet worden ist, welche die Aufgabe hat, 
die württembergische Geschichte nach jeder Richtung zu 
fördern, was selbstverständlich auch der Kunstgeschichte zu 
gute kommt. Dieser Behörde wurden gleichfalls 11000 M. 
bewilligt. 

Die König liefie Zeichenakademie in Ha^iau, die unter 
Leitung des Bildhauers Prof. M, Wiese steht, hat ihren 
Jahresbericht für 1892/93 herausgegeben. Wir entnehmen 
ihm, dass die Gesamtzahl der Schüler zu Anfang des Schul- 
jahres, das von Anfang April 1892 bis Ende März 1893 
reichte, 405 betrug, gegen 452 im Vorjahre. Der Rückgang 
in der Schülerzahl findet seine Erklärung in dem schlechten 
Geschäftsgange der für Hanaus Erwerbsleben maßgebenden 
Goldwarenbranche, welcher bewirkt hat, dass weniger Lehr- 
linge in diesen Industriezweig eingetreten und angenommen 
worden sind. Jedoch war der Besuch des Unterrichts so 
rege, dass bis zu dem im Oktober 1892 erfolgten Eintritt 
einer neuen Lehrkraft (des als Lehrer für Musterzeichnen be- 


rufenen Herrn Hugo Sehimke aus Liebau in Schi.) mehrere 
Parallelabteilungen in Überstunden unterrichtet werden 
mussten. Die Anstalt erhielt einen Staatsznschusa von 67 632 M., 
wozu noch 10982 M. Einnahmen aus Schulgeldern kommen. 
Die Ausgaben beliefen sich auf rund 80320 M. 

* Das Linxerthor in Salxhurg, eines der bemerkens- 
wertesten Denkmale seiner Gattimg in Osterreich, 1614 unter 
dem Erzbischof Marcus Sitticus erbaut, soll demolirt werden. 
In der schönen Juvavia ist darüber ein sehr erklärlicher 
Meinungskampf. entbrannt und wir hoffen, dass es gelingen 
werde, noch in letzter Stunde den verderbendrohenden 
Spruch der Stadtväter von dem ehrwürdigen Bauwerke ab- 
zuwehren. 


VOM KUNSTMARKT. 

Frankfurt a/M, Am 6. Juni kommt eine Sammlung 
von Gemälden älterer und moderner Meister bei Rudolf 
Bangel im Auktionssaal für Eunstsachen zur Versteigerung. 
Daran schließt sich am 7. Juni eine Sammlung von Anti- 
quitäten, kunstgewerblichen Arbeiten, Goldsachen und Ju- 
welen. Die beiden Kataloge sind soeben erschienen. 

%* Die 18 ersten Tage der Versteigerung der Sammlung 
Spitzer in Pari^ haben eine Gesamtsumme von 5 568710 
Frank ergeben. Auch in den letzten Tagen sind keine un- 
gewöhnlich hohen Preise bezahlt worden. Bemerkenswert 
ist nur eine Kusstafel (Pax), die auf 40 000 Frank getrieben 
wurde. 

I^ipxig: Von dem Antiquariat von K. W. Hiersemann 
ist soeben Katalog Nr. 115, enthaltend Architektur, Orna- 
mentik, Innendekoration, Möbel, Skulptur etc. einschließlich 
der vom Oberbaudirektor J. Bormann in Weimar hinter- 
lassenen Bibliothek herausgegeben. Derselbe steht Interessen- 
ten kostenlos zur Verfügung. 


ZEITSCHRIFTEN. 

Allgemeine Knnsteliroiilk. 1898. Nr. 10/11. 

Die Dominikanertreppe von J. Leisching. — Johann Weikars 
Freiherr von Valvaaor. Von P. ^ Radios. -^ Künstler bei der 
Arbeit. Von Gl. S o k a 1. — Kunstbrief : München. Von H. P e t e r s. 

ChristUcheB Kunstblatt. 1898. Nr. 5. 

Kirchenschmuck und Kirchengeräte. — Die bildliche Dantellong 
des Olaubensbekenntnisses. Von fi. Wernioke. (S<Alnfl8.) -^ 
Die Herz-Jesukirdhe in Paris. 

Die Knnst fOr Alle. 1892/98. Heft 17. 

Die Bntwickelung der Sohönen Künste in den Vereinigten Staaten 
von Kordamerika. Von R. Köhler. (Schloss.) — New-Torker 
Knnstbericht. Von P. Hann. 

Zeitsclirift des Bayerischen Knnstgewerbeyereing iu Mftn- 
chen. 1898. Nr. 5/6. 

Japanische Möbel. Von J. Lessing. — Über Trophäen. Von 
Prof. Dr. H. H a u s h f e r. (Sohluss.) — Das Grabmal Kaiser Lnd- 
wig*s von Bayern in der Münchener Frauenkirche. Von K. Th. 
Heigel. 

L'Art Nr. 896. 15. Hai 1898. 

La coUection de M. le Chevalier H. A. Steengracht van Dniven- 
woorden. Von P. Leroi. — Le Poussin et le «Covolo** de Co- 
stozza dans le Vicentin. (Schluss.) Von B. Morsolin. ~ L'art 
dans les jardins. (Schluss.) Von G. de Leris. -~ L*exposition 
du Champ de Mars. Von P. Leroi. 

The Magazine of Art Jnni 1898. Nr. 152. 

The Royal Academv exhibition II. Vom Herausgeber. — British 
etchine. Von Fr. Wedmore. III. Frank Short; Watson; Mac- 
beth; Herkomer; Oliver Hall: and others. — The National Gal- 
lery of british art, and Mr. Tate's Collection. IV. The Gallery. 
Von H. Spielmann. — Thomas Faed. Von M. Hepworth D i x o n. 
— Egynntian Slave. Von N. Sichel. — The Meissonier Exhibi- 
tion. Von Cl. Philipps. 


447 


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448 


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XVII. Jhrhdts.; Schabkunstblätter und Farbendrucke englischer und franzö- 
sischer Meister des XVIII. Jhrhdts., Städteansichten, Flugblätter, Spottbilder, 
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\f^ > 


Inhalt: Der Stecher W. Von A. v. Würz b ach. — A. v. Meckel f. — Sir P. C. Owen; F. ßoybet. — Ausstellung der von der Berliner 
Ausstellung Zurückgewiesenen ; Erwerbungen der National Gallery in London ; Bild von W. SchereschewBkl im Berliner Künstler- 
verein. -> Jahresausstellung München 1898; Porträtausstellung in Paris; Die Jury für die Hfinchener Jahresausstellung ; Luea 
Signorelli- Ausstellung in London. — Delegirtentag der Vereine für deutsches Kunstgewerbe. — Von den Ausgrabungen in Delphi; 
Auffindung von vier hervorragenden Gemälden des Antwerpener Meisters Caspar de Crayer. — Tiedge- Stiftung in Dresden; 
Schweizer Parlamentsgebäude; der Markuslöwe in Venedig; der neue Württembergische Kunstetat; die Königliche Zelchenaka- 
demie in Hanau; das Linzerthor in Salzburg. — Kunstauation bei R. Bangel in Frankfurt a'M. ; Krträgnisse der Versteigerung 
der Sammlung Spitzer; Katalog Nr. 115 von K. W. Hiersemann in Leipzig. — Zeitschriften. — Inserate. 

Für die Redaktion verantwortlich Artur Seemann, — Druck von August Pries in Leipzig. 


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t. 


KUNSTCHRONIK 

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE. 

Ankundigungsbiatt des Verbandes der deutschen Kunstgewerbevereina 

HEBAUSGEBER: 

^ CARL VON LÜTZOW und DR. A. ROSENBERG 

WIEN v^ BERLIN SW. 

BengMse 58. T^ltowantraste 17. 

Verlag von E. A. SEEMANN in LEIPZIG, Gartenstr. 15. Berlin: W. H. KÜHL, Jägeratr. 73. 


Neue Folge. IV. Jahrgang. 


1892/93. 


Nr. 28. 15. Juni. 


Die KnnstohronilE erscheint als Beiblatt zur „Zeitschrift fftr bildende Kunst" nnd snm „Rnnstgewerbeblatt" monatlich dreimal, in den 
Sommermonaten JuU bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Hark und nmfiasst 88 Nummern. Die Abonnenten der „Zeit* 
Schrift fUr bildende Kunst* erhalten die Kunstchronik gratis. — FOr Zeichnungen, Manuskripte etc., die unverlangt eingesandt werden, 
teisten Redaktion und Verlagshandlung keine OewiUir. Inserate, fc 80 Pf . für die dreispaltige Peiiteeile, nehmen außer der Verlagahand- 
Inng die Annoncenexpeditionen von Haasenstein h Vogler, Bnd. Hesse n. s. w. an. 


DIE GROSSE 
BERLINER KUNSTAUSSTELLUNG. 

I. 

Die erste Kunstausslellung, die nach der neuen 
Organisation der Berliner Ausstellungen durch das 
Zusammenwirken der Mitglieder der Kunstakademie 
und des Vereins Berliner Künstler auf der Basis der 
Gleichberechtigung zu stände gekommen ist, steht 
nicht unter einem günstigen Stern. Selbst die wohl- 
wollendsten Beurteiler werden zugeben müssen, dass 
in diesem Jahre mehr Missgriffe begangen worden 
sind als in irgend einem der früheren, und zwar 
Missgriffe, die bei einigem Geschick leicht vermieden 
werden konnten. Wir wollem dabei nicht etwa in 
das übliche, billige Geschimpfe auf die Jury und die 
Hängekommission einstimmen, welches das miss- 
tönende Präludium jeder Ausstellung zu bilden pflegt. 
Was die angebliche Ungerechtigkeit in der Ablehnung 
gewisser Kunstwerke betrifft, so konnte die Jury 
keine bessere Rechtfertigung erfahren, als durch die 
am 6. Juni erfolgte Eröffnung des „Salons derZurück- 
gewiesenen*', über den wir an anderer Stelle berichten, 
und wenn die Hängekommission einer Anzahl un- 
bedeutender Bilder greiser Akademiker, den alten 
Herren zu Liebe, hervorragende Plätze angewiesen 
hat, so ist damit noch nicht der Anlass zu einem 
vernichtenden Urteil über die gesamte Ausstellung 
gegeben. Viel schwerer fallt der Vorwurf ins Ge- 
wicht, der gegen das Arrangement der großen Säle 
der Mittelachse des Gebäudes erhoben werden muss. 
Mit einem merkwürdigen Ungeschick sind gerade 
diese Säle, die für den ersten Eindruck der Besucher 


entscheidend sind, mit einer solchen Fülle von Mittel- 
gut vollgepfropfl; worden, dass die wenigen guten 
Bilder dadurch förmlich erdrückt werden. Wir 
haben seit der Zeit, in der die großen Kunstausstellungen 
im Glaspalast des Ausstellungsparks stattfinden, im- 
mer ihr geschmackvolles und malerisches Arrange- 
ment rühmen können, das bisweilen über das niedrige 
künstlerische Niveau der ausgestellten Kunstwerke 
hinwegtäuschte; aber in diesem Jahre scheinen die 
Herren von der Hängekommission von allen guten 
Geistern verlassen worden zu sein. 

Das zeigt sich schon in der großen Skulpturen- 
halle am Eingang, wo einzelne Büsten gewisser- 
maßen in Compagniefront neben einander auf ge- 
schmacklosen Ständern gerichtet worden sind. Der- 
gleichen hätte vermieden werden können, um so 
mehr, als der erste Saal der. Gemälde, der sogenannte 
Ehren- oder Fürstensaal, der Hängekommission zu- 
meist eine fatale Last auferlegt, die noch niemals 
so schwer gewesen ist, vne in diesem Jahre. Dieser 
Saal soll nach dem Herkommen mit den vornehmsten 
Bildniss^i fürstlicher Personen, mit Geschichts- und 
Genrebildern, Marinen u. s. w. ausgestattet werden, 
die ein besonderes nationales Interesse haben. In 
diesem Jahre hat es der Zufall gewollt, dass zwei 
in gleichem Maße verunglückte Bildnisse Kaiser Wil- 
helm's U. hier zusammengetroffen sind: eines (Knie- 
stück) von Vüma Parlaghy, das in der Nachlässig- 
keit und Fehlerhaftigkeit der Zeichnung nnd Modelli- 
rung und in der unerquicklichen, schmntziggrauen 
Färbung geradezu unbegreiflich ist, und eines in 
ganzer Figur von Ferdinand Keller in Karlsruhe, 
das zwar in der koloristischen Durchführung vortreff- 


451 


Die Große Berliner Ennstaussiellung. 


452 


lieh, aber in der Aufstellung der Figur vor dem Thron- 
sessel und in der Anordnung des Hintergrundes und 
der Umgebung so prahlerisch, so bombastisch ist, 
dass man nicht an einen Kaiser des neuen deutschen 
Reichs, sondern an eines der hohlen Repräsentations- 
bilder im Geschmack Ludwig's XIV. erinnert wird. 

Immerhin hat dieses Bild noch den Reiz des 
Kolorits für sich, während ein Porträt der regierenden 
Großherzogin von Mecklenburg- Schwerin (sitzend, 
in ganzer Figur) so blechern, körper- und geistlos 
gemalt ist, dass man seinen Augen nicht zu trauen 
glaubt, wenn man den stolzen Namen Hubert Her- 
komer darauf liest Ein Bildnis des Fürsten Bis- 
marck von Lenhach^ neuesten Datums, ist auch nicht 
in glücklicher Stunde aufgenommen und ausgeführt, 
wenn man bei dieser Art von salopper Behandlung 
überhaupt noch von »Ausfthrung" im Sinne des 
Wortes sprechen darf. Ein paar Marinen, Land- 
schaften, Kriegs- und Paradescenen von H, Qvde, 
Hans Bohrdt, E, Hunten und Carl Becker geben dem 
Saale etwas mehr Farbe, Leben und Bewegung als 
die Porträts. Das Hauptinteresse konzentrirt sich 
jedoch auf die Geschichtsbilder zweier Düsseldorfer, 
welche die große Überlieferung ihrer heimatlichen 
Kunststätte wieder zu Ehren gebracht haben: auf die 
Winterfahrt des großen Kurfürsten über die mit 
Eis bedeckte Fläche des frischen Haffs von Wilhelm 
Simmler, eine Wiederholung seines durch feine Luft- 
stimmung und Lebendigkeit der Komposition ausge- 
zeichneten Wandbildes in der Feldhermhalle des 
Berliner Zeughauses, und auf die an dieser Stelle 
schon besprochene Scene vor der Schlacht bei Wor- 
ringen (1288), wo der Mönch Walther Dodde die 
Bergischen Bauern zu ihrem entscheidenden Ein- 
greifen in die Schlacht anfeuert, von Peter Janssen. 
In diesem Bilde hat der Meister die große Gewalt 
seiner Charakterisirungskunst, die Kraft dramatischer 
Komposition so hoch gesteigert wie in keinem seiner 
früheren Werke, und dem Kolorit hat er alle Zuge- 
ständnisse gemacht, die sich mit dem Wesen der Ma- 
lerei großen Stils vereinigen lassen. 

Völlig niedergedrückt wird der Besucher nach 
dieser gemischte Empfindungen hervorrufenden Ein- 
leitung durch den Anblick der folgenden Mittelsäle. 
Kaum dass sich ein paar Bildnisse des Grafen Har- 
räch (Prinz Moritz von Sachsen- Altenburg im Reit- 
kostüm, ein Holbein redivivus im modernen Stile), und 
von Max Kaner (die Maler Bracht und Brausewetter 
und das Bildnis seiner Gattin), einige Landschaften 
und Marinen von E. Körner^ C Ludwig^ C. Saltxmann 
und H, Oude zur Geltung zu bringen vermögen. Da- 


gegen sind einige ganz besonders tüchtige und gerade 
wegen ihres Inhalts fesselnde Geschichts- und Land- 
schaftsbilder in die wenig besuchten und zum Teil 
auch schlecht beleuchteten Nebensale und Seiten- 
kabinette verbannt worden, so z. B. der Gemälde- 
cyklus von Fritz Boeber, der in elf Bildern den Unter- 
gang der nordischen Götterwelt und das Erscheinen 
des Christentums auf der neuen Welt etwas frostig, 
aber doch immerhin mit ernsthaftem Studium und 
in wohl abgerundeten Kompositionen darstellt, die 
hier schon eingehend gewürdigten Bilder aus dem 
Leben Luther's für das Rathaus in Erfurt von Eduard 
Kaempffer^ die in ihrer jetzigen Beleuchtung leider 
etwas kalt und kreidig wirken, auch etwas über- 
trieben im Ausdruck der Figuren erscheinen, die 
beiden prächtigen Schlachtenbilder aus den blutigen 
Augusttagen von Metz, ^Ein Hoch auf den König*, 
das der zum Tode verwundete Kommandeur des 
ersten Gardedragonerregiments inmitten des letzten 
Rests seiner Helden ausbringt, und „Ein Husaren- 
streich", die Befreiung preußischer Verwundeter aus 
einem französischen Feldlazarett, von Theodor BodwU^ 
eine Episode aus der Befreiung Danzigs vom fran- 
zösischen Joch (1814) von C. Böchling und eine ge- 
niale Landschaft von Albert Hertel, ein Blick vom 
Lande auf die Garda- Insel bei leicht bewölktem 
Himmel. 

Das Unbehagen der Besucher, die sich durch 
den Inhalt der Mittelsäle enttäuscht fühlen, wird 
noch gesteigert, wenn sie in den letzten großen 
Saal und seine Nebenkabinette kommen^ in denen 
die Münchener Sezessionisten frei gewaltet haben. 
Es ist verständlich und durchaus gerechtfertigt, dass 
die Berliner Ausstellungskommission den Münchener 
Sezessionisten oder, wie sie sich selbst nennen, dem 
„Verein bildender Künstler Münchens" ein gastliches 
Obdach gewährt hat. Auch die weitere Konzession 
einer eigenen Jury und einer eigenen Hängekom- 
mission mag noch als Zeichen eines besonderen Wohl- 
wollens und Entgegenkommens betrachtet werden, 
das die Münchener vielleicht gefordert haben, weil 
sie den Berliner Jurors nicht das nötige Maß von 
Objektivität bei der Beurteilung aller Experimente 
der verwegenen Stürmer und Dränger zugetraut haben. 
Wir können aber die Empfindung nicht los werden, 
dass das wohlwollende Entgegenkommen der Ber- 
liner bei den Münchenem nicht das richtige Verständ- 
nis gefunden hat. Wir vermuten, dass die Berliner 
Ausstellungskonunission den Münchener Sezessio- 
nisten die weitgehenden Zugeständnisse unter der 
stillschweigenden Voraussetzung gemacht habe, dass 


453 


Die GroBe Berliner Kanstansstellang. — Nekrologe. 


454 




den Sezessionisten und ihren internationalen Gefolgs- 
männern nicht möglich sein würde, in diesem Jahre 
in München eine eigene Ausstellung zu veranstalten, 
und dass sie es sich deshalb angelegen sein lassen 
würden, die besten, neuesten und vor allem die rei- 
festen ihrer Schöpfungen nach Berlin zu schicken. 
Weder das eine noch das andere ist eingetreten. 
Die Münchener Sezessionisten veranstalten eine eigene 
Ausstellung in München, und w^as sie nach Berlin 
geschickt haben, ist, mit wenigen Ausnahmen, ent- 
weder schon längst in München ausgestellt gewesen 
und in Berlin bei Schulte und Gurlitt gezeigt wor- 
den oder ßs besteht aus Atelierabhub, aus flüchtigen 
Einfallen und Improvisationen, die weder ausstellungs- 
würdig noch -fähig und nur zu sehr geeignet sind, 
das große Publikum über die wirklich guten und 
anerkennungswerten Bestrebungen der „Modernen" 
irrezuführen. Die Münchener Sezessionisten haben 
sich selbst den größten Schaden gethan, indem sie 
unter dem Schutze ihres Privilegs die thörichtsten 
und sinnlosesten Lichtvisionen von Julius Exter, die 
albernen Atelierwitze von Th. Heine, die für Bild- 
nisse ausgegebenen Karikaturen von dem Mailänder 
Ilietti und die Tierstücke und landschaftlichen Ver- 
suche von Hubert von Hcyden in Masse in die schönen 
Räume eingeführt haben, die ihnen die Berliner Kom- 
mission zur Verfügung gestellt. Das Gute, das sie 
mitgebracht haben, wird durch diesen Wust völlig 
erdrückt 

Es ist übrigens bezeichnend für das große Pu- 
blikum, dass die Tierstücke von H. von Heyden, 
namentlich seine große Schweine -Promenade, die 
stärkste Entrüstung hervorgerufen haben, bezeichnend 
deshalb, weil man daraus erkennt, wie wenig bisher 
die Sonderausstellungen der jungen Naturalisten und 
Impressionisten bei Schulte und Gurlitt, wo eine 
große Zahl der Heyden sehen Bilder wochenlang zu 
sehen war, den weiteren Kreisen des kunstfreundlichen 
Publikums bekannt geworden sind oder wie gering 
das Interesse ist, das diese Ansstellungsexperimente 
trotz ihrer häufigen Wiederholungen bis jetzt er- 
regt haben. 

Zum Schluss noch ein Wort an die Berliner 
Ausstellungskommission. Sie hat, wie ich meine 
mit vollem Recht, ein paar völlig sinnlose Schmie- 
rereien des Norw^ers Munch zurückgewiesen, die 
jetzt in der „Freien Berliner Kunstausstellung" zu 
sehen sind, darunter das Büd eines von den seltsam- 
sten Reflexen angestrahlten Herrn, das sein Urheber 
dem Berliner Künstlerverein als Aufnahmebild an- 
geboten hat. Was wäre nun geschehen, wenn der j 


Norweger rechtzeitig auf den gescheiten Gedanken 
gekommen wäre, sich als „Korrespondirendes Mit- 
glied^' bei den Münchener Sezessionisten anzumelden? 
Dann wären vielleicht seine Bilder, die vom hinaus- 
geworfen worden sind, durch die Hinterthür vrieder 
geniütlich hineinspaziert. Hoffentlich zieht man aus 
so unliebsamen Vorkommnissen und Eventualitäten 
die Lehre, dass die in diesem Jahre angewendete 
Methode nicht die richtige war. 

ADOLF ROSENBERO. 


NEKROLOGE. 

*^* Der franxösische Kunstschriftateller Alfred Z>arcc/, Di- 
rektor des Clony-Museums in Paris, ist daselbst am 24. Mai 
im Alter von 75 Jahren gestorben. 

%* Der Bildhauer Otto Bucht ing, der sich besonders 
als Porträtbildner einen Namen gemacht hat, ist am 3. Juni 
in Berlin im 66 Lebensjahre gestorben. 

In Julius SchoUx, der am 2. Juni plötzlich und uner- 
wartet aus dem Leben abgerufen wurde, hat Dresden einen 
Künstler verloren, der nicht nur zu den tüchtigsten Vertretern 
der Malerei in der sächsischen Hauptstadt gehörte, sondern 
sich auch außerhalb seines nächstliegenden Wirkungskreises 
großer Beliebtheit und allgemeiner Anerkennung erfreute. 
Julius Scholtz war am 12. Februar 1825 in Breslau geboren. 
Auf den Bat K(hiig*Sy des damaligen Konservators der Bres- 
lauer Gemäldegalerie, widmete er sich der Malerei und bezog 
im Jahre 1844 die Dresdener Akademie, wo er Schüler 
Julius Hübner's wurde, unter seiner Leitung malte er zu- 
nächst eine Reihe Genrebilder, von denen die Illustration 
zu Uhland's Lied; „Es zogen drei Bursche wohl über den 
Rhein" den größten BeifEill bei den Zeitgenossen fand. Im 
Jahre 1861 gelang es Scholtz, mit seinem „Gastmahl der 
Generale Wallenstein's" den vom Verein für historische Kunst 
ausgeschriebenen Preis zu erringen. Das Bild, das Ton Joh. 
Kraker durch den Stich vervielfältigt wurde und heute die 
Großherzogliche Kunsthalle in Karlsruhe schmückt, gehört 
zu den in technischer Beziehung am meisten befriedigenden 
Leistungen der deutschen Historienmalerei. Scholtz ent- 
wickelte bei ihm einen hervorragenden Sinn für das spezi- 
fisch Malerische und wusste, ohne ins Kleinliche zu verfallen, 
die Treue der historischen Kostüme vorzüglich zu bewahren. 
Dagegen tritt die Wichtigkeit der Handlung weniger in den 
Vordergrund. Dasselbe kann auch von dem zweiten seiner 
bekannteren Historienbilder, der Musterung der Freiwilligen 
durch Friedrich Wilhelm III. in Breslau, gesagt werden. 
Auch hier sind die Hauptpersonen, der König und Blücher, 
nicht genügend als solche gekennzeichnet, während die sich 
in Massen herandrängenden Freiwilligen in ihrer Begeiste- 
rung vortrefflich aufgefasst sind und die koloristische Durch- 
führung höchst gelungen erscheint. Das Original des Ge- 
mäldes ist Eigentum der Breslauer Galerie, während die 
Nationalgalerie in Berlin eine im Jahre 1872 entstandene 
freie Wiederholung des Bildes besitzt, die im vorigen Jahre 
in wohlgelungener farbiger Nachbildung in den Kunsthandel 
gebracht worden ist. Unter den größeren Arbeiten des 
Künstlers sind dann vor allem noch seine Wandgemälde 
aus dem Leben des Herzogs Albrecht in der Albrechtsburg 
in Meißen zu nennen. Sie gehören ohne Zweifel zu den 
besten Leistungen der Dresdener Historienmalerei aus unserer 
Zeit. Geschickte Benutzung des Raumes, eine eigentümliche 


455 


Personalnachrichien. — Wettbewerbongen. — DenkmSIer. 


456 


flotte Technik und ein seltenes YerstSndniB für malerische 
Wirkung bei entschiedener Neigung su genrehafter Auf- 
fusung sind die charakteristischen Merkmale dieser Scholtz- 
schen Schöpfungen, die namentlich von den Malern gern als 
eine Art Muster hingestellt wurden. Diesem umstände ver- 
dankte es Scholts, dass er auch außerhalb Sachsens f&r 
monumentale Auftr&ge ins Auge gefasst wurde. Doch hatte 
er weder mit seinen Entwürfen fUr die Ausschmückung des 
Berliner Rathauses, noch mit denen für den Sitzungssaal 
des ostpreufiischen Landtages in Königsberg Glück, und selbst 
bei seinen Skizzen für die Deckenbilder im Albertinum su 
Dresden musste er sich mit dem dritten Preis begnügen, 
um so größerer Öeliebtheit erfreute er sich als Porträtmaler. 
Er erhielt so zahlreiche Aufträge, dass er eine Zeitlang auf 
jede andere Th&tigkeit verzichten musste und einmal für ein 
halbes Jahr nach Petersburg übersiedelte, um die von dort 
aus bestellten Bildnisse zu malen. Da die meisten dieser 
Arbeiten in Privatbesitz übergegangen sind, kann man seine 
Leistungsfähigkeit am besten nach seinem Bildnis des im 
Jahre 1888 in den Ruhestand getretenen Oberbibliotbekars 
Geheimen Rats FGrstemann beurteilen, das in der kgl. Öffent- 
lichen Bibliothek zu Dresden aufbewahrt wird. Von seinen 
Genrebildern aus seinen letzten Jahren ist uns ein „Ave 
Maria", „Hermann und Dorothea am Brunnen", eine „Fder- 
abendscene", Landleute auf der Rückkehr von der Ernte 
darstellend, und das Mädchen, das am Morgen im Bette 
liegend über einen eben erhaltenen Brief nachsinnt, noch 
im Gedächtnis. Scholtz, der übrigens die Pastelltechnik und 
das Aquarell ebenso beherrschte, wie die Ölmalerei, war bis 
ins Alter hinein ein Überaus strebsamer Künstler. Weit ent- 
fernt davon, bei seinen früheren Erfolgen Beruhigung zu 
fassen, war er vielmehr fortwährend bemüht, sich die Er- 
rungenschaften der modernen Malweisen zu eigen zu machen 
und sich namentlich auf dem Gebiete der Hellmalerei immer 
wieder zu versuchen. Dass er auch hierin nicht ohne Er- 
folg blieb, lässt noch sein letztes, erst vor einigen Wochen 
im Dresdener Kunstverein ausgestelltes Männerporb^t deut- 
lich erkennen. Seit dem Jahre 1874 bekleidete er In Dres- 
den das Amt eines Professors an der Kunstakademie und 
erfreute sich bei seinen Schülern großer Beliebtheit, was 
sich aus seinem humanen Wesen, seiner, vielseitigen Bil- 
dung und seiner großen Bescheidenheit leicht erklären 
lässt Es ist sehr zu wünschen, dass man in Dresden das 
Andenken des Künstlers durch Veranstaltung einer öffent- 
lichen Ausstellung seines Nachlasses und aller erreichbaren 
Werke seiner Hand ehren möge, noch ehe die National- 
galerie in Berlin diese Aufgabe in die Hand nimmt, weil 
Scholtz in der That zu den wenigen Künstlern gehörte, auf 
die Dresden in unseren Tagen ein Recht hatte, stolz zu sein. 

H. Ä, LIER. 


PERSONALNACHRICHTEN. 

* Jakob BiirckJiardt^ geboren 1818 in Basel, feierte dort 
am 19. Mai sein fünfzigjähriges Doktoijubiläum. Die Lehr- 
tfaätigkeit an der Baseler Universität hat der Jubilar be- 
kanntlich schon vor Beginn dieses Sommersemesters ein- 
gestellt. 

*;,,* Friix von Uhde ist von der Sod^t^ nationale des 
Beaux-Arts in Paris, deren Ausstellung auf dem Marsfelde 
stattfindet, zum Mitgliede ernannt worden. 

Berlin. Der Kupferstecher und Radirer Albert Krüger 
in Berlin, welcher im Pariser Salon mit zehn Reproduk- 
tionen nach alten und neuen Meistern (von denen ein Dürer, 
ein Donatello und ein Liebermann für die Zeitschrift für 


bildende Kunst gemacht sind) vertreten ist, hat von der 
Preisjury die mention honorable zuerkannt erhalten. 

* Der bisherige außerordentliche Professor der architek- 
tonischen Stillehre und Perspektive an der Wiener Aka- 
demie, Q. Niemann^ wurde zum ordentlichen Professor dieser 
Lehrfächer ernannt. 

%* Ehrenmedaillen des Pariser Salons, Außer Ferdinand 
Roybet, der diesmal nicht ein Genrebild, sondern ein Historien- 
bild „Karl der Kühne, in die Kirche von Nesle einreitend'' 
ausgestellt hat, haben Ehrenmedaillen erhalten: für Plastik 
Ckarpentier, für graphische Künste Lamoite, für Architektur 
Defrasse. 

%* Dr. von Oechelkäuser, a. o. Professorder Kunstgeschichte 
an der Universität Heidelberg, hat einen Ruf an das Poly- 
technikum zu Karlsruhe als Nachfolger Lftbke's erhalten. 

%* Von der Berlins Kunstakademie. Von dem Unter- 
richtsminister sind in Bestätigung der von der Genossenschaft 
der ordentlichen Mitglieder der Akademie vollzogenen Wahlen 
die Maler Prof. Ferdinand Oraf Harrtich, Prof. Ludieig Knaus 
und die Bildhauer Prof. Alexander Calandrelli und Prof. 
Friix Schaper zu Mitgliedern des Senats der Akademie der 
Künste für den Zeitraum vom 1. Oktober 1893 bis Ende 
September 1896 berufen worden. 

\* Der Radirer und Bildhauer Morüx Oeyger, der seit 
1. Oktober 1892 als Professor an der Kunstakademie in Dres- 
den thätig war, hat, wie der „Yossischen Zeitung" geschrie- 
ben wird, sein Amt am 1. Juni niedergelegt Als Grund 
dieses Entschlusses wird die Unzulänglichkeit der Bildhauer- 
ateliers im neuen Akademiegebäude angegeben. 

WETTBE WERBUNGEN. 

* In dem Wettbeicerh um das Denkmal Friedrich Schmidfs, 
welches dem gefeierten Wiener Dombaumeister in den An- 
lagen bei dem von ihm erbauten Rathause in Wien er- 
richtet werden soll, hat das Preisgericht einstimmig folgende 
Preise zuerkannt: Den ersten Preis (1000 Kronen) den Herren 
E, V, Hofmanny Bildhauer, und Julius Deininger^ Architek- 
ten in Wien; den zweiten Preis (600 Kronen) Herrn Franx 
Seifert y Bildhauer in Wien; den dritten Preis (4(X) Kronen) 
den Herren Theodor Charlemont, Bildhauer, und August 
Kirstein, Architekten in Wien. Femer wurden ehrende An- 
erkennungen ausgesprochen den Entwürfen mit dem Motto: 
„Denksäule", „Steine werden reden", „Wien R. K." und 
„Procul negotiis". Sämtliche eingelangten 32 Modelle sind 
gegenwärtig im Wiener Künstlerhause der allgemeinen Be- 
sichtigung zugänglich. 

DENKMÄLER. 

* Die Enthüllungsfeier des Fritx Reuter -Denkmals in 
Neubrandenburg fand am 29. Mai unter großer Beteiligung 
der Bevölkerung in allseitig befriedigender Weise statt. 
Der Großherzog von Mecklenburg-Strelitz war bei der Feier 
durch den Staatsminister von Dewitz vertreten. Die Aus- 
fahrung des Denkmals durch den Bildhauer Martin Wolff 
in Charlottenburg, welcher bei dem Feste zugegen war, 
fand ungeteilten Beifall. Somit hätte deivn das im Jahre 
1875 begonnene Werk nunmehr seinen glücklichen Abschluss 
gefunden! 

*j^* Karl 'Olga 'Denkmal in Sttätgart. Von den Ent- 
würfen, die zu dem in Stuttgart zu errichtenden Denkmal 
für das verstorbene Königspaar eingegangen sind, ist der von 
dem Bildhauer Curfeß in Stuttgart und dem Architekten 
Hahnhuher in Berlin gemeinsam geschaffene vom Komitee 
zur Ausführung bestimmt worden. 


457 


Sammlungen und Aassiellungen. 


458 


— Wien. Am 24. Mai wurden die anläaslieh des Philo- 
logentages durch die Munifizenz des ünterrichtsminisiers 
errichteten Denkm&ler des Grafen Leo Thim-Eohenstein und 
der beiden großen Pädagogen Franx Exner und Hermann 
Boniix im Hallenhofe der hiesigen Universit&t enthüllt. 
Graf 'Hiun ist in ganzer Figur dargestellt, in leichter Wen- 
dung nach rechts schreitend, den linken Arm in die Hüfte 
gestemmt und den langen Mantel ein wenig zurückwerfend; 
die Rechte h&lt ein Buch, wir dürfen yermuten, den Organi- 
sationsentwurf für die Unterrichtsreform. Der charakteri- 
stische, nach links blickende Kopf des altösterreichischen 
Aristokraten soll, nach dem Ausspruche von M&nnem, die 
ihn kannten, besonders im Profil von der glücklichsten Ähn- 
lichkeit, sein. In gleich fester und dabei freundlich anspre- 
chender Art sind auch die beiden Hermenbüsten von Bonitz 
und Einer in den Nischen zu Seiten der Figur Thun's ge- 
meißelt: zwei Gelehrtenkopfe mit leicht gewelltem Haar, 
mit sinnigen Augen yoU Güte und echter Menschlichkeit, 
M&nner, denen die hingehendste Liebe zu ihrem Berufe auf 
die Stime geschrieben steht. Die trefflichen Büsten stehen 
auf zwei gleichen HermenBOckeln, die oben an kräftigen 
KnOpfen mit Rosetten massive Fruchtgeh&nge tragen. Kund- 
mann, dem wir diese drei Werke verdanken, hat damit 
wieder die Meisterschaft seiner Hand bewährt Thun's Ge- 
stalt tritt aus einer schönen architektonischen Dekoration 
in blass- bräunlichem Marmor hell hervor. Diese von Nie- 
fnann herrührende Wandarchitektur besteht aus einem ein- 
fachen Sockel, auf dem in goldenen Lettern die Verdienste 
der drei gewürdigt sind; darüber ist die Nische ftkr die 
Statue mit einfachem Profil umrändert, rechts und links 
flankiren diese Nische Säulen mit weißen Eompositkapitälen, 
auf denen das Gebälk und ein Giebeldreieck lagert, so dass 
eme gewisse Ähnlichkeit mit einer zu einem Grabdenkmal 
abgeschwächten Tempelfassade nicht zu verkennen ist. Im 
Giebelfelde ist das Wappen und die Devise des Verewigten 
angebracht, die Zwickel zwischen Nische und Kapitalen 
füllen reiche Lorbeerzweige und neben den landläufigen 
Formen der zwei Eckakroterien lenkt das mittlere Akro- 
terion das Augenmerk auf sich durch seine originelle, sinn- 
reiche Komposition: eine Eule auf einem Lorbeerbüschel. 
Was wir aber an jedem weißen Marmorwerke vermissen 
und zur Hebung und Belebung des Ganzen gerne sehen 
würden, gilt auch hier: eine deeente Polychromirung resp. 
Vergoldung, Wird der mutige Plastiker noch lange aus- 
bleiben, der hier die Vorurteile zerreißt? — Aber auch ohne 
diesen frommen Wunsch erfüllt zu sehen, freuen wir uns, 
dass der durch eine Reihe erlesener Denkmäler längst zu 
einer Sehenswürdigkeit Wiens gewordene Arkadenhof der 
Universität wieder um eine schöne Zierde reicher geworden ist. 
Es thut unendlich wohl, Kunstwerke nicht immer bloß in 
Museen, sondern — was sie öfler sollten — auch einmal 
als öffentliche Verschönerung genießen zu können. 

RUD. BÖCK. 

SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN. 

Düsseldorf. Bei Eduard Schulte sind einige Novitäten 
ausgestellt, welche das Interesse in Anspruch nehmen. Da 
ist erstens eine kleine Stimmungslandschaft von Michael 
Munkaesyt eine Studie von schöner Wirkung. Ein von 
Wald und Wiese dichtbewachsenes Thal mit sanfb ansteigen- 
den Hügeln, das Ganze in einen dufb'gen Hauch gehüllt. 
— Im Mittelsaal hat Theodor RoehoU sdn neuestes Bild aus- 
gestellt. Es ist das kleine Reiterporträt des Obersten vom 
hiesigen Dianenregiment, Beyer von Ehrenberg. Der Offizier 


sitzt auf seinem Pferde mitten im Sonnenschein! Rocholl 
ist leidensohafÜicher Freilichtmaler und meistens mit Glück. 
Neben Rooholl hängt ein prachtvoller Galame, eine Schweizer- 
landschaft von grandioser Auffassung und dabei minutiöser 
Durchführung. Es ist eines der schönsten und besterhalte- 
nen Werke des Meisters. Neben einem solchen Bilde wirkt 
selbst der im nächsten Zimmer hängende alte Hobbema, so 
fein er im Ton ist, flau. Das Bild scheint übrigens gut 
konservirt zu sein und ist in seinen grau-violetten Lufttönen 
und seinem warmen, etwas unwahren bräunlichen Terrain 
recht charakteristisch für den Meister und seine Zeitrich- 
tung. — Im oberen Saale sind die teils landschaftlichen, 
teils figürlichen Studien und Skizzen von Otto Eckmann 
aus München ausgestellt. Eckmann ist hyper-modem, aber 
wenn er auch manchmal hart an die Grenze des 
Möglichen streifl, so bleibt er doch noch verständlich. Der 
ernste Künstler und Poet spricht aus allem, was er 
malt. Schilf und Dünen und das große Geheimnis der un- 
ergründlichen Natur ist sein Gebiet, einsame Spaziergänge 
wandelt er gerne, wenn das letzte Licht am Horizont ver- 
glimmt, und wir folgen ihm, denn er besitzt die Kraft, uns 
seine Wege zu führen! Dunkler Wald: man kann anfieings 
kaum etwas erkennen. Allmählich unterscheidet man ein- 
zelnes und plötzlich geht einem die ganze Stimmung auf. 
Hier wandelt eine einsame Frauengestalt am Wasser und 
blickt in den dunklen Spiegel hinab, dort ruht, müde von 
der Arbeit, an einen mächtigen Baum gelehnt, eine alte 
Frau. Sie ist vor Müdigkeit eingeschlummert. Neben ihr 
liegt ein Korb, in dem sie Hölzer und Reisig gesammelt 
hat. Das Gesicht ist nach oben gekehrt, Mühen und Sorgen 
sind auf dem Antlitz zu lesen, aber in ihre Seele sind für 
kurze Zeit Friede und Vergessen eingezogen. — Auf einem 
anderen Bilde sitzt in einem Kahn ein Bursch, der Harmo- 
nika spielt In der Feme ein Dorf, dahinter die letzten 
Strahlen der Abendsonne verglühen. Es liegt Musik in dieser 
Farbe, die ganz auf die tiefen Akkorde gestimmt ist. — Ein 
an Israels erinnerndes Interieur ist schön empfunden. Alles 
rot und warm. Gegenüber hängen Pastelle, Porträts und 
Landschaften, die mehr auf das licht und die grauen feinen 
Töne abgestimmt sind. Im ganzen eine erfreuliche und sehr 
interessante Kollektion. Die tiefe Empfindung für Natur- 
poesie und der Ernst, mit dem die moderne Technik über- 
wunden und dienstbar gemacht ist, tritt Überall hervor. Und 
Eckmann kann xeiehnen! Er hat sich sogar die Mühe ge- 
geben, Anatomie zu studiren. Der prächtig modellirte 
Kopf der alten Frau beweist es. Ihm ist die Kunst heilig 
geblieben und er beherrscht die Technik, nichi die Technik 
ihn. Trotzdem dürften die Bilder im Publikum wenig ver- 
standen werden, es steht noch nicht auf der Stufe des Ver- 
ständnisses für derartige Kunst. Es ist auch in letzter Zeit 
verwirrt und misstrauisch geworden von all dem Lärm und 
traut sich nicht, selbständig zu prüfen. Und doch, ist es 
denn wirklich so schwer, das Echte vom Talmi zu unter- 
scheiden? — Hier ein Künstler, der impressionistisch arbeitet, 
ganz moderne Pfade wandelt und doch immer Dichter bleibt. 
Dort vielleicht dieselbe Mache, dieselben Mittel, und was 
sieht man: gar nichts oder das erste Stadium der Gehirn- 
erweichung. Und diese Gehirnerweichung wird alsdann mit 
viel Lärm und schönen Phrasen zum Genie proklamirt; was 
Wunder, dass man heute immer eifriger nach der Verwandt- 
schaft von Genie und Wahnsinn sucht! — Aber ein wenig 
Gesundheit und Verstand unterscheidet doch bald die Spreu 
vom Weizen. — nn. 

A. R. Freie Berliner Kuiistausstellufig. Aus dem „Salon 
der Zurückgewiesenen", der sich zu einer drohenden Kund- 


459 


Sammlungen und Ausstellungen. — Vereine nnd Gesellschaflen. 


460 


gebnng gegen die unertrBgUche Tyrannei der Jnry der 
Großen Kunstausstellung gestalten sollte, ist eine ,,Freie 
Kunstausstellung^* geworden, die etwa 400 Gemälde, Studien, 
Aquarelle, Zeichnungen, graphische Arbeiten nnd Bildwerke 
umfasst, von denen kaum die Hälfte zu den von der Großen 
Kunstausstellung zurückgewiesenen Werken gehört, und 
unter dieser Hälfte befindet sich streng genommen kein 
einziges Kunstwerk, das geeignet gewesen wäre, der Großen 
Kunstausstellung ein glänzendes Relief zu geben. Wenn 
die Jury kein schwereres Unrecht begangen hat als das 
durch die Protestausstellung in dem Panoramagebäude am 
Lehrter Bahnhof enthüllte, braucht sie ihr Gewissen nicht 
zu beuninihigen. Es kann zugegeben werden, dass einige 
der zurückgewiesenen Genrebilder, Landschaften, Studien- 
köpfe, Bildnisse, f^chermalereien u. s. w. von Max Horte, 
Schmidt 'Ilcrhoth, Schmidt -Consiant, Fischer- Corlin nicht 
schlechter sind als die Mehrzahl des von der Jury zu- 
gelassenen Mittelguts. Aber die Jury mag gedacht haben, 
dass auch darin ein M^ zu halten ist, und da mag bei 
der Riesenarbeit, die sie zu bewältigen hatte, manch einer, 
der früher gekommen, mit hineingeschlüpft sein, obwohl er 
nichts Besseres mitgebracht, als einige der Zurückgewiesenen. 
Im großen und ganzen kann man es der* Jury nur Dank 
wissen, dass sie allzu seichtes Mittelgut — in der Protest- 
ausstellung befinden sich geradezu kindische, dilettanten- 
hafte Zeichnungen und Aquarelle — femgehalten und dass 
sie uns mit den Schmierereien Munch's und den auf gleicher 
Stufe stehenden Phantasmagorieen von Edmund Edelf einem 
Geistesverwandten des Münchener Exter, verschont hat. — 
Den Hauptanlass zu dieser Ausstellung scheint die Zurück- 
weisung eines Entwurfs zu dem Kaiser- Wilhelm-Denkmal 
für Stuttgart von Max Klein gegeben zu haben. Der Entwurf 
ist von dem Stuttgarter Komitee prämiirt und zur Ausführung 
empfohlen worden. Die letzte Entscheidung ist noch einer 
engeren Konkurrenz überlassen worden. Es ist selbst- 
verständlich, dass das Urteil des Stuttgarter Komitees für 
die Berliner Jury nicht maßgebend sein kann. Sie hat nur 
über das Bildwerk an sich zu richten, nnd das Pferd des 
Kaisers zeigt so schwere Mängel, namentlich in der Bildung 
der Beine, dass eine Zurückweisung völlig begreiflich ist. 
Wir zweifeln nicht daran, dass der sonst sehr begabte 
Künstler diese Mängel beseitigen wird, falls sein Entwurf 
zur Ausführung kommt. Ein anderer „clou** dieser Aus- 
stellung ist das abgelehnte Bild des unglücklichen A, von 
MeckeL Wenn der Künstler die Zurückweisung dieser in 
jedem Betracht reizlosen Marine — einer leicht bewegten 
See mit Ruderbarken bei bedecktem Himmel und dunstiger 
Luft — wirklich so schwer empfunden hat, dass er sich 
darum den Tod gab, so hat er jedenfalls an beklagenswerter 
Unkenntnis über die Grenzen seines Könnens gelitten. 

— München. Neben der großen internationalen Kunst- 
ausstellung der Münchener Künstlergenossenschaft im könig- 
lichen Glaspalaste wird diesmal die erste Ausstellung des 
Vereins bildender Künstler Münchens (der sogenannten Se- 
zessionisten) Literesse beanspruchen. Diese Ausstellung der 
Sezessionisten, deren Mitgliederzahl 130 ordentliche (Mün- 
chener) und ungefUhr 140 korrespondirende (Deutsche, Fran- 
zosen, Skandinavier, Holländer, Belgier, Italiener, Engländer 
und Schotten, Spanier, Russen, Amerikaner u. s. w.) beträgt, 
hat ihre Stätte in einem architektonisch geschmackvollen 
und vornehmen Ausstellungspalaste am Rande des herrlichen 
Englischen Gartens, der größten Parkanlage Münchens, und 
in der Nähe des Hofgartens mit seinen Arkaden , schattigen 
Plätzen und Cafes gefunden. Die Hauptfront des Gebäudes, 
dessen innere Ausstattung gleichfalls allen künstlerischen 


Anforderungen entspricht, bildet die abgeschrägte Ecke 
der Piloly- und Prinzregentenstraße, die in ihrer Ver- 
längerung den schattenspendenden idyllischen Gasteig-An- 
lagen zuführt. Die Beteiligung von seiten der deutschen 
und ausländischen Mitglieder der Sezession an der Aus- 
stellung wird namentlich in qualitativer Hinsicht eine her- 
vorragende sein. Jedenfalls sieht die bayerische Metropole 
einer außergewöhnlich kunstreichen Saison entgegen. Da 
der Bau des Ausstellungspalastes rasch fortschreitet, hofft 
man, die Pforten noch zur Zeit des deutschen Joumalisten- 
und Schriftstellertages (10. Juli) dem kunstfrenndlichen 
Publikum öffnen zu können. — Die Leitung der sogenannten 
Sezessionisten besteht ans folgenden Herren : Bruno Piglhein, 
erster Vorstand; Hugo Freiherr v. Habermann, zweiter Vor- 
stand; Paul Höcker, Schriftführer; femer Ludwig Dill, 
Albert Keller, Gotthard Kuehl, Arthur Langhammer, Franz 
Stuck, Fritz v. Uhde, Victor Weishaupt, Heinrich Zügel, 
Bernhard Buttersack, Ludwig Herterich, Wilhelm Keller- 
Reutlingen. Im Presskomitee der Sezessionisten befinden 
sich Ad. Bayersdorfer, G. Hirth, Rieh. Muther u. a. Als 
Bureauleiter fungirt Ad. Paulas. 

VEREINE UND GESELLSCHAFTEN. 

«-tt Ka/rlsruhe. Der hiesige Kunst verein hat seine 
Generalversammlung abgehalten; aus dem dabei erteilten 
Rechenschaftsberichte ergab sich, dass am Ende 1892 die 
Mitgliederzahl 1113 betrug. Im Laufe des vergangenen 
Jahres waren 993 Ölgemälde, 181 Aquarelle und 7 plastische 
Werke zur öffentlichen Ausstellung gebracht worden. Durch 
den Verein erfolgte der Ankauf von 32 Kunstwerken im 
Betrage von 9940 M. und durch Private wurden 26 Kunst- 
werke im Betrage von 17 795 M. käuflich erworben. 

Wien. — In der Pfingstwoche tagte hier die 42. Ver- 
sanunlung deutscher Philologen und Schulmänner, bei welcher 
die archäologische Sektion eine Reihe zum Teil auch für 
unseren Leserkreis interessanter Verhandlungen pflog. Dazu 
kamen mit Debatten verbundene Besichtigungen der im öster- 
reichischen Museum veranstalteten archäologischen Aus- 
stellung, besonders aber der kunsthistorischen Sammlung 
des Allerhöchsten Kaiserhauses, derselben Sammlung, deren 
einträchtiges Zusammenwirken mit den Tendenzen der Wiener 
Hochschule in einem angenehmen Kontrast steht zu den 
Verhältnissen gleicher Institute in andern Städten. — Von 
grossem Interesse war die unter Leitung des Dr. Robert von 
Schneider vorgenonmiene Besichtigung der bekannten grofien 
Bronxestatue vom üelenenberge , die von Dr. von Schneider 
im Auftrage des Oberstkämmereramtes in einer Festschrift 
publizirt worden ist. Er erklärt das schöne Werk, das früher 
auch unter dem Namen Hermes Logios oder Merkur von 
Virunum ging, für ein Original des vierten Jahrhunderts, 
wahrscheinlich Polykletischer Schule, und hält es für eine 
Siegerstatue, die in der Linken den Speer trug, während die 
Rechte zum Gebete erhoben ist. Wie der Fundort, die Fund- 
umstände und die auf dem rechten Schenkel angebrachte 
antike lateinische Weihinschrift, welche in neuerer Zeit 
modern nachgegraben wurde, beweisen, ist das Werk im 
ersten Jahrhundert v. Chr. wahrscheinlich auf dem Handels- 
wege von Aquileja nach dem Norden gekommen und als 
Tempelstatue in einem Heiligtum aufgestellt worden. Professor 
Bormann wies noch sicher erkennbare Spuren der ursprüng- 
lichen Inschrift nach. Das Alter der Bronze ins vierte Jahr- 
hundert V. Chr. zurückzudatiren, darüber waren Kekule, Conxej 
Schneider und Benndorf einig, während FUisch noch die 
Möglichkeit verteidigte, dass sie aus dem ersten Jahrhunderte 


461 


Vereine und Geeellscliaften. — Yermiachies. — Vom Eunstmarkt. — Zeitschriften. 


462 


und zwar italischen Ursprungs sei. Die erstgenannten teilten 
auch die Auffassung, daas zwar Berührungen mit Polykleti- 
sehen l^pen vorlBgen, aber eine Reihe von Kennzeichen 
überwiege, welche auf attische Entstehung hinweisen. Jeden- 
falls ist die Statue ein Werk Ton hohem kunstgeschichtlichen 
und auch künstlerischen Werte. — Dr. von Schneider trug 
auch eine neue Deutung der bekannten großen SUherschale 
von AquiU^a vor, indem er den Römer für den Kaiser Clau- 
dius, die Camilli und die Camilla für Britanniens, Nero und 
Octavia erklärte; fSsmer die Geschichte der berühmten Oemma 
Äugustea, an der er die neben der Oikumene befindliche bär- 
tige Figur ansprechend als Coehts deutete. — Dr. M, Eoemes 
referirte während des Besuches der archäologischen Aus- 
stellung über die berühmte Sittila von Watsch und Terwandte 
BronzegefMe mit figürlichen Reliefs, welche der vorrömischen 
Zeit angehören und in den südlichen Provinzen Österreichs 
sowie in der Poebene gefunden worden sind. Indem er die 
verschiedenen kunstgeschichtlichen Auffassungen, welche 
diese altertümliche Monumentenklasse in neuerer Zeit von 
Orsi, Benndorf, Brizio, Gherardini, Pais, von Duhn und Schu- 
macher fand, nur berührte, glaubte Dr. Hoemes selbst in 
ihr eine gediegene alteinheimische Technik zu erkennen, 
welche entscheidende Anregungen griechischer Kunst durch 
etrusldsche Yermittelung erfahren habe. Infolge einer natio- 
nalen Reaktion gegen die Etmsker hat die venetische Industrie 
die etruskische aus den Thälem der Ostalpen verdrängt. 
Die „lamine figurate" nehmen eine Mittelstellung ein zwischen 
den Funden von Hallstadt und La Töne und bieten vielleicht 
einen Fingerzeig fiir die noch unbekannte Herkunft des Stiles 
der letzteren Epoche. — Dr, Gurliit besprach ein merkwür- 
diges Kuppelgrab aus der Nähe von Pettau i. St. und Fund- 
stücke aus Römergräbern dieser Gegend. Brigetio, Camun- 
tum und Aquileja hatten reiches Material zur Besprechung 
geliefert. Über die künstlerisch bedeutenden Stücke der Aus- 
stellung berichten wir an anderer Stelle. — Hofrat Benndorf 
übernahm die Führung der archäologischen Sektion vor die 
Originalskulpturen des Heroons von Gjölbaschi, erläuterte 
zunächst an dem schönen Modelle Niemann^a Anlage und 
Zweck des Baues für den Totenkultus, und erklärte unter 
anderm das Theseion in Athen als analogen Bau. Das Monu- 
ment bietet von der monumentalen Malerei des fünften Jahr- 
hunderts V. Chr. und den großen Stoffen des kyklischen Epos 
der Griechen zusammenhängende Vorstellungen. — Direktor 
Kenner des kaiserlichen Münzkabinetts berichtete über den 
gegenwärtigen Stand der Forschung bezüglich des römischen 
Kunstmedaillons. Er wies den monetären Charakter des 
Medaillons, seine offizielle Geltung und die Wirkung poli- 
tischer wie kulturgeschichtlicher Vorgänge auf seine Ent- 
wickelung nach. In kunstgesehiehtlicher Beziehung wurde 
seine Bedeutung für die Pflege des Bildnisses, sowie die Stel- 
lung einer besonderen Art des Medaillons (Monetamedaillon) 
dargelegt und die Frage erörtert, inwiefern Nachbildungen 
von Bildwerken auf den Medaillons zur Ergänzung antiker 
Toni herangezogen werden können. Der Vortragende schloss 
seine durch ausgelegte kostbare Schaustücke wirksam unter- 
stützten Auseinandersetzungen mit dem Nachweise der wahr- 
nehmbaren Spuren einer Organisation der römischen Ge- 
schenkmünze, die sich. auf die Kategorisirung der Empfänger 
und die Scheidung der Kompetenz des Princeps und des 
Senates beziehen. — Zu den interessantesten Vorträgen zählte 
der von Professor Studniexka über die Sarkophage von Sidon; 
eine Reihe von Skizzen zeigte auch die Lokalität des Fundes. 
— Ein nicht zu unterschätzender Teil der Verhandlungen 
in der Sektion ist die beabsichtigte, freilich mit mancherlei 
Schwierigkeiten verbundene Promulgirung der durch die 


Archäologie gewonnenen festen Resultate für das Mittel- 
schulstudium, das damit in eine frische, belebende Strömung 
geführt würde. r, b. 


VERMISCHTES. 

\* Ein Gemälde von üans Bohrdt, „Kurbrandenburgs 
erste Seeschlacht" (1676), das sich auf der Großen Berliner 
Kunstausstellung befindet, ist vom Kaiser angekauft worden. 

\* Zur Ausschmückung des Berliner Rathauses. Die 
Ausführung von vier Marmorfiguren für die Nischen im 
ersten Stock der Turmhalle, die Schiffahrt, Ackerbau, Handel 
und Fischerei symbolisiren sollen, ist den Bildhauern Prof. 
Herter, Prof. Geyer y P. Breuer und A, Briät übertragen 
worden. — Die Stadtverordnetenversammlung hat dem An- 
trage des Magistrats, jährlich 100000 M. zur Verausgabung 
für Kunstzwecke in den Stadthaushaltsetat einzustellen, zu- 
gestimmt. Die Entscheidung über die Verwendung des 
Geldes ist einer Deputation von 15 Mitgliedern (10 Stadt- 
verordneten und 5 Magistratsmitgliedern) übertragen worden. 


VOM KUNSTMARKT. 

Frankfurt ajM, Am 19. d. Mts. versteigert die Kunst- 
handlung von F. A. C. Prestel die zum Nachlasse des Herrn 
Fritz Böhm gehörenden Ölgemälde, Aquarelle und Hand- 
zeichnungen, sowie eine Anzahl antiker Möbel und plastischer 
Arbeiten. Der Katalog ist soeben erschienen. 

%* Die Versteigerung der Sammlung Spitzer in Paris 
hat bis zum 2. Juni die Summe von 7 701 230 Frank ergeben. 

%* Bei der Versteigerung von alten und 'neuen Bildern 
aus dem Besitx der TeiUmber cm der Firma Baring Brothers 
in London, die am 3. Juni bei Christie stattfand, wurde das 
Bildnis der Mrs. Drummond von Gainsboroitgh mit 6700 Pfd., 
ein Gemälde „Daphnephoria" von Fr. Leighton mit 3750 Pfd. 
bezahlt. Ein angebliches Bildnis der Isabella Brandt von 
Rubens erzielte dagegen nur 650 Pfd., obwohl es bei der 
Versteigerung der Sammlung des Herzogs von Hamilton auf 
1837 Pfd. gekommen war. Nach dem Urteile einiger Kenner 
soll das Bild Übrigens von C. de Vos herrühren, auch nicht 
Rubens* Gemahlin darstellen. 


ZEITSCHRIFTEN. 

AUgemeiiie Kmisteliroiiik. 1898. Nr. 12. 

Georg Raphael Donner. Von Gl. Sokal. — Die archäologische 
Ausstellung. — Puvis de Chavannes. I. Von Dr. A. NossTg. — 
Zum Friedrich Bchmidt-Denkmal. — Gomill Schut in Prag. Von 
Dr. M. Di et«. — Die Berliner Kunstausstellung. Von P. H. 
Meissner. — Kunsthriefe : Prag. Von E. Stettner; Warschau. 
Von K. J. Nitman. 

Arehitektonisehe Knndschaii. 1892/98. Heft 8. 

Taf. 67. Wohn< und Geschäftshaus für Herrn M. in L. ; erbaut 
von Prof. Fr. Thiersch in München. — Taf. 58. Eckpavillon 
vom kgl. Schloss in Würzburg; aufgenommen von Lambert und 
Stahl, Architekten in Stuttgart. — Taf. 59/60. Entwurf zum 
Wiederaufbau des Stammschlosses des Grafen Nicolaus Ester- 
baszy bei Totls in Ungarn; von Tüshans und v. Abbema, 
Architekten in Düsseldorf. — Taf. 61. Entwürfe zum Innenausbau 
eines Schlösschens in Tirol von Zaar und v. Vahl. Architek- 
ten in Berlin. Schlafeimmer der Dame. — Taf. 63. Villa Helenen- 
fels in Marienthal - Schreiberhau im ßiesengebirge ; erbaut von 
Brost und Grosser, Architekten in Breslau. — Taf. 63. Thor- 
einfahrten und Eingänge zu alten Bauernhäusern in Böhmen; 
aufgenommen von Architekt G. Mirkovszkv in Berlin. — Taf. 
64. Gräflich Kesselstatt'sche Villa in Abbazia; entworfen von 
Prof. L. Th^yer in Graz. 

Bayerische Gewerbezeitnnflr* 1893. Nr. 10. 

Rohstoffgenossenschaften, werkgenossenschaften und Magasin- 
vereine. Von Dr. Th. Hampke. (Schluss.) 

Die Kunst fttr AUe. 1892/98. Heft 18. 

Theophil Lybaert. — Kleine Ausstellungen. Von K. Helfer ich. 

Gaiette des Beanx-Ari». 1. Jnni 1893. Nr. '432. 

Les Salons de 1893. I. Von H. Bouchot. — Une fresque de 
Bordognone dans Tößlise de San. Simpliciano k Milan. Von 
G. Gruyer. — Le Saint-söpulcre deThöpital de Tonnerre. Von 
B. Prost. — Claudius Popelin et la Renaissance des Kmaux 
peints. II. Von L. Falize. 


463 


Inaetate. 


464 


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Die neue Auflage hat einige, mit Rücksicht auf den Gebrauch an den Oberklassen der Gymnasien notwendige VerSnderangen erfahren. 
Darstellungen, welche durch ihre Anstössigkeit der weiteren Verbreitung des nützlichen Werkes hinderlich waren, sind entfprecfaend oi 
worden. — DM TextbHOll kann auch für sich allein bezogen werden som Preise von M. a.~ broschirt und M. a.50 gebondea. 

zo Lieferungen von je so Pf.) Es dient ebensogut zur ersten wie zur zweiten Aufl. 


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Gewisse 
ngestaltet 
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Inhalt: Die Große Berliner Kunstausstellung. I. Von A. Bosenberg. — A. Dareel t; 0. Baehting t; J. Scholz f. — J. Bujrekhardt; 


F. V. Dhde: A. Krüger, O. Niemann; F. Boybet; Charpentier; Lamottej Deflrasse; Dr. v. Oechelhäuser; Graf Harrach; L. Knaus; 

~ .landrelli; S(Aaper; M. Geyger. ^ Wettbewerb um das Denkmal Friedrich Schmidt's. — Enthttllung des Fritz Beuter -Denk- 

in Neubrandenburg: Karl -Olga -Denkmal in Stuttgart; die Denkmäler des Grafen L. Thnn-Hohenstein nnd der Professoren 

F. Exner nnd H. Bonltz im Hallenhofe der Wiener Universität. — Düsseldorf: Ausstellung bei E. Schulte; Freie Berliner Kunst- 


ansstellung; München: die Ausstellung der Sezessionisten. — Karlsruhe: der badisehe Kunstverein; Wien: Verhandlungen der 
archäologischen Sektion der deutschen Philologenversammlnng. — H. Bohrdt: Kurbrandenburgs erste Seeschlacht, vom Kaiser 
angekauft; Zur Ausschmflknng des Berliner Batnaoses. — Kunstauktion von F. A. C. Prestel in Frankfurt a. M. ; Preise der Ver- 
steigerung der Sammlung Spitzer; BUderpreise in London. — Zeitschriften. — Inserate. 


Für die Redaktion verantwortlich Aritar Seemann, — Druck von August Pries in Leipzig. 


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KUNSTCHRONIK 


■'- ^'^ 


WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE. 
Ankundigunpblatt des Verbandes der deutschen Kunstgewerbevereine. 


HERAUSGEBER: 

CARL VON LÜTZOW und DR. 

WIEN 
HeagMM 58. 


A. ROSENBERG 

C BERLIN SW. 
Teltowentraase 17. 


Verlag von E. A. SEEMANN in LEIPZIG, Gartenstr. 15. Berlin: W. H. KÜHL, Jägeretr. 73. 


Neue Folge. IV. Jahrgang. 


1892/93. 


Nr. 29. 22. Juni. 


Die Knnetchronik ericheint als Beiblatt inr „Zeiteehrift für bildende Kunst** and mm „Kanstgewerbeblatt" monatlich dreimal, in den 
Sommermonaten Juli bii September monatlich einmal. Der Jahrf^ng kostet 8 Hark und omfasst 88 Nammem. Die Abonnenten der „Zeit^ 
Bohrift für bildende Kunst* erhalten die Knnstohronik gratis. — Für Zeichnungen, Hanuskripte etc., die unverlangt eingesandt werden, 
leisten Redaktion und Yerlagshandlung keine Qew&hr. Inserate, k 80 Pf. für die dreispaltige Petitseile, nehmen außer der Verlagshand- 
lung die Annoncenexpeditionen von Haasenstein k Vogler, Rud. Messe n. s. w. an. 


DIE GROSSE 
BERLINER KUNSTAUSSTELLUNG. 

IL 

Bei einer weisen Beschränkung und hei einer 
geschickten Auswahl hätten die Münchener Sezes- 
sionisten einen vollen Erfolg erringen können. 
Sie hätten nur die schlimmsten Heißsporne ihres 
Vereins etwas zügeln und ihre korrespondiren- 
den Mitglieder zu stärkerer Beteiligung veran- 
lassen sollen. Wenn man in Abzug bringt, was 
die Münchener Künstlerclubs in corpore und die 
einzelnen schon firüher bei Schulte und Gurlitt 
ausgestellt haben, bleibt nur herzlich wenig übrig, 
das ein ernsthaftes künstlerisches Interesse er- 
regen konnte. Am meisten noch die für Berlin 
neuen Bilder Fritx von Vhde's: das Porträt des 
Schauspielers Alois Wohlmuth, der, in bequemem 
Hausanzug, beim Studiren einer Rolle eine wütende 
Gebärde macht, als ob's ihm nicht recht eingehen 
oder als ob er einen Intriguanten!eindringlich markiren 
wollte, die naturgroße Studie nach einer robusten, 
oberhalb nur mit einem Hemde bekleideten Dirne, 
die von einem im Rücken befindlichen Feuer röt- 
lich beleuchtet wird, und eine biblische Scene 
»Bleibe bei uns, denn es will Abend werden** 
(Christus und die Jünger von Emmaus auf der 
Landstraße vor der Herberge). In letzterem Bilde 
lässt sich etwas erkennen, das auf eine Rückkehr 
Uhde's zu seinen früheren Absichten, bei denen er 
den Ernst des Stoffes noch nicht den grüblerischen 
Experimenten des Suchers nach einer neuen künst- 
lerischen Darstellungsform opferte, deuten könnte; 


aber die Wandlungen Uhde's sind unberechenbar. Ist 
hier wieder eine Annäherung an die künstlerische 
Empfindung Rembrandt's, an die Einheitlichkeit 
seines malerischen Tons zu bemerken, so hat Uhde 
daflLr in dem lachenden Mädchen am Feuer die 
gröbsten Lichteffekte eines Honthorst noch über- 
boten. 

Nächst Exier, H. v, Heyden und Th. Heine, der 
übrigens in einigen Landschaften, z. B. in der mit 
der Figur eines Anglers einen ernsthafteren Ton an- 
schlägt als in dem Bildnis eines Herrn und in der 
beleidigenden Karikatur „Eine Exekution**, hat be- 
sonders Franz Stuck durch seine biblischen und my- 
thologischen Bilder großes Ärgernis erregt. Nicht so 
sehr durch die malerische Behandlung, die zwischen 
Thoma und Böcklin hin- und herschwankt, so be- 
sonders in der großen Kreuzigung Christi und in 
den Furien, die am Ende einer hohlen Gasse einem 
Mörder auf lauem, als durch die Art der Auffassung. 
Sie lässt fast immer einen Zweifel übrig, ob es dem 
Maler mit seiner von seinen Verehrern hoch ge- 
priesenen, mystischen , Naturpoesie" heiliger Ernst 
ist oder ob er nur seine Bewunderer auf die Probe 
stellen und im übrigen abwarten will, wie weit die 
Narrheit seiner Zeitgenossen geht. Bilder wie das 
erste Menschenpaar unter dem Apfelbaum, die vor- 
hin erwähnten Furien und vor allen der Faun, 
der in rasendem Lauf eine mit wagerecht ausge- 
strecktem Oberkörper fliehende Nymphe verfolgt, 
muten uns wie in Öl ausgeführte, . bildmäßig** ausge- 
staltete Entwürfe zu Humoresken für die „Fliegen- 
den Blätter* an. Andere Mitglieder des Münchener 
Sezessionistenvereins haben sich nicht einmal zur 




407 


Die Große Berliner Kunstaasstellang. 


468 


Einsendung von abgeschlossenen Kompositionen ver- 
standen. Statt uns sein großes, in vielem Betracht 
ausgezeichnetes Bild des heiligen Georg zu schicken, 
hat uns Ludtvig Herterich im vorigen Jahre mit 
einer grob hingestrichenen Skizze, in diesem Jahre 
mit einer noch flüchtigeren Studie des Heiligen in 
halber Figur abgespeist. Was er sonst noch an 
landschaftlichen Studien ausgestellt, ist so gering- 
fügig, so schludrig behandelt, dass man sich schließ- 
lich der Vermutung nicht erwehren kann, dass die 
Münchener Sezessionisten geglaubt haben, ftlr die 
Berliner Ausstellung wäre das Schlechteste gerade 
gut genug. 

Wir wollen diesen Faden nicht weiter spinnen, 
um nicht bei diesem überaus unerquicklichen Streit 
noch mehr Ol ins Feuer zu gießen. Wir dürfen 
aber nicht verschweigen, dass es sich dabei nicht 
etwa allein um künstlerische Gegensätze handelt, um 
einen Kampf zwischen der alten und der neuen 
Richtung, sondern viel mehr um Personenfragen, die 
zuerst in München und dann in Berlin Widerhall 
gefunden haben. Es ist der Kampf der Revolution 
gegen die Autorität, der Unabhängigkeit gegen die 
Überlieferung, die auf den Lehranstalten der Staaten 
gepflegt wird. Die einheimischen und die auswär- 
tigen Mitglieder des Vereins der Sezessionisten sind 
durch kein engeres Band vereinigt. Wie bunt- 
scheckig sie aussehen, wie sehr sie sich wider- 
sprechen, wie der eine hochhebt, was der andere mit 
Füßen tritt, das zum erstenmal klar enthüllt zu 
haben, ist das vornehmste Verdienst der durch keine 
Schranken gehemmten Ausstellung der Münchener 
Sezessionisten in Berlin. Man kann sich z. B. keine 
größeren Gegensätze denken, als sie unter den in 
Berlin im Gefolge der Sezessionisten erschienenen 
Franzosen G. Duhufe der jüngere, Dagnan- Bouveret 
und Gustav Courtois einerseits und F. A, Besnard 
andrerseits bezeichnen. Dubufe, ein beliebter Por- 
trätmaler der eleganten Welt, ist auch in seinen 
nackten Frauen- und Mädchengestalten, von denen 
er eine in Berlin, eine Allegorie der „Cigale** (Grille) 
nach Lafontaine's Fabel — merkwürdigerweise ohne 
das Seitenstück der „Ameise" — ausgestellt hat, 
ein Vertreter jener gepuderten, etwas süßlichen und 
fast konventionellen Eleganz, die von niemand so 
, sehr verabscheut wird wie von den Münchener Na- 
turalisten, die doch unter den Sezessionisten das 
große Wort ftihren. Dagnan - Bouveret's ganz in 
weißgelbe Gewänder gekleidete, holdselige Madonna, 
die mit dem Kinde unter einem mit Weinblättem 
bedeckten Laubengange einherwandelt, darf man als 


den Gipfelpunkt der modernsten Entwickelung der 
Hellmalerei im Sinne der Florentiner des 15. Jahr- 
hunderts betrachten, und das Bildnis eines jungen 
schwarzlockigen Künstlers von Courtois ist eine 
durch und durch gesunde Malerei alten Stils, die 
ohne jede Flunkerei^ ohne jede Koketterie mit mo- 
dischen Manieren das Urbild schlicht und wahr 
wiedergiebt. Besnard's »Sirene* dagegen ist heraus- 
fordernd und brüskirend in jedem Pinselstrich : ein 
oberhalb nur mit einem Hemd, unterwärts mit 
einem schmutzig -braunen, schlumpigen Rock be- 
kleidetes Mädchen von gemeinem Ausdruck in den 
groben Zügen zeigt dem Beschauer grinsend die 
Zähne. Die sich hinter der Dirne tief in das Bild 
hineinziehende Fläche, die aus lauter rosenfarbenen 
und hellvioletten Tupfen zusammengestrichen ist, 
soll das Meer darstellen, an dessen Strande die 
„ Sirene '^ steht. Es ist bekannt, dass diese Phantas- 
magorieen, diese abenteuerlichen Visionen, in denen 
sich „das Recht der Individualität" schon bedenk- 
lich der Tollheit ohne Methode nähert, in München 
viele Bewunderer und Adepten gefunden hat. Es ist 
ein wahrer Beleuchtungstaumel, eine Art Feuer- 
werkerei ausgebrochen, und selbst ein Künstler wie 
Max Klinger, der sich sonst in die tiefsten Gründe 
der menschlichen Seele , in die geheimnisvollsten 
Spekulationen des menschlichen Gehirns zu ver- 
senken liebt, hat dieser Tagesmode in dem Bilde 
„L'heure bleue* ein Opfer gebracht. Der franzö- 
sische Titel des Bildes ist anscheinend gewählt, um 
an ein Bild gleichen Namens von Besnard zu er- 
innern. Klinger scheint mit der «blauen Stunde" 
eine gewisse Abendstunde zu meinen, wo auf süd- 
lichen Meeren Lichtwirkungen entstehen, wie er sie 
hier auf den Körpern der drei nackten Mädchen sich 
widerspiegeln lässt, die anscheinend beim Baden auf 
einer Klippe Rast gemacht haben. Vielleicht hat 
er auch an die drei Sirenen der griechischen Sage 
gedacht, obwohl die drei Gestalten nichts im Sinne 
der Mythe Verlockendes an sich haben. Die eine 
steht hoch aufgerichtet, mit aufwärts blickendem 
Haupte, die Hände über dem Nacken verschränkt, 
während die beiden anderen auf dem Felsen in so 
verzwickten Stellungen liegen und hocken, dass man 
nur mit Mühe die einer jeden gehörigen Glied- 
maßen herausfindet. Die Hauptsache sind aber die 
bläulichen, roten und violetten Reflexe, die vom 
Meere her die drei nackten Körper bestrahlen. Ein 
zweites Bild IQinger's, eine Pieta, die Beweinung des 
neben dem Marmorsarkophage ausgestreckten Leich- 
nams Christi durch Maria und Johannes, zeigt uns 


469 


Nekrologe. — Wettbewerbungen. — Denkmäler. 


470 


dagegen wieder den ernsten und hochstrebenden 
Künstler, dem es nur leider nicht gelingen will, die 
Originalität des Stiles, die sich in seinen Radirungen 
ausspricht, auch in seinen Gemälden zu erreichen. 
Auch der bedingungsloseste Verehrer Klinger's wird 
zugeben müssen, dass wir hier eine Malerei aus 
zweiter Hand vor uns haben, einen Widerschein 
der Studien, die der Künstler nach den Florenti- 
nischen und Paduanischen Meistern des 15. Jahr- 
hunderts gemacht hat. Wenn wir sagen^ dass er in 
der Größe der Charakteristik an Mantegna heran- 
reicht, dass er die Tiefe des Schmerzes, der die 
beiden Leidtragenden erschüttert, zu ergreifendem 
Ausdruck gebracht hat^ so haben wir ihm volle Ge- 
rechtigkeit widerfahren lassen. Wir vermögen aber 
nicht einzusehen, weshalb der Künstler auf jeglichen 
Reiz des Kolorits verzichtet, weshalb er sich einer 
Trockenheit und Härte in der malerischen Behand- 
lung beflissen hat, die in den Augen vieler die Vor- 
züge der Charakteristik stark beeinträchtigen. 

Durch die Beteiligung der Münchener Sezes- 
sionisten hat Berlin auch zum erstenmal die Be- 
kanntschaft mit der Glasgower Malerschule gemacht, 
deren Mitglieder freilich nicht so zahlreich und nicht 
mit so herausfordernden und so völlig unverständ- 
lichen Bildern und Studien erschienen sind, wie 1890 
bei ihrem ersten Auftreten in München. Wenn man 
etwa von den Landschaften von James Paterson ab- 
sieht, die ein normales Sehvermögen auf eine harte 
Probe stellen, wird man die übrigen Arbeiten der 
Schotten, namentlich die Bildnisse von Chuthrie, der 
sich übrigens, wie das Porträt des Erzbischofs von 
Glasgow in ganzer Figur beweist, zu einer gewissen 
Größe der Auffassung hindurchgearbeitet hat, die 
Landschaften von John Lavery (die Brücke in Gretz 
und die Waldlandschaft mit Maria Stuart nach der 
Schlacht von Langside) und die Landschaften von 
Edioard A, WcUton schon unter einem milderen Lichte 
betrachten als vor drei Jahren. Inzwischen haben 
uns die Münchener und Berliner Naturalisten an 
Dinge gewöhnt, neben denen sich die Bilder der 
Schotten wie erste tastende Versuche ausnehmen. 

Zu den erquicklichsten und gediegensten Kunst- 
werken, die uns die Münchener Sezessionisten mit- 
gebracht haben, gehören die Bilder des in Rom 
lebenden Spaniers Jose Villegas, die in Ol gemalte, 
grandiose Einzelfigur des sein Todesurteil anhörenden 
Dogen Marino Faliero, eine Gestalt von wahrhaft 
unheimlicher Lebendigkeit der Charakteristik, "und 
das figurenreiche Aquarell „Kardinal, Absolution 
erteilend", und die drei »Studien" des in Paris leben- 


den Amerikaners Alexander Harrison. Die Motive 
sind immer dieselben: eine glatte Wasserfläche, in 
der sich Bäume, Wiesengrün, alle Lichter des Him- 
mels imd der Luft spiegeln, und am Ufer eine nackte 
Jünglings- oder Mädchengestalt, die dem Beschauer 
den Rücken zukehrt Aber die koloristische Lösung 
der Luft- und Lichtprobleme ist so geistreich, so 
frisch und doch so einfach, dass man an dieser Art 
von Freilichtmalerei seine helle Freude hat 

ADOLF ROSENBERG. 


NEKROLOGE. 

%* Der Oenrc' und Porträtmaler Liukvig Lang ist Ende 
Mai in New- York, wo er seit 1852 ansässig war, im Alter 
von 79 Jahren gestorben. Den größten Teil seines etwa 
50 000 Dollars betragenden Vermögens hat er seiner Geburts- 
stadt Waldsee in Württemberg fQr wohlthätige Zwecke 
vermacht. 

%* Der Oenre- und Landschaftsmaler Karl Schlesitiger 
ans Lausanne ist am 12. Juni in Düsseldorf, wo er sich vor 
vierzig Jahren niedergelassen hatte, im Alter von 67 Jahren 
gestorben. 


WETTBEWERBUNGEN. 

* Pfarrkirche in Esscg. Für den Bau einer neuen Pfarr- 
kirche zu Esseg in Slavonien war ein Wettbewerb ausge- 
schrieben, bei welchem die Architekten Hermann, Lnntz und 
Wächtler in Wien als Preisrichter fungirten. Den ersten 
Preis erhielt der gotische Entwurf von Franx, Lanyeberg, 
Baumeister in Bonn, den zweiten der in italienischer Renais- 
sance gehaltene Plan von August Kirsteitif Architekt in 
Wien, den dritten der gotische Entwurf von August Qrothe 
und Rudolf Jakob, Architekten in Dresden. Bemerkenswert 
an dieser Konkurrenz war die verhältnismäßig große Anzahl 
von Renaissanceprojekten für ein kirchliches Bauwerk. 


DENKMALER. 

»» tt Karlsruhe, Bildhauer Professor Volx hat das Modell 
eines Grabdenkmales für den verstorbenen Prinzen Ludwig 
Wilhelm von Baden vollendet und zur Ausstellung in 
seinem Atelier gebracht. Im Anschlüsse an die Epitaphien 
Rauches im Mausoleum von Charlottenburg stellt der hiesige 
Künstler den Prinzen auf dem Paradebette über einem reich- 
geschmückten Sarkophage liegend dar. Das in Marmor 
auszuführende Kunstwerk soll in dem in AusfQhrung 
begriffenen Mausoleum im Fasanengarten beim großherzog- 
lichen Schlosse angestellt werden. Das Mausoleum wird 
nach dem Entwürfe des im Jahre 1891 in Freiburg ver- 
storbenen erzbischöflichen Bauinspektors Franz Bär im früh- 
gotischen Stile durch den großherzoglicben Hofbaudirektor 
Hemberger mit einem Kostenaufwande von 600000 M. er- 
richtet und dürfte noch im Laufe dieses Jahres seine Voll- 
endung finden. 

Karlsruhe «. B, Professor Adolf Heer, dem in der Kon- 
kurrenz um das Kaiserdenkmal der erste Preis und die 
Aufgabe der Ausführung dieses Werkes zugefallen, hat nun- 
mehr das Hilfsmodell dazu vollendet und dasselbe in seinem 
Atelier den Kunstfreunden zugänglich gemacht. 

*^* Mit der Ausführung des Kaiser 'Wilhelm Denkmaln 
für dif Stadt Rnhrort in der Rheinprovinz ist der Bildhauer 


471 


Sammlungen und Auastellangen. 


472 


Gustav Eberletn beauftragt worden. Wie die „Nordd. Allg. 
Ztg/' mitteilt, sind die Kosten des Denkmals, ausschließlich 
der Fundamentirungsbauten , auf 130000 M. festgesetzt 
worden. 


SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN. 

\* Begründung eines Mrdseums von Otpsabgüssen in 
Born. Man schreibt der „Kölnischen Zeitung*': „Dass es 
auf dem Gebiete der archäologischen Studien in Rom noch 
an irgend etwas fehlen könne, ist ein Gedanke, der dem 
Laien, der Rom besucht und den Wald von Statuen, die 
Fülle von Inschriften und die Masse von sonstigen Alter- 
tümern angestaunt hat, wohl niemals kommen würde, und 
doch ist in der That ein sehr fühlbarer Mangel vorhanden : 
es giebt in ganz Rom kein Antiken-Kabinett, wie es selbst 
die kleinste deutsche Universität besitzt, d. h. eine Sammlung, 
welche das Anschauungsmaterial für das Studium der ge- 
samten antiken Kunst^ntwickelung darböte. Die römischen 
Skulpturensammlungen mit ihren Tausenden von Bildwerken 
enthalten fast ausschließlich Arbeiten der hellenistischen 
und der römischen Kunstepoche; es fehlen &st gänzlich die 
Vertreter der archaisch-griechischen Zeit, der Epoche vor 
Phidias und des Höhepunktes der griechischen Kunst. Die 
Originale' der aus diesen Zeiträumen erhaltenen richtung- 
gebenden Hauptwerke befinden sich in Museen anderer Orte; 
und wenn auch im römischen Privatbesitz oder in einzelnen 
Sammlungen manche Abgüsse jener Werke vorhanden sind, 
so fehlte doch bisher immer die in den Hauptstücken voll- 
zählige, nach historischen^ wissenschaftlichen Gesichtspunkten 
geordnete, zum Studium der antiken Kunstentwickelung her- 
gerichtete Sammlung von Gipsabgüssen. Die ist nunmehr 
trotz mancherlei finanzieller Schwierigkeiten begründet, und 
das Verdienst um die Errichtung des „Archäologischen 
Kabinetts'', für welche auch die fremden, nach Rom wandern- 
den Archäologen voll dankbarer Anerkennung sein werden, 
gebührt dem gegenwärtigen Unterrichtsminister Martini 
und dem Professor Emanuel Löwy. Letzterer, der seit vier 
Jahren das Fach der antiken Kunstgeschichte an der hiesigen 
Universität vertritt, fisind für seinen Plan, ein Kabinett in 
genannter Art zu schafi^en, bei Martini volles Verständnis 
und warme Förderung. Die B^nappheit der Finanzen ge- 
stattete leider nicht, sofort mit großen Summen zu arbeiten 
und für die Gründung erhebliche Beträge vom Parlament 
zu verlangen. Aber der Minister fand doch Rat und stellte 
Herrn Löwy Mittel zur Verfügung, die zwar bescheiden 
waren, aber einen Anfang ermöglichten. Und dieser Anfang, 
der sich an die laufenden Vorlesungsbedürfnisse Löwy-s an- 
schließt, ist sehr vielversprechend. Die Auswahl und An- 
ordnung der plastischen Werke für die Epoche des Phidias 
könnte nicht besser sein, daneben ist für die geschickte Er^ 
gänzung des Anschauungsmaterials durch Photographieen 
gesorgt. Es i.st dringend zu hoffen, dass es den Schöpfern 
dieser Sammlung möglich wird, nach ihrem Plan binnen 
einiger Jahre die Vollendung ihres Werkes zu erreichen, dass 
vor allem Herrn Martini trotz aller Sparsamkeitsneigung 
des Parlaments stets die erforderlichen Mittel zur Verfügung 
stehen." 

— u — Tiber den englischen Maler und Zeichner Walter 
Orane und die Ausstellung seiner Arbeiten im Königl. Kunst- 
gewerbemti^eum xu Berlin sprach Herr Bibliothekar Dr. 
P. Jessen in der letzten Sitzung des Vereins für deutsches 
Kunstgewerbe, dem wir folgendes entnehmen: Unsere deko- 
rative Kunst hat nichts so nötig wie individuelle Persönlich- 
keiten und Meister, und das Kgl. Kunstgewerbemuseum hatte 


daher beschlossen, eine solche Persönlichkeit dem Publikum 
in den Arbeiten des englischen Malers und Illustrators 
Walter Orane vorzuführen. Er ist erst 48 Jahre alt, und 
trotzdem ist es ihm gelungen, zu den einflussreichsten Führern 
der dekorativen Kunst im heutigen England gezählt zu 
werden. Uns Deutschen kann diese Bewegung nur Nutzen 
bringen. Auch in England hat man wie bei uns an alte 
Vorbilder angeknüpft, aber die Engländer sind schneller 
vorwärts gegangen; sie haben schneller die großen Massen 
der Vorbilder verarbeitet, haben schnell den Wert des Kon- 
struktiven in jedem Gerät erfasst und besonders die Pflanzen- 
welt mit ihren reichen Motiven zu verwerten gewusst. Nach 
dieser Richtung hin ist Walter Grane besonders thätig ge- 
wesen. Er ist in erster Linie Maler und Illustrator und in 
Deutschland ist er hauptsächlich durch seine illustrirten 
Kinderbücher bekannt. Diese Bücher sind dadurch so an- 
ziehend, dass sie so recht im Sinne des Kindes gehalten 
sind. Die Dinge werden einfach erzählt, die Figuren groß 
und energisch in ein&cben Umrissen gehalten, die Farben 
sollen der Natur nicht nahe kommen, sondern sind flach 
und ohne Schatten, aber deutlich und lebendig, und das 
Ganze treflPlich für ein Kindergemüt stilisirt. Bei diesen 
Arbeiten kam ihm seine frühere Thätigkeit als Holzschneider 
sehr zu statten, und dadurch war er besonders befähigt, den 
Holzschnitt in diesen Kinderbüchern auf ein gesundes Maß 
zurückzuführen. Seitdem hat er eine große Fülle anderer 
Arbeiten geschaffen in den verschiedensten Techniken. Seine 
Hauptstärke liegt in den Federzeichnungen, die durch Zink- 
ätzung vervielfältigt und auch zweifarbig verwertet werden. 
In dieser Richtung ist vor allem zu nennen das Buch „Echoes 
of Hellas, von 1888, Nachdichtungen nach Homer und 
Aschylus, in der antikisirenden Art illustrirt. die der Künstler 
neuerdings bevorzugt. Zierlicher in der Art der Darstellung 
ist das meisterliche Werk „Pan pipes** von 1882, ein Lieder- 
buch nach alten Weisen, eine der anmutigsten Schöpüingen 
des Künstlers. Gradezu vorbildlich ist seine Art zu kom- 
poniren. Er nimmt kein Motiv und arbeitet darnach, sondern 
geht immer von dem Raum aus, den er zu füllen hat. Er 
bequemt den Figuren im Vordergrunde die hinteren passend 
an und lässt besonders die Perspektive, selbst in dem kleinsten. 
Raum, kriLftig und eindrucksvoll hervortreten. Er ist uner- 
schöpflich darin, besonders'solche Motive zu finden, die den 
Hintergrund des Bildes bilden, aber doch immer Bezug 
haben zu dem Hauptmotiv. Diese Meisterschaft in der Raum- 
füllung erkennt man in der Ausstellung auf Tritt und Schritt. 
Das Witzigste leistet er in den Buch Vignetten. Für englische 
Zeitungen, besonders den „Graphic'', hat er statt der Ober- 
schriften der einzelnen Teile (Lokales, Polizei, Schiffsberichte, 
Parlament) Kolumnenvignetten gezeichnet, die nicht größer 
sind, als die Überschrift in Typendruck sonst wäre, aber 
mit großem Geschick durch wenige Striche und Figuren an- 
deuten, was gerade der Teil der Zeitung enthält. Wie sehr 
er als Kompositeur einzugehen weiß auf den Raum, das 
zeigt besonders wieder „Echoes of Hellas", wo er es ver- 
standen hat, den Raum jeder Seite neu zu beleben und zu 
varüren. Er hat es selbst ausgesprochen, dass die Zeichnung 
in der dekorativen Kunst die Hauptsache sei, und so 1^ 
er besonders Wert auf den Umriss der Zeichnungen, deren 
Wirkung durch die Photographie nicht erreicht wird. Dieser 
Neigung zu stilisiren bleibt er auch in seinen Gemälden 
treu. Er ist kein Maler der modernen Schule, weiß aber 
mit den Motiven die Farbenstimmung zu verbinden. Nicht das 
eigentlich Malerische ist sein Ziel, sondern die sinnige Erfindung 
und die strengeAnmut der Gestalten, antikem Geiste und antiker 
Form sich nähernd. Unter den Buchillustrationen kommt be- 


T f 


473 


Sammlnngeo und Aassiellangen. 


474 


sonders in den Zeichnungen zu seinem Werk ,,Pan pipes" dieser 
Reiz der Dekorirang zur vollen Qeltong, um so reizender, als in 
dem Holzschnittwerk fast der beste Teil der maleriscben 
Wirkung verloren gegangen ist. Ausgezeichnet ist Walter 
Crane auoh in der eigenen Art, die menschliche Figur zu 
stilisiren. Hier ist er den alten Meistern nachgegangen. Als 
solcher gehört er zur Schule der sogenannten Präraphaeliten, 
die bekanntlich im Anschluss an die Meister der italieni- 
schen Frührenaissance historische oder ideale und phan- 
tastische Vorwürfe mit einfachen Ausdrucksmitteln zu lösen 
suchen. In seinen Zeichnungen hat er besonders von Dürer 
und von den alten deutschen Meistern des Holzschnittes sehr 
viel gelernt. Aber mehr noch hat er gelernt von der Antike. 
Hierhin gehören besonders seine Entwürfe fQr Paneele, die 
durch und durch der Antike in Umrissen und Formengebung 
sich nähern, oft sogar an die antiken Yasenbilder erinnern. 
Grade von dieser Einfachheit könnten unsere modernen 
Maler noch sehr viel lernen. Endlich ist Walter Crane 
als Erfinder auch Dichter, er hat ganze Werke selbst ge- 
dichtet und dann illustrirt, und dieser dichterischen Phantasie 
ist er stets treu geblieben. Besonders in die Blumenwelt 
hat ihn dieser Trieb geführt, das zeigen seine beiden 
Werke „Flora's Feast" und „Queen Summer**, in denen die 
Blumen als Personen in duftiger Blütentracht auftreten. 
Witzig und erfinderisch ist er in dieser Beziehung auch 
in seinen Illustrationen zu Grimmas Märchen, in denen 
es ihm meisterhaft gelungen ist, die Motive des ganzen 
Märchens oft in die Kopfleiste zusammenzudrängen. Diese 
eigentümliche Kraft der Erfindung entzückt jeden, sie be- 
fähigt den Künstler aber auch selbst besonders zum Zeichner 
fär das Kunstgewerbe. Er hat Glasfenster gemalt, Mosaiken 
gezeichnet, hat hier besonders Stein für Stein dem Techniker 
vorgezeichnet und ist vor allem Zeichner für Tapeten. Seine 
Buchillustrationen führten ihn darauf, för Tapeten zu zeich- 
nen. Ein Fabrikant hatte ohne sein Wissen die Illustratio- 
nen von „The Baby's Opera" als Kinderstubentapete heraus- 
gegeben, und gleichsam zur Selbstverteidigung zeichnete er 
dann selber Muster in Verbindung mit Mr. Metford Warner 
(Firma: Jeffrey & Co.). Durch ihn und andere selbständige 
Erfinder hat die englische Tapete in den letzten 15 Jahren 
ihren ganz eigenartigen Stil erhalten. Sie ahmt nicht alte 
Gewebemuster nach, wie es unsere Zeichner meist versuchen, 
sondern ist mit frei kombinirten Flachmustem bedeckt, zu 
denen vorwiegend der Blumenschmuck verwertet wird. Aber 
auch hier bleibt Walter Crane sich treu und zieht außer 
der Pflanze besonders Idealfiguren oder Symbole heran, um 
der ganzen Komposition ein sinnvolles Grundmotiv unter- 
zulegen. Demgemäß giebt er seinen Mustern auch bedeu- 
tungsvolle Namen: die Krone des Lebens (Corona vitae), 
der Pfauengarten (Pfauen in Bewegung), Waldklänge (die 
Motive einer Jagd) u. s. w. Nach englischer Art gehört zu 
jeder Tapete ein breiter Fries, der statt unserer Stuckvouten 
den Obergang zur Decke vermittelt Auch die Decken selbst 
werden mit Tapeten verkleidet; hier hat er besonders die 
vier Winde als Motiv in genialer Weise verwertet. Walter 
Crane ist der eigentliche Organisator für das englische Kunst- 
gewerbe. Mit anderen genialen Engländern hat er diese 
Richtung weiter gepflegt, besonders durch kleinere Ausstel- 
lungen, bei denen immer die originellen Entwürfe das Wesent- 
liche sind, um das Individuelle und Persönliche zu zeigen. 
Interessant ist es, wie der Künstler sich aus diesen künst- 
lerischen Ideen heraus zu sozialistischen Theorieen neigt. Er 
meint, dass es in dem sozialen Zukunftsstaate keine Ma- 
schinen mehr geben werde, sondern nur einfache Verhält- 
nisse. Wenn unsere Gesellschaftsordnung wieder dahin ge- 


langt sei, dann werde es auch wieder eine Hauskunst geben. 
Aus diesen Tendenzen ist der Entwurf zu dem Holzschnitt 
„The Triumph of Laböur" entstanden, der 1891 für die Mai- 
feier der Arbeiter hergestellt wurde. 

B. B. Dass München gegenwärtig die fahrende Stadt im 
Kunstleben Deutschlands sei, stand seit Jahren fest. Wie 
kraftstrotzend aber und entwickelungsHlhig die Künstler- 
schafb Münchens ist, davon soll dieses Jahr einen neuen Be- 
weis bringen. Denn zwei große internationale Kunstaus- 
stellungen werden diesen Sommer nebeneinander geöffnet 
werden, die alte der Künstlergenossenschaft und die neue des 
Vereins bildender Künstler, der Münchener Sezession. Alt 
und Neu, das sind zwei bequeme, leicht verstÄndliche Schlag- 
wörter; und doch, wenn sie auch eine ganze Reihe der 
Gründe umfassen, die zur Spaltung geföhrt, ersbhöpfend sind 
sie keineswegs. Indes so viel ist richtig: die übergroße 
Mehrheit der Genossenschaftsmitglieder steht allem Moder- 
nen, allem Aufstrebenden feindselig gegenüber, betrachtet 
es als den Verfall und Verderb der Kunst, und wenn diese 
Anschauung in den letzten Jahresausstellungen nicht zum 
Ausdruck kam, so ist das eben jenen Männern zu verdanken, 
die nun, der unausgesetzten Kämpfe müde, sich abgesondert 
haben. Nun sind die Herren im eigenen Hause und haben 
die Möglichkeit, die vielstrahligen Bestrebungen der moder- 
nen Kunst, die wirklich eine Kunst ihrer Zeit ist, vorzu- 
führen, und zwar in einer würdigen und vornehmen Art. 
Dass die Riesenausstellungen die Stinmiung töten, dass sie 
mit ihrem Lärm, mit ihrer Buntheit keinen wahren Genuss 
aufkommen lassen, war seit langem die Empfindung aller 
Männer von Geschmack. Das soll vermieden werden. Kleiner 
wird die neue Ausstellung werden, intimer, kein Jahrmarkt, 
sondern ein behagliches Haus, in dessen Räumen jede künst- 
lerische Individualität zu ihrem Rechte kommen kann, keiner 
den anderen erdrückt und beeinträchtigt. Je kleiner die 
Zahl der ausgestellten Werke, um so strenger muss natur- 
gemäß die Auswahl sein, die landläufige Marktware, die in 
den Genossenschaftsausstellungen eine so große Rolle spielte, 
wird nicht vorhanden sein, nur die künstlerische Intention 
wird für die Aufnahme allein maßgebend werden. Es sind 
große und kühne Ziele, die der junge Verein sich gesteckt 
hat, und es waren große, fast unüberwindlich scheinende 
Schwierigkeiten, die sich seinen Plänen entgegenstellten. 
Aber das Unternehmen ist jetzt gesichert An der Prinz- 
regentenstraße wächst der kleine Palast seiner Vollendung 
entgegen, am 10. Juli werden sich zum erstenmal seine 
Thüren öffnen. Die Sezession hat zur Zeit 280 Mitglieder, 
darunter Namen, deren Klang aller Welt vertraut ist. Von 
Deutschen: Piglhein, ühde, Liebermann, v. Habermann, 
Kuehl, Zügel, Trübner, Stuck, Gussow, Max, Skarbina, der 
Wiener Strasser; von Fremden: Besnard, Boldini, Dagnan- 
Bouveret, Edelfelt, Herkomer, Israels, L' Hermitte, Maris, 
Villegas, Zorn. 

München, Jahresausstellung 1893 im k, OlaspalaMe. 
Obgleich die englischen Künstler durch die Beschickung der 
Chicagoer Ausstellung sehr in Anspruch genommen waren, 
wird die englische Abteilung im Glaspalaste dennoch ein 
sehr gutes Bild englischer Kunstthätigkeit bieten. Die ältere, 
sowie die jüngere Künstlergeneration Englands und Schott- 
lands wird durch wertvolle Werke vertreten sein. Mit be- 
sonderer Genugthuung darf auf die Kollektivausstellung des 
berühmten Malers G. F. Wotts hingewiesen werden, dessen 
bedeutendste Werke in der englischen Abteilung zur Aus- 
stellung gelangen. Die Eigenart dieses hervorragenden Künst- 
lers, welcher Münchener Ausstellungen noch niemals be- 
schickt hat, wird zweifellos allgemeines Interesse erwecken. 


475 


Vereine und Qesellschaften. — VenniBchtes. 


476 


Von Bnme- Jones werden eine Reihe Zeichnungen und ein 
Porträt seiner Tochter aasgestellt: Alma-Tadema, wie auch 
dessen Frau bringen hervorragende Werke. Die schottische 
Kunst, hauptsächlich durch die Schule von Glasgow ver- 
treten, vervollständigt das Gesamtbild der englischen Ab- 
teilung, welche dieses Jahr gewiss nicht weniger Hervorragen- 
des bieten wird, als bei den vorhergehenden Ausstellungen. 


VEREINE UND GESELLSCHAFTEN. 

— Die diesjährige Schlusssitzung der kunstgeschicht- 
licfien Gesellschaft xu Berlin wurde eröffnet durch einen 
Vortrag des Herrn E. Schiceitxer über die Stunden des Tages 
und der Nacht, die in Stichen der französischen Akademie 
aus den ersten Jahrzehnten unseres Jahrb. weit verbreitet 
sind. Der Vortragende wies nach, dass das an die Apparte- 
menti Borg^a anstoßende Badezimmer des Kardinals Bibbiena 
einst ein stuckverziertes Mittelfeld an der Decke besessen 
habe, um welches die erwähnten Tagesstunden al fresco 
gemalt waren. Dieser Teil der Decke fiel späteren Umbauten 
zum Opfer, das ursprüngliche Bild ist nur in einem Stich von 
Montagnani von etwa 1790 uns überliefert. Übrigens dürfte 
die Ausführung der Originale nur nach RaphaeVs Angabe 
durch Perino del Vaga erfolgt sein. — Sodann sprach Herr 
Geh. Bat Lippniann über die „Ausstellung alter Kunstwerke 
in Madrid". Die Ausstellung war veranstaltet zur Kolumbus- 
feier und umfasste ursprünglich alles auf die Entdeckung 
Amerika's Bezügliche. Nunmehr zu einer Ausstellung fQr 
Kunst, Kunstgewerbe und Archivalien umgestaltet, bietet sie 
ein ungeheuer reiches Studienmaterial. Zu bedauern ist aber 
die mangelhafte Auswahl der Objekte, wobei wertlose Prunk- 
stücke vielfach bevorzugt sind. Treffliche niederländische 
Teppiche aus kgl. Besitz, flandrische Gemälde des van Eyck, 
R. van der Weyden u. a., Tapisserieen, Kirchengerät und viel 
zum Teil minderwertige spanische Gemälde und Skulpturen 
füllen die weitläufigen Säle. Wertvoll erscheint aber die 
umfangreiche Sammlung alter spanischer Drucke bis etwa 
1550, femer die vorzügliche, meist Kunstgewerbliches ent- 
haltende Privatsammlung des Grafen von Valencia. Somit 
gewährt die Ausstellung ein vielseitiges, aber nicht ab- 
schließendes Bild spanischer Kunst. M. s. 


VERMISCHTES. 

— Basel. Böcklin's Gemälde: „Gott Vater zeigt dem 
Adam das Paradies.'* In der Kunsthalle ist ein in Privat- 
besitz befindliches Gemälde Böcklin's ausgestellt, welches 
dem Publikum bis jetzt nicht bekannt war und nun an die 
Öffentlichkeit tritt, weil der Eigentümer dasselbe zu ver- 
äußern gedenkt. Es zeigt uns wieder die völlig subjektive 
Art, wie der Künstler einen Gegenstand von Grund auf neu 
darstellt, ohne dass er sich im geringsten um konventionell 
gewordene Formen kümmert. Von hinten links nach vorn 
rechts läuft die Grenze zwischen der Wüstenei und dem 
Paradies. Jene besteht aus wirr durcheinander liegenden 
Steinmassen; sie nimmt zwei Dritteile des Raumes ein und 
zieht sich durch den ganzen Vordergrund, dem Paradies 
bleibt nur die Ecke hinten rechts. Ein landschaftlicher 
Hintergrund fehlt. Aus dem Paradies kommt ein Bächlein 
in die Felsblöcke heraus geflossen, zwischen denen sein 
Wasser sich beruhigt Auf dem steinigen Grund sehen wir 
Gott Vater mit Adam stehen. Jener, uns zugewandt, ist in 
einen leuchtend roten, mit Sternen besäeten Mantel gekleidet, 
der die ganze Gestalt einhüllt, dass nur Kopf und Hände 
frei bleiben. Haar und Bart sind überaus mächtig, so dass 
der Kopf für die Figur zu groß erscheint. Mit der linken 


Hand weist der Herr nach dem Paradies hinüber, mit der 
rechten hält er den vor ihm stehenden nackten Adam um- 
fasst, den wir im Profil vor uns haben. 

%* Von der Berliner Kunstakademie. Bei der Kon- 
kurrenz um den großen Staatspreis im Betrage von 3300 M. 
zu einer einjährigen Studienreise ist der für Maler bestimmte 
Preis dem Maler Liulwig Fakrenkrog aus Rendsburg, der für 
Bildhauer dem BiiXdihwJtQi Ferdinand Lepcke zuerkannt worden. 
— Das Stipendium der Dr. Paul Schultze^tiftung im Be- 
trage von 3000 M. zu einer einjährigen Studienreise nach 
Italien hat der Bildhauer Ernst Freese aus Nauen erhalten. 

\* Ziir Aussekmückimg des Berliner Bathauses. August 
van Eeyden hat den aus zwanzig Darstellungen ans dem 
bürgerlichen Leben Berlins bestehenden Fries im Büiger- 
saale kürzlich vollendet. Die letzten fünf Bilder stellen der 
Reihe nach dar: die alte Berliner Feuerwehr (1810); einen 
Wochenmarkt (1850); den Empfang der Siegesdepesche am 
3.September(1870); den Weihnachtsmarkt (1876); einen Kaffee- 
garten (1840). Die künstlerische Ausschmückung des Saales 
ist hiermit noch nicht vollendet, denn es fehlen noch die 
zwölf Bildnisse hervorragender Berliner Bürger aus der Zeit 
des Rathausbaues, die in den Lünetten der Wandfelder zur 
Ausführung kommen sollen. Man hofft, dass auch diese 
Arbeit noch im Laufe dieses Jahres und zwar ebenfalls von 
Prof. V. Heyden vollendet werden wird. 

* Für die Erhaltung des lAn^erthors in Sahburg dauert 
die Agitation fort und wird hoffentlich das erwünschte Ziel 
erreichen. Die k. k. Centralkommission für Kunst- und histo- 
rische Denkmale in Wien richtete an die Salzburger Stadt- 
vertretung eine Zuschrift im obigen Sinne. Sollte, heißt es 
darin, die lokale Situation an der bezeichneten Stelle eine 
Verbreiterung der Straße dringend erheischen, so wäre es 
vielleicht möglich, dieselbe nach Art des Floriani-Thores in 
Krakau oder anderer ähnlicher Bauten durch eine Frei- 
stellung des Thorbaues und durch die Führung der Straßen 
um den Bau herum zu erreichen. Auch durch Schaffung 
von Durchgängen in den Seitenbauten des Thores könnte 
dem Verkehr gedient werden. — In Salzburg hat sich ein 
Komitee gebildet, welches die Mittel zur Durchführung dieser 
Vorschläge sammelt 

»tt. Karlsruhe, Die in den Jahren 1837^.1846 nor 
zum Teil von Dr. Heinrich Hübsch in Ausführung gebrachte 
hiesige Kunsthalle soll einen Weiterbau durch Errichtung 
zweier Gemälde- und zweier Skulpturensäle in nächster Zeit 
erhalten, wozu die Badischen Landstände bereits 400000 M. 
bewilligt haben. Da auch das von Moritz von Schwind mit 
Fresken (Einweihung des Freiburger Münsters durch Herzog 
Konrad I. von Zähringen, Sabina von Steinbach und Hans 
Baidung Grün) geschmückte Treppenhaus noch zwei große 
leere Wandflächen und mehrere leere Lünetten besitzt, so 
hat der hiesige Geschichtsmaler Oleichauf den Auftrag er- 
halten, im Anschlüsse an die bereits vorhandenen Schwind- 
sehen Wandbilder Entwürfe auszuarbeiten und diese nach 
erfolgter Genehmigung gleichfalls al fresco auszuführen. 

♦ Der xweikundertste Geburtstag Georg Raphael Donner* s 
vmrde in seiner Heimat feierlich begangen. Am 23. Mai 
hatte man das Hauptwerk des Meisters, den vielbewunderten 
Brunnen auf dem Neuen Markt in Wien , mit Lorbeer- 
gewinden umgeben. Die Stadt Wien, die Akademie der bil- 
denden Künste und die Genossenschaft der bildenden Künstler 
legten Kränze am Rande des Brunnens nieder. Die Künstler- 
genossenschaft gab zu Ehren des Meisters ein Festbankett, 
publizirte eine reich illustrirte, von Dr. A. Ilg verfasste Denk- 
schrift und ließ von Stephan Schwartz eine Denkmünze zu 
Ehren des Meisters anfertigen, welche auf der Vorderseite 


477 


Vom Eanstmarkt. — Zeitachriften. 


478 


das Bildnis Donner's, auf der Rückseite die Mittelfignr des 
schonen Brunnens zeigt Am 24. Mai, dem eigentlichen Fest- 
tage, folgte dann die Enthüllung der am Geburtshause 
Donngr's in Esslingen angebrachten Gedenktafel. Zu dieser 
von der Ortsgemeinde veranstalteten erhebenden Feier hat- 
ten sich zahlreiche Kunstgenossen, die Lehrer und Schüler 
der Akademie, die Mitglieder der Künstlergenossenschaft von 
Wien nach Esslingen begeben und blieben dort bis zum 
Abend in froher Vereinigung beisammen. Ein glücklicher 
ZnfaXl fügte es, dass um diese Zeit Prof. Ernst Herter, dessen 
Assistent Breuer und über zwanzig Schüler der Berliner 
Akademie zu Studienzwecken in Wien anwesend waren. 
Sie alle nahmen herzlichen Anteil an dem Ehrentage des 
gefeierten Österreichischen Bildhauers. 

Thortccdd8en*8 falsche Vorbild %um Reuchlin in der 
Walhalla. In von SybeVs Historischer Zeitschrift (N. F. X, 
562/63} steht ein Au&atz £. Gotthein's mit der Oberschrift 
t,Das Bildnis Beuchlin's^S aus welchem wir erfahren^ dass 
der von Thorwaldsen für die Walhalla gearbeiteten Büste 
Beuchlin's ein auf der Giefiener Universitätsbibliothek (?) 
aufbewahrtes Ölgemälde zxur Vorlage gedient hat, dieses 
aber auf einen Kupferstich Bembrandt's, der von den Kata- 
logen als femme endormie bezeichnet wird, zurückzuführen ist. 

%* Auf der großen Berliner Kunstausstellung hat der 
Kaiser noch ein zweites SeestÜck, ein deutsches Geschwader, 
dessen Hauptschiff die Kaiserflagge gehisst hat, von dem 
Maler Carl Locher in Kopenhagen, angekauft. 


VOM KUNSTMARKT. 

%* Die Versteigerung der Sammlung Spitzer in Pcpris^ 
die am 16. Juni beendigt wurde, hat eine Gesamtsumme 
von 9 107 931 Frank ergeben. Dieses Ergebnis ist also hinter 
der anfänglichen Schätzung des Wertes der Sammlung auf 
15 Millionen zurückgeblieben. Allerdings ist die Waffen- 
sammlung, die erst später versteigert werden soll, aus- 
geschlossen worden. 

Auktionen in London, Am 10. Juni fand bei Ghristie 
eine Auktion von Niederländern statt, wie eine solche seit 
dem „Bredel**- Verkauf 1875 nicht zu verzeichnen war. unter 
den 60 versteigerten Bildern befanden sich etwa 40 Nieder- 
länder, so namentlich kapitale Werke von Jacob Ruysdael, 
Hobbema, Adrian V. Ostade, v.d.Capelle, Teniers, Wouverman, 
Neer, Peter de Hooch, Mieris u. a. Aus dem Verkauf der 
Sammlung des verstorbenen M. George Field sind folgende 
bemerkenswerte Daten hervorzuheben: N. Berchem, Vieh 
einen Fluss durchschreitend, 14x21, beschrieben in Smith's 
Catalogue raisonn^, 682 ^; J. v. d. Capelle, Seestück, 840 j^; 
V. d. Hejden, Schlosshof mit Figuren von A. v. d. Velde, 
630 £\ Hobbema, waldige Landschaft, eins der besten Bilder 
der Sammlung, 24x34, bez. und Jahreszahl 1667, brachte 
4725 £'yZ. V. Hnysum, bez., ein hübsches Blumenstück, 483^; 
Adrian v. Ostade 10x8, mehrere Personen an einem Tisch 
Karten spielend, zwei Männer und eine Frau ein Glas in der 
Hand haltend, (radirt von W. ünger), 640 £; von dem- 
selben Meister, das Innere eines Wirtshauses, bez. und datirt 
1656, 13x15, kam auf 766 £\ Jacob Ruysdael, Mühle in 
waldiger Landschaft, 2172X27, bez., 1785 £\ von demselben 
Meister, Landschaft mit Figuren, bez., 22x26V2» 1260 £\ 
J. Steen, Interieur, 1572X14, bez., in Mezzotinto gestochen von 
Paul, aus der Bredel-Sammlung stammend, beschrieben von Dr. 
Waagen, 725 j^; Teniers, Kartenspieler, 18x23, bez., 798 jg"; 
dito, der Chemiker, 14x10^4, beschrieben in Smith 's Catalogue 
raisonnÖ, 088 jf; zwei Seestücke von A. v. d. Velde, beschrieben 
von Dr. Waagen, Treasures, Teil II, S. 336, kamen auf 354 £ 


und 977 j^; P. Wouverman, 772Xlli Landschaft mit Figuren, 
gestochen von ALiamet, ein Bild, das Dr. Waagen ein kleines 
Juwel nennt, 483 £\ Jean Baptiste Grenze, ein hübscher 
Mädchenkopf mit goldigem Haar, 15x12, erreichte den Preis 
von 3045 jf . Im ganzen brachten diese 46 Bilder 24 558 £. 
— An demselben Tage fand bei Ghristie der Verkauf von 
Bildern aus der Sammlung von Mr. Heywood und des Bischofs 
Wilberforce statt, unter denen die besten Preise folgende 
waren: N. Berchem, Mündung eines Flusses mit italienischer 
Landschaft, bez. und datirt 1654, 452 £\ J. v. Hey den und 
A« V. Velde, eine Straßenansicht einer holländischen Stadt, 
22x27, 663 £\ Peter de Hooch, eine holländische Stadt, 
420 £\ Salomon de Koninck, bez. 1639, 380 £\ 
Philipp de Koninck, Landschaft, 945 £\ N. Maes, Frontan- 
sicht eines Schlosses mit mehreren Personen 600 £\ Aart 
V. d. Neer, Flussscene, 33x46, bez. 735 £, Endlich befand 
sich auch auf der Auktion ein sehr merkwürdiges und inter- 
essantes Bild, das nachweislich aus dem Jahr 1507 oder 
1508 stammt, aber schließlich von den Sachverständigen nicht 
als „Raphael** aufrecht gehalten wurde, unter welchem Namen 
es in den Katalog aufgenommen war. Es sollte dies eine 
Wiederholung der „Belle Jardinidre*' im Louvre sein. Das 
hiesige Bild, aus der Sammlung des verstorbenen Barons 
Fleury, befand sich seit Generationen in dieser Familie. 
Eine Lilie, als Zeichen, dass das Bild einst Franz I. gehört 
hatte, befindet sich in der linken Ecke. Da das Gemälde 
mit Recht als nicht von Raphael herrührend verworfen 
wurde, so brachte es nur 399 £, S 


ZEITSCHRIFTEN. 

AUffemeine Kimstehroiiik. 1898. Nr. 18. 

Pavis de Chavanne. Von Dr. A. Nossig. — Die Berliner Ennst- 
auBstellung von F. A. Meissner. — Aus den beiden Salons. 

ArohitektoBlsche Bandschaii. 1892/98. Heft 9. 

Taf. 65. Bathans in Ingolstadt. Umbaa von Prof. O. Sei dl in 
München. — Taf. 66. Projektirte Obelisken für die Stephanie- 
brücke in Wien vom t Baurat 0. Hie s er. — Tal 67. Kirche in 
Gebweiler; aufigenommen von Lambert nnd Stahl. Architek- 
ten in Stuttgart. — Taf. 68. Entwurf zu einer Villa von den 
Architekten Burnham und Boot in Chicago. — Taf. 69. Luther- 
kirche auf dem Dennewitzplatz in Berlin; erbaut von Prof. 
J. Otzen daselbst. — Taf. 70. Wohnhftuser Oartenstraße 56 und 
58 in Düsseldorf ; erbaut von Tüshaus und v. Abbema, Archi- 
tekten daselbst. — Taf. 71. Grabmal der Familie Siegle auf dem 
Fangelsbaohfrledhof in Stuttgart; entworfen vom f Oberbanrat 
A. (inauth. — Taf. 78. Korpshaus der .Guestphalia'' in Heidel- 
berg; erbaut vom Baurat H Behaghei daselbst. 

Christliches Kunstblatt. 1898. Nr. 6. 

Künstlerische Erziehung. ~ Kunstbericht aus Berlin. — Die Be- 
deutung der „Oranten" in der altchristUchen Kunst Von Dr. 
A. Heussner. — Karolingisch oder jünger? — Vom Memminger 
Ghorgesttthl. 

Die Graphischen Kflnste. XYL Jahrgang 1898. Heft 2. 

Hanß von Bartels. Von H. Weizsäcker. — Jacoby*s Stich 
von Soddoma's Vermählung Alexander's mit Boxane. Von 
R. GrauL 

Gewerhehalle. 1898. Heft 6. 

Taf. 41. Oberliohtgitier im Nordböhmischen Gewerbemosenm zn 
Reiohenberg; anfjgenommen von A. Erben , Assistent. —Taf. 42. 
Damensekretär, zugleich Salonsohrank, entworfen von R. Hin- 
derer in Stuttgart. — Taf. 48/44. Entwurf zur Bemalung einer 
dreistöckigen Fassade von H. Kaufmann in München. — Taf. 
45. Renaissancethürklopfer aus Ulm (Münster, Spitalkirche. Bür- 
gerhäuser); aufgenommen von R. Knorr in Stuttgart. — Taf. 46. 
Zierleisten und Vignetten; entworfen von L. Hellmuth, Real- 
lehrer in Ansbach. — Taf. 47. Kredenz im Kunstgewerbemuseum 
in Berlin (Deutsche Arbeit 1430—1440). aufgenommen von G.Zelt- 
ler. — Taf. 48. Goldstoflr (italienische Nachbildung von orien- 
talischen Stoffen, 16. Jahrb.) im k. k. österr. Museum für Kunst 
und Industrie in Wien; aufgenommen von M. Ort wein. 

Mitteilungen des k. k. Vsterreicliischen Museums f&r 
Kunst und Industrie. 1898. Heft 6. 

Die archäologische Ausstellung im k. k. österreichisohen Museun^. 
Von Dr. K. Masner. — Die ältesten Stufen italienischer Kunst 
und Industrie. Von Dr. M. Hoernes. (Sohlnss.) 

L'Art Nr. 697. 1. Juni 1898. 

Un Portrait d*apr^s fiyaointhe Higaud. Von A Durieux. — Le 
cent-onziöme Salon de Paris et le cent-vingt-cinquiöme Salon 
de Londres. (Fortsetz.) Von P. Leroi. 


479 


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480 


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bilder, Jagd- und Sportbilder, LandtehaflM 
und SeettCeke. Der Katalog wird gegen Ein- 
sendung von SO Pfjf . (fttrs Inland), ron SO Pflr- 
(Ars Ausland), in Brieflnarken franko sa- 
gesendet. [680] 

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Inhalt: Die große Berliner EnnsUnsstellung. II. Von A. Bosenberg. — L. Lang f; K. Schlesinger t. ~ Wettbewerbnng nm eine Pfarr- 
kirche in £88eg. — Grabdenkmal des Prinzen Lndwig Wilhelm von Baden in Karlsrnhe von Prof. Yolz; Kaiserdenkmal fär Karls- 
ruhe i. B. von Prof. Heer; Kaiser Wilhelm-Denkmal in Bahrort. — Begründung eines Museums von Gipsabgüssen in Rom; Aas- 
stelhing der Arbeiten von W. Crane im Kunstgewerbemuseum In Berlin; Ausstellungen in München; Jahresausstellung 1898 im k. 
Glaspalaste in München. — Kunstgeschichtliche Gesellschaft, in Berlin. — BÖcklin^s Gemälde Gott Vater zeigt dem Adam das 
Paradies; Von der Berliner Kunstakademie; Zur Ausschmückung des Berliner Kathauses ; Die Erhaltung des Linserthors in Salz- 
burg; Erweiterung der Kunsthalle in Karlsruhe; Der zweihundertste Geburtstag Georg Rafaels Donnerte ; Thorwaldsen's falsches 
Vorbild zum Reuchlin in der Walballa; Locher's Seestück vom Kaiser auf der Berliner KunstaussteUung angekauft. ~ Versteige- 
rung der Sammlung Spitzer in Paris. — Auktionen in London. — Zeitschriften. — Inserate. 

Für die Redaktion verantwortlich Artur Seemann. — Druck von August Pries in Leipsig. 


KUNSTCHRONIK 

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE. 
AnkQndigungsblatt des Verbandes der deutschen Kunstgewerbe vereine. 

HERAUSGEBER: 

CARL VON LÜTZOW und DR. A. ROSENBERG 

WIEN v,- BERLIN SW. 

HengMM 68. TeltowerstraMe 17. 

Verlag von E. A. SEEMANN in LEIPZIG, Gartenatr. 15. Berlin: W. H. KÜHL, Jägerstr. 73. 


Neue Folge. IV. Jahrgang. 1892/93. Nr. 30. 29. Juni. 


Die Kunttehronik erscheint als Beiblatt snr «Zeiteehrlfb Ar bildende Kanst" nnd cam .Knnstgewerbeblatt" monatlich dreimal, in den 
Sommermonaten Jnli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark nnd nmfksst 88 Nnmmem. Die Abonnenten der «Zeit- 
schrift fttr bildende Kunst* erhalten die Knnstchronik gratis. — Für Zeichnangen, Manuskripte etc., die unverlangt eingesandt werden, 
leisten Redaktion und Terlagshandlung keine Gewähr. Inserate, k 80 Pf. fttr die dreispaltige PetitKeUe, nehmen auß«r der Verlagshand- 
lung die Annoncenexpeditionen von Uaasenstein U Vogler, Rnd. Mosse u. s. w. an. 


Kongress in Nürnberg 1893. 


Mit immer wachsender Dringlichkeit macht sich f&r die Vertreter der verschiedenen wissenschaftlichen 
Disciplinen das Bedürfnis geltend, sich von Zeit zu Zeit in größeren Vereinigungen personlich näher zu 
kommen. Auf die seit langer Zeit eingebürgerten Versammlungen der Philologen und Schulmänner, der 
Naturforscher und Ärzte sind in den letzten Jahren Kongresse der Anthropologen, der Geographen und 
Historiker gefolgt, — um nur diese von vielen ähnlichen Versammlungen hier namhaft zu machen. 

Sicherlich würden auch für die Kunstforscher die guten Folgen solcher periodisch wiederkehrender 
Vereinigungen nicht ausbleiben. Der Gedanke, sie ins Leben zu rufen, wurde wiederholt von einzelnen 
Fachgenossen zur Sprache gebracht. Die Unterzeichneten sind übereingekommen, damit an die Öffent- 
lichkeit zu treten und so ein Werk wieder aufzunehmen, zu dem bereits vor zwanzig Jahren durch den 
kunstvnssenschaftlichen Kongress in Wien der Grund gelegt worden ist. 

Sie laden hiermit alle Vertreter der Kunstgeschichte, Professoren, Docenten, Vorstände von 
Museen und Beamten an solchen Instituten, sowie alle Privatgelehrten des Faches freundlichst ein, sich 

vom 25. bi« 27. September dieses Jahres in Nürnberg 

versammeln und ihre Teilnahme an dem bevorstehenden Kongress bis zum 15. August d. J. dem mit 
unterzeichneten Vorsitzenden des Nürnberger Lokalkomitees anzeigen zu wollen. 

Die Direktion des Germanischen Nationalmuseums hat den Konferenzsaal der Anstalt für die Ver- 
handlungen des Kongresses zur Verfügung gestellt. Außer den Besichtigungen des reichen öffentlichen 
Kunstbesitzes der Stadt Nürnberg soll versucht werden, eine Ausstellung von Kunstwerken aus privatem 
Besitz fbr die Kongresstage zu veranstalten. 

Für die dreitägigen Verhandlungen des Kongresses ergiebt sich als ein Hauptpunkt der Tages- 
ordnung die Diskussion über die periodische Wiederkehr der kunsthistorischen Kongresse selbst, sowie die 
Bestimmung über die Zeit und den Ort der zunächst ins Auge zu fassenden Vereinigung. Außerdem 
sollen Fragen methodologischer und praktischer Natur zur Erörterung kommen, deren bestimmte Fassung 
weiteren Ankündigungen vorbehalten bleibt. Diejenigen Fachgenossen, welche auf dem Kongress Vorträge 
zu halten oder kürzere Mitteilungen zu machen wünschen, wollen dies baldmöglichst dem Nürnberger 
Komitee zur Anzeige bringen. 

Somit sei das unter günstigem Zeichen begonnene Werk allen Fachgenossen wärmstens ans Herz 
gelegt! Mögen sie recht zahlreich unserer Einladung Folge leisten und dadurch beitragen zu der lösten Ge- 


483 


KunstaasstelluDg in Rom. 


484 


staltung einer Institution, welche die Kraft in sich birgt, die geistig Zusammengehörigen auch personlich 
einander näher zu bringen und in allen das Bewusstsein lebendig zu erhalten, dass vieles, was der einzelne 
fruchtlos anstrebt, durch die Gemeinsamkeit leicht geklärt und verwirklicht werden kann! 


Prof. Dr. H. HoUxinger, 
Hannover. 


Das vorbereitende Komitee: 

Geh. Hofrat Fr. X. Kraus, 

Freiburg L Br. 

Prof. Dr. V. Oechelhätiser, 

Heidelberg. 


Prof. Dr. C, v. Lütxow, 
Wien. 


Das Nürnberger Lokalkomitee: 
Dir. Hans Bosch, Vorsitzender des Lokalkomitees. Dr. Fuhse. Dr. Rampe, Dr. Bße. Dr. Stockhauer. 


KUNSTAUSSTELLUNG IN ROM. 

Rom, im Juni. 

Nach dem lauten Jubel der römischen Festlich- 
keiten wurde die große Kunstausstellung im neuen 
Palazzo an der Via Nazionale in tiefster Stille er- 
öffnet. Diese Vernachlässigung verdient sie keines- 
wegs. Denn obwohl auch diesmal die gewerblich 
produzirende Bildmalerei ein hübsches Stück der 
RäumUchkeiten für sich in Anspruch genommen 
hat, bietet diese neueste Ausstellung doch viele 
namhafte Werke dar, welche berufen sind, über den 
Charakter der neuesten italienischen Eunstbestre- 
bungen einen Aufschluss zu geben. 

Denn es soll- gleich hier bemerkt sein, dass 
die zehn Oebote des neuitalienischen (Großmeisters 
Favretto heute schon sehr wenig Gläubige finden, 
und dass die Eunstbestrebungen eine Bahn einge- 
schlagen haben, die zwar für Italien neu ist, aber 
sehr wenig mit dem italienischen Geiste zu schaffen 
hat. Es fehlt in den besten Stücken der Ausstellung 
der national-italienische Zug, wir finden da eine Ge- 
fühls- und Denkungsart, welche jener des hohen 
Nordens sehr nahe steht. Die dominirenden Werke 
deuten auf eine sehr charakteristische Vernachlässi- 
gung des Genrebildes, vom religiösen oder Historien- 
bilde ganz abgesehen. Eine breite Bestrebung nach 
einem dumpfen Mystizismus tritt in den Vorder- 
grund, die sich natürlich fast ausschließlich im Land- 
schaftsbild ihr heimisches Terrain geschaffen hat. 

Nicht die helle, farbige Sonnenscheinpracht in- 
spirirt die Eünstler, sondern die matte, in dumpfem 
Ton phantastisch daliegende Nachtlandschaft, der 
Abend mit seiner Stille und dürftigen Farbenskala. 
Nicht das laute, lachende Leben zieht die Poeten 
der Palette an, nicht der bunte Schwärm zwischen 
den schrill kolorirten Häusern der Flecken und 
Eüsten, sondern das friedlich daliegende Meer, die 
ruhenden Barken mit schlaffen Segeln. Was an 


Farbe noch zu sehen ist, beschränkt sich auf den 
glitzernden Punkt einer grünen Wachtlateme. — 
Dies ist die Stimmung, die sich die meisten Schwär- 
mer zuzieht. Dies ist die erste Lnpression, welche 
dem Besucher des römischen Salons entgegentritt. 

Wenn die neue Richtung auch keine eigentlich 
italienische ist, so hat sie doch manche schöne 
Blüte hervorgebracht Ich nenne hier zunächst 
Zanetti's poesievolles Bild, wohl die beste Landschaft 
der Ausstellung. Sehr bedeutende Abend- und Nachi>- 
stimmungen bieten die verwandten Werke Carcano's^ 
die des Baxxaro (ein herrliches Chioggia-Motiv), 
dann das silberhell beleuchtete Marinebild Fragia- 
como's^ endlich die kühn -impressionistische Land- 
schaft F. FUippin'Cs. 

Das Sittenbild kann in der Ausstellung nur in 
zweiter Reihe genannt werden. Es ist zwar zahl- 
reich vertreten, doch findet man verhältnismäßig 
weniges, was ein höheres künstlerisches Interesse zu 
erwecken vermöchte. Das dritte große Eontingent des 
Genre's hat noch vieles mit dem traditionellen zucker- 
süßen Mutterliebe- und Hirtenknabenbild gemein. 
Speziell die römische und venetianische Malerei hat 
außerdem ein zweites Übel^ welches viele gute Eräfte 
in schlimme Fahrwässer führt: ich meine die An- 
sichten- und Eostümmalerei von Bildern, die ihr Ent- 
stehen dem riesigen Fremdenverkehr verdanken und 
von den „forestieri'^ als „Andenken" mitgenommen 
werden. 

Für uns ist nur das von Interesse, was Talent, 
Gefühl und Eraft zeigt. In erster Reihe wäre da 
Lanxerotto's Bild zu nennen. Die einfache Eompo- 
sition zeigt zwei Soldaten, ihrer Uniform nach den 
afrikanischen Truppen angehörig, die mit einem 
herzlich naiven Fleiße der harten Arbeit des Brief- 
schreibens obliegen. Außer der guten Technik be- 
kundet Lanzerotto in diesem Werke ein bedeutendes 
psychologisches Talent Mit demselben Talent zeigt 
sich Laurenti begabt. Sein bestes Bild ist ein Ren- 


485 


EunBtaasstellung in Rom. — Bücherschan. 


486 


dez-vous am Abend, bei einer mattscheinenden Gas- 
lateme. In der Auffassung steht es Zola'schen 
Motiven nahe. Ettore Tito stellt einen „Fischmarkt 
zu Venedig" aus, voll von Leben und Sonnenschein, 
fein gezeichnet und mit Bravour gemalt« Mit räum- 
lich großen Ansprüchen tritt uns FerragutH's Bild 
entgegen: eine Kartofifelemte in Norditalien im 
vollen Sonnenschein. Doch ist es nicht über das 
Niveau eines Experimentes hinausgekommen. Die 
übrigen Genrescenen sind meist gute Bilder für ele- 
gante Salons^ ohne tiefere künstlerische Bedeutung. 

Das Historienbild scheint ausgestorben zu sein. 
Das moderne Italien greift selten in seine bunt- 
bewegte Geschichte zurück. Was hier an histori- 
schen Werken zu finden ist, bewegt sich in alt- 
bekanntem Fahrwasser, es ist ägyptische und päpst- 
lich-kaiserliche Altertumsmalerei. 

Aquarelle gieht es, wie gewohnlich, in großer 
Menge, doch sind die meisten bloß liebliche Phrasen 
mit bescheidenen Ansprüchen. Die besten Aquarelle 
haben Coleman, Ferraris und Cabicmca gesandt. Auch 
finden sich Radirungen, Pastelle und Stiftzeichnun- 
gen, unter welchen Conconts fiisch und tempera- 
mentvoll gemachte Radirungen den ersten Platz be- 
haupten. 

Minder anheimelnd ist die auffallend große 
Menge von Produkten der Blumenmalerei. Es sind 
wohl über hundert Frucht- und Blumenbilder zu 
verzeichnen, meistens von Damenhänden gemalt, 
welche zuweilen den höchsten Grad der Tüftelei er- 
reichen. Unter andern Extravaganzen fehlen auch 
verzweifelte Böckliniaden nicht, wozu meistens Capri 
und Ischia die von Meerweibchen und Meermännchen 
vnmmelnden Felsen geliefert haben. 

In der Skulptur lässt sich eine Wendung zu 
den Nippes nicht verkennen. Zwischen sehr acht- 
baren Werken finden wir vieles, was schon sehr 
nahe an jener Grenze steht, wo die Kunst aufhört 
und die Nürnberger Spielwaren anfangen. Bei man- 
chem wäre man versucht, irgend ein verstecktes Uhr- 
werk aufzuziehen, damit das Ganze rasselnd und 
klingelnd in Bewegung komme. Nicht selten lässt 
sich ein Zurückgreifen aufs Altägyptische wahr- 
nehmen, was individuell interessant sein kann, doch 
nichts Neues und Kräftiges hervorbringt. 

Den wahren Charakter der Ausstellung berühren 
natürlich all diese Dinge wenig. Das herrschende 
Moment ist die Landschaft, welche einen neuen Zug 
aufweist und auch etwas mit Poesie zu thun hat. 
Das Streben nach neuer, poetischer Auffassung macht 
die ganze Ausstellung interessant, und wenn dieses 


Bestreben auch keinen echt italienischen Zug in 

sich birgt, so verdient es doch bemerkt zu werden. 

CARL LYKA. 

BÜCHERSCHAU. 

Kawadias, FXvnra rov ^Ed^vixov Movcstov (Bild- 
werke des Nationalmuseums). Bd. I. Athen, 
Vlastos. 504 S. 7 Frank. 
Das Nationalmuseum in Athen ist in demselben 
Sinne wie das Museum auf der Akropolis eine 
Schöpfung von Kawadias. Seine Gründung reicht 
freilich schon in frühere Zeit zurück. Wie in dem 
Vorwort des schon kurz von uns erwähnten Kataloges 
berichtet wird, hat man 1866 den Bau begonnen, 
1874 den westlichen Flügel vollendet und zur Auf- 
nahme der bis dahin im Theseion, Varvakion, in 
der Attalosstoa und im Turm der Winde aufbewahr- 
ten Skulpturen eingerichtet, 1881 den Bau eines 
nördlichen Flügels in Angriff genommen. Aber es 
geschah wenig für die Ordnung und Aufstellung 
der Sammlung, bis 1885 mit dem Generalephorat 
der Altertümer auch die Leitung des Museums an 
Kawadias übertragen wurde. Seitdem ist aus dem 
früheren Magazin ein wirkliches Museum geworden, 
das heute den bedeutendsten Sammlungen, die über- 
haupt existiren, den Rang streitig macht und an 
Reichtum auserlesener Stücke, die größtenteils zu 
den Erwerbungen der letzten Jahre gehören, un- 
übertroffen ist. Wer noch daran zweifelt, dass es 
doch einmal gelingen wird, eine griechische Künst- 
lergeschichte aus den Monumenten zu schreiben, 
der kann sich in dieser Sammlung eines Besseren 
belehren lassen, wenn er von einem Saal zum an- 
deren neue, bis vor kurzem nur aus den Schrift- 
quellen bekannte Meister in Originalwerken vertreten 
findet, wie Agorakritos, Timotheos, Skopas, Bryaxis, 
Damophon. Nur von Praxiteles vermisst man schmerz- 
lich eine Hauptschöpfung wie den Hermes, der ja 
leider in Olympia geblieben ist. Aber eine gewisse 
Entschädigung geben die schönen Musenreliefs von 
seiner Leto-Apollon -Artemisgruppe aus Mantinea. 
Energische Arbeit und glückliche Umstände 
haben das Geleistete zuwege gebracht. Den außer- 
ordentlichen Erfolgen der jüngsten Ausgrabungen 
und dem unermüdlichen Bestreben, alle hervorragen- 
deren Antiken aus den kleinen Lokalmuseen Grie- 
chenlands in dieser einen Sammlung zu vereinigen, 
verdankt das Museum die große Bereicherung, die 
es während Kawadias' Amtsthätigkeit erfahren hat. 
Vor sechs Jahren veröffentlichte Kawadias von dem 
Bestände, soweit er damals geordnet war, eine Be- 


487 


B&cherschau. — Nekrologe. 


488 


Schreibung, die 165 Nummern enthielt. Aus diesem 
kleinen Verzeichnis ist jetzt, nachdem die Samm- 
lung in 14 großen Sälen vollständig eingerichtet 
ist, ein stattlicher Band von 1164 Nummern gewor- 
den. Er bildet den ersten Teil eines geplanten 6e- 
samtkataloges und schließt sich insofern eng an das 
frühere Verzeichnis an, als die Beschreibungen der 
dort schon aufgeführten Stücke ebenso wie die ein- 
leitende Übersicht über die Epochen der griechischen 
Kunst in die Neubearbeitung übernommen sind und 
auch die Anordnung des Materials in vier große 
Abschnitte — Archäische Kunst, Bildwerke aus dem 
5. und 4. Jahrhundert, Kunst der hellenistischen und 
römischen Zeit, Grabreliefs — dieselbe geblieben ist. 
Vielfach sind die früheren Angaben berichtigt und 
erweitert, so in den ausführlichen Litteraturnach- 
weisen und in den genauen, besonders dankens- 
werten Angaben des Materials und der Fundorte 
(z. B. zu Nr. 29 Aristionstele, Nr. 34, 37, 38 Dis- 
kosträger, der nicht, wie bisher angenommen, aus 
der Themistokleischen Mauer stammt, Nr. 48 etc.). 
Für die Sorgfalt der Darstellung, deren Ausführ- 
lichkeit wohl durch die berechtigte Rücksicht auf 
die vielen nicht archäologisch vorgebildeten Be- 
sucher veranlasst ist, möge die Behandlung der Epi- 
daurosfunde (Nr. 136 bis 158) als Probe angeführt 
werden. Es würde zu weit führen, hier auf alles 
einzugehen, beiläufig sei nur auf die gewiss richtige 
frühe Datirung (erste Hälfte des 4. Jahrhunderts) 
des großen Grabreliefs des Aristonautes (dem aber 
das dem 3. Jahrhundert zugewiesene Grabmal des 
Prokleides gleichzeitig ist) hingewiesen und bemerkt, 
dass in der Anmerkung zu Nr. 175 an der Echt- 
heit des Plutosknaben aus der Eirenegruppe auf 
Grund der Fundangaben festgehalten ist. 

Mit dem Kataloge ist zum erstenmal der An- 
fang einer gründlichen wissenschaftlichen Bearbei- 
tung der griechischen Museen gemacht. Als solcher 
ist er ein glänzendes Zeugnis für den Aufschwung, 
den die archäologischen Bestrebungen seit dem 
letzten Jahrzehnt in Griechenland genommen haben. 
Aber um diese Leistung richtig zu würdigen, muss 
man sich vor Augen halten, dass die größere Arbeit, 
die Massen der alten Bestände der Sammlung in 
Ordnung zu bringen, der Herstellung des Katalogs 
vorangehen musste. Wie ergebnisreich diese Arbeit 
auch im einzelnen für die Wissenschaft gewesen ist, 
tritt an einem Beispiel wie dem großen Grabrelief 
Nr. 833 besonders schlagend hervor, dessen einzelne 
Bruchstücke bis 1885 unerkannt in verschiedenen 
Räumen des Museums verstreut lagen und erst nach 


und nach wieder zusammengefunden werden konn- 
ten. Mit der glücklichen Herstellung dieses Reliefs 
ist eins der hervorragendsten attischen Grabdenk- 
mäler wiedergewonnen, das für die Kunstgeschichte 
von um so größerer Bedeutung und für die Samm- 
lung des Nationalmuseums um so wertvoller ist, als 
es stilistisch zu dem Hauptstücke des Museums, den 
neuen Funden von Lykosura, in unverkennbarer Be- 
ziehung steht. FRANZ WINTER. 


NEKROLOGE. 

Leipxig. Der erst seit Ende 1891 an unserer Universität 
thätige Nachfolger des verstorbenen Ennsthistorikers Pro- 
fessor Springer, Direktor des kansthistonschen Seminars und 
ordentlicher Professor der Kunstgeschichte in der philoso- 
phischen Fakultät unserer Universität, Dr. phil. Ihibert Ja^ 
nitschek, ist nach längerer Krankheit, die ihn zu Anfang des 
Jahres zwang, ein südliches Klima aufzusuchen, am 21. Juni 
früh entschlafen. Professor Janitschek ist am 30. Oktober 
1846 in Troppau geboren, hat von 1868^1873 in Graz studirt» 
darauf bis 1877 in ItaKen zugebracht, um dort weitere Kunst- 
studien zu machen, ward 1877 Kustos am österreichischen 
Museum für Kunst und Industrie in Wien, ein Jahr darauf 
auch Privatdozent an der dortigen Universität, siedelte 1879 
als außerordentlicher Professor nach Prag, 1881 als ordent- 
licher Professor nach Straßburg und 1892 nach Leipzig über. 
Er übersetzte L. B. Alberti's Kleine kunsttheoretische Schrif- 
ten, gab in Gemeinschaft mit anderen die Trierer Adahand- 
schrift (1889) heraus und schrieb „Zwei Studien zur Ge- 
schichte der karolingischen Malerei'' (1885), „Geschichte der 
deutschen Malerei'* (1890, in Grot«'s .,Ge8chichte der deut- 
schen KunsV) und „Dante's Kunstlehre und Giotti's Kunst" 
(1892), redigirte seit 1880 auch das Stuttgarter „Repertorium 
für. Kunstwissenschaft". Auch seine Witwe Marie hat sich 
schriftstellerisch durch eine Reihe von Dichtungen einen 
Namen gemacht. 

*^* Der Ijandschaßsinaler Friedrich Wilhelm Winter- 
feldt, der seine Motive vornehmlich den Ufern des Ghiem- 
sees und Bodensees entnommen hat, ist am 16. Juni zu 
Düsseldorf im 63. Lebensjahre gestorben. Er war anfangs 
Kavallerieoffizier gewesen und kam erst im Alter von 23 
Jahren dazu, sich in Düsseldorf, vornehmlich unter Gude's 
Leitung, der Kunst zu widmen. 

Der Illustrator Wilhelm Scholz, der bekannte Zeich- 
ner des „Kladderadatsch", ist am 20. Juni im 70. Lebensjahre 
in Berlin gestorben. Er war als Maler ein Schüler von Wilhelm 
Wach gewesen, hatte aber frühzeitig die Malerei aufgegeben, 
um sich ausschließlich der Zeichnung politischer Karikaturen 
zu widmen, mit denen er über vierzig Jahre lang den„Klad- 
deradatsch'S zu dessen Begründern er gehört hat, versorgte. 
Ein Teil dieser Zeichnungen ist in dem „Bismarck- Album 
des Kladderadatsch" gesammelt worden, das kürzlich die 
25. Auflage erlebt hat. Seine letzte Zeichnung war dem 
Abschied des Fürsten Bismarck gewidmet, dessen Typus mit 
den drei Haaren er geschaffen und populär gemacht hat 
Seitdem zwang ihn ein schweres Leiden, seine Thätigkeit 
als Zeichner aufzugeben. Nächst seinen Bismarckbildem 
haben seine beißenden Karikaturen auf Napoleon III., der 
selbst zu den Lesern des „Kladderadatsch" gohöi*te, die größ- 
ten Erfolge gehabt. 


489 


WettbewerbuDgen. — Sammlangen und Ausstellungen. 


490 


WETTBEWERBUNGEN. 

Wien, Zur Schmtdt-Denkrnal'Kankurretix. Vom streDg 
künstlerischen Standpunkt aus betrachtet, hängt die Aus- 
führbarkeit einer Denkmalidee bloß davon ab, ob folgende 
drei, aus der Natur der Aufgabe heraus sich ergebende 
Forderungen in harmonischer Weise erfüllt sind: zunächst 
die Berücksichtigung der Situation des Aufetellungsortes, 
dann ein richtiges Verhältnis zwischen dem architektonischen 
und dem bildnerischen, eventuell auch malerischen Teile 
des Werkes, endlich die Charakteristik in Bezog auf Haupt- 
figur und Details. — Nicht so vom „praktischen*' Stand- 
punkt unserer kunstfeindlichen, dem Mammon verfallenen 
Zeit^ welche in erster Linie nach den Kosten fragt und, wie 
auf allen Gebieten der Produktion, so auch in der Kunst 
mit möglichst geringem pekuniären Opfer den größtmög- 
lichen Effekt zu erpressen sucht. Daher enthält ein jedes 
moderne, den Kostenbetrag fixirende Programm für die bil- 
denden Künstler einen Widerspruch, welcher das Talent in 
die schwersten Konflikte bringt, während er der Mittelmäßig- 
keit höchst willkommen ist, welche gerne den Schein „weiser 
Mäßigung'* erwecken und ihr „Nichtkönnen** als „Nicht- 
wollen" aufgefasst wissen möchte. Auch das Preisausschrei- 
ben für das Wiener Schmidt -Denkmal krankt an diesem 
Widerspruche. Entweder ist der Platz geeignet: dann muss 
eine größere Summe votirt werden, damit das Monument 
eine des zu verewigenden Menschen und des Platzes wür- 
dige Größe erhalte, oder der Kostenbetrag ist fixirt: dann 
heißt es, einen anderen Platz suchen. Was nun diesen Wider- 
spruch betrifft, so scheint er den wenigsten Projektanten ein 
Hindernis gewesen zu sein, am wenigsten den Urhebern des 
mit dem ersten Preise „gekrönten'' Entwurfes. Was aber 
die Jury anbelangt, so dürfte sie mit ihrem Urteil im Sinne 
des Programmes das Richtige getroffen haben: Projekt Nr. 27 
ist das relativ beste; das Terrain ist darin am zweckmäßig- 
sten ausgenützt, die Form des Denkmals einfach, auch dem 
Laien verständlich, das Verhältnis der einzelnen Teile zu 
einander genau erwogen, die Figur in Haltung und Aus- 
druck korrekt und distinguirt; in den Details des Entwurfes 
ist teilweise das Rathaus citirt, und vom Kostenbetrag würde 
wahrscheinlich noch ein nicht geringer Teil übrig bleiben. 
Alles in allem eine mustergültige Lösung, wert, ausgeführt 
zu werden, ein Vorbild allen himmelstürmenden Feuer- 
geistem: „Seht her, so müsst ihr Aufgaben dieser Art lösen, 
wenn ihr Erfolg haben wollt; was kümmert uns euere Ori- 
ginalität, euer Schwung, euere Gedankentiefe! Unbrauch- 
bares Zeug! So lernt doch endlich mit der Zeit zu gehen!" 
Aber „audiatur et altera pars!" Einer dieser kecken Stür- 
mer, dessen Kunstbegeisterung nicht vereinbar ist mit der 
Resignation: „Alles verstehen heißt alles verzeihen", wurde, 
wenn er zu Worte käme, ungefähr folgendes erwidern: 
„Diejenigen, welchen es ihr Besitz gestattet, ihre Pietät durch 
Geldbeiträge zu bethätigen, haben dadurch allerdings das 
Recht erworben, nach ihrem Geschmack einen Entwurf aus- 
führen und an einem bloß für sie zugänglichen Orte auf- 
stellen zu lassen, nicht aber an einem öffentlichen Platze, 
wo dasselbe auch von solchen Menschen gesehen werden 
müsste, welche zwar keinen Beitrag geleistet, nichtsdesto- 
weniger aber den Wunsch haben, einem hochverehrten, als 
Mensch und Künstler bedeutenden Manne ein seiner wür- 
diges Moment gesetzt zu sehen. Diesen würde der zur Aus- 
führung bestimmte Entwurf durchaus nicht genügen; denn 
wenn auch der Standort richtig und die Anpassung an das 
gegebene Terrain am glücklichsten gelöst ist, was Sache des 
Kunstverstandes und der Überlegung ist, so lässt dennoch 


der Entwurf, was Geschmack, Schwung und Monumentalität 
in der Durchfahrung anbelangt, so ziemlich alles zu wün- 
schen übrig. Die Grundrissform ist trocken, trivial, erklügelt, 
langweilig, der Aufbau, ohne jeden monumentalen Zug, 
ohne Silhouette, wie mit einem Messer zugeschnitten. Das 
Verhältnis zwischen dem architektonischen und dem bild- 
hauerischen Teile ist allerdings ein recht harmonisches: der 
erstere ist ebenso nichtssagend wie der letztere; denn die 
Architektur ist schablonenhaft und geradezu armselig, und 
die Figur trotz der sauberen Darstellung ohne Leben und 
Charakteristik; und was die seitlich hockenden Löwen an- 
belangt, so dürften dieselben ihre Wirkung auf die Masse 
— der Kinder nicht verfehlen. Kurz : im Interesse des Platzes, 
der Jury, der Projektanten und endlich aller kunstsinnigen 
Menschen wäre zu wünschen, dass der Entwurf Nr. 27 in 
seiner ye/;;«^m Form nicht zur Ausführung käme!" — Diese 
Zeilen, welche bloß den Zweck haben, gegen die Ausführung 
eines nahezu in jeder Beziehung mangelhaften Entwurfes 
zu protestiren, werden, nach den Zeitungsberichten zu 
schließen, wahrscheinlich zu spät kommen: denn „das Un- 
glück reitet schnell**, auch in Wien, wo man sich im all- 
gemeinen über allzu hastige Betreibung öffentlicher An- 
gelegenheiten nicht beklagen kann. A. A. A. 


SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN. 

* Ober vier neue Aiikäufe für die Dresdener Galerie, 
nämlich die Pietä von Max Klinger in Leipzig, eine „Stu- 
die" von Alexander Harrison in Paris, den „norwegischen 
Lootsen" von Christian Krohg in Berlin und das Tierstück 
„Fuchs und Schneehase** von Bruno A. Liljefors in Upsala, 
welche auf der großen Kunstausstellung in Berlin erworben 
wurden, macht Dir. K. Woemumn im „Dresd. Joum." vom 
20. Mai folgende Bemerkungen: y.Max Klinger, der bekannte 
geist- und phantasievolle Radirer eigener Erfindungen, hat 
schon eine Reihe großer Gemälde geschaffen, von denen die 
1890 in Rom gemalte ,J*ietä**, die Beweinung des lang aus- 
gestreckt auf marmornem Sarkophagdeckel ruhenden Leich- 
nai^s Christi durch Maria und Johannes, als das reifste und 
abgeklärteste bezeichnet werden muss. Von den bizcarren 
Einfallen, die von den Radirungen des Meisters, in denen 
man sie gelten lassen muss, auf einige seiner Bilder hinüber- 
gesprungen sind, zeigt die „Pietä** nirgends eine Spur. Hier 
ist alles ernst, alles einfach, still und groß. Wenn erfah- 
rungsmäßig nicht alle Kunstfreunde sofort von dem Bilde 
angesprochen worden sind, so liegt das wohl gerade in der 
Abwesenheit jedes hergebrachten theatralischen Pathos in 
der Komposition und im Ausdruck der Leidtragenden, in 
der herben, fast eckigen Schlichtheit der Anordnung, in der 
freskenhaft wirkenden, mit der Monumentalität der Kompo- 
sition übereinstimmenden Einfachheit der Farbensprache. 
Aber erschütternder und ergreifender scheint uns der über- 
große Schmerz Maria's und des Johannes nur selten zum Aus- 
druck gekommen zu sein, als auf diesem Bilde. Mit ihrer 
Linken zieht Maria, deren Augen vom vielen Weinen fast 
erblindet zu sein scheinen, die Rechte des vor ihr liegenden 
teueren Leichnams an ihr Herz; ihre Rechte ruht trost- 
suchend zwischen den beiden Händen des Lieblingsjüngers 
des Heilandes. Das Ineinandergreifen der Hände ist mit 
großer zeichnerischer Kraft und Klarheit dargestellt, wie 
Klinger denn in diesem Bilde uns in jeder Hinsicht mehr 
als strenger Zeichner denn als Maler im modernen Sinne 
des Wortes entgegentritt. Überhaupt lässt es überall ein 
eingehendes Studium der alten Italiener der Art Mantegna's 
und der Frühzeit Bellini's durchblicken, ohne dass es des- 


491 


Sammlongen und Anastellangen. 


492 


halb als Nachahmimg dieser Meister za bezeichnen w&re. 
Viehnehr zeigt es zugleich anch überall die Selbständigkeit 
und Eigenart des Künstlers, die ihn beRLhigen, die fremden 
Einflüsse mit seiner eigenen Naturanschauung und seiner 
eigenen innerlichen Auffassung zu verschmelzen. Wer möchte 
an einem so großen Werke eines so mächtig ringenden 
Künstlers nicht allerlei auszusetzen haben! Unzweifelhaft 
hat auch dieses Werk die Mängel seiner Vorzüge; aber 
seine Vorzüge, die Vorzüge tiefen künstlerischen Ernstes in 
geistiger wie in technischer EUnsicht, sind so groß, dass sie 
in den Augidn der meisten Unbefangenen die Aufnahme des 
Bildes in die Dresdener Galerie vollauf rechtfertigen werden. 
Klinger ist bekanntlich Leipziger. Er hat jetzt auch seinen 
Wohnsitz wieder ganz in Leipzig genommen. Dass die Dres- 
dener Qalerie dieses Mal die erste Sammlung ist, die ein 
Qemälde eines hochbegabten sächsischen Künstlers aufnimmt, 
ist nicht mehr als in der Ordnung. — Der Ankauf der „Stu- 
die" von Alexander Harriason, einem in Paris gefeierten 
jüngeren Künstler amerikanischer Herkunft, bedai'f gerade 
deshalb einer besonderen Begründung, weil das in Kenner- 
kreisen auf der Berliner Ausstellung sofort mit Freude be- 
grüßte Bild in der That nur eine „Studie", kein „Galerie- 
bild*' im hergebrachten Sinne des Wortes ist. Eine derar- 
tige „Studie" kann natürlich nur ausnahmsweise für die 
Galerie erworben werden. Die künstlerischen Qualitäten 
gerade dieser Studie aber rechtfertigten es, eine Ausnahme 
zu machen. Im Gegensatze zu dem rohen Impressionismus, 
wie er sich vor einiger Zeit in Paris breit machte und wie 
er z. B. in unangenehmer Weise in den Munch^schen Im- 
provisationen zu Tage tritt, zeigt diese Studie die modernste 
Pariser Kunst von ihrer feinfühligen Seite, auf der sie den 
unmittelbarsten Natureindruck, wie er durch das klarste 
oder das durch Schatten gedämpfte Sonnenlicht beeinflusst 
wird, zugleich zu einem poetischen Stimmungsausdruck aus- 
zugestalten versucht. Das Motiv ist einfach: An einem von 
Bäumen umwachsenen Weiher, in dem der Abendhimmel 
sich spiegelt, lehnt eine unbekleidete Frau, einer anderen 
im Kahne herantreibenden entgegensehend, an einem Baum- 
stamme. Die Wahrheit und Weichheit der Darstellung lässt 
uns die Frauen im Geiste unwillkürlich in Nymphen ver- 
wandeln, wie wir sie auch in einem Berliner Berichte be- 
zeichnet fanden, und sofort wird vor unserem Blicke ein 
Stückchen idyllischen Naturlebens aus paradiesischen Ur- 
zeiten entrollt Gerade weil diese Richtung im gesunden 
Sinne erst in der Entwickelung begriffen ist, genügt eine 
„Studie", sie zu kennzeichnen; und eine solche Studie wird 
in der Dresdener Galerie nicht nur den Kenner erfreuen, 
sondern auch in künstlerischer und kunstgeschichtlicher Hin- 
sicht lehrreich und förderlich wirken können. — Einer be- 
sonderen Begründung bedarf der Ankauf der beiden Bilder 
der nordischen Künstler Krohg und lAljefors nicht. Wahr, 
klar und lebendig sind beide der Natur abgelauscht Das 
eine spiegelt das in der Natur waltende und von ihr be- 
herrschte menschliche Leben, das andere ebenso das tierische 
Leben wieder. Krohg's norwegischen Lootsen sehen wir auf 
hoher See im Lootsenboot dem aus der Feme nahenden 
(nicht mit dargestellten) Schiffe entgegenfahren. Mit ihm 
schaut im vorderen Teil des Bootes ein Schiffsjunge aus. 
Die Gebärde des Hinausschauens, des in die Feme Spähens 
kommt in beiden trefflich zum Ausdruck. Der gelbe öl- 
rock des Lootsen, die violette Wolljacke des Jungen und 
das hellgraugrüne, frisch bewegte Meer, dessen Odem man 
zu spüren meint, bilden einen anziehenden Farbendreiklang. 
LiJjefors* „Fuchs, der einen Schneehasen packt," ist vor kur- 
zem bereits in Dresden (im Kunstsalon des Viktoriahauses) 


ausgestellt gewesen und hat schon damals manche Freunde 
erworben." 

Aus Düsseldorf erhalten wir von Herrn Werner Dahl 
nachfolgende Zuschrift: In Nr. 28 der „Kunstchronik'* wird 
gelegentlich einer Besprechung von bei Schulte ausgestell- 
ten Bildern gesagt: „Neben einem solchen Bilde (Calame) 
wirkt selbst der im nächsten Zimmer hängende alte Hob- 
bema, so fein er im Ton ist, flau. Das Bild scheint Übrigens 
gut konservirt zu sein und ist in seinen grau-violetten Luft- 
tönen und seinem warmen, etwas unwahren bräunlichen 
Terrain recht charakteristisch für den Meister und seine Zeit- 
richtung.*' — Ich kann es nicht unwidersprochen lassen, 
dass diese unbezeichnete Landschaft von Ihrem Herrn Be- 
richterstatter für einen echten Hobbema ausgegeben wird. 
Die Ausstellung eines solchen Bildes als echten Hobbema 
ist für das Studium der alten Meister direkt schädlich; die 
Kunstfreunde werden irre geführt und bekommen eine durch- 
aus falsche Vorstellung von dem großen Hobbema. Das 
Bild ist um hundert Jahre nach ihm gemalt, mit anderen 
Farben, als er und seine Zeitgenossen anwandten, und folg- 
lich auch in anderen Tünen; ohne Zweifel ist es von dem- 
selben Menken, einem ebenso talentvollen und geschickten 
wie gewissenlosen Künstler, der in den neunziger Jahren des 
vorigen Jahrhunderts in Bremen falsche Ruysdael's und 
Hobbema's anfertigte und — je nachdem — auch die Namen 
darauf setzte und von dem ich ein Bild und Über ihn Doku- 
mente besitze. Bevor der Kunstwelt ein Bild als Hobbema 
vorgestellt wird, sollte man es erst von kompetenten Auto- 
ritäten anerkennen lassen. 

Äti3 Düsseldorf, Wir stehen im Zeichen der Marine - 
maierei! Ganz auffallend zeigt sich dies wieder bei der neu- 
eröffneten Ausstellung des „Kunstvereins ftir die Rheinlande 
und Westfalen", welche mehr interessante Kunstwerke bringt, 
als man es in den letzten Jahren gewohnt war. Da ist 
viel Frisches und Neues neben der natürlich unvermeidlichen 
Durchschnittsmalerei. Die Figurenbilder treten nur sparsam 
auf, die Stimmungslandschaft ragt vor und darunter ist das 
weitaus meiste auf dem Gebiete der Halb- oder Ganzmarine, 
der Strand, Fluss- oder Hochseemalerei entstanden. Wie 
rasch hat sich diese Kunst entwickelt, wenn man die Aus- 
stellungen von heute mit denen von früher, 20 oder selbst 
10 Jahre zurück, vergleicht. „Konventionelles Wasser*' sieht 
man gottlob nur noch wenig. An Stelle der früher nach 
allerhand Regeln und „Rezepten" ausgeklügelten Wellen, 
malt sie heute jeder, wie er sie sieht und für seine künst- 
lerischen Motive verwendbar findet Da ist zunächst auf- 
fallend das große Bild „Hamburger Hafen" von Wendling 
und Becker ^in Gompagnie* gemsJt. Die Gesamtstimmung 
ist gut, die feuchte Atmosphäre trefflich gefühlt und die 
energischen Schiffszeichnungen (von Becker) stehen harmo- 
nisch im Ganzen. Becker hat außerdem noch verschiedene 
kleinere Sachen ausgestellt, meist stürmische Seestücke von 
kräftiger lebendiger Wirkung. Man erkennt daran den schar- 
fen Beobachter, der mit gutem Gedächtnis das Gesehene in 
gesunde künstlerische Werte umzusetzen weiß. Spoerrer, 
Petersen - Angeln, Inner, Metxener und andere sind, jeder in 
seiner Weise, gut vertreten, Erivin Oänter diesmal nicht 
besonders. Die kleinere Mondschein -Marine ist besser ge- 
lungen als das größere Bild, welches gegen sein tüchtiges 
Stück auf der Märzausstellung abfällt. Schlüter hat mehrere 
feine Aquarelle von schönem Stimmungsgefühl, und der 
junge Herzog erfreut durch kleine lichtfrohe Skizzen, die 
ein sehr energisches gesundes Talent und tüchtiges Studium 
vor der Natur offenbaren. SckÖlermann's Marinen zeigen, 
dass die Natur ihm viel zu sagen hat, aber man merkt ihm 


493 


Vereine und Oesellschaften. — Vom ^nnstmarkt. — Vermiachtes. — Zeitschriften. 


494 


noch dafl Ringen mit der Technik an, Über deren für ihn 
zweckmäßige Form er noch nicht im reinen ist Vorläufig 
sind seine Arbeiten nur als mehr oder minder geglückte 
Versnche hinzunehmen. Ein kleines Bild, welches keinen 
hohen Anspruch auf Kunstwert und Naturwahrheit erhebt, 
aber doch aus inniger Liebe zur Kunst und zum Schönen 
entstanden, ist das eines Malers ohne Arme, A. Siepen; es 
stellt zwei Zigeunermädchen an einem Parkgitter dar mit 
landschaftlichem Hintergrund. Einen Vergleich mit der 
modernen Technik hält es nicht aus, es macht sogar anfangs 
mit seinem verkehrten gelblichen „Lokalton" einen kon- 
ventionellen Eindruck. Sieht man sich aber etwas länger 
hinein, so fühlt man bald auch die ganze Liebe und Hin- 
gabe' des Künstlers (der mit den Fi{ßen maU), und man er- 
staunt über die Sicherheit der Zeichnung und das feine 
Detailliren. Das Geeicht des am Boden kauernden Mädchens 
mit dem Kinde ist besonders zart empfunden. Die ganze 
Arbeit flößt Achtung und Interesse ein durch den ihr inne- 
wohnenden Idealismus und heiligen Ernst, der selbst das 
körperliche Gebrechen überwunden hat Nicht weit davon 
hängt eine Landschaft mit Schafen von Christian Mali in 
München. Man wundert sieh, warum es so an die Seite ge- 
hängt ist Es gehört zu den besten Stücken der Ausstellung. 
Die Schafe sind plastisch und haben wirkliches Leben. 
Stimmung, Bewegung, Lichtwirkung sind vortrefFlich, das 
Terrain fein in der Farbe. — In der früheren Kunsthandlung 
von Morschheuser ist seit einigen Tagen Professor Neides 
Sensationsstück „Vitriol*^ ausgestellt. „Das Bild erregte 
Überall großes Aufsehen" besagt der Reklamezettel. Wir 
zweifeln nicht daran. Ob es Sache der Kunst ist, solche 
Motive zu wählen, darüber mag sich die Ethik mit der Ästhe- 
tik abfinden. Der Inhalt von Neide's Bilde dürfte genugsam 
bekannt sein (eine Verlassene lauert ihrem Ungetreuen und 
dessen Braut mit einem Glase „Vitriol" auf), als dass wir 
näher darauf einzugehen brauchen. So wenig wir persönlich 
derartigen dunklen, nervenkitzelnden Sujets Sympathieen ab- 
gewinnen können, so zwingt uns doch der Künstler als solcher 
zur Bewunderung. Was er gewollt hat, erreicht er, sein 
stupendes Können ist außer Zweifel. Ob es das richtige ist, 
bleibt dahingestellt nn. 

Hamburg. Der Hamburger Kunstverein beabsichtigt 
demnächst sein Ausstellungslokal mit Oberlicht zu versehen. 
Infolgedessen wird das Lokal vom 9. Juli a. c. ab für einige 
Zeit £^zlich geschlossen sein. Die Wiedereröffnung wird 
voraussichtlich im Laufe des Monats September erfolgen. 
Der Termin wird an dieser Stelle später bekannt gegeben. 

Münchener Jahresausstellung 1893 im kgl, Olaspalast, 
Nachdem die Thätigkeit der Aufhahmqury nunmehr ihren 
Abschluss gefunden, kann ,die erfreuliche Thatsache kon- 
statirt werden, dass die Beschickung der Ausstellung seitens 
Deutschlands und insbesondere Münchens eine ganz vorzüg- 
liche ist Neben München dürfte Düsseldorf noch besonderes 
Interesse beanspruchen, hauptsächlich durch die Bilder 
E, V. Oebhardi'*s, wohl die bedeutendsten, die dieser Künstler 
bis jetzt geschaffen. 

VEREINE UND GESELLSCHAFTEN. 

Streitigkeiten im Verein Berliner Künstler. Der Bild- 
hauer Robert Toberentx> hat in der in Berlin erscheinenden 
V/'ochenschrift ,JDie Zukunft" einen Aufsatz veröffentlicht, 
worin er aus AnlaM der Zurückweisung des Entwurfs zu 
dem Kaiser Wilhelm-Denkmal für Stuttgart von Max Klein 
eine scharfe Kritik an dem Verfahren der Jury der großen 
Berliner Kunstausstellung geübt hat Durch diese Kritik hat 


sich ein Mitglied der Jury, der Bildhauer Emil Hundrieser, 
der sich ebenfalls an der Konkurrenz um das Stuttgarter 
Kaiser -Denkmal beteiligt hat, beleidigt gefählt und er hat 
deshalb eine ehrengerichtliche Entscheidung des Vereins Ber- 
liner Künstler gegen den Verfasser des erwähnten Artikels 
auf Grund des § 8 des Vereinsstatuts beanti*agt. Zu diesem 
Zweck ist eine außerordentliche Hauptversammlung des Ver- 
eins auf den 27. Juni einberufen worden. 


VERMISCHTES. 

\* Professor Hugo Vogel in Berlin hat. den Auftrag er- 
halten, für die Kunsthalle in Hamburg das Bildnis des Büiger- 
meisters Dr. Versmann in ganzer Figur und zwar in der 
altertümlichen Amtstracht zu malen. 

A, V. Wemer's großes Oetnälde der ersten Reichs- 
tagseröffnung durch Kaiser Wilhelm H., an dem der Künstler 
fast fQnf Jahre gearbeitet hat, ist am 25. Juni, dem fünften 
Jahrestage der Feierlichkeit, im Landesausstellungsgebäude 
zur Schau gestellt worden. 

VOM KUNSTMARKT. 

\* Über den Verbleib der Spüxer'schen Sammlung lässt 
sich, wie der „Kölnischen Zeitung*' geschrieben wird, fest- 
stellen, dass etwa em Drittel der versteigerten Gegenstände 
in Frankreich geblieben ist Ein weiteres Drittel hat seinen 
Weg nach Belgien, Deutschland und Osterreich gefunden. 
Das letzte Drittel endlich ist für englische und amerikanische 
Rechnung erworben worden. Ein Teil der ursprünglich von 
amerikanischer Seite für die Versteigerung erteilten Auf- 
träge wurde im letzten Augenblick, wie es scheint, infolge 
verschiedentlich eingetretener finanzieller Schwierigkeiten, 
wieder rückgängig gemacht Der Gesamterlös, 9107 000 
Frank, umfasste 3370 Nummern, so dass der Durchschnitts- 
preis für den einzelnen Gegenstand sich auf 2760 Frank 
stellte. Wenn man bedenkt, dass keine hervorragenden 
Kunstwerke der Malerei oder Plastik sich unter den großen 
Sammlung befanden, so ist dieser Durchschnitt, namentlich 
bei der großen Zahl der Stücke und bei den ungewöhnlich 
schlechten Zeiten, entschieden glänzend zu nennen. Die be- 
rühmte Magniac'sche Sammlung, eine der besten in England, 
hat es in neuerer Zeit nur auf einen Durchschnitt von 2510 
Frank gebracht Der beste Käufer der Spitzer'schen Ver- 
steigerung ist der Engländer Palsing, ein heimgekehrter 
austiralischer Kolonist gewesen, der für eine Million Frank 
ersteigert hat Er hat eine verhältnismäßig kleine Zahl der 
auserlesensten Stücke, Fayencen, Bronzen, Elfenbeinschnitze- 
reien, Möbel, Wachsporträts und Gold- und Silberarbeiten, 
von allem das beste, an sich gebracht. Für staatliche Er- 
werbungen waren 500000 Frank ausgeworfen worden. 
Diese Summe war nicht hoch, weil es sich darum handelte, 
in mehreren Fällen berühmte Prachtstücke, Unica, zu er- 
langen. Indessen die Sammler wie die Händler waren dem 
Louvre gegenüber höflich und rücksichtsvoll genug, den 
Degen zu senken, so dass die Ankäufe für die nationalen 
Sammlungen durchweg zu sehr billigen Preisen gemacht 
werden konnten. Ein berühmtes Kunstwerk der Elfenbein- 
schnitzerei, das bereits einmal für 150 000 Frank den Besitz 
gewechselt hat, ist gerade für die Hälfte dieser Summe 
Eigentum des Staates geworden. In dem einen oder anderen 
Falle, wo die verfügbaren Mittel nicht ausreichten, haben 
auch Privatpersonen in eine wohlgeföllte Tasche gegriffen, 
um den staatlichen Sammlungen besonders wertvolle und 
interessante Gegenstände zuzuwenden. 


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teilungen: 1. Ornamente fQr Holz-, Stein- und Thonnlastik; 2. Ornamente für Eisenplastik ; 3. Ornamente für Edel- 
metallplastik; 4. Ornamente für Flächendekoration; 0. Ornamente für Typographie und andere Vervielfältigungsarten. 

In den Mfinehener Fortbüdnngggeliiilen amtUeli eingefAhrt. 


Inhalt: Rnnsthistorischer Kongress in Nürnberg 1898. — Kunstausstellung in Rom. Von C. Lvka. — Kawadias, ritmrit xoZ ^ F.<^inito!i 
Afofoelov. — H, Janitscbek t; F. W. Winterfeldt f; W. Scholz f. — Zur Schmidt -Denkmal -Konkurrenz. — Neue Ankaufe für die 
Dresdener Galerie; aus Düsseldorf, Berichtigung; Ausstellung des Kunstvereins für Rheinland und Westfalen; Hamburger 
Kunstverein ; Münchener Jahresausstellung 1898. — Streitigkeiten im Verein Berliner Künstler. — Bild de«i Bürgermeisters Vers- 
mann von Prof. H. Vogel; Die erste Reichstagseröffnung durah Kaiser Wilhelm II. von A. v. Werner. — Über den Verbleib der 
Spitzer'schen Sammlung. — Inserate. 


Fflr die Redaktion verantwortlich Artiir Seemann. — Druck von August Pries in Leipzig. 



KUNSTCHRONIK 


WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE. 
Ank&ndigungsblatt des Verbandes der deutschen Kunstgewerbevereine. 

HERAUSGEBER: 

CARL VON LÜTZOW und DR. A. ROSEN BERG 

WIEN BERLIN SW. 

Hetigano 68. TeltowentratM 17. 

Verlag von E. A. SEEMANN in LEIPZIG, Gartenstr. 15. Berlin: W. H. KÜHL, Jägeretr. 73. 


Neue Folge. IV. Jahrgang. 


^ 1892/93, 


Nr. 31. 20. Juli. 


Die Knnstchroiiik erscheint als Beiblatt snr «ZeitBohrift für bildende Ennst* nnd som «Kanstgewerbeblatt* monatlich dreimal, in den 
Sommennonaten Jnli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Hark and umfasst 88 Nummern. Die Abonnenten der „Zeit- 
schrift für bildende Knnst* erhalten die Knnstchronik gratis. — Für Zeichnangen, Manuskripte etc., die unverlangt eingesandt werden, 
leisten Redaktion und Verlagshandlung keine Oewfihr. Inserate, k 80 Pf. ff&r die dreispaltige PetitaeUe, nehmen außer der Yerlagshand- 
lung die Annoncenexpeditionen von Haasens tein & Vogler, Bad. Messe u. s. w. an. 


Da ich während der Monate August nnd September von Wien abwesend sein werde, 
bitte ieh alle Zusendungen und Briefe während dieser Zeit direkt an die Yerlagsbnebhand- 
Inng E. A« Seemann in LeipsElg, €^artenstrasse 16, richten zu wollen. 

Wien, Mitte Jiüi 1803. c. v. LÜTZOW. 


DIE GROSSE 
BERLINER KUNSTAUSSTELLUNG. 

UL 

Das Porträt und die Landschaft sind die beiden 
Pole, um die sich die deutsche Malerei der Gegen- 
wart dreht. Wir müssen uns mit dieser Thatsache 
abzufinden suchen und dürfen uns dabei mit der 
Beobachtung trösten, dass auf beiden Gebieten noch 
so Ausgezeichnetes geleistet wird, dass so viele 
neue Talente hervortreten, dass von einem Still- 
stande oder gar von einem Rückgange der deut- 
schen Kunst nicht die Rede sein kann. Die Ver- 
treter der alten und der neuen Richtung, die An- 
hänger der Überlieferung und die „Modernen" 
finden sich hier zusammen; denn die Naturalisten, 
die Unabhängigen, die Freiheits- und Übermenschen 
in der Kunst haben kein anderes Stoffgebiet als die 
Herdenmenschen: auf der einen Seite den Menschen, 
das Individuum, idealisirt oder in seiner wirklichen 
Erscheinung, auf der anderen Seite die Natur. Nur 
mit dem Unterschiede, dass jeder die Natur auf 
seine Weise anschaut, stimmt, vergewaltigt, dass 
die Anhänger der alten Richtung im Menschen- 
bildnis wie im Naturporträt mehr auf Objektivität 
halten und dass die Naturalisten auch den Menschen, 
den sie porträtiren wollen, unter ihre Individualität 
zwingen, obwohl in der modernen Künstlerrepublik 


der Zwang verhasst ist, freilich nur der Zwang von 
oben, nicht der, den jeder einzelne Republikaner 
nach unten, d, h. dem Objekt seiner Willkür gegen- 
über ausübt. 

Es ist bekannt, mit welcher Verachtung die 
Naturalisten auf die Bildnismaler herabsehen, die 
ihren Auftraggebern entgegenkommen, indem sie 
sie nach altem Brauch möglichst ähnlich, möglichst 
sorgfaltig malen und ihre Erscheinung möglichst 
geschmackvoll oder — je nach Wunsch und Nei- 
gung — möglichst einfach in Scene setzen. Dass 
die letzteren nach wie vor in der Mehrheit bleiben, 
wird gemeinhin als eine Schwäche der mensch- 
lichen Natur ausgelegt, die der künstlerischen 
Mittelmäßigkeit leichter entgegenkommt als dem 
künstlerischen Genie. Ein Blick auf die Geschichte 
der Malerei widerlegt aber diese Behauptung, mit 
der sich die Naturalisten über ihre Misserfolge in 
der Bildnismalerei zu trösten suchen. Rembrandt 
hat viel mehr Bildnisse gemalt als Bol und van 
der Helst zusammengenommen, und Lenbach hat 
trotz der bekannten Rücksichtslosigkeit seiner Dar- 
stellungsart so viele große und kleine Menschen, 
so viele mittelmäßige und Ausnahmenaturen unter 
seinen Willen gezwungen, wie es nicht einmal 
Tizian und Rubens zuwege gebracht haben, die als 
Porträtmaler doch auch Gewaltsmenschen waren. 
Bei allem Streit der Meinungen wird immer die 


499 


Die Grofie Berliner Eunstaasstelluiig. 


500 


Genialität den Ausschlag geben, und wenn man 
Lenbach preist und feiert, ist damit noch nicht sein 
Nachahmer Leo Samberger gerettet, der den Gesichts- 
ausdruck bis zur Fratze, bisweilen auch zur unbeab- 
sichtigten Karikatur steigert und das Clairobscur 
Lenbach's zu jenem mystischen Halbdunkel umwan- 
delt, das besonders den Geisterbeschwörungen der 
Zauberkünstler zuträglich ist. 

Dass in Berlin gerade für den Mysticismus in 
der Porträtmalerei, mag er sich nun im Mantel des 
romantischen Kolorits oder im unsicheren Nebel des 
Naturalismus zeigen, kein Boden ist, das liegt in 
der Luft, in der Großstadtluft, die die Augen der 
Menschen an scharfe Umrisse und helle Gesichter 
gewöhnt Eine Berliner Basse giebt es längst nicht 
mehr, eine Familienüberlieferung auch nicht; aber 
die Grundstimmung, die schon yor siebzig Jahren 
der falschen Romantik feindselig war, die schließ- 
lich den Dunst, der über dem deutschen Volksgeiste 
lagerte und ihn an jedem Aufschwünge hemmte, ver- 
trieben hat, ist geblieben. Sie verhält sich hart 
und ablehnend gegen alle imklaren künstlerischen 
Bestrebungen; aber wir dürfen sie darum nicht un- 
künstlerisch an und für sich schelten. Denn ihrer 
hartnäckigen Reaktion verdanken wir — um nur 
ein Bestes zu nennen — das Werden und Wachsen 
eines Menxel, der, beiläufig bemerkt, nachträglich 
noch einen seiner intimen Ausschnitte aus den Er- 
eignissen eines Ballabends im königlichen Schlosse 
ausgestellt hat. 

Dass in einer solchen Atmosphäre Bildnismale- 
rinnen, wie die in Paris gebildete Dora IIüx, die 
von Dresden nach Berlin übergesiedelt ist, nicht 
gedeihen können, darf nicht Wunder nehmen. Berlin 
ist immer noch mehr klassisch als romantisch ge- 
stimmt, steht mehr auf dem historisch gewordenen 
Boden als auf dem schwankenden Gerüst des « Neu- 
idealismus", und wenn es nach diesen Anschau- 
ungen auch den neuesten Bildnissen Max Lieber- 
mann's noch nicht einen gleichberechtigten Platz 
neben den Meisterwerken eines Frans Hals, trotz 
der Beredsamkeit einflussreicher Kunstgönner und 
Kenner einräumen will, so weiß es doch mit rich- 
tigem Instinkt herauszufinden, dass Bildnisse wie 
die des Pfarrers Haller und des Prinzen von Sachsen- 
Altenburg vom Grafen Harrach, der damit der Tem- 
peratechnik nach Pereira'schem Rezept vornehme und 
ruhige Wirkungen in hellen wie in tiefen Tönen 
abgewonnen hat, das des verstorbenen Reichstags- 
abgeordneten Peter Reichensperger von Hubert Qölz 
einem jungen Maler, der darin die erste Probe eines 


staunenswerten Fleißes, einer bereits * zur Meister- 
schaft gediehenen Sicherheit in Zeichnung und 
Modellirung bietet, das einer jungen Dame in 
schwarzem Jackett und weißem Kleide von Fenner- 
Behmer, das des Präsidenten der Kunstakademie 
Karl Becker von Ernst Hüdehrand, das Bildnis 
eines jungen Mädchens von dem seit drei Jahren 
in Berlin ansässigen ungarischen Maler Leopold Ho- 
rovntz und das große Bildnis eines Kinderpaares 
von der Holländerin Therese Schwartze künstlerische 
Qualitäten besitzen , die sich als Erzeugnisse ein- 
dringlicher Studien nach alten Meistern, nach Hol- 
bein, Tizian y van Dyck u. a. zu erkennen geben, 
aber doch jenen persönlichen, in diesem Falle durch 
und durch modernen Zug an sich haben, der den 
schöpferischen Künstler von dem nachahmenden 
unterscheidet. 

Wenn wir allen hervorragenden Bildnismalem 
gerecht werden wollten, müssten wir eine lange 
Liste folgen lassen. Wir begnügen uns darum mit 
der Erwähnung solcher, die nicht bloß Gutes, son- 
dern auch Hervorragenderes als früher geschaffen 
und zugleich den Vorzug eines geistig oder körper- 
lich interessanten Modells gehabt haben: zuerst 
Max Koner mit den schon erwähnten Pastellbild- 
nissen der Maler Bracht und Brause wetter, dann 
Hans Fechner (Porträt des Schriftstellers Wilhelm 
Raabe), Ernst Henseler, der Genremaler, dessen Bild- 
nis des Dichters Hoffmann von Fallersleben in seinem 
Arbeitszimmer auf Schloss Gorvey ein Meisterwerk 
intimer Charakteristik ist, Htigo Vogel (Bildnis des 
Oberbürgermeisters von Magdeburg, Bötticher), Hugo 
Orola in Düsseldorf IL Warthmüller, Ä Lepsius (Pro- 
fessor Ernst Curtius) und Q. Biermann (Professor 
R. Lepsius). 

Man mache nur einmal, wie es in Paris und 
Brüssel geschehen ist, den Versuch, eine Anzahl 
von Bildnissen, wie die obengenannten, nach strenger 
Auswahl zu einer intimen Sonderausstellung zu ver- 
einigen, und man wird sehen, dass die deutsche 
Bildnismalerei, soweit es sich um Menschen und 
Charaktere, nicht um Modepuppen und Toiletten 
handelt, mit der englischen und französischen auf 
gleicher Höhe steht, auch in der Technik. Nur an 
dem Ungeschick, das unsere öffentlichen Ausstel- 
lungen zumeist verdirbt, in erster Linie aber an 
dem Mangel an Nationalitätsgefühl liegt es, dass im 
Auslande die deutsche Bildnismalerei mit wenigen 
Ausnahmen als untergeordnete Handwerksarbeit be- 
trachtet wird. 

Eine noch höhere Stellung nimmt die Land- 


501 


Kunstblatter. — Nekrologe. — Personalnachrichten. — Wettbewerbungen. — Denkmäler. 


502 


schaftsinalerei ein. Sie wächst und erweitert sich 
in Deutschland von Jahr zu Jahr, während sie 
in den übrigen Ländern Europa's immer mehr er- 
starrt oder in der Willkür eines wüsten Impressio- 
nismus untei^eht Die deutsche Landschaftsmalerei 
ist nicht bloß universell in ihrem Stoffgebiet, son- 
dern auch in ihrer Darstellungsart. Alle Mittel sind 
ihr recht, die der strengen Zeichnung wie die der 
schummrigen Tonandeutung. Nur die poetische 
Empfindung, das feine Geftihl für das geheimnis- 
volle Seelenleben der Natur wollen die Meisten 
dem Stumpfsinn naturalistischer Augen, die mit 
flimmernden Blicken nur verschwimmende Töne, 
keine Formen mehr sehen, nicht opfern. Als die 
ideale Landschaft historischen Stils in Blüte stand, 
würde man Konrad Lessing' s ,. Poststraße zwischen 
Bruneck und Täufers^ als ein Meisterwerk ge- 
priesen, als die Verehrung vor den Meistern des 
Paysage intime das A und der Landschaftsmalerei 
geworden war, würde man den See bei Herbst- 
stimmung von Albert Amx in Düsseldorf und die 
Überschwemmung in Norfolk Broads (England) von 
Karl Heffner als neue Offenbarungen der Kunst aus- 
gerufen haben. Heute sind diese Biedermänner in 
den Augen der modernen Stürmer und Dränger ab- 
gethane Leute. Um so nachdrücklicher muss ihr 
Verdienst von denen betont werden, die den ruhen- 
den Pol in der Erscheinungen Flucht festzuhalten 
suchen. ADOLF ROSENBERG. 


KUNSTBLÄTTER. 

* Ad, Braun in Domach beginnt soeben seine 
neueste, die Gemäldegalerieen Roms umfassende photogra- 
pbische Publikation. Es sind darin die berühmtesten und 
wichtigsten Gem&lde aus den öffentlichen und privaten Samm- 
lungen der ewigen Stadt enthalten, allein aus der Galerie 
Borghese 100 Bilder, aus der Galerie Doria 64, aus der Pina- 
kothek des Vatikans 46, im ganzen 324 Blatt. Ein erläu- 
ternder Text aus der Feder Direktor Ad. Venturi's erhöht 
den Wert der Veröffentlichung. 


NEKROLOGE. 

%* Der Landschaftsmaler Michael Efiiil Sachs ^ der Di- 
rektor der Bezirksschnitzschnle in Partenkirchen, ist daselbst 
am 11. Juli im 57. Jahre gestorben. Er war ein Schüler 
von Schirmer und Oswald Achenbach gewesen. Seine Land- 
schaften behandeln zumeist Motive aus dem Rhein- und 
Lahngebiet und den bayerischen Alpen. 

%* Der Oetirenialer Heinrich Schaumann ist am 6. Juli 
im 53. Lebensjahre zu Stuttgart gestorben. Das hervor- 
ragendste seiner gemüt- und humorvollen Genrebilder, deren 
Motive zumeist dem schwäbischen Volksleben entlehnt waren, 
„das Volksfest in GanstatV', besitzt die Staatsgalerie in 
Stuttgart. 

%* Der Regierungsbaumeister Wilhelm MoeUer^ der bei 
der städtischen Hochbauverwaltung in Berlin angestellt war, 


ist am 1. Juli nach kurzer Krankheit im 40. Lebensjahre 
gestorben. Er hat sich erst vor wenigen Monaten durch 
seinen Entwurf ftlr das märkische Provinzialmuseum in Berlin 
bekannt gemacht, der mit dem ersten Preise gekrönt worden 
ist und auch zur Aosfilhrung bestimmt sein soll. 


PERSONALNACHRICHTEN. 

%* Zum Direktor des Cluny- Museums in Paris ist der 
bisherige Konservator am Louvre, Saglü), ernannt worden. 

%* Der Bildhauer Karl Janssen^ ein Bruder des Malers, 
ist als Lehrer der Bildhauerkunst an der Kunstakademie zu 
Düsseldorf angestellt worden. 


WETTBEWERBUNGEN. 

\* In der Konkurrenx um den Bau des Riebeckstiftes 
für Halle sind zwei gleiche Preise im Betrage von je 3250 M. 
den Entwürfen von Schreiterer und Below in Köln und von 
Engel in Berlin, ein Preis von 1500 M. dem Entwürfe von 
Reimer und Körte in Berlin zuerkannt worden. 


DENKMALER. 

Sprottau. Dem Dichter Heinrich Laube wird in seiner 
Vaterstadt ein Denkmal errichtet werden, zu dem die Samm- 
lungen bereits die Summe von 13000 M. ergeben haben; 
weitere 5000 M. hat der Stiefsohn des Dichters, der Prof. 
Hänel in Kiel, in Aussicht gestellt; von seiten der Stadt ist 
der Denkmalsplatz bereits zur Verfügung gestellt. 

%* Ein Denkmal für Morix vofi Schwind, eine gemein- 
schaftliche Arbeit des verstorbenen Oberbaurats v. Leins und 
des gleichfalls verstorbenen Dresdener Bildhauers E, Höhnet, 
ist am 4. Juli auf der nördlichen Praterinsel in München in 
Gegenwart einer nur kleinen Gemeinde von Schülern, Freunden 
und Verehrern des Meisters eingeweiht und der Stadt über- 
geben worden. Maler Dr. Naue hielt die Gedächtnisrede. 
Im Namen der Akademie legte Direktor v. LöStz einen 
Lorbeerkranz nieder. 

SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN. 

\* Die deutschen Originalskulpturen der königlichen 
Museen in Berlin ^ welche bisher in dem schlecht beleuch- 
teten Erdgeseboss des Neuen Museums untergebracht waren, 
haben, wie der „Reichsanzeiger*' berichtet, eine Umstellung 
erfahren, die der Sammlung in jeder Beziehung zum Vorteil 
gereicht Der nach der Südfront des Neuen Museums gelegene 
Teilraum des ersten Geschosses, welcher bisher Gipsabgüsse 
nach plastischen Werken der französischen Schule und das 
Reiterbild Golleoni's enthielt, ist durch Scherwände und 
Velarien von der Gipssammlung abgesondert und in vier 
kleine Kabinette zerlegt worden. An ihren Wänden, auf 
den Gesimsen und in Glasschränken haben die zahlreichen 
Originalbildwerke der deutschen Schule ihre Aufstellung 
gefunden. Die deutsche Skulptur ist bis zum Ende des 
15. Jahrhunderts fast ausschließlich Kirchenkunst; für die 
durch farbige Glasscheiben gebrochene Beleuchtung des 
Kircheninnem ist die Mehrzahl dieser Werke bestimmt. Ihre 
Bemalung, die derbe Formbehandlung erklärt sich mit aus 
dieser Bestimmung. Es war daher ein Wagnis, solche Kunst- 
werke in allzu grelles Licht zubringen; dagegen verlangten 
die zahlreichen Erzeugnisse der plastischen Kleinkunst, die 
dieser Abteilung angehören, eine günstigere Beleuchtung, 
als sie ihr bisheriger Standort ermöglichte. Ihnen kommt 
daher die Neuordnung in besonderem Maße zu gute. Für 
die größeren Skulpturen hat man einen gedeckten grüngrauen 


503 


Sammlangen und AuBsielInngen. 


504 


Hintergmnd gewählt, der echroffe Farbengegensätse in wohl- 
thuender Weise ausgleicht. Die alte Bemalnng der Holz- 
schnitzereien ist überdies in vielen Fällen dem Purismus 
früherer Zeit zum Opfer gefallen und durch dunkelbraune 
Beizung ersetzt worden. Die zahlreichen Bruchstücke nieder- 
rheinisclier Altarschreine scheinen sogar niemals fQr Bemal ung 
berechnet gewesen zu sein. Die neue Aufstellung trägt indes 
nicht nur dekorativen Ansprüchen Rechnung, sondern berück- 
sichtigt auch die chronologische Folge der Denkmäler, soweit 
die Raumverhältnisse hier nicht zu Abweichungen gezwungen 
haben. Das erste Kabinett ist der gotischen Skulptur ein- 
geräumt, die in zwei aus Würzburg stammenden Sandstein- 
figuren mit teilweise erhaltener Bemalung neuerdings eine 
wertvolle Bereicherung erfahren hat. Auch der Reliquien- 
Schrein des heiligen Patroklus, sowie die beiden Altaraufsätze 
aus Soest, die früher in der Gemäldegalerie untergebracht 
waren, haben hier einen passenden Platz gefunden. Das 
Mittelstück des zweiten Teilraums wird den meisten Be- 
suchern der Museen bisher unbekannt geblieben sein, da der 
Raummangel seine Magazinirung notwendig machte. Es ist 
der für ein Nürnberger Patrizierhaus bestimmte Brunnen 
aus der Werkstatt der bekannten Erzgießerfamilie Vischer, 
ein Werk von ungewöhnlicher Formenreinheit und Klarheit 
der Anordnung, das für das Eindringen der italienischen 
Renaissance in die deutsche Erzbildnerei eines der frühesten 
Beispiele bietet. Zu den Neuerwerbungen, welche in diesem 
Kabinett aufgestellt sind, zählen auch zwei fränkische Holz- 
schnitzereien, welche Gruppen aus dem Auszug der Apostel 
darstellen, von merkwürdig energischer, fast an die Grenze 
der Karikatur streifender Charakteristik. Gut vertreten ist 
auch in der Sammlung die fränkische Schule durch den aus 
Würzburg stammenden HolzschnitzerTilman Riemenschneider 
und den ihm äußerst nahestehenden anonymen Greglinger 
Meister. Ein aasgezeichnet erhaltenes Probestück süddeutscher 
Barockskulptur hat hier in gut berechneter Höhe seinen Platz 
gefunden : der erst unlängst in München erworbene Erzengel 
Michael, nach dem auf der Rückseite befindlichen Mono- 
gramm zu urteilen, eine Arbeit des in Augsburg und München 
zu Beginn des achtzehnten Jahrhunderts viel beschäftigten 
Holzbildhauers Johann Andreas Bergmüller. Im dritten Teil- 
raum begegnen wir zwei schwäbischen Heiligenfiguren von 
ungewöhnlich zartem Ausdruck, die ebenfalls zu den letzten 
Erwerbungen der Sammlung zu zählen sind; die übrigen 
Bildwerke, wie die beiden Imhof büsten von Jan de Zar, das 
Madonnenstandbild von Schramm und die zahlreichen Holz- 
büsten aus der Fuggerkapelle der Augsburger Annakirche 
von Adolf Daucher gehören zu dem älteren Besitzstand der 
Abteilung. In dem letzten zweifenstrigen Kompartiment 
schließlich hat in Tisch- und Wandschränken die deutsche 
Kleinplastik ihr Unterkommen gefunden. Auch hier sind als 
nennenswerter Zuwachs zwei in der Auktion Spitzer erwor- 
bene frühmittelalterliche Elfenbeinreliefs, ein sehr interes- 
santes Porti-ätmedaillon in Speckstein von Hans Daucher 
sowie ein wundervoll patinirtee Bachsbaumrelief mit dem 
Bildnis KarFs V. zu verzeichnen. Sicherlich werden aber auch 
die älteren Besitz&tücke der Abteilung vielen Besuchern in 
ihrer jetzigen günstigen Aufstellung neuen überraschenden 
Genuss bereiten und damit die Teilnahme des Publikums für 
unsere Museen verstärken helfen. 

%* Die Direktion der Berliner Nationalgalerie hat auf 
der großen Berliner Kunstausstellung bis jetzt folgende An- 
käufe gemacht: Statuette eines Athleten von Franx Stuck 
in München, bechs Studien von Christian Kröner in Düssel- 
dorf, das Bildnis HofiPmann's von Fallersleben in seinem Ar- 
beitszimmer auf Schloss Corvey von Eriiat üetiseler in Berlin, 


die Gemälde „S. M. Kreuzerfregatte «Leipzig* bei St. Helena^' 
von Carl SaÜxmnnn in Neu-Babelsberg, „Ziehende Viehherde** 
von Victor Weishaupt in München, „Wikingsschiffe im Sogne- 
fjord" von Hans Oude in Berlin, „Winter an der Isar** 
von Josef Wenglein in München, „Zur Erntezeit'* von Olof 
Jemberg in Düsseldorf und „Amphitheater bei Pompeji*' von 
Louis Spangenberg in Berlin. 

*^* Die Eröffnung des neuen Provinxialmuseums rhei- 
nischer Altertümer in Bonn hat am 12. Juli stattgefunden. 

%* Die Ausstellung der Sexessionisten in München ist 
am 15. Jali in dem Neubau an der Prinzregentenstraße er- 
öffnet worden. Sie enthält in 12 Sälen etwa 700 Kunstwerke. 

A. R. A. V, Wemer^s großes Gemälde der ersten Reiche- 
tagseröffnung durch Kaiser Wilhelm II. ist, wie schon kurz 
gemeldet, nachtriiglich der Großen Berliner Kunstausstellung 
einverleibt worden. Wie bei früheren Aufgaben ähnlicher 
Art, hatte der Künstler auch hier mit dem Übelstande zu 
kämpfen, dass er streng an das Geremoniell des Vorgangs 
gebunden war und dass er sich nicht die geringste Freiheit 
in der Komposition oder in der malerischen Darstellung 
erlauben durfte. Er hatte nicht einmal, wie bei der „Kaiser- 
proklamation zu Versailles**, den Vorteil, dass er einen dra- 
matisch erregten Moment zur Anschauung bringen konnte. 
Nur in dem Antlitz des jugendlichen Kaisers, der erhobenen 
Hauptes eine besonders bedeutungsvolle Stelle der Thron- 
rede zu verlesen scheint, giebt sich eine gewisse Erregung 
kund. Im übrigen aber hat man vor dem Bilde nicht die 
Empfindung, dass es sich um einen Akt von geschichtlicher 
Wichtigkeit handle. Der Künstler hat vielmehr den Schwer- 
punkt auf die möglichste Porträtähnlichkeit der dem Akte 
beiwohnenden Fürsten und Prinzen, der Würdenti^er des 
Staates und des Hofes und der Reichstagsabgeordneten und 
auf die vollkommene Korrektheit ihrer äußeren Erscheinung 
in Haltung, Uniformen u. s. w. gelegt, und gerade darin beruht 
A. V. Wemer's Stärke, wenn er auch als Porträtmaler nicht 
gerade in die Tiefe eines Charakters einzudringen weiß. Im 
grofien und granzen zeigt er übrigens in der Charakteristik 
der meisten Personen eine vornehmere Aufbssung als z. B. 
auf dem Bilde der Schlusssitzung des Berliner Kongresses. 
Das Gemälde ist 4,50 m hoch und 7,50 m breit 

A. S. Fränkische Ausstellung von AUertümem in Kunst und 
Kunstgeicerbe xu Würxburg. Ähnlich wie ftüher in Augs- 
burg, findet nunmehr in Würzburg (vom 6. Aug. bis Anfang 
September) eine Ausstellung statt, die eine große Zahl der 
Kunstschätze aus Stadt und Umgegend in sich vereinigen 
wird. Veranstaltet wurde das Unternehmen von einem 
jüngst ins Leben getretenen, bereits über 1400 Mitglieder 
zählenden Kunst- und Altertumsverein, und die Beteiligung 
der Bevölkerung ist wie an diesem so auch an der Aus- 
stellung überaus rege. Bis nach Aschaffenburg hin haben 
Städte, Gemeinden, Pfarrämter, sowie fast der gesamte 
Adel und viele Private Anmeldungen eingesandt, auch aus 
den königlichen Schlössern Frankens wurde in liberalster 
Weise das Ausstellungswürdige zur Verfügung gestellt 
Sämtliche Kunstgebiete von den ersten Jahrhunderten der 
romanischen Epoche bis zar Empirezeit werden durch gute 
Arbeiten vertreten sein und eine Anzahl interessanter 
kirchlicher Geräte gelangen zum erstenmal zur Kenntnis 
eines größeren Publikums. Tilman Riemenschneider^s Wirk- 
samkeit in ihrem ganzen Umfange zu studiren, wird sich 
zum erstenmal eine kaum wiedereintretende Gelegenheit 
bieten, denn in abgelegenen Kirchen und im Privatbesitz 
befinden sich noch eine Menge von Holzskulpturen aus seinem 
Schulbereich, seiner Zeit und auch sogar von ihm selbst, die 
in großer Zahl beisammen zu sehen sein werden. Den 


505 


Vereine und GesellsoliaAen. — Aoagrabnngen und Funde. — Knngthistonsches. — Vermiachtes. 


506 


Qlanzpankt der Ausstellung dürfte aber wohl dos 18. Jahrh. 
bilden. Die virtuosen Leistungen namentlich der Rokoko- 
zeit werden sowohl durch figürliche als durch rein omamentale 
Arbeiten in Holz, Elfenbein, Porzellan, Edelmetall wie auch 
durch ganz hervorragende kirchliche Ornate zur Anschauung 
kommen. Bedeutende Gemälde sind bisher wenige ange- 
meldet, doch besteht die berechtigte Hoffnung, das meiste, 
was sich von Grunewald und dem sogenannten Pseudo- 
grünewald in Aschaffenburg und Umgegend befindet, in der 
Ausstellung zu vereinigen. Da ünterfinnken zweimal, im 
Beginne des 16. und in der Mitte des 18. Jahrh. eine ganz 
hervorragende Stelle in der deutschen Kunstentwickelung 
einnahm, so hat die Ausstellung eine weit über die nächste 
Umgebung hinausgehende Bedeutung. 

%* Alis Änlass der Großen Berliner Kunstausstellung 
hat der Kaiser die drei großen goldenen Medaillen den Malern 
Peter Janssen in Düsseldorf und Hermann Prell in Dresden 
und dem Bildhauer Antokolskt in Paris, die sechs kleinen 
goldenen Medaillen den Malern Eduard Kämpffer in Mün- 
chen, Heinrich Zügel in München, Ferencx Eisenhut in Wien 
und James Guthrie in Glasgow, sowie den Bildhauern Jo- 
hann Qötx in Schöneberg bei Berlin und Joseph Floss^na/nn 
in München verliehen. Im Anschluss hieran hat die Aus- 
stellungskommiBsion auf Vorschlag der Preisjury folgenden 
Künstlern eine ehrende Anerkennung erteilt: Den Malern 
Carl Banxer in Dresden, Max Bredt in München', Gilbert 
von Canal in Düsseldorf, M, Zeno Diemer in München, Otto 
Friedrich in Paris, Hubert Goelx in Berlin, Fritz Grotemeyer 
in Berlin, Alexander Harrison in Paris, Louis Herzog in 
Düsseldorf, Hans Brause in Berlin, B. Andreas Liljefors in 
Upsala, A, Männchen in Halle, Otto Schulderer in London, 
Alois Hans Schräm in Wien, femer dem Bildhauer Georg 
Busch in München und den Architekten Schilling und Grab- 
ner in Dresden. 

VEREINE UND GESELLSCHAFTEN. 

Q Zncischen den Berliner Bildhauern R, Toberent» und 
E, Hundrieser war es aus Anläse eines von ersterem in der 
Wochenschrift „die Zukunft'' veröffentlichten Artikels über 
die Jury der Kunstausstellung zu einem Streit gekommen, 
infolgedessen elf Mitglieder der Jury, die zugleich Mitglieder 
des Vereins Berliner Künstler sind, bei dem Verein die Ein- 
setzung eines Ehreugerichts zur Untersuchung der Anklagen 
beantragten. Li einer aufierordentlichen Generalversamm- 
lung wurde der Antrag angenommen und ein Ehrengericht 
eingesetzt, das aus vier Vorstandsmitgliedem (A. v. Werner, 
Brausewetter, Baumeister Schwenke, Maler Seeger) und sieben 
Vertrauensmännern (C. Becker, Bennewitz v. Loefen, Breite 
bach, H. Eschke, Knaus, Scherenberg und Streckfnß) besteht 
Dieses Ehrengericht hat am 14. Juli eine Sitzung abgehalten, 
zu der Bildhauer Toberentz geladen, aber nicht erschienen 
war. Er hatte nur eine schriftliche Auseinandersetzung ein- 
geschickt, in der er erklärte, dass er das Ehrengericht nicht 
anerkenne. Lifolgedessen beschloss das Ehrengericht, den 
Thatbestand dem Verein zu unterbreiten, was durch Circular 
inzwischen geschehen ist; und die Entscheidung einer Ge- 
neralversammlung des Vereins zu überlassen. 

%* Der neue deutsche Kunstverein in Berlin hat auf der 
Großen Berliner Kunstausstellung folgende neunzehn Bilder 
angekauft: „Lüneburger Heide** von Eugen Bracht, „Weiher 
bei Siegburg** von Kubierschky in München, „Riviera** von 
Willy Hamacher, „Südwestwind** von M. Maul, eine Studie 
von Paul Flickel, „Abfahrt norwegischer Boote** von Alexander 
Roche in Glasgow, „Bei der Arbeit** von Rene Reinicke in 


München, „Die Schwanthaler-Straße in München** von Keller 
in Reutlingen, „Der alte Spieler** von Rudolf Possin, „Oktober** 
von Andrea Tavemier in Rom, „Winter** von Gustav Kamp, 
mann in Karlsmhe, „Morgen im Frühherbst'* von Richard 
Kaiser, femer die Aquarelle „In den Dünen** von Ludwig 
Dettmann, „Erlenbruch*' von Karl Kappstein, „Erinnerung** 
von Erich Mattschass, „Morgen in Venedig** von Ludwig 
Dill in München, „Am Hafen zu Riva** von Albert Hertel, 
endlich zwei Originalradirungen von Max Klinger „Und 
doch** und „Zeit und Ruhm*'. 


AUSGRABUNGEN UND FUNDE. 

Trier. In letzter Zeit sind wiederum interessante Funde 
aus der Römerzeit zu Tage gefördert worden. In der Maar- 
straße wurde eine römische Begräbnisstätte aufgedeckt, welche 
Krüge, Opferschalen, Münzen und die guterhaltene Figur 
einer Güttin enthielt. Bedeutender ist ein Fund, der im 
Gartenfeld gemacht wurde, wo man bei einer Kelleraus- 
schachtung einen schünen Mosaikboden bloßlegte. Die voll- 
ständige Freilegung des hochinteressanten Fundes erfolgt 
durch die Verwaltung des Provinzialmuseums. Der Boden 
wird von einem dreifachen Fries umschlossen. Figuren und 
Farben sind noch frisch und schQn erhalten. 


KUNSTHISTORISCHES. 

%♦ Mit der Fortführung des Verzeichnisses der Kurt^t- 
und Baudenkmäler Sachsens ist, wie das Centralblatt der 
Bauverwaltung mitteilt, an Stelle des verstorbenen Dr. Steche 
vom sächsischen Ministerium des Innern und vom Sächsischen 
Altertumsverein der außerordentliche Professor an der tech- 
nischen Hochschule in Dresden, Dr. C. Gurlitt beauftragt 
worden. Er wird seine Thätigkeit mit der Bearbeitung der 
Stadt und Amtshauptmannschaft Leipzig beginnen. 


VERMISCHTES. 

\* Die Ausschmückung der Aula der Universität Marburg 
mit einer Reihe von Wandgemälden aus der Geschichte der 
Stadt ist dem Professor Peter Janssen in Düsseldorf über- 
tragen worden. 

\* Der Grundstein zum Münchener Künstlerhause ist 
am 3. Juli aus Anlass des 25jährigen Bestehens der Münchener 
Künstlergenossenschafb gelegt worden. Der Feierlichkeit 
wohnte der Prinzregent mit den Prinzen und Prinzessinnen 
des bayerischen Hauses bei. Der Bildhauer Professor v. Miller 
hielt eine Ansprache und verlas die Gmndsteinlegungsurkunde. 
Der Prinzregent legte die Kapsel mit der Urkunde in den 
Grundstein und gab dem Wunsche Ausdrack, dass die Mün- 
chener Kunst in dem Künstlerhause in Eintracht und Froh- 
sinn weiter blühen müge. Sodann erfolgten die Hammer- 
schläge des Prinzregenten, der Fürstlichkeiten, der Minister, 
des Vorstandes der Künstlergenossenschaft und der beiden 
Bürgermeister. 

M. R. Durm's Kaiserin Augusta-Bad in Baden-Baden. 
In der nächsten Zeit wird in Baden-Baden ein Neubau dem 
Gebrauche übergeben werden, welcher in künstlerischer und 
technischer Beziehung die größte Aufmerksamkeit verdient. 
Es ist eine für den ausschließlichen Gebrauch von Frauen 
bestimmte Badanlage, welche in gleichem Mafie allen An- 
forderungen der neueren Balneologie wie dem Bedürftiis 
nach Komfort und Luxus der oberen Klassen entspricht 
Die Schwierigkeiten, die eine solche Au^be an und für 
sich bietet, werden hier noch durch die ungenügende Aus- 
dehnung, die unsymmetrische Gestalt und die eingeengte Lage 


507 


Vermischtes. — Vom Konstmarkt. 


508 


des Bauplatzes erhöht Aber wie Spinoza einmal sagt, dass 
unsere Fehler unsere Eigenschaften sind, so kann man auch 
hier sagen, dass Dnrm sich aus jeder einzelnen dieser Schwie- 
rigkeiten einen neuen Ruhmestitel geschaffen hat. Musste 
der Architekt auf einen Platz verzichten, der sein Werk von 
allen Seiten zeigt, so hat er daf&r das gegebene Terrain zu 
einem Bau ausgenützt, welcher von jeder erreichbaren Stelle 
aus einen neuen eigenartigen Anblick gewährt Gamillo 
Sitte, der das gehaltvolle Buch Über Städteanlagen geschrieben 
hat, würde seine Freude daran haben, wenn er sähe, wie ein 
Meister mit richtigem künstlerischen Gefühle das treffen 
musste^ was die Kunst der Jahrhunderte uns in Bezug auf 
die Ausnutzung der Plätze gelehrt hat. Ungemein geistreich 
ist auch die Lösung, welche der Grundriss gefunden hat. Es ist 
dem Künstler gelungen, den verschiedenen Bassins, Bädeniund 
Ankleideräumen, bei voller Ausnützung des Raumes, eine 
symmetrische Anordnung zu geben, ohne welche eine höhere 
Schönheit des Grundrisses sowie ein bequemes Zurechtfinden 
innerhalb der den verschiedensten Badezwecken dienenden 
Räume nicht möglich gewesen wäre. Wie Durm in der 
Auswahl der Materialien: Sandstein, Marmor und Granit, 
Kupfer, Messing und Majolika, mit stetem Blick auf ihre 
technischen Eigenschaften, einen harmonischen Zusammen- 
klang der Töne erreicht hat, so hat er es auch verstanden, 
die helfenden Künste wie die Bildhauerarbeiten von Heer 
und die Malereien von Gleichhauf auf das glücklichste seiner 
Architektur einzuftlgen. Nicht minder aber ist es ihm auch 
gelungen, durch Anordnung eines besonderen Mezzanin- 
raumes für die Röhrenleitungen der heißen kochenden Seele, 
welche der ganzen Anlage erst ihr Leben giebt, den ent- 
sprechenden architektonischen Ausdruck zu verleihen. 

*^* Die Renten- und Pensionsanstalt für deutsche bil- 
dende Künstler^ zu der die Anregung von der Weimarer 
Kunstgenossenschaft ausgegangen war, ist nunmehr auf einer 
Versammlung der Delegirten der deutschen Kunstgenossen- 
schaften in Eisenach begründet worden. Über die Verhand- 
lungen wird folgendes gemeldet: Nach einer Begrüßung des 
Vorsitzenden der Weimarer Genossenschaft, Prof. Hagen, 
wurde der von fast allen deutschen Kunstcentren beschickte 
Delegirtentag, zu welchem fünf Sechstel aller deutschen 
Künstler ihre Vertreter entsandt hatten, durch den Direktor 
der Qroßherzogl. Sachs. Kunstschule, Grafen von Görtz, er- 
öffnet Der Schriftführer der Genossenschaft, Maler Eich- 
horn, referirte über die Entstehungsgeschicht« und die Fort- 
führung des von Weimar ausgegangenen Gedankens, den 
deutschen bildenden Künstlern eine Anstalt zu schaffen, 
welche sie gegen die Gefahren vorzeitiger Invalidität und 
die Gebrechen des Alters schützen sollte. Nach längerer 
Debatte wurde mit Einstimmigkeit beschlossen, die Anstalt 
als eine selbständige, von der Allgemeinen deutschen Kunst- 
genossenschaft unabhängige zu begründen, sie aber dadurch 
in dauernde Verbindung mit der Kunstgenossenschaft zu 
bringen, dass der Vorstand der letzteren, als solcher, Mit- 
glied des Aufsichtsrats sein und die Genossenschaftsmitglieder 
des Nachweises genügender Bethätigung als bildende Künstler 
überhoben sein sollten. Einstimmig wurde der Antrag Dres- 
den angenommen, dass Weimar, von wo aus der erste An- 
stoß zur Begründung der Anstalt ergangen sei, auch ihr 
Sitz sein solle. Demnächst wurde der Großherzog tele- 
graphisch gebeten, das Protektorat über die Anstalt annehmen 
zu wollen, und antwortete auf gleichem Wege zusagend. 
Femer beschloss die Versammlung, dass auch die Architek- 
ten als bildende Künstler mit aufzunehmen seien. Das Ge- 
samtresultat der Beratung der vom Weimarer Verein ent- 
worfenen Statuten war, dass sie in der Hauptsache ange- 


nommen, in mehreren Einzelheiten aber umgestaltet wurden. 
In den Aufsichtsrat der Anstalt wurden gewählt: 1. der 
jeweilige Vorsitzende der Allgemeinen deutschen Kunst- 
genossenschaft, 2. Maler Heinrich Deiters-Düsseldorf, 3. Maler 
Berthold Paul Förster • Dresden , 4. Prof. E. Kanoldt- Karls- 
ruhe, 5. Direktor Prof. Kolitz-Kassel, 6. Maler Gustav Koken - 
Hannover, 7. Prof. Fritlyof Smith -Weimar, 8. Prof. Max 
Thedy- Weimar, 9. Maler Viktor Tobler-München. Der Vor- 
sitzende des Aufnchtsrats wird vom Großherzoge von Sach- 
sen ernannt werden. In das Direktorium wurden die Maler 
K. Ahrendts, J. Eichhorn, Prof. Th. Hagen, P. Rieß, alle aus 
Weimar, gewählt. Eine aufgelegte Beitrittsliste bedeckte 
sich mit Unterschriften, ebenso eine Liste für Spender von 
Kunsterzeugnissen zur Begründung eines Stammfonds für 
die Anstalt. 

s^tt Karlsruhe, Der Bildhauer Wettring ist vom ba- 
dischen Ministerium des Kultus beauftragt worden, für die 
Staatsgalerie die Büste Anselm Feuerbach's zu modelliren 
und alsdann in weißem Marmor auszuführen. 

»tt Baden-Baden. Die im Erdgeschosse unseres neu- 
erbauten Reichspostgebäudes befindliche Schalterhalle hat 
durch den Karlsruher Maler Heinrich Kley zwei Wandbilder 
erhalten, wovon das erste die römische Kaiserzeit durch 
Einweihung des Merkuraltares und das zweite die neueste 
Zeit durch die Darstellung einer Spazierfahrt des deutschen 
Kaiserpaares, Wilhelm's I. und Augusta, in der Lichten- 
thaler Allee reprilsentirt. 

VOM KUNSTMARKT. 

Auktion in London, Am 24. Juni gelangte bei Christie 
unter großer Beteiligung die sehr bedeutende Gemäldesamm- 
lung des Mr. Bingham Mildmay zur Auktion. 92 Werke 
erzielten zusammen 44 242 £, Unter den Bildern befanden 
sich Meisterwerke von J. und A. Both, Hobbema, Hogarth, 
P. de Hooch, N. Berchem, Maas, J. v. Ostade, Rembrandi, 
Jacob und Salomou Ruysdael, v. d. Gapelle, A. v. d. Neer, 
A. und W. V. d. Velde, Antoine Watteau, Wynants, Tinto- 
retto, Reynolds und Gainsborough. Besonders gute Preise 
sind für folgende Bilder zu verzeichnen: J. und A. Both, 
Abraham mit Hagar und Ismael, sonnige Landschaft, 41 x 49 
engl. Zoll, beschrieben in SmitVs Gatalogue raisonn^, 1142 ^; 
Hobbema, Ansicht der Harlemer Schleuse in Amsterdam, 
30 V] X 38, aus der Sammlung des Baron Verstolk van Soelen, 
Smith's C. r., 2310 £ (Käufer Dr. Richter); W. Hogarth. 
Porträt seiner Frau Jane, Tochter des Porträtmalers Sir 
James Thomhill, 1218 £\ Holbein (?), Königin Katharina 
Parr, in rotem Kleide mit Goldstickerei, 25x20, aus der 
Hamilton -Sammlung gekauft für 840 j^, brachte nur 210 £\ 
Peter de Hooch, Interieur mit verschiedenen Lichtreflexen, 
aus der Verstolk -Sammlung, im Jahre 1800 bez. mit 37 j^, 
Smith's C. r. T. IV, Nr. 54, brachte 2940 £\ von demselben 
Meister ein Zimmer, dessen Thür offen steht; die Morgen- 
sonne scheint und erhellt mehrere aufeinanderfolgende 
Räume in magischer Weise, 38 x 43, aus der Verstolk-Samm- 
lung, in Smith's Supplement S. 574 irrtümlich als ein Werk 
von Emanuel de Witte beschrieben, 735 £\ N. Maas, Inte- 
rieur, bez. 1655, 22x17, aus der Brede- Sammlung. Dr. 
Waagen nennt es ein sehr anziehendes Bild, 1680 Ji\ Isaac 
V. Ostade, „Das Wirtshaus", außerhalb desselben eine Ge- 
sellschaft von Bauern unter einem schönen Baum, 20x23, 
bez. und mit Jahreszahl 1646, aus der San Donato-Sammlung, 
gestochen von Gaujean, 1522 £\ Rembrandt, des Meisters 
Frau, 25 X 20, beschr. in Smith's Cat. rais. Nr. 576, 2667 jf 
(stammt aus der RedleafSammlung}; Jacob Ruysdael, bez. 


509 


Zeitschriften. 


510 


J. Rcdedael» Ansicht der Küste von Scheveningen , 21x26, 
gestochen von Le Bas, 1779 in der Sammlung des Prinzen 
Conti, 1781 des Marquis von Marigny, 1872 des Herzogs von 
Choiseul, Smith's C. r. T. IV, Nr. 19, von der englischen 
„National Gallery" für 3045 £ erworben; eine Landschaft 
von demselben Meister, 1785 £\ die beiden letzteren Bilder 
wurden zusammen im Jahre 1772 für 68 jf , und 1779 für 
91 £ verkauft. Salomon Ruysdael, Flussscene, 914 £\ J. v. 
d. Capelle, Seeetück, 23 x 33, 999 £\ Aart v. d. Neer, Winter- 
scene, zugefrorener Fluss mit zahlreichen Schlittschuhläufern, 
im Hintergründe eine Stadt, bez., 17x20, 756 £\ J. v. d. 
Heyden, Stadtansicht mit Figuren von A. v. d. Velde, 16 x: 23, 
Smith's C. r. T. V, S. 400, 1155 £\ Adrian v. d. Velde, „Der 
Dudelsackpfeifer**, 13x15, 525 £\ Wilhelm v. d. Velde, 
holländische Küstenlandsohaft, 18x10, ein Bild, von dem 
Dr. Waagen sagt, „der feine graue Ton des Wassers kon- 
trastirt entzückend mit der Morgenröte in den Wolken", 
693 £ (aus der Bredel -Sammlung); ein anderes Seestück 
von demBclben Meister 641 £\ Antoine Watteau, ein Meister, 
der von Jahr zu Jahr hier seltener in Auktionen vorkommt 
und infolgedessen sehr gesucht wird. „Le bal champ^tre**, 
36x49, aus der Orleans- Galerie, gestochen von J. Couch6, 
stellt ein Gartenfest dar. Im Vordergrunde tanzt ein Ka- 
valier mit einer Dame Menuett, zur linken Seite drei Damen 
und mehrere Herren, während zur rechten eine Gruppe von 
Musikanten sitzt. Der lebhafteste Kampf entspann sich um 
dieses Bild, das einen Preis von 3418 4^ erzielte; J. Wynants, 
„Der Angler", 14 X 19, Smith's Supplement S. 738, aus der 
Bredel-Sammlung. Ein Gemälde, von dem Dr. Waagen sagt: 
„Die Schönheit der Komposition und die sorgsame Ausfüh- 
rung des Bildes machen es zu einem der besten Werke des 
Meisters", 1344 £\ Tintoretto, Porträt eines venezianischen 
Admirals, 54x44, aus der Hamilton -Sammlung, 903 £\ 
N. Berchem, bergige Landschaft, 23x19, 420 £\ Angelo 
Bronzino, Leonora di Toledo, Gemahlin von Cosmo di Me- 
dici, beschr. von Dr. Waagen, T. II, S. 294, 819 £\ Guardi, 
die Dogana und S. Maria della Salute, 597 £\ Guercino, 
Christus und die Samariterin, aus der Galerie des Herzogs 
von Lucca, 662 £\ P. Wouverman, eine Schlacht, 305 £. 
— Es möge noch erwähnt werden, dass der Verkäufer, Mr. 
Bingham Mildmay, einer der Mitinhaber der bekannten 
Bankfirma Baring war. Sein Familienname kommt in der 
Geschichte Englands unter den Tudors und Stuarts häufig 
vor. Schließlich dürfte es besonders für uns Deutsche er- 
freulich sein, zu hören, dass die Kunstkritik des Dr. Waagen 
noch heute iu England als maßgebend besteht und für den 
Preis von Gemälden entscheidend ist. $ 


ZEITSCHRIFTEN. 

Anzeiger des GermaBisehenNatioiialiiiiiseamB. 1898. Nr. 8. 
Hai-Juni. 

Verlobnng nnd Verehelichong in Nürnberg im 16. Jahriinndert. 
Von H. Bosch. — Selbstbiographie des Malers Oeorg Christoph 
Eimmart des älteren. Von F. Fuhse. — Katalog der im Ger- 
manisehen Nationalmasenm befindlichen Oemälde. (Fortsetis.) 

Bayerisehe Genrerbezeitnng. 1898. Nr. 11. 

Die letzten 60 Jahre des Nämberger Goldechmiedehandwerks vor 
Einführung der Oewerbefreiheit. Von Stockbauer. 

Die Kunst für AUe. 1892/98. Heft 19. 

Die Berliner Kanstonsstellnng. Von Dr. Relling. — Die Pa- 
riser Salons. I. Von S. Feldmann. — Frühjahrsausstellang 
der American Artists. Von P. Hann. 

Die Kunst fttr Alle. 1892/98. Heft 20« 

Die Berliner Kunstausetellnng. II. Von Dr. Belling. — Die 
Pariser Salons. II. Von S. Feld mann. — Die freie Berliner 
Knnstaasstellung. Von J. Springer. 


Gewerbelialle. 1893. Heft 7. 

Taf 49. Buffett; entworfen von H. Güting in Stattgart. — Taf 

60. Initialen; entworfen von H. Kanfmannin München. — Taf. 

61. PostamentfUllnngen von der Ratbaushalle in Köln a. Rh. 
(1569—71, Wilhelm vemickel); aufgenommen von A. Mezey in 
Badapeat. — Taf. 52. Gitter im Bayerischen Nationalmuseum in 
Hünchen (1724); aufgenommen von X. l^ehmann daselbst. — 
Taf 68. Füllungen in geschnittenem und gepunztem Leder; aus- 
geführt von H.Jacobsen, Ledertechniker In Hamburg. — Taf 
64. Sohndedeeisemes Grabkreuz vom Kirchhof in Ulm (von Stadt- 
EisenhammerBchmied Woydt, 1747). Details von ähnlichen Kreu- 
zen, ebendaselbst; aufgenommen von R. Knorr in Stuttgart. — 
Taf 65. Spätgotische Holzskulpturen aus einem Nürnberger 
Hause; aufgenommen von F. Waltherin Nürnberg. — Taf 56. 
Brokatstoff, italienisch-byzantinische Arbeit des 14. Jahrhundert-a 
im k. k. Museum für Kunst und Gewerbe in Wien ; aufgenommen 
von P. Wahn daselbst. 

Jahrbneli der kSniglieli Preusslsehen Kiinstsaminlangeii. 

1898. Heft 2/8. 

Das Berliner Moses -Relief und die Thüren von Sta. Sabina in 
Rom. Von J. Strzygowskl. — Notiz zu Israhel van Mecke- 
nem. Von M. Lehrs. — Die Wandgemälde von S. Angelo in 
Formis. Von F. X. Kraus. (Schluss.) — Die Ausstellung von 
Kunstwerken aus dem Zeitalter Friedrioh's dee Großen. III. Das 
Bildhaueratelier Friedrich's des Großen und seine Inhaber. Von 
P. Seidel. IV. Das Mobiliar. Von R. Graul. V. Das Por- 
zellan. 1. Die Meißener Manufaktur. Von W. v. Seidlitz. 
8. Vincennes und Sdvres. Von R. Stettiner. — Martin Schon- 
gauer und seine Brüder in ihren Beziehungen zu Basel. Ein Bei- 
trag zur Lebensgeechiohte Albrecht Dürer's. Von Dr. Burck- 
hardt. 

Kunstsaloii. 1892/98. «Heft 6. 

Adolf Menzel. Von L. Pie t s cfa. — Pariser Kunstbrief Von Dr. 
A. Nossig. — Prager Kunstbrief Von R. B e r g e r. 

Mitteilungen der k. k. Oentralkommission cur Erfor- 
sehung nnd Erhaltung der Knnsi- nnd historlsclien 
Denkmale. 1898. Heft 1 n. 2. 

Drei Stadtpläne und eine Stadtansicht von Prag. Von J. A. Frh 
V. Helf ert. — Kunsthistorische Notizen ausFriesaoh und seiner 
Umgebung. I, II. Von Dr. A. Ilg. — - Tiroler Burgen. I. IL Von 
P. Giemen. ~ Das Lavantthal. Von K. Frh. y. Hans er. — 
Die Pfarrkirche zu St. Martin bei Littai. Von Örnologar. — 
Die beiden biblischen Gemäldecyklen des Domes zu Gnrk. Von 
Dr. A.Schnerich. I. II. — Bauliche Überreste von Brigantium. 
Von Dr. S Jenny. — Zwei nenentdeckte Gräberstätten in Smol- 
nic Von B. Jelinek. — Der alte Dom zu Olmntz. Von R. 
Völkel. — Nachrichten über das k. k< Staatsmuseum in Aqui- 
leia. V. VI. VonMaJonica. — Das ehemalige Cistercienserstift 
Welehrad (Mähren). I. II. Von Prof A. Prokop . — Die Pfarr- 
kirche zu Treffen (Trbnye) in Ünter-Krain. Von Örnologar. — 
Die Ausgrabungen zu Frögg im Jahre 1892. Von Baron H au s e r. 
— Die Pfarrkirche von Uais im Pnsterthal. Von J. Unter- 

ßasser. — Die oberösterreichische Landesgalerie in Linz. Von 
r. Th. Frimmel. — Fund einer römischen Töpferei bei Hel- 
Efau. — Gesammelte Daten im Laufe des Jahres 1891 über einige 
ervorragende Bäudenkmale im nordöstlichen Böhmen. Von 
E. Pippich. — Römisches Mauerwerk , gefunden in Barkola. 
Von A. Pub Chi. — Alte Steinkreuze und iKreuzsteine in Mähren. 
Von A. Franz. — Das Tatarendenkmal bei Wama. 

Zeitschrift fttr ohristUehe Knnst. 1898. Heft 8. 

über gestochene Vorlagen für gotisches Kirchengerät. Von M. 
Lehrs. — Zur Geschiente der Kreuzaltäre. Von G. Humann. 
Die alten Glasgemälde im Dom zu Stendal. Von L. Hoene. — 
Der neue Kreuzweg im Dom zu Köln. Von Schnütgen. 

Gaxette des Beanx-Arts. Nr. 488. 1. Juli 1898. 

Tanagra. L Von H. Lechat. — Arnold Böcklin. IL Von F H. 
Meissner. — Les Salons de 189S. (II.) Dessins, gravure, arehi- 
tecture. Von H. Bouchot. — Exposition des Oeuvres de Charlet. 
Von H. Beraldi. — Claudius Popelin et la renaissance des 
emaux peints. (III.) Von L. F al i z e. — Gorrespondance d'Angle- 
terre. Von P. Leprieur. 

PArt Nr. 698. 15. Jnni 1898. 

Salon de 1898: L^Ezposition d^archi tecture au Palais de Tln- 
dustrie. Von V. Petitgrand. — Exposition d^art mnselman. 
Von G. Marye. — Le cent-onzieme Salon de Paris et le oent- 
vingt-oinquiöme Salon de Londres. (Fortsetz.) Von P. Leroi. 

L'Art. Nr. 699. 1. Juli 1898. 

Un Hoffmann ftuuQais. Von J. Troubat. — Considörations snr 
rhistoire de Testampe Japonaise. Von E. Deshayes. — Notes 
sur Texposition de Madrid. Von B. Molini er. — Le cent- 
onziöme Salon de Paris et le oent-vingt-oinquiöme Salon de Lon- 
dres. (Fortsetzung.) Von P. Leroi. 

The Magazine of Art Nr. 153. Jnli 1898. 

The new Gallery. Von F. Wedmore. — The Royal Aoademy 
exhibition. (Schluss.) Vom Herausgeber. — J. W. North, 
painter and poet. I. Von Prof. H. Herkomer. -- Sketching 
from natnre: a word of advice to the inert. Von J. E. Hodg- 
son. — Two famous chargers: Gopenhagen and Marengo. Von 
Phipps Jakson. — Hendrickie Stoffels by Rembrandt. Von 
J. Forbes White. — Street baloonies in North Italy. Von H. E. 
Tidmarsh. — The philograflc Method of drawing. Von J. 
For bei -Robertson. 


511 


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512 


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2. Wustmann, 0^., Beiträge zur Gesehlehte der Malerei 

in Leipzig vom 15. bis zum 17. Jivhrhundert. 70 S. Br. 2 Jf. 

3. Lange, Eonr., Das Motiv deo aufjpestötzten Fueeeo 

in der antiken Kunst und deren statuansche Verwendung 
durch Lysippos. 64 S. mifc 1 Tafel. Br. 2 Jf. 

4. Muther, Rieh., Anton Graff, sein Leben und seine 
Werke. 128 S. mit dem Portrilt des Künstlers in Licht- 
druck. Br. 3 Jl. 

5. Holtzlnger, Heinr.« Ober den Ursprung und die 
Bedeutung der Doppelcliore. 30 S. Br. 1 uT. 

6. Kahl, Rob., Das venezianische Sliizzenbucli. 128 S. 

mit 23 Abbildungen. Br. 4 J(, 

7. Yalentln, Yelt, Neues über die Venus von Mlio. 

50 S. 1.60 Jf. 

8. Voss, Georg, Die Darstellungen des Weltgeriohts in 

der bildenden Kunst des frühen Mittelalters. 90 S. mit 
2 Tafeln in Lichtdruck und Abbildungen im Text. Br. 3 Jl, 

Neue Folge. 

1. Schumann, Paul, Barock und Rokoko. 130 S. mit 

11 Abbildungen. Br. 4 J(, 

2. R^e, F., Peter Candld. 266 S. Br. 6 uT. 

3. Leitschuh, F. F., Die Familie Preisler und Marcus 
Tuscher. 82 S. Br. 2 Jf. 

4. fiaemmerer, Ludw., Die Landschaft in der deut- 
schen Kunst. 107 S. Br. 2 Jf, 

5. Flcker, Johannes, Die Darstellung der Apostel In 
der altchristiichen Kirche. 156 S. Br. 3 ur. 

6. Oettingen, Wolfgang v., Antonio Averlino gen. 
Fliarete. 68 S. Br. 2 uT. 

7. Eristeller, Paul, Die Strassburger Büoheriliustra- 

tion im XV. und im Anfange des XVI. Jahrhunderts. 
172 S. mit 35 Abbildungen. Br. 6 uT. 


8. Tom an, Hugo, Studien über Jan van Scorel. 52 S. 

mit 6 Tafeln in Lichtdruck und Holzschnitt. Br. 2 Jf. 

9. Ficker, Paul Gerh., Der Mitralis des Sioardus nach 

seiner Bedeutung ftlr die Ikonographie des Mittelalters. 
78 S. Br. 2 Jf. 

10. Oraul, Richard. Beiträge zur Gesohiohte der deko- 
rativen Skulptur in den Niederlanden während der ersten 
Häiae des 16. Jahrhunderts. 55 S. Br. 2 Jf. 

11. Pauli, G^ustay, Die Renaissancebauten Bremens im 

Zusammenhange mit der Renaissance in Nord Westdeutsch- 
land. 120 S. mit 12 Abbildungen. Br. 3 uT. 

12. Eoelitz, Karl, Hans Suess von Kuimbaob und seine 

Werke. Ein Beitrag zur Geschichte der Schule Dürer*s. 
88 Seiten. Br. 3 Jf, 

13. Frlediander, Max, Albrecht Altdorfer, der Maler 
von Regensburg. 175 s. mit 3 Abbildungen. Br. 5 Jf. 

14. Flrmenlch-Ulchartz, Ed., Bartholomaeus Bruyn 

und seine Schule. 147 S. mit 7 Abbildungen im Text 
und 5 Lichtdrucktafeln. Br. 5 Jf. 

15. Wiliscfa, E., Die altkorinthlsohe Thonlndustrle. 176 S. 

mit 8 Tafeln. ' Br. 6 Jf. 

16. Thieme, U., Hans Sohaeufeiein's malerische Thätig- 
keii 184 S. mit 12 Lichtdrucken. Br. 6 Jf. 

17. Magnus, Hugo, Die Darstellung des Auges In der 
antiken Plastik. Mit 5 Tafeln Abbildungen. 96 ». Br. 4 uT. 

18. Lichtenberg, Relnhold Freiherr y., Zur Ent- 
wlckelungsgeschichte der Landschaftsmalerei bei den 

Niederländern und Deutschen im 16. Jahrhundert. Mit 
Abbildungen. 128 S. Br. 4 Jf. 

19. Steinmann, E., Die Tltull und die kirchliche Wand- 
malerei im Abendlande vom 5. bis zum 11. Jahrhundert 
142 S. Bf. 5 Jf. 

20. Zimmermann, E., Die Landschaft in der veneziar 
nischen Malerei bis zum Tode Tizian's. 214 S. Br. 5 Jf, 
Ist Yollständig zu haben. 

21. Ohnesorge, K.. Wendel Dltteriln, Maler ron Strass- 
burg. Mit 1 Abbildung. 68 S. Br. 2 uT. 


Inhalt: Die große Berliner Kunstausstellung, m. Von A. Rosenberg. — Ad. Braun inDomach, Publikation derGem&ldegalerieen Roms 
- M. E. Sachs t; H. Schaumann t; W. Möller f. - Saglio; K. Janssen. - Konkurrenz für das Riebeckstift in Halle a. S. ■- 



Reichstagseroffnun^; Fränkische Ausstellung von Aftertamern zu Wifrzburg; Pr&miirungen auf der großen Berliner KunsUus- 
Stellung. — Streit im Berliner Kttnstl erverein; Der neue Deutsche Knnstverein in Berlin. — Ausgrabungen in Trier — FortfUh- 
rang des Verzeichnisses der Kunst- und Baudenkmäler Sachsens. — Ausschmückung der Aula in Marburg; Grundsteinleffunir zum 
Mtinchener Kunstlerhause; Durm's Kaiserin Augusta-Bad in Baden-Baden; Die Renten- und Pensionsanstalt för deutsche bildende 
Kunstler; Feuerbaoh- Büste in Karlsruhe; Ausschmfiokung des Postgebäudes in Baden-Baden. — Kunstauktion in London. — Zeit- 
schriften. — Inserate. 


Für die Redaktion verantwortlich Artur Seemann. — Druck von Augmt Pries in Leipzig. 

Dieser Nummer liefft eine Anzeige der Papierfabrik von SoUaicliar k Scllllll in Düren bei, die wir der Aufmerk- 
eamkeit der Leser empfehlen. 


■c 


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KUNSTeMRONIK 

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE. 

Ankundigungsblatt des Verbandes der deutschen Kunstgewerbevereine. 

HERAUSGEBER: 

CARL VON LÜTZOW und DR. A. ROSENBERG 

WIEN BERUN SW. 

HengMse 68. 


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Teltowerstrasse 17. 
Verlag von E. A. SEEMANN in LEIPZIG, Gaitenstr. 15. Berlin: W. H. KÜHL, Jägeratr. 73. 


Neue Folge. IV. Jahrgang. 


1892/93. 


Nr. 32. 17. August 


Die KuDBtohronik erscheint als Beiblatt Eur „Zeitschrift fUr bildende Kunst" nnd zum „Kanstgewerbeblatt" monatlich dreimal, in den 
Sommermonaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und amfaast 83 Nummern. Die Abonnenten der „Zeit- 
sehrift für bildende Kunst* erhalten die Kunstchronik gratis. — Für Zeichnungen, Manuskripte etc., die unverlangt eingesandt werden, 
leisten Redaktion und Verlagshandlung keine Gewähr. Inserate, k 80 Pf. fUr die dreispaltige Petitseile, nehmen auBer der Verlagshand- 
lung die Annoncenexpeditionen von Haasenstein U Vogler, Rnd. Hesse u. s. w. an. 


Kimsthistorischer Eongress in Nürnberg 1893. 

Programm. 


Am Vorabend (24. September) 8 Uhr: Gesellige 
Zusammenkunft und Vorbesprechung in einem be- 
sonderen Lokale des Hotel Strauß. 

Montag den 25. September 9 Uhr Vormittags: 

Versammlung im Eonferenzsaale des Germa- 
nischen Nationalmuseums (Frauenthormauer 28). 

Begrüßung durch den Vorsitzenden des Nürn- 
berger Lokalkomitees. 

Eonstituirung des Bureaus für den Nürnberger 
Kongress. 

Beratung der Satzungen für die kunsthistorischen 
Kongresse. Referent: Dv. B, Haendcke-^ervL, — Wahl 
eines Komitees zur Ausarbeitung der Satzungen. 

VortragdesHermDr.flampc-Ntimberg: Deutsche 
Kunst und deutsche Litteratur um die Wende des 
15. Jahrhunderts. 

Antrag des Herrn Prof. Dr. v. Lütxow -Wieu, 
betreffend die Gründung eines Instituts ftir neuere 
Kunstforschung. 

1 Uhr: Gemeinsames Mittagessen im Hotel Strauß. 

Nachmittags 3 Uhr: Besichtigung des Germa- 
nischen Nationalmuseums und der Ausstellung. 

Abends: Gesellige Zusammenkunft im Deutschen 
Kaiser. 

Dienstag den 26. September 9 Uhr Vormittags: 

Vortrag des Herrn Prof Dr. Dietrichson-ChristiBL- 
nia: Die norwegische Holzarchitektur und die nor- 
wegischen Bauten des deutschen Kaisers zu Rominten. 

Vortrag des Herrn Dr. Max Schmtd-Berlm: Über 


kunstgeschichtlichen Unterricht an Volks- und Mittel- 
schulen. 

Vortrag des Herrn Dr. Bodensiein-Wien: Über 
Österreichs Anteil an der Kunstentwickelung. 

Mitteilungen des Herrn Ernst -Bfer^cr- München 
über die Entwickelung der Maltechnik im Altertum. 

1 Uhr: Mittagessen nach freier Wahl. 

Nachmittags 3 Uhr: Besichtigung der Sehens- 
würdigkeiten Nürnbergs. — Im Rathause Begrüßung 
durch einen Vertreter der Stadt. 

Abends 6 Uhr: Zusammenkunft im Stadtpark. 

Mittwoch den 27. September 9 Uhr Vormittags: 

Referat des zur Ausarbeitung der Satzungen ein- 
gesetzten Komitees und fieschlussfassung über die- 
selben. — Wahlen des standigen Ausschusses und 
des nächsten Kongressortes. 

Vortrag des Herrn Prof. Dr. Neuunrth-Vrskg: Über 
das mittelalterliche Krakau und seine Beziehungen 
zur deutschen Kunst. 

Vortrag des Herrn Dr. v. Frimmel -Wien: Zur 
Galeriekunde. 

Vortrag des Herrn Prof. Dr. Freih. Oöler von 
Ravensburg 'Cohxirg: Über die Domkanzel des Gio- 
vanni Pisano und deren Restauration. 

Mitteilungen des Herrn Dr. Bodensiein -Wien 
über Wege und Ziele des Kunstunterrichts an tech- 
nischen Hochschulen und verwandten Lehranstalten. 

Bemerkungen des Herrn Dr. Haendcke-Bem über 
die Verwendbarkeit des Skioptikonsim kunstgeschicht- 
lichen Unterricht. — Schlusswort des Vorsitzenden. 


515 


Die Große Berliner Kunstausstellung. 


516 


1 Uhr: Gemeinsames Mittagessen im Württem- 
berger Hof. 

Nachmittags 3 Uhr: Schluss der Besichtigung 
der Sehenswürdigkeiten Nürnbergs. 

Abends 7 Uhr: Gesellige Zusammenkunft in der 
Rosenau. 


Donnerstag den 28. September: 

Ausflug nach Bamberg. — Abfahrt früh 7 Uhr 
50 Minuten. Besichtigung der Sehenswürdigkeiten 
Bambergs unter freundlicher Führung des k. Biblio- 
thekvorstandes Herrn Dr. Leitschuh, 


Anmeldungen und Zuschriften in Angelegenheiten des Kongresses sind an Herrn Direktor Hans 
Boesch in Nürnberg (Germanisches Nationalmuseum) zu richten. 


DIE GROSSE BERLINER KUNST- 
AUSSTELLUNG. 

IV. 

Auch in diesem Jahre hat die deutsche Plastik, 
die auf keiner anderen deutschen Jahresausstellung 
reicher und imponirender auftritt als in Berlin, schon 
aus dem rein äußerlichen Grunde, weil keine andere 
deutsche Kunststadt so viele Bildner besitzt wie die 
preußische Hauptstadt, ein weit höheres Durch- 
schnittsniveau aufzuweisen als die Malerei. Es liegt 
schon in der Natur des bildnerischen Stoffes, dass 
sich der Dilettantismus in der Plastik nicht so breit 
machen kann wie in dem weiten Bereiche der zeich- 
nenden Künste, weil der Stoflf kräftige Arme und 
scharfe, gesund blickende Augen verlangt. Darum 
ist auch die Plastik von den schädigenden Einflüssen 
des verkehrten Naturalismus, der sein Ziel nur durch 
Willkür und Roheit der Formenbehandlung zu er- 
reichen sucht, freier geblieben als jedes andere Ge- 
biet der Kunst. Selbst Naturalisten wie der Nor- 
weger StepJian Sinding, der seit einigen Jahren in 
Kopenhagen thätig ist, und der Münchener Joseph 
Flossjnann, lassen ihren ungestümen SchaflFensdrang 
immer noch innerhalb der durch das Material ge- 
zogenen Grenzen der bildnerischen Form austoben, 
wenn auch die Ausführung im einzelnen durchaus 
malerisch ist und das Ganze auch noch durch far- 
bigen Aufputz zur Konkurrenz mit einem Werke 
der Malerei hinaufgeschraubt wird. Die in Berlin 
ausgestellten Schöpfungen der beiden Künstler — 
die Barbarenmutter, die die Leiche ihres gefallenen 
Sohnes aus dem Kampfgetümmel fortträgt, und »Zwei 
Menschen*, ein sich im elementaren Ausbruch der 
Leidenschaft umarmendes, nacktes Liebespaar von 
Sifiding und die Gruppe des nackten Weibes, das 
seine Kinder vor einer drohenden Gefahr, anschei- 
nend vor einer nahenden Wasserflut zu schützen 
sucht, und die Büsten seiner Eltern von Flossmunn 
— waren nur für Berlin neu, wohin sie mit den 
Münchener Sezessionisten gekommen waren. An 


Sinding wird man, auch in seinen Ausschreitungen, 
immer die geniale Kraft der Phantasie bewundern 
müssen, ein Erbteil seiner nordischen Heimat, die 
ihm die Gestalten der Recken, Natur- und Gewalt- 
menschen eingiebt, die er im Stile des Naturaüsmus 
der französischen Schule zur Erscheinung bringt 
Flossmann besitzt eine weit geringere Phantasie; 
aber sein Formentalent ist dafÄr reicher, intimer, 
feiner gebildet. Außerdem haben uns die Münchener 
Sezessionisten noch in der aus Holz geschnitzten 
Figur eines betenden Mädchens, einer Natumachah- 
mung im besten Sinne des Wortes, von Georg Busch, 
in der bronzirten, im Stile der florentinischen Früh- 
renaissanceplastik komponirten und ausgeführten 
Halbfigur einer Madonna mit dem Kinde, einem Ge- 
bilde von höchster Anmut, von Josef Böhm, und in 
einer humorvollen Brunnengruppe mit einer Satyr- 
herme, die aus ihrem Munde einen Strahl auf einen 
übermütigen Knaben herabschickt, von M. Oasteiger 
plastische Werke gebracht, die uns eine weit höhere 
Achtung einflößen, als die meisten Malereien ihrer 
ohne Wahl und Qual zusammengerafften Ausstellung. 
Auf der letzten Münchener Jjihresausstellung 
waren auch die Werke des russischen, in" Paris leben- 
den Bildhauers Marcus Äntokolsky zu sehen, dessen 
beide Hauptwerke, die energisch aufgefasste, in 
großem Stile erdachte und durchgeführte Kolossal- 
statue Peter's des Großen und die Marmorfigur des 
gefesselten, vor dem Volke stehenden Christus, ein 
Werk von mehr pathologischem als künstlerischem 
Interesse, seit fünfzehn Jahren die Wanderung durch 
sämtliche nationalen und internationalen Kunstaus- 
stellungen gemacht haben. Sonst war das Ausland 
nur sehr schwach vertreten, was besonders för die 
Italiener auffiel, deren Kleinplastik sich freilich rasch 
überlebt hat, vielleicht auch vom deutschen Kunst- 
markt durch di$ zum Teil ebenbürtigen, zum Teil 
besseren Leistungen der deutschen und österreichi- 
schen Bildner verdrängt worden ist. Als besonders 
zierliche und glücklich erfundene Schöpfungen dieser 
Kleinplastik heben wir aus der Masse nur die Sta- 


517 


Die Große Berliner KunBtauestellung. 


518 


tuetten Ton Mozart und Beethoven von R Weigl in 
Wien, die auf der Mondsichel ruhende Venus mit 
dem durch Amor personifizirten Abendstern von Hans 
RcUhausky in Wien, die Bronzefigur eines träumen- 
den nackten Mädchens von Stanislaus Gatter in Rom, 
die Bronzefigur einer Susanna im Bade von Th. 
Heiririch Bäumer in Dresden, die nackte Figur eines 
Wasser schöpfenden Mädchens von JoJtann Götz in 
Berlin, der auch in dem Relief eines antiken Ring- 
kampfes eine nicht gewöhnliche Kenntnis der per- 
spektivischen Gesetze des Reliefstils gezeigt hat, die 
Figur eines kegelschiebenden Bierphilisters von 
W. Haverkamp in Berlin, die nackte Phrjme vor 
Gericht von Otto Petri in Pankow bei Berlin und 
die vornehme Marmorfigur der Aspasia, die eine von 
ihrer Rechten gehaltene bronzene Nike sinnend be- 
trachtet, von Otto Riesch in Berlin hervor. 

Dass die Monumentalplastik in Berlin in hoher 
Blüte und voller Schaffenskraft steht, ist, wenn man 
in Betracht zieht, dass die Aufträge für Kaise]>, 
Sieges- und sonstige Denkmäler einmal abnehmen 
können, kein so günstiges Zeichen wie die stärkere 
Pflege der Idealplastik, die auf dieser Ausstellung 
so hervorr^ende Schöpfungen vorführt, dass die 
deutsche Plastik auch in dieser Gattung bald nicht 
mehr hinter der französischen zurückstehen wird. 
Werke, wie die nackte arabische Schwerttänzerin 
mit dem nicht schönen, aber echten Rassentypus von 
A, Brütt, die sich dem breiten Rücken des Stiers 
anvertrauende Europa von M, Unger, das junge, zwei 
Amphoren tragende Mädchen, das die krönende 
Figur eines glücklich komponirten Wandbrunnens 
bildet, von C, v. Uccktritz, die Sirene, die einen 
widerstrebenden Jüngling in ihre verderbliche Um- 
armung zwingt, von R Ohmann, der nackte bärtige 
Bildhauer von Michelangeleskem Typus, der bei der 
Bearbeitung einer kolossalen Zeusbüste sinnend inne- 
hält, von F. Lepcke, die schwungvoll bewegten, lam- 
pentragenden, nackten Figuren eines Jünglings und 
eines Mädchens, die für die Friedrichsbrücke in Berlin 
bestimmt sind, von Carl Piper, sind Zeugnisse tief 
eindringenden Studiums des menschlichen Körpers, 
das zu völliger Beherrschung der Form gelangt und 
zugleich durch Geschmack und Adel der Auffassung 
geläutert ist. Es liegt also nicht an dem Mangel 
an Können, dass solche Werke bei uns im Vergleich 
zu Frankreich immer noch selten sind, sondern am 
Mangel an Verständnis und Entgegenkommen im 
kaufkräftigen, kunstliebenden Publikum, das lang- 
sam über dem Bedarf an Porträtbüsten und Grab- 
denkmälern eben erst beim Geschmack an der Klein- 


plastik angelangt ist. Mit wenigen Ausnahmen hat 
also immer noch der Staat das nobile officium, die 
Idealplastik großen Stils zu unterstützen, allein zu 
erfüllen. 

In der Pflege der Monumentalplastik haben ihm 
jetzt große und kleine Gemeinwesen einen Teil seiner 
Pflicht abgenommen. Unsere Ausstellung hat an 
solchen Denkmälern, deren Kosten im wesentlichen 
durch Gemeindemittel und freiwillige Beiträge be- 
stritten worden sind, die Kaiser Wilhelm-Denkmäler 
für Mannheim und Elberfeld von Gustav Eberlein, 
für Bremen von Robert Baerwald, für Görlitz mit 
den Statuen Bismarck's und Moltke's an den Lang- 
seiten des Sockels von J. Pfuhl, für Bromberg von 
Ä. Galandrelli, durchweg kolossale Reiterstandbilder, 
zum Teil mit reichem Gruppen- und Reliefschmuck 
am Sockel, das Standbild Kaiser Friedrich's für 
Spandau vob Albert Matithe, das kolossale, in echtem 
Monumentalstil ausgeführte Standbild des Marschalls 
Blücher für Gaub am Rhein von F. ScJiaper und das durch 
feine, geistvolle Charakteristik ausgezeichnete Bronze- 
standbild des Bischofs Bernward, das sich auf einem an 
den Ecken mit romanischen Marmorsäulen besetzten, 
an drei Seiten mit Bronzereliefs geschmückten Granit- 
sockel erhebt y für die Stätte seines segensreichen 
Wirkens, Hildesheim, von F. Hartxer aufzuweisen. 
Bei den Denkmälern Eberlein's sind die poesie- und 
schwungvollen, von flammender Begeisterung getra- 
genen Sockelgruppen weit genialer als die für beide 
Denkmäler identische Reiterfigur und die Reliefs, 
in denen der malerische Stil mit den Anforderungen 
der geschichtlichen Realität in Zwiespalt geraten ist. 
Sehr glücklich erfunden, reich an fesselnden Einzel- 
heiten und wirksam im Aufbau sind auch die beiden 
für das Treppenhaus des Stuttgarter Museums be- 
stimmten Gruppen Eberlein's: »Der Friede sichert 
die Kraft des Landes*' und »Die Landwirtschaft und 
der Reichtum des Landes*. Das sind keine trocke- 
nen Allegorieen, sondern Abbilder blühenden, von 
idealer Auffassung getragenen Lebens. 

Auch in der Porträtbildnerei ist der Dilettan- 
tismus so in den Hintergrund gedrängt worden, dass 
man kaum noch über völlig interesselose Arbeiten 
zu klagen Grund hat. Desto größer ist die FüUe 
der durch geistige oder technische Vorzüge fesseln- 
den Büsten und Reliefs, aus denen wir nur die Mar- 
morbüste des verstorbenen Hamburger Bürgermeisters 
Petersen von B, Kruse, auch ein vollkommenes Ab- 
bild der Natur, aber nicht im Stile Liebermann's, 
die Büsten der Schriftsteller H. Seidel und J. Trojan 
von Harro Magnussen und die Reliefporträts seiner 


519 


Peter STznen. 


520 


Eltern von He/nnann HiMing als Muster ihrer Art 
herausgreifen. ADOLF ROSENBERQ. 


PETER SYMEN. 

In der Eunstchronik vom 30. Juni 1892 bat 
ich um Auskunft über Peter Symen von Antwerpen, 
dessen von Van Dyck gemaltes Porträt, von einem 
Unbekannten gestochen, in den späteren Ausgaben 
der Ikonographie des genannten Künstlers erscheint. 
Auf meine Anfrage ist nichts erfolgt, jedoch bin ich 
seitdem selbst in die Lage gekommen, wenn auch 
nicht das Rätsel zu lösen, so doch eine Konjektur 
zu wagen, die nicht ganz grundlos zu sein scheint. 

Im vergangenen Jahre arrangirte ich eine Velaz- 
quez- Ausstellung im Bostoner Kunstmuseum und las 
bei dieser Gelegenheit natürlich Prof. Justi's treff- 
liches Werk über den spanischen Meister. Daselbst 
findet sich, Bd. I, S. 398, detaillirte Nachricht über 
eine große Anzahl von Bildern, welche Rubens 
unternommen hatte flir Philipp IV. zum Schmuck 
der «Torre de la Parada* entweder selbst zu malen 
oder von anderen malen zu lassen. Unter den auf- 
gezählten Oehilfen wird auch Simon Peter Tilmans 
genannt und Herr Prof. Justi fügt diesem Namen 
in Klammern bei .Pedro Simon«, was mich natürlich 
sofort an unseren »Peter Symen* denken ließ. Meine 
briefliche Anfrage, auf welche Gründe sich die Iden- 
tifizirung des Simon Peter Tilmans mit »Pedro Simon* 
stütze, war Herr Prof. Justi so freundlich wie folgt 
zp beantworten: »Der Name Pedro Simon findet 
sich in der im königl. Palast zu Madrid, Archiv, 
aufbewahrten Testamentaria del Seüor D. Carlos II. 
und dem darin befindlichen Inventar der Gemälde 
in der Torre de la Parada, aufgestellt im Jahre 1701. 
Quarto bajo, sulza Ul* werden aufgezählt, Pedro 
Simon j Pocrie y Zolaizo (Zephyr) — Nepptuno y 
una Ninfa, mit dem Zusatz: perdido 1710. Ich habe 
nun in allen mir zugänglichen Registern damaliger 
vlämischer Maler nach diesem Pedro Simon gesucht 
und nur diesen S. P. Tilmans gefunden, auf den 

P. S. passen könnte Die Angaben des Inventars 

sind wahrscheinlich nach der von Rubens übersandten 
Liste der Gemälde für die Torre de la Parada ge- 
macht. Über diese Bilder finden Sie Auskunft in 
meinem Artikel über den Infanten D. Fernando 
in Lützow's Zeitschrift flir bildende Kunst, 1879.* 
Herr Prof. Justi weist noch auf die Notiz hin, 
welche Houbraken, Schouburgh, II, S. 88, über 
Tilmans beibringt, und schreibt über das diese Notiz 
begleitende Porträt wie folgt: »Sein Porträt (zu S, 79), 
das einen Sechziger darzustellen scheint, — nach der 


Angabe 67 Jahre alt, — ist nach einem Stiche von 
Chr. Hagens gemacht, 1668. Ist meine Vermutung 
richtig, so wäre er als Vierziger in Antwerpen ge- 
wesen, wo ihn Rubens für die Ausführung dieser 
Gemälde gewonnen hätte.* Dem wäre noch hinzu- 
zufügen (laut Justi, I, S. 398), dass die betreffenden 
Gemälde im November 1636 schon in Arbeit waren 
und am 7. Dezember 1637 an den Ort ihrer Bestim- 
mung abgingen. 

Die Stelle aus Houbraken citire ich aus »Quellen- 
schriften*, Bd. XIV, S. 196 und 197, wie folgt: 
»Auch ein Simon Peter Tilmans, genannt Schenck, 
ein tüchtiger Landschaftsmaler» der sich viele Jahre 
in Italien geübt hat, wird erwähnt. Später verlegte 
er sich auf die Porträtmalerei, in welcher er zu solcher 
Bedeutung gelangte, dass er unter die Besten seiner 
Zeit zu zählen ist. Er hatte auch die Ehre, in Wien 
den Kaiser Ferdinand zu porträtiren. Ich habe 
Landschaften, Figuren, insbesondere aber Blumen 
von ihm gesehen, die mit Wasserfarben fleißig nach 
der Natur gemalt waren. Sein Porträt ist durch 
einen Kupferstich von Chr. Hagens aus dem Jahre 
1668, als er 67 Jahre alt war, bekannt.* 

Nagler lässt den Künstler, dessen Namen er 
»Tillemans, Simon Peter, genannt Schenck* schreibt, 
in Bremen geboren sein und sagt unter anderem 
über ihn: .über die Lebenszeit dieses Künstlers giebt 
uns das von G. Hf^ens gestochene eigenhändige 
Bildnis des Meisters Aufschluss. Es ist bezeichnet: 
Simon Peter Tillemans pinxit aet. 67. G. Hagens sc. 
1668. Auch Weyerman, Houbraken und Descamps füg- 
ten das Bildnis dieses Meisters bei. Boschini nennt 
diesen Künstler Tiliman Vangemeren, was wahr- 
scheinlich T. von Bremen bedeuten solL Auch Til- 
mann scheint der Meister genannt worden zu sein.* 

Es existirt ako ein Porträt des Peter Symen, 
Originalgemälde von Van Dyck bei Herrn Francis 
Bartlett, in Boston, eine Kopie davon in der Kasseler 
Galerie, ein Stich danach in den späteren Ausgaben 
der Ikonographie. Von Simon Peter Tilmans haben 
wir den Stich von Hagens, 1668 gefertigt, als 
der Künstler 67 Jahre alt war. Zur Zeit als die 
Bilder für die Torre de la Parada gemalt wurden, 
1637, war Tilmans demnach 36 Jahre alt. Van 
Dyck, 1599 geboren, zählte damals 38 Jahre. Da 
er aber schon 1632 nach London ging, so musste 
er das Porträt spätestens in diesem Jahre gemalt 
haben, als Tilmans 31 Jahre alt war, was ganz gut 
mit dem Aussehen des Dargestellten stimmt 

Die Frage ist nun: Lässt sich zwischen dem 
Porträt des Peter Symen von Van Dyck und dem 


521 


Büchenchaa. 


522 


des Simon Peter Tümans von Hageos (nach dem 
alle späteren gemacht worden zu sein scheinen) eine 
Ähnlichkeit feststellen? Leider steht mir hier der 
Stich von Hagens nicht zu Gebote und von den auf- 
geführten Büchern kann ich nur Descamps in der 
späteren Marseiller Ausgabe, 1842—43, finden. Der 
Notiz ,aber Simon-Pierre Tillemans", Bd. I, S. 291, 
ist ein Porträt beigegeben, ,C. Eisen del. Ficquet 
sculp.*, auf Stein übertragen, wohl vermittelst des 
anastatischen Verfahrens. In der Übertragung hat 
es augenscheinlich erheblich gelitten. Ob dieses 
Porträt auch auf dem Stiche von Hagens basirt, kann 
ich nicht feststellen. Faucheux, im Katalog der 
Werke Ficquet's, wo es unter Nr. 147 aufgeführt 
wird, sagt darüber nichts. Jedenfalls stellt es einen 
älteren Mann dar, der freilich für einen 07 er noch 
etwas jugendlich aussieht Lässt man jedoch diese 
Frage des Alters beiseite, so kann man nicht umhin 
zuzugeben, dass der Identität der Dargestellten auf 
den beiden Bildern nichts im Wege steht. Die 
Tracht hat sich geändert, — Peter Symen trägt 
kurze Haare und eine Mühlsteinkrause, Simon Peter 
dagegen hat lange Haare, auf denen ein kleines 
schwarzes Eäppchen sitzt, und statt der Krause trägt 
er einen flachen, vom eckig geschnittenen Kragen, 
aber die Kopfform ist dieselbe, die Augenbrauen 
zeigen einen ähnlichen Schwung, Schnurrbart und 
Kinnbart entsprechen sich auf beiden Bildern, nur 
die Nase ist nicht mehr so fein, — wer weiß warum? 
Es soll hier keineswegs als klar bewiesen hin- 
gestellt werden, dass Simon Peter Tilmans, Tillemans, 
Tilmann, Tiliman^ genannt Schenck, mit Van Dyck's 
Peter Symen und dem Rubens- Justi'schen Pedro 
Simon ein und dieselbe Person sei. Aber die Daten 
stimmen annähernd, und eine positive ünähnlichkeit 
liegt jedenfalls nicht vor. Will nicht einmal jemand 
den Vergleich machen zwischen dem Stiche von 
Hagens und dem der Ikonographie ? Jedenfalls würde 
ein solcher Vergleich mehr Beweiskraft haben, als 
der sehr ungenügende, auf den ich mich beschränken 
musste. S. R KOEIILER, 


BÜCHERSCHAU. 

Hofirtede de Groot, Comelis. Quellenstudien zur hollän- 
dischen Kunstgeschichte : Arno Id Roubrcüien und seine grooie 
Schouburgh, Baag, M. NijhofF, 1893. 8o. 
Die Wertschätzung der „großen Schaubühne" des Hou- 
braken hat schon erhebliche Schwankungen durchgemacht. 
In den alten Hand- und Nachschlagebüchem, welche für 
die Geschichte der Malerei in Betracht kommen, wurde Hou- 
braken meist kritiklos ausgeschrieben. Dann kam eine ge- 
waltige Welle über diese ruhige Fläche bequemer Vertrauens- 
seligkeit. Man knüpfte an einzelne besonders auffällige 


Irrtümer an und verwarf darnach allzusehr verallgemeinemd 
das Ganze. Neuerlich erkennt man in Houbraken's Maler- 
buch wieder eine ganz brauchbare Quelle. Freilich von 
Fall zu Fall will dieselbe genau untersucht sein. Der Wider- 
streit, der zwischen der Wertschätzung des Houbraken zu 
verschiedenen Zeiten liegt, scheint es nun auch zu sein, wel- 
cher den ebenso emsigen wie begabten Forscher Dr. C. Hoüstede 
de Groot dazu bestimmt hat, die „Große Schaubühne*' auf 
ihre Grundlagen hin zu durchforschen. Als Einleitung giebt 
der Autor eine gründlich gearbeitete Monographie über Hou- 
braken, die wir schon vor zwei Jahren als Inauguraldisser- 
tation kennen gelernt haben. Der Hauptwert des ganzen 
Buches liegt zweifellos in dem Nachweise der litterarischen 
und ungedruckten Gewährsmänner, die Houbraken für sein 
Malerbuch benutzt hat. H. de Groot beweist hier eine sel- 
tene Vertrautheit mit dem Stoff, so dass sich wohl ruhig 
annehmen lässt, er hätte Wesentliches nicht übersehen. 
Auch in dem Abschnitte „Kunstwerke als Quellen'' (S. 89 ff.) 
wüssten wir zunächst keine auffallende Lücke nachzuweisen. 
Hofstede de Groot giebt in diesem Abschnitte, der mit zu 
den wichtigsten des neuen Buches gehört, eine Obersicht 
über die Kunstwerke, die bei Houbraken erwähnt oder be- 
schrieben werden, und merkt dazu an, ob sie noch jetzt er- 
halten sind. Bezüglich des sogen. „Akerboom**, dessen An- 
sicht von Doomik bei Houbraken erwähnt wird, meinte 
Wurzbach, es läge hier eine Verwechslung mit A. Verboom 
vor, was man als möglich gelten lassen muss, solange man 
von einem Maler „Akerboom'' weder urkundliche Nachrich- 
ten noch Werke kennt Zu dem Namen „Fla7nan" (Ber- 
tolet) sei bemerkt, dass E. Fetis, der die Schreibung der 
Künstlernamen sehr genau nimmt und den Bertolet mono- 
graphisch behandelt hat, diesen Maler „Flemalle" nennt 
Bezüglich des Selbstbildnisses von M. Naiveu, das Hofstede 
de Groot erwähnt (S. 150), muss man dem Autor vollkom- 
men beipflichten. Ref. hat das nette Bildchen selbst beim 
Geh. Bat K. St. Michel in Mainz gesehen und nach den 
Analogieen mit dem Bildchen im Ferdinandeum zu Innsbruck 
und einem in Wiener Privatbesitz als Werk des Mat. Naiveu 
erkannt*) In diesem Zusammenhange sei die Vermutung 
geäußert, dass eine büßende Magdalena der Dresdener Galerie 
(Nr. 1723), die bisher keinen bestimmten Namen erhalten 
hat, ein Werk des M. Naiveu sei. Die erste Abteilung des 
Buches schließt mit eifü^rortrefflichen „Charakteristik der 
Geschiohtschreibung Houbraken's'*. Dass die „Groote Schou- 
burgh'* hier und da recht unkritisch ist, dass sie Klatsch 
bringt, sich unzählige Miss Verständnisse zu Schulden kom- 
men lässt, wird durch dieses Kapitel vollkommen klar: „Wo 
uns daher irgend eine Angabe bloß durch Houbraken über- 
liefert ist, müssen wir die Frage, ob sie Wahres enthält, 
in jedem einzelnen Fall aufs neue prüfen und nach mehr 
oder weniger subjektivem Ermessen entscheiden. Nur eine 
Eigenschaft Houbraken's dürfen und müssen wir dabei inmier 
berücksichtigen. Es ist seine Klaischsucht, seine Anekdoten- 
krämereL^^ So Hofstede de Groot Zu wünschen wäre, der 
Autor dieser gründlichen Arbeit möchte uns neben dem ab- 
sprechenden Ergebnis, das in diesen Worten ausgedrückt ist, 
auch alle Stellen bei Houbraken angeben, deren Mitteilun- 
gen von der neueren Kunstforschung bestätigt worden sind. 
Die Sachlage scheint uns diese zu sein: die zahlreichen 
Stellen bei Houbraken, für die nunmehr ältere litterarische 
Quellen nachgewiesen sind, haben für uns keinen Wert mehr, 
da wir nach den ursprünglichen Nachrichten zu greifen 


1) Über die Bilder in loDsbruck und Wien vergl. „Ohronique 
des arts" 1891 (S. 807 ff.). 


523 


Bücherschau. 


524 


haben. Die Angaben Hoobraken's aber, die er von seinen 
Zeitgenossen hat, bleiben bedeutsam, wenngleich man sie 
mit Vorsicht aufnehmen wird. Die Angaben, für die bisher 
keine Quellen zu finden waren, zerfallen wieder in solche, 
die von der neueren Forschung berührt (bestätigt oder wider- 
legt) worden sind, und in solche, ftlr die wir nur Houbraken 
allein als Quelle kennen. Eine Bearbeitung der Angaben 
nun, die übrig bleiben, wenn man die bisherigen Quellen- 
nachweise vom ganzen Houbraken' sehen Buche abzieht, er- 
scheint uns erwünscht. Eine kleine Ergänzung, die wir zu 
bieten vermögen, bezieht sich auf die Angaben über die 
Maler Namens Kamphuyscn, De Groot bemerkt, dass sichere 
Bilder von Joachim Kamphuysen nicht bekannt seien. In 
der Litteratur allerdings nicht; docb kennen wir ein deut- 
lich dgnirtee Gemälde, das folgende echte Inschrift trägt: 
Jo Kamphuysen fe. Das J ragt von unten her bis fast in 
die Mitte des und ist in seiner Lesung vollkommen sicher. 
Das Bild selbst befand sich ehedem in der Sammlung Kast- 
lunger in Wien<), kam später in die Sammlung Goll und 
ist gegenwärtig im Besitz der Frau Caroline Burger, Hof- 
sekretärs-Gattin zu Wien, welche eine Reihe wertvoller Ge- 
mälde (wie einen signirten A. Palamedes mit lebensgroßen 
Figuren, einen schönen Ruthardt, einen treulichen Adr. v. 
Nieulandt von 1640, einen schönen Yerboom und viele spä- 
tere gute Bilder) ihr eigen nennt. Der Joachim Kamphuysen 
ist eine Landschaft, die ein wenig an Albert Cuyp, ein 
wenig an Paul Potter erinnert und die bedauern lässt, dass 
sich von einem so tüchtigen Meister nicht mehrere Bilder 
erhalten haben. Vielleicht finden sich übrigens nach dem 
Bekanntwerden des Joachim Kamphuysen bei Burger bald 
noch andere da und dort unter den Guyps und Potters. 
Der „Katalog djer rühmlichst bekannten Sammlung von Ori- 
ginalölgemälden alter und modemer Meister des verstorbenen 
Herrn Ferdinand Goll in Wien" beschreibt das Bild als 
Nr. 18: „Eine Landschaft mit drei Kühen, wovon eine von 
einem Weibe gemolken wird. Ein Mann ist im Begriffe, 
die Milch in hölzernen Kübeln fortzutragen. Aus der Samm- 
lung des Herrn Kastlunger. Auf Leinwand 23 Zoll hoch, 
26 Zoll breit.'' Das Bild ist, wie fast alle Gemälde der 
Burger'schen Sammlung, vortrefflich erhalten. Über den 
großen Kamphuysen in Kassel sei die Bemerkung gestattet, 
dass die Sicherheit der Bestimmung in diesem Falle keine 
allzu große ist, namentlich was den Vornamen Govert Go- 
vertsz anbelangt. — Der zweite Teil des vorliegenden Buches, 
enthält einen eingehenden „Einzelnachweis der litterarischen 
Quellen'S einen Abschnitt, dessen saubere. Übersichtliche 
Ausarbeitung besonders betont werden soll. Auf S. 261 sind 
wohl die Verse aus de Bie zu streichen, die sich nicht auf 
dasjenige Werk des Mieris beziehen, welches bei Houbraken 
besprochen ist, sondern auf irgend ein Werk des Mieris, 
das sich wohl gar nicht mehr nachweisen lässt. Die Cha- 
rakterisirung ist gar zu allgemein. Als Ganzes betrachtet, 
müssen wir die De Groot'sche Kritik der „Großen Schau- 
bühne'* des Houbraken als eine der tüchtigsten Leistungen 
bezeichnen, die auf dem Gebiete der modernen Kunst- 
geschichte neuerlich erschienen sind. Auch die äußere Aus- 
stattung des Buches ist eine durchaus gediegene und macht 
dem Verleger alle Ehre. Man ist sicher, das neue Buch in 
kürzester Zeit bei allen Freunden niederländischer Malerei 
anzutreffen. 

Wien. TU. V. FRTMMEL, 

1) Über diese vergl. des Ref. Studie über die Gemäldesamm- 
langen in Wien im Repertorium für Kunstwissenschaft, XIII. Bd. ff. 


Gmlil und KxmBV, Leben der Qrieeheti und Römer, Sechste, 
vollständig neu bearbeitete Auflage, herausgegeben von 
Eichard Engelmann. Berlin, Weidmännische Buchhand- 
lung. 1893. 80. (Vollständig in 18 Lieff. ä 1 Mk.) 
Die neue Bearbeitung, in der uns das weitverbreitete, 
treffliche Handbuch der Altertumskunde vorliegt, ist eine 
so durchgreifende, dass man sie nahezu als eine völlige Neu- 
schöpfung bezeichnen kann. Zunächst bringt sie selbstver- 
ständlich die ganze Fülle der Ausgrabungsergebnisse, durch 
welche Heinrich Schliemann und die in Griechenland und 
Rom etablirten archäologischen Staatsinstitute seit zwanzig 
Jahren unsere Kenntnisse bereichert haben, um dieses 
Material bewältigen zu können, hat die Verlagshandlung 
das Format des Buches vergrößert und damit zugleich Raum 
geschaffen für eine Menge neuer instruktiver Abbildungen, 
durch welche die Gesamtzahl der Illustrationen des Buches 
auf Über 1000 erhöht wird. — Dann aber ist auch mit der 
Einteilung des Werkes eine durchgreifende Veränderung 
vorgenommen worden: die Paragraphen sind weggefallen 
und an ihre Stelle ist eine übersichtliche Kapiteleinteilung 
getreten, in deren Rahmen sich der Inhalt sachgemäßer 
gliedern, das Zusammengehörige zu abgerundeter Darstellung 
bringen lässt. Ein Hauptvorteil dieser neuen Gliederung 
des Stoffes liegt darin, dass die berühmten Fundstätten von 
Mykenä, Olympia, Pergamon, Tiryns, Troja, die Akropolis 
von Athen, das römische Forum u. s. w. nun ihre eingehende 
zusammenhängende Behandlung finden können, was bei der 
alten Paragrapheneinteilung schwer möglich gewesen wäre. 
Wir machen hienmt alle beteiligten Kreise, Gelehrte wie 
Lernende, auf die Engelmann'sche Arbeit aufmerksam. Einer 
besonderen Empfehlung bedarf sie kaum. Nach Voll- 
endung der neuen Ausgabe werden wir auf sie zurück- 
kommen und hoffen dann auch aus dem bildlichen An- 
schauungsmaterial des Buches den Lesern einige interessante 
Proben vorlegen zu können. * 


•* Der berühmte Hochaltar und das Qestühl im Chor 
der Klosterkirche ziiBlaubeuren, zwei Hauptwerke der schwä- 
bischen Schule vom Ende des 15. Jahrhunderts, finden ihre 
treffliche Publikation in einem Lichtdruck werke mit erläu- 
terndem Text von Max Bach, von dem die erste Lieferung 
vor kurzem erschienen ist. Die von C. Ebner in Stuttgart 
herrührenden photographischen Drucke lassen an Klarheit 
und günstiger Bildwirkung nichts zu wünschen Übrig. Der 
sorgfältig gearbeitete Text beschäftigt sich eingehend mit 
der vielumstrittenen Frage, ob und wie weit Syrlin d. ä. 
oder jung, und Zeitblom an den Werken beteiligt sind. 
Sobald das Ganze vorliegt, werden wir über die Resultate 
der Untersuchung berichten. Die Publikation ist Hm. Dir. 
Ed. Paulus in Stuttgart gewidmet. 

Blatalog der Bibliothek der königl. Akademie der Künste 
zu Berlin. Bearbeitet von 'E. Dobbert und W. Qrohmann. 
Berlin, A. Asher & Co. 1893. XXI u. 576 S. 8«. 
Gedruckte Kataloge großer, viele Wissenszweige umfas- 
sender Bibliotheken bleiben stets pia desideria, weil ihre 
Herstellung mit unverhältnismäßig großen Kosten und Schwie- 
rigkeiten verbunden ist Um so willkommener müssen den 
Fachleuten gedruckte Spezialkataloge mäßigen Umfangs 
sein, welche ihnen über den Bucherbestand einer bestimmten 
Anstalt bequemen Überblick gewähren. Wir besitzen solche 
systematisch geordneten Verzeichnisse z. B. von den Biblio- 
theken mehrerer technischen Hochschulen \md Kunstaka- 


525 


Bücherschau. 


526 


demieen, und wissen deren Wert yollkommen zu würdigen. 
Wie aus der Titelangabe hervorgeht, hat sich auch die Ber- 
liner Akademie kürzlich entschlossen, einen neuen Katalog 
ihrer Bücherschätze herauszugeben, der uns in der gemein- 
samen Arbeit der beiden genannten Autoren, von denen der 
erstere mit der Oberaufsicht der Sammlung betraut, der letz- 
tere deren eigentlicher Vorstand ist, in einem stattlichen 
Oktavbande vorliegt. Für die Anordnung desselben hat der 
Katalog der Wiener akademischen Bibliothek in mancher 
Hinsicht als Vorbild gedient. Auch hier war in erster Linie 
der Gedanke maßgebend, dass es sich um die Büchersamm- 
Inng einer Kunstanstalt handelt, deren Benutzung vor allem 
künstlerischen Zwecken zu dienen hat. Nach einem kurzen 
Abschnitt, welcher die KunstwOrterbÜcher und Zeitschriften 
umfasst, folgen die Hauptkapitel: Knnstlehre, Kunstpfiege, 
Kunstgeschichte, darauf die Bibliographie der Kunst und 
Verschiedenes. Anatomie, Mythologie u. s. w. sind logischer- 
weise zur Kunstlehre gezogen. Der Kunstgeschichte ist die 
Künstlergescbichte eingeordnet. Für die Erleichterung des 
Nachschlagens sind alphabetische Autoren- und Künstlerver- 
zeichnisse beigefügt In der Vorrede bekommen wir eine 
kurze dankenswerte Übersicht Über die sämtlichen in der 
Bibliothek der Berliner Akademie vereinigten Kunstschätze 
und deren allmähliche Vermehrung: Bücher, Kupferstiche 
u. dergl., Handzeichnungen und Photograpbieen. Die Biblio- 
thek zählt gegenwärtig 5400 Werke in etwa 9200 Bänden. 
Von den BeslAnden der Kupferstichsammlung seien der Der- 
schau'sche und der von LeperscheNachlass, ferner das 1826 aus 
Chodowiecki's Verlassenschafb erworbene vollständige Exem- 
plar von dessen Badirungen hier namhaft gemacht. In der 
Sammlung der Handzeichnungen sind außer Ghodowiecki 
namentlich Gottfried Schadow, Hackert, Rode, Rehberg, 
Wach, Gust. Taubert und Blechen in hervorragender Weise 
vertreten. Der erste Vorstand der 1786 neu begründeten 
Sammlung war Goethe's Freund Karl Philipp Moritx, Auch 
unter den Vorständen der nachfolgenden Zeiten finden wir 
bekannte Namen, wie Ijcvexow^ Scholl und namentlich Franx 
Kugler, Die gegenwärtigen Vorstände, Dohhert und Qroh- 
mann, sind mit ihrer ausgezeichneten Katalogarbeit, in die 
auch Dr. Max Jordan fördernd eingriff, würdig in die Fuß- 
stapfen dieser ihrer hochverdienten Vorgänger eingetreten. 

C. V. L. 


* Die Vorsteher des Museums in Boston (Mass.) sandten 
uns ihren Jahresbericht ftir 1892, aus dem wieder über das 
Wachstum der Sammlungen dieses trefflich geleiteten In- 
stituts, über die von ihm vertinstalteten Ausstellungen, Vor- 
tragscyklen und sonstigen Unternehmungen Erfreuliches und 
Nachahmenswertes berichtet wird. Die Zahl der Besucher 
war im vorigen Jahre gegen 237 000. Sehr beträchtlich 
stellen sich auch die dem Museum zugewiesenen Gaben und 
Geschenke heraus, unter den Geschenkgebem figurirt ein 
uns wohlbekannter Deutscher, Hr. Hab ich in Kassel, der dem 
Bostoner Museum eine Anzahl Dürer'scher und Beham'scher 
Stiche und zwei Rembrandt'sche Radirungen in schönen 
Drucken zuwies. Von besonders rühriger Thätigkeit zeugt 
der Bericht über die graphische Abteilung und der über die 
antike Kunst. 

* Richard Muther' s „Geschichte der Malerei im neun- 
zehnten Jahrhundert*' ist in raschem Fortgange bis zur 
vierten Lieferung vorgeschritten, und entspricht bisher durch- 
aus den beim Erscheinen des ersten Heftes allgemein zum 
Ausdruck gebrachten Erwartungen. Es ist eines der best- 
geschriebenen und reichstillustrirten Bücher über moderne 


Kunst, welche wir in der deutschen und außerdeutschen 
Litteratur besitzen. Aus dem Inhsdte der vierten Lieferung 
seien zunächst die Kapitel Über die englische Malerei zur Zeit 
des Lawrence, Wilkie und Landseer, dann der besonders 
hübsch illustrirte Abschnitt Über das Militärbild, sowie die 
nicht minder interessanten Darstellungen der humoristischen 
und soualistischen Genremaler der Neuzeit hervorgehoben. 
Am Schluss der Lieferung beginnt die Schilderung der deut- 
schen Landschaftemalerei mit ihren Bahnbrechern: Koch, 
Rottmann, Preller, Lessing. 


* Unter dem Titel yyThesaurtis of Architecture and its 
subsidiary arts^^ kündigt Baron R. v. Qeymüller (Basel, Freie 
Straße 31) ein großartig angelegtes Unternehmen an, welches 
nichts Geringeres bezweckt als eine Vereinigung sämtlicher 
architektonischer Originalzeichnungen der großen modernen 
Meister in photographischen Nachbildungen. Im Ganzen soll 
das Werk etwa 5000 Abbildungen bringen, teils auf Tafeln 
in Folio, teils in Form von Textillustrationen in dem den 
Tafeln beizugebenden Katalog, welcher wie die Teztunter- 
Schriften nur in englischer Sprache erscheinen wird. Ein ein- 
leitender Teil wird sich mit den Zeichnungen antiker und 
mitteralterlicher Denkmale, der Hauptabschnitt aber mit den 
Zeichnungen der großen Architekten der Renaissance und der 
darauffolgenden Perioden bis zum Ende des 18. Jahrhunderts 
beschäftigen; den Schluss bilden die auf GemSldehinter- 
gründen, Medaillen u. dgl. dargestellten Gebäude, architek- 
tonische Modelle u. s. w. Das Werk wird nur in dreißig 
Exemplaren gedruckt. Der Subskriptionspreis beträgt 25 000 
Frank (in fünf Jahresraten zu 5000 Frank). Wir wollen 
hoffen, dass der verdienstvolle Autor für diese Monstrepubli- 
kation bei den „European, American and — Australasian 
patrons of art" die bereitwillige Unterstützung findet, die 
er sicher zu erwarten scheint. 


KUNSTLITTERATUR. 

VerseichniB von Photographieen nach Werken der 
Malerei bis zum Anfang des XIX. Jahrhunderts, nach 
kunstwissenschaftlichen Gesichtspunkten geordnet, mit bei- 
gefügten Verkaufspreisen. Berlin, Amsler & Ruthardt 
(Gebr. Meder). Lieff. I u. IL 1803. 8o. 
« Auf dem ersten kunstwissenschaftlichen Eongress in 
Wien wurde von Anton Springer (in einer an den Vor- 
sitzenden gerichteten Zuschrift) der Gedanke eines wissen- 
schaftlichen Katalogs aller bisher nach Kunstwerken auf- 
genommenen Photographieen angeregt und auch eine Kom- 
mission zur Verwirklichung dieser Idee gewählt. Die Kom- 
mission ist nie zusammengetreten, aber der Gedanke blieb 
lebendig und findet wenigstens seine teilweise Realisirung in 
dem vorliegenden Verzeichnisse, das einem vor mehreren 
Jahren herausgegebenen kleineren KataJoguntemehmen der- 
selben Verlagsbandlung nachgebildet ist und die dort ge- 
botene Auswahl zunächst für das Gebiet der älteren Malerei 
vervollständigen soll. Wenn der frühere Katalog die Haupt- 
werke aller drei bildenden Künste in ungefthr 2500 Num- 
mern repräsentirte , von denen etwa 1300 auf die Malerei 
fielen, soll das jetzt begonnene Unternehmen deren 17 000 
bloß nach Gemälden aufgenommene Originalphotographieen 
enthalten. Und zwar unter genauer Angabe der größeren 
Formate, der Preise und der wichtigeren kunstgeschichtlichen 
Litteratur. Findet das Verzeichnis, wie nicht anders zu ge- 
wärtigen ist, beifällige Aufnahme im Publikum, so beabsich- 
tigt die Verlagshandlung, ebenso eingerichtete Kataloge auch 


527 


Kunstlitteratur. — Nekrologe. — Personalnachrichten. — Preisverteilungen. 


528 


über die Gebiete der Bildhanerknnst und Architektur zu 
veröffentlichen. Bisher liegen zwei starke Lieferungen vor, 
welche die Werke der Malerei bis zur zweiten Hälfte des 
16. Jahrhunderts und zwar in 4403 Nummern umfa^seii; 
davon fallen die Nrn. 1—227 auf die antike Malerei, 228—393 
auf die Malerei des altchristlichen und byzantinischen Stils, 
394—1513 auf die Malerei des Mittelalters, die größere Mehr- 
zahl (gegen 3000 Nrn.) auf die B.enai88ance. Die letztste 
Abteilung ist selbstverständlich die in jeder Hinsicht be- 
deutendste des Ganzen und wird in den noch zu gew^r- 
tigenden Heften erst ihre volle Wichtigkeit für den Benutzer 
des Verzeichnisses bewähren. — In den vorangehenden Ab- 
teilungen sind uns einige Lücken aufgefallen : so fehlen z. B. 
unter den antiken Wandmalereien die interessanten Dar- 
stellungen aus dem sogen. Hause der Livia, unter den Fresken 
des Mittelalters die spätromanischen Werke im Dome von 
Gurk u. a., welche der Wiener Photograph Wlha aufge- 
nommen hat, auf dessen reiche Sammlung von Lichtbildern 
aus allen Perioden der Kunst in Österreich wir bei diesem 
Anlass überhaupt die Kunstfreunde aufmerksam machen 
wollen. 

* Das Kupferstichkabineit im British Museum veröffent- 
licht soeben ein neues, übersichtliches Verzeichnis seiner 
Schätze, das wegen der Sorgfalt seiner Ausführung und 
seiner praktischen Einrichtung allgemeine Beachtung ver- 
dient. Das Verzeichnis führt den Titel: „Index of artists 
represented in the department of prints and drawings in 
the British Museum" und soll demnach nicht etwa eine aus- 
führliche Beschreibung aller Blätter, sondern nur einen 
kurzen Nachweis über die Vertretung der verschiedenen 
Schulen und Meister in dieser weltberühmten Sammlung 
bieten. Der bisher erschienene, von dem Direktorialassi- 
stenten des Kabinetts, Herrn Lionel Cust bearbeitete erste 
Band umfasst die niederländischen und deutschen Schulen. 
Innerhalb einer jeden dieser Hauptabteilungen sind die Mei- 
ster alphabetisch geordnet und dann unter ihrem Namen 
zunächst ihre Handzeichnungen oder eigenhändigen Werke 
vervielfältigender Kunst, dann die nach ihren Originalwerkcn 
angefertigten Reproduktionen aufgeführt. Und zwar nur 
summarisch, bei den Hauptmeistem unter Angabe der Zahl 
der von ihnen vorhandenen Blätter. In einer Randkolumne 
stehen die Geburts- und Todesdaten. Kurze biographische 
Notizen sind den Namen beigefügt. Die Abteilung der 
Niederländer umfasst die holländischen und vlämischen 
Künstlernamen, die deutsche Abteilung schKeßt die Oster- 
reicher und Schweizer mit ein. Zwischen Modernen und 
Alten ist kein Unterschied gemacht. Ein dritter Abschnitt 
gilt den gleichfalls alphabetisch geordneten Monogrammisten. 
— Wie wir aus der von Herrn Sidney Colvin ver&ssten, 
orientirenden Vorrede entnehmen, ist der zweite, die fran- 
zösischen und italienischen Schulen umfassende Band des 
trefflichen Werkes in Vorbereitung. 


NEKROLOGE. 

♦ Eofrat Quirin r. Leitner^ der langjährige Redakteur 
des Jahrbuchs der Kunstsammlungen des österreichischen 
Kaiserhauses, starb in Wien am 23. Juli nach langen schmerz- 
vollen Leiden im GO. Lebensjahre. Leitner hat ein Haupt- 
verdienst um die Organisation der Sammlungen des Wiener 
Hofmuseums und war in den letzten Jahren besonders mit 
der Gründung des neuen Heeresmuseums beschäftigt 


PERSONALNACHRICHTEN. 

%* Dem Landschaftsmaler Georg Oeder in Düsseldorf 
ist das Prädikat Professor beigelegt worden. 

%* Zicm Direktor der MüncJiener Kunstakademie ist für 
die drei Studienjahre 1893—1896 der bisherige Direktor 
Ludwig Löjftx ernannt worden. 

%* Der ^faler Paul Hieß in Weimar ist vom Großherzog 
von Sachsen zum Professor ernannt worden. 

%* Dr. August Schmarsow, außerordentlicher Professor 
der Kunstgeschichte an der Universität Breslau, hat seine 
Entlassung aus seinem Lehramt nachgesucht und erhalten. 

%* Dr, Marc Rosenberg, bisher außerordentlicher 
Professor an der technischen Hochschule zu Karlsruhe, ist 
zum ordentlichen Honorarprofessor ernannt worden. 

* Dr, Th. V. Fn'mmel hat seinen Posten am kunsthistori- 
schen Hofmuseum in Wien freiwillig aufgegeben, um sich 
der Ausführung größerer kunstgelehrter Arbeiten widmen zu 
können. Nach der Heimkehr von einer soeben unternomme- 
nen Studienreise nach Holland und England gedenkt Frimmel 
im Winter in Wien einen Privatkurs über Galeriekunde in 
seiner Wohnung zu lesen. 

* Der Historiemruder Franx Matsch in Wien wurde 
zum Professor an der Eunstgewerbeschnle des Osterreichi- 
sehen Museums 'ernannt. Matsch, von dem die reizvollen, 
im Verein mit den Gebrüdem Klimt ausgeführten Malereien 
im Wiener Burgtheater und Hofmuseum, sowie zahlreiche 
ähnliche dekorative Werke herrühren, legt soeben die letzte 
Hand an die Vollendung des großen Bildes, welches den 
Treppenraum der Villa der Kaiserin auf Korfu schmücken 
soll. Das kolossale Gemälde schildert uns im Anschluss an 
die Beschreibung des Homer, wie Achill die Leiche des 
Hektor um die Mauern von Troja schleift. 

* Professor Kaspar Zumbusch in Wien hat kürzlich 
das mittelgroße Hilfsmodell t^t: die kolossale Denkmalstatue 
Kaiser Wilhelm^s I. vollendet, %elche für das Monument auf 
dem Wittekindberge in Westfalen bestimmt ist. Dieser be- 
kanntlich von Bruno Schmitx entworfene Bau stellt einen 
von mächtigen Pfeilern gestützten Kuppeldom dar, in dessen 
Mitte die Figur des Herrschers zur Aufstellung kommt. 
Zumbusch führt uns den Heldenkaiser als den Schirmherm 
der Deutschen vor, die erhobene Rechte vorgestreckt, mit 
der Linken den Pallasch aufstützend. Der Kaiser trägt die 
Uniform der Garde- du -Corps mit den hohen Reiterstiefeln 
und dem Kürass, über dem die Ketten des Hohenzollem- 
und des Hubertusordens hängen. Rückwärts wallt der Her- 
melinmantel herab, als Hintergrund und Zusammenschluss 
der erhabenen, etwa in vierfacher Lebensgröße gebildeten 
Gestalt. Das Haupt ist unbedeckt, die Züge sind von sprechen- 
der Ähnlichkeit. 


PREISVERTEILUNGEN. 

* Bei der diesjährigen Preisverteilung an der Wiener 
Akademie der bildenden Künste, am 25. Juli, wurden folgende 
Preise zuerkannt: Allgemeine MalerscAnle (Professoren 
Griepenkerl, Eisenmenger, L'AUemand, Rumpier und Ber- 
ger] : eine goldene Fügermedaille Johann Larwin ans Wien, 
eine silberne Fügermedaille Joseph Lang aus Wien, beiden 
für die besten Lösungen der Aufgabe: „Wegführung der 
Juden in die babylonische Gefangenschaft'*; der Lampipreis 
für Aktzeichnungen nach der Natur Ludwig Strauch aus 
Wien; ein Gundelpreis für die besten Gesamtstudien Karl 
Feiertag aus Wien; der Dessauerpreis für die beste Zeich- 
nung nach der Antike John Quincy Adams aus Wien; der 
Naturkopfpreis Richard Mauch aus Weidling in Niederöster- 


529 


Denkmäler. — Sammlimgen und Ausstellungen. 


530 


reich. Allgemeine Bildhauerschule (Professor Hellmer) : eine 
goldene Fügermedaille Adolph Simatschek aas Wien, eine 
silberne Fügermedaille Julius Plaschkes aus Wien, beiden 
für die besten Lösungen der Aufgabe: „Arbeiter, beim Baue 
der Pyramiden beschäftigt" (für Relief zu komponiren); ein 
Gundelpreis für die besten Gesamtstudien Georg Winkler 
aus Fladnitz in Steiermark; der Neulingpreis für eine nach der 
Natur modellirte Büste Hanns Müller aus Wien. Spezialschule 
für Historienmalerei (Professor Eisenmenger): ein Spezial- 
schulpreis Franz Kapka aus Opo6no in Böhmen. Spezial- 
schule für Historienmalerei (Professor Trenkwald): ein 
Spezialschulpreis Joseph KOpf aus Wien; der Rosenbaum- 
preis für die beste Lösung der Aufgabe: ,,Beigen*' Ferdinand 
Schmutzer aus Wien. Spezialschule für Landschaftsmalerei 
(Professor y. Lichtenfels): eine goldene Fügermedaille für 
die beste Lösung der Aufgabe „Kain erschlägt den Abel*', 
Ferdinand Brunner aus Wien; ein Spezialschulpreis Fer- 
dinand Brunner aus Wien. Spezialschule für höhere Bild- 
hauerei (Professor Kundmann): ein Spezialschulpreis Joseph 
Grünhut aus Wien. Spezialschule fiir höhere Bildhauerei 
(Professor v. Zumbusch): ein Spezialschulpreis Eduard 
Teltsch aus Baja in Ungarn. Spezialschule für Kupferstecherei 
(Professor v. Sonnenleiter]: ein Spezialschulpreis Leopold 
y. Stubenrauch aus Baden in Niederösterreich. Spezialschule 
für Graveur- und Medailleurkunst (Professor Tautenhayn): 
ein Gundelpreis für die besten Gesamtstudien Rudolph 
Marschalj aus Wien. Spezialschule für Architektur (Pro- 
fessor Freiherr y. Hasenauer): eine goldene Fügermedaille 
Viktor Lamich aus Wien für die beste Lösung der Aufgabe 
„Entwurf eines Stiegenhauses für ein großes öffentliches Ge- 
bäude oder für einen fürstlichen Palast in reicher Ausstat- 
tung'' (nach gegebenem Programme); ein Gundelpreis für 
die besten Gesamtstudien Joseph Hoffmann aus Pimitz in 
Mähren; der Peinpreis Leopold Bauer aus Jägemdorf in 
Schlesien; ein Spezialschulpreis Karl Maschek aus Brunn; 
der Hansenpreis für eine Studie nach der Antike Heinrich 
Nawrath aus Wien; ein Staatsreisestipendium Joseph 01- 
brich aus Troppau. Spezialschule für Architektur (Professor 
Luntz) : eine silberne Fügermedaille August Rehak aus Wien 
für die nächstbeste Lösung der Aufgabe „Entwurf eines 
Stiegenhauses für ein großes öffentliches Gebäude oder für 
einen fürstlichen Palast in reicher Ausstattung (nach ge- 
gebenem Programme); der Haggenmüllerpreis Gamill Hilbert 
aus Laun in Böhmen; ein Spezialschulpreis Robert Dam- 
mer aus Lemberg; der Friedrich -Schmidt -Preis Wilhelm 
Enepper aus Wien. 

— nn. Düsseldorf, Für das große historische Gemälde: 
yyDie Seklaeht bei Worringen^' ist Herrn Professor Peter 
Janssen die große goldene Medaille von der Jury der Ber- 
liner Ausstellung verliehen worden. 

DENKMÄLER. 

%* Für das Denkmal Kaiser Wühelm^s L in Stuttgart 
ist, wie der Staatsanzeiger für Württemberg meldet, ein 
neues Preisausschreiben an eine beschränkte Anzahl deutscher 
und deutsch-österreichischer Bildhauer versandt worden. Da- 
nach ist als Platz für die Aufstellung des Denkmals der 
Karlsplatz von dem König von Württemberg zur Verfügung 
gestellt worden. Das Denkmal ist als überlebensgroßes 
Reiterstandbild in Bronze gedacht. Die Gesamtkosten für 
das Monument (Modell, Guss, Sockel, Aufstellung etc.] dürfen 
die Summe von 150000 Mark nicht übersteigen. Das Preis- 
gericht für die eingehenden Entwürfe besteht unter dem 
Vorsitz des Geheimen Kommerzienrats Siegle aus den Herren: 


Professors. Eberlein München, Architekt Elsenlohr in Stutt- 
gart, Professor Hundrieser in Charlottenburg, Professor Jos. 
Kopf in Rom. Die Preise für die prämürten Entwürfe hat 
der König auf seine Privatkasse übernommen. Mit der Prä- 
mürung ist das Recht der Ausführung nicht unbedingt ver- 
bunden. Die prämiirten Entwürfe gehen, gegen Auszahlung 
der Preise in das unbeschränkte Eigentum des Komitees über. 
In Berlin hat diese Denkmalsangelegenheit den Anlass zu 
dem unerquicklichen Streit zwischen den Bildbauern Hund- 
rieser und Toberentz gegeben. Aus der obigen Mitteilung 
geht hervor, dass Hundrieser jetzt nicht zu den Konkurrenten, 
sondern zu den Preisrichtern gehört. 

%* Eine neue Organisation der Denkmälerpflege in den 
Rheinianden ist, wie die „Köln. Ztg." mitteilt, seit einigen 
Wochen in Kraft getreten. Es galt, die bisher lose neben- 
einander wirkenden Bestrebungen der Kommunen, der histo- 
rischen Vereine und Gesellschaften sowie der Privatleute 
zusammenzufassen und sie der bisherigen Zersplitterung und 
Zu^ligkeit zu entheben. Zu diesem Zweck ist zunächst 
eine Provinzialkommission zur Erforschung und zum Schutze 
der Denkmäler der Rheinprovinz eingesetzt worden, der ein 
Provinzialkonservator als sachverslÄndiger Beirat und als 
staatlicher Delegirter des Konservators der Kunstdenkmäler 
der preußischen Monarchie in Berlin zur Seite tritt. Die 
Provinzialkommission wird durch den Provinzialausschuss 
gebildet, der durch neun geeignete Sachverständige verstärkt 
ist; insgesamt zählt sie 24 Mitglieder, die in allen Teilen 
der Provinz zerstreut wohnen. Den Mitgliedern der genannten 
Kommisaion liegt im allgemeinen die Aufgabe ob, für die 
Bedeutung und den kulturellen Wert der Denkmäler in allen 
Kreisen Verständnis zu erwecken, die behördlichen Maß- 
nahmen zu unterstützen und die Pläne für größere Unter- 
nehmungen aufzustellen. Zum Konservator der Kunstdenk- 
mäler der Rheinprovinz ist der seit drei Jahren im Auftrage 
des Provinzialverbandes mit der Herausgabe der „Kunst- 
denkmäler der Rheinprovinz** beschäftigte Dr. Paul Giemen 
in Bonn ernannt worden. Die Thätigkeit des Provinzial- 
konservators soll vor allem in der dauernden Überwachung 
des Zustandes aller unbeweglichen Denkmäler der Provinz, 
namentlich der Baudenkmäler, dem ununterbrochenen Augön- 
merk auf Zustand und Verbleib der Vereins- und Privat- 
sammlungen sowie im innigen Kontakt mit allen Geschichts- 
und Altertumsvereinen sowie Privatliebhabem und Sammlern 
bestehen. Die Erforschung der prähistorischen, römischen 
und fränkischen Altertümer bleibt nach wie vor den Direk- 
toren der Provinzialmuseen Profassor Dr. Klein in Bonn und 
Professor Dr. Hettner in Trier übertragen. Der Charakter 
der Freiwilligkeit soll der Denkmalspflege auch in der neuen 
Form gewahrt bleiben. 

satt. Vor kurzem wurde in Lahr in Baden ein Bis- 
marckdenkmal aufgestellt und feierlich enthüllt Über einem 
Postamente von Granit aus den Brüchen vom Felsberg im 
hessischen Odenwalde erhebt sich eine in doppelter Lebens- 
größe von Professor Dondorf in Stuttgart modellirte und in 
Carraramarmor ausgeführte Büste des Altreichskanzlers. 

SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN. 

z. I?n Sobranjegebäude x^u Sofia ist eine Ausstellung von 
Kopieen und Originalgemälden eines bulgarischen Künstlers 
D, Dob^ropics erüSn&t. Der „Pester Lloyd" vom 27. Juli berichtet 
darüber n. a.: Die Originalgemälde des Künstlers sind in der 
Minderheit, haben aber, was Auffassung und Kolorit an- 
langt, viel Originelles aufzuweisen. Das italienische Volks- 
leben ist besonders bevorzugt. Auffallend durch Beleuch- 


581 


Sammlangen und Ausatellungen. 


532 


tangsprobleme ist ein Bild, einen sizilianischen Fischer und 
ein bulgarisches Mädchen darstellend; dieser zündet seine 
Pfeife an, während jenes mit flackerndem Lichte dabei steht. 
Es fällt auJter dem künstlichen noch ein Strahl des Tages- 
lichts auf die Gestalten. Auch ein Porträt, des Künstlers 
Bruder darstellend ^ ist unter der Sammlung, Eine große 
Zahl der Bilder sind aber Eopieen und zwar in einem vom 
Künstler selbst erfundenen Verfahren, das er Elaio- Photo- 
graphie nennt und das vorläufig noch sein Geheimnis ist. 
Diese Kopieen ähneln Kartons in Gouachearbeit, sind aber 
dieser Technik in dem matten und doch lebhafben Ton der 
Farben überlegen. In dieser Manier hat der Künstler, der 
sich etwa 15 Jahre in Italien aufhielt, vieles von Raphael, 
Caravaggio, Guido Reni fQr sein Vaterland abkonterfeit. 
Einige Gemälde des Künstlers wurden fär das bulgarische 
Nationalmuseum angekauft. 

München, Im Anschlüsse an die Ausstellung fClr Mal- 
technik findet in der Zeit vom 28., 29. und 30. September 
der Kongress der deutschen Gesellschaft zur Beförderung 
nationaler Malver£Eihren statt, auf welchem eine Reihe von 
auf die Mal- und Farbentechnik bezüglichen Vorträgen ge- 
halten, die gegenseitigen Meinungen und Ansichten ausge- 
tauficht und gemeinsame Normen für Fabrikation der Farben 
und Malmittel, sowie bezüglich deren Anwendung, ausge- 
arbeitet werden sollen. Die Anmeldungen zu diesem Kon- 
gresse sind an den Sekretär der Gesellschaft, den techn. 
Chemiker Hrn. Adolf Wilh. Keim in Grünwald bei München 
zu richten. 

London, Der berühmte Teppich aus der Moschee von 
Ardebil, der im Jahre 1892 so viel Aufmerksamkeit hier 
erregte, ist fQr das South Kensington Museum erworben 
und in der indischen Abteilung zur Besichtigung ausge- 
stellt worden. Der Preis war so hoch, dass die Verwal- 
tung des Museums nicht in der Lage war, aus den verfüg- 
baren Mitteln den Ankauf bestreiten zu können; indessen 
einige kunstliebende und patriotische Männer, wie nament- 
lich Mr. Franks, Steinkopf, Morris und Mr. Taylor haben 
den Rest der Kaufsumme bereitwilligst zugeschossen. Der 
Teppich misst 34 Fufi 6 Zoll in der Länge, und 17 Fuss 
6 Zoll in der Breite. Die Feinheit seiner Textur mag daraus 
ersehen werden^ dass auf den Quadratzoll 380 Handknoten 
kommen, mithin auf den gesammten Teppich 33000000 
Knoten (englisches Maß). Die Zeichnung besteht aus einem 
großen Mittelstück in Medaillonform, hellgelb, umgeben von 
Kartuschen verschiedener Farbe, symmetrisch auf dunkel- 
blauem Grunde verteilt, der wiederum mit BlumenschnOrkeln 
bedeckt ist. Jede Ecke des Teppichs ist mit einem Abschnitt 
eines großen Medaillons ausgefüllt ähnlich dem Gentral- 
medaillon und mit Kartuschen umgeben. In dem breiten 
Rande wechseln runde und viereckige Felder auf braunem, 
blumenreichen Gmnde. Auf der oberen Hauptseite ist ein 
Feld, welches eine Inschrift trägt, die in der Übersetzung lautet : 
„Ich habe keine Zuflucht in der Welt als deine Schwelle." 
„Mein Haupt hat keinen andern Schutz als diese Säulen- 
halle." „Das Werk des Sklaven dieser heiligen Stelle, Mark- 
soud von Kaschan, im Jahre 942" (n. Chr. 1535). Dieser 
herrliche Teppich ist eins der bemerkenswertesten Kunst- 
objekte, über welches das Museum nunmehr verfügt, und in 
Anbetracht seiner Größe, der Feinheit der Textur, der 
Schönheit der Farbe und der reichen Zeichnung, ist er 
sicherlich geeignet, bei Teppichfabrikanten und Liebhabern 
das größte Interesse zu erwecken. Die Bedeutung der Er- 
werbung wird durch den Umstand erhöht, dass sie 
nicht nur wertvolles Material über die Herstellung der per- 
sischen Teppiche liefert, sondern dass man auch in den 


Stand gesetzt wird, über Art und Zeit der Arbeit Aa&chluss 
zu erhalten. J 

z. Die Dresdener Kgl. Gemäldegalerie hat unlängst einen 
Zuwachs von 19 Gemälden aus dem Vermächtnisse des ver- 
storbenen Appellationsgerichtspräsidenten Eduard Ferd. 
Xossky erhalten. Der Heimgegangene besaß etwa 50 Ge- 
mälde, von denen er der Galerie vermachte, was die Direktion 
als geeignet auswählen würde. Meisterwerke ersten Ranges 
sind unter den Bildern nicht gewesen, aber doch ein halbes 
Dutzend, das ohne Rücksicht auf Urheber oder Entstehnngs- 
zeit mit künstlerischem Auge betrachtet zu werden verdient; 
die übrigen Werke füllen teils kunsthistorische Lücken der 
Galerie aus, teils helfen sie das Charakterbild ihrer Urheber 
in der Galerie vervollständigen. Aus dem 19. Jahrh. stammen 
Faber (wahrscheinlich K. G. Trangott, und nicht sein Bruder 
Eusebius) Mondscheinlandschaft, Jos, Wenglein^ Landschaft. 
Aus dem 18. Jahrhundert: J, E, Schenan^ Genrebild (Mädchen 
mit einem Vögelohen), gestochen von J. G. Wille 1771, 
Sir G, Kneller, Porträt des Lords Euston (reproduzirt in 
Schabkunst von John Smith 1689), Ckr, Stöcklin, zwei 
Architekturbilder (Inneres von Ejrchen). Aus dem 17. Jahrh. 
stammen : zwei Landschaften, angeblich von Bout und Bou- 
dewijns, wahrscheinlich aber von Th, Micfiau ton Toumay, 
ihrem Nachfolger; P. Xeefs d. /, Kircheninneres (1658); 
Javques d'Arthois, Abendlandscbaft; Jan Miensxe Molemier, 
ein Sittenbild, das die Bilder dieses Meisters, die bisher in 
der Dresdener Galerie sich fanden. Übertrifft; Jan Assdyn^ 
Küstenlandschaft. Von besonderem kunstgeachichÜichen 
Interesse ist ein 1676 gemaltes Bild einer Dame in wein- 
rotem Kleide mit einem Bogen in der Hand, seither als 
Gonstantin Netscher irrigerweise bezeichnet, aus den Resten 
einer Namenszeichnung aber als Jan van Haensbergens 
erkannt, von dem besonders die Bildnisse selten sind; das 
erwähnte Bild ist als eine solche Seltenheit anzusehen. 
Aufmerksamkeit verdient femer ein wegen des Monogranmis 
G. T. bisher als Get. Terborch angesehenes großes Gesell- 
schaftsstück, von dem es sicher nicht herrührt; Direktor 
Woermann vermutet den Urheber in Gillis TUborch, der 
in der Regel Bauembelustigungen gemalt, mitunter aber 
auch Gruppen aus der vornehmen Gesellschaft wiedergegeben 
hat. Als gutes Bild ist endlich zu nennen: J. Vonek (be- 
zeichnet), Stillleben, tote Vögel, das viel Ähnlichkeit mit 
einem Bilde im Utrechter Museum hat DaB Utrechter 
Bild ist vielleicht mit Unrecht dem Elias Vonck zuge- 
schrieben. Von den minder bedeutenden Bildern seien noch 
erwähnt: J. H. lioosy Landschaft mit Tieren, und zwei See- 
stücke, deren eines dem Ludolf Baklmyseny deren anderes 
dem Joseph Veniet zugeschrieben wird; die Vaterschaft 
beider ist jedoch sehr zweifelhaft 

— nn. Düsseldorf, Bei Eduard Schulte ist eine Samm- 
lung von Skizzen und Studien von Ludwig von Hofmann 
in Charlottenburg zur Ausstellung gekommen, v. Hofmann 
gehört zu der Gruppe der „Elf" der Berliner Künstler, 
welche mit ihren Separatausstellungen vor einiger Zeit Auf- 
sehen erregten, viel Interesse und viel Widerspruch fanden. 
Was hier von allen möglichen Sachen zusammengestellt ist, 
teils . in Öl, teils in Pastell , kann kaum fQr die Beurteilung 
des Künstlers einen Maßstab abgeben. Es ist zu viel Un- 
fertiges, Dürftiges, Verworrenes und — „Hysterisches" dar- 
unter neben einigen immerhin aparten und ernsten Ver- 
suchen. Aber darüber gehVs nicht hinaus. Das Figürliche 
ist meist zu absurd und karikirt, um Anspruch auf Kunst 
machen zu können, am besten sind einige der landschaft- 
lichen Eindrücke in Stimmung und Ton. Aber auch hier 
überall Versuche, Experimente und Zuf&lligkeiten, keine 


533 


Sammlnngen und Auntellongen. 


534 


Basis. Mit i,£xperimenten" wird aber keine neue Kunst w- 
schaffen und wer von der Vergangenheit nichts weiü, wer 
das Alte nicht Überwindet, kann auch mit Sicherheit nicht 
zum Neuen übergehen. Ob unsere radikalen Heißsporne wirk- 
lich einen gesunden Kern in sich tragen, der mit der Zeit 
sich aus all dem Wust und Kehricht herausschälen wird, 
der die „Kinderkrankheiten'^ überwindet und abschüttelt, 
wird die Zeit lehren. 

Die archäologische Ausstellung in Wim. (22. Mai bis 
31. August 1893.) Hofrat Benndorf war es^ welcher der 
42. Versammlung deutscher Philologen und Schulmänner, 
speziell aber wohl seinen eigentlichen Fachgenossen zu 
Ehren diese Ausstellung im österreichischen Museum anregte. 
Durch ein rühriges Komitee, dessen Mitglieder in verschie- 
denen Provinzen Cisleitbaniens leben, wurde die Ausstellung 
so reichhaltig, — es sind circa 1700 Nummern! Fast alle 
Museen und Privatsammlungen der westlichen ßeichshälfte 
sind beteiligt; freilich ist in weitaus größter Zahl die Klein- 
kunst vertreten, die uns ein klares Kulturbild antiken Lebens 
bietet £& würde hier zu weit führen, alle vertretenen Denk- 
mälerklassen , wie die prächtigen, kunstreichen und ge- 
schmackvollen Ooldschmiedearbeiten und Metallgeräte ^ die 
Tboctilia, die farbenprächtigen und formschönen Gläser und 
EmaiiSt die klaren BemsteinächnUxereieti und die geschnit- 
tenen Steine zu besprechen ; wir beschränken uns daher mit 
wenigen Ausnahmen auf die Werke der großen Plastik in 
Marmor und Bronxe und auf einige Stücke, die das Gebiet 
der Malerei repräsentiren; wobei wir fast überall den Ge- 
sichtspunkt festhalten, dass das betreffende Stück noch nicht 
publizirt ist. — Dass Münzen ausgeschlossen sind, ist aus 
vielen Gründen zu loben, zu bedauern aber ist es, dass eine 
so große Anzahl bedeutender Skulpturen — vnr erwähnen 
nur die kleinasiatischen Werke im Besitze des Grafen Lancko- 
ronski — infolge von Transportschwierigkeiten nicht aus« 
gestellt wurden. — Zum Schönsten gehören die Marmor- 
fragmente einer dem Franziskanerkonvent von Sinj gehörigen 
Kolossalstatue des jungen Herkules^ der eine gewisse typische 
Ähnlichkeit mit dem Lysippischen Apozyomenos zeigt. Das 
Werk scheint nach den scharfen Formen des Auges mit der 
fein beobachteten Rundung des Augapfels, den Lippen, der 
leichtgebuckelten Nase und den großen Augenbrauenwulsten 
der Sümknochen auf ein Bronzeoriginal zu deuten. Die er- 
haltene rechte Hand zeigt geradezu Michel angeleske Formen. 
Der sonst vortrefinich erhaltene Kopf ist auf der linken Seite 
leider arg verstümmelt. Lysippisch ist auch der Kopf eines 
Athleten aus dem Besitz der Wiener Universitätssammlung. 
— Ein archaisches Stück entstammt derselben Sammlung: 
ein Kopf des Apollo, ähnlich dem der Sammlang Ba- 
racco: ein Zopf ist um das Haupt gelegt, um die Stime 
Löckchen, die Augen unmöglich flach, ganz ohne Kugelform, 
die Mundwinkel nach unten gezogen, wie im Zustande der 
Erschlaffung. — Eine archaisirende Arbeit aus Ägina ist ein 
Belief der dreigestaltigen Eekaie, bei dem die Figuren zwar 
bis zu acht Kopflängen haben, aber besonders Gesicht und 
Büste im Profil edel ausgeführt sind. In der Haltung er- 
innern die beiden im Profil erscheinenden Figuren an die 
Frauen des eleusinischen Reliefs mit Triptolemos zwischen 
Demeter und Köre. — Ein reizvolles antikes Genrebild zeigt ein 
rechts gebrochenes Heroenrelief aus dem vierten Jahrhundert. 
Der Heroisirte, bärtig, in Chiton und Ghlamys, hält sein 
Pferd am Zügel und streckt die Rechte mit der Schale nach 
rechts. An ihn schmiegt sich liebevoll von rückwärts seine 
mit Chiton und Himation bekleidete Frau, die Rechte auf seine 
Schulter legend; ganz vorne langt ein reizender Knabe mit 
der Oinochoe in eine Riesenamphora. Das Werk ist von 


auserlesener Komposition und auch in formeller Beziehung 
sehr edel, zugleich voll innigsten Gefühls in der Wiedergabe 
des Psychischen. Sollte diese herrliche Arbeit nicht auf ein 
großes Vorbild zurückgehen? Ein prächtiges Thonrelief, das 
der Katalog nicht verzeichnet, zeigt uns Silen begleitet von 
einer Mänade, nach links tanzend, in durchsichtigem Byssos- 
Chiton mit Sandalen an den Füßchen; das Gewand ist über 
die linke Busenseite herabgefallen; eine entzückend-reizvolle 
Figur. Hinter ihr ein Erote; mit der Rechten hält sie Silen 
an der linken Hand und beide tanzen zum Altar, dessen 
Feuer er mit dem Thyrsos schürt. Ein Sarkophagfragment: 
Selene bei Endymion zeigt eine sehr bewegte Komposition, 
besonders in den schönen Pferden. Es stammt aus der 
Sanmilnng des Kardinals Pacca (Ostia) und gehört gegen- 
wärtig der Kollektion Frou an. Aus demselben Besitz finden 
wir neben vielen anderen noch die folgenden fänf schönen 
Werke: einen jugendliehen Satyr von stark gedrungener 
Figur, aber vorzüglicher Behandlung des Fleisches; in der 
Linken ein kurzes Pedum, in der hochgehobenen Rechten eine 
Traube haltend, zu der ein zu Füßen des Satyrs liegendes, 
etwas klein geratenes Pantherweibchen begehrlich aufblickt 
Römische Wiederholung eines hellenischen Originals. — 
Als Qrabsehmuck diente der auf der Löwenhaut als Herakles 
nut Keule ausruhender Putto. Ein Werk der späteren Kaiser- 
zeit, das in Locken, Mund, Nase und Augen durch seinen 
eigentümlichen Manierismus besonders auffällt, der sich auch 
in zahlreichen gebohrten Grübchen offenbart. Ein Putto nut 
spärlichen Locken, in ruhiger Stellung, diente in origineller 
Weise als Brunnenfigur; in der Linken trägt er eine Traube, 
in der Rechten ein bellendes Spitzhündchen, durch dessen 
Maul das Leitungsrohr ging; der gesenkte Blick des Putto 
war auf das rinnende Wasser gerichtet. Das Ganze berührt 
in seiner Idee — wenn auch formal nicht gianz — wie ein 
Stück Quattrocento, das ja gewiss auch solche Stücke kannte; 
wir haben es wahrscheinlich mit einer hellenistischen Arbeit zu 
thun. — Das Fragment des Fufies einer Kolossalstatue aus 
der früheren Kaiserzeit lässt in seiner außerordentlich schö- 
nen Rankenverzierung des Schuhes einen Schluss auf die 
Pracht der ganzen Figur ziehen. — Ein Bild von seltenem Lieb- 
reiz in Technik und feinster Naturbeobachtung ist das in 
Hochrelief gearbeitete Köpfchen des in süßem Schlafe liegen- 
den Bacchuskindes y das auf Weingeränke liegt; hinter dem 
Köpfchen ein schnuppernder Tierschädel, vielleicht von 
einem Rehbock. — Mit diesem Fragment wetteifert in der Qua- 
lität der anmutige Kopf eines etwa vierjährigen ^aben mit 
einem Reifen im Haar, das am Scheitel geschöpft ist, wäh- 
rend einzelne Löckchen die Stime unterbrechen; eine vor- 
zügliche hellenistische Arbeit, bei der auch noch der angenehme 
Ockerton des Marmors viel zur Wirkung beiträgt. Aus dem 
Besitze des österr. Museums. — Dr. Juri^ hat zwei interes- 
sante Köpfe aus seiner Sammlung ausgestellt: ^en. Idealkopf 
eines Mädchens mit melancholischen Zügen; das Köpfchen 
ist dadurch höchst eigentümlich, dass die Frisur und ihre 
Scheitelung ganz nach links aus der Achse geschoben ist, 
weshalb der Kopf einen gequetschten Eindruck macht. Das 
zweite ist eine lebensgroße Büste eines fetten lachenden AUen 
voll Epikuräischer Gemütlichkeit Es ist, als ob wir einen 
von Messerschmidt' s „Charakteren^^ vor uns hätten. Der 
Kopf ist so sehr an der Grenze zwischen Typischem und In- 
dividuellem, dass es schwer föllt, an ein Porträt zu denken. 
Das Werk stammt aus Sfidtirol. Die Frage ist offen, ob ein 
Werk der römischen Kaiserzeit oder — Renaissance. Nicht 
unerwähnt dürfen wir den von Prof. Exner ausgestellten 
Kopf eines Satyrs lassen, stark gegen die linke Schulter ge- 
neigt. Technisch sehr gut und voll Anmut,wenn auch geziert. 


535 


Vereine und Gesellschaften. — Ausgrabungen und Funde. — Eunsthistoriscbes. 


536 


Ein natürlich-unbewusstes kokettes L&cheln belebt die Mund- 
winkel, die ähnlich wie bei dem oben geschilderten Putto 
gebohrt sind. — Der aus Rhodos stammende Torso eines Askle- 
jnos (Besitzer Graf Lanckoronski) stammt von einer vorzüg- 
lichen Gewandfigur mit halb abgestreiftem Himation. Rechtes 
Standbein, Kopf, ganzer rechter Arm und linker Vorderarm 
fehlen; viertes Jahrhundert. — Zwei auserlesene römische 
Büsten, eine mannliche und eine weibliche, verzeichnet die 
1. Auflage des Katalogs noch nicht; die weibliche mit Nei- 
gung des Kopfes nach links, feiner Frisur und zartem römi- 
schen Profil ist eine deutliche Reminiscenx an die Clytia, aufs 
Porträt Übertragen. Die männliche entstammt jedenfalls 
dem Schluss des zweiten Jahrhunderts; daftir spricht die 
manierirte Wiedergabe des Augensternes und der flaumige 
Bart — Wohl wäre noch vieles hier zu erwähnen und zu be- 
rühren: so die schönen unvergleichlichen tanagräischen Ar- 
beiten, deren Lob kein Dichter zu erschöpfen im stände ist. 
Von den wenigen ausgestellten Überresten antiker Malerei 
erwähnen wir nur zwei Stücke: eine reizende Skixxe auf 
einer Garraramarmorplatte, in roten Umrisslinien den Ober- 
körper einer jugendlichen Gestalt darstellend, die Rechte an 
die Schläfe legend, den linken Arm vorgestreckt, das Ge- 
sicht von schwermütigem Ausdruck; das zweite ist ein 
aus Ägypten stammendes Porträtbrustbild aus der ehemaligen 
Sammlung Graf, die ja auch in diesen Blättern eingehende 
Würdig^g ÜBuid. Gegenwärtig Sammlung Papyrus Rainer. 
Es ist dem Charakter und der Technik nach ein sog. Mumien- 
porträt aus dem zweiten christlichen Jahrhundert, ein Pro- 
vinziale, bärtig, in der Rechten ein Bouquet, in der Linken 
einen Zweig haltend. Er ist bekleidet mit der Tunica mit dem 
typischen Bruststreifen und einem Mantel, der auf der Unter- 
seite Noppenfütterung zeigt. — Eine Reihe in nächster Nähe 
aufgestellter, schön omamentirter Teztilfunde illustrirt das 
Bild des weiteren. Von dieser im ganzen unbeholfenen, 
bäuerischen Porträtirkunst einer entlegenen römischen Pro- 
vinz lässt sich aber immerhin ein bedeutender Schluss auf 
die hochentwickelte Malerei von Kunstmittelpunkten wie 
Athen oder Rom ziehen. Leider fällt die Ausstellung im 
ganzen in eine tote Zeit, hoffen wir, dass wenigstens Fremde 
davon genießen; — freudig überrascht hat es uns, dass so 
viel Schönes von antiker Kunst bei uns noch im Privatbesitz 
zu finden ist. B. K. 

%* Für die Berliner Nationalgalerie sind auf der großen 
Kimstausstellung noch folgende Werke angekauft worden: 
die Gemälde .Nach der Treibjagd", „Winter" von Hugo Mühlig 
in Düsseldorf, »Vom Eise zerschellt* von Louis Eerxog in 
Düsseldorf, „Holländischer Kanal* von Ludwig Dill in 
München, j, Viehherde in den OstseedÜnen* von Oskar Frenxel 
in Berlin, drei Aquarelle von Ludwig Dettmann in Gharlotten- 
burg, .Frühling im Grunewald*', .Nach dem Regen" und 
„Sommerabend", die Bildwerke „Wasserschöpfendes Mädchen" 
in Bronze von Johann Götx in Schöneberg bei Berlin, 
„Betendes Mädchen", Holzfigur von Oeorg Busch in München 
und die Gipsstatne „Der Bildhauer" von Ferdinand Lepcke 
in Berlin. 

VEREINE UND GESELLSCHAFTEN. 

Der Säclisi^clie Kunsteerein hat unlängst den Rechen- 
schaftsbericht für das Jahr 1892 herausgegeben. Das Direk- 
torium des Vereins besteht dem Bericht zufolge nicht mehr 
aus 9 ordentlichen und 9 stellvertretenden, sondern aus 15 
gleichberechtigten Mitgliedern. Femer ist die Erwerbung 
eines Vereinsgrundstücks in Aussicht genommen worden; 
es soll dafür Kapital angesammelt und Darlehne ange- 


nommen werden. Die Gewinner verloster Kunstwerke sind 
verpflichtet worden, die Originale zum Zweck der Ver- 
vielfältigung ftbr Vereinsblätter fttr die erforderliche Zeit 
zur Verfügung zu stellen. Zum Vereinsblatt für 1894 
ist ein Stich des Kupferstechers Langer nach F. A. Kaul- 
bach's Gemälde .Ein Maientag* (Eigentum der Dresdener 
Galerie) gewählt worden. Die Mitgliederzahl ist von 2723 
auf 2710 gefallen. Die Eintrittsgelder sind ebenfalls zurück- 
gegangen, von 1800 auf 1370 Mk. Man hofft die Mittel des 
Vereins durch die Einrichtung zu vermehren, dass jeder 
Künstler, der noch nicht Mitglied des Vereins ist und ein 
Kunstwerk zum Preise von 100 M. oder mehr an den Verein 
verkauft, auf ein Jahr Mitglied desselben werden muss; 
außerdem sollen bei allen Verkäufen an den Verein oder 
durch dessen Vermittelung vom Kaufpreis 2 Proz. zu Gunsten 
der Vereinskasse und 3 Proz. zu Gunsten des Sächsischen 
Künstlerunterstützungsvereins abgezogen werden; letzterer 
Abzug fand schon seither statt. Auf den Ankauf von 
Kunstwerken zur Verlosung sind 20595 M. verwendet 
worden. Für diese Verlosung wurden in der Ausstellung 
42 Kunstwerke, darunter 34 Ölgemälde, fOr 19910 M. 
erworben; davon entfallen nach den Wohnorten der 
Urheber derselben 28 im Werte von 10880 M. auf Dres- 
den und Umgebung und 11 im Werte von 5030 M. auf 
München. Die übrigen 685 M. 70 Pf. wurden auf den An- 
kauf illustrirter Werke, Kupferstiche u. s. w. verwendet 
Die Verlosung hat am 19. Dezember 1892 stattgefunden; 
ihr Ergebnis teilt der Bericht mit. Von den im Kunstver- 
ein ausgestellt gewesenen Werken wurden 42 an Private 
verkauft für zusammen 5440 M., so dass die Vereinsaus- 
stellung den Ausstellern einen Absatz von insgesamt 25 350 M. 
gewährte. Zur Ausstellung kamen überhaupt 1729 Kunst- 
werke, darunter 898 Ölgemälde, 551 Aquarelle, 34 Gouache- 
und 31 Pastellbilder, sowie 39 plastische Gegenstände. Be- 
züglich der Herkunft derselben giebt der Bericht das 
nähere an. Vorsitzender des Vereins ist z. Zt. Graf Otto 
Vitzthum von EcksiÄdt; sein Stellvertreter Professor Paul 
Kießling. 


AUSGRABUNGEN UND FUNDE. 

%* Professor Dr, Dörpfeld, der die Ausgrabungen in 
Hissarlik auf Kosten der Witwe Schliemann's fortsetzt hat> 
glaubt, wie dem „Standard" aus Athen gemeldet wird, die 
Oberreste des eigentlichen Troja's Homer's entdeckt zu haben, 
indes nicht in der zweiten Schicht, wie er anfänglich wähnte, 
sondern in der sechsten. Er hat eine grofie Anzahl von 
Gegenständen, die dem mykenäischen Zeitalter zugeschrieben 
werden können, bloßgelegt, desgleichen mehrere Gebäude 
und einen Teil der Mauern der Stadt, die zweimal so groß 
wie die in der zweiten Schicht vorgefundenen Spuren ist 
Die Gebäude sind nicht wie die in Tiryns zusammenhängend, 
sondern von einander getrennt. Die großen Stadtmauern 
sind nahezu sechs Fuß dick; die der Akropolis bestehen aus 
regelmäßig behauenen 16 Fuß dicken Quadersteinen. 


KUNSTHISTORISCHES. 

Zur Erläuterung des großen Oaleriebildes von Teniers 
in Wien. Die Litteratur hat eine umfassende Kommentirung 
der Galeriedarstellungen des jüngeren David Teniers einst- 
weilen noch nicht aufzuweisen. Dass diese Bilder sämtlich 
nach Bestandteilen der alten Brüsseler Galerie des Erzher- 
zogs Leopold Wilhelm gemalt sind, ist allbekannt. Niemand 
aber ist noch in diesen gemalten Galerieen von Bild zu Bild 


537 


Eunsthistorisches. — Yermischtes. 


538 


gegangen, am nachzuweisen, wo sie sich jetzt befinden. 
Nor das bequem Erreichbare wurde genannt. Die folgende 
Notiz soll auf die wunden Punkte der bisherigen Erklärun- 
gen hinweisen und einiges Neue beibringen. — Beginnen 
wir an der fiauptwand mit der obersten Reihe. Die ersten 
drei Bilder sind leicht zu bestimmen. Das letzte Bild rechts 
aber wurde bisher mit einer gewissen Ängstlichkeit von der 
Forschung gemieden. „TITIANVS" hat Teniers beigeschrie- 
ben, und er wird wohl recht behalten. Denn diese Diana 
mit Aktaeon ist fast zweifellos dasselbe Bild von Tizian*s 
Hand, das Waagen beim Earl Brownlow gesehen hat 
(„Treasures of art in Great Britain'* II, S. 313} und das erst 
jüngst in London wieder ausgestellt war.^) Die Stiche im 
Theatrum des Teniers im ,,Prodromus** von Stampart und 
Prenner, der Stich in Gouch^'s Palais royal, sowie die kleine 
Nachbildung auf dem Galeriebilde des Teniers erlauben 
eine solche Identifizirung. Im alten Inventar der Galerie 
des Erzherzogs Leopold Wilhelm ist das Bild nicht mehr 
verzeichnet. Meine Identifizirung ist so gut wie sicher. — 
In der xtoeüen Reihe bedarf ,,Kain und Abel'' ganz links 
einer Eommentirung. Teniers schrieb dazu „PALMA''. Das 
Bild ist erst wiederzufinden.^) Im Inventar der Leopold 
Wilhelm*schen Galerie steht es als Nr. 61 beschrieben. (Ist 
verschieden von dem Brudermorde des Palma, der noch 
heute vorhanden ist.) — In derselben Reihe ist zu beachten : 
die Anferweckung des Lazarus von „PORDENON", wie 
Teniers dazu schrieb (Inventar Nr. 83). Das Bild war noch 
in der Stallburg vorhanden, wie man aus der Abbildung im 
„Prodromus** schließen kann. Die linke H&lfte dieses Porde- 
none kommt auch auf einer der gemalten Galerieen des 
Teniers in München vor (auf Nr. 929). Von besonderem 
Interesse ist die Kreuzschleppung des Ccariam in derselben 
Reihe, ein Bild, das nach Angabe des alten Inventars signirt 
war mit: loannes Gariani. — Die dritte Reihe beginnt mit 
einem Johannes Baptista, der zwar im alten Inventar als 
Nr. 72 beschrieben, aber heute nicht mehr in der Galerie 
vorhanden ist. In der Stallburg war er noch. Es folgen 
drei bekannte Bilder. Das n&chste dann aber, eine Ter- 
suchung Ghristi, ist nicht mehr in der Wiener Galerie (im 
alten Inventar als Nr. 204, Giacomo Tintoretto). — In der 
vierien Reihe folgt auf die bekannte Judith des Saraceno 
eine Beweinung des heiligen Leichnams von Schiavone^ die 
zunächst auch nur durch die Kopie des Teniers und die Ab- 
bildung im Prodromus bekannt ist (altes Inventar Nr. 190). 
Auch die heilige Familie mit Sta. Magdalena von Palma 
vecchio in derselben Reihe muss erst gesucht werden (obwohl 
sie noch bei Mechel vorkommt), ebenso die Kreuzschleppung 
von einem „BASSAN" (Inv. 228),. welche Teniers auf meh- 
reren seiner Bilder wiederholt hat (München, Nr. 929 und 
928). — In der untersten Reihe das Ecce homo (Halbfigur) 
von „TrriANVS" wird nicht leicht wiederzufinden sein (altes 
Inventar Nr. 199). Die Mater dolorosa daneben steht im 
alten Inventar als Kopie nach Tizian (Nr. 200). Die Dame, 
die zwischen den Bildern herausblickt, entspricht der Nr. 
273 des alten Inventars, das hier keinen Malemamen nennt. 
Das zweitnilchste Bild gegen rechts wird jenes Eigenbildnis 
des Giorgione sein, das noch in der Stallbnrggalerie vor- 


k - 


1) Yergl. den Katalog der „Exhibition of work by the old 
masterB** der Boyal academy of arts von 1898, Nr. 121, und den Be- 
richt tiber diese Ausstellung im Aepertorlum für Kunstwissenschaft 
(Bd. XVI, W. V. Seidlitz). 

2) Das Depot der Wiener Galerie ist mir nicht zugänglich, 
weshalb ich keine Bürgschaft dafUr übernehmen kann, dass dieses 
oder andere scheinbar verschollene Bilder nicht im Wiener Vorrat 
verborgen sind- 


banden war. Das Bild ganz rechts ist vermutlich der Or- 
pheus des Giorgione, den das alte Inventar anführt (Nr. 270). 
— Die Gem&lde, die vorne lehnen, sind leicht in Wien und 
in Florenz wiederzufinden bis auf eines, nSmlich die Land- 
schaft von Paul Bril (Inventar Nr. 157). — Unter den Bil- 
dern, die links beim Fenster h&ngen, bedarf der Brudermord 
einer Erklärung. Dieses Bild, im sdten Inventar als Nr. 1 
beschrieben, aber nicht getauft, ist noch vorhanden. Es 
wurde bei der jüngsten Neuaufstellung eingereiht (Führer, 
Nr. 604), wobei freilich die unrichtige Angabe unterlief, als 
sei dieses Gem&lde zuerst im Prager Inventar von 1718 nach- 
weisbar. Die kleine Kopie auf der gemalten Galerie des 
Teniers in Wien beweist schlagend, dass schon Erzherzog 
Leopold Wilhelm dieses wirkungsvolle Stück sein eigen 
nannte. Ganz unten rechts hängt noch ein Bildchen von 
Domenico Feii, dessen merkwürdige Darstellung vom alten 
Inventar nicht näher bezeichnet (Nr. 177) und auch nach 

der Abbildung im Prodromus nicht klar wird. 

DR. TH. V. FRIMMEL. 


VERMISCHTES. 

%* Arnold Böcklin, der jetzt wieder völlig genesen ist, 
hat ein neues Selbstporträt gemalt, von dem die „Baseler 
Nachrichten'' folgende enthusiastische Schilderung entwerfen: 
„Der Maler, von tiefen Empfindungen bewegt, steht zur 
Seite einer Staffelei, auf deren graue Tafel er eben die ersten 
Linien zu seinem eigenen Bildnis hingeworfen; in der ge- 
senkten Rechten hält er den Pinsel, in der Linken die Palette. 
Er hat ein kurzes violettes Jackett angelegt, dessen einer 
Flügel, unten leicht umgebogen, ein buntes Futter zeigt; die 
Beinkleider weiß, blau karrirt, ein rot und gelber seidener 
Schlips um den niederen Stehkragen. Rechts vom Beschauer 
ein dunkelgrüner Vorhang, dahinter ein l^chchen mit allerlei 
Kleinigkeiten. Man ist.üb^r den Gedanken des von schwerer 
Krankheit Wiedererstandenen, sich in lebhaft farbigem An- 
zug uns vorzuführen, im ersten Augenblick verwirrt, aber 
nur einen Augenblick, um sogleich das ganze Gemälde als 
einen der schönsten koloristischen Triumphe Böcklin's zu 
bewundem. Hier ist in jeder Farbe wohlüberlegte Absicht, 
gekrönt durch den vollendetsten Erfolg, und wenn der unter 
Italiens glänzendem Himmel weilende Künstler sich nicht 
in einen blöden dunklen Rock stecken wollte, so wusste er 
wohl, was er that, und er fühlte sich stark genug, um seine 
Hauptaufgabe, die Darstellung des Menschen, des geistig 
schöpferischen Menschen, nicht durch das Äußerliche der 
Kleidung zu erdrücken. Das Wesentliche, der Kopf des 
Künstlers, ist wundervoll modellirt und mit der äußersten 
Sorgfalt bis in die feinsten Nuancen durchgeführt; alles noch 
so virtuos behandelte Nebenwerk tritt durch ihn zurück, er 
beherrscht unser Interesse, er hält uns lange, lange fest; wir 
möchten sein Geheimnis erfahren. Dieser Kopf, von der 
Sonne des Südens gebräunt, kräftig in die Höhe gerichtet, 
die noch immer hellen Augen nach innen gekehrt, sagt uns, 
dass sein Träger von dem Ernste des überwundenen Angriffs 
auf sein Leben tief ergriffen ist; der Mund öffnet sich, um 
dem Gedanken des Augenblicks Ausdruck zu geben, und 
wir glauben von den lebensvollen Lippen die Worte zu ver- 
nehmen: „Und ich male doch noch!" 

Dresden, Auch hier hat sich jetzt eine Spaltung in der 
Künstlerschaft vollzogen. Es ist eine freie Vereinigung 
Dresdener Künstler ins Leben gerufen worden, die über 
sechzig Mitglieder zählt. Hervorragende Künstler Dresdens, 
wie Prof. Robert Diez, Professor an der Königl. Kunstaka- 
demie, Ttot PaulKießling, die Architekten Hauschild, Gräbner, 


539 


Vermiscbtes. 


540 


Bildhaner Harianann Mackaa, Maler Paul Baum u. a. ge- 
hören ihr an. An der Spitze steht als erster Vorsitzender 
Karl BantxeTj der fßr sein Hessisches Abendmahl im vorigen 
Jahre in München eine goldene Medaille, in diesem Jahre in 
Berlin eine ehrenvolle Erwähnung erhielt, und Architekt 
Hauschild als zweiter Vorsitzender. Im Herbst wird die Freie 
Vereinigung in Dresden eine Sonderausstellung veranstalten. 
Vor der Hand bestehen noch lebhafte Hoffnungen, es werde 
ein Ausgleich und eine Einigung mit der alten Eunst- 
genossenschafb erzielt werden, da Dresden sich auf die Dauer 
durchaus nicht den Luxus derartiger Spaltungen gestatten 
konnte. 

* Detnolirung des lAnxerthors in Sahburg. Trotz der 
Einsprache, welche von. seiten der Salzburger Architekten 
und Altertumsfreunde gegen die Zerstörung des Linzerthors 
erhoben wurde, beschloss der Gemeinderat der Stadt prin- 
zipiell die Hinrichtung des Denkmals. Wenn man dasselbe 
vorläufig noch bestehen lässt, so erkennt die Bevölkerung 
darin nur die Gewährung einer Galgenfrist Ein Salzburger 
Kunstfreund schreibt uns: „Bei der in unseren Provinzial- 
städten immer mehr zunehmenden und zur Schau getragenen 
Gleichgültigkeit gegen historische Baudenkmale müssen wir 
uns fragen, welche Mittel wir haben, um dieser Kalamität 
abzuhelfen? Träten alle Vereine für Landeskunde, sowie 
die historischen und Kunstvereine zusammen, und würden, 
vielleicht unterstützt von der Centralkommission, ein billiges 
Blatt mit Zinkotypieen herausgeben und den Lokalblättern 
gratis beilegen, so würde man bald darauf kommen, dass 
die kunstfeindlichen Elemente in den Gemeinden bisher nur 
keine Gelegenheit hatten, sich im Kunstverständnis und in 
der KnaBifretide zu bilden. Mit Befriedigung hOren oft Bür- 
germeister und Vertreter kleinerer Orte zu, wenn man den 
historischen Wert ihrer Bauten oder Denkmäler hervorhebt. 
Sie wollen oft Belehrung. Das praktische Leben drängt aber 
das ideale immer mehr zurück. Nur allgemein zugängliche 
Volksschriften, auch populäre Vorlesungen, kOnnen den Ver- 
fall des Kunstsinnes und der Kunstpflege hemmen; der Kon- 
takt der Fachvereine mit dem Publikum müsste viel inten- 
siver werden; sonst konnten vielleicht auch einmal unsere 
städtischen Museen in Gefahr kommen, in ihrem Werte als 
Bildungsmittel unterschätzt und durch Veräußerungen ge- 
schädigt zu werden. Es ist stets zu bedenken, dass Un- 
kenntnis mit Starrsinn sich zu verbinden pflegt. Also: För- 
derung der kunsthistorischen Ausbildung in den breitesten 
Schichten brauchen wir! Der Unterricht in der Schule hat 
dem Schwinden des allgemeinen Kunstsinnes bisher nicht 
Einhalt geboten." D—f. 

\* Atiaschniikkung des Rathauses in Wiesbaden. Wie 
der „Frankf. Ztg." geschrieben wird, hatte sich die städtische 
Vertretung in einer ihrer letzten Sitzungen mit der maleri- 
schen Ausschmückung des Rathauses zu beschäftigen. Dieses 
prächtige, von Professor von Hauberisser in München im 
Renaissancestil erbaute Haus ist in seiner ganzen inneren 
Einrichtung auf reiche Ausstattung in Holzgetäfel und ma- 
lerische Ausschmückung berechnet. Bekanntlich wird in den 
Staatshaushaltsetat alljährlich die Summe von 300000 M. 
aufgenommen, aus welcher für die Ausschmückung monu- 
mentaler Gebäude und zugleich zur Unterstützung der Kunst 
Beiträge geleistet werden. Auf Bewilligung eines solchen 
Beitrags für die Ausschmückung des Bürgersaales wird in 
Wiesbaden gehoflt. Zu diesem Ende sollen nach einem von 
der städtischen Vertretung gefassten Beschlüsse dem Mini- 
sterium zwei historische Wandgemälde in Vorschlag gebracht 
werden: das eine einen Vorgang aus der Gegenwart, das 
andere einen solchen aus der nachweislich frühesten Ver- 


gangenheit der Stadt darstellend. Das erste Bild soll den 
Einzug Kaiser Wilhelm*8 L in die Stadt nach der Einweihung 
des Niederwald-Denkmals mit der Gefolgschaft der Bnndes- 
fürsten verewigen, das zweite die Erstürmung der von den 
• BOmern zum Schutze ihrer hiesigen Niederlassung errichteten, 
jetzt noch teilweise vorhandenen Heidenmauer durch Ger- 
manen im III. Jahrhundert und die Befreiung der Stadt 
vom römischen Joch. Für den großen Festsaal, dessen 
malerische Ausschmückung die Stadt auf ihre Kosten zu 
besorgen hat, sind die Bildnisse des Kaisers und der 
Kaiserin, des Kaisers Wilhelm I., des Kaisers Friedrich III., 
des Kaisers Adolf von Nassau und des Herzogs Adolf von 
Nassau, jetzigen Grossherzogs von Luzembuxg, in Aussicht 
genommen. Die Übrigen Wandflächen des Festsaales sollen 
allegorische Ausschmückung entsprechend den daselbst an- 
gebrachten Eigenschaftswörtern: „massig, tapfer, weise, ge- 
recht" erhalten. 

Antiquitäten in Äpulien, Selbst bei ihren gerade nicht 
vorzüglichen Finanzverhältnissen hat dennoch die italienische 
Regierung Mittel gefunden, künstlerischen und nament- 
lich archäologischen Interessen gerecht zu werden. So sind 
einige bisher ganz unbeachtet gebliebene Quellen f&r die 
Schüler des Kunststudiums und f%Lr Altertumsforscher er- 
Ofihet worden. Signor Boni, der Konservator für Antiqui- 
täten in Apulien, ist während des ganzen Jahres 1892 th&tig 
gewesen, um die in gedachtem Landstriche vorgefundenen 
Monumente katalogisiren und photographiren zu laasen. Die 
Resultate sind besonders wichtig für den Architekten und 
den mittelalterlichen Archäologen hinsichtlich von Basiliken 
und Kirchen des 11. bis 13. Jahrhunderts, und in dieser Be- 
ziehung hat sich das betreffende Material als ein über- 
raschend reichhaltiges herausgestellt. Besonders interessant 
ist die normannische Kathedrale in Nardo, welche vollständig 
in barocker Manier durch einen neapolitanischen Bischof des 
vorigen Jahrhunderts restanrirt wurde, wobei die Originalsäulen 
entfernt worden waren. Letztere wurden jetzt wieder auf- 
gefunden und es ergab sich, dass die Säulen mit Bildern 
von vorzüglicher Technik bemalt sind. Eines dieser Gemälde 
trägt das Datum 1249 mit einer Inschrift, welche besagt, 
dass der Benediktiner Abt Goffredo diese geistliche Soenen 
darstellenden Bilder anfertigen liefi, „tempore Divi Friderici" 
(des Hohenstaufenkaisers Friedrich IL), und zwar durch den 
Maler Bailardo. Andere künstlerische Darstellungen geben 
uns mit großer Genauigkeit Aufschluss über die Trachten 
des 13. Jahrhunderts. Die Kathedrale hat drei Schiffe mit 
einer kreisförmigen Apsis und scheint das Werk der nor- 
mannischen Grafen des 11. Jahrhunderts gewesen zu sein. 
Das Gebäude weist eine merkwürdige Ungleichheit der Bogen- 
wOlbungen auf, da jede Seite einen besonderen Stil hat. 
Auf der rechten Hälfte zeigen sie einen kräftigen und ur- 
sprünglichen Typus, welchen die meisten normannischen 
Konstruktionen besitzen, während dagegen die linke Seite 
sehr elegant und unter sarazenischem Einfluss hergestellt 
zu sein scheint. Der Gesamtbau erinnert an die Kirche von 
St. Paolo in Pisa, besonders an die Fassade, während der 
Portikus der Kathedrale große Ähnlichkeit hat mit dem von 
der Abtei St. Clemens in Casauria und S. Ambrogio in Mai- 
land. Die Ergebnisse der Forschungen in Apulien sind Lieb- 
habern bildlich zugänglich durch 235 Photographieen , die 
unter Signor Boni's spezieller Aufsicht angefertigt wurden. 
Romualdo Mossione in Rom ist der Verleger der Serie, 
welche im ganzen 200 Frank kostet, aber auch in einzelnen 
Teilen zu haben ist. Viele der Monumente dürften den 
Altertumsforschem und Architekten bis jetzt unbekannt ge- 
blieben sein. £ 


541 


Vom Eunstmwrkt. — Zeitachriften. — Briefkasten. 


542 


VOM KUNSTMARKT. 

London, Am 3. Augast sclilossen die Auktionen für 
Kunsl^egenst&nde in dieser Saison. Trotz des ungeheuren 
Materials, welches in diesem Jahre sowohl hier als auch in 
Paria zum Angehot gelangte, fanden doch alle wirklich 
guten und seltenen Objekte zu hohen, ja teilweise zu 
außerordentlichen Preisen Liebhaber und Abnehmer. Die 
▼erh&ltnisn^ig gesuchtesten Kunstartikel waren die 
Kupferstiche und Handzeichnungen aus der „Holford- 
Sammlung**, und unter diesen wiederum die Radirungen von 
Rembrandt und die Kupferstiche der alten deutschen Meister, 
welche Preise erreichten, wie sie weder hier, noch auf dem 
Kontinent Überhaupt je bezahlt wurden. — Den Schluss 
der dieqShrigen Auktionen bei Ghristie bildeten Kunstgegen- 
st&nde aller Art aus verschiedenem Besitz, namentlich aber 
alte Gobelins, die ebenfalls sehr hoch verkauft wurden. 
Die bemerkenswertesten Objekte waren nachstehende: Eine 
Folge von fünf Gobelins, Alt Brüssel, Illustrationen zu Ovid's 
Metamorphosen, 895 £. Drei Alt- Burgundische Gobelins, 
Snjets aus dem Trojanischen Kriege, je 85 ^, 100 £ und 
80 £\ eine ähnliche Arbeit, Perseus befreit die Andromeda, 
153 #§*. Ein Alt-Burgundischer Gobelin, figurenreich, in der 
Mitte ein König auf dem Thron sitzend, 315 ^ (K&ufer das 
South Kensington Museum). Ein anderer Gobelin mit dem 
Motiv aus einer Heiligenlegende, 152 £, Eine Folge von 
sechs alt-flämischen Gobelins, je 98 ^, eine ähnliche Folge 
mit Palästen und Gartenscenen, je 121 £, Eine Alt-BrÜs- 
seier Arbeit, Venus und andere mythologische Figuren, 
\^ £\ das Pendant hierzu, 136 £. Ein alt-vlämischer 
Gobelin, fignrenreich, 128 £. Drei Tapisseriestücke, Er- 
eignisse aus der Geschichte Roms darstellend, 84 ^. — 
Endlich wurden an demselben Tage noch Bücher verauk- 
tionirt, deren beste Preise sich wie folgt stellten: ,Alke's 
Sport Annalen*, mit kolorirten Platten, 20 £, Die „Bad- 
mington Sport Bibliothek", herausgegeben von dem Herzoge 
von Beaufort, 67 £ (Sotheran) „Howitt's Britischer Sport" 
mit vielen Illustrationen, 31 £ (Qnaritch); Piraneai, Opere, 
römische Originalausgabe, 55 £ (Quaritch); „Mus^e Frangais 
& Musee Royal'*, mit vielen Kupferstichen, 70 £ (Quaritch). 

S 

ZEITSCHRIFTEN. 

Allgemeine Kanstehronik. 189S* Nr. 14. 

Künstler -Kolonie im Wiener Prater. Von Gl. Sokal. — Die 
Berliner Kanstansstellnng. Von F. H. Meissner. — Die Aas- 
stelliine der Bildnisse französischer Schriftsteller und Journa- 
listen des 19. Jahrhunderts. — Kunstbriefe: Krakan; Lemberg; 
London. 

ArehitektoniMhe Bundscban. 1802/98. Heft 10. 

Taf. 78. Villa Lenbach in München; erbaut von Prof. G. Seidl, 
daselbst. — Taf. 74. Berliner Elektrizitätswerke in Charlotten- 
bürg; erbaut von Crem er und Wolffenstein, Architekten in 
Berlin. — Taf. 75. Gruftkapelle in Grundelsee; entworfen von 
Prof. L. Theyer in Grass. — Taf. 76. Villa in Großlichterfelde; 
erbaut von Architekt H. Theissing in Berlin. — Taf. 77. Brun- 
nen im alten Rathaus zu Wien von G. R. Donner^ aufgenommen 
von Architekt J. Schubaner in Baden. — Taf. 78. VUla Wioh- 
mann- Eichhorn in Dresden; erbaut von Architekt H. Thüme 
daselbst. — Taf. 79. Wohnhausfassade in der Weyringergasse in 
Wien; entworfen von Architekt J. Sowiiiski daselbst. — Taf. 
80. Entwürfe zum Innenausbau eines Schlösschens in Tirol von 
Zaar und Vahl, Architekten in Berlin: Boudoir. 

Bayerische Gewerbczeitang. 1898. Nr. 18. 

Bayerns bedeutendste Industriewerkst&tten und Kunstanstalten. 
Die Städtler'sche Nadelfabrik in Schwabach. — Die Nttmberg- 
Fttrther Sammelgruppe auf der Weltausstellung in Chicago. 


ChrlsflleheB Kustblatt 1898. Heft 7. 

Bin deutscher Mann und Künstler. — Das Kirchlein zu Kriegea- 
bronn bei Erlangen. — Neue Werke von Paul Händler in Berlin. 

Die Kunst fttr Alle. 1892/98. Heft 21. 

Die Jahresausstellung 1898 der Künstlergenossensohaft zu Mün- 
chen. I. Von Fr. Pecht. — Die nationale Kunstausstellung in 
Rom. Vom Dr. H. Barth. ~ Die Münchener KünBtierfeste im 
Sommer 1898. 

Gewerbelialle. 1898. Heft 8. August 

Taf. 57. Gestühlwange mit dem Kölner Wappen (um 1580). —Wand- 
füllung. Oldenburgische Arbeit. (Anfang des 16. Jahrhunderts.) 
Im Kunstgewerbemasenm in Köln; aufgenommen von Fr. Stan- 
ger daselbst. — Taf. 58. Bestellkarte, Zierleisten und Vignetten; 
entworfen von H. Kaufmann in München. ~ Taf. 69. Alte 
Schmiedearbeiten aus Ulm; aufgenommen von R. Knorr in Stutt- 

fart.->-Taf. 60. Alter Schrank im Privatbesitz in München, 17. Jahr- 
undert. — Taf. 61. Wand- und Stehleuohter im Kunstgewerbe- 
museum in Berlin; aufgenommen von G. Po 11 es daselbst. — 
Taf. 68. Masken- und Fratzenköpfe von einem Ofen in Zürich 
(1786) im k. k. österreichischen Museum für Kunst und Gewerbe 
in Wien; aufgenommen von A. Vaolavik daselbst. — Taf. 68. 
Italienischer Seidendamast; Ende des 17. Jahrhunderts. Italie- 
nischer BrokatstofT; erste Hälfte des 17. Jahrhunderts. Im kgl. 
Kunstgewerbemuseum zu Dresden; aufgenommen von 0. Hesse 
ip Wien. — Taf. 64. Silberne Beschläge von Bibeln in der St. 
Agidienkirche in Nürnberg (Beginn des 18. Jahrhunderts); auf- 
genommen von F. Walther daselbst. 

Mltteilangen des k. k. Ssterreicliisclieii Museums für 
Kunst und Industrie. 1898. Heft 7. 

Zinnarbeiten. Von Prof. H. Macht. 

Zeitschrift für christUehe Kunst. 1898/94. Heft 4. 

Zwei durchbrochene Elfenbein tafeln aus dem Anfang des 15. Jahr- 
hunderts. Von Schntttgen. — Konkurrenzentwurf für die St. 
Marienkirche in Düsseldorf. Von A. Tepe. — Die neuentdeokten 
spätromanischen Wandmalereien in Schmalkalden ans dem Leben 
der hl. Elisabeth. Von C. W. Hasse. 

Zeitsehrift des Barerischen Kunstgewerbevereins in Mlin« 
oben. 1898. Heft 7/8. 

Das Grabmal Kaiser Ludwig des Bayern In der Münchener 
Frauenkirche. Von K. Th. Hei gel. — Festons und dekorative 
Gruppen. Von J. von Schm&del. 

Gaiette des Beaux-Arts. August 1898. Nr. 484. 

Largilliöre. I. Von P. Mantz. — Les salons de 1893. III. La 
sculpture. Von H. Bonohot. — Tanagra. 11. Von H. Lechat. 
— Les ol^eote d'art au Salon de Champ-de-Mars. Von E. Gar- 
nier. — Alfred Darcel. Von E. Saglio. — Reynolds en Italic. 
IL Von L. Dimier. 

L'Art. Nr. 700. 15. JuU 1898. 

Les Tapisseries du ch&teau de Pau. Von P. Lafond. — Michel- 
Ange et Catherine de Mödicis. Von L. Bosseboeuf. — Le oent- 
onziöme Salon de Paris et le cent-vingt-oinquidme Salon de Lon- 
dres. Von P. Leroi. 

I/Art 1. August 1898. Nr. 701. 

Les acquisitions des musöes k la vente Spitzer. Von A. Dal- 
lidres. — Le cent-onziöme Salon de Paris et le cent-vingt-oin- 
quidme Salon de Londres. Von P. Leroi. — Les Moreau et 
rAcadömie. Von A. Moreau. 

The Magasine of Art Nr. 164. August 1898. 

The Salons: The Champs filysöes. I. Von Gl. Philipps. — Cur 
graphio humorists: Linley Samboume. Von H. Spie mann. ~ 
Mr. W. T. Baker's collection at Streatham HilL IL The foreign 

Iiictnres. Von A. J. Story. — J. W. North, painter and poet. 
I. Von Prof. H. Herkomer. — Iceland. Von T. G. Paterson. 
•— Sir John Gilberts' gift to the City of London. II. 

ArehlTio Storieo delP Arte. 1898. Heft 8. 

I maestri d'intaglio e dl tania in legno nella Primaziale dl 
Pisa. Von J. B. Supino. — I oapolavori della Pinacoteca del 
Prado in Madrid. Von G. Frizzoni. — Avanzi di architettura 
medioevale in SanU Maria Maggiore (Valle Vigezzo). Von 0. Er- 
ror a. — Nuovi studi intomo a Miohelozzo. Von A. Sohmarsow. 


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Die VorzQge dieser plastisch- anatomi' 
sehen Daratellung des menschlichen EOr- 
pera beruhen auf der bis ins Einzelne 
durchgeführten, sorgfältig nach 
der Natur auagefUhrten Zeichnung. 
Einige Figuren sind nach guten Modellen 
hergest«lIL 

Der Mafastab ist so groB gewSlilt, 
doBB alle Einzelheiten deutlich zu er- 
kennen sind. 

Die Anerdnung ist derart getrofien, 
dass infolge der Nebeneinanderstellong 
von Skelett, Muskulatur und Naturform 
ein unmittelbarer Vergleich ermOgltcht 

Der jeder Tafel heigefögte Text be- 
lehrt in Kürze über Ursprung, AnsatK 
und Wirkung der verschiedenen Muskeln 
und über die Benennung deren einzelnen 
EnochenteUe. 

Früher erschien als erster Teil dieses 
Werkes in gleicher Aosfilhrung: 

Hand imd Arm. 


: Kunstbietorlicher KooKreea in NüniberK 1893. — Die RroSa BerEinai KunstaoBitellang. IV. Von Adolf Kosanberg. — Peter 
Sjmen Von S. B. Kohler. - Bacbersctaaa: C. Uofstede da Oroot, Qnellenitudien (Houbraken); Uabl nnd Kon er, 
Griecban and Homer ; U. Bach, Hocballar in Blaubearen; Katalog der kgl. Akademie der Knoate. Beilin; Jahreebsrlcht das Hn- 
eenme in Basten; Hather. Oeachichte der Haterei im is. Jahih ; Geymüller, Tbeiaunia of Archltectua ; VeRclohnli von 
Pbolographieen (ticbr. Heder); Verieichnie des Kapferetlohkabinetta im British Kaseoia, — Qulrtn von Leitner t. .^ O. Oedoi; 
' '-»•-■" HieS:,A, Sohmarsow; Marc_ Koaenberg; Th.v. Frimmel ;^Frani MaUch; Kaspar Zu-'— >■ "--' '-" '— 


--Jlogr... ,. 

L. Laihz; F. KieB;.A. Schmamow; Marc Kosenbi 

Wiener Akademie; P. Janssen. — Denkmal Kaiser Wilhelm'a I. in Stuttgart; Organiaation der Denkmalornflega 

'"' ;_^Bismarckdenkmal in Iiahr. ~ Kanitausatellung in Sofia; Rongreia der üesellsckaft für Ualteohnlk in ' 


1 im Soath KeasioKk . 
L. von Honnann'B in Düasaldorf; Arcbtolosische Aasatallung 
Kunslverein. — Dörpfeld's Ausgrabangan in ülsaarlik. — Da 
Das Linaeithor in SalEburg; iUtbsua in Wiesbaden 
kästen. — Insersta. 


Qchen ; Per- 


in Wler-, . 

groBe Ualeneli. 
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Fflr die Redaktion verantwortlich Artur Seematm. ■ 


1 Äugutt JHm in Leiprig, 


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KUNSTeHRONIK 

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE. 

Ankundigungsblatt des Verbandes der deutschen Kunstgewerbevereina 

HERAUSGEBER: 

CARL VON LÜTZOW und DR. A. ROSEN BERG 

WIEN BERLIN SW. 

Bengaaie 58. Teltowentraiaft 17. 

Verlag von E. A. SEEMANN in LEIPZIG, Gartenstr. 15. Berlin: W. H. KÜHL, Jfigeratr. 73. 


Neue Folge. IV. Jahrgang. 


1892/93. 


Nr. 33. (Schluss.) 21. September. 


Die Kanttehronik ertcheint lOi Beiblatt Eur „Zeittohrilt fttr bildende Kamt* wid cam «Kanetgewerbeblatt* monatliob dreimal, in den 
Sommermonaten Juli bis September monatliob einmal. Der Jahrgang kostet 8 Hark und nmfaest 83 Nummern. Die Abonnenten der ,»Z6it« 
tohrift Ar bildende Knnat" erbalten die Ennstcbronlk gratie. — Für Zeichnungen, IfanuBkripte etc., die unverlangt eingesandt werden, 
leisten Redaktion und Yerlagshandlung keine Gewihr. Inserate, 4 80 Pf. für die dreispaltige Petitaeile, nehmen außer der Yerlagshand- 
lung die Annonoenexpeditionen von Haasensteln k Vogler, Rnd. Hesse u. s. w. an. 


ZUR NEU AUFSTELLUNG DER KÖLNER 
MALERSCHULEN IM MUSEUM WALLRAF- 

RICHARTZ ZU KÖLN. 

Am 1. Juni hat Köln eine Ehrenpflicht erftiUt, 
welche schon lange auf dieser Stadt lastete und 
deren endliche Vollziehung von allen, deren Herz 
fär die gemütstiefe Kunst der Voreltern schlägt, mit 
größter Begierde erwartet wurde: die Neuaufstellung 
der Kolner Bilder, die das Museum Wallraf-Richartz 
dank der Fürsorge eines seiner größten Bürger in 
sich birgt. Ganz Deutschland mag sich dessen freuen; 
denn Kölns Kunst ist ein gut Teil deutscher Kunst 
und ihre durch jenes Mannes Wirken geretteten Zeug- 
nisse müssen uns vielfach ersetzen, was in anderen 
Städten, in anderen Landschaften durch den Leicht- 
sinn und die Engherzigkeit unserer Vorfahren ver- 
loren ging. 

Es war den alten Kölnischen Bildern wirklich 
herzlich schlecht gegangen, seit sich der Geschmack 
an ihnen verlor. Sie hätten wahrlich ein besseres 
Schicksal verdient, diese Werke, in denen die Stadt 
ein sichtbares Zeichen ihres einstigen großen wirt- 
schaftlichen Aufschwunges, ihrer gesteigerten Reli- 
giosität und ihrer glänzenden Kulturentfaltung besaß, 
wie sich dessen wenig andere deutsche Städte rüh- 
men können. Erst hatte man sie zu lieben auf- 
gehört, als heiteres italienisches Kunstempfinden den 
Sinn für herbe, aber tiefe Innerlichkeit erstickte, 
dann lernte man sie verachten, dann hassen und 
schließlich in der barbarisch intoleranten Zeit, da 
man die Kirchenwände schöner fand, wenn man sie 
tünchte, als wenn man «veraltete* Malereien darauf 


erblickte, hat man sie verstoßen und den Weg in 
die Fremde antreten lassen. Wären nicht die Ge- 
brüder Boisser^e und der Professor Wallraf, alle drei 
geborene Kölner, ihrer Zeit so weit voraus gewesen 
und hätten gesammelt, was damals noch keiner 
sammelte, wie stände es heute um diese Bilder! 

Die Gebrüder Boisseree haben, wie bekannt, 
ihre Kunstschätze schließlich nach München übejrge* 
führt und dort verkauft an den kunstfrohen König 
Ludwig I., sie also für immer ihrer wahren Heimat 
entzogen; Wallraf dagegen war so hochherzig, seine 
reiche Sammlung von Gemälden, denen sich noch 
Kupferstiche, Bücher, Mineralien u. s. w. anschlössen, 
seiner Vaterstadt zum Geschenk zu machen. 358 
Kölnische Bilder und noch 261 Kölnische Porträts 
nannte das Verzeichnis damals unter der Gesamt- 
summe von 1616 Gemälden. Damit war hier der 
Ausgang für eine Museumsentwickelung gegeben, 
die, verhältnismäßig früh begonnen, dann in um so 
langsamere Bahnen lenken sollte. 

Den alten Kölnern waren daher noch reiche Prü- 
fungen beschieden, bis sie den Platz sich errangen, 
der ihnen von Anfang an gebührte. In der ehemalig 
so reichen und stolzen Hansastadt, die aber durch 
innere Wirren nun gänzlich heruntergekommen war, 
fehlte es an Geld, um ein für sie geeignetes Ge- 
bäude zu errichten. Die Gemälde blieben anfangs 
im Hause des Stifters, am Hofe 1 und dem ehema- 
ligen Jesuiiengymnasium in völlig ungenügender 
Aufstellung. Dann wurden sie nach dem ehemaligen 
kurkölnischen Hofe in der Frankgasse, nahe dem 
Dom übergeführt, wo sie sich hinsichtlich der An- 
ordnung und der Beleuchtung nicht gerade ver- 


547 


Zur Nenaufstellung der Kölner Malersclialen im Museum Wallraf-Richartz zu Köln. 


548 


besserten. „In den geheimen Kammern und Gängen 
des hiesigen stadtischen Museums", schrieb 1841 
das Kunstblatt, «befindei;! sich hunderte der treff- 
lichsten Bilder der köbiischen Schule — auf- und 
aneinandergeschichtet — in einem Zustande, dass der 
in Wahrheit große einzige Schatz nur durch schleu- 
nige Hilfe der Nachwelt erhalten werden • kann." 
Die schleunige Hilfe kam indessen erst nach circa 
fünfzehn Jahren! Als eine Kommission, bestehend 
aus Mitgliedern der stadtischen Verwaltung, der ge- 
meinderätlichen Kommission für Kunstangelegen- 
heiten und einer Anzahl Kunstverständiger, wie die 
meisten aller Kommissionen, resultatlos verlaufen 
war, beschloss der Kolner Kommerzienrat J. H. Bi- 
chartz im Jahre 1854 die zur Errichtung eines Mu- 
seums erforderliche Summe der Stadt aus eigenen 
Mitteln zu übergeben. Im Jahre 1861, kurz vor 
Richartz' Tode, war das Museum fertig. Die Kölner 
fanden hier zunächst in den unteren Räumen des 
linken Flügek Platz, wurden dann in die darüber- 
gelegenen oberen transportirt, schließlich wieder — 
angebUch weil das Licht dort oben zu gut für sie 
wäre — an ihren ersten Platz zurückgebracht, wo 
sie nun endlich für viele Jahre eine an Todesstarre 
erinnernde Ruhe fanden. In den Leitern, die dem 
Museum vorgesetzt wurden, fanden sie keine Männer, 
die ihnen mifc besonderem Wohlwollen entgegen- 
kommen konnten: Maler, die in Italien sich um- 
gesehen und dort an fremder Kunst sich berauscht 
hatten, die noch erfüllt waren von den Empfindun- 
gen der Nazarener, den Ideen von Cornelius, und 
die darum wenig Sinn fär eine Kunst besitzen konn- 
ten, die ein an Formenschöuheit, an Farbenharmo- 
nieen gewöhntes Auge verletzen musste. Teilte 
doch noch die ganze Zeit diese Gefühle mit ihnen! 
So blieben die Bilder hier lange fast unbeachtet, 
ungesichtet und ungeliebt, — bis endlich vor wenigen 
Jahren ein bewährter Fachmann an die Spitze des 
Museums gestellt wurde, der, wissenschaftlich geschult 
und von modernem Geiste beseelt, es für eine seiner 
ersten Pflichten erkannte, der stiefmütterlich be- 
handelten Kölner Bilder sich anzunehmen und ihre 
Neuaufstellung durchzuführen. 

Diese Neuaufstellung bedeutete zugleich den 
Anfang einer systematischen, nach historischen und 
lokalen Gesichtspunkten geplanten Anordnung des 
gesamten, reichen Gemäldebestandes des Museums, 
die sehr zu wünschen übrig ließ. Hierfür wurde, da 
in dem Erdgeschoss bereits eine Sammlung antiker 
und christlicher Skulpturen aus Originalen und 
Gipsabgüssen begründet war, dem sich bald eine 


Aufstellung- der durch die Bemühungen der neuen 
Museumsverwaltung hier jetzt immer reichlicher zu- 
sammenströmenden römischen Altertümer anschließen 
soll, das ganze obere Geschoss des zweistockigen 
Gebäudes in Aussicht genommen. Die Kölner Meister 
erhielten so den ganzen linken, aus einem großen 
und zwei kleineren Sälen bestehenden Flügel wieder 
zurück, wo sie sich nun dank dem zum Teil neu- 
angelegten Oberlichte der günstigsten Beleuch- 
tung zu erfreuen haben, während der bis dahin 
hier einquartierte Kunstverein nach unten zog. Den 
neuen Räumen suchte man nun eine der Bedeutung 
der ihnen zugewiesenen Bilder würdige Ausstattung 
zu verleihen und sie mit diesen zu einem für das 
Auge wohlthätigen Gesamtbilde zu verschmelzen; 
denn da man noch nicht gerade behaupten kann, 
dass die Kölner in Köln selber bereits populär ge- 
worden sind, so galt es, sie in einer möglichst an- 
ziehenden Form dem Publikum von neuem vorzu- 
führen. Entgegen dem sonstigen Brauch schien es 
da in diesen Bildern besonders warme rote Töne 
sich vordrängen, hier am geeignetsten, an Stelle 
des sonst bei solchen Gelegenheiten üblichen Brauns 
oder Rots den Tapeten einen etwas stumpfen bläu- 
lichen Ton zu geben, der jene Farben nur noch 
wirksamer hervorzuheben vermag. Es war ein Ex- 
periment, das hier versucht wurde, das aber zu aller 
Befriedigung ausfiel Die Farben der Bilder ge- 
langen überall auf dem neutralen Grunde ^u voller 
Kraft. Die Vornehmheit der Räume wird dann noch 
wesentlich erhöht durch gotisch gehaltene Holzver- 
täfelungen, die unten geschnitzt, oben leicht bemalt, 
als feste Bänder die Säle umziehen. Bordeauxrote 
Vorhänge an den Thüren und Sofas vollenden die 
Ausstattung. 

Bei der Anordnung der Bilder galt es, das be- 
rühmteste und im Gegensatz zu einem anderen nicht 
weniger bekannten Bilde des Museums wirklich be- 
deutendste Werk dieser Sammlung, die Madonna mit 
der Bohnenblüte des Meisters Wilhelm, deren Be- 
deutung in der für jene Zeit einzig dastehenden tech- 
nischen Vollendung und Tiefe des Ausdrucks liegt, 
auch äußerlich durch seine Aufstellung als den eigent- 
lichen künstlerischen Mittelpunkt der ganzen Ab- 
teilung zu cbarakterisirei). Es wurde erreicht, indem 
man den an sich ja kleinen Flügelaltar durch einen 
reich geschnitzten Altaraufbau erweiterte und diesen 
in dem letzten der drei in einer Achse liegenden 
Säle so dem Eingange gegenüber aufstellte, dass er 
als Endpunkt einer wirkungsvollen, aus diesen Räu- 
men und ihren ThüröflFnungen gebildeten Perspek- 


549 


Zur Neuaufstellung der Kölner Malerschulen im Museum Wallraf-Richartz zu Köln. 


550 


tive erscheint und um so mehr die Blicke auf sich 
lenkt, da er sich hier von einem absichtlich bedeutend 
lichter gehaltenen Blau der Tapete abhebt. In 
diesem hinteren Raum sind dann ausschließlich die 
Werke dieses Meisters und Stephan Lochner s sowie 
ihrer Schule aufgestellt, vor allem, zur Rechten des 
Hauptbjldes des Meisters, Wilhelm Lochner's reizende 
Madonna im Rosenhag, ebenfalls in einem reich ge- 
schnitzten Rahmen aus Eichenholz. Man befindet 
sich hier noch ganz im Mittelalter« Wahre Fröm- 
migkeit und reiner Idealismus sprechen aus allen 
diesen stillen einfachen Werken, die so anspruchs- 
los und doch so fesselnd wirken. 

Im folgenden Saale, dem großen Hauptsaale, 
treten einem dann die eigentlichen Realisten der 
Kölner Schule entgegen, jene Meister, welche unter 
dem Einflüsse der benachbarten Niederländer oder 
durch den gemeinsamen Zug der Zeit sich entschie- 
dener der Natur zuwandten, um an Naturwahrheit 
zu ersetzen, was ihnen etwa an Innerlichkeit abging. 
Zur Linken, wenn man vom Saale des Meisters Wil- 
helm zurückkommt, die Meister von St. Severin 
und des Thomasaltares, beide im höchsten Grade 
originelle Eoloristen, jener durch harmonisches Zu- 
sammenstimmen und sanftes Brechen der Farben 
wirkend, dieser durch pikante, vor allem einer hellen 
Farbenskala sich zuneigende Töne, beide dagegen 
in gleicher Weise bei ihrer koloristischen Tendenz 
den Reiz der Formen, der Linien bis zur ärgsten 
Unschönheit, selbst Verschrobenheit außer acht 
lassend; zwischen beiden der Meister des Münchener 
Marienlebens mit seiner großen Kreuzabnahme, wäh- 
rend das vierte Hauptbild des Saales, das große 
Flügelbild des Meisters der heiligen Sippe, eben die 
heilige Sippe in einer stark an sein Vorbild Quen- 
tin Massjs erinnernden Weise darstellend, den Mittel- 
punkt der gegenüberliegenden Wand bildet. Andere 
Werke dieser Meister sowie die Serie der Ljvers- 
berger Passion, Bilder des Meisters der Verherr- 
lichung Mariae u. a. füllen im übrigen die Wände. 
Auch hier sind die Hauptwerke dieser Zeit durch 
mehr oder weniger reich geschnitzte Altaraufsätze 
als solche kenntlich gemacht. Die Kölner haben es 
hierbei wahrlich nicht an Geld fehlen lassen. 

Im dritten Räume, der vor allem dem 16. Jahr- 
hundert geweiht ist, merkt man, dass es mit der 
Kölnischen Schule und ihrer Selbständigkeit gerade 
in dem Augenblicke zu Ende geht, da andere 
Schulen Deutschlands sich zur ungeahnten Größe er- 
heben. Die Kölnische Schule hat daher keinen 
eigentlichen Abschluss gefunden, da sie keinen 


Meister hervorgebracht, der, wie es vielfach in Italien 
und in Deutschland geschah, noch einmal alle Be- 
strebungen der vorangegangenen Zeit in sich zu- 
sammenfasste und daraus die Summe zog. Die 
niederländische Kunstweise mit ihrem scheinbaren 
Siechtum unter dem entnervenden Einfluss der ita- 
lienischen Kunst — scheinbar, weil doch ohnedies 
vieUeicht nie ein Rubens gekommen wäre — grifiP 
so stark nach Köln hinüber, dass man kaum noch 
zu sagen vermag, ob man in dem hier tonangeben- 
den Künstler dieser Zeit, dem Meister des Todes der 
Maria, noch einen Kölner oder einen Niederländer 
vor sich hat Um daher die Aufstellung seines 
Hauptwerkes in diesem Räume auch vor jenen For- 
schem zu rechtfertigen, welche seinen niederländischen 
Ursprung bereits als ein historisches Faktum be- 
trachten, wurden mit ihm hier, was das Museum 
an niederländischen Bildern besitzt, vereint, wodurch 
zugleich diese weniger hervorragenden Werke an 
eine sekundäre, ihrer wirklichen Bedeutung entspre- 
chende Stelle gerückt wurden. Im übrigen vertreten 
vor allem die Werke Bart. Bruyn's, bekanntlich 
des dritten zugleich seinem Namen und seinen Lei- 
stungen nach bekannten Künstlers unter der gesam- 
ten Schar der Kölnischen Meister, die Kölnische 
Schule dieser Zeit Er erscheint hier als ein Nach- 
ahmer des Meisters vom Tode der Maria, der sich 
dann immer energischer der niederländischen Kunst 
in die Arme wirft, es aber doch zuweilen, wie hier 
in seinem vornehmen Porträt des Bürgermeisters 
Arnold von Brauweiler, zu recht bedeutenden Leistun- 
gen bringt. 

Verwandte Bilder geringerer Art bedecken die 
Wände des anstoßenden Korridors. Hier haben auch 
die Fragmente gotischer Fresken, die einst die Thron- 
wand des Hansasaales im Rathaus zierten, Auf- 
stellung gefunden. Es war indessen unmöglich, alle 
Kölner Bilder, die das Museum besitzt, in diesen 
Räumen unterzubringen, wollte man nicht durch allzu 
große Gedrängtheit die Wirkung der wirklich guten 
Werke, die in abgemessenen Abständen voneinander 
aufgehängt wurden, beeinträchtigen. So musste eine 
Auslese stattfinden. Die Ausgeschiedenen sollen aber 
später in den Korridoren eine mehr dekorative Ver- 
wendung finden. 

So ist denn dank der systematischen Aufstellung 
hier ein klares Bild der Entwickelung der kölnischen 
Malerei gegeben, klarer als irgend ein Handbuch 
der Kunstgeschichte es darzustellen vermag, da jeder 
der drei Räume einer ihrer Hauptphasen entspricht 
und gleichzeitig die verdienstvollen fahrenden Meister 


551 


Bücherschau. — KunsÜitteratar. — Kunstblätter. 


552 


sich durch ihre Aufistellang als solche auf den ersten 
Blick kenntlich machen. Nur wenige Galerieen 
dürften sich bis jetzt rühmen, Gleiches versucht und 
Gleiches erreicht zu haben, nur wenige damit auch 
zugleich eine solche Vornehmheit der äußeren Er- 
scheinung, wie es sich fttr eine Statte der Kunst 
geziemt, angestrebt haben. Möge der wohlgelungene 
Anfang dieser Neuordnung die Bürgschaft einer 
nicht minder erfolgreichen WeiterfBhrung des Ge- 
samtplanes sein! Mögen aber auch alle die Männer, 
die dabei rüstig mitgewirkt haben, den Dank finden, 
den sie verdienen, bei allen Deutschen, die sich für 
heimische Kunst interessiren, vor allem aber bei den 
Kölnern, denen hier ein großes ruhmreiches Blatt 
ihrer Kunst- und Kulturgeschichte vorgehalten wird, 
von dem sie lange genug selber nicht recht was 
wussten! JE, Z. 


BÜCHERSCHAU. 

ChxiMt ist entaaden! £ine Festgabe für das christliche 
Haus. Zehn Darstellungen in Wort und Bild. München, 
Verlagsanstalt für Kunst und Wissenschaft (vormals Fr. 
Bruckmann). 1893. 4. 
Diese geschmackvoll ausgestattete Festgabe, die sich 
vornehmlich zu Konfirmationsgeschenken trefflich eignet, 
enthält auf ihren in getontem Lichtdruck hergestellten 
Tafeln zehn Bilder der Leidensgeschichte, der Aufer- 
stehung und der Himmelfahrt Christi, zumeist von Malern 
der Düsseldorfer Schule, begleitet von Dichtungen moder- 
ner Poeten und einzelnen gereimten Texten aus älterer 
Zeit Von den bildlichen Darstellungen verdienen besonders 
die stilvollen Blätter nach Deger und lHefiba<^h, dann die 
wirkungsvollen, im Stile der jüngeren Schule gehaltenen 
Kompositionen von Delug und B. Frische rühmend hervor- 
gehoben zu werden. Die Reihe der Dichtungen wird von 
weihevollen Strophen K. Gerok's „Die Cbarwoche" eingeleitet. 
Auch die übrigen Texte enthalten manches tiefempfundene 
und formschöne Wort. — w. 


KUNSTLITTER ATUR. 

*^* Eine Monographie über Lioiard, Der frühere Pro- 
fessor der Chirurgie an der Universität in Amsterdam, 7V/a- 
niiSt der dem Gesetze zufolge nach zurückgelegtem 70. Lebens- 
jahre der akademischen Thätigkeit entsagen musste und der 
sich durch seine vor vielen Jahren über die Gemälde der 
Amsterdamer Chirurgengilde veröffentlichten Studien auch 
als Kunstschriftsteller bekannt gemacht hat, wird, wie der 
„Vossischen Zeitung*' geschrieben wird, die ihm jetzt ge- 
währte Muße dazu verwenden, mit Unterstützung der Soci^t^ 
des Arts in Genf ein umfangreiches Werk Über den Genfer 
Maler und Pastellzeichner Jean Etienne Liotard (1702—1789) 
zusammenzustellen. Das Amsterdamer Reichsmuseum besitzt 
von diesem Künstler, der auch längere Zeit in den Nieder- 
landen gelebt hat, vierundzwanzig Pastellgemälde, die in 
einem der Nebensäle als besondere Sammlung untergebracht 
sind und von denen besonders das Porträt der Kaiserin 
Maria Theresia in die Augen fölli Diese Sammlung ist teil- 
weise ein Legat eines Fräulein Liotard, einer in Amsterdam 
gestorbenen Enkelin des Künstlers. Seine übrigen Werke 


sind über verschiedene Museen des Auslandes verteilt Pro- 
fessor Tilanus beabsichtigt, dem von ihm zu verfassenden 
Werke ein Verzeichnis sämtlicher sowohl von als auch nach 
Liotard verfertigten Stiche beizufügen, und er bittet deshalb 
in einem Cirkular die Besitzer von Galerieen und die Direk- 
toren von Museen, ihm das nötige Material zu liefern. Das 
Cirkular enthält bereits ein Verzeichnis von 12 von und 79 
nach Liotard verfertigten Stichen. 


KUNSTBLÄTTER. 

Die RömiBclien Galerieen, herausgegeben von Ad, Braun 
dl Cicy 324 Blatt in unveränderlichem Kohledruck, in 8 
Lieferungen erscheinend. 
Die neueste Veröffentlichung der Firma Braun, welcher 
hier noch einige Zeilen gewidmet werden sollen, kann aus 
zweifachem Grunde auf das Interesse der Kunstfreunde und 
Forscher Anspruch erheben: sie bringt viel neues Material 
und sie erscheint sozusagen zu rechter Zeit. Die römischen 
Galerieen haben sich fast alle jahrzehntelang dem Wunsche 
nach Vervielfältigung ihrer Schätze gegenüber ablehnend 
verhalten. Schreiber dieses war es seiner Zeit trotz der ge- 
wichtigsten persönlichen Empfehlungen unmöglich, von einer 
Anzahl Gemälden Originalaufnahmen zu erlangen, deren man 
zur Vervollständigung der Raffael -Sammlung der könig- 
lichen Bibliothek zu Windsor dringend bedurfte. Allmäh- 
lich, ist dies anders geworden, und heute liegen jedem Kunst- 
freunde die Schätze der römischen Paläste in den muster- 
gültigen Vervielfältigungen Braunes vor. Aber sie erschei- 
nen auch zu rechter Zeit. Durch Morelli ist das in den rö- 
mischen Galerieen aufgehäufte Material in den letzten Jahren 
zum erstenmal in eingehender Diskussion für die kritische 
Untersuchung verwertet und von Anhängern wie Gegnern 
immer wieder beigezogen worden. Manche von ihm ge- 
zogene Schlussfolgerung oder kühnlich aufgestellte Behaup- 
tung mag sich ja noch lange nicht allseitiger Zustimmung 
zu erfreuen haben, aber jedem Forscher muss es willkom- 
men sein , die von Morelli herbeigezogenen Beweisstücke in 
getreuen Nachbildungen auf seinem Arbeitstische vereinigen 
und in aller Ruhe Nachprüfung und Vergleichung vorneh- 
men zu können. Dass die Braun'sche Veröffentlichung nicht 
jedes der über dritthalbtausend Bilder bringen kann, die 
die römischen Galerieen enthalten, ist klar, aber die Aus- 
wahl der 324 Blätter ist eine recht verständige. Mancher 
wird immer noch dies oder jenes ihm besonders wichtige 
und wertvolle Bild vermissen, aber im großen und ganzen 
fehlt keines von denen, die den einzelnen Sammlungen ihre Be- 
rühmtheit imd ihre Bedeutung gegeben haben. Barberini, 
Borghese, Corsini, Doria, die Akademie von San Luca, das 
Kapitel haben ihre besten Nummern beigetragen; aus dem 
Palazzo Sciarra erhalten wir sogar den umstrittenen und 
unsichtbar gewordenen Violinspieler Raffael's in einer vor- 
trefflichen Wiedergabe. Der Bedeutung und dem Wert der 
Galerie im Vatikan angemessen, haben von dem halben hun- 
dert Bilder, das sie enthält, etwa 40 Aufnahme gefunden, 
manche noch durch Einzel wiedergäbe wichtiger Teile in 
größerem Maßstabe erläutert. Interessant sind die zum 
erstenmal reproduzirten Apostelköpfe und musizirenden Engel 
Melozzo da Forli's aus der Sakristei der Peterskirche, ur- 
sprünglich in SS. Apostoli hinter dem Corso. Über die Qua- 
litäten der Reproduktionen zu sprechen, ist überflüssig: data 
die Firma Braun hierin allen gerechten Anforderungen ent- 
spricht, weiß man. Es ist zu bedauern, dass in dem kurzen 
Kataloge noch nicht das in diesen Tagen erschienene Büch- 
lein Adolfe Venturi's Über das Museo Borghese berücksich- 


553 


Nekrologe. — Personalnachrichten. — Preisverteilungen. 


554 


tigt werden konnte, welches die Verweise auf die in den 
Zimmern aufliegenden, ziemlich antiquirten Handkataloge 
erspart h&tte: um so willkommener ist es, dass Professor 
Venturi den einzelnen Lieferungen der Römischen Galerieen 
einen Text beigegeben hat, in dem nicht nur die Gemälde 
knapp und anschaulich beschrieben und von historischen 
Nachweisen begleitet werden, sondern in dem er auch die 
neuen kritischen Unterauchungen namentlich von Morelli 
und Crowe und Gavalcaselle beizieht. Alles in allem ge- 
nommen, können die „Römischen Galerieen" der FirmaBraun 
nur als eine ganz hervorragende Bereicherung unseres Stu- 
dienmaterials , als eine wahre Freude für alle Kunstfreunde 
bezeichnet werden. DR. C. RULäND. 

Eine Vereinigung von eitca sechxig Düsseldorfer Künst- 
lern wird im Laufe des Oktobers ein Prachtwerk mit Proben 
ihrer Kunst herausgeben, das den Titel „Unsere Kunst" 
führen wird und eine Anzahl Heliogravüren, Lichtdrucke 
und Autotypieen enthalten soll. Beteiligt sind dabei die 
Mitglieder des Künstlerklubs St. Lucas, die gewissei-maßen 
die „Sezessionisten" Düsseldorfs darstellen: G. v. Bochmann, 
Arthur und Eugen Kampf, Walter Petersen, A. Frenz, Carl 
Gehrts u. s. w. Doch ist auch für die Geschmacksrichtung 
des großen Publikums gesorgt. Das Werk erscheint in groß 
Folio mit Dichtungen von J. Lohmeyer u. a. Der Preis des 
sehr elegant ausgestatteten Werkes soll 36 Mark betragen. 


NEKROLOGE. 

*^* Der Maler Professor Karl Müller^ der zuletzt mit 
der Führung der Direktionsgeschäfte der Kunstakademie 
zu Düsseldorf betraut war, ist am 15. August in Neuen- 
ahr im 76. Lebensjahre gestorben. Ein Schüler von 
Schadow und Sohn, war er gleich seinem älteren Bruder 
Andreas einer der letzten Vertreter der von Schadow in den 
Rheinlanden eröffneten Richtung der religiösen Malerei. 

*^* Der Landschaftsmaler Joseph Brunner, der sich be- 
sonders durch Gebirgslandschaften aus Österreich und der 
Schweiz bekannt gemacht hat, ist am 12. August in der 
Hinterbrühl bei Wien, 67 Jahre alt, gestorben. 

*^* Der franxösische Oeschichtsmaler August Glaixe, ein 
Schüler der Brüder Achille und Eugen D6veria, ist Mitte 
August in Paris im 80. Lebensjahre gestorben. Seine Spezia- 
lität war die Allegorie und das Tendenzbild. Der 1854 aus- 
gestellte „Pranger'', an dem die Märtyrer der Idee aus allen 
Zeiten stehen, die Allegorie „Was man mit 20 Jahren sieht" 
und das „Schauspiel der menschlichen Thorheit" (1872) sind 
die bekanntesten seiner Schöpfungen. 

*^* Der Kupferstecher und Radirer Johann Klaus, ein 
Schüler der Wiener Akademie und L. Jacoby's, ist am 20. August 
in Ürfahr bei Linz, erst 46 Jahre alt, gestorben. Die „Zeit- 
schrift für bildende Kunst", in der der Verstorbene 1868 mit 
dem Stich nach Engerths „Hochzeit des Figaro" seinen ersten 
Erfolg errungen hat, verdankt ihm eine Reihe vortreff- 
licher Radii'ungen. 

*,* Der franxösische Oesckichis» und BiUhiismaler 
Adolphe YvoHy ein Schüler von Delaroche, der sich besonders 
durch seine Darstellungen aus dem Krimkriege (Erstürmung 
des Malakow im Museum zu Versailles) und aus dem ita- 
lienischen Feldzuge (Schlachten von Solferino und Magenta) 
bekannt gemacht hat, ist am 11. September in Paris, 76 Jahre 
alt, gestorben. 

*^* Der Bildhauer Jules Francescki, ein Schüler von 

Rüde, dessen Spezialität die Genre- und Grabmälerplastik 

war, ist am 1. September, 68 Jahre alt, in Paris gestorben. 

*^* Der Xylograph August Kaeseberg^ Mitinhaber der 


Firma Kaeseberg und Oertel in Leipzig, ist am 17. August 
in Grimma gestorben. 

*^» Oberbaurat Heinrich Lang, Professor an der tech- 
nischen Hochschule in Karlsruhe, ist daselbst am 6. Sep- 
tember im 70. Lebensjahre gestorben. 


PERSONALNACHRICHTEN. 

*^* Dei' Maler Prof Kips, technischer Beirat der könig- 
lichen Porzellanmanufaktur in Chariottenburg bei Berlin, hat 
mit dem Maler Aektenbagen eine zweijährige Studienreise 
nach Italien angetreten, um neues Skizzenmaterial fär die 
dem Institut aus Anlass der Weltausstellung von Chicago ge- 
machten Aufträge anzuschaffen. 

* ♦ Die Kunstakademie in Anttverpen hat die Direktoren 
AiUmi von Wcimör in Berlin und lAidwig v, Löfftx in München 

zu Mitgliedern gewählt. 

* * Von der Berliner Kunstakademie. An Stelle des 
ausgeschiedenen Prof. A. v. Heyden ist Herr Qtistav Gulk- 
hiecht berufen worden, Vorträge über Kostümkunde zu 

halten. 

*^* Professor August Schmarsoic, der, wie jetzt bekannt 

wird, seine Professur in Breslau niedergelegt hat, weil ihm 
von der vorgesetzten Behörde nicht die nötigen Mittel zur 
ausreichenden Unterhaltung des kunsthistorischen Seminars 
bewilligt worden sind, hat einen Ruf nach Leipzig als Nach- 
folger Janit8chek*s erhalten und angenommen. 


PREISVERTEILUNGEN. 

*^* Preisverteilung auf der Weltausstellung in Chicago. 
Die Nachrichten über das Ergebnis der Preisverteilung 
lassen, wie angesichts des Umfanges und des Charakters 
der deutschen Abteilung zu erwarten war, erkennen, dass 
die deutschen Aussteller in einem hervorragenden, andere 
Länder fast überall numerisch und prozentual zurücklassen- 
den Maße mit Preisen bedacht worden sind. Ein Namens- 
verzeichnis der preisgekrönten Aussteller in der Gruppe 
der bildenden Künste ergiebt einen entscheidenden Sieg 
in erster Linie der deutschen Bildhauerkunst; denn es 
sind in der deutschen Kunstausstellung 18 Bildhauer, da- 
gegen beispielsweise aus den Vereinigten Staaten 13, aus 
Italien 12, aus Großbritannien 7, aus Spanien 6, aus Däne- 
mark und Schweden je 3 Künstler mit Preisen bedacht 
worden. Auf die Aussteller deutscher Ölgemälde sind 70 Preise 
entfallen, und es ist damit ein Prozentsatz erzielt worden, 
welchen nur Großbritannien annähernd erreicht hat, wobei 
hervorzuheben ist, dass letzteres Land seine in der Industrie- 
gruppe verhältnismäßig schwache Vertretung durch eine 
großartige, die besten Erzeugnisse britischer Künstler ent- 
haltende Ausstellung in der Kunstabteilung wettzumachen 
bestrebt gewesen ist. In den Industriegruppen einschließ- 
lich deqenigen, welche das Kunstgewerbe umfassen, ist das 
Resultat für Deutschland ein noch weitaus günstigeres, in 
einzelnen Gruppen derart, dass nahezu 90 Prozent der be- 
treffenden Aussteller prämiirt worden sind. Preise haben 
erhalten: A. Bildhauerhunst : Rob. Baerwaldt, Max Baum- 
bach. Reinhold Begas, Peter Breuer, Ad. Brütt, G. Eber- 
lein, J. Götz, E. Herter, Emil Hundrieser, Max Klein, 
Max Kruse, Rudolph Maison, Walter Schott, A. Sommer, 
C. Uphues, Mich. Wagmüller, E. Wenck, Joh. Wind. B. Ma- 
lerei: Oswald Achenbach, Anders Andersen -Lundby, Her- 
mann Baisch, Carl N. Bantzer, Frau Begas-Parmentier, Jo- 
seph Block, Ch. L. Bokelmann, E. Bracht, Anton Braith, 
J. von Brandt, Ferd. Max Bredt, Ferdinand Brütt, Franz von 


555 


Denkmäler. — Sammlangen und Ausstellongen. — Ansgrabongen und Funde. 


556 


• 

Defregger, Eugen Dücker, J. Falat, Oskar Frenzel, Otto 
Friedrich, Fräulein Fanny Edle von Geiger, Carlos Grethe, 
Karl Hartmann, E. Hausmann, Heinrich Heims, Paul Hoecker, 
Hans Herrmann, Heinrich Herrmanns, Ludwig Herterich, 
llieodor Hummel, Peter Janssen, Frau Marie Kaikreuth, 
Hermann Kaulbach, Paul Wilhelm Keller, Ferd. Keller, 
L. Knaus, Max Koner. H. König, Christ. Kröner, Gotth. Kühl, 
Walter Leistikow, Franz von Lenbach, Max Liebermann, 
H. Liesegang, Gabriel Max, A. Menzel, Paul Meyer -Mainz, 
P. Meyerheim, P. P. Müller, Ernst Oppler, Frau Vilma Par- 
laghy, Max Pietschmann, Franz Roubaud, Karl Saltzmann, 
Fr. V. Schennis, Fräulein Auguste E. Schepp, Gust Schoen- 
leber, Richard Scholz, E. Schwabe, Franz Simm, Franz Skar- 
bina, F. Stahl, Fräulein Agnes Stamer, Karl v. Stetten, 
M. Thedy, Wilh. Trübner, Fritz von ühde, Benjamin Vautier, 
Wilhelm Volz, Viktor Weishaupt, Ernst Zimmermann, Alfred 
Zoff, Heinrich Zügel. Crayons: Adolph Menzel, Ad. Adam 
Oberländer, F. Stuck. Aquarelle: Hans von Bartels, L. Dett- 
mann, Hans Herrmann, Eugen Klimsch, Adolph Menzel, 
Ren6 Reinicke, M. Seliger, Franz Skarbina. Großes Gemälde 
auf Porzellan: A. Kips. C. Kupfersticfte und liadirufigen: 
G. Eilers, C. Koepping, Hans Meyer, J. Platow, Fräulein 
Doris Raab, Albrecht Schultheiß, H. Struck. D. Architektur: 
Das Reichsamt des Innern, das königlich preußische Ministe- 
rium der öffentlichen Arbeiten, Ende u. Böckmann, G. Hauber- 
risser, K. Hofmann, Kayser u. v. Großheim, E. Klingenberg» 
H. Licht, Skjold Neckelmann, Salzmann, A. Schmidt, V. Spitta, 
Franz Schwechten, Paul Wallot. 


Denkmäler. 

*»* Detücniäler' Chronik. Am 20. August fand in AUey 
(Rheinhessen) die Enthüllung des von Hugo Cauer in Beriin 
geschaffenen Denkmals statt, welches die Stadt dem Ge- 
dächtnis der Tapferen von 1870/71 und der beiden ersten 
Kaiser errichtet hat Auf granitenem Sockel, den die Relief- 
bilder Kaiser Wilhelm's I. und Kaiser Friedrich's schmücken, 
steht die in Bronze gegossene, überlebensgroße Gestalt der 
Germania. Der Kaisermantel umwallt in breitem Falten- 
wurf den durch eng anschließendes Panzergewand geschützten 
Leib; mit der Linken hält sie die Kaiserkrone dicht an die 
Brust, und fest umschließt die Rechte den Griff des mächti- 
gen Schwertes. Das vornehm schöne, eichenlaubumkränzte 
Haupt ist stolz erhoben; Ernst und Kraft liegen in der ganzen 
Haltung. — Das von Ludwig Brunow in Berlin ausgeführte 
Reiterdenkmal des Großherzogs Friedrich Franz IL ist am 
24. August in Schwerin enthüllt worden. In siebeiyähriger 
Arbeit mit einem Kostenaufwande von rund 350000 Mk. voll- 
endet, ist das Monument eines der stattlichsten unter den 
vielen, die in dem letzten Jahrzehnt in Deutschland errichtet 
wurden. Der oblonge, mäßig hohe Granitaockel, auf dem sich 
die Reiterstatue erhebt, springt an den mit Emblemen und 
Wappen geschmückten Schmalseiten im Halbrund aus; an 
den Langseiten zeigt er zwei figurenreiche Bronzereliefs ein- 
gefügt, die die Einweihung der Universität Rostock und den 
Truppeneinzug im Jahre 1871 schildern und in ihren Gruppen 
eine Fülle von Porträts enthalten. Vier sitzende männliche 
Idealgestalten in Bronzeguss haben ihren Platz an den vier 
Ecken des Postaments. Es sind allegorische Verkörperungen 
der vier Herrschertugenden, Kraft, Weisheit, Gerechtigkeit 
und Frömmigkeit, in kolossalen Verhältnissen meisterlich 
durchmodellirt und in ihrem schlichten und klaren Ausdruck 
sofort allgemein verständlich. — In Heilbronn ist am 2. Sept. 
das Kaiser Wilhelm-Denkmal, eine Schöpfung des Münchener 
Bildhauers \V,Rü7tiann und der Stuttgarter Architekten Eisen- 


lehr und Weigle^ enthüllt worden. Der Unterbau des über 
4 m hohen Postaments ist in der Grundform quadratisch, 
mit einer halbkreisförmigen Ausbuchtung nach vom, welche 
die Hauptgruppe des Monuments trägt: eine in Erz ge- 
gossene Germania, über deren Schoß sich zwei kraftvolle 
Knaben, Nord und Süd versinnbildlichend, die Hände reichen. 
Ihr dient als Hintergrund der obeliskartige Aufbau des Denk- 
mals, der nach den vier Seiten mit baldachinartigen Ge- 
simsen gekrönt ist und mit einem Kugelsegment abschließt; 
letzteres bildet das Piedestal für eine leichtbeschwingte, 
2 m hohe Siegesgöttin. Diese halt triumphirend die Kaiser- 
krone empor. Zu ihren Füßen sind auf Schilden die Wappen- 
zeichen der vier Königreiche angebracht. Ober der Germa- 
nia befindet sich ein Bronzeschild mit dem von Lorbeer und 
Eichenlaub umgebenen Relief bildnis Kaiser Wilhelm's I. — In 
Odenburg in Ungarn wurde am 3. Sept. ein Denkmal des in 
dem benachbarten Raiding geborenen Franx Lisxt einge- 
weiht. Es ist nach einem Entwürfe von Victor Tilgtier aus- 
geführt und zeigt die überlebensgroße Bronzebüste Liszt's 
auf einem monumentalen Steinsockel. Tilgner hat die Büste 
vor einigen Jahren nach dem Leben modellirt 

SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN. 


« * 


Vom öermanischen Museum in Nürnberg. Wie der 
„Frankfurter Zeitung*' geschrieben wird, hat das bayerische 
Staatsministerium das Verlangen, welches dort so viel An- 
stofi erregte, dass das Direktorium des Germanischen Mu- 
seums fortan die Bezeichnung „Königliches Direktorium" 
führen solle, wieder fallen lassen. Die Stadt Nürnberg hat 
ihren Jahreszuschuss an das Museum von 3000 auf 5200 M. 
erhöht, nachdem auch das Reich und der bayerische Staat ihre 
Zuschüsse wesentlich erhöht haben, damit die Verwaltung 
imd die Existenz der Beamten des Museums sicher gestellt 
werden könne. 

Die Ausstellung der Sexession in München (Verein bil- 
dender Künstler Münchens) erfreut sich so guten Besuches, 
dass schon bald nach der Eröffnung die in diesem Jahre 
sehr erheblichen Ausstellungskosten gedeckt waren imd die 
weiteren Einnahmen zur Deckung der Kosten des Ausstel- 
lungsgebäudes verwendet werden können. Somit ist es als 
absolut gesichert anzunehmen, dass diese Bauschuld in den 
fünf Jahren, auf welche sie verteilt wurde, vollständig zur 
Abzahlung kommt. Die zahlreichen Ausländer, namentlich 
Franzosen, welche zur Zeit der Wagner- VorsteUungen halber 
in München waren, zollten der Ausstellung die größte Aner- 
kennung. Die Ausstellung bleibt bis zum 22. Oktober ge- 
öffnet 


AUSGRABUNGEN UND FUNDE. 

*^* Die Hauptergebnisse der von Dr. Dörpfeld vorge- 
nommenen Ausgrabungen in Hissarlik-Trqja smd nach dem 
„Athenäum" die folgenden: Man hat beträchtliche Mauer- 
reste und VerteidigungBwerke der Mykenischen Periode ge- 
funden; an erster Stelle stehen darunter die Überbleibsel 
eines homerischen Megaron (des Männersaals, wie er seit 
den Ausgrabungen von Tiryns und Mykenä bekannt ist) und 
die Mauern eines altertümlichen Turmes, zu dem eine Treppe 
von dreißig Steinstufen fUhrt. Von Goldschmuck ist gar 
nichts zu Tage gekommen, dafür aber zahlreiche Terrakotta- 
fragmente aus der Mykenischen Zeit und andere, darunter 
auch ein homerischer Doppelbecher. Auch verschiedene 
Pithoi, das sind große fftsserähnliche Vorratsgefäße aus ge- 
branntem Thon, sind dort aufgefunden worden. Sie waren 


557 


Vermischtes. — Vom Kunsfcmarkt. — Zeitschriften. 


558 


über zwei Meter hoch und ganz oder halb mit Getreide- 
kömem angefüllt, die entweder verbrannt oder darch die 
L&nge der Zeit verdorben waren. Einige dieser großen Ge- 
fäfie standen in einem Raum, der als Vorratshaus gedient 
haben mag, dicht dabei lag ein anderer Baum, in welchem 
ein sehr hoher, aber schmaler Pithos, eine kleine Handmühle 
für Getreide und altertümliche Spinnwirtel gefunden wurden. 
Die zu Tage gekommenen römischen Inschriften verbreiten 
einiges Licht über die Geschichte von Ilium Novum. 

VERMISCHTES. 

*^* Die PensumsanstaU für bildende Künstler in Weimar 
hat vom Prinzregenten von Bayern ein Geschenk von 5000 M. 
erhalten. 

*^* Für den Saal des Baihauses in Eiber feld haben die 
Düsseldorfer Maler Ernst und Fritx liober zwei Kaiserbild- 
nisse gemalt) die, wie der „Köln. Ztg.** geschrieben wird, 
als Seitenstücke zu dem daselbst befindlichen Bildnisse 
Kaiser Wilhelm*s I. von Wilhelm Gamphausen ihren Platz 
finden sollen. Fritz Röber hat Kaiser Friedrich III. in der 
Kürassieruniform dargestellt, Ernst Röber Kaiser Wilhelm II. 
in der Uniform der Gardes du Corps, mit schwarzem Har- 
nisch. Beide Kaiser sind in monumentalem Stile charakter- 
nnd lebensvoll wiedergegeben« Sie sind der Stadt Elberfeld 
von August Freiherm von der Heydt gestiftet worden. 

*^* Prof, Wanderer in Nürnberg ist, wie dem „Schw&b. 
Merkur** geschrieben wird, mit der künstlerischen Ausstattung 
des Sterbeximmers Martin Lutker's in Eisleben betraut 
worden. Es ist ihm von dem Nürnberger Magistrat ge- 
stattet worden, eine Kopie des von Lukas Cranach gemalten, 
der Stadt gehörenden Porträts des Kurfürsten Friedrich des 
Weisen zur Ausschmückung dieses Zinuners anfertigen zu 
lassen. 

Einstige Preise für Kunstwerke, Der Konservator des 
Antwerpener Plantin-Museums Max Rooses hat eine bemer- 
kenswerte Abhandlung Über die Preise herausgegeben, welche 
im IG. und 17. Jahrhundert im vlämischen Lande für Kunst- 
werke gezahlt worden sind. Aus seinen Angaben seien fol- 
gende hervorgehoben: Rubens erhielt 1611 für die Kreuz- 
abnahme 4320 Frk., für die Kommunion des heiligen Franziskus 
1350 Frk., für die 21 Gemälde, die er mit seinen Schülern 
von 1622 bis 1625 für die Galerie der Medicis ausführte, 
122400 Frk. Rubens selbst berechnete seine Porträts und 
Zeichnungen sehr bescheiden. Für die Porträts, die er seinem 
Freunde Balthazar Moretus, dem Schwiegersohne Plantin's, 
lieferte, forderte Rubens 43 Frk., für eine Zeichnung in Fo- 
lioformat 36 Frk., in Quartformat 21,60 Frk. und in Oktav- 
format 14,40 Frk. Van Dyck erhielt fOr das Porträt Karl's I., 
welches sich im Louvre befindet, 2500 Frk., für seinen Christus 
am Kreuz in der Kathedrale zu Mecheln 1080 Frk. und für 
sein in Genf befindliches Golgatha 1440 Frk. Jordaens er- 
hielt für sein großes Gemälde im Oraniensaale des Hauses 
im Busch beim Haag 5400 Frk. und für jedes Gemälde seiner 
Geschichte der Batavier im Amsterdamer Rathause 1060 Frk. 
Bauembrueghel (1520—1569) forderte für seine Gemälde bis 
162 Frk., Snyders (1579—4657) für seine Jagdgemälde 324 Frk. 
Thomas Willeborts (1614-1654) erhielt fQr zwei Porträts 
172 Frk. Die Bildhauer und Kupferstecher waren nicht 
minder schlecht bezahlt. Hans von Mildert erhielt für drei 
Büsten 270 Frk., der seiner Zeit berühmte Artus Quellin 
(1625—1670) erhielt für seine Füllung an der großen Thüre 
des Plantin'schen Hauses 270 Frk. und für seine prächtigen 
Porträts 108 Frk. Die grofien Kupferstecher Theodor und 
Cornelius Galle, Pieter de Jode und Lukas Voflterman er- 
hielten für einen großen Stich 125 Frk. 


VOM KUNSTMARKT. 

Frankfurt a, M, Am 29. d. M. kommt im Auktions- 
saal für Kunstsachen durch Rudolf Bangel eine Sammlung 
von Aquarellen, Handzeiohnungen, Kupferstichen, Holz- 
schnitten und alten Drucken zur Versteigerung. Der Kata- 
log ist soeben erschienen. 


ZEITSCHRIFTEN. 

Arehltektonisehe Bundschaii. 1892/98« Heft 11. 

Taf. 81/88. Villa Ad. Dacquö in Neustadt a. d. Hardt; erbaut von 
Prof. L. Levy in Karlsruhe. — Taf. 8S. Zinshaus in der Bnrg- 

fasse in Wien; erbaut von Architekt J. Sowii&ski daselbst. — 
af. 84. Italienische Brunnen; aufgenommen von Loesti und 
Hossdorf, Architekten in Stuttgart. — Taf. 85. Kreishans in 
Zell a. d. Mosel ; erbaut von Regierungsbaumeister H. G n t b in 
Charlottenburg. — Taf. 86. Niederländische Wohnhauser am 
Marchö du Yendredi in Gent; auteenommen von Architekt A. 
Me£ey in Budapest. — Taf. 87. Wohnhäuser „Zum Esel" und 
^estina lente" in der Betorykastraße in Krakau; erbaut von 
Architekt Th. Talowski daselbst. — Taf. 88. Inneres der Trini- 
tatiskirche zu Sondershausen (1650—1691); wiederhergestellt von 
Professor H-. Stier in Hannover. 

Bayerische Gewerbeseitang. 1898. Nr. 14, 15 u. 16. 

Die B^outerieausstellung in Pfoncheim. ~ Die Fayenoefabrik in 
Bayreuth. — Von der Tiroler Landesausstellung zu Innsbruck. 
Von Th. V. Kram er. 

ChristUehes Kunstblatt. 189S. Heft 8. 

Modernste Malerei. I. Von Opitz. — Die Bildwerke am neuen 
Bibliotheksffebäude in Stuttgart. 

IHe graplii8<dien Künste. 1898. Heft 8. 

Jacob £mü Schindler. Von H. Fisohel. 

Die Kunst fttr Alle. 1892/98. Heft 22-24. 

Die Jahresausstellnng 1808 der Känstlergenossenschaft in Hün- 
chen. (II. IIL) Von Fr. Peoht. — Die Ausstellung fax Maltech- 
nik im kgl. Qlaspalaste zu Mttnohen. — Die Ausstellung der Se- 
zession in Mttnchen. Von B. Becker. — Der Samanterdlenst 
auf dem gi'oßen St. Bernhard. Von P. Schultze-Nanmburg. 

— Ausstellangsträume. Von H. Rövösz. — Die Ausstellung der 
Sezession in München. U. Von B. Becker. — Kritische Gänge. 
I. Von M. G. Zimmermann. 

Gewerbehalle. 1898. Heft 9. 

Taf. 65. Au&atzsohrank in deutscher Renaissance im k. k. öster- 
reiohischen Museum fttr Kunst und Gewerbe in Wien ; aufgenom- 
men von L. Kugler daselbst. — Taf. 66. i. Thürband, gravirt 
und stahlfarbig angelassen (1560). 2. Thürband, Sttddeutsohland 
um 1540. Im Kunstgewerbemuseum zu Köln a./fiii. : aufgenommen 
von Fr. Stanger daselbst. — Taf. 67. Damast im kgl. Kunst- 
gewerbemuseum in Dresden. Italienische Arbeit des 16. Jahr- 
hunderts; Grund tiefroter Atlas, Muster gelb. Aufgenommen von 
P. Wahn in Wien. — Taf. 68. Kassette mit Intarsia in Kschen-, 
Nuss- und Palisanderholz. Deutsche Arbeit des 16. Jahrhunderts. 
Aufgenommen von J. Schlechta in Wien. — Taf. 69. Schmiede- 
eiserne Beschläge aus der Kirche in Hallstadt; aufgenommen 
von Fachlehrer W. Kolar in Ebensee. — Taf. 70. Fensterumrah- 
mung in Miviolika und Stuckomamente aus der Gabrielkapelle 
in Salzburg; aufigenommen von Prof. G. Mall daselbst. — Taf. 
71. Stuckomamente aus der St. Egidienkirche in Nürnberg (I7il 
bis 1718); aufgenommen von F. W al ther daselbst. <~ Taf. 72. Ge- 
schäftskarte für einen Gärtner und einen Goldschmied ; entworfen 
von H. Kaufmann in München. 

Mitteilungen des k. k. Ssterrelehisolien Mogeums ffir 
Kunst und Industrie. 1898. Heft 8. 

Leihgabenausstellung in Frankfurt a/M. Von F. Luthmer. — 
Zinnarbeiten. Von Prof. H. Macht. (Schluss.) 

Zeitschrift für eliristUehe Kunst. 1898/94. Heft 5. 

Studien aus der historisch -europäischen Ausstellung zu Madrid. 
Von G. Justi. Der Prophet und die Sibylle von Moretto. — 
Entwurf zur St. Martinskirohe in Chicago. Von L. Becker. — 
Zur Reform der Ikonographie des Mittelalters. Von St. B e i s s e 1. 

Gaiette des Beaux-Arts. Nr. 485. September 1898. 

Etudes sur la peinture siennoise. I. Duccio. (Schluss.) Von A. 
P6rat6. —Exposition desportraits des öorivains et Jonmalistes 
du siöde. Von 'H. Bouchot. — Le mus^e du Prado. III. Les 
6ooles de peinture du Nord. Von H. Uymans. — L'art ä Tex- 

Sosition de Chicago. I. Von J. Hermant. — L^art d6coratif 
ans le vieux Paris. XIII. Von A. de Champeaux. 

PArt. Nr. 702. 15. August 1898. 

PArchitecture religieuse en Egypte. Von P. P aris. — J. F. Millet 
en Auvergne. Von C. Leymarie. 

L'Art Nn 708. 1. September 1898. 

Les acquisitions des Musöes ä la vente Spitzer. (Fortsetzung.) Von 
A. Dalliöres. -— Histoire de l'ameublement en France. La 
chambre et le salon du XVI au XVIU siöde. Von 0. Teissier. 

— Une Statue ä Giorgione. Von A. Melanie. — Le tombeau de 
Guillaume de Bellay, seigneur de Langey. dans la cath6drale du 
Maus. — Le cent-onzidme Salon de Paris et le cent-vingt-cin- 
quiöme Salon de Londres. (Fortsetzung.) Von P. Leroi. 

The Macraiine of Art September 1898. Nr. 155. 

Portraits of Cardinal Manning. Von W. Meynell. — Jules 
Chöret. Von B. H. Sherard. ~ The blind girl. Gemälde von 
J. E. Mi Hais. — The Bingham Mildmay Sale. — The Romance 
of art. AUesTi's Night and Day. Von L. Scott. — Decorative 
sculpture at Chicago. — The Salons. II. Von Cl. Phillips. 


559 


Izwerate. 


560 


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Architektur in Deutschland an einer Reihe der wichtigsten Denkmäler dieses Bau- 
stiles nachzuweisen und auf diese Weise den Bautechnlker in das Wesen einer 
Bauweise einzuführen, die auch f&r die Gegenwart ein unzweifelhaft praktisches 
Interesse hat Da auf die konstruktiven Elemente und auf die Abmessung der 
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Fuss und Bein. 

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Die Vorzüge dieser plastasch- anatomi- 
schen Darstellung des menschlichen Kör- 
Sers beruhen auf der bis ins Einzelne 
urchgefuhrten, sorgfältig nach 
der Natur ausgeführten Zeichnung. 
Einige Figuren sind nach guten Modellen 
hergestellt 

Der Mafsstab ist so groß gewSlilt, 
dass alle Einzelheiten deutlich zu er- 
kennen sind. 

Die Anordnung ist derart getroffisn, 
dass infolge der Nebeneinanderstellung 
von Skelett, Muskulatur und Naturform 
ein unmittelbarer Vergleich ermöglicht 
wird. 

Der jeder Tafel beii^efügte Text be- 
lehrt in Kürze über Ursprung, Ansatz 
und Wirkung der verschiedenen Muskeln 
und über die Benennung deren einzelnen 
Knochenteile. 


Früher erschien als erster Teil dieses 
Werkes in gleicher Ausführung: 

Hand und Arm. 


Inhalt: Zur Neuaufstelluiig der Kölner Malerschulen im Museum Wallraf-Richartz zu Köln. — Christ ist erstanden. — Eine Monographie 
über Liotard. — Die römischen öalerieen; Unsere Kunst. — K. Müller f; J. Brunner t; A. Glalze t; J. Klaus f: A. Yvon f. 
J. Franceschi t: A. Kaeseberg t; H. Lang f. — Prof. Kips; A. v. Werner; L. v. Löflftz: G. Guthknecht: A. Schmarsow. — Preis- 
verteilung auf der Weltausstellung in Chicago. — Denkmälerchronik. — Germanisches ifuseum in Nürnberg; Die AussteDung der 
bezession m München. — Die Ergebnisse der Ausgrabungen in Hissarlik. — Pensionsanstalt für bildende Künstler ; Aussohmüctinnir 
des Rathaussaales in Elberfeld; Kunstlerische Ausstattung des Sterbezimmers Martin Luther's in Eisleben; Einstige Preise für 

Kunstwerke. — Kunstauktion bei R. Bangel in Frankfurt a/M. 29. 9. 98. — Zeitschriften. — Inserate. 


Für die Redaktion veraotwortlich Jrtur Seemann, — Druck von Ätigust Pries in Leipzig. 

Dieser Nummer lie^t eine Anzeige der Papierfabrik von SoUeiober k ScbfiU in Düren bei, die wir der Aufmerk 
samkeit der Leser empfehTeu. 


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