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Full text of "Kurzer Hand-commentar zum Alten Testament"

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nf  % 

P^ntersitg  of  Toronto 

The  Department  of  Oriental 

Languages 
for  use  in  the  Oriental 

Seminar 


HANDBOUND 
AT  THE 


IJNIVERSITY  OF 
TORONTO  PRESS 


Digitized  by  the  Internet  Archive 

in  2010  with  funding  from 

University  of  Toronto 


http://www.archive.org/details/kurzerliandcommenOOmart 


'^^ 


KURZER  HAND-COMMENTAR 


ZUM 


ALTEN  TESTAMENT 


IN  VERBINDUNG 


I.  BENZINGER,  A.  BERTHOLET, 
K.  BUDDE,  B.  DUHM,  E  HOLZINGER,  G.  WILDEBOER 


HERAUSGEGEBEN 


D.  KARL  MARTI 

ORB.    PROFESSOR   DER   THEOLOGIE    AN   DER   UNIVERSITÄT   BERN. 


ABTEILUNG  XVI: 

DAS  BUCH  HIOB. 


FREIBURG  LB. 

LEIPZIG  UND  TÜBINGEN 

VERLAG  VON  J.  C.  B.  MOHR  (PAUL  SIEBECK). 

1897. 


^oTnTnet\\CO.TJ 


DAS  BUCH  HIOB 


ERKLAET 


VON 


StcN  BY 
Pf^ESi.lVATION 

DATE.  AUG2  4  1987 


D.  BERNII.  DUHM 


ORP.    PROFESSOR    DER    THEOLOGIE    IN    BASEL. 


7J 


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06 


FREIBURG  I.  B 

LEIPZIG  DND  TÜBINGEN 

VERLAG  VOX  J.  C.  B.  JI 11 II  K  (.PAUL  SXEBECK) 

1897. 


>*.•«. 


Druck  von  W.  Drugulin  in  Leipzig. 


Inhalt  V  Inhalt 


INHALT. 


Einleitung. 

Seite 
I.  Das  Volksbuch:  1.  sein  Umfang  und  Inhalt;  2.  sein  Verfasser  und  3.  sein 

Alter Vn.  VllI 

II.  Der  Dichter  des  Hiob:  4.  Lebzeit  des  Dichters;  5.  Heimat;  6.  Persönlichkeit 
dos  Dichters;  7  u.  H.Thema  der  Dichtung  und  ihre  Antwort  auf  die  Doppel- 
frage    vm-xi 

III.  Die  Elihureden  und  Verwandtes:  9.  Zweck  der  Elihureden ;  10.  Unechtheit 
derselben;  11.  Einsätze  verwandter  Art XI.    XU 

IV.  Sonstige  Einsätze:  1:^.  Parallele  Dichtungen;  13.  Gedichte  in  Tristichenform ; 
14.  kleinere  Gedichte,  Bruchstücke,   Glossen,  Umstellung  u.  Textbeschä- 

digrung XII.  XIII 

V.   Litteratur XETI 

VI.  Tabellarische  Übersicht  über  die  Zusammensetzung  des  Buches  Hiob  .     .  XTV 

Erklärung. 

Cap.  1  und  2.    Die  Erzählung  des  Volksbuches  von  Hiobs  Glück  und  Unglück  1—16 

Cap.  3  1—42  6.    Das  Gedicht  von  Hiob 16— 2<J4 

Cap.  3.    Hiobs  Klage l*j — 24 

Cap.  4 — 14.    Erstes  Streitgespräch    .      .            24 — 79 

Cap.  4  5.    Rede  des  Eliphas 24—35 

Cap.  6  7.    Hiobs  Antwort 35 — 16 

Cap.  8.    Rede  Bildads 46—50 

Cap.  9  10.    Hiobs  Antwort 50—61 

Cap.  11.    Rede  Zophars 61—65 

Cap.  12—14.    Hiobs  Antwort 65—79 

Cap.  15 — 21.    Zweites  Streitgespräch 80 — 114 

Cap.  15.    Zweite  Rede  des  Eliphas 8<i— 86 

Cap.  16  17.    Hiobs  Antwort 86—93 

Cap.  18.    Zweite  Rede  Bildads 93—97 

Cap.  19.    Hiobs  Antwort 97—104 

Cap.  20.    Zweite  Rede  Zophars 105—109 

Cap.  21.    Hiobs  Antwort 109—114 

Cap.  22—31.    Drittes  Streitgespräch 114—152 

Cap.  22.    Dritte  Rede  des  Eliphas 114—1 18 

Cap.  23  24.    Hiobs  Antwort 118—127 

Cap.  25  26.    Dritte  Rede  Bildads 127—131 


InhaU ___Z'^ ^-^ 

Seite 

Cap.  27.    Bruchstücke  aus  der  Antwort  Hiobs  und  der  dritten  Rede  Zophars  131—134 

Cap.  28.    Gedicht  über  den  Wohnsitz  der  Weisheit 134—137 

Cap.  29—31.    Hiobs  Antwort 138—152 

Cap.  32-87.    Die  Elihureden 152—180 

Cap.  38  1—42  6.    Die  Gottesreden 180—201 

Cap.  40  3-5  42  2-6.    Hiobs  Antwort  auf  Jahwes  Rede 201—204 

Cap!  42  7-17.    Die  Erzählung  des  Volksbuches  von  Hiobs  glücklichem  Ausgang  204^206 

"'  207 21'^ 

Sachregister 


Einleitung  1 1  vn  Einleitung  1 2 


Einleituno;. 


I.  Das  Volksbuch. 

1.  Die  alte  Gruudlage  des  Buches  Hiob  bildet  ein  Volksbuch,  von  dem  uns 
noch  der  Eingang  Cap.  1  ii.  2  und  der  Schluss  Cap.  42  7-17  (und  etwa  noch  Cap.  38  l)  er- 
halten sind,  während  die  Unterredungen  zwischen  Hiob  und  seinen  drei  Freunden 
sowie  Jahwes  Rede  an  Hiob,  die  es  nach  (Jap.  42  7  einst  enthielt,  dem  grossen  Einsatz 
eines  jüngeren  Dichters  haben  weichen  müssen.  Das  Buch  erzählte  in  epischer  Prosa, 
die  nur  ab  und  an,  in  Reden  von  mehr  gnoraischem  Charakter,  in  poetische  Form 
überging,  die  alte  aus  Edom  stammende  Sage  von  dem  gerechten  Hiob,  seinem  Glück, 
seinem  Unglück  und  seiner  Wiederherstellung.  Es  war  eine  moralische  Geschichte, 
die  zweierlei  lehren  wollte :  erstens,  dass  auch  ein  tadellos  frommer  Mensch  trotz 
peinlichster  Vorsicht  ins  Unglück  geraten  könne,  wenn  es  nämlich  dem  Saüin  gelinge, 
die  Echtheit  seiner  Frömmigkeit  vor  Gott  in  Zweifel  zu  ziehen  und  sich  die  Erlaub- 
nis auszuwirken,  sie  durch  das  Unglück  auf  die  Probe  zu  stellen,  und  zweitens,  dass, 
wenn  man  in  einem  solchen  Fall  sich  Gottes  "Willen  unbedingt  und  geduldig  unter- 
werfe, Gott  seinen  Knecht  ehrenvoll  wiederherstelle  und  x'eichlich  entschädige.  An 
der  Verzweiflung  des  Weibes  Hiobs  und  an  den  Reden  der  drei  Freunde,  über  die 
wir  nur  durch  Jahwes  Urteil  Cap.  42  7  f.  etwas  erfahren,  wurde  veranschaulicht,  wie 
leicht  man  in  einem  solchen  Fall  verkehrte  Wege  einschlagen  könne. 

2.  Dass  das  Volksbuch  nicht  von  dem  Dichter  der  Reden  Cap.  3  l — 42  6  verfasst 
ist,  geht  aus  folgendem  hervor:  1.  Das  Volksbuch  legt  ähnlich  dem  ältesten  Erzähler 
im  l'entateuch,  dem  Jahwisten,  ganz  unbefangen  dem  Hiob  den  Xamen  Jahwe  in  den 
Mund,  während  der  (jüngere)  Dichter  dies  nie  thut,  sondern  stets  dessen  eingedenk 
bleibt,  dass  Hiob  und  seine  Freunde  als  Edomiter  und  Araber  diesen  Gottesnamen 
nicht  kennen.  2.  Im  Volksbuch  ist  das  Misstrauen  des  Satans  die  Ursache  der  grau- 
samen Prüfung  Hiobs,  beim  Dichter  wird  für  eine  solche  Mittelursache  kein  Raum 
gelassen.  3.  Im  Volksbuch  unterwirft  sich  Hiob  den  Unglücksschlägen  mit  Geduld 
und  Weisheit  und  empfängt  am  Schluss  (Cap.  42  7  8)  die  Anerkennung,  dass  er  korrekt 
über  Gott  geredet  habe;  beim  Dichter  ist  Hiob  nach  eigenem  Geständnis  nichts 
weniger  als  geduldig,  schleudei-t  die  scliärfsten  Invektiven  gegen  Gott  und  unterzieht 
das  göttliche  Weltregiment  einer  schneidenden  Kritik,  giebt  endlich  auch  selbst  zu, 
nicht  korrekt  über  Gott  geredet  zu  haben  (Cap.  42  6).  4.  Im  Volksbuch  ist  Jahwe 
über  die  Reden  der  Freimde  so  erzürnt,  dass  er  ihnen  an  den  Leib  will,  wenn  nicht 


Einleitung  1 2  vm  Einleitung  II 4 

Hiob  für  sie  bittet ;  der  Dichter  macht  die  drei  Freunde  zwar  zu  Vertretern  einer  un- 
zuläDglicheu  Tlieologie,  lässt  sie  aber  als  fromme  Männer  reden,  die  in  der  Haupt- 
sache dieselbe  Weisheit  und  geduldige  Unterwerfung  empfehlen,  die  dem  Hiob  des 
Volksbuches  Gottes  Lob  und  Lohn  einträgt :  dieser  Punkt  schliesst  allein  schon  die 
Möf^lichkeit  aus,  dass  der  Autor  des  Volksbuches  und  der  Dichter  ein  und  dieselbe 
Person  sind.  5.  Das  Volksbuch  sieht  das  Unglück  des  Frommen  nur  als  ungewöhn- 
liche Ausnahme  an,  die  durch  eine  Gelegenheitsursache  entsteht  und  später  wieder 
der  Hecfel  weicht ;  der  Dichter  sieht  das  menschliche  Leben  überhaupt  als  einen  Frohn- 
dienst  an,  findet  keinen  Zusammenhang  zwischen  Frömmigkeit  und  Glück  und  lässt 
nicht  einmal  die  Freunde,  deren  Standpunkt  sich  sonst  dem  des  Volksbuches  mehr 
nähert,  die  Ansicht  vertreten,  dass  das  Unglück  eines  Frommen  nur  eine  Erprobung 
seiner  Frömmigkeit  sei.  6.  Für  den  Autor  des  Volksbuches  besteht  die  Eeligion  in 
der  Gottesfurcht,  vor  allem  in  der  ängstlichen  Scheu,  Gottes  Missfallen  durch  un- 
ziemliches Reden  zu  erregen;  der  Dichter  macht  den  uralten,  ehrwürdigen  Eliphas  zum 
Repräsentanten  dieser  Richtung,  er  selber  verficht  in  den  Reden  Hiobs  die  sittliche 
Selbständigkeit  des  Menschen  gegenüber  seinem  Schöpfer  und  sieht  in  Gott,  der  frei- 
lich seine  unendliche  Überlegenheit  über  den  Menschen  darthut,  den  Bundesgenossen 
eines  guten  Gewissens  und  den  Freund  des  Frommen;  zu  der  Zeit,  wo  das  Volksbuch 
entstand,  war  man  noch  in  naivster  Fühlung  mit  der  übersinnlichen  Welt,  dem  Dichter 
droht  Gott  zu  entschwinden  und  ist  sein  Walten  nur  in  der  Natur,  nicht  im  Menschen- 
leben erkennbar.  7.  Der  Autor  des  Volksbuches  hütet  sich  entsprechend  seiner 
Religionsauffassung  ängstlich  vor  anstössigen  Ausdrücken  und  setzt  ehrbare  Um- 
schreibungen an  ihre  Stelle  {'^'yn,  n^SP,  nb^i  Cap.  42  8),  während  der  Dichter  kein 
Blatt  vor  den  Mund  nimmt.  Weitere  Gründe  für  die  Notwendigkeit,  beide  Schrift- 
steller auseinander  zu  halten,  ergeben  sich,  wenn  man 

3.  Das  Alter  des  Volksbuches  ins  Auge  fasst.  Es  ist  geschrieben  zu  einer 
Zeit,  wo  noch  nicht  die  AVirksamkeit  der  grossen  Propheten  und  das  Unglück  Israels 
und  Judas  die  geistige  und  besonders  die  ..religiöse  Physiognomie  des  Volkes  ver- 
ändert hatte,  wo  man  noch  Opfer  für  wirksam  hielt,  die  technischen  Sündopfer  der 
Thora  aber  noch  nicht  kannte,  wo  man  noch  nicht  wusste,  dass  nur  an  Einem  Orte 
auf  Erden  und  von  gottgewählten  Priestern  Jahwe  Opfer  dargebracht  werden  können, 
wo  die  Sabäer  noch  nicht  das  betriebsame  Handelsvolk  und  die  Chaldäer  noch  nicht 
die  Grossmacht  waren,  die  sie  durch  die  Einnahme  Babels  wurden,  wo  man  noch 
edomitische  Sagen  in  aller  Unbefangenheit  mit  der  Jahwereligion  in  Verbindung 
setzen  konnte.  Werden  wir  damit  in  die  vordeuteronomische  Zeit  verwiesen,  so 
dürfen  wir  aus  der  Anspielung  Hesekiels  (Hes  14  14  tf.)  auf  Cap.  42  7  0".  schliessen,  dass 
das  Buch  zur  Zeit  dieses  Propheten  schon  allbekannt  war. 


II.  Der  Dichter  des  Hiob. 

4.  Dagegen  lebt  der  Dichter  der  Reden,  die  mit  Ausnahme  der  nachher  zu 
nennenden  jüngeren  Einsätze  Cap.  3  1 — 42  6  umfassen,  in  einer  Zeit,  die  auf  die  Welt- 
kriege der  Assyrer,  Chaldäer  und  Perser  und  auf  die  Katastrophe  der  eigenen 
Nation  zurückblickt  (s.  S.  69 f.)  und  in  der,  wie  es  scheint,  Palästina  unter  dem 
persischen  Szepter  steht  (S.  54 f.).    Er  lehnt  sich  in  Cap.  3  3  0".  an  Jer  20  14 ff.  an  und 


Einleitung  II  5  IX  Einleitung  II  7 

erinnert  in  seiner  Verherrlichung  der  Grösse  Gottes  in  der  Natur  vielfach  an  Deutero- 
jesaia.  Indessen  steht  er  noch  in  einiger  Fühlung  mit  jener  Zeit,  als  „die  Fremden 
noch  nicht  im  Lande  waren"  (S.  83);  auch  hat  die  erwachte  Neugierde  für  die  Welt- 
physik es  noch  nicht  zu  grossen  Resultaten  gebracht.  Wo  sich  Berührungen  zwischen 
ihm  und  dem  seit  Esra  auftauchenden  Priestercodex  zeigen ,  scheint  der  letztere  von 
ihm  abhängig  zu  sein,  hat  jedenfalls  viel  fortgeschrittenere  Vorstellungen  von  der  Welt- 
schöi)fung  als  der  Dichter  (s.  zu  Cap.  38  4  0".).  Man  wird  also  wohl  nicht  all/u  weit 
fehlgehen,  wenn  mau  die  Lebzeit  des  Dichters  etwa  in  die  erste  Hälfte  des  5.  Jahr- 
hunderts setzt. 

5.  Er  scheint  in  einem  Lande  wie  Palästina  gelebt  (S.  68  113),  zu  den  be- 
scheideneren bürgerlichen  Kreisen  gehört  (S.91),  auch  hart  ums  Brot  gearbeitet  (S.41) 
und  die  allgemeine  Unsicherheit  persönlich  empfunden  zu  haben  (S.  65);  dass  er  mit 
Ägypten  gut  bekannt  ist  (z.  B.  >S.  21  48  55),  mag  darauf  schliessen  lassen,  dass  er, 
vielleicht  Handels  wegen,  viel  gewandert  war  (S.  112),  wie  er  denn  auch  mit  dem 
Leben  der  Karawanenleute  vertraut  ist  (S.  38).  Selbstverständlich  war  er  ein  Mann 
in  reiferem  Alter,  als  er  seine  ernste,  jeder  Schwärmerei  und  jedem  Autoritätsglauben 
abholde  Dichtung  verfasste. 

6.  Er  hat  seine  Dichtung  mit  seinim  Herzblut  geschrieben  und  gewiss  zunächst 
mehr  für  sich  als  für  das  grosse  Publikum.  Seine  eigenen  Gefühle,  Zweifel,  Forde- 
rungen, Hoffnungen  legte  er  dem  Hiob  in  den  Mund,  nur  dass  die  Gottesrede  die 
letzten  Aufschlüsse  und  den  letzten  Trost  erteilen  muss.  Die  drei  Freunde  haben  die 
Anschauungen  seiner  und  der  frülieren  Zeit  zu  vertreten,  die  den  Dichter  nicht  be- 
friedigten; in  ihren  Reden  kommt  vor  allen  Dingen  die  deuteronomische  Vergeltungs- 
lehre mit  ihren  ^[odifikutionen  zur  Sprache,  nur  von  den  hochgespannten  eschatolo- 
gischen  Erwartungen  seiner  Zeit  sagt  der  Dichter  kein  Wort.  Als  poetische  Form 
wählte^er  das  einfachste  Metrum  der  hebräischen  Prosodie,  die  Strophe  von  vier 
Stichen  zu  je  drei  Hebungen.  Seine  Poesie  liat  nicht  die  sachliche  Wucht  der  Sprache 
des  Arnos,  nicht  die  majestätische  Gewalt  der  Rede  Jesaias,  nicht  die  geistsprühende 
Beweglichkeit  der  Vierzeiler  Hoseas,  nicht  die  seelische  Anmut  der  Lyrik  Jeremias, 
nicht  das  schwärmerische  Pathos  eines  Deuterojesaia;  sie  lässt  sich,  wie  es  der  nach- 
klassischen Zeit  und  wohl  auch  dem  höheren  Alter  des  Dichters  entspricht,  von 
Längen  und  beschwerlichem  Wortreichtum  nicht  überall  freisprechen;  aber  sie  reflek- 
tiert den  kühnen  Geist,  die  dramatische  Energie,  die  schöpferische  Phantasie  eines 
grossen  Dichters  und  findet  zur  rechten  Zeit  den  erschütterndsten  Ausdruck  für  das 
gewaltige  Ringen  eines  Geistes,  der  sich  in  der  Welt  ganz  allein  weiss  und  um  das 
höchste  Gut  des  Menschen,  den  Glauben  an  eine  Gerechtigkeit  in  der  Welt,  fast  ver- 
gebens kämpft. 

7.  Seine  Zeit  nötigte  ihn,  das  Thema  vom  Unglück  ganz  anders  anzufassen, 
als  das  alte  Volksbuch  es  that.  Für  ihn  ist  das  Unglück  des  Frommen  nicht  mehr 
ein  merkwürdiger  Ausnahmsfall,  seine  ganze  Zeit  ist  voll  von  Unglück,  und  die  Besten 
tritl't  es  am  meisten.  Es  ist  das  Hauptproblem  der  Zeit,  die  Lebensfrage  seines  Volkes 
geworden.  Für  die  Masse  der  Frommen  wuchs  mit  dem  Druck  des  Unglücksgefühls 
die  Bedeutung  des  Begriffs  der  Sünde,  denn  nur  durch  diese  wusste  man  das  Unglück 
zu  erklären ;  für  die  Sünde  des  Gottlosen  war  es  die  Strafe,  für  die  Sünde  des  Frommen 
teils  eine  Abtragung  früherer  Verschuldungen,   teils  das  göttliche  Zuchtmittel,   das 


Einleitung  II  7  X  Einleitung  II  8 

Besserung  und  damit  das  Glück  herbeiführen  sollte.  Gegen  diese  übermässige  und 
oft  mechanische  Anwendung  des  Begriffs  der  Sünde  als  eines  für  alles  ausreichenden 
Faktors  in  der  Lebensrechnung  lehnt  sich  nun  der  Dichter  auf,  und  der  weitaus 
grösste  Teil  der  Reden  Hiobs  ist  mit  Protesten  gegen  diese  Doktrin  und  mit  Nach- 
weisen ihrer  Unzulänglichkeit  angefüllt.  Des  Dichters  Hiob  will  nicht  zugeben,  dass 
die  Sünde  die  Ursache  seines  Elendes  sei ;  sollte  sie  es  dennoch  sein,  so  würden  sich 
daraus  die  allerschlimmsten  Schlüsse  für  das  Wesen  Gottes  ergeben,  weil  Hiob  nicht 
absichtlich  gesündigt  hat.  Er  will  mit  Gott  um  sein  Recht  kämjifen  und  gewinnt 
endlich  die  Überzeugung,  dass  Gott  auf  seiner  Seite  stehe  und,  wenn  nötig,  nach 
HipbsJTode  für  dessen  Unschuld  eintreten  werde.  Schon  wegen  dieser  Bekämpfung 
der  Sündendoktrin  nimmt  diese  Dichtung  eine  höchst  merkwürdige,  aber  auch 
isolierte  Stellung  in  der  Religionsgeschichte  eiu. 

8.  Konnte  der  Dichter  diesen  Kampf  gegen  die  Sündentheorie,  in  dem  er  das 
sittliche  Rechtsbewusstsein,  das  gute  Gewissen  und  die  innere  Überzeugung  von  Gottes 
Güte  zur  festen  Basis  hatte,  siegreich  durchführen,  so  brachte  der  Sieg  selber  ein 
anderes  Problem  mit  sich,  das  viel  schwerer  zu  bewältigen  war.  Denn  ist  das  Un- 
glück nicht  (oder  Avenigstens  nicht  ausschliesslich)  die  Folge  der  menschlichen  Sünde, 
so  ist  es  ein  Übel  und  für  den,  der  alles  in  der  Welt  direkt  auf  Gott  zurückzuführen 
gewohnt  ist,  ein  von  Gott  hervorgebrachtes  Übel.  Warum  ist  es  da?  warum 
lebt  man,  wenn  es  da  ist?  Dopjjelt  drückend  wird  diese  Frage,  wenn  sich  zu  dem 
Unglück  der  Schuldlosen  noch  das  Glück  des  Schuldigen  hinzugesellt.  Da  war  es 
schwer,  den  Glauben  an  ein  gerechtes  Walten  Gottes  in  der  Menschengeschichte  fest- 
zuhalten, um  so  schwerer,  als  ohnehin  die  alte  naive  Fühlung  mit  Jahwe,  der  aus  dem 
Schutzgott  eines  kleinen  Landes  inzwischen  der  Weltherr  geworden  war,  verloren  zu 
gehen  drohte.  Die  Masse  der  Frommen  fand  allerdings  Ersatz  und  Trost  in  der 
Eschatologie,  die  dem  Schosskind  des  Weltherrn,  Israel,  eine  glänzende  Entschädigung 
für  das  gegenwärtige  Elend  verhiess.  Wer  mit  der  zukünftigen  Welt  aber  nicht 
rechnete,  Avar  doch  darauf  augewiesen,  Gottes  Walten  in  diesem  Leben  nachzuweisen, 
wenn  er  den  Zusammenhang  mit  Gott  festhalten  wollte.  Dieser  Nachweis  glückte 
vielleicht  dem,  der  selber  im  Glück  war  und  das  Unglück  Anderer  auf  ihr  eigenes 
Verschulden  zurückführen  konnte ;  hielt  er  diese  Anderen  für  fromm,  so  Hess  sich  ihr 
Leiden  ähnlich  dem  des  Gottesvolkes  überhaupt  als  ein  von  Gott  verordnetes  Besserungs- 
mittel ansehen,  dem  endlich  eine  um  so  höhere  Glückseligkeit  folgen  werde.  Aber  der 
Dichter  will  von  dieser  Erklärung  des  Unglücks  nichts  wissen,  sie  streitet  nach  seiner 
Überzeugung  mit  der  Erfahrung  und  mit  der  Vernunft ;  so  mancher  stirbt  im  Elend,  ohne 
je  glücklich  zu  sein,  und  mancher  Bösewicht  hat  nichts  als  Glück  erlebt.  Wie  soll  nun 
der  Dichter  auf  diesem  äusseren  Gebiet  die  feste  Basis  finden,  auf  die  er  den  Glauben 
an  Gott  gründen  kann?  Er  weiss  sich  keinen  anderen  Rat,  als  dass  er  aus  der 
Menschengeschichte  hinaus  in  die  Natur  flüchtet.  Da  ist  Gott ,  da  ist  sein  Walten 
lebendig  zu  spüren !  Freilich  ist  es  unbegreiflich,  ja  es  zwingt  dem  Menschen  die  Ein- 
sicht auf,  dass  er  gar  nicht  der  alles  beherrschende  Mittelpunkt  der  göttlichen  Thätig- 
keit  sei,  denn  die  AVeit  ist  räumlich  und  zeitlich  weit  über  ihn  erhaben,  und  Gott 
sorgt  ebenso  für  die  reissenden  Tiere,  wie  er  die  Bösewichter  unter  den  Menschen  ge- 
währen lässt.  Aber  grade  in  dieser  Demütigung,  dieser  Entthronung  des  Menschen 
liegt  eine  gewisse  Befreiung,  und  die  erkannte  Grösse  des  Schöpfers  und  die  eigene 


Einleitung  US  XI  Einleitung  III 11 

Kleinheit  lehren  selbst  einen  Hiob,  sein  Loos  zu  ertragen.  In  dieser  tragischen 
Stimmung  entlässt  uns  der  Dichter.  Das  Warum  des  Unglücks  bleibt  ein  ^^tsel. 
Auch  hier  nimmt  das  Gedicht  von  Hiob  gegenüber  der  eschatologi.schen  Eichtungder 
alttestainentlichen  Religion  eine  einsame  Stellung  ein. 


III.    Die  Elihureden  und  Verwandtes. 

9.  Natürlich  wurde  der  Protest  des  Dichters  gegen  die  Sündendoktrin  gewöhn- 
lich nicht  verstanden,  denn  für  die  Theologie  aller  Zeiten  ist  der  Begriff'  der  Sünde 
so  ziemlich  der  einzige  Schlüssel  für  alle  Rätsel  der  Welt  und  der  Religion :  auch 
die  Geschichte  der  Auslegung  unseres  Gedichtes  beweist  dies.  Das  Gedicht  brachte 
einen  jüngeren  Schriftgelehrten  so  auf,  dass  er  es  zu  widerlegen  beschloss.  Der  Ver- 
fasser der  Elihureden,  Cap.32 — 37,  der  als  Denker  und  Dichter  gar  nicht  ernstlich 
mit  dem  Schöpfer  jenes  Gedichts  verglichen  werden  darf,  ist  der  Meinung,  Hiob  habe 
sich  für  sündlos  erklärt  und  damit  Gott  ins  Unrecht  gestellt;  er  zürnt  darüber,  dass 
die  Freunde  ihm  nicht  den  ]^luud  stopften,  hält  es  auch  für  ganz  unnötig,  dass  der 
Dichter  Gott  redend  einführte,  und  will  selber,  als  Gottes  Apologet,  Hiob  eines 
Besseren  belehren,  den  ohnehin  als  einen  eigenklugen  Menschen  Gott  nicht  ansehen 
würde.  Trotz  dieses  hohen  Selbstgefühls  wiederholt  dieser  Elihu  nur  die  Ausführungen 
der  drei  Freunde  Hiobs  über  Gottes  Gerechtigkeit  und  den  pädagogischen  Zweck 
der  Züchtigung  in  sehr  weitschweifiger  "Weise  und  mit  allerlei  nebensächlichem  Auf- 
putz, zeigt  auch  gelegentlich  seine  Überlegenheit  über  des  Dichters  Gottesreden, 
indem  er  physikalische  Phänomene  erklären  kann,  die  beim  Dichter  Gott  als  Rätsel 
für  den  ^rcnschen  hinstellt. 

10.  Der  Verf.  dieser  auffallend  leeren  Reden,  der  den  Leser  durch  seine  kind- 
liche Eitelkeit  unfreiwillig  ergötzt,  ein  offenbar  noch  sehr  junger,  jedenfalls  unreifer 
Schriftsteller^  muss  ziemlich  viel  später  gelebt  haben,  als  der  Dichter,  da  seine  Vor- 
stellungen von  der  physischen  Welt  entwickelter  und  künstlicher  sind;  auch  seine 
Angelologie  weist  auf  eine  spätere  Zeit  hin;  wie  es  scheint,  kennt  er  schon  die  von 
Manasse  und  Nebucadnezar  in  der  Chronik  und  im  Buch  Daniel  erzählten  Sagen,  die 
er  ja  freilich  nicht  gerade  aus  diesen  Büchern  kennen  gelernt  haben  muss.  Glück- 
licher Weise  hat  weder  er  selbst  noch  ein  anderer  seine  Reden  mit  dem  übrigen  Buch 
in  organische  Verbindung  gebracht ;  wäre  es  geschehen ,  so  hätte  Elihu  Cap.  42  7  ff . 
erwähnt  werden  und  Hiob  in  seiner  letzten  Rede  ein  Bekenntnis  seiner  Sünde  ablegen 
müssen,  aber  weder  Hiob  noch  Jahwe  sprechen  von  Hiobs  Sünde  oder  von  Elihus 
Weisheit.  Die  Unechtheit  dieser  Reden  ist  denn  auch  allgemein  erkannt  und  aner- 
kannt, und  die  letzte  Rettung  ihrer  Echtheit  ist  so  ungemein  schwach  ausgefallen, 
dass  sie  das  Gegenteil  iln-er  Absicht  bei  jedem  Leser  bewirken  muss,  der  nicht  ganz 
unfähig  ist,  die  eigenartige  Dichtung  von  Hiob  zu  verstehen. 

11.  Auch  sonst  fehlt  es  nicht  an  Spuren,  dass  den  späteren  Lesern  der  Stand- 
punkt der  drei  Freunde  und  des  Elihu,  besonders  die  Vergeltungslehre ,  verständ- 
licher und  sympathischer  war,  als  des  Dichters  Verteidigung  des  guten  Gewissens, 
seine  Bekämpfung  der  herrschenden  Ansichten  von  Gottes  Weltregiment  und  sein 
Verlangen  nach  einer  neuen  Offenbarung  Gottes.  Am  auffallendsten  verrät  dies  das 
Einschiebsel  Cap.  11  6'',  das,  wenigstens  im  hebr.  Text,  Hiobs  Leiden  für  noch  ge- 


Einleitung  III 11  XII  Einleitung  IV 14 

ringer  erklärt  als  seine  Schuld.  Andere  Einsätze  gefallen  sich  in  der  Ausmalung  des 
Wesens  und  der  Bestrafung  der  Gottlosigkeit,  so  Cap.  4  8-11;  814-19;  15  24 '^-28'^  31 ; 
20  2123^24  25;  38  13'^  u'^  15.  Einige  von  diesen  Einsätzen  sind  Citate  aus  anderen 
Gedichten,  andere  wohl  erst  bei  der  Lektüre  unseres  Buches  entstanden. 


IV.  Sonstige  Einsätze. 

12.  Andere  Dichtungen,  die  dem  Dichter  fremd  sind,  wurden  durch  die  von 
ihm  behandelten  Stoffe  und  Ideen  veranlasst,  mögen  zum  Teil  aber  auch  einfach  des- 
wegen in  die  Hiobhandschriften  geraten  sein,  weil  diese  gerade  Platz  für  sie  hatten 
und  sie  durch  die  Aufnahme  vor  dem  Untergang  schützten.  Durch  die  Tierbilder  in 
den  Gottesreden  wurde  ein  in  Oberägypten  lebender  Dichter  angeregt,  die  Schil- 
derung des  Nilpferdes  und  des  Krokodils  Cap.  40  15-24;  41 1-4;  Cap.  40  25-32;  41  5-26 
abzufassen;  der  Verf.  dieser  Dichtungen,  die  übrigens  durch  ihre  Übertreibungen 
und  ihre  Weitschweifigkeit  stark  von  den  echten  Tierbildern  abstechen  und  schon 
durch  die  Benutzung  des  Cap.  3  8  die  Wolkenschlange  bezeichnenden  Namens  Liw- 
jathan  für  das  Krokodil  sich  als  unecht  erweisen,  hat  sich  bemüht,  sein  Produkt  den 
Gottesreden  einzuordnen,  und  sich  daher  einige  Freiheiten  gegen  den  echten  Text 
erlaubt  (s.  zu  Ca23  40  1-14);  er  will  des  Menschen  Ohnmacht  in  Vergleich  mit  der  gött- 
lichen Allmacht  stellen,  weil  er  meint,  dass  auch  die  echten  Gottesreden  mit  ihrem 
,, Kannst  du?"  denselben  Zweck  verfolgen.  Ebenfalls  durch  die  Tierbilder  ver- 
anlasst ist  die  Einsetzung  des  Gedichtes  über  den  Vogel  Strauss  Cap.  3913-18,  das 
aber  nicht  den  Anspruch  erhebt,  mit  zum  echten  Bestände  gerechnet  zu  werden,  da 
es  sich  ihm  nicht  in  der  Form  anpasst.  Endlich  scheint  noch  der  Verf.  von  Cap.  28 
durch  die  Gottesreden  zu  seinem  Gedicht  über  den  Wohnsitz  der  Weisheit  angeregt 
zu  sein  (s.  zu  v.  26) ;  er  schrieb  dies  Seitenstück  zu  Prv  8  wahrscheinlich  im  3.  Jahrh. 
Eine  jüngere  Hand  machte  dann  in  v.  28  den  verfehlten  Ver&uch,  das  Gedicht  mit 
dem  B.  Hieb  in  Zusammenhang  zu  bringen.  Die  Vorliebe  der  Späteren  für  die 
Verherrlichung  Gottes  in  der  Natur  wird  ausserdem  noch  durch  eine  Anzahl  kleinerer 
und  grösserer  Einsätze  bezeugt,  die  sich  zum  Teil  recht  unpassende  Plätze  ausgesucht 
haben.    Es  gehören  hierher  Cap.  5  10;  9  8-10;  12  7-10;  22  12;  26  7-10  14^ 

13.  Ohne  Zusammenhang  mit  dem  B.  Hiob  sind  entstanden  eine  Anzahl  Dich- 
tungen, die  sich  durch  die  Tristichenform  kenntlich  machen.  Von  ihnen  könnten 
Cap.  12  4-6  und  Cap.  24  1-4  von  Einer  Hand  herrühren;  zweifelhaft  ist,  ob  ihr  Verf. 
identisch  ist  mit  dem  von  Cap.  24  5-12  und  30  2-8  sowie  mit  dem  Verfasser  von  Cap. 
2413-18*  und  mit  dem  von  Cap.  2418^-24,  welches  letztere  Gedicht  eines  Eingangs 
entbehrt.  Es  ist  möglich,  dass  diese  Gedichte,  wenn  sie  auch  verschiedenen  Autoren 
angehören  mögen,  einmal  in  einer  besonderen  Sammlung  vereinigt  waren;  die  von 
Cap.  24  1-24  sind  dazu  verwandt,  die  grosse  Lücke  des  alten  Textes  zwischen  Cap.  23  17 
und  24  25  auszufüllen. 

14.  Ausserdem  beherbergt  das  B.  Hiob  eine  grosse  Menge  von  kleineren  Ge- 
dichten oder  Bruchstücken,  die  teils  einmal  selbständig  existiert  haben,  teils  durch 
das  Buch  erst  angeregt  wurden,  und  von  denen  manche  ursprünglich  einfache  Eand- 
citate  waren.  Dahin  gehören  Cap.  3  12  24;  5l;  614;  1015M6*;  14ll;  16  9'=-l  1 ;  17  5 ; 
19  12;  20  9  24 f.;  22  24  f.;  31 1-4.    Noch  zahlreicher  sind  die  Glossen  und  allerlei  Nach- 


Einleitung  IV 14  ^rm  Einleitung  V 

hilfeu  zum  Text,  von  denen  ausser  den  bereits  unter  anderem  Gesichtspunkt  erwähnten 
folgende  namhaft  gemacht  werden  mögen:  Cap.  5  22;  6  7*' 21;  9  29;  10  22;  11  10;  13  17; 
11410^;  1929":;  2010;  22l7f.;  238f.  14;  26i4«;  30  l ;  31  33'' 39;  3828:  406  7;  4210"^. 
Glossen  oder  Texthilfen  finden  sich  natürlich  auch  in  den  fremden  Dichtungen.  End- 
lich verdient  Erwähnung,  dass  die  Diaskeuasten  an  einigen  Stellen  eingegriffen  haben, 
s.  darüber  zu  Cap.  25  1 ;  26  1 ;  27  1 ;  31  40'',  sowie  dass  an  mehreren  Orten  durch  Flüch- 
tigkeit der  Abschreiber  oder  mechanische  Textbeschädigung  die  Keilieufolge  der 
Stichen  in  Unordnung  geriet;  ziemlich  oft  sind  einzelne  oder  mehrere  Stichen,  die 
anfangs  vergessen  und  am  Rande  nachgeti'agen  waren,  an  verkehrter  Stelle  wieder 
in  den  Text  eingesetzt  worden. 


V.  ütteratur. 


Commentare:  Alb.  SchuLTENS,  Liber  Jobi  cum  nova  versione  ad  Hebr. 
fontem  et  commentarlo  perpetuo,  Leiden  1737;  H.  StüHLMANN  1804;  F.  W.  C.  Um- 
BEEIT  1832;  L.  HiRZEL  1839,  2.  Aufl.  von  J.  OlshaüSEN  18.52;  J.  G.  Vaihenger 
1842;  J.  G.  Stickel  1842;  K.  ScHLOTTMAN^'  1851;  E.  Kenajn  Paris  1859,  3.  AuH. 
1875;  Fkanz  Delitzsch  1864,  2.  Aufl.  1876;  Dillmaxn  1869,  2.  Aufl.  1891;  E.  W. 
Hengstekberg  1870/1875;    F.  Hitzig  1874;    G.  H.  Batesox  Wright  1883;    K. 

BüDDE  1896. 

Übei'setzungen  mit  Einleitung  oder  mit  kurzem  Commentar: 
A.  Merx  1871;  G.  StuDEE  1881;  E.  ReuSS  1888  u.  in  seinem  Alten  Testament  1894; 
G.  HoeEMANN  1891;    G.  BiCKELL  1894;  Fk.  BäTHGEX  bei  KaUTZSCH  1894  u.  1896 -i. 

Abhandlungen  und  Monographieen:  J.  WellhaüSEX JdTh  1871532-557; 
K.  BuDDE  Beiträge  zur  Erklärung  des  Buches  Hiob  1876:  F.  GlESEBRECHT  Der 
AVendepunkt  des  Buches  Hiob  1879;  K.  BuDDE  ZATW  1882  193-247;  J.  Grill  Zur 
Kritik  der  Composition  des  Buches  Hiob  18f»<);  T.  K.  Cheyne  The  Critical  Review 

1891  252  ff. ;  The  Expositor  1892  245  ff.  u.  1897  401-416:  J.  MeinHOLD  Das  Problem  des 
Buches  Hiob  Neue  JdTh  1892  63  ff.;  B.  DuHM  The  Book  of  Job  in  The  New  World 
1894  328-344 ;  L.  Laue  Die  Composition  des  Buches  Hiob  (Leipziger  Dissertation 
1895);  J.  Ley  Das  Problem  im  Buche  Hiob  u.  dessen  Lösung  Neue  Jalub.  f.  Phil, 
u.  Pädagog.  1896  125  ff. 

Text  und  Metrum:  G.  BiCKELL  Carmina  Yet.  Test,  metrice  1882;  Der 
urspr.  Septuagintatext  des  B.  Job,  Zeitschr.  f.  kath.  Theol.  lw6ö5Tff. :  ferner:  Kri- 
tische Bearbeitung  des  Jobdialogs,  Wiener  Zeitschrift  f.  d.  Kunde  des  Morgenlandes: 

1892  I37ff.  241  ff.  327ff.;  1893  1  ff.  issff.;  1894121.  C.  SIEGFRIED  The  Book  of  Job 
1893;  O.  Voigt  Einige  Stelleu  des  Buches  Hiob  1895;  J.  Let  StK  1895  635  ff.;  G. 
Beer  Der  Text  des  Buches  Hiob  1895;  ferner  ZATW  1896  297 ff. 


Einleitung  VI 


XIV 


Einleitung  VI 


VI.  Tabellarische  Übersicht  über  die  Zusammensetzung  des  Buches  Hiob. 


Volksbuch. 


Dichter  des  Hiob. 


Elihu  u.  Verwandtes. 


Sonstige  Einsätze. 


1  1—2  13. 


38  1*. 


427-9  lO^'ll-l?. 


3  1-4=*  9''  i^-9^  9'-U  16 
13-15  17-23  25f. 

4  1-7  12-21. 

5  2-5^5''  8f.  11-21  23-27. 

6  1-4  7*  5f.  8-10''  11-13 
15-20  22-30. 

7  1-10   11*  12-19  20''  21. 

8  1-6*  6*^-9  11-13  20-22. 

9  1-7    11-22   24*=   23  24*'' 
25-28  30-35. 

10  1*''2  3-5*6-15'M6''-21. 

11  1-3  7  4-6*  8f.  11-18  19'' 
20.- 

12  1-3  11  12  14-21  24  f. 

13  1-16  18-27  14  b"  13  28 
14  1-5'' 6-10  12''-22. 

15  1-5   7-12   6   13-24*'   28'= 
29  30''*^  32-35. 

16  1-9'' 12-14  17  15f.  18-22. 

17  1-3  6f.  11-16  18  1-3  17 
8-10  18  4-13  14''-21. 

19  l-ll  13-27  28*  29''*. 

20  l-8  11-20  22  2;:t''2D'^-29. 

21  1-7  9f.  8  11-34. 

22  1-11  13-16  19-23  26-30. 

23  1-7  10-13  15-17. 

24  25. 

25  1*  26  [1*]  2-4  25  2-6 
26  5  f.  11-14''. 

27  l*-6  12  7-11   13-23. 


29  1-10  21-25  11-20. 

30  9-31. 

31  5-7'' 8-1315-171418-22 
24-28  23  29-32  38  40*'' 
33*  34-37. 


38  1*  2-13*  14*  19  f.  16-18 
21-27  29-41. 

39  1-12  19-28. 

40  2  8-14  3-5  42  2  3'"'  5f. 


4  8-11. 


8  14-19. 


116' 


15  24'=-28''  31. 


20  21  23*  24  25*''. 


32  1-915-1710-1418-22. 

33  1-30  34  if.  4-15   33 

31-33  34  3  16-37. 

35  1-8  16  lOf.  13-15. 

36  2-33. 

37  1-17  19f.  18  21**=  22* 
21''  22''  23*-24. 

38  13''  14''  15. 


3  12  24. 

5  1  5''  6 f.  10  22. 

6  7''  10*=  14  21. 

7  11*  20*. 

8  6''  10. 

9  8-10  29. 

10  1"=  3-5*  15*^  16*  22. 

11  10  19*. 

12  4-6  7-10  13  22f. 

13  17. 

14  11  12*. 

15  30*. 

16  9^-11. 

17  4  f.  10'\ 

18  14*. 

19  12  28*  29''*  29"=. 

20  9  10. 

22  12  17.f.  24  f. 

23  8  f.  14. 

24  1-4  5-12  13-18*  18''-24. 
26  7-10  14<=. 


28  1-6  7-10*  11*  10''  11'' 

2412-19  20-23  25-27  28. 

30  1  2-8. 

31  1-4  7^  33''  39  40*=. 


35  9  12. 

36  1. 


38  28. 

39  13-18. 

40  1  6f.  15-24  25-32 
41  1-4  5-28  [exe. 
Glosse]. 

42  3*  4  10''. 


Sigla 


XV 


Sigla 


VERZEICHNIS  DER  SIGLA. 


Act   = 

Acta,    Apostelge- 

Jak 

=  Jakobusbrief. 

Na     =  Nahum. 

schichte. 

Jdc 

=  Judice 

3. 

Neh    =  Nehemia, 

Am    = 

Arnos. 

Jdt 

=  Judith 

Num  =  Numeri. 

Apk  = 

Apokalypse. 

Jer 

=  Jeremia. 

Ob      =  Obadja. 

Bar    = 

Barucli. 

Jes 

=  Jesaja. 

Phl     =  Philipperbrief. 

Chr   = 

Chronik. 

Jo 

=  Joel. 

Phm  =  Philemonbrief. 

Cnt    = 

Canticum. 

Joh 

=  Johannes. 

Prv    =  Proverbia. 

Dan  = 

Daniel. 

Jon 

=  Jona. 

Ps      =  Psalmen. 

Dtn  = 

Deuteronomium. 

Jos 

=  Josua. 

Pt      =  Petrusbriefe. 

Eph  = 

Epheserbrief. 

JSir 

=  Jesus  Sirach. 

Reg    =  Reges. 

Esr    = 

Esra. 

Jud 

=  Judasbrief. 

Rm    =  Römerbrief. 

Est    = 

Esther. 

Koh 

=  Kohelet. 

Rt      =  Ruth. 

Ex     = 

Exodus. 

Kol 

=  Kolosserbrief. 

Sach  =  Sacharja. 

Gal    = 

Galaterbrief. 

Kor 

=  Korintherbriefe. 

Sam  =  Samuel. 

Gen  = 

Genesis. 

Lev 

=  Levitic 

US. 

Sap    =  SapientiaSalomonis 

Hab  = 

Habakuk. 

Lk 

=  Lukas. 

Th     =  Thessalonicherbriefe 

Hag  = 

Haggai. 

Mak 

=  Makkabäer. 

Thr    =  Threni, 

Hbr  = 

Hebräerbrief. 

Mal 

=  Maleac 

hi. 

Tim   =  Timotheusbriefe. 

Hes   = 

Hesekiel. 

Mch 

=  Micha. 

Tit     =Titusbrief. 

Hi     = 

Hiob. 

:\ik 

=  ]Marku 

Tob    =  Tobias. 

Hos  = 

Hosea. 

Mt 

=  Matthäus. 

Zph    =  Zephanja. 

BL 

=  Scbenkers  Bibel-I 

exikon. 

ZlTh      = 

Zeitschr.   für  lutherische  Theo- 

HbA 

<=  Rielim'sHandwört 

erbuch  des  tibi. 

logie  und  Kiri-he. 

Altertums. 

ZPK      = 

Zeitschr.  für  Prot.  u.  Kirche. 

JilTh 

=  Jahrb.  f.  deutsche 

Theologie. 

ZTli       = 

Tübinger  Zeitschr.  f.  Theologie 

JpTh 

=  Jahrbücher  f.  prot 

est.  Theologie. 

ZThK    = 

Zeitschr.  für  Theol.  u.  Kirche. 

RE 

=  Herzog's  Real-Enc 

yklop. 

ZWL     = 

Luthardt's  Zeitschr.   für    kirchl. 

StK 

=  Theol.  Studien  u. 

Kritiken. 

Wissenschaft  u.  kirchl.  Leben. 

StW 

==  Theol.  Studien  aus 

Württemberg. 

ZwTh    = 

Hilgenfeld's  Zeitschrift  f.  wissen- 

ThJ 

=  Tübinger  Theol.  J 

ahrb. 

schaftl.  Theologie. 

ThLZ 

=  Theol.  Litteraturz 

eitung 

ZATW  =: 

Stade's  Zeitschr.  f.  alttestamentl. 

ThT 

=  Theol.  Tijdschrift. 

Wissenschaft. 

ZSchw 

=  Meili's  Theol.  Zeit 
Schweiz. 

schrift 

aus  der 

ZDMG  = 

Zeitschr.  der  Deutsch.  Morgenl. 
Gesellschaft. 

ZhTh 

=  Zeitschr.   für    bist 

orische    Theo- 

ZDPV  =■- 

Zeitschr.  des  Deutsch.  Palästina- 

logie. 

Vereins. 

Hi  1 1  1  Hi  1  1 


Cap.  I  und  2.    Die  Erzählung  des  Volksbuches  von  Hiobs  Glück  und  Unglück. 

t'ap.  1  uihI  2  (  r/illiltii.  wie  i-iii  {ftwisser  Jliolj  im  liUndf  Uz  seiin-r  Zeit  der  früimuste 
^lensch  auf  Erden  und  glücklicher  als  alle  seine  Nachbani  «gewesen  sei,  wie  aber  der  Satan 
die  Eclitlicit  seiner  (iottesfurclit  an<^ez\veifelt  und  von  Jahwe  zweimal  die  Erlaubnis  er- 
halten hal)e,  ihn  durch  ülicraus  harte  Unglücksscbläge  auf  die  Probe  zu  stellen,  und  wie 
nun  Hiob  sich  in  diesen  Proben  vollkommen  bewährt  habe;  am  Schluss  wird  noch  be- 
richtet, dass  Hiobs  Freunde  ihn  aufsueliten,  um  ihn  zu  trösten.  Diese  beiden  Cap.  bilden 
mit  Cap. 427  ft".,  wie  in  der  Einleitung  gezeigt  worden  ist,  den  Anfang  und  Schluss  eines  alten 
Volksbuches,  dessen  Mitte  der  Dichter  derKeden  Cap.  Sff.  neu  geschaffen  hat;  während 
der  Dichter  nach  dem  Exil  lebt,  ist  das  Volksbuch  wahrscheinlich  sclion  dem  Propheten 

I  lesekiel  bekannt  gewesen,  also  vore.xiliseh.  Die  Reden  Hiobs  und  s«'iner  Freunde  in  dem 
alten  Volksbuch  müssen  völlig  vei schieden  gewesen  sein  von  denen,  die  der  Dichter  aii 
ihre  Stelle  gesetzt  hat,  aber  aiicii  in  den  Teilen,  die  der  Dichter  als  liahmen  für  seine 
neuen  Reden  beibehalten  hat,  wird  Hiob  wesentlich  anders  characterisiert  und  (üück  und 
Unglück,  Frömmigkeit  und  göttliche  Weltregierung  durchaus  anders  aufgefasst,  als  wie 
vom  Dichter.  Nur  treten  diese  Unterschiede  in  der  objectiven  Erzählung  so  wenig  in  den 
Vordergrund,  dass  der  Dichter  nicht  genötigt  war,  ihretwegen  die  altbekannte  Sage  um- 
zuarbeiten.  • 

Cap.  1 1-3.  Kurzer  N'orbcricht  über  Hiobs  Person,  fromiiini  Lcbeiis- 
wjuuU'l  und  trlückliche  Lebensumstände.  1  n]7]  &»,  ein  Mnnii  isl  tirirrsen.  so 
drückt  sieb,  im  perf.,  das  Volk  iius,  so  spriebt  S:ij;e  und  Parabel  (v^d.  Est  2  5; 

II  Sani  12  1 ;  dde  9  8;  II  Re}^  14 1»),  die  nicht  sachlich  und  zeitlich  an  andere  Ge- 
schichten ankniii)ten;  der  Historiker  hätte  das  temp.  liist.  gebraucht:  B^«  "»n";!. 
Die  Sage  kümmert  sich  nicht  darum,  waini  eigentlich  die  (leschichte  gespielt 
bat,  sie  interessiert  sich  für  den  einzelnen  Fall  als  .solchen  und  lenkt  durch 
\'oranstelliuig  von  ^^\it,  w»sere  Aufmerksamkeit  sofort  auf  den  Mann,  von  dessen 
merkwürdigen  Erlel)nisseri  sie  berichten  kann.  Nur  flücbtig  wird  benurkt.  wo 
er  zu  Hause  gewesen  ist:  pV  ^1»??  (LXXbat:  ev  x<^p?  'fj  Austxioi.  spricht  al.so 
pj?).  Wir  wissen  nicht  einmal  recht,  welches  Land  gemeint  ist.  Nach  Gen  22  21 
wäre  X^V  der  Erstgeborne  Nahors  und  Bruder  des  Bus  (s.  Hi82-2).  nach  Gen 
10  'j;j  der  Erstgeborne  Arams.  Daraus  scheint  sich  die  „Tradition"  entwickelt 
zu  hal)en,  dass  Hiob  im  Hauran  ansässig  gewesen  sei,  wo  man  jetzt  noch  seinen 
Wohnort  kennen  will;  nach  Josp:phus  (Arch.  16  4)  war  Ouor,;  der  Gründer  von 
Trachonitis  und  Damaskus.  Die  Angabe,  dass  Hiob  zu  den  Dli5-'':2  gehörte 
Cap.  1  n.  dass  die  Cbaldäer  seine  Herden  übertitden  1  17.  liesse  sich  damit  ver- 

Kimer  IIC  zum  AT  XVI  1 


Hi  1 1  2  Hi  1 1 

einigen,  ebenso,  wie  Wetzstein  gezeigt  hat,  man  die  Anspielung  auf  Lancles- 
braucli  und  -Sitte ;  vielleicht  hat  auch  der  Verf.  der  Elihureden  Cap.  322  den  Hiob 
für  einen  Aramäer  gehalten.  Andererseits  wird  Uz  Gen  36  20  28  als  ein  Stamm 
der  Ur])ewohner  von  Edom  bezeichnet;  nach  Thr4  2i  wohnt  Edom  im  Lande 
Uz ;  der  Zusatz  der  LXXCap.42  I8  verlegt  Uz  nach  Idumäa  und  Arabien.  Auch 
unser  Volksbuch  scheint  eher  an  Edom  zu  denken:  Hiobs  Freund  Eliphas 
führt  einen  edomitischen  Namen  vgl. Gen  364  10-12  und  stammt  nacliCap.2 11  aus 
dem  edomit.  Theman;  auch  Bildads  Wohnsitz  Schuach  gehört  dem  Süden  an 
vgL  Gen  25  2,  ebenso  die  Sabäer,  die  nach  Cap.  2  10  Hiobs  Rinder  rauben.  Hiob 
selber  wird  von  jenem  aramäischen  Midrasch,  den  die  LXX  Cap.  42  is  erwähnt, 
mit  dem  zweiten  edomit.  Könige  Jobab  (Gen  36  33)  identifiziert.  Die  älteste 
„Tradition"  scheint  also  Hiob  für  einen  Edomiter  anzusehen.  Da  die  Volkssage 
nicht  ebenso  frei  zu  verfahren  pflegt,  wie  ein  moderner  Roman,  so  wird  man 
anzunehmen  haben,  dass  die  Hiobssage  ursprünglich  edomitischer  Herkunft 
war  und  vielleicht  zu  jenen  Erzeugnissen  gehörte,durch  die  die  „  Weisheit  derOst- 
leute"  berühmt  wurde  (I  Reg  5  10).  Selbst  der  Name  des  Helden  wird  nur  in 
einem  verkürzten  Nebensatz  genannt:  löK'  31'«,  dessen  Name  Jjjob  wa?',  noch 
dazu  ohne  Hinzufügung  des  Vatersnamens,  wie  es  bei  geschichtlichen  Personen 
gebräuchlich  ist  (anders  macht  es  der  Verf.  der  Elihureden  Cap.  32  2,  entsprechend 
der  Neigung  der  Späteren,  die  Sage  in  bare  Geschichte  umzusetzen).  Der 
Name  darf,  weil  nicht  willkürlich  erfunden,  nicht  etymologisch  gedeutet  werden 
(der  Befeindete,  der  Befeindende,  der  sich  zu  Gott  YMrückw endende);  das  Ktib 
hat  ihn  durch  das  vorgesetzte  fc<,  die  Punktation  durch  das  dagesch  im  ^  von 
^V  (Gen  46  13)  unterschieden  —  ob  mit  Recht,  das  steht  dahin.  Wir  sprechen 
mit  Luther  llioh  aus,  weil  in  lob  unser  j  zu  consonan tisch  herauskommt.  liand 
und  Eigenname  ist  alles,  was  die  Sage  Persönliches  über  ihren  Mann  mitzu- 
teilen für  gut  befindet.  Ebenso  kurz  wird  er  v.  1''  charakterisiert;  mit  einem 
weiteren  perf.  wird  seine  Frömmigkeit  nur  konstatiert,  nicht  eingehend  ge- 
schildert, doch  zeigt  die  Wiederaufnahme  des  Subjekts  durch  ^\X\X\  ^^«H,  dass 
auf  dieser  Angabe  der  Hauptton  xv\\i:.und  selbiger  Mann  ist  fromm  gewesen. 
Selbiger  Mann,  der  uns  sonst  nicht  interessieren  würde,  ist  bemerkenswert  ge- 
wesen erstens  wegen  seiner  besonderen  Frömmigkeit,  darum  lasst  euch  von 
ihm  erzählen,  AVir  werden  eine  moralische  Geschichte  zu  hören  bekommen 
von  dem,  was  einem  l)esonders  frommen  Manne  passiert  ist  (und  passieren 
kann!).  7\'7\\  scheint  volkstümlicher  Stil  zu  sein  für  Nlll,  hervorgegangen  aus 
der  Vorliebe  des  Volkes  für  kurze,  abschliessende,  präcise  Konstatierung.  Die 
dem  Hiob  beigelegten  Prädikate  sind  nicht  theologischer  Art,  sondern  solche, 
wie  sie  der  Bürger  dem  Bürger  erteilt.  Er  war  DP\,  fehllos,  vorwurfsfrei,  kor- 
rekt, ein  Mann,  auf  den  nichts  zu  sagen  ist,  der  gegen  Gott  und  Menschen 
seine  Schuldigkeit  thut;  ferner  ia^^,  redlich  und  rechtlich,  l)ieder,  der  keine 
krummen  Wege  liebt,  sondern  zuverlässig  stets  auf  dem  graden  Wege  der 
])ürgerlichen  Moral  befunden  wird.  Das  zweite  Paar  von  Eigenschaften  ist  in 
V.  1,  nicht  aber  in  v,  8  Cap,  2  3  dem  ersten  durch  ein  \  angehängt,  das  auch  in  v.  1 
zu  streichen  sein  wird,  Hiob  wird  DNl'^N  «T  genannt,  nicht  nirr»  '\  obwohl  das 
Volksbuch  Hiob  mit  Jahwe  bekannt  sein  lässt  Cap,  1  21,  weil  nicht  von  der  in- 


Hill   3  Hil4 

tinicren  Religiosität  die  Rede  ist,  soiidcni  vuii  jriier  Scheu  vor  der  (iottheit. 
die  in  ihr  (h'ii  Herrn  und  den  Rächer  des  Rechts  sieht  und  von  ihrem  Urteil 
und  ihrer  Stinnmnig  AVohl-  und  llhelergehen  ahhängig  weiss.  In  der  alten 
Zeit  schliesst  die  (iottesliircht  hesondcis  die  Scheu  vor  der  V'ergewaltiginig 
der  Hilflosen  ein  (vgl.  Bektpiolet,  die  Stellung  der  Israi-liten  /u  den  Fremden 
S.  15);  das  Volkshuch  betont  vor  allem  den  Kesjx'kt  iii  Wort  und  Haltung  vor 
dem  unsichtl)arcM  Regenten,  den  man  leicht  zum  eigenen  Schaden  durch  ein 
ungeziemendes  KcmU-u  erzürnt.  Riidlich  war  Hioh  yiO  *1D,  vom  Bösen  weichend, 
es  Hieheiid,  alles  vorsichtig  meidend,  was  ( Jott  .\rgernis  bereitet  und  die  Niich- 
harn  schädigt.  Diese  Kigenschat'ten  wussten  die  kh'iid)iirgerlichen  Leser  zu 
würdigen;  dem  Dichter  der  Reden  genügen  solche  Prädikate  natürlich  nicht 
s.  z.  Cap. ;}].  Soweit  die  Kinfülirung  des  Helden.  Alit  2  fällt  der  Erzähler  ins 
imp.  cons.,  nicht  grade,  um  den  Kindersegen  Hiohs  als  die  Folge  seiner 
Frömmigkeit  hinzustellen,  sondern  weil  sich  die  volkstündichen  Erzähler  im 
A.  T.  viel  zu  sehr  für  diese  wichtigste  Angelegenheit  im  bürgerlichen  Leben 
interessieri'u,  um  nicht  von  den  Ueburten  so  t-ingehend  zu  sprechen  wie  möglich. 
Hier  kann  freilich  der  Erzähler  nur  die  Zahl,  nicht  auch  die  Namen  angeben 
(etwas  mehr  (lap.  42  i:itf.):  es  wurden  ihm  7  S(>hne  uml  3  T(>chter  geboren.  Die 
Söhne,  die  als  wertvoller  gelten,  sind  in  der  Mehrzahl:  Hiob  war  in  jeder  Be- 
ziehung vom  Glück  begünstigt.  3  fährt  im  im]),  cons.  fort,  als  sollten  wir 
sehen,  wie  Hiobs  Besitz  anschwillt.  Er  hat  Rinder  und  Esel  als  Ackerbauer, 
aber  auch  grosse  Schafherden  auf  ausgedehnten  Weidegründen,  endlich  Ka- 
mele als  Nachbar  der  Wüste.  Die  Rinder  werden  nach  .loclu'u  gezählt,  weil 
haui)tsächlich  zum  Ackern  dienend;  von  den  Eseln,  die  der  Bauer  als  T^asttiere 
zum  Transport  von  Mehl.  Dünger  u.  dgl.  gebraucht  (s.  Wetzstein'  l)ei  Dkl. 
z.  St.),  werden  nicht  die  männlichen,  somlern  nur  die  dreinnil  so  teueren  weib- 
lichen Tiere  genannt,  wonach  der  Leser  die  Zahl  der  zur  Aufzucht  niUigcn 
Hengste  schon  abzusi-hätzen  wusste;  die  Kann-le  werden  für  grr)ssere  Lasten, 
zumal  auch  nach  entfei'uteren  Handelsorten  verwendet.  Die  Zahlenangaben 
zeigen  die  bekannte  \'orliebe  für  .'5.  7  und  In.  Zu  einem  \'iehbesitz,  der  nur 
nach  Tausenden  rechnet,  und  zu  dem  entsjireihenden  Acker-  und  Wei(h  himl 
gehiht  auch  ein  .srlir  {/rosscs  (Ic.sindc.  "TI^S?  ist  als  KoUekt.  zu  HZJ^.  Arbeiter, 
hier  wie  (i!en2()i4  andiis  jtunktiert  .als  n*]2y.  das  A])strakt.  zu  HZj;.  ail»eiten. 
Nach  diesen  Angaln-n  begreitt  )nan:  und  so  triir  scilihfcr  Miiini  firösscr  (d.  Ii. 
reicher  und  darum  auch  angeselu'ner  und  mäciitiger)  als  tüli'  (J.sth'utc,  als  aUe 
arabisdun  und  aramäischen  Herdenbesitzer  im  Osten  (und  Nordosten  Gen  29  i) 
von  l'alästina,  wo  doch  wohl,  eben  wegen  dieses  Ausdi'ucks.  unser  Volksbuch 
niechirgeschrieben  ist. 

4,  5  ergänzt  nun  der  ErziUiiei'  die  allgenu'inen  Prädikati'  von  v.  1  durch 
ein  konkretes  Beispiel  von  Hiobsfronnner,  ja  ängstlich  frommer  Denkweise;  das 
Beispiel  dient  zugleich  als  \'orbereitung  für  eine  spätere  Episode  (v.  13tt".). 
verstr)sst  also  durchaus  nicht  gegen  die  sonstige  Sparsamkeit  des  Verf.'s,  der 
ihn  so  auffallend  von  dem  jüngeren  Dichter  der  Reden  unterschei«let.  Recht 
im  Ton  der  Sage  wird  berichtet,  dass  Hiobs  Söhne,  die  wie  Königssöhne  vgl. 
z.  B.  II  Sam  13  7;  14  3of.  jeder  ein  eigenes  Haus  und  eigenen  Besitz  haben,  ob- 

1* 


Hi  1 4  4  Hi  1  5 

gleich  sie  allem  Anschein  nach  noch  unverheiratet  sind,  ein  fröhliches  Lehen 
zu  führen  anfingen  und  alle  Tage  Gastereien  veranstalteten.  4  bewegt  sich 
wieder  in  lauter  Perfekten,  denn  die  eigentliche  Erzählung  hat  immer  noch 
nicht  angefangen.  Das  IDbn,  sie  sind  %u  Werk  gegangen^  dem  Hauptverbum 
einfach  koordiniert,  hebt  das  Beginnen,  das  Unternehmen  als  solches  hervor 
und  deutet  damit  wohl  an,  dass  jene  Lebensweise  sich  doch  nicht  so  ohne 
weiteres  von  selbst  versteht  und  der  Leser  sich  das  Seine  dabei  denken  mag. 
Sie  richteten  Gastmähler  (nrilÄ^p,  immer  im  sing.,  vom  Trinken  benannt,  weil 
das  Weintrinken  das  Seltenere,  darum  das  Auszeichnende  ist)  an  im,  Hause 
eines  jeden  an  seinem  Tage  (acc.  des  Ortes  und  der  Zeit),  nach  der  Alters- 
folge vgl.  V.  13,  Nach  v.  14  werden  die  Gelage  nicht  etwa  erst  am  späten 
Abend,  sondern  mitten  am  Tage,  während  der  Arbeitszeit,  abgehalten;  nach 
dem  Ausdruck  in  v.  5:  wenn  die  Tage  des  Gelages  lierum  waren,  folgten  sich 
die  Tage  in  geschlossenem  Kreise.  Selbst  die  drei  Schwestern  wurden,  wahr- 
schehdich  doch  aus  dem  Hause  des  Vaters,  also  als  halbe  Kinder,  jedesmal 
durch  Boten  eingeladen  und  zum  Gelage  hinzugezogen,  ein  weiteres  Zeichen 
für  die  Leichtlebigkeit  der  jungen  Leute.  Es  ist  eine  sonderbare  Yerkennung 
der  Tendenz  dieser  Darstellung  und  des  Charakters  des  Volksbuches ,  wenn 
mau  die  Zuziehung  der  Schwestern  den  Brüdern  als  Beweis  geschwisterlicher 
Liebe  auslegt  und  wenn  man  ferner  annimmt,  die  Söhne  hätten  die  Gastmähler 
blos  an  ihren  Geburtstagen  oder  blos  einmal  im  Jahr,  etwa  zur  Zeit  der 
grossen  Feste,  oder  so  oft  irgend  ein  Fest  einfiel  oder  zu  feiern  für  gut  be- 
funden wurde,  angerichtet.  Von  alledem  steht  kein  Wort  da,  und  speziell  die 
Feste  werden  durch  nichts  angedeutet;  die  grossen  religiösen  Feste  wären  auch 
im  Hause  des  Vaters  und  unter  dessen  Vorsitz  zu  feiern  gewesen.  Hiobs 
Kinder  fingen  an,  alle  Tage,  wie  es  v.  5  am  Schluss  heisst,  herrlich  und  in 
Freuden  zu  leben,  das  war  nicht  notwendig  etwas  Böses,  aber  es  rechtfertigte 
die  Sorge  des  Vaters,  von  der  v.  5  redet.  T\^h'^  vor  dem  fem.  ist  auffallig  (s. 
GES.-KAUTZSCH^ß  §  97  c)  und  wegen  v.  2  wahrscheiidich  ein  Schreil)fehler  für 
"äb^.  Was  nun  Hiob  that,  darauf  kommt  es  dem  Erzähler  an,  darum  steht  v.  5 
'^7y\  und  das  imp.  cons,  jedesmal,  wenn  die  sieben  Tage  der  Gaslmaldsrunde 
herumgegangen  tvaren,  schickte  lliob  hin,  entweder  um  die  Kinder  herljei- 
zurufen  und  sie  selber  zu  heiligen  oder  um  ihnen  die  Heiligung  anzubefehlen. 
Eh  wird  vorausgesetzt,  dass  die  Leser  wissen,  wie  der  Vorstand  eines  Hauses 
oder  einer  grösseren  Kultgememschaft  für  die  Heiligung  der  einzelnen  Mit- 
glieder sorgte.  Heiligen  heisst:  kultfähig,  zur  Teilnahme  am  Opfer  bereit 
machen;  einzelne  Stücke  der  Vorbereitung  konnte  oder  musste  wohl  jeder 
selber  vornehmen,  z.  B.  die  Reinigung  des  Körpers,  weitere  mag  der  Opfer- 
vorstand vollzogen  liaben,  irgend  welche  mehr  positive  Weihen,  Austeilung 
eines  gottesdienstlichen  Gewandes  u.  drgl.  I  Sam  16  5  fordert  Samuel  die 
Familie  Isais  auf,  sich  zu  heiligen,  und  heiligt  sie  dann  auch  selber.  Wahr- 
scheinlich ging  die  Heiligung  schon  am  Abend  des  7.  Tages  oder,  nach  alter 
Anschauung,  nach  dem  abendlichen  Anbruch  des  neuen  Tages  vor  sich,  nahm 
wohl  auch  noch  einen  Teil  der  Nacht  in  Anspi'uch.  Dann  ist,  wii-d  im  perf. 
weiter  erzählt,  Hiob  (jedesmal)  frühmorgens  aafgeslanden  and  hat  geopfert  — 


Hi  1  6 5  Hi  1  5 

wie  es  scliciiit,  hei  Aiiltiiicli  des  Tages,  uiii  den  iiciicn  T;i^  vuii  den  Sünden  der 
vorliergelienden  Zeit  und  d<  ren  Folgen  zu  entlasten.  Ks  wird  nicht  vf»n  einem 
techniselien  Sünd()|)ler  gei'edet,  wie  es  aus  dem  Priestereodex  bekannt  ist, 
sondeiii  wie  l»ei  allen  älteren  Sehiiftstelleni  nur  v(»m  Hranduid'cr  vgl.  e.  42  8. 
Schon  dadurch  verriit  sich  unser  Te.vt  als  vorexilisch;  die  LXX  hat  nicht  um- 
hin gekonnt,  das  Sündopfer  hin/uzulugen.  Natürlich  fehlen  die  D'>n^t.  die  Mahl- 
ojjfer,  da  es  sich  um  die.  wenn  au(  h  mir  hypothetische  Sünde  iiandilt.  dir  das 
Mitessen  vor  (lott  ansschliesst.  Füi-  jedes  Kind  ojjfert  er  ein  Tier  (D^D  15012. 
acc.  der  näheien  Bestimmung:  /tfn/t  ihrer  Aller  Z^////(  Ji;s.-Kai  rzscu-*"'  ijllKh), 
was  für  eins,  wii-d  nicht  gesagt.  Selhstverständlich  sinil  die  Kinder  heim  Opfer 
zugegen,  dagegen  kein  zünftiger  i'riester,  denn  der  Hausvorstand  ist  für  diese 
vordeuteronomische  Schiift  eben  sidher  noch  Priestei'.  mid  gewiss  nicht  hlos 
deshalh.  weil  er  ein  Xicht-Isiaelit  ist.  Demi  ///V/// .v/z/v/r// (oder  daelite):  rielleirlil 
haben  meine  Ixintler  sich  rerj'ehll  nnil  (inll  (jeseiinel  in  ihrem  Herren.  Sie 
könnten  einen  N'crstoss  gegen  die  „Furcht  Gotti's"  begangen  haben  (wieder  iloll. 
nicht  J(ihtre)\  (ieseijnel  ist  eine  nurkwürdige  £ucpTj|x(o  dvTicppaonxrj  für  ge- 
lästert, ^i>p,  oder  unziemlicii  geredet.  Dass  der  Dichter  von  Cap.  3tf.  zu  diesem 
zaghaften  Ku]>liemisinus  gegriflen  hätte,  ist  nicht  wahrscheinlich,  er  Aväre  ge- 
wiss nicht  ängstlicher  gewesen  als  .lesaia  (.les  8  2i).  Dagegen  ist  dergleichen 
dem  Volksbuch  wohl  zuzutrauen  und  liegt  kein  (Tinnul  vor,  anzunehmen,  dass 
erst  die  Abschreiber  das  Wort  umgekehrt  hätten,  das  sie  doch  in  dem  viel 
mehr  gelesenen  Buch  Jesaia  stehen  Hessen.  Unser  Erzähler  wie  der  von  T  Heg 
21  10  13  spricht  die  ehrbare  uml  zugleich  vorsichtige  Sprache  des  fromnu-n 
Mannes  aus  dem  Volk,  der  sichnicht  weniger  als  sein  Musterbild  von  Frömmig- 
keit, Hiob.  vor  eiiu-r  auch  nur  nn'jglichen  N'erstiminung  (lottes  fürchtet.  F^in 
künstlicher  und  in  I  Reg  21  nicht  anwendbarer  Notbehelf  einiger  Kxegeten  ist 
es,  ^"lä  mit  grüssen.  daini  Lebewohl  sagen,  dann  absagen,  aufkündigen  wieder- 
zugeben. Warum  sollten  denn  auch  Hiobs  Ivindt'r  beim  iVrdilichen  (ielage 
„Gott  in  ihrem  Herzen  aufkündigen"?  und  hätte  Hiob  dawider  kein  anderes 
Mittel  als  das  Opfer?  Dei'  Erzähler  denkt  an  solche  Stinnnungen,  wie  sie  in 
trunkenem  Mute  entstehen  kr>nnen.  Dass  die  S(>hne  Hiobs  (Jott  mit  offenem 
Woi't  wii'  Helsazar  höhiu'n,  wird  nicht  als  nn")glich  angenonnnen,  wcdd  aber, 
dass  es  zu  lästerliihen  (icdanken  kommt,  dass  die  weinselige  Ungebundenheit 
einmal  ein  ( )pj)ositionsgelüst  gegen  die  vom  \'ater  anbefohlene  streng  t-hrbare 
Fi'()mmigkeit  weckt.  Eine  otfene  Gotteslästerung  straft  Altisrael  mit  der 
Steinigmig  nach  1  Reg  21,  eine  geheime,  nur  gedachte  wird  Gott  mit  dem  Tode 
strafen  und  sucht  der  INIensch  mit  einem  grossiMi  Opfer  wieder  gut  zu  machen. 
Dass  Hiob  eine  solche  nicht  als  Austiuss  bewusster  (icsinnung,  sondern  als 
unbeabsichtigte  Wirkung  des  Gelages  für  möglich  hält,  geht  daraus  hervor, 
dass  ihm  das  ( )pfer  genügt  und  F^rmahnung  und  Zucht  unin"ttig  scheint.  <  )der 
darf  man  bei  Kindern  eines  so  frommen  Mannes  von  Berauschung  nicht  reden? 
Dass  Altisrael  darüber  anders  dachte  als  wir.  zeigt  z.  B.  (Tren43  34.  Für  den 
Erzähler  aber  und  für  das  Volk,  für  das  er  schreibt,  ist  es  charakteristisch, 
dass  er  offenbar  unziemliches  Reden  über  Gott  als  die  schlimmste  und  am 
meisten  zu  fürchtende  Sünde  ansielit  vgl.Cap.  1  22;  2  lo  mid  besonders Cap. 42  7tt'. 


Hi  1  5  6  Hi  1  6 

Es  ist  dieselbe  Ssiaioaifiovia,  die  sich  in  allen  naiven  Volksreligionen  zeigt. 
Der  Dicliter  von  Cap.  3  ff.  hat  sie  aber  nicht,  würde  auch  gegenüber  einem 
unbedachten  AVort,  dessen  sich  sein  Hiob  ja  nach  eigenem  Geständnis  öfter 
schuldig  macht,  schwerlich  ein  Opfer  als  nötig  und  als  wirksam  angesehen 
haben  (vgl.  Cap.  6  26).  Man  kann,  meint  hingegen  der  Verf.  des  Volksbuches, 
Gott  gegenüber  gar  nicht  zu  vorsichtig  sein,  und  sein  Hiob  ist  so  vorsichtig, 
dass  er  sogar  ganz  unbewusste  und  vielleicht  gar  nicht  geschehene  Sünde 
sühnt,  als  wäre  sie  geschehen.  So  //tat  (das  impf,  für  die  wiederholte  Hand- 
hmg  s.  Ges.-Kautzsch2g  ij  107  e)  Niof/  alle  Zeit,  er  liess  niemals  auch  nur 
die  Möglichkeit  einer  ungesühnt  geblielienen  Sünde  zu.  Der  Erzähler  will, 
dass  der  Leser  erfahre,  das  Unglück  könne  auch  ohne  vorhergehende  Sünde 
kommen:  eine  Wahrheit,  die,  wenn  richtig,  von  der  grössten  praktischen  Be- 
deutung ist.  Aber  wie  soll  man  sich  das  denken?  Das  lehrt  der  folgende  Ab- 
schnitt. 

6—12:  der  Satan  hat  Hiob  ins  Unglück  gestürzt,  indem  er  vor  Jahwe 
dessen  Frömmigkeit  als  unecht  verdächtigte  und  sich  die  Vollmacht  aus- 
wirkte, ihn  durch  Zerstörung  seines  Glücks  auf  die  Probe  zu  stellen.  Erst 
hier  beginnt  die  eigentliche  Erzählung,  eingeleitet  6  durch  das  beliebte:  Und 
es  (jesihah  eines  gewissen  Taijs.  DI'H  ist  acc.  vgl.  z.  B.  II lieg 4  8  und  verkürzt 
aus:  (es  geschah)  den  Tag,  an  dem  es  geschah.  Am  bewussten  Tage  kamen 
die  D^n^J<ri  "»i!!  vor  Jahwe,  d.  h.  nicht  die  Kinder  oder  Söhne  Gottes,  sei  es  im 
buchstäblichen  sei  es  im  übertragenen  Sinn,  sondern  die  Einzelwesen  der  gött- 
lichen Sphäre  (DN^^t?  ^^^  Kollektiv,  ""iS  individualisiert).  Diese  Gotteswesen,  die 
Devas  der  Indogermancn,  stehen  den  D^S  ""iS  als  eine  besondere  AVesensklasse 
gegenüber,  ähnlich  wie  die  Menschen  den  Tieren,  haben  an  sich  mit  den 
Menschen  nichts  zu  schaffen,  werden  als  solche  nicht  verehrt,  sind  auch  an  sich 
nicht  etwa  besser  als  die  Menschen,  obgleich  sie  einer  höheren  Welt,  einer 
feineren  Materie  angehören.  AVie  die  Menschen  den  Vater  und  den  König,  so 
haben  sie  den  obersten  Gott  zum  natürlichen  Oberhaupt.  Einen  thörichten 
Streich  erzählt  von  ihnen  Gen6i-4:  als  sie  in  der  Urzeit  die  erst  entstan- 
denen Menschen  entdeckten,  hielten  sie  sie  für  ihresgleichen  und  heirateten 
ihre  Töchter;  erst  als  diese  alterten,  hässlich  wurden  und  höchstens  120  Jahr 
lebten,  begriffen  sie  den  Unterschied  von  XS^  und  "lfc^3;  ül)rigens  waren  ihre 
Ehen  fruchtl)ar  und  brachten  einen  Teil  der  vorweltlichen  Heroen  hervor. 
(Jhne  Zweifel  hat  Altisrael  sich  noch  manche  andere  Sagen  ül)cr  sie  von  den 
Naclil)arn  erzählen  lassen,  die  wir  leider  nicht  mehr  l)esitzen,  vielleicht  einige 
Namen  ausgenommen.  Beim  Dichter  der  Eeden  sind  sie  mit  den  Morgen- 
sternen die  Zeugen  der  Schöpfung  der  Erde  (38  7).  Später,  als  sich  die  Juden 
Gottes  Wohnung  im  Himmel  wie  einen  Tempel  und  das  Leben  im  Himmel 
wie  eine  Art  l)eständigen  Kults  vorstellten,  wurden  die  Gottwesen  zu  Mhii- 
stranten  und  erschehien  im  kultischen  Kleide  Ps  29,  und  die  Thoren  von  Gen 
6  1-4  werden  zu  unreinen  Geistern,  die  im  Gefängnis  liegen.  Woher  die  Gott- 
wesen kommen,  sagt  unser  Volks])ucli  nicht;  wahrscheinlicli  hat  jeder  sehi  be- 
sonderes Gebiet  und  darin  sehi  eigenes  Leben  und  Treil)en.  Jetzt  kommen 
sie,  sich  %u  gestellen  vor  Jahwe,  der  (wegen  ^J^)  als  sitzend,  thronend  zu  denken 


Hi  16  7  Hi  1  8 

ist;  si(!  liii))rii  einen  An(lieiizta,t^f  im  Palast  ihres  Oberhaupts,  vermutlich  im 
Himmel,  ühnlieh  wie  au  ^ewisseu  Ta^^'u  die  ( Jrüsswünleiiträj^'er  eines  Königs 
sich  am  Hofe  versammeln  vgl.  die  Katsversamndung  des  hiuindisdien  Heeres 
in  IReg22  i'J-22.  Was  Jahwe  mit  den  anderen  verhandelt,  wird  übergangen. 
Aber  ffKc/i  der  Stilini  luini  in  ihrer  Mille  —  er  gehört  also  zu  ihm-n,  zurS^jlnire 
der  ni"l,  ist  ein  ben  elohim.  Kr  lieisst  hier  wie  SachiJ  i  tt".  der  Satan,  in  IChr 
21  1  fehlt  der  Artikel,  ist  Satan  schon  Eigenname.  Ihn  nuiss  7  Jahwe  fj'agen, 
woher  i'r  komme;  selbst  .Jahwe  weiss  nicht  inuner,  wo  dies  Wesen  stecken  nuig. 
^»icht  mindi-r  ehai'akteristisch  ist  seine  Antwort:  rom  l  iiiherslrrif'cn  auf  der 
Knie  und  roin  l  nilwrirandcln  <nt/' ihr\  obwohl  Ö^C'  auch  von  befohlenen  Aus- 
gängen gebraucht  wird  (II  Sam  24  2)  wie  'JJ^nnn  (Sach  6  7),  so  ist  hier  daran 
nicht  zu  denken,  da  sonst  -lahwes  Frage  unnötig  wäre;  der  Satan  ist  der  \'a- 
gabund  unter  den  Himmlischen.  Was  er  treibt,  deutet  8  an:  Ihi.sl  du  In'idmrhh'l 
III  ei  neu  Kiicriil  llioh,  dass  lu'iii  Mensch  nn/'  Erden  .so  /'mm  in  //.  .v.  //•.  /.s7  trie  cr'f 
Kr  beobachtet  die  ^lenschen,  ob  sii'  gut  oder  b()se  leben.  Aus  dem  Kolgenden 
nehmen  wir  vorweg,  dass  er  ein  l)es()nderes  Interesse  daran  hat.  das  Hose  zu 
entdecken  und  aufzudecken  und  sel])st  die  nicht  wegzuleugnende  Frömmigkeit 
so  lange  wie  m()g]ich  anzuzweifeln,  ihr  auf  jeden  Fall  genu'iu  egoistische  Motive 
unti'rzuschieben.  Mit  Lust  und  laftinieiter  Hosheit  IVihi't  er  die  ihm  erlaubte 
grausame  Prüfung  des  Krommen  dui'eli  (auch  Saeli  .'5  kennt  ei"  kein  Mitleid) 
und  bleibt  hartnäckig  bei  dem  ( Jrundsatz.  dass  es  nichts  Kdles  giebt.  Dass 
er  nicht  durch  seini'  Thätigkeit  das  l)()se  beseitigen,  sondern  durch  die  Strafe, 
die  dir  entdeckten  Siiudi'  folgt,  seine  menschenfeindlichen  Instinkte  befriedigen 
will,  zeigt  sein  Xame.  Satane  heissen  1  Heg  11  UJirj:.  die  nicht  hochgefähr- 
lichen, aber  lästigen  Kebellen,  die  Salomos  Herrlichkeit  wie  ein  i'fahl  im  Fleisch 
stecken,  I  Sam  29  4;  II  Sam  19  23  tückische  Verderbenstifter,  die  schlecht  zu 
fassen  sind;  mit  ]Bty  wird  Num22  22o2  ein  Widerstand  bezeichnet,  der  nicht 
recht  erkennbar,  darum  nicht  zu  überwinden  ist.  Der  Satan  ist  gewissermassen 
die  Personifikation  der  Tücke  des  Geschickes  (vgl.  IReg5  I8  VT  V5B  als 
Zusatz  zu  ]Bti').  denen  man  deshalb  nicht  entgehen  kann,  weil  man  vor  \'er- 
fehlungen.  zumal  unlx'wussteu,  niemals  sicher  ist.  Altisrael  schrieb  unbegreif- 
liche Schicksalsschläge,  vor  denen  keine  Bravheit  und  keine  Vorsicht  schüt/t, 
einem  feindseligen  höheren  Wesen,  eim-m  Spion  zu,  den  man  später,  als  der 
Monotheisnuis  den  Polydämonisnuis  mehr  unterjochte,  zu  einer  Art  amtlichen 
Aufpassers  uml  Staatsanwalts  machte:  als  die  kleine  luichexilische  Genu-inde 
nicht  recht  emporkonnuen  konnte,  setzte  man  die  Unglückstalle  den  Anklagen 
Sataus  auf  die  Rechnung,  der  sich  des  aus  dem  Brande  geretteten  Scheits  nicht 
erbarmte  Sach  .').  Kin  schlechthin  böses  Wesen  gleich  dem  späteren  Teufel  ist 
ir  dai-um  noih  nicht,  kann  ja  doch  auch  ein  Mann  Gottes  jemandem  ins  Haus 
kommen,  um  seine  Sündigkeit  zu  konstatieren  und  ihn  ins  Unglück  zu  stürzen 
1  Reg  17  18  vgl.  Hes29i6;  nach  1  Chr21  provoziert  er  zwar  dii-  Sünde,  damit 
eine  Stiafe  folgen  kann,  aber  das  thut  ja  nach  der  alten  Grundstelle  IISum24 
der  eizürnte  (rott  selber.  Ist  der  Satan  ein  aus  dem  P(dydämonismus  stam- 
mender Geist,  der  nach  gewissen  Seiten  hin  mit  anderen  Verderbern.  z.  B.  den 
Genien  der  Seuchen,  des  Viehsterbens,  zusammenzustellen  ist.  so  mag  aus  seiner 


Hi  18  8  Hi  1  12 

Riilielosigkeit  und  Menschenfeindliclikeit,  sowie  aus  dem  Umstand,  dass  er  über 
die  Mäclite  der  Wüste  verfügt,  zu  scliliessen  sein,  dass  man  die  menschenfeind- 
liche AVüste  als  seine  Domäne  betrachtete.  Andere  bene  eloliim  mögen  anders- 
wo, in  den  Regionen  der  Sterne,  im  Kulturlande,  auf  dem  Karmel  gewohnt  und 
gewaltet  haben.  Im  Gegensatz  zum  Charakter  des  Satans  lässt  Jahwe  in  seiner 
Frage  V.  8,  dienach  epischer  Weise  die  Prädikate  von  v.l  wörtlich  wiederholt,  seine 
freundliche  und  vertrauensvolle  Gesinnung  durchfühlen;  er  nennt  Hiob  seinen 
Knecht,  seinen  eifrigen  und  darum  bevorzugten  Verehrer  und  erwartet,  dass 
selbst  der  Satan  an  ihm  nichts  wird  aussetzen  können.  Für  ^J^  nach  3^  D''^  hat 
Cap.  2  3  ^«,  eine  Variante  des  Abschreibers,  nicht  des  Autors;  "'S  ist  mit  dass, 
nicht  mit  denn  zu  übersetzen,  da  Jahwe  nicht  der  Meinung  sein  kann,  dass  die 
tadellose  Frömmigkeit  eines  Menschen  dem  Satan  angenehm  und  ein  Anreiz 
zur  Beachtung  sein  werde.  Übrigens  setzt  der  Ausdruck  '»'^SJ^  deutlich  genug 
voraus,  dass  der  Hiob  des  Volksbuches  Jahwe  kennt,  was  v.  21  bestätigt, 
Avährend  der  Dichter  der  Reden  dies  nicht  für  zulässig  findet.   Der  vSatan  giebt 

9  Hiobs  Frchumigkeit  zu,  alier  er  fragt:  ist  er  mnsonst gotlesfürclifig gewesen? 
Das  D5n,  gratis  (alter  acc.  von  |n,  gratia)  kennzeichnet  die  gemeine  Denkweise 
des  Satans,  beweist  aber  auch,  dass  das  alte  Volk  in  seiner  Religion  keines- 
wegs einem  gemeinen  Eudämonismus  huldigte.  Fromm  sein  ohne  Rücksicht 
auf  den  Nutzen,  aus  einem  inneren  Triebe,  weil  man  nicht  anders  kann,  das  ist 
zwar  dem  Satan,  aber  nicht  dem  alten  Volk,  eine  unfassbare  Vorstellung. 

10  Hast  du  nicht  selbst  (das  selbst  liegt  in  dem  vorangestellten  riN,  das  Ktil) 
defektiv  sclireil)t)  einen  (schützenden)  Zaun  nm  ihn  gezogen,  ringshenun? 
i"'5BÖ  verstärkt  die  Präposition  ns>3  und  steigert  die  Anschaulichkeit:  wie  man 
um  einen  kostl)aren  AVeinberg  einen  Zaun  zieht,  ringsherum,  dass  nirgends  ein 
Dieb  oder  ein  naschhaftes  Tier  hindurch  kann,  so  hat  Jahwe  seinen  Liebling 
vor  jedem  Unglück  gefeit.  Der  Satan  hätte  gewiss  das  Loch  im  Zaun  gefunden, 
wenn  eins  drin  wäre!  Der  Dichter  der  Reden  verwendet  sein  nx^5  TP'"?  Cap.  3  23 
zu  einem  Bild  mit  entgegengesetztem  Shni.  Auch  Hiobs  Besitz  ist  vor  Unglück 
sicher,  seine  Unternehmungen  gesegnet,  sein  Viehbestand  ist  ansgeftrochoi 
aus  den  zu  eng  gewordenen  Schranken,  hat  sich  ausgebreitet  im  Lande:  da  war 
es  ja  einfach  ein  Ding  der  Klugheit,  sich  Jahwes  Gunst,  dessen  Schosskind  er 
Avar,  durch  Frömmigkeit  zu  erhalten.  Wenn  er  nun  aber  aus  dieser  Günstlings- 
stellung herausgestossen  wird?  11  giel)t  die  Antwort:  Äl)er  {'ch['^\  häufig  im  B. 
Hiob)  strecke  nur  deine  Ifand  ans  (malende  Ausführlichkeit,  die  ein  gCAvisses 
Scheinpathos  in  die  verdächtigende  Rede  bringt)  nnd  ri'duc  (schädigend)  an 
alles  iras  er  hat,  wahrhaftig ,  er  u'ird  dir  ins  Gesicht  ftnchen.  «^DK,  wenn 
nicht,  ist  bekanntlich  die  Einleitung  der  Schwurformel,  bei  der  der  Nachsatz 
(so  soll  mir  das  und  das  geschehen)  meist  weggelassen  Avird.  Hiol)  wird,  steht 
dem  Satan  fest,  nach  Zerstörung  seines  Glückes  nicht  blos  unfronnu,  sondern 
mit  Frechheit  unfromm  werden  und  sofort  die  gröbste  Sünde  (s.  zu  v.  5)  be- 
gehen. Für  "^j;  steht  Ca}).  2  5  Avieder  ^«  (s.  zu  v.  8).  Mit  einer  Schnelligkeit  und 
Kaltblütiglceit,  die  im  ei'steu  Augenblick  betroffen  macht,  geht  JaliAve  12  auf 
die  Anregung  des  Satans  ein,  giebt  ihm  Hiobs  Besitz  für  eine  Probe  preis  und 
macht  nur  für  die  Person  Hiobs  einen  Vorbehalt,  der  nicht  einmal  ein  un- 


m  1 12  9  Hi  1 13 

l)('(liii*];tos Verbot  ist  (nur  b^,  iiiilit  K^),  als  wäi'c  der  W'uiiscli.  Hioh  scIIkt  uii- 
angetastc't  zu  wissen,  t-iu  Ift/tor  Rest  der  alten  Vorliehe  Gottes  liii-  ilm.  Wir 
kommt  (las:  ist  .Taliwc  seihst  /wcit'cUiart  ^'cwordcM?  Man  sollte  es  aus  ( 'ap.  2  o'' 
scliliesseu  {(h(  hast  muh  atijicslif'h'l .  ihn  fin(niHn.s  zu  rt'nff/hrN),  auch  ist 
.Jahwe,  wie  v.  7  /eit^te.  nicht  in  uii'^erem  Sinne  allwissend.  Kine  schlechte  Ah- 
hilt'e  für  diesen  hr>sen  Schein  ist  es  /u  sa^^n.  .lahwe  j^ehe  hier  nur  auf  <lie  Denk- 
weise des  Satans  ein.  denke  aher  ixan/  anders,  als  er  spreche,  liid  vollends 
willkürlich  ist  die  .\iinalinie.  Jahwe  halte  /war  an  Hiohs  Fröniniij^keit  fest, 
heahsichtit^^e  aher.  ihn  duich  die  ( voriiei-iicsehene)  Iherwindunj;  eines  j'rüiun^»- 
leidens  auf  eiiu'  Indieii'  Stufe  der  Tugend  /.u  erliehen,  seine  Kriunniif^keit  zu 
veredehi  und  zu  vertiefen.  Das  ist  eine  chiist  liehe  Idee,  keilM'  alttestanientliche. 
und  duicli  kein  W'oit  an,i;ede\itet;  ein  l*iiifun,usleiden  in  diesem  Sinne  kennt 
nicht  einmal  der  Dichter  der  Kedeii,  ohwohl  dieser  den  Kliplias  (nicht  seinen 
eigenen  Sprecher,  den  Hiohl)  von  einer  göttliidien  l*;idagogie  sprechen  lässt, 
durch  die  er  die  Sünden  des  Frommen  heseitijrt  und  sein  (llück  erlndit.  Das 
N'olkshuuh  aher  stellt  sorgfälltig  fest  (s.  zu  v.  13).  dass  Hioh  thatsächlich  sünden- 
frei ist,  hat  also  seihst  den  (Jedanken  der  «röttlichen  Zucht,  des  Läuterungs- 
leidens nicht.  Sein  Interesse  hesteht  darin,  erstens  nachzuweisen,  dass  seihst 
v'm  vollkommen  entsündigter  Mensch  ins  l'nglück  konnnen  kann,  also  für  ge- 
wisse rätselhafte  Unglücksfälle  eine  Pirklärung  zu  liefei-n,  und  zweitens  zu 
lehren,  wie  sich  in  einem  solchen  Fall  ein  wahrhaft  frcuinner  Mensch  verhfilt. 
Wenn  es  nun  aher  wirklich  anstössig  ist.  annehmen  zu  sollen,  dass  der  Autor 
Iliohs  l'nglück  auf  eine  Sihwäche  .lahwi's  zuiiickfidire.  der  der  ersten  hesten 
Verdächtigung  (Jlauhen  geschenkt  hat,  so  muss  man  sich  wohl  den  (Jedanken- 
gang  des  Verf.'s  so  voistellen:  .lahwe  hat  zwar  für  seine  Person  dii"  l'her- 
ziugung,  dass  si'hi  lüicchl  Hioh  von  Herzen  und  nicht  hlos  aus  Eigennutz 
fromm  ist.  aher  der  Satan  hat  doch  auch  darin  Hecht,  dass  ein  «dijektivei-.  ent- 
scheidender, auch  für  Dritte  gültiger  Px'weis  dafüi-  his  jetzt  noch  fehlt.  Der 
Satan  (und  die  von  ihm  vertretene  t»tl"entliiln'  Meiiunig  dei-  niedrig  Denken- 
den) hat  ein  Recht,  eine  Prohe  zu  verlangen.  Im  vor  auch  er  es  glauht:  und 
(lottes  Gerechtigkeit  und  l'nparteilichkeit  uTdigt  ihn.  entgegen  seiner  Neigung 
in  die  Untersuchung  zu  willigen  und  seinen  ({üiistling  der  T»»rtur  preis  zu 
gehen.  Hioh  wird  unglücklich,  weil  (Jott  gerecht  ist,  gerecht  nändich  auch 
g(>gen  die  Meinungen  untergeordnetei'  Wesen,  die  er  nicht  durch  sein  üher- 
legenes  Wissen  hrutal  niederschlägt.  So  das  \'olkshuch.  das  also  das  Unglück 
ohne  Zuhilfenahme  der  \'ersümligung  zu  erklären  vermag  —  andi-is  di-r  I  )ichter 
der  Heden,  der  sich  um  die  Mitwirkung  des  Satans  nicht  kümmert,  vielmehr 
die  Frage  ausschliesslich  zwischen  Hioh  und  den»  durch  keine  Rücksicht  ein- 
geengten Gott  spielen  lässt  und  sich  dadurch  das  IVohlem  der  F^rklärung  des 
Unglücks  ungemein   erschwert.  Der   Satan    glauht    nicht    hlos.    sondern 

wünscht  augenscheinlich  auch,  den  Gün.stling  stürzen  zu  können,  er  {fhuj  hin- 
aus rom  Angesicht  Jahires.  verlässt  sofort  nach  erhaltener  Erlauhnis  den 
himndischen  Palast,  um  das  Opf(  r  seiner  Bosheit  zu  üherfallen:  er  hat 
es  eilig. 

13    19    Hiohs  Unglück.    Die  Schildeiiuig  des  Verfahrens  des  Satans, 


Hi  1 12  10  Hi  1 17 

der  selbst  liiiiter  der  Szene  bleibt  (s.  zu  v.  21),  zeigt  in  ihren  stereotypen  Wen- 
dungen echt  epischen  Charakter,  ist  aber  von  dramatischer  Lebendigkeit  und 
AVirkung.  13  Nach  dem  einleitenden  NT'I  zuerst  ein  Zustandssatz  (Ges.- 
Kautzsch26  g  141  e):  irähreiul  seine  Söhne  und  Töchter  assen  und  Wein  trunken. 
LXX  lässt  das  Essen  aus ;  eher  könnte  wegen  v.  4  |"|;|  fehlen,  das  wohl  nur  eine 
harmlose  Ergänzung  eines -Abscln-eibcrs  ist.  Seine  Söhne,  schrciljt  der  Erz., 
unbekümmert  darum,  dass  im  Vorhergehenden  nicht  Hiob,  sondern  der  Satan 
erwähnt  ist;  LXX  hat  für  nötig  angesehen,  das  Missverständnis  Sutans  Söhne 
durch  Einsetzung  von  Hiob  fern  zu  halten.  Wichtig  ist  der  Schluss  von  v.  13: 
man  Avar  beim  Erstgebornen,  also  war  eben  vorher  erst  das  Entsündigungs- 
opfer  dargebracht  und  Hiob  und  seine  Kinder  völlig  rein.  Alle  freuen  sich 
ihres  glücklichen  Lebens,  (tu  konnnt  ein  Bote  14  zu  dem  erstaunten  Hiob;  das 
UngeAvöhnliche  wird  durch  Voranstellung  von  '^J^'?Ö  kräftig  hervorgehoben;  fc<3 
ist  perf  Der  Bote  beginnt  auch  mit  einer  Art  Zustandssatz,  der  den  sorglosen 
Frieden  der  Situation  schildert:  die  Kühe  (1j^3  als  collect,  mit  nachfolgendem 
part.  im  plur.  fem.)  waren  grade  beim  Pflügen,  die  Eselinnen  weideten  ihnen 
•zur  Seite  (Onn"'.  mit  masc.  statt  femin.  Suffix  wie  oft  vgl.  GES.-KAUTZSCH2ß 
§  135o)  —  da  fiel  Satfa  ein  15  t<3^  als  weiblich  behandelt,  das  Land  für  das 
Volk  wie  z.  B.  Jes7  2,  nachher  ad  sensum  mit  dem  plur.  konstruiert;  ^Bi 
steht  hier  ausnahmsweise  ohne  näheren  Zusatz  im  Sinne  einfallen.  Sclieba  gilt 
Gen  10  7  neben  Dedan  als  Enkel  von  Kusch,  Cap.  10  28  als  Sohn  Joktans,  also  als 
semitisch,  Ca]!.  25  3  wieder  neben  Dedan  als  Enkel  Abrahams  und  derKetura; 
die  Schriftsteller  von  der  Zeit  des  Exils  an  erwähnen  Scheba  öfter  als  ein 
reiches  Handelsvolk  Südarabiens  (vgl.  Hi  6  19).  Ob  unser  alter  Erzähler  die 
Sabäer  nur  als  räuberische  Beduinen  kennt,  bleibt  dahingestellt.  Die  Pflüger 
und  Hirten  erschlagen  sie  sämtlich,  sind  also  wohl  noch  nicht  die  Sklavenhändler 
von  Jo48.  lYur  ich  ullein  r  er  mochte  zu  entrinnen,  dev  cohort.  fügt  eine  sub- 
jektive Nuance  hinzu  vgl.  Ges.-Kautzsch-6  §  108  b.  Sofort  folgt  ehie  zweite  Iln- 
glücksbotschaft  16:  Noch  ist  der  um  Reden,  du  kommt  der,  Zustands-  und 
Hauptsatz  wie  v.  12  13.  Das  Feuer  Gottes  ist  wohl  wie  in  II  Reg  1  der  Blitz, 
da  es  rom  Himmel  füllt,  allerdings  ein  Blitz  von  sagenhaft  ungeheuerlicher 
Wirkung,  da  er  7000  Schafe  mit  ihren  Hirten  auf  einmal  verbrennt.  Interes- 
sant ist,  dass  hier  der  Satan  über  den  Blitz  verfügt;  aber  wie  das  alte  Volk 
nicht  jeden  Eegen  auf  Jahwes  unmittelliare  Thätigkeit  zurückgeführt  hat,  so 
wohl  auch  nicht  jedes  Gewitter.  In  den  Schlachten  schiesst  Jahwe  die  Blitze, 
daneben  hat  man  wohl  anderen  AVesen  häutig  solche  Unfälle  zugeschrieben, 
die  den  Privatmann,  zumal  ausserhall)  des  Jahwelandes,  treffen  kihmen.  Dass 
der  Blitz  vom  Himmel  fällt,  kann  grade  hier  kein  Einwand  dagegen  sein.  In 
17  bei  der  dritten  Botschaft  dieselbe  Formel  wie  vorhin:  um  so  rascher  liest 
es  sich  und  um  so  stärker  wird  der  Eindruck  des  Überwältigenden.  Die  Chal- 
däer  führen  die  Kamele  fort.  Die  Chaldäer  wohnen  ursprünglich  südlich  von 
Babel  am  persischen  Meerbusen;  sie  sind  hier  wohl  noch  nicht  die  Herren  von 
Babel,  sondern  stehen  noch  vor  dieser  Grossstaatsperiode,  sind  noch  das 
trotzige,  kriegerische  Volk,  das  den  Assyrern  so  viel  Mülie  machte,  und  über- 
fallen ihre  nahen  und  fernen  Nachbarn  wie  David  und  die  Judäer  vor  ihrer 


Hi  1  17  11  Hi  121 

Grossstaats]»  riode,  vor  der  Eiühciuii^  .Jtiiisalenis.  Sie  übertullcii  dit-  Kamele 
von  drei  Seiten,  da  diese  sonst  wegen  ihrer  Schnellij^keit  /uin  j^rössteu  Teil 
cntkomnien  würden;  der  Ansdruck  D''IJ'K"J,  aueli  sonst  häuHj^,  niaf»  aut"  keil- 
t'()rniij^i'  Anordiiunj:;  hindeuten;  \2ÜB  lieisst:  eine  Uaz/ia  aiislühren.  18.  Schlag 
anf  Schlaji  stürmt  es  aut"  den  rn^düeklieiieii  ein.  der  letzte  Schlag  der  schwerste. 
Lies  1)!  wie  v.  l(j  17,  1V_  ist  Spielerei;  zu  p.V  (his  liier  in  LXX  fehlt,  vgl.  zu 
V.  12.  I  )(■!•  Nachsatz  19  wird  der  Steigennig  halher  mit  Hini  t  ingeleitet,  n^2 
])erl".  nicht  part.:  .siehe,  da  lionnnl  ein  j/eirallifier  Wim!  i'iher  die  (arahische) 
Wii.sle  heifiefuhren,  augenscheinliih  »-in  W'irlx-hvind,  da  er  anfalle  vier  Kcken 
des  Hauses  stüsst  vgl.  des 21  i.  Für  V^T  stillte  man  yao^  erwarten:  wahrschein- 
lich liegt  einSchreihfehler  vor,  nn'tglicher  Weise  heeiiiHnsst  dnn  h  das  folgende 
Vd'I.  dessen  Suhjekt  ahei-  natürlich  n^3n  ist.  Die  D''"lJ^i  sind  die  Kinder  Hiolis 
und  ilii-e  Diener,  zu  welch  letzteren  der  Finti'onnene  gehört.  \\':ihreml  in  diesem 
Ahschnitt  die  Erzidilnng  hastet  und  drängt,  die  ungezügelte  Wut  des  unheini- 
liclu'U  \)v\\  eluhini  malend,  steigt  in 

20  22.  wo  Hiohs  N'erlialteii  herichtet  wird,  ein  würdiges  l>ild  \<iii  ^t - 
fasster  Kühe  und  ( Jottergelicnheit  vor  uns  auf  uml  lehrt  uns,  wie  ein  fronnner 
Mensch  solche  llnglücks|)r(tl)en  hcstelit.  20  Hioh  erlioh  sich,  zerriss  sein 
Öhergewand  und  schor  sein  Haupt.  Kr  ist  nicht  niedergesclnnettert,  aher  er 
ist  stumm.  Indem  er  das  Ohergewand.  '?'J?ß.  das  der  Vornehnu'  üher  der  T\\X^ 
trägt,  zerreisst  (und  dann  wolil  au(  h  ahlegt)  und  sich  das  Haar  ahschneidet 
(und  an  die  Erde  wirft  der  7  .".•),  macht  er  sich  einem  Bettler  und  Sklaven 
gleich  und  vcrsiiudiildlicht  datlurch  sein  zerstörtes  (ilück.  Dann  wirft  er 
sich  zur  Erdt-  hin  ("^d:  i->t  nicht  lijos  das  unfreiwillige  Fallen  vgl.  z.  H. 
(len  17o;  24t;4)  und  heugt  sich  anhetend,  in  stumnu'm  (Jehet,  wie  es  scheint, 
dadurch  seine  Unterwerfung  unter  Gottes  Fügung  ausdrückend.  Das  ^nnc^'l 
(zu  dieser  Hithpalelform  s.  GES.-KAUTZSCH"'6i<  75  kk)  ist  nicht  unmittelhar  mit 
in«'!  21  zu  verhinden,  als  oh  letzteres  Wort  ersteres  exjilizierte.  V.  21  fasst 
nur  zusannnen.  wie  Hioh  sich,  vor  Menschen  etwa,  üher  sein  (Jeschick  aus- 
sprach, ir  redet  ja  nicht  zu  Gott.  Sehie  Worte  sind,  wie  oft  hei  den  älteren 
Krzäldern  (auch  in  unseren  ISlärchen  und  Sagen)  solche  l^eden,  die  etwas  all- 
genuineren  oder  gehoheneren  Siini  hahen,  in  poetischer  Form  gehalten  und 
hilden  einen  Vierzeiler;  darin  ahmt  die  volkstündiche  Prosaerzählung  unwill- 
kürlich ihn  N'orläuferin,  die  gesungene  ErziUdung.  mich.  Das  erste  Distichon 
lautet:  .\<i(lil  hin  irh  nnsneunnuen  (W  ithonetist-he  Schi-eihung  für  ^n^T)  rin.s 
nf einer  Mit II er  Leihe,  l  nd  nnelil  irerde  ieh  dorthin  xnrüelikehren.  Ks  sjiricht 
die  Selbsttritstung  ans.  die  allerdings  zugleich  auch  eine  resignierte  Klage  ist, 
dass  er  jetzt  nicht  ärnn-r  sei  als  hei  seim-r  (ieliurt.  l'ns  berührt  es  ein  wenig 
hefrennlend.  dass  er  nur  an  sich  denkt  und  seine  Kinder,  wie  es  scheint,  nur 
als  seinen  Besitz  hetrachtet,  wie  auch  der  Dichter  der  Reden  den  Hi<di  stets 
nur  sein  eigenes,  nie  seiner  Kinder  Los  l)eklagen  lässt.  Ahnlich  dtr  König 
Hiskia  des39  8.  Dichterund  Krzähler  schielten  oft  kühl  hei  Seite,  was  ihnen 
nicht  passt,  imd  wirklich  hätte  eine  Betrachtung  üher  den  vorzeitigen  Tod  der 
Kinder  das  Problem  verwickeltt-r  genuicht;  dass  die  alten  Isratditen  auch 
andere    Töne    anschlagen    konnten,    zeigt    z.    B.    llSamlOi.     nOB^    enthält 


Hi  1  21  12  Hi  1  22 

eine  uiibekiimnierte  Verkürzung  dessen,  was  der  Erzähler  sagen  will;  er  meint 
den  Schoss  der  Erde,  deutet  aber  eigentlicli  mit  dem  dorthin  auf  den  Mutter- 
leib, den  er  nicht  meint  (dass  Httty  mit  verhüllender  Scheu  auf  n^i^ti^  hinweise, 
wäre  ohne  Analogie  und  streitet  mit  dem  Verbum  21tJ^).  Im  zweiten  Distichon: 
Jaliwe  hat  (jegehni  niul  Jahire  genommen,  Sei  Jahwes  Name  gepriesen!  steht 
Jahwe,  welchen  Namen  das  Volksbuch  im  Gegensatz  zum  Dichter  der  Reden 
dem  Hiob  bekannt  sein  lässt,  mit  Nachdruck  voran  und  wird  noch  zweimal 
wiederholt:  Jahwe  hat  zu  verfügen  nach  seinem  Belieben,  der  Mensch  hat  nicht 
darein  zu  reden;  mag  Jahwe  so  oder  so  handeln,  der  Fromme  soll  und  wird 
ihn  immer  preisen.  Diesen  Satz  und  den  ihm  verwandten  Cap.  2  lo  darf  man  wohl 
als  das  symbolum  aller  orientalischen  Frömmigkeit  bezeichnen.  Der  ener- 
gischere Geist  des  Europäers  findet  sich  schwerer  in  diese  inaktive  Rolle  und 
nicht,  ohne  sich  zuvor  des  guten  Endausgangs  versichert  zu  haben  (vgl.  P. 
Flemings:  In  allen  meinen  Thaten),  während  Hiob  in  dem  zweiten  Stiches 
(nackt  kehre  ich  dahin  zurück)  völlig  resigniert.  Übrigens  stellt  sich  auch  der 
Dichter  der  Reden  mit  seinem  bohrenden  Warum?  keineswegs  auf  die  Seite  des 
Volksbuches,  das  in  seinen  uns  jetzt  verlorenen  Unterredungen  zwischen  Hiol) 
und  seinen  Freunden  ohne  Zweifel  Cap.  1  21  undCap.2  10  zum  Grundgedanken  der 
Ausführungen  Hioljs  gemacht  hatte;  der  Dichter  teilt  vielmehr  die  hier  dem 
Hiob  zugeschriebene  Meinung  den  Freunden,  besonders  dem  Eliphas,  zu.  Das 
letzte  Wort  '^'^ilö  spielt  deutlich  auf  das  letzte  freche  AVort  des  Satans  v.  11 
an:  er  wird  Gott  ins  Gesicht  fluchen,  —  Hiob  thut  das  direkte  Gegenteil.  Er 
hält  die  Religion  fest,  denn  grade  das  Preisen  des  Namens  Jahwes  ist  der  präg- 
nante Ausdruck  für  die  Religionsübung  der  Gemeinde,  des  Laien.  Trotz  der 
Anspielung  weiss  aber  Hiob  selbst  nichts  von  der  Intervention  und  nachfolgen- 
den Thätigkeit  des  Satans,  von  der  seine  Boten  nichts  sagten,  Jahwe  hat  alles 
getlian.  Das  erhöht  den  Wert  seiner  Standhaftigkeit,  denn  es  wäre  ihm  viel 
leichter  gewesen,  an  Jahwe  festzuhalten,  wenn  er  sein  Unglück  als  das  AVerk 
des  boshaften  Satans  hätte  ansehen  kihmen.  Ul)rigens  hat  ja  zwar  der  Satan 
das  Unglück  verursacht,  aber  doch  nur  mit  Jahwes  Zustimmung;  auch  ist  er 
nicht  die  Ursache  alles  Unglücks  und  nocli  weniger  die  der  Sünde:  von  einem 
Dualismus  im  theologischen  Sinne  dieses  Wortes  kann  liier  also  nicht  die  Rede 
sein.  Daher  lehrt  das  A^olksbucli  auch  nicht,  dass  und  wie  man  sich  gegen  den 
Satan  zur  AVehre  setzen  soll.  22  In  dem  allen,  in  diesem  ganzen  schreck- 
lichen Fall,  beging  Hiob  kein  Vergehen  und  Versehen,  er  war  nach  wie  vor 
völlig  untadelig  und  freilich  doch  unglücklich.  Wie  das  Unglück  nicht  immer 
die  Folge  von  Sünde  ist,  so  ist  es  auch  bei  dem  wahrhaft  Frommen  keine  Ver- 
führung dazu,  das  ist  die  Lehre  von  c.  1,  die  dem  Mann  aus  dem  A'olke  vielleicht 
nicht  ganz  neu,  aber  doch  auch  nicht  ganz  gewöhnlich  war  und  die  die  Er- 
zählung dieser  merkwürdigen  Geschichte  eines  Edomiters  vollauf  r(>chtfertigte. 
In  dem  Schlusssatz  bedeutet  n'jDn  vgl.  ^Sri  Cap.  6  g  Fadheit,  Geschmacklosigkeit, 
Abgeschmacktheit;  es  ist  eines  der  elirl)aren  Ausdrücke  wie  "^"^S,  b'2)  Cap.  2  10, 
n'?^i  Cap.  42  8  und  jedenfalls  Umschreibung  eines  derberen  Ausdrucks,  eines 
Lästerwortes.  Das  *?  ^riiwird  sehr  verschieden  übersetzt:  er  legte  Gotte  nichts 
Abgeschmacktes  )5ei,  reichte  Gotte  nichts  Geschmackloses  dar,  liess  Gott 


Hil22  13  Hi24 

nichts  Abgeschmacktes  hören,  bot  nichts  Gott  MisstaUiges.  Die  erste,  gewöhn- 
lichste Übersetzung,  bei  der  man  wie  bei  den  übrigen  mn^  statt  W^TÖK  erwarten 
sollte,  passt  niclit  ^ait,  denn  eine  Heurtcilnng  .lahwes  war  doch  nicht  das  Krste, 
dem  man  hei  Hiub,  wenn  er  sieh  unticn  wurde,  entgegensehen  durfte,  sundern 
eher  ein  Ausdruck  des  Murrens,  wenn  aucli  keine  so  freche  Lästerung,  wie  der 
Satan  erhuflt;  die  zweite  wird  von  Diiii.MANN  weiter  so  gedeutet:  er  reichte 
(Jott  nichts,  was  dieser  als  ungeniesshar  hätte  zurückweisen  müssen,  aber  da 
wäre  darreichen  ein  wunderlicher  Ausdruck,  und  wie  soll  nuin  sich  die  uuge- 
niessbare  (jial)e  vorstellen?  Die  natiii'licliste  Auffassung  vertritt  doch  wohl 
die  Fesch,  (er  schmähte  nicht  gegen  (iottj:  der  Ausdruck  ist  ilas  (Jegenteil  zu: 
VAwe  geben  (Ps  29  i)  und  bestätigt  negativ  Hiobs  Ausruf:  Jahwes  Name  sei 
gepriesen;  Hiol)  gab  (lott  keine  Unehre,  sündigte  nicht  ndt  seinen  Lippen 
(2  10).  Wir  wissen  ja,  dass  für  das  \'olksi)uch  die  griibste  \'erletzung  der 
(iültes/arvlU  in  unziemlichen  Reden  gegen  die  (Jottheit  besteht.  Der  Satan 
ist  also  mit  seiner  Erwartung  einer  ijästerniig  hetrogen,  was  wird  er  jetzt  thun? 
Darauf  giebt  Antwort: 

Cap.  2 1—10.  Die  Erzählung  von  dem  zweiten  (Jespräch  zwischen  .laliwe 
und  dem  Satan  und  seinen  Folgen.  1  ist  Wiederholung  vonCap.  Ig  mit  einem 
/usutz  am  Sclduss  (sich  zu  gestellen  vor  Jahwe),  der  in  JjXX  feldt  und  schon 
wegen  seiner  Siliwerf;illigkeit  kaum  ursprünglich  ist.  Ebenso  wiederholt  2 
Cap.  1 7,  nur  dass  dieErage  TOO  ^«  noch  ein  wenig  genauer  ist,  erwartungsvoller 
klingt;  3*  ist  gleich  v.  1  s.  In  '6^  ist  laiVI  durch  das  Suffix  vom  Vorhergellenden 
geschieden  uikI  Kinleitung  eines  Znstandssatzes:  //////  iriilireiiil  er  noch  iniiiier 
/'est hall  (III  seiner  Fr'niiiiiiiiilieil ,  sii  liiisl  ilii  midi  iietjen  Um  neri'ixt .  Um  um 
iiivlil.s  tu  rerilerben.  .Jahwe  spricht  erzüiiit,  die  ihm  abgezwungene  .uraus.niie 
l'robe  wäre  nicht  nötig  gewesen.  Trotz  seines  Zorns  schilt  er  den  Satan  nicht 
weiter,  weil  doch  die  Probe  der  formalen  Gerechtigkeit  entsprach  und  Jahwe 
selbst  mitbeteiligt  war.  Ein  interessanter  Gegensatz:  Er  ist  standhaft  fromm, 
wir  aber  haben  ihn  verderbt,  Klage  und  Selbstanklage.  4  Der  Satan  ant- 
wortet frech  und  plebejisch:  Haut  für  lliiitt ,  alles  iras  der  Mensch  hui .  ijiehl 
er  für  sein  Leben.  Er  giebt  die  Wette  noch  nicht  verloren;  die  Probe  hat 
zwar  den  Hiob  nicht  zu  Fall  gebracht,  aber  sie  ist  auch  noch  nicht  gründlich 
genug  gewesen.  Hiob  hat  zwar  seinen  Besitz  verloren,  aber  nicht  das  Leben. 
und  das  ist  dem  Menschen  mehr  wert  als  aller  Besitz.  Das  offenbar  aus  ileni 
gemeinen  Leben  genommene  Sprüchwort,  das  diese  Behauptung  erhärten  soll, 
ist  nicht  ganz  deuthch.  Man  erklärt:  ein  Stück  Haut  oder  ein  Glied  giebt 
man  hin,  um  ein  anderes  zu  retten,  oder:  Haut  gegen  Haut  (kommt  Gott  dem 
Hiob  an  die  Haut,  so  wendet  sich  auch  Hiob  gegen  ihn),  oder:  Haut  um  Haut 
(die  äussere  Haut,  den  Besitz,  hat  Hiob  verloren,  die  innere,  die  eigentliche 
Haut,  hat  er  noch),  oder:  Haut  für,  statt  Haut,  Gleiches  gegen  Gleiches.  Da 
1J?3  in  dem  Hauptsatz  fi'ir  bedeutet,  muss  es  dies  auch  in  dem  Sprüchwort  be- 
deuten; nicht  so  notwendig  ist  es,  obwohl  auch  am  Nächsten  liegend,  dass  man 
zum  Sprüchwort  den  BegriÖ  geben  ergänzt:  man  giebt  Haut  für  Haut.  Am 
wahrscheinlichsten  stammt  das  Sprüchwort  aus  Kreisen,  für  welche  Häute  ein 
wichtiger  Umsatz-  und  Tauschartikel  waren,  und  bedeutet  zunächst:  für  eine 


Hi24  14  Hi2  9 

Haut  giebt  (oder  erhält)  man  Hauteswert.    Vielleicht  hat  es  von  da  aus  dann 
wie  hier  weitere  Anwendung  gefunden;  der  Beduine  mag  mit  diesen  Worten 
dem  Hirten  gedroht  haben,  es  gehe  ihm  an  die  eigene  Haut,  wenn  er  das  ver- 
teidigte Rind  nicht  hergebe;  der  Sklavenjäger  mag  mit  diesen  Worten  dem 
G-efangenen  gestattet  haben,  sich  durch  Hergabe  eines  Sklaven  oder  Kindes 
auszulösen;  der  Bluträcher  mag  mit  ihnen  die  Familie  des  Mörders  angefallen 
haben  u.  s.  w.   Erkauft  ein  Mensch  gern  sein  Leben  für  seine  Habe  und  freut 
sich  wohl  noch,  so  gut  davon  zu  kommen,  so  hat  Hiob  sich  wohl  gar  noch  glück- 
lich geschätzt,  aus  dem  allseitigen  Unglück  seilest  heil  hervorgegangen  zu  sein, 
da  braucht  er  noch  nicht  auf  Abfall  von  Gott  zu  geraten.    Wirklich  hat  ja 
auch  Hiob  ausgerufen,  er  sei  jetzt  nicht  ärmer  als  bei  seiner  Geburt.        5  wie 
Gap.  1 11  (mit  einigen  Verschlechterungen  durch  den  Abschreiber),  aber  statt 
seines  Besitzes  empfiehlt  jetzt  der  Satan  Hiob  selbst  anzutasten,  sein  Fleisch 
und  Gebein  zu  treffen.   Er  soll  selber  etwas  zu  fühlen  bekommen,  der  Verlust 
seiner  Kinder,  Diener,  Tiere  ist  ihm  nicht  nahe  genug  gegangen.     6  Jahwe 
willigt  ein,  unter  der  naturgemässen  Bedingung,  dass  Hiob  nicht  sofort  getötet 
werden  darf,  was  ja  die  Probe  vereiteln  würde.    Er  erkennt  also  wieder  an, 
dass  der  Satan  in  abstracto  Eecht  habe;  erst  dann,  wenn  dem  Hiob  jede  Hoff- 
nung auf  neues  Glück  abgeschnitten  ist,  muss  sich  zeigen,  ob  das  Glück  der 
wirkliche  Beweggrund  seiner  Frömmigkeit  war  oder  nicht.      7  Diese  Hoffnung 
wird  gründlich  abgeschnitten  durch  den  bösartigen  Aussatz,  der  mit  Sicher- 
heit zum  Tode  führt,  die  furchtbarsten  (Qualen  über  sein  Opfer  verhängt,  jedoch 
das  BcAvusstsein  dieser  Lage  nicht  aufhebt.    Dass  mit  dem  bösartigen  Ge- 
schu-ür  der  Aussatz,  die  lepra  tuberculosa,  gemeint  ist,  obgleich  pnii^  nach 
II  Reg  20  7  (Jes38  2i)  auch  die  Pestbeule  bezeichnen  kann,  lehrt  die  Fort- 
setzung und  hat  auch  der  Dichter  der  Reden  angenommen.    Nach  seiner  un- 
gestümen Art  begnügt  sich  der  Satan  nicht  damit,  den  Aussatz  erst  allmählich 
aus  einzelnen  Hautknoten  sich   entwickeln  zu  lassen,  sondern  schlägt  Hiob 
sofort  von  der  Fusssohle  bis  ((:^re  will  für  nj;  das  gewöhnlichere  nj;i)  zu  seinem 
Scheitel  (zu  der  Aussprache  Hj^lp  s.  Ges.-Kautzsch26  §  10  h).    Die  erste  Em- 
pfindung besteht  8  in   einem  unerträglichen  Jucken,  das  die  Knoten  in  der 
Haut  erzeugen;  und  da  die  Finger  selber  schmerzen,  so  nimmt  sich  Hiob  eine 
Sclierbe,  sich  damit  zu  kratzen,  imhrend  er  (Zustandssatz)  initlen  in  der  Asche 
snss,  d.h.  auf  der  von  Wetzstein  bei  Delitzsch  beschriel)enen  „Mezbele"  ausser- 
halb des  Dorfes  (die  LXX  setzt  s|u)  zr^q  tioXsu);  hinzu),  wo  der  Mist  und  Ab- 
fall aufgehäuft  und  von  Zeit  zu  Zeit  verbrannt  wird  und  wo  sich  die  von  ekel- 
haften Krankheiten  Befallenen,  die  man  aus  den  Dörfern  treibt,  Tag  und  Nacht 
aufhalten.   Wie  nun  dies  Geschick  auf  einen  Menschen  gewöhnlichen  Schlages 
wirken  würde,  wird  9  sehr  geschickt  an  Hiobs  AVeibe  veranschaulicht.    Von 
Verzweiflmig  ergriften,  ruft  sie  aus:  Noch  (^"Ij;  olnie  Fragepartikel;  LXX]«  Hj;, 
bis  wann?)  hältst  du  fest  an  deiner  Frönunitjkeit?!  Fluche  (lott  und  stirlf! 
Hiol)  muss  sich  also  ähnlich  benommen  haben  wie  Cap.  1 21.    Das  Weib  aber 
meint,  der  augenlilickliche  Tod,  der  die  Folge  der  Gotteslästerung  sein  würde, 
wäre  nicht  so  schlimm,  wie  dies  langsame  qualvolle  Sterben.    Ihr  fluche  Gott! 
spricht  sie  natürlich  nicht  aus  eigentlicher  Gottlosigkeit,  sondern  aus  jener 


Hi2  9  ir,  Hi2ll 

hoffnungslosen  Eibittoiung,  die  auch  JesH.ii  dieselbe  Wirkung  hervorbringt; 
sie  hat  nicht  die  Kraft  des  p''XnT\.   Zu  der  Aussprache  noj  s.  CJ  es.-Kautzsch'c 
§  104  g.    Die  LXX  lässt  das  Weib  erst  längere  Zeit  nach  dem  Ausbruch  der 
Krankheit  eine  grössere  Rede  liulten,  in  der  sie  eine  Äusserung  Hiobs  erwähnt, 
dass  er  noch  ein  wenig  ausharre  in  der  Hoffnung  auf  Rettung;  da  aber  "Tfß 
und  p"'tno  hier  anders  gegeben  wird  als  sonst,  so  gehört  Cap.  2y  nicht  zu  der  ur- 
sprünglichen LXX  und  mag  aus  derselben  (Quelle  stammen,  wieCap.  42  ih  und 
so  manch  anderer  Zusatz.   Für  Hiob  ist  das  Beneiimen  des  schwachen  Weibes 
kaum  eine  Versuchung;  er  widersteht  der  ansteckenden  Kraft  der  Verzweiflung 
und  der  Erbitterung.    Seine  Antwort  iO  ist  im  hebr.  Text  etwas  sonderbar 
wegen  des  D3,   das  hier  keinen  Concessivsatz  einleitet  wie  z.  B.  Jes  49 1:.,  auch 
nicht  cf/rft,  /ro/t/ .  (////•  bedeutet;  besser  liest  man  mit  SiK(ii-Kii:i)  nach  Mküx: 
n«  n«  D2  (der  Ausfall  eines  ns"  hat  den  jetzigen  Text  hervorgerufen).    Dann 
erhält  man  zugleich  vier  Stichen  wie  Cap.  1  21  und  eine  Erklärung  für  die  Weit- 
läufigkeit in  nns  "1?"]3:    UVV'  rcilcn  triirdc  ('hic  ro/t  den  Thnrhinrii.  So  irillsl 
rciU'n  auch  dn'^    Das  (iali-  lu'linicii  trir  an  roii  (l(tll,  l  itd  tla.s  Hu.sr  saUlen  irir 
iiiclil  aniu'hiiwn?  Thörin  ist  wieder  einer  der  ehrbaren  Ausdrücke,  etwa  das 
Gegenteil  von  gottesfurchtig,  gottlos  infolge  von  (ledankenlosigkeit,  Selbst- 
sucht, sinnlicher  Denkweise;  einen  noch  stärkeren  Sinn  hat  das  Wort  Ps  14  1. 
Der  fromme  und  weise  IVIensch  sagt:  Ich  nehm'  es,  wie  er's  giebet  s.  zuCaj).  1  21 ; 
er  bleibt  sich  konse(iuent,  hat  er  sich  einmal  (xott  ergeben,  so  bleibt  er  gott- 
ergeben für  alle  Fälle.  Es  ist  eine  charaktervolle  Friunmigkeit,  die  dies  Volks- 
buch kennt,  und  sein  Hiob  wirklich  ein  "idj  l^^N,  aber  allerdings  nicht  von  dem 
kühnen  und  freien  GeistesHuge  wie  der  Hiob  der  Reden  Cap.  3  ff.   ^2p,  sonst  nur 
in  späteren  Schriften,  durch  unser  Buch  als  alt  erwiesen.   vnDb'a  mag  eine  ge- 
wisse Bestätigung  dafür  sein,  dass  auch  in  Cap.  1  22  mit  n^DH  ]rii  ein  Reden  ge- 
meint ist,  da  im  Übrigen  beide  Sätze  übereinstimmen.    Überhaupt  bemerkt 
man  im  Volksbuch  nicht  den  geringsten  Unterschied,  keine  Entwicklung  in 
der  Haltung  Hiobs  bei  der  ersten  und  der  zweiten  Pi'obe.    Das  ist  auch  bei 
einer  volkstündichen  S;ige  und  bei  dem  Zweck,  den  das  Volksl)uch  verfolgt, 
nicht  anders  zu  erwarten;  es  wird  auch  in  den  verloren  gegangenen  Reden 
nicht  anders  gewesen  sein.         lüs  soweit  geht  der  erste  Abschnitt  des  N'olks- 
buches;  der  zweite,  der  die  liiterredungen  Hiobs  mit  seinen  Freunden  enthielt 
und  gewiss  weit  kürzer  war  als  der  F^insatz  des  Dichters  und  seiner  Ergänzer 
(Cap.  3—41),  beginnt 

2 11-18  mit  der  Erzählung  von  dem  Besuch  der  drei  Freunde  Hiobs. 
Die  drei  Freunde  II  sind:  erstens  Kliphas.  der  Themanit.  Dass  sein  Name 
edomitisch  ist,  wurde  schon  zu  Cap.  1  1  erwähnt;  eben  deswegen  wird  ^iD"*]?  nach 
Gen3(iii  15  mit  dem  edomitischen  ]D^ri,  nicht  mit  dem  nördlicheren  KD^ri  zu- 
sammenzubringen sein.  Zweitens  Hildad.  der  Schuchit,  dessen  Stamm  n^B^ 
nach  Gen  252  zu  den  Keturäern  gehört.  Drittens  Zophar  von  Naama,  das 
nicht  mit  HDPi  in  .Inda  (Jos  1.5  41)  identisch  ist.  sondern  auch  edomitisch  oder 
ai-abisch  sein  nuiss.  Die  liXX  hat  übrigens  für  ^riD^i  überall  M'.vat'cov  jiJaaiXsti;, 
6  Mivaioc  vgl.  l  Chr.  441,  vielleicht  auf  (i rund  einer  Konjektur.  Sie  kamen, 
sie  verabredeten  sich,  zu  kommen,  zweimal  K13.  etwas  unbehilfiich.   Der  Fall 


Hi  2  11  16  Hi  3  1 

ist  so  schwer,  class  sie  sich  erst  darüber  besprechen.  Hiobs  Verwandte  und 
sonstige  Bekannte  kommen  zum  Zweck  der  Beileidsbezeugung  (b  Tli,  wahr- 
scheinlich zunächst:  den  Kopf  und  Oberkörper. hin  und  herbewegen  als  Zeichen 
des  Schmerzes)  erst  nach  seiner  Wiederherstellung  Cap.  42  u,  aber  wahrschein- 
lich denkt  sich  die  Yolkssage  die  Krankheit  nicht  als  allzu  lang.  nSün  ist 
merkwürdiger  Weise  als  perf.  accentuiert  vgl.  Ges.-Kautzsch^s  §  138k.  12 
Sie  sahen  ihn,  der  ja  draussen  auf  dem  Aschenhaufen  sitzt,  schon  von  ferne, 
erkannten  ihn  aber  nicht,  weil  er  stark  entstellt  war,  und  brachen  darüber  in 
lautes  AVeinen  aus.  Indem  sie  Staub  himmehvärfs  auf  ihre  Häupter  streuen, 
ahmen  sie  gewissermassen  einen  Stauljregen  nach:  so  wie  ein  solcher  ehi  frucht- 
bares Land  verwüstet,  so  ist  Hiobs  Glück  verwüstet,  und  sie,  seine  Freunde, 
sind  mitbetroffen.  13  So  erschüttert  sind  sie,   dass   sieben   Tage  und 

sieben  Nächte  (die  Nächte  fehlen  in  der  ursprünglichen  LXX,  s.  Bebe,  Text 
des  B.  H.  zur  St.,  und  sind  wohl  eine  harmlose  Ergänzung)  lang  keiner  ein 
Wort  zu  ihm  sagt  (in'T  öfter  für  "1310);  sie  schweigen  so  lauge,  wie  man 
sonst  wohl  über  einen  Toten  klagt  (JSir  22  12),  und  drücken  ihre  Teil- 
nahme auch  dadurch  aus,  dass  sie  gleicli  ihm  an  der  Erde,  in  der  Asche, 
sitzen. 

Wahrsclieinlich  haben  sie  nun  nach  diesem  Schweigen  ihrer  Verabredung  gemäss 
ihn  zu  trösten  versucht.  Sie  haben  gewiss  nicht  zu  ihm  gesprochen  wie  sein  "Weib,  aber  sie 
haben  doch  nach  Cap.  42  7  ff.  so  unrichtig  von  Gott  gesprochen,  dass  Jahwe  sich  an  ihnen 
veroreifen  will,  wenn  Hiob  nicht  Fürbitte  für  sie  einlegt,  während  Hiob  richtig  über  Gott 
gesprochen  hat.  Es  ist  schade,  dass  wir  nicht  zu  hören  bekommen,  wie  sich  diese  Männer 
Gottes  Gesinnung  und  Absichten  zurecht  legten:  wir  hätten  im  Volk  umlaufende  Urteile 
über  Gott  und  über  Glück  und  Unglück  und  vielleicht  Ratschläge  über  das  Verhalten  in 
einem  solchen  Fall  vernommen,  die  für  die  Kenntnis  des  alten  Volkes  und  seiner  Welt- 
und  Religionsauffassung  von  "Wert  gewesen  wären.  Statt  dessen  erhalten  wir  nun  den 
allerdings  unzweifelhaft  weit  wertvolleren,  gewaltigen  Einsatz  des  Dichters,  der  grade  um- 
gekehrt die  Freunde  sehr  fromm  über  Gott  sprechen,  dagegen  Hiob  die  schärfsten  Invectiven 
gegen  Gott  schleudern,  die  bittersten  Zweifel  an  einem  gerechten  Weltregiment  erheben 
lässt. 

Cap.  31-42  6.  Das  Gedicht  von  Hiob. 

Cap.  3.   Hiobs  Klage. 

3 12.  Dass  das  Volksbuch  eine  Selbstverfluchung  Hiobs  enthielt,  ist 
nach  c.  1  21  und  besonders  nach  Oap.  2  10  kaum  zu  glauben.  Der  Dichter  aber  be- 
darf einer  Basis  für  die  Erörterung  des  Problems  des  Unglücks  und  lässt 
darum  1  zuerst  den  Hiob  den  Minul  öffnen,  das  Schweigen  brechen,  und  in  der 
Verwünschung  seines  Tages  (s.  unten  zu  v.  3)  sein  und  aller  Gequälten  Elend 
enthüllen  und  laut  nach  dem  Warum  fragen.  Mit  psychologischem  Scharf- 
bhck  hat  er  die  richtige  Stelle  im  Volkslnich  gewählt,  wo  er  mit  dieser  Klage 
einzusetzen  hat:  das  siebentägige  Schweigen  der  drei  Freunde,  das  so  beredt 
für  die  Grösse  seines  Unglücks  zeugte,  war  dazu  angethan,  in  Hiob  eine  Span- 
nung hervorzubrhigen,  deren  gewaltsame  Entladung  ni  einer  Sel1)stverfluchuiig 
natürlich  und  zwar  ein  Irren  (62),  aber  ein  solches  irren  war,  das  seine  wahre 
Frömmigkeit  nicht  hi  Frage  stellte.    Natürlich  steht  die  Verwünschung  des 


Hi3l  17  Hids 

Tages  nicht  in  Gegensatz  oder  überhaupt  in  Beziehung  zu  der  Verwünschung 
Gottes  im  Volksbuch,  das  wäre  doch  zu  kindlich.  In  2  lässt  LXX  das  ]J?M 
31*W  aus,  vielleicht,  weil  sie  HiJ^  als  antworten  verstand,  während  es  oft  bedeutet: 
beginnen  zu  reden  z.  B.  .Jes  14  lo;  dass  jemand  die  Worte  eingesetzt  habe,  weil 
sie  auch  später  zu  Anfang  der  Reden  stehen,  ist  nicht  sehr  walirscheinlich. 
Zur  Pausalaussjjraclie  1DK^5  in  diesen  Überschriften  s.  G  ks.-Kautzsch  §r)He. 
Die  jetzt  f(jlgenden  Reden  sind  wie  Bickkll  gezeigt  hat,  silratlich  in  Tetra- 
stichen geschrieben  (oder,  mit  Josephus  zu  reden,  in  doppelten  Hexametern, 
da  jeder  Stichos  drei  Hebungen  hat),  demnach  in  dem  einfachsten  Versmass 
der  hebr.  Prosodie,  das  für  lange  Reihen  von  Weisheitsreden  am  besten  ge- 
eignet ist.  BuDDE  polemisiert  eifrig,  aber  unglücklich  gegen  Bickell's 
„Theorie". 

3—10  Hiobs  Verwünschung  seines  Tages,  fünf  Vierzeiler.  So  selbständig 
der  Dichter  sonst  ist,  so  lehnt  er  sich  doch  hier  deutlich  an  Jer20i4-i8  an. 
Diese  Anlehnung  mochte  für  den  schwierigen  Anfang  eine  gewisse  Erleichte- 
rung sein;  Jereniias  Verzweitlungsschrei  war  die  beste  N'orbereitung  für  das 
Warum  v.  11  20;  überdies  konnte  auch  der  ängstlichste  Leser  keinen  Anstoss 
nehmen  an  etwas,  was  dem  Helden  des  Dichters  ein  so  grosser  Prophet  vor- 
gethan  hatte.  Man  findet  gewöhnlich  in  Hi  3  atf.  eine  grössere  poetische  Kraft 
als  in  Jer  20  uff.;  auf  mich  machen  die  schmuckloseren,  naiveren  Schmerzens- 
ausbrüche Jeremias  einen  ergreifenderen  Kindruck,  als  die  kunstvollere  Nach- 
ahmung, die  ül)erlegter,  aber  etwas  überladen  und  kalt  ist.  Die  drei  Stichen 
3  4 '  ergänzen  wir  durch  9''  (s.  unten)  zum  ersten  Vierzeiler.  A'.v  f/r/ie  unter  der 
Tag,  wo  ich  geboren  int  nie.  Tübad  und  iwwäled  ist  accentuiert,  um  das  Zu- 
sammonstossen  zweier  Tonsilben  zu  vermeiden  s.  GES.-KAUTZsrii  i;  29  a''.  Jer 
20  14  heisst  es  12  ""PTh  "It^«  DI'H,  wo  das  perf.  natürlicher  ist;  aber  indem  der 
Dichter  das  prosaische  IB^S  wegliess,  wurde  der  Nebensatz  zu  einer  Art  Um- 
schreibung des  Infinitivs,  daher  DV  ohne  Artikel  und  das  iraperf.  (vglJes  51  2). 
Hiob  wünscht  also,  dass  sein  Geburtstag  aus  dem  .lahr  verschwinde  (v.  6). 
Er  denkt  sich  dabei  den  Tag  nicht  als  ein  neutrales  Zeitmass  von  24  Stunden, 
sondern  als  ein  lebendes  Wesen,  das  selbständig  Dinge  und  Menschen  hervor- 
bringt und,  wenn  es  alljährlich  wiederkehrt,  immer  dasselbe  Wesen  ist  (ähidich 
sind  Psl9  Tag  und  Nacht  belebte  Wesen,  die  sich  erzählen,  was  sie  erlebt 
haben).  Der  Streit,  ob  Hiob  den  Tag  der  wirklichen  Geburt  oder  den  alljähr- 
lichen Geburtstag  meine,  ist  gegenstandslos,  beide  sind  ein  und  dieselbe  Per- 
son. Die  Fortsetzung  beweist,  dass  der  Dichter  hauptsächlich  an  die  erste 
Hälfte  des  Tages,  nämlich  an  die  Nacht  denkt,  v.  :V'  wird  gewöhnlich  übersetzt: 
und  die  Nacht,  die  (oder:  wo  man)  sprach:  emjjfangen  ist  ein  Mänulein.  Das 
pual  rnh,  das  sonst  nicht  vorkommt  und  an  dem  nh  Jes  59  i:!  eine  sehr  schwache 
Stütze  hat,  soll  also  heissen:  conceptus  est,  aber  es  ist  nicht  einzusehen,  wie 
eine  Form  von  TT^T}.  das  auf  die  sichtbare  Schwangerschaft  geht,  zu  dieser  Be- 
deutung kommen  könnte:  möglich  wäre  nur  die  Übersetzung:  mit  einem  Manne 
ist  er  geschwängert  worden!  Dazu  jtasst  die  Erapfängnisnacht  nicht  in  einem 
Zusammenhang,  der  nur  vom  Geburtstage  redet  (s.  v.  7'');  man  scdlte  über- 
haupt dem  Dichter,  trotz  seiner  unleugbaren  Neigung  für  das  Überladene, 

Kurzer  HC  zum  AT  XVI  - 


Hi  3  3  18  Hi  3  5 

nicht  den  Verstoss  gegen  das  einfachste  ästhetische  Empfinden  zuschreiben, 
zwei  so  ganz  verschiedene  Objekte  mit  einander  zu  verbinden  und  noch  dazu 
die  Nacht  bald  als  Empfängnisnacht,  bald  als  Geburtsnacht  zu  behandeln. 
Wunderlich  ist  ferner  ISS,  das  poetische  Wort  für  den  erwachsenen  Mann. 
BuDDE  sagt  zwar:  zur  Not  kann  die  Nacht  auch  den  vir  adultus  sehen,  aber 
sie  soll  ja  sagen:  empfangen  ist  ein  vir  adultus!  DieLXX  übersetzt:  looo  apasv, 
das  ist  "ist  Hin  vgL  Jer20  i4  und  giebt  den  vernünftigen  Satz:  Und  die  Aaclil, 
die  sprach:  siehe  da  ein  Knäblein.  Unser  mn  könnte  von  einem  Abschreiber 
herrühren,  der  versehentlich  das  nachbiblische  ITiri,  siehe,  für  Hin  schrieb.  Die 
Nacht  V,  3''  ist  dem  Tage  v.  3''  nicht  entgegenzusetzen,  sondern  als  präcisere 
Angabe  der  Tageshälfte  zu  verstehen,  in  der  das  Kind  auf  die  Welt  kam.  Der 
dritte  Stiches  v.  4^:  jener  Tag  sei  Finsternis,  könnte  allerdings  zu  der  Annahme 
verführen,  dass  dennoch  zwischen  Tag  und  Nacht  unterschieden  und  dass  der 
Tag  zuerst  abgehandelt  werden  sollte;  aber  das  wäre  abscheulich  unpoetisch 
und  Hesse  v.  4'^  als  verdächtig  erscheinen,  wie  ihn  in  der  That  Bickell  streicht. 
Indessen  die  LXX  hat  gelesen:  Jene  Nacht  sei  Finsternis,  und  das  ist  jeden- 
falls das  Ursprüngliche,  da  man  wohl  die  Ersetzung  der  Nacht  durch  den  Tag 
begreifen  kann,  nicht  aber  das  Umgekehrte.  Beee  will  nun  auch  den  so  be- 
richtigten Stichos  als  Glosse  streichen,  aber  was  sollte  er  denn  glossieren? 
Es  mag  sein,  dass  seine  Ausstossung  den  Text  poetischer  macht,  aber  das  ist 
kein  genügender  Grund  für  die  Streichung.  Das  i<inn  dient  dazu,  die  Nacht 
als  die  Grösse  hervorzuheben,  von  der  im  Folgenden  eigentlich  immer  zunächst 
die  Rede  ist.  Nun  fehlt  der  parallele  Stichos,  aber  dafür  hat  v.  9  einen  zu  viel, 
und  es  scheint  mir  l)ei  dem  Zustande,  in  dem  der  Text  in  den  Handschriften 
und  in  den  alten  Übersetzungen  auftritt,  die  Annahme  nicht  allzu  gewagt,  dass 
V.  9''  ursprünglich  an  seinem  Ort  hinter  v.  4-'  vergessen,  dann  am  Rande  zwischen 
den  Kolumnen  nachgetragen  und  nacliher  in  die  verkehrte  Spalte  aufge- 
nommen sei.  Demnach  ergänzen  wir  die  drei  Stichen  von  v.  3  4="  durch  den 
Satz:  Sie  (die  Nacht)  ho/f'e  an f  Licht  und  es  knnnne  nicht!  Künftig  soll  diese 
Nacht  also  ohne  Mond-  und  Sternenlicht  sein.  4'"'  5'*'  bilden  den  zweiten 
Vierzeiler.  Zunächst  der  Stichos:  Nicht  frage  ilh-  nach  EloaJi  d rotten.  Das 
Suff,  von  in^"lT  bezieht  sich  grammatisch  auf  "^h^^T]  v.  4''  LXX,  meint  aber 
natürlich  dasselbe,  als  wenn  es  auf  den  Tag  ginge,  dessen  erste  Hälfte  die 
Nacht  ist.  Die  Tage  haben  sich  einzustellen,  wenn  die  Reihe  an  sie  kommt, 
und  Gott  achtet  darauf,  dass  sie  es  thun,  wie  er  nach  Jes  40  26  die  Sterne,  die 
ja  die  Tage  anführen,  bei  Namen  aufruft,  aber  dieser  Tag  mag  nur  ausbleiben, 
unaufgerufen  von  Gott!  ni^K  kommt  vielleicht  zuerst  im  B.  Hiob  vor  (s.  m. 
Comm.  zu  Jes  44  8)  und  ersetzt  hier  den  Eigennamen  Jahwe.  Dass  der  Dichtei 
letzteren  seinen  Edomitern  nicht  in  den  Mund  legen  will,  wie  es  das  Volksbuch 
thut,  ist  allein  schon  ein  Beweis,  dass  er  in  einer  späteren  Zeit  lebt,  der  der 
Gegensatz  zwischen  der  israelitischen  und  den  fremden  Religionen  gegenständ- 
lich geworden  war.  Er  wird  das  'altahn  im  Munde  von  Arabern  gehört  haben, 
lässt  aber  den  Artikel  weg,  um  eine  Art  von  nom.  propr.  daran  zu  haben;  einen 
wirklich  edomitischen  Gottesnamen  konnte  er  ja  nicht  gebrauchen,  da  seine 
Personen  doch  eben  wieder  nur  verkappte  Israeliten  sind.   Der  2.  Stichos:  l  nd 


Hi  3  5  19  Hi  3  7 

nirlil  crjjliiii'tc  i'iln'r  ihr  ein  Lic/iLsIrtilil.  rriHi  mir  liier  vgl.  "iHi  strahlen  Jes 
60  5.  Der  Lichtstrahl,  mit  dem  Mond  und  Sterne  den  neuen  Tag  begrüssen, 
würde  ihn  anerkennen,  aber  er  soll  gar  nicht  mehr  als  ein  rechter  Tag  gelten. 
Während  die  obere  Welt,  die  Welt  des  Lichtes  und  der  Ordnung,  ihn  ignoriert, 
soll,  sagt  das  zweite  Distichon  v.  5''',  die  chaotische  Macht  der  Finsternis  ihn 
an  sich  i'cissen.  A'.v  sollen  .s/r  finl'n.st'n,  als  ihr  Eigentum  reklamieren,  h'inslvi- 
iiis  1111(1  Dunkel  (I.  riiob^j,  denen  die  Welt  ursprünglich  angehört  hat  und  nur 
durch  den  Sieg  der  Mächte  des  Lichts  entrissen  ist.  Einige  alte  (ibersetzer 
fassen  bsj  =  ^J?2,  l)osudeln,  aber  sie  schwächen  durch  das  fremde  Bild  den  Ge- 
danken, dessen  halbmythische  Farbe  sie  nicht  erkannten  oder  nicht  mochten. 
Ks  lauere  sich  über  ihr  (leiri'ilk.  wie  ein  Drache  (vgl.  Cap.  2G  i3)  über  seinem 
liesitz;  das  Gewölk  sind  hier  nicht  „des  Himmels  Wolken",  in  denen  etwa  ein- 
mal die  Gottheit  erscheint,  sondern  das  aus  dem  Meer  aufsteigende  Dunkel 
s.  V.  8.  5'    6,  der  dritte  Vierzeiler,   dessen  erstes  Distichon  schwierig 

ist,  aber  doch  wohl  nicht  gestrichen  werden  darf.  LXX  übersetzt:  xaiapctÖEirj 
7j  Tjjiepa  xal  7)  vu;  sxsivTj,  verflucht  sei  der  Tag  und  jene  Nacht,  sie  hat  also 
in  ''T10  etwa  ein  niSO  zu  finden  geglaubt  und  sich  mit  der  ganzen  Wendung 
durch  Umschreibung  abgefunden.  Die  anderen  alten  Übersetzer  und  die 
Mas.  denken  an  eine  Form  von  *1"1D,  bitter  sein,  neuere  wollen  ^^03  von  IDi, 
Priester,  lesen,  wozu  der  Gen.  DV  kaum  passt.  Man  wird  doch  mit  Ewai.u  und 
den  meisten  neueren  ''Tl'??  aussprechen  und  dies  mit  dem  syrischen  103, 
schwarz  sein,  kombinieren  müssen  vgl.  das  parallele  ^DJ<  in  v.  6',  wenn  auch 
"IDD  in  diesem  Sinne  vielleicht  nur  noch  Thrö  lu  vorkommt.  Zu  denken  ist  an 
Mond-  und  Sonnenfinsternisse,  die  die  Welt  mit  dem  Verlust  des  himmlischen 
Lichtes  bedrohen.  Also:  Es  niik/e/i  sie  sduecben  (furtscheuchen  vgl.  18  ii) 
Tiij/esrerdinilielnnifeii.  In  v.  6 '  ist  if>'^7\r\  T&bT\,  das  in  der  ]jXX  dem  ö.  v.  an- 
geflickt ist,  lästig  und  überfüllt  den  Stichos;  es  scheint  eine  Rand-Korrektur 
zu  V.  7 '  zu  sein  und  bei  seiner  Einsetzung  in  den  Text  ein  //////  vor  dem  \'erbura 
verdrängt  zu  haben.  Demnach:  Inil  sie  fori  raffen  soll  tlivlite  Ditnlielheil,  sie 
entführen  in  ihr  unheimliches  Reich  {XHpb  gewöhnlich  beim  Entführen  einer 
Person  durch  eine  höhere  Macht  Gen  5  24;  II  Reg  2  lo;  Ps73  24;  49  16;  .ler 
1")  i:.;  Jes  53  8).  Im  2.  Distichon  v. «)'"  haben  die  Punctatoren  "in^.  als  juss.  von 
nnn,  sich  freuen,  behandelt,  worauf  dann  al)er  die  Präpos.  n«  oder  DJ?  folgen 
sollte;  besser  liest  man  mit  LXX  nn\  das  juss.  von  in;,  vgl.  Gen  49  g,  wozu 
auch  der  parallele  Stichos  rät:  yiclil  geselle  sie  sich  unter  die  Jahrestage, 
Ixonnne  nichl  in  die  7.ahl  der  Monde  —  eine  Folge  ihrer  Entführung  durch 
die  Finsternis,  die  keine  dahreund  Monate,  keine  Zahlen  und  keine  Ordnung 
kennt.  Das  vierte  Tetrastich  7  8  nennt  noch  einmal  die  Grösse,  der  alle 

Verwünschungen  gelten,  mit  dem  Namen  7&h,  obgleich  die  Verwünschenden 
v.  8  D1''"niK  heissen,  ein  deutliches  Zeichen,  dass  es  sich  überall  um  die  Nacht 
handelt,  auch  wenn  DV  steht.  Ein  Abschreiber  hat  die  AViederholung  durch 
Hin  lel)endiger  machen  wollen,  aber  der  Stichos  wird  dadurch  zu  lang.  Jene 
.\acht  sei  unfruchtbar  (eigentlich:  steinig),  yicht  komme  ein  Jubel  laut  in  sie, 
nändich  über  die  Geburt  eines  Kindes;  an  diesem  ünglückstage  werde  nie- 
UKind  mehr  geboren!    Tayesrerflucher  v.  8  sollen  sie  verfluchen,  Zauberer,  die 


Hi3  7  20  Hi3ii 

einen  Tag  durch  Beschwörung  zu  einem  Unglückstage  machen  können,  wie  sie 
ja  andererseits  auch  als  Tageswähler  die  Glückstage  herauszufinden  wissen,  — 
(Ue  da  bereit  sind,  mifzustören  den  Liwjatluin.  Auffälliger  Weise  fehlt  b  vor 
"i^V  (Inf-  Pik  von  IIJ?).  ]T\^^,  von  njb,  winden,  vgl.  iT^b,  Kranz,  die  gewundene 
(grosse  Schlange),  ist  hier  wohl  das  aus  dem  Meere  (vgl.  Ps  104  26)  d.  h.  der 
Unterwelt  aufsteigende  Ungeheuer  (LXX  xo  |j.£Ya  x^to;),  das  |''äP\,  der  grosse 
Drache  aus  dem  Abgrund,  der  als  Personifikation  der  lichtfeindlichen  Macht 
die  Welt  der  Götter  und  Menschen  mit  dem  Untergange  bedroht  s.  zu  Cap. 
7  12;  9  13;  26  12  13;  Jes  51  9.  Wenn  die  Zauberer  dies  Ungeheuer  aufstören, 
droht  über  den  Tag,  an  dem  es  geschieht,  das  tohu  wabohu  hereinzubrechen, 
das  Jeremia  Cap.  4  23ff.  so  prächtig  schildert:  ich  schaute  zum  Himmel,  dahin 
war  sein  Licht  u.  s.  w.  Wegen  dieser  Vorstellung  das  DI"'  v.  &^  in  Ü\,  Meer,  zu 
verwandeln,  ist  ein  Missgriff,  nicht  das  Meer  wird  verflucht,  sondern  sein 
Gegner,  das  Licht.  Der  letzte  Vierzeiler  9  10  kehrt  in  den  Eingang  zurück; 
das  erste  Distichon  V.  9^''  entspricht  dem  zweiten  des  ersten  Vierzeilers,  das 
zweite  v.  10  dem  ersten.  Die  Sterne  der  (Morgen-)  Dämmerung,  Venus  und 
Merkur,  sollen  finster  bleiben,  die  Nacht  soll  sich  nicht  iveiden  an  den 
Wimpern  der  Morgenröte  (nachgeahmt  Cap.  41 10),  die  also  ähnlich  wie  bei 
den  Ariern  und  Griechen  etwa  als  schöne  Jungfrau  vorgestellt  wird  (yw  ist 
allerdings  masc).  Für  nST  ist  wegen  *?«  mit  Bickell  und  Beek  i<T  zu  lesen. 
V.  9''  drängt  sich  störend  zwischen  die  Erwähnung  der  Morgensterne  und  der 
Morgenröte  und  ist  von  uns  nach  v. 4^  versetzt,  v.  10  schlägt  auf  v.  3  zurück: 
M'eil  sie  nicht  rerschloss  die  Thüren  meines  Mutterschosses  (""i^ä  für  ''ÖK  |l?3, 
was  nicht  mehr  in  den  Vers  ging)  Und  verbarg  (LXX:  entfernte,  T'P^)  das 
Elend  ror  meinen  Augen.  Diese  Begründung  deutet  den  Abschluss  dieses  Ab- 
schnittes an;  sie  ist  wirksam  durch  ihre  Kürze,  während  im  Übrigen  der  Ab- 
schnitt durch  seine  Länge  und  Kunst  dem  beabsichtigten  Eindruck  eher 
hinderlich  ist. 

11—19:  warum  bin  ich  nicht  gleich  nach  der  Geburt  gestorben?  Obgleich 
der  Ton  der  Rede  hier  ruhiger  ist,  als  im  ersten  Abschnitt,  so  schliesst  das 
Warum  doch  einen  schärferen  Gegensatz  zu  jener  ergebungsvollen  Resignation 
in  sich,  die  in  Cap.  1  21;  2  10  hervortrat.  Es  kündigt  an,  dass  der  Dichter  ein 
schweres  Problem  will  besprechen  lassen  und  zwar  von  Menschen,  die  von 
jener  himmlischen  Pragmatik  der  ersten  Cap.  nichts  wissen,  sondern  auf  ihr 
eigenes  Grübeln,  ihre  Erfahrungen  und,  wie  die  Freunde,  auf  überkommene 
Lehren  angewiesen  sind.  Es  verdient  Hervorhebung,  dass  Hiob  aus  sich  selbst 
gar  nicht  auf  den  Gedanken  kommt,  er  selber  könne  an  seinem  Leiden  schuld 
sein;  kein  Wort  von  Sünde  und  Schuld!  Obwohl  er  es  in  v.  11— 19  nicht  aus- 
drücklich sagt,  sucht  er  doch  Grund  und  Ursache  des  Übels  in  Gott  (die 
Parallelstelle  Cap.  10  is  19  zeigt  es  mit  ihrer  2.  pers.  etwas  deutlicher).  Leider 
ist  in  V.  11—19  nicht  alles  in  Ordnung.  Zunächst  metrisch:  es  sind  18  Stichen, 
also  zuviel  oder  zuwenig.  Aber  noch  weniger  sachlich:  v.l3  schliesstsich  schlecht 
an  V.  1 2  an,  v.  16  steht  ganz  isoliert  und  passt  besser  hinter  v.  1 1  (vgl.  Cap.  10  1 8  1 9), 
wohin  ilm  auch  Reiske  und  Beek  versetzen;  die  beiden  DB^  in  v.  17  sind  jetzt 
beziehungslos  und  wären  eher  berechtigt,  wenn  v.  17  auf  15  folgte.    Die  ein- 


Hi3ll ^^21  HiSu 

fiichste  Abhilfe  liegt  wohl  in  der  Hypothese,  die  Einsi't/uuf<des  neugedichteten 
oder  anderswoher  entlehnten  12.  v.  habe  den  Ausfall  von  v.  16,  der  ursprünglich 
hinter  v.  11  stand,  verschuldet;  später  am  ]{ande  nachgetragen,  geriet  v,  KJ,  in 
\ielleicht  etwas  alterierter  Form,  an  die  verkehrte  Stelle.  Den  ersten  Vier- 
zeiler würde  demnach  v.  II  10  bilden.  v.  11  lehnt  sich  an  .Ier20i8  an: 
Wnniin  .starb  ich  iiirhl  roiu  Miillcr.srho.ssi'  triu/?  Das  imp.  n^OK  ist  auffällig 
(vgl.  Cap.  10  18);  übel-  das  dag.  euphon.  in  «^  s.  G >s.-Kautzscii  i;2(>f. ;  onn© 
ist  wold  l)esser  als  das  üm3  der  TiXX.  In  v.  I  !'■  eiHirdinierte  Verben,  wo  wir 
subordinieren  würden:  linl  f('/sc//frt/ ,  uns  Mutlciloiln'  Ucrrorm'iiaiun'n? 
Seldiesseii  wir  jetzt  v.  Ki  an,  so  müssen  wir  wold  das  Warum  fortwirken  lassen: 
^AAv  ininnn  iiutr  irlt  iiithl  trio  eine  rcrst/Kiirtc  Frhhiclmrl,  Wii'  hinilcr,  tth' 
(hi.s  Luid  iiit/il  sahen?  wie  totgebonu'  KincUr.  Wer  v.  Iti  lieber  von  v.  11  un- 
abhängig macht  und  als  Wunsch  fasst,  wird  «^  vor  n\"llj  streichen  müssen,  wie 
es  auch  Cap.  K»  19  fehlt.  12  lialten  wii-  füi-  einen  jüngeren  Zusatz:  Vm  iras 
(yno  aus  yiX\\  nn,  was  gewnsst?  iidolge  welcher  Erwägung?  vgl.  xi  |ia6uiv) 
iKilinicH  muh  lüiirr  rnltßfiiCH  lud  troza  liiüsli\  dass  ich  sotf?  Gemeint  sind 
die  Kniec  des  FamilieiKtberhaupts  Gen  50  23  odei-  einer  anderen  Person  Gen 
;)(>3,  die  dadurch,  dass  sie  das  eben  geborene  Kind  auf  die  Kniee  nimmt,  sich 
verbindlich  macht,  es  als  ihr  Kind  aufzuziehen.  Die  Sitte  erinnert  an  die  Zeit, 
wo  der  Vater  das  Kind  für  die  Aussetzung  bestimmen  konnte,  indem  er  es 
nicht  auf  die  Arme  oder  Kniee  nahm  und  nicht  der  Mutter  oder  Amme  zum 
Säugen  übergab.  X'^w  Vers  ist  interessant  genug,  aber  er  passt  nicht  in  den 
Zusammenhang,  da  nach  ihm  iiieht  Gott,  an  den  das  W'aiuni  gerichtet  ist, 
sondern  die  Menschen  Ursailie  des  frühzeitigen  Todes  Hidbs  gewesen  wären. 
Den  zweiten  Vierzeilei-  bildet  \\\  14,  an  v.  11  und  1«)  si(  li  anseliliessend:  Doini 
ilaiin  (wenn  ieli  vcrseliairt  wäre  als  Fehlgeburt)  lät/c  ich  nntl  rasli'lr,  Sih//rp\ 
(/a  hälfe  ich  Hahe.  npj?  uml  TK  beziehen  sich  auf  die  in  v.  II  und  Iti  ange- 
nommenen Fälle;  A'w  Perfecta  entsj)reclien  dem  Indicativ,  den  unser  V(dks- 
deutsch  anwenden  würde,  wiiliicnd  unser  Buchdeutsch  den  Konjunktiv  ge- 
ltraucht, .letzt  folgen  einige  Ausfülirungen,  die  mehr  dramatischer  Sidimuck, 
als  zur  Saciie  notwendig  sind  v.  14:  Mif  (d.  h.  gleich)  Ixonhien  anil  Hälen  der 
Erde  wüitle  Midi»  ruhen.  Warum  su  holie  Persönlichkeiten  genannt  werden, 
nnn'ht  das  Pölzende  klai'.  In  v.  14''  wird  m^in  vcm  den  Alten  teils  niit  n  ge- 
lesen  und  demnach  mit  Schwerter  übei'setzt,  was  siindos  ist,  teils  mit  n  und 
tlurch  Trümmer  wiedergegeben,  was  auch  nii  ht  angeht.  Neuere  wollen  niiD"]« 
oder  ^1'?D^^,  Paläste  dafür  einsetzen,  aber  wozu  in  diesem  Zusammeidiang  eine 
Erwähnung  des  Palastbaues?  Soll  der  Vers  hier  überhaupt  eine  Stelle  finden, 
so  muss  im  zweiten  Stichos  von  der  Grabesruhe  die  Rede  sein:  man  kann  also 
nicht  umhin,  mit  F^WATiP  u.  a.  die  arabische  Bezeichnung  für  die  Pyramide, 
hiram  oder  ahram,  heranzuziehen  und  etwa  noch  eine  Alteration  des  Wortes 
durch  die  Abschreiber,  die  es  nicht  kannten,  anzunehmen.  Diiii-MAXX.s  Ein- 
wand, dass  man  damit  nur  zu  geheimen  Gemächern.  Heiligtümern  komme,  ist 
sonderbar,  da  doch  die  Araber  nur  ein  ägyptisches  Wort  bestm»»glich  werden 
nachgebildet  haben  und  es  für  sie  genügte,  wenn  die  Xachbildung  einiger- 
massen  zur  Sache  passte.  und  waren  denn  die  Pyramiden  keine  Heiligtümer? 


Hi  3  14 22  Hi3  21 

Demnach:  Die  da  Pyramiden  für  sich  bauten.  Die  Pyramiden  sind,  znmal  in 
der  späteren  Zeit,  wo  sie  niclit  mehr  benutzt  wurden,  ein  lebendiges  Bihl  der 
tiefsten  Grabesruhe.  Das  dritte  Tetrastich  v.  15  17  führt  zunächst  densel))en 
Gedanken  weiter  aus:  Oder  mit  Fürsten,  die  Gold  besitzen,  Die  ihre  (Grab-) 
Häuser  mit  Silber  füllten.  D''ns  wie  Jos  14  1 8.  Die  Juden  der  späteren  Zeit 
glaubten  bekanntlich,  dass  die  Künigsgräber  viele  Schätze  enthielten.  Dieser 
Glaube  knüpfte  sich  gewiss  am  liebsten  an  uralte,  auch  sonst  mit  Geheimnissen 
umgebene,  prächtige  Grabstätten;  je  älter  aber  das  Grab,  desto  sicherer  und 
tiefer  der  Schlaf  seines  Bewohners,  die  Schläfer  in  den  uralten  Pyramiden  und 
ähnlichen  Grabstätten  waren  weit  entrückt  von  der  Unnihe  dieses  Erdenlel)ens, 
über  die  Hiob  klagt;  ihnen  möchte  er  gleichen,  v.  17  Dort,  nämlich  in  den 
Gräbern,  von  denen  er  v.  15  die  vornehmsten  aufführte,  stehen  die  Fr  erler  ab 
roin  Toben,  \p  für  den  Infin.  vgl.  Jes  1 16,  Und  dort  ruhen  die  Krafter  schöpften. 
Beer  will  für  D''J?B^1,  schreiben  D^a^X?n,  weil  er  meint,  dass  v.  14  15  die  Grossen 
und  V.  17  18  die  Kleinen  einander  gegenübergestellt  werden,  aber  wozu  denn 
eine  solche  leere  Antithese?  und  soll  dann  v.  19^^  die  triviale  Zusammenfassung 
dazu  sein?  Die  Könige  u.  s.  w.  werden  nur  der  Pyramiden  wegen  erwähnt,  als 
Beispiele  ewiger  Grabesruhe.  Auch  ist  Q^C^J^h  ein  viel  zu  starkes  "Wort,  das 
innner  nur  auf  eine  vorübergehende  starke  Erschütterung  geht,  also  nicht  ge- 
eignet ist,  eine  Menschenklasse  zu  charakterisieren,  v.  17  sagt  vielmehr:  im 
Tode  müssen  ruhen  die  Lärramacher  auf  Erden  und  dürfen  sich  ausruhen  die 
Müden.  Die  Gottlosen  sind  die  Friedensstörer  im  Gegensatz  zu  den  Frommen, 
den  Stillen  im  Lande,  vgl.  besonders  Cap.  9  24;  Jes  14  5  sind  sie  die  Weltstürmer. 
Der  letzte  Vierzeiler  18  19  lässt  den  Gedanken,  dass  im  Gral)e  alles  böj;  auf- 
hört (vgL  Jer20i8),  in  einigen  Schlusssätzen  ausklingen.  Alle  Gefangenen, 
die  als  Kriegsgefangene,  Verurteilte,  Sklaven  zu  harter  Arbeit  angetrieben 
werden  und  vor  dem  Sklavenvogt  zittern,  sind  dort  in  Sicherheit  v.  18;  Klein 
und  Gross  .und  dort  eins  (nicht  bloss :  sind  dort,  denn  dass  alle  sterben  müssen, 
passt  nicht  in  den  Zusammenhang),  d.  h.  der  Grosse  sorgt  nicht  mehr  um  Auf- 
rechterhaltung seines  Glückes,  und  der  Kleine  fürchtet  sich  nicht  mehr  vor 
dem  Grossen.  Fnd  der  Knecht  ist  frei  von  seinem  Herrn.  Die  Teilnahme  für 
den  Knecht  zeigt  sich  auch  Cap.  31  isif.;  7  i  2.  Den  letzten  Vers  auszustossen 
(BiCKELL),  scheint  kein  Grund  vorzuliegen,  wenn  man  v.  l_4f.;  17 f.  bei- 
behält. 

20—26,  der  letzte  Abschnitt,  mit  nur  3  Vierzeilern,  während  der  erste  5, 
der  zweite  4  hat:  warum  müssen  ,die  Elenden,  muss  vor  allen  Dingen  Hiob, 
den  ein  hoffnungsloses  Geschick  betroffen  hat,  Aveiter  leben?  20  21  Warum 
(jiebt  er  dem  Elenden  Licht  Und  Leben  den  Seelenbetrübten?  "11«  ist  nach  dem 
parallelen  Stichos  das  Lebensliclit.  Bei  der  Vokalisierung  ]ri\  er  giebt,  wird 
angenommen,  dass  Hiob  aus  Scheu  Gott  nicht  nennt,  was  aber  eigentlich  nicht 
des  Dichters  Art  ist;  die  Lesung  der  Alten  ]ri;;,  wird  gegeben,  ist  gewiss  nicht 
schlechter.  Der  V»j;  und  die  a^Di  ''lO,  die  bitter  siiid  von  Seele,  bis  ins  Herz 
betrübt  oder,  wie  Avir  sagen,  todesbetrübt  sind,  werden  weiter  gesehildert  v.  21 : 
Die  da  harren  auf  den  Tod,  mid  er  kommt  nicht ,  Ind  nach  ihm  graben  tcie 
nach  Schätzen?  Nach  LXX  und  Pescli.  ist  D^ilötsö?  zu  lesen  statt  '00,  mehr 


Hi  3  21  23  Hi  3  24 

als  ujicli  Schätzen,  denn  diese  Todesbetrübten  ^Tiiben  überhaupt  nicht  nach 
kScliätzen.  Das  veib.  finit.  dient,  wie  so  oft,  zur  Aldösunj,'  des  Part.  (Gks.- 
Kautzsch  i<116x).  pOÖD,  woraus  ;^^alnmon  entstand,  Ix-dcutet  ei^'entlich 
den  Ort,  wo  man  etwas  verbirgt  (|0Ö).  dann  das  Verborgene.  22  'l'.i  setzt 

zunächst  den  ersten  Vierzeiler  fort:  denen,  die  sich  freuen  —  bis  zum  Jubel? 
Diese  Auffassung,  die  von  Hos  Ol  beeintlnsst  ist,  lässt  den  Stichos  ziemlich 
leer  erscheinen  und  macht  die  Stichen  ungleich.  Besser  Avird  hi  statt  b^^  ge- 
lesen (Bki:h);  der  Sinn  ist:  solche  Unglücklichen  freuen  sich  selbst  über  einen 
hlossen  Steinhaufen,  mit  dem  nmn  sie  zudecken  möchte,  wie  sonst  solche 
Leichen,  denen  man  kein  ordentliches  Grab  gönnt  (II  Sam  18  17;  Jos?  26), 
wenn  sie  nur  sterben  ktunden.  Ja,  sie  jauchzen,  wenn  sie  ein  (ordentlicjies) 
Grab  finden.  Der  Gedanke  an  Selbstmord  kommt  dem  Hiob  niciit,  ist  wohl 
auch  dem  Dichter  nicht  gekommen;  er  scheint  dem  Indogerinanen  näher  zu 
liegen  als  dem  Semiten,  v.  :^3  kehrt  nun  zu  Hiob  selbst  zurück:  /Jc//t  Mniinr, 
dessen  UV'//  vcrhorycn  isl  l  nd  nin  den  Kloah  i'hu'ii  Zaun  (fcioycn  hnl?  Hiob 
hat  den  Weg  unter  den  Füssen  verloren,  sagt  der  erste  Stichos;  er  weiss  nicht 
mehr  woaus  und  woein,  ist,  fährt  v.  23''  fort,  wie  ein  eingefangenes  Tier  in  ein 
Gehege  eingeschlossen.  Was  das  heisst,  lehrt  Ca^).  i9  60".,  wo  v.  8  unserer 
Stelle  genau  entspricht:  er  hat  seine  Freiheit,  sein  Recht,  seine  Ehre,  seine 
Hoffnung  verloien.  In  der  antiken  Religion  haben  nur  die  Freien,  nicht  die 
Sklaven  und  Unnuindigen,  ein  direktes  Verhältnis  zur  Gottheit,  Hiol)  aber 
fühlt  sicli  entmündigt,  ohne  zu  wissen  warum?  Ahnlich  wie  l)ei  Hosea  Jahwes 
AVeib  Israel,  das  nach  Cap.  3  der  Religion  und  des  staatlichen  Daseins  be- 
laubt werden  soll,  Cap.  2  s  mit  Einhegung  bedroht  wird,  ist  Hiob  aus  seiner 
\'erbindung  mit  Gott  herausgerissen.  Die  Stelle  zeigt  recht  deutlich,  dass  die 
alte  Religion  sich  mit  dem  Unglück  nicht  i-echt  abzuünden  weiss.  Wie  kann 
das  rnglück  sii-h  mit  voller  wirklicher  Religion  vertragen,  wenn  es  dem 
Menschen  die  freie  Bestimmung  über  sich  selber  und  die  Ehre  ninnnt,  ohne 
die  nnin  nicht  würdig  ist,  mit  Gott  zu  verkehrin?  Ganz  korrekt  wird  diese 
h'iage,  für  die  das  NT  eine  getroste  L()sung  hat,  zunächst  als  ein  schweres 
Ivätsel  behandelt,  ^^^'nn  Gott  den  Menschen  so  furchtbar  unglücklicii  macht, 
warum  lässt  er  ihn  leben?  Hiob  steht  vor  di-r  Hand  noch  ganz  auf  dem  Boden 
der  diesseitigen  Religion;  ihr  Schwerpunkt  ist  noch  nicht  in  eine  geistige  Welt 
verh-gt,  deren  Bürger  wissen,  dass  keine  Trübsal  und  Angst  sie  von  der  Liebe 
Gottes  scheidet  RömSüöft".  Aber  Hiob  wird  im  Folgenden  nach  der  Liebe 
Gottes  suchen,  das  ahnen  wir  schon  jetzt.  Ob  TjD'^i,  Hiph.  von  "^DD,  wofür  Hos  2  s 
und  Hi  1  10  '^^  hat,  auf  letzten-  Stelle  anspielt,  bleibe  dahingestellt.  Von 

der  Trül)sal  redet  v.  23,  der  letzte  Vierzeiler  24—26  redet  von  der  Angst. 
V.  24  und  25,  beide  mit  "»S  beginnend,  sind  Nebenbuhler;  widirend  nun  2öt'.  sich 
aufs  Beste  an  v.  23  anschliessen,  stört  v.  24  den  strengen  Zusainmenliang  und 
hat  auch  sonst  manches  Befremdende.  Wörtlich:  denn  vor  meinem  Brote 
kommt  mein  Stöhnen,  und  es  ergiesst  sich  wie  Wasser  mein  Gebrüll.  Vor  dem 
Essen,  jedesmal,  wenn  er  essen  will?  wozu  dieser  spezielle  Zug?  Vielleicht 
steht  ^is"?  nach  v.  24''  im  Sinne  von  3,  obwohl  man  dafür  nur  1  Saiu  1  16  mit 
einigem  Schein  geltend  machen  kann  und  auch  dann  noch  der  Parallelismus 


Hi  3  24-26  24  Hi  4  2 

lahmt,  da  ausgeschüttetes  Wasser  eigentlich  nicht  an  Trinkwasser  denken 
lässt.  Der  Satz:  mein  Stöhnen  und  Brüllen  ist  mir  zur  täglichen  Speise  gewor- 
den, also  eine  Schilderung  grosser  körperlicher  Schmerzen,  kontrastiert  mit 
der  Hervorhebung  der  viel  mehr  geistigen  Unruhe  und  Qual,  von  der  v.  23  25 
26  sprechen,  und  ob  sein  Urheber  ein  Aussätziger  ist,  das  muss  man  wegen 
''riiSB'  doch  bezweifeln.  Ausserdem  hat  mindestens  der  erste  Stichos  vier  statt 
drei  Hebungen.  Wir  halten  daher  v.  24  für  ein  ßandcitat  zu  v.  25  f.  Für  IDH"; 
sollte  das  fem.  stehen,  v.  25 f.  begründen  v.  23:  Hiob  weiss  nicht  aus  noch  ein: 
Denn  ein  Beben  bebe  ich,  so  triffst  es  mich,  Und  wovor  mir  graut,  das  kommt 
mir.  Die  Perfekte  sind  Aoriste,  die  aussagen,  nicht  was  einmal  geschehen  ist, 
sondern  was  immerzu  geschieht vgl.GES.-KAUTZSCH  §106k ;  diesebeständigeAngst 
ist  charakteristisch  für  Hiobs  verstörten  Geist.  Zu  "'3!iri«*l  mit  festgehaltenem 
""  s.  Ges.-Kautzsch  §  75  A  I,  4;  der  acc.  ist  eigentlich  ein  acc.  loci.  Auch  in 
V.  26  sind  die  Perfekte  Aoriste:  Nicht  hab'  ich  Frieden  und  nicht  Rast  Und  nicht 
Ruhe,  so  kommt  Ungesti'nn.  Das  Ungestüm,  mit  dem  Gott  Hiob  immer  aufs 
Neue  heimsucht,  wird  oft,  besonders  Cap.  7iff.,  weiter  geschildert,  vgl.  Cap. 
9  17  f.:  er  lässt  mir  nicht  zu,  Atem  zu  schöpfen,  Cap.  16  i2ff.  «*?  wie  Jes  40  24 
für  unser:  kaum  (habe  ich  einen  Augenblick  Frieden,  so  kommt  neue  Unruhe). 
Die  unaufhörlichen  Angriffe  machen  Hiob  verwirrt  und  zwingen  ihn  zu  fragen: 
warum  lässt  Gott  mich  denn  noch  leben,  würde  man  bei  einem  solchen  Un- 
glück nicht  besser  gleich  sterben?  Wozu  das  Unglück?  fragt  der  Dichter. 
Jetzt  lässt  er  uns  hören,  was  die  Theologie  seiner  Zeit  darüber  zu  sagen 
weiss. 

Cap.  4—14.    Erstes  Streitgespräch. 

Cap.  4.  5.     Rede  des  Eliphas. 

Eliphas  spricht  zuerst,  weil  er  der  älteste  ist,  älter  als  Hiobs  Vater  s.  15  9.  Obwohl 
der  Dichter  die  Charaktere  und  Lehren  der  drei  Fi-eunde  nicht  so  scharf  auseinander  hält, 
wie  man  dies  von  einem  modernen  Dichter  verlangen  würde,  so  sind  sie  doch  nach  Tem- 
perament, Anschauungsweise  und  Bew^eisführung  und  sogar  in  ihrer  Redeweise  von  ein- 
ander verschieden.  Eliphas  tritt  besonders  würdig  und  mit  einem  gewissen  Selbstbewusst- 
sein  auf,  er  kann  sich  auf  eigene  Offenbarungen  stützen,  behandelt  übrigens  den  Hiob  sehr 
milde.  Sein  Stichwort  ist  die  njf?"!''.,  die  Gottesfurcht,  und  seine  Auffassung  von  ihr  sehr 
ähnlich  derjenigen  des  Volksbuches.  Der  Gegensatz,  in  dem  er  und  seine  Genossen  zu 
Hiob  stehen,  lässt  sich  kurz  so  ausdrücken,  dass  die  Freunde  die  Ursache  des  Unglücks 
im  Menschen  finden,  dass  hingegen  Hiob  sie,  wenigstens  für  seinen  Fall,  in  Gott  finden 
will.  Für  die  Freunde,  denen  damit  der  Dichter  die  Anschauungen  des  Volkes  und  der 
zeitgenössischen  Theologen  in  den  Mund  legt,  kommt  als  Ursache  natürlich  nur  die  Sünd- 
haftigkeit des  Menschen  in  Betracht,  die  Gott  durch  das  Unglück  je  nachdem  pädagogisch 
beseitigen  oder  richterlich  bestrafen  will.  Anfangs  gehen  die  Freunde  von  der  Annahme 
aus,  dass  Hiob  kein  eigentlicher  Sünder  ist,  also  sich  läutern  lassen  und  nach  demütiger 
Hinwendung  zu  Gott  herrlich  wieder  erhoben  werden  kann. 

4  3-11:  wie  kann  Hiob  so  verzweifelt  sein,  da  er  doch  fromm  ist?  Die 
beiden  ersten  Vierzeiler  v.  2  f.  und  v.  4  f.  tadeln  in  schonender  Weise  Hiobs 
Mutlosigkeit  und  sind  eng  verkettet.  2  3  Erheben  trir  die  Rede  an  dich, 
der  du  mullos  bist?  HDi  von  HDi,  versuchen,  giebt  weder  als  Niph.  noch  als 
Pi.  einen  Sinn;  wir  haben  hier  dieselbe  incorrecte  Orthographie  für  «^i  (1  p. 


Hi  4  2  25  Hi  4  6 

plur.  impf.Qal)  wie  Ps4  7;  zu  l^l  ^'^^  ^n^-  Cap.^T  i.  ntjs'pn  luuss  nacli  v.  ö  und  Cap. 
1 6  7  gedeutet  werden,  wo  es  mit  den  BegriÜ'en  bestürzt  und  verwüstet,  entsetzt 
sein  in  Parallele  steht;  in  der  Tliat  bedeutet  das  Verbuin  aucli  sonst  überall 
ermüden,  mutlos  von  etwas  abstehen.  Hij'pn  ist  also  ein  abgekürzter  Relativ- 
satz (mit  weggelassenem  IB'N),  und  mau  hat  keinen  Grund,  eine  der  vorgeschla- 
genen künstlichen  Konstruktionen  anzunehmen,  z.  B.  die  Fragepartikel  mit 
diesem  Wort  zu  verbinden  und  das  HDl  mit  dem  sie  verbunden  ist,  von  ihr  ali- 
zutrennen  und  als  Zwischensatz  zu  fassen.  Eliphas  fragt,  ob  man  einen  so  ganz 
Verzweifelten  anreden  soll,  und  der  Dichter  mag  bei  dieser  Einleitung  an  die 
Erzählung  Cap.  2  i;;  zurückgedacht  haben,  wo  die  Freunde  sieben  Tage  nicht 
sprechen  mögen,  weil  das  Leid  zu  gross  war.  Af>rr  <iiriirlilnillfii  inil  Worlfii, 
trcr  rcrimtji'.s?  1SJJ  mit  2  auch  Cap.  12  15;  29  y.  l^^D  mit  aiaiiiiiischcr  Tlural- 
emhuig  (Gi;s.-Kai  r/,s(ii  ij  87  o)  13  mal  im  B.Hiub  (□''^p  nur  lU  mal).  Früher, 
sagt  V.  3,  hat  Hiob  viele  •zti/C( ///i/ffr/cst'//,  wenn  im  linglück  ihre  Gottesfurcht 
wankend  wurde,  und  .schhifl'c,  mutlos  sinkende  Hände  gestärkt.  Ahidich  der 
zweite  A'ierzeiler  4  5,  wo  v.  4  den  3.  v.  fortsetzt,  v.  5  zu  v.  2  zurückkehrt.  V.  3f. 
nachgeahmt  in  des  85 :i.  l^ö^p"*,  mit  dem  feierlichen  archaistiscdien  ],  das  impf., 
weil  es  immer  geschah  Gks.-Kaut/.scji  §  107  e-  Hiob  wird  hier  nicht  als  vor- 
nehmer Emir,  sondern  als  erfahrener  Weiser  gedacht;  seine  hier  gemeinte 
"Wirksamkeit  entsprach  derjenigen,  die  Eliphas  selber  Cap.  4  5  entfaltet,  v.  5: 
Weil  CS  (das  fem.  S12ri  im  neutrischen  Sinnj^V'/;/  nn  dirli  Innnnil.  bist  du  nuit- 
los  und  bestürzt.  Eliphas  meint,  dass  Hiobs  Klage  Cap.  3  aus  einem  Nach- 
lassen seiner  Standhaftigkeit  entsprungen  und  seine  Gottesfurcht  ins  Wanken 
geraten  sei.  Von  seiner  Auflassung  der  Religion  aus  hat  er  nicht  Unrecht : 
die  Resignation,  die  er  fordert  und  die  der  Hiob  des  ^'olksbuchs  bewährte 
(1  2i;  2  10),  lässt  sich  mit  dem  verzweifelten  Warum  in  Cap.  3  nicht  vereinigen. 
Aber  Hiob  ist  nicht  etwa  in  Gefahr,  von  Gott  abzufallen,  sondern  in  der  Be- 
fürchtung, dass  Gottes  Liebe  ihn  aufgegeben  habe.  Ehplias  begreift  nicht,  dass 
für  Hiob  ein  ganz  neues  Problem  entstanden  ist  (s.  zu  Cap.  3  'i:>)-  s"?!?!  ist  nicht 
3.  p.  fem.,  sondern  2.  niasc;  wie  man  das  Wort  mit:  wirst  du  verdriesslich,  über- 
setzen kann,  verstehe  ich  nicht,  y^i  mit  Ij;  anschaulich:  es  rührt  jetzt  ganz  bis 
zu  dir,  der  sonst  vor  allem  Unglück  gefeit  schien.  Der  3.  Vierzeiler  6  7  bringt 
zuerst  den  Hauptgedanken  und  nächstliegenden  Trost,  der  nach  des  Redners 
Meinung  dem  Hiob  geläufig  und  längst  eingefallen  sein  sollte,  v.  6:  Ist  uhhl 
(Iciiif  (Gottes-)  Fnnhl  dein  Vertrauen  lud  die  Fri'niniiiiikeU  deiner  W  ei/e 
deine  //o/f'nnn//':'  ^nipn  muss  an  den  Schluss  des  Verses  kommen,  da  man  sonst 
mit  dem  ]  vor  Dh  nichts  anfangen  kann:  die  jetzige  Satzbildung  wäre  nur  mög- 
lich, wenn  T  Dm  l'rädikat  und  "I  das  1  der  Apodosis  wäre.  Das  A\'ort  nST,  ab- 
gekürzt für  D^n^K  nfefiT.  ist  für  den  Sprachgebrauch  des  Elii)has  charakteristisch 
vgl.  Cap.  15  4;  22  4;  es  ist  schon  ein  technisches  Wort,  etwa  wie  unser  /{e/if/ion, 
mit  dem  man  es  gut  wiedergeben  könnte,  und  entspricht  mit  üh  zusammen  den 
Prädikaten  in  v.  1  i.  Die  Hauptsache  ist  in  dieser  Helijfinn  das  Verhalten  des 
Menschen.  Inder  alten  und  der  prophetischen  Religion  hat  Gott  die  Initiative 
und  bestimmende  Führung  und  ist  seinThun  die  Hauptsache,  in  der  Laien- 
religion der  späteren  Zeit  hält  man  ähnlich  wie  im  heutigen  Christentum  die 


Hi46  26  Hi4l0 

Offenbaning  und  das  grundlegende  Tliun  Gotte%  für  abgeschlossen  und  sieht 
als  Religion  an  die  Aneignung  der  Offenbarung  im  Gemüt  und  Willen,  sowie 
die  Befolgung  der  irgendwie  (mündlich,  durch  Institutionen,  durch  heil.  Schrift) 
überlieferten  göttlichen  Lebensvorschriften.  Wer  sich  diesen  unterwirft,  der 
hat  Furcht  Gottes,  wer  sie  ausführt,  dessen  Wege,  dessen  Lebenswandel  ist  Dr\, 
korrekt.  Gottes  Tlmn  beschränkt  sich  dann  wesentlich  darauf,  dass  er  auf  das 
Verhalten  der  Menschen,  das  nun  das  Bestimmende  in  der  Religion  geworden 
ist,  in  entsprechender  Weise  reagirt,  allerdings  nicht  blos  mit  Belohnungen 
und  Bestrafungen,  sondern  auch  mit  weltväterlich  pädagogischen  Massregeln, 
durch  die  er  die  Menschen  im  rechten  Wandel  zu  erhalten  oder  dazu  zurück- 
zuführen sucht.  Sein  Wesen  und  Charakter  steht  also  ein  für  alle  mal  dogma- 
tisch fest:  er  ist  gerecht;  daraus  folgt,  dass  der  Fromme  die  Zuversicht  haben 
kann,  dass  es  ihm  gut  gehen  niuss,  und  dass  er  im  Unglück  ein  Recht,  ja  die 
Pflicht  hat  zu  hoffen.  Hiob  dagegen  bedarf,  das  hat  Eliphas  nicht  verstanden, 
einer  neuen  Offenbarung  Gottes;  ihm  steht  sein  eigener  Charakter  fest,  dagegen 
das  Wesen  Gottes  ist  ihm  dunkel  geworden.  Elii)has  glaubt  v.  7  die  Erfahrung 
für  sich  anrufen  zu  dürfen:  Besinne  dich  doch,  wer  ist  der  Reine,  der  unifje- 
kontmen  ist,  der,  wenn  er  wirklich  unschuldig  Avar,  völlig  zu  Grunde  gegangen 
wäre?  zeitweilig  kann  er  ja  gelitten  haben.  Ganz  arglos  hält  er  das  ohne  Wei- 
teres für  einen  unbestreitbaren  Erfahrungssatz,  was  nur  eine  Konsequenz  seiner 
Anschauung  ist ;  er  hat  die  völlig  Untergegangenen  einfach  immer  für  schuldig 
angesehen,  behielt  also  immer  Recht  (vgl.  Act  28  4).  Hiob  bestreitet  diesen 
optimistischen  Satz,  den  die  Freunde  der  Erfahrung  zu  entlehnen  glauben,  in 
Wahrheit  aber  ihr  aufoctroieren,  später  ganz  energisch  als  der  Erfahrung  zu- 
widerlaufend. Die  beiden  folgenden  Vierzeiler  v.  8  9  und  v.  10  11  sind  so 
holprig  gebaut  und  der  Inhalt  entspricht  so  wenig  dem  Aufwand  an  pathetischen 
AVorten,  dass  man  sie  gern  missen  möchte;  Merx  und  Siegfried  streichen  v. 
10  11.  8  9  Wie  ich  gesehen  habe:  die  Unheil  pflügen  Und  Mühsal  säen, 
ernten  es,  ein  ganz  unsymmetrisches  Distichon  mit  einem  prosaischen  Eingang. 
BiCKELL  will  "la^N?  in  D1^K3,  in  Schuld,  gestraft,  verwandeln,  doch  ist  dieser  Aus- 
druck keine  gute  Parallele  zu  dem  Bilde:  ernten,  auch  für  den  Zusammenhang 
zu  schwach,  DtS^^n  ist  für  Eliphas  auch  Hiob,  obwohl  keiner,  der  Unheil  sät  und 
erntet.  Für  die  1.  pers.  in  ''ri"'KT  sollte  man  nach  v.  7  eher  die  zweite  erwartet 
haben:  du  selbst  hast  es  gesehen.  Das  Bild  v.  8  findet  sich  auch  Hos  9  7;  10  13; 
Prv  22  8  vgl.  noch  Hiob  15  35,  woher,  Avenn  dies  Tetrastich  unecht  ist,  ]1«  und 
^DJ^  stammen  werden,  v.  9  sagt,  dass  Gottes  Zorneshauch  solche  Bösewichter 
vertilge,  wie  etwa  der  Samum  die  Ernte.  Was  diese  Sätze  im  Zusammenhang 
sagen  Avollen,  ist  unklar.  Sollen  sie  eine  Lehre,  ein  Trost  oder  eine  Warnung 
für  Hiob  sein?  Sollen  sie  vielleicht  spitzfindigerweise  Hiob  damit  trösten,  dass 
die  richtigen  Gottlosen  einen  plötzlichen  gewaltsamen  Tod  haben,  Hiob  sich 
also  von  diesen  unserscheide?  Der  andere  Vierzeiler  10  11  charakterisiert  die 
Bösewichter  durch  das  Bild  vom  Löwen  als  gewaltthätige  Menschen,  was  dann 
einen  sehr  deutlichen  Gegensatz  zu  dem  frommen  Hiob  und  eine  billige 
Tröstung  ergiebt.  Das  Bild  scheint  dem  Vf.  sehr  grossartig  vorgekommen  zu 
sein,  daher  sein  emphatischer  Stil,  der  v.  10%  statt  in  Verben  zu  sprechen, 


Hi  4  10  27  Hi  4  13 

wuchtige  Substantive  sclileiulert:  l)<i.s  (Irhriill  des  iJnrcn  und  der  Hoiiiicr  des 
Hrüllciis  —  Da  sind  die  Ziihnt'  iIcs  Jimiflöiren  ausjit'hrochi'ii,  für:  el)eii  brüllt«.- 
noch  der  Löwe,  da  u.  s.  \v,  (yni  ist  aramäisch  füi"  hehr.  yT\^).  Drri  Wiirter  l'ür 
Loire,  aber  der  Vf.  weiss  noch  mehr,  die  licicbn  übrigen  koiiinicn  also  norh  in 
V.  11:  Der  Leu  lionnnl  nni  aii.s  Mnniicl  an  Hciilc.  f  nd  dir  .litniim  der  l.iurin 
•zr/:sfrt't/t'/t  siili.  iMidcdiiiiiU'n  aus  Mangel  an  Jit-ute  —  das  })asst  prächtig  /um 
Zusammenhang!  Biddk  nennt  diesen  beziehungslosen  hohlen  Schwulst  eine 
behagliche  Durchführung  des  Lieblingsthemas;  wenn  das  „Thema"  imr  am  Ort 
wäre!  Da  die  Leser  von  der  Sitte,  ihren  liüchern  eigene  oder  entlehnte  Zu- 
sätze hinzuzufügen,  gerade  im  H.  Hiob  leichlichen  Gebrauch  gi-macht  haben, 
so  darf  man  unseren  Dichter  von  v,  b  11  getrost  entlasten.  Jn  dem  sehr  in- 
teressanten Abselmitt 

12  21  teilt  nun  Elii)has  eine  ihm  gewordene  üll'eidjarung  mit  und  will 
darin  Hiob  eine  Lehre  geben,  die  dieser  noch  nicht  kennt  oder  nicht  genügend 
l)eachtet  hat,  dass  nfunlich  der]\[eusch  vor  Gott  nicht  rein  ist  und  also  sicji  in 
Weisheit  der  Behandlung,  die  Gott  beliebt,  unterwerfen  sollte.  Die  ersten  drei 
Vierzeiler  v.  12—16  berichten  von  einem  visionären  Traum,  den  er,  der  lioch- 
betagte  Greis,  als  soh-her  der  jenseitigen  Welt  näher  stehend,  einst  gehabt 
hat.  Gewiss  hat  der  Dichter  diesen  Zug  nicht  aus  der  Luft  gegriffen,  es  muss 
zu  seiner  Zeit  noch  Leute  gegeben  haben,  die  sich  zur  Hekiilftigung  ihrer  An- 
sichten auf  selbsterlebtc  OfTenbarungen  beriefen,  und  in  nachexilischen 
Schriften  ist  öfter  davon  die  Rede  (z.  B.  Neh  G  luH'. ;  Sach  1 :{  2fl".)  12  13  Un'r 
%n  mir  slahl  .sich  ein  Wort,  lUd  es  rniiifnuj  nirin  Ohr  ein  Fliislcrn  nm  ihm 
her.  '13'n  ist  hiei-,  wie  oft  bei  den  Si)äteren  das  Hin^  "li"!  (z.  B.  IKeg  13  i  j  17; 
20  35),  mehr  als  unser  blosses  Wort,  es  ist  die  Oti'enbarung  mit  ihrem  Apparat, 
dem  höheren  insj)icierenden  Wesen,  daher  das  ^niO|'I2t'  (zu^rtißs.GKs.-KAirzsi  ii 
§103  j''),  ein  Flüstern,  geisterhafte  Laute  von  dem  redenden  Geist  her.  Wie 
ein  Dieb  in  der  Nacht  stahl  es  sieh  zu  Eliphas,  heimlich,  unerwartet:  eine 
])rächtige  Beschreibung,  charakteristisch  für  unseren  Dichter,  der  sich  «lie  Ge- 
legenheit zu  Schilderungen  nicht  gern  entgehen  lässt.  v.  13  Ijeschreibt  im  An- 
schluss  daran  den  Zustand  des  Sehers,  jedoch  mit  einer  Andeutung.  da.ss 
Eli])has  etwas  erlebt  hat,  was  auch  sonst  \orkommt.  dass  es  also  keine  subjek- 
tive Illusi(jn  war:  ///  Cedanhen  [U'^V!^  vgl.  Caj).  2üJ  und  C^syitr  Ps  94  18  Ge- 
danken und  Vorstellungen,  die  durch  stärkere  Eindrücke  oder  Empfindiuigen 
erregt  sind)  aas  .\aehliiesiehlen\  die  Visi(u»  erzeugt  die  Ekstase,  in  der  sich 
die  Gedanken  und  A^orstellungsbilder  schneller  und  stärker  hervordrängen 
(LXX  weniger  gut  nn  statt  nO).  Wenn  Tiefsrhlaf  aaf  Menschen  fiilll.  Vd» 
setzt  das  ]p  auf  andere  W^ise  fort:  in  Folge  eines  Tiefschlafs,  der  <X\v  Menschen 
ziu*  Aufnahme  der  Vision  fähig  macht.  Falsch  Buddk:  als  Tiefschlaf  auf  den 
Menschen  lag.  n»"1"iri  immer  mit  "jDi,  Jes  29  in  mit  ^i  verbunden,  ist  die  von 
Gott  (nach  der  witzigen  Stelle  Prv  l!>  i5  auch  von  der  Faulheit)  hervorgerufene 
Hypnose,  die  den  Menschen  für  äussere  Eindrücke  und  Eingriffe  (Gen  2  2i; 
ISani  26 12)  unempfindlich,  oft  aber  für  innere  Beeinflussung  erst  recht 
emi)fänglich  macht;  sie  spielt  in  allen  Religionen  (und  in  der  Mantik)  eine 
grosse  Rolle  und  wird  darum  von  Eliphas  als  bekannt  vorausgesetzt  und  ge- 


Hl  4 13  28  Hi4i8 

wissermassen  zur  Beglaubigung  seiner  Offenbarung  verwandt.  Das  zweite 
Tetrastich  14  15  beschreibt  zunächst  die  Wirkung  des  Vorfalls  auf  den  Seher. 
Beben  und  Zittern  trifft  ihn  (^iN^Jp  statt  des  zu  erwartenden  ''i'lj?  von  rrij?)  und 
lässt  beben  die  Menge  (21  poetisch  anschaulich  für  b'Z,  alle)  seiner  Gebeine, 
erschüttert  ihn  durch  und  durch.  Wie  das  mit  dem  Tiefschlaf  sich  vereinigen 
lässt,  weiss  ich  nicht;  in  Gen  15  12  ist  der  Schrecken  keine  Folge  des  Schlafes, 
sondern  ein  Omen.  v.  15  giebt  nun  die  Ursache  der  Erscliütterung  an:  Ein 
Geist  geht  an  mir  rn?i'tlter.  TyV\  ist,  weil  masc,  nicht  der  Wind,  sondern  ein 
Geist  vgl.  IReg  22  21;  ein  Wind  würde  auch  nicht  zu  dieser  Erscheinung 
passen,  noch  weniger  ein  Sturmwind,  wie  Merx  in  v.  15''  mj?^  verstehen  will, 
das  vielmehr  mit  LXX  als  Haar  aufzufassen  ist:  Es  sträubte  sich  das  Haar 
meines  Leibes,  es  ging  ihm  ein  Schauer  über  den  ganzen  Leib.  Das  Pi.  ^ÖD^ 
ist  blosse  Verstärkung  des  Ps  119  120  gebrauchten  Qal.  Der  dritte  Vierzeiler 
16  beschreibt  die  Erscheinung  näher,  ist  aber  im  ersten  Stichos  verkürzt:  Es 
steht  ....  Ist  diese  Verkürzung  unabsichtlich,  eine  blosse  Textcorruption, 
oder  absichtlich,  ein  vom  Dichter  gewähltes  Mittel,  um  das  Unheimliche  zu  er- 
höhen? Das  Letztere  wäre  ungewöhnlich,  aber  am  Ende  doch  in  einer  nicht 
für  den  Gesang  bestimmten  Dichtung  ebenso  gut  möglich,  wie  in  einem  Shake- 
speareschen  Monolog.  Jedenfalls  hat  man  nicht  das  Bedürfnis,  etwas  hinzuzu- 
setzen, noch  weniger  das,  den  folgenden  Text  zu  ändern:  Und  nicht  erkenne 
ich  sein  Aussehen:  Ein  Gehild  ist  rar  meinen  Auijen,  Eine  hauchende  Stimme 
höre  ich.  Die  LXX,  der  es  nicht  einleuchten  will,  dass  ein  Geist  sichtbar  sei, 
künstelt  folgende  Übersetzung  heraus:  ich  sah  (n!S"l«),  und  es  war  kein  Gebild 
vor  meinen  Augen  (^ii  i^b  aus  l^iV),  wozu  wird  da  das  Sehen  erwähnt  und  Avas 
bedeutet:  ich  erkannte  es  nicht?  Eliphas  sieht  die  Erscheinung  etwa  so,  wie 
Hesekiel  die  Gottheit  (1  26):  er  sieht  etwas  wie  eine  Gestalt,  aber  er  sieht  es 
nicht  deutlich,  ^"ipl  nöO"!,  Hauchen  und  Stimme,  ist  eine  Art  Hendiadyoin, 
eine  geisterhaft  hauchende  Stimme.  Der  Geist,  einer  feineren  Materie  ange- 
hörend, kann  sich  den  gröberen  Sinnen,  dem  Auge  und  Ohr  des  Menschen  nur 
mit  Mühe  anpassen.  Die  folgenden  drei  Vierzeiler  geben  nun  die  Offen- 
barung, die  dem  Hiob  eine  Lehre  sein  soll.  17  18  Ist  ein  Mensch  gerecht 
vor  Gott,  vor  seinem  Schöpfer?  Wegen  des  Ausdrucks  sein  Schöpfer  könnte 
man  geneigt  sein,  )p komparativisch  zufassen:  gerechter  als  der,  der  ihn  schuf, 
und  vielleicht  ist  es  vom  Vf.  der  Elihureden  so  verstanden  Cap.  32  2.  Aber  Eli- 
phas hatte  keinen  Grund  anzunehmen,  dass  Hiol)  sich  für  gerechter  halte  als 
Gott,  und  V.  18,  wo  vom  Urteil  Gottes  über  die  Engel  die  Rede  ist,  spricht 
für  die  Fassung:  von  Eloah,  d.  h.  seinem  Urteil,  aus;  ^T!p)}  motiviert  nur,  dass 
Gott  sein  Geschöpf  genau  kennt,  v.  18:  Siehe,  in  seine  Diener  setzt  er  kein 
(unbedingtes)  Vertrauen  Und  seinen  Engeln  legt  er  Irrtum  bei  (nSlfl  Stt.  Xe^.)  ; 
auch  mit  den  Dienern  sind  die  Engel  gemeint  vgl.  Ca]).  15  15.  Dass  die  Engel, 
die  ja  viele  Gestalten  des  Dämonismus  in  sich  aufnahmen,  Grössen  also,  die 
fühlbar  von  Jahwe  verschieden  sind,  wegen  dieser  ihrer  Herkunft  eine  gewisse 
Selbständigkeit  behaupteten  und  darum  unter  gewissen  Umständen  dem  gött- 
lichen Gericht  verfielen  (vgl.  hierzu  Jes24  2i),  ist  ganz  natürlich,  und  die 
offenbar  dem  Dichter  vorschwebende  Meinung,  dass  alle  Engel  sich  verfehlen. 


Hi4l8  29  Hi4  20 

befriedigender  uls  die  Vorstellung  der  späteren  Zeit  von  nur  guten  und  nur 
bösen  Engeln.  An  der  Engelwelt  befriedigten  die  nachexilisclien  Juden  zum 
Teil    den   spät  erwachenden  niytliologischen  Trieb.  19—21  muss  mit  7 

Stichen  für  zwei  A^ierzeiler  uuf kommen,  der  Text  ist  aber  in  v.  lü''  und  20 
schwerlich  in  Ordnung.  '")«,  und  gar!  wie  vielmeiir!  vgl.  Cap.  15  i5f.;  25  öf.  Die 
Menschen  sind  Hcwohiwr  von  Lclniihäusorn ,  weil  ihr  K(»rper,  das  Haus  ihrer 
Seele,  aus  Thou  gebildet  ist  nach  Gen  2  7.  Deren  hiiiKhiincnt  im  Slaiihc  ist; 
das  Suff,  bezieht  sich  doch  wohl  auf  ''n2:  der  menschliche  Leib  ist,  weil  aus 
Thon  gemacht,  auf  dem  Staube,  auf  dem  groben  und  gemeinen  Stoff  der  Sinnen- 
welt, aufgebaut,  also  an  dessen  Eigenschaften  gebunden.  Die  Schlussfolgerung 
lautet:  wenn  sclion  die  Wesen  der  edleren,  feineren  Materie,  der  nn,  vor 
Gottes  Urteil  nicht  vollkommen  sind,  wie  viel  weniger  werden  es  die  Wesen 
sein,  die  der  unteren,  gemeineren,  viel  unvollkommeneren  Sphäre  angehören. 
Dieser  Satz,  seit  den  Kämpfen  der  Kirche  mit  den  Gnostikern  in  Misscredit 
gek(mimen  und  durcli  die  Lehre  verdrängt,  dass  der  Sünden  fall  den  Verlust 
der  ursprüngliclieu  \'ollkommenheit  herbeigeführt  habe,  beherrscht  nicht  blus 
die  ausserbiblischeu  Rehgionen,  sondern  auch  das  A.  T.  und  die  Theologie  eines 
Paulus.  Der  Geist  des  Eliphas  kennt  jedenfalls  die  Theorie  s^m\  Sümlenfall 
nicht.  V.  19''  ist  sonderbar:  die  sie  (wer?)  zermalmen  vor  der  Motte.  Die  Le- 
sung der  LXX:  ü«3T,  die  er  zermalmt,  hilft  nicht  viel.  Wegen  v.  20'  ist  zu- 
nächst ^i<3T,  die  zermalmt  werden,  zu  lesen.  Das  schliessende  D  scheint  Rest 
einer  Phrase  zu  sein,  wie  deren  sogar  zwei  in  v.  20  stehen.  Dass  die  Thonhäuser 
ror  oder,  nach  anderen,  auf  die  Weine  der  Motte  zermalmt  werden,  ist  auch 
ein  wunderlicher  Ausdruck.  Man  kann  wohl  hyperbolisch  sagen,  der  Mensch 
sterbe  vor,  d.  h.  früher  als  die  Motte  (vgl.  Jes  51  6),  aber  nicht  gut,  er  wird  vor 
ihr  zermalmt,  weil  das  jeder  in  dem  Sinne  von:  leichter  als  sie,  verstehen 
würde.  Wahrscheinlich  ist  B^  '•iD'?  mit  einem  dazu  passenden  Verbum,  etwa 
^WO^,  ausgelassen  und  dann  s])äter  an  verkehrter  Stelle  nachgetragen  worden. 
In  V.  20  fällt  auf,  dass  D^t^O  'h'lt^  vor,  statt  nach  dem  Verbum  steht,  ausserdem 
verträgt  es  sich  nicht  gut  mit  nsa*?  als  Zusatz  zu  ein  und  demselben  Verb.  Ich 
neiime  daher  an,  dass  das  D  von  DINDT  noch  auf  die  ursprüngliche  A'erbindung 
mit  den  beiden  ersten  \\'r)rtern  von  v.  2<)  iiinweist  und  demnach  d.is  zweite 
Distichon  lautete:  i)ie  liinslerhen  ror  der  Mnlle .  Die  ■lernidliiil  irerdeii  nun 
Morgen  zinn  Ahend,  d.  h.  in  kürzester  Frist.  Der  zweite  \'ierzeiler  beginnt  dann 
mit  ins;;  (für  inDI"*  s.  GKs.-lv.vrTZscn  §  ü7  A.  8j:  Die  lerse/i/nt/en  trerden .  ohne 
d//.s:s-  es  ei/t  er  hetnhiel  (D'tyo  mit  weggelassenem  i"?  wie  oft).  Die  ouf  eiritj 
nnlertielien:  iler  zweite  Stichos  ist  allerdings  reichlich  kurz.  Hier  wird  also  die 
l  nvüUkommenheit  der  Menschen  gefolgert  aus  ihrem  kläglichen  Lose:  Wesen, 
die  so  rasch  und  auf  ewig  untergehen  (die  nicht  etwa  nach  dem  Tode  weiter- 
leben) und  um  deren  Geschick,  weil  sie  so  unbedeutend  sind,  sich  niemand 
kümmert,  können  nicht  den  Anspruch  erheben,  vor  Gott  vollkommen  zu  sein 
und  ihm  gegenüber  ein  Recht  zu  haben.  Es  scheint  sich  in  diesen  Worten 
der  Eindruck  zu  reliektieren,  den  die  massenhaften  Völkermorde  in  den  Welt- 
kriegen der  letzten  Jahrhunderte  in  den  Gemütern  der  zertretenen  Israeliten 
hinterlassen  hatten;  das  D'tro  "''?nD  ist  nicht  ohne  ergreifende  Wirkung.    Der 


Hi  4  20  30  Hi  5  3 

gewöhnliche  Fromme  hat  nun  aus  solchen  Beobachtungen  den  Schluss  gezogen, 
dass  die  Menschen,  deren  Geschick  für  Gott  so  wenig  Wert  hat,  auch  sittlich 
nicht  viel  vor  ihm  gelten  können,  und  das  um  so  eher,  als  die  Grösse  Gottes 
für  das  Begriffsvermögen  der  Israeliten,  die  aus  einem  verhältnismässigen  Still- 
leben unter  die  Völkerwogen  jener  Zeit  geworfen  wurden,  ins  Unfassbare 
emporwuchs.  Unter  solchen  Umständen  entsteht  eine  Art  Fanatismus  für  die 
Hervorhebung  der  alleinigen  Grösse  Gottes  und  der  Wertlosigkeit  der 
Menschen,  der  dem  Grosskönigtum  Gottes  einen  despotischen  Anstrich  giebt 
und  unbedingte  Unterwürfigkeit  als  die  höchste  Weisheit  des  Menschen  an- 
sieht. So  schliesst  das  letzte  Distichon  v.  21  die  Rede  des  Geistes  ab  mit  einer 
indirekten  Mahnung  zu  dieser  Weisheit:  Nicht  so?  ist  zerrissen  Ihr  7A'Itseil  in 
ihnen,  Sterf/en  sie,  doch  nicht  in  Weisheit.  Der  Wortlaut  von  v.  21'  ist  etwas 
zweifelhaft.  "IJ!^,  wofür  andere  IT})  schreiben  wollen,  bedeutet  Jdc  IG  7  Strick, 
wird  also  für  ■iri"'ö,  Zeltstrick,  stehen  können;  etwas  überflüssig  und  kakophonisch 
klingt  aber  dahinter  das  D|;  natürlicher  wäre  DHO  "IH^.  (vgl.diePesch.).  Übrigens 
bezeichnet  der  Zeltstrick  gewiss  nicht  konkret  die  Seele,  sondern  allgemeiner 
den  LebensfadeA.  Die  Yergleichung  des  Sterbens  mit  dem  Abbrechen  des 
Zeltes  ist  nach  v.  19  verständlich  genug  vgl.  Jes  38  12.  Die  LXX  hat  merk- 
würdigerweise für  V.  21''  einen  Satz  aus  Jes  40  24:  1ty;i*l  DHS  'j^i,  der  entweder 
Lückenbüsser  für  einen  unleserlichen  Text  ist  oder  als  Randcitat  in  den  Text 
geraten,  da  er  mit  unseren  Konsonanten  nicht  übereinstimmt.  An  diese 

Offenbarung  knüpft  Eliphas  zuerst 

Cap.  5 1-6  einige  Worte  über  Weisheit  und  Thorheit.  1  halte  ich  mit 
SiEGFEiED  für  unecht:  lin/'e  doch,  ist  einer,  der  dir  antwortet?  Und  zu  irem 
ron  den  Heiligen  willst  du  dich  wenden  ?  Wie  sollte  Eliphas  auf  den  Gedanken 
kommen,  dass  Hieb  die  Heiligen  d.  h.  die  Engel  (Cap.  15  15)  anzurufen  sich 
versucht  fühle?  das  Gebet  an  sich  rät  er  ja  nicht  al)  (v.  8).  Der  Satz  ist  sonst 
interessant  genug;  es  scheint,  dass  man  in  späterer  Zeit  sich  wohl  einmal  fragte, 
ob  man  nicht  die  Engel,  die  heilig  sind,  weil  sie  sich  in  der  Nähe  Gottes  auf- 
halten, um  ihre  Intercession  angehen  könnte;  der  Vorstellung  eines  Elihu  von 
den  fürbittenden  Engeln  Cap.  33  23  lag  dieser  Gedanke  nahe  genug.  Aber  der 
Autor  dieses  Kandcitats,  das  natürlich  neben  Cap.  4i8  an  den  Hand  gehört, 
ist  strenger  Monotheist.  Merkwürdig,  dass  dann  später  bei  den  indogerma- 
nisclien  Christen  die  Anrufung  der  Heiligen  im  weitesten  Sinne  dieses  Wortes 
sich  wieder  einstellt.  2  3  schliesst  sicli  unmittelbar  an  Cap.  4  21  an:  Denn 

den  Thoren  mordet  Unmut,  Und  den  Einf'iilligen  mordet  Ereiferung.  Eigent- 
lich: was  den  Tlioren  anlangt;  ^MK  bedeutet  im  Zusammenhang  den  gottlosen- 
Thoren.  nri'D,  der  Offenstehende,  nämlich  für  die  Verlockung  (hier  des  Affekts). 
Auf  tyj^?  (DVD)  greift  später  Hieb  Cap.  6  2  zurück.  Man  muss  ein  gottloser 
Thor  sein,  meint  Eliphas  in  Übereinstinnnung  mit  dem  Hieb  des  Volksbuches 
Cap.  2  10,  wenn  man  im  Unglück,  statt  im  Gefühl  seiner  Wertlosigkeit  sich  weise 
Gott  zu  unterwerfen,  sich  zur  Empörung  gegen  Gott  hinreissen  lässt  und  damit 
das  sofortige  Ende  heraufbeschwört,  wie  Hiobs  Weib  ihm  anriet  (Cap.  2  9). 
Er  führt  ein  Beispiel  an  aus  seiner  Erfahi'ung  v.  3:  Ich  selbst  sah  einen 
Thoren  . . .  AVurzel  schlagen?  warum  das?  man  sollte  das  Gegenteil  erAvarten 


mö.i  31  Hi5  6 

oder  ('t\v;i  ein  Wort  des  Sinnes:  sicli  ;,'egen  Gott  ereifern.  Ain  leichtesten  hilft 
in;iM  (1(111  Aiistoss  iil)  mit  Hoffmann's  Vorschlag:  B^ltJ^D,  rfi//n/rir//  irmliui 
vgl.  Cap.  31  8.  Ganz  unverständlich  ist  v.  3''  nip«V  da  vei-Huehte  ich  plüt/lich: 
warum  plötzlich?  und  wie  kann  sich  Kliph.  ciniuischen  und  noch  «hizu  seinen 
Fluch,  dessen  Erfolg  man  zwischen  den  Zeilen  lesen  muss,  als  Bestätigung 
einer  allgemeinen  A\'ahrheit  hinstcdlen?  Zu  lesen  ist  nacli  der  LXX  1'py.\  («h'r 
arani.  Ahsclireiber  hatte  wie  sd  oft  N  und  •»  verwechselt;:  l  lul  iiinisrli  ininl 
.sohle  \\  o/inshid  iilnixlith.  hracli  mit  ihm  zusammen;  er  wurde  ganz  unglück- 
lich, während  er  bei  reclitor  Unterwerfung  hätte  lioHen  dürfen.  4  5  weitere 
Ausführung  zu  v.  3.  Nach  dem  Satz,  dass  die  Sünden  der  Väter  an  den 
Kindern  heimgesucht  werden,  sind  des  Thoren  Kinder  fern  vom  Heil  und 
ircrdi'ii  xmiHilinl  oluif  HcUrr.  Bickkll  streicht  mit  Recht  "»J^ö'a,  im  Thor, 
denn  wenn  die  Kinder  im  Uericht  (vgl.  31  21)  vergewaltigt  würden,  so  wäre  das 
eine  Anklage  schlechter  Justizptiege,  aber  kein  Beweis  für  göttliche  Ahn- 
dung des  Unmuts  des  Thoren.  v.  5',  der  im  massor.  Text  lauten  würde:  er, 
dessen  Ernte  u.  «.  w..  ist  nach  IjXX  zu  verbessern  in  n^j?  1i;y«:  Wim  sie  tfc- 
cnitcl  IkiIh'h ,  i.sst  <lcr  lliinjirii/c,  es  wird  herrenlos  jeilermanns  Beute,  wer 
hungrig  ist,  greift  zu.  Schlimmer  noch  steht  es  mit  v.  5'";  Dkutz-sch,  DiLFi- 
MANN  u.  a.  übersetzen:  und  bis  aus  Dornen  nimmt  er  es,  wobei  ^8  ausnahms- 
weise den  Sinn:  bis,  sogar,  habensoll.  l'nd  dann  kommt,  obwohl  die  Stichenzahl 
voll  wäre,  noch  ein  weiterer  Satz,  wo  das  D''ÖS  selbst  von  den  „konservativsten" 
Exegeten  nach  den  alten  Übersetzern  in  Din^  =  D*«D^,  Durstige  verwandelt 
wird,  nur  dass  dieser  i)lur.  wi'der  zu  dem  sing.  ^^'ä.  noch  zu  2yr\  passt  und  dass 
der  Durstige  statt  nach  einem  Getränk  nach  ihrem  \e////iif/e//  .s(////ti///ie//  nmss. 
Der  Diirslifie  ist  uns  wegen  des  Hungiigen  willkommen,  aber  nur  im  sing.,  und 
scIuitijiiieH  sollte  er  nicht:  man  würde  einem  Durstinden  verzeihen,  wenn  er 
auch  bei  einem  „Weisen"  den  Durst  ohne  Krlaubuis  htschte;  endlich  sollte  ein 
Geti'änk  statt  des  ^'erm(■■)gens  genannt  sein.  I»j(  kj:m/s  D*?)!}?,  nach  ihrem  Essig 
(Ruth  2  14)  ist  zu  speciell,  aucb  haben  die  S»"»hne  des  Thoren  schwerlich  noch 
Schnitter  im  Dienst,  und  ^h'v  Diebstahl  von  etwas  Essig  wäre  nicht  so  sehr 
tragisidi.  Ich  nehme  an.  dass  ursprüngliches  2Sti?,  sch<»pfen.  weL!;i  n  der  ver- 
meintlichen Scliliniie  in  ^)^ü  verwandelt  wurde,  und  lese:  übSD  N?;S  SSSTI  linl 
irer  Durst  Inil.  srhöitfl  uns  ihrem  llniinien.  di-r  jetzt  ebenfalls  herrenloses  Gut 
ist,  nicht  mehr,  wie  vordem,  verriegelt  und  versieg(lt  (Cnt  4  i-';  Gen  ^OjH'.). 
Jedermann  bedient  sich,  sagt  v.  5,  nach  Belieben  der  N'orräte  in  der  Scheune 
und  des  Brunnens,  da  die  Besitzer  „zermalmt"  sind.  OtiVnbar  bilden  v.  .'r'  und  • 
das  ursprüngliche  Distichon,  also  ist  v.  5''  ein  fremder  Zus.itz  oder  eine  un- 
glückliche Variante,  um  so  nnhr,  als  das  Dorngehege  wohl  mit  dem  ver- 
morschten Wtdmsitz  verschwunden  und  auch  kein  Grund  einzuseln'n  ist.  warum 
der  Hungrigenicht  be(pu'mer  durch  die  Pforte  des  herreidosen  Gehöftes  hinein- 
gehen scdlte.  6  7  sind  durch  "'S  eng  an  das  Vorhergehende  angeschlossen: 
Denn  nirhl  f/ehl  h  error  tiiis  dem  Sinn  he  In  heil,  l  iid  uns  dem  Hoden  s/tnmx/ 
nirhl  Miihstil.  Warum  wird  dies  in  Abrede  gestellt?  Hioi»  hat  es  jedenfalls 
nicht  behauptet,  eher  Eliphas.  wenn  er  sagt,  dass  der  Mensch  deshalb  nicht 
rein  sein  könne,  v.eil  sein  Dasein  im  Staube  sein  Fundament  habe  Cap. 4  n<fl'. 


Hi  5  7  32  Hi  5 10 

Sollte  nun  Eliphas  seine  eigene  Offenbarung  verleugnen  wollen?  Oder  will  er 
dem  Missverständnis  vorbeugen,  dass  der  Mensch  wegen  seiner  Staub-Natur 
für  seine  Sünde  und  sein  Elend  nicbt  verantwortlich  sei?  Das  wäre  jedenfalls 
so  unglücklich  ausgedrückt  wie  nur  möglich;  es  hätte  gesagt  werden  müssen: 
mag  der  Mensch  sich  wegen  seiner  Herkunft  aus  dem  Staube  von  pS  und 
boj^  nicht  frei  halten  können,  so  kann  er  sich  doch  durch  Weisheit  vor  einem 
plötzlichen  Ende  bewahren.  Im  Einklang  mit  der  Offenbarung  Cap.  4i9ff. 
stände  v.  6,  wenn  man  ihn  als  Frage  fasst:  denn  geht  nicht  das  Unheil  aus  dem 
Staube  hervor?  Aber  es  ist  sehr  unwahrscheinlich,  dass  dies  gemeint  sei,  be- 
sonders der  Ausdruck  nont^O  scheint  dagegen  zu  sprechen.  In  v.  7-^  kann  das 
I^V  mit  den  Punktatoren  als  perf.  Pual  oder  mit  Ktib  als  impf.  JSTiph.  (l'?J"l)  oder 
Hoph.  (nVl^)  oder  pari  Qal  (ibV)  oder  impf.  Hiph.  (l'pl"')  verstanden  werden.  Was 
für  ein  Passiv  man  nimmt,  so  ist  ^2  mit  sondern  wiederzugeben:  sondern  der 
Mensch  ist  (oder  wird)  zum  Unheil  geboren.  Das  wäre  im  Widerspruch  mit 
V.  6:  wird  der  aus  IDJ^  gebildete  Mensch  zu  ^I3J^  geboren,  so  entspringt  offenbar 
b^y  aus  "lEy.  Also  wird  man  mit  Böttchee  ihv  oder  poetisch  ihv  lesen  müssen: 
sondern  der  Mensch  erzengt  (selbst)  das  Elend.,  'jDJ^'p  ist  dann  in  aramäischer 
Weise  für  den  acc.  gesetzt.  Demnach  wieder  ein  Widerspruch  zu  Cap.  4  19  ff., 
der  nur  durch  allerlei  hinzugedachte  Klauseln  behoben  werden  könnte.  Mit 
Kecht  haben  Wellhausen,  Siegfried,  Beer  beide  Verse  gestrichen;  sie  mögen 
ein  Randcitat  sein  wie  Cap.  4  8-n;  5  i.  Rätselhaft  ist  noch  der  emphatische 
Schlusssatz  V.  7'':  Und  die  Söhne  der  Flamme  fliegen  hoch  (*]1V  für  ^^vk)-  IMan 
hat  die  ^^"1  ''iS  als  Raubvögel  gedeutet  (ganz  willkürlich)  oder  als  Dämonen, 
als  Engel,  als  Söhne  des  Helios,  als  Funken,  Blitze  oder  brennende  Pfeile  oder 
als  Zornerglühte  (Mc  3  17),  aber  was  will  der  Satz  besagen?  Etwa  dass  der 
Mensch  mit  derselben  Regelmässigkeit  sündigen  und  darauf  leiden  muss,  mit 
der  die  Funken  emporsteigen?  oder  mit  demselben  Leichtsinn,  mit  dem  ein 
Phaethon  sich  unglücklich  machte?  Oder  soll  gesagt  werden,  dass,  wenn  das 
Feuer  des  Unrechts  (Cap.  31 12)  einmal  entfacht  wird,  die  Flammen  hoch 
fliegen,  ehi  grosses  Schadenfeuer  entsteht?  oder  dass  die  Menschen  zwar  sich 
selbst  unglücklich  machen,  die  Engel  hingegen  hochfliegen  und  darüber  er- 
haben sind?  oder  dass  der  Mensch  an  sich  nicht  zum  Elend  verdammt  wäre, 
dass  aber  Zornerglühte  hoch  hinaus  av ollen,  sich  gegen  Gott  ereifern  und  da- 
durch sich  selber  das  Ekuul  erzeugen?  Da  wir  den  Zusammenhang  nicht 
kennen,  dem  der  Vierzeiler  angehören  mag,  so  kommen  wir  nicht  zu  einem 
sicheren  Ergebnis.         An  v.  2 — 5  schliesst  sich 

8—27  die  Mahnung,  die  Zucht  Gottes  willig  hinzunehmen,  weil  dann  Gott 
wieder  gnädig  sein  werde.  8  9  Aber  ich  würde  nach  Gott  fragen,  statt  wie 

ein  Thor  gegen  ihn  zu  eifern,  IJnd  der  (iollheit  anheimstellen  meine  Sache,  wie 
es  der  Hiob  des  Volksbuches  Cap.  1  21;  2  10  thut.  nil"n  kommt  nur  hier  vor, 
es  bedeutet  im  Munde  des  Eliphas  schwerlich  Rcchtssaclie,  sondern  allge- 
meiner: mein  Fall,  meine  Angelegenheit.  Dieser  Rat  wird  v.  9  mit  Gottes  über- 
legener Wundermacht  motiviert,  deren  Unerforschlichkeit  dem  Menschen 
Unterwerfung  abnötigt,  dem  Hiob  aber  wohl  aucli  Hoftimng  auf  Wiederher- 
stellung einflössen  soll.  10  ist  ein  schöner  Vers,  der  aber  nicht  in  den 


Hi5l0  33  Hir,  17 

Zusiunnieiiliung  gehört  und  sieh  schon  durch  den  Artikel  in  ]riX}  ein  wenig  als 
fremd  verrät,  mehr  aber  d^idurch,  dass  der  Gedanke.  Gott  lässt  regnen,  (nichts 
mit  der  Bewoisfülirung  zu  tliuii  h:it,  vielmehr  die  A'crhinduiig  von  v. 8  9  mit 
11  12  niiterhricht.  t  //t  Mcdiitfi'  hoch  an%uset=::Cn  l  lul  dass  (der  iuf.  durch  das 
Terb.  tili,  fortgesetzt)  Trauernde  (eigentlich:  Schmutzige,  in  schmutzigen  Trauer- 
kleiderii  Eiiihcrgchciidc)  sich  erhchen  (wie  eine  Fclseiiburg)  5/////  Heil  (acc. 
loci).  Offenbar  erreicht  Gutt  den  hier  genannten  Erlolg  nicht  durch  den 
Kegen  v.  10,  sondern  durch  das  unertorschliche  Walten  von  v.  9.  Dieser  Vers 
ist  noch  reine  Tröstung,  v.  12  aller  sehnn,  wie  es  seheint,  eine  iiy])othetische 
Warnung:  Der  alter  die  l*liine  der  Lisliyen  zerhrichl ,  dass  ihre  Hände  nichts 
ran  liesland  hennrhriiifii'n.  Die  List  ist  das  Zerrbild  der  rechten  Weisheit, 
die  Listigen  das  weltliehe  Widerspiel  der  gottergebenen  Weisen.  iT^C^ri  be- 
zeichnet hier  das  AVesenhafte  wie  Cap.  G  13,  dann  auch  das  Vernünftige  z.  B. 
Cap.  2G;i.  Hiti'Vri  defekt,  geschrieben,  ohne  \  Man  würde  keine  Lück«'  spüren, 
wenn  v.  12—15  fehlte,  dorli  mag  Cap.  15  5  für  die  Echtheit  sjirechen.  \\\  14: 
Der  da  f'änfil  die  hingen  in  .  .  .  ihrer  List?  DOlj;  ist  auffällig,  weil  Dnonj?  zu 
erwarten  Aväre  und  das  AVort  D^*lj;  eben  vorhergeht;  HDIJ^S  nach  LXX  und 
IKor3i9  würde  das  ]Missverständnis  zur  Folge  haben,  dass  Gott  die  Klugen 
mit  Tiist  fängt;  violleicht  scliri(>b  der  Dichter  D3"]S<3,  in  ihrer  Hinterlist.  Dass 
iler  lialschlaif  der  \erschUnjenen  sich  übereill  und  so  zu  Sehanden  wird.  Gegen- 
über Gottes  überlegener  Weltleitung  kommt  die  geschickteste  Berechnung  zu 
kurz,  er  bleibt  der  Meister  im  Spiel.  Weil  sie  sich  mit  eigener  Klugheit  helfen 
wollen,  wird  ihnen,  sagt  v.  14,  selbst  das  Klare  dunkel,  verlieren  sie  die  richtige 
Beurteilung  der  Dinge,  die  man  nur  durch  die  wahre  Philosoi)liie.  die  Furcht 
Gottes,  erwirbt,  und  tasten  sieh  wie  Blinde  durchs  Leben.  Schrme  und  feine 
Gedanken,  aber  doch  ein  wenig  Abschweifung.  Wahrscheinlieh  halien  die 
Frommen  vom  Schlage  eines  Eliphas  zur  Zeit  des  Dichters  mit  Vorliebe  gegen 
die  Weltweisen  polemisiert,  die  sich  selber  helfen  zu  krtimeii  vermeinten  und 
die  fromme  Einfalt  vi'ilachten  s.  zu  Ca)),  lös.  15   16  Der  erste  Stichos 

V.  lö"*  kann  nielit  richtig  sein.  3"inD  und  DiTBD  stehen  sich  gegenseitig  im  Wege, 
dagt'gen  fehlt  ein  Objekt,  das  dem  ]V3«  in  v.  15''  entsi>r;iche.  Fehlerhaft  ist 
mindestens  das  SuH.  in  DH^S,  weil  es  sich  in  der  Ausführung  v.  12—15,  wenn  sie 
hierher  gehört,  nicht  um  den  Gegensatz  von  Unterdrückern  und  rnterdiiickten, 
sondern  nur  um  den  von  Eigenklugheit  und  Demut  handeln  kann:  aus  dem- 
selben Grunde  ist  auch  JZ'C*"''!  zu  lesen:  .aber  er  wird  retten.  LXX  hat  dTED 
überhaupt  nicht;  Sieüfeied  setzt  dem  Sinn  nach  unzweifelhaft  richtig  dafür 
^ij;  ein  (BuDDE  sehr  unglücklich  Dh)  on^EO,  Hiob  ist  keine  Waise).  Das  Schwert, 
■die  Hand  des  Starken  sind  zunächst  noch  allgemein  gehaltene  Bilder  des  A'er- 
derbens,  von  dem  Gott  die  Unglücklichen  rettet,  während  die  Klugen  sich 
selber  zu  Fall  bringen.  Li  Folge  dessen,  sagt  v.  16,  hat  der  X'iedrige  Hotl'nung. 
wie  Eliphas  dem  Hiob  Avünscht  vgl.  Cap.  4  6,  aber  Ruchlosigkeit,  vor  der  er 
warnt,  schliesst  ihren  Mund  und  hütet  sich  vor  Zoraesergüssen  gegen  die  un- 
erforschliche  Weltregierung  Gottes,  nn^y,  mit  doppelter  Femininendung, 
während  die  Xachahmung  Ps  107  42  nur  die  einfache  hat.  geht  auf  den  Unmut 
des  Thoren  v.  2tl".         17  18  greift  auf  den  Anfang  v.  8  zuiück;  das  Ti\7\.  in  LXX 

Kurzer  HC  zum  AT  XVI  3 


Hi5l7  34  Hi5  23 

fehlend,  ist  aus  demselben  Grunde  von  jüngerer  Hand  zugesetzt  wie  in  Cap.  3  7. 
Heil  dem  Menschen,  den  Eloah  rügt.  Und  des  Allmächtigen  Zucht  verschmähe 
nicht!  Damit  erhalten  wir  die  Erklärung  des  Unglücks  des  Frommen,  die 
Elii^has  geben  kann.  Die  Ursache  des  Unglücks  ist  nicht  in  irgend  einer  un- 
begreiflichen Eigenschaft  oder  Laune  Gottes,  nach  der  Hiobs  eiferndes  A¥arum 
fragt,  sondern  in  der  Mangelhaftigkeit  des  Menschen,  auch  des  Frommen,  zu 
suchen,  und  sein  göttlicher  Zweck  ist  pädagogischer  Natur:  das  Leiden  soll 
den  Frommen  {den  Jahtce  lieht,  den  %üchtigt  er  Prv3iif.)  auf  seine  Fehler 
aufmerksam  machen,  ihn  züchtigen,  wie  der  Vater  den  Sohn  durch  Schläge 
züchtigt,  um  ihn  zu  bessern.  Weitläufig  wiederholt  und  als  etwas  Neues  vor- 
getragen von  Elihu  Cap.  33i7ff.  '''W  für  "^^  ^t?,  öfter  mit  ^VW,  vergewaltigen^ 
kombiniert,  z.  B.  Jes  13  6,  aber  doch  wohl  zunächst  mit  "['ä,  Dämon,  verwandt, 
wird  von  LXX  mit  itavioxpaicup  wiedergegeben  und  dürfte  ähnlich  von  unserem 
Dichter  gemeint  sein,  der  es  oft  für  seine  Edomiter  und  Araber  gebraucht  und 
damit  vielleicht  Gen  17  i  angeregt  hat.  Glücklich  der,  der  sich  durch  Leiden 
bessern  lässt,  denn  v.  18  Gott  heilt  die  geschlagenen  Wunden  wieder.  IT  defekt, 
für  VT;  das  letzte  Wort  sollte  K  für  "•  haben.  Eliphas  denkt  über  die  Wieder- 
herstellung optimistisch  wie  das  Volk,  das  Hosea  Cap.  6  i  reden  lässt.  Dem 
entspricht  die  weitere  Schilderung  19  20:  Aus  (1.  ^^0  mit  LXX)  sechs  .  .  ., 
in  sieden,  in  allen  möglichen  Drangsalen  u.  s.  w.;  solche  Zahlen  sind  häufig  im 
AT  wie  in  unserer  Volkssprache,  man  muss  dann  die  angeführten  Beispiele 
nicht  nachzählen.  Genannt  werden  v.  20  zunächst  die  Hungersnot  und  der 
Krieg.   Er  hat  dich  lasgekauft,  du  bist  ein  für  alle  mal  eximiert.  21—23 

werden  noch  vier  Kalamitäten  genannt:  Vor  der  Geissei  der  Zunge  (k  taltä^p 
nach  LXX)  bist  du  geborgen,  dies  Unglück  nimmt  sich,  obgleich  im  AT  oft 
genug  über  Verläumdung  und  ihre  bösen  Folgen  geklagt  wird,  etwas  fremdartig 
unter  den  übrigen  aus,  man  sollte  für  \wb  eher  ein  Wort  für  Seuche  z.  B.  f]^'\ 
erwarten;  Hes5i7;  14  21  ff.  werden  als  die  schlimmsten  Plagen  genannt: 
Hungersnot,  wilde  Tiere,  Pest,  Schwert.  Und  fürchtest  dich  nicht  vor  Yer- 
wüstung  (nity  inkorrekt  mit  1),  wann  sie  hereinbricht,  etwa  vor  einer  solchen, 
wie  sie  nach.  Cap.  2  Sturm  und  Blitz  oder  wie  sie  ein  Erdbeben  herbeiführt; 
der  Ausdruck  ist  ein  wenig  unbestimmt,  v.  22  besteht  aus  lauter  Varianten 
und  Wiederholungen  von  v.  20,  21,  23  und  ist  zu  entfernen:  "iü  geht  eben  vor- 
her, ]D3  ist  nur  das  aramäische  Wort  für  SJ^"]  v.  20  (die  Lesung  der  LXX:  "Hp 
und  1D3,  aramäisch,  kommt  nicht  ernstlich  in  Betracht),  die  wilden  Tiere 
kommen  v.  23  wieder,  «TH'^K  Avar  v.  21  fast  ebenso  da.  Dass  v.  22'^  und  v.  23-' 
in  der  ursprünglichen  LXX  fehlt,  beruht  wohl  nur  auf  einem  Abschreibefehler. 
V.  23  Das  ^3  am  Anfang  ist  wohl  durch  v.  22  hervorgerufen.  Mit  den  Steinen 
des  Feldes  (?  Ackers?)  ist  dein  Bund,  stehst  du  im  Bunde  vgl.  Hos  2  20.  Dass 
der  Dichter  zweimal  T\l^  geschrieben  hat,  ist  zu  bezweifeln,  das  erste  mal  v.  23'' 
passt  es  am  Schlechtesten,  nD"!«  wäre  hier  besser.  Es  wird  dem  Hieb  gehen 
wie  in  der  bekannten  Sage:  vom  Acker,  den  sein  Pflug  berührte,  schwand  das 
Gestein,  als  obs  der  Wind  entführte.  Nach  Easchi  (s.  Delitzsch)  soll  für  "»ins 
eine  ältere  Lesart  ""i'li<,  Herren  des  Feldes,  Satyrn  u.  dgl,  existiert  haben.  Und 
das  Wild  des  Feldes  ist  dir  befreundet,  Löwen,  Bären  u.  s.  w.  zerreissgn  deine 


Hi5  24  35  Hi6  3 

Hirten  und  Herden  nicht.  24  25  sind  die  positive  Erfjänzung  zum  Vorher- 

f^ehenden.  Dass  beide  Verse  mit  nj^Tl  hej^innen,  ist  nicht  finido  schön  und 
wold  auch  nicht  uispiiin^dicli.  F.ifnhron  irirst  du,  dass  irolilhrlialtt-n  ilcin  Zt'lf 
ist,  Zelt  jxK'tisch  für  Huus  und  Hof,  ni'?^'  ist  acc.  Im  zweiten  Stichus  hchanch-ln 
die  Punktatoreu  das  erste  Wort  als  perf.  cons.:  Du  irirst  miisti'rn  deiiu'ii  Wohii- 
sitz  und  nichts  rcrmissni,  wjihri  lul  LXX  ausspricht:  H'nj^B^:  die  Hahe  deines 
Wohnsitzes  —  da  vennissest  du  nichts;  ersteres  ist  anschaulicher  und  passt 
vielleicht  hesser  zu  dem  Idyll,  das  Eliphas  malt.  v.  25  verheisst  dann  noch, 
dass  Hiol)  sehen  soll,  wie  seine  Sprösslinge  so  zahlreich  sind  wie  das  Kraut  der 
Erde,  ohne  sich  darum  zu  kümmern,  dass  seine  Kimler  alle  tot  sind  und  er 
selber  unheilbar  krank.  Sclnverlich  hat  der  Dichter  dabei  an  Cap.  42  7ff.  ge- 
dacht; eher  liejjjt  eine  leise  Ironie  darin,  dass  Eliphas  seine  Doktrin  zum  Trotz 
der  Wirklichkeit  so  harndos  aussjjinnt  und  dann  zum  Schlnss  (v.  27)  noch  be- 
hauptet, so  sei  es  wirklich.  26  27  Hiob  selber  wird  in  ^'ollkraft  (Vh^  mir 
noch  Cap.  3U-'  in  einer  eingesetzten  Dichtung)  sterben,  irie  die  (lart}e  aufsteijft 
(auf  die  hochgelegene  Tenne)  zu  seiner  /.eit.  zur  Zeit  der  Vollreifi'.  ^'on  einem 
jenseitigen  Weiterleben  kein  AV^ort,  das  höchste  ist  ein  Tod  in  der  natur- 
gemässen  Zeit.  In  v.  27  ist  mit  LXX  HiJ^OB^  auszusprechen,  da  sonst  das  be- 
tonte nriKI  nnvei'stäiidlich  wäre.  Wir,  sagt  Elijjhas,  wohl  seine  Freunde  mit 
einschliessend,  haben  es  erforscht  und  gehört,  d,  h.  selbst  erfahri'u  und  durch- 
dacht, aber  auch  als  Lehre  der  Ott'enbarung  und  der  \':iter  überkonnnen, 
darum:  fc<''n"]3,  so  ist's  allein  lichtig,  —  du  aber  merke  es  dir!  Hiob  soll  sein 
Leiden  als  Folge  seiner  nu-nschlichen  Sündhaftigkeit  und  zugleich  als  eine 
väterliche  Massregel  Gottes,  ihn  zu  bessern,  ansehen  und  künftig  nicht  so 
thöricht  und  ei'bittirt  klagen;  wenn  er  siih  der  Zucht  willig  unterwirft,  winl 
sich  sein  Leid  in  doppelte  Freude  verkehren. 

Dass  er  eine  blosse  Doktrin  vorträgt,  das  murkt  Eliphas  gar  nicht;  er  liat.  wie  die 
üborgrosse  Mehrzahl  aller  Gebildeten  und  Ungebildeten,  seine  Meinungen  im  Leben  stets 
bestätigt  gefunden,  weil  er  sie  immer  voraussetzte,  und  sie  schliesslich  für  I-Zrfahrungen 
geßalten.  Diese  eingewurzelten  ^Meinungen  machen  ihn  unfähig,  mit  Hiol)  die  Frage  zu 
erwägen,  ob  die  Ursache  des  Unglücks  nicht  ausserhalb  des  menschlichen  Verhaltens  liegen 
könne;  der  Gedanke  gar,  dass  sie  in  Gott  gesucht  werden  könnte,  ist  für  seinen  ober- 
flächlichen eudämonistischen  Optimismus  eine  Ruchlosigkeit,  wie  er  es  zu  aller  Zeit  für 
die  Masse  der  Frommen  und  Theologen  gewesen  ist.  Noch  einmal  sei  die  bewundernswerte 
Art  hervorgehoben,  in  der  der  Dichter,  der  solche  Ausfüiunuigen  wie  die  von  Cap.  21  in 
Reserve  hat,  ihn  in  dem  psalmartigen  Scliluss  17 — 27  sich  selbst  ironisieren  lässt.  Un- 
willkürlicli  denken  wir  dabei,  dass  solche  billigen  Tröstungen  nach  der  Theorie  eigentlich 
doch  einen  ^langel  an  voller  Teilnahme  darthun,  dass  vorgefasste  Meinungen  selbst  ein 
gutes  Herz  und  einen  guten  Willen  wie  mit  einer  Decke  umgeben  und  unfähig  machen, 
das  wirkliche  Leben  mit  seinen  Schmerzen  und  Rätseln  rein  auf  sich  wirken  zu  lassen. 
Das  ist  denn  auch  das  erste  Gefühl,  dem  Hiob  Ausdruck  giebt. 

Cap.  0.  7.    Iliobs  AntuorL 

Cap.  62-13.     Dass  er  im  Unmut  geredet  bat,  giebt  Hiob  zu,  aber  er 

behaui)tet,  die  Grösse  seines  Leidens  und  seine  Ohnmacht  dagegen  nötigte 

und  nötige  ihn  dazu.         2  3  Wenn  dnrli  nur  fieirojfen  irürde  mein  L'nnnit  l'nd 

man  zu  gleich  mein  inylück  in  die  Wiuje  legte!   Man  hat  seinen  trj;?  getadelt 

3* 


Hi6  3  36  Hi6  7 

5  2;  4  5,  aber  nicht  gegen  seinen  Sturz  (1.  mit  Qre  "TllH)  abgewogen.  Wenn  man 
das  thäte,  würde  man  ihn  begreifen.  Es  ist  ganz  natürlich,  dass  Hiob  zunächst 
von  seinem  ungewöhnlichen  Fall  ausgeht,  aber  dass  der  Dichter  ihn  zum 
Sprecher  der  Unglücldichen  überhaupt  macht,  zeigt  schon  Cap.  7  i.  Denn 
schwerer  ist  es  als  Sand  des  Meeres,  Darum  redeten  meine  Worte  irre.  Subj. 
von  153"'.  ist  natürlich  njH,  nicht  auch  b'X?:  sein  Unglück,  wenn  richtig  abge- 
wogen, wäre  schwerer  als  Sand  des  Meeres  (D'^ÖÜ  poetischer  plur.  mit  singul. 
Sinn);  der  Verf.  dieses  Satzes  stimmt  mit  Prv  27  3  nicht  überein.  nrij^  {denn 
dann  wäre  es  —  oder  denn  jetzt  ist  es  — )  passt  wegen  v.  3'',  wo  auf  die  von 
Elijdias  getadelte  Klage  von  Cap.  3  hingewiesen  wird,  nicht  in  den  Zusammen- 
hang, wird  darum  mit  Recht  von  Bickell  gestrichen.  Mit  lyb  (von  )iyh  oder 
yijb,  thöricht  reden)  will  Hiob  nicht  den  Inhalt  seiner  Klage  widerrufen,  sondern 
imr  die  unangemessene  Form  preisgeben  vgl.  v.  26.  Dem  zweiten  Vierzeiler 
4  fehlt  ein  Stichos ,  den  wir  aus  v.  7  ergänzen.  Denn  (Begründung  von  v.  S'') 
die  Pfeile  des  AUniäclilifjen  haften  an  mir  vgl.  Cap.  16  12  13;  die  vergiftenden 
Pfeile,  die  ja  auch  den  Krankheit  und  Tod  sendenden  Göttern  anderer  Reli- 
gionen zugeschrieben  werden,  stecken  mit  der  Spitze  im  Körper  und  sind  mit 
dem  Schaft  sichtbar,  daher  "'"jöV?  ^^ei  mir.  Ihr  Glatfjift  trinkt  mein  Geist,  sein 
Inneres  wird  dadurch  in  Fieberglut  gesetzt,  sodass  er  delirieren  muss.  non, 
Hitze,  dann  das  Fieberhitze  wirkende  Gift,  ist  natürlich  Objekt.  Das  "l^« 
würde  man  als  prosaisch  gern  missen,  auch  metrisch  ist  es  überzählig.  Schreck- 
nisse Kloahs  rerstören  mich.  ''HIJ^S,  vom  Fiel  nj;3  verstören,  nur  noch  Ps  88  17. 
''ilD'lJ?!;,  von  '^J'IJ^,  die  Schlachtreihe  aufstellen,  ist  schon  wegen  des  Suff,  ver- 
dächtig imd  wahrscheinlich  aus  ''illDJ^Ü  vgl.  I  Reg  18  17  verschrieben  (Dill- 
mann);  ein  "'i1p'lJ^^  sie  benagen  mich,  Cap.  30  17,  passt  weniger  gut  zum  Subj. 
Zur  Vervollständigung  des  Tetrastichs  verwenden  wir  den  Stichos  7-',  der  an 
seiner  jetzigen  Stelle  nicht  passt  und  wohl  vom  Rande,  wo  er  nachgetragen 
war,  dahin  verschlagen  ist,  in  der  Lesart  der  LXX:  Es  n-eigert  sich  meine 
Seele,  rahig  zu  werden.  Für  J^l-ii'?  ist  mit  LXX  zu  lesen  ^Tb,  Hiph.,  oder 
^5"]^,  Xiph.,  mit  s}Tikopiertem  n  (Ges.-Kautzsch  §53  A.  7.  §  51  A.  1).  So 
stehen  beide  Distichen  mit  einander  im  Parallelismus.  5  6  schliesst  sich ' 

grade  an  v.  7''  aufs  Beste  an.  Hiob  wollte  sich  schon  beruhigen,  ginge  es  ihm 
wie  dem  Wildesel  bei  frischem  Grün  oder  wie  dem  Stier  beim  Mengfutter 
(bestes,  mit  Salz  gemischtes  Futter  Jes  30  24).  So  aber  ist  ihm  v.  6  eine  un- 
geniessbare  Speise  (das  Xiph.  ^DS;;  nicht  blos  obj.:  es  wird  gegessen,  sondern: 
es  ist  zu  essen,  gilt  als  essbar)  vorgesetzt,  Fades  ohne  Salz,  Schleim  des  Dotters, 
Eiweiss;  vgl.  zum  Bilde  Jer  9  1 4.  Es  geht  Hiob  wider  die  Xatur,  sich  ohne 
Klage  in  sein  Schicksal  zu  schicken,  die  Resignation  ist  ihm  unmöglich,  die 
Weisheit,  die  Eliphas  empfiehlt,  fade  und  verhasst.  Der  Dichter  zeichnet 
damit  Hiobs  (und  seinen)  Widerwillen  gegen  die  billigen  Tr()stungen  solcher 
Leute,  die  selbst  das  Unglück  nicht  kennen,  und  zugleich  seine  Entschlossen- 
heit, dem  natürlichen  Gefühl  zu  folgen.  7  wüi'de  im  liebr.  Text  lauten:  es 
weigert  sich  meine  Seele,  anzurühren  (seil,  das  Fade  und  das  Eiweiss),  die  sind 
wie  das  Unreine  (oder  wie  das  Siechtum)  meines  Brotes.  Es  ist  ohne  weiteres 
klar,  dass  das  nicht  angeht:  wozu  die  Emphase  in  v.  l''\  und  wie  kihmen  das 


Hi  G7  ;i7  Hl  b  14 

Eiweiss  u.  s.  ^v.  von  v.  Ü  mit  di  r  Kiiinkht'it  des  Brotes  vcrj^lichen  werden? 
Was  V.  7-'  anlangt,  s.  zu  v.  4;  v.  7''  ist  sehon  der  Form  nach  eine  Glosse  und 
das  wahrscheinlich  eine  aramäische:  ]1D'?n  HD  Itsn,  das  heisat  Jetzt  Eiilotli/r. 
Die  LXX  hat  übrigens  aus  dieser  Glosse  folgenden  Satz  gemacht:  xyy^  nen 
(fc^)^?*?,  diese  Dinge  sind  wie  der  Geruch  des  Löwen,  wozu  Bickell  bemerkt, 
dass  die  Syrer  den  Aussatz  „Geruch  des  Löwen"  nennen,  wegen  des  Geruchs, 
den  die  Geschwüre  verbreiten.  8  9  Seinem  natürlichen  Emi)tinden  folgend, 
wünscht  Hieb  den  Tod  herbei.  I^VP-  ini  B.  Hiob  meist  ohne  folgendes  \  das 
jedoch  LXX  hier  las,  ist  schon  so  sehr  Partikel,  dass  ]r\^  als  ^'^.•rb  gleich  im 
folgenden  Stichos  wiedererscheinen  kann.  T\h^^  neben  ^rhiKd  z.  B.  1  Sam.  1  2:; 
für  ^r^^pn  ziehen  wohl  mit  Recht  HuriELU  u.  a.  ^^l1^J^l  vor:  mein  Begehren,  v.  9: 
Ji('//'('/f(('{b^''iüv  hi<V)  El  nah  und  zcrnnilntlc  mich  (zur  Konstr.  s.  G  Ks.-K.vrTZsCH 
§  120  .Ja),  IJc.ssc  seine  Hand  schnellen  und  schnille  mich  (dt,  nändich  wie  den 
Faden  vom  Trunini  vgl.  Jes  38  12.  Li  seiner  Bitterkeit  wählt  er  herbe  Aus- 
drücke für  das  8terl)en.  Die  LXX  hat  IT  nicht,  spricht  dann  das  erste  AVort 
'\T\\  aus  und  setzt  eigenmächtig  ein  iiicht  hinzu.  10  11  So  tritre  dmh  noch 
meine  Tröslomi  (^riDnj  mit  bleibendem  ä  s.  Olshauskn  S.  349),  d.  h.  so  gäbe 
es  noch  Trost  tiir  mich;  aber  vielleicht  ist  nXf,  das  einige  Handschriften  hal)en. 
nach  oder  'i\w  liy  einzusetzen:  so  sollte  dies  mein  Trost  sein,  t  nd  onfhiipfen 
irollle  ich  in  der  s(  lionnnusloscn  (}ii(d\  1.  b'n  für  n'j^n,  da  das  Verb,  im  masc, 
steht.  V.  ]0  ist  von  Sii:(;ii{ii:i)  mit  liecht  gestrichen;  dass  Hitjb  die  W(»i'te 
des  Heiligen  nicht  verleugnet  hat,  soll  wohl  keine  Begründung  (^3  =  denn)  für 
V.  10'',  sondern  t'ine  vom  luterpolator  vermisste  Inhaltsangabe  0?  =  dass)  zu 
V.  10'  sein;  ai)er  in  beiden  Fällen  gäbe  der  Satz  nur  dann  einen  Sinn,  wenn 
Hiob  an  eine  Veigeltung  im  Jenseits  dächte,  v.  11  motiviert  das  ^'orher- 
gehende:  Hiobs  Kraft  ist  so  schwach,  das  ihm  bevorstehende  Knde  so  schreck- 
lich, dass  er  nicht  aushai'ren  kann,  sondern  den  Tod  herbeiwünseh»  n  muss. 
^tySi  "^^Ifc^W:  die  Seele  ist  die  Lebensbegierde  und  Lebenskraft,  die  Hiob  nicht 
/^///// //yc^r7/<^'//,  länger  festhalten  kann.  Das  führt  12  13  weiter  aus.  Das  doppelte 
CS,  oder  —  oder,  statt  DK  —  il,  beschleunigt  die  Rede  und  entspricht  der  l'n- 
geduld  des  Krankin:  iih  bin  tloch  nicht  von  Stein  oder  Erz!  Dagegen  ist  in 
V.  13  das  DSn,  das  nur  noch  Xum  17  28  vorkommt,  zweifelhafter  Xatur,  nicht 
minder  die  Fortsetzung:  ist  nicht  Xichtsiin  meiner  Hilfe  in  mir?  Xach  Pesch. 
und  Yulg.  teilen  wir  ab:  l''NO  SH;  NH  =  mn  Gen 47  23;  Hes  IG  43,  ]"«?  wie  Jcs 
41  24:  Siehe,  i/iir  nichts  ist  meine  Hilfe  in  mir  (meine  innere  Kraft),  l'nd  lle- 
sland  ist  fortnestossen  von  mir. 

14—27  Hiobs  Freunde  habi'U  sich  gegenüber  xiner  Xot  nicht  benomnUii. 
wie  sie  sollten.  14  ist  schwierig.    Meist  übersetzt  man:  dem  Verzagenden 

(wird,  gebührt)  von  seinem  Freunde  Liebe,  und  giebt  er  (auch)  die  Gottisfurcht 
auf.  Dieser  Satz  ist  überhaui)t  für  das  AT  bedenklich,  passt  aber  gar  nicht 
in  die  Rede  Hiobs,  der  auch  nicht  einmal  hypothetisch  sich  einen  Abtrünnige  n 
nennen  kann,  jedenfalls  nicht  mit  dem  starken  Ausdruck  20^'.  Hrrzia  un»l 
Delitzsch  fassen  icn  als  Schim/tf:  tritlt  den  rnglücklichm  Schimpf,  so  v(  r- 
lässt  er  u.  s.  w.,  aber  ein  Hiob  kann  sich  durch  Schimpf  der  Freunde  nicht  ab- 
trünnig machen  lassen.    Nach  beiden  Deutungen  wäre  der  Vers  für  unecht  zu 


Hi6l4  38  Hi6  21 

erklären.  Das  Letztere  gilt  auch  von  dem  Text,  den  Pescli.  Targ.  und  Vulg. 
voraussetzen  und  der  wahrscheinlich  auch  der  LXX  zu  Gnmde  liegt,  die  aller- 
dings D»b  nicht  übersetzt:  TOnn  yiD  Üipb:  Wer  dem  Verzireifelnden  die  Liebe 
verweigert,  der  rerlässt  die  Furcht  des  Allmächtigen,  ein  Proverbium,  das  zu 
allgemein  und  kalt  für  Hiobs  Rede  ist.  Aber  dieser  Text  ist  so  natürlich,  dass 
ich  i)in  allen  anderen  Deutungsversuchen  und  Emendationen  vorziehe.  Die 
Sentenz  ist  die  Beischrift  eines  Lesers  zu  15  16,  wo  Hiob  von  seinen  Brüdern 
im  plur.  spricht.  Sie  sind  treulos  geworden  wie  ein  Bach,  Wie  Binnsale,  die 
i'ihertreten.  In  v.  15'^  ist  D'*p''Bfc<  zu  lesen  und  D"''?ni,  das  schon  in  v.  15-^  steht, 
mit  LXX  als  Schreibfehler  zu  streichen.  Das  Übertreten  der  Bäche  geschieht 
nach  V.  16  im  Winter,  wo  sie  trühe  sind  rnn  Eis,  wo  im f  sie  herab  sich  tnrgt 
der  Schnee.  Prägnante  Konstruktion:  er  fällt  auf  sie  herab  und  birgt  sich, 
schmilzt  in  ihnen.  Also  im  Winter,  wo  man  sie  nicht  nötig  hat,  sind  sie  über- 
voll —  ein  Bild  für  Leute,  die  zur  Glückeszeit  von  Freundschaft  überströmen. 
Nun  der  Gegensatz  17  18:  %ur  Zeit,  wo  sie  versengt  werden  (nnt  ätz.  Xsy.),  im 
Hochsommer,  wo  man  ihrer  bedarf,  sind  sie  vertilgt  u.  s.av.  1)3113,  wenn  es  heiss 
wird.  \.  18  bringt  dazu  ein  konkretes  Beispiel:  Kararanen  krümmen  ihren 
Weg,  d.  h.  biegen  wegen  Wassermangels  von  der  gewöhnlichen  Strasse  ab,  um 
den  ihnen  bekannten  Bach  aufzusuchen.  Mit  Ew^ald  u.  a.  ist  ^nß^";,  Piel,  zu 
lesen,  ferner  n't^^^?,  plur.  von  nn"lS<,  ad  sensum  mit  dem  masc.  des  Verbs  und 
Suff,  verbunden,  denn  die  Fassung  der  Punktatoren:  es  krümmen  sich  die  Pfade 
ihres  Weges  (des  Weges  der  Bäche),  die  ohnehin  einen  nicht  zur  Sache  ge- 
hörenden Sinn  ergäbe,  wird  durch  die  Fortsetzung  widerlegt:  Sie  (doch  nicht 
die  Bäche,  sondern  die  Menschen,  die  Karavanen)  steigen  hinauf  ins  Leere 
und  kommen  um  vor  Durst.  Die  Berge,  die  im  Frühling  Schneewasser  und 
wohl  auch  Pflanzenwuchs  haben,  sind  im  Hochsommer  wasserleer  und  öde. 
V.  18  ist  nicht,  Avie  Bickell  meint,  der  ihn  streicht,  der' Anfang  der  Erzählung 
von  den  Karavanen,  vielmehr  ist  19  20  eine  ausführlichere  und  nicht  grade 
nötige  Wiederholung  von  v.  18,  die  man  darum  doch  nicht  zu  streichen  ge- 
nötigt ist,  da  ähnliche  Längen  oft  vorkommen.  Die  Karavanen  (1.  mm«)  von 
Thema  (defekt,  für  «D^n)  im  nördlichen  Arabien,  Ismaeliten  nach  Gen  25  1 5, 
und  von  Saba  (s.  zu  Cap.  1 15)  schauten  aus,  nach  Wasser,  hofften  auf  sie,  die 
Bäche  (1D^  im  Sinne /"/Vr  sich  wäre  überflüssig),  aber  sie  wurden  zu  Schanden 
V.20,  weil  sie  sich  (darauf)  verliessen,  weil  sie  in  der  Gefahr  des  Verdurstens 
noch  den  fruchtlosen  Umweg  in  die  wasserlosen  Berge  machten,  statt  auf  dem 
geradesten  Wege  sichere  Quellen  zu  gewinnen.  Der  erste  Stichos  von  v.  20  ist 
reichlich  kurz,  vielleicht  ist  hinter  ^Hün,  wie  statt  Htsn  zu  lesen  ist,  ein  .13,  dem 
Tynyi^  entsprechend,  ausgefallen,  um  so  eher,  als  ein  ^«3  folgt.  21  lässt  sich 
weder  nach  dem  Ktib  «•?,  noch  nach  dem  Qre  l'?  übersetzen.  Aber  auch  wenn 
man  mit  der  LXX  •'b  und  vorher  mit  vielen  Neueren  )2  für  ^3,  oder  wenn  man 
mit  anderen  ]^«^  ...  ^3  liest,  erhält  man  keinen  Satz,  der  in  den  Zusammen- 
hang passt:  So  seid  ihr  mir  jetzt  geivorden  (oder:  Denn  ihr  seid  zu  Nichts  ge- 
worden), ////•  schaut  einen  Schrecken  und  scheut  euch.  Gleichen  die  Freunde 
den  Bächen,  Avie  der  erste  Stichos  sagt,  so  sind  sie  treulos  v.  15,  aber  nicht,  wie 
der  zweite  Stichos  sagt,  furchtsam;  dieser  letztere  Vorwurf,  ausgedrückt  mit 


Hi6  21  39  Hi6  27 

einem  Ijcü  den  jüngeren  Schriftstellern  beliebten  Wortsjiiel  (Sach9  5;  P.s40  4; 
52  8),  passt  überhaupt  nicht  zu  dem  Hciichnicu  der  Freunde,  auch  nicht  /u 
ihren  Worten,  da  sie  doch  den  Sclirecken ,  Hi(jbs  Unglück,  als  eine  wohl- 
meinende Züchtigung  Gottes  betrachten  und  ein  glückliches  Ende  „schauen". 
V.  21  ist  also  von  Bickell  mit  Kecht  gestrichen.  22  23  Lassen  die  Freunde 
Hiob  deswegen  in  Stich,  weil  er  ihnen  zu  viel  zugeuiutel  hat?  ^SH:  Ist  ex.  tlnss 
ich  tjcsmit  hätte:  ifeht  mii\  lud  von  euerem  Verniöyen  Inini/t  (ieschenhe  für 
mich?  nändich  einem  Mächtigen,  einem  Tyrannen  oder  Richter,  von  dem  Hiol» 
bedroht  wäre.  Zu  mä  mit  i  statt  a  s.  Ges.-Kautzsch  §  <)4  i.  Auch  das  Hetten 
V.  23  meint  eine  Autbi)ferung  von  Geld  und  Gut.  die  nicht  Mut  verlangt,  wie 
man  wegen  v.  21  gern  behaui)tet,  sondern  nur  Ojjfermut.  Solche  Opfer  ver- 
langt ja  Hiob  nicht,  dagegen  wäre  ihm  24  25  eine  aufrichtige  Belehrung  von 
Wert:  Lehret  mich,  so  will  ich  schireifien.  nicht  mehr  klagen  und  fragen, 
l ml  was  ich  geirrt  habe,  macht  mir  deutlich!  "'H'^iB'  bezieht  sich  nicht  auf  mög- 
liche Irrungen  in  Hiobs  früherem  Leben,  sondei-n  auf  Irrtümer  seiner  Hede 
CJap.S,  wenn  auch  nicht  auf  deren  äussere  Form,  denn  über  diese  hat  Eliidiassich 
schon  ausgelassen  und  zwar,  Avie  v.  25  fortfährt,  in  nicht  lobenswerter  Weise. 
♦Sclnvierig  ist  m^y,  Mch  2  lo;  I  Reg  2  8  bedeutet  das  Niph.  heillos  sein,  Hi  16  3 
-das  Hi})h.  kränken,  reizen,  beides  i)asst  nicht  zum  Subj.,  denn  bei  der  Fassung: 
■wie  werden  aufrichtige  Worte  (oder  dann  besser:  Worte  eines  Aufrichtigen. 
lä^)  gekränkt!  würde  Hiob  einen  Nachdruck  auf  seine  frühere  Hede  legen  und 
eine  Emi)fin(llic]ikeit  zeigen,  wovon  man  in  v.  2  und  im  Folgenden  v.  25'' 26 
nichts  merkt,  l^^-^nos  können  nur  solche  Worte  sein,  die  ihn  belehren  v.  24 
«der  auch  tadeln  v.  25''  26.  Also  wird  llJ^Di  nach  Ps  119  103  zu  lesen  sein:  Wie 
aüss  sind  rechtschd/f'eiie  Heden,  redliche  Belehrung.  Tröstung.  Zurechtweisung. 
Aber  was  rüfil  ein  Hütjen  ton  euch ?  Diese  Frage  beantwortet  die  Fortsetzung 
26  27:  W(frte  zu  rüi/en  fieulhsichlifit  ihr?  dass  ich  vielleicht  etwas  zu  kühn 
und  ))itter  gesjjrochen  habe,  darüber  macht  ihr  so  viel  Aufhebens,  statt  auf 
die  Sache  einzugehen  und  zu  versuchen,  mit  mir  eine  Antwort  auf  mein  Warum 
zu  finden?  Aber  für  den  Wind  (der  sie  wie  Spreu  davonführt)  sind  doch  die 
Worte  eines  Verzweifelten/  AV^irum  man  an  diesem  Text  tadelt,  dass  b  in 
V.  26'»  vor  einem  inf.,  in  v.  26*^  vor  einem  Subst.  steht,  begreife  ich  nicht.  Nicht 
besser  ist  der  Einwand,  dass  Hiob,  der  Cap.  19  23  seine  AVorte  in  Stein  ge- 
hauen Avünscht,  hier  das  prächtige  3.  Cap.  nicht  für  Luft  erklären  könne. 
Letzteres  thut  er  natürlich  nicht,  giebt  überhaupt  nicht  den  Inhalt,  sondern  nur 
die  Form,  die  Worte,  preis,  die  A'erzweiflmigsausbrüche,  die  Eliphas  gerügt 
hat;  und  ebenso  selbstverständlich  will  er  Cap.  19  nicht  seine  Reden  als  Reden, 
als  prächtige  Leistungen  dichterischer  oder  or-atorischer  Kunst,  sondern  nur 
die  einfache  Bezeugung  seiner  Unschuld,  ohne  alle  prächtigen  Worte,  auf  dij 
Nachwelt  kommen  lassen,  v.  27  übersetzt  man:  auch  über  eine  Waise  würdet 
ihr  fällen  (seil,  das  Loos)  und  handeln  über  eueren  Freund.  Das  geht  doch 
nicht,  so  abgeschmackte  A'erdächtigungen  kann  Hiob  wegen  der  Rede  des 
Elpihas  nicht  aussprechen.  Mit  Recht  beseitigt  Bickell  die  Waise  Din;  und 
liest  nn  und  schreibt  mit  LXX  ^bEH:  l'jid  über  einen  Inschuldiffen  fallt  ihr 
her?  Aus  nsn.  LXXdva/.XssOs.  macht  Bickell  non  =  nDSn  von  linem  nicht 


Hi6  27  40  Hi7l 

vorkommenden  "IDS ,  ihr  ackert  auf  u.  s.  w.,  andere  ^llbri  von  dem  gleiclifalli? 
nicht  vorkommenden  "113,  losstürzen,  Leides  bedenklich.  Ichvermuthe,  dass 
unser  Text  aus  einem  Hörfehler  hervorgegangen  ist  und  dass  LXX  ^l^n  las^ 
vgl.  Ps  59  4 :  Und  fahrt  tos  auf  eueren  Freund?  Als  Frage  fasst  auch  Bickell 
den  Vers  auf;  ^)^  ist  wie  so  oft  im  Anfang  das  erstaunte  Und!  Als  frommer 
Mensch  und  als  Freund  hätte  Hioh  Schonung  und  Hülfe  erwarten  dürfen,  statt 
dessen  haben  sie  ihn  getadelt  und  angegriffen.   Mit 

6  38—7  10  nimmt  Hiob  die  Klage  über  sein  Geschick  wieder  auf.  Zuerst 
ermahnt  er  seine  Zuhörer  (und  der  Dichter  seine  Leser)  28  29,   den  Fall 
nicht  für  abgethan  und  seine  Beschwerden  nicht  für  übertrieben  zu  halten. 
L'nd  jetzt  (nnyi  sehr  häufig  zu  Anfang  neuer  Strophen  oder  Abschnitte)  hat)t 
den  Witten,  wendet  eiicli  mir  zu!  Wir  haben  uns  danach  vorzustellen,  dass  die 
Freunde  während  seiner  Rede,  die  sie  missbilligten,  und  besonders  während 
der  letzten  scharfen  Sätze  sich  unwillig  von  ihm  abgewandt  hatten;  überhaupt 
muss  man  sich  wohl  oft  die  Rede  von  südländisch  lebhaften  Gesten  begleitet 
denken.    Sie  sollen  um  so  mehr  wieder  hersehen,  weil  er  ihnen  doch  nicht  ins 
Gestellt  liinein  liUjen  wird  (DJ^  ist  die  Schwurpartikel);  wenn  sie  ihm  ins  Auge 
sehen,  w^erden  sie  sich  überzeugen,  dass  er  aus  tiefster  Seele  heraus  die  Wahr- 
heit spricht.    Unwillkürlich  erwartet  man  nun,  dass  er  jetzt  seine  völlige  Un- 
schuld beteuern  und  seine  Überzeugung  aussprechen  wird ,  dass  sein  Leiden 
nicht  mit  Schuld  zusammenhange.    Statt  dessen  beteuert  er,  dass  er  wirklich 
schwer  leide  und  sich  das  nicht  blos  einbilde.  Warum  verfährt  der  Dichter  so? 
Weil  die  wirklich  berechtigte  Klage  allein  schon  eine  Anklage  gegen  Gott  ist 
und  Hiob  das  Recht  giebt,  Gott  nach  dem  Grund  und  Zweck  seines  Verfahrens 
zu  befragen.    Selbst  wenn  Hiob  gesündigt  (7  21),  kann  das  noch  kein  Grund 
sein,  ihn  so  fürchterlich  zu  misshandeln.    Es  liegt  dem  Dichter  daran,  das 
menschliche  Elend  an  und  für  sich  (s.  zu  Gap.  7  1)  in  seiner  nackten  Wahrheit 
und  Unbegreiflichkeit  festzustellen  und  es  gegen  die  Vollkommenheit  der  Welt 
und  Weltregierung  zeugen  zu  lassen.    Die  kläglichen  Versuche,  das  Elend  aus 
der  Sünde  der  Menschen  zu  erklären,  muss  er  zwar  berücksichtigen,  macht  das 
aber  meist  durch  die  Reden  der  Freunde  ab;  sein  Hiob  spricht  vorerst,  wie  in 
Cap.  3,  so  auch  hier  gar  nicht  von  der  Sünde,  v.  29  Kehrt  euch  her  (nicht:  be- 
kehrt euch),  nicht  geschehe  ein  Unrecht,  indem  ihr  nichts  mehr  von  mir  wissen 
wollt  und  dem  Unglücklichen  nicht  Gehör  gebt.  Eliphas  hatte  Cap.  5  I6  Hiobs 
Reden  als  nblj?  bezeichnet,  Hiob  nennt  ihr  Stillschweigen  so.    Ja ,  Iwhrt  euch 
her,  noch  ist  mein  Hecht  darin ,  bin  ich  berechtigt,  so  zu  reden,  wie  ich  thue. 
Mehrere  Exegeten  wollen  *n  für  nn  schreiben,  aber  das  ist  keine  Verbesserung, 
denn  wie  aus  dem  noch  hervorgeht,  denkt  Hiob  nicht  an  seine  Unschuld,  als 
wenn  künftige  Sünden  sie  zerstören  konnten,  sondern  an  die  Richtigkeit  seiner 
Ausführungen;  auch  v.  28'^  und  v.  30  beweisen  das;  das  Suö\  von  «13  auf  nblj; 
zu  beziehen,  konnte  doch  keinem  vernünftigen  Menschen  einfallen.         30  Cap. 
7l  Ist  denn  auf  meiner  Zunge  das  Unrecht,  wie  Eliphas  5  ig  andeutete,  rede 
ich  frevelhaft,  wenn  ich  frage,  wozu  das  Elend  in  der  Welt  ist?   Oder  rede  ich 
sinnlos:  Unterscheidet  nicht  (d.  h.  kann  nicht  unterscheiden)  mein  Gaumen  das 
Ungtücli?  das  wie  Cap.  G  6  als  ungeniessbare  Speise  gedacht  wird.  Ja,  hat  nicht 


Hi  7 1  41  >  Hi  7 » 

überhaupt,  fährt  Cap.  7  i  fort,  der  Mensch  einen  Frohndienst  auf  Erden? 
gleicht  sein  Lehen  nicht  dem  eines  Lölinersy  Ein  wiclitiger  Satz,  den  mehr  der 
Dichter  spricht,  als  sein  Held.   Der  Dichter  nmss  in  einer  unglückHchen  Zeit, 
wahrscheinhch  auch  in  eigener  unglücklicher  Lage  gelebt  haben  vgl.  Cap.  9  24. 
«2^  l)edeutet  meist  die  ausziehende  Kriegsschar,    dann  den  Kriegszug  und 
Kriegsdienst  mit  seinen  Strapazen,  dann  überhaupt  einen  harten  Dienst  (Jes 
40  2);  der  Löhner  kann  ein  Kriegssöldner  sein  (Jes  16  u),  ist  aber  hier  eher 
ein  besitzloser  Tagelöhner,  der  am  Abend  abgelöhnt  wird  und  mit  dem  Sklaven 
ein  und  dieselbe  Arbeit  verrichtet.     Vermutlich  hat  auch  der  Dichter  hart 
ums  Brot  arbeiten  müssen.   Für  h)l  des  Ktib  will  Qre  das  poetischere  '*??. 
2  3  bilden  einen  Satz.  Wie  ein  Sklave,  der  in  der  Sommerhitze  arbeiten  muss, 
wie  ein  Tagelöhner,  der  in  der  Erntezeit  zugezogen  wird  und  neben  ihm  ar- 
beitet und  auf  den  Abend  wartet,  wo  ihm  seine  Löhnung  ('?J?'D  wie  Jer  22  la, 
gewidinlich  n'jj;?)  gegeben  wird,  so  v.  3:  bin  ick  erben  j/eininlit  irorden.  nuisste 
ich  erben,  Monde  des  l  nheils.  T>ie  yUc/i/e  des  Elends  überschreiten  eigentlich 
die  Bilder  in  v.  2  und  senilen  wohl  zu  v.  4  überleiten.  Das  "h  hinter  ^n'pnjH  wird 
von  Siegfried  wohl  mit  Recht  gestrichen.  Wenn  der  Vf.  nicht  ',30  gemeint  hat, 
so  weist  das  WO,  man  hat  zugeteilt,  unbestimmt  auf  Gott  hin  (s.  zu  Caj).  3  20). 
4  scheint  ein  ganzer  Vierzeiler  gewesen  und  im  hehr.  Text  verstümmelt  zu  sein, 
LXX  las  nach  'niO«  noch:  ^F\üp_  D«1  CV  ^no,  ferner  nnj;  'no  für  yi^O.    Dieser 
Text  ist  besser  als  der  massor.,  mir  dass  üV  ^no  zu  kurz  für  einen  Stichos  ist. 
Wir  nehmen  aus  dem  hebräischen  Text  ein  ülptJl  hinzu  und  erhalten  so  das 
Tetrastich:    Wen/t  ich  mich  nicderleiic ,  .sni/c  ich:  Wann  /ist  es  Tnii ,  dass/  ich 
aufstehe,  find  trenn  ich  (iiifslehe:/  (rann  ist  es  Abend '^  Ind  werde  satt  ntn 
inrnhe  bis  zur  Dihnnierinijf.    So  verschwindet  auch  das  Tip,  er  mi>st,  das 
keinen  Sinn  giebt.    Hiob  hat  Tag  und  Nacht  keine  Kühe,  ist  noch  schlimmer 
daran  als  ein  Sklav.         5  6  Der  Leib  des  Aussätzigen  ist  mit  Fäulnis  innl 
Kruste,  mit  fauligen  Geschwüren  und  Borke,  bedeckt.   ^'"'3,  ö.-.  lt'(..  vom  (^re 
nach  dem  nachbibl.  Hebräisch  mit  ü  geschrielien,  bedeutet  eigentlich  Scholle 
und  scheint  durch  IDj;  eiklärt  werden  zu  sollen,  das  den  Stichos  überfüllt  und 
zu  streichen  ist  (so  auch  Beek)-   Hiol)s  Haut  trird  steif  und  zer/liesst,  d.  h.  die 
Geschwüre  erhalten  eine  Borke  und  brechen  dann  wieder  auf.     y^")  steht  in 
seiner  urspr.  Bedeutung  gerinnen,  aus  der  die  andere:  ruhig  werden  abgeleitet 
ist.    Für  DSß'^  ist  DQ'.  von  DDO  zu  lesen.  Obwohl  dem  Ge<iuälten  Tag  und  Nacht 
so  lang  werden  (v.  4),  so  sind  seine  Tage  v.  6  doch  flüchtiger  als  ein  Weber- 
schitf  (9  25:  als  ein  Läufer)  und  schirinden  hin  in  llnlfnunnsiosiijkeit,  da  Gene- 
sung ausgeschlossen  ist.    Es  ist  kein  psychologischer  Widerspruch,  wenn  Hiob 
hier  über  sein  heraneilendes  Ende  klagt,  dagegen  Cap.  6  8 ff.  den  Tod  begehrt; 
hier  ist  er  nicht  so  hingerissen  von  augenblicklicher  (^ual.    Ob  er  im  folgenden 
Vierzeiler  7  8  Eliphas  oder  Gott  anredet,  das  ist  nicht  absolut  sicher  zu  ent- 
scheiden, das  letztere  aber  viel  wahrscheinlicher  (vgl.  v.  8  mit  22).   Dem  iie- 
denke  doch  (LXX  las  N3  12r>  liegt  der  Wunsch  zu  Grunde:  verfahre  doch 
nicht  so  erbarmungslos  mit  mir  schwachem  Wesen,  dessen  Leben  nur  ein 
Hauch  ist,    bald  für  immer  zerstört.    Das  ^3  wirkt  noch  nach  in  den  drei 
weiteren,  wehmütig  mahnenden  Stichen:  Hiobs  Auge  wird  nie  wieder  Gutes 


Hi  7  8  42  Hi  7  10 

sehen  (9  25),  glückliche  Tage,  da  die  Krankheit  immer  bösartiger  ihm  zusetzt; 
hald  wird  v.  8  das  Auge  dessen,  der  mich  sieht,  der  ihn  kennt,  ihn  nicht  mehr 
erblicken,  da  er  gestorben  sein  wird,  ja  auch  Gottes  Auge  nicht,  wenn  es  sich 
auf  ihn  richtet.  "•tiT  bedeutet:  der  mich  gewöhnlich  sieht,  mit  mir  verkehrt, 
mein  Bekannter  vgl.  Cap.  20  7  und  Ps  31 12,  wo  es  neben  Nachbarn  und  Be- 
kannten steht;  es  ist  gesetzt  für  "')}^^  wegen  des  Gegensatzes  zu  ''i'^l^n,  welch 
letzteres  Wort  im  Hiob  sehr  beliebt  ist.  Die  ursprüngliche  LXX  lässt  v.  8 
aus,  vielleicht  nur  in  Folge  eines  Versehens,  da  der  Anfang  dem  von  v.  7''  sehr 
ähnlich  sieht  und  so  das  Auge  des  Abschreibers  betrog;  ihn  zu  streichen  liegt 
kein  Grund  vor.  Wichtig  ist  die  Äusserung:  deine  Augen  werden  sich  auf 
mich  richten;  in  der  augenblicklichen  wehmütigen  Stimmung  taucht  halb  un- 
bewusst  und  unwillkürlich,  als  Nachwirkung  einer  früheren  besseren  Zeit,  der 
Gedanke  auf,  dass  Gott  doch  noch  einmal  eine  Regung  der  alten  Güte  und 
Huld  gegen  seinen  Knecht  spüren  und  sich  dann  nach  ihm  umsehen  werde. 
9  10  bildet  einen  ruhigen,  aber  düsteren  Abschluss.  Es  schwand  die  Wolke 
lind  ging  dahin  (zu  ^b^l  s.  Ges.-Kautzsch  §  69  A.  1  8),  vom  Horizont  gleichsam 
in  die  Unterwelt  hinabgesunken  oder,  wie  die  LXX  sagt,  weggefegt  vom 
Himmel,  so  steigt ,  wer  zu  Scheol  hinahfuhr,  nicht  wieder  herauf.  Die  Vor- 
stellung von  Scheol  (stets  fem.  und  ohne  Art.,  eine  Art  nom.  propr.  für  das 
unterirdische  Totenland)  ist  gewiss  jünger  als  diejenige,  dass  Körper  und 
Seele  ins  Grab  gehen,  wechselt  mit  dieser  aber  beständig  ab,  ohne  dass  es  zu 
einer  klaren  Auseinandersetzung  käme,  etwa  in  dem  Sinne,  dass  ein  Teil  des 
Menschen  im  Grabe  bliebe,  ein  anderer  tiefer  in  die  Unterwelt  hinabstiege. 
Hier  ist  die  Nennung  des  kosmischen  Totenlandes  statt  der  Familiengruft 
(3  14£f.)  am  Platz,  schon  wegen  des  kosmischen  Bildes  von  der  Wolke,  aber 
auch,  weil  ein  möglichst  grosser  Abstand  zwischen  das  Diesseits  und  das  Jen- 
seits gelegt  werden  soll.  v.  10  Er  kehrt  nicht  mehr  zurück  zu  seinem  Haus 
—  hier  sieht  man,  dass  das  Grab,  dasjalJT'^S  ist,  vgl.  zu  Cap.  3  14,  nicht  gepasst 
hätte  —  und  nicht  erkennt  ihn  ferner  seine  Stätte,  wenn  er  nämlich  doch,  als 
Geist,  als  Gespenst,  zurückkehrte.  Er  ist  seinem  eigenen  Haus  fremd  geAvorden, 
es  Avill  nichts  mehr  von  ihm  Avissen,  er  hat  sein  Recht  und  seine  Zugehörigkeit 
zu  seiner  Familie  verloren,  ist  so  gut  wie  nichts  mehr.  Hier  wird  wieder  der 
Unsterblichkeitsgedanke  abgewiesen. 

Damit  ist  nicht  bewiesen,  dass  dieser  Gedanke  nun  auch  spater  nicht  vorkommen 
kann.  Im  Gegenteil,  ein  aufmerksamer  Leser  wird  gei-ade  aus  der  Absichtlichkeit,  mit 
der  Hiob  immer  wieder  auf  die  trostlose  A''oi'stellung,  dass  mit  dem  Tode  alles  aus  sei, 
zurückkommt,  den  Verdacht  zu  schöpfen  geneigt  sein,  er  unterdrücke  damit  eine  ins- 
geheim sich  stets  neu  regende  Hoffnung,  es  möchte  sich  doch  anders  verhalten.  Hat  frei- 
lich Hiob  einen  Keim  von  solcher  Hoffnung  in  sich,  so  muss  er  zunächst  unterdrückt 
werden,  weil  sonst  das  Hauptproblem,  ob  das  diesseitige  Lebensgeschick  und  der  Welt- 
lauf mit  den  überlieferten  Vorstellungen  von  Gott  und  seiner  "Weltregierung  in  Einklang 
zu  setzen  sei,  gar  nicht  scharf  behandelt  werden  könnte.  Soll  Hiob  der  optimistischenWelt- 
ansicht  und  der  hen-schenden  Lehre  von  Sünde  und  Vergeltung  auf  den  Leib  rücken,  so 
darf  er  ihr  nicht  selbst  die  Ausflucht  in  die  Hände  spielen,  dass  da,  wo  Frömmigkeit  und 
Geschick  dauernd  im  Missverhältnis  stehen,  das  Jenseits  ausgleichend  eingreife,  zumal  da 
die  Freunde  und  mit  ihnen  die  Theologie  ihrer  Zeit  ohne  eine  solche  Ausgleichung  durch 
das  Jenseits  auskamen.    Übrigens  ist  hier  wohl  nicht  so  sehr  die  überlegende,  drama- 


Hi  7  10  43  Hi  7  14 

tische  Kunst  des  Dichtirs  im  Spiel,  als  der  Umstand,  dass  er  selber  dem  rnsterUichkeits- 
gedanken  thatsächlich  so  gejfenülxM-  steht  wie  sein  Held,  nämlich  mit  einem  Herzen,  das 
ihn  gern  ^lauhte,  abrr  mit  einem  A'erstand  und  mit  einer  Erziehung,  die  ihm  den  Glauben 
fast  unmöf^licli  machen.  Daher  sein  bi-ständiges  Ausstrecken  und  Zuriickziehen  der  Hand, 
die  den  Schleier  lüften  möchte,  daher  besonders  die  immer  wiederkehrende  Andeutung, 
dass  es  Gott  selber  befremden  müsse,  voij  einem  Menschen,  an  den  er  gewohnt  war.  für 
immer  getrennt  zu  sein.  Die  schwächste  Andeutung  dieser  Art  hatten  wir  v.  8,  die  nächste 
stärkere  bildet  den  Hühenpunkt  des  folgenden  Abschnittes. 

11—21  In  dem  vorigen  Abschnitt  "war  Hiobs  Sprache  allmählich  immer 
ruhij^er  ^'eworden,  das  ^'rosse  Yerhänjfnis,  das  schliesslich  alle  Menschen  ins 
Land  der  Toten  liinabzieht,  hat  ihm  etwas  von  jener  elejiischen  Stimmunj; 
auitgeteilt,  die  jeden  Sterblichen  beim  Überdenken  seines  Loses  ergreift.  Aber 
eben  der  Tod  ist  doch  auch  die  vollendete  Hott'nun<;slosi<;keit,  für  Hiob  lühl- 
barer  als  jeden  anderen,  da  er  vor  der  Zeit  sterben  muss  und  zu  einem  langen 
Todeskampf  verurteilt  ist.  Die  (^ual  ergreift  ihn  aufs  Neue,  die  körperliche 
■wie  die  ^eistifi;e,  und  so  bricht  er  in  neue  verzweifelte  Klaj^en  aus  und  wieder- 
holt sein  Warum  noch  viel  kühner  als  in  Ca]).  3.  11  12  S<i  irill  auch  ich  nicht 
'iiiri'ichluilh'ii  meinen  Mund!  Hott'nun«^  fiiebts  nicht  mehr;  lässt  Gott  mich  ver- 
derben, so  will  ich  auch  sauen,  was  ich  dabei  fühle,  v.  11''  und  •"  sind  otfenbar 
Dubletten,  jedoch  in  einander  ^esch(d)ene;  wir  behalten  das  erste  und  die 
beiden  letzten  AVörter  bei,  trotzdem  oder  vielmehr,  weil  sie  sich  auch  Cap.  10  i 
finden,  avo  sie  niimlieh  unecht  und  also  wohl  aus  unserer  Stelle  citiert  sind:  die 
ursi)rünij;liche  IjXX  hat  el)enl:ills  die  wej:fallenden  Wörter  nicht,  mit  Aus- 
nahme von  1^3,  das  al)er  Variante  /u  1D2  ist  (Bickell):  Ich  irill  retten  in  der 
liillerkeil  meiner  Seele,  in  meiner  verzweifelten  Stinimuni:.  v.  \-2:  Hin  ich  ein 
Meer  oder  ein  Meeresdrnche,  dns.s  du  wider  mich  eine  Wache  anfslellsl'^  AVas 
das  heissen  soll,  wird  aus  v.  17  tV.  klar:  Hiob  fühlt  sich  von  Gott  unter  scharfe 
Aufsicht  f^enommen.  das  merkt  er  an  seinen  Leiden;  so  scharf  ist  diese  Auf- 
sicht, als  wäre  er  ein  ^gefährliches  Un<jeheuer,  das  jeden  Au.uenblick  Schaden 
anzurichten  drolit.  Unter  dem  IVleer  verstehen  Manche  den  Nil  (Jes  1 9  5),  unter 
dem  l'ngeheuer  das  Krokodil;  der  Nil  wurde  nach  Hkrod.  II  99  wirklich  be- 
wacht, um  eine  tberschwemmung  von  Memi>his  zu  verhüten.  Aber  es  scheint 
doch,  dass  Gott  selbst  es  ist,  der  die  Wache  ausstellt,  bemerkt  mit  Recht  Dill- 
:maxn;  wie  so  oft  im  Buch  Hiob  h;il)en  wir  auch  hier  eine  Anspielung  auf  eine 
altmythische  Vorstellung:  das  Meer,  mit  dem  das  l'ngeheuer  mehr  oder  weniger 
identisch  ist,  stellt  die  gottfeindliche  chaotische  Urmacht  vor,  vgl.  zu  Cap.  3  7; 
es  ist  zwar  in  der  Urzeit,  als  die  Erde  entstand,  von  Gott  besiegt  Ca}).  'Jt)  Jes 
51  9,  aber  noch  immer  zu  einem  neuen  Ansturm  gegen  Gott  und  die  Welt  des 
Lichts  bereit  und  daher  zu  bewachen.  In  dem  babylonischen  Weltschöpfungs- 
epos, übersetzt  von  Fkiedh.  Delitzsch  1H9G,  heisst  es  nach  der  Erzähliini,'  von 
der  Besiegung  der  Dinn  durch  den  Gott  Marduk  S.  1<>8:  Er  %nu  einen  liiejfel. 
Einen  Wächter  im.slierte  er,  Ihre  Wasser  nicht  heranszulnssen.  lieorderte  er 
sie.  Ähnliche  Vorstellungen,  vielleicht  auch  von  Babylonien  her  l>eeint1usst, 
hatte  man  gewiss  auch  an  der  i)alästinensischen  Küste,  wo  man  von  dem  Un- 
geheuer erzählte,  das  die  Andromeda  verschlingen  wollte.  13  14  Wenn  ich 
denke,  trösten  soll  mich  mein  1,'etf.  Mittraf/en  (zu  2  N'J?1  s.  Ge^.-Kautzsch 


Hi7l4  44  Hi7l& 

§  119  lu)  soll  an  meiner  Kliufe  mein  Lager,  wenn  er  im  Schlafe  Rulie  zu  finden 
hofft,  So  (inystifj.st  ilu  mich  durch  Träume  in d  ans  (LXX:  in)  Gesichten  er- 
schreckst du  mich,  so  quälen  den  Aussätzigen  „schwarzgallige  Träume",  die 
direkt  auf  Gott  zurückgeführt  werden  und  als  Zeichen  seiner  Feindschaft,  als 
Yorherverkündiger  neuer  Leiden  gelten.  Zu  der  Pausalaussprache  "'ifiy^n,  s. 
Ges.-Kautzsch  §  60  A.  2.  15  16  sind  reich  an  Schwierigkeiten.   In  v.  15  a 

kann  das  Yerbum  nicht  2.  p.  m.,  sondern  nur  3.  p.  f.  sein:  So  zöge  meine  Seele 
Erwürgung  vor.  sofortiges  Ersticken,  von  dem  sich  der  Aussätzige  oft  bedroht 
fühlt,  da  sein  Kehlkopf  mit  Geschwüren  bedeckt  und  seine  Lunge  durch  die 
Erkrankung  der  Haut  überlastet  ist.  Li  v.  15''  ist  mit  vielen  Exegeten  "TiD^J^ö 
zu  lesen,  da  der  Ausdruck  meine  Knochen  schwerlich  bedeuten  kann:  mein 
Leben  in  diesem  Körper.   Da  beide  Stichen  ungleichartig  sind,  so  ziehen  wir 
mit  Beiske,  Mekx,  Siegfeied  ''r^tpfrillp  aus  v.  16,  wo  es  keinen  Sinn  giebt,  zu 
V.  15  hinüber:  Den  Tod  verachte  ich  vor  meinen  Schmerzen.   Den  Tod  fürchtet 
der  Mensch,  und  auchHiob  tlmt  das,  aber  seine  Schmerzen  sind  so  gross,  dass 
er  jenen  schlimmsten  Feind  verachtet,  die  Todesangst  verloren  hat  (]??,  wegen, 
nicht  im  komparativen  Sinn,  da  Hiob  die  Schmerzen  nicht  auch  verachtet). 
An  Selbstmord  denkt  Hiob  nicht,   v.  16:  Nicht  auf  ewig  werde  ich  leben;  die 
LXX  hat  noch  das  letzte  Sätzchen  von  6  ii:  dass  ich  mich  geduldigte,  Avas 
nicht  mehr  in  denStichos  geht,  aber  zu  dem  Gedanken  gut  passt.   Denn  v.  16-^ 
will  nicht  sagen:  ich  will  nicht  länger  leben,  das  geht  hervor  aus  v.  16'':  Lass 
ab  con  mir,  denn  ein  Hauch  sind  meine  Tage,  ich  kann  diese  Qual  nicht  mehr 
lange  aushalten,  darum  schone  meiner.   Der  ganze  Vierzeiler  sagt:  ich  möchte 
lieber  sterben,  als  länger  so  leben  v.  15,  ich  kann  es  auch  nicht  lange  mehr  aus- 
halten, darum  gewähre  mir  jetzt  Kühe  v.  16.   Der  Hauptgedanke  ist  ganz  natur- 
gemäss  nicht  der  Wunsch  zu  sterben,  obgleich  ein  schneller  Tod  eine  Erlösung 
w^äre,  sondern  zu  leben,  aber  erlöst  von  den  Schmerzen.   D'pTyb  ist  eine  auch  bei 
uns  mögliche  Hyperbel.   Jetzt  kommt  wieder  ein  Warum  v.  17  18.  Der  Mensch 
wird  D'^lj^n'?,  D^J^5l'?,  nach  Morgen,  nach  Augenblicken,  d.h.  jeden  Morgen  u.s.w., 
von  Gott  untersucht  (und,  so  muss  man  wegen  v.  21  hinzudenken,  für  jeden 
Fehl  unbarmherzig  gezüchtigt),  warum  denn?  ist  er  ein  so  gewaltiges  Wesen, 
das  wegen  seiner  Gefährlichkeit  beobaclitet  werden  muss  (v.  12)  oder  dessen 
Vergehen   so   gewichtig  sind?   ^'^13  natürhch:  für  gross  halten,   nicht:  grosse 
machen.   In  Ps  8  5,  wo  der  Dichter  der  Gutthaten  Gottes  gegen  den  Menschen 
gedenkt,  ist  der  Satz  von  v.  17  eine  Frage  demütiger  Dankbarkeit,  hier  den 
bittersten  Sarcasmus.   Wird  die  Religion  als  strenge  moralische  Ordnung  auf- 
gefasst,  die  ihm  für  jede  Handlung  und  Regung  volle  Verantwortlichkeit  auf- 
erlegt, so  muss  sie  ihn  erdrücken,  das  weiss  schon  vor  Paulus  unser  Dichter. 
Indessen  enthalten  diese  Sätze  ebenso  wenig  das  letzte  Wort  des  Dichters  über 
Gottes  wahres  Wesen,  wie  seine  bisherigen  Sätze  über  das  Dasein  nach  dem 
Tode  sein  letztes  Urteil  in  der  Unsterblichkeitsfrage  abgeben  (s.  zu  v.  10); 
vielmehr  wird  hier  nur  die  Möglichkeit  erwogen,  dass  Hiobs  Leiden  der  Aus- 
fluss  von  göttlichen  Repressivmassregeln  seien,  und  durch  die  daraus  gezogeneu 
sarcastischen  Folgerungen  eher  indirekt  verneint,  als  l)ejaht.    ]n2  kann  neben 
1j5B  nicht  bedeuten:   durch  Leiden  prüfen,  sondern  nur:  auf  Sünden  prüfen, 


Hi  7  19  45  Hi  7  Jl 

Avoiaiit'  dann  die  Leiden  als  Reaktion  Gottes  erfolgen.  19  20  setzt  das 

Waruin  in  m  »cli  hittererer  und  verzweifelterer  "Weise  fort:  H'/V  Innj/t'  (eigentlieli : 
Avie  viel,  no'Hj;  oder  auch  HO  ^3  zu  lesen,  ist  wohl  nicht  nötig)  hlirlisl  du  iiirlif 
ircj)  ro/t  mir?  —  sonst  gilt  ja  Gottes  Herhlicken  als  eine  Gnade,  al)er  wenn  er 
ein  strenger  Inquisitor  ist,  so  ist  es  eine  (^ual.  Lässesl  iiiich  nichl  los,  hi.s  ich 
meinen  Si>eicliel  fiesc/ilmkl  Inilie?  eine  Frage,  die  allerdings  an  vorgehendes 
no  ^2  sich  besser  anschlösse.  Der  von  Gott  vorgenommene  Mensch  schluchzt 
in  seiner  Angst  und  kann  deshalb  nicht  reden,  wenn  er  sich  verantworten  soll; 
unbarndierzig  ist  es,  darauf  nicht  Rücksicht  nehmen  zu  wollen  und  in  einem 
fort  weiter  zu  foltern.  Zu  'V^a  mit  i  s.  Ges.-Kautzsch  sj  61c.  v.  20'  übersetzt 
man  \lKün  mit  Recht  als  Bedingungssatz:  habe  ich  gesündigt;  dagegen  ist 
zweifelhaft,  ob  das  Folgende  bedeutet:  was  kann  ich  dir  (damit  Schaden)  thun. 
<ider:  was  soll  ich  dir  (dafür  zur  Genugthuung)  thun.  Bei  der  meist  angenom- 
menen ersten  Fassung  passt  der  Satz  zur  Not  in  den  Zusammenhang,  bei  der  zweiten 
weniger.  Die  unpoetische  Form  macht  aber  v.  2n-'  verdächtig,  und  wahrschein- 
lich ist  er  der  Ausruf  eines  Lesers,  den  der  Gedanke  an  Gottes  Wachsamkeit 
und  unerbittliche  Strenge  erschreckte.  Die  Vorstellung  von  (Jottes  rnbarm- 
lierzigkeit,  zu  der  Hiob  gelangen  nmss,  wenn  er  die  Sünden  als  Anlass  seiner 
Peinigung  betrachten  soll,  spricht  noch  einmal  mit  steigender  Klimax  v.  2<>'' 
aus:  warum  machst  du  mich  für  dich  zum  J?iSD,  zum  Gegenstand  des  Angrifts, 
vgl.  Cap.  16  12.  Im  letzten  Stichos  wird  jetzt  ziemlich  allgemein,  z.  B.  auch 
von  Delitzsch,  "h^^  in  '^'hv  verwandelt;  die  Stelle  gehitrt  zu  den  18  Fällen,  in 
denen  nach  jüdischer  l'berlieferung  der  ursprüngliche  Text  (aus  dogmatischer 
Scheu)  durch  die  D^"1D1D  geändert  wurde.  Also:  Wnnim  ininle  ich  dir  •;•///•  Lnsl. 
Diese  Frage  hebt  das  Persönliche  und  das  "Willkürliche  in  Hitdts  jetziger  Be- 
handlung durch  (lOtt  hervor:  wenn  (Jott  früher  zur  Zeit  seines  Glückes  uml 
ebenso  bei  den  übrigen  Menschen  doch  gerade  soviel  Veranlassung  zum  Strafen 
gehabt  hätte,  so  muss  er  s'eit  der  Zeit,  wo  er  Hi(d)  so  jx-inigt.  seiner  über- 
drüssig geworden  sein  —  warum  denn?  ^fan  merkt,  dass  auch  hier  Hiob  eigent- 
lich geneigt  ist,  die  rrsache  in  Gott  zu  suchen.  Der  Ausdruck:  dir  zur  Last 
ist  zugleich  eine  Erinnerung  an  die  Zuneigung,  die  Gott  früher  zu  Hiob  hatte, 
und  leitet  damit  zu  dem  letzten  Vierzeiler  v.  21  über:  t  nd  irarnm  rerniehst 
du  mir  mein  Xeniehen  nicht  l  nil  idterfjeh.st  (eigentlich:  lassest  vorbeigehen) 
meine  Schuld?  Ein  kühner  und  schimer  Satz.  Hiob  ist  sich  bewusst.  dass  er 
nicht  absichtlich  gesündigt  habe,  die  unal)siciitliche  Siinde  konnte  er  gar  nicht 
vermeiden  —  warum  wird  sie  nun  plötzlich  so  aufgebauscht  und  so  fürchterlich 
bestraft?  "Wenn(Jott  sie  nicht  dulden  kann  zwischen  sich  und  dem  Menschen, 
muss  er  sie  dann  durch  ein  solches  AVüten  ahnden,  könnte  er  sie  nicht  durcii 
Vergebung  beseitigen?  Liegt  da  eine  plötzlich  entstandene  unerklärliche  böse 
Laune  (lottes  zu  (üunde?  Der  Satz  ist  ein  Protest  gegen  die  ^feinung  der- 
jenigen, die  die  Sünde  zum  Haupttaktor  in  der  Religion  und  zum  Regulator  der 
Beziehungen  zwischen  Gott  und  den  ^Menschen  machen.  Wenn  der  Mensch 
mit  seinem  innersten  Wesen  und  ganzen  Wollen  zu  (Jott  hält,  dann  s(dlte  die 
freilich  unzweifelhafte  Thatsache.  dass  er  in  Schwadüieit  sündigt,  Got  te.s  Freund- 
schaft ihm  gegenüber  nicht  anfechten  können.   Kann  sie  es  auch  nui-  vorüber- 


Hi  7  21  46  Hi  8  3 

gehend,  so  sind  doch  leicht  die  Folgen  unheilhar:  Denn  jetzt,  zum  Staube 
werde  ich  mich  legen,  lud  suchst  du  mich,  bin  ich  dahin!  Suchst  du  mich  — 
wieder  ein  prächtiger  kühner  Gedanke!  Gott  muss  doch  einmal  wieder  anderen 
Sinnes  werden,  zu  seiner  ursprünglichen  Zuneigung  zurückkehren,  aber  dann 
möchte  es  zu  spät  sein,  dann  hätte  er  zu  bereuen.  Ein  Anthropomorphismus, 
wie  er  nur  aus  lebendiger  Religion  hervorgehen  kann.  In  einer  finsteren  Laune 
ist  Gott  seines  Lieblings  überdrüssig  geworden  und  hat  ihn  beseitigt,  später 
wird  er  ihn  vergebens  zurückwünschen. 

Wenn  wir  den  Dichter  kühn  nennen,  so  ist  er  es  freilich  nur  in  seinem  Gegensatz 
zu  der  Theologie  seiner  (und  unserer)  Zeit.  An  sich  war  schon  die  ältere  Religion  Israels 
wie  alle  unverkümmerte  Religion  eine  Freundschaft  zwischen  einem  Gott  und  seinen 
menschlichen  Angehörigen  gewesen,  aber  missverstandene  Strafreden  der  Propheten,  Auf- 
stelluno'  eines  o-esetzlichen  Vollkommenheitsideals,  endlich  und  vor  allem  die  schwere  Ge- 
schichte, die  das  Volk  durchmachte  und  nur  durch  Gottes  Zorn  über  seine  Sünden  zu 
erklären  wusste,  brachten  jene  moralische  Ängstlichkeit  zu  AVcge,  die  hinter  jedem  Miss- 
geschick eine  Sünde  witterte  und  sich  in  die  Freiheit  der  Kinder  Gottes  nicht  hinauf- 
zuschwino-en  vermochte.  Unser  Dichter  kann  unter  dem  Druck  der  bösen  Geschicke, 
unter  denen  auch  er  leidet,  die  arglose  Freudigkeit  der  alten  Zeit  nicht  mehr  besitzen, 
aber  seine  sittliche  Wahrhaftigkeit  empört  sich  gegen  die  Zumutung,  wegen  seiner  Leiden 
sich  selbst  zu  verdammen,  und  sein  religiöses  Fühlen  hilft  ihm,  sich  allmählich  zurück- 
zutasten  zu  einem  Gott,  der  kein  Inquisitor  ist,  sondern  der  treue  Freund  seiner  Freunde. 

Cap.  8.   Rede  Bildads. 

Die  beiden  jungen  Freunde  werden  vom  Dichter  hinter  Eliphas  zurückgestellt  und 
machen  einen  weniger  günstigen  Eindruck.  Bildad  kann  sich  nicht  wie  jener  auf  eigene 
Offenbarungen,  aber  auch  nicht  einmal  auf  eigene  Gedanken  stützen,  er  beruft  sich  auf  die 
Lehre  und  Erfahrung  der  Väter.  Diese  sagt,  dass  der  Gottlose  zu  Grunde  gehen  müsse, 
woraus  folgt,  dass  die  zu  Grunde  Gegangenen,  so  die  Kinder  Hiobs,  gottlos  waren.  Ist 
also  Hiob  unschuldig  und  wendet  er  sich  im  Gebet  zu  Gott,  so  wird  es  ihm  ganz  gewiss 
nicht  blos  wieder  gut  gehen,  sondern  ihm  auch  eine  glänzende  Entschädigung  zu  Teil 
werden.  Die  Gedanken  Bildads  «ind  hausbackener,  seine  Ä.uffassung  von  Glück  und  Un- 
glück noch  mechanischer,  als  die  des  Eliphas  und  decken  sich  mit  jener  Vergeltungslehre, 
die  seit  dem  Deuteronomium  herrschend  wurde.  Besonders  deutlich  erkennt  man  bei  ihm 
den  schon  hervorgehobenen  Gegensatz  zwischen  Hiob  und  seinen  Freunden:  während  Hiob 
meint,  Gott  müsse  sich  in  seinem  Verhalten  geändert  haben,  bleibt  für  Bildad  der  gerechte 
Gott  eine  konstante,  unbewegliche  Grösse,  und  allein  des  Menschen  Verhalten  ist  der 
variable  Faktor.    In  dem  ersten  Abschnitt 

Cap.  8  3-y  wird  eigentlich  schon  alles  gesagt,  was  von  diesem  ärmlichen 
Gesichtspunkt  aus  gesagt  werden  kann:  Gott  ist  gerecht;  ist  also  Hiob  recht- 
schaffen, so  kann's  nicht  fehlen.  2  3  Der  nüchterne  Bildad  nimmt  sehr 
natürlicher  Weise  Anstoss  an  Hiobs  Leidenschaftlichkeit  v.  2  (]«  selten  für 
nJWj  und  an  der  Anzweiflung  der  Gerechtigkeit  Gottes  v.  3,  die  er  aus  jenem 
Warum  Hiobs  heraushört,  obwohl  Hiob  viel  höher  hinauf  nach  Gottes  Liebe 
geforscht  hatte.  Da  der  Dichter  v.  3  schwerlich  zweimal  ni„V."l  geschrieben  hat, 
vgl.  LXX,  so  lesen  wir  im  zweiten  Stichos  njr,,  vgl  Cap.  33  27;  zum  ersten 
Stichos  vgl  Cap.  34  12.  Der  Hauptton  beider  Stichen  Hegt  auf  dem  Begriff 
Gott.  Gott,  der  Allmächtige,  kann  das  Eecht  nicht  verdrehen;  was  dem  Hiob 
widerfahren  ist,  kann  kein  Unrecht  sein,  weil  es  von  Gott  kommt.  Bildad  hat 
das  nicht  unrichtige  Gefühl,  dass  Hiob  in  Cap.  7  nff.  an  den  Satz  streifte: 


Hi83  47  Hi8o 

suiiJiiiii  ju^titill  suiiiiua  injuria.  4  5  Der  erste  Vers  muss  Vordersatz  zum 

folgenden  sein,  denn  für  sich  allein  giebt  er  keinen  vernünftigen  Sinn,  da  dann 
V.  4''  Nachsatz  sein  niüsste:  Bildad  keimt  ja  aher  den  l'ntergang  der  Kinder 
Hiobs,  kann  ihn  also  nicht  erst  durch  eine  Schlussfolgerung  aus  der  ihm  nicht 
bekannten  Sünde  feststellen;  anders  Aväre  es  wenn  es  hiesse:  deine  Kinder 
haben  gesündigt,  wenn  (Jott  sie  preis  gab,  oder:  wenn  deine  Kinder  starben, 
so  gab  (jiott  sie  hin  u.  s.  w.  Demnach:  \\\'/in  ilciiic  htndcr  (jcficn  ihn  süiuliifteii, 
lud  er  sie  hingab  (eigentlich:  entliess)  in  die  (ieiralt  ilircs  ViTtjchcns ,  das 

den  ihm  Verfallenen  notwendig  mit  seiner  Folge,  dem  l'nter^jang,  behaftet, 

so.  Den  Nachsatz  niuss  v.  ö  bringen,  bringt  ihn  aber  im  hehr.  Text  nicht,  da 
er  wie  v^  6  und  wahrscheinlich  unter  dessen  Eintluss  mit  DK  beginnt.  Ks  ist 
daher  mit  der  LXX  nriSl  /u  lesen.  Nicht  sehr  schön  ist  ferner  in  v.  5  das 
^Kl  "JS  "?«,  zumal  das  "int^  sonst  nie  mit  ^K  verbunden  ist;  die  LXX  hat  die 
beiden  ersten  ^K  nicht.  Vielleicht  schreibt  man  am  einfachsten  ^i'^nt'n  und 
sieht  darin  einen  beabsichtigten  Gegensatz  zu  dem  letzten  Satz  Hiobs  Cap. 
7  21:  So  .suche  du  nach  ihm  l'nd  zum  Mhnäehtif/en  flehe!  Kildad  benutzt  das 
Schicksal  der  Kinder  Hiobs,  das  für  ihn  selbstverständlich  ein  Beweis  für  die 
Vergeltungslehre  ist,  zu  einer  Warnung  und  Mahnung,  es  solle  dem  Hiob  ein 
Sporn  sein,  zur  rechten  Zeit  llettung  zu  suchen,  und  zwar  in  demütigem 
Flehen,  und  ja  nicht  zu  meinen,  dass  (lott  nach  dem  Menschen  suchen  müsse, 
statt  der  Mensch  nach  (lott.  0  7  nennt  zuerst  die  Bedingung,  die  erfüllt 

sein  muss,  wenn  jenes  Gottsuchen  nnd  Beten  Erfolg  haben  soll,  und  beschreibt 
dann  den  letzteren.  Wenn  rein  und  redlich  du  hi.s/,  —  so  .  .  .  Der  Nachsatz 
wird  vom  Bedingungssatz  getrennt  durch  l^^j;  Ty^  nnj?  ''3,  denn  dann  erwacht 
er  über  dir,  das  deutlich  motivierende  (ilosse  eines  Lesers  zu  v.  5  ist:  dein 
Gebet  wird,  vorausgesetzt  deine  Unschuld,  (lott  aus  seiner  Unthätigkeit  er- 
weiken.  Der  Gedanke  des  unthcätigen  Abwartens  Gottes,  mit  dem  ja  oft  genug 
in  den  Psalmen  (z.B.  Ps  :]'->  23)  und  sonst  fz.  B.  Jes(i3  löff.)  die  nicht  vergehende 
Not  erklärt  wird,  soll  begreitlich  machen,  warum  Gott  nicht  schon  längst  ge- 
holfen hat,  und  dass  er  erst  durch  Hiobs  Schreien  aufgeweckt  werden  muss; 
das  passt  aber  herzlich  schlecht  in  den  Gedankengang  Fildads.  Die  LXX  hat 
iliese  (ilosse  nicht,  dafür  eine  andere:  er  ^\ird  diin  (Jebet  erlu'h-en.  »/  sfe/it 
er  her  die  \\'(dinun<i  deiner  (lerechliiihcil ,  eine  solche  Wohnung,  an  deren 
Wolilstand  man  die  durch  Gott  anerkannte  ( Jerechtigkeit  erkennt,  v.  7:  f'ud 
es  trird  dein  Anfiinfi  ein  (lerinues  sci/t,  /Joch  deinen  Austjunt/  macht  er  sehr 
f/ross.  Da  n"'*ins  lern,  ist,  muss  man  mit  Olshausex  und  Siegfried  das  Hiph. 
nsb^  lesen.  Der  An/an//  bezeichnet  Hiobs  früheres  Glück  Ca]).  1  2tf.  Ahnliches 
hatte  schon  Eli})has  verheissen. 

S— 22  wird  die  Lehre  der  Väter  mit  den  nötigen  Nutzanwendungen  vor- 
getragen, jedoch  mit  einer  solchen  Betonung  des  (leschickes  des  (i ottlosen, 
dass  man  schon  den  Verdacht  gegen  Hiobs  Unschuld,  den  die  Freunde  später 
unverhüllt  aussprechen,  heranshört,  hat  doch  auch  Bildad  v.  6  nur  hypothetisch 
von  ihr  gesprochen.  S  9  Einleitung  dazu.   ]1B^'l.  mit  '  statt  K;  "in"?  poetisch 

für  1  b^.  Da  ]i"l2,  zu  dem  ^'sh  zu  ergänzen  wäre,  sonst  nicht  so  gebraucht  wird, 
wie  hier  erforderlich  wäre,  so  ist  mit  Olshausen  u.  a.  ]212  zu  lesen.  Für  Dni2K 


Hi8  9  48  Hi8l3 

sclireiben  wir  mit  LXX  ÜUS,  das  mit  dem  allgemeinen  ^egriS  fni/iercs  Ge- 
schlecht sich  offenbar  deckt,  während  das  Suff,  nur  dann  passte,  wenn  vorher 
eine  bestimmte  Generation  gemeint  wäre;  Cap.  15  18  kann  den  Fehler  natürlich 
nicht  schützen.  Buddes  Behauptung,  dass  man  ^3^riiN  statt  niD«  schreiben 
sollte,  wenn  mau  verbessert,  bedarf  keiner  Widerlegung;  natürlich  ist  vor  ni3S 
der  Art.  hinzuzudenken  wie  vor  "l  in.  Warum  soll  Hiob  die  Forschung  (vgl. 
b  27)  der  Väter  liefragen?  Befin  ron  gestern  (1.  mit  Olshausen  u.  a.  '?lor\ö) 
sind  wir  t/nd  unwissend,  Denn  ein  Schatten  (so  flüchtig,  vgl.  Cap.  14  2)  sind 
unsere  Tdf/e  auf  Erden.  Solche  Lehre  zu  erhalten,  wie  sie  v.  ii-is  vorgetragen 
wird,  genügt  nicht  die  Erfahrung  eines  einzigen,  sondern  nur  die  vieler  Menschen- 
leben. Den  Respekt,  den  unsere  Zeit  vor  den  Büchern  hat,  deren  jedes  aus 
hundert  älteren  zusammengelesen  ist,  hat  die  literaturlose  Kultur  vor  der 
Überlieferung  und  dem  Hergebrachten.  Bildad  ist  sich  seiner  Beschränktheit 
bewusst,  schreibt  sie  aber  auch  den  anderen  zu,  die  er,  wie  die  Mittelmässig- 
keit  zu  thun  pflegt,  ohne  Weiteres  für  seines  Gleichen  hält:  eine  häufige  Ver- 
bindung von  Bescheidenheit  mit  unbewusster  Unverschämtheit.  10  ist  doch 
wohl  selbst  für  einen  Bildad  zu  leer;  ausserdem  soll  doch  Hiob  nicht  direkt 
aus  dem  Munde  der  Väter,  sondern  aus  Bikhfds  ]\Iunde  die  Weisheit  der  Vor- 
zeit vernehmen.  Wie  so  oft  ein  "lö^t"!  oder  "ibt?"?  hinzugesetzt  wird,  so  hat  auch 
hier  ein  Späterer  gemeint,  der  Vergesslichkeit  des  Autors  nachhelfen  zu  sollen, 
und  sich  dabei  zu  sehr  an  das  wörtlich  verstandene  fragen  von  v.  8  gehalten. 
11  12  Die  Lehre  der  Väter,  eine  Gleichnisrede  in  volkstümlicher  Art.  Wird 
hoch  Papgrus  wo  kein  Sumpf  ist,  Wird  JSilgras  gross  ohne  Wasser?  WS  ist 
ein  ägyptisches  Wort,  und  auch  Söä  kommt  Ex  2  3;  Jes  18  2  im  Zusammen- 
hang mit  dem  Nil  vor;  der  Dichter  ist  mit  Ägypten  bekannt.  SilJ'''  mit  e  als 
wie  von  7\^  v.  7  s.  Ges.-Kautzsch  §  75,  A.  21a.  Papyrus  kann  auf  nicht- 
sumpfigem Boden  zwar  aufschiessen,  aber  nicht  zu  seiner  vollen  Höhe  (bis  zu 
10  Ellen)  auswachsen.  □*??"'''p3,  Mangels  an  AVasser,  bedeutet:  wenn  ihm  nicht 
genug  Wasser  und  auf  die  Dauer  zu  Gebote  steht.  Der  Gottlose  ist  kein  Baum 
an  AVasserbächen ,  der  auch  zur  Zeit  der  Dürre  Wasser  hat  Jer  17  5 ff",  v.  12: 
Xoch  ist  es  in  seinem  Trief),  wird  noch  nicht  gepßi'ickt  (oder:  ist  noch  nicht  ab- 
pflückbar, vgl.  zu  Cap.  6  6),  Da  ist  es  vor  allem  Grase  dürr,  weil  ihm  i)l(")tzlich 
das  Wasser  ausging.  Hoefmann  will  v.  12  a  das  sb  streichen:  da  wird  es  schon 
gepflückt,  aber  dann  sprechen  die  beiden  Stichen  von  zwei  verschiedenen  Schick- 
salen und  lässt  sich  v.  12-^  mit  v.  11  nur  künstlich  vereinigen.  Nur  soweit  geht 
die  Lehre  der  Väter;  jetzt  giebt  Bildad  die  Nutzanwendung.  Der  erste  Vier- 
zeiler scheint  mir  aus  13  und  20  zu  bestehen.  Hingegen  wird  v.  14-19  ein  Bild 
ausgeführt,  das  dem  von  v.  11  12  zwar  ähnlich  ist,  aber  doch  hinlänglich  von 
ihm  verschieden,  um  beide  auseinander  halten  zu  müssen.  Da  aber  v.  14-19 
deutlich  an  v.  1.3  augehängt  ist,  diese  Anhängung  jedoch  einen  ästhetischen 
und  stilistischen  Fehler  in  sich  schliesst,  so  halte  ich  v.  14-19  für  das  AVerk 
eines  Lesers,  der  sich  ähnlich  wie  Cap.  4  8-n  von  der  Jjust  hinreissen  lässt,  den 
beliebten  Gedanken  vom  Endgeschick  des  Gottlosen  Avciter  auszusi)innen. 
A^  13:  So  ist  das  Ende  aller  Gottrergessenden ,  lad  die  Hoffnung  des  In- 
heiligen geht  zu  Grunde.   Für  nims  liest  LXX  rinns,  was  besser  passt  und 


Hi8l3  49  irif^l9 

vielleicht  auf  v.  7  anspielt.  Hiul)  darf  nur  dauii  Hoffnung  liaben.  wenn  die  Be- 
dingung von  V.  ß  auf  ihn  zutrifft;  er  soll  sich  fragen,  ob  er  nicht  dem  Papyrus 
gleicht,  der  nicht  auf  dem  rechten  Boden  steht.  Das  zweite  Distichon  s.u. 
V.  20.  Der  Einsat/  14-19.  Das  erste  Tetrastich  14  15  schliesst  sich,  wenn 

wenigstens  "1B>«  richtig  ist,  an  v.  13  in  etwas  schwerfälliger  Weise  an.  Da  die 
LXX  einen  ganz  anderen  Text  hat,  su  kami  allerdings  an  der  liichtigkeit  des 
T^kS  gezweifelt  werden;  ob  der  Lnteri)ulator  'h'']^  schrieb?  Bipj,  das  von  mp  — 
Y^p,  Ekel  haben,  oder  von  lDÖp  =  "[^2{p,  abschneiden,  herzideiten  wäre,  giebt  keinen 
Sinn;  ich  lese  dafür  wegen  v.  14''  Wyip,  Spinnefäden  nach  Jes  59  5  6  (so  .auch 
Beer).  Demnach  Kr,  dessen  (oder:  der  Thor,  seine)  Ziirersicht  Spinnpfiiih'n 
sind  Und  dessen  Verlrmien  ein  Spinnenhaiis.  v,  15  sagt  dann,  dass  der  (Gott- 
lose sich  auf  das  Haus  stütze,  dass  es  aber  nicht  Stand  halte.  Buddk  will  in 
ehier  unzeitigen  kritischen  Anwandlung  v.  15  streichen,  wozu  nicht  der  ge- 
rhigste  Grund  vorhanden  ist.  Es  folgt  16  17  die  Beschreibung  einer  Wucher- 
])flanze  im  Garten,  die  dem  Interi»olator  wohl  die  Haui>tsache  war,  Saftitj  ist 
er  vor  der  Sonne,  ausgesetzt  der  Sonnenglut,  die  die  anderen  PHanzen  des 
Gartens  versengt.  Und  über  seinen  (iarlen  (seiiu-n.  weil  er  ihn  mit  Beschlag 
belegt  hat)  zieht  sich  sein  Gespross,  der  Ausdruck  charakterisiert  ihn  als 
AVucherpflanze.  v.  17  ist  schwierig  und  hat  zu  manchen  Konjekturen  Aidass 
gegeben.  Der  Vers  will  augenscheinlich  die  Lebenskraft  d«'r  Pflanze  schildern. 
Indem  wir  für  das  letzte  Wort  mit  der  LXX  n;ni  lesen,  übersetzen  wir:  ( her'm 
lirimnquell  rersch/im/en  sich  seine  Wiirze/n,  Int  Haus  rnn  Steinen  leltt  er.  Zu 
^3  vgl.  zu  Cap,  5:.,  zu  dem  ganzen  Bilde  Gen  AS)i2.  Die  Pflanze  hat  sich  an 
der  ihr  günstigsten  Stelle  des  Gartens,  im  Brunnenhause,  angesiedelt  und 
wächst  an  dessen  Wänden  auf,  im  Steinhaus  besser  gedeihend,  als  andere 
Pflanzen  auf  ihren  Beeten  in  der  Erde,  und  den  ganzen  Garten  überziehend. 
„Geröll-'  und  „Steine"  passen  nicht  zum  Garten,  nötigen  daher  zu  allerlei  Text- 
änderungen  und  gewagten  Deutungen,  Dass  das  Bild  einer  solchen  einge- 
drungeiu'u  und  unter  al)sonderlichen  Lebensbedingungen  iii)pig  gedeihenden 
AVucherpflanze  gut  zum  Gottlosen  passt,  ist  klar;  ebenso  klar  ist  es,  dass  es 
ganz  abweicht  von  dem  Bilde  in  v,  1112;  hier  die  Pflanze  am  "Wasser,  v,  11  f, 
die  Pflanze  ohne  Wasser,  die  in  der  Sonnenhitze  dürr  wird.  P^benso  al)weichend 
18  19  die  Art  des  Untergangs,  der  beim  Papj-rus  v.  11  f.  die  natürliche  Folge 
des  falsi'h  gewählten  Bodens  ist.  hier  gewaltsam  ertolgen  muss.  Wenn  man  ihn 
rertilijl,  — also  ist  es  eine  schä  Hiebe,  keine  nützliche  Pflanze  wie  v.  11  f.  Seine 
Stätte  verleugnet  ihn.  als  habe  sie  ihn  nie  gesehen  (vgl.  Cap.  7  lo),  —  wenn  das 
Brunnenhaus  eiamal  gereinigt  wird.  Nun  der  Alischluss  y.  19.  der  ein  Pendant 
zu  V.  13  ist:  Siehe,  das  ist  der  Jubel (i^)  seines  ]\'effes.  Und  aus  dem  Staube 
sprosst  ein  anderer  auf  (1.  den  sing.  VX^T).  b^ltyp,  Jubel,  ist  ein  wenig  sonderbar. 
Die  LXX  hat  sich  aus  den  beiden  letzten  Wörtern  von  v.  18  und  aus  v.  19» 
folgende  Sätze  zusammengekrümelt :  ]3  Tip  lU'DNI  niHD  n*«";  K^,  hast  du  nicht 
solches  gesehen,  und  r,  xataarpo^Tj  des  Ruchlosen  sei  so  beschaffen?  Sie  hat 
also  so  ziemlich  denselben  Text  wie  wir,  und  dass  sie  B^es  Cap,  30  3,  wo  diese 
Konsonanten  ebenso  rätselhaft  vorkommen  wie  hier,  anders  übersetzt  (i;^Oi;), 
könnte  darauf  beruhen,  dass  v.  14—19  auch  in  ihr  nicht  ursprünglich  wären. 

Kurzer  HC  zum  AT  X\T  4 


Hi8l9  50  Hi9  5 

Natürlich  darf  man  bei  ihrer  ganz  anderen  AVortabteihmg  ihr  xaTaoxpocpY)  nicht 
für  unser  tJ'ltyp  in  den  Text  setzen  oder  wegen  ihres  xoiauTTj,  das  sie  aus  der 
zweiten  Hälfte  von  12"i"n  nimmt,  unser  ]n  in  ]2)  verwandeln.  —  Haben  wir  nun 
20  an  V.  13  anzuschliessen  als  zweites  Distichon,  so  stört  es  uns  nicht,  wenn  er 
ebenso  wie  v.  19  mit  ]n  beginnt:  Siehe,  Gott  verwirft  nicht  den  Frommen,  Doch 
hält  er  nicht  fest  die  Hand  der  Übelthäter.  Der  Ausdruck:  er  hält  am  Bösen 
nicht  fest,  erklärt  das  Bild  vom  Papyrus,  dem  das  Wasser  ausgeht,  nicht  das 
Bild  von  der  AVucherptianze,  die  gewaltsam  ausgerottet  wird.  Der  Schluss 
von  Bildads  Rede  21  22  lässt  den  Trost  überwiegen  nach  dieser  letzten  AVar- 
nung.  Noch  wird  er  fidlen  mit  Lachen  deinen  Mund  u.  s.  w.  Lies  Ij?  imd  nVdI 
(Ges.-Kautzsch  §  23  e) ;  pinto^  inkorrekt  pleno  geschrieben,  v.  22:  Deine  Hasser 
IC  erden  sich  mit  Schande  bekleiden,  ein  bekanntes  Bild,  wohl  daraus  abzuleiten, 
dass  Verurteilte  ein  ihre  Schande  anzeigendes  Kleid  anziehen  mussten,  wie  es  ja 
sogar  die  Angeklagten  thaten  (Sach  3  3)  und  wie  es  früher  auch  unter  uns  Sitte 
war.  Jetzt  trägt  Hiob  als  Schuldverdächtiger  ein  solches  Kleid,  künftig  wer- 
den es  die  thun,  die  sich  über  seine  Verurteilung  freuten.  Aber  das  Zelt  der 
Gottlosen  ist  dahin  —  noch  einmal  eine  AVarnung ! 

Cap.  9  10.  Hiobs  Antwort. 
Cap.  9  3-24  antwortet  auf  Bildads  Satz,  dass  Gott,  der  Allmächtige,  nicht 
falsch  richten  kann.  Ja  Gott,  der  Allmächtige,  der  muss  ja  immer  Recht  be- 
halten. Aber  Hiob  will  sein  Recht  behaupten,  und  sollte  es  ihm  das  Leben 
kosten,  —  Gott  vertilgt  Unschuldige  und  Schuldige.  2  3  Wahrlich,  ich  weiss,^ 
dass  es  so  ist,  —  Und  wie  hätte  ein  Mensch  bei  Gott  Hecht!  Ein  Satz  voll  bitterer 
Kühnheit.  Was  Eliphas  (Cap.  4 17)  und  Bildad  (Cap.  8  3)  sagen,  ist  ja  wahrlich 
richtig  und  allbekannt,  Gott  ist  immer  im  Recht.  p~['i  kann  hier,  wo  das  ]0  von 
Cap.  4  17  durch  DJ?  ersetzt  ist,  in  seinem  einfachsten  Sinne  gefasst  werden: 
Recht  haben  und  Recht  bekommen,  denn  Hiob  denkt  an  ein  Prozessieren  mit 
Gott  V.  3:  Wenn  es  ihm  gefiele,  mit  ihm  %u  streiten.  Beantwortet  er  ihm 
nicht  eins  von  tausend,  von  tausend  Fragen,  die  Gott  über  Recht  und  Unrecht 
thun  würde,  denn  Gott  könnte  so  hohe  Anforderungen  an  die  menschlichen 
Leistungen  stellen,  dass  der  beste  Mensch  verstummen  müsste  auf  die  Frage, 
ob  er  ihnen  genüge.  Subj.  von  |>'sn;;  ist  nicht  der  Mensch,  obwohl  bei  dieser 
Annahme  der  Satz  glatter  würde,  sondern  Gott,  von  dem  allein  ein  }^sn  aus- 
gesagt werden  kann,  während  es  beim  Menschen  ein  '^"'«in  wäre  (Gen  18  27),. 
und  überdies  hat  Hiob  ja  keinen  dringenderen  AVunsch,  als  sich  vor  Gott  ver- 
teidigen zu  dürfen.  Nun  folgt  eine  Reihe  von  Sätzen  über  Gottes  schreckende- 
Überlegenheit.  4  5  Der  weise  ist  von  Herzen  und  stark  an  Kraft,  absolut 

vorangestellt.  Das  Herz  gilt  bekanntlich  als  Organ  des  Verstandes.  Wer  trotzte 
ihm  und  blieb  unversehrt?  Eigentlich:  wer  machte  hart  den  Nacken,  wie  ein 
Kämpfer,  der  den  Anprall  des  Gegners  erwartet  Ein  Beispiel  von  seiner  Kraft. 
V.5:  Der  Berge  verrückt,  ohne  dass  er  es  merkt.  Und  der  sie  umkehrt  in  seinem 
/Arm.  Für  lyT  ist  nach  BiCKELii's  ebenso  einfacher  wie  schöner  Verbesserung 
VT.  zu  lesen  (so  nach  Pesch.),  denn  dass  die  Berge  ihre  Versetzung  nicht 
merken,  wäi'e  ein  sonderbarer  Gedanke.    Wenn  Gott  zornig  ist  und  die  Erde 


mu:,  51  Hi9io 

crscliiittei't,  (hiss  Bcrfic  von  der  Stelle  rikken,  so  ist  diese  gewaltige  Kraft- 
äussenmg  i'üv  ihn  etwas  so  (xeringes,  dass  er  sieh  ihrer  nieiit  einmal  bewusst 
wird.  Die  Spfitenn  nahmen  an  diesem  Anthropomoi-phismus  Anstoss.  daher 
der  scher/haft  wirkendi'  phir.  1J;t.  In  v.  5''  ist  eheiifalls  naeh  Pescli.  das  pro- 
saische "IB'K  zu  streichen  und  das  i)art.  D3B^n  zu  schreiben;  15JS3  ist  auch  in 
V.  5  '  liinzuzudenkcn.  Von  zonii,Lj;<ii  ]\ra(Iil;iusscrunL^  n  ( !(»tt<s  redet,  ganz  si-iner 
Stinnnung  licmäss.  Hiob  auch  (»  7:  /)rr  //ii/'.s/frhn/f/f  nniclit  die  Erde  ran  ihrer 
Stelle,  dnss  ihre  Siiiih'ii  ■zi(st/////i/eii/,/irre/t:  letzterer  Satz  mit  emphatischer 
Wortumstellung  für  y  sri'V  Die  Erde  ruht  wii'  ein  ungeheueres  Haus  auf  ge- 
waltigen Säuh'u  (vgl.  Jdc  l(i26tt'.);  bekommt  ein  solches  Haus  einen  Stoss  von 
<ler  Seite,  so  werden  die  Säulen  erschüttert.  Ob  der  Dichter  bei  den  Säulen 
an  etwas  Bestimmtes  denkt,  wissen  wii-  nicht;  vielleicht  meint  er  die  Berge, 
die  er  zwar  Cap.  2(1  ii  die  Säulen  des  Himmels  neinit,  «lie  aber  darum  wohl 
auch  die  Säulen  der  F.rde  sein  können,  indem  man  sie  sich  tief  durcli  die  Erd- 
scheibe hindurch  als  deren  Pfeiler  in  das  unterirdiselu'  AN'asser  eingesenkt 
daclite  (Prv  8  25,  vgl.  Hi  38  6).  Ein  Erdbeben  ist  bei  den  Alten  etwas  anderes, 
(xewaltigeres  als  bei  uns,  denn  sie  denken  sich  die  ganze  Erde  von  iiirer  festen 
Stelle,  ihren  Fundanu-nten  fortbewegt,  v.  7:  Der  der  Sonne  ifehietel,  und  sie 
strahlt  nicht  duf,  l  nd  um  die  Sterne  ein  Siei/el  lei/t:  Übergang  des  p;irt.  in  das 
verb.  fin.  D"in  ist  ein  seltenes  poetisches  Wort.  Das  Versiegeln  der  Sterne  setzt 
voraus,  dass  sie  vorher  in  irgend  einem  Gefängnis  oder  einer  Hülle  verscldossen 
werden,  das  Siegel  ist  Zeichen  der  Herrschermacht,  der  Ausdruck  also  parallel 
mit  dem  stolzen  IDSn.  Den  Anlass  zu  solchen  Sätzen  bilden  die  für  die  Alten 
so  schreckenden  Sonnen-  und  Mondfinsternisse.  S— 10  halte  ich  für  einen 

fremden  Einsatz  (so  auch  Bekk).  Sie  sjn-echen  im  (xegensatz  zu  v.  4—7  und 
v.  11  ti".  von  wohltliätigen  Werken  Gottes  und  stehen  dalier  nicIit  im  Einklang 
mit  dem  Zweck  des  Dichters,  die  umdüsterte  Stinnnung  Hiobs  zu  malen  und 
ihn  den  Beweis  liefern  zu  lassen,  dass  sich  mit  Gott  nicht  ums  Kecht  kämpfen 
lasse.  Sie  eignen  sich  für  die  Beden  der  Freunde  und  sind  thatsächlich  aus 
ihren  und  aus  ähnlichen  Ausführungen  anderer  Bücher  zusammengeHickt. 
So  ist  V.  10  aus  Cap.  5  9,  v.  8'  aus  Jes  44-24.  v.  8''  mit  geringer  Änderung  aus 
Meli  1  3  genommen;  v.  9  erinnert  (ausser  an  ( iottes  Rede  Cap.  38  3i  f.)  besimders 
au  Am  5  8,  welche  Stelle,  gleichfalls  eine  Interpolation,  freilich  nicht  das  Ori- 
ginal der  unsrigen  zu  sein  braucht,  aber  mit  Am  4i:;;  0  6  (vgl.  auch  Hi  .5io; 
12  7-iu  U.S.W.)  auf  die  Vorliebe  der  Späteren  für  derartige  Pliysico-The»dogie 
und  zugleich  auf  die  Unbefangenheit  hinweist,  mit  der  sie  den  freien  Hand  ihrer 
Manuskripte  verzierten.  Eine  dogmatische  Absicht,  etwa  die.  der  zerst»'3renden 
Thätigkeit  Gottes  die  schatlende  und  wcddthätige  an  die  Seite  zu  stellen,  brauclit 
man  (schon  wegen  der  Glossen  in  Amos)  nicht  anzunehmen.  Ob  v.  8  die  Höhen 
(die  Punktatiou  leitet  "ncn.  bomothe.  von  noi  ab,  dazujerführt  durch  die  un- 
gewidinliche  Endung  •'-^;  richtig  wäre  bämöthe)  des  Meeres  die  Wolken  oder 
die  Meereswellen  bedeuten,  bleibe  dahingestellt.  Nach  v.  9  schuf  Gott  den 
Bären  (Cap.  38  32  ü^'J?;  möglicher  Weise  ist  unser  ü^  durcli  Dittographie  aus 
nfe^V  entstamleu;,  den  Orion,  die  Plejaden  (nach  anderen  wäre  HD'?  der  Sirius) 
und  die  Kammern  des  Südens  (lon  für  ]e'n).  die  wohl  auch  ein  bestimmtes 


Hi9ll  52  Hi9l6 

Sternbild  bezeiclmen.  11  12  Bei  seiner  schrecklichen  Kraft  ist  Gott  noch 

dazu  imsichtbar,  geht,  schwebt  am  Menschen  vorüber,  ohne  von  ihm  bemerkt 
zu  Averden;  das  erhöht  den  Eindruck  seinerÜberlegenheit  ins  Unheimliche  und 
macht  V.  12  den  von  ihm  Angegriffenen  völlig  wehrlos.   Das  äiz.  Xsy.  f)rin^  ist 
vielleicht  gewählt,  um  an  ^hT\1  anzuklingen  (Delitzsch):  im  unsichtbaren  Fluge 
vorüberschwebend,  packt  er  —  wer  schlägt  ihn  •zurück?  Und  niemand  kann 
ihn  kontrollieren  und  fragen:  was  machst  du?  für  ihn  giebt  es  keine  Verant- 
wortung.  Wenn  man  also  von  Gottes  Gerechtigkeit  spricht,  so  ist  es  nicht  die 
eines  Richters,  der  an  das  Gesetz  und  vorgeschriebene  Normen  gebunden  ist 
nnd  die  Eeclite  des  Angeklagten,  der  ihm  als  Mensch  und  Bürger  gleich  steht, 
respektieren  muss,  sondern  die  des  souveränen  Herrschers,  dessen  Wille  Gesetz 
ist.    Daher  13  14:   Eloah  wird  seinen  Zorn  nicht  ziirilcknehmen ,  Unter  ihm 
kr ii nullten  sielt  die  Helfer  Bahalts.   Eloah  mit  Nachdruck  vorangestellt:  jedem 
anderen  Avird  durch  höhere  Mächte  und  Instanzen  verwehrt,  seinem  Affekt  die 
Zügel  schiessen  zu  lassen,  Gotte  nicht!  v.  13''  lässt  uns  ahnen,  dass  der  Dichter 
gewaltige  Darstellungen  von  dem  furchtbaren  Kampfe  kannte,  den  in  Jer  An- 
fangszeit der  AVeit  Gott  mit  dem  Chaos  und  dessen  Ungeheuern  durchfocht. 
DH"!  ist  dasselbe  AVesen,  das  Cap.  7  12  D^  genannt  wurde;  die  Helfer  Rahabs 
sind  die  Urgötter  und  die  Ungeheuer,  die  Eahab  oder  Dl'nn  (die  babyl.  Tiämat) 
oder  D;)  gegen  die  Lichtgottheit  aufstellte  (s.  die  zu  Cap.  7  12  genannte  Schrift 
von  Fr.  Delitzsch  S.  96)  und  die  jetzt  noch  hi  der  Tiefe  erbel)en,  wenn  sie  an 
Gott  deid^en  (Cap.  26  5).    v.  14:  Und  dass  Ich  ihm  antworten  sollte,  Ansirählen 
meine  Worte  ihm  gegenüber!  "'S  ^IS  wie  Gen  3  1  in  einem  Ausruf,  der  etwas 
Undenkbares,  Unglaubliches  erwähnt.    Der  Schrecken  würde  dem  Menschen 
wehren,  das  richtige  AVort  zu  treffen,  während  doch  in  einem  Prozess  auf  Leben 
und  Tod  so  viel  darauf  ankommt,  was  man  sagt  und  —  gegenüber  einem  ab- 
soluten Gebieter!  —  wie  man  es  sagt.  15  16  Das  "Hi*«  am  Anfang  ist  zu 
streichen,  es  fehlt  in  LXX,  macht  den  Satz  schleppend  und  eine  natürliche 
A^erbindung  mit  den  folgenden  Sätzen  fast  unmöglich,  wird  also  aus  v.  17  ein- 
gedrungen sein.    Wenn  ich  im  Recht  wäre,  könnte  ich  nicht  antworten,  Zu 
meinem  Vernrteiler  miisste  ich  flehen.    Hi^N  ist  mit  Recht  als  Qal  punktiert ; 
der  Gedanke,  den  das  Niph.  ausdrücken  würde  (Siegeeied),  folgt  erst  v.  16: 
Wenn  ich  riefe,  würde  er  mir  nicht  antworten,  denn  hier  ist  mit  der  LXX 
''iiy^  «"?"!  zu  lesen,  da  die  Fortsetzung  v.  16'^:  Ich  kann  nicht  gUmhen ,  dass  er 
meine  Stimme  hören  würde,  keinen  Sinn  giebt,  wenn  eben  vorher  gesagt  wäre, 
dass  Gott  ihm  antwortete,    v.  15  und  v.  16  stehen  in  einem  gegensätzlichen 
A^erhältnis;  v.  15  sagt  im  Anschluss  an  das  Vorhergehende:  wenn  Gott  als 
Ankläger  und  Richter  fragt,  so  kann  der  Mensch  vor  Entsetzen  nicht  antworten 
und  muss  bei  dem,  der  ihn  nun  einmal  richten,  d.  h.  dem  Sinne  nach:  ver- 
urteilen will  (tODtrö,  Poel,  besser  als  l3B!Ä>p,  das  einige  aussprechen  und  das 
den  modernen  Gedanken  ergäbe:  um  das  Recht  flehen),  um  Gnade  flehen,  statt 
sein  Recht  zu  erkämpfen;  v.  16  hingegen  sagt:  hätte  aber  der  Mensch  gerufen, 
d.  h.  Gott  vor  die  Schranken  des  Gerichts  gerufen  («"1(5,  in  jus  vocare,  absolut 
wie  Jes  59  4),  so  würde  Gott  ihn  keiner  Antwort  würdigen,  ja  nicht  einmal  die 
Vorforderunff  des  Menschen  hören.   Das  ist  ein  so  einfacher  und  guter  Zu- 


Hi9l6  53  Hi9  22 

saiunit'iiliang,  dass  ich  iiit-lit  weiss,  Avannu  v.  Kl  unecht  sein  sollte.  17  IN  Xnn 
Gericht  ist  überhaiii)t  bei  Gott  keine  Rede!  A>,  tfrr  im  Slnnii  (iinZcu-n)  mich 
crlidschl.  f]1^  für  »"]Nd  wie  (leii  3  lö;  die  ri)erset/uiig  zenualineu  jj;eht  nicht 
wegen  v.  1  7  '',  da  einZerniahntcr  sich  nicht  mehr  über  Wunden  l)ekla;4t.  HiTZKr 
spricht  Tr\V)^,  Haar,  aber  dann  wäre  ^T^yS^ä  zu  erwarten.  /  ////  /////•  n'clc  W  it/ufcn 
srliläfit  ohne  (lnin(l:  der  Nachdruck  lie,u;t  auf  Din,  (üttt  niisshandelt  Hiob  un- 
verdienter Weise!  DicVerben  sind  hier  als  einfacher  indic,  nicht  als  subjunct. 
zu  fassen,  denn  Hiob  spricht  von  seiner  gegenwärtigen  Behandlunj,'  durch  Gott, 
da  sonst  das  Dill  eine  unmotivierte  Beschuldigung  wäre;  das  'llj'K,  «juiiipe  (|ui, 
führt  den  Grund  für  v.  15  1(5  ein.  Auch  v.  18,  der  so  deutlich  an  Cap.  7  ly  er- 
innert, spricht  von  der  gegenwärtigen  Wirklichkeit,  nicht  von  einem  gedachten 
Fall,  das  ItJ'S  wirkt  wohl  n(»ch  nach:  Der  mir  uiclil  zn/iis.s/,  Mcm  zu  sr/iit/ifcn. 
Sondern  mich  .siilliffl  mit  liHlcrkcHcn.  Also,  ihr  sagt,  Gott  sei  goirecht,  ja,  er 
ist  es,  weil  er  immer  Recht  behält!  Wer  kann  sich  ihn  auch  nur  als  wirklichen 
Richter  denken,  der  dem  Angeklagten  ein  ordentliidies  \'erh(»r  uud  die  Mög- 
licjjkeit  einer  A'erteidigung  gestattet,  da  er  mich  jetzt  so  unerh(>rt  ohne  allen 
(Jrund  peinigt.  Die  kidinsten  Invektiven  gegen  Gott,  die  man  sich  denken 
kann  inid  die  dem  Hiob  des  Volksbuches  als  gottlos  vorgekommen  wären. 
Alles  wird  noch  einmal  zusammengefasst  in  1.9  20:  (iHl's  dii'  Kraft  eines 
Starken  —  siehe  ihn,  (lilt's  das  Hecht  —  irer  irill  ihm  Termin  ansetzen':^  Für 
CS1  Hin  lies  n«  lin  (oder  ^T\ir^?),  vgl.  Bkek,  für  das  letzte  Wort  in  v.  19:  «TJfV, 
da  sonst  in  v.  19 '  ^i3n  stehen  müsste.  Kraft  giebts  bei  Gott,  aber  ein  ordent- 
liches Gericht?  das  hängt  von  seinem  Willen  ab,  abzwingen  kann  es  ihm  nie- 
mand. T'yin  erinnert  an  das  K"3J5  v.  1(5.  v.  2<):  Wenn  ich  int  Hecht  hin,  mein 
eigener  Mund  muss  mich  schaldifi  sfirechen.  Hin  ich  schuldlas,  so  niinhl  er 
auch  Zinn  Veruor/'enen.  Für  ''S  wollen  einige  Kritiker  mit  Unreclit  V2,  sein 
Mund,  lesen,  aber  wenn  von  Gott  die  Rede  wäre,  würde  VD  wohl  ülierhaupt 
nicht  geschrieben,  jedenfalls  nicht  betont  vorangestellt  sein,  auch  lässt  sich 
Gott  nach  dem  Vorhergehenden  überhaupt  nicht  auf  ein  Reden  ein,  sondeiMi 
verfährt  nach  seinem  Gutdünken,  ja  nach  seinen  Atlekteu.  Mein  eit/ener  Mund 
verdammt  mich,  weil  ich  Gott  gegenüber  nur  (wie  ein  Schuldiger)  flehen,  nicht 
aber  mein  Recht  erstreiten  kann.  Für  ^iiyipj/',  das  ein  impf.  Hiph.  mit  k(»rri- 
jiiertem  i  sein  würde,  schreibt  man  besser,  da  das  Hiph.  sonst  nicht  vorkommt, 
das  Fiel  pyr^  s.Gks.-Kaitzsch  §  'iS  A.  4.  21  22  24'  Aufbrausend  wie  Ca]). 

7  11,  enipiht  ül)er  seine  Vergewaltigung  durch  (iott.  ruft  Hiob:  Schuldlas  hin 
ich.  u-ill  nicht  heu  neu  meine  Seele,  mich  nicht  um  sie  kümmern,  die  Gott  um 
so  eher  vernichten  wird,  je  trotziger  ich  meine  Unschuld  behaupte.  Das  ist 
zwar  nicht  das  DttJ  S  "^yi  von  Cap.  2  9,  steht  ihm  aber  viel  näher  als  die  un- 
bedingte Resignation  des  Hiob  von  Cap.  2  lo.  Das  "i«  Dn,  das  hier  natürlich 
eine  Beteuerung,  nicht  wie  v.  20  ein  Bedinginigssatz  ist,  ist  gerade  wegen  des 
Gegensatzes  zu  diesem  Bedingungssatz  ausserordentlich  wirksam:  mag  er  midi 
für  einen  lyjJj;  erklären,  DPI  bin  ich  doch!  DPI  steht  hier  natürlich  nicht  in  dem 
Sinnt-,  in  dem  es  überall  iu  Cap.  1  2  vorkommt,  v.  21''  muss  aus  v.  22  zu  einem 
Stichos  vervollständigt  werden,  die  Versabteilung  ist  missraten:  Ich  rerschniähe 
mein  Leben,  eins  ist's!  Es  ist  einerlei,  ob  ich  als  Unschuldiger  „ohne  Grund"  zu 


Hi  9  22  54  Hi9  24 

Tode  inisshandelt  werde  oder  in  Folge  dieses  meines  Trotzes  plötzlich  sterben 
muss,  zornig  ist  Gott  doch  nun  einmal.  Der  Dichter  entfaltet  einen  grossen 
Reichtum  in  dieser  Psychologie  der  Stimmungen,  Angst  vor  dem  Tode,  Ver- 
langen nach  ihm,  Yerschmähung  des  Lebens,  Sehnsucht  nach  längerem  fried- 
lichen Dasein,  das  geht  abwechselnd  durch  Hiobs  Reden  hindurch,  immer 
ps}xliologisch  begründet  und  allein  schon  ein  Beweis,  dass  der  Dichter  ein 
geborner  Dramatiker  ist.  Den  dritten  Stiches  hat  ein  Unberufener  durch  den 
prosaischen  Satz:  daruin  sage  ich  (s.  zu  Cap.  8  lu)  mit  dem  vorhergehenden  zu 
verknüpfen  gesucht,  scheint  aber  den  richtigen  Zusammenhang  damit  zu  alte- 
rieren.  Nicht  darum  erwartet  Hieb,  pliUzlich  getütet  zu  werden,  weil  er  im 
Folgenden  (v.  22)  eine  Art  Gotteslästerung  ausspricht,  sondern  Aveil  er  im 
Vorhergehenden  (v.  21)  „den  Xacken  gesteift"  (v.  4)  und  sein  trotziges  ''iS  Dri 
ausgerufen  hat.  Durch  diesen  Trotz  hat  er  immerhin  eine  gewisse  Schuld,  eine 
Herausforderung  Gottes  zu  l)egehen  gewagt.  Aber  es  ist  ihm  einerlei:  Schuld- 
los oder  schuldig,  ei-  vernichtet!  Die  Partizipialkonstruktion  ist  gewählt,  um 
den  Begriff  vernichten  stärker  zu  betonen:  er  vernichtet,  weinr  er  in  der  Laune 
ist,  mag  er  vor  sich  haben,  Aven  er  will,  wie  er  in  seinem  blinden  Zorn  Berge 
versetzt,  ohne  es  zu  wissen  v.  5.  Diese  drei  Stichen  ergänzen  wir  zum  Vierzeiler 
durch  V.  24%  der  an  seiner  jetzigen  Stelle  viel  weniger  gut  passt  als  hier 
und  wahrscheinlich  deshalb  vom  Abschreiber  überschlagen  Avurde,  Aveil  er 
ebenso  wie  v.  23  mit  Dt^  beginnt:  Wenn  nicht  er,  mm  wer  ist  es?  Hinter  ^b 
wird  mit  LXX  ein  «in  einzusetzen  sein.  Dass  die  Unschuldigen  gerade  so  gut 
umkommen  wie  die  Schuldigen ,  ist  sicher,  —  wer  bringt  sie  denn  um,  wenn 
nicht  der  „gerechte"  Gott?  Ausser  ihm  giebt  es  doch  keine  Macht,  die  den  LTn- 
schuldigen  verderben  könnte.  Man  sieht,  dass  der  Dichter  sich  um  den  Satan 
des  Volksbuches,  der  ja  thatsächlich  in  Cap.  1  2  der  eigentliche  Verderber  ist, 
herzlich  wenig  kümmert.  Gerade  dieser  radikale  Monotheismus,  der  keine 
relativ  selbständigen,  unter  Umständen  auf  Gott  einwirkenden  (Cap.  2  3'') 
Mächte  und  Schicksalsfaktoren  neben  Gott  kennt,  erschwert  ihm  das  Problem, 
das  für  die,  die  Gotte  „diese  arge  Welt",  ausgestattet  mit  eigenen  Kräften  und 
erblicher  Herrschaft  über  die  sarkischen  Menschen,  gegenüberstellen,  viel 
leichter  lösbar  erscheint.  Aber  zugleich  verdankt  doch  der  Dichter  diesem 
einseitigen  Hindrängen  auf  Gott  hin  jene  glühende  Sehnsucht  nach  enier  Offen- 
barung der  Liebe  Gottes,  die  seine  Dichtung  so  bedeutend  macht.  23  24  führt 
den  Gedanken  von  der  Tyrannenherrschaft  Gottes  an  zwei  Beispielen  durch. 
Zuerst:  Wenn  eine  Geissei  (Pesch.  ^^/«^  Geissei)  plötzlich  tödtet,  eine  Epidemie 
oder  andere  Landescalamität,  Spottet  er  der  Verz/reifi(ng  (spr.  mit  Dillmann 
riDÖ  von  Dp»)  der  Schuldlosen,  die  ebenso  wenig  verschont  werden  wie  die 
Gottlosen,  aber  viel  unglücklicher  daran  sind,  weil  zum  äusseren  Leiden  sich 
noch  das  geistige  der  Gottverlassenheit  gesellt.  Sodann:  /st  ein  Land  gegeben 
in  Frevlers  Hände,  Verhüllt  er  die  Augen  seiner  Herrscher.  Dieser  Vers  ent- 
hält augenscheinlich  eine  Anspielung  auf  Erfahrungen,  die  der  Dichter  selbst 
gemacht  hatte:  ein  Land,  eine  Provinz,  vielleicht  diejenige,  in  der  er  lebte, 
Avurde  von  einem  Minister  oder  Statthalter  oder  auch,  wie  die  jüdische  Ge- 
meinde vor  Nehemias  Ankunft,  \o\\  einem  bösen  N^achbarn  misshandelt,  Gott 


Hi  9  24  55  Hi  9  31 

aberveihhulerte,  dass  die  D^pDb'  —  ein  poetiscUtr  und  vielleiclit  al>siclitlicli  all- 
gemeiner Ausdruck  für  die  oberste  Kegif-rung,  ehvu  den  ])ersischen  Gross- 
könig —  sich  der  misshundelten  Untertlianen  annehmen,  er  vtrbkndet  sie  wie 
absichtlich  zu  Gunsten  der  tyrannischen  Machtiiaber  oder  Friedensstörer.  Es 
ist  schade;,  dass  uns  die  Geschichte  der'ersten  nachexilisohen  Jahrhunderte  so 
schlecht  bekannt  ist,  sonst  möchte  es  möglich  sein,  die  Lebzeit  des  Dichters 
genauer  festzust(dlen.  —  Aufs  Neue  erhebt  Hiob  in 

25 — 35  die  Khige,  aber  in  etwas  ruhigerer  Stimmung,  und  so  kann  er, 
wenn  er  auch  zunäciist  noch  darauf  zurückkommt,  dass  ihm  alle  Keinigungs- 
versuche  vor  Gott  nicht  helfen  werden,  doch  dahin  gelangen,  sich  einen  Fall 
vorzustellen,  wo  es  ilmi  gelingen  würde,  Gott  gegenüber  seine  Unschuld  zu  ver- 
fechten. 25  20  variieren  Caj).  Jeff.;  der  Übergang  vom  Trotz,  der  das 
Leben  wegwirft,  zur  Klage  über  das  schnelle  Hinschwinden  des  Lebens  er- 
innert an  Cap.  7  löft".  Hiobs  Tage  eilen  dem  Untergang  schneller  entgegen, 
üh  Pin  Liifif't'f,  ein  Eilbote  des  Königs;  das  und  im  Eingang,  wie  auch  die 
Bilder  in  v.  25'  26'  deuten  an,  dass  die  Stimmung  von  v.  24  im  Dichter  noch 
inichklingt.  Iltibi'n  nichts  (iiifcs  (H'si'lwn  vgl.  Cap.  7  7:  die  Zeit  des  früheren 
Glückes  verschwindet  vor  der  Thatsaciie,  dass  sie  mit  so  furchtbarem  Leid 
endet,  v.  26  Sind  roriif/ciuiculHlon  mit  (im  Wettlauf  mit)  Schilfen  ron  litdu: 
leichten  Papyrusschift'en,  wie  siez.  B.  auf  dem  Nil  von  den  königlichen  Eilboten 
benutzt  werden  vgl.  Jes  18  2.  t^^ü  nur  hier,  ebenso  n2K,  das  den  alten  l'ber- 
setzern  nicht  mehr  bekannt  ist  uuil  wofür  z.  B.  HosenmCli.kh  712^«  (SchirtV  der 
„Feindschaft",  liauhsehirte)  mit  alten  Handschriften  lesen  will;  diet'bersetzung 
mit  Bohr  gründet  sieli  auf  das  arabische  aba.  27  2S  Hs  hilft  Hiob  nichts, 
■wenn  er  sich  vornimmt,  heiterer  zu  werden:  Wenn  ich  dcnlic,  ich  irill  rcn/i'.sscn 
meine  hldfie.  Will  Inssen  mein  (lesicht  und  heiler  lilichen .  So  jirnnt  mir  cor 
allen  meinen  Schn/erxen ,  Ich  /rei.ss,  dass  du  mich  nicht  rein  .s/trich.st,  als  oi» 
sogar  ein  solches  Heiterwerden  Gott  anstössig  wäre  und  durch  neue  Peinigung 
unterdrückt  werden  würde,  ein  Fieberwahn,  der  höchst  naturwahr  ist.  Die 
Gewissheit,  die  er  zuhaben  glaubt,  dass  Gott  ihn  nicht  aus  der  Folter  entlässt. 
die  Furcht  vor  Gottes  Reaktion  verleidet  ihm  die  vorübergehemlen  Versuche, 
zu  vergessen  und  sich  zu  zerstreuen.  Er  fasst  also  sein  Geschick  ganz  als  Folge 
der  persönlichen  Stimmung  Gottes  auf;  diese  persönliche  Auffassung  macht 
das  du  ganz  natürlich,  ohne  dass  er  Gott  erst  nennen  muss.  Für  no«.  das 
affektiert  wäre,  ist  "*n"iO«  zu  schreiben.  "iS  v.  27''  prägnant  für  trauriges  Ge- 
sicht, wie  I  Sam  1  18;  wahrscheinlich  ist  ^iD  auch  zu  yhZTi  zu  supidieren. 
29  ist  eine  prosaische  Glosse  zu  v.  3<»,  darum  zu  streichen:  Ich  soll  schuldiif 
tein,  warum  mühe  ich  mich  denn  renjehlich.  Die  Gh)sse  giebt  den  Sinn  der 
Stelle  gut  wieder.  Sonst  zeugen  die  meisten  Handbemerkungen  von  den  ab- 
weichenden Meinungen  der  Leser.  30  31  Wenn  ich  mich  iriische  in  Schnee, 
Reinijite  in  lAiuije  meine  llünde.  Dann  iriirdest  du  mich  in  l  nrat  tauchen, 
Dass  mich  rerahscheuten  vteine  Freunde.  Mi'nnnn  mit  ä  vor  dem  n,  das  sonst 
virtuell  verdoppelt  wird.  102  braucht  nicht  mit  Qre  in  '02.  Schneewasser,  ver- 
wandelt zu  werden,  auch  nicht  in  1D2,  wie,  vgl  das  i)arallele  "1122,  wo  ni2  in- 
korrekt für  li  Jes  1  25  =  nnä,  Laugensalz,  geschrieben  ist.    In  v.  31  lesen  wir 


Hi  9  31  56  Hi  9  34 

mit  Horr^JAJsX  nach  LXX  nno,  Gassenunrat  (Jes  5  25)  für  nnC'*.  Da  endlich 
das  Fiel  von  DJ^n  sonst  gewöhnhch  bedeutet:  verabscheuen,  so  würden  meine 
Getväiuler  dazu  ein  sonderbares  Subj.  abgeben,  und  wie  sollte  man  das  Bild 
deuten ?J  Fasst  man  das  Fiel  in  dem  Sinne:  zum  Abscheu  machen  (Hesl6  25: 
verunehren),  so  gäbe  das  auch  einen  manirierten  Ausdruck.  Deshalb  ist  nach 
DE  Lagaede  besser  zu  lesen  ^)?'"/ty,  meine  Befreundeten  (Fs  7  5):  mein  Yer- 
teidigungsversuch  würde  so  ausschlagen,  dass  auch  meine  Freunde,  die  jetzt 
noch  an  meine  Unschuld  glauben,  mich  aufgeben  müssten.  32  33  Nur  eine 
Möglichkeit  gäbe  es,  in  einem  Frozess  mit  Gott  zu  bestehen,  wenn  nämlich 
Gott  sich  dem  Hiob  im  Gericht  gleichstellte  und  seine  Übermacht  nicht  geltend 
machte,  aber  diese  Möglichktit  ist  von  vornherein  ausgeschlossen.  Das  scheint 
die  Meinung  dieses  Vierzeilers  zu  sein;  aber  der  Text  ist  in  v.  32=^  schwerlich 
in  Ordnung,  da  das  Subjekt  {er?\jX'K:  chi)  fehlt.  "Wollte  man  übersetzen: 
denn  nicht  als  einem  Manne  (p^^  als  acc.)  gleich  mir  kann  ich  ihm  antworten^ 
so  schliesst  sich  v.  32'^  nicht  an,  letzteres  auch  dann  nicht,  wenn  man  mit  Targ. 
••äi^^  liest:  nicht  ein  Mann  wie  ich  würde  mir  antworten.  Erwarten  sollte  man 
den  Satz:  denn  er  ist  nicht  u.  s.  w.,  aber  das  steht  nicht  da.  Bickell  ver- 
wandelt W^^  in  \i}\  vgl.  V.  33,  aber  der  entstehende  Sinn  ist  nicht  sehr  befriedigend : 
denn  nicht  giebt  es  einen,  dem  ich  antwortete.  Man  wird  also  wohl  mit  LXX 
nrit?  nach  ^^^  einschalten  und  alsdann,  da  sonst  der  Stichos  zu  lang  würde,. 
liiys  mit  Ausnahme  des  schliessenden  \  das  vor  i^l^i  nicht  gut  entbehrlich  ist, 
streichen  müssen:  Denn  nicht  bist  du  ein  Mensch  u'ie  ich,  Dass  irir  zusammen 
ins  Gericht  kämen.  Das  "lii^K  scheint  aus  v.  14  entlehnt  zu  sein.  Gott  wird 
hier  ohnehin  nicht  als  verhörender  Richter  gedacht,  dem  Hiob  zu  antworten 
hätte,  sondern  als  Ankläger,  der  ihn  beim  Richter  verklagen  würde  und  gegen 
den  sich  auch  Hiob  beklagen  könnte;  l3E^p  ist  der  Rechtsstreit  zwischen  Civil- 
imrteien.  Das  geht  auch  aus  v.  33  hervor:  Nicht  ist  zwischen  ans  ein  Schieds- 
mann, Der  seine  Hand  legte  auf  uns  beide,  der  Gott  übergeordnet  wäre  und 
seine  Macht  und  Affekte  in  Schranken  hielte,  ^b  nach  LXX  in  N^  =  -i"?  zu 
verwandeln,  bringt  keinen  Vorteil;  v.  32 f.  erörtern  einen  Fall,  der  nicht  mög- 
lich ist,  dem  gegenüber  es  auch  nichts  zu  wünschen  giebt.  "Was  dagegen  ge- 
wünscht werden  kann,  spricht  der  folgende  Vierzeiler  34  35  aus,  der  unter  dem 
Einfluss  von  v.  33  in  die  dritte  Ferson  überlenkt:  Er  nehme  weg  über  mir 
seinen  Stecken,  Und  sein  Schrecken  ängstige  mich  nicht,  Beden  möchte  ichy 
ohne  ihn  zu  fürchten.  Denn  nicht  so  stehe  ich  da  für  mich.  Hiob  hat  ein  gutes 
Gewissen  und  brauchte  vor  dem  Reden,  vor  einer  Verteidigung  Gott  gegenüber 
sich  nicht  zu  scheuen,  aber  der  Stecken  Gottes,  das  furchtbare  Unglück,  das 
ihn  niederdrückt,  und  die  Furcht  vor  Gott  machen  eine  Verteidigung  ebensa 
nutz-  und  aussichtslos,  wie  für  den  schwachen  Menschen  psychologisch  unmög- 
lich, daher  der  Wunsch,  dass  Gott  von  seinem  Zorn  ablasse  und  ihn  geduldig 
anhöre. 

Hiob  lehnt  es  wieder  aufs  Schärfste  ab,  die  Ursache  seines  Geschickes  in  sich  zu 
erkennen.  Das  Unglück  aber,  das  die  Theologen  zur  Zeit  des  Dichters  für  eine  Strafe 
oder  ein  Besserungsmittel  halten,  erklärt  er  vielmehr  für  eine  Unterdrückung  des  Rechts 
der  sittlichen  Persönlichkeit,  die  durch  die  brutale  Übermacht  des  Schicksals  ihnr  Frei- 


Hi9  34  57  HilOs 

heit  beraubt  und  gelähmt  wird.  Für  die  weitere  Entwiekluiig  darf  man  die  psychologische 
AVahrlieit  nicht  übersehen,  dass  nur  der  in  Gott  den  Feind  argwöhnen  kann,  der  in  ihm 
den  Freund  sucht.  Der  Hiob  des  Dichters  möchte  sich  von  Gott  geliebt  und  als  sittlich 
wertvoll  geachtet  fühlen,  nur  darum  empfindet  er  seine  unbegreifliche  Laune  so  tief  und 
kann  sich  nicht  wie  der  Hiob  des  Volksbuches  und  wie  die  Freunde  Gotte  anbetend  und 
geduldig  abwartend  unterwerfen.  Daher  seine  Invectiven  gegen  Gott,  die  an  diejenigen 
moderner  Pessimisten  erinnern  und  uns  doch  so  ganz  anders  anfassen,  weil  sie  aus  einem 
gotti'sbedürftigen  Herzen  kommen.    Diese  Invectiven  steigern  sich  noch  in 

Cap.  10:  Gott  vergewaltigt  Hiob,  obwohl  vr  weiss,  dass  er  unschuldig  ist; 
er  hat  ilm  herrlich  geschahen,  aber  mit  (b-r  Alfsirlit,  ihn  /.u  (niälcii.  I  2  Di'r 
Anfang  ähnlich  wie  Ca]).  QjitV.  A'.v  <'/,t'/t  iiiciiwr  Seele  au  meinem  Lehen,  er 
mag  niiili  tiUen,  wenn  er  \\ill,  Freien  Lnii/'  Inss'  ieh  (jefien  ihn  meiner  hlnije. 
obwohl  er  seinen  Stecken  über  mich  ~><-liwingt  und  mein  Klagen  iini  Udcli  mehr 
aut'biingt,  11/7/  sitrechen  zn  Klonli:  renhimme  mielt  nieht '.  Lnss  mich  /rissen, 
irnriim  du  mieli  heslreilesl I  eine  Antwoit  nuiss  er  halien  auf  sein  \\'aruni. 
noj^i  (für  ntppj  Xiph.  von  t3*p  =  j^lp)  ist  eine  Aussprache,  die  einem  Spraehirr- 
tum  entspringt,  wii'  er  in  allen  Sprachen  in  der  einen  (»der  anderen  \\'eise  vor- 
kommt: man  sah  Olpi  für  ein  intrans,  Qul  der  Form  ]bp  an  (s.  Ges.-Kautzsch 
J^  HTdd).  1\yi  ist  hier  nicht  aufgeben,  sondern  frei  (gewähren)  lassen.  Für  "h^ 
\.  mit  LXX  v'?J^  (die  Stelle  Cap.  30  1 6  ist  doch  wesentlich  anders),  denn  es 
handelt  sich  nicht  darum,  dass  Hiob  klagen,  sondern  dass  er  gegen  Gott 
klagen  will.  v.  1"=  ist  ein  überschüssiger  Stichos  und  Citat  aus  Cap.  7  n.  ^i2^in 
ist  Hiph.,  da  sonst  im  B.  Hiob  2^1  mit  DV  konstruiert  wird.  Mehrere  Zusätze 
verschiedenen  Charakters  hat  auch  der  zweite  Vierzeiler  3—5:  Dient  es  dir, 
dass  da  rerifeautltiiist,  Dass  da  renrirfst  die  Mähe  deiner  Hände?  21D  hat 
hier,  wie  es  scheint,  denselben  Sinn  wie  Cap.  13  9:  es  ist  gut,  ein  "\'(»iteil.  für 
dich;  die  Übersetzung:  ist  es  dir  angenehm?  oder:  steht  es  dir  schön?  (wofür 
man  doch  nicht  Ex  14  12;  Num  14  3;  Jdc  9  2  als  Beleg  anführen  kann)  weichen 
von  dem  Wortsinn  zu  sehr  ab.  J^^y  ist  Mühe,  dann  ein  mühsam  gearbeitetes 
Werk,  Kunstwerk.  Ein  Tr»pfer  schlägt  eine  Arbeit  zusammen,  um  etwas 
Besseres  daraus  zu  tonnen,  das  ist  ein  nützliches  Thun,  Gott  hat  aber  doch 
keinen  Fehler  gemacht,  als  er  den  Menschen  kunstvoll  schuf,  und  keinen  Ge- 
winn davon,  dass  er  sein  Werk  wieder  vernichtet.  Der  dritte  Stichos  i)asst 
nicht  in  den  Zusammenhang  und  ist  eine  wohlgemeinte,  aber  unbedachte  Nach- 
hilfe zum  Text:  und  dass  du  zum  Hat  der  Gottlosen  Licht  gi(d)st?  Hiob  spricht 
V.  3  und  V.  8fV.  im  Namen  der  leiilenden  ^^enschen  überhaupt,  die  alle  Gottes 
Geschöpfe  sind,  von  sich  allerdings  noch  als  unschuldig  leidendem  Menschen, 
nicht  von  dem  Gegensatz  zwischen  den  Frommeji  und  Gottlosen,  als  ob  die 
letzteren  nicht  Gottes  Geschöpte  wären.  Der  Interpolator  mag  unter  dem 
Werk  der  Hände  Gottes  ähnlich  wi<-  z.  B.  Tritojes.  (Jes  66  2)  die  Tempel- 
gemeinde verstanden  haben,  gegen  die  die  Abtrünnigen  bösen  Bat  ersinnen. 
V. 4  fragt:  bist  du  kurzsichtig,  wie  ein  ^fensch,  dass  du  Fehler  siehst,  wo  keine 
sind,  oder  kleine  Fehler  für  so  gross  ansiehst,  dass  du  darum  den  Menschen 
vernichten  zu  müssen  glaubst?  v. 4^  ist  doch  wohl  nur  durch  ein  Versehen  in 
LXX  ausgefallen.  Zu  v.  4  ist  v.  5  offeid)ar  ein  Randcitat;  der  Satz:  Gott  hat 
nicht  das  kurze  Leben  des  Menschen,  hat  mit  dem  Zusannnenhang  nichts  zu 


Hi  10  5  58  Hi  10  9 

schaffen,  mag  man  ihn  als  Begründung  dafür  auffassen,  dass  Gott  nicht  kurz- 
sichtig ist  (weil  ein  ewiges  Dasein  ewige  Erfahrung  und  damit  vollkommene 
"Weisheit  verbürgt),  oder  mag  man  ihn  deuten :  Gott  könnte,  weil  er  ewig  lebt, 
die  Geduld  haben  abzuwarten,  bis  Hiob  wirklich  gesündigt  hat  —  beides  ist 
gleich  künstlich.  Obwohl  die  Fragen  von  v.  3f.  selbstverständlich  auf  ver- 
neinende Antwort  rechnen ,  sind  sie  doch  nicht  ungereimt  gewesen  6  7 :  Denn 
du  suchst  nach  meiner  Schuld  Und  fragst  nach  meiner  Sünde,  wie  mit  der  Ab- 
sicht, mich  zu  verwerfen  v.  3,  Obwohl  du  weisst,  dass  ich  nicht  schuldig  ffinu.s.w. 
Auch  wenn  man  "'3  mit  dass  übersetzt,  bleibt  das  logische  Verhältnis  von  v.  6 
zu  V.  3 f.  dasselbe:  v.  6  enthält  die  beobachtete  Thatsache,  v.  3f.  den  Versuch, 
für  sie  eine  Erklärung  aus  Gottes  Meinungen  (v.  3)  oder  Eigenschaften  (v.4) 
zu  gewinnen.  Auch  v.  6  wird  wie  Cap.  7  17-21  und  nachher  Cap.  10  i4ff.  die 
herrschende  Vorstellung  zu  Grunde  gelegt,  dass  Hiobs  Leiden  die  göttliche 
Reaktion  gegen  begangene  Sünden  sein  könnten,  und  daher  mit  v.  3  f.  die  wider- 
sinnige Folgerung  aufgedeckt,  die  sich  daraus  für  Gottes  AVesen  ergeben 
muss:  Gott  müsste  alsdann  kurzsichtig  sein  wie  ein  Mensch.  Nur  dass  Hiob 
immer  alles  ins  Persönliche  wendet.  Die  Thatsache  einer  Verschuldung  leugnet 
er  nicht,  aber  er  kann  sie  nicht  als  Hauptsache  ansehen;  macht  man  Gott  zu 
einem  kleinlichen  Kriminalrichter,  so  zieht  man  ihn  ins  Menschliche  herab  und 
vergisst,  dass  er  der  Schöpfer  und  dass  der  Mensch  ihm  nicht  fremd,  wie  der 
Delinquent  dem  Richter,  sondern  ein  liebevoll  ausgeführtes  AVerk  seiner  eigenen 
Hände  ist.  7Vo/c-  deinem  Wissen,  dass  ich  nicht  schuldijj  l)in,  nämlich  wert, 
verdammt  zu  werden;  )!'ä'\  ist  mehr,  als  ]'lj;  und  nstsn  haben,  die  letztere  hat 
auch  der  Fromme  Cap.  7  21,  ist  aber  darum  doch  DP  und  "»pl  Der  vierte  Stichos 
V.  7''  ist  mit  dem  vorigen  nicht  in  Einklang  zu  bringen:  und  (dass)  von  deiner 
Hand  keiner  rettet;  wenn  etwa  gesagt  werden  sollte:  dein  einseitiges  Verfahren 
kannst  du  nicht  damit  entschuldigen,  dass  ich  (einen  ebenso  einseitigen)  Be- 
schützer hätte,  so  wäre  doch  b^'^'ß  dafür  kaum  ein  geeigneter  Ausdruck.  Beer 
schlägt  vor  J^K'D  "'"l^^S,  das  trifft  in  der  Hauptsache  das  Richtige,  nur  dass  VK^S 
nicht  stark  genug  ist  und  von  Hiob  nicht  geleugnet  wird  (7  21),  auch  aus  ^^SD 
nicht  leicht  entstehen  konnte;  lesen  wir  daher:  ^J^O  '•'1^3  ]'^^\,  Und  dass  an  meiner 
Hand  kein  Treubruch  klebt.  7a\  "pJ^O,  das  mit  Vl^T,  gottlos,  abtrünnig  sein,  gut 
harmoniert,  vgl.  Cap.  2l34;Esr9  2;  10 6.  Gott  muss  wissen,  dass  Hiob  sein 
getreuer  Diener  ist,  darum  sollte  er  die  unbewussten  und  ungewollten  Sünden 
passieren  lassen.  Im  Folgenden  wird  zunächst  der  Gedanke  von  v.  3  weiter  aus- 
geführt. 8  9  Das  erste  Distichon  ist  im  massor.  Text  hifolge  altertümlicher 
Orthographie  verdorben;  mit  den  allermeisten  neueren  Exegeten  ist  nach  LXX 
(|j.£Ta  xaüxa  [jLsxaßaXtuv)  vgl.  v.  9''  für  :i''3D  "in^  etwa  zu  lesen:  3UD  "iniS;  zu  dem 
inf.  abs.  in  der  Frage  vgl.  Cap.  40  2;  Jer  7  9 10,  wo  ebenfalls  der  inf.  durch  das 
verb.  fin.  fortgesetzt  wird  (s.  Ges.-Kautzsch  §  113  4b):  Deine  Hände  formten 
und  bildeten  mich,  Danach  willst  du  anderen  Sinnes  (jeworden  mich  vertilgen? 
Gedenke  doch  (Ki  fehlt  in  LXX),  dass  du  tvie  Thon  mich  gebildet,  Und  %u 
Staub  willst  du  mich  wieder  machen?  In  v.  8  die  Vorstellung  von  der  Kunst- 
arbeit des  Bildschnitzers  (2^J^),  in  v.  9,  vielleicht  mit  Anspielung  auf  Gen  2  7, 
die  von  der  Bildung  von  Thonfiguren.   Seine  kunstvolle  Arbeit  will  Gott  wieder 


Hi  10  9  oH  }li   i„,6 

zerstöri'ii.  weil  sie  kk-iiie  Fehler  bekoiunun  liaben  möchte?  Eine  AVeit vor- 
Ktellunir,  die  alles  Entstehen  nntl  Geschehen  direkt  imd  ausschliesslich  auf  Gott 
iiurück führt,  steht  in  derThat  vor  dem  Elend  wie  vor  einem  Widersinn,  sobald 
sie  dem  Menschen  nicht  die  Scluüd  beimessen  kami.  In  10  11  erhalten  wir  eine 
interessante  J^rohe  dei-  alt(  n  JMiysiologie.  ////.sV  du  iiii hl  iric  Milrli  mich  hin- 
(je(josn('n  lud  iric  Halnii  iiiii h  f/criiini-ii  hissen i*  Der  männliche  Same,  stellte 
man  sieh  vor.  ucrinnt  im  Muttcisehuss.  wie  Milch  zum  Käse,  zum  Embryo,  der 
dann  v(in  Gott  V.  1 1  mit  Haut  und  Fleisch  bekleidet  und  mit  Knochen  und 
SeluK  n  durcliHochten  wird,  wie  man  eine  Hecke  mit  Dornen  durchtlicht 
CiSDtyn  Pilel  von  ^^b'  Ca)).  1  lu  oder  Poel  von  pb  =  -JSD  Ps  i:J9  13).  Auch  der 
Koran  bewundot  in  zaldr(  leben  Stellen  die  Entstehung?  <ks  Menschen  erst  aus 
Staub,  dann  aus  Samen  und  Plut,  ähnlich  wie  Saj)  7  2.  Dei*  tolj^ende  Vier- 
zeiler 12  13  bahnt  nun  eine  Fortsetzung  an,  die  v.  (i  entspricht,  v.  12'  ist  aber 
verderbt:  zu  D"'^n  passt  das  Verbum  n^lä'J^  nicht,  zu  dem  Verb  7\ä,  das  die  LXX 
dafür  bietet,  nicht  das  zweite  Objekt  IDH.  Das  letztere  "Wort  ist  überhaupt 
auffällig  in  diesem  Zusammenhang,  der  doch  nicht  etwa  von  Hiobs  früherem 
Glück  reden  kann.  Ich  nehme  daher  das  PXÖ  der  LXX  an  und  lese  (für  lOn) 
n^n,  das  (^ip.  11  17  Lebenskraft,  -lust  bedeutet.  Das  ergiebt  die  einzig  richtige 
Fortsetzung  zu  v.  11  :  Lohen  und  LoltensUrajl  hast  du  mir  ziit/et/ehen,  l'nd  deiiii' 
Aiif'sivhl  beirahrle  meinen  Odeni^  sodass  ich  nun  leben  und  das  Leben  be- 
haupten konnte,  l  l>erall  die  Vorstellung  von  Gottes  unmittelbarer  Wirksam- 
keit: der  Geist  des  Menschen  würde  sofort  entweichen,  wenn  Gottes  AVachsam- 
keit  dies  nicht  verhütete.  Aber  was  trieb  Gott  zu  solch  sorgsamer  Aufsicht 
an?  l  nd  dies  rerharfist  du  in  deinem  Herren,  Ich  merke,  dass  dies  hei  dir 
heahsichliiil  irnr,  was  v.  14tl".  weiter  genannt  werden  soll.  Gottes  Antrieb  bei 
allem  wai-  die  Absicht.  Hiobs  Verhalten  zu  beobachten,  ihn  zu  züchtigen,  nit-der- 
zuhaltenl  14  15    )\en//  ich  fehlte,  inditest  du  mich  heohachten   t  nd  ron 

meiner  Schuld  mich  nicht  frei  machen^  dazu  wuide  iler  Mensch  von  Gott  ge- 
schalfen.  damit  er  mit  grausamer  Neugier  l)eobachtet  und  rektifiziert  werde 
vgl.  V.  (),  die  scheinbar  gütige  Beaufsichtigung  von  v.  12  war  zugleich  ein  kaltes 
Aufpassen  auf  Verfehlungen.  "Welch  eine  Vorstellung  von  Gott  ergiebt  sich, 
wenn  die  Sünde  zum  Ein  und  Alles  im  Tjeben  und  in  der  Heligion  gemacht 
wird!  Weini  ich  (/tili los  u-i'irde,  sn  irehe  mir!  l  iid  iriire  ich  ijerechl.  sollte  ich 
mein  llnupl  nicht  helfen.  Also  Strafe  für  jeden  Keid.  vidliges  \'erderben  für 
absichtliehe  Verschuldung,  aber  sell)st,  wenn  an  Hi«»b  nichts  auszusetzen  wäre, 
soll  er  doch  unterwürfig,  geduckt,  mit  gesenkten  Augen  cinhergehen.  Das  war 
ja  die  Weisheit  des  Eliphas.  Auf  diese  klaren  Sätze  folgt  in  LXX  ^i«  ]'hp,  yz^, 
im  hebr.  Text:  '".Jj;  nsil  p  tr,  wo  für  die  beiden  letzten  Wörter  wohl  "jy  rvr\\  zu 
lesen  ist:  gesättigt  mit  Schmach  und  getränkt  mit  Elend.  Diese  Apposition 
passt  aber  grade  zum  letzten  Satz  nicht  gut,  der  schwtrlich  sag(>n  will,  dsiss 
Hiob  auch  dann,  wenn  er  gerecht  ist.  elend  sein  sidl.  denn  Hi«d)s  Elend  hängt 
im  Gegenteil  damit  zusammen,  dass  er  für  Gott  nicht  als  gerecht  gelten  soll. 
Demnach  ist  sie  idnu'  Zweifel  ein  Citat  aus  einer  bekamiten  Stelle,  die  darum 
in  der  LXX  nur  halb  angeführt  wurde.  Vielleicht  hängt  mit  diesem  Citat  noch 
zusammen  der  erste  Stichos  von  1(»  17.  wenigstens  wenn  der  Text  der  LXX 


HilOl7  60  Hil0  20 

ursprüngiich  sein  sollte:  wie  der  Lüwe  werde  icli  in  den  Tod  gejagt;  alsdann 
wäre  das  HSyi  des  liebr.  Textes  oder  das  HiSlJXI  der  Pescli.  erst  nachträglich 
hinzngesetzt,  um  eine  notdürftige  Yerbindnng  zwischen  v.  15  nnd  v.  16''  her- 
zustellen. Denn  dass  die  Verbindung  nur  notdürftig  ist,  beweist  die  gewöhn- 
liche Übersetzung:  und  würde  es  (mein  Haupt!)  hoch,  so  wolltest  du  mich  wie 
ein  Löwe  (oder  nach  der  Auffassung  der  LXX:  wie  den  Löwen)  jagen.  Hängt 
V.  16^''  nicht  mit  ¥.15*=  zusammen,  so  mag  es  eine  Glosse  nach  (Jap.  16  9  12 
sein;  jedenfalls  stört  der  Stichos  nicht  blos  das  Metrum,  sondern  auch  die  Ge- 
danken- und  Bilderfolge.  Denn  Hiob  fährt  fort:  Du  wolllpst  (lieh  abermals 
iciinderhar  gegen,  mich  beweisen,  Wolltest  stets  neue  Zeugen  gegen  mich 
führen.  Das  ist  Begründung  des  Satzes:  wäre  ich  gerecht,  so  sollte  ich  mein 
Haupt  nicht  heben.  Hiob,  wunderbar  geschaifen,  wird  auch  wunderbar  be- 
handelt, nur  leider  in  ganz  anderer  Weise,  als  seine  wunderbare  Bildung  er- 
warten liess,  und  damit  er  stets  geduckt  werde,  führt  Gott  immer  neue  Zeugen 
gegen  ihn.  Diese  Zeugen  sind  die  BeAveise  für  begangene  Sünde  Hiobs,  die 
vor  den  letzteren  in  der  Gestalt  der  Straf  leiden  hintreten  (die  LXX  übersetzt 
ein  ^J?2i  "''73^ :  du  erneuerst  gegen  mich  meine  Plage).  So  übt  Gott  seine  doppelte 
rrnp^B!  Der  dritte  Stichos:  Und  deinen  Unmut  mehren  gegen  mich  ist  ohne 
Weiteres  verständlich:  durch  Aufspürung  immer  neuer  Fehler  arbeitet  sich 
Gott  in  steigende  Erbitterung  gegen  Hiob  hhiein.  Dagegen  macht  der  vierte 
wieder  Schwierigkeiten:  Ablösungen  und  Heerschar  (oder  Frohndienst)  sind 
bei  mir.  Man  weiss  nicht,  womit  man  das  verbinden  soll  und  warum  die  beiden 
Substantive,  die  ein  Hendiadyoin  sein  würden  (sich  ablösende  Heerscharen), 
nicht  in  umgekehrter  Reihenfolge  stehen;  auch  ist  "'öy  neben  Höj;  auffällig.  Ich 
lese  daher  mit  LXX  und  Pesch. :  'h^  ^yi  ^X!>J^\.  Und  frische  Frohn  mir  auf- 
legen. f|^nn  läuft  mit  B^"nnri  parallel;  fc<Ii^  passt  grade  hier,  wo  Hiob  sein  ganzes 
Dasein  überschaut,  sehr  gut  vgL  Cap.  7  1;  in  Cap.  14  u  wird  dann  auf  unsere 
Stelle  geistreich  angespielt.  Lidem  Hiob  sein  Leben  unter  ein  solches  Geschick 
gestellt  sieht,  kommt  er  zurück  auf  die  Frage,  die  er  schon  Cap.  3  11  ff.  hervor- 
stiess:  warum  hat  Gott,  wenn  er  es  so  mit  mir  vorhatte,  mich  überhaupt  ins 
Dasein  gerufen?  18  19  Und  wartim  liessest  du  mich  ans  dem  Schosse  her- 
vorgehen Und  starb  ich  nicht,  ohne  dass  ein  Auge  mich  sah?  Vor  yiiiS  ist  n"?! 
einzusetzen  vgl  LXX.  Diese  Frage  hat  aber  jetzt  infolge  der  von  den  Freunden 
angeregten  Gedanken  ülier  die  Sünde  einen  viel  bittereren  Charakter  als  früher, 
denn  das  Leiden  erscheint  ihm  jetzt  als  eine  von  Gott  mit  Vorbedacht  er- 
sonnene  Peinigung  seines  Geschöpfes,  das  doch  ohne  Sünde  nicht  sein  kann. 
V.  19  ist  wohl  ein  Wunschsatz:  Wäre  ich,  als  wäre  ich  nicht  gewesen.  Märe  ron 
Mutterleibe  an  zu  Grabe  geleitet!  Merx  und  Beer  streichen  v.  18  19;  aller- 
dings würde  man  kehie  Lücke  spüren,  wenn  sie  fehlten.  Der  Abschluss  der 
Rede  20—22  ähnelt  den  früheren  Abschlüssen  Cap.  7  6-10  21:  Sind  nicht  wenig 
die  Tage  meines  Lebens?  So  zu  übersetzen  mit  Bickell,  Beer  nach  LXX 
CA.:  6  XP^vog  Tou  ßiou  jiou  =  ''"^Vn  ''ö^_;  das  ^"in^  Ktib  oder  Vnm  Qre  ist  wohl 
durch  Cap.  7  I6  beeinflusst.  Lass  ab  ron  mir,  dass  ich  heiter  blicken  könne! 
Das  erste  "^  von  JT'B'"'  des  Ktib  stammt  aus  dem  Suff,  von  •'"ibn,  ist  also  hier  zu 
streichen.    n^K^.  mit  |p  ist  vielleicht  ein  term.  techn.  aus  dem  Handwerk  oder 


Hil0  2u  (11  Hills 

Kriegsdii-nst  vgl.  Ps  3  7  und  dus  ^D''ir  J  Keg20i2;  man  kann  .  twa  T  ergäii/.tii. 
Das  13J;d  um  Scldiiss  dieses  Stichos  mag  aus  dem  vorigen  eingedrungen  sein 
(BiCKJOLL),  die  Zcitlxstimnumg  folgt  in  v.  iM  :  /irror  ich  i/rlir ,  (iluic  zH/iick- 
Z'U/ce/irt'ji,  Vjini  Linul  der  lliislcnus  iiiul (h's  Dunkels,  Finsternis  als  Gegensatz 
zu  dem  ybzry  v.  2<i.  Diese  Beschreibung  der  Unterwelt  hat  ein  Späterer  v.  22 
vermehrt  dnnli  alhrlei  andere  Ausdrücke  für  Dunkelheit;  der  Text  ist,  wie 
meist  in  solchen  ]\Iarginal/.usätzen,  nicht  der  beste  und  weicht  in  LXX  stark 
ab:  dem  Land  von  Finsternis  (nnDj;  mit  dojjpelter  Femininendung  für  HD-'J^, 
ebenso  in  der  Liti  ipolation  Am-luj  als  wie  von  Düsterheit(!)  und  von  Dunkel 
ohne  Keihen  (Volnie  Ordnung?),  sodass  es  hell  wird  wie  Düsterheit.  Dass  der 
Text  verderbt  ist,  dass  /.  15.  die  letzten  drei  Wörter  eine  Variante  des  zweiten 
bis  vierten  sind,  liegt  auf  der  Hand,  aber  eine  „AViederherstellung-'  ist  von  vorn- 
lierein  init/los.  da  der  ganze  Vers  nur  eine  Auf/.ählung  von  Attrlbufen  S.l.rols. 
kein  1  )i^ti(  limi  ist. 

Hiiib  hat  nun  gezeigt,  dass  die  Annalime,  wegen  der  Gerechtigkfit  (iottes  kijinie 
nur  die  inciischlicliexSünde  die  l'rsaclie  des  Unglücks  sein,  zu  den  schlimmsten  Folgerungen 
über  (iottes  Wesen  führe.  AVas  werden  darauf  die  Fi-eundc  zu  antworten  wissen?  AVt-nleii 
sie  Eigenschaften  in  Gott  entdecken,  die  ihn  von  dem  Vorwurf  des  brutalen  Missbrauchs 
seiner  Übermacht  und  der  Lust  au  rafKnierter  Quälerei  seiner  Geschöpfe  befreien? 

Cap.  11.     Hede  Zopliars. 

Zophar  haben  wir  uns  als  den  jüngsten  der  drei  Freunde  zu  denken,  er  ist  dt-m- 
gemäss  auch  der  hitzigste  und  beginnt  gleich  viel  derber  als  die  beiden  anderen.  Er  hat 
gemerkt,  dass  Hiob  in  Gott  die  Ursache  seines  Unglücks  sucht  und  über  (Jottes  "Wesen 
nachgrübelt.  Selbstverständlich  bleibt  nun  auch  er  dabei,  die  Sünde  in  den  Mittelpunkt 
seiner  Auffassung  von  Religion  und  Leben  zu  stellen,  aber  er  sucht  doch  Hiobs  Folpe- 
rungen  zu  entkräften.  Dafür  weiss  er  nur  den  einen  AVejr,  Gottes  AVeisheit  als  unerforsch- 
lich  zu  bezeichnen;  damit  wäre  dann  allem  Forschen  über  Gott  ein  Halt  zugerufi-n.  Er 
giebt  seine  fielehrung  in 

2—12,  wovon  2  3  die  persönliche  Einleitung  Itilden.  Snil  der  Wdrlrcidn- 
keine  Aiitirorl  haben  l  nil  der  IJitjH'nlield  Hecht  hehidlen  Y  Wegen  des  paralle- 
len ')S  ty^N  1.  nach  LXX  in  v.  2'  3in,  adj..  Mann  der  Lipfien,  Worl reicher  ent- 
halten last  bcschinii)fendel'rteile  über  die  Länge  und  Inhaltslosigkeit  der  Hede 
Hiobs.  Sollen  ror  deinem  Sch/rtdzen  Männer  rerstiininien  I  nd  du  sjuiflen. 
ohne  d(i.s.s  dich  einer  be.schiimt?  Da  K^^inn  sonst  immer  intrans.  ist.  s<i  ist  wohl 
?I'"^?P  zu  lesen  vgl.  Cap.  13  13  (oder  nach  Pesch.  '3  "jj;  oder  '2"?  mit  V,yia<). 
Scherzhaft  ist,  was  die  LXX  herausbringt:  gei)riesen  der  kurzlebige  Weibes- 
geborne!  also  etwa :  ntS^N  1^";  C"  12J70  "qnip,  immerhin  lehrreich  tyr  die  alte  Schrift 
lind  Orthograi»hie.  Das  Spotten  bezieht  sich  auf  Hiobs  Reden  gegen  Gott, 
nicht  gegen  die  Freunde;  Zophar  hat  nur  das  Theologische,  nicht  das  Mensch- 
liche, nicht  das  tiefe  religi(»se  Bedürfnis  darin  gefunden.  An  das  letzte  "Wort 
in  V.  3  ist  doch  wohl  mit  BicKiXL  das  Sutl'.  auzuhängeu:  ^p'bSD.  Iin  Folgen- 
den finden  sich  manche  Anstösse.  Siegfried  stösst  v.  6''  7—9  1 2  aus,  Bickell 
liingegen  v.  4  G«  7  10;  sie  stimmen  also  nur  in  der  Verwerfung  von  v.  7  über- 
ein. ;Mit  Bickell  halte  ich  v.  (y  und  v.  10  für  unhaltbar;  v.  8  9  sind  zwar  ein 
ziemlich  uiniötiger  Redeschmuck ,  lassen  sich  aber  vielleicht  an  den  BegritV 


Hills  62  Hill  6 

Weisheit  in  v.  6  anscliliesseii  und  so  halten;  v.  11  12  motivieren  den  AVunsch 
in  T.  5  und  bilden  mit  diesem  Verse  das  Rückgrat  der  Ausführung.  Doch  lässt 
sich  wie  v.  8  9  zur  Not  auch  v.  7  und  v.  4  halten,  wenn  man  sie  in  dieser  Reihen- 
folge vor  V.  5  setzt;  jedenfalls  schliesst  sich  v.  7  an  v.  3  gut  an.  7  4  als 
zweiter  Vierzeiler  spricht  das  missbilligende  Erstaunen  Zophars  darüber  aus, 
dass  Hiob  über  Gottes  Wesen  sich  kritisch  ausgelassen  hat,  weil  er  nicht  zu- 
geben will ,  dass  seine  Sünde  die  einzige  gerechte  Ursache  seines  Leidens  sei. 
V,  7:  Die  Erforschung  Eloahs  willst  du  ausßuden  Oder  bis  zur  Greme  des 
Allmäclitif/eii  hingelangen?    Das  zweite  «SOn  ist  offenbar  eine  gedankenlose 
Wiederholung  des  ersten  durch  den  Al)schreiber,  man  kann  daher  nicht  wissen, 
welches  Verb  dagestanden  hat  (denn  das  dcptxou  der  LXX  ist  wohl  auch  «^fÖD 
nach  dem  aramäischen  «IDÖ),  aber  ein  «in  kann  nicht  weit  fehl  gehen.    Hiob 
meint,  den  Grund  (s.  Cap.  38  16  zu  ni^n)  in  Gott  ausfindig  machen  zu  können: 
eine  Charakteristik  seines  Grübelns  und  Redens ,  die  scheinbar  das  Richtige 
trifft,  aber  ihm  doch  nicht  ganz  gerecht  wird,  wie  die  Fortsetzung  zeigt.   Denn 
Hiob  hat  nicht  etwa  das  Wissens-Bedürfnis,  Gottes  AVesen  nach  allen  Seiten, 
bis  zur  äussersten  Grenze  (n''bDri  von  nbs,  zu  Ende  sein  vgl.  Cap.  26  lo;  28  3)  zu 
erforschen,  sondern  den  praktisch  religiösen  Drang,  des  Charakters  und  der 
Gesinnung  Gottes  ihm  selbst  gegenüber   sich  zvi  vergewissern,     v.  4:  Und 
sprichst:  rein  ist  mein  Wandel  Und  lauter  bin  ich  in  meinen  Augen?    Du 
fragst:  wie  ist  Gott  beschaffen,  ich  meinerseits  bin  makellos!    Wirklich  hatte 
Hiob  gesagt:  ^J«  Dn  —  n^D»  K!in  Cap.  9  21  22.   Übrigens  hat  Hiob  nicht  gesagt, 
was  der  M.  T.  bietet:  rein  ist  "'njp'p,  meine  Lehre  (eigentlich  das  Empfangene, 
die  überkommene  Lehre  vgl.  Th"^^),  es  ist  dafür  mit  Beer  ^Pöb,  in£  von  "^"^H, 
mein  Wandeln,  zu  lesen  vgl.  LXX  und  den  parall.  Stichos.    Für  ?J''i"'j;n  hat 
LXX  VJ''V^  (angenommen  von  Meex,  Beer),  das  aber  auch  nicht  angeht,  weil 
Hiob  sich  im  Gegenteil  darüber  beklagt  hat,  dass  Gott  ihn  nicht  als  rein  an- 
sehen will;  mit  Siegfeied  ist  ''i''j;s  zu  lesen.            5  6  Aber  u-nllte  doch  Eloah 
reden  Und  öffnen  seine  Lippen  dir  gegenüber!    Und  dir  kundthun  die  ver- 
borgene Weisheit,  Dass  sie  wundergleich  ist  an  Vernunft!    |ri^"^p  mit  dem  inf. 
(als  acc),  der  dann  durch  das  juss.  fortgesetzt  wird  Ges.-Kautzsch  §  151b. 
V.  6'^:  dass  (die  Geheimnisse  der  Weisheit)  doppelt  sind  —  im  Vergleich  wo- 
mit sollen  sie  doppelt  sein?  und  warum  nur  doppelt,  da  doch  Hiob  selber  ge- 
sagt hat,  dass  der  Mensch  Gotte  auf  tausend  nicht  eins  antworten  könne  (9  3  4)? 
Daher  mit  Mx.  Cheyne,  Bickell  auszusprechen:  D";"7S3  =  D"'«'?S3,  wie  AVunder. 
Siegfeied  beruft  sich  zu  Gunsten  von  doppelt  auf  II  Reg  2  9,  aber  mit  Unrecht: 
Elisa  begehrt  doiit  zwei  Portionen  vom  Geiste  Elias,  etAva  den  Erstgebornen- 
anteil, Zophar  kann  aber  nicht  sagen  w^ollen,  dass  Gott  nur  den  Erstgebornen- 
rang unter  den  AV eisen  habe.      iWin"?  heisst:    an  Vernunft,    nicht:   für  die 
(menschliche)  Vernunft,  denn  das  Wort  bedeutet  nicht  den  begreifenden  A^er- 
stand,  sondern  das  objektiv  Verständige.   Das  3  vor  D"'t?^S  ist  nicht  zu  streichen 
(Beer),  denn  Gottes  Geheimnisse  sind  AVundern  gleich,  nicht  AVunder,  weil 
Zophar  sonst  gar  nicht  wünschen  könnte,  dass  Gott  sie  einem  Menschen,  dem 
sie  doch  zu  hoch  wären,  offenbaren  möge.   Was  Zophar  mit  der  AVeisheit  meint, 
sagt  V.  11  f.   Es  folgt  nun  im  M.  T.:  und  wisse,  dass  Eloah  dir  in  Vergessenheit 


Hi  116  r,3  Hi  11  12 

bringt  (etwas)  voiuleinti\SchuKl.  in  LXX:  umldann  wünlfst  (lut•^kcnnen.(hlss»lil• 
voll  Gott  ausging,  was  deiner  Schuld  entspricht  (li*!»?  ni*?«)?  .  •  .  ^p^.)-  Nach 
dem  M.  T.  wiii-iU-  der  Dichter  (h'Ui  Zophar  eine  abscheuliche  Hyperbel  in  den 
Mund  gelegt  haben:  Hiub  habe  nuch  viel  Schlimmeres  verdient  als  sein  jetziges 
Leiden;  aber  selbst  bei  der  geniässigteren  Fassung  des  griechischen  Textes, 
die  jedoch  wegen  ihrer  Künstlichkeit  vor  der  des  M.  T.  zurückstehen  muss. 
kommt  man  mit  v.  13  Ü".  in  völlige  Verlegenheit.  Aber  der  Satz  ist  schon  wegen 
seines  prosaischen  Charakters  als  Interpolation  zu  entl'enien;  sein  Verf.  gehrut. 
wie  der  Autor  der  Elihureden,  zu  denen,  die  mit  dem  Dichter  unzutri«(len  sind. 
S  0  verhenlichen  div  v. «)'''  erwähnte  AVeisheit  Gottes,  //ö/tfr  als  der  llimim'l, 
tras  t/iiifif  (li('^  Die  LXX  las  die  Konsonanten  D'OIT  cnz:.  woraus  wir  7\T\1} 
D'Oti'P  machen,  da  der  Ausruf  im  M.  T.:  die  Höhen  des  Himmels!  um  so  weniger 
richtig  sein  kann,  als  drei  Adjektive  mit  ]p  tolgen,  die  sich  nur  auf  (n'»'?3n  in 
V.  7  oder  besser  auf)  nODH  in  v.  (j  beziehen  lassen  und  davon  im  M.  T.  durch 
V.  8'  getrennt  sind  (ähnlich  Olshaisen  u.  a.).  Was  thust  du?  was  willst  du 
gegenüber  einer  Weisheit  ausrichten,  die  höher  ist  als  der  Himmel,  tiefer  als 
Scheol,  länger  als  die  Erde  an  Mass  und  breiter  als  das  Meer?  Kür  rno  von 
TD,  das  sonst  immer  Decke  bedeutet,  ist  HIO,  acc.  der  näheren  Bestimmung,  zu 
lesen;  das  Wort  ist  allerdings  auch  so  nur  ein  Flickwort.  Die  Weisheit  wird 
hier  aufgefasst  als  hervorgehend  aus  dem  Thun  und  Erfahren,  genau  so  wie  in 
der  eingesetzten  Dichtung  Cap.  28  (v.  231)".):  Gott  ist  über  Scheol,  Meei-  u.  s.  w. 
hinaus  thätig,  darum  geht  auch  seine  Weisheit  über  Seheol.  Meer  u.  s.  w.  Dass 
V.  d>i  etwas  leer  sind,  lässt  sich  nicht  leugnen .  auch  entfernen  sie  v.  5  etwas  zu 
sehr  von  v.  11  f.,  vor  allem  würde  man  die  Weisheit  Gottes  lieber  durch  Bei- 
s[»iele  aus  seiner  licitung  der  Menschen  illustriert  sehen.  Freilich  nimmt 
Cai).  38  t}'.  der  Dichter  seine  Zuflucht  zu  der  in  der  Xatur  sich  oti'enban  n<len 
Weisheit  Gottes,  aber  warum  niuiint  er  dies  hier  vorweg?  Siegfried  könnte 
also  mit  seinem  Verdacht  gegen  v.  8f  Hecht  haben;  sonst  nuiss  man  sieh  mit 
tlem  Satz:  quando(iut'  l)onus  dorniitat  Houierus  trösten.  Hingegen  10  imiss 
einst  zwischen  Cap.  11  und  Ca}).  1:^  ufi'.  am  Rande  gestanden  haben  und  in  die 
verkehrte  Koluuuu-  geraten  si-in.  Wenn  er  rorhcisiliireht  und  in  Fcssi'ln 
schlh'sst  ind  Uerlclit  hfnifl  —  ircr  hall  ihn  znriicky  Der  Vers  passt  nur  in 
eine  Rede  Hiobs  (vgl  Cap.  12  uH'..  9  ii  \i),  denn  er  weist  auf  die  uidieimliche 
rbermacht  Gottes  hin,  der  niemand  (auch  kein  rnsehuldigeri  entrininn  kann, 
während  Zophar  an  die  überlegene  Weisheit  Gottes  in  der  Behandlung  der 
sündigen  Menschen  denkt,  die  er  bessern  will.  H  12  giebt  uns  endlich  Auf- 
schluss  über  das,  was  Zophar  mit  v.  of.  meint«'.  Wollte  doch  (iott  mit  dir 
reden:  Denn  er  kennt  die  rerderl/len  Leute  ind  sieht  das  An/e  und  bemerkt 
es.  Der  Schluss  lautet  im  M.  T.:  ohne  dass  er  darauf  achtet,  aber  was  sollte 
das  sein?  Es  ist  sogar  zweifelhaft,  ob  einem  antiken  Menschen  eine  solche  All- 
wissenheit, die  auch  das  weiss,  worauf  sie  nicht  achtet,  verständlich  sein  würde. 
Abgesehen  davon  ist  hier  eine  Äusserung  über  die  Leichtigkeit  der  Wahr- 
nehmung nicht  am  Platz,  sondern  nur  eine  über  das  scharfe  Achte-n  Gottes  auf 
alles,  was  nicht  taugt;  daher  ist  mit  LXX  und  Pesch.  "h  für  vh  zu  lesen;  "?  steht 
poetisch  für  "pj;.   Zophar  bedeutet  dem  Hiob:  nur  deswegen  verfuhr  (4ott.  gegen 


Hill  12  64  Hill  16 

dich,  wie  er  getlian,  weil  er  auf  jede  Sünde  achtet  und  gegen  sie  einschreitet. 
Auch  Hioh  muss  etwas  gethan  haben,  was  unter  den  Gesichtspunkt  des  ]1K 
fällt.  Der  Zweck  und  die  Folge  der  göttlichen  Aufmerksamkeit  ist  v.  12:  Und 
so  li'ird  ein  leerer  Mensch  gelehrk)  Und  ein  Wildeselfüllen  zum  Menschen  um- 
yehoren\  die  Widerspenstigkeit  wird  durch  Strafen  gebändigt  und  besiegt,  wie 
Ps32,  der  von  einem  Geistesverwandten  Zophars  verfasst  ist,  des  Weiteren 
ausführt.  Das  Leiden  wird  hier  also  als  eine  disciplinarische  Zähmung  des 
Menschen  aufgefasst,  dazu  bestimmt,  ihn  zu  ernüchtern,  wenn  er  im  närrischen 
Übermut  ausschlägt.  Zu  dieser  Äusserung,  die  keinen  sonderlichen  Respekt 
Zophars  vor  Hijb  bekundet,  passt  ganz  gut  der  Wortwitz  DUi  —  Dp^^;  i^l^i, 
hohl,  hohlköpfig,  wie  ÜJlS  Cap.  5  2  im  religiösen  Sinne:  unweise,  die  Gottheit 
nicht  achtend  vgl.  noch  nbni  Cap.  2  lo;  S^V.»  denom.  von  l"?,  Herz  =  Verstand, 
im  Xipli. :  mit  Verstand  begabt  Averden,  nur  hier.  Der  unbezähmbare  Wildesel 
(HHB  als  Apposition  zu  "l'K ,  wofür  man  eher  T^j;  erwartete  vgk  Ges.-Kautzsch 
§  131  c)  wird  Cap.  39  5 If.  geschildert,  v.  12  scheint  ein  Sprichwort  gewesen 
zu  sein. 

Der  gauze  belehrende  Teil  der  Rede  Zophars  fällt  gegen  die  entsprechenden  Ab- 
schnitte in  den  Reden  der  älteren  Freunde  insofern  charakteristisch  ab,  als  Eliphas  sich 
auf  eine  eigene  Offenbarung,  Bildad  auf  einen  alten  Weisheitsspruch  der  Väter  berief, 
während  Zophar  sagt:  wenn  nur  Gott  reden  wollte,  so  würdest  du  sehen,  dass  ich  Recht 
habe,  und  dann  mit  witzigen  Volkssi^richwörtern  schliesst.  Es  ist,  als  wollte  der  Dichter 
uns  zu  verstellen  geben:  wenn  meine  theologischen  Gegner  mit  ihren  Offenbarungen  und 
Traditionen  zu  Ende  sind,  so  kommen  sie  mit  allgemeinen  Redensarten  und  mit  der  "Weis- 
heit der  Gasse,  aber  was  ich  meine  und  suche,  das  verstehen  sie  nicht  einmal. 

13-20  enthält  die  Trostrede  des  Zophar,  die  nur  die  Tröstungen  der 
beiden  Genossen  wiederholt.  13  14  nennt  die  Bedingungen,  unter  denen 

Hiob  wieder  glücklich  w^erden  kann.  Wenn  du  nun  bereitest  dein  Her%  Und 
ausbreitest  zu  ihm  deine  Hände^  die  inneren  Handflächen,  wie  der  alttestament- 
liche  Beter  thut  vgl.  Jes  1  lo,  gegen  ihn  flehentlich  ausstreckst  vgl.  Bildads 
Mahnung  Cap.  8  5  (5  8).  nriN,  du  nun,  der,  wie  ich  hoffe,  noch  gelehrig  und  ver- 
ständig werden  kann  (v.  12).  v.  14  wird  von  Siegeeied  und  Bickell  gestrichen 
und  ist  jedenfalls  in  seiner  jetzigen  Foiin  unbrauchbar,  denn  die  Annahme,  der 
V.  sei  ehie  Parenthese,  an  sich  schon  einem  Notbehelf  verzweifelt  ähnlich,  steht 
in  schlechtem  Einklang  mit  seinem  Inhalt:  ein  Zophar  kann  die  Sünde  nicht 
so  nebenbei  abmachen.  Im  Hinblick  auf  Cap.  8  6  und  Cap.  22  23  lese  ich:  ?I"|»p 
N^l  p'^nin,  ausserdem  ist  mit  LXX  pär^  und  ?lbn«  zu  sprechen.  p"'rnn  ist  intrans. 
Avie  oft.  Demnach:  Wenn  Arges  sich  von  deiner  Hand  fern  gehalten  hat  Und 
in  deinem  7.elt  nicht  Vrerel  wohnt.  Dieser  Sinn  ist  für  den  ersten  Gang  des 
Streitgesprächs  der  allein  mögliche,  denn  die  Freunde  haben  zwar  schon  aller- 
lei Verdacht,  aber  sie  nehmen,  obgleich  mit  einem  Wenn,  vorläuhg  noch  das 
Beste  an.  15  16  Der  Nachsatz.  Obwohl  das  ^3  v.  15  nicht  unmöglich  ist 
{ja  dann),  so  wird  es  doch,  da  auch  v.  16  mit  ^D  beginnt,  besser  gestrichen. 
Dann  wirst  du  dein  Gesicht  erheben  ohne  Makel  Und  festgegründet  sein  ohne 
dich  zu  fürchten.  D^ßD  (Q1D  aus  D1«D)  entspricht  dem  STH  s"?"!,  ohne  dich  zu 
fürchten,  nämlich  vor  neuen  Heimsuchungen.  Dass  LXX  DIQ  in  DIO  verlesen 
hat,  scheint  mir  kein  Grund,  es  zu  streichen;  der  Makel  bezieht  sich  auf  den 


Hi  11  16  65  Hi  IJ  1 

Verdaclit  der  Schuld,  der  dem  (xottgeschlagenen  anhaftet.  Für  pSD,  jiart. 
Hoph.  voiips;,  aus  Erz  gegossen  (Delitzsch  kombiniert  es  mit  p^^O,  Säule)  liest 
LXX  und  Taig.  pjö,  von  ppl,  was  Mkkx  einsetzt;  Rickell  uihI  Bkek  bringen 
auf  verse-ldedene  Ai-t  den  Satz  heraus:  giebt  es  Not,  so  u.  s.  w.,  aber  nach  dem 
Folgenden  soll  es  keine  Not  mehr  geben;  wer  an  p^D  Anstoss  nimmt,  spräche 
vielleicht  besser  aus  p'^jp,  frei  von  Bedrängnis,  v.  ]»;:  Vh'lmi'hr  irir.st  ilii  daini 
der  Müll  .Stil  n'/t/r.s.sr/t ,  UVV'  an  Wasser,  das  rorhctfiiuianiifii ,  daran  dcnlicn. 
Für  nn«  lies  mit  den  nn-isten  Neueren  nnj?.  17  IS  lud  heller  als  der  Millatf 
ersieh!  dein  Lehen,  1.  nach  liXX  mit  Hi:ki;  l'n'pn.  Dankelheil  irird  irie  der 
Morijen  sein,  nändich  die  bisherige  Dunkelheit.  riDJ^ri  ist  als  coliort.  Qal  von 
P^y  punktiert:  wollte  es  ilunkel  werden,  aber  dem  Charakter  beider  Stichen 
ents))richt  bessei-  ein  Nomen,  1.  daher  nach  Pesch.  und  Targ.  mit  vielen 
Neueicn :  riD^lX^n.  v.  1 8  Lnd  da  /rirst  dieh  sieher  fahlen ,  treil  llo/f'nanff  da  isl, 
weil  du  auf  Fortdauer  des  Glückes  rechnen  darist.  Merkwürdig  genug,  wie  oft 
von  Fuicht  und  HoHnung  ges|)roclien  wird,  der  Dichter  uuiss  in  unsicherer 
Zeit  gelebt  haben,  v.  18'*  heisst  im  M.  T.:  und  hast  du  nachgespäht  (nach 
anderen:  l)ist  du  beschämt  gewesen),  wirst  du  im  Gefühl  der  Siclieiheit  dich, 
niederlegen;  das  ist  schwerlich  möglich  und  wohl  dem  Text  von  Cap.  .'>'24  nach- 
gebildet. SiEGFKiED  will  für  das  erste  Verb  ri"'pm,  Beek  ri"|ns^  lesen;  ersteres 
möchte  passen,  ist  nur  dem  Textwort  nicht  ähnlich;  ausseidem  bleibt  das 
wegen  rinp2^  lästige  nas*?.  LXX  übersetzt:  aus  Sorge  und  Grülxdn  geht  ilii- 
Friede  auf.  das  wiire  etwa:  übüP^  nbOl  H'l'inp;  belialtcn  wii-  unser  22^Pi  bei.  so 
j)asst  im  l'biigen  dieser  Text  sehr  gut:  Ohne  Son/e  and  hlatje  trirsl  da  dirh 
niederlei/en.  Ähnliches  verheisst  Eliphas  Cap.  5-24.  Zu  diesem  Satz  ist  li>': 
l'nd  lauern  a'irsl  da  rnn  niemand  ifesehreekl ,  eine  \ Ciheissung,  die  Hiob  mit 
eiiiei-  Schafheide  vergleicht,  ein  vielleicht  durch  ni"jnp  angeregtes  l\:iiidcitat 
aus  Jes  17  2.  Der  Schluss  19''  20  erinnert  an  den  Schluss  von  Bildads  Hede. 
l  n<l  srhaieirheln  a'erden  dir  riele ,  Hinj/eijen  die  Aat/en  der  Hot  linsen  rer- 
sehniaehlen.  Das  Schmeicheln  (eigentlicii  das  Glätten  der  Zoinesfalten  im 
Gesicht)  soll  ein  Ersatz  sein  für  die  Sehande,  die  Hiob  als  Gottgeschlagener 
zu  tragen  hat  —  ein  ähnlicher  (4egensatz,  wie  er  Jes  53  in  Hetretl"  des  Gottes- 
knechtes ausgeführt  wird.  Aber  Zt)])har  hat  nur  ein  i»edingtes  A'ertrauen  auf 
diesen  Ausgang,  darum  kaiui  er  nicht  unterlassen,  mit  starken  Ausdrücken 
auidi  den  Ausgang  derCJottlosigkeit  zu  l)etonen,  wenn  er  es  auch  in  einer  Foim 
thut,  als  Avollte  er  die  Gottlosen  in  (Jegensatz  zu  Hiob  setzen.  Er  schliesst: 
Lnd  y.a/laehl  isl  ihnen  enlselnranden,  l'nd  ihre  lla/fnani/  isl :  Aashlasen  der 
Seele,  eine  deutliche  Anspielung  auf  Hiobs  Verlangen  nach  l)aldigem  Tode: 
die  Gottlosen  sind  so  verzagt,  dass  sie  das  Ausblasen  der  Seele  (durch  Gott  s. 
Caj).  31  35»,  wenn  nicht  nach  Jerl5  9  ein  Aushauchen  von  Seiten  des  Menschen 
gemeint  ist)  als  einzige  Erlösung  herbeisehnen  müssen. 

Cap.  12    U.    Iliobs  .\iilwor(. 

Hat  nun  Zophar  dem  Hiob  auf  seine  Fragen  und  Zweifel  eine  genügeudf  Antwort 
gegeben?    Nein,  er  hat  nur  behauptet,  dass  Hiobs  Fragen  und  Forschen  angesichts  der 
göttlichen  Überlegenheit  thöricht  sei,  und  gemeint,  wenn  Gott  den  Menschen  in  die  Kur 
Kurzer  HC  zum  .\T  XVI  5 


Hi  12  1  66  Hi  12  5 

nehme,  so  bekomme  auch  der  Unverständige  Verstand,  den  Zophar  schon  zu  haben  glaubt. 
Auf  die  letztere  Bemerkung  antwortet  Hiob  gleich  zu  Anfang  Cap.  12  2  3,  um  alsdann 
V.  11  ff.  nachzuweisen,  dass  er  Gottes  Spuren  mit  eigenem  Urteil  verfolgt,  aber  dabei  über- 
wiegend zerstörende  "Wirkungen  seiner  Allgewalt  entdeckt  habe.  Erst  nach  einer  sehr 
ausführlichen  Polemik  kommt  er  zu  den  Wünschen,  Hoffnungen  und  Befürchtungen,  die 
er  für  sich  selber  hegt.  In  die  Rede  sind  zwei  Bruchstücke  aus  fremden  Dichtungen  ein- 
gesetzt, ohne  Tendenz,  nur  um  sie  vor  Verlust  zu  bewahren,  nämlich  Cap.  12  4-6  und 
V.  7—10. 

Cap.  128  311-85  der  erste  Abschnitt  der  Polemik  Hiobs  ül)er  Gott  und 
seine  Thätigkeit.  2  3  Abweisung  Zoidiars:    Walirhaflij/  ja ,  ihr  seid  die 

Leute,  Und  mit  euch  stirbt  die  Weisheit.'  ''2  elliptisch  für:  ich  sage,  dass.  Für 
DJ?  ist  DJ^n  zu  schreiben,  denn  dass  Zophar  und  Genossen  Leute  sind,  ist  zwar 
wahr,  braucht  aber  nicht  gesagt  zu  werden,  sie  glauben  aber,  die  Leute  zu 
sein,  die  die  Weisheit  gepachtet  haben.  Ebenso  spöttisch  v.  2'':  wenn  Zophar 
nicht  mehr  ist,  giebts  keinen  "Weisen  mehr.  Wie  es  scheint,  lohnt  Hiob  dem 
Zophar  auch  mit  sprichwörtlichen  Redensarten,  da  der  letztere  ihm  damit  kam 
(Cap.  11 12).  Noch  näher  spielt  auf  Cap.  11 12  an:  Anch  ich  habe  Verstand  wie 
ihr,  Und  wer  wässte  solches  nicht!  ^h  zielt  auf  das  '2.'2\\  11 12;  nVw'IOS  ist  weg- 
werfend: solche  billige  Weisheit!  v.  3''  ist  Citat  aus  Cap.  13  2  und  hier  viel  zu 
ernsthaft;  in  LXX  fehlt  neben  v.  3''  auch  3'".        Das  erste  fremde  Bruchstück 

4^6  behandelt  den  Gegensatz  zwischen  dem  Schicksal  des  Frommen  und 
des  abtrünnigen  Weltmenschen  und  enthält  einige  Sätze,  die  in  eine  Hiobsrede 
passen  würden,  nur  nicht  in  unseren  Zusammenhang.  In  der  LXX  findet  es 
sich  in  viel  kürzerer  Form,  hier  fehlt  der  ganze  4.  v.  mit  Ausnahme  der  beiden 
letzten  Wch'ter.  Es  ist  den  Tristichen  Cap.  24  i  ff.  unleugbar  verwandt  und 
muss  ursprünglich  auch  Tristichenform  gehabt  haben,  doch  sind  nur  die  beiden 
letzten  Tristicha  deutlich  zu  erkennen,  das  erste,  in  der  LXX  fehlende,  ver- 
stümmelt V.  4  (bis  p"'"!^) :  Ein  Gelächter  icard  für  seinen  Nächsten  Der,  der  %u 
Gott  rief  und  er  erhörte  ihn,  Ein  Gelächter  der  Gerechte.  Das  dritte  Wort 
Avird  1VT\\  auszusprechen  sein,  wenn  nicht  für  n\nt<  urspi'ünglich  ein  Substantiv 
(der  Fromme)  da  stand.  Hiob  ist  nicht  von  Gott  erhört,  auch  kein  Gelächter 
der  Freunde  geworden;  das  Subjekt  dieser  Sätze  ist  der  "I"'pn  und  ""ij;  der 
Psahnen,  über  den  die  „Gottlosen"  triumphieren.  Das  dritte  Glied  könnte 
man  mit  dem  avrjp  der  LXX  so  vervollständigen:  p'*'!^  W^^  pinii^.  Zu  dem  zweiten 
Tristichon  5  gehört  noch  das  letzte  Wort  von  v.  4  D"^Dri  (wenn  nicht  D''öri,  der 
])lur.).  Indem  wir  nach  LXX  (die  übrigens  T^b  nicht  übersetzt)  ein  H^H  oder 
vn  ergänzen,  ferner  llü  in  T3  verbessern  und  das  unklare  und  sonst  so  nicht  vor- 
kommende Wort  mnti^J^  nach  der  IjXX  in  ninj?  verwandeln,  endlich  abermals 
nach  LXX  am  Schluss  l^i"!  "TJÜIö"?  lesen,  erhalten  Avir  den  Dreizeiler:  Die 
Eronimen  verfallen  dem  Verderben,  Es  spottet  der  Schichsalszeiten  der  Sichere, 
Fest  steht  für  den  Gerichtstag  sein  Fiiss.  ninj;  oder  WP^yi  (Cap.  24 1)  steht  im 
emphatischen  Sinne:  bedeutsame,  schicksalbringende  Zeittermine,  wie  sie  z.  B. 
von  den  Astrologen  (I  dir  12  32;  Est  1  13)  und,  das  ist  die  Meinung  unserer 
Stelle,  von  den  Propheten  oder  vielmehr  Apocalyptikern  vorherverkündigt 
Averden;  sie  bleiben  aus,  klagt  der  Dichter  hier  und  Cap.  24 1.  Auch  ]i«B^  ist 
hier  ein  term.  techn.  der  späteren  Theologie,  allerdings  abgeleitet  aus  älteren 


Hi  12  5  67  Hi  12  11 

Pi()])lieten.schnlU'n  (z.B.  Am  <•  i ;  .It-s  :^2y),  für  dit-  imgläiiltigeu  Weltkiiulcr 
(Ps  123  4),  ein  (ii'gensatz  zu  ^iJJ,  ]V2«  u.  d^'l.  Bi(  kell  setzt  nach  ninj;  ein  ^ 
ein,  was  «■ntl)clirlii-li  sclicinl.  Das  dritte  TiisticlHUi  (i  iil)cisrt/rii  vir:  /// 
Frii'ilrn  siinl  dit'  '/.rite  den  (irinilllliiHifirii ,  lud  Sirhi'ihi'il  Indn'ii  die,  die 
lioll  ci  ■turnen ,  Der .  der  sin'nlil:  ist  niilil  t'.lotih  in  meiner  IhindY  ^"^yi^  niit 
poetisch  l)('ihchalt(iuni,  durcli  a  gescliütztein  ^\  Sij;»;FKii;i»  will  dafür  nach  C'ap. 
5  24  DiVli'  schriihen,  ohne  Not,  wie  mir  scheint,  ninipa  nur  hier,  eine  junge  Ah- 
strakthihlung.  v.  ()•=  würde  im  M.  T.  hiuten:  dem,  der  Eloah  in  seine  Hund 
bringt.  Man  weiss  nicht  recht,  was  (his  auf  dem  (Jehiet  derjüdisciien  ReUgion 
be(h'uten  soll;  Theui'gie,  hei  der  der  Wiltgott  eine  ])assive  Kolle  spielte,  ist  in 
dem  (Jiade,  den  unser  Satz  voraussetzen  würde,  kaum  (U-ukbar.  Andere  über- 
setzen: (h'in,  der  (iott  in  seiner  Hand  hriiigt  d.  h.  seine  Hand  zu  seinem  (iott 
macht  vgl.  Hab  1  n  und  die  Kedeiisart  ""T  "?«■?  Vi\,  doch  ist  dann  «"•nn  sonder- 
bar, lictzteres  gilt  auch  g«'gen  SlK(iFKD<:D's  Vorschlag  IT  Hl'?«:  «^2n,  der  gegen 
Gott  seine  Hand  führt,  auch  ^  wäre  hier  auffällig.  LXX  hat  ^DH  für  K^2ri  ge- 
lesen im  Sinne  von  nonne  wie  z.  H.  Gen  27  36;  das  verlangt  eine  Änderung  von 
IB^Nb  in  "ips'p  und  von  IT  in  n\  danach  ist  oben  übersetzt.  Die  (lottlosen  siml 
offenbar  weltlich  gesinnte  Juden,  die  Frommen  werden  nicht  wie  Hiob  des- 
wegen verachtet,  weil  sie  für  unfronnn  gelten,  sondern  weil  sie  fromm  und  «lend 
sind  wie  die  D'^iV  der  Psahnen.  Mit  Jiecht  hat  also  Sikcfkied  v.  4— (i  für  un- 
echt erkhirt.         Nicht  besser  steht  es  mit  den  beiden  Vierzeilern 

7  U),  die  von  einem  anderen  Dichter  stannncMi  und  den  (jedanken  aus- 
führen, dass,  wie  man  von  der  Tierwelt  lernen  könne,  in  Gottes  Hand  «las 
Leben  aller  Wesen  stehe,  ein  Gedanke,  der  mit  dem  echten  Zusammenhang 
nicht  das  Geringste  zu  schatfen  hat.  7  8  Das  aber  im  Aidang  ist  wohl  blos 

einer  Sclu'inverbindung  zu  Liebe  eingesetzt  (die  (lottlost-n  trium](hieren,  die 
Frommen  gehen  unter,  aber  Gott  herrscht  doch).  Für  ^nh^  v.  7'.  das  von  v.  8 
beeintlnsst  ist.  inuss  mit  LXX  '^'?  lONHI  geschrieben  werden.  Fraije  ihn li  das 
Vieh,  dn.ss  es  dir  snf/e.  l  nd  die  Vi'x/e/  des  llininiels,  dass  sie  dir  melden.  Oder 
die  lirieehenden  Tiere  der  llrde  diiss  sie  diih  helehren  I  nd  miujen  dir  er- 
-Jihlen  die  Fiselie  des  Meeres'-  Für  nlDn2  liest  man  wohl  hesser  HOna.  n't^ 
V.  8  versteht  man  gi'W(>linlich  als  imp.:  sinne  nach  über  die  Erde,  aber  die  Erde 
ist  kein  Tier  und  kann  nicht  zwischen  den  Tiergattungen  aufgeführt  werden; 
ich  lese  statt  p«*?  n"'lr  daher:  pN  ""blit;  die  Konstruktion  dieses  plur.  mit  dem 
sing.  fem.  des  W'rbs  ist  korrekt.  D  10  Durch  all  dieses  erkennt  man,  dass 

Jahwes  Hand  dies  gemacht  hat.  Li  diesem  wörtlich  aus  Jes  41  2o  genommenen 
Satz  ist  sogar  Jahwe  genannt,  an  sich  schon  ein  Zeichen  der  rneiditheit.  Was 
mit  n«T  gemeint  ist,  ob  das  Leben  der  belebten  Wesen  oder  die  Schr»|)fung 
überhaupt,  das  lässt  sich  nicht  ersehen.  Natürlich  konnte  weder  Hiob  den 
Freunden,  noch  diese  ihm  einen  solchen  Vortrag  halten,  v.  9  auszustossen.  wenn 
man  v.  10  beibehält,  geht  nicht  an,  man  müsste  denn  schon  in  v.  lU  stark 
korrigieren  (S"?:!  oder  mit  LXX  vh  CS  für  IC'«,  HIVk  T  für  n;).  Li  v.  10''  lässt 
LXX  "llra  aus,  man  würde  eigentlich  lieber  B^^«  vermissen.  Nach  <liesem 
Intermezzo  schliesst  sich 

II  12  eng  an  v.  2 f.  au,  wo  Hiob  behauptete,  dass  auch  er  Verstand  habe: 


Hil2il  68  Hil2i6 

Prüft  nicht  das  Ohr  Worte  Und  schmeckt  der  Gaumen  nicht  Speise  f'irr  sich 
selbst?  Das  Ohr  entscheidet  über  Sinn  oder  Sinnlosigkeit  des  Gehörten,  der 
Gaumen  weiss  selber  am  besten,  was  ihm  schmeckt  vgl.  6  6,  der  Mensch  kann 
also  mittelst  seiner  Sinne  die  Dinge  der  Aussenwelt,  mit  denen  er  zu  thun  be- 
kommt, beurteilen:  warum  soll  er  sich  denn  erst  von  anderen  sagen  lassen,  wie 
etwas  schmeckt  oder  klingt?  Das  "j  zwischen  beiden  Stichen  ist  nicht  mit:  so 
wie  zu  übersetzen,  als  sollte  der  zweite  Stichos  den  ersten  erläutern  oder  be- 
kräftigen, was  doch  herzlich  überflüssig  wäre.  Hieb  besteht  auf  seine  Selb- 
ständigkeit ;  Avenn  er  Gottes  "Wirksamkeit  beobachtet  hat,  wie  er  es  v.  14ff.  be- 
schreibt, so  soll  man  ihm  nicht  das  Gegenteil  von  seinen  Eindrücken  und  Wahr- 
nehmungen einreden  wollen.  In  Cap.  34  3,  wo  unser  Vers  citiert  wird,  steht 
Vdn^  für  unser  1^  ^Di<,  al)er  "i^  muss  blei])en,  es  ist  nicht  ein  dat.  ethicus,  sondern 
bedeutet:  für  sich  selbst,  v.  12  muss  Frage  sein,  auf  die  Elihu,  wie  Bickell 
hervorhebt,  Cap.  32  Rücksicht  nimmt;  ausserdem  sollte  in  v.  12^  für  D'^^'^ß'"!  ein 
Abstrakt,  stehen,  das  dem  W'Q'\  TJ")«  v.  12'^  entspräche,  und  das  um  so  mehr,  als 
doch  Hiob  nicht  wird  leugnen  wollen,  dass  in  Greisen  Weisheit  sein  kann.  Ich 
lese  daher  für  das  erste  Wort:  Ü^IW  ■'D^:  Besteht  etwa  die  Weisheit  in  den 
Jahren  Und  Einsicht  in  langem  Leben?  Muss  ich  schweigen,  weil  ihr  alt  seid 
(darauf  Eliphas  Antwort  Cap.  15  lo)  oder  weil  ich  „von  gestern  bin"  (Cap.  8  9)? 
Jetzt  ist  klar,  dass  Hiob  von  nun  an  Beweise  seiner  selbständigen  Beobachtung 
und  Beurteilung  bringen  muss.  Das  thut  er  auch  mit  seinem  ]n  v.  14;  dagegen 
passt  13:  Bei  ihm  ist  Weisheit  und  Kraft,  Er  hat  Bat  and  Einsicht  auf  keine 
Weise  in  den  Zusammenhang,  nicht  der  Form  nach,  da  langes  Leben  v.  12  und 
Gott  V.  13  keinen  Gegensatz  bilden,  noch  dem  Inhalt  nach,  da  wohl  die  Freunde 
den  Hiob,  nicht  aber  er  sie  auf  die  göttliche  Weisheit  verweisen,  v.  13  ist  eine 
Variante  zu  v.  16,  der  in  LXX  fast  ebenso  lautet.  Was  hat  nun  Hiob  be- 

obachtet? 14  15  Siehe,  er  %er stört  und  wer  baut?  Er  kerkert  den  Menschen 
ein  und  er  wird  nicht  befreit.  M.  T.hat  beide  Male  K^l,  LXX  ''ö^l,  wahrschein- 
lich wechselte  der  Dichter  mit  den  beiden  Wendungen  ab.  byt  "15?  zuschliessen 
über  jemandem,  der  nämlich  in  eine  Grube  hinabgelassen  ist  (z.  B.  Jes  2422; 
Jer38  6);  das  Einkerkern  ist  wohl  nicht  blos  wörtlich  zu  verstehen.  Wieder 
weist  Hiob  wie  schon  Cap.  9  4fl'.  auf  die  schreckende,  zerstörende  Seite  des 
göttlichen  Thuns  hin;  das  siehe  sagt:  das  habe  ich  wahrgenommen  (v.  11), 
könnt  ihr  das  bestreiten?  v.  15:  Siehe,  er  hält  das  Wasser  zurück  und  lässt 
vertrocknen  Und  entsendet  sie,  dass  sie  umkehren  die  Erde.  1t2^3*l  würde 
heissen:  und  sie,  die  Wasser,  vertrocknen,  aber  zurückgehaltene  Wasser  sind 
für  die  Erde  überhaupt  nicht  da  und  im  Himmel  vertrocknen  sie  nicht;  mit 
LXX  ist  tJ^SM,  Hiph.,  zu  lesen  und  das  Objekt  aus  v.  15''  zu  ergänzen.  Der 
Dichter  hat  in  einem  gebirgigen  Land  gelebt,  wo  Regcnmangel  und  Wolken- 
brüche gleich  gut  bekaimt  sind.  16  17  Bei  ihm  ist  Kraft  und  Bestand,  nicht 
Verstand,  er  steht  fest  und  überlegen  da  inmitten  der  Zerstörungen,  die  er  an- 
richtet; Sein  ist  der  Irrende  und  der  Irreführende,  nicht  der  moralisch 
Irrende  und  der  Verführer,  was  aus  dem  Zusammenhang  herausfallen  würde, 
sondern  der  Verunglückende  und  sein  Verderber  vgl.  Prv  28  lo;  Dtn  27  18. 
Vielleicht  wäre  richtiger  ^inäü'»!!  njfcy  zu  lesen.   Wer  verdirbt  und  wer  verdeibt. 


Hil2l6  69  Hil2  2S 

wird  von  Gott  zu  dem  gemacht,  was  er  ist  vp;!.  .Tes  54  le.  Ganz  verfehlt  ist  die 
Erklüiung:  er  lijit  sie  heide  in  der  H;iud  und  scluiltrt  mit  ilnK-n  nach  den 
Zwecken  seiner  Weisheit:  das  ])asste  in  die  J^■den  (h'r  Freumh',  die  ja  leider 
auch  als  die  Wortlüiirer  vieler  jetzif^en  Tiieologen  j,'elten  kininten,  nicht  in  die 
düsteren  Betrachtunj^en  Hiohs.  v.  17'  ist  augenscheinlich  korrumpiert,  weil 
dem  ])ar;illelen  Stichos  zu  unähnlich  und  dem  ersten  von  v.  19  gar  zu  ähnlich. 
Was  für  b)^V  nnd  als  Pendant  zu  'jbliT  gelesen  werden  muss,  zeigt  die  Stelle 
Jes442r),  ii;iinlich  '?3ly  =  "pSD.  Dann  ist  yb^Q  als  aus  v.  19  herheigezogen  zu 
streichen  nml  der  Stichos  nach  LXXC.  A.  durch  p«  "'^»V  zu  vervollständigen. 
Demnach  v.  17:  D/r  /if'i/r  (Irr  Enli'  (oder  eines  Landes)  macht  er  %h  .\iirri'ii 
I  H(l  Hi'jfcnli'n  inarhl  er  iif  rintrcn.  macht  ihre  klugen  Anschläge  zu  nichte; 
dergleichen  hatte  ein  nachexilischer  Schriftsteller  genug  erleht  oder  erzählen 
hören.  IS  19  Die  Fcs.svl  der  Kötüfic  lösl  er  l  ml  hiiidct  die  liaiulr  um  ihre 

lliil'fcn.  Für  IDID  ist  "ipiD  =  1DK0  von  1DK,  hinden,  und  für  nit«  nach  .Idc  15  i4 
"I^D«  zu  lesen,  denn  der  „Gürtel"  würde  den  entgegengesetzten  Sinn  hervor- 
hringen:  jemanden  kräftigen.  Die  Fessel  der  Könige  ist  wohl  die  den  Unter- 
jochten angelegte  Fessel,  sie  lösen  hedeutet:  die  Könige  entthronen.  Nach- 
exilische  .luden  kennen  das  Königtum  nur  als  Tyrannenherrschaft  vgl.  noch  zu 
Ca]).  9  24.  .letzt  Sätze  mit  Participien  v.  19 :  Er,  der  Priesler  mirlil  ijehen  liisst 
l  nd  alle  (le.schlecliler  slärzl.  bb^^  mag  hier  seinen  ursi)riiiiglichen  Sinn  hahen, 
obgleich  die  gewöhnliche  Bedeutung  „barfuss"  auch  passt.  Dass  die  Priester 
mit  den  „Dauernden",  den  alten  Geschlechtern,  zusamnu-ngestellt  werden,  hat 
seinen  Grund  darin,  dass  grade  sie  auf  ein  langes  (Jeschlechtsregister  nnd  alten 
Adel  grosses  Gewicht  legen.  Ob  der  Dichter  an  die  Priester  seines  Volkes 
denkt,  köinien  wir  nicht  wissen,  doch  liegt  es  nahe,  dass  auch  die  nationale 
Katastrophe  einmal  erwähnt  wird;  die  D'ir\^K  sind  dann  in  erster  Linie  die 
Davididen.  20  21  (iott  nimmt  „den  Bewährten"  die  Rede,  den  Greisen  oder 
Altesten  die  Urteilskraft  (eigentlich  den  (4eschmack),  giesst  Verachtung  auf 
Edle,  lockert  den  Gürtel  der  Starken,  d.  h.  macht  sie  wehrlos,  v.  21'  =  Ps 
107  40\  D^p'^DK  bedeutet  immer  Kanäle,  Röhren  u.  dgl.,  wir  lesen  dafür  D^T28. 
Siegfried  will  nach  LXX  NDT  D""i''2N  n2ö  schreiben,  aber  wenn  (4ott  die  Wnnde 
der  Armen  heilt,  so  hat  Hiob  keinen  (irund  zu  klagen,  somh-rn  zu  hoHen. 
22  23  Er  deckt  auf  dax  Tiefe  aus  der  Finsternis  l'nd  hrint/t  ans  Eicht  das 
Dunkele.  Dieser  Satz,  auffällig  durch  den  Umstand,  dass  mitten  unter  den 
k(uikreten  Beispielen  in  ganz  abstrakter  Weise  von  Gottes  AVirken  geredet 
wird,  ist  verschieden  gedeutet:  Gott  bringt  seine  verborgenen  Ratschlüsse  ans 
Licht,  oder:  er  enthüllt  die  geheimen  Gedanken  und  Thaten  der  Menschen. 
Aber  wenn  er  dem  Zusammeidiang  angehört,  so  sollte  man  eher  an  die  Ge- 
schicke der  Menschen  denken  und  als  Simi  vermuten :  während  die  Vornehmen 
gestürzt  werden,  kommen  die  niederen  Volksschichten  aus  der  Tiefe  in  die 
Höhe.  Indessen  ist  mir  die  Echtheit  dieser  abstrakten  Sätze  verdächtig,  v.  23 
Der  den  Völkern  (iriisse  f/ieht  und  sie  rerderht ,  Der  liaam  macht  den  .\a- 
tionen  und  sie  fori  führt  {?).  Zwehnaliges  DM3  ist  schwerlich  richtig,  das  eine 
Mal  wird  D'ßj;  oder  D'!?«'?  zu  schreiben  sein;  vielleicht  ist  das  DJ,  das  v.  24  zu 
viel  hat,  in  die  falsche  Zeile  geraten.    Beide  Participia  auffälliger  Weise  luit 


Hi  12  23  70  Hi  13  6 

dem  dat.  konstruiert.  Dny  passt  schwerlich,  wenn  der  Vers  echt  ist,  da  es 
niemals  im  schlechten  Sinn  vorkommt  (in  II  Reg  18  ii,  worauf  sich  Delitzsch 
beruft,  ist  ünT  von  ffii  abzuleiten);  ün^,  er  giebt  ihnen  einen  Wohnsitz,  passt 
eben  so  wenig  zum  Gesamtzusammenhang;  bei  Dfinr  (Budde):  er  Lässt  sie 
hinabsteigen,  würde  eine  Ortsbezeichnung  (etwa  H^SB^)  fehlen.  Hält  man  Dni^ 
(im  guten  Sinne)  fest,  so  wird  man  in  v.  23^  geneigt  sein,  «"'Jt^tt  von  «atJ^  =  n5tt^, 
irren,  abzuleiten.  Dann  ist  der  Vers,  der  in  der  ursprünglichen  LXX  fehlt, 
ein  Zusatz  von  fremder  Hand.  24  25  Der  entfernt  den  Verstand  der  Landes- 
häupter Und  sie  taumeln  lässt  in  wegloser  Öde.  In  v.  24=*  überfüllt  Dg  den 
Stichos  und  fehlt  in  LXX.  v.  24ij==Ps  107  4o''.  Sie  tappen  in  Finsternis  ohne 
Licht  Und  taumeln  gleich  dem  Trunkenen.  Mit  Siegeeied  in  v.  25=^  n"?  für  «'?'! 
zu  schreiben.  In  v.  25''  ist  mit  LXX  ^lyri^l  zu  lesen,  wodurch  der  Parallelismus 
beider  Stichen  hergestellt  wird.  Der  Vierzeiler  erinnert  vielfach  an  die  Stelle 
Jesl9i]ff. 

Mau  kann  die  Echtheit  von  v.  20 — 25  wolil  nui-  mit  der  Thatsache  verteidigen,  dass 
auch  sonst  die  Reden  von  Längen  nicht  frei  sind.  Aber  mag  alles  dem  Dichter  oder  einiges 
jüngeren  Händen  angehören,  so  ist  die  ganze  Ausführung  v.  14—25  interessant  als  Spiegel 
für  den  Seelenzustand  der  nachexilischen  Juden.  Alles  geht  zu  Grunde,  Völker  und  Reiche, 
Adel  und  Priesterschaften  —  das  war  der  Eindruck,  den  sie  infolge  der  beständigen  Um- 
wälzungen in  der  Völkerwelt  von  der  äusseren  Geschichte  hatten.  Die  Juden  nahmen 
selten  einen  inneren  Anteil  an  den  Geschicken  der  Reiche  der  Welt,  aber  sie  blieben  von 
ihnen  nicht  unberührt  und  waren  meist  die  willenlosen  Opfer  der  allgemeinen  Unsicher- 
heit. Die  Mehrheit  der  Frommen  tröstete  sich  mit  der  Hoffnung  auf  das  Reich  Gottes, 
unser  Dichter,  der  keine  apocalyptischen  Neigungen  verrät  und  bei  der  gegenwärtigen 
Wirklichkeit  stehen  bleibt,  fragt:  was  ist  das  für  ein  Gott,  der  so  mit  der  Welt  um- 
springt. 

Cap.  13  1-18  Fortsetzung  der  Polemik:  Hieb  hat  bewiesen,  dass  er  Gottes 
Wirken  und  Art  kennt,  die  Freunde  dagegen  tragen  nur  willkürliclie  Apologien 
vor,  die  Gott  seilest  nicht  gefallen  können.  1  2  Siehe,  alles,  was  Gott  thut 
und  wie  er  verfährt,  hat  Hiob  beobachtet,  also  den  Beweis,  dass  er  die  Mittel 
zum  Wahrnehmen  und  Urteilen  besitzt  und  gebraucht  Cap.  12  ii  u,  geleistet. 
V.  2:  So  viel  ihr  wisst,  loeiss  auch  ich,  Nicht  falle  ich  vor  euch.  ]p  bsi  vgl. 
"'isb  'i  Est  6  13  bedeutet  wohl:  vor  einem  Gegner,  mit  dem  man  seine  Kräfte 
misst,  niederstürzen  als  Besiegter.  3  4  In  v.  4  ist  für  D^lfc^l,  das  aus  v.  3  ein- 
gedrungen ist,  blos  1  zu  schreiben:  Aber  ich,  ich  will  zum  Allmächtigen  reden, 
Und  gegen  Gott  zu  rechten  hin  ich  willens:  Ihr  seid  Li'ujenpßästerer,  Nichtige 
Ärzte  seid  ihr  alle.  Gegensatz  ist  '^'W  und  DH«;  das  ''iN  dient  nur  dazu,  gegen 
das  Vorhergehende  abzusetzen:  ich  will  mich  jetzt  nur  noch  mit  Gott  ausein- 
andersetzen (im  Prozess,  riDin,  s.  v.  18ff.),  denn  ihr  könnt  mir  doch  nicht  helfen. 
riDin  inf.  abs.  als  acc.  s.  Ges.-Kautzsch^g  §  113 d.  "ij^C^  ''bDb,  die  lügenhaft  ver- 
kleistern, wegen  v.  4''  ärztliche  Pflasterschmierer  (LXX  latpol  aSixot),  deren 
Kunst  Lüge  ist  vgl  zum  Sinn  und  Ausdruck  Cap.  16  2  und  Jer  6  u:  sie  heilen 
die  Wunden  leichthin,  von  Frieden  redend,  wo  kein  Friede  Ist.  5  6  ö  dass 
ihr  doch  nur  schwieget  Und  euch  das  zur  Weisheit  würde!  denn  selbst  ein 
Thor  wird  für  weise  gehalten,  wenn  er  schweigt,  hoisst  es  Prv  17  28.  In  v.  6-^ 
lesen  wir  nach  LXX  und  wegen  v.  6'':  '^S  rinsin,  in  v.  6^  n5''1.    Hiobs  Verant- 


Hil3  6  71  Hil3il 

wortung  vor  Gott  sollen  sie  schweigend  anhören,  denn  sie  haben  bisher  den 
Zweck  nnd  (Üiarakter  seiner  Reden  gar  nicht  recht  l)eaiciitet  und  verstanden. 
Es  ist  ilnieii  nnfassbar,  wie  ein  ^^enscil  von  Gott  neu»' Anlklärungen  verlangen 
kann,  wo  einem  doch  Ott'enbarungen,  Dogmen  und  vermeintlich!*  Krtahrungen 
genug  zu  Gebote  stehen.  Aus  ihnen  haben  sie  die  Apologien  genommen,  gegen 
di<!  sich  jetzt  Hiob  wendet.  7  8  Wollt  ihr  für  (ioft  l'nrfchl  rnlvii .  Ja  für 

ihn  Tiuji  sjin'vht'n?  F^ine  äusserst  scliart'e  Abweisung  ül>ereilriger  Aptdugetik, 
Trug  und  Unrecht  sind  jene  Theodiceen  zunächst  im  objektiven  Sinnv,  aber  die 
Kreuiide  sind  iiacli  liiuhs  Meinung  nicht  ganz  ohne  subjektive  Verlehlung: 
Wollt  ihr l'iir  ihn  Partei  nehmen?  Oder  inilll  ihr  für  (intt  streili'n?  ei>tere< 
als  Kichter,  letzteres  als  Advokaten. 

Ks  ist  rill  Unrecht,  dass  die  Freinidf  nlint'  Weiteres  annehmen,  Gott  habe  in 
seinem  Verfahren,  wie  sie  es  anffassen.  von  vonilierein  Hecht,  nnd  sie  dürften  Hiob,  der 
von  Gott  als  Sünder  behandelt  sei,  nun  ebenso  behandeln.  Wenn  sie  Gottes  Handlungen 
unbesehen,  ohne  sich  auch  nur  die  Mühe  zu  geben,  ihn  über  ihren  Sinn  zu  befragen,  nach 
ihren  eigenen  Theorien  deuten  und  daraufhin  für  gut  erklären,  so  sind  sie  unberufene 
Richter.  Eine  Apolog(;tik,  die  gar  nielit  weiss,  ob  sie  Gottes  wirkliche  Absichten  trifl't, 
eine  Theologie,  die  sich  im  Besitz  abschliessender  Wahrheit  glaubt,  s<-tzt  sich  zudringlich 
und  anmasslicii  an  die  Stelle  der  SelbstoflVnbarung  Gottes  und  urteilt  parteiisch  über  ab- 
weichende religiöse  Bedürfnisse  und  Erfahrungen  ab.  Diese  Verse  sind  goldene  Worte 
aus  dem  Munde  eines  Mainies,  der  kein  Prophet,  der  nur  ein  Gott  suchender  Gläubiger 
ist,  der  aber  weiss,  dass  Lehren  über  Gott  die  p»'rsönliche,  immer  neue  Gottesoffenbarung 
nicht  ersetzen  können,  ja  dass  sie  veiilerblich  wirken,  wenn  sie  das  prophetische  Streben 
nach  dem  persöiiliclien  Reden  mit  Gott,  nach  dem  Hiob  verlangt,  überflüssig  machen 
wollen. 

In  V.  7''  wird  der  Dichter  ein  anderes  Wort  für  reden  geschrieben  haben 
vgl.  die  LXX.  Beek  macht  daranf  aufmerksam,  dass  das  ^Mi-^o^ii  der  LXX 
bisweilen  V^'ZT}  wiedergiebt;  ein  lyari  würde  hier  gut  passen  vgl.  i'rv  1.5 2:  die 
Freunde  sind  falsche  Propheten,  v.  8'  ist  reichlich  kurz,  vielleicht  schrieb  der 
Dichter  '^'Ity  "iE.  9  10  W'iir's  f/iit.  ironi  er  euch  iinterfnichtc.  Oder  wollt  ihr 
ihn  trir  einen  Menschen  t  im  sehen?  Aiireehlireisen  irird  er  ein  h.  Wenn  ihr  ins- 
jieheini  seine  Partei  nehmt.  In  ^"^rinn  von  ^bri  ist  das  H  nicht  synkopiert,  wie 
sonst  gewiWnilicli  im  Hipli.  s.  Ges.-Kautzscii  §  .53  A.  7.  Für  □""iS  1.  mit  Sieg- 
fried ViB.  Die  Freunde  täuschen  Gott,  wenn  sie  für  Gott  Partei  nehmen  und 
ihm  gleichsam  einreden  wollen,  so  sei  seine  Sache  auf's  Beste  geführt  und  er 
brauche  sich  nicht  weiter  zu  bemühen.  Aber  es  würde  kein  Vorteil  für  sie  sein, 
wenn  Gott  sie  „erforschte"  luid  feststellte,  dass  doktrinäre  Rechthaberei  und 
Selbstgenügsamkeit  das  wahre  Wesen  ihres  frommen  Eifers  ausmachen.  „Ins- 
geheim" nehmen  sie  für  Gott  oder  vielmehr  für  ihre  Doktrin  von  Gott  Partei, 
denn  sie  thun  so,  als  wollten  sie  von  Gottes  unglücklichem  Gegner  gern  das 
Beste  sagen.  Das  Benehmen  der  Freunde  wird  hier  auffallend  persönlich  an- 
gegriti'en;  noch  stärker  tritt  das  hervor  in  dem  ersten  Distichon  des  folgenden 
Vieizeilers  11  12.  Wird  nicht  seine  Erhebung  euch  betäuhen  l  nd  sein  Schrecken 
auf  euch  fallen?  Es  scheint,  dass  der  Dichter  sich  in  diese  Drohreden  gegen 
die  Freinide  hineinsteigert,  um  auch  seinerseits  den  Abschluss  des  Volksbuches 
Cap.  42  7  ff.,  den  er  nicht  entbehren  möchte,  einigermassen  vorzubereiten.  Diese 
armen  Theologen  werden  ja,  weim  sie  blos  die  Reden  unseres  Dichters  geredet 


HilSll  72  Hil3l6 

haben,  wirklich  gar  zu  hart  in  Cap.  42  7  ff.  behandelt.  Unser  Dichter  legt 
übrigens  Cap.  42  7  besser  aus,  als  jene  modernen  Exegeten,  nach  denen  die 
Freunde  es  nur  in  der  Üliertreilning  der  Schuld  Hiobs  verfehlen,  wovon  Cap.  42 
kein  Wörtlein  steht.  in«b'  ist  wohl  nicht  als  Subst.:  Hoheit,  sondern  als  infin. 
gedacht:  wenn  er  sich  erhebt,  vgl.  Cap.  41 17.  v.  12:  Eure  Denksprüchiein  sind 
Aschensprüche,  Z//  Lehmschilden  werden  euere  Schilde,  ein  Abschluss  mit 
sprichwörtlichen  Redewendungen.  Solche  Denksprüchlein  hörten  wir  z.  B. 
Cap.  8 11  12;  Cap.  11 12;  sie  sind  in  Asche  geschrieben,  nicht  in  Stein.  S3  ist 
hier  schwerlich  Schanze,  denn  eine  Lehmschanze  ist  doch  nicht  so  ganz  zu  ver- 
achten, sondern  der  Schildbuckel,  vgl.  Cap.  15  26,  der  aus  Eisen  sein  muss, 
wenn  er  helfen  soll   Zum  Bilde  vgh  Jes  41 21. 

13—19  So  will  nun  Hiob  zu  Grott  reden ;  er  weiss,  das  wird  den  Tod  nicht 
abwenden,  aber  er  ist  seines  Rechtes  gewiss.  13  14  Schweigt  und  iasst  mich 
reden,  Und  komme  über  mich  ?ras  und  was!  Ich  will  nehmen  mein  Fleisch  in 
meine  Zähne  Und  meine  Seele  setzen  in  meine  Hände.  Schweigt!  d.  h.  unser 
Gespräch  sei  jetzt  zu  Ende,  ich  rede  von  jetzt  an  nur  zu  Gott.  Zu  diesem  Aus- 
ruf passt  "'iöO  nicht,  das  in  LXX  fehlt  und  den  Stichos  überfüllt;  es  passte 
nur  dann,  wenn  Hiob  jetzt  zu  den  Freunden  reden  wollte,  v.  13''  ist  zu  kurz, 
V.  14^  zu  lang,  letzterer  Stichos  muss  an  erster en  sein  nD"'?J?  abtreten  (Bickell)  ; 
Hö  '?j;  no  heisst:  was  zu  was,  vgl.  zu  dem  Gebrauch  von  "pj;  z.  B.  Hes  7  26.  Mag 
ein  Zornesausbruch  Gottes  auf  den  anderen  über  mich  kommen,  ich  will  reden! 
vgl.  Cap.  7  11;  921;  10  1.  In  V.  14'^  haben  wir  eine  bekannte  Redensart  (vgl. 
Jdc  12  3;  I  Sam  19  5;  28  21);  sein  Leben  in  seine  Hände  setzen,  bedeutet:  sich 
durchzuschlagen  versuchen.  Danach  muss  auch  v.  14'''^  erklärt  werden,  w'O  1'^3 
nur  das  Komplement  zu  tJ'Si  ist  und  ebenfalls  das  Leben  bezeichnet,  nur  dass 
hier  das  Bild  von  einem  Tier  vorliegt,  das,  weil  es  nicht  mehr  fliehen  kann, 
sein  Leben  mit  den  Zähnen  verteidigt;  1^2  bedeutet  demnach  nicht  die  Beute 
oder  ehi  Junges,  das  mit  dem  Maule  fortgetragen  wird.  Also:  es  ist  ein  letzter 
Versuch,  mich  zu  retten,  wenn  ich  mich  gegen  Gott  zur  Wehre  setze.  15  16 
Siehe,  er  tötet  mich ,  ich  halt's  nicht  aus.  Nur  meine  Wege  will  ich  vor  ihm 
selbst  verteidigen.  Auch  das  ist  mir  %um  Heile,  Dass  vor  ihn  kein  Unheiliger 
kommt,  "jn;;«  «*?  kann  hier  nichts  anderes  bedeuten,  als  Cap.  611:  ich  habe 
nicht  die  Kraft,  den  gegenwärtigen  Zustand  länger  auszuhalten.  Das  Qre  lb 
soll  wohl  bedeuten:  ich  harre  darauf  (auf  den  Tod),  aber  da  hT\\  nur  besagen 
kann:  in  Hoffnung  ausharren,  so  passt  dieser  Gedanke  nicht  zum  Zusammen- 
hang, der  nicht  den  Tod,  sondern  eine  Rettung  in  Aussicht  nimmt.  Der  An- 
fang: siehe,  er  tötet  mich  bezieht  sich  nicht  auf  einen  plötzlichen  Tod,  den 
Gott  über  Hiob  im  Zorn  über  die  Provokation  verhängen  wird,  sondern  auf 
den  Tod  durch  den  Aussatz.  Der  Sinn  ist:  sterben  werde  ich  müssen,  viel- 
leicht noch  härtere  Qualen  zu  bestehen  haben  (v.  13''),  trotzdem  will  ich  für 
meine  Unschuld  kämpfen.  Sein  physisches  Dasein  wird  zerstört,  seine  sittliche 
Persönlichkeit  soll  gerettet  werden.  *Ein  besonderer  Nachdruck  liegt  auf  dem 
ViB"*?«,  wie  schon  die  Ausführlichkeit  dieses  Ausdrucks  zeigt:  in  sein  Gesicht 
hinein,  indem  ich  nicht  vor  ihm  fliehe,  sondern  mich  ihm  gegenüber  stelle 
(v.  14).   Der  Ausdruck  wird  aufgenommen  durch  das  Viö'p  v.  16:  kann  ich  ihm 


Hi  1316  73  Hi  1321 

wirklich  gegeiiülxT  treten,  so  kann  icli  aiitli  nicht  als  ein  Unheiliger,  Ruch- 
loser gelten,  denn  ein  solcher  träte  nicht  in  dieser  Weise  vor  sein  Angesicht. 
K12V  . .  N*?  hedeutet  wohl  nicht:  wird  nicht  zugelassen,  sondern:  denkt  nicht 
daran,  vor  ihn  zu  treten  und  sich  zu  rechtfertigen,  sucht  sich  vielmehr  ihm  zu 
entziehen.  Hioh  hegründet  damit  die  Richtigkeit  und  Vernünftigkeit  seines 
Verhaltens;  die  einzige  ]?('ttung  hesteht  nicht  in  hlinder  Unterwerfung  und 
dem  Eingeständnis  einer  Schuld,  sondern  in  mutiger  \'erteidigung.  H\n  hezieht 
sich  nicht  auf  v.  15'':  auch  meine  Kechtfertigung  dient  mir  zum  Heile  (Buddk) 
weil  daini  noch  ein  anderes  Rcttungsmittel  genannt  sein  müsste,  sondern  wird 
expliziert  durch  das  folgende  ^3,  dass. 

Es  ist,  als  ob  der  zum  ersten  Mal  klar  ausgespiocheiu"  EiitschluGs,  ohne  Furcht  und 
Bedenken  zu  sprechen:  hier  stehe  ich.  ich  kann  nicht  andere,  ich  bin  unschuldig,  und  wer 
mich  tütet,  ver-^iesst  unschuldiges  Blut,  dem  Hiob  i)lützlich  eine  gewisse  Ruhe,  ja  HotV- 
nung  einHüsste:  Uott  ist  doch  der  natürliche  Heschützi-r  der  Unschuld,  wenn  ich  vor  ihn 
zu  treten  wage  und  im  Bewusstsein  meiner  Ohnmacht  und  dessen,  was  mir  bevorsteht, 
laut  meine  Unschuld  beteuere,  so  muss  sich  seine  wahre  Natur  regen,  sein  Rechtsgefühl 
von  dieser  Kühnheit  eines  guten  (Jewissens  angezogen  werden.  Obwohl  Hiob  schon  «ifter 
leise  an  Gottes  alte  freundliche  Gesinnung  gegen  ihn  appellierte  (s.  zu  7  8  •-'!),  so  haben 
wir  doch  hier  die  erste  entschiedene  Wendung  zu  einer  gctrosten-n  Stellung  Gott  gegen- 
über. Hinter  Gottes  Zorn  giebt  es  etwas,  was  für  Hiob  ist.  Es  wii-d  noch  Kämi)fe  kosten, 
bis  die  klare  (iewissheit  gewonnen  ist.  dass  Gott  nicht  sein  Feind  ist.  sondern  auf  seiner 
Seite  steht,  aber  der  Kntschluss  Hiobs,  seine  sittliche  rersönlichkeit  von  jetzt  an  unter 
allen  Umstünden  zu  behaupten,  giebt  ihm  einen  festen  Boden  unter  die  Füsse,  von  wo  aus 
er  sich  Gottes  versichern  kann.  Freilich  wird  damit  sein  Warum  noch  nicht  beantwortet 
sein,  er  wird  das  Unglück  der  Frommen  überhaupt  niemals  begreifen,  aber  er  wiixl.  nach- 
dem er  Gott  als  seinen  Freund  und  Rächer  erkannt  hat.  wenn  nicht  die  leibliche,  so  d(ich 
die  geistige  Not  überwunden  haben. 

17  halte  ich  mit  Dillmann  und  Bickell  für  einen  Einsatz,  der  um  so 
unnützer  ist.  als  Hioh  gar  nicht  mehr  zu  den  Freunden,  sondern  zu  Gott  reden 
will.  Vür  ■'Hins,  das  von  einem  nicht  vcukommendm  Ilijdi.  von  Hin  ahzuleiten 
und  eine  Ausnahmsform  sein  würde  (Olshau.sen  861 ),  ist  nach  LXX  mit  Dill- 
mann u.  a,  njnXT  Cap.  32  lo  zu  lesen:  lasst  mich  herichten.  Der  Vers  zeigt,  wie 
unhefangen  Si)ätere  den  Text  vei mehrten.  Bii>i)E  verteidigt  ihn:  wenn  hier 
der  Dichter  einen  Fehler  macht,  kann  er  ja  um  so  eher  die  P^lihureden  vcr- 
hrochcii  hahcn.  IS  19  schliesst  sich  an  v.  1 .')  f .  ;in.    Sirlii'  ilmh.  ivli  linhf 

jft'iiisli'l  nit'inc  licvlilstulw .  Ich  irciss  dass  irli  im  Hi'thir  hin.  L.  'CEtyjp  nach 
LXX,  denn  d  i  e  Rechtssache  liätte  der  Richter  zu  rüsten.  Schon  dieser  Vers 
lässt  spüren,  dass  Hioh  viel  getroster  geworden  ist;  noch  mehr  thut  «'s  dei- 
folgende:  Wer  /.v/'.v,  (Irr  niil  mir  .sfrrifr/t  Imiui  ?  Denn  ilinni  iralUr  ich  srhirrii/cn 
und  slorhcn!  v.  19  '  hat  w(dil  die  Stelle  Jes  50  8  beeinflusst.  v.  19''  ist  in  LXX 
ausgefallen,  ^^'enn  jemand  mit  Recht  Hiohs  Unschuld  anfechten  k(»nnte.  dann 
wäre  es  nicht  der  Mühe  wert,  sieh  um  Erhaltung  des  Lehens  zu  bemühen,  z.B. 
durch  die  demütige  Unterwerfung,  die  ihm  die  Freunde  anempfelden.  —  Jetzt 
„kommt  er  vor  Gottes  Angesicht". 

2()— 2S  wird  ilie  Rechtssache  vorgetragen.  2()  21  Zwei  Dinge  möge 

ihm  Gott  nicht  anthun,  dann  will  er  mutig  zu  ihm  reden:  Gott  möge  ihn 
nicht  niederdrücken  durch  das  l'bermass  von  Leiden,  das  ihn  am  freien 
Reden  hindert,  und  durch  die  Angst,  die  ihm  die  richtige  Be.sinnung  nimmt, 


Hi  13  22  74  Hi  13  27 

dieselben  Bedingungen,    die   er   schon  Cap.  9  34  stellte.  22  23  Und 

fordere  vor,  so  tvill  ich  antworten,  Oder  lasse  mich  reden  und  erwiedere 
mir.  Zu  «"IJ?  vgl.  zu  Cap.  9  16.  y''äT[  seil.  '\y^  ist  wie  Hij;  mit  dem  acc.  kon- 
struiert wie  oft.  V.  22  war  notwendig,  weil  der  Dicliter  Gott  noch,  nicht 
redend  einführen  will.  Eigentlich  hätte  ja  Hiob  in  der  Rechtsverhandlung 
zuerst  Gottes  Anklagen  anzuhören.  Er  behauptet,  gar  nicht  zu  wissen,  warum 
er  verfolgt  wird  und  möchte  gern  Gott  zum  Sprechen,  zur  Erhebung  der  An- 
klage bewegen.  Hilft  das  nicht,  so  bittet  er,  zuerst  sprechen  zu  dürfen,  worauf 
dann  Gott  antworten  möge.  Gott  bleibt  stumm,  so  spricht  Hiob  v.  23  in  der 
Hoffnung,  eine  Antwort  hervorzulocken:  Wie  gross  ist  meine  Schuld  und  mein 
Vergehen?  Und  meine' Siinde  lass  mich  tvissen!  Dass  der  Yers  Fehler  hat, 
zeigt  der  erste  Blick,  ni^^tsni  scheint  Variante  zu  dem  vorhergehenden  Wort 
zu  sein,  das  wie  "h  und  "«ri^tsn  in  LXX  fehlt.  Man  kann  in  v.  23^  lesen  ^i'iy 
•»J^ti^D!!  mit  Weglassung  von  '•'?  oder  j;ii^D!|  ]'ij;  '''?.  24  25  Warum  verbirgt  Gott 
sein  Angesicht?  ein  scheinbarer  Widerspruch  zu  Cap.  14  6  und  den  zahlreichen 
Klagen,  dass  Gott  ihn  unablässig  beobachte;  hier  will  ja  Hiob  mit  Gott  reden. 
V.  24''  in  Cap.  33  lo  citiert:  Gott  rechnet  Hiob  als  seinen  Feind,  als  gottfeind- 
lich, und  doch  wäre  Hiob  kein  gefährlicher  Gegner  (7  12),  er  ist  nur  ein  rer- 
wehtes  Lanb,  eine  trockene  Spreu.  Spreu  fliegt  schon  von  selbst  davon,  wie 
kann  man  die  noch  verfolgen!  In  v.  25''  ist  DN"!  für  nsi  zu  schreiben,  da  die 
nota  acc,  zumal  vor  einem  undeterminierten  Obj.,  wider  alle  Erwartung  ist, 
eine  disjunktive  Frage  wie  diese  aber  im  Hiob  häufig  vorkommt.  26  27* '' 

Hiob  fragt  mit  Recht  so ,  denn  Gott  verfügt  Bitteres  über  ihn.  byt  Sri3  wie 
unser  zudiktieren,  Strafmandate  gegen  jemand  ergehen  lassen.  Um  sich  das 
einigermassen  zu  erklären,  nimmt  er  an,  Gott  lasse  ihn  noch  nachträglich  für 
die  Sünden  seiner  unverständigen  Jugendzeit  büssen,  die  doch  ferne  tote  Ver- 
gangenheit und  ihm  so  fremd  ist,  wie  ein  Erblasser  dem  Erben.  Damit  ist  Hiob 
allmählich  in  jene  persönliche  und  bittere  Betrachtungsweise  hineingeglitten, 
in  der  ihm  sein  Leiden  als  grausame  und  raffinierte  Quälerei  erscheint,  v.  27: 
Da  legst  in  den  Block  meine  Fasse  Und  heirachst  hIT  meine  Pfade,  citiert  von 
Elihu  Cap.  33  11.  Wenn  die  beiden  Stichen  enge  zusammengehören,  wie  doch 
wahrscheinlich,  so  ist  HD  ein  Holzblock  (SuXov),  den  Strafgefangene  mitschleppen 
müssen,  um  zur  Flucht  unfähig  zu  sein.  Gott  wird  als  Gefangenenhüter  ge- 
dacht; die  Pfade,  die  er  bewacht,  sind  nicht  Hiobs  Lebenswandel  wie  Cap.  7  12; 
10  14,  sondern  die  Wege,  die  er  etwa  einschlagen  könnte,  um  Gott  zu  entrinnen: 
er  ist  ja  staatsgefährlich  nach  v.  24.  D'^ri  die  verkürzte  Form  für  D"'i2'r\,  die  in 
der  Poesie  häufig  im  indic.  vorkommt,  s.  Ges.-Kautzsch  §  109  h.  27  Cap. 

145<=  Cap.  13  »8.  Der  letzte  Vierzeiler  in  Cap.  13  hat  nur  drei  Stichen,  die  wir 
durch  den  am  jetzigen  Ort  überschüssigen  Stiches  Cap.  14  5*=  ergänzen.  In 
V.  27"=  ist  'hT\  durch  ein  Versehen  aus  v.  27 ''  wiederholt.  Du  ziehst  einen  Ein- 
schnitt um  meine  Wurzel  (1.  ''^"l^).  Wahrscheinlich  handelt  es  sich  um  eine 
gärtnerische  Operation,  die  das  Überschreiten  des  Grundstückes  durch  die 
Wurzel  oder  das  Aufschiessen  unnützer  Triebe  oder  bei  solchen  Pflanzen,  die 
an  der  Mauer  aufwachsen,  eine  Bedrohung  der  Fundamente  verhindern  soll; 
es  geht  dem  Hiob  umgekehrt  wie  jener  Pflanze,  die  Cap.  8  16  beschrieben  wurde. 


Hi  13  28  75  Hi  146 

Hieran  schliesst  sich  Cap.  14r.'  ganz  natürlich  an:  Du  .sHu-.st  ihr)'  (i/r/tzc /'t'.s/, 
die  .sie  nirhl  ühersclireilel,  vgl.  Cap.  3  23;  19  t<.  Mit  Ktil)  ist  ipn  :ui>/u«.i»r<'clMii 
und  mit  LXX  r\^  tiir  n't'j;  /u  lesen,  vgl. Cap.  14  i3  (aussertleui  vgl.  zu  Cap.  10  i.'). 
13 '-'8  So  <hiss  sie  wie  ron  hliiilnis  zerfallt,  11//'  ein  Kleid,  das  die  Molle  zer- 
l'ressen.  Die  Kiiisclinittc  dir  dir  Wiii/i-l  .m  der  Aiislufitiiiii,'  liiiiilt-rn  snlltfii, 
haben  so  gcuii  kt,  wie  Fäulnis  oder  Wiinidrass  thun  würde  (ij^l  acc.)  die  hlus- 
g(!lt'gt('n  Wui/clii  /crfalliMi  wie  ein  /crlVessenes  Kleid.  Die  Züclitigung.  die 
Hiul)  niederliiiltcii  sollte,  hat  ihm  ans  Leiten  gegrill'en. 

Cap.  14  I  «  Wie  traurig  das  Loos  des  vergänglichen  Menschen,  den  Gott 
unter  so  strenger  Aufsicht  hält!  Die  Bilder  V(tu  der  Ptlan/.e  werden  fortgesetzt. 
l  2  ÜHK  hat  hei  jüngeren  .Schriftstellern,  die  dahei  an  Gen  2;  3  denken  fvgl. 
10  9),  schon  an  sich  den  NehenhegriH",  den  LXX  durch  ihr  jtlpoTo;  ausdrückt; 
er  ist  vom  Weihe  gelioren,  gehiii't  nicht  zu  den  ludieren  Geistwesen,  ist  darum 
kurzlebig  (der  Dichter  geht  schwerlich  von  der  Vorstellung  des  Vidkshuches 
Cap.  42  16  aus,  dass  die  Menschen  zur  Zeit  Hiohs  einige  hundert  Jahr  lebten), 
ist  satt  von  Unruhe,  vgl.  7  i.  '?ß^  ist  wohl  imperf. Qal  von  ^ho  verwelken;  LXX 
hat  ^3^.,  das  ursprünglich  sein  kiunite,  vgl.  Jes  4<»7.  Die  FhichtiL'kcit  «ics 
Schattens  wuide  schon  Cap.  8  9  verwendet.  3  4  I  iid  iiher  dm  hosl  du  mif- 
(jelhau  dein  Aiifie?  lud  den  hrintfsl  du  inslierirhl  niil  dir?  l  her  '"]K  s.  zu  ( 'ap. 
4i'j;  sonst  vgl.  zu  v.  3'  Cap.  7i7  is.  Ins  Gericht  bringen  bedeutet  hier  natürlich: 
zur  strengen  Verantwortung  ziehen ;  das  ist  kein  Widerspruch  mit  Hiohs  Wunsch, 
mit  Gott  ins  Gericht  zu  treten:  im  letzteren  Fall  handelt  es  sich  um  schwere 
Sünden,  deren  Vorhandensein  Hiob  bestreitet,  während  sie  allein  seine  Pei- 
nigung rechtfeitigen  würden,  im  ersteren  um  die  allgemeine  Schwäche  und 
Fehlerhaftigkeit  des  Menschen,  die  Hiob  zugiebt,  die  aber  so  harte  Ahndung 
nicht  verdient.  Für  ^HK  v.  3'*  ist  das  int<  der  LXX  zu  schreiben;  betont  wird 
ja  die  Qualität  der  Menschen  überhaupt:  einen  solchen  bringst  du  u. s.  w.  v.  4 
Gäbe  es  Heines  rom  l'nreinen!  ein  unerfüllbarer  Wunsch.  Dass  Hiob  mit  jener 
Offenbarung  des  Geistes  Cap.  4  irtt'.  übereinstimmt,  ist  kein  Grund  gegen  die 
Echtheit  von  v.  4"».  Aber  Hiob  zieht  einen  anderen  Schluss  aus  jener  Wahr- 
heit: weil  der  Mensch  physisch  und  moralisch  so  tief  steht,  hat  nicht  er  die 
PHicht.  sich  uidtedingt  Gottes  Launen  zu  unterwerfen,  sondern  sollte  Gott  sich 
angetrieben  fühlen,  schonend  mit  ihm  umzugehen;  auf  uni-i-inem  Boden  kann 
nun  doch  einmal  nichts  Keines  aufwachsen!  v.  4''  ist  zu  kurz  für  einen  Stiches, 
der  Vers  mag  ähnlich  gelautet  haben  wie  Ps  143'':  ohne  Verschuldungen  ist 
keiner;  ein  niNüno  konnte  hinter  SOQG  wohl  ausfallen.  5  (>  II  /'////  doch  he- 

(frew-J  sind  seine  7'(n/e.  Die  V.uhl  seiner  Mondr  ln-i  dir  lieiil :  Hlirln'  irefi  ron 
ihm,  duss  er  (eiere,  liis  dass  er  trie  ein  Löliner  seines  Ttujs  froh  irerde.  v.  .">'^ 
haben  wir  schon  bei  Ca^).  13  J7  untt-rgcbracht.  D'snn,  abgeschnitten,  sodass 
nichts  mehr  hinzukommt,  n«  (und  oy)  gehört  zu  den  Liebliugsausdrücken 
unseres  Dichters,  vgl.  hier  besonders  das  ^V  Cap.  10  13.  Hiob  sieht  seinen 
Tod  vor  Augen,  er  möchte  nur  noch  einen  sanfteren  Lebensabend  haben,  möchte 
feiern  wie  der  Tagelöhner  Cap.  7  -2,  entlassen  aus  der  beständigen  scharfen 
Aufsicht.  Li  dem  Ij;  liegt  die  Resignation:  auch  nur  soweit,  dass  er  eine  Tage- 
löhnerfreude hat.    Diese  bescheidene  Bitte  glaubt  er  aussi»r<-clien  /.u  dürfen,  weil 


Hil4  7  76  Hil4l2 

7—12  der  Mensch  nicht  auf  ein  neues  Ijeben  nach  dem  Absterben  hoffen 
darf,  darin  schlimmer  gestellt  als  selbst  ein  Baum,  der  wieder  verjüngt  werden 
kann.  7  muss  einen  Vierzeiler  bilden,  hat  aber  nur  den  Umfang  von  drei 

Stichen;  aber  das  ]  vor  *11V  deutet  an,  dass  vorher  etwas  ausgefallen  ist. 
Denn  für  den  Baum  giehts  Hoffnung,  Wenn  er  abgelumen  wird  [wird  er  nicht 
sterben.  Sondern  leben]  und  ferner  nachtreiben.  Und  sein  Gespross  hört  niclit 
auf.  Die  Aufklärung  über  diesen  und  den  folgenden  Yierzeiler  giebt  Wetzstein 
bei  Delitzsch:  bei  Damaskus  werden  die  Nutzbäume,  Feige,  Granate,  Wall- 
nuss,  Rebe  u.s.w.,  wenn  alt  und  faul,  mit  der  Axt  abgehauen,  treiben  dann,  bei 
gehöriger  Bewässerung,  neue  Wurzeln  und  Triebe  und  sind  somit  verjüngt.  Der 
gewaltsame  Tod  durch  die  Axt  macht  den  lebensunfähigen  Baum  wieder  jung! 
ein  schönes  Bild  für  die  Unsterblichkeit.  Aber  leider  kann  sich,  sagt  Hiob, 
der  Mensch,  dessen  Tage  „abgeschnitten"  sind,  nicht  mit  dem  Baum  vergleichen 
(und  muss  darum  einen  friedlichen  Lebensabend  als  sein  höchstes  Glück  be- 
trachten). Trotzdem  ist  bedeutsam,  dass  ihm  dies  Bild  vor  die  Seele  tritt  — 
wird  es  nicht  nachwirken?  8  9  Wenn  der  Baum  nach  seiner  Fällung  nur 

Wasser  riecht,  sprosst  er  wieder ;  n^ö^  und  n''']  sind  natürlich  starke  Hyperbeln. 
y^i  ist  der  Setzling,  die  junge  Pflanze  mit  noch  ganz  frischem  Leben,  der  den- 
noch der  abgestorbene  Baum  nicht  nachsteht,  wenn  er  nur  zuvor  —  getötet  ist! 
In  V.  9'^  spricht  Ktib  offenbar  nnD\  Nun  der  Gegensatz  10  12.  Der  Mensch 
liegt  hingestreckt,  wenn  er  stirbt,  und  wo  ist  er?  Nach  LXX  wollen  mehrere 
Kritiker  v.  10  ]1«J  oder  ^lirST  lesen,  aber  1»«  ist  lebhafter.  Der  Baum  blüht  wie 
zuvor  am  alten  Platz,  der  Mensch  ist  verschwunden.  Natürlich  ist  die  Frage: 
wo  ist  er?  nicht  eine  Frage  der  Unwissenheit,  und  darum  gegen  1»t?  nicht  ein- 
zuwenden, dass  der  Dichter  oder  der  Leser  ja  wisse,  wohin  die  Toten  kommen, 
nämlich  nach  Scheol.  Oder  musste  der  Dichter  annehmen,  dass  ein  Leser 
so  —  witzig  sein  werde,  ihm  diese  AntAvort  zu  geben?  v.  11  ist  fast  wört- 
lich aus  Jes  19  5  genommen,  wird  daher  mit  Recht  von  Studer,  Bickell, 
Beer  gestrichen;  D^  und  "ini  gehen  Jes  19  auf  den  Nil,  hier  wäre  man  aber  in 
Verlegenheit,  beide  zu  deuten,  und  wie  kann,  wenn  auch  ein  Mal  ein  Meer  oder 
Strom  austrocknen  sollte,  ein  so  ungewölndicher  Fall  ein  Bild  für  den  Tod  des 
Menschen  sein?  Der  v.  ist  ein  gedankenloses  Randcitat  zu  v.  19  (s.  d.),  wohin 
auch  V.  12*  gehört,  v.  12'^*^:  Bis  dass  der  Himmel  vergeht,  erwacht  er  nicht 
Und  regt  sich  nicht  aus  seinem  Schlafe.  Für  '«r^'pa  1.  mit  Geiger  u.  a.  ni^ll, 
inf.  c.  von  n'?3;  ferner  sind  beide  Verben  in  den  sing,  zu  setzen  und  iniB'ö  zu 
lesen,  vgl.  LXX  C.  A.,  da  auch  v.  10  den  sing.  hat.  Bis  zum  Vergehen  des 
Himmels  =  niemals,  vgl.  Jer  31  35  f.;  Ps  89  so,  denn  wenn  der  Dichter,  übrigens 
ganz  gegen  seine  Art,  an  die  Möglichkeit  glaubte,  dass  der  Himmel  vergehen 
könnte  (wie  Jes  51  6,  vgl.  Ps.  102  27),  so  hätte  er  hier  nicht  davon  sprechen 
dürfen. 

Wenn  nun  Hiob  in  so  starken  Ausdrücken  verneint,  dass  der  Menscli  auf  eine 
Wiederbelebung  nach  dem  Tode  zu  hoffen  habe,  so  liat  ihm  doch  das  Beispiel  des  Baumes 
einen  Gedanken  in  die  Seele  geworfen,  der  gar  zu  verlockend  ist,  als  dass  er  nicht  einen 
Augenblick  bei  ihm  verweilen  sollte.  Festhalten  kann  er  ihn  zwar  noch  nicht.  Aber 
gerade  das  ITbertriebene ,  das  in  der  Gegenüberstellung  einer  Pflanze  und  des  Menschen 
liegt  und  das  Hiob  noch  durch  seine  Hyperbeln  steigerte,  giebt  zu  der  Vermutung  Anlass, 


Hi  1413  77  Hil4l5 

dass  hinter  der  starken  Verwerfunfr  der  Wiederbelebung  die  Neigung  verborgen  sei,  sie 
doch  zu  glauben.    So  folgt 

13—15  zuerst  der  Gedankt;:  wenn  Gott,  von  Selinsuclit  iiacli  seinem  Ge- 
schöpf eifasst,  Hiol)  in  Selieol  wieder  ])elel»te!  |3  14'  (t  dass  du  nihil  in 
Svlicol  rcrhnrin'sl ,  Mich  icrslrt kicsl .  bis  dein  '/.tun  sich  imidclc.  Mir  ein  V.icl 
selxlcsl,  um  meiner  zk  i/cdcnhcn,  \\  cnn  ein  Mann  sliirfic  and  nieder  anflehte ! 
Gott,  der  den  l^auni  wieder  aul'hdjen  läs-st,  liätte  wold  die  Maelit.  aueli  Hiul) 
wieder  zu  Ix-lchen,  wenn  ei-  nur  den  Willen  liätte!  Wenn  ei-  nui-  einen  Au},'en- 
blick  sieh  hewnsst  würde,  dass  er  im  Attekt  so  fjefien  Hioli  wütet  und  dass 
dieser  Attekt  ungerecht  sein  kaini,  und  wenn  er  in  dieser  milderen  Stimmun«;; 
selltei-  den  Hiol)  vor  seinem  eiLTcnen  Zorn  lieruen  wollte,  her  Tod  wäre  dann 
eiiu'  liielteserweisun^'.  Gott  wird  liiei',  Avie  (Inreliueliends  in  den  so  persindieh 
gehaltenen  Hiohsreden,  stark  anthr(»|)omorphis(li  anliiet'asst:  er  ist  seines 
eigenen  Zorns  niidit  Herr,  alter  der  Zorn  kann  auch  einmal  \enauilien.  Jn 
V.  13'  ))aktiert  Hiol)  iileichsam  mit  Gott:  er  In  aneht  Ja  den  Zorn  nicht  iierade/u 
für  unberechtigt  zu  erkläi'en,  kann  ihn  bis  zu  einei"  bestimmten  Zeit  gewähren 
lassen,  bis  wohin  Hiob  wie  ein  in  l'ngnade  gefallener  Diener  aus  seinem  An- 
gesicht verbanid  ist,  —  wenn  er  nur  dann  wieder  mit  Gunst  seiner  gedenken 
will.  Die  schwere  Bedingung  abei",  unter  der  allein  ilieser  Wunsch  nn")glich  ist, 
spricht  V.  14*  aus.  Nur  giebt  dieser  Stiches  im  MT  keinen  verniinftig«'n  Sinn: 
wenn  ein  Mensch  stirbt,  lebt  er  dann?  Die  Wahrheit,  die  diese  Krage  ausspricht, 
ist  freilich  unbestreitbar,  aber  warum  wird  sie  ausgesprocIn'U?  Eiiu-n  so  trivi- 
alen Satz  könnte  man  nicht  einmal  einem  Interpolatcn*  zutrauen.  Die  LXX 
las  n^n^.l,  das  ist  der  richtige  Text,  ol)gleich  ihn  die  LXX,  die  das  \  als  Ein- 
leitung des  Nachsatzes  aidfasst,  missversteht.  DK  ist  Wunschpartikel  (G».- 
Kautzsch  §  151,2):  wenn  der  Mensch  so  wie  jener  Baum  v.  7  f.  sterben  dürfte, 
um  zu  leben!  Das  drückt  genau  denselben  Sinn  aus  wie  v.  13,  denn  auch  das 
Verbergen  in  Scheol  ist  nur  durch  TiUung  Hiobs  mitglich.  An  diesen  Wunsch 
schliesst  sich  vortretllich  an  14''  •"  15:  Alle  Taije  meines  Fndindiensles 
irolir  ich  harren.  11  is  dass  meine  Ahlösnmi  käme!  Dil  irärdesl  rii/'en  n.  s.w. 
i<ZlS  wird  auch  hier  wie  ('aj).  7  i  das  Leben  auf  Erden  sein,  die  Abl»)sung  ge- 
schieht durch  den  Tod,  der  (h-m  Hiob,  wenn  der  Wunsch  v.  13  14 '  in  Eri'idlung 
ginge,  so  angenehm  erscheinen  würde,  wie  dem  Fröhner  der  Feierabend.  So- 
bald die  ^röglichkeit  eines  Lebens  nach  dem  Tode  vorhanden  ist,  verliert  der 
Tod  seine  Schiccken,  ja  selbst  der  gegenwärtige  Frohndienst,  sein»'  liiiden, 
wäre  dann  duich  die  Hotlnung  verklärt  und  ei-träglich.  In  v.  1.")  malt  er 
sich  aus,  wie  nach  abgelaufener  Frist  (lott  ihn  aus  seiner  \'erbannung  auf- 
rufen und  er  antworten  würde:  hier  bin  ich;  Gottes  Liebe  wäre  endlich  zu- 
rückgekehrt. 

Schon  Cap.  7  21  hatte  Hiob  eine  älmliclie  liclile  llolViiung.  (iott  wi-rdc  noch  ein- 
mal nach  ihm  suchen,  hier  verweilt  er  schon  länger,  gleichsam  mit  mehr  Mut,  dabei.  Man 
sieht  hier  gleichsam  die  HoÖ'nung  auf  die  Überwindung  des  Todesbannes  entstehrn  und 
wachsen;  und  wenn  auch  die  Steigerung  von  Cap.  7  zu  Cap.  14  uml  wieder  zu  Cap.  Ifi  und 
19  nach  einem  kunstvollen  Plane  aussieht,  so  meint  man  doch  zu  sjtüren,  dass  der  Dichter 
hier  wo  möglich  noch  mehr  als  anderswo  durch  Hiob  rede  und  selbst  genau  so  wie  er 
vom  Zweifel  zum  Glauben  hin  und  her  schwanke  und  sich  zum  letzteren  gerade  dadurch 


Hil4l6  78  Hil4  20 

ermutige,   dass  er  das  Gegenteil  mit  seinem  Schrecken  sich  und  uns  immer  wieder  vor 
Augen  hält.    Dieser  Eindruck  verstärkt  sich  mir,  wenn 

16—22  wiederum  die  Trostlosigkeit  dessen,  was  jetzt  vor  Hiobs  Augen 
steht  lind  was  nach  gemeiner  Voraussicht  ihm  künftig  l)evorsteht,  in  der  er- 
greifendsten Weise  ausgeführt  wird.  16  17  Denn  jet%t,  gerade  jetzt,  wo  Hiob 
sich  jenen  AVünschen  und  Träumen  v.  13-15  hingieht,  steht  es  so  böse  um  sein 
Verhältnis  zu  Gott.  Gott  bewacht  ihn  so  scharf,  ist  ein  so  strenger  Richter, 
vgl.  Cap.  10  13 ff.;  13  27.  Für  ^bli^j^,  das  gerade  das  Gegenteil  von  dem  sagt, 
was  lieabsichtigt  ist,  1.  nach  LXX  mit  Ew.  u.  a.  'y2VT\,  f/eh-st  nicht  rnrnber  an 
niPtncr  Sünde,  ignorierst  sie  nicht,  vgl.  Cap.  7  21.  In  v.  17  liegt  dem  DJin  und 
Vsia  wohl  ein  und  dasselbe  Bild  zu  Grunde:  Hiobs  Sünden  sind  von  Gott  auf- 
geschrieben (vgl.  Jer  17  1),  die  Dokumente  in  ein  Bündel  gethan  oder  in  ein 
Säckchen,  dieses  zugel^unden  und  der  Bindfaden  mit  Wachs  verklebt  und  ver- 
siegelt (s.  Jes  8  16).  Eigentlich  sollte  man  eher  das  Bild  erwarten,  Gott  nehme 
die  früher  gesammelten  Schuldl)eweise  aus  dem  Beutel  heraus,  um  auf  Grund 
dieser  die  entspi'echenden  Strafen  jetzt  zu  vollziehen.  Denn  dass  Letzteres 
jetzt  geschieht,  ist  doch  die  Voraussetzung  der  folgenden  drei  Vierzeiler. 
18  lO^*'' J/>fv  selbsl  ein  Berg  mnss  zerfallen.  Und  ein  Fels  rückt  fort  von 
seiner  Stelle,  Steine  zerreibt  das  Wasser,  Fortschwemmen  seine  Güsse  den 
Staat/  der  Frde.  In  v.  18'^  sagt  derM.T.:  ein  fallender  Berg  zerfällt,  aber  das 
Letztere  thun  auch  nicht  fallende  Berge;  ausserdem  ist  schwer  vorstellig  zu 
machen,  wie  ein  Berg  eigentlich  „fällt",  es  müsste  denn  dies  Wort  einen  Berg- 
sturz l)ezeichnen  sollen,  wobei  doch  nicht  der  Berg  fällt;  eine  Stelle  Avie  Hos 
10  8  kann  man  nicht  herbeiziehen.  Es  wird  daher  bT  ^Ui  zu  lesen  sein:  selbst 
ein  Berg  (das  „sel])st"  liegt  in  der  Voranstelhmg  von  in  und  "lliJ)  zerfällt,  vgL 
Ex  18  18.  Andere  wollen  umgekehrt  b'Si\  ^löi,  aber  wie  soll  man  das  übersetzen? 
wird  sicher  fallen?  das  thut  doch  nicht  jeder  Berg;  kann  fallen?  das  reimt  sich 
kaum  mit  dem  inf.  abs.  Ein  Fels  rückt  \on  seiner  Stelle  durch  die  sprengende 
Kraft  des  Eises  oder  durch  die  Schneeschmelze  oder  einen  Wolkenbruch.  In 
V.  19''  ist  der  plur.  masc.  mit  dem  sing.  fem.  des  Verbs  konstruiert,  s.  dazu 
Ges.-Kautzsch -c  §  145k.  Fraglich  ist  nun,  was  der  Dichter  mit  der  Ver- 
witterung der  Berge  und  den  Wirkungen  der  Wolkenbrüche  meint.  Nach 
Delitzsch  u.  a.  soll  darin  liegen:  in  der  Natur,  in  der  die  gewaltigsten  Ver- 
änderungen vor  sich  gehen,  ist  alles  möglich,  aber  dass  der  Mensch  vom  Tode 
zum  Leihen  ersteht,  ist  nicht  möglich.  Da  wäre  doch  dem  Dichter  der  tollste 
Missgriff  passiert,  er  hätte  gesagt:  in  der  Natur  wird  alles  zerstört,  aber  der 
Mensch  wird  nicht  —  wieder  belebt.  Die  Bilder  der  Zerstörung  können  nur 
eine  Zerstörung  veranschaulichen  sollen,  und  das  ]  des  folgenden  Vierzeilers 
hat  die  Kraft  eines:  und  so.  Dieser  Vierzeiler  besteht  aus  19'  12'  20.  Wie 
es  schenit,  hat  einst  v.  11  12-^  am  Rande  gestanden,  v.  11  als  Citat  zu  v.  19^'', 
V.  12'^  als  vom  Abschreiber  vergessen,  beide  sind  dann  zwischen  v.  10  und  12 
geraten.  So  vernichtest  da  die  Hoffnung  des  Menschen,  Und  der  Mann  legt  sich 
hin,  tim  nicht  %u  erstehen;  Du  iiherwültigst  ihn  für  immer  und  er  geht,  Ent- 
stellend sein  Anllit%,  so  schickst  du  ihn  fort.  Wie  Wetter  und  Wasser  Berge 
zerbröckeln  und  Steine  zerreiben,  so  vernichten  Gottes  Strafen  v.  16,  Gottes 


Hi  14  20  79  Hi  14  22 

Zum  V.  Ki  des  Mciisclicn  HotVimii;,',  von  der  doch  dif  Freunde  so  viel  redeten, 
aiuli  tlie  HofViiuuf?,  die  soel)«'ii  an  der  Betraehtunf?  des  «lureh  d«'ii  Tod  ver- 
jiiii;^'t('M  Baiinifs  in  Hi(d>  ant^loinm,  und  diT  Ttid  olnie  Wicdcranlstchn  inuss 
da  als  das  sitlu  if  Kndc  erscheinen;  mit  von  (h  r  schrecklichen  Krankheit  und 
v()ni  Totleskanipf  verzerrten  Gesicht  wiid  er  von  Gott  grausam  fortnescliickt 
f)j?ri  ist  aiaiiiäisch.  Das  n^i*?  ist  von  der  \'nl^'.  hinter  ^^n!5  (poetisch  für  T\h\)) 
t^esi't/t,  aller  mit  rnrecht.  wie  der  parallele  Stichos  zeij^t;  auch  liej^t  der  Nach- 
druck auf  dem  (Jedanken,  duss  (lottes  jetzijjer  Antritt'  auf  Hioh  eine  Unter- 
drinkun^'  fiii-  immer,  t-ine  Austiljiuii'^  aller  Hot^nun;,'  liedcntet,  uinl  das  ein- 
fache: und  so  nniss  er  flehen,  ein  Gej^ensatz  zu  dem:  du  würdest  rufen  v.  15, 
wirkt  viel  er^reifendi-r  ohne  den  Zusatz.  Auch  das  mild»  vh^.  eutseiulen.  wirkt 
viel  stärker,  als  es  ein  fortstossen  thun  wiinle:  Gottes  Liehe  scheint  ;,Mnz  er- 
loschen. Tnd  trauernd  sihliesst  Hiol»  21  22:  (Irrhrt  .sind  srinr  Si'ilnif.  rr 
arhtrl  r,s-  nirhl,  Oilrr  iH'ihui  sind  s/r,  er  nii'/kl  nirlil  auf  sie  .\iir  sein  Leih 
hei  ihm  /'iililt  Sc/t/t/rrz-,  .\tir  srinc  Serie  hei  ihm  fühlt  Tnnter.  Dass  Hiobs 
Kinder  nicht  mehr  lehen,  ilaran  scheint  der  Dichter  in  diesem  wumlervollen 
Sihluss^esan^e  des  ersten  Teils  der  Reden  nicht  zu  denken,  wie  er  auch  Cap. 
19  17  nicht  daran  denkt.  In  Scheol  kümmert  sich  der  Tote  nicht  mehr  um 
seine  Nachkommen,  wie  auch  sie  ihn  verfressen  Gap.  7  loK 

Das  Volk  hat  wohl  iiu-ist  aiidt-rs  (larübt-r  gi-tlaelit,  v<:l.  Jit  31  15,  abt-r  es  liojfl  «K-ni 
DichttT  liirr  wie  in  Cap.  'i  daran,  th'u  Toil  dem  vülligeu  riitngaiij,'  inö(jfli(hst  gh-ich  zu 
sti'llfn.  Nur  Wficlit  t-r  liit-r  von  Cap.  3  darin  ah,  dass  er  iiieht  jrdrs  P'niptindcn  aiisscidicsst, 
fhcn  weil  er  hii-r  dt-n  To<l  als  etwas  Schliinnu's  bosohn'ihcn  will.  So  hat  sich  seit  Cap.  3 
8»'in».'  Stimmung  voräniU-rt ,  untl  dir-  rrsache  kann  nur  darin  liogt-n,  dass  er  iiizwischtMi 
i'inc  Hoflnung,  ilie  Ilollnung  auf  die  Wondung  di's  göttlichen  Zonis,  gekostet  hat. 

Der  Tote  hat  noch  Schmer/  in  der  l'nterwelt!  Der  Bei^rit^'  ..seihst" 
((lefjensatz  zu  Vi2),  <iew<»hnlich  durch  DDi  allein  ausj^edrückt,  wird  hier  in 
ntyz  und  iC'Di  zerlef^t.  r'jj;  jiehrirt  nicht  als  Ohj.  zum  Verb,  weil  es  sonst  neben 
TJK  stehen  und  weil  ausserdem  alsdann  der  sonderbare  (ie(lanke  herauskunnnen 
würde:  sein  Leib  hat  Schmerz  über  ihn,  den  Toten;  es  muss  ähidich  wie  Ps 
42  6  bedeuten:  bei  ihm,  dort  wo  er  ist  (Gej^ensatz  zu  d«'r  Oberwelt,  wo  seine 
Sidme  siml);  er  ist  mit  seinem  Kmj)tiiiden  und  seinen  Interessen  auf  sich  selbst 
beschränkt,  fjanz  hinf^enouinu'n  von  leiblichem  und  f^eislij^em  Schmerz.  Kr  lebt 
etwa  in  dem  Zustand  eines  sich  seiner  nur  in  seinem  Schmerz-  und  Infilücks- 
Hefühl  bewussten  Kranken. 

Und  das  soll  ilas  Ende  sein?  Ja,  os  ist  das  Ende,  ist  das  Loos,  das  Gott  ihm  jetzt 
vor  Aug«'n  stellt.  Winl  Hiob  dabei  stehen  bleiben?  Winl  er  nicht  vielmehr  gerade 
deshalb,  weil  er  dieses  Loos  hier  so  schmerzlich  und  mit  so  starken  Farlu-n  ausgemalt 
hat,  wieder  zu  dem  entgegengesetzten  Gedanken  (v.  13 — 15)  greifen  müssen?  Winl  er 
nicht  die  Hoflnung  wieder  aufgreifen,  dass  Gott,  wenn  er  ihn  auch  nicht  versteht,  doch 
sein  Freund  ist?  Das  ist  «lie  Fnige,  mit  der  wir  an  das  zweiti»  (Jespräch  herantreten. 
Denn  weil  Hiob  mit  sich  und  seinem  Verhältnis  zu  Gott  noch  nicht  fertig  gewonlen  ist, 
kann  der  Dichter  hier  noch  nicht  abbrechen,  der  Freunde  und  ihrer  Theologi'-  w.  fr.n 
könnte  er  es  vielleicht. 


Hi  152  80  Hil5  5 

Cap.  15—21.  Zweites  Streitgespräch. 
Cap.  15.  Zweite  Rede  des  Eliphas. 

Was  kann  EHplias  Neues  bringen?  Er  hat  in  seiner  ersten  Rede  alles  erschöpft, 
was  von  seinem  Standpunkt  aus  zu  sagen  war,  so  lauge  er  annehmen  wollte,  dass  Hiob 
im  Wesentlichen  ein  frommer  Mensch  sei  und  nur  wegen  der  allgemeinen  menschlichen 
Unreinheit  göttlicher  Züchtigung  und  wegen  seiner  Ungeduld  freundschaftlicher  Mahnung 
zur  Weisheit  der  CJuterwerfung  bedürfe.  Aber  nun  hat  Hiob  jene  Theorie  von  der  päda- 
gogischen Züchtigung  und  diese  Mahnung  zur  Weisheit  durchaus  abgelehnt.  Daraus  kann 
ein  Eliphas  nur  schliessen,  dass  Hiob  ein  Verächter  der  „Religion"  und  ein  ruchloser 
Mensch  sei,  und  es  bleibt  ihm  nur  übrig,  dem  Verstockten  das  Schicksal  der  Gottlosen 
vorzuhalten,  ob  vielleicht  der  Schrecken  wirke.  Eine  AVirkung  hat  das  auch,  wie  sich 
nachher  in  Hiobs  Reden  zeigt,  aber  eine  ganz  unerwartete:  Hiob  flüchtet  sich  nun  von 
seinen  Freunden  und  ihren  Lehren  hinweg  erst  recht  zu  Gott,  den  er  als  den  einzigen 
Freund  erkennen  und  ergreifen  lernt.  So  sind  die  Reden  der  Freunde  nicht  blos  zur  Aus- 
füllung des  Schemas  da,  sondern  dienen  der  inneren  Entwicklung  dieses  seelischen  Dramas, 
indem  sie  zur  En'ingung  der  wahren  Gottesauffassung  den  j)sychologischen  Anstoss  und 
den  Stachel  des  Gegensatzes  liefern. 

2—19  Eine  lange  Polemik  gegen  Hiobs  Scheinweisheit  und  Selbstüber- 
hebung. 2  3  Wf/d  ein  Weiser  antworten  mit  winiliyem  Wissen  Und  mit 
Ostwind  füllen  seinen  Bauch?  Rechtend  mit  Rede,  die  nichts  schafft.  Und  mit 
Worten,  mit  denen  er  nicht  nätxt?  T\yn  HiJ^  kannheissen:  auf  ein  Wissen,  und: 
mit  einem  Wissen  antworten;  im  ersteren  Fall  ist  Eliphas  der  Weise  und  Subj. 
auch  der  folgenden  Verben:  soll  ich  mit  Ostwind  meinen  Leib  füllen,  d.li.  zornig 
reden,  im  anderen  Eall  ist  Hiob  der  Weise  und  wird  getadelt,  dass  er  windig 
und  stürmisch  redet.  Wegen  Cap.  8  2  ist  wohl  die  letztere  Auffassung  vor- 
zuziehen. Die  Voranstellung  von  DDH,  ohnehin  für  Eliphas  charakteristisch, 
besagt:  ein  Weiser  will  (und  sollte)  Hiob  doch  sein,  ist  es  aber  nicht,  weil  er 
sonst  nicht  so  nichtig  und  stürmisch  reden  würde,  als  wäre  sein  Leib  ein  Wind- 
schlauch. Letzteres  Bild  gebraucht  Elilm  Cajo.  32i8f.  im  guten  Sinne;  der 
Verf.  von  Cap.  32  ff.  scheint  also  unter  dem  DDn  Eliphas  verstanden  zu  haben, 
kann  aber  nicht  als  Autorität  für  uns  gelten.  riDin  inf.  abs.  Hiph.  expliciert 
das  vorhergehende  verb.  ün.,  contendendo  (s.  GES.-KAUTzscH-ß  §  113  2),  daher 
noch  in  die  Frage  hineinzuziehen.  Eliphas  spielt  auf  Cap.  13  3  6  an,  hält  also 
Hiobs  Verlangen  nach  einer  Gerichtsverhandlung  mit  Gott  für  unnütz;  in 
letzterem  Ausdruck  liegt  zugleich  ein  sittlicher  Tadel.  4  5  Und  tum  du,  du 
verletzest  die  Reih) Ion  Und  brichst  die  Stille  vor  (Intt!  Nicht  genug,  dass  du 
im  Gegensatz  zu  einem  wahren  Weisen  unnütz  und  lärmend  redest,  du  setzest 
auch  die  Scheu,  die  ein  Mensch  vor  Gott  haben  soll,  aus  den  Augen.  T\T\)^  ^^, 
das  erstaunte,  vorwurfsvolle  „und":  wie  ist's  möglich,  dass  du,  von  dem  ich 
Besseres  erwartete,  nicht  blos  unweise,  sondern  unfromm  reden  konntest.  Über 
nST  s.  zu  Cap.  4  6.  nri''^  ist  die  andachtsvolle  Stille,  die  man  in  der  Nähe 
Gottes  beobachten  soll  und  die  der  Priester  der  Kultgesellschaft  mit  einem 
DH!  zu  gebieten  pflegte  (Sach  2  i7;  Hab  2  20);  sie  „wegzureissen",  durch  lautes 
und  unziemliches  Reden  zu  zerstören,  ist  ein  schwerer  Frevel. 

Der  Vers  giebt  uns  in  ausgezeichneter  Weise  zu  verstehen^  wie  Eliphas,  der  sich 
scheu  vor  dem  Allgewaltigen  ducken  zu  müssen  meint,  die  kühne  Sprache  Hiobs,  seine 


Hi  15  5  81  Hi  15  12 

Invektiven  g<'gen  Gott,  voll  Schrecken  und  Eiitiüstung  angehört  hat,  und  der  Dichter 
wirft  damit  oin  helles  Licht  auf  die  Geistesart  der  Froramen  seiner  Zeit,  Es  sind  ernst- 
liafte,  ängstli(;he  Menschen  mit  strengen  Begriflcn  von  religiöser  Anstandsjjflicht,  wie  sie 
in  engeren  Kreisen  und  in  gedrückten  Verhältnissen  gern  entstehen,  besonders  dann,  wenn 
Gottes  absolutes  Walten  sich  den  Gemütern  in  Zeiten  schwerer  Not  eingeprägt  hat. 

Für  Hiobs  Frevelmut  ji;iebt  es  nur  eine  Erklärung  v.  5:  Denn  deine 
Schuld  II  nt  erweist  deinen  Mund,  l'nd  du  irälilsl  die  Spnulie  der  Lisi  igen. 
Hiul)  will  sich  rein  reden,  weil  er  nicht  rein  ist,  durum  spricht  er  so  dreist  und 
in  der  Art  der  „Listij^en",  die,  schon  Cap.  5  22  ff.  erwähnt,  dem  Eliphas  als  die 
„Weisen  dieser  Welt"  gelten,  Gott  unverschämt  gegenübertreten  und  gerade 
dadurch  ihre  Süiuligkeit  beweisen,  dass  sie  von  Sünde  nichts  wissen  wollen. 
Es  scheint,  als  ob  der  Dichter  den  term,  tech.  „Listige"  nicht  selbst  geschaffen 
habe,  da  er  ihn  mehrere  Mal  ganz  unvermittelt  anljringt.  Gab  es  eine  Rich- 
tung, vielleicht  eine  Schritt,  die  in  der  Weise  des  Eliphas  nosn  und  no"ij;,  gött- 
liche Weisheit  und  Schlangenlist  (Gen.  3i),  nST  und  sceptische  Kritik  ein- 
ander gegenüberstellte?  Die  Fortsetzung  scheint  dafür  zu  sprechen.  Diese 
liefert  nicht  v.  G,  der  den  Zusammenhang  unterbricht  und  vor  v.  13  gehört, 
sondern  7  S:  \\  urdesl  du  als  ersler  der  Menschen  (feboren  l'nd  bist  du  ror  den 
Eu(feln  (Ulf  die  Welt  netiniclit?  Horst  du  im  Hut  Elixihs  zu  l  iid  ru//'.st  Weis- 
heit un  dich':'  Hiob  hat  zu  diesem  Angriff  kauui  einen  direkten  Anlass  gegeben, 
andererseits  kann  man  v.  7  f.  nicht  ausscheiden,  ohne  auch  v.  9  f.  zu  unter- 
minieren. Dagegen  erklären  sich  die  Verse  leicht,  wenn  sie  die  Polemik  wieder- 
geben, mit  der  zur  Zeit  des  Dichters  die  Theologen  der  strengen  Richtung 
gegen  freiere  weltliche  Spekulatiunen  zu  Felde  ziehen  mochten.  Hiob,  der 
die  Sprache  dieser  Sektierer  „wählt"  ("1113  wie  bei  Tritojes.  z.  B.  Jes  56  4  im 
Sinne  von  atpstaflai),  geberdet  sich,  als  sei  er  so  alt  wie  die  Schöpfung  und 
kenne  den  ganzen  Verlauf  der  Welt  (vgl.  zu  Cap.  11  8  ff'.).  Dass  er  vor  den 
Hügeln  „gekreist"  (Polal  von  ^^n)  sei,  ist  ein  auffälliger  Ausdruck,  ich  ver- 
mute, dass  der  Dichter  D^Hii.  die  Hohen,  nämlich  die  Engel,  schrieb,  vgl.  Koh 
5  7 ,  und  dass  man  nach  Prv  8  2:)  niyilS  einsetzte ,  weil  man  den  Anstoss  ver- 
meiden wollte,  dass  die  Engel  für  „geki'eist"  gehalten  werden  könnten.  Auf 
dem  Vergleich  mit  den  Engeln  beruht  die  weitere  Frage,  ob  Hiob  zum  himm- 
lischen Hat  gehöre.  Vielleiclit  kannte  der  Dichter  schon  Schriften,  die  Avie  das 
Buch  Henoch  auf  die  Urzeit  zurückgehen  und  deren  Inhalt  aus  einem  Umgang 
mit  den  höheren  Wesen  (s.  SachS?)  hervorgegangen  sein  sollte  (auch  Cap. 
38 ff.  mag  durch  solche  Behauptungen  beeinflusst  sein);  nach  Prv  8  stammt 
ja  auch  die  Lehrmeisterin  der  Menschen,  die  Weisheit,  aus  der  Zeit  der 
Schöpfung.  ]1ty^i<1  weist  eine  doppelte  Orthographie  auf,  die  phonetische  mit  \ 
die  etymologische  mit  S.  Für  niD2n  ist  die  bessere  Schreibart  "2.T\  (s.  Ges.- 
Kautzsch'-'''  §  lüOl).  Auch  in  9  10  ist  das  Wissen  auffällig  betont.  Eliphas 
ist  älter  als  Hiobs  Vater,  vor  einem  solchen  Alter  und  der  entsprechenden 
Weisheit  sollte  Hiob  doch  mehr  Res])ekt  haben,  als  er  Cap.  12  12  bewies.  Be- 
sonders gekränkt  ist  Eliphas  H  12  ^durcli  Hiobs  Geringschätzung  der  „Trös- 
tungen Gottes",  die  auf  Offenbarung  beruhten  Cap.  4  12  ff.  und  aus  der  wahren 
Einsicht  in  Gottes  Wesen  Cap.  5  8  ff.  isff.  abgeleitet  waren  und  Ol?'?,  auf  milde, 
gelinde  Weise,  auf  Hiob  einredeten.     Daran   ist  jene  Leidenschaftlichkeit 

Kurzer  HC  tum  AT    XVI  6 


Hi  15  12  82  Hi  15  19 

schuld,  die  nach  Ca]).  5  2  denThoren  charakterisiert  und  die  denHioh  fortrafCt 
V.  12'^,  ihn  entrückt  M'ie  emen  Schwärmer  und  seinen  Blick  unruhig  macht 
(DH,  ocTT.  Xe^.,  transponiert  aus  TDI,  hlüizeln,  hier  vor  Leidenschaft).  Mit  Unrecht 
hängt  man  gewöhnlich  an  v.  12  den  folgenden:  was  rollen  deine  Augen,  dass 
du  dich  gegen  Gott  kehrst.  Vielmehr  schliesst  sich  an  v.  11  f.  an  der  Vier- 
zeiler 6  13:  Es  verdammt  dich  dein  Mimd  und  nicht  ich,  Und  deine  Lippen 
zeugen  tcider  dich,  Denn  du  kehrst  wider  Gott  deinen  Zorn  Und  bringst  aus 
deinem  Her%en  Aufruhr  hervor.  Wahrscheinlich  ist  v.  6  an  die  gegenwärtige 
Stelle  geraten  (nachdem  er  vergessen  und  am  Rande  nachgetragen  war),  weil 
V.  5=^  scheinbar  ähnhch  ist.  Der  wahre  Zusammenhang  ist:  meine  milden  Worte 
konnten  dich  nicht  so  reizen,  ich  habe  dich  nur  zu  trösten  und  zu  ermahnen 
gesucht  V.  11  12;  bist  du  dennoch  so  stürmisch,  so  klagst  du  dich  selber  an 
V.  6,  und  eine  Selbstverurteilimg  liegt  wirklich  im  Inhalt  und  Charakter  deiner 
Reden  v.  13.  Der  Unmut  des  Thoren  Cap.  5  2  spricht  aus  Hiobs  Worten  und 
zeugt  wider  ihn  (3  ilij;;  zu  dem  masc.  li^;;  v.  6''  s.  Ges.-K1ä.utzsch26  §  145  u). 
Das  letzte  Wort  f^D:  du  bringst  Worte  hervor,  ist  völlig  nichtssagend;  daHiob 
seine  Antwort  auf  die  spätere  Rede  desEliphas  mit  den  Worten  beginnt:  auch 
heute  ist  meine  Klage  Aufruhr  Cap.  23  2  und  dies  ganz  wie  eine  Anspielung 
klingt,  so  nehme  ich  an,  dass  dies  •'lO  oder  in  pausa  "»lO  hier  zu  suchen  ist; 
jedenfalls  passt  es  vortrefflich  zu  v.  13%  wo  natürlich  '?J?  für  ^S  zu  lesen  ist.  — 
Indem  nun  noch  Eliphas  auf  Hiobs  Behauptung,  dass  er  unschuldig  sei,  ein- 
geht, wiederholt  er  nur  längst  Gesagtes  14  15.  Der  Sterbliche,  der  Weibes- 
geborne,  über  dessen  trauriges  Loos  sich  Hiob  beschwerte  Cap.  14  i,  kann  ja 
gar  nicht  rein  sein  vor  Gott,  in  dessen  Augen  nicht  einmal  seine  „Heiligen" 
(vgl.  Cap.  5  i),  die  Himmelsbewohner,  wie  doch  wohl  D";D1^  hier  zu  verstehen  ist, 
rein  sind.  Das  war  ja  der  Inhalt  der  Offenbarung  des  Geistes  Cap.  4  und  sollte 
darum  doch  auf  Hiob  Eindruck  gemacht  haben.  In  v.  14'^  ist  der  Abwechslung 
halber  vom  strikten  Parallelismus  („und  der  AVeibesgeborne,  dass  er"  u.  s.w.) 
abgewichen.  16  17  Nun  gar  der  Abscheuliche,  Verderbte,  Der  Mann,  der 

Ruchlosigkeit  trinkt  icie  Wasser.  Die  Überleitung  mit  *]«  wie  Cap.  4  19;  aber 
was  darauf  folgt,  zeigt  die  inzwischen  eingetretene  Veränderung  in  der  Stimmung 
des  Eliphas.  Hiob  ist  verabscheuenswürdig  (das  part.Niph.  im  gerundivischen 
Sinne,  s.  Ges.-Kaützsch2o  §  116  e),  verdorben  (eigentlich  versauert,  von  ver- 
dorbener Milch,  vgl.  Ps.  143),  ruchlos.  n^"lj;  ist  nach  Cap.  5  I6  auf  die  ruch- 
losen Reden  zu  beziehen,  die  Hiob  geführt  hat;  eben  darum  heisst  er  wohl  auch 
verabscheuenswürdig.  Mit  dieser  Deutung  von  n^lj?  verträgt  sich  allein  der 
Ausdruck:  wie  AVasser  trinken,  nämlich  in  vollen  Zügen,  vgL  Ps  73  10  (ein 
starkes  Getränk  trinkt  man  vorsichtig),  was  übertrieben  wäre,  wenn  es  die  sitt- 
liche Verderl)theit  Hiobs  kennzeichnen  sollte.  Angeregt  durch  diese  kräftige 
Verurteilung  der  abscheulichen  Haltung  Hiobs,  will  Eliphas  ihm  auseinander 
setzen,  was  ein  Gottloser  von  Gott  zu  erwarten  hat  v.  17:  Ich  will  dich  be- 
richten, höre  mir  zu,  Und  das  ich  geschaut,  das  will  ich  erzählen.  Er  will 
ihm  Beispiele  aus  seiner  eigenen  Erfahrung  erzählen  (zu  ni  als  relat.  s.  Ges.- 
Kautzsch26  §  138  h)  und  ferner  18  19,  was  die  alten  A¥eisen  zu  melden  wissen, 
vgl  Cap.  8  8  1).   Für  DnDKD  1.  mit  LXX:  nnUK. 


Hi  15  19  83  Hi  15  22 

Sclir  interessant  ist  v.  19:  zur  Zeit  der  Väter  der  Weisen  war  noch  kein  Fremder 
im  Lande,  daher  hattt-n  sie  die  reine  Lehre,  die  also  seitdem  durch  fremde  Ideen  alteriert 
worden  ist.  JainnaiTichade,  dass  Eliplias  die  Fremden  nicht  näher  bezeichnet.  Sie  müssen 
durch  ilir  Beispiel  oder  ihre  Behauptungen  die  Lehre  ei-schüttert  haben,  dass  die  Gott- 
losigkeit, wie  Kliphas  sie  versteht,  unbedingt  den  Untergang  nach  sich  ziehe;  sie  haben 
die  alte  Einfalt  der  sittlichen  Anschauungen  zerstört  und  zur  „Ruchlosigkeit"*  geneigte 
Gemüter  zur  Skepsis  verführt.  Die  schädliche  Einwirkung  der  Fremden  betonen  schon 
Hüsca  und  Jesaia,  doch  nicht  in  der  hier  gemeinten  Art;  Zepiianja,  Jeremia  und  Hesekiel 
hingegen  reden  schon  von  allerlei  Skepsis;  unser  Vers  deutet  aber  auf  die  nuchexilische  Zeit 
liin,  wo  den  Juden  (an  Kdom  denkt  der  Dichter  schwerlich)  das  Land  nicht  mehr  allein 
gehörte,  aber  woiil  auf  die  erste  Zeit  nach  dem  Exil,  da  die  Väter,  von  denen  die  Gewährs- 
männer des  givisen  Eliphas  ihre  Lehre  empfangen  liaben,  das  Land  noch  allein  besassen. 
Vielleiclit  haben  wir  unter  den  Fremden  solche  Leute  zu  verstehen,  wie  die  Gegner  Esras, 
Nehemias,  Tritojesaias,  die  mit  den  vomehmen  Juden  im  Einvernehmen  waren  und  vor 
denen  die  Frommen  verschwanden  (Jes  57  1  2);  Eliphas  gehört  zu  den  letzteren.  Da  Hiob, 
d.  h.  der  Dichtt-r,  drei  bis  vier  Generationen  von  jenen  Vätern  entfernt  ist  (die  Väter, 
deren  Siiline,  die  Weisen,  deren  Jünger  Elii)has,  der  wieder  älter  ist  als  Hiobs  Vater),  so 
kämt'  für  den  Dichter  spätestt-ns  die  Zeit  um  die  Mitte  des  ö.  .Jahrb.  heraus.  Dass  die 
nachi'xilischen  .luden  die  „Tage  der  Vorzeit",  die  vorexilische  Zeit,  als  die  klassische  Zeit 
ansahen,  ist  bekannt.  Übrigens  ist  es  sonderbar  genug,  dass  sowohl  hier  wie  Cap.  8  8  der 
M.T.  bei  nl3«  einen  Fehler  hat:  haben  die  Urheber  des  Ktib  bei  den  D'ppn  an  die  „Ge- 
lehrten" ihrer  Schulen  und  bei  den  „Vätem"  an  deren  Vorgänger  gedacht? 

20-35  Das  Schicksal  des  Gottlosen.  20  21  Alle  Tajje  des  Gottlosen. 
(1.  li.  .SV;  hiiijic  (li'r  Violllnsc  lebt ,  ist  er  in  (Juni,  Die  Zahl  der  Jahre,  die  nuf- 
fiesfuirl  sind  dem  Wi'ilerirli:  St/tree/ienss/in/men  sind  in  seinen  Ohren,  Im 
Frieden  knnunl  der  Venriister  i7her  ihn.  Schon  vor  seinem  Tode  leht  er  in 
Vonihnunii  koninicndeii  l'idieils.  das  dann  mitten  im  Wohlergehen,  unverhofft, 
über  ihn  hereinbricht;  die  Ahnunji?  steigert  sich  zum  Hören  von  Schreckens- 
stimmen  (ins,  nicht  "jlp,  steht  im  plur.,  weil  nl'?1p  Donnerschläge  bedeutet): 
ein  Zug  aus  der  volkstündichen  Mantie.  In  v.  20  könnte  "ISDO  zugesetzt  sein. 
—  Im  Folgenden  ist  der  Text  in  arger  Unordnung.  Siegfkieü  stösst  v.  25—28. 
30»  aus,  BicKELL  V.  23  (bis  1T3)  24''  27— 30\  Mir  scheint,  dass  v.  25-28'«  ein 
am  Hände  verzeichnetes  fremdes  Gedicht  ist.  zu  dem  noch  v.  24'  (als  Glosse 
zu  V.  2f))  geluut.  dass  ferner  v.  30"  Variante  zu  v.  22*  und  v.  31  ein  Citat  zu 
V.  35  ist,  dass  endlich  v.  29''  den  Rest  zweier  verstümmelten  Stichen  vorstellt. 
Der  erste  Vierzeiler  ist  demnach  22  23  (bis  1T3):  Mehl  trird  er  enl rinnen  der 
Finsternis,  l'nd  anfffespart  ist  er  für' s  Sehwert ,  Er  ist  fteslinnni  zinn  Frnss 
des  (ieiers.  Kr  ireiss,  dass  das  Verderben  ihm  zur  Seite  ist.  v.  22 '  lautet  jetzt 
ganz  sonderbar:  er  glaubt  (LXX:  glaube)  nicht  zurückzukehren  (2^Vf  ohne  *?) 
aus  der  Finsternis;  soll  das  heissen.  dass  er  nicht  an  die  Unsterblichkeit  glaubt? 
oder  «lass  er  aus  dem  Unglück  (das  ihm  aber  erst  bevorsteht)  nicht  zum  (Jlück 
zurückzukehren  glaubt?  „Sich  abwenden  von"  kann  2^Vf  in  diesem  Zusammen- 
hang nicht  heissen.  Es  ist  nach  der  ^'ariante  v.  30^.  die  jetzt  nur  durch  die 
vielen  Fiinsätze  so  weit  al)gerückt  ist.  'WD  für  2\ü  zu  schreiben.  ]'ps'  «b  könnte 
zur  Not  bleiben;  aber  da  es  doch  trotz  Cap. 9  16  ein  sonderbarer  Ausdnick,  da 
die  Konstruktion  (inf.  ohne  b)  mangelhaft,  der  Stichos  überfüllt  und  der  pa- 
rallele Stichos  ohne  ein  entsprechendes  Verb  ist,  so  nehmen  wir  lieber  gleich 
die  ganze  Variante  v.  30"  herüber  imd  schreiben  "WD)  i6  (zu  ]0  I^D.  entgehen. 


Hi  15  22  84  Hi  15  28 

Vgl.  Prv  13  14);  möglich,  class  ]"'»«''  ursprünglich  eine  Variante  zu  ^iü)  war,  etwa 
yiJ3\   In  V.  22'^  ist  wohl  mit  Ew.  u.  a.  ]1ß;S  zu  lesen,  vgl.  LXX.   Auch  in  v.  23 
hat  LXX  den  besseren  Text.   Der  hebr.  Satz:  er  schweift  umher  nach  Brod: 
wo  ist  es?  ist  an  sich  seltsam  und  bringt  ein  fremdes  Bild  in  den  Zusammen- 
hang, der  nicht  von  gegenwärtiger  Not,  sondern  von  dem  künftigen  Verderben 
imd  der  Furcht  davor  spricht.   Die  LXX  hat  n*«  DH^'p;  TV^  ist  irgend  ein  Aas- 
vogel; für  ni  kann  man  mit  Seegfeied  ]rii  vgl.  LXX  schreiben,  vielleicht  auch 
ly'l  von  1)1).    Dass  der  Text  der  LXX  dem  Zusammenhang,  der  doch  eben 
vorher  vom  Schwert  spricht,  widerstrebe,  ist  eine  eigensinnige  Behauptung. 
Der  letzte  Stichos  kann  schon  aus  metrischen  Gründen  nur  bis  IT'D  gehen;  hier 
ist  ]1Di  LXX:  TiTÄfxa  nach  Cap.  31  3  in  "IDi  zu  verwandeln:  feindliches,  unheim- 
liches Geschick  ist  ihm  zur  Seite  (vgl  I  Kön  10  29;  I  Sam  21  u),  begleitet  ihn 
und  flösst  ihm  die  l^ösen  Ahnungen  v.  21''  ein;  m(>glich  wäre  auch  IT'S  ]1Di 
(Beer).   Der  folgende  Vierzeiler,  durch  die  fremden  Einsätze  auseinander  ge- 
sprengt,  besteht   aus   23  <=  24^   (bis  inspnn)   als   erstem  Distichon  und  aus 
V.  28«  29''  als  zweitem.   Der  lag  der  Finsternis  schreckt  ihn,  Not  nnd  Angst 
überwältigt  ihn.    Mit  Recht  zieht  LXX  r[m  Dl^  v.  23  zu  v.  24;   in  Folge 
dessen  ist  inny^";  zu  sprechen,  was  ohnehin  zu  den  Konsonanten  besser  passt. 
nj5!|^ö!|  1^  erhalten  nun  das  ihnen  folgende  Verb  ^insjpnn,  das  mit  seinem  fem. 
ja  doch  der  Verbindung  mit  dem  Vergleich:  „wie  ein  König"  widerstrebt.   Die 
beiden  Stichen  sprechen  also  von  der  überwältigenden  Angst,  mit  der  das 
künftige  Geschick  den  Gottlosen  beständig  erfüllt,  gerade  so  wie  das  vorige 
Tetrastich.   Der  Schluss  von  v.  24:  wie  ein  König,  bereit  %uin  Nahkampf  giebt 
kein  gutes  Bild  für  die  HJ^ISD,  dagegen  eine  ausgezeichnete  Veranschaulichung 
des  Inhalts  von  v.  26  und  muss  neben  diesem  gestanden  haben.   IIT'S  erklärt 
Fleischer  (bei  Delitzsch)  nach  dem  arab.  kadara,  intrans.,  umgeschüttelt 
werden,  trü])e,  dick  sein,  als  das  dichte  Gewühl  von  Kriegern  im  Handgemenge, 
Schlachtgedränge;  wahrscheinlich  steht  das  Wort  auch  Jes  29  3,  wo  l'ni  punk- 
tiert ist.   Dass  nun  die  zwei  Vierzeiler  25—28"'  von  fremder  Hand  stammen, 
geht  daraus  hervor,  dass  sie  nicht  das  Loos,  sondern  die  Art  und  Handlungs- 
weise des  Gottlosen  beschreiben,  wie  es  scheint,  mit  besonderer  Bezugnahme 
auf  ganz  bestimmte  Personen  und  Vorfälle,  die  sich  für  luis  allerdings  nicht 
mehr  genau  feststellen  lassen,   v.  25  f.  sprechen  offenbar  nicht  von  einem  blossen 
Privatmann,  sondern  von  einem  Volkshaupt,  der  wie  ein  Jason  und  seine  Nach- 
folger, ein  Aristobul,  ein  Alexander  Jannäus  Gegner  der  gesetzeifrigen  Juden 
war.  Er  streckt  seine  Hand  gegen  ("?«  für  ^j;)  Gott  aus,  brüstet  sich  wider  ihn 
V.  25,  rennt  Avider  ihn  mit  (steifem)  Hals,  mit  dem  Dickicht  seiner  Schi/d- 
/mckeln  v.  26.   Den  letzten  Satz  erklärt  die  Glosse  v.  24:  wie  ein  König  u.s.w. 
Der  zweite  Vierzeiler  v.  27  28 ^^ ''  schildert  diesen  Feind  Gottes  als  einen 
Menschen,  der  sich  in  seinem  Glück  mästet  und  sich  um  g<)ttliche  Strafgerichte 
nicht  kümmert.   Denn  er  hat  bedeckt  sein  Gesicht  mit  seinem  Fett  Und  bildete 
Fett  klumpen  anf  der  Lende,  vgl.  Ps  73  4  ff.  no^B  aus  nn"'«^  Olshausen  328; 
n'^j;  wie  Cap.  14  9.  Wie  dergleiclien  Eliphas  zu  einem  Hiob  hätte  sagen  k()nnen, 
will  (^inem  nicht  einleuchten.  Nun  gar  v.  28'' '":  Kr  trohnt  in  vertilgten  Städten, 
In  lUmsern,  wo  man  nicht  wohnen  darf,  in  Städten,  die  von  einem  göttliclien 


Hi  15  28  85  Hi  15  33 

Straff^ericht  j^etroficn  und  vi-rHuclit  sind,  die  w  ahir  wieder  jiuff?e1)aut  hat. 
Der  Autor  muss  Ix-stimnitc  Pxisjiifk'  vor  Au^'cii  haln-ii.  Xadi  Dtn  13  17  sollen 
solche  Städte  v\\i><;  Ruinen  hleihen,  die  wegen  Güt/endieiistes  zerstin-t  wurden, 
vgl.  ausserdem  Jos  6  26  mit  I  Kim  16  34.  Häuser,  die  nicht  bewohnt  werden 
sollten  (lob  ^2d^  ersetzt  etwa  ein  gerundivisches  Xipli.),  sin<l  z.  B.  solche,  die  an 
einem  unreinen  Ort,  etwa  üi)er  Gräbern,  eirichtet  wunlen.  In  der  griechischen 
und  späteren  Zeit  setzten  sieb  manche  über  solche  Bedenken  hinweg,  z.  B. 
Herodes  Antipas  bei  der  Erbauung  von  Tiberias;  auf  «lergleichen  scheint  der 
Autor  zu  zielen,  der  mit  dem  geistesfreien  Dichter  unseres  Buches  gewiss  nicht 
identisch  ist.  2S'   29'   bilden  das  zweite  Distichon  jenes  Vierzeilers, 

dessen  erstes  Stichenpaar  wir  v.  24  hatten,  v.  28'"  hat  der  M.  T.  noch  zu 
V.  25-28  gezogen,  in  dem  unsinnigen  Wortlaut:  die  sie  sich  bereiteten  zu 
Trümmern.  LXX  verbindet  die  beiden  ersten  Wörter  von  v.  29  mit  v.  28"^ 
und  übersetzt:  was  sie  bereitet  haben,  tragen  andere  davon.  Setzen  wir  für 
den  jdur.  in  dem  Relativsatz  wegen  des  Kontextes  den  sing.  (mitC.  A.),  so  lautet 
der  ursj)rüngliche  Text:  ^«tr";  onns  iny.nn  llj'«,  ein  Satz,  der  durch  Cap.  5  5 
hinlänglich  empfohlen  wird.  Das  Distichon  lautet  also:  11  >/.v  i-r  sic/i  cnrorhcii 
hui,  andciw  ir erden  es  darnnlrayeH ,  lud  nicht  bleibt  sein  Vernii'inen.  Das 
folgende  Tetrasticli  20'' .*{()'"  ist  im  ersten  Teil  stark  verstümmelt.  obiO  ist 
ein  ganz  unbekanntes  Wort;  die  LXX  rät  dafür  b^.  ub'i  oder  0''?'?^.  P<>cli.  D'Vc. 
Vulg.  d'?S«.  Neuere  d'?3ö,  n":Dp.  D*?"?».  d"??»,  d"?»»  (von  sVO).  D''?2i:^.  DJjPP,  D'^^n, 
und  nü^  wird  bald  als  (^al  bald  als  Hipli.  gelesen.  Aber  Konjekturen  helfen 
nichts,  da  Mehreres  ausgefallen  sein  muss.  Wegen  der  Fortsetzung  ist  anzu- 
nehmen, dass  der  Gottlose  mit  einer  Pflanze  verglichen  werden  soll,  die  zu 
Grunde  geht.  Wegen  v.  30 '  vergleiche  zu  v.  22 '.  Der  dritte  Stichos  v.  30'' 
ist  verständlich:  Seinen  Sehossling  dorrt  die  (Hut.  Der  vierte  lautet  v.  30"^^  im 
M.  T.:  er  entweicht  in  den  Hauch  seines  INIundes.  in  TiXX:  es  fällt  ab  seine 
Blume;  letztere  liest  also  ims  für  ni"l2,  lässt  TB  aus  und  hat  wohl  auch  für  "l^D^ 
ein  anderes  Wort  gehabt.  Vielleicht  schreibt  num  am  Besten:  VIS  nn?  IJ^b^l: 
(  nd  renreht  wird  im   U'in</e  seine  Frinht.  31  unterbricht  die  Bilder  v(»n 

der  l'Hanze  in  v.  ."{o  und  32  f.  und  hat  gar  keine  Stelle  im  Zusammenhang:  A> 
rerinme  nirlil  tinf  Eitles,  er  ist  t/et iniseht .'  Denn  Eitles  wird  sein  Kintanseh 
sein.  Wie  kann  man  dem  Gottlosen,  der  nach  v.  2(>tf.  sein  N'enlerben  vor  Augen 
sieht  und  von  Schreckeusstimmen  verfolgt  ist  und  dessen  Untergang  v.  2i»f. 
geschildert  wird,  den  wohlmeinenden  Rat  geben,  er  möge  nicht  auf  Eitles,  sei 
es  Sündiges,  sei  es  nutzlose  Rettungsmittel,  vertrauen,  und  dann  noch  hinzu- 
fügen, er  werde  Eitles  dafür  eintauschen!  Der  Vers  stand  wohl  als  Citat  neben 
V.  35.  32  33  Auch  hier  trfigt  wenigstens  der  Anfang  noch  die  Spuren  der 

Verwüstung  an  sich,  die  die  fremden  Einsätze  hervorgebracht  haben.  Für  den 
unverständlichen  Satz  des  ^[.  T.:  vor  seiner  Zeit  wird  es  erfüllt,  hat  LXX  r^ 

TO[lf(   aUTOU  .  .  .  ttl>afi7;0£Tai,    d.  i.  "jö^.  .  .  .  lyia  (MeBX.  BlCKELL,    vgl.  HoFKMAXN). 

Demnach:  Sein  Stamm  irellit  ab  nir  seiner  Zeit,  l  nd  sein  /*ftlmzirei(/  (/ri/nt 
nicht:  Er  stösst  tdt  wie  der  Weinstock  seine  Traube  lud  wirft  wen  wie  der 
Ölbaum  sein  lilütenbüschel.  Zu  IDV  N^S,  vgl.  Cap.  22  1 6.  n:in  ist  pil.  perf. 
3.  p.  f.  in  pausa.   "^ü),  mit  der  dichterischen  Verküi-zung  (vgl.  Cap.  13  27J.   Der 


Hi  15  33  86  Hi  16  5 

Ölbaum  pflegt  jedes  zweite  Jahr  seine  Blüten  vor  dem  Ausreifen  abzuwerfen 
(Wetzstein  bei  Delitzsch).  Der  Sinn  von  Dbn;i  wird  nach  dem  parallelen 
"^b^l  sein:  vergewaltigen,  abstossen;  Subj.  kann  nur  der  mit  dem  Weinstock 
verglichene  Gottlose  sein;  das  Niph.  zu  lesen  (LXX)  ist  unnötig,  da  aus  dem 
Zusammenhang  von  selbst  deutlich  wird,  dass  nicht  von  einem  freiwilligen  Ab- 
stossen die  Rede  ist.  34  35  Die  gottlose  Rotte  ist  unfruchtbar.  Die  Be- 
stechung V.  34'^  ist  natürlich  nur  ein  willkürlich  herausgegriffenes  Beispiel  von 
Gottlosigkeit.  Einen  effektvollen  Abschluss  bildet  das  letzte  Distichon  mit 
seinen  inf.  abs.  (s.  Ges.-Kautzsch26  §  113 ff".):  Schwanger  sein  mit  Mühsal  und 
Unheil  gebären!  Und  ihr  Schoss  reift  Trug.  Diese  Bilder  sind,  zum  Teil 
wörtlich,  benutzt  in  Jes  59  4;  Cap.  33  ii;  Ps  7  15.  Schwangerschaft  und  Geburt 
sind  nicht  in  kausale  Beziehung  zu  einander  zu  setzen,  da  sonst  der  letzte 
Stichos  nachhinken  würde  und  da  ausserdem  br^V,  und  |1«  einfache  Synonyma 
sind.  Der  Trug  ist  vor  allem  Selbstbetrug,  wie  es  das  Randcitat  v.  31  richtig 
glossiert. 

Eliplias  hat  also  kein  tröstliches  "Wort  raehr  für  Hieb,  nur  schreckliche  Bilder 
vom  Geschick  des  Gottlosen.  Das  Einzige,  was  er  sich  noch  versagt,  ist,  den  Hiob  direkt 
für  diesen  Gottlosen  zu  erklären  (s.  dagegen  Cap.  22  5 ff.);  er  hat  vielmehr  jene  Bilder  so 
ausgewählt,  dass  sie  nicht  direkt  auf  Hiob  anzuwenden ,  also  nur  als  allgemeine  AVarnung 
zu  dienen  geeignet  sind. 

Cap.  16  und  17.   Hiobs  Antwort. 

Dass  die  Rede  des  Eliphas  ihren  Eindruck  auf  Hiob  nicht  verfehlt  hat,  merkt  man 
weniger  an  der  kurzen  Abfertigung,  die  er  dem  Vorredner  im  Eingang  erteilt,  als  an  der 
durch  seine  ganze  Rede  sich  hindurchziehenden  Klage,  dass  alles  wider  ihn  und  dass  er 
das  Sprichwort  der  Leute  geworden  ist.    Aber  grade  dies  Gefühl  bringt  ihn  Gott  näher. 

2—6  Abweisung  des  Eliphas.  2  3  „Dergleichen"  (vgh  Cap.  12  3), 

solches,  was  Eliphas  über  die  Gottlosen  sagt,  hat  Hiob  viel  gehört,  seine 
Freunde  sind  „Tröster  von  Mühsal",  die  sein  Leiden  nur  noch  vergrössern. 
V.  3=^  bezieht  sich  auf  Cap.  15  2  zurück,  wo  Hiobs  Reden  windig  genannt  werden, 
V.  3'^  auf  Cap.  15  ii  12,  wo  ihm  seine  Gereiztheit  gegen  des  Freundes  Mahnungen 
vorgeworfen  wird.  Die  Freunde  sollten  aufhören  zu  reden,  da  sie  nichts  Neues 
mehr  vorbringen  können.  4  Auch  ich  trollte  reden  icie  ihr,  Wäre  nur  eure 
Seele  an  Stelle  der  meinen,  Wollte  kunstvolle  Reden  über  euch  halten  Und 
über  euch  den  Kopf  schütteln.  \b  v.  4'\  weil  es  sich  um  Annahme  eines  unmög- 
lichen Falles  handelt  s.  Ges.-Kautzsch26  §  1591.  Hiob  wirft  den  Freunden 
vor,  dass  sie  sich  nicht  in  seine  Lage  versetzen  können  oder  wollen.  Natürlich 
besagen  diese  Sätze  nicht,  dass  Hiob  im  Ernst  über  einen  Unglücklichen  so 
reden  würde,  was  auf  eine  Entschuldigung  der  Freunde  hinausliefe;  er  spricht 
ironisch.  nTans,  ich  wollte  verbinden,  nämlich  Worte;  statt  dieser  ursprüng- 
lichen Konstruktion  ist  eine  andere  gewählt,  die  in  jüngeren  Schriften  beliebt 
ist:  nach  Auslassung  des  Obj.  wird  das  Verb  al)Solut  gebraucht  (Verbindung 
machen)  und  dann  das  Obj.  wieder  mit  3  hinzugefügt;  ebenso  steht  es  in  v.  4^, 
wozu  Ps  22  8  zu  vergleichen  ist.  Die  kunstvoll  verknüpften  Worte  der  Freunde 
sind  ein  Zeichen,  dass  sie  nicht  mit  dem  Herzen  fühlen.  5  6  Ich  wollte  euch 
mit  meinem  Munde  stärken  Und  mit  dem  Beileid  meiner  Lippen  ermutigen. 


Hi  16  5  87  •  Hi  16  10 

I)(M-  Nucli(lriick  lic^t  uuf  „Mund"  und  Lippen,  "^n;;  v.  5*'  ist  wohl  durch  v.  6 
beeinHusst  (aus  dem  LXX  auch  das  8^  htiültiiniiiinit),  da  der  Dichter  nicht 
in  licidcn  Versen  dasselbe  Wort  geschrieben  haben  wird;  als  Parallele  zu  yüVi 
würde  pm  passen  (Beeb);  vielleicht  liest  man  am  Eintaciisten  p^n«  (T^  von  *fli 
Caj).  2ii  als  acc),  zu  dem  das  Obj.  des  parallelen  Verbunis  zu  ergänzen  ist 
(wie  Cap.  1<)  9).  V.  <>  würde  nach  dem  jetzigen  Text  den  Sinn  ergeben:  mag  ich 
reden  oder  schweigen,  so  wird  mein  Schmerz  nicht  geringer.  Das  schliesst 
sicli  weder  an  v.  5,  noch  an  v.  7  an;  insbesondere  würde  man  v.  7  einen 
(.Jrund  für  das  Weiterreden  erwarten,  wenn  dieser  \'ers  jenen  G«'danken  lort- 
setzte.  Indessen  liegt  die  Schwierigkeit  nur  in  dem  etwas  seltsamen  Schluss 
von  V.  ()'■;  das  l'brige  giebt  sich  deutlieh  als  natürlichen  Abschluss  von  2  5: 
Urt/ti  ich  redete,  .sollte  mein  Seh  uteri-  iiiilit  ijesiHirt  werden,  l  nd  trenn  ich 
nnfhurte.  nuis  sidlte  er  nni  mir  liehen?  2K3  ist  hier  der  seelische  Schmerz 
(vgl.  .les  <).')  u),  d;is  .Mitleid;  ist  V.  ()'■  richtig  überliefert,  so  muss  dies  Wort  auch 
Subj.  von  "^^H".  sein  und  HO  (was!  (»der:  wie!j  abwehrenden,  verneinenden  Sinn 
lialieii:  kein(!swegs  würdi'  mein  Schmerz  mit  meiner  Rede  aufhören!  selbst  mein 
Schweigen  würde  bert'dt  sein.  Es  folgt  nun  7     17  eine  bittere  Klagi-  über 

Gottes  A\'üteii  g<gen  Hiob.  der  dtich  unstliuldig  ist.  7  S  .\///-  hat  er  jetU 
mieh  ermiidel.  hetiiiiht.  MI'  mein  Elend  pnchl  mich,  '/.nm  '/.emien  irnril  es  und 
stund  n'iiler  ntieh  nn(\  Mein  Sieehliim  rerhlmit  mieh  ins  Cesieht  hinein.  Nur 
sti'iit  es  jetzt  nicht  so,  meine  Seele  ist  nicht  an  Stelle  der  eueren,  ich  kann  nie- 
manden stärken,  denn  ieli  bin  selbst  niedergeworfen.  Der  jetzige  v.  7'"  ist  im 
M.  T.  unverständlich:  du  h.ist  verwüstet  meine  ganze  Gemeinde.  Warum  das 
Du?  und  was  ist  unter  »1er  Gemeinde  zu  verstehen?  Es  soll  hier,  anders  als 
Cap.  15  34,  den  Kreis  der  Angehörigen  und  Freunde  bedeuten,  aber  selbst  diese 
ungewidiidiche  und  durch  nichts  gestützt!'  Bedeutung  angenommen,  warum 
wird  hier  der  Ereuiuh'skreis  erwähnt?  und  wie  kruinen  die  Freunde  entsetzt, 
erstarrt  oder  verwüstet  genannt  werden?  Schon  Metrums  wegen  muss  mOB^n 
zu  V.  7'  gezogen,  v.  7''  aber  nach  TiXX  durch  das  erste  Wort  aus  v. 8  vervoll- 
ständigt werden.  In  der  Vorlage  der  LXX  hat  auch  das  zweite  (und  noch  ein 
drittes,  t'ür  ^my'jD  stehendes)  \'erb  die  3.  p.  und  das  SulV.  der  1.  p.  aufgewiesen; 
danach  lesen  wir  'iBlI^n,  was  eiiu'  gut«'  Fortsetzung  zu  ^J^'pn  abgiebt.  Im  zweiten 
Ötichos  verwandt  In  wir  ■'riP'^S,  das  sinnlos  und  wegen  Cap.  15;;4  anstitssig  ist, 
wohl  oder  übel  in  'riJ^V^S.  das  Subj.  zu  ^i00j5n  (ohne  das  1)  v. 8  wird:  all'  mein 
Leiden  (vgl.  z.  B.  Cap.  42  u)  packt  mich.  Dass  sodann  im  dritten  Stichos  die 
Verben  wieder  im  inasc.  stehen,  wird  durch  das  Bild  vom  Zeugen  IJ^  bedingt 
sein.  Hiobs  Leidin.  sein  Abmagern  (zu  I7n?  vgl.  Ps  l(li>j4)  zeugt  wider  ihn,  das 
muss  er  zugeben,  während  er  nicht  zugiebt,  dass  seijie  eigenen  Worte  wid«'r  ihn 
zeugen  (Ca)).  15  6).  Die  weitere  Beschreibung  seines  Leidens  ist  durch  einen 
längeren  Einsatz  v.  O""-  11  vermehrt,  der  mitten  in  den  nächsten  Vierzeiler  ge- 
raten ist.  Dessen  erstes  Distichon  9^*''  vergleicht  Gott  mit  einem  zornigen 
Löwen,  der  zi-rreisst.  ihn  ln't"eindet(?)  und  über  dem  Niedergeworfenen  zähne- 
tletschend  steht.  WdO  ist  ein  wenig  schwach  in  diesem  Zusammenhang;  TiXX 
hat  xaxEßaXe  |xe,  vielleicht:  'iC^TI,  streckte  mich  nieder.  Der  Einsatz 9'— 11 
besteht  aus  drei  Distichen  (auch  in  LXX,  die  jedoch  v.  10'  nicht  hat,  dagegen 


Hi  16 10  •  88  Hi  16  15 

vor  V.  9"=  einen  Sticlios  mehr)  und  enthält  die  Khxge  eines  Mannes,  der  von 
seinen  Feinden,  gottlosen  Buhen,  unter  Zulassung  Gottes,  wörtlich  und  thätlich 
hescliimpft  wird;  er  stammt  augenscheinlich  aus  einem  Psalm  und  passt  nicht 
zur  Lage  Hiohs,  der  nicht  Buben  und  Frevlern  preisgegeben  ist.  Vor  v.  9*=  hat 
LXX  den  Satz:  die  Pfeile  seiner  Banden  fallen  auf  mich,  wahrscheinlich  ein 
Citat  aus  Cap.  6  4.  Das  erste  Distichon  des  M.  T.  lautet  v.  9^^  10':  Mein  Feind 
wetzt  seine  Augen  wider  mich,  Sie  reissen  wider  mich  ihren  Mund  auf.  Viel- 
leicht hatte  auch  v.  9''  ursprünglich  den  plur.  Die  Augen  „wetzen"  (wie  ein 
Schwert  Ps  7  13)  ist  jedenfalls  ein  sonderbarer  Ausdruck,  indessen  vergleichen 
auch  wir  wohl  die  Blicke  mit  Dolchen,  v.  10  f.  Avird  auch  von  Siegfeied  ge- 
strichen; V.  10^^  vgl.  Ps.  22  8  fehlt  in  LXX.  Zu  Dn-'pa  s.  zu  v.  4.  Das  zweite 
Distichon  v.  10'"^:  Mit  Schmähung  schlagen  sie  meine  Wangen,  Scharen  sich 
einig  wider  mich  ist  auf  Hiobs  Lage  gar  nicht  anzuwenden;  seine  Feinde,  von 
denen  er  sonst  nirgends  spricht,  würden  sich  wohl  hüten,  mit  dem  Aussätzigen 
in  körperliche  Berührung  zu  kommen,  und  nun  gar  das  Verl>  ]!iNV}?ni,  sie  machen 
sich  vollzählig,  vereinigen  sich  zu  einem  x'?ö  (Jes  31  4),  einer  Vollzahl,  gegen 
mich!  V.  11:  Gott  gab  mich  preis  den  Buben  Und  in  die  Hände  der  Gottlosen 
stürzte  er  n/ich.  Für  b'')S  liest  man  wohl  besser  mit  LXX  den  plur.;  aus  den 
bösen  Buben  U''b]]l,  BöscAvichter,  zu  machen,  hat  man  keinen  Grund;  für  Hiob 
ist  beides  gleich  unmöglich.  ^^^1)  von  ia"!\  12'''^  bildet  das  zweite  Distichon 
zu  V.  9^''  und  setzt  das  Bild  vom  Löwen  fort:  sorglos  war  Hiob,  da  zerbrach 
Gott  ihn,  packte  ihn  am  Nacken  und  zerschellte  ihn.  Plötzlich  hat  der  Löwe 
sein  Opfer  mit  der  Tatze  niedergeschlagen,  dann  beim  Genick  gepackt  und 
vollends  zerschmettert.  Die  Pilpele  von  "TIS  und  y^B  malen  das  wiederholte 
Brechen  der  Knochen  und  Aufschlagen  des  Körpers.  Ein  weiteres  Bild 

stellt  Gott  als  Schützen,  Hiob  als  Zielscheibe  dar.  12"=  13  Gott  stellte  ihn 
als  Zielpunkt  für  sich  auf.  y]  kann  hier  nur  Pfeil  (LXX  Targ.)  bedeuten  vgl. 
Cap.  6  4:  Es  kreisen  um  mich  seine  Pf'eile\  denn  man  wüsste  nicht  recht,  was 
man  hier  unter  „Schützen"  verstehen  sollte,  aucli  ist  im  letzten  Stichenpaar 
Gott  Subj.  Lu  Folgenden  scheint  eine  Umstellung  stattgefunden  zu  haben  • 
V.  15  und  16  gehören  zusammen,  v.  17  schliesst  sich  viel  besser  an  v.  14  als  an 
V.  16  an.  Demnach  14  17:  Er  zerbricht  mich  Bresche  auf  Bresche,  Bennt  wider 
mich  wie  ein  Kriegsheld,  Obgleich  lieine  Geuuiltlhal  an  meinen  Händen  Und 
mein  Gebet  rein  war.  (Jott  läuft  wider  Hiob  Sturm  wie  gegen  eine  belagerte 
Festung  (vgl.  Cap.  19  12),  obgleich  er  ganz  unschuldig  war.  ^j;  (trotz)  v.  17  vor 
einem  inf ,  der  zwar  nicht  ausgedrückt  aber  hinzugedacht  ist  (^1%"!)  vgl.  Cap.  10  7. 
"'il^sn  ist  an  sich  und  wegen  des  Ausdrucks  T0\  (wohl  perf.,  als  Ersatz  für  den 
inf.  vgl.  Jes  53  9)  etwas  auffällig,  man  sollte  eher  etwas  wie  Lebenswandel  z.  B. 
"'ni"'ni  oder  Rede,  etwa  "'H'!»«,  erwarten,  doch  hat  auch  LXX  unseren  Text. 
Jes  53  9  ist  wohl  von  unserer  Stelle  abhängig.  15  16  schliesst  mit  einer  er- 

greifenden Klage  ab:  Einen  Sacli  nähte  ich  über  meine  Haut  lud  steckte  in 
den  Staub  mein  Horn\  Mein  Gesicht  ward  hochrot  vor  Weinen,  Und  über 
meinen  Wi??tpern  ist  Dunkelheit.  Er  heftete  sich,  heisst  es  dichterisch  anschau- 
lich, ein  enganliegendes  härenes  Kleid  zusammen  und  trug  es  ("'J^isri  natürlich 
prägnant  gebraucht)  auf  der  blossen  Haut  (ib^,  eigen thch  die  abgezogene  Haut, 


Hi  Ifi  15  89  Hi  16  20 

juis  (Icm  Aniiii.  oder  Arabischen,  nur  liier).  Sein  Hörn  in  «Im  Staul)  .stecken 
ist  (;ie;^('nt('il  von:  es  erheben,  h't/teres  ein  hekainiter  «lichterischer  Ausdruck 
für:  nniti^'.  niäcliti^f  wenh-n.  Wenn  di(^  Lesart  ^rhh)f  riciiti;^  ist,  so  handelt  es 
sich  wnhl  \\ie(h"r  um  ein  Lehnwort,  da  das  Poel  bhll^  c.  dat.  sonst  immer  be- 
deutet: jemaiuhni  etwas  antliwn.  Der  Sinn  „entwiirdi;.,'en",  den  1  )i;Ln'zsin 
darin  tindet,  wäre  wohl  durch  ^Phbu  ausj^edrückt,  was  ühri^'ens  m()glicher  Weise 
die  richtige  Lesart  ist  vgl.  1 V  8'J  40.  Das  Pealal  rnpion  (Ktib;  das  Qre  will 
den  [dur.)  steht  im  fem.  nach  (iKs.-KAUTZscii'^'i  ij  140  4  v^,d.  ('aj>,  Hi'J.  Dass 
über  den  Augen  Dunkelheit  ruht,  ist  zunächst  \\u\i\  auf  Abnahme  der  Sehkraft 
7M  deuten,  da  der  Aussat/  auch  die  Augen  angreift  und  ein  beständiges  Thränen 
hervorruft;  indessen  weil  die  Wimpern  genannt  werden,  muss  man  (bjch  darüber 
hinausgehen:  Hiob  fühlt  den  'Viu\  über  sich.    Daran  schliesst  sich 

18  21  der  Uuf  nach  dem  llluträcher,  dem  Zeugen  und  Vorkfimpfer  seiner 
UnschuM.  IS  W)  Kidi'.  nichl  icrliirij  iiwiit  lilul,  l  tiil  keine  Sliilli'  liiütc 
meine  hhif/e!  Sie/te,  im  lliininci  i.sl  ntein  Zenjie  l  nil  mein  Mit ir isser  in  ilen 
Höhen!  Der  'Pod  steht  \oi-  ^\^■\•  Tliür.  bald  wird  Hiob  hingemordet  sein  wie 
ein  von  Krevlersliand  Krschlagener.  Wer  wird  ihn  dann  verteiiligenV  Denn 
noch  nudir  als  am  |)hysischen  Leben  und  (llück  liegt  ihm  an  der  Behauptung 
seiiua*  rnsihuld.  Wird  dann  jemand  für  ihn  reden?  da.  sein  lilut  wird  nach 
Rache  schreien,  „den  Zorn  zu  schüren,  Ixache  zu  üben",  wie  es  Hcs24  8  heisst, 
wird  zu  (i«»tt  em]»orschreien  (Jen  4  lu,  denn  im  Blut  ist  die  Seele,  die  keine 
Kühe  tindet,  Ins  dass  das  Verbrechen  gerächt  ist.  Darum  soll  sein  Blut  nicht 
mit  Erde  bcihckt,  seine  klagende  Seele  nicht  im  (Irabe  die  Stätte  finden,  die 
ihre  Stimme  unh(>rbai'  maidd.  Kr  will  nicht  hegralx'U  wcrilen,  bevor  er  Hecht 
erhalten  hat.  Wird  dieser  Wunsch  erfidlt  werden?  Lr  nniss  eifidlt  werden, 
ilenn  —  (iott  ist  der  Zeuge  seine)-  rnscliMld  (das  zweite  Wort  für  Zeuge  TTIb^ 
ist  aramäisch,  schreibe  ^inb). 

(iott  ist  sriii  Zcii«je !  Da  kuiiiiiit  der  (iiduiikf  /iiiii  Dunlibriicli,  der  sii'li  sclimi  Vn\\. 
\'.\  16  amiu'lilt'U'.  Ebi-ii  vorlicr  hat  er  Gottes  feindseliges  Wüten  gegen  ihn  geseliildert, 
jetzt,  wo  er  an  den  Tod  denkt,  bricht,  grade  so  wie  je<Jes  Mal  ilann,  wenn  er  den  (»e- 
danken  an  (Jott  und  an  seine  TrenniUig  von  (»ott  ziigleieh  dachte,  das  (iel'iihi  durch,  fJott 
müsse  aiit"  seiner  Seite  sein,  müsse  etwas  für  ihn  empfinden  (('ap.  7s21;  1413-15),  müsse 
das  guti"  Gewissen  anerkeinien  (1:^16),  müsse  für  ihn  zeugen  —  nachher  (Cap.  19  25ft".) 
steigert  sieh  das  zu  der  Gewissheit,  dass  Gott  die  Blutrache  selber  übernehmen  und  dass 
Hiob  davon  Augenzeuge  sein  werde. 

19  hat  übrigens  jetzt  zwei  Anfänge,  einmal  HPJ?  D2,  dann  H^n.  und  der 
erste  Stiellos  ist  um  ebensoviel  zu  lang,  wie  der  i'rste  von  v.  2<>  zu  kurz  ist. 
nrij?  D?  müsste  nach  v.  18  heissen:  auch  dann,  wenn  mein  Blut  von  der  Knie 
bedeckt  und  meine  Stimme  erstickt  wiire.  Das  ist  schwerlich  die  Meinung, 
vielmehr  motiviert  v.  11)  das  Verlangen  v.  18.  ilass  <lie  Erde  sein  Blut  nicht  be- 
decke, mit  dem  Hinweis  {7\^T\)  auf  Gottes  Zeugenschaft.  20  21  Der  erste 
Stichos  V.  20'  ist  nicht  blos  zu  kurz,  simdern  auch  sonst  verderbt.  "J?"!  ^?*'?p 
würde  heissen:  meine  Dolmetscher  sind  meine  Freunde,  aber  das  giebt  keinen 
Sinn,  da  man  dabei  schwerlich  an  die  Fürsprechengel  denken  darf,  die  Elihu 
kennt  Cap.  33  23,  deren  Interzession  hier  ganz  unvorbereitet  wäre  und  im 
Folgenden  ganz  unberücksichtigt  bliebe.^  Die  gewöhnliche  Übersetzung:  meine 


Hi  16  20 


90  Hi  17  1 


Spötter  sind  meine  Freunde,  hat  gegen  sich,  dass  y^h'O  sonst  Dolmetscher,  der 
Spötter  aber  yh  heisst,  dass  man  statt  des  part.  das  verb.  fin.  erwarten  sollte, 
dass  wohl  auch  ^V'^  wegen  des  Gegensatzes  zu  nib«  vorangestellt  wäre.  Die 
LXX  hat:  es  komme  doch  mein  Begehren,  das  wäre:  ^J?"!  «^0''.  (zu  yn.  vgl.  Ps 
139  2,  «S»  wie  Cap.  11  ?''  LXX),  ein  Satz,  der  besser  hinter  v.  20^^  stände.  Der 
griech.  Text  unterscheidet  sich  vom  hebr.  hauptsächlich  durch  das  "''?,  das  der 
letztere  mehr  hat.  Ich  nehme  an,  dass  dies  in  LXX  fehlende  "''?  im  M.  T.  über 
der  Zeile  nachgetragen  war  und  hinter  «5JD^  stehen  sollte,  und  dass  seine  Ein- 
setzung am  falschen  Ort  den  jetzigen  Unsinn  hervorgerufen  hat,  und  spreche 
den  berichtigten  Text  so  aus  ^V."]  C"?)  i^W.^  ^'^  wird  (möge)  sich  (mir)  finden 
lassen  mein  Freund  oder:  er  wird  sich  erfinden  lassen  als  mein  Freund.  Zu 
dem  Niph.  H^ö"!  vgl.  z.  B.  I  dir  28  9;  Jes  55  6.  Dieser  Gedanke  wird  gut  fort- 
gesetzt durch  V.  20'':  zu  Gott  weine  ich.  Yielleicht  dürfen  wir  dem  Vers  ein  1 
vorsetzen.  Demnach  erhalten  wir  den  Vierzeiler:  Und  es  ntöfje  sich  mir 
finden  hissen  mein  Fremid,  Zu  Eloah  thriint  mein  Auge,  Und  Recht  schaffe  er 
dem  Mann  bei  Eloah  Und  zwischen  dem  Menschen  und  seinem  Freunde!  Im 
letzten  Stichos  ist  mit  Ewald  ]^5  für  ]a  zu  schreiben,  da  bei  letzterem  wegen 
iny"!*?  kein  h  ergänzt  werden  dürfte  und  der  Dichter  gewöhnlich  blos  ün« 
schreibt;  "?....  ]''3  ist  ganz  gewöhnlich  vgl.  z.  B.  Gen  1  6.  Das  ^inj;"!  am  Schluss 
geht  nicht  auf  einen  der  Freunde  (welcher  sollte  das  sein?),  denn  sonst  wäre 
W'^  für  D"]«  geschrieben,  sondern  wegen  des  parallelen  Stichos  auf  Gott;  dies 
Verständnis  wird  aber  wesentlich  dadurch  erleichtert,  dass  in  dem  ursprüng- 
lichen Text  von  v.  20^  Gott  schon  Freund  Hiobs  genannt  ist. 

Um  den  Theologensireit  mit  den  Freunden  zu  sclilichten ,  brauchte  Gott  nicht  da- 
zwischen zu  treten,  dafür  genügt  es  dem  Hiob  schon,  wenn  die  Freunde  schweigen  Cap. 
13  3  13.  Man  versteht  den  Dichter  nicht,  wenn  man  nicht  erkennt,  dass  es  ihm  darauf  an- 
kommt, Gott  zu  finden,  ihn  als  den  wieder  zu  finden,  den  die  alte  Zeit  „gross  an  Liebe 
und  Treue"  nannte,  während  man  ihn  zur  Zeit  des  Dichters  als  den  zwar  „gerechten", 
aber  übergewaltigen  Herrn  und  strengen  Gesetzgeber  und  Richter  fürchtete.  An  eine 
Freundschaft  wie  zwischen  Gott  und  Mose  (Ex  .83  11)  denkt  darum  der  Dichter  noch  nicht; 
es  ist  ihm  genug,  wenn  er  nur  weiss,  dass  Gott  nicht  das  fürchterliche  "Wesen  ist,  als  das 
die  von  ihm  ausgehenden  menschlichen  Geschicke  ihn  erscheinen  lassen,  sondern  der 
Bundesgenosse  und  Beschützer  jeder  redlichen,  ihn  suchenden  Seele.  Und  als  den  hat 
jetzt  Hiob,  wenn  auch  noch  nicht  so  ganz  fest,  wenn  auch  erst  für  flüchtige  Augenblicke, 
ihn  erkannt;  Zeuge,  Eideshelfer,  Freund  ist  Gott  für  ihn,  und  darum  fleht  er  ihn  mit 
Thränen  an,  seinen  menschlichen  Freund  selber  bei  sich  zu  vertreten  vgl.  Cap.  17  3;  Gott 
selber  soll  der  noio  sein,  den  Hiob  Cap.  9  33  in  seinem  Streit  mit  Gott  vermisste. 

Cap.  J6  32  17 16  Die  in  Cap.  16  I8-21  ausgesprochene  Bitte  begründet 
Hiob  mit  dem  Hinweis  darauf,  dass  er  den  Tod  vor  Augen  und  dass  er  keine 
Hofihung  habe,  wenn  er  nun  sterben  müsse.  22  Cap.  17  1  Denn  tcenig  Jahre 
kommen,  Und  den  Weg,  den  ich  nicht  zurückkehre,  werde  ich  gehen.  Sein  7.orn 
hat  zerstört  mein  Leiten,  Gelassen  sind  die  Grid)er  mir.  Das  erste  Distichon 
ist  leicht  verständlich  und  erinnert  an  Cap.  10  21.  Jahre  von  Zahl  sind  wenig 
Jahre,  das  besagt  für  den,  der  nicht  an  ein  Weiterleben  denkt,  mehr  als  für 
uns  die  Androhung  eines  sofortigen  Todes.  Dagegen  ist  Cap.  17  1  verderbt, 
denn  die  metrische  Form  fehlt  und  der  Sinn  ist  mangelhaft:  Hiobs  Geist  ist 
nicht  verderbt,  sehie  Tage  noch  nicht  erloschen,  wenn  er  noch,  als  Aussätziger, 


Hi  17  1  91  Hi  17  4 

Jahre  lang  leben  kann.  LXX  hat  gelesen:  ^h  y»]  -in|5  ^3  (Ititte!)  m^  nns  'n'??n, 
also  fast  dieselben  Konsonanten  wie  iler  M.  T.,  nnr  in  anderer  W'ortsti-lluni:. 
wie  es  scheint.  Nach  dem  Metrum  nuiss  "^1$)  noch  zum  ersten  Stichus  giluMcn. 
wobei  es  gleichgültig  ist,  ob  nn  am  Anfang  oder  nudir  am  ?iinle  steht.  Ich 
lese  daher:  ^D^  n^?*^  ^n^l,  sein  Schnauben,  sein  Zoi-n  hat  verderbt  nu'ine  Tage. 
Da  der  vorletzte  Konsonant  von  IDyii  in  der  LXX  ein  ü  ist,  so  lese  ich  das 
folgende  Wort:  ^3tJ^3,  überlassen  (vgl.  des  186)  sind  mir  dietJräber.  Der  \'iir- 
zeiler  sagt  also:  Gott  möge  bald  intervenieren,  denn  sein  bisheiiges  Wüten  hat 
mich  so  mitgenonnnen,  dass  ich  schon  mehr  auf  dem  Friedhof  daheim  bin,  als 
im  wirklichen  Leben,  Der  plur.  D^*iaj5  zeigt,  dass  der  Dichter  sich  Hi(»b  für 
gewöhnlich  nicht  als  grossen  Herrn,  der  doch  wohl  IH^DS  begraben  würde, 
sondern  als  einfachen  Hürger  vorstellt,  wie  ci-  sellu-r  einer  war.  2  3  Fitr- 

/r/f/tr,  7'iiK.s(/n(/tf/t'/i  .sind  nn-hi  Teil,  l  ml  nii/'  HillcilicilcH  ircill  mein  Ittf/r.' 
Li'fft'  doch  mein  Pfund  bei  dir  nieder,  W  er  wird  .sieh  .son.sl  meiner  Ihind  rer- 
Iniriien?  Auch  hier  ist  der  Text  arg  verwahrlost.  Die  LXX  hat  in  n'?"DS  eine 
Form  von  bh^  gefunden  und  scheint  für  das  zweite  AVort  etwa  D'briDi  /u  le^cn: 
in  V.  2''  scheint  sie  ein  ^ni"10  noi  fiel  wiederzugeben;  was  dann  in  v.  2  und  '.\  bis 
"PV  folg't,  setzt  sie  zu  nSV»  ünn«  ^ißtS  ^Jl«"?  zusammen.  Ks  fragt  sich,  was  mit 
den  ^räuschungen  gemeint  sei;  die  Kedaktoren  des  M.  T,  haben  nach  v,  2'' 
daruntei'  die  luden  dei'  b'reunde  verstanden,  aber  es  wäre  sonderbai".  wenn 
Hiob  an  dieser  Stelle  und  mit  solcher  Fimphasc  davon  s]»r;iche.  Wahrschein- 
lich meint  Hiob  die  Täuschung,  die  ihm  das  ( Jcschick  bereitet  und  die  er  am 
Scbluss  mit  den  Worten  ausdriukt:  wenn  ich  liotfe,  so  ist  Scheol  mein  Haus. 
Kr  liotVt  inmu'r  wieder  auf  Wiederherstellung  und  wii'd  «loch  von  dieser  Hoff- 
nung zum  Besten  gehalten.  In  v.  2  spreche  ich  statt  Drillöns  („auf  ihrem  sich 
Empören"!)  Onnons,  auf  Bitterkeiten,  aus  vgl,  Cap.  13  26™:  es  sind  die  bitteren 
Schicksale,  die  (Jott  ihm  auferlegt.  Li  v.  .'3  ist  doch  wohl  mit  Hkiskk  u.  a. 
^i^lJ^  zu  sjirechen.  Der  Sinn  ist:  wenn  Hiob  als  Angeklagter  auf  freii'U  Kuss 
gesetzt  werden  will,  so  muss  er  ein  rnterjjfand  l>eim  Richter  niederlegen,  (bis 
verfällt,  wenn  er  sich  den  auferlegten  Bedingungen  entzieht,  weini  er  z.  R,  gott- 
los wiril,  PjS  könnten  sich  nun  vielleicht  andere  für  ihn  verbürgen,  indem  sie 
mit  Handschlag  versprechen,  für  ihn  zu  haften,  alier  solche  Bürgen  kann  es 
(rott  gegenüber  nicht  gebt-n.  Daher  nmss  (iott  selber  ein  Pfand  für  Hiob 
niederlegen,  natürlich  bei  sich  selber,  nniss  Richter  uml  Bürge  in  einer  INrson 
sein,  d.  h,  Gott  nmss  von  sich  aus  zu  Hiob  das  Vertrauen  haben,  dass  er  die 
Entlassung  aus  der  Haft  (Cap,  13  27)  verdient,  V[>J^\  i^t  verkürzt  aus  T  j;j5nV 
4  und  5  scheinen  Zusätze  von  verschiecU'ner  Hand  zu  sein,  v,  4  fehlt  in  der 
ursprünglichen  LXX  (Bkkell)  uml  ist  von  jenumdem  geschrieben,  der  im 
Vorhergehemlen  Seitenhiebe  auf  die  Freunde  fand,  v,  4':  Denn  ihr  f/erz-  hast 
du  rersehln.s.sen  rar  Einsieht,  sie  sind  nicht  imstande,  meine  Inschultl  einzu- 
sehen, V.  4''  ist  nicht  einmal  zu  übersetzen:  man  verbessert  DODlir  oder  DD^I.r 
und  üi)ersetzt:  darum  wirst  du  sie  nicht  erhöhen,  das  soll  heissen:  ihiu'n  nicht 
die  Oberhand  geben.  Selbst  wenn  man  an  dieser  Deutung  und  an  der  Prosa 
dieses  Satzes  keinen  Anstoss  nähme,  müsste  man  es  doch  tiii'  unmitglich  halten, 
dass  Hiob  mitten  in  einem  Zusammenhang,  wo  er  den  Tod  ohne  Rechtfertigung 


Hi  17  4  92  Hil7l2 

vor  Augen  sieht,  in  dieser  Weise  an  seinen  Eedekampf  mit  den  Freunden 
denken  könnte,  die  er  im  Eingang  so  spöttisch  abgefertigt  hat;  das  kann  nur 
ein  Interpohüor,  der,  unbekümmert  um  den  nächsten  Gedankengang,  an  Cap. 
42  7  ff.  denkt.  AVahrscheinhch  älter  ist  5,  ein  Maschal,  das  durchaus  an  die 
gleichfalls  nur  als  Citat  beigeschriebene  Sentenz  Cap.  6  u  erinnert  und  zwar 
nicht  l)los  nach  dem  Inhalt,  sondern  auch  nach  dem  Stil:  Wer  oh  Pfandschaft 
Freunde  immeJdet,  Dem  rerschmaihten  die  Augen  seiner  Kinder.  'V^'i  bedeutet 
hier:  vor  Gericht  anmeldet  vgl  Jer  20  lo.  p^n  ist  nicht  Teilung,  sondern  Teil, 
der  Anteil,  den  man  verm(>gensrechtlicli  an  einem  andern  hat,  wenn  man  z.  B. 
ihn  beerl)en  kann  II  Sam  20  2  oder  etwas  von  seinem  Besitz  als  sich  eigen  be- 
trachten und  mit  Beschlag  belegen  darf;  letzteres  ist  hier  gemeint:  wer  den 
zahlungsunfähigen  Freund  gerichtlich  pfänden  lässt,  dessen  Kinder  müssen 
dafür  büssen.  Der  Nachsatz  mit  \  und  invertierter  AVortfolge  wie  Cap.  6  i4. 
Dass  dieser  Vers  mir  ein  Citat  sein  kann  und  will,  ist  einleuchtend.  6  7  hin- 
gegen schliesst  sich  an  v.  2 f.  an,  zumal  weini  man  das  erste  Wort  nach  LXX 
in  ■'il^l^ni  verbessert:  Du  stelltest  mich  hin  %um  Sprichwort  der  Leute,  Und 
einer,  dem  man  ins  Gesicht  speit,  muss  ich  sein]  Es  erlosch  vor  Kummer  mein 
Auf/e,  Und  meine  Glieder  sind  wie  der  Schatten  alle.  Mit  Siegfeied  spreche 
ich  nach  LXX  bc^ID:  man  führt  Hioljs  Namen  allgemein  im  Munde  als  den  eines 
von  der  Strafe  ereilten  Sünders.  Ein  „Spei-ihn-an"  (nsJ^  von  f)!in,  speien)  wird 
Hiob  natürlich  nicht  im  buchstäblichen  Sinne;  er  wird  der  Popanz  der  biederen 
Leute  weit  und  breit  (vgl.  Jes  53  3).  v.  V'  spricht  Hiob  wie  Cap.  16  8  von  seiner 
Abmagerung,  nn.lä';  nur  hier.  Dass  8—10  an  diese  Stelle  gehören,  davon 

kann  ich  mich  nicht  überzeugen;  mir  scheint,  der  Dichter  könnte  den  Hiob 
nicht  so  ins  Blaue  hineinphantasieren  lassen  über  unbekannte  Freunde,  von 
denen  er  sonst  nirgends  spricht.  Die  Verse  passen  in  die  Reden  der  Freunde 
und  sind  wahrscheinlich  aus  Cap.  18  4  hierher  verschlagen  s.  zu  Cap.  18  4. 
11  12  Von  den  vier  Stichen  ist  nur  einer,  nämlich  v.  11''  einigermassen  in  Ord- 
nung, V.  12  ist  so  uiddar,  dass  ihn  vielleicht  deswegen  die  LXX  ausgelassen 
hat.  In  V.  11'  ül)ersetzt  sie  "'rilßt  mit  ev  ßpojxoj,  las  also  wohl  eine  Form  von  löT, 
etwa  das  TOI  von  Jes  25  5,  was  uns  nicht  weiter  bringt.  Am  Natürlichsten 
wäre  wegen  v.  11''  ein  rilpnp,  das  dann  aber  aus  dem  folgenden  AVort  Ipni  her- 
zustellen ist;  das  hinter  dies  Wort  gestellte  "TIIDT  lässt  sich  dann  etwa  in  ^T\m 
(Cap.  6  17;  23  17)  verwandeln.  Dann  ergiebt  sich  das  Distichon:  Meine  Tage 
vergehen  ohne  Hoffnung,  Vernichten  die  Wünsche  meines  Herzens,  eine  gute 
Fortsetzung  von  v.  7  CtS^'JIO  von  B'"!«).  Der  Fehler  entstand  durch  Verschreibung 
des  S  von  IHDiJ  in  T,  die  die  Konjektur  ^nb;  ^ipr^i  zur  Folge  hatte,  v.  12  ist  völlig 
unverständlich.  Man  übersetzt:  die  Nacht  machen  sie  zum  Tage,  Licht  sei 
näher  als  Finsternis,  das  soll  auf  die  Reden  der  Freunde  anspielen.  So  kann 
der  Dichter  nicht  stümpern,  ganz  abgesehen  davon,  dass  die  Freunde  mit 
diesem  Zusammenhang  nichts  zu  schaffen  haben  (Budde  in  v.  12'':  DSIIp  "11« 
•q^n^/jE),  spricht  sogar  von  den  Verwandten  Hiobs  und  citiert  Cap.  18  5,  ohne 
zu  sehen,  dass  dieser  Satz  des  Freundes  seiner  Konjektur  direkt  widerspricht). 
Ich  lese:  "^B^n  ^iSO  "ll«!  D^b'«  "h  'b  und  nehme  an,  dass  yr\'p  aus  ^n«np  entstanden 
und  dies  Variante  zu  D"'ti'«  ist:  Die  Nacht  mache  ich  %uni  Tage,  Und  Licht  ist 


Hi  17  12  93  Hi  18  2 

ror  mir  Fiti.sicnti.s.  Dieser  Satz  passt  wenigstens  /u  der  Fortsetzung;  Hiob 
lebt  nur  noch  in  der  „Nacht",  in  Todesgedanken.  13  14  Wenn  ich  hof]'e,  ixt 
Sclicol  mein  lltiiis.  In  der  Fhislnnis  habe  ich  (ifhcltft  mein  Lauer:  Die  ilruhe 
nenne  itit  meine  Malier  i  nd  meine  Selurester  das  (ieaiirm.  W  unn  ich  iiotte, 
so  stellt  der  Tod  vor  mir  statt  des  Lebens!  ein  bitteres  Paradoxon.  Ganz  un- 
glücklich ist,  abgesehen  von  sprachhrhen  Bedenken,  die  Üljersetzung:  wenn 
ich  Scheol  als  mein  Haus  erhotVe  u.  s.  w.,  wo  v.  13  14  N'ordersatz  zu  v.  1  öf.  wird, 
denn  auf  Scheol  und  die  Verwesung  hotlt  niemand,  selbst  niclit  der,  der  au  die 
l'nsterhlichki'it  ghiubt.  In  v.  14  hat  jemand  gemeint,  wenn  die  Mutter  gc-nannt 
werde,  diiii'c  doch  auch  der  Vater  nicht  fehlen,  und  dalier  frischweg  7\X^^  '3S 
hinzugesetzt,  obwohl  nni!'  fem.  ist,  ein  schlagender  Beweis  von  der  Leichtfertig- 
keit, mit  der  der  Text  l)ehandelt  wdrden  ist,  Mutter  und  Schwester  j^enügen 
doch  für  ilen  Parallelismus.  Bitterer  als  in  diesen  Worten  kann  sich  ein  Mensch 
nicht  über  sein  (leschick  auslassen,  P^s  ist,  als  wollte  Hiob  Gott  zwingen,  ihn 
von  diesen  Gedanken,  von  dem  leibhaft iircn  Tode  v(»r  dem  Tode  zu  befreien. 
15  ir>  (  nd  wo  n'äre  denn  meine  IIa/1  im »jh  ^  >'<f  m<'in  (i Hielt,  irer  ernpähl  es? 
Werden  sie  niil  mir  <a  Seheol  hinahfaliren ,  Oder  u' er  den  irir  lusa  atmen  <ain 
Slaahe  niedersleit/en?  h\  v,  15  ist  das  zweite  ^nipn  Schreibfehler  für  "'H^IB 
(Mkhx,  BicKELii),  wie  LXX  zeigt.  In  v.  Ki  hat  der  M.  T.  ^"=12,  das  man  über- 
setzt: zu  den  Riegeln  (acc.  loci)  Scheols,  aber  warum  zu  den  Riegeln?  Die 
IjXX  übersetzt  ein  ^*lQX?n,  im  M,  T,  sind  die  beiden  ersten  Konsonanten  ver- 
unglückt, Hiob  fi'agt:  wo  habe  ich  denn  noch  Hotfnung,  wovon  ich  doch  nicht 
lassen  kann  ?  Werden  Hotlnung  und  Glück  mich  auf  meiner  Fahrt  nach  Scheol 
begleiten?  mit  mir  zum  Staul)e,  dem  Aufenthalt  und  Sinnbild  des  l'nglücks, 
niedersteigen?  (s})rich  mit  liXX  nni  von  nni  vgl.  Cap,  21  13). 

AVt'un  (Jott  iiofli  irgend  etwas  für  ilin  fülilt,  so  muss  er  baltl,  jetzt,  lielfen.  (irade 
diese  KIii<fen  von  Cup.  16  22  bis  Cap.  17  16  eiitlmlten  die  allenlringemlste  Bitte.  Und  an 
der  Bitterkeit  dieser  Klage  merken  wir,  dass  die  Krisis  nahe  gerückt  ist:  entweder  miiss 
Gott  jetzt  einschreiten  oder — er  muss  es  möglich  machen,  dass  die  Hoffnung  mit  in 
Scheol  hinabsteigen  kann.  In  dem  Augenblick,  wo  Hiob  diese  Rede  schliesst,  rechnet  »-r 
niclit  auf  das  letztere,  an  das  er  Cap.  14  13-15  dachte.  Al)er  er  stellt  den  gegenwärtigen 
Zustand  als  unlialtbar  liin,  wird  »r  nicht  doch  zu  drr  Hoffnung  von  Cap.  14  13tV.  hinüber- 
lenken ? 

Cap.  18.    Die  zweite  Hede  Uildads. 

Bililad  spriilit  dicsuuil  ungrwöiinlieh  au><führlicli,  alirr  seine  Rcdf  hat  keinen  be- 
deutenden Inhalt,  ilenn  sie  besehäftigt  sich  nur  mit  den  (leschicken  des  (Gottlosen,  in  deren 
Darstellung  jedoch  schon  direkte  Ansi)ielungen  auf  Hiobs  Fall  einverwoben  sind;  insofern 
dient  sie  allerdings  dazu,  die  Verzweiflung  Hiobs  zu  steiüfern  und  die  Krisis  zu  be- 
schleunigen. 

Cap.  ISä8:  17  8--10-.  IS  4.  di<'  gewohnte  persitniiche  l'ulemik.  2  3  .\hich 
ein  Ende  den  Warlen.  Merk  aal'  and  lass  ans  reden.'  W  aram  sind  irir  geaclilet 
trie  das  Meli,  Sind  irir  reranreiniifl  in  deinen  Aut/en?  Den  M.  T,  üi »ersetzt 
man  gew(»hnlich  so:  wie  lange  stellt  ihr  ^'etze  den  Worten?  "^^'P  soll  stat.  constr. 
])lur,  von  einem  sonst  nicht  vorkommenden  y^^  sein,  für  das  man  aus  dem  Arab. 
den  Sinn  Xetz  oder  Schlinge  gewinnt;  der  stat.  constr,  wird  sehr  gezwungen 


Hil8  2  94  Hil7l0 

nach  Art  solcher  Fälle  erklärt,  wo  wirklich  der  stat.  constr.  mit  dem  folgenden 
Wort  eng  zusammenhängt  (Ges.-Kautzsch^^  g  I30a),  während  hier  der  dat. 
]'^büb  zum  Verb  gehört.  Was  die  Frage  eigentlich  besagen  soll,  ist  rätselhaft, 
denn  dass  Hiob  Jagd  auf  Worte  macht,  ist  wenigstens  Cap.  8  2  nicht  Bildads 
Meinung  vgl.  Cap.  11  2;  dass  er  auf  die  Worte  der  Freunde  Jagd  macht,  um 
sie  anzugreifen,  ist  noch  weniger  wahr,  denn  alle  vier  Redner  pflegen  den  Vor- 
redner mit  einigen  derben  Worten  auf  den  Kopf  zu  schlagen,  kümmern  sich 
aber  um  dessen  Ausführungen  im  Einzelnen  fast  gar  nicht,  sondern  tragen  mit 
südlicher  Lebhaftigkeit  ihre  Monologe  vor,  nur  von  dem  allgemeinen  Eindruck 
der  gegnerischen  Eede  beeinflusst.  Die  alten  Übersetzer  finden  hier  das  Wort 
y^,  Ende,  und  dabei  wird  man  bleiben  müssen.  Dazu  passt  freilich  Hi^nj; 
nicht;  da  jedoch  der  Stichos  überlang  ist,  so  ist  dieser  Ausdruck  nach  Analogie 
von  Cap.  19  2  vorgesetzt,  nachdem  der  Text  verderbt  war.  Für  den  plur.  der 
2.  pers.  ist  in  v.  2  3  überall  nach  LXX  der  sing,  einzusetzen,  da  doch  Bildad 
den  Hiob  nicht  als  eine  Mehrheit  (Ewald:  als  eine  Partei)  behandeln  kann. 
Demnach:  Y]>  Db^ri.  In  v.  2'Mst  mitLXXinKI,  das  ganz  unsinnig  ist,  weil 
Bildad  nicht  nachher,  sondern  gleich  jetzt  reden  will,  in  1ini«1  zu  verbessern. 
Dass  Bildad  v.  3  behauptet,  von  Hiob  wie  das  stumme  Vieh,  wie  unrein  be- 
handelt zu  sein,  spricht  nicht  dafür,  dass  Hiob  sich  mit  den  Freunden  in  Cap. 
16  17  so  viel  abgegeben  haben  sollte,  wie  es  nach  dem  jetzigen  Text  den  An- 
schein hat,  sondern  eher  dafür,  dass  er  nach  der  kurzen  Einleitung  Cap.  16  2-6 
überhaupt  nicht  mehr  zu  und  von  ihnen  sprach.  Das  vorletzte  Wort  in  v.  3 
ist  als  ein  Verb  n"'?  geschrieben  (statt  liHtt^i)  s.Ges.-Kautzsch26  §  75  A.  21  c.  — 
Vor  die  drei  Stichen  in  v.  4  setzen  wir  nun  die  fünf  Stichen  Cap.  17  8-io%  die 
mit  Cap.  18  4  zwei  Tetrastiche  bilden.  Cap.  17  8  9  Es  erstarren  Rechtschaffene 
i'iber  solches,  Und  der  Heine  empört  sich  i'iber  den  Unheiligen,  Und  fest  hält 
der  Gerechte  seinen  Weg,  Und  der  rein  an  Händen  ist,  icird  nm  so  fester! 
Dass  diese  Verse  hierher  und  nicht  in  eine  Rede  Hiobs  gehören,  beweist  be- 
sonders V.  8'\  wo  Meex,  um  den  Satz  für  Hiob  möglich  zu  machen,  ^iH  und  ""[>) 
umzutauschen  sich  genötigt  sah.  Der  Sinn  ist:  wenn  Hiob  „dieses"  (vgl.  Cap. 
82:  nVs)  redet,  so  muss  ein  rechtschaffener  Mensch  wie  Bildad  sich  über  solche 
Ruchlosigkeit  entsetzen  und  dagegen  ankämpfen.  Weit  entfernt,  dass  Hioljs 
Reden  einem  Gerechten  den  Zweifel  an  Gottes  Gerechtigkeit  erwecken  (vgl. 
Cap.  83),  l)estärken  sie,  sagt  v.  9,  in  ihm  den  Entschluss,  dem  rechten  AVege 
treu  zu  bleiben.  Während  diese  Verse  sich  hier  so  natürlich  ausnehmen,  be- 
greift man  nicht,  woher  in  Cap.  17  die  Rechtschaffenen  kommen  sollten,  die 
sich  über  „dies"  (Hiol)S  Abmagerung  Cap.  17  7?)  entsetzen,  und  wer  der  Un- 
heilige  ist,  gegen  den  sie  sich  empören.  Cap.  17 10',  Cap.  18  4  bilden  den  zweiten 
Vierzeiler,  v.  10'  ist  jedoch  auf  alle  Fälle  verderbt;  erstens  ist  er  viel  zu  lang, 
zweitens  ist  0^3  ganz  unverständlich,  endlich  ist  hier  wie  in  Cap.  18  2  3  der  plur. 
für  den  sing,  eingedrungen.  Indem  wir  D^S  als  Variante  oder  Dittographie  von 
D^«  streichen  und  den  sing.  «Dil  StJ'ri  herstellen,  erhalten  wir  den  Satz:  Al)er 
wende  dich  her  und  komme  doch!  Während  früher  (Cap.  629)  Hiob  den 
Freunden  zurufen  musste,  sie  möchten  sich  ihm  wicdei'  zuwenden,  hat  er  sich 
in  der  Rede  Ciip.  16  17  nach  den  einleitenden  Worten  von  ihnen  abgewendet, 


Hi  17  10  95  Hi  18  11 

sodass  eben  deshalb  Bildad  sich  Cap.  18, 3  beschwert,  dass  er  sie  wie  das  Vieh 
und  wie  unrein  behandele.  Jetzt  fordert  ihn  Bildad  auf,  sich  her/uwenden  und 
Vernunft  anzunehmen.  Nachdem  Cap.  17  8-io^  an  seinen  jetzigen  Platz  geraten 
war,  hat  jemand  den  vereinsamten  Stichos  v.  10'  ergänzt  tlurch  den  Satz  v.  10'': 
so  finde  ich  doch  unter  euch  keinen  Weisen.  Dieser  Vers  ist  vielleicht  von  der- 
selben Hand  eingesetzt  wie  Cap.  17  4;  Hiob  kann  den  Freunden  wohl  den  Allein- 
besitz der  Weisheit  (Caj».  12  2).  nicht  aber  Weisheit  überhaupt  abstreiten. 
Die  wahre  Fortsetzung  zu  Cap.  17  lO'  bildet  zunächst  Cap.  1H4':  /Jrr  da  zrr- 
ri'isxt  seine  Seele  in  .seinem  Zorn.  Im  Zorn,  nicht  gegen  die  Freunde,  sondern 
gegen  (Jott.  zerreisst  Hiob,  wie  Biklad  es  auffasst,  sich  selber,  weil  er  so  un- 
geduldig .sein  Heiht  oder  den  Tod  verlangt.  Die  3.  pers.  als  F'ortsetzung  der  2. 
ist  in  appositionellen  Nebensätzen  oder  Partizijjien  häutig,  ähnlich  wie  im 
Deutschen,  v. 4'"  bringt  das  zweite  Distichon:  .SV///  nni  deinelirillen  die  Erde 
veröden  (hier  ein  Fels  aus  seinem  Fiindnmenle  t/erissen  ir erden  f  Da  pJ?>f^ 
IDIpDD  schon  dagewesen  ist  (Cap.  14  i8  vgl.  9  5),  so  ist  die  Lesart  der  LXX  vor- 
zuziehen inDlsp  pnr  (Fundament  der  Berge  s.  Ps  18  3;  Dtn  32  j2).  In  31j;n  ist 
wegen  Zurück/it'hung  des  Tons  vor  dem  folgenden  vornbctonten  Wort  Sen-  in 
Pathach  verkürzt  (statt  in  Segol)  s.  Ges.-Kautzsch 26  ij  51  A.  3.  Wahrschein- 
lich istv.  4'"=  eine  sprichwiMtliehe  Redensart  für  einen  blinilwütendm  Zorn, 
daher  bewohnte  Hrde  uinl  feststehender  Fels  nieht  gerade  als  Beispiele  der 
göttliehen  Weltonlnung  zu  betrachten,  sondern  einfach  als  Bilder  des  Bc- 
stehendi'U. 

5—21  eine  lange  Schilderung  des  ijoses  des  Gottlosen.  T)  (>   Dennoch 

erlisilil  dos  IJelil  des  (!olf losen  u.  s.  w.  Da  bedeutet  hier  ähnlich  dem  Noch  im 
älteren  Deutsch  soviel  wie  unser  Dennoch.  Trotz  des  Wütens  Hiobs  l)leibts 
dabei,  dass  das  Licht  des  Gottlosen  (der  sing,  zu  schreiben)  erlischt.  11K  und 
^T  wiederholen  sich  in  v.  6,  als  ob  der  Dichter  sich  mit  Bildads  Rede  nicht 
viel  Mühe  gegeben  hätte.  Übrigens  mag  das  zweimalige  "^Vn  zeigen,  dass  der 
Dichter  in  Cap.  17  i  nicht  "^J7T  geschrieben  hat.  7  8  Eintieemil  ir erden  die 

Schrille  seiner  Manneskrnfl,  i  nd  nieder  irirf'l  Um  sein  eiijener  linl.  Ins  .\elx- 
yelriehen  isl  sein  Eitss,  I  nd  auf  Fleehltrerk  irandelt  er.  ^1^\  aramaisierende 
Aussprache  für  n^^  von  "llS  s.  (  Jes.-Kai  Tzsiu26  jj  G7  A.  11.  IIK  ist  hier  nicht 
Vermögen,  wie  z.  B.  Cap.  20  lo,  sondern  Manneskraft,  vgl.  z.  B.  Gen  49  3.  Der 
Gottlose  hat  keine  freie  Bewegung  mehr,  vielleicht  Anspielung  auf  Cap.  13  27. 
In  V.8  ist  nach  LXX  zu  lesen:  l"?:"]  ...  T^Tpfä.  nD3b^,  in  der  Baukunst  Flecht- 
werk um  Säulenknäufe  oder  Fenstergitter,  inuss  hier  Flechtwerk  über  Fang- 
gruben bedeuten,  durch  das  wilde  Tiere  durchbrechen,  ein  schönes  Bild  für  den 
unsicheren  Boden,  auf  dem  der  (Jottlose  "!Ii'^^^  ahnungslos  wandelt.  9  10  wird 
das  weiter  ausgesponnen:  die  Schlinge  fasst  seine  Ferse  (doch  wohl  IZ^P?  zu 
lesen),  der  Fallstrick  haftet  fest  an  ihm.  pnnn  mit  ^J^  (nur  hier),  vielleicht 
weil  der  Fallstrick  von  oben  herunter  fällt;  das  Impf,  dichterisch  verkürzt  s.  zu 
Cap.  13-27.  V.  10:  sein  Seil  hegt  versteckt  in  der  Krde,  seine  Falle  (Dnur  hier) 
auf  dem  Pfade.  Der  Dichter  scheint  es  sich  mit  diesen  zahlreichen  Bildern 
vom  Fangen  be<|uem  zu  machen.  It  12  Rimisam  äntjsHijen  ihn  Schrecknisse 
Ind  scheuchen  ihn  auf  Schrill  und  7'rill,  /lunt/rit/  isl  (nach  ihm)  das  inheil 


Hil8l2  96  Hil8l6 

Und  das  Verderben  bereit  %u  seinem  Slvr%.   Ähnlich  wie  v.  11  sprach  Eliphas 
Cap.  15  21  von  Schreckensstimmen,  die  dem  Gottlosen  ins  Ohr  klingen.    An 
beiden  Stellen  kommt  man  zur  Not  mit  der  Annahme  aus,  dass  nur  innere 
Stimmungen  und  Störungen  gemeint  sind,  doch  ist  recht  wohl  möglich,  dass 
man  in  Palästina  ebenso  wie  anderw^ärts  an  schattenhafte  Bachegeister  glaubte. 
^■«Dn,  zerstreuen,  ist  auffällig,  weil  es  doch  eine  Mehrzahl  als  Obj.  haben  sollte. 
In  V.  12  ist  wieder  \T  eine  dichterische  Verkürzung  (s.  v.  9).   Die  Übersetzung:  , 
seine  Mannskraft  wird  hungrig,  ist  mir  unverständlich,  denn  dass  ein  kräftiger 
Mann  Hunger  bekommt,  ist  doch  kein  Unglück,  und  warum  sollen  die  Gott- 
losen durchaus  immer  hungern  (s.  zu  Cap.  15  23)?   Ich  schreibe  ]1«  für  1it<,  da 
auch  T"«  kein  Suff,  hat,  und  setze  für  das  Suff,  ein  t"?  ein  (Jer  42  14).  lyb^  kommt 
nicht  von  J^^?  Rippe,  sondern  von  ybs,  Fall,  Sturz  vgl.  Ps  38 18 ;  Jer  20  lo.   13—15 
Es  frisst  seine  Glieder  der  Erstgeborne  des  Todes  Vnd  lässt  ihn  wandern  zum 
König  des  Sehreckens,  Es  wohnt  in  seinem  Zelte  Unheilbarkeit,  Gestreut  wird 
auf  seine  Wolinstatt  Schwefel,    v.  13^  und  '^  sind  Varianten,  die  zweite  natür- 
lich die  bessere,  denn  *11V  '''^3,  Glieder  der  Haut,  ist  ein  Unsinn.   Der  Erst- 
geborne des  Todes  muss  die  schlimmste  Seuche  sein,  also  etwa  der  Aussatz, 
zu  dem  das  Prädikat  vortrefflich  passt.   Aussatz  und  Tod  sind  personihziert, 
letzterer  als  Vater  vieler  AVürgengel.    v.  14^:  gerissen  wird  aus  seinem  Zelt 
seine  Sicherheit,  tritt  störend  zwischen  die  beiden  offenbar  zu  einander  gehören- 
den Stichen  v.  13'^  und  v.  14''  und  ist  wahrscheinlich  eine  Randglosse  zu  v.  15=^^ 
zumal  wenn  man  mit  LXX  SS"]»  liest.    Wird  nun  v.  13''  mit  v.  14^  verbunden, 
so  muss  das  Subj.  des  ersten  Stichos  auch  den  zweiten  beherrschen,  daher  ist 
statt  des  fem.,  für  das  man  doch  kein  Subj.  auftreiben  kann,  iril'^j^is;;  zu  schreiben: 
der  Aussatz  lässt  ihn  -wandern  zum  König  des  Schreckens,  zum  Abaddon 
(Cap.  26  6),  zur  UnterAvelt.   Das  Verb  TJ?^,  schreiten,  ist  ein  wenig  befremdlich; 
ist  es  gewählt  wegen  des  Bildes  vom  König  oder  soll  es  an  rij^l^,  Aussatz  an- 
klingen?   Im  zweiten  Distichon  v.  15  ist  1^"''?3ö  unübersetzbar;  selbst  wenn 
man  es  wiedergiebt  mit:  etwas  von  dem,  was  nicht  sein  ist  (aber  ^bSJp  heisst 
doch  immer:  aus  Mangel  von),  so  wäre  dieser  absurde  Ausdruck  doch  sicher 
als  masc.  behandelt.  LXX  übersetzt  ein  '\^'h'^,  hat  also  das  0  nicht.  Mit  Rück- 
sicht auf  die  Glosse  v.  14*  LXX  lese  ich  ^J^übs,  wörtlich:  das  Nichtaufkommen, 
und  verstehe  darunter  den  Aussatz,  jedoch  den  bösartigen  Hausaussatz,  der 
das  Haus  unbewohnbar  macht  Lev  14 33  ff.    So  bildet  v.  15^  die  beste  Parallele 
zu  V.  15'':  auf  seine  Wohnung  soll  Schwefel  gestreut  werden,  um  sie  verflucht 
und  unbewohnbar  zu  machen,  vergL  Dtn  29  22.   Dieser  Vierzeiler  enthält  die 
deutlichste  und  grausamste  Anspielung  auf  Hiobs  Lage,  die  sich  die  Freunde 
erlauben.   Dem  Dichter  schien  diese  Härte  nötig,  um  die  Krisis  besser  vorzu- 
bereiten, vgl.  Cap,  19  21  22.   In  den  beiden  folgenden  Vierzeilern  könnte  v.  17 
mit  V.  18  den  Platz  gewechselt  haben,  doch  genügt  vielleicht  die  Annahme,  dass 
der  Dichter  hier  nur  mit  leichter  Hand  arbeitete,  weil  ihn  Ausführungen  wie 
diese  nicht  sehr  interessieren  konnten.  IG  17  Die  Wurzeln  des  Avieder  ein- 

mal mit  einem  Baum  verglichenen  Gottlosen  verdorren,  sein  Gezweig  verwelkt; 
„unten"  —  „oben"  wie  Am  2  9;  die  Zusammenstellung  von  Wurzel  und  Wipfel 
ist  häufig  und  sprichwörtUch.  v.  17:  man  vergis.st  ihn,  er  hat  keinen  Namen  auf 


Hi  18  1 7  97  Hi  19  1 

der  Stiasse  (andere  wollen:  Flur);  die  Wanderer  sprechen  von  dem  verHuchten 
Manne  nicht.  IS  19  Er  stösst,  scheucht  ihn.  ^nD"in\  ^nir,  lesen  wir  mit  Ktil). 
da  man  nicht  weiss,  wer  die  sein  könnten,  die  den  Gottlosen  aus  der  Welt 
jagen,  wflhrcnd  der  sing,  mit  hekanntf-r  Scheu  auf"  (Jott  hinweist;  auch  die 
yerhen  passen  besser  /u  (rott  als  zu  Menschen.  LXX  hat  v.  18''  nicht,  doch 
findet  sieh  ein  b2r\2  naeh  v.  19  versprenjj;t.  In  v.  l'.t  ist  p  und  1D3  eine  hehehte 
alliterien'ude  Reihnsart  wie  unser  Kind  und  Kegel  (des  14 JJ).  D"'^^3D.  nur  im 
plur.  und  nur  bei  jüngeren  Schriftstellern,  bedeutet  sonst  das  Wohnen  in  der 
Fremde,  hier  übersetzt  TjXX  es  mit  Haus,  ebenso  die  meisten  Xeueren.  Xi-iimt 
man  das  an,  so  muss  Bildad  v.  1.")  vergessen  haben.  Aber  diese  Betleutuug  ist 
aus  mi,  bei  einem  andeien  weilen,  mir  schwer  herauszubringen;  nach  Thr  2  22 
liegen  die  0  „ringsum*',  sind  also  eher  <lie  Stätten,  wo  man  gcde^entlich  «-in- 
kehrt,  mit  denen  man  auf  dem  Fuss  des  Gastrechts  steht,  auch  passt  ein  soh  Ihm* 
Begriff  besser  zu  1DJ?2.  AVir  übersetzen  also:  öci  seinen  Freundnaclilmrn.  zu 
denen  ein  Entronnener  aus  einem  Hlutl>ade  oder  einei'  sonsti^'en  Katastrophe 
sich  Milchtet.  20  21  l'her  .seinen  Tntf  ersinnen  die  im  Weslen,  i'nd  die  im 
Osten  fusst  Schauder  u.  s.  w.  Der  Tag  ist  der  Schicksalstag.  Die  D^i'in«  und 
p  können  hier  niclit  die  Xachkommen  und  VorfahriMi  sein,  obgleich  die  Aus- 
drücke di(s  sonst  bedeuten,  sondern  nur  die,  die  „hinten"  und  „vorn",  im 
Westen  und  Osten,  wohnen.  Man  sagt  sowohl:  mich  fasst  Schauder  (so  LXX). 
wie:  ich  fasse  Seh  luder  (M.  T.).  Das  ^S  v.  21  besagt:  mir  so  ist  es,  nicht  anders 
als  ob  Hiob  heimlich  zugestehe,  dass  er  gottlos  sei,  nur  aber  an  das  hier 
geschilderte  Geschick  des  Gottlosen  nicht  glaube.  DIpD  regiert  einen  ganzen, 
Satz  s.  Ges.-Kaützsch -6  ij  130 d.  Der  Abschluss  ist  ähnlich  wie  Cap.  5  27;  2u  29. 
Kein  freundliches  Wort  fügt  Bildad  hinzu. 

Cap.  19.  Iliobs  Antwort. 

Um  das  19.  Cap.  richtig  zu  verstehen,  muss  man  sich  erinnern,  dass  Hiobs  "Warum 
eigentlich  eine  DoppcltVagf  ist,  eine  von  persönlichem,  eine  von  allgemeinem  Charakter. 
In  erstercr  Beziehung  handelt  es  sich  darum,  zu  erfahren,  ob  Gott  aus  Laune  odei-  gar  aus 
persönlichem  Hass  oder  Splitteirichterei  den  Hiob  so  arg  missh^delt  oder  ob  er  in  Wahr- 
heit auf  Hiobs  Seite  stehe.  Die  andere  Frage  entsteht  aus  der  Beobachtung,  dass  es  über- 
haupt oft  den  Frommen  bis  zu  ihrem  Tode  schlecht,  den  Gottlosen  gut  geht,  es  ist  die 
Frage  nach  der  "Weltordnung,  nach  der  Gerechtigkeit  und  Weisheit  Gottes  in  seiner  "Welt- 
regierung,  und  die  Antwort  auf  diese  letztere  Frage  wäre  eine  Theodicee.  Über  dit-  letztere 
haben  sieli  zwar  bisher  die  Freunde  mit  ihrer  schnellfertigen  Theorie  schon  ausgelassen. 
Hiob  selber  aber  hat.  wie  es  im  Grunde  natürlich  ist,  die  persönliche  Frage  in  den  Vorder- 
grund gestellt.  Diese  Frage:  ist  Gott  mein  Feind  oder  mein  Fi-eund?  hat  sich  immer 
schärfer  zugespitzt  und  führt  nun  in  Cap.  19  zu  einer  Krisis,  in  der  die  freundlichere  Alter- 
native den  Sieg  davon  trägt.  Damit  ist  prinzipiell  Hiob  des  wichtig>-ren  Problems  Meister 
geworden;  wenn  er  auch,  weil  das  Leiden  anhält,  noch  nicht  glücklich  sein  kann,  so  hat 
er  doch  für  sich  selber  Gott  wiedergefunden  und  das  erste  und  dringendste  Bedürfnis  der 
sittlichen  Religiosität  gestillt.  Erst  von  da  an,  nach  Cap.  19,  kann  er  an  die  allg<-meint- 
Frage  nach  der  Gerechtigkeit  und  Veruünftigkeit  der  Wdtordnung,  an  die  Theodicee,  heran- 
treten. Dass  darum  die  Dichtung  doch  nicht  in  zwei  ganz  verschiedene  Teile  auseiuander- 
fällt,  das  verhindert  eben  der  Umstand,  dass  Hiob  in  Cap.  19  nur  einen  innerlichen  Sii-g 
über  das  Grauen,  das  sich  zwischen  ihn  und  Gott  gestellt  hat,  davon  trägt,  im  übrigen 
aber  mit  seinem  Leiden  imd  bei  dem  Mangel  an  jedem  äusseren,  realen  Beweis  der  Freund- 

Kun-er  HC  zum  .\T  XVI  7 


Hi  19  1  98  Hi  19  5 

Schaft  Gottes  für  ihn  ein  sprechendes  Beispiel  für  die  Rätselhaftigkeit  der  Weltregierung 
Gottes  bleibt.  Aber  warum  wird  denn  nicht  lieber  jene  innerliche  Krisis  und  ihre  sieg-^ 
reiche  Entscheidung  aufgeschoben  und  mit  der  Entscheidung  auch  der  allgemeinen  Frage 
vereinigt?  Nicht  blos  deswegen  nicht,  weil  der  Dichter  dem  Leser  zu  verstehen  gebeu 
will,  dass  die  bittere  Kritik  der  Weltordnung,  die  er  von  Cap.  21  folgen  lässt,  von  einem 
innerlich  mit  Gott  vereinigten  Menschen  und  nicht  von  einem  „listigen  Weisen"  ausgeht^ 
sondern,  wie  mir  scheint,  noch  mehr  deswegen,  weil  der  Dichter  sich  wohl  imstande  fühlte, 
das  persönliche  Problem  befriedigend  zu  erledigen,  nicht  aber  auch  die  Theodicee  zu  einem, 
vollkommenen  Abschluss  zu  bringen  wusste.  Er  bringt  in  Cap.  19  zuerst  das  unter  Dach 
und  Fach,  was  er  aus  der  Verwirrung,  in  die  ihn  seine  Zeit  und  ihre  Theologie,  sein  reli- 
giöses Bedürfnis  und  sein  kritischer  Verstand  verwickelte,  hat  retten  können ;  erst  dann 
begiebt  er  sich,  mit  zweifelhaften  Aussichten,  auf  das  hohe  Meer  jenes  gottweltlichen 
Problems. 

2—5  Anrede  an  die  Freunde,  die  durch  ihren  schmerzlichen  Ton  von  den 
früheren  Abfertigungen  der  Vorredner  stark  abweicht  und  verrät,  dass  Hieb 
dem  schwersten  Seelenkampf  entgegengeht.        2  3  Wie  lange  wollt  ihr  meine 
Seele  peinigen  Und  mich  mit  Worten  zermalmen?  Zehnmal  nun  beschimpft 
ihr  mich,  Schämt  euch  nicht,  mich  %u  misshandeln.   ]1''?^l,  Hiph.  von  ny,  das 
einzige  Beispiel  eines  Impf.  Hi.  mit  beibehaltenem  \  das  besonders  vor  der 
vollen  Endung  auf  ]  beliebt  ist  (Ges.-Kautzsch26  §  75.  A.  i6  u.  4).    In  '^äilNSIR 
ist  N  quiesciert  (GES.-KAUTZscH2fi  §  75  21)  und  das  Suff,  "»i  an  die  altertümliche- 
Endung  üna  angehängt  (vgl.  Ges.-Kautzsch'-^6  §  (  0  A.  2.  3.  Olshausen  469), 
die  gewöhnlich  zu  u  verkürzt  wird.   In  v.  3  ist  T\\  fast  nur  noch  eine  Partikel  der 
Hindeutung:  da  zehnmal  (vgl.  Ges.-Kautzsch  §  136 d).   Das  öctt.  Xsy.  IDH  wird 
wohl  am  Natürlichsten  mit  Ewald  u.  a.  mit  dem  arab.  hakara,  injuste  egit,  c 
acc.  pers.,  zusammengestellt.  Über  die  asyndetische  Verbindung  beider  Verben 
in  V.  3''  s.  Ges.-Kautzsch  §  120  c.    Dass   die  Zahl  zehn  nicht  wörtlich  zu 
nehmen  ist,  versteht  sich  von  selbst.         4  5  Und  habe  ich  denn  walirhaf'tig  ge- 
fehlt, Bei  mir  soll  weilen  Verfehlung?    Oder  wollt  ihr  gegen  mich  grossthnn 
Und  wider  mich  rechten  mit  Schmähung?  v.  4  wird  gewöhnlich  nicht  als  Frage 
aufgefasst;  uneins  pflegt  man  dann  darüber  zu  sein,  ob  beide  Stichen  dasselbe 
sagen  oder  ob  der  zweite  Nachsatz  zum  ersteren  ist.   Aber  Hieb  kann  nicht 
(nach  der  ersteren  Fassung)  hier  ein  Bekenntnis  seiner  Schuld  ablegen,  während 
er  sie  nachher  so  entschieden  bestreitet,  noch  kann  er  (nach  der  zweiten  Fassung: 
so  bleibt  bei  mir  mein  Verfehlen)  sagen,  dass  seine  Sünde  die  Freunde  nichts- 
angeht, sie  nicht  schädigt,  da  er  doch  kein  Kind  mehr  ist.   Er  leugnet  hier  wie 
überall,  dass  seine  Freunde  ein  Recht  haben,  ihn  für  einen  Sünder  zu  halten 
und  die  Ursache  seines  Unglücks  in  seiner  Schuld  zu  suchen,  er  thut  es  mit 
denselben  Ausdrücken  wie  Öap.  6  24  und  wählt  die  Form  der  Frage,  weil  er  sie- 
früher aufgefordert  hat,  ihm  seine  Verirrungen  namhaft  zu  machen,  wenn  sie 
können.   Die  Fragepartikel  ist  durch  das  affektvolle  ^Kl  ersetzt.   Der  Schluss 
von  V.  4  und  der  Anfang  von  v.  5  ist  aber  nach  LXX  zu  lesen:  D^l  jn^ltJ'O,  das 
D20S  in  V.  5  zu  streichen;  wegen  der  Frage  steht  in  v.  4''  ^r\N  voran.   Auch  am 
Schluss  von  v.  5  hat  LXX  die  bessere  Lesart:  HSina.    Hiob  sagt:  entweder 
habt  ihr  mir  Verfehlungen  nachgewiesen  —  aber  das  könnt  ihr  selbst  nicht 
behaupten  —  oder  eure  Streitreden  sind  Schmähungen  und  Uberhebungen  auf 
Grund  eingebildeter  überlegener  "Weisheit.  Es  folgt  nun 


HiÜtß  99  Hil9i5 

0—20  eine  längere,  an  tlie  Freunde  gerichtete  Klage  über  sein  Geschick, 
in  der  gleichsam  die  Schlusssinnme  aller  bisherigen  persönlichen  Beschwerden 
gezr)gen  wird.  <i  7  HV.v.v/  (Iriin,  dass  EIikiIi  mich  nclniniiiiit  hat  l'ml  sriii 
AcfZ'  riin/s  i'thfr  iiiirli  f/f/nritct !  Sit-lic,  irli  schreie  (ieirall  und  linde  kein  (ie- 
hör,  Hn/'e  um  Hilfe,  doch  da  ist  Lein  Hecht!  Das  einleitende:  „Wisst  denn",  be- 
greift doch!  ist  durch  die  Dopix^-ltVage  in  v.  41".  hecinflusst;  l)cgreitt,  dass  es 
noch  eine  andere  Mi'jglichkeit  giebt,  mein  l'nglück  /u  erklären,  ich  bin  wider- 
rechtlich vergewaltigt.  ^}T\\yi  (mit  dag.  t*.  im  1  trotz  der  Regel  Ges.-Kautzsch26 
§20  3Jj)  ist  kurzer  Ausdruck  für  'CEtl^p  n^.J?  vgl.  Cap.  8  3.  Direkt  sagt  Hiob, 
(iass,  wenn  einer  von  beiden,  Gott  o«lt'r  er,  Unrecht  gethan  haben  nuiss.  dann 
Gott  es  gethan  hat.  Also  gleich  der  Anfang  stellt  die  Sache  auf  die  Schneide. 
8  9  Gott  hat  Hiobs  l'fad  vermauert,  ihm  den  Lebensweg  dunktd  gemacht  s.  zu 
Cap.  3  23  (13  -27),  hat  ihm  die  Ehre,  eigentlich  das  Kleid  der  Ehre,  ausgezogen, 
die  Krone  seines  Hauptes  entfernt  (s.  zu  Cap.  822'),  insofern  jetzt  Hiob  vor 
allrr  Welt  als  bestrafter  Sünder  dasteht,  vgl.  Cap.  176;  30  i;  2;  9ff.  10  II 

Er  zersch/df/t  mich  rinr/xi/m,  und  so  mus-s  ich  f/ehen  u.  s.  w.  |*rii  heis>t  eigent- 
lich: uioderreisscn  (ein  Bauwerk),  witzu  3''nD  wohl  passt;  wegen  der  Fortsetzung: 
sodass  ich  gehen  nmss  (vgl.  Cap.  14  20),  ist  das  eine  Verkürzung  für:  er  reisst 
mein  Zelt,  meine  Wohnstatt,  nieder.  Zur  Pausalforra  l"?^  s.  Ges.-Kaützsch-!c 
§  69  A.  3.  nn:\  Hiph.,  mit  •>s;  mir  hier:  vielleicht  hat  doch  der  Dichter  in»?, 
Qal,  gemeint.   Für  nSD  ist  wegen  ^b  naih  LXX  ISD  zu  lesen.  12  scdlte  ein 

Tetrastich  vertreten,  hat  aber  in  :M.  T.  nur  drei,  in  LXX  nur  zwei  Stichen. 
Im  M.  T.:  Einmütig  k(mimen  seine  Scharen  Und  bahnen  wider  mich  ihren  Weg 
l'nd  lagern  sich  rings  um  mein  Zelt.  Der  Vers  hat  grosse  Ähnlichkeit,  bis  in 
einzelne  Ausdrücke  hinein,  mit  Cap.  30  12  ff.  und  könnte  hier  sehr  gut  entbehrt 
werden.  Unter  den  Kriegsscharen  Gottes  sind  wohl  nicht  blos  die  körper- 
lichen Leiden,  sondern  alle  Unglücksmächte  zu  verstehen,  die  ihn  auf  Gottes 
Geheiss  belagern,  auch  die  geistige  Xot  und  Unruhe.  Sonderbar  ist  der  Aus- 
druck Zelt  in  einem  Zusammeidiang.  der  an  eine  regelrechte  Belagerung  denken 
lässt.  Die  Vorlage  der  LXX  lässt  ^"Pb»!  und  "hn^b  aus  und  hatte  wohl  '^y]  "hv 
2-20  !i:n:  auf  meinen  Wegen  lagern  sie  überall,  was  sieh  etwas  natürlicher  aus- 
nimmt. Aber  isoliert  bleibt  das  \valirscheinlieh  <lurch  v.  11"'  veranlasste  Bild 
doch  inmitten  einer  Rede,  die  sieh  sonst  durch  ihre  schlichte  Natürlichkeit 
auszeichnet.  \'^  15  '  Weine  Hriider  hohen  sich  rnn  mir  entfernt.  Meine  Ih'- 
kannten  sich  mir  t/unz-  entfremdet,  Aufnehört  huhen  meine  Verirundten,  mich 
zu  kennen.  Mich  reri/nssen  meine  Ihius freunde.  Mit  TiXX  un<l  vielen  neueren 
lesen  wir  'X?"! ■ 'PT'I^^  (intransit.  gebrauchtes  Hiph.).  Dass  mit  n^K  ein  An- 
klang an  "ITDiS  beabsichtigt  sei.  trauen  wir  dem  Dichter  nicht  zu  (gegen  De- 
litzsch). Inv.l4  können  die  Bekannten  von  v.l3  nicht  noch  einmal  wiederkehren; 
für  "Xjnn?  ist  'j;"na  (X?l  Inf.  von  VT)  zu  schreiben,  wodurch  die  Ergänzung  zu  ^hin 
und  ein  richtiger  Stichos  gewonnen  wird,  zugleich  eine  gute  Parallele  zu  dem 
folgenden  Stichos,  der  aus  dem  letzten  Wort  von  v.  14  und  den  beiden  ersten 
von  V.  1.")  besteht:  vergessen  haben  mich,  d.  h.  es  kehren  nicht  mehr  bei  mir  ein 
die,  die  in  meinem  Hause  das  Gastrecht  gemessen.  Zu  "1^3  vgl.  zu  Cap.  18 19; 
die  Deutung:  Hausgesinde  oder  gar  Tagelöhner,  an  sich  schon  fragwürdig,  ist 


Hi  1915  100  Hi  19  20 

wohl  mir  dadurch  veranlasst,  dass  die  Gastfreiinde  in  der  jetzigen  Versabteilung 
neben  die  Sklavinnen  geraten  sind,  und  um  so  lieber  gegen  die  gewöhnliche 
Bedeutung  aufzugeben,  als  es  befremden  müsste,  wenn  die  Gast-  und  Geschäfts- 
freunde gar  nicht  erwähnt  würden.  15  ^^"^  16  Seine  Sklavinnen  betrachten 
ihn  als  einen  Fremden,  ja  Wildfremden,  seinen  Knecht  muss  er  mit  eigenem 
Munde  anflehen,  Avenn  er  einen  Dienst  von  ihm  begehrt,  er  thut,  als  ob  er  seines 
Herrn  Euf  nicht  höre.  Es  ist  wohl  nicht  nötig  anzunehmen,  dass  die  Mägde 
früher  zugleich  seine  Weiber  waren,  immerhin  könnten  die  gewählten  Prädikate 
dafür  sprechen.  Der  Knecht  ist  wegen  des  sing,  als  Hiobs  vertrauter  Leib- 
äiener  zu  denken,  der  ihm  früher  anhänglich  war,  jetzt  aber  sich  vor  der  an- 
steckenden und  ekelhaften  Krankheit  fürchtet.  Hiob  rühmt  sich  Cap.  31  13  15, 
dass  er  seine  Sklaven  als  Menschen  gleich  ihm  angesehen  und  behandelt 
habe.  Zu  dem  masc.  Suff,  am  Schluss  von  v.  15  s.  Ges.-Kautzsch26  §  135  o. 
1718  Mein  Atem  ward  zuwider  meinem  Weibe  Und  mein  übler  Genich  den 
Söhnen  meines  Leibes.  Der  Aussätzige  hat  Geschwüre  auch  in  der  Mundhöhle, 
daher  sein  böser  Atem.  ""Jllin  ist  unzweifelhaft  aus  "'riins  (Jo  2  20)  verstümmelt. 
Die  Kinder  seines  Leibes  können  nur  seine  leiblichen  Kinder  sein,  nicht  Enkel 
oder  Geschwister.  Wenn  man  nun,  weil  die  Kinder  nach  dem  Volksbuch  Cap.  1 
alle  umgekommen  sind,  auch  an  Kinder  von  Nebenfrauen  oder  Mägden  denken 
könnte,  so  ist  doch  am  natürlichsten  die  Annahme,  dass  der  Dichter  in  diesem 
Augenblicke  nicht  an  die  Einzelheiten  der  alten  Geschichte  denkt  (vgl.  14  21). 
Scheint  es  doch  auch,  dass  er  v.  13  f.  (wo  übrigens  die  Brüder  schon  vorkamen) 
nicht  an  Cap.  42  11  denkt  und  dass  er  v.  15  16  Hiob  nicht  als  beständig  auf  dem 
Aschenhaufen  ausserhalb  der  Stadt  sitzend  sich  vorstellt.  Zwar  wird  ein  paar 
Mal  (Cap.  84;  29  5)  der  Tod  der  Kinder  verwertet,  im  übrigen  aber  löst  der 
Dichter  Hiob  ganz  von  den  Verhältnissen  ab,  in  die  ihn  die  Sage  hineinstellte. 
V.  18  Selbst  Knaben  verachten  ihn,  reden  tvider  ihn,  wenn  er  sich  erhebt,  wenn 
er  ausgeht  oder  umhergeht,  beschimpfen  ihn  wegen  seines  elenden  Aussehens 
(11  Reg  2  23).  HDIp«"!  ist  Vordersatz.  19  20  Es  ekeln  sich  vor  ihm  die 
Männer  seines  vertrauten  Rates,  seine  Standesgeiiossen,  mit  denen  er  sonst 
intim  verkehrte.  Und  die  ich  liebte,  haben  sich  wider  mich  geivandt,  sich 
zu  Gegnern  umgewandelt,  Aveil  sie  ihn  für  einen  Verworfenen  halten.  T\\  im 
Sinne  von  IB^«,  darum  indeklinabel  Ges.-Kautzsch'^"  §  138h.  v.  20:  In 
meiner  Haut  verfault  mein  Fleisch,  dieser  Text  der  LXX  ist  offenbar  der 
richtige:  n^jp"!  ^1^1  "'"llVä;  z;u  dem  plur.  D"^1^3  und  überhaupt  zum  ganzen  Stichos 
vgl.  Prvl430,  zu  dem  femin.  sing,  des  Prädikats  s.  Ges.-Kaützsch26  §  1454. 
Der  hebr.  Satz:  „an  meiner  Haut  und  meinem  Fleisch  (warum  werden  beide 
genannt?)  klebt  mein  Gebein"  sollte  umgekehrt  heissen:  meine  Haut  klebt  an 
meinem  Gebein.  A])er  "«O^j;  ist  erst  nach  der  Entstellung  des  Textes  hinzu- 
gekommen. In  V.  20''  ist  schon  die  Wiederholung  von  llj^^r  <hts  in  LXX  fehlt, 
lästig,  der  Satz  selber  aber  ganz  unverständlich:  und  ich  mochte  entrinnen  mit 
der  Haut  meiner  Zähne.  Man  übersetzt  gewöhnlich  S  durch  „mit"  und  streitet 
dann  darüber,  ob  die  Zahnliaut  das  Zahnfleisch  sei  (das  allein  heil  geblieben 
Aväre!)  oder  ob  vielmehr  das  Zahnfleisch  ganz  versclnvundeii  und  nur  noch  die 
Haut  der  Zälme  selber,  von  der  nicht  blos,  wie  Delitzsch  behauptet,  die 


Hil9  20  101  Hil9  24 

^lediziner  wissen,  übrig  geblieben  sei  —  ein  noch  viel  feineres  pathologisches 
Kuriosuin.  Wir  strciclien  luit  LXX  das  zweite  11^2  und  lesen  mit  Bickell 
"31?^  1B"pon'1  „lud  meine  Zähne  haben  sich  davon  gemacht"  vgl.  Cai).41  ii,  wo 
dies  Hitlip.  vom  Hervorl)rcchen  von  Funken  aus  dem  Munde  geljruucht  wird. 

Nach  dieser  ergreifenden  Klape,  in  di-r  sich  Hiob  mehr  als  je  klar  geworden  ist,  dass 
er  alles  verloren  hat,  ist  nun  die  Krisis  vollkommen  vorbereitet.  Alles  ist  verloren,  nur 
sitzen  noch  ihm  zur  Seite  die  Freunde,  und  im  Himmel  weiss  er  Gott,  Beide  haben  ihn 
auls  Blut  gepeinigt,  und  doch  muss  er  etwas  behalten,  um  nicht  zu  vergehen;  wen  soll 
er  wäiilen,  die  Freunde  oder  (lott? 

21—29  In  seiner  gänzlichen  Ratlosigkeit  ergreift  er  zuerst  das  Näilist- 
liegendf,  er  macht  einen  Ansturm  auf  die  Freunde,  ob  er  nicht  deren  Liebe 
wieder  erwecken  und  als  einzigen  Trost  in  seiner  Not  gewinnen  kann.  Aber 
zurückgescheucht  von  ihrer  kühlen  Verdrosseidieit,  wendet  er  sich  von  ihnen 
ai);  und  indem  frühen' Ahnungen  übermächtig  wiederkehren,  wirft  er  sich(iott 
in  di«'  Arme  und  fühlt  sich  selig,  er  hat  (iott  im  Geist  gesehen  und  wird  ihn 
in  der  Wirkliclda-it  sehen  als  seinen  Rechtfertiger,  21  22  Seid  barndierzig 
gegen  mich!  Das  Diippelte  "'iSn  malt  seine  Seelenangst.  „Ihr, die  ihr  doch  meine 
Freunde  seid."  Mit  einem  Unglücklichen  soll  man  Mitleid  haben,  wird  nicht 
dieser  Appell  an  das  menschlichste  aller  Gefühle  sie  riUn-en  müssen?  Aber  sie 
zertleisclien  ihn  in  ihren  grausamen  Heden,  wie  —  Gottl  Und  dennoch  ist  er 
unschuldig.  2'i  24  (f  dtiss  ilcnii  tnifin'schrii'üen  triinfc/i.  Diis.s  meint'  W'orfr 
in  sein  liinh  iif^riihiH'l  iri'irdcii!  Dti.ss  sie  mit  Eiscnnri/f'cl  und  lilci  Auf  etriii 
in  den  Felsen  cint/t'hiiui'n  u-i'irdcn!  Seine  W'uite  küiintii  mir  das  Zeugnis  seiner 
Unschuld  sein.  Sind  Gott  und  alle  Welt  einig,  ihn  zu  verdammen,  so  ist  das 
Einzige,  was  für  ihn  noch  einstehen  kann,  sein  eigenes  Wort.  Alierauch  dieses 
Wort  ist  verhallt,  sobald  er  tot  ist.  Dann  ist  nicht  blos  seine  physische,  sondern 
auch  seine  sittliche  Persönlichkeit  vernichtet.  Kann  nicht  wenigstens  sein  Zeug- 
nis gerettet  wi-rden?  Auf  diese  Frage  würde  v.  23  nach  ileni  jetzigen  Text  :int- 
worten:  ja,  wenn  dit's  Zeugnis  in  ein  Buch  geschrieben  würde.  Hier  befremdet 
mich,  dass  dieser  Gedanke  in  so  dringender  AVunschform  ausgesprochen  wird. 
Warum  schreibt  denn  nicht  Hiob  selbst  die  Worte  auf?  Da  ist  doch  k»  in  ]iT."*12 
nötig.  Da  nun  ausserdem  das  T  vor  Ipn^  lästig  ist,  so  schreibe  ich  Ipn^  ^"^r^rx 
Gemeint  ist  Gottes  Buch,  auf  das  er  schon  Cap.  14 1 7  anspielte,  das  er  dort  aller- 
dings als  für  ihn  abgeschlossen  bezeichnete:  miU-hte  doch  dort  seine  I'nschnliU- 
beteueriuig  ehigeschrieben  werden!  Inv. 23  ist  nach  LXX  luid  aus  metriseh(  ii 
Gründen  das  zweite  iril'^P  zu  tilgen  und  'hü  zum  zweiten  Stichos  zu  ziehen,  ^pn^ 
ist  Pausalform  für  ^pn^,  die  aramaisiereiide  Nebenform  des  Hopli.  ?pn^  Ges.- 
lvALTZ!5CH2e  J>  G7,  A.  8.  Da  nun  die  Menschen  von  Gottes  Buch  keine  Kenntnis 
luiben,  so  wünscht  Hiob  v.  24  ferner,  dass  seine  Worte  mit  eüiem  Meiss»  1  in  deh 
Felsen  eiugehauen  und  die  Schriftzüge.  damit  sie  auf  ewig  gegen  Verwitterung 
geschützt  sind,  mit  Blei  ausgegossen  werden.  Für  l^h.  emphatisch  vorangestellt, 
hat  LXX  IX^,  das  ein  nicht  unrichtiger,  aber  selbstverständlicher  Zusatz  wäre. 
Mit  diesen  Sätzen  ist  Hiob,  zumal  wenn  man  n2p2  liest,  wieder  bei  dem  Ge- 
danken angelangt,  dass  seine  Unschuld  Gott  bekannt  sein  muss.  vor  den  „kein 
Unheiliger  kommt'',  und  wie  Cap.  13  16  so  bewährt  auch  hier  dieser  Gedanke 


Hi  19  24  102  Hi  19  26 

seine  wunderbare  Macht,  ihn  nicht  blos  zu  beruhigen,  nein  ihm  den  Sieg  zu  ver- 
leihen über  das  quah^olle  Gefühl,  dass  Gott  sein  Widersacher  ist.  Ja,  diesmal 
vermag  er  den  siegreichen  Gedanken  festzuhalten,  um  nun  ein  für  allemal  das 
furchtbare  Trugbild  von  Gottes  persönlicher  Feindschaft  aufzugeben,  25  26  ^ 
Bekanntlich  ist  v.  26  eine  crux  interpretum  und  unendlich  verschieden  von  den 
Exegeten  behandelt.  Es  Aväre  zu  weitläufig  und  unfruchtbar,  alle  Deutungen 
und  Textänderungen  aufzuzählen  und  zu  besprechen.  Ich  setze  v.  26=*  mit  dem 
letzten  Wort  von  v.  25  in  der  Form,  Avie  ihn  der  M.  T.  bietet  und  wie  ich  ihn, 
zum  teil  nach  LXX,  emendiere,  unter  einander: 

•»iiyaoi  nsr  ispi  mj;  nn«i  mp^ 
ntrnö  in«  nt  i]])\]  nj;  -ins  mpn 

f]pj  für  »Ipi  nach  LXX,  ausserdem  ist  zweimal  ein  1  versetzt  und  Hl;  plene,  hin- 
gegen "'IIJ?  als  n;;  defectiv  geschrieben.  Den  ganzen  Vierzeiler  übersetze  ich: 
Aöer  ich  weiss,  mein  lUulrUchcr  ist  da  Und  ein  l  beliebender  über  dem  Staube; 
Und  auf  stehen  wird  ein  anderer  als  in  ein  Z,euge,  Und  aufrichten  wird  der 
sein  Zeichen.  ""iSI,  betontes  Ich:  aber  was  rede  icli,  ich  weiss  es  ja,  ich  habe 
es  ja  selber  schon  ausgesprochen  (Cap.  16  i9),  ich  habe  einen  Bluträcher.  Unser 
„lebt"  ist  für  "'H  nicht  ganz  ausreichend;  letzteres  bedeutet:  ich  habe  einen,  und 
er  ist  l)ereit.  in  Thätigkeit  zu  treten,  sobald  es  nötig  wird.  Der  Bluträcher, 
eigentlich  D"in  "pjSiil,  der  Einlöser  des  Blutes,  ist  immer  der  nächste  Erbe,  in 
erster  Linie  der  Solni  eines  Mannes,  der  ganz  in  dessen  Stellung,  Ansprüche 
und  Ptlichten  eintritt,  sein  Nachkomme  im  })hysischen  oder  rechtlichen  Sinne, 
daher  sein  llins  v.  25*^;  er  heisst  b^'t  auch  ganz  abgesehen  von  dem  Fall,  dass 
sein  Vormann  ermordet  wird.  Geschieht  das  Letztere,  so  ist  er  verpflichtet, 
sein  Blut  „einzulösen",  so  gut  wie  er  materielle  llückstände  einfordert;  da 
er  das  geraubte  Leben  nicht  von  dem  Mörder  oder  dessen  Sippe  zurück- 
gewinnen kann,  so  muss  durch  ihn  diese  Sippe  mittelst  der  Tötung  des  Mörders 
oder  eines  anderen  (wenn  auch  unschuldigen)  Gliedes  denselben  Verlust  er- 
leiden, wie  die  Sippe  des  Gemordeten  (später  wird  letztere  im  alten  Recht  durch 
ein  Wergeid  schadlos  gehalten).  Auch  das  sittliche  Gebiet  wird  berührt,  so- 
fern ein-  getöteter  Mensch,  wenn  er  nicht  gerächt  wird,  dadurch  als  tötenswert 
hnigestellt  würde,  während  die  Blutrache  ihm  seine  Elire  wiedergiebt.  In 
unserem  Fall  kommt  es  gerade  hierauf  an:  wenn  Hiob  stirbt,  wird  er  als  todes- 
würdiger Verbrecher  gelten  (Jes  53  4  9),  die  Blutrache  hat  die  Aufgabe,  seine 
Unschuld  und  Ehre  zu  retten.  Wer  ist  nun  sein  nächster  Anverwandter  und 
Freund,  der  veri)flichtet  ist,  für  seine  Ehre  einzutreten?  Das  kann  nur  Gott 
sein,  denn  dass  alle  menschlichen  Verwandten  und  Freunde  sicli  zurückgezogen 
haben,  ist  ja  soeben  v.  13—20  ausgeführt.  ^DJJ"^J^  heisst  so  viel  Avie:  an  meinem 
Grabe  vgl.  Cap.  7  21;  17  16.  Bis  zu  diesem  Worte  geht  das  erste  Distichon,  wie 
das  Metrum  an  die  Hand  giebt ;  auch  der  Sinn  wird  besser,  Avenn  blos  r\\r}\  hin- 
zuzudenken ist,  da  man  sich  doch  unter  dem  Aufstehn  am  Grabe  nichts  rechtes 
denken  kann.  v.  26^  Aväre  Avörtlich:  und  luich  meiner  Haut,  sie  haben  nieder- 
geschlagen, dieses.  Das  ist  Unsinn.  LXX  hat:  aufstehn  zu  lassen  meine 
Haut,  dieses  aufzurichten.  Schuld  an  der  Verderbnis  ist,  Avie  es  scheint,  die 
mater  lectionis  von  ^"liy,  Avofür  Avir  mit  Bickell  "'"IJ;  lesen.    „Ein  anderer",  ein 


Mi  19  26  103  Hi  19  27 

Stellvertreter  (l.  in«  für  in«),  wird  sicli  erheben  als  mein  Zeuge ;  AvirJ  sich  auf- 
luacheii.  um  mich  zu  verteidigen.   Ähnlich  verhüllt,  obwohl  unmissverständlicU 
drückte  sich  dieStelletlap.  IG  19  aus;  dort  ist  \un\i  derZeu^'c  im  Himmel,  stumm, 
verhorgeii,  hier  wird  er  in  seiner  Thätigkeit  gedacht,      l'hrigens  könnte  mau 
auch  mit  LXX  das  Hii»h.  D^J?)  lesen:  er  wird  mein  Zeugnis,  dem  ich  ewi«'e 
Geltung  wünschte  v.  231'..  hekrältigen.  zur  Anerkennung  Itringen.   Ferner:  und 
aufrichten  wird  der  sein  Zeichen.    f)i5T  im  AT  nur  I*s  145  U;  146»:  einen  Ge- 
beugten aufrichten,  im  Aramäischen  so  gebraucht  wie  «b^3,  D^pn,  D^l.n,  2''^n  im 
Hebr.    Das  Zeichen,  das  der  Bluträcher  aufrichtete,  kennen  wir  nicht,  aber  es 
ist  selbstverständlich,  dass  der  Bluträcher  an  der  Leiche  des  getöteten  Mörders 
ein  Zeichen  hinterlassen  musste,  ähnlich  wie  es  die  Vollstrecker  der  Yehme 
thaten.  um  die  Tötung  von  einem  gemeinen  Mord  zu  unterscheiden  (trägt  doch 
andererseits  ein  Kain  ein  Zeichen  an  sich,  das  ihn  vor  der  Blutrache  schützt). 
niH  def.  geschrieben  und  im  Sinne  von  Beweisstück  auch  Cap.  21  29.   Ein  solches 
Zeichen  ist  dann  zugleich  eine  Genugthuung  für  den  Getöteten,  gerade  so  wie 
jene  Felseninschrift  v.  24.   Durch  das  gewählte  Bild  hat  sich  der  Dichter  der 
prosaischen  Notwendigkeit  enthoben,  im  Einzelnen  nachzuweisen,  wie  Gott  es 
eigentlich    anfängt,    Hiobs   Ehre    wiederherzustellen.     Ihren    höchsten  Flug 
nimmt  nun  Hiobs  llotfnungsfieuiligkeit  im  folgenden  Vierzeiler  20''  27:  Ausser 
wehiem  Leihe  trerite  ich  sehen  Kloah,  Den  Ich  sehen  icerde ,  für  Mich!  l'nif 
Meine  Annen  sehen  ihn  nnd  kein  Fremder  —  A*  renjehen  meine  Meren  in 
meinen!  linsen!  Hier  braucht  kein  Buchstabe  am  hebr.  Text  geändert  zu  wer- 
deiL    „Ohne  meinen  Leib"  d.h.  obwohl  ich  tot  bin.    Der  Körper  bleibt  ja  unter 
der  Erde.  Hiob  selber  aber  wird  als  Geist,  etwa  wie  Samuel  I  Sam  28,  vgl.  Mt 
27  5'2  f.,  aus  der  J^rde  steigen,  und  eben  als  Geist  Gott  selber  sehen,   ntn  wird 
bekanntlich  mit  Vorliebe  vom  ekstatischen  Schauen  gebraucht.    Um  die  beiden 
folgenden  Stichen  richtig  zu  verstehen,  muss  man  die  Geschichte  II  Reg  2  ver- 
gleichen: Elisa  begehrt  den  Erstgeborenenanteil  von  Elias  Geiste,  Elia  sagt, 
eine  solche  Verleihung  sei  nicht  von  ihm  allein  abhängig,  wenn  aber  Elisa  seine 
Himmelfahrt  werde  sehen  können,  so  werde  er  auch  den  gewünschten  Doppel- 
anteil empfangen;  Elisa  kann  die  Himmelswagen  sehen,  also  bewährt  auch  der 
Mantel  seine  Kraft;  die  Prophetengenossen  hingegen,  die  nahe  dabei  standen 
und  Elias  Entrückung  prophetisch  vorherwussteu.  haben  nichts  als  Elias  Ver- 
«üJiwindeu  bemerkt,  müssen  also  dem  Elisa  künftig  nachstehen.    So  weiss  Hiob, 
dass  er,  zum  Ersatz  für  die  vorher  erlittene  Inbill.  Gott  wird  sehen  können, 
wenn  er  sein  Zeichen  aufrichtet,  wenn  er  z.  B.  an  Hiobs  Grabe  irgend  ein 
Wimder  thut,  das  diesen  als  Märtyrer  erscheinen  lässt:  andere  Menschen  da- 
gegen, selbst  visionär  begal)te  wie  Kliphas.  werden  wohl  das  Zeichen  sehen, 
aber  Gott  selber  nicht.    Hiob  sieht  ihn  für  sich  allein,  alle  anderen  sind 
„Fremde*'  gegenüber  diesem  Mysterium.    Das  Schauen  Gottes  aber  ist  die 
höchste  Erhebung  und  Seligkeit  des  Menschen,  daher  ruft  Hiob,  überwältigt 
Tom  Vorgefühl  dieses  höchsten  Augenblicks,':  Es  vergehen  meine  Nieren  in 
meinem  Busen!  Ohnmächtig  werden  vor  starker  Erregung  kommt  im  AT  öfter 
vor,  z.  B.  vor  ^jchmerzlicher  Überraschung  Ctn  5  6,  vor  A'erwunderung  I  Reg 
10 ö;  unser  Satz  spricht  vom  Hinschwindendes  Bewusstseins  vor  übergrosser 


Hil9  27  104  Hil9  29 

Freude  (nicht:  vor  Sehnsucht).  Psychologisch  verwandt  unserer  Stelle  ist  das 
letzte  Wort  Hiobs  Cap.  42  s  e:  jetzt,  da  icii  dich  gesehen  habe,  sterbe  ich  gern. 
Kein  "Wort  aber  sagt  Hiob  darüber,  ob  er  von  da  an  Gott  ewig  sehen,  ewig  weiter 
leben  werde.  Er  denkt  gar  nicht  daran!  Wenn  er  in  diesem  Augenblick  davon  redete, 
würden  wir  glauben,  dass  die  Unsterblichkeitshoffnung  längst  für  den  Dichter  feststand 
und  nur  mit  dramatischer  Kunst  zur  Lösung  des  Knotens  verwandt  wurde  (vgl.  zu  Cap, 
14  13-15).  Aber  das  ist  nicht  der  Fall.  Allerdings  ist  die  hier  siegreich  hervorbrechende 
Gewissheit  vorbereitet,  indirekt  eigentlich  schon  dadurch,  dass  der  Dichter  überall  da, 
wo  er  vom  Todeszustand  sprach,  besonders  in  Cap.  3,  in  übertreibender,  weit  über  die 
gewöhnlichen  Vorstellungen  hinausgehender  "Weise  den  Tod  als  völliges  Nichtsein  hinstellt, 
direkt  aber  in  jenen  lichteren  Momenten,  in  denen  er  den  Gedanken  ausspricht,  Gott 
müsse  Hiob  nicht  ganz  lassen  können,  müsse  nach  ihm  sehen  und  suchen,  sich  nach  ihm 
sehnen,  wenn  er  dahin  sei  (Cap.  7  8  21;  14  13  ff. ;  16  19  f.).  Aber  das  waren  Gedanken,  die 
er  fast  in  demselben  Augenblick,  wo  er  sie  empfing,  wieder  aufgab.  Bisher  hatte  immer 
noch  der  realistische  Zweifel  die  Oberhand,  erst  hier  siegt  der  sittlich-religiöse  Idealismus. 
Hier,  an  dieser  einzigen  Stelle  des  AT,  lernen  wir,  wie  die  religiöse  (nicht  die  psycho- 
logisch-animistische)  Unsterblichkeitshoffnung  entsteht.'  Dass  sie  sich  zunächst  nur  auf 
Eine  Person  und  Einen  Augenblick  beschränkt,  ist  gerade  ihr  Vorzug;  die  Hoffnung  auf 
alle  mit  Gott  verbundenen  Frommen  und  auf  ewige  Zeit  auszudehnen,  ist  ein  Leichtes, 
sobald  nur  erst  die  Macht  des  Todes  überwunden  ist.  Die  beiden  Faktoren  aber,  die  hier 
zusammen  wirkten,  sind:  erstens  das  Bedürfnis  der  sittlichen  Persönlichkeit,  sich  gegen  die 
Unterdrückung  durch  ein  ungerechtes  Geschick  zu  behaupten,  zweitens  das  Bedürfnis  der 
religiösen  Persönlichkeit,  Gott  zu  sehen  und  seine  Freundschaft  zu  erleben. 

Den  letzten  Vierzeiler  würde  man  gern  missen.  28  29  We?i?i  ihr  denkt: 
wie  wollen  icir  ihn  verfolgen  lind  die  Wurzel  der  Sache  trollen  tcir  in  ihnt 
finden:  Habt  Angst  für  euch  vor  dem  Schtverte,  Denn  Zorn  wird  die  Ruchlosen 
verheeren.  Der  göttliche  Bluträcher  wird  die,  die  von  Hiobs  Blut  nicht  satt, 
werden  konnten  v.  22,  zur  Rechenschaft  ziehen.  Übrigens  weicht  diese  Be- 
drohung der  Freunde  darin-  von  der  Angabe  des  Volksbuches  Cap.  42  7  ft".  ab, 
dass  die  Freunde  sich  hier  gegen  Hiob,  Cap.  42  gegen  Gott  verfehlen.  In 
V.  28''  ist  mit  LXX  1D  für  ^3  zu  lesen  und  i<^tti  als  Lp.  plur.  imperf.  Qal  anzu-. 
sehen;  die  Freunde  Hiobs  sprechen  wie  die  des  Jeremia  (Jer  20  lo).  Die, 
Wurzel,  d.  h.  den  Grund  der  Sache,  nämlich  des  Unglücks,  wollen  sie  in  Hiob 
finden,  während  Hiob  sie  in  Gott  sucht;  eben  dadurch  verfolgen  sie  Hiob  v.  22. 
Mag  der  Vierzeiler  echt  sein  oder  nicht,  so  giebt  er  den  Gegensatz  zwischen 
den  beiden  Auffassungen  richtig  an.  ')1'1,  gewöhnlich  mit  "'"IDJS,  v.  22  mit  dem 
acc,  hier  mit  h  wie  Jdc  7  25  mit  ^N  konstruiert.  In  v.  29  ist  DD*?  Gegensatz  zu 
dem  in  von  v.  28:  fürchtet  für  euch  selbst!  v.  29"^  lautet  im  M.  T.:  denn  Zorn 
ist  Sclnvertesschulden,  das  ist  unverständlich,  auch  wenn  man  den  sing.  ]i?  lesen 
AvoUte  (der  Zorn  der  Freunde  verdient  den  Tod  durch  das  Schwert);  nsn  für 
non,  „dergleichen",  könnte  der  vermuten,  der  den  Vierzeiler  für  unechte  Prosa- 
hält. LXX  übersetzt  ein  «nri  objj;,  Zorn  wird  über  die  Euchlosen  kommen. 
Das  wird  in  der  Hauptsache  richtig  sein;  will  man  den  massor.  Konsonanten 
näher  kommen,  so  kann  man  ninpi  für  N'nn  lesen. —  Angehängt  ist  eine  Glosse: 
damit  ihr  wisst,  dass  ein  Gericht  ist.  Schon  das  -^  verrät  den  Glossator,  der 
wohl  an  den  jüngsten  Tag  denkt.  LXX  übersetzt  die  Konsonanten:  ]iyT  tK 
DT  ti'"'«,  was  vielleicht  eigentlich  heissen  sollte:  dann  wird  man  erkennen  deix 
Mann  der  Blutschuld  (dem  das  Schwert  des  Bluträchers  droht). 


Hi:i(»2  105  Hi20  7 


Cap.  20.   Zweite  Hede  /opliar». 

In  den  cink-itendtn  Benierkungt-n  Cap.  19  ist  ge/cigt  worden,  warum  der  J)ichter 
mit  Cap.  19  nicht  abschlies.sen  kann.  Es  muss  notU  die  allgemeine  Seite  des  ProMems 
behandelt  werden,  warum  die  Frummen  oft  unglücklich,  die  Gottlosen  glücklich  sind, 
warum  auch  Hiob,  der  doch  Gott  zum  Freunde  hat,  leiden  muss.  Damit  diese  Frage  in 
Angrift'  genommen  werden  kann,  muss  Hiob  erst  nachweisen,  dass  jener  AViderspnich 
zwischen  dem  sittlichen  Postulat  und  der  Wirklichkeit  thatsächlich  besteht.  Diesen  Nach- 
weis zu  provozieren,  dazu  dienen  die  noch  folgenden  Reden  der  Freunde,  die  natürlich 
das  (legentcil  behaupten  und  die  Vergeltungslehre  festhalten. 

2  3  Peisrniliclies  ge^en  den  Vorredner.  Diinim  bvstinim'ii  inii h  im-iin' 
(Icdiiiikrn ,  l  iid  am  ilosirillen  ist  mein  Drdmjcn  in  mir:  'Äiircrliltrcisiiiin .  die 
niiili  .srlnniihl ,  muss  ich  hören  lud  Wind  (dine  Einsieht  j/iefist  du  mir  zur 
Antwort.  Leichter  wäre  dus  \'erhtändni.s,  wenn  v.  •!  hinter  v.  3  stünde,  abei- 
vielleieht  soll  dnrch  diese  Satzfolge  das  Ungestiiin  Zophars  zum  Ausdruck 
kommen.  Zti  ''EJ?b'  vgl.Cap.-A  i;i.  ""i^S"^";,  meine  (le(hinken  antworten  mir?  das  ist 
unvers.tändliih;  die  geringeVerbesserung,  die  man  durch  das  ]?  K^  (l'ür  p"?)  der 
LXX  erhält:  nicht  so  (wie  dir)  antworten  mir  u.  s.  w.  wiegt  das  Uberkünstliche 
des  Aus(h-ucks  nirht  auf.  Wegen  v.  2''  vermute  ich  "iCHT,  sie  bestürmen  mich, 
nötigen  mich  zur  Antwort.  In  v.  2''  ist  hinter  "lliP?  mit  Bickell  ein  n«l  ein- 
zusetzen, das,  wie  es  scheint,  nach  v.  4  verschhigen  ist.  In  v.  3''  muss  mit  LXX. 
die  allerdings  ihren  Text  falsch  übersetzt,  gelesen  werden:  ^l^Vn  ni'SO,  denn 
der  hehr.  Satz:  ein  Geist  (niasc!  welcher  Geist?)  antwortet  mir  (ohne  vorher- 
gehende Frage?)  aus  meiner  Einsicht  (warum  nicht  aus  seiner  eigenen  Ein- 
sicht?) ist  voller  Unsinn.  Mit  dem  „Wind  ohne  Einsicht"  ahmt  Zophar  dem 
Bildad  Cap.  8  2  und  besonders  dem  Eliphas  Cap.  15  2  nach.  Die  schimpfliche 
Zurechtweisung  ist  natürlich  Cap.  11)  2  ff.  —  Es  folgt 

4-20  eine  lange  Rede  über  das  Schicksal  des  Gottlosen,  ein  SeitenstOck 
zu  Cap.  1(S.  4  5  Weisst  du  nirht  ron  urher.  Seit  Menschen  auf  Erden  sind, 
Dass  der  Juhel  der  (itdtlnsen  huri-  ist  l  nd  die  Ereude  des  l  nhei/it/en  für  den 
Aufienhlith?  Mit  diesem  Satz,  den  Zophar  für  unwiderleglich  hält,  schlägt  er 
den  Grun(lgfdaid<en  seiner  Kede  an.  Für  n«tn  ist  mit  LXX  «"JH  zu  schreiben; 
n«f,  das  wahrscheinlich  aus  v,  2''  hierher  geraten  ist,  müsste  auf  ("aj).  11)6  ff.; 
2öff.  gehen,  was  mit  der  Fortsetzung:  „von  der  Schöpfung  her^  einen  absurden 
Gedanken  gäbe.  In  v.  4''  ist  D'tr  auffällig,  weil  das  Subj.  fehlt  und  ein  ..man«' 
doch  vernünftiger  Weise  nicht  hinzugedacht  werden  kann.  Will  man  nidit  ein 
^K  einschieben,  was  das  Metrum  verwehrt,  so  muss  D't'  ein  Zusatz  sein  (ähn- 
lich sonderbar  steht  das  D^b  .Tes  44  7).  Aus  der  ganzen  Weltgeschichte  soll 
sich  ergeben,  »lass  die  Freude  der  (Gottlosen  ..aus  der  Nähe-,  nicht  weit  her 
ist.  6  7   Wenn  empörst eiiit  zum  Himmel  seine  lUdieit  u.  s.  w.    K'b^  ä-.  /.ey- 

ist  wohl  nur  andere  Aussprache  für  XltT  Ps  S<.>  lo  aus  Ktr:.  Zu  «lem  Bilde,  vgl. 
.Fes  14  13  f.  v.  7:  Wie  sein  Mistfeuer  vergeht  er  u.  s.  w.  Der  "j?,  vgl.  '?'?3  I  Beg 
14 10,  ist  nach  Weizsteix  bei  Delitzsch  ein  runder  Kuchen  aus  dem  Mist  der 
frei  weidenden  Kinder,  der,  vor  der  Begenzeit  haufenweise  aufgeschichtet,  für 
den  Winter  als  Brennmaterial  dient;  ein  absichtlich  hässliches  Bild.  Zu  VK^l. 
seine  Bekannten,  vgl.  Ca}).  7  s.   Wo  ist  er  geblieben?  er  ist  spurlos  verschwnn- 


Hi  20  7  106  Hi  20  17 

den;  der  liimmelanstrebende  Mensch  war  nur  eine  liässliche  Rauchwolke. 
8—11  Er  verfliegt  wie  ein  Traum,  unauffindbar  (1.  «SS";  nach  LXX,  da  ein  Traum 
doch  nicht  von  INlenschen  autgesucht  wird),  wird  Aveggescheucht  (natürhcher 
wäre  wohl  das  Qal  statt  des  Hoph.)  wie  ein  Nachtgesicht  —  bekannte  Bilder, 
vgl.  Jes  29  7;  Ps  73  20.  v.  9  f.  halte  ich  nicht  für  ursprüngHch.  v.  9=':  Ein  Auge 
erblickte  ihn  und  thut's  nicht  mehr  (^Vt^  im  Sinne  „erblicken"  kommt  nur  noch 
in  der  fremden  Dichtung  Cap.  28  7  vor)  wiederholt  den  Gedanken  von  v.  7  '^; 
V.  9''  aber  ist  ein  Citat  aus  Cap.  7  10;  der  ganze  Vers  fehlt  in  der  ursprüng- 
lichen LXX.  In  V.  9''  A\ird  übrigens  linity'";  zu  schreiben  sein,  da  DIpO  immer 
(auchGrenl824;  IlSam  17  i2)masc.ist.  Die  beiden  Stichen  von  v.  10  passen  nicht 
in  einen  Zusammenhang,  der  vom  raschen  Verschwinden  des  Gottlosen  redet 
imd  stimmen  auch  unter  sich  nicht  zusammen:  liest  man  v.  10^  von  des  Gott- 
losen Söhnen,  so  stellt  man  sich  ihn  als  gestorben  vor,  in  v.  10''  lebt  er  wieder. 
Dazu  hat  v.  10^  eine  fatale  Ähnlichkeit  mit  v.  19  und  ist  schwer  verständlich. 
Die  Alten  übersetzen:  seine  Söhne  zerschlagen  die  Niedrigen  (155T),  so  auch 
manche  Exegeten;  andere  wollen  n^l.  in  dem  sonst  nicht  vorkommenden  Sinn 
begütigen  fassen,  ohne  dass  man  begreift,  wer  die  Söhne  dazu  zwingt,  die  Nie- 
drigen zu  „begütigen",  und  warum  das  etwas  so  ganz  Schlimmes  sein  soll; 
BuDDE  will  il^JT  als  Niph.:  sie  werden  als  Niedrige  zerbrochen,  aber  warum 
wird  da  ü^b"^  hinzugesetzt?  Während  v.  lO'*  eine  Variante  zu  v.  19  ist,  sieht 
V.  10  ^  wie  eine  Glosse  zu  v.  18  aus,  ist  jedenfalls  an  seiner  jetzigen  Stelle  ganz 
unmotiviert,  da  man  nicht  begreift,  warum  „seine  Hände  sein  Vermögen  zurück- 
geben" sollen:  wenn  es  noch  sein  Raub  wäre!  ausserdem  ist  er  ja  schon  tot! 
Dagegen  schliesst  sich  v.  11  ganz  gut  an  v.  6—8  an:  Seine  Gebeine  iimren  voll 
von  seiner  Jngendkraft,  Doch  mit  ihm  legi  sie  sich  in  den  Staub,  der  Vorder- 
satz entspricht  dem  6.,  der  Nachsatz  dem  7.  8.  Verse.  Subj.  von  23tt^n  ist  nicht 
„seine Gebeine",  da  diese  nicht  löj?,  mit  ihm,  begraben  werden,  sondern  Vo6^ 
(plur.  tantum,  vgl.  Cap.  33  25),  das  nach  Ges.-Kautzsch26  §  145  4  mit  dem  fem. 
sing,  konstruiert  ist.  Die  beiden  folgenden  Vierzeiler  hangen  eng  zusammen, 
12  13  ist  nur  ein  langer  Vordersatz:  Wenn  süss  schmeckt  seinem  Munde  das 
Böse,  Er  es  birgt  nnter  seiner  Zunge,  Es  aufspart  und  nicht  fahren  lässt  Und 
es  zurückhält  so  recht,  an  seinem'  Gaumen:  —  eine  weitläufige,  aber  hüljsche 
Beschreibung  des  Kitzels,  den  die  Bosheit  dem  Bösen  bereitet.  14  15  der 

Nachsatz:  So  ist  seine  Speise  r  er  wandelt  u.  s.  w.  Das  Perfekt:  hat  sich  plötz- 
lich verwandelt,  deutet  die  Enttäuschung  an:  die  süsse  Kost  war  ein  Gift. 
V.  15  wendet  das  speziell  auf  den  unrechtmässigen  Erwerb  an,  den  der  Magen 
des  Gottlosen  nicht  vertragen  kann.  Interessant  ist  die  Behandlung  von  y.  15'^ 
in  der  LXX:  dass  Gott  selbst  die  Speise  aus  des  Gottlosen  Bauch  heraustreibt, 
war  doch  zu  anstössig,  so  übersetzte  man  V«  mit  aYyeXo?  (CA.:  Todesengel) 
oder  machte  oixta?  aus  xoiXia?  (C.  V.).  16  17  Das  erste  Distichon  ist  eine 

ziemlich  leere  Variation  von  v.  14'',  zumal  wenn  in  beiden  Versen  D''in3  steht; 
da  aber  die  LXX  verschiedene  Schlangennamen  hat,  so  dürfen  wir  hier  wohl 
etwa  D"'ii;DS  lesen.  Im  Übrigen  scheint  es  ja  oft  so,  als  ob  der  Dichter  Schil- 
derungen Avie  diese  nur  rasch  hingeworfen  habe.  v.  17  ist  augenscheinlich  nicht 
kl  Ordnung.  Drei  Wörter  für  Bäche,  das  ist  des  Guten  zu  viel,  ausserdem 


Hi20l7  107  Hi20  23 

fehlt  in  V.  17*  die  Parallele  zu  Honig  uuel  Hutter.  Wir  streichen  ^ini  als  stehen 
gebliebenen  Schreibfehler  für  ^bm,  das  aber  jiar  nicht  Bäche,  sondern  Tliäler 
bedeuten  soll,  und  lesen  für  ni2^D2,  das  an  Jdc  ö  löf.  Cwo  es  vielleicht  Stäuinie 
bedeutet)  eine  nur  unsichere  Stütze  iiat:  n'li  s'^n?,  alles  nach  LXX;  demnach: 
IS'icIit  iliirf  er  s/'c/i  tcchlen  an  der  Milch  der  Attcfi,  .ißt  ThtUeni  nm  Uimitf  und 
Butler.  Das  bildet  einen  j,'uten  Ge^'ensat/  zu  v.  16.  Hiub  führt  Cap.  21  7  ff. 
idyllisclie  IJilder  ent^ej^en^eset/.ten  Sinnes  aus.  In  arger  Verwahrlosung  ist 
auch  IS  19  überliefert,  wo  nicht  blos  die  LXX  sich  aufs  Raten  verlegen  nuiss, 
sondern  schon  ältere  Leser,  wie  v.  10  bezeugt,  mit  Glossen  zu  Hülfe  kamen. 
Da  in  v.  18  der  zweite  Stichos  reichlich  lang  ist,  so  streiciie  ich  ^*n2  und  lese 
•tJB^  für  TCte  (fiXX:  ItS'?).  ferner  wegen  v.  18  •»  yby;  für  yba^  Er  mehrt  den  Er- 
werb und  Idiiht  ii'nhl  heiler.  Seinen  Einlaiiseh  und  trird  nicht  froh.  Zu  "^Cto 
vgl.  die  l'iini>e:  icn  "JI^'D.  zu  J^br  Cap.  Djt;  ]0-2o.  v.  li»  sagt,  wie  er  den  Hr- 
werb  mehrt:  Denn  er  driichl  den  Verdienst  der  Medri//en ,  Itnnht  ein  Ihnis, 
iln.s  er  nicht  haute.  Mit  Hoi"fmanx  lese  ich  3Sj;  für  2fj;;  in  v.  19''  ist  das  jterf. 
^n22  zu  sciireiben  und  1  vor  K*?  zu  streichen  (Kelativsatz  ohne  'IB'lJ).  Die  0^^"^ 
sind  Tagelöhner,  denen  er  Hungerlühne  zahlt  oder  Abzüge  macht.  Im  folgen- 
den Vierzeiler  20-22  wird  erklärt,  warum  er  seines  Kaubes  nicht  froh  wird. 
V.  20"  würde  nach  dem  M.  1\  lauten:  denn  er  weiss  nichts  Ruhiges  in  i^einera 
Bauch,  ein  sonderbarer  Satz,  der  weder  zum  vorigen  j)asst,  da  man  geiaubte 
Häuser  nicht  dem  Bauch  einverleibt,  noch  zum  folgenden,  wo  von  der  Rettung 
seiner  Kostbarkeiten  gesprochen  wird.  Allerdings  hat  schon  v.  21,  der  allem 
Anschein  nach  Glosse  ist,  den  jetzigen  hebr.  Text  zur  Voraussetzung:  keiner 
entrinnt  seinem  Fressen,  darum  hat  sein  Gut  nicht  Bestand.  Die  LXX  liest 
in  V.  2<i'»:  libcez  'b^  «*?,  was  augenscheinlich  besser  ist:  .V/r///  liiit  er  liuhe  hei 
seinem  Schall,  Durch  seine  hitslharkeilen  rettet  er  sich  nicht.  Zu  t3'?0"'_  lässt 
sich  IK'Di  hinzudenken,  sodass  C3^1S^.  nicht  nötig  ist.  Das  2  vor  niDPl  (der  plur. 
D'licn  wie  sonst  nnion  ist  (loch  wohl  natürlicher  als  der  sing.)  anders  als  ge- 
wöhnlich aufzufassen  (nämlich  als  „mit"'),  hat  man  keinen  Grund,  wie  die  Fort- 
setzung V.  22  zeigt:  In  der  Falle  seines  t  herßusses  leidet  er  .\id,  .llle  Macht 
4tes  i'nhei/s  hommt  iUier  ihn.  Der  inf.  msVo  ist  nach  Art  der  Verba  T\b  ge- 
bildet, s.  (iKs.-Kalt/scii-*'  ij  75  A.  21  c,  und  das  N  wohl  erst  nachträglich  ein- 
gesetzt. Für  "^Cj;  ist  mit  LXX  ^OJ^  auszusprechen,  weil  sonst  ü'ScP  geschrieben 
wilre:  übrigens  lässt  nichts  in  unserem  Buche  vermuten,  dass  die  unterdrückten 
niederen  Volksschichten  zur  Zeit  des  Dichters  an  Selbsthülfe  dachten  oder 
denken  konnten.  Im  Folgenden  bespricht  nun  Zophar  die  göttlichen  Strafen, 
«He  den  Gottlosen  treffen,  wobei  wie  oft  G<>tt  selbst  nicht  genannt  wird.  In 
23- 2(> '  ist  das  erste  Sätzchen:  „es  dient  zum  Füllen  seines  Bauches-,  weil 
ganz  aus  dem  Zusammenhang  herausfallend,  wieder  eine  Glosse  (zu  v,  22»),  die 
vermutlich  mit  v.  21  in  Verbindung  steht  und  ebenfalls  den  Gottlosen  für  einen 
Allesfresser  erklärt.  In  v.  23'  ist  IDin^  unverständlich,  mag  man  es  „sein  Kin- 
geweide"  oder  sein  „Brot"  übersetzen,  ebenso  ID^^y  mit  seinem  plural.  Suff. 
Man  hat  für  ersteres  vorgeschlagen  nlnV?  (Schwally.  Bickell).  ons  (Bekr), 
D'^'jzn  (Meux.  SiECJFEiZD),  doch  wird  dadurch  die  Entstelning  von  ID**"?!;  nicht 
erklärt.    Vielleicht  schrieb  doch  der  Dichter  einfach  incn  v'jj^,  und  die  über- 


Hi  20  23  108  Hi  20  29 

scliiesseiiden  Konsonanten  waren  als  b^^  die  ISTote  eines  Lesers,  der  auf  die 
Sintflut  hinwies  (vgl.  Cap.  22  löf.).  Also  v.  23:  Er  entsendet  auf  ihn  die  Glut 
seines  Zorns  Und  lUsst  regnen  auf  ihn  seinen  Grinitn.  Yon  diesem  ersten 
Distichon  ist  das  zweite  (v.  25«^  26'*)  getrennt  durch  einen  Vierzeiler,  der 
sich  dem  Zusammenhang  nicht  einfügt  v.  24  25='  '^:  Er  flieht  vor  der  Eisen- 
rüstung, Es  durchbohrt  ihn  der  eherne  Bogen,  Das  Geschoss  führt  zu  seinem 
Rücken  heraus  Und  die  Klinge  aus  seiner  Galle.  Vielleicht  spricht  auch  dieser 
Vierzeiler  von  einem  Gottlosen,  aber  geschildert  wird  dessen  Erlegung  durch 
Menschen;  und  wenn  er  auch  an  sich  irgendwo  in  den  Reden  der  Freunde 
untergebracht  werden  könnte,  so  doch  nicht  zwischen  v.  23  und  v.  25"=  ff.  In 
V.  25-'  ist  mit  LXX  zu  lesen  H'iSJp  rhä  ^'^^y  (Siegfkied,  Beek);  Buddes  Ein- 
wand, dass  einem  Fliehenden  die  AVaffe  nicht  aus  dem  Rücken,  sondern  aus 
der  Brust  hervorkommt,  beruht  auf  einer  willkürlichen  Verbindung  des  Bildes 
in  V,  25=^  mit  v.  24,  von  der  man  schon  sogleich  v.  25''  ausschliessen  muss,  oder 
soll  der  Unglückliche  vom  Pfeil  v.  24,  vom  vh^,  etwa  "Wurfspeer,  v.  25=*  und 
vom  p'lS,  der  blitzenden  Klinge,  zugleich  durchbohrt  werden?  —  !Nach  diesem 
Einsatz  folgt  das  zweite  Stichenpaar  des  v.  23  beginnenden  Tetrastichs  mit 
V.  25<=  26''.  Der  erste  Stiches  v.  25«  lautet  im  M.  T.:  er  geht  dahin,  über  ihm 
Schrecjven,  in  der  LXX:  es  gehen  über  ihn  Schrecken;  letztere  Fassung  würde 
man  mit  Meex,  Bickell,  Siegekied,  Beer  vorzuziehen  haben,  wenn  nicht  "^j} 
sonderbar  wäre;  ich  vermute:  ^3Sn^  vgl.  Cap.  19  19;  I  Sam  4i9.  In  \.  26-'  ist 
der  Satz:  Finsternis  ist  verborgen  seinen  aufgesparten  (Schätzen)  als  Drohung 
höchstens  so  zu  verstehen:  die  schützende  Finsternis  (Jes  45  o)  ist  seinem 
«s  Mammon  entzogen,  aber  wie  künstlich  wäre  das!  Die  Textlesart  erklärt  sich 
■^^  "aus  ursprünglichem  "i'?  ]10t?,  dem  die  Variante  pDiJ  übergeschrieben  war,  vgl. 
LXX.  Somit  lautet  das  Distichon:  Es  kehren  sich  wider  ihn  Schrecknisse, 
Lauter  Finsternis  ist  ihm  aufgespart.  26'^ '  27  Es  verzehrt  ihn  unangef achtes 
Feuer..  1.  nnSJ,  da  U'«  im  selben  Satz  als  femin.  behandelt  ist,  ferner  in'rDSn  s. 
Ges.-Kautzsch26  §  68  f.  Unangefachtes  Feuer,  wahrscheinlich  sprüchwörtlich, 
mag  etwa  das  Feuer  Gottes  Cap.  1 16  oder  ein  Feuer  in  uneigentlichem  Sinn, 
z.  B.  das  Fieber  sein.  yT  v.  26*=  wird  bald  von  V^"!  abgeleitet  (entweder  J^l^ 
LXX  oder  V"!!!),  bald  von  nj;"!  und  dann  als  „abweiden"  gedeutet  (der  Ent- 
ronnene im  Zelt  abgeweidet!),  was  es  nicht  heisst;  T'l.'ü^  soll  „Rest"  sein,  während 
es  sonst  immer  den  Entronnenen  bedeutet.  Ob  der  Text  wiederhergestellt 
werden  kann,  ist  die  Frage;  ich  lese  in  Ermangelung  eines  Besseren:  Tlty  Ij;;;: 
Es  erhebt  sich  der  Vertnister  gegen  sein  Zelt,  vgl.  Cap.  15  21.  v.  27:  Himmel 
imd  Erde  treten  durch  Blitz,  Hagel,  Erdbeben  u.  dgl.  gegen  ihn  auf  und  kenn- 
zeichnen ihn  dadurch  als  Sünder.  28  29  Forlrafft  Verderben  sein  Haus^ 
Der  Fluch  am  Tage  seines  Z.orns.  Man  übersetzt  v.  28:  fortwandern  muss 
Oy  als  juss.  Qal  von  T\\l,  ins  Exil  gehen!)  der  Ertrag  seines  Hauses,  Fort- 
geströmtes am  Tage  seines  Zorns.  So  etwas  sollte  man  doch  dem  Dichter  nicht 
zutrauen.  Die  LXX  hat  v.  28^':  Wn  ^bs  15^.;  das  Verb  ist  imi)erf.  Qal  von  "ina 
(zur  Form  s.  Ges.-Kautzsch'-s  §  67  g),  unser  ^i"'  ist  vielleicht  durch  v.  27  beeiu- 
tiusst.  Für  m"l3i,  mit  dem  nichts  anzufangen  ist,  schlage  ich  niy^D  vgl.  Dtn 
28  20  vor.   Der  göttliche  Zornestag  beschliesst  die  Schilderung,  worauf  Zophar 


Mi  20  29  1 09  Hi  21  6 

mit  einer  Xacli.iliiiiuiij,'  von  ( 'ap.  IS  21  etVektvoll  abbricht  v.  2!i:  Das  ist  ihi.s 
Teil  tli'.s  (iollhisrn  rmi  ilrr  (ioltln'it  f  ml  ilns  Erhc  seines  l-'rrrcis  roii  (inti  her. 
OnS  ist  eine  }<(»te  für  die  richtige  Aussprache  von  yä'\,  daniit  man  iiänilic-h 
nicht  li^l  spreche,  dieselbe  Erscheinung  wie  .Jes  Ji'l  c,  D\1^tJ  und  Vk  neben  ein- 
ander ist  nicht  gerade  schön,  vielleicht  aucii  nicht  ursi»rünglich,  in  der  so  ähn- 
lichen Stelle  Cap.  27  \^^  steht  ^"^^3  für  h^.  Xoch  lieber  folgte  man  dieser  Stelle 
in  Ersetzung  des  wunderlichen  Ausdrucks:  „das  Erbe  seines  Spruchs"  durch 
^nj^  2  (Bkkr).  Die  LXX  hat  jedoch  1i1«  für  110«  gelesen,  was  auf  p,K  /u  führen 
scheint  und  sich  daher  mehr  empfiehlt. 

Cap.  21.   Iliobs  Antwort. 

Hiob,  iler  in  Cap.  19  einen  neuon  Standpunkt  gewonnen  hat,  soweit  es  sich  um  sein 
persönliches  Verhältnis  zu  Gott  hanilelt,  findet  an  Zophars  Rede  den  Anlass,  die  all- 
gememu  Frage  in  Angriff"  zu  nehmen,  wie  die  Menschen,  zunächst  die  Gottlosen,  in  Wirk- 
lichkeit von  Gott  behandelt  werden.  Ist  die  Vergeltungslehre  im  Recht?  Sie  könnte  ja 
für  ihn  ein  Trost  sein,  seitdem  er  die  Gewissheit  hat,  dass  Gott  seine  Unschuld  vi-rteidigt. 
Aber  sie  ist  kein  Trost,  denn  sie  ist  nicht  wahr.  Die  (lottlosen  sind  oft  bis  zu  ihrem  Tode 
glücklieli  und  noch  darüber  hinaus  geehrt.  Wie  ist  das  mögliehV  das  ist  die  Frage,  die 
Hiob  aufs  Tiefste  erschüttert  und  auf  die  er  keine  Antwort  weiss. 

2—5  Die  Freunde  sollen  schweigend  anhören,  was  er  vorzubringen  hat, 
es  ist  etwas  Entsetzliches.  2  3  Ihn  anzuhören,  wäre  der  beste  und  einzige 

Trost  (1.  mit  LXX  Drno^riiri),  den  sie  ihm  gewähren  können,  besser  als  jener 
Gottestrost  des  Eliphas  Cap.  1.5  11.  ^y.Kt?,  ertragt  mich,  hat  sein  a  vor  dem  Suft*. 
wieder  angenommen.  Mit  LXX  ist  auch  im  letzten  Stichos  der  plur.  zu 
schreiben:  U^J^"?]?;  es  fragt  sich,  ob  man  auch  das  ^13'1  des  M.  T.  durch  das  «^ 
der  liXX  ersetzen  soll.  Der  M.  T.  ergiebt  den  Sinn:  seid  doch  so  gut,  mich 
erst  reden  zu  lassen,  was  ihr  nachher  thut,  ist  mir  einerlei;  das  klingt,  als  ob 
es  dem  Hiob  hauptsächlich  aufs  Reden  ankomme.  In  der  LXX  spricht  Hiob 
die  Meinung  aus,  dass  das  Entsetzliche,  was  er  jetzt  vortragen  will,  den  Freun- 
den die  Neigung,  ihn  zu  beschimpfen,  benehmen  werde.  Die  Lesart  der  LXX 
ist  also  an  sich  gehaltvoller  und  dem  Zusammenhang  wie  der  Stimmung  Hiobs 
mehr  angemessen:  Krinnil  niieli  inul  hissl  mich  reden,  l'nd  danach  werdet  ihr 
niihl  sjndlen.  4  5  ClJj'?  kiinnte  heissen:  naib  Menschenart.  einem  Menschen 
angehörig,  an  (oder  gegen)  Menschen  gerichtet  —  aber  nichts  giebt  einen 
genügenden  Sinn  und  eine  Parallele  zu  v. 4\  Der  erste  Stichos  muss  angeben, 
Avarum  Hiob  so  bitter  klagen  und  den  „Gottestrost"  der  Freunde  abweisen 
duii'te  und  musste.  *?  vertritt  hier  ein  ^g,  der  Sinn  ist:  handelt  es  sich  um  eine 
Beschwerde  über  Menschen?  Ja  ich,  /////  Mensehen  meine  Klage?  Dann  könnte 
und  müsste  ich  Geduld  haben  und  mich  mit  Gott  trösten.  X'ein.  die  Klage 
gilt  Gott!  Wendet  eiteh  xii  mir  and  e/itse/if  earh  l  nd  leijt  die  Hand  auf  den 
Mund!  Über  die  göttliihe  Weltregierung  hat  er  zu  klagen,  über  etwas,  wobei 
man  entsetzt  verstummen  sollte  und  das  Spotten  vergessen I  'SB^H  (besser  als 
1t3tfn  Hoph..  s.  Olshacsen  S.  586)  Hiph.  mit  a  nach  Ges.-Kautzsc?h26  §  67  A.  6. 

6- ^V4  Die  Gottlosen  sind  glücklich,  wie  verträgt  sich  das  mit  der  gött- 
lichen ^W'ltordnung  und  der  Vergeltungslehre  der  Freunde?  Die  ganze  Aus- 
fülirung.  die  schneidendste  Kritik  der  herrschenden  Anschauungen,  richtet 


Hi  21  6  '  110  Hi  21  16 

sich  an  die  Freunde.  6  7  Ja,  denk'  ich  daran,  bin  ich  bestürzt,  Cnd  meinen 
Leib  fassl  Erschütterung:  Warum  leben  die  Gottlosen,  Werden  alt,  nehmen 
gar  zu  an  Kraft?  v.  6  bezieht  sich  nicht  auf  Hiobs  Unglück,  denn  daran  braucht 
er  nicht  zu  „gedenken",  sondern  auf  den  Inhalt  seiner  Klage,  die  nun  v.  7  mit 
einem  nachdrucksvollen  Warum  eingeleitet  wird.  Wenn  es  ein  göttliches  Welt- 
regiraent  giebt,  warum  bleiben  die  Gottlosen  am  Leben,  ja  werden  immer 
mächtiger?  ^"in  ist  acc.  der  Beziehung  Ges.-Kautzsch2(j  §11 7z.  Im  Folgenden 
hat  entweder  der  Dichter  nicht  gut  disponiert,  oder  es  ist  eine  Umstellung  ein- 
getreten, wie  Meex,  Siegfried,  Bickell,  Beer  annehmen.  Wir  setzen  v.  8  vor 
V.  11.  9  10  Ihre  Häuser  sind  in  Frieden  (].  liS^tt')  vor  dem  (oder  ohne) 

Schrecken  —  Fortsetzung  von  ^n  v.  7.  Der  Stab  Gott  bedeutet  z.  B.  Krank- 
heit, Viehsterben,  Misswachs  u.  dgl.  In  v.  10  ist  n"11iy  und  ÜPTiB  zu  lesen  vgl. 
LXX,  da  vorher  und  nachher  überall  der  plur.  herrscht.  Ihr  Stier  bespringt 
und  „lässt  nicht  verwerfen",  nämlich  durch  die  Kuh  den  Samen,  welcher  acc. 
auch  zu  "I3j;,  hinübergehen  lassen,  hinzuzudenken  ist.  Ihre  Kuh  „lässt  ent- 
schlüpfen", nämlich  die  Frucht,  und  „hat  keine  Fehlgeburt".  AVie  die  Heerde, 
so  ist  auch  die  Familie  gesegnet  und  gesichert  8  11.  Ihr  Same  ist  sicher  „vor 
ihrem  Gesicht",  sie  können  sich  mit  eigenen  Augen  von  dem  unverwüstlichen 
Glück  ihrer  Kinder  überzeugen  und  mit  Ruhe  an  die  Zukunft  denken.  DÖJ?, 
weniger  bezeichnend  als  Dn"']3D'?,  ist  Variante  dazu.  ^vb^\  v.  11  bedeutet,  vom 
Weidevieh  gebraucht,  die  Tiere  frei  gehen  lassen  vgl.  Jes  32  20:  sie  dürfen  ihre 
Buben  springen  lassen,  wo  und  wie  es  ihnen  gefällt,  sie  tanzen  voller  Gesund- 
heit und  Lebensfreude  —  der  Hiob  des  Volksbuches  w^ar  beständig  in  Sorge 
Cap.  1  5,  die  ihm  doch  nichts  half.  Diese  idyllischen  Bilder  krönt  der  vorläufige 
Abschluss  12  13.  Sie  „erheben"  nämlich  die  Stimme  (^1p  ausgelassen  wie  z.  B. 
Jes  3  7)  bei  Pauke,  Cither  und  Schalmei.  Die  Handpauke,  das  Tamburin,  meist 
von  den  Weibern  geschlagen,  gehört  zum  Tanzreigen,  die  Cither,  ein  kleinerse 
im  Gehen  gespieltes  Saiteninstrument,  kommt  oft  bei  fröhlichen  Gelagen  vor; 
2yiV  ist  vielleicht  die  alte  Sackpfeife  der  Hirten  (Gen  4  21)  s.  Bexzixgee, 
Archäok  S.  272  ff.  Nowack,  Arch.  I,  S.  272 ff.  v.  13:  sie  vollenden  (l  ^^T  mit  Qre 
und  LXX)  in  Glück  ihre  Tage  und  steigen  in  Ruhe  zu  Scheol  hinab.  IPH''  ist 
von  nni  (vgl.  zu  Cap.  17  I6)  abzuleiten,  das  dag.  wohl  besser  zu  streichen,  denn 
wahrscheinlich  soll  die  Form  mit  dag.  an  nrin  erinnern  (doch  s.  Ges.-Kautzsch^s 
§20i),  um  nebst  dem  1^3""  doch  den  Gottlosen  einen  kleinen  Schabernack  zu 
spielen;  )}y)^  ist  wohl  auch  von  den  späteren  Lesern  mit  „im  Xu"  übersetzt 
worden,  muss  hier  aber  bedeuten:  m  Rahe.  Dass  nun  diese  Glücklichen  wirk- 
lich gottlos  sind,  wird  durch  ihre  eigene  Rede  bewiesen  14  15.  Und  sie  sagen 
doch  zu  Gott:  weiche  von  uns,  Und  Kenntnis  deiner  Wege  mögen  u'ir  nicht 
Was  ist  der  Allmächtige,  dass  wir  ihm  dienten.  Und  was  haben  wir  Nut%en, 
wenn  wir  ihn  angehen?  2  V^S»  hi  jemanden  dringen  mit  Bitten,  ihn  angelegent- 
lich bitten.  Interessant  ist,  dass  diese  Gottlosen  die  Religion  unter  demselben 
Gesichtspunkt  betrachten,  wie  nachher  (Cap.  22  2 ff.)  Eliphas,  nämlich  unter 
dem  des  Nutzens,  -während  allerdings  ihre  Verachtung  Gottes  im  schärfsten 
Gegensatz  zu  dessen  HST  steht.  —  Jetzt  wendet  sich  Hiob  gegen  einige  Be- 
hauptimgen  seiner  Gegner.  Da&  Tetrastich  16  17^^''  ist  in  seiner  ersten  Hälfte 


Hl  21  l.i  111  Hl  2122 

auch  in  Cap.  '22  18  eiiifietragen,  aber  mit  eini^'in  Änderungen,  tlie  im  M.  T.  zum 
Teil  auf  V.  16  zurückgewirkt  haben,  zum  GHick  nicht  in  LXX.  Da  Cap.  22i8 
K*??  ^n  aus  unserem  K^  ]n  hat  machen  können,  so  lese  icli  kSi  ]n  und  verbessere 
ferner  das  letzte  NVort  von  v.  l«)  in  ^3120  vgl.  LXX:  Sirln\  ist  nicht  in  ilncr 
Hand  ihr  (iliUk,  Der  Hat  iler  (inttlosen  fern  ron  ihm?  nändich  von  Gott,  der 
sich  um  iluc  Anschläge  nicht  kümmert,  liesser  wäre  übrigens  ril|55.  das  LXX 
möglicher  Weise  statt  n^iy  gelesen  hat,  \\  ir  oft  er  tischt  die  Leuchte  der  tlott- 
losen.  wie  Bildad  Cap.  18  j  f.  behauptet  iiatte,  ind  kommt  ihr  Verderben  über 
sie'f  vgl.  Cap.  18  12,  Dass  es  gar  nicht  vorkommt,  behauptet  Hioi)  nicht,  aber 
das  Gegenteil  ist  fast  die  Kegel.  Der  folgende  Vierzeiler  17'  IS  ist  ver- 
stümmelt: Schtint/en  sollten  sie  erfassen.  In  seinem  Zorn Sic  sollte/t  sein 

wie  Häcksel  rorm  Winde  u.  s.  w.  Für  pVn""  lesen  wir  mit  LXX  DJ5in^  vgl.  ( "aj). 
18  i'  und  verstellen  die  D*'?2n  als  Fangseile  nach  Cap,  18  lo,  da  weder  die  Freunde 
noch  Hiob  sagen  können,  dass  Gott  „Loose"  (statt  ihre  Ijoose)  in  seinem  Zorn 
„verteilt"  oder  verteilen  sollte,  ganz  abgesehen  davon,  dass  man  bei  TJ  an  Acker- 
h>ose  denken  raüsste.  lBfr?2  muss  der  Rest  des  zweiten  Stichos  sein  (in  seinem 
Zorn  sollte  Gott  sie  zerschmettern),  der  vielleicht  ähnlich  begann  wie  der  vor- 
liergehende:  'Bl^ii  D'72n\  19  20  HI^K  würde  hinter  dem  Verb  stehen,  wenn 

es  richtig  wäre,  es  muss  aus  ^K,  das  man  b«  las,  entstanden  sein;  LXX  über- 
setzt )S3;  b{<  frei  mit  exXeizoi.  Der  Satz  des  M.  T.  müsste  eine  Anführung  aus 
den  Reden  der  Freunde  sein,  alter  diese  haben  niemals  behaui»tet,  dass  das 
rngliick,  wenn  es  den  Frevler  verschone,  tloch  dessen  Kinder  treti'e,  v,  19f. 
widerlegt  keine  Ausflucht  der  Gegner,  sondern  führt  in  erregter  Weise  Hiobs 
Postidat  für  die  Annahme  einer  gerechten  Weltregierung  weiter  aus:  Mcht 
spare  er  seinen  h inilern  sein  I  nheil  aaf.  Er  reriielle  Ihm.  dass  er's  s/nire.' 
Kr  sollte  mit  seine///  Aat/e  sei/t  \  erderben  sehe//  l  /nl  ro/i  der  '/.or/ifihil  des 
.\ll///ächtiifen  trinken,  l'nverzüglich  sollte  der  Frevler  bestraft  werden  und  am 
eigenen  Leibe,  erst  dann  könnte  man  von  einer  gerechten  Weltordnung 
sprechen.  Dies  Verlangen  i)asst  gut  zu  der  realistisclien  Haltung  des  Dichters, 
der  sich  ebenso  wenig  durch  die  Verlegenheitsauskünfte  der  Vergeltungs- 
theoretiker die  Augen  blenden  lassen  mag,  wie  die  l'rheber  jenes  ironischen 
Sprüchworts,  das  Jeremia  Cap,  31  29  anführt.  T3  ist  ein  unbekanntes  und 
zweifelliaftes  Wort  und  wohl  in  TE  (Dir.i.MANX)  zu  verbessern:  für  lyj;  1KT  ist 
1i'>'2  N"^'  zu  lesen,  ebenso  7\X3\  für  nr>C^\  21  22  1)en/i  tras  lieitl  ih///  a//  seine/n 
llaase.  Wenn  die  Zahl  seiner  Monde  alnjeschnitte//  ist'^  Will  ///a/i  für  (iott 
Ki//sicht  lehre//.  Da  er  doch  den  Tra/j  richtet?  In  v.  21'  ist  l^'^nx  vcdlkommen 
überflüssig  und  überfüllt  den  Stichos,  v.  21''  und  v.  22"  sind  Zustandssätze.  In 
V.  22  glaubt  man  den  Vorwurf  zu  lesen,  dass  die  Freunde  Gott  belehren  wollen, 
der  doch  die  „Hohen",  die  Engel,  richte.  Wenn  dies  der  Sinn  des  Verses  sein 
sollte,  so  wäre  er  unecht,  einen  so  abgeschmackten  Vorwurf  kann  Hiob  den 
Freunden  nicht  machen,  eher  würde  ihm  oder  dem  Dichter  ein  Leser  diesen 
Vorwurf  wegen  der  letzten  Ausführungen  machen.  Aber  nach  Cap.  13  7  ist  "JS^ 
nicht  acc,  sondern  dat.  und  für  D'Dl,  das  nichts  mit  dem  Zusammenhang  zu 
thun  hat,  rpp")  zu  lesen.  Der  Vers  ist  ein  zorniger  Protest  gegen  eine  Dog- 
matik,  die  sich  um  das  Wirkliche  nicht  kümmert;  leider  ist  diese  nicht  um- 


Hi  21  22  112  Hi2l29 

zubringen.  Wie  die  Wirklichkeit  bescliaft'en  ist,  schildern  die  beiden  pracht- 
vollen Vierzeiler,  die  jetzt  folgen.  23  24  Der  da  stirbt  im  Wohlsein  selbst, 
Ganz  sorgenfrei  und  friedlich,  Seine  Tröge  sind  roll  ron  Milch  Und  das  Mark 
seiner  Gebeine  getränkt.  7\\  v.  23  und  v.  25:  der  eine,  der  andere,  "isri  D5Jy3, 
im  leibhaftigen  Glück,  Dfl  ira  physischen,  nicht  moralischen  Sinn.  In  ]Jn'?U>  ist 
das  h  als  Schreibfehler  zu  tilgen,  ebenso  das  "^  in  vVü'.  ]''PJ^  kommt  sonst  nicht 
vor  und  ist  der  LXX  unbekannt;  Targ.  deutet  es  als  Trog  und  Dillmann 
zieht  das  talmud.  l^X^O,  Olivenbehälter,  zum  Vergleich  heran.  In  v.  24'^  liegt 
der  Ton  auf  Hb,  es  ist  daher  nicht  nötig  ^'^)^\  emphatisch  zu  fassen:  sehr  ge- 
tränkt. Nun  der  Gegensatz  25  26:  Lud  der  da  stirbt  mit  bitterer  Seele  Und 
hat  kein  Glück  genossen:  Zusammen  lagern  sie  sich  %um  Staube,  Und  Geicürm 
deckt  i'iber  ihnen  zu.  /5^?  mit  3,  an,  d.  h.  von  etwas  essen.  Im  Tode  sind  beide 
gleich,  aber  der  eine  hat  ein  glückliches  Leben  hinter  sich,  des  anderen  Dasein 
war  eitel  Leid :  warum  ist  das  so  ? 

Diese  Vierzeiler  sind  darum  so  schön  und  ergi'eifend,  weil  der  Gegensatz  von  fromm 
xmd  gottlos  gar  nicht  hineinspielt,  sondern  eine  rein  menschliche  Empfindung  aus  ihnen 
spricht.  "Wenn  man  vermisst,  dass  trotz  Cap.  19  keine  Ausgleichung  im  Jenseits  ins  Auge 
gefasst  wird,  so  gilt  dagegen,  dass  auch  Cap.  19  nicht  von  dergleichen  spricht,  sondern 
Hiob  dort  nur  für  sich  selbst  und  nur  wegen  der  Gefahr,  nach  dem  Tode  als  ruchloser 
Sünder  beurteilt  zu  werden,  ein  Schauen  Gottes  für  Einen  seligen  Augenblick  erwartet. 
Der  Dichter  ist  trotz  alles  Mitgefühls  für  die  Unglücklichen  doch  nichts  weniger  als  sen- 
timental und  ausserdem  viel  zu  realistisch,  um  blos  aus  Mitleid  die  Forderung  einer  jen- 
seitigen Tröstung  für  jeden  armen  Lazarus  aufzustellen. 

Nach  diesen  Darstellungen  der  Wirklichkeit  ist  Hiob  sich  des  Sieges 
gegenüber  den  Freunden  bewusst  und  geht  direkt  auf  die  persönlichen  Be- 
schuldigungen der  Freunde  los.  27  28  Siehe,  ich  kenne  eure  Gedanken  Und 
die  Tücke,  die  ihr  gegen  mich  ausdenkt.  Wenn  ihr  sagt:  wo  blieb  das  Haus  des 
grossen  Herrn  Und  wo  die  Behausungen  der  Gottlosen?  ^iDbnri  "'bj;  ist  höchst 
sonderbar,  noch  dazu  mit  dem  acc:  die  Pläne,  die  ihr  gegen  mich  vergewaltigt. 
Ich  vermute  Vti'Snri  vgl.  Ps  64?;  der  Fehler  entstand  dadurch,  dass  D  für  ti>  ge- 
schrieben war.  Einen  S^Hi  haben  die  Freunde  Hiob  eigentlich  noch  nicht  ge- 
nannt, doch  behandelt  ihn  Eliphas  gleich  hinterher  (22  6fl".)  als  solchen;,  v.  28'^ 
spielt  auf  Cap.  18  21  an.  "^ns  ist  ein  stehen  gebliebener  Schreibfehler  für  das 
folgende  Wort ,  also  zu  streichen.  Trotz  der  Unbill,  die  ihm  die  Freunde  an- 
thaten,  indem  sie  unter  Bildern  bestrafter  Gottlosen  ihn  schilderten,  versucht 
er  noch  einmal  sie  zu  widerlegen,  indem  er  sich  nicht  auf  die  eigene  Beobach- 
tung, sondern  die  Berichte  Weitgereister  beruft  29  30:  Habt  ihr  nicht  befragt 
die  Wegewanderer  Und  deren  Gedenk%eichen  gelten  lassen,  Dass  vor  dem 
Untergang  bewahrt  bleibt  der  Böse,  Dem  7.ornestage  er  obsiegt?  Dn'jNiy  mit  e 
s.  Ges.-Kautzsch26  §  64  A.  1.  133,  nicht  anerkennen,  mit  K^:  unverworfen 
lassen,  zulassen  (nicht  „beachten",  wie  Budde  will,  um  Cap.  34  19  für  unseren 
Dichter  zu  retten,  da  dann  N'"?  zu  streichen  wäre);  v.  29'^  als  Parenthese  zu  fassen, 
ist  unnötig.  Zur  Zeit  des  Dichters,  nach  dem  Exil,  wo  die  Juden  in  alle  Welt 
zerstreut  sind,  aber  des  Handels  und  des  Kultus  wegen  weite  Reisen  machen, 
werden  auch  die  Bewohner  Palästinas  oder  wo  sonst  der  Dichter,  der  übrigens 
selbst  zu  den  Vielgewanderten  gehört  haben  dürfte,  gewohnt  haben  mag,  mit 


HiL'l,;..  113  TTi-21-.4 

vielen  Geschichten  l^ekannt;  die  Durchreisenilen  weiden  eifrig  betragt  und 
bringen  für  die  wunderbarsten  Erlebnisse  auch  wohl  Beweise  vor  in  allerlei 
Andenken,  die  dann  der  Zuhörer  nicht  leicht  verwirft.  Hat  t\r\^  zunächst 
diesen  Sinn,  so  kann  es  wohl  auch  allgemeiner  Beispiele  bezeichnen,  die  eine 
fast  sinnliche  Beweiskraft  für  diese  oder  jene  Behauptung  besitzen,  wie  wenn 
z.  H.  jemand  berichtet,  dass  Nebucadnezar  zu  Babel  ein  prächtiges  Grab  habe, 
obgleich  er  Jahwes  Tempel  verbrannte.  Leider  sagt  nun  v.  30,  der  von  solchen 
Erzählungen  sprechen  sollte,  grade  das  Gegenteil  von  dem,  was  Hiob  meint, 
leistet  auch  den  künstlichen  Versuchen  Widerstand,  ihm  ohne  Änderung  das 
Gewünschte  zu  entlocken.  Abgesehen  von  üVh,  wofür  eher  DVD  zu  erwarten 
■wäre,  ist  l'?31^  geradezu  unsinnig.  Da  das  dojjpelte  DV^  ohnehin  auffällig  ist, 
lasse  ich  von  dem  ersteren  nur  das  0  übrig,  lese  also  Ti<D;  für  "?av  (das  1  lässt 
.ich  zu  dem  "'0  von  v.  31  ziehen)  schreibe  ich  bD\\  das  mit  h  konstruiert  wird 
nnil  auih  ein  Abstrakt,  zum  Obj.  haben  kann  vgl.  Ps  139  6.  Der  Böse  triuni- 
]thiort  ülter  das  rnglück;  es  hat  vielleicht  ein  Erdbeben  eine  ganze  Stadt  zer- 
stört, er  allein  hat  nichts  gelitten.  31  32  l'/iif  ircr  .saijt  ihm  srini'ii  Wtindt'l 
ins  (ii'siilil?  l'nd hat  cr's  (/et hau,  frrr  rrn/i/f  ihm?  Ja.  iriril  er  %u  den  (irähent 
fiel  eil  cL  l>a  hält  mau  muh  (therm  l,  rahmal  Wache!  Lies  ^pi  s.  zu  v.  30.  Der 
Gottlose  wird  als  2^13  gedacht-  man  kann  sich  der  Vermutung  nicht  erwehren, 
dass  der  Dichter  einen  bestinnnten  Mann,  einen  Hohenpriester  z.  B..  vor  Augen 
habe.  In  v.  32  ist  wohl  der  erste  Satz  ein  Zustandssatz,  denn  zu  den  (jräliern 
wird  jeder  Mensch  geleitet,  auch  Hiob  (C'ap.  17  i),  dagegen  wird  nicht  über 
jedem  (u-abhügel  "Wache  gehalten.  C^ni  imr  hier,  bedeutet  auch  im  Arab.  den 
Gralthügel.  Eür  ^1pU^^  1.  mit  Mehx  u.  a.  n|5B^^.,  denn  der  Ausdruck  bedeutet 
nicht:  er  hält  Wtiche,  nändich  im  Bilde,  als  Statue,  was  künstlich  und  im  Zu- 
sammenhang unnütz  wäre,  auch  mit  dem  Verl)  Ij?^,  wachsam  sein,  nicht  ver- 
einl)ar  ist.  „Man  hält  Wache"  soll  besagen,  dass  seliist  dafür  cjesorgt  ist,  dass 
ihm  nach  dem  Tode  nichts  geschieht.  33  34  .SV/.v.v  sind  ihm  die  Schul len  des 
Thaies  lud  ihm  nach  xiehl  jedermann,  l'nd  ach  irie  Iriislel  ihr  mich  eilel, 
l  nd  eure  Aiihrarten  der  Hesl  ist  h'alschheil  I  Im  Thal  nniss  dort,  wo  der 
Dichter  wohnte,  der  Begräbnisplatz  gewesen  sein.  Von  den  beiden  folgenden 
Stichen  in  v.33  hat  nur  der  erste  einen  Sinn  im  Zusannnenhang:  jeder  zieht  ihm 
nach,  im  (jrabgoleite,  als  neugieriger  Zuschauer  bei  der  Beerdigungsfeier,  viel- 
leicht auch  nachher,  solange  die  Grabgebete  über  dem  vornehmen  Grabe  ge- 
sprochen werden.  Dagegen  ist  nicht  einzuwenden,  dass  der  Satz  bei  dieser 
Deutung  vor  v.  32''  stellen  müsste,  denn  die  Wache  am  Grabe  wird  gewiss  nicht 
erst  nach  beendigter  Beerdigung  instiilliert  und  ist  übrigens  an  sich  schon  ge- 
eignet, die  Neugierigen  anzulocken.  Nimmt  man  dagegen  v.  33*=  hinzu:  und  vor 
ihm  ziehen  zahllose,  so  besagen  beide  Stichen  zusammen  entweder,  dass  alle 
Menschen  sterben  oder  dass  sie  dem  Gottlosen  moralisch  gleichen,  beides  gleich 
thöricht:  auch  deutet  das  D"jS"'?3  schon  au,  dass  ausser  „allen  ^Lenschen" 
nicht  noch  (juidam  alii  genannt  werden  sollen.  TJB'O  ist  intrans.  gebraucht 
wie  oft.  V.  34  schliesst  mit  einem  Seufzer  die  Rede  ab,  deren  Gegenstand  Hiob 
bestürzt  macht  (v.  6).  die  aber  für  uns  viel  Schönes  und  Interessantes 
enthält. 

Kuncr  HC  /um  AT  XVI  8 


Hi  21  34  114  Hi  22  8. 

Die  Grundlage  für  den  Versuch  einer  Theodicee  ist  nun  gelegt  und  zwar,  giade  so 
wie  in  der  persönlichen  Frage,  zunächst  in  einer  negativen  These:  es  giebt  kein  Gericht 
für  die  Gottlosen.  Von  der  Theorie  der  Freunde  bleibt,  wenn  man  sie  an  der  Wirklich- 
keit prüft,  gar  nichts  übrig;  nur  ein  Positives  ist  darin,  ihre  Treulosigkeit.  Diese  hatte 
Hiob  schon  in  seiner  ersten  Rede  konstatiert  Cap.  615. 


Cap.  22—31.    Drittes  Streitgespräch. 
Cap.  22.   Dritte  Rede  des  Eliphas. 

Ohne  Zweifel  war  es  für  den  Dichter  schwierig,  zu  den  Reden  der  Freunde  immer 
neuen  Stoff  zu  beschaffen.  Nur  insofern  bringt  Eliphas  etwas  Neues,  als  er  jetzt  dem  Hiob 
direkt  ins  Gesicht  sagt,  er  sei  ein  grosser  Sünder,  und  sich  bemüht,  einige  bestimmte  Ver- 
schuldungen glaubhaft  zu  machen.  Doch  entspricht  es  der  Milde,  die  ihn  im  Unterschied 
von  Bildad  und  Zophar  charakterisiert,  dass  er  noch  zum  Guten  redet  und  auf  einen  glück- 
lichen Ausgang  hofft. 

2—5  Wäre  es  nicht  das  Klügste  für  dich,  fromm  zu  sein?  Wird  Gott 
dich  aus  anderen  Gründen  strafen,  als  um  deiner  Verschuldungen  willen? 
2  3  Wifd  Gotte  nützen  der  Mami?  Nein,  sich  seiher  nützt  der  Verständige! 
Mnss  dem  Allmächtigen  dran  liegen,  dass  du  gerecht  bist,  Oder  hat  er  Gewinn 
daran,  dass  du  deine  Wege  rein  hältst?  In  seinem  Eifer,  den  Hiob  zu  belehren, 
versucht  es  Eliphas  mit  der  Logik,  aber  es  scheint,  dass  ihm  (oder  dem  Dichter) 
eine  strenge  Schlussfolgerung  nicht  recht  von  der  Hand  will.  Er  will  sagen: 
du  hast  das  grösste  Interesse  daran,  fromm  zu  sein,  aber  er  trübt  die  Klarheit 
dieses  Satzes,  den  er  v.  21  ff.  weiter  ausführt,  durch  den  Nebengedanken:  nur 
du,  nicht  Gott  hat  ein  Interesse  an  deiner  Frömmigkeit.  An  sich  ist  dieser 
Nebengedanke  merkwürdig  genug:  Gott  ist  ein  ganz  objektives,  uninteressiertes 
Wesen,  das  darum  auch  die  Menschen  objektiv  nach  ihrem  Verhalten  be- 
handelt, sodass  die  Ursache  des  menschlichen  Geschickes  immer  im  Menschen 
zu  suchen  ist  und  die  Freunde  mit  Recht  „die  Wurzel  der  Sache"  in  Hiob 
fanden  (19  28);  auch  hängt  dieser  Gedanke  psychologisch  mit  dem  Xützlichkeits- 
standj)unkt  zusammen,  von  dem  Eliphas  ebenso  ausgeht  wie  die  von  Hioli  eben 
vorher  erw^  ahnten  Gottlosen  (Cap.  21  is)  und  sogar  der  Satan  des  Volksbuches 
(Cap.  1  9).  Aber  es  wäre  logischer  gewesen,  nicht  zu  sagen:  nur  du  hast  Nutzen 
von  der  Frömmigkeit,  sondern:  nur  Nutzen  hast  du  von  der  Frömmigkeit. 
Dass  Eliphas  sein  eigenes  Vokabular  hat,  ist  schon  zu  Cap.  4  bemerkt:  pD  kam 
Cap.  15  3  vor,  das  D''p'l'l  DJ^  Cap.  4  6,  die  Weisheit  wurde  ebenso  in  Cap.  5  und 
Cap.  15  betont.  'iO"'^J^  ist  wohl  durch  Dittographie  aus  vbj^  entstanden.  Driri  ist 
aramaisierendes  Hiph.  von  Döri  s.  Ges.-Kautzsch  §  67  A.  8.  4  5  Wäre  Hiob 
wirklich  fromm,  so  würde  ihn  Gott  doch  nicht  strafen^  also  muss  seine  Bosheit 
gross  sein.  Die  Logik  dieses  Satzes  wäre  zwingend,  wenn  Hiobs  Unglück  nichts 
anderes  als  Strafe  sein  könnte,  s.  dagegen  Hiobs  Behauptung  Cap.  19  6.  niSiT 
wieder  in  dem  technischen  Sinn  wie  Cap.  4  6;  154. 

1^6—20  Eliphas  versucht  nun,  solche  Verschuldungen  ausfindig  zu  machen,, 
die  etwa  Hiob  begangen  haben  könnte,  und  stellt  ihn,  weil  er  nicht  an  Gottes 
richterliche  Thätigkeit  glauben  will,  mit  den  vorzeitlichen  Eebellen  gegen  Gott 
zusammen.  ö  7  Hiol)  hat  etwa  seine  Brüder,  seine  Volksgenossen  (nicht 


Hi2i>7  115  Hi22l3 

etwa  blos  Fremde!),  ohne  Irsaclie  gepfändet,  hat  dabei  die  „Kleider  Halb- 
nackter ausgezogen",  ihnen  den  Mantel  genommen,  der  sie  nachts  vor  Kälte 
schützen  sollte  (s.  Ex  22  25  2t5;  Arnos  2  8),  hat  keine  Harmherzigkeit  geübt  gegen 
Hungernde  und  Durstende  —  lauter  Sünden  des  Jieichtunis,  von  Hiob  ('ap.31 
abgeleugnet.  D'onp  von  ti^V,,  mit  inkorrektem  \  bezeichnet  solche,  die  blos  mit 
dem  Arbeitslionide  bekleidet  sind.  S  0  Der  \ftinn  des  sdnln'n  Anns .  iteni 

tfchi'nti'ihis  Intimi,  l  nil  di'r  ll(n/nnisc/inlirhf  irohnti'  drin,  Wilirrn  /riehst  du 
/i/ntnis  mit  leeren  Händen,  (  nd  der  .\rni  der  Waisen  wnrde  -^ernitdint.  Der 
mächtige  Mann,  «b-r  l)ei  den  Maditliabein  D'iE  t<'b'J,  be^'ünstigt  war  und  machen 
koimte,  was  er  wollte,  ist  natürlich  Hiob  selber;  er  nahm  das  ganze  Land  für 
sich  in  Besitz  und  war  so  der  einzige  Vollbürger  (SB^"')  darin  vgl.  Jes.  5  8;  zu 
diesem  Zwecke  trieb  er  Witwen  arm  aus  ihrem  liesitz.  und  der  schwache 
Widerstand  der  \\'aisen  (1.  JJ'lT  wegen  i<2T)  ^\1lrde  gebrochen.  Natürlich  sollen 
alle  diese  Anschuldigungen  nur  Vermutungen  sein  und  Hiob  anregen,  sich 
um  Kiitdeckung  seiner  ^  ergehen  zu  bemühen.  10  II  Dnrnni  tnireu  rini/s  nni 
dilti  Sc/t/int/en  l  nd  itnf/sfif/tc  dich  Schrecken  idi'dzlich ,  Dns  Licht  irtird  rer- 
diiiikidt  deinem  Zelte,  lUd  Was.sereriiuss'  bedeckte  dich.  In  v.  10''  1.  das  impf, 
consoc.  l'pn?"',"!-  Hiob  glich  dem  von  Bildad  Cap.  18  geschilderten  Mann,  der  in 
seinem  Sündenleben  von  Schlingen  umgeben  ist,  ohne  dass  er  es  weiss,  und 
nun  plötzlich  vom  Unglück  ereilt  wurde.  D^ns  und  ins  soll  wohl  eine  Allitera- 
tion sein.  V.  11  sieht  im  M.  T.  sehr  verdächtig  aus;  V.  11':  oder  siehst  du  die 
Finsternis  nicht?  ist  eine  lächerliche  Frage  gegenüber  der  Situation  Hiobs, 
und  v.  11'^  ist  wörtlich  gleich  Cap.  38  34''.  Aber  die  LXX  hat  einen  anderen 
Text;  in  v.  11"  liest  sie  '^C^n  niN  statt  n  1K.  und  ihr  v.  11''  stimmt  nur  in  dem 
AVorte  D^O  mit  Ca]).  38  34''  überein.  Für  HKin  n"?.  du  siehst  nicht,  das  eine  ab- 
geschmackte ExpUcation  von  *ü^n  "llN  wäre  und  schon  wegen  v.  14'  unangenehm 
ist,  lese  ich  l^n«"?  vgl  Cap.  18  6.  v.  11''  muss  im  AI.  T.  erst  nachträglich  durch 
Konjektur  mit  Cap.  .38  34  ausgeglichen  sein;  die  LXX  liest  n2DC^  vgl.  Cap.  38  37; 
Ex  1»)  13  f.  für  nj??^*.  das  aus  .les  60  6  zu  stammen  scheint  und  hier  weniger  gut 
passt.  12  halte  ich  für  ein  hannloses  Citat  zu  v.  13f.  Ist  EInnh  nicht  in 
Hinnnelshöhe?  lud  sieh  das  Haupt  der  Sterne,  dass  sie  raiien,  zwei  vieihebige 
Stichen.  Wenn  es  v.  13f.  heisst,  dass  Hiob  (Jott  für  zu  entfernt  halte,  um 
die  Menschen  zu  beobachten,  so  kann  doch  Eliphas  vernünftiger  Weise  nicht 
ebenfalls  die  Entfernung  (lottes  betonen  und  gegen  Hiob  ins  Feld  führen. 
Ausserdem  haben  die  Sterne  nichts  n)it  Hiob  zu  thun.  Der  Vers  ist  einem  (tc- 
dicht  entnommen,  das  die  Erhabenheit  Gottes  schilderte.  Was  mit  dem  Haupt 
der  Sterne  gemeint  ist,  ol>  ihie  Kulmination  oder  ein  bestimmtes  Sternbild, 
das  weiss  ich  nicht;  ohnehin  ist  zweifelhaft,  ol>  der  Text,  der  in  LXX  stark  ab- 
weiiht,  richtig  ist.  13  14  schliessen  an  v.  lof.  an:    l'nd  da  meinst:  iras 

weiss  (lott ,  Sidite  er  hinter  dem  Wtdkendnnkel  richten?  Widken  sind  lliille 
ihm,  dass  er  nichts  sieht ,  LUd  am  Kreis  des  Himmels  lastirandelt  er.  TIOKI 
ist  Frage:  trotzdem  dich  Gott  gerichtet  hat  v.  lOf.,  meinst  du  noch,  Gott  wisse 
nichts  von  deiner  Sünde?  er  sei  zu  fern,  um  zu  richten?  Die  hier  charakte- 
risierte Skepsis  muss  zu  der  Zeit  des  Dichters  sehr  im  Schwange  gewesen  sein; 
Hiob  hat  eigentlich  zu  dieser  Ansclmldigimg  nirgends  Anlass  gegeben,  aber 


Hi22l4  116  Hi22  21 

Eliplias  legt  sicli  seine  Behauptung,  dass  man  im  Geschick  der  Gottlosen  nichts 
von  der  göttlichen  Richterthätigkeit  merke,  so  zurecht.  Hiob  beobachtet  die 
Wirklichkeit,  Eliphas  theologisiert  immer  und  setzt  das  auch  bei  Hiob  voraus. 
Der  Kreis  des  Himmels,  den  Gott  umwandelt,  ist  der  ferne  Horizont,  wo  sich 
Himmel  und  Erde  berühren,  der  den  Menschen  unzugänglich  ist  und  in  späterer 
Zeit  so  recht  als  die  Gegend  der  physicalischen  Wunder  (Wohnungen  der 
Sterne,  Winde)  und  als  Ort  der  verschiedenen  seligen  und  unseligen  Dämonen 
und  Menschenseelen  galt;  im  Osten  liegt  dort  das  Paradies,  wo  Gott  auch  nach 
Gen.  3  8  abends  lustwandelt.  15  16  Willst  du  den  Pfad  der  Vorzeit  inne- 

halten, Den  gewandelt  die  Männer  des  Frevels,  Die  über  wältigt  winden  rar 
der  Zeit,  Deren  Boden  %wn  Strom  zerflnss?  Dieser  Vierzeiler  spielt  auf  eine 
Geschichte  an,  die  wir  nicht  kennen.  Aus  den  Ausdrücken  0*71^  und  nj^'i^tVl. 
möchte  ich  schliessen,  dass  es  sich  um  eine  vorsintflutliche  Begebenheit 
handele,  die  in  irgend  einem  INIidrasch  zum  biblischen  Sintflutsbericht  erzählt 
gewesen  sein  mag;  auch  der  Koran  weiss  ja  allerlei  Vorsintflutliches  zu  be- 
richten. Gottlose  Menschen,  die  die  Frommen  misshandelten  (v.  20),  wurden 
„vor  der  Zeit",  vielleicht  vor  der  Sintflut,  plötzlich  von  Gott  durch  Wasser 
und  Feuer  vertilgt  (vgl.  Sure  11);  „ihre  Grundlage  wurde  als  ein  Strom  hin- 
gegossen" d.  h.  ihr  Land  wurde  in  Wasser  verwandelt.  Zu  IID"'.  vgl.  Cap.4i9- 
Die  Ähnlichkeit  zwischen  Hiob  und  jenen  Menschen  besteht  darin,  dass  beide 
nicht  an  die  Gerichte  Gottes  glauben  wollen.  17  18  l)ilden  zwar  an  sich 

eine  gute  Fortsetzung  von  v.  15  f,  trennen  aber  die  letzteren  doch  in  störender 
Weise  von  v.  19 f.  und  sind  noch  dazu  deutliche,  wenn  auch  alterierte  Wieder- 
holung von  Cap.  2114-16,  also  ein  Einsatz  und  ein  schlagender  Beweis  dafür^ 
dass  die  Juden  von  der  Unantastbarkeit  eines  literarischen  Werkes  keine 
Ahnung  hatten.  Der  erste  Stichos  v.  17^  ist  mit  geringer  Abweichung  =  Cap. 
21 14%  der  vierte  v.  18''  =  21  le'',  der  dritte  v.  18=»  ist  eine  Entstellung  von  21  16* 
(vgL  imta  nn^n  i<^Ö  in  mit  nnita  Dl^n  ^^n  \r\),  der  zweite  v.  17'^  endlich:  „Und 
was  sollte  uns  (1.  mit  LXX  ili*?  für  ID*?)  der  Allmächtige  thun?  ist  eine  freie 
Wiedergabe  von  Cap.  21  15.  In  so  kläglicher  Weise  konnte  der  Dichter  sich 
nicht  selber  abschreiben,  es  sieht  ja  jetzt  so  aus,  als  wollte  Eliphas  den  Hiob 
spöttisch  nachäffen.  Die  wirkliche  Fortsetzung  von  v.  15f,  ist  19  20:  Die  Ge- 
rechten sahen  es  and  freute?!  sich.  Und  der  Beine  spottete  ihrer:  Färwahr,  ver- 
nichtet sind  unsere  Gegner,  Und  ihre  Hinterlassenschaft  frass  das  Feuer!  Mit 
Eecht  übersetzt  LXX  die  Verben  in  v.  19  mit  dem  temp.  liist,  es  ist  IST  und 
iiriD'B'^l  zu  lesen,  denn  über  das  Schicksal  jener  vorzeitlichen  Männer  konnten 
doch  nur  ihre  Zeitgenossen  so  triumphieren,  wie  sie  v.  20  thun.  In  v.  20  ist  für 
das  unverständliche  li!3"'p  eine  Pluralform  zu  schreiben,  also  'Ü'^öj^  und  vorher 
llÖ^i;  der  Einwand,  dass  die  Männer  von  v.  15 f.  Gegner  Gottes  und  nicht  der 
Frommen  waren,  zeugt  nicht  grade  von  Überlegung.  Es  ist  sonderbar,  dass 
solche  handgreiflichen  Schreibfehler  wie  "lt?T^  und  1iO''p  noch  ihre  Verteidiger 
finden.        Der  Schluss 

21—30  predigt  Umkehr  zu  Gott  und  stellt  dafür  Wiederherstellung  in 
Aussicht.  21  22  Sei  doch  'za Iranlich  gegen  ihn  and  ergeben,  Dabei  wird 
dein  Geicinn  Glück  sein.   ]?Dn,  mache  es  vertraut  mit  ihm,  stelle  das  gute  Ver- 


J4i2-J.ii  117  Hi±i-.id 

liältnis  wieder  her;  das  loy  ist  auch  zu  übjd^  hinzuzudenken  nach  der  bekannten 
Phrase  DJ?  üb\^,  tVeundUch  zu  jemand  stehen;  auf  beide  Verben  bezieht  sich  Dn2. 
für  das  nK>5  zu  erwarten  wäre,  wenn  man  den  zweiten  iniper.  nach  dem  Satz 
divide  et  iniijera  als  Nachsatz  fassen  wollte:  so  wirst  du  unversehrt  sein.  Das 
vorletzte  Wort  niuss,  wenn  die  Konsonanten  richtig  sind,  IHHUP  ausgesprochen 
werden  vgl.  die  LXX,  als  Verbuni  wäre  es  eine  L'nform.  ]Mit  der  Lehre  und 
den  Worten  Gottes  v.  22  meint  Eliphas  etwas  Ahnliches  wie  Cap.  5  it;  15  ii: 
Hiob  soll  sein  Leiden  als  eine  pädagogische  Zuchtmassregel  Gottes  betrachten. 
Das  folgende  Tetrastich  ist  23  20,  die  beiden  Distichen  sind  durcii  einen 
fremden  Vierzeiler  auseinander  gesprengt,  v.  23:  Wf/t/i  du  ühh  iiiiii  Mhiiiirli- 
tifH'ii  ln'kclirsl  iiiid  diili  (leniiilij/st  u.  s.  w.  Für  ni3P,  das  den  Nachsatz  zu  früh 
bringt  und  wcthl  durch  den  Einsatz  v.  24f.  veranlasst  ist,  muss  mit  LXX  n3J?r\1 
gelesen  wenlen;  für  ^"lU?  ist  wegen  v. 2G,  wo  dasselbe  Wort  sich  wiederholt,  ^S 
besser  (BicKELLj.  Dass  v.  23''  noch  zum  Bedingungssatz  gehört,  rechtfertigt 
unsere  Audi luiig  in  Ca)),  llu.  Der  eingesetzte  Vier/eiler  24  25  lautet: 

]\'f'r/'zn///  Stinih  (hi.s  l-jlclfirslciii  l  iid  iinlcr  (ht.s  (i  etil  ein  der  TliäliT  den  üplih- 
shml).  So  tr//d  t/rr  Mliuävlilhic  dcht  Edclslchi  sein  i  lul  Sillwr  die  SlhnOihuh'r 
dir,  ein  täudcliido  Gedicht,  wie  solclie  aus  einseitiger  Beschäftigung  mit  reli- 
giösen Dingen  hervorzugehen  pHegen.  lEJ^  bildet  ein  Wortspiel  mit  TSIS  (ver- 
kürzt für  Gold  von  Ophir!),  1^2  mit  ll^tn  oder  vielleicht  besser  1S2.  n'll'  muss 
wohl  oder  üIh-I  hinwerfen  bedeuten.  1^2  kennen  schon  die  alten  Übersetzer 
nicht  mehr.  mE>Mn  lässt  sich  nach  Ps  95  4;  Xum  23 -Ji;  24«  nicht  erklären  und 
ist  vermutlii  h  verschrieben;  wegen  des  spielenden  Charakters  des  (Jedichts 
mag  nl20"lt3  passen  als  bildlicher  Ausdruck  für  das  Gesetz,  an  das  die  Stirn- 
bänder den  Frommen  erinnern  sollen  vgl.  z.  B.  Deut  6  s.  Gold  und  Silber  ge- 
ringer zu  achten  als  Gott  und  sein  Gesetz  (Ps  19  ii),  rät  dem  verarmten  Hiob 
Ehphas,  dessen  Name  („Mein  (lott  ist  Gold-')  den  Interpolator  ins))iriert  haben 
mag.  Den  Nachsatz  zu  v.  23  bringt  v.  26,  wo  das  ^3  durch  den  Einsatz  ver- 
anlasst und  nach  LXX  zu  streichen  ist:  wenn  Hiob  sich  vor  Gott  demütigt, 
wird  er  an  ihm  seine  Lust  haben  und  wieder  getrost  zu  ihm  aufschauen  (11  i'- 
vgl.  Cap.  27  10).  27  2S  Tr>j;n  v.  27  und  "inn  V.  28  sind  dem  Sinn  nach  Vorder- 
sätze, letzteres  Wnit  hier  gebraucht  wie  sonst  nur  im  Aram.:  entscheiden,  be- 
schliessen,  löS  poetisch  für  "^21,  unser  „etwas*'.  ü\i)]  in  der  verkürzten  Form, 
weil  eine  Tonsilbe  folgt.  Die  Gelübde,  die  Hiob  bezahlen  soll,  sind  die,  die  er 
jetzt  für  den  Fall  der  Genesung  Gotte  gelobt.  Der  letzte  Vierzeiler  29  30 

hat  manches  Sonderbare  und  vielleicht  mehr  Textfehler,  als  wir  verbesseru 
können;  Bickell  streicht  ihn,  weil  er  in  der  ursprünglichen  LXX  fehlt.  J)eti/i 
t'f  dr//tif//(/f  .sfohcs  l  iilcnn'hnicn.  Doch  trcr  die  Ant/cn  senkt,  dem  hilft  er.  Er 
erl'iillt  den  Wunsch  des  l'nschiildifjen,  L'nd  (jerettet  irird  er  durch  die  lieinheit 
seiner  Hände,  v.  29'  ist  im  M.  T.  unverständlich:  wenn  sie  (deine  Wege  v.  28?) 
es  niedrig  machen,  so  sprichst  du:  Hoheit!  Hiobs  Wege  s«dlen  doch  nicht 
mehr  abwärts  gehen,  sondern  aufwärts.  Da  "13,  kontrahiert  aus  «■ni<."  =  nifc^3. 
meist  Stolz,  Übermut  bedeutet,  so  ist  es  irgendwie  mit  dem  Verbum  zu  ver- 
binden, dessen  Subj.  aber  wohl  (Tott  ist  wie  in  v.  29'';  das  dazwischen  stehende 
'IC^*m  kann  man  nach  v.  28  auf  "iCK  reducieren,  also:   3  IC«  '?'SC'ri;  woher  die 


Hi22  30  "118  Hi23  3 

überschüssigen  Konsonanten  nil  kommen,  Aveiss  icli  freilich  nicht,  es  wäre  denn 
dass  sie  einst  zwischen  den  Zeilen  standen  und  eigentlich  für  y.  30*  bestimmt 
waren.  Denn  a^  30^  sieht  jetzt  sehr  sonderbar  aus:  dasselbe  Yerbum  wie  in 
V.  30'',  ein  unverständliches  "'pi'^t?  (der  Nicht-Reine?!),  endlich  die  verdächtige 
Kürze!  Mit  Hilfe  jener  überschüssigen  Konsonanten  lässt  sich  etwa  ein  ^^"Q] 
"'ipi  nit?ri  herstellen;  das  Begehren  des  Unschuldigen  ist  durch  den  folgenden 
Stichos  indirekt  bezeichnet  als  der  Wunsch  nach  Eettung.  Das  letzte  "Wort 
V.  30  ist  in  VSS  zu  verbessern,  Verwechselung  von  "l  und  "[  ist  im  Hiob  nicht 
selten. 

Demut  imd  Reiulieit  siucl  auch  nacli  dieser  Stelle  für  Elijilias  die  wesentlichen  Be- 
standteile der  Religion  und  die  sicheren  Grundla.gen  des  Glückes:  beide  liegen  in  der  Hand 
des  Menschen,  dessen  Verhalten  Gott  nach  bekannt  gegebenen  Grundsätzen  überwacht 
und  honoriert.  Die  Theologie  macht  das  Heil  vom  Thun  des  Menschen  abhängig,  die 
Religion  vom  Herzen  Gottes. 

Cap.  23.  24.    Hiobs  Antwort. 

Diese  Antwort  ist  nur  zum  Teil  erhalten,  denn  von  Cap.  24  gehört  nur  der  letzte 
Yers  dem  Dichter,  alles  übrige  fremden  Händen.  Cap.  23  ist  nicht  viel  mehr  als  Ein- 
leitung, die  wichtigsten  Ausführungen  müssen  da  gestanden  haben,  wo  jetzt  die  Lücken- 
büsser  stehen.  Aus  Cap.  24  25  ersieht  man  wenigstens  so  viel,  dass  Hiob  über  die  Un- 
möglichkeit gesprochen  haben  muss,  in  den  Geschicken  der  Menschen  die  richterlich 
ausgleichende  Hand  Gottes  zu  erkennen.  Da  nun  Cap.  21  gezeigt  ist,  dass  die  Gottlosen 
oft  nichts  als  Glück  erleben,  so  vermute  ich,  dass  in  Cap.  24  ausgeführt  war,  dass  die 
Frommen  oft  nichts  als  Unglück  erleben.  Der  Inhalt  von  Cap.  23  würde  ausgezeichnet 
dazu  stimmen,  auch  Hesse  sich  so  am  Leichtesten  erklären,  dass  man  solche  sehr  anstössigen 
Ausführungen  durch  ungefährlichere  Dichtungen  ersetzte. 

Cap.  23  a-i'r  Könnte  doch  Hiob  Gott  finden,  er  würde  sich  mit  Erfolg 
vor  ihm  verteidigen  können;  aber  es  giebt  nichts  mehr  zu  hoffen.  2  3  Anch 
heule  isl  Aufruhr  meine  Klage,  Seine  Jfand  liegt  schwer  auf  meinem  Seufzen. 
0  dass  ich  wüsste  ihn  zu  finden,  Gelangte  zu  seinem  Thronsitz!  DI'H  D?  deutet 
an,  dass  die  Gespräche  mehrere  Tage  in  Anspruch  genommen  haben,  wie  es 
von  vornherein  das  Natürlichste  ist.  Vielleicht  dachte  sich  der  Dichter  je 
einen  Tag  von  einem,  Gange  mit  den  drei  Freunden  ausgefüllt.  Die  LXX 
scheint  sich  aus  D^^^  ein  '^Tiy^.  herausgedüftelt  zu  haben,  oder  es  ist  das  ^Pi])!T, 
aus  V.  3  nach  v.  2  geraten.  Der  ironische  Ausdruck  "'"ID  scheint  mir  auf  die 
frühere  Rede  des  Eliphas  anzuspielen  s.  zu  Caj).  15i3:  gestern  hast  du  mir 
Aufruhr  vorgeworfen,  auch  heute  wird  meine  Rede  nicht  demütig  (Cap.  22  23  29), 
sondern  aufrührerisch  klingen.  Seine  „Klage"  war  auch  früher  gewöhnlich  in 
empörter  Stimmung  gesprochen  (10  i;  7  11 12).  Auch  heute  fühlt  er  sich  unter- 
drückt, Gottes  Hand  lastet  auf  seinem  „Seufzen",  auf  ihm,  dem  Seufzenden, 
der  noch  immer  nicht  Gehör  findet.  Für  ''T  v.  2  ist  mit  LXX  IT  zu  lesen,  denn 
„meine  Hand  ist  schwer  auf  meinem  Seufzen"  kann  natürlich  nicht  heissen : 
obgleich  meine  Hand  (was  soll  hier  die  Hand?)  mein  Seufzen  unterdrückt.  Zu 
ini!|Dr\v.  8  vgl.  ntr'ID  pn  Cap.  29  7;  das  Wort  bedeutet  also  nicht  allgemein 
Stätte,  sondern  den  Ort,  wo  Gott  seinen  Thron  aufgeschlagen  hat.  Zu  "'HJ^T 
und  nachfolgendem  impf,  mit  1  s.  Ges.-Kautzsch'-g  §  120  e.  Hiob  Avill  zunächst 
von  sich  selber  sprechen,  wie  er  ja  auch  Cap.  21  that,  um  später  von  sich  zu 


TIi23  3  119  Hi23i2 

allen  übrigen  unschuldig  Leidenden  ül)erzugelien,  ein  ganz  natürliiht's  \er- 
ialiren.  Eben  darum  steht  dies  erneute  Klagen  nicht  in  Wider^^pruch  zu  dem 
■^r^J^T  von  Cap.  19  25.  4  .")  /r/t  tro/Zlc  ilnii  rorlnien  (Ins  /{cr/it   I  lul  inchifn 

Mund  mit  licirciscii  piltcn  u.  s.  w.  Ua  der  Kuiiort.  eintritt,  ^verdeu  die  Verben 
dieser  A'erse  nicht  melir  von  dem  ]ri1"^p  v.  3  l)eherrsclit  sein.  Zu  niriDin  vgl. 
Cap.  13  ö.  Zum  dag.  euphon.  in  10K*"no  s.  Ges.-Kautzsch^^  ij  20  2a  A.  i.  Die 
Antworten  Gottes  Avürden  Hiol)  das  Rätsel  lösen,  das  den  ( Jegenstand  der 
Theodicee  Idldet.  (>  7  Wiinlc  rr  in  itcr  l-liilc  der  Krit/'l  mit  mir  .strritrn? 

Aein .  nur  mrr/irn  iri'irdc  rr  auf  mii/i :  /)iirt  n'c/iti'fc  rin  /{cv/itsv/uijlcni'r  mit 
i/int,  l  nd  ir/i  rettete  für  immer  mein  /iee/it.  Dieser  \'ierzeiler  macht  uns  doch 
den  Furtsehritt  deutlich,  den  Hiobs  persönliches  Verhältnis  zu  (iott  seit  Cap. 
13  18  gemacht  hat.  Wenn  er  früher  annahm,  eine  llechtsverhaudlung  mit  Gott 
gefährde  sein  Leben,  Gott  werde  ihn  durch  seine  Übergewalt  und  Funhtbar- 
keit  niederdrücken  (Oaotf.),  so  ist  er  jetzt  überzeugt,  dass  (Jott  seine  Allgewalt 
nicht  gegen  ihn  ausspielen,  sondern  auf  ihn  achten  wird.  "^S  bezieht  sich  nicht 
auf  Xn,  sondern  auf  ^2  Di?),  wo  12^  nicht  blos  hinzuzudenken,  sondern  auch 
hinzuzusetzen  ist,  da  .sonst  eine  Hebung  fehlt,  es  ist  vor  ^2  ausgefallen,  «n  be- 
sagt: er,  den  ich  jetzt  kenne  als  den,  der  stets  auf  Seiten  des  Hechts  ist  (Cap. 
13  16;  19  2:.).  nDli  ist  richtig  als  part.  punktiert.  Für  ^öDt:^  1.  mit  LXX  'BDC^p. 
denn  Hiob  will  ja  gar  nicht  seinem  Richter  entkommen,  sondern  im  Gegenteil 
mit  ihm  zusammenkommen,  dagegen  will  er  den  Process,  den  er  jetzt  gleichsam 
mit  ihm  führt,  retten  und  ist  überzeugt,  dass  ihm  das  ein  für  alle  Mal  gelingen 
werde.  8  9  würde  auf  v.  3  zurückgreifen,  aber  in  einer  Weise,  die  der 
hoffnungsvolleren  Stimmung  der  vorhergehenden  und  nachfolgenden  Verse 
schlecht  entsprechen  würde;  da  ausserdem  v.  10 ff.  sich  eng  an  v.  7  anschliessen 
und  V.  8  f.  herzlich  leere  und  unbedeutende  Wiederholungen  von  Cap.  9  ii  f.  sind, 
so  halte  ich  sie  mit  Siegfuikd  für  eine  Beischrift  zu  v.  3  ff.  v.  8:  ich  gehe  nach 
Osten,  nach  Westen  —  was  soll  das  heissen?  wird  irgend  ein  Mensch  auf  diese 
AVeise  Gott  suchen?  Li  v.  9  ist  das  sinnlose  iriwi'?  in  WU^|52  zu  verbessern : 
Im  Aorden  siie/ie  ir/i  i/in  itnd  se/te  i/in  nic/it  OnSI  von  njri),  liiei/e  nm/i  Süden 
üb  (1.  Iby«)  und  erl)lir/,e  i/in  nic/it.  10  II  begründet  v.  6f.,  Hiob  brauche 

sich  vor  Gottes  Gericiit  niciit  zu  scheuen.  ''"iöV  '!\y\.  den  AVeg  bei  mir  statt: 
mein  Weg,  für  den  Si)rachgebrauch  des  Dichters  charakteristisch:  Denn  er 
kennt  den  Wandel,  den  it/i  f'ü/ire .  /'ruft  er  mir/t,  irie  (lold  irerde  ir/i  /lerror- 
jte/ien  u.  s.  w.  )n2  wird  gow(»hnlich  vom  Prüfen  der  Edelmetalle  gel)raucht,  seit 
.ler  11  20;  17  lo  auch  vom  Prüfen  des  Menschenherzens  durch  (4ott.  Hiob  ging 
in  Gottes  Fussstapfen  v.  1 1 :  Gott  selbst  geht  den  rechten  Weg  voran,  seine 
Handlungsweise  begründet  die  Ethik.  öS  juss.  Hiph.  von  nOJ.  Der  Vierzeiler 
begründet  also  v.  (j  7,  Hiob  liraucht  sich  vor  Gottes  Gericht  nicht  zu  fürchten. 
Zu  korrigieren  ist  an  V.  10 f.  niclits,  wenn  man  v.  6f.  nicht  falsch  verstanden 
hat  (gegen  Budüe).  In  12  13  wird  dem  Verhalten  Hi(d)s  Gottes  unerbittlich 
hartes  Verfahren  gegen  ihn  gegenübergestellt:  Von  seinem  (Seftot  irie/i  ie/i 
nii/it.  /n  meinem  /luxen  tiurn  ''f'  ''"'  ""'/''  seines  Mundes.  /)ne/i  er  /tut's  ///'- 
/ndtt  und  irer  tiiilt  i/in  zurüe/,-  u.  s.  w.  In  v.  12'  lese  ich:  ü^ü^  n"?  I^IS^C,  die 
Lippen,  die  L-Wnicht  hat.  >ind  wohl  blos  weL'en  V£  v.  12''  hin/.uu'efügt.  um  der 


Hi23l2  120  Hi23l7 

Symmetrie  iind  der  i^salmartigen  Färbung  etwas  nachzulielfen.  In  v.  12'^  ist 
"pnö  selbstverständlicli  mit  LXX  in  "'pHS  zu  verbessern,  denn  die  massor.  Les- 
art kann  man  ohne  zu  künsteln  nur  wiedergeben  mit :  vor  meiner  Satzung  (oder: 
meinem  Busen)  verbarg  ich  seine  Worte.  Neuere  Exegeten  haben  freilich  er- 
klären wollen:  mehr  als  mein  Gesetz  (das  soll  das  „Gesetz  in  meinen  Gliedern" 
sein  Eöm  7)  habe  ich  seine  Worte  gewahrt;  da  kann  man  es  fast  ein  Glück 
nennen,  dass  alttestamentl.  Exegese  nicht  allzu  vielen,  namentlich  keinem 
Nichttheologen ,  vor  die  Augen  kommt.  In  v.  13*  fasst  man  in  "inH2  das  D  ge- 
wöhnlich als  sog.  2  essentiae  und  übersetzt:  er  bleibt  sich  gleich,  obwohl  es 
doch  heissen  würde:  er  ist  einer.  Andere  lesen  rir:fc>3:  er  bleibt  bei  Einem, 
bleibt  auf  seinem  Stück  bestehen,  was  zwar  besser  ist,  aber  nicht  viel.  Ich 
vermute  wegen  v.  13'^  insi  (indem  man  "1  als  T  las,  verbesserte  man  das  ver- 
meintlich aram.  in  in  in^i):  er  hat's  erkoren,  nämlich  sein  Verfahren  gegen  midi 
(so  auch  Budde).  14  fehlt  in  der  LXX,  die  dafür  v.  15  zweimal  übersetzt; 

V.  14"^  ist  kein  vollständiger  Stichos  und  v.  14''  ganz  prosaisch,  v.  14^  übersetzt, 
man:  meine  Bestimmung  führt  er  zu  Ende  (aber  ph  heisst  Frist,  Grenze,  Ziel,, 
wozu  ü^b^n,  vollkommen  machen,  ausiiihren,  nicht  besonders  gut  passt)  oder: 
meinEecht(?)  giebt  er  preis  (so  Hoffmann)  ;  für  ^3  wollen  SiEGFEiEDund  Budde 
]3,  so,  in  dieser  Weise  (aber  von  einer  Weise  spricht  v.  13  nicht).  Es  hilft 
nichts,  mit  v.  14-'  zu  experimentieren,  weil  der  Satz  v.  14'^:  und  dergleichen 
giebts  viel  bei  ihm,  den  Yers  unmöglich  macht,  der  unecht  oder  unheilbar  ver- 
derbt ist.  Vielleicht  gehörte  er  in  irgend  einer  Form  hinter  v.  17  und  diente 
dazu,  von  Hiobs  Geschick  zu  einer  allgemeineren  Betrfichtung  der  Geschicke 
der  Frommen  überzuleiten.  15  16  Damm  bin  ich  vor  ihm  entset%t,  Mach* 

ich  mirs  klar,  erschrecke  ich  rar  ihm:  Ja,  Gott  hat  bang  gemacht  mein  Her% 
Und  der  Allmächtige  mich  entsetzt  gemacht.  Das  schliesst  sich  gut  an  v.  13 
an.  Ich  weiss  nur,  sagt  Hiob,  dass  Gott  beschlossen  haben  muss,  mich  zu 
quälen,  aber  nicht,  warum  er  es  thut,  und  darum  bin  ich  entsetzt  und  das 
um  so  mehr,  je  länger  ich  darüber  nachdenke  (das  Hithpal.  ]i"i3rn  auch  Cap. 
26  u:  sich  etwas  begreiflich  machen).  Hiob  erschrickt  nicht  davor,  dass  Gott 
richtet,  sondern  davor,  dass  er  nicht  richtet  vgl.  Cap.  21  6.  Von  dem  folgenden 
Tetrastich  ist  nur  das  erste  Distichon  übrig  geblieben.  17:  Denn  verstört 

bin  ich  rar  der  Finsternis,  Und  mein  Gesicht  deckt  Dunkel.  Das  ifh  giebt  nur 
einen  Sinn,  wenn  man  v.  17^  als  Frage  fasst,  da  aber  v.  17''  sich  unbequem  an- 
schliessen  würde,  so  wird  es  besser  gestrichen.  "'iBO  hat  sein  Ö  durch  gedanken- 
lose Wiederholung  des  vorhergehenden  ''iEt?  bekommen,  mit  LXX  ist  "^iD^l  zu 
schreiben. 

Hier  bricht  die  Rede  Hiöbs  ab.  Da  v.  15 — 17  eine  unverkennbare  Ähnlichkeit  mit 
Cap.  21  6  hat,  so  muss  Hiob  eine  ähnliche  Gedankenreihe  ausgeführt  haben  wie  Cap» 
2l7£f. ,  nur  dass  er  wahrscheinlich  mehr  vom  ungerechten  Geschick  der  Unschuldigen 
geredet  hat.  Einiges  in  Cap.  24  entspricht  allerdings  diesen  Erwartungen,  aber  kein 
längerer  Zusammenhang  und  vor  allem  nicht  der  Geist,  der  in  diesen  eingesetzten  Dicli- 
timgen  herrscht.  Denn  Cap.  24  ist  keine  zusammenhangende  Hede,  sondern  ein  Cyklus  von 
Gedichten;  zu  ihnen  gehört  noch  Cap.  12  4-6  und  Cap.  30  2-8.  Sämtliche  Dichtungen 
sind  in  einem  künstlichen  Versmass  abgefasst,  nämlich  in  Tristichcn,  -während  der  Dichter 
imd  sein  Gegner,  der  Verf.  der  Elihureden,  in  Tetrastichen  schreiben. 


Hi  24  1  121  Hi  24  4 

Cap.  241-4.  Das  erste  Gedicht:  Klage  darüber,  dass  das  Gericht  über 
die  Gottlosen  ausbleibt,  die  ungestraft  die  Armen  vergewaltigen. 

Von  diesem  Gedicht  künnttn  v.  2-^4  zur  Not  eimr  Ride  der  Freunde,  schwerlicli 
einer  Rede  Hiobs  angehören,  der  wenigstens  Cap.  21  in  ganz  anderem  Ton  von  den  Gott- 
losen spricht.  Indessen  scheint  mir,  dass  die  allgemeinen  Zustände,  die  hier  geschildert 
werden,  viel  bösartigi-r  sind,  als  die  von  unserem  Buch  sonst  vorausgesetzten,  vor  allem 
ist  der  Ton  anders,  als  in  den  Schilderungen  des  Dichters.  Die  Zustände  im  Lande,  klagt 
der  Verf.,  sind  uiihallhar  geworden,  «s  war«-  zu  wünschen,  dass  der  Tag  Gottes,  der  von 
..seinen  Keunern"  so  sehnlich  erwartet  wird,  über  die  Bösen  hereinbräclie.  Solche  sozial- 
liolitischeu  Betrachtungen  und  zumal  solche  tschatologischen  Ei  wuituiitren  sucht  man  beim 
I  »ichter  der  Reden  vergebens. 

l  ist  das  erste  Tristicbon.  v.  1^  ist  zu  hing  l'ür  einen,  zu  kurz  tur  zwei 
Stichen,  gielit  aber  auch  keint'U  vernünftigen  Sinn:  warum  sind  vom  Allmäch- 
tigen her  nicht  verborgen  (oder  aufgespart)  Termine?  Das  ist  eigentlich  e-iu 
W'idersiinuh  in  sich;  der  Verf.  wünscht  offenbar,  dass  die  Strafzeiten  herein- 
brechen und,  wie  v.  1''  zeigt,  oÖenbar  werden,  wie  kann  er  also  darüber  klagen, 
dass  sie  verborgen  sind?  Fasst  man  ]BS  als  aufsparen  (vorbehalten  bedeutet 
das  Wort  nicht),  so  würde  er  entweder  beklagen,  dass  es  keine  Straftermin«:' 
bei  G«»tt  giebt,  was  schon  mit  dem  Begriff  DTj;  und  1D1'  in  Widerspruch  steht, 
oder  dass  sie  nicht  länger  aufgespart  werden,  was  wieder  unsinnig  ist  und  mit 
V.  1''  streitet.  Ich  vermute,  dass  hinter  üb  und  D'nj?  je  eine  Hebnng  ausgefallen 
ist  (ebenso  wie  in  v.  2 '),  nämlich  hinter  i^h  etwa  das  Wort  ]n,  hinter  D'PJ?  etwa 
der  Ausdruck  h^'üyi  oder  IBJ?:  W'anini  (jtcbt's  roiii  MlmiirhlifH'ii  her  licin 
[Gericht],  Siml  mhoriicn  ilic  Tt'nniiH'  [bei  ihni|  l  iiil  aclH'n  sct'/ic  hr/iiicr 
.sf'hic/i  Tdij  uivlit?  Für  VCI"*  1. 1I2*\  denn  es  handelt  sich  deutlich  genug  um  den 
grossen  Zornestag,  an  dem  die  Gottlosen  ausgerottet  werden  sollen.  Betrefl's 
D'py  s.  zu  Cap.  12ö,  wo  ebenfalls,  vielleicht  von  demselben  Verf.,  das  Ausbleiben 
des  Gerichts  erwähnt  wird.  Gottes  „Kenner",  vom  i)ichter  der  Reden  nirgends 
genannt,  sind  die  Frommen,  die  vom  künftigen  Gericht  wissen,  wenn  ihnen  auch 
die  D'ny,  Zeit  und  Stunde,  verborgen  sind,  und  die  ungeduldig  auf  seinen  Tag, 
d.  h.  seine  l'arusie  Avarten.  Warum  das  Gericht  so  dringend  notwendig  ist, 
sagt  das  Folgende.  2  3 '  Wieder  ist  am  Schluss  des  ersten  Stichos  eine 

Hebung  ausgefallen,  etwa  D^yc'")  oder  einer  von  den  Cap.  12  3  6  gebrauchten 
Ausdrücken:  Die  (ircii'ii'ii  rcrriiikcii  [die  Gottlosen],  Die  llccrdf  rauhen  und 
ircidcn  sie.  Dm  ll.sri  dt r  W'u/.si'n  /ü/i/rn  s/'c  nttf  fori.  \y'^\  soll  wohl  nach 
der  Meinung  der  l\inktatoren  bedeuten:  sie  gewinnen  (Gebiete),  besser  liest 
man  X^Ü)  =  ^yp^^  von  i"D.  Für  ^V^M  lesen  mehrere  mit  LXX:  ly^ll,  mit  ihrem 
Hirten,  aber  der  heltr.  Text  ist  bezeichnender:  sie  weiden  die  geraubte  Heerde 
als  die  ihrige,  vor  aller  Augen;  auch  sind  die  hier  gemeinten  Leute  otVenbar 
keine  eigentlichen  Eäuber,  die  den  Hirten  mitschleppen  könnten,  um  ihn  zu 
verkaufen,  sondern  gottlose  Reiche,  die  fremdes  Gut  an  sich  bringen.  Auch 
den  Esel  der  Waisen  (absichtlich  der  sing.,  die  Waise  hat  nur  den  einen  Esel) 
führen  sie  mit  sich  als  ihr  Eigentum.  3''  4  Sic  pfänden  das  liind  der 

]\fftre,  Treihen  die  Annen  ront  Wet/e,  hmt/e.santl  rerOeriien  sirli  die  Elenden 
des  Landes.  ^2n,  pfänden  und  abführen,  anders  gebraucht  als  Cap.  22  6.  IIC' 
wieder  al)sichtlich  im  sing.;  die  letzte  Kuh,  von  deren  Milch  die  Witwe  lebt. 


Hi24  4  122  Hi24  6 

mit  der  sie  ihren  Acker  bestellt,  holen  sie  wegen  Schulden  weg.  Sie  stossen 
die  Armen  „vomWege",  aus  dem  öffentlichen  Leben  heraus;  diese  dürfen  sich 
nicht  sehen  lassen,  werden  als  unnützes  Gesindel  behandelt,  als  der  Bettelei 
imd  des  Diebstahls  verdächtig,  müssen  sich  daher  verkriechen.  Qre  ^»il?  ist 
besser  als  Ktib  ^lij;  (Demütige).  Was  in  v.  2—4  als  herrschender  Zustand  er- 
scheint, ist  beim  Dichter  der  Reden  doch  nur  Ausnahme  Cap.  22  6  ff.  Aber 
auch  abgesehen  davon  konnte  der  Dichter  dem  Hiob  nicht  Schilderungen  in 
den  Mund  legen,  deren  sich  Eliphas  Cap.  22  gegen  ihn  bedient  hatte,  ebenso 
wenig,  wie  Cap.  22  I7f.  neben  Cap.  21  uff.  echt  sein  kann. 

5—12  Das  zweite  Gedicht:  Schilderung  des  Lebens  einer  unterdrückten 
Volksschicht.  Der  Text  ist  in  einem  heillosen  Zustande,  LXX  weicht  stark  ab. 

Den  Charakter  dieses  Gedichts  hat  besonders  Bickell  richtig  erkannt,  der  auch  mit 
Recht  behauptet,  dass  Cap.  30  2-8  ein  weiterer  Teil  dieses  Gediclits  aufbewahrt  ist.  Es 
handelt  von  den  ,.Idioten  und  Namenlosen,  die  herausgepeitscht  wurden  aus  dem  Lande" 
(Cap.  30  8)  und  nun,  in  der  Wüste  und  auf  unwirtlichen  Bergen  wohnend,  in  Mangel  und 
Elend,  durch  Diebstahl  und  nächtlichen  Einbruch,  sich  durchs  Leben  schlagen.  Sie  ge- 
hören nach  Cap.  30  5  nicht  zum  herrschenden  Volk,  sei  es,  dass  sie  einer  unterjochten 
(Troglodyten-)  Rasse  angehören,  sei  es,  dass  sie  sich  aus  den  v.  4  erwähnten  Volksschichten 
rekrutieren.  Da  wir  über  den  Verf.  dieser  interessanten  Lebensbilder,  seine  Lebzeit  und 
Heimat  nichts  wissen,  so  wird  es  kaum  möglich  sein,  etwas  Näheres  über  diese  Leute  fest- 
zustellen. Sollte  der  Dichter  in  Juda  gelebt  haben,  so  wären  es  vielleicht  die  Reste  des 
im  Exil  zurückgebliebenen,  vor  den  eindringenden  Edomitern  weichenden,  von  den  Juden 
zurückgewiesenen  ländlichen  Mischvolkes. 

5''  Die  beiden  ersten  Tristicha  müssen  in  v.  5  6  stecken.  LXX  hat  ge- 
lesen oder  geraten:  niJiPl  iV^'pn  niü'  in^ö  n^^h  )^T  nn^?  D^xns  ^n,  dazwischen 
ist  nachträglich  eine  jüngere  Übersetzung  von  v.  b^  geschoben  worden;  einiges 
fehlt  ihr  also,  anderes  hat  sie  in  anderer  Ordnung.  Wo  die  meisten  Konjek- 
turen sind,  ob  bei  Ktil)  oder  bei  LXX,  kann  kein  Mensch  wissen,  doch  wird 
LXX  wie  überhaupt  in  diesem  Cap.,  ja  im  ganzen  Buch,  auch  hier  verkürzt 
sein.  Ihr  '«'IDJ/D  ist  offenbar  ein  entstelltes  ni"iy3,  das  selber  wieder  mit  dem 
n^^y  in  V.  5''  im  Zusammenhang  stellen  wird.  Ohne  auf  sichere  Wiederher- 
stellung des  Urtextes  zu  hoffen,  übersetzeich:  Siehe  ila,  Wildesel  in  derWüste, 
Ausziehend  in  der  Steppe,  Suchend  nach  der  Beute,  nehme  also  an,  dass  das 
unverständliche  D^J^DS  den  Platz  andeutet,  wo  das  H^iiys  ursprünglich  gestanden 
hat,  und  lese  "'X^''  für  INT;  die  beiden  Wörter,  die  den  dritten  Stichos  bilden, 
wurden  von  der  LXX  infolge  falschen  Verständnisses  umgestellt.  Die  Wild- 
esel, mit  denen  Gen  16  12  auch  die  Beduinen  verglichen  werden,  die  armen  ver- 
wilderten Leute,  die  der  Verf.  zu  schildern  gedenkt,  hausen  in  der  Steppe  und 
ziehen  von  dort  aus  auf  Füllung  des  hungrigen  Magens,  natürlich  nicht  in  die 
Steppe  hinein,  sondern  in  die  bewohnten  Gegenden,  wie  das  folgende  Tristich 
5'' G  zeigt.  Kein  Brod  Itaben  die  Ausyestossenen ,  Auf  dem  Felde  ernten  sie 
•zur  Nachtzeit,  Den  Weinberg  des  BeicJien  plündern  sie.  In  v.  5'^  lese  ich  mit 
Stüd.  und  Bickell  «^  für  l"?,  in  y.  6^'  mit  Meex  u.  a.  b^!^2  für  l^^"??-  D'IJ^ä"? 
V.  5'^  ist  befremdend,  warum  sollten  gerade  die  jungen  Burschen  kein  Brod 
haben?  Ich  schlage  nach  Cap.  38  13  Dn.J^iib  oder  D'''lj;]l'p  vor:  den  (vom  Lande) 
Abgeschüttelten,  Ausgetriebenen,  vgl.  v.  1 2  Cap.  30  5  s.  Das  Ketib  11"'^jp;i  könnte 


Hl  24  6  123  Ui24l2 

zur  Xot  bleiben  (Ernte  halten).  Zu  ^C^'?^,,  das  Letzte,  d.  h.  Alles  nehmen,  s. 
Wktzstkin  bei  Dj:litz.scii.  VlI^'i  wäre  verständlich,  wenn  die  Gottlosen  unmittelbar 
vorher  als  die  Vertreiber  dieser  „  Wildesel-'  bezeichnet  wären,  da  jedoch  v.  5ff. 
zwar  mit  v.  1-4  vom  selben  Verf.  herstammen  können,  aber  doch  ein  selb- 
ständiges Gedicht  bilden,  so  ist  wohl  geratener,  yJ]^  zu  lesen.  Der  Sinn  komm); 
freilich  so  ziendich  auf  dasselbe  hinaus:  verjagt  und  hungernd,  müssen  sie 
sich  vom  Felddiebstahl  nähren  und  rächen  sich  dadurch  zugleich  an  ihren 
Unterdrückern.  7  halte  ich  für  unecht,  die  erste  Hälfte  ist  eine  A'ariante 

zu  V.  10',  die  zweite:  „und  ohne  Hülle  in  der  Kälte"  erst  nachträglich  zur  Ge- 
winnung eines  Distichons  hinzugesetzt.  In  8  JO^  ist  v.  9  ein  Citat  zu  v.  2  ff.; 
in  V.  9"  ist  mit  LXX  l\^ü  für  iWü  auszusprechen  und  vielleicht  in  v.  9''  mit 
KAMi'iiArsKN  by^  für  b)l  zu  lesen:  S/r  rauhen  ron  der  lirnsl  die  Wnine  l  ml 
lt/'ihi(len  den  Siiif ////'////  de.s  Elenden.  Das  Tristich  v.  8  10'  lautet:  Vinn  lieijen 
der  Herne  triefen  sie,  (finie  Ohdaeh  iiinnrnien  sie  den  Fe/sen,  .\nekl  i/elien  sie 
idine  Kleid.  Sie  sind  in  den  Bergen,  wohin  sie  sich  aus  den  Städten  haben 
zurückziehen  müssen,  deju  AV'interregen  sciiutzlos  ausgesetzt  und  drücken  sich, 
wemfs  regnet,  in  die  Felsen.  In  v.  10 '  (7^)  ist  Dllj;  als  acc.  aufzufassen,  in 
nacktem  Zustande,  s.  (iES.-KALTTZscH^e  ij  118o.  Ob  ^3^.1  v.  10',  die  Iterativ- 
forni:  immer  gehen,  oder  \yb)  v.  7  '  besser  ist,  lässt  sich  kaum  entscheiden;  man 
sieht  wieder  an  dieser  Variante  und  an  dem  'h'l  v.  l(i  =  'S^O  v.  7,  wie  leicht- 
sinnig man  mit  dem  Text  umging.  Der  folgende  Dreizeiler  10''  II  >tände  eigent- 
lich besser  vor  dem  vorhergehenden:  /////////•///  tnitjen  sie  dnnui  die  durfte, 
V.iriselien  den  l'/l<niiiin(ien  /iressen  sie  (H.  Die  Ixeltern  treten  sie  nnil  si  liliir/'en. 
I  >iese  Sätze  werden  wohl  so  verstanden,  als  ob  von  armen  Arbeitern  gespi-ociien 
werde,  die  bei  den  Grundbesitzern  sich  zur  Erntezeit  verdingen  und  nun  mitten 
im  Erntesegen  hungern  und  dursten  müssen.  Aber  dies  sentimentale  Bildchen 
passt  nicht  zu  den  ,,  Wildesehi",  es  ist  auch  hier  vom  Felddiebstahl  die  Rede. 
Nb?i  heilst  also  nicht:  die  Garben  tragen  (das  thun  übrigens  die  wirklichen 
Esel,  s.  zu  Cap.  1  3),  sondern:  sie  forttragen,  und  für  IKDIl^  ist  ^KD?^^  zu  lesen. 
In  Dm'ty  ist  das  Suff,  kaum  verstfindlich.  also  das  D  entweder  ein  Fehler  oder 
eine  N'ariante  (ül^iiy;,  man  weiss  nicht  recht,  was  das  "Wort  bedeutet.  Ist  mw 
Avie  im  nachbibl.  Hebr.  „Reihe",  die  Reihe  der  Weinstöcke  oder  anderer  Nutz- 
pthmzen,  so  wäre  der  Sinn:  sie  ))ressen  das  ( )1  gleich  in  den  Olivenpflanzungen, 
weil  sie  selber  keine  l'ressen  besitzen,  natürlich  nächtlicher  Weile.  Ebenso 
bedienen  sie  sich  heimlich  der  Keltern  in  den  AVeinbergen  und  trinken  sofort 
den  erhaltenen  Most,  trotz  des  Wäcliters  in  seiner  Hütte,  der  scliläft  oder  un- 
schädlich gematht  wird.  12  \ o//  Sttn/t  und //iitfsern  tren/en  sie  rersr/teitehi, 
lud  der  llinnjer  der  Ixinder  s( lireit.  Doeh  pir  ilen  f/ieöf's  /»einen  Fi/rs//ree/ier. 
Der  M.  T.  hat  in  v.  12':  aus  der  Stadt  ächzen  Mannen  (nach  anderen  gar: 
Tote)'.  Mit  BicKtXL  ist  nach  LXX  D^PS^  für  D'HD  und  1^5;  oder  ^nir  für 
ipsr  zu  lesen.  Ebenso  in  v.  12'"  U^bb'y  für  D^b^n.  Diese  Verbesserungen  sind 
so  handgreiflich  richtig,  dass  sie  keiner  A'crteidigung  bedürfen.  Buddk  lässt 
freilich  die  Toten  aus  der  Stadt  ächzen  und  die  Seele  der  Erschlagenen  um 
Hülfe  schreien  und  versetzt  v.  12  hinter  v.  13,  und  das  alles,  um  das  C'ap.  für 
den  Dichter  zu  retten,  dem  durch  diese  Furcht  vor  der  ..heroischen"  Kritik 


Hi24l2  124  Hi24l6 

hinlänglich  übel  mitgespielt  wird,  um  ihm  selbst  die  Elihureden  zuzutrauen. 
ty'Bi  (was  gegen  den  Text  derLXX  sprechen  soll!)  ist  natürlich  die  hungernde 
Seele,  der  Hunger,  vgl.  z.  B.  Jes  29  8.  In  v.  12'=  scheint  der  M. T.  besagen  zu 
wollen:  und  Gott  beachtet  Verkehrtheit  nicht  (zu  ergänzen  wäre  etwa  12"?  b)l). 
Aber  nbpr\  passt  nicht  zur  Sache  (s.  zu  Cap.  1  22),  und  der  Verf.  hat  trotz  v.  1 
schwerlich  beabsichtigt,  sich  über  Gott  zu  beklagen.  LXX  hat  etwa:  "0  Kini 
rrnj^S  ü\^1  «*?,  was  abgesehen  vom  Stil  besser  wäre.  Ich  schlage  vor:  «b  H'^^fr?'! 
^^snp  ü],  wenn  jene  armen  Zigeuner  von  Stadt  und  Dorf  gescheucht  Averden, 
legt  niemand  für  ihre  hungernden  Kinder  ein  gutes  Wort  ein  {b^  wie  I  Sam 

I  27).  —  Soweit  dies  Gedicht,  das  Cap.  30  2-8  fortgesetzt  wird. 

13  — IS'"-  Drittes  Gedicht:  Aufzählung  und  Beschreibung  einiger  Ver- 
brechertypen, die  ihr  Werk  in  der  Nacht  betreiben.  Dass  es  nicht  zur  Rede 
Hiobs  gehört,  bedarf  keines  Beweises;  so  einfältig  konnte  der  Dichter  doch 
nicht  sein,  dass  er  Mörder,  Diebe  u.  s.  w.  gegen  das  göttliche  Weltregiment  ins 
Feld  führte.  Das  Gedicht  mag  nicht  von  derselben  Hand  sein  wie  v.  1  ff.  v.  5  tf., 
ist  jedenfalls  selbständig  und  hat  sogar  eine  eigene  Einleitung.  Es  fehlt  in  der 
ursprünglichen  LXX  mit  Ausnahme  von  v.  13,  der  aber  nachträglich  ein- 
getragen sein  kann.  13  Folgende  yeh'ören  unter  die  Feinde  des  Lichtes^ 
Kennen  nicht  seine  Wege  Und  hausen  nicht  an  seinen  Strassen.  In  "ll^^'nib 
ist  Tlö,  das  gewöhnlich  mit  3  oder  b'^_  steht,  mit  dem  acc.  konstruiert,  wenn 
nicht  lix'?  V.  1-1,  das  dort  sinnlos  ist,  eine  Variante  zu  11^  ist.  Tan,  kennen, 
aber  oft  kennen  wollen,  sich  um  etwas  kümmern.  Das  Licht  ist,  wie  das 
Folgende  zeigt,  im  buchstäblichen  Sinne  als  Tageslicht  zu  verstehen.  14  Die 
beiden  ersten  Stichen  müssen  im  Ktib  aus  einer  stark  verderbten  A^orlage  her- 
gestellt sein.  Da  "W^b  vielleicht  nur  Variante  zu  "11^  in  v.  13  und  "1lN  ih  am 
Anfang  eines  Satzes  nicht  ohne  Bedenken,  auch  sachlich  nicht  sonderlich 
passend  ist,  so  muss  man  wohl  ^^^b  schreiben.  Ganz  sicher  sind  auch  die  bei- 
den Substantive  hinter  ^tsp'^  nur  erraten,  denn  warum  der  Mörder  den  Elenden 
und  Armen  tötet,  das  begreift  man  nicht.  Aus  ]"i"'DS  lässt  sich  leicht  in^S 
machen;  dann  muss  ^ij;  zu  einem  1"!^  herhalten.  In  v.  l^'^  verbessert  Meex  ^T\\ 
23?5  sehr  glücklich  in  233  '^jT..  Demnach:  Gegen  Abend  erhebt  sich  der  Mör- 
der, Tötet  seinen  Widersacher  and  Feind,  Und  in  der  Nacht  wandert  der  Dieb. 
Der  Dieb  ist  eine  zu  vulgäre  Gestalt,  er  bekommt  daher  nur  einen  Stiches. 
15  Dagegen  vom  Ehebruch  redet  die  spätere  Genredichtung  gern  ausführlicher, 
vgl.  Prv  7.  Und  das  Äuge  des  Ehebrechers  lauert  auf  die  Däinnterung,  Er 
denkt:  kein  Auge  wird  mich  erblicken.  Und  eine  Gesichtsmaske  legt  er  an. 
D'^iS  "inp  muss  irgend  eine  Hülle  sein,  durch  die  man  das  Gesicht  unerkennbar 
macht;  nach  Wetzstein  bei  Delitzsch  wäre  es  vielleicht  der  noch  jetzt  so 
genannte  Erauenschleier,  den  der  Ehebrecher  wählt,  um  in  den  fremden  Harem 
eindringen  zu  können.  Zu  D^'^^  kann  man  ein  V3S  b^_  hinzudenken.  16  .SVV 
brechen  im  Dunkel  aus  den  Häusern,  Bei  Tage  schli essen  sie  sich  ab,  [Denn 
sie  alle]  wollen  vom  Licht  nichts  wissen,   "inn  oder  vielmehr  1"inn,  sonst  mit 

II  verbunden,  kann  auch  heissen:  sie  brechen  in  die  Häuser  ein,  doch  passt  das 
nicht  ohne  Weiteres  zu  dem  Mörder  und  ebenso  wenig  zu  dem  folgenden 
Stichos,  wo  zu  IDrin,  versiegeln,  später  allgemeiner:  verschliessen  (vgl.  dasHiph. 


Hi  24  16  lli")  Hi  24  li» 

lievlo.s)  dasselbe  D^P2  noch  eiimial  hinzuzudenken  ist,  inn  und  Dnn  sind 
starke  Ausdrücke  und  S(dlen  Avohl  an  einander  anklingen.  Da  der  dritte  Stichos 
um  ebenso  viel  zu  kurz  ist,  wie  der  erste  in  v.  17  zu  lanfr.  so  setzen  wir  das  ^3 
nn^  von  V.  17  eine  Zeile  höher:  sie  alle  können  das  Ijicht  nicht  brauchen. 
17  18"  ist  im  jetzigen  Text  nicht  übersetzbar.  „INIorgen  ist  ihnen  die  Finster- 
nis" ist  schon  sonderbar  i^cnug.  dass  dann  mo^S  noch  einmal  kommt,  nicht 
minder;  dass  jene  A'erbrccher  die  Schrecken  des  Dunkels  kennen,  ist  so 
ziemlich  das  Gegenteil  von  dem,  was  man  erwartet.  Ich  schreibe  nn3  für  "lJ3i, 
ferner  we^'on  v.  '\'^  rilD^O  t'""  riln'i'^;  uinl  irj^eml  ein  beliebiges  Wort,  z.B.  noS^, 
für  das  gedankenlos  wiederholte;  n^D^^.  AVenn  der  letzte  Stichos  v.  18'  nicht 
ganz  verderbt  ist,  so  muss  er  besagen,  dass  jene  Verbrecher  selbst  auf  dem 
Wasser  leicht  fertig  werden,  woi-aus  zu  scldiessen  wäre,  dass  der  Verf.  etwa  in 
einer  Stadt  am  >\il  gelebt  hätte.  ]Mit  dem  Vorbehalt  des  Zweifels  an  v!  Is» 
übersetzen  wir  also  diesen  letzten  Dreizeiler:  Erkoren  linln'ii  s/r  sich  <his 
Ihdilii'l.  Dl' im  Sil'  sinil  hrkninit  mit  <lrii  Wrjfrn  (Irr  Einsirniis,  Srlnirll  srihst 
auf  Wdssi'r/üiclir.  Der  sing.  T3^  könnte  schon  mit  dem  Hinblick  auf  das  S'H 
V.  18*  gewählt  sein;  zu  den  Gängen  der  Nacht  gehöreikauch  Fahrten  auf  dem 
Nil  uiiil  Xilkanälen  mittelst  leichter  Kähne,  etwa  der  Pa])yrusschifiVhen.  Den 
.luden  war  das  Wasser,  wenn  sie  darauf  fahren  sollten,  meist  etwas  unheim- 
lich, CS  gehört  ja  auch  zur  Unterwelt,  zur  Nachtwelt. 

18''-  24  Das  vierte  Gedicht,  dessen  Eingang  fehlt.  Es  schildert  den 
Untergang  eines  vornehmen  Verbrechers,  etwa  in  der  AVeise,  wie  die  Freunde 
Hiobs  davon  zu  sprechen  ptlegen.  Von  diesem  Gedicht  wagt  selbst  Budde 
nur  zwei  Verse  für  den  unglücklichen  Dichter  zu  retten.  Der  Text  ist  (selbst- 
verständlich, mitchte  man  sagen)  arg  verderbt,  auch  mit  einigen  Glossen  be- 
lastet; der  Anfang  ist  weggefallen.  18 '"^  19  \rrßiuht  ist  sein  Arkrr  im 
l.inulr,  l-.s  rii/f'i'ii  Um  fort  DUrrc  sainl  //ifir.  Es  rrissr/t  ihn  ire(j  die  Svhner- 
irasser.  Lies  "irij^'/n,  weil  auch  nachher  im  sing,  vom  Frevler  gesprochen  winl. 
Im  zweiten  Stichos,  der  bis  Dh  in  v.  19  reicht,  ist  in  dem  sinnlosen  HiE^  ^h  das 
b  in  ^  und  "  in  D  zu  verwandeln  und  somit  zu  lesen:  nSDpKV  Die  beiden  letzten 
Wörter  WlCTO  ^'n'n,  nach  Art  d^r  Weinberge,  sind  die  Anmerkung  eines  Lesers 
zum  dritten  Stichos:  was  bei  den  am  Bergabhang  angelegten  Weinbergen  eine 
häufige  Erscheinung  ist,  dass  sie  nämlich  vom  Schneewasser  weggespült  wer- 
den, das  wird  auch  bei  seinem  Acker  eintreten;  ein  Acker,  der  gepHügt  werden 
muss,  liegt  ja  sonst  gewidinlich  nicht  so  steil  an,  dass  ihm  «las  Schneewasser 
gefährlich  werden  müsste.  Übrigens  wird  der  Verf.  selber  bei  np^n  nicht  blos 
an  Kornäcker  gedacht  haben.  Im  Sommer  verderbt  das  Feld  des  Gottlosen 
der  Kegenmangel,  im  Winter  der  übermässige  Regen  und  Schnee.  In  v.  IQ*» 
1.:  ir^'»  n^Vtr.  v.  VM  '.sen  'JISU^.  giebt  in  der  hehr.  Punktation  gar  keinen  Sinn: 
Scheol  die,  die  gesündigt  hab(>n,  da  ein  Verbum  fehlt.  Allerdings  will  ja  der 
hebr.  Text:  Dürre  samt  Hitze  raubend)  die  Schneewasser,  was  dann  ein  vor- 
bereitendes Bild  für  r.  lO*"  sein  soll,  aber  so  kann  sich  am  guten  Geschmack 
und  an  der  Vernunft  (Winterschnee  durch  die  Hochsommerhitze  geraubt!)  ja 
nicht  der  elendeste  Skribent  versündigt  haben.  Die  Auss])rache  der  LXX: 
*SDn  'r^N'^.  gefordert  wird  seine  Sünde,  rechtfertigt  sich  selbst,  beweist  aber 


Hi24l9  3  26  Hi24  24- 

auch,  dass  v.  19«=  eine  Glosse  oder  ein  versprengter  Eest  aus  dem  verlorenen 
Teil  des  Gedichts  ist  (in  v.  19  der  LXX  ist  sogar  ein  Satz  aus  v.  9  ein- 
gedrungen). 20  21^  Es  rergisst  ihn  der  Markt  seines  Orts,  Seiner  Grösse 
irird  nicht  mein-  gedacht,  Wie  ein  morscher  Baum  wird  er  entwurzelt.  Der 
jetzige  Text  ist  ein  vollkommener  Unsinn,  besonders  der  Satz:  Wurmfrass 
(fem.)  ist  ilin(!)  süss  (masc);  das  zu  übersetzen  mit:  Würmer  laben  sich  an  ihm, 
scheint  mir  eine  Gewissenlosigkeit.  Für  "IpriD  Dn"l  lese  ich  löpD  Dh"!,  das 
folgende  Wort  spreche  ich  nb"i  (inf.  von  DH  mit  dem  Suff,  der  3.  p.  s.  m.),  vgl. 
V.  24:  früher  war  er  auf  dem  Markt  (s.  dazu  Cap.  29  7)  ein  angesehener  Mann, 
jetzt  denkt  niemand  mehr  an  ihn.  In  v.  20"^  21-''  ist  nach  meiner  Meinung 
zu  lesen:  '\'\>yri  V.Vr^  KJ^?'  clie  beiden  ersten  Wörter  nach  LXX  (Bickell).  VJ^I 
(in  ny"l  Y.  21  verderbt)  ist  intransitiv  und  Aramaismus  für  das  hebr.  yf).  ISla'n 
ist  erst  eingesetzt,  nachdem  das  Tby^  aus  dem  folgenden  Vers  an  diese  Stelle 
geraten  war.  Zu  Ipr  vgl.  Koh  3  2.  21''  22 "^  Der  Dreizeiler  beginnt  v.  21 
mit  n'^n  \^h,  zu  ihm  gehört  noch  das  n'?iy,  das  jetzt  am  Schluss  von  v.  20  steht, 
in  der  LXX  aber  noch  seinen  Platz  bew^ahrt  hat,  deren  Vorlage  in  v.  21*» 
lautete:  Drn.  sb  Th\V\  {rh^V  Mädchen,  nachbibl.  Hebr.).  Wie  es  scheint,  ent- 
spricht dies  DH"!  i^b  unserem  ibn  N^,  das  seine  ursprüngliche  Stelle  gewechselt 
hat,  seitdem  die  „Unfruchtbare",  JTIJ^Jf,  eindrang,  und  damit  auch  dem  n'?1J? 
den  Boden  entzog.  Ich  schlage  demnach  vor,  v.  21 '^  als  ersten  Stiches  anzu- 
sehen und  den  zweiten  im  Anschluss  an  die  LXX  (nur  mit  hebr.  Auffassung 
des  n'PlJ?)  so  herzustellen:  Dni.  «^  n'^iy'l).  Dadurch  werden  wir  das  „Weiden" 
der  „Unfruchtbaren"  los  und  zugleich  den  Wirrwar  im  M.T.  Im  dritten  Stichos 
V.  22*  ist  mit  LXX  (Bickell)  D''"|3i<  für  D^T^N  zu  lesen.  Demnach  lautet  das 
Tristich:  Der  Witwe  that  er  nicht  trohl  Und  ihres  Kindes  erbarmte  er  sich 
nicht  Und  raffele  fort  die  Verlorenen  durch  seine  Kraft.  Die  D"'"j3K  sind  die 
finanziell  Euinierten.  22  '■  23  Gestraft  wird's,  nicht  rechnet  er  auf  sein 
Leben,  Gestürzt  wird  er,  ohne  ffoffnnng,  sich  zu  stützen.  Und  sein  Unterdrücker 
ist  auf  seinem  Wege.  Mit  Bickell  ist  DJ5^  für  Dlp^^  zu  lesen,  mit  demselben  nach 
LXX  V'^nil  für  ]^^n?,  ebenso  in  v.  23-''  |>r\^  für  ]ri:  und  nan^  vh  für  nüSb  1*?.  Mit 
niül''  ist  das  folgende  Verb  verbunden  nach  Ges.-Kautzsch26§  120  d.  Inv.  23'* 
lässt  uns  die  LXX  leider  in  Stich;  dass  der  Text  verderbt  ist,  zeigt  die  Un- 
form  liTrj^,  für  die  wir  in  Ermangelung  eines  Besseren  IHiJ^O  schreiben:  sein 
Unterdrücker  könnte  etwa  der  Todesengel  sein,  vgl.  Cap.  33  22.  Das  letzte  Wort 
muss  natürlich  ein  sing.  Suff,  haben:  VD'l'n  oder  besser  w^ohl  13"!'^.  24  Seine 
Grösse  währt  kurz  und  er  ist  nicht  mehr,  Ist  geduckt,  schrumpft  misammen 
wie  die  Melde  Und  trie  der  Kopf  der  Ähre  abgeschnitten.  Natürlich  ist  wieder 
10*1  zu  lesen,  vgl.  v.  20;  da  die  Urheber  des  Ketib  aber  1)21  für  einen  plur. 
hielten,  haben  sie  auch  die  drei  folgenden  Verben  in  den  plur.  gesetzt,  obwohl 
13i"'{St  sie  eines  Besseren  hätte  belehren  sollen;  LXX  hat  den  sing.,  1.  also  "^ÖH 
(von  '^30),  }*S(?1  und  h^\.  Wunderlich  ist  "jls?,  wie  alles;  schrumpft  denn  alles 
ein?  und  wenn  es  dies  thäte,  könnte  man  dann  die  allgemeine  Eigenschaft 
gegen  die  Gottlosen  verwerten?  Die  LXX  liest  }J-oX6;(Tr]  =  ni^O,  ein  Steppen- 
gewächs, dessen  Blätter  von  armen  Leuten  gegessen  werden,  vgl.  Cap.  30  4. 
Wenn  die  Melde  unglücklicher  Weise  nicht  zusammenschrumpfen  sollte,  muss 


Hi  24  2i  127  ■  Hi  2fi2 

nuin  n^öS  eben  zu  ^on  ziclu.n.  "PB^.  kann  hier,  anders  als  Cap.  14  2;  18  lo.  nur 
das  pass.,  also  Nipli.,  sein:  abj^eschnitten  werden;  die  Ähren  ^Yurden  in  Palästina 
nicht  am  Boden,  sondern  beträchtlich  höher  abgeniilht.  v.  24  könnte  der 
Schluss  des  ( Jcdiclites  sein. 

25  ist  allein  von  der  echten  Hiobsrede  übrifj  geblieben,  deren  Abschluss 
er  ohne  Zweifel  bildete:  / ////  trc/iN  ii'nlil .  ircr  irill  iniih  IJhifii  slrafrn  l  nil 
•ztf  nirlili'  iiKirlicit  iiicinc  Heile'::'  "?{<  als  Substaiit.  j,nl)rautjit.  iDtj!  Sdllt«-  inaii 
hinter  ^p  erwarten. 

Cap.  25  2ß.    Dritte  Itede  Bildads. 

"Wie  jetzt  der  Text  vorliegt,  hält  Bildad  Cap.  '2ö  eine  kurze  Rede  von  fünf  Versen, 
die  keinen  Anfang  hat  und  in  drei  Versen  einige  Stellen  in  Eliphas  Reden  variiert;  darauf 
antwortet  Hiob  Cap.  26  mit  einem  Spott  über  die  viele  AVeisheit,  die  Bildad  beigebracht 
habe,  und  einer  Verherrlichung  der  Grösse  Gottes,  deren  Veranlassung  und  Zweck  nur  den 
Kxegi'ten  bekannt  ist,  die  beides  erst  selber  hineinlegen  und  wissen,  Hiob  wolle  dem  Bildad 
beweisen,  dass  er  selber  Gottes  Grösse  viel  besser  verhen-liciien  k<inno.  als  Bildad  mit 
seinen  fünf  Versen.  Aber  warum  stammelt  denn  Bildad  so  und  wie  kommt  Hiob  plötzlich 
zu  der  kindischen  Eitelkeit,  jenen  rhetorisch  zu  besiegen?  l'nd  warum  hält  später  Gott 
selbst  für  nötig,  den  Hiob  von  seiner  Überlegenheit  zu  überzeugen,  von  der  Hiob  sich  doch 
Cap.  2614  schon  vollkommen  überzeugt  zeigt?  Dass  die  Sache  nicht  in  Ordnung  ist,  be- 
weist schon  der  Umstand,  dass  Cap.  27  1,  mitten  in  der  angeblichen  Rede  Hiobs,  die  Cap,  26 
und  27  umfassen  soll,  eine  neue  Überschrift  auftritt  („Hiob  fuhr  fort  u.  s.  w."),  die  sonst 
selbst  in  den  längsten  Reden  nicht  vorkommt  und  die,  wenn  sie  in  der  jetzigen  Gestalt 
richtig  wäre,  mindestens  verraten  würde,  dass  (.'ap.  26  und  Cap.  27  in  keinem  Zusammen- 
hang mit  einander  stehen.  Lautete  die  Überschrift  in  Cap.  27  1,  deren  Auftauchen  nicht 
zufällig  sein  kann,  so  wie  sie  sonst  immer  lautet,  nämlich:  da  antwortete  Hiob  und  sprach, 
so  würde  kein  Mensch  daran  zweifeln,  dass  alles,  was  zwischen  Cap.  24  und  27  steht,  eine 
lve<le  Bildads  ist,  und  das  um  so  weniger,  als  sonst  nur  die  Freunde  Gottes  Grösse  be- 
tonen, während  Hiob  in  Gottes  Überlegenheit  nichts  als  Schrecken  Erregendes  findet.  Da 
nun  Cap.  26  im  Unterschied  von  Cap.  25  einen  wirklichen  Anfang  besitzt,  so  muss  in 
Caj).  26  1  einmal  Tn^3  für  31'K  gestanden  haben.  Die  ganze  Konfusion  ist.  behaupte  ich, 
daraus  entsprungen,  dass  Cap.  25  2  tV.  hinter  V.  26  4,  wohin  dies  Stück  geh("»rt,  vom  Ali- 
schreiber  ausgelassen  und  dann,  am  Rande  nachgeholt,  vor  das  26.  Cap.  geraten  ist.  Dass 
Hildad  an  der  Reihe  war,  veranlasste  die  Abfassung  einer  entsprechenden  Überschrift  für 
das  versprengte  Stück,  und  dies  nötigte  weiter  zu  der  Abänderung  der  ursprünglichen 
Überschriften  Cap.  26  1 ;  271.  Ahnliche  Ansichten  vertreten  Recbs,  Siegfried,  Chevxe. 
BicKELL.  Budde  nennt  die  Versetzung  von  Cap.  26  2-4  vor  Cap.  25  eine  bare  Gedanken- 
losigkeit, was  gerade  bei  ihm  scherzhaft  klingt. 

Cap.  2G  1-4  Cap.  25  z-o:  in  Beantwortunji  der  (uns  gritsstenteils  verloren 
gegangenen)  Rede  Hiobs  behauptet  Bildad,  dass  gegenüber  dem  Herrscher  in 
der  Höhe  kein  Wesen,  am  wenigsten  der  Mensch,  rein  sei.  Dieser  Gedanke 
scheint  betont  zu  werden,  weil  Hiob  über  das  böse  Schicksal  unschuldiger 
Menschen  geklagt  hatte  (s.  die  einleitenden  Bemerkungen  zu  C'ap.  23f.).  In 
Cap.  26  1  ist  2VK  für  Bildad  wieder  herzustellen.  2  3  II»  hnsl  du  tieholfeti 
dem  Kraftlosen,  rnterslütxt  den  Arm  des  (HinniHrhliiien!  Wie  hnsl  du  beraten 
den  l  n/reisen  l  nd  Vernunft  in  Mentje  •:■//  /rissen  //et/etten .'  Hiob  hat  nach 
lUldads  Autfassung  Gott  die  Macht  und  die  AVeisheit  abgesprochen,  die  Welt 
richtig  zu  regieren  (da  er  die  Rechtschafienen  nicht  rette).  Ahnlich  sagt  ja 
auch  Eliphas  ( "aj).  22  i;'.,  Hiob  meine.  Gott  führe  kein  ordentliches  Regiment,  da 


Hi26  2  128  Hi254 

er  die  Gottlosen  nicht  strafe.  Über  "H»  vor  j;  s.  Ges.-Kautzsch26  §  37  d.  Zu 
'TD'i^b  u.  s.  w.  Vgl.  Jes  10  15:  yV'^^^  den?  tler  nicht  von  Holz  ist;  T\2'iih  ist  nicht 
die  Kraftlosigkeit,  sondern  der  Kraftlose  (der  von  Nicht-Kraft).  Weil  Gott 
der  Allmächtige  ist,  meinte  Bildad  schon  Cap.  83,  ist  es  klar,  dass  er  gerecht 
regieren  muss.  In  v,  3  tadelt  er  das  Besserwissenwollen  Hiobs,  der  ja  „von 
gestern  her  und  umvissend  ist"  (Cap.  Ssf.),  und  die  Länge  seiner  Rede  vgL 
18  2;  82.  4  Cap.  25  a  M/  wessen  Hilfe  hast  du  Worte  ror(jeb?'acht,  Und 

wessen  Geist  ging  aus  von  dir?  Herrschaft  und  Schrecken  sind  bei  ihm,  Der 
Frieden  schafft  in  seinen  Höhen.  ''öTiSi  bedeutet  wegen  v.  4}':  mit  ihm,  ns  ist 
also  nicht  die  nota  acc,  obwohl  T'lin  in  Cap.  31 37,  wenn  dort  der  Text  richtig 
ist,  ausnahmsweise  mit  dem  acc.  konstruiert  ist.  Bildad  fragt:  wer  hat  dich  in- 
spiriert, woher  hast  du  so  mächtige  Weisheit,  dass  du  sogar  Gott  damit  über- 
trumpfen willst?  Natürlich  erwartet  er  nicht  die  Antwort:  von  dem  und  dem, 
sondern  das  bescheidene  Eingeständnis,  einen  solchen  Bundesgenossen  und 
eine  solche  Inspiration  giebt  es  nicht,  der  Mensch  ist  eben  nicht  klüger  als 
Gott,  und  es  ist  eineYermessenheit,  ihm  regieren  helfen  zu  wollen.  Für  Budde, 
der  an  Hiob  als  Sprecher  dieser  Worte  festhält,  passt  allein  die  Auskunft, 
Hiob  wolle  sagen,  dass  Bildad  in  Ca}).  25  ihn  bestohlen  habe:  wenn  er  aber 
gleich  darauf  von  der  „Grösse"  des  Dichters  spricht,  so  meint  er  das  hoffent- 
lich in  ironischem  Sinne,  in  Wahrheit  verführe  doch  der  Dichter  gar  zu 
kindisch.  „Herrschaft  und  Schrecken  sind  bei  ihm",  fährt  Bildad  Cap.  25  2 
fort,  wie  kann  der  unwissende  und  ohnmächtige  Mensch  den  kritisieren  wollen? 
^^on  ist  der  substantivierte  Inf.  Hiph.,  mit  nriDJ  ein  Hendiadyoin  bildend,  eine 
Schrecken  einflössende  Herrschaft  führt  Gott,  der  da  „Frieden  schafft  in 
seinen  Höhen".  Er  regiert  nicht  blos  auf  Erden,  wo  der  Mensch  sein  Thun 
übersehen  zu  können  sich  einbildet,  sondern  bändigt  auch  die  gewaltigen 
Mächte  in  seinem  himmlischen  Herrschergebiet.  Dem  Dichter  schweben  wohl 
ähnliche  halb  mjthische  Vorstellungen  vor,  wie  die,  auf  die  er  Cap.  26  5  12 f. 
anspielt,  Vorstellungen  von  abtrünnig  gewordenen  Engeln,  Sterngeistern  u.  dgl. 
(vgl.  Henoch  Cap.  18 15;  80 6).  3  4  Sind  zählbar  seine  Scharen?  Und  über 

wen  erhebt  sich  nicht  sein  Hinterhalt?  Wie  lüäre  da  der  Mensch  gerecht  bei 
(lOtt  Und  li'ie  wäre  rein  der  Weibgeborne?  Gott  verfügt  über  die  unzälilbaren 
Scharen  der  Höhe,  die  seine  Befehle  ausrichten,  ihm  Nachrichten  zutragen,  wie 
die  bne  elohim  in  Cap.  1  2  vgl.  z.  B.  Gen  18  28;  28  12;  IReg  22  19,  durch  die  er 
also  das  Regiment  über  die  Menschen  ausübt,  Avenn  er  auch  selber  hinter  den 
Wolken  verborgen  ist  Cap.  22i3f.  WT^y^  ist  eine  wunderliche  Form  (Ges.- 
Kautzsch26  §  91  1  A.  Ib),  beim  Dichter  gar  nicht  gebräuchlich;  der  Sinn: 
sein  Licht  erhebt  sich  über  alles,  hat  gar  keine  Beziehung  zu  Bildads  Grund- 
gedanken: oder  soll  das  Licht  dazu  dienen,  ihm  alles  zu  enthüllen?  wie  stelits 
dann  mit  den  nächtlichen  Verbrechern,  die  Cap.  24  13  aufgezählt  sind?  imi« 
ist  eine  dogmatische  Korrektur  für  das  13"!lt<,  das  die  LXX  noch  hat:  sein 
Hinterhalt,  seine  Auflauerer,  die  den  Menschen  auch  da  fassen,  wo  er  sich  vor 
Gott  sicher  glaubt  (22  13).  Da  ist  es  doch  klar,  dass  der  Mensch,  Avie  Hiob 
selber  schon  zugegeben  hat  (9  2),  bei  Gott  nicht  als  rein  gelten  kann !  In  v.4— 6 
werden  Sätze  aus  Eliphas  l^eden  (Cap.  4  ]7ff.;  15  i4  ff.)  variiert,  doch  giebt  ihnen 


Hi25  4  129  Ui2ö9 

der  Zusammenhang  einen  etwas  abweichenden  Sinn:  Gott  sieht  alles,  ihm  ent- 
geht nicht  der  kleinste  Flecken,  darum  kann  kein  Mensch  bei  ihm  l'ür  rein 
gelten  und  also  auch  das  l'nglück  der  vermeintlich  rnschuldigcn  nicht  gegen 
(lottes  Gerechtigkeit  ins  Feld  geführt  werden.  5  (i  .V/V//,  seihst  der  Mond, 

der  ist  iihltt  hell,  lud  die  Sti'nic  sind  nicht  rein  in  seinen  .Un/en:  .>'//;/  ////r  der 
Mensrii.  die  Mnde,  l  nd  der  Sterhlirhe.  der  Wurm!  Sl«^  ist  wohl  blos  schlechte 
Orthographie  lur  St  (von  'ihT})  vgl,  Cap.  31  26,  Dass  gerade  der  Mond,  nicht 
die  Sonne,  als  ein  Körper  genannt  wird,  der  nicht  (Heckenlos)  hell  ist,  darf 
nicht  auf  die  leicht  erkennbaren  Flecken  des  Mondes  zurückgeführt  werden, 
sondern  hängt  einfach  mit  der  J'arallelisierung  mit  den  Sternen  zusammen : 
höchstens  sj)ielt  noch  die  alte  Verehrung,  die  der  ^lond  bei  den  Semiten  genoss. 
etwas  mit  ein.    f]K  wie  C'ap.  4  lo;  15  16.  Cap.  20  5ß  Die  liiesen  /rinden  sir/t 

ror  int/st.  Die  unter  den  Wussern  ihre  Wuhnumjen  hulien,  .\tulit  lieift  Srheid 
ror  ihm,  t  nd  ln-ine  Drehe  hat  der  A/tiinind.  Die  C'SDT  sind  nicht  die  ver- 
storbenen Menschen,  die  eine  gar  zu  armselige  Parallele  zu  den  (lestirnen 
Ca)).  25ö  und  Seheol,  den  Säulen  des  Himmels,  Kahab  u.  s.  w.  (^ap.  2G6tl",  er- 
gäben, sondern  die  vorzeitlichen  Riesen,  die  von  Gott  in  die  Unterwelt  gestürzt 
Aviirden,  wie  die  (ligaiiten  Cvgl.  LXX)  und  Titanen  der  (J riechen,  Dass  sjiäter 
das  Wort  durch  \'erallgeiiieinerung  auf  alle  J^ewohner  der  Unterwelt  aus- 
gedehnt wird,  spricht  natürlich  nicht  dagegen.  Sie  geraten  in  Angst  (für  das 
Polal  "l^^in^  sollte  man  eher  das  Hithp.  '.^"?inn^  vgl.  Uap.  1.')'20  erwarten),  wenn 
sie  (lottes  Auge  auf  sich  gerichtet  fühlen.  Für  DH^iDWl  1,  mit  Üickell  DH^iSC^p, 
denn  dass  die  Giganten  unter  den  Fischen  hausen,  wäre  eine  närrische  Be- 
merkung. Zu  dem  acc,  D1"1J^  s.  zu  C^ip.  24  "  lo,  ^n?«  beim  Diehter  aueli 
( 'aj).  :U  i'2,  sonst  noch  Caj),  28  -'2.  Die  Unterwelt  liegt  nach  v.  5  noch  unter  dem 
Meer.  Die  folgenden  vier  Verse  7—10  könnte  man  schon  missen  (in  der  ur- 
sprünglichen IjXX  tehlt  V.  ö— 11).  da  sie  nur  die  Schöj)fergrösse  Gottes  malen 
und  auch  stilistisch  sich  nicht  sonderlich  gut  anschliessen,  vielleicht  hat  sie 
«loch  dieselbe  Hand  eingesetzt,  der  wir  auch  Cap.  9, 8-io  verdanken.  7H 

(•lOtt  spainit  aus  (9  8)  den  ,,Norden"  über  dem  Chaos,  pss  ist  als  jjars  ])ro  toto 
für  die  Erde  vielleicht  deshalb  gewählt,  weil  man  seit  dem  Exil  ungeheure 
Berge  im  Norden  kennt,  auf  denen  die  Gottheit  wohnt  (Jes  14 13;  Hes  1  4  vgl. 
Cap.  28  i3tt'.)  inid  deren  Schwere  das  Wunder  noch  unbegreiflicher  macht,  das^ 
die  Erde  über  dem  Nichts  aufgehängt  ist.  In  v.  8  werden  die  Wolken  als 
Wasserschläuche  gedacht  vgl.  Ps  3.3  7  LXX;  Cap.  38.  37  vergleicht  sie  der 
Dichter,  aber  rein  iioetiscb.  mit  Wasserkrügen.  Die  dünnen  Schläuche  Ijersten 
nicht  trotz  ihres  ungeheuren  Inhalts  —  wieder  ein  W^under!  9  10  Der  erste 
Stichos  ist  unverständlich  punktiert:  er  hält  fest  die  Fläche  des  Thrones  (oder 
des  Vollmonds  HOS).  Dass  das  Piel  iriNtp  (nur  hier)  verschliessen  bedeute,  ist 
doch  eine  ganz  willkürliche  Annahme,  die  auch  nichts  nützt:  dem  Vollmond  das 
Gesicht  zuhalten  (Bukde).  damit  er  nicht  sehen  oder  schreien  kann,  das  wäre 
ein  Scherz,  aber  kein  Wunder,  kann  aber  glücklicher  Weise  nicht  aus  in« 
herausgedeutet  werden,  dessen  Piel  einfach  das  Intens,  vom  (^al  sein  wird :  immer 

i'Sthalten,  vor  dem  Hinfallen  bewahren.   Da  ^iB  dazu  nicht  passt,  lese  ich  'JS. 

Kckpfeiler  (vgl.  Sach  14  lo),  ferner  .iDD  für  n«pD:  Er  stellt  fest  die  Pfeiler  seines 

Ktir/or  UC  zum  AT  XVI  9 


Hi26  9  130  Hi26i4 

Thrones,  nämlicli  des  Himmels  vgl.  v.  11,  ein  Satz,  der  zu  v.  7  und  v.  10  stimmt 
und  dem  Leser  ein  neues  "Wunder  vor  Augen  führt.  Am  Himmel  breitet  als- 
dann Gott  sein  Gewölk  aus  wie  einen  Vorhang  vor  dem  Thron.  W^t>  ist  wohl 
aus  zwei  Lesarten  HD  und  b'l'D  entstanden  und  das  letztere  herzustellen,  v.  10: 
Einen  Kreis  beschrieb  er  auf  den  Wassern,  Bis  wo  sich  begrenzt  Licht  nnd 
Finsternis.  Nach  PrvS  27  ist  mit  Hofemann  ^T\  pn  zu  schreiben.  Die  Erde  ist 
als  Scheibe  gedacht,  die  auf  dem  Meere  schwimmt  und  von  ihm  umgeben  ist. 
Jenseits  dieser  Scheibe,  über  dem  Wasser  des  erdumfassenden  Ozeans,  herrscht 
die  urweltliche  Finsternis,  nur  die  Erdscheibe  ist  beleuchtet;  an  ihrem  Rande 
treffen  also  die  äussersten  Enden  (iT^bDri  vgl.  Cap.  28  3)  von  Licht  und  Finster- 
nis zusammen.  Diese  Darstellung  hat  mit  Gen  1  4  nichts  zu  thun,  wo  von  dem 
überhimmlischen  Licht  die  Rede  ist.  —  Nach  diesem  Intermezzo  erhalten  wir 
11 12  wieder  Anschluss  an  v.  5  6 :  Die  Säulen  des  Himmels  geraten  ins  Schwanken 
Und  erschrecken  ror  seinem  Schelten,  Durch  seine  Kraft  regte  er  das  Meer  auf, 
Und  durch  seine  Einsicht  zerschmetterte  er  Rahab.  Das  Poal  ^ISSIT^^  nur  hier. 
Das  Schelten  Gottes  wird  der  Donner  sein,  der  die  den  Himmel  tragenden 
Berge  (vgl.  9  6)  ins  Beben  bringt,  v.  12  spricht  von  der  Urzeit  wenigstens  im 
zweiten  Stichos  und  darum  wohl  auch  im  ersten.  Damals  „regte  er  auf",  näm- 
lich zum  entscheidenden  Kampf  um  die  Weltherrschaft,  das  Meer,  Eahab, 
Dirtri,  die  chaotische  Urmacht^  und  zerschmetterte  der  Gegnerin  das  Haupt 
vgh  zu  Cap.  7  12;  9  13;  seinen  Sieg  verdankte  er  nicht  blos  seiner  Kraft,  sondern 
auch  der  Intelligenz,  die  dem  Chaos  fehlt.  J^i"^  anders  als  sonst  (JerSlss; 
Jes  51 15)  zu  übersetzen,  liegt  kein  Grund  vor;  es  w^äre  auch  schwerlich  eine 
andere  Bedeutung  ausfindig  zu  machen,  die  zu  iniSl  passt.  Ebenso  wenig  ist  es 
angezeigt,  die  Ausdrücke  unsers  Dichters  dem  bekannten  babylonischen  Mythus 
von  Marduk,  der  aus  der  besiegten  tiämat  die  gegenwärtige  Welt  aufbaut,  ge- 
waltsam anzunähern  {ynt^  heisst  nicht:  in  Stücke  hauen,  Hinn  nicht:  Kunst): 
dass  der  babylonische  Mythus  und  die  palästinensischen  Sagen  von  der  Urzeit 
verwandt  sind,  unterliegt  keinem  Zweifel,  aber  es  ist  „unmethodisch",  die 
Frage,  ob  die  Palästinenser  alles  einfach  entlehnten  oder  ganz  oder  zum 
grössten  Teil  selbständig  speculierten,  kurzer  Hand  zu  Gunsten  der  ersten 
Alternative  zu  lösen.  13  14  Durch  seinen  Hauch  wird  der  Himmel  heiter y 
Seine  Hand  durchbohrte  die  flüchtige  Schlange.  Sieh,  das  sind  die  Umrisse 
seiner  Wege,  Doch  was  für  ein  Geflüster  ists,  das  tcir  zu  hören  bekommen. 
Der  letzte  Vierzeiler  scheint  in  die  Gegenwart  zurückzulenken.  Gottes  Hauch 
verscheucht  das  Gewölk,  nachdem  er  die  flüchtige  Schlange  (Jes  27  i)  durch- 
bohrte. Dies  Ungeheuer  muss  dasselbe  bezeichnen,  w\as  der  Liwjathan  Cap.  3  s, 
die  Wolkenschlange,  die  den  Kosmos  wieder  ins  Chaos  herunterzuziehen  droht.. 
Die  LXX  liest  in  v.  13-':  7T\^^  "ä  "'nna,  ein  Satz,  der  sprachlich  anstössig  und 
inhaltlich  unverständlich  ist,  wenigstens  mit  der  zu  Cap.  7  12;  9  13  erwähnten 
Vorstellung  der  Babylonier  von  den  Riegeln  sich  nicht  in  Einklang  setzen  lässt; 
wollte  man  nach  der  letzteren  n"lBty  in  *10tJ^  verw^andeln,  so  bliebe  noch  D'^Oti^  un- 
erklärt,  w^ofür  etwa  Dinn  zu  erwarten  wäre.  v.  14  lässt  auf  den  einleitenden 
Satz:  das  sind  die  Enden,  d.  li.  die  uns  sichtbaren  Grenzlinien  seines  Thuns,  in 
dessen  Inneres  wir  niemals  eindringen,  zw^ei  Nachsätze  folgen,  von  denen  ich 


Hi  2H14  l;il  Hi  27  4 

nur  den  eisten  für  ursprünglich  halte,  obgleich  gerade  der  zweite  in  der  LXX 
älter  ist.  V.  14 ••  \v (Ertlich:  und  was  ist  das  Flüstern  eines  "Wortes,  das  wir  an- 
hören, was  will  das  wenige,  was  wir  von  Gottes  Wirksamkeit  wissen,  sagen,  es 
drin<;t  von  ihr  nur  ein  Flüstern  zu  unserem  Ohr  herühcr.  Es  wäre  also  vor- 
messen, (lott  kritisieren  zu  wollen.  Sagt  nun  Bildatl  v.  14'',  dass  wir  von  Gott 
nur  ein  Flüstern  vernehmen,  so  kann  er  nicht  fortfahren:  der  Donner  seiner 
Kraft,  wer  achtet  dessen,  oder:  wer  hat  da  Einsicht:  wie  kann  man  ein  Acht- 
geben oder  ein  Begreifen  verlangen  für  etwas,  wovon  man  nichts  weiss?  Über- 
setzt man:  wer  bemerkt  den  Donner  u.  s.  w.,  wer  h()rt  etwas  davon?  so  wird  der 
Satz  zu  einem  leeren  Füllsel.  Ich  halte  ihn  daher  für  den  wohlgemeinten  Zu- 
satz eines  andächtigen  Lesers;  in  der  LXX  ist  der  so  wie  so  schon  reichlich 
lange  Stichos  noch  länger  und  klingt  noch  naivei*:  „Doch  die  Stärke  seines 
Donners,  wer  verstehts,  wann  er  es  thut?"'  d.h.  wenn  er  im  Gewitter  die  Wolken- 
schlange durchbohrt,  wer  ermisst  da  si-ine  Kraft?  Dass  dieser  Satz  zu 
Bildads  Absicht  nicht  passt,  liegt  auf  der  Hand,  es  ist  aber  keineswegs  aus- 
geschlossen, dass  die  LXX  (h-n  ursprüngliihen  Wortlaut  hat  und  dass  der 
hebr.  T(  xt  ihn  nur  wegen  seiner  unmetrischen  Form  abkürzte. 

Cap.  27.  Bruchstücke  ans  der  Antwort  lliobs  und  der  dri((<Mi  Rede  Zophars. 

Dass  Clip.  27  nicht  in  ursprüngliclicr  Vi-ifassung  ist.  halicii  uubcfangcnt'  Losor 
läiipst  futdt'ckt,  in  der  Lösung  di'r  Schwirrigkeiten  sind  jedoch  di«-  Kritiker  sehr  vor- 
schirdent'  "Woge  gegangt-n.  Das  Cap.,  über  dessen  Überschrift  in  den  i'inli-itenden  Be- 
merkungen zu  Cap.  2öf.  gesprochen  ist.  enthält  nur  wenig,  was  der  Dichter  dem  Hiob  in 
den  Mund  gelegt  haben  kiinnte;  V.  7 — 10;  1-4 — 23  müssen  entweder  unecht  sein,  wie  .Studek, 
Ükunsteix,  AVellhacsex,  SiKfJKKiKD,  KcESE.s'  Urteilen,  oder  mit  Bickell,  Hoffmaxn  u.  a. 
einer  Zopharrede  zugewiesen  werden,  deren  Überschrift  ausgefallen  ist  (vielleicht  mit  einer 
kurzen  persönlichen  Eiideitung).  Die  letztere  Annahme  scheint  mir  die  einfachere,  be- 
sonders deshalb,  weil  nicht  einzusehen  ist,  warum  nicht  auch  Zophar  zum  dritten  !Mal  ge- 
redet haben  sollte.  Für  Hiob  bleibt  also  nur  V.  2 — 6  sicher  übrig;  die  Weglassung  seiner 
eigentlichen  Ausführungen  über  Gottes  Regiment  wird  ähnlich  zu  beurteilen  sein,  wie  bei 
Cap.  24,  obwohl  auch  rein  mechanische  Beschädigung  des  alten  Gedichtes  denkliar  ist. 
Von  dem  Rest,  V.  11 — 13.  könnte  v.  12  der  Abschluss  der  Hiobrede  sein  und  V.  11  13  der 
Rede  Zophars  eingefügt  weixlen. 

1  -<)  12  Hiob  will  sein  Recht  nicht  aufgeben.  In  v.  1  ist  die  ursprüngliche 
ri)erschrift.  die  nur  intolge  der  in  Cap.  25f.  eingedrungenen  Konfusion  ab- 
geändert wurde,  wieder  herzustellen:  da  antwortete  Hiob  und  s])rach.  Da  v.  3 
den  Zusammenhang  zwischen  v.  2  und  4  zerreisst  so  nehme  ich  an,  dass  er 
seine  ursprüngliche  Stelle  verloren  hat  und  etwa  hinter  v,  5  gehört.  2  4  .So 
irahr  (lnl(  loht,  dor  mein  Recht  bcscitifU  bat.  l  tul  der  .  \llmiiclifhi<\  der  mit 
liitterkeit  ei/'iillte  meine  Seele:  Fihtralir,  nir/it  reden  meine  Lipiien  rm Idns, 
yor/t  murmelt  meine  '/jirnje  Trug!  Wie  v.  5  zeigt,  kann  v. -4  nicht  bedeuten: 
es  sollen  meine  Lippen  keinen  Trug  reden,  nämlich  kein  Bekenntnis  meiner 
Schidd  ablegen,  was  ohnehin  schon  wegen  H^IJ?  nicht  angeht  (gegen  Bldde). 
Der  Sinn  ist  so  einfach,  dass  nur  der  Wunsch,  v.  3  um  jeden  Preis  an  seinem 
jetzigen  (^rt  zu  h.ilten.  zu  solchem,  wie  Bupde  beteuert,  allein  richtigen  Ver- 
ständnis verführen  konnte.  Hiob  sagt,  er  rede  nicht  nichlos  oder  unwahr,  wenn 
er  behaui)te,  dass  Gott  sein  Recht  (und  das  Recht  vieler  Unschuldigen)  unter- 

9* 


Hi27  3  132  _  Hi27l2 

drücke.  Für  7]hril  s.  zu  Cap.  5  16  und  62829;  Statt  mn;;  v.  4'^  wird  doch  das 
fem.  zu  lesen  sein.  5  3  Fem  sei  es  ron  mir,  eueh  recht  zu  (lehen,  Bis  ich 

sterbe,  gehe  ich  meine  Insclmld  nicht  auf.  Denn  ganz  ist  noch  mein  Odem  in 
mir,  Und  Gottes  Hauch  in  meiner  Nase.  In  v.  5'^  ist  mit  Bickell  nach  LXX 
''3!SJD  zu  streichen,  denn  Hiob  kann  niclit  sagen  -wollen,  dass  er  künftig  seine 
korrekte  Haltung  niclit  ablegen  wolle  (vgl.  2  9),  sondern  meint  dasselbe,  was 
V.  2  das  ^''pn  besagt:  ich  lasse  meine  Unschuld  nicht  streichen,  „Bis  ich  sterbe" 
wird  durch  v.  3  expli eiert:  ich  lebe  noch  und  bin  noch  im  Stande,  mich  zu  ver- 
teidigen. Über  die  Hypallage  "W'^'b'Z  für  ""PD  TiJ^,  deren  emphatische  Kraft  der 
Energie  des  Trotzes  gut  entsiaricht,  s.  Ges.-Kaützsch26  §  128  e.  Mit  dem 
ersten  Distichon  des  folgenden  Vierzeilers  6  bricht  Hiobs  Rede  ab:  An  meinem 
Recht  halte  ich  fest  und  lasse  es  nicht,  Nicht  schämt  sielt  mein  Herz  oh  meinen 
Tagen,  p'^tnn  wird  hier  anders  gebraucht  als  im  Volksbuch  Cap.  2  3  9  ^"in;;  giebt 
schwerlich  einen  vernünftigen  Sinn:  nicht  schmäht  mein  Herz  einen  von  meinen 
Tagen,  schmähen,  verhöhnen  ist  viel  zu  stark.  Ich  schlage  isn;;  vor;  zur  Kon- 
struktion vgl.  Jes  1  29. 

Auffallend  ist,  wie  viel  zuversiclitlicher  und  ruliiger  trotz  aller  übrig  gebliebenen 
Bitterkeit  Hiob  liier  spricht  als  vor  Cap.  19.  Dort  erwartet  er  für  sein  trotziges  Fest- 
halten an  seinem  Recht  augenblicklichen  Tod  oder  Vennelirung  seiner  Qualen;  hier  kon- 
statiert er,  dass  er  ungerecht  behandelt  sei,  fühlt  sich  aber  mutig  und  stark  genug,  sich  zu 
verteidigen.  Er  weiss  eben,'  dass  Gott  nicht  „in  der  Fülle  seiner  Kraft"  mit  ihm  hadern 
wird,  sondern  dass  seine  gerechte  Sache  siegen  muss,  wenn  er  vor  Gott  treten  darf  (vgl. 
Cap.  23  6  7). 

12  Siehe,  ihr  alle  habt's  selbst  gesehen.  Warum  seid  ihr  denn  so  völlig 
eitel.  Man  könnte  den  v.  zwar  zur  Not  direkt  an  v.  6  anschliessen:  Ihr  alle 
kennt  mein  Leben,  aber  er  sieht  mehr  nach  dem  Abschluss  einer  ganzen  Rede 
aus:  ihr  habt  alle  den  Weltverlauf  (wie  ihn  Hiob  in  dem  ausgefallenen  Teil 
schilderte)  selber  gesehen,  warum  redet  ihr  denn  so  thöricht  vgl.  Cap.  21  34. 

Zophars  Rede  V.  7-11;  13-23. 

7—10  Eingang.  Möglicherweise  ist  ausser  der  Überschrift:  „Da  ant- 
w^ortete  Zophar  der  Naematit  und  sprach"  noch  ein  persönliches  Wort  gegen 
Hiob  ausgefallen.  Die  Echtheit  dieser  Verse  steht  mir  weniger  fest,  als  die 
von  V.  14 ff.,  s.  jedoch  zu  v.  10'\  1  S  Es  gehe  wie  dem  Gottlosen  meinem 

Feinde  Und  meinem  Widersacher  wie  dem  Frerler!  Denn  was  ist  die  Hoff- 
nung des  Unheiligen,  Wenn  Gott  seine  Seele  abfordert?  Dass  '';a"'K  an  Hiob 
anklingt,  wird  kein  Wortspiel  sein  sollen.  Natürlich  liegt  in  v.  7  der  Ton  nicht 
auf  dem  Wunsch  als  solchem.  Zophar  will,  entgegen  den  Behauptungen  Hiobs 
vom  Glück  des  Gottlosen,  sagen:  kein  schlimmeres  Loos  als  das  des  Frevlers! 
Der  Christ  würde  übrigens  sagen:  ich  kann  es  meinem  schlimmsten  Feinde 
nicht  wünschen,  v.  8  motiviert  die  Behauptung  von  v.  7;  zu  streichen  ist  V^i"*  "»D, 
das  weder  als  Qal  (wenn  er  raubt)  noch  als  Fiel  J^^^l  einen  Sinn  giebt,  denn 
wenn  Gott  jemandes  Leben  „abschneidet",  so  hat,  sofern  man  niclit  an  die  Un- 
sterblichkeit glaubt,  weder  der  Fromme  noch  der  Unfromme  etwas  zu  hoffen. 
Das  Sätzchen  ist  Variante  zu  dem  folgenden  h'^''  ''3,  1.  mit  Wellhausen  u.  a. 
S'^^\  "'S,  wenn  „abfordert",  nämlich  durch  eine  schwere  Krankheit,  l)ei  der  nur 
dem  Frommen  noch  Hoffnung  auf  Genesung  l)leibt.    Durch  Streichung  der 


11127  8  133  lii27'20 

Variante  wcrdeu  die  drei  ^3  auf  zwei  und  der  erste  Stichos  auf  sein  richtiges 
Mass  reducieit.  Zojjliar  spricht  also  deiu  Hiob  jede  Hotinun^'  ah,  wenn  er 
nicht  von  seiner  Ruchlosi^dceit  lilsst.  9  10   UV/v/  (iotl  schi  (icscliri'i  hören, 

Wt'/t/t  Drtnijisiil  ithcr  ihn  hrrchihriihl ?  UV/v/  er  mn  Mlniinhtitjcn  seine  l.nst 
sehen ,  liiifl  er  iii  ihm,  u-iril  er  sich  seiner  nnnehn/en!*  v.  10^  hildet  einen 
(Je^eusat/  /n  der  \'erheissuii;,'  des  Eliplias  ( 'ap.  22  26  für  den  Fall,  dass  sich 
Hioh  hekchrt.  v.  10''  gieht  im  M.  T.  keinen  Sinn:  wird  er  rufen  Eloah  zu  aller 
Zeit?  Das  wäre  eine  Angabe  ül)er  den  Charakter,  nicht  über  das  Loos  des 
(lottlosen,  die  hier  weder  im  Munde  Hiolis  noeli  Zo)diars  angebracht  ist.  Nach 
LXX  und  Pesch.  lese  ich  nj;3E'.n  iV«  für  ny  bD2  ni"?«.  Zu  yJD  c.  acc.  vgl.  Jes 
64  4.  rb«  «"jpi  ist  Vordersatz.  Die  Lesart  der  LXX  macht  es  möglich,  an  der 
Echtheit  von  v.  7—10  festzuhalten,  unter  der  Bedingung,  dass  man  diese  Verse 
dem  Zdjdiar  giebt. 

II  13—23  Nach  dieser  Vorbereitung  lässt  nun  Zophar  wieder  eine  lange 
Ausführung  über  die  Behandlung  der  Gottlosen  durch  Gott  f(dgen,  die  keinen 
neuen  Zug  bringt.  Um  so  wunderbarer  ist,  dass  es  noch  immer  Exegeten  giebt, 
die  diese  „Belehrung"  dem  Hiob  zuschreiben.  Er  belehrt  also  die  Freunde  mit 
ihren  eigenen  "Worten,  ohne  die  geringste  X^uance,  geschweige  eine  andersartige 
Auffassung  hinzuzufügen.  Denn  dass  auch  v.  12,  wenn  man  ihn  diesem  Zu- 
sammenhang belässt  und  v.  12''  erklärt:  ihr  rennt  mutwillig  ins  Verderben,  von 
diesem  "Widersinn  nichts  wegnimmt,  ist  klar  für  jeden,  dem  nicht  der  apolo- 
getisciie  Eifer  mit  dem  Urteil  davonläuft.  11  13  In  v.  11  ist  ursprüngliches 

ItJ^N  ^"ilN  (zu  "lü'N  vgl.  LXX)  in  DDnN  nniK  verwandelt  worden,  um  für  die  ver- 
meintliche Hiobsrede  ein  plural.  Obj.  zu  gewinnen,  /eh  irill  (lieh  belehren  über 
tins,  iras  (ioll  Ihiil,  Was  beim  Mhniiehlifien  geschieht,  nicht  r  er  hehlen.  In  v.  13 
variiert  Zophar  das  Stichenpaar,  nnt  dem  er  Cap.  20  29  schloss;  DIN  ist  wie 
dort  zu  streichen,  D''V1J^  imd  inj?";  in  den  sing,  zu  setzen,  da  v.  14ff".  mit  dem 
sing,  fortgefahren  wird.  14  15  Wenn  seine  Söhne  f/ross  irerden,  ist  es  für 

(las  Sch(rert  u.  s.  w.  Eine  Reihe  von  Bildern  vom  l'nglück,  die  ohne  viel  Sorg- 
falt vom  Dichter  hingeworfen  werden,  wie  er  es  öfter  mit  diesen  leichten,  ihn 
wenig  interessierenden  Schilderungen  macht.  Seine  i  berlebenden  (cerden  durch 
den  Tod  begraben ,  nicht  durch  Mensehen,  sie  bleiben  liegen,  wo  sie  sterben, 
werden  eigentlich  gar  nicht  begraben.  Für  „seine"  "Witwen  kann  man  mit 
LXX  Dn^nio'rK  lesen:  wie  sie  nicht  begraben  werden,  so  auch  nicht  in  der 
feierlichen  Totenklage  beklagt.  K»  17  Sein  Silber  und  seine  wertvollen  Ge- 
wänder teilen  die  Gerechten  als  seine  von  Gott  eingesetzten  Erben.  IS  lU 
Für  t-^-l  1.  mit  LXX  ly'nsj;^.  V.  18'*  19''  21-23  fehlen  in  LXX  und  sind  in 
der  That  sehr  entbehrlieh,  aber  wie  vieles  andere  ist  nicht  minder  entbehrlich! 
Ist  V.  IS*»  echt,  so  soll  wohl  die  Hütte  des  Feldhüters  als  Beispiel  einer  "W^oh- 
nung  gelten,  die  nur  auf  kurze  Zeit  errichtet  und  dann  gleichgültig  abgebrochen 
wird.  V.  lO'»:  lieich  le(jt  er  sich  schlafen,  dach  ferner  nicht.  f]ps:  i>«t  wohl  mit 
1er  LXX  in  »')pv  zu  verwandeln  vgl.  Cap.  20  9.  v.  lO*»:  Die  Aaf/en  Öffnet  er  und 
ist  es  nicht  mehr,  nämlich  nicht  mehr  reich:  der  Ausdruck  ist  aber  mangelhaft 
und  hat  eine  fatale  Ähnlichkeit  mit  dem  bekannten  Volks'witz:  als  er  aufstand, 
da  war  er  tot  (Jes  37  36).          20  21  Schrecknisse  ereilen  ihn  (vielleicht  besser 


Hi  27  20  IS-i  Hi  28  3 

inJ''tyn  auszusprechen)  „"wie  Wasser",  wie  eine  Überschwemmung  durch  einen 
Wolkenbruch;  01*5  für  D'^DD  zu  schreiben  (Meex)  ist  ni^ht  nötig,  denn  T]b'^b 
V.  20'^  ist  nur  hinzugesetzt,  weil  man  im  Schlaf  eher  mitsamt  seinem  Hause  vom 
Sturm  vernichtet  werden  kann;  es  ist  wohl  auch  zu  20^  hinzuzudenken,  wie 
überhaupt  AVasser  und  Wind  zusammen  den  Begriff  Wettersturm  ausdrücken. 
V.  21  führt  das  Bild  v.  20'^  in  phantastischer  Weise  weiter  aus.  22  23  Subj. 
von  V.  22^  muss  wohl  Gott  sein :  Er  schleudert  auf  ihn  (Geschosse?)  schonungs- 
los u.  s.  w.  Der  Yers  erinnert  an  Cap.  20  23 f.  Auch  in  v.  23  wird  viel  eher  Gott 
als  ein  unbestimmtes  „man"  Subj.  sein  vgl.  zu  Cap.  18  1 8.  ID'^SS  ID^Vj^  ist  ver- 
mutlich aus  VSpä  xh)l  entstanden;  zu  pDly  oder  vielmehr  pBD  (sonst  c.  acc.)  mit 
D  vgl.  zu  Cap.  164.  Gott  schlägt  über  ihn  die  Hände  zusammen,  nämlich  im 
Zorn  vgl.  Num24io,  und  zischt  über  ihn  von  seinem  (himmlischen)  Ort,  zum 
Zeichen  der  Verwerfung  und  des  Hohnes. 

Cap.  28.    Gedicht  über  den  Wohnsitz  der  Weisheit. 

Dies  Gediclit,  das  zwar  etwas  überladen  und  spielend,  aber  doch  mit  manchen  Scliön- 
heiten  ausgestattet  ist,  ein  Seitenstück  zu  Prv  8,  hat  schon  in  alter  Zeit  die  Hand  eines 
Lesers  mit  dem  Thema  des  Buches  Hiob  zu  verknüpfen  gesucht  (s,  zu  v.  28) ,  und  manche 
Exegeten  haben  sich  abgequält,  ihm  einen  Platz  im  Zusammerhang  ausfindig  zu  machen, 
aber  es  hat  alles  nichts  helfen  können,  das  Gedicht  lässt  sich  mit  unserem  Buch  weder  in 
„folgerichtige",  noch  auch  nur  in  polemische  Verbindung  bringen.  Cheyne  hat  den  Ein- 
druck, dass  die  Dichtung  nicht  ganz  vollständig  erhalten  sei,  und  irrt  darin  nicht,  doch 
halte  ich  es  für  möglich,  die  ursprüngliche  Vollständigkeit  auf  eine  einfache  Weise  wieder 
herzustellen.  Jetzt  heisst  es  v.  7f.,  dass  Adlei",  Habicht  und  Löwe  trotz  ihres  scharfen  Blicks 
den  Weg  in  die  Bergwerke  nicht  kennen,  das  ist  absurd ;  wie  es  sich  v.  21  um  die  Weis- 
heit handelt,  deren  Stätte  den  Vögeln  verborgen  ist,  so  muss  auch  v.  7  der  Pfad  der 
Weisheit  gemeint  sein.  Dann  muss  aber  ein  Satz  wie  v.  20  vor  v.  7  ausgefallen  sein ,  und 
da  dieser  Satz  ohnehin  schon  zweimal  da  ist  (v.  12  20) ,  so  wird  er  in  derselben  Form  vor 
V.  7  ergänzt  weixlen  düi-fen.  Damit  ist  auch  die  Schwierigkeit,  die  in  v.  1  das  ^3  macht, 
behoben :  auch  hier  ist  der  Kehrvers  wieder  einzusetzen.  Wie  öfter,  z.  B.  in  Ps  46  und  49, 
so  ist  auch  in  imserem  Gedicht  der  Refrain  zweimal  vergessen  worden.  Sorgfältigere 
Prüfung  lehrt,  dass  jedes  Mal  auf  die  Kehrversfrage:  wo  ist  die  Weisheit  daheim?  sechs 
Disticha  oder  drei  Vierzeiler  folgen.  Das  Gedicht,  das  übrigens  die  LXX  nur  in  verkürzter 
Form  aufgenommen  hat,  zeichnet  sich  also  auch  durch  eine  kunstvolle  Struktur  aus.  Der 
philosophische  Grundgedanke  beruht  auf  der  Vorstellung  vom  voü?  im  Kosmos  als  dem 
höchsten  und  kostbarsten  Gut,  das  der  Mensch  weder  durch  Arbeit  erringen,  noch  durch 
Gold  erkaufen  kann,  von  dem  die  tote  und  die  belebte  Natur  nichts  weiss:  es  ist  die  im 
Naturgesetz  waltende  Vernunft,  die  Gott  studierte  und  anwendete,  als  er  die  Welt  schuf. 
Der  Verf.  ist  ebenso  gewiss  mit  griechischen  Ideen  bekannt,  wie  Aristobul  und  Philo  und 
mag  ja  etwa  im  3.  Jahrhundert  gelebt  haben. 

1—6  Voraufzuschicken  ist  also  der  Kehrvers:  Die  Weisheit,  woher  kommt 
sie,  Und  wo  ist  die  Stätte  der  Vernunft?  1  Hat  doch  das  Silber  einen  Ort, 

von  dem  es  hervorgeht,  ebenso  das  Gold  eine  Stätte,  wo  man  es  läutert  (pj5l 
eigentlich  seihen,  aus  der  zum  Schlamm  erweichten  Erde),  also  sollte  doch 
auch  die  Weisheit  irgendwo  zu  finden  sein.  2  Für  das  pass.  nj?;  ist  wegen 

der  folgenden  Yerben  das  act.  nj?";  zu  lesen.  Man  gewinnt  aus  Staub  Eisen  imd 
Gestein  schmelzt  man  zu  Kujt/'er  u/n;  das  Yevh  in  v.  2''  wohl  als  p^T  von  pT 
gemeint.  3  ist  mit  Hilfe  von  Konjekturen  in  seine  jetzige  Verfassung  ge-^ 


Hi  2b  3  135  Mi  2»  10 

braclit  und  dabei  viel  zu  lang  geworden.  M.  T.  y^,  LXX  ph,  beides  giebt  keinen 
rechten  Sinn;  dass  die  Finsternis  nicht  aufhört,  zeigt  ja  gleich  v.  3^  auch  thut 
sie  es  doch  trotz  der  Hergmannslampe  nicht.  Ich  vermute  für  Dt?  Y^i  iph)  ein 
ursprün;,'liclit's  ü^J52  und  streiciie  das  T  in  h2b^,  sowie  das  Kin  vor  1j5n  (s»>  statt 
des  ])art.):  .\/(//i  hat  ilnivh forscht  dU'  Finsternis  his  xiir  iiitsscrstr/i  (irrn-ie, 
Dtirihsnclil  dm  Stein  des  tiefsten  Dunkels.  Hitriuit  geht  der  \  erf.  zur 
Scliildnung  des  Burf^'baus  über.  In  ganz  abscheulichem  Zustande  ist  4,  wo 
zwei  \'arianten  eingedrungen  sind.  Zu  "1i"Dyo  ist  ^3y^3p  die  bessere  Variante, 
denn  ersteres:  „vun  dem  in  der  Fremde  weilenden  hinweg"  ist  ja  doch  Unsinn. 
Kbenso  ist  ^nDt^iH  \'ariantc  zu  iyiI7iS,  beide  geben  keinen  Sinn,  denn  der  Ar- 
beiter im  Bergwerk  ist  wetler  vergessen,  noch  schwankt  er  fern  von  den 
Mtii>ihen  wog.  Ich  schlage  vor  ^yj  H^U^ß?  (vud.  Mekx;).  Demnach:  Man  lirnrh 
einen  Seliaelit  unter ni  Fasse  ircf) ,  So  selureltt  man  hernieder,  tun  Seile 
whiranliend.  In  v.  4''  der  plur.,  weil  geschildert  wird,  was  der  Autor,  vielleicht 
in  den  Kui)ferbergwerken  der  Sinaihall)insel,  gesehen  hat.  5  0  Oben  trägt 
vlie  Erile  lirotkoni,  „unter  ihr-  ist  es  umgekehrt  wie  vom  Feuer,  so  gierig  wühlt 
der  Mensch  nach  ihren  Schätzen.  Darunter  sind  nach  v.  6  auch  Edelsteine, 
iler  Sai)|)hir.  unter  dem  hier  aber  der  undurchsichtige,  nach  v.  iV'  mit  gold- 
farbigen Eisenkiespunkten  besäte  Lasurstein  zu  verstehen  ist  (Dillmaxn),  im 
Altertum  hoch  angesehen  und  vielfach  künstlerisch  verarbeitet  (Ex  28  1 8  vgl. 
2410). 

7—11  24  Nor  V.  7  wieder  die  Frage:  avo  ist  die  Stätte  der  Weisheit?  zu 
ergänzen  s.  die  einl.  Bein,  zu  Cap.  28.  7  8  Der  Geier  kennt  den  Pfad  nicht, 
der  Habicht  erblickte  (s.  zu  (Aip.  20  9)  iiin  nicht.  Warum  soll  der  Habicht  den 
Pfad  zu  dem  Sapjjhir  enthaltenden  Gestein  oder  zu  den  Bergwerken  nicht  er- 
l»lickt  haben?  und  wenn  er's  nicht  hätte,  warum  würde  das  erwähnt?  Der  Vier- 
zeiler ist  nach  v.  21''  zu  deuten,  gemeint  ist  der  Pfad  zur  AVeisiieit,  die  hier  mit 
den  vorhin  genannten  Kosti)arkeiteii  parallelisiert  wird.  Prosaiscii  würde  der 
Satz  heissen:  wenn  man  auch  den  scharfen  Blick  des  Geiers  hätte,  den  Fund- 
ort der  Weisheit  würde  man  nicht  erklicken  (S.  noch  zu  v.  28).  l'nil^^iS,  Söhne 
des  Stolzes,  epipethon  ornans  für  die  grösseren  Kaubtiere,  nur  noch  in  dem 
gleichfalls  jungen  Gedicht  Cap.  41  26.  m^  nur  hier  und  Prv  25  20:  Mcht  be- 
schreitet ihn  der  l/öire.  nänilijh  den  Pfad,  der  zur  Weisheit  führt  —  nach 
Bldue  den  senkrechten  Stollen  v.  4,  weswegen  v.  5f.  unecht  sein  sollen:  hätte 
jemand  dem  Dichter  die  Fliege  oder  die  Kellerassel  entgegengehalten,  so  wäre 
er  danach  blamiert  gewesen.  9  10'  11'  In  den  so  harten  Kieselstein  dringt 

des  Menschen  Hand  ein,  wühlt  die  Berge  von  der  Wurzel  um,  bricht  in  den 
Felsen  Gänge,  a'1«',  sonst  vom  Xil  und  seinen  Kanälen  gebraucht,  niuss  hier 
zur  Bezeichnung  der  wagerechten  Stollen  dienen,  wie  v.  4  ^ni  für  den  senk- 
rechten Förderschacht,  v.  10''  und  11*  scheinen  ihre  Stelle  vertauscht  zu  haben, 
wie  abgesehen  vom  Inhalt  schon  der  Parallel ismus  von  D^l«^  und  niini  nahe- 
legt. V.  11»:  „A'orm  TrojTfenguss  verstrich  er  Wasseradern";  vielleicht  sind  die 
nnni  nicht  einmal  Wasseradern,  sondern  einfach  dasselbe  was  D""1S\  Der  Verf. 
scheint  doch  genaue  Kenntnis  vom  Bergbau  zu  haben.  10''  II*»  24  Abschluss 
<ler  Strophe  und  Vorbereitung  des  Kehrverses:  l  inl  alles  Kosthare  sah  sein 


Hi28l0  136  Hi  28  2S 

Avge,  Und  Verborgenes  bringt  er  ans  Licht,  Denn  bis  zu  den  Enden  der  Erde 
blickt  er,  Sieht  alles  unter  dem  Himmel,  v.  24  giebt  an  seiner  jetzigen  Stelle 
keinen  Sinn  (s.  u.),  passt  hier  dagegen  ausgezeichnet.  Ahnliche  Versetzungen 
fanden  wir  in  Cap.  3  3  9  und  Cap.  17  9  lo;  die  Kolumnen  des  alten  Manuskripts 
mögen  plm.  20  Stichen  gehabt  haben.  Vielleicht  ist  in  v.  24''  "rä  vor  nnn  zu 
setzen,  da  sonst  HST  kein  Obj.  hat.  Alles  unter  dem  Himmel  sieht  der  Mensch, 
nur  die  Weisheit  nicht. 

12—19  In  V.  12*  ist  wegen  v.  20  «lin  zu  lesen;  das  t^^ISH  wird  aus  v.  13 
eingedrungen  sein  vgl.  zu  Cap.  11  7.  Die  Strophe  sagt:  nirgends  auf  Erden  und 
im  Meer  ist  die  AVeisheit  zu  finden ,  man  kann  sie  für  alle  Schätze  der  AVeit 
nicht  kaufen.  13  14  Nicht  hat  entdeckt  der  Mensch  den  Weg  zu  ihr.  Wegen 
]^5n  passt  nS'IJ^,  ihr  Schätzungspreis  (den  es  ohnehin  gar  nicht  giebt  v.  17) 
nicht  besonders  gut,  sondern  ist  nach  LXX  vgl.  v.  23  durch  HS*!"!  zu  ersetzen. 
Auch  das  Meer  weiss  nichts  von  ihr;  in  v.  14*  ist  vielleicht  iT^pi?  zu  schreiben, 
da  Dinn  immer  fem.  ist.  15  16  Wenn  die  Weisheit  aus  irgend  einem  fernen 
Lande  oder  aus  dem  Meer  heraus  gleich  anderen  Grütem  zu  holen  wäre,  sa 
könnte  man  sie  gegen  die  letzteren  einzutauschen  versuchen,  aber  das  Gold 
der  Erde  und  die  Perlen  des  Meeres  kommen  ihr  an  Wert  nicht  gleich,  so 
würde  auch  das  nicht  helfen,  v.  15fi".  zu  streichen,  hat  man  nicht  die  geringste 
Berechtigung.  Nicht  um  den  Wert  der  Weisheit  handelt  es  sich,  sondern  um 
die  Unmöglichkeit,  sie  zu  erw^erben.  Eür  ll'^p  v.  15^^  ist  wohl  mit  Hoffmakn 
"lUD,  abgekürzt  für 'D  ^nt,  geschlossenes,  gediegenes  Grold,  zu  lesen.  Zu  H^D 
vgh  Thr42.  Der  Edelstein  DHlJ^  stammt  nach  Gen.  2  12  aus  dem  Goldlande 
Th'Sn.  17—19  "^IJ^  c.  acc,  sonst  mit  h  oder  b«,  vielleicht  intrans.  ri"'p13t,  Glas, 
Kry stall,  nur  hier,  öfter  im  Talmud.  Die  Variante  v.  19^  hat  für  Gold  und  Glas 
den  Topas  von  Kusch.  Zu  v.  17^  vgl  Prv  8 19,  zu  v.  IS**  Prv  8  11.  Wie  v.  19* 
zu  V.  17»,  so  ist  V.  19'^  Variante  zu  v.  16'';  welche  Variante  jedesmal  die  bessere 
ist,  lässt  sich  natürlich  nicht  entscheiden. 

20—23  25—27  Niemand  weiss,  wo  die  Weisheit  ist,  nur  Gott  weiss  es^ 
er  hat  sie  entdeckt,  als  er  die  Naturordnung  schuf.  Ungeduldig  wird  v.  20  noch 
einmal  gefragt,  wo  die  Weisheit  wohnt,  da  sie  doch  existiert.  Aber  21  22 
weder  Mensch  noch  Tier  (s.  zu  v.  28)  kennt  ihren  Ort,  selbst  Tod  und  Abgrund 
(s.  zu  Cap.  26  6),  beide  personificiert  wie  der  erstere  auch  Cap.  18  13,  müssen 
bekennen,  dass  sie  nur  von  ihr  gehört  haben.  23—25  Gott  entdeckte  ihren 

Weg  u.  s.  w.  Gott  hat  den  Weg  zu  ihr  gefunden,  er  allein!  er  hat  sie  entdeckt. 
Der  Eindruck,  dass  die  Weisheit  unabhängig  von  Gott  existiere,  wird  durch 
das  Folgende  aufgehoben.  Der  Verf.  spielt  mit  der  Hypostasierung  des  voüc, 
wie  der  Verf.  von  Prv  8.  v.  24,  den  wir  hinter  v.  11  untergebracht  haben,  passt 
nicht  an  diese  Stelle.  Nach  ihm  würde  es  ja  so  herauskommen,  als  ob  die 
Weisheit  irgendwo  auf  Erden  einen  festen  Sitz  habe,  den  nur  Gott  ausfindig 
machen  konnte;  ausserdem  sagen  v.  25ff.  deutlich  genug,  dass  dieAVeisheit  vor 
der  Schöpfvmg  der  Natur  da  war  (vgl.  Prv  8  2]  fit'.)  und  von  Gott  zu  ihrer 
wundervollen  Durchführung  erdacht  und  angewandt  wurde.  Für  nit^V?  liest 
die  LXX  etwa  nb>j;n,  was  er  machte  (der  Art.  als  relat.  wie  Cap.  2  11)!,  und 
zieht  das  zu  v.  24.   Schreil)t  man  dafür  Hbyn,  so  erhält  man  eine  bessere  Kon- 


Hi  2ii25  137  Hi  sö'^» 

tiuktioii,  als  mit  dem  nib^b  des  M.  T.,  das  von  dem  ersten  Wort  von  v.  26  hc 
eintiusst  ist:    A/\  t/er  ifii  .stlnif'  ilein  Mhulo  ein  (ieiricht  l  nd  das  Wasser  tih- 
niass  mit  dem  Mass,  nändirh  mit  dem  Län^emuass,  um  es  .u;e,tien  das  Festland 
alj/u,men/en  (vgl.  .Jes40r^ff.).    Die  Luft,  die  ^;anz  leieiit  zu  sein  scheint,  zei^'t 
ihr  Gewicht  durch  den  Druck  des  Windes  an;  sie  hat  aher  durch  die  Weisheit 
des  Schöpfei's  irrad(!  das  Gewicht,  das  für  die  Naturordnunir  nr>ti^r  war.     2<»  27 
l/.v  /'/•  sclnif  dem  Heijen  ein  lieset'::  (nd  einen  Wet/  dem  Donnerslrahl,  l)<i  sali 
lind  miislerle  er  sie.  Stell le  sie  ntif  und  erjiroltte  sie.    v.  26''  ist  würtlich  gleich 
( 'ap.  38  j:.'',  ein  Beweis  dafür,  dass  der  Verf.  durch  die  (Jottesreden  unseres 
Dichters  inspiriert  wurde.    Als  Gott  die  Naturgesetze  schuf,  da  sah  er  sie  (der 
\'erf.  will  doch  wohl  HNI  mit  dem  Suö".)  d.  h.  erfand  er  sie.    Für  das  Fiel  H'jsp^^ 
ist  das  (^al  iTISD^.  zu  schreihen;  das  „erzählen",  an  sich  schon  ein  wunderlicher 
Ausdruck,  passt  nicht  zu  der  Meinung,  dass  die  Weisheit  dem  Menschen  nicht 
bekannt  ist,  denn  der  Mensch  erkennt,  wie  auch  Cap.  38  ausgeführt  wird,  wohl 
das  Walten  einer  Weisheit,  aber  nicht  ihr  eigentliches  Wesen.   Das  Qal  ICD 
Itedeutet  hier,  gewissermassen  als  denom.  von  IDID,  Gelehrter,  so  viel  als  stu- 
lieren.   v.  27'':  er  stellte  sie  auf,  gleichsam  als  das  Modell  für  seine  auszu- 
führenden Arbeiten,  und  jtrüfte  sie,  machte  die  Probe  darauf  im  Schaffen. 
Zuerst  war  der  Xoyo;,  der  voü;  -onrjxtxo;,  dann  kam  die  Ausführung.    L'brigens 
nennt  der  Dichter  selber  das,  was  dieser  Autor  Weisheit  nennt,  nsj;  Cap. 38  2: 
die  „Weisheit-'  verwendet  er  anders,  vgl.  besonders  Cap.  5  i:..   Wenn  er  dies 
( 'ap.  geschrieben  und  dem  Hiob  oder  einem  Freunde  in  den  Mund  gelegt  hätte, 
so  wäre  es  nicht  nötig  gewesen.  Jahwe  erscheinen  zu  lassen,  dessen  Reden  zwar 
an  poetischem  Wert  unserem  Cap,  überlegen  sind,  aber  doch  denselben  Ge- 
danken ausführen.   Mit  Prv  8  gehört  unser  Gedicht  zu  den  Erzeugnissen,  die 
das  Eindringen  des  griechischen  Geistes  in  die  jüdischen  Kreise  signalisieren; 
da  die  letzteren  sich  noch  willig  zum  Aufnehmen  zeigen,  so  vermute  ich,  dass 
diese  Gedichte  im  3.  Jahrb.  entstanden  sind, 

28  ist  der  prosaische  Zusatz  eines  Lesers,  der  Cap,  28  mit  dem  B.  Hiob 
in  Verbindung  setzen  wollte:  „Und  er  sprach  zum  Menschen:  siehe,  die  Furcht 
Jahwes,  das  ist  Weisheit,  und  vom  Bösen  fern  sein  ist  Einsicht,"  Wenn  der 
Interpolator  das  Cap.  mit  einigem  Nachdenken  gelesen  hätte,  so  würde  er 
diesen  thörichten  Zusatz  wohl  unterlassen  haben,  denn  nach  v,  13  hat  ja  der 
Mensch  die  Weislieit  eben  nicht;  auch  wäre  es  albern  gewesen  zu  sagen,  die 
Geier  vmd  Habichte  kennen  die  (Jottesfurcht  oder  den  Weg  zu  ihr  nicht. 
Allerlei  geheime  Weisheit  hat  man  zwar  immer  wohl  den  Tieren  und  der 
Unterwelt  zugetraut,  Salomo  soll  ja  seine  Weisheit  von  Tieren  und  Dämonen 
bezogen  haben,  aber  das  hat  natürlich  mit  der  Weisheit  der  Gottesfurcht 
nicht  das  Geringste  zu  thun.  Die  Auskunft  aber,  dass  hier  von  der  mensch- 
lichen, im  übrigen  Cap.  von  der  göttlichen  AVeisheit  die  Rede  sei,  kann  man 
ilen  Apologeten  überlassen:  welch'  denkunfähiger  .Stümper  müsste  der  Autor  ge- 
wesen sein,  wenn  er  die  Weisheit  der  Naturordnung  nicht  besser  mit  der  Gottes- 
furcht zu  vermitteln  gewusst  hätte,  als  wie  es  v.  28  thut.  Gegen  die  Abfassung 
dieser  Phra>e  durch  den  Dichter  des  Hiob  spricht  ausser  der  Prosa  schon  das 
''3'IK  oder  mrp,  das  viele  Handschriften  haben. 


Hi29l  138  Hi29  7 


Cap.  29-31.   Hiobs  Antwort. 

Indem  nun  der  Dichter  nach  der  Rede  Zophars  Cap.  27  7  ff.  mit  den  Streitgesprächen 
abschliessen  will,  muss  Hiob  noch  einmal,  bevor  Gott  erscheint,  alles  zusammenfassen, 
was  von  seinem  Standpunkt  aus  zu  sagen  ist.  So  schildert  er  zuerst  Cap.  29,  wie  glück- 
lich er  lebte,  als  „noch  der  Allmächtige  mit  ihm  war".  Diesem  Glück  stellt  er  in  Cap.  30, 
wo  V,  2 — 8  als  fremde  Dichtung  auszuscheiden  ist,  in  ergreifender  Klage  sein  jetziges  Un- 
glück gegenüber  und  vor  allem  die  feindselige  Haltung,  die  Gott  gegen  ihn  eingenommen 
hat.  Der  Hauptnachdruck  aber  liegt  auf  dem  herrlichen  31.  Cap.,  wo  Hiob  uns  seine 
Lebensethik  vorführt  und  seine  Unschuld  nachweist.  Mit  den  letzten  Sätzen  dieses  Cap. 
fordert  Hiob  zum  letzten  Mal  eine  Rechts  Verhandlung  mit  Gott  und  führt  uns  so  unmittel- 
bar vor  die  letzte  Scene  der  Dichtung,  vor  die  Erscheinung  Gottes. 

Cap.  29  1-25  Hiobs  früheres  Glück.  1  ist  ebenso  und  wohl  von  der- 

selben Hand  abgeändert  wie  Cap.  27  i,  weil  in  Cap.  28  etwas  Fremdes  zwischen 
die  Streitreden  gedrungen  war;  es  wird  auch  hier  zu  schreiben  sein:  Da  ant- 
wortete Hiob  und  sprach.  2  3  Wäre  ich  noch  wie  in  früheren  Monden,  als 
Gott  mich  bewahrte  und  seine  Leuchte  (Cap.  18  6)  über  mir  leuchten  Hess,  ich 
bei  seinem  Licht  in  der  Finsternis  ging  —  ein  einfacher,  ruhiger  Eingang,  ohne 
die  scharfe  Polemik  früherer  Reden.  Für  l^ins  ist  wohl  ^bri^  auszusprechen 
(Budde),  inf.  Hiph.,  da  das  Qal  sonst  nicht  vorkommt.  4  5  Wie  ich  war  in 
den  Tagen  meines  Herbstes,  Als  Eloah  mein  Zelt  beschirmte  u.  s.  w.  Die  Tage 
seines  Herbstes  sind  die  letzten  Jahre  vor  seinem  Unglück,  wo  er  reich  ge- 
worden war  und  erwachsene  Kinder  um  sich  hatte  v.  5.  Dass  der  „Herbst", 
die  Zeit  der  Obst-  und  Weinlese,  öfter  im  Gegensatz  zum  eigentlichen  Sommer 
steht  und  den  Winter  mit  in  sich  befassen  kann,  ist  natürlich  kein  Einwand 
gegen  die  Eichtigkeit  des  Textes.  In  v.  4''  ist  TID  unmöglich,  weil  D^  für  byt  zu 
erwarten  wäre,  vgl.  ausserdem  Cap.  15  8;  mit  Siegfeied  und  Buhl  ist  "^03,  inf. 
von  "^DD,  zu  schreiben.  Dass  v.  5''  auf  Cap.  1  2  Bezug  nimmt,  ist  kein  Beweis 
für  die  „Echtheit"  des  „Prologs",  sondern  nur  dafür,  dass  der  Dichter  das 
"Volksbuch  kennt,  das  er  bald  benutzt,  bald  ignoriert.  6  7  Als  meine 

Schritte  sich  badeten  in  Sahne ^  Und  mein  Stehenbleiben  Ölbäche  ergoss,  Als 
ich  hinausging  zum  Thor  über  der  Stadt,  Auf  dem  Markt  meinen  Sitz  auf- 
stet tte.  In  Sahne  (non  aus  n«»n  zusammengezogen)  badeten  sich  seine  „Gänge" 
<D''D'''?n  nur  hier),  d.  h.  wenn  er  ausging,  wusch  er  die  Füsse  nicht  in  AVasser, 
sondern  in  Milch,  natürlich  ist  das  nur  ein  Bild  für  ein  fürstHches  Dasein.  In 
V.  6^  ist  1^:j,  vielleicht  eine  Eeminiscenz  aus  Dtn  32  13,  zu  streichen,  teils  weil 
der  Stichos  zu  lang  ist,  teils  wegen  des  abgeschmackten  Gedankens,  der  Fels 
„neben  mir"  ergoss  Ölbäche.  Für  nöj;,  das  mit  "'D'^^n  parallel  läuft,  ist  nnj; 
auszusprechen,  ferner  wohl  auch  pIS";  (s.  zu  Cap.  28  2):  wo  Hiob  stehen  l)lieb, 
floss  Öl  auf  den  Boden,  mit  dem  er  sich  reichHch  gesalbt  hatte.  Als  reicher 
vmd  vornehmer  Mann,  als  D^i,  trat  er  im  Thor  auf.  Warum  "ij;^'  «r  durchaus 
heissen  muss:  zum  Thor  hinausgehen,  mag  Buddes  Geheimnis  bleiben;  natür- 
lich geht  Hiob  zum  Haus  hinaus  ins  Thor,  das  „über  der  Stadt"  liegt,  sei  es, 
dass  der  Dichter  sich  an  das  Vorbild  seines  eigenen  AVohnorts  hält,  sei  es,  dass 
die  Eatsversammlung,  in  die  Hiob  ging,  in  einem  oberen  Gemach  des  Thor- 
hauses abgehalten  wurde,  v.  7''  meint  wohl  nicht  genau  dasselbe;  auf  dem 
Markt  erschien  Hiob  als  der  grosse  Produzent  und  Kapitalist.   Im  Folgenden 


Hi  29  8  139  Hi  29  16 

wird  er  gescliildert.  wie  er  im  Ji.itszimiuer  und  itufder  Börse  empfangen  wurde. 
S  *d  Salii'ii  ini< h  .lidific.  -so  rcrfiarffcii  sie  sic/i ,  lUd  l'ininhiirlc  slandfii  auf, 
iilh'hcn  s I i'li I' H  w.-^.w.  .hing  und  Alt.  selbst  hohe  ]k';imtf  fluten  iim  als  den 
V.irnehinsten  vun  allen.    Zn  3  n^j;  s.  ( "ap.  4  2  .  10  21  Mit  Recht  versetzt 

Büuiti:  V.  21-25  hinter  v.  10:  wieder  einmal  eine  Versetzung  einiger  Verse 
um  etwa  20  Stichen  s.  /u  Cap.  28  ii  24.  Hinter  v.  20  kann  man  den  genannten 
Altsutz  kaum  verstehen,  der  ja  die  unmittelbare  Foitset/.ung  von  v.  10  bildet; 
ebenso  hat  das  ( )hi-.  von  dem  v.  1 1  spricht,  bis  zu  v,  10  noch  nichts  vernommen, 
weswegen  es  Hiob  glücklich  preisen  könnte,  wohl  aber  dann,  wenn  v.  21  ff. 
voraut'gegangen  sind.  In  v.  K»'  ist  ^K^ni  gedankenlos  aus  v.  8  wiederholt  und 
etwa  durch  t<^3i  /u  ersetzen:  Die  Sliiiiiin'  der  roniflniifii  llcrri'ii  s/m/,/)'.  In 
V.  21  sind  wohl  (mit  AViügut)  das  zweite  und  dritte  \'erb  zu  vertauschen, 
ausserdem  für  ^n%  das  schon  v.  2."5  wieder  kommt,  ein  imperf.  consec.  von  HSn 
zu  lesen,  demnach:  ^^U^)  ^0"T1:  I//V"  hör/cii  s/r  ii/  intt/  si/ur/ct/ni  l  nd  han/i'u 
tili/'  nii'iiH'H  Hai.  22  23  Für  """IZ"!  lesen  Mkk.x.  u.  a.  besser  ^"!21.    ^^'ä\  oder 

vielmehr  ^yd,  sie  replizierten.  Das  Bild  von  v.  22'"  wird  v.  23  erklärt,  wo  wieder 
das  irai)erf.  consec^  \br>\  (Hiph.)  besser  sein  dürfte  als  das  perf.  Piel.  Am 
Schluss  ist  wohl  t^IpbsD  zu  schreiben.  Hit»bs  Rede  und  Rat  wirkte  wie  ein 
befruchtender  Regen,  mit  dem  (jft  Wort  und  Ijclire  verglichen  werden,  vgl. 
z.  B.  Dtn  32  -2;  Jes  55  lof.  24  25  l.iich/c  ich  ihnrti  xii.  so  irurcn  sir  f/c/idsl 
l  nd  das  Lull/  mt'int's  An/li/ics  /rns/c/r  die  Tinui'nidcii.  Irli  irähZ/c  ihrrn 
Weif  lind  .sY/.y.v  dn  als  das  Jhniid  l  tnl  Ihronlc  ich'  ein  Könuj  in  der  hrii'ijcr- 
sihar.  ]MitBL'i)DE  streiche  ich  das  «^  in  v.  24*,  für  das  Hiph.  passt  aber  wohl 
besser  das  Niph.,  also:  liOiJ'V  v.  24''  giebt  im  M. T.  keinen  Sinn:  man  könnte 
Wühl  D^:s  '?^Dn  sagen,  aber  nicht  D^:D  11«  .1.  Mit  Bickell  halte  ich  v.  25',  der 
ohnehin  zu  dem  Vorhergehenden  nicht  gut  passt,  für  eine  (später  durch  1C^t<3 
erweiterte)  Variante  zu  p^^S'.  «*?  und  zwar  für  die  bessere.  Ich  „wählte"  ihren 
\yc'i  will  sagen:  ich  bestimmte  im  Rat  ihr  Handeln;  Hiob  war  der  Häuptling 
in  seiner  Stadt  und  seinem  Clan.  H  12  Das  zweimalige  O  vor  v.  11  und 

V.  12  ist  lästig  und  das  erste  zu  streichen.  Das  Ohr,  das  Hiob  reden  hörte, 
wie  V.  10  21—23  schilderte,  pries  ihn  glücklich,  das  Auge,  das  ihn  als  Häujjt- 
ling  erblickte  v.  24f.,  „bezeugte  ihn"  (vgl.  I  Reg  21  lo),  gab  ihm  rühmendes 
Zeugnis.  „Denn"  er  verdiente  die  Bewunderung  und  Anerkennung  durch  den 
richtigen  Gebrauch,  den  er  von  seinem  Kintluss  machte,  indem  er  den  Elenden 
und  der  helferl(»sen  AVaise  half,  wenn  sie  die  richterliche  Hülfe  jenes  R;ites 
verlangte.  13  14  Der  A'ierzeiler  sjjricht  noch  immer  von  Hi(djs  Thätigkeit 

im  Rate  seiner  Stadt:  der  n?1«  ist  nicht  der  Bettler,  wie  Budue  übersetzt,  der 
V.  12 f.  streichen  zu  müssen  glaubt,  sondern  der  Ruinierte,  der  nach  Verlust 
seines  Vermögens  der  Schuldknechtschaft  zu  verfallen  droht,  v.  14  benutzt  in 
etwas  künstlicher,  aber  vielleicht  sprichwörtlicher  Weise  die  beiden  Bilder, 
zu  denen  der  HegritV  ^2^  ähnlich  unserem  kleitlen  und  bekleiden  Anlass  giebt; 
die  Gerechtigkeit  schmückte  ihn  innerlich  und  äusserlich.  Das  letzte  Wort 
V.  14''  ist  mit  LXX  ohne  Sutf.  zu  schreiben.  15  K)  Die  beiden  Sätze  von 

V.  15  sind  wohl  auch  sprichwintlich.  v.  IG'':  Dm  J'roirss  dessen,  d^n  ich  nicht 
kannte,  anlrrsarhle  ich.    'ri>;-;  n'?.  der,  den  ich  nicht  kannte  (vgl.  zu  Cap.  26  2), 


Hi29l6  140  HiSUS 

d.  h.  der  mir  nicht  nahe  stand,  mir  gleichgiltig  war.  Auch  v.  15  f.  sprechen 
von  Hiobs  Eegententugend:  er  half  allen,  die  sich  nicht  zu  helfen  wussten. 
17  18  Ich  zerbrach  die  Kinnbacken  des  Frevlers  Und  sclileuderte  aus  seinen 
Zähnen  die  Beute,  Und  dachte:  mit  meinem  Neste  icerde  ich  sterben  Und  wie 
der  Phönix  viele  Tage  leben.  Dass  er  die  Frevler  unschädlich  machte,  wird 
nur  kurz  erwähnt;  aber  gerade  weil  er  sich  bewusst  war,  das  Gegenteil  eines 
Frevlers  zu  sein,  durfte  er  auf  langes  Leben  hoffen,  v.  18  zeigt,  dass  der  Dichter 
die  Fabel  kannte,  die  Herodot  in  Heliopolis  erzählen  hörte  (Her  II  73),  die 
Fabel  von  dem  arabischen  Vogel  Phönix,  der  500  Jahr  lebt  und  dann  von 
seinem  Sohn  im  Tempel  des  Sonnengottes  begraben  wird;  doch  mag  das  ''3p"DJ? 
noch  auf  weitere  Ausschmückung  hindeuten.  Nach  den  Kabbinen  lebt  der 
Phönix  sogar  1000  Jahr.  Dillmann  citiert  die  griechische  Eedensart  cpoivixo? 
ex-rj  ßioüv.  19  20  führen  die  hoffnungsvollen  Gedanken  Hiobs  noch  weiter 

aus,  sind  aber  keine  Zustandssätze  (Budde),  da  doch  der  Phönix  keine  Wurzel 
und  kein  Gezweig  hat.  Die  Partizipien  heben  die  Gegenwart  hervor  im  Gegen- 
satz zu  der  gleich  darauf  zu  schildernden  späteren  Zeit.  ^'^T\  etwa  so. viel  als 
„frisch",  lange  Dauer  verheissend.  Mein  Bogen  in  meiner  Hand  verjüngt  sich^ 
der  Bogen  als  Bild  der  Kraft. 

Cap.  30.  Hiobs  gegenwärtiges  Unglück,  y.  2—8  ist  ein  Teil  eines  fremden 
Gedichts.  Aber  auch  1  ist  eher  ein  Flicken,  durch  den  jemand  versucht  hat 
V.  2—8  mit  dem  Zusammenhang  zu  verbinden:  jetzt  lachen  über  mich  die,  die 
geringer  sind  als  ich  an  Tagen,  deren  Yäter  ich  verschmähte  den  Hunden 
meiner  Schafe  zuzugesellen.  Andere  wollen  D''"lS?i}  lesen  und  mit  Berufung  auf 
SaclilS?  als  Hirtenbuben  deuten,  was  dann  Änderung  oder  Streichung  der 
beiden  folgenden  AVörter  nach  sich  zieht.  Aber  der  Bau  der  Stichen  ist  auch 
dann  noch  kläglich,  und  es  ist  unbegreiflich,  wie  der  Dichter  dem  Hiob  solche 
Worte  in  den  Mund  legen  konnte,  den  er  doch  bald  hinterher  sagen  lässt,  dass 
er  seinen  Knecht  ebenso  gut  wie  sich  selbst  als  ein  Geschöpf  Gottes  angesehen 
und  behandelt  habe  (Cap.  31 15).  Auch  wenn  man  annimmt,  dass  in  v.  1  eine 
volkstümliche  Redensart  zu  Grunde  liege,  ist  doch  ein  solcher  Satz  mit  der 
Noblesse  des  Dichters  unvereinbar.  Das  nr\^1  stammt  aus  v.  9.  In  Betreff  der 
Schäferhunde  vgl.  Jes  56  lof. 

2—8  Fortsetzung  der  Dichtung  Cap.  24  5-12.  Dass  man  die  Echtheit 
dieser  Verse  für  möglich  hält  und  in  dem  mit  ihnen  behafteten  Cap.  noch  die 
schönste  Symmetrie  findet,  ist  ein  beredter  Beweis  für  die  Leistungsfähigkeit 
der  Exegese  (Mt  23  24).  2  S'^  Auch  die  Kraft  ihrer  lUinde  siecht  hin,  Ihnen 
geht  verloren  die  Vollkraft,  Durch  Mangel  and  Hunger  sind  sie  '::usammen- 
geschrumpft.  DerM.  T.  hat  die  kostbare  Überlegung:  auch  die  Kraft  ihrer 
Hände,  wozu  soll  die  mir  dienen?  Sie  sind  ja  so  ausgemergelt,  dass  sie  mir 
nichts  nützen  können.  Hiob  müsste  ganz  vergessen,  was  er  eigentlich  wollte, 
wenn  er  sich  plötzlich  über  diese  Dienstbotenfrage  verbreitete.  Für  "h  ns"?  lies 
l"?  nö3;  das  1^  ist  ein  volkstümlicher  dat.  eth.  wie  z.  B.  Ctn  2  11  (1^  ipy\).  nb3 
wie  Cap.  5  26:  sie  werden  nicht  alt,  nämhcli  die  Cap.  24  5-12  geschilderten  Un- 
glücklichen. Da  „unfruchtbarer  Hunger"  (]M  gebraucht  der  Dichter  nicht 
s.  zu  Cap.  5  22)  ein  zu  unwahrscheinlicher  Ausdruck  ist,  so  lese  ich  mit  Hitzig 


lli  30  3  111  Hi  iH^  H 

^Ov'a  für  l^üby.  sie  sind  zusammengeschruniplt.  Bickell  lässt  die  Tristiclien 
erst  mit  v.  3  bej^iniien,  aber  ich  lioffe  auf  seine  Zustimmung  zu  meiner  Ande- 
run,l,^  '.V'  4 '  Str  innji'n  ah  (das  Kraut  der)  Stciijit',  Pflinlicn  ah  die  Melde 

am  Slratiili ,  /  ad  (liii.slna-arielu  .sind  ihr  Ural.  I  )ie  Scliilderun^i  in  l*artizi- 
l)it'n.  Das  erste  Sätzchen  ist  ein  wenifi  kurz,  ich  habe  ein  pT  erj^änzt,  das  hinter 
n'piy  Wühl  ausfallen  konnte,  niö^dicher  Weise  steckt  aber  in  r?^  der  Name  einer 
J*llanze.  (her  die  Melde.  \\i\.  zu  Cap.  24  24.  Da  die  Ginsterwurzel  sehr  bitter 
ist,  so  halten  (  )i)M^\:nx  und  Spätere  vorgeschlagen,  CDn*?  nach  Jes  47  14  zu  ver- 
stehen oder  Dön"?  oder  WQVh  zu  sprechen:  sie  dient  zu  ihrer  Erwärmung.  Aber 
das  wäre  nicht  gar  zu  tragisch,  Hiob  und  seine  Freunde  wärmen  sich  ja  an 
Kindermist,  ^'ielleicht  haben  jene  Armen  ein  Mittel  gewusst,  die  Bitterkeit 
etwas  zu  mildern  (II  Reg  4  38  tV.,  vgl.  übrigens  Nowack,  Arch.  L  S.  <".7).  3'  5 
Sie  taiijiea  in  Wiis/e  and  Venriislann,  Werden  roni  Vtdii  hintretjijejayt.  Man 
ttrhreil  i'iher  sie  n-ie  idter  den  Dieh.  v.  3'  ist  Avohl  an  seinen  jetzigen  Platz 
gesetzt  als  \  ermciiitliclie  Apposition  zu  H'S.  Für  das  sinnlose  tS'OK  schlage  ich 
ItJ^P^^  oder  vielleicht  licsscr  ^lyu^'O'^^  vor  (8  und  "^  werden  von  den  Abschreibern 
oft  verwechselt,  das  schliessende  IK'  fiel  ab,  weil  das  folgende  Wort  mit  den- 
selben Konsonanten  beginnt),  vgl.  Cap.  12  25  und  zum  Sinn  C'aji.  24  s.  In  v.  h 
ist  M3  für  13  zu  sclireil)en;  zu  v.  5^  vgl.  Cap.  24  12,  Dass  man  sie  Diebe  schilt, 
ist  berechtigt,  wie  wir  Ca]).  24  5  0'.  gesehen  liaben;  dass  man  sie  aber  nicht 
etwa  greift  und  bestraft,  sondern  sie  fortjagt,  ist  charakteristisch  für  das  A'er- 
hältnis  dieser  ^Menschen  zu  den  festansässigen  Leuten.  <>  7^  ///  den  sehaaer- 
lieh.slen  Thal  cm  nii'issen  sie  widmen .  In  Krd-  and  l^'lseidi'nhern .  Zirisi  hen 
tien  liiisrhen  hri'illea  sie.  Zu  pti*"?  ist  rn"*.  zu  ergänzen  (Ges.-Kai  tzsch'-'- 
i;  114k);  dass  v.  \\  nicht  von  v.  5'  abhängig  ist  (Budde),  zeigt  doch  schon  die 
Stellung  dieses  Verbs.  Zum  Inhalt  vgl.  Cap.  24  8.  ^nr,  Cap.  6  5  vom  Wild- 
esel gebraucht,  giebt  gleichsam  noch  einen  Grund  an.  warum  Cap.  24 T)  diese 
Leute  Wildesel  genannt  wurden.  Ob  damit  zugleich  auf  einen  abweichenden 
rauhklingenden  Dialekt  angesj)ielt  wird?  D^S?  gebraucht  der  Dichter  nirgends, 
so  oft  er  auch  von  Felsen  sj)richt.  7'  S  l'nler  .\esseln  Ihnn  sie  sieh  za- 

nannnen,  Idioten  und  Manienlnse,  Die  hinausifepeilsehl  irarden  aas  dem  Lande. 
in^P".  wofür  man  das  Niph.  erwarten  sollte  (Dillmann),  bedeutet  nicht  all- 
gemein: Zusammenkunft  halten,  sondern  sich  versippen,  etwa:  Hochzeit  halten 
(in  dem  bekannten  zweideutigen  Sinn).  Namenlose  heissen  sie.  weil  sie  nicht 
zu  den  Bürgern  des  Landes  gehören,  ihre  Namen  in  keinem  Geschlechtsregistei- 
geführt  werden:  selbstverständlich  bedeutet  das  Wort  nicht  so  viel  wie  un- 
berühmt als  Gegensatz  zu  DU^  ""^iK.  Etwas  Ahnliches  muss  ^Zli  ^32  bezeichnen. 
Söhne  von  Narren,  Schwachsinnige  (nicht  Gottlose,  Atheisten,  Gottverfluchte); 
das  Wort  ist  ein  dem  gewöhnlichen  Leben  entnommenes  Schimpfwort,  das  der 
Orientale  bekanntlich  gern  mit  „Sohn  eines"  (Hundes,  Dummkopfs  u.dgl.) 
bildet.  Meint  jemand,  diese  Trottel  seien  ..nun  als  willkommene  Parteigänger 
der  Freunde  geduldet",  so  beweist  er,  dass  er  nicht  blos  diese  Stelle  gründ- 
lich missverstanden  hat:  es  fällt  dem  Dichter  nicht  ein,  jene  Emire  und  Weisen 
zu  Strassenjungen  herabzusetzen,  die  mit  diesem  Auswurf  der  Gesellschaft 
gemeinsame  Sache  machen  könnten.  —  Erst  in 


Hi  30  9  142  Hi  30  14- 

9—31  spricht  wieder  der  Dichter.  9—10  Und  min  bin  ich  ihr  Saiten- 
spiel  geworden  Und  wurde  ihnen  zum  Stichwort;  Mit  Ekel  treten  sie  ron  mir 
zurück,  Enthalten  sich  nicht,  vor  mir  auszuspeien.  Dieselben  Leute,  die  nach 
Cap.  29  in  Ehrfurcht  vor  Hiob  erstarben,  singen  jetzt  Lieder  auf  ihn  und  führen 
seinen  Xamen  als  den  eines  entlarvten  und  gestürzten  Sünders  im  Munde.  Von 
solch  öffentlicher  Verhöhnung  in  Spottgedichten  spricht  besonders  Jeremia 
häufig.  V.  10''  lässt  schliessen,  dass  es  für  unziemlich  galt,  in  jemandes  Gegen- 
wart auszuspeien;  vor  dem  Hiob  geniert  man  sich  nicht  mehr.  Die  Unmöglich- 
keit übrigens,  als  Subj.  dieser  Sätze  sich  die  Parias  von  v.  2—8  zu  denken,  ist 
ein  Beweis  für  die  Unechtheit  jener  Tristicha.  11  12  sind  in  Unordnung. 

Zu  \'dw  ]Dn  bietet  v.  12  die  Variante:  ^xhw  ^bil,  beide  geben  keinen  Sinn.  Zu- 
nächst ist  mit  LXX  C.  A.  der  sing,  xb^  (oder  besser  ijV^)  zu  lesen  vgl.  v.  11* 
und  mit  Bickell  "hy^^  für  "hT\  OD"])  zu  schreiben;  in  v.  11=^  ist  das  Qre  nn^  vor- 
zuziehen. Dann  ergiebt  sich  das  Distichon:  Denn  er  (Gott)  hat  meine  Bogen- 
sehne gelöst  und  mich  gedemütigt.  Mein  Panier  vor  meinem  Angesicht  nieder- 
geworfen. V.  11^  spielt  auf  Cap.  29  20''  an:  eben  noch  träumte  ich,  meine  Kraft 
sei  ungebrochen,  da  ist  sie  zerstört  und  ich  in  der  Lage  eines  besiegten  Kriegers; 
damit  stimmt  v.  11'^  als  Anspielung  auf  Cap.  29  25:  eben  noch  war  ich  Häupt- 
ling und  Anführer,  jetzt  liegt  mein  Panier  am  Boden,  v.  12,  der  jetzt  von  der 
Variante  entlastet  ist,  hat  selbst  eine  Variante  an  dem  Citat  Cap.  19  12.  In 
V.  12^  erkennt  man  ein  IDIp^ . .  "'Vj;,  wider  mich  erheben  sich .. .,  was  zwischen 
den  beiden  AVörtern  steht,  muss  das  Subj.  bilden:  nniD  ]''D  ergiebt  ohne  allzu 
gewaltsame  Änderung  ein  vriDIj;»,  seine  Schlachtreihen.  Also  auch  v.  12 
Bilder  vom  Kriege:  Wider  mich  erheben  sich  seine  Schlachtreihen  Und  bahnen 
wider  mich  ihres  Verderbens  Wege,  schicken  sich  an,  mich  wie  eine  Festung 
mit  Sturm  zu  nehmen.  Werden  diese  Sätze  schon  ins  Lächerliche  verkehrt, 
wenn  man  sie  auf  das  arme  Gesindel  von  v.  2—8  bezieht,  so  noch  mehr  die 
folgenden  bis  v.  15,  von  denen  ein  Teil  allerdings  wieder  in  übelster  Verfassung 
ist.  13  14*  Die  beiden  ersten  Wörter  in  y.  13  sind  in  Ordnung,  nur  dass 

vielleicht  das  gewöhnhche  "l^Jni  oder  vielleicht  besser  das  Impf.  Piel  X^P^y  zu 
schreiben  ist;  was  folgt  ist  Unsinn:  zu  meinem  Sturze  nützen  (!)  sie,  keinen 
Helfer  haben  sie.  Pur  'i'?^^  ^HM*?  liest  oder  errät  LXX:  ^b^V^  i:j'?n.  Da  b  und  \ 
n  und  D  oft  mit  einander  verwechselt  werden,  so  entschliesse  ich  mich  zu  IDin"*, 
•^bsj^O,  was  zu  dem  ersten  Satz  eine  gute  Parallele  giebt  und  w^oraus  sich  auch 
der  Text  der  LXX  erklären  lässt.  Das  erste  Distichon  lautet  demnach:  Sie 
reissen  nieder  meinen  Pfad,  Zerstören  meine  Geleise,  wie  man  in  einem  feind- 
lichen Lande  thut  oder  vor  einer  Festung,  die  man  blockiert  und  der  Zufuhrs- 
wege beraubt.  Das  zweite  Distichon  umfasst  v.  13''  14^;  ersteren  Stichos  über- 
setzt LXX:  er  schiesst  mich  mit  seinen  Pfeilen  nieder.  Mit  etwas  grösserer 
Anlehnung  an  denM.  T.  lese  ich:  IDh  n^j;  ''Vs:  Es  umringen  mich  seine  Schützen, 
Dringen  wie  durch  weite  Bresche  ein.  Zu  l^j;  mit  ^«  vgl.  ISam  23  26,  zu  dem 
Bilde  Cap.  16  isf.  (II  Reg  3  25'').  Der  folgende  Vierzeiler  schliesst  vorläufig  ab 
14''  15:  Unter  Verwüstung  wälzen  sie  sich  heran.  Gekehrt  sind  wider  mich 
Schrecken,  Venceht  wie  vom  Wind  ist  mein  Glück  Und  wie  eine  Wolke  vor- 
iibergegangen  mein  Heil.   Für  'r[^r\r\  wäre  vielleicht  besser  das  Xiph.  Imperf. 


Hl  .«»14  148  Hi30  23 

(l.XX)  ZU  schreiben  ^Dnn,  v;.'!.  übrigens  zu  dem  Satz  zu  Cap.  2025^  ']'^']Pi.  die 
Schrecken  vert'olgen  meine  Würde,  ist  wunderlich,  schreibe  f)läP  vgl.  Cap.  1325. 
Aber  auch  die  „Würde"  jiasst  nicht  zu  dem  parallelen  Wort,  auch  nicht  be- 
sonders zum  Hilde.  LXX  üljersetzt  kkizU,  ich  vermute  'n2lB  lur  ^02'1i  (vgl.  zu 
( 'ap.  17  lö''),  das  sonst  nie  in  dem  Sinne  Würde  vorkommt.  —  Ob  in  v.  l(j-  31 
alles  vom  Dichter  herstammt,  daran  kann  man  wohl  zweifeln,  aber  der  stark 
verkürzte  Text  der  ursprünglichen  LXX  ist  eine  zu  schwache  Stütze  für  eine 
eingreifende  Kritik.  Sachlich  enthält  der  M.  T.  kaum  etwas,  was  mit  Sicher- 
heit für  unecht  erklärt  werden  dürfte.  Kleinigkeiten  ausgenommen.  Der  erste 
Vierzeiler  IT»  17  l)egiinit  die  Klage  von  neuem,  nrij?!  weist  auf  v.  0  zurück:  ( /tt/ 
j't'/i/  ('/•t//i's\/  s/r//  mi'inr  Siu'/r.  I'tissi'ii  niitli  tlic  Sihnuhrii  (li:s  Klfmls.  I)h' 
\iii lit  /nihil  tili  iiichicn  lii'ln'iiii'ii.  l  iiil  iiicinc  .\ii(H'r  srlilafi'ii  iiirlil.  In  v.  l»i ', 
ler  vier  Hebungen  hat,  ist  ^bj^  wegen  de>  Hithp.  unncUig  und  wohl  eine 
Uerainiscenz  aus  Ps  42  r..  Die  Ähnlichkeit  von  v.  16''  mit  v.  27''  ist  unangenehm 
und  vielleicht  nicht  urs|)rünglich;  wegen  in«  könnte  man  '2^  '''?3n  f36  8)  er- 
warten, ^pS  ist  grapliiscii  leichter;  'C";  mag  durch  das  folgende  Th'h  beeintlusst 
^ein.  Auch  v.  17-^  hat  eine  Hebung  zu  viel,  aber  'hy/Ti,  das  in  LXX  fehlt,  passt 
nicht  zu  dem  Objekt  meine  Ciebeine,  die  doch  nicht  oben  auf  dem  Körper 
sitzen,  ist  daher  zu  streichen.  "^[Ji,  bohren,  des  M.  T.  ist  viel  besser  als  nji  der 
LXX.  Die  X^agenden  sind  natürlich  die  Schmerzen  (später  hat  man  wohl  auch 
wirkliche  \\'ürmei-  diirunter  verstanden,  vgl.  A\'etxstein'  bei  Dkijtzsch). 
IS  11)  Vor  i/i(i\.Kt'r  Ahiinifii'niiif/  lii'/i/  sir/i  •iiisiiiiimrn  iiiriii  Klciil,  Lit'ijt  mir 
i'iiff  Uli  irii'  iiiriii  llriiiif :  (iriror/'rii  liiil  iiiicli  linft  in  ilcii  hol.  (ili'ich  Slauh 
iiinl  \\(/ir  iriinli'  ich.  v.  18'  lautet  im  M.  T.:  durch  Fülle  der  Kraft  verkleidet 
sich  mein  Kleid;  die  Fülle  der  Kraft  deutet  man  auf  Gott,  die  so  wunderlich 
ausgedrückte  Veränderung  des  Kleides  bald  auf  die  Abmagerung,  bald  auf  die 
Anschwelhnig  des  Kr>rpers  des  Kranken,  wobei  man  unter  Kleid  entweder  das 
wirkliche  Kleid  oder  das  Fleisch  verstellt.  Ich  versetze  das  C  des  vierten 
Wortes  an  das  dritte  und  lese  KSnn^  B^n?,  zu  dem  ersten  Worte  vgl.  Cap.  16  8, 
zudem  zweiten  Cap.  38  :;o.  Sein  Kleid  zeichnet  den  eingefallenen  Körper  ab, 
dem  es  eng  anliegt  wie  ein  H^md.  das  um  so  mehr,  als  es  ursprünglich  für  eine 
grössere  Körperfülle  bestimmt  war.  In  v.  19'  ist  '»3'lh,  angeblich  Hiph.  von  HT. 
sehr  zweifelhaft  und  mag  aus  ^illh  (von  Tl^)  oder  ^i^nn  entstanden  sein:  da  der 
Stichos  zu  kurz  ist,  muss  man  wohl  ein  ^K  vor  IDh'?  einsetzen.  2()  21  Der 

zweite  Stichos  sagt  das  (Tegenteil  von  dem,  was  er  sagen  müsste.  ausserdem  ist 
"PTttJJ,  ich  stehe  da,  ziemliih  nichtssagend.  Ich  schlage  vor:  2nnp  PlOj;:  Du 
hi'irfi'st  ini/\  auf  mich  zu  iichlrn:  zu  ]p  nej^  vgl.  (len  2^»  35.  CBt^  wie  ( 'a  ji.  16  9. 
22  2.'^  Dil  hchst  mich  auf  ilrn  \\  inil.  lassest  mich  fahren.  Läascsl  mich  ifn/rhn 
ohne  Hall:  Denn  ich  ireiss,  heim  Tode  tri l Ist  du  mich  ir ahnen  lassen  l  nd  im 
\ersainmluni/shaus  aller  Leheireseu.  In  v.  22''  will  (^)re  rPC^n.  Ktib  mcn,  was 
man  als  HK^iyn,  Getttse,  Lärm  deutet;  letzteres  ist  aber  sinnlos,  deim  Hiob  geht 
nicht  in  Getöse  unter,  passt  auch  nicht  zum  Verb:  wie  kann  jemand  in  Getöse 
zertliessen?!  Die  Lesart  des  Qre  ist  richtig,  bedarf  aber  des  ]p,  das  LXX 
noch  hat:  rPB'rip  vgl.  Cap.  6  13.  ohne  Bestand,  ohne  Hilfe.  Dies  Wort  wird  auf- 
genommen durch  das  Denn  in  v.  23.  das  einen  Erkenntnisgnnid  einlTihrt:  das 


Hi  30  23  144  Hi  80  28 

behaupte  ich,  denn  ich  weiss,  ich  soll  sterben.  Zu  letzterem  Satz  vgl.  Cap.  10  13: 
ich  weiss,  du  hast  es  beschlossen.  Zu  ni^,  das  hier  wegen  v.  23^  die  Unterwelt 
bedeutet,  passt  "'i?''^^^,  zurückführen,  herzlich  schlecht,  1.  ''i5"'^n  von  2\i^\  auch 
wegen  H"^.?  im  folgenden  Stichos;  die  Punktation  liess  sich  wahrscheinlich  durch 
Cap.  10  9  verführen. 

"Wenn  Hiob  auch  liier  seinen  Tod  als  von  Gott  fest  beschlossen  ansieht,  so  ist  das 
natürlich  kein  Widersiirueh  zu  Cap.  19  25  ff.,  denn  auch  dort  sieht  er  den  Tod  voraus  und 
hofft  nur  auf  die  Gunst,  einen  Augenblick  lang  Gott  „ohne  Körper"  sehen  zu  dürfen.  Das 
macht  ihn  selig  in  dem  Augenblick,  wo  er  diesen  Gedanken  empfängt,  hebt  aber  doch 
nicht  die  rätselhafte  Thatsache  auf,  dass  er  unschuldig  leiden  und  vor  der  Zeit  sterben  muss. 

Der  folgende  Vierzeiler  24  25  wird  vom  M.  T.  gründlich  missverstanden, 
doch  ist  die  Wiederherstellung  des  ursprünglichen  Sinnes  nicht  unmöglich: 
J)oc/i  streckt  der  Versinkende  nicht  die  Hand  aus  Oder  schreit  er  bei  seinem 
Verderben  nicht  um  Hilfe?    Oder  weint  nicht  der,  der  harte  Zeit  hat,  Ist  nicht 
seine  Seele  betrübt  dem  Untergehenden?  Lies  mit  Dillmann  J?3b  für  ^))'2,  mit 
BiCKELL  '^W\  ^h  für  "^W  ]Th.   Obwohl  Hieb  weiss,  dass  es  nicht  hilft,  kann  er 
sich  doch  nicht  des  Klagens  und  des  Hilferufs  enthalten,  es  ist  für  ihn  eine 
psychologische  Notwendigkeit,  so  gewiss  ein  ertrinkender  Mensch  schreien 
muss.    Nach   der  Meinung   der  Exegeten  soll  Hiob    nun   v.  25  auch  sein 
moralisches  Recht,  um  Hilfe  zu  schreien,  beweisen  wollen:  er  habe  nämlich 
früher  geweint  über  das  Unglück  anderer  und  sei  über  den  Armen  betrübt  ge- 
wesen. Warum  hat  er  die  Armut  nicht  lieber  gehoben?    Wie  sollte  der  Dichter 
den  Nachweis,  dass  Hiob  schreien  muss,  so  kläglich  durch  eine  solche  mo- 
ralische Reflexion  haben  verderben  können!  Mindestens  sollte  man  doch  v.  2.5 
für  unecht  erklären  oder  ihn  nach  Cap.  31  versetzen.     Doch  ist  das  nicht 
nötig,  wenn  man  n^D3  oder  ''Da  und  IH^Di  liest.    Für  jl^^N,  das  bei  keiner  Lesart 
und  Deutung  einen  Sinn  giebt  und  das  auch  LXX  nicht  gehabt  hat,  schlage 
ich  l^t^  vor.   V.  24  sagt  also:  muss  ich  nicht  um  Hilfe  schreien,  v.  25:  muss  ich 
nicht  klagen?  Dass  dieser  Gedanke  beabsichtigt  ist,  zeigt  auch  das  "»3,  mit  dem 
der  folgende  Vierzeiler  26  27  beginnt:  De7in  statt  des  Glückes,  auf  das  ich 
hoffte,  kam  das  Unglück  vgl.  Cap.  17  2  25f.  v.  27:  Meine  Eingeweide  watlen  ohne 
Unterlass,  Mich  nahmen  auf  die  Tage  des  Elends,  vgl.  Cap.  3  25  f.   Selbstver- 
ständlich spricht  V.  27'  nicht  von  der  körperlichen  Krankheit,  etwa  gar  von 
Fieberhitze  (in  den  Eingeweiden!),  sondern  von  dem  Kampf  zwischen  Hoff- 
nung und  Furcht,  von  dem  Gedanken  an  seine  Behandlung  durch  Gott.   Es 
steht  ja  doch  fest:  die  Zeit  des  Elends  hat  ihn  „aufgenommen",  wie  man  einen 
Fremdling  in  seine  Wohnung  aufnimmt.         28  29  Trauernd  wandle  ich  ohne 
Trost,  Trete  auf  in  der  Gemeinde  der  Schakale,  Bruder  ward  ich  den  Wölfen 
Und  Genosse  den  Slraussen.    nisn  «"j^,  wenn,  wo  nicht  Sonne  ist,  wäre  ein 
sonderbarer  Ausdruck  für  einen  übrigens  nicht  unpassenden  Gedanken;  ich 
schreibe  für  non:  HDIli,  das  wenigstens  nichts  verderben  kann  vgl.  Cap.  6  lo. 
Ganz  thöricht  ist  aber  v.  28"^:  ich  trete  auf  in  der  Gemeinde,  schreie  um  Hilfe. 
Als  Aussätziger  tritt  er  gewiss  nicht  in  der  Gemeinde  auf,  wird  da  nicht  ein- 
mal geduldet  vgl.  v.  10;  was  sollte  auch  dort  sein  Hilfsgeschrei  nützen?   Ich. 
schreibe  '?j;ili^  ^'"^i??;  der  ^J?1ti^  kann  wenigstens  Jdcl5  4;  Ps  63  ii  nicht  der 


Hi  30  28  145  Fli  31  4 

Fuchs,  sondern  nur  der  Schakal  sein,  der  heerdenweise  leht  und  nachts  im  Chor 
ein  unausstehliches,  dorn  Geschrei  eines  kleinen  Kindes  ähnliches  Geheul  an- 
stimmt. Möj;licli  wäre  für  b]})Vf  auch  etwa  ein  poetisches  y\V^  2H..  So  steht  der 
Satz  im  Einklang  mit  v.  29,  zu  dem  Mch  1  8;  Jes  43  20  zu  vergleichen  ist.  Was 
die  auch  als  Heuler  oft  erwähnten  D^^ri  eigentlich  für  Tiere  sind,  weiss  man 
iiiclit  recht.  'M)  'i\  Mohir  Ihiiit  f'iillt  ron  mir  ah,  l  lul  nicht  (Ichcin  hrcnnf 

ror  lliti<\  f  Uli  i's  ininl  xiiin  Trauer lii'd  mein  Zilliersiiiel  l  nd  meine  Sriialmei 
•;•/////  hiaifelaal.  ]p  *inc^,  prägnante  Konstruktion;  rnn  von  Tin.  v.  30"  ent- 
spricht dem  Anfang  des  vorhergehenden  Tetrastichs,  v.  31  dessen  Fortsetzung; 
letzterer  Vers  erinnert  an  Cap.  21  12  und  bildet  einen  schönen  Gegensatz  zn 
der  Einleitung  dieser  Klage  in  v.  9.  —  Es  folgt  nun  in 

Cap.  'M  der  dritte  Teil  dieser  letzten  Rede  Hiobs.  der  ausführliche  Nach- 
weis seiner  Unschuld,  der,  indem  er  in  die  Forderung  einer  Rechtsverhandlung 
mit  Gott  ausläuft,  Gottes  Erscheinen  vorbereitet. 

Das  Cap.  l)i'(l<'utct  dt-ii  Hölit-punkt  der  alttcstamentlicluMi  Kthik.  Der  Dichti-r 
gellt  nicht  Mos  weit  über  das  hinaus,  was  das  Volksbuch  in  dieser  Beziehung  bieten  konnte 
(s,  zu  Cap.  1  1),  sondern  giebt  auch  mehr  und  Höheres  als  der  Dekalog  und  selbst  als  die 
Propheten.  Er  kann  mehr  geben,  als  die  letzteren,  weil  er  einen  Privatmann  reden  lässt, 
der  uns  in  die  individuclisteii  Beziehungen  und  in  das  innerste  ethische  Eniplindeii  eines 
Ironimen  Israelitin  einführt,  während  die  Propheti'u  sieh  meist  mit  der  Einwirkung  auf 
die  allgemeinen  ütVent liehen  Zustände  ])egnügen  müssen.  Insbesondere  ist  hervorzuheben 
die  Ausdehnung  dessen,  was  wir  heute  Humanität  nennen,  auch  auf  die  Sklaven,  deren 
voller  Menschenwert  anerkannt  und  merkwürdiger  AV'eise  auf  den  Scluipfungsgedauken 
basiert  wiixl,  und  das  Gebot,  nicht  zwar  den  Feind  zu  lieben,  wohl  aber  ihn  nicht  zu 
hassen.  Unsere  Katechismen  hätten,  wenn  es  durchaus  etwas  Alttestamentliches  seiu 
UIUS8,  besser  diesem  Cap.  als  dem  Dekalog  die  Grundsätze  der  Ethik  entnommen.  Übrigens 
ist,  wenn  die  in  der  ursjirüngliehen  LXX  fehlenden  ersten  vier  Verse  echt  und  nicht 
liückenbüsser  für  ausgefallene  anch're  sind,  das  Cap.  ohne  engeren  Anschluss  an  Cap.  30; 
denn  dass  die  Frage  nach  Schuld  oder  l'nschuld  ..das  ganze  Buch  beherrscht",  wie  Bükde 
meint,  ist  natürlich  keine  Rechtfertigung  für  das  Fehlen  eines  Übergangs,  der  ähnlich 
lauten  müsste,  wie  v.  35  H",  oder  wie  v.  33.  Leider  darf  mau,  obgleich  sonst  das  Cap. 
meVirere  l'mstellungen  aufweist,  jene  Verse  nicht  an  den  Anfang  setzen,  da  sonst  ein 
Sehluss  fehlt. 

1  2  Eine  Varsrliri/'l  ijali  ich  meinen  Aiifien .  .\ieht  za  aeiiten  auf  eine 
Jantif'rini.  Was  iräre  dann  das  Teil  ron  Eluali  droben  l  nd  das  Erbe  rom  Ml- 
mäelilifien  aus  der  ll'nhe?  b  n^13  n^3  sagt  man  im  Unterschied  von  DJ?  "2  '2, 
wenn  ein  Midierer  einem  Geritigeren  die  Norm  ihres  beiderseitigen  Verhaltens 
vorschreibt.  Die  Anknüpfung  des  zweiten  Sticlios  ist  sonderbar  und  wahr- 
scheinlich durch  das  Eindringen  des  noi  aus  dem  dritten  Stichos  entstellt; 
man  könnte  den  jetzigen  Wortlaut  nur  dann  stehen  lassen,  wenn  der  erste 
Stichos  schon  für  sich  "allein  vollständig  wäre.  Streiche  das  1  und  K:  ]i12nnp. 
V.  1  spricht  von  der  Gedankensünde  der  fleischlichen  Lust,  er  sollte  bei  v.  9  ft". 
stehen,  v.  2  erinnert  an  C'ap.  20  29:  27  13;  wer  v.  1-4  für  unecht  hält,  darf  die 
verschiedenartige  Konstnikti(»n  geltend  machen:  hier  Teil  Gottes  (für  den 
Menschen),  dort  Teil  des  Menschen  bei  oder  von  Gott,  letztere  Ausdrucks- 
weise ist  jedenfalls  älter  und  natürlicher  (vgl.  I  Sam  20  1).  3  4  War  mein 
Los  nicht  Verderben?  Würde  Gott  mein  \'ergehen  nicht  entdeckt  haben? 
v.  3"  ist  reichlich  kurz,  Let  ergänzt  ein  ]1Di,  das  vor  IDi  leicht  ausfallen  konnte. 

Kurier  HC  zum  .VT  XVI  10 


Hi  31  4  146  Hi  31  12 

Für  die  Echtheit  des  Abschnittes  spricht  wieder  nicht  gerade  der  Umstand, 
dass  V.  4''  einen  früheren  Satz  Hiobs  Cap.  14  16^  fast  wörtlich  wiederholt,  aber 
mit  ganz  anderem  Sinne.  Noch  weniger  spricht  dafür,  dass  es  hier  so  aussieht, 
als  wäre  gar  nicht  das  Verderben  über  Hiob  hereingebrochen  und  als  gäbe  er 
hier  die  Verl)indung  von  Unglück  und  Versündigung  zu,  gegen  die  er  sich 
gerade  in  diesem  Cap.  wehrt.  Trotz  aller  Schönheit  dieses  Abschnittes  kann 
man  nicht  umhin,  die  Unechtheit  mit  Hatch  und  Bickell  für  überwiegend 
wahrscheinlich  zu  halten.  In  den  jetzt  folgenden  Beteuerungen  seiner  Un- 

schuld bedient  sich  Hiob  der  bekannten  Schwurformel  mit  D«  oder  «^  DK,  bald 
mit,  bald  ohne  den  Nachsatz:  so  soll  mir  das  und  das  geschehen.  5  6  Hiob 
ist  nicht  mit  Falschheit  umgegangen,  Gott  möge  ihn  nur  mit  gerechter  Wage 
abwägen,  so  müsse  er  seine  Unschuld  erkennen,  ^nril  wahrscheinlich  aramais. 
Hiph.,  s.  Ges.-Kautzsch26  §  72,  A.  9.  b)l  statt  ^«  oder  h.  Hinter  D«  folgt  hier 
das  perf.,  dort  das  imperf.,  meist  ohne  erheblichen  Unterschied  für  den  Sinn. 
Der  folgende  Vierzeiler  7  8  schliesst  sich  eng  an:  Wenn  mein  Sclwitt  vomWege 
abbog  (1.  ^"JT  ohne  Art.)  Und  meinem  Auge  mein  Her%  nachging:  So  mag  ich  säen 
mitl  ein  anderer  essen  Und  meine  Sprösslinge  enttmir%ell  werden,  y.7^  erklärt 
V.  7a:  wenn  ich  den  rechten  Weg  verliess,  indem  mein  Auge  mich  verführte, 
nämlich  zur  Habsucht,  da  v.  8  sagt,  dass  er  in  diesem  Fall  an  seiner  Habe 
und  in  seinen  Kindern  gestraft  werden  wolle;  es  handelt  sich  also  in  v.  5—8 
um  Sünden  wider  das  Gebot:  du  sollst  nicht  begehren  deines  Nächsten  Haus. 
Zwischen  v.  7  und  8  steht  der  Stiches :  „Und  an  meiner  Hand  ein  Flecken  klebt", 
der  viel  zu  allgemein  für  den  Zusammenhang  ist,  auch  insofern  post  festum 
kommt,  als  schon  v.  T""  von  der  Thatsünde  spricht.  Zu  v.  8  vgl.  Cap.  27i6f.; 
Jes  62  8  f.;  65  22.  9  10  handeln  von  dem  Gebot:  du  sollst  nicht  begehren 

deines  Nächsten  Weib,  n^«  wird  durch  ''J^']  im  parallelen  Stiches  als  Eheweib 
bestimmt.  So  mag  einein  anderen  mahlen  mein  Weib,  als  dessen  Sklavin  die 
Handmühle  drehen,  vgl.  Jes  47  2;  die  Müllerin  scheint  nach  Ex  11  5  die  niedrigste 
Sklavin  gewesen  zu  sein.  Einen  obscönen  Sinn  in  dem  ins  pass.  gesetzten  ]nt3n 
zu  finden,  hat  man  keinen  Grund,  v.  10''  ist  schon  stark  genug.  Unserem 
ethischen  Empfinden  sagt  es  nicht  zu,  dass  für  Hiobs  Vergehen  sein  ganzunbe- 
teihgtes,  vielmehr  selbst  benachteiligtes  Weib  den  grössten  Teil  der  Strafe  auf 
sich  nehmen  soll.  Das  ist  nur  möglich,  weil  das  Weib  noch  wesentlich  als  Be- 
sitz des  Mannes  gilt,  wie  gleich  der  folgende  Vierzeiler  indirekt  anzeigt.  Der 
erste  Stichos  in  11  12  ist  zu  kurz.  Bickell  ergänzt  ihn  nach  dem  zweifelhaften 
Zusatz,  den  LXX  an  Stelle  von  v.  11 '^  hat,  Let  will  ein  «^Pl  oder  "15"^  vor  rißt 
setzen,  Budle  bricht  darüber  in  die  AVorte  aus,  hier  zeige  sich  die  Unzuläng- 
lichkeit ihrer  metrischen  Theorien,  „denn  die  drei  kurzen,  nachdrücklichen 
Wörter  haben  rhythmisch  denselben  Wert  wie  die  des  zweiten  Gliedes",  schade, 
dass  er  nicht  beifügt,  welcher  Geheimlehre  er  diese  fröhliche  Überlegenheit 
verdankt.  Leider  lässt  sich  mit  der  LXX  nicht  viel  machen;  ich  entnehme 
ihrem  dxaiaoj^exo?  (m"ID)  ein  iTlD"]:  Denn  das  ist  Schau dlhat  und  Abfall  Und 
das  eine  Schuld  fürs  Ualsgericht.  L.  mit  Qre  in  v.  11 »  «NT,  in  v.  11 ''  «in,  ferner 
nach  V.  28  "h'h^,  da  hier  offenbar  nicht  gesagt  werden  soll,  dass  Hiob  bei  diesem 
Vergehn  die  Richter  gefürchtet  haben  würde,  sondern  nur  die  Grösse  desVer- 


Hi  31  12  147  lli  31  18 

geliens  durch  einen,  wie  es  sclieint,  dem  gewöhnlichen  Leben  entnommenen 
Ausdruck  gekennzeichnet  wird.  In  v.  12  ist  dus  gedankenlos  wiederholte  ^3 
/u  streichen,  denn  schon  die  veränderte  Wortstellung  zeigt,  dass  das  \'orher- 
gehende  nicht  begründet,  sondern  gesteigert  werden  soll:  Ein  Feuer  isl's,  t/tix 
his  xiiiii  .  Mniruiid  fressen  l  lul  all  meinen  Erirerh  rersenyen  iriirde.  Der  Satz 
ist  benutzt  Dtn  \\2  2o.  ühB'n  ist  schon  deshalb  anstössig,  weil  v.  6  dasselbeWort 
vorkam,  es  passt  nicht  zum  Subj.  Feuer  und  die  Konstruktion  mit  2  ist  frag- 
würdig. Lies  l'llJ^n,  das  mit  2  verbunden  ist,  wie  z.  B.  Cap.  21  is  !?5»,  und 
l)edeutet:  anbrennen.  Der  Ehebruch  vergiftet,  wie  wir  sagen  würden,  das  ganze 
Hauswesen  des  Ehebi-echers  und  „frisst  bis  zum  Abgrund",  l)ringt  iini  ins 
(irab.  —  Im  Folgenden  scheint  mir  v.  14  vor  v.  18  gesetzt  werden  zu  müssen, 
da  der  letztere  sonst  unverständlich  ist.  13  15  Hiob  hat  das  Recht  seiner 

Sklaven,  wenn  sie  im  Streit  mit  ihm  waren,  nicht  missachtet.  Über  das  Hecht 
der  Sklaven  eifaliren  wir  einiges  aus  dem  liechtsspiegel  Ex  21  i  flf.  Aber  der 
beste  Schutz  für  den  Sklaven,  wie  für  den  Fremdling  und  andere  Hülflose  war 
offenbar  zu  allen  Zeiten  die  Heligion  sowold  durch  ihren  Eintluss  auf  das 
öffentliche  liecht  und  die  Sitte  wie  auf  die  private  Moral.  Hier  wird  nun  v.  15 
für  die  gerechte  Behandlung  der  Sklaven  ein  Motiv  geltend  gemacht,  von  dem 
die  alte  Zeit  nicht  einmal  etwas  wusste:  ein  und  derselbe  Gott  hat  alle 
Menschen  geschaft'en  und  im  Mutterleibe  bereitet  (C'ap.  10  8  ff.),  darum  sind 
sie  zwar  nicht  gleichbereclitigt,  aber  hat  doch  jeder  gegen  jeden  gewisse  Rechte. 
Hat  in  Cap.  10  Hiob  (hiraus,  dass  Gott  ihn  wunder])ar  bereitet  hat,  ein  ge- 
wisses Recht  auf  eine  gütige  Behandlung  durch  Gott  abgeleitet,  so  handelt  er 
konsequent,  wenn  er  aus  derselben  Thatsaclie  fdiiiliche  Heclitc  für  die  Sklaven 
ableitet,  die  für  ihren  Herrn  im  selben  Mass  Ptiichten  werden:  (lolles  (le- 
sr/töf>/'e  sinil  (iitltes  S</tiililin</e  und  als  solche  zu  respektieren.  Das  Sklaven- 
recht in  diesem  Sinne  hat  eine  gewisse  Analogie  zum  Recht  der  Fremdlinge, 
die  auch  unter  Gottes  besonderem  Schutz  stehen.  \oy  ^PDtJ  ist  in  seltener 
Ellipse  BBIi^p  ausgelassen.  Ob  ^iiO";  Qal  oder  verstümmeltes  Pil.  sein  soll,  ist 
ungewiss  (s.  (tes-Kautzsch-*^  §  72,  A.  7).  aber  Qal  kommt  sonst  nicht  vor,  und 
Pilel  wird  nicht  in  dem  hier  nötigen  Sinn  gebraucht,  lies  daher  ^iro";  Hijjh. 
Das  part.  ''itf'if  hat  hier  mit  Recht  das  Verbalsuftix,  da  das  „mich"  und  „ihn" 
einander  gegenüber  stehen.  1(>  17  Er  verweigerte  Niedrigen  kein  Anliegen; 
seltenere  Konstruktion  von  ViD  mit  acc.  der  Person  und  ]p  von  der  Sache,  wie 
z.  B.  Num  24  11.  Die  Niedrigen  sind  durch  AVitwe  und  Waise  verdeutlicht,  die 
fast  regelmässig  als  arm  gedacht  werden;  die  grosse  Mehrzahl  der  Mitbürger 
des  Dichters  hat  kein  Vermögen  besessen,  das  Volk  ist  noch  arm.  14  IS  Das 
erste  Distichon  passt  ebenso  gut  hinter  v.  13  wie  hinter  v.  17,  aber  es  ist  zur 
\'orbereitung  von  v.  18  unentbehrlich,  mag  man  nun  beide  Verse  hinter  v.  13 
oder  liinter  v.  17  setzen.  Ich  wählte  das  letztere,  weil  v.  18  auf  v.  17  Bezug  zu 
nehmen  scheint,  v.  14  fragt:  was  sollte  ich  thun  und  antworten,  wenn  Gott  sich 
erhebt  und  als  Vormund  der  Hilflosen,  der  Witwen  und  Waisen  l'ntersuchung 
anstellt,  Rechenschaft  verlangt?  Warum  er  Hiob  zur  Rechenschaft  ziehen 
kann,  wenn  er  seinen  Bissen  allein  isst.  sagt  v.  18:  Denn  irie  ein  Valer  %og  er 
mich  (jntss  ron  meiner  Juifend  an  l  nil  leili'tr  miili  nun  Leihe  meiner  Mutier 

lu* 


Hi  31 18  148  Hi  31  27 

an:  die  Dankbarkeit,  die  ich  ihm  für  seine  väterliche  Fürsorge  und  Leitung 
schulde,  verpflichtet  mich,  nach  meinen  Kräften,  als  sein  Stellvertreter,  für  die- 
jenigen zu  sorgen,  die  des  Ernährers  und  Beschützers  beraubt  sind.  Die  jetzige 
Umstellung  der  Verse  hat  die  Urheber  des  Ktib  und  die  Punktatoren  sowie 
dieExegeten,  die  ihnen  gegenüber  auf  das  eigene  Urteil  verzichten,  zu  den 
tollsten  Sprüngen  gezwungen:  ""iblil  er  wurde  mich  gross,  ich  leitete  ihn,  den 
Verwaisten,  vom  Leibe  meiner  Mutter  an,  schon  als  Baby  warHiob  der  Leiter 
der  Waisen!  L.  ''i'7"^a  und  "'ini  mit  Meex  u.  a.  Bijdde  findet  das  „ganz  abseits 
führend",  eine  aus  vielen  Proben  von  dem  Nachdenken,  das  auf  Abfassung  von 
Kommentaren  verwandt  wird.  In  dem  Vierzeiler  19  20  hat  v.  20  aus  Ver- 
sehen imM.  T.  auch  ein  Di<  (statt  l)  bekommen,  wodurch  19  entweder  zu  einem 
Zeitsatz  wird:  wann  ich  sah,  oder  den  Unsinn  ausspricht:  niemals  sah  ich  einen 
Entblössten.  LXX  hat  das  Richtige;  das  ganze  Tetrastich  enthält  wie  z.  B. 
V.  16  f.,  24  f.  und  besonders  26  f.  (s.  d.)  nur  den  Vordersatz  der  Schwurformel: 
niemals  sah  Hiob  einen  Verarmten  ohne  Kleid  „und  dass  ein  Armer  keine 
Decke  hatte",  ohne  dass  (S^"|)  dessen  Hüften  ihn  segneten  und  er  von  der 
Schur  seiner  Lämmer  „sich  warm  fühlte".  In  21  22  kommt  unversehens  die 
Waise  noch  einmal,  aber  mit  Unrecht;  selbst  wenn  sie  v.  17  nicht  dagewesen 
wäre,  würde  sie  hier  verdächtig  sein,  weil  es  sonst  in  v.  21''  heissen  müsste, 
weil  sie  keinen  Beistand  hatte.  L.  Dn"''^^  für  Dh^"^J^  (derselbe  Fehler  Cap.  6  27). 
Hiob  hat  keinen  Streich  gegen  einen  Biedermann  geführt,  wenn  er  die  Richter 
auf  seiner  Seite  wusste.  Meine  Achsel  soll  ans  ihrem  Schulterblatt  fallen  Und 
mein  Arm  ans  seiner  Röhre  gebrochen  werden!  HODB^  und  ni(5  ohne  das  Mappiq 
(das  Suff,  der  3.  p.  s.  fem.)  wegen  des  folgenden  weichen  t  nach  Ges.-Kautzsch2ö 
§  91  e.  Die  Verwünschung  entspricht  dem  Vergehen,  der  zum  Schlage  aus- 
holende Arm  soll  aus  dem  Gelenk  gebrochen  werden.  23  ist  unnütz 
hinter  v.  22  und  gehört  vielmehr  hinter  v.  28.  Budde  sagt:  „v.  21  und  22  ent- 
halten zusammen  die  Beteuerung,  dass  er  nicht  gesündigt,  und  dazu  passt 
V.  23  recht  gut",  natürlich,  bei  hinreichender  Verallgemeinerung  hätte  jeder 
Vers  des  A  und  NT  gepasst.  24  25  Auch  Gold  hat  Hiob  nicht  zu  seiner 
Zuversicht  gemacht  und  sein  Vertrauen  genannt,  sich  auch  nicht  gefreut  über 
den  erlangten  Reichtum.  Da  man  gewiss  nicht  einseitig  den  Nachdruck  auf 
^"1^  (meine  Hand,  meine  eigene  Kraft)  legen  darf,  so  ist  v.  25  ein  interessanter 
Beweis  dafür,  dass  das  Judentum  frühzeitig  die  prophetischen  Zornesreden 
gegen  das  Gold  (Jes  2  6  ff.)  sich  in  den  allgemeinen  Satz  übersetzte,  dass  die 
Überschätzung  materieller  Güter  zur  Vernachlässigung  der  geistigen  führe. 
Noch  ist  ja  im  Buch  Hiob  „arm"  und  „elend"  nicht  gleichbedeutend  mit 
„fromm",  aber  unser  Dichter  hätte  den  Satz  verstanden,  dass  ein  Reicher 
schwer  ins  Himmelreich  komme.  '^n^Sö  mit  verdoppeltem  Endkonsonanten  (s. 
Ges.-Kautzsch26  §  93  pp).  26  27  Wenn  ich  das  Licht  sah,  wie  es 
leuchtet,  Und  den  Mofid  in  Pracht  daherziehn  Und  thöricht  ward  im  Geheimen 
mein  Herz  Und  meine  Hand  meinen  Mnnd  kässte.  Dieselbe  Konstruktion  wie 
im  (berichtigten)  Vierzeiler  v.  19  f.  Das  Küssen  der  Gottesbilder  ist  im  ganzen 
Altertum  verl)reitet,  entfernten  Gottheiten  wirft  man  Kusshände  zu.  Der  Ge- 
stirndienst tritt  uns  bei  den  Israeliten  aber  zum  ersten  Mal  zur  Zeit  des  Königs 


Hi3l27  149  Hi3l30 

Munasse  entgegen,  zur  Zeit  des  Dichters  nmss  die  Verlockung  dazu  besonders 
gross  gewesen  sein,  ob  verstärkt  durch  die  persische  Religion,  das  steht  dahin. 
Das  „Licht"  ist  unifasscndur  Ausdruck  für  die  Sterne,  die  Morgenröte,  die 
Honnc,  das  scluiuhar  von  ileu  Lichtkürpem  unalihängige  Licht  iinZenith;  der 
^[ond  wird  als  majestätische,  kr»nigliche  Erscheinung  besonders  hervorgehoben, 
was  niuhi-  seiuilisch,  als  jicrsisch  sein  niöihtc.  Di-r  Dichter  sagt:  die  Hand 
küsst  den  Mund  (nicht  unigekelirt,  wie  wir  erwarten  würden),  weil  die  Hand 
dann  noch  den  Kuss  derGottheit  zuwirft,  also  das  eigentliche  Subjekt  der  kul- 
tisejicn  Handlung  ist  (nicht  weil  das  Tidjewusstc  der  Handlung  hervorgehoben 
werden  sdllte,  wie  Bidok  meint,  als  ob  die  Hand  unbewu>ster  wäre  als  der 
Muml  lind  als  oj)  der  Übergang  zu  einem  fremden  Kult  so  kindlich  unbewusst 
vor  sich  ginge),    pm  meist  mit  )  (Cnt  1  2  1.  ^ij5d^.).  28  23  Auch  das  wäre 

wie  dei'  Ehebiuili  v.  11  eine  iSihuid  fürs  Halsgericht  gewesen,  denn  die  Ver- 
leugnung des  „Gottes  droben-'  und  der  Abfall  zu  Naturgottheiten  gehört  unter 
die  ntn  1.'?  12  rt'.  in  Aussicht  genommenen  Fälle,  die  seit  diesem  (lesetz  mit 
dem  Tilde  bestiaft  werden  —  oder  werden  sollten,  v.  23:  f  /n/  t/rr  Silinukni 
(iollfs  iriinlc  iihcr  niivli  /iniinncn.  Vor  sc/'/irr  Ijltchiiini  liirlC  ich  niilil  Slinnl. 
Das  "h^  (für  -h)  und  das  "?«  TS,  N'enlerben  (iottes,  des  M.  T.  sind  befremdend, 
liesser  liest  man  mit  LXX:  "h  KilK'^  *?«  ins,  wo  im  vorletzten  Wort  der  Ab- 
(  hreiber  nach  aram.  Weise  «  für  n  schrieb,  vgl.  Dtn  33  21;  Jes  21  12;  so  wird 
zugleich  eine  bessere  Kongruenz  beider  Stichen  hergestellt,  vgl.  übrigens  Ca]). 
13  11.  Mit  LXX  ist  dann  noch  das  1  vom  Anfang  von  v.  23''  als  ^  zu  dem  b  am 
l'indc  von  v.  23'  zu  ziehen;  für  ''3  ist  gerade  so  wie  v.  12  1  zu  lesen,  denn  v.  23 
verhält  sich  zu  v.  28  genau  so  wie  v.  12  zu  v.  11.  Auch  Cap.  13  11  wird  an- 
genommen, dassGott  auffährt,  wenn  seine  F^hre  verletzt  wird.  29  'M)  Nicht 
einmal  über  das  Verderben  seines  Feindes  hat  Hiob  sich  gefreut  und  trium- 
lihiert.  Wie  sehr  die  Schwurpartikel  D«  als  indikative  Verneiiuing  gefühlt 
wird,  beweist  die  Fcutsetzung  v.  .30:  yocli  jfcsitillcli'  ich  ztt  .sihuiijfen  nichicin 
(iiiiniH'n,  Im  Fluch  ztr  /'ordern  seine  Seele.  Wir  würden  für  den  letzteren  Aus- 
druck sagen:  seinen  Tod  zu  wünschen  (im  Fluche).  Tjn  ein  etwas  weit  her- 
geholter Ausdruck  für  Zunge,  da  doch  der  Gaimien  aufnimmt  vgl.  Cap.  G30. 
Man  sieht,  dass  auf  Hiob  die  Verheissung  i>ildads  Cap.  822  keinen  Eindruck 
nuichen  und  dass  er  Cap.  27  :  nicht  sprechen  konnte,  dass  letzterer  Vers  viel- 
nielir  einem  der  Freunde  angeliTiren  muss. 

Der  IUclitcr  beweist,  das3  er  nicht  blos  in  .seinen  religiösen  Ansichten,  sondern 
auch  in  seinem  ethischen  Empfinden  lioch  ül)er  seiner  Zeit  steht,  auch,  wie  manche 
vnn  leidenschaftlichem  Foindoshass  beseelten  Psalmen  zeipon,  über  den  meisten  Frommen 
der  späteren  Zeit.  Zur  Foindesliobe  schwin<rt  er  sich  freilich  noch  nicht  auf,  aber  es  ist 
ihm  hoch  anzurechnen,  dass  er  die  Schadenfreude,  selbst  wo  sie  dem  gilt,  der  uns  hasst, 
unter  die  schwersten  Sünden  rechnet.  Nur  eine  edle  Seele,  nur  ein  vornehmer  (ieist  kann 
sich  zu  der  (»esinnung  erheben,  die  der  herrliche  2i».  Vers  offenbart;  ist  Cap.  31  die  Krone 
aller  ethischen  ?'.ntwicklung  im  AT,  so  ist  v.  29  der  Edelstein  in  dieser  Krone.  Ich  will 
zugeben,  dass  man  die  Schadenfreude  leichter  unterdrückt  beim  schweren  Unglück  deesen, 
'l'^i-  uns  hasst,  als  beim  leichten  l'nfall  dessen,  der  uns  ärgert  oder  langweilt. 

BüDDE  entdeckt,  dass  der  Sinn,  den  er  dem  ^liynn  in  der  missdeuteten 
Stelle  Cap.  17  8  verleihen  musste,  hier  nicht  passt,  es  bedeutet  beide  Male 


Hi  31  31  150  Hi  31  33 

triumphieren.  31  32  We/m  nicht  sagten  die  Männer  meines  Zeltes:  Wer 

wird  von  seinem  Fleisch  nicht  satt!  Nach  dem  M.  T.  sprechen  Hiohs  Haus- 
genossen den  köstlichen  Wunsch  aus:  o  dass  doch  einer  (oder:  o  dass  wir)  von 
seinem  Fleisch  nicht  satt  würde!  Wünschen  sie,  dass  Hiob  ihnen  nicht  so  viel 
Fleisch  auftische?  oder  bedauern  sie,  dass  sie  zu  bald  satt  werden?  Natürlich 
ist  ^\  zu  streichen,  den  Abschreiber  muss  der  Gedanke  an  das  Mahl  zerstreut 
liaben.  Fleischspeise  war  bei  den  Israeliten  etwas  Seltenes,  darum  besonders 
hoch  geschätzt.  Die  Hausgenossen  des  herdenreichen  Hiob  wurden  aufs  Beste 
verköstigt,  er  war  nicht  geizig  gegen  sein  Gesinde.  Auch  nicht  gegen  Durch- 
reisende, wie  v.  32  fortfährt.  Die  Zeitgenossen  des  Dichters  waren  es  nach  Jes  58  t** 
öfter.  Statt  VT^  sprich:  D'li^'?.  "'Jl^l  ist  als  dual  punktiert,  der  sing,  wäre 
poetischer.  Vielleicht  ist  hier  am  Besten  38—40  einzuschalten,  denn  diese 
Verse  können  nicht  den  Schluss  gebildet  haben,  sind  nur  am  Schluss  nach- 
getragen, weil  am  rechten  Ort  vergessen.  38:  Wenn  iiber  mich  mein  Acker 
klagte  Und  insgemein  seine  Furchen  tu  einten!  Eine  ganz  eigentümliche  Ver- 
wahrung, deren  Sinn  nicht  leicht  festzustellen  ist.  Es  ist  klar,  dass  es  sich  nicht 
um  ein  Verbrechen  handeln  kann,  das  auf  dem  Acker  begangen  ist,  ohne  mit 
ihm  in  Beziehung  zu  stehen.  Ebenso  kann  „mein"  Acker  nicht  darüber  klagen, 
dass  er  —  nicht  mein  ist,  dass  ich  ihn,  wie  man  nach  v.  39  deutet,  durch  Raub 
und  Todschlag  an  mich  gebracht  habe.  Selbst  schwere  Arbeit  und  Misshand- 
lungen der  den  Acker  bestellenden  Sklaven,  die  ja  freilich  der  Acker  mit  an- 
sehen musste,  können  nicht  gemeint  sein,  wären  anders  auszudrücken  gewesen. 
Der  Acker  muss  klagen  über  eine  Unbill,  die  ihm  selbst  widerfährt.  Man 
könnte  an  unbillige  Aussaugung  des  Bodens  denken,  die  die  Brachenjahre 
nicht  respektiert;  die  Ausdeutung,  die  das  Gebot  der  E,uhejalire  seit  Deut  15 
erhält,  wäre  wohl  kein  zu  starker  Einwand  dagegen,  denn  der  Dichter  könnte 
eine  naivere,  volkstümliche  Anschauung  von  der  Ruhe,  die  die  Erde  selber  ver- 
langt, festgehalten  haben.  Vielleicht  liegt  noch  näher  die  Annahme,  dass  der 
Acker  durch  naturwidrige  Benutzung  geschändet  wird  (Levl9i9):  ein  Ver- 
gehen, das  in  den  'iWX}^  nij^n  berücksichtigt  wird,  hat  gewiss  nicht  als  minder 
schwer  gegolten,  als  wenn  die  Dienstboten  eines  Mannes  nicht  genug  Fleisch 
zu  essen  bekommen;  übrigens  steht  dies  Gebot  in  Lev  19  zwischen  den  Ver- 
boten des  Hasses  gegen  den  Nächsten  und  des  geschlechtlichen  Umgangs  mit 
einer  fremden  Sklavin.  Den  Nachsatz  bringt  v.  40:  der  Acker  soll  Disteln  und 
Unkraut  statt  Weizen  und  Gerste  hervorbringen.  Dieser  Nachsatz  beweist 
wieder,  dass  der  Acker  nicht  das  unrechtmässige  Besitztum  Hiobs  sein  kann, 
sonst  müsste  er  ihn  denn  doch  seinem  Herrn  oder,  wenn  er  den  totgeschlagen 
hat(!),  dessen  Verwandten  zurückgeben.  Der  Nachsatz  passt  aber  auch  nicht 
zu  dem  vorhergehenden  Verse  (39):  wenn  ich  seine  Frucht  (zu  nä  vgl.  Gen  4  19) 
ass  ohne  Bezahlung  und  seinen  Herren  das  Leben  ausblies.  Für  Raub  und 
Mord  wäre  doch  die  v.  40  in  Aussicht  genommene  Unfruchtbarkeit  des  Ackers 
eine  zu  billige  Strafe.  Ausserdem  kann  man  dem  Dichter  nicht  zutrauen,  dass 
er  Hiob  vom  Morde  reinigen  zu  müssen  glaubte,  dergleichen  sagen  doch  nicht 
einmal  die  Freunde  von  ihrem  „Gottlosen"  aus.  Vers  39  ist  also  als  ein  alter 
Versuch,  v.  38  zu  erklären,  anzusehen  und  zu  streichen.  33  34  Wenn  ich 


Ui  ai33  151  Hl  ;>1  :iS 

rmfi'c/t/r  int /er  ih'ii  Mcnschcu  inciur  Vcrijchfn.  Er  will  sagen,  aucli  wenii  in 
der  hingen  Aul'zälilung  aller  möglichen  Vi-rgchen  eines  ühcrgangen  sein  sollte, 
so  würde  (his  keinen  Verdacht  gegen  ihn  begründen  können,  denn  er  darf  auch 
das  von  sich  beteuern,  dass  er  überhaupt  niemals  seine  Vergehen  verbengen 
habe.  v.  33'*  fehlt  in  LXX,  fällt  auf  durch  seine  Konstruktion  (]blp"?,  celando) 
und  durch  das  aramäische,  sonst  vom  Dichter  nicht  gebrauchte  3h  für  Busen, 
ist  also  wohl  eine  (blosse  zu  der  jetzigen  Gestalt  von  33'.  Sie  wäre  nicht  nötig 
gewesen,  wenn  das  ^n^D3  seine  richtige  Ergänzung  durch  D182  gefunden  hätte, 
wofür  wir  jetzt  in  ülKD,  wie  Adam,  eine  befremdende  und,  da  es  sich  nicht  um 
eine  Heichte  vor  (Jott  bandelt,  ziendicii  unpassende  Ansj)ielung  auf  (ien  3  vor- 
liiidi  n.  1  )er  zweite  Stichos  v.  34'  lautet:  ^\'e^l  ich  ürn  f/rossc/i  llnii/'fii  /Tmhli'lt\ 
der  Lynchjustiz  an  ihm  zu  üben  drohte.  Das  zweite  Distichon  v.  34'"  ist  niiht 
\(in  ^3.  sondern  von  DS  abliängig:  l  n<l iiinli  ilit'  Vcrdrlilinnf  <lt'r  Sij){n'ii  srlinulilc 
1 11(1  ich  mich  slill  hicil.  nicht  inr  77/iir  hiiKuisyinji.  Der  Dichter  erinnert  sich 
wieder,  dass  Hiob  ein  arabisiber  Scheikh  ist,  (h-r  das  Khrengericht  der  be- 
betVeuiKh'ten  Clans  zu  respektieren  und  im  FaUe  unebiciibafter  Handlungi  ii 
/ii  füiihteii  hat.  Das  letztere  hat  er  niemals  gethan,  sich  niemals  aus  Funht 
vor  Anklagen  zu  Haus  gebalten.  Wannu  34*=  unecht  sein  soll,  verstehe  ich 
nicht,  von  lalsclur  Scham  darl'ei'  doch  sprechen;  vielleicht  wirkt  der  unechte 
V.  33''  ein,  (hr  den  Schein  Ik  ivorbringt,  als  handele  es  sich  um  uidiekannte, 
statt  um  bemäntelte  \'ergehen.  Der  folgende  A'ierzeiler  35  hat  nur  drei 
Stichen,  tler  fehlende  muss  vor  v.  35'  gestanden  haben,  der  jetzt  völlig  in  der 
Luft  schwebt.  Denn  35*^  mit  36  verbinden  kann  wohl  die  LXX,  nicht  aber  ein 
Leser,  der  etwas  Stilgefühl  hat  und  über  den  Sinn  von  35'  ein  wenig  nachdenkt: 
hätt<'  Hiobs  (jegner,  Gott,  die  Anklageschrift  wirklich  geschrieben,  so  hätte 
er  es  doih  wohl  vernünftiger  Weise  zu  dem  Zweck  gethan,  um  sie  dem  Ange- 
klagten. Hiob,  zuzustellen,  er  hat  sie  aber  eben  nicht  geschrieben,  Hiob  hat 
immei-  wieder,  aber  vergebens,  CJott  um  Erhebung  seiner  Anklage  gebeten,  und 
st»  Kann  Hiob  nicht  so  thun,  als  ol)  er  die  Schrift  besitze,  kann  uns  auch  nicht 
das  ganze  31.  Cap.  hindurch  von  möglichen  Sünden  unterhalten,  statt  von 
den  Anschuldigungen  der  Anklageschrift  zu  reden.  Aus  demselben  Grunde 
kann  auch  zu  35'  nicht  etwa  das  vorhergehende  jH  ergänzt  werden.  Was  fehlt, 
ist  klai':  ein  Verbum,  das  den  Wunsch  ausdrückt,  eine  Anklageschrift  zu  er- 
balti'U,  vielleicht  ausserdem  ein  Synonymum  zu  IDD.  Ich  vernnite  denuiach  als 
(wegen  ähnlichen  Beginns  wie  v.  35'')  ausgefallen  die  Worte:  H^JD  ''^'VT.  ""P- 
Der  Vierzeiler  wüiilc  denniach  lauten:  ()  hiitlo  ich  i'incn,  der  mich  hörlt\  Sirh 
(f/f  n/cifi  hrntz-,  ttrr  MhnHrhliiic  tnitirorlc  mir!  [O  hätte  ich  «lie  Rolle]  l  inl 
ilir  Sch/i/7,  ilir  mein  (ii'uiicr  fic.schrirlirn!  In  dem  ersten  Distichon  denkt  sich 
Hiob  als  Kläger,  der  wegen  erlittener  Gewalt  klagt,  aber  keinen  Richter  findet 
vgl.  Cap.  19  7.  Er  setzt  si'in  Kreuz  hin,  nämlich  seine  Unterschrift  unter  die 
von  ihm  eingen-ichte  Beschwerde.  ^ir>  ]n  ist  wohl  eine  sprichwörtliche  Redens- 
art, die  man  hinwirft,  wenn  may  seinen  Entschluss  ausdrücken  will  zu  klagen, 
der  Dichter  will  wohl  den  Hiob  nicht  als  Analphabeten  liinstellen:  ^n  \T\  wird 
mit  einem  raschen  Gestus  gesprochen.  Für  die  eigene  Klagschrift  wünscht  er 
nun  im  zweiten  Distichon  die  Widerklage  seines  Prozessgegners,  Gottes,  zu- 


Hi3l36  152  Hi32  2 

gestellt  zu  erhalten,  „eine  Schrift",  die  Gott  geschrieben  hätte.  Sie  würde  ihn 
nicht  niederschmettern,  vielmehr  hoch  erfreuen  36  37:  Wahrlich,  auf  meine 
Schulter  wollte  ich  sie  heben,  Sie  mir  umlegen  als  eine  Krone!  wie  etwas  be- 
handeln, was  man  gern  zeigt  und  wie  im  Triumph  davon  trägt,  wie  ein  ehren- 
volles Geschenk.  Sonst  pflegt  ja  ein  Angeklagter  in  schmutzigen  Kleidern  zu 
erscheinen  (s.  zu  8  22).  Lies  TVyilV.  Die  Zahl  meiner  Schritte  d.  h.  alle  meine 
Schritte  wollte  ich  angeben  (lies  'T'ä«  ohne  Suff.),  Wie  ein  Fürst  ihn  empfangen, 
eigentlich  ihn  herantreten  lassen,  nämlich  an  mich  heran  vor  Gericht.  Nicht 
in  demütiger  Haltung,  mit  flehenden  Geberden,  die  das  Mitleid  erwecken  und 
milde  Strafe  erwirken  sollen,  sondern  mit  einem  edlen  Stolze  will  er  dem  hohen 
Ankläger  gegenübertreten  und  sich  für  alle  Handlungen  verantworten. 

Ein  glänzender  Aljsfbluss  aller  Verteidigungsreden  Hiobs!  Der  Dichter,  der  dies 
geschrieben  hat,  muss  die  Absicht  gehabt  haben,  einen  wirklich  vorwurfsfreien  Menschen 
Gott  gegenül)cr  zu  stellen.  Und  dieser  Mann  ist  durch  seine  Lage  und  in  seinen  Reden 
der  Ankläger  der  göttlichen  AVeltordnung!  Auf  die  Frage:  warum  sind  Fromme  elend 
und  Gottlose  glücklich?  erwartet  er  Antwort.  Wird  der  Dichter  im  Stande  sein,  Gotte 
eine  wirklich  ausreichende  Antwort  in  den  Mund  zu  legen?  Leider  müssen  wir,  bevor 
wir  den  Dichter  dies  gewaltige  Wagnis  in  Angriff  nehmen  sehen,  erst  die  Kindlichkeiten 
eines  schwülstigen  Rabbi  über  uns  ergehen  lassen. 

Cap.  32-37.    Die  EUluireden. 

Ob  der  Schlusssatz  in  Cap.  31 :  „Zu  Ende  sind  Hiobs  Reden"  von  dem 
Verf.  der  Elihureden  oder  von  derselben  Hand  herrührt,  die  in  Cap.  26  1;  27  1 
thätig  war,  mag  auf  sich  beruhen.  Den  Elihureden  ist  in 

Cap.  32 1-5  eine  prosaische  Einführung  voraufgeschickt,  die  nötig  war, 
weil  das  Buch  bisher  von  einem  vierten  Freunde  nichts  weiss.  Sie  Aveist  die- 
selbe leere  Weitschweifigkeit,  denselben  schlechten  Stil,  dieselbe  Unfähigkeit, 
den  Dichter  zu  verstehen,  auf,  die  die  Eeden  selber  charakterisieren.  1  Auch 
wenn  der  Verf.  Cap.  31  40*^  geschrieben  haben  sollte,  so  darf  man  doch  diesen 
Satz  nicht  mit  Cap.  32  1  verbinden,  wenn  man  ihn  nicht  mit  LXX  verändert, 
wozu  kein  Grund  vorliegt;  denn  Cap.  31  40''  ist  eine  Buchunterschrift  (Hiermit 
sind  Hiob's  Reden  abgeschlossen),  Cap.  32  1  aber  beginnt  zu  erzählen.  „Jene 
drei  Männer"  sagt  der  fremde  Verf.,  dadurch  unwillkürlich  seine  Stellung  zu 
dem  Buch  bezeichnend,  das  sie  überall,  im  Volksbuch  (Cap.  2  11  ff".;  4'2  10)  wie 
in  den  Reden,  Hiobs  Freunde  nennt.  Der  Verf.  behauj^tet,  sie  hätten  mit 
Reden  aufgehört,  weil  Hiob  sich  für  gerecht  hielt.  Er  begreift  nicht,  dass  nach 
Cap.  31  niemand  mehr  mit  einer  Anklage  gegen  Hiob  kommen  kann  (selbst 
Gott  thut  es  Cap.  38 ff.  nicht),  dass  es  sich  ül)erhaupt  nicht  mehr  um  die  Ge- 
rechtigkeit Hiobs,  sondern  um  den  „Rat  Gottes",  um  die  Weltordnung  handelt, 
aber  wenn  er  es  begriffen  hätte,  so  wäre  er  eben  nicht  der  naive  Censor  des 
Dichters  geworden,  wäre  nicht  2  der  ergötzliche  Zorn  Elihus  des  Busiten  ent- 
brannt. Es  schäumt  ordentlich  in  v.  2—5  von  Zorn,  indessen  ist  an  diesem  Eii|- 
druck  zum  Teil  die  Wichtigkeit  und  Weitschweifigkeit  des  Autors  ^chul|3. 
Elihu  wird,  ganz  anders  als  Hiob  (s.  zu  Cap.l  1)  und  die  drei  Freunde  (Cap. 
2  11),  uns  wie  eine  bedeutende  geschichtliche  Persönlichkeit  genau  vorgestellt. 
Sein  Name  (in  dem  das  {<in  den  Namen  niH"'  vertritt)  erinnert  an  den  des 


Hi  39  2  163  Hi  32  5 

Eliphas  (mit  Kecht,  da  er  ilein  Eliphas  das  Beste  aljborgt,  was  er  vor})ringt), 
sein  Vatei  —  Hiohs  \'ater  wurde  von  «IcrSage  nicht  für  erwälinenswert  ^elialten 
—  hiess  Barakel  (abgekürzt  aus  ^KSIT),  er  wai-  ein  Busiter  aus  der  Familie 
Ran».  Hoi-JMANN  meint,  dass  nnSB^O  "»«a  durch  ninEü^Q-na  Cap.  .'U  .u  inspiriert 
sei,  und  Buijdk  erinnert  daran,  dass  D^  der  „Erliahene"  heisse.  und  möglich 
wäre  sitlch  ein  kindliches  Spielen  schon  hei  diesem  Autor.  Aber  er  kann  sich 
einlach  von  (Jen  22 -'i  haben  leiten  lassen,  wo  TD  <ler  jüngere  Bruder  des  y\y 
^'enannt  wird.  DT  hält  Wktz.steix  (bei  Dklitzsch^  S.  584)  für  verkürzt  aus 
D'^K,  aber  schon  der  Ausdruck.  DT  'DD  ist  dieser  Hypothese  nicht  günstig;  eher 
ist  Ü")  frei  erfunden,  um  den  Eindruck  der  Geschichtlichkeit  zu  erhöhen.  TiXX 
setzt  hinzu:  y^V  p«,  tritt  dad\irch  aber  in  Widerspruch  zu  Gen  22  21.  Vielleicht 
dachte  sich  (wegen  112)  der  \'erf.  den  Wohnsitz  Hiobs  nördlicher,  als  wir  zu 
( ';ip.  1  1  angenommen  haben.  Elihu  zürnt  erstens  auf  Hu)h,  irril  er  sich  srlhsl 
für  jimuhlcr  hielt  tils  doli.  Das  ]D  vor  dem  letzten  Wort  kann  nur  in  knui- 
parativiscliem  Sinn  gemeint  sein,  nicht  als  „gegenüber  von",  was  in  dieser 
i'rosji  durch  ''JD'?  ausgediiickt  wäre;  und  lU^Di  plS  kann  nur  heissen:  sich  selbst 
gereciit  machen,  entweder  in  dem  Sinne:  sich  gerecht  zeigen  (Jer3n)oder 
deklarativ:  sich  dafür  erklären,  es  ist  nicht  abzuleiten  von  p"!^.  Recht  haben, 
weil  dann  das  Hiph.  stäi)de  (( 'ap.  27  5),  sondern  von  p'''^^.  gerecht  v.  1.  Hiol) 
hat  sicÄ  für  gerecht,  Gott  für  ungerecht  erklärt,  meint  der  Verf.  hier  wie  3  und 
id»erall.  Elihu  zürnte  zweitt'iis  auf  die  drei  b'reunde,  weil  sie  ln'iiiv  .\nlintrt 
I'kikIcii  lind  so  doli  liiri'ilil  ijaln-n.  Die  Schlussworte  gehören  zu  ilen  18 
D'"ID1D  ^iipW,  den  „Verbesserungen  der  Schriftgelehrten",  die  ein  anstössiges 
Wort  durch  ein  anderes  ersetzen:  hier  ist  D''^^^5  duicli  Dl'K  ersetzt,  wodurch 
aber  ein  Unsinn  herauskommt,  denn  die  Ereumle  hal)enia  Hiob  l'nrecht  ge- 
geben, auch  ist  der  Zorn  Elihus  nur  dann  verständlich,  wenn  die  Freunde  sich 
ebenso  wie  Hiob  gegen  Gott  vergangen  haben.  Sie  thatcn  es  fi-eilich  nur  dui-ch 
ihr  Stillschweigen,  nicht  duich  Reden  wie  nach  dem  A'olksbuch  Cap.  42  7. 
4  hat  iin  M.  T.  einen  verstümmelten  Text,  „den  Hiob  harren  mit  Worten"  kann 
man  nicht  sagen.  l.XX  scheint  ein  TpTJh  vor  zrSTlS  zu  lesen;  Whiüht  setzt 
vor  letztere^  ein  aus  O^l^l?  hergestelltes  Ü1212,  ersteres  möchte  besser  sein. 
v.'4  will  rechtfertigen,  warum  Elihu  früher  nicht  vorkommt;  die  Rechtfertigung 
genügt  aber  nicht,  es  war  vielmehr  ein  (irund  austindig  zu  machen,  warum 

•Elihu  Cäi).  2  11  ft".  nicht  eiHsähnt  und  auch  später  niemals  von  einem  stummen 
Zuhörer  gesprochc'n  wird.    Nach  dem  Dichter  ist  otfenbar  Hiob  die  letzten 

•*raj;e  mit  den  drei  Freunden  allein  gewesen  (Buddk  will  allerdings  aus  den  von 
ihm  falsch' gedeuteten  Stellen  f'ap.  17yf.;  18 -'f.;  30  1  tt".  sogar  eine  grosse  Zu- 

^  littrerschaft  herauslesen  —  was  thut  nicht  die  Not!).  Wie  Elihu  so  ist  wohl 
v^Kich  sein  Schöpfer  sehr  jung  gewesen;  wenigstens  erträgt  man  bei  dieser  An- 
nahme seine  selbstgefällige  und  ahnungslose  Geschwätzigkeit  leichter,  als  wenn 
mau  sich  ihn  als  ausgewachsenen  Menschen  vorstellen  soll.  5  Als  aber 

Elihu  Sah,  dass  sie  nicht  mehr  antworteten,  da  wurde  er  zornig —  darum 
redete  er  also.  v.  2-5  für  einen  Einschub  zu  halten,  liegt  nicht  die  geringste 
Berechtigung  vor.  Büddk  sagt,  er  wolle  Gründe  dafür  vortragen,  aber  er  muss 
es  vergessen  haben,  ich  finde  bei  ihm  nur  einige  Behauptungen,  die  nichts  be- 


Hi32  5  154  Hi32  9 

sagen;  das  einzige  was  nach  Begründung  aussieht,  ist  erstens,  dass  man  v.  2—5 
ohne  Schaden  weghissen  könne,  —  aher  das  kann  man  eben  nicht,  v.  4  war 
nötig,  ausserdem  kann  man  bei  Ehhu  ganze  Massen  in  seinen  Ausführungen, 
ja  man  kann  den  ganzen  unglücklichen  Elihu  weglassen,  ohne  etwas  zu  ver- 
missen.  Der  zweite  Grund  ist,  dass 

6''  Elihus  Vaters-  und  Geschlechtsname  wiederholt  wird.  Aher  v.  6^*  ist- 
eine  Überschrift,  die  denen  der  echten  ßeden  nachgeahmt  ist;  in  den  letzteren 
heisst  es  auch  mit  beständiger  Wiederholung:  Ehphas  der  Themanit  u.  s.  w., 
obwohl  ein  einfaches  Eliphas  genügt  hätte.  — •  In 

6''— 22  hält  Elihu  zunächst  eine  lange  Rede  an  die  Freunde,  nur  um  zu 
motivieren,  warum  er  redet:  weil  sie  schweigen,  muss  er  reden,  um  nicht  zu 
platzen.  6''  Er  ist  jung,  sie  sind  alt,  darum  fürchtete  er  sich,  sie  sein  Wisseji 
zu  lehren.  Er  spricht  ahnungslos  aus,  dass  er  Schulweisheit  vorträgt.  Und  das 
in  Anwesenheit  eines  Hiob,  der  gegenüber  den  Theorien  die  Wirklichkeit  ver- 
tritt! Dem  zweiten  Stichos  fehlt  eine  Hebung,  vielleicht  ist  vor  p"^X?  ein  03^5 
ausgefallen,  ^nj  ist  das  aram.  ^m,  der  Dichter  gebraucht  es  nicht,  so  oft  er 
auch  vom  Fürchten  redet.  Das  zweite  Distichon  ist  prosaisch  stilisiert.  7  8 
Er  dachte,  das  Alter  möge  reden  und  Weisheit  zu  wissen  geben,  der  ältere 
Lehrer  soll  vor  dem  jungen  reden.  Aber  wenn  der  jüngere  klüger  ist?  v.  8: 
Aber  der  Geist  erleuchtet  die  Menschen,  Und  der  Hauch  des  AUnmchtigen 
macht  sie  einsichtig,  v.  8*  lautet  im  M.  T.:  nn  ist  im  Menschen,  das  ist  nur 
dann  richtig,  wenn  ni"!  Odem  bedeutet,  im  Zusammenhang  aber  unbrauchbar. 
BiCKELL  ergänzt  nach  Cap.  33  4  ein  b^ ,  aber  der  Geist  Gottes  ist  nicht  ohne 
Weiteres  in  jedem  Menschen,  wenn  nicht  wieder  blos  Gottes  Odem  gemeint 
ist.  BüDDE  bezieht  N\"l  auf  nöDH  v.  7  zurück :^Geist  Gottes  ist  die  Weisheit  im 
Menschen,  ein  schlechter  Satz,  aber  ohne  Sinn;  selbst  für  den  armen  Elihu  zu 
arg.  In  Ermangelung  eines  Besseren  lese  ich  V)'\^^  'T'Nri  oder  lieber  D''B^iS  vgl. 
Ps  119130,  wo  ebenfalls  TSH  und  pSH  neben  ehiander  stehen.  ni1  wird  durch 
den  ergänzenden  Stichos  hinlänglich  als  Gottes  Geist  bestimmt.  Nach  dem 
Dichter  Hiobs,  dessen  Ausführungen  in  Cap.  12  iiff.  hier  benutzt  sind,  wiegt 
eigenes  Beobachten  und  Urteilen  die  Weisheit  des  Alters  auf,  nach  Elihu,  der 
allerdings  von  Beobachtung  und  Urteil  nicht  sprechen  dürfte,  thut  es  das 
Charisma.  —  Im  Folgenden  ist  der  Text  in  Verwirrung.  15—17  gehören  nicht 
an  ihre  jetztige  Stelle,  wo  sie  auch  in  der  LXX  fehlen.  Nun  ist  aber  v.  17^'  = 
10'^  und  V.  17^  viel  besser  als  v.  10".  Ich  vermute  daher,  dass  15—17  hinter  v.  9 
gehören  und  v.  10''  noch  ein  Zeuge  des  alten  Thatbestandes  ist;  v.  lO'*  ist  also 
zu  streichen.  9  15  Nicht  sind  die  rieten  Tage  weise,  Noch  r erstehen  die 

Atten  das  Hechte,  IJaruni  sind  sie  erschreckt,  antworten  nicht  mehr,  Aus- 
gegangen sind  ihnen  die  Worte.  Für  D'^ST  ist  nach  LXX  und  v.  7  D"^öJ  '2'^  zu 
lesen.  Von  v.  10"  behalten  wir  blos  jD*?  bei,  da  der  erste  Stichos  von  v.  15  reich- 
lich kurz  und  ohne  Anknüpfung  ist.  t3B^ö  in  dem  eigentümlichen  Sinn  „das 
Richtige"  auch  Cap.  34  4.  Da  Elihu  v.  9  in  der  3.  pers.  von  den  Alten  spricht,  so 
fährt  er  auch  v.  15  damit  fort,  vielleicht  dass  dies  die  Decenz  gebot,  wenn  er 
an  den  greisen  Zuhörern  etwas  zu  tadeln  hatte.  Indessen  kommt  ein  ähnlicher 
Wechsel  von  der  zweiten  in  die  dritte  Pers.  auch  z.  B.  Cap.  35  14-16  vor.   p''OJ?0- 


Hi  329  155  Hi  .VJ  U 

iortwiiiideni,  iiilrans.  gewurdeiies  Hii)li.  (Gen.  128;  26  22).  Haben  nun  die  Alten 
sicli  als  so  unweise  erwiesen,  diiss  sie  nicht  mehr  aus  und  ein  wussten  und, 
d.irühc'r  cisi  liieckt,  still  scliwiegen,  so  liraucht  sidi  Ehlni  nicht  hiiigcr  Zwang 
aii/uthuu  K)  17.  \\  r/tft'  ich  Inini'n .  wt'il  sie  nicht  reden.  Weil  sie  fest  sassen, 
nicht  anttroitelen?  Antimrlen  will  tiiK h  ich  mein  Teil  u.  s.  w.  'n'pnim  ist  Klage 
mit  weggehisseuer  Kragt'partikel  (( iK.s.-lvALTZscn  ij  150  i):  dass  ich  warte,  weil 
sie  reden,  ist  in  der  Ordnung,  aber  soll  ich  es  auch  thun,  weil  sie  nicht  reden, 
weil  sie  stecken  geblieben  sind?  Das  wäre  widersinnig.  Der  Satz  klingt  ein 
wenig  imi)ertinent,  entspricht  aber  eben  darin  dem  selbstgefälligen  (.'harakter 
Filihus.  11V  :i'i»  Schluss  von  v.  1(5  ist  aus  v.  15  wiederh(dt,  fehlt  im  jetzigen 
iiXXtext,  In  V.  17  ist  natürlich  das  (^al  n:VK  /u  lesen.  „Mein  Teil«  ist  W(»hl 
eine  Redensart  aus  dem  gewöhidichen  Leben:  so  viel  ich  mag.  Mit  17''  langen 
wir  wieder  bei  10  an,  dessen  erster  Stichos  sich  schon  durch  den  sing.  HJJOC^  als 
unecht  verrät  und  die  durch  den  Ausfall  von  v.  15 -17' entstandene  Lücke  aus- 
zufüllen bestimmt  war.  Wahrscheinlich  ist  dann  der  durch  mechanische  Text- 
beschädigung zwischen  dem  ]Db  und  dem  njrjK  verloren  gegangene  Passus  nach 
einer  anderen  Handschrift  am  Rande  nachgetragen  und  an  falscher  Stelle  ein- 
geschaltet. Dass  er  echt  ist,  wird  auch  durch  die  Fortsetzung  II  12'  bewiesen, 
wo  übrigens,  wie  der  Versbau  ergicbt.  v.  11'"  hinter  v.  12^  zu  setzen  ist:  Siehe, 
ich  hnhe  (jeirartel  auf  eure  Worte,  llin<ielntrcht  nnch  eueren  Hescheiden ,  Ja, 
auf  ein li  Inih'  ich  merken  irallen.  His  ihr  Worte  erfi/mlet.  Icli  hal)e  thatsäch- 
iii  ii  hinge  gewmtet,  oh  nicht  nocli  etwas  käme  —  mit  ironischei-  rberlegenheit 
gesi)rochen.  ^N  kontrahiert  aus  ]n«H  s.  Ges.-Kautzscii  J;  OS  2  A.  1.  Das  be- 
ständig wiederholte  1)1  verstärkt  den  P^indruck  des  Wartens,  Worte  erforschen, 
erstudier<'n.  ausfindig  machen  soll  auch  Spott  sein.  ri)rigeiis  schreibt  der 
Dichter  Hiobs  statt  des  Hiph.  "j^nin  immer  das  Piel.  12'"   KJ  /Joch  sieh, 

für  llioli  irnr  keiner,  der  ri'iijte.  Der  seine  Heden  heanlirorlcte  unter  euch,  ein 
schlechtes  Distichon,  wie  in  v.  (i.  .SV////  nur  nicht:  mir  sind  anf  Weisheit  (je- 
stossen,  liolt  mag  ihn  hesieijen,  nicht  ein  Mensch.  Man  kann  sagen:  ich  stosse, 
auf  etwas,  und:  etwas  stösst  auf  mich;  zu  der  ersteren  Redensart  vgl.  Prv  6  33; 
I*sllM3.  Die  Weisheit  Hiobs  war  ein  W'iderstaml.  den  sie  nicht  besiegen 
konnten.  Bkkklf-  gewinnt  denselben  Gedanken  durch  Änderung  von  WH!»  in 
«^0,  er  hat  Weisheit  ausfindig  gemacht,  der  man  nicht  vStand  halten  kann. 
r>i-i)i»F,  sagt:  das  schlägt  nicht  nur  der  Meinung  des  übrigen  Buches,  sondern 
auch  von  v.  11  f.  T-4  ins  Gesicht.  Schrecklich!  aber  schwer  zu  verstehen.  Was 
„das  ül)rige  Buch«  meint,  ist  gleichgültig;  wenn  aber  nach  v.  11  12  (15  16)  die 
Freunde  nicht  mehr  zu  antworten  wissen  und  Elihu  v.  14  versichert,  dass  er 
den  Angrirt'  anders  führen  werde,  als  sie,  so  —  hat  wohl  blos  Budde  den  Zu- 
sammenhang nicht  verstanden.  Er  erklärt:  besiegt  ist  Hiob  längst  (durch 
unsere  Weisheit),  aber  es  bedarf  noch  eines  Machtwortes  oder  heilsamen 
Schreckens,  damit  er  das  Feld  räume,  —  er  macht  den  Elihu  noch  kindlicher, 
als  er  schon  ohnehin  ist.  Mit  v,  13''  zielt  der  Verf,  auf  die  Gottesreden  des 
Dichters:  die  wären  nicht  nötig  gewesen,  den  Hiob  kann  er,  der  Verf.,  selber 
schon  widerlegen.  Der  Verf.  glaubt  sich  dem  Dichter  im  yn.  in  der  Theoh»gie 
überlegen.         14  18  Mcht  einmal  ijeijen  mich  hat  er    Worte  gerüstet,  An- 


Hi32]4  156  Hi33  2 

spielimg  auf  Cap.  13  is;  23  4,  wo  HioL  sagt,  er  habe  seine  Sache  gegen  Gott 
gerüstet.  Verneint  wird  weniger  TJIj;  als  ''b«;  ^b]:  auch  nicht  einmaL  lYoch 
werde  ich  ihm  mit  eueren  Reden  anlworlen.  Hier  sagt  der  Verf.  zwar  nicht 
subjektiv,  aber  objektiv  die  Unwahrheit,  er  bringt,  wenn  man  vom  nebensäch- 
liclien  Beiwerk  (Fürsprechengeln  u.  dgl.)  absieht,  durchaus  nichts  vor,  was 
nicht  bereits  die  Freunde  gesagt  hal)en,  er  glaubt,  wie  es  beschränkten,  aber 
eitlen  Menschen  oft  geht,  selbst  gefunden  zu  haben,  was  er  e))en  vorher  gelernt 
hat.  Dabei  wirkt  noch  eine  psychologische  Eigenschaft  mit,  die  er  im  Folgen- 
den verrät:  Denn  ich,  ich  hin  roll  ron  Worten,  Es  ängstigt  mich  der  Atem  im 
Leifjc.  Der  Verf.,  der  ja  liiiiter  dem  Eliliu  steht,  charakterisiert  sich  durcli 
diesen  und  die  folgenden  Verse  als  einen  l)()nd)astischen  Geist,  dessen  Element 
die  Avortreiche  Phrase  ist  und  der  ersticken  will,  wenn  er  sie  nicht  los  werden 
kann.  Die  Phrase  begeistert  ihn,  spiegelt  ihm  vor,  er  sei  ein  Original,  und  vei-- 
fülirt  ihn  zu  i)rahlerischer  Ankündigung  grosser  Heldenthaten.  Horaz  hätte 
hier  sein  parturiunt  niontes  anbringen  können,  v.  18^  ist  zu  kurz,  vielleicht 
schrieb  der  Verf.  "'i^5  "'S  oder  ''Di«,  denn  er  stellt  sich  ja  den  Freunden  gegen- 
über, denen  die  Worte  ausgegangen  sind,  auch  liesse  sich  am  Ende  das  itaXtv 
XaXTjou)  der  LXX  als  daraus  erraten  denken,  nil  ist  natürlich  nicht  ein  Geist, 
den  Elihu  etwa  im  Bauch  hätte  (was  für  ein  Geist  sollte  das  sein?),  sondern 
der  zurückgehaltene  Atem,  der  heraus  will,  '^rhtl  für  "'riK^O  (1  2i).  Das  Einzige, 
wodurch  sich  Elihu  auszeichnet,  ist  sein  unfreiwilhger  Humor  19  20.  Siehe, 
mein  Leib  ist  wie  Wein,  dem  nicht  geöffnet  wird.  Wie  neue  Schtäuche  will  er 
platzen;  Heden  miiss  ich,  damit  mir  leichler  werde.  Öffnen  meine  Lippen  und 
antworten.  Gährender  Wein  droht  die  Schläuche,  besonders  neue,  weil  diese 
mit  neuem  Most  gefüllt  werden  (Mt  9  17),  zu  sprengen.  Vpn*'  ist  wohl  durch  das 
vorhergehende  Verb  veranlasster  Schreibfehler  für  J^j^sri.  Wenn  das  Bild 
„für  den  alten  (?)  Hebräer  aus  dem  annnitigsten  Gebiete  entnommen"  ist,  so 
hal)en  wir  trotzdem  ein  Recht,  es  für  ergötzlich  „klingend"  zu  halten,  "h  PIIT, 
es  wird  mir  weit,  Gegensatz  zu  'p^'ir[  v.  18  (I  Sam  16  23).  21  22  Ich  mag  für 
niemand  Partei  nehmen,  auch  für  die  Freunde  niclit,  obwohl  er  Gegnei-  ihres 
Gegners  ist.  Er  weiss  niclit  zu  schmeicheln  (Konstruktion  nach  Gks.-Kautzsch 
§  120c)  —  welche  AVichtigkeit!  er  sollte  nur  erst  zeigen,  was  er  kann,  ob  er 
überhaupt  das  Recht  hat  zu  loben.  Leicht  würde  mich  mein  Schöpfer  hinweg- 
nehmen, so  tragisch  ist  es  wohl  nicht.  Aber  er  glaubt,  eine  grosse  Bolle  zu 
spielen,  er  macht  schauspielerische  Posen.  Nachdem  er  so  in  einer  langen 

Rede  den  drei  Freunden  nichts  anderes  gesagt  hat,  als  dass  er  reden  will, 
wendet  er  sich 

Cap.  33  an  Hio)),  um  auch  dem  erst  in  v.  1—7  zu  erklären,  dass  er  zu  ihm 
reden  Avill,  und  ihm  dann  die  Lehre  des  Eliphas  von  der  göttlichen  Zucht  als 
seine  eigene  in  weitläufigster  Weise  vorzutragen.  1  2  Aber  nun  soll  Hiob 

all'  seine  Worte  anli()ren:  Siehe,  ich  habe  geöffnet  meinen  Mund,  Es  redet 
meine  Zunge  in  meinem  Gaumen.  Selbst  Budde  findet  diesen  Vers  unerträg- 
lich gespreizt  und  hohl  und  sucht  ihm  dadurch  aufzuhelfen,  dass  er  ihn  als 
Vordersatz  zu  v.  3  fasst.  Als  wenn  er  dadurch  besser  würde!  nur  der  Stil  wird 
schlechter.    Will  man  ihn  ausstossen,  so  muss  man  ebenso  gut  alle  übrigen 


Hi  33  2  1 57  Hi  33  9 

Kiii(llitlik(it(ii  Musstosscn,  aber  was  l)leii)t  dann  von  Eliliu  übrig?  „Zunge  im 
Gaunuii"  ist  schön  mid  das  Siilicl  von  Ix-sondircr  Wirkung,  /uinal  wenn  man 
sich  den  cntsprccbcndcn  ( Icstiis  hinziidt-nkt.  3  5  In  v.  3  ist  drr  »Tst«- Stiellos 
/.u  kiiiv,,  (b'i-  /.wcitr  zu  lant:,  bciilr  ausst-rdcni  wuiidcrlicli.  Iidi  b-sc:  '"^DK  ^a"?  pK^ 
nj^T:  Mriii  lli'ti-  slrihiil  //Ar/'  /////  Wnrlrii  ticr  Kr/ininliiis ,  Mfinc  Lipfirit  rcüi'n 
LduliTi's:  zu  p"'C')  virl.  .bx!  224;  4  la,  i's  erinnert  an  das  Bibl  ('ap.  32  I9;  IC'^ 
l)erulit  auf  Ivoiijtktur.  v.  4  ist,  wir'  besonders  seine  Wiecb-rgabe  in  LXX 
zei;^t,  eine  Variante  /u  ('ap.  32  8,  für  unseren  Zusaninieidiang  notdürftig  aus- 
getbckt  und  doeb  nicht  passend;  wenn  man  in  v.  4'  noch  ein  *iK  D|  hinzusetzt 
(Ui(  KKi.i,):  CJntt  hat  auch  mich  ^'eschati'en,  so  scdlte  (b-r  \'ers  hinter  v.  G  stehen, 
5:  11/'////  ////  hiinnst  —  aber  (bi  kannst  natinlich  nicht.  LXX  sclieint  hinter 
dem  ersten  Stichos  noch  ein  ^ht^  .ueb'Sen  zu  haben,  das  di'S  Metrums  wegen 
Aufnahme  veidient.  v.  5'':  Lctic  mir  ror,  slcllc  dich  in  PokUui'.  Hiob  soll 
auch  Posen  ujacben.  wie  ein  schulgerechter  Klopffechter.  Zu  riDTJ?  ergänze 
D-'Vp  oder  Dnjp«  VL'I.  ( 'ap.  32  u.  0  7  Hiob  soll  sich  nur  nicht  fürchten.  Klihu 
ist  auch  nur  ein  Menscbl  Klihu  hat  bei  aller  Grösse  doch  noch  ein  gutes  Herz. 
\oni  Tlioin-  hin  muh  idi  ii/tju-liiii/frit  s.  zu  diesem  Bilde  aus  der  Thätigkeit  de.s 
Thoid)ildner>  lUiiii  (in  ( iE.s.-Bunii)  zu  dem  Worte  }*^j5.  v.  7'  ist  eine  wahrhaft 
groteske  Anwendung  von  ( 'ap.  934;  13  21:  Elihu  versjiricht  dem  Hiob,  dass  er 
sich  nicht  vor  ihm  zu  fürchten  haben  werde  wie  vor  Gottl  In  v.  7'*  ist  für  ^B38, 
das  sonst  nicht  vorkommt,  mit  LXX  'S3  zu  lesen  und  demgemfiss  HSDR.  denn 
tler  Stichos  ist  ja  oH'enbar  Xachahmung  von  Cap.  23-'.  Buddk  nennt  das  eine 
sehr  geschickte  und  berechtigte  Anspicdung  auf  frühere  Äusserungen  Hiobs 
und. den  Abschnitt  ('ap.32  6-  33  7  ein  nach  Inhalt  und  Form  vortretlliches  Stück, 
das  den  besten  taktischen  Abschnitten  des  Buches  Hiob  zur  Seite  gest«'llt 
werden  darf.  Hotfentlich  giebt  vr  nicht  auch  einmal  (lediclite  heraus.  Nach 
diesen  zwölf  Vierzeilern  wissen  wii-  also,  dass  Klihu  reden  will.  Aber  jetzt  ^ 
redet  er  wirklich  S9:  .\ur  hast  du  (josinjt  ror  iiiriin'n  (ihrrii .  lud  den  Laut 
deiner  M >//•//'  /////•//•  ich:  ^Hcin  hin  ich,  ohne  Vt'rfH'hrn,  Schier  hin  ich  und huhc 
licinc  Schuld."  TJK  l)esagt:  ich  will  zwar  sanft  mit  dir  verfaiu'en,  ai)er  du  hast 
da  eine  Äusserung  gethan.  die  ich  berichtigen  nniss.  Elihu  will  bei  den  Unter- 
ledungen  zugegen  gewest-n  sein;  er  spricht  wie  ein  g«'bildeter  Mann,  viel  höf- 
licher als  die  vier  Redner  des  Dichters.  Um  nicht  v.  8''  zu  leir  werden  zu 
lassin,  muss  man  wohl  mit  LXX  I^^D  für  p>>p  schreiben.  Dass  Hiob  die  ihm 
zur  Tjast  gelegte  I^'hau})tung  nicht  gethan  hat.  liessi'  sich  allein  schon  aus 
( 'ap.  7  21  erweisen;  Elihu  hat  Hiobs  Reden  nicht  begritt'en,  das  allein  entschul- 
digt seinen  kindlichen  Widerlegungsversuch.  ^X\  nur  hier.  Charakteristischer 
Weise  bedient  er  sich  zur  Wiedergabe  der  angel)lichen  Behauptung  Hiobs 
eines  von  d«n  Freunden  gebrauchten  (^  Cap.  86;ll4)  nml  eines  selbst  ge- 
prägten Ausdrucks,  nicht  des  'iK  DP,  das  Hi(d)  Gott  entgegen  schleuderte 
('.» -M).    Das  UP\  licss  sich  eben  nach  Cap.  31  nicht  anfechten. 

Mit  w»'lfh<>m  Holm  liättr  Wdlil  ilrr  Dirhter  «boson  Ralilii  angt'Miokt.  <1«t,  um  den 
Ziisnminoiihan^  von  Sümlc  und  Unplück  um  jeden  Preis  festzuhalten,  winler  auf  den  Satz 
zurückkommt:  al>er  «jänzlioli  rein  ist  doeli  kein  Mensch!  und  sieh  ansU'llt,  als  hahe  der 
Dichter  etwas  so  Kindische^«  behaupten  können.     Dass  zwischen  den  Schwächen   und  Ge- 


Hi  33  9  158  Hi  33  U 

brechen,  die  auch  dem  rechtschaffenen  Mann  ankleben,  und  dem  entsetzlichen  Elend  in 
der  Welt,  unter  dem  die  Besten  gerade  am  meisten  zu  leiden  haben,  kein  sittliches  Mass- 
verh'ältnis  existiert,  das  ist  die  Klage  und  das  Problem  Hiobs  und  seines  Dichters ;  nur  ein 
solches  Problem  kann  einen  ernsthaften  Menschen  beschäftigen,  und  nur  ewig  unreife 
Köpfe  darauf  mit  theoretischen  Spitzfindigkeiten  antworten.  Ganz  unbegreiflich  ist  es, 
dass  Elihu  auch  heute  noch  einen  Bewunderer  findet.  Denn  der  Christ  hat  doch  seit  dem 
Kreuzestode  des  Unschuldigsten,  seit  dem  Märtyrerelend  so  vieler  Frommen  eine  andere 
Antwort  auf  die  Frage  nach  der  Gerechtigkeit  in  „dieser  "Weit".  Hätte  Elihu  auf  die 
prophetischen  Hoffnungen  einer  besseren  "Welt  hingewiesen,  so  hätte  er,  wenigstens  in 
dieser  Frage,  einen  höheren  Standpunkt  gewonnen  als  der  Dichter,  Aber  freilich  selbst 
unsere  Theologie  sinkt  von  der  weltüberwindenden  Hoffnung  des  Christentums  immer 
wieder  auf  die  Sündentheorie  des  Elihu  zurück, 

10—12  Siehe,  Vonvände  erfindet  er  gegen  mich,  Achtet  mich  für  seinen 
Feind.  Für  ni«!|in,  das  etwa  Feindschaften,  Angriffe,  bedeuten  müsste,  aber 
zu  dem  Verlj  niclit  gut  passt,  liest  man  wohl  besser  nii«i^  (vgl.  Jdc  144)  als 
denomin.  von  Häfc^rin  II  Reg  5  7,  v.  10''  citiert  Cap,  13  24^  Dies  Citat  hat  einen 
Leser  veranlasst,  in  v,  11  auch  Cap,  13  27  beizusetzen,  was  jedenfalls  eine  Ver- 
schlechterung ist.  Denn  v,  10  sagt:  nach  Hiobs  Meinung  suche  Gott  Händel 
mit  ihm,  weil  er  ihn  für  seinen  Feind  ansehe,  das  giebt  ein  anderes  Bild,  als 
wenn  nach  v.  11  Gott  ihn  als  einen  Verdächtigen  in  den  Block  setzt ;  auch  in 
Cap.  13  sind  ja  beide  Vorstellungen  auseinander  gehalten,  v.  11  ist  also  besser 
zu  streichen  (so  auch  Bickell).  v.  12  wäre  nach  dem  M.  T,  Rede  des  Elihu: 
Siehe,  darin  hast  du  niclit  recht,  antworte  ich  dir.  Das  klingt  merkwürdig 
milde,  und  das  ^iVfc^  schleppt  nach  und  ist  unnütz;  schlimmer  ist,  dass  Elihu 
keine  bessere  AViderlegung  sollte  gefunden  haben,  als  was  v.  12'^  bietet:  Gott 
ist  grösser  als  ein  Mensch.  Das  diente  ja  gerade  zur  Verstärkung  der  Be- 
schwerde Hiobs !  Mindestens  sollte  gesagt  sein:  Gott  handelt  nicht  aus  blosser 
Rancune,  wie  ein  Mensch  wohl  thut.  Die  LXX  hat  ein  i?h  vor  dem  letzten 
Verbum  und  übersetzt  folgenden  Text  in  v.  12'^:  ^iiS^^  ^b\  'p'Ti^  nö«n  ^H; 
Bickell  liest  pV^Jfür  pns.  Ich  schlage  vor:  mj;  k"?  pV.lJS  D«  mn:  Siehe,  wenn  ich 
schrie,  antwortete  er  nicht,  eine  Anspielung  auf  Cap,  19  1  (vgl,  35  12).  v.  12'' 
würde  im  M.  T.  diesen  Satz  begründen  mit  Anspielungen  auf  Cap.  9  2ff.  13 f.: 
Gott  ist  grösser  als  ein  Mensch.  Aber  das  n3T  ist  etwas  fragwürdig;  die 
LXX  liest  ö'ji^D  für  n^T*  ""D  und  kann  das  um  so  weniger  erfunden  haben,  als 
sie  nichts  damit  anzufangen  weiss,  während  die  Lesart  des  M.  T.  eine  billige 
Konjektur  daraus  sein  könnte.  Ich  schreibe:  D'^Vj^O  (Part.  Hiph.  von  D^J^, 
elliptisch  gebraucht  wie  Ps  10  1,  ergänze  T'i''JJ():  Es  rerl)irgt  sich  Eloah  vor  den 
Menschen.  Auch  dieser  Gedanke  ist  Cap.  9  iif,  und  öfter  zu  lesen.  Jedenfalls 
passt  zu  dem  so  hergestellten  Text  die  Fortsetzung  ausgezeichnet.  13  14 

Warum  hast  da  gegen  ihn  gehadert:  Alle  meine  Worte  beantwortet  er  nicht? 
L.  ■'n^'^  mit  Bickell;  "'S  wie  Sit.  zur  Einführung  der  direkten  Rede.  Die  in  v.  12 
angeführte  Klage  Hiobs,  meint  Elihu,  sei  nicht  berechtigt.  Er  wendet  sich 
zunächst  gegen  v.  12,  weil  er  v.  9  indirekt  in  seiner  Widerlegung  mitbehandeln 
und  auch  v.  10  berücksichtigen  kann.  Zuerst  deutet  er  die  Disposition  seiner 
Widerlegung  an  v.  14:  Denn  darch  eines  redet  Gott  Und  durch  ein  zweites 
iciderrufl  ers  nicht.  Die  eine  Art,  wie  Gott  redet,  ist  die  Offenbarung  im 
Traum,  die  andere  die  Unterweisung  im  Leiden,  na"11tJ'"'_,  er  sieht  es,  giebt  keinen 


lii  ü;}  u  159  Hi  öäi» 

Sinn,  auch  die  Verbesserung  n^'lll^n  oder  Hi'l^'S'V  du  siehst  oder  man  sieht  es 
iiicht,betiiedi},'t  nicht,  denn  abgesehen  von  der  wunderlichen  Wahl  des  Verbums 
uiuss  man  doch  fragen,  warum  Gott  nicht  ein  anderes  Mittel  wählt,  um  ver- 
standen zu  werden,  wenn  jene  beiden  nicht  „gesehen"  werden,  ferner  wie  es  zu- 
geht, dass  Hiob  oder  andere  Menschen  eine  Traumott'enbarung  haben,  ohne 
es  zu  wissen.  Oben  ist  H^S^K'',  übersetzt.  Zu  der  Form  dieses  Maschalartigen 
Distichons  vgl.  ausser  Prv  30  is  21  besonders  Hi  5  19  in  der  Rede  des  Kliphas, 
die  überhaujit  das  Textbuch  für  die  jetzt  folgende  Weisheit  des  auf  seine 
Originalität  so  eingebildeten  (Cap.  32i4)  Eiihu  ist.  Das  erste  Mittel  Gottes, 
auf  die  Menschen  einzuwirken,  ist  v.  15— 18  das  Traumgesicht.  15  1(»  Durch 
dvii  Traum,  durch  das  .\achljii'sichl.  Im  Schinmincr  auf  dem  Laycr:  Da  ö/f'iifl 
er  das  Ohr  der  Menschen,  l  nd  mit  Schreckhildern  erschreckt  er  sie.  Dass 
V.  15''  ( "itat  eines  Lesers  aus  (Jap.  4  13''  ist,  zeigt  das  Metrum,  im  übrigen 
sündigt  ja  v.  15"  .schon  genug  gegen  das  Versprechen  in  (Jap.  32  h.  In  v.  16'' 
1.  mit  Hjckeli,  u.  a.  nach  LXX  Dr\n\  ferner  nach  LXX  DniD  =  D'SniD  (vgl. 
I)tn4;i4),  denn  weder  D"J9lOt  noch  Q'^D^O,  noch  IID^D  giebt  einen  vei-nünftigen 
Sinn.  Durch  Schreckhihb  r  von  dem  Geschick,  das  den  Menschen  bi-vorsteht, 
wenn  sie  vom  Siindenleben  nicht  lassen,  luft  Traum  und  Visidii  einen  heil^'amen 
Sciirecken  hervur.  der  sie  bessern  soll,  wie  17  IS  ausführt.  /'///  den  Menschen 
ntni  Inrethl  in  entfernen  Ind  Uo/fart  ans  dem  Manne  xu  tili/en.  '/.tirü(k<u- 
hallen  u.  s.  w.  Kiir  Hb^yo  ist  mit  Bickkll  nach  LXX  Tb\ypa  zu  lesen,  da  das 
Tliun  des  Menschen  noch  nicht  als  b(»se  charakterisiert  ist.  HD?'  ist  entweder  in 
rb'y^  (Dillmann)  oder  in  riDD";  (Bickell)  zu  verwandeln.  Zu  ni3  =  njKi  s.  zu 
( 'ap.  22jv.  Da  v.  18  nicht  mit  einem  indic.  anfangen  kann,  so  ist  entweder 
"^irn^l  oder  besser  '^'TJh  zu  schreiben.  n»n  bedeutet  jedenfalls  v.  20  (und 
( 'ap.  3839)  so  viel  wie  Seele,  dann  wohl  auch  hier,  rhu"!  *12y  wie  Cap.  36  12:  ins 
(leschoss  stürzen,  der  Ausdruck  wie  der  Gedanke  gleich  sonderbar.  Ich  schlage 
vor  nbwda,  nach  Scheol  vgl.  v.  28. 

Der  Al)schnitt  V.  15 — 18  lehnt  sich  zwar  zuiiäcbst  an  die  Rede  des  Ehphas  Cap.  4 
an,  die  l'ivilieli  hoeli  über  ihm  steht,  bedient  sich  aber  auch  der  Äusserung  Hinbs  über  dir 
ihn  schri'ckenden  Träume  Cap.  7  14  mit  einer  wunderbaren  Naivität:  nachdem  Hiob  selbst 
so,  wie  er  dort  tluit,  über  die  Träume  gesprochen  liatto,  die  auch  er  Gotte  zuschreibt,  ist 
es  doch  überaus  kindisch,  wenn  Elihu  ihn  mit  seinen  eigenen  Gedanken  beU'hi"on  will,  noch 
dazu  mit  solchen  Gedanken,  die  dem  Hiob  geradezu  den  Wunsch  zu  sterben  eingegeben 
haben.  Hiob  sagt:  (iott  schickt  mir  Träume,  Elihu  sagt:  Du  meinst,  Gott  spreche  nicht 
mit  den  ^^enschen?  so  vernimm,  er  schickt  ihnen  Träume!  Hiub  sagt:  diese  Träume  er- 
si'hrecken  mich  so,  dass  ich  lieber  gleich  sterben  möchte;  Bildad  sagt:  die  schreckenden 
Träume  sagen  di'in  Menschen,  er  sei  in  Gefahr,  sterben  zu  müssen,  und  solle  ja  recht  bald 
brav  wei-den.  Hiob  behandelt  die  Träume  als  —  Träume,  die  nur  sehr  quälen,  Elihu  er- 
innert uns  an  das  Buch  Daniel  (Cap.  -;  4;  h),  überhaupt  an  die  Voratel hingen  der  grossen 
Masse,  denen  der  Dichter  in  vornehmer  Einsamkeit  fem  steht.  Dort  der  von  Schmerzen 
uiul  Zweifeln  gefolterte  Titane,  hier  der  beredte  Jüngling,  der  ihn  aus  seinem  Schulheft 
belehrt. 

Der  zweite  Abschnitt,  der  lehren  soll,  wie  Gott  im  Leiden  mit  dem 
Menschen  redet,  v.  19tl'.,  wird  durch  passive  Wendung  etwas  gegen  den  ersten 
abgehoben;  LXX  setzt  noch  ein  -aXiv,  Hiy.  ^^  oder  D3  vor,  und  vielleitht  wäre 
es  besser,  fürns^ni,  wo  das  Perf.  ohnehin  auffallt,  na^  D3  zu  lesen.       19  2()  Auch 


Hi  33  19  160  Hi  33  24 

wird  er  zurechtgewiesen  durch  Leiden  auf  seinem  Bette,  Und  alV  seine  Ge- 
beine sind  gelähmt,  Ekel  hat  seine  Seele  am  Brote  Und  sein  Hunger  an  der 
Liebling sspeise.  Das  Leiden  nimmt  den  sündigen  Menschen  in  Zucht,  sagt 
Elihu  nach  dem  Vorbilde  des  Eliphas  Cap.  5  17,  dessen  Worte  die  LXX  mit 
ihrem  !liin"'51''  noch  etwas  genauer  wiedergiebt.  Ehhus  Originalität  beschränkt 
sich  auf  eine  weitläufige  Ausmalung  des  Leidens.  Für  D"''!  liest  Qre  besser  i'l 
(vgl.  4 14);  für  jriK  schreiben  wir  mit  LXX  "1138:  die  Lähmung,  das  Gebanntsein 
ans  Lager  zwingt  den  Menschen  zum  Nachdenken.  In  WIDHl  macht  das  Suff. 
Schwierigkeiten:  seine  Seele  lässt  ihn  Ekel  empfinden;  wahrscheinlich  schrieb 
der  Verf.  nöHT  (von  Dilt,  ekelhaft  sein),  sie  empfindet  Ekel.  n»n  und  tJ^Di  im 
Sinne  von  Appetit,  Hunger  nach  Speise  wie  Cap.  24 12:  er  hat  zwar  Hunger, 
aber  kann  doch  nicht  essen;  dabei  muss  ihm  der  weltliche  Sinn  wohl  vergehen. 
21 22  Es  schwindet  sein  Fleisch  vor  Abmagerung,  Und  hager  wird  sein  Gebein, 
Und  es  naht  seine  Seele  der  Grube  Und  sein  Leben  den  Todesengeln.  "'«'ID 
würde  entweder  bedeuten:  vor  dem  Sehen,  dem  zusehenden  Blick,  oder:  ohne 
dass  maus  sieht,  das  eine  so  wunderlich  wie  das  andere;  1.^1».  Ferner  ^iBty'mit 
Qre.  Das  viersilbige  VribSJÜ  gilt  für  zwei  Hebungen.  181  N^,  augenscheinlich 
Variante  zu  "'«"lö,  haben  die  Punktatoren  in  der  Verzweiflung  ins  Pual  gesetzt: 
die  Knochen  sind  nicht  gesehen  worden,  als  wenn  man  die  Knochen  bei  dem 
Abgemagerten  früher  nicht  gesehen  hätte.  Natürlich  ist  das  Sätzchen  zu 
streichen  (Budde  macht  1"li<i  vh  daraus:  sie  sind  nicht  anmutig  —  armer  Elihu!). 
Zu  dem  Punkt  im  "1  von  "IN"!  s.  Ges.-Kaützsch^R  §  14  d.  Allmählich  nähert  sich 
nun,  sagt  v.  22,  seine  Seele  der  Grube,  wo  die  Todesengel  ihrer  harren.  Dass 
die  „Tötenden"  sonst  so  wenig  vorkommen,  wie  die  Dolmetschengel  von  v.  23, 
ist  natürlich  kein  Grund,  sie  aus  dem  Text  zu  entfernen  und  dafür  D'^ril?  lo'? 
oder  mit  LXX  n)D  lö"?  zu  schreiben.  Vermutlich  haben  sie  die  Funktion,  die 
Seele,  die  auf  ihrem  Lebenswege  in  der  Nähe  des  Grabes  angelangt  ist,  vom 
Leibe  zu  lösen  und  darauf  an  ihren  Ort  zu  bringen  (Lev  16  22);  wenigstens  in 
der  nachbiblischen  jüdischen  Theologie  haben  sie  dies  Amt.  23  24^  Dann 

ist  über  ihm  ein  Engel,  Ein  Mittler,  einer  von  tausend.  Zeigt  an  dem  Menschen 
seine  Züchtigung  Und  begnadigt  ihn  und  spricht.  DK  hat  als  Einführung  dieses 
Vierzeilers  keinen  Smn,  denn  erstens  wird  Elihus  Meinung  ganz  nichtig,  wenn 
es  vom  Zufall  abhängt,  ob  Gott  durch  einen  Sendboten  mit  dem  Kranken  redet 
und  ihn  rettet,  und  ZAveitens  kann  v.  25  nicht,  wie  man  annimmt,  Nachsatz  zu 
V.  23f.  sein,  da  sonst  dem  Gebet  in  26  durch  die  schon  erfolgte  Heilung  sonder- 
bar vorgegriffen  wird.  Oben  ist  T«  für  D«  übersetzt  (vgl  v.  16).  Zu  dem  Tod- 
kranken, den  schon  ein  Todesengel  abholen  will,  tritt  ein  Engel,  ein  ^'''?D,  wört- 
lich Dolmetscher,  im  weiteren  Sinne,  ein  Mittelsmann,  ein  Mittler  zwischen 
Gott  und  den  Menschen;  er  wird  einer  von  tausend  genannt,  um  dem  Zweifel 
vorzubeugen,  ob  auch  wohl  für  jeden  Kranken  ein  solcher  Retter  in  der  Not 
bereit  (ty;;)  sei.  Für  T^Th,  das  den  Satz  v.  23*=  zu  einer  ganz  unnötigen  und  in 
diesem  Zusammenhang  sogar  unpassenden  Zwischenbemerkung  macht,  min- 
destens eine  schwerfällige  Explikation  von  v'jj;  ^l  abgiebt,  schreibe  ich  lieber 
mit  (1er  LXX  den  indic.  Tri.  TW''  übersetzt  man  gewöhuHch:  seine  Pflicht, 
das  müsste  etwa  seine  Pflicht  des  Gebets  sein,  wäre  aber  ein  unbehülflicher. 


Hi33  23  Itil  Hi33  2S 

laissverständlicher  Ausdruck.    LXX  übersetzt  fi£(j.'|<iv,  danach  lese  ich  HWD 
(der  Austall  des  D  niuh  DIN  veraidasste  die  Urlu-ber  des  Ktil)  zu  ihrer  Kon- 
jektur;.   Durch  diesen  Satz  wird  nun  erst  die  Ltdire  des  Elihu  vollständig: 
erstens  redet  Gott  durch  Träume,  zweitens  durch  En;;el,  die  er  den  todkranken 
Mensciien   schickt,  um  ihnen  sagen  zu  lassen,  was  ihnen  nach  älteren  Er- 
zählungen etwa  ein  Prophet  sagt  (Jes38):  Du  musst  sterben,  doch  wenn  du 
dich  zu  Gott  wendest  (die  LXX  hat  sogar  diesen  Satz),  so  kannst  du  noch 
länger  leben.     Vorausgesetzt  ist   übrigens   deutlich   genug,   dass  nur  guten 
Menschen,  nicht  eigentlichen  Gottlosen,  diese  Vergünstigung  zu  teil  wird.  Was 
nun  der  "Mittlereiigel  zu  dem  Todesengel  sjiricht.  sagt  der  tilgende  Vierzeiler 
24''  "^  25:  l.a.ss  ihn  frei  ron  der  .Mcdcrfalirl  zur  (irul)t\  hh  habe  ein  Lösegeld 
iie/'iuiilen   [für  seine  Seele],    A'.v  seh ir eile  sein  Fleisch  ror  Jmjendfrisvhe,  Kit 
irerde  irieder  trie  in  seinen  Ji//t//li/it/sltif/e/i!    Dass  ^njns  niciit  in  *niB  ver- 
wandelt werdeil  darl",  ist  khir.  denn  der  Tudesengel  kann  ilin  doch  nicht  los- 
kaufen, und  (,4ott  wird  offenbar  nicht  angeredet;  schreibe  also  ^Hjns.   Mit  dem 
sing,  wird  der  Todesengel  angeredet,  der  die  Seele  mit  sich  führen  wollte.   Er 
giebt  sie  nur  frei  gegen  ein  Lösegeld,  das  ihm  der  Mittler  entrichtet,  wird  im 
Bilde  fortgefahren:  der  Mittler  muss  sein  Recht  nachweisen,  die  Seele  zurück- 
zuverlangen, dies  Recht  izründet  sich  nach  dem  Zusammenhang  darauf,  dass 
der  Kranke  sich  hat  in  Zucht  nehmen  lassen,   v.  24-  hat  eine  Hebung  zu  wenig, 
aber  es  scheint,  dass  das  zweifelhafte  erste  AVort  von  v.  25  ÜS\3D  aus  einer  Ver- 
mischung von  zwei  Wörtern  entstanden  ist,  nämliih  aus  IC'pi'p.  das  noch  zu 
V.  24'  gehört  (vgl.  Ex  21  30),  und  aus  einem  Verbum.   Ob  als  letzteres  das  Wort 
ü^SB";  angenommen  werden  darf,  das  eigentlich  feist  oder  schlaff  oder  reichlich 
sein  bedeuten  soll,  ist  nicht  sehr  sicher,  aber  ich  finde  kein  besseres,  denn  2b^ 
müsste  ein  "H]  bei  sich  haben,  da  die  Verben  in  v.  25  Jussive  sein  müssen  (L 
also  3W;):  der  Engel  kann  nur  sagen,  was  geschehen  soll,  erst  das  Gebet  und 
seine  Erhörung  v.  26  führt  die  Genesung  herbei.   Die  LXX  hat  in  v.  23  f.  einen 
ganzen  Vierzeiler  mehr,  der  etwa  so  lautete:  in;;nV1  birb»  2\vh  Mb2  C^l'ü« 
tvniD^j;  nb  nbo^]  yp'bv.  n^OD  IIKü'  \:^l'n\  nriNBn  d.  h.:  Wenn  er  geneigt  ist,  zu 
Gott  zurückzukehren,  Und  ilim  seine  Sünde  bekennt.  So  wird  er 
erneuern  seinen  Leib  wie  Tünche   an  der   Wand   Und   mit    Mark 
seine  Gebeine  anfüllen.   Ob  der  Vierzeiler  hier  ursprünglich  oder  nur  ein 
Randcitat   ist.  das  lässt  sich  nicht  so  leicht  entscheiden:  jedenfalls  wäre  er 
hinter  v.  25  nicht  unpassend:  nocii  mehr  aber  sieht  er  als   Konkurrent  von 
V.  23—25  aus,  zumal  mit  der  LXXlesart  niO  IdS  tür  D\npoV  in  v.22'». 

Wullti-  man  wirklich  V.  23 — 25  durch  den  Vioi-zt-iler  di-r  LXX  ersetzen,  so  würde 
YAihu  nur  das  umschreiben,  was  Eliphas  Cap.  5  17  ff.  ausgeführt  hat.  So  hat  er  wenigstens 
lie  Angelologie  vor  ihm  voraus.  Eben  diese  Angelologie,  die  ausser  an  manche  Psaltor- 
j^tellen  an  das  Buch  Tobit,  Daniel,  .Tudä  9  erinnert,  macht  wahrscheinlich,  dass  die  Elihu- 
reden  sehr  jung  sind.  Die  Vorstellung  von  den  der  Seele  feindlichen  und  sie  schützenden 
Geistern  ist  seliwerlich  ohne  fremden  Eiiifluss  entstanden,  üb  aber  persische  oder  ägyptische 
oder  andere  Anschauungen  vorliegen,  das  wird  kaum  festzustellen  sein. 

20  27'  Kr  flehl  zu  Eloah  und  der  ist  ihm  ijniidig,  lud  er  sieht  sein  An- 
liesirht  mit  JiiheL  l  nd  erziihlt  den  Menschen  sein  //eil.  Singt  ror  den  /.euten 
und  spricht,     inj;;  (^al,  Cap.  22  .'7  Hiph.  HSn  wird  besonders  in  der  Oi)fer- 

Kuner  UC  zum  AT  XVl  1 1 


Hi  33  26  162  Hi  34  1 

spräche  gebraucht;  man  kann  auch  hier  zum  Gebet  ein  Opfer  hinzudenken  (vgl. 
Cap.  22  27'').  Gottes  Angesicht  sehen  heisst:  in  den  Tempel'gehen;  HJ^nr^  ist  die 
gottesdienstliche  Musik,  die  das  Opfer  begleitet  vgl.  Ps  27  6.  Bei  Darbringung 
seines  gelobten  Opfers  erzählt  der  Genesende  den  Menschen  Gottes  „Ge- 
rechtigkeit", welcher  Ausdruck  hier  wie  in  zahlreichen  Psalmstellen  Gottes 
treue  Hilfe  bezeiclmet.  Dass  dies  allein  möglich  ist,  zeigt  der  Parallelismus; 
allerdings  ist  aber  der  Sinn  vom  M.  T.  missverstanden.  L.  "IBD";!  oder  "l^lll  für 
2ü^'\  vgl.  Ps  22  31  32,  ferner  1^)  für  "lty\  Sein  Dankopfer  begleitet  der  Genesene 
mit  einem  Buss-und  Dankliede,  das,  in  gedrängter  Form,  der  folgende  Vierzeiler 
27'"=  28  mitteilt:  „Ich  habe  gesündigt  und  das  Recht  gekrümmt,  Doch  nicht 
rergalt  er  mir  nach  meiner  Schuld,  Er  kaufte  los  ineine  Seele  von  der  Fahrt 
•zur  Grube,  Und  mein  Leben  freut  sich  des  Lichtes",  v.  27*=  ist  um  eine  Hebung, 
zu  kurz,  1.  nach  LXX  und  Cap.  11  6:  ''i'iX^D  "h  T\\^.  Budde  ersetzt  die  Grube 
durch  das  „Geschoss",  unglücklicher  kann  man  nicht  verbessern  (s.  zu  v.  18), 
Das  „Wandern"  in  die  Grube  ist  doch  v.  22  genug  angedeutet;  wie  dagegen 
die  Schwindsucht  oder  welche  Krankheit  sonst  v.  19ff.  gemeint  ist,  mit  einem 
„Hinübergehen  in  das  Geschoss"  bezeichnet  werden  könnte,  ist  dunkel  Fast 
sollte  man  denken,  Budde  sei  selbst  von  der  „persönlichen  Missgunst,  ja  Ge- 
hässigkeit" gegen  Elihu  angesteckt,  deren  er  die  Kritiker  beschuldigt,  die 
seinen  Liebling  nicht  bewnindern.  Dass  in  v.  28  das  Ktib  ""B^Öi  und  ''H^n  bleiben 
muss,  ist  klar. 

Aus  solchen  Stellen  wie  dieser,  die  ja  ihre  Parallelen  in  den  Psalmen  hat,  sollte- 
man  den  Schluss  ziehen,  dass  bei  Darbringung  eines  Dankopfers  im  Tempel  der  Laie  ein 
dazu  bestimmtes  Lied  sang  oder  durch  die  Tempelsänger  singen  Hess.  Denn  der  Ausdruck 
singen  ist  doch  wohl  nicht  blosser  ßedeschmuck;  wie  der  Genesende  aber  auf  eine  andere 
"Weise  mit  einem  Liede  vor  die  Öffentlichkeit  treten  sollte,  ist  nicht  einzusehen,  den. 
seltenen  Fall  ausgenommen,  dass  er  ein  Dichter  oder  Volkssänger  war.  Der  Verf.  der 
Elihureden  könnte  übrigens  wohl  den  einen  oder  anderen  unserer  Psalmen  gedichtet  haben. 

2930  fasst  die  ganze  Bede  v.  8— 28  noch  einmal  zusammen.  „Dies  alles" 
thut  Gott  zwei,  drei  Mal,  d.  h.  er  warnt  die  Frommen,  die  sich  in  gefährhche 
Sicherheit  eingewiegt  haben,  öfter  durch  Träume,  Schreckbilder,  Krankheiten 
und  den  Mund  seiner  Engel,  ein  Beweis  dafür,  dass  Hiob  mit  Unrecht  behauptet 
hat,  Gott  rede  gar  nicht  mit  den  Menschen.  Das  „Siehe,  dies  alles"  offenbart 
die  ganze  Naivität  des  Verfassers,  der  nicht  ahnt,  dass  er  des  Dichters  Warum 
gar  nicht  begriffen  hat  und  mit  seinen  kindlichen  Phantasien  das  Problem  vom 
Elend  dieser  Welt  in  nichts  aufhellt.  "Il«b  (für  "ll^n"?,  Inf.  Niph.)  ist  unüber- 
setzbar; man  kann  etwa  lesen  11«  13  TSb,  auf  ihn  leuchten  zu  lassen  das  Licht 
des  Lebens  (zu  3  T«nb  vgl.  Ps  119 135).  v.  31—33  und  Cap.  34  3  passen  als  Auf- 
forderung zum  Hören  nicht  an  den  Schluss  einer  Bede;  wenn  sie  überhaupt 
echt  sind,  so  müssen  sie  wohl  vor  Cap.  34 16  gestellt  werden.  Die  folgende 
dritte  Rede 

Cap.  34i-i5  ist  auch  nicht  an  Hiob  gerichtet,  sondern  wieder  wie  die 
erste  an  die  Freunde;  sie  führt  aus,  dass  Gott  nicht  ungerecht  sein  könne,  weil 
er  allmächtig  ist.  Den  Grundgedanken  liefert  unserem  Original  also  diesmal 
Bildad  (Cap.  8  2  ff.).  Die  Überschrift  1  kann  man  natürlich  nicht  etwa  da- 

mit erklären,  dass  Elihu  nach  der  Aufforderung  an  Hiob  Cap.  33  siff.,  entweder 


Hi34l  163  Hiaili 

ZU  reden  oder  zu  scliwtigcii,  erst  eine  Pause  gemacht  habe.  Sie  mag  über- 
haupt nicht  vom  Verf.  lierrüliren.  der  ja  wohl  eher  f\ü^\  gesagt  liätte,  sondern 
eher  <j;leich  derjenif^en,  die  die  LXX  vor  Cap.Si  is  hat,  von  einem  Diask«'uasten, 
um  Konfusion  zu  verhüten.  2  4  Die  Weisen  sind  die  Freunde,  da  keine 
anderen  Zuhörer  erwidint  werden.  Dass  Elihu  in  (^'aj).  329  nicht  sehr  schmeichel- 
liaft  von  ihnen  geredet  hat,  ist  natürlich  kein  Grund,  ihnen  jenen  Ehrentitel  zu 
versagen,  sollen  sie  doch  auch  nicht  etwa  niitfurscheu.  sondern  nur  zuhören, 
trotz  V.  4:  Dt/x  Hirlitijic  irolh'ii  irir  uns  irUlih'ii,  Erkennen  %irisvhen  nns,  iras 
f/uf  ist.  ina  auswählen  und  dann  annehmen,  oipcioiiai.  v.  3  setzen  wir  mit 
(Jap.  33;nfl'.  vor  v.  lü.  5  0  Hiubs  Behaui)tung,  Ciott  habe  sein  Recht  ent- 

fernt (Cap.  27  2),  soll  besprochen  werden,  v.  G'  ist  unverständlich:  trotz  meines 
Rechtes  lüge  ich,  und  schwerlich  darf  man  das  kurzer  Hand  umsetzen  in:  mau 
sagt,  ich  lüge.  N.ich  Cap.  41  i  schreibe  ich:  StJSlJ,  //v//:-  meines  Heehts  irerde 
Uli  yelHuselil,  lleilhts  isl  meine  Winnie  ohne  ein  Verliehen.  ti'',iS.  eigentlich 
vertraut.  Euphemismus  für  uidieimlich,  bösartig.  „Mein  Pfeil",  der,  der  in  mir 
steckt  (nach  Cap.  6  4);  vielleicht  ist  aber  ^snc.  meine  Wunde,  zu  lesen.  Dass  er 
getäuscht  werde,  klagte  Hiob  Cap.  17  i  2.  Elihu  aber  behau|>tet  7  H.  solches 
Reden  sei  ein  Spott.  Schon  Eliphas  hatte  es  als  Ruchlosigkeit  bezeichnet 
Cap.  15  16,  ähnliches  h(dt  v.  8  nach:  und  so  schreitet  er  (Perf.  cons.)  zur  Ge- 
nossenschaft mit  i'belthätern:  eine  ziemlich  lahme  Nachahmung  von  ('aj).  2'1 15. 
Diese  Keimtzung  von  zwei  Stellen  aus  den  Reden  des  Eliphas  führt  9  10*  zu 
einer  dritten,  die  eigentlich  ein  wenig  störend  ist,  denn  nachdem  in  v.  .^t".  Hiobs 
Spottreden  schon  angeführt  sind,  wäre  es  nicht  nötig,  v.  9  mit  einer  übnliciien. 
aus  Cap.  22  2 ff.  genommenen  Anklage  fortzufahren:  Denn  er  siiriihf:  keinen 
ynlzen  linl  iler  Mann .  Wenn  er  Freund  isl  niil  doli.  Sachlicii  lä>Nt  sich  frei- 
lich V.  D  mit  V.  5f.  ganz  gut  vereinigen,  an  beiden  Stellen  geht  Elihu  wie  die 
Freunde  von  der  eudämonistischen  Vorstellung  aus,  dass  die  Religion  dazu  da 
ist,  den  Menschen  vor  Unglück  zu  sichern.  Hiob  hat  das  religir»se  Bedüifnis, 
die  Ijiebe  und  Güte  Gottes  zu  erkennen,  imd  das  sittliche,  den  Wert  der 
moralischen  Persönlichkeit  in  der  Weltordnimg  anerkannt  zu  sehen,  nach 
Elihu  und  den  Freunden  kommt  es  weniger  darauf  an,  sich  des  Herzens  Gottes 
als  seiner  Wohlthaten  zu  versichern,  und  das  Sittliche  ist  ihnen  wesentlich  das 
Mittel  zu  diesem  Zweck.  Dass  der  Vers  nachhinkt,  dass  er  schlecht  gebaut 
ist.  fällt  in  den  Eliliureden  nicht  auf  und  ist  kein  Grund,  ihn  zu  streichen, 
eben  so  wenig  der  Umstand,  dass  pD  hier  nicht  wie  Cap.  22  2 ;  35  3  mit  b 
konstruiert  wird  vgl.  Cap.  iri  ;.  v.  lO"»  ist  zu  lang  für  einen,  zu  kurz  für  zwei 
Stichen  und  wird  naih  v.  2  zu  ergänzen  sein:  Darum  [ihr  Weisen,  gebt  Gehör.] 
Männer  ron  Verslande  hörl  mir  z-u.'  (Vgl.  Bkkixl,  Carmina  V.  T.)  .letzt  will 
Elihu  „das  Richtige"  lehren.  10'"  11   Fem  seis  ron  Gott,  uniierevhl.  I  nd 

rom  Allmäehlitien,  frerelhafl  :■//  handeln.  Für  die  Iteiden  Substantive  am  Aus- 
gang der  Stichen  liest  man  wohl  besser  die  Inff.  JtthD  und  ^iJJD;  ferner  ist  mit 
BiCKELL  ^"nc6^  zu  schreiben,  da  sonst  v.  10"  reichlich  kurz  ist  Das  *3  v.  11, 
vielmehr,  stellt  der  angeblichen  Behauptung  Hiobs,  die  schon  Bildad  gehört 
haben  wollte  (Cap. 83),  dieselbe  These  aus  der  Vergeltungsthcorie  gegenüber, 
die  ebenfalls  Bildad,  nur  in  konkreterer  Form,  84  gegen  sie  ins  F'eld  geführt 


Hi34l2  164  Hi34l7 

hatte.  Auch  der  Beweis,  den  Elihii  12  13  antritt,  wiederholt  nur  weitläufig, 
was  Bildad  durch  das  emphatisch  betonte  *?«  Cap.  8  3  gegen  die  Anklage 
der  göttlichen  Gerechtigkeit  eingewandt  hatte;  v.  12'^  ist  nur  eine  Variierung 
von  Cap.  8  3.  In  v.  12^  1.  J^^'T.  statt  des  Hiph.  v.  13:  Wer  hat  ihm  zur  Auf- 
sicht anvertraut  die  Erde?  wer  ist  der  König,  der  ihn  zu  seinem  Statthalter  ein- 
gesetzt hätte?  Einem  Statthalter  traut  man  leicht  zu,  dass  er  das  Recht  in 
seinem  Interesse  vergewaltigt,  davon  hatten  die  Juden  manches  Beispiel  erlebt. 
Aber  der  König  selber  hat  kein  Interesse  an  der  Rechtsbeugung.  n^"lN,  der 
Lokat.,  passt  weder  hier  noch  Cap.  37  12;  Bickell  L  HS")«,  seine  Erde,  was  ein 
wenig  künstlich  klingt,  besser  wird  wohl  das  H  gestrichen,  das  vielleicht  Rest 
einer  Variante  zu  v.  13'^  ist  (DU'n).  In  v.  13'^  hat  D'B^,  wenn  es  schaffen,  gründen 
bedeuten  soll,  keine  Stütze  an  Cap.  20  4  (s.  d.)  oder  Jes  44  7 ;  auch  kann  hier  nicht 
von  der  AVeits  chöpfung  die  Rede  sein,  wenn  der  Stichos  nicht  ein  blosses  Füllsel 
sein  soll.  Man  wird  lesen  müssen  ^?ri3  (Cap.  23  6),  zu  D'i2^  ist  dV  zu  ergänzen, 
das  jetzt  als  Glosse  nach  v.  14^  verschlagen  ist:  Und  wer  merkt  auf  den  ganzen 
Erdkreis?  wer  ist  wie  er  imstande,  recht  zu  regieren?  Die  irdischen  Könige 
können  ihre  Provinzen  nicht  übersehen,  Gott  kann  und  thut  es,  das  ist  Bürg- 
schaft dafür,  dass  kein  Unrecht  passiert.  14  15  In  v.  14^  1.  y^Vi^  für  D^U'^^,  13b 
gehört  nach  v.  13  '\  Wenn  Gott  semen  Odem  zurückzieht,  so  müssen  alleMenschen 
sterben  (Ps.  10429),  folghch  —  ist  Gott  gerecht!  Es  gehört  ein  kindhches  Ge- 
müt dazu,  diese  Beweisführung  schlageüd  zu  finden.  El)enso  könnte  man  be- 
weisen, dass  alle  absoluten  Herrscher  gerecht  sein  müssen,  es  wenigstens  ihrem 
Willen  nach  sind.  Hiob  hat  längst  diese  Schönfärljerei  gezüchtigt  (13  7  ff.); 
wer  sich  trotzdem  daran  erbaut,  sollte  es  wenigstens  iriD?  thun  (13  10  vgl.  v.  5). 
—  Die  vierte  Rede 

Cap.  34  16-37,  womit  wir  Cap.  33  31-33;  34  3  als  Einleitung  verbinden, 
wendet  sich  wie  die  zweite  wieder  an  Hiob:  Gott  handelt  gerecht  gegen  die 
Frevler  wie  gegen  die  Bussfertigen,  ihn  kritisieren  ist  Sünde.  33  3 1  32  Hiob 
soll  schweigen  und  Elihu  reden  lassen;  kann  er  aber  Antwort  geben  —  er  kann's 
natürlich  nicht  (Cap,  33  5)  —  so  mag  er  reden,  denn  ich  mochte  dir  gern  Recht 
gehen,  wieder  eine  höfliche  Phrase  (vgl.  zu  Cap.  33  8),  die  weniger  Elihu  an 
Hiob,  als  der  Verf.  dieser  confutatio  an  den  Dichter  richtet,  eine  V^erbeugung 
vor  dem  Gegner,  den  man  elegant  niederzustrecken  gedenkt.  33  Cap.  34  3 

Elihu  will  Hiob  in  die  AVeisheit  einweihen,  darum  soll  er  lieber  schweigen. 
Hat  er  doch  selber  gesagt  (Cap.  12  11),  dass  das  Ohr  AVorte  prüfe  und  der 
Gaumen  koste  beim  Essen;  letzteres  eine  passende  Abänderung  für  lb> . ,  bDi< 
Cap.  12  11,  denn  es  kommt  dem  Elihu  nicht  sowohl  darauf  an,  dass  Hiob  seine 
AVorte  prüft  und  beurteilt,  als  dass  er  mit  ihrer  Aufnahme  den  richtigen  Ge- 
schmack, das  richtige  Urteil  erst  empfange.  16  17  Hiob  hat  seinen  Ver- 
stand hauptsächlich  darin  zu  beweisen,  dass  er  sich  von  Elihu  belehren  lässt. 
Dieselbe  liebenswürdige  Impertinenz  wie  Cap.  32  11.  Für  n3''3  liest  man  besser 
ni"«!!;  LXX  scheint  ]''3ri  \fh  Dtsl  zu  lesen.  Dfc^'j  schliesst  sich  offenbar  besser  an 
V.  3,  als  an  v.  15  an;  hinter  Dt?  ist  das  LieblingsAvort  des  A^erf.'s  B^;;  liinzu- 
zudenken.  v.  17,  der  das  Thema  der  Rede  angiebt,  wie  Elihu  es  im  Anfang 
eines  neuen  Abschnittes  zu  thun  pflegt,  ist  etwas  dunkel:  Kann  auch  der,  der 


11134  17  lü5  liiU4j-t 

(Ins  Hrr/il  liiissl,  n'iiicrcn?  (UIit  irillst  du  ttcii  (icrci/ilrii .  (irirdllitifii  rcr- 
daniinciiY  ^ZTs  koiiuiit  mir  liier  in  dein  Sinn  V(jr,  der  de  in  An>iln'in  nach  be- 
absichtigt ist;  man  h-itet  (h-n  l>e;^rift"  regieren  von  der  Bedeutung  hinden  ah, 
luöghch  wäre  auch,  dass  chi-  \'ert".  ihn  aus  Jes.  3?  gewonnen  liätte.  Der  Ge- 
danke wäre  «lemnacli:  (hiraus.  (hiss  (lott  die  Welt  regiert,  folgt,  dass  er  auch 
die  Fähigkeit  /.u  regieren  hahin  luuss;  wenn  er  Hecht  und  Ordnung  hasste, 
raüsste  ja  alles  drunter  und  drülier  gehen.  Eine  wahre  petitio  principii:  es 
handelt  sich  ja  gerade  um  die  Frage,  oh  nicht  wirklich  in  der  sittlichen  Welt 
alles  drunter  und  drüber  geht,  ob  wirklich  tiott  die  Welt  regiert,  wenn  doch 
die  Schlechten  obenauf  sind  und  die  Unschuld  am  Boden  liegt.  Trot/dem  hat 
man  leider  keinen  (inmd.  an  diesem  Sinn  von  v.  !?•  zu  zweifeln,  da  v.  17''  mit 
demselben  Pathos  dieselbe  schwache  Logik  vorträgt.  Charakteristisch  für 
Elihu  ist  die  asyndetische  Wortfolge:  gerecht,  gewaltig,  als  oh  die  Allgewalt 
die  Gerechtigkeit  \eibiirgen  hälfe  (s.  zu  v.  13—15).  1S  19  '  *>  /////,  ili-r  ila 

sagt  iii///  höiifi/:  „Ah/t/xfmfz.'^^  u.  s.w.  Für  1fc«n  1.  mit  LXX  "iD«n.  Gott 
straft  seihst  die  Könige,  bevorzugt  den  Edelmann  nicht  vor  dem  (leringen  (für 
^3i  ist  wohl  TSn.  seil.  Q'"iS,  zu  schreiben),  ist  also  unj)arteiisch.  Ein  Beweis  ist 
das  nicht,  nur  eine  l>ehaui)tung,  deren  Richtigkeit  der  Dichter,  wenn  es  sich 
um  gerechte  Vergeltung  handeln  soll,  nicht  zugestehen  würde,  während  er  ja 
selber  Ca}).  12  17  tt".  ausführt,  wie  Gott  mit  Fürsten  und  A'itlkern  umspringt. 
19=  20  Dc/in  (l(ts  Werk  srincr  lliindc  sind  sie  alle,  nämlich  nicht  die  Vor- 
nehmen und  die  Geringen,  welche  letzteren  nur  des  Gegensatzes  wegen  erwähnt 
werden,  sondern  die  Könige  und  Fürsten,  die  ihre  Stellung  nur  Gott  venlanken 
(V.  24)  und  durch  sie  also  nicht  vor  verdienter  Strafe  geschützt  sind.  Vielmehr: 
l'lnl^Ut li  sicrhf'n  sie,  mitten  in  der  yarlit.  Ob  der  Wortlaut  richtig  ist,  das 
fragt  sich;  die  LXX  hat  anstatt  dieses  Stichos  einen  Satz,  der  wahrscheinlich 
eine  ältere  Übersetzung  von  v.  25  (liis  rh'h)  vorstellt  (etwa  n2j;  für  T?:,  D'^^ 
für  Thh),  und  da  v.  25  an  seiner  jetzigen  Stelle  ohnehin  nicht  passt.  so  mag  er 
wirklich  eine  mehr  oder  weniger  alterierte  Variaute  zu  unserem  auch  wohl  nur 
durch  Konjekturhergesti'Uten  Stichos  sein.  Indessen  giebt  der  M.T.  einen  leidlich 
guten  Sinn.  Zu  dem  Ausdruck  b  filun  vgl.  Ps.  119  62,  zum  Gedanken  Luc  12  .:o. 
In  V.  2<>''  ist  wohl  Dj;o  für  DJJ  zu  sclu'eiben  und  das  Verb  prägnant  zu  fassen: 
sie  werden  ins  Schwanken  gebracht  (und  entfernt)  vom  Volke  hinweg,  über  das 
sie  lu'rrschten  oder  sonst  hervorragten.  In  v.  20«  endlich  ist  TDJ  für  n^D'  nittig 
weiii  11  des  Schlusses:  nicht  durch  Anwendung  einer  Hand,  was  nur  auf  Gott 
gehen  kann.  DemiiMch:  (le.sln.ssen  ir erden  sie  ans  dem  Volk  um!  müssen  itaron, 
l  nd  er  entfernt  den  Mächt  igen  ahne  Handschlag,  ohne  Anwendung  äusserer 
Mittel  und  plötzlich,  durch  ein  blosses  Wort.  21  22  holen  einen  weiteren 

(trund  nach,  warum  man  Gotte  ein  gerechtes  (rericht  zutrauen  kann:  er  ist 
allwissend,  die  Frevler  kcinnen  sich  nicht  vor  ihm  verstecken.  Hiob  folgerte 
aus  derselben  Eigenschaft  Gottes,  dass  er  seine  Unschuld  kennen  müsse  (10  7), 
hingegen  schrieb  Eliphas  dem  Hiob  die  Meinung  zu,  Gott  wisse  nichts  und 
kttnne  darum  nicht  richten  (22i3f.):  ül)erall  ist  Elihu  in  rührender  l'berein- 
>timmung  mit  den  Freunden.  23  24  Das  ^3  gehört  weniger  zu  v.  23  als  zu 

dem  ganzen  Vierzeiler,  dessen  Hauptgedanken  in  der  positiven  Aussage  v.  24 


Hi  34  24  166  Hi  34  28 

besteht:  Denn  er  setzt  dem  Menschen  keinen  Termin,  Vor  Gott  im  Gericht  zu 
erscheinen:  Er  zerschmettert  die  Gewaltigen  ohne  Untersuchung  Und  setzt 
andere  an  ihre  Stelle.  In  v.  23=^  empfiehlt  sich  die  hübsche  Emendation  von 
"Weight  nj;iD  D"'b';  (oder  "IJ^TD  tJ^;;),  da  mit  11V  nichts  anzufangen  ist.  Der  Termin 
ist  natürUch  nicht  der  Tag  der  Strafe,  sondern  der  Untersuchung,  deren  ein 
menschhcher  Richter  bedarf,  um  die  Schuld  oder  Unschuld  eines  Verdächtigen 
festzustellen.  Der  Satz  richtet  sich  gegen  Hiobs  Forderung  einer  Rechtsver- 
handlung und  seine  Klage  ül)er  deren  Verweigerung.  Aber  in  dem  Haupt- 
punkt geht  Eiilms  Belehrung  nebenaus:  Hiob  sagt  und  meint  nicht,  dass  Grott 
ohne  eine  kontradiktorische  Verhandlung  unfähig  sei,  sein  Verhalten  zu  beur- 
teilen, sondern  sieht  es  als  das  Recht  der  sittlichen  Persönlichkeit  an,  über  die 
Gründe  seines  Unglücks  in  Kenntnis  gesetzt  zu  werden.  Dabei  wird  es  sich 
dann  erst  zeigen,  ob  das  Unglück  wirklich  mit  der  Sünde  im  Zusammenhang 
stehe  oder  aber  nicht.  Übrigens  bringt  Elihu  ja  nur  Behauptungen  vor,  die 
sich  zwar  auf  eine  Theorie,  die  Vergeltungstheorie,  gründen,  aber  auch  jeden 
Schatten  eines  Beweises  entbehren.  Es  ist  nur  seine  Annahme,  dass  jene  zer- 
schmetterten Gewaltigen  Sünder  gewesen  sein  müssen.  Dass  die  mittelmässigen 
Köpfe  immer  wieder  auf  die  Theorie  zurückfallen  und  ihnen  nicht  begreiflich 
gemacht  werden  kann,  dass  man  erst  die  Thatsachen  vollstJlndig  abhören  muss, 
dass  sie  immer  vor  der  Zeit  fertig  sind  mit.  ihren  Schlüssen  und  blind  an  sie 
glauben,  dass  sie  die  geistige  Kraft  nicht  besitzen,  die  zur  Geduld  und  zur 
Skepsis  befähigt,  das  ist  das  einzig  Interessante,  was  man  am  Elihu,  diesem 
Musterbild  von  Ahnungslosigkeit  und  eitler  Oberflächlichkeit,  lernen  kann. 
Er  urteilt  selbst  "IJ^n  vh,  ohne  vorhergehendes  Nachforschen.  j;i^  ist  aramäisch 
für  hebr.  p\  In  25—28  ist  der  Anfang,  v.  25  bis  n^'''?,  schon  zu  v.  20=^  be- 
sprochen unxl  war  dem  Anschein  nach  eine  Variante,  die  man  später  an  dieser 
Stelle  in  den  Text  aufnahm,  weil  wenigstens  der  Satz:  er  kennt  ihreThaten,  hinter 
V.  24  wohl  passt.  12^0  ist  ein  aram.  Wort,  f?"?  wie  \Th^.  v.  27  s.  d.  Das  erste 
Distichon  umfasst  das  letzte  AVort  von  v.  25  nebst  v.  26.  Hier  ist  „unter  den, 
anstatt  der  Gottlosen"  ein  unmöglicher  Ausdruck,  da  die  Zermalmten  selbst 
Gottlose  sind;  auch  die  nach  v.  37  geratene  Variante  pISD''  1i"'i"'a  ytJ'B,  wo  ]^3 
für  nnri  gesetzt  zu  sein  scheint,  hilft  uns  nicht.  Ich  schreibe  D^Dp"]  (Amos  6  ii, 
im  Aram.  häufig)  für  D'^yK^'l:  Sie  iverden  zermalmt  unter  Trümmern,  Er  schlägt 
sie  am  Ort  der  Zuschauer,  d.  h.  auf  der  öftentlichen  Richtstätte.  An  diesen 
Satz  schliesst  sich  v.  28  eng  an,  und  schon  deswegen  ist  v.  27  eine  Glosse: 
Drum  sind  sie  von  ihm  abgewichen  und  haben  alle  seine  "Wege  nicht  beachtet. 
X^'^V.i  wofür  eine  Variante  "lli'^5  vorschlägt,  ist  ein  volkstümliches  Drum!  für 
weil,  ebenso  das  pb  v.  25.  Der  Satz  führt  die  Rede  auf  ein  Nebengeleise;  es 
handelt  sich  nicht  darum,  zu  erklären,  warum  gewisse  Leute  zermalmt  werden, 
sondern  darum,  dass  Gott  die  Schuldigen  zu  treö'en  Aveiss.  Diese  züchtigt  er, 
wie  V.  28  fortfährt,  um  Vor  sich  zu  bringen  die  Klage  des  Niedrigen  Und  das 
Geschrei  der  Elenden  zu  hören,  die  Klage,  die  die  Niedrigen  gegen  die  Vor- 
nehmen (vgl.  V.  19)  erheben  und  die  unter  der  Parteilichkeit  der  Menschen  un- 
geliört  verhallt.  Da  der  Verf.  wohl  nicht  in  beiden  Stichen  dasselbe  01)j.  be- 
absichtigt hat,  so  kann  man  für  das  zweite  npys  etwa  nj^ll^  oder  nn"!^  schreiben. 


Hi34  28  167  Hia4  33 

Zu  vb)l  vgl.  zu  Cap.  1  6.  Der  letzte  (iedanke  bringt  den  Verf.  darauf,  dass  auch 
Hioh  ein  Klagegeschrei  erhoben  hat.  Muss  Gott  durchaus  immer  auf  Klagen 
hören?  Nein,  aber  trotzdem  bk'il)t  es  dabei,  dass  er  das  ReginiL-nt  führt 
29  'M):  Halt  er  sich  niliü/.  irrr  thtr/'  iwrütinimcn,  l'iitt  rrrhi/ift  er  tins  Antlitz, 
icer  irird  Um  .srluincn'f  Doch  iihi'r  Ynl/i  iiinl  Menavhen  irarhl  er,  I)ti.s.s  nicht 
heriHchc  einer  ron  den  FaU.slrickcn  des  Voiln's.  Manchmal  bleibt  er  trotz 
aller  Klagen  unthütig,  verbirgt  das  Gesicht  —  zahlreiche  Psalmen  bezeugen 
«s  ja  — ,  dann  darf  man  doch  nicht  kritisieren  oder  mit  Gewalt  ihn  sehen 
wollen,  wie  Hioi)  wollte.  Vor  allen  Dingen  darf  man  nicht  daraus  schliesseu. 
dass  er  sich  um  die  Welt  nicht  kümmere,  wie  es  dem  Hiob  schien.  Für  uyi  am 
Schluss  von  V.  29,  an  dessen  Stelle  ein  Verb  nötig  ist,  lese  ich  T^'  oder  iy\  vgl. 
Cap.  8  6.  In  V.  30  halte  ich  ^IT\  DIK  für  ein  Interpretament  zu  dem  folgenden 
Ausdruck:  einer  von  den  Fallstricken  des  Volkes,  einer  der  das  Volk  umgarnt 
lind  für  sich  ausnützt.  Der  Verf  sah  wohl  schon  auf  die  Zeit  des  Jason,  Lysi- 
machus,  Menelaus,  der  bösen  Hirten  von  Sacli  11,  zurück.  In  etwas  ab- 

rupter Weise  kommt  nun  Elihu  auf  den  Fall  zu  sprechen,  dass  ein  Gottloser 
bussfertig  wird  und  darum  unbestraft  bleibt.  Es  gehört  das  ja  allerdings  zur 
Sache,  da  es  gegenüber  Hiobs  Beschwerde  über  das  Fehlen  einer  Strafe  für  tlen 
■Gottlosen  einen  Ausweg  gewährt,  der  freilich  nur  ein  sehr  genügsames  Gemüt 
befriedigen  kann.  Ich  nnkhte  doch  ein  T  vor  den  folgenden  Vierzeiler  31  32 
setzen:  l'nd  trenn  da  einer  zu  Ehnili  spriclil:  Ich  luihe  mich  überhöhen,  irill 
Glicht  mehr  renlerhl  handeln .  Ich  sehe  ex,  du  belehre  mich.  Wenn  idi  l  nrecht 
that,  ich  Ihn  s  nicht  mehr.  "2,  gesetzt,  dass;  hinzuzudenken  (oder  zu  setzen)  ist 
t!^;  wie  in  v.  16'.  Für  "10S<7  (oder  "13Sn?  der  Art.  als  rel.  vor  dem  perf.  wie  in 
•Cap.2 11)  spricht  mau  natürlicher  mit  LXXlDi<n  aus.  ^HNÜ'i  übersetzt  man  wohl: 
ich  trage,  nämlich  meine  Schuld,  was  übrigens  dabei  stehen  sollte,  aber  da  wäre 
das  im[)erf.  zu  erwarten.  Si)rich  ^nxö^i  vgl.  II  Heg  14  lo.  v.  31''  ist  reichlich 
kurz,  V.  32*  reichlich  lang,  ausserdem  giebt  das  ^änij  K^  für  sich  allein  keinen 
besonders  guten  Satz  und  Sinn.  Es  scheint,  dass  in  dem  ersten  Wort  von  v,  32 
die  beiden  Schlusskonsonanten  bl  von  v.  31  irrtümlich  wiederholt  sind:  aus 
dem  Rest  des  Wortes  ^Ty^3  ergiebt  sich  ein  llj?,  das  zur  Vervollständigung  von 
V. 31 ''  dienen  kann:  icli  will  nii-ht  mehr  verderbt  handeln.  Ob  ntn«  richtig  ist, 
das  weiss  ich  nicht;  behält  man  es  bei,  so  muss  es  besagen:  ich  sehe,  dass  ich 
«in  Sünder  bin  und  die  Strafe  verdient  habe,  ich  sehe  es  ein.  Die  Belehiiiug 
bezieht  sich  natürlich  nicht  auf  dieselbe  Sache,  sondern  darauf,  was  der  Buss- 
fertige nun  zu  thun  hat,  um  die  Schuld  los  zu  werden.  Eins  weiss  er  selber:  er 
wird  nicht  mehr  I'nrecht  thun.  Den  Nachsatz  bringt  33:  Soll  er  nun  deinet- 
irillen  Xenjeltunt}  üben,  Dass  er  rerirnrfe  sein  Heif ehren?  Du  selbst  matjst  ent- 
scheiden und  nicht  ich ,  l  ntl  trus  du  ireisst,  das  suge!  In  Caii.  21  hatte  Hioi» 
die  Bestrafung  der  Gottlosen  gefordert,  wenn  er  an  eine  sittliche  Weltregiei'ung 
glaubin  solle:  wenn  nun  aber,  fragt  Elihu  mit  schlauer  Rabbinenkasuistik,  der 
Gottlose  bussfertig  ist,  muss  er  dann  trotzdem  bestraft  werden,  damit  du 
glauben  kannst?  das  magst  du  selbst  „erwählen",  darüber  Beschluss  fassen, 
das  l)rauche  ich  wohl  nicht  erst  zu  thun;  der  Fall  ist  so  klar,  dass  selbst  du  ilm 
begreifen  musst.    v.  33''  zeigt  wieder  die  impertinente  Höflichkeit,  die  den 


Hi34  33  168  Hi35  5 

gebildeten  Eabbi  charakterisiert.  L.  D^^'"l,  da  das  Sutf.  beziehungslos  ist.  Für 
'«  "»D  nDJ>')D,  das  jeder  Bemühung,  ihm  einen  Sinn  zu  entlocken,  trotzt,  schlage 
ich  vor:  nrUf?  1^ll^5^l  Ü^D,  wodurch  das  zweite  "'S  aus  der  "Welt  geschafft  wird^ 
BuDDE  bemerkt  mit  Eecht,  dass  29—33,  trotzdem  sie  mit  Mehrerem  in  der 
LXX  fehlen,  unentbehrlich  sind,  wenn  sie  richtig  verstanden  werden;  sie  sind 
es,  obwohl  er  sie  nicht  richtig  verstanden  hat.  34  35  Alle  verständigen 

Menschen  und  seine  Zuhörer  müssen  dem  Elihu  darin  beistimmen,  dass  Hiob 
nicht  mit  Einsicht  (sprich  ^"'2ia'n  Olshausen  S.  359)  rede,  wenn  er  nämlich 
Gottes  gerechte  Weltregierung  bezweifele.  36  37  Ach,  Hesse  sich  doch  Hiob 
warnen  für  immer  Wegen  der  Anhcorten  im  Sinne  schlechter  Metischen! 
Denn  er  mehrt  noch  seine  Sünden  Und  macht  viel  Worte  gegen  Gott.  "'DISi  ist 
eine  Wunschpartikel,  vielleicht  verwandt  mit  ''^;!^<,  wehe,  wonach  der  Wunsch 
mit  einem  Seufzer  ausgesprochen  würde,  der  zu  der  theatralischen  Haltung 
Ehhus  wohl  passt;  LXX  liest  ^3«.  Der  Wunsch  selber  ist  aber  im  M.  T. 
höchst  sonderbar:  würde  doch  Hiob  für  immer  geiDrüft!  Wenn  das  eine  Prü- 
fung durch  Leiden  sein  soll,  so  ist  der  Wunsch  nicht  blos  roh,  sondern  aucli 
überflüssig  gegenüber  der  Krankheit  Hiobs;  soll  es  eine  Prüfung  durch  die 
Untersuchung  anderer  Weisen  sein,  so  begreift  man  den  Zusatz  „für  immer" 
nicht,  da  doch  möglichst  baldiger  Abschluss  der  Prüfung  zu  wünschen  wäre 
und  ausserdem  der  eitle  Elihu  sich  selbst  Manns  genug  glaubt,  die  Prüfung 
bald  glänzend  durchzuführen;  vollends  unfreiwillige  Komik  wäre  es,  wenn  v.36f, 
noch  den  Weisen  von  v.  34  in  den  Mund  gelegt  würde  und  also  Elihu  sich, 
selber  das  Mandat  zu  einer  niemals  aufliörenden  Rede  wider  Hiob  erteilen 
Hesse.  Auch  bei  der  Übersetzung:  prüfte  sich  doch  Hiob,  passt  der  Zusatz  „für 
immer"  nicht.  Ich  vermute  TT.,  das  über  "ini"'  zu  ]ni^  geworden  zu  sein  scheint; 
LXX  [laOs  =  "in^n.  Auch  das  ^J?  passt  besser  dazu.  v.  37  begründet  den 
Wunsch,  dass  Hiob  sich  w^arnen  lassen  möge,  mit  dem  Hinweis  darauf,  dass  er 
die  Sünden,  deretwegen  er  leiden  muss,  noch  durch  seine  schlimmen  Reden 
gegen  Gott  vermehre.  Ein  Satz,  der  des  Elihu  würdig  ist,  den  aber  Cap.  42  7 
Lügen  straft:  wer  die  Elihureden  und  das  Volksbuch  Einem  Autor  zuschreibt, 
muss  sehr  kurz  von  Gedanken  sein.  Mitten  in  v.  37  ist  die  zu  v.  26  gehörende 
und  dort  schon  erwähnte  Glosse  hineingeraten,  die  hier  gar  keinen  Sinn  giebt. 
y^B  hat  man  zu  v.  37*  gezogen,  Avas  nur  möglich  wäre,  wenn  das  Wort  etwas 
ganz  Anderes  und  Schlimmeres  bedeutete  als  nx^n;  das  folgende:  „zwischen 
uns  schlägt  er"  ist  ganz  unsinnig,  ganz  abgesehen  davon,  dass  ein  Aussätziger 
nicht  einmal  die  schmerzenden  Hände  gegen  einander  schlagen  wird.  D^^ 
poetisch  verkürzt  für  H^T,  wenn  nicht  das  Ktib  3T.1  beabsichtigt  hat,  was 
besser  sein  möchte,  da  ja  Hiob  längst  nicht  mehr  redet.  Die  fünfte  Rede, 

Cap.  35,  an  Hiob  und  zugleich  an  die  Freunde  gerichtet,  bespricht  die 
angebliche  Behauptung  Hioljs,  dass  die  Frömmigkeit  nichts  nütze,  weil  sich 
Gott  um  nichts  kümmere.  2  3  Hältst  du  das  für  richtig.  Nennst  es:  mein 

Recht  gegen  Gott,  Dass  du  sagst:  iras  nützt  es  mir.  Was  stehe  ich  mich  besser 
ohne  Sünde?  Selbstverständlich  hat  Hiob  diese  absurde  Behauptung  nirgends 
ausgesprochen,  der  Ausdruck  und  der  Gedanke,  dass  die  Religion  nützen  sollte, 
gehört  dem  Gewährsmann  Elihus,  dem  Eliphas  an  Cap.  22,  dem  Elihu  auch  in 


11  i  :;.")  J  ItVJ  lli  6b  IJ 

aller  Xaiviti'it  die  Widtilcj^uiij^  v.«)t'.  iiitk-hiit;  die  Behauptung,  dass  die  Religion 
nicht  iiii(/.t,  kann  nur  ein  ganz  gedankenloser  Eudäuionist  aus  jenen  Ausfüh- 
iiingen  Hiohs  ableiten,  die  die  Lnniöglichkeit  nachweisen,  in  den  (Jesehicken 
der  Clottlüsen  und  Frommen  die  vergeltende  Hand  Gottes  zu  entdecken.  Im 
dritten  Stichos  v.  3^  liest  man  wohl  hesser  'h  lür  "tf?,  weil  sonst  der  vierte  Stichos 
wie  ein  wihtliches  Citat  klingt,  v.  3''  W(>rtlich:  ohne  meine  Sünde,  d.  h.  wenu 
ich  keine  Sünde  habe.  4  5  Hlihu  will  Hioh  und  den  Freundi-n  (denen  er 

seine  Weisheit  ahbnrgtl)  den  richtigen  Bescheid  geben.  Hiob  soll  gen  Himmel 
schauen  und  sich  überzeugen,  dass  die  Wolken,  also  erst  recht  <iott.  hrdier 
sind  als  er.  Eine  tiefsinnige  Einleitung.  6  7  H >////  (/if  sinulii/st,  /ras  Imimst 
ilii  ihm  nnthuti,  l' ml  sind  deine  Veriichrn  riel,  irtis  llntsl  dti  ilini'^  Hbenso  hat 
(lutt  keinen  Nutzen  von  Hiobs  Friunniigkeit.  Einfache  Umschreilnmg  von 
Cap.  22jH'.  Ci Ott  ist  ohne  Interesse,  also  kann  er  gerecht  sein.  Es  ist  ja  be- 
kannt, da.ss  die  Habsucht  der  schlimmste  Feind  der  gerechten  Justiz  im  AT 
ist.  Das  folgende  Tetrastich  besteht  für  mich  aus  8  und  16.  von  denen  der 
letztere  hier  ebenso  am  Platze  ist.  wie  er  zwischen  15  und  Cap.  36  i  str»rt.  Dem 
Mann,  irie  du  hisl,  iiclii'irl  ilriiic  iinHhisijiln-il  l  inl  dein  Sierhiirlien  deine  de- 
re(/ili!il:eH.  Doelt  lli  (dt  rei.s.sl  ei  II  er  Weise  seinen  Mund  nn/\  Ohne  Verständ- 
nis ninehl  er  tjrosse  Worte!  Du  sdlx-r  liast  tlen  Schaden  oder  Nutzen  von  der 
(xottlosigkeit  oder  Friunmigkeit  —  das  solltest  du  wissen.  Aber  dieser  Hiob 
gefällt  sich  im  leeren  ( Jrossspreclien.  Dass  Elihu  von  der  2.  zur  3.  pers.  über- 
geht, kaini  in  etwas  durch  die  Fassung  von  v.  8  beeinflusst  sein,  der  Haupt- 
grund aber  liegt  wohl  wie  in  Cap.  32  9  15  in  der  Anstandsptlicht,  die  der  .Jüngere 
gegenüber  dem  Alteren  zu  beachten  h.at.  Da  v.  9  zu  v.  12  geliTirt.  muss  erst 
10  11  folgen:  I  nd  nicht  spricht  er:  im  ist  Elonh  mein  Sehii/)/'er.  Der  Loö- 
(lesiini/e  flieht  in  der  .\fieht.  Der  uns  hlinier  niutht  uls  die  Tiere  der  Erde  I  nd 
ireiser  als  die  Vlif/el  des  Himmels.  Hioi)  rollte  lieln  r  (iott  suchen,  wie  schon 
Hildad  (Ca}).  8  .^)  und  Kliphas  (Cap.  22  21  fl'.)  ibm  empfohlen  hatten.  Wenn  der 
Text  von  V.  10''  richtig  ist,  so  muss  man  ilm  wohl  etwa  nach  Ps  77  7tf.  erklären: 
in  der  Nacht  sinnt  der  dem  Anschein  nach  von  (lott  Verlassene  über  (Lottes 
Thaten  in  der  Vergangenheit  nach  und  wird  dadurch  ge^tr(>stet.  tiiulet  in  ihnen 
(Jott  wieder.  Eben  darin  zeigt  er  sich  weiser  als  die  Tiere,  die  keine  solche 
Erinnerung  liaben,  sondern  in  der  gegenwärtigen  Not  zusammenbrechen.  Er- 
baulich, aber  keine  Widerlegung.  Hiob  hat  ja  keinen  angelegentlicheren 
Wunscli.  als  Gott  zu  tinden  (23  3),  nur  dass  er  sich  nicht  mit  dem  Gott  der 
\'ergangenheit,  dem  (iott  frenuler  Erfahrungen  begnügt,  sondern  ihn  selber 
sehen  will.  Und  dass  Gott  sein  Schöpfer  sei,  ist  auch  ihm  bewusst  (Cap.  lOsff.), 
nur  folgt  für  ihn  daraus,  dass  Gott  ihn  nicht  so  arg  misshandeln  sollte.  f]lihu 
hat  nichts  davon  begrit^"en.  "»as^O  für  -iS^Kt?  wie  rhp  für  rir^'ä  (s.  zu  33  IS). 
0  12  (H>  der  rieten  liedriuhnnfien  kUnjen  sie,  Schreien  trei/en  des  Arms  der 
t,' rossen,  Do  hhii/en  sie,  ohne  dass  er  antirortet,  Wet/en  des  Hochmuts  der 
Hosen.  Dieser  Vierzeiler  wäre,  wenn  er  dem  Zusammenhang  angehörte,  selbst 
für  unseren  Verf.  zu  ungeschickt.  Über  Bedrückungen  hat  Hiob  nicht  geklagt, 
auch  nicht  über  den  Stolz  der  Bösen,  sofern  sich  dieser  gegen  die  Niedrigen 
wendet;  ausserdem  stehen  die  Verben  im  Plural,  und  v.  12  klingt  ganz  so,  als 


Hi35l2  170  Hi36  2 

sei  der  Verf.  dieses  Tetrastichs  mit  den  Klagenden  in  bester  Übereinstimmung, 
und  als  sollte  nun  ein  Bericht  folgen,  was  Gott  gethan  habe.  leb  halte  also 
diesen  Vierzeiler  für  ein  Randcitat  etwa  zu  Cap.  367ff.;  wer  ihn  festhalten 
will,  muss  mindestens  in  v.  12  den  Zwischensatz:  „ohne  dass  er  antwortet"  zum 
Hauptsatz  machen  und  hinter  v.  12'^  stellen,  13  14  Gern  hört  Gott  solche 

Lobgesänge  v.  lOf.  und  lässt  sich  finden:  Nur  Eitles  hört  Gott  nicht,  Und  der 
Allmächtige  sieht's  nicht  an;  Wie  kannst  du  nur  sagen:  du  siehst  ihn  nicht! 
Schweige  rar  ihm  und  harre  sein!  Vielleicht  ist  mit  Bicicell  wegen  des  weib- 
lichen Suffixes  in  v.  13'^  vor  i^'W  ein  HDlS'  einzusetzen  (nicht  ein  nj^ia^,  wie  Budde 
will,  denn  von  einem  eitlen  Hilfsgeschrei  spricht  auch  v.  9  12  nicht  und  über- 
haupt wohl  kein  Vernünftiger).  In  v.  14''  würde  ViS^  ]'*'^:  die  Rechtssache  liegt 
vor  ihm,  doch  mehr  sagen,  als  selbst  Elihu  wissen  kann,  überhaupt  aber  nicht 
zu  Elihus  Anschauungen  stimmen,  der  keineswegs  meint,  dass  Hiobs  Leiden 
erst  noch  eine  Frage  des  Rechts  sei,  sondern  es  für  ein  pädagogisches  Zucht- 
mittel erklärt;  ich  lese  daher  mit  Peeles  D"1  für  \''^:  führe  nicht  länger  solche 
unnützen  Beden  im  Munde,  ^^inn  von  b'Vt  nur  hier,  Ps  37  7  steht  in  ganz  der- 
selben AVendung  das  Hithp.  Diese  fünfte  Bede  läuft  also  aus  in  die  billige 
Tröstung,  dass  Gott  dem,  der  nur  ihn  sucht  und  auf  ihn  harrt,  doch  endlich 
helfe,  was  die  Freunde  von  Anfang  an  mit  derselben  Ignorirung  der  "Wirklich- 
keit ausgeführt  hatten:  so  „nützt"  die  Religion  allerdings.  Die  sechste  Rede 
Cap.  35  15  36  1-21  kehrt  noch  einmal  zu  dem  Gedanken  von  der  päda- 
gogischen Züchtigung  als  dem  Zweck  des  Leidens  zurück,  worin  nebst  der  Auf- 
forderung zur  Unterwerfung  zugleich  die  Abweisung  des  Verlangens  begründet 
liegt,  dass  die  Sünder  unter  jeder  Bedingung  von  Gottes  Zorn  ereilt  werden 
müssen.  Die  Überschrift  Cap.  36  1  trennt  jetzt  Cap.  35  15  von  seiner  Fort- 
setzung, woraus  zu  schliessen  ist,  dass  diese  ältesten  Capitelüberschriften,  die 
wir  neben  den  Überschriften  prophetischer  Stücke  besitzen,  wie  diese  nicht 
vom  Autor,  sondern  vom  Diaskeuasten  herrühren  und  ursprünglich  wohl  am 
Rande  standen.  Cap.  35  15  362  Und  mm,  dass  sein  Zorn  nichts  ahndet 

Und  er  sich  um  das  Vergehen  nicht  gross  kümmert!  Warte  mir  ein  wenig,  so 
will  ich  dich  berichten.  Denn  noch  habe  ich  für  Eloah  Worte!  nrij^l  zur  Ein- 
führung eines  neuen  Abschnittes  wie  oft  im  AT.  ^3  elhp tisch:  da  meinst  du, 
dass  Gott  die  Gottlosen  nicht  straft,  und  beschwerst  dich  darüber  —  gegen 
Cap.  21  gerichtet.  Für  tJ^S  ist  wohl  j;^'S  zu  lesen.  Ob  der  Autor  wirkhch  p.K 
als  Obj.  beabsichtigt  hat  oder  einfach  "Ij^S  ]•»«  zu  schreiben  ist,  darüber  kann 
man  streiten;  ersteres  ist  kraftvoller,  passt  auch  wohl  besser  zu  Elihus  Tendenz, 
Hiobs  Äusserungen  zu  übertreiben,  um  sie  desto  leichter  zu  widerlegen.  Un- 
begreiflich ist  mir,  wie  jemand  v.  15  mit  v.  16  zu  einem  Satz  zusammenschweissen 
kann:  weil  Gott  nicht  gestraft  hat,  reisst  Hiob  seinen  Mund  auf —  der  ganze 
Satzbau  von  v.  16  spricht  ja  dawider,  noch  mehr  der  Satz,  dass  Gott  sich  um 
Vergehen  nicht  gross  kümmere,  ein  Satz,  der  danach  Elihus  Meinung  aus- 
sprechen Avürde,  also  eine  AVahrheit,  nicht  eine  zu  widerlegende  angebliche  Be- 
hauptung Hiobs  wäre.  Bevor  Ehhu  an  die  AViderlegung  geht,  holt  er  Cap.  36  2 
erst  wieder  gewaltig  aus  und  nimmt  die  imponierende  Miene  des  grossen 
Apologeten  an.   Er  will  für  Gott  sprechen  und  denkt  nicht  daran,  in  welche 


Hi362  171  HiiWlO 

fatale  Parallelf  iliese  Ausseruiij^  zu  (lerjfiiifjen  Hiol»s  Cap.  13  rti'.;  21  22  zu 
stehen  k(»iniut  (\'^\.  die  rnlinnedijie  l^eiueikun«;  Cap.  32  lal".).  in3  ist  rein  ara- 
mäisch. In  V.  2''  wird  hintti-  niy  ein  "h  ausgefallen  sein:  nieht  (iutt  hat  Worte, 
sondern  Elihu  für  (Jott.  ',i  4  Kommt  Eliiiu  erst  einmal  auf  sich  und  sein 

Wissen  zu  reden,  so  ist  er  nicht  so  bald  fertij^:  Jr/t  trill  inoin  WisHt'ii  fenwher 
holen  l' ml  mein  cm  Schöpf  er  Hecht  (jchcn ,  Denn  irnhilich,  nicht  Linje  siiul 
meine  Worte,  Ein  Mann  roHhommener  W  i.s.senxcho/'t  .steht  cor  dir!  l)as  un- 
vorsichtijje  Pathos  dieser  Ankündijjunj;  bringt  eine  Wirkung  hervor,  die  den 
licser  einigermassen  mit  dein  nachfolgenden  Nichts  aussöhnt.  5    7'  stellt 

nach  Klihus  Weise  den  Hauptgedanken  voran:  Siehe,  (iott  renrirft  den  Starr- 
.sinnificn  l  iid  liixst  nitlil  leiten  den  (!ot Hosen  Aher  den  Ans/inich  der  Kien- 
den  fieu-iihrt  er,  Entxicht  nicht  dos  Hecht  dem  Demötijien.  In  v.  .'j  sinil  ifh\  1^33 
lind  37  T??  N'ariantcn  und  nä  ein  >tflifn  gelassener  Schreibfehler  für  3b.  Da 
3*7  T33  sonst  nicht  vorkommt,  ist  es  vorsichtiger,  nach  Ex  9  7  3*?  133.  verstockt, 
v.n  schieibcn.  Über  die  Verstockten  spricht  nachher  v.  12;  das  Schicksal  der 
\'ersto?kten  und  der  (Jottlosen  beweist,  dass  (.lott  doch  ahndet  (35  lö).  Li 
V.  T"*  hat  die  aucii  sonst  vorkonjinende  Schreibweise  ViV  (für  lij^)  die  l'rheber 
des  Ktii)  verleitet,  in  dem  Worte  ein  Vrj;.  seine  Augen,  /u  sehen  und  das  ]p. 
das  einst  davoi-  gestanden  haben  niuss.  vor  p"]^,  das  nun  p^'HS  werden  luusste.  zu 
setzen,  dadurch  koiiiiiit  ein  sondei-barer  Satz  heraus:  seine  Augen  abschueideu 
von  .  .  .  uiul  ein  unpassender  Sinn,  denn  es  sollen  sich  nicht  die  (lottlosen  und 
ilie  Gereihten,  sondern  die  \'erstockten  und  die.  die  Leid  tragen  ('ij^)  und  de- 
mütig sind  (lij^),  einander  gegenübergestellt  werden.  Die  „Demütigen"  leiden 
wohl  Strafe,  altei-  weil  sie  eben  das  (legenteil  der  Verstockten  sind,  weil  sie 
die  gitttliche  Zucht  willig  annehmen,  so  werden  sie  gerechtfei-tigt;  und  dass  sie 
nicht  im  Zorn  vertilgt  werden,  berechtigt  Hi(d)  nicht  zu  der  Cap.  35  15  er- 
wähnten Beschwerde.  Das  wird  gleich  im  Folgenden  an  einem  Beispiel  weiter 
entwickelt,  das  wirklich  „von  weit  her",  aus  hohen  Regionen  geh(dt  ist  und 
seinem  pathetischen  Geschmack  entspricht:  er  redet  von  Königen  ebenso  oft 
Avie  der  Dichter  Hiobs  selten.  Übrigens  fehlen  die  nächsten  fünf  Disticha 
(7*»— 11)  in  der  ursprüglichen  LXX.  und  es  ist  nicht  uninr)glich,  dass  Hatcu 
und  BiCKELL  mit  ihrer  Streichung  im  Recht  sind,  doch  würde  ich  ilmeu  eher 
folgen,  wenn  LXX  entweder  v.  1 1  hätte  oder  auch  v.  12  vermissen  liesse. 
7"  S  l  nd  iroren  Koniije  auf  dem  Thron,  Die  er  im  (,'lnme  thronen  Hess,  sn- 
iloss  sie  stolz-  irnrden,  Waren  sie  nun  tjehnnden  in  Ketten,  Wurden  ijef muten 
in  Stricken  des  Elends  —  der  Nachsatz  koiumt  v.  9f.  Da  n«  als  Präpos. 
keim  n  Sinn  giebt  und  als  nota  acc.  („was  anbelangt  die  Könige")  miudestciLs 
sehr  prosaisch  wäre,  so  lese  ich  D«  als  Voraufnahme  des  DK  in  v.  8  und  streiche 
mit  Ley  das  1  vor  C3''C'\  Dass  n^i"?  hier  nicht  „auf  immer"  heissen  kann,  be- 
weist die  Fortsetzung.  n33  steht  wohl  im  moralischen  Sinne:  infolge  des 
( Jlanzes  wurden  sie  hottartig.  Die  Ketten  und  die  Stricke  des  Elends  sind  wohl 
nicht  blos  im  eigentlichen  Sinne  zu  verstehen.  Nun  der  Nachsatz  9  10.  .SV; 
hielt  er  ihnen  ihr  Thun  ror  l'nd  ihre  Venjehen,  dass  sie  sich  äherhohen  hatten, 
l  nd  ofl'nete  ihr  Ohr  der  Zucht  l  nd  befahl,  dass  sie  sich  bekehrten  rom  Ererel. 
Die  Sätze  und  der  Zusammenhang  sind  so  einfach,  dass  man  schon  alles  Vor- 


Hi36l0  172  Hi36l6 

hergehende  missverstanden  haben  muss,  um  sie  zu  missdeuten.  Der  Yerf.  mus« 
Geschichten  wie  die  II  CLr  33  loff.  erzählte  Sage  vom  König  Manasse,  der,  in 
Ketten  nach  Babel  abgeluhrt,  sich  demütigte  und  erhört  wurde,  und  die  Ge- 
schichte von  Nebucadnezars  Hochmut,  Erniedrigung  und  Wiedererhebung  vor 
Augen  gehabt  haben.  Was  diese  Beispiele  lehren,  ist  eigentlich  schon  Cap, 
34  31  ff.,  ja  schon  Cap.  33  isff.  gesagt  worden;  in  Wiederholungen  ist  Elihu  den 
drei  Freunden  ebenbürtig,  in  der  Ausführlichkeit  weit  überlegen.  Der  folgende 
Vierzeiler  11  12  geht,  wenn  die  Punktation  den  ursprünglichen  Sinn  trifft,  vom 
Beispiel  wieder  zur  Lehre  über:  wenn  sie,  just  nicht  die  Könige,  sondern  die 
Menschen  überhaupt,  die  Gott  in  Zucht  nimmt,  gehorchen  luul  dienen  (IDJ^  in 
dieser  absoluten  Bedeutvmg  nur  noch  bei  einem  Schriftsteller  aus  der  Mitte 
des  2.  Jahrh.'s  Jes  19  23),  so  vollbringen  sie  ihre  Tage  im  Glück,  —  was  noch 
in  V.  11  folgt:  und  ihre  Jahre  in  Freuden,  wird  durch  den  Versbau  als  Zusatz 
gekennzeichnet.  Gehorchen  sie  nicht,  so  wandern  sie  in  die  Unterwelt  (1.  n^Nt^B 
wie  33  18).  übrigens  liesse  sich  in  beiden  Versen  übersetzen:  so  sollten  sie  voll- 
bringen, wandern,  sterben,  als  Fortsetzung  zu  dem  "lOK'l  v.  10'\  Nach  diesen 
lehrreichen  Beispielen  wird  der  Starrsinnige  von  v.  5  wieder  behandelt  in  13  14: 
Und  die  ruchlos  Gesinnten  fassen  Groll,  Schreien  nicht  (zu  Gott),  icenn  er  sie 
bindet,  Sterben  muss  ihre  Seele  in  der  Jugend  Und  ihr  Leben  unter  den 
Kedeschen.  Zu  'ID"'!^^  ist  DS"??!  zu  ergänzen  vgl.  Ps  13  3,  das  weggelassen  ist,  weil 
2^  eben  vorhergeht.  Das  Schreien  ist  hier  wie  überall  (auch  Ca]).  35  9  12)  das 
Schreien  zu  Gott,  hier  als  Zeichen  der  Bekehrung.  Die  Kedeschen,  die  sich 
der  kultischen  Prostitution  ergaben,  sind  nach  unserer  Stelle  siirichwörtlich 
für  solche  gewesen,  die  vor  der  Zeit  dem  Laster  erliegen;  v.  14'^  will  nicht  grade 
sagen,  dass  die  Euchlosen  selber  Kedeschen  sind.  Dieser  Vierzeiler  soll  dem 
Hiob  zur  AVarnung  dienen,  der  folgende  15  16=''',  der  nun  den  "lij;  von  v.  6  her- 
vorholt, leitet  eine  viel  weitläufigere  Belehrung  ein,  weil  hier  Hiobs  Fall  ge- 
nauer zu  l^esprechen  ist.  Er  rettet  den  Elenden  durch  sein  Elend  Und  öffnet 
durch  Drangsal  sein  Ohr,  1.  littj.  Dies  Distichon  ist  nach  dem  bisherigen  leicht 
zu  verstehen,  da  es  den  immer  wiederholten  Grundgedanken  Elihus  enthält. 
Dagegen  ist  v.  16  gar  nicht  übersetzbar  und  augenscheinlich  in  voller  Kon- 
fusion. Indem  ich  *]«,  das  wahrscheinlich  durch  v.  18  beeinflusst  ist,  durch  iJlJSl 
ersetze  und  die  wohl  el)enfalls  durch  Konjektur  aus  ihrem  mutmasslichen 
fi'üheren  Zusammenhang  gerissenen  Wörter  yrr\  und  nnil  vor  '^BD  setze,  erhalte 
ich  das  Distichon:  Doch  dich  hat  verführt  die  Ereiheit  Und  die  Ruhe  vor  dem 
Rachen  der  Not.  riN  (für  nriS)  dient  zur  Verstärkung  des  Suffixes.  Vielleicht 
liest  man  besser  ni^  für  "^S.  Der  Sinn  des  Vierzeilers  ist  also:  die  Züchtigung 
des  Menschen  durch  Leiden  ist  für  ihn  heilsam,  denn  wenn  er  sich  bekehrt, 
so  rettet  sie  ihn  vor  dem  Untergange,  hingegen  ist  ein  vollkommenes  Glück  für 
ihn  gefährlich  und  führt  ihn,  wie  bei  Hiob  thatsächlich  geschehen  ist,  auf  Ab- 
wege, versenkt  ihn  in  einen  Sündenschlaf,  ani  und  Jini  sind  das  Gegenteil  von 
"•iS?  und  l^nb.  Zur  Zeit  des  Verf.  waren  ^ij;  und  'TpV,  oder  ]i«B^  offenbar  schon 
gleichbedeutend  mit  fromm  und  gottlos  oder  weltlich  gesinnt.  16*^  ^  17  rcrinn 
ist  miverständlich ,  '{''rinri  (Bickell  u.  a.)  hilft  auch  nicht  recht,  da  man  sich 
nicht  vorstellen  kann,  wie  Bedrängung  „unter"  jemandem  ist;  Budde  bezieht 


Hi36i6  173  Hi36  21 

CS  auf  die  Bi'inc.  die  nicht  weit  ausscjiroiten  küiiiicii,  mit  Vi-rwoisunK  auf  Ca p. 
18  T.  Icli  schhijir  ^nnn  vur:  hciiie  DraiujaiiL  tlii'  dich  silnwcklo,  l'nil  (U'in  Tisch 
roll  ron  Fcllcni.  das  der  ( )i-i('iital('  Ixkaniitlith  sehr  li('l)t.  Da  hast  du  das  Er- 
teil des  finit losen  rollaaf  erhallen.  I  nd hal  sein  tlericht dich  (je/'asst.  In  v.  17'' 
ist  ]'^  vcrschoutlich  aus  v.  17^  Avit-dc  rliolt.  Im  ri»ri};;en  lese  ich  v.  17''  und  den 
Anfang  von  v.  18  so:  nonb  t  13Cn  iDEC'ßl.  N^C  und  riK^D  hi'zi<'h(.*n  siidi  aufein- 
ander: je  glüeklii'her  du  wärest,  desto  nn^düeklicher  musstcst  du  Averden,  weil 
das  (Jlikk  dieh  verführte.  Die  beiden  Sätze  in  v.  liy"  **  sind  Zustandssäze.  Da 
nun  Hi<»h  von  dem  vollen  ( Jerieht,  das  sonst  dem  (iottlosen  zukommt,  getroffen 
werden  musste,  so  handelt  es  sieh  jetzt  für  ihn  darum,  seine  Sache  nicht  noch 
zu  verschlimnurn.  indem  er  es  wie  di«'  Kuchlosen  von  v.  13  macht  18  11):  Dass 
t-an/  (Iriann  niilil  dieh  rer führe  die  7Jiehlitianii  l'nd  die  (i rosse  des  l/oseijelds 
dieh  nicht  rer  leite!  Wird  (letjen  ihn  aa/'honinien  deine  hlatje  in  der  .\ol  I  nd 
alle  hraftanslrenfiantien'^  Zu  dem  Anfange  s.  zu  v.  17.  Für  pDty3  wird  pSt^O 
zu  lesen  si-in,  ohgleieh  diese  Form  sonst  nicht  vorkoinmt.  vgl.  übrigens  Cap. 
34  26.  Das  Lr)segeld  ist  die  l'nterwerfung  untei' die  Züchtigung,  vgl.  Cap.  33  24; 
bei  der  schweren  Züchtigung,  die  Hiob  duich  die  Schläge  des  Satans  erlitten 
hat,  ist  die  rnterwerfung  doppelt  sihwer.  Alter  kann  denn  seine  Heschwerde,  die 
der  Zorn  ihm  eingiebt,  uml  alle  Kraftaustrengung  (der  Ausdruck  luirhierjihm 
etwas  nützen,  gegen  Gott  aufkommen?  ^TJJ  ähnlich  gel)raucht  wie  Cap.  37  19. 
Für  K^  ist  l"?  zu  lesen.  Für  '^'äyä  liest  mau  wohl  besser  ?jn''lr,  vgl.  z.  B.  Cap.  23  2, 
wo  Hiob  selbst  seine  Besehwerde  Aufruhr  nennt;  das  JJ^iy  mag  durch  Cap.  3U  24 
beeintlnsst  sein.  Klihu  urteilt  überHiobs  verzweifelte  Klagen  also  äbnlich  wie 
die  drei  Frrundi'.  nur  drückt  er  sich  milder  aus.  Der  letzte  Vierzeiler  dieses 
Abschnittes  2()  21  ist  in  ganz  bösartigem  Zustande.  Der  M.T.  bietet  v.  20 
tolgenden  Satz:  sclmappe  nicht  nach  der  Nacht,  aufzusteigen  Völker  unter  sicli. 
Da  giebt  nicht  einmal  die  erste  Hälfte  einen  Sinn,  selbst  wenn  man  die  Nacht 
(mit  dem  Artikel!)  ohne  alles  Recht  auf  den  Tod  deuten  wollte,  denn  Hiob  hat 
niemals  nach  dem  Tode  „geschnappt".  Ich  schlage  vor:  niVjjb  n^Sil  "SB'n  "PK 
DSnnp  ny,  was  wenigstens  vom  ül)erlieferten  Konsonantentext  nicht  allzu  sehr 
abweieht:  yichl  helräjie  dich  die  Thorheit,  Dich  zit  erhehen  mit  dem.  der  sich 
ireise  diinht!  r\-\byib  für  ni'?j;rib,  inf  Niph..  zu  ni^^in  vgl.  Cap.  12  17,  zu  DSnnp 
Cap.  37  24:  nb'-QDn-'rS.  Elihu  würde  also  den  Hiob  einen  Thoren  schelten,  der 
alles  besser  wissen  will,  besser  als  Gott,  über  den  er  sich  in  seiner  Verblendung 
rhebt  —  wie  mir  scheint,  eine  gute  Vorbereitung  auf  v.  22,  wo  (lOtt  erhaben 
und  der  beste  Lehrmeister  genannt  wird,  überhaupt  mit  Elihus  Anschauungen 
übereinstimmend,  der  die  wahre  Weisheit  in  der  demütigen  l'nterwerfung  unter 
Gottes  Zucht  erblickt.  Diesem  ersten  Distichon  entspricht  gut  das  zweite: 
11  Ute  dich .  irende  dich  nicht  dem  An/en  •:•//,  Dass  du  Frevel  dem  Leiden  rar- 
zofiesl!  '3  exjdiziert  die  vorhergehende  Warnung.  Das  wunderliche  nt"^J?  ist 
wahrscheinlich  aus  nj'pj;  (Hos  10  9)  =  Th\y_  entstanden.  Der  Frevel  besteht  in 
dem  rngehorsam  und  Zorn  gegen  Gottes  Schickungen,  in  der  Auflehnung  gegen 
Gottes  Zucht,  die  schon  Elii)has  Cap.  5  als  Thorheit  bezeichnet  hatte. 

Cap.  30 «2— in 24.  die  siebente  Kede.  bringt  den  Abschluss  in   einer 
Schilderung  der  Erhabenheit  und  Überlegenheit  (iottes.  aus  der  gefolgert  wird. 


Hi36  22  174  ■      Hi36  27 

dass  man  Gott  verherrlichen  und  nicht  kritisieren  soll.  Hier  ahmt  der  Verf. 
zur  Abwechselung  die  Gottesreden  Cap.  38  ff.  nach,  aber  mit  so  geringem  Er- 
folg, dass  er  bei  weniger  Eitelkeit  diesen  Versuch  wohl  nicht  gewagt  hätte. 

BuDDE  entdeckt  in  diesen  Schilderungen,  die  von  allen  möglichen,  dem  Menschen 
unbegreiflichen  Naturwundern  handeln,  die  Absicht,  die  Erscheinung  Gottes  im  Sturm 
Cap.  38  1  vorzubereiten:  das  hätte  er  seinem  Elihu  doch  nicht  anthun  sollen.  Dass  der 
Verf.  ein  sehr  mittelmässiger  Schriftsteller  ist,  ist  ja  gewiss,  aber  ein  solcher  Stümper 
braucht  er  doch  nicht  zu  sein,  um  die  beabsichtigte  Einleitung  so  ganz  zu  verpfuschen, 
wie  er  hier  gethan  hätte ;  diese  Annahme  ist  bei  einem  Verteidiger  der  Echtheit  der  Elihu- 
reden  eine  wahre  Selbstironisierung.  Eine  Rede,  die  mit  den  "Worten  schliesst:  den  All- 
mächtigen finden  wir  nicht,  die  Eigenklugen  sieht  er  nicht  an,  will  natürlich  einen  Ab- 
schnitt, in  dem  sich  Gott  dem  angeblich  Eigenklugen  zeigt,  nicht  vorbereiten,  sondern  ihm 
Konkurrenz  machen;  soll  doch  der  Dichter  Hiobs  an  diesen  Elihureden  schuld  sein,  so 
wäre  es  klüger,  ihm  die  gewaltigen  Gottesreden  Cap.  38 ff.  abzusprechen. 

Im  ersten  Vierzeiler  22  23  spricht  Elihu  nach  seiner  Gewohnheit  gleich 
den  Hauptgedanken  der  Rede  aus:  Siehe,  Gott  zeigt  sich  erhaben  in  seiner 
Kraft,  Und  wer  ist  ein  Lehrmeister  wie  er?  Wer  hat  ihm  seinen  Wandel  auf- 
getragen Und  wer  gesagt:  du  hast  Unrecht  gethan?  Das  Hiph.  '2>^^T\  nur  hier; 
zu  V.  23^  vgl.  Cap.  34  I3*.  Ein  JTIIO,  Lehrer,  wird  Gott  auch  in  der  sehr  jungen 
Stelle  Jes  30  20  genannt;  hier  wird  weniger  an  die  Belehrung  aus  der  Thora 
gedacht,  obwohl  in  diesen  jungen  Stellen  das  Wort  unzweifelhaft  aus  dem 
späteren  Sinn  des  "Wortes  Thora  (Gesetzeslehre)  abgeleitet  wird  und  nicht 
mehr  die  Bedeutung  Orakelgeber  hat,  sondern  es  handelt  sich  um  die  Lehre, 
die  er  durch  seine  Führung  der  menschlichen  Geschicke  und  sein  Walten  in 
der  Natur  erteilt.  Nur  v.  23  erinnert  ein  wenig  an  die  Thora.  24—26  Hiob 
soll  lieber  ihm  Psalmen  singen,  wie  sie  von  anderen  gedichtet  sind;  vermutlich 
gehört  der  Verf.  zu  diesen  anderen  (vgL  zu  Cap.  33  27 f).  Alle  Sterblichen 
schauen  mit  Lust  darauf,  Der  Mensch  ei'blickts  ran  ferne,  nur  von  feine  er- 
blickt, nur  schwach  versteht  der  Mensch  Gottes  Thun,  eben  darum  soll  er  es 
erheben.-  v.  26  ist  schwerlich  echt,  der  Anfang  wiederliolt  v.  22=^  mit  einem  Zu- 
satz aus  Cap.  37  5,  die  zweite  Hälfte  (Gottes  Jahre  sind  unerforschlich)  passt 
nicht  in  den  Zusammenhang,  es  sollte  mindestens  V^S?»  für  Viü^  ISDD  stehen. 
Ln  folgenden  wird  Gottes  Erhabenheit  durch  einige  Naturwunder  illustriert. 
27  28  Denn  er  zieht  Tropfen  aas  dem  Meer,  Seiht  den  Regen  aus  seinem  Nebel ^ 
Von  dem  die  Wolken  rinnen.  Träufeln  anf  viele  Menschen.  Vli  heisst  weg- 
ziehen, entziehen;  da  darum  ein  Subst.  mit  ]ö  nötig  ist,  so  muss  man  D*0  Q"'Ö^i 
lesen.  Der  Verf.  weiss  bereits,  dass  die  Wolken  aus  der  Ausdünstung  des  Meeres 
entstehen,  der  Dichter  der  Gottesreden  weiss  es  noch  nicht,  sondern  nimmt 
an,  dass  Gott  irgendwo  Speicher  für  die  Atmosphärilien  habe  (Cap.  38  22ff.). 
Komisch  ist  die  Ausrede,  dass  Gott  Cap.  38  dem  Hiob  Rätsel  aufgeben  wolle 
und  darum  so  thue,  als  ob  der  Mensch  die- Entstehung  des  Rogens  nicht  kenne: 
wenn  es  doch  eben  vorher  Elihu  auseinandergesetzt  haben  soll!  Der  Verf  der 
Elihureden  ist  eben  ein  paar  hundert  Jahr  jünger  als  der  Dichter  und  hat, 
wahrscheinlich  irgendwie  durch  griechische  Vermittlung,  einige  neue  Kenntnisse 
in  der  Physik  erworben.  Das  Herausziehen  der  Tropfen  ist  natürlich  gleich- 
Avohl  für  ihn  ein  Geheimnis  und  AVunder.    In  v.  27''  1.  pt;  (oder  mit  Hoffmann 


Hi36  27  175  Hi37  2 

ip«1:  sie  wenk'ii  geseiht  als  Regen);  für  n«"?,  bei  seinem  Nebel,  liest  man  wohl 
besser  IIKO,  aus  dem  Nebel.  Zu  der  Vorstellung  vom  Seihen  vgl.  zu  Caj).  26  8. 
IK'«  V.  28  Ix-ziclit  sicli  auf  "lüO  zurück.       29  30   /  inl  t/ar  ircr  rrrstrlif  di,'  Aiis- 
lnt'ilnntjcii  dos  l'n'irüUis,  Das   7'osrii  ans  sriiirr  lliitlf!    Sit'/ir,  i-r  hroitvt  um 
sich  si'ini'it  Nobel,  Hodeckt  dio  llänidor  der  lionio.    Für  DK  v.  21)  1.  mit  SiEO- 
KKiKi)  '"p.    Di(!  Hütte  V.  2!)''  ist  offenbar  aus  Ps  18  u  entlelmt,  ohne  den  der  Aus- 
druck gar  nicht  verständlich  wäre.    niKtJ^n,  was  dun  Doimer  oder  Wettersturm 
bezeichnen  soll,  wird  Cap.  39  7  ganz  anders  gebraucht.    Da  v.  30^  offenbar 
V.  21>  ergänzen  soll,  so  ist  HK  füi-  1"11K  zu  lesen;  in  v'?j;  geht  das  Sufl".  auf  das 
Subj.,  Gott.    V.  30''  ist  völliger  Unsinn:  die  Wurzeln  des  Meeres  bedeckt  er. 
L.  D^in  ''B'KI  für  D'^n  ^^'^yi.    Den  „Nebel"  auf  den  Bergen  sah  man  bei  jedem 
Gewitter,  konnte  sich  al)er  sein  i)lötzliches  Erscheinen  niclit  erklären,  daher 
der  unbehih'liche  Ausdruck:  wer  begreift  die  Ausbreitungen  des  Gewölks! 
\\\  Wl  DoiiH  das  thut  er,  um  damit  die  Völker  zu  richten,  d.  h.  zu  versorgen, 
wie  der  folgende  Stichos  zeigt;  der  Regen  giebt  den  Lebewesen  die  Nahrung 
in  Fiillo  (T2DQnur  hierj.  Das  zweite  Distichon  v.  32  ist  vöUig  korrumpiert: auf 
Händen  deckt  er  Licht  und  giebt  über  sie  (sing.)  Befehl  gegen  die  Fürbitten- 
den.   Für  das  letzte  AV'ort  hat  bereits  Olshausen  VJEO  vorgeschlagen;  ist  das 
richtig,  woran  kaum  zu  zweifeln  ist,  so  muss  vorlier  vom  Schleudern  die  Rede 
sein.    Demgemäss  schreibe  ich  ^ny^j5''_l  ^1h*n  Di»?"  ')3''?K'  wo  »ja,  weil  das  Sufl". 
fehlt,  eher  die  Schleuder  (ISam25  2it),   als  die   Hand   bezeicimet:  Auf  dor 
Sohloiidor  irioijt  or  das  IJvht  lud  soliloiidorl  os  auf  das  '/AoL    Das  Licht  ist 
der  Blitz;  das  Bild  von  der  Schleuder  passt  um  so  besser,  als  Gott  im  Gewitter 
audi  nach  anderen  Stellen  Hagelsteine  schleudert.    Als  Krieger  erscheint  Gott 
auch  inj  folgenden  Vierzeiler  33' 37  l:  Es  inoldol  ihn  an  soin  Kriof/sruf,  An- 
oifornd  don  Zorn  (jotji'n  don  Frorol,  Erhohl  dandt  nirhl  doin  llorx  l  /ursprinf/f 
auf  ran  soinor  Slollo?    Der  Kriegsruf  (vgl.  Ex32i7)  eifert  den  Zorn  an  (1. 
i<3|50  nach  B(iTTCiiEi{)  wider  den  Frevel   (1.  mit  LXX  nblg):  ein  Satz,  der 
jträchtig  anhebt,  aber  matt  schliesst,  aber  was  sollte  ein  Elihu  mit  diesem 
West  halb  mythischer  Anschauung  besseres  anfangen?   Bei  dem  Dichter  sind 
es  doch  wenigstens  die  alten  Feinde  der  Lichtgottheit,  denen  die  Angst  in  die 
Glieder  fahrt,  wenn  Gott  jene  (xeschosse  schleudert,  mit  denen  er  sie  einst  be- 
siegte (Cap.  26  5).   Li  Cap.  37  i=»  1.  mit  Bickpill  nacii  LXX  (deren  Übersetzung 
nach  Cap.  36  -'S  verschlagen  ist)  vhT\  für  «)«  und  ^a*?  für  ''3'?,  denn  dass  Elihu 
sich  vor  dem  Gewitter  fürchtet,  kann  seinen  Zuhörern  gleichgültig  sein,  wenn 
sie  es  nicht  auch  thun.   IDIpBp  passt  nicht  sonderlich  zu  dem  Sui)j.  2^.    Er- 
haben zu  reden  versteht  der  Verf.  nicht;  dieser  Versuch,  die  Hörer  mit  fort- 
zureissen,  wirkt  eher  erheiternd,  als  erschütternd,  und  eine  grosse  Naivität  ge- 
hört dazu,  wenn  er  meint,  mit  dergleichen  auf  einen  Hiob  Eindruck  machen  zu 
kCmnen.    2  3  lli'iro  doch  auf  das  Tohon  seines  Doiinors  lud  das  (irollon.  das 
aus  soinoin  Miinilo  honinil :  l  ntor  doui  t/umon  lliunuol  lässl  or  os  fahrou   l  nd 
soiuon  li/i/i-  zu  dou  Sau  u/o/t  der  Erde.    Wenn  der  Zuhörer  erst  so  aufgefordert 
werden  nmss  zu  hören,  so  scheint  er  die  Sache  ziemlich  kaltblütig  zu  nehmen. 
Der  \"ei-f.  vergreift  sich  vollständig  in  den  Mitteln,  dies  Zapjieln  und  Sjirühen 
nützt  nichts,  um  so  wenijrer.  als  ein  Gewitter  doch  nicht  gerade  etwas  Ln- 


Hi37  2  176  Hi37  7 

gewöhnliches  ist.   Büdde  quält  sich  mit  ihm  ab,  er  preist  die  vielen  0-Laute 
und  die  Hauch-  und  Lippenlaute  an,  warum  nicht  auch  die  Zischlaute  und  die 
i  und  e?   Auch  dankt  der  Verf.  ihm  das  nicht:  während  Budde  in  diesem  Ge- 
witter einen  während  der  Rede  sich  abspielenden  Vorgang  und  damit  eine 
Vorbereitung  auf  den  Sturm  in  Cap.  38  i  erblicken  will,  geht  der  Verf.,  der 
diesen  „genialen  Griff"  gethan  haben  soll,  gleich  hinterher  ganz  ahnungslos 
zu  einem  Vortrag  über  Schnee  und  Eis  über,  —  eine  wirklich  schnöde  Rück- 
sichtslosigkeit gegen  den  Mann,  der  ihn  durchaus  —  übrigens  gewiss  sehr 
gegen  seinen  AVillen  —  zum  Dichter  des  Hiob  machen  will.    Für  ^V?^  1-  mit 
LXX  V^^-    ^1^  ^-  3  nur  hier.    Die  Erde  denkt  sich  der  Verf  in  Überein- 
stimmung mit  den  alten  Volksvorstellungen  sehr  klein,  hat  in  dieser  Beziehung 
also  von  den  Griechen  noch  nicht  viel  gelernt.    Den  folgenden  Vierzeiler  4 
wollte  man  gern  preisgeben:  Aach  ihm  brüllt  sein  Donner,  Gott  lärmt  mit 
seinem  Donner,  Seine  Kehle  hemmt  er  nicht.  Aus  seinem  Munde  l'dsst  sich 
hören  sein  Donner.   Nach  ihm,  d.  h.  nach  dem  Blitz,  denn  der  Donner  Avird 
als  Gottes  Stimme  gedacht,  kann  ihm  selbst  also  nicht  nachbrüllen.   Zu  dem 
folgenden  ^lp3  DJ;t  bietet  v.  5=^  die  bessere  Variante:  iblpa  "?«  DJ;T  (Qal  wohl 
besser  als  Hiph.);  auch  im  ersten  Stichos  wird  "i^lp  zu  lesen  sein.   Das  lilKIl, 
das  jetzt  vom  Vorhergehenden  abgestossen  wird,  verwandeln  wir  um  so  lieber 
in  1i1"l2,  als  wir  damit  das  jetzt  fehlende  01)j.  zu  3j5J^"*^  (aramäisch)  erhalten;  vor- 
her ist  das  1  in  ^\  zu  tilgen  und  die  folgenden  Konsonanten  ""Dö  zu  VBö  zu  er- 
gänzen.  Zu  dem  Ausdruck  die  Kehle  hemmen  vgl.  Jes  58  i.   Das  wiederholte 
'^1p  soll  malen  wie  in  Ps  29,  wo  es  aber  eine  bessere  Wirkung  hervorbringt; 
aber  die  schönste  Tonmalerei  wäre  in  einem  Zusammenhang,  der  Lehren  vor- 
tragen und  gegnerische  Ansichten  berichtigen  soll,  nichts  weiter  als  ein  Fehler. 
Die  LXX,  die  v.  2— 5^  auslässt,  thut  eigentlich  dem  Elihu  kein  Unrecht  an, 
doch  ist  ihre  Auslassung  leider  kein  sicherer  Beweis  dafür,  dass  auch  der  Ur- 
text diese  Verse  nicht  hatte.         5  6  Das  erste  Distichon  ist,  wahrscheinlich 
durch  den  Einfluss  der  in  v.  5  eingedrungenen  Variante,  verstümmelt;  da  diese 
Variante  ursprünglichen  AVortlaut  absorbiert  haben  kann,  so  schlage  ich  vor 
zu  schreiben:  ITixböi  *?«  liST:  Gott  liisst  uns  Wunder  sehen,  Thut  Grosses,  das 
wir  nicht  verstehen,  eine  Üljerleitung  zu  den  folgenden  Naturbildern.   Li  v.  6* 
ist  «50  aram.  mit  K  statt  mit  n  geschrieben.   In  v.  6''  sind  zwei  Wörter  ver- 
sehentlich doppelt  geschrieben.   Da  der  Plur.  miiao  sonst  nicht  vorkommt  und 
DK^5  mit  dem  anderen  AVort  für  Regen  schwerlich  im  stat.  constr.  verbunden 
werden  kann,  so  lese  ich  \^T\  "l^DI  Dtl^^:  Denn  dem  Schnee  befiehlt  er:  stürze 
zur  Erde,  Dem  Guss  und  lief/en:  werdet  mächtiff!  A^or  den  beiden  Subst.  in 
V.  6''  ist  b  aus  V.  G '  hinzuzudenken.   Zu  ttj;  vergl.  Prv  8  28  (Hoffmann  liest  ähn- 
lich Vi)}).   Regen  und  Schnee  fallen  im  AVinter,  da  ist  der  Mensch  an  das  Haus 
gebannt  und  das  Tier  in  seine  Höhle:  7  8  Die  Menschen  schliesst  er  ein, 

Damit  alle  Sterblichen  erkennen  sein  Thun,  Und  es  geht  das  Wild  in  die  Höhle 
Und  verbleibt  in  seinen  Schlupficinkeln.  "V^  v.  7  würde  heissen:  mit  der  Hand, 
1.  daher  nj;3;  vielleicht  sollte  man  nach  Cap.  24  16  Dnri';  (oder  D'^Pn;;)  punktieren. 
Von  den  beiden  ^3  ist  das  erste  am  Leichtesten  zu  entbehren.  Li  v.  7''  1.  t^liN 
für  "^ki^iS  (Budde  will  '^Tt^'^  aus  gewohntem  Schabernack  gegen  den  A^erf ,  der 


Hi  :57  8  177  Hi37l2 

aber  doch  j^ewiss  richtig  Ht^j;  Kin  geschrieben  hätte,  wenn  er  unglücklicher 
AVeise  ins  Pathos  verfallen  wäre).  Für  Gottes  Walten  hat  LXX  des  Menschen 
Ohnmacht  in  ihrem  Ti'xt  gefunden,  was  eigentlich  besser  Aväre;  wüsste  man 
nur,  was  sie  gelesen  liat!  LXX  liat  auch  nocli  ein  nacli  Cap.  36  28  versprengtes 
Randcitat  zu  v.  8.  9  1()    Von  f/rr  Kiinniier  ilt'x  Siiilena  kommt  der  Sturm 

1 11(1  ron  (Irii  .\t)r(l.sli'rnrn  ilii'  Kälte:  Vom  llinirlif  (intlrs  ijn'lttii  Eis,  lud 
wi'itcs  (ii'icä.isrr  lii'fit  in  Zirant/.  Dass  Tinn  (mit  chui  Art.!)  eine  bestimmte 
Kammer,  in  der  der  Sturm  schläft,  bedeuten  soll,  ist  möglicli,  aber  doch  nicht 
sehr  walirscht'inlieh;  wäre  der  Text  in  v.  9*  al)er  dennoch  richtig,  so  müsste 
man  D'IJO  v.  9''  nach  dem  Vorschlag  von  Voigt  in  D^ltD  (I*s.  144  13)  verwandeln, 
wo  dann  aber  der  Art.  vermisst  würde.  Mir  scheint,  Ktib  hat  den  Art.  vor 
"nn  gesetzt,  weil  es  eine  nähere  Bestimmung  vermisste,  diese  steckt  :iber  in 
«13P,  wofür  nacli  Oap.  9  9  ]D^ri  zu  schreiben  ist;  zu  dem  Sturm  aus  Süden  vgl. 
»Sach  Mi4;  Ps78  26;  dass  die  Sterne  das  Wetter  regieren,  ist  eine  unter  den 
Semiten  seit  Alters  (Jdc  520)  verbreitete  Annahme.  Q'^IJO,  vielleiclit  „die  Zer- 
streuenden", nändich  Sterne  (nicht  AVinde,  «la  sonst  wohl  das  Wort  im  femin. 
stände),  wird  von  der  Vulg.,  vielleicht  auch  von  der  LXX,  auf  den  Arctur  ge- 
deutet, also  auf  einen  Stern  oder  besser,  wegen  des  plur.,  auf  ein  Sternbihl,  das 
zu  Anfang  des  AVinters  abends  am  nördlichen  Horizont  auftaucht  und  darum 
für  d«'n  Sendei*  der  Kälte  gehalten  werden  mochte.  In  v.  10"  ist  n)ehrfach  \l\\ 
statt  des  activ.  vorgeschlagen,  das  in  der  That  nötig  wird,  wenn  der  Text  richtig 
ist.    Durch  die  Eisdecke  wird  das  Wasser  eingeengt  vgl.  Cap.  38  30.  II  12' 

t  nd  f/iir  mit  Ihijii'l  ttrltislrl  or  das  (ir/ri'd/i.  Es  streut  dir  Wolkr  sriiwii  />/i/i- 
(tiis:  l  Hd  der  riniisum  ■ii((/,r//d  Zir/i/  innlirr  indcr  seiner  Stenerumj.  ^1.21  soll 
aus  2  und  ^1  bestehen  und  letzteres  Xetzung.  (Umn  Mass  l)edeuten;  aber  wie 
könnte  Elihu  sagen:  gar  mit  Nass  belasti't  Gott  die  Wolke?  ist  sie  denn  eigent- 
licli  mit  etwas  anderem  belastet  oder  zu  belasten?  L.  T32,  da  der  Hagel  (die 
Hagelsteine  .los  10  ii)  mit  zum  Gewitter  gehört  und  (scheinbar)  noch  schwerer 
ist  als  die  Wassertropfen;  die  Ideenfolge  ist:  Kälte,  Eis,  Hagel.  In  v.  11'' 
ist  ]iy  auffällig,  einmal  wegen  des  N'erbums  |'^p\  da  Gewölk  nicht  wie  Samen- 
körnei-  oder  Pfeile  ausgestreut  werden  kann,  sodann  wegen  der  Fortsetzung, 
wo  das  Subj.  nicht  die  Wolke,  sondern  der  Blitz  ist.  Entwe<ler  hat  für  )iy  ein 
ganz  anderes  Wort  im  Text  gestanden,  das  etwa  den  Sinn  Speere,  Pfeile  oder 
dergl.  hatte  (etwa  ^ii^).  oder  man  nniss  ]ij?  sehreiben:  die  AVolke  streut  seinen 
Blitz  aus.  Dem  zweiten  Distichon  fehlt  das  Verbum;  ich  bin  mit  Budük  darin 
zusammengetroffen,  dass  ^Vnni  neben  dem  illndich  aussehenden  pait.  aus- 
gefallen sei.  nur  dass  ich  es  letzerem  nachstelle:  und  während  (Zustandssatz) 
dieser  überall  zuckt,  sich  schlängelt,  zieht  er  u.  s,  w.  "^Snnp  steht  Gen  3  j*  von 
dem  „beständig  kreisenden"  (d.  h.  zum  Flug  bereiten)  messerbesetzten  Diskus 
der  Gottheit.  Während  es  scheint,  als  ob  die  Blitze  ziel-  und  wahllos  durch 
die  Luft  zucken,  wandern  sie  thatsächlich  unter  Gottes  Steuerung  (sprich  mit 
Ktib  in'?^2nj?).  12^'  13    Damit  sie  alles  tliun,  trau  er  sie  heisst.  Auf  dem 

Erdkreis  nach  seinem  Willen.  Matj  er  es  zur  Zurlitru/e  und  zum  Elue/i,  Mut/ 
er  es  ;///•  I/uld  ausziehen  lassen.  In  dem  plural.  Suftix  kommt  die  collect.  Be- 
deutung von  ni«  zur  Geltung;  gleich  hinterher  wieder  der  sing.    Das  n^"iS  h2T\ 

Kurzer  HC  zum  AT  XVI  12 


Hi37i2  ;  178  Hi37is 

ist  hier"'ebenso  unsinnig  wie  Cap.  34  13;  für  letzteres  AVort  schlage  ich  US"!?  vor 
vergl.  z.B.  Est  1  8.  In  v.  13^  lies  n']«o'?T  für  ISI^V-D«  und  vergl.  dazu  Henoch 
59  („sie  bhtzen  zum  Segen  und  zum  Fluch,  wie  der  Herr  der  Geister  es  will"). 
Auch  mit  in«^I?^  er  lässt  es  finden  (oder  hingelangen?),  ist  nichts  Rechtes, 
anzufangen;  wahrscheinlich  ist  das  Wort  verschrieben  aus  !l^^^l^"i"'  (oder  DN^I'^). 
14  15  Elihu  schickt  sich  nun  an,  abzuschliessen:  Hiob  muss  doch  endlich  be- 
greifen, dass  er  mit  seiner  Kritik  gegen  Gott  nicht  aufkommen  kann.  In  v.  14 
gehört  nbS?  noch  zum  ersten  Stichos:  t?'itt  her!  v.  15:  Verstehst  du' s,  wenn  Gott 
seine  Werke  thut,  Und  das  Licht  seiner  Wolken  leuchten  lässt?  In  v.  15^  1. 
nach  LXX  vbj/S  "p«  für  nrrhv  ni'^S  (vergl.  Bickell).  Die  Frage  selbst  ist- 
Nachahmung  der  folgenden  Gottesreden.  Der  letzte  Stichos  ist  nur  Vor- 
bereitung auf  den  folgenden  Vierzeiler  16  17:  Verstehst  du  was  vom  Schiceben 
des  Getcölks,  Das  eine  Wasserflut  herabstürzt  beim  Donner,  Wann  deine 
Kleider  heiss  sind,  Wenn  die  Erde  ausruht  bei  südlicher  Hitze?  VT,  ausnahms- 
weise mit  bj^  konstniiert,  offenbar  deswegen,  weil  es  mehr  absolut  gebraucht  ist: 
Kenntnis  haben.  ty^BO,  a::.  Xs*/-.,  in  tJ''^Bö  zu  ändern,  das  doch  auch  aTt.  Xsy.  ist,. 
liegt  kein  Grund  vor;  es  passt  sogar  besser  als  letzteres,  da  das  leichte 
Schweben  der  Wolken  im  Gegensatz  zu  dem  Inhalt  des  folgenden  Stichos  steht. 
Letzterer  heisst  allerdings  im  M.  T.:  die  Wunder  des  an  Einsicht  Vollkom- 
menen, das  ist  aber  um  so  gewisser  nur  erraten,  als  eben  vorher  (v.  14)  erst 
von  den  Wundern  Gottes  die  Eede  war.  Ich  schlage  vor,  mit  LXX  das  «  im 
ersten  Wort  und  ferner  die  verschiedenen  matres  lectionis  zu  tilgen  und  zu 
lesen:  DJJ10  Diiri  ^SI3:  das  Gewölk,  das  so  leicht  in  der  Luft  schwimmt,  lässt 
doch  infolge  des  Donners  ungeheure  Wassermassen  (zu  Dinri  in  diesem  Sinn 
vgl.  Ps42  8)  niederstürzen.  Budde  streicht  v.  15  16  wegen  ihrer  Gefährlichkeit 
für  die  Echtheit  des  Elihu;  sie  sind  nicht  besser  und  nicht  schlechter  als  alle 
übrigen  Verse  Elihus,  sind  hier  aber  unentbehrlich,  weil  durch  die  unmittel- 
bare Verbindung  von  v.  17  mit  14  der  lächerliche  Sinn  entstehen  würde,  Hiob 
solle  Gottes  Wunder  in  erhitzten  Kleidern  betrachten.  Hinter  v.  15f.  kann 
das  1^«  nur  Konjunktion  sein:  dann,  wenn;  der  in  v.  15f.  beschriebene  Ge- 
witterregen stürzt  dann  hernieder,  wenn  eine  drückende  Hitze  und  südlicher 
Wind  voraufging.  Da  T.  18,  der  in  der  LXX  fehlt,  augenscheinlich  zu  y.  21 
gehört,  so  lassen  wir  erst  19  20  folgen :  Belehre  mich,  was  sollen  wir  ihm  sagen  ? 
Nicht  kommen  wir  auf  vor  Dunkelheit !  Giebts  einen  Tadler  für  ihn,  wenn  er 
redet,  Oder  sagt  ein  Mann,  dass  er  verwirrt  sei?  Ihm  sagen,  verkürzt  für: 
'  gegen  ihn  sagen.  Zu  '^'Ij;  (vergl.  Cap.  36  19)  ist  das  l*?  ebenfalls  hinzuzudenken. 
Die  Dunkelheit  ist  die  Unwissenheit  in  den  physikalischen  Dingen,  aus  der  die 
Unwissenheit  betreffs  der  göttlichen  Weltregierung  logischer  Weise  folgt. 
V.  20^  ist  im  M.T.  unverständlich:  wird  ihm  erzählt  werden,  dass  ich  rede? 
Wäre  denn  das  so  wichtig?  Lies  "llD"'.  (Cap.  40  2)  für  1SD^  ferner  13T,  yh'l  ver- 
wandt mit  biVa,  zu  unterscheiden  von  yh'^  verschlingen  s.  Buhl  im  Lexikon. 
Der  Vers  zeigt  wieder  die  Abhängigkeit  Elihus  von  den  Gottesreden.  18 21"** 
Giebst  du  mit  ihm  dem  Himmel  Festigkeit,  Der  fest  ist  v'ie  ein  gegossener 
Spiegel?  Und  dann,  sieht  man  das  Licht  nicht.  So  fährt  ein  Wind  daher 
und  reinigt  ihn.   pr\^  und  D'^pHB'  bedeutet  oft  den  Himmel  vgl.  besonders 


Hib7is  17;)  Hi37  2"^ 

J^rv8  28,  Wiihischciiilicli  iiiclit,  wcni^sttiis  nicht  an  unserer  Stelle,  abj^eleitet 
von  dem  Begriff  Wolke  (Wolkenhinimel),  sondern  eher  direkt  von  dem  Betriff 
polieren,  mit  einem  Pulver  hlank  reiben.    Das  Hiph.  rp"!"^»  al^olut  gehraucht, 
kombiniert  man  am  besten  mit  der  Bedeutung  des  (^al:  fest  machen  .Fes 42 5; 
der  Hinnnel  ist  so  fest  wie  ehi  Metallspiegel.   In  v.  21  will  man  den  Gedanken 
linden,   dass   der  Mensch  nicht  ins  Licht  blicken   kann,  aber  das  steht  doch 
nicht  da;  wenn  man  das  Licht  nicht  sieht,  so  ist  es  entweder  unsichtbar  oder 
der  Mensch  ist  blind.   Mir  scheint,  dass  v.  21  '*  (es  leuchtet  am  Himmel)  durch 
Zufall  oder  Konjektur  an  seinen  jetzigen  Platz  geraten  ist  und  vielmehr  hinter 
V.  22'  stehen  sollte.    Dann  ist  11«  1K"J  «'?  ein  N'ordersatz:  sieht   man  an  dem 
blanken  Hinnnelsspiegel  einmal  das  Licht  nicht,  weil  er  nämlich  durch  Ge- 
wtdk geschwärzt  ist,  so  muss  ihn  der  Wind  reinigen,  indem  er  die  Wtdken  ver- 
jagt.   Letzteren  Satz  hätten  die  LXX  nach  Bl'dde  gestrichen,  „weil  ihnen  die 
dramatische    Entwickeluug   verborgen   blieb."    Er  verbindet   nämlich   diese 
Schilderungen   am  Sciduss  mit  denen  des  Gewitters,  und  die   .,dramatische 
Knt  Wickelung"  besteht  darin,  dass  erst  ein  Gewitter  konnut,  darauf  der  bleierne 
Wcdkenhinnnel  durch  den  Wind  rein  gefegt  wird  und  „Gold"  von  Norden 
kommt,    endlich    G<»tt    im  —  Wettersturm  erscheint.    Daraus  könnten  die 
Meteorologen  noch  viel  lernen.  Wer  diese  Erklärung  nicht  glaubt,  sieht  „den 
Wald  vor  lauter  Bäumen  nicht".    Das  Schlimmste  ist,  dass  Elihu  selber  von 
seiner  dramatisch  meteorologischen  Weisheit  nichts  zu  ahnen  scheint,  denn  er 
lllhrt  ganz  unbefangen  fort  22' 21''  22 '23':  Vom  yordcn  her  komnil  (ihm-:..  Hell 
leuchtet   er  tun  llhninel:    Vor    Kl  nah  ist  schrecklich  die  Majeslät.   Den   Ml- 
iniichtifien  linden  irir  nicht.    Da  2nj  schwerlich  G<»ldglanz  bedeuten   kann, 
w  elcher  Ausdruck  sonst  hier  sehr  willkonnuen  wäre,  so  muss  man  w  ohl  int  da- 
für schreiben;  dieser  Glanz,  der  von  Norden  kommt,  natürlich  nicht  in  dem 
Augenblick,  wo  Elihu  vom  Blitz,  Schnee,  Eis  und  dergl.  redet,  sondern  dann, 
wenn  er  kommt,  zu  gewissen  Zeiten,  gilt  dem  Verf.  offenbar  als  überirdisch, 
vom  Wohnsitz  Gottes  ausstrahlend,  den  man  sich  seit  dem  Exil  im  Norden 
«lachte  (vgl.  Hes  1  4  mit  Cap.  8  2).    Entsprechend  der  realistischen  Physiko- 
Theologie  der  letzten  -Jahrb.  vor  Chr.  hat,  wie  es  scheint,  der  Verf.  ein  be- 
stimmtes, am  Nordhimmel  sichtbares  Lichtphänomen  als  eine  Ausstrahlung 
aus  Gottes  AVohnsitz  gedeutet,  und  es  liegt  nahe,  dabei  an  das  Nordlicht  zu 
denken,    v.  21''  könnte  zwar  zur  Not  vor  v.  22  bleiben  wie  in  LXX.  wo  er 
doppelt  übersetzt  ist,  und  das  «n  auf  IIS  v.  21'  bezogen  werden,  sodass  dann 
der  Nordglanz  als  Neues  hinzukäme,  doch  wird  die  Darstellung  nmder,  wenn 
V.  21''  nach  v.  22"  gesetzt  und  «M  auf  Vli  bezogen  wird;  vielleicht,  dass  THS 
(nur  hier)  wegen  Tlt  gewählt  ist.    Li  v.  22''  ist  Hl^K'^X  (^K?  gegenüber,  vor, 
Gottes  Gestalt  verdeck"^d)  wohl  der  Emphase  wegen  dem  Prädikat  «nii  voran- 
gestellt; lin  fällt  sachlich  mit  "IHT  zusammen.  Weitläufig  ausgemalt  ist  die  hier 
zu  Grunde  liegende  Vorstellung  im  B.  Henoch  Cap.  14.    Den  Glanz  sehen  wir 
Menschen,  aber  den  Allmächtigen  selber  finden  wir  nicht :  thöricht  war  es  also 
von  Hiob,  zu  wünschen,  dass  er  ihn  finden  und  zu  seinem  Thronsitz  gelangen 
möge  (23  z).   Auch  der  Vei-f.  des  B.  Henoch  betont  ausdrücklich,  dass  Henoclis 
Zulassung  zu  Gott  eine  sich  nicht  wiederholende  Ausnahme  sei.   Unser  Verf. 


Hi  37  22  180  Hi  38  1 

hat  schon  Cap.  32  i3  gegen  die  Gotteserscheinung  beim  Dichter  des  Hioh  pole- 
misiert, die  er  gar  nicht  für  nötig  hielt,  die  für  ihn  auch  wegen  der  U'''i'hll  nicht 
blos  überflüssig,  sondern  anstössig  sein  muss,  hat  doch  die  Angelologie  dieser 
späteren  Zeit  gerade  den  Zweck,  den  Zwischenraum  zwischen  Gott  und  den 
Menschen  zu  vergrössern.  Ist  nun  aber  die  Bemerkung,  dass  Gott  sich  vor 
uns  verbirgt,  nicht  eine  Bestätigung  der  Meinung  Hiobs,  dass  Gott  sich  um  das 
AVeltregiment  nicht  kümmert?  Nein,  Gott  ist  nun  einmal  gerecht.  23'"=  24 
Gross  an  Kraft  und  reich  an  Gerechtigkeit,  So  icird  er  das  Recht  nicht  beugen; 
Darum  sollen  ihn  fürchten  die  Menschen,  Doch  den  Eigenkhigen  sieht  er  nicht 
an.  nj^ns  y\\,  wie  zu  schreiben  ist  (statt  "3"!),  muss  vor  tSE^pi  (oder  blos  tDBK'p 
ohne  1)  stehen;  der  Verf.  hält  den  persönlichen  Begriff  nj^Hi'  und  den  sachlichen 
p"i;j  und  taEü^jp  überall  auseinander.  In  v.  24^  ist  mit  LXX  init<T.  auszusprechen. 
Das  letzte  Distichon  erinnert  wieder  ganz  anEliphas:  dem  allmächtigen  Gott, 
vor  dem  die  Menschen  nichts  sind,  soll  man  sich  in  Furcht,  «"IST.,  unterwerfen, 
darin  besteht  die  wahre  Weisheit,  von  der  nur  die  „Listigen",  wie  Eliphas 
sagte,  oder  die  Eigenklugen  (vgl.  zu  36  20)  nichts  wissen  wollen.  Das  letzte 
Sätzchen  wirft  noch  einen  Speer  gegen  den  Dichter  des  Hiob,  dessen  Gott  nicht 
blos  den  Hiob  ansieht  (vgl.  auch  Cap.  42  8  9),  sondern  ihm  sogar  erscheint. 
Der  ganzeVierzeiler  aber  zeigt  noch  einmal  die  Unverbesserlichkeit  des  Theore- 
tikers, der  nur  leere  Behauptungen  aufstellt  gegen  den  Nachweis,  dass  in  den 
Geschicken  der  Menschen  die  ausgleichende  Thätigkeit  des  göttlichen  Welt- 
regenten nicht  zu  erkennen  ist.  Gott  ist  erhaben,  darum  ist  er  gerecht,  das  ist 
das  letzte  Wort  dieser  verrannten  Theologie,  die  für  die  Lehren  der  wirk- 
lichen Religion  und  die  Bedürfnisse  einer  gottsuchenden  Seele  in  alle  Ewig- 
keit blind  ist. 

Cap.  38  1—42  6.   Die  Gottesreden. 

Auch  das  Volksbuch  hat  nach  Cap.  42  7  Gott  mit  Hiob  reden  lassen,  und  da  er  v.  8 
ausdrücklich  sagt,  dass  Hiob  recht  von  ihm  geredet  habe,  so  wird  er  ihn  gelobt  haben 
wegen  seines  standhaften  Festhaltens  an  seiner  Frömmigkeit  und  seiner  willigen  Unter- 
werfung unter  Jahwes  Belieben  (vgl.  Cap.  1  21;  2  10).  So  kann  nun  aber  der  Dichter  Gott 
nicht  sprechen  lassen  zu  seinem  Hiob,  der  sich  durchaus  nicht  stillschweigend  in  sein 
Geschick  gefügt  und  noch  dazu  Gott  gepriesen,  der  ihn  vielmehr  herausgefordert  und  der 
die  Möglichkeit  bestritten  hat,  Gottes  gerechtes  Walten  in  den  Geschicken  der  Menschen 
zu  erkennen.  AVas  muss  Gott  beim  Dichter  sagen?  Eigentlich  sollte  er  nachweisen,  dass 
dennoch  die  Welt  von  ihm  gerecht  regiert,  dass  die  Guten  von  ihm  gesegnet,  die  Bösen 
unschädlich  gemacht  werden,  oder  er  sollte  einen  ausreichenden  Grund  angeben,  warum 
das  nicht  geschieht.  Aber  das  ist  offenbar  nicht  möglich ;  der  Dichter,  dessen  Mund  Hiob 
war,  müsste  seine  eigenen  Ansichten  verleugnen,  wenn  er  hinterher  etwas  bestreiten  wollte, 
was  er  Cap.  21  mit  so  schneidender  Klarheit  ausgeführt  hat,  oder  wenn  er  etwa  jetzt  plötz- 
lich den  Mangel  eines  gerechten  Regiments  durch  einen  eschatologischen  Hinweis  auf  ein 
Jenseits  rechtfertigen  wollte,  für  das  sich  Gott  die  geforderte  Ausgleichung  vorbehalten  habe. 
In  Wahrheit  steht  der  Dichter  einem  unlösbaren  Problem  gegenüber,  da  er  den  Gedanken 
einer  besseren  Welt  verschmäht;  eine  wirklich  befriedigende  Theodicee  kann  ihm  nicht 
gelingen.  AVii'd  er  nun  etwa  wie  der  Buddha  Welt  und  Leben  für  eitel  Täuschung  und  Leid 
erklären  und  in  der  Auslöschung  des  Seins  die  einzige  Rettung  erblicken?  Geradezu  das 
Gegenteil  davon  thut  er.  Er  schildert  in  den  Gottesreden  mit  einem  gewissen  Enthusiasmus, 
man  möchte  sagen,  mit  Frohlocken,  das  herrliche  Wunder  der  Welt  und  die  Wunder  in  der 


Hi38l  181  Hi38s 

Welt.  Er  bejubelt,  dass  sein  Gott,  dessen  Gerechtigkeit  er.  obgleich  er  sie  an  sich  nicht 
bezweifelt,  in  den  menschlichen  Geschicken  nicht  erkennen  kann,  in  der  Schüpfung  „Rat" 
und  Grösse  bewiesen  hat  und  beweist;  nur  kann  is  der  Mensch  nicht  weiter  bringen,  als 
dass  er  beides  fühlt  und  ahnt,  begreifen  kann  er  es  nicht.  So  fasst  der  Dichter,  dessen 
Realismus  sich  aucli  hier  nicht  verleugnet,  mutig  den  Stier  bei  den  Hörnern:  die  "Welt 
ist  wunderbar  und  heirlich,  aber  sie  ist  ein  Rätsel  —  so  sei  sie  ein  Rätsel!  Es  ist  die 
Frömmigkeit  des  .Skeptikers,  die  in  diesen  Reden  zu  uns  spricht.  Und  schliesslich  ist 
doch  ein  Gott  und  Hiob  darf  ihn  sehen!  Das  Sehen  Gottes  versöhnt  ihn  mit  allen  Leiden 
und  Rätseln;  er  wirft  sie  von  sich,  er  will  gerne  sterben,  weil  er  Gott  gesehen  hat.  Es  ist 
die  geniale  Kühnheit  der  Religion,  setzen  wir  hinzu,  die  aus  diesem  Schlussgedanken  heraus 
redet.  Eine  Welt  voll  von  Ungereehtigkeit,  ein  Leben  im  Frohudienst  verbracht  und  in 
unsäglichen  Leiden  endend,  eineSehöipfung  von  rätseiliafter  Grösse  —  aber  ein  Gott,  dessen 
er  halihaft  geworden  ist,  den  zu  schauen  ihm  mehr  wurt  ist,  als  allis,  was  im  Himmel  und 
auf  Erden  ist:  das  ist  das  trotzig  demütige  Schlusswort,  mit  dem  Hiob  vom  Leben  Ab- 
schied nimmt. 

Nach  den  Plattheiten  des  gedankenlosen  Elihu  wirkt  es  erfrischend,  von  der  Upr)  '; 
des  Dichters  angefasst  zu  werden.    Ob  dieser  die  Überschrift 

Cap.  38  1  selbst  verfasst  oder  aus  dem  Volksbuch  lierüberpenommen  hat, 
köiineu  wir  nicht  entscheiden.  Für  das  Letztere  spricht  nicht  gerade  der  Naiue 
Jahwe,  da  der  Dichter  bisher  noch  niemals  TJelegenheit  gehabt  hat,  Gott  in 
der  eigenen  Rede,  die  sich  ja  auf  die  Überschriften  beschränkte,  zu  erwähnen, 
vielleicht  aber  der  Ansdriick  iTlJJDn  iO  (warum  Ktib  ]p  mit  dem  Substant.  zu- 
isammenschweissen  will,  w isscn  wir  nicht j,  ans  tloni  Sliinn  /icrtnis,  der  so  klingt, 
als  sei  von  diesem  Sturm  die  Rede  gewesen,  während  der  Dichter  derartigen 
dramatischen  Aiifiuitz  der  Scene  wohl  nicht  gerade  für  nötig  befunden  hätte. 
Auch  das  21'{<"DISt,  das  entbehrt  werden  könnte,  entspricht  den  Gewohnheiten 
der  volkstümlichen  Erzählung,  vgl.  Cai).  1  s  9  12;  2  3  4  6.  In  LXX  ist  diese  Über- 
schrift von  späterer  Hand  noch  erweitert.   Der  einleitende  Vierzeiler 

2  3  giebt  die  Absicht  des  göttlichen  Redners  an.  dem  Menschen  zu  be- 
weisen, dass  die  AVeit  für  ihn  ein  Rätsel  ist:  ]\rr  t/t/  n'nhinlit'U  Htil  Mil  Morlt'n 
ohne  Einsicht::'  (liirlr  ilocli  iric  ein  Mann  ilrinr  Lcnilcn.  Lass  mich  dich  fraijcn 
nnti  belehre  mich!  Für  "^^ü^no  iiat  Cap.  42 .;  und  LXX  an  beiden  Stellen  D''?J?'?' 
vielleicht  mit  etwas  anderem  Sinn:  wer  verbirgt  J{at,  d.  h.  wer  redet  thöricht. 
Aber  wegen  der  Wahl  des  AVortes  n^j;  hat  doch  wohl  der  Dichter  beabsichtigt 
zu  sagen:  wer  stellt  den  Kat,  d.h.  die  Planmässigkeit  in  Gottes  Walten  in  Ab- 
rede? V.  3  sagt  dann:  ich  will  dich  zwingen,  selbst  den  Beweis  zu  liefern,  dass 
du  nicht  der  ^lann  bist,  die  Welt  und  ihren  Schöpfer  auf  ihre  Vernunft  hin  zu 
beurteilen,  denn  du  kannst  nicht  die  einfachsten  Fragen  über  das  Was  und 
AVie  der  AVeit  beantworten,  wie  viel  weniger  sagen,  wie  es  besser  gemacht  wer- 
den könnte. 

Ein  modemer  Denker  würde  die  Frage:  wozu  ist  die  Welt,  der  Mensch  da?  für 
noch  wiclitiger  halten.  Dem  naiven  Denken  kommt  die  Frage:  wozu  ist  das?  wohl  gegen- 
über Störungen  des  Lebens,  nicht  gegenüber  dem  Leben  selbst,  das  ihm  etwas  Selbstver- 
ständliches dünkt.  Eine  Teleologie  dieser  Art  pflegt  erst  zu  entstehen,  wenn  man  mit  der 
AVeit  und  dem  Leben  zerfällt  oder  zu  zerfallen  droht.  Der  Dichter  hält  die  physikalische 
AVeit  und  das  Dasein  an  sich  für  etwas  Vernünftiges  und  Gutes  und  lässt,  noch  ganz  in 
Anspruch  genommen  von  der  AVissbegierde  über  die  Einrichtung  eines  Bau's,  sich  die 
Frage  gar  nicht  träumen,  wozu  der  Bau  da  ist  und  ob  er  nicht  besser  gar  nicht  da  wäre? 


Hi38  4  182  Hi38  7 

4—38  viermal  vier  Tetrastiche  über  Fragen  der  kosmisclien  Physik.  Die 
erste  Yierzahl  behandelt  die  Gründung  von  Erde  und  Meer,  die  zweite  deren 
äusserste  Grenzen,  die  dritte  die  Heimstätte  der  Meteora,  die  vierte  deren "Wir- 
kimgsart.  4  5  Wo  warst  du,  als  ich  die  Erde  gründete'^  Gieh  Bericht,  wenn 
du  Bescheid  weisst!  Wer  bestimmte  ihre  Masse,  dass  du's  wüsstest,  Oder  wer 
spannte  über  sie  die  Schnur?  Das  IS«?  ^'  4^'  fordert  natürlich  keine  Antwort 
auf  die  Frage:  wo  warst  du?  denn  dass  Hiob  bei  der  Weltschöpfung  noch  nicht 
existierte,  das  weiss  er  allerdings  (ni''3  yT,  wo  ni""a  nicht  das  Erkennen,  sondern 
das  Erkannte  bedeutet,  kommt  nur  bei  nachexilischen  Schriftstellern  vor).  Was 
er  nicht  weiss,  das  sind  die  im  Folgenden  ihm  abgefragten  Einzelheiten  desYor- 
gangs  der  Schöpfung.  Die  Frage  v.  4''  ist  also  eine  Umschreibung  für:  Kannst 
du  sagen,  wde  ich  es  machte,  als  ich  die  Erde  gründete,  ihr  Fundament  legte? 

Auf  diese  und  alle  folgenden  Fragen  kann  Hiob  keinen  Bescheid  geben,  behauptet 
Jahwe.  Diese  Behaui^tung  ist  nicht  identisch  mit  dem  Eingeständnis  Hiobs  in  CaiD.  9  3, 
dass  der  Mensch  Gotte  auf  tausend  Fragen  nicht  eine  beantworten  könnte :  wer  das  meint, 
müsste  entweder  den  Dichter  der  Gedankenlosigkeit  oder  Unklarheit  beschuldigen  oder 
die  Gottesreden  für  unecht  halten.  In  Cap.  9  handelt  es  sich  um  Gottes  Überlegenheit 
in  dem  Streit  zwischen  dem  B,ichter  und  seinem  Opfer;  diese  kann  man  zugeben  und 
doch  der  Meinung  sein,  in  der  Weltphysik  die  vollkommensten  Kenntnisse  zu  besitzen. 
Hier  soll  Hiob  sich  dessen  bewusst  werden,  dass  die  Welt  für  ihn  ein  unfassbarer  Wunder- 
bau ist  —  das  ist  eine  Einsicht,  die  wohl  demütigt,  aber  nicht  erbittert,  die  vielmehr  ge- 
eignet ist,  durch  den  Enthusiasmus,  den  sie  in  dem  Betrachter  des  Wunderbaus  hervor- 
bringt, ihn  über  sein  eigenes  kleines  Geschick  hinwegzuheben.  Wollte  jemand  einwenden, 
dass  Gottes  Richter-  und  Regenten thätigkeit  darauf  beruht,  dass  er  die  Welt  geschaffen 
und  ihr  sein  Gesetz  gegeben  hat,  so  möge  man  sich  erinnern,  dass  dieser  logische  Zu- 
sammenhang viel  weniger  besagt,  als  die  religionsgeschichtliche  Thatsache,  dass  Gottes 
Herrscheramt  ein  uralter  Gedanke  ist,  der  Schöpfungsgedanke  hingegen  für  den  Dichter 
noch  ziemlich  neu,  dass  jener  erstere,  wie  schon  das  Volksbuch  verrät,  zu  vielen  Kom- 
plikationen, Zweifeln,  Widersprüchen  Veranlassung  gegeben  hatte,  der  letztere  aber,  der 
überhaupt  das  individuelle  Leben  nicht  direkt  berührte,  noch  immer  die  frische  Bewun- 
derung und  Freude  hervorrief,  mit  der  ihn  der  erste  Schriftsteller,  der  sich  ausführlicher 
mit  ihm  beschäftigte,  Deuterojesaia,  begrüsst  hatte. 

6  7  setzt  die  Frage  über  die  baumeisterliche  Thätigkeit  Gottes  bei  der 
Weltschöpfung  fort:  Worauf  wurden  ihre  Grundfesten  eingesenkt,  Oder  wer 
warf  ihren  Eckstein,  Als  jubelten  alh-umal  die  Morgensterne  Und  jatich%ten 
alle  Göttlichen?  Die  Antwort  auf  die  erste  Frage  würde  nach  Cap.  26  7  lauten: 
auf  das  Nichts;  vielleicht  ist  das  auch  hier  gemeint  und  damit  die  Unbegreif- 
lichkeit derWeltstatik  für  den  Menschen  hinlänglich  dargethan.  HT  wie  jacere: 
der  schwere  Eckstein  wird  von  der  Maschine,  die  ihn  an  Ort  und  Stelle  bringt, 
auf  den  weichen  Boden  geworfen,  die  folgenden  Steine  auf  ihn  gelegt.  Der 
Grundsteinlegung  jubelten  zu  die  Hausgenossen  Gottes,  die  Sterngeister,  von 
denen  poetisch  konkret  nur  die  Morgensterne,  die  ja  gleichsam  jeden  Morgen 
die  Schöpfung  aus  dem  chaotischen  Dunkel  der  Nacht  sich  losringen  sehen, 
genannt  werden,  und  die  Gottwesen  (s.  zu  Cap.  1  6).  Im  Gegensatz  zu  Gen  1 
sind  hier  die  Sterne  älter  als  die  Erde,  der  Dichter  hat  jenes  Cap.  wohl  noch 
nicht  gelesen;  wahrscheinlich  denkt  er  sich  auch  den  Himmel  älter  als  Wohn- 
sitz jener  Geister.  Der  Dichter  stellt  sich,  eben  wde  ein  Dichter,  die  Welt- 
schöpfung als  einen  Hausbau  vor,  der  Verf.  von  Gen  1  in  einer  Art  von  primi- 


Hi  38  7  183  Hi  38  12 

tiver- Naturwissenschaft  als  einen  Scheiclungs-  und  Ausscheidungsprocess  der 
xiUes  in  sich  entlialtenden  Materie.  Nach  der  Erde  kommt  d;is  Meer  an  die 
Reihe,  aher  natur^emäss  in  j^anz  anderer  Weise  8  0:  IIVt  sriilosx  das  Meer 
mil  T/iiiren  ein.  Da  es  üu/'</uo//,  aus  dein  Miillerschtisslierrnrldiin!  Als  ieh 
(jeirülk  niaclile  in  seinem  Ixleid  t  ntf  \\ Olkeinlunliel  iii  seiner  Winde/.'  Für 
^DM,  LXX  "qp«].  1.  mit  Meux  u.  a.  "^D  'p  (oder  "^  ^01),  denn  v.  8  ff .  Uisst  sich 
nicht  einfach  an  v.  6*^  anhäu^'en.  Das  Meer  wird  als  lebendig  gedacht  und 
nicht  als  ein  AN'erk  Gottes,  sondern  als  ein  Kind  des  Chaos,  der  l'ntenvelt,  die 
mit  dem  Mutterschoss  gemeint  sein  muss.  Es  war  ein  wildes  Wesen  und  be- 
drohte Gottes  Bau,  nmsste  daher  eingehegt  werden  (vgl.zuCap.7  12;  9  13;  26  12). 
Für  dieThiiren  hätte  man  hier  gern  ein  anderes  Bild,  um  so  mehr,  als  sie  v.  10 
wieder  vorkommen.  Das  dunkle  Gewölk,  das  nach  allgemeiner  Vorstellung  der 
Alten  den  erdumgürtenden  Ocean  bedeckt,  wird  v.  9  poetisch  eine  "Windel 
genannt.  Der  iiif.  wird  10  11  durch  das  verb.  finit.  abgelöst:  /)/(  irli  ihm  ans- 
hnirli  seine  (Irenx-e  l  nd  einse/i/e  liieijel  und  Thi'iren  l  nd  sjuaih:  liis  hierher 
tun!  nirhl  /reifer,  l  iid  lass  nh  mil  dem  Schirellen  deiner  Woyen!  Eine  Grenze 
„ausbreilien-'  ist  vermutlich  eine  technische  Redensart:  um  die  Grenze  zweier 
Feldnachbarn  zu  markieren,  mag  man  von  Strecke  zu  Strecke  Steine  aus- 
gebrochen (mid  aufgestellt)  haben.  Das  Meer  aber  „bricht"  sich  bekanntlich 
an  felsigen  Kü>ten  selbst  seine  Grenzlinie  in  den  Felsen,  an  der  man  sein 
höchstes  Ansteigen  erkennen  kann;  diese  horizontalen  Erusionsmarken  wird 
der  Dichter  selbst  gesehen  haben.  Das  Wort  '\y^  soll  wohl  zugleich  auf  "^2C^, 
Brandung,  anspielen.  Für  ""pn  lese  ich  mit  Dili.mann  u.  a.  Ipn.  Riegel  und 
Thüreu  muss  man  nicht  auf  zwei  verschiedene  Gegenstände  deuten;  verriegelte 
Thttren  sind  eben  dieselben  Küstenfelsen,  in  denen  Gott  jene  Höhenmarken 
ausbrach,  nur  dass  hier  ihre  Festigkeit  und  Widerstandskraft  betont  wird.  Da 
in  V.  11  der  erste  Stichos  zu  lang  ist,  so  streiche  ich  S12r\,  das  den  Effekt  nur 
schwächt.  Das  „und  nicht  weiter"  bedeutet:  und  nicht  höher!  wobei  man  sich 
erinnern  muss.  dass  das  Meer  aus  der  Tiefe  kommt.  ]1K3  scheint  ungetahr  das- 
selbe zu  bedeuten  wie  niK3  Ps  46  4,  das  Aufsteigen:  die  AVellenljerge  werden 
nicht  nach  physikalischen  Gesetzen,  sondern  so  zu  sagen  psychologisch  aus  der 
Neigung  des  Meeres,  höher  emporzusteigen,  erklärt.  Sonderbarer  Weise  ist 
<ler  imp.  JT'tr,  lass  ab,  hier  gerade  so  wie  Cap.  10 20  vom  Ktib  mit  n^C^^  ver- 
tauscht: ob  n"'l?1  geschrieben  war  und  das  sonderbar  gescliriebene  Kb^  ein  Zu- 
satz ist?  Dann  bezieht  sich  v.  11''  auf  den  Moment,  wo  das  Meer  aus  der  Tiefe 
aufstieg  und  Gott  ihm  ein  Höhersteigen  verbot.  Die  zweite  Viei-zahl  von 

Tetrastichen  führt  uns  zu  den  äussersten  Grenzbezirken  der  Welt.  Der  erste 
Tiei-zeiler  12—15  ist  mit  einem  anderen  Tetrastich  vermengt,  das  interessant 
ist,  aber  in  den  Zusammenhang  nicht  passt.  Der  echte  \'ierzeiler  lautet  so: 
J last  du  seil  deinem  Dnsein  beslelll  den  Morijen,  Dem  Frührnt  (unjeiriesen  seine 
Stätte,  Zu  fassen  den  Saum  der  Erde,  Dass  sie  sieh  wandelt  wie  in  Sieijellhon? 
Der  an  den  Rand  geschriebene  Vierzeiler  lautet:  Da  werden  abgeschüttelt 
von  ihr  die  Frevler,  Und  stehen  da  wie  zur  Scliande,  Und  es  wird 
den  Frevlern  ihrLicht  versagt.  Und  der  erhobene  Arm  verschwindet. 
Die  einfache  Übersetzung  beweist  schon,  dass  die  beiden  Vierzeiler  auseinander 


Hi  38  12  184  Hi  38  16 

ZU  halten  sind,  während  die  Exegeten,  die  die  Verschiedenheit  nicht  erkennen^ 
zu  den  abenteuerlichsten  Erklärungen  und  Änderungen  genötigt  sind.  Die 
echten  Stichen  sind  also  v.  12  13^^  14 ^  ^''ö'^^  ironisch:  seit  deinem  kurzen  Da- 
sein; der  Spanne  des  menschlichen  Lebens  stehen  die  Jahrtausende  der  Welt 
gegenüber:  wie  sehr  verschwindet  der  Mensch  vor  ihrer  und  Gottes  Grösse! 
Das  Fiel  T]Pi)!lT  nur  hier;  das  n  ist  gewiss  besser  mit  Ktib  für  ungewöhnliche 
scriptio  plena  als  mit  Qre  für  den  Artikel  zu  halten.  Der  Ort  des  Frührots  ist 
nach  V.  13 '^  so  gewählt,  dass  es  wesentlich  auf  den  Saum  der  Erde  beschränkt 
ist:  es  scheint  die  Verwunderung  des  Dichters  erregt  zu  haben,  dass  es  die 
Sonne  nicht  auf  der  ganzen  Bahn  über  die  Erde  begleitet.  AVill  man  aus  "IPIB^ 
nicht  Früh-  und  Abendrot  zugleich  machen,  so  kann  der  Dichter  nicht  den 
plur.  mSJD  geschrieben  haben,  da  das  Frührot  doch  nur  den  einen  Ostsaum 
erfasst;  der  plur.  scheint  mit  dem  fremden  Vierzeiler  zusammenzuhängen  (s.u.), 
1.  also  ^i32.  Der  fremde  Einsatz  hat  auch  durch  die  Veränderung  der  Stichen- 
ordnung verschuldet,  dass  das  1  cons.  vor  '^snriJ?  fortgefallen  ist,  1.  'S^V.  wenn 
das  Morgenrot  im  Osten  flammt,  so  wird  die  von  ihr  bestrahlte  Erde  gerötet, 
als  wäre  sie  in  Siegelthon  verwandelt.   Ein  schönes  Bild.  Der  Verf.  des 

fremden  Vierzeilers  wird  durch  die  Wörter  anfassen  und  Saum  oder  Zipfel  auf 
die  Vorstellung  geführt,  als  wäre  die  Erde  ein  grosses  Tuch,  das  allmorgendlich 
vom  Frührot  ausgeschüttelt  wird,  sodass  die  bösen  Parasiten  herunterfallen 
V.  13'';  während  diese  vom  Frührot  rot  beleuchtet  werden,  stehen  sie  da  „wie 
in  Schande"  (1.  mit  Hoffmann  K'D'?)  v.  14'';  dann  aber  verschwinden  sie,  sagt 
V.  15,  wieder  schleunig  im  Dunkeln  (vgl.  Cap.  24i3ff.)  und  müssen  von  ihren 
bösen  Werken  abstehen.  Dieser  Vierzeiler  scheint  kein  Citat,  sondern  die  freie 
Zusatzdichtung  eines  Lesers  zu  sein;  der  Dichter  selber  hätte  nicht  so  beiläufig 
von  den  „Gottlosen"  reden  und  mit  diesem  Tetrastich  die  ganze  Streitfrage 
über  das  Weltregiment  im  Vorbeigehen  erledigen  können.  Übrigens  scheint 
D''j;tt'1  in  V.  13  15  mit  seinem  V  suspensum  ursprünglich  D";B'"1  geschrieben  zu 
sein.  Für  "l2tJ''n  v.  15''  hätte  man  lieber  ein  schwächeres  Wort,  oben  ist  n^t^R 
übersetzt.  An  v.  12—15  schliessen  wir  19  20  als  deren  natürliche  Fort- 

setzung um  so  lieber  an,  als  v.  19 f.  störend  zwischen  v.  18  und  21  tritt:  Wie 
kommt  man  dahin ,  wo  das  Licht  wohnt,  Und  das  Dunkel,  wo  ist  seine  Heim- 
stätte, Dass  du  es  holtest  zu  seinem  Gebiet,  Es  heimbrächtest  zu  den  Pfaden 
seines  Hauses?  Dass  Licht  und  Dunkel  in  der  Gegend  zu  Hause  sind,  v/o 
Himmel  und  Erde  sich  berühren,  weiss  Hiob  natürlich  so  ungefähr,  aber  es  ist 
ja  (ausser  einem  Henoch  oder  dem  babylonischen  Noah)  noch  kein  Mensch 
dahin  gekommen,  Hiob  kennt  also  den  Weg  dorthin  und  die  Lokalität  selber 
nicht,  geschweige  dass  er  beide,  wenn  sie  über  die  Erde  gezogen  sind,  dorthin 
zurückbringen  könnte.  Für  ]''Dri  1.  mit  Hoffmakn  !|-lJS;''2r^  (im  Urtext  ^i^2r^). 
LXX  liest  13)120  für  1511)50,  tlas  aber  ebenso  gut  ist.  Da  Licht  und  Finsternis 
über  dem  die  Erdscheibe  umgebenden  Meer  wohnen,  so  kommt  der  Dichter 
wie  von  selber  auf  das  letztere  und  im  Anschluss  daran  auf  die  Unterwelt  zu 
sprechen  16  17:  Bist  du  zu  den  Quellen  des  Meeres  (jekommen  Und  auf  dem 
Grunde  des  Oceans  gewandelt?  Die  Quellen  des  Meeres,  v.  8  sein  Mutterschoss 
genannt,  der  Grund  (vgl.  "l)?n»  Ps  95  4)  des  sichtbaren  Weltmeeres  ist  das  unter- 


Hi88l7  185  Hiüo2* 

irdische  Urmeer,  das  nach  v.  8rt'.  muh  ohen  streht,  das  nach  Gen  7  ii  die 
Sintflut  lieraufsandte.  Unter  dem  Meer  hetindet  sich  nach  Cap.  2G  ö  das  Toten- 
reich, das  dem  lebenden  Mensrhen  unzuj.'än;:lich  ist  v.  17:  St'/ni  t/ir  c/if/iii/lf 
iconicu  die  Pforlen  (Ifs  Toiloa  l  nd  stilisl  du  die  l'färlncr  der  Finxli'inis?  Da 
der  Dicliter  nicht  in  beiden  Stichen  ^"^PB^  gesdirieben  haben  wird,  so  kann  man 
im  zweiten  mit  LXX  ^']V1l!'  lesen,  denn  wenn  wir  auch  nichts  von  «len  Wesen 
erfahren,  die  am  Kin^^an^'  zur  l'iiterwelt  Wache  halten,  so  versteht  sich  doch 
von  selbst,  dass  die  Pforten  Pförtner  erfordern.  LXX  hat  übrigens  in  beiden 
Stichen  Varianten  ^'ehal)t,  darunter  in  v.  17'*  die  interessante  Lesart  ^KT  (für 
nKin):  haben  dich  die  Pförtner  des  Hades  erschreckt?  Sollte  diese  Lesart, 
was  recht  wohl  möglich  ist  (s.  zu  v.  22),  ursprünglich  sein,  so  hätten  wir  uns 
die  Pförtner  als  Ungeheuer  zu  denken.  Dass  IS  und  21  von  Bukki.l  mit 

Uecht  vereinigt  werden,  beweisen  Ausdruck  und  Inhalt:  Mcriitrst  du  auf  die 
WC itr II  ilrr  Erde'^  Siifi  tiii,  irciiii  ilii  /rr/\\/ .  irii-  firnss  sir  ist!  Du  ireissl  ex, 
deuu  du  truidcsl  dnniuls  ue/nireu ,  lud  die  'Auhl  deiner  Julire  ist  i/ross.    Für 
"j;  V.  18 '  ist  Wühl  "pj;  zu  lesen,  wenn  ersteres  nicht  überhaupt  zugesetzt  ist,  da 
s  in  LXX  fehlt,   n^^  v.  18'^  klingt  ziemlich  kindisch;  die  LXX  liest  richtig 
HQ?.    Der  Vers  giebt  sich  als  Abschluss  dieses  Abschnittes  v.  12    21  über  die 
(Jrenzen  der  Welt;  v.  21  vervollständigt  ihn  nur  durch  die  "Wiederholung  des 
ironischen  njfT  in  positiver  Form.    Die  Begründung:  du  wurdest  ja  damals 
geboren,  verrät  die  Annahme  des  Dichters,  dass  n\ir  der  die  Grenzen  und  Masse 
der  Welt  kennen  könnte,  der  bei  ihrer  Schöpfung  zugegen  war.   Daraus  dass 
Gott  sich  hier  eines  ähnlichen  Ausdrucks  bedient  wie  Eliphas  Cap.  15  7.  soll 
man,  fordert  Biddk  auf,  lernen,  dass  auch  Klihu  mit  den  Worten  der  Freunde 
habe  reden  dürfen:  wenn  nur  der  Lehrer  begritUii  hätte,  dass  der  unglückliche 
Hlihu  auch  die  Gedanken  der  Freunde  wiederholt.         Die  dritte  Viei-zahl  von 
Tetrastichen  spricht  von  dem  Aufbewahrungsort  der  Atmosphärilien.         22  23 
/{ist  du   (jekuunueu    zu   den   Seliutikuuinieni   des  Siliuees   lud  sulisl  du  die 
Sehutxiueisler  des  llii(i>'ls.  Deu  ieli  uufiiesiiurt  hohe  für  die  Zeil  der  l)ruiH]saL 
Für  deu  Tu<i  des  huuijil'es  uud  Ihiudiieuieuiies?  Dass  v.  22  wie  v,  1»»  mit  ni<2n 
beginnt,  ist  nicht  so  schlimm,  unangenehmer  ist  schon,  dass  v.  22''  so  gebildet 
ist  wie  V.  17'',  wenn  dort  nicht  das  l«"!""  der  LXX  angenommen  wird;  unwahr- 
scheinlich ist  endlich,  dass  nn^t<  zweimal  beabsichtigt  gewesen  sein  S(dlte:  für 
das  zweite,  das  plene  geschrieben  ist,  lese  ich,  ähnlich  wie  v.  17'',  das  partic. 
n^l«.   Von  den  Verwaltern  des  Hagels  spricht  Hesekiel  Caj).  28  u:  bei  ihm 
sind  es  die  Keruben,  die  Feuersteine  a.a.O.  sin<l  im  Wesentlichen  dasselbe 
was  hier  der  Hagel,  nämlich  die  göttlichen  Wurfgeschosse  (vgl.  .los.  10  u  und 
s.  zu  Pap.  36  32).  Auf  den  Hagel  allein,  nicht  auch  auf  den  Schnee,  bezieht  sich 
V.  23:  den  Hagel  bewahrt  Gott  in  den  Speichern  auf,  um  ihn  in  der  Schlacht 
auf  die  Feinde  zu  schleudern.   H<noch  hat  natürlich  alle  diese  B«  hälter  ge- 
sehen (B.  Henoch  Cap.  60).  24  25  Welehen  Wegs  rerteilt  sich  der  Aebef, 
Sprüht  frisches  Uusser  auf  die  Erde?  Wer  spul  tele  dem  Weffen/uss  die  Hühre 
l  ud  einen  Wet/  dem  Donnerst  ruht?  In  v.  24^  ist  mit  Hoifmaxn  und  Bukell 
"IK  für  "»1«  zu  schreiben,  da  das  Licht  schon  dagewesen  ist.   LXX  scheint  Vt 
]1KBp  (da  rA/yr^  wohl  aus  Ttavo;  verschrieben  ist)  zu  lesen.   Da  weder  das  Licht 


Hi  38  24  186  Hi  38  30 

noch  der  Nebel  den  Ostwind  (LXX:  Südwind)  verstreuen  kann,  der  Wind 
aber  überhaupt  in  den  Zusammenhang  nicht  passt,  am  wenigsten  ein  Ostwind, 
dessen  Weg  man  doch  kennt,  so  ist  D'^IJ^  für  D'^'lj^  notwendig.  Ersteres  Wort 
kommt  als  Substantiv  auch  Jer  18  u  vor  (wo  vorher  D""14'?'?  inJÄ^^I  .  .  ♦  iir  zu 
lesen  ist),  obgleich  es  eigentlich  ein  Adj.  und  D";0  zu  ergänzen  ist  (Prv  25  25). 
Demnach  spricht  das  erste  Distichon  von  dem  erfrischenden  Sprühregen,  den 
im  Sommer  der  Morgennebel  hervorbringt,  wenn  er  sich  verteilt.  Dagegen 
spricht  das  zweite  Distichon  v.  25  von  dem  starken  Eegenguss  aus  der  Höhe 
imd  dem  Gewitterregen,  dem  Gott  durch  die  Luft  (wohl  nicht  durch  das 
Himmelsgewölbe)  eine  Röhre  spaltete,  wie  dem  Blitz :  das  ist  eben  das  Wunder- 
bare, dass  das  Wasser  nicht  in  einer  Masse  niederfällt,  sondern  wie  aus  einer 
feinen  Röhre  entlassen  in  einem  dünnen  Faden.  Allerlei  feine  Beobachtungen 
und  Meditationen  ohne  jede  physikalische  Untersuchungsmethode,  v.  25'^  ist 
Cap.  28  26  nachgeahmt.  Ebenso  merkwürdig  wie  dieses  physikalische  Phänomen 
selber  erscheint  dem  Dichter  auch  die  Art  seiner  "Verwendung  26  27:  Um 
Reg en%u  geben  mif  ein  Land  ohne  Menschen,  Eine  Trift,  in  der  kein  Sterblicher 
weilt,  Um  zu  sättigen  Wüste  und  Wüstenei  Und  durstig  Land  neues  Grün 
bringen  zti  lassen.  In  v.  27^  lese  ich  mit  Weight  «»^  für  «^b,  das  als  „Ort, 
wo  Gras  wächst",  höchst  prosaisch  wäre.  n''OSn  mit  doppeltem  acc.  auch 
Ps  147  8.  Es  wundert  sich  der  Dichter  darüber,  dass  der  Regen  auch  da  fällt, 
wo  er  dem  Menschen  nichts  nützt. 

Sonst  pflegt  die  naive  Anschauung  vorauszusetzen,  dass  die  Erde  um  des  Menschen 
willen  da  ist:  dem  Dichter  scheint  es  eine  gewisse  Erleichterung  zu  sein,  einmal  eine  That- 
sache  festzustellen,  die  etwas  ganz  anderes  lehrt,  wie  er  ja  auch  später  an  manchen  Tieren 
nachweist,  dass  der  anthropocentrische  Standpunkt  vielfach  durchaus  unhaltbar  ist,  und 
fichon  früher  darauf  aufmerksam  machte,  dass  schon  lange  das  Licht  leuchtete,  bevor  ein 
Mensch  existierte.  Nicht  dass  unser  Dichter  der  Mann  wäre,  die  "Wünsche  des  mensch- 
lichen Herzens  vor  dieser  fremden  Grösse  der  Welt  zum  Schweigen  zu  verurteilen,  aber 
sie  müssen  doch  etwas  weniger  aufbegehrerisch  und  vordringlich  werden,  wenn  man  wahr- 
nimmt, dass  Gottes  Walten  nicht  blos  für  den  Menschen  da  ist.  Es  liegt  offenbar  ein  ge- 
wisser moderner  Zug  in  der  Art,  wie  er  sich  aus  der  so  zu  sagen  objektiven  Natur  ein 
Beruhigungsmittel  für  den  Kampf  und  Zwiespalt  in  seiner  Seele  holt.  Es  ist  ihm  das 
übrigens  nur  deshalb  möglich,  weil  er  die  Natur  bewundert:  stände  er  auch  ihr  pessi- 
mistisch gegenüber,  so  müsste,  er  wenigstens  mit  der  Welt,  wenn  auch  noch  nicht  mit 
Gott,  gänzlich  zerfallen. 

28  wird  von  Bickell  mit  Recht  gestrichen;  er  ist  in  formeller  Hinsicht 
nur  eine  Variation  von  v.  29  und  ist  sachlich  nach  den  beiden  vorhergehenden 
"Vierzeilern,  (iie  ja  schon  in  ganz  genauer  Weise  über  die  Entstehung  des 
Regens  gehandelt  haben,  unerträglich:  wenn  man  gesagt  hat,  dass  der  Regen 
wie  durch  feine  Röhren  zur  Erde  geleitet  wird,  kann  man  nicht  mehr  fragen, 
hat  er  einen  Vater?  T''?in,  das  Hiph.,  wie  im  Priestercodex,  während  der  Dichter 
zeugen  durch  das  Qal  ausdrückt.  29  30  Aus  wessen  Schosse  kam  das  Eis, 
Und  den  Reif  des  Himmels,  wer  %eugte  ihn?  Wie  Stein  verdichten  sich  die 
Wasser,  Und  die  Flüche  der  Flut  verfängt  sich.  AVenn  28  picht  vorherginge, 
würde  wohl  jeder  "b)  in  v.  29*^  mit  zeugen  übersetzen.  In  v.  30  haben  Meex  u.  a. 
die  beiden  Verben  miteinander  vertauscht,  um  für  K^n  den  Begriff  verbergen 
festhalten  zu  können,  aber  dann  sollte  auch  ^iS  beseitigt  werden;  Bickell  hat 


Hi  38  30  1Ö7  Hi  38  36 

<laher  diese  Änderung  mit  Recht  wieder  aufgegeben;  «2n  ist  mit  Hitziü  u.  a. 
für  eine  Nel)enlbnn  von  KOn  zu  halten,  wenn  man  nicht  IKljnn^.  schreiben  will. 
Der  Vierzeiler  ist  Caj).  37  9  t'.  nachgeahmt,  nur  dass  der  Verf.  des  El  ihn  besser 
Bescheid  zu  wissen  glaubt  als  der  Dichter.  Huddk  belehrt  uns  freilich,  dass 
man  das  nicht  erwähnen  dürfe,  das  sei  Philisterei.  (i lücklich,  Aver  sich  die  böse 
Kritik  vom  Halse  schatten  kann  mit  dem  Satz:  was  mach'  ich  mir  daraus? 
Aber  mir  scheint,  der  Dichter  sei  kein  Kind,  sondern  ein  sehr  ernsthalter 
Mann  gewesen  und  habe  mit  diesen  Kätselfragen  nicht  gespielt;  wenn  er  selber 
diese  Kätsel  hätte  lösen  können,  so  hätte  er  sie  Gott  nicht  in  den  Mund  gelegt 
mit  der  Behauptung,  der  Mensch  kr»nne  sie  nicht  h'isen.  Die  vierte  \'ierzahl 
von  Tetrastichen  führt  nun  aus.  wie  die  Meteora  „ausziehn".  wirken.  Den  An- 
fang machen  die  Gestirne,  die  erhabensten  unter  den  himndisehen  PhäiKniiiuen, 
die  d;is  .lahr  und  seine  Zeiten  und  auch  das  Wetter  re^iieren.  31  32  Hiiidt'st 
(hl  ilh'  lltiiuh'  ilrr  l'h'jiiili'ii  (hier  lilscsl  (Ik  die  Slrirlcc  ilr.s  Oriim':'  IJissrst  (tu 
dfii  Ticrhri'is  tinsiicliu  zu  sfincr  '/j'it  l  inl  fUlnst  ilii  tltc  liiiriii  saiiil  ihren 
JuutH'ii?  r\1i"yi2  i^t  umgesetzt  aus  oder  umzusetzen  in  nnayo.  von  "li]^,  binden, 
umwickeln  (Cap.  3136);  die  IMejaden  werden  von  orientalischen  Dichtern  öfter 
mit  einem  Schmuck  verglichen.  Der  Orion  (nach  anderen  wäre  ^^p3  der  Kano- 
])us),  mit  Stricken  gefesselt,  wird  Held  einer  Sage  gewesen  sein.  Was  ni"rtp 
bedeutet,  ob  es  mit  den  ni^D  (II  Reg.  23  5)  identisch  ist  und  ilen  Tierkreis  be- 
zeichnet (liXX)  oder  ob  es  die  den  beiden  anderen  Sternbildern  benachltart<'ii 
Hyaden  meint,  ist  ganz  unsicher.  Eitenso  unsicher  ist.  ob  in  v.  32''  Dnifi  <b^' 
lichtige  Aussprache  ist  und  nicht  vielmehr  DHin  punktiert  werden  sollte: 
tr(»ste>t  du  die  H-irin  übei-  ilire  düngen?  33  IM  lii'slinnnsl  ilii  dfui  flinniH'l 
ilie  (irsr/zr  (hier  Iwslrllsl  du  sein  Amt  iihcr  dir  Erdc'^  Erhebst  du  zur  Wdlke 
kleine  Stinniie,  l  nd  fichorrht  dir  der  Wasser srhinülY  Die  Satzungen  des 
Himmels  kennt  bis  zu  einem  gewissen  (irade  derjenige,  der  den  Himmel  so 
genau  beobachtet,  darum  liest  man  auch  hier  wie  v.  12  besser  das  Piel  r>J?T.n 
mit  dopjjeltem  acc,  wodurch  der  Stichos  zugleich  den  folgenden  conform  wird. 
In  v.  34''  stammt  das  schliessende  \'erbum  wohl  aus  Caj). 22  ii'':  1.  nach  LXX 
■^jyn.  Der  Schein,  dass  der  Dichter  sich  (»fter  wr»rtlich  wiederhole,  entsteht 
nur  bei  mangelnder  Kritik.  35  36  Sendest  du  die  lilitze  aus,  dass  nie 

liehen  u.  s.  w.  vgl.  ('aj).  37  litt",  v.  36  ist  schwerlich  ohne  Konjektur  (h's  Ktib 
7U  Stande  gekommen  und  nicht  mehr  sicher  zu  erklären.  Mit  nintj?.  wofür  die 
liXX  etwa  njtpO  liest,  ist  nicht  viel  anzufangen;  meist  erklärt  man  mnp  für 
)>,  dunkle  Wolken.  Delitzsch  für  die  Nieren,  keines  von  beiden  ]tasst  sonderlich 
gut.  'IDt^  soll  der  Hahn  oder  der  Verstand  oder  ein  Luftgebilde  sein.  Wäre 
es  der  Hahn  als  AVetterprophet,  so  sollte  man  in  v.  36*  etwa  r"llO.  Spinnen, 
vermuten,  die  sich  ja  auch  auf  die  Wetterprognose  verstehen  sollen,  aber  der 
\'ers  würde  dann  an  dieser  Stelle  befremdlich  sein.  Wahrscheiidich  sind  \'or- 
zeicben  des  "Wetters  (und  eventuell  anderer  Ereignisse)  gemeint,  mögen  es 
wirkliche  oder  vermeintliche  Vorboten  sein:  bei  'pfe?.  Erscheimuig,  kömite  man 
:in  das  Xordlicht  als  Vorzeichen  iles  Sturms,  an  Kometen.  Sternschnup|ten  u. 
Igl.  denken;  ninö,  wollen  wir.  da  wir  doch  ganz  auf  das  Raten  angewiesen  >ind, 
mit  n*B,  Tünche,  kombinieren  und  auf  den  Oirrusschleier  deuten,  der  wie  mit 


Hi38  36  188  Hi39l 

weisser,  kalkiger  Timclie  den  blauen  Himmel  zu  überziehen  pflegt  und  einen 
Umschwung  des  Wetters  ankündigt.  Demnach:  Wer  legte  in  die  Feilencolkeii 
Weisheit  Und y ah  dem  JSordlicht  Einsicht''^  nämlich  die  Einsicht,  immer  eine 
gewisse  Zeit  vor  dem  Ausbruch  des  Unwetters  zu  erscheinen.  Der  ab- 
schliessende Vierzeiler  spricht  nun  von  diesem  Unwetter.  37  38  Wer 
breitet  die  Wolken  aus  in  Weisheit  Und  giesst  die  Krage  des  Himmels  aus. 
Wenn  das  Erdreich  zerfliesst  z-u  einem  Guss,  Ufid  die  Schollen  %nsammen- 
kleben?  Dass  Gott  die  Wolken  zählt,  ist  ein  sonderbarer  Gedanke,  warum 
sollte  er  das  thun?  hat  er  nur  eine  bestimmte  Zahl  zur  Verfügung,  die  er  zu 
Rate  halten  muss?  oder  zählt  er  vor  Beginn  eines  Eegens  nach,  ob  er  auch 
genug  habe?  L.  etwa  3D%  er  führt  sie  ringsum,  oder,  wie  oben  übersetzt,  ty^D". 
(das  vielleicht  mit  D  geschrieben  war).  ^''212^^:  er  legt  sie  auf  die  Seite,  sodass 
sie  auslaufen.  38  giebt  die  Wirkung  des  Eegens  an:  wer  lässt  da  oben  regnen, 
wenn  hier  unten  das  Erdreich  zu  einem  Brei  zerfliesst?  p^lö  kann  hier  nur 
den  noch  nicht  ganz  erstarrten  Metallguss  bedeuten  und  nicht  den  durch  die 
Hitze  eisenhart  gewordenen,  sondern  den  durch  starken  Regen  verschlammten 
Boden  bezeichnen  sollen,  da  sonst  für  nj?^  (inf.  von  p?^)  ein  anderes  Wort  ge- 
wählt wäre  (vgl.  Cap,  22  16);  „hart  werden"  kann  pS^,  zerfliessen,  nimmermehr 
bedeuten.         Die 

Cap.  38  39—39  so  ausgeführten  Bilder  aus  der  Tierwelt  sind  nicht  ohne 
Vermehrung  von  fremder  Hand  vmd  wohl  auch  nicht  ohne  sonstige  Alterationen 
geblieben.  Befremdend  ist,  dass  die  fleischfressenden  Vögel  an  verschiedenen 
Stellen  (Cap.  38  41  und  Cap.  39  26 ff.)  abgehandelt  sein  sollen,  und  die  Verse 
über  den  Vogel  Strauss  (Cap.  39  13-18)  sind  gewiss  unecht;  auch  in  Cap.  39  1-12 
dient  das,  was  die  LXX  mit  oder  ohne  Becht  ausgelassen  hat,  nicht  grade 
zur  Verbesserung  der  Darstellung,  andererseits  ist  an  ein  paar  Stellen  etwas 
ausgefallen.  Echt  ist  wohl  zunächst  der  Vierzeiler  über  den  Löwen  39  40. 
Erjagst  du  dem  Löwen  Beute  Und  befriedigst  die  Gier  der  Junglöwen,  Wenn 
sie  sich  ducken  in  den  Schlnpfwinkeln ,  Im  Dickicht  auf  der  Lauer  liegen  ? 
Der  Mensch  würde  ja  lieber  den  Löwen  ausrotten  als  ihm  Beute  geben.  n2D 
wie  sonst  "^b.  AVenn  41  vom  Raben  handelt,  so  gehört  er,  ob  echt  oder  unecht, 
nach  Cap.  39  26 ft'.  Aber  vielleicht  ist  AVeig|^  im  Recht,  wenn  er  vermutet, 
dass  der  Ra])e  nur  durch  falsche  Aussprache  des  dritten  AVortes  in  den  Zu- 
sammenhang gekommen  sei;  spricht  man  mit  ihm  ^IJ^"?  aus,  so  wird  v.  39 f.  fort- 
gesetzt und  das  Suft'.  von  IT*;}  bezieht  sich  auf  den  Löwen;  dass  die  Junglöwen, 
die  keineswegs  mit  den  V'lb''  v.  41  identisch  sind,  dazwischen  treten,  ist  kein 
Hindernis,  höchstens  könnte  man  dadurch  veranlasst  werden,  in  v.  39''  den 
sing.  T'pS  zu  schreiben.  Gelitten  hat  v.  41  ohnehin,  da  er  nur  drei  Stichen  hat 
und  der  dritte  verbesserungsbedürftig  ist.  Wer  schafft  für  den  Abend  sein: 
Jagdwild,  Wenn  seine  Jungen  zu  Gott  schreien,  [Wenn  die  Junglöwen  brüllen 
nach  Raub,]  Umherirren,  Frass  zu  suchen?  Den  dritten  Stichos  habe  ich  aus 
Ps  104  21  ergänzt;  nach  derselben  Stelle  und  nach  LXX  ist  auch  in  v.  41''  ''hzb 
in  tJ^ps"?  zu  verbessern.  ^Vn\  lässt  sich  nicht  als  Prädikat  zu  )*'lb\  verstehen, 
denn  die  Jungen,  die  noch  von  den  Alten  gefüttert  werden,  irren  nicht  umher, 
sondern  bleiben  in  der  Höhle.         Auch  in  39 1  2  ist  manches  Auffällige.   Der 


Hi  39  1  189  Hi  39  lO 

Anfang'  des  Nieizeik-rs  wird  am  Schluss  fast  widtlich  wiederholt,  und  sonder- 
bar ist  die  Frufjje,  ob  der  Mensch  die  Zeit  kenne,  wann  die  Steinb()cke  u.  s.  w. 
werten.  Warum  soll  er  das  nicht  wissen?  Noch  da/u  weiss  er  ja,  wie  sie  sich 
ihier  Wehen  enth-di^fen.  Iiat  er  das  f^esehen,  so  kennt  er  doch  auch  die  Zeit! 
Zunäclist  schlage  ich  vor,  in  v.  2*'  Ptiyj]  für  PJfT  zu  lesen:  bestimmst  du  die  Zeit? 
In  V.  1 '  aber  ist  wohl  ein  verstünimeltei-  8ticiic»s  vom  Ktib  durch  Konjektur 
erj^'änzt,  denn  von  den  Steinbr»cken.  die  im  masc.  stehen,  k(»nnte  der  Dichter 
kein  Gebären  aussagen.  N'ielleicht  sind  diese  Wunderlichkeiten  in  v.  1*  und  2'' 
der  Grund,  warum  dieLXX  beide  Stichen  auslässt.  l'm  doch  der  Möglichkeit 
Rechnung  zu  tiagen,  dass  das  Ktib  in  v.  1^  seinen  Te.xt  nicht  rein  erfand,  lese 
ich:  nnnc^J?  nj^T.n,  das  Verbum  nach  ( 'ap.  38  lu,  das  ( )bj.  nach  Deut  7  13: 
l.clirtrsl  ihi  Lii'/n'.sliisf  dli'  StrlHhixIa'.  I  hcnrnrhsf  (his  hrt't's.sr/i  t/rr  lliinlhiiirn, 
Ziihlsf  tlio  Miiinlc  nh,  dir  sie  rnlliinicln'ii  sitlh'ti,  l  iiil  fii'uNiiimtcsl  ilic  'Aeil  Uii  es 
(ichiin'ii.'i?  Das  Abzählen  der  Monate  bedeutet  ein  Vorschreiben  vgl.  Hes4426. 
Zu  (h-r  altertiindich  vollen  Snfti\foi'm  vom  n2r>"i"?  ^-  Gks.-Kaitzsch  ij  91  f. 
WA  Sic  Imiii'iii  iiii'ilcr,  ö/1'in'ii .  h'.nlltis.scn  ihn'  Wrlwn.  Ihre  Jiiiififii  ircnh'n 
kräflifi ,  irrrth'ii  t/ro.ss  im  Freien,  dehn  (hinni  und  hnnniien  nicht  •;•//  ihnen 
•xiiriicii.  rhh  hfisst  Cap.  !•>  13  s})alten.  dazu  kann  nur  der  Muttermund  (bis  ( )bi, 
>ein,  nicht  ]n^"l'?!,  das  ohnehin  ganz  unmotivirt  vor  dem  A'erbum  stände  und  in 
Wirklichkeit  eine  (richtige)  Glosse  zu  DH^^Sn  ist;  letzteres  Wort  und  Dn'i2 
V. -1  haben,  wie  oft  beim  i)lur.  fem.,  das  Sutl".  in  der  masc.  Form,  während  die 
Glosse  das  korrekte  fem.  Sutl'.  hat.  Das  Asyndeton  hilft  in  v.  3  4'  den  Kindruck 
der  Leichtigkeit,  Sicherheit,  Schnelligkeit  verstärken,  den  die  Schilderung  er- 
zielen will.  r>  ()  Wer  Hess  frei  (jehen  den  W'ildesel  l  nd  des  Oninjer  Fesseln, 
trer  loste  sie':*  '/.ii  dessen  Hans  ich  die  Steppe  machte  l  nd  c//  dessen  Hof  das 
Saltland':'  i<"lD  und  "IIJ^  ist  dasselbe  Tier,  das  zweite  Wort  imr  der  aramäische 
Xanif.  Die  Antwort  auf  das  AVer?  ist  hier  nicht:  Gott;  der  Dichter  fragt:  hat 
jemaiid  schon  den  AV^ildesel  wie  einen  zahmen  Esel  in  seinem  Haus  gehalten 
und  zeitweilig  von  der  Kette  gelöst  und  frei  auf  der  Prärie  weiden  lassen,  seiner 
Rückkehr  sicher?  Der  Wildesel  ist  bekanntlich  unzähndjar,  auch  nicht  zu 
taugen,  sondern  schneller  als  das  schnellste  Pferd.  Zu  vhp  in  dem  angegebenen 
Sinne  vgl.  Jes  32  20.  7  S  Während  der  zahme  Esel  eine  häutige  Erscheinung 
in  den  lärmenden  Strassen  der  Stadt  und  an  die  Scheltworte  des  Treibers  ge- 
wöhnt ist,  liebt  der  Wildesel  die  Freiheit.  Der  Dichter  hat  oft'enl»ar  Sympathie 
tür  den  wilden  Gesellen,  vährend  der  Verf.  der  Tristicha  Cap.  24  5tl'.  :{0;;ft". 
ihn  mit  seinen  annen  Hungerleidern  verglich  (24  0  30  7).  8  ist  mehr  ein  Füllsel, 
um  die  zwei  Vierzeiler,  die  diese  Tierbilder  meist  erhalten,  zu  vervcdlständigen. 
Für  '^'^T\\  ist,  wenn  die  Konsonanten  richtig  sind,  wnhl  1?n^,  er  durchknnd- 
schaftet,  zu  lesen;  ein  passendes  Substant.  wiire  freilich  stilistisch  schöner. 
Die  bi'iden  folgenden  Vierzeiler  reden  vom  AVildodisen.  1)10  Wird  der 

W  ildochs  dir  dienen  trollen  Oder  lar  \acht  an  deiner  Krippe  stehen?  liindest 
du  ihn  an  sein  Farchenseil.  (hier  etpjt  er  hinter  dir  die  Thiiler?  D"^.  für  DK"!, 
ist  eine  Antilope  von  der  Grösse  des  syrischen  Rindes  und  diesem  ähnlich,  von 
weisser  Farbe,  mit  aufrechtstehenden  langen  Hiuiiern.  auch  bei  den  Assyrem 
als  Jagdwild  oft  genannt  (s.  Wetzstels'  bei  Deutzsch2).   Xoy  fJ^J^  sollte  man 


Hi39l0  190  .  Hi39l7 

b  erwarten.  lu  v.  10-'  ist  die  Wiederliolimg  von'  D'^"l  im  M.  T.  Zeichen  einer 
Textkorruption;  LXX  hat  es  nicht  und  liest  "weiter  lobri  Pi^Vl  (nur  dass  sie 
nbri  frei  mit  CuY°^  wiedergiebt),  was  unzweifelhaft  richtig  ist;  vorher  kann  man 
^üHB^Iprirj  schreiben.  Aus  v.  10'^  ist  zu  schliessen,  dass  der  Bauer  beim  Eggen 
neben  dem  Rinde  geht,  sodass  die  Egge  hinter  ihm  ist.  11  12  Baust  du  auf 
ihn,  weil  seine  Kraft  gross  ist,  Und  vertraust  ihm  deine  Arbeit  an?  Glaubst 
dt(  ihm,  dass  er  wiederkommt  Und  deine  Saat  auf  die  Tenne  sammelt?  Dlj; 
ähnlich  wie  zu  Cap.  17  1  angenommen:  überlassen.  J^^l'^.  ist  die  (Feld-)  Arbeit 
mitsamt  ihrem  Risiko:  wollte  der  Bauer  es  bei  beiden  auf  den  Wildochsen  an- 
kommen lassen,  so  würde  es  ihm  übel  gehen.  In  v,  12^  ist  das  Ktib  '2,'W\  richtig, 
hingegen  muss  '^f\  das  T  des  folgenden  Wortes  bekommen  und  zu  v.  12'^  ge- 
zogen werden,  wo  Hili  zu  lesen  ist.  Würde  man  den  Wildochsen  ausschicken, 
um  die  Saat,  d.  h.  was  aus  der  Saat  erwachsen  ist,  zur  Tenne  zu  tragen,  er 
würde  nicht  wiederkommen,  sondern  davonlaufen.  Der  Abschnitt  über  den 
Vogel  Strauss  v.  13—18  wird  von  Hatch  und  Bickell  mit  Hecht  gestrichen. 
Dass  er  in  der  LXX  fehlt,  kann  nicht  auf  irgendwelchen  Schwierigkeiten  oder 
Anstössen  beruhen,  sondern  nur  auf  seiner  Unechtheit.  Für  diese  spricht  schon 
die  äussere  Form,  die  auf  den  Plan  aller  dieser  Schilderungen  gar  keine  Rück- 
sicht nimmt,  ferner  die  Nennung  Gottes  in  der  3.  pers.  v.  17,  endlich  die  Un- 
geschicktheit, mit  der  v.  18  das  Ross  erwähnt  wird,  und  die  manirierte  Aus- 
drucksweise in  V.  13.  Übrigens  sollte  man  den  Abschnitt  hinter  v.  25  oder  30 
erwarten.  13  Der  Flügel  der  Straussen  ist  verkehrt  Oder  ist's  eine  fromme 
Schwinge  und  Feder?  Für  D''3i'i  ist  doch  wohl  mit  Hoffmann  nach  Thr4  3 
D'^iJi!';  zu  schreiben.  Mit  Tich'^^  ist  nichts  anzufangen;  ein  Niph.  kommt  von  obj; 
so  wenig  vor  wie  von  ibj^  oder  ^7)1  oder  anderen  intransit.  Synonyma,  kann  auch 
"wohl  kaum  vorkommen,  und  was  sollte  das  Fröhlichsein  auch  im  Zusammen- 
hang bedeuten?  Mit  Rücksicht  auf  v.  13'^  lese  ich  np'^J  (part.  Niph.  von  vh), 
dann  kann  D^?  seine  gewöhnliche  Bedeutung  behalten.  Ob  riTpn  auf  den  Storch 
anspielen  soll,  der  besser  für  seine  Jungen  sorgt,  bleibe  dahingestellt;  jeden- 
falls macht  die  Änderung  'n  iTinN:  ist  es  ein  Storchenflügel?  den  schon  so  wie 
so  gezierten  Ausdruck  noch  geschmackloser  (gegen  Budde,  der  übrigens  den 
Abschnitt  nicht  dadurch  diskreditieren  will,  sondern  ihn  für  echt  hält).  14 
schliesst  sich  jetzt  ungezwungen  an:  Denn  sie  (die  Straussenschwinge)  ilber- 
lässt  u.  s.  w.  Man  kann  nicht  recht  erkennen,  ob  dem  Strauss  vorgeworfen 
wird,  dass  er  kein  ordentliches  Xest  macht  oder  dass  er  der  Sonne  das  Ge- 
schäft des  Brütens  überlässt;  in  letzterem  Fall  müsste  DSniil  heissen:  ei"  lässt 
sie  ausbrüten.  In  jedem  Fall  laufen  15  die  Eier  Gefahr,  von  dem  Fuss  (wessen 
Fuss '?)  zerdrückt,  von  dem  Wild  des  Feldes  ausgetreten  zu  werden.  Das  Suff, 
im  sing.  fem.  für  einen  sachlichen  plur.  nach  Ges.-Kautzsch^^  g  145  k.  16 
Hart  behandelt  sie  ihre  Jungen  für  ihr  fremd,  Fruchtlos  ihre  Mühe  —  keine 
"f^  Furcht!  Lies  nn^B^Jpri  mis^  Hitzig  und  Siegeeied.  Der  zweite  Satz  ist  sprich- 
wortmässig  verkürzt  für:  dass  ihre  Mühe  fruchtlos  war,  ängstet  sie  nicht;  der 
Dichter  spricht  nicht  so  abgebrochen.  Selbstverständlich  sind  „ihre  Jungen" 
nicht  ihre  Eier.  17  Denn  Eloah  Hess  sie  die  Weisheit  vergessen  Und  gab 

ihr  keinen  Anteil  an  der  Einsicht.  Das  soll  nachBuDDE  eine  Ironisierung  von 


Hi39l7  im  Hi39  24 

Cap.  28  28  sein.  Der  unglückliche  Dichter!  Nein,  :il)er  diese  Äusserung  ist  eine 
Ironisierung  des  Komraentarschreibens.  pbn  mit  2,  wie  ^D«,  Ktoi  u.  s.  w.  mit 
partitiver  Bedeutung  (Cap.  7  13  2125).  Eigentlich  jjusst  das  Bild  V(in  v.  17'' 
nicht  zu  dem  von  v.  17'.  Das  letzte  Distichon  IS  ist  nur  ganz  lose  ungcjiängt 
und  steht  mit  dem  Übrigen  nur  durch  das  geraeinsanje  Subjekt  in  Verbindung. 
////•  Zcif ,  wo  s/c  im  Lauf  dahin  poilsrht.  Lacht  sie  ih's  Hasses  and  seincx 
HcHcrs.  Tiies  nj^3  tils  stat.  constr.  zu  dem  tolgenden  Sätzchen.  Mit  (hin  \'(ir- 
schlage.  V''""??  *iir  ^'^^  unverstiindliche  Dlisa  zu  schreiben,  ist  mir  Hitzig  schon 
zuvorgekommen.  Wunarr  will  nnb  «ä:  wenn  die  Hogenschützen  kommen,  aber 
der  Strauss  läuft  durchaus  niciit  immer  davon,  wenn  die  .Jäger  kommen,  auch 
bihlet  nj;3  dazu  keine  gute  Einleitung  (statt  «b3).  l'berhaupt  brauchen  Ross 
und  Reiter  nicht  grade  als  Verfolger  gedacht  zu  sein.  K^IDH  scheint  das 
))eitschende  Flügelschlagen  zu  ])ezeichnen,  das  zur  Schnelligkeit  des  Tieres 
wesentlich  beiträgt;  pn^  gebraucht  gleich  hinterher  (v.  22)  der  Dichter  vom 
Rosse.  Während  den  übrigen  Tieren  je  zwei  Vierzeiler  gewidmet  sind,  er- 
hält das  Ross  vier.  \\\  20  (iichsl  da  dcai  Hoss  dir  Stärkt';  Das  hehre  srhreehe/idr 
Schnauben?  liehleidest  du  seinen  .\aelien  mit  der  Mähne,  Lassest  es  springen 
wie  die  lleusch reche?  v.  20''  gehört  hinter  v.  19',  wenn  man  nicht  etwa  11713 
(oder  lini)  schreiben  will,  was  auch  noch  keine  schime  \'erbindung  ergäbe;  1. 
ferner  mit  Bickell:  nS'S  Hini  (.Ter  8  16),  da  sich  sonst  der  Stichos  ganz  au» 
der  Konstruktion  ablöst:  die  Hoheit  seines  Schnaubens  ist  Schrecken  (oder 
gar:  Hoheit  ist  sein  Schnauben,  Schrecken).  Zu  lin  vgl.  des  30  so.  Die  Be- 
deutung Mähne  für  nDj;"!,  jetzt  ziemlich  allgemein  angenommen,  ist  unsicher 
und  blos  aus  dem  Zusammenhang  erschlossen;  vielleicht  schrieb  der  Dicliter 
nDJpi  Hes  17  3:  mit  farbigen  Fransen.  21  22  Es  scharrt  im  Thal  und  wiehert. 
Mit  Kraft  zieht's  aus  gegen  die  Hüstung,  Es  lacht  der  Eurcht  und  erschrickt 
nicht  lud  kehrt  nicht  um  vordem  Schwert.  L.  1En\  'O'^'ü)  in  dem  gewidmlichen 
Sinne  sich  freuen  wäre  nichtssagend;  vielleicht  hat  der  Dichter  es  für  ^TVi  ge- 
braucht, das  ja  auch  jubeln  bedeutet.  Jedenfalls  gehört  nb3  nicht  zu  tytT. 
sondern  zu  NS^,  das  eine  Näiierbestimmung  dieser  Art  nicht  entbehren  kann 
(so  auch  LXX).  23  24  (bis  ]^pS')  I  her  ihm  rasselt  der  Köcher,  Die  Schneide 
des  Speers  und  der  \\  itrfspiess.  Mit  Hrausen  und  Tosen  schlürft's  den  Hoden 
I  nd  wendet  sich  nicht  rechts  [noch  links].  Mit  Recht  hat  das  Ktib  lieber  ein 
\'erb  njl  statuiert,  als  das  n  von  iliin  als  Art.  vor  das  folgende  Wort  gesetzt. 
2r\h  bedeutet  Jdc  3  22  die  Dolchklinge,  hier  wohl  die  breite  Eisenspitze  des 
Yatagans;  in  der  Aufregung  des  Anreitens  schlagen  die  Eisenspitzen  der 
Reiter  an  einander.  Den  Boden  schlürfen  für:  ihn  im  gestreckten  Galopp 
hinter  sich  lassen,  ist  ein  ])rächtiger  Ausdruck,  der  übrigens  auch  bei  anderen 
\'<"»lkern  ähnlich  vorkommt.  Der  letzte  Stichos  scheint  verstümmelt  zu  sein. 
]'PK'  übersetzin  manche:  es  hält  Stand,  aber  man  begreift  nicht  recht,  wie  das 
herauskommen  soll.  Stände  das  Qal  da,  so  nnkhte  es  heissen  können:  sicher, 
zuverlässig  sein,  der  Sinn  wäre  also:  es  geht  durch.  Aber  diese  Deutung  ist 
zweifelhafter  Art .  und  besser  würde  man,  um  diesen  Sinn  zu  erzielen,  mit 
BiCKKLL  yiß^.  schreiben.  Allein  wenn  eben  vorher  das  Rennen  des  Bosses  ge- 
schildert ist.  so  kaini  hier  nicht  wohl  gesagt  sein:  es  lässt  sich  beim  Ertönen 


Hi  39  24  192  Hi  39  30 

der  Trompete  nicht  zurückhalten;  mindestens  sollten  dann  beide  Stichen  den 
Platz  wechseln.  Da  auf  jeden  Fall  in  v.  24f.  etwas  ausgefallen  ist,  so  schreibe 
ich:  yi2i^l  i^b],  es  macht  nicht  rechts,  und  vermute,  dass  dahinter  ein  ^"'t^p^i;  ifh], 
und  macht  nicht  links,  ausgefallen  ist.  Dieser  Satz  steht  jedenfalls  im  Einklang 
mit  der  gesamten  Schilderung:  das  Eoss,  das  auf  den  Feind  losstürzt,  bricht 
nicht  im  Schrecken  vor  den  feindlichen  Waffen  seitwärts  aus.  Auch  der  letzte 
A^ierzeiler  24*^  25  ist  nicht  intakt  erhalten.  Die  beiden  Erwähnungen  des 
Kriegshorns  folgen  so  unmittelbar  aufeinander,  dass  man  geneigt  sein  könnte, 
sie  für  Varianten  zu  halten;  und  das  Zeugma:  es  riecht  den  Kampf  und  den 
Ruf  u.  s.  w.  ist  so  abscheulich,  dass  nur  Budde  es  dem  Dichter  „nachempfinden" 
kann.  Den  ersten  Anstoss  kann  man  am  leichtesten  heben,  wenn  man  annimmt, 
dass  der  erste  Stichos  dieses  Vierzeilers, ebenso  wie  der  letzte  des  vorhergehen- 
den •  am  Ende  verstümmelt  und  etwa  ein  Verb  wie  iVü  oder  TJ^I'^.,  fährt  es  auf, 
ausgefallen  ist;  ausserdem  ist  möglicherweise  eins  von  den  beiden  "IDÜ'  falsch, 
zumal  da  sie  beide  verschieden  geschrieben  sind,  und  für  das  erstere  ein  part. 
wie  "lölti^,  Wachtposten  (Jdc  7  19),  zu  schreiben.  In  v.  25'^  hat  für  nn;^  DJ^I  die 
LXX  ^T)'^  gelesen,  was  sie  im  Anfang  von  v.  24  nicht  hat;  da  DJ^I,  Donner, 
ohnehin  nicht  passt,  kann  man  D''"!B'  j;"!3  schreiben  (zu  yr\  vgl.  Cap.  36  33)  und 
dadurch  jenes  Zeugma  beseitigen.  Demnach:  Wenn  der  Wachtposten  ruft, 
f'ährts  auf,  So  oft  das  Hörn  tönt,  sprichts:  hui!  Und  von  Ferne  witterts  den 
Kampf  Beim  Schlachtruf  der  Führer  und  Kriegsgeschrei,  d.  h.  wenn  das 
Kriegsgeschrei  ertönt,  wittert  es  den  bevorstehenden  Kampf;  J^^Si  ebenso  wie 
vorhin  H?-  Die  ßeihe  der  Tierschilderungen  beschliesst  ein  Bild  aus  der 

Vogelwelt,  das  wieder  nur  zwei  Tetrastiche  enthält.  26—28  Hebt  durch 

deine  Einsicht  der  Habicht  die  Schwinge,  Breitet  aus  seine  Flügel  dem  Süd- 
icind?  Oder  setzt  er  auf  dein  Wort  sein  Nest  hoch  Und  nächtigt  auf  dem 
Zahn  des  Felsen?  jO'^ri'p  nicht:  nach  Süden  hin,  sondern  in,  gegen  den  (starken) 
Südwind,  ihm  trotzend.  In  v.  27  ist  "l^i  n^2r  von  Bickell  als  Citat  aus  Jer 
49  16  erkannt;  beseitigt  man  es,  so  ergiebt  sich  weiter,  dass  "'S  zwischen  '[''Bund 
D"*T  durch  Dittographie  entstanden  ist.  Ferner  stammt  auch  v.  28  pi'p\  y^D 
aus  Jer  49  16  und  soll  den  folgenden  Satz  erklären,  in  dem  das  ybo  noch  ein- 
mal vorkommt.  Das  Hith2)al.  )i1^ni  nur  noch  Ps.  91 1.  Zu  dem  letzten  Vier- 
zeiler 29  30  gehört  noch  das  letzte  Wort  von  v.  28:  Den  Fang  erspäht  er  von 
dort  aas.  Den  weither  erblicken  seine  Äugen,  Seine  Jungen  schlürfen  Blut, 
Und  wo  Erschlagene  sind,  da  ist  er.  ITlIiJö  ist  schon  von  einem  alten  Leser  in 
dem  Sinne  Burg  genommen  und  hat  ihn  zur  Einsetzung  eines  neuen  01)jekts 
h'2'^  veranlasst,  aber  schon  das  Versmass  verlangt  seine  Abtrennung  von  v.  28''. 
Für  1J?'?J^'',  ist,  da  eine  AVurzel  v'?J^  höchstens  im  Aramäischen  durch  Er- 
weichung eines  '^  in  V  entstehen  könnte,  mit  den  meisten  Neueren  wohl  l^'pV^I 
zu  lesen  als  Pilp.  von  J^l*?  (vergl.  VJ^b). 

Welchen  Eindruck  rufen  nun  also  diese  Naturbilder  hervor,  welche  Anschauung 
von  Gott,  "Welt  und  Mensclien  vertritt  der  Dichter?  Die,  dass  Gott  die  Welt  nicht  so  g'e- 
schaffen  hat,  als  ob  sie  blos  des  Menschen  wegen  da  sein  solle.  Der  Mensch  war  nicht 
von  Anfang  an  da,  er  versteht  nicht  blos  die  Einrichtung  der  Welt  im  Grossen  nicht, 
sondern  nicht  einmal  die  einfachsten  Vorgänge  in  der  utiorganischen  AVeit;  die  Tierwelt 


Hi  39  30  193  Hi  40  l 

führt  zum  grössten  Teil  ein  ganz  selbständiges  Dasein,  ohne  alle  Beziehung  auf  den  Nutzen 
des  Menschen,  und  selbst  da,  wo  der  Mensch  sich  die  Kräfte  eines  Tieres  hat  dienstbar 
machen  können,  muss  er  zugestehen,  dass  es  nicht  sein  Vei-dienst  ist,  wenn  das  Tier  diese 
oder  jene  nützliehen  oder  anziehenden  Eigenschaften  besitzt.  Ist  also  der  Mensch  keines- 
wegs der  ^Mittelpunkt  der  Welt,  so  wäre  es  eine  thüriehte  Anmassung  von  ihm,  zu  ver- 
langen, dass  die  Welt  nach  seinen  Bedürfnissen  und  Meinungen  verwaltet  werden  soll. 
Diese  Ansichten  stehen  im  Einklang  mit  der  allerältesten  und  der  allerneuesten  Welt- 
anschauung, mit  der  allerneuesten,  die  nicht  einmal  die  Erde  mehr,  geschweigo  eines  ihrer 
Lebewesen,  für  das  zweckbestimmende  Centrum  der  Welt  ansieht,  mit  der  allerältesten, 
die  den  gi-össten  Teil  der  Welt  und  ihrer  sichtbaren  und  unsichtbaren  Lebewesen  als 
Grössen  behandelt,  die  dem  Menschen  ganz  fremd,  gleichgültig  oder  gar  feindlich  gegen- 
überstehen. Dagegen  treten  sie  in  sehneidenden  Widerspruch  zu  der  Meinung  der  älteren 
Kultur,  die  auch  im  AT  (z.  B.  (Ten2  4''rt'. ;  1  26fV. ;  Ps  8  u.  s.  w.)  vorherrscht,  dass  der 
Mensch  der  König  der  Welt  und  diese  für  seine  Zwecke  eingerichtet  sei,  dass  die  Tiere  selbst 
in  ihrem  Charakter  sich  nach  ihm  richten,  fromm  sind,  wenn  er  es  ist,  und  ausarten,  wenn  er 
^*8chlecht  wird  (.Tes  11  6-8).,  Diese  Meinung  war  der  erste,  nicht  vom  Standpunkt  der  unbe- 
fangenen Beobachtung  der  Wirklichkeit,  sondern  vom  religiösen  Standpunkt  aus  gewagte  Ver- 
such, die  AVeit  zu  begreifen;  sie  führte  solange  zu  befriedigenden  Resultaten,  als  man  die  Welt 
für  gut  halten,  an  eine  gerechte  Weltregierung  und  Vergeltung  glauben,  als  man  wesentlich 
Optimist  sein  konnte.  Aber  sie  musste  sofort  zu  Konflikten  und  Zweifeln  führen,  sobald 
man  das  Übel  in  der  Welt  nicht  mehr  in  theologischer  Weise  aus  der  Sünde  allein  ab- 
leiten konnte;  sie  führte  zum  buddliistischen  oder  modernen  Pessimismus,  wenn  man  fort- 
fuhr, den  Menschen  als  das  Mass  aller  Dinge  zu  betrachten,  aber  von  einer  entscheidenden 
Beteiligung  einer  Gottheit  an  der  Einrichtung  und  Verwaltung  der  Welt  absah;  und  sie 
führte  und  führt  zu  dem  qualvollsten  inneren  Konflikt,  wenn  man  Gottes  unmittelbare 
Einwirkung  auf  den  AVeltlauf  festhält,  wie  unser  Dichter.  Dieser  schaft't  sich  nun  Luft, 
indem  er  darauf  verzichtet,  den  ^lenschen  als  das  Mass  und  den  Mittelpunkt  aller  Dinge 
anzusehen.  Dass  er  damit  ein  völlig  genügendes  Ergebnis  erzielt,  kann  man  nicht  zu- 
geben; man  dürfte  ihm  einwenden,  dass,  unbeschadet  der  sonstigen  Selbständigkeit  der 
AVeit,  innerhalb  der  moralischen  AA^'elt  eine  Ordnung  und  eine  ausgleichende  Thätig- 
keit  Gottes  zu  erkennen  sein  sollte,  die  dem  entspräche,  was  Gott  selber  vom  Menschen 
fordert.  Nur  dann  hätte  er  eine  bessere  Lösung  seines  Problems  wenigstens  vorbereiten 
können,  wenn  er  Recht  und  Gerechtigkeit,  Unschuld,  Gottlosigkeit,  ja  den  Menschen  selber 
nicht  als  fertige,  absolute  Begriffe,  sondern  als  der  Entwickelung  unterworfene  Grössen 
erkannt  hätte,  die  der  menschliche  A'erstand  nur  schwach  zu  beleuchten  und  stets  nur  in 
einem  einseitigen  Licht  aufzufangen  vermag,  deren  vollkommene  Erfassung  er  daher  erst 
von  der  Zukunft  erwarten  sollte.  Dann  hätte  er  vielleicht  erkannt,  dass  Gewaltthat, 
Unterdrückung  des  Schwachen  durch  den  Starken,  „Gottlosigkeit"  nicht  blos  einfach 
schlecht  und  durch  göttliche  Repressivmassregeln  sofort  zu  unterdrücken  seien  (Cap.  21), 
sondern  innerhalb  der  menschlichen  Entwickelung  eine  nicht  nur  psychologisch  berechtigte 
Rolle  zu  spielen  haben  und  dass  das  physische  Übel  nicht  minder  einen  ethischen  AVert 
besitze  als  das  physische  AVohlergehen.  Freilich  hätte  er  wohl,  wenn  er  seine  moralische 
Ungeduld  durch  eine  solche  ethische  Zukunftshoffnung  gezügelt  hätte,  auch  der  pro- 
phetischen Eschatologie  sich  wieder  nähern  müssen,  die  auf  das  Interim  des  gegenwärtigen 
physisch  und  moralisch  unvollkommenen  Entwickelungsstadiums  den  vollkommenen  Ab- 
schluss  erwarten  lehrt.  Da  er  diese  verschmäht,  ist  er  genötigt,  auszuweichen  und  sich  in 
der  grossen  herrlichen  Natur  ein  Gebiet  zu  suchen,  wo  menschliche  Gerechtigkeit  und 
Ungerechtigkeit,  menschliche  Bedürfnisse  und  Beschwerden  nichts  zu  schaffen  haben  und  . 
schweigen  müssen  („die  AVeit  ist  vollkommen  überall,  wo  der  Mensch  nicht  hinkommt  mit  /' 
seiner  Qual"').  Er  hat  übrigens  ein  religiöses  Recht  zu  dieser  Flucht  aus  dem  Leben  der 
Menschen  in  die  Natur,  denn  diese  ist  Gottes  AV^erk  und  spiegelt  sein  unmittelbares  AValten 
überall  wieder. 

Cap.  40 1-14  und  Cap.  42  i-6  geben  die  Schlussreden  Gottes  und  Hiobs 

Kurzer  HC  zum  AT  XVI  13 


Hi  40  1  194  Hi  40  12 

und  damit  das  letzte  Wort  unseres  Dichters.  Die  jetzige  Trennung  beider  Ab- 
schnitte und  zugleich  die  Umstellung  einiger  Verse  scheinen  dem  Verf.  der 
beiden  Dichtungen  über  das  Nilpferd  und  das  Krokodil  Cap.  40  15—41  26  zur 
Last  zu  fallen.  Ursprünglich  müssen,  wie  Bickell  erkannt  hat,  Cap.  40  8-i4 
hinter  Cap,  40  2  gestanden  haben.  Da  aber  der  Verf.  jener  beiden  Tierbilder 
den  Nachweis  der  menschlichen  Ohnmacht  führen  wollte,  so  fand  er  es  passend, 
seiner  Dichtung  den  Satz  Gottes  Cap.  40  1 4:  wenn  du  so  stark  bist,  will  ich  dich 
loben,  vorhergehen  und  den  Satz  Hiobs  Cap.  42  2 :  ich  weiss,  dass  du  alles  kannst, 
nachfolgen  zu  lassen.  So  versetzte  er  denn  Cap.  40  3-5  aus  ihrer  natürlichen 
Stelle  hinter  CajD.  40  8-u  vor  diesen  Abschnitt  und  erhielt  somit  aus  Cap. 
40  2-5  einen  kleinen  Dialog  zwischen  Jahwe  und  Hiob  und  sodann  aus  Cap.  40  8-i4 
(denen  er  in  v.  6  7  ein  paar  entlehnte  Verse  als  Eingang  vorsetzte)  eine  neue 
Gottesrede,  die  als  Einleitung  seiner  Dichtung  dienen  konnte,  während  der 
Rest  der  "Worte  Hiobs  Cap.  42  2-6  einen  passenden  Schluss  abgaben.  Wir 
stellen  die  ursprüngliche  Ordnung  Cap.  40  2.  s-u.  3-5  (Cap.  42  2-6)  wieder  her. 
1  ist  vom  Interpolator  hinzugesetzt,  um  den  kleinen  Dialog  v.  2—3  auf  eigene 
Füsse  zu  stellen,  fehlt  in  LXX  und  ist  zu  streichen.  Den  ersten  Vierzeiler 
bildet  28:  Will  streiten  mit  dem  Allmächtigen  de?'  Tadler,  De?'  A?ikläger 
Eloahs  es  bea?itwo?'ten  ?  Ja,  irillst  du  ??iein  Recht  re?'uichte?i,  Mich  verdammen, 
da?nit  du  Recht  behältst?  Dass  die  beiden  Verse  zusammengehören,  zeigt 
Form  und  Inhalt.  3T  Inf.  abs.  für  ein  Impf.  (Ges.-Kautzsch26  §  113  ee).  Das 
Suff,  von  naiX?;^  bezieht  sich  auf  die  Fragen  in  Cap.  38  39:  nur  wer  jene  Fragen 
genügend  beantworten  könnte,  hätte  das  Recht,  Gottes  Weltleitung  zu  kriti- 
sieren. Wer  es  nicht  kann,  dennoch  aber  Gott  tadelt,  der  beseitigt  Gottes 
„Recht",  erklärt  ihn  für  schuldig,  thut  also  das,  was  nach  Hiobs  Meinung  Gott 
ihm  angethan  haben  sollte.  Hiob  ist  viel  zu  voreilig  gewesen  in  seinem  Urteil; 
wenn  er  sich  für  unschuldig  hält,  so  sollte  er  auch  Gott  dafür  halten,  dessen 
„Recht"  doch  gewiss  nicht  weniger  wichtig  ist  als  sein  eigenes.  Die  Geduld 
und  Entsagung,  die  damit  vom  Urteil  des  Menschen  gefordert  wird,  nimmt 
denn  Hiob  auch  in  seiner  Antwort  willig  auf  sich.  9  10  Ist  Hiob  stark  wie 
Gott,  will  er  wie  Gott  laut  donnern?  Er  soll  sich  doch  in  Gottes  Majestät 
kleiden!  Ein  Tadler  Gottes  geberdet  sich  wie  ein  Gott  im  Kleinen,  aber  es 
ist  dem  Hiob  in  Cap.  38  f.  nachgewiesen,  dass  er  nicht  der  König  in  der 
Schöpfung  ist,  für  den  sich  der  Mensch  so  gern  hält.  Diese  Sätze  haben  in  der 
That  nach  Cap.  38 f.  einen  anderen  Sinn,  als  wenn  etwa  die  Freunde  oder 
Elihu  aus  der  Macht  Gottes  seine  Gerechtigkeit  folgern.  Denn  sie  halten  an 
der  Theorie  fest,  dass  es  in  der  moralischen  Welt  streng  nach  dem  Gesetz  der 
gerechten  Vergeltung  zugehe,  hier  dagegen  wird,  selbstverständlich,  davon  gar 
nicht  gesprochen,  hingegen  dem  Bhck  des  Menschen  ein  Aveites  dunkles  Feld 
des  göttlichen  Wirkens  gezeigt,  das  über  die  engen  Verhältnisse  gottmensch- 
licher Wechselbeziehungen  unendlich  hinausreicht  und  dem  Menschen  ein  be- 
scheidenes Zurücktreten  vor  Gott  und  seinem  Thun  aufnötigt,  "plp!!  Dj;"iri  wie 
sonst  "Plpa  ]ni  11 12  Strea'  aus  die  Wallungen  dei?ies  Zo?'ns  Und  alles 

Stolze  e?'niedrige,  Gewahrst  du  Hochmut,  knicke  ihn  ind  stürze  die  Frevler 
avf  der  Stelle!  y.W'  und  12^  haben  im  M.  T.,  offenbar  infolge  eines  Versehens, 


1114012  195  Hi  4<J  15 

denselben  Anfang,  während  LXX  etwas  Abwechselung  hat.  Ich  habe  in  v.  11'' 
das  riKI,  in  v.  12'  das  "^3  getilgt  und  ^2l  für  das  zweite  HK?  geschrieben, 
natürlich  nur  aufs  Geratewohl  (LXX  hat  auch  das  zweite  nK"|  nicht),  DPnPl 
wörtlich:  an  ihrer  Stelle,  d.h.  auf  der  Stelle,  ohne  ihnen  Zeit  zu  lassen,  sich 
erst  zu  verkriechen.  Gegen  Hii)l)s  Ungeduld  gerichtet,  der  sofortige  Bestrafung 
der  Gottlosen  verlangt,  wenn  er  an  (jiottes  Weltregieruiig  glauben  sidl.  G(»tt, 
der  die  reissenden  Tiere  nicht  blos  gewähren  lässt,  sondern  ihnen  Beute  giebt, 
kann  nicht  wohl  augenblickliehen  Zorneswallungen  gegen  die  Wütriche  unter 
den  Menschen  nachgeben;  und  die  l'berniütigen.  die  Hicdj  Gap.  21  15  schilderte, 
schleunigst  zu  beugen  ktuinte  iliiii  nur  dann  ein  dringendes  Bedürfnis  s<'in, 
wenn  er  ein  solcher  Kleiid<t"»nig  wäre,  wie  Hiob  einer  si-in  würde,  ^"in  nur  hier; 
wer  daran  Anstoss  niniint,  kr»inite  etwa  '")'in  lesen.  13  14  Hiob  sdll  sie  alle- 
samt, fährt  .lahwe  mit  leisem  Spott  fort,  in  der  Erde  verscharren  und  ihre  Ge- 
sichter, d.h.  den  ihm  widerwärtigen  Anblick, ////  Vr/Mfrc/,-  <'///s</t//('M.st'N.  Dieser 
Ausdruck  geht  wohl  nicht  auf  die  l'nterwelt,  wie  allerdings  der  Verf.  des 
lUiches  Henoch  (Cap.  14  0)  anzunehmen  scheint,  denn  der  Dichter  verrät 
nirgends  eine  Neigung  für  die  und  eine  Bekanntschaft  mit  den  späteren  Sjx'ku- 
lationen  über  das  Jenseits,  sondern  will  besagen.  Hi(d)  soll  die  Leute,  die  er 
bestraft  wissen  will,  an  irgt'iul  einen  Ort  verbannen,  wo  sie  nicht  gesehen 
worden,  wie  es  David  mit  seinen  beschimpften  Gesandten  that  (llSam  10  5). 
V.  14:  So  irolllc  auch  ich  dich  lohen,  Diiaa  deine  Hechte  dir  Sieg  r  er  leiht:  Du 
iiast  so  viel  Sorge  um  mein  Weltregiment,  du  würdest  es  gewiss  besser  auf- 
recht erhalten,  denn  du  würdest  jeden  sofort  niederschlagen,  der  dir  irgendwie 
gefährlich  erschiene  oder  durch  Hochmut  sich  dir  missliebig  machte.  Der 
Mensch  würde,  wenn  er  Gottes  ^Nlacht  hätte,  in  seinem  Eifer  für  die  Gerechtig- 
keit und  für  die  eigene  Ehre  zum  Tyrannen  werden,  Gott  ist  gerade  wegen 
seiner  echten  Überlegenheit  langmütig,  sein  scheinbarer  Gleichmut  also  kein 
Beweis  für  einen  Mangel  an  ßechtssinn. 

Mit  diesen  Sätzen  ist  das  Ausbleiben  der  Strafe  für  die  „Gottlosen"  cinigermassen  be- 
friedigend erklärt;  man  wird  durch  sie  an  das  Büchlein  vom  Propheten  .Jona  erinnert, 
das  sich  ja  freilich  das  Problem  durch  die  Bekehrung  der  Bösen  wesentlich  erleichtert. 
Hingegen  bleibt  der  Dichter  die  Antwort  schuldig  auf  die  Frage,  warum  z.  B.  der  fromme 
Hiob  am  Aussatz  zu  Cirunde  gehen  muss,  und  man  sifht  auch  keinen  ^i^*^,  auf  dorn  er 
hii'rfür  eine  Lösung  gefunden  haben  könnte.  Indesseu  ist  nicht  zu  leugnen,  dass  jene 
trstere  Frage  für  die  Zeit  des  Dichters,  wo  das  Unrecht  allenthalben  zu  triumphieren 
schien,  überhaupt  für  ein  lebendigeres  Gerechtigkeitsgefühl  bei  weitem  dringlicher,  pein- 
licher und  für  das  Festhalten  an  der  Religion  wichtiger  war.  Die  israelitische  Hcligion 
legt  in  ihren  besten  Vertretern  den  Accent  immer  auf  Gottes  "Walten  in  der  Geschichte, 
viel  weniger  auf  seine  Fürsorge  für  das  Wohlergehen  des  Individuums,  das  sich  in  seinen 
kleinen  Alltagsnöten  seit  Alters  eher  an  die  „Heiligen"  (Cap.  5  1)  wandte;  unwillkürlich 
hat  sich  doch  der  Dichter  in  diesen  Gottesreden  mehr  diesem  grossen  Zuge  seiner  Religion 
hingegeben. 

Cap.  40  15—41  26  enthält  zwei  Dichtungen  eines  fremden  Autors,  näm- 
lich 1.  die  Beschreibung  des  Nilpferdes  Cai).  40  ii-24.  41  i-4.  2.  die  Beschreibung 
dos  Krokodils  Ca]).  40  25-32.  415-26.  Beide  Dichtungen  wollen,  auf  (irimd 
einer  ganz  oberflächlichen  Auffassung  von  Ca]).  40  s-u,  die  Ohnmacht  des 
Menschen  nachweisen  und  thun  dies  in  langen  schwülstigen  Schilderungen, 

13* 


Hi40l5  196  Hi40  2l 

die  in  ihren  Übertreibungen  nicht  einmal  wahr  sind;  die  zwei  Vierzeiler  des 
Dichters  über  den  Wildesel  sind  mehr  wert  als  diese  einundzwanzig,  die  frei- 
lich den  späteren  Juden  so  sehr  imponiert  haben,  dass  sie  mythische  Un- 
geheuer aus  den  beiden  Niltieren  machten.  Wenn  den  Juden  jetzt  noch  ab  und 
an  ein  Ausleger  darin  folgt,  so  ist  das  wenigstens  ein  indirekter  Beweis  dafür, 
dass  diese  Dichtungen  von  der  Natürlichkeit  und  dem  Wirklichkeitssinn  des 
Dichters  Hiobs  nicht  viel  verraten. 

Cap.  4015-34  41 1-4:  Das  Nilpferd  oder,  wie  man  eigentlich  besser 
sagen  würde,  der  Nilochs.  15  16  Sieh  doch  das  Nilpferd  bei  dir,  Gras  frisst 
es  wie  das  Rind,  Sieh  doch  seine  Kraft  in  seinen  Lenden  Und  seine  Stärke  in 
seinen  Bauchmuskeln,  ninna,  scheinbar  eine  Abstraktbildung  auf  6t,  ist,  wie 
man  seit  Jablonskt  und  Scholz  allgemein  annimmt,  Nachbildung  eines  mut- 
masslichen volkstümlichen  Namens  des  Tieres  bei  den  Ägyptern:  p-ehe-mau, 
Wasserochs  (vergl.  zu  Cap.  3  14).  ^TfVi'^^  "la^«  fehlt  in  LXX  und  ist  auszustossen, 
weil  es  mit  dem  folgenden  "^öj^  den  lächerlichen  Satz  ergeben  Avürde:  den  ich 
gleich  dir  gemacht  habe,  während  '^?2j;  darauf  hinweisen  soll,  dass  der  Leser 
das  Tier  in  seiner  Nähe  und  also  an  ihm  ein  leicht  zugängliches  Lehrmittel 
hat.  Schon  die  erste  Aussage,  dass  das  Tier  Gras  frisst,  verheisst  eine  sehr 
weitläufige  Beschreibung.  D"*1."'l!i^  nur  hier  vgl.  "l'^,  Nabelstrang,  und  rri^l^^, 
Kette.  17  18  Seinen  Schiüan%  (der  nur  reichlich  eine  halbe  Elle  lang, 

unbehaart,  wie  ein  Knochen  ist)  hält  es  steif  wie  eine  Ceder,  Die  Sehnen  seiner 
Schenkel  sind  verflochten,  sehen  aus  wie  Taue,  f'sn;;,  nns  (dual),  ^yp\  nur  hier. 
Seine  Knochen  sind  Röhren  von  Erz-,  Deine  Gebeine  wie  ei?ie  Stange  von 
Eisen.  ^''^Ö,  a-ir.  Xey.,  aram.  ^üö,  von  der  Wurzel  mt,  (Eisen)  strecken.  19  20 
Das  ist  das  erste  der  Werke  Gottes,  Das  gemacht  ist  %um  Herrscher  seiner 
Genossen;  Denn  den  Ertrag  der  Berge  nimmt  es  sich  Und  alles  Wild  des 
Feldes  %ermalmt  es.  Dass  behemot  zuerst  von  allen  Landtieren  geschaffen  und 
darum  das  vornehmste  sei,  ist  wohl  aus  (3-en  1  24  abgeleitet.  ^IS'OI'H  ist  aus 
Prv8  22  entlehnt,  der  Yerf.  liebt  solche  Elittern  (vgl.  41  lo).  v.  19'^  würde  im 
M.T.  lauten:  der  es  machte,  nähert  sein  Schwert.  LXX  übersetzt  ein  pnb^'p  it^j; 
D\1'*?S  13:  gemacht,  damit  die  Engel  mit  ihm  spielen.  Indem  ich  U"in  mit 
GiESEBRECHT  in  YOn  umsetzc  und  ti'Ji  für  "^^1  lese,  sowie  ^it^J^n  (part.  für  "»it^j;) 
nach  LXX,  erhalte  ich  die  natürliche  Parallele  zu  v.  19^:  das  vornehmste  Tier 
ist  der  Herrscher  über  die  anderen.  Daran  schliesst  sich  v.  20  mit  seinem  "'S 
ungezwungen  an,  zumal  wenn  man  den  sing.  «U>"|  sclireibt  (LXX  hat  N'^i):  dass 
es  der  Herrscher  ist,  zeigt  sich  daran,  dass  es  für  sich  den  Ertrag  der  Berge 
nimmt,  obwohl  es  ein  Wassertier  ist.  Der  Yerf.  muss  Avegen  der  Erwähnung 
der  Berge,  aus  denen  die  Rabbinen  durch  Kombination  dieser  Stelle  mit 
Ps  50  10  tausend  Berge  zu  machen  pflegen,  am  oberen  Nil  gelebt  haben.  Li 
V.  20''  hat  der  M.T.  den  unsinnigen  Satz:  alle  Tiere  des  Feldes  spielen  dort 
—  warum  spielen  die  wilden  Tiere  des  Feldes  auf  den  Bergen?  Feld  und 
Berg  ist  doch  nicht  einerlei.  Und  warum  wird  ihr  Si)ielen  überhaupt  erwähnt? 
Lies  [>T\\^\  und  ziehe  U^\  zuv.  21:  die  Herrschaft  des  behemot  erhellt  auch 
daraus,  dass  er  die  Löwen  u.  s.  w.  zermalmt.  21  22  Dort  (nämlich  auf  dem 

Felde)   schläfts  unter  Lotusbüschen,    Im    Versteck  ron  Rohr  und   Sumpf, 


31140  22  197  Hi4l2 

Und  das  Dickicht  der  Dornbüsche  ist  sein  Schallen,  Die  Weiden  des  Haches 
Hinziehen  es.  v.  22=^  hat  manches  Autfällige,  die  Lotosbüsche,  die  schon 
V.  21*  genannt  waren,  sollen  das  Nilpferd  als  sein  »Schatten  bedrcken  oder 
eiidiegen;  der  Stiches  ist  otlenhar  durch  Konjektur  zu  Stande  gekommen. 
Ich  schlage  vor:  D'S'l^fyi  ^D^;  der  genannte  Strauch  oder  dornige  Baum 
ist  dem  Lotusstrauch  nahe  verwandt  und  wird  von  arabischen  t'bersetzeni 
in  Jos  7  19;  45  i.j  mit  demselben  Ausdruck  (sidr)  bezeichnet  vgl,  GeseniüS 
zu  Jes  7  19.  23  24  Wenn  ein  Strom  heranstärzt,  /lächtet's  nicht,  Jileiht 

ruhig,  trenn  ein  Slurzhach  heriorl/richl :  Wer  trollte  es  greifen  in  seine 
Augen,  Mit  Strichen  seine  .Vase  durchbohren?  "IHi  und  jlT  bedeuten  in  der 
Haui)tsache  dassell)e,  nämlich  Wasserfluten,  die  das  auf  dem  Felde  schlafende 
Nilpferd  in  Folge  eines  Gewitters  oder  des  tropischen  Winterregens  über- 
raschen; ]"=]!T  konnte  der  Verf.  deswegen  als  Appellativ  gebrauchen,  weil  es 
selbst  als  Bezeichnung  des  palästinensischen  Flusses  den  Artikel  beibehält, 
also  immer  noch  als  Appell,  gefühlt  wird.  Auf  den  Nil  haben  beide  Wörter 
keinen  Bezug,  denn  wenn  das  Tier  im  Nil  schwimmt,  könnten  ihm  höchstens 
dessen  Katarakte  und  Strudel  lästig  werden,  von  denen  ja  aber  nicht  die  Rede 
ist.  Von  zweifelhafter  Richtigkeit  ist  päVI,  das  sonst  immer  transit.  vergewal- 
tigen, betrügen  u.  s.  w.  bedeutet.  Wie  man  aber  dafür  schreiben  kann:  V[>}^\ 
der  Strom,  nändich  der  Nil.  fällt,  das  ist  mir  unbegreiflich;  wenn  der  Nil,  wie 
alljährlich  geschieht,  langsam  fällt,  warum  soll  dann  das  Nilpferd  eilig  davon 
flüchten,  und  wohin?  Oben  ist  p^)  angenommen  ('vgl.  \>'\'ä):  der  Bergstrom 
stürzt  sich  Avie  ein  wildes  Tier  (Prv  28  15)  auf  das  schlafende  Nilpferd.  Das 
letzte  Wort  von  v.  23  in^S,  dem  wohl  erst  spätere  Hand  das  ^K  vorgesetzt  hat, 
gehört  als  \^'\7[  ^p  (41  2)  zu  v.  24':  wenn  das  Tier  selbst  vor  einem  Wildwasser 
nicht  davon  läuft,  wer  wagt  es  dann  in  die  Augen  zu  greifen  und  seine  Nase 
mit  Stricken  zu  durchbohren?  Der  Gritf  in  die  Augen  mag  bei  kleinerem 
Jagdwild  gebräuchlich  gewesen  sein,  ein  Grift'in  die  Zähne  (Whk;ht,  Budde: 
V3U^  für  Vyj^)  wäre  eine  sonderbare  Thorheit.  L.  1£N  entsprechend  dem  Vrj;; 
das  vorhergehende  Verbum  sollte  wohl  Fiel  3j?y  sein.  Dass  hiermit  das  Ge- 
dicht zu  Ende  sei,  ist  nicht  wahrscheinlich.  Ich  halte  Cap.  41 1-4  um  so  lieber 
für  den  vermissten  Schluss,  als  dieser  Abschnitt  an  seiner  jetzigen  Stelle  nicht 
])asst,  wie  die  kritischeren  Exegeten  sämtlich  auf  die  eine  oder  andere 
Weise  erkannt  haben  (Meex,  Bickell,  Chetne,  Hoffmaxx,  Siegekied;. 
41  la:  Siehe,  seine  llo/J'nung  trürde  Lügen  gestraft  sein.  Schon  bei  seinem  An- 
hlick  trürde  er  hingestreckt.'  Aiemand  ist  so  kühn,  dass  er  es  aufjagte,  ind 
trer  trird  cor  ihm  Stand  halfen?  AVie  man  nachher  aus  v.  4  sieht,  stellt  sich 
der  Verf.  vor,  es  rüste  sich  jemand  mit  allerlei  Apparaten  aus  und  hoffe,  das 
kolossale  Tier  gefangen  zu  nehmen  (um  es  zur  Schau  zu  stellen,  wie  es  58  a.  Chi-, 
thatsächlich  in  Rom  geschah,  wo  zum  ersten  Mal  Nilpferd  mid  Krokodil  im 
Cirkus  gezeigt  wurden;  s.  Fkiedläxdee,  Darstellungen  a.  d.  Sittengesch.  Roms, 
1874,  Bd.  2,  S.  368);  er  ist  aber  überzeugt,  dass  ein  solcher  Wagehals  schlechte 
Geschäfte  machen  würde.  In  v.  1''  streiche  das  H  vor  d:i  als  aus  Dittographie 
hervorgegangen.  In  v.  2^^  ist  das  Ktib  ^^yv.]  richtig;  das  Tier  wird  nach 
4021-24  noch  immer  als  schlafend  oder  halb  im  Schlafe  vorgestellt;  in  v.  2**  L 


Hi  41  3  198  Hi40  3l 

ViD^.  3  4  We?'  träte  ihm  entgegen  und  blieb  unversehrt?  Unter  dem 
ganzen  Himmel  keiner!  Nicht  würde  er  erneuern  seine  Prahlereien  Und 
das   Wort  ron  Kräften  und  seiner  praktischen  Ausrüstung.     Da  das  Hiph. 

von  D1j5  nur  Arnos  9  lo  vorkommt  und  auch  da  zweifelhaft  ist,  ausserdem  das 
impf,  stehen  sollte,  so  lese  ich  13ö'^J5';;  das  folgende  Wort  ist  Db!i'*T  auszusprechen. 
In  V.  3''  lies  ih  für  "h,  das  bei  keiner  Deutung  einen  Sinn  giebt.  v.  4^^  heisst 
im  M.  T.:  ich  schweige  sein  Geschwätz!  1.  vielmehr  ^"^JV:'-  er  wird  nicht  zum 
zweiten  Mal  prahlen,  nachdem  er  es  einmal  versucht  hat,  das  Nilpferd  zu 
fangen,  nnuil  steht  im  plur.,  weil  eine  solche  Jagd  von  einer  grossen  Zahl 
von  Jägern  unternommen  wird.  13"1J^  steht  in  seiner  nächstliegenden  Bedeutung 
Ausrüstung  (vgl.  Rieht.  17  lo),  gemeint  sind  Stricke,  Netze  u.  dergl.  ]^n  ist  ein 
ganz  unbekanntes  und  unbestimmbares  Wort,  1.  ]in,  das  in  seiner  aram.  Be- 
deutung Leichtigkeit,  Bequemlichkeit,  Reichlichkeit,  daneben  Yernünftigkeit 
hier  sehr  gut  passt:  der  Jagdheld  rühmt  seine  praktische  und  comfortable 
Ausrüstung  für  die  Expedition.  Es  scheint  doch,  als  ob  man  schon  zur  Zeit 
des  Vf.'s  an  das  Einfangen  des  Flusspferdes  dachte;  er  glaubt  nicht  an  die 
Ausführbarkeit.  Die  Nimrode,  die  sich  dessen  vermassen,  scheinen  etwas 
Jägerlatein  in  ihre  Schilderungen,  nach  denen  der  Yf.  sein  Bild  entwirft,  ein- 
gestreut zu  haben. 

Cap.  40  85-32  41 5—36  schildert  einen  zweiten  König  unter  den  Tieren, 
das  Krokodil  Es  heisst  hier  ]T\\"h,  welches  Wort  der  Dichter  des  Hieb  Cap. 
3  8  für  die  mythische  Wolkenschlange  gebraucht  (Ps  104.26  bezeichnet  es  den 
Walfisch  oder  Kraken  oder  die  Seesclilange).  40  35  36  Kannst  du  das 

Krokodil  ziehen  am  Hamen  Und  mit  dem  Seil  seine  Zunge  niederdrücken  ? 
Legst  du  ihm  die  Binse  an  seine  Nase  Und  durchbohrst  mit  dem  Haken,seine 
Backe?  Ob  das  Verbum  "Jltypn  an  den  ägyptischen  Namen  des  Tieres,  emsah 
(arabisch  timsah,  Herodot:  y_a[xi];T)),  anklingen  soll,  bleibe  dahingestellt.  Das 
Seil  drückt  die  Zunge  nieder,  wenn  es  einem  Tier  durch  das  Maul  gezogen 
wird,  um  es  daran  zu  führen  oder  zu  schleppen.  Auch  in  v.  26  wird  auf  die  Art 
angespielt,  wie  wilde  Tiere  geführt  werden:  man  legt  ihnen  ein  Binsenseil  um 
das  Maul  oder  sticht  einen  Haken  (ntn  wie  sonst  nn)  durch  die  Backe  und  be- 
festigt daran  das  Seil  (vgl.  z.  B.  Hes  38  4).  27  28  Das  Krokodil  wird  nicht 
aus  Eurcht  vor  dem  Menschen  „Zartes",  ängstliche  Worte,  zu  ihm  sagen,  sich 
ihm  nicht  durch  einen  Vertrag,  wie  ihn  Unterjochte  mit  ihrem  Bezwinger 
schliessen,  zum  ewigen  Sklaven  ergeben.  29  30  Man  kann  nicht  mit  ihm 

spielen  wie  mit  einem  Yöglein,  es  nicht  anbinden  wie  ein  Haustier  für  seine 
Mädchen;  Delitzsch  citiert  CatuUs  „passer  deliciae  meae  puellae".  v.  30: 
Feilschen  darum  die  Zunflgenossen,  Zer stücken  es  zw isclien  den  Kanaanitern? 
Die  „Genossen"  sind  die  in  dem  klassischen  Land  der  Kasten  zu  einer  Zunft 
vereinigten  Fischer,  die  natürlich  nicht  unter  sich,  sondern  mit  den  v.  30'*  ge- 
nannten Fischhändlern  um  den  Preis  feilschen.  D'^i^iS  hat  bei  nachexilisclien 
Schriftstellern  (Prv  31  24;  Jes  23  8)  ungefähr  denselben  Sinn  wie  bei  uns  der 
Ausdruck  Handelsjuden  vgl.  die  tyrischen  Fischhändler  Neh  13  16.  Der  fol- 
gende Vierzeiler  31  32  spricht  vom  Fang:  Spickst  du  mit  Stacheln  seine  Haut 
Und  mit  der  Fischharpune  seinen  Kopf?    Lege  einmal  deine  Hand  an  es  — 


Hi40  32  199  Hi41i4 

Dil  ih'iihsl  (in  lU'ii  lüiiiijif.  Ilnisl  es  nicht  irii-iU-r !  niStj'  und  h^'%  nur  liier, 
ersteres  erinnert  an  W^"^ ,  l)nrnen,  jienieint  sind  in  beiden  Ausdrüeken  Har- 
l)unen,  die,  mit  Leinen  verseilen,  in  das  Fle'isch  grösserer  Fische.  /.  B.  der  Wal- 
tische, geworfen  werden.  LXX  liest  D^iH.  Die  drei  asyndetisch  aneinander 
gereihten  Imperative  und  .lussive  in  v.  32,  vnn  denen  wir  die  heideii  letzteren 
tUirch  den  Indicat.  wiederzugeben  j)tlegen  (vgl.  das  bekaiuite  Paradigma  divide 

t  inipera),  siml  nicht  ohne  Etfekt  und  zeigen,  dass  man  zu  der  Zeit  oder  an 
dem  Ort  des  Vert'.s  gai"  nicht  an  die  ^fiiglichkeit  dachte,  das  Krokodil  zu 
langen,  während  Herodot  (II,  70;  eine  interessante  Beschreibung  tlavon  giebt. 
wie  man  sich  des  Tieres  anderwärts  bemächtigte  (ein  AViderhaken  mit  einem 
Schweinsrücken  als  Kiuler  wird  in  den  Fluss  versenkt,  ein  lebendes  Schwein 
am  L'ter  geschlagen,  bis  es  durch  sein  Quieken  das  Krokodil  herbei  und  an 
den  Köder  lockt;  an  Land  gezogen,  wird  es  mit  Lehm  geblendet).  415  6 
Wer  hat  sein  (Schupiien-)  Kleid  aut'gedei-kt?  ^iS  wie  Jes  25  7  die  sichtbare 
Aussenseite.  Ob  ]D'3,  das  Gebiss  als  CJ  eschirr,  auch  das  wirkliche  Gebiss  be- 
zeichnen kann,  steht  dahin.  Wkight  will  13''1P,  sein  Panzer  dafür  lesen,  was 
eine  gute  Parallele  zu  III^^ISS  giel)t:  ^23  nuiss  dann  wohl  Schui)j)en  und  Haut  zu- 
sammenfassen sollen:  ///  seinen  Dnppelpan^er  —  irer  ihiirnj  hinein?  Erst 
V.  6  spricht  dann  von  dem  Rachen  und  den  Zähnen.  ViS  ist  nicht  in  VB  zu  ver- 
wandeln (IUdde).  die  Thiiren  seines  (iesiehfs  sind  ja  der  Mund.  7  S  ^Sein 
JiHehen  sind  Jiinnen  ron  Sehildern,  wellenförmig  neben  einander  hinlaufende 
Schihlerreihen;  für  njKa  haben  schon  die  alten  Übersetzer  n*!?  =  113  gelesen. 
Seine  lim  st  ist  ein  Siei/e/  ron  Stein.  1.  liJ  DHin  1"i:p  mit  vielen  Exegeten  und 
vgl.  zu  "lUD  Hos  13  8.  Diese  Schilder  drängen  sich  v.  8  eng  aneinander,  sodass 
kein  Hauch  (H^  als  masc.  ist  auffällig)  zwischen  sie  kommt.  9  ist  nur  eine 
Wiederholung  von  v.  8,  fehlt  in  LXX  und  wird  deshalb  von  ^fER.Kund  Bickell 
mit  Hecht  gestrichen.  Auch  von  den  folgenden  vier  Distichen  könnte  die 
Hälfte  fehlen,  ohne  dass  man  weniger  bekäme.  10  11  Sein  Mesen  (\.  mit 
SiEGFKiED  u.  a.  ini^'py)  lässt  IJcht  erglänzen,  weil  das  Krokodil  gern  in  der 
Sonne  liegt,  in  der  der  ausgestossene  Wasserstaub  weiss  aufglänzt.  Dass  seine 
Augen  wie  die  Wimpern  der  Morgenröte  sind,  ist  zwar  mit  der  Entlehnung 
aus  Gap.  3  9  nicht  sehr  glücklich  ausgedrückt,  aber  nicht  so  ungereimt,  wie  es 
vielleicht  erscheint:  auch  die  Ägypter  verglichen  die  Krokodilsaugcn  mit  der 
^lorgenröte  und  bildeten  letztere  in  der  Hieroglyphenschrift  durch  die  ersteren 
ab.  Fackeln,  Feuerfunken  brechen  aus  seinem  Munde  hervor,  weiter  ausgeführt 
12  13:  Hauch  kommt  aus  seinen  Xüstern  irie  aus  einem  erhitzten  und  siedenden 

/o/)/'.  l.  mit  ßicKELL  DJSI  nach  dem  arab.  agania.  ferbuit.  sein  Atiin  iodert  trie 
hohlen.  1.  mit  Siegfried  D"''?n33,  Lohe  entströmt  seinem  Munde  —  fast  dasselbe 
wiev.  11\  Alles  eine  starke  l'bertreibung  der  Beobachtung,  dass  das  Kro- 
kodil die  eingezogene  Luft  und  das  Wasser  mit  starkem  (ieräusch  wieder  aus- 
-t()sst.  14—16  Auf  seinem  Halse  irohnt  die  Kraft,  l  nd  ror  ihm  her  sprini/t 
die  Ani/st.  ein  wirklich  ])oetischer  Vers.  ]'*"!  nur  hier.  Li  v.-lö  IG  dreimal  p^^T, 
allein  schon  ein  Beweis  für  die  Unordnung  im  Text,  die  aus  einem  Stichos  drei 
geschaffen  hat.  Dazu  ist  die  Aussage  vom  Herzen,  das  fest  wie  ein  Stein  sein 
soll,  ganz  unsinnig,  abgesehen  davon,  dass  der  Verf.  das  Herz  des  Tieres  nicht 


Hi4115  200  Hi4l22 

zu  sehen  bekam,  talö"!"^?  scheint  ein  Zusatz  zur  Ausfüllung  einer  vermeintlichen 
Lücke,  ]2S"1D3  eine  Variante  oder  eine  Nachbildung  von  'n  n^D?  zu  sein.  Die 
Wampen  seines  Fleisches  sind  fest,  Ihm  angegossen  wie  ein  unterer  Mühlstein; 
streiche,  was  zwischen  xhyi  und  n^D3  steht.  Die  Fleischteile  beschränken  sich, 
was  ihre  Sichtbarkeit  anbelangt,  hauptsächlich  auf  den  Bauch;  sie  sind  fest 
zusammengeklebt  (1.  1p3'l,  da  das  Qal  wohl  zu  schwach  ist  und  am  Ende  auch 
von  den  Wampen  aller  Tiere  ausgesagt  werden  könnte)  vgL  Cap.  38  38,  welche 
Stelle  überhaupt  dem  Yerf.  dunkel  vorzuschweben  scheint.  Während  der  obere 
Stein  der  Mühle,  der  Eeiter,  frei  beweglich  ist,  muss  der  untere  fest  gelagert 
sein.  p^S^  im  sing.;  ob  vorher  bsö  geschrieben  war?y  17  18  Vor  seinem  Auf- 
fahren erschrecken  die  Fahrer,  Die  Wachtposten  geraten  in  \ericirrung,  \or 
seiner  Erhebang  hält  das  Schwert  nicht  Stand,  Nicht  Lanze,  Spiess  noch  Pfeil. 
Die  D''b"*^!!  müssen  wohl,  wenn  der  Text  richtig  ist,  nach  dem  Bilde  von  JeröOs 
als  Führer  verstanden  werden  (eigentlich  Leitböcke);  den  gen.,  denBuDDEmit 
Recht  vermisst,  ersetzt  das  folgende  Wort,  wenn  man  D'^'lDli'D,  Wachtposten, 
liest.  Die  Wachtposten  brauchen  nicht  grade  als  Beobachter  des  Krokodils 
gedacht  zu  werden,  es  können  auch  sonstige  Stromwächter  sein,  Militär-,  Zoll- 
posten (an  der  Südgrenze)  u.  dgl  vgl.  zu  Cap.  7  12.  Dass  mit  D"'*1DU'I3  nichts  an- 
zufangen ist,  darin  sind  fast  sämtliche  Exegeten  einig,  v.  IS'»  würde  im  M.  T. 
lauten:  erreicht  einer  es  mit  dem  Schwert,  so  hält  es,  das  Schwert,  nicht  Stand, 
eine  abscheulich  schlechte  Satzbildung.  Wenn  nicht  v.  18'^  wäre,  so  könnte 
man  VtXSt^  für  in:^^0  vermuten;  oben  ist  IX^b'ö  als  Pendant  zu  insb»)?,  wie  das 
erste  Wort  von  v.  17  korrekt  zu  schreiben  wäre,  übersetzt  vgl.  Cap.  20  6.  Für 
np.B',_^das  sonst  nicht  vorkommt,  ist  entweder  ]\"''^^,  Panzer,  oder,  da  dies  Wort 
nicht  sonderlich  gut  passt,  mit  Hoitmann  T^^^X^  vom  aram.  ^''W,  (Pfeile  u.  dgl.) 
schleudern,  zu  lesen.  19  20^  Eisen  achtet  es  für  Stroh,  Erz  für  morsches 

Holz,  der  „Sohn  des  Bogens",  der  Pfeil,  schlägt  ihn  nicht  in  die  Flucht  u.  s.w. 
Der  Yerf.  bemüht  sich,  alle  ihm  [bekannten'  Namen  für  Wafi'en  anzubringen, 
als  wenn  er  nach  einem  Wörterbuch  arbeitete  vgl.  zu  Cap.  4  10.  Da  K'p  in  v.  20'' 
und  21=»  gleich  zweimal  hinter  einander  vorkäme  und  als  Gegensatz  zu  den 
Schleudersteinen  kaum  angebracht  ist,  so  nehme  ich  an,  dass  der  Yerf.  v.  20'' 
pnK>  geschrieben  hat  und  dies  in  K^p  durch  den  Einfluss  des  vorhergehenden 
nu'p  verderbt  ist.  21  22  Li  v.  21*  wird  mit  Dillmann  1^  3^ni  zu  lesen  sein: 
Wie  ein  Strohhalm  di'mkt  ihm  die  Keule.  Wenn  T\T\\T\  wirklich,  wie  Baeth  an- 
nimmt, aus  dem  assyr.  tartahu  abzuleiten  ist,  so  mag  nrilH  beabsichtigt  ge- 
wesen sein.  22=»  übersetzt  man:  unter  ihm  sind  die  spitzigsten  Scherben,  aber 
was  soll  das  heissen?  Lagert  es  sich  mit  Yorliebe  auf  spitze  Scherben?  oder 
sind  seine  Bauchschilder  mit  spitzen  Scherben  zu  vergleichen  ?  Das  letztere 
wäre  unwahr,  die  Bauchschilder  des  Krokodils  sind  glatt,  und  den  Schwanz, 
der  übrigens  auch  keine  spitzigen  Knochenschilder  hat,  kann  vrinri  schwerlich 
bezeichnen.  Nicht  weniger  wunderbar  ist  v.  22'':  es  breitet  aus  einen  Dresch- 
schlitten auf  dem  Koth.  Einen  Dreschschlitten  (der  an  der  Unterseite  mit 
Messern  besetzt  ist)  könnte  es  selbst  dann  nicht  auf  dem  Schlamm  ausbreiten 
(wie  ein  Bett!),  wenn  es  unten  am  Leibe  die  besagten  Scherben  hätte,  wenigstens 
bekäme  man  ihn  nicht  zu  sehen,  da  das  Tier  den  Eindruck  bei  der  Weiter- 


Hi4l23  201  Hi405 

bewegun^  verwischen  nuisste.  \'iel  veniüiil'tifier,  obgleich  sprachlich  unmöglich 
ist  die  Übersetzung  des  alten  Rosknmlllkh:  vom  Schmied  geschärfte  Waffen 
wirft  ('S  in  den  Kot.  Ich  lese  nnn  für  vrinn,  es  zerbricht  CJes9  3).  ferner  mit 
LXX  vb]l  liir  ''bV;  für  1D"1\  das  auf  keine  Weise  einen  Sinn  giebt,  nmss  irgend 
ein  schneidendes,  wahrscheinlich  bäuerliches  Werkzeug  geschrieben  sein,  etwa 
]yy^\  sprich  endlich  C'nn  und  l'^in:  A'.v  zr/ffr/r/tf  /f/r  Schneiden  des  Schmiedes, 
Eisenslachel  und  Pickel  sind  {/et/en  es  hol ,  d.  h.  die  l»au<rn  sind  ge<:(n  das 
Tier,  wenn  es  gilt,  ein  Kind  oder  Haustier  vor  ihm  zu  retten,  ganz  widirlos. 
2IJ  24  A'.v  liissf  (iitf'irnllen  die  Tiefe  irie  einen  Kessel ,  Macht  das  Meer  ijleich 
einem  Sathenliif)/',  iJissl  teachlen  einen  l'/'tid  im  Dankein.  Hinter  ihm  irird  die 
Flut  -ZI/r  h'lamme.  (Ii-schildert  wird  der  Anblick,  den  man  hat,  wenn  das  Kro- 
kodil sieh  Vdin  l  fer  ins  Wasser  stürzt  und  davonschwininit.  Dann  wird  das 
Meer  (für  den  Nil  AvieJesl9ft)  aufgecjuirlt  wie  ein  Salbentopf;  zu  der  Wald 
dieses  Bildes  mag  mitbestinnneud^gewcsen  sein  der  Umstand,  dass  das  Tier 
dem  Wasser  einen  nioschusartigen  Geruch  mitteilt,  v.  24  lautet  im  M,  T.: 
hinter  sich  macht  es  leuchten  einen  Pfad,  es  achtet  die  Flut  für  graues  Haar. 
2B^n,  das  schon  zweimal  (1!)  21)  da  war,  ist  sehr  sonderbar;  SB'II!,  das  doch 
nicht  bedeutet:  die  Flut  erscheint  wie  graues  Haar,  und  übrigens  ]»ei  dieser 
Aussprache  im  fem.  stidien  sollt«',  macht  den  Satz  um  nichts  erträglicher. 
Auch  n2^ty  ist  wuntlerlicli,  zumal  bei  dem  Objekt  DinP.  Die  LXX  hat  von  dem 
ganzen  A'ers  nur  das  erste  und  die  beiden  letzten  AVih'ter;  indem  wir  diese  l)ei 
einander  lassen  und  n2^C,  LXX  7V2X^,  in  3"?^'  verwandeln,  <'rhalten  wir  d«*n 
Satz:  hinter  ihm  wird  die  Flut  zur  Flamme  ("oder:  zum  Streifen,  Faden  vgl. 
das  syr.  K3^2ty).  Den  in  der  Mitte  übrig  bleiltenden  Knnii)lex,  der  in  TiXX 
fehlt,  lesen  wir:  '^ß'n  ^''ili  TK^,  wo  '^B'n  nur  ein  anderes  Wort  für  das  dunkle 
Wasser  ist.  Der  ähnlich  wie  v.  lOft'.  übertriebene  Ausdruck  besagt,  dass  das 
davonschwinimende  Kr(d<odil  einen  hellleuchtenden  Wasserfaden  hinter  sich 
herzieht.  Es  ist  möglich,  dass  der  in  LXX  fehlende  Satz,  der  im  M.T.  am  un- 
rechten Ort  steht,  erst  später  hinzugesetzt  ist,  aber  dann  als  Ausfüllung  einer 
noch  erkennbaren  Ijiuke.  25  20  Mehls  ist  auf  dem  Slaahe  ihm  ijleich.  Das 
geschaffen  ist  zar  Fanhtlasit/kei/ :  Vor  ihm  fürchtet  sich  (dies  Hohe,  Es  ist 
der  höniji  iiher  alles  stolze  Wild,  nn  als  Substant.  mir  noch  Gen  9  2;  mög- 
licher Weise  ist  es  durch  das  tolgende  riK  /.n  ruin,  n'Pn  oder  Plrn  zu  erg;iuz»'n. 
Ebenso  leicht  kann  man  aber  dies  n«  v.  2(3  zu  in«  (so  auch  Ginkkl  und  Bldde) 
vervollständigen,  worauf  alsdann  KT  für  n«T  zu  lesen  ist.  }*ntf"''i3  wie  Cap.  28  8; 
natürlich  meint  auch  Hia  die  grösseren  Raubtiere. 

Cap.  40  3-5;  42*4— o.   liiobs  Antwort  auf  Jahwes  Hcdc. 

Dass  diese  Abschnitte  eine  Einheit  bilden,  ist  in  den  einleitenden  Be- 
merkungen zu  Cap.  40  1  ff.  gezeigt  worden.  Hiob  gesteht,  dass  er  ohne  Einsicht 
geredet  habe,  und  bereut  es,  aber  er  hat  jetzt  Gott  selbst  gesehen  und  will  sein 
Geschick  geduldig  tragen.  40  4  6  Siehe,  t/erini/  hin  ich.  fräs  soll  ich  dir 

enriedern.  Meine  Hand  letje  ich  auf  meinen  Mund,  Einmal  habe  ich  geredet 
und  Ihn  es  nicht  noch  einmal  u.  s.  w.   Für  n:r«  v.  5^  ist  mit  vielen  Exegeten 


Hi  40  5  202  Hi  42  6 

niB^JÄ  zu  lesen,  vgl.  Cap.  29  22.    Hiob  fühlt  sich  klein  gegenüber  der  Grösse 
Gottes,  er  will  nicht  mehr  in  sein  Weltregiment  hineinreden.  42  2  3  Ich 

habe  erkannt ,  dass  du  überlegen  bist  Und  nichts  für  dich  z-n  hoch  ist,  Darum 
habe  ich  Reden  vorgebracht  ohne  Einsicht ,  Was  zu  wunderbar  für  mich  und 
ich  nicht  begriff.  Dass  v.  S'^  nur  ein  ßandcitat  aus  Cap.  38  2  ist,  liegt  auf  der 
Hand.  Wie  es  scheint,  hat  dies  etwas  verkürzte  Citat  schon  einen  Vorgänger 
in  dem  letzten  Wort  von  y.  2  nßtp,  das  in  LXX  fehlt  und  nicht  in  den  Zu- 
sammenhang passt,  da  von  Gottes  Gedanken  und  Plänen  nirgends  die  Rede  ist; 
es  ist  als  TID  't  '0  die  Abbreviatur  von  Cap.  38  2  ^  Die  Ausstossung  des  Wortes 
macht  notwendig,  im  Vorhergehenden  zu  schreiben:  N^  '7I3')  J^iVd^^  "'S,  wodurch 
auch  der  Sinn  ein  wenig  verbessert  wird:  es  handelt  sich  nicht  darum,  dass 
Gott  allmächtig  ist  —  wo  hätte  Hiob  dies  bestritten?  —  sondern  darum,  dass 
Gott  gegenüber  Hiob  übermächtig  ist,  ribb^  entspricht  dem  ''ri'Vj^  Cap.  40  4.  Gott 
hat  den  Hiob  besiegt;  indem  er  ihm  nachwies,  dass  sein  Walten  viele  Bezirke 
in  der  Welt  umfasst  und  viele  Dinge  in  sich  hält,  die  den  Menschen  nichts  an- 
gehen, ihn  überragen,  ihm  dunkel  sind.  Auch  v.  2'^  will  nicht  sagen,  dass  Gott 
alles  thun  kann,  was  er  will,  denn  einen  solchen  Satz  konnte  Hiob  wohl  sprechen, 
wenn  er  Gottes  Gewalt  und  des  Menschen  Recht  einander  gegenüber  stellen 
wollte,  kann  er  aber  nicht  aussprechen  als  das  Ergebnis  der  Ausführungen 
Jahwes,  in  denen  ja  nirgends  hervorgehoben  ist,  dass  Gotte  kein  Ding  unmög- 
lich sei.  Vielmehr  muss  der  Satz  bedeuten,  dass  für  den  Menschen  alles,  für 
Gott  nichts  zu  hoch  ist  (vgl.  Ps  139  6  zu  dem  Sinne  von  "ISD),  dass  der  Mensch 
nicht,  wie  Hiob  früher  (Cap.  21)  gemeint  hat,  ein  Warum  erfinden  kann,  auf 
das  Gott  nicht  antworten  könnte.  Gottes  Verwaltung  der  Welt  besteht  alle 
Proben  und  ist  aller  Kritik  überlegen,  das  will  Hiob  in  v.  2  bekennen.  Mit 
T'iin  V.  3  meint  Hiob  seine  Aufzählung  der  Beispiele,  aus  denen  hervorgehen 
sollte,  dass  von  Gottes  Weltregiment  nichts  zu  spüren  sei;  jetzt  hat  er  begriffen, 
dass  eine  Weltordnung  vorhanden  ist,  aber  über  das  Verstehen  des  Menschen 
hinausgeht.  4  ist  wieder  ein  Citat  aus  Cap.  38  3,  vervollständigt  aus  Stellen 
wie  Cap.  2l2f.;333i.  56  ISach  Hörensagen  hatV  ich  von  dir  gehört.  .letzt 
aber  hat  mein  Auge  dich  gesehen,  Darum  renverf  und  bereu'  ich's  Auf  Staub 
und  Asche.  ]|S  V'?^'?  kommt  nur  hier  in  dem  allgemein  angenommenen  Sinn 
Hörensagen  vor,  kann  aber  kaum  etwas  anderes  bedeuten,  vgl.  Cap.  28  22,  dann 
ist  jedoch  '^^'!^y(QW  eine  etwas  harte  Verkürzung  für  ?J''^j;  ''ri^oa^,  wofür  man  nur 
an  I  Reg  5  u  ein  nicht  ganz  genügendes  Beisi)iel  anführen  kann.  Der  Sinn 
ist:  früher  hatte  ich  nur  durch  andere,  durch  die  Tradition  eine  Kenntnis  von 
dir,  die  unzulänglich  und  irreführend  war.  Hiob  war  belehrt  worden,  dass  Gott 
das  Regiment  nach  dem  Gesichtspunkt  der  pünktlichen  Vergeltung  führe,  dass 
also  der  fromme  Mensch  auf  Glück  rechnen  dürfe  —  das  hatte  ihn  in  die  Ver- 
wirrung gestürzt,  die  ihm  seine  Zweifel  und  Angriffe  auf  Gottes  Regiment  ein- 
gab. Jetzt  abfer  hat  er  Gott  mit  eigenem  Auge  gesehen  mid  weiss  nun  besser 
Bescheid:  Gott  ist  da  und  waltet,  er  sorgt  sogar  für  die  wilden  Tiere,  er  übt 
n^j;  (38  2),  weisen  Rat,  in  seinem  Walten,  aber  der  Mensch  ist  nicht  der  einzige 
Zweck  und  Mittelpunkt  der  göttlichen  Thätigkeit  und  nicht  imstande,  sie  in 
ihrem  Umfange  und  Zusammenhang,  in  ihren  Motiven  und  Zwecken  zu  be- 


Hi426  203  Hi426 

greifen.  Daiuiii  verwirft  und  bereut  Hiob  die  Kritik,  die  er  vorgetragen  bat 
(3").  Selbstverständlicb  erkhirt  sieb  Hiob  damit  nicbt  für  einen  Sünder,  erklärt 
nicbt  einmal  seine  unverständiire  Kritik  für  Sünde:  wer  das  meint,  beweist  nur, 
dass  er  den  Dicbter  nicbt  begritlen  bat.  So  wenig  trüber  Hiob  seinen  Freunden 
gegenüber  sieb  im  Unrecbt  glaubte,  wenn  er  aucb  noch  so  viel  in  seinen  Reden 
geirrt  baben  möcbte,  so  wenig  wird  hier  von  Hiob  und  von  Jahwe  selbst  als 
sündige  Verirrung  angesehen,  was  nur  eine  intellektuelle  Unfähigkeit  und  eine 
Folge  unzulänglicher  Belehrung  und  P^rkenntnis  gewesen  war.  Dass  die  Sünde 
beim  Dichter  nicht  die  Rolle  spielt,  die  ihr  die  Theologie  immer  wieder  für 
Welt  und  Religion  zuschreibt,  geht  schon  daraus  hervor,  dass  Hiob  durchaus 
nicht  um  Vergebung  bittet.  Wenn  er  zum  Scbluss  sagt,  er  bereue  „auf  Staub 
und  Asche",  so  heisst  das  nicht,  dass  er  nachträglich  den  Aussatz  und  den  vor- 
zeitigen Tod  für  seine  Kritik  des  göttlichen  Regiments  verdient  haben  will. 
Es  heisst  nur,  dass  er  jetzt  als  Aussätziger  auf  seinem  Aschenbaufen  ruhig 
sterben  kann  und  gern  sterben  will,  weil  er  Gott  gesehen  hat.  Was  er  Cap. 
19  25  tl".  als  seine  höchste  Hutlnung  hinstellte,  nach  seinem  Tode  Gott  als  seinen 
Verteidiger  erblicken  zu  dürfen,  das  ist  jetzt  mehr  als  erfüllt,  er  hat  Gott  noch 
vor  dem  Tode  gesehen,  ihn  soweit  kennen  gelernt,  wie  es  einem  Menschen  über- 
haui)t  möglich  ist,  er  hat  die  Offenbarung  erlebt,  die  er  bedurfte  und  immer 
wieder  ersehnte. 

Kine  doppelte  Frage  zog  sich  durch  das  ganze  Buch,  soweit  es  dem  Dichter  des 
Hiob  angehört,  hindurch,  die  persönliche  Frage:  warum  werde  ich,  Hiob,  von  Gott  so 
schlecht  behandelt,  und  die  allgemeine  Frage,  warum  giebt  es  keine  gerechte  Vergeltung 
in  der  ^Velt?  Die  erste  Frage  war  bis  Cap.  19  einigermassen  befriedigend  gelöst  und  em- 
pfängt hier  am  Schluss  ihren  versöhnenden  Abschluss:  Gott  ist  nicht  Hiobs  Feind,  ist 
sein  Freund  und  Verteidiger  und  gewährt  seinem  Treuen  seinen  persönlichen,  beglücken- 
den Anblick.  Das  zweite  Problem,  die  eigentliche  Theodicee,  hat  keine  erschöpfende 
Lösung,  aber  doch  eine  Antwort  gefunden,  die,  auch  ohne  Verzicht  auf  das  eigene  selbst- 
ständige Denken,  ein  gewisses  Ausruhen  ermöglicht:  kann  man  nicht,  wo  man  es  möchte, 
die  eingreifende  göttliche  Gerechtigkeit  wahrnehmen,  so  ist  doch  Gott  und  waltet  wunder- 
bar in  der  Welt,  die  zu  erhaben  und  herrlich  ist,  als  dass  der  Mensch  noch  verlangen 
dürfte,  dass  sich  alles  um  ihn  drehe. 

Das  ist  nun  ein  eigentlich  tragischer  Abschluss  des  gewaltigen  Gedankendramas. 
Wir  scheiden  von  ihm  versöhnt  mit  dem  Gott,  der  einen  Menschen  ohne  dessen  Ver- 
schulden tief  unglücklich  wenlen  und  auf  Staub  und  Asche  sterben  lässt,  der  sich  ihm 
aber  in  seiner  Grösse  und  überlegenen  "Weisheit  oft'enbart  und  ihm  für  das  physische  Leid 
geistige  Erhebung  schenkt;  allein  es  bleibt  in  uns  die  tragische  Grundstimmung  zurück, 
die  auf  dem  Gedanken  beruht,  dass  der  Mensch  entthront  ist,  dass  er  den  Anspruch,  der 
zweckbestimmende  ^littelpunkt  der  "Welt  und  des  göttlichen  "Waltens  zu  sein,  aufgeben, 
dass  er  die  Unbegreiflichkeit  der  AVelt  und  seines  eigenen  Geschickes  zugeben  muss.  Als 
Pessimismus  darf  man  diese  Stimmung  nicht  bezeichnen,  denn  für  das  religiöse  Gefühl 
wiegt  die  Gewissheit,  dass  Gott  ist  und  dass  der  Fromme,  der  ihn  sucht,  seiner  habhaft 
wird,  die  Thatsache  auf,  dass  dieser  Gott  seinem  Frommen  nicht  immer  in  seinem  phy- 
sischen Leid  beisteht.  Aber  auf  der  anderen  Seite  fühlen  wir,  dass  selbst  die  frohlockende 
Begeisterung  für  die  Grösse  Gottes  in  der  Xatur  nicht  das  ersetzt,  was  die  prophetische 
und  die  christliche  Ansicht  von  dieser  "Welt  und  Hoffnung  auf  jene  "Welt  zu  bieten  ver- 
mag: den  echten  Optimismus,  der  die  Leiden  des  Daseins  und  die  bescheidene  Stellung 
des  ^Menschen  in  der  "Welt  mit  voller  Unbefangenheit  anerkennt,  aber  an  ein  positives  Ziel 
der  Menschengeschichte  glaubt,  das  in  der  Zukunft  von  dem  ganzen  Geschlecht  und  von 
dem  Einzelnen  erreicht  werden  wird. 


Hi  42  6  204  Hi  42  8 

Eigentlich  ist  nun  der  Dichter  fertig.  Wenn  man  das  Ergebnis  überlegt,  bei  dem 
er  angelangt  ist,  wird  man  finden,  dass  das  Drama  nicht  anders  als  tragisch  enden  darf, 
Hiob  muss,  nachdem  er  Gott  gesehen  hat,  auf  Staub  und  Asche  sterben.  Wenn  trotzdem 
der  Dichter  das  Schlusscapitel  des  Volksbuches  Cap.  42  7  ff.  folgen  lässt,  so  thut  er  das 
wohl  mit  derselben  Rücksichtnahme  auf  die  Leser  seines  und  des  Volksbuches,  die 
Shakespeare  bisweilen  bewogen  zu  haben  scheint,  auch  solche  Abschnitte  aus  seinen 
Quellen  in  seine  Dramen  aufzunehmen ,  die  eigentlich  zu  diesen  nicht  passen.  Aber  noch 
stärker  als  bei  Cap.  1  und  2  merkt  man  bei  diesem  Schlusscapitel  den  Abstand  zwischen 
der  alten  schlichten  Märe  und  dem,  was  der  Dichter  daraus  gemacht  hat. 

Cap.  42  7-17.    Die  Erzählung  des  Volksbuches  von  Hiobs  glücklichem  Ausgang. 

Cap.  42  7—9  Jahwes  Abrechnung  mit  den  drei  Freunden  Hiobs.  7  „Diese 
Worte"  sind  natürlich  nicht  identisch  mit  den  Gottesreden  des  Dichters;  im 
Volksbuch  muss  Jahwe  seinen  Knecht  Hiob  gelobt  haben,  weil  er  „an  seiner 
Frömmigkeit  festhielt"  und  Gott  „pries",  mochte  er  ihm  Glück  oder  Unglück 
zusenden.  Dann  wendet  sich  Jahwe  zu  den  drei  Freunden,  von  denen  er  den 
ältesten,  Eliphas,  anredet;  natürlich  beweist  das  nicht,  dass  er  den  Eliphas 
allein  heimsucht,  während  die  anderen  abwesend  sind,  die  Scene  ist  offenbar 
dieselbe  wie  vorhin  in  der  Unterredung  Gottes  mit  Hiob.  Möglicher  Weise  hat 
das  Volksbuch  Eliphas  als  den  eigentlichen  Sprecher  der  Freunde  hingestellt, 
dessen  Ausführungen  die  beiden  jüngeren  zustimmten.  Jahwe  ist  erzürnt  über 
sie,  weil  sie  nicht  recht  über  ihn  geredet  haben  wie  sein  Knecht  Hiob.  Über 
ihre  mutmasslichen  Eeden  s.  die  Schlussbemerkung  zu  Cap.  2  13,  über  Hiobs 
Reden  im  Volksbuch  s.  zu  Cap.  2  lo.  Wegen  der  Reden,  die  der  Dichter  den 
Freunden  in  den  Mund  gelegt  hat,  konnte  Gott  nicht  erzürnt  sein,  viel  weniger 
als  über  Hiobs  Reden,  ''h^  für  "h^l  wie  oft;  wer  es  mit  „zu  mir"  übersetzt,  muss 
sehr  in  Nöten  sein  (Budde:  weil  alles  menschliche  Reden  Gott  zum  Hörer  hat 
und  —  an  ihn  sich  richtet!).  HilDi  heisst  einfach:  Richtiges,  nichts  weiter;  der 
Dichter  konnte  wohl  den  Hiob  sagen  lassen,  dass  die  Freunde  unaufrichtig 
über  Gott  reden  (13  7 ff.),  aber  nicht  so  kindlich  sein,  durch  Gott  ein  solches 
ethisches  Urteil  bekräftigen  zu  lassen,  weil  nur  dann  seine  Polemik  gegen  die 
herrschenden  Lehren  einen  Sinn  und  Wert  hatten,  wenn  diese  von  unverächt- 
lichen  Anhängern  vorgetragen  wurden;  der  Verf.  des  Volksbuches  aber  hat 
überhaupt  mit  den  Urteilen  des  Hiob  unserer  Reden  nichts  zu  schaffen  und 
hat  die  Freunde  natürlich  so  reden  lassen,  dass  Gott  mit  Recht  über  sie  er- 
grimmt sein  musste.  „Mein  Knecht  Hiob"  wie  Cap.  1 8;  2  3.  8  Die  Freimde 
sollen  nicht  weniger  als  sieben  Farren  und  Widder  holen  —  von  der  eigenen 
Herde? — ,  damit  zu  Hiob  gehen  und  sie  als  Brandopfer  opfern,  während  Hiob 
für  sie  Fürbitte  einlegen  soll;  die  letztere  Stelle  scheint  Hesekiel  Cap.  14i4ff. 
im  Auge  zu  haben.  Ob  die  Zahl  sieben  hier  kultisch  motiviert  ist,  wissen  wir 
nicht;  Gen  21  so  wird  sie  als  Symbol  für  den  Begriff  Schwur  gebraucht,  Balak 
opfert  Num  23  i  sieben  Tiere,  Hiob  selber  Cap.  lo  wohl  auch.  Ursprünglich 
wird  doch  hinter  dieser  Zahl  eine  Siebenzahl  höherer  Wesen  gestanden  haben. 
Dass  der  Dichter  von  sich  aus  seine  armen  Theologen  zu  solchen  Opfern  ver- 
urteilt hätte,  ist  wohl  zu  bezweifeln;  für  die  Gegenwart  wäre  eine  derartige 
Busse  für  theologische  Irrtümer  gleichbedeutend  mit  der  Ausrottung  aller 


Hi42  8  205  Hi42ll 

Theologie.  Wenn  DK  ^3  richtig  und  nicht  etwa  "HS  für  D«  zu  lesen  ist,  so  liegt 
eine  Yersc]ii<l)unj^  der  Art  vor,  dass  der  Satz,  der  dem  ÜK  ^D  vorhergehen 
sollte,  im  Infinitiv  nachgebracht  ist:  ich  würde  euch  etwas  Schlimmes  anthun, 
wenn  ich  nicht  auf  Hiob  Rücksicht  nähme,  es  nicht  zu  thun.  n^2J,  Thorheit, 
ein  mildes  Wort  für  einen  Sinn,  den  LXX  richtig  mit  ar^üihzzoL  av  i)|j.ä;,  ich 
würde  euch  ti'Uen.  wiedergieht.  einer  jener  ehrbaren  AuxirUcke,  die  das  Volks- 
bucli  charakterisieren  (s.  zu  Cap.  1  22).  D""iS  idü^  stellt  hier  eiinnal  in  gutem 
Sinne  (anders  als  Caj).  13  8).  Der  Schluss  von  v.  8  wie(U'rliolt  in  beilaglicher 
Breite  den  von  V.  7.  In  \)  lies  "ISiSI,  der  Name  ist  defekt  geschrieben  und  war 
wohl  versehentlich  ausgelassen. 

10—17  Hiobs  Wiedevlierstellung  und  gesegneter  Ausgang.  M)  Jttlnre 

aber  ircmlctf  lliohs  (Ir.stliitk.  mn"*!  vorangestellt,  um  «gegen  das  Vorhergehende 
abzusetzen.  T\\2'ä  21^  (Ktib  r\''2'd)  ist  gewiss  von  Ewald  richtig  nach  Analogie 
von:  ein  Gesciirei  sciirt-ien,  einen  Ha(h'r  hadern,  aufgefasst  in  dem  Sinne:  die 
Wendung  jemandes  wenden;  denn  wenn  keine  andtTe,  so  ist  diese  Stelle  vor- 
exilisch,  ausserdem  wäre,  wenn  r\'^ll\Ö  mit  Gefangenschaft  wiederzugeben  und 
die  Phrase  jung  wäre.  ^■'^7}  statt  2d  gesagt  worden.  Ol)  die  Auss])rache  ni2U^, 
besonders  die  Korripierung  des  Vokals  der  ersten  Silbe  richtig  ist,  steht  daliin 
(s.  Olshausen  S.  417).  In  dem  folgenden  Infinitivsatz  ist  \7VSn  keine  Feinheit 
des  Dichters  (Bi'DDe),  sondern  ein  Schreibfehler  für  VJJT.  Während  des  Ge- 
bets, das  seine  Freunde  rettet,  wird  Hiob  selber,  der  es  ja  mehr  verdient  hat 
als  sie,  von  seiner  Krankheit  erlöst.  Früher  hat  er  für  seine  Kinder  geopfert 
und  gebetet,  das  hat  ihn  nicht  schützen  kihnien,  jetzt  aber  hat  er  die  Probe 
bestanden  und  sich  als  Knecht  Jahw  es  bewährt,  daher  wird  er  nun  auch  als 
solcher  behandelt.  Ähnlich  das  Schicksal  und  der  Ausgang  des  Gottesknechtes 
in  Jes  53:  Aver  sich  auch  im  Leiden,  das  Gott  über  ihn  verhängt,  im  Gehorsam 
ohne  Murren,  ohne  den  Mund  zu  öÖnen,  bewährt,  erwirbt  sich  eine  Ehren- 
stellung und  wird  zugleich  ein  Mittler  zwischen  Gott  und  seinen  Mitmenschen. 
Märtyrer  sind  eo  ipso  Heilige,  das  ist  auch  die  Meinung  des  älteren  Christen- 
tums, erfahren  am  eigenen  Leibe  und  wirken  für  andere  Wunder,  v.  10'*:  Jahwe 
vermehrte  Hiol)S  ganzen  Besitz  auf  das  Doppelte,  ist  in  mehrfacher  Beziehung 
anstössig.  i-r  ninnut  v.  12  vorweg  und  drückt  doch  dessen  Inhalt  recht  schlecht 
aus,  sofern  es  ntJ^'T  statt  '•]pM  lieissen  sollte,  da  ja  Hiob  gar  nichts  mehr  besitzt; 
auch  die  AViederholung  von  niiT  ist  nicht  angenehm.  Vielleicht  ist  doch  v.  10'' 
-von  einem  Leser  hinzugesetzt,  der  die  Wirkung  des  Gebets  dadurch  erhöhen 
wollte,  dass  Hiob  nicht  blos  seine  Gesundheit,  sondern  auch  den  doppelten  Be- 
sitz wiedererlangt.  11  Die  Verwandten  und  Bekannten  suchen  ihn  auf  und 
essen  in  seinem  Hause,  das  er  nach  seiner  Gesundung  wieder  bewohnt,  mit  ihm 
und  bezeugen  ihm  nachträglich  ihre  Teilnahme;  dass  das  Volksbuch  sich  die 
Krankheit  als  kurzwährend  denkt,  ist  schon  zu  Cap.2  ii  bemerkt,  beim  Dichter 
erhält  man  eintii  anderen  Eindruck.  nj/nn-'jS  schliesst  auch  den  Verlust  des  Ver- 
mögens mit  ein,  das  noch  nicht  wiedir  zurückgegeben  zu  sein  scheint.  Letzteres 
kann  man  allerdings  schwiMlich  daraus  schliessen,  dass  jeder  Besucher  dem 
Hiob  eine  nB"'tyjp  (eine  unbekannte  Münze,  nur  noch  Gen  33  i9;  Jos  2432  er- 
wähnt) und  einen  goldenen  Xasenring  schenkt,  denn  diese  Gaben  sind  keine 


Hi42ll  206  Hi42l7 

Almosen  und  zu  unbedeutend,  um  dem  Hiob  wieder  aufzuhelfen,  sondern  ein 
Gratulationsgeschenk,  durch  das  man  den  festlichen  Charakter  des  Freuden- 
malils  erhöht.  Nasenringe  tragen  nicht  blos  die  Weiber,  sondern  auch  die 
Männer  als  Schmuck  und  zugleich  als  Amulet  (vgl.  Jdc  8  24  ff.).  12  In 

seiner  letzten  Zeit  wird  Hiob  doppelt  so  reich  (1  3)  wie  in  seiner  früheren  Zeit 
(vgl.  8  7),  auch  bekommt  er  13  wieder  ebenso  viel  Kinder  wie  er  früher  hatte. 
mj;n^  ist  wohl  ein  Schreibfehler  für  nj;n^  (Ges.-Kautzsch26  §  97c).  14  Die 
letzten  Angaben  des  Volksbuches  beweisen,  dass  die  Geschichte  von  Hiob 
nicht  die  freie  Erfindung  eines  Dichters,  sondern  eine  echte  Volkssage  ist; 
vermutlich  hat  man  von  den  Töchtern  Hiobs  noch  mehr  zu  erzählen  gewusst, 
da  man  ihre  Namen  kennt.  HO"'??';  wird  wohl  richtig  aus  dem  arabischen  ja- 
mama,  Taube,  gedeutet  (vgl.  Cnt4i);  "^15  ist  Augenschminke.  Die  Töchter 
waren  15  die  schönsten  "Weiber  in  der  Welt.  Zu  X!SÖi,  sing,  statt  plur.,  s. 
Ges.-Kautzsch2ö  §  145  0.  Die  Schönheit  der  Töchter  ist  gewiss  nicht  blos 
des  Vaters  wegen  erwähnt.  (Abraham  a  St.  Clara  schildert  sie  als  schöner 
als  die  Lamia,  Flora,  Lucretia,  Clölia,  Livia,  Cleopatra,  Penelope,  Lais  . .  . 
„aber  hört,  was  für  seltsame  Namen  ihnen  Hiob  gab!  Die  erste  nannte  er 
Dies-Tag,  die  zweite  Cassia-Rauch,  die  dritte  Cornustibium- Anstrich.  Warum 
dies?  Um  das  eitle  Nichts  der  schönen  Gestalt  zu  zeigen.  Denn  wie  lange 
währt  ein  Tag?  Etliche  Stunden,  dann  heisst  es:  gute  Nacht  u.  s.  w.")  Auch 
V.  1.5'':  der  Vater  gab  ihnen  das  gleiche  Erbe  wie  den  Söhnen  (was  wenigstens 
in  der  nachexilischen  Zeit  in  Israel  nicht  geschah  s.  Num  27  1  ff.),  spricht  da- 
für, dass  diese  Hiobstöchter  noch  weiter  eine  selbständige  Rolle  in  der  Sage 
gespielt  haben  mögen.  16  Hiob  lebt  noch  140  (LXX:  noch  170  und  im 
Ganzen  240)  Jahre.  Aus  dieser  Zahl  ist  zu  schliessen,  dass  Hiobs  Geschichte 
in  die  Urzeit  verlegt  wird,  wie  ihn  auch  Hesekiel  mit  Noah  zusammenstellt. 
Die  Vorgeschichte  im  Priestercodex  in  der  Genesis,  die  auch  sonst  vom  Buch 
Hiob  beeinflusst  zu  sein  scheint,  mag  sich  in  ihren  Zahlen  für  die  Generationen 
der  Urzeit  mit  auf  diese  Stelle  stützen;  sie  giebt  Abrahams  Vater  Therach 
Gen  1126  32  ungefähr  die  Zahlen  (70  +  135  Jahr),  die  hier  dem  Hiob  zu- 
gedacht scheinen  (etwa  70  +  140).  Der  Dichter  des  Hiob  kümmert  sich  um 
diese  Vorstellungen  nicht  (s.  zu  Cap.  14 1  f.).  Hiob  sieht  vier  Geschlechter, 
indem  er  seine  Enkel  sieht :  wird  da  nach  rückwärts  noch  das  Leben  seines 
Vaters  mitgerechnet  oder  ist  hinter  dem  zweiten  1"'i2  ein  Dn"'i3!l  ausgefallen? 
Sehr  merkwürdig  ist,  dass  das  Qre  die  korrekte  Lesart  des  Ktib  i<Tl  in  H^TI 
umändern  will:  hatte  man  ein  Bewusstsein  davon,  dass  in  der  populären  Sprache 
häufig  das  unverkürzte  imperf.  nach  dem  1  consec.  auftritt?  17  So  stirbt 

endlich  Hiob  wie  Eliphas  verhiess  „zu  seiner  Zeit"  (5  26);  den  Ausdruck  „alt 
und  lebenssatt"  hat  auch  der  Priestercodex  (Gen  35  29,  verkürzt  25  8),  ohne 
dass  in  der  Anwendung  dieser  vermutlich  oft  gebrauchten  Redensart  eine  Ent- 
lehnung liegt.  —  LXX  hat  noch  die  Bemerkung,  dass  Hiob  zu  denen  gehöre, 
die  Gott  auferwecken  wird,  eine  Kombination  von  Cap.  19  25  f.  mit  Dan  12  2 
(Hes  14 14  ff.),  sodann  noch  allerlei  genealogische  und  liistorische  Mitteilungen 
über  die  Person  Hiobs  aus  einem  aramäischen  Midrasch,  die  ganz  wertlos  sind. 


Sachregister. 


207 


Sachregister. 


SACHREfrlSTER. 


Abiuldon  129  136. 

Abraham  a  St.  Clara  206. 

Ackerbau  127  150  190. 

Alliteration  in  Iledensarten 
97  115.  \ 

Alt,  die  Alten,  die  Greise, ' 
ihre  Weisheit  68  82  8;i  154.  \ 

Aniulet  2m. 

Angeloloi^ie  bei    Elihu  XI 
161;derspätereuZeitüber- 1 
haupt  180;  s.  auch  Engel.  ' 

Anklageschrift  151. 

Anthropoiuorphismus  46  51  , 
77  i:u. 

Antilope  189. 

Ai)ologetik,  übereifrige  und 
verfehlte,  der  Freunde 
Hiebs  71 ;  s.  auch  Theo- 
logie und  Theorie. 

Aramäisch  (in  einer  Glosse 
Hi6  7)  37. 

Arktur,  der  Stern  177, 

Arzt  (PÜasterschmierer)  70. 

Aschenhaufen  (mezbele)  14 
16;  s.  auch  ilistfeuer. 

Aschensprüche  72. 

Atmosphärilien  185;  s.  auch 
Physik. 

Audienz  der  Gottwesen  7. 

Auferweckung  206  ;  s.  auch 
lieben  nach  dem  Tode. 

Aussatz  14  41  441(X)203;  an 
einem  Hause  96. 

Aussetzung  eines  Kindes21. 

Baum,  Abhauen,  Wieder- 
aufleben desselben  76; 
Entwurzelung  eines  mor- 
schen B.  126. 
Bärin  samt  ihren  Jungen, 
Sternbild  187. 


Beduinen  14  122. 

Begräbnis  113  133;  s.  auch 
Grab. 

Behemot  196. 

Beileidsbezeugung  16;  s. 
auch  Trauer. 

lene  ha-elohim  6  7  8  182. 

Bergbau  134  135. 

Bildad,  seine  Auffassung 
46 ;  sein  Charakter  46  48 
93;  sein  Wohnsitz  2  15.     , 

Blitz  175  177  187.  j 

lilut,  unbedecktes  89.  [ 

BlutriUher  14  89  102 f.  104; 
Zeichen,  das  der  Bl.  auf- 
richtet 103. 

Böse,  das,  der  Kitzel  des  B.  1 
106.  j 

Brandopfer  5  204. 

Brennmaterial  105.  | 

Buch  Gottes  101.  ', 

Buddha,    Buddhismus    18<> ' 
193. 

Bus  (n2)  153. 

Bu!^sfertigkeit  167. 

Butter  107. 

Chaldäer  VIII  10 f. 

Chaos  (s.auchOzean,Eahab, 
iehöm)  130  183. 

Charisma  154. 

Dankbarkeit  gegen  Gott 
148. 

Davididen  69. 

Dämonen,  selige  und  un- 
selige 116. 

OEi7ioii|xovfa  6. 

Dekalog  145. 

I  Demut  118  171. 

'  Deuterojesaja  IX  182. 

Dichter,  der,  des  Hiob  VIII 


bisXT,  seine  Zeit  IX  6583 
112;  seine  Erlebnisse  54  f. 
69f.;  Skepsis  zu  seinerZeit 
115;  seine  Heimat  IX  (J8; 
seine  Geistesfreiheit  85; 
Geistesart  der  Frommen 
seiner  Zeit  81  ;  seine  Ho- 
heit 149;  seine  Stimmung 
203;  seine  realistische 
Haltung  111  112  IHI;  sein 
moderner  Zug  186;  nicht 
sentimental  112;  seine 
Noblesse  140;  seine  lepr, '; 
181 ;  verglichen  mit  Amos, 
Jesaja,  Hosea,  Jeremia, 
Deuterojesaja  IX,  mit 
Shakespeare  204. 

Dieb,  Diebstahl  122  123  124 
141. 

Dogmatik  46  111  180. 

Dokumente ,  Verwahrung 
derselben  78. 

Dolmetschengel  160. 

Donner  =  Gottes  Schelten 
130  175  176. 

Drache  aus  dem  Abgrund 
20,  Meeresdr.  43,  Kampf 
mit  dem  Dr.  52. 

Dualismus  12. 

Ehebrecher,  Ehebruch  124 
146  147. 

Ehrengericht  151. 

Eigenklugheit  33  81  98  180. 

Einsätze  in  Hiob,  den  Elihu- 
reden  verwandte  XI f., 
sonstige  XII f. 

Eis  177  186. 

Ekstase  103. 

Elend  des  Menschen  41; 
elend  =  fromm  172. 


Sachregister. 


208 


Sachregister. 


Elihu  XI  152  ff.,  das  In- 
teressante an  ihm  166. 

Eliphas,  sein  Charakter  24 
114,    Alter  81,    Herkunft  j 
und  Name  2  15  117,  Re- 
ligion 118. 

Eloah  18. 

Empfindung,  rein  mensch- 
liche 112. 

Engel  28  f.  30  161;  fürbit- 
tende 30  89;  abtrünnige 
128;  =  „die  Hohen"  81 
[111];  Dolmetschengel  160 
161;  Todesengel  126  160 
161 ;  Würgengel  96. 

Entsagung  194. 

Ej^idemie  54. 

Erbberechtigung  der  Töch- 
ter 206. 

Erdbeben  51. 

Erde,  die,  =  Scheibe  130, 
ein  grosses  Tuch  184;  ihre 
Gründung  und  Schöpfung 
182. 

Eschatologie  IX  X  121  193. 

Ethik  119  138;  Höhepunkt 
der  alttestamentlichen 
Ethik  145  149. 

Eudcämonismus  8  163  169. 

Euphemismus,  £ucpr]|j,ia  dvxi- 
cppa3TixT|,imVolksbuchII 
5  12  15  205;  ausserdem 
163. 

Falschheit  146. 

Fanggruben  s.  Jagd. 

Fassung,  die  ruhige  11  12. 

Fehlgeburt  110. 

Feierabend  des  Tagelöhners 
75. 

Feind,  Verhalten  gegen  den 
Feind  145  149;  Feind 
Gottes  84. 

Fett,  das,  von  Orientalen 
geliebt  173. 

Feuer,  unangefachtes  108 ; 
Feuer  Gottes  10. 

Fischhändler  198. 

Finsternis,  chaotische  Macht 
19;  die  urweltliche  130; 
die  kosmische  184. 

Fleischspeise       150;       sein 
Fleisch     in     die     Zähne 
nehmen  72. 
Fluch,    über   Menschen  97, 


über  Häuser  96,  über 
Städte  84f. 

Freie,  der  23. 

Fremden,  die,  ihr  Einfluss 
für  die  Religion  83;  ihr 
Schutz  und  Recht  147. 

Frevel  u.  Frevler  80  82  83 
94. 

Fromme,  der,  sein  Schick- 
sal 66  97  105  118;  Geistes- 
art der  Frommen  zu  des 
Dichters  Zeit  81 ;  =  Gottes 
„Kenner"  121. 

Frömmigkeit ,  der  guten 
alten  Zeit  15  83,  in  alter 
und  neuer  Zeit  90,  Sym- 
bol orientalischer  Fr.  12; 
bei  Eliphas  114,  bei  Elihu 
168,  im  Volksbuch  16  180. 

Fürbitte  VIII  204  205. 

Gastmahl  4  5  6. 

Gastrecht  97  99. 

Gärtner,  seine Thätigkeit  74. 

Geduld  VII  194. 

Geier  135. 

Geist,  göttlicherl54,  mensch- 
licher nach  dem  Tod  103. 

Geisteserscheinung  28. 

Gelübde  117  162. 

Genesung  117  161  162. 

Genien  (=  Geister)  8,  feind- 
liche und  schützende  161. 

Gerechtigkeit  Gottes  in 
Weltregierung  97  195  203, 
nach  dem  Volksbuch  9  14, 
nach  Elihu  164  165. 

Gei'icht,  das  künftige  121. 

Geschlechtsregister  69  141. 

Gestirndienst  148. 

Gestus,  des  Zorns  134,  des 
Hohnes  134. 

Gewissen,  das  gute,  VIII  X 
73  89 ;  sein  Kampf  73. 

Ginsterwur^el  141. 

Gott,  Unterschied  in  der 
Auffassung  in  der  alten 
Zeit  und  zur  Zeit  des 
Dichters  3  90;  ein  Freund 
90,  ein  Krieger  175,  ein 
Richter  90  114  119  120 
182,  ein  Lehrer  174,  der 
Weltschöpfer  und  Welt- 
regierer  VII  16  97  110181 
182  202;    ein   Löwe  87  f., 


ein  Schütze  88.  Gottes 
Diskus  177,  Geschosse 
175  185,  Schleuder  175, 
Stab  110,  Stimme  176, 
Wohnung  6  179.  Gottes 
Kriegssch'aren  99,  hene 
Elohim  128.  Gottes  All- 
gewalt 66,  Allwissenheit 
9  165,  Angesicht  162,  Er- 
habenheit 115  173  195, 
Langmut  195,  Schelten 
130,  Schöpfergrösse  129, 
Unsichtbarkeit  52  179, 
Überlegenheit  30  33  50  f. 
52  195,  Wundermacht  32. 

Gottergebenheit  11  12  15. 

Gottesdienst  162. 

Gottesfurcht  VIII  3  5  13  24 
25  33  137  180. 

Gotteslästerung  5  13  15. 

Gottesnamen  in  Hiob  VIT  12 
181. 

Gottgeschlagener,  ein  65. 

Gottlose,  der,  seine  Art  82 
84  88;  =  einer  Pflanze 
(Wucherpflanze)  49  85  96 ; 
sein  Ende  65  82;  seine 
Erben  133;  das  Gericht 
über  ihn  114  121  195;  sein 
Loos  83  95  97  105—109 
132—134  173,  wenn  er 
bussfertig  wird  167.  = 
Parasiten  der  Erde  184. 
Gottlose  der  Vorzeit  116. 

Grab,  der  grossen  Herren 
und  des  einfachen  Bürgers 
91;  Ruhe  im  Gr.  21  22; 
Schätze  im  Gr.  22;  Grab- 
hügel 113,  Wache  dabei 
113.  Mangel  eines  Gr. 
89. 

Gratulationsgeschenk  206. 

Habicht  135  192. 

Habsucht  146  169. 

Hagel  177  185. 

Hausvorstand  5;  Hausge- 
sinde 150. 

Heilige  =  Engel  (s.  dort) 
30  82  195. 

Hellenismus,  Einfluss  des- 
selben 134  137. 

Henoch  179  184  185  195. 

Hesekiel  bekannt  mit  Volks- 
buch VIII  204. 


Sachregister. 


209 


Sachregister. 


Himmel,  der  Kreis  des  H. 
116,  seine  Pfeiler  und 
Säulen  129  f.  ;  gleicht 
einem  Metallspiegel  178  f., 
ist  Gottes  Thron  129. 
Seine  Unvergänglichkeit 
76;  seine  Gesetze  187. 
Audienz  im  H.  7. 

Hindin  189. 

Hieb,  seine  Heimat  If.,  sein 
Name  2,  seine  Frömmig- 
keit 2  3f.  204,  sein  Besitz 
3,  seine  Wiederherstel- 
lung und  gesegnetes  Alter 
204—206,  seine  Töchter 
206,  Enkel  206,  seine  Auf- 
erweckung  206 ;  seine 
Freunde  VII  VIII  IX. 
Sein  früheres  Glück  nach 
dem  Dichter  138 — 140,sein 
späteres  Unglück  140 
bis  145. 

Honig  107. 

Humanität  14.5. 

Hyaden   187. 

Hypostasierung  desvoü^l36. 

Jagd  und  Jagdgeräte  95 
198  199  200;  Jagd  auf 
Nilpferd  und  Krokodil 
198. 

Jahwe,  Gebrauch  des  Na- 
mens in  Hieb  12;  Preisen 
seines  Namens  12. 

Jason  167. 

Idealismus,  sittlich -reli- 
giöser 104. 

Individuum  195. 

Inschrift,  in  Felsen  gehauen 
101. 

Jona,  der  Prophet  195. 

Kanopus,  Stern  187. 

Kedeschen  172. 

Kena'anira  198. 

Kindersegen  3. 

Kinderspott  100. 

Kleid,  gottesdienstliches 
Gewand  4;  Kleid  des  An- 
geklagten 50 152,  des  Ver- 
lu-teilten  50;  Ehrenkleid 
99.  Pfändung  desselben 
115  und  Zerreissen  des- 
selben 11. 

Knecht,  Teilnahme  für  den 
Knecht  22  ;  seine  Stellung 

Kurzer  HC  zum  AT  XVT 


I  zur  Religion  23.  Knecht 
Gottes  8  205. 

Kosmologisches  51  129  f. 
I  137;  vgl.  auch  Physik, 
'  kosmische.  Der  voö;  im 
Kosmos  134. 

Könige,  ihr  Ergehen,  69  164 
165  171. 

Krankheit,  ein  Erziehungs- 
mittel 160. 

Kreuz  (als  Unterschrift)  151. 

Krisis  im  Gedankendrama 
93  96  101. 

Krokodil  XII  197  198:  Kro- 
kodil jagdl!»9;  Krokodils- 
augen 199. 

Kultgemeinschaft  4;  Heili- 
gung der  Mitglieder  der- 
selben 4. 

Küssen  der  Gottesbilder 
148;  Kusshände  148. 

lakach  19. 

Leben,  das;  „es  in  seine 
Hände  setzen"  72;  langes 
Leben  140  206;  das  Leben 
—  ein  Frohndienst  77 181 ; 
das  Leben  etwas  Ver- 
nünftiges und  Gutes 
181. 

Leben  nach  dem  Tode  34 
76 f.  206  (Auferweckung). 

Lebensbilder  aus  der  Volks- 
schicht der  Verstossenen 
122. 

Lebensfaden  30. 

Lehmsrhilde  72. 

Leiden,  das  (s.  auch  Un- 
glück), der  Frommen  97 
203;  Ursache  und  Zweck 
34  56  f.  98  104  12(J;  das 
Leiden  eine  Zuchtmass- 
regel 7  80  117  158  160  170. 

Leidenschaftlichkeit  30  81  f. 

Licht,  das,  im  Zelt  115 ;  das 
Tageslicht  und  seine 
Feinde  124 ;  das  kosmische 
lacht  130  184,  das  über- 
sinnliche 130  186;  das 
Licht  der  AVolken  178; 
übertr.  =  Leben  22.  S. 
auch  Nordlicht. 

„Listige"  =  Eigenkluge, 
Weltweise  81  98  180. 

Liwjathan       =      Wolken- 


I      schlänge   20  130  131;  = 
I      Krokodil  XII  198. 

Logos  137. 
I  Lotusbüsche  197. 

Löwe     188;     sein     scharfer 
Blick  1.35;   ein  Bild  für 
j       Gott  87 f. 

Lynchjustiz  151. 

Lysimachus  167. 

I  Manasse,  der  König  172. 

I  Mantie,    volkstümliche    83: 

j      Hören    von    Schreckens- 

I       stimmen  95f. ;  böse  Ahnun- 
gen 84. 

;  Marduk  130. 

Märtyrer  103  158  205. 

Meer  130 183;  seine  Erosions- 
markeu  und  Brandung 
183. 

Melde,  die  126  141. 

Menelaus  167. 

Mensch,  seine  Materie  29; 
sein  Loos  75;  seine  Ohn- 
macht und  Unwissenheit 
128;  seine  Schwäche  und 
Fehlerhaftigkeit  75  82 
129 ;  seine  Unvollkommen- 
heit  29  82;  seine  Wert- 
losigkeit 30.  Seine  Stel- 
lung in  der  Welt  Xf. 
193  202  203. 

j\Ienschenrecht ,  das,  des 
Sklaven  147;  des  sitt- 
lichen Menschen  (s.  auch 
Gewissen,  gutes)  X. 

Milch  107  112  138. 

Mistfeuer  105. 

Misthaufen  (mezbele)  14. 

Mond  129,  seine  Verehrung 
148  f. 

Monotheismus,  radikaler  54; 
s.  auch  Gott  und  Gottes- 
lehre. 

Moral,  bürgerliche  3;  s. 
auch  Ethik. 

Morgenröte  20  183  184. 

Morgensterne  182. 

Musik ,        gottesdienstliche 

(nj;nn)  i62. 

Musikinstrumente  110. 
Mühle,      Handmühle     146; 

Mühlstein  200. 
Mysterium  desGottschauens 

103. 

14 


Sachregister. 


210 


Sachregister. 


Mythen  und  Mythisches  43 
128  130;  halbmythische 
Anschauungen  175;  my- 
thische Ungeheuer  196. 

Nadib  pni)  113  138. 

Nasenring  206. 

Natur,  ihre  Veränderlich- 
keit und  Vergänglich- 
keit 78 ;  die  in  ihr  wal- 
tende Vernunft  und  in 
ihr  hei-rschende  Ordnung 
134136137;  die  Schöpfung 
der  Natur  182.  Natur- 
wissenschaft 183.  Gott 
und  seine  Verherrlichung 
in  der  Natur  X  XII. 

Naturbilder  192. 

Naturwunder  174  175  186. 

Nebel  175  185. 

Nebukadnezar  172. 

Nessel  141. 

Nilpferd  XII  196  197 ;  Jagd 
auf  das  Nilpferd  198;  im 
Circus  zu  Rom  gezeigtl97. 

Noah,  der  babylonische  184. 

Norden,  der  129. 

Nordlicht  179  188. 

Nordsterne  177. 

>;oüc  im  Kosmos  134  136  137. 

Oel  138. 

Oelbaum  86  123. 

Offenbarung  27;  Offenbarung 
Gottes  nicht  =  abge- 
schlossener Theologie  71 ; 
im  Sinne  des  Eliphas  81 ; 
Offenbarung  imTrauml58. 

Omen,  der  Schrecken  ein 
Omen  28. 

Opfer  VIII  4  5  6  162  204. 

Orion  187. 

Ostleute  3. 

Ostwind  80. 

Ozean  130  183  184. 

Papyrus    48.  Papyrus- 

schiffe 55. 

Paradies  116. 

Parusie  des  Gerichtstages 
121. 

Paulus  29. 

Personifikation  96  136. 

Persönlichkeit,  die  sittliche, 
ihr  Recht  73;  ihre  Be- 
deutung 97  101  163;  ihre 
Vernichtung  101 ;  Bedürf- 


nis der  sittlich-religiösen 
Persönlichkeit  104  163. 

Pessimismus  193  203. 

Pfanddeposition  91. 

Pfändung  92  115. 

Pfeile  Gottes  36. 

Pförtner  des  Hades  185. 

Phönix,  Fabel  vom  Vogel 
Phönix  140. 

Physik,  kosmische  IX  174 
175  178  182  183  186.  Bei 
Elihu  ein  besseres  Wissen 
XL 

Physico-Theologie  51  179. 

Physiologisches  59  100  f. 

Plejaden  187. 

Polydämouismus  7. 

Proldem,  das,  desHioblXf. 
105  158,  eine  Doppelfrage 
97  f.  203;  von  Elihü  nicht 
begriffen  162 ;  vom  Dich- 
ter nur  unvollkommen 
lösbar  180  203;  die  Ant- 
wort des  Dichters  193  195 
203;  vgl.  auch  die  Krisis 
(im  Gedankendrama). 

Propheten  145  203;  falsche 
=  Freunde  Hiobs  71. 

Prüfungsleiden  9. 

Psalmen  162  167  174. 

Psychologie,  die,  der  Stim- 
mungen in  Hiob  54. 

Pyramide  21  f. 

Rabe  188. 

Rachegeister  96. 

Rahab  52  129. 

Rat,  Ratsverhandlung  139. 
„Rat"  Gottes  152  181202. 

Raubmörder  124. 

Razzia  (Raubzug)  11. 

Rechthaberei ,  die  doktri- 
näre R.  derFreunde  Hiobs 
71 ;  ihre  Verurteilung  71f. 

Reden  und  Gegenrede  im 
Drama,  Bezugnahme  der- 
selben auf  einander  94. 

Redensarten ,  sprichwört- 
liche 13  14  66  72  95  96  97 
108  151  155. 

Refrain  134. 

Regen  125  176  186  188;  Ver- 
ursacher desselben  10 ; 
seine  Entstehung  174. 

Reichtum, SündendesReich- 


tums  115  121 148.  Reich 
=  gottlos  172. 

Reinheit  118. 

Reinigung  zur  Vorbereitung 
auf  eine  kultische  Hand- 
lung 4. 

Reisenden,  die  113;  ihre  An- 
denken, die  sie  mitbringen 
113.      Durchreisende  150. 

Religion  VIII 23  25;  bei  Eli- 
phas 118;  Laienreligion 
und  prophetische  25;  be- 
sonderer israelitischer 
Zug  195.  Preisen  des 

Namens  Gottes  12. 

Religiosität  der  Frommen 
81  90;  Hiobs  und  des 
Dichters  97  181 ;  in  den 
Augen  der  Gottlosen  110. 

Rephaim,  die  129. 

Resignation  12  25  36. 

Riesen  der  Vorzeit  129. 

Ross  191. 

Saba  VIII  10. 

Sagen  Altisraels  6 ;  pa- 
lästinensische 130 ;  edo- 
mitische  VIII. 

Satan  VII  6  7  8  10  13  54. 

scha'anän,  term.  techn.  der 
späteren  Theologie  66. 

scJiaddaj  '•'nB^  34. 

Schadenfreude  149. 

Schakal  144  f. 

Schauen  Gottes  103  f.  181. 
202. 

Scheol  42  61  77  79  93  96  129 
144  185. 

Schlangen  106 ;  die  Schi,  der 
Urzeit  130. 

Schmeicheln  65. 

Schnee  176  177  185 ;  Schnee- 
wasser 125. 

Schriften,  die  auf  die  Ur- 
zeit zurückgehen  81. 

scJiüb  schebüt  nni!^  2^^  205. 

Schulweisheit  154. 

Schweigen  =  Weisheit  70. 

Seelen=Menschenseelen  116. 

Sektierer  (vgl.  auch  ,, Li- 
stige'') 81. 

Selbstbetrug  86. 

Siebenzahl  204. 

Siegel,  von  Stein  199;  Sie- 
gelthon  184. 


Sachregister. 


211 


Sachregister. 


Sinae,  die,  des  Menschen  zur 
Beurteilung  der  Aussen- 

wolt  m. 

Sintllut  108  116  185. 

Sittliche,  das  1(53;  das  sitt- 
lich-religiöseBedürfnis97. 

Skepsis  und  Skeptiker  81 
83  115;  die  Krömmigkeit 
des  Skeptikers  181. 

Sklave  (s.  auch  Knecht)  100 
(alsLeil)dicuer);  dieSkla- 
vin  als  ]\rüllerin  14G;  J}e- 
handlung  des  Sklaven  145 
147.  Sklavenjäger  14; 
Sklavenrecht  147. 

Sociali)olitisches  121. 

Spinne  133;  Spinneiaden49; 
Spiunenhaus  49. 

Spottgedicht  142. 

Sprichwort  92. 

Stab  Gottes  110. 

Statthalter,  ungerechte  164. 

Steinbock  189. 

Sterne  und  Sternbilder  51 
177  187;  Stei-ne  im  Ge- 
fängnis 51 ;  die  Sterne 
nicht  rein  129;  Wetter- 
regenten 177;  die  "Woh- 
nungen der  St.  116;  des 
Nordens  Nordsterne  117. 
Sterngeister  und  Geister 
in  der  Stemregion  8  128 
182. 

Stille ,  andachtsvolle  kul- 
tische 80. 

Strafgefangene  74. 

Strauss,  der  Vogel  XII 144 
190. 

Sturm,  der,  aus  Süden  177. 

Sünde  und  Sündhaftigkeit 
IX  f  XI  45  46  157  203. 
Sündendoktrin  und  Be- 
kämpfung derselben  X 
XI.  Sündenschlaf  172. 
Gedankensünde  145 ; böse 
Lust  146.  Sünde,  durch 
Opfer  gesühnt  5  6;  S.  des 
Keichtums  115,  der  Ju- 
gendzeit 74. 

Sündenfall  29. 

Sündopfer  5. 

Tag  =  lebendes  "Wesen  17 ; 
Verfluchung  desselben  17 
20:  Taixewähler  20. 


Tag  Gottes  =  Gerichtstag 
des  göttlichen  Zornes  108 
112  121. 

Tagelöhner  107. 

tardema  (n»™)  27. 

tehöm  130  178. 

Teleologie  181. 

Tempelsünger  162. 

Textbeschädigung  XIII. 

Theodicee  97  f  114  119  180 
203. 

Theologie  u.  Theologisieren 
VIII  XI  116  118  155  158 
203  204 ;  die  Sünde  der 
Schlüssel  für  alle  Rätsel 
XI;  yr\  =  Theologie  155. 

Theoretiker  und  Theorie  111 
114  158  159  180.  Sün- 

denthforie  X. 

Thonbildner  157;  Siegel- 
thon  184. 

Thor,  der  30  81  f. ;  seine  Zu- 
versicht 49 ;  er  gleicht 
einer  WucherpHauze  49. 
Die  Thörin  15. 

Tierkreis  187. 

Tierwelt,  sie  dient  zur  Be- 
lehrung 67  196;  Tiere  als 
Spielzeug  198.  Die  Stel- 
lung derTiere  in  derWelt 
u.  zu  den  Menschen  193. 
Der  Verf  der  Tierbilder 

xn. 

tikhüne  has-söpherim  45. 153. 

Tod  77  79 :  =Vater  derWürg- 
engel  96  136.  Über- 

windung des  Todes  77. 
Todeszustand  104  112: 
Todesengel  160. 

Totenklage  16. 

Trauer  um  den  Tod  der  Kin- 
der 11  12. 

Trauergebräuche  11  16. 

Traum  44  106  158  159. 

Troglodyten  122  123  141. 

Trost,  der  „Gottestrost"  der 
Freunde  109;  die  Selbst- 
tröstung 11. 

iüschijja  (H'^ir^n)  62. 

Überlieferung,  das  Ansehen 
derselben  48. 

Umstellung  von  VersenXTTL 

Umwälzungen,  staatliche  69 
70. 


Unglück,  seine  Beurteilung 
in  der  Dichtung  IX  f.,  in 
der  antiken  Keligion  23; 
Ursache  desselben  VII 
VIII  6  9  24  34  35  44  46 
104114157.  Rätselhafte 
Unglücksfälle  9. 

Unschuld,  Bewusstsein  der 
Unschuld  101  f.  109  132 
138;  Recht  der  Unschuld 
131  132. 

Unsterblichkeit  42  76  (bei 
Bäumen) ;  Unsterblich- 
keitshoffnung 104  112  132, 
psychologisch  -  animisti- 
sche  u.  religiöse  104. 

Unterwelt  (s.  auch  Scheol) 
129  185;  die  Pförtner  der 
Unterwelt  185. 

Unterwerfung  unter  Gottes 
Willen  VIII  32 ;  s.  auch 
Gottesfurcht. 

Unwissenheit  in  physika- 
lischen Dingen  178. 

Utilitarismus  8  110  114. 

Uz  1. 

Verbrechertypen  124 ;  ein 
vornehmer  V.  125. 

Verfluchung ,  Selbstverflu- 
chung 16. 

Vergeltungslehre  IX  X  26 
30  f.  105  109  111   163  166 

,      202  203. 

I  Versmass,  in  der  Dichtung 
IX,  in  Zusätzen  120. 

Verstossene  (Heimatlose, 
Zigeuner)  122  123  124. 

Verwünschung  des  Geburts- 
1      tages  17  20. 
'  Vision   27  f. ;    Xachtgesicht 
106  159. 

Volksbuch ,  das ,  von  Hiob 

VUf. 
j  Volksschicht ,    eine    unter- 
!       drückte  122. 

Vollbürger  115. 

Wachtposten  am  Nil  200. 

Wasserfläche ,  die ,  etwas 
Unheimliches  125. 

Weihen  zur  Teilnahme  am 
Kultus  4,  Zeit  derWeihen 
5. 

Weinschlauch  156. 

Weinstock  a5f  123. 
14* 


Sachregister. 


212 


Sachregister. 


TVeintrinkeu  ö  H  10. 
Weisheit  30  63  137  1.54;  ihre 

Herstammung     aus     der 

Zeit   der  Schöpfung  81; 

ihr"Wohnsitz  XII 134-137. 
Weltanschauung ,      alleräl- 

teste  u.  allemeueste  193. 
Weltmensch,  der,  172;  sein 

Schicksal  66. 
Weltordnung  97  f.    109  110 

111  152  181  193  202. 
Weltschöpfung  182. 
Weltüberwinduug  158. 
Weltweise  s.  Eigenklugheit. 
Wetterprognose  187. 
Wiederaufleben ,    das ,    des 

Menschen  76  f. 
Wildesel  122  189. 


Wildochs  189. 

Winde,  die,  ihreWohnungen 
116. 

Wirklichkeit,  die,  ihr  Wi- 
derspruch mit  dem  sitt- 
lichen Postulat  105. 

Wissbegierde  181. 

Witwen  und  Waisen  115 
121  126  139  147. 

Wolf  144. 

Wolken,  die,  als  Wasser- 
schläuche gedacht  129, 
=  Vorhang  am  Throne 
Gottes  130 ;  ihr  Schweben 
178,  sie  schwärzen  den 
Himmel  179;  ihre  Ent- 
stehung 174.  Feder- 
wolken 188. 


Wolkenbrüche  68. 
Wucherpflanze ,    Bild    der 

Grottlosen  49. 
AVunder,  physikalische  116 

174  180. 
Zahlensprüche  34. 
Zauberer  20. 
Zeiten,  =  Schicksalszeiten, 

Termine,  von  Astrologen, 

Propheten ,      Apokalyp- 

tikern   etc.   bestimmt   66 

121. 
Zophar  15  f.  61  105. 
Zorn  Gottes   (s.    auch  Tag 

Gottes)  111. 
Zukunftshoffnung  193  195. 
Zustände,  nachexilische  70 

83  84  f.  121  122. 


Nachtrag  zu  S.  179  188: 
Von  befreundeter  Seite  ist  dem  Verfasser  nachgewiesen,  dass  Nordlichter  oft 
genug  in  Palästina  und  auf  gleichen  Breitengraden  gesehen  worden  sind. 


BJNDING  SECT.  APR  3  0  1968 


^  K^^-lc  IC. 


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