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IN COMMEMOH.VTION OF THE VISIT OF
HIS ROYAJ. HIGHNESS
PRINCE HENRV OF PRUSSIA
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OKBEIIALF OF HIS MAJESTY
THE GERMAX EMPEROR
FROM THK JJBRAHY OF PROFESSOR KONRAD V
OF MITNICH, ,Ar^
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Kunstgeschichte
der
Stadt Wirzbwrg
von
itndreas JHiedennayep«
Zweite Ausgabe.
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Freibarg im Breisgao.
Herder'sche Verlagshandlnng.
1864.
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Harvrjd College LIbraiy
Von Maof er CoRectlQü
^6U!lo|i..C.Ooott^s
hCrrN^CLLEHN
1/
Buchdrucker^ der Herder'sehen Yerlagsbandlviig in Freiburg.
JJer stolzen tÄusendjährigen Hauptstadt des
Fränkenlandes will mit dieser Kunstgeschichte
ein Weihgeschenk dargebracht s6in. Wo sich
in ununterbrochener Folge kostbare Denkmäler
von elf Jahrhunderten in Bäü ttttd Bild aneinan-
derreihen, wo wie zu Wirzburg eine sorgfältige
Detailforschung dem Einzelnen allezeit lieb^id
nachgegangen ist, da kann es nui* elfte löhnende
Arbeit sein, die centrifugalen Steahletff auf einen
Brennpunkt zu sammeln und durch yerstandigen
Einschlag die bunte Mannigfaltigkeit der Fäden
zum einheitlichen farbenprächtigen Ganzen zu
verweben. Auch dürfen wir in Detctschland, so
lange wir den Engländern , Franzosen und Nie-
derländern in der Kunstforschung nicht Voll-
II
kommen ebenbürtig zur Seite treten können und
sie übertrefifen, nicht müde werden, zu forschen
und zu ringen, um das Verständniss der von
thatkräftigen und frommen Ahnen hinterlassenen
Kunstwerke den Generationen nahe zu bringen.
Soll durch einen gottgesandten Meister der stolze
Bau der vaterländischen Kunstgeschichte in wür-
diger Pracht zur Vollendung kommen, so müssen
kluge Werkleute erst noch manchen Baustein
schaffen und aus dunklen Schachten jetzt noch
kaum geahnte Schätze brechen. Das hohe Ziel
wird dann am ^chersten erreicht, wenn in ganz
Deutschland kunstverständige Männer den natür-
licheö vielhundertjährigen Centralstätten aller
Kuiist und Wissenschaft, den Kathedralstädten,
ihre Specialforschung zuwenden. Um die Bi-
schofsstädte gruppiren sich in zweiter Ordnung
die Reichsstädte, die die glanzerfüllte Jugendzeit
in trotziger Selbständigkeit verlebten, sowie die
meist viel jüngeren fürstlichen Residenzen, an
denen rauschend die Tage der prunkenden Re-
naissance vorüberzogen. Der Künstler sturm-
durchtobtes ErdenwaUen mag der I)arstellung
III
anmuthende Romantik, Geschichte iind Symbolik
ihr Leben und Reichthum verleihen. Die Pe-
riode kunstschriftstellerischer Thätigkeit, in der
man es liebte, durch eintönigen terminologischen
Klingklang jede Leetüre zu verbittern, sei für alle
Zeit abgeschlossen.
Wirzburg am Feste des hl. Bonifacius 1860.
Niedermayer.
Inhalt.
Erstes GapiteL
Irisch-karolingische Zeit.
Seite.
§ 1. Der heilige Küian 1
§ 2. Der heilige Burkard 10
§ 3. Megingoz, Gotzbald, Arno 20
Zweites CaplteL
Romanische Periode.
§ 4. Thieto, Burkard II., Stephanus « . . . 29
§ 5. Bischof Heinrich 34
§ 6. Bischof Bruno 48
§ 7. Bischof Emhricho 71
§ 8. Der Dombau des Bischofs Gottfiried 90
g 9. Otto I. und Herrmann 100
Drittes Capitel.
Germanische Periode.
§ 10. Oisterzienser und Bettelorden 110
§ 11. Die Ritterorden 148
§ 12. Beguinagien, Synodalheschlüsse 156
§ 13. Baumeister Michael und Maler Arnold 165
§ 14. Höfe und Hauskapellen 173
§ 17. Der Domkreuzgang 178
§ 15. Grabdenkmäler 181
§ 16. Gruppen, Gruciflxe, Muttergottesbilder 195
^18. Die Liebfrauenkapelle 203
VI
Seite.
§ 19. Profan- und Chorbauten 227
§ 20. Druckwerke, Kalender, Heiligthumsbüchlein 235
§ 21. Die St. Lukas-Bruderschaft 244
§ 22. Tylmann Riemenschneider \ 255
§ 23. Reactionärer Eclecticismus des Bischofs Julius 261
Viertes Capitel.
Renaissance und Rocoeco.
§ 24. Der Dom 295
§ 25. Profanbauten , . . 330
§ 26. Kirchliche Bauten 353
§ 27. Die Residenz 388
§28. Sohluss 3tf3
Grüteü CapIteL
Irisch-karolingische Zeit.
, (687—922).
§ 1. Der heilige Kilian.
Die Anfänge der ostfränkischen Kunstgeschichte
fallen mit dem Wirken und dem Tode des heiligen Kilian
zusammen. Wie der von ihm bekehrte Thüringerfiirst
Heddan in seiner Burg die älteste Kapelle des Franken-
landes baute, so erwuchs über der Stätte seiner Marter
das ehrwürdige Centralmünster des Sprengeis. Schon
um die Gestalt des Regionars gruppiren sich wie um den
ersten Bischof Burkard Handschriften mit kunstgeschicht-
lich bedeutsamen Miniaturen und Elfenbeinarbeiten.
Komische Cultur und alt christliche Missionsthätigkeit
hat in den Mainlanden den Boden nicht so wie in den
Donauprovinzen und in den rheinischen Germanien be-
fruchtet. Die Römer zogen die Militärgrenze von den
Lahngegenden auf dem rechten Rheinufer fort in süd-
licher Richtung an die Kinzig imd in das AschafiPen-
burgische Gebiet. Vom jetzigen Aschaffenburg liefen
die Schanzen nach Eschau, bei Börstadt über den Fluss,
nach Pfuhlbach, Waldthüren, weiter nach Lieberstadt
1
und bei Jaxthausen über die Jaxt; sie berührten Ohren-
berg, Oehringen, Murhard, Hohenstaufcn und Helfen-
stein. Die weiter in das Gebiet der Hermunduren ein-
geschobene Castelllin'e, der Limes, welcher bei Celeusum
seinen Ausgangspunkt nahm, ist später angelegt worden.
Zu den Hermunduren, welchen dieser Grenzwall
trotzte, ist kaum ein Glaubensbote gekommen. Bei den
Thüringern, w^lch^ . 9^it deta fünften Jubrhundert, ver-
mischt mit Varnern, Angeln und jenen Herulern, deren
Väter ganz Europa durchrannt hatten, von der Donau
bis in die Lüneburger Ebene, von der Werra bis an die
Elbe Sassen, findet sich keine Spur von einem geordneten
Kirchenwfg^^ru £b m^g hn Kofilgshftuse Hermanfrid^s
Christus Anhänger gezählt haben: aber jenes Ereigniss
von unausdenkbar historischer Wirksamkeit, die Bekehr-
ung des Königs Klodwig, übte keinen segnenden Rück-
schlag auf das Volk der Thüringer. Die östgothische
Prinzessin Amalaberga; in schlauer Politik von ihrem
Oheim Theodorich an'Hermanfrid vermählt, konnte als
Arianerin in kurzer Regierung wenig wirl;en; auch
ist nicht zu entscheiden, ob die Nichte des gestürzten
Fürsten, die der siegreiche Merovinge Klothar im Jahre
529 als Braut sich heimführte und zur Königin krönte,
im Thüringerland oder iip Frankenreich in der christ-
lichen Religion unterwiesen wurde. Erwähnt doch der
geschichtskundige Venantius Fortunatus in der Epopöe,
welche der Königin Radegundis den Sturz des Thüringer-
reiches schildern sollte, mit keinem Worte, dass in dem-
selben der Glaube an Christus heimisch gewesen sei.
Auch würde die gewaltsame Theilung des Landes
zwischen Sachsen und Franken jede Saat ausgerottet
haben.
Die selige Bilhildis, so gerne „die christliche Früh-
lingsblume fränkischer Heiligkeit^ genannt, umleuchtet
der Dämmerschein heiliger Sage: ihr Biograph lebte im
zwölften Jahrhundert. Auf sie, ihre Mutter Mechtildis,
ihre Schwiedtern Hildegardis tind RenaMldis will ma« die
\ Anfänge jungfränliehen Elosteriebens zurückführen ; die
Hralte Verbindung zwischen Mainz imd Wir55burg Wird
^ durch die liebliche Legende eingeleitet. Denn Bilhildis,
erzählt sie, die Herzogin und Gemahlin Heddan^s I., des
Radulfingers, hat sich, um zum Hochmunstet U. Lr. iVatt
in Mainz eine würdige Baustätt'e zu besitzen, den Fundus
dazu für den Preiä van zwölf silbernen ScMlden und
zwölf schwarzen Hengsten gewonnen. Indem Abt Alberich
von St. Stephan ini vergangenen JahAundert Reliquien
der heiligen Frau, deren Gestalt wie der itiildfe Morgen-
stern aus dem Dunkel der Vorzeit öchithmefty ' von MÄinz
nach Veitshöchheim brächte xm4 eAh Pes* än^dnete,
welches heute hoch feierlich begangen wird,- glaöfcte ei^
ihren Geburtsort geehrt zu haben. Und dochrinuss dieser
t nach Hochbeim bei Frankfurt verfegt wexdien.
Wir haben demnach in Kilian d«n ersten Apostel
der Mainlande zu erkennen.
I Er kam zu den Thüringern, nicht, in dos Franken-
i land. Der Name wird diesen Gegenden zuerst im achten
Jahrhundert gegeben. Ursprünglich nannten sich wie
bekannt Franken jene sehnigen waffenkuridigen Männer
zwischen Rhein, Mosel und Maas, welche sich in der
Periode der germanischen Völkerbündnisse keinem der
einzelnen Stämmie^ weder den Friesen, Sachsen, Thü-
ringern noch den Alamannen und Burgundern ange-
schlossen hatten, sondern die ältere Form des german-
ischen Lebens festhielten. Furchtbar wurden ihre Waffen
den Römern: diese suchten ihre Freundschaft. Franken
► glänzten als intelligente Offiziere im römischen Heere
und nahmen hohe Stellen in der Beamtenhierarehie . ein.
Schon damals galten sie als der abgeschliffenste Theil
der germanischen Welt, Im siebenten Jahrhundert haben
sie bereits das Völle Ei^be des zerfallenesi Bömerreiches
übernommen und in raufaetn öiegesscfarltt in die gerrnftn-
ischen Ostlande ihre Herrschaft getiiageiL Sdioa im
1*
Jahre 527 hatte Klotar von Soissons an der Naab bei
Begensburg die Südthttringer geschlagen und Theodorich
von Austrasien in der dreitägigen Schlacht bei Roniberg
im Maerstemgau und wieder im blutigen Entscheidungs-
kampfe bei Scheidungen an der Unstrutt über den König
gesiegt. Der jähe Sturz von den Burgzinnen zu Zülpich
machte dem Leben Hermanfrid's ein tragisches Ende.
Mit König Amalfrid zogen die letzten Thüringerhelden
ungebrochenen Muthes zürnend in fremde Länder. Die
Franken herrschten bis zur Helme, Unstrutt und Saale,
der alte Landesnune blieb. Schon damals wurde der
Onmd zu den deutschen Königshöfen gelegt, welche sich
später in Arnstadt, Salzungen^ Geismar, Salzburg, Hammel-
burg, Karlsstadt, Forchheim und Altheim zu Mittelpuncten
mannigfaltiger Kunstthätigkeit ausbildeten. Die Amulfinger
schickten fränkische Goldschmiede und Silberarbeiter,
Drechsler, Schildmacher und Waffenschmiede auf diese
Höfe, um durch sie wie durch die Colonen die thüring-
ischen Momente der neuen Herrschaft zu amalgamiren.
Den König Dagobert L zwang gleichwohl die Noth,
die von den Slaven und Sachsen kam, für Thüringen
den Volksherzog Radulf im Jahre 633 aufzustellen. Er
hat vielleicht schon das Schloss Virteburch gebaut,
welches bis zum Jahre 717 die Residenz der Radul-
finger blieb. Von der Meinung, dass auf dem Berge,
der sie trug, bereits eine der vielgenannten fünfzig
Drususburgen gestanden habe, muss jetzt Umgang ge-
nommen werden. Auf Radulf folgte Heddan I; den
Namen seines Erstgeborenen kennen wir nicht.
Gozbert, den jüngeren Sohn des Heddan, findet
Kilian als Anhänger des germanischen Cultus. Fürst und
Volk verehren die volksthümliche Hulla und beten zu
ihr im Heiligthum auf dem Berge ; an keinem Ort kommt
dem Regionär und seinen elf Gefährten eine christliche
Tradition fordernd entgegen.
Mit dem den Glaubensboten jener Jahrhunderte eigen-
thümlichen Scharfblick erkannte Kilian sogleich die Bedeut-
ung der Virteburch. Wir wissen nicht, wie weit im Lande
die Missionäre predigten und Kirchlein bauten, gewiss ist
nur: Ealian blieb mit Priester Kolonat imd Diakon
Totnan an dem Sitze des Fürsten und suchte klugen
Sinnes hier vom Centrum des Landes aus zu wirken und.
zu organisiren. Es muss dahin gestellt bleiben, ob ihn
Papst Konon zu Rom zum Bischof ordinirte. Sein Wort
schien auf fruchtbares Erdreich zu fallen und die Christi-
anisirung der Provinz zu gelingen, als eine fanatische
Beaction von Seite der Anhänger des Heidenthums zer-
störend eingriff. Wir sind darüber nicht genau unter-
richtet. Erzbischof Bhabanus (847 — 856) meldet im
Martyrologiima, dass die drei Apostel wegen der Pre-
digt des neuen Glaubens vom Herzog getodtet worden
seien; das Martyrologium Notker^s fügt den Grund der
gesetzwidrigen Ehe Gotzbert's mit Geilana, der Wittwe
seines Bruders bei; erst die Biographie Kilian's, welche
Egilward, der Mönch von St. Burkard, im zwölften Jahr-
hundert schrieb, erzählt den Martertod in der bekannten
Weise und stellt die Geilana als feindselige Herodias
den apostolischien Männern gegenüber. Die Lebensge-
schichte des heiligen Bonifacius, welche Willibald in
Eichstädt schrieb, spricht keineswegs günstig für Gotz-
bert. Wenn wir also nicht ermessen können, in wie fern
Kilian auf das herzogliche Haus eingewirkt habe, so
wird uns doch klar^ dass sein Tod (688) *) dem Lande den
grösten Segen brachte.
Auf Heddan H., Gotzbert^s Sohn, hat jedenfalls das
Wort des Begionars entscheidend gewirkt; er ist bereits
der christlichen Lehre mit allem Eifer ergeben. Als er
*) Chronic. Wlrziburg. MM. SS. VI. 26. Vite S. Kiliani ap. Lnde-
wig SS. 966. seqq. C^nisius lect aiit. UI. I. 180.
seine Braut£iiiiiTt nach dem Niederrliein unternahm, dort
sich die fromme Theodrada zu holen , wurde er mit
Willibrord, ^em Apostel von Friesland, bekannt., Die-
sem schenkte er Güter zu Arnstadt im Schwarzbnrgi-
flcheHj bei dem Schlosse Mühlberg unweit Gotha und
in MonhofeM zwischen Arnstadt und Weimar. Die Ur-
kunde darüber wurde im Jahre 704 auf Schloss Virte-
burch ausgestellt. Willibrord consecrirte zwei Jahre .dar-
auf die über der Hullacultstätte erbaute Marienkapelle
auf der Burg. Der aus Steinen gefügte Rundbau hat
wohl nur ganz geringe Dimensionen gehabt. Wie dieses
Kirchlein mit Recht das älteste des Frankenlandes ge-
nannt wird, so erkennt auch der Sprengel vonEichstädt
in der Liebfrauenkapelle, welche Willibald vorfand, neben
welcher er seine Kathedralkirche baute, die ehrwür-
digste gottesdienstliche^ Stätte.
Es wird nicht berichtet, wie es mit dem Grabe
Kilian's vom Jahre 688 ab bestellt war, ob sich,^ was
leicht zu yermuthen wäre, ein Oratorium über demselben
erhob $ ebensowenig wissen wir, an welchen Orten heid-
nische Cultstätten in christliche Kirchen umgewandelt
wurden. Karleburg steht aber sicher auf einer alten
Opferstelle, sowie der hohe Thurm von Ochsenfurt, die
Ruinen ae^^ Kapelle bei Marktbreit und Stellen im Gram-
schatzer und Guttenberger Walde. Vom Burgstall in Son-
derhofen und vom alten Schloss im Wiesengrunde bei
Werneck wird dasselbe behauptet. Da man viel an die-
sen Orten umgegraben und ausser Eberzähnen und Hirsch-
gebeinen, Vogelskeletten und Ochsenhörnern seltsame
Ziegelbrocken, Vasen, Dolche, Pfeile mit umgebogenen
Spitzen^ scliadrtige Messer, abgebrochene LanzenspHzen,
halbe Hufeisen, Pokale, kreisrunde Thohpla^ten und aller-
lei Nägel gefunden hat, lag die Vermüthung nahe genug.
Als Heddan im Jahre 717 vom Schauplatz verschwand
— wahrscheinlich fiel er mit seinem Sohne During in
der Schlacht von Vinciacum, die so viele vom jungen
fränkischen Adel dahinraffte — und diö Arntilfingör, da
ihn kein männlicher Erbe überlebte, keinen Volköherzbg
mehr aufkommen Messen, wurde der Sieg des Chrteteä-
thums zwar gehemmt, aber die gewonnenen Resnltate
gingen nicht ganz Verloren.
Immina, die Tochter Heddan's, wirkte im Oeiste des
Vaters. Sie entfernte das Brand- und Brechzeng, die
Lanzen und die- Schwerter aus der Waff^aballe der
Ahnenburg und wandelte die fürstlichen Gemächer in
bescheidene Zellen, um mit mehreren Freundlnnefa vom
Jahre 719 — 741 ein jungfräulich klö6terlichc»s Leben
zu fuhren. In der Liebfrauenkapelle, die Karhnann einfe
Basilika nennt, wurde den Frauen der Gottesdienst
besorgt.
Notker bemerkt in seinem Mai*tyrologiüm *), dass bei
der Auffindung der Gebeine Kilian's und seiner Gefährten
durch Burkard Kleider und Bücher wohlerhalten erhoben
wurden. Dieser Nachricht aus dem neunten JahrhundeiH;
schliessen sich die älteste Biographie und EgiliiVard mit
aller Bestimmtheit an und nennen vörzU^ch das Plenar
des Regtonars, welches seit elfhundert Jähret als Natio-
nalheiligthum von den Franken verehrt wird. Dasselbe war
allezeit die kostbarste Cimelie des Domschatzes und ist
nicht, wie vielfach angenommen wird, im dreissigjährigen
Krieg auf den Dachboden des Domes gekommen. Drei ver-
schiedene Zeiten haben das Evangelistarium zu der Ge-
stalt gebracht, wie es jetzt in der k. Universitätsbiblio-
thek aufbewahrt wird. Die Handschrift stammt aus dem
siebenten Jahrhundert, der 6" 4*" hohe, 4^' breite Elfen-
beindeckel ist ins neunte oder zehnte^ Jahrkuaderi 2u
setzen, der untere Einband < ibit den Evtogelistenöym-
bolen und den g^chmackvoUen Charpiereai w^rde ur-
kundlich unter Bischof Rudolph von Scherenbetg (f 1499)
gefertigt. Der Codex ein Quartaint, wie die Begionare
i) Martyrolog. Vm. Id. Jiü.
8
ihn mit sich zu fahren pflegten, enthält 152 Blätter,
welche m 20 Quaternionen zusammengelegt sind. Die
zur Schriftbasis dienenden Horizontallinien sind mit schar-
fem Griffel über die ganze Breite zweier Blätter durch
die Heftfalze gezogen. Die hagere Uncialschrift ist mit
leichtabspringender Tinte von der alten erdigen Art durch
einen hibernischen Mönch geschrieben und in Rom mit
tironischen Noten versehen worden. Hochroth glänzen
die Initialen und Endrubriken der Doppelcolumnen. Die
zwei 1" dicken, 9^8" hohen, 7^/^" breiten den Einband
formirenden Holzdeckel ragen um ein Merkliches über
die Quadratur der Pergamentblätter hinaus. Während
der Rücken des Quartanten wie der untere Deckel mit
röthlichem Sammt überzogen sind und letzterer an den
Ecken zierliche Eckschühlein, in der Mtte aber einen
vielbuckeligen Schild trägt, lebt an der Vorderseite reiche
SchildereL Der Elfenbeindeckel zeigt uns den Martertod
der drei ersten Frankenapostel. Zwei Säulchen, in kunst-
reicher Filigranarbeit durchbrochen, tragen einen gedrück-
ten Bogen und darüber eine Art Kuppel, deren durch-
brochene Arbeit die vollendetste Technik verräth. Den
so umschlossenen Raum füllen zwei zusammengehörige
Darstellungen. Unten sehen wir einen Krieger in römi-
scher Tracht, den Mantel mit der Agraffe auf der Mitte
der Brust zusammengehalten, in dramatischer Bewegung
das Schwert in der Rechten; ihm zu Füssen rollen die
Häupter der drei Apostel, deren Leiber dicht parallel
nebeneinander auf die Erde gesunken sind. Der Künst-
ler verband auch Symbolik mit der Geschichte. Aus
dem Blute der Märtyrer lässt er einen Weinstock auf-
spriessen und setzt in reichen Schlingungen Trauben an.
Ueber dieser harmonisch bewegten Darstellung befindet
sich die Apotheose der Heiligen. Zwei geflügelte Engel-
cheh schweben nieder und halten ein faltiges Tuch ; auf
demselben erscheinen in Brustbildform die Drei: Kilian
in bischöflicher Kleidung, bereits mit jener Cirkelbinde,
9
die Viele als das Bationale erkennen wollen, Kolonat zur
Rechten als Priester und Totnan zur Linken als Diakon«
Gleichsam ihre Glorie verkündend, halten sie die Hände
ausgebreitet. Die Finger sind sehr zart , und mit Ver-
ständniss behandelt, die Augen durch schwarze Farbe
kenntlich gemacht, die Falten mild und parallel ohne
Steifheit geworfen. Die Proportionen sind durchweg
gelungen. Di© Mfenbeinarbeit ist wohl nicht über Italien
aus Byzanz gekommen.
Die silbervergoldete Einfassung zeigt an den Ecken
die Evangelistensymbole mit Minuskelschrift. An die
Stelle früherer Edelsteine sind farbige Glasflüsse getreten.
Ultramarin sind die vier gleich grossen Glasflüsse am
oberen und unteren Ende, die zunächst den Evangelisten
sind smaragdgrün, einige haben die Farben des Rubins.
Die Bergkrystalle wurden nicht weggenommen. Alle
erhobenen Theile der Grundfläche hat der Meister ver-
goldet.
Diess Heiligthum des Regionars diente bei Abnahme
des Homagiumseides , wurde am Kiliansfeste im Dome
ausgestellt und mit Reliquien belegt.
Der in irischer Schrift geschriebene Codex Nr. 69
mit den Briefen des heiligen Paulus enthält die bekannte
Darstellung der Kreuzigung aus dem siebenten oder ach-
ten Jahrhundert. Sie macht einen unbefriedigenden un-
heimlichen Eindruck. Zwar ist an der polychromatischen
Basenbildung wie an 'den aus Verschlingungen sich bil-
denden Capitälen der zwei einen Rundbogen tragenden
Säulchen nichts was das Auge verletzt , auch wird der
Rundbogen dprch die farbenschillernden Kreise und
Rechteke sehr reich ornamentirt, aber wir verstehen es
kaum, wie die nicht ungeschickte Hand so wenig Fleiss
auf die Figur des Heilands verwendete, wir müssen es
tadeln, wenn sich die Absicht, das Hässliche zu mar-
kiren, breit macht. Das Kreuz ist roth und schwarz
punktirt; Christus bekleidet, hält die Arme gerade aus-
10
gespannt und trägt den Kreuznimbus. Der Bart ißt höchst
unwürdig angebracht, das Gewand durch concave und con-
vcxe Linien angedeutet und diese Schuppen gelb und roth
gefärbt. Ueber den Kreuzesbalken stehen zwei Adler^ un-
ter denselben hängen die Schacher, bärtig mit erschreck-
enden Physiognomien. Zum guten Schacher fliegen zwei
lichtgeflQgelte Engel hinan, um den verstockten werben
zwei schwarzgeflügelte Dämonen in Käfergestalt. Unter
dem Kreuze steht Christus als Weltrichtcr, die Geseg-
neten seines Vaters rufend. Ihm zur Rechten sieht man
fünf Gestalten, vier zur Linken, von denen eine ein Ru-
der führt. Unten das wogende Meer, im Grunde einige
Fische. Die Proportionen sind in den menschlichen Ge-
stalten empfindlich verletzt, die Umrisse derb gezeichnet,
die Wangen durch einen schroffen grellrothen Strich an-
gedeutet. Ziehen wir eine Parallele mit den einfachen,
primitiven (deutschen) Federzeichnungen im Wessobrun-
ner Codex zu München, so wird die Entscheidung so-
gleich zu Gunsten des Darstellers der Kretizerfindung
ausfallen. Das Volumen der Handschrift besteht aus
acht Quaternionen ^).
Verschiedene andere Codices der Bibliothek aus dem
siebenten und achten Jahrhundert gewähren weniger
kunsthistorisches Interesse.
§ 2. Der heilige Burkard.
Bonifacius kam auf seiner Rückreise von Rom im
Jahre 718 in die Wirzburgische Gegend, 2) ermuthigte
die Christen, die er fand und zog weiter naeh Hessen
und Friesland. Noch waren die Verhältnisse nicht dazu
1) Ekhart Frauda Orient. I. 281. 452. Oegg Korographie I.
328 — 349. Becker u. Hefner-Alteneck Kunstwerke und Ge-
räthschaften Taf. 1. 9.
2) Willibald \ita Bonifacil c. 6.
11
angethan, ein Bistlium zu gründen. In den zwanziger
Jahren seines Jahrhunderts Hess er aus Britanien Bur-
kard^ LuUus, Albinus, Wunnibald und Willibald, Kuni-
trudiß, Thekla, Lioba, Gunihildis, Walburgis und Berathgit
konunen, damit durch sie in Ostfranken, Thüringen und
Bajuwarien das Chvistenthum verbreitet, gefestigt und ge-
ordnet würde. Die Zahl der Christen mehrte sich in den
Maingegenden. Schon konnten die nikolaitischen Ketzer
Trohtwinc, Bedithete, Eanberht und Hunraed mehr wenig
Proseliten machen; schon fühlt sich Gregor IL veran-
lasst, in einem Schreiben an Bonifacius^)dieGlaubenstreuc
und Standhaftigkeit der thüringischen Grossen Asolf, Go-
dolaus, Kunthar und Albord zu preisen und zii segnen;
Hugo der Aeltere und Albot schenken den Fundus zur
Gründung von Ohrdruf ,an der Ohre, das der Mittelpunkt
einer reichen Thätigkeit wurde. Gleichwohl erlaubte
der unkirchliche Sinn des Karl Martell dem Bonifacius
nicht, noch vor dessen Tode in Ostfranken dieselbe Or-
ganisation der Kirchenverfassung durchzuführen, wie er
sie im Herzogthum des klugen und frommen Odilo zu
Stande gebracht hatte (739). Karl verkannte die Be-
deutung der Kirche ganz nnd gar. Er hatte sie ver-
iiusserlicht, die sittigende Macht ihr zu nehmen versucht
und sein Land zu einem kranken Gliede gemacht, dem
aus Italien und Britanien Rettung kommen muste. Nur
insoferne die Missionsthätigkeit die Oppositionselemente
gegen die junge Majordoniatsgewalt minderte, begünst-
igte er sie und ertheilte dem Bonifacius den äusseren
Schutz, dessen er zu seinen hohen Planen bedurfte.
Kaum war aber der gewaltige Kriegsheld am 15. Octo-
ber 741 gestorben und hatte Karlmann, von jeher der
Freund des Apostels und allezeit sein Gönner, die Herr*
Schaft über die ihn zugefallenen Ostländer Austrasien,
Alamanien und Thüringen angetreten, wurden vier Bis-
i) Würdtwein epist. Boaif. 25.
12
thümer geordnet; Erfurt für Nordthüringen, Büraburg
für die hessischen Gaue, Eichstädt für den Nordgau,
Wirzburg für die südthüringischen Mainlande. Schon am
22. October 741 vollzog Bonifacius die Consecration an
Burkard auf der Königspfalz zu Salzburg bei Neustadt
an der Saale; mit Burkard wurde Witta-Albinus für
Büraburg gesalbt. Beide assistirten der Consecration
des Bischofs Willibald von Eichstädt. Im dem Berichte
hierüber gratulirt Bonifacius dem neugewählten Papst
Zacharias, welcher am 1. April 742 die Confirmations-
buUen ausfertigen liess.
Karlmann stattete Wirzburg grossartig aus: kein
Bisthum Deutschlands kann eine so alte und wichtige
Dotations-Urkunde aufweisen. Es muss seit dem Tode
Kilian^s rührig im Lande an Kapellen und Kirchen ge-
baut worden sein, denn fünfundzwanzig werden der
jungen Stiftung übergeben. Die Liebfrauenkapelle auf
dem Berge, in welcher Immina mit ihren Jungfrauen
seit dem Jahre 719 betete, wird zuerst genannt. Karl-
mann konnte wohl die Kapelle vergeben, aber die Burg
der Radulfinger blieb der Herzogstochter. Die ausser-
halb des Sprengeis gelegenen Kirchen zu U. L. Frau in
Nierstein am Rhein wie die Remigiuskapelle in Ingelh^m
im Wormsgau schenkte Karlmann, um dem Stift in Fällen
der Noth einen Rückhalt zu bieten. Remigiuskirchen
erhielt das Stift auch zu Dornheim im Ipfgau und in
Sonderhofen. Königshofen im Grabfeld und Umstadt im
Maingau waren dem Apostelfürsten geweiht, der wie
St. Georg und St. Michael sehr oft an die Stelle heid-
nischer Hauptgottheiten gesetzt wurde ; St. Michael hatte
zu Heilbronn im Neckargau ein Kirchlein. Nebst dem
Andreaskirchlein zu Kirchheim im Ipfgau wurden die
Johanneskirchen im Königshof zu GoUahofen im Gol-
lachgau, in Ipfhofen und Herilindheim anÖurkard über-
geben. Die meisten Kirchen aber standen auch in Ost-
franken zu Ehre des heiligen Martin« So zu Kreuzenach
13
im Wormsgau, zu Laufen im Neckargau, zu Königshof en
im Taubergrund, zu Mellrichstadt und Brend im Wester-
gau, zu Hammelburg im Salagau, zu Eichsfeld, Winds-
heim, Wielandheim und Surirgra. *)
Dem Bischof von Wirzburg wurden 741 auch die
Villen zu Michelstadt, Hohenburg, Gemünden und Karle-
burg übertragen 2).
Nur die Apsiden und Fundamente dieser meist ge-
ring gedehnten Kirchen waren in Stein construirt; die
Hochwände fügten sich wie das Gebälke aus den Stäm-
men von vielhundertjährigen Fichten imd Eichen zusam-
men. Das Sparrwerk des Dachstuhles deckten Schindeln
oder Holzrindcy Nicht bloss die irisch-britischen Mönche
liebten den Holzbau — opus scoticum saus pulchrum — ;
<) Ekhart Francia Orient. II. 893.
Martinus steht bedeutsam am Eingang der Mnkischen Kunstge-
schichte : die Franken, die ihm mit glühender Liebe verehrten, hauten ihm
die meisten Kirchen. Ihn zu ehren hat auch Wirzburg in der Mitte des
achten Jahrhunderts die Martinskirche errichtet. Martinus kann der Hei-
lige der germanischen Volkerwanderung genannt werden ; in Pannonien ge-
boren in Frankeuland wirkend, gehört er dem Osten und Westen der ger-
manischen Welt mit gleichem Rechte an und concentrirt in sich wie
Hieronymus den Ernst und die Tiefe seiner wildbewegten Zeit. Ein Krieger
alter Art theilt er mit dem Armen seinen Soldatenmantel; er hat Christus
den Herrn persönlich geschaut und auf dem Todtbette noch siegreich mit
dem Satan gerungen. Ueberall erscheint er als Streiter ; er ist, erzählt sein
Biograph, bereit, einem ganzen Barbarenheer« sich entgegenzustellen.. Vor
ihm stürzen die Götterbilder zusammen, dem fallenden heiligen Baume der
Gallier stellt er sich unerschrocken entgegen und macht mit gebietendem
Worte den heidnischen Gebräuchen ein Ende. Was ist das eine mili-
tärische Zucht im Kloster von Marmoutiers? Martinus nimmt den ganzen
Menschen für den Dienst des Herrn in Anspruch. In Wirzburg gehört er
zu den \omehmsten Patronen. Mainz hat sich unter seinen Schutz ge-
stellt, ebenso Colmar, Berg, Cleve, Utrecht, Schwarzburg, Heiligenstadt,
Geldern und Hom. Sein Fest wird doppelt gefeiert: Martinus frigidus
(11. November) unA Martinus calidus (4. Juli). Die Gans oder ein Kind-
lein sind sein Symbol, er ist der Patron der reuigen Prasser und schützt
gegen die Pocken.
2) Ussermann Episc. Wirzeb. proleg« XXU, Cod. prob. 10. 11.
14
man baute im Ersten Jahrtausend überhaupt gerne in
Hok. Unter Ludwig dem Froramen wird im Ode'nwalde
eine basilica lignea genannt. *) St. Stephan äu Mainz
erstand unter Willegisus als Holzbau. Dass Wirz-
bürg von der Regel nicht abwich, davon liefern die
Dombrände genügenden Beweis. Auch ist es bekannt,
dass im elften Jahrhundert ein Steinbau noch vielfach
ausdrücklich genannt wird, dass in Lübeck im Jahre
1165* die aus Holz construirte Marienkirche einge-
weiht wurde und einzelne Dörfer in Oberschlesien noch
interessante Holzbauten an ihren Kirchen aus dem drei-
zehnten Jahrhundert bieten. Wir dürfen uns desshalb
jene Kirchen des achten Jahrhunderts nicjit allzuarm und
unbedeutend denken. Der Rundbau auf dem Märienberge
wdrd aber schon damals aus Stein gebaut gewesen sein:
es können indess höchstens die kolossalen Unterbauten
in diese Periode gesetzt werden»
Burkard dachte nach der Consecration daran, eine
Kathedrale und eine würdige bischöfliche Wohnung zu
gewinnen. Sein Blick fiel zuerst auf das alte Radulfinger-
Schloss. Die von Karlmanu geschenkte Kapelle wollte
er zur Domkirche erweitern und die Burg zum Monaste-
rium ausbilden. Immina setzte ihm kein Hinderniss ent-
gegen und trat ihm für Karleburg ihr Kloster ab. Sie
starb dort am 10. December 750. Später wurde ihre
Hülle in den Kiliansdom transferirt.
Nach der Erhebung der Gebeine der drei Apostel
aus der Stätte ihrer Marter wurden sie in feierlicher
Procession in die Liebfrauenkapelle auf dem Berge ge-
tragen; dort blieben sie drei Jahre. Indess liess Bur-
kard über dem Qrte der Marter ein Gotteshaus bauen,
consecrirte es im Jahre 746 zur Ehre des Erlösers, über-
trug die Gebeine der Apostel in den Neubau und erhob,
da die Höhe des Berges ihm nicht behagte, das Salva-
i) AA. SS. Junius.'l. 117.
15
törmlinster zur Donakirche , die von 746 — 854 unverletzt
stand. Das anstossende Conventsgebäude war ein Holzbau.
Von dem damals verfertigten 1' 2" langen, 2' 7"
breiten, 1' 8" hoben Marmorsarkophag steht noch die
eigentliche Tumba aus grobem Korn, in der Westkrypta
vom Neumünster, während die verschrägte Rothmarmor-
platte mit der Uncialschrift im zwölften Jahrhundert auf-
gefügt wurde. Es ist ein Steinsarg der ältesten Art;
unter der Platte befindet sich das Behältniss für den
Leichnam, den körperlichen Verbältnissen entsprechend.
Nicht die geringste Ornamentation erfreut das forschende
Auge. Die alle vier Schrägaeiten umlaufende Schrift
lieisst :
f Presul. orat. Kylleua. sac. Colonatque. sacerdos f
nempeque. Totaanus. XRI. Levita piiis f
(qui cup) las. veniam. scös veuerare memento. ^)
Demselben Jahrhundert entstammte die Uncialschrift
einer in der Krypte eingemauerten Sandsteinplatte, welche
vom Wirken und Tode Kilian's einige Nachricht brachte.
Sie wurde in neuester Zeit durch eine Copie ersetzt.
Wie Burkard hatte sich auch Willibald eine Kathe-
dralkirche gebaut und die neben derselben bestehende
von einem Missionär aus Bayern errichtete Liebfrauen-
kapelle stehen lassen. Sturm aus Bajuwarien gründete
damals das grösste deutsche Kloster an den Marken von
Thüringen und Hessen, Fuld, das vielfach in die Ge-
schichte Wirzburg's eingreift. Thüringen, Hessen und
Alamannien wurden von Fuld aus gebildet uiid die Be-
kehrung der Altsachsen geleitet. Die dortige liloster-
schule , welcher die besten Talente zuzogen , * hat der
deutschen Wissenschaft jener Zeit ihr Gepräge aufge-
drückt , der hier eingeschlagene nüchtern strenge Ton
1) Die Gratschrift ist offenbar nur fragmentarisch. Die aus 8 Versen
bestehende Urschrift befindet sich in der Handschrift des Michael a Leone
In der Universitätsbibliothek zu München. Dr. A. Buland die Wirzburger
Handschrift u. s. w, 18.
16
siegte in der deutschen Bildung und influenzirte allmählig
selbst den Sinn der von Kelten in St. Gallen gegründeten,
in ihrem Wissen und Streben viel bunteren Schule. Fuld
ist allezeit der Mittelpunkt künstlerischer Thätigkeit
geblieben; schon im Jahre 779 klingen dort mehrere
Glocken. Sturm hat das Münster mit Säulen geschmückt,
Eigil zwei Krypten und eine Rotunde gebaut, Racholf
und Bruno haben kostbare Zier geschaffen ^).
Nach der Romreise von 748 baute sich Burkard,
schwach und krank geworden und nach Ruhe sich seh-
nend, am Fusse des Marienberges, wo jetzt vor dem
Burkardtsthor die lindenumschattete Andreasstatue aus
der Rococcozeit steht, ein Klösterlein für zwölf Benedik-
tiner, weihte die Kirche der göttlichen Jungfrau, St. Mang
und dem Apostel Andreas, von welchem das Stift bis zum
Jahre 984 den Namen führte. Die Pfarrkirchen von Höch-
berg, Sonderhof en, Heidingsf eld , Büttelbrunn, Erburg
und die Burgkapelle sollten zum Kloster gehören.
Es ist zu vermuthen, dass damals auch eine Holz-
brücke über den Main geschlagen wurde.
Obwohl die Ruhe im Andreaskloster dem vielver-
dienten Bischof zu Gute kam, wollte er doch, der schwe-
ren Bürde ledig, die letzten Tage seines Lebens ganz
in der Einsamkeit zubringen, bat so lange bei Bonifacius
und Pipin, bis ihm die Resignation des Bisthums gestattet
wurde , ging im Frühling 752 mit sechs Brüdern nach
Hohenburg (Homburg) und lebte im dort erbauten Klös-
terlein über zwölf Monate. Weiteres zu unternehmen
hinderte ihn der Tod am 2.*^ Februar 754 2).
Megingoz, sein Nachfolger, begrub den Leichnam
neben St. Kilian im Salvatormünster. Wie sie in Salzburg
die dreikonchige Maximushöhle verehren, in St. Florian
die Gruft an den Heiligen erinnert, zu Regensburg eine
i) MM. SS. IL 377. Browerus antiqq. 23.
V) AA. SS. Oct. VI. 557. seqq..
V. '
. ^
■J
17
▼ielsäulige Kryptit an St. Eiiiard gauahnt, KSin und
Trier walte Cultstätten biergen, so beten auch die Fran-^
ken gerne in der Burkardhöhle zu Homburg. DaBuricard's
HoUunderpedum nicht mehr erhalten ist, kann mit dem
Erhardsstab zu Regensburg kein Verglich gezogen wer-
den. Ob auch Burkard^s Stein- und Holzbauten verfielen,
der Baum', den er mit Bonifacius in die deutsche Erde
gesenkt, steht noeh lebensstark und himmelanragend und
Hunderttausende lagern glücklich in seinen Schatten«
Gottes Segen blieb über seinen Stiftungen. St. Andreas
hat die drei Bischöfe Megingoz, Bernweif undBemward
erzogen und viele Jünglinge in die Schule gelockt; die
Schule bei St. Salvator besuchten die Adeligen von Nahie
und Feme. Viele gefangene Sachsen studierten zu Wirz-
bürg. Karl glaubte durch sie die Christianismrag des
unbändigen Volkes am leichtesten bewerksteUigea zu
können. Zwei aus ihnen, Bathurad und Hadumar, sind
sich als Bischöfe auf dem Stuhl zu Paderborn gefolgt;
der erstere liess es sieh angelegen sein, „prmcipBlem ec^
! cltsimn ingeHH deeore ei grmii opere esfioUere^ ^), baute
t; * dankbar jene KHiansMrche neben dem Dom und wählte
den Heiligen nächst Maria zum Diözesanpatron. So be-
/..,, stieg auch nachmals Haruch von Amorbaeh, welches
nacheinander sechs Bischöfe erzog, den Bischofsstuhl in
v, Verden, der Schotte Hatto, Abt in Neustadt, erhielt die
^ ' Inful von Autun, Erkaoftbert, in W^irzburg erzogen, ist
Bischof ivt Mnden geworden. Sehon Burkard legte den
K Qrund zur Dombibliothek; unter den Benediktinern und
••' Conventsherm am Münster lebten im achten und neun-
^-, ten Jahrhundert viele Sehönachrelb^r und Miniatuvisten.
,^/ Erkambert, Nantolf, Abo, Demerlan, Wemher, Gerbot,
%. Rtiotheim, Gundheri undTiso wollen besonders genannt
KJ sein. Sie verstanden es alle, das Gold flüssig zu machen.
1) SchAten ann. PAde^born. I. 58. Neerolog. AlxUnghoTenBO ap.
Ekhait Francia orlentalis. n. 121.
2
18
mit dem Punzen es zu bearbeiten, den Mennig zu berei-
ten, Initialen und Heiligenbilder auf das Pergament zu
zaubern und die Deckel mit kostbaren Zierden zu ver-
sehen.
Das Plenarium des heiligen Burkard ist ebenfalls
aus dem Dom in die k. Universitätsbibliothek gekommen.
Der Codex im Folioformate 1275" hoch, 97^" breit, be-
steht aus 161 Pergamentblättern, die der Regel nach in
Quaternionen gelegt sind» Das grossentheils gelb ge-
färbte Pergament ist nicht ausgesucht, sondern besteht
abwechselnd aus stärkeren rauhen und dünneren geglät-
teten Blättern. Jede der zwei Columnen einer Seite hat
dreissig Zeilen. Der Hauptcharacter der Handschrift
scheint den Uebergang von der Uncial zur Halbuncial
in einem Zeitpuncte der schon vollkommeneren Ent-
wickelung zu verrathen. Das Alter der Schrift darf
nach Oegg nicht unter das siebente Jahrhundert herab-
gesetzt werden. Ob die den Vorderdeckel zierende 7"'
4^^^ hohe, 4^^ T" breite Elfenbeintafel im. zehnten und
nicht vielmehr im achten Jahrhundert entstanden sei, ist
nicht leicht zu entscheiden. Die' Gesetze sind in dieser
Art der Kleinkunst nicht so scharf zu eruiren wie etwa
in Bauwerken* Auch hier kehren dieselbe» Filigransäul-
chen wieder, welche den kuppelartigen Baldachin tragen.
Leider ist dieser verletzt. Unter dem Schirmdach stehen
die Mutter Gottes und St. Nikolaus. Das Antlitz Maria^s
ist rund und voll wie am Bilde des Codex Adae ^) und
alt wie das einer Matrone von vierzig Jahren; ein
Schieier fliesst vom Haupte nieder, die Gewänder sind
in angenehmen Draperien geworfen und in denHändem
wie byzanthüsch verziert. Das reich und faltig gewan-
dete Kind trägt in der Linken eine Boll^ und hat die
Rechte ausgestreckt wie lehrend und segnend zugleich.
Zur Seite des Bildes stehen die Zeichen MP OV. Niko-
1) Ekhazt L 597.
19
lans ist ohne Mitra, trägt da» schöngezierte Pallium über
der vorne spitz zulaufenden Casula, in der Linken das
Buch, die Rechte ist segnend erhoben. Ihm zur Seite
KG oc- ^®^ Nimbus, die Säume und Gewandverzierungen
glänzten einst' in -Gold. Die Proportionen sind auch hier
gut, einzelne Theile tf efflich ausgebildet. Die griechische
Inschrift scheint zu nöthigen, an italienisch-orientalische
Arbeit zu denken. Doch konnten nicht auch heimische
Künstler griechische Arbeit nachbilden? Früher warder
ganze Deckel mit Silberblech und Edelsteinen geschmückt.
Technisch bedeutend ist noch die durchbrochene Silber-
platte, welche die Rückseite deckt ; diese Arbeit ist in^s
zehnte oder elfte Jahrhundert zu setzen. Die Platte ist
auf einen dicken gemusterten gelben Seidenzeug gelegt,
welcher zugleich als Ueberzug des Einbandes dient. In
der Mitte thront Christus auf einfachem Sessel und dem Re-
genbogen. In dem umlaufenden Kreise steht HAIESTAS.
Den Herrn umgeben die geflügelten Evahgelistensymbole.
Auch hier kehrt bei HARCUS, HATHAEUS die alte
griechische Form dci M 'wieder. Die Art der Arbeit
ist das opus interasüe, wie Mönch Theophilus in der
schedula genau es schildert. Das Silberblatt vnirde erst
auf den Ambos gelegt, die Felder, die Zeichnungen mit-
telst der feinen Eisen und des Hammers herausgeschla-
gen und die Enden sorgfaltig geglättet.
Der übrigen ziemlich zahlreichen Manuskripte des
achten Jahrhundert!^ kann hier nicht weiter gedacht wer-
den. Des prachtvollen Elfenbeinreliefs, welches Rossi
in^s fünfte Jahrhundert setzt, das mit seinen siebenünd-
dreissig Figuren und glänzend gearbeiteten Ornamenten
Tutilo^s Himmelfahrt Maria^s und dessen thronenden
Christus im Cod. ms. nr. 52 zu St. Gallen aufmegt, ja
übertrifft, wird bald Erwähnung geschehen. Den beiden
gezieichneten Elfenbeinarbeiten aber treten in Deutsch-
land nur die Darstellung der Messe in der Frankfurter
Stadtbibliothek und der Deckel des Eptemacher Evan-
2*
so
gelienbuckea Otto^s II. in dei^ Bibliothek zu Gotha mit
der Darstellung der Kreuzigung ebenbürtig zur Seite;
auch die Kreuzigung auf einem Evangeliar in der Bib-
liothek zu Dresden (A. 63) gehört in diese Reäe, sowie
jenes jüngst in^s bayerische Nationalmuseum in Münehen
übergegangene Relief der Grablegung aus dem sechsten
Jahrhundert, welches an Beiz der Erfindung, Reinheit
der Formen und Feinheit der Gewandmotive als em
kleines Wunder erklärt wird. Das Jagdhorn in der
Kunstkammer zu Berlin aus dem neunten Jahrhundert
und die Kanzelreliefs im Münster zu Aachen aus l^aro-
lingischer Zeit fallen in eine andere Kategorie.
§ 3. Hegingos, Ootzbald, Arno.
Bischof MegingoB (754—794), ans altem frankisehen
Geschlechte, noch von Bonifacius consecrirt, nahm 774
an der Einweihung von Lorsch Theil und baute vier
Klöster. Auch er zog sieh am Snde seines Lebens nach
Kloster Horlach-Neustadt zurück und starb dort. Da er
mehrere kostbare Codices mitgenommen hatte, gab es
beim Beginn des neuen Regiments unter Bernweif heftige
Auftritte. Bernweif verlegte seine Wohnung vom An-
dreasstift, wo Burkard und Megingoz geblieben waren,
in die Conventgebäude bei St. Salvator, jagte die dort
lebenden Mönche fort, un4 gab so zur Blüthe von Klos-
ter Neustadt den Anlass.- Unter den Bischöfen Ludjrich
(800-803), Egilward (fSlO), Wolfger (810— 832), Huto-
l;)ert und Gotzbald (-r-85d), mehrten sich im Sprengel
Kirchen und Stifte. Die höchst einfachen Denksteine
dieser Bischöfe gingen beim Dombrand am 5* Juni 894
zu Grunde. Eben sangen die Conveiitshevrn die Vesp^,
als der Blitzstrahl zündete und ra8<^h den Bau vermehrte.
Die Glocken schmolzen und die Schätze im CiU&er v^r*
brannten. Uft Mi|he wurden di^ QeiligthöwiQir gerottet«
Wfts das Feuer nicht frass, warf nicht lange darnach,
fBgto die Annale» Vön Fuld bei, ein heftiger Sturihwind
zusammen <). Das Salvatormünster lag nun wüst voili
Jahre 864—990, obwohl die Diploäie des Königs Lud-
Mrig 657 und des Kaieers Arnulf 88d und 895 sie als
Episkopalkircke bezeichnen 2).
Bidehof (rotzbald, vorher Abt von Neustadt und
Altacfa , Boss die ReBquien in ein nahestehendes Orato-
rimn, wahiischei&Ueh in die Martinskirche, transferiren,
kauft» einige Häuser an, konnte aber nicht mehr an die
Ausführung des Planes, einen neuen Dom zu bauen,
g^hen. Bisehof Arno nahm das Werk mit Energie auf,
Hess die HöUiser med^reissen, von der Brandstätte des
alten Domes noch bräuchbares Material auslösen und
aclßlttnäzwanzig Jahre sm neuen Dome bauen; im Jahre
691 consecrkte er ihn zu Ehren des heiligen Kilian in
Geg^ifwart vieler Fürsten und Grafen und ungezählter
Yölksschiaären. Dieser Arnobau erhob sich an der Stelle
des jetaigeti Domes, während der Sal^atordom die Stätte
von NeumüDäter eingenommen hatte. Vom Bau des
Jahres 891 steht kein Stein mehr.
Bischof Arno verstand nicht bloss die Regeln der
Baukunst, wie das die Zeit von einem Bischof erforderte,
sondern wusste auch wie riur zuviele seiner Amtsbrüder
dos Schwert au fdhren. Als Anführer fränkischer Heere
gegen Normannen, Bilhmen und Mähren Wurde er im
Jahre der Domweihe erschlagen und vom trauernden
Volke im Mimster zu Grabe geleitet*). Noch 1808 sah
man seinen D^kstein mit der Inschrift; IIIIDUS GULII
ARN EPS. O. Unter PhlKpp von Greifenklau hat der
Hochfitiftskalender Mn 13^ Jüli die iesütäs S. Arnonfs
, i) Rudolfus ann. Fuld. MM. SS. I. 369.
V) Ekhart Francia. oH«ttt. U, 887. Chronic. Wirziburg. MM. SS.
VI. 28.
8) Beginonis Ohronicon MH/SS« I. 6^5.
22
Martyris verzeichnet. Bischof Rudolf verwickelte sich
in die Babenbergischen Händel, unter Thieto (f 982)
brachen die Ungarn herein«
Nicht viel bedeutender als in der Kschofsstadt ist
die Bauthätigkeit im Sprengel« Wie schon das National-
concil auf der Salzburg im April 742 der Reliquiarien,
die im Kriege mitzuführen wären, liebend gedacht hatte,
so ordnete auch der Converit vom Jahre 804 ebendort,
dem der Kaiser anwohnte, dass Kirchen neugebaut und
restaurirt werden sollten. Es wird in der Versammlung
der Bischöfe bereits vqn Baptisterien aus alter Zeit ge-
sprochen ^ und bestimmt, dass derjenige, welcher eine
Kirche auf eignem Grunde erbauen wolle, diess nur mit
Wissen und WiUen des Bischofs thun könne'). Das
fünfte Capitel des fünften Capitulars von 806 handelt
„de thesauris ecclesiasHcis" ^. Zu Kitzingen stand eine
ansehnliche Basilika. Bonifacius hatte das Kloster der
frommen Thekla übergeben (f 760). Dort lebte Ada-
loga, die vielumworbene Göttesbraut. Jn Ochswifurt,
dessen ehrwürdiges Münster noch heute den Archäolo-
gen erfreut, bauten sie über den Gebeinen der Heiligen
Cyprian und Sebastian, die Gotzbald aus Rom mitge-
bracht hatte, kostbare Theken. Die neue Basilika, welche
der Abt von Neustadt 841 vollendet hatte, weihte Bischof
Humbert, dem auch Holzkirchen undLauffen ihr Dasein
verdanken. Zu Bischofsheim a. d. Tauber gründete die
hochgebildete Lioba eine Schule für fränkische Mäd-
chen. Nach dem Tode dieser wunderbaren Frau (779),
die auf dem Petersberge bei Fuld begraben liegt, ist das
Kloster um seine Bedeutung gekommen. Die Mattencelle
im Saalgau gedieh bald an Fuld. Die Dotationsurkunde
von^Megingozhausen gewinnt insofern Bedeutung für den
i) Ekhart Ftincia orient. IL 102. 705. 759. 874.
2) Himmelstein synodicon herbip. 11. 12.
3) Kkhart Francia oiient. 11. 106.
28
Kttnsthidtoriker, als in derselben Graf Megingoz und
GrSfin Immina detaaUiren, dass sie der Stiftung ihres
Hauses Megingoehausen Codices, kirchliehe Paramente,
Kapsen, Kelche, Patenen, Kronen, Weihrauohfässchen,
Leuchter, Planeten, Dalmatikm, Pallien, Antipendien,
Sedilien, alle diese Greräthe mit Gold und Silber ver-
ziert, geschenkt hatten^). Juliana, die Schwester des
Bischöfe, war die erste Aebtissin des Klosters. Es folgten
sich auch in dem jetzt von der Erde rasirten Schwarzacb
Aebtissinen aus dem karolingischen Hause, so Theodrada,
Tochter Karls, Hildegardis und Bertha, Töchter Ludwig
des Deutschen* Schwarzach ist im Jahre 877 ein Mönchs-
kloster geworden. Ausser der zweifelhaften Gumbertus-
Stiftung von Onolzbach und Murhardt am Kocher (817)
müssen die Klöster Schlüchtern an der Kinzig, Hünfeld
und Milz zwischen Werra und Saale . genannt werden.
Giunbertns ist nicht ohne Bedeutung fUr die fränkische
Kunstgeschichte; FioriUo kennt ein Evangeliar mit einer
Miniatur, das der Klosterstifter selbst geschrieben haben
soll^; eine kostbare Bibel aus. St. Gumbert, die 15 Ta-
lente gekostet, befand sich in der Bibliothek zu Ans-
bach; zu Schalkhausen schildert ein Altar sein Leben;
das Grabmal im Chor des Münsters zu Ansbach stammt
von 1523. Die Aschaffenburger wollen, dass auch bei
ihnen Bonifacius ein Martinskirchlein gebaut und so die
Fundamente zum grossen Stifte gelegt habe ^). Heidings-
feld, das wie Kitzingeii vom Kuhhirten Cuccingus so
vom Badulfinger Heddan seinen Namen herleiten möchte,
führt St. Egid in die Zeiten Burkard's hinauf; auch
ist es wahrscheinlidi gemacht worden, dass die Ruinen
der Peterskirche am Petersstalle in der Rhön aus den
Zeiten des heiligen Bonifacius stammen. Sturm aus Fuld,
<) Us 8 ermann Cod. prob. 7.
s) Fiorillo Getoh. d. ittchn. Künste In Dentichland I. 336.
9) ArchW IV. 2. 37.
8t
den einst, da er ktänk vö^t Rom heiddcebrt«, die Freuen
in Eatzingai in jnilde Pflege nalimea^), soll ein^e Zeit
in jen^n c&cheiMinwaii8chtwi P£affenIiAiise sa Btehofe w
der Landeagrense bei Fladungen gewolint baben^ ein
bobes Maverwetk äXük QoBdeni, df eissig Fuds im Dtodi-*
messer des OtaIs, ei^infnert wenigstens an die ättesieii
Zeiten^), äo £og aicb aaeb Baugnkf YomFidd wie Stuml^
Burkar d und Megingoa, da die Senne seines thatenrei-*
eben Lebens sieb zum Niedergange neq^te, in die 6e«
gend von Gemünden (80^ und Idbie dort dreiaebn Jabre
mit einigen Brüdern. Aus dem vetrbiaseneB Bangulfe^
münster ist das j^sage Wolüsmiinsler geworden» Bi^
sidiof Bernweif baute Txerzebn Kireben kn Lasde der
JBlaven: Konnersstadi, Wecbearode, Müblkaiiseii 5 Er-
langen , Forekbeim^ HaUstadt, JBrack, Bambeorg, Bälor
nacb, Hoebstett, ßoytissd&ld, Hasladb, Oberbeld und
Geiselwind. Zu jeder Kircbe wurden swei Mengen Lan-i
des geseblagen, die Colonen xnussten an die Priesti^ ^n
Zebent zabien. Unter Bemwelf sab des Fvankenlaiifit
auch den von Rom zu Karl nacb Paderborn fliehenden
Papst Leo III. Wirzbnrg vermochte bereits bedeutende
künstlerische Kräfte abzugeben und bat wie änlzbärg^
Passau und Regensbut g zur Cbristianisirung und Bilr
düng der slaviscben Stämme einen guten Tbeil beige-
tragen. Arnulf bat den Besitz dieser Kireben zwiacben
Mfiin und Rednitz bestätigt ^. IXetmar von Merseburg
berichtet, dass tier badlustige Arne nacb dem Muster
des neuen Domes in ^dm Jahren neun Kireben im
Sprengel erbaute*)*
Wie durch Burkard und seine Naehfolger in Wirz-
burg 80 wurde durch Willibald im Sprengel von Eich-
1) Vita Sturmü c. 14.
2) Archiv X. 2. 6. ff.
3) Ussermann Episc. Wirceb. 3. 6.
*) L«ib.iiitz Script; rtr. Braiicrw. I« SSi« Skk4rt Fnsd* orient.
IL 443. . . •
35
siidt die Kiu^t gefördert. Um die IKnnkisfche und diä
MiarieBkApelle gvuppirtea sieh nach und nach zahlreiche
Bauteil. Die Ldtung de» Ton Wumbäld gestifteten
Klosters öbernahai. Walbucgis^ in deren später entstan-
deiieiu KlcMHter im Eiehstädt die heilige Nadelkimst in
iM»»geBeicfaneter Weiee geübt wurde, wie die (freilich
M» änderen Jälurhunderten stammenden) Antipendien-
stiekeFei^ und T^piche im bayerisehen Nationalmuseum
«U Mttilehen beweisen- SoleiAofen baute Sola; eine
uralte AltartaifM schildert seine Thaten nach der Bio-
grftl^e des Mönches EnKenricus? von Ellwangen (840) *)•
Deocimr baute Hasaiied) w&lirend die NikoIauskapeHe auf
det Wüebürg (gleiefc Weihenstepfaan bei Freismg) ihren
Vissprung Auf den Arnuliinger Pipin den Kurzen zurück'
f i|hrt. Dali^ Klmtev Gkmzenhaaisen im Sualafeld wie das
jFttugf^^uimst^ M4Mtytieim gehöre in diese Zeit. Das von
Si, Sobald gegröndete Nürnberg wie Bamberg können
ki«o«ttnstoi<iseh kn ersten Jahrtausend nicht in Betracht
komime». .
Statt der der Zeit verfallenen Ärchitekturwerke
wissen auch in dieser Periode wie in der bereits abge-
laufenen einige Werke der Kleinkunst von der Kunst-
übung sprechen.
Die durch Bischof Hugo geschehne Translation der
Gebeine Burkard's aus der Westkrypta in Neumüjister
nach dem Andreasstifte und die Neubauten Heinrich's I.
und Adalbero's am Neumünster Hessen das Denkmal
des ersten Bischofs Burkard im St. Salvator nicht auf
uns kommen. Die bekannte fehlerhafte Steinschrift aus
der Zeit des Mönches Egil ward kann nicht Ersatz bieten.
Die Tumba des Bischof Megingoz aber blieb trotz viel-
fachen Missgeschickes erhalten, und hat seit Ekhart den
Archäologen und Philologen genug zu schaflPen gemacht.
Als Megingoz am 26. September 799 gestorben war, liess
^y-Bitt^eiihiMwmmnB^d^i» (1791) 99. 115.
36
Bernweif seine Hülle mit grosser Feierlichkeit in die
Stadt führen und sie in einer Tumba neben Kilian und
Burkard beisetzen. Der Brand von 864, die Bauten von
990, 1000 und 1057 scheinen auf das Grabmal keine
Bücksicht genommen zu haben. Erst als man im Jahre
1711 die Fundamente grub, um den Tambour und die
Kuppel von Neumünster sprengen zu können, entdeckte
man dasselbe unter der Stiege zur Orgel, in einem ganz
finsteren Gewölbe, „wohin weder das Sonnenlicht noch
des Menschen Auge gelangte^. Es ist klar, dass die
Gruft früher weiter ausgehnt und der Sarg wlirdig ge-
stellt war.^) Da man den Oberdeckel vom Steine hob,
fand sich die Asche eines vermoderten Körpers, ein
Theil des bischöflichen Pedums aus HoUunderholz mit
einem kleinen aufgesetzten Hom und erzenem Manubiium.
Deckel wie Schrift und Tumba faUen in den Anfang
des neunten Jahrhunderts; wie am Kilianssarg mangelt
auch hier aller Zierrath. Der Megingozsarg hat jedoch
bedeutendere Dimensionen, ist 7' 3" lang, 2^ 7" hoch, 2*
2" breit, T dick.
Die in Kapitalmajuskeln eingemeisselten Distichen
der Oberfläche des Deckels lauten':
Praesulis hie tegitnr famosi cespite corpus
Terram terra tegit sps astra petit.
MagiQgodus in bac antistes sorto eecundas
Exstltit atq pio promptus in officio.
(Excepit) quondam Bonifacius arcis honorem
Perduxit sacro constituitque gradu.
Yixit in hoc mundo castus sine crimine vates,
Mortons in xpo praemia carplt oTans.
In der Krypta und Kirche von Neumünster wurden
alle Bischöfe bis Gozbert begraben. Im Jahre 1512 fand
man, wie Fries erzählt, mitten in der Kirche einen Stein-
sarg, dar&i eine halbe Hirnschale mit einigen Haaren,
1) Ekbart FranciA Orient. I. 524* Oropp vit» Kiliani etc. p. 75.
27
das Obertheil von einem Bischofsstab, einen Theil von
einem seidenen Kissen: es war der Sarg eines Bischofs.
In einem Codex des neunten Jahrhunderts, dereinst
der Kathedralkirche gehörte und eine Augustinische
Schrift enthält, ist folgende Schankung an den Dom auf-
geeeichnet« Es wurden gegeben: 2 Silbergefässe , 4
speroms, 2 Coopertorien, 12 silberne und erzene Kapsen,
4 Kreuze von Gold, Silber und Erz, 8 Altartücher von
Seide^ 2 von Linnen, 8 Casulen, 2 silberne Kelche,
1 gläserner Kelch, 6 camisae cum tonis, 2 seidene
Tücher, 5 wollene Tücher, 2 Orarien, 5 Missalien, 3
Comüi, 2 Psalterien, 1 Bauchfass, 1 goldenes Kreuz mit
Beliqtiien vom Kreuze des Herrn und „palmae paratae^, *)
In das neunte Jahrhundert ist der Codex nr. 65 der
U.-BibL zu setzen. Die Eyangelien sind schön auf Per-
gament in Doppelcolumnen geschrieben. Einst umgab den
Vorderdeckel elegante Filigranarbeit, aus Silber und ver-
goldet, mit vollendeter Technik gearbeitet. Sie ist bis auf
geringe Beste verschwxmden* Desto mehr erfreut das
glänzende Elfenbeinrelief mit seinen siebenunddreisig
Figuren, welches Rossi, der grösste Alterthumskenner
jenseits der Alpen ins fünfte Jahrhundert setzt und das
jedenfalls zu den merkwürdigsten Reliefs in Deutschland
gehört. Das Rechteck ist 10" 5"' hoch, 7" breit. Die
umschliessende Blattornamentik ist meisterhaft gearbeitet,
die Zacken der Blätter überaus zart und schön. Der
sie gemacht, war seines Instrumentes vollkommen Meister.
- Wir müssen von Oben nach Unten drei Abtheilungen
unterscheiden. In der oberen Abtheilung wird . uns die
Hochzeit zu Kanna vorgeführt. Sechs Hochzeitsgäste
sitzen um einen länglichrunden Tisch, sechs Hydrien
stehen ihnen zu Füssen; der eine trinkt, zwei Jünglinge
kredenzen den Wein. Der Mutter sieht man im Antlitz
den Kummer an, mit dem sie eben zum Herrn spricht:
1) Petz tlies. aqecd. V. I. 86.
j^sie haben keinen Wein mehr*^. Anch dem Worte des
Sohnes : „Weib, was geht das mich an^, wollte der KüiMSt-
1er den Ausdruck geben. Apostel stehen hifitet dem
gottlichen Meister. Im zweiten Felde wird uns die Aus-
treibung aus dem Tempel geschildert. Eine reiehe dra-
matische Scene. Die Vorhalle ist voll von MScklem
und Verkäufern: sie müssen j9iehen vor dem aümenden
Gotte. Der eine fuhrt sein Lämmchen fort, der andere
sucht das Rind weiter zu schaffen, ein dritter will mit
dem Taubenpaar entfliehen, der vierte trägt sein Ge-
schirr. Vor allen steht der Meister mit hochgeschwungener
Geisel, die Jünger zürnend hinter ihm. Das dritte untere
Feld zeigt uns die Heilung des Blinden. Den Kinden
begleiten fünf Juden, sechs Apostel umgebeü den Herrn,
der auf sein Auge die rettende Erde streicht. Das Ge-
falte der Gewänder ist durchweg edel und verständlich
geordnet, der Parallelismus in den Gruppen bestimmt
und trefflich ausgesprochen und auf die Hauptfiguren
besondere Liebe verwendet. Christus, der die Geisel
schwingt, ist vollkommen schön, der Jude der den Blin-
den führt, könnte nicht besser gezeichnet sein, Maria,
die dem Sohne die Noth klagt, wie steht sie so würdig
und schön? Diese Köpfe bedeuten etwas, der Meister
hat ihnen Leben eingehaucht und Naturwahrheit seinem
Gebilde gegeben. Von starrer Steifheit ist wenig zu
merken. Das Relief ist der kostbarste Schatz im reichen
Cimeliensaale der Universitäts-Bibliothek. Es ist Pflicht
der deutschen Kunstschriftsteller, davoft geriauere Notiu
zu nehmen, als bisher geschehen ist.
Wiweitem CupIteL
Romanisclie Periode.
A. FrfibronaBisehe Werke.
(922—1100.)
§ 4. TUeto, Burkard U^ Stephanus.
Im Jahre 908 zogen die Ungarn verheerend durch
Thüringen und das Sachsenland und siegten in der
Schlacht am 2. August über die Ostfranken und Sachsen.
Bischof Rudolf von Wirzburg, Graf Egino vom Badenach-
gau, Graf Burkard von der Thüringermark verbluteten
mit vielen Edlen. War auch der Jammer und die Zer-
stönmg nicht so entsetzlich wie in Bayern, dessen Fürst
Luitpold mit den Besten des Landes 907 in der dreitägigen
Schlacht bei Pressburg gefallen war : das hässlfche Rei-
tervolk vernichtete immer genug von den Werken der
verlebten Generationen. Im Jahre 910 schlugen die Hor-
den den Konradiner Grafen Gebhard vollständig und
schädigten "V^rzburg auf das empfindlichste ; glücklicher
widerstand fünf Jahre später Abt Hugo von Tuld , der
den Barbaren so recht die Beutelust vertrieb *). Die von
1} Boelimer fontes HI. 164.
30
König Heinrich 924 und Herzog Arnulf 926 abgeschlos-
senen Verträge brachten wohl einige Jahre der Ruhe,
ohne aber vor der grossen Lechfelflschlacht Sicherheit
zu bieten.
Nicht minder verderblich für die Kunstentwickelung
Ostfrankens wurde die wildeste Fehde der Zeit *), welche
die drei Babenberger Adalbert, Heinrich und Adalhard
gegen die gewaltig aufstrebenden Konradiner in- Rhein-
franken, Ostfranken und Lothringen, gegen Gebhard,
Eberhard und KonrÄd führten. Bischof Rudolf, selbst
ein Konradiner, hat seinen Sprengel tief in das Unglück
verwickelt. Die siegreichen Konradiner überkamen in
dieser Zeit die unbestrittene Führerschaft des ostfränki-
sch^n Stammes. Zwar missglückte der Versuch des Kö-
nigs Konrad I., die junge auf dem Wege der Revolution
emporgekommene territoriale Fürstengewalt zu brechen,
der Bayernfürst Arnulf setzte zu unbesiegbaren Trotz
entgegen; auch wurde nach Konrad's Tode das Szepter
von seinem Geschlechte genommen und Sachsen durch
die Liudolflnger das Hauptland des Reiches, wie es bis-
her Bayern gewesen war; aber nach wieder hundert
Jahren kürten die Deutschen zum andermal Einen aus
dem unbeugsamen Konradinergeschlecht, Kourad H.;
er imd sein grösserer Sohn machten Deutschland zur
alles erdrückenden Centralmacht Europa's. Die so glän-
zende Stellung der schwäbischen Staufen konnte die
Machthöhe der Konradiner nicht erreichen.
Die nicht bedeutende künstlerische Thätigkeit von
Wirzburg im zehnten Jahrhundert knüpft sich an die
Bischöfe Thieto, Burkard H. und Hugo; Heinrich L
steht leuchtend am Eingang des zweiten Jahrtausend.
Im Jahre 922 verzehrte das Feuer das Dotnkloster
und den Dom. Mit den Urkunden ging manches kost-
1) Reginonis Ühroaicon MM. SS. I. 607. 610. Ekhart Franciä
Orient. II. 300.
31
bare Gerätbe verloreiL Bischof Thieto liess die Diplome
durch König Heinrich I. erneuern und die Vorbereitungen
zu einem Neubftu treffen. Burkard 11. (932 — 941) voUen-
dete, was er begonnen und 940 wurde der Küiansdom
geweiht. Es scheint diesem Bau die geziemende Würde
und Festigkeit gefehlt zu haben; es ist keine Spur
von ihm erhalten.
Durch den Brand war auch die Domschule zu Scha-
den gekommen. Die Bischöfe Poppe L und Poppo II.
(941 — 984), mk Kaiser Otto verwandt und gerne in sei-
ner Nähe gesehen, wendeten ihr alle Sorgfalt zu. Poppo 11.
brachte aus Italien kostbare Bücher und den ausgezeich-
neten Magister Stephanus mit. In einem Homilienbuch
schrieb Stephens einige Distichen nieder, die uns über
sein Vaterland Aufschluss geben:
Novaria^genitus .... prae n^oenibas alta
Utraque nt patoit doctor in urbe fui.
Ast Poppo Antistes hanc me perduxit in urbem •
Qua sophiae studUs dogmata crebra dedi.
Qaos babui paucos decrevi tradere Ubros
. Martyr saacte Dei en Kiliane tibi.
Caetera quae restat mlhimet sat parva supellex
Gedat fraternis usibus apta nimis.
Qnisqnis ades nostri roglto possessor otUis
Adde dtem mortis quem Deus ipse sapit.
Actum anno Dominicae Incarnationis
DCCCCLXX XVII Kai. Aug.
Stephanus zeigt sich uns in diesen wenigen Worten
als ein erfahrener, edelgesinnter und frommer Magister.
Seine Geschenke an die Dombibliothek, die Verbindung
der zwei Poppo mit dem Hause der Liudoliinger, die
Reisen Poppers II«, Gotzbald^s und Burkard^s nach Rom
und der Reichthum des Stifts mögen uns das Dasein
mancher byzantinisirender Scülptur in. Elfenbein erklären.
Zu Wirzburg wurden die Wissenschaften nun sehr eifrig
betrieben. Man lernte nach Marcianus Capeila, liess das
Quatrivium dem Trivium folgen und suchte den Wissens-
kreis der Zeit zu beherrschen. War ja der Horizont bei
allem Eifer and allen Mitteln relativ klein. Ausser fler
theologisch-dogmatischen Sphäre trieb man Orammatik,
Rhetorik und Arithmetik; Geometrie und Astronomie
traten in den Hintergrund, mehr ward die Musik gepflegl.
Auch die mechanischen Künste fanden in den Dom- und
Klosterschulen, und nur in diesen, ihre Stätte. Innerhalb
dieses Kreises aber, welch' ein emsiger treu sich Möge-
bender Fleiss! In diesen Schulen wuchsen die Miniatu-
risten und Schönschreiber auf, da lernte man in Elfen-
bein zu schneiden, die Kirchenwände au malen, die Ba-
siliken zu bauen, Verse zu machen und anaiiithig zu
singen. Der Klerus wurde bei Magister Stephanus unter-
richtet, der fränkische Adel schickte seine Sl^me in dit
Stadt. Heinrich, der Neffe des Bischof», verliess mit
Graf Wolfgang von Pfullingen die Schirfe von Rei-
chenau, um in der Domschule seine Ausbildung zu vol-
lenden. HeinrichistErzbischof in Trier, Wolfgang, nach-
dem er Scholaster in Trier, Kok imd Einsiedeln gewe-
sen, der grösste Bischof in Regensburg und einer der
volksthümlichsten Heiligen geworden. Wirzburg hat ihm
selbst eine Kapelle gebaut Nach Stephanus müssen
Gerbotus und Franko als Domscholaster genannt werden.
Als Bischof Poppo IL 984 in Regensburg gestorben
war'), wurde ihm Hugo aus einem fränkischen Grafen-
geschlechte (984—990) , der eben als Kanzler Otto's H.
in Rom weilte, zum Nachfolger erwählt. Seine Liebe
schenkte er ganz dem heiligen Burkard. Vor allem er-
wirkte er bei Papst Benedikt VII. die Heiligsprechung
desselben. Dann ging er daran, im Andreasstifte ihm
eine würdige Stätte der Verehrung zu bereiten. Dort
hatte besonders seit 934 Magister Reginhard , der Ver-
fasser physikalischer und mathematischer Schriften, und
trefflicher Schulmann, der Domschule siegreich Concur-
^ Gonttnnator Reglnonls HOf . SB, I. 6n.
renz gemacht >). l^ehrere ^ebte erfreuten sich der Gunst
der Liudolfinger und gingen mit den Bischöfen auf die
Synoden. Besonders geniesst Adalbert, der Ruthenen-
apostel, die allgemeine Verehrung 2). AbtKero erscheint
als kaiserlicher Visitationscommissär in St. Gallen. Gleich-
wohl wäre das Stift verfallen, hätte nicht Hugo mit ret-
tender That eingegriffen. Er restaurirte Kirche und Klos-
ter, schaffte die nöthigen Paramente in die Sacristei^
versah sie mit Einkünften und lud das Frankenvolk zu
einer grossen Feier. Ein dreitägiges Fasten wurde an-
geordnet, dann die Gebeine Burkard's aus der Kilians-
krypta erhoben und am 14. Oct. 986 in Begleitung unzäh-
liger Volksschaaren nach dem Andreasstifte übertragen^).
Ein neuer Marmorsarkophag nahm die Gebeine auf, das
Haupt wurde in eine silberne Cista gebracht. Die
Sage will, dass der Sarg durch eine vom Thurme stür-
zende Glocke zerschmettert und das Beliquiar 1631
von den Schweden geraubt wurde ; soviel ' ist sicher,
dass Niemand mehr Kunde hat, wo die Gebeine des ers-
ten Bischofs von Wirzburg hingekommen sind *). St. An-
dreas gab zum Ersatz an den Dom die Reliquien des
Engländers Magnus ab, verlor seinen Namen und wurde
von nun an St. Burkard genannt. Die Mönche leitete
Abt Arnold, den Leupold von Hirschau geschickt hatte,
und Bernward der Prior. Alle Jahre hat man langehin
das Gedächtniss der Translation Burkard^s gefeiert und
oft Synoden in diesen Tagen gehalten. Vom Bau des
Bischofs Hugo steht in St. Burkard kein Stein
mehr auf dem andern.
Wir sind entweder unvollständig durch die zu Ge-
bote stehenden Quellen unterrichtet, oder müssen die
i) Trlthemius annales I. 72.
S) Wie Und historisebe Dtntellung dei Stiftes St. Burkard I. 6.
I) Mablllon AA. SS. 0. 8. B. Ut. 1. 717.
«) Oegg Korographie I. 732.
8
34
alten Würzburger gleichwohl einiger Undankbarkeit ge-
• gen ihre zwei grossten Wohlthäter anklagen, indem si«
das ehrwürdige Centralmiinster des Landes von 854 — 990
in Ruinen liegen liessen. Erst durch Graf Einhard aus
dem baulustigen und kunstsinnigen Geschlechte derer
von Rothenburg erhob sich 991 ein Oratodum (aedicula}
an der bekannten MarterstUtte und wurde St. Kilian^s
Grab genannt. Es stand nicht viel über zehn Jahre.
An der Liebfrauenkapelle und der uralten Märtins-
kirche hatten die Meister wenig zu thun. Der Grabstein,
welchen der beim Kiliansfeste 994 erschossene Mark-
graf Leopold vom Ostland im Dom erhielt, ging wie
jener seines auf der Hirschjagd 1015 unglücklicher Weise
getödteten Sohnes Ernst von Schwaben verloren. Fries
sah noch die Tumba Ernstes beim Denkmal des Johann
von Wertheim in der Mitte des Doms, konnte aber die
Inschrift nicht mehr entziffern. Wie gut stände da ein
Vergleich mit dem bekannten Arnoldstein in St. Em-
meram? Von einer Schenkung (dieses Herzogs Ernst)
zweier Hüben in Giebelstadt haben sie im Dome noch
lange ein Ewiglicht unterhalten.
Otto, Herzog in Bayern und Schwaben, hatte das
Collegiatstift zu St. Peter und Alexander an der Aschaft*
gegründet, mit den Kirchen von Rohra im Grabfeld,
Sulz und Brend beschenkt und Willegisus eine Schule mit
dem Münster verbunden, in welcher dem Gesang be-
sondere Pflege gewidmet wurde. Bischof Bernwardus
(990—995), auch ein Rothenburger, erwarb seinem Stifte
mehrere entrissene Rechte.
§ 5. Bischof Heinrich.
Mit Ausgang des Jahrtausends tritt ein Mann in die
Reihe der Bischöfe, welcher seine Zeit vollkommen be-
griff und für sie passte. Unternehmend , hohen Sinnes,
baulustig, reich und technisch gebildet wie er war,
35
konnte der Wahn der Zeitgenossen, dass mit dem Ausgang
des Jahrhunderts das Weltende hereinbreche, durch ihn
nur zum Vortheile der Kunst umsehlagen. Es ist Bischof
Heinrich L, Graf von Rothenburg (996—1018), Bruder
des Erzbischofs Heribert von Köln. Wenn er auch nicht,
wie ein Augustus, eine Stadt aus Lehm und Ziegel vor-
fand und sie in glänzender Marmorherrlichkeit bei sei-
nem Tode verlieäs, so hat er doch die Zahl der Münster
in derselben ansehnlibh vermehrt und die Pracht im
Hause des Herrn sehr gehoben. Erst wendete Heinrich
seinen Blick in die Diözese. Da auch et dem sächsischen
Kaiserhause sehr nahe stand, bewog er sonder Mühe den
Kaiser Otto IH., den Rittersitz und das Dorf Rorlein im-
ter Frankenberg in der Herrschaft Henneberg, welches
ein Kronlehen war, in ein Mönchskloster umzuwandeln.
Vier Jahre wurde vom 15. August 996 an gebaut. Mönche
aus St. Georg in Thüringen bevölkerten die Georgenzelle.
Zu Lauffen wurde über dem Grabe der jungfräulichen
Regiswindis 998 ein Benediktinerinnenstift gegründet *).
Auch Schwarzach wurde verschönert. Die Kathedralstadt
sollte aber vorab in würdigerem Schmuck der Tempel
erscheinen. Während Bischof Wolfgang in Regensburg,
ehe er sein heiliges Amt antrat, eine Woche hindurch
jeden Tag in einer anderen Kirche zu Gott und seinen
Heiligen um Weisheit und Stärke flehte, zählte Heinrich
in Wirzburg nur fünf Kirchen und unter diesen die kleine
Rotunde auf dem Berge und das unbedeutende Küians-
grab. Auch die Zahl der Klöster deuchte ihm zu gering
zu sein. Heinrich griff energisch ein. Ulf ich von Augs-
burg, Reginald von Eichstädt, Piligrim von Passau und
Wolfgang von Regensburg mochten ihm wie Willegisus
in Mainz und Meinwerk von Paderborn Vorbilder sein.
Die Dome zu Basel, Worms, Bamberg und Halberstadt
wurden gebaut, in Lattich war Notker, in Konstanz Kon-
1) Ludewig SS. WB. 450. K. Klunzioger Geschichte d. Stadt
Lauffen a. N. (1846) 28.
3«
rad tb^ig, Oerfiert hatte die Wissenscliiift der M^tbe-
n^itik in die Kunst gebracht Di^ Baulust der Zeit war
f^usserordentlich. Das Zeitalter der grossen deutsebp^i
^ischpfe WIM* herangekommen.
Querst baute Ii(einrich n^h Beseitigung des Orato^
rii^ns ein sjbattlicbes Münster mit Krypten und Thnrm-
werk über dem Gr^be des Frankenapostels. Der Mei-
fipiig Oropp^s *)> dass nur eine Vergrösserung der oßdh
c^ ^flifmi erfolgtf9, ist nicht beiznpflichten. Pie Häup-
ter 4^r drei Ileiligen wprden in goldenß und silberige
f^kfijien gefasst und zur Verehrung ausgestellt. Vi^le T#.u-
sende pügerten vom Jahre IQOO a^ in die Krypten von
Neumünst^r. Mönche bewohnten bis zum Jahre 10^7 ^ie
Conventsgebäude, dann zogen die Knönche von St. Ste-
phen ein. Vom H^prichsbau steht noch
Die Ostkrypta in Neumünster.
Sie ist über 80^ lang, 28' breit und ruht auf 18 ßäu-
l/en. Von der in der Rococcozeit eingesprengten Ton-
nenwölbung^ von der damals nach Innen verbauten Apside
und den erweiterten Lichtöffnungen muss abgesehen wer-
den : die Sänlen nehmen alles Interesse in Anspruch. An-
ders sind aber die zehn westlichen Säulen construirt, an-
ders die vier um die Ostung und verschieden von diesen
stehen die vier in der Mitte. Sie tragen nicht frei, diese
Säulen, wie in den Krypten zu Bamberg, Fr^^ising, Nonn-
berg uqd St. Emmeram, sondern erscheinen uns säjfnmüich
eng mit den Mauern verbunden, so dass von denen im
Osten und Westen kaum einzeln^ Qlieder beobachtet
werden können. Den ^ßk^ westlichen Säulen konunt die
geringste £l^anz, ftber das Jhöchste Ajltertbum ^u ; ^es^
wurden jc^enf^lls von den Steinmetzen des Bisw^of s fl[ein-
rich aus^escUagen. Was soll man sagen, wenn jder rwjdiß
Schaft bei einem Diirchinesser v^ii ]L6" pi^r zif ,^fler
1) Gropp viU Kiliani etc. 87.
m
Hölie von i' 5^' ansteigt, sieh also äib Dibkö zrur Höhe
iiilhe wie i : 3 verhält? Wohl erkennt mäii diie tyJ)isfch(B
dbppelwulstige attischel Basis, aber sie fet ift hAü^n Fbt-
nien gemeisselt. Der Würfelkfern misst voiri CäpitSlrhig
bis zur Deckplatte 17", 21" in der Breite; die dieWür-
felwähgen abgreüzenäen Riemchen laufen seltsam spitz-
bogig zusamtiien. Es sind hier die ältesteti Würfelcäpi-
täle in Wirzburg, die sieh iti Stein gehauen flndfeh. Ihi^e
Bildung ist aus deiii Holzbau der irisch-britiscteii MöncHfe
hervorgewachsen, Welche durch diesfe Milderurig des
Eckigen undSchroÄen der Hölzisäüleh eiijige Eurhytlimife
anzubringen bestrebt wären. Je.de dei* fünf Säulen beidfer-
seits steht etiiras übfer 7' von ier ffelgehdeii ab. An dfen
vier mittleren Sfiulen finden sich aüiTalleiide DiS^ifenzbü.
Nicht blosB verriiitteit hifer fein dreiges^ällgfaeö Eckblätt
den untern Wulst mit dem !Plinthusi Jsdhderri es steigt
auch die Sft'ulc in scÜinkeren VerMItnisseh aii; reichet
ist d^r Hals, äuszeichnehder ää^ Bäääüieiit behaiideli
und die Wilrfelwahgen durch Doppelriefchen ge^UedeH.
Von den vier ÖitlicheÄ ä&idcheri liind Huf dirfei ihÖÜwäise
sichtbar. Der märkirte Hids ttägi Linien mit sehr priiüU
tivem derbcönventiöiiellem Laubwerk geschihuckten!k'ern.
Man wird durch dife Schliiiguhgen an jbnische Völutfeh
eriiinert; dort suchte der Stfeüünietz WeiÄläub auszüineis-
seln, hier Blumeh zu gestalten: alle Zibi'räthen aber he-
ben sicli weil vom Kern deä Cä{>it%Is ij-b. Dife acht Säl-
lichen Säulen hdt wohl dife erste Verj^rBööeruhg desSil-
vatormünstets unter Bischof Adalbero eihgefttgt. Dife
Frage, ob die Säulen alle Zeil so prekär gestellt gfewiisen
wie jetzt, ob die Krypta nie drfeiSchifffe zählte und erst
biel dem Umbau um das Jahr 1220 die gfe^feiiwSrtige AtiF-
stellüng beliebt ward, kanh hier nicht entschiiBden werden.
Gegen die allgemeine Ansicht, als ob die Apside
von Neümünster Heihrich^bäu sei, inuss Protest einge-
legt werden ; sie fällt nicht einmal in die Zeit Adalbero^s.
Wer den Beweis für so hohes Alterthiim Äüs deiii klei-
88
nen grauen Rundsandstein, welcher der Ostung einge-
mauert ist und die Legende HENBICUS ME FECIT
trägt, nehmen will, beweist noch lange nicht genügend.
Desshalb zweifelt trotz Gröpp Niemand an der Aechtibeit
des Steines. Die einfache Majuskelschriffc legt Zeugniss
ab, dass Heinrich dem ursprünglichen Werke, dem er
selbst den Stein einsetzen liess, als oberster Meister
vorstand , dass er wie Bemward von Hildesheim , Mein-
werk von Paderborn, Willegisus von Mainz, Godehard
von Altach-Hildesheim, Benno von Osnabrück 1068 —
1088 (der baukundigste Bischof defi Jahrhunderts), Thiemo
von Altach-Salzburg, Barkard von Halberstadt und Abt
Bozetich von Sazawa selbst künstlerisch schaffen konnte
und dem Ansprüche, den die Zeit an einen Bischof
stellte, entsprach. Aber nicht minder evident treten
auch Blendarkaden und Consolen, die Wandpilaster,
Basen imd Eckknaggen für die Thatsache beweisend ein,
dass die schwere, doppeltgetheilte Apside wie der
Transeptbau und das Hochwerk des Munsters in die
spät romanische Periode gesetzt werden müsse. Schon
das Material, welches beim neueren Werk hochröthlicher
Haustein, in den alten Säulen mehr ins Graue spielender
Sandstein ist, deutet auf verschiedene Bauzeit. Auch
ist nicht schwer anzunehmen, dass jener Heinrichsstein
beim Abtragen der alten Kirche sorgfältig ausgehoben
wurde, um zwischen den Quadern des neuen Werkes
wie ehedem vom ersten Gründer des Neumünsters den.
Vorübergehenden Zeugniss abzulegen. Wir dürfen dess-
halb auch nicht an Adalbero's Bau (1057) denken. Un-
ter Otto 1220 wurden der Thurpi, das Transept und
die Aussenglieder wesentlich umgestaltet. Der noch er-
haltene Ablassbrief Honorius HI. (von 1223 Dez.) nennt
die ecclesiq et alia condigna aedißciß vetußtate cotifracta
quae minabantHr ruinae jaciuram. *) Doch Näheres später.
<) Gropp Nenmünster 194.
Den zweiten grossen Bau führte der Bischof auf
eigene Kosten ausserhalb der Stadt auf, wo von der ur-
alten Rulands warte zwischen den Bächen Pleichach und
Kürnach zum Eichelsee vor dem elften Jahrhundert die
Cultur noch wenig um sich gegriffen hatte» Wo jetzt die
Reben des Schalksberges kochen und nicht fern die Harfe
reift, erhob sich zu Anfang des Jahrtausends ein Münster
zu Ehren der beiden Johannes. Um die anstossenden
Conventsgebäude zu bevölkern, Hess Heinrich aus Köln,
wo durch den grossen Brun aus dem Hause der Liu-
dolfinger nicht bloss für Lothringen sich eine ausge-
zeichnete Schule für die Kleriker gebildet hatte, aus
Mainz und Speier, welche die Reformation Brun's an-
genommen hatten, aus Regenshurg, vo durch Wolfgang
und Romuald eiije uns Bewunderung einflössende Glanz-
periode iii Kunst und Wissenschaft heraufgeführt wurde,
dass die Stadt den Namen des deutschen Athen erhielt;
— aus diesen vier Städten Hess Heinrich ausgezeichnete
Kleriker kommen , übergab ihnen das mit liegenden
Gründen und beweglichen Ornamenten reich ausgestattete
CoUegiatstift und die damit verbundene Schule. Das von
Kaiser Heinrich geschenkte Forchheim vertauschten die
Herren bald an Bamberg. Mit dem Reichthum wuchs
das Ansehen des Stiftes; der Probst von Hang war
bald der erste Prälat nach den Domprälaten und galt
es, eine Excommunication oder Censur zu verhängen,
hat der Papst selten einen andern als ihn damit beauf-
tragt. Hang wurde die „heilige Kirche" genannt*). Heinrich
wollte in seiner Lieblingsstiftung begraben sein. Er ver-
ordnete auch, dass diePalrasonntagsprozession vom Dome
nach Hang zu gehen habe. Von diesem Werke steht hein
Stein mehr über der Erde : im Jahre 1657 hat man wie-
derholt die Kirche mit den Kapellen und Kreuzgängen
in den Coöventgebäuden, abgebrochen, um der Stadt die
i) CoUegiatstift Hang, Mannscript 3.
40
nothwendig scheinende Befestigung geben zu kön-
nen. Der italienische Kuppelbau^ welchen Petrini
1670 — 1683 dafür an die jetzige Stelle von Hang setzte,
wiegt die Bedeutung der alten Basilika nicht auf. Das
Bild von 1648, welches uns Wirzburg mit all' dem Iteich-
thum seiner Thiirme zeigt, last uns erkennen, dass das
Münster drei SchiiSe und drei Konchen zählte und dem
Chor ein Transept vorlegte. Die zwei Thiirme im Westen
mit den je acht Giebelblenden und den schlanken Helmen
beherrschten den Thalkessel. Während so die Kirche
die Formen des ausgebildeten romanischen Styles zeigte,
erfreuten die mit ihr vereinigte ^Allerheiligenkapelle
vom Jahre 1299 und das Kirchlein zu St. Vitus vom
Jahre 1308 durch die reinsten geometrischen Formen der
Spitzbogenarchitektur in ihrer Blüthezeit.
Die aus (Grold und Seide gewirkte Plaheta Hein-
rieh's, welche die Chorherren dankbar bewahrt hatten,
ist nach Einigen bei der Säkularisation, nach Andern
im Schwedenkrieg verloren gegangen. Sie hätte mit der
Willegisusplanetä . in Mainz, der TJlrichscasula in Augs-
burg und Woifgangscasula in St. Einmeram eines der
schönsten Exemplare der ältesten Planetenform geboten
und was die Technik belangt, zu Parallelen mit Ge-
wändern in Bamberg und Eichstädt und der Kaiserdal-
matika Heinrich's H. im Nationalmuseum anregen können.
Das allerdings auch die primitive Casulagestalt darstel-
lende aber durch einfaltige Frauenfrommigkeit allzusehr
verschnittene Opferkleid des seligen Bruno im Dbmschatz
kann nicht vollen Ersatz bieten.
Die Tüinba Heinrich's zu Hang stand mitten im Chore
der Stiftskirche.
Vom Jahre 1013 — 1018 wurde an der dritten grossen
Stiftung Heinrich's gebaut und das Münster dem Erz-
martyrer und den beiden Apostel-Fürsten geweiht. Ka-
noniker bezogen die Conventsgebäude von St. Stephan.
Den spärlichen romanischeh Arkadenresteii ÄUf der Nord-
Seite der moderhisirten Stephanskircfae kommt keine Be-
deutung zu, Heinrich vermachte den Knönchefi testanien-
tariech ein M embrum seines Leibes ; ob nun die CoUegen
im Hang den Arm oder den Schenkel abtraten, darüber ist
seiner Zeit gestritten worden. Jn St« Stephan glaubten sie
daö Armbein zu besitzen, brachten es in ein kostbares
Reliquiar und nahmen später den bekleideten Arm in ihr
Wappen auf. Das stattliche Denkinal aus Stein, welches
sie dem Gründer setzten, hatte in würdiger Weise die
lange Reihe der Gräbmäler in Wirzburg erfjjffnet, wäre
es nicht bei der Restauration von 1789 unnÖthiger^veise
weggeräumt worden. Die Marmorplatte umlief die Ma-
juskelinsbhrift: Anno Dfii. MXVIIL o. Benricüs. eps^ ky.
eck. fmdatör, YIIL ceU. decembr. Die von den Mönchen
in St. Burkard ihfem zweiten Gründet* gesetzte Hugo-
tuml>a, welche auf vier Sauleii in der Mitte der dortigen
BasUikä stand, würde sich an den genannten Denkstein
angereiht haben. Als Bischof Adalbero dieEnönche von St.
Stephan nach dem voii ihm ganz umgebauten NeuniUnster
versetzte, zog Abt Friedrich mit 29 Mönchen aus dem alten
Gtimbertüskloster in Onolzbach ih die verlassenen Zellen.
Die Bcfn^diktineräbte trügen bereits seit 1188 die Mitra.
Öass Heinrich von Kaiser Otto III. mit der Salzburg
neb^t dem ganzen Saalgau beischenkt würde, iVie er lüit
in den Kriegszug gegen den Markgrafen Heinrich von
Ostiand ging, wie ier mit seinem reichen vätferlichen Ver-
mögen die Kirchen des Sprengeis bedachte ; mit welcher
Energie ier dem. König Heinrich bei der Gründung von
Bamberg entgegentrat, \Velche Szenen auf der glänzen-
den Syttöde zu Frankfurt 1. Nov. 1007 vorfielen, wie
fi'eribert von Köln Vmd Patriarch Johannes von AquileJÄ
vermittelten, welche Gebiete Wirzburg verlor, mit wel-
chen es entschädigt wurde : das steht weitläufig in den
Bisthumsgeschichten verzeichnet und ist Jedem bekannt •).
In Bamberg, der Tochter von Wirzburg, erblühte um
«j M'aiißl coli, cöiic. XlX. 285. ÄlU. SS. hl. Öl '4. IV. 71^5. 789,
42
den schönen im Mai 1012 >) conßecrirtcn Dom ein reiches
Kunstleben. Kann auch nicht behauptet werden, dass sich
eine selbständige Schule der Miniaturmaler und Bildhauer
dort bildete, so liefern immerhin die Elfenbeinarbeiten,
MissaÜen, Plenarien und Lectionarien im Cither zu Bam-
berg wie im Cimeliensaale der HofbibHothek in München
den Beweis, dass Heinrich II. es verstand, die mannigfal-
tigsten Kynstwerke seiner geliebtesten Stiftung zuzuwen
den. Bamberg hat zu den Slaven den Segen christlicher
Gesittung getragen und ist durch die Schenkungen des
Gründers wie die Wirksamkeit des Bischofs Otto in eine
lebendige Verbindung mit Bayern und dem Ostland ge-
treten. Seine Miniaturen, seine Reliefs und der Dom,
der als das glänzendste Baawcrk spätromanischer Kunst
in unvergleichlicher Lage neben den Pfeilerbasiliken von
St. Jakob (1073—1109) und St Michael (1121) sich er-
hebt , werden allezeit zu den bedeutendsten Kunstdenk-
mälern Deutschlands zahlen. Von der Stiftskirche der
Kaiserin Kunigunde (1008) steht noch der. Thurm. .
Das Frankenland hatte nun die drei nothwendigen Mit-
telpunkte der Wissenschaft und Cultur : Wirzburg,.Bamberg
undEichstädt. Wie rasch Bamberg auch aufblühte, wiesehr
sich das Ansehen des neuen Bischofsstuhls durch Suidger
steigern musste; Wirzburg blieb immer die vornehmste
Stadt. Mochte schon damals der Grund zu einiger Eifer-
sucht zwischen Bamberg und Wirzburg gelegt worden
sein: die Kirchenfürsten standen stets im freundlichem
Verkehr. So schickte Heinrich dem Bischof von Eich-
städt (1004) kostbaren Frankenwein ; dieser gab ihm mit sel-
tenen Hausenfischen, feinen Seidenzeugen und schönen Tü-
chern den Dank zurück. Die Namen der Baumeister,, durch
welche Heinrich seine Werke aufführen Hess, haben sich
nicht erhalten. Nur die Aschaffenburger wissen, dass im
Jahre 1016 ihre Ahnen unter Erzbischof Erchenbold von
t) Hefele im Anzeiger für Kunde deutscher Vorzeit. 1860. M&rzheft.
48
Mainz die Pfarrkirche zu Ehren U. L. Frau erbauten
und dasß die Leitung des Baue6 Johannes Wenden aus
Prag geführt habe. Da in Böhmen seit Langem von
Sachsen und Bayern aus die Kunstthätigkeit war ange-
regt worden, da der neue Bischof von Prag zum Metro-
politansprengel Mainz Obedienz leistete, so ist die Wirk-
samkeit Wenden's an der AschaflF immerhin denkbar. Er-
hielten sie doch in dieser Zeit zu Aschaflfenburg auch eine
kostbare Kreuziguqg aus reinstem- Gold, drei Mark -zwei
Unzen schwer, zu Füssen standen Adam und Eva und
die Stiftspatrone. Immerhin könnte aber hier der näm-
liche Fall eintreten, wie in Wien mit dem angeblichen
Dombaumeister Octavian Falkner (1144—1147).
Ein schönes Werk hat uns Heinrich in einem Evange-
liarium hinterlassen. Wir haben an demselben den Text,
die Evangelienharmpnien , die Miniaturen und die El-
fenbeindeckel zu unterscheiden. Der Codex ist eines der
kostbaren graphischen Kunstprodukte des neunten Jahr-
hunderts, schon vor Heinrich geschrieben, und enthält
eine vollständige Sanimlung der Evangelien. Das Volumen
besteht aus 27 Quaternionen und 210'Pergamentblättern.
Auf das schöne weisse Pergament ist der 'Text in Dop^
pelcolumnen mit schwarzer Tinte geschrieben. Nebst
polirtem Gold und^ Silber wurden verschiedene Farben
zur Ausarbeitung ganzer TiteL und zur Verzierung der
häuirg vorkommenden grösseren und kleineren Initialen
gebraucht. Der Charakter der Schrift ist zierliche angel-
sächsische runde Minuskel mit wenigen Cursiven gemischt,
von einet wohlgeübten Hand mit kalligraphischem Ver-
ständniss gemacht. Der hackonförmige Circumflex bildet
die Abbreviatur und der dicke Punkt, der einem abge-
schnittenen Komma gleicht, die Interpunction. Die Evan-
gelienharmonie zaubert uns einen wimmelnclen Reichthum
von glänzend polychromirten Säulen, Vögeln aller Art
und vielmal wechselnden Evangelistensymbolen vor. Auf
achtzehn Seiten tragen je fünf Säulchen vier Arkaden;
44
über Bie springt ein hober Rundbogen auf, in dem Felde
darunter finden sich die Symbole. Weniger gelungen sind
die Basen der Säulen zn nennen ; bald sind sie zu hocfi,
bald ganz widernatürlich gestellt, alle einer verdorbenen
römischen Architektur entnommen. Die SSulenschäfle
schmückte der j^ünstlei" mit unglaublich reicher Phantasie.
Bald ist die sie umspielende Zier laubartig , dann mehr
architektonisch und wieder aus beiden gemischt; das hoch-
roth und blassroth, blau und grün verschieden nüancirt,
kehren stets als Grundfarben wieder. Die Capitäle sincl
durchweg gelungen, frei und leicht acht künstlerisch be-
handelt. Da diese Malereien von den Illuministen Hein-
rieh's, später als der Text des Plenard, gefertigt wurden,
so ist es uns erlaubt, auf die Art der Bemalung der
Säulen und Wände von Neumünster, St. Stephan und
St. Johann einen Schluss zu machen. Die Farben glänzen
üoch in wunderbarer Frische. Wenn auch in der Behand-
lung der Evangelistensymbole die Anatomie manchmal
verletzt ist, der Maler war der Technik vollkommen
Meister. Dieses unübertreffliche zarte Oeriemsel , diese
immer wechselnden aber geistreichen ComUhationen,
diese fehlerlose, reine Zeichnung bei den Straussen,
Enten, Pfauen, Eulen, Stieglitzen, Tauben und Blumen
lassen uns die ostfränkische Miniaturmalerei auf ihr^m
Höhepunkt erscheinen. Man kann an den Prachtcodices von
Bamberg und Aschaffenburg keineswegs Vollendeteres ge-
messen. Jedem einzelnen Evangelium steht das Bild äes
Evangelisten voran; die Darstellung fßllt die ganze
Seite; der Evangelist erscheint in voller Figur unter
reichverziertem Bogen, ober ihm sein Symbol. Der Hin-
tergrund ist durch gut draperirte Vorhänge geschlossen
oder offen erhalten ; jeder Evangelist sitzt auf Polster
und Stuhl. Matthäus taucht eben die Feder in das Atra-
mentgbfäss, schreibt in ein Buch, während Markus das
Schreibbrett und die Rolle fuhrt, sein Schrelbgefäss ist
bedetitehd kleiner; Lukas führt wieder das auch. Sprüht
\m8 auch bei letzterem die lebendigste Farbenpracht ent:
gegen, wir müssen gleichwohl diese Figur för misslungen
erklären ; der Heilige hat einen anwidernden Ausdruck,
gekrümmte Haltung und unmotiviite Draperie erhalten;
das Rind ober ihm ist in vollster fast nicht entsprechen:
der Bewegung. Johannes führt das Schreibbrett; in den
Capitälen der einschliessenden Säulen, die hier mehr
proportionirt sind, als auf den drei anderen Darstel^
lungen, gefallen die tiefen gesättigten Farben. Viele
Initialen zeichnen sich durch goldenes Geriemsel und
blaue imd rothe Ver;5ierungen aus. Anf Folio 16 ist das
Pergament mit dunkelm Purpur geträid^t und mit der
bekannten Verdammungssentenz in goldenen und Silber^
nen Bux^hstaben beschrieben:
Huqo si quis librom gemmis auroque poUtum
PevoU mente heinrico
hoc pcipieDte
Non animo sano cupit
aufferri Kyliano
Ploret iu aeterao poeaas
passurus averno.
Die Innenseiten des Deckels sind mit Seide belegt,
in welcher je zwei sich gegenüberstehende Adler mit
blauem Gefieder, rothen Krallen und Schnäbeln einge-
wirkt sind.
Wir ersehen aber aus diesem Werke acht heimischer
K^nst, dass die lUuministen keineswegs mehr von by-
zantinischem Einflu$s beherrscht werden; eher bemerkt
ma,^ das Bestreben, altdiristliche Typen nachzuahmen
und sie an Oroj^sartigkeit zu übertreffen.
Den ^" breiten 5^^ hohen Elf^beindeckel schmückt
ein aijisg^eichnetes Schnjltzwerk in griechischer Arbeit
W^ ^p^uen Christus den Herrn als Lehrer, mit dem
Etuche, mr Seite IE XC, strfiend auf einem früher ver-
gf^!i,§t^n Srettchi^n; die Mutter MB BIV stdit zurBech*
tfiii, Joyi;nQ^e§ .0 JllPQ4fQ mx Linken. :Die Proportionen
mä^ Aw<AWi^S MS^^S»g^x^^ üe anzfilnen aSieile sehr fein
46
ausgebildet und mit seltener Vortreffliehkeit behandelt.
Das Kunstwerk kann in das siebente oder achte Jahr-
hundert fallen. Der dasselbe einst umspielende mit Gold
und Edelsteinen geschmückte Rahmen ist geraubt worden.
Auf einem Evangeliar in Semiuncialschrift finden sich
Elfenbeinschnitzwerke aus dem zehnten Jahrhundert an-
gebracht, zwei unter sich verschiedene Tafeln, 9" 6'^*
hoch, 3*' breit, welche ursprünglich entweder ein Reli-
quiar zierten oder in anderer Weise einem Deckel ein-
gefügt waren. Ob sie unter Bischof Heinrich diesen
Einband zu zieren bestimmt wurden, kann nicht ange-.
geben werden. Die Arabesken, die Blätter sind meister-
haft gearbeitet, schön und leicht geschwungen und rund
und voll behandelt. In der Mitte sieht man das Lamm
Gottes, mit dem einen Fusse auf das Buch des Lebens
tretend, vom Kreuznimbus umstrahlt. Ober ihm treten
zwei sich gegenüberstehende Löwen vor, unter ihm zwei
in Trauben pickende Vögel, zart und zierlich gearbeitet.
Ober den Löwen schnitt der Meister zwei Schweine,
unter den Vögeln zwei andere Vögel, welche die Köpf-
chen von den Trauben energisch wegwenden. Die Tafehi
gehören zu den gelungensten Elfenbeinschnitzereien.
Auf einem Glasgemälde im Dom zu Mainz sah man
einst den heiligen Bonifacius abgebildet und ihm zu Füssen
die Namen der zahlreichen Suffragane des Erzsprengeis. Es
ist gut, dann und wann von der Tochterstadt weg zur
Mutter zu blicken. Zu keiner Zeit aber kann eine Parallele
lockender sein, als da Willegisus und Heinrich die Kir-
chen von Mainz und Wirzburg regieren. Beide stehen
leuchtend am Ausgang des Jahrta,usends und leiten die
neue Zeit ein. Wie Willegisus war Heinrich bei
Otto ni. und Heinrich H., den grossen Kunstgönnern,
beliebt. Wie Heinrich das Centralmünster des Sprengeis
in verjüngter Schönheit neu baute, so schenkte Willegis
seiner Diözese eine neue Domkirche und hob, da sie am
Tage der Conaecration abbrannte, sogleich unverdrossen
4T
von Neuem zu bauen an (1009). Beide Kirchenfiirsten
ehrten St. Stephan durch einen Neubau ; zu Mainz war er
von Holz. Willegisus verdanken St. Peter, U. L. Frau und St.
Victor wie AschaflPenburg durchgreifende Restaurationen.
Wie Heinrich stattete noch mehr der Erzbischof seinen Dpm
mit glänzenden Zierden aus. Trithem hat uns das pracht-
volle Crucifix, das er fertigen liess, beschrieben, Ur-
stisiu^ uns die Nachrichten von den Purpurgewändern,
den golddurchwirkten Tapeten und Dorsalien, den zwei
silbernen Störchen in Lebensgrösse , denen Weihrauch
entströmte, von dem Smaragd, der so gross war wie eine
Melone, den goldstrahlenden Leuchtern, den Kronen von
Silber und den Goldgefassen in der Form von Löwen, Dra-
chen und Greifen gesammelt *). Mainz ist eine Metropole
der Kunst geworden; die Zunft der Goldschmiede zählte
später dreissig Genossen und die der edlen Wirker war
so zahlreich, dass sie in der St. Emmeranskirche eigne
Stiftungen machten 2). Dieselbe wunderbare Pracht wie
zu Mainz im Dom kehrte auch in Bamberg wieder, wo
der Kaiser und Kunigunde die glänzendsten Herrlich-
keiten niederlegten Für Köln hat Heribert, der Bruder
Heinrich's, also ein Ostfranke, eine reich schaflPende Kunst-
epoche heraufgeführt. Marien- Ablass auf dem Wall wurde
erneuert; der bischöflichen Hofkirche, einer Doppelkapelle
zum hl. Johannes dem Evangelisten, geschieht zumErs-
tenmale Erwähnung 3).
<) Urstisius Script, rer. Germ. I., 567.
2) FioriUo Gesch. d. zeichn. KQnste in Deutschland I. 349.
3) Kreuset der christliche Kirchenbau (1860) I. 442.
4«f
§ 6. Bischof Bruno.
Wirzburg war ein Sitz der Künste und Wissen-
schaften geworden. Jndem Bischof Meginhard (1018-1033)
den renommirtesten Schönschreiber seiner Zeit, Othlon
von St. Emmeram an die Schule rief, musste diese noch
mehr gedeihen. Neben Domscholaster Othlon muss Pemolf
als erfahren in den freien Künsten genannt werden?).
Bischof Heribert von Eichstädt (1021—1042) erhielt öeine
feine Bildung in Wirkburg; seine Dichtungen gefielen
den Zeitgenossen. Auch Heribert's Vetter, der bekannte
Williram von Ebersberg, hinterliess uns treffliche Gedichte ;
er war mit Anno von Köln und Durand von Lüttich an der
nach dem Muster von St. Emmeram und Lüttich organi-
sirten Schule zu Bamberg gewesen. Mönch Humfried
aus Wirzburg ist im Jahre 1024 Erzbischof in Magde-
burg geworden. Engelhard aus Wirzburg folgte ihm 27
Jahre darauf. Es hat um diese Zeit Scholasticus Egge
aus Frankenland ein geistliches Lied von solcher Schön-
heit und Kraft gesungen, das» wer es hörte, eilte sich zu
„münchen". Fügen wir bei, dass im Stifte Hang Kanoniker
aus den vortrefflichsten Jnstituten Deutschlands zusam-
menlebten und die Schule leiteten, dass Abt Arnold auch
in St. Burkard die allzeit zu rühmende wissenschaftliche
Thätigkeit der Mönche von Hirschau einzuführen ver-
stand und dadurch den Eifer der Herren in St. Stephan
und Neumünster spornte, so begreift sich das Lob der
Schulen von Wirzburg, welches in der allen Wirzburgern
bekannten Apologie des Mönchs Froumund von Tegern-
see ausgesprochen ist:
Nomen ut herbarum tenet haec nrbt proflcuarum,
Qualibus imbuti reparant sua membra saluti,
Sic peiüBctorum genötrlx est discipulorum
1) Anonymui lu8ar«c.28. Wattonbach GesohichtsqueUenDeatseh-
lands 261.
49
Profeit doctrlnam ^üi stultoram medicinam.
Per proprifun aometi monstrat diviaitHS oman.
Un,d wieder:
Indoctis lumen cuib fart sau xnenti^ acmnen
Grammäticas partes ac cunetas instruit arte»,
Tempore nocturno neque vult cessare diumo
Dicta peritorum depromens oHhograpboruüi. <)
Wir haben weder den klingelnden Wof treichthum
des Tegernseers noch den allzeit etwas pastosen Farben-
auftrag des Trithem nothig,. um die bedeutsame Stel-
lung der Stadt in der Kunst- und Culturgeschichte des
Vaterlandes g;eziemend zu würdigen. Die im ganzen
Mittelalter bald m^hr bald weniger wirkenden Agentien
regten alle in Wirzburg studir^nden Jfinglinge wohl-
thätig an. Es waren die Principien der Augustinischen
Philosophie und die immerhin interessante Encyldopidie
über die sieben freien Künste von Capella^ welche erklärt
wurden. Die Jsagoge des Porphyrius, welche Boethius
seiner Zeit mundgerecht gemacht hatte, galt auch da-
mals noch mit dem Kategorienbüchlein als Principal-
autorität für die Logik. An der Hand der Schriften des
Pseudodionysius vom Areopag, die im achten Jahrhun-
dert aus dem Griechischen übersetzt wurden, vertiefte
man sich in die Geheimnisse der Mystik. Dass der Stu-
dienplan des Rhabanus Maurus, wenn auch vielleicht
durch Magister Stephanus etwas modificirt, immer noch
die dominirende Norm für Lehrer und Lernende in
Wirzburg bot, ist klar.*
Aus der Mitte dieses Jahrhunderts stammen die
Wirzburger Annalen. Sie sind eine Ueberarbeitung
des St. Gallener Auszugs von der Chronik. Herrmanii's
von Reichenau, bereichert durch Excerpte aus andern
Quellen und Localnachrichten. Da die Folge der Bischöfe
von Wirzburg stets mit grosser Genauigkeit eingetragen
ist, und sonst sich die Stadt betreffende Notizen gerne
1) P,ez tlies. anecd. VI. 1. 189 sqq.
«9
einreihen, können wir an dem Ort des Ursprungs nicht
zweifeki. Ein Mönch von St. Barkard hat sie geschrieben;
sie reichen bis zum Jahre 1057 und sind nur für die
letzten drei Jahre ganz selbständig.
Mit Bischof Brun, dem Herzogssohn aus Kämthen
(1033—1045), bestieg einer der grössten Bischöfe des
Praj^enlande^ den Stuhl des heiligen Küian. Auch füi*
d^e Kunsjtgeschichte gewinnt er durch ß^e RestaiUrationen
ana Don^ und 4^^ Unter^tlitsung des Umbaues am Burkard-
münster ^lervorragende Qedeuti^ig*
St. Burkard.
Den Hu£obau zu St. purkard verzehrte (1083) das
Feuer. AM; WiUmu4^ wählte sich «inen neuen Bauplatz
^80 Schri^ nordlich von der Brandstätte. Na^^hdem
noch }^tw MegiuWd der Grundstein gelegt worden
wf^r, lauten die Manche neun Jahre, und brachten 1042
Münster und Convent ^n Ende. Am Pfingstfest dieses
Jahres cqnaecrirte Brnn die Kirche i^nter Assistenz der
Bischöfe Suidger von Bamberg (Clemens IL), Heribert
von fUf^hstädt, Hugo von Vessnitz, Severus von Prag,
Adelqg vpn Zeitz unil Ehrenfried von Bullanien. Auch
Kaiser Heinrich HL war zugegen.
Am interessanten Burkardsmünster sind drei Bau-
peri<>den zu unterscheiden. Das primitive noch wohler-
haltene Willmuthswerk muss vom Einbau des Abtes
£lngelhard, der in der zweiten Hälfte des zwölften Jahr-
hunderts die dem Einsturz drohende Kirche laut deni
Gppeibuch „gleichsam von Grund wieder aufrichtete'S
genau geschieden werden.
Dem elften Jahrhundert gehären das Hochscbiff
und die Abseiten, soweit Säulen und Pfeiler wechseln
imd die unkassettirte Flachdecke die ßäume umspannt?
wie die Unterbauten des Thurmpaares an. Die Vorhalle
und den von der Kreuzwölbung umschlossenen Raum im
^ochschiff baute daB zwölfte Jalu*bui]idprt ; Tr^QS^pt u^d
Chor zeigen die Gothik in ihrem Verfall.
Hier kommen die roppianischen Bautheile und sea-
nächst die des elften Jahrhunderts in ßetracht. Es ist
zu bemerken, dass die alten Fenster der Abseiten her$ui|^
geschlagen, vermauert und grpsi^re eingesetzt wurden ;
auch die Lichtöffnungen im Hochbau haben $n der ur-
sprünglichen Gestalt eingebüsst. Da dfts Pultdach 4^r
Seitenhallen wie der oftmalige Wechsel des Jiai^ptdaches
die Dachgesimse verschwinden m^chtep, kann von äus-
serem Zierrath weiter nicht die Bede sein.
Die Verhältnisse des I^menbaues inuthen uns an.
St. Burkard bietet das im Fri^enland seltene Beispiel
einer Basilika, in welcher Säulen mit Pfeilern wechselq.
In Sachsen kehrt allerdings dieser Bhy t}unus bezweckende
Wechsel wieder: in der Klosterkirche zu Westeygrö-
ningen, an dem leider jetzt abgebrochenen Dom zu Gos-
lar,, im Münster im Frose, in der Nemnarktskirche in
Merseburg, in Jluyseburg, Bsenburg, Dybeck, Ainelunx-
born imd sonst; auch in Schwaben und Bayern findet
sich hin und wieder ein solcher Bau : es sei an Cham-
münster im Wald und St. Peter in Salzburg erinnert.
Von den ursprünglichen sechs Pfeilern und sechs
Säulen, welche die Hochwand stützten, stehen noch vier
Säulen und zwei Pfbiler frei ; auch von diesen sind einige
am Basamente sehr beschädigt. Das östliche Pfeilerpaar
verband man im zwölften Jahrhundert bei der Vergrös-
serung mit dem Triumphbogen und fUgte ihm oktogone
Pilaster und reiches Simswerk an; der in der Benai|(-
sancezeit aufgeführte keineswegs günstig wirkende Mu-
sikchor umbaute zwei andere Paare von ^rkadenträgern
so vollständig, dij^ss nur mehr die Deckplatte von Kämpfer
und Capital schwach aus der 'Mauer treten kann. Da
die unschöne portallose Fässade der Kirche ziemUch
modern ist, und diese nach der Versicherung ihres Ge-
schichtschreibers sich früher weiter nach Westen dehnte,
so fand sich wahrscheinlich ein siebentes der Westwand
eingebundenes Trägerpaar vor. Die quadrataufsteigenden
Pfeiler vermittelt ein durch Hohlkehlen bewegter Kämpfer
mit dea gliederlosen Arkaden. Die Basis der Säulen
ruht auf der quadraten Plinthe ; tief ist die Auskehlung,
welche den unteren Wulst mit dem oberen vermittelt,
indem die Riemchen als Zwischenglieder figuriren. Der
runde Schaft verjüngt sich gegen den einförmigen Hals
des Capitäls, auf welchem der Würfel des Kernes zu
lasten scheint; feine Linien umspielen die Wangen wie
die zwischen sie fallenden Rundungen. Die Deckplatte
mit ihren zwei Hohlkehlen drückt zwar störend auf die
sonst nicht ungefälligen Verhältnisse der Säule, ist aber
in ihrer Stärke technisch begründet, indem sie die volle
Wucht der Hochwand aufzunehmen hat. Die Länge des
Schiffes ist 111', die Breite 22S nochmal soviel die Höhe.
Die 76' lange, 21' hohe, 9' breite Nordabseite schKesst
mit sonderbarer Konche, die eine von einem Vierpass
durchbrochene Querwand verdeckt, während aus der
Ostung der Südhalle eine kleine Burkardskapelle formirt
wurde, in welcher ein Altärchen durch die zweideutigste
Gothik verletzt. Die Kirche von St. Burkard war wo
nicht gänzlich so doch in ihren wichtigsten Th^ilen be-
malt. Nach den Entdeckungen der Gegenwart kann kein
Zweifel mehr Platz greifen, dass Chor und Presbyterium,
meist auch die Hochwände der romanischen Kirchen,
zumal der Benediktinermünster, mit farbigem Schmucke
versehen, mit den Gestalten Christi, der Jungfrau,^ der
Apostel und Evangelisten, der Märtyrer und Schutzhei-
ligen ausgemalt waren. Dazu kamen oft die Darstel-
lungen nach Vorgängen der heiligen Schrift und selbst
die Figuren weltlicher Personen, der Stifter und Schützer
des betreffenden Werkes. Man fertigte die Gemälde auf
einem sorgfältig vorbereiteten trocknen Mauerbewurf mit
vorwiegend kräftigen, ungebrochenen Farben. Sattes
Blau, oft mit Grün umrandet, bildet häufig statt Gold
53
den Grund. Roth wird mit Vorliebe angewendet. Von
Modellirung ist jetzt noch wenig die Rede. Die Figuren
sind in kräftiger mit einem ungebrochenen Localton aus-
geführten Umrisszeichnung behandelt, die Gewandung
fliesst in grossartigen Motiven, die Einzelnheiten sind oft
ungeschickt gezeichnet ^).
An den durch Ecklissenen und unbestimmt gehaltene
Rundarkaden belebten Thurmquadraten vennissen wir die
Hand, welche die inneren Säulen gemeisselt hat, sie er-
innern nur zu sehr an die geschmacklosen Westthürme
des Domes. Zierlicher schaut sich der durch Wetter^
schrägen bewerkstelligte Uebergang in^s Achteck an, das
durch Simsstellungen und von Sänlchen getragene Dop-
pelklangöflPhungen wie durch Blenden und blumengekrönte
Giebel belebt wird. Die Restauration des Südthurms
nimmt sich gegenüber dem mit seinem grauen Alter laut
prunkenden Nordthurm etwas geleckt aus. Wie an den
Profilirungen der Giebelschenkel so haben auch an dem
achtseitigen Pyramidaldach, welches dieThürme in einer
Höhe von 130' schliesst, verschiedene Zeiten Modificatio-
nen eintreten lassen. Dass die ehemidige Krypta des
Münsters nach Abt Wülmuth dem Baue eingefügt wurde,
ist nicht wahrscheinlich. Der Text einer eipige Jahr-
hunderte ialten Händschrift; der sie als polygonal, rund
und quadrirt zugleich schildert, würde uns räthselhaft
klingen, wenn nicht die beigefügte Federzeiclimmg zeigte,
dass die Krypta im Kreuze gebaut war, das Mittelqua-
drat sich nach Süd und Nord wiederholte, nach Ost und
West aber konchenartig abschloss. Sie dehnte sich un-
ter dem Altar und dem Presbyterium hin, tmd ist wie
der an der Südseite angebaute Kreuzgang, der östliche
Chorthurm, wie die auf vier Säulchen ruhende Hugo-
tumba und jene von Hugo gesetzte SteintafeP), deren
1) Lfltzow n; Lübke Denkm.- d. Kunst. 168.
') Oegg Korograpbie. 729.
54
Text manch loealhistorisches auch kanonistisches Liter-
esse bot, yerscliwundeiL So weiss auch Niemand mehr
asu fiiligen, wo Burkard^s Gebeine ruhen. Wenn die Fran-
ken 2um Kiliansgrab in Neumünster pilgerten, haben sie
auch dankbar stets des heiligen Bischofs gedacht, und
dabei den Sarg Kilian^s für jenen Burkard^s gehalten,
und ihn ihit Kerzen und Kränzen versehen.
Obwohl der sich an die drei Schiflte lehnende Hoch-
bau in einer späteren romanischen Periode aufgeführt
wurde, so mag seiner wie des Portals und der Vorhalle
hier schon erwähnt sein , um die Einheit des Textes
nicht zu sehr zu verletzen. Die unprofilirten quadraten
Diagonalrippen, deren 'Breite überrascht, kreuzen sich
in den anderthalb Gewölbefeldern, ohne Schlusssteine
zu bilden, springen auch ohne die Vermittlung von Krag-
steinen aus der Wand. Diese älteste Kreuzwölbung der
Stadt muss mit jener von Aura-Trimberg verglichen
werden*). An den Pilastern, welche dem auf reich pro-
filirtem Pfeiler aufsitzenden Triumpfbogen eingefügt sind,
tritt wie an den Portalsäulen und dem gleichzeitigen
Opferstbck das Eckblatt zwischen Plinthe und Wulst
eiö; auch theQen sich alle Arten von Riemchen, Stab-
chen und iSLehlen, Leisten und Wülsten darein, Basament
und Deckplatte organisch zu beleben, und Schönheit
durch den Wechsel zu erzielen. Der Meister dieses
Mittelbaues, das leuchtet auf den ersten Blick ein, kannte
die Formgesetze der romaniischen Kunst viel vollkomme-
ner, als der mehr als hundert Jahre vor ihm lebende Abt
Willniudi und seine Mönche. Der in das Transept ein-
leitende äögen v^ie einige Blendarkaden und Zierglieder
der es abschliessenden Wändungen gehören gleichfalls
in das zwölfte Jahrhundert. So auch der bilderge-
schmückte öpfei'stock an der Südwand hinter dem Se-
bastianusaltar. ,Er ist ein romanisches Säulendenkmal
1) Archiv XUI. 2. 159.
86
äust r6thiichem Sohdst^in^ 3^ in del- H&he. IMe Kckkndg-
gen leiten das Quadrat in död Aohtei^k, ditöi^en gpHiCriirch
ftUdgemeisBeUe Seiten die Bftöid mig^neiim ll^lelyi!^ Der
Meister versuchte dich BXii den Wi&ngeii des W bnäien
CapitSls mit kleineil Skulpturen. In einer von Etehen-
laüb umgebenen Mandorlä thronen Yatelr und Sohn,
zwischen ihnen schwebt in Taubengestalt der hellige
Geist. Während den Väter das kaiserliche Pälndameh-
tum umhiUlt, und die Linke ein Liliens^epter f&hrt, ist
dem Sohne die einfache Tunica und das Buch des Le-
bens gegeben; liliengezinkte Kronen schmückten das
Haupt des Vaters mit dem wallenden ungespaltenen
Barte wie das des mehr jugendlichen Sohnes; ein
Spruchband fliegt um die Füsse. Die «weite Darstellung
zeigt uns Christus iii einem von Engeln leicht getragenen
Osterei, wie er den zu ihm sehnsüchiig und angestrengt
aufblickenden Zwolfboten das Kreuz zeigt. Def um das
Haupt leuchtende Kreuznimbus ist durch Mennig mar-
kirt ; Haare und Öart an den noch erhaltenen se^hs Apos-
telköpfen sind conventioneil behandelt, der Attsdrück ist
wahr. In den Bildern^ auf welchen der Herr Mäjgdale-
nen erscheint, und Engel die Jungfrau umsingen, mag
der alte Faltenwurf genauer ersehen werden. * '
Der Dom hat seine von den Säulen JacMa und
Böoz getragene Vorhalle verloren, nicht so die Biirkard^-
kirche; sie ist der Nordöeite äugiefoaut. Van Ost ist der
rundbogig scUiessende Eingang , von Nord lässt dno!fl%-
ner Doppelbögen reiches Licht in die Halle strömen,
während die Westseite, früher mit Meister Dill's Odberg
geziert, jetzt in einer NischlB ein Kreuzbild zeigt. Am
Portal wie am Doppelbogen und am Eingang wird durch
eine abgetreppte Sockelbidung die SSulenstellung mar-
kirt. Die Säulen treten in den verschiedensten Bildungen
auf. Zwar sind sie alle im Achtort mitWltorfd und Eck-
blatt construirt, aber in welchen Nuancirungen? Kaum
weiss man taiit den Ca'itnt&len ^er b^idai BUbüAiÜen Hn
S6
an den Wandungen des Eingangs in^s Klare zu kommen;
die Abschrägung, mit welcher der Meister sich zurecht
gefunden hat, ist mindestens willkührlich, Reich und
reizend wird dagegen die Capitalbildung durch den nörd-
lichen Doppelbogen« Indem die Arkaden von zwei pa-
rallel gestellten Säulen aualaufen, und demnach auch auf
Parallelsattlen zurückfallen müssen, wird die freistehende
Mittelsäule zu einem aus fünf Gliedern combinirten Ar-
kadenträger, und da. die Vertiefungen und die gestuften
Deckplatten jede der Würfelseiten begleiten, muss eine
angenehm reiche Ornamentik entstehen. Zu beiden Sei-
ten des Eingangs in das Nordschiff heben sich je drei
aus Quadern gefügte gestufte Pilaster von der \Yand
ab, so dass die mittlere weiter vortritt. In den durch
den rechten Winkel gebildeten Ecken nimmt je ein Sä^l-
chen Platz, zwischen beiden, doch um die Säulendicke
weiter heraustretend, steht die dritte Säule; so wie wenn
in einem gleichseitigen Dreiecke etwa an jeder Spitze
die Basis einer Säule stünde. Wir sehen also sechs Pi-
laster und sechs Säulen, je drei von jeder Art auf bei-
den Seiten. Durch diese Disposition wird einerseits die
ungünstige Wirkung der inneren allzubreit scheinenden
WandpUaster vollständig paralysirt, anderseits die Be-
deutung des Portals durch die weitausspringende Stel-
lung klar ausgesprochen. Auch die abschliessenden, dem
Verticalismus begegnenden Deckplatten mit ihren vielen
Gliedern suchen dazu nach Kräften beizutragen. Anden
Capitälen weilen die Parallelriefen bemerkt sein. Die
Profilirung der Archivolten erscheint etwas hart, beson-
ders wenn wir anderer Portale, etwa des brillanten Wer-
kes in Heilsbronn gedenken; au£h der das bildlose Tym-
pan durchlaufende Sturz kann in dieser seiner Existenz
nicht, sehr gerechtfertigt werden. Dem Portalschluss
nach Oben wie den Spandrillen, deren jüngst entdeckte
Malereien bedeutungslos sind, haben die Umänderungen
der.Halle geschadet. Das Auge wird dadurch verletzt,
57
indem ja immer durch das Ineinanderschieben verschie-
dener Bauiptentionen Symmetrie und Eurhythmie gestört
werden. \ .
Die Stadtpfarrkirche von Heidingsfeld.
Es steht nicht aufgeschrieben, in welchem Jahre
die drei Schiffe der Pfarrkirche von Heidingsfeld gebaut
wurden, aber wer die Mitte des elften Jahrhunderts als
Bauzeit annimmt, darf nicht fürchten, des Gegentheils
überwiesen zu werden. Diese reine Pfeilerbasilika reiht
sich unmittelbar an die von St. Burkard, in welcher
Säulen und Pfeiler wechseln. Auch die Schottenkirche
und der Dom sind Pfeilerbasiliken , während die pro-
fanirte Prämonstratenserkirche vonOberzell-die schlanken
Verhältnisse einer reinen Säulenbasilika darbietet. Die
Verwandtschaft der Kirchen von St. Burkard und Hei-
dingsfeld ist nicht gering. Wie in St. Burkard gegen
das Transept hin spätere Zeiten gebaut haben, so con-
struirte die .vorderen Gewölbefelder der Abseiten, das
liebliche Salvechörlein und die durch die Parallelrippen
so eigenthümliche Thurmhalle zu Heidingsfeld das vier-
zehnte Jahrhundert; während der Chor von St. Burkard
bereits der Verfallzeit der Gothik angehört (1495), folgt
die strebenumkränzte Ostung im Nachbarort noch den rei-
nen Gesetzen germanischer Cirkelskunst (1408). Hier
wie dort macht der Aussenbau ungünstigen Eindruck.
Wenn die Verhältnisse des Jnnenbaues in St. Burkard
leichter und anmuthiger sind, so gebührt den drei Schiffen
zu Heidingsfeld d^r Vorzug der Dimension und der Con-
servirung der Einzclnglieder. Das Benediktinerstift setzte
den Abseiten ein Thürmepaar ein; die Pfarrkirche ^ird
sich allzeit mit einem Thurme begnügen.
Die Bruchsteinmauern der Pfarrkirche stechen vom
Chorbau unangenehm ab. ^ Zwar zeigen die durch die
Nordwand gebrochenen, sechs romanischen Fenster noch
die ächte Quaderlaibung, aber sie sind ihrer Bestimm-
58
ung mehr oder weniger entfremdet worden. Die Fenster
der Südwand brachte das Pultdach der Abseite jämmer-
lich zu Schaden. Von den Lichtöffnungen der Seiten-
schiffe sehen wir ab, denn sie wurden gänzlich von den
späteren Zeiten umgestaltet. Den der Südseite einge-
bauten Thurm gliedern Arkaden, Lissenen und durch ar-
tige Würfelcapitäle getheilte Klangöffnungen in niehreren
quadraten Stockwercken. Im bildlosen Nordportal sehen
wir je eine Würfelsäule der Pilasterstufe eingefügt.
Der Hals, oktogon wie der Schaft, trägt den von Laub
umspielten Kern. Auch hier zeigen die Archivolten geringe
Eleganz. Ihre Profilirung springt aus einer Art von
Zickzack aus. Die schroffe Bildung des doppeltgestuften
Westportales würde bedeutend gemildert, wenn der
Meister Ziersäulchen in die Pilasterecken zu setzen be-
liebt hätte ; es wäre dadurch den Kämpfern ihre Massig-
keit vortheilhaft entzogen worden. Die flachgedeckten
Schiffe werden von zwölf freistehenden und zwei der
Westwand eingebundenen quadraten Pfeilern getragen,
deren Breite und Höhe sich wie 1 : 4 verhalten. Die
Fussplatte wird durch einen eigenthümlichen Wulst, der
Kämpfer durch Riemchen und Kehlleisten bewegt.
Während gegen die Abseiten Sparrenköpfe aus der
Wandung kragen, wird die Monotonie der Hochwand
durch einen 2' über den Arkaden hinlaufenden starken .
Wulst unterbrochen. Die düstre drückende Wirkung
der Hallen ist man bei Bauten dieser Zeiten gewohnt.
Welch' ein Unterschied zwischen ihnen und dem kühn
und hoch gesprengten Mittelquadrat, welches d^n Kreuz-
flügeln und dem zierlichen,' vom keckauffliegißndenTriumpf-
bogen eingeleiteten Chor das Grundmass abgegeben hat?
Hier walten die anmuthigsten Verhältnisse. Man denkt
bei diesem Wechsel unwillkührlich an Heilsbronn, wo
auch die Säulenbasilika des Klosters aus der Zeit Otto's
von Bamberg stammt, der Chor später sich anreihte ;
oder an die Franziskanerkirche in Salzburg, deren Sfcfiiffe
^9
freilich der Uebergangszeit, der Pfeilerchor aber der
aii verwegener Keckheit im ConQtruiren Alles übertreff-
enden Schule des Hans Steinmetz von Landshut ihr
Dasein verdanken.
Heidihgsfeld, schon erwähnt, gehörte um 995 als
Lehen von Fuld den Grafen von Rothenburg, welches
Gräfenhaus dem Bisthum drei Bischöfe nacheinander
gegeben hatte, kam 1125 an die Staufen, ward 1268
Reichsdorf, 1366 von Karl IV. zur Stadt erhoben und ging
1507 an das Hochstift über. Das bezaubernd schön ge-
legene Frauenklösterchen von St. Egid ist im siebzehnten
Jahrhundert erloschen, aber in unsern Tagen wieder in
anmuthiger Weise zum grossen Segen der Stadt er-
standen. Noch Ussermarin hatte Kunde von den statt-
lichen Resten der Klosterbasilika imd den Grabsteinen
der Herren von Zobel, Gutenberg, Wolfskeel, Thüngen,
Fuchs und Scherenberg. Im Jahre 1769 wyrden die heiligen
Hallen niedergeworfen, und die Denkmäler zu profanen
Zwecken verwendet. Es hätte Interesse bieten können,
diese Baureste mit den Schiffen der Pfarrkirche und dem
romnaischen Bau zu Rändsacker in Parallele zu stellen.
Die acht massigen Pfeiler der Kirche von Randsacker
scheinen auch in das frühe Mittelalter zu gehören. Die
Verhältnisse sind auffallend niedrig. Schmucker steigt
der Thurm auf der Südseite in vier Stockwerken unver-
jüngt an. Während im unteren Feld sich nur Lissenen
einfach rundbogig verbinden, scheidet im zweiten
Quadrat ein Halbpilaster vier Arkaden, im dritten stellt
sich ein Säulchen mit Laubcapitäl zwischen sechs Bögen,
im vierten Quadrat ist die Doppe^challöffnung von den
Laubconsölchen der acht Arkaden umschlossen. Der
Baumeister hat mit vielem Vorständniss den Plan ent-
worfen.
Wir kehren zu Bischof Brun zurück.
Abgesehen von vUy durch die Grafen Siegfried,
Hermann und Eb^^äbfird geschehenen Stiftung vo^ Oor-
60
Ingen (1037) ^), dem Neubau in Schwarzach, von dem
kein Stein mehr steht, und anderweitiger Thätigkeit in
der Diözese, fassen wir Brunos Wirken für den Dom
in's Auge.
In den Zeiten des Bischofs Heinrich mochte der
Bau des Domes, den Thieto im Jahre 923 begonnen,
Burkard der Jüngere 940 vollendet hatte, noch unver-
letzt stehen und als Kathedrale würdig erscheinen. Dem
Dome hat Heinrich weniger seine Liebe zuwenden zu
müssen geglaubt. Aber seit Gerbert die umgestaltende
Zahlenkunde in die Kunst gebracht, Kaiser Heinrich H.
durch seine zahllosen ansehnlichen Bauten den Auf-
schwung und den Glanz, den die Künste unter den
Ottonen gewonnen hatten, gesteigert, Godehard, der
schwungvolle in aller Technik erfahrene Bischof, in Süd-
und Norddeutschland seine für die Kunstgeschichte so
wichtige Thätigkeit entfaltet hatte, seit von Tegernsee
und Altach aus die Uebung der Glasmalerei sich immer
weiter verbreitete, von Hirschau schon jezt und bald
noch mehr durch Wilhelm aus St. Emmeram, von Pader-
born und so vielen Bischofsstädten alle Künste die v^obl-
thätigste Anregung erfuhren ; — seit dem Tode des Bischofs
Heinrich L war eine bedeutsame Veränderung eingetreten.
Der neue 1012 eingeweihte Dom zu Bamberg mit »einer
Krypta und seinen unvergleichlichen Schätzen mochte
den Kiliansdom um Vieles an Schönheit und Ansehen
übertreflFen; zu Eichstädt hatte Bischof Heribert den
alten Reginaldsbau abbrechen lassen, und einen neuen
aufzuführen begonnen, den Bischof Gebhard (f 1057)
zur Vollendung führte ; der Consecratiou der neuen Wal-
burgiskirche hatte Brun selbst 1042 assistirt. Kaiser
Konrad II. hatte eben zum Kaiserdom in Speier, zu St.
Hugo in Speier und dem glänzenden Limburg an einem
Tage und nüchtern den Grundstein gelegt; zu Worms
und zu Mainz baute man rastlos. Konnte Brun zurück-
1) Ussermann Cod. prol). 17.
61
bleiben? Er der hochsinnige Fürstensohn, der reich mit
Olücksgütern ausgestattet war, der seinen Zeitgenossen
durch Tugenden voranleuchtete, durch seine exegetischen
Tractate über den Psalter i) sie erbaute? Auch er hat
seine Zeit vollkommen begrififen. Wirzburg ist glücklich
Äu preisen, weil dieser grosse Bischof in der Zeit regierte,
da Peutschland in Europa die Gesetze dictirte, von Ost
und Nord, Süd und West die Könige und Fürsten. den
grösten Kaisern aus dem gewaltigen Konradinergeschlecht
Gehorsam leisteten^ deutsche , ostfränkische Bischöfe
sich auf dem Stuhle des heiligen Petrus ablösten, und
deutsche Wissenschaft die Geister nährte. Frankenlt^nd
war durch seine Bischöfe und seine Kaiser in die ^Glanz-
zeit seiner Geschichte, eingetreten.
Brun baute eine Krypta unter der Ostung des Domes,
erhöhte darüber den Chor, fügte zwei Tbürme an und
führte auch die Schiffe mehr neu auf, als dass er sie
restaurirte. Dass er eine Felderdecke über die Hallen
spannte, führen die Geschichtschreiber des Domes aus-
drücklich an. Das Werk gedieh von 1042 — 1045.
Schon, am 3. Januar 1042 hatte Heinrich III. kaiser-
liche Geschenke zum Dombau gegeben. Die Diözesanen
blieben nicht zurück, da es die Ehre des heiligen Kilian
galt. Brun ergänzte nicht nur aus eigeneh Mitteln, was,
um die Kosten zu decken, fehlen mochte, sondern über-
machte in Gegenwart des Kaisers Heinrich HI., des Erz-
bischofs Bardo von Mainz und des Bischofs Rotho yoii
Paderborn seine reiche Erbschaft Sonnreich im Pader-
bornischen (1034), ,,ad vesUturam ecclesiae herbi'polensis'^
damit von den Erträgnissen des Gutes jährlich 50 Mark
Silbers zur Zierde des Domes im Jnnern und Aeussern
wie zurVeriaehrung des Ornats imCither verwendet würden.
Die Dotationöurkunde Hess Brun in Erz gegral^en in die
Kirchenmauer zu Sonnreich setzen. 2) Später haben die
1) H. Denzinger pfoleg. in s. Brunonem, ap. Migne patrol.
CXLII. 1 sqq. ^
2) Chronicon wirzeburgense ap. Ludewig es. 468. Salver Proben 155.
Dpmbeirefi am Ipliansfeste und Andreastag von dem
Stiftungsg^lde Salmen und derlei bekommen und genommen.
An Bischof Brun erinnern noch das Monogramm
auf der Domapside, die acht Säulen, welche die Ein-
gänge zur ganz verbauten Krypta stützen, die Säulen
Jachin und Booz^ die einst der Fassadenvorhalle vor-
gebaut waren, tmd jetzt beim Marienchörlein in der Nord-
abseite stehen, die Casula im Domschatz. Vielleicht ist
auch das westliche Thurmpaar mit ihm in Verbindung
zu bringen. Ob die in d^r östlichen KreuzgangshaUe
wie in der Sepultur da und dort aus den Mauern her-
vortretenden doppelwulstigen Säulenbasen dem Bruno-
bau angehören oder dem Werke Embricho's 1133, ist
nicht zu entscheiden. Es wird zugestanden, dass sowohl
Ba^nlei8ter Eozelin als der Meister unter Bischof Gott-
fried die Hauptformen des Brunobaues umgestalteten;
aberLissenen, Pilaster, Arkaden, der ganze Aussenbau im
hohen Chor, Transept und die Mittelhalle sind in die
zweite Hälfte des zwölften Jahrhunderts zu setzen. Die
Jnschrift Bruno's auf dem rothen Quaderstein über den
kleinen spitzbogigen Fenster der Apside gibt nicht so
bestimmtes Zeugniss wie der Heinrichsstein in Neu-
münster. Das dürfen wir indess wohl annehmen, dass
die alte Form des Kreuzes und der Buchstaben über
dem ganz modernen Stuckauftrag treu wiedergegeben
worden sei. Ali den Spitzen des Hauptbalkens steht BRUNO^
an denen des Querbalkens EPS, Den Localnumismatikem
hat das sjeltsame Monogramm, welches vielfach auf Wirz-
burgischen Münzen wiederkehrt, viel zu scha|Pien gemacht.
Dem Kiliansdom schadet der Mangel einer primitiven
säulenreichen Krypta ^ sehr in seiner Bedeutung. Die
von Brim gebaute hat bei der Vergrösserung und Um-
gestaltung sowohll unter Bischof Uerrmann I. (1225) als
unter Philipp von Greifenklau gelitten, welcher den Chor
niedriger legen, die Gruft einbrechen liess imd an die
Stelle der alten Säulchen neue Kolossalpfeiler setzte und
SQ ide^ ganzen Ba^^ alle Würde' und Schönheit benahm.
In früheren Zeiten war die Domgruft in die Vitus- und
LuciäkapeUe geschieden. Noch zeigt man in derselben
den Veitsbrunnen, welcher wie die Dombrunnen in Strass-
burg, Freiburg, Paderborn dem Dome alles nöthige
Wasser sgendet. Freilich kommt ihm nicht die Zier-
lichkeit der Construction zu, wie dem Dombrunnen in
Begensburg, dem schönsten in Deutschland. Die Weat-
krypta von Neumünster hat auch einen Brunnen, dessen
Entstehen mit den Auffinden der Gebeine Kilian's, Ko-
lonat's md Totnan's in Verbindung gebracht wird.
Brun erlebte die Vollendung des Dombaues nicht
mehr 5 sein unglücklicher Sturz ist bekannt ,»). Seine
Hülle wurde in der von Erzbischof Bodo von Mainz (15.
Juni 1045) consecriten Krypta begraben. Nur die aus
den Mauerwinkeln der beiden Eingänge schwach vor-
tretenden Säulchen gehören dem Jahr 1043 an ; sie zeigen
ausser den Würfelcapitälen keine charakteristischen
Eigenthümlichkeiten. Bruno^s Tumba dient zum Altar.
Den in der deutschen Kunstgeschichte bekannten
Säulen Jachin und Booz wurde meist zu viel Wichtig-
keit beigelegt. Sie trugen einst die Vorhalle, welche seit
den ältesten Reiten in den Dom führte. Als diese 1644
niedergerissen wurde, transportirte man sie in den Kreuz-
gang, von da 1657 in die Gruft. Ob es wahr ist, dass
die Herren von .Neumünster sie einmal wiegln altes Eigen-
thum zurückforderten und sie zu einem Altarbau ver-
wenden wollten (1617), können wir nicht entscheiden.
Jn neuerer Zeit kamen sie in die Westseite der Nord-
halle. Es muss auch dahingestellt bleiben, ob wirklich
Brun die Vorhalle durch die Saiden stützte. Aber w|ts ist
natürlicl)^r, als ^ass m^n solche Träger mit den Namen
Ji^chin und 9oq^ belegte? Lag doch nichts näher, als
9.n d^e gleiehbei^annten Säulen im Tempel Salomon's zu
1) ChrQiiiiJoa .Wir?»l)urÄ. MM. ÖS. YL 8ü.
64
denken. Auch diese standen vor der Halle. Jachin
stand zur rechten, Booz zur linken. Jachin heist „er
wird befestigen", Booz (Boos) „in ihm ist Stärke": es
sind die Säulen „Fest und Stark." Sie waren aus reinem
Kupfer gegossen und inwendig hohl, die Masse davon
war vier Finger dick; der Schaft war achtzehn Ellen
hoch, die Höhe des Capitäls war fünf Ellen, der Durch-
messer mass vier.
Der schwerverständliche Bericht der heiligen Schrift
von der Gestalt der salomonischen Säulen mag den
Meister, der die zu Wirzburg meisselte, bewogen haben,
ihnen ihre eigenthümliche Formen zu geben. Jachin ist'
aus acht, Booz aus vier Säulchen combinirt; beide sind
acht Fuss hoch. Jachin zeigt nur eine Verschlingung,
Booz zwei übereinander; doch die erstere wird ob der
Menge- der Säulchen sehr complicirt. An der immerhin
dem Typus der attischen Base folgenden Säule Jachin
vermittehi Ekknaggen die Plinthe mit den acht halbkreis-
förmigen Wülsten und den zwei übereinanderstehenden
Kehlen. In der Mitte der Höhe heben sich von unten
und oben je ein Paar der Halbsäulchen vom Mittelkern
ab, winden sich rundbogig zusammen, so dass die obere
Biegung in den Raum einfallt, welchen die unteren
übrig lassen. Ein kannelirtes Rundglied windet sich
schlangenartig durch die acht Rundungen und schlingt
alle innig aneinander. lieber diesen Knotenverschling-
ungen ergänzt sich die zweite Hälfte des Säulenkörpers;
in demCapitälkerne vereinigen sich je zwei Halbsäulchen,
dass es sich wiespit^bogig ausnimmt; ein gerieftes Binde-
glied schlingt auch diese zusammen. Die quadrate Deck-
platte trägt die Legende 1 ACHIN. An der Basis von
Boos sind die zwei Hohlkehlen durch keinen Wulst ge-
trennt ; leicht verschlingen sich die vier Schäfte zwei-
mal übereinander. Der Ring des Knospencapitälg ist
stärker als bei Jachin, die Knospen sind fein und leicht
gemeisselt und heben sich stark vom Kerne ab.
es
Aehnliche Knotenverschlingungen konimen'aueh an
einem Portal der Neumarktskirche in Merseburg, im Dom
zu Bamberg, in einem Thurmfenster zu Jlbenstadt und
sonst vor. Otte meint, sie könnten etwa das zwölf Ellen
lange Seil bezeichnen, welches nach Jeremias 52, 21
jene Salomonssäulen umgab. *) Die zwei Säulen in d^n
Domvorhallen zn Trident sind denen zu Wirzbürg am
ähnlichsten.
Die Brunocasula zeigt die den ganzen Körper um-
fliessende Form. Auf himmelblaue Seidenwirkerei waren
mit goldenen und rothen Faden die Aurifrisien und Schil-
dereien voii deutschen Frauenhänden gestickt. Noch be-
merkt man die strahlenumgossene Mandorla, in welcher
der Herr lehrend thronte, wie die Plätze, wo fliegende
Engelchen angebracht und Heiligenbilder eingestickt
wären ; aber die Werke der Nadelkunst fehlen auf der
Vorder- und Rückseite. In Kapitalmajuskeln liest man:
SALV .... Das freundliche Stabwerk in den Aurifri-
sienfeldchen kann unmöglich opus panormitamm aus Pa-
lermo in Sicilien sein: arabisches Dessein zeigt andere
Muster. Deutsche Arbeit ist in der Casula zu erkennen.
Deutsche Fürstinnen stickten damals fleissig für die Dome
und Stifte. Judith die bayrische Herzogin schenkte nicht
bloss nach Niedermünster in Regensburg^ sondern auch
an den Dom in Eichstädt Werke ihrer Hand ^) ; sie wa
ren meisterhaft, denn die Fürstin übertraf alle in der
Kunst. Wer weiss nicht von der Geschicklichkeit der
jungfräulichen Kunigundis? Sie machte dem. heiligen
Godehard einen Gürtel zum Geschenk, auf welchem sie
zwölfmal sola fides wiederholte. In Wien wird die Ste-
phanscasula bewahrt, welche die Schwester Kaiser Hein-
rich's II. auf himmelblaue Seide mit Figuren imd Buch-
1) otte HandK d. k. Kunst-Archäologie 278. StiegHtz Beitr.
z. Geschiclite d. Bank. II. 219 ff.
i) Qretser eccl. Eyttett. 428.
M#bra gßsticlrt hikite. D<|g berfiliinie Palodaäaentum
^868 JfiaiBet% mk den geistKchan und weltlichen, astro-
MBiiseben und apokidyptiaclien Darstellungen stammte
fi^e^ic^ miB Apulien, wo es die Nonnen in einem St. Bla*
siBsldQster gestickt haben sollen; es war aber vom dor-
tigen Hersag das (beschenk überbracht worden ^).
Eine zweite Casula im Domschats zu Wirzburg zeigt
gleichfalls die älteste Form. Alle sonstigen Paramente
schuf eine splite Renaissance oder die Neuzeit. .
£s ist von dem verhängnissvoUstem Object für den
XtfOCiJkunsthistoriker 9 von den westlichen Domthürmen
zu sprachen. Dass sie kn elften Jahrhundert gebaut
MTurd^Uy und um sehr viel älter «ind als das Thnrmpaar
d^r Ostung, kann nicht bezweifelt werden. Die Ai'muth
an jeglichem Zierrath begreifen wir kaum. Die Münster-
tbürme ypn Komburg. (im Wirzburgischen) fallen auch
in die^e Zeit (1080^-1140), aber sie zeichnen sich vor-
theUhaft durch die Blend^rkäden und gekuppelten Säulen-
stallungen vor den Domthürmen aus; zierlich sind ver-
hältnissmässig die Thürme von Korbei, die Abt Saranho
1075 ..erbaute. Die Domfassade von .Wirzburg ist wenn
auch gerade nicht die ungünstigste so doch die ärmste
in Deutschland. Oder was sollen wir uns- denken bei
Betrachtnng dieser im Quadrat aufsteigenden Bruchstein-
rn^uern .mit ihren mehr als di'eissig Oeffnungen nach
Westen allein, von denen die einen unpraktischen Schiess-
9cbarten, die andern winzigen Kerkerlöchern gleichen,
nur wenige Fensterchen ähnlich sind^ bei. welchen auf
^ Bicfaibn^ss nicht im Mindesten Rücksicht genommen
wurde. Sie stehen nicht in Parallele und nicht nach fesT
t^m Gesetz gegeneinwder. Weder die. zwei doch gar.
1^ QjpärUchen Arkadenreihen unter den im Jahre 1418
aufgesetzten Gallerien, die am Thurm zu Bandsacker -
geistreicher ausgeschlagen sind , noch c^e von der un^
1) Mantam Bambergense f. Uenriei 17&4, 4.
==j
eleganten Bruchsteinmauer allerdings woUtliStig abste-
chenden Ecklisseneh, weder die geschmacklose Thüre,
die nicht Portal genannt werden kann, noch das ohne
Yerhältnias weite Fenster, bei dessen Rundbogenschluss
der Cirkel fälsch angesetzt wurde, auch nicht das glit-
zernde Uhrwerk verleihen der Fassade irgendwie pas-
senden Schmuck. Wir begreifen und rechtfertigen den
Eifer des Bischofs Julius,' dessen feinem Geschmacke die
Ansicht eiii Grl^uel sein musste. Konnte woM Bischof
Brun so geschmiaoklos bauen? Oder wer war der Meis-
ter, wer der. Bauherr?
Brun ist' Von den Franken hochverehrt worden. Mto
hat seine Oebeme aus der Gruft transferirt, äufdemMar-
tinsaltar in einem prachtvollen Sarge betgesetat, ihm zu
Ehren ein Fest angeordnet, siäne.Casula dem V-dlke ge-
zeigt, und Gottesdienst an seinem Tage gehalten.
Nach dein Tode des grossen Mannes hat die kiinst-
lerisehe Thätigkeit z^ar niefat aufgehört aber abgenom^
men. Die gewaltthätigen Zeiten Heinrieh^s IV. und
Heinrich^s V. konnten wenig fördernd wirken. Die Ein-
künfte des Bisthums mussten für andere Zwecke ver-
wendet wer den. Auch wurde manche Schlaeht der wSd-
bewegten Zeit vor den Mauern der Stadt geschlagen >).
Bischof Adalbero (1045— 1085), Sohn des Grafen Arnold
von Lambach, vergab ahm* den B.Qchten sc^er Kirche
nichts, und stand mit seinen Jugendfreunden Gebhard von
Salzburg und Altmann voii Passau als eine Säule der
päpstlichen Rechte in Deutschland. Er hat Schwarzaeh
zu ajteim Glaiius restlurirt, zur Stiftiüttg von Banz mitgef-
wirkt^ Ifeuoiünister nach einer Charta aus Embticho\s
Zeit neu gebattt und zum CoUegiatstifi erhoben, und in
St. Stephan - die Benediktiner eingeführt Ueber den Bau
von Neümünster merken wir aus dem schriftlichen Zeug-
niss von Bischof Embricho an:
t) Annal. BnuiwUwengeif ad ä. 1086. MM. SS. I. 100.
5#
68
Dominus Adftlbero, Tir beatae et perannis tpnd Deum et homines memoriae,
wirzeburgensis quondam episcopus, inter multinuMU Tirtutumsuanim iosignia,
quibus eccle^am sibi rommUsam decoravit et multipIicipossessioDumutüitate
ampliavit, basilicam qnoque, quod iio^am monasterium appellant, in honore
beataeDeiOenitricis etomniuni 8anct<iram a fundamento erexiteteon>
stitQtis ibidem fratribus cum certis et stipendiariis redditibus inter cetera bona
quosdam etiam eensualcs ad aedi/ic.ium eoclesiae retinendum et de anno
«in annum reparandum praeposito eji^sdem basilicae eantradidit.
Der Todestag Adalbero'3 wurde feierlicher als jener
des Gründers Heinrich begangen. Die Fürstin Bicheza
von Polen hat ansehnlich zum Neubau gesteuert ')•
Wie Gebhard der Stifter von Admont geworden ist,
Altmann das prächtige Göttweih gebaut hat, so vollen-
dete Adalbero den Bau des von seinem Vater begonne-
nen Lambach. Die Schulen des Sprengeis hat er gehoben.
Richeza von Polen, die 1063 auf der Salzburg starb, und
nach Köln begraben wurde, verherrlichte seine Regie-
rung. In St. Burkard war Herrand thätig, der nachmals
1090—1102 Bischof in Halberstadt wurde 2). Zweimal
musste Adalbero der Gewalt Heinrich^s IV. weichen ; er
ist zu Lambacb gestorben und begraben ä). Während
Bischof Gundakar H. von Eichstädt (f 1075) alle seine
Vorgänger an Kunstsinn übertraf, für die Kirchen seines
Sprengeis nach Kräften sorgte und die Porträte seiner
Vorgänger wie die Bilder der ersten Apostel des Fran-
kenlandes in das berühmte Pontificale malen und mit
Versen versehen lies£^, in Bamberg durch den hochge-
bildeten Otto, der den Dom zu Speyer und sonst an
sechzig Kirchen gebaut hatte, eine glänzende Kunstepoche
eingeleitet wurde, Augsburg um 1Ö75 in voller Thä-
tigkeit Kapellen und Thürme baute und in Metall, Stein
und Holz badete*), ist von der RegieruQg derWirzbur^
1) Leibnitz SS. BW. s. I. 313. Gropp Neumünster 194.
2) Wattenbach GeschichtsquclJen Deutschlands 256.
S) Mabillon ann. Y. 401 MM. SS. XU. i2-7— 147.
4) AllioU Bronj^e-Thüre ÖO.
69
ger Bischöfe (Meinhard) Eginhard (1088—1104), Rupert
(1104—1106), Erlong (llOft-1122) und Rudger (1123—
1125) wenig kunsthistorisches von Belang zu berichten.
Im Jahre 1069 gründete Markgraf Hermann und seine
Frau Albrath die Kanonie Heidenfeld, 1090 stellte Egin-
hard den Fimdationsbrief des wichtigen Komburg aus ^).
Unter ihm wurde auch die MargareÜienkapelle zu Wirz-
burg erbaut, und im Jahre 1097 bei derselben ein Xeno-
dochium an die Stephansabtei nebst der Pfarrei Zellingen
tibergeben. Nach nahe fünfzig Jahren ist durch den gros-
sen Abt Raphold daraus das St. Afrakloster geworden.
Die edle Mechtildis baute eine Martinskapelle zum Stein,
bei Komburg 2).
In den Uebergang vom elften in's zwölfte Jahrhun-
scheint die im Jahre 1809 abgebrochene Katharinenka-
pelle gesetzt werden zu müssen. Sie war 52' lang, 32'
breit. Der hübsche romanische Thurm war durch Blend-
arkaden getheilt, und das der Nordseite verbundene Portal
durch Archivolten geschlossen; die sechs Fenster ver-
tieften sich acht romanisch in der Laibung. Was fand
man beim Abtragen tief im Grunde allerlei Geräthe und
unerklärliche Dinge I Die Skelette, in bläulichen Taft
gehüllt, die Pferdeknochen und Rinderklauen, die Zie-
genhSrner, die Steine und die Waffen — da dieMytho-
logen und Germanisten dergleichen sahen, hatten sie
nichts Eiligeres zu thun, als die Stelle für eine heid-
nische Opferstätte zu erklären. Das Portaltympan dieser
Kapelle blieb uns erhalten. Der kostbare Rest aus ro-
manischer Zeit ist jetzt in die Sammlung des historischen
Vereines gewandert. Das Tympan, aus Marmor gemeis-
selt, hält T 3" in der Länge, ist 3Vs' hoch; Maria
thront auf einem derbgearbeiteten Stuhl, wie wir sie auf
<) Gudenus Cod. dipl. I. 27. Michael herbip. ap. Boehmer
fontfs I. 452.
<) Michael herbip. ^p. Boehmer fontes I. i52.
MajestätflfiijQgeln dieser Zeit abgebildet mi Beh^a gewohnt
sind. Das AntHta der Matter ist voll wie auf dem oben
besdiriebenen Elfenbeindeckel. Dicbt über dem Haupte
der Jungfrau neigt sich die Taube. Das reicfagewandete
gottidche Kind trägt wie die. Mutter eine sohwerlast^ide
Krone. Zur Linken der Gruppe betet der Junger, der
der Mutter unter dem £jreuTO als Sohn empfohlen ward.
Im Spruchband steht: in prinqt. e. v. Der Vorläufer Jo-
hannes 5 der beim Weltgericht mit der Mutter für die
Realisiruhg des Weltplanes danken wird, trägt im'Spruch-^
band: parate Vßam) D{omim).lA\i&^ sprossen zur Rechten
und Linken. Die Majuskellegende in der Randplatte
heisst: Yirgo Dei matris custos et virginikUis; isU fuU
praeco verus de lumine verö. Die untere Randschrift lautet :
Mater es et virgo prece matema metnar esto nostri kac
nostrum deleri pura reatum. Die Darstellung möchte gern
mit den fast gleichzeitigen Skulpturen am Portal des
Grossmünsters in Zürich, an der Thüre des nördlichen
Kxeuzarmes vom Baseler Dom, und der Thürlünette der
Kirche von Erwitte in Westfalen verglichen sein. Die
Egstersteine bei Detmold stanunen aus derselben Zeit.
Der romanische Weihwasserstein aus St. Stephan im
Vereinsmuseum bildet ein Gegenstück zu jenem vor Jah-
ren im Conventsgarten des alten Stiftes zu Neustadt am
Main unter alten Trümmern gefundenen Taufstein , der
die Zwölfboten neben Christus und dem Täufer zeigt.
Ein interessanter romanischer Altar, welcher früher in
der Sakristei des Münsters in Neustadt stand, ist seit
mehreren Jahren nicht mehr dort zu sehen. Er würde
mit dem auf zwei Säulen ruhenden romanischen Al-
tar im Thurme zu Rieneck ein bedeutsames Hittelglied
in der Geschichte des Altars im Sprengel gebildet
haben.
n
B. Bifltliezelt der romaniscteii imi
(1100—1190.) ^
§ 7. Bischof Embrichch
Zu Bamberg" wären am Anfang dieser Periode zahl-
reiche künstlerische Kräfte thätig. Die Jakobslurche
wird im Jahre 1109 vollendet, Otto lässt durch Meldtet
Babo 1117 — 1121 das Michaelismünster bauen, die Kirche
mit Malereien schmücken, die Bartholomäus-, Oswalds-
und Frauenkapelle errichten ; in den Dom werden Säulen
gestellt, die Wände reich bemalt, das Pflaster erneuert,
der Georgschof erhöht, das Dach der Thürme rbit Kupfer
gedeckt ^) und sonst an die sechzig Kirchen begründet ;
in den schwäbisch-fränkischen Provinzen schafit die dtitch
Wilhelm von Hirschau (aus Regensburg) angeregte ^Lunst-
thätigkeit Münster auf Münster nach dem Muster der
jetzt in ein Magazin verwandelten Aureliuskirche (1059 —
1071). Die Basiliken von Alpirsbach (1095), Steinbach,
Sindelfingen, Faurndau, Schaffhausen, if^Uwangen, IXe't-
tingen, Denkendorf werden meist in dieser Zeit errichtet.
In Wirzburg, das sonst ^ immer tonangebend gewesen,
wird erst durch Bischof Embricho 1125 — 1147, GrÄfeA
von Leiningen, die nach langen- Stürineii eingetretene
Ruhe zur Verhärschung der vielen Wundeö, welche
den Klöstern und Stiften geschlagen waren, benutzt und
eine fruchtbare Kunstthätigkeit erneuert. Die Säulenha-
silika vom nahen Oberzeil, die Pfeilerkirche der Schot^
ten, der Brückenbau und die Domrestauration gehören
in die Zeit dieses Bischofs. Unbestimmt ist die Bauzeit vom
Centralbau U. L. Frau auf dem Berge.
Die älteste Kapelle des Frankeidaiides, wer kami
das laugnen, und aUeeeü^ Ton den Fnudken hockver^hrtl
1} Lnd^wig 8S. m. iH. ui.
72
Doch vom Baue Heddan's IL (704) hat sich keine
Spür mehr erhalten. Mögen die acht in das Rondell ge-
brochenen Nischen an den alten Stephansdom in Regens-
bürg gemahnen, es kann der Beweis nicht geliefert wer-
den, dass die Kapelle, wie sie uns entgegentritt, älter
als das zwölfte Jahrhundert sei. Auf etwaige Fundamen-
talconstructionen kann wahrlich nicht Rücksicht genom-
men werden; die vier Basamente für den Traghim-
mel stammen aus der Zeit des Bischofs Julius, und nicht
aus dem elften Jahrhundert. Die Restaurationen der
Bischöfe, welche von der Mitte des dreizehnten Jahr-
hunderts bis zum Beginn des achtzehnten auf der Burg
residirten, der Brand unter Julius am 27. März 1600, die
Eroberung durch die Schweden 15. Oct. 1631, die imge-
zählte Schätze zu Grunde richtete, die Verschönerungsr
lust des Philipp von Greifenklau (1697), dessen Wappen
uns davon Kunde bringen, haben an alten romanischen
Details derartig aufgeräumt, dass ausser den rundbogigen
Blendarkaden mit den hübschen Figuren und Consölchen,
welche den Oberbau umlaufen, nichts übrig geblieben
ist. Die Techno dieser Arkaden mit den charakteristi-
schen Menschenköpfen erinnert aber an das zwölfte Jahr- .
hundert. Wir sehen einen massiven runden Unterbau,
und einen engern daraus springenden runden Oberbau;
die Ostung ist von Julius vollendet worden. Im Innern
finden sich acht Nischen, Rococcoaltäre , hübsche Mar-
mordenkmäler und ein zierliches Reliquiar, das ein
Schweinfurter Goldschmied im Jahre 1519 verfertigte.
Wir finden weder eine durch Säulenstellungen interes-
sante Doppelkapelle wie in der Burg zu Eger, oder zu
Nürnberg (1040), weder einen von Gold, Edelsteinen
und in Farbenpracht strahlenden Graalsbau wie Karl IV.
in der Burg Karlstein bei Prag zaubern liess, auch nicht so
reiche Skulpturen wie auf der Buifgkapelle der Trausnitz
ob Landshut, nicht einmal so räthselhafte Figuren wie
an dem archivoltenreichen .Fortale der verwwdten.Ok-
73
t0gonkapelle im nahen Oberwittighausen. Wichtiger ist
Standorf und das halb in der Erde steckende Doppelokto-
gon in Griinsf eidhausen. Auch die Burgkapelle zu Forch-
heim wird durch die Wandmalereien aus dem dreizehnten
Jahrhundert, Darstellungen des jüngsten Gerichtes, der
Anbetung der Magier, der Verkündigung und einiger
Propheten kunstgeschichtlich bedeutender als unsere Burg-
kapelle. Das Centralkirchlein , welches ICigil in Fuld
baute, ist bekannt. Fiorillo setzt die neben Stift Mur-
hardt stehende Walderichkapelle in die karolingische
Zeit, in die Gründungsperiode des Klosters; sie ist aj)er
von 1180. Die früher 7;a St. Burkar d gehörige im Okto-
gon construirte, mit einem Arkadenfries gezierte Mag-
nuskapelle in Wirzburg ist zerstört. Die Rotunda hinter
dem Dom wurde im Hessenkrieg abgebrochen ^). Unsere
Burgkapelle hat mit den bekannten Bundkirchen zu Nym-
wegen, Ottmarsheim, St. Michael in Fuld, Essen, Mett-
lach, mit St. Rupert in Salzburg undSt. Wipert in Quedlin-
burg nur theil weise die Form, nicht das Alter gemein.
Die Prämonstratenserkirchc in Oberzell.
Der Ordensstifter Norbertus hatte im Jahre 1128
zu Wirzburg gepredigt. Sein Wort scheint gezündet
zu haben, denn bald steuerten die Reichsten der Stadt
so ansehnlich an Geld und Gütern zusammen, dass der
Klosterbau von Zell rasch gedieh. Domherr Heinrich
und sein Bruder Johannes gaben ihre ganze Habe; Jo-
hannes ist der erste Abt geworden. Die Dotationsurkunde
von Zell erwähnt zwar hur des Männerklosters , doch
sind wir durch anderweitige Nachrichten zur Annahme
gezwungen, dass sich neben demselben auch ein Frauen-
klösterlein erhob und dem Main entlang sich hindehnte.
Bischof Embricho hat die Stiftung im Jahr 1130, Inno-
zenz n. drei Jahre darauf sie betätigt. Das päpstliche
«) Ludewig SS. WB. Olli
74
Decret erwähnt bereits der Basilika des heiligen Mi-
chael 0- Vom Baue des Jahres 1128—1130 steht noch
das doppelbogige Portal des Klösterhofes und die statt-
liche Säulenbasilika bis zum Triumpfbogen.
Bei der geringen Anzahl weltlicher romanischer
Bauten gewinnt das von drei Säulen getragene Einfahrts-
thor in die Abtei um so höheres Interesse. Ein grösseres
Thor dient denen zu Wagen, das kleinere wird von den
Pussgängern benützt. Blumen spielen in den Würfeln
der Capitäle; die Archivolten werden durch Hohlkehlen,
Plättchen und Wulste gegliedert, der Wulst endigt in
ein Schlangenköpfchen. Das über den ganzen Portalbau
hinlaufende Fries formirt sich aus vierzehn Rundbogen
nüt constructiven Consölchen. Anmuth ist dem Werke
nicht abzusprechen. Am gleichfalls gedoppelten renn»-
nischen Eingang zum alten Reuerervogteihof in der Dom-
pfaffengasse der Stadt sind die beiden abschliessenden Bo-
gen von gleicher Höhe; obwohl sie aus oktogonen Säu-
len mit Würfeln und starken Deckplatten auslaufen, und
an den beschädigten Basamenten Eckknaggen angebracht
waren, fallen sie dennoch auffallend spitz zusammen : es
ist das früheste . freilich mehr zufällige Auftreten des
Spitzbogens in Wirzburg, wenn wir von deii Würfel-
wangenriefchen in der östlichen Krypta von Neumünster
(elftes. Jahrhundert) absehen wollen. So hat Chartres
schon 1028 den Spitzbogen, Bamberg und Trier gleich-,
falls im elften Jahrhundert 2). Wie zuKomburg im alten
Sprengelgebiete ein eigenthümliches romanisches Ein-
gangsthor die damalige weltliche Architektur zeigt ,^ so
sind auch in dem von 1118—1123 gebauten Aura-Trim-
berg hübsche romanische Reste aus den Zerstörungen
des Bauernkrieges erhalten geblieben. Noch steht dort
i) Uss ermann EP. WB. 386. 394. Cod. prob. 31. Archir. X.
1. 92 ff.
S) Hope bist, de Tarcbitect. 339.
7S
ein Rundbogenportal von D.oppelfenstern umstellt, eine
ganse Halle vom alten Kreuzgang mit spärlicher Wand-
malerei ist erhalten. An der Südseite der in das reifende
Saalethal blickenden Kirchhof mauer sind die zwei mittr
leren LiefatölPnungen durch vier Säulchen gegliedert, ein
Beicfathum, wie er nur an Gellihausen wiederkehrt.
Treten wir in die Säulenbasilika. Die Restauration
vom Jahr 1696 hat die Fassade mit obligaten Voluten,
Pyra;miden, jonischen Säulen und den unschönen Figuren
Gottfried's und Norbert's überladen, die alten vierEehn
rothen Granitsäulen mit drei Finger hohem Stuck über-
deckt und die Abseiten völlig modernisirt; der Gräüel
der Verwüstung, der seit der Säkularisation über das-
Münster gekonomen, hat einerseits vor dreis^ig Jahren
die Ostung vom Triumpf bogen ab weggerissen , ander-
seits durch gewaltsame Verbindung der einzelnen Säulen
mittelst Balken den nngefügen Stuckauftrag beseitigt, und
unter der korinthigirenden Form der Capitäle die ur-
sprünglichen mit kleinen Voluten geschmückten Würfel-
keme blossgelegt. Vierzehn Säulen tragen den moder-
nisirten, jetzt zur Kohlenvorrathskammer benutzten Hoch-
bau. Sie sind aus leuchtend rothem Granit gemeisselt,
wie er zu Hplzkirchen un^ Erlbrunn gebrochen wird.
Uin den Stuck festigen zu können, musste der Maurer
mit dem Spitzhammer die Politur und die alte Feinheit
vertilgen, imd durch sehr offabstehende Erhöhungen. und
Vertiefungen den Ansatz der Composition ermöglichen. An
der über dem quadraten Plinthus ohne Eckblatt anstei-
genden attischen Basis liess der Meister, der die Basi-
lika 1128 zu bauen begann., insofern eine Modification
des Normaltypus eintreten, als der untere Wulst auffal-
lend weit vorsteht. Ein stattlicher etwas zugespitzter
Würfelcylinder entwächst dem Capitälhals, um die mit
Biemchen und üarnies bewegte Platte zu tragen. Da
der runde Schaft 10^ hoch ^' breit ist, gestaltet sich das
VeriiäljtaQdss d^r Höhe zum Durchmesser der Säule wie
76
5:1; die Basis ist 18^^ hoch, die Plinthe ist wie die
Deckplatte 3^ breit. Jede Säule steht von der andern
9^ ab; 20^ breit ist das Mittelschiff. Sowohl der ausge-
zeichnet fein und edel profilirte Triumpfbogen als die
zwei Hallen im Westen gehören dem ursprünglichen Baae
an. Der Todtenstein des Eberhard mit der Majuskel
aus dem zwölften Jahrhundert darf mit dem Baumeister
der Kirche nicht in Verbindung gebracht werden.
Obwohl das Generalcapitel des Prämonstratenseror-
dens schon im Jahr 1141 den Beschluss gefasst hatte,
alle Frauenklöster von denen der Männer zu trennen,
konntQ diess zu Zell wegen Mangel an Geld erst 1160
in's Werk gesetzt werden; es entsand Unterzell. Viele
edle Frauen nahmen den Weihel in Unterzell; das Frauen-
kloster gedieh bald zu ansehnlichem Reichthum, ist nie
in Geldverlegenheit gekommen, hat aber oft denVätein
aus solcher geholfen. Nur der Südthurm hat die Stürme
des Bauernkrieges und die Restauration durch Julius-
gothik überstanden. Vier Arkadenreihen begegnen dem
Verticalismus seiner Wände; das aus über Eck gestell-
ten Steinen bestehende Zahnschnittfries zeichnet die letzte
Reihe aus. Das ursprüngliche Zeltdach ist weggebrochen,
da ja der ganze stattliche Kirchenbau zu Stallung, Sta-
del und Wohnung verwandelt ist, und im Mausoleum der
Schenken von Rossberg, über den Gräbern gottgeweih-
ter Jungfrauen aus erlauchten Häusern ordinäre Wieder-
käuer sich der Fütterung erfreuen. Auch der weite und
hochgesprengte Kreuzgang ist durch Ställe, Rumpelkam-
mern, Heumagazine und alleriei Löcher auf die unheim-
lichste Weise parcellirt.
Die Schottenkirche zu St. Jakob.
Die Schottenkirche in Erfurt würde trotz der ma-
nichfaltigen Umgestaltungen am besten mit der Jakobs-
kirche in Würzburg in Parallele gebracht werden. Da
der Verfasser sie nicht gesehen hat, die Schottenkirche
77
in Wien verbaut ist, Ghross St. Martin in Köln eigent-
lich nicht in diese Kategorie gehört, und von den total
veränderten Schottenkirchen in Nürnberg und Eichstädt
Umgang gonommen werden muss, so soll St. Jakob nur
mit dem gleichbenannten Centralmünster aller Schotten-
kirchen Deutschlands, in Regensburg, das Abt Gregor
an die Stelle des Werkes von 1090 — 1111 setzte, ver-
glichen sein* Beide Kirchen sind dreischiffig. St. Jakob
in Regensburg (1150 — 1184) wird durch die ausgezeich-
neten Höhenverhältnisse und .den Reichthum ikonischer
Capitäle unter den romanischen Kirchen Deutschlands
in die vorderste Reihe gestellt; dieselben hohen Dimen-
sionen fallen auch beim ersten Blick zu St. Jakob in
Wirzburg auf. Noch mehr: wenn auch die leise wellen-
förmige Bewegung den Blick angenehm in der Longitu-
dinalrichtung fortleitet und eine energische deutliche
Wirkung hervorlockt; wir finden die Hochwände auf
Kosten der Schönheit zu sehr in die Höhe gedehnt. Zu
Begensburg baute Abt Gregor eine Säulenbasilika, von
deren wimmelnden Reichthum an Blätter- und Thiercapi-
tälen die Kunstgeschichte längst Notiz genommen hat;
weniger sind ihr die seltsam reichen Kämpfer mit den
gewürfelten Halbsäulen und den einzelnen Thier- und
Menschenköpfen der Pfeilerbasilika in Wirzburg bekannt.
Wie in der Mutterkirche dem ersten Triumpfbogen ein
zweiter vor der Konche correspondirt und in den Raum
zwischen beiden einige Diagonalgurten gesprengt sind,
so hat auch der nur um weniges kleinere Embrichobau
zwei Bogen erhalten, deren vorderer durch ein im vier-
zehnten Jahrhundert eingesetztes Kreuzgewölbe stark
geschädiget wurde ; dieselbe Zeit hob die primitive Klee-
blattform der drei Apsiden auf, indem die nördliche vom
Neubau des Thurmes gänzlich umschlossen, die Haupt-
apside nach Oben erhöht, mit hohen Fenstern versehen
und an den Ecken mit Streben besetzt wurde. Eine Ver-
längerung des Chores kann nie stattgefunden haben.
78
Zwei Thürme markiren bei beiden Kirchen die Ostnng,
während in Wirsburg der Transeptbau mangelt Be-
trachten wir an unserm St. Jakob die Details.
Am Aussenbaue hat die Renaissance nicht nur die
sieben Fenster der Abseiten erweitert, und sie mit ab-
geschmackter Linienspielerei umsogen, sondern auch die
Fassade wie die Portale nach dem bekannten Oes<5hmäcke
neu eonstruirt. Kein ursprüngliches Kranagesims, keine
Arkadenreihen, keine Lissenen; auch die Quadern sind
mit Tünche überdeckt, und es kann nicht ersehen werden,
ob hier dieselben Majuskeln als Steinmetzzeichen wieder-
kehren, wie an St. Jakob in Regensburg. Nur die neun
Fenster der Hochwand beiderseits schrägen .sich in der
ursprünglichen Form. Angenehm leuchtet der rothe
Sandstein ihrer Laibungen. Der Südthurm steigt in der
alten Gestalt zu drei quadraten Stockwerken an. Die
unverhältnissmässige Länge der Wetterschräge an geinen
beiden Eckstreben beleidigt das Auge; über 'den von
ihnen getragenen Thürmchen laufen vier Arkadenbögen
mit Constructivconsölchen hin ; der Zahnschnitt, den man
seltsam mit dem abschreckenden Namen Dreischlitzfries
beehrte, krönt mit reichem Simswerk diess erste Quadrat.
Das zweite, ungewöhnlich hoch, wird von einem in Deutsch-
land, immerhin selten vorkommenden Tropfenfries ge-
schlossen. Die klangöffnimgen unter dem Helme werden
durch Säulchen gedoppelt. Am Nordthurm finden sieh
nur wenige gotbische Coniätrüctionen« lieber der nach
Aussen tretenden Südapside ist in gehukter gewaltsamer
Stellung ein Männlein angebracht, welches das Auge
zuip Hknmel wendet, und die HItoide auf die Kniee stemmt.
Im Innern tragen 16 freistehende'' und je 2 in Ost
und West den Wänden eing[ebun4ene Pfeiler die Hoch-
wände. Die Fussplatte ist durch die Ueberhöhung des
Bodens unsichtbar geworden. Die quadraten Schäfte
sind 11' hoch, 4t breit; an den 2' breiten KSmtpfeni
79
wechseln ober und unter dem Wulst die Schrägen, Riem-
chen und Plättchen. . lieber den 11' breiten Arkaden
unterbricht ein Wandgesims die Monotonie der Fläche.
Da die Mittelhalle 27' breit, 50' höh ist, müssen sich
schlanke Verhältnisse entwickeln. Die Pfeiler der West-
wind haben Halbpfeiler eingebunden, denen Arkaden-
bogen äusspringen, um sich auf der in die Mitte ge-
setzten Säule zu stützen , deren Würfelcapitäle Heine
Voluten und eine reiche Deckplatte zieren. An den vier
Ostungspfeilem der SüdhäÜe cohstruirte der Baumeister
ebenfalls Nebenpilaster, Indetti die Linien der Deckplatt-
gliedening sich dadurch mehrfach brechen, in das Recht-
eck, das entstehen muss, ein stämmiger Säulens<^haft mit
Würfel sich einfügt, über diesen der gleiche Kämpfer sich
fortsetzt, unter demselben Menschen- oder Thier- (Ochsen-)
Köpfe zum Vorschein kommen, gewinnt der Anblick der
vier Gewölbeträger etwas überraschend- reiches, wenn
äu6h die Eleganz durch so nothwendig resultirende Brciite
und Massigkeit bedeutend verliert. Beim Anblick, dieser
Pfeüerbildung bedauert man um so mehr die Verball-
hornung der Süd- imd Nordportale. Wenn sich an' dem-
selben auch keine Zickzackomamente wie an St. Jakob
in .Regensburg, im Kreuzgeng und am Westportal der
Karmelitenkirche in Bamberg fanden, so werden jeden-
falls die Archivolten in ihren Profilirungen mit den ei-
genthümlichsten Combinationen aufgetreten sein. Das
angedeutete System der Pfeilerverstärkimg wurde am
consequentesten in der gewölbten Südapside angewendet ;
es war hier um so nothwendiger, weil die Pfeiler die
fruchtenden Massen der Thurnistockwerke aufzunehmen
hatten» In der Nordapside suöhte zwar der Thurmbam
dieses System möglichst zu verdrängen; auch haben die
Sehenräume nnd Oratorien die Pfejler verstellt; aber
genaue Untersuchung mag die alten Formen leicht ent-
decken und den immer angenehmen Wechsel der Kampf er-
linien beobachten. Die spitebogigen Bippen des Chors
80
springen aus Rundpilastem aus, an deren Consolen lanb-
umschlungene Larven grinzen.
Die Schottenkirche in Wirzburg ist eine der statt-
lichsten und eigenthumlichsten Pfeilerbasiliken des Fran-
kenlandes. Jetzt wird nur ein Theil der drei Hallen zu
gottesdienstlichen Zwecken verwendet. Die alte Ostung
ist zum Musikchor umgebaut. Die schönen Hallen nach
Westen dienen als Militärdepot. Ueber den Gräbern der
schottischen Aebte und Mönche, der Herren von Red-
witz, der Edlen und Treuen von Bubenheim, Wernau und
andrer fränkischer Geschlechter, die ihrer Zeit hier
gerne eine Grabstätte suchten, stehen jetzt Bagage- und
Munitionswägen wie verschiedenartigstes! Kriegsgeräthe.
Die rothen Quadern der Pfeiler und Hochwände
glänzten einst im bunten Schmucke der Farben. Zwar
scheinen von romanischen Bandstreifen und Heiligenge-
stalten kaum Beste erhalten zu sein, aber die Malereien
vom Jahre 1504 treten an einigen Pfeilern noch leuch-
tend zu Tage. Wir sehen von zwei polychromen Band-
streifen begrenzt, schwarz auf gelb reichbewegte Blumen-
ornamentation. Darübersteht: 1508 Martin adhuc cateck.
— (echumenus). Und die Heldengestalt des'pannonischen
Kriegsmannes tritt uns entgegen. Die purpurne Umrah-
mung, der rothe wallende Mantel steht gut zum grauen
Lendner und zum grünen Beinkleid. Ein Barett sitzt auf
dem Haupte. Jndem der himmlische Bettler dem Krieger
zu Füssen fällt, und Martin mit dem Schwerte das Mantel-
stück abhaut, gewinnt die Gruppe drastisches Leben;
sie muthet uns an und wir bedauern sehr, dass so viele
von den übrigen Figuren des Tünchquastes noch nicht
endledigt sind. Von der Gestalt des heiligen Kilian ist
das Pedum^ die Planeta, die Albe und die Inschrift zu
sehen, doch der Ausdruck im Gesichte nicht zu erkennen.
Dass noch manche bischöfliche Gestalt die Pfeiler zierte,
ist am Pedum leicht zu sehen. Dem knitterigen Falten-
wurf, den Meister Dill in dieser Zeit tonangebend be-
81
liebte, ist sein Zeitgenosse, der Maler dieser Pfeiler,
mildernd entgegengetreten. Er hat neben den belieb-
testen Farben des Mittelalters, Roth, Blau, Gold,, be-
sonders mit dem Grün zu dämpfen und zu disponiren
verstanden. Auch die Aureliuskirche von Hirschau wurde
noch 1524-1556 mit denbekannten 177 Darstellungen bemalt.
Die merkwürdige steinerne Statue des Münsterpatrons;
•welche die Gartenmauer im Westen zierte, ist in die
Sammlungen des historischen Vereins, das alte hübsche
Salvatorbild in einer Ecke der Durchfahrt ist in das
Nationalmuseum nach München gekommen. Die höchst
eigenthümlichen Zellen aus dem sechszehnten Jahrhundert
zeigen uns die Technik des opus scoHcum^ des einfachen
Holzbaues. Die Tradition von der Zelle Trithem's ,noch
zu Anfang des Jahrhunderts lebendig, ist bereits er-
loschen. Wenige wissen noch vom „Donnerkeil", den er
in die Kirche hängen liess.
Wie kamen die Schotten auf Gerbirg? (Geierberg)
Wer hat die Pfeilerbasilika gebaut? Bischof Embricho
war eines Tages auf der Reise zur Metropole Mainz be-
griffen; ein stattliches Gefolge begleitete den Prälaten.
Da trat ihm ein schottischer Mönch, Christian, entgegen.
Gar arm war seine Ausrüstung. Seine Rechte führte den
Pilgerstab, eine lederne Wasserflasche hing ihm zur Seite,
daneben konnte man die Reisetasche erblicken. Aaich
eine Kapse mit Reliquien Führte er bei sich. Der Schotte
warf sich dem Bischof zu Füssen und lag ihm inständig
mit der Bitte an, ihm und seinen Gefährten gastliche
Herberge in seiner Kathedralstadt zu gönnen. Gebhardus
Longus, der edle Burkard, Reginhard und manche der
Begleiter unterstützten die Bitte des Pügers. Embricho
sagte zu, und nahm den Mönch nach Wirzburg. Klerus
und Volk vereinigten sich, boten den Schotten die Höhe
Gerbirg und die Wiesenstrecken den Main entlang an.
Anathem und Maranatha sollte jeden treffen, der je die
I Schenkimg verletzte. Im Jahre 1134 begann der Kloster-
I 6
bau; eine Kapelle wurde am 8. Juli 1139 consecrirt,
die geschilderte Basilika 1146 vollendet ^). Makarius, der
aus St. Jakob in Regensburg gekommen war, und die
Verehrung der Wirzburger in vollem Masse gewonnen
hatte, leitete als erster Abt die Brüder wie den Bau.
Wattenbach erklärt die von Embricho ausgestellte Ur-
kunde für interpolirt; es ist uns nicht möglich, hierin
mit dem Forscher gleichen Sinnes zu sein. Der Bischof
stattete das Stift ansehnlich aus, verschaffte den Mönchen
eine Domstiftspräbende und verordnete, dass nach seinem
Tode sein Leichnam in der Kirche von St. Jakob aus-
gestellt und von da aus zu Grabe getragen werden sollte ;
diese Sitte hat sich so lange erhalten, als die Bischöfe
auf dem Berge residirten. Makarius, schon in Jrland
durch seine Gelehrsamkeit berühmt, leitete das Kloster
von 1139 — 1158, und besuchte die Gräber der heiligen
Apostel in Rom. Christian und Eugen folgten ihm nach-
einander in der abteilichen Würde. Sie begruben ihren
Meister, mit dem sie so viel gewandert waren, in der er-
wähnten Kapelle, und gaben der Tumba die Aufschrift:
Hie jacet Macarius primus abbas hujus ecclesiae per quem
Dem Vitium in aquam con&erHt. Obwohl Abt Johannes IL
(1253 — 1274) vor dieser die Gebeine des wunderthätigen
Mannes bergenden Tumba betend seine Gesundheit wieder
erlangte, entschwand bald das Andenken an ihn, bis man
1614 die Reliquien wieder fand, sie am 31. Mai 1615
feierlich in den Chor transferirte, 1731 zu seiner Ehre
eine Sodalität gründete; und in diesem Jahrhundert die
Hülle in die Marienkapelle brachte. Unter Abt Christian,
dessen Rundsiegel mit Majuskellegende noch da und dort
zu sehen ist, erhielt St. Jakob 1166 Dienste in Weigols-
hausen, 1167 Güter in Theilheim, 1172 Weinberge in
Frickenhausen, 1176 Weinberge in Gossmannsdorf und
von einem Bürger aus Wirzburg, Adelhard, zwei Kapel-
1) Ussermaun KP. \VB. 280. Tritbemius Chronicon mona^terii
s. Jacob! ap. Ludewig SS. Wß. 998- 1004.
83
len zu St. Michael und U. L. Frau mit einem steinernen
Hause am Main^). Abt Eugenius starb 1197. Im Jahre
1233 gestattet Bisehof Herrmann, dass sich unter Abt
Herrmann zwei Frauen als Reclusen beim Kloster nieder-
liesen ; 1247 erhielt die Kirche Ablässe. St. Jakob war
ein Glied det deutschen Schottencongregation^ die in
St. Jakob in Regensburg ihren Mittelpunkt hatte, und
aUe drei Jahre dort ihre Versammlungen hielt;
Der Wohlthätigkeitssinn Wirzburgs gegen diese
Mönche floss aus deni Gefühle der Dankbarkeit, indem
ja die Cultur des Sprengeis durch Jren und Briten,
Kilian, Kolonat, Totnan, Burkard, Bonifacius, Lioba,
Thekla und Andere begründet worden war. Die Reisen
der irisch-britischen Männer auf den Continent, um dort
zu lehren und zu predigen, dauerte bis in's zwölfte Jahr-
hundert P). Es ist wohl zu einseitig, den Grund dieser
Pilgerfahrten in jenem den Kelten eigenthümlichen,
heute noch am unglücklichen Paddy erkennbaren Wan-
derungstriebe zu suchen. Mag auch das aus der Bio-
graphie de ^ heiligen Gallus bekannte Wort: naHo Scotortm,
quibus consuetudo peregrinandi paene innaturamconversaest^)
viel Wahres enthalten 5 mag dann und wann Aufruhr im
Lande, Missgunst der Fürsten Viele zur Auswanderung
verlockt haben : eben so oft war es der Geist der Liebe,
frommer Bekehr^jogseifer, welcher diese Männer antrieb,
ihr Vaterland zu verlassen. Sie bildeten lange Zeit hin-
durch ein segenbringendes Ferment für den Klerus in
Frankenland, Alamanien, Bajuwarien; in der Südspitze
Jtaliens bauten sie Zellen und in Jsland hat man ihre
Pilgerstäbe gefunden. Bald gaben sie der Welt als ein-
gemauerte Jnclusen ein erschütterndes Beispiel uner-
hörter Lebensstrenge, bald wanderten sie predigend von
1) Lang Regesta lU. 283. 287. 295.
«) Eckhart Francia orlent. I. 272. St räch an Germania christiana
etc. Mspt. in hibl. univers.
8) MM. SS. II. 80.
6»
H
Ort zn Ort ; sie Hessen sieh in kleinen Hospizien nieder,
gründeten aber auch bedeutende Abteien.^ Da sie sich
wenig mit historischen Aufzeichnungen befassteu, fliessen
uns die Nachrichten über ihre für die Culturgeschichte
so bedeutsame Wirksamkeit selir spärlich zu, Ueber
die meisten ihrer Klöster wissen wir so viel wie nichts.
Der Schotte David, Domscholaster zu Wirzburg, ging
als Historiograph und Kaplan Heinrich^s V. 1110 nach
Jtalien, beschrieb den Römerzug, doch ist die Schrift
verloren gegangen ^). Die über Gross St. Martin in Kola
aufgeschriebene Chronik hat nicht viel zu bedeuten.
Das Besste, was existirt, ist die Chronik von St. Jakob
in Regensburg, welche Marianus, ein Zeitgenosse des
gleichbenannten, zu St. Martin in Mainz eingemauerten
Chronisten, verfasste, und welche als viia SL Mariani Scoti
bekannt, uns mit der Gründung dieses Mutterklosters, sei-
nem aümähligen Heranwachsen und der Wiegengeschichte
der Colonien in Eichstädt, Nürnberg, Erfurt, Wirzburg,
Wien und Memmingen bekannt macht. Im zweiten Februar-
band der BoUandisten kann darüber weiteres nachgelesen
W9rden. Brauchbare Urkunden bringt Paricius.
Schon Pipin und Plektrud haben zu St. Martin in
Köln ein Hospiz für Schotten errichtet; 786 kommt ein
Schottenkloster in Amarbaric vor. Karl der Kahle er-
wähnt 845 in einem Capitulare der Aojpitalia Scotorum,
welche Jren in Frankreich für ihre Landsleute gegründet
hätten. Die Abtei des heiligen Symphorian von Metz,
wo Fingan Abt gewessen, wurde durch Kaiser Otto HL
bestätigt, unter der Bedingung, dass sie bloss aus iri-
sclien Mönchen bestehen dürfe, so lange solche gefunden
werden könnten. Abt Fingan setzte auch in die berühmte
Abtei St. Vannes zu Yerdün irische Mönche. In der
Diözese Toul lebten zur Zeit Gerhards Jren und Griechen in
einem Kloster beisammen und hielten das Officium gemein-
S)Wattenl)ach Gescliichtsquellen 261.
86
scbaftlich in griechischer Sprache. lu Oesterreich war
der im Jahre 1012 erschlagene Kolommm hoch verehrt.
Seit Mi^rianus in Begensburg durch die Aebtissin Willa
von Obermünster in St. Peter gastliche Aufnahme ge-
funden und die Wohlthätigkeit der Bürger und des bayer-
ischen Adels das grössere Jakobsmünster gebaut hatte,
war für die. Mönche der von Kaisern und Päpsten,
Bischöfen und Adeligen mit Privilegien und Gütern reich
ausgestattete Mittelpunkt gewonnen.
Die Schottenklöster sind nicht ohne Einfluss auf
die vaterländische Kunstgeschichte gewesen. Wo die
Mönche auftraten, förderten sie die Musik und die ma-
thematischen Wissenschaften, unterhielten Schulen, schrie-
ben zierlich die Bücher, malten Miniaturen hinein, und
fertigten zu heiligem Dienste die schon in der vita Bern-
wardi genannten vma scotica in Gold und dem edelsten
Schnitzwerk. Aus St. Egid in Nürnberg zog in der zwei-
ten Hälfte des zwölften Jahrhunderts Mönch Wilhelm
nach Jtalien , hielt sich längere Zeit in Pisa auf, hat
sehr wahrscheinlich dieEeliefbilder aus der Schöpfungs-
geschichte zu Modena gemacht und den Nicola Pisano
gebildet •)•
Das dankbare Frankehland hat auch 1183 zu Eich-
städt ein Schottenkloster gegründet. In Nürnberg fun-
dirte Konrad III. 1140 die genannte Abtei zu Egid. Die
Euchariuskapelle unter dem modernen Egidsbau mit
ihren Perlschnüren, Ekknaggen und Lotosblättern an
den Säulen ist nebst den Fünfecksthurm auf der Kaiser-
burg, mit dem hohen Heidenthurm, seinen alten Bildern
nnd Rundfenstern und der Doppelkapelle zu den ältesten
Bauwerken der Wirzburg gegenüber verhältnissmässig
jungen Stadt zu betrachten.
t) H e i d e 1 f f Baohtitte des Mittelalters 9. K « « 1 er Kunstgeschichte
483. 499. Kreuser Klrchenbau (1860) I. 468«
86
Die Schottenmönche kamen meistens aus Erin, der
heiligenreichen Smaragdinsel*). Das jetzige Schottland
gehörte grossentheils zum northumbrisch-angelsächsischcn
Gebiete- Die eigentlichen Schotten in Argyle und in den
benachbarten Gegenden bildeten eine allzukleine Be-
völkerung und waren zu arm an Bildungsanstalten, als
dass 80 viele Glaubensboten oder gelehrte Mönche von
ihnen hätten ausgehen können. Der falsche Sprachge-
brauch ist durch die Continentalen entstanden.
Die Wirzburger nannten den weiten Platz um das
Kloster den Schottenanger ; auf demselben wurden gerne
Zweikämpfe ausgefochten. Auf der weiter sich hindeh-
nenden Schottenau stand das Sondersiechenhaus (1384)
und die Nikolauskapelle, welche seit dem Schwedenkrieg
verfallen ist. Selbst eine Parthie auf der Festung nahm
von den Schotten ihren Namen ; das Wappen des Bischofs
Konrad von Thüngen unter dem Dache der Kapelle
schaut gegen die Schottenflanke.
St. Jakob ist in Verfall gerathen. Recht bedeutend
war es nie. Die neuankommenden Mönche lernten die
Landessprache nicht mehr, waren weder auf der Kanzel
noch im Beichtstuhl zu gebrauchen, und gaben durch
ihren Wandel vielfachen Anstoss. Was zu Wien und Nürn-
berg geschehen, wiederholte sich in Wirzburg besonders
seit 1460, und 1497 musste das Stift an Mönche aus St.
Stephan übergeben werden. Erst Bischof Julius hat die
Schotten wieder zurückgeführt.
Unter Bischof Embricho war man auch sonst in
Wirzburg thätig. Baumeister Enzelin spannte 1133 eine
Brücke von Stein über den Fluss — praeclari operis
pontem — und gewann sich durch sein Werk die Liebe
1) Eck hart Francia orlentalis I. 271. Vincentius BeUoy. spee.
I. VI. 19. 381.
87
und das Vertrauen der Bürger. Mönch Sighard von Fuld
hatte hundert Jahre früher eine Steinbrücke über die
Fuld gebaut ^). Wir dürfen keineswegs bei diesem Wirz-
burger Brückenbau an die Existenz der bekannten
Brückenbrüder im Sprengel denken. Ihr Stifter Benazet soll
erst 1176 zu Avignon die Rhonebrücke geschlagon haben.
Enzelin ist ein Laienbaumeister, mit dem Friesen Pleber
der älteste, der mit Namen urkundlich in Deutschland
bisher bekannt ist. Schon erwachte in den Städten jene
gewerbliche Thätigkeit und Tüchtigkeit, die .bald zu der
Bildung von Zünften, Jnnungen und Künstlerbrüder-
schaften Anlass gab, und so grossartig nachmals sich
ausbildete. In Magdeburg erwarben sich bereits unter
Kaiser Heinrich V. die Zünfte der Steinmetzen und
Goldschmiede das Bürgerrecht. Scharold verlegt das
Entstehen der Zünfte in Wirzburg in's zwölfte Jahr-
hundert 2). Sie bildeten eine durch Eid verbundene Ge-
nossenschaft - und durften die Zunftgeheimnisse nicht
verrathen. Die Baübrüderschaften hatte dieselben Gesetze
wie die übrigen Bruderschaften, ihre Zeichensprache,
ihren Handschenk und ihre Patrone, die vier gekrönten
Märtyrer. Im Jahre 1157 wird den Mönchen verboten,
für Laien zu arbeiten 3).
Der Wolkenbruch von 1342 hat Enzelin's Werk zerstört.
Der Meister baute auch auf eigene Kosten der
heiligen Gertrudis ein Kirchlein in Pleichach. Noch
wird dort ein Kleidungsstück der Heiligen treu be-
wahrt. Seit dem Tode des Bischofs Brun war am
Dom wieder viel geschädigt worden. Embricho beklagt
sich in einer Urkunde, dass er das Dach seiner Kathe-
drale ruinös und dem Einsturz drohend gefunden habe,
er bittet den Klerus und mahnet das Volk, den alten
i) Helyot hlst. des ordres. V. 131.
2) Scharold Zunftchronlk. I. IX.
3} Martene-Durandus thes. IV. 1248. 1250.
88
Wohlthätigkeitssinn zur Restauration des Münsters wirken
zu lassen. Sein Wort scheint nicht verhallt zu sein.
Bald schaut er sich um einen Meister um^ dem die Re-
stauration anzuvertrauen sei. Die Stimme des Volkes be-
zeichnet ihm Enzelin als den würdigsten. Er übergab
ihm das „magisterium^ des Baues. Baumeister und Bild-
hauer zugleich hatte Enzelin bald im Dachstuhl die Stuhl-
schwellen und Leersparren, die Spannriegel und Biegen
in einander gefestet, dem Innenbau seine Zierde gegeben,
den Reichthum der Aussenglieder erhöht, und dem an-
stossenden Conventsgebäude eine passendere Einrichtung
verschafft. Lassen wir die erhaltene Urkunde sprechen:
J. N. S. e. J. T. ££0 Kmbricho sqq. . . .
Cum majorU ecclesiae uostrae tectum propter auDosam vetustatem
jam penitus dilapsum esset et jam casum ruioaroqne minitaretur,
sollicite cogltavimus, quomodo et hoc malum decÜDare et totuni
monasterlum in melius reformare possemus^ et quia bonis semper
studiis Dens praesto est, acdamantibus omnibus civibus nostris
assig^atus est nobis vir bonus, qui et praeclari operis pontem
nobis fecit Enzelinus laicus, cui nos in reparanda et ornanda
ecclesia nostra cnram et magisterium dedimus, pulcbro satis et
felici ordini, ut qui pontem viam ad monasterium fecerat, ipse
qnoqud per instauratum monasterium ad regale conscenderet :
hoc est ad codeste palatium etc. ... Ut autem praßdictus vir
bonus Enzelinus libentius hujus operis curam gereret, cjipellaiu)
quam ipse in suburbio nostro Bleichacha construxerat, liberani
nostra aüctoritate f^dcimus et a parochia, ad quam pertinebat, ita
consilio patrum absoivimus, ut populus, qui circa eandem eccle-
siam habitet, proprium inibi sacerdotem et tam baptismum quam
sepulturam in perpetuum habeat etc^).
Embricho scheint mit dem Werke vollkommen zu-
frieden gewesen zu sein. Er belobte Enzelin öffentlich,
Übertrag ihm alles Bauwesen, erhob die Gerdrudskapelle
zur Pfarrkirche für die Vorstadt Pleichach, und ehrte
den Mann zeit seines- Lebens. Doch — entweder muss
der Dom noch grossentheils von Holz gewesen sein, was
trotz Hurter und Kreuser unmöglich anzunehmen ist,
i) Ardiiv IV. 1. ö.
8Ö
oder es lobte das Werk den Meister nicht so, wie sein
Bauherr. Oder schädigte der Brand von 1146?*)
Um dis nämliche Zeit Hess Bischof Adalbero von
Mainz Aschaffenburg mit Mauern, Thürmen und Graben
umgeben, und erbaute ein Schloss mit Pallas, Zinnen
und Kemnaten, das 1770 in den letzten Resten eingelegt
wurde. Am 1. Nov. 1130 luxtte Embricho die „Basilika^
des heiligen Gallus in Wirzburg geweiht, 1132 ward
Frauenthal von Gottfrid undKonrad vonllohenlohe gegrün-
det; an E brach und Heilsbronn wird gebaut'^), 1138 der
Frankenberg bei Amorbach, den Graf Kudhard geschenkt
hatte, in St. Godhardsberg umgetauft. Aus dieser Zeit
datirt der Fundati ons^irief von Vessera, wo Godebald
von Henneberg und Lukard is seine Frau ein Stift für
Regularkanoniker geordnet haben. Komburg erhält seine
geschmackvoll mit Emailstreifen gezierte goldene Altar-
bekleidung — das Antipendium, welches sich an das be-
rühmte Heinrichsantipendium in Basel imd die 51 ver-
goldeten Bronzeplztten mit Nielloschmuck in Klosterneu-
burg ftnreiht und kaum, wie Otte ^) meint, erst im drei-
zehnten Jahrhundert* entstanden ist. Im Jahre 1136 wird
Nussbaum die Burg zum Kloster umgebaut*). Dompropst
Otto fundirt 1140 in Wirzburg das Spital St. Dietrich,
Konig Konrad confirmirt die Gründung von Lochgarten
1144, Hartnmnd, Kanoniker von Neumünster, schenkt
1145 zur Erhaltung des von ihm in der Mitte von Neu-
münster gestifteten Altars zum heiligen Gregor die Ein-
künfte seines Weinberges in Thüngersheim. Bernard
predigt 1146 in Wirzburg das Kreuz, 1150 entsteht St.
Afra. Embricho hatte drei Synoden 1128, 1130, 1137
in Wirzburg gehalten. Bischof Gebhard, Graf von Hen-
1) Annales Herbip. MM. SS. XVI. 3
2) Ussermänn P:P. AVB. 405. Ann. Halesbr. MM. SS. XVI. U.
3) Otte Kunstarchäologie 318.
,4) Michael berbip. ap. Boehmer fontes l, 453.
90
neberg (1151-^1160), gründet Hall, dotirt Bildhausen,
Schönthal und Bronnbach. In die Zeit des Bischof»
Heinrich IL (1160 — 1165), eines Grafen vonAndechs und
Bergen, fallt die Gründung der Frauenklöster Scheftiers-
heim im Hohenlohischen, das 1172 vollendet wurde, und
Hausen bei Kissingen. Yeitszell scheint 1170 entstanden
zu sein; Wechterswinkel wurde im Jahre 1W9 conse-
crirt; 1165 ist die neue Kirche in Ansbach geweiht
worden. Die Cisterzienserkirche vonSchönau, wo noch
der Chor geradlinig schliest, und die Zelle von Veilsdorf
gehören in diese Zeit (1189). Zu Schwarzach fertigte man
ein prachtvolles Reliquiar für St. Felicitas und eine
polygone kunstvolle Kapelle *). Zu diesen Stiftungen trugen
nicht etwa allein die Seuchen von 1125, 1143 und 1165
bei: die Zeit war durch die Kreuzzüge ausserordentlich
baulustig geworden; es gab Künstler und Meister in
Fülle im Sprengel von Wirzburg.
§ 8. Der Dombau des Bischofs Gottfried.
Ueber dem Werke des Meisters Enzelin schien der
rechte Bausegen nicht zu walten. Noch in den achtziger
Jahren desselben Jahrhunderts musste Bischof Gottfried
(1184 — 1189), Reichskanzler bei Friedrich Barbarossa,
sehr energischeJReparaturen am Dom vornehmen lassen.
Ausser der Nachricht von der am Osterfeste 1189 ge-
schehenen Consecration sind aus gleichzeitigen Quellen
uns keine Notizen über den Neubau zu Händen gekommen.
Aber schon die Einweihung beweist, dass vor 1189 durch-
greifend gearbeitet worden sein muss. Eine handschriftliche
Chronik vonEbrach sagt, dass Gottfried „templum novi-
ter ex quadraiis lapidibus splendide consiruxisse" -j das Chro-
1) Us 8 er mann EP. WB. 460. sqq. Cod. prob. 51. sqq. ArchiT XV.
L 115. Schoettgen dipl. U. 622. Ann. PaUdenses MM. SS. XVI; 79.
«1
nikon Citziense, das freilich nicht, schwör in's Gewicht
fallen kann, betont, dass dieses neue Münster eine „ecclesia
lapideaf' gewesen sei; Johann MüllQr nennt den Bau einen
Quadernbau'). Himmelstein undScharold, die Geschicht-
schreibfer des Domes, versichern, dass unter Gottfried
das Mauerwerk der Hochwände neu gefestigt, die Kas-
settendecke niedergeworfen, ein Gewölbe über die
Mittelhalle gesprengt, und so das ganze Gebäude wesent-
lich verändert wurde. Wir vermögen nicht zu entschei-
den, wie weit durch Enzelin und Gottfried der Bau des
heiligen Brun ist modificirt worden ; es muss immer fest-
gehalten werden, dass unter den Mauern der jetzigen
Pfeilerbasilika noch sehr bedeutende Reste eines frühe-
ren Säulenbaues geborgen sind und nur da und dort wie
in der östlichen Kreuzgangshalle heraustreten; es ist
auch kaum glaublich, dass Gottfried's Werk einem völ-
ligen Neubau zu identifiziren sei: sein Meister ging eben
in den Bahnen der Vorgänger. Wir sind aber dennoch
gezwungen, von der .traditionellen Meinung, dass der
ganze Dom Brunobau sei, völlig abzustehen, und das
Pfeilerr und Arkadensystem der drei Hallen, das Tran-
sept, die Lissenen, Friese und Pilaster im Hochwerk, im
Chor, an den Nebenapsiden wie an der Südseite, also
sämmtliche nach Aussen tretende Zierglieder, die Chor-
basamente ausgenommen, in die Bauzeit unmittelbar vor
dem Jahre 1189 zu setzen. Die Ostthürme gehören in
die Uebergangsperiode. Aus diesen Gründen kann erst
hier dem Dom sein volles Recht geschehen.
Der Kiliansdom in Wirzburg erinnert in seinen
Höhen- und Breitenverhältnissen an die rheinischen Dome
zu Worms, Speyer und Mainz, ohne deren Schönheit und
den Glanz ihrer Architektonik zu erreichen. Er ist 380'
lang, 105' breit', die Vierung mit den Kreuzbalken dehnt
>) Ludewig SS. WB. 3j56.
sich 202' in die Länge. Der Dom zu Eichstadt ist 840^
lang, HO breit, der zu Bamberg 335' lang, 97' breit.
Am Aussenb'au imponirt uns die Vierzahl der Thiiime,
welche im Westen das Portal, im Osten die Apsiden
flankiren. Arm und reizlos steigen die quadraten West-
thürme an, tragen je eine von zwölf Thürmchen gestützte
Gallerie und schliessen mit angenehmerem Helme; ein
kühneres Constructionsgesetz macht sich bereits an den
Ostthürmen geltend, ohne noch siegreich zum Durch-
bruch zu kommen. Durch die vier Thürme wird die
Würde der Basilika vor den übrigen Munstern der Stadt
betont und die Bedeutung erhöht; auch kann der ge-
schmackvolle ParaUelismus nur günstige Wirkung her-
vorbringen. Diese Vierzahl der Thürme kehrt bekannt-
lich an den Domen zu Bamberg, Speyer, Mainz, Naum-
burg, Magdeburg, Worms und Merseburg wieder. Zu
Laach, Mainz und Speier sprengt sich wie in Gross St.
Martin zu Köln ein Kuppelthurm über die Vierung. Das
Kreuz ist mit Entschiedenheit am Kiliansdom ausgespro-
chen ; es setzt sich dem Chore vor, und ist durch die Wieder-
holung des Grundquadrats nach Süd und Nord gebildet
Die aüsspringenden Flügel sind durch sich ergänzende
Ecklissenen aus leuchtend rothem Sandstein belebt, und
durch doppelte Arkaden, welche die drei Seiten umkrän-
zen, in drei Stockwerke gegliedert. In die Fläche des
abschliessenden Giebeldreieckes sind nördlich und süd-
lich drei Nischen gebrochen, deren mittlere von einem
spitzbogig schliessenden Bande begleitet wird. Die Nim-
ben der früher hineingemalten Gestalten der Patrone des
Bisthums sind noch deutlich zu erkennen. Das zweite
Stockwerk des Transepts wird nördlich bereits durch
die Kuppel des im lärmendsten Pauken- und Trompeten-
styl aufgeführten Schönbornmausoleums verdeckt , süd-
lich führen zwei Wandpilaster die Dreigliederung in die
Breite durch, indem zugleich je sechs Arkaden mit cön-
structiven Consölchen dem Verticalismus derselben hori-
-^-^
zontal begegnen. Das südliche Mittelfenster scheint der
Juliusgothik anzugehören. Von einem unteren Stockwerk
kann weniger die Rede sein, weil das Mausoleum und
die Sepultur die Bruchsteinwandungen verdecken. Den
Ostwänden wachsen die beiden, neben der gewaltig aus-
ladenden Hauptkonche verschwindend klein erscheinen-
Nebenapsiden aus. Sonst sind hier die Pilaster oder
Halbsäulchen sehr durch die Erweiterung der Fenster ge-
schädiget worden. Die östliche Wand der beiden Tran-
septflügel wird durch ein Portal durchbrochen, aber nur
das auf der Südseite mit seinem leisen Kleeblattbogen
kann Interesse bieten. Die Halbkreise der Nebenapsiden
suchte der Meister durch runde Halbsäulchen und Arka-
den zu beleben. Der Chorbau setzt sich über das Tran-
sept hinaus in der dominirenden Höhe des Hauptschiffes
fort. An den Wänden bis zur gleich hohen halbkreis-
förmigen Konche ist gleichfalls die Dreigliederung we-
nigstens in der Löngitudinalrichtung durchgeführt, indem
das untere Stockwerk durch zwei Wandsäulchen, das
obere durch zwei Wandpilaster in drei Abtheilungen
sich scheidet. Fünf Arkaden schliessen sie ab. Alle
Fenster sind wie an der Apside modernisirt. Diese wird
in ihrer ganzen Höhe nur von sechs Halbsäulchen be-
lebt, welche je fünf Rundbogen vereinen. Die Annahme
Schnaase's, dass die Halbsäulen aus älterer Zeit stam-
men als die übrigen Zierglieder, muss zurückgewiesen
werden. Ihre , Capitäle v^enigstens zeigen ganz genau
dieselbe Formation wie an sämmtlichen Pilastern des
ganzen Domes; eine Hand hat dazu die Zeichnung ge-
liefert, überall dieselbe modificirte Würfelform, diesel-
ben leis angelegten Blnmen und vortretenden Voluten.
An ihren Basen kehrt allerdings eine seltsame Dreithei-
lung durch Wulste wieder.
Van der Ornirtkammer und Sakristei, welche in der
Mitte des vergangenen Jahrhunderts stylwidrig angebaut
wurden, kann hier natürlich nicht Notiz genommen wer-
94
den ; trotz des beabsichtigten Parallelismus verletzen sie
sehr die Lateralsymmetrie.
Lissenen und Rundbogenfries sind auch die einzigen
Zierglieder der Hochwand; die formirten zehn Felder
werden durch Fenster geöffnet, welche uns zeigen, dass
ursprünglich eine Felderdecke für die Mittelhalle beab-
sichtigt war.
Es ist nicht anmuthende Schönheit und harmonische
Mannigfaltigkeit an deni Aussenbau. Von den drei Ge-
setzen der Architektur sind die der Symmetrie und Eu-
rhythmie durch jenes der Massenhaftigkeit in Schatten
gestellt; einfacher, zierratharmer kann kein romanischer
Dom gebaut werden als der des heiligen Kilian. Die Her-
zoge von Franken haben uns keinen so glänzenden Bau
hinterlassen wie die Bischöfe von Bamberg oder Lim-
bürg. Die 22 Pfeiler des Innnenbaues wie die Wände
und Wölbungen umkleidet der wildeste Churigerasco
vom Jahre 1703. Es scheint nicht richtig zu sein, dass
den Pfeilern Halbsäulen vorgesetzt waren. Ehe die
Brunogruft eingebrochen wurde, stieg man auf vierzehn
Graden in den Chor, den die Cancellen wie noch jetzt
von den Schiffen trennten; vor dem Gitter stand der
Pfarraltar und nicht ferne Ambone und Lettner. Weil
die zahlreichen Denkmäler an anderm Orte erklärt wer-
den, müssen wir über die Beschreibung des Domes so-
fort zur Tagesordnung gehen.
Trotz der angedeuteten Mängel nimmt der Dom von
Wirzburg einen hervorragenden Rang unter den deut-
schen Kathedralen ein. Er gehört in der Gesammtheit
seiner Glieder zu den ältesten grossen Bauwerken
Deutschlands, schliesst sich als Mittelglied zwischen West
und Ost an die prachtvollen Dome von Mainz, Worms
und Speyer an, wird durch die Vierzahl derThürmevor
den Kathedralkirchen zu Rottenburg, Freiburg, München
und Linz vortheilhaft aiisgezeichnet, thieilt mit ^en auch
sonst mindestens ebenso einfachen in Freising und Augs-
95
bürg die Verballhornung des Innern, und macht einen
tieferen Eindruck als die gewaltigen Benaissancemünster
in Passau und Salzburg, an welch' letzteren die Sym-
metrie gewiss noch bedeutend sparsamer bedacht ist als
am Dom zu Wirzburg. Trotz mancher Zuthat wirkt er
einheitlicher und befriedigender als viele Dome, deren
Stellung eine ungünstige ist. Auch ist der Kiliansdom
vollendet, es stieg nie wie zu Köln ein verwittei:nder Kjahn
trauernd zum Himmel. Die Dome von Regensburg und
Bamberg übertreifen ihn an Pracht und Fülle der Con-
structiojien, keineswegs in den Dimensionen. Führen wir
mit dem letztgenannten, der neben U. L. Frau auch St.
Kilian unter seine Patrone zählt, die Parallele weiter.
Beide Dome haben die Vierzahl der Thürme gemein.
Der Dom zu Bamberg, das glänzendste Denkmal des
Uebergangsstyles in Deutschland, gewinnt überaus durch
den doppelten -Chor, das reichgezierte Königsportal, die
mannigfaltige Gliederung der Wände und die dominirende
Läge, welche freilich nur der Nordseite zu Ghite kommt.
Wie an den äusseren Mauergesimsen, dem westlichen
Peterschor, den Transeptarmen ina Westen und den obe-
ren Theilen der Westthürme des Bamberger Münsters
die Gesetze des Spitzbogens sich angewendet finden, sa
hat dasselbe Gesetz spitzbogige Fenster in die Giebel-
blenden der Ostthürme des KiUansdomes geschlagen,
über die Mittelnische im Transept die Bänder spitz ge-
eint, die Nord- und SüdhaÜe im vierzehnten Jahrhundert
modificirt, und auf die Westthürme 1418 dieGallerie ge-
setzt. Wie vom Heinrichsbau in Bamberg nur weniges
erhalten blieb , so wurde auch das Bruno werk in Wirz-
burg fast ganz verdrängt. In Bamberg ist der Georgs-
chor mit seinen Portalen in der Ostung, die bei der
reichen Zier der architektonisdien Gliieder an die gol-
dene Pforte in Freiberg und St. Gereon in Köln gemah-
nen, im dreizehnten Jahrhundert umgebaut worden ; nicht
anders ist es mit dem östlichen Thurmpaar zu Wirzburg
bestellt. Eine Sepultur aus gothischer Zeit baut sich
beiden Domen an. Wenn den Kiliansdom der störendste
Zopf verunstaltet, so sind sie zu Bamberg bei der Re-
stauration gar zu gewaltsam verfahren, haben sich nur
vom architektonischen Totaleindruck leiten lassen, und
den poetisch malerischen Standpunkt ganz ausser Acht
gelassen. Es*ist nicht leicht zu entscheiden, welcher der
Dome die interessanteren Denkmäler berge; aber gewiss
ist, dass das kostbarste Skulpturwerk von Bamberg, die
Kaisertumba, durch die Meisterhand Dill's, des Künst-
lers aus Wirzburg, ist angefertigt worden. Wie Bam-
berg seine wunderbaren Miniaturen und Elfenbeinreliefs
an den Plenarien und Lectionarien in die Centralbiblio-
thek des Landes verloren hat, so musste die Dombüche-
rei zu Wirzburg ihre glänzenden Kunstwerke dieser Art,
die Nationalheiligthümer des Frankenlandes, an die Uni-
versitätsbibliothek abgeben. Die Säkularisation hat in
beiden Stiften . energisch aufgeräumt; doch ist derCither
von Bamberg noch reicher als der. von Wirzburg, weil
die Schätze des letzteren auf vielen Wanderungen im
heiligen Keiche und durch die verheerende Eini^chmel-
zung von 1794 unendlich zu Schaden gebracht wurden.
Zu Bamberg zeigt man das elfenbeinerne Ende des
Ottostabes mit der schlangentretenden Maria; ein Reli-
quiar aus dem zwölften Jahrhundert, die Apostel, die
Anbetung in deutschen Emaillen ; ein Beliquiar mit
Nielloarbeit, die Krone Heinrichs IL, das Prachtreliquiar
mit dem Dorn, das berühmte Kreuz und sonöt allerlei
Cimelien. In Wirzburg sind ausser einem einfachen Re-
naissancepedum, einer älteren Mitra, die bald aus Pa-
derborn zurückkommen dürfte, vier stattlichen
Wandlungsleuchtern von Messing , dem interessanten
Messpult von Messing, den nach Onghers gefertigten
Teppichen, einer 18" hohen Giesskanne des fünfzehnten
Jahrhunderts nur die zwei grossen Casulen und drei
Reliquiarien erhalten. Das erste dieser Reliquiarien ist
«7
9" 9"' lang, 7" breit, 5" T" hoch und aus Elfenbein-
platten zusammengesetzt. Es wiederholen sich auf dem-
selben die rosettenartigen Rundungen in freundlichem
We<5hsel. Das Mittelfeld wird von zwei von verschlunge-
nen Bändern gebildeten Verzierungen umschlossen. Man
sieht ein geflügeltes gr^ifartiges Ungethüm, Löwen mit
Lämmern im Rachen, einen Hirsch, «ine Hindin, den
Adler, den Pfau, den Rehback, Centauren, die Ziege.
j? Die ursprünglichen Beschläge waren von vergoldetem
L^ Kupfer. Ein zweites Kästchen besteht aus bemalten El-
f fenbeinplatten mit Nägeln auf Holzwänden zusammenge-
fügt, 14" lang, 7'' hoch, 7V2" breit. Wir schauen einen
Herrscher in roth geblümtem Gewände mit goldener
Krone auf dem Haupte , die Beine in orientalischer
Weise übereinandergeschlagen. Seine Rechte hält einen
Becher. Ist es Salomon mit seinem Frauen? Ist's ein
Despot in seinem Harem? Um ihn sind viele musizirende
Frauen. Ein zitherspielendes Magedein trägt ein Kleid
mit hellblauen geflechtartigen Verzierungen von golde-
nem Gürtel umschlossen.. Eine Figur spielt die Oboe,
die schöne Harfenspielerin trägt eine roth gesprenkelte
• Tunica, eine andere ist mit einer Art Glorie umgössen.
Die Otnamente in den Spandrillen bestehen aus weissen
Ranken auf zininöberrothem und hellblauem Grunde. Die
Beschläge bestehen aus vergoldetem Kupfer, die bogen-
tragenden Säulen glänzen gleichfalls in Gold. Der Deckel
ist schachbrettartig geformt. Vielerlei Quadrupeden und
Vögelgestalten sind zu erblicken. Beide Reliquiare sind
in das zwölfte Jahrhundert zu setzen, während ein drit-
tes einfacheres im fünfzehnten entstand. Es ist 13"
lang, 8" breit, 5" hoch ; auf die Holzplatten ist Stuck-
composition gegossen und geglättet, darüber sind die vielen
geschmackvoll gearbeiteten Messingbänder gelegt. Die
Vorderseite umläuft die Inschrift in Minuskel: m bienamer.
na. ponit dm. . Der Kunstwerth ist nicht gross ^).
1) B^cXeru. v.Hefaei-A,U«&eck Konftw.u. Qtiithsch. t T.59. 71.
! ■ 7 ■ ■
! ■ .
06
Auch am dritten Dome in Frankenland zu E i cli s t ä d t,
haben verschiedene Zeiten gebaut. Nur seine Thürme
und die Nordhalle fallen in die romanische Periode.
Die auf zehn Säulen ruhenden Schiffe wurden vom Jahre
1365 — 1396 grossentheils umgestaltet, das Hauptportal
mit seinen Säulchen, Baldachinen und Figuren im Jahre
1396 gemeisselt, 1484 — 1489 der Kreuzgang gewölbt
und 1496 der polygonale Chorschluss angefugt. Gre-
schmackloser Rococco von 1721 entstellt die Fassade.
Wie an den Denkmälern der Bischöfe im Wülibaldsdom
die Geschichte des Rationalee noch mehr als im Dom
äu Regensburg studirt werden kann, so gibt auch die
eigenthumliche Cirkelbinde, welche inWirzburg auf den
Denkmälern die Schultern der Bischöfe iu vielfach wech-
selnden Formen imafliesst, den Archäologen zu schaffen.
Die Einen erklären sie als das Rationale, ohne einen
urkundlichen Beweis beibringen zu können, dass die
Bischöfe es je getragen hätten ; auch kommen sie mit
den Formen der noch erhaltenen Schulterkleider dieser
Art im Domschatz zu Regensburg wie zu Tissling in
der Diözese Passau in kaum zu lösenden Widerspruch.
Andere glauben mit mehr Recht das PaUiiun darin er-
kennen zu dürfen. Weil aber erst Papst Benedikt XIV.
an Karl Philipp von Greifenklau (1749—1754), der mehrere
im Fürstenthume Ftüd gelegene Wirzburger Pfarreien
an den Fürstabt Amandus abtrat, desshalb das Pallium
abgab, und weil das bei Ussermann abgedruckte Breve keine
Nachricht bringt, dass früher je das Pallium von den Bi-
schöfen zu Wirzburg getragen worden sei, weil auch
die Cirkelbinde die für ein Pallium nothwendigen schwar-
zen Pallienkreuze nie tt'ägt, so wird zu euxer unge-
schickten Ausflucht gegriffen, die wir nicht adoptiren.
Papst Johann XVIII. hat auf der Synode zu St. Peter
in Rom 1007 das neue Bisthum Bamberg unmittelbar in
päpstlichen Schutz genommen, aber die Obedienz unter
den Metropoliten von Mainz nicht aufgehoben. Hein-
-- ^
rieh's L Wunsch, Erzbischof für Bamberg und Eichstä^t
zu werden, ist nie in Erfüllung gegangen.
Die Franken pilgerten seit Jahrhunderten gerti isum
Grabe des heiligen Kilian und zu seinem l)öme. Die
zahlreichsten Prozessionen zogen um den Pfingsttagen
ein. In den ältesten Zeiten wurden die Diozesailsynoden
im Episkopium oder im Capitelhause, nur bei besonders
wichtigen Anlässen in der Kirche gehalten. Später aber,
da die Zahl der Theilnehmer sehr angewachsen war,
fandqft dJe Versammlungen regelniästeig ita Chor des
Ealiansdomes statt. Erst wurde das Veni sdncte Spiritus
gesungen, die Messe vom heiligen Geiste celebrirt und
die Litanei zu allen Heiligen gebetet. Der Bischof be-
stieg seinen Thronsitz und ein Notar rief den Promotor
aus, der den Laien befahl, bei Strafe der Excommimi-
cation den Chor su verlassen. Die Zugänge wurden ver-
schlossen und mit Wächtern besetzt. Der Prömötor theilte
die Plätze aus. Der Weihbischof sitzt zur Rfechten des
Bischofs; ihhi folgen die Aebte von St. Burkard, St.
Stephan, der Schottenabt, der von Athorbach, Bchlöch-
tern, Theres, Köihburg, Baü^, Münchroden und Hall.
Die Mitren tragen sie nicht. Auf dem ersteh Platze det
obersten Reihe der Chorstühle zur Rechten sitzt der Dom-
dechant, ihm reihen sich die ©omherreh selnier Seite an,
dann die Dekane von Onolzbach, Neumünäter, Haug und
St. Burkard. Zur Linken des Bischofs sieht man die
Aebte von l^eustadt, Murhardt, Schwarzächj Aurach,
Aura, Steinach und Veilsdorf. Im erätdn Chorstuhl der obe-
ren Reihe sind nächst dem Dompropst die Doifaherrtil seiner
Seite, die Dekane von Oeringen, Mosbach, Schmalkäldte
nnd Röiiihild. Die übrigen Plätze der Chörstuhle ncTimeln
die Pröpste und Länddekane ein. Zu den Füösefa des Kschoft
sitzen dieDoctoren, Licentiaten und bischofilchehRSthe,
etwas tiefer die zwei Notare, noch tiefer vor deöi
Chorpult die Pröpste von Heidenfeld, Triefenstein,
Langenzenn, die Procuratoren der Aebte^ der Propst
7#
100
von Koburg, der Archidiakon von Fuld, die Prioren
nnd Ghiardiane der Bettelklöster, die Landdekane und
Definitoren. Der sonstige Klerus sass oder stand im
übrigen Baume ohne bestimmte Ordnung. Nach einer
Rede des Dompredigers begannen die Verhandlungen,
um zwei, selten drei Tage zu dauern*)-
L Sp&troma&iscbe Periode.
(1190—1245.)
§ 9. Otto I. und Herrmann.
Neumünster.
Der Thurm von Neumünster, dasTransept, vielleicht
auch der Hochbau dieses Tempels, wie der Altar in der
Westkrypta sind mit den östlichen Domthürmen und
den Denkmälern der Bischöfe Gottfried von Pisemburg (?)
und Gottfried von Hohenlohe die einzigen Werke der
UebQrgangsperiode in Wirzbürg; an sich nicht sehr be-
deutend aber immerhin hinreichend, den Fortschritt der
Kunst, das Ringen mit neuen Principien, und den end-
lichen Sieg des höchsten Constructionsgesetzes zu zeigen.
Sie sind L als kleinere Werke unterzuordnen in die länge
Reihe der deutschen Transitionsdenkmäler: St. Gereon,
Apostelkirche und Gross St; Martin in Köln, St. Ulrich,
St. Egid und St. Emmeram in Begensburg, St Quirin
in.NeusS) zu Bamberg, Sinzig, Gelnhausen, St. Maria in
Trier, Andernach, Halber^tadt und sollst. Der zierliche
Kreuzgang von Aschaffenburg mit seinen überhöhten
fast hufeisenartigen Bögen muss das interessanteste Denk-
mal dieser Periode im jetzigen Umfange des Sprengeis
<} Himm6lBt«in Synodieon toMpolenM lOi.
101
genannt werden ; der demolirte Kreuzgang von Neu-
münster bot, wie spärliche Reste beweisen, sehr ähn-
liche Formen.
Bischof Otto I. (1207—1223) hat Nemnünster zum
Theil aus den Opfern der Waller umgebaut. Das Breve
des Papstes Honorius III. vom Jahre 1223, drei Tage
vor den Jden des Dezembers zu Gunsten des Neubaues
erlassen, enthält die Stelle:
Cum dilecti Mi decanas et capitnlum hotI monasterii in urbe
herbipolensi ecclesiam STiam et alia condigna ediflcia, qvae yetas-
^te conftacta minabantur ruine jactoram per opem düecti flUl
nostri H, tituli s. crucis in Hierasalem presbyteri cardinalis in
novam fabricam ceperlnt reparare, sed ad^ consuii(imationem operis
proprio sibi non suppetant l^cultates: cbaritatem Testram mone-
mus et bortamur In Domino, atqne in remissionem Tobis in-
• jungimns peccatorum quatenns de bonis yobis collatis « Deo
eleemosinas et gratia caritatis snbsidia. operi ejnsdem impen*
datis. Dens largitor omninm bonorum etc Datum Rom»
in Laterano *)»
Der Kirche sind auch noch 1227 und 1247 Ablässe
verliehen worden. Gropp hätte uns die Baugeschichte
von Neumünster ausführlicher berichten sollen^
Neumünster ist eine Pfeilerbasilika mit Abseiten,
Transept, zwei Krypten und- einer einzigen Apside,
welche nicht wie am Dome in der Höhe des Daches
schliesst, sondern über öich das (jiebeldreieck zeigt;
doch nur bis zum cylindrischen Tambour und der Spreng-
ung der Kuppel von 1718 geht die alte Kirche ; die ehe-
malige Marienkapelle aus Adalbero's Zeit, die Krypta
im Westen und ein Theil der Basilika wurden 1711
niedergelegt. Der Chor wird durch die östliche Gruft
sehr erhöht, die Pfeiler sind verkleidet, und die Wände
mit glänzender Rococcoarbeit umzogen. Auch der Aus-
senbau hat manche Beschädigimg erlitten. Indem man
die alten Fenster der Südwand vermauerte "und vier mit
wieiterer Sprengimg durchschlug, mussten drei von den
i) Gropp Nenmünster 194.
fünf gUe^erndei^ Rundpilastern weichen, u^d blieben nur
in, trauernden Besten übrig. Die Basen dieser PUaster,
oder besser Halbsäulchen, zeigen die Deckplatte, den
\yulst und die Kehle; die Capitale feinstylisirtes Laub-
werk, zurückgelegte Blätter, volutenartige Kupapenstengel
lU^d weit vom Kerne sich abhebende Blumen. Kleine
Voluten windeij. sich ajuch zwischen den Arkaden. Viel
einfacher werden die Wände der ins Transept fallenden
Abseite belebt. Statt der Pilaster haben Lissenen Platz
genonunen* Den Arkaden fehlen die Consölchen, aber
nicht die feine Profllirung. Reiche Horizontalglieder be-
gleiten das Fussgesims, welches den Bau vortheilhaft
markirend umläuft. Den dreigetheilten Transeptschluss
durchbricht nach Süd [eine von zwei Säulchen flankirte,
von reichen Arkaden gekrönte Thür ; darüber ein Rund-
fenster, welches noch keine Radien einsetzt, sondern
durch nette Cirkelschläge bewegt wird; an den zwei
Fensterchen, ober dem Zahnschnitt arbeiteten alte und
neue Zeiten. Wie am Dom kehren auch hier die drei
Nischen wieder, doch mit mehr entwickeltem Spitzbogen.
Beachtuug verdienen das die Giebelschenkel begleitende
Sims und das oberste aus kleinen Kreisen bestehende
Fensterchen. An der doppeltgetheilten Apside repräsen?
tiren die Rundpilaster mit ihren Knospencapitälen die
Verticalrichtung , während das reiche Bodensims, die
Arkaden, der Zahnscimitt und die Friese den Horizon-
talismus vertreten. Die Wandsäulchen des Oberbaues
korrespondiren . keineswegs mit jenen des Unterbaues,
auch, lebt in dem oberen Fries reichere Ornamentation.
Am halb freistehenden Thurm hat der Spitzbogen
einen etwas misslungenen Anlauf gemacht, sich systema-
tisch zu entfalten. Wenn auch am Quadrat des Unterbaues
sich viele spitzzusammenlaufende Arkaden übereiaander
erhöhen und. immer sich nähernd pyramidal zi^sammen-
fallen, wenn auch in den Säulchen der Klangöffnimgen
bereits neue Weisen zu ornamentiren anklingen, die
Kundfrie&e mit Laub verziert sind, es miuss der Thurm
durch diese Gebilde eia unruhiges Ansehen gewinnen
und die architektonische Einheit gestört werden. Za
einem organischen Auseinanderhervorg^en der einzehien
Glieder ist es noch nicht gekommen. Es ist nicht mehr
rein romanisch und noch nicht so recht germanisch; es
hat sich eine spielend phantastische Richtung entwickelt.
Per unruhige Eindruck muss sich steigern, seit das ver-
gangene Jahrhundert die Kuppel aufsetzte. Der Stich
Kleineres (1740) zeigt noch die alte schlanke Spitze.
Die Thürme zu Petershausen bei Konstanz, St. Märjen
in Köln, der Perlachthurm in Augsburg, die Thärme
vonObermüns^er, St.Emmeram und der Alten Kapelle in
Regensburg stehen gleichfalls wie der vonNeumünster ganz .
frei oder nicht im recht^i organischen« Zusammenhang
mit dem Kirchenkörper.
Die östlichen Domthürme.
Das erste Quadrat hat unter dem Quersims ein Recht-
eck eingegliedert, welches Säulen und Arkaden beleben.
Die Capitäle mit ihren Voluten und die energischen
Consolen machen sogleich auf die veränderte Zeichnung
und Technik gegenüber den Ziergliedern' der Apsiden
aufmerksam, Stäbe und Riemchen umgränzen das zweite
Stockwerk. Interessant ist es^ im dritten zxk beobachten,
wie der Meister den Uebergang in's Achtek. einzuleiten
versucht. Statt die Ecke schroff abzuschrägen, durch-
bricht er sie im Rundbogen, erst einfach, darüber dop-*
pelt und nochmal doppelt im keken luftigen Schlage.
Das gibt einen rhythmischen Wechsel, wie wir ihn an
dem übrigen Domkörper nirgends sehen. Zwar kann, das
fühlen wir gleich, die Symmetrie und Eurhythmie noch
sehr potenzirt werden; auch ist der Meister über die
gewöhnliehe Bildung der Schallöffnungen nicht hinausge-
kommen. Damit die nothwendige Doppelwetterschräge
nicht verletze, stellt er sie nicht bloss sehr nieder, son-
104
dem mildert den Eindruck durch ein Thürmlein. Und
nun das Oktogon frei in die Hohe steigt, krönt er die
drei Abtheilungen mit einfachen Arkaden und Simsen,
doppelt die Klangöffhungen, und schliesst mit feinen
spitzbogig durchbrochenen Giebeln und stattlichem Helm-
dach. Die Thürme sind aus Quadern geformt, die ein
fester Kitt, aus Kalk, Quarz, Sand und Wasser gebildet,
zusammenhält. Nicht ganz ähnlich sind sich die beiden
Thürme; der nördliche, dessen Quadern mehr leuchten,
hat manches Glied mehr erhalten. Er heisst der rothe
Thurm. So zeigt man in Halle am Münster zwei blaue
Thürme. Wien hat seine Heidenthürmchen , Freiburg
sein Hahnenthürmlein, Worms, Regensburg und Speier
besitzen ihre Eselsthiirme.
Wer hat die Östthürme gebaut ? .
Das älteste Stadtsiegel vom Jahre 1195 zeigt uns
die Kathedrale mit drei plumpen Thürmen, dem Brust-
bild des heiligen Kilian und der Majuskellegende WIR-
CIBUnG. Siegel vom Jahre 1237 haben den Dom mit
dem Transept und den vier Thürmen, von Stadtmauern
umgeben. Unter der Thüre des Frontispice thront Ki-
lian mit Pedum, Mitra und Palme. Auf der Spitze des
Kreuzschiffes läuft ein Kamm hin, Lilien steigen von der
Höhe des Chorwalmdaches auf. Auf den Spitzen des
Transeptgiebels stehen heraldische Tauben — oder sol-
len wir vielleicht besser an den Hahn — praeco — den-
ken, der bereits auf dem Plane von St. Gallen erscheint?
Diie Zeit der Entstehung des Thürmepaares fällt also zwi-
schen 1195 und 1237.
Bischof Herrmann, Graf von Leobdenburg, mussmit
Heinrich, Bruno, Embricho und Gottfried zu den bau-
lustigsten Bischöfen des Sprengeis gezählt werden. Das
Werk von 1189 war nun keineswegs verfallen. Aber die
Chormauern und der Grund der Krypta drohten zu sinken *).
<) üssermann EP. WB. 86.
105
Sie sollten durch den Bau von zwei Thürmen gefestigt
und selbst durchgreifend restaurirt werden. Herrmann
war kein Herzogssohn aus Kärnthen wie Brun, hatte
auch keine Güter im Paderbornischen zu verschenken,
und erfreute sich nicht der Unterstützung, des seiner
Kirche bereits untreu gewordenen Kaisers: Auch be-
gehrte die Diözese mehrfach seine Hilfe. Ruprecht von
Kastell hatte Schwar^ach niedergebranift 1228: es musste
rasch aufgebaut werden. Wie viele Klöster mussten neu
dotirt werden? Herrmann that, was in. aller Christen-
heit üblich war, er appellirte an den mildthätigen Sinn
der Gläubigen. Der 1239 ausgeschriebene Ablass hatte
wenig Erfolg; er wiederholte ein zweitesmal, 1240 ein
drittesmal seine Bitten. Die Päpste Gregor IX., Inno-
cenz IV., Urban IV., Erzbischof Siegfried von Mainz,
die Domprälaten von Bamberg, die Bischöfe von Merse-
burg, Hildesheim, Worms, Speyer, Naumburg mahnten
die Gläubigen, zur Zierde des Kiliansdomes Opfer zu
bringen. Gleichwohl gedieh der Thurmbau sehr träge
zum Ende; die beabsichtigte Erhebung der Gebeine
Bruno 's^ aber musste für diessmal unterbleiben.
Nun war der Dom vollendet. Die folgenden Jahr-
hunderte bauten nur einige Kapellen, den Kreuzgang,
die Thurmgallerien, und mehrten die Innenzier. Zu die-
sem Zweck fasste Herrmann mit seinem Capitel den Be-
schluss, dass künftig nach dem Tode eines jeden Dom-
herrn oder Domicellaren die Einkünfte eines ganzen Jahres
der Dofnfabrica zufallen sollten. Zur Verw^altung des
Vermegens wurde ein Dombauamt eingesetzt. Die Meis-
ter des Steinwerks und der Kleinkünste, welche dasselbe
in Dienst nahm, genossen Freiheit von Steuern, vom
Wachtdienst, der Schanzpflicht und dem Kriegsdienst. Das
Institut hat bis 1803 gedauert. Meisternamen aus dem drei-
zehnten Jahrhundert sind uns nicht zu Gesicht gekommen.
Wirzburg besitzt einen merkwürdigen Altar au»
der Uebergangsperiode. Er steht in der Westkrypta
von Neumünster, ist ein hohler Steinsarg, 11' lang, 6'
breit , 5' hoch. Durch Gitter kann man in das Innere
sehen, wo ein Sarg Eeliquien Kilian^s umschliesst; in
früheren Zeiten brannte darin ein s. g. Ewiglicht. t)ie
Pilger sind noch in unserm Jahrhundert durch die xm^
tere Oeffnung gekrochen; dasselbe fand an der Tumba
des Bischofs Bruno in der Domkrypta statt.
Der Altar ist durch einen Sockel markirt und von
fünf Säulen auf der Langseite, drei auf der Breitseite
umstellt. Zwischen den Säulen füllen Malereien die Fel-
der. Obwohl durch die Restauration stark retouchirt,
kann man die alten Formen der Paramente, welche die.
Patrone des Frankenlandes tragen, noch gut erkennen.
Die Vorderseite ziert die Auferstehung. Den Schaft der
Säulen haben sie vor nicht langer Zeit hochroth gemacht,
das I/ftub spielt in Grün, Gold blitzt vom Capitälhals.
Die Kleeblätter und das Eichenlaub an den Capitälen
zeigen fast heraldische Formen. Es ist noch keine Spur
von der genial sprudelnden Kraft, welche an den Por-
talen der Marienkapelle geschaffen hat. Und doch bringt
an den Basen die Feinheit der Curven, die Anwendung
des elliptischen Durchschnittes, die Zusammenstellung
von Kehlen und Kanten angenehme Contraste und eine
Steigerung von Licht und Schatten hervor. Aus diesem
conventioneilen Allerlei der Blumen spricht eine künst-
lerische Potenz , die , wenn der Bann durchbrochen ist,
daß Grossartigste zu leisten vermag.
Der Altar will mit dem Crodoaltar in der Vorhalle des
ehemaligen Domes zu Goslar verglichen sein. Ein ähn-
licher Altarbau stand zu Amorbach ; dieser hatte gleichfalls
eine Oeffnung nach vornen, durch welche die mitKopf-
schmefz Behafteten durchgekrochen sind. Die Lioba-
tumba zu Petersberg bei Fuld glich den beiden genann-
ten. Auch der Sarkophag des heiligen Otto in der Mi-
chaelskirche von Bamberg hinter dem Hochaltäre ist
nach der Seite zum Altare mit einer viereckigen O^AT-
nung versehen, durch welche die Pilger hindurchkrocl^en*).
Am berühmten Reliquienaltar im Dom zu Paderborn
passirten die Pilger beim Offertorium oder, sonst gern
den Baum zwischen der Mensa und dem Schrein,
Ehe diese Periode zum Abschluss gebracht wird,
müssen noch ein Evangeliar und ein Lectionar aus Neu-
münster, die jetzt in der Universitätsbibliothek stehen,
erwähnt werden,
Das Evangeliar ist ein Quartant und wohl im zwölf-
ten, vielleicht erst im dreizehnten Jahrl^undert geschrie-
ben. Die Vorderseite ziert ein Elfenbeindeckel 6'^ hoch,
4 '/:<'' breit. In der Mitte wächst ein knorriger Baum-
stamm auf, breitet sich in zwei buschige Zweige aus,
zwischen welchen die Krone eingeklemmt ist. Vöglein
picken an den Zweigen. Rechts vom Baum steht Chris-
tus als Gärtner, wie er der links knieenden Magdalena
erscheint. Der Herr trägt in der Linken die Scha,ufel
des Gärtners, in der Rechten den Stab des guten Hirten,
der allzugross geworden ist. Das Antlitz ist nicht gut
gearbeitet. Die Stellung der Magdalena ist widernatür-
lich angestrengt. Das Relief erreicht durchaus nicht den
Wertb der bereits geschilderten. Indem wir das Buch
aufschlagen, sehen wir die Verkündigung auf dem ersten
Blatte. Der Engel und die Jungfra,u sind derb gearbeitet.
Das Incarnat röthüchweiss i^nd die Uebergänge mit Stri-
chen schroflF vermittelt. Die Finger sind zu lang, die
Proportionen durchweg verfehlt, doch die Architektur
und die Ornamentik nait Geschick angewendet.^ Ueber
der Gruppe ist die Seitenansicht eines Klosters gegeben;
die Feister sind zwischen Säulen gestellt, die Polychromie
ist trefflich. Schon hier sehen wir, dass der Miniaturist
es besser verstand, Accidentien zu malen. Die Haupt-
Qrg^ fiif cJirißfUcli^. KuDst 1* Apijl X^ßO. 74.
108
Sache, liess er ausser Acht. Vor dem Anfang jedes Evan-
geliums hat er das Bild des Evangelisten in voller Figur
gemalt. Um seinem sehr schwachen Compositionstalent
zu Hülfe zu kommen, benutzte er diie Miniaturen, welche
Heinrich I. in das oben gezeichnete Evangeliar malen
liess. Er hat getreu copirt, aber eben nur copirt. Geist-
lose Manier macht sich breit. Matthäus sitzt auf einem
gepolsterten Sessel, den Füssen dient ein Schemel; blau
^ ist sein Bart , blaii sind die Haare. In einem hübschen
Gestelle steckt sein homartiges Atramentgefass. Der
Engel, der fliegend dargestellt werden wollte, ist völlig
misslungen. Bei Markus ist der Anatomie ein Faustschlag
versetzt, die Augen sind von rothen Strichen umrissen.
Lukas hat hier dieselbe Gewandung, dieselbe gedrungene
widernatürliche Stellung, die im Heinrichsbuche getadelt
werden musste. Johannes ist alt dargestellt und mit ge-
spaltenem Bart, in weisslichtem Gewände. Die Archi-
tektur und Ornamentik ist bei jeder Darstellung trefflich,
die Blumen der Capitäle manchmal sehr nobel, die Far-
ben sprühend frisch erhalten. Der Quartant wurde in
der Verfallzeit der deutschen Miniaturmalerei geschrie-
ben: der Künstler hatte nicht mehr das Zeug zu selb-
ständig schöpferischer Thätigkeit in sich.
Das Lectionarium ist gleichfalls ein Quartant; der
Elfenbeindeckel ist geplündert worden. Paulus erscheint
am Eingang, schreibend in seinen Briefen. Die Zeich-
nung ist schlecht gelungen. Ihm zu Häuptern sieht man
drei Figuren, ob Frauen oder Männer, wer entscheidet
es, von denen die eine ein Buch, zwei andere Rollen
tragen. Drei weitere Miniaturen führen uns in den Stall
zu Bethlehem , an's Grab des Herrn im Garten, und in
das Cönaculum. Die Verletzung aller Würde könnte
kaum weiter getrieben werden, als bei Joseph imd Ma-
ria, die vor dem göttlichen Kinde sind, geschehen ist.
Die Hirten beten an, indem sie die Hände staunend aus-
breiten; naiver Weise suchte der Bluminist auch in den
_^_j
109
springenden Lämmlein die Lust wiederzugeben. Das Li-
carnat ist röthlich^ das Gold prachtvoll erhalten. . Die
Szene am Grabe wird uns merkwürdig, weil der Engel
ein dunkelbraunes Teint und Doppelflügel, die Frauen
gelbfe Farbe in den erschreckenden Physiognomien, die
mit hochbuckeligen Rundschildern versehenen Krieger
aber rothe Gesichter haben. Im dritten Bild sehen wir
elf Apostel ini Cönaculum; neun haben rothes, zwei
grünlich gelbes Incarnat. Petrus tragt wie mehrere. ein
Buch; andere halten Schriftrollen; vier Apostel haben
Barte. Die Flammen schweben dicht über ihren Häup-
tern. Ein Apostel ist durch schimmernde Aurifrisien in
der römischen Kleidung ausgezeichnet. Dieser Hluminist
hat selbständiger gearbeitet als der, welcher den eben
genannten Quartanten zierte; aber auch er steht tief im
Verderben der. edlen Kunst und operirt bei unsicherer
Technik. Man möchte glauben, er lebte in einer Zeit,
da die Kunst die ersten Flügelschläge machte.
Drittes CapIteL
Germanische Periode.
A. Frflhgermanisclie Werke.
(1245—1290.)
§ 10. CisterzieBBer und Bettelorden.
Längst hatten England und Frankreich den Bann
durchbrochen und die Gesetze gefunden, als in Deutsch-
land der mächtige Umschwung in der Baukunst eintrat.
Es ist eine Zeit gewaltiger intellectueller Energie, in
welcher man sich der Fesseln des Bundbogens entschlägt.
Derselbe hatte treffliche Dienste gethan; durch ihn wa-
ren die besten und nützlichsten Formen möglich gewor-
den, und wer als Meister der Gesetze kundig war, konnte
Symmetrie und anmuthigen Rhythmus durch ihn schaffen.
Aber der immer in sich zurückfallende Cirkel lässt die
denkar möglichen Variationen nicht zu, die Form kann
sich nicht ändern wie sie wünscht, und der glänzende
Reichthum geometrischer Combinationen bleibt verschlos-
sen. Mit geduldiger Beharrlichkeit, männlicher Grösse
und edler Festigkeit suchten die Meister jener Zeit zu
Höherem zu gelangen.
Bald hatte die neue Methode den Sieg gewonnen.
In dieser erhabenen Cirkelkünst leiteten sich ^Ile Theile
mit gebieterischer Strenge von einander ab; die Mauern
schienen unnütz zu werden, Streben und Fenster an ilire
Stelle zu treten, jede Entwickelung ward ein Motiv der
Decoration.
An der Donau und am Rhein hattß, diese neue ger-
manische Cirkelkunst zu gleicher Zeit sich Bahn gebro-
chen. Rasch machte sie im dreizehnten Jahrhundert die
Runde durch die katholische Welt, zog triumphirend von
Stadt zu Stadt, von Dorf zu Dorf, gedieh von Strecke
zu Strecke, erblühte von Schönheit zu Schönheit Sie
bereicherte die Welt mit Schöpfungen, glänzender als
sie je dagewesen sind. Sowohl in Vesten, wohlgezink-
ten Stadtmauern und Pallästen, als in Kathedralen, Klös-
tern und Pfarrkirchen findet sich der neu entwickelte
Styl in der grössten Ausdehnung; es gibt kein Bauwerk
dieser Zeit, das nicht die Einwirkung der jugendlichen
Kunst zur Schau trüge. Das dreizehnte Jahrhundert ist
das perikleisch-augusteische Zeitalter der germanischen
Kunstübung: eine Periode tiefwurzelnder geistiger Auf-
regung und wundersamer Anspornung des menschlichen
Verstandes.
Auch das schöne Prankenland wurde mit Munstern
und Stiftern bedeckt, in welchen diese heilige Cirkel-
kunst ihre Majestät in stets wechselnden Formen ent-
faltete, jede geeignet, den Anforderungen zu entsprechen.
Im Jahre 1212 erbauten sich die Karmeliter ihr
erstes Oratorium in der Stadt, erhielten 1280 die Nikolaus-
kapelle und vollendeten 1300 die Barbarakirche; 1212
wurde zu St. Burkard die Blasiuskapelle restaurirt ; 1214
Hess Abt Heinrich von St. Stephan, gedenkend der
Regel 57 des Vaters Benedikt : „artiflces si sint in monas-
terio cum omni humilitate faciant ipsas ärtes*^ für die 6ö-
beine von Gefährtinnen Ursula's ein kostbares Reliquiar
fertigen. Im Jahre 1221 brachte Cäsarius von Heister-
bach die ersten Minoriten in die Stadt, drei Jahre später
baute Richeza von Halleberg Himmelskron für sechszehn
Begharden. Schwarzach musste 1280 netigebaut werden,
112
Frauenrode und Frauenthal gediehen 1231. Konrad l^ld
Gottfried von Hohenlohe haben letzteres gebaut *).
Die heilige Elisabeth von Thüringen ist in dieser Zeit
nach Wirzburg gekommen, und hat in Kitzingen gastliehe
Aufnahme gefunden. Dort wurde auch die heilige Hed-
wig aus Bayern zum Segen für Schlesien gebildet. Abt
Friedrich von St. Stephan gibt 1233 die Erlaubniss zum
Aufbau des Cömeteriunas in St. Peter; 1236 entsteht
Seligenthal, 1243 Gnadenthal hei Hall; 1237 wird St.
Egid in Heidingsfeld in den Rugerhof im Apfelgarten
versetzt, und heisst von nun an ob der bezaubernden
Lage Paradies^). Da der OrtSturs ungünstig gelegen ist,
. erwirbt die Aebtissin Jutta von Heiligenthal vom edlen
Siboto von Etzelhausen den Ort Mariaburghausen bei
Hassfurt, und baut dort von 1243 an ein Münster ; dem-
selben haben nach dem Brande von 1279 fünfzig Bisehöfe
Ablässe ertheilt. Noch sind dort interessante Flügelatäre
erhalten. Billinkheim wird 1238 in. ein Cisterzienserkloster
umgewandelt. Die edle Luitgardis, die Gemahlin des
Eberhard von Weinsberg, baut 1243 Lichtenstern in
Wirtemberg^). Abt Konrad erhöht die drei Thürme
im Burkardsmünster 1241, errichtet das Liebfrauen-
chörlein wie.das des heiligen Andreas, gründet die Ka-
pelle zu Ehren der Apostel Philippus imd Jakobus, ver-
legt, die Abtei in günstigere Räumlichkeit, errichtet ein
Winter- und Sommerrefectorium, lässt den Dominikanern
vier Folianten schreiben und 1249 drei Glocken für sein
Münster giessen, von denen die ind deutschen Land be-
rühmte Katharina heute noch klingt*). Bischof Herrnaann
vereinigte die von Enzelin erbaute Gertrudskirche mit
dem Frauenkloster zu St. Markus und übergab die Pfarre
i) üssermaan EP. WB. 480. 405;* 270. Cod. prob. 56. sqq.
>} Gudenus Cod. dipl. JII. 669. ÜBserinann Cod. prob. 58.
9) Besold monast. Wirtemb. IL 67.
4} Wieland Stift Bnxkard I. 61. ' .
113
auf. Bitten der Frau Adelheide an die Dominikaner.
Diese fugten an den Bau Enzelin^s einen spitzbogigen
Chor. Konrad von Hochsteden hat ihn 1254 consecrirt.
Schon haben die Minoriten angefangen ihr Kloster zu
bauen, 1257 sind die Werkleute an der Klarissenkirche
beschäftigt ^ ; gleichzeitig erhebt sich die Kirche bei den
Reuerinnen und wird Himmelspforten errichtet. Seit
1250 tönt die grosse Gloriosa vom Dom hinaus in's
Frankenland. Bruno^s Gebeine wurden am 13. Septbr.
1257 in kostbare Tücher von Seide gewickelt imd in
einen neuen Steinsarg gelegt. Derselbe dient jetzt als
Altarmensa und sollte nicht mit Brettern verkleidet sein.
Abt Friedrich von St. Burkard kaufte in dieser Zeit
für 24 Pfund Heller einen Kelch, zwei silberne Känn-
chen um 4 Pfund, ein Messgewand um 6, ein silbernes
Kleinod um 30, prächtige Stolen und Gürtel für 8, eine
Jnful um 4 Pfund Heller. Ebenso liess er Sitze mit
schildförmiger Wölbung für den Chor fertigen um mehr
als 40 Pfund Heller. Abt Berthold liess die „Brumm-
katz^ giessen. Im Jahre 1263 kamen die Augustiner in
die Stadt, 1274 erhob sich die neue Kirche der Domini-
kaner in ihren gewaltigen Längenverhältnissen. Die
Antoniter, welche auf schwarzem Mantel ein blau email-
lirtes Kreuz trugen,- befai\den sich seit Langem in der
Stadt. Sie besassen den Hof von Altenberg und die
Antoniuskapelle, wie das Privileg, ihre Schweine (von
1496 an 14, von 1503 an 6) mit einem Glöcklein um den
Hals und einem Streifen in der Haut frei in der Stadt
herumlaufen zu lassen. (Dieselbe Freiheit hatten die
Nonnen desselben Ordens in Paris.) Sie haben 1546 ihr
Kloster verkauft. Graf Friedrich HI. von Zollern grün-
dete 1276 Birkenfeld für adelige Jungfrauen Cisterzienser-
Ordens^); auch das Frauenkloster von Sonnenfeld gehört
i) Arch. Xjn. 1. 35.
S) Usseimann EP. WB. 873.
in diese Zeit. ESn Graf voa Hammelburg hat 1279 das
junge AugOBtiiierklofiter Miinnerstadt reich beschenkt;
1280 erhebt sich die Nikolauskapelle in Wirzburg, 1^2
das Reclusorium in Kirchberg. Die Ablassbullen mehrerer
Bischöfe bessern die Domfabrica auf. St. Stephan wird
fast neu gebaut (1282) O9 an Haug 1299 die Allerheiligen-
kapelle gefügt. An St. Oswald, der Deutschhaaskirche,
an der< Augustiner- und der Karmelitenkirche wird
g^en Ausgang des Jahrhunderts zu bauen begonnen.
Es ist eine staunenswürdige Thatkraft in der Zeit.
Sie hat aber nicht bloss in Stiftungen und Kirchenbauten
Ausdruck gefunden.
Die Bürger waren reich und mächtig geworden.
In der Zeit der Staufen glänzte ihre Stadt vor vielen
im Reiche. Zeugniss dafür legen ab die jüngst bekannt ge-
machten Annalen der Stadt von 1125—1158 und 1202—1204,
Zusätze zu einer Handschrift des Ekkehard aus Venedig,
welche für die Geschichte des zweiten und vierten Kreuz-
zuges von der grössten Bedeutung sind^). Barbarossa
weilte oft im lieblichen Thalkessel, und der Katzehwicker
sah seine glänzendsten Tage. Hier hü\ Friedrich seine
Vermälung mit Beatrix der Erbin von Burgund gefeiert,
in Wirzburg sammelte er 1168 die deutschen Fürsten,
imd erklärte von hier aus Heinrich deii Löwen in die
Acht. Auch König Otto hielt hier seine Hochzeit, Und
wiederholt weilte der junge geniale Friedrich im Königs-
hofe jenseits des Mains. Sein Sohn Heinrich wird hier
zuni König gekürt, ebenso Heinrich Raspe 1246*). Der
stolze fränkische Adel kam öfters auf dem Renn-
weg zum lustigen Stechen zusammen. Glänzend wurde
1235 das vierzehnte deutsche Turnier in Wirzburg ab-
gehalten, und die Regeln des Spiels für künftige Zeiten
besimmt. So bewegte sich allzeit prunkende Herflich-
i) Himiael stein Synod. herbip. 63. üssermann EP. WB. 253.
8) Ann. Herbip. MM. SS. XVI. 2—12. t) MM. SS. XVI. 35. 186. 369.
11©
keit vor den Augen der Bürger: keine Stadt in Ost-
franken mochte mit der ihrigen sich messen. Bamberg die
Tochter war blühend und schön aber noch jugendlich ; Nürn-
berg ohne Tradition, nur von Krämern bewohnt, und noch
ohne den Glanz seiner Kunstwerke. Wie konnte es an-
ders kommen, als dass die Wirzburger, deren Stadt mit
wohlgezinkten Thürmen geschirmt und stattlich düstern
Burgen versehen war, nach Reichsfreiheit Lust bekamen
und des Pfaffenregimenis ledig sein wollten ? Die reichen
Kitufherren von Köln, Frankfurt und au3 dem walloni-
schen Mastricht, die stolzen prachtliebenden Russlands-
fahrer von Regensburg,' die Herren von Nürnbergs Augs-
burg \md Ulm, die oft Einkehr nahmen in Wirzburg, .
mussten sie reizen. Im dreizehnten Jahrhundert beginnen
wie in so vielen deutschen Kathedralstädten die bürger-
liehen Emeuten gegen Bischof und Klerus, um sich Jahr-
hunderte lang fortzuspinnen. Die Ritterschaft hat meist
gegen die „Krämer und Pfeffersäcke" zum Bischof ge-
halten. Hatten sich die streitbaren Bürger von Wirzbnrg
1229 mit Ludwig von Küstell, 1236 mit Ludwig von
Stollberg, 1241 mit dem Prälaten von Fuld geschlagen,
so banden sie 1250 mit dem eignen Bischof Herrmann
an *). Er ist auf ' die Marienburg gezogen, um sicherer
zu stehen. Schon schien der Sieg den Zünften und Bürgern
sich zuneigen zji wollen, als sie von den Kitti^rn jäm-
merlich geschlagen wurden. Unter Bischof Jring (1253 —
1266) verwarfen die Bürger die bischöflichen Heller und
Pfennige, misshandelten die Juden, und schlugen sich^Euit
dem Adel (1261). Voran gingen die Bäcker imd Metzger ;
1265 mussten aber die Zünfte geloben, den Schaden,
den sie den Kirchen zugefügt, gut zu noachen imd bau-
lich zu ersetzen 2). In der Schlacht vom 8. August 1266, da
bei Kitzingen die Wirzburger unter dem Bisthumsad-
i) GhroDicon Wirzeburgense ap, Eckhart Fraucia Orient. I. 820.
^ Schar Ol d Zunftchronik I. 6.
8«
116
ministrator Berthold von Siernberg gegen die reisigen
Knechte und Ritter des Prätendenten und Wahlcanditaten
Berthold von Henneberg sich mannhaft wehrten, und
durch die Schwerter einer Beiterschaar aus Bayerland
vollständigen Sieg errangen, soll das berühmte Cyriacus-
panier geflattert haben. Gegen Bischof Mangold gab es
1296 heftige Revolte, auch gegen Andreas 1308, gegen
Albert 1354 und 1357, und besonders gegen Gerhard
1374 und 1397—1400 0- Man scheint bei diesen Krawallen
selbst die Kirchthürme in Mitleidenschaft gezogen zu
haben. Diese waren freilich von Anfang herein nicht
allein zum Aufhäqgen der Glocken bestimmt, sondern
nebst andern auch, wie die Erklärung zum Bauriss von
St Gallen sagt, „ad universa superinspicieruk^. Das grosse
Nationalconcil, welches 1287 in Wirzburg abgehalten
wurde, legte die Strafe der Excömmunication auf die Auf-
ruhrer, welche, wie bisher geschehen, die Glockenthürme
und Kirchen wider den Willen der Kirchenherren in
Besitz nähmen, sie als Festungswerke benützten, und da-
durch Ursache ihres Zerfalles oder deren gänzlicher Ver*
nichtung würden 2).
Wie wild bewegt die Zeit auch war : es traten immer-
hin grosse und auf Tausende mächtig einwirkende Män-
ner des Friedens auf. So lebten damals zeitweise einige
der bedeutendsten mittelalterlichen Dichter in Wirzburg.
Kochen doch an den Höhen der Stadt die feurigsten
Weine deutscher Erde, der Leisten, der Stein und die
Harfe, und bieten ein Aroma, so lieblich, so duftend,
dass es einen Sänger begeistern muss. Auch ist es be-
kannt, dass Franken und Thüringen nebst dem Lande
der Schwaben allezeit von den sangeslustigsten Stämmen
des Vaterlandes bewohnt wurden. Otto aus dem Hause
der mit den Hennebergern verwandten Botenlauben war
1) Fries Chronik von Wirzburg ap. Ludewig SS. WB. 377. sqq.
t) Himmelst ein Synod. berbip. 56,
117
wie die zeitgenössischen Babenberger im Ostland, die
Witteisbacher in Landshut, die Staufen im Südland und
Schwaben, der Sangeskunst besonders hold, und wett-
eiferte mit den benachbarten Thüringerfiirsten in der
Liebe zur Dichtkunst.
Zu Wirzburg starb 1230 der grösste Lyriker des
deutschen Mittelalters: Walther von der Vogelweide;
er hatte in den letzten Lebensjahren im Chore von Neu-
münster die Psalmen mit den Kanonikern gesungen.
Aus ritterlichem Stamme ^injöärzburg) i) geboren, aber
wenig mit Glücksgütern gesegnet, wählte er früh das
heitere Liederspiel zu seinem Antheil. Auf den Burgen
jenseits des Rheines sah er Frankreichs schönste,Frauen,
in Syrien hüllten sich ihm die Zauber des Orients auf.
Am Hofe des Herzogs Friedrich von Oesterreich ist er
ein vollendeter Dichter geworden. Dienstmann am Hofe
des liederkundigen Kaisers (1198), schlägt er auch die
vielbesungene Liederschlacht auf der Wartburg mit (1207).
Seine Lieder an Maria athmen die tiefste Innigkeit und
entzündeten die Gemüther, seine Kreuzeslieder sang man
begeistert in ganz Deutschland. Er selbst hat das Kreuz
genommen. Schannat soll noch das Leoninische Tetra-
stichon im Neumünsterkreuzgang, wo sie ihn hingelegt
hatten, gesehen haben:
Pascua qui volucram tIvus Walthere füisti^
Qai flos eloquii, .qui Palladis os obiisti.
Ergo quod aurealam probitas tua possit habere,
Qui legit, hie dicat, Deus istius miserere.
Jahrhunderte lang rauschte die Linde im Lusam-
garten, unter welcher der Chorführer deutscher Dichter-
nachtigallen die Vöglein des Hinunels zu Tische geladen
hatte. Auch nach seinem Tode sollten sich die lieben
Sänger der Wohlthat freuen. Der Atzungsheerd waren
vier bei dem Brunnen eingehauene Vertiefungen* Die
1) Fr. Pfeiffer Waliher Ton der Yogelweide. Wien 1860.
von. Walther gemachte Stiftimg ist nacbmalft in eine
Semmelvertheilui^ unter die Chorherren ausgeartet.
Walther^s Zeitgenosse war der Sänger Süssldnd,
der Jude^ der, wie die Wirzburger sagen, bis 1226 Arzt
am Spita] von St. Egid und Dietrich gewesen ist. Er
wohnte im HöUriegelhofe. Auch um seine Finanzen
schien es mei^t schlecht bestellt.
Kon r ad von Wirzburg ist der Stadt eigenster
Dichter, in Wirzburg geboren,, aber nicht aus adeligem
Hause, wie er selber sagt. Er lässt in der goldenen
Schmieiie, in der Herzmäre, im trojanischen Krieg, im
Otto mit dem Barte, im Schwanritter wie in seinen
Liedern den heimisch ostfränkischen Dialect anklingen,
wird in Urkunden und Chroniken allzeit von Wirzburg
genannt, neimt sich auch selbst so, wie im Vers 120
der goldenen Schmiede : „edso daz mir Cnonrade von Wirze-
burc daz Heil geschehe — ; auch singt er:
Ein stat lit in Frankenlant,
Wirzeburg ist sie genannt
Mit ricker kunst erbuwen wol,
Eres und guotes ist sie vol.
Hugo yen Trimberg, der lyrakundige Franke, kennt nur
Wirzburg als Vaterstadt Konrad^s, ebenso Michael a Leone,
der, allezeit auf dem Ruhm des Frankenlandes bedacht, 1335
die goldene Schmiede abgeschrieben hat. In dem Buche
des späteren Wagenseil „von der Meistersänger hold-
seligen Kunst" wird Konrad ausdrücklich von Wirzburg
genannt. Basel hat dem Wandernden im Alter eine gast-
liche Herberge angeboten, und ist seine zweite Vater-
stadt geworden. Er soll dort 1287 gestorben, und in der
Magdalenenkirche neben dem Dome begraben sein '),
seine Frau Bertha und seine Töchter Gerina nnd Agnes
neben ihm ruhen. Die Wirzburger in München befind^
1) Arcb. XÜ. 1. 61 — 68. W. Grimm Konrad*8 von Witzbuig
goldene Schmiede. 3J.
110
iche Handschrift der goldenen Schmiede enthält am
Schlüsse die Nachricht, das» Konräd zu Freiburg im
Breisgau begraben wurde. Konrad/ der sieh selbst den
„tumben Kpnrad^ n^mt^), «teilt sich, da er sein Preis-
gedicht anf die göttlichis Jungfrau singt, als einen Schmied
dar, der in seiner Werkstätte arbeitet. Aber nicht ein
Schmied gewöhnlicher Art will er sein, sondem ein
Mann, der das edelste Gold kunstreich bearbeitet. Die
Zunge ist sein Hammer, und die Glieder, die er zum
VorU'ag braucht,- sind die übrigen Werkzeuge. „JBm
Spiegelsmitte was sin herze dar inne vil der fugende ge^
slßgen wart" So schlug er in seliger Lust seinen Jubel-
hymnus auf die himmlische Königin. Er wollte ^in Meister-
stück ßeiner Kunst liefern; schon blatte er den Gipfel in
derselben err.eicht, war der Technik, der Diction und
der Metrik vollkoijamen Meister geworden. Koncad steht
in der Mitte der Epigonendichtung. Er erzählt \wß nicht
das Leben der Jungfrau, wie das Wernher von Tegern-
see vor ihm gethan hatte, er erwähnt das Sterben des
Herrn nur kurz am Schluss; seine Absicht ist es, die
höchsten Mysterien de» Glaubens in Bild und Gleichniss
auszudrücken. Das sind die Edelsteine, welche der Dichter
in ein Schatzkästlein sammelt, oder zu einem schinpLmem<-
dem Geschmeide in das Gold sei^er Bede fasst. Es sind .
Lobpreisungen und Bilder, welche sich in zufalliger oder
willkürlicher Ordnung die 2000 Verse hindurch aneinander-
drängen. Konrad geht manchmal in die Breite und ist
nicht frei von klingenden Phrasen, sein Silbenmass ist
nicht so klangvoll wie bei Gottfried von Strassburg,;
aber die Breite fügt sich ihm mit Leichtigkeit, die Dar-
stellung ist belebt, gefällig und aninuthig, die Farben
erfreuen allezeit durch Frische und Glanz. Konrad hat
eine sprühende Phantasie ; das ist die angeborne Sanges-
lust, die ihm sagen lässt:
<) Goldene Schmiede v. 890.
120
06 nieman lebte mer dann ich
dock Seite ich unde eunge
dwr daz mir selber Utmge
min rede und miner stimme schall^).
Seine goldene Schmiede blieb bis in den Ausgang des
Mittelalters eine Lieblingslectüre ; die letzte Handschrift
ist vom Jahre 1497. Die Gültigkeit des Inhalts, das Feier-
liche der Rede, der Prunk der Worte trugen das Ihrige
dazu bei. Ekerhard von Sax hat sie nachgeahmt, Hug
von Langenstain sie zum Vorbild genommen, und Peter
Suchenwirt sie nach hundert Jahren noch angestaunt.
„Auch in Gemälden und Bildhauerärbeiten
wirdman bisin das fünfzehnte und sechszehnte
Jahrhundert hinab die fortwirkende Kraft
dieser Jdeen bemerken*)." Im Zeitalter Konrad's
scheint die für die Kunstgebilde so wichtige symbolische
Sprache ihre höchste Ausbildung erreicht zu haben.
Unter denen, welche Konrad zunächst stehen, haben
Rudolf von Rothenburg, Sigeher, Boppo und Eberhard
in Liedern zu Ehren der Jungfrau sie^ angewendet, früher
schon Walther von der VogelWeide und Gottfried von
Strassburg. Auch in Dichtungen von grosserem Umfang
und in Liedern anderen Inhalts bringen Rudolf von Ems,
' Heinrich von Krolewiz, Reinbot von Dorn und Freidank
diese Gleichnisse an. Sparsam bedienen sich ihrer, selbst
wenn sie die Jungfrau besingen, Reinmar von Zweter,
Hardeker, Herrmann der Damen. In den Werken Wolf-
ram's von Eschenbach finden sich wenige Spuren der Ver-
ehrung der Jungfrau 3).
Friedrich ven Wirzburg lebte als Dichter am Hofe
-des Königs Mannfred, Johann von Wirzburg sang ein
Lied auf die Heldenthaten des Herzogs Wilhelm von
1) Eingang zum troj. Krieg, v. 188. ff.
S) Grimm a. a. (h XXI.
9) Grimm a. a. 0. XXII.
121
Oesterreicil (1314); Otto Baldemänn der Sänger von
Karlstadt lebte 134Ö in Wirzburg. Rührende Töne shlug
ein aussätziger Barfüssermönch um 1374 an. Mancher
Meistersänger hat in späterer Zeit Wirzburg verherrlicht.
Noch ist ein Mann zu nennen, der mehrere Jahre
in der zweiten Hälfte des dreizehnten Jahrhunderts in
Wirzburg lebte, und von der Sage mit der Kunstge-
schichte der Stadt, besonders mit den neuen Baugesetzen,
in Verbindung gebracht wird :AlbertusMagnus. Nach
der Resignation seines Bisthums Regensburg scheint er
längere Zeit im Dominikanerkloster der Stadt, wo sein
Bruder Heinrich Prior war^ oder im Hofe Wiesenfeld
bei Neumünster geweilt zu haben. Der ehrwürdige Meis-
ter, das Wunder seiner Zeit, wurde vom Bischof, Adel
und Bürgerschaft mit -Ehren überhäuft. Albertus war
in den wüsten Streithändeln die versöhnende Macht; er
hat sich der Dominikanerinnen bei St. Markus thätig an-
genommen, sie in seinem Testamente bedacht, und allen
einen Ablass verliehen, welche zum Bau der Kirche von
Himmelspforten beisteuerten <). Die Zünfte gelobten
(1265) dem Abt von St. Biirkard soviel Entschädigung
zu leisten, als Bruder Albertus bestimmen würde. Es
mag wahr sein, dass Albertus mitRath und Wort seinen
Ordensbrüdern zum Neubau des Dominikanermünsters
um 1274 beigestanden sei, aber die Behauptung, dass er
den Plan dazu entworfen und als leitender Architekt
gewirkt habe, muss zurückgeno'mmen werden. Albertus
seheint 1268 Wirzburg verlassen zu haben, nachdem er
hier,, wie sein Biograph vermuthet, den Conamentar zum
Markusevangelium und das Buch vom starken Weibe ge-
schrieben hat. Köln bedurfte der Macht seines Wortes,
um zur Ruhe zu kommen.
Drei Denkmäler aus der ersten Periode der Gothik
kommen für Wirzburg in Betracht: die Cisterzienserin-
<) Lang Reg. 1>av. m. 305.
122
nenkirche in Himmelspforten, die Minoritenkirche imd
der Chor der Dominikanerkirche.
Die Cisterziensemonnenkirche in Himmelspforten.
Die Kirche ist 160' lang, zeigt hochstrebende Ver-
hältnisse, ein einziges Schiff, geradlinigen Chorschluss,
eine massige Kreuzwölbung im Chor und eine von zwanzig
Säulen getragene Sepultur mit primitiven Kreuzgewölben«
Die fünf Streben der Südseite steigen unverjüngt bis
zum Kranzsims an und schliessen mit Schrägen, Kehlen
und Plättchen. Ihr Fussgesims wird durch eine Schmiege
gebildet. Während das zweite Horizontalglied etwius
über der Fenstersohle die drei Seiten des Pfeilers um-
läuft , belebt das dritte nur dessen Vorderfläche. Die
Streben am Chor werden durch KreuzblumeQ gekrönt,
die drei westlichen begrenzen die Sepultur. Die fein
profilirten Laibungen der acht Fenster, spitzen sich
scharf, ohne Passzierden aufzunehmen. Der Sepultur
kommt durch sechs kleine hübsche Spitzfensterchen das«
nöthige Licht zu. Einfachheit ist bei gediegener Tech-
nik angestrebt. Das südlioli eingebaute Portal bietet
auch hier die eigenthümlichste Gestalt. Indem sich
Rundsäulchen in die Pilasterecken setzen, aus den Aba-
keu die Archivolten mit reicher Profilirung springen, und
über der Oberschwelle drei überhöhte Spitzbogen mit
Staffelgiebel das Tympan ausfüllen, entsteht ein ganz
neues, bisher noch nicht möglich gewesenes Gebilde;
die Gesetze des Spitzbogens sind hier consequent durch-
geführt- Das Schiff wird durch den fast allen Cister-
ziensemonnenkirchen zukommenden Nonnenchor in der
Hälfte der Länge abgeschlossen, ohne dass aber die
Quermauer den Ausblick auf die sehr bunte Felderdecke,
die mit hübschen das Kirchenjahr schildernden Renais-
sancemalereien verziert ist, hinderte. An den Wänden
lebt kein Zierrath. Der Triumpfbogen, welcher die zwei
Wölbungsrechtecke eioleitet, zeigt yfiQ die Blattconsolen
128
und 4^e SchluBssteine , die Diagonal- und Gradgurten
strenge derbe Profilirung und wuchtende Massenhaftig-
keit ; ästhetisch unschön, aber baugeschichtlich von hohem
Interesse. An den fünf Fenstern des Chores ist die Sohle
viel bedeutender als an denen des Schiffes; nur in das
direifaltige Apsidenfenster ist als Maasswerk ein triangu-
läres Spbäroid geschrieben. Die merkwürdige Sepultur
wird durch zehn freistehende und zehn eingebundene
Oktogonsäulchen in drei mit Kreuzgewölben geschlossene
Hallen getheilt. Das Basament der frieistehenden-Träger
bildet sich aus 'dem Grundquadrat und der Schmiege;
Laubornamentik setzt sich nicht um den Kelchkern des
Capitäls., Die Vermittlung der Pilaster mit der Wand
geschieht in der einfachsten Form ; die Rippen sind ohne
Profilirung. Gleichwohl inacht die Sepultur einen wohl-
thuenden Eindruck, der um so. mehr gesteigßrt wird,
wenn wir bedenken, dass wir in einem der ältesten go-
thischen Bauten des Frankenlandes stehen.
Himmelspforten wurde vom Jahre 1251 an gebaut,
nachdem die Nonnen die Himmelsstatt am Main verlassen
hatten. Als Albertus den erwähnten Ablassbrief aus-
stellt, ist der Bau bereits in vollem Gang ; durch die so
erzielten Beiträge sollte nur die Vollendung beschleunigt
werden. Da der Indulgenzbrief des Bischofs Iring 1264
die ecclesia magnifice inchouta nennt, wird bestätigt, dass
der Bau sich bereits seit Jahren fortgesetzt hatte '). Da
auch andere Bischöfe, selbst der Papst den Nonnen zu
Hilfe kamen, wird die Kirche noch im siebenten Jahr-
zehent vollendet worden sein. Die Jahrhunderte haben
wenig an ihr geändert. Die Restauration von 1519 dürfte
den sims- und säulenreichen Dachreiter auf der Mitte des
Daches wie die eigenthümlich gewendelte Holztreppe,
die zum Nonnenchor aufführt, vollendet haben. Noch
1) Lang Reg. UI. 227,
124
spätere Zeiten stalteten die pprtallose Westseite und den
Ostgiebel des Hochbaues um.
Man kennt die Energie, mit welcher St. Bernard ge-
gegen die glänzende Pracht in den Ordenshäusern seiner
Zeit eiferte 0* Nicht bloss sollten die Münster seiner
Regel in ausgesprochener Tendenz factisch den reichen
Thurm- und Transeptbauten , den Wandmalereien, dem
Aufwand an Gold und Silber der Benediktiner entgegen-
treten, auch die Ceremonien des Cultus contrastirten
eclatant neben dem Pomp und dem Glanz in den Käthe-
dral- und CoUegiatkirchen und den anderen Ordenstem-
peln. Bernard^s graue Mönche sangen einstimmigen
Choral, eine Orgel war ihnen Anfangs nicht gestattet.
Noch im fünfzehnten Jahrhundert bedurfte es der Er-
laubniss des Generalcapitels, sollte eine Orgel aufgestellt
werden. Mosaikpflaster war verboten; 1182 befahl das
Generalcapitel, in einem Zeitraum von zwei Jahren alle
wider die Regel in den Kirchen eingesetzten Glasgemälde
wegzuschaffen. Nur die Benediktinerabteien, welche die
Regel Von Citeaux annahmen, durften ihre Glasgemälde
behalten. Sonst folgte man der Maxime: „Sctüpturae vel
picturae in ecclesiis nostris seu in officinis aliquibus mona-
sterii ne fiant interdicimus quia cum talibus Menditur uti-
Utas bonae meditatianis disciplina religiosae gravitaiis
saepe negligitur 2) ?" Nur beim Kelche sollte Gold und Sil-
ber gebraucht werden. Das Generalcapitel von 1213 ver-
bietet, ein anderes Bild als das des Erlösers zu malen.
Als man auf der Versammlung von 124Q in Erfahrung
brachte, dass mehrere Ordenskirchen ihre Altäre mit
Gemälden zierten, erging dar Befehl, diese wegzuschaf-
1) VincentiDs Bellov. Spec. IV. 1173. Batisbonne Geschichte
des heiligen Beniard II. 177. H. Arbois de Joubai^TÜle
Etudes snr l'etat des Abbayes Cistercietines et principalement de
Olairvaux, au XII« et XUI« siecle. Paris 1858.
2) Manrique Ann. 0. Oist. I. 267. 273. II. 545. Martene anecd.
IV. 1264.
125
fen. Wo grosse Farbenliebe herrschte, da mochte man
die Altäre mit weisser Farbe decken. ' Da der Abt von
Royaumont gleichwohl einen Altar mit Gemälden, Skulp-
turen, Vorhängen und Säulen versah, erhielt er den ge-
messensten Auftrag, in einem Monat diese Pracht abzu-
thun; wo nicht, würde er und sein Prior des Weines
beraubt, bis er Oehorsam leiste. Seit 1157 durften die
Thüren weiss getüncht werden, doch wurden zu gleicher
Zeit grosse goldene und silberne Kreuze verpönt; seit
1152 durften die Aebte Cappae von Seide bei ihrer
feierlichen Benediction tragen; aber ein Statut von 1183
verbietet Aebten wie Mönchen, Oasulen von Seide zu
gebrauchen; von 1226 an trat für solche, die Wohlthäter
schenkten, Milderung ein, die durften benützt werden;
1256 wurde die Erlaubniss ertheilt, an hohen Festtagen
die Altäre mit seidenen Stoffen zu schmücken. Im Jahre
1257 erhalten auf Bitten des Papstes die Aebte die Er-
laubniss, die Cappa bei allen Festlichkeiten zu tragen,
mit denen Processionen verbunden waren, und so oft
sie das Pedum führten und den weissen Ornat trugen,
sowie bei der Benediction der Novizen; Mönche, die
dem pontificirenden Abte assistirten , durften von 1257
ab Tunica und Dalmatica tragen. Die Casulen sollten
aber einfarbig ohne Gold und Ornamentik sein. Die alten
Ordnungen vonCiteaux verboten, mehr als fünf Lampen
in einer Kirche zu haben. Diese wurden bei der Messe
und bei den Vespern von Hochfesten angezündet ; später
seit 1152 durfte eine Lampe Tag und Nacht angezündet
sein. Nur Kerzen und Lampen waren erlaubt. Der
Thurm durfte nicht ;von Stein sein, ein hölzerner, oft
getünchter Dachreiter über der Kreuzvierung der Kirche
genügte. Er hatte nur zwei Glöcklein zu tragen; das
schwere sollte nicht mehr als 500 Pfund wiegen, ein
Mann sollte es läuten können^). Jedes Cisterzienser-
1) M. H. D'Arbois de Joubainville 1. c. 27—35. Stat. cap.
gen. Gist.ap. Martene lY. 1245» 1247. 1248* 1305. 1406. 1407.
126
kloster hatte übrigens die nothige Anzahl von cemm-
tarii, textores^ pelliparii, ftdlones, fabri. Den Cisterzienser-
kirchen war Zweckmässigkeit, Genauigkeit der Ver-
hältnisse und grossartige Disposition eigenthtimlich. Die
Mönche und Klosterfrauen haben immer Mass in den
Constructionen gehalten, und in Frankreich den friihgo-
thischen Styl in seiner Strenge und Keuschheit ausge-
bildet. Die Oallerien über den Seitenschiffen erschienen
überflüssig, der Hochbau erhielt eine massige Höhe, die
Gewölbedienste wurden aufConsolen gestützt, und nicht
bis zur Erde geführt, der Wände Farbenschmuck fiel
weg, alles blieb auf das nothwendigste beschränkt. In
Himmelspforten ist man gewiss der Regel treu nach-
gekommen.
Die mehr als hundert ehemaligen Cisterziensermunster
Deutschlands haben ihr Vorbild in der Mutterkirche von
Morimund gefunden. Sie war einfach, streng aber edel
gebaut, wie jene zu Clairveaux, deren Geschichte uns
jüngst bekannt gegeben wurde. Den geradlinigen Chor-
schluss finden wir wieder in den Ordenskirchen zu Eb-
rach, Maulbromi, Schönau, Loccum, Märienthal, Marien-
feld, Biddaggshausen, Heiligenkreuz, Lilienfeld, Neuberg,
Campen, Amelunxborn, Fröedenberg, Huda bei Olden-
burg, zu Eberbach , Arnberg und Peplin ; einige sechs-
zehn deutsche Cisterzienserkirchen , über deren Bauart
bisher Notizen eingelaufen sind, schliessen mit polygo-
naler Apside. In allen kehrt das Imponirende der Entfal-
tung der Ihnenanlage und neue ideenreiche Combinationen
im Grundrisse, im Gurtenwechsel, in den Arkaden, wie
in der Stylisirung des sparsam angewendeten Details
wieder. Riddaggshausen in Thüringen^ Lilienfeld in
Oösterreich, das jüngst beschriebene Trebnitz, welches
St. Hedwig aus Bayern 1203—1219 für 1000 Personen
dotirte, Ebrach und Bronnbach im. alten Wirzburger
Sprengel müssen mit Maulbronn zu den wichtigsten deut-
schen Cisterzienserkirchen gezählt werden.
127
In Maulbronn sind noch Reste der Klostergebäude
erhalten, so dass man eine klare Einsicht in die Anlage
der Cisterzienserklöster gewinnen kann, wie diess zu
St. Jakob in Wirzburg für die Schottenklöster noch
theilweise der Fall ist. Maulbronn ist im Kreuz gebaut,
platt geschlossen und mit je drei überwölbten achtecki-
gen Kapellan an der Ostseite der Kreuzflügel versehfen.
Das Hauptschiff war ursprünglich nicht überwölbt 5 zehn
Pfeiler tragen die geradlinig eingerahmten Rundarkaden.
Das^ mit Kreuzgewölben überspannte Paradies im Wes-
ten und der imposante Kreuzgang an der Nordseite sind
bekamit genug ^), *
Ebrach im Steigerwald, das wichtigste und reichste
Kloster im Frankenland, nahm von 1151-^1573 die Her-
zen von 33 Wirzburger Bischöfen in bleiernen Särglein auf,
während die Eingeweide auf die Burgkapelle, die Ge-
beine in die Kathedrälkirche kamen. Daher :
Ebrachiana meo crcverunt claustra favore
Hinc cor diffecti continet illa domus.
Mos manet: haec uno tumulantur corpora templo
Viscera nions, aedes maxima corpus, habet 2).
Ebrach blieb auch alle Zeit ein Mausoleum des fränki-
schen Adels. Es schickte seine Brüder nach Heilsbronn;
Langheim und Bildhausen, Töchterklöster von Ebrach
sind niedergebrochen und verwüstet; Schönau schliesst
geradlinig im Chor. Auch Aldersbach in Bayern , Isel-
stein in Belgien und Birkenfeld wurden von hier aus
gegründet. In Oesterreich bauten die Ebracher ausser
dem Runensischen Kloster in der Steiermark Wilhering,
dessen Geschichte Stülz bearbeitet hat, und das von den
Hussiten zerstörte Nepomuek in Böhmen, dessen Historio-
graph seine mühevolle Arbeit bald bekannt geben wird.
Glänzend ist die Wiegengeschichte dieses deutschen
t) Kallenbach Chtonelogie IT. 5.
2) Ludewig SS. WB. 366.
128
Morimund^). Bemo, Richwin und Berthildis aus dem
Geschlechte der Ebrau haben es gegründet, Morimunder
es gebaut, Embricho es conseerirt 1134, der fränkische
Adel, König Konrad XU. und Königin Gertraud es
reich ausgestattet. Die Königin wohnte oft im Stifte,
schmückte den Cither mit Werken ihrer Hand , welche
Jahrhunderte lang dankbar gezeigt wurden. Sie fand dort
ihr Grab. Die jetzige ELirche wurde 1285 vollendet. Das
Langhaus, von dreissig Pfeilern getragen, zeigt keine
Quadrate, sondern schmale Kreuzgewölbe, nicht paar-
weise, sondern einzeln stehende Fenster und wird durch
Streben gestützt. Der Chorschluss ist rechtwii^Lclig und
das Altarhaus wie zu Riddagshausen, Arnsberg und St.
Burkard in Halberstadt von einem Umgang umgeben.
Die Michaelskapelle weist wie das Paradies zu Maul-
bronn auf den Uebergangsstyl.
Auch Bronnbah bei Wertheim ist stattlicher wie
Himmelspforten. Es ist 1151 gegründet, 1174 geweiht.
Billung von Lindenfels, Erlebold von Krense und Sige-
bert von Zimmern schenkten den Fundus 2), Arnold von
Mainz und Dietrich von Maulbronn forderten den Bau,
Waldsassen im Nordgau und das benachbarte Maulbronn
schickten die Mönche. Abt Reinhard aus Waldsassen
war der Bauherr. Das Munster ist eine mächtige Ba-
silika mit drei Schiffen, Transept, zwei Thürmlein, eines
im Westen und eines vor der Vierung und drei Porta-
len in der Fassade. Letztere gehört der ersten Bau-
periode an, während die Streben der Nordhalle, wenig-
stens theilweise, später angesetzt wurden, und die kleinen
Seitenbauten rechts uud links der halbkreisförmigen Ap-
side dem vierzehnten Jahrhunderte angehören. Zwei mehr-
fach getheilte und sich verjüngende Streben dreigliedern
die Fassade. Das Mittelportal setzt je drei Rundsäulen
in vier Pilasterstufen, die mit attischen Basen und Eck-
1) A. RulandQaseh. V. Ebrachv.P. Wigand WeigandLandsh.lSSi.
«) üssermann Cod. pib. 48.
--^
139
Watt versehen sind. Das Tympan durchbricht ein Vier-
pass. Das Nordportal führt zwei Halbsäulchen, das Süd-
portal ist doppelt gestuft. Die sechs Cirkelschläge des
Radfensters sind ohne Profilirung. An der Nordseite der
Kirche verstehen wir die zwei Kolossalpfeüer nicht, we-
nigstens gefallen sie nicht; wir finden kein Fries und
kein Sims, nur die vier Fensterpaare durchbrechen die
Wandung, zierlos erscheint auch das Transept. Die
Konche schliesst mit reichem Dachsims.. Aber treten
wir in^s Innere. Ein wundersamer Bau. Im Mittelschiff
zählen wir vier Gewölbequadrate; die zwei westlichen
Traveen sind reine Pfeilertraveen, nach Osten wechseln
Säulen und Pfeiler. Jede Travee wird durch ein Feiis-
terpaar erleuchtet. Es würde zu weit führen, die Details
zu zeichnen. Die Ecken der Pfeiler sind blau, blau sind
auch die Wangen der Würfel und die Arkadenecken
wie deren Centralstein ; dagegen die Biemchen und Blu-
men der Capitäle leuchten sämmtlich in Gold. Das Lang-
haus mit seinen gefälligen Dispositionen begleiten die
Abseiten mit ihren Wandpilaatern in nicht ganz halber
Breite. Das Transept legt sich in der Breite des Mittel-
schiffes vor. In der Ostung sehen wir zwei viereckige
durch starke Mauern geschiedene niedere Kapellen, über
deren Aussenwände hinaus in der Breite des Mittelschif-
fes die Apside tritt. Breite Bandgurten tragen- die
Wölbung. Während die Fenster im Rundbogen schlies-
sen, bemerkt man im Hochbau, in den Kreuzarmen und
in der Vorlage des Chores Wölbungen mit Gräten, die
man in der That als spitzbogige Tonnengewölbe mit
grossen Stichkappen erkennen darf, da die Felder nicht
durch Transversalgurten geschieden, die über den Fens-
tern einschneidenden Kappen wegen der grossen Stärke
der Pfeiler nicht ganz die Höhe und Breite des Longi-
tudinalgewölbes haben. Schnaase glaubt, französische
Influenz erkenne n zu dürfen*). Von dem in seiner Art
<) Schnaage Kuiuitgeschiolite Y. 438.
9
einzigen Tierhalligen Ereiugioig näher xu berichten, ist
hier nicht der Ort,
In die Mitte zwischen Bronnbach und Ebrach ist
die Kirche von Hunmelspforten zu setzen; das Muster
einer einfachen «inschifflgen Nonnenkirche aus frühgo-
thischer Zeit.. Sie darf von. der deutschen Künstge-
schichte nicht unbeachtet bleiben. Die Sepultur ist höchst
bedeutend 9 der reichste kryptenartige Bau, den Wir«-
bürg, Franken hat. Das ehemalige Sonunerrefectorkun
nimmt volles Interesse in Anspruch. Mit der Cisterzieii-
sernonnrakirche zu Gnadenthal bei Schwabisch-Gfmfind
wird Hinunelspforten am besten verglichen. Beide Kir-
chen sind einschiffig, haben den Nonnenchor im Westen,
den Ostchor platt geschlossen, und den Osttheil allein
überwölbt. Gnadenthal romanisirt noch. Auch lüit- dem
prachtvoll gelegnen Schönthal an der Jaxt wären Paral-
lelen SU ziehen.
P'Arbois de Joubainville bringt uns eine glänzende
Beschreibung der alten Mutterabtei von Clairvaux im
dreizehnten Jahrhundert^).
Während sie aus dem Kloster zuEbrach eine Räu-
berhöhle gemacht haben, wird das zu Himmelspfordten
seit 1847 von zwanzig nach strengster Regel lebenden
JKarmelitinerinnen bewohnt, die aus Gemünden in Oester-
reich gekommen sind.
Die Miöoritenkirelie. .
Die Baugeschiehte dieser ältesten noch zum Gottes-
dtenste verwendeten Minoritenkirche Peutschlands kann
aus den pSpstlichea und bkchöflichen Breven und Indul-
genzbriefen, welche im ungewöhnlich reichen Elosterar-
chiv niedergelegt sind , genügend eruirt werden. Em
kleines wphtoonservirtes Breve mit Seideii&d^ti und
Plumbmn gibt im siebenten Jahre der Regienuig des
1) P*Arbpi8 de JoubftiiivllU h c. SS^-^BBS.
tu
Papstes Innocenz IV, (1341—1254), alsis im Jahr 1248,
fünf Tage vor den Palenden des Mai, den Barfiissern
die Erlaubniss zum Kirchenban an der Stätte , wo sie
jetzt wirklich steht. Der iermmus ad quem mn&s in der
Begierungszeit des Papstes Alexander IV. (1254 — 1261)
gesucht werden* Ein kleines fein auf weisses Perga-
ment geschriebenes Bfeve vom dritten Jahre der. Herr-
schaft; dieses Papstes verleiht bereits Ablässe für die
neue Kirche. Es. ist' da die Rede von einem consecrir-
ten Kirchengebäude, in welchem die Feste der Heiligen
Franziskus, Antonius und Klara mit aller Feierlichkeit
begangen werden. Viel Volk strömt schon in der von
ihm geliebt<en Kirche zusammen, und wer in der Octav
dieser Feste gewisse Gebete verrichtet, gewifint eine
Lidulgenz von hundert Tagend Die Briefe und Breven,:
welche unmittelbar vor das Jahr 1248 und in die Bauzeit
von 1248—1256 fallen, beschäiftigen sich mit der Rege-
lung des Ankaufes aitstossender Höfe, mit der Dispo-
sition des Coemeteriunis, mit deu Angelegenheiten des
Klarissenklosters zu St: Agnes,- mit der Ausübung des
Predigtamtes und der sonstigen seelsorglichen Thätigkeit
der Brüder. Der Chor wird 1289 urkundlich genannti
Die Schiffe der Minoritenkirche sind älter als Schiff
und Chor ^u Himmelspforten; es ist die Minoritenkirehe
das erste Werk im Sprengel, an welchem sich die Ar-
chitektur, die stimmführende Kunst jene)r Zeiten, im
neuen Style erprobte. Wir setzen sie aber an die zweite
Stelle, weil an ihren Portalen -und Arkaden die Höheii-
verhältmsse günstiger entwickelt sind, weiUl, dem Verti-
calismus der Horizontalismus energischer eni^egenkomipt
und sich mit dem niännlichen Prinzip der Massenhafbig-
kmt das weibliche der Syname^e mehr wenigstens ver-
bindet, als diess am Oisterzienserbaü geschehen ist. £u-
rhythmie dürfen wir aber an der Minorit^ikirche nicht
suchen. Dazu war nicht bloss die Zeit nQch zu früh,
9*
182
sondern auch die Tendenz des Ordens albsusehr anf Ar-
muth gerichtet.
Nicht allezeit wohnten die Minoriten an dem Platze,
auf welchem sie jetzt ihr Münster bauten. Als Caesarius
von Heisterbach 1221 nach dem ersten Ordenscapitel
in Augsburg mit Bruder Johann und Bruder Barnabas,
nach Wirzburg kam , gab man ihm eine Stätte bei der
Bartholomäusklause , wo seit 1151 fromme Jungfrauen
lebten. Die Zahl der Novizen mehrte sich seit Ilartmann,
Harmuth und der ehrwürdige Bodinger sich an Cäsarius
angeschlossen hatten, und schon 1225 siedelten sie zur
Yalentinskapelle über« Bischof Herrmann war ihr gröss-
ter Wohlthäter *). Schon damals wurde d«n Brüdern
die Sorge für ein Leprosenhaus, deren es damals 19000
in Europa gab, übertragen. Weil ein noch erhaltenes
päpstliches Dispensationsbreve den Mönchen erlaubt, an
Geld bis zu 200 Imperialien anzunehmen, so scheinen
von verschiedenen Seiten namhafte Beiträge geflossen
zu sein. Die Begharden bei der BaHholomäusklause be-
zogen die von den Brüdern verlassene Stätte, nahmen
die Regel der heiligen Klara an und begannen 1257 den
Klosterbau 2).
Vom Werke der Bauzeit 1248 — 1256 stehen noch
die drei Schiffe, der geradlinig schliessende Chor, die
Ost- und Westhalle des Kreuzgangs. Die Restauration
des Bischofs Julius construirte die Gewölbe wie die
Nord- und Südseite des Ambitus, sprengte schwere
Sterngewölbe in die Kirche, wo früher nur Kassetten-
decken gedient hatten, fügte der Südseite des Cho-
res die Valentinuskapelle mit ihrem drückenden Gewölbe
an, und verdeckte durch einen einst prächtig deeorirten
Saal die -Südstreben des Chores, sowie wohl auch da-
mals das alte Fenstermasswerk vermauert wurde, welches
i) Üssermann EP. Wß. 212.
S) Axchi? XUI. X 85. fiO.
133
noch unbezwungene Mauerfläche zeigt. Dass die Wöl-
bungen des Mittelschiffes Bischof Julius einsetzen liesö,
würde man sogleich an den breiten, mit Bildern heiliger
Ordensleute gemalten Schlüsssteinen, an den schwulsti-
gen schwer lastenden Formen der Kragsteine , an dem
mangelhaften und unverständigen Rippenprofil wie an
der zwecklosen Anwendung der Centralgurte in den Ab-
seiten erkennen, wenn auch die Bauconto's nicht mehr
erhalten wären, welche der Geschichtschreiber des Klos-
ters demnächst der deutschen Kunstwelt mit vielen an-
deren Notizen bekannt geben wird. Die Fenster ver-
danken die unschöne Ausbauchung nach oben und unten
der Verballhornung von 168Q, von welcher uns eine
gleichzeitige Inschrift Kunde bringt; sie hat auch das
Kaffgesims durchschlagen und die Harmonie der Aussen-
Seite gestört. An der Fassade sündigte man durch fast
völliges Vermauern des vierfaltigen Mittelfensters. Der
Meister, der die Kirche baute , schloss seltsamer Weise
Chor wie Abseiten geradlinig und brachte diebedeutend
niedrigeren Nebenschiffe mit dem Hauptschiff unter -ein
Dach. Oder sollte letzteres erst unter Julius geschehen
sein? Wir glauben nicht. Die geradlinige Ostchorwand
durchbricht ein dreifaltiges Fenster, das unter Julius
unnöthiger Weise unter das Käffsims verlängert wurde.
Der mittlere Spitzbogen erhöht sich über die zu beiden
Seiten, feine Dreipässe füllen die Spandrillen. Um die
schroffen Eckien des Plattschlusses zu mildern, setzte der
Baumeister nördlich eine Eckstrebe, südlich ein Thürm-
chen, das sich spitz abschrägt, an die Mauer« Die drei
Streben der Nordchorwand entwachsen rechteckig dem
Boden, führen als Fusssims die Schmiege, verjüngen
sich unter Vermittelung einer einfachen und zweier Dop-
pelschräg'en, indem das Rechteck des Pfeilers bis zum
unförmigen Dache abgefast die Kante dem Beschauer
2eigt. Das Kaffsims, durch Kehle und Biemchen profi-
lirt, ümliiuft die drei Seiten des Pfeilers. Strebelos er*
184
Bcheinen die Wände der Abseiten» Weil auch am Nord-
portal nach Ost das Fussgesims weggeschlag^n kt, das
EiiflEsims darohbrochen, die Fenster stylwidrig verlängert
wurden, so kann die Perspective, die auch so sehr ein-
fach wäre, nur ungünstig sich gestalten. Der Fassade
wird durch Bwei massige zierlose Streben die traditionelle
DreigUederung zu Theil, so, dass den Abseiten je dn
doppelfaltiges Fenster mit einem Viorpass, der Mittel-
haUe das viergegliederte Fassadenfenster und das Portal
entsprechen. Drei freistehende und zwei eingebundene Pfos-
t^i.trag^ im Mittelfenster vier strenge Spitzbogen, die
mitderen zwei dominiren. Ueber sie wachsen zwei höhere
Bogen aus, um die der hohe Hauptcirkel geschlagen ist.
Die in die drei so entstehenden Sphäroidquadrate ein-
gefügten Kreise führen Vierpässe; Dreipässe greifen in
den Zwickeln Platz« Die Sohle ist nach Innen und Aus-
sen stark geschrägt. Die sechs Bundsäulchen in den Pi-
lasterstufen des Portals werden angenehm gegliedert; an
den Archivolten aber, wo der Wechsel an Kehlen, Leis-
ten und Wülsten der reichsten Gestaltung Platz gegeben
hätte, vermissen wir manchmal die Schärfe und Feinheit
des Mei&sels. *
Im Innern sehen wir die Hochwand von sechs Pfeiler-
paaren getragen. Die Arkade des sechsten Paares wurde
in der Renaisance (1689?) rundbogig geschlossen; aber
der schlechte l^uerverputz lässt die alte Förni noch
trefflich erkennen. Die Profilirung der scharfgeapitzten
Arkaden besteht nur in der mildernden Abkerbung der
Ecken. Fast möchte es scheinen, dass über die JDurch-^
bildung der Wandträger der Meister sich nicht recht
klär gewesen sei. Wenigstens finden sich an vielen Kirchen
der zweiten Hälfte des dreizehnten Jahrhunderts viel
klarere Pf eilerbüdungen. Ueber der quadraten Grund-
platte sehen wir ein Oktogon gestellt, und dieses mit d^n
massigen Bimdschaft durch eine breite Kehle verbunden.
Der Uebergang von der Kehle des Kärnj^ers zur Deck-
las
platte ist gleichfalls unsicher behandelt. Da« Bandsims
möchte an den Gürtel des Ordenstifters gemahnen. Dass
die. bis auf die Zeit Bischofs Julius über die MittelhaUe
gespannte Kassettendecke/die im fünfzehnten Jahrhundert
modificirt wurde, in bedeutenderer Höhe begann als die
jetzige Wölbung, wird auf de:n ersten Blick klar«
.Vier Gewölbefelder bilden den Chor, Sowohl die
Ereuzgurten, welche im Durchschnittspunkte, in der Dia-
gonale keine Schlusssteine formiren, als die Schildbögen,
welche sich in der Längenrichtung an die Chorwand
leg^n, und die Transversalgruten, welche die Begrenz-
ung gegen die Nachbarjocbe bilden, erhalten durch eine
gar einfache Schmiege ihr Profil; es ist die primitive
Gestalt. In den Füllungen der Wölbung sieht man die
Bilder der Evangelisten wie der grossen abendländischen
Kirchenväter gemalt. Der Hochaltar theilt jetzt den sehr
langen Chor. Fast dieselbe Construction wie ,am
Westportal zeigen die Säulen der sechs dreitheiligen
Fenster der östlichen Kreuzgangshalle wie die im west-
lichen Tract. Nur der Polygonalsehaft ist etwas modi-
ficirt. Der strenge, fast überhöht scheinende spitäsB
Mittelbogeh erinnert an die ersten strengsten Zeiten der
Gothik.
Die Kirche will mit den mustergültigen Minoriten-
kirchen in Köln und Begensburg und den einfachen
schlichten Bauten zu Erfurt und Braunschweig verglichen
sein^); die zu Esslingen ist halb zerstört, jene von Lan^'^*
hut ist nun eingebrochen. .
An den Sigeln der gleichzeitigen Br-evcn und bischöf- '
liehen Erlaisse im Ordensarchiv können interessante Yer-
gleichungen angestellt werden. Die Cardinaissigel sind
die ziemlichsten. Das doppeltgetheilte Parabolsigel des
Cardinaldiakons Jakobus vom Jahre 1284 zeigt die Mutter
mit dem Kinde, den auferstandenen Heiland und vier
<) Schiller die mittelalteiliohe Arcliitektar Brauiudiweig*«. 165.
136
liebliche Engelchen in den Zwickeln. Die Darstellung
ist weit reicher in den Details und von feinerer Arbeit
als bei den andern Sigeln. Das Steife und Starre in der
Anordnung und im Ausdruck ist vollständig überwunden.
Das Typar des ältesten Guardianatssigels stellt die Kreu-
zigung dar und ist noch im Besitze des Klosters. Das
erste Conventssigel mit der Verkündigung besitzt Herr
Heffner.
Das Schottenkloster führte St. Jakobus auf seinem
Sigel, Stift Hang die beiden Johannes, Neumünster den
heiligen Kilian und St. Johannes; das DomcapitePsche
Sigel ist anfangs rund, wird später pi^rabolisch und führt
die drei Frankenapostel. St. Stephan zeigte die Apostel-
fürsten, in der Mitte St. Stephanus. Ein schönes Sigel
führte Münster - Schwarzach. Im historischen Vereine
finden sich die Typare des Antonius Vockmann, Konrad
von Regnrod, des Eberhard von Sainsheim, des Konrad
von Jsenburg. Schön sind die Typare der Marianischen
Sodalität und des kaiserlichen Landgerichtssigeis, Das
Sigel der Beuerinnen zeigte Christus den Herrn als
Gärtner, vor ihm die knieende Magdalena.
Der Chor der (ehemaligen) Dominikanerkirche.
Die zwei Dominikanerbrüder, welche im Jahre 1228
mit einem Empfehlungsschreiben des Papstes Gregor IX.
nach Wirzburg kamen, erhielten vom Bischof Herrmann
ein leerstehendes Haus neben dem Marxerkloster in der
Pleichach. Magister Salomon war ihr Gönner. Als sich
ihre Zahl gemehrt hatte, bauten sie der Gertrudiskirche
einen Chor vor, predigten darin in deutscher Sprache,
und führten die Aufsicht über die Frauen von St. Markus,
die 1245 ihre Regel angenommen hatten. Aber die Brüder
wünschten in die eigentliche Stadt zu kommen. Die An-
wesenheit des Albertus Magnus koraite ihre Pläne nur
fördern. Bischof Berthold (1267— 1287) übermittelte ihnen
Gelder, Friedrich von Geinhansen schenkte ihnen Haus
137
und Garten, auch Konrad der Stammler, der Bürger
Valkling, die Frauen Jutta und Jrmentrud von Asch-
hausen, Adelheid von Stack elberg und die Wittwe Hedwig
trugen nach Kräften zu einem Klosterbaue bei. Der
langgedehnte hochgesprengte Tempel konnte 1274 con-
secrirt werden. Die Restauration von 1744 hat die Schiflte
vollständig verändert und nur dem Aussenbau des Chores
von der alten Gestalt gelassen. Zwölf Streben umkränzen
ihn, jeder ist durch vier Simse an der Vorderseite ge-
gliedert; PyrÄmidalthürmchen sind nicht angebracht. Sehr
reich ist das Kranzgesims belebt; die alten hohen
Spitzbogenfenster sind in neuerer Zeit modernisirt
worden. Wie so viele Dominikanerkirchen Deutschlands
zeichnet sich auch die zuWirzburg durch hochstrebende
Verhältnisse und ungewöhnliche Längenausdehnung aus.
Wer von der Vogelperspektive, vom obersten Thurm-
kranz der Kapelle U. L. Frau oder von der Festung
aus die Münster der Stadt betrachtet, der erkennt sehr
hald, dass nächst dem Dom dem der Dominikaner der
Preis der Ausdehnung gebührt. St. Peter, St. Stephan,
St. Burkard, selbst Hang und Neumünster erscheinen
gegen kurz und massig.
Dominikus und Franziskus befolgten in Bezug auf
den Kirchenbau ähnliche Maximen wie St. Bernard.
Die Prediger mussten vor allen weitgesprengte Hallen
haben, welche die Tausende von Städtern und Landvolk
die zu ihren Predigten strömten, fassen könnten. Sie
nahmen wie die Minoriten gleich von Anfang prinzipiell
den gothischen Styl auf, bauten schon 1227 die Marien-
kirche zu Krakau gothisch*), vermieden dabei die Ele-
ganz und den blühenden^ Reichthum, Hessen die über-
fiüsBige Symbolik fahren, verschmähten die reiche Chor-
anlage, den Kapellenkranz und den Transeptbau. Der
einfache Dachreiter oder das Wandthürmchen trat an
^) C zornig Mittheilungen 1856. 17.»
188
die Stelle des Thurmpaares. Qhne Erlaubniss des
Generals durfte keine Kuppel gesprengt werden. Glas-
malereien mochten um den Hochaltar flammen. Durch die
erweiterte Pfeilerstellung gewannen sie Baum und er-
sparten an Material. Es machen ihre Kirchen, die grössten
des Jahrhunderts, durch die schlanken übersichtlichen
Verhältnisse, durch die lichte freie Wirkung der Per-
spective fast ausnahmslos einen günstigen Eindruck.
Die Kirchen der Bettelorden verhalten sich zu den pracht-
vollen Kathedralen und Stiftskirchen des gothischen
Styls wie die Cisterzienserkirchen zu den brillanten Bauten
des spätromanischen Uebergangsstyles ^).
Den Chor . der 1264 geweihten Domioäanerkirche in
Basel endet ein Zwölfeck, die Abseiten scbliessen gerad-
linig. Dem Ordensmünster zu Erfurt sind seltsamer
Weise zwei Thürme vorgebaut. Die mustergültigste Do-
minikanerkirche steht in Regensburg. Die 1260 in Frank-
furt gebaute Kirche des Ordens ist wie die Johanniter-,
kirche zu einem Waarengewölbe gewandelt worden.
Alle Dominikanerkirchen haben weitgespannte Scheide-
bpgen, zweifaltige Fenis^ter und durchweg strenge Formen.
Manchmal finden isicli auch Constructionen, welche der
Verfallzeit der'Gothik angehören; so kann man *an der
Dominikanerkirche zu. Esslingen Formen wie an der I
Neubaukirche in Wirzburg bemerken. Ein rundbogiges
Westportal kehrt an den zwei Bettelord^nskirchen in
Regensburg wieder. Der am eigenthümlichsten verzierte
Dominikanerchor in Bayern ist zu Landshut.
Aus Wadding und Greiderer müsö angemerkt wer^
den, dass die Minoriten dem Beschluss der Serviten vom
Jahre 1233 beitraten, auf allen ihren heiligen Gebäuden
das Bild der göttlichen Jungfrau anzubringen. Dass
Franziskus persönlich bei Kirchenbauten mitwirkte und
Dominikus mit Laienbaumeistern unterhandelte^ iiät bekannt.
*) Schhaase Kunstgesdiichte Y« 573.
189
Abt Konrad von St. Burkard, den wir als Freund
derKünste bereits kennen gelernt haben, liess den Brüdern,
da sie noeb zu St. Marx' wohnten, eine Bibel in vier
Folianten schreiben, und zahlte 1246 die Kosten, wie die
gothische Majuskelschrift Eingangs beweist : anno do^
nUni MCCXLYI Domino Conradö Abbate St Burcardi omfies
expensas fri'Awenfe. Die Bibel ist in Majuskel geschrieben,
iftrar ein codex catenatus.FJLnigelhitialen sind mit muster-
haftem Fleiss und bewundierungswürdiger Zartheit durch-
geführt. Interessanter wird der erste Band durch eine
Miniatur, welche den' Abt Konrad darstellt, wie- er knie-
end und demüthig klein dein heiligen Dominikus die
Bibel überreicht. DerHeilige ist 9", der Abt SVa" hoch.
Dominikus hat grünen Nimbus, weissen Talar und schwar-
zen Mantel; der Abt ist im schwarzen Benediktinerhabit.
Der Ausdruck ist nicht besonders geistvoll; die Zeich-
nung sicher, frei von auffallenden Mängeln, der Gold-
grund nicht immer gut erhalten. Die Miniatur muss vom
Künsthistoriker beachtet werden, weil die Zahl der Ar-
beiten der Art in dieser Zeit gering geworden ist. Die
Bibel in Koblenz von 1281, eine Sammlung von Miime-
liedern in Stuttgart, ein Evangeliar in Aschaffenburg,
ein Psalterium in Bamberg, ein Psalterbuch in der
Bibliothek zu Nürnberg können am besten mit der Wirz-
burger Bibel verglichen werden *). In der wohlgeordneten
Bibliothek des Minoritenklosters befindet sich ein Gra-
duale in Folioformat mit sehr feinen Initialen und einer
interessanten Kreuzigung. Ein Breviar in Quart enthält die
Gregoriusmesse, die Kreuzigung und die K:reuzabnahmel
Ein kleines Lectiönar ist mit zwei Federzeichnungen ge-
ziert: Jesus vor Maria und St. Christoph. Drei kleinere
Bücher sind mit bewunderungswürdiger ReinTieit ge-
schrieben. '
*) Waagen Künstler und Kunstwerke in Deutschland I. 376. 103.
Sclin»a8e V; 635.
140
An die Stelle der keken ausdrucksvollen Zeichnungen
und farbenprächtigen Bilder tritt nach und nach eine
gleichmässigere mehr geregelte Behandlung, die durch
stark deckende aber glanzlose, oft grell zusammenge-
stellte Farben sich bemerkbar macht.
Das gothische Rauchfass von Silber, welches die
Augustiner noch bewahren, hat im oberen Thell die Form
einer reichverzierten aus dem Achtort construirten Thurm-
spitze von mehreren Stockwerken, während der untere
Theil mehr pokalartig zwischen den buckeligen Rund-
ungen mit Eidechsen verziert ist. Die meisten Fialen
und Engelgestaltcn fehlen.
Die Geschichte dieser Klöster ist von der Local-
forschung noch viel zu. wenig beleuchtet, um über die
künstlerische Thätigkeit der Brüder^ in der heiligen
Stille der Zelle eine breitere Darstellung bieten zu können.
Bei Neumünster und Stift Hang ist diess um so mehr zu
bedauern, als dort der Reichthum viele Kräfte wach-
gerufen haben musste.
Werke der Kleinkunst.
Glocken.
' Die viel verbreitete Ansicht, dass die auf Geheiss
des Abtes Konrad von St. Burkard 1249 gegossene Glocke
Katharina, welche am nördlichen Thurme hängt, die
älteste datirte Glocke Deutschlands sei, muss aufgegeben
werden, nachdem sich in Bayern mehrere mit früherem
Datum gefunden haben. Die Haube der uns desswegen
gleich ehrwürdigen Katharina trägt den Namen : caterina,
das X und A. fi. Den Rand umläuft die Inschrift :
f Anm Dni. MilL CCXL Villi. Indictime. Septima.
Dns^ Cunrado Abb. Me. Fieri Juss.
Von der Brummkatz, die Abt Berthold fertigen liess,
war schon die Rede. Das älteste Glöcklein im Domstift
ist das Heinle. Es hatte laut zu klagen, so oft der Tod
im Dömstiffc einkehrte. Beim Tode eines Domherrn er-
141
tönte es einen Tag lang. Beim Tode des Bischofs wnrde es
so lange geläutet, als die Trauerfeierlichkeiten dauerten,
von 4 Uhr früh bis 9 Uhr Abends. Der neugewählte
Bischof zog dreimal am Strange des Glöckleins, und der
Domdechant rief ihm zu: mementp mori. Hatte das Heinle
gerufen, so tönten alle Glocken der Stadt über die Neu-
wahl jubelnd zusammen.
Zu den ältesten Glockengiessem Wirzburg's gehört
Meister Konrad 1362 0-
Das Cyriacuspanier.3)
Im blutigen Treffen auf den Mühlbergen zwischen
Kitzingen und Sulzfeld am 8. August 1266, hatte wie
gesagt, ein wilddreinschlagender. Recke aus Bayerland
durch verwegenen Einfall seiner Reiter in die linke
Flanke der Henneberger die fränkisch -thüringischen
Schaaren gesprengt und die Affaire zu Gunsten der
Bürger entschieden. Die Wirzburger haben allezeit mit
Stolz des. blutigen Tages gedacht, das Banner, das in
ihrer Mitte flatterte, dem hl. Cyriacus geweiht und als
Siegesstandarte im Dom aufgehangen. Bei der jährlichen
Dankesprozession am Feste des Heiligen wurde das Pa-
nier mit Kränzen umwunden herumgetragen, auch das
Heiligthum der Frankenapöstel, Fahnen, Kreuze und ver-
schiedene Reliquiare mitgeführt. Man ging ^n Neumüns-
ter vorbei über den Markt zur Godehardkapelle an's
Pleichacher Thor, von da um die Stadt, durch das San-
derthor bei der Kirche der Reuerinnen und der Augus-
tinerkirche vorüber auf den Markt durch den Bruder-
hof zurück in den Dom. Die Prozession begleiteten die
Antoniter im schwarzen Mantel mit dem blau emaillirten
Kreuz auf der Brust; die Augustiner in ihrer schwarzen
Tracht, die Benediktiner von St. Stephan und St. Bur-
kar d in schwarzem Habit und Scapulier, die Karmeliter
i) Ludewig SS. BB. II. 28.
>) Ren SB Monum. Kllianea 8.
142
in brfttineB Kutten und weissen wallenden Mänteln 5 die
Dominikaner in weisser Kutte und schwarzem Mantel,
dSe Karthäuser in weissem Talar und Ledergürtel; die
Johanniter trugen eausA schwarzen Mantel mit weissem
Kreuz, die Deutschherren maesk weissen Mantel mit
schwarzem Kreuz.
Das Cyriacuspapier, einst als Trophäe im Dome be-
wahrt, ist jetzt in die Localitäten des historischen Ver-
eins übertragen. Es ist ein Leinwandstüek, 17^ hoch,
9' breit , von weissgrauer Farbe. Auf der Vorderseite
ist das mit gelbem und grünem Seidenzeuge übernähete
Kolossalbild des heiligen Kilian angebracht. Die Um-
risse erkennt man noch genau^ aber die eigentliche Dra-
perie ist. fast ganz abhanden gekommen. KiUan trägt
eine weitabwallende Casula wie Bischof Gottfried von
Hohenlohe auf dem Grabstein im Dome. Das Pedum,
noch ohne Zier in der Curve, ist im Stabe derb aufge-
stickt; die Bechte . führt das hier aufwärts stehende
Schwert. Der Ausdruck im Antlitz ist gerade nicht miss^
lungen, die Haare sind verschwunden^ breit war der
Nimbus. Die niedere Inful schmücken Quadrate, lieber
dem Nimbus steht S KILIANVS. Die Rückseite der Fahne
zeigt oben in zwei Zeilen mit Uncialmajuskeln aus
schwarzem . Tuche die Inschrift; Mno domim mcc LXVI
fachis eßt confiictus in die Sti Cyriaci, Darunter ein klei-
nes aus vier Lederstreifen gebildetes Kreuz; ein grös-
seres nur durch schwache Linien angedeutetes Kreuz
füllt mehr als die obere Hälfte der Länge hinab. Die
auf der unteren Hälfte aufgenähte orientalische Stickerei
muss um einige Jahrhunderte älter als das Banner an-
genonwnen werden. Wann und warupa "es aufgenäht wor-
den^, hat Niemand ermittelt Dieses Fragment einer
prachtvollen aus farbiger Seide und Garn gefertigten
Stickerei ist 1' 8^' hoch, 3' 4" breit, und zählt zu den
merkwürdigsten Resten dieser Art ^). Ein Fürst in viel-
1) Y. Hefner-Alteneck Traehtea d. chrißtl. Mitt. I. 39. 26.
143
farbigem Paludament , auf dem Haupte die lilienzinkige
Krone, trägt ztvrei szepterähnliche Stäbe, welche in Laub
endigen. Zwei grosse zurückschauende Adler scheinen
die Fürstengestalt tragen zu wollen. Auf dem Bande
der Bocdiüre zur Eechten des Beschauers liest man:
NLA . . . OLIBZ ... PROSPIR, Das Gewand, ein ärmel-
loser auf allen Seiten gleichmässig niederfallender Man-
tel, könnte Wohl auch an die Casula gemahnen, weqn nicht
die wie aus Goldblech zusammengesetzte Lilienkrpne an
die Kaiser der Karohngerzeit erinnerte. Auch die den
Hals umlaufende Bordüre kommt nur auf Kaisermänteln
vor. Die beiden Szepter erinnern an die des Königs
Bachis. Die beiden. Adler sind prachtvoll stylisirt,- die
heraldisch quadrirten Hälse und das bunte Gefieder müs-
sen wir bewundem. Die Arabesken sind, mannigfaltiger
als jene auf den bekannten Tapeten von Bayeux imd ge-
hören zu dem elegantesten, was aus dieser Zeit auf uns
gekommen ist. . M^n hat .bei der Darstellung an eine
Stelle im Ezechiel gedacht. .
Der Taufstein im Dom.
Die Kunst in Erz zu giessen ist zu allen Zeiten im
Dienste der Kirche in Deutschland heimisch gewesen.
Man blieb mit dem Alterthum wenigstens in technischer
Beziehung im Zusammenhange. Wer hat. nicht gehört",
von den karolingischen Münsterthüren zu Aachen und
ihren Löwenköpfen, von den noch nicht vollkommen er-
klärten Domthüren in Augsburg (1048-^1088), denen zu
Hildesheim und jener von Mainz, die Meister Beringer
unter Willegisus gegossen hat? Bischof Brun von Ver-
den schenkte der Kirche vonKorbei 990 oder 992 sechs
Säulen von Bronze und einen grossen kupfernen Leuch-
ter*). Abt Deuthemar von Korbei hatte den Bronze-
giesser Gottfried in seinem Dienste. Perenger (f 1011),
1) Ann. €orb. ap. LeiDnitz BB. BW. H. 80«.
141
Godhard, Bernward, Thiemo verstanden die Giesskunst,
und ein wälscher Dichter sang damals:
Germania gloriosa, tu vasa ex aurichalco ad dos siibinde'mittis.
St. Hildegard (1179) hat über das Messing interessante
Notizen hinterlassen. Die berühmten Korssunthüren
von Nowgorod, die auf einzelnen Tafeln die Erlösung
und den Sündenfall darstellten, haben Riquin undWais-
muth von Magdeburg in der zweiten Hälfte des zwölften
Jahrhunderts gegossen. Deutsche Arbeit sind die Thü-
ren des Gnesener Domes, welche das Leben Adalbert^s
schildern. Wie der kaiserliche Kronleuchter in Aachen
vom Jahr 1145, so soll auch der unter Abt Hertwig, ge-
fertigte Kronleuchter in der Klosterkirche des ehemals
Wirzburgischen Komburg laut der Inschrift ein Bild des
himmlischen Jerusalems darstellen^). Der letztere be-
steht aus einem kreisförmigen Reifen mit 12Thürmchen
und Statuettchen von Propheten, Aposteln und Engeln.
Einst war der Luxus an derlei Kronleuchtern so gross,
dass Bernard dagegen eiferte; jetzt können wir die in
Deutschland erhaltenen an den Fingern abzählen. Wie
Lothringen und Limoges sich durch Emailarbeiten, Te-
gernsee in der Glasmalerei, Arras und Rheims durch
das Weben farbenreicher Teppiche, Chalons durch das
Fertigen prachtvoller Goldbrocate, Genua, Florenz und
die wallonischen Städte durch Sammt- und Damastfabri-
cation auszeichneten, so besass damals das niederländische
Dinant in so hohem Masse das Monopol in Erzguss, dass
sämmtliche Kirchengeräthschaften Dinanterie genannt
wurden. Doch auf das innere Deutschland wirkte jei^e
Technik nicht mehr. In Worms, Augsburg, Nürnberg
lebten nicht bloss Goldschmiede und Plattner, sondern
auch Meister im edlen Erzguss. Meister Eckardis aus
1) Wirteml>ercischFraok«x^.y. I. 1859. 170.
Worms hat (1279) den Taufstein im Dom zu Wirzburg
gegossen.
Er hat kein sehr bedeutendes Kunstwerk geliefert.
Das Becken hält nicht ganz 3^ im Durehmesser, ist 2'
3" hoch. Acht Streben umgeben den runden Körper;
sie ruhen auf ganz kleinem Sockel 5 werden durch ein
Kehlchen gegliedert, wachsen in einen von Pfosten ge-
tragenen, mit Vierpässen durchbrochenen Tabernackel
aus, und schliessen mit einem kurzen viergiebeligen Thfirm*
lein. Zwei Giebel schreiben sich zwischen d^n Pfeiler-
bau, um die darunter lebende Darstellung zu umspannen.
Das .Masswerk ist schwach, die Nasenbildungen sind un-
vollkommen, und unbestimmte Vertiefungen ftiUen die
Spandrillen, Mit dem Punzen und dem Stichel gearbei-
tete Linien suchen nebst den Oiebelblümlein die Schen-
kel zu beleben. Das erste Bild ist die Verkündigung;
der Engel steht vor der Jungfrau, wie wir diess auf
dem Conventssigel der Minoriten sehen; er hat die
B.echte wie grüssend erhoben. Von der Linken geht
ein Spruchband aus mit dem Grusse: Ave Maria graUa
plena. Maria hält ein Buch und im Spruchband: ecce
ancilla lua. Dicht ihr zu Häuptern schwebt die Tauben-
gestalt des göttlichen Geistes. Eine Palme scheidet Jung-
frau und Engel.
Das zweite Bild stellt die Geburt dar. Maria mit
dem Schleier und reichen Gewändern liebkost von dem
Buhebette aus das Jesuskindlein, das ^durch ire kimcks
ein krippenknab" geworden ist >)• Ochs und Esel nahen
in zutraulichster Weise. Joseph, ihr „vriedel truier, dm
sie gemaehlet hätte mit triuwen und mit staet^^\ sdiütztsich,
die Phrygiermütze auf dem Haupt, auf seinen hohen
Stab und schaut, als ging ihn die Szene nicht sonderlich
an. Auf dem Sockel steht: Ave vite via — virgo mater
pia — exempltm bonorum, — mater miserorum adifutrix
1} Konrad Ton Winbnri^ gold. Se]uniMl#. V X6I4.
14fl
beata — Rosa Deo grata — juva peccätores — aufer —
(errj ores. Ein Stern und der ztinehmende Mond winken
über der Gruppe. Man denkt hier gern an das Relief
von dem Alsleber Taufstein in Zerbst.
Indem Johannes dön Herrn tauft^ hält ein Engel die
Kleider. Die Wellen erscheinen steif und faltig wie
Zeug; der Hand aus den Wolken entfliegen: hie estfitius
mens. Rechts liest man: XRL R, MANS. MÄGISTRI
ECKHARD!. DE WORMS,
Das Kreuz in der vierten Darstellung ist aufwärts
an den Balken gebogen; der Herr trägt noch eine Art
Sendelbinde als Krone, ist aber bereits mit drei Nägeln
angenagelt, hat das Suppedaneum als Stütze, unter dem
Kreu^ ist der AdamsschädeL Maria faltet ergeben die
Hände, Johannes hält die erhobene Rechte wie staunend
oder erschreckt. ' .
Die fünfte Gruppe zeigt uns die Auferstehung. Seg-
nend steigt Christus aus dem Grab. Neben dem Herrn
steht Wahher, der den Taufstein hat fertigen lassen, mit
der Schrift: f hoc Opus (ütne dei presul Kutane peregL Auf
seiner Schulter: Waltherus plebänus herbip. Auch Meister
Eckhard steht da in wallendem Gewände: ^Eckhardts
nomen mihi pax sii deprecor amen.
Bei der Himmelfahrt bekommen wir nur noch die in
den Raum hereinragenden Füsse des Herrn zu schauen,
die ihre Spuren tief im Felsen eingedrückt haben. Indem
der Meister dem Petrus mit Tonsur und Schlüssel im
richtigen Gefühl des Parallelismus einen Apostel mit dem
Schwerte gegenüberstellt, hat er offenbar St. Paulus im
Auge gehabt. Auf dem Steine unten v -asGendo ad patrem
meum et pater deus mens. Die zwei Engel mit fliegenden
S. Bändern: fhic Ihs qtä assutus esL und f tiriGalilaei gm
aspicitis. _
Die Jünger im Coenaculum sind gut um die Jung-
frau gruppirt. Strahlen sprühen aus dem Himmel auf
die Versammelten nieder;
Das achte Feld führt uns das jüngste Gericht vor.
Der Herr thront auf dem Bichterstuhl, seine fünf Wun-
den zeigend. Die Arme sind ausgebreitet, die Seiten-
wtihde wird durch die gewaltsam zurückgeschobene Tu-
nica zu schauen möglich gemacht. Zwei Engel tragen
Kreuz, L(anze und Dornenkrone, zwei blasen die Zinken;
Maria und Johannes beten angestrengt. Wir lesen; t?e-
nife benedicli p, m. und ite m(dedicti in ig, et,,
"Der Band der Platte ist voix folgender Schrift um-
laufen:
Anno mcamacienis domini MCCLXXIX, RegnatUe Rudolfo
rege romanarum anno regni sni sexio et Bertholdo dicto de
Sternberg epo ecclesie istius anno pontificats sui quinto pro^
cur ante Walthero plebano capelUmo ejmdem eompletum.
Die Figuren dieses^ Erzgusses sind alle sehr verkürzt,
dick, die Anatomie manchmal arg verletzt. Maria ha.t
vielfach ein volles Gesicht; das Conventionelle Lächeln
fällt bei ihr auf. Auch- ist die Composition nicht durch-
weg den Gesetzen des auszufüllenden Raumes und der
architektonischen Umgebung angeschmiegt. Gleichwohl
ergötzt uns die anmüthijge Naivetät, wir dürfen das Stre-
ben nach Ihdividualisirung imd nach Weichheit der For-
men, das auch an einzelnen Köpfen gelungen ist, nicht
verkennen. Der Güss ist meist stark ciselirt, die Haare
und sonstigen feineren Theile wie die Blumenverzierungen
auf den Gewändern von Christus und Maria, auf dem
Kreuz und dem Bogen siiid theils gravirt, theils gepunzt.
Beicher sind die Erzbecken zu Hildesheim, Lüttich,
Salzburg, aber interessanter sind sie nicht; denn unser
Taufstein liefert den Beweis, in wie weit sieh 1279 am
Bheln dieGothik in die Kleinkunst hineingearbeitet hatte.
Der Taufstein stand früher in der Mitte imd würde 1681
an die gegenwärtige Stelle vor dem Paradiese gesetzt;
worin die Bestauration von 1740 bestanden habe, ist
nicht recht abzusehen. Das Spectakel, welches der Bi-
schof von TuU, Probus* nach' den SchUderungen von
lO»
^
»0
F]:ie8 vndAyentin ^Tom schönen neuen Taufistein^ herab
1^7 vor der glänzenden Versammlung soU aufgeführt
haben, \si wohl durch die Phantasie dieser Herren so
verdächtig ausgemalt worden >)•
Pfarrer Walther, welcher den Taufstein für den
Dom besorgte, lebte nach 1285 als ausgezeichneter
Schönschreiber. Die Bibliothek des historischen Vereines
bewahrt ein zierlich geschriebenes Gebetbuch von seiner
Hand in Octav, welches mit der Notiz schliesst:
Anno domini miUesimo ducenlesimo LXXX^ quinto compMus
est liber iste in fesio ble. Katharine tirginis a dno. Wal-
thero plebOHo mßforis ecclie herbipoi Qmcmq ipsius habmt
orei pro eo.
B. Blüthezeit der germanischen ILonst
(1290-1450.)
§ 11. Die Ritterorden.
Deutschhauskirche.
In der Streitfrage, ob die Templer inWirssburg je
einen Hof in Besitz gehabt haben, dürfte endlich Acten-
schluss eintreten. Dass der Orden in der 1809 abgebroch-
enen Katharinenkapelle seinen Gottesdienst feierte, ist will-
kürliche Annahme ; die Sage, dass der Sandhof und das
Haus zum Löwen Templerwohnungein gewesen, wird
allezeit Sage bleiben; was die Inschrift und d^ Wappen
am Hau^e in der Ki^tzeng^^se betril^t, so ^nd sie ^P
neu, ui^ »Is Queliie geUe^ji ^u kommen; au^h Jries folgt
nur Traditionen. Wenn daf Büchlein „Qe^pepst^r^r^ql^ßi-
1) FrUf G^oAilL. <^S9. ATeatU J^m^ Y^l, iAP.
liüngen in eiüigett alten Htn^üeth^ vöii eiü^t Pei^ott
spricht, die in habilu templäfii wandelnd die Men&(chen
schreckte, so hat diese ZaiflbergescMehte nicht viel ^
bedeuteft. Der Orden besass urkundlich Güter' zu Möriz-
brünn in iTnterfranketi, zu Bemgau und Borburg, in
Biebelried, zu Hall in Schwaben, zu Liüchenthal, Oth-
marshart und Teising in Oberbayern, vielleicht auch zu
Altmühlmünster. Duss in Bamberg Templer waren,
spricht bestimmt das Necrologium frtUruni minorum 0.
SL Franc: Bambergense aus, welches jüngöt in den Besitz
des bayerischen Nationalmuseums gekommen ist ^). Die
geschäftige Sage Hess in vielen Städten die Templer
von den Johannitern beerbt werden, ohne einen andern
Grund zu haben, als das Mitleid mit dem hochttagischen
Ausgang des mächtigen ,Ordenö 3).
In früher Zeit erhielten die Johanniter Besitz in
Wirzburg. In der Pfingstwoche des Jahres 1129 macht
Grossmc^ter Roger in einer merkwürdigen tJrkunrfe die
Orte bekannt, wo seine Ritter leben, und nennt darunter
auch das Spital zu St. Oswald in Wirs^burg. Die Ka-
pelle stand an det östlichen Seite des Spitals dem Pleiden-
thurm gegenüber. Vom Jahre 1239 an führte das Spital
den Kamen vom heiligen Johannen ; der Pi^ocuratdr nannte
sich Comthur. Unter den Cönventüalen des Jahi*es 1259
werd:en Prior, Kellei'meister und Küchenmeiöter genannt.
Die zu Anfang des vierzehnten Jahrhunderts vollendete
Kirche ist seit 1S15 spurlos verschwundnn. Johanniter-
priörate im Sprengel gab eö in Mergentheim, Bocksberg,
Ktauiheim, Biebelried, Bücholt, Kundorf; in Slusingen,
l^ichardsrode, Rothenburg, Ellenz und Hall der Stadt.
Das gäbe eine dankbare Arbeit für einen kunstsinnigen
Jüngling, in diesen Orten sich umzusehen, di^ erhaltenen
Denkmäler von den Rittern in Bau und Bild zn zeichnen.
<) MittheiluDg des Hra. Prof. Dr. Rens 8 in NOmlyerg.
1) ÖWfeld' fite. BB. r. e«. ÄrlAiy. Xn. Sf; 24b.
150
zu schildern, sie init den Werken der Deutschherren in
Mergentheim, Viresberg, Huttenheim, Horneck, Schwein-
furt, Brodselten, Neubrunn, Münnerstadt, Heilbronn, Roth-
enburg undArozhofen in Parallele zu stellen, die feinen
Unterschiede zu bestinunen, sie vielleicht mit den übri-
gen Ordenskirchen der Diözese zu vergleichen und so
die deutsche Kunstwelt mit ganz interessanten Resultaten
zu überraschen. Da die Künstgeschichte des Sprengeis
noch in der Wiege liegt, so dürften derlei Arbeiten je
eher je besser unternommen werden.
Von alten Johanniterkirchen ist der schmucke ro-
manische Bau zu Wölchingen, der zu den merkwürdig-
sten Kunstdenkmalen Südfrankens zählt, näher bekannt
geworden. » . .
Als Bischof Gottfried ll., Graf von Hohenlohe, in
Jerusalem war, nahm er bei der Gründung des Ordens
der Deutschherren so regen Antheü, dass ihn Manche
dessen Stifter genannt haben. Der tragische' Tod des
Bischofs Koürad von Ravensburg (1202) wurde Änläss,
das auch in Wirzburg das Interesse des Ritterordens
rasch gefördert wurde. Welche schwarze Motive seinen
eigenen Vetter Bod von Ravensburg leiteten, dass er
sich mit Heinz von Falkenberg und seinen Waffenknechten
Kunz und Erhold verband und den Bischof, da er vom
Hof MArmelstein zum Dome ging, ermordete; wie dann
die Bürger ergrimmt die : Ravensburg, die Neuenburg
und die Falkenburg brachen: das ist aus Fries und den
Bisthumsgeschichten bekannt* Bod that Busse, wurde
zu Rom losgesprochen, und in den Besitz seiner Güter
wieder eingesetast. Er suchte den Mord zu sühnen, indem
er die eben angekommenen Brüder des Deutschordens
ansehnlich unterstützte, ihnen Schloss Werneck bot, sich
mit Heinrich und Friedrich vöii Hohenlohe verband, imd
von König Heinrich VII. 1224' mit Herrmann von Salza
einen Vergleich im Interesse des Ordens zu Stande
brachte. Friedrich IL hat sämmtliche Schenkungen des
151
fränkischen Adels an den Orden bestätigt^). Bischof
Otto (1207 — 1223) schenkte ihnen den Königshof jenseits
des Mains, da sie bisher im Sternhöfchen wohnten, und
fUgfce noch mehrere Hofräume bei. Der Königsliof war
oft der Sitz- der zu Wirzbürg .weilenden Staufen gewesen.
Au9 dieser Zeit schreibt sich der Thurm mit Eckpilastem
und> Klangö£Pnungen , die an den Thurm in Karlstädt
erinnern. Die Kapelle, die im Königshofe, war, mochte
den Brüdern einige Zeit zur Abhaltung des Gottes-
dienstes gedient haben. Im letzten Jahrzehent des drei-
zehnten Jährhunderts bauten sie das Ördenshaus tmd
die Kii*che lieu. Eben war die glänzende Marienburg in
Preusen 1276 — 1281 vollendet worden. Wir wissen wohl
urkundlich, dass der Neubau unter Bischof Mangold
(1287^-1303) beendigt ^ürde^ sind aber nicht im Stande
ganz detaillift die Baugeschichte zu erzählen. Man will
die Inschrift auf einem Südstrebpfeiler mit der Vollen-
dung des Baues in Verbindung bringen, beweist aber
damit viel zu viel. Die Uncialschrift handelt von einer'
Ewiglichtstiftung und entbehrt des officiellen Charakters.
Sie lautet: i/cA Gvnter Schoto Bvrger vo Wirzeburg hom
kavet ein Pfant Gvlte zu Sande uzvendic der Mvren daz
hon ich geben Vnser Vrawen Sante Marien zv dem Tushe
Huse ZD eine ewigen Lichte,
Die Bürger, setzten dem Neubau der Kirche Hinder-
nisse entgegen. Die: Kirche üfeerspanne die Strasse
sagten sie, und dadurch würde die Cömmunication auf
den Schottenanger hin unterbrochen^! Da die Bürger
nicht nachgaben, wendeten sich die Ritter an König Ru^
dolf. Kaplan Dietrich überbrachte 0in sehr energisches
Ladschreiben vom König, Worin der kleinliche Sinn der
Bürger übel vermerkt war. Die Häckeleien waren damit
zu Ende, dass die Ritter versprachen, .durch die Kirche
einen Bogen gehen zu lassen, und ao die . Purchfahrt
<) UssermaDQ Cod. prob. 54.
15t
nicht zu sperren« Das Ordenshaus mit dem Benlter, deti
Zellen und S&len wurde rasch neben der Kirche vol-
lendet« In einer von dem Comthur 1288 ausgefertigten
Urkunde begegnet uns unter den Zeugen fraier Bertholdu$
kqrieida, eanfräter domu$ comendae ordmis teukmiei. Es
geht der Schluss gewiss nicht zu weit) wenn Wn in
Bruder Berthold, wo nicht den Baumeister selbst, so
doch den Alles leitenden Parlir erkennen. Unter ihm
scheinen, nach den Steinmetzzeichen an den Streben der
Ostung zu schliessen, acht bis zehn hervorragende Stein-
metzen gemeisselt zu haben. So haben auch die Brüder
Jordan und Berthold 1207 als lapicidae den Plan zum
Kloster in Ebrach entworfen, Abt Heinrich 1228—1225
als Baumeister denselben geführt; so war dort 1289
frater Joannes -lapieida künstlerisch thätig; 1225 wird
Riehardus lapieida in schwäbisch HaU genannt. Dombau-
meister Gerhard von Köln heisst ebenfalls lapieida.
Doch als die Männer von Iphofen um jene Zeit
ihren Ort, der eben Stadtrechte gewonnen hatte, mit
Mauern und Thtirmen schirmen wollten, nahmen ^e
Michelmann den alten Juden als Baumeister an und
befreiten ihn Zeitlebens von jeglicher Steuer. Die Herren
von Wimpfen im Thal haben es nobler angelegt; sie
Hessen sich zum Bau der Stiftskirche 1262 — 1278 einen
Meister aus Paris kommen, der Alles opere francigeno
fertig brachte. Der Name lapieida ist nicht in enger
Weise zu deuten; er begegnet uns wiederholt in den
ältesten Bikgerverzeichnissen von Nürnberg. Es ist ein
stolzer Name, und bedeutet den Steinmetz im Gegensatz
zum Maurer. Der tapicida musste verstehen Geometrie,
um die Räumlichkeit und ihre Zeichnung richtig einzu-
theUen, Bechenkunst, um den Kostenübersehlag zu ma-
chen, Musik, um das tonangebene Metallwerk zu ordnen,
Sternkunde, um die Ostung zu treffen^ den Thierkreis,
<) Wie bei Cod. dipl. III. 89.
188
um die Kirckenuhr construiren tu. können ; auch nätnr-
kundig mufiste er sein, um über Lage, Luft, Tauglich-
keit, Gesundheit, Wasser und Wohnlichkeit der Baustelle
urthcilen zu können*).
Die Deutschhauskirche ist das reinste und schönste
Bauwerk aus der Bliithezeit der Gothik in Wirzburg,
Die Massigkeit der nahen Cisterzienserkirche ist über-
wunden, statt der Felderdecke wie bei den Minoriten
wird hier ein vollendetes Kreuzgewölbe hergestellt;
mögen die Verhältnisse der Dominikanerkirche ausge-
dehnter und hochstrebender gewesen sein; reicher, har-
monischer, glänzender waren sie nicht. Nie durften die
Bettelmönche am Portal so zierliche Constructionen er-
scheinen lassen, wie sie das Auge an der Südseite der
Deutschhauskirche erfreuen. Freilich stören auch an dem
sonst tadellosen Werke die. Modificationen im Strebebau
und in den Fenstern, welche durch die Sprengung des
Bogens im Westen auf den Jammer der Bürger hin ein-
treten mussten.
Sechszehn Streben uml^ränzen den einschiffigen Bau ;
vier gehören dem fünfseitigen Chorschluss, je sechs der
Nord- und Südseite an. Die drei westlichen Südpfeilei'
haben Fuss- wie Kaffgesims an den drei Seiten; ein
quadrates Thürmchen schliesst mit Giebel und Kreuzrose
ab; beim ersten Pfeiler hat der Meister das Thürmchen
über Eck gestellt, bei den zwei folgenden lässt er es
in derselben Richtung wie das Rechteck des Pfeilers ent-
wachsen. Die übrigen Streben steigen unverjüngt auf,
werden durch ein vom Karnies bewegtes Fuss- und vom
tiefunterschnittenem Strebesims bewegt und schliessen
mit dem Dreieksgiebel. Die Steinmetzzeichen an den
wofalgehauenen röthlichen Quadern bestehen aus Dreiecken,
S Buchstaben und mannigfaltigen Winkelhacken. Sie
<) Vincentins Bellov. speculum II. Xf. !'<, }QOl. sqq. Kren 8 er
Kii«M&1>ftn (1860) I; 501^. &^,
154
sind nicht so bestimmt und scharf gemeisselt wie die
in den Quadern des Liebfrauenthurmes^ aber viel reiner
als die Arbeiterzeichen an den Renaissaiügebauten, an der
Universität, der Neubaukirche, der Jesuitenkirche, auf
der Treppe, die zum Käppelp führt, in den mßisten Höfen
und an den Fliessen von St. Burkard. Die Steinmetz-
zeichen der Deutschhauskirche sind die ältesten der Stadt,
die in der Liebfrauenkapelle die reinsten, jene am Bur-
kardschor noch- sehr strenge reicher werden bereits die
am Universitätsgebäude, bis die Quadern der späteren
Bauten mehr unbestimmte Majuskebseichen erhalten.
An den zweifä-ltigeh Fenstern des Südbäues wech-
seln vershiedene Vierpässe in sphärischen Quadraten.
Die Sohle der zwei westlicheren Fenster der Südseite
musste wegen des berührten Bogens viel höher gestellt
werden als bei den übrigen. Wie am schönen Dachge-
simse, in dessen Kehle Weinlanb und Eichenblätfcer
wechseln, so erscheinen auch in den Laibungen und Pass-
biidungen durchweg edle . Formern Brillant muss sich
das Portal des Südbäues^ da es noch in alter Schönheit
prangte, angeschaut haben. Es ist vom zweiten und
dritten Streben umschlossen; in den tiefen Schrägen
stellen sich fünf Wulste neben sechs Kehlen, während
kleinere Säulchen und feine Riemcheii vermitteln, und so
Licht und Schatten wohlthuend vertheilt wird. Um Sockel
und Gapitäl'War nie ein reiches Laubwerk geschlungen.
Nur in der äusseren Hohlkehle fügt sich edel gemeis-
selt Laub an Laub ; wo die beiden Reihen an der Spitze
sich treffen sollten, ^rinzt eine Larve mit hässlich offe-
nem Rachen. Die an den Giebelschenkeln auflaufenden
Grabben- sind sehr verwittert. Das Giebeldreieck, durch
einen Cirkelschlag nach unten sphärisch geschlossen,
trägt eine Dreistrahlenbildung, indem vom kleinen drei-
passgözierten Mittelkreis dreimal drei Speichen auslaufen
und spitzbogig an den Ecken sich einen. Drei- und Vier-
blätter theilen sich darein, die Spandrillen zu beleben.
Das Tynipanön wird von Cirkelcoiistructionen gefüllt.
Das vom Ende des Wimbergs aufsteigende wohlgeblen-
dete Thürmchenquadrat hat seine Spitze verloren. Die
Streben sollten nach des Meister« genialem Plane an dem
Reichthum des Portals participiren. Wir müssen es als
einea ganz glücklichen Gedanken begrüssen^ dass er sie
mit feinem Blendmasswerk uAd eleganten Wimbergen
versah und wohlschattirtes Laubwerk in das Kaffsims
legte. Wie die meisten deutschen Kirchen dieser Jahr-
hunderte ist auch die Deutschhauskirche auf der Nord-
seite nicht so reich entwickelt als im Südbau. Wenn
auch das. westlichste Fenster dteifaltig mit reicherem
Masswerk prunkt als die übrigen alle , den dritten Pfei-
ler ein seltsamer blumenverzierter Nebenstrebe verstärkt,
und sich ^wei Thürmchen rieben ihm einfügen: es ist
doch an dem einfachen Giebelschluss aller Pfeiler, an
dein Mangel des Laubwerkes in' der halben Länge des
Kranzgesiiiises und sonst die Nordseite gekennzeichnet.
Die zwei kleineli Polygonthürmchen sind trotz ihrer Ver-
stümmelung ausgezeichnfet harmonische Gebilde des
Cirkels. Da an den Eokstreben des grösseren Thürm-
chens die Fialenriesen sich doppeln und in dieser Ver-
doppelung den Giebel- zum Wimberg vollenden, wird
ein seltener Eeichthuni von Grabbieri und Bossen erzeugt.
Wenn es ei'laubt ist, bei dem grösseren Oktogon, an die
Sacristei zu denken^ so wird im kleineren der Aufbe-
wahrungsort heiliger Geräthe zu erkennen sein; an die-
sem sind die sehr hohen Gieb.elf eidchen diirch Spitzbogen
und Vierpässe durchbrochen. So setzt sich auch an das
Westportal der Marienkapelle nördlich ein Thürmchen
an; so suchte, man denUebergang von dem geradlinigen
Schlüsse der Südabseite zum Chor dieser Kirche
durch einen vieldurchbrochenen Thurm zu vermitteln.
Die Gewölbefelder des Innern werden durch starke
Grad- und J)iägonalrippen getragen. Sie laufen von
dreigetheiiten Säulenbün4eln aus, tun deren Kragsteine
15»
und Capitäle vergoldetes Laub spielt. Es erinnert an
die Capitäle im Dom zu Köln. Im Chor fallen die Pi-
laster auf die Flur. An den Figuren der Schlusssteine
und den Wappen fesselt uns wie an alldn Gliedern die-
selbe Meisterschaft, oft auch der Humor und die Sym-
bolik. Wenn an den Portalen der Liebfrauenkapelle
noch höhere Formengewalt uns entgegentritt, und die
meisselkundigen Meister die Blumen mit jubelnder Sie-
gesfreude über den Stoff schlugen, sie liefen bereits
Gefahr, in's Manierirte zu verfallen, während die Con-
structionen der Deutschhauskirche Enthaltsamkeit und
Besonnenheit bei völliger Kenntniss der Gesetze charak-
terisirt. Es haben alle Gliederungen Kraft und Stärke,
symmetrisch fügt sich das Ornamentale der Architekto-
nik, das neue Princip hat siegreich durchgeschlagen und
ein mustergültiges Bauwerk geschaffen.
Die zu Anfang des dreizehnten Jahrhunderts gebaute
Deutschhauskirche in Köln ist niedergebrochen; vom
deutschen Haus zu Nürnberg vom Jahre 1290 stehen nur
noch die schönen Zinnengiebel. Sehr viel archäolgisches
Interesse bietet die Ordenskirche in Regensburg.
§ 12. Beguinagien, Synodalbeschlüsse.
Der Bau der Deutschhauskirche, der Johanniterka-
pelle zum heiligen Oswald und der Augustinerkirche
leiten das vierzehnte Jahrhundert ein. St. Oswald erhielt
schöne spitzbogige Fenster und drei Altäre. Nach man-
cherlei Umgestaltungen im Jahre 1813 stark geschädigt,
ist sie 1815 demolirt worden. Albrecht von Bastheim,
Volklin , Albrecht T^on Katzenstein , Hellwich und Wil-
precht Egen standen als Comthuren dem Baue vor. De-
kan Albert hat reichlich dazu gesteuert.
Im Jahre 1262 kam Bruder Guido, der Provincial
der Augui^iä^, mit zwei Ordensbrüdern, Sesso und
Heinrich, yo|i Weimar nach Wirashurg, um sich von Bi-
schof Iring die Aufnahme in die Stadt für seinen Orden
zu erbitten. Es wurde der Hof des Bürgers Bezelin um
hundert Mark feinen Silbers gekauft und unter Beihilfe
vieler Gläubigen der Klosterbau begonnen. Der Bürger
und Schöppe Iring Kresse schenkte 1272 die benachbarte
Bitterkapelle zum hl. Georg an den Orden 0* Diese bil-
dete den Chor der im Anfange des Jahrhunderts vollen-
deten Kirche. Sie zählte später zwölf Altäre ; da man
sie 1824 unnöthiger Weise (um einem Privaten bessere
Aussicht zu verschaffen) ,mederriss, haben zwei Menschen
ihr Leben verloren. Der unerquickliche Streit des Con-
yents mit den Bürgern wegen des Thurmbaues (1321)
wurde dadurch beendigt, dass die Brüder einen statt-
lichen Quaderthurm aufführten. Im vier;sehnten Jahr-
hundert wurden in dßv Stiftskirche von Neumünster, in
^r Dominikanerkirche, bei St. Burkard, in St. Stephan
und Haug verschiedene s. g* Chörlein zu Ehren ver-
schiedener Heiligen erbaut.
Die Streitigkeiten der Bürger mit dem Bischof hat-
ten die Stadt in solche Armuth gebracht, dass der Bath
hundert Stück Tuch von der Stadt Regensburg borgen
musste; als Bürge standen die zwei Bürgermeister. Die
Tücher haben sie wieder verkauft, um Geld in die Hände
2U bekoomien^).
Damals standen bereits mehrere Armen- und Sie-
cfaenhäuser in der Stadt. So bei der Nikolauskapelle,
an der Stelle des Bürgerspitals, vor dem Sanderthor.
Ihnen reihten sich die von Ebrach 1352, Aub 1355, üf-
fenheim 1370, Iphofen, Königsberg, Knezgau, Zeil und
Hassfurt an.
Bischof Mangold von Neuenburg 1287 — 1303 wird
von Michael vom Löwen unter die baulustigsten Bischöfe
t) Archiv III. 2. 147.
•) Scharold Wir2l>iug 26.
158
der Diözese gerechnet ^). Bischof Göttfried IIL, ein
Hohenlohe, 1318 — 1322, der Rächer aller Bedrängnisse
seider Kirche, kaufte die Herrschaft Hiltenburg mit den
Villen Vechdorf und Lützeldorf von den Hennebergem ;
er liess von Höchberg aus die Brunnenquelle mittelst
unterirdischer bleierner Röhren auf den Marienberg lei-
ten: ein kostspieliges Werk 2). Johann von Stern grün-
dete 1319 das Bürgerspital, das die Brüder Rüdiger und
Wolflein Tüfel , die Gründer des Spitals zu Kitzingen,
und die grossen Wohlthäter des Klosters Ebrach reich
bedachten. Die von Richeza von Halleberg in ihrem Hause
in Wirzburg für seohszehh arme Frauen und Jungfrauen
gegründete Wohnung, die Himmelskrone, gedieh immer
mehr ; ein Chorherr von Hang führte die Aufsicht. Im
Jahre 1330 baute im Sprengel der kunsterfahrne Pries-
ter Kunibert die Pfarrkirche in Oberlauda, die ihre erste
Consecration auf Bonifäcius zurückdatirt , ganz neu auf.
Man spricht dort von einem uralten Stein, der in der
Kirche vergraben ist, und auf Bonifäcius zurückgeht
Schon 1319 hatte Berthold von Henneberg das Collegium
zu Schmalkalden gegründet, 1326 Berthold von Willi-
brechtrode für Cisterzienser die Georgenzelle gebaut 3),
Die von Heideloff in Umlauf gesetzte Ansicht, dass die
Ritterkapelle zu Hassfurt zum Andenken an den Sieg
von Ampfing errichtet worden, hat Reininger genügend
widerlegt*). Bischof Otto von Wolfskeel, 1335—1345,
ging nicht bloss den Sectirern sehr energisch zu Leibe,
sondern erhob auch die Liebfrauenkapelle in Retzbach
zur Probstei, hob die Domschule durch Uebergabe der
Pfarrei Burgbernheim, und die Dommüsik, indem er die
Einkünfte der Kirche von Biberach ihr zuwendete. Er
^) Michnel herbipol. ap. Boehmer fontes 1. 455.
2) Michael herbipol. 1. c. 456.
9) Ussermann Cod. prob. 69. 76. 77.
4) Archiv XV. 1. 10.
159
hat mehrere Beneficien und Hospitien gestiftet, und das
Fest des heiligen Kilian in" vielen Orten eingeführt* Mi-
chael, sein Historiograph, versichert, dass er am Dom
mehr restaurirte, als seine Vorfahrer seit einem Jahr-
hundert mitsammen.
Tückelhausen bei Ochsenfurt wurde 1351 ein Kar-
thäserkloster. Die Kirche steht noch, ist einschiffig,
hat ein Transept und in den interessanten Details da
und dort romanische Anklänge. Sie mag als eine Mus^
terkirche dieses Ordens gelten. Von 1348— J352 wurde
die Karthause zum Engelsgarten von Rüdiger und Wolf-
lein, genannt die Teufel, in Wirzburg erbaut, wo ehevor
eine Muttergotteskapelle stand. Astheim (1403) undllm-
bach schlössen sich ihr an. Dreizehn Karthäuser wohn-
ten in einem Kloster, zwölf Mönche und der Prior, alle
Priester» Sie wohnten in Zellen, waren von einander
getrennt, yerliessen sie nur, um die Matutioi und die
Vesper zu beten, und Messe zu lesen. Sie fasteten strenge,
kamen nur am Sonntag im Refectorium zusammen und
dann im strengsten Stillschweigen. Im dritten Capitel
der Coinpilation des Johann von Puteo erfahren wir,
dass hinsichtlich der Ausschmückung ihrer Kirchen ähn-
liche Vorschriften vorhanden waren wie hei den Cister-
ziensern. Es heisst ^nter anderm: „piciuras et ifnagines
curiosas in ecclesiis et domibus ordinis me in viiris sive
in tabulis, lapidibus et locis aliis interdicimus ^). Die Kar-
thäuser von Wirzburg fertigten viele heilige und kost^
bare Geräthe für die übrigen Stifte. So bewahren die.
Ursulinerinnen heute noch ein prachtvplles Messgewand
— eine Arbeit von Karthäuserhänden, das an die Non-
nen aus der Karthäuserkirche kam.
Neue Pfarrkirchen erhoben sich in Prichsendorf,
Thüngersheim 1353, Wolkshaüsen, Hochstadt 1355, Aich-
hausen 1360, Diepach 1373. Die Stiftungen von Meck-
1) Molan^ua de picturls et ima^. 64^
160
inilU 1379, Goldbach 1882, Karlstadt 13S2, Anhausen
1403, Langenzenn 1409, Rietfeld 1458 und Maria Kapell
1462 wollen hier noch erwähnt sein. Im Jahre 1390 wird
der Grundstein zur jetzigen Pfarrkirche von Hassfurt
gelegt, nachdem bis dahin die jetzt s. g. Ritterkapelle
zum Gottesdienste gedient hatte *).
Die berühmteste Kirche dieser Zeit ist die Herrgotts-
kirche von Kreglingen von 1385. Der Hochaltar ist in der
Kunstwelt bekannt, weniger die interessanten Seitenal-
täre. Die Streben sind mit Reliefs geziert; feingearbei-
tetes Stabwerk umläuft das Hauptportal.
An Reclusorien, Beguinen- und Beghar denklausen
mangelte es weder in der Stadt noch im Sprengel. Die
weiblichen Reclusen, auch Reuerinnen, graue Schwestern,
Seelaonnen, Klausnerinnen, Schwestriones und Nunna
genannt, kommen vor dem dreizehnten Jahrhundert ur-
kundlich in Franken nicht vor. Sie übten das betrach-
tende Gebet, warteten der Kranken, erzogen die Kind'er,
begleiteten die Leichen auf den Gottesacker, gingen viel
in die Kirche, lebten in kleinen Gesellschaften und folg-
, ten gehorsam einer Meisterin, der Untermeisterinnen bei-
gegeben waren. Jede, welche Aufnahme begehrte, musste
vierzig Jahre alt sein. Sie trugen aschgraues Kleid, weis-
sen Schleier, hatten eigene Zellen und gemeinsames Re-
fectorium. In der Beguinagie am Sand durften nie mehr
als vier Frauen sein, in der im kleinen Löwenhof nie
mehr als zehn. Letztere begaben sich unter den Schutz
des Predigerordens; die Begharden bei der Georgska-
pelle überHessen sich der Leitung der Augustiner. Die
Reclusorie bei der Schottenkirche und eine zweite Klause
bei den Predigern waren von einzelnen Frauen bewohnt.
Obwohl schon 1259 die Begharden nicht mehr gern ge-
sehen wurden, sie 1349 mit den Geisslern Gemeinsi^haft
machten, erhielten sie sich doch bis 1472 in der Stadt
i) UsBOrmann EP. WB, 406. 899. Cod. prob. 86. 94. 108.
I6t
Wir kennen die Klausen am Felsen jenseits des Maines,
im Hof Kenenkeyn IS??, Nemnünster und 201 St. XJlrich *)•
Von förmlich eingemauerten Inclusen, wie Mercherdach
zu Obermünster und Marianus Scotus in Mainz gewesen ^)y
ist uns keine Kunde zugekommen. Im Jahre 133? wer-
den 3? Inclusorien im Sprengel genannt. Von der Klause
zu Hochberg nimmt 1340 der Stadtrath Besitz; die zu
Aschfeld hing von den Dominikanern ab ; zwei standen
im nahen Randsacker. Historiker Michael kennt die
Klausen von Kuperg, Altenberg, bei Volkach, Hochfeld,
Sulzfeld, Markolzheim, Wechbach, Neuenkirchen, Torz-
bach, Gamsfeld, Urfeld, Kirchbirkach, Schwarzach und
Windheim. Bei den meisten der Klausen befanden sich
auch Kapellen. Die unter Bischof Wolfram 1329 abge-
haltene Diözesansynode tadelt bereits scharf die Con-
ventikelsucht der Begharden, ihr ungeberdiges Wesen,
indem sie auf den Plätzen der Städte und Märkte sich
schreiend herumtummelten und männiglich durch ein zu-
dringliches „ein prot umb Gott" belästigten. Den Pfar-
rern der ganzen Metropolitanprovinz Mainz ward befoh-
en, allen Unfug der Art abzustellen, und die Widerstre-
benden von dannen zu jagen 3). Dass aus manchem
Beghardenhaus ein Bordell geworden, kann nicht erwie-
sen werden.
Interessantere Notizen mögen sich anreihen,
Die Piözesansynode von 1298 unter Bischof Mangold
gibt verschiedene rituelle Vorschriften. Die Kännchen
am Altare sollen rein, imverletzt, von Glas oder Zinn,
von Silber oder Gold sein. NebBn dem Altar seien wür-
dige aweckdienliche Lavatorien^ Wenigstens drei Hand-
tücher sollen neben dem Altar sich finden; das eine zur
1 Archiv IX. 1. 86. Scharold Beitr. 377. Oropp coli, noviss.
I. 122.
«) MM. SS. V. 481.
>} Himmelstein Synod. herMpol. 188.
162
ersten Handwaschung, das zweite werde nach dem Evan-
gelium benützt, das dritte nach derSumption desSacra-
ments. Ein Manutergimn sei auch circa missale ad ter-
gendum o$ et tiares si opus fuerit sacirdotL Eigenes oder
fremdes Hausgeräthe soll nie in die Kirche geschafft wer-
den, dringende Fälle der Noth ausgenommen. Bilder,
welche durch Alter entstellt sind,' und heilige
Tücher, die zerrissen, sollen verbrannt und die Asche
neben der Kirchenwand verborgen werden. Im Gottes-
acker darf Niemand sich ein Haus bauen, und Häuser,
die dort standen, aber verfielen, können, wenn der Buin
ein Jahr gedauert hat, nicht mehr aufgebaut werden.
Die Synode von 1329 befiehlt, die Päramente und heili-
gen Geräthe rein zu erhalten.
Am Anfange dieses Jahrhunderts schrieb zuEbrach
Sigfridus Vitulus die jetzt zu Wolfenbüttel bewahrte Bi-
bel, in welcher er sich selbst naiv genug als schreiben-
des Kalb in der Mönchskutte abbildete. In Ebrach wurde
zu aller Zeit die Schönschreibekunst gepflegt. Die Uni-
versitätsbibliothek besitzt wie vom Mönch Sigfrid so von
anderen Ebracher Schönschreibern fleissig und schön ge-
schriebene Werke. Im Jahre 1331 wird den Chorherren das
Tragen der mit Pelz verbrämten Chorkappen verboten.
Am 28. October 1335 wüthete ein so schrecklicher Sturm
in der Stadt, dass mehrere Häuser zusammenstürzten,
auch manche Thürme in ihren Grimdfesten erschüttert
und die leisten Dächer der Klöster und Kirchen fort-
getragen wurden. Die wilde Ueberschwemmung vom
21. Juli 1342 riss die steinerne Brücke weg, die pretio-
svm pantem, warf die sie schützenden Thürme und
Mauern nieder, tmd brachte mehrere steinerne Häuser
am Gelände zum Einsturz. Es wälzten sich die Wogen
bis zu den Greden des Domes hinan und bespülten die
ersten steinernen Statuen der Vorhalle'). Main
1) Michael herbipol. 1. c. 468. 469. 478.
^
163
auf Main ab . brachen die hölzernen, und steinernen
Brücken zusammen, . Es war wie zu Vater Noah's Zeit,
meint Meister Michael. Auch das Erdbidem von 1348
ging nicht ohne zerstörende Spuren vorüber; grässlich
wüthete der Sturm vom 12* März 1354. Als der Rath
1333 auf dem Rennweg nächst der Rulandswarte Thürme
imd Mauern aufführen Hess, hatten die Juden dazu nicht
das Wenigste zu zahlen. Es waren wilde unruhige Zei-
ten die der Bischöfe Albert von Hohenlohe (1350— 1372),
Gerhard, Graf von Schwarzburg (1372—1400), und Jo-
hann L von Egloffstein (1400—1411).
Wie Bischof Otto von Wolfskeel war auch Att Johann
von Bloach zu St. Burkard 1350 — 1381 ein kunstsinniger
Herr. Schon als Propst der Kapelle auf dem Marien-
berge hatte er ein grosses Messbuch schreiben, einen
Kelch anfertigen, die Altäre imd Mauern restauriren
lassen und ein Ewiglicht gestiftet. In St. Burkard liess
er die Fenster verglasen, den Winterremter bauen imd
eine zierliche Be<tnuss in Gold und Silber fassen, die
50 Pfund Heller kostete. Er liess ein Sacramentshaus
neben dem Hochaltar anbringen und zwei feine Kelche
hineinstellen. Die Schwengel aüev Glocken, neu in ge-
schmackvolleren Formen gearbeitet, kosteten 100 Pfund.
Eine neue Vesperglockc, Schelle genannt, kostete 10
Pfund. Auch den Brunnen der Kirche, den Kornbrunnen,
lies er herstellen. Ein neues Antiphonar kostete 80 Pfund,
ein Graduale 25, zwei Psalterien 50 Pfund Helkr*).
Im Jahre 1359 wird ein Altar in die Krypta von Hang
gebaut; in Neumühster werden verschiedene Altäre ge-
stiftet. Abt Otto n. schaffte einen deichen Pontificalornat
in sein Stifk zu St. Stejphan (1388). Vom Jahre 1386 an
mussten die Johanniter dem Domstift jährlich 40 Pfund
Wachst zur Beleuchtung der Altäre und zwei Centner
Oel für die Hängelampen liefern, auch den die Be-
1) Wieland Stift Bnikard 69.
11#
Ift4
IdUQhtiiog li^orgeikdenL ' Dienern eine Remuneration
geben.
Obwohl bereits Maler Arnold sich. ansgeBeiehnet
hat, fiindeA wir doch in der mit 37 Sigeln belegten Ur-
kuöde der H^indwerker von Wiraburg vom Jahre 1373
die Wirzburger Maler mit den Sdbweirtfegem und Satt-
lern in einer Ordnung beisamn^en. Das will aber nur
sagen^ da9S sie i^ich neben der Tafelmalerei, viel und
nocb mehr piit Wappenjnalen, mit dem Auachmücken
der Lendner, der Hehnzierden und der prachtvollst Tur-
nierrüstungen abgaben* So wtiren auch in Paris 1358
nach Ausweis der Statuten der Stadtinnungen die
Maler mit den Sattlern verbunden. Die Steinmetzen
treten damals in Wirzburg als die vomelunsten auf.
Die Urkunde ist u«A« unterschjrieben von HansVestfaer,
dem Goldschi^died, Heinrich von Heidingefeld, dem Zim-
mermeister, und KQprad von Ry themberg, dem Steimneta^
meister ^).
Es scheint sieh später wie zu Augsburg und ander-
wärts eine eigene Zunft deir Glaser und Maler gebildd;
zu habcQ, deren Unordnungen den weisen Bath be-
wogen, IMi eine neue Ordnung und Zunftsatzung ihnen
zu bestimmen.. Später vereinigten sich die Schnitzer mit
mit den Malern und Glasmalern. Im Jahre 1441 bestä-
tigte Bischof Sigmund den Waffenschmieden der Stadt
urkundlich alle Hechte und Freiheiten. Sie nahmen dafür
die Verpflichtung auf siclx, alle Jahre am Martinstag
neun Waffen in den Hof de^^ 3ischi>ls zn liefern; sechs
Handbeile, ein Klemflaeisen, eipe Barte und ein Hand-
beil für die Küche* Die Deputirten der Zunft, wdLcdie
die Instrumente überbrachten, wurdet mit köst^hen
Gänsebraten bewirthet 9-
Bis :^um J^l^e 1443 besoldete di^ Batfi swei städr
tische Baumeister. In dieseipa Jabee aber wutde weislieh
t) Scharold ZuBftchronik I. 70.
t) Scbarold Zunftchronlk. I. 71. Wirzbi»« IQ^«
m
bes<6MoB8«ki, kiinfüg nur einen iii;^f2UdteIl6&« Der immei*-
hin träftige Grund wat5 ^weil es besse«' feei mM habe
ein^n Baumeister dtatt itsWei^^ Dieser städtische Bau-
meister erhielt für den Arbeitstag t8 Pfennige Lohn.
Voin Jahre l^WO— 1450 lebte Bruder Johann Sintrttni in
Minoritenkloster, welcher sehr flefesig Bücher Schrieb.
Wahrscheinlich gehören einige der obenerwähnten Bre-
viarien seiner Hand an. Unter Bischof JohÄnn L müttssten
in Wirzbnrg HAnns Münzer, Könrad Wolf, Hanns voh
Fuld. Derselbe Fürst errichtete fünf Münzstätten irti
Sprengel* Zu Hassfurt münzten Dietrich Mlndlein und
Friedrich Ventalein, äu Neustadt Hanns ßewe, zu Gerolds-
hofen Dietrich von Heidelberg, In Völkaoh Bop Münder.
Sie schlugen Pfennige, deren 28 auf 1 Loth gingen,
30 Loth machten 1 Pftind, 4 Pfund 1 Guläen^ Heller:
34 Trogen 1 Loth, 2 gaben 1 Pfennig, 6 Pfund gaben
1 Ghjlden; Groschenj 20 gingen auf 1 Guldenj Tur-
nosen. Von den 10 einen Qulden machten. Die Pfennige
Gottfried's IV. führten das Pentalpha, den allen Numis-
matikem wohlbekannten Wirzbnrgischen ^Druttenfuss^
von dem viel geschrieben steht. Das Münzgebäude be-
fand sich in alter Zeit in dem dem Grafeneckartsthumi
gegenüber gestandenen Eckhattse. Unter Rttdölf von
Scherenberg wurde die Münzstätte in den Hof zur rdthen
HÖlle^ unter Laurentius unterhalb dem Wirthshaus gur
Schleie auf die jetiiige Neubäugasse verlegt.
§ 13. BaumeisterMicfaael und Maler Arnold.
Wiraburg besitzt auch einen Kunstschriftsteller ans
dem vierzehnten Jahrhundert : Michael vom Löwen. Wir
bedauern es Äwar, däös eö dem gelehrten Protonotar
niöht gefallen hat, auf die Enthüllung der Details der
Technik einzugehen, und uns die Geheimnisse der Cirkel-
constructionen bekannt zu geben; wir können Ihn dess-
166
halb auch nicht als vollkommen ebenbürtig dem MoncH
von Si^an, dem Presbyter Theophilus, dem Matthias
Boritzer aus Regensburg, dem Meister Lacher vom
Bhein imd dem Breslauer Meister des sechszehnten Jahr-
hunderts, der über den Erzguss schrieb, zur Seite stellen ;
noch weniger reichen seine Notizen an das Interesse
des Skizzenbuches hinan, das uns vom berühmten Bau-
meister Vilars de Honecourt in der Nationalbibliothek zu
Paris hinterlassen ist, und welches in diesen Tagen von
Lassus, Guicherat und Bobert Willis zur Freude der
Archäologen herausgegeben wurde. Wir sind indess dem
Magister immerhin Dank schuldig für die sehr respectabeln
Notizen diätetischen Gehalts, mit welchen er uns in so
früher Zeit unterhält.
Magister Michael, einer der wenigen Historiker von
Wirzburg im Mittelalter, war der Sohn des Konrad Jud von
Mainz, eines in Wirzburg eingewanderten Bechtsgelehrten.
In Wirzburg geboren, studierte Michael fünf Jahre zu
Bologna römisches und kanonisches Recht, kehrte heön,
wurde Stiftsherr am Neumünster, Scholasticus, Protonotar
der Bischöfe Otto und Albert, und starb am 3. Jan. 1355.
Michael war Historiker, Theolog, Dichter, Baumeister,
Alterthumssammler : der Mittelpunkt einer reichen geis-
tigen Thätigkeit. Gern "und viel spricht er von sich selber.
Böhmer hat ihn als Gelehrten und Geschichtsschreiber
gewürdiget ^) , hier soll nur von seiner praktisch-künst-
lerischen Thätigkeit und seiner Abhandlung „rfö principiis
$. regulis artis aedificatoriae" die Rede sein 2),
Michael erbaute sich einen grossen Hof gegenüber
der Dominikanerkirche, liess einen stattlichen Löwen
meisseln und ihn ober dem Thor in die Mauern setzen.
Er setzte in Neumünster den Altar der heiligsten Drei-
faltigkeit, vor dem er sein Grab sich wählte, sowie den
Altar der Apostelfürsten, schmückte sie mit reicher Or-
1) A. Ruland Archiv XIII. h 168 — 173.
«) Böhmer fontes I. XXXIV sqq. .
^
167
namentik, brachte im Johannischor Sedilien an, und ord-
nete den Jahrtag für seinen Bruder Konrad. Er Hess
die Bilder der Heiligen Kilian, Johannes des Täufers,
Bonifacius, Michael, Martinus, Karl und Burkard ganz
neu anfertigen, und das des Evangelisten Johannes res-
tauriren. Auch bei andern Bauten und Unternehmungen
scheint er mitgewirkt zu haben. Er selbst erzählt uns
davon und fügt bei: „Arnoldus quoque de Herbipoli ma-
gisiralis depictor pretactas imagines et alias picturas
ibidem magistraliter sübtiliter et valde preciose depinxit^).
Maler Arnold ist also aus Wirzburg, geniesst einen Ruf,
ist Fassmaler und Tafelmaler und versteht die Technik
vollkommen. Er ist ein Zeitgenosse des Thomas von
Mutiha und des Nikolaus Wurmser von Strassburg, der
von 1357— 1360 neben Theodorich (1348— 1375) am glän-
zenden Hofe zu Prag thätig war; er ist Zeitgenosse der
grossen Meister in Köln und reiht sich an die Nürnberger
Maler Nikolaus (1310), Wiesch Rot 1311 und Otto 1329.
Das Bürgerbuch von Augsburg nennt gleichzeitig Wem-
her von Fördelingen als 1321 thätigen Maler 2). Wie
der Sänger des .Parcival der Maler in Mastricht und
Köln tmd der Zindelweber in Regensburg preisend ge-
denkt, so hat der Dichter Egon von Bamberg in der
Mtnneburg rühmlich des Meisters Arnold von Wirzburg
Erwähnung gethan:
Ich wollt uzzer mossen gern
Daz Meister Arnolt der moler
Von Wirtzhurg in \r kuntshaft wer.
An gut must ez in helfen ser,
Wann er bedurft nimmer mer
Brasiligenfarb kaufen kein.
Er nem nur sin pensei rein
Und hebt an iren roten munt
1) Michae] herbip. 1. c. I. 451.
S) P. y. Stetten Kunstgeschichte Ton Augsburg I. 268. ü. 183.
166
Zu hont und an derselben stunt
Sovil der rödt darin Schüsse
Daz ein ganzes jar dan ßlsse
Parinus varb gegen daruz.
Die Universitätsbibliothek in Giessen enthalt einen
Handschriftenband von 25 Blättern Ochsenkopfpapier,
welche eine Sammlung von Gedichten und Sprüchen
zum Vorlesen enthält. Sie sind alle^ eine ausgenommen,
von Hans Rosenplüt. Die Handschrift ist aus dem fünf-
zehnten Jahrhundert. Auf Blatt 21b und Blatt 25 b steht
folgender für uns merkwürdiger Spruch;
„WolU Jr schweigen md betagen
Ain abentewer wil ich euch sagen
Die spricht van ainem klugen man
Der abentewer so vil began.
Zu Wirtzburgk was er da haymen
Was fliegen mächt oder schwäymen
Das könnt er malen oder schnitzen ti. s, w.
Und wieder:
Der Maler was ain frumer man
Er trug die hundert pfundt hiedan
Er kam haym ctzu der Frawen
Und lies sy das geU anschawen
Er gab Jrs dar in Jren geern
Noch plaib die Fraw bei Jren Eren.
Auch die Dresdener Handschrift Nro. 21 spricht von
demselben Maler. Leider hat Weigand das ganze Aben-
teuer bei Haupt nicht bekannt gegeben. Es ist wol kein
anderer als Arnold unter dem Abenteurer zu verstehen*).
Arnold war bei der Restauration des Domes 1333
thätig. Wirzburg, arm an älteren Werken der Malerei,
besitzt kein Denkmal von seinem bedeutendsten einhei-
mischen Maler des Mittelalters. Auch sonst scheint noch
1) Haupt Zeitschrift IX. 174. AufseesB und Mona Anzeiger
1833. 316.
160
wenig von ihm bekannt geworden zu sein 0« Dör Tucher'-
sche Altar in der Liebfrauenkapelle zu Nürnberg, der
Haller'sche Altar zu St. Sebald, die Gemälde in Kent-
heim bei Kalw, zu St. Veit bei Mühlhausen, im Ehingen-
hof ztt Ulm, zu Tiefenbronn und die allbekannten Werke
der Prager Schule und der von Köln sind in dem Geiste
gearbeitet, dem sich auch Meister Arnold nicht entzogen
hat. Bei dieser alten fränkischen Malerschule, deren vor-
;BÜglichster Repräsentant der Meister aus Wirzbürg war,
sind die kurzen Proportionen, die fehlerhaften Verhält-
nisse und die grossen Köpfe zu tadeln; aber die ideale
Charakteristik, das Streben nach Schönheit, den mild-
leuchtenden Ausdruck im Antlitz, hat jeder bewundert,
der zu Nürnberg die Kirchen und die Moritzkapelle
durchwanderte.
Meister Michael hinterliess im Löwenhofe angeblich
drei Bände Handschriften, von denen sich einer auf der
Universitätsbibliothek in München befindet, berühmt als
Wirzburger Liederhandschrift durch die darin enthaltenen
mittelhochdeutschen Gedichte u. dgl. Die Universitäts-
bibliothek in Wirzbürg besitzt gleichfalls einen Codex
des Magisters Michael in Folio auf Pergament geschrieben.
Er enthält verschiedene theologische, poetische und his-
torische Elaborate. Diess Manuale Michaels ist als Hand-
schrift ohne kunsthistorisches Interesse. In einem dritten
Werke, welches das hiesige k. Archiv bewahrt, schildert
uns Michael die Diözesanverhältnisse, nennt die Archi-
diakonate und sämmtliche Stiftungen seiner Zeit, und macht
uns u. A. mit den Sälen, d. i. den Pallästen der Bischöfe
bekannt (Lautersdorf, Eltmann, Frickenhausen und Lin-
deloch). Auf Blatt 21b und 22 b ist die „apostilla ipsius
Magistri Michaelis etc." eingefügt, welche Abhandlung
Oberbibliothekar Dr. Ruland als identisch mit der ehe-
mals in München befindlichen nun verlornen Abhandlung
3) Fdi8t«r Deutsolie Kanstgesohiohte I. 193.
170
Michaers: „de principiis seu regtdis arüs aedific&tariae^,
die auch in deutscher Sprache geschrieben vorhanden
war, erklärt.
Der redselige Autor lässt es uns wiederholt merken,
dass er theoretisch und praktisch in der Baukunst er-
fahren sei, und Vitruv und Vincenz von Beauvais gelesen
habe. Er hätte uns aus dem Grunde um so weniger eine
blosse Compilation von allerlei Notizen sondern eine
tiefergründende Arbeit über die Technik bieten sollen.
,,Vor Allem muss ein gelungener I^lan vom Baumeister
angefertigt werden ; führt er diesen mit Treue nnd Aus-
dauer zu Ende, so wird ihm kein Tadel treffen und er
nie sein Werk bereuen. Drei Eigenschaften müssen im
Architekten, der tadellos befunden werden will, zusam-
menkommen: Genialität, die vor keinem Hindemisse
bebt; Fülle der Mittel, um die untergebenen Mechaniker
und Handlanger täglich zufrieden stellen zu können,
klares Verständiiiss in der Disposition des Planes:
Magnanimus sit architecius et hinc optdentus
Sufficiunt struere plus aliis propriae ^)/'
Meister Michael wirft seine Sätze etwas stark durch-
einander. Auch kommt er nicht dazu, uns aus dem Schatze
eigner technischer Kenntnisse die geltenden Gesetze bei
Aufführung der Gebäude bekannt zu geben, sondern be-
gnügt sich zu wiederholen, was Bruder Egid, der Au-
gustiner, im Buche de regimine principum et civium tm-
versorum l, IL p. III. c. 3. 4. über Eigenschaften und
Anordnung der Gebäude bringt. Diess concentrirt sich
aber auf industria operis^ aeris temperamentum, aqua salu-
bris, debita dispositio.
„Das Haus des prachtliebenden Magnaten, des stolzen
Patriziers, soll auf stattlichem Platze gebaut sein. Der
i) Cf, Vitruvius I, 2, 1. III. 1, 1. IV. 1, 6. VI. 2, 1. — Auch
ErDst von Lasaulx PhilosapMe der schonen Künste (München 1860).
32 — 36, wo die verschiedenen SteUen ans YitniY gesammelt sind.
171
Meister baue da so, dass er die Bewunderung Aller er-
zwinge. Es müssen nicht nur dieMeubel gefällig geord-
net werden können, sondern es soll der Grosse durch sei-
nen Pallast die ihm geziemende Ehrfurcht gewinnen, es
soll der Glanz seines Geschlechtes, die hohe Stellung im
Reiche hervortreten. Auch bei dem Aufbau der Häuser
von reichen Kaufherren ist auf Stand und Stellung Acht
zu haben. In die Tiefe des Thaies, in Sümpfe, welche
Dünste entwickeln, und die Luft verpesten , soll nicht
gebaut werden. In so gelegenen Wohnungen wird die
Farbe des Antlitzes gelb, der Blick düster, die Stimme
klingt rauh, Kopfschmerzen plagen bei Tag und Nacht,
selbst das Gehörorgan wird zu Schaden gebracht. Frei
und hoch gelegene Häuser gestatten viele Bewegung,
fördern die Schärfe des Auges, die Feinheit des Gehörs
und die Prall- und Klangkraft der Stimme. Auf gutes
Trinkwasser soll vorab gesehen werden. Nie werde das-
selbe aus Pfützen, Sümpfen, Lachen oder Seen herge-
leitet, auch nicht aus Fischbehältern. Das faule, schlam-
mige unreine Wasser zeugt Krankheiten in Fülle, das
gute hält die Zähne rein, den Kopf hell und den Körper
bei Behagen. Wo sonst kein Wasser zu haben ist, sol-
len Regenfischlein das Cisternenwasser frisch erhalten."
Da der Nordwind für Sommerw^ohnungen , der Ostwind
für die Winterzimmer heilsam ist, so wird die angemes-
sene Orientirung sehr empfohlen* Auch auf die Keller-
räume wird Bedacht genommen.
Wir sehen, der geistliche Herr hat lediglich die bür-
gerliehe Baukunst im Auge. Vielleicht — trösten wir
uns — enthielten die verlornen Schriften des Meisters
Michael interessantere Notizen über kirchliche Kunst.
Ein artiges Pendant zu diesen theoretischen Erör-
terungen Michaels bildet der Auftrag des Bischofs Otto
vom 5. April 1345 an den „vesten Ritter Erkinger vonSan-
wesheim, genannt von Kottenheim, des Stiftes Veste
Wyelberk längstens bis Martini über^s Jahr vollzubauen ;
17fi
nämKcli ekie Ringmauer auf gutem Orond gelegt, ob dxft
Erde 4^ dick und 30' hoch, uf dieselbe Kingmauer um
und um Muren 8^ hoch mit Zinnen und mit AI, auidi
inwendig mit einem bedachten Umlauf jedwederthalb bis
an die Kemnaten; um die Kemnaten uzwendig einen be-
dachten wehrlichen Umlauf, den Thurm hoher Muren
12' hoch mit Zinnen uzen und mit AI, auch mit einem
bedachten steinernen Stürzen, dass er keines anderen Da-
ches bedürfe; endlich noch ein steinen gemurt Kemna-
ten in der Veste mit Kuchine und Stellen.^ Der Bitter
soll dafür auf den nächsten Martimstag 550 Pfund Heller
erhalten, angewiesen auf das Stiftsdorf Herbolzheim; auch
sonstige Gutthat wurde ihm zu Theil*).
Der Grabstein des Michael von Löwen ist ein<nn
Südpfeiler Neumünsters eingefügt. Die Majuskelschrifl
des vierzehnten Jahrhunderts lautet:
In. honore. summe, Trinitatis. H, beate. Marie, cm-
cepHonis.naHvitatis.etassumpUonis. eUam. in, ..rpore.
Anne, matris. et. sanctorum. Michadis. Joannis. Bap-
tiste. DecoUatUmis. ate, ptm. tatina. et. CrysostomL
et. ad. Kathedra. et. vinda. Andree. Jacobi. major.
Tome. Mathye. conversios. Pauli. ApOor. quatuar.
Ewanglar. quator. doctor. ecclesie. trium. Magorum.
Bonifacii. Apstli. Germanie. Karoli. regis. Stephani.
Prothomartris. Nicolai. Kyliani. Burcardi. Erhardi.
Materni. Eucharii. Ottonis. Episcopor. L^oms. Pope.
Benedicti. Bernardi. Abbatum. Felicis. et Adaucti. ac.
beatarum. Marie. Magdalena et Egyptiaee. Kaäierine.
Margarethe. Barbare. Lude. Otilie. AgneUs. Aga^e.
Dorothee. Juliane. Gertrudis. Yirgintm. Afre. Felici-
tatis. Elizabeth. Helene, et. dmnium. animarum. con-
secratum. est. anno. Dni. millmo. CCCL prims. in. die.
bti. Bartholomei. Aposioli. hoc. altare. fvndatum. et
dotatum. duabus. antiqius. vicariis. mdioroHs, a. ma^
^ Regrota bar. VIII. 38*
m
gütr^, Mchaele. de, leone, Herbvpoln, prathom&ario.
eaaonico. hie, sepulto, qui. obiit anno, dominL millimo,
CCCL: quinto, IIL Idus. Januaril- hoc. fuit in, Oc-
toßo, SoHcti: Jais, Ewangeliste. Hoc, in te, ctweas,
quod, in. me. corripuisU. Daz. dir. missevil, an
mir, daz. bewar. du. an. dir.
§ 14. Höfe und Hauskapellen.
Als Magister Mickael seiae Vorschriften compilirte^
standen bereits die meisten der zahlreichen Höfe der
Domherren, Städte und Klöster neben denen der Pa-
trizier und Kauf herren, welche der Stadt noch jetzt, apch
nachdem sie ihr mittelalterliches Gepräge eingebüsst hat,
so hohen Beiz verleihen. Die Domhermhöfe waren ge-
freite Höfe. Schon Friedrich Barbarossa hatte ihnen
34. April 1175 das Privilegium ertheilt, dass sie bei
Keichstagen, die dacoals ja so häufig wurden, Niemand
ausser weltlichen und geistlichen Grossen in's Quartier
bekommen sollten. Die Domherrnhöfe hiessen : Hey deck,
Rödelsee, Oettingen, Sternberg, Wiraberg, Moosbach,
Rannenbex'g, Tuttleben, Vituli, Neulobdenburg , St. Gal-
lus, Marmelstein, Lauda, Osternach, Schrotzberg, Kraut-
heim, Gi*ttndlach, Conti, Ussenkumm, Stubweg ^).
Die Städte Augsburg, Köln, Erfurt, Nürnberg, Mai-
land und Aschaifenburg hatten Höfe zu Wirzburg; Hef
Wirtemberg und Ingolstadt sind noch bekannt genug.
Die Höfe der Klöster zu Ebrach , Bronnbach, Aöthdnv
Heilsbronn, Langheim, Triefenstein, Himmelspforte%
Oberzelly Unterzeil genossen wie die Domherrnhöfe daa
Privilegium der Freibeiti von allen Abgaben und Lasten.
Die Chronisten des vergangenen Jahrhunderts spre-
chen gern in Superlativ^i, wenn sie auf die Kapelleu in
1) Salver 158.
m
den mittelalterlichen Städten zu sprechen kommen. Auch
Wirzburg baute deren eine namhafte Zahl. Es sind nach
dem kirchlichen Rechte, welches wiederholt auf diese
heiligen Stätten reflectirt, zu unterscheiden: Oratorien,
nur zum Privatgebete für .die Gläubigen bestimmt, Klau-
senkapellen fiir Begharden und Rec^usen, Kapellen mit
Vikarien und gestifteten Gottesdiensten, aber ohne pfarr-
liche Exemptionen. Nur auf dem Wege der Dispensation
war Ausspendung der Sacramente gestattet. Das Natio-
nalconcil von 1281 hat die von der Mutterkirche abhängi-
gen Kapellen der letzteren Art im Auge. Es musste
wiederholt der Missbrauch gerügt werden, dass die Be-
sitzer solcher Kapellen den sonntäglichen Gottesdienst
versäimiten. Hier sollen die Kapellen, von denen wir
Nachrichten fanden, alle genannt sein, wenn auch manche
bereits im vierzehnten Jahrhundert nicht mehr standen,
andere später gebaut wurden. An das uralte Martins-
kirchlein (das nach Fries an der Stätte eines heidnischen
Marstempels stand) erinnert nur noch die Martinsgasse^
es wurde zu Anfang des Jahrhunderts abgebrochen. Das
Kiliansgrab von 990 hat wie erwähnt zehn Jahre später
dem Neumünster Platz gemacht. Die Kapelle zur „rotheh
Thüre" und zur heiligsten Dreifaltigkeit am Dom wurden
1686 eingelegt, die Schusterkapelle 1721 beim Bau des
Schönbornmausoleums. Als das Stift Hang wegen des
Festungsbaues vom Schalksberg verschwinden musste,
fielen auch die zierliche Allerheiligenkapelle von 1299y
das Vituskirchlein von 1308 und die neben dem Haupt-
münster stehende Pfarrkirche. Der erste Abbruch im
markgräflichen Krieg scheint bloss die Stifts- und Pfarr-
kirche betroffen zu haben, die 1563 wieder geweiht wur-
den ^). Verschiedene Kapellen gruppirten sich^ um die
Mutterkirche St. Burkard. So die 1099 von Bischof Ul-
rich consecrirte Abteikapelle, das Blasiuskirchlein (1122),
1) CoUegiatgtÜt Hang. Manuscrlpt. 68.
175
die Kapelle der Apostel Philippus und Jakobus, die 1280
fundirte, 1677 niedergerissene Nikolauskapelle, dasGode-
hardskirchlein, welches am Eingang zur Brücke von der
Stadt aus stand, die Kreuzkapelle zu Guttenberg, die
Wolfgangskapelle auf dem Friedhof, das zierliche Ok-
togon des heiligen Magnus, die Johanneskapelle, die Ka-
tharinenkapelle und das Walbürgiskirchlein, welches 1408
drei Pfeiler erhielt, wofür 36 Pfund Heller bezahlt wer-
den mussten. Die Kilianskapelle stand im Kilianshof,
die Laurentiuskapelle wurde mit der Ulrichskirche beim
Universitätsbau niedergebrochen. Dem Festungsbau wich
das alte Aframüiister, während die neue mit Chor und
SchifiF noch erhaltene Kirche durch die Säkularisation
profanirt und von Gambrinusdienern belebt ist. Dem
Schlossbau stand die Michaelskapelle im Wege, die
gleich der 1844 verschwundenen Ignatiuskapelle von der
Benaissance war geschaffen worden. Der Bernhards-
kapelle im Hof Godwelinkchen Hess Bischof Julius noch
seine Liebe angedeihen. Wie die Beghardenklaüsen zum
kleinen Löwen, im Küttenhofe, die Klause der Bartho-
lomiten neben dem Hofe Kropfhausen (1307) und auf
dem Rennwege, so sind auch die Kapellen zum heiligen-
Moriz, zu St. Felix und Adauctus (Geräthekammer), ^u
St. Andreas und Helena, zur heiligen Jungfrau und deii
unschuldigen Kindlein verschwunden. Die Vierzehnnoth-
helf erkapelle jenseits des Maines hat Probst Johann von
Alendorf 1470 gegründet. Im Küchenmeisterhof hatte
St. Georg, im Sonnenburgerhof St, Nikolaus eine Ka-
pelle. St. Margaretha wird noch im Hof Heydeck ver-
eihrt. Die Vikarie der Kapelle im Hof Tannenberg (zum
wilden Schweinskopf), stiftete Domdechant Rudolf von
Hurnheim 1290. Der Katzenwicker, die Höfe Gundelach,
Seebach, Augsburg, Wiesenbach, Kastell, die Kloster-
und Domherrnhöfe hatten ihre Kapellen. Uk L. Frau
waren die schönsten geweiht. Singt doch Konrad von
Wirzburg von ihr:
H6
Du bist ein lebende Cappell
Diu got ist wol gewidemet,
Du bist gotss tabernackel
Die glast viel schme erliuhte.
Mftria heisst der geweihte goldene Schrein, derBakam-
schrein, der goldene Eimer <) ; das Zelt, der Königssaal,
die Arche, der Tempel und der Thron; die trive kamere
der trinität, die drivaltec sageraere.
Die Liebfrauenkapelle an der Stadtmauer, welche
die „finstere^ genannt wurde, besass wie die Dome zu
Bamberg und Mainz und das Münster zu Freiberg eine
goldene Pforte. Bei deren Neubau 1447 mussten für
gemalte Altartafeln 17 Pfund Heller bezahlt werden^).
Diese Kapelle und die goldene Pforte wird häufig er-
wähnt und besitzt eine schöne Geschichte. In der Uni-
versitätsbibliothek wird ein Copeibuch mit Traditions-
urkunden für diese Kapelle bewahrt. Jetzt ist sie zum
Waarengewölbe geworden.
Eine 1484 in Stein gehauene Maria- Verkündigung
in der Hofkapelle Rödelsee ist nicht sehr zart ausgeführt.
Sie wird im Locale des historischen Vereins bewahrt.
Im Jahre 1854 wurde eine Orgelstiege von den reinsten
Constructionen aus dieser Kapelle genommen und zer-
schlagen. Es war da auch ein Oelgemälde von Meister
Braunwart von 1504 zu sehen 3). Die Galluskapelle auf
dem Paradeplatz baute Sittelhoh, der. Kanzler Hein-
rich's V. gegenüber der rothen Thür; Erzbischof Wal-
ther von Ravennna^ hat sie 1130 consecrirt, das Jahr
1554 sie zerstört. In ihrer Nähe rauschten einst uralte
Linden, unter deren weitverzweigten, künstlich ausge-
spreizten Aesten öffentlich Gericht gehalten und von der
*) Konrad von Wirzl>urg goldene Schmiede. Yen 1242. n.
Grimm XXXV.
V) Arch. I. 3. 88.
•) Mitthetlnng des Hm, Prof. Dr. Beusi Ton Nttmlierg.
17T
jungen Bürgerschiaft zu gewisden Zeiten festliche Tänze
aufgeführt wurden^ So nützte naan auch den Bennweg
zu lustigem Bitterspiel, so wurde auf der Mainbrücke
das Brückengericht, ini Domkreuzgahg das Kreuzgangs-
gericht, vor der Krypta das Gruftgericht, und am Sand
vom Prälaten von St. Stephan das Stephansgericht ge-
halten. Das Brückengericht übte eine Art Lynchjustiz.
Vor der rothen Thüre des Münsters in Frankfurt und
dem rothen^ Thor des Domes in Magdeburg befanden
sich ähnliche Gerichtsstätten wie im Kiliansdome, der
ebenfalls seine rothe Thüre besass*). Im Schatze der
Cyriacuskapelle am grünen Markte finden wir 1467 einen
silbernen Kelch, 17 Loth ^/^ Quint schwer; man musste
14 Gulden beim Goldschmied dafür bezahlen ; ferner ein
neues Corporale, ein Missale, eine Planete von feinster
Seide mit dem schönen in Gold gestickten Bilde des
Heilandes auf dem Kreuze; dazu kamen ein Fest-
altartuch, ein Bild des Patrons, ein vergoldetes Sedile;
ein Bild der Jungfrau mit dem Kind und ein Grucifix,
wofür 5 Gulden ausgelegt wurden. Für das Georgsbild
an der Südwand der Barche zahlte Kaplan Veit Zink
einen Gulden, während das venedische Glas zu den drei
Fenstern 3 Gulden kostete; derselbe Kaplan fügte der
Bücherei ein Matutinalbuch und zwei Diumalien bei; die
mit Messing beschlagenen und mit rother Leinwand ge-
fütterten Beliquiarien enthielten bei 20 Beliquien^). Wie
lange ist es her, dass das katholische Volk an dem Feste
des allezeit vielgeliebten Heiligen zahlreich in seine Ka-
pelle kam, sein Fest zu feiern? Und welche Motive ha-
ben den Abbruch der Kapelle herbeigeführt? Es wäre
wahrlich einmal genug gewesen, heilige Stätteta zu ver-
nichten. W|irum war man es noch nicht zufrieden, .die
*) Regesta bav. VH. 67. Falke u. Müller Zeltschr. für Cultnrgesch.
ISA 6 Juni- und Septemberheft.
S) Beufls Moaamenta KiUa&ea I. U« 15.
12
17S
Johanniterkirche 1816, die Augustinerkirclie 1824, die
Karmeliterkircbe 1823, und früher schon die Kirchen der
Klarissinnen , Dominikanerinnen, der Karthäuser und
Kapusiner theflweise dem Erdboden gleich gemacht,
oder sie profanen Zwecken gewidmet zu haben?
Wie viel reicher und interessanter müsste die Darstel-
lung der Kunstgeschichte sein, könnte nur die Hälfte
dieser zerstörten Denkmäler der Frömmigkeit der Ahnen
mit den noch erhaltenen in Parallele gebracht werden.
§ 15. Der Domkreuzgang.
Die Halle von der Bonntagsihür nach Ost wurde
im Jahre 1381 zu bauen angefangen, aber nicht vollen-
det; ein zweiter Bau von 1424 schritt energischer voran.
Das Bauamt scheint 1331 nicht gut bei Kassa gewesen
zu sein, indem es bei den Stiften der Stadt um Beiträge
einkam. Der Baumeister erhielt damals 16 Pfund, 14
Schilling und 4 Pfennige Lohn. Die geschwomen Werk-
leute der Stadt, die den Bau zu besichtigen hatten, wur-
den mit 5 Schillingen abgefunden. Schon war dem Dom-
Stiftsbauamt das magistratische Amt der „Bautheilen^
zur Seite getreten. Diese geschwomen Werkleute det
Stadt, zwei Zimmerleute und zwei Steinmetzen, vom
Bischof, Capitel und Magistrat gesetzt, hatten alle Neu-,
An- und Unterbauten innerhalb der Stadt und in der
nächsten Umgebung zu besehen und zu prüfen. Man
hat die Aussprüche der Gestrengen his in^s siebzehnte
Jahrhundert au%eceiehnet und besigelt. Die Zimmer-
meister nahmen allezeit den ersten Rang vor den Stein-
metzen ein. Auch damals scheinen sich diese Herren
Bauinapektoren, wie das so zu geschehen pflegt, man-
cherlei Ungeschicklichkeiten schuldig gemacht zu haben.
17*
Im Jahre 1381 wurde das Domstift ^verfenstert,
gehülzt und gehimblkt^, wie Fries meint ^ d. h. das
Nordschiff erhielt seine einfachen vom Giebel geschlos-
senen Streben, die Fenster der beiden Abseiten wurden
mit Maasswerk verziert und Olasgemalde in dieselben
gesetzt. Heinrich Heckris und Meister Arnold leiteten
das Werk; Amold's Sold betrug jährlich 24 Pfund- Das
Maasswerk wurde unter Bischof Julius modifizirt, auch
die Glasgemälde sind verloren gegangen. Wirzburg ist
an Denkmälern dieses heiligen Kunstzweiges gar zu
arm. Es ist keine Malerei vorhanden, welche wir mit
denen zu Augsburg im Dom, St. Kunibert in Köln, dem
Fürer^schen Fenster in St. Lorenz, dem Tucher'schen in
St. Sebald, oder mit denen zu Neuweiler, Heilsbronn,
Regensbürg, Wimpf en, -Kremsmünster und Heiligenkreuz
vergleichen könüten. Als die merkwürdigsten Glas-
gemalde des Sprengeis sind die von Münnerstadt zu
nennen. Die zu Ochsenfurt wurden geplündert.
Ob Maler Kochener, um 1373 genannt, zur Ver-
schönerung des Domes beigetragen habe, wird nicht er-
wähnt. Die Bleibedachung eines östlichen Thurmes
kostete 33 Pfund, weniger 8 Pfennige. Um 1393 wird
Dombaumeister Gottfried genannt. Konrad Neuberger,
Schönschreiber am Dom, schrieb 1402 verschiedene
Bücher. Die 1418 um die Westthürme geführten Galle-
rien sollten durch die acht Fialen und das Maasswerk
der Brüstungen einigermassen die Monotonie der Fassade
paralysiren. Sie erreichen diesen Zweck nicht. Im Jahre
1424 wurde Meister Wolfram von Königsberg in Franken
für zehn Jahre vom Dombauamt in Dienst genommen.
Er sollte rasch den Kreuzgang vollenden. Der Vorstand
des Bauamtes musste „den Abraum schicken, den Grund
zu den Hallen graben, das Steinwerk, Sand und Wasser,
Kalk und Ziegel zur Bauhütte bringen lassen, und jede
Woche 4 Pfennige in die Hütte geben; ausserdem war
Meister Wolfram steuerfreu« erhielt für jedes Kreuz**
12^
180
gangfenster 43 Gulden, und am Jakobstag 10 Gtdden
als Jahressold. Er hat den Kreuzgang ..vollendet.
Im Gewölbebau der vier Hallen ist eine gewisse
Einheit durchgeführt. Die bemalten Bilder und wappen-
reichen Schlussteine folgen sich nicht in einer Linie,
sondern varüren wie im Zickzack. Alle Bippen sind ähn-
lich profilirt und in gleichen Bpgen gesprengt. Nach
Aussen ist die Ostwand stark verbaut, die Nord- und
Südseite wird durch je neun Streben gestützt, die un-
verjüngt aufsteigen, während die Gewölbekappen durch
combinirte Säulenbündel ihre Unterstützung erhalten.
Alle Fenster sind vierfaltig, sehr in die Breite gedehnt
und von reichem Maasswerk belebt, das den Keim des
Verfalles in sich birgt. Vergleichen wir den Kreuzgang
mit jenem der Minpriten, so gebührt dem vom Dom
nicht bloss wegen seiner bedeutenden Ausdehnung: er
ist 124' breit, 169' lang, 13' breit m der Halle, 18' hoch,
sondern besonders der Wölbungen wegen, der Vorzug vor
jenem, da sich die Juliusgothik immerhin krankhaft und
zwitterig ansieht. .
Von der Südhalle des Ganges die dreigetheilte Ver-
ticalrichtung des Domes zu schauen, gewährt ein eigen-
thümliches Vergnügen.
Im Jahre 1438 kamen zu den ständigen Werkleuten
des Domes ein Bleidecker und ein Ornatschneider; 1440
wird Steinmetz Wetz am Dome thätig erwähnt; 1466
ist Jörg von Guttenberg oberster Dombaumeister.
In früheren Zeiten begrub man die Domvicare auf
dem Leidienhof, die Domprälaten in den Seiteidiallen,
die. Domherren im Capitelhause, die Bischöfe im
Transept und im Chor. Im Jahre 1462 aber ^rtheilte
Bischof Johann von Grumbach den Vicaren die Erlaub-
niss, sich im Kreuzgang begraben zu lassen. Doch musste
jeder neu eintretende Vicar einen Gulden zum Unterhalt
eines Ewiglichtes zahlen. Die Monumente der Bischöfe
wurden in der Regel auf Kosten der fürstlichen Käm^
181
merei bestritten; aber das Domcapitel l^estimmte
spater in jedem Falle besonders, wie viel der Fürst in
seinem Testament für sein Epitaphium und den Jahrtag
aussetzen durfte; 2000 Gxilden war lange Zeit die ge-
wöhnliche Summe ^).
§ 16. Grabdenkmäler.
Es liegt nicht in der Absicht dieser Schrift,
sämmtliche Grabsteine der Stadt mit ihren Inschriften
und Wappen zu katalogisiren und heraldisch zu blason-
niren. Es müsste nur wiederholt werden, was Salver
für den Dom mit diplomatischer Treue längst gethan
hat; von den Denkmälern der ,Deutschhauskirche hat
Scharold das Nöthige bekannt gegeben, Wieland uns
über die von St. Burkard Nachricht ertheilt, auch stehen
bei Gropp und im Archiv eine [Menge von Inschriften
gesammelt. Hier gilt es die kunsthistorisch bedeutsameren
herauszuheben, und an ihnen die Blüthezeit und den Ver-
fall der heimischen Bildhauerkunst zu zeigen.
Obwohl wie erwähnt sehr viele fürstliche und bi-
schofliche Denkmäler aus dem Hochmittelalter in den
Bränden vernichtet wurden, sind dennoch fast sämmtliche
zwanzig Pfeiler des Domes auf allen Seiten mit Werken
dieser Art versehen, und bietet sa der Kiliansdom wie
wenige deutsche Kathedralen einen Reichthum -an Epi-
taphien aus allen Zeitaltern und Stylperioden.
Von (theilweise) verschwundenen Denkmälern wol-
len wir hier an jenes des Bischofs Bruno erinnern. Die
zur Altarmensa verwandelte Tumba in der Gruft hatte
die Inschrift: Anno Dnt\ MXLV. VI, Kai, Juni, beatus
Bruno, hty\ ecles, fundator. Auf einer andern Seite: Beatus
<) Scharold nnd Himmelstein haben das Nähere über dies
YeihftltniBse Terzeiehnet.
183
Bruno qui fuü patruelis Canradi imperahris. Die Pilger
sind durch die Tuioba gekrochen^)« Die Kolossaltuinba
des Konrad von Ravensburg im südlichen Transeptflügel
ist ohne weiteres Interesse imd gar Izu dick übertüncht.
Der Denkstem des Bischofs Gottfried I. T 6" hoch, 2^
10^^ breit, scheint im Anfange des dreizehnten Jahrhun-
derts gemeisselt worden zu sein. Die Gestalt tritt er-
haben aus der vertieften Platte. Das Antlitz ist typisch
starr, steif fallen die Ligulen von der niedem Mitra,
die Planeta hat die Form der Bernhards^asula. Die
Falten legen sich in symmetrischer Orgelpfeifenregelmäs-
sigkeit. Die Stola fällt mehr bis zum Ende der Alba ohne
die breiten jetzt üblichen Schlussränder, auch die Ma-
nipel ist eng imd lang. Die Curve des Pedum endigt
in einen Schlangenkopf." Auf dem Deckel des Buches
steht in Majuskel: oraprome. Die Majuskelschrift um die
Randplatte : Godfridus de Pisemburg eps, herbip. obiit ao. U90
stammt aus späterer Zeit; die ursprüngliche lautete:
Annodni.milP. C^. LXXXVI.., iniit, IIIL ,opie. memorie dns.
... sedit HL... episcopat, Wireeburgens^), Der Geschlechts-
name des Bischofs Pisemberg scheint nicht richtig zu sein;
man hat dafür Pistenberg, Spiessberg, Spitzenberg
u. a. setzen wollen. Er ist der grossmüthige Restaurator
des jetzt stehenden Domgebäudes. Mit Kaiser Friedrich I.
zog er am 1; Mai 1189 ab, denn
y,er wolte schouwen
JShrusalem daz reim lani^).
Er ist wie der grosse Kaiser zu früh gestorben^ und
ward im St. Petersmünster zu Antiochien begraben. Die
Kaiserfigur im Kreuzgang zu St. Zeno bei Reichenhall
und der Stein der Äbtissin Agnes von Quedlinburg
(f 1204) in der dortigen Schlosskirche sind in die näm-
liche Zeit zu setzen.
1) Gropp Vita Küiani 69.
») Salver Proben 211.
3) KQürad von Wirzburg: die Märe von der Miane Vers 191.
188
Der zweite Denkstein an Alter ist der des Bischofs
Gottfried II, von Hohenlohe (f 1198), in der Nordhalle
am ersten Pfeiler vom Transept nach West. Der Stein
ist 3^ 2^ breit, 7^ 8^ hoch. Hier sind bereits bedeutende
Fortsehritte gemacht. Das Rechteck schliesst ein Spritz-
bogen, in den Spandrillen kauert rechts (heraldisch) ein
Drache mit Schuppenrücken und Hömlein, links ein
Doppelding mit Menschenantlitz, Mönchstonsur, Krallen-
fiissen und Schuppendecken.. Die abgefaste Bandplatte
wird von herbem Eichenlaub umspielt, ähnlich dem im
Altar von NeumUnster. Das Haupt ruht auf einem Polster,
der Ausdruck ist nicht mehr so typisch, höher und zier-
rathreicher ist die Inful — die Curven im Pedum innig
imd vielf^h ineinandergescblungen. Die Casula ist um
einiges kürzer. Die pallienartige Cirkelbinde fliesst um
die Schultern, fallt in einem Streifen auf die Brust und
juA vier Bundmedaillons. Gottfried tragtauch das Schwert.
Wir finden es bereits auf Münzen des Bischofs Einhard
1.083 und wissen, dass es sich Erlongus 1116 vortragen
liess. Die Inschrift in Majuskeln: Gotefrid. de Bohenlohe
eps. herbip. abüi. anno ii98. lieber das erlauchte Ge-
schlecht dieses Fürsten ist viel geschrieben worden.
Diese zwei Denkmaler müssen mit denen der Bi-
schöfe Suidger von Bamberg (tl04T), Günthier (f 1065)
und Berthold im Dome zu Bamberg vergehen werden.
Förster hat Unrecht, wenn er sie in's elfte Jahrhundert
setzt, sie gehören dem dreizehnten an. Es tritt an diesem
das Bestreben der Künstier^ von den alten starren For-
men sich zu emancipiren, aiif das bestinmiteste hervor.
Am Grabstein des Bisehofs Sigfried von Mainz (f 124fr)
gelang es dem Meister eine dramatische Wirkung her-
vorzubringen, aber die gerade Lage, die Paratlelfalten
kehren noch wieder. Die Denkmaler Heinrich des Löwen
im Braunschweiger Dom, des Grafen von Gleichen und
seiner Frauen im Pome zu Erfurt, des Hildeward's
Denkmal ux Naumburg gehören in diese Zelt.
184
Das theilweise verwitterte Grabmal des Grafen
Berthold von Henneberg (f 1282) im Chor von Männer-
stadt, kann nicht in diese Periode gesetzt werden, so-
wohl Schrift als Gewandung sprechen dagegen. Nach
der Schlacht am Cyriacustage wanderte er viel im Lande
mnher, weihte Kirchen, functionirte sonst und fand end-
lich seine Ruhe in Männerstadt >).
Bischof Mangold trägt anf seinem Steine beim Tran-
septbogen das Schwert, ein zerbrochenes Pedum und
angenehm wallende Planeta. Wenn auch die Steifheit
noch nicht überwunden ist, so hat doch ein unbefangener
M^eister die volle Bundfigur herausgearbeitet. Die Majus-
kelschrift: Mdnegoidus de Neuburg eps. herbip. obtit. ao.i302
umläuft nicht die Bandplatten , sondern doppelt das
Haupt.
Bischof Wolfram steht imter einem frauenschuh-
artigen Baldachin. .Blumen zieren die Theile seiner Inful,
die Curve im Pedum, die Medaillons der Cirkelbinde.
Dadurch, dass die Rechte die Planeta hält, wird ein
starkbrüchiger Faltenwurf hervorgebracht. Schwer und
verkürzt sind die Verhältnisse; es ist nichts nobles am
Stein; er ist 3* 5" breit, T hoch. Während die bisher
betrachteten Denkmäler wappenlos waren, finden wir am
Wolframsstein vier Wappen an den Ecken. Oben sind
die drei Spitzen ded Sprengeis, silbern auf roth und das
flatternde Fähnlein des Herzogthums, gezackt, roth und
gelb auf schwarzem Grund. Unten sieht man die rothe
offene Scheere der Scherenberg, denen die Mutter des
Bischofs entstammte, und das Wappen der Wolfskeele
von Grumbach: im goldnen Felde der Mohr, der drei
Rosen am grünen Stengel trägt. Schon 1320 hatte Gott-
fried von Hohenlohe sein Geschlechtswa^pen, den Leo-
parden, auf Münzen schlagen lassen ^). Im Dom zu Bam-
i) Michael herbip. ap. Boehmer fontes I. 467. Salver 229.
2) Vergl. das' Prachtwerk: Das Hohenlohische Wq^ppen. Oehr-
Ingen 1859. 11.
185
berg trägt das Denkmal des Bischofs Friedrich I. (f 1352)
das erste Familienwappen ^). Die völlig verwitterte Inschrift
des Wolframsdenkmals lautete: anno. dni. MCCCXXXIIL
prid, non. jul. o. dns. Wolframus. eps. herbip.
Einen stattlichen Denk8tei9 hat gegenüber Otto von
Wolfskeel erhalten; die gebogene Rundügur tritt aus
ebener Platte heraus, und ist von einem mähnegewaltigen
Löwen getragen. Blumen sind in die Curve, Edelsteine
in die Mitra gemeisselt, der Herzschild der Binde trägt
die Silberspitzen auf Roth. Die Ecken werden von den
vier eben blasonnirten Wappen gedeckt. Die Doppel-
reihen der Majuskeln lesen sich: Dominus Otto Wolfskeel
fuit episcopus herbipolensis annis XI mensibus VIII et die-
bus XXIL obiit anno domini 134-5. die XXIII aug. Hie. istam
ecdesiampluribusmunitionibus mllis et striicturis sublimando
ditamt.
Bischof Albert II. von Hohenlohe steht auf eineni
Löwen von trefflicher Arbeit. Die Spitze des Schwer-
tes fällt auf die lockige Mähne. Die Figur ist allzustark
gebogen wie die Heiligenbildißr aus dieser Zeit. Das
Antlitz ist dunkelbraun gefärbt, der Mund purpurroth;
das Pedum zerbrachen. Vierpässe schreiben sich in die
Medaillons der Cirkelbinde. Ausser dem Doppel wappen
führt er die zwei schwarzen steigenden Leoparden der
Hohenlohe und das Kreuz der Oettingen. Die Inschrift
lautet: f Anno. dni. MCCCLXXII. o. dns. alberts. de hohenlohe.
eps. herbipol. dominica. post Johs. Baptiste 2).
Im Nordfliigel des Transepts steht das Denkmal des
Bischofs Gerhard, 8' 4" hoch, 3' 5" breit; eine hohe,
Überlebensgrosse Figur, sehr realistisch gehalten» Man
meint ein Portrait zu sehen. In der reichgeschmückten
1) Landgraf der Dom zu Bamberg. 12. Die Fabel, dass schon Bi-
schof Heinrich I. dem Stift Haug sein Familienwappen gegeben habe, ist
längst abgethan.
S) Clironicon Wircobuxgense ap. Ekbait Franda oiientalifl L 828.
186
Mitra Bind zwei geflfigelte Engelchen zu schau«!, die
Pallienstreifen zeigen die Evangelistensymbole. Wappen-
tragende Löwen sind zu Füssen; er probirt mit dem
steigenden gekrönten Löwen von Schwarzburg, der
Sonne derer von Sonnenberg, und dem Wappen von
Sachsen. Die Randplatten Tuhren in Minuskel: r^Mno
dtti, MCCCC. fcria. leräa, in. die sei. martini. dns. Gerhar-
dus. cames de. swarzburg. eps. Mrbip. anjs. aia, requieseat,
i. pace.
Der Grabstein des Bischofs Johann L von Egloff-
stein ist reicher als die bisher beschriebenen, 14^ hoch^
37/ breit. Ueber dem Rechteck des Steines erhebt sich
eine achtseitige Pyramide, deren fünf vortretende Seiten
als Baldachin die Rundfigur schirmen. Die Kanten lau-
fen reiche Bossen hinan; zu Häupten ist die Verkün-
digung gemeisselt; der Engel kniet vor der Jungfrau,
Engelchen schweben in der Mitra und in der Cirkelbinde.
Die Falten der Planeta fallen schön, reich und weich;
das Manubrium im Pedum zeigt architektonische For-
men, der Griff des Schwertes ist umwunden, zu Füssen
kauert ein Löwe mit geripgeltem Schweife. Er probirt
mit dem schwarzen züngelnden Brackenkopf der Egloff-
stein, mit dem rothweissen Mandelzug der Massbach,
dem springenden Hirsche derer von Hirschberg und der
Sichel von Streitberg. Die Inschrift lautet:
Anno. dni. MCCCCXI. ipso. die. s. cecüie. o. reveredus.pr. dns.
jokes. de eglofstein. eps. h'ujs. eccL
Der Fürst errichtete trotz aller Ungunst der Zei-
ten eine Universität in der Stadt, die nach den Worten
des päpstlichen Schreibens vor allen Städten bequem
wäre zur Ausbreitung der Wissenschaften und gesunden
Lehre. Er starb zu Forchheim im Pilatushof, wo, wie
der fränkische Volkswitz will, die Gebeine des berühm-
ten Landpflegers begraben liegen.
Breite Verhältnisse fallen beim Denkmal des in sei-
nem Leben so unruhigen Johannes von Boxa auf. Der
187
Stein, 10' hoch Sy^' breit, ruht auf einem Polygon, drei
Seiten treten vor. Das Antlitz ist bemalt/ die Füsse
ruhen auf einem Löwen, das Pedum ist zum Theil ge-
brochen, das Schwert ungewöhnlich lang und spitz. In
der Mitra halten zwei Engelchen eine Mönstranze. Die
Curve wird durch eine zierliche Rose ausgefüllt, die
Evangelistensymbole sind in den Medaillons. Die Wap-
pen müssen als die der Stauffenberg, Rathsamhausen und
Affenthal blasonnirt werden. Die Inschrift umläuft ein
fliegendes Band, welches um Weinlaub und Reben
schmuck und leicht sich schwingt. Anno, dnt MCCCCXL
dK sH. ps. epi. oMit dm. iohes, de. bom. eps, hus. eccL
Johannes war ein Mann von Talent aber von üppi-
ger ausschweifender Lebensweise, er steigerte die Schul-
denlast des Stiftes durch Luxus und unnöthige Bauten,
und rief durch sein übles Betragen beständig Unruhen
hervor ^).
Der im Jahre 1443 des Bisthums entsetzte Sig-
mund 2) liegt im Dome zu Meissen begraben. Die zier-
liche 'Grabplatte dort ist mit geometrischem Maasswerk
gekrönt, und trägt in den Ostereiern der Ecken die Evan-
gelistensymbole.
Am 18* hohen Grabmal des Bischofs Gottfried von
Limpurg zeigt sich die Gothik bereits im Verfall. Die
Wappen überwuchern, der Eselsrücken macht sich am
Baldachin breit, die Mitra wird zu wuchtig und der Fal-
tenwurf knitterig; gleichwohl sind die Bossen noch sehr
fein gemeisselt, auf das ^udarium und Manubrium ist viel
Fleiss verwendet. Die Brust ist luiverhältnissmässig
breit. Gottfried liefert bereits die Achtahnenprobe : Lim-
purg, Kirchberg, Weinsberg^ Tübingen, Hohenlohe,
Leuchtenberg, Henneberg, Nassau. Anno. dni. MCCCCLV.
feria. tercia. post palmarum. que. fuit. prima, mensis. apri^
i) Chronicon Wirceburgense (a. a. 1340) 1. c. I. 824,
9) GhioBieon WiioebnrgeiK« 1. e^ I. 694*
188
lis. obiit reoerend. in XP^. pater. et dns. godefridus. de Um-
purg. eps, Wirceburgensis. frmcaniae. dux. cujs. aia. requies-
cot in. pace,
Gottfried mu88 ein stattlicher Prälat gewesen sein.
Er regierte zum Segen des Sprengeis, trug viele Schul-
den ab, zeigte stets einen friedfertigen Sinn, und wachte
über die Reinheit der heiligen Lehre.
Auch das Grabmal des Bischofs Johannes von Ghrum-
bach ist mit einem Baldachin überdeckt, der bereits die
Verfallzeit ankündigt. Die zwei Löwen zu Füssen tragen
die Schilde von Stettenberg und Hechenried; In den
Pallienstreifen steht ISESUS und MARIA. AmManubrium
des Pedum erseheinen gar zierlich die Bilder der Heili-
gen Kilian, Kolonat, Totnan und Burkar d, in den Cur-
ven thront der Salvator mit der Weltkugel. Die Mitra
zeigt die Verkündung. Die Jungfrau und der Engel
knieen. Die Locken äind schmucker gemeisselt als man
es sonst zu sehen gewohnt ist. Das Denkmal ist 15^
hoch, 3' 7^^ breit. Die Minuskeln sagen:
Anna- dnL MCCCCLXYL undecima. die. aprOis. obiit Reve-
rendns. in XRo. pater et dns. dns. johes. de» Grunibaeh. eps.
herbip. cujs. anima reg in. pace. ame.
Von dem Bechtsstreit dieses streitlustigen Herrn mit
den Markgrafen gibt das einst in der Dombücherei jetzt
im hiesigen Archiv aufbewahrte mehrbändige liber hudro-
rtim. genauere Nachricht.
Im Südschiff von St. Burkard stehen Denkmaler
dreier Aebte ohne besondere kunsthistorische Bedeu-
tung. Die Umschrift um den Stein des Prälaten aus der
Familie Leschwitz ist nicht mehr zu lesen. Die beiden
andern Epitaphien führen in Minuskeln die Schriften:
Anno, domini. miUesmo. CCCC. VIII. in. die. sancte. affre.
mris. obiit. dominus, hermmus. dictus. lesch. pie. memorie.
abbas. hvj. monasterii. requiescat. i. pace.
Und: Anno. dni. MCCCC^. XXXYP. XIP. KiU. novembris. obüt.
^. eberhardus. abbas. htys. monasterü. pie. memorie.
189
Eine oft erörterte Insclirift befindet sich über der
Nordthüre des Domes und lautet:
Anno, incamationis. Driu MCCIL veneraMlis. Otto,
wirceb, eps, cu, csilio. capihdi. postposuit missales»
denarios. in parochia, isla, p: quor. recäpensatione.
cives. emeruL Bilhmgo. parochiano, e. suis, successo-
ribus. p, LXXX. mar eis. et YIIL pfaffenberg. IIIL
jugera, et qmrtales. schalhberg, HL quartal, min.
Trebenklinge. IIL et. terciam. partem. jugeris. hoc.
privilegiu. sigillo. epi. et ecclie. civitatis, est sig~
natum.
Die Inschrift bietet weiter kein archäologisches In-
teresse, üls dass sie aus dem dreizehnten Jahrhundert
stammt ').
lieber Judengrabsteine und einige Häüserinscripte
ist das jüngst erschienene Büchlein von Heffner über die
Sammlungen des historischen Vereines nachzulesen, in
welchem, sich eine Fülle von interessanten Notizen vor-
findet.
In Neumünster sind an zwei Notdpfeilem drei Mft-
juskelschriften eingelassen, welche ähnlich wie die Stein-
platte des Michael vom Löwen von Altarstiftungen uns
melden. Obwohl an sich kunstlos, dürfen sie hier des
Alters und der Seltsamkeit wegen nicht fehlen.
Vom alten St. Michael- Altar erhalten wir Kunde:
f Anno. Dni. MCCCXXXVII. in. die. bti. Urbani.
pape. et Mrs. qui. ftät. die. dnica. ante, ascss. dni.
venab. dns. Otto. des. Wolfsket hbipoln. epc. hoc. al-
tare. cofirmamt et in. horem. sactorm, Michaelis. Ar-
changeli. et Jacobi. Apli.^ die. majoris. pdca. die. co-
secvit et. tpm. testu. cosecratois. erit annis. sigvlis.
in. die. s. Urbani.
1} Himm «Istein der KUlaAsdom ca ^?trzbarg 70/
190
Neben der Platte ist eine zweite in den Pfeiler ge^
festet, welche als Epitaphium des Ghrjinders erkannt
werden darf:
Anno. vero. dm. praedicto. in. die. scor. Mauricii.
et. socior. ejs. o. Heinric. de. Linach. sac'dos. can.
ht^fs. eccle. hie. sepuU. qui. hoc. altare. ppriis. suptib.
eo. vivete. conslrxU. ac. suis. reb. et. bonis. dotavit. atqe.
ppetua. vicariam. eidem. eccle. ob. aie. sue. remediu.
suum. antecessor. et. bneftorm. ordinamt. cujs. anima.
requiescat. i. pace.
Vom Corporis-Christi-Altar benachrichtigt uns fol-
gende Inschrift am nächsten Pfeiler der Nordhalle:
Anno. Dni. M.CCCL.IIII. in. die. Valentini. maräris.
öbiit. Nicola, de. Burcheim. sacerdos. Canonic. hvj'
ecclie. hie. sepuU. qui. hoc. altare. in. honore. corporis,
et. sagwinis. dni. beaie. Marie, virginis. et. sacte. Eli-
zabeth, cf^s. dedicatio. dommica. post. festum. corpo-
ris. Xpi. celebraiur. propriis. sumj^b. constnmL ac
suis. reddiUkus. et. bons. dotaxiil. aiqe. ppetam. mea^
riam. ejusdem. ecQlesie. ob. anime. sue. remedium.
suorumque. antecessorum. et. benefactorum. ordioavit.
c%js. anima. requiescat. in. pace.
Aus dem dreizehnten Jahrhundert kann Wiczburg
kein Ritterdenkmal aufweisen. Es muss dafür das glän-
zende Denkmal des Grafen Otto von Bodenlauben (f 1244)
und seiner Gemahlin in der Kirche zu Frauenrode bei
Kissingen eintreten. Auch der Grabstein des Albrecht
von Hohenlohe (f 1319) im Kloster Schönthal an der
Jaxt muss zuerst erwähnt werden. Der älteste Stein in
Wirzburg ist der des Johann von Stern, des Stifters vom
Spital des heiligen Geistes in der Kapelle dortselbst mit
der Majuskelinschrift:
Anno. Dni. MCCCXXIX. in covsioe. st. Pauli, obyt Joannes.
de. Ariele, dm. herbipol. fmdator. hMfus. hospitaUs.
101
Der Edle steht in halbgeistliclier Kleidung, die H&nde
andächtig gefaltet vor uns ; das lockige Haupt ruht auf
einem Kissen, Laubwerk ist zu Füssen; zur Seite sind
Stechhelm und Herzschild.
Johann von Stern war 1277 bei einer Kauf contractsbestä-
tigung präsent, legte Zeugniss ab 1282 bei einem Testa-
mente des Ludwig Kohlhase, und war 1299 unter den 22
Bürgern, die mit dem Stadtklerus paciscirten«
Johann hatte einen Bruder Ecko von Stern, Bürger-
meister in Wirzburg, welcher am Freitag vor Invocavit
1316 mit seinem Collegen Arnold von Sand den Hof
zum Grafeneck nebst zwei Häusern demKtmo von Beb-
stock um 430 Pfund Heller abkaufte. Ecko wurde eben-
falls in der Spitidkirche begraben. Der Stein fuhrt die
Schrift:
Armo.Pni. MCCCXLIIL in. die, Nicomedis. Martir. o. gero,
dous, Ecko. de. Stern, Cnns. herbipln, fr. fudatoris, huj,
hospitalis, cys, aia, requescat. i, pace.
Die Figur, 6^ hoch, ist gebogen, die Rechte führt ein kur-
zes Schwert, die Linke stützt sich auf die Tartsche mit
dem Widder; die Füsse ruhen auf einem Löwen, das
Haupt auf dem ungestürzten Stechhelm, den die Widder-
hörner als Kleinod zieren.
Einem dritten Denkmal mit einer Kreuzigung und
einigen knieenden Figuren aussen an der Südwand der
Spitalkapelle kommt weiter keine Bedeutung zu.
Der merkwürdigste Ritterdenkstein von Wirzburg
ist jüngst in^s Nationalmuseum nach München gekommen.
Wir xneinen den des Berthold von Henneberg (f 1380),
der 1815 in die Deutschhauskirche kam, als man die
Johanniterkirche niederbrach. Dieser Denkstein wurde
h& der Translation verstümmelt. Die Majuskel, welche
noch zu entziffern wat, lautet: mmo, äffri, MCCCXXX, 0.
BerthMüs , , . . lä ^fmem , , . S. Simj^im. Es ist die
Geelalt des Grafen Berthold VL aus dem Geschlechte
der ^ die frSniäsehe Kunstgeschichte so wichtigen Fa-
193
milie von Henneberg. Berthold erscheint mehrfach als
Johanniterprior in Urkunden, gründete 1291 Schleusingen
und die Commende Kühndorf, und starb am 30. August
1330.
Weich fliessen die Locken vom schönen Haupte, das
'auf einem einst vergoldeten Kissen mit Purpurquasten
ruht. Der schwarze weitwallende Mantel fallt von der
Tunica, die Brust ist vom Scapuliere bedeckt; der Griff
des Schwertes ist Gold, die Scheide schwarz und von
weissen Riemen umwickelt gewesen. Die Rechte greift
an das Cingulum, die Linke hält den Dreieckschild, auf
dessen Gold die schwarze Henne auf grünem Berge steht.
Die Ruhe, die Milde imd Weicheit der Formen erinnert
unwillkürlich an die Krone aller Steinskulpturen des
/deutschen Mittelalters: die Aureliatumba in St. Emme-
ram. Zur Zeit, da Nürnberg seinen Meister Sobald
Schonhofer preist und in Strassburg Wolvelin meisselt,
ist Wirzburg nicht bloss auf seinen in Liedern besunge-
nen Maler Arnold, sondern auch auf seine meisselkundi-
gen Meister stolz.
Das Denkmal des Otto von Orlamünde (f 1340) in
der Klosterkirche von Himmelskron würde sich anreihen.
Ein merkwürdiges Denkmal steht in der Osthalle des
Domkreuzgangs: das des Ritters Heinrich von Sawns-
heim. Der Ritter steht lebensgross vor ims, aus grauem
Sandstein gemeisselt; ein Löwe ist zu Füssen. Das
Schwert ist zerbrochen, das Banner zerfallen. Die Kes-
selhaube, die den Kopf deckt, steht mit der Brünne in
Verbindung. Der Lendner ist wie von gepresstem Leder,
in der Mitte durchschnitten und mit Stiften zusammen-
genietet. Die auf der Brust befestigte Kette soll in die
kreuzförmigen Oeffnungen des zu Häupten stehenden
Stechhelms eingehängt werden. Ihre Bestimmung, sagt
von Hefner -Alteneck, ist es, zu verhindern, dass der
Helm nicht durch den Hieb von vorne über den Kopf
hinaus geschlagen werde* Die Ellbogenkacheln fehlen,
:19B
der Mannskopf über dem Steohhelm ist verscliwuiiden.
Einst war das Denkmal bemalt; die Kesselhaube eisen-
farbig, die Schlingen roth, Halsrücken und Kettenhemd
golden, der Lendner blau, die Nägel silbern, der weit-
abhängende Rittergürtel roth mit goldenen Verzierungen,
Arme, Beine, Fussbekleidung braun. Der Stechhelm
glänzte in Gold, die Helmzierden in Roth; das Wappen
waren drei erhabene silberne und drei vertiefte blaue
Wecken. Die Majuskelinschrift lautet: anno. dnL MCCCLX.
VI. a. Kai. febr. i, die. s. agathe virginis et martiris obiü
hainrich van Sawnsheim hais ich.
Das der Südwand der Kirche von Randsacker ein-
gemauerte Ritterdenkmal reiht sich unmittelbar an. Auch
hier das Kettenhemd, die Kesselhaube, das weitabfal-
lende ritterliche Wehrgehänge, die feinen Schienen und
Kacheln, die gebogene Haltung. Die Inschrift fehlt; es
ist ein Herr (Peter) von Randsacker.
Aus dieser Zeit stammen die Denkmäler des Bor-
thold Rucker (f 1377) in der Kirche zu Schweinfurt,
des Konrad von Bickenbach (f 1393) zu Rollfeld bei
Aschaffenburg *), und Denkmäler in der Pfarrkirche von
Grünsfeld.
Im Kreuzgang zu Himmelspforten, in welchem die
Franzosen ihr Unwesen trieben, steht das Grabmal der
FrauMargaretha von Fuchs, gebornen von Hütten (f 1403).
Ihr Haupthaar ist mit einer Krause umhüllt, über diese
ist ein Doppeltuch gelegt , welches hinten hinabfäUt.
Kinn und Hals sind mit einem weiten Tuch umgeben, 4as
langabwallende Kleid ist ohne Gürtel. Der faltenreiche
Mantel ist blätterartig ausgeschnitten. Die Inschrift:
Anno Damini i44)3. in die sancti Laurentii obiü Marga-
retha de Butten uxor AppoUanii Fuchs cujus amma requies-
cat in pace^men.
1} Y. Hefner-Alteneck Trachten U. 122. 57. 110«
18
i«4
Kopf ttod HäIs wareti weiss, der Mantel blau , die aus-
gezackte Borte weiss, das Kleid hatte goldene Knöpfe,
die Schuhe waren schwär«, der Rosenkranz roth.
Daran reiht sich das Denkmal des Friedrieh von
Hütten im Kreuzgang zu Himmelpforten (f 1414). Der
Ritter trägt bereits Metallplatten zum Schutze der Brust,
Kniekacheln und Schenkelschienen. Der ritterliche Gür-
tel, der bald verschwindet, wird nicht mehr so tief wie
früher getragen. Die Halsbrünne war eisenfarbig, die
Kesselhaube schwarz. Arm- und Beinröhren Gold, Stech-
helm schwarz, Helmdecke roth, Helmzierde ein Kopf.
Die von Jäck in Umlauf gesetzte Fabel von jener
Aebtissin Crescentia von Grumbach, deren Stein noch
vor Kurzem zu sehen gewesen sein soll, muss entschie-
den zurückgewiesen werden.
Eines der stattKchsten Denkmaler Wirzburgs war
bid vor Kunsein das des Johanniterritters von Haberkorn
in der Deutschhauskirche, ft*üh<er in der Jobanniterkirehe.
Die Inöchrift ist aefetört bis auf „iwmo. dnL MCCCCXXI!"
Der Stein^ jetet im bayerischen Nationalmuseum , ist 6'
hoch, 2' 8" breit. Der Ritter steht auf einem sich krüm-
menden Drachen mit geringeltem Schweife. An das
Basi^net mit aufgezogenem Nasale schliesst sich der
gegliederte Panzerkragen, spitz und weit tritt der Brust-
pa^ßzer vor, über dem Krebse ist die Wespentaille fast
nicht mehr ritterlich. Am flackernden Mantel, den EUbo-
genkach^i, den Schenkelsehienen, ah den kurzen engen
Beinkleidern, welche bis über die Kniescheiben gezogen
sind, hat der Meister viel Mühe verwendet. Der ^Stech-
h^m mit dem Hut und dem Kleinod des Beutelstandes
•erinnern, dass der Bitter in seiner Jugend, den Ahnen
nacheifernd, oft in dig vom Grieswärtel bewachten
Schranken sprengte, nach manchem Kleinod hieb, und
aus der Hand schöner Frauen sich den kostbaren Dank-
preis gewann.
m
Das Denkmal des Martin von Seinsbeim wird bei
der Liebfrauenkapelle erwähnt. Das Bild einer Frau
in der Minoritenkirche scheint in die Mitte dieses Jahr-
hunderts zu gehören; es zeigt weiche aninuthige Formen,
der moderne Musikchor hat die Inschrift geschädigt.
Die Kirchen im schonen Frankenland bergen eine grosse
Menge von Denkmälern des vierzehnten und fünfzehnten
Jahrhunderts, welche wissenschaftlich katalogisirt helle
Schlaglichter auf die Geschichte des Landes werfen
würden.
§ 17. Grruppen, Crucifixe, Muttergottesbilder.
Der alte Portalstein des Bürgerspitals 1' 7" hoch,
4^ 4^ breit, eröffnet die Reihe. Er stammt vom Jahre
1319. Gott Vater hält den gekreuzigten Sohn, darüber
schwebt der heilige Geist. Maria und Johannes knieen
zu Seiten, zu Füssen Johann von Stern und seine Gattin.
Das Kunstwerk zählt zu den ältesten merkwürdigsten
Skulpturen im Frankenland, und verdient einen Platz in
der deutschen Kunstgeschichte.
Zu den ältesten Werken in und um Wirzburg ist
der Oelberg an der Südseite der Kirche zu Randsacker
zu zählen. In den Parallelfalten der Gew&nder wie im
conventionellem Haarschnitt erkennt man den Meister
des vierzehnten Jahrhunderts. Ein Gartenzaum umschliesst
den betenden Heiland und die schlafenden Jünger. Hinter
dem kelchtragenden Engel erscheint die Gestalt de& Va-
ters. Johannes, dessen schlaftrunkenes Haupt weit zu-
rückgesunken, tiägt ein Buch, Petrus^ dessen Kleid
besonders ruhig geworfen ist, ist mit dem Schwerte
gegürtet, Jakobus führt den Pilgerstab. Die Figuren
smd halblebensgross ; Herbigkeit und Steife ist ihnen
nicht abzusprechen. Der Oelberg will mit ähnlichen
Werken in Wotms, Speier, Xanten, Nürnberg nicht
18*
196
conciirriren, tritt aber vor dem Oelberg auf dem Wege
zum Käppele, aus der Schule DilPd, wohl an Gefällig-
keit der Form, nicht aber im Ausdruck und Würde zu-
rük; die meiste Verwandschaft zeigt die Skulptur mit
den Oelbergen in Grünsfeld, Ochsenfurt und Kitzingen.
Eine schwer zu verstehende Inschrift beim Oelberg zu
Bandsacker ist wohl auf dem Meister des Werkes zu
deuten.
Ein sehr beachtenswerthes Steingebilde ist die Kreu-
zigung in der Stadtmauer vor dem Zellerthor; ein ver-
ständiger und gefühlvoller Meister des vierzehnten Jahr-
hunderts hat daran gemeisselt. Wenn auch der Erlöser
am Baumkreuz weniger gelungen scheint; die Mutter,
die sanft von den umstehenden Frauen aufgehalten wird,
da sie dem unermesslichen Schmerz zu erliegen droht,
Johannes, der trauernd die Rechte an die Wange hält,
sind würdige Gestalten, das Leben, die ruhige drama-
tische Bewegung muthet uns an. Wir wüssten nicht, an
welchem Bildwerk der Stadt der Typus des Petrus und
Paulus wahrer und ergreifender wäre aufgefasst worden
als hier an den beiden in der Einrahmung links und
rechts angebrachten Apostelfiguren. Sonne und Mond,
die Propheten über dem Frauenschuh mit den Spruch-
bändern, und die trauernden ^ Engel erhöhen den Ein-
druck. Der Meister hat glücklich den Moment ai^gefasst:
D6 sich die Sieine stielten
Und sich diu greber tMen uf.
Dd kam zein ander unt ze huf
Die grözen Berge unde tat,
Diu stmne erlasch unt wart fal,
Manie umbehanc reiz enzwei
Diu erde erbidemet und schrei
Den starken unverdienten töt^).
'%) Koamd von TVirzbuig goldene Schmiede V. 1982— 19a9«
m
Die sich anreihende Kreuzigung in der Marienkapelle
und der Tod XJ. L. Frau dort werden unten betrachtet.
Die Kreuzigung, welche am Grabmal aussen an der
Nordseite des Domes eingefügt ist, zeichnet sich vor
den geschilderten unvortheilhaft aus. Von der Verstüm-
melung abgesehen, ist das Leben bei der unter dem
Kreuze stehenden Gruppe allzu dramatisch, Maria sinkt
in Ohnmacht und die Schacher sind widerlich verrenkt.
Die Inschrift lautet: Anno. dni. MCCCCLLjar. am. nechsten.
montag. nach, woric. hot. hans. craft. burger. ctzv. wirtzburg.
und. margret. sein, wirtim. dis. figur. losen, machn. den. got.
und, sin. kinden. genedich. und. barmherizig. wolle, sein. amen.
Kraft's Ehe war mit zwölf Söhnen und sieben Töchtern
gesegnet.
Der Tod Maria's, welcher in den zwanziger Jahren
im westlichen ChÖrlein der Südabseite des Domes auf-
gestellt wurde, gehört noch in diese Periode. Eine
wunderbare Milde und Ruhe ist um das Antlitz der Ent-
schlafenen ausgegossen. Zwei liebliche Engelchen um-
fliegen sie, um als Abgesandte des Sohnes die Seele
der Gebenedeiten in Empfang zu nehmen. Johannes ist
vor dem Sterbelager der Mutter niedergesunken, hält
ihre Rechte mit beiden Händen, mit grösstem Schmerze
im Ausdruck. Der eine der Apostel — nicht ganz lebens-
grosse halbe Pigurren — trägt das Kreuz, der andere
hat einen Kelch, die nieisten das Buch. Sie sind nicht
mehr gut conservirt. Es ist abgeschmackt bei diesem
Werk an Meister Dill zu denken.
Der Mutterannaselbdritt (metterciaj in der Ostkrypta
von Neumünster wird durch die In'schrift: anno dni,
MCCCCXVIL domnc, proxima ante a$um(7) als aus einer
guten Zeit stammend, bezeugt. Die Altmutter sitzt, hält
das Marienkind auf den Armen und diese den kleinen
göttlichen Jesus. Dem Beivusstsein vom unendlichen Glücke,
solche Kinder zu besitzen, suchte der Meister nach Kräften
Ausdruck zu geben.
IAO
Die steilierBeii Bmatbllder der drei Frankenapostel in
derselben Krypta haben wie die drei Magier vor der
Jungfrau in den Pfeilern des Domes, die in der Anbe-
tung an den Pfeilern der Stadtpfarrkirdie zu Ocbsenfurt
ein Gegenbild finden, durch Restauration sehr gelitten.
Bedeutender an Kunstwerth ist Christus im Grabe aus
Stein in der Ostkrypta im Neumünster ; schön, edel und
ergreifend sind die Verhältnisse und der Ausdruck, er
tritt den bekannten Werken dieser Art in Mainz, Frei-
burg und Reutlingen zur Seite. Die Statue von Stein
im Dom, St. Leonard darstellend, ist weniger von Be-
lang. In Privatsammlungen finden sich eine Menge von
Skulpturen, die hier anzureihen wären. Aber wir wollen
derselben principiell erst am Schlüsse gedenken.
Es ist auffallend, dass sieh in Wirzburg so wenig
ICreuzbilder aus dem Mittelalter, besonders aus dem
Hochmittelalter erhalten haben. Soll etwa die schon an-
geführte Bestimmung der Diözesansynode, alle alten und
unschönen Bilder zu verbrennen und durch neue zu er-
setzen, einen Erklärungsgrund abgeben? Freilich ist
auch leicht zu begreifen, dass die glänz- und pracht-
liebenden Fürsten aus den Häusern Schönborn, Gutten-
berg und Greifenklau dejrlei Bilder gern durch moderne
ersetzten. Eine ungeschätzte Zahl von Monumenten jeder
Art rafften die Alterthümler in ihre Cabinete, bei denen
wir aUerdiog? manches uralte kostbare Kreuzbild wissen,
die Händler verschacherten viel in^s Ausland, viele Bilder
gingen durch den Einfluss der Atmosphärilien zu Grund.e.
Bamberg, Eichstädt und besonders Begensburg können
mehr alte romanisQhe Crucifixe aufweisen, alsWirzburg.
Das älteste Kreuzbild hängt in der Katakombe der
Karmeliterkirche. Noch sind die Arme gerade ausge-
spannt, das Haupt ist mit einem breiten Reife gekrönt,
der Herrgottsrock in weite Falten geworfen, aber die
FüBse bereits mit einem Kagel angeheftet. Wir dürfen
das Bild immerhin in das dreizehnte Jahrhundert setzen,
-^
188
und mit der frühesten Ge^cbieht^ dee Ee^erinipbenklo&iers
in Verbindung bringen, da diese Uebung, stutt vier
Nägel drei zu gebraueben, seit der Zeit der Albigease^-
kriege aufgekommen war, aud bei der Ejrei^igung sm
Tau£$tein im Dom (1279), auf dem Guardianats^igel der
Minorit^^ und dem sehr merkwürdigen IJliptyeboin des
Freiherrn von Wirzburg aus dieser Zeit wiederkehrt.
Schon Durandus erklärt die Symbolik der drei und vieir
Nägel. Bei diesem seit dem dreizehnten Jahrhundert
aufkommenden realen Typus achlpss eich die Kunst
enger an die historische und physiologische Wahrheit
an, ohne jedoch die ideale Anschauung von der Unsterb-
lichkeit Gottc^, der Freiwilligkeit des Leidens Jeau und
dem Siege des Lebens über den Tod aus dem Auge ssu
verlieren- Die drei Nägel werden auf den körperlichen
und geistigen Schmerz und den Schxperz des Herzens
gedeutet. Kreuzbilder mit drei Nägelu au&i dieser Zeit
finden sich in der Liebfrauenki^cbe i^ Trie^, in der
Schulpforte, im Münster zu Freiburg, zi; 8t, Loren* ip
Nürnberg. Dass man auch später noQh Kreuzbilder mit
vier Nägeln fertigte, ist bekannt. Da^ Minoritenkloster
zu Wirzburg besitzt ein derartiges Silberbild von l^tSO«
Wunderbare Sagen knüpfen sich an daa Kreuabild
in der Ostkrypta von Neumänster« Es iat auis einer
eigenthümlichen SteiniiMtöse geformt. Die uniierhältnias*
massig langen Arme sind nicht ausgespannt^ aondern als
wollten sie eine Gestalt umfangen« Daa BUd ist in das
vierzehnte Jahrhundert zu setzen 0* Ihm ai»d unzäh-
lige Opfer gebracht worden. £lin ähnliches ChrisliusbUd
steht in der Gabrielapflege. Ein drittes, ganz so geatal^
tetes Kreuzbild aus Holz 2' hoch, ging verloren oder
wurde verkauft. Schön ist das Bild in der Bürgerspital-
kirche. Von ergreifendem Ausdruck ist das Kreuzbild in
1) J. Ruland das Cruciflx in der Stiftokiiche zum nraan Müniter
in Wirzburg* Gropp coli. I. 12.
200-
der Sepnltur am Dome. Am Kreuze „das im Baume steht^,
nahm 1443 bei der Stadteintbeilung das Bastheimer Viertel
den Anfang und endete das Gänheimer. Unterhalb des
Leprosenhauses bezeichnete früher ein Steinkreuz die
Stelle, wo nach der Fabel Eppele von Geilingen (f ;1389)
durch die Bischöflichen verfolgt in den Main sprengte. Auf
dem Kreuze von rothem Sandstein in einer nahen Wein-
bergsmauer, wo die Sage von einer eingemauerten Nonne
spricht, findet sich die Abbildung eines Messers mit der
Inschrift: Hanns Ho ffelter i4Si ] bei Heidingsfeld steht ein
figurenreiches Kreuzbild von 1378 mit der Inschrift:
anno, dni. MCCCLXXYIII. an, unsers. herm. leichnamstag,
starb, Kuntz. teussenlmk. Es ist einer der ältesten Bild-
stöcke im Frankenland.
Die Strassen nach Kitzingen, Heidingsfeld, Ochsen-
furt, Wertheim, die im Taubergrund und sonst sind reich
an Bildstöcken jeder Art, besonders aber an Kreuz-
bildern. Am wärmsten verehrten die Franken das heilige
Kreuz zu Hausen, auTm Kreuzberg, inRetzstadt, inEibel-
stadt und Schwarzach. Es gab Bruderschaften zu Ehren
des göttlichen Kreuzes. Bei der Prozession am Kreuz-
erfindungstage trugen in Wirzburg die Scholaren unter
Hymnen und Gebeten das Kreuz, die Nägel, die Geissei,
die Dornenkrone, die Scala, die Lanze, den Schwamm
und das Veronikatuch*/. Besonders beliebt ' waren die
mit Perlmutter gefassten Jerusalemskreuze, die noch in
grosser Zahl vorhanden sind.
Aus dem vierzehnten und fünfzehnten Jahrhundert
sind an vielen Hl^iBern der Stadt schöne Madonnen-
bilder erhalten. Die Madonna in der Nähe der Domini-
kanerkirche sitzt auf einem Throne; in ihrem Schoos
ist das göttliche Kind mit dem Buche als der Völkerlehrer:
in gremio malris residet sapienHa patris. Eine hohe, fast
lebensgrosse Madonna in der Augustinergasse hält das
1) Gropp coli. I. 15.
201
Kind in der Linken, die Rechte ist wie in Bewunderung
und Anbetung erhoben , die Stellung ist stark gebogen ;
denselben^hieratischen Charakter tragen auch zwei stehende
Madonnen in der Burkardsgasse. Schön geworfene Ge-
wänder hat die auf ein aus vier Säulchen combinirtes
Postament gesetzte Madonna am Wege zum Käppele. Als
mafer amabüis winkt uns das ausgezeichnete Muttergottes-
bild auf dem Thorthurme des Festungshofes entgegen.
Ein zweite Madonnabild in der Augustiiiergasse ist von
einem stattlichen Baldachin überdeckt. Zu Füssen des
Bildes in der Nordabseite von St. Burkard kniet ein
Benediktiner; der geniale Meister, welcher die Madonna
über dem Eingang in's alte Schottenkloster meisselte,
hat sich selbst als stützendes Postament in geistreichen
Zügen ausgeschlagen, und erinnert so an Konrad von Ein-
beck in St. Moriz in Halle, an Georg Kampf im Dom zu Frei-
burg, an Jörg Syrlin an den Chorstühlen in Ulm, Die
maier Bei gmitrix in der Pommersgasse (IL 278) trägt
ein unschönes Kindlein, gut sind zwei Bilder in der oberen
Johannitergasse. Die Mutter mit dem iKinde im Dom ist
eine hohe imposante Figur; zart und fein ist die aus
Holz geschnitzte Madonnastatue, die jüngst aus St. Burkard
in Erlbach in die Marienkapelle gekommen ist. In Neu-
münster stand ein schwarzes Muttergottesbild. . Vom
schwarzen «Christusbildern haben wir nichts erfahren
können.
Der milde, reine, so sehr anmuthende und zur An-
dacht stimmende Ausdruck kehrt an den unvergleichlich
zahlreicheren Bildern aus der Renaissancezeit nicht wieder.
Im Mittelalter tritt die Muttergotteswürde, in den spä-
teren Zeiten die Würde einer menschlichen Mutter in
den Vordergrund; in alter Zeit wurde das Kindlein ge-
wandet, in späterer Periode trägt es das Kleidlein nicht
mehr, schon Meister Dill liebt es, dessen Rechte mit der
Zehe spielen zu lassen. In alter Zeit nahm der Künstler
die Idee der Muttergottes, die er darstellen wollte, in
20»
sein Herzblut auf, erwärmte sie darin, und reproducirte
sie als einen Theil seiner selbst, die spätere Zeit ist
diesem Liebesprozesse fremd geworden.
Früher führten auch die Schneider auf ihren Haus-
schilden das Bild der Jungfrau zwischen einer offenen
Scheere.
Die Liebe zur himmlischen Jungfrau war der Puls-
schlag des Kunstlebens der Stadt; ihr zu Ehren erhob
sich die älteste Kapelle der Stadt auf dem B^ge, bei
St. Burkard war sie allezeit Patronin, die Orden riefen
sie als ihre Schutzfrau an, die Bürger stellten sich unter
ihren Schirm, Ist Maria seit zwölf hundert Jahren die
Schutzfrau des Frankenlandes, sind ihr zu Ehren die
Kirchen in Höchberg^ Dettelbach, Hassfurt, Heilbronn,
Kirchberg, Kissingen, Findelberg, Friedorf, Föhrbruck,
Lautenbach, Betzbach, Buchen, Birklingen, Tinnbach und
Zellingen erbaut worden % so ist sie im eminenten Sinn
stets Patronin für Wirzburg gewesen. Nicht umsonst hatte
Konrad seine goldene Schmiede gedichtet: Jahrhunderte
lang schlugen die frommen Meister im Schurzfell mit
freudig regsamer Thätigkeit seine rauschenden Lieder in
Stein aus. Der Jungfrau sollte sich hundert Jahre nach
dem Tode ilures Sängers eine neue Kirche erheben, zier-
lich und reich wie keine in der Stadt; es sollten alle
Kräfte sich darbieten, alle Potenzen zusammenwirken,
um das Haus der Gebenedeiten auf das Prächtigste zu
bestellen. Die Wirzburger haben die sich selbst gesteUte
Aufgabe glänzend gelöst. Mit dem Baue der Marienka-
pelle tritt die Kunstgeschichte der Stadt in den Höhe-
punkt ihrer Entwickelung ein.
l> Gropp iM. I. S4.
20»
§ 18. Die Liebfrauenkapelle.
(1377—1479.)
Am 20. April 1349 war das grassliche Ereigniss zu
Wirzburg geschehen. Dem Untergang geweiht hatten
die Juden sich in ihre Häuser verschlossen, selbst den
Feuerbrand in dieselben geworfen, und mit Weib und
Kind und Hab und Gut sich verbrannt. Im prasselnden
Falle stürzten die Wohnungen zusammen*). Wir glauben
Märe, nicht Geschichte zu vernehmen; aber zu Ulm,
Worms und Mainz gingen die Juden auf dieselbe Weise
in den Flammentod, zu Strassburg wurden 2000 ver-
brannt. Durch das Frankenland und durch Thüringen,
durch Schwaben, Bayern und Oesterreich ging die un-
heimliche schreckliche Wuth der Verfolgung. Es war
nicht das erstemal, dass der Gojmhass so schauderhafte
Szenen in Deutschland herbeigeführt hatte.' Das ganze
Mittelalter hindurch wollten die fürchterlichen Schau-
spiele kein Ende nehmen. Grässlich war die Verfolgung
von 1147, die uns der Verfasser der Annales Herbipolen-'
ses schildert 2). Die Verfolgungen setzten sich noch fort:
1368 in Weissenfeis, 1380 in Ulm, 1424 in Zürich , 1440
in Augsburg, 1447 in Liegnitz, 1475 in Bamberg, 1490 in
Genf, 1492 in Glatz, 1499 in Nürnberg, 1519 in Regens-
burg. In Wirzburg wurde 1434 beschlossen, die Häuser
am Judenplatz vollends abzubrechen, und ihn ohne Bau-
ten zu belassen.
Die Juden waren kaiserliche Kammerknechte und
zahlten dem Kaiser den Judenzins. Dem Bischöfe von
Wirzburg kamen besondere Rechte über die Hebräer
seines Sprengeis zu; 1349 erhielt er von Karl IV. alle
Häuser und Gülten derselben in der Stadt und derDiö-
aese. Die Juden trugen eine besondere Tracht. Die
i) Michael herbip. ap. Boehmer fontee. I* 476.
2) Ann. Herbip. MM. SS. XVI. 4.
904
Männer kennzeichnete eine Scheibe von saffranfarbigen
Fäden aussen am Kleide und auf der Brust und der
spitze (phrygische) Hut, der weiss oder orange uns
so oft auf Denkmälern begegnet. Die Fraue» durften
nur mit Schleiern von gelbem Stoff erscheinen.
An der Stelle, wo die Synagoge der Juden gestan-
den hatte, erhob sich bald eine kleine Marienkapelle. Sie
mag nur zum geringeren Theil Steinbau gewesen sein.
Den Anbau an der Sakristei können wir nicht als einen
Rest dieser primitiven Kapelle erkennen. Das Marien-
bild in derselben gewann rasch die Liebe des Franken-
landes. Wallfahrer strömten herbei und Opfer gingen in
Menge ein; bald vermochte die Kapelle die Schaareiji
nicht mehr zu fassen, und es sollte ein neuer hoher Bau
an die Stelle treten. Bischof Gerhard von Schwarzburg,
bei allem Jammer der Zeit bedacht, die Pracht des Got-
tesdienstes zu heben, die Zucht in den Klöstern herzu-
stellen und den Wissenschaften mächtigen Aufschwung
zu geben, Hess die Kapelle, die nahezu dreissig Jahre
gestanden hatte, niederbrechen, und legte am Pfingstabend
des Jahres 1377 mit grossem Pomp den Grundstein zum
neuen Baue. Die Majuskelschrift am zweiten Südstreben
vom Südportal nach Osten, die gleichzeitig ist und offi-
ciellen Character hat, gibt den genügenden Aufschluss.
Adu. anno, dnt MCCCLXXVIL dns. gebhards, cames, de
swarzburg. eps. herbipolensis. posuit primutn. lapidem. in.
vigüia, pentecoste. et est fundator, cappellae. beatae. Mariae.
virginis in plaeia, judoru. in civitate. herbipolensi.
Die göttiiche Jungfrau hat das Werk huldvoll ange-
nommen und gesegnet.
Der Magistrat der Stadt wählte zwei Mitglieder,
welche als Baucommissäre die Oberleitung führen soll-
ten. Wir kennen sehr viele Meister und Steinmetzen
dieser Zeit: Michael Schilshaymer von Schliersee
baute dort eine Kapelle, Peter Arier von Gemünd ist
thätig in Prag, Hanns der Krummauer vollendet den
206
Chor am Dome zu Passau, Heinricli Zehentner, Liebhart
Mymier sind Dombaumeister in Regensburg, Ulrich En-
singer baut in Strassburg, Meister Michael in Köln, Wil-
helm Knoke sucht die Cyriacuskirche zu Duderstadt 1394
zu Ende zu bringen. Aber von dem ersten Meister des
Baues der Marienkapelle ist keine Nachricht auf unsere
Zeiten gekommen. Zwar nennen die alten Kirchenbücher
zwei Meister, Konrad und Kraft Zehner, welche 1361
und 1362 Bechnung stellten, aber es ist uns nicht mög-
lich, diesem Berichte besonderes Vertrauen zu schenken.
Der Chor ist noch zu Lebzeiten des Grundsteinlegers
am Sonntag nach dem Martinsfeste 1392 vollendet imd
consecrirt worden; denn 1392 stiften Berthold und Sei-
frid, die Rücker zu Schweinfurt, eine Vicarie auf dem
Hochaltar, damit täglich ein Amt gesungen werde. Das
Jahr darauf erkaufte sich die Kapelle bereits ihre Selb-
ständigkeit von der Domkirche, indem sie vier Weinberge
am Stein, und 300 Pfund Heller zahlte. Die Urkunde
vom 13. April 1393 spricht: „structura sollemniter consum^
mata et a nobis eonsecrata dinoscitur et ectlesia honorifice
cepta cernitur.^ Johannes Zürn, Pfarrer in Oberpleich-
feld, hatte schon 1390 ein Ewiglicht gestiftet. Es ist
ein rührendes Schauspiel, zu beobacl^ten, wie von jetzt
an alle Klassen der Bevölkerung ihr Möglichstes leisten,
damit das Haus der göttlichen Mutter schimmere in Far-
ben, Gold und Edelgestein, und wohl mit Seide und
Scharlach geschmückt, mit Paramenten, kostbaren Ge-
fässen und Denkmälern in Stein und Erz und aus köst-
lichem Holze reich verziert sei. Kunigunde Zierlerin gibt
mit zwei Morgen Weinberg den vornehmsten Theil ihrer
Habe hin (1394), Hanns Reymann zu Schalksfeld glaubt
die jährliche Gült seiner Habe zu Dambsdorf am bes-
ten verwendet, wenn sie zum Schmucke der Mutter bei-
trägt (1395); Thiele Rephun weiht ihr 1401 Hab und
Gut, Wilhelm von Alemberg schenkt 1407 reiche Gülten
zu Dettelbach, Brück, Bibergau xmd Stockheim. 1408
906
wird die Bttterfratermtftt gegründet. Die ritterliclie Füi>
Bpangebruderschaft gründet einen Altar und präsentirt
den Kaplan, der gegenüber nächst dem Dietrichspitale
wohnte. Es ist ein Bayer, Erasmns Kremel aus Mün-
chen, welcher der Patronin seines Landes zu Lieb mit
1500 Goldgulden den Altar des heiligen Jakobus stiftet.
Martin, der Senior des Hauses Seinsheim, gründet die
Vicarie zum heiligen Sebastian, und macht dem functio-
nirenden Kaplan strenge Vorschriften. Veronika Keller-
männin (1431), Schwenker Wolf von Heidingsfeld (1439),
Heinrich Geier von Ochsenfurt und Heinz Franklin (1447)
wollen als besondere Wohlthäter der Kapelle genannt
sein. Letzterer stiftete ein ewiges Licht. Dankbar ver-
zeichnen wir die Namen des Lorenz Eck 1450^ der
Barbara Breunerin, des Vicars Peter Unger 1456, des
Johann Kapel 1458, der Katharina Aspachin 1461, des
Johann Gross, des Hanns Meisenbach, des Johann Menges,
der Barbara Estlin 1474, des Johann Hirsch 1478. Viele
haben ihr Hab und Gut gegeben, Andere Andachten be-
gründet, Alle die Würde des Gotteshauses gemehrt*).
Bürgersfrauen, Gräfinnen und Herzoginnen schenken
ihre Brautkleider, ihre Schleier, ihre silbernen und gol-
denen Armspangen U. L. Frau. FrauElsbeth, Herzogin
in Sachsen^ macht einen Beitrag zu einer Planeta; Meis-
ter Franz der Seidensticker zahlt fünfzig Gulden für
einen vom Kapellenbaumeister erkauften Schleier; eine
hohe Dame muss ihn geschenkt haben. Aber auch die
Else Kremetin will ihr „grobes Röcklein, ein Gipplein,
ein altes Wamms und ein Käppiein" zum Opfer zubringen ;
eine arme Frau jenseits des Maines verehrt vor ihrem
1) Scharold Beiträge I. 3. hat mit yielem Fleisse alle diese and
noch mehrere Notizen aus den alten Rechnungsbüchern und Protocollen
zusammengetragen« Domcapitular und Dompfarrer Himmelstein stellte
uns seine ausführliche Geschichte der Kapelle im Manuscript zur Disposition«
H. Kapelienpfleger M. Roeser sind wlf gleichfalls zu Dank verpflichtet.
1W7
Tode noch ihren Frauenmantel an die Kapelle» Die
Jungfrauen von Wirzburg stickten Teppiche zum heiligen
Dienste; Auch mit Paternoster und Agnusdeibildchen
glaubte man der Mutter eine Freude machen zu können.
Als Bürgermeizter Ludwig Kraft zu Ulm am letzten
Juni 1877 den Grundstein zum Münster gelegt hatte,
wurde auch beim Bauamte kein „Fürfleck, kein Mieder-
lein, kein Gürtel und kein Haarband" verschmäht.
Die streitlustigen Ritter schnallten ihre Sporen ab
und weihten sie und ihre Panzer der Jungfrau. In der
Schlacht «roberte Fahn^i, in der Gefangenschaft getra-
gene Ketten hingen sie in der Kapelle auf. So hat
Hanns von Lichtenstein sein braunes Reitermäntelchen
verehrt 5 es war 8 Pfund und 15 Pfennige werth. Er ist
auch in der Kapelle begraben worden. Sein Eisenhut
wurde 1465 um einen Gulden gestrichen. Von Thomas
von Schaumberg erhielt die Kapelle 1470 nicht bloss
den braunen Streithengst, welchen der Beuss von Thüngen
um 18 Gulden kaufte, aber davon fünf schuldig blieb,
sondern auch zwei Plattenharnische und Stahlchirothe-
ken, für die 4 Pfund gezahlt wurden, den Rücken, den
Krebs, das Bassinet und die Armröhren, welche um
4 Gulden gekauft wurden. So schenkte Junker Endres
vonWechmar sein Pferd sammt Rüstzeug, seinen Krebs,
den Rücken, die Kesselhaube, die Barthaube und den
Halsberg, Brustplatte, Schwert, Brünne, Sporen, den
Hut und zwei Lederhosen. Seinen Hengst kaufte wieder
Reuss von Thüngen um 18 Gulden. Die Rüstung, des
zu Römhild verstorbenen Aibrecht von Waidenstein ge-
dieh testamentarisch an die Kapelle 0«
i) Man hiD<^ iiA Mittelalter allerlei in den KiDdlieii auf. So liees,
wie schon erwähnt, Trithem „einen vom Himmel ^efallenon Donnerk^l'^
in St. Jakob befestigen ; in Grönsfeldhausen zeigte man die Blechschienen
für einen Riesenarm , in dem sonst die Jungen Versteckens spielten ; in
Oanrettenheim hing eine Riesenrippe; an der ThOr der Wolfgangska-
pelle bei Ochsenfurt sind eine Menge Hufeisen befestigt, und zu St. £gid
208
Die neu geweihten Priester feierten gerne die
Primiz in derselben. Sie pflegten, wenigstens 1467 — 1471,
bei dieser Gelegenheit zwei Pfund Wachs oder 10 Schil-
linge U. L. Frau zu verehren.
Weinrufer Bierlein schenkte 1460 ein silbernes Ring-
lein, an welchem reiche Vergoldung blitzte; Frau Kuni-
gunde von Timfeld zahlte 1466 fünfzehn Gulden zum
Baue.
Aus der Vermiethung der zwölf Kramladen (seit 1437)
und von der Sepultur gingen manche Einkünfte zu«
In den Jahren 1445, 1448, 1451, 1500 und 1670 wurde
der Kapelle die Gnade des Ablasses zu Theil.
Noch flankirte die Fassade kein Thurm.
Warum der Rath mit Meister Weltz, der 1484 — 1441
Werkmann und Baumeister der Kapelle , wöchentlich
ein halbes Pfund Heller aus dem Stadtumgeld und jähr-
lich ein Hofgewand erhielt, nicht sehr zufrieden war,
erfahren wir nicht ; aber am zweiten Tag nach Matthias
1441 traf der Magistrat ein Uebereinkommen mit Meister
Eberhard Friedeberger aus Frankfurt, und stellte diesen
als Baumeister auf. Friedeberger war ein renommirter
Steinmetz. Er hatte eben am Rhein mehrere Werke in
Accord genommen. Der Rath verlangte nicht, dass er
diese aufgebe: er möge sie an Ort und Stelle vollenden;
wenn man aber zu Wirzburg seiner bedürfe, dann soll
er unverzüglich eintreffen. Der Meister erhielt wöchent-
lich ein halbes Pfund aus dem Stadtumgeld, jährlich ein
Hofgewand wie die übrigen Stadtdiener, unJ für dEs
Jahr 1441 sechs Gulden. Von dem Tage an, da er das
Werk in Wirzburg übernimmt, werden ihm täglich 30
Pfennige Lohn ausgezahlt. Meister Friedeberger hat den
Thurm grossentheils ausgebaut. Seine Gesellen sind uns
nicht alle bekannt.
in Nürnberg ist beim Brand die Riesenrippe zu Grande gegangen^ die uns
Wagenseil beacbiieben bat.
m
Unterdo^ftei» Wftr0n (}ie Mt&re der jiLppstelf^iflißii,
der heiligen Anna und des Jol^ftones üjufg^istellt woirden.
Meister Gall von Schweinfurt arbßit^e X4§0r- 145(5 iW#
Meister Hanns Haas an 4er Lmenzi^jr? Ibrpttßrer h#te
freie Wohnung und Iß Gilden Einnahipe.
Im Jahre 1456 mpsste^ di^ ]31ei4^c]^r W^pd^? F^m:^
ter und Glasmalereien reinigen. ^
Meii|ter Gall fUgte 1457 a^ch idie Flügel zn &ßßm
Altar aneinander; für dieXiindQnbre^erinpB^^ninNürjKiL-
berg 64 Gilden 5Pf]imd und 6 Pfennige ge^/ahlt werden.
Man QiQX^hte laeinen, dass die Meister von Wirf^burg ßs
nicht so ganz verstanden, den Kireidegrimd auf die Bretter
zu fi^iren. Mit Maler Hanns Fesier^er accordiHe da9 Sftu-
amt über die Anfertigung eines Tafelgfsolid^s mii»
Schnitzwerk. Goldschnued Hanns Bu^l mäim mi ißln^
Monstranze 4 Loth Silber (1460) ; drei Jabre dar^i^l^ W^^
eine bei den berfihniteren Goldschmiedi^ in Nürnberg
bestellt. Dem Gpldschmied EwiJil saiUte das ßanamt
für die Vollendung eines silbernen Kelches 3 Gilden,
3 Pfund und 6 Pfennige. NiklsÄ Guldwschaff stiftete
ein Altartuch, Meister Linhart verfertigte 1456 inehrere
Musikinstrumente. KraJPt Zimmer schaffte heilige Biicher
bei, welche mit Ketten an das Betpult befestigt wurde».
Wir erfahren auch, dass Konrad Gümpelein 1460 die
Kolossalgestalt des heiligen Cluristoph neben d^ von
Meister Jorglin deni Orgler 1451 au%estettten Orgel an
die Wand malte. Als am Mttwpöh nach S^emipiße^rß
1473 der Weihbisehof die Menge der ^ßuen Pa^ameirte
benedicirte, befand sich unter denselben auph ein Cibo-
rium mit reicher Ciselirarbeit Die Glocke, welche 1470
von Frankfurt kam, wog 16 Centner 22 Pfund; d^rCept-
ner kostete 9 Gulden. Noch konnte sie aber nicht :$wl-
schen den Rammen der Querschwellen des Glockenstuhles
aufgehängt werden: derThurm war trotz der Thätigkeit
Friedeberger's noch keineswegs so weit gediehen« Es
hatte sich durch ihn eine förmliche Bauhütte um den
14
910
Thurm gebildet. Aas den Steinbrüchen von Thüngers-
heim schafften Arbeiter unter einem Grubenmeister das
Material, und als diese 1454 erschöpft sdüenen, aecordir-
ten die Commissare Endres Wolze und Hanns Buel der
Goldschmied mit den Besitzern der Bruche von Erla-
brunn auf 10 Jahre, und kauften eine Lage um 6 £(•
Friedeberger starb 1460 zu- Frankfurt; Linhart Stroh-
maier folgte ihm. Er war ein regsamer meisselkundiger
Meister, der viele Jünger anzog. Er polychromirte 1461
das Langhaus, und erhielt am Donnerstag nach Kiliani
dieses Jahres für sich und seine Gesellen vom Rath
nebst dem regelmässigen Sold 12 Pfennige für 2 Viertel
zum Vertrinken. Einige Zeit später arbeiteten unter ihm
Mathes i^uinann, Fritz Arnold, Hanns Dietrich, Klaus
Eckelein, Peter von Aschafi'enburg, Hanns Frank von
Iphofen, Gabriel von Iphofen, Fritz von Staffelstein,
Hanns von Straubing, Endres Hauff von Estenfeld. Sie
meissehen auch für die Stadt und Umgebung Thür- und
Fenstergewände, Larven, Säulen, Brunnen, (Taufsteine,
Grabsteine, Sacramentshäuschen, Madonnabilder und
Sonstiges. Aus Altenburg, Wertheim, Koburg, Worms,
Nürnberg und Krailsheim kamen Jünger zu Meister
Linhart. Diese Menge kommt uns seltsimi vor. Aber
J. Kraus berichtet uns, dass bei dem Bau der Kirche
von Königsberg bei Hassfurt 1397 — 1445 einmal der
Meister aus der Fremde fortzog, längere Zeit ausblieb,
dann mit 400 Gesellen wiederkehrte^). Linhart fertigte
1467 die Formstücke zu dem Thurme, deren jedes 3
Gulden kostete. Er erkrankte. Als der Brückenbaumeister
Hahns von Königshofen die Oberleitung des Baues der
Marienkapelle überkam, es war am Freitag nach Ostern
1470, erhielt er 28 Pfennige und 2 Gulden zu einem
Hofgewande. Es galt nun die Vollendung des Thurmes.
Kunz Zink schlug mancherlei Maasswerk für den Helm.
t) Ktft.ttß B«itr. zur Kirch. Schol, . . . Hist. IV. 75.
fit
Weil Kraft Ktinstadt 45 l^age lang die Steine zum Helme
gesetzt^ verbunden und verbleit hatte, aueh dreimal auf
denKrabn gestiegen war und die Seile angezogen hatte^
erhielt er 2 Pfund mehr als bedungen war. Im Jahre
1470 wurde um Martini die Bauhütte geschlossen.
In den folgenden Jahren wird grössere Energie
entwickelt. Es kommen Jüi^er aus ganz Deutschland
zum Thunhbau zusammen. Michael Strauss von Regen»-
bürg, der' bei Meister Roritzer der ilalen Gerechtigkeit
kennen gelernt hatte, und Hanns Voytlein vonEichstädt
langten an , von Passau kamen Ulrich der Staffelsteiner
und Michael Keyel. Hanns von Freiburg, Ulrich von
Troehtelfihgen, Anton von Karlstadt, Hanns Queier und
die sehr geschickten Steinmetzen Hanns Dietrich und
Eckart Müssiggang und Andere brachten Gtuss, Wort
und Handsehenk von ihren Meistern, und erhielten ihre
Zeichen beim Thurmwerk; mehr als zwanzig Zeichen
können am alten Theile noch gefunden werden. Gehor-
sam und Ordnung herrschte; der Meister duldete keine
Streitigkeiten. Sein unumschränkter Stellvertreter war
der Parlir, der Werkführer, gesetzt über Gesellen und
Lehrlinge. Wer nicht zur rechten Zeit zur Beichte ging,
mit Frauen unordentlich lebte, oder sich dem Spiele er-
gab, wurde aus der Hütte entfernt. Schulden haben ^e
Steinmetzen selten gemacht, aber oft sehr tapfer ge-
trunken.
Meister Dietrich schlug die Giebelblumen des Helmes
aus, imd erhielt für jede 4 Pfund und 15 Pfennige be-
zahlt. Das Holz zum Dachstuhl kam aus dam Bambergi-
schen und kostete 25 Pfund 10 Pfennige. Endlich im
Jahre 1479 hatten die Steinmetzen das Ihrige am Thurme
vollendet ; Meister Heinz Bamberger deckte die Spitze
mit Blei, soweit die Pyramide es erlaubte, und hatte
dazu 79 Vi Tafel nöthig; jede kostete 1 Gulden. Noch
wurden zwei Messingscheiben auf die Spitze gesetzt —
sie waren roth imd schwarz — und Von Simon Moler
m
die »T htiiyite ift t jw^ po|yi()ivpiieilrt, U]i4 mm Ißhtß 4#fi
einem li««^ tb» veffstw^^h maf$b<m woötp, pilifafl*e «113
dm imev^tw Yf rstündni^^ d0r Z^U^ jiiMrß« WoHeiia und
Steolidm «»d iÜM^s f|^hoqa/N;eQ Oecduay^BpUbenß s^Ulß A«-
«d««vt«iigw g^iw^&pfl; hi^bm, miiflito »ell^t das J«i^
ümm Qg^kk^fmkt vorwidtf n md i«Mß^g0b0^d mm^
IMe Li^bfraiiMiIiapell« zu Wh^burg ifit eine <)|iri-
sebiffige Hall^kiveiie mit gevadlkiig s^üiessendea Sei^
tenliallen und einem C^op, der in Am Höbe des Mittel-
sehiffes sieh fovtselsit. Dev Tliunn sets^ sieh der Novd*
Seite der FAssade an. Bei der gleiehop QflSie der Hi^^a
keimte ein reiehes Strebes^tem nicht entftdtet werden,
aueh ist die Vordseite wie oft Bi<Aii so glänzend behan-
delt, als der ISüdM^an. Kreuswölbtmgen sohliessen den
Ohor, Netzgew(ffil>e die Hatten. An allen Theilen sprieht
der DreMang im uns. Dreigeiheiit Ist der Thui«»; es
folgt auf das ssn wenig gegUederte mauerhafte Grund-
quadrat der Reiehthum desAchtortsj über welchem der
Helm, von Bippen und Homontaktlben gebÜdet, frei,
leicht und edel in die Lüfte steigt, ^eichsam als ob er
nieht nüthig ii^äre^ das heitere Spiel auf den energisehen
Ernst in den unteren Theilen. Drei Portale fuhren in
das Innescu Das Weai^portai ist bu rnijsfiiidem Seiehthum
ausgestaltet^ ftsst Alles an sich eiisaaimm, nraa im Jmr
nern den Beschauer erwartet; Die fidtenpertaie nsd^
Nord mid Büd i^onrespondirBn dem Gesatae der ItAtmtsir
Symmetrie gepaies und aind an sL^ YoEandete Knus^
werlfe not ^iim»rolIei^ Ile(ball, i»elche die RM^fchasd der
alten heiligen Hnttenkiinst uns n^zosA exnen^n. Diteige-
theiU ist die Fassade von i>ben muth Vvium dui^eh dus
Portat, die fiid}erie und danfiifl^^ VionHoid niM^äfid
dmdk die awei absohHessend^n älreban. Cto M» Ducto
118
im Qbot und äu dm Wajidttiigeii lassen ddli Dreikläng
Mich in ddt LmgiiudinaltieMtuig. tUs KimheBgtsbBtfdM
%ti^tmm* Drei höehgetqpffBiigte HäUsn böd«n den iiäitobta,
4#f Chor d4)iiit mch in dJrei W61lraiigl(rechl^kcafi ztirOst-
ttiig. DM Thtirmeben reriäuefa^n die SdiSsilieit wA m^-
i'c^; dcü» fenftterreiehe gewehdelte Tliitl#in€lie& wk Eeke,
well^he» der gefttdlii%« Abs<$hlü88 der Südftdtt^ noth-
Wättdig ^«eugen «Hielte; di» artig dunäriiroeiieiiePoly'-
gohj daü defii Westportäl ängef^ ist^ und jebed diu;
A<^hlört d^s ItMpl$ht»ft&s begleitende Nebe&thürs^jieii.
Das Oi^eet^ der Üifofeseftbttfti^eit wiegt^ den Unterbam
des Thütmes Msgenratmen^ niingmds vor^ äynmietrie
fi^efanei alle Glieder n^, ^^^ das Qanee waltet der
Zdubei^ de& Rhythmus, wie »^ kelneni ahdei'eii Gebände
der 8lAdt^, die ÜetnÜs eiüd mil bewwderlnigswttirdigel*
TeehilätL gefettigt UDd hoher SchtobeltdBiiih ist n^ deit
ef^aeMeii G^üU f&r ifl^ldttdO« Chdtakterifetik yer-
biUiuehi ~
Oeheü ^f auf dAS ®n*Ä»ö feih;
Um Giebel i^ Fäösade glie*^rt ärtsiFikiefi, müh
pföiUin, am Eieseii mit dossefi bedettt md tett di^r Ki^ü«-
bltime gedöMosseii. Die Gallerte M dtirth Abtrej^ptiflg
dreifach geth^Üt und in der BHiätüh^ ihit Mäasaiwei*k
geÄlett. Üeber ihr durchbrieht eift ftnAÄteftstto di^ WAAd.
Von deh dfei Höchfehfetettt wli»a das hdttlere dttKth b^
sonderen Beichthum im Maä^äMretk aüägeiiöichnei* Da^
Portal selbst ist von zwei Streben und nördlich vom
dütehbföeheneh Thfittnl^ begränÄt. t)ie IStteben ver-
jüngen sich di^eimal, dAs Thfltuileifi iü ttlcht i^ bedeti^^
tendet Höhe geführt. Afil PtyriA ifet mt Schräge, dal»
Tymfian iind der krönende Absebltofei äu ühteJrsf^helden.
I^B folgen in den SehrSgeti der i^eingeitaei^iielteii Süsseren
Hohlkehleh die SaMchen, Mi Welche» die itt^ernenBi-
sehöftstattteii stehen, diesen cähe ssweite Kehle, dieset
die dritte, mit Bundsäulchen und ziei^ielieö ^daefaitign
814
und BaBamenten, auf welche zwölf Figuren hStten Platas
nehmen sollen; Teiches Laub spielt in der folgenden
Hohlkehle; im weiteren Gliede sind die Baldachine für
zehn Figuren angebracht, auf eine andere Blumenreihe
kommt ' die letzte Baldachinordnung für leehn Figur^o.
Wo die Kreissegmente der Spitzbogen beginnen, sieht
man allerlet Gestalten, den langohrigen Esel, den fletsch-
enden Waldteufel, geschuppte Vögelchen, den geflügelten
Drachen und sonstige schreckende Ungethüme angebracht.
Die Schönheit des Portals leidet sehr, weil die Figuren
mangeln, aber schon am Ornamentalwerk hat die Jugend-
frische der Kunst den weitesten Spielraum gewonnen,
und weiss ihn mit unübertrefflicher Productionskraft zu
füllen. Es erreicht die Durchbildung des Einzelnen hier
ihre volle Freiheit und Eleganz. Während im rein na-
turlichen !E^twickelungsgang wie bei den Griechen die
Blüthe der Plastik erst beginnt, wenn die Architektur
bereits ihre volle Reife erlangt und die Keime zum Ver-
fall in sich aufgenommen hat, während dort beide Künste
einander feindselig gegenüber stehen, und nur ein Com-
promiss zu gegenseitiger Unterstützung mit einander ab-
schUessen, bei welchem jede von ihrem Wesen einzubüs-
sen gezwungen wird, sieht man im Mittelalter die Bau-
kunst mit den darstellenden Künsten auf das Innigste,
Unlöslichste verbunden, die epie an der andern eine
unentbehrliche Ergänzung findend,, weil jede für sich
allein nicht zu bestehen vermag.
Der gothische Styl ist von plastischen und male-
rischen Motiven durchdrungen, die Leistungen der anderen
Künste^ sind ihm nicht bloss ein zufälliger Schmuck,
sondern Theile seines Organismus. Das in allen Theilen
so waltende feine Gefühl für räumliche Verhältnisse und
Reinheit der Linien, fiUr Klarheit der Anordnung und
Harmonie des Ganzen, lässt uns seine Schöpfungen alle-
zeit reizend erscheinen«
21Ä
An den gothischen Bauten sind zwei relativ ent-
gegengesetzte Eigenschaften , der lebendige plastische
Naturinstinkt der Germanen, und der klare, ordnende
mathematische Verstand der Romanen, beide durch den
transcendentalen Oeist des christ&hen Glaubens gehoben
und verklärt, glücklich vereint.
Das Tympan des Portals liefert uns die Beweise
für derlei Behauptungen. Der die Thüre theilende Pfosten
ist reich profilirt; ihn schmückt das Bild der Gebene-
deiten mit dem Jesuskinde, das freilich der Künstler
nicht mit der Zehe spielend hätte darstellen sollen.
Schön ist die Baldachinstellung ober der Mutter. Im
eigentlichen Bogenfeld ist das jüngste Gerieht ausgemeis-
seit. Oben der Biehter, ihm zu Füssen die Auferstehung,
zu Unterst die Trennung der Gerechten und Gottlosen.
Zwei Schwerter gehen vom Munde des Richters aus,
zwei Engel tragen Kreuz und Lanze, zwei blasen die
zinkenähnlichen Posaunen, Maria und der Täufer knieeü
vor dem Herrn. Mühsam winden sich die Todten aus
ihren Gräbern, nachdem das Dröhnen der Gerichtsdrometen
an ihr Ohr geklungen ist« Rechts im untefeü Feld macht
Petrus als Himmelspförtner die niedere Thüre anf,
welche zum Himmel führt; sie ist selbstverständlich im
gothischen Styl gebaut. In der Gesellschaft der Geseg-
neten des Vaters sind der Papst, 4er Kaiser^ der Bi-
schof, Mönche unü Jungfrauen aufgenommen. Ein ent-
setzliches Schauspiel bietet die correspondirende Dar-
stellung links. Es thut sich ein ungeheurer Rachen mit
langen scharfspitzigen Zähnen auf; es ist der Alles ver-
schlingende Höllenrachen. Aus demselben ist ein Teufel,
hässlich von Gestalt, ausgegangen, um die^ so der Fluch
des Herrn getroffen,, für die Ewigkeit in Empfang zu
nehmen. Schon hat er sie alle mit einer Kette umschlossen.
Es weigert sich der Pontifex, es sträubt sich der König,
es jammert der Ritter, es stöhnen die Mönche; aber der
Höllenschlund nimmt sie auf. Das Mittelalter liebte es^
m
fB# all^ StiUid^ ftehir eindtin^cke M^ditatiotisgegenstände
An heiligem Orte aufendtellen. Welch' ein Fortecfaritt
«Wiiekshen diesiBih jühgstefa Gerichte und dem im Dom-
kretugäsig i^ EichdtSdt, das noch aus roiiiftniscfaet Zeit
stammt? UäA Geridkt am T^aufeteih im Doin ist 2U Agaren-
arm, um in Parallele gebracht werden zu können. An
dein Tympan der Schaothur von St8ebald in Nürnberg
ist dAS jüngste Gericht von Adam Kraft. Dort tritt ein
Teufä i&it einem häsdichen Hahnenkopf aus dem Höllen-
raehen, und packt die armeü Sünder bei den Haaren,
rmgbum Heulen und Zähneklappem in ^rossartigem Aus-
druck und lebelidiget Gruppirung. Man vergleiche mit
unserer Darslettung die am OsiSar zu Bischofsheim a.
d. T.V an dem Nordpottal der katholischen Kirche zu
KitEingen^ ander Michaelskapelle in Ochaenfurt, am Tyni-
panonateiil hl Dettelbaeh (1506), zuWeiUieim inWii^tenl-
b&g und auf dem Glasgemälde der Haupddrche jbu
NördUngen (1503).
Delr Tbutih ist in seineii künstlerisch bedeutsamen
Theileü modenie Arbeit (1866—1868). Nicht Heideioff's
Plan, aubh nicht jeüer von Halbig, sondern der des Kreis-
bAttbeamtän Beuäd würde 2üir Riehtsdinur genomihen:
Beuss leitete auch deädatt; Stegner dirigirte als Parlir
dieBiKeJinntetzta> Eckert die Zimmerleute. Der glänzende
Beichthuift an I^asisrierdeh und ätrebewerk in der fühften
Abtheiläng deä Quadrats stilsht atlffaUehd ab gegenüber
dijr Mel^^tdnii^ def ionteren StockWetke. Biülant schaut
deh det $laleh- Ühd Thüiinelbau im Oktogon üüd das
r^ine MaäsdWerk üü lüfägeü Helme an. Das SteihWerk
iÄt ätif daiiB^ste Vei^ankert^, ein Meisteiiitück ist di^ ge-
t^tfiftdelte Treppe. Von der S^tüe flamint wieder seit
dem 2. Juli 1867 dae strahlehumgossene Bild dej; Her-
ÄOgiö des Frankenlandes. Der f hufm ist 2i50< hoch.
Der Südbaü der Abseite wird dutch sechs Streben
belebt. Sie wachlsen im Reehteck aus dein Boden, sind
vom Kaffshue iiHtiliMif)^&, durch doppelte Giebel^ dtireh
/■.._^
Basameiite- und Bäldachinbildungen in Stockwerke ge-
sciiieden, und schliesseri mit der blumenreichen geblen-.
deten Fiale. Sie könnten für sich nicht reicher sein, da
sie keine Strebebögen zu entsenden haben. Weil die
Fialen über das Dach ragen, dieses selbst von der maäss-
werkvöUen Brüstung der Öallerie eingeleitet witd,
kann sö nur eine glückliche Lösung des Uebergangs in
die Dachschräge erzielt werden. Die Apostelbilder, welche
die Südstreben, wie jene des Chores schmücken, hat
Meister Dill gefertigt. Ihr Werth ist sehr ungleich ; doch
können sich die Statuen des Andreas, Bartholomäus, Si-
mon, Matthias und iThomas den bestell Werken deutscher
Skulptur zu Anfang des sechszehnten Jährhunderts an
die Seite reihen; Christus, Petrus und Philippus sind
Weniger gelungen. Reiche Haarlocken, knitteriger Falten-
wurf und individueller Ausdruck ist ihr Gepräge. Die
beiden Johannes sind neu.
Im Tympan des Südportals sitzt der Sohn neben der
Mutter und krönt die Qebenedeite^ wie am Westportal
der katholischen Kirche bu Kitzingeti. Zwei Engel halten
einen Teppich; rechts steht Barbara mit dem Kelchii
link« Katharina mit dem Rade. Was lebt in den sechs
Höhlkehlen eine Fülle von Weinlaub, Sockel und Bal-
dachinen ? Die Laubcapitäle der Rundsäulchen und die
feinen Netzgewölbe unter den Basamenteri wird det
Techniker besonders beachten. Zur Seite stehen Adam
und Eva von Dill.
. Die vier Streben der Nordseite haben nicht diö
Doppelgiebel der Südstreben, auch nicht den Fialen-
schluss, dfer über das Kranzgesims springt; sie begnügen
sit;h mit vier Quersimsen und Giebeldnden, von welchen
die Wasserspeier grinzen. Die Pt-ofilirüngen sind mit
besonderer Feinheit tind Schaffe gemeisselt. Doch die
Fenster sind hier \Vie dort vierfaltig und vielgestaltig
im Maasswerk. Noch sind in diesem nicht animalisch-
vegetabilische Foriüatiönen an die Stelle der mit Jtiathe-
218
matischen Gesetzen construirten Pässe getreten., noch
verlängert sich die Curve nicht zu herz- und bimfor-
migen Schlägen, aber der Beichthum und Wechsel
an Sphäroiden, Spandrillen und unregelmässigen Tri-
angularöffnungen wird schon so gross, dass der Keim
der Ausartung klar sich zeigt: ein Schritt .weiter noch,
und die Meister stehen in der Flammen- und Vegetativ-
gothik. Durch Alt- und Jungpfosten werden die Fenster
vierfaltig; vier Spitzbogen schliessen die Pfosten, die
freistehen, mit den eingebundenen zusammen. Je zwei
von den vier werden von einem höheren Bogen um-
spannt, in den so zwischen fallenden Raum wird ein
sphärisches Dreieck construirt, und dieses mit Nasen ver-
sehen. Darüber aber ist noch Platz für drei andere
Dreiecke, ausserdem fallen eine Menge Zwickel ein.
Die Formen wechseln in mannigfacher Art. Sie kehrten
an den Chorstühlen der Kapelle wieder, welche jetzt
leider ihrer Bestimmung entrissen sind.
Die Fenster sind hoch, wie das bei Hallenkirchen
üblich ist, und lassen jetzt allzuviel Licht in das Innere
strömen. Die Laibung, die Profilirung zeichnet wie das
Kranzsims die feinste Technik aus. Mit der Nordseite
verbindet sich ein wohlgewölbter Sakristeibau; dessen
Existenz ist gerechtfertigt, die der Küsterwohnung am
Thurme aber nicht.
Das Nordportal ist ein vollendetes Kunstwerk, dem
nichts mangelt, als die Figuren in den Hohlkehlen. Es
will mit dem Nor4portal in Kitzingen verglichen sein.
Seine solide Krönung dient dem Fenster als Sohle, die
Blätter des darunter hinlaufenden Frieses sind treflElich
gearbeitet. Die beiden Bundsäulchen zur Seite mit dem
Laubcapitäl, die Fialen mit ihren Wimbergen und Blen-
den begegnen dem Horizontalismus. Die Schräge selbst
wird durch eine grosse und zwei kleinere Kehlen
und durch die zwischengeschobenen Plättchen und Riem-
chen belebt. Während die äussere Kehle leer erscheint,
219
wird die zweite mit Frauenschiihleiu geziert; es sind die
keksten vDllendetsten Gebilde dieser Art, die man nur
irgend sehen kann; an ihnen wie an den Baldachinen
der folgenden Kehlen haben die Steinmetzen in über«
müthiger Genialität gemeisselt. Das Tympan, von Blu-
men umkränzt, führt uns die Verkündigung vor. Zwei
Engelchen halten ein Tuch, davor empfängt die knieende
Jungfrau denGruss, der im Spruchband geschrieben ist,
vom knieenden Engel. Ein Blumenstock stellt sich zwi-
schen Maria und Gabriel. Oben erscheint Gott Vater ;
wie ein Strahl oder Strom geht es von seinem Munde
aus, an dessen Spitze die Taubengestalt des heiligen
Geistes vor das Ohr der Jungfrau kommt. Auf dem
Flusse kommt der Logos als unbekleidetes Kindlein mit
dem Kreuze dahergeschwommen. Der Meister hat die
Darstellung nach den Worten: „et Spiritus superveniet
super te^ etwas materiell aufgefasst; dachte er vielleicht
an Walter von der Vogelweide:
Dur ir qre empfienc sie den viel suezen.
Uebrigens ist die Darstellung noch keineswegs so grob-
ßinnlich, wie auf jenen Bildern, da Gott Vater der Jung-
frau den Logos in's Ohr spricht, wie an einem Schnitz-
werk der Orgelbrüstung in Hocheltern, oder wo der
Embryo die Richtung in den Schoos der Maria nimmt,
wie die Bilder im Hofe Rödelsee und einst am Dom-
portal zeigten.
Der Chor ist von zehn Strebepfeilern umkränzt.
Die nach Süd und Ost sind vom scharfunterschnittenem
Kaffsims durchlaufen, stellen das Rechteck über dem-
selben in die Quere, tragen auf Sockel und Baldachinen
die von Wimbergen umschlossenen Apostelfiguren, neh-
men nochmals das gerade ausschauende Rechteck an,
das, mit drei Giebeln gegliedert, die Schlussthürmchen
in die Höhe sendet. Reich ist das Maaswerk, reich sind
die Blenden^ leicht die anmuthigen Verhältnisse. Der
Chor von Heidingsfeld vom Jahre 1407 tritt an Schön-
heit bedeutend isurlick; auch der 2u Kit«tng6& isl ücbt
so zierlich; doch der . stattliche Chor d^r Mftri^kkeh^
in Bamberg, dei* in seinen Details an die Kirche in Op-
penheiih und an den Dom £u Kölü erihnert, wird deh
Vorzug vor dem in Wirzburg verdienen.
Treten wir in's Innere.
Der hochauffliegende Triumi»(1bogen scheidet Hdlen
und Chor; ihn bilden der mächtige Wutst, die Kehle^
das Plättchen, der rechte Wiidiel und Biäfiicheii<t Welche
Glieder zweifach wiederkehreil. Deh Chorstreben des
AusSi^nbaues correspondiren Rundpilaster nach Innen,
die von Wulst und Hohlleisten begleitet, die Chorwahd
auflaufen, und ohne Vermittelung des Cäpitäls die Quer-
und Diagonalgurten in den Spiegel entsendeil. An deh
vier Schlusssteinen sind die Symbole Aei Evangelist^
mit Minuskelschrift in den fliegenden Bänderh ausge-
meisselt. Die Profilirung der Hippen finden tirir nicht so
elegant, wie z. B. am Eaffidiilis sie erscheiht. Die zi&t-
liehen Sockel an den Wandungen haben leider die alten
Apostelfiguren verloren. Wo det fdnfseitige Chotäi^hluss
beginnt, sucht ein Hilfsstrebe Vdh Lm^h die Maüc^r zu
verstärken. Die Thüren, welche in die Sakristei tiüd
die Halle des gewendelten Thürmchens fuhren^ sind mit
geschmackvollem Maasswel'k im Tyinpan ausgefällt.
Acht freistehende Oktogonpfeiler trägen die Nfelz-
Wölbungen der Hallen. Die ihnen vorgesetzten Pilast^
schicken zwei Rippen in den Spiegel, diese werden von
'den gegenüber auslaufenden durchkreuzt; die PÄ?all6l-
rippen formiren so in jedeiü Gewölbejoch äöht viWedk%%
Felder, tis ist kein Stern- und kein Kreuzgewölbe iuid
ermangelt der Schörihöit^ Weil auch diö schönen al§^
(fünf) Schlüsssteinformen weggeschlagen sind, schöiflt
dieser Theil des Gebäudes der Haniionie dfes Ganäseii
weniger zu eiitöprechen. In die Absöiteh sind dife fünf
Gewölbefelder mit Quer- und Diagonalgürteh üiid dett
ScfaildbÖgeti geschlossen. Dt^h Pfeite^ü dei* lUStteUmlie
«i}l;3pjr#c)i^ii Fil93t;^, von Wi^t.e/i zur Seite begleitet.
Das Wftud^ims mildert d^ß Verticalrichtung. Die Fenster-
Sohle fällt steil ein. Die Pfeile?* der Kirche sind schlank
lUld elegant, ab^r der ^Iten Malereien beraubt, ohne wür-
digen Bphpauek. Auqh die Schildereien, welche dieWan-
dungfin deckten, sind verloren gegangen. Wie viele Fehler
«lieh bei der Restauration des Aussenbaues geschahen,
mß^ }^%%n. doch n^x witnsiehen, dass sich dieselbe mög-
lichst b§li auf den Xnneäbau erstrecke , und den
IjU^l^li^h^ Bau in ^.Iter objectiver Klarheit, mftassvoller
IJebQul^^i^ uiid künstlerisch vollkommener Ausführung
wjite^r er^ch^ipen la^se. ]Sinst wirkte Licht und Perspective
in wunderbarer Weise, Die Durchsicht durch die Pfeiler
g4^w^i^ von ver8ehie4enen Standpunkten früher einen stets
wachsenden Reiz , es entwickelte sich das anmuthigste
Splj^l vpiji jL/icht upd Schatten und Helldunkel, welches
dui'.ch ^ie Malerei der Fenster, Pfeiler und Wände er-
hpl^i^ mi4 durch die Liehtfluthen zu einer zauberischen
Kraft und Herrlichkeit gesteigert wurde.
Der Chor der Marienkapelle ist 68' lang, 347»' breit,
68' hoch; das Mittelschiff vom Triumpfbogen bis zum
Portrf ist 100' lang, 2Sy^' breit ^, jede Abseite ist Uy^'
breit*).
Drei ÄfwenkapeUen steh^ im Frankenland, zu
Nürnberg (1355— 136 J), m Bamberg (1327—1387), zu
Wirzburg (1377—1479); sie sind die zierlichsten Werke
der QotlMk^ der „Herzo^n" des Landes liebend erbaut
An mftterisQhem Rei? und Reichthum an Kunstwerken,
vfiß 4iir(5h die eigenthümliche Westfront nimmt die in
N|irj;ib£r^ den ersten Uang einj die Marienkirche zu
.B^nibe)^ig gewinnt diireh die niedrigen Abseiten, diebril-
l^t^n Fpf men ipa Mfliasswerk ynd im Strebebau ; Amnuth
iwd t4ßWi<Jtit^ zeichnet d^ß jüng€[tß Werk, die Kapelle
in Wir^bu^gi VQ^ beiden a^s. In der Kapelle zu Nürn-
t) Mit^Uunf des U. KreisbiMibeion^a Reuss in Winburg«
222
berg haben die bedeutendsten Künstler Sebald Schon-
hofer, Veit Stoss, Michael Wohlgemuth, Hanns von
Kulmbach, Adam Kraft Meisterwerke niedergelegt; zu
Bamberg und Wirzburg haben die Bürger ihre volle
Liebe den Kapellen gewidmet. Die Gesellschaft der
Fürspange, von welchen viel zu lesen ist, steht mit den
dreien in der innigsten Verbindung. In den stämmigen
Pfeilern und kreisrunden Bogen der romanischen ArcHitek-
tur ist allein die Weisheit der Kirche ausgedrückt; die
hellen schlanken gothischen Kapellen erblühten in der
Zeit der ritterlichen Cultur und des reichen prunkenden
Bürgerthumes ; hier haben sich Geistiges und Weltliches
vermalt, Himmel und Erde sind versöhnt.
Manches bedeutsame Werk fränkischer Künstler
schmückt die Kapelle von Wirzburg.
In der Wand der SüdhaPe sieht man ein Steinrelief
eingefügt, die Kreuzigung darstellend. Wäre das Spruch-
band des Bürgers in blauer Tunica und wallendem Man-
tel nicht übertüncht, und vermöchten wir den goldenen
Löwen auf schwarzem Herzschild zu entziffern, dann
müsste wohl Stifter und Zeit dieses sowie des anstos-
senden Kunstwerkes zu bestimmen sein. Der Künstler
folgt der Sage, dass das Kreuz aus einem Baum gezim-
mert war, den Seth aus einem Stockung vom Lebens-
baum auf dem Grabe Adams gepflanzt hatte, und lässt
es aus dem Felsen auf Golgatha auswachsen. Sowohl
der Stamm als die abwärts gebogenen Zweige würden
sich schwungvoller anschauen, wären sie weniger knor-
rig. Die Arme sind bereits aufwärts gerichtet, drei Nä-
gel erscheinen. Die Krone ist nicht mehr Binde oder
Königskrone, aber auch noch nicht eine vollständige
Dornenkrone. An der Gestalt der Maria möchte man
den einen Arm bekleidet und den Faltenwurf mehr mo-
tivirt sehen. Johannes trägt das Buch, und hält die Hand
nicht mehr an die Wange. Wer diese Kreuzigung aus
dem vierzehnten Jahrhunderte mit jener auf dem nahen
220
Denkstein des Balthasar Küelwein von 1563 vergleicht,
wird den Wechsel der Kunstübung bemerken; der ma-
nierirte Naturalismus ist bei letzterem bereits völlig zum
Durchbruch gekommen, während das ältere Werk an
herber Starrheit leidet. Dagegen ist die Kreuzigung am
Grabmal des Georg Gutenbrod (f 26. März 1624) an der
Nordwand ein feines Meisterwerk in braunem Marmor.
Die anstossende Steinplatte, 47»^ breit, 6' hoch,
zeigt uns den Tod Maria's. Die Technik lässt manches
zu wünschen übrig, der Ausdruck ist herb; aber das
Gesetz der Symmetrie hat der Künstler verstanden, und
den Stoff gut disponirt. Die sterbende Jungfrau , vom
Schleier umflossen, bildet mit dem Heiland, der schwe-
bend ihre Seele in Gestalt eines purpurgewandeten Mäd-
chens in Empfang nimmt, das Mittelbild. Je fünf Apostel
stehen zu Häupten und Füssen des Bettes, alle drama-
tisch bewegt. Petrus, nicht ganz in traditionellem Typus,
hält den Wedel, um den entseelten Leib ii^it heiligem
Wasser zu besprengen. Ihm gegenüber trägt Johannes
ein bischöfliches Kreuz ; ein dritter Jünger schwingt das
Kauchfass, ein vierter hält den Weihwasserkessel, an-
dere tragen brennende Kerzen, alle suchen das Antlitz
der Mutter zu schauen. Damit aber das Auge von der
Leere zwischen dem Bette und den Ecken der Rahme
nicht gestört werde, musste in diesen Spandrillen je ein
Apostel sich bequemen; der eine betet das proßciscere,
der andere starrt mit verschlungenen Armen in seinem
Schmerze dahin.
Das Denkmal des edlen Martin von Seinsheim (f 1434)
an der Wand der Nordhalle zählt zu den ältesten Ritter-
denkmälern in der Stadt. Der Ritter trägt eine turban-
artige weitabfallende Kopfbedekung sowie das Costüm
der Fürspange, und macht dadurch einen überraschenden
Eindruck. Die Inschrift lautet: Anno damini MCCCCXXXIIII
starb, der. ernvest Martim. von, Sansheim, Stifter, dieses.
Altars, dem, got. genade.
98^
Meister Tilman Bi^nenschneider stellte gleicliMlB
ein^ Werk seines Meisseis in die Kapelle. Der Denkstein
des edlen Konrad von Schaumberg in der Westwand,
8' 10" hoch, 3' 6" breit, zeigt uns eine hohe edle Ge-
stalt mit wallenden Locken und portraittreuer Individu-
alisiruug. Der Halsberg verbindet sich eng mit der
Brustplatte, Schulterplatten und Ellbogenkacheln, Kjrebs,
Schenkelschienen und Kniescheiben sind wohl gear-
beitet. Die Rechte trägt eine Art von Rosenkr^z, diie
Linke ergreift den Schwertknopf, die Misericordia ist in
den feinen Wehrgürtel gesteckt. Er probirt mit vier
Ahnen. Die Inschrift: Anno, dnl MCCCC^, LXXXXIX^,
am. Sapitag. nach. Matherine. star^. d. gestreg, un. Erntest
her. Conrad, vo. Schawnberg. Knoch. Kitt, m'schalk: am. d!
widfari. von. de heilig. Grab. i$ff. de. mere. de. got. gnad. a.
Am Denkmal des Ritters Jörg Schrimpf von 15i6
sehen wir wie am Münsterstein bereits viel Manier 5 al-
lerlei beunruhigende Guirlanden legen sich an seine Rüs-
tung, der IJintergrund ist reich belebt. Die zahlreichen
Steine der Südwand, den Dalberg, Greifenklau und an-
dern Geschlechtern gehörend, können allein den Heral-
diker interessiren. Fein und niedlich ist der Stein d^s
„Jumpferlßin Johanna von Gebsatel" aus dem siebzehn-
ten Jahrhundert. Die wenigen kleinen Gusswerke kom-
men jenen im Dom an Werth nicht gleich.
Zu keiner Zeit haben die ^Virzburger die Zier ihrer
LieblingskapeUe , dieses Denkmals erhabener Sinnesart,
beharrlichen Willens und kunstreichen Vermögens ausser
Acht gelassen. Krafft Kunstadt meisselt 1483 einen Weih-
wasserstein; Hanns Bamberger stellt vier neue Leuch-
ter auf. Im Jahre 1483 erlaubte Bischof Rudolf eine
allgemeine Sammlung in der Diözese für die Baukasse
der Kapelle. Michael Weygand kaufte um acht Gulden
zwei neue Psalterien, die auf Pergament geschrieben
waren. Die zwei messingenen Kronleuchter, die sie
1484 aufhingen, goss ein- Meister aus Nürnberg um 34
225
Gulden. Während Goldschmied Lorenz Rappolt 1487
ein silbernes Rauchfass machte, schrieb Hanns Müller,
der Predigerbruder, 26 Quaternen Pergament zu einem
Messbuch, malte zierliche Initialen hinein und ein Kreuz-
bild und erhielt dafür 12 Gulden. Was sollen wir den-
ken, wenn schon 1490 der Thurm durch Sturmwinde
Schaden litt? Meister Endres, der bei dessen Ausbes-
serung herabfiel , hat sich zwar empfindlich geschädigt,
aber nicht so jämmerlich zerschmettert als jener Meister,
der einst vom Thurm zu Landshut fiel ; denn er erhielt
24 Pfennig Baugeld und Wein, und 4 Gulden Lohn für
den Schrecken. Die zwei Kelche, die Goldschmied Klaus
Rupp machte, kosteten 8 Pfund und 21 Pfennige. In
der Silberkammer wird noch ein Ciborium aus dieser
Zeit mit allerlei ciselirten Bildern aufbewahrt. Weil die
Orgel, die Meister Lilgenweiss aus Bamberg 1492 aufge-
stellt hatte, viel besser war als man erwartet, zahlte man
ihm 20 Gulden mehr als ausbedungen war: nämlich 80
Gulden. Hanns von Frankfurt malte 1498 ein Kreuz um
18 Pfennige. Nach der Notiz bei Scharold, dass Endres
Scheffer, Steinmetz von Königshof en, aus den dortigen
Steinbrüchen grosse Steine herbeiführte, aus welchen
die zwei grossen Tympanbilder am Nord- undWestpor-
tal gemeisselt wurden, müssten die Verkündigung und
das jüngste Gericht in den Ausgang des fünfzehnten
Jahrhunderts fallen. Margaretha Weberin schenkte im
Jahre 1500 hundert Gulden zu einer Orgel beim Crucifix.
Bischof Lorenz gab zahlreiche Reliquien 1601. Die vier
Orden der Stadt theilten sich in die Ehre, an den vier
Hauptfesten den Gottesdienst in der Kapelle zu besor-
gen* Auf Maria Empfängniss amtirten die Barfüsser,
auf Maria Verkündigung die Augustiner, auf Maria Him-
melfahrt die Dominikaner, und am Feste der Geburt die
Karmeliten (Frauenbrüder).
Wir verkennen den guteji Willen der folgenden Zei-
ten nicht; aber wir wünschten im Interesse der Kuxist,
15
226
dass manches ungeschehen geblieben \väre, was sie im
heiligen Eifer an der Marienkapelle unternahmen. Dass
sie 1520 die Wandmalereien übertünchten, störte die
Harmonie des Innern ; dass sie auch 1528 ein Häuschen
an. die Ostung fügten, aus welchem sich spater dreiKra-
merläden bildeten, schadigte den Totaleindruck nach
Aussen. Sie hätten auch den „grossen Christoffel^ 1545
nicht „ausstreichen^ sollen. Die feindselige Gesinnung
der Renaissance wird überall sichtbar. Die Steinmetzen-
hiitte, die 1528 amThurme restaurirte, fristete ein küm-
merliches Dasein bis zum Jahre 1542; nach ihrer Auf-
lösung wurde das Haus zur Steinhütte an der alten
Kunststätte gebaut. Die Restauration des Thurmhelmes
1568 betraf die Stange an „Knopf, Hosen und Sparren.^
Die Kanzel von 1569, die Orgeln von 1599 und 1608, die
Restauration der Empore, welche Julius anordnete, tru-
gen das Gepräge ihrer Zeit und stimmten nicht zum
Baue. Es ist nicht verzeihlich, wenaman an den Scfaluss-
steinen des Hauptschiffes 1634 die Rosen herabschlug,
damit die Vogel darin nicht nisten könnten. Vom Jahre
1650 wird eine schöne Monstra^iz gezeigt. Die Kanzel
und die jetzigen Heiligenbilder an den Chorwänden und
Pfeilern wurden 1667 vollendet. Nicht genug, dass man
1667 die Innenhallen wiederholt übertünchte, auch die
Aussenwände sollten 17Ö0 verklext werden; es wurden
zwei Fuder Leinöl verbraucht. Dem Brande vom 1. Juni
1711 folgte die Restauration von 1713« Goldschmied
Martin Nötzel hat das 18V3Vhohe MarienbUd gefertigt,
und 400 Dukaten zur Vergoldung verwendet.
Im neunzehnten Jahrhunderte wurde wiederholt ge-
tüncht, eine Menge alter Votive, wie Ketten, Panzer
entfernt, die prächtig geschnitzten Chorstühle mit den
geschmacklosen der Karthause Engelgarten vertauscht
und an Private hingegeben, auch sonst noch Manches
verschleudert, und einige zum Theil wenig gelungene Re-
>^taurationen (von 1843 an) eingeleitet. Der Thurmbau
227
begann die bessere Periode der Gegenwart, die mit
der bereits energisch eingeleiteten Wiederherstellung des
Innenbaues ihren Abschluss finden wird* Dann erst wird
unsere Freude an .der Kapelle vollkommen sein, wenn
zum Baustyl harpioniremi schlanke Altäre das Herz zum
Himmel lenken, die alte Farbenpracht sich an die Pfei-
ler imd die Wölbung wieder legt,' fromme Figuren mit
mildem ölanz uns umstrahlen und der wunderbar ma-
gische Zauber der Glasgemälde*) dem herrlichen Lie-
besbau den Stempel der Vollendung aufdrückt.
C; Verfall der mittelalterliclien innst
(1450-^1600.)
§19. Profan-* und Chorbauten.
Der Thurmbau der Marienkapelle fällt bereits in
die Periode des Verfalls der mittelalterlichen Kjinst,
Wirzburg hat keine bedeutenden Monumente in dieser
Zeit gebaut, ihr Ktinstwerth ist ohne Belang.
Grafeneck artBthurin.
Im Jahre 1458 fasste der Rath den Entschluss, den
Thurm am Hause zum Grafen Eckart bauen zu lassen.
Der Hof 5 in dem Stadtschultheiss Eckart wohnte, der
den Titel „C(WI^ä" führte, war an das Hochstift, dann an
Konrad Ruck den Truchsess, später an die Familie Reb-
stok gekommen. Kunz von Rebstoek verkaufte ihn 1319
i) KapeUenpfleger M. R o e s e r bat dnrcli ein hübsches YötiYglasgemälde
•i&ea «rügen An£KDg gemacbt.
16t
um 870 Pfund Heller an denRath, der von da an seine
Versammlungen in demselben hielt.
Um die Kosten eum Neubau des Thurmes zu decken,
sollte durch die Viertekneister eine Umlage auf die Bür-
ger erhoben werden ; die Hälfte der ii^osten übernahm
der Bath. Schon nach drei Jahren konnte Meister En-
dres das Sparrenwerk über den quadraten Bau setzen,
und ihn mit der Spitze krönen. Er erhielt 50 Gulden.
Eine 16 Centner schwere Glocke wurde aufgesetzt, und
von Meister Hanns Klein aus Hassfurt 1455 ein „Orlei*^
gesetzt.
Hoch ragt Graf Eckart'sThurm über die Wohnungen
der Stadt. Er ist nicht schön der Thurm, nicht durch
Quersimse harmonisch gegliedert. Zwar legen sich zwei
Säulen um den Unterbau, die mit ihren Laubcapitälen
an das vierzehnte Jahrhundert gemahnen möchten; in
einem Ni&chchen erblicken wir zwei Thiergestalten, de-
ren Schweife mit einander verschlungen sind; Doppel-
köpfe versehen Kragsteine, und zu oberst läuft ein Rund-
arkadenfries ; aber das Alles vermag nicht Leben in den
Thurm zu bringen. Auch das anstossende Rathhaus, wo
noch die Spuren des grünen Baumes^, der früher an-
gemalt war, sichtbar sind, und manche Säulcheii und
Deken den Forscher erfreuen, ist kein Gürzenich und
kein Rathhaus wie Nürnberg, Augsburg, Regensburg sie
bieten. Es wurde 1618 restaurirt. Trotz ihrer vielfachen
Meutereien g^en die Bischöfe haben die Kathedralstädte
selten so glänzende RatUiäuser gebaut wie die reicheren
Reichsstädte. Im grünen Baum rauschten einst die Wei-
sen zum lustigen Kilianstanzen und zum Adauc^usver-
gnügen. Hier wurden die Mahlzeit des Jakobssenglein,
das Osteressen und das Fastnachtsmahl abgehalten.
Im Rathhause steht ein Tisch, d^ Meister Dill ge-
fertigt hat. Der Fuss ist von Eichenholz, die Rundplatte
ist von Solenhof er Stein. Die Wappen der Stadt, des
Bischofs Lorenz und des Bischofs Gabriel von Eichstädt
i
sind darauf zu sehen. hekiA^mr hat ihn der Stadt viel-
leicht zum Präsent gemacht. Er kostete acht Gulden*).
Im Vorplatz de.s Rathbauses ist eine aus Holz geschnitzte
Figurengruppe von 1458 mit der Umschrift:.
Eins Manns redi ^ine haiAe rede
Man soll sie verhörm bede.
Die Brü<5ke.
Die Wassernoth ohne Gleichen vom Jahre 1342
haUe das Brückenwerk Enzelin's zerstört. Obwohl die
Stadt in der geldarmen Zeit die christliche Mildthätig-
keit in Anspruch nahm, 1390 auch einen Indulg^izbrief
von Avignon aus erlangte , und Bischof Gerhard alle
Strafgelder für den Brückenbau bestimmte ; auch Johann IL
wiederhole einen Ablass von 40 Tagen denen bot^ die
zu diesem Zwecke eine milde Gabe reichten: es ging
wie beim Dombau unter Bischof Hcrrmaim, die Franken
wollten oder konnten nicht zahlen, und die alte Holz-
brücke blieb stehen. Praktischer und energischer griff
Rudolf von Schereaberg ein. Er accordirte 1473 mit
Capitel und Rath, dass zum Neubau einer steinerneu
Brücke 15 Jahre lang jährlich 500 Gulden von den
Steuergefällen gezahlt werden sollten; der Bischof steu-
erte die eine Hälfte, der Rath mit dem Capitel die andere.
Sofort wurden verständige Werkleute nach Aschaffenburg
und Frankfurt geschickt, um sich die dortigen Brücken
anzusehen ; 1474 konnte der Bau beginnen. Seim Funda-
mentlegen der Pfeiler wurden 2 alte „WirzburgerGötzle'^
aufgefunden, die einst, wie die geschäftige Sage berichtet,
auf dem HuUaberge standen , von Kilian aber ii^ den
Fluss versenkt wurden. Die Bilder wurden von Konrad
Celtis und Johann Lorich von Hadamar als s. g; PUs-
teriehe beschrieben und besungen. Sie waren am jetzigen
Bezirksgerichtsbau befestiget, sind aber seit der Res-
Deutsches Kunstbl. l^bZ. 255.
L
8»
tauration des Gebäudes, durch Philipp von Greif enklau
spurlos verschwunden *). Die Pfeiler der Brücke blieben
bei 50 Jahre ungewölbt; erst 1536 — 153j9 kam soviel
Geld zusammen, um drei derselben zu wölben ; das Jahr
1607 sah endlich die Joche vollendet. Die Fürstbischöfe
Gutt^iberg, Greifenklau, Hütten und Friedrich Karl von
Schönborn Hessen sich den Schmuck der Brücke sehr
angelegen sein. Den Plan zum Rusticathorthurm am
Unken Ufer hat Petrini gefertigt, Esterbauer die Pallas
und Minerva gemeisselt. Hütten und die Schönborn
liesen die 14 Statuen in die Rondelle stellen; Pipin,
Friedrich, Karl den Erzbischof und Karl den Grossen
fertigte Curi. Die übrigen kamen aus den Ateliers der
Brüder Johann, Sebastian und Volkmar Becker aus
Hassfurt (1725—1729), Die Brücke ist, wie jene zu Re-
gensburg nicht gerade schön zu nennen. Anmuthender
als die massigen Pfeiler und die drückenden Schwib*
bögen sind die Reize des Panorama's.
Sanft und ruhig .fliesst der Main in dem lieblichen
Thale. Nur wo er vom symmetrischen kuppenreichenFich-
tdgebirge niederstürzt, braust er mit dem Ungestüm
der Jugend dahin. Ein Zeuge derThaten der Gegenwart,
ein Bundesgenosse der hoffenden Zukunft, ist er dem
sangeölustigen Volke der Franken ein lebensspendender
Nerv. Viel Sage und Sang und Ruhmesklang tönt rau-
schend um die trauernden Burgen auf den einsamen
Bergeshalden. .
Die Bürgerspitalkirche, schon im vierzehnten
Jahrhundert vollendet und später umgestaltet, zeigt uns
ein einfaches spitzbogiges mit Kehlen und Stäben ge-
gliedertes Portal, mit einer reichen Gruppe im Tympan,
ein Kreuzgewölbe im Chor und in der Sakristei, zwei
hübsche Crucifixe und ein Madonnabild aii der Nord-
wand. Die Ostung ist von Streben umkränzt.
») Beuss und Heffner Wirzburg etc. 185.
231
Das Antoniterkircblein, jetzt von den Ursu-
liiierinnen benützt, erinnert in seinen mehrfach gegliederten
Streben, dem Kaffsims, und der Chorwolbung an die
Gothik des fünfzehnten Jahrhunderts. Die dort sich be-
findliche Antoniusstatue trägt ein Buch mit dem Ihtegu-
mentum.
DieSepultur, welche sich an den südlichen Tran-
septflügel des Domes anbaut, wird durch acht oktogonc
Pfeiler in zwei Schiffe getheilt. Den Pfeilern entsprechen
an den Wänden je acht kleine Ruhdpilaster. Sieben Ka-
pellen fügen sich östlich ein; sieben weite, niaasswerk-
lose spitzbogige Fenster lassen reichliches Licht ein-
strömen. Sechs Rippen laufen aus den Pfeilern. Ihre
Schlusssteine liegen nicht in einer Flucht, sondern folgen
sich im Zickzack. Das Laubwerk an denselben ist aus-
serordentlich zart gearbeitet. Denkmäler decken den
Boden und die Wände. Die Kapelle ist 118' lang, 37'
breit, 24' hoch. Ulrich Voyt von Rieneck war nicht
ihr Gründer, gab aber reichlich ziun Aufbau; Den Be-
weis dafür liefert sein Grabstein.
Der Bau des Nordthurmes und die Erhöhung der
Hauptapside der Schottenkirche scheint in das fünfzehnte
Jahrhundert zu fallen. Der Chor von St. Peter bietet
so wenig Eigenthümlichkeiten als der von Randsacker.
Ohiie weitere Bedeutung ist das etwas tief in der Erde
steckende Kirchlein im Ehehaltenhause an der mit Bild-
stöcken reich gezierten Strasse nach Randsacker.
Der Chor von St. Burkard (1482) ist hoch und
von bedeutenden Dimensionen. Die Mauern sind zu kahl,
die Streben zu wenig reich, um unser Interesse in An-
spruch zu nehmen. Wie unter der Deutschhauskirche
führt auch unter dem Chor von St. Burkard die Strasse.
Der mächtige Transeptbau macht im Lmern den Forscher
Schwierigkeiten. Die Pfeiler, welche die Flügel stützen,
sind in ihren Uebergängen und Basamenten einzig. Am
Chor kehren eine Menge Wappen wieder. Die Chor-
288
stuhle zeigen das Manierirte der Gothik, der Flügel-
altar im Südflügel trägt entschieden die Spuren der herein-
brechenden Renaissance. Wir kommen darauf zurück.
Eine Parallele des Chores von St. Burkard (1492) mit
der Deutschhauskirche (1290) und dem Chor der Marien-
kapelle (1380) bringt die Differenz der verscliiedenen
Jahrhunderte zur vollständigen Klarheit. Damals wurde
auch der Chor der Kilianskirche in Heilbronn von Bur-
kard Engelberger und Hanns von Mingolsheim, Peter
Haidner und Hanns Schweiner begonnen (1480). Auch
Westphalen hat kunstmerkwürdige Kilianskirchen in
Höxter und Lügde. Wilhelm Kreglinger aus Wirzburg
war eben mit Heinrich Kugler und Stephan Weyrer an
der Georgskirche inNördlingen thätig; zu Römhild hatte
1450 — 1470 Meister Albert die Stiftskirche gebaut.
Das brillante Ossär und die denkmälerreiche Pfarrkirche
zu Wertheim wurden vollendet. Im Jahre 1440 fingen
die Ochsenfurter an, die Michaelskapelle zu bauen, wie
die Inschrift auf den nördlichen Eckstreben beweist:
Anno, domini, MCCCCXXXX. jar, hat. man. dy. Kapelln.
angehebt zu. bawen. Es ist ein gediegenes liebliches Werk;
die schönsten Glasgemälde haben Alterthümler zu be-
kommen verstanden. Im Jahre 1448 waren die Meister
zu Bischofsheim a. d. T. thätig ; der Fuss des dortigen Sa-
cramentshäuschens enthält die Inschrift : ano. dni.
M9CCCCXLYIJI. sei. bav. meist, gewesen, dis. werches.
corad. stol corad. heiburg. und. hat. gemacht ditrich. krebs,
vo. muster. Es ist hier vom Chorbau und dem Frohn-
walmen zugleich die Rede. Denn der reiche Flügelaltar
stammt vom Jahre 1517 laut der Inschrift. Im Jahre 1466 hob
man an, die merkwürdige Kapelle, des heiligen Wolfgang
bei Ochsenfurt zu bauen. Ein Nordstrebe trägt die In-
schrift: anno. do. MCCCCLXVI. jar. hat. ma. dy. Kappelln,
angehebt, zu. bawen. Noch hängen viele Hufeisen an der
Kirchenthür imd die Alten erinnern sich, wie es einst
so lustig beim Umritt um die Kapelle hergegangen.
2aa
Die Streben haben noch die Ringe, an welchen die Pferde
angebunden wurden.
Im Jahre 1474 wurde das Ossär zum heiligen Se-
sastian in Bischofsheim a. d. T. gebaut. Die schöne In-
schrift dort lautet:
Lob. und, ere, allein, der. haiUigeii. irewaltickeit
Als. mm. zalt. MCCCCLXXHII. in. der. kristenheyt.
Uff. sant. apollinaris. tag. war. der. erste, stein, gelegt.
Gott. geb. allen, den. das. ewige, leben.
Die. ihr. hilff. und. stewr. dortzv. thun. oder, geben.
Ein andere Schrift der Kapelle besagt:
Trost, got. alle, glaubige. sele.
Der geniale Meister hat sich selbst am Ecke des Ossars
hingemeisselt, den Zeigefinger auf ein fliegendes Band
gerichtet, auf welchem gvoto solidos steht. Das Tym-
panon hat ein jüngstes Gericht. Der Bau ist eine Art
Doppelkapelle, wie das Ossär zu Wertheim.
Die katholische Pfarrkirche zu Kitzingen, eine der
schönsten in Frankenland, erhielt ihre Gallerien im Süd-
bau 1482; der Chor ist früher entstanden. Der Kunst-
freund findet da ein Sacramentshäuschen , welches bei
40' hoch, in den reinsten Formen construirt, sich an die
zu Ulm, Nürnberg, Regensburg, Ochsenfurt u. a. anreiht ;
ferner merkwürdige Chorstühle, schöne Portalbauten und
Bilder. Die Pfarrkirche zu Dettelbach wurde 1489 zu
bauen angefangen. An einem .Chorstreben liest man:
Anno, dni MCCCCLXXXYIIII. auf. dn. eilften tag. ds. monet.
augusti. ist. angeleit. diser. baw. Der alte Chor, jetzt zum
Schiff umgemodelt, erhebt sich in grossartigen Verhält-
nissen. Er hatte einen Kapellenkranz und ein stolzes
Gewölbe. Nördlich baut sich der Tlmrm ein, der selt-
samer Weise ein rundliches Stiegenhaus zur Seite hat,
dessen Fenster eine reiche Profilirung zeigen. Der Meis-
ter des Baues war P. K. Warum die Ostung zumSchiflf
gestaltet wurde, ist nicht recht einzusehen. Wenn man
vom Marktplatz zu Röttingen gegen die Pfarrkirche hin-
234
geht, so sieht man am Südeck derselben hoch oben eine
Inschrift in Minuskeln:
Philips, w. Saynsshaim, Ampfnan. hoL gebacL dyse Kappeln,
mit hulf. frunmer. leut. U94 *)•
So tragen fast alle Kirchen des alten Frankenlandes
ihre Baugeschichte auf der Stirne, man darf nur ablesen
und flammein« Doch hier ist für Weiteres nicht mehr Baum,
wir kehren in die .Kathedralstadt zurück. ;
Das letzte datirte Bauwerk (1511) der gothischen
Kunst in Wirzburg ist die kupstreiche Wendeltreppe auf
dem Thurm der Festung gegenüber der Kapelle. Schon
an der Thüre. überrascht das Stab werk durch die feine
Profilirung. Die Wendelung ist angenehm bewerkstelligt,
die Säule leicht bewegt, die Wölbung glücklich vollen-
det. Es wird wohl Meister Dill mit diesem Treppenbau
in Verbindung zu bringen sein. Am Geländer im Hofe
des Hauses HI. 205 ringen bereits germanische und an-
tikisirende Elemente. Das Maasswerk will noch gothisch
anklingen, die Säulchen winden sich bereits wie am
Denkmal des Bischofs Lorenz im Dome. So bietet auch
'Nürnberg im Gessert^schen Hause einen Geländergang,
an welchem der italienische Einfluss sich in früchtetra-
genden Masken, Wandsäulen und Füllhörnern kundthut, ,
aber noch Maasswerk in der alten Cirkelconstruction sich
dazwischen drängt; so zeigen die Nordtheile des Resi-
denzbaues in Freising von 1519 noch gothische Coristruc-
tionen, die eleganten abwechselnden Säulen aber haben
bereits die Formen der ersten Renaissance 2). Ein klei-
nes Reliquiar in der Festungskapelle, im Jahre 1519 zu
Schweinfurt verfertigt, weist sehenswerthe gothische
Formen auf.
1) Wieland Röttingen (18&8) 32.
t) Bavaria (1860). I. 1. 274.
235
Die Renaissance brach sich von nun an mit allef
Gewalt ihre Bahnen. Doch in Wirzbiirg und im Sprengel
hat Bischof Julius, eine Reaction eingeleitet, die einzig
in Deutschland, für Franken eine zwitterige Spätgothik
brachte, mit diör heuen Kunstübung ia scharfen Conflict
gerieth und einen wunderbaren Reichthum an Werken
aller Art schuf, die genauere Betrachtung verdienen.
§ 20. Druckwerke^ Kalender, Heiligthums-^
büchlein.
Die Universitätsbibliothek besitzt einen jener so sel-
tenen und eigenthiimlichen Teigdrucke aus der Mitte
des fünfzehnten Jahrhunderts. Die Technik ist uns nicht
klar. Auf das Papier, das an dem Innern des Bücher-
deckels befestigt ist ^ rieb man eine Masse wie Teig,
darauf wurde ein Wollenzeug geschlagen und dieser mit
dem Modell gepresst, dass die Figur zum Vorschein kam.
Der Wirzburger Teigdruck zeigt uns 13" hoch 8" breit
die heilige Barbara mit Kelch und Thurm, unter einem
Rundbogen stehend. Die Wolle ist roth, die Zeichnung
richtig, der Ausdruck angenehm.
Nachdem Bischof Rudolf 1477 bei Peter Drach
in Speier ein Directorium in Quart von der Dicke eines
WerkzöUes hatte drucken lassen, berief er 1479 von Eich-
- städt die sehr erfahrnen Meistei der Buchdruckerkunst
Stephan Dold, GeorgReiserurid Joh^nnBecken-
hub, genannt Menzer vonWirzburg, ertheilte ihnen das
ausschliessliche Privilegium zum Drucke des verbesser-
ten Breviers für die Diözese, erlaubte ihnen, Bücher zu
drucken, dieselben mit dem Wappen des Hereogthums
und des Stifts zu zieren, und sicherte ihnen väterlichen
Schutz zu für ihre Person, Familie, Habe und Gut. Nach
der Vollendung des ersten Breviers trennte sich diese
Buchdruckergesellschaft, und Reiser, welcher vermuth-
lich der wahre Meister und Eigenthümer der Druckge-
räthschaften gewesen ist, führte die Druckerei allein fort.
Dold verschwindet, Beckenhub ist in Regensburg und
Nürnberg thätig. Georg Reiser gewinnt in hohem Grade
die Gunst und Liebe des Bischofs Rudolf und Lorenz,
erhält von der Stadt das Ehrenbürgerrecht und Befrei-
ung von bürgerlichen Abgaben. Er ist 1503 gestorben.
Seine Werke haben eine damals sehr beliebte, die Rei-
ser'sche Typenform, deren Schnitt undGuss wahrschein-
lich von ihm selbst waren. Der lUuminist Alban Kistner
machte in sechs Missalien die Anfangsbuchstaben, und
verzierte sie mit Blumen und sonstiger Ornamentik ; auch
Konrad Lukas von Breslau erhielt 1481 drei Gulden für
das lUuminiren von Gebetbüchern für den Dom. Eber-
hard Hasperg war ein geschickter Rubricist, welcher die
Capitelanfänge und besondern Absehnitte mit rother
Dinte markirte. Das Wirzburger Brevier ist das erste
in Wirzburg gedruckte, in Deutschland das erste mit
einem Kupferstich erschienene Buch vom Jahr 1479. Es
ist in Folio , zweispaltig , ohne Seitenzahlen, Signaturen
und Custoden mit rothen Anfangsbuchstaben und Rub-
riken und hält 343 Blätter. Diesem Druckwerke folgen
das Eichstädter Brevier 1480, das Wirzburger Missale
1481, die Agende, die Wirzburger Synodalstatuten, das
Psalterium Bruno's, das speciale missarum, der über cho-
ralis, der modus orandi. Den ersten Buchdruckern
der Stadt nach Reiser scheint es an Geld gefehlt zu
haben.
Auch Johann Lobmayer und Balthasar Müller druck-
ten in schöner Schrift; 1504 ist Martin Schubert Buch-
drucker und Holzschineider in Wirzburg.
2jhr
Viele Wirzburger druckten in fremden Ländern.
So wurde Georg Lauer von Wirzburg 1469 vom
CardinAl Caraffa nach Rom gerufen, und vollendete
dort kostbare päpstliche Rechtsbücher ; Eucharius Silber
hatte 1478 in Rom eine eigene Druckerei in lebhaftem
Gange ; so auch sein Sohn Marcellus Silber, welcher der
erste war, der in Europa ein mit äthiopischen Buchsta-
ben gedrucktes Buch lieferte (1513). Dietrich von Wirz-
burg druckte in Venedig; Martinus Herbipolensis gehörte
zu den gelehrten Typographen seiner Zeit, und war in
Leipzig thätig (1490 — 1512) ; dort druckte auch Melchior
Lotter und Jakob Thanner von Wirzburg (1498 — 1519).
Johannes Frobenius von Hammelburg wurde der deutsche
Manutius genannt, Georg Frohen von Iphofen war Fa-
j muius bei Tycho de Brache in Uranienburg*).
c Trotz der Drucker lässt Abt Petrus (1519—1525) in
St. Stephan viele Bücher schreiben und wird noch 1555
« Johann Schätzler als der geschickteste Schönschreiber von
ö Wirzburg gepriesen 2). Die Stifter von Hang, im Dom,
r St. Burkard und Neumünster wetteiferten frühzeitig in
si der Herausgabe von Wappenkalendern, welche mit
g Holzschnitten geziert waren. Sie bestanden aus Papier-
t bögen, wurden der Länge nach zusammengesetzt und-
jÄ bekamen durch lUuminirung ein gefälliges Ansehen. Die
[i^ Wappenkalender des kaiserlichön Landgerichtes und des
- Magistrats haben bisweilen die der geistlichen Herren
^ an Zier und Grösse übertroffen. Es sind noch viele
^ Exemplare davon erhalten. Auch die Aderlasstäfel-
ft
cheti wurden mit annehmlichen Schildereien bedeckt.
ie: Die mias Eberbacenses bringen uns die Nachricht,
[ r dass am Feste vor U. L. Frauen Verkündigung des Jah-
res 1460 die Frau Christina, die Gemahlin des Gregor
t) Tb. Welz«nbHch esch ich te der Buchdruckerkunst im ehemaligen
Herzogth. Franken. Wirzb. 1858.
i) ScUarold Beitr. 1, ». 97».
Haimburger, zum Mutt«rgoftesaltare „in ap$ide ecclesiae
Herbipolensis" einen kostbaren grünen Ornat von Damast
schenkte ; die Mitra mit dem Kreuze kostete 27 rheinische
Goldguiden ^).
MalQr Ulrich Hagelwart ist 1473 aus Landau nach
Wirzburg gekommen, und hat viel in Volkach gearbeitet.
Am Dome sind 1479 der Steinmetz Hainz Stürmlöin und
die Zimmermeister Hein^ von Berga und Kunz von Külss-
heim thätig. ArtolfGrosä0 und Konz Kol sind 1482 und
1499 als Domstiftsbaumeister genannt. Bischof Rudolf
war ein Gönner der Kunst; manche Kirche U^ss er neu
bauen, schickte auch, um die Mittel zur Verschönerung
des Domes zu gewinnen, einen geistlichen Herrn mit
Reliquien in der Diözese herum. Manches geschah un-
ter Lorenz von Bibra. Da wölbte 1500 Steinmetz Peter
die Seitenschiffe, malte Jörg Wunderlich die schönen
Wappen an die Schlüsssteine derselben, und wurden 1505
zehn Chorfenster mit 2392 Venetianergläsern verglast.
Meister Linhart Becke aus Augsburg musste auf die
Decke des Chores die Zwölfboten um den Erlöser ma-
len. Hanns Karner, der Maler, Johann Mutterstadt, Jo-
hann Hickerich und Hanns der Steinmetz sind bis 1520
in der Dombauhütte beschäftigt.
Im Jahre 1450 am 16, August war der Brunosarg
durch eine Commission des Domcapitels wiederholt geöff-
net und die so hochverehrten Reliquien untersucht worden.
Im Domchor sah man einen viersäuligen ndaasswerk-
reichen Altar, neben ihm zwei kleinere Altärchen. Von
der Wölbung hing eine in der Quadratur construirte
Ewiglichtlampe, den Triumpfbogen zierte ein Kreuzbild.
. Das Sacramentshaus , das. Meister Dill gemeisselt hatte,
stieg bis zum Spiegel auf. Dreizehn Glocken hingen in
den Stühlen der Thürme, und kostbare Schätze bargen
die Schränke im Cither. Wie Nürnberg (1487, 1493),
1) Notoe EberlMceneeft MM. SS. ZTI, 14.
Bamberg (1493, 1509), Halle (1520) und Aachaffenburg
ihre Heiligenthumsbüchlein besitzen , so auch Wirzburg.
Es ist ein Büchlein von wenig Blättern, MCCCCLXXXIII
und nicht 1485 „gedrucjkt und seliglich geendigt in der
keisserlichen stat Nürnberg von Hanns Mayr an der hei-
ligen Dreyfaltigkeits obent*" „In disem püchlein ist czu
wysen das hochwirdig heylthum in der loblichen stat
Wirtzpürg, das man da pflegt zu weisen alle Jar an Sant
kyligns tag.^ Mittelmässige Holzschnitte, die dem Text
beigegeben sind, machen uns so halb und beiläufig mit
der Gestalt der Reliquiarien bekannt. Der Tekt bringt
auch mehrere sehr interessante Namen der „Monstranzen".
Wenn die Hochmesse am KiBansfeste zu Ende war,
wutde die Abläsebulle des Paptes Bonifaz verlesen, die
denen, welche etwa zur Verschönerung des Domes bei-
steuern wollten^ Indülgenzen verlieh. Das Heilthum wurde
sodann vom Pfarraltar gezeigt. Daraii knüpften sich
verschiedene Gebete. Man schaute zuerst den silberver-
goldeten Arm , in welchem ein Stücklein vom Arm des
heiligen Andreas lag, dem der Hochajtar des Domes ge-
weiht war; auch von St. Eücharius und Pantdeon fan-
den sich Reliquien darin. In dem silbervergoldeten
züngelnden „Drachen" mit geringeltem Schweife und
hohen Hprnem war vom Fusse St. Margarethens be-
wahrt. Das Silbermonstranzchen mit dem Dom Christi
zeigte zwei Perlen zu Seiten des Glases und oben eine
Kreuzigung. Ein Glas, geschuppt, wie man es häufig in
Altarsteinen findet, und vergoldet, enthielt Reliquien der
beiden Johannes. In einer „neuen Monstranz" mit Dop-
pelfiälen und übersteigender Pyramide verehrten sie das
Heilthum von Markus, Titus, Stephanus, vom Roste des
hl. Laurentius, vonCosmaS, Domihikus, Nikolaus, Maria
Magalena und Makarius/ Das Krystallreliquiar, das auf
hohen Füssen ruhte, initeinem-Deckel versehen war, und
Knotenverschlingiingen tun die Mitte hatte, enthielt die
Reste von den Apostelfürsten, von Lazarus und Joseph
von Arimathia. Auch war ein silbernes Bild der Jung-
frau da ; sie trug das unbekleidete Kind in der Rechten,
eine Lilienkrone und Lilienszepter; in dessen silbernem
„Tabemackel'' bewahrten sie von den Haaren der Jung-
frau, vom Kleide des Herrn und der Geisseisäule.
Daä Heilthum der Apostel Jakobus d. G., Bartholo-
mäus und Matthias fand sich in einem niedem „Thurm",
zu dessen Innerem ein Thürlein führte; auf dem Dache
war der Salvator zu sehen, wie er die Rechte an die
Wange stützte. In der Krystallmonstranz mit dem okto-
gonen Schaft, dem bossenbesetzten Deckel und den ge-
flügelten Engelchen zur Seite wurden Reste von Cosmas
und Damian und Cyriaöus gefunden. Die Monstranz „mit
Parilen" ward von zwei Strebchen gegliedert und einem
Wimberg schön geschlossen; Reste Von Pantaleon, Quirin,
Gregor und Theodor wurde darin verehrt. Eine andere
Krystallmonstranz zeigte über dem Rundreliqüiar einen
Eselsrücken und enthielt Reste von Marcius, Blasius,
Procopius und dem andern Theodor. Die „lange^ Kry-
stallmonstranz war mit zwei auswärts gebogenen Fialen
imd zwei quadrirten Schilden verziert; sie enthielt das
Heilthum von Sebastian, Blasius, Sixtus, Chrysogonus
und vom „tuten Aaron". Die Monstranz, „die manheysst
Bybelrieth'^ , war mit Doppelfialen geziert, doch sonst
einfach im Ständer und Nodus; sie enthielt Einiges von
Cyrillus, Magnus, Januarius, Adalbertus. Ganz eigen-
thümlich gestaltete sich die Monstranz mit der „Meer-
nuss". Ueber einem runden sich verjüngenden Ständer
schloss ein Nodus mit Plättchen und Kehlen ab; drei
Zweige liefen aus, die beiden nach rechts und links um
Fialen zu tragen, der dritte um die „Nuss'^ umschlies-
send zu festigen; «ie erinnerte an Franziskus, Basilius,
Reinhardus, Gorgonius und Makarius. Die vergoldete
Monstranz der Herren von Wertheim zeigte zierliche
Laubornamentik, zwei Strebepfeiler, Strebebogen und
Eselarücken; ihr Inhalt kam von St. Küian und eeinon
241
Gefährten, von Sixtus, Bonifacius und seiner Gesellschaft«.
Das ^Ey^ ruhte auf ausgezackten Klammern, die dem
Ständer entwuchsen; darin waren die Reliquien von 17
Heiligen. Zierlich schaute sich die Monstranz mit dem
„zwifaltigen KrystalP an; sie enthielt dasHeilthum von
Markus, Lukas und Joseph von Arimathia. Die Monstranz
„Montater^ genannt, mit gezackter geschweifter Laubor-
namratik umschloss „fünf stück von oele san Niclas.^ Ein-
fach war der Becher des Herrn von Hoeberg, mit dem
Deckel geschlossen, und durch Querarme getheilt, acht
heilige Reste umhüllte er. Der „Kopf" des Herrn von
Hoenberg glich einer doppelgebauchten Kanne; er be-
wahrte Reste von „Ananias der den Paulus taufte", Mar-
tin und den 10000 Martirern. Die Monstranz von Rhein-
stein mit Polygonalfuss, zwei Fialen zur Seite, Dreipäs-
sen in den Spandrillen und einem Eccehomobild enthielt
Reliquien verschiedener weiblicher Heiligen. Der „Kopf"
Erlbach^s besass von den Steinen bei Stephan^s Steini-
gung, vom Gebein Adalbert's, St. Vital's u. a. Die Mon-
stranz nüt der ZahlH. schaute sich schlank und zierlich
an, hatte gewundene Strebchen zur Seite und eine ge-
zinkte Krone über dem reliquienreichen Krystall. Ein
Heilthum von Kilian und Bonifacius barg die Monstranz
Infuli. Noch zeigte man eine Krystallkandel mit Hen-
kjßln, das Kreuz „Meybronn", die Monstranz mit den drei
Engeln, die mit den zwei Thürmeln, die mit der Zahl
Vm., den langen Becher, welchen der Herr Idelhilt Mar
„thumher" machen liess, den Becher, der „der schwere"
hiess, das Kreuz mit dem Schild des Rudolf von Wert-
heim, das Baumlüreuz des Herrn Nikolaus von Mal, das
gar reich gezackte Kreuz „Gamaher", den Becher des
Herrn Martin Truchsess, und den einfachen Becher, den
die „Trubin von Rothenburg" geschickt hatte. Merk-
würdiger war ein Bild der Jungfrau. Die geflügelten
Evangelistensymbole bildeten den Thron der Gottesmut-
ter ; sie hielt ein nichtgewandetes Kindlein auf dem rech-
16
34»
tenArme, das selbst seine Rechte in einem Buche hiaite.
Eine hohe geschlossene Königskrone schmückte sie, Engel-
chen umflogen die Gruppe. Als Heilthum wollte darin
von den Haaren und dem Kleide der Mutter geborgen
sein. Das Bild der Kunigund trug das Szepter und das
Modell des Bamberger Domes. Waren die silbernen
Brustbilder der beiden Johannes , die vier Häupter von
St. Burkard, Kilian, Totnan und Kolonat gezeigt, so
schloss die Feier. Noch ist im Büchlein von einem sil-
bernen Sarg, dem Salvatorbuch imd zwei schönen Kreu-
zen die Rede.
Von diesen zahlreichen Reliquiarien ist die grösste
Alizalü durch die Einschmelzungen von 1528 und 1794,
imd durch die Säkularisation zu Grunde gegangen. Wie
arm die Omatkammer sei, ist schon berichtet.
Vor der Restauration von 1711 stand im alten Chor
von Neumünster ein Steinsarg mit vielen Reliquien. Stephan
Weinberger, Weihbischof von Wirzburg und Dekan des
Neumünster, eröffnete 1689 den Sarg und fand darin
und ordnete die Authentiken der Heilthümer. Es waren
Reliquien von dem Steine, von welchem aus Christi
Himmelfahrt geschehen, vom Kreuzesholz, von den Klei-
dern der göttlichen Jungfrau; Reste von Johannes dem
Täufer, den Aposteln Petrus, Paulus und Andreas, dem
Erzmartyrer Stephanus, von Kilian, Pahcratius, Geor-
gius, Cosmas, Damianus, Benedictus, Egidlus, Ulrich,
Magnus, Gregorius, Brictius, Katharina, Magdalena,
Juliana. Femer von einem Zahn der Makkabäer, von
der Albe St. Gallus, von dem Gürtel der Kaiserin Ku-
nigunde, und Reste von den Elftausend. Der Weihbischof
legte die Reliquien der Heiligen Ursicinus, Hermes, Her-
culanus, Remaclus, Candidus, Theodorus, Brictius, Er-
hardus , Germanus und Philippus bei. Der Reliquiarsarg
verschwand bei der Restauration, und die Reliquien wur-
den auf die 24 Altäre vertheilt.
m
Die Universitätsbibliotbek bewahrt ein einst zum Dom
gehöriges Evangeliar in Folio mit Miniaturen aus dem
späteren Mittelalter. Die Harmonie der Evangelien ist
sehr arm ausgefallen; die Basis der je fünf Säulchen ist
regelmässig und einförmig, das vergoldete Capital lässt
keine' Variationen zu, und in das tympanartige Feld un-
ter dem abschliessenden Hauptfoogen schreibt sich kein
Zierrath. Blau, roth und grün kehren als Lieblingsfar-
ben wieder. Den vier Evangelien sind die Bilder der
Verfasser vorgemalt. Ganz volle Figuren , bald schrei-
bend, bald glättend, bald mit dem Schärfen des Instru-
mentes beschäftigt. Der Styl ist rein und bestinunt, die
Behandlung gleiohmässig , der Sinn für Empfönglichkeit
der Formen noch rege. Der Farbensinn des Künstlers hat
eine pastose Befaancllung mit glänzenden kräftigen Far-
ben hervorgerufen. Derselbe hat die alten Miniaturen stu-
diert und die frühromanischen Typen wiederzuerwecken
sich angestrengt. Diese Miniaturen sind sehr zu respec-
tiren. Entschieden dem späteren fünfzehnten Jahrhun-
dert gehört das Missale im Quartantenformat an, das in
der Universitätsbibliothek gezeigt wird. Es ist darin
eine Kreuzigung auf Pergament. Der Grund ist himmel-
blau mit goldenen Sternen, die Färbung mild, die
Gewandung brüchig; im Antlitz des Johannes und der
Mutter erkennt man den Einfluss der niederländischen
Miniaturisten und Tafelmaler.
Mit einem Worte muss hier auch des Folianten der
Universitätsbibliothek gedacht werden, welcher auf 433
Blättern den trojanischen Krieg von Konrad von Wirz-
turg enthält. Es sind in demselben 126 colorirte Feder-
zeichnungen auf Papier. Sie haben hervorragende Mängel.
Die Finger sind ausnahmslos zu lang, die Füsse zu
schmal und die Proportionen häufig empfindlich verletzt;
Die Fratiengestalten sind keineswegs mit Zartheit be-
handelt, die Thiere durchweg verfehlt, die Polychro-
tnurung ist unverzeihlich leichtfertig. Auch sind die
16*
244
Kampfszenen mit zu grosser Monotonie dargestellt. Doch
war der Zeichner nicht ohne Talent; er versteht es, mit
wenigen Strichen grosse Motive anzudeuten, weiss Bart
und Haare trefflich zu behandeln und besonders im Ant-
litz die Wichtigkeit des Moments auszudrücken. Die
Schalkheit der Frauen und die Tapferkeit bei den
„krichen" und Trojanern gibt seiner Phantasie hinreichend
Stoff. Es lohnt sich der Mühe nicht, auf die Details ein-
zugehen.
Ein stattlicher Foliant in der Bibliothek der Kar-
meliten, der einige Miniaturen enthält, wurde von einem
Kanoniker von Marien-Grünthal 1444 geschrieben, war
ursprünglich in Besitz des berühmten Magisters Egid
Bailloiul und kam durch die Munificenz des Fürstbischofs
Franz von Hatzfeld 1636 an das Kloster.
§ 21. Die St. Lukas-Bruderschaft.
Die vereinigte Zunft der Maler, Glaser und Schnitzer
erhielt 1470 vom Oberrath eine vollkommenere Satzung,
welche von den Malern Hanns von Frankfurt, Hanns
Keyel und Simon Moler, von den Schnitzern Sigmund
Moler und Michael Weys, von den Glasern Paulus,
Michael Baum und Kunz Wylandt im Namen der ganzen
Brüderschaft unterschrieben wurde. Es ist uns das Z u n f t-
buch als eine authentische gleichzeitige Quelle erhalten,
nicht minder wichtig als „die Nachrichten von den vor-
nehmsten Künstlern und Werkleuten so innerhalb hun-
dert Jahren in Nürnberg lebten", das 1546 der Schreib-
meister Joliann Neudörffer für Nürnberg herausgab.
Das Zunftbuch der Kölner Bruderschaft ist verloren ge-
gangen, wohl aber das der Maler von Antwerpen er-
halten. Letzteres enthält die auf Pergament geschriebenen
245
Satzungen. Nagler hat Einiges aus den Acten der Lukas-
bruderschaft zu München bekannt gegeben; Camesina
vorlängst über die „Maler -Glaser -Goldschlägerinnung
der Lukaszeche in Wien" interessante Publicationen ge-
macht; von der glanzenden Thätigkeit der gleichgenannten
Bruderschaft in Prag, die Karl IV. gestiftet hat, gibt
die Kunstgeschichte der Stadt hinlänglichen Aufschluss;
von der Lukasgilde zu Augsburg hat Stetten berichtet*).
Bescheiden wollen diesen Nachrichten einige aus Wirzburg
zur Seite treten.
Das Zunftbuch 14" hoch, 5" breit, bei 100 Blätter
stark, von denen die Hälfte beschrieben ist, führt uns
in sechs Abtheilungen die Satzungen und Ordnungen der
Zunft vor, wie es gehidten sein soll, wenn Einer das
Meisterrecht erlangen will, wie viel Jünger ein Meister
halten solle, und wie man es mit der Bruderschaftskerze
ordnen wolle. Dabei wird ein Verzeichniss der Meister
fortgeführt, die zur Zeit der Anlegung dieses Buches
(1534) lebten, oder bis dahin aus der Bruderschaft ge-
storben waren. Verschiedene Hände trugen die Namen
bis in den Ausgang des sechszehnten Jahrhunderts ein.
Am Stephanstag 1534, da Meister Hanns Stang und
Jörg Biemenschneider „geschworne Meister des Maler-
Glaser- und Schnitzerhandwerks der Lukasbruderschaft"
waren, wurde beschlossen, die Ordnungen aus den „alten
Büchern und Kästen" zusambringen und neuerdings „aus
beweglichen Ursachen" niederschreiben zu lassen. Somit
entstammt unser Zunftbuch wie die Statuten der Lukas-
zeche in Wien bereits dem zweiten Drittheil des sechs-
zehnten Jahrhunderts. Dieselbe Erneuerung der Statuten
kehrt bei verwandten Gilden häufig wieder. Unter den
hier angeführten Malern sind Tafelmaler, Wand-, Karten-
und Briefmaler und Illuministen zu verstehen; wohl auch
Zimmermaler, Anstreicher und unbedeutende derbe Ge-
t) Stetten Kunstgeschichte von Augshurg !♦ 268 — 270.
846
seilen, wie deren in Wohlgemuth^s Werkstäite den jungen
Dürer arg genug behandelten. Die Schnitzer fertigten
nicht bloss Heiligenbilder und Ornamentahier in Holz,
sondern auch Grab- und Taufsteine, Sacramentshäuscben,
Bossen, Stiegen, Larven und Sonstiges. Meister Dill
wird einfach Schnitaer genannt. Bei Entstehung der
Bruderschaft galten die „Glaser^ als den Malern durch-
aus ebenbürtige Künstler, als Glasmaler; aber im Bechs-
zehnten Jahrhundert wird hier wie zu Frankfurt zwischen
Glaser und Glasmaler unterschieden. Nur wenn es „gloser
und moler^ heisst, dürfen wir einen Künstler erkennen.
Der Glasmaler Hanns TruU (1428) und die Maler Hanns
Feurer (1447) und Konrad Gümpelein (1460) scheinen
der Zunft nicht angehört zu haben. Die Augsborger Ver-
brüderung nahm auch die Goldschläger auf. Um die
Mitte des siebenzehnten Jahrhunderts ist die Bruder-
schaft erloschen; die zu Augsburg hat bis an^s Ende
des achtzehnten Jahrhunderts, gedauert'). Wir lernen
hier erst die namhafteren Meister und Gesdlen, die 3tr
angehörten, kernten, fügen die Satzungen bei^ ondschliessen
mit Nachrichten über den grössten Meister, der ihr an-
gehörte, über Meister Dill, bekannt als Tylfnann Riemen^
Schneider.
Um ein einheitliches Gesamintbild zu gewinnen, ist
es nöthig, die Reihe der im Jahre 1534 als bereits ver-
storben aufgeführten Meister mit jener der damals noch
lebenden und den Reihen der ihnen zum Unterricht an-
vertrauten Jünglinge zu combiniren. Die historische Treue
wird dadurch nicht im Mindesten verletzt. Die Maler
Gebrüder Kuntz, Klaus, Simon, Peter und Gallus S)dilossea
sich 1470 an die Brüderschaft; ihr Zeitgenosse Konrad
Lukas aus Breslau malte auf Tafeln in Glas, auf Per-
gament udd verstand die edle Schnitzkunst. Bei Meister
Simon dem Maler gingen acht Jünglinge in ^e Lehre:
i) Fiorillo Geschichte d. z^ich. Kfioste in DeutschUnd IV. 195.
9^
Hanns Weyssel von Bamberg, Sebastian Hellwart, Chris-
toph Heller, Martin Peysel, Philipp Sehrecke, Kilian
Steyn und Bernhard, der Bube des Herrn Jörg von
Grumbach* Michel Weyss, schon 1473 thätig, ist 151S
gestorben, Linhart "von Kitzingen ,und Fritz von Arnstein
haben seine Werkstatte besucht. Die Maler Sigmund
Pfister, Hanns Weygant und Meister ?eter scheinen
keine jünger angQzogen zu haben. Ulrich Hagelfutter
(f 1520) aus Landau, ein Bildhauer und Vorgänger des
Meisters Dill, bildete Hanns Metz, Paul Polsterer, ^e
beiden Lorenz und Hanns Wagenknecht. Der letztere
bekam auch am Dome zu thun. Bei Kuntz Wylandt,
dem Glaser alter Art, schulten siph Peter Fues, Baltha-
sar Goppelt und Meister Lorentz. Mit den Tafelmalern
Haans Pfister voniphofen und Haniis Liphart von Ulm
treiten wir in das sechszehnte Jahrhundert eiiji. Bei M^ler
Clas lernte Michael von Gossmannsdorf und Hännslein
Rappolt. In den Familien I^yrbel, Stengell, Wylandt
und Scfaubart scheint das Handwerk des künstlichen
„Glasens" sich fortgeerbt zu haben. Pet^r Seyger, der
Maler, zog den Wolfgang Jung aus Heidelberg und den
Hännslein Fürenschilt von Eegensburg an sich, scheint
also renommirt gewesen zu sein. Bernhart Weickener
lernte die Technik des Malens bei Philipp Dietmar 1525.
Welch' eine zahlreiche Schule hat Stephan Dietmar ge-
leitet? Seine Manier zu malen pflanzten fort: Ottenmaier,
Wilhelm Schneider von Hechsheim, Endres Linhart von
Wirzburg (1515 aufgenommen), die Brüder Kuntz und
Peter Faut von Neusas (?) und Hanns Zesthen von Wirz-
burg. Nach Hanns Mertz (f 1530) dem Maler und Bild-
hauer ist Tylman Riemenschneider als „Schnitzer" in
der Jleihe der Todten aufgefühx*t. Die Zahl der Künstler
ini damaligen Wirzburg war wahrlich nicht unbedeutend.
Auch scheinen mehrere unabhängig von der Lukasbruder-
scsaft gearbeitet zu haben j von Hanns Karner aus Donau-
wörth (1501), Andreas Einhalt (1515) und Georg Lester,
248
dem Mönch von St. Stephan (1510) wissen wir dieses
bestimmt. Friedrich Weltz ist dem Leser bereits be-
kannt; er ist bei Wolf gang Beuss in die Schule gegangen.
Im Jahre 1534 waren noch am Leben: Glasmaler Hanns
Zyrbel (1537), Balthasar Schmutzer der Maler und Glaser,
Wolfgang Rentz der Bildhauer (1552), Endres Linhart
der Maler (1553), Georg Mör (1540), Haims Hartz, Schnitz,
Hanns Stang, Jörg Riemenschneider, der nicht sterben
wollte, Hanns Betzmann, Maler, der Maler W. Ziegler,
Georg Steckel und zwölf Glaser.
Spätere Handschriften im Zunftbuch melden von
dem Schnitzer WolfZang und seinem Gemahel Barbara;
von den Malern Wilhelm Stürm, Lorenz Hülfferich (f 1551),
Martin Beyhel (f 1551). Als Meister Balthasar Pfister
aufgenommen wurde, 28. Okt. 1556, zahlte er zwei Gul-
den Meistergeld, während Meister Fritz Cunradt 1570
vier Glilden zu erlegen hatte. Michel Paulings ist als
der letzte zu bemerken, der 1582 mit seinem Meisterstück
bestanden, und das Meistergeld bezahlt hatte. Vor ihm
müssen Hanns Pistner 1555, David Eck 1557, Melchior
Busch 1558, Maler Hieronymus Leupolt 1562, Maler
Andreas Herneissen aus Nürnberg 1578, Melchior Burg,
Maler aus Köln 1582, und Glasmaler Georg Henneberger
(1597) genannt werden. Auch des Malers Michael Wid-
mann, des Hanns Hertzog von Heidingsfeld und des
Bildhauers Christoph Ihnebach aus Dresden ist zu ge-
denken. Scharold nennt aus diesem Jahrhundert Veit
Baumhauer aus Schwäbisch-Gimünd, Hanns Rödlein 1571,
Christoph Schmieburg, Michael Claudius von Metz 1578,
die Formenschneider Herrmann Schuster und Michael
Paulus um 1600. In dem Lied, das 1587 Hanns Weber
auf den schönen Brunnen in Nürnberg gedichtet, kommt
die Stelle vor:
Dann es ist von Wirtzburg her kommen,
Ein berümbter Maler , den haben die Herren genommen,
Der wird den Brunnen malen lan.
i
249
Wer ist der Berühmte gewesen? Im Jahre 1634 wird
der Malergeselle Jakob Loder^r als einer der Letzten
in das Zunftbuch eingeschrieben. Im Jahre 1648 starb
Adam von Ebrach, der als der letzte in die Bruderschaft
war aufgenommen worden.
Es sind hier nicht alle Namen genannt, um durch
die Nomenclatur nicht zu sehr zu ermüden.
Unwillkürlich drängt sich uns die Frage auf: wie
mochten doch so viele Meister Beschäftigung finden?
Von der Kathedralstadt gingen die belebenden
Strahlen in die Diözese. Die Zahl der reichen Präla-
turen war gross und die Baulust des fünfzehnten Jahr-
hunderts ausserordentlich. Um die grossen Chorbauten,
Thürme und Rathhäuser zu vollenden, rief man häufig
Meister in die kleineren Städte, in die Klöster und
Dörfer. Noch steht in der Stadtpfarrkirche zu Ochs^n-
furt ein Sacramentshaus, 50' hoch, reich gethürmelt mit
16 Figuren, so interessant wie nur eines. Die katholische
Kirche zu Kitzingen zeigt ein ähnliches, aber reiner in
den Constructionen ; ein Werk dieser Art steht zu Bi-
schofsheim a. d. T., andere zu Zell am Ebersberg, zu
Volkach ; das zu Heidingsfeld ist schon genannt, ebenso
jenes zu Himmelspforten, welches in unserm Jahrhundert
nicht hätte verloren gehen sollen. Derlei Sacramentarien
besass jede grössere Kirche. Die Kanzel zu Heidings-
feld prunkt mit der reichsten Vegetativgothik , jene zu
St. Wolfgang bei Ochsenfurt wird durch Figuren be-
lebt, die zu Dettelbach aus der Juliuszeit wird vom Stamm-
baum David^s umkleidet, die in der Frauenkapelle zu
Lauda wird vom Moses getragen.
Die Zahl der Bildstöcke, von Kreuzen, Madonnen
und Heiligenbildern, die an allen Orten und Wegen gestellt
waren, geht tief in die Tausende; auf jedes Bild
wurde grosse Mühe verwendet.
2W
Die im Qaadrat construirte Ewiglichtsäule zh Hei-
dingsfeld und jene zu Grünsfeld sind uns aus hunderten,
die einst vorhanden waren, noch erhalten.
Die Oelberge zu Kitzingen, Randsacker, Ochsenfurt,
Grünsfeld liefern uns den Beweis, mit welcher Sorgfalt
die Meister die heiligen Darstellungen meisselten. Jede
Kirche hatte einst, ein ähnliches Gebilde.
Treffliche Skulpturwerke besitzen Langenzenn, Veits-
brono, Herzogenaurach, Frauenauracli und Anhausen.
Die Schnitzarbeiten an den Chorstühlen zu StBurkard
und in der Pfarrkirche zu Kitzingen zeigen uiis ein arideres
Feld der Beschäftigung der Schnitzer unserer Lukas-
bruderschaft; 80 auch die Taufsteine zu Grünsfeldj Hei-
dingsfeld und Eibelstadt.
Denken wir noch an den Schmuck der Portale, die
enorme Zahl von Flügelaltären und figurenreichen Grab-
denkmälern, an die Rathhäuser, Brunnen, Stiegenbauten
und an die kleineren profanen wie heiligen Geräthe^ und
wir verstehen, wie Wirzburg so zahlreichen Künstlern
Beschäftigung geben konnte.
Meister Hanns und Jörg geboten bei Busse und
Strafe alle Satzungen der Zunft, wie sie der Oberrath
weislich vor Alters und jetzt gesetzt hatte, genau zu be-
obachten. „Wer Meister werden will, hat durch Brief
un^d Sigel den Beweis zu liefern,, dass er sein Lehrjahr
wohl bestanden und so sein Anrecht sich erworben habe.
Der Tag des Eintrittes in die Bruderschaft muss genau
aufgezeichnet werden. Name und Zuname wie die Zahl
der Lehrjungen werden genau dem Buche einverleibt.
Tritt ein Jünger aus, so hat sein Meister den „geschwor-
nen'* Meistern der Fraternität davon Anzeige zu erstat-
ten, als von einem, der „redlich und seine Zeit'^ gelernt
hat. Denn es könnte Anstände geben, welche durch die
GontroUe leicht auszugleichen wären.^ Der weiteren An-
ordnung, dass alle Meister, lebend oder todt, m dieBe-
i
m
gister mussten eingetragen werden, verdanken wir kost-
bare Notizen.
Kein Meister soll, wenn ihm eine Arbeit angetragea
wird, seine Forderung über „die Gelegenheit" der Ar-
beit stellen; es übernehme auch keiner eine Arbeit, die
nicht in sein Ressort fällt, es wäre denn, dass die Con-
trahenten des Gedings nicht einig würden, dann soll je-
der zusehen, wie er daraus kommt. Den zwei geschwor-
nen Meistern müssen alle Meister jährlich Gebor^fim
schwören in Allem, was die Bruderschaft betrifft. Wer
aber ein oder mehrere Gebote übertritt, muss sunderlich
„ein Virdung wachs" als Busse geben; es sei das so alter
Brauch.
Nie soll ein Gesell ohne Wissen seines Meisters, bei
dem er arbeitet, bei einem andern Meister sich Arbeit
andingen^ schon die alten Register verpönen dieses. Ha-
ben aber beide Meister davon Wissenschaft, dann mag
der Geselle s^ thun. Das aber muss so ^ein, damit die
Meister einig bleibeo, und die Bruderschaft besser ge^
deihe. Kein Meister soll eine« Gesellen halten, wdcher
eigene Arbeit führeti wolle. Würde je ein Meister ein^n
solchen trügerisch als Diener erklären, so entginge da-
, durch den Herrn der Bruderschaft „Steuer und Gerech-
tigkeit."
Einig seiea die Meister vor Allem, Darum soll es
nie vorkommen:, dass, wenn einem Meister eine Arbeit
ist angedingt worden, ein zweiter seines Handwerks, der
diess erfährt, einen Vertrauten schickt, um durch diesen
beim Arbeitgeber intriguiren zu lassen und sich den Auf-
trag zuzuschlagen. „^IMs sol nit seyn."
Kein Meister nehme einen Lehrling auf, es sei denn
einer von der Bruderschaft dabei, „weil bei diesem Ding
von beiden Seiten geredt und gemacht vs^erden muss" ;
»tich muss der Bruderschaft ihre Gerechtigkeit gebracht
SBS
Hat ein neu aufgenommener Geselle beim Meister
vierzehn Tage gearbeitet, so muss ihn derselbe zu den
zwei geschwomen Meistern fuhren, „auf dass er der
Herrschaft glob nach Auf weisung des Buchs.^ Wird die-
ser Act von einer Parthei unterlassen, so muss ein „Vir-
dung wachs^ an die Kerze gegeben werden. Ordnung
muss sein.
Wir sehen, die Meister halten vor Allem auf Recht,
Freundschaft, Einhelligkeit und Gehorsam. Zwietracht
und Misshelligkeit sollten aus der Bruderschaft ferne
bleiben.
In Betreff der Leichenordnung waren genaue Bestim-
mungen getroffen^
^ Stirbt ein Meister oder seine Frau, so müssen die
jüngsten vier Meister der drei Kunsthandwerke die Leiche
zu Grabe tragen; ist aber einer derselben verhindert,
so hat er aus diesen drei Handwerken einen Substituten
zu stellen. Auch ein Geselle kann darum ersucht wer-
den. Wenn beim Begräbniss und bei der Feier des Sie-
benten und Dreissigsten die Handwerkskerze ist gebraucht
worden, so sollen die Verwandten des Verstorbenen
sieben Pfennige erlegen; so war es seit alter Zeit, so
sollte es auch fürder gehalten werden. Wird aber die
Kerze nur bei der Begräbniss benützt, so sind die Ver-
wandten der Verpflichtung ledig, wofern ihr guter Wille
sie nicht anders bestimmt. Die Kerze darf nur bei Mit-
gliedern der Bruderschaft figuriren, nie an Nichtmitglie-
der verliehen werden. Bei allen ^Prozessionen hatten die
zwei jüngsten Mitglieder die Bruderschaftskerze zu tra-
gen. Wenn aber Einer oder Beide „Ehehaft" hatten, so
müssten Stellvertreter geschickt werd^i.
Soweit schrieb die schöne sichere Hand von 1534.
Ungefähr zwanzig Jahre später, da Entres Eymer-
ling und Jörg Weidenbush der Maler und Glaser ge-
schworne Meister waren, wurde einmüthig beschlossen,
dass, wenn ein ehrbares Handwerk der Brüderschaft zu-
253
sammenkäme, und sie Gebot hielten oder sonst zechten
und guter Dinge wären, so soll der jüngste Meister den
Wein kredenzeii und die Brödchen stellen, ,,dem Hand-
werck zu Ehren", wie das von Alters her Brauch ge-
wesen sei.
Technisch von Bedeutung ist folgende Vorschrift für
die Glaser:
„item Ein schewbenn Inkirehene mit zwifachem plej
auff beder seitte verzint eine für III dl. unnd mit sol-
chem sol ein Jeder meister die arbeyt versorgen, vnd
verstehn das das bley nit geringert werdt dan wie der
gebrauch sunst gehalt wurdt als demmach er solchen Ion
als in dl. mit got vnd er verdiemen vnnd nemen des
wiss sich ein jeder meister zw halten."
Im Jahre 1571 wurde eine beachtenswerthe Bestim-
mung über die Anfertigung der Meisterstücke erlassen.
Das Meisterstück der Maler sei ein Vesperbild mit
dem Salvator in Wolken und dem Nimbus in planirtem
Gold, dabei eine Landschaft, das Ganze 4^ hoch, Schreit.
Das Meisterstück der Glaser bestehe in einem Schei-
benstück zu 60 Scheiben „auf Ganz aus", und in einem
Rautenstück, verkehrt auf sechs Bauten.
Das Meisterstück der Bildhauer sei ein Crucifix
sainmt einem Marienbild, welches „Johannes im Arm
hält", 2' hoch.
Das Meisterstück der Glasmaler sei ein jüngstes Ge-
richt, gefügt, ausgezogen, gemalt und eingeschlagen in
der Grösse eines Begalbogens.
Kein Glasmaler sollte einen Gesellen halten, der
nicht das Stück aufsuchen, fügen und ausziehen könne.
Es hat der Tafelmaler nicht das Recht, einen Glasmaler-
gesellen, der Glaser nicht die Befugniss^ einen Flach-
malergesellen zu halten. Jeder soll bei seinem Handwerk
bleiben, so wird Hader und Zank vermieden. Maler und
Schnitzer sollten zur Fertigung ihres Meisterstückes ein
m
halbes Jahr, Glasmaler und Glaser ein Vierteljahr Zdit
haben.
Die ersten Künstler, welche 1671 nach der neuen
Ordnung ihre Meisterstücke inachten .und damit bestan-
den, hiessen Jakob Gay, Maler, Franz Gassml^nny Glar
ser, und Veit Baumhauer, Bildhauer^).
Zahlreiche ähnliche Miniaturbilder aus dem nattel«-
alterlichen Kunstleben inüssten die Kunstgeschichte des
Vateiiandes beleben und bereichern« Auch diese Dar-
stellung hätte sich reidier entfaltet, wären dem Verfas-
ser die im Germanischen Museum zu Nürnberg befind^
liehen Berichte früher zu Gebote gestanden.
Als der dreissi^ährige Krieg diese .Blüthe des MH-
alters vernichtet hatte, veranlasste Oswald Onghers die
Reali^^n der Niederlande, ihre geistlosen Fabrikate auf
die hiesigen Jahrmessen zum öffentlichen Verkaufe «u
werfen. Diese Zufuhr hat bis in's achtzehnte Jahrhun-
dert gedauert, und Wirzburg ist reicher an Kunstwerken
letzten Ranges geworden, als mit der Würde der Kathe-
dralstadt vereinbar scheinen mochte.
Bald nach Albrecht Dürer war in Deutschland von
einer deutschen Malerei nichts mehr wahrzunehmen. Und
ziehen wir auch Belgien und Holland herbei, so dauerte
dort die nationale Malerei bis in die Mitte , hier bis an
den Ausgang des siebzehnten Jiahrhundert. Jm achtÄehn-
ten Jahrhundert konnte und wollte Bafael Mengs nicht
den Ruhm in Anspruch nehmen^ die ^leutsche Malerei
wieder aufgerichtet zu haben. Er malte in Bma und
Madrid , und seine Schüler waren Italiens , Franzosen,
Spanier, auch Deutsche. Wenn er auch Altarblätt^ für
katholische Kirchen malte, so hat er doch die christliche
Malerei wenig gefördert. Er hat nicht mehr gethan, als
den antiken Statuen Kleider geliehen.
1) Sdiarold Wltzbuig. 166.
m
§ n. Tylman» Rksitt^nschn^der.
Wie fleissig und mühsam die meisten der im Zunft-
buch genanntem- Meister an ihren Werken gemalt und
gemeisselt haben mögen, ihr Andenken ist, den Namen
ausgenommen, erloschen, ihr« Werke sind den Atmos-
phärilien erlegen oder so unbedeutend, dass die'Kri*
tik nicht weiter darauf reflectircn kann. Einer aber ragt
hoch über alle CoUegen seines Handwerks hervor. Einer^
der sich „Schnitzer" nennt wie Viele, Tylmann Riemen-
schneider, oder Meister Dill, wie er gerne selber
sich unterschrieb.
Mehr als ein Jahrhundert wenig genannt, von Sal-
ver kaum mehr gekannt, ist Meister Dill seit elf Jahren
durch L. Becker in die Kunstgeschichte eingeführt, und
steht ebenbürtig neben Adam Krafjb und Yeit Stoss als
einer der trefflichsten Bildhäuer nicht bloss deeFrankenr
Undes, sondern des germanischen Mittelalters.
Dill ist nicht in Wirzbürg geboren, sondern von
Osterode im Harze gekommen. Das ist nun einmal so
in der Geschichte dieser Stadt, dass die, welche in Wis-
senschaft und Kunst zu ihrer Verherrlichung Namhaftes
leisteten, von der Feme gerufen w^urden, oder selbst
kamen. Unter dem Italiener Gunzo und Othlon von St;
Emmeran blühten die Schulen im Hochmittelalter am
schönsten ; der Vater des Michael vom Löwen war aus
Mainz eingewandert. Fries kam aus Mergentheim, Trit*
hem von der Mosel, Eckhart aus Hannover, Ussermann
schrieb in St. Blasien. Den thatigsten Baumeister Balthasar
Neumanli hätte das böhmische Eger, Oswald Onghers^
den fruchtbarsten Maler das belgische Mecheln gesendet.
Von daher waren a^ich die Auwera eingewandert. Kon-
rad von Wirzbürg fand dagegen in Basel eine zweite
Vaterstadt, der Historiker Jgnaz Michael Schmidt auä
Amstein hat gerne den Ruf nach Wien angsnommen,
Wirzbuiig war ^icht ^ür äi^ ; Vegler hat seine Lorbeeren
S56
alle in der Fremde geemtet« So haben auch die atobsen
Kaufherren von Nürnberg in dreissig Jahren bei Dürer
nicht um fünfhundert Gulden Arbeit bestellt; er konnte
ihnen aus Italien schreiben: „Ay bin ich ein Herr, dokeim
ein schmarözer.^
Bei welchem Meister brachte Dill seine Jünglings-
jahre zu? Wo hat er die Technik erlernt? Ist er viel-
leicht mit Adam Kraft in derselben Werkstätte gewesen?
Die reine und einfache Schönheit, das tiefe Gefühl, die
lebendige Charakterisirung, welche beide kennzeichnet,
mochte zu dieser Annahme verlocken. Nimmt man aber
Bedacht auf den tiefernst melancholischen Ausdruck
mancher Köpfe, die Dill gemeisselt hat, so wird man
versucht, den Einfluss Sehongauer^s zu vermuthen. Jeden-
falls ist er von dem durch die Niederländer angebahnten
Realismus influenzirt. Wer auch der Meister des Jüng-
lings aus Osterode gewesen ist, er hat Ehre an ihm er-
lebt; Dill ist von Jugend an kühn auf der einmal be-
tretenen Bahn vorwärts geschritten, und hat sich wie Veit
Stoss, Adam Kraft und Peter Vischer dem fleissigsten
Naturstudien hingegeben und sich rasch zum selb-
ständigen Künstler gebildet«
Im Jahre 1483 wird Dill zum erstenmal als Bild-
schnitzergeselle in Wirzburg genannt, und am Sonntag
nach U. L. Frauen Empfängniss mit mehreren anderen
Gesellen vom Magistrat in Pflicht genommen. Der
Schnitzergeselle schwört mit den Malerknechten Lorenz
Miller von Landsberg und Michael Bolz von Volkach
den Bürgermeistern Heinrich Pf eyffelmann und Jörg Suppan
^der hanntwerksleute pfiicht mit trewe und eydestat.^
Die Lukasbruderschaft nahm ihn auf.
Die Zunftverhältnisse hätten ihm noch lange nicht
erlaubt, sich selbständig niederzulassen, wäre er nicht
in glücklicher Parthie durch die zünftige Wittwe des
Goldschmiedes Ewald läemann und der Stadt Bürger
geworden. Nach dem baldigen Tode dieser ersten Ge-
2ST
malin Anna (1501), nahm er Margaretha zur Frau, die
ihm zwei Söhne gebar: Jörg, der 1532 Meister, 1534
Zunftoberer geworden ist, aber keineswegs so. genial
meisselte wie der Vater, und Anton, der nachmals das
Baumeisteramt in Kassel führte. Wäre Meister DSl
nicht ein Fremder gewesen, er hätte wohl auch wie
Dürer zu klagen gehabt. Doch so war da» Glück mit
ihm; er wurde 1504 Bathsmann im unteren Bath, und
schwor dem Marschalk Heinz Truchsess den Eid. Nach
vierzehn Jahren beförderte ihn das Vertrauen seiner
Mitbürger in den Oberrath, auch zum Spitalpfleger
wählten sie ihn. Im Jahre 1520 wird er erster Bürger-
meister;, neben ihm steht Jörg Mehring als zweiter.
Nachdem Dill 1521, 1522 und 1524 als Pfleger da^ Ver-
mögen der Marienkapelle besorgt hatte, zog er sich 1527
vom öff^entlichen Schauplatz zurück. Es gewinnt den
Anschein, dass er sich gleich seinem Freund Maler
Philipp Dittmar im Bauernkrieg arg compromittirte^ und
mit Bischof Konrad von Thüngen in herben Conflict
kam.^). Er ist 1532 gestorben und auf dem Leichhof
begraben worden. Der ihm von seinem Sohne gesetzte
nicht eben kunstreiche Grabstein wird jetzt in den Lo-
calitäten des historischen Vereines bewahrt.
Meister Dill hat eine Schule gegründet, die eine er-
freuliche grosse Thätigkeit entfaltete. Wilhelm von Köln
ist freilich bald unredlich abgegangen. Hanns Braun von
Geysslhirig (Geiselhöring) in Bayern hat wohl die Kanzel
in . Heidingsfeld verfertigt. Hanns Gottveit von Loer,
Heinrich Schussler von Neustadt, Augustin Beuss von
Iphofen, Hännselein Fries von Mergentheim werden
vom Zunftbuch als Junger des Meisters genannt. Auch
Balthasar Bappolt von Lauda, Gabriel Schreiber von
dort. Leonhart Fries von Mergentheim arbeiteten in
1) FraQkisehe ChroDik IV. 20* Hier wird er geradezu de» Aafruhn
beschuldigt.
17
388
seinem Atdier. AsmaB Ton HassAirt, Peter Bill und
Jeromuft Müller- Ton Wirsburg werd^i an letzter Stelle
genamit. Keiner der vielen oben genannten Meister hat
eine so beeuclite Werkstätte gehabt. Die Werke DilFs
finden wir im Dom, an der Marienkapelle, in Neumfinster,
in der Spitalkirche jenseits des Maines, in Kiteingen,
in Heidingsfeld, Kmpar^ Maidbrunn, Ochsenfurt, Volkach.
Meister DIU hat eine für die Diözese Wirzburg maass-
gebende Riehtang eingeschlagen; er ist der erste, der
hiev eine Schule im strengen Sinn gründete. Doch kann
auqh> sein £infl%»s nicht als so bedeutend wie der von
Matthäus Grunewald in Aschaffenburg, Michael Wofal^
g^nuth und Albrecht Dürer in Nürnberg, oder des zu
Kronach bei Bamberg 1472 gebornen Meisters Lukas
erkannt werden. Man darf Dill nicht überschätzen und
seine Wirksamkeit über Wirzburg und die Umgegend
nicht zu weit ausd^nen. Sein Biograph hat des Guten
etwas zuviel gethan, wie sehon der selige Kugler bemerkte.
Wie Dürer und Vischer ringt auch Dill mit der Re-
naissance und verlässt in seinen letzten Werken entschie-
den die alten Traditionen. Das Prachtwerk von Becker
mahnt uns zur Kürze, und gestattet nur an den hervor-
ragendsten Werken des Meisters diesen Conflict zu ver-
folgen.
Der Denkstein des Eberhard von Grumbaeh (f 1487)
ist bei der Restauration der Kirche von ^mpar zu sehr
zu Schaden gekommen, um mit dem schon betrachteten
Stein des Herrn ven Schaumberg in Parallele gesteHt zu
werden. Auf die Hai»re und das Detail ist bei beiden
grosse SorgfUt verwendet, und das Angesicht markirt
individualisirt. Die Mfedonna im Nordsebiff von Neu-
münster hat ihre Mängel. Bs ist nicht zu rechtfertige»,
dass das Kind mit der-^Zehe spielt, auch ist die Bildung
des Halses bei der Mutter unschön und nicht proportionirt,
im Gefiäte macht sich einige Ueberladung geltend, aber
sonst ist die Ordnung gefällig und die Ausführung mit
mSgUfibster Sor^U^ bewarkst^gt. Da» Wappen 2U
Füssen dev lebensgross^i Fig«r geh&jrt ^ der Familie
Wertau. Einer^he geiBtyalle Güuppe bietet die 6^ lange^
IV)^ habe Tafel mit d^i vierzehn Notiilielfero ia d^r
SpitalkiiKibe liidcs deß Maines. äyouDetrae und Bbylbmiis
waltet in der Disposition; snit Meiatei^sohaft sind die
Kopfe in H0I3 gesebpitten. Der dankhane in Wirrimrg
und Umgegend UBgewöbnIich oft bebtindelte Stoff bat
unter der Hand Dilles beso^dern Bei« gevtoiatem. «Man
beachte das Christophorusbild und die Jirngfranen. Jo-
hann von Alendorf, Propst zu St. Burkard^ bat dieHobs^
tafel gestiftet (1494).
Am Denkmal des Bischofs Biidolf von Scherenberg
(1495) folgt Dill noch durchweg in d^ Archi4iektonik
den alten Hüttengeseteen. Am Baldachbi ist fr^Uch die
Zahl der Eselsriicken in^s Ungeheuerliche- gewachsen,
und sie sohlingen sich nicht eben schiht durcheinander;
aber die den Stein umkränzende Kehle ist fein profllirt,
an ihren Anfängen die fe^ie elegante Ueberwerkstel-
lung durchgeföhrt, die w^penhaltenden Engelchen sind
lieblich gewandet^ Der Stein mag uns zu gross erschein^i^
der Baldachin zu schwer, die Wappen» zu viel, die 61-
Schrift zu weitläufig;, das kommt Alles der Zeit und
nicht dem Meister zu« Er hat uns £e Gestalt des Bi-
schöfe in: ruhiger Qrewandong mit porträtlreuem Aus-
druck fleissig ausgeführt. Allerdmgs würde eine nicht
so schwere Inful. günstiger wirken. Welch' ein Untere
schied zwischen diesem Denkmal und dem nahen des
Lorenz von Bibra (1519). Die Rennaisan^e hat vollkom-
men gesiegt. Es ist Meister Dill ergangen, wie Albrecht
Dürer, als er die bekannten Compositionen zuf Triumpf-
pforte des Kaisers Maximilian entwarf, nur hat der ers^
tere hier keinen so glücklichen Wurf gethan. Denn ander
der edel und würdig gehauenen Figur des Bischofs ist
nicht viel Gesundes an dem Denkstein. Es gefällt uns
noch der Löwe« der zu Füssen mit dem Dr#^en kämpft
'17»
und die Seiten ilim serfleischt, aber schon das Kaniies
darüber und die Genien sind rmzlos; das Fruclitgewinde
um die Schriftplatte ist nicht begründet. Warum hat
er die raie Amorette bekleidet, die andere nackt dar-
gestellt? Die Flügel sind charmant und wie in Gold ge-
stickt, doch desshalb nicht Alles so, wie es sich schickt.
Auch die Phmitastereien an den zwei einschliessenden
Säulen verrathen keinen reinen Geschmack. Die wes-
penartigen Basen sprechen ihrer Bestimmung Hohn. Das
Amorettenspiel über dem' Haupte eines Bischofs ist
weder würdig noch an sieh possierlich. Die Details an
Mitra und Pedum, wie den Kopf, zeichnet die alte
meisterhafte Technik aus.
Glänzend ist die genug bekannte Kaisertumba in
Bamberg (1499); ergreifend die Kreuzabnahme in Hei-
dingsfeld, und allezeit bewunderungswürdig der Rosen-
kranz in VöUcach. Auch das Denkmal des Polyhistors
Trithem, das Dill nach St Jakob zu den Schotten fertigte,
und welches jetzt im Neumünster bewahrt wird, verdient
alle Beachtung. Die vier Stationsbiider in Kitzingen sind
acht, so auch die Mutter Gottes am Rathhause zu Ochsen-
fürt. Man liest ihr zur Seite :^
spes. kam. ceUqm. decus. vgo. icUia. saloe.
die. friMS. et famiu. carpe. pialor. Her.
Dilles letztes technisch vollendetstes Werk ist die Trauer
um den Leichnam des Herrn in Maidbrunn« Damit tritt
er Ejraft ebenbürtig zur Seite. Wir finden hier unter
den zehn Figuren das Bild des Künstlers. Dill hat das
Sacramenti^haus, das Triumpfbild und verschiedene Sta-
tuen für den Dom verfertigt, und zur Verschönerung der
Marienkapelle viel beigetragen. Die merkwürdigen Rech-
nungen für seine Werke sind der deutschen Kunstwelt
längst bekannt gegeben.
Wenn auch die von Pflänzenomamentik wimmelnde
Kanzel in Heidingsfeld, so wie das dortige Sacraments-
häuschen dem Meister Dill zugesdirieben wird, so wi-
»1
derlegt die erstere Memung das Monogramm iknd die
Buchstaben b A; derFrohnwalm ivürde in seinen verfehl-
ten Verhältnissen DilPn wenig Ehre machen; er gehört
einem seiner Schüler an. So wird es auch mit dem Oel-
berg an der Gertrudskirche in der Pleichach zu halten
sein. Aechte Riemenschneider besitzt das Nationalmu-
seum in München und Etlinger in Wirzburg. Eine herr-
liche Madonna ist nach Leipzig gekommen; das jüngste
Gericht in der Wand hinter der Gnadenkirche zu Det-
telbach (von 1506) hat wohl ein Schüler DilPs gemacht,
es ist nicht von besonderem Kunstwerth.
Es gibt auch viele Kirchen, Sammlungen und Pri-
vate, die vorgeben, Biemenschneider zu besitzen; auf
diese können wir nitht reflectiren.
§ 23. Reactionärer Eclecticismus des
Bischofs Julius. ^
Die Bischöfe Rudolf von Scherenberg und Lauren-
tius von Bibra (1466—1519) hatten den Haushalt des Stif-
tes in Ordnung gebracht, in den Klöstern die Zucht zu
regeneriren ernstliche Versuche gemacht, und mit allwi
zu Gebote stehenden Kräften zur geistigen imd materiel-
len Wohlfahrt des Frankenlandes gewirkt. Rudolf, der
Nestor der deutschen Fürsten, baute die Brücke, weihte
das von Propst Johannes von Alendorf erbaute Spital
zu den vierzehn Nothhelfern, und besserte an dem Dom.
Lorenz hat manches kostbare Gebäude errichtet. Durch
<) Chronlcon Wireeburgense ap. Ekhart Francia oii«Dta|ii tS%^
MS
Gt. B^itnbwg, Trithem, Abt in St. Jakob ^), durch Sngel-
hard Wvaik von KeumQnster war wissenscbaftHcber Eifer
wach geworden. Die sahlreichen Stifte beschäftigten die
Künsttor, von deren Menge uns ein Blick in das Zunft-
buch d^ LidEasbruderschaft Kenntniss versohafflt hat.
Die bl8headen Zust&nde des Stiftes sollten aber bald in
der 1[>etrübendsten Weise gestoit werden.
Unberechenbar war der Schaden, den der Bauern-
krieg im Sprengel anrichtete. Als die berüchtigten zwölf
Artikel erschienen waren , verbreitete sich Anfangs Mai
1525 der Aufruhr rasch von Schwaben durch Franken
in die Rheinpfalz und die Thüringischen Thäler. Meh-
rere Städte traten bei. Haufen von 10,000 — 20,000 Bauern
zogen in den Provinzen umher, plünderten und verbrann-
ten alle Burgen und Klöster, deren Besitzer die zwölf
Artikel nicht unterschreiben und sich zu ihnen schlagen
wollten. Georg Truchsess von Waldburg überwand die
schwäbischen Insurgenten am 2. Mai bei Böblingen ; der
Churfürst Ludwig von der Pfalz reinigte erst das Bis-
thum Speier, verband zieh dann mit dem schwäbischen
Herrn und unterwarf Franken, besonders das Bisthum
Wirzburg. Bischof Konrad (von Thüngen) hielt ein
schreckliches Gericht; auch die den Aufstand nieder-
scUttgan, haben »gesengt, .geplündert und geköpft.
Durch die Wuth der Bauern , die nicbts schonte,
ging eine ausserordentliche Menge von Kelchen, Mon-
stnmzen, tSdliquiarien und Paramenten verloren. Wenn
das 'Frankenland gerade in diesen Werken der Klein-
kunst aus dem Mittelalter vielleicht weniger reich ist
als Altbayetn, so ti^gt der wilde Bauernkrieg nicht den
i) Trithem'fl Zelle, Stuhl und Studierlampe wurden zu Aufkng des Jahr*
huDderts noch gezeigt. Stengel (1647} vergleicht ihn mit Xvilhelm von
Hirschan und sagt: ,4ta Trithemius et jam olim sibi ipsi mooachi claustra
cellasqne aedlflcabant qnod plurimum comendat." Stengellns landes bened.
geringaten Antheil der Siobuld. Welcfa0 Kunstschätze
werden in den 200 Schlössern des Adels , die niederge-
brochen wurden, vernichtet worden sein? Noch heute
tragen viele Abteien und Stifte die Spuren der Gewalt-
sßxakeit jeiier Zeitep. Am meisten litten Heiligenthäl^
Ilmbach^ Heiden£eld, M^idbrunn, Hausen, Bi!rkenfeld,
Scbeftersheim , Theres , Vogelsburg , Weehterswinkel,
Thulba , Aurach , Banz , BildhÄusen , Münchenrode,
Sohwarzach, Sulzheim, Münchsteinach , Marienburghau-
sen, Gangolfsberg, Gerlachsheim, Frauenrode, Frauein-
thal, Tückelhausen, Birklingen. Damals haben auch Hitn-
mel^forten und die beiden Zell grosse Gefährde bestan-
den. Die Bauern haben die interessante WendeBnskapelle
bei Heidingsfeld nied^rgebrocben^ in St. Burkard wüs-
tend um sich geschlagen, und die Herren in Häng ge-
zwungen, ihre Kleinodien von Silber und Gold auf ^di^
Festung zu bringen. Die Bürger der Stadt hätten in
ihrer Feindseligkeit gegen den Bischof üicht so weit
gehen sollen, den Empörern die Thore der Sttodt zu
öffnen *)•
Dass nach solchem Jammer und Verlust die künst-
lerische Thätigkeit abnehmen musste, ist kbx. iDer so-
/genannte Hessenkrieg fand den j^chof in solcher Noth,
dass er alle Stifter der Stadt aufforderte, alles entbehr-
liofae Silber in die fürstliehe Mikize zu s<diifiken.
Damals gingen zahlreiche Reliquien zu Giüunde. Das
Stift Hang schickte 135 Mark 8 Loth: die Statuen der
beiden Johannes, verschiedene „Scheuern, Bücher, Mon-
stranzen, Kelche, Messkännchen und Strausseneier" ; der
Dom gab 9 Kelche und 7 Figuren.
Auch die Grumbachischen Händel gingen nicht vor-
über, ohne den Kunstdenkmälern verderblich zu werden.
Wie sich dieselben mit demBisthum abgewickelt haben,
gehört nicht hieher; aber constatirt muss werden, dass
<) Gro^p coU. noviss. .Ul. 119 «q^.
966
Sein durchdringender Verstand, sein hoher und Alles
umfassender Geist, die unermüdete Thätigkeit, der uner-
schrockene Muth und die feste Beharrlichkeit, die ganz
besondere Neigung für Wissenschaften und Künste be-
fähigten ihn vor Vielen zur Leitung der Diözese in der
gefahrdrohenden Zeit. Das Capitel hatte eine gute Wahl
getroffen. Julius griff auf das Wirksamste in die Zeit-
verhältnisse ein, und brachte die Fülle des Segens über
sein Land. Nicht bloss entfernte er die lutherischen
Prediger und Beamten, suchte dem in seinem Glauben
wankend gemachten Volke durch Missionen und Visi-
tationen wieder aufzuhelfen, den Klerus zu reformiren,
strenge Zucht in den Klöstern anzubahnen, und die Re-
form durch- gute Bücher und Kirchenordnungen weiter
zu führen. Er hat die Pfarreien Alsleben, Eussenhausen,
Euershausen, Oberbach, Erlabrunn, Jagstberg, MuHingen,
Oberschleichach, Falkenstein, Gerlachshausen, Reupels-
dorf, Saal, Nordheim, Günthersleben, Veitshöchheim,
Püssenheim, Wipfeld, Unter st einbach, Helmstadt, Erlen-
bach, Pfilftringen, Heidenfeld, Lengfurt, Holzkirchen,
Laudenbach, Waldstetten undHöpfingen neu gegründet,
und so durch Neubauten und Vergrösserungen von Fi-
lialkirchen zahlreiche Meister und Gesellen beschäftigt.
Für den Schloss- und Festungsbau im Städtchen Königs-
hofen verwendete er über 91,000 Gulden. Dort liess er
auch die Pfarrkirche renoviren. Mehrere Profan- und
Kirchenbauten nahm er im Amte Bischofsheim vor, ebenso
im Amte Karlstadt , in den Bezirken .Fladungen , Hom-
burg, Mellrichstadt , Lauringen, Neustadt, Röttingen,
Volkach, Wemeck. Doch geschahen diese Bauten nicht
auf Kosten des Bischofs oder des Stifts, sondern es
mussten die Gemeinden und Kirchen für den Baufond
sorgen. Der bekannte „fränkische Ehren-Preiss" singt:
„Was ferner dieser Fürst mit Treu
Im Land geführt hob für GebeWj
Zur Sicherheit sem'r ünterthmm,
26t
ßasselbig woll ihm GOtt beldhnm,
Ist zu er%ehlen hie zu viel,
Darumb ich davon schtceigen will,
Wer's nit erkennt der ist ein Kindt,
Und wer's nii sihet, der ist blindt"
Julius wird der fränkische Salomon genannt. Sein '
Lob verkündigen zahlreiche Inschriften zu Brebersdorf,
Burghausen, Dettelbach, Grumbach, Günthersleben, Hass-
furt, Heidingsfeld, Stadtschwarzach, Röttingen, Thüngers-
heim, Zellingen und an vielen Orten ^), Er hat nahe eine
halbe Million Gulden verbaut.
Am 10. Juli 1580 wurde das prachtvolle Juliusspital
eingeweiht tmd die Kirche dem heiligen Kiliau gewid-
met. Als die Consecration vorüber war, floss der Brun-
nen unter dem Gemach des Bischofs den ganzen Tag
mit rothem und weissem Wein und glücklich, wer sidi
hinzuzudrängen im Stande war. Am 8. Juni 1582 wird
der Grundstein zur Universität gelegt, am 8. September
1591 die Neubaukirche mit grossem Pomp consecrirt,
at^ht Tage darauf die neuerbaute Pfardiirche zu Stift
Hang und die Martinskirche zu Veitshöchheim dem Got-
tesdienste i£bergeben. Im Jahre 1595 hat er Schotten
aus St. Jakob in Regensburg kommen lassen und ihnen
das bereits zum zweitenmale heruntergekommene Kloster
auf der Höhe von Gerbirg übergeben; von 1600 — 1604
i)nrd der Brandschaden auf dem Schlosse gut gemacht,
glänzende Fürstenzimnier reihen sich aneinander, für
die Bibliothek und die vielen Alterthümer und Abgüsse
werden die schönsten Räumlichkeiten eingerichtet. Den
Pretiosen wird die Silkerkammer eingeräumt. Aber auch
ein Zeughaue und eine Giessstätte musste vorhanden
sein (1606). Das folgende Jahr schenkt Julius seine
Liebe der Domkirche, lässt «in Gewölbe in dieselbe
sprengen, neue Fenster brechen, eine Orgel stellen und
i) Gropp opll, novfss. 1, 4U. III. '^68—374,
1
S68
das Innere verschönem. Der Fassade neue Zier zu
schaffen, gelingt seinem guten Willen und seiner Bered-
samkeit nicht; das hartnäckige Domcapitel setzt ihm
zu heftigen Widerstand entgegen. Im Jahre 1611 u. ff.
wird das Minoritenkloster neugebaut, die Valentinskapelle
südlich dem Chor angefügt, die vier Kreuzgangshal-
len erhalten Gewölbe, die Schiffe verlieren ihre Kas-
setten. Auch wird die Kirche von ihm mit einer Statue
des heiligen Franziskus geschmückt. In der nämlichen
Zeit gedieh der Neubau von Unterzell; die einschiffige
Kirche, der Kreuzgang und eine Kapelle geben in ihrer
Profanation immer noch Zeugniss vom gewaltigen Bau-
herrn. Im Jahre 1613 wird die Wallfahrtskirche in
Dettelbach eingeweiht. Was ist das ein imponirender
Kreuzbau, einer der schönsten dieser Zeit im Sprengel.
Reich und glänzend ist die Fassade, Jas Gewölbe mäTch-
tig und einzig die Kanzel. Auch das Karmelitenkloster
wurde 1615 vollendet; in selbem Jahre lässt Julius dem
seligen Makarius einen Doppelsarg bei St. Jakob in
Wirzburg fertigen. Das Kloster und die Kirche der Ka-
puziner ist das letzte grosse Werk. Noch wird 1617 ver-
ordnet, dass bei Provisuren der das Sacrament tragende
Priester unter einem kleinen von zwei Männern gehaltenem
Himmel gehen müsse, voraus sollen fünf Knaben heilige
Lieder singen.'
Julius hat mehr gebaut als zehn protestantische
Reichsstädte zusammen; kaum ist diese eminente Thä-
tigkeit zu begreifen. Gerne stimmen wir dem „fränkischen
Ehren-Preiss'* von 1604 bei:
yyErbauei seyn der Kirchen mehr
Dass man sich gleich veiwundern soll
Wie es habe mögen geschehen wol,
Dass bei ein's Fürsten Regiment
So ml neu Kirchen seynd vMendt,
So vil der alten renovirt
Erweitert, g' schmückt und gegiert
Dreihundert Kirchen woBen in der Zeit des Bischofs
Julius modificirt worden sein; ja nur zu oft liest man
es hyperbolisch ausgesprochen, dass kaum eine gottes-
dienstliche Stätte im Frankenland, d. h. im Sprengel
von Wirzburg sei, der Julius nicht das Gepräge seiner
Bauart aufgedrückt habe. Er hat eine Menge von Künstler
beschäftigt. Als Baumeister des Stifts folgten sich Karl
Adam (1595), Hanns Glock (1575), Kaspar Reumann
(1591) und Balthasar Kobelein von Augsburg (1581).
Auch Melchior Eschaim (1597), der Nachfolger des
Kaspar Weinhard (1592) war aus Augsburg berufen.
So auch Hofbaumeister Melchior Gschay. Michael Kaut
ist als Stifts- und Veit Kaut als Stadtbaumeister thätig
(1604, 1607). Michael war 44 Jahre Baumeister des Dom-
Stiftes und des Bischofs, und fertigte Pläne zum Dach-
werk der Domkircbe, zum Spital von St. Dietrich, zu
den Kirchen in Eibelstadt, Eussenheim, Mainberg, Schein-
feld, Volkach u. A. Er starb im Jahre 1666 und liegt
zu St. Peter begraben. Augustin Lazarus ist aus Welsch-
land gekommen (1609). Hanns von Fuld (1611) und
Sigmund Bauer (1623) waren in der letzten Zeit des
Bischofs thätig. Von den weniger zahlreichen Bildhauern
ist Michael Kern (1606) von Forchtenberg am Kocher
zu nennen. Um ihn gruppiren sich Georg Neidhart, Georg
Körner, Zacharias Junker von Miltenberg und Balthasar
Grobe (1614) von Schwäbisch Hall; Andreas Herneisen
(1578) von Nürnberg, Melchior Burg (1582) aus Köln
und Michael Haussier (f 1615) malten für die Kirchen.
Georg Hennenberg (fl609) und Heinrich Fröhling (1607)
verstanden auch in Glas zu malen. Hanns Bademacher
war aus Lübeck nach den fränkischen Athen gezogen
(f 1615). Ambros Scheffer (1598), Leonhard Preyss
(1603), Johann Stummer (1610), Tobias Kobolt (1611),
Martm Müller (f 1624) und. Ulrich Büeler von Grafen-
rheinfeld (1616) fanden vollauf Beschäftigung. Vielleicht
sind auch noch Hanns Christoph Hess von Mainz (1620)
87i0
und Johann Bartel Klose vou BcedAU (1622) unter Ju-
lius thätig gewesen« Die berühmtesten Glasmaler dieser
Zeit waren die sechs Dietmann, Hahns der Ältere (f 1604),
Hanns Dietmann der Jüngere (1606), Paul Dietmann
(1622), Johann Dietmann (tl646 in Wien) und- Kaspar
und Christian Dietmann. Sie waren alle auch Flachmaler.
Die Steinmetzen am Domstift : Hanns P&ff der Jüngere
(t 1606), Hanns Flammersbach (1604), Balthasar Stem-
hergcr (1607) und Meister Schöpf (1617) arbeiteten mit
dem Stadtwerknieister Wolfgang Beringer (1580^ und
Martin von der Sahl an den Werken des Fürsten. Ihre
Steinmetzzeichen kehren unzähligemal wieder^).
Die höchst bedeutende Kunsthätigkeit in dieser Zeit
verdient in einer besonderen Abhandlarg gründlich be-
arbeitet zu werden. Hier sollen nur einige Streiflichter
auf dieselbe geworfen werden.
Man kann nicht sagen, dass Wirzburg im Mittelalter
je eine Kunstschule gebildet habe. Die Miniaturisten
unter Bischof Heinrich I. haben schön wie die zu Bam-
berg geroalt, und Maler Arnold wiird in der Minneburg
preisend gedacht, aber Schulen haben sie kein^wegs
gegründet. Die Meister und. Gesellen beim Thurmbau
der Liebfrauenkapelle arbeiteten viel: für den Sprengel,
aber ihre Bedeutung war nicht so gross, dass von emer
eigentlichen Schule die Rede sein kann. Und selbst die
Wirksamkeit und denEinfluss des Tylman Riemenschnei-
derdarf, wie erwähnt, nichtzu weit ausgedehnt und übarr
schätzt werden. Ganz eigentfaümlich und einzig selbstän-
dig steht Bischof Julius da. Er hat dem Zeitgeist zuwider
gebaut, imd ist nicht unbedingt mit der Renaissance ge-
gangen. In kaum begreiflicher Keckheit griff er in das
Mittelalter zurück, nahm die Formen der Blüthezeit und
des Verfalls, mengte diese und Bildungen des Zeltgeis-
tes durcheinander, und schuf so einen Styl, der einzig
i) Sijliar^ld Wirzl^iorg 174. fl.
in seifter Zeiir ist. Es ist ein Ecfecticismus der seltensten
Art, für den sieh kein besserer Ausdruck findet als Ju-
liusstyl. Dieser Styl beschränkt sich nicht etwa auf die
Stadt, sondern umfasst den ganzen Sprengel, aber auch
nur diesen. Die Nachbarn kannten diese Wirzburgische
Kunst gar wohl. Es war bekannt,
j^Dass wer sein Aug auf Kirchen wendt,
Das FrankerUant vor andern kennt
Die schöne Dach, Manr, TkUrn neu
Zeigen bald was Würtzburgisch setf^ *).
Die Fenster waren mit Maasswerk gefüllt, Stabwerk
in den Thürlaibungen angebracht, die schönen Thürme
hoch und schlank, und von weitem erkennbar. Ein gleich-
zeitiger Biograph des Bischofs sagt: „sintemahlen auch
die spitzigen Thüren allenthalben an Tag geben, was dem
Bischoff von Würtzburg undHertzogen zu Franken eigen-
thümlich und unterworfen ist" 2). Julius steht durchweg
auf dem Boden der mittelalterlichen Tradition. Er schenkt
seinem Frankenlande noch gothische Kirchen, während
Altbayern in der Prälatenkapelle zu Scheyern 1565 den
letzten Spitzbogenbau erkennt*).
Vom alten Spitalbau, den Kunz Müller und K. Reu-
mann vollendeten, blieb uns nur der figurenreiche Por-
talstein erhalten; derselbe wird in den Localitäten des
historischen Vereines aufbewahrt. Das reiche dramatische
Leben in der Darstellung muthet uns an; wir gewinnen
diese um Hilfe flehenden Krüppel, Presshaften und Lei-
denden aller Art unwillkürlich lieb. Rührend ist es, dass
auch der Baumeister , der beim Bau sich den Arm ge-
brochen, unter den Hilfeflehenden erscheint. Gropp hat
uns nicht bloss die Einweihungsfeierlichkeiten, sondern
auch eine genaue und umfangreiche Beschreibung des
1) Fränkischer Kliren-Preiss Imu Gropp coli« noviss. III. 380.
2) Gropp 1. c. -
•) Bavaria (1860) I. l. 274.
i
272
grossartigen Baues hinterlassen. Massiv waren die Ge-
wölbe, und die Mauern so stark, dass das alle Zeit stör-
rige Domcapitel befürchtete, es könnte in schlimmen
Zeiten der Feind daraus eine Festung formiren und die
Stadt bedräuen. Aus der langwindigen und pbrasenrei-
chen Beschreibung heben wir nur folgendes heraus:
Fortna lenet quadram socia cotnpage figuram.
In cenlum ei Septem mvlliplicata pedes,
Phmaque pars natum solem petit imana cadentem
Dextera frigentem torrida laeva pigrum,
Quatrifidwn ftdcit nam percia distega dictum
Tota toreumatibus picta videnda suis,
Mirum opus ingenii damus admiraöili arte
Gloria Praxiteli tel Policlete tibi.
Jeder Hauptbau des viereckigen Spitals hatte eine
Fassade mit dem stereotypen Giebel, einer Uhr und
einem Thurme. Die Ostseite des Vorderbaues enthielt
die Kapelle, die gegenüber der Strasse mit sieben spitz-
bogigen Fenstern erhellt, drei Altäre und eine „Krypta"
besass.
Es muss hier genügen, an zwei der stattlichsten
Gebäude der Stadt den Maassstab der Kritik über den
Juliusstyl anzulegen.
Das Universitätsgebäude.
Der vierflügelige Juliusbau muss vom neueren Semi-
nariumsgebäude genau unterschieden werden. Jen^ for-
mirt ein ungleichseitiges Rechteck, dessen kürzere Süd-
seite die Neubaukirche, dessen Fassade nach Nord der
Hauptbau mit den flankirenden Giebelfassaden bildet. Die
das Rechteck abschliessenden Seitenbauten greifen süd-
Tvärts auf den Kirchenkörper ein. Drei Portale mit
römischen Säulenordnungen gliedern den Nordflügel,
zwölf Arkaden inRustica zieren den Ostbau, neun solche
den Westflügel; die Fensterreihen stehen meist dreifach
übereinander. Die doppeltgetheilten Fenster sind durch-
k
87«
weg im Rechteck construirt. Die Laibungen sucht
Meister W. Beringer in der alten Art mit gekreuzten
Stäben zu beleben , will auch die Profilirungen darnach
gestalten. Aber es gelingt ihm nicht, jene Schärfe und
Feipheit wiederzugeben, wie die Ecken, Oiebel und
Fenster von Nürnberg sie uns zeigen. Auch macht die
Uebereckstellung der weniger schmucken Ausbauchung
Platz. Die Portale mit den kannelirten Säulen huldigen
entschieden einer uii^esunden Renaissance. Und doch
sehen wir sie bereits aufLeipolt's Stich vom Jahre 1603
genau so abgebildet, wie sie uns heute erscheinen. Wohl
versuchen die aus den Dächschrägen ausspringenden Gie-
bel mit ihren Inschriften und Sonnenuhren den Totalein-
druck zu heben, ihn durch systematisch durchgeführte
Dreigliederung in der Hqrizontalrichtung zu steigern;
aber die Schnecken und Krümmungen zwischen den ein-
zelnen Simsen und der schwerlastende Schluss gewähren
dem Auge keineswegs die beabsichtigte Befriedigung.
Stattlicher nahm sich das spitze Oktogonthürmchen aus,
das aus der nördlichen Kirchdachschräge sprang.
Wenn auch nicht heiter wirken die Flügel immer-
hin imponirend nach Aussen. Aber im Innern des Uni-
versitätsgebäudes finden wir die Gänge zu nieder und
und zu wenig in die Länge gedehnt. Auch die Zimmer
sind nicht angenehm, trotz der Gesimse, welche Flach-/
decke und Wandungen vermitteln. Zierlich ist das Rip-
pengewölbe, das die Halle des Haupteingangs deckt.
Aber die Rippen haben ihre eigentliche Bedeutung ver-
loren, und ihre Tendenz ist lediglich centrifugal.
Das Universitätsgebäude ist interessant, aber schön
kann es nicht genannt werden. Es war ein zu gewagtes
Unternehmen, verschiedene Bauintentionen durcheinander
zu schieben. Die Gothik, die man anwendet, ist krank,
und der Renaissance will man ihr Recht nicht lassen.
Man dient zwei Herren und kommt mit keinem zurecht*
18
»4
Dasselbe VeiMÜniss kebrt am Bibliothel^ebattde ^er
Pestting vAe an allen JtiUusbaateii wieder.
Am 11. Juni 158S war der Grundstein feierlich ge-
legt worden. Schreiner Stephan Kolm hatte nach dem
Plane des Baumeisters A. Kai ein genaues Modell Ton
Hdz verfertigt. W. Beringer stand bis 23. Febr. 1583
an derSpitse der Stmnmetsen und Hüttenjungen^).. Schon
im zweiten Baujahr konnten die Lehrximmer eingerichtet
werden. Für diese hatte der HQttenbesitzer Jbnas Wei-
ner zu Bischofi^heim vor der Rhön 36 eiserne Oefen zu
3S6 Centner 70 Pfund Gesammtgewicht um den Preis
von 680 Gulden geliefert. Die Decke der grossen Aula
verzierten Meister Jörg Schwarz aus Nürnberg und Ste-
phan Bolsamer aus Bamberg. Für die dreissig Stuck
Sehe3>ett, wel<^ Meister E;I>ietward nach Yisirung^ von
Joss Ammon in die Fenster der Atila malte, erhielt er
40 Gnlden. Die in Stein gehauene Vorstellung der Sen-
dung des heiligen Geistes über dem Hauptthor verfer-
tigte der Bildhauer Meister Johann von Beundnm tun 60
Gulden. Die di^i- Wappen, das pSpstHche, kaiseriiche
und Echter^sche, schlug Erhard Bartih au9. Als der. Bau
1584 fertig war, malte AI. Müller grau in Grau, mancher-
lei Arabesken an die Fassade. Die Vorlesungen began-
nen; 4as Werk hatte 32,293 Gulden 8 Pfund in Gold
gekostet. Wirzburg war um eine Zierde, reicher gewor-
den« Es singt der „fränkische Ehiren-Preiss^ :.
„Im Schild sih die klein C&ntrefey
Und schßtze dmuss das ganz Gebew
Darin, erschallen, alle Tag.
Die freye Kunst und was man' mag^
Wissen^ der Seel^tmd L0it^zu,gut,
Dßssetbman als drirn^ lehren tbuii
Dahi^n »erd^n melig'tekrler Lernte
Vom F^rst4uk'ruffen ^eit uH>d wmi*
i) Scharon a, a. O. 2öS.
m
Welche die GöMeh Schrifft und Sechien
Gelstticii tfftd weltlich stark verfechten.
Die heilsain und löblich Ärtzney,
t)rey Künsten und Philosophey,
Des hat Wirtzburg ein grossen Ruhm
Und riechet wie ein köstlich Blum,
Die grünet jetz je länger mehr
Darum man ihr zulauffet sehr.
Von dien Nation und Sprachen
Manch edle Jüngling sich aufmachen,
Der hohen Schul Wirtzburg zu Ehren
Dass sie alldo tid Weisheit lehren.
-Frew Dich Würtzbürg du werthe l^täät
Denn dein Studefüen sind^ jetzt wehrt.
Zu Doctorat und grossen Ehren
Die Jüngling zugelassen w&ren.
Die Nenba-ukirche.
Ber eigenthümlichste üiid glänzendste Bkä in der
Stadt seit 3Ö0 Jahren. Der erste Bück unterscheidet
die visrschiedenen Bauperioden am Aussenwerk. Ei»e
andere Hand hat das gothisirende Maasstverfc gemeisselt,
eine andere die massigen Streben und Simse dem Süd-
bau eingefügt und den lliurm mit Lisseneu umkleidet.
Der Aussenbau befriedigt nicht.
Indem die Apside in das Bibliothekgebäude fällt,
der Westflügel des Universitätsbaues sich mit der Nord-
halle verbindet, wird die Stellung der Kirche eine pre-
käre. Die zehn Streben der Südseite bilden' eine allzu
monotone Flucht. Zwar markirt sie ein mächtiger orga-
nisch gegliederter Sockel, Blenden beleben die Vorder-
seite, aber sie sind ohne Verjüngung, ohne Wetterschräge,
an die Stelle des Thürmchens ist eine wuchtende Deck-
platte mit Eierstäben, Simsen und Tropfen getreten.
18*
^6
Auch mit den Fenstern kann sich das Auge schwer za-
recht finden. Was soll man dazu sagen, wenn sich je
neun Fenster in drei Reihen übereinander, also 27 in die
Südwand brechen? Alle schliessen rundbogig und wer-
den dreistrahlig durch die Pfosten. Eine kränkelnde Go>
thik bildet das Maasswerk. Die untere Reihe ziert sich
mit je zwei starkbauchigen Fischblasen und einem ver-
längerten Kreisschlag in der Spandrille. Die Nasenbil-
dungen in den Fischblasen sind zwar, regelrecht , treten
aber weit über den Durchschnittspunkt der Centren der
Kreissegmente vor. In der zweiten Fensterreihe setzte
der Meister über dem mittleren Rundbogen der Fenster
einen Kreis, schlug in diesen einen regelrechten Vier-
pass, und liess die Kopfe der Fischblasen auf ihn fallen.
Die Oberreihe entbehrt im Maasswerk der Nasencon-
structionen.
Ein solches geistloses Einerlei wäre den Meistern
früherer Jahrhunderte unmöglich gewesen.' Und doch
ist dieser Aussenbau origineller als der der Jesuiten-
kirche in München, die 1670—1580 von Wolfgang Müller
erbaut, durch nüchterne Kolossalität und kostspielige
Schwerfälligkeit nicht angenehm berührt, wie commod
auch der Innenbau sein mag^). Die Fenster der Nordseite
versöhnen uns nicht; auch hier sind drei Reihen über-
einander, von denen die untern fünf, die mi^ttlern und
obem je sechs LichtöShungen zählen. In den oberen
Fenstern wollen zwei ganz unorganisch nebeneinander-
gestellte Kreise das Maasswerk formiren, in der zweiten
Ordnung je zwei Fischblasen Leben geben, während un-
ten da und dort beinahe eine Art Flammengotbik zum
Ausbruch gekommen wäre. Streben hat die Nordseite
nicht. Der Thurm ist imposant ohne schön zu sein. Die
merkwürdigerweise aus acht Fischblasen gebildete Ro-
sette wie das Maasswerk im zweiten Stockwerk stammen
i) BftTttiA (1860) I. 1. 274.
277
noch aus der Zeit des Julius; die sonstigen Zierden und
Verkleidungen des Thurmkörpers liess Bischof Oottfried
von Guttenberg unter der Leitung Petrini's und V. Pe-
zani^s machen. Die Höhe des Thurmes beträgt 260^;
fast ebenso hoch sind die Thürme von Stift Hang und
die Domthürme.
Das Portal wird von zwei korinthischen Säulen ge-
stützt, sonst vermitteln weitauskragende Simse und Quer-
balken die Eckpilaster miteinander, während Pyramiden
und Kugeln den Uebergang des- Quadrats in das Achtort
einleiten. Die jetzige Kuppel mit Laterne entspricht
woU dem Unterbau, kann aber die Schönheit des schlan-
ken Oktogonhelmes, den Bischof Julius nach Leipolt^s
Stich von 1603 aufrichten liess, nicht ersetzen.
Wenn wir so im Aussenbau trotz des leuchtenden
Roth der Quadern wenig Symmetrie und Anmuth fin-
den, so entschädigt der Innenbau für alle Mängel; was
nicht verständlich schien, ist plötzlich klar geworden.
Ein wunderbar reicher und glänzender Hallenbau /hat
uns aufgenommen. Wir meinen nicht in einer Kirche des
Frankenlandes, sondern in einem Tempel Spaniens oder
des Orients zu stehen. Die Thurmfenster sind glücklich
disponirt, die Lichtöfinungen erscheinen keineswegs zu
weit, selbst die Fülle des strömenden Lichtes finden wir
nothwendig für die vielen Hallen und Stockwerke. Die
Orundanlage ist von Julius, die Details schufen spätere
Generationen.
Meister Adam Kai hat mit klarstem Verständniss
die Dreigliederung durchgeführt« Die Kirche ist zu
drei Abtheilungen in der Längenrichtung gesprengt, drei
Reihen von Arkaden gruppiren sich übereinander, und
der Westbau ist wunderbar dreimal dreifach gegliedert.
Weil der Westhalle die wohlgewölbte Apside entspricht,
sind auch hier Naos, Konche imd Paradies zu unterschei-
den. Das rundbogige Gewölbe, das dem Mittelschiff den
Abschlttss gibt, besteht aus acht durch breite Bänder
getreiv^|43ii;Rechtec)Len9 welche voxtfepm>n PiagpuaJ^ur-
ten gekrojuzt werden.
^cht ^llIldAr]u|de^ leitcipi die Abseite ia .die ^aupt-
hidle; üb^r diesen steigen andere acht Arkaden und dann
wieder acht nahe zum Sp^l d,er Wölbui)^. So kopunen
beiderseits je 24 Arkaden, sie werden aUe ypn recht-
eckigen Ffeilern j^et^riigen) deojpn die Wand^aster ent-
sprechen. Alle sind nüt Kämpfern bekrönt, Reiche Sim^e
Iwfen nhßy den Hphen der Arkaden hin. Die dj^d^rch
schon erzielte reizende Wirkung wird sehr erhöbt^ indem
sich dei^ Pfeilern k^pnelirte Säulen anlegen. Ihre Basis
wächst i^us quadratem Sockel. Die untere Säulenreibe
versucht, im Capital die Strenge des dorischen Styles
zu repräsQntiren ; an der zweiten schauen wir schlankere
jonischp Säulen mit Voluten, während die obere Jlcihe
in reichem anmuthigem Laubwerk korinthisirt. Pie iiber-
einander gß])auten Seitenhallen wprdei^ in je acht Qua-
draträume geschieden. Zwei Oallerien laufen an d^n
Mauern hin. Die Schönheit dieses reizendem Arkad^ii-
b^ues culminirt in der Thurmhalle. Prei grössere Bund-
bogen setzen sich übereinander, und werden von viermal
zwei kleineren Arkaden begleitet. Dreimal je vier Säul-
chen legen sich an die Stützpfeiler, dicj von den Quer-
simsen und der Gallerie durchschnitten sind.
So herrscht eine reiche symmetrisch -rhythmische
Bewegung in dieaen Hallen. Doch nur der Querdurcb-
schnitt wirkt mit voller Reinheit; in der Longitudinal-
richtung bringen die in einer Flucht liegenden Simse
mehrere Härten hervor, dje leicht hätten vermieden wer-
den können.
Di^ Kirche hat yerschiedene Bauzeiten.
Bischof Julius begann 1582 den Bau, m^didom d^iß
Ulriphskirche, der Thannißohe Thi^rm und die f^oreni^
kapeUß abgebrochen waren. A. Kai, Kaspar Hag von
von Augsburi; un4 ein Meister ftuß Main«; Iqit^te^ dw
Tkweßf voUendet stand. GHäiuiend €iiod,aai^.^<^t0mber
1591 die Consecration durch den Suffragan Jos. Ertling
zu £krea der U. Zwölfboten statt Am 29, Aug. 1592
genehmigte Julius die Baureohnung durch seine Unter-
schrift. M. Bobin yoQ Mainz fertigte 1582 den Hochal-
tar^ Srbard Barsch die Säulen vor das Havptthor und
die Wappen. Adolf von Ehrenberg beabsichtigte die
Bestauration, die Gottfried von Guttenber^ vollendete;
er hat 1698 die Streben an den Südbau durch Meister
Geerg Marquard fügen lassen^ Philipp von Greif enhlau
errichtete dem Gründer ein ehernes tihrendenknaal, das
die Franzosen vernichteten.
Dei* Juliüsstyl schafft ZwittergotUk uhd Renmsadee
nebe!iieiaand«r , und combimrt bald geistvoll lind kühn,
bald verlegen und luigiücldich^ iminer aber cfcarahterh-
tisch. In der Wölbungsformation werden erhebliche
Fehler gemacht; man vollendet die Tonnehwölbung und
setzt dann die Rippen an, kreuzt sie, applicirt auch die
Ceniralgurte und lässt sie aus unförmigen Consolen aus-
springen. Dadurch werden die Gewölbe gedrückt, wie
die Minoritenkirche^ die Valentinskapelle, Unterzell, Det-
telbach und andere Bauten beweisen. Beim Maasswerk
hat die alte Cirkelkunst oft entschieden sre im Stich ge-
lassen. Am glücklichsten war man in der Thurmconstruc-
tion. Die Maler strebten einen ruhigen Faltenwurf,
Wahrheit im Ausdruck und mildes gelungenes Colorit
an. Der merkwürdige Saal über der Valentinskapelle,
die Rundbilder und Wandmalereien in Unterzell und in
der Minoritenkirche bezeugen dieses Bestreben* Die Skulp-
tur hat mit der alten Zeit entschieden gebrochen. Doch
nimmt der ehemalige figurenreiche Portalstein des Ju-
liusspitals durch das dramatische Leben all unser Inter-
esse in Anspruch. Glänzend gearbeitet ist das 1577. dem
gelehrten Sebastian Echter von Mespelbrunn in der Süd-
halle des Domes errichtete Grabdenkmal. Julius selbst
wurde von seinem Nachfolger ein Denkmal gesetzt,
280
welches M. Kern ausführte. Es ist ein ruhiges Renais-
sancewerk.
So steht Bischof Julius , der erhabene Mäcen , an
der Zeitenwende. Er greift mächtig rückwärts und vor-
wärts zugleich, kämpft mit dem Zeitgeist und sucht die
Resultate der Vergangenheit mit den Errungenschaften
der Gegenwart in Einklang zu bringen. Er unterliegt
nicht in diesem titanenhaften Beginnen, hält aber auch
den Strom nicht auf. Er hat sich eine Stellung in der
deutschen Kunstgeschichte errungen, die einzig in ihrer
Art und von der staunenden Nachwelt freudig anerkannt
ist. Mit Julius kann erst die Kunstgeschichte des Mit-
telalters fEtr Wirzburg ihren letzten Abschluss finden.
Weder vor noch nach ihm ist ein so gewaltiger
Bauherr im Frankenlande aufgestanden.
Vlerteti CaplteL
Renaissance und Rococco.
Wenn die Denkmäler der Kunst des Alterthums
nach Nationalitäten, die der romanischen Kunst des
Abendlandes nach den drei einschneidenden Epochen
des Altchristlichen, Romanischen und Germanischen ge-
sondert und angeordnet werden müssen, so lässt die
bunte, individuelle Mannigfaltigkeit der modernen Kunst-
bestrebungen dagegen weder die nationale noch die zeit-
liche Eintheilung in durchgreifender Weise zu. Der ge-
meinsame Zug aller modernen Kunst, der Realismus, mo-
dificirt sich vielmehr nach der Verschiedenheit der ihn
mit Energie vertretenden, mildernden oder bekämpfenden
Künstlerpersönlichkeiten und die durch sie gestifteten
Schulen. Wie diese als die Glieder des reichen Ganzen
in der allgemeinen Kunstgeschichte getrennt in^s Auge
zu fassen sind^), so wird auch in das zerfahrene Wesen
einer Localkunstgeschichte nur dann Ordnung zu bringien
sein, wenn Gruppe um Gruppe behandelt wird.
Es ist Renaissance und Rococco zu unterscheiden.
Die Hochrenaissance von Filippo Brunnellesco (1377 —
1446) in Toscana eingeleitet, glänzt durch brillante Pal-
lastbauten. Florenz ist der Sammelpunkt der bedeutend-
sten Leistungen ; Ruhe, Grazie, schöne Einfachheit zeich-
1) Lützow und Lübke Denkm. 921.
net sie alle aus. Bramante hat diese Kunstweise im
secoh d'oro weiter geführt, Michel Angelo und die Pe-
terskirche leiten ihren Verfall ein. Doch muss auch in
dieser zweiten Periode die Orossartigkeit der Anlage,
die Kühnheit der Conception und die Vollendung der
Technik annerkannt werden, wenigstens in den italien-
ischen Stpaten.
Italienischer Geschmack dominirte in ganz Europa.
Das italiemsche Volk mochte über allerlei Mängel seines
Daseins klagen, aber seine formgewandten klugen Söhne,
die allein das Oeheimniss zu herrschen und das Leben
mit poetischem Glänze zu färben verstanden, rächten
ähnlich wie die hochbegabten Hellenen an den Römern
den Niedergang ihrer Nationalität, indem sie ihre Be-
sieger der italienischen, damals vorzugsweise höfischen
Bildung unterwarfen^). Mit dem Be^nn des siebzehnten
Jahrhunderts tritt die Renaissance in die letzte Periode
ihrer Entwickelung, in die des Barockstyls. Hauptver-
treter desselben für Italien ist Lorenzo Bernini (1589 —
1680). Doch als der eigentliche Vater ist Francesco
Borromini (1599 — 1667) zu erkennen, der Meister im
Fratzenhaften, der sich auch um die Antike nicht küm-
merte. Bei ihm vereinigen sich schrankenlose Subjectivi-
tät und spielende Aeusserlichkeit in hohem Grade. Er
suchte die gerade Linie möglichst aus der Architektur
zu verbannen, und im Grundriss wie im Aufbau die Curve
und den Schnörkel an ihre Stelle zu setzen. Fietro Berettino
de Cortona (1596 — 1669) ist der dritte Repräsentant dieser
architektonischen Willkürherrschaft. Die Renaissance in
Frankreich unter Franz I. ist würdig und massvoll, die
Kunst unter Ludwig XIV. sucht durch Prunk zu impo-
iren, bleibt aber allzeit frostig, die Zeit Ludwig^s XV.
ist die kläglichste in der Kunstgeschichte.
t) Springer KunstgeschloMe 89#.
WJ«dMwg bietet ^dü dMM*ateteriB«udies S«m«r0dL
•HS der Hocfafttiiftnsaiu^e; wiear die Erzguastiif dn im Dom
«nd NeiHpsSnatiar hieher rj&dmen wUl, «tag ^es ^äiun. Bi-
s^of JufiBS waltet in allzu s^dbsläMig^i &^ wöiger
TUtifi^iiaeit. pie KitraMÜt^ikivoihef vAe Me 'ven Bm%^
leüeai in den Baroc^styl l^fiber, der m 4kr Faiteade
und Kuppel von Neiimilnster, in gt. Pe4«r, der S^oa-
Bariumskaarche, ät. Btephiui und Sft. NULolaus auf dem Küp-
pdbe iSkeiiie Repräsentanten hat, Der kirditicbe» Arckitelttttr
gebt eine eben so reicbe Profuiari^itektnr zur Seite.
Die dreiFüretbisdiöfe aus dem Hause äehönborn «teben
im Mittelpunkt der KunettbJitigkeit von Wirzburg im
siebsebnten und acbzefaa^en Jahrhundert; i^e sind ganz
in die fran^sösiBehen Ideen eingegangen und haben reich,
prAchiUebend und bauluatig eine Fülle von Denkmälern
geschaffen, ^e Menge yon Künstlern gepflegt, dass ihre
Peripde nur mit der des Bisehofs Julius in Parallele g^
stellt Trerden darf. Wie Julius die Schäden 4e« Bauern-
krieges, des Brandenburger und Hessenkrieges und der
ßrumbaehisefaea Händel, so haben die Schönborn, Grei-
fouklau und Hütten die Verderben des dr^issigjäjirigen
Krieges m. paralysiren versucht und verstanden. Wenige
Bifieho&städte und Sprengel Deutschlands wurden mit
dem Beickthmn an Bi^u- und Bildwerken versehen wie
Wirzburg-
Die Bifichofsstädt^ und Residenzen der katholischen
Ftirsteu Hessen sich die letzten Jahrhunderte fast ganz
allein die Pflege der Künste in Deutschland angelegen
min, — Die Kirchenneuerung hat för die Kunst im
hohen Orade verderblich gewirkt. Was wurde im sechs-
zehnten Jahrhundert nicht gestürmt, geplündert, gebro-
chen und niedergerissen? Fiorillo spricht mit Recht von
einem Bildejppturm ahnlich dem der Ikonoklasten *), Mit
den angefodslenen Puqkten des Glaubens wurden die
^ FioTHIo €feMlii«ltte der zefth. Mttstt in Deutscütaiid U. 976«
kirehlklie Verfiusimg und das ganse Mittdaltar, selbst
Kunst und Poesie für lange Zeit verworfen, vermcht<$t
und vergessen; die Kunst wurde ihrer ursprüngliche na-
tilrlichen Bestimmung entrückt Der Pöbd frohlockte, ge-
lang es ihm Altare su berauben, und es gab eine Z^,
da die Theologen selbst Hohsschnitte aus den Büchern
verbannt wissen wollten. Die im Mittelalter uns Be-
wunderung abzwingende Productionskraft der Reichs-
städte ist dahin, sie sind abgestorben wie das Beich selbst ;
ein und die andere Kirche erhebt sich noch, andere
werden vom Zerfall mühsam gerettet; sonst concentrirt
sich die bürgerliche Baulust meist auf den Bathhausbau,
das Symbol der Selbstherrlichkeit und der Geltend-
machung des Individuums. Was hat Nürnberg, die stolze
Republik, die doch sonst immer eine rühmliche Aus-
nahme macht, von 1550 — ISOO gebaut, ausser derEgids-
kirche und dem von Eucharius Karl Holzschuher (1616
bis 1619) errichteten Rathhaus mit seinen Pavillons und
geschweiften Zinnenkrönungen? Selbst die edle Klein-
kunst kommt nach und nach in Verfall, es bleibt nur
das Spielzeug und der alle Lande durchwandernde Nürn-
berger Tand. Es will die Meisterschaft nicht mehr
gedeihen, obwohl 1661 eine Akademie gegründet wird,
und Sandriurt, der Repräsentant jener Zeit, da man der
Kunst durch Ertheilung von Titeln aufzuhelfen suchte,
in Nürnberg seinen Sitz aufschlägt Freilich schrieb er
auch 1675: dass die Gothika nach Verlust der Baukunst
aufgekommen und keine Ordnung, keine Proportion und
kein Maass beobachte. Was hat das protestantische Re-
gensburg gebaut? Den neuen Theil des Rathhauses und
die Dreieinigkeitskirche (1627 — 1631), zu deren Vollen-
dung die Dominikanerbrüder, die armen Bettler, wider-
rechtlich 6000 fl. zahlen mussten. Augsburg erging sich
allein in Pallastbauten; Ulm zeigt gar unbedeutende Werke
aus diesen Jahrhunderten. Können diese Rathhäuser den
Vergleich mit den glänzenden Residenzen der Fürstbi-
38»
schöfe in Aschaffenburg, Wirzburg) Bamberg, Eichstädt,
Freising, Passau und Salzburg aushalten? Im imposanten
Styl erhoben sich die Jesuitenkollegien in München, Pas-
sau, Ingolstadt, Landsberg, Straubing, Regensburg, Lands-
hut und anderwärts.. Die Benediktinerprälaten bauten
mit den Cisterzienser- und Prämonstratenseräbten in
die Wette, um der reichsten Abteikirchen sich rühmen
zu können. Am Hof zu München strömten die Künstler
aller Lande zusammen, und er ist der Schwerpunkt deut-
scher Kunst seit drei Jahrhunderten. Aehnliche Thätig-
keit herrschte im tempelreichen kunstgewaltigen Prag.
Der Zeitgeist, dem die^erren huldigten, ist falsch, aber
ihre Thätigkeit ist ausserordentlich und ihr Opfersinn
bewunderungswürdig. Das Mittelalter hat kaum zahl-
reichere Werke in verhältnissmässig gleichem Zeitraum
erstehen sehen, nur waren jene Ktmstwerke, organisch
herausgebildet, in sich vollendet, ^oll Ordnung und Har-
monie und acht deutsch', jetzt ahmten sie nach, gefielen'
sich in Willkür und Bombast und flatterndem Wälsch.
Aber es ist doch Leben und Thatkraft da, man schafft,
nnd gegenüber dem ungeheuren Wirken in Süddeutsch-
land und am Rhein nimmt sich das künstlerische Leben
des Nordens kaum nennenswerth aus. Es ist wahr, der
Kunsthistoriker ist für diese Unfruchtbarkeit dankbar:
eine Reihe von kostbaren Resten des Mittelalters blieb
uns dadurch erhalten; dagegen haben sie zu Köln das
Sacramentshaus mit Stricken niedergerissen und in die
Tiefe des Rheines versenkt, in Wirzburg die ömament-
reichen Chorstühle verschleudert, zu Bamberg, Eichstädt,
Regensburg uud sonst nach Kräften in den Domen ver-
ballhornt; in den Abteikirchen ist selten mehr ein Rest
des Alterthums zu finden. Viele Kuppeln wurden ge-
sprengt, wo sie nicht passen, viele Thurmpyramiden mit
Hauben ersetzt und prächtige Glasmalereien vernichtet;
aber jene handelten selten oder nie aus Pietät, sondern
blieben aus Armuth und Mangel an Kunstsinn unthätig \
^€186 glaiibieti in ^eifi deiii ZTeitg^tete gebrftc4teAi Öp^
ein gutes Werk zu vollbringen. Uebrigen» hat Mftrkgriif
Friedridi^ v<m Bayreuth von 1798 an italienische und
firaneömMhe Architektenunt erhalten, Berlin sdne Kirchen
am Gendarmenmoikt gebaut, das hoehkirchliche England,
welches der Renaissance am spStesten Eingang verschaffte,
(Inigo Jones 1572 — 1652), und auch daiin noch allezeit
^en Theä^ der iJten Hfittentradition bewahrte, in der
Paubkirdie 2u London 1675—1710 durch den eminenten
Meister Christoph Wren ^ gewaltiges in seiner Art
unfibsrtrellliches Bauwerk geschaffen, und St. Peter in
"Rom gegenüber gestellt, xa dem sie sich den Dimen-
sionen nach' wie %: 3 verh<.
Am 14. Okt. 1631 hatten die schwedischen Petarden
das Vorstadtthor gesprengt. Gustav Adolf führte seine
Regimenter in die Strassen und überliess Wirzburg der
Plünderung. Die Stadt musste 80,000 Reichsthaler Brand-
schatzung zahlen und später wieder 20,000. Die Königin
von Schweden hält bald darauf, begleitet von 1000 Rei-
tern, 11 Kutschen und 12 Reise wagen unter dem Donner
der Kanonen ihren Einzug. Mehrere Gebäude brennen
ab, mehrere Hofe vor dem Hauger Thor, und Häuser
links des Mains werden niedergelegt; Bernhard von
Weimar wird der Herr der Stadt und erhält von den
huldigenden Bürgern einen 8 Mark schweren silbernen
Pokal nebst drei Eimer Ehrenweines. Am 18. Okt. 1634
wird die Stadt, 1635 die Festung von den Feinden be-
freit. Die Üeberrumpelung des Obersten Königsmark
brachte ausser Contributionen keinen weiteren Schaden.
Als die Burg von den schwarzen und weissen Regimentern
nach wiithendem blutigem Kampfe genommen, die Gräuel
an heiliger Stätte geschehen waren, wurde geplündert.'
Die Kostbarkeiten, die aur den Stiften hieher geflüchtet
worde» waren, wanderten ih die Hände der rohen Sol-
dliten. Kästen und Kisten wurden aufgesprengt, Thüren
and Thore zerschlagen, die Silberkammer ausgeplündert,
und die Sehätze unter Soldaten und Offiziere vertfaeilt.
An 100^000 Thaler und Dukaten wurden dad Plündernden
8iirBeute.i Das Sübergeräthe, die Ringe, Perlen und Klei*
no^n der Domherren ^gen zu Grunde. Bbenso inehr^
ere Reliquien, ein aehönes goldenes mit köstlichen Per^
len und Steinen besetztes Cmcifix, und silbervergoldete
Kelche, Leuchter, Bauchfässer, Wdfakessel und Altar*
platten von getriebener Arbeit. St. Burkard verlor da-
mals sein Heiligthum, eine grosse Silbermonstranz, sieben
silbervergoldete Kelche, vieles Silbergeräthe und ein
ausgezeichnet schönes Evangelienbuch mit Reliquien*
Die italienischen Spaliere, die Tapeten aus Flandern
und die Himmelbetten der Bischöfe wurden genommen.
Viel tausend Musketen und was sich an ganzen und
halben E^arthaunen von Erz und Metall fand, musste fürder
dem Feind des Reiches dienen. Stark schädigten sie das
Archiv mit den Privilegienbriefen, Instrumenten, Do-
kumente»*; viele mit Silber besehiagi^e schöngebundene
Mcher, die Julias gesammelt hatte, wanderten nach
Schweden« Ungeheuer war die Beute an Früchten imd
Lebensmitlein. Der Dom verlor nicht bloss alle seine
Vorrätbe an Wein und Getreide, sondern auch die sü*
bervergoldeten Statuen Kilian^s^ Kolonat^s und Totnan^s^
des heiligen Andreas, ein schönes Marienbild, ein gol-
denes Kreuz^ viele silberne Kelche, Monstranzen, Leuchter,
Kessel und Ornate.
Neumühster büsste einen guten Theil seines Ornaten
von Gold, Silber, Perlen, Sammt und Seide ein. Das
Münster zu Haug glich einer Kloake, arg hausten sie in
der Ornatkammer und in der Sakristei, und nahmen die
Sehätze und Geräthe. Damals soll bereits die 600jährige
Pläneta des Gründers Heinrich zu Grunde gegangen sein,
während Andere sie bei der Säkularisation noc& vorhanden
888
wissen. Die Silberbilder der beiden Johannes und das
des Zoticus , dessen Reliquien die Chorherren von Rom
erhalten hatten und bei Prozessionen herumtrugen, -wur-
den als verloren besonders beklagt.
St. Burkard musste eine silbervergoldete Burkard-
Statue abliefern; der Dachstuhl und das Holz Mrurden
den Flammen übergeben. Wenig fehlte, und die ehrwür-
dige Kirche wäre deren Raub geworden. Die Höfe der
adeMgen Chorherren, die keinen Doctor unter sich dul-
deten, wurden zerstört
Zu St. Marx verbargen die Frauen vorsichtig den
reichgeschmückten Leib des heiligen Adrianus, welchen
ihnen der päpstliche Legat Magister Marcellus 1628 zum
Präsent gemacht hatte. Ein feiler Knecht verrieth den
Schatz. Er wurde nach Frankfurt geschleppt, dort an
einen Juwelier aus Augsburg um 1000 fl. verhandelt;
aus seinen Händen kam die Reliquie an einen Kaufmann
in Köln, welche sie 1657 dem. Kloster für 500 Reichs-
thaler wieder überliess.
Zu St. Stephan ging der Ornat grossentheils zu
Grunde; 50 königliche Wagen standen im Kloster. Die
Jesuiten klagten um ein silbernes in ein Goldkreuz ge-
fasstes Marienbild, um kostbare Leuchter, eine Silber-
ampel, Kreuze, Kelche und Ornate. Oberst Hebron hatte
mit seinem Re^ment vier Wochen lang in der Karthaus
Quartier geschlagen. In die Kapuzinerkirche wurden die
Pferde gestellt, anderes Vieh nach St. Afra gebracht.
Himmelspforten erlitt einen Schaden von 60,000 Gtdden.
Besonders hatte man dort fünf Perlenkronen zu bedauern,
deren jede tausend Reichsthaler werth war. Die Ornate
der Liebfrauensodalität, das Deutschhaus . und die Jo-
hanniterkomthurei blieben von Beschädigungen nicht frei.
In der Spitalkirche zum heiligen Geist wurden die Al-
täre verunehrt und das Holz- und Schlosserwerk aus den
Gebäuden gerissen.
Was thaten doch die rauhen Kriegsknechte mit aill
dem Gelde und den Pretiosen? So lange der König
Gustav in Wiriiburg weilte , spielten sie an den Greden
an vier Tischen in Einem fort, und man sah da „ganze
Säcke voll pnkaten und Thaler". Die Kostbarkeiten der
Burg boten sie den Einwohnern aii, Niemand wollte die-
selben annehmen. Sie haben sie alsdann „zerschlagen,
»erschmelzt, und di« Metalle nach Frankfurt, Leipzig,
Nürnberg und aiiderwärts hin verkauft".
.Diese gross^ntheils aus gleichzeitigen Berichten^)
entnommene Schilderung ist nicht geeigensohaftet, ein
vortheilhaftes Bild von der schwedischen Soldateska zu
geben; Sie soll das auch nicht. ^ Aber wir dürfen den
Schweden nicht an den Kopf werfep, was sie »icht ge-
than haben. Gusitav Adolf hat es versta?iden, unter sei-
nen eingebornen Schweden Gottesfurcht uftd Bussfertig-
keit lange zu erhalteii. Diese Kerntruppen aus den mit-
ternächtigen Landschaften gingen mit achtunggebietendem
furchtbarem Ernste durch die deutschen Gauen, Es
werden ilmen viele yorwiirfe gemacht, welche sie nicht
verdienen. Naqh Kriegsrecht zu plündern , Hessen sie
sich allerdings nicht wehren. Aber es ist nicht so ganz
wahr, dass sie um 20)000 fl. Bücher aus der Universi-
tätsbibliothek mitgenommen., dass die Bücherei der Je-
suiten ihnön zur Beute geworden und sammtliche Druck-
werke des Bischofs Julius nach Schweden geführt wur-
den. Julius hat den Kapuzinern einen grossen Theil
seiner Libeirei vermacht, die zu Anfang imseres Jahr-
hjmderts mit Chiffre und Datum noch vothandfen war.
Es ist bekannt, dass die Augustinerbibliothek eine Menge
von Büchern aus der Zeit vor dem Schwedenkrieg hatte ;
sie wurden nicht nach Schweden geführt, wohl aber bis
1824 nicht gerade rühmlich verschleudert imd den Ele-
menten preisgegeben. Die Mendikanten blieben von der
19
390
schwedischen Besatsung verschont, so auch das Schot-
tenstift, nur die Dominikaner mussten eines Briefes we-
gen 350 Dukaten sahlen. Als ein Soldat in Haug zu
Ungebührliches trieb, hieb ihn auf der Stelle ein Offizier
nieder. Ein detaillirtes Verzeichniss der geplünderten
Schätze nimmt sich allerdings etwas reich aus; bei wei-
tem grossartigeres Verderben für die Kunst brachte in-
dess das Jahr 1803. Im Schwedenkrieg aber haben am
allerverderblichsten die aus Deutschen gebildeten Ban-
den gehaust, und die im Frankenlande gebomen adeligen
Freibeuter am empörendsten gewüthet.
Die Klöster und Kirchen im Sprengel kamen nicht
minder zu Schaden. Zu Zell wurde die Bibliothek ge-
plündert, die Pfeifen aus der Orgel gerissen, die Knpfer-
rinnen vom Dache genommen, Fenster und Thüren zer-
schlagen. Aehnlich erging es in Ebrach, Schwarzach,
Dettelbach, Neustadt, Bronnbach, Bildhausen, Schönthal,
EUwangen, Amorbach, Komburg, Schlüchtern, Astheim,
Tückelhausen , Qmbach. Damals hat manch vielver-
ehrtes imd umsungenes Onadenbild Schmach erlitten,
und wurden zahllose Bildstöcke zerschmettert.
Es musste eine Reaction rettend eintreten.
Sie begann bereits unter Johann Philipp Graf von
Schönbom (1642—1673). Er erbaute 1644 die ansehn-
liche Mainmühle bei der Brücke, eine zweite 1666 bei
St.Burkard, mit welcher auch eine Münzstätte sich ver-
band; sie steht noch. Im Jahre 1648 errichtete er ein
Theater auf der Burg, und fing 1650 an, da er seit 1647
auch Kurfürst von Mainz war, das Besidenzs'chloss mit
neuen Bollwerken zu umschliessen. Femauer leitete den
Bau. Sechs Jahre später begann man eine neue Forti-
fikation der Stadt durchzuführen. Baron von Claris lei-
tete als Oberzeugmeister das Werk. Beim Pleichacher
Thor wurde der Anfang gemacht, 1657 Stift Haug mit
Keller, Lang- und Rüsthaus sammt der Pfarrmühle und
den Häusern einiger Chorherren und Yicaren niederge-
'»1
tegt) und ihnen dafür die GänsemüLle und der Pfauen-
hof übergeben. Bald waren die Werke bis St Afra fort-
gesetzt, und auch dieses Stift niedergebrochen; 1663 ar-
beitete A. Petrini mit Steinmetz Yillinger auch am Zel-
ler Thor upd vollendete 1664 die dortigen Werke. Der
Thurm und die Stuckmauern längs des Mainufers, zwei
neue Baracken^ am Kamme bePm Neuthor, bei dem Hau-
ger Stift und bei der Karthause wurde von ViUinger
1665, 1666 wurden von Petrini die Werke in der Oegend
des Teufelsthores und das vonPleichach vollendet. Das
Domcapitel musste 792 Gulden Taglohn zahlen, die
Klöster Spanndienste leisten, und das fürstliche Land-
volk Schanzarbeiten übernehmen^). Im Jahre 1668 wur-
den Tag für Tag tausend Schanzer beschäftigt, Oberst
Choquet von Mainz führte die Oberleitung. Antonio
Bighi mit einer ganzen Menge von Gesellen, Steinmetzen
und Maurern arbeitete an der Hauger Wiese, beim Neu-
thor, im Kessel bei der Karthause und bei St. Afra; die
Erben VilUnger^s aber am neuen Teufelsthor und am
Pfaffenthor; 1670 wurde St. Afra wiedergebaut, amBenn-
wegthor, am Michaelskirchhof , 1671 und 1672 die Werke
im Göbelslehen, an den beiden Kesseln am Konradsthor,
den Kesseln bei Hang und am Steinbrecher Thurm ge-
fördert. Petrini, Bighi, Georg Hoffmann, Hanns Schuch-
hart und Meister Heinrich Zimmer vollenden die Schil-
derhäuser, die Brüstungen, die Ausfalle, die Portale, die
Schlussgatter und die fürstlichen Wappen. Im Jahre
1675 sind Paul Platz, der Maurermeister, und Zinuner
hinter dem Juliusspital beschäftigt, Meister Ad. Brück-
ner bricht den bei der Fleischbank in der Stadt gestan-
denen hohen Thurm ab. Unter Fürstbischof Peter Phi-
lipp (f 1683) wurde das Schloss mit neuen Bollwerken
beim Höchbergthor versehen. Nachdem 1676 in der Be-
festigung der Stadt Stillstand eingetreten war, vollendete
1) Sch*rold Wirzburg 79. . , ,
Hftte 1677 die WftUe hinter dem Jiili«s9pi««le. Der JbiH-
ter derKirclie von 8t. Bui^kard gestandene Thiirm wHrde
abgebrochen, das Nenthor und das 'Weit von St. Bur-
kard gefördert «nd vom Bildhauer Joh. Preuss ^as^rst-
lidhe Wappen dasdbst verfertigt *). Vom 29. Jan. bis
«um 10. Dez. 1678 virarPlahs mit dem Kanal von8t.Bur-
Icard , SSimmer die fast gleiche Zeit am Burkarder Thor
beschäftigt; so andh 1679 Petrini und Zimmer.
Flirstbisehof Konrad Wühelm (f 1684) lebte i^reng
wie ein Mönch und verstand es überall, Frieden zu ste-
ten ; aber ^gebaut hat er wenig in den ^/^ Jahren seiner
'Regierung. Als dem Fürsten Johann Gc^tfried die Bau-
TedhnungCT der Jahre 1677—1679, welche 182,961 Gül-
den Auslagen zeigten, vorgelegt wurden, versagte er die
Genehmigung der Rechnungen und beklagte, dass Ver-
untreuungen an Baumaterial und Instrumenten stattge-
funden und manche Arbeiten unnütz arrangirt «worden
seien. Um es kurz zu fiassen: Petrini vollendete 1680 —
1688 die Arbeiten bei Hang, am Burkarder und Zeller
Thor. *TJnter Phäipp wurde die Brücke am Rennweg-
thor gewölbt, 1723 begann Stückhauptmann Balthasar
Neumann die drei Bastionen am Sander Thor aufzufüh-
ren, 1786 vollendete Major M. Fischer das Sander Thor.
So ist 130 Jahre an den ^Festungswerken der Stadt ge-
baut worden. Sie 'haT)en unendlich viel gekostet und me
Tiennenswerth genützt, -höchstens den ersten Anprall ge-
wehrt und die Capitulation eingeleitet. Sie werden ret-
tungslos dem Alles nivellirenden Zeitgeist verfallen.
Guttenberg baute die schöne Kirc^ von^Föh*brüek
wieder auf, und wendete ihr aus semem Vermögen
12,000 GfuMen zu. Er hat die TJrsüKnerinnen in Wißs-
burg eingeführt, die Dominikaner, Augustiner und Bnan-
ziskaner ^b)6i ihren Restaurationen untersffitzt, -und 8tv3fi-
kölaus erweitert. Er hat siebzehn Pfarftirchen ^baut,
»} A.j^ 4). 81. . r
3pB>
zwölf PfaEfrMuMr gegrUadet, hh^ bi»16S|3feini2tte)itb«U9)
fiir Müfi»ggäiiger, ungeboraanaey lasterhafte und^ mnzüehr
tig^ P^&onen beideiiei- G^scUechts' ororiehtet.. Dia. Uni-
vers^t^in^he^ ^ uoier fikif Bischof en^ ahae Dack g$^T
vresenitind deni' Ruine nahe gpbracht war,: wurde iiestaurirt;.
Aus dem neu erricbtetev Gadofrideum ist der Pff^rxhof
von St* Peter.; die Münze u. s; w, geworden. 1688-*-1689
erbatrt^ PaU^ini den jetzigen? Muaiksaal übei: dem Capi^
telhans,, den? Franz Botb^ nut deji, Wajifpen der DcHnber.'-
ren: von 1566--18p2 ausmalte (387'Wajipen). Bas Julius-
spitKl erhielt ein Arbeitshaus, 1699 Glashaas und.
Bpüxäien.
Johann Philipp von Greifenklau (Ii699*-13B), (^ssen
6esefalech4l im Jahw WßOy da 6&fsß%& Büchlein ^schde^
ben ivard, mit Oblo Philipp erlosch) weihte die U^sttliaerii»-
nenkii^chiß in Kitseingeti , ei^hob die Gebein» d<»i seii^ffir
Brnno^ erri^t^htete ihm ein<^ netien Altar,, stellte im>I)oa]?
dtes Transept £i*ei^ liess' ein^YHochaka» neu^ vons^lmviirn
zem Mai^ot setzen^ d«n Dom ,, verschönern^, den Thuvnr
der Universitätsköpche so vollenden^ wie Corrinus? Stieb
ihn uns zeigt, den der Marienkapellie henstellem, Neu-
münster 1711 erweitern, bei S*. Peter kJl!?/ den IlifeuiMMir
anheben, und die (1844 ^ede^erisBem^)* Igliatiuskapelle
voHendenf. So wurde auch die KaiÜai^inenkirche &ßmm»vt
(Corvinus), der innere Ba« des Juliusspitals vollendet
(1704), und zum- JesuitenköUeg int Juli 11715 dias Fan^da^
ment gelegt. Nach Bom< schickte er ein %&rienbild^ das
12,060^ fi. werth war. Der erste Kaa^leibau bei Neu-
münster stürzte vor der t^oUewduög ^UBamttieni;' det
zweite steht noch und trägt die Jabrzahl 1699; Auf dem
Rennw^g solke ein neuer Psnllast erstehen.. Petöni •»-
baute ihn in weissem Si^dstein. Der Bau hatte zwei
gleichausspringende Flügel, Gitter umasafakrasen £e Hofe,
Statuen zierten ihn rings. Ein kostspieliges Werk, aber
lebensgefährlich zu bewohnen. Der Meister hatte sich
nicht mit der ganzen Schwerkraft seines Willens in den
SM
Gksgenstlmd, den er künstlerisch gestalten wölke, ver-
senkt. Das ScUoss brach nidit von selbst krachend zu-
sammen, aber man liess es einige Zeit leer stehen und
legte es später nieder , um dem gewaltigen neuen Rei»i-
denzbau Platz zu machen. Der nämliche Fürstbischof
hat auch das Ghreifenklau'sche Familienpalais, den „ro-
then Bau^, aus rothen Sandsteinen (1699 — 1719) errichtet.
Jetzt ist das Oberpostamtsgebäude daraus geworden (11.42).
Am 24. Mai 1708 wurde der erste Stein zum neuen Zeug-
haus auf der Burg gelegt. Andreas Müller leitete den
Bau. Und sonst prangt das Wappen dieses baulustigen
Herrn an zahlreichen Orten. Dasselbe zeigt vier Felder,
1 und 4 sind unten blau, oben silbern, daraus blitzen
acht goldene stemfonmg zusammengestellte lilienszep-
ter; auf 2 und 3 zeigt das schwarze Feld einen schräg
von rechts nach links laufenden Balken. Ein goldener
Greif enfuss prangt auf dem Helm; der Busch setzt sich
aus silbernen, schwarzen und blauen Federn zusammen..
Golden und Mau, silbern und schwarz blitzen die Helm-
decken, zwei Greifen halten den Schild.
Wir brechen ab, denn von den Schönborn wird
noch weiter unten gesprochen.
Um einige Ordnung in den Wirrwarr der Kunstge-
schichte der letzten Jahrhunderte zu bringen, wird sich
der Darstellung der weiteren Bauthätigkeit um den Dom
eine flüchtige Charakterisirung der Rococcokirchen reihen,
und mit der Zeichnung der Profanbauten, besonders der
Residenz, sowie mit einem Ausblick in das laufende Jahr-
hundert die Schrift zum Abschluss gebracht werden.
Leicht können sich dabei kurze Notizen über die bedeu-
tenderen Künstler einnnschen, sowie auch das nachzu-
holen ist, was vom sechszehnten Jahrhundert noch nicht
in Betracht gezogen werden konnte.
§ 24. Der Dom.
Die Thürme des Domes trugen seit den ältesten
Zeiten einige Glocken von verschiedener Grösse. Die
Gloriosa, schon 1250 vorhanden, gab den gewaltigsten
Klang. Sie ertönte an Festtagen zum Gottesdienste, so-
wie bei Sterbefallen imd an Gedächtnisstagen der Kaiser,
Könige, Bischöfe und Domherren, auch bei Sturm und
Gewitter. Zehn Männer läuteten sie. Die vierzehn Glocken
des Jahres 1484 sind oft genannt. Im Jahre 1506 goss
Hanns Neubauer von Dettelbach, Glockengiesser inWirz-
bürg, die Margel und die Betglocke um, erstere erhielt
65, letztere 28 Centner. Bei der Weihe taufte man sie
in die „neue MargeP und „Susanna^ um. So oft die
neue Margel als Sterbeglocke geläutet wurde, musste an
den Dompfarrkirchner ein fränkischer Gulden gezahlt wer-
den; die Gebühr wurde aber bereits 155P auf die Hälfte
redücirt. Im Jahre 1519 wiurd6 die Benedicta umgegossen,
1569 eine neue Glocke in den Thurm gehängt, 1613 war
Meister Sigmund Arnold von Fuld thätig,' welcher mit
seinem Bruder Hanns Arnold 1592 auch verschiedene
Glocken für St. Burkard gegossen hatte. Johann Jgnaz
Kopp, der Sohn des Stück- und Glockengiessers Sobald
Kopp von Forchheim (f 13. Sept. 1721) goss das Mar-
tinsglöcklein um (1714); dasselbe musste Martin Roth
von Forchheim 1737 neuerdings einschmelzen. Im alten
Directorium der Domstiftskirchner spielen das Heinle und
die Margel die grösste Bolle; denn wurde, was oft ge-
schah, einem Verstorbenen aus hohem Stamm das Heinle
geläutet, so haben die Kirchner allzeit stattliche Spesen
davongetragen, gut Essen nnd Trinken bekommen, und
Tücher empfangen. Es ist höchst interessant, in, dem ge-
nannten Directorium die detaillirten Vorschriften in Hin-
sicht des Geläutes kennen zr lernen. Die gegenwärtigen
Glocken auf den Dormthürmen verzeichnet Scharold >)•
«) Aich. IV. I. 78 — 79.
2Mr
Die Meister Rüdiger (1506), Fidler Konrad
(1598), Lutz Martin (1613), David Arnald (1651),
Reulbach Bernhard (1800). Georg Neg.elen Yon
Kitzingen (f 1832) müssen als Glockeagiesser von Wirz-
burg erwähnt werden. Heinrich von Wasaerbuiig hatte
1432 den Standauf gegossen.
la der Chronik von Laurentiud ALbertttä (157 1)^ einem
Klient^ desEgUolf veaKnörisgen liest nsan dieVevse:
„Das selb die Läten doch bericht
Die man zu Wir^^arg am Thmmb sieht
Diese Lilien sind jetat in Wirzburg mcht mehr bekannt.
Die Thurmuhr wurde 1501 von Horemacher ver-
bessert, am ifiseren Peristilr d^s Langhauses mit eiirem
zw:eiten Ziflterbktte versehen und zu dessen Seiten die
Bildnisse des „heil. Ghristoffbl und d^s heil. IGchel" in
kolossaler Grösse gemalt. Im Jahie 1574 wurde nach
einer vom Dömbawmeister Hanns Laftiprecht gezeich-
neten Visiruög durch den Hof- und Sta Aschlosser Schmidi
eine neue Uhr verfertigt. Sie kostete 55Ö Gulden fränkisch,
und war die erste öffentliche Uhr in der Sfädt, welche
die Stunden und Viertelstunden schlug und anzeigte.
Maler Andreas Herrneisen renovirte iy?8 die beiden
obefigenannten^ Kolossalbilder. Im Jahre 1564 hatte Hic^
ronymtfs Leupolt eine Sonnenuhr an dte Südseite des
Langhawses gemalt; sie war nitch hundert Jahren ver-
wittert, so dass Hieronymus Deuerlein zwei neue Son-
nenuhren an deren Stelle malte und dafür sechs Gulden
erhielt. Andreas Reichardt malte 1718 gleicfifalls zwei,
und erhielt fünf Reichsthaler.
Es sind uns ' zwei liebliche Volkslieder erhalten :
„Christliches Uhrglöckle" und „Wachtglockle wider die
Todsünd", in welchen eine tiefe Symbolik verborgen ist ').
1) Christliche katholische auserlesene Gesänge (1630) Wirzburg. 420
430. ' ^ ; . . r . ^
2fW*
PilrstbtecBof Friedrich« sciöttktfe' 157? dorn Dbm eint
Positiv, welehes der Höforgatrist Georg Lampett an Fest-
tag«» gegen eine jahriiche Betebnung vorf vier RtMfn.
spielte. . Im Jahr 1609 licss man den Orgelbartier Max
GKintlier vioii Augsburg komme», um-da» Positiv att' stim-
men und «iöÄurichten. Das Jabr datiatif entwarf ein Oi^-
gelmacher aus Straubing ein Visir zu einer neiiahzu-
schafitenden OjgeL Nachdem tföyg Weissland von Kastei
bei Mainz, ein Bruder Liederlich von einem Orgelbauer,
die zu einem neu zu construirendem Werke vorgeschos-
senen 750 Gulden gewissenlos veirprasst hatte, seliloss
man mit Jafcob Nyboff von Köln am 6. Mai 1614 einen»
Accord des Inhalts, dass er nach einer vom> Maler Ei-
senmaHn aus [Nürnberg gefertigte» Zeiehnung das Orgel^
werk vollständig mit Schreiner-, Schlosser- und Schmt»er-
arbeiten in awei Jahren abliefern und dafür 3500 BtUr.
erhiftlten sollte* Ulrich Büjer bemalte dais Werk. Die-
jenigen Brafutptore, welche bei ihrer Trauung didi nette
Orgel gespielt . hitben w^^Utea, mms&ten 4 Pf«l. 6 Pfg.
beaahlen^ wovon die Spieler, Treter und Kirchenjung«»
Zulafge erhielten. Das Werk gab schon 1637 £alsehe
Töne» Dev Mainzer Hof orgi^jodät Daniel) Bolliusfaittd, dass
diie Scbmierbäige mit ihren Kainälen oder Windl^ungen,
auch die Windlade mit ihrer Austheilung zu georing, au
eng. imd gleichsam auf einen Haufen derge^stalt zu6am^
mengepresst waren^ dass auf solche Weise dais^ Pfeifen-
weck unmöglieh gehörig intoniren konnte»
Matthias Tretscher von Kulmbach richtete 166*? eine
neue Orgel »uf; 1701 — 1705 baute Johannes Hoffinann
eine zweite in den Transeptbau. Sie enthielt ein Princi-
pal^ einen Groesgetact, einen Qöintaton, ein Soli«infint,
ein Viötdegamb, eine Oktaiy, ein« Spitzflöte, ein-e Super-
octave, eine Quint, eine Quintflöte, die Mixtur vierfach,
die Cimbal dreifach, eine Posaune und den Subbass.
Ferdinand Bielefeld, Hanns Biess und Estetbaaier vol-
lendeten die ^ftnifelirbe*§6tf. &a' Jafoe l^W Würde die
auf dem linken Chor befindliehe kleine Orgel erbaut.
Als Orgelbauer sind zu nennen: Meister Jakob 1620,
Johann Dahm 1691, Johann Jgnae Will (tl729), Georg
Otto von Uthraab im Eisfeld (1730), Joseph Franz
von Heidingsfeld, Adam Hoffner, Albert Seuffert, Vater
und Sohn von Gössenheim ^). Beteutende Künstler wa-
ren sie nicht.
Es ist von den Messingplatten des Domes zu
sprechen.
Der Leser darf hier nicht eine chemische Analyse
des Metalles erwarten, hier sind zunächst die äusseren
Erscheinungen der Gusswerke in^s Auge zu fass^i.
Lichts Classification der Gussdenkmäler hat nicht Stich
gehalten, und wir sehen davon ab. Bei Bremse ist be-
kanntlich das Kupfer mit Zinn, bei Messing mit Zink
legirt. Die Farbe der Bronze kann rSther oder gelber,
fasst weiss, auch stahlgrau sein, ohne aus der Reihe
der Bronze herauszutreten. Gutes Messing hat 28 — 34
Procent Zink, Tomback, rötheres Messing führt 14 Pro-
cent. Das Messing ist leichter und- angenehmer unter
dem Stichel. Das Gefühl in der Hand macht die Ver-
schiedenheit zwischen Messing und Bron^je so erkennbar,
dass keine Täuschung über das Wesen des Metalls
möglich ist. Doch ist darüber besser zu sprechen, wenn
Luchs in Breslau die Schrift eines Erzgiessers des sechs-
zehnten Jahrhunderts über seine Kunst bekannt gegeben
haben wird. Gewiss aber bleibt, dass die Nürnberger
das Messing nicht wieder erfunden haben, denn schon
Hildegardis (f 1279) schreibt von demselben als einem
Zwitterding ^). Im Dom zu Wirzburg sind die meisten
Denkmäler von Messing. Es könnten bei Betrachtung
derselben gar viele. Fragen in Erörterung kommen. Wie
ist^s mit der einrahmenden Umfassung? Ist. die Figur
1) Arcb, IV. I. 55.
S) Beai« BQldegaidiB opp. UXgat. patrol. CXCVni.
29Ö
mit dem Spitzstichel tief contourirt, treten die Linien in
den Grund hinein? Ist der Grund mit Kreuzschraffur
überarbeitet, der Körperschatten mit einzelnen Sehraffi-
rungen ausgefüllt? Ist die Tafel mit dem Hammer ge-
trieben, sind die Platten zusammengesetzt, wie schliesst
dieStossfuge? Es ist hier weniger der Ort, in so minu-
tiöse Details einzugehen. Wirzburg hatte bis in's sieb-
zehnte Jahrhundert keine Giesstätten, Aller Bedarf an
Guss werken ward von Nürnberg bezogen. Die dortigen
Both- und Gelbgiesser, seit dem vierzehnten Jahrhundert
berühmt, wie die Meister der Dinanterien, bedienten sich
frühzeitig der durch Wasser getriebenen sog. Roth-
schmiedmühlen, die mit vielen umlaufenden Wellen und
Scheiben zum Drechseln, Schleifen und Poliren versehen
waren. Die Meister hiessen die Bussigen und haben nach
Bettberg's lustiger Entdeckung den Nürnberger Trichter
verfertigt. Das alte Glockengiesserhaus in Nürnberg hat
ein zierliches Chörlein, trägt die Jahreszahl 1522 und ein
freundliches Madonnabild*). Keine Familie hat voll-
kommenere Modelle gefertigt und treif liebere Originale
gegos^^en, als jene der Vischer. Herrmann der Altere,
der 1453 Meister geworden, 1487 gestorben ist, hat den
Taufstein in Wittenberg 1457 gegossen, von dem uns
Schadow Kunde gebracht. Eberhard Vischer wurde 1459
Meister und ist 1488 gestorben. Einem der genannten
gehört das Stark^sche Kreuzbild am Mittelfenster der
Löffelholzkapelle (1482), an welchem die beiden Füsjse
noch einzeln angenagelt sind. Herrmann^s Sohn, Peter
Vischer, hat den Namen seines Geschlechtes in die ganze
Welt getragen. Er war ein einfacher Bothschmied, machte
Leuchter und Pulte, aber auch das Sebaldusgrab ; das.
Handwerk und die Kunst wirkten bei ihm in genialer
Eintracht zusammen und zauberten Meisterwerke hervor.
Er. pflog mit Adam Kraft häufigen Umgang, rang uner-
i).Be.ttbexg 169. J7ilni)l>eig» KimsÜe]^.
300^
mttfficli nacli dorVollkommeidiert, waaranspruebsloa und
bescheiden im Kreise der Seinen^ und hochgeehrt vo&'
den Gewaltigen der Erde.
Er goss und ciselirte von 1484—1529 und arbeitete
ausser Nürnberg nach Breslau, Magdeburg, Bamberg,
Hechingen, Krakau und anderen Orten. Wie Meister Dill
von Wirzburg, wird auch er an den Gresetzen der mittel-
alterlich-germanischen Kunst irre und von der Renais-
sance überholt; das Sebaldusgrab legt dafür Zeugnies
ab. Peter's Söhne starben bald, keiner überlebte difts
Jahr 1540, ihre Werke sind selten. Aber ihre Werk-
stätte lieferte Arbeiten in Fülle, besonders Grabplätten.
Die Mitte des sechszehnten Jahrhunderts ist die goldene
Zeit der Grabplatten in Erz. Die Friedhöfe von Nürn-
berg sind wahre Schatzkammern dieser Kunst. Es wirk-
ten darin Hanns von Köln, der das Taufbecken in der
Marienkirche zu Salzwedel gegossen hat (1520), Fanhraz
Lebenwolf — wer hat sein Gänsemännchen bei der
Liebf^auenkapelle zu Nürnberg nicht neugierig aufge-
sucht? Hier lebte Wentzel Jamnitzer, einer der gr6B6i»n^
Gold- und Silberarbeiter der Deutschen, welchei» unter
den Kaisern Karl V., Ferdinand I., Max II., Rudolf U.
rastlos thätig, nebst Vielem auch die ßronzereliefs auf
dem Johanniskirchhofe in Nürnberg vollendete. Benedikt
Wurzelbauer, Schwiegersohn des Lebenwolf, wirkt«
1548 — 1620; Sebastian Denner start) 1691, Friedrich
HIederheusel lebte 1686—1708, Kaspar Enderiem, Giesder
und Ciselirer aus Basel, ist im siebzehnten Jahrhundert
thätig. Später sind niederländische Erzgiesser tonan«-
gebend in Nürnberg geworden.
Bei den Landsknechten, welche Philipp II. von
Spanien im Sommer 1590 unter Graf Hieronymu» von
Lodron zur Unterstützung der Katholiken naclrN arbonn e
schickte, waren deu«s«te> Bü«iMi«miieiflre>dr,< F^verW^rker
^und Giesser von Miküberg und Ang&rbiarg^). So bi^t oMöh
nachmals Jdhann Wolbrab ein Gie&ser von Begensburg
für den Sohn Ludwig'« XIV. allerlei unschuldiges Spiel-
zeug zu fertigen den Auftrag erhalten. Zu Bamberg
werden mehrere thätige Bothgiesser namhaft gemacht.
Nicht alle Gusswerke in WirzbuBg wurden zuNürn-
fbetg bestellt. I>enn ;dem Goldschmied Jobst Ciusotmerer
zu Halle in Saclman erwiderte einst das Dcuucapitel für
ein ihmiübeKSoidetes ^mesril^s geatztes oder bunzenirtes
it^elein, darin die-Eßifffes caroli qumtiCäsaris war^, seine
Erkenntlickeit mit zehn £eichsthal«m^). Erat 16Ö1 er-
richtete Sebald Kopp ein Giesshaus in Wirzburg und
fertigte eine Menge Gedenktafeln^ Leuchter und sonatige
Geräthe, ohne indessen der Meisterschaft der Nürnberger
C^ncuri^n^ anachen sm köxtnen. Denn 1663 wird nach
Nürnberg gescbidtt, um do?t einen Hängleuchter von
Messing zu bestellen, der 202 Pfund schwer 86 fl. 5 Pfund
und 15 Pfennige kostete 3).
Die Erzgusswerke unterscheiden wir als Grabplatten,
Wappen lyid Inschriften. Nur die erstgenannte Art
kp)Enmt kunsthistorisch in Bet]:acht. Wir finden in der
Sepultur, in der Süjdabseite sowie im Nordscbiff des
Domes bischöfliche (^rabplatten, die der Kanoniker imd
der Domprälaten.
KoiKrml^s von Thüngen (f 1540) Ptatte wurde zu
N&rnberg gefertigt, und wog 5 Centner 34 Pfijipd. Die
'Gestillt ist;e4el mid s<$hlank. Das Pedum ist mit dem
Sud^r geziert. Zm f'üssien das coinbjwte Wappen mit
gekröntem gßeiohW&^sjenBm Spapg^»ihelm und fiiij^genden
Decken. Die vier Wappen ^^er Ahnen befinden sich an
d^n Rundift^daUlons der Ahnen. Si^. syind Kxmz von
<) Ranke, franz. Gesch. I. Ö19.
«).ÖCh^rdid Leiter. -I. 3. «S6.
3) A. a. 0. I. 4. 356.
Thiingen, Gntta von Carben, Hamis TmeliBesd von
Wetzhausen, Barbara von Bibra. Die Inscbrift:
Anno. Dni. MDCXL XVL Junii obiU »nus. mChrüio Paier
ei Dominus Dns Conradtss 2>. G. EPS. HERBIPOLEK ei
Franci0e orientalis dux a^/us amma Deo vivaL
Bischof Konrad von Bibra (f 1544) tragt den Her-
zogsmantel und den Fürstenhut statt der Casula ; die In-
fiil steht über dem Wappen. Die vier Medaillons sind
zu blasonniren als die Wappen der Liampert von Bibra,
Katharina von Stiebar, 'Konrad von Seckendorf, Marga-
retha von Yestenberg* Die Inschrift:
Anno MDXLIV. DIE. S. CIRIACL OBIIT Rmu$. IN Ckrüio
Pater et Dns. Dns. Conradus A BIBRA. EPS. HerMp. cujus
anima requiescat in pace amm.
Die Tafeln der Bischöfe Melchior, Friedrich und
Julius sind auf dieselbe Weise gefertigt.
Die Gussplatten der Kanoniker sind alle sich so
ziemlich ähnlich. Zu Häupten des Geehrten hebt sich
eine kleine Krönung ab , die bei Martin von der Ker
noch in EselsrQcken sich bewegt; an den Ecken geben
die Wappen von den Ahnen Zeugniss, zwischen ihnen
durchlaufen die Minuskel- und Majuskelinschriften die
Bandplatte. Die Relieffigur steht nicht immer mit den
Seitentheilen in inniger Verbindung, ist oft ganz frei von
ihr in den Mittelraum gesetzt, so dass eventuell auch
die Inschrift früher einem andern Herrn gehört haben
könnte, wenn nicht die Treue und Wissenschaftlichkeit
des Domdechanten Christoph Franz von Hütten uns ein
sicherer Bürge für die Genauigkeit wäre.
Georg von Giech, Propst von Neumünster und
Dompropst (f 1501 8. Mai) ist an erster Stelle zu nen-
nen. Seine Ahnen sind Hanns von Giech, Anna von
Vestenberg, Hanns Neustetter der Stürmer und Anna
von Mistelbach. Die Verzierung über dem Haupte ist
sehr gelimgen.
. 8ÖB
Martinus von der Ker, der in der Südabseite die
Reihe eröffnet, wurde 1468 Propst in Hang, 1481 De-
ehant im Dom, mid starb 13. Dec. 1507. Er trägt das
Barett, die Kappe mit den Troddeln, hält die Rechte
benedicirend über den Kelch in der Linken. Seine Ahnen
sind: Martin von der Ker, Katharina Wölfin von Wolfs-
thal, Kaspar von Lichtenstein, Anna von Hofenau.
Albertus von Bibra hat zu Füssen das reiche Stamm-
wappen, über sich eine aderliche Krönung. Er segnet
den Kelch. Seine Ahnen sind Heinrich von Bibra, Chri-
stina Fuchsin von Rügheim, Mudschidler von Reinsbrunn,
Anna von Vestenberg. Er wurde 1483 Domherr,. 1496
Propst in Neumünster, 1502 erster Domprälat. Er war
auch Domherr zu Bamberg, Oberpfarrer zu Röttingen,
und starb am 24. August 1511*
Petrus von Aufsess wurde 1493 am 25. April als Dom-
herr in Wirzburg aufgeschworen, 3. Juli 1500 als Dechant
erwählt, war Doctor der Rechte, kaiserlicher Rath,
Kanzler von Wirzburg, 1512 Gesandter beim Reichstag
in Trier, Propst in Komburg und Domcustos in Wirz-
burg (t 19. April 1522). Er trägt die Chorhermkleidung,
Barett und Kelch, und probirt mit den Wappen des Jo-
hannes von Aufsess, der Agatha von Thüngfeld, des
Nikolaus von Giech und der Barbara Neustetterin, ge-
nannt Stürmerin.
Ein stattlicher Prälat muss Dechant Johannes von
Guttenberg gewesen sein (f 1538 13. Febr.). Er war
Domcapitular zu Mainz, Bamberg und Wirzburg, Propst
zu St. Alban und St. Victor in Mainz; auch bekleidete
er das Amt des Generalvicars und Erzpriesters ia Wirz-
burg. Die vier Wappen sind auf Hanns von Guttenberg,
Felicitas von Künsperg, Heinrich von Plassenberg und
Anna von Seckendorf zu deuten.
Richard von der Ker kam 1542 in^s Capitel, wurde
1550 Domcantor, 1558 Gustos, 1562 Dompropst, 1582
Jubiläus, war Propst in Komburg und Wechterawinkel.
Er Jbat die Maränskaprilfe in VeitshöchlieiBfi * wiederge-
baut und bereichert. Er ist 14. Febr. 1:583 gestorben als
der letzte seines -Geschlechtes. Seine Ahnen sind: Rei-
.ch»rd T(m der Ker, Margaretha von Hessberg, Reichard
von Bemelburg, Magdalena von Brandenstein.
Die .Gussplatte des Erasmus Neustetter sieigt einen
Todtenkopf, einen trauernden Genius, eine Sanduhr, eine
abgebrochene Kerze, die acht Wappensohilde etwas flat-
terhaft und die Inschrift in unschöner Weise quer in der
Mitte der Figur. Der alte Stürmer prangt in reichem
Priestergewande. Er wurde 1545 als D<Jmherr in Wirz-
bUrg aufgeschworen, erhielt 1561 auch einePräbende in
Bamberg, ward 1559 Landrichter des kaiserlichen Land-
giQricbts im HerKOgthum Franken, Dechant ku Komburg,
Propst in Haug, 1564 zweiter Dompr&lat am Dom in
Wirzburg, 1588 Capitelasemor , 1589 Jubilarius, 1590
Magidficus der Universität. Er starb 1594 am 8. Dec.
Audh ein Marmordenkmal hat er erhalten. Er probirt
mit «ieht stiftsbürtigen Ahneii: Albrecht Neustetter, Eva
von Streitberg, Nikolaus von Truppach, Jdargaretha von
Mtatelbach, Friedrich von Wolmershausen , Margare&a
Adelsheim, Johann von Giech, Apollonia von Stiebar.
Die Platte des Johannes Konrad Kottwitz von Aulen-
bach ist die späteste der Zeit nach und hängt im Nord-
schiff. Der Weise wurde Domcustos, Landrichter, Dom-
dechant, Propst in Haug und zu Weehterswinkel. Auch
in Mainz wurde er als Capitular 1562 aufgeschworen.
P. JEleatus Bishalm hat den verdienten Mann besungen*).
Sr steht mit Buch und Kappe vor uns, das Haupt ruht
in ^ner Muschel. Ein stattliches Denkmal von Stein hat
jar ober der Gruftstiege gegen Mitternacht' erhalten. Die
. aoht Ahnen sind: Johann Kottwitz von Aulenbach, Anna
Voitin von Bieneck, der Schenk von Schweinsberg, die
DruthinvonFiirstensteinj Albert von Ehrenberg, Brigitta
^.A»«k.X,V,,i..^«.,^
308-
Ton Vemünger, Barengat iron BerUehbigeii, Elisabeth
von Neuhausen.
Im Capitelhaiise ihteressiren uns dos Denkmal des
Gottfried von Wirsberg, sowie die Grabdeckd des Kon-
rad Lndwig von Gtebelstadt (f 1619) augleich mit der
Tafel des Domherrn Konräd von Zobel (f 1510); die
Tafel d€|s Johann von Alendorf (f 1496)^ des Philipp
Kraft Graf von Hohenlohe (f 1541); des Albert Schenk
von Liofpbrg (f 1676) ui a« m.
hn Jahre 1717 imd 1718 hat der fürstliche Feuer-
werket Stephan Müller elf Erzplatten gereinigt: Drei
andere, die des Kilian von Bibra (f 1494), Otto von
Wolfskeel (f 1324), Thomas von Stein (f 1529) wur-
den in cKe Eisenkammer geworfen.
Neumünster besitzt zwei interessante Sanctusleuchter
vcMn- Jahre 1540 imd mehrere Grabplatten^
In der Sepultur des Domes steht ein interessantes
Messingpult mit 24 Domherriiwappen, Krallehfüssei^ auf
Kugein und den Statuen des heiligen Kilian und U. L. Frau
an den Seiten. Es ist ah die 5^ breit, 4' tief und trägt
die Aufschrift: Hanns Wnrtzelbduer in Wiirtzburg goss
mith ißi-i. Das Direetorium der Domkirchner spricht
wiederholt von den Chorpulten, wenn sie zu decken
seien u. s. w.
Meister Dill wandelte iam Abend seines Lebens ganz
die Bahnen der Antike; die Denkmäler der Bischöfe
Rudolf von Scherenberg und Lorenz von Bibrä sprechen
den charakteristischen Gegensatz auf das Bestimmteste
aus und geben verrätherisch Zeugniss, von den! Bingen
und! Erliegen des Künstlers. Nicht zu plötzlich ist jedoch
der Verfall der Kunst eingetreten. Wie wir Gelegenheit
hattta, bei Denkmälern des Mittelalters erst die steifen,
starren byzäntinisirenden Formen , dann die gebogenen
20
bieratifichen BteUiiiif^, un vieneluitM maA IBiifiieltotoii
Jahrhundert die freien und lebensvollen BewBguOgWy
gegen den Ausgang dieser Periode den kmfterigen Fal-
teai¥urf und das Manierirte im Ausdmek au evkeoMB,
nicht anders ist es mit den Werken der Iietateii dtai Jabr-
hunderte der FaU. Dar Fleiss in der AusfUurung und
die Technik der Arbeit ist bei allen sehr respectabei^
vollendete Sehonheit kommt gaos wemgen^ eine genfiase
Schwerfälligkeit und Aftergraaie fast sSmintiielmi Denk-
malern zu. Im seehssebnten Jahrhundert trelei ^ Fi-
guren noch stark in Vordergrund, die Haiqptsacha des
Denkauds ist v<m Nebensachen noch nickt überwi&dbaft,
im siebaehnten gewinnen sie häufig ein Ansehen, als
seien die Personen, denen sie gelten, bean Qaadrilhm-
und Ailanandentona gestorben, und eo wie sie bei Me-
nuetten und Eeosaisasen sidi geberdetos, sKgeUidai wan-
den. (JemeHt Amor^ten, und tolle Symbolgestaltep flat-
tern in aam^diig sein soUend^ Koketterie um das BUd
des Todten, SohSdel, JPapilionen, Sanduhren und der
Sensenoieim bilden dacu das Pendant. Die NarvitSi dar
alten Zeit ist das verlorne Paradies für diese Periode.
Im Streben nach der Nat^r v^eUt m das reckte Maass
und das wahre Leb^n scheint sie nioht zu kenneiv Siß
bleibt im Ausdruck hinter der Wirklichkeit zi^ruck, i|bßr-
treibt die Empfindung zur Sentimentalität, den Affect
zum Affectirten, das dramatiscbe Leben zur gewaltsamen
Verzerrung. Statt in^s volle unergründlich tiefe Menschen-
leben bineinaugreifeiit ^ulUen siph die Künstler mit allen
möglichen imd «imMi^ehen, verstjsn^clieii und mver-
standliehen AUeg<»rien ab^ ^ seheu^n das Qel^aliren
der Komodiantea jw/^r Zeit yoxßh studirt zu iM^l^an^ i^^
wie besessen auf der Büb^e herumlul^enf , und si^b fw
autodidaktisohe Krafiligenies ^ditead, in m s a ssl os eti Dar-
steUuQ||en ein frawBnbaftas Cfieb^deRi|p|el emitfRltfeten.
Diese Donqmxottiscbe Karikirung hmw^^dite m Dwhmi»
in der Oper, in der SfpmQbe, in dm Uldie»4w
BOT
Kttnstm. Versdundben , imlElar und undeutsch war
Alles.
Wie An den Höiehwänden des yerscfanörkelten Domes,
in den Tai^bour und Kuppelsprengungen kann man auch
an den Grabdenkmälern lustige Bravourstücke und Yer-
künsungsexerdtien angebracht sehen. Nimmer aber ver-
möchte darioi der gesehäckteste buddhistische Exeget
die dS Zeichen der vollendeten Schönheit oder die 84
Merkmale der körperliehen Vollkommenheit finden und
aufzähle können. Im achtzehnten Jahrhundert steigert
sich die geschraubte Symbolik und eine unglaubliche
Wappeneitelkeit; die Lust, mit acht und sechszehn Ahnen
zu probiren, bringt die Schönheit und den Wert}i der
meisten Denkmäler jämmerlich zu Schaden. O^en Aas-
gang des achtzehnten Jahriiiinderts v^läuft die Ktmst
der Grabmaler völlig in Sand ; vras das siebzehnte Jahr-
hundert noch an Kraft und Energie übrig gelassen, war
abgestorben, und nur leere Formen in ersehrec^nder
Starrbeit geblieben; der trostloseste Nihilismus hat die
Herrschaft überkommen. Wirzburg macht aber hierin
^e rühmliche Ausnahme, indem die vier Bisehofssteine
in der Burgkapcfie und ein fünfter im Dome das An-
brechen einer glücklicheren Periode vediündigen. Die
Werke der Renaissance und des Rococco zu ignoriren,
ist gleid^vohl einseitig, da sie nun einmal existiren.
Es werden sich hier ttm die Denkmäler des Domes
die charakteristischen Werke aus der Minoritenkirche, den
Liebfrauenkapellen in der Stadt und auf der Festung,
und in der Deutschhauskirche gruppiren, von den mählig
immer tiefer sinkenden Verfall daran zu erkennen. Den
kunstsinmgen Leser wird es nicht verdriessen, wenn sich
auch jetzt noch einige der wichtiger scheinenden In-
schriften einreihen. Die Meinung Gropp's: „Aus denen
Grabschriften erlernen wir am besten und sichersten,
wer vor tms gewesen und rupffen uns deren oft beige-
Bchriebene Togenden tmser unanständiipas oder aaum-
20*
SOS
seeliges Leben zu nicht geringer unserer Beschämung
für", wollen wir auch adoptiren.
Der Stein des Bischofs Georg von Nikopolis in der
Südwand der Minoritenkirche gehart halb noch d^ go«
thischen Zeit an. Der Bischof steht in Mitra und Casula,
mit Pedum und reichverziertem Buche vor uns. Ihm zu
Häupten und Füssen wie an den Seiten sieht man qua*
drate Zierrathen. In die Inful sind Beben gemeidselt.
Ana. dni. MKJCCC^XCIX^. in die gerdrudis. Obyt Rpdus. Jh.
XRo. pr. et. dns. Georgius. Eps. NicopoUianus. sacer. hu.
Eccle. i. poiifii9. vicars. GndUs, cjs, aa. req, i. pace.
Das Marmordenkmal des Fürstbischofs Könrad von
Thüngen (1519 — ^1540) zeigt uns den Bischof im wallen-
den Mantel knieend vor dem Kreuzbild, zu dessen Füs-
sen die 'MitTA liegt. Der Marschall hinter dem Betenden
in spanischer Tracht trägt das Schwert des Herzogthums,
ein Ejtplan im vollen Ornat das Pedum mit demSttdar.
Eine Muschelwölbung ttchliesst die Vertiefung ab. Die In- ^
Schrift ist wie bei den folgenden Denkmälern zu lang und
zu imbedeutend, um hier gegeben zu werden. Die von
Löwen getragenen Wappenschilde sind auf Kunz von
Thüngen, Gutta von Garben, Hanns Truehsess von Wetz-
hausen und Barbara von Bibra zu deuten. Das Werk
ist nicht schön.
Auch der Stein Konrad^s IV. (1540—1544) zeigt den
Bischof betend vor dem Kreuzbild, zu dessen Füssen der
Adamsschädel zu schauen ist. Zwei gepanzerte Wappen-
träger führen die Spitzen und das flatternde Fähnlein,
zur Kechten und Linken der Inschrift- sind zwei Medail-
lons mit Brustbildern angebracht, bezeichnend Z. C. und
jS. P. Vier Löwen halten die Wappen des Lampert von
Bibra, der Katharina von Stiebar, des Konrad von
Seckendorf und der Margaretha von Vestenberg.
Reich und überladen ist der Stein des Bischofs Mel^^
chior von Zobel (f 1558). Mit Schwert und Stab, mit
Mitra undCappa kniet Melchior vor dem Kreuze; hinter
ihm knieen in vollet Rüstung die bei dem Ueberfall mit-
ermordeten Hof herren Karl von Wenkheim und Jakob
Fuchs von Wunfnrt. Der Main, die Rebengeländer des
Festungsberges , die Festung selbst und der Ueberfall
sind auf dem Hintergründe angebracht. Geflügelte Ge-
nien tragen an den Seiten die Wappen von Giebel-
stadt, Steinruck, Creilsheim, Wolmenshaus, KoUenberg,
Kronberg, Zwingenberg, Adelsheim.
Friedrich von Wirsberg (f 1573) betet vor Gott
dem Vater, der den Sohn am Kreuze in seinem Schoose
trägt. Zwei Engel halten das Paludamentum des Vaters,
ein dritter hat Lamse und Schwammstange. Der Hof-
kaplan und der Marschall führen die Insignien des geist-
lichen Fürsten, hinter dem der zu Gotha gefolterte Grum-
bach zu erkennen ist. Säulen umgrenzen die Gruppe,
züngelnde Löwen tragen den Sockel, das krönende ge-
giebelte Quadrat wird vom combinirten fränkisch-wirz-
burg-worsbergischein Wappen gefüllt. Die acht Wappen
deuten auf die Ahnen Kurt von Wirsberg, Anna von
Vinsterlohe, Heinrich von Redwitz, Margaretha von
Künsberg, Burkard von Biberem, Margaretha von Red-
witz, Peter von Echenheim, Anna von Gebsattel. Die-
sem Bischof hatte das Capitel 1566 erlaubt , für Epita-
phium und Anniversarium 3000 fl. auszugeben.
Bischof Johann Gottfried I. (1617—1622) ist zu Re-
gensburg gestorben und liegt zu Bamberg begraben. Das
Denkmal von weissem Marmor, welches ihm das Dom-
capitel setzen liess, zeigt uns eine würdige ruhig gehal-
tene Bischofsgestalt in vollem Ornat. -Die Cirkelbinde
trägt fünf Kreuze. Die guirlandenhaltenden Engel über
dem|Haupte,die geflügeltenGenienköpfchen und die.Trauer-
genien zu Seiten, die Voluten und Amoretten in den Ca-
pitälen, besonders der obere Schluss stechen etwas unan-
genehm und beunruhigend ab. Salver blasonnirt die
Wappen auf Hanns Georg von Aschhausen, Barbara von
Rosenberg, Peter von Ehrenbt^rg^ Katharina von Ober-
MO
steiii) Btqrfiän Yoii ZoBel^ Brigitta t'Oii l^nsteHohe) deorg
von BibnH Mlurgiuretfaa voa Scbw^ern.
D^r schwatzw^se Marmoratein des FüntbiaclHif«
PMipp Adolph von Ehrenberg lAch^ dem Taafstwi i^
ohne alle äehönheit. Die romitehe S«ul9nordntii% mudit
deil Schltie» schwerfUlig. Der PMlat kmet im. Fürsteii^
manCel betend vor dem Crudflxe. Ein Engel niit einer
Zinke steht hoch oben, Vier tragen klag^id Inftd, Sdtwert,
Bfitra und Herfeogelhut. Dar Sod^el wird dukrch die In-
Bchrift SU massiv. Die Wappen: Philipp von Ekrenberg,
GrertrUd Homikin von Homberg, Haiins voil Wittstätt,
genannt Hagenbach, Anna von Saldeneck, Philipp Ech-
ter von Mespelbrunn, Cordola von Habem, Hanns voil
Adelsheim, MargarethaBüdinn vonKolnberg. Das Denk-
mal fertigte Hanns Philipp Preiss, elr erhielt 324 Thaler,
1 Fuder Wein, 6 Malter Korn. Der Stemmetz Heinrich
erhielt 400 Gulden, 1 Fuder Wein, 8 Mditer Korn.
Die folgenden Bischöfe Ftanz (f 16^2), Johann
Hartmann (f 1675), Pötet Philipp (tl68S), KöftradWIl-
hehn (f 1684), und Johann Göttfried H. (1684^1698)
.haben keine Denkmaler erhalten. Die Grabsehnft des
letztgenannten sagt u. a.:
Sub ejus clarissimo reginüne
Urbs haep ex pervetustis erypiis emla ifisä se iUi^m viiU
MuUis, magn^cis, sacris ^t cipüibus aediius iUmtma,
Dieser Fürstbischof musste unter den vom Capitel
dictirten Wahlcapitulationen au<eh die beschwören, sei-
nen Vorfahren Frana L, Jobann Hartmann, Peter Phi-
lipp^ Konrad Wilhelm Epitaphien zu je SOOO Reiehsthaler
seteen zu lassen.
Von Johann Philipp (1699—1719) hat Salver weder
einen Leichenstein noch eine Inschrift gefunden.
Johann Philipp Franz von Schönbom (f 1724) erhielt
durch seinen Bruder und zweiten Nachfolger Friedrieh
Karl ein grosses Denkmal im Dom, wett dasMausolmiiii
npdi nicht fertig gebav^ war.
SU
Swei mäelitige gekrööte Loirm tsif^n das aUintrcSch
oMnbfaiirte Scliöiibdrnwappen ; rechts dem Beacshaaer steht
die JuslitlA mit vcnphutidaien Ajafpsa, Waage mul Schwert ;
Mks die SdtotMt mit Buch mid Menrnretab. Zym^heß
imei VynoMen briet betend der Fihrat^ ftber ihm äcbwebt
^B gefiOgelter Qebias. Die Pyraimiden siod mit Büchern,
Rollen, dem Plane der Residems, mit Fahnen, Ora-
rlen*ii» s* w* geziespt*
Dean: Vis^aniissimm princepi et praesnl urbem
lempiU sipißlaim, polaHm et uiifidiU ad sphmiorem,
mcorum ampliiudine ad salubritatem, momia ealHs et
prefitgnaefüis nd securitaUm, aeademiäm nmanm
^^idj^lmtnm esedris, Utendas nowo Mmarum dmni--
cilio in bibUotheca publica ad eruditiarnm^ pairiam
reetUiOe cemmerderum ß^re ad cmMmmmn uäUtatem
ofMd, o/kifHfkat, eotcikd, prebanm amof, terror tm-
piot^m, jmüciae cMmr acerrimus.
DId Schönbamadenkmüler von Erz im Faimlienmau-
soleüm a^diiMn sich mivortheilhaft aus.
Das des Johann PhiUpp aeigt uns Löwen, Wappen,
Etigel, ^ystibol^guren, Palmen, Vrwffa iwd Gni^landen
in wirrem Dnrcheinander; jen^ des Friedrich K^rl
(t 1746) tragt die Hoste des Selige a^ d«r Spitze der
«Mschöaen Pyramide: ein Krieger mit dem Dreizack und
ein^ Frau mit Mercmrstab sitzen miter derselben. Er
Würde mit folgenden Ahnen als Domherr aufgescl^Lworen:
Georg Fr. yon Schönbom, Ursula von der Leyen, Hein-
rich Freiherr von Greifenklau, Anna Maria zu 'EU , Jo-
himoJBeräiqld von Boynel^urg, SibiUa von Buttlar, Kuno
QüiriB j^ehfitz von Holdiausßn, J^^ria Sva von Por-
felden.
Bei dem Grabmal des Fürstbischöfe Seinsheim wirkt
^ dramatische Symbotgruppe iiiit komischer JKraft.
Dm Fiiiie<ihiiobüfen Johann J^Bipp h von Schön-
bem (1642-*-l«r^, OhriMeph Franz von Hütten (1724—
m9), Ansekn Fteaa vonjngeiheiia (t746Hl740), Adam
813
Friedrich von Seinsheim (1766^1779) , «tid dem weiscfn
Franz Ludwig von Erthal (1779^1795) wurden in der
Kapelle der Festung sehr hübsche Gn^brnftl^^r m. Am-
gang des verflossenen Jahrhunderts gesetzt. Sie sind
sämmtiich aus Sandstein in Hochrelief ges^hlugeüt Diß
Zeichnung ist gut, die Ausführung fieis^^ und gelungea.
Air der Zwitter und der beunruhigende Beiohthum fehlt
Wer sie gemeisselt hat, konnte uiiq nicht gesagt werden-
Der Erthalstein ist in den Dom (Südschiff) transferirt
worden; er muss als der weniger gelungene erkannt
werden.
Dasselbe Gesetz -des sinkenden Geschmackes kann
auch an den Grabsteinen der Ritter und Bürger beob-
achtet werden.
Im sechsaehnten Jahrhundert sieben uns die Denk-
mäler mit den stehenden und knieenden Bitterp an; die
meisten beten vor einem Cructfixe» Einige dea siebzehn-
ten Jahrhunderts verdienen noch alle Anerkennung) doch
treten die Wappea bereits in den Vordergrund, um im
achtzehnten ganz zu dominiren.
Der Stein des Michael Truchsess von Wetzhausen in.der
Minoritenkirche zeigt den auf einem Löwen stehenden Ritter
im Panzer, in der Linken das Schwert, in der Rechten das
Kläfelinne; das Antlitz ist portraittreu wie aus Riemen-
schneider*s Schule. Die Mähne des Löwen ist edel und fein
gearbeitet. Anno. dni. MCCCCC, md, XIIL auff: Sa$tag,
nach. panU. bekrug, siab. der, ebr. «it. test Mckel, IVncA-
sess. vo. wetzkaussen. dem, Got genad.
Hanns von Grumbach (1529) in derselben Kirdie
steht auf einem Löwen, der ihn zürnend in den Fuss
beisst. Ob es im Ernst geschieht oder zum Spiel, wird
nicht klar. Der edle Herr seheint sehr stattlich im Le-
ben gewesen zu sein. Was ist das eine breite Brust und
eine gewaltige Constitution I Der vorteetendfiPanser und
die hochaufsteigcoklen, Acbselplfuirten «Mteta da^u, di^
Massenhaftigkeit m heben.« ^ £». schwillt ,.«^1 ^h.der ^^
m
eineiige sich deni verfluchten Hackensehittzen gegeniihev,
die den Tod brachten, ehe man das Weisse im Auge
sab^ Bfi recht durch IMeke und Undurchdringlichkeit der
Büstmig im Leben zu schätzen suchte. Gleichwohl hebt
sich di^ Reliefligur leichter und weiter yom Sterne ab,
iftls bei dem des Peter von Kandsacker (1581), der an
dich eine schöne gelungene Figur in voller BSstung, .mit
Flfigen auf dem Helme, mit Hammerkette auf der Brust-
plaitte imd fein gearbeitetem Krebse uns anmuthet, aber
durch die enge Verbindung mit dem Stein von einer ge-
wissen Starrheit nicht freizusproehen ist. Beide probiren
mit vier in Farben prangenden Wappen.
Hier reiht sich der Stein des Paul Truchsess von
Witzleben in leichtem Relief im Domkreuzgang an (1528).
Er führt Lanze und Schwert; rothweissblaue Straussen-
federn wallen vom Hute. Verwegenheit und der Zeiten
wilder Trotz leuchtet aus dem Antlitz.
Das Denkmal des Georg von Lichtenstein im Dom-
kreuzgang (f 1536). Der Ritter schaut gerade aus, er
hat die Hände gefaltet. Paul Fuchs zu Burgbreitbach
(f 1540 12. Febr.) istauch im Domkreuzgang begraben. Die
Figur kniet auf den Löwenbranken und dräuend schaut
der Mähnegewaltige auf. Der Spangenhelm mit den drei-
farbigien Federn steht auf einem Postamente. DasKreuz-
^ bild hebt sich stark vom wolkenverzierten Hintergrund
* ab. Feine Profilirungen machen sich bemerklieb.
IJin Ritterdenkmal im Domkreuzgang ohne Inschrift
-scheint einem Edlen von Fuchs anzugehören; das schöne
elegante Bild im Nordflügel des Domtransepts ist einem
Herrn von Solms gewidmet. Die Inschrift fehlt.
H«inrieb Truchsess von Wetzhausen (f 21. Oct.
1§48) kniet uAt Frau Susanne (f 1543) vor einem Kreuz-
Md. Aui^h. luer beisst der Löwe «sürnend, dass der Rit^
ier auf seinen Seit^i kniete in die Wadon. Das Schwerjfc
iii^.üt|eQiJ^e£bBl^ul|er gßlehat, 4iß.Häii4e sind plump gfir
n«
faltet, dasAntlhB tot nickt geistreich. Utmaigxmdmkweit
fatten die Fähen an des Gewandung der Frau.
Noch, qind au merken die Denlontter des Mertem
▼on Rotenhan au Bentweittsdarf, (f 9S. Dea. 1|40) im
Dondoreuagiuig, dea Chriatopkel von KStn (f 1564) in
der SpitaUdrdie jenseita des Mains, des Hamis ZSobel
und der Margaretka Zoblerin (1677) in ^r lifinortten-
Kkrdie. Letateres ceigt uns drei mtnnlioke und drei
w^blicke Figuren, die Frauen mit gegürteten ^igash
li^enden Röcken und seltsamen Sckulterpuffen^ von den
Männerii tragen awei Paaaer mit k&ngendea Hftfddap-
pen, der dritte den spanisdien Badmantd und die
Bauschkose. Gar mgentkämlick ist das git>8se Denkmal
eines Herrn Jöfg von ifi derselben Kirche. Es
ist ein fSrmlicker Altarbau. Die Stelle des Aatipendimm
wird durck Insckriften, die unleserlich geworden sind,
ausgeffillt; die die Dreitkeilung einleit^ide Sauldien-
bildung wird durck Löwen mit Ringen verziert. Auf
der Mensa knieen Herr und Frau, 5 Sökne und 6 Töch-
ter in der liebenswürdigsten Folge. Ein KreuzMd ist
der Gegenstand der Andackt. Darüber siebt man die
Auferstekung und eine Anzakl von Wappen.
Hieher gekoren der Stein der Sibille von Frunkofen
(f 1548), des Julius von Tküngen (f 1628) u. v. A.—
Das Denkmal des Jok. Jakpb Bauer von Eiseneck im
Ostflügel des Domkreuzgangs bescbliesse diese Reihe. Er
war wirzburgiscker Kriegsoberst, seklug tapfer am 8.
Nov. 1620 bei Prag. Am 18. Juli 1621 zerscbmetterte
ibm in dem Treffen bei Weidkaiisen eine Musketenkugel
den Sckädel. Sein Bruder Okristian Hess ikm darek
Bildkauer Mickael Kern das Monument setzen , das lei-
der verstümmelt wurde. Zwei Löwen tragen vier Sftu-
lenbasen ; reickes Simswerk leitet die Horizonlslrlebtung
ein. E&ne m&cbtige Kriegergestalt steki vor ulis% Ueber
der spMiiscben Pumpkoee 'M der leiebtgeriefte aterraftben-
f^cke Plmz^, wir seken Löwenköpfe an 4mVjä^
MS
steHeften, GedNm hdieh Siegesbänse Üb«^ dorn Haupte.
ISm ganz interessantes Fortritt ist unter den GemUden
im historischen Vereiaslocale ; an ihn erinneH tms ehi
Denkstein in I. 153.
In der Deutachhanskircdie sind die wappenreichen
Denksteine der Bitter: Adolf von Thüngen (f 1501)
Wolfgang von Bibra (f 1528), Hanns Nenmann (f ISa»,)
Haims Eytel von Neueneck (f 1541), Hanns von Plassen-
bürg (t 1566), Everhard von Ehingen (f 1549) Christoph
Loewen (f 1580), Bachen von Boennen (f 1588), Phi-
lipp von Mauchenheim (f 1598) , Melchior von Schwal*
bach (f 1598) Christoph Voit vonRineck (f 1601), Kas^
par von Stein (f 1620), Georg von Rheinstein (f 1621).
Um das Jahr 1630 wird die Kleidung der Rei^
ter und Fusssoldaten und der sie nachäffenden Stutser
seltsam und komisch. Wamnis und Beinkleid sind w€9t,
luftig und schlotternd. Spitzen, mit feinen Goldfäden
undallerleiMustem von Sternen undBlumen durchfochten,
umzogen d^i Kragen, die Manschetten und das geöffnet«
Beinkleid amEjiiee. Um die Achseln, Brust undRücken^
am Saume des Wamses, um die Ränder des Beinkl^des,
am Knie hingen Bänder und Schleifen, Nesteln genannt,
mit Metallstiften und allerlei Faveurs, die bei jeder Be*-
wegung klirrend zusammenschlugen» Der Stiefel hat eine
kolossal groteske Grestalt, der Hut stieg jetzt wie ein
Zuckerhut auf, dehnte sich dann ellenbreit aus und deckte
wie ein Schirmdach den Mann; die Feder fiel über den
Rücken oft bis zur Kniebeuge nieder. Man trug Zirkel,
Maikäfer-, Jungfrauen-, Zucker-, Türkische, SpMiisehe,
Lill-, SpieK Drill-, Schnautz-, Trutz- und Stutz -Bärtel,
das will si^en, man trieb ungeheuerliche Eitelkeit mit
dem Barte.
So rasselte in derr wilden Zeit ein toUea Stutzerthum
durch die Gassen, im Sarrass mit klirrenden Sporen
und klingelnden Metallstiften, und mit viel Bauschwerk
klappernd und rauschend.
SIC
£ä war die Zeit der Daradiridatümtarides, Wind-
brecher von Tausendmord und Horribüieribifax von
Donnerkeil auf Wusihausen, wie sie uns Aeneas Gryphios
gezeichnet hat ^).
Die Frauen lassen die Stuarthaube, den steifen spa-
nischen Hut und das Federhütchen fithren, die Haar-
hömer und ähnliche Gebäude sinken. Das Haar sam-
melt sich in kleinerem Lockengekräusel um den Kopf,
bis es die Massen nach unten sendet und endlich mit
vollen Locken sich über Schultern und Kücken ergiesst.
Mit Brenneisen, Salben, Papilloten und falschen Haaren
wird gleichwohl viel gekünstelt, und Bandrosen, Nesteln
und Schleifen spielen eine bedeutende Rolle. Der Schlapp-
hut kommt zur Herrschaft und die Decolletirung bringt
die steife Krause und den drahtgestützten scheibenför-
migen Spitzenkragen zum Fall. Es weicht die steife
Vertugalla (Reifrock) und macht einen freien Faltenwurf
Platz. Der Damenschuh erhält' den graden Schnitt an
der Spitze und hohe Absätze, und wird mit Gold und
Silber bestickt, mit bunten Rosetten und Schleifen be-
setzt. Die klappernden Galoschen darunter tragen die
Frauen wie die Männer 2). Dabei benutzten die Frauen
nur allzuhäufig Pfirsichblüthenwasser, Limonensaft und
Eselsmilch, die Schönheit des Leibes zu mehren. Auch
präparirten sie sich aus „Traganttäfelein von Quitten-
kernen, gebranntem Wasser und ungelöschtem Kalk recht
vollkommene Bleiweissälbleih'*. Um den Teint zu bleichen,
assen sie Kreide und Kohlen, färbten die Augenbrauen
schwarz und bestreuten die Haare mit Puder. Die Mode
der Schönpflästerchen kam auf. Als die Perücke und
der Puder ganz Europa in seine grausamen Fesseln ge-
schlagen hatte (1670 — 1720), mussten sich auch die Fi-
guren der Allegorie, die Personen der Mythologie und
«y Falke Deutsche Trachten. H, 184. 193.
2) A, u. 0. II. 202.
m
Gföchichte, die Helden imd Heldinnen dar Tragödie
darein finden. Sie alle pranget in Perücke und Fontange^
mit goldbordirter Robe und Schleppe^ mit Schuhen und
Strümpfen, wie sie der Salon begehrte. Man legt, sagt
Falke, der .Grazie ein Wachtelhündch^ in denSchooss,
und setzt der Sphinx eineFontange auf« Pallas im Kriegsr
gewand mit Helm und Schwert -und- Venus im Bocdecor
sessel, beide mit Schnüf brüst, mit Sebönpfläst^rchen und
andern Toilettengegenständen sind in vollständiger Touif-
nüre, nur das nakte Bein und die Sandalen erinnern an
den Olymp *). Schäfer Paris, schmachtend und iar&nmer
risch am Felsen hingegoss^, von Hund und Schafen
bemitleidet, trägt die Alongeperücke, Schönpflästelrchea
auf der Wange, um den Hals ein gesticktes Tüch^ Man»
schetten an den Händen, den goldbordirten Bock und
Weilte, Schuhe mit hohen Absätzen und Zwiekelstrümpfe;
Die Heiligen des Himmels bleiben natürlich nicht Vert
schont. Auch sie tragen den Häarpuder uiid das kleine
Bärtchen k la royale. Ein Kleid, die glmche Form, der
gleiche Schnitt bedeckt sie alle, die da vor das Ange
lebend oder todt im Bilde vor die Generation treten.
Von sonstigen Denkmälern des Deines glauben wir
noch jenes des Egilolf von Knöringen im Webtflügc»!
des Kreüzganges namhaft machen zu müssen. Dieser
mit zeitlichen Glücksgüt^n reichlich gesegnete Prälat,
ein Mäoenas vieler deutscher Gelehrten seiner Zeit, hatt^
sich in den Jahren 1660 — 1373 mit ausserordentliehem
Kostenaufwand eine Sammlung angelegt, in welcher nicht
nur Münzen, Trachten und Waffen aller Völker derErde^
Anticaglien, Bildwerke, Manuscripte und Bücher, sonderm
auch ausgestopfte Thiere, Conchylien ^und Mineiralien
aller Art zu sehen waren. Von dem bekannten Profeässor
Glareaniis in Freibürg erkaufte Kncnringen dessen an
Seltenheiten reiche Bibliothek uad die Sammlung griechir
1) Falke II. 256.
SU
sdiflr imcl ffStnisdier BlMsse «nd Gewicht«. Da er Bieek<yf
inAngsbug geiirearden (1S78), ge^eh die Sammlung an
die Univerrität in Ingobtftdt (1575). Daf&r sollte als
Univer^tiLteUblioihekiir stete ein WvBbnrger angestellt
werden. Das Dedkaud, dass er 1S65 errioliten liess, £eate
ids Kngang in die Domsehule. Zwei wenig gelongene
Saiden tragen ein schweres Gesims. Darüber erblicken
wir den flrfrölQtturigen Jesus in Ifitte der Lehrer. Eine
Verhüad^gnng hinter den SSuien fSUt uns auf. Die Jm^-
fieau Iiniet aaf der «dnen Seile; der Engel mit den Spraoli*
band auf der andern, awisehen sehen wir die Synbol*
gestalt des heiligen Geistes und den Logos, wie er
mit Kreua und Kelch aus den Wolken fäbrt^ mn kn
Schooee Maria^s Einkehr zu nehmen. Die Jungfrau ist
in allau leUiafter Bewegung, doch ist die Haltung noch
würdiger, als auf jen^n Kupferstich Johaim Sadeler's
nach Snstris, wo Maria n&hend die Botschaft en^föngt.
Gleich den Denkirtefaien interessirten einst den Heral-
diker adit grosse und achtoelm kleine in Glas gemalte
Domhermwapp«! in den Fenstern der Sepultur. Sie
wurden laut der Dimistiftsbaureehnung 1565 von Haans
CSuristaaann ^gemalt, der fUr jedes grfisere Stück sechs,
Ar jedes kleinere vier Gnlden und sonst drei Malter Kom
nebst drei Eimer Wein erhielt. Georg Rudolf Henne-
berger hat sie 1699 ausgebessert; 1628 wurden sie neu
ge&sst; die ld22 ^noch erhaltenen in einige Domfenster
v^setat«); efaiige sind in Frivathttnde gewandert« Sehr
befriedigenden Ebldruck maeh^i die kunstreich geoms-
selten Wappen in den Wölbungen der Absettmi^ die
ittscfariften smd leleht absules^t.
iEUn schftnes Denkmal der Büdhanerei ist die Kana el.
Michael Kern "ron iF4)vditenberg hat die vier sitaenden
Evangelisten am Fusse, die stehenden Kirchenviter von
Alabaster und die fünf l^assionssaenen gemeisselt. Das
i) Arcb. UI. I. 125.
Sti fl g t l ig i Q prqag^ ist von der Htad de» Btemmeto«»
Job(ai PIftffy das SteMwerit ans der Werkstättte des
Sclilo88ers£*rl v<m KrMin hervoi^egaBgeii. Der Deckel
wapr ttinprtiii^eh voa Koiir«d Viedier verlert^t, ist «ber
1708 Verifaftdert worden. Michael Hmsder hat 1«10 das
vollendete Werk bemalt und ve]^gc4det; 1100 Onlden
wnnleii ffe dae Ganee beKaUt. Die Haltung der Evan-
gtiislen ittb etwas «a bewegt^ doch sind die Kopfe mit her-
vorragender Mmstere^heft behandelt Diese I^guren am
KaMdftisee im Dom gehören au den edelsten ürsdiei-
mmgen der Benaisaance In Wirabnrg«
Sdle reine Formen begegnen uns an den Betstühlen
der SQdabseite, die aus dem sechszehnten Jahrhundert
stammen,
. Die, Altäre des Domes ^i^d sämmtlich ohne ki^t-
historische Bedeutung; ihre Geschichte steht bei den
Ge^chiobtscbreibem cier Kathedrale. Von Altitrgemaldet
sei auf die Enthauptung des Johannes von OdE^bers,
die Himmelfahrt Mi^ja^s von Sandrart, die AnV^ung
V0^ Morien und i3&e Grablegung, von Buler aufmiirksam
gemacht
im Jähre IfiSS besseiHen Meister aus Bamberg das
DüMch des Domes aas, 1663 wurde der Glockenthurm
restaürirt. Jeder Geselle des Steinmetzen erhielt tä^cfa
ein Pfünfl itls Lehn. 1541 malte Hanns Schmaus den
Domehor aus. HamisGoppelberger von Nürnberg hat
1S59 die i^eir Thfirme neu mit Blei gedeckt; 1668 folgte
e&i Kupferi&ch. Martin lloth malte 1565 das Salvator-
bSM fibeir dem TabemackeL Georg Schön voh Wirz-
burg deckte das Gbordaeh 1964—1568 mit Schiefern,
Mäier Jdröb Cay vergoldete die voi^dern Thurmkntipfe
sammt ihren acht Kugeln; 1875 Wfrd auch der Kreuz-
gang i^eebhet, geplattet, und die KrSmei^sweiber ans
denselben gejagt, der Dachstuhl unten am Kranz neu
aufgeführt und mit Blei gedeckt Allerlei Verse darüber
kanum in den Knopf 0- Die durch Jidk» eiii0el«teBte
Restauration fitfirte der Wirstrarger Michael Käut, d^en
wir schon gedaclit haben ^ der wtiirend 44 Jahren Ar-
chitekt' des Bisehofs und des Capiiels eine. Menge Mo*
delle und Bisse, besonders aum Dachwerk der Böaddrehe^
aum Spital sü St Dietrich in der Stadt, an den Kirche«
in Eibelstadt, Eussenh^m, Mainberg, Rhemfeld und Yol-
kach angefertigt hat. Das Langhaus des Domes wurde,
gewölbt (1606 und 1607) und die Zahl de# Fenster Ter-
mehrt, aus Nürnberg das Stangenedsen bezogen; Laaarus
Augustin wurde aus.Wälschland bentfen. AiHermr^sea
bemalte den Innenbau und erhielt 700 Gulden; er alerte
die Wölbung mit 638 Blumen. Maler Wolf Eisenmann
arbeitete am Hochaltar. Im Jahre 1611 war die Arbeit
vollendet. Die Restauration der Fassade unterblieb trotz
aller Mahntmgen an das Capitel. Steinmetz Valentin
Pfaff brach 1619 eine neue Thüre in den Transeptnord-
ilügel. Iiti Jahre 1644 wurde die Vorhalle der Fassade,
1686 die Kapelle zur rothen Thüre abgetragen. t*etrini
uiid Welsch verfertigten Bisse zu einer neuen Fronte '• —
keine kam zu Stande. Hanns Rank der Kupferschmied
- hat 1653 das Innere des Sacrariums mit Kupfer beklei-
det, und das grosse Crucifix amChorerestaurirt Sobald
Kopp goss 1669 die grossen Messingkandelaber vor dem
Hochaltar um.
Fürstbischof Johann Philipp erhielt 1672 vom Kai-
ser von Oesterreich ein Geschenk von 4000 Reichsiha-
lern, um dassdbe zur Errichtung eines neuen Tabema-:
kels am Hochaltar zu verwenden. Es sollten von dem
Legate dieses Prälaten, das 5000 Thaler betrug, Haute-
lice-Tapeten fiir den Chor angefertigt werden, Oswald
Onghers fertigte die Cartons^ ging nach Antwerpen 1686
imd machte beim Tapet^ifabrikanten Balthasar Boumann
die Bestellung, wie reich an Gold und Silber die Gewänder
«> Fränkisehe, Chronik ^1807) 734 ff;
der Figuren gewirkt werden sollten. Der Accord lautete
auf 19 grosse Tapeten mit der Darstellung der Marter-
geschichte Kilian's, Koleriat^s und Totnan's, und auf 14
Stücke zur Bekleidung der Chorstühle, welche zusammen
666 Ellen ausmassen. Die Elle kostete 6 Thaler, diö
Schilderei noch weitere 200 Thaler. Der Magistat über-
nahm die Garantie. Die Tapeten schmücken noch an
den höchsten Festtagen den Chor. Ihr Inhalt ist in mit-
unter grossartigen dramatischen Zügen mit feiner Be-
rechnung der Wirkungskraft des Materials, in welchem
die Zeichnungen ausgeführt wurden, dargestellt.
Fürstbischof Johann Philipp von Greifenkläu Hess
durch die Meister Ferdinand Bielefeld, die Steinmetzen
Jakob Weidemann , Barthel Süss von Schuppach imd
Balthasar Seubert von Weilburg, durch die Bildhauer
Michael Riess und Balthasar Esterbauer und durch den
Goldschmied Martin Nötzel den Hochaltar vollenden. Es
war ein schweres geschmackloses Werk. Ist es übrigens
mit den unter der Leitung von Pietro Magno dem Wäl-
schen vollendeten Stuckarbeiten im Chor^ Transept,
Hochschiff und Abseiten besser bestellt ? Die 22 Pfeiler
wurden mit mannigfachen Linien umkleidet, an die Ar-
kaden^ allerlei Blätter geklebt, in die Hochwand Simse
nach der Longitudinalrichtung^ gefestet, und die alten ein-
fachen Lissenen durch überreiche Pilaster ersetzt. Die
durch die vielen Horizontal- und Verticallinien erzeug-
ten Quadrate der Hochwand werden durch Achtorte,
Kreise und Vierpässe gefüllt, deren Linien mit bauschi-
gen Blumen umsäumt sind. Diese werden bald von dick-
bauchigen Engelchen, bald von geflügelten Hermaphro-
diten gehalten. Ihre Stellungen sind sehr ungezogen und
absurd geschmacklos. Eitle Manier macht sich bei allen
breit. Ueber den zehn Fenstern beiderseits schwingt
sich das Tonnengewölbe hin. Die Atlanten und Karya-
tiden sind in ihrer Existenz nicht gerechtfertigt, sie tra-
gen nicht wirklich, sie sind nur zum Scheine hingeklebt.
322
Das Blumengewinr.mel im Spiegel forderte ungewöhnliche
Technik, der wir unsere Bewunderung nicht versagen
wollen. Im Transept ist dieser Pauken- und Trompeten-
styl wo möglich noch weiter getrieben. Chorstühle und
Chorgewölbe machen gar keinen Eindruck.
Dieser Meister, der den Dom^verunstaltete, lebte in
der Zeit des leeren erstarrten Formenwesens der Eti-
kette, der Spiessbürgerei und des Philisterthums. Ihm
war es schön, was sich am meisten von der Natur ent-
fernte. Die Füsse sind unnatürlich verrenkt, die fleischi-
gen Theile zu Klumpen ausgearbeitet, die Gesticulationen
garstig. Eitelkeit, Hohlheit und Aufgeblasenheit spricht
ans allen Figuren entgegen. Technische Attitüden, die
graziös sein wollen, frostige allegorische Missgeburten
schwimmen umher. Diese- Genien mit dem lüstern bloss-
gelegten Schenkel sind Tanzmeister und Equilibristen
im Heroen- und Adamscosfüm.
Doch hat dieser Rococco auch seine Vorzüge. Die
Meister des siebzehnten und achtzehnten Jahrhimderts
entwickelten fast in allen Zweigen der handwerklichen
Thätigkeit eine gewisse Tüchtigkeit, die in vielen sogar
eine bis jetzt noch unerreichte Höhe erstieg. Sie haben
manche Probleme glänzend gelöst, an welchen sich die
Meister unserer Tage vergeblich den Kopf zerbrechen.
So lange die Oewölbe unserer neugebauten Kirchen nur
zu oft und zu bald dem Einsturz drohen; den Gesetzen
der Harmonie und Symmetrie bei den Neubauten offen
Hohn gesprochen wird; so lange sich bei grossen Wer-
ken der Gegenwart im abgeschmackten Eelecticismus
die verschiedenartigsten Bauintentionen durcheinander-
mengen, so lange haben wir kein Recht, auf die Tech-
nik jener Meister einen Stein zu werfen. Wo es damals
galt, den natürlichen Stoff zu überwinden, Herr und
Meister desselben zu werden^ ihn den Zwecken der
Menschen dienstbar zu machen, da war diese Zeit, da
waren die Meister jener Tage am Platz ;^ nur eine An-
forderung — die Hauptaufgabe d^r Kunst — den Stoff
zu vergeistigen, diess darf Niemand von ihnen ver*
langen.
Keiner der deutschen Dome ist so stark verunstaltet,
wie der von Wirzburg. Es war nahe daran, dass Kur>
fürst Max Heinrich 1650—1658 den Dom zu Köln ähn-
lich auszierte.
Der Stuccadbr J. P. Magno hatte vermöge der mit
ihm am 24. Januar 1706 gepflogenen Abrechnung im
Ganzen 12,28673 Beichsthaler an Geld, 69 Malter Korn
und 7 Fuder 10 Eimer Wein zu Lohn empfangen.
Die Baulust war den Schönbom ' angeboren. Mit
prunkendem Kedeschwall wird diess in den zahlreichen
Funebral- und Consecrationsreden , die uns Gropp und
Neumann hinterlassen haben, ausgemalt und breitgetreten.
Johann Philipp consecrirte am 4. Juli 1667 die re-
staurirte Kirche des Ritterstiftes von St. Burkard, am
19. März 1669 die Karmelitenkirche, baute rüstig an den
Stadtmauern, legte am 26. April 1670 den Grundstein
zum Stift Hang, am 10. Mai darauf zu St. Afra. Auch
an der Marienburg geschah Manches.
Jobann Philipp Franz legte den Grundstein zur Re-
sidenz am 22. Mai 1720, und consecrirte am 26. Januar
1721 die Pfarrkirche zu St. Peter.
Unter Friedrich Karl wurden in der Diözese Bam*
berg neu erbaut: die Hofkirche in Bamberg, die grossen
Wallfahrtskirchen in Gössweinstein und Vierzehnheiligen ;
die Pfarrkirchen in Pretzfeld, Kerschbach, Zapfendorf,
Oberbrunn, Arnstein, Binzberg, Zeiheren, Güssbach,
Bechofen, Gunzendorf, Unterleiterbach, Gieg ; die Wall-
fahrtskirchen in Ciosberg und Maria Weiher; die Spi-
talkirchen in Kupferberg, StMargareth in Bamberg, und
die Filialkirchen Wurgan und von Kronach.
Im Sprengel von Wirzburg fanden überaus zahlreiche
Künstler Beschäftigung. Es wurden unter Friedrich ge-
w^t: Die Kirche zu Lohr 15. Oct« 1719, die Spitia-
21*
Urche m Ebern 26. Öct. 1199. tm Jahre ITSfh Die
Pfurrkirchen 2U KftMgsfcofen im Ottm 13. Mai, Elierhaii-
Ben, 18. Juni, Helmstadt, 23. Juli, Gerlachsbeim, 17. Sept.,
Wilandsheim, 26. Sept., (Fifiale) Tieffenstockheim , 26.
Sept., Suhedorf, 27. Sept., HdehBtadt, 28. Sept. Die F1^
HIiaIkirehezuDe88endorf,3.0ct, die PFarrkirebe au Rett-
stadt 22. Oct, die Marienkapelle zu Scbltsselfeld, 28.
October.
Im Jabre 1731: Die Stadtknrebe mAmstein, CoHtS'
beim, Herlbeim, Kümaeb 2., 24., 25., 30. Sept.; die H-
lialkireben zu Sulabeim , Alitzbeim, Bolzbausenr, 26., 27.
Sept. mid^ 18« Nov. Beim Abbrecben der alten Kirchen
wurden die DenkmSler gescbont, wie wir ^Kess vom
Eektertocben Epitapb in Gaibaeb genauer wissen.
Im Jabre 1732: IXe Pfarrkircben zu Zeil, Stettfeld,
Wiesentheid, 9., la Sept., 2. Nov.
IMe Filiale vonTrunstadt 11. Sept., und die Kapsle
von Unterbeid 12. Sept.
Am 10. Sept. 1733 wurde die Fffiale von Halsbaeb,
am 10. Sept. 1734' die von Müblbauscoi consecrirt.
Aucb liess der Fürst das alte Sepbanstbor abbre-
cben, Strassen, G&rten und AHeen anlegen, mehrere
Häuser wegschaffen. KaniÜe, Brunnen entstanden.
Am 14. April 1735 stand die Pfarrkirche- von Leu-
zendorf, am 15; die von Güssmannsdorf fertig; am 16.
April ward die Filiale von Astbeim, am 26. April die
Franziskanerkirche zu Schwarzenberg geweiht. Alle tru-
gen das geistlose Gepräge der Zeit.
Das Jahr 1736 sah die Consecration der Kapelle zu
Gressberg 6. Mai, des Mausoleiuiis am Dome, I. Juli,
der Filiale von Neustes, 3. Oct., der PfarrMrcbe von
Wihtzenhofen, 5. öct., der Klosterkirche von Scbontbal,
7. Oct., und der Pfkrrkircbe von Piirihgen und der
DeiiiscUkenaidnrolmjm JAiif^iitheim 30. Sept.
Im Jahre 1737 empfbngen die Weibung ^e^Kireben
vMi Duttenberg, Neckarelz, Neekargenlndeit^ Dillsl^erg;
^35
Dallau^ Ritterspuch, Wol£»BiäB8ter, Addftfceisg^ £la«^Mli,
äächsenheim, Wildfleeken, Bisdiofeheim v. d. Bi^on, Löf-
feistere, WnUsaehsen fmdHambacIi, wäbrAfidimfoIgeii-
dea Jahre nur die NepomuUuipeUe sa Oehsealkit iCc^-
secrirt wurde, 14. Mai 1738. Die Todteakaj^dle bei
Volkadi, 9. Aug, die Pfiurrkirche vou Schweiob^g 11.
Oot. , und die Filiale von Erfeld 12. Oefc. gdiorra dem
Jahr 1739, die P&rrkircbe von Betebach den 14. Aug^ 1740.
Bischof Julius baute kaum soviel, wir müssen ddn Fürs-
ten mit Kurfürst Clemens Ainigust von Köln dem Bau-
luBta^gen in Parallele setzen. Der bedeutendste Bau des
Jahres 1743 ist die Klosterkirche von Schwarsa^A 8. Sept.,
die Hofkirohe 15. Sept.^ ihnen reihen sieh die Gottes-
häuser 2p Siiohsenheiffi, 25. Aug., Merkei»hausen, 10. Qct.,
Alsehleben, 3. Oet., Bonndorf, 4. Oct., Lauringen, 8.
Oct, US.
Im Jahre 1744 sehen wir vollendet die Pfarrkirchen
von Burgebrach 19. Juli, G^neinfeld 28. Juli, die Filiale
von Poppenhausm 27. Sept. , sa Kissingen die Marien-
kapeUe 29. Sept. Die Filialen 2u Klosterhausen 30. Sept.,
Xaigeathal 2. Oct., Maehtilshausen 3. Oct. Die Kapelle
SU Oberibttlba 4. Oct, und die Kirche au Sohwemmels-
bach. In diese Begierungsaeit faUt der Bau der Pfarr-
kirehen zu Aufstett^i, Berokheim, Dahnfeld, Eussen-
hausen, Hopfingen, Bimpu*, SlaroUimgen, ünterwittieh-
hausffli ; der Kreuzkirchesu Kitziogen<Vorstadl), IMBehelau,
Neusses. Die Dominikaaerkirche wurde restaurirt. Auch
baute d^r Fürst die Lorettokirche zu GöUersdorf , die
Schlosskapelte zu Schönbom, die Pfarrkirdien zu Asper-
dorf und Stranzendorf , und in Ungarn die Kirchen von
Munkacz und Bereghsags*)- Der wichtigste Bau am
Dom ist das Familienmausoleum. Johann Philipp Franz
von Sehönbom lieas sich durch kein Hindemiss ab-
schrecken, den Plan, für seine Familie ein Mausoleum im
<) Neumann B. d. Einw. d. Hofkirchd. 174^ H lt.
326
groBsartigsten Maassstabe eu errichten, auszuführen. Was
dem Domdechanten 1718 nicht gelingen wollte, konnte
dem Fürstbischof 1721 nicht mehr misslingen« Er erbot
sich dem trotzigen Domcapitel gegenüber, das seine
Wünsche anmassend fand, nach einem von seinem In-
genieur J. Balthasar Neumann zu entwerfenden Baurisse
eine prächtige Kapelle mit wälscher Kuppel zu erbauen,
die inneren Wände derselben mit Marmor zu belegen,
drei Altäre zu errichten, und das Innere mit schöner
Malerei und Stuccadur zu veraderen. In drei Jahren
sollte der Bau vollendet sein, und jährlich 1000 Thaler
darauf verwendet werden ^). Da die Crispinuskapelle
abgebrochen werden musste, versprach der Fürst, alle
dortigen Beneficien beizubehalträ, noch mehrere neue zu
stiften, und das onus fdbricae zu übernehmen. Auch
musste er contractmässig eine neue Kirchnerswohnung
und eine kleine Nebensacristei erbauen, die krumme
Mauar neu aufführen, einen Oelberg mit Ewiglieht er-
richten, und den Domfriedhof niedriger legen lassen.
Am 4. Juni 1721 wurde der Grundstein gelegt ; doch
schon am 18. August 1724 starb der Fürst, und die
Vollendung kanä durch Bischof Friedrich Carl von Schön-
born, den Bruder, zu Stande, der am 1. Juli 1736 die
Consecration vollzog. Schwere Reden wurden gehalten
und hochtrabende Verse gemacht.
Das Schönborn'sche Mausoleum bildet eine Kirche
für sich. Sie ist 55' 6" lang, 35* 8« breit, 46* 8« hoch,
die Kuppelhöhe ist 18'. An sich ist die Kapelle nach
Aussen durch Lissenen uiid Quersimse, Wappen, Ge-
nien und Symbolgestalten reich gegliedert, contrastirt
aber sowohl in Decoration als durch die Lage an sich,
unangenehm mit dem Domgebäude. Corvinus bringt uns
ein getreues Facsimile. Das Innete ist prachtvoll und
glänzend. Marmor und Gold theilen sich in die Döcoration,
1) Arch. m. L 128.
327
Die Säulen schimmern, reich sind die drei Altäre, die
Epitaphien haschen nach Effect. Wir bewundem all die
Pracht, wir erkennen, dass die Erbauer über grosse
Reickthümer geboten, wir werden gegenüber den Ge-
stalten im Transept noch befriedigender berührt, aber
so recht heimisch wird es uns nicht. Johann Rudolf Byss,
der Mal^r aus Solothum und Oallerieinspector von
Pommersfelden, mag allen Fleiss angewendet haben, um
Ausgezeichnetes zu leisten und seinen fürstlichen Gönner
einen Beweis der Verehrung und des Dankes zu geben ;
seine Gemälde der Auferstehung und des Gerichts kranken
gleichwohl; dasColorit ist trocken, kalt und verwaschen,
sein Auge scheint der vollen, kräftigen, gesättigten Fai^-
ben gänzlich entwöhnt gewesen zu sein. Seine Zeich-
nung ist nicht schlecht; aber diese Verkürzungen ge-
fallen uns doch nicht recht. Auch er erhob sich nicht
über seine Zeit. Die Malerei war eben seit Langem auf
falsche Fährte gerathen. Erst hatten sich die Schnell-
maier und Manieristen breit gemacht^ welche gedanken-
los in den Gleisen des Rafael und Michel Angelo fort-
fuhren; die Naturalisten in Neapel kämpften ebenso er-
folglos gegen diese Nachtreter an, wie die akademisch
gebildeten Meister in Bologna. Die Einen versuchten es,
in wilder, sich selbst überstürzender Hast mit einem
bodenschweren Naturalismus den fadenscheinigen Idea-
lismus zu verdrängen ; die. andern glaubten irrthümlicher
Weise durch einen maassvollen Eclecticismus aus allerlei
Theilen ein vollendetes Ganze schaffen zu können^).
Goldschmied J. A. Thelot von Augsburg erhielt 1654
den Auftrag, einen kleinen Altar mit der Martergescfaichte
des heiligen Kilian zu fertigen. Die Goldschmiede Johann
Kaiser, Paul Krauskopf von Wirzburg, Georg Reuschlein
von Augsburg, die Meister Lanius, Nötzel und Werner
waren sehr für den Domschatz thätig. Derselbe glänzte
<) Dioskaren 1859. 185.
836
1725 in auflserwdentlichen Beichthuin. Der Auszug ans
dem Inventar dieses Jahres, den Scharold bringt^ zeigt
eine Menge von Kleinodien an *)• Vom 17. bis 23. Mai
1745 wurde mit grösstem Pomp das siebenhundertjährige
Jut^iläum des heiligen Bruno gefeiert.
Am 9. Januar 1749 fing man an, den Hochaltar ein-
zulegen, den Chor um zwei Staffeln zu senken, die alte
Brunogruft einzureisen, und eine niedrigere zu erbauen.
Damids wurde airbh die Sacristei und die Omatkammer
erbaut und neue Chorstühle verfertigt, zu denen Maler
Johann Guttmann den Riss entwarf, Jakob von der Au-
vera das Schnitzwerk fertigte. Das reiche eiserne Gitter,
56 Centaer 10 Pfund schwer, wurde vom Schlosser Marx
Oattinger zu Wirzburg um 2996 Gulden vollendet^).
Im Jalure 1768 wurde an den beiden vorderen Thürmen
der Dachstuhl neugebaut, statt mit Blei mit Schiefer ge-
deckt und fröhliche Verse darüber in den einen Knopf
gethan 9) :
,yMan gab mir oben ein laiern
Woraus von nahe und von fern
Weit besser als es war zuoor
Das schlag-werk käme clar empor;
So dass durch alle theil der statt
Die Uhr man recht zu hören hat:
In meinem vorig alten Kopf
Oder in meinem spitzen Knopf
Die alte Kupfer alte Schrift
Nebst zwei gold- gülden man antrifft,
Dieselbe seynd jetzt auf das neu
Dem neuen beigeleget treu.
Verflossen seynd der jähren Zwey
*) Arch. IV. I. 114 — 148.
tj Arch. IV. I. 68.
•) Frank. Chronik (1807). 7H6. ff.
S29
Wi) man der Domkirch Tachstuhl neu
Mit gutem Holz und schifer-stein
Hat wohl gebaut bedecket fein.
Und Kaum wird noch ein jähr cergehn
So wird man aufgerichtet sehn
Den Thurm, der gegen über ganz
Ist abgebrochen bis zum Cranz.
Die Nahrungstheurung ist allgemein
Der Yieh-fall könnt nicht ärger sein;
Das Korn man um 8 fl. fränkisch zahlt,,.
Das Burger Spiihal gibt voti dem Stein
Um Tausend Thaler i fuder wein, . . .'
Von da ab geschehen keine bedeutenden Repara-
turen mehr am Dome.
Als Baumeister am Dx)me folgten sich: Förtsch
Adam (tl639), Langen Johann (1646), Femauer Johann
Georg (1651), Seuber (1656), Petrini Antonio (flTOl),
Spörer (1670),, Platz Paul (1676), Pezani Valentin (f 1719),
Kolb Matthias von Fliers m Tirol (tl740), Tatz Johann
Stephan und Neumann Balthasar (f 1753), Günther Joh.
(tl770), Fischer Johann von Trappstadt (1788), der Hof-
baumeister war. Dasselbe Amt bekleideten Franz Mich.
Neumann (tl785), Johann Philipp Geigel (f 1800), Fischer
Adam (f 1816), Geigel Heinrich (f 1798), Gärtner Johann
Andreas (1798), Salins Nikolaus von Montfort von Verr
sailles (tl838), Speth, Philipp von Mannheim (f 1828 in
Odessa) »)*
Von Steinmetzen sind noch nachzutragen : Kuhn
Christoph (1589), Martin von der Sahl (1600), Hanns
Flammersbach (1604), Schöpf (1615), Christoph Spörer
(1680) und Georg Markhardt, Um Magno gruppiren sich
die Stuccadoren; Dell' Amor Jakob (f 1717), Prosper
Breno (1672), .Fohann Gottfried Kramer (1684), Karl
1} «dhaffild WirilHii« 170,
380
A. Castelli und Johann Pet^r Castelli aus Italien, Matth.
Hardt (1725), Johann Georg Mährlein (f 1758), Anton
Joh. Bossi aus Porto in Italien, Felix Bossi aus Vene-
dig, Matern Bossi aus Porto (1735 — 1802), Pedrozzi aus
Italien (1735). Es ist nicht am Platze^ genauer auf Kunst-
übung und Lebensweise jedes des Genannten einzugehen.
Sind renomirte Meister dieser Zeit kunsthistorisch nicht
bedeutend, um wie viel mehr dürfen wir den Sternen
dritten und vierten Banges etwas weniger Aufmerksam-
keit schenken.
§ 25. Profanbauten.
Bis in die Regierungszeit des Fürsbischofs Johann
Philipp Franz bauten die edlen Wirzburger ihre Woh-
nungen ziemlich willkürlich, kümmerten sich wenig um
Symmetrie, um gefällige Disposition der Stockwerke,
Fenster und Erker. Nur Petrini und Valentin Pezani
verbesserten in etwas den Geschmack. Am 22. August
1722 erging aber ein Baumandat, dahin lautend, dass
für die Zukunft die Baurisse einer Baukommission zu
unterbreiten seien, und. deren Genehmigung zu erhalten
hätten. Es sei zu achten von jetzt an auf gleiche Linie
der Gassen, gleiche Höhe der Stockwerke, Tüchtigkeit
der Mauern und Sicherstellung des Nachbars vor Feuers-
gefahr. Dem Erker und Giebelwesen wurde ein Ende
gemacht, und die der Sonne wehrenden Ueberbäue ab-
geschafft. Wer ein Haus von Grund auf neu baut, ist
zehn Jahre lang frei von Schätzung und Steuer; wer
seine Fassade der Strassenlinie accomodirt, mag sich
fünf Jahre, dieses Privilegiums erfreuen. Ein noch wär-
merer Strahl fürstlicher Gnadensonne fällt auf den, der
seinem Neubau ein stattliches Portal anfügt und die
331
Fenster mit Simswerk krönt: dem sollen die fürstlichen
Bau- und Werkmeister mit Rath und That zu Händen
stehen. Die Commission setzte sich aus vielen gelehrten
Herren mit Alongeperrücken, feinen Bärtlein und Zier-
degen zusammen; geheime Hofräthe waren dabei und
Begierungsräthe, auch Hofkammerräthe und Stadträthe;
Rath der Räthe war Jngenieurhauptmann B. Neumann,
mit ihm führte Johann Philipp Papius aus ruhmreichem
Geschlechte den Vorsitz. Von 1731 an wurde sogar an
der Universität Civil- und Militärbaukunst docirt. Die
Herren Professoren waren Oberstlieutenant M. Müller,
1772 Oberstlieutenant J. B. Koch, und 1783 der Artillerie-
hauptmann J. Adam Pleitner. Mit ihm ist die Anstalt
glorreich erloschen. Vom Jahre 1738 wurde in genialer
Technik durch Friedrich Karl die Theaterstrasse ange-
legt und die Spitalpromenade hergestellt. Um die Civil-
architektur machten sich verdient: Johann Philipp und
Heinrich A. Geigel, Johann Michael und Adam Valentin
Fischer, wie Hofarchitekt Johann Andreas Gärtner. Die
Tradition, die wahre, wurde fortgepflanzt durch die 1806
entstandene grossherzogliche polytechnische Gesellschaft
und die Hofarchitekten Nikolaus Alexander Salins von
Montfort, und den Hofbauzeichner und Stadtbaumeister
Peter Speth. Seit dem Jahre 1774 besitzt auch die Stadt
ein besonderes Baurecht ^).
Wir sehen, die Schönborn verstanden es nicht bloss
in Pommersfelden und Wien Gemäldegallerien, Porcellain-
und Spiegel-Cabinete anzulegen, wie sie uns schon J.
Georg Printz (1728) schilderte, sondern auch die Resi-
denzstadt Wirzburg so und beiläufig nach dem Muster
von Paris umzugestalten. Darf es Wunder nehmen, wenn
1740 Salomon Kleiner und A. Pfeffel mit Corvinus in
einem Prachtwerk die „wegen prächtiger Schönheit als
J) l^irzb. Landeayerord. Uh 884.
unvergleiehlicher Befestigung WelUmrälsiite Besideo»-
Btadt Würtzburg^ verherrlichen und in feinen Stichen d&
Welt von all derBauluat seiner Fürsten Kunde bringen?
Die bischöflichen Städte unterschdden sich charcdE-
teristasch von den Reichsstädten. Das war schon sdt
ältester Zeit in Verfassung, Rechten und Sitten der Fall,
es konnte in der Kunst sich nicht anders gestalten.
Stellen wir Nürnberg, Ulm, Nördlingen, neben Wirzburg,
Bamberg, Eichstädt — welch^ eine Differenz der Phy-
siognomie? Dort die erker- und giebelreiehen Häuser,
die spitzbogigen wohlprofilirten Fenster, die engen und
winckdigen Strassen, eine lustige Düsterheit und eine
straff geschlossene stolze Behaglichkeit. Am 'BatUbaus
im Herzen der Stadt und am hochaufsteigenden MüiiBter
concentriren sich die Sympathien der republikanischen
Bewohner; — es sind deutsche, heimliche Städte, von
Bürgern gebaut, denen Wohlhabenheit und Frohsinn
Lebensluft waren. Hier eine glänzende Rendenz, wo
möglich auch ein festes sicherndes Schloss, breite ge-
müthliche Domhermhöfe; der Rundbogen dominirt und
ein Stückchen italienischer Heiterkeit und Weltlust lagert
sieb über den Plan. Wappen prangen, überall geistliehe
Embleme — es sind halb südländische, geistlich* adelige
Städte. Anderwärts, wie zu Regensburg und Augsbuig
wurden beide Richtungen energisch zur Geltung gebracht,
auch in Fürstenstädten, wie München und Landshut.
Städte wie Salzburg und Passau haben allezeit stark
nach dem Südland geneigt, und konnten der einbreche-
den Renaissance umso weniger Widerstand, leisten. Dort
und in Böhmen hat diese die ersten Siege gewonnen.
Dem Zweck dieses Büchleins entspricht es, aus der
Menge der Profanbauten nur einige der kunsthistorisch
in etwas bedeutsameren herauszuheben. Freunden der
Localgeschichte steht ohnehin das Buch von Reuss und
Heffner zu Gebote. Eine Menge von merkwürdigen No-
tizen füllen den zweiten Band von Oegg^s Korogri^hie,
die handschriftlich in der Bibliothek des historischen
Vereins bewahrt wird, und endlich einmal der Oeffent-
lichheit übergeben werden dürfte.
Besondere Schönheit kommt den Portificationswer-
ken nicht zu. Die genuina delineaiio iUustris principalis
resiientiae von Corvinus und viele andere Veduten
zeigen uns den Plan im Vogelperspective. Vierzehn
Dreiecke legen sich auf der rechten Mainseite aneinan-
der, denen vier weitere jenseits des Flusses entsprechen.
Der tiefe Graben begleitet in gleicher Weise die Mauern.
Schusssefaarten, Ausfalle, Wappen, Embleme, hübsche
Thürmchen, kleinere Triangel suchen die immer wech-
selnden Prospecte zu bereichem. Sechs Thore mit Ka-
sematten, Barrieren, Blanken und Zugbrücken führen in
die ^adt. Sie sind von schwerer Architektonik, der
Durchgang ist etwas gekrümmt, um das Feuer aus den
Schiessscharten wirksamer zu machen, meist mit Fall-
gattern (Velletor) versehen. Das Burkarder Thor hat
das längste Gewölbe. Im Giebel sind die Thorbauten
verschieden, bald mitWiippen, Kugeln, Guirlanden, Py-
ramiden und Emblemen geziert, die Jahrzahl fehlt selten,
vom Schlussstein des Portalbogens grinzt eine — Zorn,
Wuth, Hohn oder Schrecken ausdrückende Larve. Das
Pleichacher Thor trägt das Wappen des Johann Philipp
von Schonborn, zwei Löwen halten den Schild. IMe Jah-
reszahl 1658 gibt Kunde vpn der Zeit der Vollendung.
Dasselbe Wappen ist am Neuthor (1668), und am Zeller
Thor (1664). Das Rennwegthor fuhrt d«n Schild des
Fürstbischofs Johann Hartmann von Rosenbach (1673),
das Burkardsthor den des Peter Philipp von Dembach
ohne Jahrzidil. Vom Sander Thor winken die Chiffre
und dfer Schild des Furstbischöft Franz Ludwig^ von
Erihal.
Vom Spitalgebäude des Julius durch K. Reumann
und Kunz Müller blieb, wie gesagt, nichts erhalten. Der
jetzige ^ Bau verdankt zwei Bauherrn sein DaBein. Als
334
1699 der mittlere Theil des hinteren Hauptgebäudes
durch eine Feuersbrunst zerstört worden, fertigte Petrini
alsbald auf Befehl des Fürstbischofs die Risse, zum Neu-
bau ; nach der häufig wiederkehrenden Inschrift zu schlies-
sen, wurde er 1704 vollendet. Die 660' lange Fronte
wie die beiden Nebenflügel begann laut Inschrift 1791
der Baumeister Ickelsheimer aufzuführen. Die Figuren-
gruppe und das Wappen über dem Portal fertigte B. H.
Nickels. Beide Bauten tragen den Charakter ihrer Zeit
an der Stirne. Der Greifenklauische Flügel mit dem im-
posanten Mittelbau liebt das Unruhige, Prächtigseinsol-
lende. Petrini sucht mit einer Art Colonnade durch die
ganze Länge Effekt zu erzielen; e^ gelingt ihm auch.
Die Terrasse gegen den Garten markirt die Bedeutsam-
keit des Werkes. Der Mittelhochbau wird durch vier
Ligsenen gegliedert, die Fenster werden mit GiebÄdrei-
ecken oder Ejreisschlägen geschlossen, bausbackige Blas-
engelsköpfe schauen auf des Gartens bunte Pracht, und f
sehr derb gemeisselte Atlanten haben die Last des
Kreuzsimses auf die Schultern genommen. Die Terrasse
über letzteren schmücken vier Symbolfiguren und vier
Büsten. Dass obligatermassen das Greifenklau'sche Wap-
pen nach Süd und Nord das Portal schliesst, und von
Genien, Greifen und Guirlanden umrungen und um''
Sprüngen ist, braucht nicht erwähnt zu werden. Ganz
anders ist der Erthalbau. Man möchte, sieht man ihn
an, es nicht für möglich halten, dass dabei seiner Zeit
die grösste Verwirrung, Unstetigkeit imd Unordnung
herrschte; dass man Gebautes wieder einriss und wie
zu Babel sich geberdete. Ickelsheimer ist von der Nüch-
ternheit und hohlen Würde seiner Zeit ganz durch-
drungen. Die doppelten Fensterreihen in der Wand und
im Dach nur durch ein zaghaftes Wandsims und eine
Abstufung getrennt, wirken mit erdrückender Monoto-
nie; kaum dass die drei Hochbauten nach Ost und West
in der Mitte versöhnen und vermittehi. Gegen die
335
lächerliche Wappeneitelkeit ist durch das ausgezeichnet
harmonische Hochrelief in Stein wohlthuende Reaction
eingetreten. Der Olymp scheint 1791 bereits ausgestor-
ben zu sein.
Die Kapelle bietet kein weiteres Interesse; Franz
Ludwig liess sie in das ' zweite Stockwerk des inneren
Gebäudes bauen. Ein Altar, eine niedliche Kanzel von
Alabaster, eine „Vestalin", die das Ewiglicht trägt, eine
auf marmorirten Säulen ruhende Gallerie — das bildet
den von Nickels und Bossi gefertigten Schmuck. In
Küche, Apotheke und Speiserei, Bäckerei und Mühle,
Verhaufslocal und Kanzleibüreau mag sich der Leser an
Ort und Stelle fuhren lassen.
Der Brunnen im Spitalgarten verdient noch Beach-
tung. Er ist der schönste in Wirzburg. Auf einem
Felsstück windet sich ein Delphin, über ihn dominirt
ein Greif, die Krallen auf dem Bücken des Wasser-
speiers, -selbst das Antlitz gegen Himmel gerichtet und
hoch den Strahl in die Lüfte schleudernd. Um den Fels
gruppiren sich vier Delphine, deren wassergebende Röh-
ren verwitternd trauern. Zwei männliche und zwei weib-
liche Symbolfiguren mit Urnen liegen behaglich zwischen
den Thieren. Was der Künstler sich unter ihnen ge-
dacht habe, wahrscheinlich den Rhein, die Donau u. s. w.,
ist unklar. Zeichnung und Modellirung ist nicht misslungen.
Fürstbischof Johann Gottfried stellte 1696 im Gar-
ten des Juliusspitäls ein Glashaus, eine Einwinterung und
einen Brunnen zur „Aufrichtung eines horH botanici^ her *).
,Der botanische Garten erfuhr weitere bedeutende Ver-
änderungen unter Karl Friedrich 1739 — 1742. Neumann
erbaute an die Stelle des alten Glashauses drei neue
Glashäuser und Treibebeete; 1742 wurde ein Aquarium
angelegt. Die Glashäuser in drei Reihen standen wo
<) Dr. Aug. Schenk der botanische Garten der Universität zu Wirz-
burg. 1. 860. 19.
jetzt die Holzhallen und der Holzhof des Spitab sieb
befindet. Das eben beschriebene Baasin bildete schon
damals den Mittelpunkt des Gartens. Konrad Hirsch-
nagel war Rechnungsführer beim Bau; ein Maurer erhielt
als Tagelohn 5»/, Batzen, ein Steinmetz und der Parlir
6 Batzen wirzburgischer. Währung.
Der Bischofshof trägt auf dem westlichen Rustica-
portal das Jnliuswappen» Das Eckthuf mchen, das Sick-
ingenwappen, und die Zierrathen an der Südseü|B sind
später hingekommen. Das Palais wurde früher Hof Conti
genannt. Den Alabasteraltar der bischoflichen Hauska-
pelle machte M. Kern. Der Hof Hütten (I. 9) wurde
von Balthasar Neumann erbaut. Das Wappen des Hau-
ses zeigt im goldenen Felde zwei rothe schräg linke
Balken. Als Kleinod siehst du einen roth bekleideten
bärtigen Mann ohne Arme, der einen rothen Ungarhut
mit zwei gekrümmten Hahnenfedern und breitem Silber-
überschlag trägt. In Gold und Scharlach wechseln die
Helmdecken. Am Hueberisehen Josephsspital verdient
die von Nickels vollendete Gruppe Beachtung ,~ welche
uns den ehrwürdigen Hueber vorstellt, der, die Stiftungs-
urkunde in der Hand, einigen altfränkisch gekleideten
Dienstboten die Aufnahme zusichert. Aus der ehemali-
gen Klosterkirche der Kapuziner ist eine Zuckerraffinerie
geworden. Fassade und Grundform ist noch zu er-
kennen, man beachte das Juliusbild.
Den rothen Bau im Hofe des Bürgerspitals zum hei-
ligen Geiste hat 1718 Neumann errichtet; 1726 wurde
dort ein neuer Thurm erbaut. Die Häuser in I. &IV2 —
101 V) führen den Namen „das Kroatendörflein^, das Haus
I. 102. heisst zur unbefleckten Empfängnisiä Maria^s«
Der russische Hof trägt das Wappen des Fürstbi-
schofs Adam Friedrich von Seinsheim. Gar stattlich
erscheinen die Gebäude um Hang das Stift; das ehema-
lige Capitelhaus ist jetzt die Knabenschule der Pfarrei.
Von der landgerichtlichen Frohnveste, dem Schneidthurm
1^
(I. 410), ging einst im Volksmund die Sage um^ dass
darin die eiserne Jungfrau verderbend bause. War der
Verbrecher zum Tode verurtheilt, wurde er durcb die
Falltbüre in eine mit Dolchen imd Messern bewafihete
Jungfrau von Eisen gestürzt: gespiesst und zerschnitten
musste er so rasch sterben. Sah man das imter dem
Thurm hii^fliessende Wasser geröthet, so hiess es: Die
Jungfrau hat heute ihres Amtes gewaltet. Das Banner-
haus zu Nürnberg bewahrte lange eine solche Eisenjung-
frau mit Dolchen und Schwertern; sie wird jetzt auf
Schloss Freistritz in Steiermark gezeigt^).
Der Krahn am Main wurde 1773 von Georg Bonitas
aus der Schweiz erbifut Er führt das Wappen des
Fürstbischofs Adam Friedrich von Seinsheim, eine alle-
gorische Figürengruppe und das Prognostichon:
ACeipIo traBo qVoDLYbet eXpeDIo.
Die zwei grossen Tretrader im runden steinernen Thurme
und die zwei Schnabel mit Flaschenzügen am Kupfer-
dach ermöglichen die Verladung in die SchifPe. An den
Steinen sind die Zeichen der Arbeiter gut zu erkennen.
Das nach dem Haue des Hofbauintendanten J. A«
Gärtner 1804 im ehemaligen Damenstiftsgebäude (1750
von Neumann erbaut) eingerichtete Theater hat die elip-
tische Form, zwei Logenreihen und eine Gallerie; 800
Zuschauer haben darin Platz. Interessant ist der gegie-
belte Löwenhof (11. 240—242) ; noch schaut man daran
zwei in Stein gehauene Löwen und eine lateinische, je-
doch unleserliche Schrift.
IL 237 führt den Namen: Haus zum grossen Chri-
stoph beim rothen Hahnen. Es war daran das Bild des
Heiligen gemalt. Denn
Christaphari fadem quacumque in luce tueris
Isto namque die nen marte mala morieris.
H. 300 heisst zum kleinen Christophel am roihen Thor.
i) Htffntr und Bf ats Wlnl^urg S9.
S8
9llffRf . fOK ^fiw9^ü«ftfi;< uq4 l^i^IpiA^ec der U^vi^raj^
(t^ Ij^j^Q)^ 4e|^|beQ; ^«n^ch ]^^«taiwrieb M den \p&de^
^VpflC^ts^ siffd n<)fc}k tüf^lMW^ SiAok#rbeitw , Jag^
afi^e% 4^ W- Qe^g u^ i|. dfl^^Ues^ erW*«»*>
tjififi ^us ssum l%9ge«i ^on£af){ fiUurt die J^jbmesiM
Friedrich Karl^ d|^, ^yt^j^^^ Xf^ya. der ^fiMrieo^^pflle (ele-
«?Wft 8§9J^j5tftHfj|^, 1^9; SM fyblfflecfce». undi in acht
4^^th^iJ^g^ ii). glei^obi^rtigem Styla auf ^u^em ^. vm-
Voift ^^1^1^ «i| St, I^i^^l^, der IBTft n«dii 4w
Plänen Ka|)t?e. iyi4 Petri^^9 l^QO^en wu^de, stehen
Wiht W«K^. Ttelk P« Map» *Wi F<^11^ »ejgfe an^ß-
|r^)^e^]^pcpj9^Q(^i(;qi;atippe% uqd ^t insofi^^A «W^s dfflr
if^i^I^ziQ^^ii^ ^^^1^ ^S^U Fr^iyier« ^»tait^ dgr
^PrffiB^fV?^?^ 4^^1^j^tf
D/|g,]^]^/lI^ 484- bat siclii 1035 A, Petrini als Woh-
J^ gpsA^ti^ G^li^WJ^e. ist 4er Hol Bfip kpiffna^n
IJ. 4^. ifi: w(ff, ip a^tßr, ^^i^. Aw^l^<>f ^'^ ^^ ^«kIw^
y^^^D.^(dia|Qt 11^4 de* ^tshp^n^ten. bewohnt, 14^0 re-
8j*WP*> .^^4, Ii7i67rrl7?2. in der.geg^VMPSiitigei»; GestaU
geb^ij^ ^Pßßßh. Q?;e^wg fpj;iÄtfe^ df»,Ito?8,.5^^^
ter Pet. Zwerger führte die Leit^f)^ Ke^g)$f^\ vp}}^]^e,1|^
%' "^ 4W '■^rOde %) B^^ 17,2?p, pie^ÄljH^ern »in^
fallige Vertheilung der Massen q[f9(3fit c^f^, i^aji^j^^f^Jf^
Ehre. %,i%t^,i^iij,i^jh^,^v.4liW%^ ^m^ DW Pracht-
werk voii.:^v.WeiR|fij; ^*J{HnpM.W^6?:v^-^"^ ^^
J-. 4*^j;«§Ä,Pf?|f^, ^«»f«r«ftÄSr ftw.AM«(li»'^*H «^
1) A. A. 0. 185.
J. A. Carvinus (1'740), wdrin sie die „fflufiteni pübliqnen:
Gebäne nebst den ReBideni^-PaQäsfen, Kirchen, EKSstern
und MftrirtplätKen^ ^anf das accurateste abgezeichnet^
haben, bringt uns auch diesen stattUcheü Hof und schil-
dert genial das Treibeki der Fischweiber auf dem Markte.
Das alte Karmriitenkloster dient deA Polizeianstalten.
Wir können hier weniger beurtheilen, ob dasselbe so
stattliche Bibliotheksüle und Ref ectorien besass, wie wir
sie in dem^ jetzigen KarmeliteiMostet iMd in- dem der
Mkioriten finden.
Am Bezirksgerichtsgebäude war früher der Thurm
der Gnade und der Thurm der Gerechtigkeit ange-
bracht. Das Haus H. 865 fiihrt die Aufschrift: Curia
Ottingen, die Jahrzahl 1698 und das Wappen vom Stifte
Neumünster» Der frühere Domstiftshof zu Sfc Gallus
wird von den Herren von Guttenberg bewohnt. Im Hof
Rennenberg, dem jetzigen Harmoniegebäude, weilte zu-
letzt Fürstbischof Georg Karl von Fechenbach. Die
Höfe Altlobdenburg, Ostemach, zum Döringer, zum
grossen und kleinen Presser (1569), Wirzburg, haben
alle ihre Geschichte. Der letzte gehört dem gleichbe-
nannten Geschlechte. Dessen Schild zeigt das Brustbild
eines bärtigen schwarzgekleideten Mannes mit schwarzer
abwärtsneigender rothgesternter Zipfelkappe. Der ge-
schlossene Spangenhelm ist gekrönt und von einem
Pfauenwedel, in Mitte von vier gelbschwarzen Strauss-
federn ütierragt. In schwarz und Gold schmücken sich
die Hehndecken. Hof Schrotzberg führt das Wappen
der von Zobel. Ln Innern des Hofes Rödelsee HI. 81.
sind die in Stein gehi|,ueneil Wappen der Domherren von
Bibra, von der Kehr und von Waldemdorf eingesetzt,
Der Hof zum kleinen Sterfa wurde 1617 von Domdechaiit
Joh. Gottfried von Aschhausen erbaut. Im ZobePschen
Hof ist die Anstalt des Bonitas-Bauer. Weil am alten
Hof Tennenberg (HI 82) das Thor mit einem Eberkopf
aus Holz geziert war, erhielt er den Namen zum wüden
22*
m
Scliweinskopf. Derselbe seigt ander oberen Mnaerdecke
das in Stein gehauene Bedwite^sche Wappen mit dem
Einhorn als Kleinod, und unter dem Dache einen auser-
ordentlichen Reichthum an Wappen« In einem trau-
lichen Zimmer des Hofes zum ^wilden Schweinskopf^
ist dieses Büchlein mit Lieb und Lust in hellem poe-
tischen Jubel geschrieben worden. Den Nachbarhof Hei-
deck mit der Margarethenkapelle und dem Wappen des
Domherrn Erhard von Lichtenstein und seiner Agnaten
bewohnte und verschönerte dieser edle Herr, der als
Domscholaster und Landrichter am kaiseiüchen Land-
gericht des Herzogthums Franken den 23. Dez. 1632
gestorben ist. Es folgen sich Hof SeebachrLauda QU 84)
und Augsburg-Grumbach (85) mit dem sehr fein in Stein
gehauenen Wappen von Ghrumbach. Der Bruderhof ge-
noss früher besondere Freiheiten. Interessant ist der
Prozess des Goldschmiedes Rainer Speierer vom Jahre
1549^), der in diesem Gebäude spielt. Am Gebäude
des bischöflichen Ordinariats befindet sich die Denksäule
des am 3. Dez. 1202 von Bod von Ravensburg und Heinz
Hund von Falkenberg ermordeten Bischofs Konrad mit
der Inschrift:
Hoc procumbo solo scelen quia parcere nolo
Vulnera facta dolo dent habitare polo.
Früher stand da eine mit Eisengitter geschützte Ewig-
lichtsäule. Alle Nächte brannte darin ein Licht. Der
Sarg des Bischofs. ist im Südtransseptflügel. P. Beatus
Bishälm hat die Tragödie besungen. Als am 21. Febr.
1758 ,Domdechant Otto Philipp Gross von und in Trockau
in Gegenwart des Weihbischofs von Gebsattel und mehr-
erer angesehener Personen den Sarg des Bischofs er-
öfinete, fand man den Körper unversehrt, mit den Ejio-
chen zusammenhängend. Die fleischigen Theile waren
weich, und die Haare am Kopfe unverletzt. Das Haupt,
«> A. a. O. 2$5 ff.
d4i
sowie der rechte Arm waren vom Körper getreilHt, aber
völlig unversehrt. Man gab dem Leichnam einen i^uen
Ornat, Hess aber die alte' niedere Mitra von gelbem
Seidenstoff auf dem Haupte und legte eine zweite neue
bei. «Der Ring, den der Bischof trug, wurde wieder an-
gestedct, ein neuer Stab von Hok beigelegt« Den alten
Krumstab behielt Fürst Adam Friedrich als Andenken
zurück. Auf detCurve von Elfenbein standen die Worte
in Majuskel:
Carrige, Subporta. Die, Fae. Rege. Carrige. Serva.
Der Leib, kam in einen neuen Sarg, und wurde in der
steinernen Tumba nächst dem Seitenaltar bei der Bruno*
gruft südlich beigesetzt ») Wohin ist jenes alte Pedum
gekommen? Den alten Seehof (III 106 — 110) erbaute
der Stadtrath' Franz Kaspar Bossat nach einem vom
Fürsten Johann Opttfried genehmigten Plan. Noch
ist das Outtenbergische Wappen ober dem Hauptein^
gange zu sehen. Der Stadtrath Hess es als ein Zeichen
der Befreiung von den gewöhnlichen bürgerlichen Lasten
und dem Fürsten zu Ehren anbringen. Dicht unter
diesem ist das Bosatt^sche Familienwappen mit der In-
schrift:
Frantz Caspar Rossat hat dieses Haus bauen lassen 1689.
Der Hof zum grossen ^nd kleinen Marmorstein führt
ober dem Portid das Stadion'scbe Wappen, und hn inneren
Hofraum den Schild der Edlen von Ravensburg, einen
Löwen mit Hirschgeweih. Von diesem Hof aus ging
Bischof Konrad in dem Dom, da er ermordet wurde.
Im Hof Wolfmannszichlein (III. 158) arb^tete Meister
Dill, in dem „zum Kunzen^ ist das Fürstenbergische
Wappen mit der Schrift:
Gotes handt bewar mich Furstenberg bin genannt ich.
Der stattliche Hof Frauenstein ist 1700 neugebaut worden
(m. 234). Der Hof zum Rebstock fuhrt das Wappen
1) Neue fränkische Chronik (1808) lU. 441.
4» FfmHe VQ& 8pe4i mui diio Jidir»lii 1668. Anok
dieaefi H^ns zeigt eine reiche BtnaiafMUM^edecor^tion.
Die meisten Bieter Höfe haben von Siiilen getrag^ie
niedrige Thoi:e, stftüüohe Stiegenhäiieer, und mcht all-
ra hohe ^imm^* Etwae br^ies, eur gemu^Uüehmi Welt-
Verdauung ^nlitd^des i$t ihnen eigen* Larven grinzem
von den lliorbögei^ der yn^gten. Die grossartigste ist
am Hofe Heyd^ck) bei der die Rachmisp^rre einige Fuss
beträgt. Die an den Thoren der Festungswerke driieken,
wie oben bemerkt, allerlei Leidenschaften, Zorn, Muth^
Trotss, Verachtung aus. Mapeher Kopf i^ so rocht wie von
einem krausberstigea Zanker mit Qraus^i 2u schauen.
Die IVa^sienbilder in der Beibdtsgasse sind nicht ohne
GeschickUcbkeit gf niacht, und könnten an die Mönch^ier
BathhaMsnarr» enwern.
Die zahlreiche" Hausmasken verdienen m eigenes
Studium.
Das jetBige Semmariumsgebäude wurde 1716 auf
Kosten des Aistiichen Aerars und unter Aufsicht des
fttrstlichmi Hofbamuntes für die Jesuiten zu bauen an-
gefangen. J. Greissing, der den Riss zum Bückermainhof
entworfen, war Werk- und Baumeister. Das Standbild
des hdligen Ordensstifters, die unruhigen S3rmbolflguren
und das Greifenklauwappen machte Jakob von der Au-
Vera. Der Ostflügel wurde unter Christoph Franz von
Hütten gebaut (Hutten'seher Zwergbau). Die Jesuiten
hatten Parterre die Bibliothek, das Archiv und das Mu-
seum für Experimente. Als nach dem Gewaltsacte von
1778 das Seminarinm in das Jesuitengebäude verlegt
wurdo, gingen bedeutende Veränderungen vor. Parterre
rechts vom Portal befindet sieh jetzt der vornehmste
theologische Hörsal, der auf vier mit Stück belegten
Säulen ruht, und mit hübsehen Gemälden von Kirchen-
vätern ujid Kirchenldirem geziert ist. Wie die Jesuiten
haben auch die Karmeliten und Minoriten stattliehe Säle
und Befectorien gebaut
9^
^er P%M¥^ä« i^^aP) ist ¥(te f'e1li^^l(iiä6 %f^^
rietet, «ßd iseigt dab (}iti^hb^gte<i&^t^^]j^. M A^
filt6 Kittjstück kinmläck^ h^emiOk^ 4öh^ \r^ stiäi «i^^
der K^^uisgang {liü^gi^fd^Mt l^m.
Als der Cborben* J. F. P&j^ü^ i^on Nißumünäier \7(fb
xmhn^re ftelifaien ^fed fabilf^ Ai|uSBsüs ilcta MäOanli
Mth Wiinrlmrg bräc^tb, und Ißin ^tftckebeB »<ä^ M Ütid
HiUb IV. 75 abgabt d^ mmge Bm^^ ^ii Bfid d«8
Heilig:^ fertige« lii&sjä, ühd Igs üb^ di6 Tlifire i^t«jlf»^
hatte man es bald heraus, dass Aquiffiln^ Wet g&:}0iAf6^
Wirsbttrger dei. Mit befiriedigeQder 6dehvsdfi(keit 1f urde
seki L0b«i beschrieben^ und lUit der Ghirohologie yiel^
lustige Sxiiyerim^Bte gemaoht; TUltiiM^he ist mt) daaa
Aquili^ttil Lmb in einein kolitbaren SiUeg Von Setge^$[8tiill
in del* laaui^entluskilrcfae zn Mailand b^ivahifi ^inA^ imd
das dortige Proprium ded M&rtyrbrs aUs ^rt^^okn^f^
gedetikü
Enie grosse Zähl von Bildha^n tnid Bteinm^tteil
wurden durefa dic»e Nötibatttto van Häien^ Thonin^ F^lth
tifieatibnenundKiiKühen beichäftigt. Wir hebto ttuift dah
zu Geböte stehenden Yesz^ichmaden ninf folgende litatai
heraus: HaHs Philipp Prtil»6 (f 1681) iM der Gntfselmft
Erbach^ Er ist uns efter begegnet. UMeh Kitgel, Je4
hann Ledihärt^ Sohn d^s Nikt^tie Ledklnart^ AdtiUea
Kera^ Dunis Abrfihani Greger D^menick^ Maithiafe.GiföU
ton Admönt in der Steietnaärk, und Johittai Hias|^
Brand (f 1701), idle thätig in der ^weiMü HjUfte def
siebzehnten Jührbunderts^
Dits achtzehnte Jährkithdei^ ^t&ffiilän Tblßl^d Vt^W^M
aus Tädn in Bäf^rhs, und Milthäisäi!^ Ed^bifbamtif iiäfi
Ländsitianlii iHe Attverä au^ Möeh^hi, Jäkdb^ Wolf^ifg
(t 17S6>, iküd I/ükas A±itdn (f l7Öe) mA m HUÜijgmii,
m t^irmSgeh aböi' äieht, ^bllitotaÄett yOtiyii^äidhKxmi^'
Mf^ke zu ä^hätteüi OUüdliid &itt6 mdd% adi Pftfi»; ^
944
men (f 1755), Michael Dietrich ans Feistamgen, Adam
Gutmann von P&sselsheim (f 1787), und Johann Keil-
werth von Waldaachsen (f 1788). Die Namen Daniel
Köhler (f 1778), Og. Winterstein, Balthasar Nickel von
Bamberg (f 1799), Johann Baunach von Eichelsdorf
(1785—1828), und Andreas Eckart von Gerlachsheun
(f 1808) sind den Franken bekannt. Ihre Lebensum-
stande können hier nicht näher erörtert werden; Meusel,
Siebold, Scharold nnd Densinger mögen darüber zu Rathe
gesBOgen werden. Nur von Hofbildhauer Wagner ist
näher ssu sprechen. ^
Peter Wagner ist sn Kloster Theres 1730 geboren.
Er erlernte bei seinem Vater Thomas Wagner die An-
fangsgründe der Bildhauerkunst, besuchte 17 Jahre alt
die Akademie in Wien, machte dann Reisen durch die
österreichischen Staaten, über Mmichen in die Schweiz
und in die Niederlande. Er studierte die Meisterwerke
aller Orten mit gediegenem Verständniss. Von Mann-
heim, wo er sich zuletst aufhielt, kehrte er 1766 in seine
Heimath, und erhielt von Fürstbischof Adam Friedrich
die Stelle des Hofbfldhauers Auvera. Seine ersten Kunst-
arbeiten waren die Statuen, Kindergruppen und Vasen
aus graulichem inländischem Marmor auf der Haupttreppe
im Besidenzschloss , sowie die Statuen und Urnen der
neuen Colonnade, welche den Platz einschliesst. Dann
vollendete er die zwei Gruppen: den Raub der Europa
und die Proserpina, und aUe Statuen, Kinder, Vasen und
Urnen im Schlossgarten. Viele treffliche Figuren und
Gruppen im Schloss und im Garten zu Veitshöchheim
stammen von seiner Hand. Das Dianabad ist besonders
gelungen; auch mehrere Figuren im oberen Garten. Sie-
bold schreibt ihm seltsamer Weise auch die Figuren am
Vierröhrenbrun^en auf der Domgasse, und Chronos bei
Clio auf dem Brunnen in der Hofgasse zu. Hat Wagner
sie gemacht, so hat er einen Bückschritt getfaan — ; denn
dieses leichtfertige Wesen ist sonst nicht seine Art, und
345:
geziemt sieh besser für einen der Auvera. Die vierzehn
Stationen auf dem Nikolausberge folgten. Wagner hat
sonst über hundert Altäre und Kanzeln für Kirchen von
Wirzburg und im Franken vollendet- Johann Baunach
war einer seiner geschicktesten Gesellen, der trefflich in
Alabaster arbeitete« Wagner ist für seine Zeit ein be-
deutender Künstler. Er leitet bereits mit aller Energie
eine bessere Zeit ein. Er hat die Flatterhaftigkeit der
Auvera überwunden, und ist keineswegs von der inhalts-
losen Nüchternheit seiner Zeit befangen. Er hat eine
gute Schule hinterlassen« Dass uns das Belief über dem
Portal des Juliusspitals so anmuthet, ist auch Wagner's
Einfiuss zu danken^).
Die neue Kjtserne baute 1724 B. Neumann; sie ist
830^ lang.
Zum deutschen Hause fertigte Petrini die Risse;
ober dem Portale bemerkt man den in Stein gehauenen
Wappenschild des Komthurs Max von Aw 1694. Die
Fassade nach Westen ist mit Figuren geschmückt. Im
Hause V. 120 goss Sebald Kopp, und lernte B. Neumann.
Die Zobel'schen Denksäulen sind kunstgeschichtlich ohne
Bedeutung. Das Spitalgebäude jenseits des Maines Hess
Franz Ludwig 1794 mit der Kirche durch den Hofarchi-
tekten A. S. Fischer zweistöckig mit drei Flügeln neu
erbauen. Die ehemalige Kaserne dex fürstlichen Leib-
garde zu Pferde wurde 1788 zum Zuchthause umgebaut.
Die Steinbilder auf dem Wege zum Gnadenbild nach
Höchberg, von welchem ein wunderschönes Wallfahrts-
lied existirt, wurden 1626 und 1627, die nach Randsacker
und Zell in verschiedenen Jahren des siebzehnten und
achtzehnten Jahrpunderts errichtet.
Auch in Gärten, Alleen, Unterhaitungsplätzen und
sonst brachte die bilderliebende Zeit eine Menge von an
sich nicht bedeutenden Skulpturen an. Zu den besten
1) Mensel teutsch* Künstledexk. I. 161. Frank. Chionik (1607) 789. ff.
3^
derarti^n Wetken gehi^en die der M^jüiölogie eiittibi^-
Büenen Figuren im Hutteb^scken Gartett. Wie reidi ie(t
der Weg von der KXppelesliöhe Ms zu itoh Stationen-
cykluB? Fast jedes Haus schmüickte ein Madonnabfld.
Vom höchsten Thurme der Burg schaute die Herzogin
des Ftankenlaqdes im goldenen Prachtgewand weithin
in das gesegnete Land; Bischof Julius hat das Bäd
machen lassen. Vom Thurm der LiebfrauenkapeUe bliüst
seit 1713. 14. Juni das Bild, welches Goldschmied Martin
Notsei verfertigt und mit 400 Dukaten vergoldet hatte.
Es befanden sich 1782 in der Stadt 83 Altare mit tÜk^
rienbildem, und 320 Bildstöcke an den Hlhisem/von
denen viele zur Nachtszeit mit Laternen erieucht^t wa-
ren; 140 Marienbilder waren über die Hausthüren und
an öffentlichen Plätzen wie auf Wände gemalt. Daher
das uralte Lied, das wir hier aus einem Gesangbuche
wiedergeben, welches „aus sonderm Befehlbh Philippi
Adolphi'' 1690 bei Elias Michael Zinck m Wirzbür^ ge^
druckt worden ist.
Von vnser lieben Frawea Beschützmn dess
gantzen Franckeiilaiids.
Himmlische Fraw Königin
Durch alle Welt ein Herrscherin
Du Herizogin zu Franken bist
Das Hertzogthumb dein eigen ist
Darumb Mutter deine Hand
Halt vber vns in Frankenland,
Zu WirtzBurg hast du deinen Sitz,
Das zeigt am Schloss die hohe Spitz,
Darauf dein Bild glantzt hüpseh und fein,
Wie Gold md wie der Sonnenschein.
Darumb Mutler
Von dir wie du o Jungfrau weisst
Marienberg der Schlossberg heisst,
\
m
Scka» Jmgff&u wie mch Grund m Erd
Dich haUen hie im kecksten Werth.
Darwnh Mutter ...
Dich Wirtzburg gai' im Hertzen hat,
Dein Kirch steht mitten in der Stadt,
Die schöne Kirch Capell genennt
Sich dein vnd dir geweiht erkennt,
Darumb o Mutter ...
Maria dick liebt Wirtzl^urg sehr
Wo ikut ein Stadt dessgleichen mehr?
Zu Wiftzburg an so manchem Harns
Steht ein Mariae Bild hermss,
Darumb Mutter . . .
Den Dreyssigsten dir Wvrtzburg hält
Borate ist da wolbestelt
Unnd deine fünff fürnembste Fest
Fast Wirtzburg auff das allerbest
Darumb Mutter ...
A^ deinen Gruss gibt Wirtzburg acht
lu Früh zu Mittag md zu Nacht,
Den Bosenkranz da haben all
Nicht wenig von Perl vnd Coräll.
Darumb Mtdter
Die Brudersckaften ick nicht meld,
Noch deine Bildstock in dem Feld,
Viel Kinder hie mit Hertz vnnd Mund
Dich grossen schier all Uhr vnnd Stund,,
Darumb Mutter Deine Hand
Halt vber vns im Franckenland.
Noch ist eine ungewöhnlich hohe Zahl von Marien-
bildern erhalten. In manchen Strassen ist kaum ein
Haus, das sich nicht damit schmückte. Fast alle stam-
men aus der sp&teren BenaifirsUncezeit und tragen deinen
8i9
Typus. Wir sehen Maria als die unbefleckt empfangene
Jungfrau, auf die Schlange tretend, von Sternen umglänzt,
wieder als Mutter mit dem göttlichen Kinde, als Mater
dolorosa, die den Leib des Herrn im Schoose halt« Es
begegnet uns auch wohl die heilige Familie auf der Pil-
gerfahrt nach Egypten, imd die Anbetung der Magier.
Auch finden sich andere Figuren wie St. Laurentius an
der Ecke eines Hauses in der Dompfarrgasse, St. Vin-
centius, St. Sebastianus, Ignatius, Kilianus, und besonders
Salvatorbilder. Es ist keine Stadt in Deutschland, deren
Häuser, so reich mit Bildern in Relief, Rundfiguren und
Gruppen versehen sind; keine, die so herrliche Lieder
zu Ehren der göttlichen Jungfrau gesungen hat und noch
singt. Aus den alten Marienliedem rauscht uns ein Strom
der edelsten Begeisterung entgegen. Sie athmen die in-
nigste Liebe, das unbedingteste Vertrauen zur Mutter
des Allmächtigen. Wie einfach und naiv diese heiligen
Weisen auch scheinen, sie muthen uns wunderbar an,
wirken massenhaft und unwiderstehlich, und ein Zauber
waltet um sie, der sich nur begreift, da sie aus den
Tiefen des altikathoUschen Volkes heraufklingen. Alle
diese Lieder werden seit Jahrhunderten gesungen, sind
unzähligemal durchempfunden und enthalten die Substanz
der Gefühle verstorbener Generationen. Und das sanges-
lustige Volk im Frankenland versteht es wie keines in
Deutschland, mit vollen Harmonien und rhythmischen
Bewegungen seine Weisen ertönen zu lassen. Ein so
gewaltiger Volkschoral, wie er am grünen Donnerstag
vom Leichenhof zwischen dem Dom und Neumünster zu
den Himmeln braust, ist nur inWirzburg zu hören, und
nirgends mehr im deutschen Vaterland.
Die Veste Marienberg ist kein schöner Bau, und. bie-
tet nicht entfernt das Interesse wie die preussische Ma-
rienburg, Karlsstein bei Prag oder die Trausnitz ob
Landshut. Sie hat wie die Willibaldsburg bei Eichstädt
und das Oberbaus von Passau ihre Herren und ihre
810
Bestimmung geäBdert, und wird grossentheils von Sol-
daten bewohnt» Rudolf, Julius, Johann und Karl Philipp
haben die meisten der gegenwärtigen Bauten vollendet,
Inschriften und Wappen geben davon mehr als genü-
genden Aufschluss. Die, Brände vom 29. März 1600,
25. Dez. 1607, 1. Mai 1764, 11. Juni 1840, wie die Be-
lagerungen der Schweden und Franzosen haben den Bau
beschädigt. Kleineres Stich von 1740 zeigt uns die vier
stattlichen Kuppelthürme an den Eck^i mit den Gal-
lerien und Laternen; sie sind nicht mehr in gleicher
Höhe erhalten. Nicht mehr grüsst das Marienbild die
Kommenden, seit 1840 bewacht nicht mehr St. Michael
die Vertheidiger. Es kommt auch der Citadelle, wie
respectabel und ausgedehnt ihre bombenfesten Gewölbe
sind, gegenüber den gezojgenen Kanonen kaum mehr eine
grosse Bedeutung zu. Das Neuthor führt aussen und in-
nen das Wappen des Kurfürsten Johann Philipp I. von
Schönbom*). Gegenüber der ZobePschen Tafel sieht
man in der Mauer des Hauptwalles das Allianzwappen
von Mainz-Wirzburg-Schönborn und die Zahl 1649. Das
Hauptthor prunkt stark mit den nämlichen Schildern, die
von Symbolfiguren umgeben sind. Indem man in den
äusseren Hof tritt, fällt Einem der Greifenklauschild am
Zeughaus in einer Trophäe von allen möglichen Waffen
auf. Ober d^n Eingangsthor steht die Jahreszahl 1711.
Eigenthümlieh und schwer sind die Säulen desTfao-
res, welches in den zweiten Hof führt. Sie sind in der
Zeit des Julius gemeisselt. Ein Engel hält das Echte-
rische Wappen, und in der Mauer liest man:
Der lieb Gott schützt schloss statt m land
Doch soll nit feiren menschen hand
Drumb Bischof Julius Gott vertraut
Vnd dies Vorwehr Neu gebaut.
i) Heffner «nd Reass Winburg. S. 499.
Auch JaUi» hat mh sauieai Wa^eä nicditHatts ge*
Jialten uii^ es aller Orten anbringen lassen. Innerhalb
des oben genaimten Thoves lesen wir unter seinem
Schilde :
Bischof Julius hat Gott vertraut
Und dieses Vorhaus neu gebaut
Als^ er in seinem Regiment
Bei- drei und dreissig Jahr voUent,
Dem Vaierland zu Nutz und Ziert
Hat er viel solche Bew voUflert
Gott geh dass diss alls werd bewacht
Durch seiner heiligen Engel Macht,
Am Scherenberger Thor erkennen wir oben das
Wappen Friedrich's von Wirsberg, rechts und links die
Schilde von Wirzburg und Franken, und unten die der
Fürstbischöfe Johann von Egloffstein, Gottfried von Lim-
purg und Gerhard vonSchwarzbui^. Ein zierliches Mutter-
gottesbild in hieratischer Stellung und die Stilen der drei
Heiligen — KiUan, Kolonat und Totnan aus demfüofiEehn-
ten Jahrhundert machen dieses Thor reich belebt. Rechts
von den Statuen bemerkt man das Wappen des Rudolf
von Scherenberg, und die Jahreszahl 1482. Eine Inschrift
und zwei gemalte sind sehr schwer zu entziffern.
Wir stehen im dritten Hof. Inner dem Thor links
macht sich der Schild des Bischofs Melchior von Zobel
bemei^bar, rechts am Airtifleriebau ober der ersten Thär
der des Bischofs Lorenz von Bibra 1514; in der Mitte
oben am Hauisa die offene Scheere Rudolfs mit der Un-
terschrift in Minuskeln:
Revered in Xpo. pat. dns. Rudolffus
De Scherenberg Epus: herbi. fracieq.
Orientalis dux hoc. domu. fe.
Construi. ano. MCCCCLXXX.
Rechts gewahrt man das schöne Echter^sche Ahnen-
wappen:
^j^
Dazu:
Bis Haus itm alt
Ist worden neue
Darm md grosser GMewe
Solches Julius gethon anocK
B'wert die Krtegsnumtrei*
Hos prope coUapsas reparavit Julius aedes
El totum haud parvis sumptibus auxit opus,
Hinc ea promuntur belli quae postulal usus
Si verus in Francos irruat hostis agros.
Alle kleineren Singänge und Wölbungskappea tragen
die drei Juliusringe.
Der Biblioth^ksbau, jetet Sträflingsbau, trägt den
T^ypua seiner Zeit. [Auch gibt Wappen und Ihscript ge-
gen d^i»> F&rstenbau l^evon Kunde:
Hac Ad Hjfbernandtm et.Biblioiheeam construendum staUone
arcem amplißcßvit Julius Episcopus, Fruantur posleri
et memoriam ejus colant. MDXXXCVIL
Unter dem Dach von diesem Bau laufen eine Menge
Wappen hin. An der Kellerthüre sieht man den Schild
Rudolfs, auch oben zierlich einen zweiten:
Ber hockwdg Fürste her Budolff
Des geschlechts von Scherenbg
Bischove zu wirczburg
Und hertzog zu franken
Hat diesen bawe vollbracht
00. etc. LXXriI.
Auch Lorenz von Bibra hat hier einen Schild 1503.
Am Sonnenthurm, dessen Ecken in Bustica erschei-
nen, sind die Schilde des Melchior Zobel 1545, und das
alterthümliche des Gerhard von Schwarzburg.
Am Fürstenbaue nächst dem Sonnenthurm sieht man
das Ahnenwappen des Friedrich von Wirsberg:
Nisi dominus custodieril civitatem frustra mgiUU qui
custodit eam.
In dem zway und Sibentsigstm Jar
Am tag Petri Cathedra fürwahr
Jst der alt baw und Thum beMnt
Aus unfaU durch feuer verprend
Und noch dieses Haus erbaut so gut
Gott erhalts fUrter in seiner Hutd. Amen.
Die Schottenflanke ist grossentheils Juliusbau, denn
die Fenster harmoniren mit denen der Universtät; am
Fürstenbau kehrt aber auf der Stadtseite das Scheren-
bergische Wappen wieder.
Nächst der Kapelle sind kunsthistorisch das bedeut-
samste die vier Wendeltreppen. Die eine im Fürstenbau
ist ein reiches Werk der Spätgothik mit wundervollem
Sehluss in's Gewölbe: Anno dmi. iöii jar wardt dieser
baw gemacht Zwei andere stammen aus der Zeit des
Julius, und sind durch Wendelungen und die Blendmaass-
werke sehr zierlich anzusehen. Eine vierte ist einfach
aber solid.
Sonst ist der isolirte Wartthurm, der 338' tiefe
Hauptbrunnen, der 90' lange Gesindesaal mit dem kolos-
salen Plattenofen, zu besehen. Der Saal ist 90, lang,
22' hoch, 36' breit. Der Ofen ist 18' hoch, 10' lang,
4' breit.
Wer Hirin Essen Will
Der Mass Sein Fein Zügig Vnnd still '
Fromb Vnnd Rödlich Tarneben
Sonst Wird Mann Ihm Ball Urlaub Geben.
Der Massiculithurm wurde von Neumann erbaut.
353
§ 26. Kirchliche Bauten.
Kaxmelitenkirche.
Die Regel des Karmelitenordens gedenkt ziemlich
ausführlich des Kirchenbaues. Soll ein Kloster irgendwo
errichtet werden, so hat der Generalobere oder der
Provincial von zwei Religiösen begleitet^ sich den Ort
genau anzusehen und dessen Lage zu erwägen. Erst auf
die Approbation des Provincialdefinitoriums, oder des
Provinciais und eines Religiösen hin kann der Bau
beginnen. Die Conventsgebaude sollen in den Vorstädten,
an geräuschlosen Orten erbaut werden; das kommt der
Geistessammlung der Brüder zu Statten. Andere Pläne
sollten für grosse, andere für kleinere Klöster gefertigt
und vom Definitorium approbirt werden, erlaubte aber
die Gelegenheit nicht, demselben zu folgen, so mochten
auch Modificationen eintreten. Beim Definitorium liegt
alle Zeit der Entscheid. Die Breite der grosseren Kar-
melitenkirchen sollen 40 Palmen (1 Palme gleich 10 Zoll)
nicht überschreiten; die Länge sei der Proportion gemäss.
Die kleineren Kirchen dürfen nicht breiter als 33 Palmen
gebaut werden. Der Chor der grösseren überschreite
nicht die Länge von 40 Palmen, der der kleineren nicht
jene von 30. Die Sakristeien von grösseren Conventen
dürfen höchstens 25 Palmen lang sein, die in kleineren
müssen um 10 Palmen geringer gedehnt sein. Die Zahl
der Altare darf nicht höher als 7, nicht kleiner als 3 sein,
den Choraltar immer eingerechnet. Tambour und Kuppel
dürfen sich nicht über Kirchen und Kapellen sprengen;
Gold soll nicht von dem Wölbungsspiegel, nicht Mosaik
und Marmor von den Wänden glänzen, auch nicht Stucc-
guirlanden sie umspielen: Demuth, bescheidene Armuth
sollen den Glanz und die kostbare Pracht vertreten.
Doch die Omamentalzier der Altäre, die Bailustraden
und das Pflaster mögen aus Marmor sein, besonders in
den Gegenden, die viel Marmor brechen. Laienoratorien
23
8S4
sollen nie in den Coaventeft erbaut werdto. Die Brüder
dürfen silberne Kelche, Patenen, Pyxen, Krankenölge-
fasse, Lampen, Rauchfässer und Refiquienbehälter be-
sitzen; auch wenn sie solche heilige Gefas&e von Gold
geschenkt bekommen, können sie dieselben behalten-
Andere Geräthe dürfen nicht von Gold und Silber sein.
Und werden derartige Geschenke gemacht, so kdnneti
die Brüder sie annehmen, um dafür andere kirchliehe
Utensilien einzutauschen. Nor die Kirehe Ton U. L.
Frauen Siege zu Rom wird von dc^r Regel ausg^KiHUBeUä
Demüthig sei das Geläute. Goldlnroccat, Siiberstiekeirei
un4 von Blumen strahlender Ricamato sollte nie zu
Planeten und Pluvialen angewendet w^rdeli, anfache
Seide und CiamboUotto genüge. Wird ein Praehtomat
der Kirche geschenkt, so soll mitn, wofern d^ Do-
nator nicht ungehalten wird, denselben gegen einen g0^
ringeren vertauschen, oder ihn verkaufen* I>ie O^old- «»d
Silberstickereien, die mmi Frangie und DenMe nioi^e^
waren nicht verboten. Die Kirche von U. L.. Franen
Siege erfreute sich auch hinsicfatlieh der Paramwte ab-
zeichnender Privilegien. Die Alben, Humerälien und Altar-
tücher sollen sorglich rein gehalt^i werden^ ko^bKre
Byssuszeuge, wie sie cUe Kaufherren aus Cambray
bringen, sollen nie voa den Brüdern gekauft wenden;
schenken aber edle Gönner solche Zeuge, mögen sie an
hohen Festtagen, oder wenn ein fremder Pi4lati oder ^ifther-
vorragender Würdenträger der lUrche celel^iirefti^ sie
gebrauchen. Weder Kloster noeh Kirehien dürfen mit Tep-
pichen ausgeschmückt werden, man 8^1 det^artige Wumi*
Zierden gar nicht auf bewahreiVb Aber ein BaldadUn darf
vorhanden sein, und das Grab Am Herrn am-^GrüadoHfi^Nr»*
tage nach dem Brauch der Kirehe ge«^hmAekt lirerdiin^
ebenso kann di«^ Kapelle, in Welcher im^ AUeiiieiMglte
exponirt wird^ sechsmal im Jahre mt Teppichen um^
hangen werden. Der Ca^lk^lsaal Amt nich^ länger als 40^
bei kleineren Klöstern als 35 Pahneftsein« DasBeleetoritti&
m
Qo^tm kalt^li ibe 2$^Ileü f^t dief Gebunden, 3 inehf £e
BibIio<b^ k did lito^; 86 der ihn^n&of.
WkF seli^ tfäch dkSe von Päjtet Ürbäfi YIII. b^^
stilti^ R^gel ävi liiiifftelibeit ütid Dl^iiiiith im Kircheii-
bau dffaigt, jeW vöiii PätritocKeh Albert voö JetusaieAi
dem Orden gegeben' und von fiimxheius IV. äpprobifte
Reget licächtiet noch gi'oäsercr äffön^ atxs^ die Zelldn'
de^Bf&der eätid von dnander getrennt, uüd in ilit^är Mitte
dtekt ein gering^ gedehntes Oratörinm, in welchem fuf
alle täglich das^ heHige Opfer gefeiert ^hi 0-
Als dei" Bti&ati^ Aet Käiteelitenkifc^lre Voii Wirs^büi'^
am 24. JfiäiiUir 16^9 Voln Pi'crvindialdeffiiitöfiQüi zu Wiiän
app^^irf wurdfe, göÄ^bÄh cal „eü /nttfe* d(Mittön^, güoä
ffMÜspüßimn eötmimäe, cotnitei, eäpfutia ^cUt ei ecdeHa
ifsa reiote(M shhpHciUttenk igt kmiKUUemjtixia CimtitaHanes.''
mt Kövittcial P. Bmiio vldeiiiirte döü Plto s^ Wien
am 30. Febr. 1889. Anton Pötrim^ welcbeif naöb Vofiöii^
dmig de« Kldfite^bau^s (1654—1661) die Oberteitun^
beim Bau der Kifchis (16Ö2— IfliJÖ) fiibrte, isf dien ge-
üiesseneiif Vöröeltfiften genau gefolgt. Dir Fassade wird
durch ehnge l^is<^heh xxtiä ein ausserordentlich reiches
LiMenspiel belebt. Dei^ RotiizdlitaliiätoB wiegt allzusehr
vor. Die Kordseite erscheint hi einef statten schweren
Monotonie. Dei- äiässige niedei^e Hinrto baut ölch öüd^
lieh ein. I«e Kh^he ist niefit orieritli^ d. h. döt^ »öCh-
aätat steht nicht nach Osteii, eTöndern näCh Weötcü; es
ist Aeti MeT noch äh def BfirgerspitalkirbÜ^ lihks^ des
Maihei^ und det Kapjreleskh^cliö detFkll. Pttrdenlnnen-
bau scheint das Mittelqüadrät maäsgebäiid getC^esän zu
sein; Dasselbe wiederholt sich elnma! nach Westen, df ei-
mal nach Osten in der Longitudinalrichttlng, J6 die
Hälfte springt nach Sfid und Nord ans, so dass sieh
<) ConttittttioiMS Ffitcom ditc. congr. S* EUm. Venet. 1750. 66—71.
88*
366;
eine Art Transept bildet. Das Tonnengewölbe der Mit-
telhalle wird wie in der Neubaukirche durch breite runde
Quergurten imd leiae Diagonalrippen bewegt. Die Seiten-
hallen vertreten Altarnischen, die durch gewaltige Pfeiler
gestützt sind. Die Pfeiler werden durch Lissenen und
Quersimse, die Hochwände durch ein stark ausladendes
Wandgesims belebt. Die unschönen Fenster sind .im
Quadrat construirt. Keine Stuckarbeiten, nirgends goldige
Pracht, Einfachheit und Armuth aller Orten. Die Re-
staurationen von 1730 und 1828 thaten dem Charakter
keinen Eintrag. Der Thurm ist 120^ hoch, die Kirche
180' lang, 64' breit, 53' hoch. Sie birgt keine Kunst-,
werke von Bedeutung. Die Vermählung Manama hat
Diejpenbeck, der Schüler Rubels gemalt. Die vier Evan-
gelisten fertigte Hofbildhauer Wagner, die vier älteren
Holzbilder Hans Philipp Preiss. Die hdUge Magdalena
auf dem 1644 von Domscholaster Johann von F/anken-
stein gestifteten Magdalenenaltar fertigte Oswald Onghers
1672 im Auftrag des Hanns Karl von Stein. Johann de
Ruel, OlivierKäpserlein, Christoph Storer malten die
übrigen Altarbilder. Jakob von der Auvera machte 1712
das Kreuz gegenüber der Kanzel. Das Vesperbild auf
dem Franziskusaltar stammt aus dem Agnetenkloster.
Die an den Wänden hängenden Bilder verschiedener
Ordensheiligen, als des Anastasius, Diouysius, Gerardus,
Avertanus, Cyrillus, Petrus Thomas, Pertoldus, Albertus,
Telesphorus, Magdalena von Pazzis. und Angelus stam-
men, aus der Kirche der beschuhten Karmeliten und
wurden vom Grossherzog Ferdinand der Kirche geschenkt.
Das Muttergottesbild am Marienaltar im südlichen Tran-
sept zieht durch Farbe und Schmuck unsere Aufmerk-
samkeit an sich. Das Bild ist schwarzbraun in Gewan-
dung und Antlitz, und die Enden der Gewänder sind wie
mit Perlen geziert. Es ist ein vergrössertes Abbild der:
„Königin des Friedens" in der Karmelitinerkirche zu
Köln. Die Geschichte dieses weltberühmten Gnaden-
857
Mdes erzählt Hhnmelstem also ^) : Zu Scherpen-Hövel,
vier Meilen von Brüssel, stond vor mehr als 300 Jahren
eine Eiche, an welcher ein vielbesuchtes Marienbild be-
festigt war. Fast jeder Wallfahrter schnitt eiii Spän-
chen aus dem Stamme der Eiche: sie drohte umzustürzen
und die nahe Wallfahrtskapelle zu zeirschmetterh. Un-
glück zu verhüten, wurde der Baum gefällt, und das
Holz ehrerbietig aufbewahrt. Das grösste Stück 2Va^ hoch,
und Vj^dick, kam in den Besitz der Erzherzogin Jsabella
Clara Eugenia, Begentin der Niederlande, und nach ihrem
Tode an ihrem Vetter und Nachfolger, den Cardinal
Infanten Ferdinand. Der Infant verehrte die Reliquie
der Königin Maria von Medicis, der Fürstin, welche an
dem Mann, den sie am meisten gefördert und zu
unglaublicher Höhe gehoben, an Bichelieu den ge-
fährlichsten Gegner gefunden hatte. Die Fürstin Hess
durch den geschicktesten Bildhauer von Brüssel aus dem
Hol;s ein Marienbild schnitzen. Ein Hofherr musste be-
ständig die Aufsicht führen, und abfallende Späne sorg-
fältig sammeln. Sie schmückte das Bild mit Scepter und
Krone von Gold und den eigenen Kleinodien, und liebte
es als ihren kostbarsten Schatz. Als die unglückliche
Fürstin, die seit der Entfernung aus Frankreich keinen
Augenblick Zufriedenheit und Genugthuung fand, von
Land zu Land flüchten musste und nirgends willkom-
men -die Niederlande zu verlassen und nach London zu
gehen gezwungen war, nahm sie das Bild über den Ka-
nal. Bei der englischen Königin, ihrer Tochter, aufge-
nommen, veranlasste Maria durch <^e Verehrung, welche
die Katholiken ihrem Bilde erwiesen, einen Aufstand
der Puritaner, musste fliehen und kam nach Köln. -Dort
verkehrte sie viel mit den Jimgfrauen des Karmeliten-
klosters. Während der Fürst, dem sie das Leben ge-
gegeben, neue Provinzen eroberte, starb sie 1642 in
' i) Der Mnkisclie Geschichtsfreund II. 57. ff.
!^fmß ^mßtifmBey ui dem Hmse, iro j«n«r Bubeiis dae
f4U^)it ^ W§lt frMiQkt tette, der eiiiflt in glflcldieherea
Tfg^i» 4m y g h mr/ ^ri jtw We«b»el ihres OescliidieB, die
lipQBö^ ibr^ {^%iiA9 m pväditigfBn SehildereieQ ver-
gm^iPWftf^t JiMito- Pa^ ßnedtt^iU ytanuuMe die K»-
nigin jfc ßfiit #ffi ^4 Mri»cb df» Jüiigfrmien des geaani^en
^psj|;(}ri§(, dif ?6 ftb^ nur nMh vielen Sdiwierigkdte^
au^gßlie^rjt erhielten. Weil demeb eb^ am KSin vmv
scl^e4^^ QeßWdte tegten, nm die Präliminarien mm
w§ßtpMHJu|cbß8 Frieden m entwerfen, erhielt das Bild
d0p Nainep y,KejBJgin dee Frieden«.^
^ der ^arn^elit^ngen^r^ p. Popinik^« YOi; Jpw
Maria ^ dessfsn ^i^euerworte d}^ lij^tisphi^n S^l^l^e}^ if^
der Sc^ilacht von Pr^g 16^ ift der Qftay vpn 4^1?^^-
heiligen zum Siege entflammt h^W^n, ftpj :^$. fß]xc. ^ß^.
zu Wien starb, tligilt^n sicjt in ^^i^e f^m§ Ui^^t^l^iaepr
sc^aft Kaiser upd Fürsten. Pa3 dwfd^^-^fpjww ?^^pi}l?^4
welches er ii^ je^ef Scjjil^ht «m IWtsfi g»^W^M^ ^W»
nach Rom, den gt*b 4?» S§Ug,W erhielt J£f^rdin^ ßpr-
gia^j dpn Habi^ und die gandajen ^^hielt Kwpr Ferdi-
nfindj dprMantfjl Mn^^de d^r fpffintl^ I^tt^lla yo^aSp^ie»
überschjckt, das Kreuzbil^ kW) Qach Beyerp. L^tsftQ^c^f
1/j^ hqch, wird \m KarpifilHpnlfjiQQt^r «s^ Wi?«Wg if-
wahrt.
Einiag im Frankenland ist die Katakombe unter der
Kirche. Ungeheuere Pfeiler tragen das kdlossale Oe-
wplbe. Bis zu Anfang de^ Jahrhunderts ivurden daselbst
die Ord^fUBgeistlichen, Adelige, Bürgerliche und die Ar-
men des Sanderviertels begraben. Im Todtenregister
finden sieh die Namen, derer von Wolfskeel, Zellini,
Fraidiensteln, Hütten, Pubenhofen, Staufenberg, Eseh,
Ghross u. A. Von der Einebnung von 1813 haben sich
noch die Tumben deiT Babenhofen, ISellini und Franken^
stein erhalten, auch der flachliegende Leichenstein des
Klosterbüttners Nikj9hni8 WttH«b»WW (ilöWOi ^ ^«r
859^
Temtiimmelte Gbr*1>8teui einer Pridria des alten Reuer-
innenkloeteiB (yqh 1520).
Am FoBte der Hdligen Tbere&ia 1027 waren die im-
besdmliten Karfl»liten mit grosser Feieiüehkeit vom
Weihbiseliof Jodok Wagenhaner in Gegenwart des Fürst-
biscliofs in das zerfallene Kloster der Büsserinnen ein-
gewiesen worden. Zahlreiche Gönner hatten ihre Gaben
gebrach^ unten denen besonders zahlreiche Inkunabeln
enthalten waren.
Stift Haug.
Nach dem Abbruch der Kirchen, Kapellen und Stiffcs-
gebäude voll Haug 1657 dachte Fürstbischof Johann Phi-
lipp einige Zeit daran, den Chorherrren die Liebfrauen-
kapelle einzuräumen; er scheiterte aber mit seinem
Vorhaben an dem Widerstand der Bürger. Ein neues
Münster sollte innerhalb des Festungsrayons erbaut
werden.
Anfangs ertheilte der Fürst dem Bauschreiber Jo-
hann Ludwig SaufQer von Erfurt den Auftrag, ein Mo-
dell zu fertigen. Es wurde daran vom 12. Nov. 1669
bis zum 3. Febr« 1$70 gearbeitet; dann wurde weiteres
Moddlir^n eingestellt, und Petrini vollendete bis 24. April
1670 einen zweiten Biss, kühn und gewaltig, welcher den
Beifall Aller gowann« Er erhielt dafür 240 Gulden. Am
26. Aprä 1670 legte der Fürstbischof feierlich den
Grundstein. Im Laufe des Jahres wurde die Fundamen-
tirung gemauert. Die Ausmessung wies ein Mauerwerk
von 283 Ruthen und 194 Schuh nach. Petrini führte die
Oberldi^ing, M. Fleisehmann und H. Zimiiier, die Stein-
metzen, dirigirten die Werkleiite. Für die Fimdamen-
tinmg zahlte das Bauamt an Petrini, 2158 Gulden, 1671
erhielt er 2472 Gulden, die Steinmetzen 3525 Gulden.
Für das Jdir 1672 wurden an Petrini 1741 Gulden be-
zahlt, wozu JohMin PMHpp aus Freude über das Ge-
Ufigea des Werkes noch weiter 318 Oidden und 9 Batzen
860
fügte. So sind uns die Baurecbnungen von. jedem Jahr
erhalten; 1683 wurde die Kuppel gesprengt, und 1687
ausgebessert, 1691 am 5. August . consecrirte Johann
Gottfried den von Allen bewunderten Gottesbau; 32
Chorherren, Domicellaren und Vicare bezogen dann das
Stift.
Petrini hat übergrossen Beifall geerndet ; sein Werk
wurde wohl mit St. Peter in Rom in Parallele gebracht.
Unsere Anschauungen sind etwas kühler. An Petrini's
Gebäuden wiegt durchweg die ^assenhaftigkeit auf Kos-
ten der Symmetrie und besonders der Eurhythmie vor.
Der Aussenbau von Hang wirkt entschieden ungünstig.
Die Fassade ist breit und schwer, wie das Ganze. Die
Thürme können unmöglich gefallen. Was sind die Stre-
ben im Südbau und der Ostung wuchtig, die Fenster
breit und die Simse ohne Eleganz! Harnionischer wirkt
die Kuppel und der Innenbau. Das Kreuz zwischen Ghor
und Stift theilt wohlthuend, die Wölbung durch Band-
gurten geschlossen, ist in ruhiger Bewegung, die Gesimse
der Wand sind reiner, wenn auch allzureich nebeneinan-
der gelagert.
Sonst ist an in die Augen springenden Details nicht
viel zu bemerken. Die zwölf Altäre im Transept und in
den Nischen des Schiffes strotzen von Gold, sind aber ohne
Eleganz; die Kanzel, die 1693 der Prädicator Stephan Hof er
auf eigne Kosten fertigen liess, wirkt durch die Relief-
szenen; gut sind die Evangelisten, der Salvator und
Maria im Mittelquadrat. Gold blitzt reichlich von den
Chorstühlen wie vom Hochaltar. Johann Stockmann liess
den Altar neben der Sacristei, Dechant Friedrich Wies-
ner (f 1696) den der Apostelfürsten fertigen; R. Rieder
stiftete einen Kelch, der 100 Pfund werth war, auch ein
Bild des hl. Johannes, das 70 Reichsthaler kostete; 1706
wurde dem Gründer Heinrich die Linde gesetzt, das
Bild des hl. Johannes des Täufers vollendet, 1735 die
Kirche unter Dechant Martin Kettler erneuert; der Hoch-
«ei
altar hat 3349 Gulden gekostet. Das beste Gemälde ist
das von J. A. Remele, die vierzehn Heiligen darstellend,
das Colorit ist vvrarm und die Zeichnung gut. Die übri-
gen Altarblätter malte Onghers am Abend seines Le-
bens, so auch die vier Passionsbilder im Chor, für die
er 500 Gulden erhielt.
Onghers, der* fruchtbarste Schnellmaler von Wirz-
bnrg, ist 1628 zu Mecheln geboren, 1660 nachWirzburg
gekommen, wurde 1667 Bürger und blieb 30 Jahre Bür-
gerhauptmann. Er hat rastlos gemalt, sich viel Geld und
den Namen des „reichen Malers^ verdient ,- und ist mit
dem Pinsel in der Hand als ein Greis von 78 Jahren am
27. Dez; 1706 gestorben. Von ihm stammen die Hoch-
altarblätter in Stift Hang, St. Peter, St. Burkard, in der
Minoritenkirche, in den Liebfrauenkapellen in der Stadt
und auf dem Berge, und zu Üt Gertraud. Onghers hat
Gutes und Schlechtes gemalt. Oft zeigt er eine Trans-
parenz in seinem Schatten und eine Reinheit der Töne
in den Lichtern, welche an Rubens gemahnen möchte.
Manche Köpfe sind ganz charakteristisch, die Gewandung
häufig ^AdeUos. Er ist immerhin zu den besseren Malern
seiner Zeit zu zählen.
Petrini, der wälsche Baumeister, hat ausser den Fes-
tungswerken und Hang dieKarmelitenkirche, die Münze,
die alte Kaserne, das Brückenthor, das Dietricher Spital-
gebäüde, die alte Post, den Rösenbachhof^ sein Wohn-
haus auf dem Markte u. m. gebaut. Er ist am 8. April
1701 gestorben. Onghers und Petrini's Zeitgenossen sind
die Maler: Ad. Hoffmann von Ebrach (f 1648), Hanns
Kass (f 1643), Joh. B. de Ruel von Antwerpen (f 1685),
Joh. Luft (f 1710), Joh. Grünlaehner" von Gratz (1678),
die beiden Joh. Heinrich Deuerlein und J. Seil.
Hang war außerordentlich reich an Prachtornaten
und kirchlichen Utei^sUien.
m
Neumünster.
Diö reichen Chorherren von Neumunstei* komitea
der Bauhiust der Zeit, die alles Alte umzpgestaltea sich
zur Aufgabe setzte, nicht widerstehen. Sie dachten, ihre
Kirche, als die ehrwürdigste Stätte des Frankanlandes,
müsste vorab in reichstem Schmucke prangen. Neumüns-
ter war die erste Domkirche, hier wurden Kiliaia^ Kolo-
Mt, Totnan gemartert, Burkard upd Boni&oius stehen
mit seiner Baug^schiehte in Verbindung, Hräirieh l,
Adalbero, Bicheza von Polen, Bischof Otto und Micl^b^l
vouLpwen haben dem Stifte alle Liebe zugewendet. Die
Franken pilgerten gerne in die Kilianegnift, wemi a»ch
die Reliquien seit 854 in den Dom transferirt w^ en und
die Chorherren bei einer Zuruckforderung mit den Zehen-
ten von Karlstadt abgefunden wurden. Mit grossem P^mip
wurde alle Zeit das Kiliansfest im Dom undNeumiinster
zugleich gefeiert Das Stift besa^s stattliche Höfe m der
Stadt und $nt dem Lande, sdune Herren waren vielfach
vom Adel, und blatten Pfarreien und Beneficien zu ver-
geben« Schon 1581 war der Thunn mit Blei gedeckt
worden, 1605 vergrosserte man die ßruftfenster, 1609
restaurirte man an der Kiliansgruft, 1614 wurden die
Decken gewölbt, 1617 der Chor, 1652 das Mariachörlein
errichtet. Nachdem Stift Hang im neuen Glanz erstan-
den war, geschah aach der Neubau von Neumünster.
Fürstbischof Johann Philipp unterstützte das Stift auf
alle Weise.
Im Jahre 1711 wurde die alte Kiliansigruft emge-
brochen , die aus der Zeit des Bisehofs Adalbero stam-
n^endü Marienkapelle abgetragen, die neue Gruft mit
ihren breiten Toimenwölbungen aufgeführt, und bis 1716
Portal und Kuppel vollendet. Das Portal leuchtet in
Roth und wirkt durch das Linienspiel ziemlich unruhig.
Es trägt das Bild des Salvators zum Andeidien an den
alten Salvatordom, das der hei%eii ^fUngftrao, m derw
ElMre« Adal^ero clas Afiäiister c(»ß66ei4Fie, uh4 die Sta-
tuen der Apostel Kilian, Kolonat, Totaan und Burkard.
Al9ob 4iQ beiden Joliannes ednd angebracht^ denn diesen
weihte Heinrich I. seine SchöpfuBg. Jii einem Querfeld-
chen steht: 55. MM. CHILI ANO ET, SOC. FAT. PATRON.
MDCCXVL lOANNES. PHILIPPÜS. EPISCOPUS. HERB.
F. 0. X>. Die Kirche wurde durch den Anbau des Por-
tal« bedeutend veriängert (252^. Ihre Verhältnisse sind
licht Hjid freundliek, und wirken günstig für das Auge.
Stuben bemake die Kuppel^ 3emele den Plafond; De-
cbant Bemard Bayer besorgte die Kosten für die Ma-
leffiien da* Kuj^el. Nach und nach kamen 24 von Gold
strotsende Altäre in die Kirche, welche wir aber nicht
näher betrachten können^). Nur an die zwei trefflichen
Altartafeln aus Wohlgemuth^s Atelier sei in Kürze er-
innert. .
Bei ^§r Restauration von 1711 — 1714 ist eine grosse
Menge von stainemen Denkmälern verloren gegangen.
Man hatte in Neumünster einen prachtvollen, 1592 — 1594
in Nürnberg von M. Röhrlein verfi^rtigten , Sarkophag,
eiiie SUberampel, welche 1691 von Augsburg gekommen
war, 5 Mark 11 Loth wog, und 111 fl. gekostet hatte;;
die SUbwstatue von Burkard mit Edelsteinen besetzt,
welche 1691 bei Goldschmied J. Pfalzer in Augsburg
bestellt wordtti war ; das silbef ne Brustbild von Johan-
nes dem Evangelisten, 1697 bei Renz und Loschge in
Augsburg um 719 Reichsthaler vollendet. Auch das Sil-
berbild der Jungfrau wurde hoch verehrt. An allem
pfftphtYftUejn Qrpat w#^ kei» MapgeU Eine nilberver-
gqldet^ Kreui^ffippsferanip b^wfjirte einen Partikel Vom
Ui)i;^ 4w Denkmälern machen W|f au^ftor «u^hon
gep^J^tien f^\»f jene öe? BÄgelhard Funk {^ 1*13), des
KUifii a^SßF (f 1§19), des Jukob Haek (t 1557), des
U Qtopp Veontostei t7 il.
;964
Hieronymus Gantzhorn (f 1594), des Vitas Krebser
(f 1594) aufmerksam.
Der Leser begreift es wohl, wenn wir hier weniger
in die Details eingehen.
St. Peter.
Die Baugescbichte von St. Peter ist mis sehr lücken-
haft überliefert.- Drei Bauzeiten unterscheidet der erste
Blick; die von der Fassade umbauten Thürme gehören
romanischer Zeit an, die Ostung mit den Streben und
dem Maasswerk fällt in die Verfallzeit der Gothik, das
Schiff, die Gallerie und die markirte Westfronte baute
Jos. Greismg 1717—1720 auf Befehl des Fürstbischofs
Johann Philipp. Am 21. Januar 1721 wurde die fast
ganz neue Kirche von Fürstbischof Philipp Franz II.
eingeweiht. Greising erhielt 25,060 Gulden, Jakob von
der Auvera und Esterbauer fertigten die Wappen, Zier-
den und Standbilder des IPortals. Lünenschloss malte
die Seitenaltarblätter Maria Himmelfahrt und St. Lau-
rentius. Die sonstigen Gemälde stammen von Mika^s
Hand. Der Plafond enthält die Geschichte des heiligen
Petrus. Ein grosses Vesperbild ist von J. Gay. Die
Epitaphien des Hofstuccadors M. Bossi, des Maltheser-
comthurs Heinrich Freiherr von Truchsess-Rheinfelden
und des Hofräths Philipp A. Ulrich haben weiter keine
Bedeutung. Sonst ist die Kirche freundlich und hell.
St. Stephan.
Diese ehrwürdige Benediktinerabteikirche war von
Abt Eucharius 1667 — 1701 reich geschmückt worden;
baulustige Herren waren die Aebte Alberich und Roman.
Die gegenwärtige Gestalt erhielt die Kirche durch Abt
Gerard Winterstein 1789. Baumeister Kleinholz gab den
Thürmen die italienischen Dächer, vergrösserte die Fens-
ter, Maler Jos. Huber schilderte das Leben Benedikts,
Georg Winterstein, des Abtes Bruder, besorgte die Bild-
86S
hauerarbeiten an den neuen Altären. Viele Denkmäler
gingen bei der Restauration zu Grunde.
Im Jahre 1710 errichtete das Ursulinerinnenstift von
Kitzingen eine Filiale in Wirzburg, welche rasch sich
zum blühenden Institut auswuchs, und von der Wohnung
beim Dominikanerkloster in den Baumgartenhof über-
siedelte (1725). Vom Jahre 1738 an, erstand der ge-
räumige Klosterbau, in welchem seit 120 Jahren mit ge-
ringer Unterbrechung (von 1808— 18(Ä) fromme Frauen
die Jugend unterrichten. Das mit dem Gebäude verein-
igte ehemalige Antoniterkirchlein ist etwas klein. Das
Altarblatt darin, 'die Verkündigung darstellend, malte
Ph. Stöhr. Die Sakristei bewahrt zwei bewunderungs-
würdige Meisterwerke vom Karthäusermönch aus Engel-
garten, Priester Franz Sebert, zwei Ornate mit den aus-
gezeichnetsten Stickereien (1762). Die eine Casula ist
mit der Verkündigung, der Geburt und der Darstellung
der heiligsten Dreifaltigkeit geschmückt , die andere zeigt
das Abendmahl und die Uebergabe der Schlüssel des
Himmelreiches an Petrus durch Christus den Herrn.
Sebert hat die Zeichnung vollkommen beherrscht, die
günstigste Farbenwirkung fein herausgefühlt. Gold- und
Silberfaden wendet er nicht zu häufig an, weiss aber
doch eine sprühende Pracht hervorzuzaubern. Er ist in
seinem Fach. ein Meister bester Art, mit dem die ge-
schicktesten Frauenhände kaum in Concurrenz treten
können. Wir müssen diese Ornate, denen der Dom und
Neumünster ebenbürtige nicht an die Seite stellen kön-
nen, mit dem überaus zierlich und brillant gearbeiteten
Prachtkelch, den Messkännchen und Teller in der Mi-
noritensacristei in Parallele stellen. In dieser Art der
Kleinkunst lernen wir die Renaissance bewimdern.
Im Schottenstift liess Abt Wilhelm mehrere Gebäude
auffuhren, Abt Johannes zwei Altäre in die Kirche set-
woH uAA din Hofepittt enichtM (168e^l667X AM B^-
nardus baute eineh neuen* Chor tind eiöe OtgA (1479^
1685); auch unter Marian erhoben sich einige Baulich-
keiten (1688). Unter Abt Augustin Bruce erhielten die Fas-
sade und die Abseiten ihre jetsige Oeotdt (1715—1716),
Abt Maurus mehrte den Ornat ; Abt Augüstiii Ihiffns ver-
mehrte £e BibUothek und die Fabricik (1737 — 17&3X
Prior Jakob Stuart liess den Makariusaltar mit neoen
Zierden versehen, Prior Columban Mdcgov^ elteUte den
einen Thurm her und liess die Kirehe ne« decken ^X
Auch in der Dominikanerkirche gesehi^aa Restau-
rationen (1744). Fürstbischof Friedrich Karl imterstützte
die Mönche. Der Chor erhidt Rundbögenfenstet^ das
Langhaus wurde giuiz neu aufgefuhi^, und von Ennel-
traut mit Darstellungen aus der Ordensgeschick^ g€$-
ziert; die biblischen Scenen im Chor malte Uflaftb
(1754_1745); die Composition ist trdßieh, da^ Colorit
vielfach gelungen. Die Uriaub gehörten zu den bessern
Malern, die in' Wirzburg thäiig WM*en. Thungerslieim
ist ihr Vaterort, Georg Anton ist 1739 gtestorben. Das
Todesjahr Ckristian^s ist uns im Augenblick aiehft erin-
nerlich. J. Andr. Urlaub starb 1781. Vor den Oenaimten
ist G. Sebssüan Urkub um 1738 thätig. Ali die Uriairi^
sind Lünensehloss von Düsseldorf (f 1762)^ HofixuAer
Johann Remele (f 1740), Hofmaler Marx Friedridi Klei-
nert von Nürnberg (f 1742) ansiurelhen. Dritten und vier-
ten Ranges sind die Ni»nen der Maler W. HSgler von
Vorhausen bei Sabsburg (tl754), Fram; Luft (1719),
Anton Gkntschmgg von Botzen (f 4766), J^ M. TMssket
172»), G. Fr. Leybaeh von Rottergmnd (f 1768)vFrraif
Roth (1757), Friedrich Rol^ (tl78»), J.W.Sehnutt von
Forchheim, J. M. Wolker von Schelkingen in Oberos-
t^rei^ (1766), i. B. Roder von Bfibler (tl750), Joh.
Thalhofer (tl777), Flachner Luk von Fuld (tl764),
i) Uf sarmsiiB SP. WB. ^84. §^.
SV. ThElhe!ini»r vmi CMtob^uärfl (Yt^% und A. J. Ifög-
]« (t 1786). Die let^n Boßanalet sind Peter Qtttmä
vo» Pi-ag (tl783), J. N- Tteu (tl783), J. A. LeybÄch
(tl791), Christ Peßel rm Oteüsehftitt (flSOÖ), Jos. H*
Schmidt (1779)^ Kaspar Sefamidt (1«04), Johann Tölk
von Och»enftirt (fl^lS), K. Ftetind (1776), Jos. Nolten
(flSOS), Heifirich Schleyer von Priesenhan8en.(f 1782),
nnd Jos. Ernst Schwab von Gerölzhofen (f 1800). Als'
StMiöeadoren sind die Bossi (Joseph Felix und Matern)
iBi4 die Castelii (Karl und Johann), alle aus Italien, zu
efwäftaiffii;
St. Burkard.
Wit haben der Plünderungen, welche das Stift er-
fahren, äbwte der Restaurationen 1667 ff. wiederholt
gedacht. Hier Wolle noch auf die Chorsfühle und den
Itfigelaltar in der Sttdhalle des Transepts aufmerksam
gemacht sein. Die Chorstiihle sind reich mit den ver-
dchiedenartigsten Maaswerk versehen, das noch gothi-
sehen Normen folgt, aber bereits vom Verfall ereilt,
sich nicht mehr zum harmonischen Gebilde zusammen-
fügt. Der Klappenaltar von 1590 liefert den Beweiss,
dass Wirzburg auch hierin später als andere deutsche
Städte dSe alte Tradition verlies«. Der Altar, welcher
auf der einen Seite das Leben Mariens in haut Relief
darstellt, auf der entgegengesetzten das Leiden Christi
in Oel gemalt zeigt, zerfallt in 3 Theile, jeder wieder
in 3 Felder, das Ganze wird von einem Untersatze, 6
Engel mit den Leidenswerkzeugen, die Mater dolorosa
in ihrer Mitte zeichend, getragen, und von einem Chris-
tus auf dem Hirone darstellenden Aufsatä^e, der in einem
Giebeldache schliesst, gekrönt. 4 Statuetten von denen
ä' (Paulus und Petrus) zur Seite des genannten Aufsatzes
stehen, das andere Paar (Andreas und Burkardus) auf
den Aussenwänden des Mittelstückes ruhen, verleihen
86»
dem Werke eine grössere Rundung^ und tdnd eine nicht
gering zu schätzende Beigabe. Das Hauptblatt auf der
Seite, welches das Leben Marions in Skulpturen ver-
anschaulicht, bildet die Himmelfahrt der Jungfrau, und
zeichnet Isich besonders aus durch die schöne Gruppirung
der hier erscheinenden Personen. Zeigt es eigentlich
eine doppelte Handlung, indem es uns einmal den Him-
mel öffnet und dann wieder auf die Erde weiss);, zu der
um das Grab versammelten Apostelschaar, so ist dock
die Einheit der Composition in der zwischen beiden
schwebenden Madonna vollkommen gewahrt, indem sie
als der Gegenstand, auf den das Auge der Dreifaltigkeit
erwartungsvoll hemiederschaut, und zugleich als die Ge-
stalt, der die Jünger ihre Blicke nachsenden, zum Mit-
telpunkte des Ganzen wird, in dessen Betrachtung, wie
in ihm selbst, die beiden Sphären sich begegnen, auch
das Auge des Beschauenden beide Scenen zusanunen-
scbliesst. Dieser Gegensatz und seine Vermittlung er-
weitert sich, wenn wir . das Bild als Mittel zwischen der
über ihm liegenden und der unter ihm stehenden Tafel
des obern und untern Theils in's Auge fassen; wie die
alma Mater den Einigungspunkt zwischen dem Himmel
und der Erde bildet, so steht das Bild nun selbst wieder
als die rechte Mitte zwischen der auf jenen Platten
enthaltenen Darstellungen der Krönung und des Todes
Mariens da. Um diese 3 Hauptblätter gruppiren sich
, nun auf den Flügelfeldern die übrigen Scenen aus dem
Leben der Jungfrau, und zwar zeigt auf dem rechten
Flügel das erste Feld von oben herunter die Heimsuch-
ung, das zweite die Yerkündigimg und die Opferung im
Tempel^ das dritte die Eeinigung Mariens, während auf
dem linken Flügel die Geburt unseres Herrn im ersten
Felde, die Beschneidung und Erscheimmg im zweiten,
und im dritten die Geburt Mariens sich befindet. Die
Figuren sind reich vergoldet, die Gesichter wie der
Hintergrund bemalt.
• Die 'Rückseite des Altars ist ein Oelgemälde mit
Szenen aus der Passion. Ohne dass hier wie oben eine
derselben zum eigentlichen Hauptblatt gewählt wor-
den wäre, wird uns das gan^e Leiden des Herrn von
dem Einzüge in Jerusalem bis zu seiner Himmelfahrt
vorgeführt. Die Feldereintheilung ist eine weit reichere
als die der andern Seite ; die obere Tafel enthält deren
acht: die schlafenden Jünger, das Abendmahl, dieFuss-
waschung, den feierlichen Einzug in Jerusalem, Christus
auf dem Wege zu dem Hohenpriester, von diesem in
das Richthaus, das Zeugniss seiner Gottheit und die Ge-
fangennehmung; das Mittelstück zeigt auf eben so viel
Feldern, aber von doppelten Umfange .den Heiland vor
Herodes, die Geisslung, die Krönung, die Schaustellung
vor dem Volke, den Richterspruch und die Händewasch-
ung des Pilatus, den Fussfall, die Anheftung an das
Kreuz und Maria und Johannes unter dem Kreuze,
während das untere Theil in vier Tafeln von verjüngtem
Maasstabe mit den letzten Szenen: der Kreuzab-
nahme, Grablegung, Auferstehung und Himmelfahrt
schliesst.
Betrachten wir nun die jener Zeit eigenthümliche
Gewandung, die Verkürzung in den einzelnen Gliedern
der menschlichen Gestalt, den Mangel einer richtigen
Perspective, die Naivetät der Auffassung, die in histo-
rischen Darstellungen oft das Genre durchblicken lässt,
die äusserst grosse Individualisirng, die sich über das
ganze Werk verbreitet, und den Künstler seine ganze
Kraft auf den Ausdruck der Gesichter richten lässt —
von einigen 100 Physiognomieen ist keine der andern
ähnlich und jede in Bezug auf Ausdruck imd Empfindung
mit wahrer Meisterschaft ausgeführt — so kann der Ken-
ner nicht leicht in Verlegenheit kommen, welcher Zeit
und welcher Schule er dieses Kunstwerk vindiciren soll,
auch wenn die fromme Inschrift, die auf einem Vor-
sprangef der den Uebergang von dem mittlem und gros-
24
BfA
deren zu dem oberen Stücke vermittelt, angebracht ist,
es ihm nicht sagen würde:
Tausend Fünfhundert und Neunzigk Jar
Da Zumal die Jahr Zahl War
Als Dechani mdt das gancz Kapittl
Verwilligt hau durch Loblig mittl
Auff Zurichten Den Pfhar Altar
Zu Welchem gemelte Herr Zwar
Gantz miltiglich ihr HiUff gethan
Samöt vile Herren auch gemainen Mann
Maria Gottes Muüer merekh
Ist Blonder geehrt in disem Werckh
Von welcher Christus ward gebaren
Auf das wir würden nicht verloren.
Der aller heiligsten Trifaltikhayt
Sei Lob und Freys in Ewigkhayt
Die woU ms allen nach disem Leben
Die ewig Fraid md Wolfarth geben.
Das alte Pfarrbuch der St. Burkardspfarre gibt ge-
nauen Attfschluss über Urheber und über Kosten des
Altars:
„Anno Dnu i589 den 20. ApprilUs wurdt der neu
Pfarr AUar dem Errafften Vnd Achtbam Alexander
MuUer mahler Vnd Burgere allhie Zu Würzburg Zu
machen verlihen Für 850 /f Wurt Verfertigt vndt
oufgerichtAo i59i, Vnn durch den Ehrwürdigen mnit
hochgelerten Herrn Johan ErMein Weybischofen Zu
Bamberg pf Sontag den 24. Januarij Anno i593 cm-
secrirt tmndt geweyet.
Cost in allem Zu machen laut einter SpecificatUm
in des Gottshauss Verwahrung ligente
9U:fi 2& i8 4fe«.
£s zählt jeden emzekßtön JBeilraggdber auf, imter daaen
„Der Bochwurdig Fürst mndt Herr Herr Mim Bi^^hafzu
WUrsii^g mndt Msrmg iu Frm^tim'' d^ oben an steht.
Aacdb JPrmin vmA Cmwmt in 90m$in des ßosters üimely
Pforten Vndter WMndmrgf' UUen m^W).
St. Mich aal.
Mai^ apricjit gefa von ei^eip Jesuiten^tyl. H^t 4er-
selbjß seine B^undup^ in der Ordensregel, oder bildete
er sich von selbsit durch die Zeitvejrhältnigse nnd die
Aufgabe de^ Ordens in der Zeit?
(ihrj^sere P^nUebkaiten, wie Kireb^n und Seminft-
rien, dpr&i^ «uy jptit Eulaubniö» dß* Creneruls (5rrißbtet
werden; b^ kl^y^ren ist d«^r Provinciftl m befrftgön;
Maafis 0u hiit»n bei A^ge von Q^llegien \md Orißm-
hSM&in irt Voraebrift, Sie sollen nicfefc wi^ die Pallästß
derfirpasen «sdcbeinon, «ib^ ^h mim aivectopaS^sig, ge-
sund \mA diwißtbaft gd>a«t| ^ sei» nipbt fepstb^r, mpht
fom^fhj^ itlisigfiftt#(et, J)^t Axin^ih d^ß O'dßps m der
Baumeister allezeit isutefodf nk. ^d f. p, Gemroim Vß-
ferendß mdf^ /<w«W ^f^ W<^W ^^ipcjorum cqmtruen-
Pjß Roctpr^j^i haben die Sorge für das (Sjebä^de zu
überpeh^iaip.
Voipi d^P^ Pa^art der Kirchen bericbten die Decrete
der Poi^gregation nicbt?? P}e regtdße aeditm §t praefecH
ecclmqfi ^rmahpm mf JBeinliichlceitj W^ch^ainkeHj Ord-
ijwpg, ^flhe m^ W^rde und ;^ur geQfmen BucMührung,
geben %b?|jr ^onßt lyeine Norm, von der hißr Nptiz ge-
ppnaipeg werd^J^ köngpite.
In d»n jQ^iptenkirßbe» dürfß» |iur die OrUndßr der
CoUegien, Fürsten und Prälaten begraben y^erden, An-
dere9 Personen, wie gross auch ihre Verdienste sein
mögen, ist die Sepultur in der Kirche zu verweigern.
1) MittheUung d«g H Ob^rMMiotliekari Dr. A. Rnland,
24*
872
Diess ist die Quintessenz über die Bauwerke der
Jesuiten, Eingehenderes kommt in keinem der Bände des
corpus insühäiamm der Gesellschaft vor 0*
Als die Jesuiten 1567 aus Freiburg nach Wirzburg
berufen wurden, erhielten sie das alte Agnetenkloster,
welches bis dahin von ganz wenigen Nonnen mehr be-
wohnt war. Die erste Jesuitenkirche wurde 1606 — 1609
erbaut; der Plan von 1648, wie Kleineres Stich, zeigen
sie mit zwei oben luftig durchbrochenen Thürmen, deren
Bau sich bis 1618 fortsetzte. Doch die etwas arm ange-
legte Kirche wollte mit dem stattlichen Colleg von 1715
nicht harmoniren; von 1765 im Juli an sollte nach dem
Plan des Hofbauamtmanns J. P. Geigel der amplificirte
Neubau sich fortsetzen. M. Bossi vollendete die Stuck-
arbeiten und vier Altäre, Hofmaler Appiani von Mainz
hatte die Kuppeln und die Decken der Schiffe mit Fred-
ken versehen. Noch war man nicht zu Ende, langte das
Aufhebungsdecret des Ordens an. Hofarchitekt J; A.
Gärtner und Hofmaler Chr. Fesel legten zu Anfang die-
ses Jahrhunderts die letzte Hand an.
Die Fassade ist dreifach getheilt, in der Höhe und
Breite. Vier toskanische Säulen schliessen das Mittel-
portal, je zwei Pilaster die Seitenthüren ein. Den krö-
nenden Giebel ziert das Auge Gottes. Den Bau umläuft
ein stattlicher Sockel , dessen Quadern alle mit Majus-
keln als Steinmotzzeichen versehen sind. Daraus wach-
sen südlich und nördlich je zehn Pilaster, welche, in das
Dach der Abseite mittelst unschöner Krönungen ein-
springen. Das Transept ist klar ausgesprochen. Nach
Aussen schaut sich der Bau monoton und schwerfällig
an, im Innern ist er licht, freundlich und gefallig. Die
Gallerieen und Kuppelwölbungen bringen Mannigfaltig-
keit in die Perspective. Hochaltar und Thurm stehen
i) Regulae Soc. Jesu. Antw. (1719.) 632. 633. Decreto I. II.. con^eg.
871. 76d. Corp. Instit. Soc. Jes. 594. sqq.
878
seltsamer Weise nach Westen, wie in der Karmeliten-
kirche, der Kirche auf dem Käppele mid in der Spital-
kirche jenseits des Mains.
Der Kim'stfreund wird die hübsche Cdpie der Ma-
danna Sixti auf dem Altar der Nordseite sich näher be-
trachten. Wie in der Stiftskirche Hang hat auch in
St. Michael der heiUge Aquilinus einen Altar erhalten*
Die Liebfrauenkirche auf dem. St. Nikolau^berge.
Die Stationsbilder in den vierzehn Kapellen derKal-
varientreppe zählen zu den merkwürdigsten Skulpturen
von Wirzburg. Wenn auch die beiden Kirchen auf dem
Berge sich durch Kunstwerke weniger auszeichnen, so
wird ims doch die Baugeschichte derselben interessiren *).
Vor zweihundert Jahren stand in der JCtte des
Kiessberges zwischen Ellern und Weinstöcken ein Bild-
stock mit einem Vesperbild aus Holz; der Sohn eines
Fischers hatte dasselbe 1640 in ein. kunstlos aufgemauer-
tes Häuschen gestellt. Die Winzer und die Hirten
schmückten gerne das Bild der Gebenedeiten mit Krän-
zen von Feldblumen und frischem Laubwerk, und hingen
am Bildstock die Erstlinge der Trauben auf. So mancher
hat hier gebetet? und weil er Glauben hatte^ wurde ihm
geholfen. Das Protokoll, welches Fürstbischof Johann
Philipp von Schönbom am 6. Juli 1650 .aufnehmen liess,
gibt Zeugniss bievon. Es wurde eine Kapelle über dem
Bilde erbaut, die bald vergrössert werden musste ; Peter
Weinspeiser und Jörg Schüglich leiteten den Bau (1684) ;
169i8 und 1699 wurden neue Altäre errichtet. Statt des
uralten. Namens Kle^sberg kommt allmählig der Name
Nikolausberg inUebung, während Käppele erst seit 1730
gebraucht wird. Verschiedene. Mrunderbafe Erscheinungen
steigerten das Zusammenströmen der Gläubigen ausser-
ordentlich; schon gehörte die Kapelle nächst Dettelbach,
<) Hirn iirel stein d^r fränkUclie Geschlcbtsfireüncl I. 7. tt.
3T4
Kreiubtrrg auf der BHdn, FiddeWei^ LMdeidbinä^ M^-
chenthal^ Orüh^nthal^FriodrietlivMflRiabüok^^BlHt^gm^
Kirchberg bei Volkach, WaUthfir^ udd HOdAe^ tm
den beduchtestfen WaUflthrtsorteii de« Frindimilafläs. Im
Jahr 1718 i^ürde £e Küpelle üM SO" ylffKfigtstt I>igir
Kupferstich des i* A. GorviAüii sseigt lins dto nMh lai-
bedeutenden Bau^ Im Jahi^ 1736 eiffwkrf KeifmAtäi d^il
Riss zu dem Neubau einer grossen Kirche; doch erst
am 5. April 1748 legte dör Abt voä ÖfeenJ^fl^ F. Öltwiild
Loschert den Grnmdsteki« Das IhvehtM^ tM 1747 ver-
zeichnet an Silber: 2 Ampeln^ 6 AltarlMehter^ 3 ktoiae
Leuchter, 2Coi]amumcaiitenbeolier^ 4Me^ele]iev S^eise-
kelche, 2 Paar Messkäsnchefi^ § Crudfi^e^ 5 Kirdneo^ 30
Kreuzlein, 56 Agnuedei^ PaterieiR^ AfllidMHitte^ Medaill^
4 MarieflMldef , 6 KinderbUdnlsäfe, 1 maiiidiekes Brust-
bild, 3 Brüste, 2 Hereen^ 5 Fttfil^$ 2 Htede^ 1 Zm^f&i
2 Paar Augen ^ 2 Zähne ^ 1 Halskette, 1 Brus&ett^^ 2
Gürtel, 2 Haarnadeln, 1 Silbeiting, 11 gcddeeFe Fixigcff-
ringe ^ 84 RoBenkräaze von Silber^ Granat^i^ GoVillleB,
Perlmutter, Agat, Co<sttd u% i^ f« ) 87 MuttergettesrSeklrin^
in allen Farbiw, 9 Schleier u« A. Die Liebff inff Gottes-
mutter, die sich beim Biu der Kalbte im HersW der
Stadt im fünfaebnten Jfidirhttildert so glanaend g^eigl
hatte, war noch so stark wie alleaeitiBünwrl^niielb^lMlNi
Wirzburg. 1758 war der Bau fertig geworden. Dte
Deckengemälde hatten 1300 fl< gekostet» Aueh diS Ko-
spiz der Kapuziner war 1748 rasch aür Vollendwig g£h
diehen. Die Patres schaflten selbst difö Material herbäi
Die Kirche ist zwar keine Kapuiänerkirebe, es mögi)
hier aber dock Weniges über Kiqp«zineYbaut«ft aügemcirkt
sein. Die Diözese besaas ausser Wlfzburg dercüi iM
Mergentheim , die der Deut&ehmeii^ter Johv Kaspar vta
Stadion 1628 baute) 1654 20« Oet. wurde sie wiederholt
consecrirt; in Kitziog^ 1631, wo das Klestet und die
Kirche noch wohl erhalten sind; zu Neckarsulm 1661 ; die
Kirche wurde 1664 geweiht. Zu Koni^hofen im Grab-
37&
feld geschah die Weihung am 30. Aug. 1665; zu Och-
senfurt wurde von 1664 bis 16. Oct. 1667 gebaut (noch
steht Kirche und Kloster) , zu Karlstadt vom 9. August
1670 bis 5. August 1674 ^ Komburg vollendeten sie 1713,
Mariabuchen 1716 unter ChrJstopK Fran» von Hütten.
Auch 2U Wertheim, Bartenstein, Pf ettelbach, Stettenfeld,
und Friessenhausen lebten Kapuziner 0- Die ßegel der
Kapuziner verordnet Nachstehendes über die Bauten:
Die Klöster der Kapuziner sollten der heUigen Armuth
in AUen^ entsprechen; die Kirchen sollen arm, klein, aber
zur Andacht stimmend, anstandig und sehr rein sein.
Keine grossen Kirchen sollen gebaut werden, um darin
pred^en zu können. Nur eine einzige Thurmglocke von
150 Pfund imd beiläufig soll die Kirche haben; arm sei
die Sakristei, doch sei ein guter Schlüssel vorhanden.
Es döUeii zwei gemeinschaftliche Kelche öiit silbernen
Schalen und gut vergoldeten Pateneh vorhanden sein;
sonst sei an Kelchen und Paramenten vorhanden, was
die liTothdiBrft erheischt. Zu den Paramenten und Altar-
tücKerft soll man (nach der Glementinidchen Satzung)
weder Gold noch Silber, noch andre eitle und kostbare
Dinge gebrauchen; alle Paramente werden sauber und
rein gehalten. Die Corporalien und Purificatorien seien
ganz unbefleckt, die Leuchter aus einfachem Holze ge-
drechselt. XHe Messbücher, Breviere und alle anderen
Bücher sollen nach der Armuth gebunden und ohne allzu
zierliche Zeichenbänder sein. Dinge von Gold, Silber,
Sammt und Seide anzunehmen, ist nicht erlaubt; bei
Kelchen, Custodien des heiligsten Sacramentes, den Ta-
bernakeln, Tabernakeldecken und Kelchtüchem wird
eine Ausnahme gestattet.
Die Zellen seien 9 Spannen lang und breit, und 10
Spannen hoch; die Thüren 7, Spannen hoch, 2 Va Span-
nen breit; die Fenster 2 Vj Spannen hoch, IVa breit; der
^) aiop9 <^oI^et^ MavisB. l¥. 169. Ar«hiT lY. 9. H.
376
Gang des Dormitoriums sei 6 Spannen breit. Die Hohe
vom Fussboden des Refectoriums . bis zum Plafond soll
13 Spannen nicbt überschreiten, und nur wo' die Luft
gar schlecht wäre, mag die vierzehnte noch hinzakom-
nien. So seien auch die anderen Gemächer klein, de-^
müthig, arm, unansehnlich, niedrig; eine jede Sache pre-
dige diie Derauth, Armuth und Weltverachtung. Der Pro-
vincial und vier kunstverständige Brüder haben allezeit
den Bauplatz und das Modelle zu prüfen , und die Bau-
lichkeit so zu ordnen, dass man später nichts zu ändern
lind abzubrechen habe. Wenn sie nicht eins werden, so
sollen sie heimlich abstimmen, und der Provincial habe
nur eine Stimme. Diese vier Brüder mit dem Provincial
bildeten eine Art oberste Baubehörde.
Als von 1759 an auf demKäppele die Stationsbilder er-
richtet würden, flössen da^u nicht nur reichliche Geldopfer
der Gläubigen, sondern man half mit persönlichen Hilfe-
leistungen^ Es waren am Fusse des Berges eine Menge
vierkantiger theils mit Sand theils mit ungelöschtem Kalk
gefüllter Kübel aufgestellt, welche von den andächtigen
Besuchern der Kapelle um Gotteslohn den Berg hinauf-
getragen und. leer heruntergebracht wurden. Unyer-
gängUche Verdienste um den Bau erwarben sich die bei-
den Pfleger Hartmann und Köstner. Im Jahre 1768
wurden die beiden , Seitenaltäre vollendet, 1778 die mar-
morne Gonimunicantenbank verfertigt. In den . wilden
Kriegszeiten zu Anfang des Jahrhunderts hat die Mutter
Gottes schützend über dem Hause gewaltet.
Es gibt wenige Punkte im weiten Vaterland so rei-
zend und bezaubernd öchön wie die Kreüzwegterrasse
und die Kirche auf dem Nikolausberge. Die 338 Stufen
der sechsgetheilten Doppelstiegen führen sanft an. Erst
überraschen drei Apostelbilder aus der Schule des Meis-
ters Dill, dann gewahren wir rechts ein Madonnenbild
aus dem vierzehnten J^ahrhundert auf einer combinirten
877'
Säule, dazwischen und -weiter hinan stehen mehrere Be-
üaissancefiguren. Die erste Terrasse ist 80^ breit und
62^ tief, und enthält zwei Kapellen, während die folgen-
den vier deren je drei enthalten. Sie sind sämmtlich im
Rechteck constndrt, an den Ecken abgekantet und mit
einer Kuppel geschlossen. Jede, ist 14^ breit, 9' tief,
mit der. Kuppel 24^ hoch. Naeh vorne sind sie offen,
doch schützt ein Qitter die lebensgrossen Figuren. Diese
sind unter Leitung des Hofbildhauers J. P. Wagner zu-
meist von seinem Verwandten Sim. Wagner aus grünlichem
Sandstein gehauen. Sie sind in ihrer Art vollkommene
Meisterwerke, und stehen aIb frühe Vorboten eines bes-
seren Geschmackes einzig in ihrer Zeit. An der Kreu-
zigung sehen wir allerdings ein Haschen nach theatrali-
schem Effect; auch die Grablegung ist zu unruhig
bewegt. Aber sonst tritt uns eine Hoheit und Wurde
entgegen, welche dieser Zeit nur zu oft unbekannt war.
Die Frauengestalten sind edel im Ausdruck, die Gewan-
dung der Kriegsknechte ist gewählt, Christus mehrfach
vollkommen gelungen.
Die Kirche hat ein Mittelquadrat mit ausspringenden
Nischen. Das Hochaltarbild, die Heimsuchung, ist von
Jos. Huber aus Augsburg^ St. Nikolaus wurde vom Bam-
berger. Hofmaler Nik. Treu gemacht. Matthäus Günther
aus Augsburg fertigte die Deckengemälde : die Verherr-
lichung Maria^s und Szenen aus dem alten Bunde. Das
kunstlose Gnadenbild in der südlich angebauten Kapelle
ist 14" hoch. Man beachte hier ein durch die Tracht
eigenthümliches gemaltes Madonnabild.
Wir haben noch einiger kunsterfährenei Männer aus
dem geistlichen Stande dankbar zu' gedenken.
Der erste ist der Bruder Küiän Stauffer von Berno-
münster im Kanton Luzern, der von 1690 an meist im
Minoritenkloster zu Wirzburg lebte, und daselbst am 24^
878
Juni 1729 starb, nachdem er mehr als 50 Jahre imKlo6t«r
gedient hatte« Ein Kimstschreiner Ton Profession ver-
fertigte er verschiedene Altäre, und überklddete diese
mit einem eigenthümlichen Stockaufferag, der den Max-
mor täuschend nachahmte. In Wirzburg hatte noch Keiner
diese Technik so verstanden. Er fertigte den Hochaltar,
den Liebfrauen- und Antoniusaltar in ^soiner Ordenskirche,
den Altar im Y alentinssaale , die vier Säulen im ehe-
maligen stattlichen Sommerrefectorium und in der Sa-
kristei, sowie die Gypsmarmorarbeiten in dem Biblio-
theksaal des Klosters. Sein Wei^ sind die Altäre in
der alten Hofkirche auf Marienberg, der noch, stehende
Hochaltar in der Deutschhauskirche, drei Altäre und
die Kanael in d^ Widifafartskircbe Föhtbrüok, vier Al-
täre, die Kanzel und zwei Chorstühle in de^r Kloster-
kirche zu Schönau; ein fünfter Altar in der dortigen
Sakristei ist vor Jahren durch elementaren Einftuss «ai
Grunde gegangen. Die Arbeiten in der Universitätskirche
sind verschwunden. Die Chroilik von Schönau bemerkt,
.dass er auch die Kirche der Klosterfrauen zu Kitzingen
schmückte; auch die Ordenskircfae zu Maria Mayhmgen
bei Wallerstein bewahrt Arbeiten seiner Hand. Fürst-
bisehof Gottfried liebte den kunstsinnigen Bruder sehr,
und schenkte auf seine Bitte dem Orden das verfallene
Schönau, ivelche Donation Fürst Johann Philipp am 2«
April 1699 bestätigte. Bruder Kilian erhielt vom Pro-
vincial Franz Hammer den Auftrag, Kloster imd Kirche
aus den Ruinen zu erheben. Er ging muthig an Werk;
die Brüder Kajetan und Hyazinth unterstützten ihn
kräftig. Sie litten manche Noth, aber die Restauration
machte Fortschritte. Das alte Cisterzienserdachthürm-
chen wurde abgetragen, der Dachstuhl eingelegt^ die
Kirchenmauer um 6^ erhöht. Die Universität schenkte
Holz, so auch der Fürst, die Altbayem gaben fromme
Gaben; 1710 war die Kirche vollendet und wurde am
37. Juli 1710 comtecrirt. Leider hat die Restauration der
m
W^d^t. Det^ K6t6st ätn GiöÄfal» Von Tkattgi^h kätn «ü
9^1^ dte ÖötteBäiigtihg döt fBfötlkhmi Öofkaüiftier hatte
Bei^Ä dÄs VöJdetbeh völl*n<tet. Iii A6t QkkAiUi feti
8tih9»*tk hiög bfe 184Ö KiliÄtt'ö PortrMt. Es Mite döö-
&ai\kr^ d* fe smth Cöpkeii iiäth Wirübürg gebtacht Würde^
fe%i«te*ailäK^ be*Wli*t btWbeA, und üifeM Ve^tkomftieii
ftöBeÄ. Das G^d^hkbüöli dfes Klöster^s ^«nfert äih 8. des
ktinfttö Jüfi kn Bruder Kiliatt und sÄgt ix. ä. : „«?«r oft urtm
trii tt ^mfkh dHaöÜs-^fädbertfin cet^ssimi^ principibm et
tdti iuMtttaü ii;ppHihe ckmts *).
BfttdÖi' he(^6\A WS\±A aüö Öäüttetödörf iii Uhter-
SäteriiSfcli ÄdiiWt dW Töcfrhlk KÜiah^s voUkoriitAen et^
tetnt, fti Ääncheih örö ht^6h wfeitöt änggebildet zu haben.
ÄWl^t^Bfeh iY74--lfdl stellte derselbe vier Ältfere attd
dl« Kinifdl lü dfer Afinöritehktrche uftd eiüfeü Altai» in
*^t K^^jHc her. Terttmtfilich libetfeleidete er auch die
SXttWii Inl feörgfetöriiita ühd dife zwei S&tileii ift den
Sßi^hMfhiüetti. Er ist am 29. Oktober 1812 gestorbeh^).
jbeiii Brüder tCäiän aus der Schweiz müssen wir
dfen eiirwüi'äigeh unvergesslicten Joseph Bonavita Blank
ajiMheh. Er war ain 23. März ItiO zu Wirzburg ge-
boriBn, if at mit 15 Jähreü in den if ihorit'enordien, zeich-
Üfete iAoii durch mannigfache l^enntnisse aus, und lehrte
iii 'Verschiedenen Städten der oberdeutschen Ordenspro-
vinz. t)re Schweiz ist ihm wie eine zweite Üteimath ge-
wöfdeh. Dieser merkwürdig^ Maiiti, dessen Namen zu
Ähfang des Jahrhunderts ganz Europa kannte, schuf
wunderbare Werke der Jtaturmalerei. Auf seinen Vielen
Weisen nach allen Dichtungen der Schweiz hatte er
mehrere tausend Moose gesammelt, die IS'atur zu allen
i) Arch. IV. 3. 62. ff.
% t^acb gefafßgeii l^^ÜlieAuiiien des ^. Iboväiil^VA Örammer.
88Q
Jahreszeiten in ihren geheimsten W«rks]^ätten belauscht und
ihre Beschäftigung beobachtet. Mit vielen Beschwerden
auf Bergreisen hatte er einen grossen Vorrath von Stoffen
zur natürlichen Malerei gesanunelt, den er in freien Stun-
den musterte und ordnete. Der Anblick einer so reidien
und mannigfaltigen Sammlung stellte an sich schon ein
natürliches Gemälde dar. Er zeichnete nun eine Land-
schaft auf das PaJ^ier hin^ und trug mit Beobachtung der
malerischen Grundsätze und Yertheilung des Schattens
und Lichtes lauter N^turproducte auf — und es entstand
unter seinen Händen eine ländliche malerische Gegend,
Das Erstlingswerk dieser Malerei machte dem Pater ein
unaussprechliches Vergnügen. Er gab es nie von sich,
obwohl ihm ein Engländer eine ausserordentliche Summe
bot Als er Pfarrer und Beichtvater im Frauenkloster
Paradies bei SchafiFhaussn geworden war, gewann er
Müsse, unermüdet die aufgefasste Idee dieser Moosmosaik
zu verfolgen. Zur Erholung fertigte er einige kupfer-
stichartige Stücke aus den feinsten weissen und schwar-
zen Steinmoosen, die er auf hohen Bergen bei Freiburg
in der Schweiz gesammelt hatte. Sie erhielten imge-
wohnlichen Beifall. In Paradies machte er nicht bloss
Baben und Elstern zahm, sondern formirte auch mit
seinen elftausend Blumentöpfen einen wunderbar bril-.
lauten Teppich, der jedes Auge bezauberte. Das ent-
zückende Farbenspiel bereicherte seine Phantasie -mit
allzeit neuen Bildern für die musivischen Darstellungen.
In dieser seltsamen Technik wurde er rasch ein vollen-
deter Meister. Es gelang ihm, das imposante. Natur-
schauspiel, den Rheinfall bei Schaffhausen, mit Erstaunen
erregender Treue nachzubilden. Auch selbst mit Feder-
chen stellte er überraschende Gemälde her. Er verstand
es, aus Holzblättchen Landschaften zu malen, und aus
Sämereien Gemälde zu fertigen. Mit eiserner Geduld
hat er mit den Haaren der Thiere gemalt, und aus dem
Staube von Schmetterlingen die reizendsten kostbarsten
881
Figuren heWorgezaubert. In seinem Laboratorium sah
man allerlei Moose, Erdarten, Blumen und Baumblätter,
Papilionenflügel, Staub, Federn aller Vög-el, Sämereien,
Insectengespinnste, alle Arten von Flachs, Pflanzenwolle
Und Pflanzenseide. Alles war sinnreich geordnet. Das
Unbedeutendste, was der Mensch sonst mit Füssen tritt,
hatte für £ilank Werth; seine geschickte Hand verstand
Alles zu Kunstmalereien zu benützen. Er kehrte 1789
nach^ Wirzburg in sein Kloster zurück, nachdem er 36
Jahre vom Vaterlande ferne gelebt hatte. Sein Kunst-
uhd Naturaliencabinet, das er im Minoritenkloster an-
legte ^ zog bald die Aufmerksamkeit von Europa auf
sich. Kaiser Leopold und Franz von Oesterreich, Kai-
serin Theresia und Karolina, König Max Joseph, Köni-
gin Karolinä, Kronprinz Ludwig und viele himderte von
fürstliehen Personen bewunderten seine Leistungen.
Blank trat auf den Wunsch des Fürstbischofs Franz
Ludwig in fürstliche Dienste, wurde Universitättsprofessor,
überliess seine Sammlung der Mosaiken dem Festen,
sein reiches Naturaliencabinet der Universität, und er-
lebte ein rühmliches Alter. Er ist 1827 am 26. Februar
gestorben.
Barbara Thein, am 18. März 1775 in Hassfürt ge-
boren, stand ihm als Kabinetsgehülßn und Künstlerin
tmterstützend zur Seite. Der Kaiser von Bussland lud
sie ein, für das Cabinet in Petersburg zu arbeiten, und
Hess ihr 6000 Kübel anbieten; sie aber wollte ihr Leben
dem Blank^schen Institute widmen^).
Der Name Blank erinnert uns mit Gewalt an den
Bruder Bonavita's, an Benignus Siardus, der, Prämon-
stratenser zu Zell, Seelsorger zu Königshof en im Och-
senfurter Gau, Justizamtmann in Gerlachsheim und Wald-
brunn, Pfarrer in Gerlachsheim, und zuletzt in Wirzburg
thätig, sich nach Und nach eine sehr bedeutende Anti-
<) Benkert Lebensbeschreibung J. B. Blankes (1839).
qwtätemMunliuig mgAlagt hatte, Pi« Ewgfii^MBi« iw
Fmnhr^iißh und de» ffiddeflAad«« bT»eht«ai «tee MßlW^
von Ko^barlwton, dio me eu Geld Fenyevjj^AB mfmtmi
w€im die Noth 91« drmgt^. Mch diQ Siil ii i l p ri aff ti ^fi ns-
terBttttete Um« Blf»ik'a Smnmlung war ipi RfiakermMi
2a sebda. Ein Kutiilog vqb 1$12 fulixt utu» di# Piti<M^n
aUe an. Uttter den 200 ^eniKldeA htfwd^ «ich SO (M-
leviediiiokfi, ebenso viele altdeutefibe Oen^de^ 0^ri|^fi)^
von Krattafib, Bubend, SpftgpiiollettD, Hemekeii;, 3ahwai^
Ongfaerfi; ein Bild Gn^tity Adolfe am dam Sebaim &ei'
n^ Oenaalin, ein amf Hol«: gemaltes Todtengefippe, daa
Portrait d^ berücbtigteü Hofnarren Haas» In den Ej^^gir-
stLohsälfiB fanden sieh Dürer, Aldegrever, Qok&w^ Sm-
drartu. A. Die ^ebe ifiilUen ISOFoltobräde) man esja
mehfer« tammi Portiraite, die AbbSduegea 4er inei^faip
Klpeter und gtifte des Frankenlandeas g^gen 9000 ^em-
bUder, suelurere Hunderte y$m meist giit^stocbenen Ko-
chen, wpdoreb sieh in iUteren Zeiten die Bu£ll|^raeker
von einander ustorsebieden, taneend THeUditier, Oß Mß
aken Biiobem genommen üsran». Amb besaw Biiiri^
mehrere bündig Stücke in S^wa^rdsun^ v«an Kiib^^taU.
Vieles Interesse müssen die zahlreichen Praebtwei^
n)it Kupfern «oid diß ivebr ale tawendHandxe^plmnngen
geboten haben; M Mosailcarbeiten waren aUerUebat.
In einem besondem Sobranilc wurde daß BenedSb#Mär-
pontififialB auf Pier^^isifi^t In FoUo von llßß mit fiO Ge-
mälden und violeia Initö^len bew.ebrt. Des ForteaSt dea
Malers und seines AbtiW (von Stf 3«(epbeil in Wto^boisg)
«rar darin angabra^bl;. Ein Mf Perjamenl geaj2h»et)ened
ßebetbuqb hatte den» Or^ffg) Hwine Oüntiher van SebsKaa-
burg gehört ^ebe» BVMsf WMifm mit Figoren geaiert
Am Ende stand: $mftmm p^ Casparwn Lemem SehHle^
nm Mrilhneamm jim^ensem. Blank bewahrte das Psal-
tiffirium, «wdebee Doisptbeik MitrkgriKfin von Brandofibiirg
1492 in das Kloster St. Klara zu Bamberg gebracht
hatte. Es war ihr bei ihrem Tode 1520 in diu» Grab
mitgegeben worden, und wurde späier wieder erhoben.
Gold- und Ultramarin war an den Bildern und einzelnen
Charakteren verschwendet ; die Vergoldung war so schwer,
dass man glaubte, es wäre geschlagenes Gold. Das
Psalterium, welches Isabella von Brandenburg 1484 in
das Kloster Fremegnes in Frankreich brachte, wurde
sorgfältigst von Blank bewahrt. In einem Marianum
öÄh man zierlich vergoldete Gem&lde, so auch in einem
Chorbuch in Octav auf Pergament, welches ein Graf
von Hackuil im vierzehnten Jahrhundert theuer bezahlte.
Ein Brevier auf Pergament enthielt acht vergoldete Ge-
mälde und viele goldreiche Verzierungen, so auch das
1469 geschriebene marianische Tagzeitenbuch. An dem
bewunderungswürdigen j,Wahlgeschäft" des Fürstbischofs
Adam Friedrich von Seinsheim hatte der Regierungs-
eanzellist Sebald sieben Jahre gearbeitet. Die Fractur-
schiiffr war hundertfach verändert, die einzelnen Auftritte
des Wahlgeschäftes in Poliogrösse dargestellt, die herr-
lichsten Schilde eingezeichnet — Alles mit der Feder.
Der Künstler erhielt jährlich 700 Gulden Zulage, und
als das Meisterwerk vollendet war 2000 Gulden Qrati-
fiea^ion. Das Matrikelbuch des Domstifts Bamberg ent-
hirit in schönster Eanzleischrift den Stammbaum eines
Jeden, der in das Capitel aufgenommen worden, die
Grabschriften der verstorbenen Domherren u. m. Sehr
merkwür(^g war das 1689 von J. Georg Majerhof er zu
Selingsdorf geschriebene Buch : die Geschichte der Kai-
ser etc.; au^h der von J.Konkel aus Köln geschriebene
„ehristl. Seelenschatz^ galt als Meisterwerk der Kalli-
graphio; Ein prachtvoller Alkoran auf Pergament war
von General von Wolfskeel «u Dettingen erbeutet wor-
_den* Unter den 250 Skulpturen aus Elfenbein, Hirsch-
horn, Perlmutter, Heiz, Carara, Alabaster, Bernstein und
andern Material notiren wir das Trauerpedum der Prälaten
' von Ebmcb an; der Stab war von £benbaU, die Zva-
schenringe und der Kopf von Elfenbein; dieCurve, 10**
r8M
im Durchmesser, zeigte zwischen schon geschnittenen
Verzierungen die Mutter Gottes mit dem Kinde« Ein
Diptychon von Elfenbein stammte vom Jahre 1377 und
enthielt Szenen aus dem Leiden Christi. Eine Kreuzig-
ung aus Holz von Witz aus Wirzburg gefertigt, zeigte
Maria und Johannes und einen Engel, 4er mit der einen
Hand das Blut Christ^ ,,aus dem Kelche schüttete^, mit
der andern den Sdiuldbrief der Menschheit an das Kreuz
heftete. Man sah das Grabmal eines Otters mit seinen
zwei Frauen und neunzehn Kindern, eia divmo epösta-
lorum, eine Schüssel, worauf die Patrizier zu Nürnberg
(von Luther^s Zeit bis 1800) ihre Kinder taufen Hessen ;
dass es an Uhren, Bestecken, Stöcken, Schüsseln, Dosen,
antiken Darstellungen, Götterbildern, an Beliquiarien
und Renaissancewerken, an chinesischen und indischen
Schätzen nicht mangelte, ist klar. Man zahlte 24 Pokale
und andere Gefasse aus Rauchtopas, Onix, Calcedon,
Marmor, Krystall und Agat. Es fand sich auch ein ms*
sisches Brustflügelaltärchen, wie solche oft durch die
russischen Offiziere in den Befreiungskriegen massenhaft
nach Deutschland kamen, und seitdem in den Kabineten
als Raritäten figuriren. In der Waffensammlung zeichnete
sich die vollständige Rüstung des bayerischen Herzogs
Albert IV. aus, die unterdess nach London gewandert
ist 1). Auf- der Brustplatte kniet der Fürst, auf dem
Rückentheile ist das Bild des Gekreuzigten eingegra-
ben. Dieser Rüstung correspondirte der Harnisch des
Markgrafen Friedrich von Bayreuth aus weissem polirten
Blech, innen mit rothen Sammt gefüttert, und mit gol-
denen Fransen eingefasst. Das Schwert des Eppele von
Geilingen hatte eine 3^ lange Klinge, an Griff und Scheide
reiche Zierrathen; das 9^ lange Schwert, welches den
Fürstbischöfen im Dom vorgetragen wurde, zeichnete
« 1) JlittheUung dw H«Rn Broili, Guisbesitier in M&blbach bei
KtfUtad«.
sich nicht durch besonderen Beichthttm aus« An Sehlacht-
heilen, Streitkolben, Spontons, Spiessen, Lanzen, Sau-
federn, Hellebarden, Flambergen, Damascenern, Säbeln,
Degen, Stilleten, Dolchen, Pandurenmessern (eines von
1414), Armbrüsten, Köchern, RadschlossbUchsen, Flinten,
Stutzen, Musketen, Windbüchsen, Pistolen, Bombenkes-
sein, Kanonenmodellen, Trommeln, Pulverhömem, Steig-
bügeln, war Ueberfluss. Blank hatte aber auch einige
Beste der Fahne des Götz von Berlichingen, ein Panier
mit der Inschrift Dannoch, eine Lamb.ertus- und eine
Martinsfahne, eine französische und eine niederländische
Revojutionslahne, das Schwert, womit ^inst zwei Bam-
berger Bürgermeister den Bischof von Wirzburg mor-
den wollten, und ein Nachrichterschwert, welches von
einer Familie stammte, die das jus gladü besass^ und
die zwei ledernen Schurzfelle eines angehenden und
eines freigesprochenen Freimaurers zu sammeln ver-
standen 0«
Die merkwürdige Sammlung ist längst in alle Welt
zerstreut.
An vierter Stelle gedenken wir Jos. Vogler's, des wun-
derbaren Meisters der Töne.* Vogler ist am 15. Jühi 1749
zu Wirzburg geboren. Ein ausserordentlicher Mahn, der
mit Qewalt auf seine Zeitgenossen wirkte, und der Stolz
der Nation ist. Er muss unter die ersten Tonsetzer und
vorzüglichsten Theoretiker im Gebiete der Musik ge-
zählt werden. Das Orgelspiel verstand er wie Keiner;
er hat Epoche in der Musik gemacht. Die Gewaltigen
der Erde haben ihn mit Ehren überhäuft. Er war päpiät-
licher Erzzeuge, wie Siebold sagt. Bitter vom ' goldneil
Sporn, Kämmerer des apostolischen Pallastes, Pensionär
des Königs von Schweden, Hofkaplan, Hofkapellmeister
i) Das Naturalien- und Kunsi-Kabinet dei Hofpfarrers B. Siardus
Blank. Wirzb. 1812. Durcli Herrn OberbibllofhekAr Dr. A. Ruland gütig
mitgeäittiit. ,
26
und k. geUHtHcher B«di in Bayern, Geheimrath von Hessen,
mid ö. o. Lehrer der Tonkunst zu Mannkeim und Prag.
-^ Das Kind katie Vald seinen Lekrer im lUavierspielen
ftVerkoIt, und war Meister auf anderen Instrumenten ge-
wordm. Da der junge Jo8et>k das Orgelspiel erlernte?
erfand er genial neue Regeln im Fingersatz, ersckuf tAeh
neue Apjdieaturen im Pedale, und galt als Candidat der
Pkilesopkie bereits ffir einen renommirten Orgelspieter.
Vogler studirte inWirzburg und Bamberg weltlicke und
geistlieke Jurisprudenz und suckte eine Anstellung. Hr
fand sie nickt, und ging nack Mannkeim zu Kurfürst
Karl Tkeodor. Dieser Mäcen der Künste sckickte ikn
nack Italien, vre Vogler zu Bologna den P. Martini, zu
Padua den P. Vallottii körte. Das System des Letzteren
krackte er durck rastloses Studiren zur Vollendung. Die
Vallottiscke Meäiode folgert bekanntlick alle Lehren mit
consequenter Strenge, löst lüle Zweifel leickt, und f&krt
die sonst so verwirrte und absckreckende Harmonielekre
auf die eiafscbiten und leickt verstindlickai Grandge-
setze zurück.
Ganz Italien bewunderte den jungen Vogler und
ekrte ikn auf alle Weise, ißt S6 Jakren kekrte er
nack Mannkeim zurfick, und übemakm dieDirection der
Hofkapelle, die damals mit jeder in Europa wetteiferte.
Er kat v^le Tonkünstler gebildet; Hofkapellmeister Win-
ter CM. V.Weber imd Knecbt von Bibraek seien genannt
Vogler^s musikalisckes System erfokr in Deutsckbuid g/tM-
gen Widersprock, wurde aber in London vihd Paris bei-
fällig aufgenommen. Er siedelte nack Müncken über,
begab sick bald auf Reisen, und wurde in Fnankreick,
England, Hfdlaad und Sckweden jubelnd emp&ngm. In
Stoekkohn kielt er öffentUcke Vorlesungen über Musik,
dirigirte das Orckester, sckrieb mekrere Opern, eine
Ciavier- und eine Generalbasssckule, eine Einleitung in
die Hann<>nidLenntniss in sckwedkcker Spnacke, und un-
terrioktete den Kronprinzen. Um die Lekre vom Okand
zu erschöpfen, reiste er nach Afrika und Griechenland,
wo die griechischen Tonarten noch in ihrer Reinheit er-
klingen. Er baute auf die in diesen Landstrichen ge-
machten wichtigen Entdeckungen sein vortreffliches Cho-
ralsystem, welches er in Kopenhagen 1800 nebst seinem
Systeme in dänischer Sprache und mit einem musika-
lisch-technologischen Wörterbuche in schwedisch-däni-
scher Sprache für beide Nationen herausgab. Nach
Deutschland zurückgekehrt , richtete er sein Augenmerk
auf die Akustik und die Vervollkommnung seines neu-
erfundenen Simplificationssystems für den Orgelbau, Er
war thätig in Berün, hielt Vorlesungen in Prag, schrieb
einige Opern in Wien, erndtete in München rauschenden
Beifall, und ward endlich vom Grossherzog von Hessen
gewonnen*), m dessen Residenzstadt er sein Leben
beschloss.
Neben Vogler wollen die berühmten Orgelbauer
und Hoforganisten Job. Hofmann, Job. Phil. Seuffert,
Joh. Ignatz, Job. Philipp und Franz Martin Seuffert er-
wähnt sein. Joh. Ignatz hat 130, Franz 40 Orgeln im
Frankenland errichtet; vom letzteren stammt die in der
Hofkirche und in der Franziskanerkirche. Die Familie
Seuffert stammte aus Gössenheim nächst Karlstadt. Der
Vater Johapn Philipp hat über 200 Orgeln in alle Lande
geliefert 2). Eine vorzügliche Künstlerfamilie war die
Kreuser'sche ; Peter und Matthäus Kreuser waren aus-
gezeichnete Violinisten.
«) Wirzb. Gelehrt« Anz. (1800) U. 601. Frank Chronik (1807) 771 flF.
«) Frank. Ckr. (ISO-l) 704 ff. '
26*
88»
§ 27. Die Residenz.
Die Baulust der Scliönbom culminirt im Residenzbau
zu Wirzburg. Sie schenkten damit der Stadt den impo-
santesten Bau, Deutschland eines der stattlichsten Schlös-
ser von Europa, das wie Maria Theresia, Franz I. und
Franz IL gestanden, manche Kaiserburg an Herrlichkeit
übertrifft. Durchwandelt man die 6 Säle und 312 Zimmer,
so fragt man sich staunend : wozu doch diese wuchtende
Pracht, der gleissende Prunk für geistliche Herren? Sie
sind auch nie recht heimisch in der Residenz geworden.
Fünfzig Jahre nach der Vollendung des riesigen Werkes
war es aus mit dem Glanz der Fürstbischöfe, die mit
Schwert und Stola zu richten gewohnt waren, und ver-
schiedene Herren theilten sich in das Besitzthum. Jetzt
nach hundert Jahren, stehen die Gemächer leer, nur der
Fuss des staunenden Wandrers gleitet über die glän-
zenden Parketböden hin; fremde immer wechselnde Ge-
sichter schauen sich momentan in den überzahlreichen
Spiegelii. Das im herrlichen Garten lustwandelnde Ge-
schlecht freut sich der einen ästhetisch schönen Anblick
bietenden Massen, denkt auch gern der geliebten hohen
Personen, die hier geboren sind, die hier Segen ver-
breitend lebten, aber so lange die Läden der Fenster-
reihen geschlossen sind, keine Gallawagen auf und nieder-
rasseln, wirkt die Residenz nur mit halbem Eindruck, das
ungeheuere Capital möchte für die Stadt verwerthet sein.
Der Besidenzplatz ist tadellos schön; man kann
ihn nicht mit Recht zu breit nennen. Die Lateralsymmetrie
ist mit klarstem Verständniss durchgeführt; durch die
zwei ausspringenden 169' langen Flügel und den zurück-
springenden 178' langen iind 191' tiefen Hof wird das
Auge vollkommen befriedigt, dem Präsidentenpalais (Hof
Rosenbach) correspondirt der von Fürst Adam Friedrich
von Seinsheim (1765^-1770) der Symmetrie wegen
erbaute ehemals sogenannte Gesandtenbau; die um
389
die nämliche Zeit vom Hofbaumeister J* P, Geigel auf-
geführten Kolonnaden mit je 18 gekuppelten Säulen do-
rischer Ordnung leiten das Auge angenehm weiter. Die
allerdings seltsamen 106' hohen mit Wendeltreppen und
Eiseiigallerien versehen Rundsänlen geben der Perspective
nothwendigen Abschluss, indem sie gleichsam die Flügel
eines Thores repräsentiren. Mau tadelt im mittleren Hof-
raum die etwas vorspringenden von je vier Säulen ge-
tragenen Gallerien ; sie tragen nichts, sagt man, und ver-
letzen desswegen. Aber sie wollen auch nichts tragen,
sondern als Altanen den Gästen des Hauses in heiteren
Stunden ein anmuthiges Bendezvous bieten. Das von
Meister Oegg gefertigte Prachtgitter, welches den Süd-
und Nordtract in fünf Abtheilungen verband, und von
Pfeilern gestützt war, ist 1820 weggeschafft worden, weil
sich der innere Hof gar zu gefängnissartig ausnahm.
Der Stich des J. A. Corvinus kennt nichts von diesem
düsteren Aussehen«
Der ungeheuere Bau ist 571' lang, 72' hoch, jeder
Flügel 316' breit; 7 Höfe verbreiten Licht und Luft in
die inneren Räume. Die Pavillons an den Ecken bringen
angenehmen Wechsel hervor. Am imposantesten wirkt die
Ostfassade gegen den Garten, von Anfang als die eigent-
liche Hauptfronte bestimmt. Die Altanen, der in der
Mitte etwas vorspringende Kaisersaal und Gartensalon,
die Gallerien, die Embleme in den Giebeln und Fronti-
spicen, die Fenster, Säulen und Pilaster fügen sich zu
einem gewaltigen Ensemble zusammen. Dazu die bunte
Pracht des Gartens, die springenden plätschernden
Gewässer, die artigen Veduten auf die bilderreichen
Wallbauten: in einer stillen Mondnacht all' die Herrlich-
keit geschaut — es wirkt wie ein Zaubermärchen, so ein
Biesenbau vermag uns mit der Renaissance zu versöh-
nen. Sie hat es verstanden, im Pallastbau mit den gross-
artigsten Massen zu operiren und das Ganze zu stolzer
Einheit zusammenzuconstruiren.
Die Zeicfanimg deB InnenWerkes mög^ sieh in Weniii;
Worten vollenden. Die wandhofaen Spiegel, dSe seidenen
Sopha, die schilleraden Lüster, alP die Behrfinke und
schweren Tapeten, das chinesisclie Porcellan imd die
fürstlichen Betten : was haben sie mit der Kun^geseliicltte
gemein V Ein Meisterwerk ist die weite Hafeip^tfef^^*
Unter dem mittleren Hauptaltan des Vorbofes rdhreii
drei Thorwölbungen in eine Halle von 66^ Länge, 66*
Breite und 29' Höhe. Das von Säulen und Pfeäwn ge-
tragene Gewölbe der Halle ist nur 11^ hoch; wilde At-
lanten haben es auf ihi'e Schultern genommen. In wbiter
Flucht ziehen sich die Corridore rechts und linte. Iito
Gewölbe des anstossendeu Gartensdions beachte man dM
Göttermahl von Jos. Zick. Links von der Halle steigt
die Haupttreppe an, einen Baum von 7'9^ Länge ^ S4f'
Breite und 31' Höhe einnehmend. Majestätisek bi>eM;
sind die Verhältnisse. Vasen, schäckernde Knltben und
Symbolgestalten, die Justicia, der Friede, die BauküaBt^
die Fruchtbarkeit u. a. begleiten das Geländer. Die
grosse Wölbung schmückte Tiepolo , der r«utinirte
Schnelhnaler, mit Darstellungen aus dem Olymp und
dem Leben Europa's, Asien's, Afrika'ö und Amerika^s.
Braune, schwarze, weisse und gelbe Gestalten in allerlei
Tracht und Wehr wogen bunt durcheinander, Elephan-
ten, Alligatoren, Dromedar«, das Windspiel symboUsirfiJi
die Welttheile. Es ist zuviel Manier in diesen Malereien
und zu wenig Fleiss auf sie verwendet. Tiepolo brachte
auch mehrere Portraite der (^abei beschäftigten Künstler
an. Im s. g. Spiegelzimmer ist eine unsinnige Pracht
verschwendet. Spiegel und Spiegelmalereien an allen
Orten und Ecken. Man findet die tollsten Darstellungen.
Die Form des Kaisersaales bezeichnet ein Achteck, 88'
lang, 56' breit, zwei Stockwerke hoch. Es ist die bun-
teste Zier an den Gypsmarmorsäulen und dem von ihnen
getragenen Gesimse; Gold in Hülle und Fülle# Tiepolo
hat hier die Vermälung des Kaisers Friedrich Barbn-
801
roeaa mit Beatrix von Burgimd, und die Selebmxag des
Bischofs Herold von Wirzburg^ mit dem Herzogthmn
Franken dargestdUt. Die Gotter des Olymps, Af>oUp,
Bachus, Venus, Ceres spielen dabei grosse Bollen, in
den Irischen stehen artige Oypsstatuen von Apollo, Flora,
Neptuii und Juno« Der Saal ist prachtvoll, aber ioicht
schön.
Ein vollendetes Kunstwerk ist die Aiensai^erscUacht
luif einer Beihe voq Gobelins. Die Darstähingen dee
venetianischen Carnevals vom Wirzbur|pschen Hoftape-
tenwirker A. Pixot erreichen nidit die Bedeutsamkeit
dieser niederlandisdien Wirkereien, deren reine Zeieh-
nui^ und wunderbare Au3fuhrung uns Bewunderung ab-
zwingt. Man betrachte die merkwürdigen Mosaikarbeiten
der Italienerin Jarsilla Vittoria Seyter (1759) und den
Prachtsdirank des Sträflings Wahl. Eme kleine Gallerie
zeigt Gemälde von Tintoretto, Adrian vonUtre<^t, Bas-
sano, Schwarz, Chr. Spada, van Dyk (Kreiizabnahme),
M. Boos, MabuBe u. A., die Portraite vieli^ Fürstbischöfe
uud verschiedene Elfenbemgruppen. Die Decoration des
Theaters besorgte 1773 Clnr. F«eeL
Die Kirche, im linken Fl%el eisgübant, ist 120^
lang, 48^ breit, und nimmt die Höhe des ganzen Schlos<-
ses ein; 22 röthii^e Gypemarmorsfiuien ^t v^go^deten
OaiötäLeai verbreiten h4^n Glams. Die Q^eti^m^ Mß
QmbmB von schwarzem Marmor und st^J^or Ausladuiv
wirken etwafi schwer. Dm freistehenden Hofdialtar ziert
ein Kreuzbild, zu Seiten Strien die 3ild^ von 3t. Ki-
lian vmd St. Burkard aus fränkische^ grauwejssem Mar-
mor auf sehwarcen MarmorpostameiMien. Tiepolo m^Ite
auch die GemiQde der Seitenaltäre, Maria's Himmdf ahrt
und den Engelssturz ; dra dreigetheiH^ Plafond sciimück-
ten Byss und J. Höigler, diies^en, wdche mit Thalhofer
und J. S. Urlaub die burlesli^n Spi^ehnalereien im
Spiegelzimmer 1737 vollendet hatten. XHe Orgel ftartigto
Aeiiißft.
Man mag die Kirche prächtig nennen, kunstgescfaicht-
lich bedeutend ist sie nicht. Vor hundert Jahren war
die Meinung von ihr und dem Schönbommausoleum :
„Una est omnium sententia, qui duo haec sacra loca hacte-
nusvisuprobarunt, nihil iis preiiosius, magnificentius nostram
habere Germaniam. Picturae sunt eleganUssimae , aurum
rutilat undique copiosum etc.^
' Am 22. Mai 1720 legte Fürstbischof Johann Philipp
Franz von Schönbom mit grossem Pomp den Grundstein
zum Residenzschloss, am 7. Nov. 1731 nahm sein Bruder
Friedrich Karl von ihm Besitz, obwohl es noch nicht
vollendet war; die Kiiche wurde am 15. Sept. 1743 con-
secrirt; am 30. Dec. 1744 erfolgte die äussere Vollendung
des ganzen Schlossbaues, am Innenwerke wurde bis in
unser Jahrhundert gearbeitet. Die oft wiederholte aus-
fuhrliche Baugeschichte wiederholen wir nicht. Neumann,
der Baumeister, hatte sich die Ideen zu seinem Haupt-
werke auf Reisen in Frankreich, den Niederlanden und
Italien gesammelt; sein Plan war dem Kurfürsten Lothar
Franz von Mainz, dem mainzischen Obersten v. Welsch,
dem Hofarchitekten Boffrand und de Cote in Paris zur
Begutachtung mitgetheilt worden. Boffrand selbst kam
nach Wirzburg, um über A. Castellr's Modelle sein Ur-
theil abzugeben. J. W. v. Auvera fertigte die Figuren
Bxa Gitter (darunter die seit einigen Jahren das Glacis
zierenden Gruppen: Herkules* Kampf mit Aktäus und
der lemaischen Schlange), 8 Kriegsarmaturen, 6 Urnen,
8 Schlusssteine an den Pyramiden, alle Pfeilerzierfathen
sowie das Schönbornwappen an der Hauptfassade mit
den zwei Löwen, 50* breit und 26' hoch, und den Figu-
ren daran und darum. Tiepolo erhielt für die Fresken
des Sticgenplafond 12,000 Gulden Venetianer Währung,
6000 fl. für die des Kaisersaales, 8000 Gulden für ver-
schiedene Staffißlei- und Oelgemälde, und 2000 Gulden
für Hin- und Herreise (1753). Sonst haben sich um den
Pallast die Bildhauer C. Curfe, P. HeUiger, S.Vekber,
MS
A. Gutmann, S. Bendel, die Maler J. Thalhofer, A. Hög-
1er, Lünenschlo88 , Seheubel und Byss, die Stuccadoren
Pedrozzi, Bossi, Brand, Ph. Jak. Finsterwald, Jak. Glass
und Simon Gisshammer verdient gemacht. Die Figuren
auf der Haupttreppe, die Statuen imd Urnen der Kolon-
nade auf dem Platz, die zwei Gruppen der Raub der
Proserpina und der Europa im Garten , sowie die Kin-
derspiele und die Symbolfiguren auf der östlichen Ter-
rasse fertigte P. Wagner.
Zu dem Fundamente, dem Sockel und den Keller-
gewölben schickte Randsacker seine Steine^ die Säulen an
den Treppen gab der Bruch zu Abtswind bei Schwarzach,
der rothe Marmor kam aus Hadamar, der schwarze und
weisse aus Hessen und Katzenellbogen; das sonstige
Material bezog man aus den Steinbrüchen am faulen
Berg bei Estenfeld.
Die Fürstbischöfe von Bamberg haben sich keine so
glänzende Residenz gebaut, wie die Herzoge von Franken
in Wirzburg. Pommersfelden, Werneck und Brühl wollen
zunächst in Parallele gestellt sein.
§ 28. S c h 1 u s s.
In diesem Abschnitte wird sich das Verschiedenar-
tigste in buntein Wechsel durcheinanderdrängen. .
Im Jahre 1793 gab das Domcapitel folgende Schätze
in Silber an die Münze ab: ein Muttergottesbild mit
Silberpostament 183 Mark, 6 Loth schwer; das Andreas-
bild auf dem Hochaltar 109 Mark schwer, die Bilder
Kiliah's, Kolonat's und Totnan's 99, 97,, 102 Mark wie-
gend, alle drei von Faust von Stromberg 1673 gestiftet ;
die vier grossen Apostelleuchter am Hochaltar von Hein-
Vieh von Ostheim 1697 mit einen Werth von. 317. Mark
44/^ li^th^ den gro&sen Ci^eiiztidcli voti Vittts voa Wir«-
hmg w Gewicht Von 286 Miurk 6 Lath, die kieinere
Cr^denftil^ von Bickingen bu 190 Mark, dus grosse Chor*
pvlt v»n Pk. Fttchs von Dornhem (1728) m 363 Murk;
4a8 gtroBse EvAagelienpnit mit d^ vier Evai^disten
vdn Friedr. Karl von Osteim (1718) m 293 M«rk 12V«
Lölii. Daf an reikten sick zwei Meas^iüle zu 45 lifArk,
eine HSagelenckta: mit 18 Armen zu 156 Mark IIV« Letk^
ein kleiner Hängeleuchter mit 16 Armen joi 39 Mark
12 Loth, vier grosse Ampeln zu 243 Mark, Karl Voit
von Bäteieok haue sie geschenkt; zwei kleine Ampeln
Wogan 46 Pfand» Drei Silhersessel von Fn^enstein zu
86 Marii, dreismg vefschiedene Leuchter 336 Mark wie-
gebd, und kleinere Geräthe, als Weihkessel, Stäbe, Bbi-
menkrfige, Täfelches mit CÜselinyrbeiten, Crucifixe u. b.
w. wanderten in die Münze« Aehnlich wurden Stä% Hang,
Neumunster, 9t. Burkard in Anspruch genomimett. Die
aus dem Kirehensilber geprägten Münzen erhielten die
insehfift: pto palria. Wenn dar Fraise zümnd es aus-
spricht: „das haben Anno 3 die Bayern goiommen^ so
pflegt er meist zwischen der Einschmelzung von 1794
und der Säkularisation von 1803 nicht genau zu unter-
scheiden* Allerdings ging die letzte Plünderung in's Un-
geheuere. Es stehen uns zunächst die Originalacten vom
Dom und Stift Hang ^) zu Gebote. Ein kurzer Auszug
aus beiden mag genügen. Was wurde dem Dome säku-
larieirt?
Eine Monstranz, ganz von Gold, mit 463 BriUaatea
und 92 Rubinen besetzt und mit PerlentiUiuben geziert,
888 Vi« Kronai auswiegend ; ein Ostein hatte sie geschenkt.
Daran teSht sich ein Prachtkreuz von Gold mit Silber-
fuss und einar von Diamanten bUtzendea Krone; eb
Kelch von Gold mit 369 Steinen besetzt; em Kelch mit
<) Erster« beflodeii sich im bisch5flicb«D Palais, letztere besitzt Ober-
Iwffiehi find Klnncteft 4m viAMmk ^M «90^ imA
480^^^ Kninen »ehwer* Bm ikstmnmum |mr^ w«r mm
SoBimt OeU, d^r Fias voti SObw^ ItOÜMim mA 7 Pdf-
iem schminkten dns HMldm^. Ein Silbei%iitH»«id»^l Pr^l;
€94 M^k t5 /^ (Lo4l^ BW^i SttttMn von ^ Bittitüird t0ld4St.
BniHo warm 188 Mutk sebwer^ %in Si)b€^iifiNäpeiid«ktn K^^
Sftl M«iit «Vt I^tfa, «'IM«! LMdH^ waten ASd Htut)
drei siiteffne Kmiolltttftite 37 ttwk «dlw^. Dtt^ IteftlM»
KBi»ignfdeixreliq«(kir mft äo^n «ttiiSIf ti^intiHi StiiM6ti Aet
ApoBtri, seoHs kteiM Silberlrttttttlttini) ein tS M«iift SBbeir
haltender W^Sikes^, eki S ttfittfc t^eb^M^er KuteteiMM^,
das 30 Mark schwere Silbervelum des Wilhelm von
Guttenberg, ein SilberrauchTäss, eine grosse Muttergottes-
krone, acht Bildtafelein von getriebenem Silber, zwei 11
Miurk schwere Blumenkrüge, sie atte kamen in ^ofane
Hund«. Nicht verschont h\ki$ d» Gir^ifwUw'aehe 9d
Mark schmrere SUberampi^l, nicht die sebitee 90 Mark
schwere Steiwunp^L Um so weniger fco«Aten 14 grosse
silberne Leuchter; 298 Mark 4 >/g hofh imd 168 UüA
schwer, das grosse Bas{iiib«ehisdm Cmcäfixi die Weik^
manni^cben Kreuxhilder su 6S Mark auf Rettung hoffisb»
Die WeikmamuschcB Pyra^mdeii <71 Mark 6 LotihX di«
zwei zierlichen Juliusleuchti»', di» Comieii^BefceB Tufbl-
leuchter^ ein Criici£x und verachifrdm^ Silhet|g#Ffttbie
wanderten fort ans dem dtber des KiliwadMies. Um
Inventar^ ä4» uns mr i)iapMitro« «geetfiUt^ war, haue
nicht gemin verzeichnet, wohin die Ornate aUe gekodt-
mea. ^ Peter erhielt eine Menge wa^erm 19. Jauuar
1£049 innrere wurden auf Befehl dsr Liindesdireetion ixMh
KleinOofasenfort am 1#. Februmr 1808 a^s^ben; der
schönste Ornat zu M«aran stammt aus Wirzbwg» GoH
allein weiss, wie die 170 Corporalien, 64£PurifioMoHe»9
227 Fallen verschleudert wurden. AU die KupjE^v wad
HoLfitaifdgemäide baAte Fesel zu inventarisiren und mit
Beschlag zu belegen. Dia Crueiftxe von Slfenbeili WÜ
Ummg^ di^^gataJtSrchen» die K^m^ nnd KM»ei^ di»
896
im Dome zu Wirzburg standen, erklären uns heute noch
manche- Erscheiniuig in Privataammlungen. Man zählte
24 messingbeschlagene, 14 alte«, 34 Bequiem-Missalien,
14 Prozessionsbücher, 16 Antiphonarien u. s. w. Wie
komisch liest sich ein Beeret vom 17. Juni 1803, wel-
ches den Capitularen des „ehemaligen^ Donastiftes er-
laubt, bei Prozessionen Wachsflambeaux zu gebrauchen,
dagegen gebietet ,9die Ausbesserung der Chorbücher,
Hebdomadarien, Missalien und Psalterien für diesies Jahr
zu unterlassen." Aber genug — man müsste über diese
Tage der Schmach eigne Bücher schreiben.
Gehen wir nach Stift Hang. Am 21. September
1803 wird der „churfürstliche Vicary-Verwalter des ehe-
maligen Stiftes Haug^ im Namen Seiner Churfürstlichen
Durchlaucht von Bayern benachrichtigt und angewiesen,
dem Gallerie-InspectOT und Professor Fesel, sobald der-
selbe sich melden wird, alle vorhandenen sowohl Kir-
chen- als andere Malereien vorzuzeigen, untersuchen und
Siufnehmen zu lassen, und die von ihm besonders ausge-
wählten Stücke von dem Verkaufe nicht nur auszuneh-
men und zurückzubehalten, sondern auch demselben gegen
ein von ihm ausgestelltes Recepisse verabfolgen zu las-
sen. Am 18. Octöber 1803 übergab demnach Professor
Fesel dem churfürstBchen Administrator Fegelein bis zur
weiteren Verordnung in Verwahrung: 1) ein Altarblatt,
die Enthauptung der heiligen Barbara, 12' 6*^ hoch, 6*
3" breit; 2) drei Gemälde auf Holz in einem Rahmen,
im Mittelstück die Anbetung der Magier, zu Seiten den
' englischen Gruss und die Flucht nach Egypten darstel-
lend (von Albrecht Dürer), 3' 2^^ hoch, 2' breit. Dieses
letztere Gemälde zierte das Capitelhaus. Dass letzteres
Gemälde nach Hof geliefert wurde , bezeugt mit Unter-
s^ßhrift Christoph Fesel 9. März 1804. Professor- Blank
89*
bezeugt ofificiell unterem 8. Januar 1S04, dass aus Stift
Haug 1) das alte Rom -— ein grosser Kupferstich auf
einer Blindrahme ; 2) die Kupferplatte des Stiftskalenders ;
3) zwei alte Tapeten in Blindrahmen, die hl. Familie
vorstellenä ; 4) fünf metallene Confectschalen von „sehr
alter Fa§on'^ an die churfürstliche Universität abgegeben
wurden. Wiesen und Fröhlich bestätigen am 17, Snhi
und 9. Juli 1803, dass folgende Pretiosen und Silberpa-
ramente aus Haug in die churfürstliche Schätsskainme^
abgeliefert wurden: 1 goldner Anhang-Pfennig, 1 Crucifix
mit gegossenem Silber fournirt ; 1 silbervergoldeter Kelch
mit Messkännlein, Schellen, Lavoir in einem Futteral
mit Paten und Löfflein 5 1 Kelch mit zwei Kännchen und
Pax in Futteral 5 10 weitere Kelche mit Patenen und
Löfflein; 4 silbervergoldete Messkännchen mit Lavoir j
ein auf Kupfer gemaltes Bild, die heilige Familie dar-
stellend, mit schwarzgebeiztem Holz imd Silber geziert;
ein Silberrelief, die Auferstehung ; Christi darstellend;
3 mit Silber beschlagene Messbücjier. Ferner wurden
abgeliefert: 6 Ornate von reichem Zeug, ^worunter 2
ohne Pluviale"; ein Ornat von rothem Damast mit gol-
denen Borten ; 8 reiche Pluvialien, 1 blaues Pluviale mit
Silberborten, 2 weisse mit Goldborten, 4 rothe geringere
mit Goldborten, 1 schwarzes mit Goldborten, 10 Mess-
gewänder von „reichem Zeich" mit Zugehör; 2 rothe
Messgewänder mit Silberborten, 8 weisse Planeten mit
breiten Goldborten (mit 9 Kelchtüchern), 1 Planeta weiss
mit Blattborten, 8 weisse Casulen mit mittleren, 3 mit
schmalen, 5 rothe mit breiten goldenen Borten; ferner
1 rothe Casula mit Blattborten, 3 rothe mit mittlere^,
3 grüne mit breiten Borten, Ein anderes grünes Messr
gewand hatte Blattborten, zwei grüne Casulen schmale
Silberborten; 16 blaue Messgewänder wurden abgelie-
fert; 5 zeigten breite Silberborten, 1 silberne Blattbor-
ten, 4 sclunale, 2 breite Silberborten ; 2 hatten schmaje,
2 andere breite Goldborten.
Ragistpitor Sk&ieiohr bezeugt mm 1& Oot W», tum
am eiflUM Kistt mit Zugriier mn »tift Ibuig^ aft dw
^kmfiiBitiieka ffirftaromgraanlilaini eiiigeliittfevt wurde.
OberiUbUoiihekAi Dr. Feder beaeugt untem Ift. Aug*
ia@5, da«8 die Mdiothek de» ehemaligeii. Stifte Beug
nebek d»n deam gehörigen Sckvonerweeren an 4ie chup-
fdxetliolle Umwfsbitebiblieibek abgegeben wurde. Uater
den ev^effilirtca: Werken begegne» uas 10 Misaalien
vmä DMdui w» 14B4, 1488, IS», 1591^ 161»
Die Acten fiber KenmQnster sind uns im Aogenblick
nicht Eur Hondf es ist auch fQr den Zweck der Schrift
nicht nothwendig^ noch weiter mit defiei Aufzählungen
SU ermüden. Wer mag es wissen, wie viel Süber da-
mals in den Scfamelzttegel geworfen wurde? Fesel hat
allerwirts sehr arrogant auf die OemSIde Jagd gemacht,
Blank auf itup^ierBtiche und Holzschnitte und sonstige
Antiquitäten gefalmdet. Zahllose Sefiquien wurden ihrer
Einfiissung beraubt, oft schnöde entehrt und verworfen.
Wie anderwärts hat man es auch in Wirzburg verstanden,
Perlen und edle Steine zu Häuf zu sammeln, die Email-
täfelchen mit den anmuthenden Darstellungen aus den Füs-
sen und Kuppen der Kelche auszulösen, den Prozessipns-
kreuzen die sog. Ostereier auszubrechen, sie so dutzend-
weise zn gewinnen und damit ruchlos Spiel und Scha-
bernack zu treiben. Die Hebräer zogen spottend heilige
Oewänder an, und schacherten auf dem Residenzplatze
mit erkauften kirchlichen GerSthen. Der bertthmte Per-
lenornat, dien der letzte Greifenklau an die Hoftdrche
gesehenkt, wurde zerschnitten. Dess erinnern sich noch
gar Ylele, wie schmählich mit Monstranzen imdClborien
verfkhre n wurde. Doch — Gott im I|immei hat bereits
gerichtet
Der Ovodsh^raog — . ein eigatthüsAeli 1iaiil«dt%er
Herr, der ku Werneck mit ebenen Hftnden ein Stüek
Mauer aufführte, hat das komische Zuchthaus vor dem
Burkarder Thor und die zwei Wachthauser bei dem
2eller und dem Pleichacher Thor gebaut. Auch das
Hauptzottamtsgebaiide stammt nebst allerlei pikanten
Bauordnungen aus seiner Zeit. Die Reliefs der trostlosen
Fjnnunide auf dem grünen Markte fertigte die Hand
M. Wagner^s, des berühmten liberalen Künstlers und AI-
terthumssammlers ^). Eckert probirte seine Kunst am
Fieischbankgebäude, vcm dem die Wirzburger sagen, es
sei eines der bequemsten im Vaterland; Drischütz erriehr
tet den Neubau an der Stätte der Augustinerkirehe 1834,
Späth yergrössert 1881 das Zuchthaus, das Jahr darauf
mtsteht der Ballsaal hinter dem Theater. Breit erriechtet
das Ep^eptikerhaus 1845, schrae Oeb&ude erheben sieh
um das Julkisspitai , das anatomische Theater und das
Badehaus — Deutschland besitset bekanntlich kein schö-
neres. Der städtischen Gewerbehalle reät sieh der Bahn-
hof an mit der anmuthigen Fassade, diesem d^rMalakoffbau
VOR einer Schrannenhalle , in welcher man vor lauter
Pfeüern die Säcke nicht Unden wird, und dieMaxechule
in ihrer seltsamen PallastgotMk. An den zwtSt AltSren^
welche Anfangs der dreissiger Jahre in die Mari^ika-
peile gesetzt wurden, sehen wir die Fialen am Puss na
long, im Riesen zu kum, die Thürmelung ungünstig an-
gebracht. Keine Spur von einem Verständniss uMUlkA'
terlieher Constructionen. Der Fortsehritt am neuen Al-
tar nu St. Burkard kann nur gering graümt werden ;
selbst das Altarwerk in der Domsepidtur Irankt imwide(P-
^ Wir sollten auch Tieler Kfioftlec noch ^«deiikMi ; des Knpferstecben
Bitthäuser, des Silberarbeiters Ddrfer, des Bildhauers Eckard, des Laubreis,
der |li3jH|aQ«r fioof, Nicke), TifMimr 4ff» 3c|ioiisel|selbtws Wiesfo, bf londers
der beiden Fesel, des Christoi^h and Kaspar Karl, der Maler Beuther und
Qobel (t 1823 in Wien), deiL Familie HalM]^, dereg S^^mmTater Chrls^an,
neuer im Dorf Reinert beittsrlabor^niBn, tit^MuBflchxBtruorantenarfertfgte.
4m
lichem Fialenreichthum. Bei der Reatauration vieler Bil-
der und Altäre setzte man seheint^s einen Ehrgeiz darein,
möglichst viel Oelfarbe zu appliciren* Was bei der Re-
stauration der Marienkapelle gesündiget worden, weiss
Jedermann. Die „byzantinische" Kanzel in . der Universi-
tätskirche zeichnet sich durch Schwere und Massigkeit
aus. Würdig ist das von Halbig errichtete Denkmal
des Bischofs Friedrich von Gross zu Trockau, gelungen
das Kolossalstandbild des Fürstbischöfe Julius, welches
Max Widemann aus Eichstädt modellirte und F. Miller
in München goss. Möchte das Gewölbe der freundlich
gelegenen Gottesackerkapelle (1859) nur nicht zum dritr
tenmal einstürzen« Sonst ziert so manches gelungene
Werk den Friedhof. Der Mayer'schen Figurenbäekerei
hätte man den ehrwürdigen Dom verschliessen sollen«
Was soll m^n dazu sagen, wenn sie aus Frömmigkeit die
Brunocasula zerschnitten? Auch wurden in diesem Jahr-
hundert die Katharinenkapelle 1809 eingelegt, die Kirchen
der Augustiner, Johanniter, Karmeliter, Karthäuser abge-
brochen, die der Kapuziner, Benedictinerinnen und Domini-
kanerinnen und eine grosse Zahl von Kapellen entheiligt.
Die Deutöchauskirche, der Juwel der Bauwerke Wirz-
burgS) geht sichtbar ihrem Ruin entgegen, die ehrwür-
dige Schottenkirche steht noch immer unnützer Weise
zur Hälfte profanirt. Um den Dom will es nicht rührig
werden^ wie sehr auch die Fassade um eine würdige
Zi^de klagt, und an dasM^isseln und Klingen zu Füssen
anderer deutschen Dome erinnert« Ist denn im Franken-
lande die iiust zu bau^n dahin? Wo ist beim stolzen
Adel der Ahnen hoher Sinn ? Wenn Alles einst zerfallen,
was fromm die Väter schufen, so werden uns die Enkel
ein dreifach Wehe rufen.
Die Liebhaberei an Alterthümern, an chinesischen^
indischen und sonstigen ausländischen Seltenheiten ist
seit Ludwig XIV. stark cultivirt worden* In Wirzburg
m
TMhen w«it früher Michael Tom Löwen und B^olf von
Knöringen dazu das Beispiel gegeben. Wer es zu An-
fang dieses Jahrhunderts verstand, sorgfältig zu sammeln
und mit Auswahl zu kaufen, der moehte bald zahlloser
Merkwürdigkeiten sich erfreuen. Man konirte Wagen
voll „alten Gerumpels^ um geringe Summen haben. Die
Pfarrer gaben die Flügelaltäre ihrer Kirchen an die
Händler hin, die Messner verkauften StjMi46n, T^f^l- und
Glasgemälde, Vieles konnte man auch i^hm^P) okß^ ge-
richtlich belangt zu werden. Sind deQn i^icht selbst in
Bibliotheken Dinge geschehen, für die, um sie su bripid-
marken, man h^vfi einen Ausdruk findet? b^ Wirzburg
hat die Gewissenlosigkeit unendlich mehl* M bibliothe-
karischen Schätzen verschleudert, als Sichwe^en, Pa^du-
ren und Franzosen zusammen. Sia^dus Bl«j(ifk> Obßrtbüi* U394
Martinengo sind in Wiraburg unter difi Glü/cWiehen zu
z^len, die im rechten Moment den Haod^l begannen;
doch blieb kein Segen auf dem i^usamp^ngeraSjte]^.
Blankes und Maxtinengo's Sammlungen sind in alle Welt
zerstreut, die von Oberthür bildet einen Thei^ der Schätze
des historischen Yereiiii^s, mit welchen uns jüngst Heß-
ner in einem deti^ilUrten Verzeicbnisße bekannt gemacht
hat, so dass wir, da die kunstgeschichtlich merkwürdig-
sten Denkmäler im Content biereits erwähnjt wurden,
nicht weiter darauf zu refiiectiren blibeiu Pie berühmte
Hntten'sche Sammlung wurde teider in^a AusJ^d verisjauö^,,
die QaUeriß }n der Eesidienz ist grosseirtbeijs verschleu-
dert, bald wird auch das Zürv'sebf Kabi^et w^gehprt
haben, fiw die Stadt au ei^istireiii. Was Becker TiödScha-
rold sich gewonnen hütbeni wohin ist es ^erro^nefi? Und
dpch wä^e es gerade für Wi^zburg sehr nothwendig^
ein Museum au gründen, dort die Reste des Landes, die
nun einmal ihrem Bestimmungsort entfremdet qo lange
durch tausend Hände wandern, bis sie untergehen, zu
sammeln und dem heranwachsenden Geschlechte aufzube-
w^reA* Zuviel wurde «icho^ dem Verderben preisg/eg^e^.
26
402
Die in den Privatsammlungen der Stadt vorhandenen
Kimstwerke bieten indess noch immer ein kawn geahntes
historisches Interesse. Wir wollen zum Beschlüsse der
Schrift nur auf Einzelnes aufmerksam machen; mit der
Kunstgeschichte einer Stadt haben ja, das ist klar, die
den Standort fort und fort weehselndien Sammlungen
wenig gemein.
Zu einem reizenden Ensemble lassen sich die Pretio-
sen der Sammlung Sr. Excellenz des Herrn Regierungs-
präsidenten Friedrich Freiherrn von Zu-Bhein aneinan-
derreihen. Ein griechisches Gemälde aus der Krenner'-
schen Sammlung in Regensburg ist bereits der Kunst-
geschichte bekannt. Die von Engeln getragene Jungfrau
ist von sechs Heiligen umgeben; oben thront Christus
auf dem Regenbogen, von Engeln umflogen. Die Ma-
donna aus Giotto's Schule ist ein vollendetes Kabinets-
stück, ein drittes uraltes Madonnabild reiht sich an. Vier
Limoges, gross und schön erhalten, schildern uns den
Einzug in Jerusalem, das Gericht vor Pilatus, die
Geisselung und die Kreuzigung. Ein Ciborium, ein
Rauchfass aus gothischer Zeit, und ein schwerverständ-
liches Oelgefass interessiren nicht minder, als das nied-
liche Diptychon von Elfenbein aus dem vierzehnten
Jahrhundert mit der Kreuzigung, und einige italienische
Elfenbeinschnitzereien. Die Landschaft, welche Hanns
Pol 1585 auf Pergament gemalt, entzückt durch unüber-
treffliche Zartheit. Die deutsche Schüssel von 1567 mit
der italienischen in Parallele gebracht, zeigt den Wech-
sel der Technik; beide müssen wir als Kunstwerke an-
erkennen. Das reich verzierte Monile ist eine Seltenheit.
Hübsch sind einige Glasgemälde aus dem sechszehnten
und siebzehnten Jahrhundert. Das Muttergottesbild von
Eibelstadt, drei Processionskreuze, eines mit Email, ein
Jerusalemskreuz und ein s. g. hl. Grab von Perlmutter,
ein Weihwässerkessel, die divisio AposMorum, als Kraft's
Arbeit erkannt, ein Bild von Kranach, eine Menge vor-
403
trefflicher Miniaturen, Holzschnitte und Handzeichnungen
der berühmtesten Meister überzeugen den Beschauer,
dass der Besitzer mit feinem Kennerblick nur das Beste
aquirirte. An die Porzellangegenstände fügen sich die
Ulmer und Kölner Krüge, und die von terra sigillata,
Humpen, Stengel- und Schoppengläser in den verschie-
denartigsten Formen. Unter seltenen Schwertern, Büch-
sen und Panzern findest du auch einen am Griff erkenn-
baren Dolch von der heiligen Vehme.
Aus der reichen Sammlung Sr. Excellenz des Frei-
herrn von Wirzburg, die uns vor dem Drucke dieser
Zeilen nicht gezeigt werden konnte, sei an ein berühmtes
Diptychon von Elfenbein erinnert, welches im dreizehn-
ten oder vierzehnten Jahrhundert verfertigt, uns in rei-
chen Darstellungen das Leiden des Herrn schildert und
für die Symbolik und Trachtenkunde wichtig ist. Buch-
händler Etlinger zeigt i;ins zwei bewunderungswürdige
Portraits von Kaiser Max I. und seiner Gemalin Maria,
ein reich gethürmeltes lleliqiuar, mehrere schöne Mon-
stränzchen, mehrere Ciborien aus dem vierzehnten und
fünfzehnten Jahrhundert, Trinkbecher, Heirathskästchen
und kostbare Teppiche. NeT)en einer Menge gothischer
Holzskulpturen finden wir ein merkwürdiges Elfenbein-
diptychon mit vielen Figuren. Reich sind einige russische
Brustflügelaltärchen. Als kleine Wunderwerke möchte
man vier Holzschnitzereien aus Nürnberg von Dürer,
Passionszenen darstellend, erkennen. Die Glasmalereien,
die Tafelgemälde, die einzig schönen Chorstühle, die
Altarflügel und Antipendien bieten den reichsten Stoff
zu anregenden Studien. Manche Perle fränkischer Kunst-
ubung liegt hier verborgen^ auch einige Riemenschneider
finden sich. Magistratsrath Rasp bewahrt zwei emaillirte
romanische Leuchter aus dem zwölften und ein emailirtes
Ciborium zus dem dreizehnten Jahrhundert. Schön schaut
sich der ein Sechsort construirte Kelch und eine fialen-
gezierte Monstranze an. Die vier Apostelfiguren aus ge-
26*
404
brganter Erde dürfen in^B viersehnte Jahrhundert gesetet
werden, während eine Geburt Christi in Kupfer getrieben
als glänzende Renaissancearbeit überrascht. Dass die.
Zopfzeit es verstand, meisterhaft in Elfenbein zu schnei-
den, wird auch in dieser Sammlung uns klar. Doch alle-
zeit muthen uns die gothischen Altäre mit den Figuren
und Malereien am meisten an. Ausser denLimoges wird
man die Uhr ans dem fünfzehnten Jahrhundert mit In-
teresse betrachten. Was wird nach einigen Monaten von
der Zürn^schen Sammlung noch in Wirzburg sich vor-
findei^? Jetzt gäbe sie in bester Art den Grundstock zu
einem Diözesanmuseum oder einer städtisch-mittelalter-
lichen Sammlung ab. Der jüngst verstorbene Besitzer
hat mit Glück gesammelt. Die gothischen Monstranzen^
die Ciborien und Kelche, die Alabastergruppen, das
liebliche Elfenbeindiptychon, das romanische Reliquiar
mit den sprühenden frischen Emails, die zahlreichen
überaus feinen Gruppen in Holz geschnitzt — sie ge-
hören zu dem besten, was man in dieser Art sehen kann.
Von ausnehmend schönen Formen ist ein gothisches
Rauchfass. Unter mehreren Flügelaltären schmückt sich
einer mit 4en reinsten Cirkelconstructionen. Es fehlt
weder an Teppichen, Statuen , darunter aus Riemen-
schneider's Atelier, Miniaturen, Kreuzbildern, noch an
Gemälden aus der altitalienischen, rheinischen und frän-
kischen Schule. Weniges ist werthlos. Der Besitzer der
Bonitas-Bauer'schen Buchdruckerei, Herr Thomas Bauer,
ein kunstsinnigerHerr, der auch den Druck dieser Kunst-
geschichte besorgte, bewahrt in seinen Gemächern, sowie
in der selbstgebauten orginellen Gartenkapelle vortreff-
liche mittelalterliche Tafelmalereien, meist aus der nie-
derländischen Schule. Die Gefangennehmung des Herrn,
Christus vor Pilatus, die Himmelfahrt, die Sendung des
heiligen Geistes, die Grcgoriusmesse, die Verkündigung
sind mit bewunderungswürdigem Verständniss gemalt.
In der Kapelle befinden sich ausserdem dreizehn Reliefs.
4m
Von italienischen Oemälden sei auf das Portrait Bafaels
aufmerksam gemacht. Anmuthig ist ein meditirender Ein-
siedler. Als die Perle der Sammlung, ein wahres Kabi-
netsstück, erkennen wir eine kleine Skulptur, die Kreuz-
etfindung darstellend, von Veit Stoss. Der Kunstfreund
findet bei Dr. Rienecker eine höchst bedeutende Ge-
mäldegallerie ; manch' schätzenswerthes Denkmal wird ihm
bei Dr. Buppach, Privatier Neudörffer, Baron Hirsch,
Baron Gross u. A. begegnen. An Beichthum und Man-
nigfaltigkeit wurden vor Kurzem noch sämmtliche Samm-
lungen der Stadt durch jene des Begierungsrathes Mar-
tinengo übertroffen. Wer sie betrachtete, was flog dem
eine Herrlichkeit, ein buntes Gewimmel an den Augen
vorüber? Idee drängte sich an Idee, die Erinnerung an
das farbenprächtige Leben vergangener Zeiten wachte
auf. Ein hübscher Boger v. d. Weyden führte in die
Ateliers Hubert's und Johannes' van Eyk, die mit
Schwester Margaretha eine Welt von Wundern in den
blühenden burgundischen Landen schufen.' Die sieben
Holbein aus Frankfurt mit den Passionsszenen, ach ! sie
sind verloren für's Vaterland, und hätten doch so statt-
lich die Pinakothek oder das Nationalmuseum geschmückt.
Auch sie hat Frankreich erbeutet. Vier Werke von
Lukas Kranäch leuchteten im wunderbaren Farbenglanze,
es kamen ihnen weder das Flügelaltärchen von Vau der
Goes noch zwei angebliche Dürer an Schönheit gleich;
den wenigen Meisterwerken reihte sich eine enorme Zahl
unbedeutender Malereien an, stümperhaft in der Tech-
nik, leichtfertig in der Ausführung, lüstern und frivol
zum grössten Theil in der Tendenz. Martinengo liebte
es, wie nur gar zu viele Alterthumssamler, alle seine
Beliefs mit Oelfarbe möglichst saftig zu übertünchen,
um ihnen Leben und Frische zu geben, und sie so
vollständig zu verderben. Alle Flügelaltäre hatten durch
diese Manier empfindlich gelitten. Ein merkwürdiger
Beicfathiiiii von kleineren Glasgeniftld^n schmückte tke
406
Fenster. Das speculttm humanae salvationis mit der unend-
lichen Fülle von kolorirten Federzeichnungen führte dem
Auge das Menschenleben in seinen Höhen und Tiefen
drastisch vorüber ; milder leuchteten die Miniaturen in
den Breviarien von 1350, 1360 und 1420. Welch' end-
lose Mühe ward aufgewendet, die zwei Bände Sermo-
narien, das Psalteriuni mit 2000 Initialen, das Breviarium
im AIP, ein Gebetbuch Friedrich's UI. und einige dreissig
andere Manuscripte zur Vollendung . zu bringen? Und
jetzt — wandern sie von einer Hand in die andere, sel-
ten nach ihrem Werthe behandelt. Vierhundert Inku-
nabeln zierten die Bibliothek. Andere Szenen führten
die Kupferstiche, Holzschnitte und Handzeichnungen
vorüber, die zu Tausenden vorhanden waren. Man sah
Stiche in der Linien-, Punktir- und Kreidemanier, in
der Schab- und Schwarzkunst; Cartons, Lithographien,
und eine Fluth von ephemeren unbedeutenden Erschei-
nungen fanden sich vor; doch waren die meisten Blätter
\vohl erhalten, nur wenige bis an den Stichrand be-
schnitten. Es war eine Lust, die grossen Sammelbände
und Säle durchzublättern. Die alten vielverehrten Meister
sie kamen alle wieder. Albrecht Dürer, der Altmeister,
und um ihn die kleineren, Altdorf er, Springinsklee, Alde-
grever, Beham Barthel, G. Pencz, Virgil Solls, weiter
Goltius, Rembrandt, Goes, Rubens und wie sie alle heissen
die Deutschen und die Niederländer. Da sah man die
grosse und kleine Passion, das Leiden Christi, das Leben
Mariens, den Engelsturz, wo die Teufel grinzend zur
Hölle sausen, den Ritter durch Tod und Teufel, der um
beide unbekümmert durch das Leben geht, und die hoch-
tragisch bewegten apokalyptischen Reiter. Man sah wie
Dürer allzeit sich treu blieb, wenn er auch antikisirte,
während bei Altdorfer und Kranach sich bereits die er-
wachende Sinneslust aus dem steifen Gefalte des deut-
schen Mieders herausschält und Pencz und Beham in
breitester Liederlichkeit operiren. An all' die wilden
!lt
407
Kriegestänze des Mittelalters und das WaflFengerassel
des dreissigjährigen Krieges erinnerten die endlosen
Reihen von Kettenhemden, Panzern und Röhren, von
Hellebarden und Spiessen, von Helmen, Schwertern,
Flambergen, Pistolen, Büchsen und Kanonenmodellen.
Und air das grüne schimmernde Jagdzeug mahnte an
die wilde Hochjagd verwichener Jahrhunderte, da Herren
und Damen mit Horridph und Hussassah unter betäub-
endem Hörnerschall und Büchsenknall den Edelhirsch
zu Tode hetzten. Die Pracht der Renaissanceresidenzen
repräsentirten Hunderte von kostbaren Meubeln; was
Japan, Indien und China Vorzügliches^ geschaffen^ es fand
sich vor; eine Welt im Kleinen war beisammen, um so-
fort wieder in alle Welttheile zerstreut zu werden.
Zu Ende ist der Ritt durch das schöne romantische
Land, wir stehen am Ziele, der Kreis der Jahrhunjlerte
' schliesst sich. Wir haben sie wachgerufen all' die hoch-
• sinnigen Kunstherren, diie seit elfhundert Jahren seg-
' nend über der Stadt des heiligen Kilian walteten. Nicht
5 bloss den frommen einfachen Missionären gingen wir
nach, welche die Fundamente gelegt, besuchten nicht
i allein die Mönche in der Zelle heiligem Frieden; auch
t die stolzen, prachtliebenden Magnaten geistlichen und
^ weltlichen Standes rauschten vorüber im' leisen flüch-
i tigen Geisterschritt. Was die Meister im Schurzfell fronim-
t gläubig bauten, meisselten und malten, wir suchten es
f zu verstehen und dem liebenden Verständniss nahe zu
t bringen, damit sich Gegenwart und Vergangenheit traü-
i lieh die Hände reichen mögen. Mit Lust und Liebe
f wurde dies Büchlein begonnen, in hellem poetischen
Jubel wurde es — trotz Allem, was da kam — zu Ende
ö gebracht. Mög' es allen Kunstfreunden Deutschlands
Gruss und Handschenk vom Verfasser bringen.
A n b a n 8^
zu SMte 73.
StaidorC
Zwiscbui der 1385 g«baut»ii Hmgottskirclte in Kr«gliDg«n und der
1424 erricbteteii Bergkirch«, &of stellabfalJender Kuppe, vo drei Tlial-
Schluchten zusammentreten, steht die Ulrichskapeile von Standorf aus dem
Ende des zwölften Jahrhunderts. Sie bildet kein reines Oktogon. -Nur die
vier westHclien Seiten, Jede 14* lang, fügen sich regelihässig aneinander;
die fünfte und sechste ist verlängert. Sie fallen beiderseits auf ein Qua-
drat von je 14' Breite und Länge ein. Das ' südliche hat eine hübsche
Apside mit achtem romanischen Fenster, diente früher als Kapelle, und
wird jetzt ids Sakristei benutzt; das nördliche trug von jeher den in drei
StockweiktiD auftteigeoden , mit Dop^elkhmgöffnungen versehenen Thurm.
Beide Bäume nmschliessen die Apside der Ka^^die. Zwei Rundbogen tren-
nen eine starke Kreuzwölbung, deren blätter- und figurenreiehe Gapitäle
zu beachten sind, von Konche und Schiff; die Konche erhielt Licht durch
ein Fenster. Einfach ist das Portal in Nordwest, reicher profllirt das
Hundlsnster larfiber. Der den Bau markirsnde Sockel bildet sich durch
^e Sclimi«|e, d^ DaoheiMs des Thurmes bewegt eine Art Karnies, angte-
nehm schauen sich die quadrlrten Felderchen des Oktogondachsimses an.
Die Proflllrungen der Apside im Südquadrat schlingen sich seltsam dahin;
die der l^uptapside sind herniedergegeworfen ; Säulchen stützten diesen
Fries. i)ie zwei epäter eingebrochenen Fenster sind leicht zu erkennen.
Der Verein von Wirtembergtsch Franken verspriclit, nächstens dte dunkle
Geschichte dieser Kapelle aufzuhellen <).
Orttnsfeldbaiiseii
Um dieses sehr merkwürdige Doppeloktogon im lieblichen Grünthal zu
verstehen, ist in Erinnerung zu bringen, dass die g gen 'Wassemoth ein-
geleitete Abwehr den Bau meridicb zu Schaden gebracht hat. Das Erdreich
um die Kapelle wurde um mehreere Fubs erhöht, so da» die zwei alten
vermauerten Thüren halb in der Erde stecken, in die Ostung brach man
die Eingangsthüre, der Altar wurde daraus entfernt und nach Westen ver-
1) Wirtembergisch Franken 1859 111-117.
}egt, ds8 Pflntear im Hanptaehteck tu sehr erhobt -— die gftüEe Kapelle
völlig Terilndert. FrQhef stieg man von Südwest und Nordwest durch zwei
Thi^n mehrere Stufen niedet in den grosseren Westbaü, nnd betete nach
dem erhobt stehenden Altar im Ostban, Jetzt ist das Umgekehrte der Fall.
Zwei Oktogeoe legen sich aneinander, Kwischen betden erhebt sich im
Achtort der Thurm. Das westliche wird vonseiten zu 14* Breite, das ost-
liche von Selten zu 6\ geschlossen. Das armliche Fussgesims, die zieriose
Flaohdecke, die erweiterten Fenster können im grösseren Bau uns nicht
interessiren; wuchtend wirkt der verbindende 11' lange Triumpfbogen
(dürfen wir den Namen hier get>rauchen) , der den l'hurra ttögt nnd von
Wulst, Platte und Riemchen gegliedert ist. Rein haben die Fenster der
Ostung ihre Laibung bewahrt; sie sind zwei Rannen breit und viermal
so hoch. Die Apside ist gewölbt, die acht Kappen sind mit romanischen
Malereien versehen. Durch drei Felder breitet sich eine Mandorla hin,
deren Ränder schwarz, deren Felder blau und grün sind; Christus thront
in der Mitte; ein röthlicher Nimbus leuchtet um ein gelbes Gesicht.
Von der Hauptfigur links bemerkt man eine männliche Figur mit gelbem
Haar und hellretbem Nimbus, die Hände sind zur Anbetung ausgebreitet ; die
Gewandung ist gelb, die Falten sind ruhig geworfen, der Ausdruck ist
edel. Daran reiht sich eine jungfräuliche Gestalt, welche die Hände auf
der Brust gefaltet, den Mantel mit einer Agraffe zusammengeschlossen trägt.
Fein sind die Züge. Die dritte erhabene Gestalt ist mit geschlossener
Krone verziert, dunkles Grün spielt um die Locken, Ob in der fünften
Figur eine heilige Frau zu erkennen sei, lassen wir dahingestellt. Die
Haare sind durchweg mit regelrechten Pinselstrichen angegeben, die Um-
risse der Augen mit festen Strichen gezeichnet.
Das Fussgesims am Aussenbau, der aus reingehauenen grauen Quadern
sich fügt, wird mit Kehle, Wulst und Platte bewegt, Arkaden formiren das
angenehme Dachfiries. Fünf Seiten der Oktogons stehen frei, 6 und 7 tre-
ten mit dem Thurmbau in Verbindung, 8 bildet die Ostseite des Thurmes,
der in hübschen Kreisschlägen Vierpässe mit Lilienverzierungen zeigt und
darüber durch Doppelklaogöffnungen und ein Arkadenfries, wie wir am
Neumünster gesehen, belebt wird. Das Dach ist wertblos. Vom alten Süd-
portal des Hauptoktogons sind noch sechs Rundarkaden, die Deckplatte
und profllirte Pilaster erhalten. Es war mit Figuren geziert.
Die Kapelle stammt aus der zweiten Hälfte des zwölften Jahrhunderts.
Riesen, sagt das Volk, haben sie gebaut.
Poppenba asea.
Zwischen Grünsfeldhauscn und Oberwitöghausen steht die einschiffige
Pfarrkirclie von Po^enhausen, die älter als beide vielleicht in den Aus-
gang des elften Jahrhunderts zu setzen ist. Sie wurde vom Stift St. Peter
und Alexander in Aschaffenburg gebäKt. Das 8chtff wird vo& einem mäeh-
tiiiui Sockel in nicht immv fletefcer BikMing lUttieogeii «nd ist ttdut Hn
410
ganzen Mauerwerk. Die zwei westlichen ungewöhnlich engen Feneterchen
entschuldigen die Frauen des Ortes, welche 1818 fünf neue breitere Licht-
öffnungen von ihrem Buttergeld, wie die Pfarracten sagen, herstellen Hessen.
Der Thurm in der Ostung hat zwei Arkadenreiheu ohne Consölchen. Die
Uncialniajuskelschrift an der Südseite der Kirchenwand ist uns' nicht ganz
klar. Sie lautet:
EGO. FRIDERIGS. DE. CRESE. QOTVLIZ. OCO. MSÜSA. ZIV. V.
AGROS. L BOBVHUSE. DP. REMEDIO. PATRIS. ET. MÄTRIS.
MEE. ET. OMNIUM, PARENTV. MEORm. QVI. SOLWT. QATUOR,
UNCIAS. DE. ACRO. UNO. 0. TRES DENARIOS. DFERO. ECKLE.
Oberwittighansen.
Die Slgismundkapelle von Oberwittighcusen ist ihres Portales wegen
zu grosser Berühmtheit gelangt, obwohl Grünsfeldhausen bedeutsamere Con-
structioneu bietet. Wir haben an ihr drei Bauzeiten zu unterscheiden.
Das Oktogon, die ausspringende Apside, das Portal gehören in die späteste
romanische Zeit, wohl in die Zeit des üebergangsstyles ; die vier Pfeiler
in der Mitte der Kapelle, welche den Thurm stützen, mögen im Laufe der
zweiten Hälfte des dreizehnten Jahrhunderts entstanden sein; der in der
Technik verschiedene Aufbau an den Wänden des Polygons, der uns den
Mangel des Dachsimses zu erklären hat, ist in der Renaissancezeit entstan-
den. In Spitzbogen ist das Fries der Apside construirt, spitz einen sich
die acht Bogen über der Portallaibung, spitz schliessen die Pfeiler im In-
nern und die Wölbung der Ostung. Pagegen sind die Motive der elegan-
ten Blättercapitäle am Portal und die Blattornamente und Thierbilder der
Gonsolen im Chor acht romanisch. Die Kapelle steht zwischen der Bauzeit
des Kiliansdomes 1189 und des Neumunsters 1221. Die Fenster bewahr-
ten nur in der Ostung die ächte Form; das Gewölbe der Ostung ist tech-
nisch von Bedeutung; der Weihwasserstein und ein Denkstein haben kei-
nen besonderen Werth. •
Das Portal wird sich in der Beschreibung, im Stich und Schnitt alle-
zeit nobler ausnehmen, als in der Wirklichkeit.
Drei Säulen stellen sich in die je drei Pilasterecken der Laibung, an die
sich z^vei weitere Pilaster beiderseits und ein verstümmelter Säulenrest an-
schliessen. Säulen und Pilaster finden ihre Fortsetzung in den Archivolten.
Das bildlose Tympan wird mit fünf Kreisschlägen gegiert. Ueber den Ar-
chivolten läuft ein Arkadenfries im Spitzbogen, im Rechteck ist das Ganze
geschlossen. In die das Rechteck abschliessenden Kanten schreiben sich
kleine pyramidale Gestalten, drei* und vierblätterige Blumen, Würfel und
rautenartige Körper, ein aufirechtstehendes und ein liegendes Kreuz. Den
Fries trägt mühsam ein Ungethüm. Eine kopflose Figur im Ornat gibt
vielen Yermuthnngen Raum, eine zweite mit Skapulier hält die Rechte an
eine gewundene Säule (Stab). £inem rumpflosen Menschenkopf oorrebpon-
411
dirt ein kopfloser Vogelleib. Der an einen Baiimstrunk gefesselte Satan
hat eben eine Seele gepackt. In den zwei äusseren Arcbivolten reihen sich
bunt quadrirte Fddchen, vier-, sechs- und achtblätterige Blumen, kosende
Quadrupeden, Krokodile, nackte Gestalten, springeivde und geflügelte Thiere
und Schlangenlinien aneinander. Auch an den Säulencapitälen erscheinen
Vogel und Thierflguren. Einen Gedankcncyklus von tieferem theologischen
Gehalt darf man nicht suchen.
Cbroflologiscbe Reihenfol^
der
wichtigeren Bauwerke und Grabmäler Wirzburg's.
A. Bauwerke.
Die Ostkrypta von Nenmünster (1000) 36
Die Schiffe von St. Burkard (1033-1042) 51
(Die Stadtpfarrkirche von Heidiugsfe!d) (XI. Jahrh.) ...... 57
Die Krypta im Dom (1045) 61
Die westlichen Domthürme (1050) 66
(Die Katharinenkapelle) (1100) 69
Die Kapelle auf dem Marienberge (XII. Jahrh.) 71
(Die Kapellen in Standorf, Grunsfeldhausen , Oberwittij^hauMn^ Pop-
penhausen) (XII. u. XIII. Jahrh.) ......... 409
Die Prämonstrateuserkirche in Oberzell (1128—1131) 73
Die Schott^nkirche zu St. Jakob (1134) 77
Der Dom (1189) 90
Neumünster (1220) , ... 101
Di« ostlichen DomthOrme (1228) 103
Die Minoritenkirche (1248^ 125a) 131
DijB Cisterziensernonnenkirche in Ui|Qinelf;pfortf)i| (1251— 1964) . . 122
Der Chor der Dominikanerkirche (1270-1274) 136
Die Deutschhauskirche (1287-1300) 148
Der Domkreuzgang (1331—1418) 178
Die Liebflrauenkapelle (1377—1479) 203
Der Grafeneckartsthurm (1^53-1458) 228
Die Brücke (1474-1607) 230
Die Bürgerspitalkirche (XV. Jihrh.) 230
Di« ürsulinerinnenkirdie (:^Y. u. XYH, J^^^cb.) 231
DU Sepultur am Dom (XY. JabrhJ 23.1
Der Chor von St. Burkard (1495^) 23i
Die Wendeltreppe auf der Burg (1511) 23.4
Das Universitätsgebäbde (15a2) 272
Die Neubaukirche (1582—1592) 275
Der Bischofshof (1600) . . . . , 536
Das Bibliothekgebäude auf Marienberg 352
Die Karmeli^nkirclie (4 6^59^ 355
414
Die Stiftskirche von Haug (1659) 361
Neumünstcr (Fassade und Kuppel) (1711—1714) 363
Der Rückermainhof (1716-1722) 338
Juliasspital (1704, 1791) 334
Die Peterskirche (1717—1720) 364
Das Schönbornmausoleum (1721—1736) . 326
Der Residenzbau (1T20— 1744) 388
Die Hofkirche (1744) 391
Die Liebfrauenkirche auf dem Käppole (1758) 373
Die Michaelskirche (1765-1800) 372
Die Stephauskirche (1789) 364
Die Schrannenhalle 399
Die Maxschule 399
B. Grabdenkmäler.
Die Kilianstuniba in Neumünster 15
Der Megingozsarg in Neumünster ~ . . 25
(Der Arnostein) 21
(Die Heinrichstumben in Haug und St. Stephan . 41
Das Denkmal des Bischofs Bruno 181
Der Stein des Bischofs Gottfried I. (XIH. Jahrh.) 182
„ „ „ „ Gottfried II. von Hohenlohe (XIII. Jahrh.) . 183
,, „ „ „ Mangold (f 1302) *. . 184
Das Denkmal des Johann von Stern (1329) 190
„ „ „ Berthold von Henneberg (1330) ...... 190
„ „ „ Bischofs Wolfram (1333) 184
„ „ „ Ecko von Stern (1343) 191
Das Grabmal des Bischofs Otto von WolMeel (1345) 185
Der Stein des Michael vom Löwen (1350) 172
„ „ „ Ritters Heinrich von Sawnsheim (1360) . . . . 192
„ „ „ Bischofs Albert II. von Hohenlohe (1372) .... 185
„ „ „ Bischofs Gerhard (1400) 185
„ „ der Frau Margaretha von Hütten (1403) 193
„ „ des Abtes Herrmann Losch (1408) 188
„ „ „ Bischöfe Johann I. von Egloffstein (1411) . . 186
Der Denkstein des Ritters Friedrich von Hütten (1414) .... 194
j, „ „ „ Haberkorn (1421) . 194
„ „ » „ Martin -s'on Sainsheim (1434) .... 223
„ „ des Abtes Eberhard (1436) 188
„ „ des Bischofs Johannes von Born (1440) . . . . 181
„ Stein des Hanns Kraft (1451) 197
„ „ „ Bischofs Gottfried von Limpurg (1455) 187
„ „ „ „ Johannes von Grumbach (1466) .... 188
„ „ „ t) Rudolf von Scherenberg (1499) .... 259
415
I>er Stein des Biscboft Georg von Nikopolis (1499) 308
„ n „ Ritters Konrad von Schaumberg (1499) 294
„ „ ij Michael Truchsess von Wetzhausen (1513) . . . . 312
„ „ „ Jörg Schrimpf (1516) . . . .• 224
„ „ „ Bischofs Lorenz von Bibra (1519) 259
„ „ „ Ritters Paul Truchsess von Witzleben (1528) ... 313
„ „ „ Tylmann Riemenschneider (1534) 257
„ „ „ Ritters Georg Lichtenstein (1536) 313
„ „ „ „ Paul Fuchs (1540) . . ' . 313
„ „ ^ Bischofs Konrad III. (1540) 308
„ „ „ „ Konrad IV. (1544) 308
„ „ „ Truchsess Heinrich (1548) 313
„ „ „ Bischöfe Melchior (1558) . . ., 309
„ „ „ Ritters Christophel von Köln (1564) 314
„ „ „ Bischofs Friedrich von Wirsberg (1573) 309
r n ij Ritters Martin von Rotenhan 314
„ „ „ Ritters Sebastian Echter von Mespelbrunn (1577) . . 279
„ „ „ Bischofs Julius 280
„ „ „ „ Gottfried I. (1622) 309
„ „ „ „ Adolf von Ehrenberg (1631) 310
V n n Ritters Jakob Bauer von Eiseneck (1624) . . . . 314
Die Schonborndenkmäler 310
Die Grabsteine in der Burgkapelle 312
Das Denkmal des Bischofs Gross . . , 400
Erzgussplatten Seite 298 ff.
lieber die kleineren Kunstwerke s. die §§.
KüDStlerverzeichniss«
Seite.
Abo, SchÖDSchreiber 17
Adalbero, Bischof 67
Adam von Ebrach, Bildhauer 248
Albert, Baumeister 232
Albertus Magnus, Bischof 121
AmorDelV, Stuccador .... 329
Anton Toii Karlstadt, Stein-
metz 211
Arier Peter von Gmünd, Bau-
meister 204
Arnold, Maler 167
Arnold David von Kuld, ,
Glockengiesser . . . 295
Arnold Fritz, Steinmetz . . 210
Arnold Hanns, Glockengiesser 295
Asmus von Hassfurt, Bild-
hauer 258
Augustin Lazarus 269
Au Vera von der Jakob . . . 343
Au Vera von der Wolfgang . 343
Au Vera von der Lukas Ant. 343
B.
Babo von Bamberg, Bau-
meister 71
Baldemann'Otto, Dichter . 121
Barth Erhard, Bildhauer . . 279
Bauer Sigmund, Baumeister 269
Baum Michael, Glasmaler . 244
Bau mann Matth., Steinmetz 210
Baumhauer Veit, Bildhauer 264
Bau nach Joseph, Bildhauer 344
Beck Llnhart, Maler 238
Seit«.
Becker Johann, Bildhauer . 230
Becker Sebastian, Bildhauer 230
Becker Yolkmann, Bildhauer 230
Benazet, Bruckenbaumeister 87
Bendel S., Büdhauer .... 382
Benno von Osnabrück, Bischof 38
Berettino Pietro, Baumeister- 292
Beringer, Erzgiesser .... 143
Beringer Wolfgang, Stein-
metz 274
Bernard, Maler 247
B e r n i n i Lorenzo, Baumeister 282
Bernward von •Hildesheim,
Bischof 38
Bert hold der Deutschbruder
lapicida 152
Berthold v. Ebrach, Mönch,
lapicida 152
Betzmann Hanns, Baumeister 281
Betzmann Philipp, Maler . 281
Beundnm J. v., Maler . . . 274
Beuther, Maler 399
Beysel M., Maler 248
Bielefeld Ferd., Bildhauer 297
Bitthäuser, Kupferstecher . 399
Blank Bonavita, Mönch, Na-
turmaler 381
R Offram, Hofarchitekt ... 392
Bolsamer Stephan, Maler . 279
Bolster Johann, Maler . . . 366
Boose, Bildhauer 399
Borromini, Baumeister . . 282
Bossi J., Stuccador 330
Boss! Felix, Stuccador . . . 330
27
418
Stitf.
BoBsi Matern, Stnccador . . 330
Bozetich von SazAwa, Abt . 38
Bramante, Baumeister . . . 282
Brand J. K., Büdschnitzer . 343
Braun M. von Geialboring,
BUdhauer 257
Breit, Baumeister , 399
Breno P., Bildhauet .... 399
Brückner, Baumeister . . . 291
BrunellescoF.j Baumeister 281
Bruno, Bischof 48
Bueler Ulrich, Maler .... 269
Burg Melchior, Bildhauer . . 269
Byss Joh. Rudolf, Maler . . 327
ۥ
Cammerer J., Goldschmied 801
GastelH Karl A^ Stuocador SSO
Castelli Joh. ?., Stuocador 830
Gay Jakob, Maler 254
Celtis Konrad, Dichter ... 229
Claris Baron t., Baumeister 290
Corvinus, Kupferstecher . . 831
GotteDe, Baumeister. ... 342
Gunradt ¥ritz, Maler .... 248
Gur^ Gl., BUdhauer ..... 343
David d» Schotte, Domscho-
laster 84
Demenik Giegor, Bildhauer 343
Demerlan, Mönch, S<^öa-
achreihev ...... 17
Denner, Sebast., Er^lessar 300
fiiepe&beek, Maler .... 356
D i e t ra an n Gto., Glaemaler » 270
Dietmann Qaniks der Altere,
Gksnkaler 270
p i e t m a n B Hanns d. Jüngere,
Gl^waler ^70
Pietm an n Joh., Glasmaler . 270
Dietmann Kafp., Glasiuakr 270
Dietmann SiM^]|^n, Maler . ^7
putmar PtOHj^i^ Malfx . . ^57
Seilte
Dietrich von Heidelberg,
Münzmeister .... 165
Dietrich Hanns, Steinmetz 220
Dietrich Michael, BUdhauer 344
Diez, Bildhauer 343
Dill Peter, Schnitzer .... 258
Drischütz, Baumeister . . . 399
Dllaz Alb.^ Bildhauer .... 343
Dürer Albrecht 396
Bck David, Schnitzer .... 248
Eckardis von Worms, Erz-
giesser 145
Eckart Andreas, Bildhauer . 344
Eckelein Klaus, Steinmetz 210
Eckert, Baumeister 899
Egon von Bamberg, IHchter 167
£ i n h ar d V. Rothenburg, Graf 35
Einhart, Maler 247
Eisenmann Wolf, Maler . . 320
Embricho, Bischof 71
End«rlein, Erzgiesser . . . 300
Englberger B., Baumeister . 282
Ensinger Ulrich, Münster-
baumeister ..... 205
E n z e 1 in , Dom- u. Brücken-
baumeister 87
Erkambert, Mönch, Scbön-
si^reiber ...... 17
Erkinger von Sawnsheim,
Baumeister 171
Eschaim Balth., Baumeister 269
Esterbauer B., Bildhauer . 343
Ewald, Goldschmied .... 209
Eymerling Entres, Maler . 252
Falkner petav., Baum<^ister
faut Kun^i, Maler . . .
^aut l'etor, Maler . . .
^eri^auer, Baumeister
Fes ei GlijTJi^toph, Maler
fesel Kaspar, Afaü^l •
43
247
247
290
393
4S»
F eurer Hanns, Mftler .... S09
Fidler Krar., Glockengiesser 296
F i s c h.e r JoK, Hofbaumeister 329
Fiscker Ludw., Baomeisfn 929
Flachner Lukas, Maler . . 3€6
Flammersbach H. Steinm. . 270
F 1 e i s cb m a n n M., Steinmetz 359
Fort seh A., Dombaomeister 329
Franke, Domscholaster ... 32
Freund, Maler 362
Friedeberger Eberhard,
Baumeister 208
Friedrich -von Wirzburg . 120
Fries H., Bildschnitzer ... 257
Fritz von Arnstein, Maler . 247
Frohling fi., Glasmaler . . 269
Furenschild Hännsle von
Regensburg, Maler . 247
Gabriel von Iphofen, Stein-
metz 210
Gall, BUdschnitzer 209
Gallus, Maler 246
G ä r t n e r J. F., Dofbaumeister 329
Gassmann Fr., Glasmaler . 254
Gelgel Joh., Baumelster . . 329
Gerbot, Mönch, Schönschr. 17
Gerhard V. Köln, Baumeister 152
Gertrud, Königin 128
Gisshammer, Stuccador . . 393
Glantschnigg, Maler ... 366
Glass, Stuccador 393
Glock, Hanns, Baumeister . 269
Göbel, Maler 399
Gottfried, Bischof 90
Gottfried, Dombaumeister 179
Gottfriedv. KorbeijErzgiess. 143
Gottwald, Bildhauer. ... 257
Gregor von Regensburg, Abt 77
Greissing, Baumeister . . . 342
Grobe, Balthasar, Bildhauer 269
Grosse A rtolf, Dombaumeist. 238
Grüll Mattk., BUc&aiulr. . . 343
Seit«.
GTünlackner J., Maler . . 361
Grund Peter. Höftnaler ... 367
Gampelein Kbnrad, Maler 209
Gundakher Ton Eichsadt
Bischof 68
Gnndheri, Mönch, Sehen-
Schreiber 17
Günther Joh., Banmeister 329
Günther Matth., Maler . . . 377
Gut mann Ad., Bildhauer . 344
Hag K., Baumeister 278
Hagelfutter M., Bildhauer 247
Hagel wart Ulrich, Maler . 228
Haidner Peter, Baumeister 232
Halb ig, Bildhauer 216
H a 1 b i g Christian, histramen-
tenmacher 399
Hanns von Frankfürt, Maler 225
H a n n 6 V. Fzeiburg, Steinmetz 211
Hanns TOn Fuld, Münzmeister 1 65
Hanns von Heidingsfeld, Bau-
melster 164
H a n nt von Königshofen, Bau-
meister 210
H a n n 6 der Kmmmauer, Dom-
baumelster 205
Hanns von Kulrabacb, Maler 222
Hanns von Mingolshelm, Bau-
meister 232
Hanns der Steinmetz .... 288
Hardt M., Stuccador .... 330
Hartz H., Schnitzer 248
Hauff Ettdres, Steinmetz . . 210
Heiliger, Bildhauer .... 392
Heimburg K., Baumeister . 232
Heinrich, Bisehof 34
Heinrich von Ebrach, Abt,
Baumeister 1511
Heinrich Stehimetz .... 360
Heller Christoph, Maler . . 247
Hell wart Sebastian, Maler . 247
Hennebergsr 0.^ Mftkr . . 238
490
Beite.
Henneberger Georg, Flach-
. . maier 269
Hertzog Hanns, Maler . . . 248
Hickerich Job., Steinmetz 238
HiederhenselF., Erzgiesser 300
floegler W., Maler 366
Holze 1 Leopold, Stuccador . 379
Hof mann A., Maler .... 361
Huber, Maler 377
Hülffericb Konrad, Maler 248
Hugo, Bischof 33
1.
Jamnitzer Wenzel, Gold-
schmied 300
Jckelsheimer, Banmeister 334
Jhnebach Christ., Bildhauer 248
Jörg von Guttenberg, Dom-
baumeister 180
Johannes von Zell, Abt . . 73
Johannes V. Ebrach, iapicida 152
Johann v. Wirzburg, Dichter 1 20
Jones Inigo, Banmeister . 286
Jordan von Ebrach, Mönch,
Judith. Herzogin von Bayerft 65
Jung Wolfgang, Maler . . . 247
Junker Zachftrias, Bildhauer 269
Kaal Adam, Baumeister.. . . 269
Käpserlein, Maler 356
Käruer Hanns, Maler. . . . 238
Kass H., Maler 361
Kaut M., Baumeister .... 269
Keilwerth Jos.. Bildhauer 344
Kern Michael, Bildhauer . . 269
Keyel Hanns, Maler 244
Keyel Michael, Steinmetz . . 211
Klaus, Maler 246
Kleiner Sal., Kupferstecher 331
Kobelein Balth., Baumelster 269
Kobolt Tobias, Maler. ... 269
Kochen er, Maler 179
Köhler Daniel, Bildbauer . 344
S«ite,
Körner Georg, Bildhauer. 269
Kol Konz, Dombaumeister . 238
Kolb Matth., Baumeister . . 929
Konkel J., Scbönschreiber . 383
Konrad, Abt 112
Konrad von Rythemberg,
Steinmetz 164
K n r a d v. Wirzburg, Dichter 112
Kopp J.. Erzgiesser 285
Kopp Sf^ald, Erzgiesser . . 295
Kraft Adam, Bildhauer . . . 222
Kram er J. G., Steinmetz . . 329
Krebs von Münster, Steinmetz 232
Kreglinger Wilhelm, Bau-
meister 232
Kreuser P., Musiker*. . . . 387
Kreuser Matth., Musiker . . 387
Kugler Heinr., Baumeister . 222
Kuhn Christoph, Steinmetz . 329
Kuhn Stadt Kraft, Steinmetz 211
Kunz, Maler 247
K u n z von Kiilsheim, Steinmetz 238
Lacher, Baumeister ..... 166
Lamprecht Hanns, Dombau-
meister 296
Langer Job., Dombanmeister 329
Leben- (Laben-) w o 1 f , Erz-
giesser . . - 300 ■
Lenkhart Nik., Bildhauer . 343
Lester Georg, Maler .... 247
Leu polt Hieronymus, Maler 248
Leybach Fr., Maler .... 367
Lilgenweiss, Bildhauer. . 225
Linhart v. Kitzingen, Maler 247
Linhart Endres, Maler . . . 247
Liphart Hanns, Maler . . . 247
Loderer Jakob, Maler . . . 249
Lorich v. Hadamar, Dichter 229
Luft Fr., Maler 366
Lukas Konrad, Schnitzer . . 246
Lünens chloss, Maler . . . 364
Lutz Martin, Glockengiesser 296
421
Seite.
Mabuse, Maler 391
Magno P., Stuccador .... 321
Majerhofer, Schönschreiber 383
Mäkarius. Abt 82
Marianus, Mönch, Schon-
schreiber ...... 83
Markhardt G., Steinmetz . 326
Mein werk von Paderborn,
Bischof 38
Marian, Maler 319
Merz Hanns, Maler . . , . . 247
Metz Hanns, Bildhauer . . . 247
Michael, Baumeister .... 165
Michel-Angelo 282
Michel von, Gossmannsdorf 247
Michelmann der Jude, Bau-
meister 152
Miller, Erzgiesser 400
Min dl ein Dietrich, Münzer 165
Mol er Sigmund, Schnitzer . 244
Müller Andreas, Baumeister 294
Müller Hanns, Illuminist . 225
Müller Jeronymus 258
Müller Martin, Maler. . . . 269
Münz er Bop, Münzmeisfer . 165
Münzer Hanns, Münzmeister 165
Müssiggang E., Steinmetz 2't8
Mutter Stadt J., Steinmetz 238
M y u n e r Lieb., Dombaumeist. 205
> MT.
Nagel Ulrich, Steinmetz . . 343
Nagelen Gg., Glockengiesser 296
Neidhart Georg, Bildhauer . 269
Neubauer H., Glockengiesser 294
279
329
329
85
167
Neu berger, Illuminist
NeumannBalth., Baumeister
N e u m a n n Fr. M., Baumeister
Nicola Pisano, Bildhauer . .
Nikolaus V. Nürnberg, Maler
Nötzel Martin, Goldschmied 226
Nolten, Holtaaaler * 467
O.
Seite.
Onghers Oswald, Maler . . 361
Ottenmaier, Maler .... 247
Otto von Bamberg, Bischof . 71
Otto von Nürnberg, Maler. . 167
r.
Paulings Michael, Maler . . 248
Pedrozzi, Stnccidor .... 330
Perenger, Erzgiesser. . . , 143
Peter von Aschaflfenburg,
Steinmetz 210
Peter, Steinmetz 238
Petrini, Bamaeister .... 361
Peyel M., Maler 247
Pezani Valentin, Baumeister 329
Pf äff Hanns, Steinmetz . . . 270
Pfeffel G. A., Kupferstecher 331
Pfister Balthasar, Maler . . 248
Pfister Hanns, Maler .... 247
Pfister Sigmund, Maler . . 247
Pirot, Tapetenmaler .... 391
Pistner Hanns, Schnitzer . 248
Platz P., Dombaumeister . . 320
Polsterer Paul, Bildhauer . 247
Preiss H., Bildhauer .... ^310
Preiss Leonh., Maler .... 269
Queler Hanns, Steinmetz . 211
».
Rademacher H., Maler . . 269
Rappolt Balth., Bildhauer . 257
Rappolt Hännslein, Mal^-r . 247
Rappolt L., Goldschmied . 225
Reinhard, Abt 128
Remelc A., Maler 361
Rentz Wolfg., Bildhauer . . 248
R'eulbach B., Glockengiesser 296
Renmann K., Baumeister . 269
Ren SS, Baumeister 216
Reuss Augustin, Bildhauer . 257
Reu SS Wolfgang, Maler . . « 248
499
Seite •
Richard von Hall, Steinmetz 1 52
Riemenschneider AntoD,
Baumeister 257
Riemenschneider J5rg . 257
Riemenschneider Tylmann 255
Riess H., Schnitzer 297
Righi, Baumelster 291
Riquin, Erzgiesser 144
Roh in M., Bildhauer .... 279
Röder, Maler 366
Rodle in H,, Schnitzer . . . 248
Röhrlein Goldschmied . . . 363
Roos, Maler 391
Roritzer von Regenshurg. 211
R 8 e n p 1 ü t H., Meistersänger 279
Roth Fr., Maler 293
Roth Martin, Erzgiesser. . . 295
Rüdiger, Glockengiesser . . 296
Ruel Hanns, Goldschmied. . 209
Ruel J., Maler 361
Rnotheim, Miniaturist. . . 17
Rupp Klaus, Goldschmied . 225
m
Salins, Nik., HoYbaumeister 329
Sandrart, Maler 319
Scheffer Ambros, Maler . . 269
Scheffer Endres, Steinmetz 225
Schiller Leo, Miniaturist . 382
Schilshaymer von Schlier-
see, Baumeister . . . 204
Schleyer, Hofmaler .... 367
Schmidt H., Maler 367
Schmidt W., Maler .... 366
Schmutzer Wilh., Maler . 247
Schneider Wilh., Maler . . 247
Schöpf, Stemmetz ' 329
Schongauer M., Maler . . 256
Schonhover Seb., Bildhauer 222
Schrecker, Maler 247
Schreiber, Bildhauer . . . 257
S ch ü s s 1 e r , Heinr., Bildhauer 257
Schwab Hoftealer 367
Schwarz, Maler 274
Seite*
Sebald, Schönschreiber . . . 383
Sebert Fr., Karthäaser, Or-
natsticker 365
S e Q b e r , Dombaumeister . . 329
S e y t e r Jarsiüa, Mosaikmaleriii 39 1
S i g f r i e d Vitulus von Ebrach,
Mönch, Schönschreiber 162
Sighart, Mönch von Fuld,
Brückenbaumeister • 97
Simon, Maler 211
Sintram Johann, Mönch, Mi-
niaturist . 165
Spada, Maler 391
Speth, Phil., Hofbaumeister 329
Spörer, Baumeister 329
Stang Hanns, Glasmaler . . 258
Stau bie r Kilian, Mönch, Stue-
cador 377
Steckel Gg., Schnitzer ... 248
Stegner, Parlir 216
Steinberger B., Steinmetz 270
Steinmetz Hanns von Lands-
hut, Baumeister ... 59
Stephanus, Domscholaster . 31
Steyn, Maler 217
St Ol Konrad, Baumeister . . 249
Stoss, Veit, Bildhauer ... 222
S trau SS, Mich., Steinmetz . 211
Strohmaier L., Steinmetz . 210
Stuber, Maler 363
Stummer J., Maler 269
Stürmlein H., Steinmetz . 23S
Sturm Wilhelm, Maler ... 248
T.
Tatz Johann, Baumeister . . 329
T Kai heimer, Maler .... 367
Thalhofer, Maler 366
T h e i n , Barbara. Naturmalerin 387
Thelot, Goldschmied .... 327
Theodorich v Prag, Maler 167
T h i e m o von Altach, Erzbisch. 38
Thomas von Mntina, Maler. 167
Tiepelo, Maler 390
428
Seite.
Tintoretto, Maler ..... 391
TisO) Mönch, Schönscbreiber 17
Treu J.) Maler 367
Trull Hanns, Glasmaler . . 246
IT* .
Ulrich der Staffelsteiner von
Passau, Steinmetz . . 211
Ulrich von Trochtelflngen ,
Steinmetz 211
Ungleich Tobias, Bildhauer 342
Urlaub G. Anton, Maler . . 366
Urlaub Gg. Christian, Maler 366
Urlaub Job. Andreas, Maler 366
Urlaub Sebastian, Maler . . 360
V.
Vekher S., BUdhauer .... 392
Yentzlein Fr., Münzmeister 165
y e s t h e r Hanns, Goldschmied 1 64
Yilars de Honecurt, Bau-
meister 176
Villinger, Steinmetz ... 291
' Vis eher Uerrm., Rothgiesser 889
Vis eher Peter, Erzgiesser . 299
Vi seh er Sebast., Erzgiesser . 299
VitruY, Baumeister 170
Vogler, Abt, Musiker . . . 484
Volk, Hofmaler . , 367
Voytlein Hanns, Maler. . . 216
Wagenkne cht H., Steinmetz 247
Wagenknecht Lor., Stein-
metz 247
Wagner Peter, Hofbildhauer 344
* Wagner Simon, Bildhauer . 377
Wahl, Schnitzer 391
Waismuth von Magdeburg,
Erzgiesser 144
W a 1 1 h e r . Pfarrer , Schön-
schreiber 147
Seite.
W al t h e r von der Vogelweide 117
Weickener Bernhard, Maler 247
Weidenbusch J., Glasmaler 242
Weinhart, Baumeister . . . 269
W e r n e r V. Fördelingen, Maler 167
W e r n h e r , M6nch, Miniaturist 1 7
Wetz (Weltz?), Steinmetz . . 180
Weygant Hanns, Maler . . 247
W e 7 r e r Stephan, Baumeister 232
W e y s s Michael, Schnitzer und
Maler 244
Weyssel Hanns, Maler . . . 248
Widemann, Bildhauer . . . 400
Widmann Michael, Maler . 248
Wiesch Rot, Maler 167
Wiesen, Schönschreiber . . 399
Wilhelm von Htrschau, Abt 71
Wilhelm, Mönch, Bildhauer 85
Willegisus, Erzbischof . . 38
Winterstein G., Bildhauer 344
Witz, Bildschnitzer 384
Wolbrab Johann, Erzgiesser 301
Wolf Konrad, Münzmeister . 165
Wolfram, Dombaumeister . 279
Wohlgemuth, Maler . . . 363
Wunderlich Jörg, Maler . 238
Wurms er Nikolaus, Maler . 167
Wurzelbauer B., Erzgiesser 300
Wurzelbauer H., Erzgiesser 105
Wylandt M., Glasmaler . . 244
Zang Wolf, Schnitzer .... 248
ZehentnerH., Dombaumeist. 205
Zehner Kraft, Baumeister . 205
Zestner Hanns, Maler . . . 247
Ziegler Wilh., Maler .... 248
Zimmer, Baumeister .... 292
Zink Johann, Maler 390
Zink Kuntz, Steinmetz ... 210
Zyrbel Hanns, Glasmaler . . 248
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