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Barney, GOOgle
FIEDLER COLLECTION
Feedlır ADBDS. IE A. 27
Google
A. ©. Meißners
Leben des C. Julius Caͤſar
fortgefegt von 3. C. 2%, Haken.
Vierter Theil.
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£ eben.
‚ des
$. Julius Caͤſar
A. G. Meißner.
Vierter Theil, ”
bearbeitet
von. 2 Hafen a
Mit einem Tireikupfen
TEILTE TEE — TEN
Berlin,
BeiDunder und Sumbtot.
1812
= 2JUL 1963
OF OXFORD
x
Vorrat
Borrede
Di Aufftellung des Schluffes biefer
Biographie vor den nachfüchtigen Augen
des Publikums hoff’ ich meniger um
das, was ich hier im aͤußern Umfange
zuviel — als was ich, bei: der. Fuͤlle
des Stoffs, an Intenfivität zumenig:
gebe, in Anfprach genommen gu werden;
Jene erftere Furcht mußte mich noth⸗
wendig zur Befeitigung manches Elche
nern geſchichtlichen Zuges bindrängen,
der das Gemälde — wenn auch nich
an höherer Lebendigkeit, doch an Voll⸗
fändigfeit würde haben getvinnen lagen.
Ruhiger feh’ ich dem Vorwurf ent:
gegen, daß es dem .Schluffe des Werks
an dem. hergebrachten „Ainsi mpurüt”
vi
mangle, und daß. ich mir's bequem ge:
macht, indem ich diefe refapitulirte Char
rakteriſtik — gleichlam die Kadenz
des Stuͤcks — mir erfpart habe. Er⸗
ſpart indeg wohl nur -fcheinbar, da
es ſowohl meines wackern Vorgaͤn⸗
gers, als mein Beſtreben ausmachte,
dieſe Schilderung in zwar zerſtreuten,
Aber markigten "Zügen, das ganze Wert
Berburch, in frifcher Wärme durch Eds
ſars Handlungen aufzuftellen. Wen
dag gleichwohl nicht genügt, ber wird
es mir ſicherlich Dank wiſſen, wenn ich
ihm, was er vermißt, hier, als ent:
lehntes Kleinod; mit dem meifterhaften
Griffel unfers erften Hiſtorikers in den .
Kauf gebe.
" Cajus Julius Caͤſar — — gatie
infeine, im ber erften Jugend ſchwaͤch⸗
mliche Gefundheif durch unaufhörliche
Leibesübungen fo gefärkt, daß fie alle
Jahreszeiten und jedes Klima ertrug.
M jeder Unternehmung, wodurch ee
ufich zum Rang des Erfien in Nom
f wm
mund in: ber Welt. erheben wollte, be;
gleitete ihn das Glück, weil, indeß er
ſich Alles erlaubte, “er die Herefchaft
n uͤber ſich felber behielt. Ohne von
feiner Beharrlichfeit, von der Kraft
und Höhe feines vielumfaffenden Geis
nftes zu fprechen, darf jene, ihm eis
gene Lebensfuͤlle, jene blisfchnelle Be:
mbenbigfeit. nicht übergangen werden. )
mn Wir find auf den Mann gefommen,
ntwelcher An vierzehn Jahren das ganze,
von ftreitbaren Völkern ſtark bewohnte
„Gallien, und zweimal Spanien unter;
warf, Teutſchland und Britannien be
ntrat, mit einem Heer Italien fiegreich
durchzog, die "Macht Pompeius des
%, Großen flürzte, Aegypten zum Gehor⸗
fa brachte, den Sohn Mithridats,
nPharnaces, fah und fehlug, in Afrika
®) Nec virtutem eonstantiamgue comme-
moro, nec sublimitatem omnium capacem,
qüae coelo continentur, sed proprium vigo-
zem celeritatemgue, quodam igne volucrem.
. Plin. H. N. VIL
vn
„den großen Namen: Catons und die
Waffen des Juba befiegte, funfzig
nSchlachten lieferte, worin eilfhundert
miwei und neunzig taufend Mann ges
mbtieben ſeyn follen, bei dem Allen, nach
1 Cicero, der größte Nebner, für Ge
‚fchichtfchreiber ein unübertroffenes Mus
nfter, gelehrt auch über Grammatik und
nAufpicien fchrieb, und große Plane
der Gefeßgebung und Ausbreitung des
Reiche, bei befchleunigtem Tod, wer:
„nigſtens im Andenfen lieg. So wahr
„iſts, daß den Menfchen die Zeit nicht
ifehlt, fondern ber Wille, fie zu benuz⸗
nzen. Caͤſar hatte nicht jene fchein-
n bare Erhabenheit Falter Menfchen über
geidenfchaften, wofür fie feinen ‚Sinn
„haben; er kannte ihre Macht, genoß
nder Luft, und wurde nicht ihr Sklav.
„Im Krieg zeigte fich Feine Schwierig:
jnfeit, deren Gegenmittel ihm nicht eins
ngefallen toäre, feine Kriegslift, welche
mer nicht, vermittelft unertvarteter Wen⸗
dungen, zu vereiteln getuußt. hätte,
ız
n Seine Kriegsmaximen waren einfgch
„und entſcheidend; zu den Soldaten re
ırdete er zuverſichtlich über die Gründe
feiner Hoffnung gu fiegen. Weberhaupt
siebt Cicero feinen Reden das Zeugnig,
Indaß fie einem, aus reiner. Duelle
um ſilberhell flieffenden Bach zu vergleis
uchen waren; daß, wenn Cäfar fie
nſchmuͤcken wollte, er unverbefferliche
nn®emälde in dem beften Lichte dar
nnftelte; daß der Charakter des Aus
ndrucks, der Stimme, der Action edel
nnund von fachtwalterifchen Künften
immentfernt getvefen ſey.“ Go begeich
met er in feinem Gefchichtbuch jeden
n®egenftand mit dem angemsffenfkken
Ausdruck; die feltenen Betrachtungen
nfind in feiner großen Manier, und hin
"amd wieder Züge. unbeleidigender Iro⸗
* mnie; er fchrieb dieſes Werk ſchnell und
n(wie Quinctilianus mit Recht urtheilt)
n in gleichem Geift, womit er geftrits
nuten.! Seine ‚Soldaten nannte er
ir Kriegsgeſellen; die tapferfien pries
“x
per Öffentlich; in Gefahren erinnerte er
fie deren, die fie mit ihm vorhin glück
nlich beftanden, feiner Liebe für fie, de
ten, die er von ihnen erwarte, die fie
„ihm fo oft bemwiefen, feiner Sorgfalt,
womit "er dei» Erfolg nun gefichert
mbabe. In der That waren fie ihm fo
nergeben, daß in einem wichtigen Fall
der ſtatt Seiner Kommandirende nichts
m Stärkeres zu fagen wußte, als: „Sol⸗
midaten, ftellt ‚euch vor, Caͤſar fehe
u„n„euch!“ — — ‚ Diefer, feinen Planen:
„Alles aufopfernde Mann, fobald er
ngeflegt, war Die Güte ſelbſt; gleichviel,
nob nach dem Hang feiner Natur, oder
weil er den edlen Sinn hatte, bie
ngrößte Klugheit hierinn zu erfennen.
„— — Jeder Bericht feiner- Siege .
nmehrte die Bervunderung Noms; fein:
ntägliches Leben befefligte feine Liebe
mim Herzen der Krieger; er hatte eine‘
nfolche Mifchung der größten und ſchoͤn⸗
nften Eigenfchaften, daß fie einig ihm
nergeben wurden. Er übertraf alle an⸗
dere Helden feiner Klaffe: Alexander
n hatte feine folche Schwierigkeiten zu
jrübertinden, und Karl den Großen hin
berte fein Zeitalter, Daßer nicht fo auf:
ngellärt fem konnte. — — Wenn
man die meiſten folgenden Gewaltha⸗
mber, in deren Hände Caͤſars ungemefs
nfene Macht gekommen if, wenn man
„ben völfigen Untergang. der alten Tu.
genden, den Ruin des Rache, bie
ndaraus erfolgte lange Nacht der Bar⸗
m barei, ‚ben wumerfelichen Verluſt der
nKRänfte und Wiſſenſchaften in Erwd-
ngung zieht, fo ift gewiß, daß wenn Caͤ—
ſars große Seele dag Ales ſeben kann,
mer ſelbſt betlagen muß, daß.-er hiezu
nAnlaß gab. Wenn. man die Folgen
feiner Ermordung, die Thaten drei neuer
nZprannen, das bei Philippi vergoffene
Blut, die Unmöglichkeit, eine Republik
ohne Sitten, oder die Sitten in einer
nfo großen Republik zu erhalten, wenn
uman Dieſes ertoägt, fo erheilet wohl,
n daß nicht diefer Caͤſar, fondern die uns
gerechte roͤmiſche Eroberungsſucht; Urs
"nfache alles Uebels war. Wenn man
bedenkt, wie ſchwer es iſt, Alles. zu
vermoͤgen, ohne dieſe Kraft gelegent⸗
lich zu mißbrauchen, wenn man bei ins
niger Selbftpräfung die Ungewißheit
bemerkt; ab wir feldft im gleichen Fall
‚enthaltfaner geweſen fein dürften, fo
mvergiebt man Rom die Erobenungen,
ndem Caͤſar feine Macht; beklagt die
n Schwäche der Vernunft im Kampf ges
gen Leidenſchaften, und arbeitet mit
mernenerter —— an Maͤßigung
‚der letzteren.“ (Joh, d. Muͤllers XXIV
Buͤcher Allg. Geſchichten. 2. VI. K.
25. 26. 29)
Inhalt.
des dritten Banden,
Pomseins uͤbt in feinem Konſulate
zu Rom eine übermächtige Ges
Walt. : . « .
@äfar leitet den Boltsfchluß ein,
daß er fh auch abwefend um das
Konfulat bewerben dürfe, ohne
doch von diefem MWorrecht ſchon J
ien Gebrauch gu machen, —
Neue heimliche Bewegungen in Gal⸗
en werden durch, vafche Ueber
siebung der Bituriger und Kar«
Auter unterdrückt, . —
Cäfars_ernftlicerer Feldzug gegen
je Bellovater, . * —
i
Kluger Kriegsplan des Gorreus, um
J —— zu lähmen. « —
Seine nachruttenden verũartungen
bewegen die Belgier zum Abjırge.. —
Correus geräth in einen Hinterhalt
und wird getödtet; Unterwerfung
der Belgier. » ” . —
Neues fchreftendes Beiſpiel. der
Strenge gegen die Reſte der Ebu=
ronen. ⸗ Eu 2
ein .
3
44
zıv
durchbliffende Kühle in depen De:
Hasın und en Au ha
vereitelte Bewegungen im Senat,
Beftechung. = - .
Eurio's fhlaue Verſtellung gegen die
Senatsparthei, bis er vlozlich ale
Vompelus Gegner auftrit und die
Detrete zu Cäfars Entwafnung
vereitelt. . .
Erfter eigentlicher Beginn der buͤr⸗
erlichen Fehde. .
Cadſars anſcheinende Mäßigung in
dem Verlangen, mit Pompeius
auf, gleichen Fuß behandelt zu
erden
Defen glimpfliche, aber verfaͤngli ·
Ge, Antwort und Sänzlicher Rüde
Ghlane Rriegemaht wich —
fars Kriegsmacht wird Binterlifi
am jwei Yegionen vertürt, s
er no
a
75
8
8
i
lu,
fentli
xv
noeh Selbfvertrauen des Bomye-
che. erfe kriegeriſche Vortehrun⸗
en in Bali und Abfal feines
Ser Dsecheebt der ilefäen Geiegs
jerbefeblder italifchen griegs ·
nad wird Bompelüs angeboten.
‚Cäfar führt eine Kr ion an den Bo
und bietet bie hand jum Grieden.
Ticero’s Rüdtehr beiel tie Kofnung
aur Yusfohnung.
Geuhtlofgteitfeiner Berfuche, See
ne und der wahren “PBatrioten
Stimmung ndbert fie mebe | dem
Bompeius.
Natur der Befognife genen Gäfar 5
aber auch Pompeius erregt Viß⸗
trauen ” ven feine Mbfichten.
ebei me Borferitte zum öfe
en Bruce. =
—&8 Entſcheidung im Se
nat über die Aniprüche des abs
wefenden Gifars auf das Konfu⸗
lat, und Dekret zur Wodanfung
feiner Begionen. =
Sieg der pomveianifchen arthei
Fi Härter Revolutiong > Zufand,
Nebergabe der tepublitani«
Kin Keiegemacht in Vompeius
Blucht der Catarn ergehenen Bolte-
teibunen von Rom in fein Lager.
Gäfar verfichert fich der. Befazzung
von Ravenna, und bricht aus ſei⸗
ner Brovinz über den Rubico vor,
Neberrumpelung von Ariminum.
Beibenehnten, von Bompeius an ihn
ei — unter beRändigen Fried»
x
-_ 112
- 116
zu
Tihen Berficherung, FA emaufbalt
‘fan vor, und bemi orig (ih ih der
Wäße Über den Appennin. =
ne diefer Gen auf
PBompeius Kürzung und
Umentghogenb eit. -
Ktaliens Belor: nid Benegungen
in der Hauptftadt,
Bempeius Fehr ih genötbigt, Rom
preiß, v0 geben. Seine und des Se⸗
zus bezeilte Sluchtnach Capua.
Caͤſar, anflatt gegen Rom vorzu⸗
dringen, „nieht 5 um adriatiſe en
Meere
Domitius Abenobarbus wieſt ſch in
Corfinium, Bine, ‚jan Bompeius J
unterflügt. zu werd⸗
Kompeins —E bedingt Ai
tieng Räumung.
Neue, vergebliche Geiebeneunter
bandlungen.
Domitius ieh. durch feine elane
Truppen zur ebergabe von n Core.
Äinium genötbrgt.
Bompelus üchter nach Frundikum,
Gäfars fruchtlofe Bemuhung, Cices
co’6 Beitritt zu gewinnen.
Ei fuchteben fo vergeblich, Bompeius
von Brundiſiam absufchneiden ;
Belagerung desßlaszes, und tühner
Berfuch, den Hafen zupudämmen.
Bompeius weilet abermalige Frie⸗
densanträge surad, und gebt mit
feinen, „geglonen ad riechen:
— wei In Brundißum ein, ‚sone .
feine uieifung und Wofabre
bindern zu könn.
e richtet eine. fernen "Euswärfe
172
176
183
86
&
xvii
Er richtet feine Eutwuͤrfe
Berwingung der ———
macht it. Hiſpanien
Gun Kufbrucdy nach Rom, und ne
abgelejuter Verfuch, Cicero uu
heruͤber zu ziehen. -»
‚sein Auferitt in der —R und
e — — Äch des öffentlichen
Scharzes ;; durch des Tribung Dies
weis oöiberfenlichteit nicht vers
Die Belltimmung in Rom ihm
nicht günflig. Er beeilt feine Abe
reife nach Sin janien.
Antalten zur Gicherüelung Ita⸗
lUens und der Nebenprovingen.
Cato verfucht den bald mieder auf-
ee Entwurf, ſich in Sick
jen zu behaupten. =
wait fest Cdfars, Dperationen ein
mbermip entgegen und wird durch
Domielusim erſtande beftärkt.
erler nee Desanfaltet die Belagerung
M
seh a ie ind zounie Berhält
je Hifanten: -
Pr% Be aten N Bomyelus famm-
Ien Koi in einer feften Stellung bei
Jierda, — ide
de6 Heer gerath —D inge.
Er ericeint, ver ni bei demfel-
‚ und rüdt näher gegen den
eind, der Die Schlacht vermeidet.
Edfars Berfuch, denfelben von Flerz
EN dat and rin
nachtbeiti, jefecht zur Bolge.
Noch baͤrteres Bedrängnig einer
229
232
zvıu
Eine vomyelaniſche Flotte erſcheint
Au ünterflüggung des Plates. Neue
Seeſch lacht und gänzliche Nieder»
lage der Maffilter. = «
Kiysiger Fortgang der Belagerung und
erttaunliche Werke der Gäfarianer, —
Die Maffilier feben fih zum. Er-
bieten ber Uebergabe gendtbigt;
314
za
join aber treulos „die Batı
er Belagerer, - .
Diele erüeben ten aus ver Mir;
Mafklia, abermals aufe
bärefe Aa ergiebi [0 dem
PR ut
Domtttu
Shialice g narife "der —
ner_auf Faſare adriatij
macht und anf Illyrien —2 —
jene Belagerung von Salona.
Cäfar fhids Curio mit einem Heere
Über-Sicilten nach Wfeita, =
Barus und Juba treten bier als
feine Gegner auf.
Eurios — Borttarine sam
ion.
Er wird dadurch zum Üebermund
erleitet am von Juba in die.
alle gelockt. 272
Ganliche Vernichtung der Bean
nen, und Curio’s Tod.
Burtand Italiens unter Antonius
roißfüclicher verwaitung
Eäfar wird vom Senat zum Ditta⸗
tor ernannt und eilt had) Rom.
Kufftand der neunten Be iegion zu Dlie
eentia, durch Gil joe efeigegen
wart unterdrüdi
Cifar — feine eil! Yägige Dit⸗
tatuein Rom durch Mäßigung und
weife Gefegse, benuzt fe aber auch
zu Hebernuhme des Konfulate.
Whrtbeile, welche feiner Macht durch
das Konfulat zumachfen. =
Bildung eines neuen pompelenifchen
Senats zu Thefielonica, aber vbne
gefeimädige Sanctin. =» >»
@ato, Eisere, Brutu⸗ und mehrere
xx
Genatorzi
a aan he
&ne Triegerifchen Mar egeln,
Teuppenfammlungen m
madıt.
ein „Arientan fie den näöten
€ Hr on — Eutfchlag nit einer
en as mat im Binter
" Hach Evirus ı erzufen jet. =
Seine geotüchte Landung bei Acroee⸗
taunia; verbunden mit einer neuen
Friedensbotſchaft an Bompeius.
jarum Beide Ve keinen Frieden
ernftlich mehr wünfchten. -
Eäfars Fortichritte in Evirus und
Entwürfe ae op Dyrrbachium.
HH näbert fich in Eilmar⸗
[hen aus Macedonien — Blags
ah Stimmung feines Heeres.
@äfare vereitelte Berfuche, mebrere
—* aus® Brunbigum an fih
Mu iichen. =
genden, er Ausgana einer begon ·
—XRW
ſchen beiden Heeren
Brundifium wird von den pompeig«
nifchen Flotten eng eingefchloßen.
Edfar wagt, zu Betrelbung feiner
Verflärfungen, ſich ſeibſt in Se
und maß umfebren =
Unzufriedne Stimmung feiner zu⸗
ridgelaßenen Truppen
Antonius gebt mit ver geglonen zu
Schiffe, und erreicht €:
Ponve ln vermas feine Bereinigung
1 sit far nicht zu bindern.
e: pi It gleichfalls. neue —5
kungen aus ſen unter Gcipio,
efprehung iwi ·
1
und vorgetrieben; fammt” Tome
veins Shepenanftalten.
Billige Entbebrungen der Caſaria⸗
ner in ihren £inien. =
‚ Bonfenber Mangeb in Fompeins
games entreirft and“ volführt
en neten u Austruß aus ſel⸗
eitr, verläßt MIR einen, i ihm aach⸗
— en verſucht/ eine ver⸗
Kim? te Legion abzu chnciden,
Sein Angrif wird durch Pompeius
Herbeikunft vereitelt, und in eine
harte Niederlage v- rwandelt.
Bompeius verabiäumt es, feinen
Sieg zu benuszen ; hält aber dem⸗
Aa? den Krieg für geen ·
naidindehiers Betragen der Siegen
— ——
Inhalt
des vierten Banden.
C. aͤſar, mit ungebeugtem Muth und
Hofnung,. fucht feine geſchlagenen
Truppen aufjurichten »— =
Gaſchickter und der feindlichen Vers
sigung unerreichhgtse Abzug von
Seite.
Beine Beim ſich für. den
Wlan, den Krieg nach Theflalien
3u verpflangen und Domitius Cal⸗
vinus zu erbrüden. >
Noch vor ihm bricht Gäfar, in glei —
her Abficht gegen Scipio, dahin
af = . oe .
Domitius entgeht nur zufällig dem
Untergang, und vereinigt ſich mit
Gäfar, welcher vor Gompbi aufe
„ ‚pedalten nid 5 en.
CAfar Tanert fic) bei Bharfalus, den.
> vereinigten feindlichen Heeren ges
Sense wuͤnſcht den Krieg in die
Bänge gu sieben, und riet in
feinen ebrgeijigen Ubhchten durch
.
21
Seite.
bee ie · 24
⸗ — 30
m ange⸗
Regionen
en
u Heere.
ice
itſcheidu
PN
id ibre er⸗
© Reiterei
Schlaqht
den feind ·
welcher ju ·
h Mangel
an Geiſtesgegenwart und übereilte
gusfernung in's Bager, feine Rie⸗
erlag, 7 oe
Caſar Rkhilg die Geſchlagenen und
ertürmt das Lager, ohne feinen
Truppen die Plünderung zu ges
% — W
omyeins entflicht nach der See⸗
a entfliche nah der Ser ·
Die Refte feines Heeres werden um« ⸗·
xingt umd zur Ergebung gendthigt, — 61,
far ale Sieger auf dem pharia-
Uscgen Schlachtfelde und zu La⸗
Re nn
Sin Gründe und Maaßregeln, ſich
⁊xiv
‚ ber Berfon des flüchtigen. Boms
peing zu verfichern, - »
Diefer rettet ſich auf ein Schif, ver-
einige ſich zu Mitplene mit feiner
“ Gamilie, und fthift nach Attalia.
Verſchiedene Auswege die ihm ju
eıner möglichen Mettung offen
chen. no E22
- Er wählt die Zuflucht in geghvten/
Su I
NRNeueſte Revolution am ägpptifchen
SHote. Pompeius erfcheint vor Bes
luſtum im Angefichs der fönigli=
hen Heeresmianht. ==
und gest nach. dem Nil unser
Saite. .
168
Hntußige Beregungen bieräber an .
des Hofe ; der Tod des Ro⸗
wers wird befchloßen, und er ver⸗
ratheriſch an das Ufer eingeladen,
Pompeius wird, im Augendlid des
Landung ermordet; feine Begleis
ter- entflichen, und fein Leihham
findet eine Fümmerliche: Beflate
U +» oe
ompeius@harakter, Berdienfteund
re in Zufammenftellung
mit CÄfar. = "x 0»
Caͤſar, in feines Gegners Verfol⸗
‚gung begriffen, eilt über den Helles
foonit, ordnet die Brovin Kleine
Afien, fammlet ‚einige Truppen,
FH ſchift nach Alegandria hin⸗
—————
mopeius abgeſchlagnes Haupt wird
Alm N Bandung A
SHE REN
Seine unwilltommn⸗ "Erfepelnung
au Alegandria und Gründe des
Miötranene gegen feine Wofichten,
73
a
xxv
Er kit ſich als fiegreicher Ger e
walthaber und Schiedsrichter der
Innern Wngelegenbeiten Haus
elespatıe erſcheint unerwartet in
ndrta und gewinnt ihn durch
Rn lichen Reis für tpre Wünfche,
ih des sungen Hrolemi dus vergeb-
verfuchten Flucht. wird fie
neben denfelben auf den Toren
efest. =
R te des Botbinus und achilas
u Gäfarg Berderben. » =
aqhiuas rüdt mit eimem- farfen
kn pptifchen Heere var Alegandria.
€ ars — Lage; Gründe, po⸗
ch er in diefem Blaye suchd
ie wird, =
na lid auf die — des tür
miſchen Reiche, und den Stand
der Kingelegenbeiten Laſars in
Pa .
Die Tehmmern der venublifanie
{hen Macht fammien LE einfe
weilen unter Catog Anführung
zu Dyrrhachium und Corcyhra.
Eicero fchlägt den am — agenen
Sberbefebi aus, und nieb 1 nach
Stalien zurüd, >
Gate — die Gesmacit einer gu
boften Vereinigung mit Poms
tus. entgegen, crfäbrt deſſen
d und wendet ſich gegen teikar
Seine Verbindung mit Seipis,
Barus und Fuba, deren Bemür
tber er verfohnt. Der Dberbes
befehl gebt auf Seipio über,
Er rettet Utica yon deiien zerkören«
den Maaßregeln, und Ander Urs
107
4110
118
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mers wird befchloßen, und er ver⸗
wätherifch an das Ufer eingeladen,
Bompeius wird, im Augendlick dev
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ter- entflichen, und fein Leihfam
IH eine fümmerliche: Beats
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‚gung begriffen, eilt über den Helles
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Afien, fermmiet einige Truppen,
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moveius abgefchlagnes Ham nich
sr I erden —
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Seine unwiutemmne Wuern
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Nißtrauene gegen feine Aofcten.
8
” xxv
— ge⸗ꝰ
waltbaber und Schiedorichter der
Innern Angelegenbeiten Acguv=
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Gleopatra erfcheint unerwartet in
Ulegandrta und gewinnt ibn durch
Herjönlichen Reiz für ihre Wünfche,
Nach des iungen Ptolemäus vergeb-
tich versuchten Flucht. wird fie
nenen denfelben anf den Throm
ef.» =. nn =
—X des VPothinus und Achillas
u Taſars Berderben. = =
« —ã mit — Ruten
m Heere vor Alegandein.
€ * mißliche Lage ; Gründe, 109=
durch er in diefem Blagse zuruͤc ⸗
jebalten wird, = = =,
ie auf die Probinzen des tor
mifhen Reichs, und den Stand
der Angelegenheiten Cäfars im
denfelben. » -» = =
Die Trümmern der, venublifani«
fen Macht fammien ſich einf«
weilen unter Gatos Anfäbrung
zu Dyrrhachium und Corcyta.
Gicero fchlägt den augetragenen
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en aurüd, = ="
Cats führt die Seemacht einer ge⸗
boften Vereinigung mit Poms
yeius. entgegen, crfäbrt deſſen
Tod und wendet fich gegen Afrika
Seine Verbindung mit Seivig,
Darus und Zuba, deren Bemür
bes. er verfohnt. Der Dberbes
befehl gebt auf Seinio über,
Er rettet Utica yon defien jerförett«
den Manfregeln, und finder Urs
- 107
- 110
14
- 15:
zxvi
fach, an einem guten Erfolg de6
Kriegs zu zweifeln. = =
Antonius übernimmt Roms und
taliens Verwaltung, und läßt
Cicero feine Abneigung (hmerj«
lich emofinden. » = =
Bewegungen in Rom anf die Nach⸗
richt von Caͤſars Siege. Er wird
abroeiend zum Diktator, Antonius
um Magifter Eguitum ernannt,
er diefe Machtfülle vielfältig
mißbraucht. = = = =
Cäfars unzureichende Macht in
Alegandgia =" » = 7
Achillag rüdt in die Stadt ein, und
belagert ihn in feinen Quartieren.
Caſar berſchanzt fich, befegt die. Ju⸗
fel" Pharus, au Erhaltung der
Gemeinfhaft über die See, und
ent die feindliche Slotte im
aren. = . ⸗ = .
Die Beingeßin Arſinoe entflieht zu
Adillas, und räumt ibn aus bem
Wege, um ihren Günftling Ga⸗
mumedes an defien Stelle zw
fein.» = 6 en -
Ganpmebes_fhneidet den Römern
das Trinkwaßer ab; ihre Ent⸗
muthung wird nur duch Chars
Geiftesgegenwart und Genie ver⸗
bindet, » « - »
Kühne Werke und Mafchinen der
Aegyyter in den Straßen der Stadt
zu Cäfars Beltürmung, und une _
gewöhnliche Arten des Gegenan ⸗
rifßt. - ⸗ ⸗ ⸗
ee wird, nach dem Gewin eines
Seetreffens, durch die Ankunft ci«
„ner kegion verfärkt, = =
140°
142
145
448
zxyıs
Die gflerandeiner bemaͤchtigen ich
des ‚Bharus und Hafendammes,
und bedränaen die Welaaerten
Stolemäus und Gäfar eilen -ihm,
wiewobl in verfhiedener Abficht,
entgegen. = 5 .-
Blutige Schlacht am ‚und Une
tergang des jungen Königs, Cd»
fat febrt, als Sieger, nacflegan-
dria jurüd. = - = vw
Neue Einrichtung des Königreichs
8 zu ee unfen, *.
ange Ungewighenn in Mom über
hlars Eaiaiah + “.
Seite.
SXVElL
Seine foribauernde Aufmertfamkeit
auf den Bang, der Wegebendeiten.
wage der Dinge in Afrika, und ſtarke
üftungen der dort vereinigten
Mepublitane. = « -
Miplicher Zuftand Hiſpaniens, durch
die fchlechte Verwaltung des Cafe
Fus. Eonginus Derbeigeführt,
Die Unzufriedenheit bricht in offnen
Aufkand der Legionen aus und
wird kaum durch die zweideutige
Volitik des Marcellus in einigen
Schranten gehalten. =» =
unruhige Bewegung in Rom, von
Dolabella erregt und von Anto⸗
nius nus sig niedergebalten,
Gefaͤbrlicher Geift der Meuterei uns
ter den italifchen Legionen.
Schwankender Zufland von Illy⸗
tien; Gabinias geht unter, und
Dctavius giebt erſt nach Verluſt
eines Seetreffens ‚die Herrſchaft
des adriatifchen Meeres auf.
Beirausfehende Entwürfe des Rö«
nigs Pharnaces zur Wiederberfich-
lung, der väterlichen Hereichaft.
omitius Galvinus sicht gegen ihn‘
Pi Felde und: wird Saure.
geichlagen. = = =
Mebermush und Härte des Siegers.
Eäfar entfchlieht fich, gufördernt feine
Waffen gegen Bharnaces Fr} fehren.
Der König fucht. vergeblich, ihn
durqh friedliche Anerbietungen zw
täufchen DER
Schlacht Bei Zela, und ſchnell ent:
ferebener eg. > -
Gäjar trifft feine Anordnungen für
Afien, und eilt nach Rom
xXıX
Sein Zuſammedtreffen mit Titerd,
Slutiger Bortgang ber, duch Dos
—— ‚in ver : Hauptfadt ertegten
chen far — dar feine verföntihe
Gegenwart alle Bartheien nieder,
ohne 'eine einzige zu frafen.
Seine ſtrengeren Vorkehrungen, ſich
in den Beſth binreichenber Geld·
mittel zu feyen. =
. Belohnungen feiner geunde "und
Truppen, die fi in ihren Erwar⸗
tungen getäufcht finden, >
Steigender Drißmuth derfelben, wel⸗
her bei der zehnten Begiun in
offene Meuterei augbricht. =
Sie marfbirt in feindlichen, “u
che naı
Eifar een Ind ihrer Attte un.
zumafinet he dur. hüberlegne Bei-
esgroͤ
Betrachtung Aber die Befabten ſei⸗
ner damaligen Lage. .
Er läße fh zum Teittenmal 1, jum
Diktator ernennen, und
Nunmehr feine Alicke auf Afita,
—— —A der republita⸗
niſchen Bi
Caſar ae ie durch feine Er⸗
ſcheinung gu überrafchen. _*
Er gebt von Bilybdum unter Segel;
die Flotte wird durch einen Sturm
MA went, und er erſcheint, in
ſchwacher Begleitung, — Abrue
Barpcliäer Berta au auf u
—
Ente.
231
260
266
zıx
Rabienus überfätt ihn mit, Meber-
macht. Schlacht bei Rufpina, aus
weicher Cdjar ch nur mit Mühe
sie mie bonn es erfheint ;
Sin vertäliche Ic in fin ber
Sangel
Yubacı drohende Ännäberun wird
duchden —— des aibenideurerẽ
Sins ver;
Sertpefe hter De Krieg. Die ar J
ſohrnen beginnen, auf ©
ars Seite zu neigen. Ant ne
neuer Verflärkungen. =
Gäfar gewinnt, nach einem gtüd«
lichen Meitergefecht, eine neue
vortheilbafte Stellung bet Usita,
Kartes Behrängntg der winterlichen
tigtes — von empfindlichen .
xxxi
Caſar ſiebt Sch, durch Mangel an
Unterhalt, genöthigt, die unter⸗
nehmung gegen Hiita aufjugeben, —
Sein tühner Zug gegen Beta, wel-
Ser ihn auf dem Müdiwege in cin
bartes Berrängniß verwidlekt. -
Er beichließt, ſeine Truppen an eine
„swefmäßigere Tattifzugewöhnen. —
Sein entfäheidender Marie gegen
Thapſus verführt den Feind, dm
eine Schlacht anzubieten. = —
Vorbereitungen zu derfelben, und
gegemtei e Stellung. 4
Blutige Schlacht bei Thapfus. Die
BR „[eindtiden Lager werden
obert.
er 2200 0..
Feäcntlofe Aufforderung des Platzes.
far eilt gegen Wtica. —
Wirkungen der Arne ‚von der ver«
Ionen Schlat auf die Bemüther
r :
in Utica. ” Bi ” .
Cato’s feiter Sinn. Seine Entwurfe
zu Handhafter Gegemmehr fcheitern
an der Mufblofigkeit feiner Bar
theigenoffen. . . .
Er ſorgt für die ſichere lucht feiner
— —* ſch mit eig⸗
x Hand den Tod. > = -_
Würdigung feines Charakters.
Cäfar Vehanbelt —F lichgefinne
ten in Btica mit ung.
Antergang der flüchtigen republife«
nifchen Bartheihdupter. = -
Juba vor Zama yuriefgemiefen, er
digt freiwillin dag Beben = _
Edfar verwandelt Rumidien in eine
römifche Provinz, nnd trifft die
nöthigen Anordnungen für Afrika, —
350
359
370
373
zXxI
“ a über Sardinien nen Rom
— 5 — Bemühungen. des Su
aus —— durch sent sten ane⸗
allen enmidelt in ine fenlinen
Mede_den Geiſt un! Srund«
fäge feiner neuen —RX
Er feiert einen vierfachen Triumph
mit bis dabin unerbörter Pra
Belohnungen der Zenpven un de
fentliche Voltsie
säfarsh tühner Einf in die Stantte
erfaſſun
Neue Anorl —X "und Beiche,
Berbeierung be dei eömifchen Kalenı
ert ⸗
Marcellus und Sigarius, Clans
Feinde, gewinnen durch Ciceros
Beredfamkeit ſeine Berkeibung.
Klevvatra’d Befuc in 9 .
Neuer deohender Kufdand in_den
hifpanifchen Provinzen, durch Pom⸗
veius Söhne entjündet. =
@äfars Legatın finden fich der Feind»
lichen Maqt nicht Ania und
ferdern fei nen ver michen Bei⸗
Er nd Sifvanlen; Bein:
ung während der Reife; Webere
far feiner Fonfiheheitgen Vers
b ung von Dil, dem neuen
. riegsfchauplai
- Gäfar rettet das it Befagent i lie,
und bedroht Corduba.
Seine Anfrengungen werden dus
Eneius vereiteli. ·
, XXI
\ Er entföhliegt ſich sur Belagerung
von Ategua 435
Hartnädige Bertbeidigung, mißlun ·
gener Erſad, und endliche ueber⸗
gabe dieſes Plabes ⸗4317
Die beiberfeitigen Heere Heben ſich
jegen die Ebene von Munda. — 42
edle —2 die ihm angebotene *
hl _
— —— aber voltändi-
ger Sieg bei Munde » = — 447
ah oder Flucht der feindlichen
zuseh Sunda wiberfeht, erachen — >
eh Munde widerſteht, ergeben
. Sartubd und Sale waren
Sieg:
Gneius endet feinen Untergang auf
der fortgefeßten Fluch 454
Eäfar tehrt, nach — Unter-
J — Hiſpaniens ach Rom .
nie und ungembbntice Ebrenbe ·
zeugungen/ die ihn bier erwarten. — Ass
Sein un feiner, Unterfetdherren .
brfpanifcher Triumob. — 460
Zuwachs an. wefentlichen und. un ·
Mefentljchen Vorrehten. = — 462
Seine weile Thätigkeit ais Regent. . — A6g
Sroße und fühne Bläne ir die
Salt € Keiegcſug aesen die
ee geringe Schonung der beider
! bend«n Zormen, wobei die Staats⸗
mürbet su bloßen Titeln „us 4
ten. >» — — Ar
Beine Wiederannahme des Kanfa« J
| late, da fie von feiner Rüdkehr
aus alten Werfaßung begleitet i,
xaXıv
fchärft die Unzufriedenheit ber
Gemüther. = = - n
Seine Entwürfe auf die Koͤnigs⸗
oe, = 8 2 8 =
Wiederholte mißlingende Verfuche,
das Bolt für diefe Abficht zu ges
wien = » 2. =
Cäfars Unmuth leitet ihn auf einen
neuen Blan, feine Erhebung vom
Senat zu erzwingen. « «
Cicero und die Optimaten fühlen
fi getränte und juruͤckgefezt;
während auch CAfats Freunde 77
in ihren Erwartungen nicht bes
ftiedigt finden...» - =
Beide Parteien, von Caſar Öffente
lid) mit Berinafchdhuung beban«
delt, werden zu gewaltfamen Ent⸗
ſchli anen getrieben.
€. Caffius, und feine beſondern
Gründe zur Erbitterung. -
Verbündeten ; Ciceros Berhälte
8 <u denfelben, —WMW
Cdſars forglofe Sicherbeit, auf To-
desverahtung und Großherzige
Teit gegründet.” = = =
Poreia, Brutus Gemahlin, dringt
in fein Geheimnig
Beichlüße der Verbündeten gegen
Cäfars Leben, durch deßen eigne
Entwürfe befhleunigt.- »
@rslun: Warnungen vor droben-
der Machfiehlung, und zufällige
— 510
_ 514
- 5i7
5
xxxv
Berbätungen ber Offenbarung
des Anfchlags.
Die Berfämerenen, in der Kurie
verfammlet. =
« Gäfars Erfhheinung in derfelben,
Meudl leriſcher Angeif auf fein Be=
ben. Er finft, von 23 Wunden
ducchbohtt, zu Boden >
Vaniſcher Schreffen Seas, der
Senatoren und des Volts. »
BVerlegenheit derMötder, und Rüds
Pe derielben auf das Kapitol,
Ihre Bereinigung mit dem &e«
nat; aostebtungenzur Erhaltung
der Öffentlichen Rube; Antonius
ſchlaue ©: egenvlane, ”
el —* — Telament ie
PH Geichenfeler, von "Antonius
gehalten, erre at einen gewaltfa=
men Zumult in Rom. =
Die — ſeben a sur
Flucht genoͤtbi
eirhigung Tore kat, am und Sf
bemertung. = =
Seite.
— 526
-_ 533
— 534
— 536
des
Cajus Julius Caͤſar.
4. Band, . 4
3008
Google
\ Dı ſchlafloſe Nacht, welche Cäfar,
nah dem ſchrecklichen Tage bei Dyrrhas
chium, einfam in feinem Zelte zubrachte,
war dazu beftimmt, die Mutter neuer Eräfs
tiger Maßregeln zu werden. Deutlih und
beſtimmt erfannte er die Mißlichkeit feiner
Lage, aber auch die Külfsmittel, welche
ihm übrig geblieben waren, fie zu verbeſ⸗
fern. Ohne eigenfinnig auf der Ausfühs
zung feiner frühern Entwürfe zu beharren
und das Gluͤck meiftern zu wollen, fand eg
ihn bereit, die Gunftbegeigungen deßelben
auf einem neuen Wege zu verdienen, Wenn
gleich er ſich aber Hauptfächlich auf die Kraft
des’ eignen Geiftes fügte, fo war er den
noch weit entfernt, feine Legionen (mie we⸗
nig fie auch diesmal feinen Kofnungen ent⸗
fprochen hatten) völlig aufzugeben, Wenn
er fie recht Fannte, fo empfanden fie in
dieſem Augenblit nicht fowohl Furcht und
Deftärzung, als Unwillen und Schmeri,
“a
4
ihren angebeteten Feldheren Bei biefer ent«
fheidenden: Gelegenheit um den Sieg ber
trogen zu haben. &ie bedurften nicht der
Beſchaͤmung, des Tadels, der Strafe; fie
bedurften vielmehr des Troſtes und eines
Wortes der Liebe aus feinem Munde. Sie
waren verzogne Kinder des Gläde, bie
nicht, wie die rohe fElavifche Drenge, behan⸗
delt feyn wolten. In diefer Stimmung ver⸗
famlete Caſar fie am naͤchſten Morgen um
feine‘ Rednerbühne.
„Wer fo, wie wir,” ſprach er ſie an —
„einer langen Reihe glanzender Siege —
„der blutloſen Eroberung Italiens, der
„unteriochung Hiſpaniens, dem Gewinn
fruchtreicher Nebenprovinzen und der gluͤck⸗
„lichen Fahrt uͤber ein von feindlichen Flot⸗
„ten wimmelndes Meer — mehr nicht, als
meine einzige, nicht zu harte Einbuße ent⸗
„entgegenzuſezzen hat, darf ſich biefelbe nicht
ia tief zu Herzen nehmen, und fol, mo
„das Gläd ihm den Rakken kehrt, defen
„Laune durch verdoppelte Anftrengung, Ents
„ſchloßenheit und Tapferkeit vergäten. Das "
„iſt der Weg, fogar aus dem Verluſte Ges “
„winn zu ziehen; und wer von euch mit
5 .
„mie vor Gergovia geftanden hat, Hann
„nicht zweifelhaft feyn, was Muth und
„Beharrlichkeit in einer ehrliebenden Bruft
„vermögen. — Nach dieſem fanften
Streicheln der Herzen aber ummölfte fih
pldzlih fein Auge, indem er es auf die
Fahnentraͤger richtete, welche, den Verluſt
ihrer Feldzeichen zu überleben, feig genug
geweſen waren. Schimpfliche Entſezzung
ward ihre Strafe!
Nur ein einziges Gefühl der Reue und
des brennenden Verlangens, die Schande
des geftrigen Tages zu tilgen, glühte im
der flummen Berfamlung. Auch der Ehr⸗
geiz gab, von ſchwerer Selbſtanklage ger
drüde, feine Anfprähe auf; und Niemand
trat vor, fih um die Stellen der gebliebe
nen Tribunen und Eenturionen zu bewers
ben. "Alles forderte fich vielmehr die haͤr⸗
teften Arbeiten als verdiente Strafe, und
in jeder Bruſt regte ſich der ungeſtuͤme
Drang, nochmals gegen den Feind geführt
zu werden. Gelbft Einige von Caſars Uns
terfeldherren forderten ihn auf, von diefer
Stimmung VBortheil zu ziehen, feine iezzige
Stellung zu behaupten und das Glüd der
6
Schlachten mit gänftigerm Erfolg zu ders
ſuchen. Aber auch hier war er der feis
nere Menſchenkenner, der dieſer fieberhafs
ten Bewegung mißtraute, und feinen Trup⸗
pen lieber Zeit geſtatten wollte, in ihrem
Selbſtvertrauen zugleich mit ihrer Selbſt⸗
achtung feſter zu wurzeln.
Ohnehin war nicht ſobald Caſars bis⸗
heriger Kriegeplan durch dies lezte nach⸗
theilige Gefecht zerrißen, als auch ſchon ſein
Vorſaʒ entſchieden ſtand, aus der Gegend von
Dyrrhachtum, wo bald der Hunger fein
noch gefährliherer Feind werden mußte,
gänzlich abzuziehen, Schon hatt? er feine
Poften längs der Einfhliefungs+ Linie ger
räume und die Beſazzungen der Schanzen
an fich gezogen. est fandte er auch, nach
getroffener Vorkehr für die Verwundeten
und Kranken, das ganze Gepädt des Hee⸗
tes, mit Einbruch der näcften Macht, in
größter Stille und von einer Legion ges
deckt, in ununterbrochenem Marfche des We⸗
ges nach Apollonia vorauf, denen, £urj vor
Tage, die übrigen Legionen, mit Ausnahme
zweier, folgten, an deren Spinze er felbft noch
tm Lager zurüdblieb. Als aber auch Diefe
T
bie Reihe des Aufbruchs traf, ließ Cäfar
den Ruf der Hörner erft in dem nemlichen
Augenblit, da er ſich wirklich in Bewegung
ſezte, ertönen; und fo war er faft eben fo
ſchnel, als Pompeius feine Abſicht ahnte,
den Blikken defelben entſchwunden.
Nur um fo eifriger aber zeigte Diefer
das Beſtreben, ſich mit feiner ganzen Macht
dem flichenden Feinde auf die Ferſe zu wer⸗
fen und über feine entmurhet geglaubten
Schaaren in der Unordnung des Marſches
berzuftürgen,, ‚Wie fehr aber auch die vors
aneilende Reiterei ihr Beſtes that, fo hats
sten doch Caſars, von feinem Gepaͤck belas
ſtete, Legionen fehon einen zu großen Vor⸗
fprung gewonnen; und erft am Fluße Ge⸗
nuſus, wo Jene endlich auf den Nachzug
fieß, würde fie ihre Abſicht, fein Heer
aufzuhalten, vielleicht erreicht haben, wenn
nicht die cAfarifhen Reitergeſchwader, in
ihren Gliedern von vierhundert Leichtbe⸗
wafneten unterfiüjt, den Anfal der Poms
peianer nahdrädtich abgewiefen und fie mit
Verluſt auf ihr Fußvolk zuruͤkgeworfen hät
ten. So ward es den Verfolgten moͤg⸗
lich, nicht nur ungehindert über, den Fluß
8
iu gehen, fondern auch ſchon am hoben
Mittage ihr ehemaliges Lager bei Afparas
gium zu beziehen.
Auch Pompeius rhdte, unmittelbardars
auf, in die nemlihen Werke wieder ein,
welche, noch don feiner früheren Lagerung
ber, ſich unbeſchadigt erhalten hatten. Dies
gewährte feinen Truppen die Muße, ſich
alfobald theils nach Holz und Fütterung in
der Gegend umher u zerfireuen, oder theils
wol gar, mit ‚abgelegten Waffen, in das
vor wenig Stunden fo eilferug verlafene
Lager umzufehren und ihr machgebliebenes
Sepäd gemaͤchlich herbeizuholen. Caͤſar,
welcher hierauf im voraus gerechnet haben
mochte, hatte ſeine eigne Soldaten nicht
nur um ſo ſorgfaͤltiger im Lager beiſam⸗
mengehalten, ſondern auch die, anſcheinend
auf Fütterung ausgeſchickte Reiterei bloß
das Lager umreiten und unbemerkt. durch
“ das hintere Thor wieder einrüffen lafen.
Sezt benuzte er die nemliche Lift, womit
ihn vormals Afranius-in Hiſpanien zu täus
fhen gewußt, indem er, kurz nach der Mit⸗
tagsftunde, abermals aufbrad und raſch
noch acht Millien weiter fortzog; ohne daß
9-
Pompeius, defen Truppen fich fo zur Um
zeit verlaufen hatten, ihn aufzuhalten ober
uu erreichen vermochte.
Diefer Einmal gewonnene Vorſprurg
welchen Caſar ſich ſowol durch die ange⸗
ſtrengteſten Maͤrſche, als durch ſtete zwoͤlf⸗
ſtundige Voranſendung des Gepaͤcks, zu
ſichern wußte, führte ihn, über die tiefſten
©tröme, wolbehalten nach Apollonia; ins
deß Pompeius ſich gendthigt ſah, die fruchts
loſe Verfolgung ſchon am vierten Tage ein⸗
zuſtellen. Gluͤclich hatte demnach der ge⸗
ſchlagne Feldherr den vorgeſezten gedoppel⸗
ten Zweck, ſeine Verwundeten in dem ge⸗
nanten Plazze unterzubringen, und ſich der
laſtigen Nähe feines Gegners zu-entzichen,
erreicht: allein nichts deſto weniger befand
er ſich iezt mehr, als iemals, in der Lage,
bie gewöhnlich das Loos des Schwachern
iſt, feine Schritte nach den Entwürfen des
überlegenen Feindes angſtlich abmeßen zu
möäßen und von ihm die Gefezje feiner Ber
wegungen zu empfangen. In der That
hatte Pompeius nach ſeinem Siege die freie‘
Wahl unter drei glänzenden Unternehmuns
gen, deren Jede einen gluͤcklichen Erfolg
Ex)
verfprach, und wozu die Mittel in feinen
Handen lagen, Er Eonte entweder, durch
einen ſchnellen Seitenmarſch, mit feiner gans
sen Heeresmaſſe auf Domitius Eafoinus
fallen und deſſen Zegionen erdrüffen; ober,
durch einen gleichzeitigen Angriff auf Apols
lonia und Dricum, feinen Feind in die. une
wirthbaren Wildniße des’ innern Landes
zuruͤckdruͤkken, wo der Mangel ihn ohne
Schwerdtſchlag aufreiben mußte. Allein
todtlicher, als Beides, ſchien der Schlag,
der fid ihm beibringen ließ, wenn Poms
peius iezt feinen erften Kriegsplan wieder
wur Hand nahm und feine Flotten und Ca⸗
fars iezzige Ohnmacht, dazu benugte, um
nach Stalien uͤberzuſezzen.
Viel und lange ward in des ſiegrei⸗
den Imperators Kriegsrathe darüber ges
fleitten, welder von diefen verſchiedenen
Entwurfen in der Ausführung den Vorzug
verdiene?, Zu erfichtlich leuchtete die Er
ſprießlichkeit des Leztern in die Augen, als
daß er nicht warme Lobredner hätte finden
follen. Inſonderheit trat Afranius auf —
ein Mann, fuͤr deſſen Feldherrnverdienſt
ſelbſt fein unglacklicher Krieg in Hifpanien
ır
ein rühmliches Zeugniß ablegte — und gah
au bedenfen, „wie Italien, das Merz des .
„Reichs, welches jeder Römer, in einem
„vorzüglihen Sinne, als fein. Vaterland,
‚aber. zugleich auch als den Preis betrachte,
„um ‚welchen in diefem Kriege geftritten
„werde, vor allem Uebrigen. behauptet zw
werben verdiene; — wie es feinem Er⸗
oberer. zugleich auch die Schluͤßel aller
großen Nachbar. « Infeln, Galliens und
mPifpaniens ausliefern werde; — wie
„ſchimpflich es fey, Roms nad Erlöfung
„ausgeſtreckte Hände zuruͤckzuſtoßen, und
„ruhig noch ferner zuzuſehen, wie des Ty⸗
„rannen Sklaven und Schmeichler es zer⸗
fleiſchten.“ — Afranius hätte nod bins
äufeggen fönnen: daß feines Oberfeldheren
unrühmlihe Entfernung aus der Halbinfel
nur durch einen triumphirenden Wiederein⸗
zug vergütet werden konte; daß fie wirk⸗
lich in diefem Augenblikke wehrlos offens
fand, und daß der Befiz von Rom-ihm
amzuberechnende moralifche und phyſiſche
Sohlfsquellen aufgefhloffen haben würde.
Allein Pompeius felbft war es, der .
ſich mit feftem Sinn gegen diefen Vorſchlag
22
erflärte. „Er hielt den Krieg feinem Ende
nfo nahe, daß es nur noch eines lezten
„kraftvollen Zuſchlags bedürfte, und dag
„es daher nicht wohlgethan feyn würde,
bier noch ein Städ deffelben zuruͤkzula⸗
„fen, oder wohl gar dadurch zu verſchul⸗
„den, idaß Caſar wieder zu Athem komme
„und dann den Kriegsſchauplaz bloß aus
„den weſtlichen Provinzen des Reichs in
die öftlichen verpflanze. Noch ruhmlofer
aber bedünfe es ihn, zum zweiten Male
das Anfehen zu gewinnen, ale ob er feis
„wen Gegner fliche, den er gerade deze
„auf der Flucht vor ihm erbliffe. Für
„Rom und Stalien forge er am beften,
„wenn er.die Kriegsflamme fo entfernt,
„als möglich, von ihren Grenzen halte,
„damit fie, ohne von dem allgemeinen
„Drangſal berührt zu werden, ſich nur
„das füßere, Geſchaft aufbehalten ſaͤhen,
den Sieger zu empfangen. Dagegen
„fteeite es ebenfofehr wider feine Pflicht,
„als feine Empfindung, das Herr des
„Scipio und fo viele Konfularen und Mäns
„ner von Gewicht, die in Griechenland
„und Theflalien für die gute Sache ſtritten,
13
„durch feinen Abzug dem Feinde aufjus
„opfern.“
Nur zu wohl hatte Pompeius geahnet,
daß Cafar dieſen, auf Metellus Scipio
gerichteten Streich nicht länger hinausſez⸗
zen werde, als bis er ſich über feine eigene
Abfihten einiges Licht verfhafft habe. Denn
ſchwerlich würde es in den Angelegenheiten
des Leztern etwas gebeflert haben, wenn eries
nem Uebergange nach Italien durch den gleiche
zeitigen Aufbruch dahin, aufdem fernen Um⸗
wege durch Illyrien, Hätte begegnen wollen.*),
Mochte nun aber Pompeius auf feine beis,
den Waffenplazze in Epirus drängen, oder
*) Freilich giebt Cäfar ſelbſt feine Abficht
zu ertennen, für den gedachten Fall einen
folhen Landmarfch, nad geſchehener Verei⸗
nigung mit Domitius, wirklich zu unternehs
men, Aber mußt’ er dann nicht, auch unter
den gluͤcklichſten Umſtaänden, viel zu ſpaͤt an⸗
langen, um noch in Italien etwas ju retten?
Würd’ er nicht den größten und beften Theil
feiner Truppen auf diefem langen und bes
fehwerlichen Wege, Durch ein rauhes, gebir⸗
gigtes Band, und angefeindet von den bacba«
zifhen Einwohnern, eingebüßt haben? Ja
hätt’ es auch nur eine Möglichkeit gegeben,
24
die Legionen des Domitus abfehnelden wol⸗
len, fo blieb es doch für Caſarn das Ges
zarhenfte, fich feinem Legaten durch einen
ſchnellen Aufbruch nah Sheffalten zu ns
bern und durch diefe Bewegung, welche
zugleich den Profonful bedrohste, den Feind
von der Seekuſte und den Vorraͤthen zu
Dyrrhachium tief in’s Innere des Landes
nad) ſich zu ziehen, wo gleicher Ueberfluß
in den fetten Triften Theffaliene, oder
gleiches Entbehrniß- in den wilden Ges
birgsſchlunden ECandinaviens, ihre gegene
feitige Lage beffer ausgleichen mußte. Er
fäumte daher nicht länger, als unumgängs
die Verpflegung eines Heeres, von der Stärke
des feinigen, in diefen unwirthbaren Gegene
den zu fihern— Der Gedanke konnte wohl
einige Augenblicke durch feine Kuͤbnbeit im⸗
poniren: allein ein reiferes Nachdenken müßte
dem Imperator, zugleich mit dieſen unuͤber⸗
windlichen Schwierigkeiten, auch gar bald
die Vortheile gezeigt haben, welche fuͤr ihn
in einer Diverſion gegen Oſten lagen und,
im gluͤcklichſten Falle, ſogar ſeinen Gegner
noͤthigen konten, Italien wieder zu verlaten
und ſich ihm auf dieſem ſelbſtgewaͤhiten Kriegs⸗
ſchauplatze entgegenzuftellen,
15
lich erforderlich war, um fein Heer neu
zu ordnen, *) Apollonia und Dricum mit
Befanungen zu verfehen, **) und einige
Vorkehrungen zur Sicherung der ihm ers
gebenen Landeseinwohner zu treffen. Auch
war biefe Eile hier um fo norhmendiger,
da er, um Theſſalien zu erteihen, den
Bogen Kber Apollonia und Acarnanien
befchreiben mußte, während feinem Gegner
der Fürgere Weg, auf. der Sehne dieſes
Bogens, durch Candinavien offen ftand.
Wirklich auch harte Pompeius, mit
der Nebenabfiht, zur Uriterkägung feines
Schwiegervaters in genugſamer Nähe px
) Reorganiſiren wäre das noch eis
gentlicher bejeichnende Kunſtwort, wenn ich
mir den Gebrauch) deſſelben hätte erlauben
dürfen. Daß aber das „stipendüm exercitui
„dandum” des Caͤfar, als unmittelbare Folge
jenes Gefchäfts einer neuen Einmufterung,
bier in oblgem Ginne zu nehmen fey, wird
wohl feiner Vertheidigung bedürfen,
) Bier Koborten blieben in Avollonia,
drei in Orieum zuruͤck. Auch Liffus, das
it weniger bedroht wurde, war ſchon frli«
her mit einer Kohorte beſezt worden.
ı6
feyn, den Plan zu; Domitins Ueberrumpe⸗
‚Jung fo ſcharf in’s Auge gefaßt, "daß ex,
zu gleicher Zeit mit Caſar und ohne noch
von deßen Abficht unterrichtet zu feyn, aufs
brach und dies Ziel mit angeftvengten Mär
ſchen verfolgte. Caſars Legat, welcher bis,
dahin eine lange Zeit in Scipio's Nähe
geftanden hatte, war in diefen nemlihen
Tagen, um feine ſchwieriger gewordenen
Zufuhren zu fihern, auf Heraclea Eentica,
in der Richtung gegen Candinavien, ge
rukt, und eilte demnach, mit raſchen Schrit⸗
ten dem ihm bereiteten Verderben unbe
wußt, entgegen. Denn wenn gleich fein
Oberfeldherr ihn durch Boten, welde auf
verfehiedenen Wegen voraus entfande wur⸗
den, frühzeitig gewarnt und ihm den Punft
bezeichnet hatte, auf welchem ihre beiberfeis
tige Bereinigung bewerkſtelligt werden follte:
fo war es doch eine fehr natuͤrliche Folge:
der, mit Blizesfchnelle Aberall verbreiteten,
und ſogar Über die Wahrheit hinaus vers
größerten Gerüchte von Cäfars lezter Nies ,
derlage, daß alle benachbarten Provinzen
ihre politifhen Gefinnungen nad) ber vers
änderten Anſicht der Dinge umwandelten,
und
27
und dag alſo aud feine Boten überall
die Wege verfperet fanden. Nur noch
vier Stunden Weges hatte-Pompeius zus
rhfzulegen, um feine Beute unrettbar zw
umflammern, als einige gallifhe Reiter
feines-Bortrabes, die zu dem Gefolge iener
allobrogifchen Weberläufer gehörten, zufällig
auf Domitius Vorpoſten fließen, und, da
fie unter denfelben verfchiedene ehemalige
Kriegsgefäheten erkannten, entweder aus
Prahlerei, oder aus alter Kameradfchaft, ‘
alle die neueften Ereigniße vorplauderten,;
welche in Domitius Lager noch ein Ger
heimnig waren. Diefer fand gerade noch
die” Zeit, die er brauchte, um der drohen⸗
den Gefahr zu entwifchen; und bald dar⸗
auf hatte er das zweite Glüd, bei-Argis
nium *) zu Caſars anräffender Haupt⸗
macht zu ſtoßen. J
V Dies feſte Bergſchloß (iht unter dem
Namen Faniah von etwas mehrerer Ber
deutung) lag am füdlichen Fuße des Grenz⸗
gebirges zwifchen Epirus und Tbeſſalien, an
einem See, welchen der Fluß Ion durch
Frömt.
« Band, B
Fe
In des Imperators mißlicher Lage
durft' ihm dieſe Vereinigung für einen
wefentlichen Vortheil gelten, da hledurch,
und in der nahen Erwartung der Ankunft
Longins aus Xetolien, feine ſchlagfertige
Macht auf zehn Legionen heranwuchs. Um
fo gewiſſer ließ fih nun auch Scipio's
Erdräfkung hoffen, über welchen er, Sei⸗
nerfeits,, alfobald in Theffalien herzufallen
gebachte. Er näherte fih Gomphi, *) das
ihm füdlih auf feinem Wege lag, und wo
er fih, neben einer freundlichen Aufnahme,
die ihm mangelnden Grfrifhungen um fo
gewiffer verfprah, als diefer bedeutende
Der ſich ihm, erſt noch vor wenig Monden, -
zu Treue und Freundſchaft erboten und
eine Beſazzung von ihm gefordert hatte.
Allein auch hier, wie überall, verfehlte fein
neulichfter Gluͤckswechſel nit, ihm die
leichtfinnigen oder furchtfamen Gemüther
der Griechen ſchnell wieder zu entfremden.
Man hielt es gerathener, auf die Seite
*) Der kleine Ort Gonfi bewahrt noch
it feinen Namen, Der Peneus entipringt
in feiner Nähe.
2
des, um fehleunigen Beiſtand angeflehten
Siegers zu treten, als in Caſars Unftern
mit verflochten zu werden, und fo warb
diefem Leztern, im Vertrauen auf bie einſt⸗
weilige Haltbarkeit des Plages, der Eine
gang verweigert. Alles Landvolk umher,
mit feinen Heerden, hatte fih in die Stade
geflüchtet.
"Hätten au nicht des Feldherrn fers
nere Entwürfe die dringendfte Eile ers .
heiſcht, fo mußte doch ſchon die verderb⸗
liche Macht eines ſolchen Beiſpiels von-
Widerſtand ihm den ernſtlichſten Nachdruck
in deſſen Vernichtung gebieten. Kaum
war daher das Lager, im Angefiht von
Gomphi, aufgeſchlagen, ale auch, von ihm
ermuntert, Tauſende von Handen fi mit
der Verfertigung von Leitern und anderm
Erſtuͤrmungsgerath fo eifrig befchäftigten
und die bereiteten Geräthe fo Eräftig bes
nuzten, daß Cäfar, noch vor Sonnenun⸗
tergang des nemlihen Tages, fih zum
Meifter des Platzes machte. Er gab den
unglädlihen Ort der Plünderung, die
frevelnden Bewohner der Niedermezze ⸗
lung, die hier aufgehaͤuften reichen Vorraͤthe
®a
der gelegenen Erquikkung feiner Truppen \
preiß.) — Eine unheildeohende Entzäges
lung, wenn die feindliche Heeresmacht nahe
) Beſonders gaben bier, wie Avpian bes
merkt, die Deutfchen in. Caͤſars Heere eines
der fruͤheſten geſchichtlichen Beifpiele des Ras
tionallafters, das ihnen durch alle Zeiten fo
häufig vorgeräct worden. Dennoch fchadete
ibnen bei diefer Gelegenheit ihre viehifche
Zruntenheit fo wenig, daß fie vielmehr in
derfelben nur um fo ſchneller ihre Herſtel ⸗
lung vor den früheren Etrapagen fanden; —
eine Heilart, die ſich au trefflich empfabl, um
nicht fofort von Andern, welche ich vor dem
Ausbruch einer damals im Heere berrfchen«
den Seuche gu verwahren wuͤnſchten, mit
gluͤclichem Erfplge nachge ahmt zu werden. —
Einen andern charafteritifchen Zug von den
Greueln diefer Erfürmung bat Appian ung
gleichfals aufbewahrt. Die Blünderer brachen
inein Haus, und fanden in demfelben zwei und
zwanzig Greife in todesänhlicher Eritarrung
aufdem Boden ausgefireckt, und neben Jedem
feinen geleerten Becher legend. Nur Einer,
der Arzt, welcher den Webrigen den Bift-
tranf, der ſiedallet North entziehen folte, be⸗
zeitet batte, faß noch aufrecht, und führte,
als der Lezte, fo eben feinen Becher zum
Munde, .
aı
genug geftanden hätte, um biefen Moment
der Ueberfähung mit Race, Blut und
-flarfen Getränken zu einem Ueberfall zu
benuzzen! Allein noch befand Pompeius
ſich kaum an. deu Grenzen Theſſaliens;
und Seipio, der, zu feiner eigenen Ret⸗
tung, ihm mit ſtarken Schritten entgegen⸗
eilte, dachte nur darauf, Lariſſa, *), die
Hauptſtadt des Landes, mit einer ſtarken
Defazjung zu verfehen.
Ihm entgegen, Befihleunigte Caſar
feinen Aufbruch von dem verddeten Gomppi,
und erfhien, zundchft darauf, noch früher
vor Metropolis, als das Gerücht feiner
blutigen Eroberung ihm hatte voranfliegens
Tonnen. Zwar fand er auch hier den hör
fen Willen zur Feindfeligkeit: doch nur fo
—h — ——
Belant als die alte Hauptſtadt Theſſa⸗
liens, tiefer abwärts am veneus, und noch
itzt unter-dem Namen Fenifcheber vor⸗
handen, — Das gleich folgende Metro
volis (ein vielfach vorkommender Name
bei dem alten Erbbefihreibern, und darum
deſto fchmerer auszufondern) fcheint höher“
aufwaͤrts auf der Hälfte des Weges gegen
Gomphi gelegen zu haben,
22
lange, bis die beftärzten Bewohner aus
dem Munde giniger verfhonten Gomphita⸗
ner felbft, die ihnen bis unter die Mauern
vorgeführt wurden, fih von dem ſchreck⸗
lichen Schidfal der Nachbarftadt hatten
Überzeugen koͤnnen. Schnell umgewandelt,
öffneten fie num die Shore und hatten fich
in ihrer Rechnung auf des Siegers Milde
Eeinesweges betrogen. Dena eben durch
den fchneidenden Gegenſaz von Strenge
und Güte wollte er die Provinz Aber das,
was fie von ihm zu fürchten oder zu hoffen
hätte, beichren; und dies gedoppelte Bei
ſpiel genügte auch vollfommen, ringsum,
Alles, mit einziger Ausnahme der Haupt,
ftadt, unter feine Geſezze zu beugen.
Scipio war inzwifchen, durch Verei⸗
nigung mit feinem Oberfeldherrn, dem,
ihm zugedachten Streiche entgangen. Die
gefammte Macht des Leztern lagerte ſich
auf einer Anhöhe, oberhalb Pharfalus, *)
" fi .
"Man erkennt das alte, zu einer fo trau⸗
tigen Gelebrität gediehene Ph arfalus noch
ohnſchwer in dem heutigen Farſa wieber.
Noch beflimmter nennt Plutarch den Dit
3
wo der Fluß Enipeus, aus Shden herabs
ſtroͤmend, ihre rechte Seite beſchuzte. Hoͤ⸗
ber hinauf an diefem Gewaͤſſer, und gleiche
falls an daffelbe gelehnt, ſtellte fih Caͤſar,
ihr weiteres Vordringen zu bindern,. im
einem Abftande von kaum drei Millien,
ihr gegenüber; und fo fhien es, als ſchraͤnke
er feinen naͤchſten Kriegsplan darauf ein,
fi in diefem Lande, wo der reiche Segen
einer faft gereiften Exndte ihm iede Er⸗
leihterung verhieß, zu behaupten, bis,
durch Kunft oder Zufall herbeigeführt, die
längft erfehnte Stunde der Entſcheidung
in offner Feldſchlacht ihm winken möchte.
Die bisherigen Entbehrungen feiner Krie⸗
ger hatten in diefen fetten Ebenen einem
genäglihen Erfaz gefunden, Gluͤcklichere
Waffen: Erfolge harten feither ihren Muth
zu dem gemwohriten Selbftvertrauen wieder
emporrichten koͤnnen. Er legte es aber
auch nunmehr gefliffentlih darauf an, fie
nad und nad, im Angefiht des Feinde,
an eine ftolgere Haltung zu gewöhnen;
der machmaligen Schlacht Baläophar-
ſalus.
24
nachdem bereits auch bier deſſen bei web
tem zahlreichere Reiterei der feinigen, welche
fortfuhe, fih mit untermiſchtem leichtem
Fußvolk, nach germanifcher Weife, zu flärs
‘en, mehrmals das Feld geräumt hatte.
Sogar in- immer näherm Abſtande von
Pompeius Lager ftellte er täglich feine
Schlachtordnung auf, des angebotenen
Treffens gemärtig: allein wenn gleich der
gegenfeitige Imperator, die Schmad der
nicht angenommenen Herausforderung von
ſich abzulehnen, aud feine Linien, hart
am Fuß feiner Anhöhe, ordnete, fo war
er doch viel zu vorfichtig, ein Handgemenge
zu veranlaffen. Vielmehr verriet er deuts
lich feine Abficht, mit ausdauernder Ge⸗
duld, aber gefpannter Aufmerkſamkeit, von
der erſten Bloͤße, welche Cäfars fteigender
Kuhnmuth ihm gäbe, augenbliclihen Vor⸗
theil zu ziehen. Moͤglich auch ſogar, daß
er die Schlacht gänzlich zu vermeiden und
feinen Gegner bis in den Winter hinzu⸗
Halten wunſchte, wo fodann der Hunger
und die’Erfhöpfung an Geld und allen
übrigen ° Hülfsquellen bdenfelben unfehlbar
aufgerieben haben würde.
7v
= .
" Allein biefes. Syftem der Bedachtlich ⸗
keit — wie gewiß es auch zum Ziele zu
füßren verhieß — fimte wenlg zu-den ſtol⸗
zen Einbildungen von Pompeius Partheir
Genoßen, welde den Krieg kaum noch für
das Werk eines. einzigen Tages hielten und
ihn darum ohne Auffchub geendigt zu fes
ben verlangten. Je glüclicher die Wendung
war, welche ihre Angelegenheiten zu neh⸗
men gefßienen, um fo weniger auch fühl
ten fie ſich geneigt, in der demüthigenden
Abhängigkeit, zu welcher ihr Imperator
ſie· allmählig herabzudrängen geſucht, noch
ferner ju beharren. Jezt, da es — obs
wohl durch fein-Genie herbeigeführt —
nur noch eines einzigen ſtarken Schlages
bedurfte, galt er ihn:n kaum mehr, wie
fonft, für den Unentbehrlichen, welcher dens
felben zu führen allein vermöcte. Wem.
er zögerte, feinen Arm dazu herzuleihen
fo erſchien ihnen · dies minder als Feldheren
Weisheit, denn als, fträfliche Begierde, fein
überfpanntes Anfehn noch in eine ferne
Länge, zu Fröhnung feiner unerfättlihen
Eitelkeit, zu mißbrauchen und die gedrängte
Schaar ehrwürdiger Konfularen und Pra⸗
26
teren, gleich Trabanten, um fein Prätos
rium ber zu verfammlen.
Wahr it es freilich, daß ſich in den
Verhaltnißen des Imperators zu feinen Ums
gebungen (eben meil fie ungefezlich was
sen) Schwierigkeiten ergaben, welde ihm
den Glanz feiner hohen Würde ie mehr
und mehr verleiden durften und ihn nur zu
fehr zu einer peinlichen Abhängigkeit. von
fremden Meinungen verurtheilten.* Anftatt
daß er in feinen früheren Kriegen gegen die
Feinde des Roͤmerreichs der unumſchraͤnkte
Gebieter feines Willens und feiner Entwürfe
geroefen, zwängte ihm itzt, neben der pers
Ponlihen Anweſenheit der bundesverwands
ten Fürften, welche ihre Forderlingen eins
sig nach ihrem Stortze abmaaßen, die Ges
genwart fo vieler römifcher Senatoren, die,
gleih ihm, in den erften Würden der Res
publif geftanden, Heere befehlige und Triums
phe errungen hatten. Sie Alle wolten ges
hört, befragt und zu Rathe gezogen feyn,
da es die gemeinfchaftliche Sache galt, wels
che verfochten werden folte, und das nur
um fo fhonender gegen ihre Anfprüche und
Launen, da fie freiwillig auf feine Seite
=
getreten waren, da er nur durd fie fort⸗
fuhr zu gelten, und da ihnen nicht gewehrt
werden fonte, diefe Parthei, fobald der
Verdruß fie zu heftig ftachelte, wieder aufs
augeben,
Wenn nun die Siegestrunkenheit Ei
niger, die ihre aufgeblafenen Hofnungen
um nichts wieder zuräffpannen wolten, oder
der geftänkte Eigendünfel Anderer, ihnen
iene bittern Beſchuldigungen ‚wider den
Dberfeldheren in den Mund legte, fo nährte
die Eleinere Zahl Achter Patrioten nicht mins
der bie täglich wachfende Beſorgniß im Her⸗
sen, wohl möge Pompeius bei Allem, was
er thue, und wie er die gemeinfchaftliche
- Angelegenheit leite, nicht ſowohl das Heil
der Republik, als feinen eignen Vortheil,
um. Augenmerk haben, und wohl dürften
noch Plane der Ehrſucht in feiner Seele
lauern, melde einer Verlängerung dieſes
zwiſchen Furcht und Hoffnung ſchwanken⸗
den Zuftandes zu ihrer Zeitigung bedürften.
Nice undeutlich hatte Cicero, hatte Cato
(wenn gleich auch fie das raſche Wagniß
einer Entfheidungs «Schlacht. nicht under
dinge billigten) dennoch ein ſolches Miß⸗
3
trauen verrathen, und Beide ſich dm als
befchwerliche Begleiter und Beobachter feis
nes Thuns erwiefen. Eine fehr gelegne
Unpaßlichkeit befreite ihn von dem Red⸗
ner, der ohnehin fi unter dem Geraͤuſch
der Waffen nicht an feinem angemeßenen
Plane "befand; deßen finftres Echweigen
ſchon Mißbilligung ausdrüfte, und def
fen bingeworfene treffende Wizworte, auf
Koften des Feldherrn, einen herben Sta⸗
chel in den Gemüthern der Menge zuräde
Tießen. Während aber Eicero zu Dyrrha⸗
chium das Bette hütete, entledigte fih Poms
peius auch der Kontrolle des zu "ftrengen
Eato, indem er die Obhut ienes Waffen:
plaues und des Heergerathes mit funfzehn
Kohorten, als zweifelhaften Ehrenpoften,
in deßen Hände legte. ben fo auch trach⸗
tete er den treffenden Wormurf des :Domis
tius Ahenobarbus: er herrſche als ein
weiter völEergebietender Agamemnon im
Lager — dadurch von fih abzumälzen,
daß ber Befehlshaber des zu ihm ger-
foßenen Heeres, fein Schwiegervater Sci⸗
plo, mit den gleichen aͤußerlichen Auszeich⸗
29
mungen eines oberften Felbherrn *) beklei⸗
det wurde,
Gleichwohl ward, wie es den Anſchein
hat, dieſe ſeinem Charakter ſo fremde Nach ⸗
giebigkeit, verbunden mit ſeinem unentſchlo⸗
Genen Zaudern und der tiefen Verſchloßen⸗
heit über feine ferneren Entwuͤrfe, nur ein
Srund mehr, die fihon mehrmals verduns
kelte und igt kaum wieder hergeftelte Ach⸗
tung feines Feldherrn /Talents zu mindern;
und indem fein fonft fo almächtiges Ans
fehn fichtbar fank, oder doch laſtiger gefuͤhlt
wurde, durfte almählig eine Dppofition im
Lager felbft fich hervorwagen, welche, eben
darum, weil ſich ihr vornehmlich die Schaar
der iungen römifchen Ritter, die-den Kern
der veifigen. Truppen bildeten, zu Wortfühs
zern herlieh, das, was ihr an Gewicht
abgehen mochte, defto ungebändigter durdy
vermeßenen Dünfel und vorlautes Gefchret
*) Er geflattete ihm nemlich die Errichtung
eines eigenen Hauptquartiers (Praetorium )
und das Classıcum. Ueber dies leztere Vor⸗
seht des Kommandirenden giebt Vegetius
Guch Ul. Kap. a2) genügende Auskunft. -
30
erſezte. Nicht bloß, daß fie Ba erklärten:
Man müße ſich ie eher te lieber Caſars
entledigen, um dann auch mit Pompeius
an die Reihe zu kommen: fondern noch
herabwuͤrdigender ward der Imperator haͤu⸗
fig die Zielſcheibe ihres Spottes; und Mens”
fen, wie Favonius, durften ſich laut ber
Hagen, daß Pompelus es darauf anlege,
fie um den Genuß der’ heurigen tufeulanis
fihen Feigen zu bringen.
Diefe fo herb ausgedrüdte Geringſcha⸗
zung war mehr, als feine reizdare Empfind⸗
lichkeit auf die Länge zu ertragen vermochte;
und alle vielgeprüfte Rachfchläge der Vor⸗
Fit und einer tiefen Berechnung wurden
won der, ihm hörbar gewordenen Berdähr
tigung feines Muths und feines Eriegeris
ſchen Ruhms erſtickt. So fah er fich denn
ünmer näher, obgleich wider feine Uebers
zeugung, zu einer Entſchließung hingedrängt,
welche, außer dem billigen Bewußtſeyn feis
ver Thatkraft, einen Schein von Rechtfer⸗
tigung auch in der Abgeneigtheit fuchte,
womit die zahlreichen Bundesvölfer, die
fh im Heere befanden, bie längere Ents
fernung von ihrer Heimath, fo wie ihre
31
Fuͤrſten das dienſtbare Verhaltniß, in weis
ches der Lagerdienft fie einzwängte, ertrus
gen. Sie aber mußt’ er infonderheit bei
gutem Willen erhalten: den ihre leichten
Truppen an, Schdjjen and Schleuderern,
ihre zahlreiche und gewandte Reiterei, hofte
er, folten, in Verbindung mit der edlen
Jugend der.römifhen Turmen, dem nas
ben Kampfe, durch Umwikkelung des Feins
des von allen Seiten, den Ausſchlag geben.
» Diefer Zuverfiht vol, welche fih ins
fonderheit auch auf das Verſprechen der
ungen römifchen Ritter fügte, in Ausfühs
zung diefer Eriegerifchen Bewegung ihr Be⸗
fies zu thun, erflörte der Imperator feinen
neuen Entfhluß in dem verfamleten Krieges
rathe, mit der hinzugefügten ſtolzen Vers
fiherung, daß Caſars Legionen, bevor es
noch zum wirklihen Handgemenge gekom⸗
men, in völliger Flucht zerſtieben ſolten.
Er £onte hierin zugleich die nicht ungewich⸗
tige Billigung feines Freundes Labienus,
bes Anführers diefer Reiterei, für fich gel ,
send machen, *) welcher zugleich feinen früs
*) 6 läßt ſich hierbei, ohne zu große Kübn«
beit im Diviniven, wohl vorausſenen, daß \
32
bern feierlichen Eidſchwur wiederholte, das
Geld nur als Sieger zu verlaßen. Pom⸗
J peius
dieſe Einſtimmigkeit in den Meinungen bei⸗
der Feldherren, die Frucht einer vorhergegan⸗
genen Verabredung ſeyn mußte, und daß
Zabienus eben forohl durch feine friegeri«
he Reputation, als durch feine heftigen
Detlamationen gegen Cäfar , ein ungewoͤhn⸗
liches Afcendant über den Fmpesator gewon-
nenbatte. (Vonfeiner einfeitigen Anficht der
Dinge gab er — nad) Caͤſar B. IH. 8.87 —
bei Gelgeenbeit diefes nemlichen Kriegsra⸗
thes, einen auffallenden Beweis, indem er
WAugnete, daß die gegenuͤberſtebenden feind⸗
lichen Truppen noch die nemlichen feyen,
welche in Gallien und ienfeits des Rheins
fo fegreich gefochten. Längft hätten iene
Siege ſelbſt fie aufgerieben; und der Teste
- Kern diefer Veteranen ſey, vor Dyrrhachium,
wenn nicht ſchon Früber durch die Herbflfeus
chen Staliens, abgefchlachtet worden. Fa,
noch iezt verweilten in Brundifium ganze
Kohorten Erkrankter, die nicht hätten einge«
fhifft werden koͤnnen; und was gegenwärtig
noch die Waffen fchleppe, ſey aus den Kolo⸗
nialftädten am Po erſt neulich aufgeboten
worden.) — Allein auch noch ein andres ges
’ hei⸗
3
peius ſchwur es ihm nad; und alle Anwe⸗
fenbe, Höher ermuthigt, folgten diefem gras
Ben Deifpiele: denn mie noch hätte ‚der
Oberfeldherr leiht etwas verheißen, ohne
fein wohl erwogenes Wort zu loſen.
So erhob ſich demnach, in feinem Las
ger bei Pharfalus, am frühen Morgen des
wwanzigften Julius, *) im fiebenhundere
beimeres Band Tnüpfte den Ober - und den
unterfeldherrn fo innig aneinander — ihre
gemeinfchaftlicher Aberglaube. Vompeius
war nicht fo freien Beifes, daß er die Kunſt
der Harufpices bloß als ein politifches Werte
zeug zu. feinem Vortheil gehandhabt hätte,
Ihr Kollegium in Rom verſah ibn undusges
fest mit Nachrichten von den gluͤcklichſten Vor⸗
bedeutungen, welche fie dort beobachtet zu ha«
ben behaupteten, und ftachelten dadurch feine
Bedaͤchtigkeit wirklich zu einem fühnern Mus
tbe. (Cie. de_dıvinat. 1, 24.) Dier aber bes
gegnete ihm Babienus auf dem nemlichen We⸗
ge, indem auch fein felſenſeſter Glaube an
des Imperators endliche Obſiegerſchaft gch
auf einige ihm fund gewordene Orakelſpruche
Kügte. (Plutarch Gic. 38.)
*) Das Fragment eines alten Ralendariums
(&. Blanchını vıt. Ponut. Anastasüi T. 11.}
nennt den neunten Auguſt; und beide Anga⸗
4 Band. €
34
und ſechſten Jahre nach Roms Erbauung,
(ein ewig denkwuͤrdiger Tag in der Ge⸗
ſchichte ) über Pompeius Prätorium das
Purpurgewand, welches die Befchloffene
Schlacht verkündete, in eben dem Augen ⸗
blid, als Cäfar, nach vielfältig vereiteltem
Verſuch, diefe Stunde herbeizuführen, nach
unthätig im Lager verjehrtem Sommer,
und nad) gänzlich erfchöpfter Fütterung und
Ernte des von ihm behaupteten Laudſtri⸗
ches, im Begriffe ftand, der Nothwendig⸗
Zeit des Abzugs in andre Gegenden nach⸗
zugeben und die minder krieggewohnten
feindlichen Truppen, bis zur voͤlligſten Ver⸗
zehrung ihrer Kräfte, hinter. ſich drein zu
ziehen. Sein Weg war nordöftlih gegen
ben würden, nach tichtigerm Zeitmaaße, mit
dem 12. Mai oder ı. Zunius zufammentrefe
fen. Nur laͤßt ſich weder die eine, noch die
andre, mit den Beſtimmungen vereinigen,
welche Gäfar ſelbit : Buch III. Kap. 49 und
81) gelegentlich beibringt, und denen zufolge
ſchon während der Einfchließung feines Geg«
ners vor Dyrrhachium, und um-fo mebr-alfo -
bet feinem Einmarſch in Theſſalien, die Saa-
ten bereits der Erndte entgegenreiften.
35
Skotuſſa *) gerichtet, und verricch dig
Abſicht, den Kriegsfhauplag nah Maces
donien zu verlegen. Kaum traue er le⸗
doc den Berichten feiner Kundfchafter und
-felbft dem Zeugniß feiner Augen, als er
fand, daß fein Gegner, dem er in feinem
feften Lager nie beizufommen vermodt und
den er erſt durch Line Reihe Eünftlicher
Maͤrſche auf ein bequemeres Schlachtfeld
zu verloden gehofft, fi ihm bier. freiwils
lig auslieferte, indem feine Schaaren in
weiterm Abſtande von dem Lagerhügel,
als ie zuvor, fi ausbreiteten.
Sn ber That war in’ CAfare Quet
tieren nicht nur der Befehl zum Aufbruch
gegeben, ſondern ſelbſt au bie Zelte bes
veits abgebrochen und ber Wortrab zur
Decuman: Pforte hinausgezogen. Aber for
gleih hemmte ein ſchneller Gegenbefehl
dieſe Dewegung. in heuer lebendiger
*).Stotuffa, oder Stotufa, konnte ihm für
feine Wünfche vieleicht um fo eber ein ge»
legner Ort dünten, als gerade hier vor Zei⸗
ten der König Vhilipp den Waffen des T.
Auinet. Flaminius wnterlegen mar,
2
30
Geiſt flammte in dem entzuͤckten Feldherrn
auf. „Freunde!“ rief er. den Umſtehen⸗
den zu — „Unfte letzten hoͤchſten Wuͤnſche
nähern ſich ihrer Erfüllung! Heute ends
lich Haben wir nur mit Menſchen, und
nicht mehr mit Hunger und Drangfal zu
kampfen. Laßt fehn, wie wir uns ber
Gunſt der Gluͤckegoͤttinn wuͤrdig erwel⸗
fen!’ 9)
*) Daß ‚bier die verfdiedenen Trdume,
SBräfagien, Himmelszeichen, Horoſtope und
gleichzeitige Prophezeibungen in den entles
genften Teilen der Erde, womit Plutarch
und Andre ihren Bericht von der pbarfalis
ſchen Schlacht ausfatten, mit Stillfhweigen
befeitigt werden, wird wohl des Leſers Bil⸗
ligung finden. — Dennoch deuten einige
derſelden nicht undeutlich dahin, daß Caͤſar
fh, wenn auch nicht an dieſem Tage ſelbſt,
doc) in der naͤchſten Zufunft, des großen Er⸗
eignißes verfad und fich auf dabelbe vorbes
reitete. Plutarch weiß fogar von einer groß«
bersigen Erklärung der cAfarifchen Truppen,
welche die Vereinigung mit zwei Regionen
unter Gorfinius und funfzehn Koborten une.
ter R. Fufus Ealenus, die in dev Nähe bei
Athen und Megara fanden, nicht abwarten
wollten,
3%
- Wohl wiffend, wie man durch die
Sinnlichkeit auf die Menge wirkt, ließ
Caſer in eben dem Moment, ba er ſich
gegen den Feind wandte, den Graben
längs der Worderfeite feines Lagers zuwer⸗
fen und die Werpfählung zerſtdren. Denn
was die Berfhanzung daduch, im Fall
eines Ruckzugs, an Haltbarkeit verlor, ges
wann der Much der Soldaten zehnfältig
wieder durch die Zuverſicht, melde dies
traurige Mettungsmittel im voraus vers
ſchmaͤhte. In der trefflihften Stimmung,
unter freudigem Zuruf, aber auch mit ber
Ruhe und Ordnung, wie der Chor eines
Theaters, ftellten fih die Truppen, -auf
den Wink ihrer Anführer, in ihre Reihen,
Nicht minder fuhr auch Pompelus
fort, feine Schlachtordnung mit vorfühtis
ger Berechnung der Vortheile ‚des Bodens
und der Truppeharten zu entfalten. Auf
dem rechten Zlägel, welchem, geftägt an
die fhroffen Ufer des Enipeus, die gerins
gere Gefahr zu drohen ſchien, hielt er die
eilicifhe Legion (ein abgehärteten Berg⸗
vofE!) und die hifpanifchen Kohorten, welhe
Afranius als die Trümmer ienes weſtli⸗
38
hen Heeres ihm zugeführt Hatte; für bins
langlich. Ein Lentulus *) befehligte diefe
Schaaren. Scipio mit den fünf forighen
Legionen fülte die Mitte; und was die⸗
fen meichlicheren Truppen an Kriegsruf
und Werth vieleicht abgieng, mochte um
fo fuͤglicher durch zweitauſend unter fie
vertheilte freiwillige Veteranen und bie
nahe Unterfiügung der verfuchteren Flu⸗
gelsLegionen von beiden Seiten vergütet
werden, indem auch zu ihrer Linken fich
nicht minder die beiden Legionen anreihs
ten, welche Pompeius, noch vor dem Aus
hruch der Fehde, von Caſar zurückgefor⸗
dere hatte, **) und die, neben den afrar
niſchen Soldaten, für die Kernmacht des
Es bleibt ungemiß, ob der vorläbrige
Konful Lue. Corn. Kentulug, oder Publ. Cor⸗
neliug Lentulus Spintber, diefer Anführer
war. Wenigſtens befanden ſich Heide in der
Schlacht zugegen.
) In Bompeing Stamliſte waren fie die
Erſte und Dritte; fo wie wenigftens die Eine
an ibm abgetretene ehemals in Cäfars Bir
gern den Namen der Bunfsebnten geführt
batte, — Immer bleibt eg nicht ganı er
39
"Heeres. galten. 2. Domitius Ahenobar⸗
bus ftand an ihrer Spizze. Allein auch
Pompeius felbft hielt in unmittelbarer
Mähe derfelben: denn gerade bier, auf
biefem linken Flügel, ſollte die große Bes
wegung ausgeführt werden, auf welche er
und Labienus, der ihm getreu zur Seite
blieb, den unfehlbaren Gewinn der Schlacht
berechnet hatten. Eben darum zog er auch
feine geſammte Reiterei, fiebentaufend
Pferde ftarf, hieher in die Verlängerung
der Schlachtlinie, wo zugleih auch die
leichten Schleuderer und. Bogenfhäjgen
vorgefchoben ‚wurden, um den Aufmarfch
derfelben zu deden. Die Zahl des ſaͤmmt⸗
‚lichen ſchweren Fußvolks, in hundert und
klaͤrlich, worauf Pompeius ſich in feinem fo
ausgezeichneten Vertreuen auf fie Hühter
Bra mochten fie allerdings ſeyn: denn dazu -
waren fie in einer zu tüchtigen Schule ges
weſen: allein noch obnlängit, in Ztalien,
hatte er nicht gemagt, fie in Caͤſars Nähe zu
führen; (f.Th. ilI. S. 148) und was wirvon den
befondern Umftänden ihrer Entlaßung wiſſen,
. Th. 111 S. 93) diente ihrer Treue und An⸗
baͤnglichteit chen auch nicht zur Empfehlung.
2
sehn Kohorten vertheilt und zehn Glieder
tief geftelle, mochte ohngefähr fünf und
‚ vierzig taufend Köpfe betragen. Sieben:
andre Kohorten, unter Afranius Befeh⸗
Ien, blieben zur Beſauung des Lagers das
Hinten. Daß iedoch, auf diefer, wie auf
iener Seite, die unedmifhen Huͤlfstrup⸗
pen von dieſen Berechnungen ausgeſchloſ⸗
fen’ werden muͤſſen, ſcheint aus allen Um⸗
ſtaͤnden deutlich genug zu erhellen.
Nicht mehr, als achtzig Kohorten, wels
che, fürchterlich zufammengefhmolgen, viel
leicht kaum zwei und zwanzig taufend Köpfe
in ihren Reihen zählten, hatte Caͤſar ienen
Heerſchaaren an diefem Tage entgegenzus
ſenen; und noch blieb diefe, in drei Trefs
fen aufmarſchirte, Schlachtlinie um zwei
Kohorten, welche das Lager deckten, vers’
mindert. Die Ordnung der Legionen Stich
übrigens auch iezt die herkömmliche, indem
die Zehnte, des blutig errungenen Vorzugs
werth, auf dem dußerfien rechten Flügel
gleihfam den Stügpunkt des ganzen Heer .
ves bildete; bahingegen die, bei Dyrrha—
chium fo fühlbar geſchwaͤchte Meunte auf
dem entgegengefegten Ende ſich an den Fluß
4L
lehnte, und eben fomohl hiedurch, als durch
die mit ihr vereinigte Achte, gegen die feinds
liche Uebermacht gefihert wurde. Hier leis
tete M. Antonius die Bewegungen; En.
Domitius Calvinus gebot der Mitte, und
2. Sulla, der glädliche Streiter bei Dyrrha⸗
chium, führte, unter Caͤſars unmittelbarer
Dbhut, die Rechte. So ſtanden zugleich
* beide Oberfeldherren einander zunachſt gu
genüber. *)
Noch huͤteten Beide, mit angeſtreng ·
teſter Sorgfalt, die ienſeitigen ſich entwit⸗
*) Einige Abweichungen in Zahlen und Nas
men, die fich hier bei den Gefchichtfchreibern
finden, dürfen und um fo weniger irren, da
biefe in den Hauptſachen deſto genauer zus
fammenflimmen; mit Ausnahme bes Dio
Cafius etwa, deßen Schlachtbericht ein ver-
worrenes poetifches Giemälde ift, welches auf
hundert andre Schlachten mit gleichem Rechte
paßen wuͤrde. Wo iedoch in dem einzelnen
Thatfachen etwas zweifelbaft fcheinen konnte,
dürfte Caͤſars Stimme unbedenklich den Aus⸗
ſchlag geben; und Aber fein entfcheidendes
Manveuvre hat Roͤſch durch feinen Kommen-
“tar ein genägendes Licht verbreitet,
44
kelnden Maffen mit ihren Blikken, ale
Caſars Scharffiht, der fih die unverhaͤlt
nißmäßige Zufammenhäufung der pompelas
nifhen Reitergefihwader, den feinigen ent⸗
gegen, nicht verbergen ließ, ohnſchwer er⸗
rieth, daß er- hier zur uͤckgeworfen, ‚überfids
gelt und in den Rüden genommen werben
ſolle. Aber auf ber Stelle aud (wenn
nicht vieleicht langſt vorbedacht und im
Bereitſchaft gehalten) *) erfand :er dag
) Denn nicht unmöglich fcheint es, daß
ihm ein Vorhaben, welches fchon in feines
Gegners Kriegsratbe zur Sprache gefommen,
und worüber ſogar mit der roͤmiſchen Rei⸗
+ terei vorläufige Abrede genommen war, durch
Verrath oder Kundfchaftung bei Zeiten zur
Kenntniß gelangt wäre. Oder folte (wenn
auch nicht auf die ſem Wege unterrichtet)
für einen Feldherrn von Cäfars Genie und
Sagacität nicht die bloße Erwägung des Miße
verbältnißes der beiderfeitigen Neiterei, bins
gereicht haben, für den im voraus gefürchtee
ten Gall einer folchen Heberflügelung zweck⸗
mäßige Vorkehrung zu trefen? Von einem
Gegner, wie Bompeius, war immer iede aus
Berordentliche Anfrengung nicht von € Grund
zu erwarten,
\ 43
"Mittel, dieſer Gefahr zweckmaͤßig zu Bis
gegnen. Zwar die fhimmernde Räftung,
die trefflich ausgefütterten Gaͤule und die
zuverſichtliche Haltung dieſer pompeianis
ſchen Reiſigen durften ſeine Beſorgniße
nicht Übermäßig erregen: doch den gewal⸗
tigen Stoß einer folhen Menge mit
eintaufend, wenn gleich meift germaniſchen
Reitern in einer fo weiten Ebene aufhal«
ten zu wollen, wäre, wenn auch nicht Bere
meffenheit, (denn ſchon hatte er fie hier
vor ſich feldflächtig geſehen) doh heute
ein kaum / zu rechtfertigendes Wagniß ges
blieben. Nur der Legionſoldat, in feſtge⸗
ſchloßenem Gliede, ſchien ihm die Felſen⸗
mauer, an welcher dieſe einherbrauſende
Sturmwoge nothwendig zerſchellen mußte;
und in unbemerkter Stille zog er ſogleich
ſechs Kohorten aus der dritten Linie her⸗
vor, um aus ihnen, im Ruͤkken der zehn⸗
ten Legion, einen Haken im rechten Win⸗
kel zu bilden, welcher, indem er den Ab⸗
ftand von den Beiden vorderen bis zum
dritten Treffen ausfühte und diefen Zwi⸗
ſchenraum ficherte, befehligt wurde, ſich,
damit er nicht zu frühzeitig entdeckt wuͤrde,
4
Bis auf .ein gegebener Zeichen volfommen
ruhig zu halten. Zugleich verhielt er die⸗
fen altgedienten Truppen nicht, daß er in
ihre Tapferkeit vorzüglich fein Heil, bie
Ehre des Heers und den Ausſchlag diefes
Tages ſezze.
Den fämtlichen Legionen, und ber drit⸗
ten Linie infonderheit, *) ward tiefe unbe⸗
*) Die. beiden erflen Linien waren, wie
immer, befimt, beim Angrif gemeinſchaftlich
zufammen zu wirken. Diefe dritte hinge⸗
gen folte in ihrer erſten Aufitellung feſten Fuß
behalten; und da die größte Entfernung zwi⸗
fchen den Vorrüffenden und Stehenbleiben -
den gerade fo viel C1a9ı Schub) austrug, als
die ſechs Roborten des Hakeng, bei einer Tiefe
von acht Gliedern, zu Ihrer Aufſtellung in
der feitwärts gerichteten Fronte bedurften, fo
bildete nunmehr (mit Hülfe des unzugaͤngli⸗
hen 'Enipeus auf dem linfen Flügel) das
gefamte Heer ein IÄnglichtes leeres Viereck,
welches felbit der vollendeten Umjingelung
der feindlichen Reiterei die Spine zu bieten
fähig war, fobald die dritte Linie ſich um⸗
kehrte. Dies mathematifch> genau berechnete
Manoeuvre, welches uns die roͤmiſche Taktik
von einer glänzenden Seite zeigt, bat Roeſch
45
wegliche Ruhe bis zum Augenblick des be⸗
fohlnen Angrifs geboten; und wohl durfte
Caſar ſich berechtigt halten, von feinen
Streitern das Höcfte zu erwarten, wenn
wir den Maafftab ihrer Gefinmingen nach
der Antwort abfchäjzen dürfen, die ihm
der ausgebiente Primipilar der zehnten Les
gion, Eraftinus, *) ertheilte. Leutfelig, wie
immer, hatte der Imperator den alten kuͤh⸗
nen Degen, beim Einrheten in die Schlachts
linie, gefragt: Was er fi von dem ber
vorftehenden Treffen verfpreche? — „Sieg,
Caſar! Sieg!’ entgegnete ihm freudig der
Veteran — „Und mich vor Allen. follft
Du, tobt oder lebendig, Deines Lobſpruchs
werth halten.
Auch Pompelus mufterte, von ſel⸗
nem hohen Roße herab, die beiderſeitigen
Schlachtreihen. Sonderbar fiel ihm dabei
©. 301 f, mit überrafchendem Gluͤck ent⸗
willelt.
*) So nennt ihn Caͤſar, mit überwiegen«
der Autorität gegen Plutacch und Appian,
die diefen Namen. in Eraffianus und
Eraffinins verändern,
ö 46
bie ſtarre Haltung ber Caͤſarlaner auf, wähs
rend er auf die mogende Bewegung feiner
eigenen Linien zuruckſah und aus diefem uns
ruhigen Drängen und Xreiben eine böfe '
Ahndung fhr fich ſchoͤpfte. Daßelbe zu hem⸗
men, gebot er bem Vordertreffen, ſtracks
die Speere zu fällen, und des Feindes Ans '
fall, feften Fußes zu erwarten; — eine Ans
ordnung, die ihm die Hoffnung Hab, daß
die Ordnung defelben durch die Hizze und
die verdoppelte Weite des Anlaufs um fo
gerwißer gebrochen werden und er etfchöpfe
und außer Athem in’s Handgemenge ſtaͤr ⸗
zen ſolle. Pompelus möchte hlerin richtig,
gerechnet haben, hätt’ er’s mit minder eins
gehbten Truppen zu thun gehabt, oder
wäre eben. ſowdhl ‚die phyſiſche Kraft des
Stoßes als die moraliſche Ueberlegenheit,
welche der ſelbſtthaͤtige begelſterte Angrif
gewährt, und deren beider er ſich folder:
geftalt ergab, für gar nichts zu rechnen.
geweſen.
Jeder Feldherr ſuchte nunmehr noch,
nad) der Weiſe des Alterthums, feine Schaa⸗
zen durch kuͤrzere oder längere Anzeden zu
4
entflammen. *) Wie konnt' ee auch dem
Verfechter der republikanifchen Parthei in
dieſen Augenbliffen an Stoff zu großherr
sigen Ermunterungen fehlen, da die Sache
*) &s wäre zu verwundert, wenn die alten
Geſchichtſchreider es verabfäumt hätten, die ⸗
ſes Anlaßes wahrzunehmen, um ſich in alge⸗
gemeinen Betrachtungen über das fonderbar⸗
traurige Verhältniß, worinn bier Römer
gegen Römer fanden, zu erihöpfen. Caͤ—⸗
far freilich ſchweigt biewäber woblbedaͤchtig:
allein defio tedfellger tummeln fih Appian
und Div in einer langen ‚und ermüdenden
Reihe von Gemeinpläggen umber; und auch
Plutarch, obmohl feine Betrachtungen des
großen Begenftandes und Seiner ſelbſt wuͤr⸗
diger find, faͤlt wenigſtens durch die gefuchte
Wendung auf, deren er fich zu ihrer Einlei-
sung bedient. „Eine Heine Anzahl der edel⸗
weten Römer — hebt er an — „and eis
„nige Griechen, die an der Schlacht feinen
„Theil nahmen, uͤberlegten beim Heranna⸗
ben des furchtbaren Kampfes die Enge des.
Staates, in welche er durch Eigennuß und‘
Ebrſucht gekürzt worden.” — Wo und
wie er diefe geheimen Weberlegungen der
fuvponirten müßigen Zuſchauer doch nur bes
lauſcht haben mag?!
48
ſelbſt, wofhr hier gefttiten werben follte, —
Freiheit und Erhaltung der alten Bürgers
lichen Verfaßung — des hoͤchſten Lobes,
der feurigſten Anftrengungen, der muthigften
Zodesverachtung ſo wuͤrdig war! — Künfts
licher hingegen mußten. die Motive ſeyn,
durch welche fein Gegner, der fühne Bes
ſtarmer hergebrachtet Heiliger Rechte und
Zormen, den Eifer feiner Werkzeuge bes
lebte. Nur von feinen perfdnlichen Bers
dienften um ihr @läd; von feinen alten
Anſpruchen auf ihre Liebe konnte er ſpre⸗
hen; nur erinnern an feine vergeblichen
Bemähungen um Verſohnung und Fries
den; nur an feinen Abſcheu vor Vergie⸗
fung von Nimerblut und an den Wunſch,
fein Heer, wie das ienfeltige, dem Staate
unverlezt zu erhalten. Doch was, bei kaͤl⸗
geren Zuhörern, der. Kraft feiner Grände
abgehen mochte, erfezte reichlich der Zauber
feiner Wohltedenheit, der Slanz feines
glüdhaften Namens, und, bei feinen Krie
gern, der Stolz des treuen Beharrens,
famt dem nahe winfenden belohnenden Ziel
fo langer blutiger Anftrengungen! — Als
der Redner ſchwieg, ward das begierig
. er⸗
4
erwartete Zeichen zur Schlacht durch das
aufgepflanzte Berill gegeben. *) \
Nur ber Abftand eines Stadiums
trennte die beiden. Heerlinien von einans
— —— — — —
*) Benn Einmal die Betrachtung in dee
Seele erwedt und ausgemahlt war, wie
ſchmerzlich der Anblick falen mußte, wenn
die nemlihen Waffen und Feldzeichen, der
gleiche Schlachtruf, die gleichnamigen Lande
leute, Freunde und Blutsverwandte auf beir
den Seiten fich feindlich gegen einander über
befanden, fo lag volle viochologifhe Wahre
beit in dem durch bie Bhantafle hinzugefügten
- Zuge, daß beide Schlachtlinien, im Gerüpl
dieſer Schmach, zu einer Verwirrung binges
tigen wurden, welche ſich durch unwilltühre
Tiches Zaudern, fo wie durch dumpfes Schwei⸗
gen, offenbarte und ſelbſt den beiden Feld⸗
berren Thränen entlocte; bis endlich Beide,
die Folgen diefer verderblichen Stimmung
fürchtend, die graufe Scene durch den er=
tbeilten Befehl zum Angrif endigten. Gergl.
Applan B. i. ©.476. Div Caſſ. B. 41. 8.58.)
Allein die biſtoriſche Kritik wird dieſe Yuge
fchmüffungen dennoch vermerfen und fie als
lenfalls der Willkuͤhr des Dichters anheim«
Heller; fo wie denn auch Lucan (Bharf. VII.
238 f. und 340 ff) nicht verfhmäpt hat; da«
von Gebrauch zu machen,
* Ban. D
5
ber. Mit ethobenem Wurffpeir feten ſich
die kampfgierigen Cäfarianer in vollen Lauf,
diefen Zwifchenraum ſchnell zu vernichten
und dem Feinde, wenn er anftlärmte, mit
gleiher Kraft des Stoßes zu begegnen.
Doch nicht ohne Bewunderung bemerften
fie, ſchon auf der Hälfte des Weges, die Un⸗
beweglichkeit der ienfeitigen Reihen. Jede ·
andre Truppen möthten hier vielleiht die
Beſonnenheit verloren und duch ihre Uns
entſchloßenheit eine Bloͤße gegeben haben.
Nicht fo dieſe Veteranen, welche, vielfach
gehbt, iezt plöglich, auch ohne Befehlwort,
aber ungetrennt in ihren Gliedern, noch
außer der Wurfweite Stand faßten und
fih die Zeit zum Verſchnaufen nahmen.
Dann etft erneuerten fie, wie zuvor, ihren
Anlauf, warfen das Pilum, und eilten fos
fort, fi), mit gezogenem Schwerdt, in’s
Handgemenge zu ſtuͤrzen.
Ihnen Allen voran, als Leitftern, hatte
der wackre Eraftinus fich ‘erhoben. „Mir
„nad, alte Kriegsgefährten!’’ rief er dem
erſten Manipel der Zehnten zu, melden
er vormals geführt — „iezt if’s ber
Augenblik, dem Imperator eure Würdig:
58
feit zu bewaͤhren. Es iſt der Iejte Strauß,
ben wie beftehen; und ihm erfämpfen
wir die Welt!” — &o brach er vor, und,
ihm angereiht, feinem Rufe geherfam, ber,
vole Manipel. Unmdglic war es, ihrem
einbrechenden Ungeftüm, ihrer, mähenden
Schwerdtſpitze zu widerſtehen. Des Feins,
des erfte Linie ward in diefem Punkte ges,
brochen; Blut floß in Strömen, und leicht,
möglich, datz dieſe erfte Großthat fehon
bier dem Siege bie Bahn gepeichnet hatte,
wäre nicht Eraftinus durch einen wohlge⸗
sielten Schwerdtſtoß, der durch den Mund
zum Genide hinausfuhr, - in feinem Hel⸗
denlaufe gehemmt worden. Sein Fall
ftellte das Gleichgewicht unter den Kaͤmp⸗
fern wieder her; die Potmpeianer fällen
ihre Luͤkken und leifteten ftandhafte Ger
genwehr. Länge der ganzen Linie des
Fußvolks ward mit Erbitterung, aber uns
entfihieden, gefochten. "
Diefen Zeitpunkt hatte Pompeius er
wartet, um auf feirierh linken Flügel die
leichten Schleuderer und Schuͤtzen in Bes
wegung zu ſenen und feine ganze reifige
Macht gegen die caſariſche ungeſtuͤm vors
Da
52
brechen zu laſſen. Diefe Minderjaht fah
ſich wirklich auch, wie ihr Feldherr es ges
ahnet hatte; zum Zurddweichen. gend
thigt; *) doch aber ſcheint fie ſich weiter
*) Noch begreiflicher wird diefer Rüczug,
wenn derfelbe, wie Plutarch andeutet, auf
ein, von Gäfar vorbedächtig gegebenes Zeichen
erfolgte. Man möchte-fich wundern, daß Ca-
für es verfdumte, feine Neiterei, wie er es
‚in den nächk vorangegangenen Meitertreffen
mit fo gutem Erfolg getban, durch zwifchen-
gefielltes leichtes Fußvolt zu unterftüsgen.
Allein wahrfcheinlih wollte er nicht eins
mal, daß fie, auch wenn fie gekonnt hätte,
auf dem Viane ihrer erſten Aufftellung fe⸗
ſten Stand hielte: ſondern vielmehr ſollte
der Feind durch anſcheinendes Glouͤt nur um
fo dreiſter in die ihm geftellte Falle gelodt
werden. Dagegen bat es den Anichein, als
babe Pompeins, durch Caͤſars Vorgang bes
lehrt, iene Vermifchung der Reifigen mit
leichter Infanterie an diefem Tage nachges
abmt: denn fon möchten feine Schleuderer
und Schügsen den Evolutionen der Turmen
Teicht im Wege geftanden baden. Freilich
vermochten fie in der Folge nicht, ihre Mei«
terei gu retten: ſondern wurden vielmehr
ſelbſt Das Opfer, Aber fie hatten es auch
53
hinterwaͤrts, in etwa gleicher Köhe mit
dem hinterften Treffen, und in guter Ord⸗
nung wieder: aufgeftelt zu haben; während
die feindlihen Turmen fi, im Vorruͤk⸗
Een, mit iedem Augenblif zur Linken weis
ter auebreiteten, um, ihrer Beſtimmung
gemäß, Caͤſars ganze Schlachtordnung zu
umwikkeln. Die kuͤhne Zuverſicht ſtieg; —
ſchon ward ſelbſt ihr Feldherr verſucht,
feinen Siegsplan für gelungen zu halten!
Dod in diefem nemlihen Moment,
wo fie felbft ihre rechte Seite den, im
Staube und Getuͤmmel nicht beachteten
ſechs · Kohorten des Ruͤckhalts bloß gaben,
brachen nun auch dieſe, auf Caͤſars Ge
heiß, urpldzlich herdor, und warfen ſich
zermalmend mitten unter dieſe unbedeck⸗
ten Schaaren. Anſtatt, wie der Legion⸗
ſoldat pflegte, den Wurfſpieß auf gutes
Gluͤck zu ſchleudern, oder damit nad den
Schenkeln und dem Unterleibe zu zielen,
Cund dies verändert die Lage der Suchen
weſentlich) mit ſchwer gerüfteten Begiona-
riern zu thun und wurden von ihren Rei⸗
teen ſchimpflich im Stiche gelaßen,
5
Hatte CAfar, der felrie Menſchenkenner,
fie gefliffentlih belehrt, ihn nur um fo fefs
‘ger in der Fauſt zu faflen und vorzuges
weife gegen das Geſicht diefer iungen rdr
miſchen Bitter zu richten, welche die Si⸗
cherheit ihrer glatten Wangen und zierli⸗
den Stirnen mwahrfheiniih höher, als
Ehre, Treue und Vaterland halten wärs
den.” Diefe Ueberzeugung trog ihn auch
nicht: denn den ruhmredigen Helden fiel
dies nahe Blinken der Lanzenfpizjen vor
ihren unbefchiemten Augen fo unerträglich;
mit diefer Eindifchen Beftärzung wurde zus
glei bie Werwirrung der gefprengten
Reihen fo allgemein, der in einander ger
rollte Menſchenklumpe fo ungelene und
das Drängen der Legionarier von der
Seite, fo wie der germanifchen Reiftgen
von vorne, fo überwältigend, daß ſchnell
die Tosgelaffenfte Flucht dieſe kaum noch
fo drohende Turmen in das Dlacfeld
erſtlebte. Erf® an dem Fuße der Berg
kette, welche an ihr eignes Lager ſtieß,
endigte diefe fhimpflihe Eile und die Vers
folgung der nachhauenden Deutſchen.
Nur die Hülfs und wehtlos gelaffenen
53
Schuͤnen und Schleuderer ſchwankten noch
auf dem verlaffenen Kampfplazze umher,
und wurden ohne Erbarmen von den ſieg⸗
reich vordringenden Kohorten niebergemep
zelt. Dann aber ſchwenkten Diefe, mie
unvermindertem Ungeſtuͤm, auf den num⸗
mehr entblößten Flügel des feindlichen
Fußvolks ein, daffelbe in Seite und Ruk⸗
ten zu faflen; während iezt erft, da iede
Beſorgniß eigner Umringung gluͤcklich bes
ſeitigt worden, Caſars dritte Linie, welche
bisher in ruhigem Zuſchauen des Kampfs
geſtanden, hervordrang und die beiden vor⸗
deren in ihren Anſtrengungen nachbräds
lich unterſtuͤzte. Wie gleich fih bisher
aud, von beiden @eiten, die Kräfte ges
meffen hatten, fo konnte doch das‘ frifche
Leber, welches hiedurch in das Gefecht
gebracht wurde, den Ausfchlag des Siegs
nicht lange unentfchieden laſſen. Gebrängt
und zerriſſen von vernez im die Luft ge⸗
ſtellt von der nemlihen Seite, von mans
nen fie die beffere Wendung des Streits
erwartet hatten, und bedroht und anges
geiffen fogar im Rakken, ſchien nunmehr
den ſchnell entmutheten Pompeianern ihre
56
Lage verzweifelt und kein langerer Wider⸗
fand erſprießlich. Die Flucht ward all⸗
gemein. Im Lager allein ſchimmerte noch
ein ſchwacher Funke von Hoffnung; und
Alles ſturzte unaufhaltſam, es zu erreichen.
Dennoch mochte ein beſonnener Feld⸗
herr, ausgeruͤſtet mit Pompeius Anſehn
und Einfluß auf ſeine Truppen, in dieſen
bedenklichen Augenblikken ſelbſt, durch eine
aufferordentlihe Anftrengung feines Ges
nies, duch ein Eräftiges Wort oder. ein
eignes großes DBeifpiel, dem treulofen
Glukke der Schlachten eine Gunſt abge
ndthigt und die ſchwankende Wange 'des
Siegs ‚wieder in’s Gleichgewicht geftelle
haben! Doc Pompeius, feit feinem acht⸗
zehnten Jahre vom Erfolge angeläcelt
und unter Lorbeeren ergraut, entflandseben
heute, wo es Alles um Alles galt, wo er
fih an Thaͤtigkeit hätte überbieten follen,
mehr als iemals, feinem ‚alten Ruhme,
feinen riefenhaften Auſpruͤchen, fih felbft,
um das Beiſpiel einer unbegreiflichen Vers.
zagtheit zu geben. Kaum nahm er, aus,
dem linkshin aufwirbeinden Staube, die
völlige Niederlage feiner Reifigen wahr,
37
auf die er feine ausfhlieglihe Hoffnung
gefeit, fo gab er auch alles Uebrige rets
tungslos verloren; und ohne.noc die fers
neren Unfälle der Legionen abzuwarten,
forengte er, uneingedenk feines Eidſchwurs,
im duͤſterſten Unmuth gegen das Lager,
deffen ſtandhafte Wertheidigung, im uns
glädlichften Falle, er verordnete, um for
dann, in fein Zelt zuruͤckgezogen, mit ſtum⸗
mer Refignation fein leztes Heil von der
Gnade des Zufalls zu erwarten.
Es nahte die Mittagsftunde. "Als
Sieger ftand Caſar auf der, vom Feinde
geräumten Wahlſtatt. Doch wenig genügte
ihm, diefe zu behaupten, wenn nicht zus
gleich auch, bevor Jener fih von feinem
Schrecken erholt, iede fernere Kraft zum
Widerftande durch den Gewinn ſeines ar
gers gebrochen würde. Die Ermattung
der. fiegreichen Truppen von der Schwuͤle
des Sommertages und dem anſtrengenden
Würgen wich dem ermunternden Zuruf des
Feldherrn und der Freudigkeit, für ihn
Altes zu thun und zu leiden. Der Sturm
gegen bie Wälle des feindlichen Lagers bes
gann, fand aber aud eine unerwartet ent
J
58
ſchloßene Abwehr von Seiten ber Kohor
ten, die unter Afranius die Befazjung bils
beten; und nicht minder Abertraf fih, in
ihrer Unterſtuͤzung, der Muth der Thras
eier und andren Bundesgenoßen. Es gilt
fogar die Frage, welche neue Wendung dies
Gefecht genommen haben würde, wofern die
Stimmung oder die Erfchäpfing ber aus der
Scohlacht zurädgefehrten Flüchtlinge diefem
beßern Geifte der Lagerwache nur einigers
maßen entfprochen hätte. Allein früher ſchon
hatten fie fih von ihren Feldzeichen vers
eingelt und ihre Waffen von ſich geworfen;
und im Lager fuchten fie nichts, als einige
Augenblikke Raft und Erholung zur weis
teren Flucht aus. dem Decuman ı Thore.
So ihren eignen unzureihenden Kräften
überlaßen, erlagen endlich lene wenigen Tas
pfern dem beharrlichen heftigen Angrif; zo⸗
gen ſich iedoch, wiewohl mit bedeutender
Einbuße, von den Waͤllen ab, und erran⸗
gen es, in ungebrochener Ordnung die ww
nachſt anftogenden Höhen zu gewinnen.
Gleich einem übergetretenen Strome
flucheten nunmehr die Ueberminder durch
das entuölferte Lager, Alein fonderbar
59
wurden fie Aberrafcht, hier nicht das Bild
des ſtrengen Krieges, ſondern überall nur
die Zurhftungen zu einem allgemeinen Gaſt⸗
mahle zu.erbliffen. Feftlich aufgeſchmuͤckte,
zum Theil fogar mit Myrthenkraͤmen und
Epheugehängen verzierte, Gezelte, ſchattige
Laubhätten, buntgewirkte Teppiche, bela⸗
flete Speifetiſche, aufgepflanztes Trinkge⸗
ſchirr von blintendem Silber, und unzähe “
lige andre Vorkehrungen der Ueppigkeit,
deuteten auf die Erwartung eines nicht
mehr zweifelhaften Sieges, der alfobald
duch Schmaus und Wohlleben der Heims
gekehrten hatte gefeiert werden follen. Wenn
aber dies Alles zu einer verführerifehen Lok⸗
ung für die Eroberer ward, fo bemwiefen
ſie ſich hier gleichwohl ihres heutigen Gluͤk⸗
kes werth, da es, um Hand und Merz vom
Raube zu enthalten, nur des Zurufs aus
Caſars Munde bedurfter. „Noch, fo fange
es einen Feind zu verfolgen gebe, fey es
nicht an der Zeit, an Beute und Plündes
zung zu denken!”
Ohne Zweifel Tag ihm in dieſem Au:
genbliffe einzig’ am Herzen, fih, wo möge
lich, der Perfon feines furchtbaren Wider
6
ſachers zu verfichern. Wirklich auch hatten
feine Truppen die Verfhanzungen bereits
erftiegen, bevor Pompeius, mit bem ers
ſchrocknen Ausruf: „Wie? Auch hieher
ſogar?“ — ſich aufraffte, das nunmehr
> zu gefährlich gewordne Purpurkleid ablegte,
ſich auf ein Pferd ſchwang, und, im ge⸗
ſtreckten Rennen, gegen Lariſſa entwich.
Auch hier verweilte er, ohne die Stadt zu
betreten, *) nur ſo lange, als die dringend⸗
ſten Bedurfniße zur ferneren Flucht Zeit
zur Herbeiſchaffung erforderten. Die bei⸗
den Lentuler und Favonius, fo wie übers
haupt etwa zehn Senatoren und faum viers
zig Reifige, hatten fi ihm nach und nach
auf feiner Flucht zugefellt, in deren Geleit
er, fogar aller nächtlichen Raſt vergeßend,
durch die Thäler von Tempe der öftlichen
Meeresküfte zueilte. Allein nicht minder
unzertrennlich waren auch Selbſtanklage,
*) Er unterließ es wohl eben fo fehr aus
Eile und mißtrauffher Vorſicht, als, wie
uns Div Caſſius werfichert, in der fchonen-
‚den Rüdfiht, die Einwohner der Stadt bei
dem Sieger nicht im Mißkredit zu bringen.
61
Reue und das bittre Gefühl, fih von ben
feigen Werkzeugen feiner Entwürfe zur ent«
f&eidenden Stunde fo fhändlich verrathen
wu fehen, in feinem Gefolge.
Indeß fi Pompeius, mit unerwartes
tem Gluͤkke, aus den Gefahren der Schlacht
gerettet fah, bot fein Beſieger fortwährend
die höchfte Thätigkeit des Geiftes auf, die
Vortheile diefes Tages entfcheidend zu mars
hen. Er fah, wie die Geflüchteten y aus
dem Lager hinmwegeilend, fih auf den ans
floßenden Berghdhen ftopften: und noch
zur nemlihen Stunde grif er zur Schau⸗
fel, und begänn eine Umwallung, welde
die Abdrängung dieſes verwirrten Haufens
von den nachſten Quellen zum Zwekke hatte.
Zeitig genug zwar ward man ienſeits dies
fer drohenden Gefahr inne, um ihr durch
einen beſchleunigten Abzug gegen Lariffa zu
begegnen: allein nun theilte auch Caſar,
ohne die Werfolgung aufzugeben, feine
Macht; befezte ſowohl fein eignes, als das
eroberte Lager, und brach mit dem Reſte
von vier Legionen auf, den Flüchtlingen
auf der gebahnteren Heerſtraße zuvorzu⸗
Tommen.
@:
Nach einem Wege von fehs Millien
"Rand er ihnen abermals in voller Schlacht⸗
ordnung gegenäber, und nöthigte fie da⸗
durch, ſich auf einer eben gewonnenen Ans‘
höhe, deren: Fuß ein Gewäßer befpälte,
‚zu ſetzen. Schon war die Sonne tief im
Sinken; die Abfpannung der Legionen hate
tebeinahe ihr Hoͤchſtes erreicht, und es durfte
feinen, als fey zum unvergänglichen Stange "
dieſes Tages bereits genug geſchehen. Doch
noch einmal verfuchte Cäfar bei ihnen den
Zauber feiner Worte; und, wie auf Zaus
bermort entſtanden, gieng, mit Einbruch)
der Nacht, eine Berfhanzung aus dem Bo⸗
den hervor, welche den Pompeianern die
Annäherung gegen .den Fluß verfperrte.
‚Der Anblick des vollendeten Werks übers
zeugte fie von der Unmöglichfeit ihrer Ret⸗
tung. Abgeordnete erſchienen, ihre Erges
bung anzutragen. Cäfar bewilligte das Ges
ſuch, indem er gebot, daß das feindliche
Heer mit Tages anbruch in die Ebene herab
fleigen und hier die Waffen vor ihm
fireffen ſolle. Was noh von Senato⸗
ven ſich diefen Truppen angefchloßen hatte,
63
benuzte bie Dunkelheit der Nacht zum En:
fliehen. u
Der Morgen bämmerte herauf. Mit
gebeugtem Knie und flehender Gebehrde
harrten die gedemüthigten Schaaren der
Gnade des Siegers, der feine gewohnte
Milde hier fo wenig, als felbft, Tages zur
vor, auf dem Wahlplatz und in der Hine
der Verfolgung, verläugnete. Dort hatt’
ex feinen Streitern unaufhoͤrlich zugerufen,
iedes römifchen Bürgers zu fhonen und
das vernichtende Schwerdt vorzugsweife
nur gegen die Barbaren gu züffen. Eben
fo fprach er auch hier den Knieenden lieb⸗
reich zu, ließ allgemeine Verzeihung gelten
und empfahl fie und ihr. bis iegt gerettetes
Eigenehum dem befondern Schutze feiner
Truppen. Nur wer durd Rang und Ans
fehen fih vor Andern bemerkbar machte,
und, fhon Früher gefangen und entlaßen,
die Waffen undankbar zum Zweitenmale
ergriffen hatte, folte iegt feine Wortbruͤchig⸗
Zeit mit dem Kopfe büßen. Caſar geſtat⸗
tete iedod Jedem der Seinigen, fih für
Leben und Freiheit irgend eines Freundes
ober Bekanten zu verwenden; und fo ward
64
mancher Schulbige mit des Feldherrn nad
fihtigem Willen erhalten. *)
Für Miemand aber unter Allen, die
hm in den Waffen. gegenhber geftanden,
harte Caſar eine zärtlihere Sorgfalt ges
tragen, ’als für IM, Brutus, an deßen
Wohlfahrt ihn eine ſchier väterliche Neir
gung kettete. Schon vor dem Treffen hatt
er ausdrädlich geboten, das Leben des Juͤng⸗
lings für ieden Fall zu verſchonen, oder,
verſchmahete er es, ſich zum Gefangenen
zu ergeben, ihn lieber entflichen zu laſſen,
als gewaltfame Hand an ihn zu legen;
In der That audy hatte Brutus Gelegens
heit gefunden, fi von dem Schlachtſelde
nad Lariſſa zu retten; und aͤngſtlich blieb
Caſar
Selbſt die unroͤmiſchen Bundesgenoßen,
welche Caͤſars Gnade ſuchten, kamen mit ei⸗
ner leichten Geldbuße davon, und hatten, in
der Folge, ſich feiner Gunſt fogar durch Län-
derzuwachs zu erfreuen. Nur Pharnaces, des
großen Mitbridates Sohn, vom Pompelus
durch Wohlthaten ausgezeichnet, fand In der
verweigerten Unterflüszung deelben eine uns
genügende Entſchuldigung.
6
Caſar Aber den Bermißten bekuͤmmert, bis
Diefer felbft ein Schreiben an ihn richtete,
das mit der froheften Bewegung empfans
gen wurde. Sein Wohlthaͤter wies ihn
fofort an, feiner eignen Ankunft an ienem
Orte zu warten; und wie ein jzurůckgekehr⸗
ter Sohn ward er an bie liebevolle -Bruft
des Weltgebieters aufgenommen.
. Zum Gebieter der römifden
Belt harte die Schlacht bei Pharfalus
Caſarn nunmehr ohne Widerrede erhoben:
aber gleihmohl war ein Gewinn von fols
her Größe nie mit Heringerm Verluſt an
eignen Todeen und Verwundeten erfauft
worden.. Eraftinus, dee. braufte Kämpfer
diefes Tages, welcher dem Imperator fein
Wort fo ehrenvoll geldft harte, *) deckte,
*) Ein Denkmal für alle Zeiten ſejte Ca—
far feinem Primipilen durch das, in den
Eommentarien niedergelegte Zengniß, daB
Erafiinus an diefem Tage die ſchoͤnſte Waß⸗
fenthat geleiſtet und ſich treflich um ihn ver«
dient gemacht babe. Wein auch auf dem
Schlachtfelde ſelbſt errichtete er ihm ein aus⸗
gezeichnetes Grabmal, in welches fein Beiche
nam, unvermengt mit den übrigen Gefal⸗
4. Band. €
nebſt dreißig andern Centurionen, Ihm aͤhn⸗
lich an Werth, und etwa zweihundert Le⸗
‚gionariern, bie Wahlſtatt. 9. Groß war
dagegen die Einbuße der Gefchlagenen,
deren Todtenzahl fi, mit Einſchluß von
fechstaufend römifcyen Bürgern, auf Funf⸗
gehntaufend belief. Vor Alten harte iedoch
das Schwerdt unter den Truppen ihrer
Bundesgenoffen gewüthet und die Skla⸗
sen und Zeltwäcter im Lager gemenelt.
Unter den Römern, ‚denen dieſer Tag den
od brachte, war. CAfars rachſuchtigſter
Zeind, &. Domitius Ahenobarbus, beinah
der Einzige, durd) Namen und Würden
ausgegeichnet. )
Jenen, und verbertlicht durch alle Arten
von militairifchen Ehrenbezeigungen, verſenkt
wurde,
Selbſt der Verluft von 1200 Gebliebe⸗
nen, wie er von Appian (B. 11. K. 80). bes
rechnet wird, wäre noch für mäßig su achten.
*) Wenn nicht Vartheihaß dem Cicero die
Beſchuldigung in den Mund legt, (Phi-
Bpp. 1.) fo hätte Antonius, aus befonderm
Groll, es veranlaßt, daß Domitius, als er
auf der Flucht aus dem Lager nach dem Ge⸗
67
Als Caſar, Bes naͤchſten Tages, das
Schlachtfeld und die Leichenhägel durch
ritt, durchſchauerte ihn das Gefühl einer
unwillkuͤhrlichen Wehmuth. Um ihn, den
Eingigen, 'groß zu machen, waren biefe
Zaufende gefallen; waren feinem Ehr⸗
geiz, feinem Thatendurfte gefchlachtet! Sich
felbft eine Rechtfertigung abfordernd, rief
er ſeüfzend: „Sie felbft haben es fo ges
„wollt Cäfars Großthaten allzumahl
„hätten ihn vor ihrem Richtbeil nicht ges
„rettet, wär’ er nicht zu dem Schuzze ſei⸗
„ner Legionen geflohen 1” — Willkomm⸗
ner war es, feinem Merzen vier und zwan⸗
3ig tauſend Fluͤchtlingen, welche, mit neun
Adlern und einhundert und achtzig Feld⸗
zeichen, ihre Waffen zu feinen Füßen legs
ten, in feine Verzeihung, und zum Theil
fogar unter feine Fahnen, aufzunehmen.
Unter der. Zahl der Gefangenen waren
auch die Kohorten der Lagerwache, welche
birge ermattet Tiegen blieb, von chfarifchen
Reitern niebergebauen wurde. Außer ihm
büßten noch 10 Senatoren und go Ritter das
Reben auf dem Wahlplage ein.
€a
6
fih an P. Sulla ergaben. Was weiter
noch zum Heere gehörte, hatte ſich, zu ſei⸗
ner Rettung, in die umliegenden Plaͤne
verfaufen. Allein ohne ſich mit ihrer Auf⸗
ſuchung zu verweilen, wechfelte Cäfar bloß
mit den indeß ausgerubeten Truppen, um _
ſich, noch an diefem nemligen Tage, als
nächfter Frucht feines Steges, in den Befg
von Lariffa zu fezien, das ihm, als Wafı
fenplaz des Feindes, von Wichtigkeit war.
Hier erſt erfuhr er mit Gewißheit,
daß Pompeins ſich gegen bie nahe Küfte
gerettet habe. Diefe Richtung feines Bes
ges fomohl, als die Wetrachtung, daß
die afiatifhen Provinzen iederzeit ale ber
eigentlihe Mittelpuntt feiner Kräfte an⸗
aufehen geivefen, Tießen kaum einen Zwei⸗
fel übrig, er werbe auch iezt feine Zus
flucht Hiehin genummen haben, wo das
Gewicht feines hoc gefeierten Namens,
und vielleihe eben fo fehr eine tie
fer. gewurzelte Zuneigung der Gemüther,
ihm neue ausreichende Khlfsquellen zum
Widerftande verhießen. Wie volftändig dems
nach auch, in ieder andern Hinficht, die
Niederlage bei Pharfalus feyn mochte, fo
%
mangelte dem Glatke biefes Tages den⸗
noch der Schlußftein, wenn Caſar feinen
Gegner nad Afien enttommen fah. Mehr,
als iemals, müßt’ er, von fejt an, feine
Anftsengungen verdoppeln; und fein ges
ringerer Meifter in der Kunft, feine Sie⸗
ge zu benuzzen, ‚als fie zu erfechten, was
ven alle feine Beſtrebungen dahin gerich⸗
tet, dem Fluͤchtling auf der Ferſe zu fol
gen. Er ließ fih’s eben fo wenig ir⸗
ven, daß beträchtliche Entfendungen des
feindlichen Heeres noch hie und da unter
den Waffen ſtanden, als daß ihm auf der
ganzen oͤſtlichen Küfte Griechenlands fein
einziges Segel zu Gebote ftand: denn
me um deſto unerläfliher ward‘ ihm die
Eile, womit er, an der Gpige feiner
NReiterei, den weiten Bogen von Mace⸗
donien durchfliegen, und, auf dem kürzer
fen Seeſtriche, dem Hellefpont, nach Aſien
Überfezien mußte. Schon ber dritte Tag
nah der Schlacht fand ihn auf diefem
Wege. Zugleich aber erhielt auch eine Le⸗
gion den Befehl, ihm In angeſtrengten
Marſchen zu folgen.
Indeß hatte der Ungläcfiche, dem biefe
70
Verfolgung galt, eine angſtliche Nacht in
einer Fifcherhätte an der Mündung bes Per
neus zugebracht, und dann, mit Tages Ans
Bruch, fih, famt einer Auswahl von vers
trauteren Freunden, in eine Barfe gewor⸗
fen, um fi von diefer unfihern Küfte zu
entfernen. Bald ftieß er, ohnfern des
Ufers, auf ein Handelsſchiff, deßen Patron,
ſobald er in ihm mit Erftaunen den gro⸗
Sen Pompeius erfante, ſich willig finden
ließ, ihn an feinen Bord aufzunehmen,
und, glei darauf, dem galatifchen Könige
Dejotarus, welcher vom Lande her um
Beiſtand flehte, den nemlihen Dienft zu
erweiſen. So erſchien er nunmehr — ents
weder der Beſtimmung des Schiffers, oder
der Richtung des Windes folgend, — vor
Amphipolis: *) allein die Nacht, melde
) Ampbipolis hatte eine, für den Handel
ſehr glüdliche Lage an der Mündımg de
Strymon, dem Hauptfluße der macebonifchen
Brovinz, und im Grunde de® gleichnamigen
tiefen Meerbufens. Immer war iedoch die
Gabrt bieber ein fo bedeutender Ummeg für
den flüchtenden Imperator, daß er diefe Rich«
tung wohl nicht mit Vorbedacht genommen
zu baden feheint.
71
er bier vor Anker blieb, warb nur ange⸗
wands, einige Getreue an Bord zu berus-
fen, Gelder zu erheben und eine Verord⸗
wing zu erlaßen, welche bie gefamte iunge
Mannfhaft der macedonifchen Provinz:
ſchleunigſt unter die Waffen aufbot. Zwei⸗
felhaft bleibt es iedoch, ob Pompeius wirk⸗
lich hoffte, dem Sieger durch dieſe friſchen
Werbungen ein Hinderniß ſeiner reißenden
Fortſchritte (wovon er hier die beſtimtere
Nachricht erhielt) in den Weg. zu ſtellen,
oder ob er bloß die Abficht hegte, denfels
ben über feine eigne Flucht und die Rich,
tung derfelben in Ungewißheit zu laßen.
Wenigftens war er bereits am näcften
Tage von dieſer Küfte verſchwunden und:
. fein Segel gegen Mytilene auf Lesbos.
gerichtet. .
Hier, ferne von dem tofenden Schaus
plaz des Kriege, und in den Umgebungen:
‚einer fhönen Natur, weilte Cornelia, feine,
Gemahlinn, famt feinem iängeen Sohne
Sertus; und Beide harrten um fo were
trauender der Botſchaft, die ihn zum allel⸗
nigen. Gebieter der zömifchen Welt erklärte,
entgegen, als bereits unmittelbar nach den
7a
fiegreichen Vorgängen in Epirus die Ser
nateren um die Werte nach Lesbos ges
eilt waren, ſich das Verdienft diefer will⸗
Zommpen, aber damals noch zu. frühzeie
tigen Kumde zu erwerben, at war es
Pompelus felbft, der," als Fluͤchtling und
von banger Sorge um bie &icerheit
der Seinen getrieben, zuerſt den iähen
Umſturz feines Gluͤcks und feiner Hoffnun⸗
gen vor ihnen ausfprechen follte! Corne ⸗
lia, durch einen vor Schmerz ſchier ſprach⸗
Iofen Boten an den Bord feines Schiffes
berufen, ſchwankte, einer. grenzenlofen Trauer
bingegeben, durch Die Straßen yon My⸗
tilene, den Armen des Gemahls entgegen.
Seine Seele war tief bewegt: felbft bie
Sröftungen der Philofophie, der er ſich
‚in bie Arme zu werfen fuchte, giengen an
ihm verloren; und nur in der Ferne wel⸗
ser Laͤnderſtrecken, die er zwiſchen ſich und
feinen Bedränger ſezzen möchte, ſchien ihm
ein Schimmer von Rettung aufzugeben.
Eben um defwillen flug er auch das
Erbieten der ihm ergebenen Mytilener
aus, ihre Mauern zu feiner Bruftwehr
73
m machen, und verwies fie zur friedlichen
Ergebung an Caſars bekannte Milde.
. Mur wo, auf der fortgefezten Flucht,
das DVebärfniß von Waſſer und Lebens
mitteln ihn drängte, wagte es Pompeins,
fih der ioniſchen Küfte zu nähern; bis
ihn ‚die Winde nach Attalia *) trugen,
wo er nicht bloß Aufnahme fand, fondern
auch einige cilicifhe Galeeren, ein paar
taufend, aus dem Gefinde feiner -Anhäns
ger und Begleiter zufammengebrachte Ber
waffnete, und etwa ſechszig &enatoren
um fi verfammlete. Mit ihnen erreichte
ihn auch wieder die erfte Kunde von ſei⸗
ner noch unzerträmmerten Seemacht bei
Dyrrhachium, von. welcher — wie er nun
zu fpät erfannte — er ſich nie hätte tren⸗
nen follen, und deren Auffuhung auch
tegt noch, troz allen inftehenden Hinder⸗
niffen, feiner verlornen Sache das am
meiften verfprechende Huͤlfemittel geboten
haben möchte. **). Er aber verfhmähte
*) Der Hauptort Bampbuliens, deßen Na⸗
men fih in Sasalie erhalten bat.
*) Der Verfolg der Gefchichte wird Ich»
2
daſſelbe, weit feine Blicke unbeweglich auf
den Drient, den einheimifchen Boden feis
ner früheren Größe, gerichtet waren. Ya,
ſelbſt dann, als er erfuhr: Antiochia,
damals die erſte Stadt des aflatifchen
Welttheils an Größe, Reichthum und por
litiſcher Bedeutung, habe den Beſchluß
gefaßt, ihm und Allen feines Anhangs
die Thore verſperrt zu halten, — gab es
Augenblikke, wo er nahe an der Ent
ſchlieſſung ftand, fih den unverſohnlichſten
Feinden des römifchen Namens und Craſ⸗
fus Mördern — den Parthern — als
Schuͤzling in die Arme zu merfen, de
er ſchon in einer etwas frühen Zeit vers
fucht hatte, mit demfelben durch feinen
Legaten 2. Hirrus frieblichere Verhaͤltniſſe
anzuenäpfen. *). Mur die Beſorgniß
ren, wie leicht dag Schickſal ſelbſt ihm diefe
Vereinigung, fogar noch nach den größten
Mißgriffen, machen wollte,
*) Sey es, daß Bompeins entweder dem
tbaͤtigen Beiſtand, oder nur die Neutralitaͤt
der Bartber während feines großen Kampfes
beabſichtete. Da indeß der König derfelben,
75
einer unwurdigen Behandlung, welcher
Cornelia unter dieſen rohen Barbaren
ausgefezt feyn dürfte, Konnte ihn von eis
nem’ fo gewagten Schritte zurädbringen.
Gleihwohl mußte, da Cäfars gefürde
tete Annäherung mit iedem Tage zu er⸗
warten fand, ein ſchneller Entſchluß
ergriffen werden. Einige feiner Freunde
flimmten für die Zuflucht zu Juba nach
Mumidien und die Bentizzung der, in des
afritanifhen Provinz ſich darbietenden
Hulfsquellen; — ein Rath, deffen Erſprieß⸗
lichkeit ſich durch den Erfolg bewährt har
Orodes (auch Hyrodes genannt) die Abtre⸗
tung von Syrien als Praͤliminar⸗ Punkt aufe
Kellte, den Vompelus unmöglich: bewilligen
Tonnte, fo machte diefe Anterbandlung weder
zu einem Refultat führen, noch für den Leg-
tern etwas in der Zukunft verfprechen. Duͤrf⸗
ten wir Dio Caſſius, welcher der Gewaͤhrs⸗
mamı für iene Forderung iß / (B. 41. 8. 55)
auch in dem, was er (B.42. 8. 2) binzufest,
Blauben beimeßen, fo batten die Parther
den roͤmiſchen Gefandten fogar in Ketten
gefihlagen und alfo die Hofnung zu einer
friedlichen Annäherung an der Wurzel abs
geſchnitten.
6
ben mürde, hätte nicht das Schlckſal ger
wollt, daß eine Meymung die Oberhand
gewinnen follte, welche Theophanee, bes
Imperators vertrautefter Rathgeber, in
Vorſchlag brachte, und wornach es ihn
bedäuchtete, daß Aegypten allein ihnen
ein ſichres Aſvl verfpräche; ebenſowohl um
der nahen Erreichbarkeit willen, (mozu es
an einer Fahrt von drei Tagen genügte)
als wegen der politifchen Verhaͤltniſſe und
Beziehungen, in welchen ſich Pompeius zu
biefem Reiche befönde.
In der That Eonnte Aegypten, wel
des bisher, troz aller kuͤhnen Einmifhung
der römifchen Obermacht, noch einen Schat⸗
ten yon Selbſtſtaͤndigkett gerettet hatte,
und gegen feindlihen Angeif durch feine
Lage, wie Durch unerſchoͤpfte innere Kräfte,
gefichert war, füglih zu einem Vereini—⸗
gungspunfte für Die Parthei des gefchlas
genen Feldherrn dienen. Pompeius felbft
hatte fih ohnlaͤngſt erft geltende Anſpruͤche
auf die Dankbarkeit des Königs Ptolemäus
Auletes, dem er zum Wiedergewinn feiner
verſcherzten Krone behälflich gemefen, ers
worben; und war gleich diefer Monarch
7
dor Furzem vom Throne in's Grab ges
fiegen, fo Heß fih doc für den alten
Wohlepäter des Edniglichen Haufes — und
noch mehr für den, vom römifchen Senate
feierlih Beftellten Vormund deßelhen —
ein um fo wirffamerer Einfluß auf dem
unmündigen "dreizehnjährigen Reichserben
hoffen, welcher nicht anftehen würde, alle
Geld s und Kriegsmittel feiner Provinzen -
in Pompeius Hände zu ftellen. Dieſer
ſelbſt konnte ſich den ſchoͤnen menſchlichen
Glauben an die Unſchuld und Herzensgüte
des Eöniglihen Yünglings nicht verfagen
und entſchied ſich demnach für die Fahrt
nach dem Nil, welche ſofort auch, von Eys
Fern aus, mit einigen dort vorgefundenen
Verftärfungen an Schiffen und Baarſchaf⸗
ten, angetreten wurde.
Schon auf dem Wege Tief indeß die
unerwartete Nachricht von einer, vor wer
nig Monaten in Aegypten ftattgefundenen,
Revolution bei ihm ein, wodurch eben fos
wohl feine gefaßte Hofnung gerrübt, als,
die Richtung feiner Segel verändert wurde.
Ptolemäus Auletes, welcher zwei Söhne
und eben fo viel Töchter hinterließ, hatte
78
Cleopatra, die Altefte von Leztern, nebſt
ihrem näcfigebornen Bruder, Ptolemaͤus
Dionyſius, zu feinen gemeinſchaftlichen Kom
‚erben verordnet, und zugleih — nach. einer
herkömmlichen Sitte im Haufe der Lagi⸗
den — als Ehepaar auf dem Throne vers
bunden. Cleopatrens Ehrgeiz, weicher in
der Unmändigfeit des Bruders und Gat⸗
ten ein weites Feld vor ſich geöfnet ſah,
„erregte eben dadurch die Beforgniße der vers
trauten Räche und Leiter des inngen Königs;
und Diefe mußten es dahin zu bringen,
daß fie, dem väterlichen Teftament entges
gen, von der Thronfolge ausgeſchloßen und
felbft aus dem Reiche vertrieben würde.
Die Prinzeßin flüchtete nach Syrien, wo
fie Altes aufbot, fih den Ruͤckweg mit ges
waffneter Hand zu erzwingen; während,
iu gleicher Zeit, ihr Bruder bei Peluftum *)
) est Belbeis, an der nunmehr verſan⸗
beten öfllichften der fieben alten Nilmuͤndun⸗
gen. Als militeiriicher Grengpoften war Ve⸗
luſium um fo vortheilpafter gelegen, da iedes
Heer aus dem Oſten durch bie vorliegende
Wuͤſte vor demſelben nicht anders, als in ei⸗
nem erſchoͤpften Zuftande anfangen konnte.
”
ein anfehnliches Heer verfammlet hielt, um
ihre Abfichten zu vereiteln.
Ihn perfönlich aufzufuchen, wandte ſich
Pompeius mit feinem Eleinen Geſchwader
nach der nemlichen Gegend und anferte, bald
nachher, dem am Ufer gelagerten agypti⸗
ſchen Heere im · Geſichte. Ein Abgeordneter
trat an's Land, um den Konig von des Im⸗
perators Ankunft und ſeinem Wunſche einer
freundſchaftlichen Aufnahme und einer nach⸗
drüdlichen Unterftäzgung zu benachrichtigen.
Eine Botſchaft von diefem Gewichte, weis
her bereits die Kunde von feiner entfchies
denften Niederlage vorangeflogenwar, mußte
wohl am aͤgyptiſchen Hofe einige Unruhe
und WBerlegenheit erzeugen. Ptolemäus
felbft zwar war noch zu fehr ein Kind,
um hierüber eine felbfiftändige Meinung
zu haben: allein defto gefließentlicher giens
gen fofort die drey Höflinge, welche fich
feiner Autorität bemächtige Hatten, und
alle feine Schritte lenkten, mit einander
gu Rathe, wie das Ungemitter, ‚welches
gegen fie und ihre ufurpirte Gewalt ans
flürmte, am ficherften zu entfernen ſeyn
möchte. Achilles, der aegyptiſche Befehls⸗
8
baber des Heeres, der Rämmerling und
Erzieher des dungen Ptolemäus, Porhinus,
der die innere Verwaltung übernommen
hatte, und der Grieche Xheodotus, des
Königs Lehrer, faßen demnach insgeheim
über das Schickſal des großen Römers ,
4u Gerichte, vor welchem fi, wenig Mor
nate zuvor, fih im Staube geſchmiegt bar
ben würden, und von deſſen Flotten ihre,
ihm zugefandten Huͤlfs ⸗Geſchwader noch
in dieſem Augenblick einen Beſtandtheil
ausmachten!
Wahr iſt es, daß ſie Urſach fanden,
den Ankoͤmmling in hohem Maaße zu
ſurchten. Das Teſtament des- iängft vers
ſtorbenen Regenten, welches fie fo frevents
lich umgeftoßen hatten, war ‚von demfels
ben feierlich unter die Dbhut des römis
ſchen Senats, und von diefem wiederum
in Pompeius befondere Sotgfalt geftellt
worden. Was bedurft? es für den Impe⸗
rator mehr, als diefes Vorwandes, um
fih hier, im Mamen der Republik, der
oberſten Gewalt zu bemächtigen, die ver
triebene Königinn zuruͤck zu rufen und fie
ſelbſt im ihr Nichts zurhdjuftärzen? Ber
gann
8r
gann doch ſchon Im diefem neinlichen Aus
genbli (fein Abgeordneter die tömifchen
Soͤldlinge, welche fih, von feühern Zeiten
der, im Lager befanden, zu verfuchen, daß
ſie zuruck in bie Dienfte ihres alten Feld»
herrn teäten! 9, — \
Doc ihm, der, in feiner gegenmärtis
gen Lage, blos ihre Verachtung aufregte,
nur zu ruckzuwe iſen, mochte ihnen um
fo mehr ale eine unzureichende Maasre ⸗
gel erſcheinen, wenn ſie zugleich erwogen,
daß ſie dadurch eben ſowohl den Groll
des Flüchtlinge, als des ſiegreichen Wers
folgers, dem fe feine geſuchte Beute ent,
gehen laben, Auf ſich laden würden. . Um
alfo weder den Einen ferner fürchten zu
dürfen, noch die dargebotene Gelegenheit
einzubhgen, ſich den Andern aufs hoͤchſte
—r — —
=) &ls Gabinius, Vrokonſul von Sortlen,
Lechs Fahre zuvor, det vertriebenen König
Btolemdus Huletes wieder auf den Thron
ſezte, ließ et demfelden eine Anzahl römi«
her Truppen zum Schune zurid, welche,
nebfi einer Menge andrer usreiher / fich ſeit-
dem in Aegypten nationaliſirt hatten und
iezt den Kern des Heeres ausmachten.
4 Band,
8
zu verbinden „ ‚drang endlih Theodotus
mit feiner Meinung dur, den Ankoͤmm⸗
Ting zwar freundlich einzuladen, aber auch
fofort zu feinem Untergange Vorkehrung
zu treffen. „Die Todten beißen niet”
fegte er lachelnd Hinzu, um feine Genof .
fen anzufeuern; und Achillas, dem es zu
keinerley Wagſtuck an Muth fehlte, übers
nahm es, das verurtheilte Opfer zur Schlacht:
banf zu führen.
Den agyptiſchen Feldherrn begleiteten,
mit ihm zu feinem treulofen Vorhaben eins
verftanden, der Tribun L. Geptinius, der
Eenturio Salvius und drey oder vier ans
dere -Gehälfen. . ie beſtiegen einen Na
chen und näperten fih der Galeere, auf
welcher Pompeius, unter wechſelnden Ems
pfindungen, ben, Erfolg feiner Botſchaft er;
wartete. Geptinius, der vormals, im Pi⸗
raten ⸗ Kriege, in feinem Heere gedient
hatte, und iegt von ihm wieder erkannt
wurde, begrüßte ihn freundfih als Ims
perator; und wenn auch einiges Beden⸗
Een wegen des Mangels an Achtung, der
fi) in der Geringfägigfeit des abgeſchick⸗
ten Fahrzeugs darlegte, in ihm aufftieg,
8 5
fo begegnete Achillas demfelben durch die
Bemerkung: daß die vorliegenden Sand⸗
bänfe nicht verftattet hätten, den erlauch⸗
ten Gaft in der Föniglichen Galeere an’s
Sand zu führen. Was iedoc immer Poms
peius und feine Wegleiter fürdten moch⸗
ten, fo gab doch der Anbli der, mit
Zruppen bedeckten Küfte und der ſchnell
aufgetafelten koͤniglichen Schiffe nur geringe
Hoffnung, durch fpnelles Kappen der Ans
Tertaue dem Berderben zu entrinnen; das
bingegen es durch bie geringfte Spur von
verrathenem Mißtrauen leicht nur um fo
eher beſchleunigt werden durfte. Maͤnn⸗
lich gefaßt in fein Schidfal, riß fih Poms
pelus aus den 'Armen feiner zagenden Ges
mahlinn, und ergriff des Aegypters ſtuz⸗
ende Hand, die ihn hinunter in das Book
geleitete. Nur zwei Eenturionen und ein.
paar feiner Hausgenoßen waren, ihm vors
an, in daſſelbe geftiegen. _ Die Ruderer
arbeiteten ſich gegen die ferne Küfte hers
an, während ein duͤſtres Schweigen in.
dem Fahrzeuge herſchte, welches. Pompes
ius durch eine hingeworfne Frage an def
Zeibun, die nur mit einem. Kopfniffen ber
5a
8
antwortet wurde, vergeblich zu unterbre,
chen ſuchte. Er begnuͤgte fih mun, den
niedergeſchriebenen Entwurf zu einer grie⸗
chiſchen Anrede an den Konig nochmals
ſtill durchzuſehen; und fo mäherte man
ſich endlich dem Landungs»Plazze, wo bes
reits die konigliche Dienerfchaft, im buns
ten Gewuͤhl, zu des Imperatore Emps
fange zufammen Inf. — Ein Anblid,
welcher Bey Eornelien und den, am Borde
Zurhdgebtiebenen, die ihn mit ihren Aus
gen vol Kummer, wie mit ihren MWüns
ſchen, verfolgten, ein Eurzes Aufglimmen
ber beßern Erwartung hervor lockte.
Doch in dem nemlihen Moment
auch, wo der Kahn das Ufer erreichte,
und Pompeius den Arm feines Freigelaße⸗
sten faßte, um fih vom Siz zu erheben,
ſtieß ihm Septinius von hinten ſein Schwerdt
durch den Leib; und auch Salvius und
Achillas entblößten ihre Waffen zu gleichen
Unthat. Der Getroffene, auf Widerftand
verzichtend, verhuͤllte fih mit beiden Han⸗
* ben in feine Toga; ftieß noch 'einen 'tiefen
Geufiee aus, und ſank dann entſeelt zu:
8
ſammen. ). Andre fihrzten hing, und
trennten das Haupt -von dem enthläßten
Körper, welcher, zum geäßlichen Schau⸗
ſpiel für die Menge, am Ufer hingewor⸗
fen wurde. Ein durchbohrendes Sammer
geſchrei ertänte von den Schiffen an’s Land,
herüber. Schnellſte Flucht wurde bie Loos
fung; und ein friſch auffteigender Wind
begänftigte ‘fie dergeſtalt, daß fie, uner⸗
reiht von. den. Töniglihen, Galeeren, die
hohe See gewannen.
Philippug,.der treue Ereigelaßene des
Ermorbdeten, trennte ſich nicht won ‚dem,
wur Schau. geftellten Leichnam; während
fi allmäplig der gedrängte Haufe der
Meugiesigen zerſtreute. Jeit wuſch er die
theuren Ueberrefte mit Seewaſſer, und
gab ihnen fein eignes Gewand zu einer
anftändigen Dee. Der Audftor Eordus,
ein alter grauer Römer, der feine erſten
Kriegsdienfte unter Pompeius gethan, ges
fette ſich zu ihm und forderte. ſich die
*) Tages zuvor hatte Vompeius fein, safiek
Lebensiahr erfült. Sein Todestag fält auf
den a8, Sept, 706 der zömifchen Zeitrechnung.
E:
Ehre, den großen Feldherrn Beftatten zu
helfen. Beide trugen gemeinſchaftlich die
Truͤmmer eines. verwitterten Bahrzeugs,
das fie am Strande fanden, zu einem
dfirftigen Gcheiterhaufen zufammen. Die
Flamme verjehrte den Holzſtoß; und noch
tauchte, am naͤchſten age, die traurige
Brandftätte, als der Eonfular 2. Lentulus .
ſeinem Parthelhaupt nacheilend und vor
bem Hafen von Rhodus abgemwiefen, ſich
zufdllig diefer Küfte näherte, und, durch⸗
ſchauert von einer plözlihen böfen Ahn⸗
dung, feine Schritte an diefem Afchenhüs
gel hemmte. Mod aber hatte er den Nas
men des großen. Todten inicht erfahren,
als er, von den Edniglichen Trabanten ers
griffen, im Kerker das Schickſal deflelben
theilte. *).
— — — —
*) Nicht leicht finden ſich bei den alten Ge⸗
ſchichtſchreibern die umfändlihen und in's
Kleinſte gebenden Nachrichten in dem Maaße
sebäuft, als in fofeen fie das tragifche Ende
des großen Vompeius betreffen; fo wie es
denn auch nicht leicht ein andres biſtoriſches
Fattum fo fehr verdiente, ihre Aufmerkſam ⸗
teit gu befchäftigen, Dennoch Kimmen ihre
%7
Anftatt, daß in ber Regel nur eine
+ Folgegeit — entfernt genug, um den Sturm
der Leidenfchaften zu ftillen und Haß und
Liebe auf ihr gebührendes Maaß zur
zu führen — den Werth oder Unwerth
eines hiſtoriſchen Characters zu beftimmen
pflegt, bietet uns der Name Pompeius
die ungewöhnliche Erſcheinung dar, ihn
fhon von feinen Zeitgenoffen und von fels
nen Feinden, wie von feinen Freunden, *)
Ausſagen unter, einander im Ganzen fo zlem⸗
Uch überein und laßen fich Eine aus der An⸗
dern ergänzen. Ungern habe ich mich bier
dieſes intereßanten Details enthalten, das eis
‚gentlich nur in einer Biographie ienes ausge»
zeichneten Mannes an feinem Plaue ſeyn
würde, Eben um defmwillen begnuͤge ich mich,
auch, was das, fpäterbin auf feiner Grabe
flätte errichtete, dann im Flugſand verfchüte
tete und von Hadrian wieder hergeſtelte Denke
mal betrifft, auf Appian (B. 1. 8.86) und
Spartian (K. 14) zu verweifen.
+) Hominem enim integrum et castum et, ,
gravem cognovi: ſchrieb Cie. von ihm (ad
Attic. Xi, 6.) aus reiner Empfindung feinzs -
Werthee; und dies Zeugniß wiegt wohl die
ſtattlichſte Lobrede auf, die. er, neben fei-
8
mit Gerechtigkeit und Wahrheit gewuͤr⸗
digt zu fehen. Große Eigenfchaften des
Geiſtes, ein tiefes feftes Gemürh, ein reis
nes Leben, eine von edlem NRömerfinn ins
nig ‚durchdrungene &eele 309 die Kerzen
in eben dem Augenbli zu ihm bin, de
feine nur leicht verfhleierten Schwächen
ihren Tadel aufregten und fein Mangel
an Popularität fie zuruͤchſtieß. Um fo viel
beffer die feltenen Patrioten waren, um
fo viel deutlicher glaubten fie auch zu ere
kennen, daß das ehrwuͤrdige Gebäude dee
Gtaateyerfaflung und rämifher Größe
hen erſchuttert in allen feinen Grunds
feften) nur durch ihn geftügt werden möge;
und ihre Abneigung bezwingend, ſamm⸗
feten ſie ſich, felbft unter lautem Wider⸗
ſpruch gegen ſeine Maaßregeln, nur um
fo entſchloſſener zu der Parthei, welcher
er Namen und Seele lieh.
Indeß war es fein Gluͤck ſelbſt, was
ihn verdarb, indem es feinen unerfättlis
chen Ehrdurft nährte, und ihn auf der er⸗
mer Bahre zu halten, Hätte verſucht werten
mögen.
9
rungenen Hohe zu fruh in die Etcherheit
des Stolzes einwiegte. Zwar — die Res
publik, die er durch iede, auf ihn im
Uebermaaß gehäufte Auszeihnung unab⸗
ſichtlich ſelbſt verderben half, hätte auch
Pompeius ſchwerlich in ihrem täglich
entfchiedenern Umſturz aufgehalten: allein
wäre fie nur nicht müde geworden ihn —
und ihn. allein — mit immer neuem
Glanz und Ehre zu befränzen, fo möchte
er Beides wenigftens niche in ihrer vor _
ſaͤtzlichen Vernichtung gefücht, ‚dagegen aber
noch mandes Große für ihre äußere Würde
vollbracht haben; und mwahrfheinlih wär
er dann eben fo wohl als der wunder⸗
Barfte, wie der gefeiertefte Römer auf die
Nachwelt gefommen, Bein Geſchick aber,
indem es auf der kangen und vafchen
Dahn feines Glüds für ihn Alles geihan
zu haben ſchien, hatte dennoch eine ſterb⸗
liche verwundbare Eitelle an ihm Abrig
gelaßen, da es ihm einen Gegner, wie
‘far, bereitete. Denn fobald in ihnen
Beiden dem Talente das Genie ent
gegen trat, konnte ber Sieg zwar ſtreitig
gemacht werden, aber der Ausgang nicht
90
mehr für zweifelhaft gelten. Caſar fchuf
ſich feine Grdße, feinem Widerfacher wurde
fie freywillig geboten. Sobald des Er⸗
ſtern lebendiger Geift feine mächtigen
Flügel entfaltete und auf den Widerſtand
fließ, welchen ‚Pompeius ſchon ‚in der
Priorität feiner Anfpräche für unerſchuͤtter⸗
lich begrfindet hielt, war iener Kampf
unvermeidlich geworden. Allein - ohne
diefen Widerſtand hätte Caͤſar, ber zehn
Zahre der VBefchäftigung und des Ruhms
in Gallien nie für verlohren hielt, ſich
vielleicht Bahnen neben und unabhängig
von der politifchen Bedeutſamkeit ſeinks
Mitbewerbers zu’ erdöfnen gewußt; waͤh⸗
rend Diefem fein Selbſtgefuhl fagte, daB
ein Nebenbuhler, auf gleiher Linie
mit ihm feine Bedeutfamfeit unwiderrufs
lich vernichten würde.
Eben darummar, nach kurzem Schwans
en ber Waage, ſchon der Tag von Phars
falus, der den &ieger foweit über ihn
hinaus bob, der Vernichtungstag feiner
politifhen Daſeyns gemefen, bevor noch
eine Mörbderfauft am Nil fein perfnlis
ches ſchmaͤhlich endigte. Aber felbft nach⸗
9= .
aller Kenntniß, die uns Caſars früheren
und fpäteres Leben *) von feiner Denkart
an die Hand giebt, läßt fih Faum eine
Vermuthung wagen, was er über feinen
Widerfacher befchloffen haben dürfte, wäre
deſſen Leben vom Schickſal in feine Ger
malt oder feine Gnade gegeben worden?
Wohl möglich indeß, daB ihm (vermöge
einer neuen, auf ihn gehäuften Gunft des
Gluͤcke) durch iene Dazwiſchenkunft einer
fremden Verruchtheit die erſte und groͤßte
Verlegenheit erſpart blieb, in welcher er
ſich, während feiner ganzen öffentlichen
Laufbahn befunden hätte; obmohl er, da
kaum bie pharfalifhen Felder in feinem
Rüden Tagen, diefem Leben mit einem
*) Wenn gleich einige wenige ausgereich«
nete Opfer feiner Rache ſpaͤterhin fielen, fo
muß auch unvergeßen bleiben, um wie viel
böher gereist er durch ihren erneuerten Wis
derſtand ſeyn mußte, und wie er Diefen,
nach Vomweius Falle, um fo ſtrafwuͤrdiger
‚balten mochte, da er den Schein haben wol«
te, in diefer ganzen Zehde nur gegen deßen
verfönliche Prävonderang die Nothwehr er-
griffen zu haben.
92
Eenft der Verfolgung drohte, ber yur zu
deutlich verrieth, welch ein ungemeſſenes
Gewicht er auf daſſelbe legte.
Bon Amyhipolis, mo er auf bie erſte
Kunde von, dem Ensronnenen ſtieß, war
Caſar unaufhaltfam, ihm nach, den weiten
Bogen. von Macedonien und Thrazien durch⸗
flogen, und fland fchon am Mellefpont, ohne
darum zu forgen, ob feine Truppen ihm zu
folgen vermöchten. Denn feinem Rufe als
Sieger durft? er, bei den entſezten Gemü«
cthern, auch die Kraft feiner Baſchunung
vertrauen, Er machte die Erfahrung hiee
von, als er, im den Meerenge feldft, ein
leichtes Schiff zur Ueberfahrt beftiegen hatte,
und nun- unverfehens auf bie feindliche
Kriegeflotte des 2. Eaffius ſtieß. ) Ihr
*) Des Bruder des, durch feine ſpaͤtere
Verbindung mit Brutus unvergeplich gewor⸗
denen E. Caſſiug, welcher zur vemlihen .
Zeit eine andre Abtheilung der pompeiani-
schen Flette an den Kuͤſten Siciliens befeb⸗
Tigte. — Ob Übrigens diefer Lucius, wie
Sueton wil, nur sehn — oder nach Appians
Bericht, gar ſiebemig Galeeren anführte, iſt
für den Zweck der bier ergäplten Aneldote
”
0 entſchlupfen war unmöglich: “allein Ca⸗
far felbft dachte daran fo wenig, daß ek
Vielmehr ‘gerade auf fie losging, und fie,
mie befonhenfter Kühnheit, zur Ergebung
auffordert. Sein Name, Tein Anblid,
feine gebieterſſche Stimme ſchlug den Ers
ſtaunten die Waffen aus den Händen. Sie
eilten, ſich feine Schonung durch Unterwuͤr⸗
figfeit zu verdienen. 9
—— —
Hleihgältig. "Eher Töritite ein Zweifel entite ⸗
ben, ob nicht in dem bier erzählten Vor⸗
gang eine Werwechfelung mit einer Ähnlichen,
gleich kuͤhnen That ſtatt gefunden habe, welche
oir weiter unten in Caͤſars afritanifchem Feld⸗
zuge zu berichtigeh haben werden.
Es ſcheint fogar, als babe Caͤſar ſich die=
fer nemlichen Flotte bedient, um feinen Weg
längs der afiatifchen Käfte fortzufeggen: denn
au Lande fam er, dem iejt die Eile fo viel
galt, gewiß nicht nach Epbefus und Carien,
oder, bei der daraus nothwendig erfolgenden
Verjoͤgerung/ ſchon fo wenige Tage nach Pom⸗
pelus Tode nach Aeghoten. Zu dieſem leztern
Zuge gaben die Rbodier zehn Galeeren herz
und auch einige aſiatiſche Fahrzeuge flanden
ibm dabei zu Gebote. Es konnte aber gar
wohl feun , daß duch diefe eine andern waͤ⸗
ten, als bie er dem 8, Caſſius abgenommen,
94:
In Aeolien und Ionien, wo Caſar,
eingedenk feiner Eile, nur wenige Augen
blikke auftrat, um die Huldigung der Pros
vingen anzunehmen, und die vorläufigen
Einrichtungen zu ihrer Verwaltung zu trefs
fen, unterließ er nicht, ieden feiner Schritte
mit Wohlmollen und Milde zu bezeichnen.
Das drüffende Joch der römifchen Zoll
pachter, deren Erprefungen feine Schran⸗
ten fannten, wich einer mäßigern beftims
ten Abgabe. Der dritte Theil aller dffent⸗
lichen Steuern ward erlaßen; und ber
Dianentempel zu Ephefus ſah feine uners
meßlichen Schaͤzze, als eben Titus Ampius,
in Pompeius Namen, räuberifhe Hand an
diefelben legen wolte, durch Caͤſars Annds
berung zum. -Zweitenmale gerettet. Die
Einwohner von Enidus *) erhielten, um
ihres Mitbürgers Theopompus willen, Das
Geſchenk ihrer Freiheit aus feinen Händen;
und wie gewiß auch Pompeius hier überal
H An der ſuͤdweſtlichen Spijze von Carien,
Rhodus gegenuͤber. Der hier genante Theo⸗
vpompus gehörte zu Caͤſars perſonlichen Freun⸗
den und datte ſich als mythologiſcher Schrifte
ſteller Ruf erworben.
95.
die eifrigften Anhänger zählte, fo beflecte
doch Feinerlei Art von Strafe, wegen frür
herer Meinungen, des Siegers Durchflug
der weiten Halbinſel. Selbſt die tribut⸗
baren Fuͤrſten dieſer Weltgegend, welche
ſich entweder perſonlich, oder durch zuge⸗
fandte Hülfstruppen an Pompeius Gluͤck
angefchloßen hatten, folten diefer Milde ſich
in einem überrafchenden Maaße zu erfreuen
haben. Denn Milde war es gewiß zu
nennen, wenn ihnen mindeftens einige
Truͤmmern ihrer Herrfchaft gelaßen wurden,
oder fie mir einer mäßigen Geldftrafe ſich
abfinden durften. %) Die fernere Cinrich⸗
*) &9 erhielten entweder iezt, ober fpäter«
bin, Sadalus von Thracien, Deiotarus von
Gallograͤcien und Tarcondimorus von Ci
dien einen größern oder geringern Theil ib⸗
ter Staaten zuruͤck; während Ariodarzanes,
König von Cappadoeien, der eine Geldbuße
exlegte, mit dem von Dejotarus abgetretenen
Striche von Klein⸗ Armenien belichep wurde.
Bbarnaces hingegen, der feinen Wohlthäter
Bompeius ohne Hälfe gelaßen batte, mußte
fh von Cäfar ſelbſt, wegen diefer fich zum
Verdienſte angerechneten Unterlahung, eines
ſchreienden Andante bezuͤchtigt feben,
%
tung diefer Provinzen, zagleich mit dem
Oberbefehl über diefelbe, legte Cäfar, beim
Abſchlede, in des 2. Domitis Calvimus
Hände, der mit drey Legionen tim Hicher
nachzurucken befehlige wurde.
Denn ihn felbft trieb die beftimmtere
Nachricht, daß Pompetus zulezt an der
Küfte von Cypern gefehen worden; und
fo war es nice länger zweifelhaft, er
werde die fernere Richtung feiner Flucht
gegen Aegypten genommen baben. Caſar
hatte indeß and iene, ihm aus Theſſalien
gefolgte Legion, nebft achthundert Reife
gen, an ſich gezogen; *) eine Zweite war
von
> %) Daß e6 die nemliche Legion war, die
ihm durch Macebonien folgte, fcheint wohl
aus allen Nebenumſtaͤnden gu erhellen. Wolte
man einwenben: fie babe nicht fo leicht, als
etwan die Meiterel, den Weg längs der ioni⸗
ſchen Kuͤſte bis Epbeſas, oder gar bis Ente
dus, zurfchiegen können, fo bindert uns doch
nichts in der Annahme, daß fie eben fowohl
auch ſchon verber eingeſchifft geweſen ſeyn
Tonne, als auf der zweiten Hälfte ihres We⸗
ges nad) Alerandria.
E24
von ber Truppenabtheilung feines Legaten
Fufius Calenus aus Achaia herbeygerufen
worden. Da er nirgend mehr auf einen
kraftigen Widerftand rechnete, fo ſchien
ihm dieſe Macht hinreichend für feinen
Zweck einer bloßen Rachiagd; obwohl beide
Legionen (und wie konnt' es anders ſeyn?)
durch ſo viele Schlachten, Maͤrſche und
Anſtrengungen, bis auf dreitauſend zwei⸗
hundert Köpfe geſchmolzen waren. An
ihrer Spitze gieng er demnach, auf den
bei Rhodus verfammleten Galeeren und
Transporefihiffen, nad) ' Alerandria Wuter
Segel, deffen Hafen, nad) einer Fahre van
ſieben Sagen, glüdlih erreicht wurde.
Noch ftand das fäniglihe Heer bei
Pelufium: allein die Kunde von feines
Gegnere Ende war das Erſte, was den
Sieger bei feiner Landung erwartete; und
bald auch zeigte ſich ihm Theodotug, der
fi) beeilte, ihm des Erſchlagenen Haupt
und Siegelring, als wilfommenftes Gaſt⸗
geſchenk, entgegenzubieten. Bon Schauder
ergriffen, wandte, der Imperator fi ab,
ale er, in der gräßlichen Entftellung einer
beginnenden Verweſung, die befannten
4 Band,
8
edlen Züge erblickte, an melde fi) fo viele
theure Erinnerungen befteten. Thranen
entfielen ihm, deren Aufrichtigfeit wir nicht
verdaͤchtigen dürfen, *) wenn wir den -
Menſchen von dem Gtaatsmanne
in ihm zu unterſcheiden vermögen. " Die
Blikke eines Ealten Abſcheus fielen auf den
feigen Meuchelmörder, der, um feinen ges
hoften Lohn betrogen, und einer noch bar
tern Ahndung zu entgehen, fih eilig und
verlegen zuruͤckjog. **). Alsbald ließ Eis
) Lucan (Phars. IX, 1035 19.) und Dio
Caſſius (XLII. 8.) laßen ſich die Gelegenheit
nicht entſchluͤpfen, uͤber Caſars Heuchelet bei
dieſer Scene mit Bitterfeit herzufahren. Auch
Berguſon, von ihnen verleitet, läßt ſich bie
nemliche Ungerechtigkeit zu Schulden Toms
‚men. Wenn auch Pompeius Tod feinem Geg«
ner den hoͤchſten Vortheil eintrug: mußte
Diefer darum aufhören, menfchlich zu eme
Hinden?
HVerabſchent von Alen, Rob der Elende
aus Yegupten, und irrte ſchmachvoll umher,
‚bi6 endlich M. Brutus, nad) Gäfars Tode,
ibn in Afien. ertappte und binsurichten be⸗
fahl. So Plutarch; nach Appian CI, 90.)
war es C. Caſſiuc, der ihn auffmüpfen ließ.
”
far das theure Haupt ſchmuͤkken, einen
Scheiterhaufen zu deffen Verzehrung aufs
ſchichten und die gefammlete Aſche nachges
hends in Eorneliens Hände, zur "Weile
zung auf des Berftorbenen albanifcher Wille,
Überliefeen; während in Alerandria. felbft
ihm, auf Eäfars Beranftaltung, ein ber
_ tächenden Nemefis geweihtes Sacellum
errichtet wurde. *)
Hatten bes Fintge Rathe fih in ih⸗
ren Erwartungen von Cäfar getäufcht,
wenn ſie eben fo gewiß auf feinen unge
meffenften Danf, als auf feine ungefäumte
Entfernung zählten, von deren Aufſchub
fie fih, ie länger, ie weniger, etwas Gu⸗
‚tes verſprachen, fo mußte auch der Impe
rator an feinem Theile fehr bald die
feindfelige Stimmung gewahr werden,
welche von ihnen ausgieng und ſich ſchnell
durch diefe unermeßlihe und ebenfomoht
durch Kultur, Gewerbfamfeit und Reichs
thum ausgezeichnete, als in Uebermuth und
*) In einem Auffiande, den die alegandri«
nifchen Juden gegen Trajan erregten, ging
auch dies Denkmal in Feuer u
a
100
Ueppigkeit verfunfene Hauptſtadt verbrei,
tete. Schon, als er, mit einem heil
feinee Begleitung, zuerft das Land betrat,
und bie Lictoren- mit ihren Beilen vor
ihm einhertraten, ftieß die Beſazzung, voll
Unwillens, der kdniglichen Gewalt auf
ihrem eignen. Boden bdergeftalt- Hohn ges
ſprochen zu fehen, aber zu ſchwach, ihm
den Eintritt zu verwehren, ein lautes Ges
frei aus; und ein Auflauf der Menge
entftand, welcher, obwohl mit kraͤftigem
Ernft gedämpft, ſich dennoch in’ den nach⸗
fien Tagen mehrmals erneuerte und hbers
all, auf den Straßen, in Thättichfeiten
gegen einzelne Römer ausbrach.
Mricht gewohnt, dem Sturme zu ıpeis
hen, und aud wohl geneigt, dieſe dumpfen
Volksbewegungen für minder bebeutend
zu halten, als fie es wirklich waren, zog
E‘far, für diefen Augenblid, nur fen drin⸗
gendes Geldbeduͤrfniß für den Unterhalt
der Truppen, fo wie die Behauptung feis
nes eigenen Anfehens und der Würde des
zömifchen Namens zu Rathe, indem er
beſchloß, diefe Küfte nicht zu verlaßen, bes
vor nicht ſowohl eine alte beträchtliche Forde⸗
20I
rung an ben Einiglihen Schaz *) abges
fragen umd bie neuerdings wieder ſtreitig
gewordene Thronfolge durch ihm entſchie⸗
ben wäre. Schwer gieng Pothinus, ber
Verwalter der ffentliben Einkünfte, darı
an, der erftern diefer Forderungen zu ges
nuͤgen; und indem er fich perfänlich mit
einem Uebermuthe betrug, den nur Caͤſars
Großmuth ungeahndet lahen mochte, **)
=) Ptolemäus Auletes Batte ich vormals,
während Caͤſars erſtem Konſulat, um dehen
SFreundſchaft und Roms Schuz zu gewin⸗
nen, ihm zu Berahlung einer unermeßlichen
Geldſumme verpflichtet, wovon, bei feinem
Tode, noch achtzebnthalb Millionen Drach-
men (1,360,000 Thaler) unabgettagen geblies
ben waren. Zehn Millionen erließ Cäfar iegt
den Erben; forderte aber auch deſto nach-
drüdlicher die Zahlung. des verminderten
Ruͤctandes ein, .
*) Ihm lag fo über Alles daran, Cäfars
Abreiſe zu befchleungen, daß er demfelben
ernfilih anlag, über Heaypten die Ausfühe
zung feiner größern Entwürfe ficht zu ver⸗
Heben und die dankbare Abzahlung des Re—⸗
fies baldigſt gu gewaͤrtigen. Der Imperator
begnuͤgte fidy mit der Erwiederung, daß er
feinen guten Rath fehr uͤberfluͤßig finde —
102
war feldft die Art, wie er die Tempel ih⸗
res Goldes und ihrer Dpfer beraubte,
darauf berechnet, die Gemäther der Ars
guhter gegen den fremden ungeftämen Gläus
biger zu erbittern. Allein noch beunruhig⸗
ter fühlte ſich Pothinus mit feinen Genofs
fen, da fie die nemliche gebieterifche Eins
mifgung in die innern Angelegenheiten
bes Reichs, um welder willen ihnen ohn⸗
laͤngſt erft Pompeius fo furchtbar geſchie⸗
nen, nun mit ungleich höherm Nachdruck
von dem Sieger erneuert fahen, und Ei
far ſich entſchloßen zeigte, die oberfte ſchieds⸗
richterliche Gewalt, welche ihm, ſowohl in
der Eigenſchaft eines römifhen Eonfuls,
als auch zufolge den Beſchluͤſſen des Se⸗
Die Klagen der roͤmiſchen Truppen über das
verdorbne Getraide, welches an fie ausge
tbeift werde, wies Potinus mit der unver
ſhhaͤmten Bemerkung ab, dag fie immer noch
frob ſeyn dürften, dergeftalt auf fremde Rech
nung zu jebren. — Ja, Caſars eigne Tafel
ward, auf des Kämmerlings Veranfaltung,
mit irdenem und bölgernem Geräth befeit,
- weil, wie er erfläcte, die Geſchirre von edlerm
Stoffe zu Abzahlung der großen Schuldfordes
zung hätten eingeſchmolzen werben müßen.
103
nats *).gebührte, in ihrem weiteften Um⸗
fang auswäben. Der unmändige Ptole⸗
mäus fowohl, als feine Widerfaderinn
Elespatra, waren demnach von ihm bes
reits aufgefordert worden, ihre Meere zu
entlaßen, und ihre Anfprüce durch feine
perfönlihe Wermittelung friedlich geſchlich⸗
tet zu ſehen.
Der Föniglihe Juͤngling, ein willens
Iofes Werkzeug in des ränfevollen Pothis
aus Händen, war, zu Nachlebung diefes
Gebotes, wirflih in Alexandria erfhienen,
"weil man biedurch, fo wie durch die ſorg⸗
fältigfte Verwahrung aller Zugänge, ohne
Zweifel hofte, die entfernte Thronerbin
um fo ſicherer von jeder Mitbewerbung
auszufchließen. Nichts defto weniger fand
Eleopatra, welche nicht anftand, die aufger
Botenen Truppen bey Pelufium zu entlafe
— —
=) Ptolemäus Auletes batte eine Abs
ſchrift feiner sehamentarifhen Verfügung
Über die Thronfolge nach Rom gefandt, 100
fie vom Senat an Bompeius übergeben wurde,
um über deren genaue Erfülung zu wachen,
Das Original ſeibſt war in Alerandria nie⸗
dergelegt. .
204
fen,. ſehr bald Gelegenheit, dem Impera⸗
tor ihre fegenden Anfprüche durch treue
Mittelsperfonen, der Wahrheit gemäß, zu
entwikkeln. Allein, als hätte ſie dennoch
Grund gehabt, ihrer Sache zu mißtrauen,
und in der zuverfichtlihen Hoffnung auf
den Zauber ihrer perfänlichen Gegenwart,
der durch Jugend, Schönheit, gebildeten
Geiſt und eine wunderbare Kunft, alle
diefe Vorzüge geltend zu machen, unter
flüge wurde, *) fann fie einzig darauf, ies .
— —
Was ihre Reize vermoͤchten, hatte Cleo⸗
vatra, kaum ein Jahr zuvor, bereits an Pom⸗
veius iuͤngerm Sohne, Segtus Pombeius, mit
allem Erfolg, den ihre Gefaliſucht nur zu
wünfchen vermochte, erprobt, als er in den
Orient gefandt worden, die Streitfeäfte debel⸗
ben für feinen Vater aufjubieten. Hatte fie
ber gehaft, durch ihm ihre Entwürfe zu des
Bruders Verdrängung vom Throne durchge⸗
fest zu feben, fo fcheiterte gleichwohl diefer
Plan an dem Ernſte des pompeianiſchen Se⸗
nats im Macedonien, welcher auf firengen '
Nachlebung des väterlichen Teſtaments bes
harrte. —. Freilich waren 200 Senatoren,
ienfeits des. Meeres, nicht fo leicht, als ein
einzelner Juͤngling, in unmittelbarer Nähe,
* a gewinnen!
105
des von Pothinus in den Meg 'gelegte
Hinderniß zu überwinden und: zu Caſars
Dliden zu dringen. Bloß von ihrem
Freunde Apollodorus begkeitet, landete fie
zu Alexandria, bei einbrechender Dunfels
heit, in einem Eleinen Nacen, an dem
Mauern des Eöniglihen Pallaftes, wo Cäs
far weilte, und wurde, in einen aufgerolls
ten Teppich verhält, unentdeckt, als ein
Waarenballen, durch alle, lauernde Wach⸗
ter, zu des Imperators Fuͤßen getragen.
Ihrer geiſtreichen Kühnheit, ihrem
ſchmelzenden Reiz, ihrer rührenden Bered⸗
ſamkeit mislang das Wunder nicht, auf
welches fie fo zuverſichtlich gezählt hatte.
EAfar, gegen Frauenliebe zu keiner Zeit
mit Unempfindlichfeit gewaffnet, gab ſich,
mit immer minderm KRuͤckhalt, den ſuͤßen
Banden hin, die ihm gefeffelt hielten; und
ihre Suche durfte, von dem Augenblid
an, ba fie vor ihn trat, vor feinem Rich⸗
terftuhle für gewonnen gelten. Groß aber
war das Erftaunen, womit der iunge Kds
nig, am nächften Morgen, die Kunde von
der unerwunſchten Gegenwart feiner Schwes
fer empfing. Mit dem lauten Geſchrei
106
über Verrat) und mit abgemorfenem Dia
dem, verfuchte er’s, ſich aus der Föniglis
en Burg hervor, und unter. das zufame
menftröinende Volk zu ſtuͤrzen. Mit Muhe
riſſen ihn Caͤſars Wachen in den Pallaß
zuruͤck: doch gewann die dadurch entſtan ⸗
dene Volksbewegung ein ſo ernſtliches An⸗
ſehen, daß Caͤſar, nachdem er den feindſe⸗
ligen Geſchwiſtern eine anſcheinende Wer⸗
ſohnung aufgedrungen, fuͤr noͤthig hielt,
ſich, mit Beiden an der Hand, der Menge
öffentlich zu zeigen, und fie, nach lauter
Abfefung des väterlichen Teftaments, . als
gefegmäßige Gatten und Aegyptens, Ber
herrſcher, unter Obhut des römifhen Mas
mens, auszurufen, *). B
*) Dio Caſſius (XLII. 35.) fest hinzu: Caͤ-
ſar babe, im Uebermaaße ſeiner Furcht, dem
iuͤngern Gefchwilterpaare, welches ſich gleich⸗
mäßig in feiner Gewalt befand, den Beſu
der Anfel Eyvern, die erſt noch vor kurzem
ibrem Obeim, Btolemäus Apion, entrißen
worden, verfprochen. Mir fcheint es eben fo
wenig glaublich, daß Gäfar, ganz gegen feine
Sinnesart, eine folche auifalende Bloͤße ge⸗
geben haben folse, alt dag er, felbit im Taus -
207
Wenn aber auch diefer öffentliche Akt
von Gerechtigkeit die Alerandriner ſcheinbar
beruhigte, fo war doch Pothinus am we⸗
nigften geneigt, eine Wendung der Angeles
genheiten gut zu heißen, die ihn und feine
Parthei mit Eleopatrens Wiederkehr und
ihrem entfdiedenften Uebergewicht, niche
nur alles Einflußes beraudte, fondern auch
ihrer vollen Rache blosftellte. Schon früs
her feinen ihn heimliche, fehr weit aus,
ſehende Anſchlage gegen den überläftigen
Schiedsrichter befchäftigt zu haben, *) die
durch deßen ſchwache kriegeriſche Beglei⸗
tung und die Erinnerung an den, gegen
Pompeius fo wohl gegluͤckten Verrath große
mel der neu errungenen Alleingewalt, es ges
wagt bätte, den roͤmiſchen Stolz durch die
wilfüprliche Verfchentung einer roͤmiſch en
Vrovinz (woju die Infel ohnlängft. umge»
wandelt worden) aufs tieffle zu verwunden.
Caſar, der übrigens die Verſchwoͤrung
gegen fein Leben, mit feinem Takt, ganz mit
Stilſchweigen uͤbergeht, gedenft doch (K. 108)
dieſer heimlichen Machinationen, der hin und
her gehenden Boten, der Correſpondenz und
des verdedten Marſches der Truppen.
108
Hofnung eines gleichen Erfolgs gewannen.
Achillas, von ihm aufgefordekt, hatte ime
mer noch Unftand genommen, bas Fönigs
liche Heer unter feinen Befehlen zu ent⸗
laßen, und näherte fich-mit ftarfen Schrit⸗
ten der Hauptftadt. est, da die Gefahr
für Beide ftändlich dringender wurde, ging
man felbft über Cäfars Leben zu Rathe;
und das neue Bubenftäd follee an dem
nemlihen Tage, wo die Bereinigung ber
Töniglichen Geſchwiſter durch ein prachtvol⸗
les Gaftmal gefeiert wurde, zur Reife ges
deihen, als ein glädlicher Zufall *) auf
Spuren keitete, welche bald an ber beab⸗
fihteten That keinen weitern Zweifel übrig
Teen. Der treulofe Kämmerling zwar
büßte auf der Stelle mit dem Kopfe: Achil⸗
las hingegen, fand Mittel, den feinigen aus
der Schlinge zu ziehen, und fich zu feinen -
Truppen zu wetten. Sezt blieb ihm aber
) Cäfars Beibbarbier, deßen infiinftmäßige
Zurchtfamteit ohne alle Bleichen ihn überal
zum Horchen und Musforfhen unruhig um⸗
bertrieh, machte, gerade noch zur vechten
Zeit, diefe gelegene Eutdectung.
109 J
auch nichts übrig, als in offenbarer Feind⸗
feligfeit ‚gegen Caſar aufzutreten.
In der That verdiente biefer Feldhere
ſowohl durd feine perfönlichen Fähigkeiten,
als durch die Stärke und den innen Ge⸗
halt feines Heeres die aufmerkffamfte Bes
- Achtung. Bmanzigtaufend Köpfe und zwei⸗
taufend Reiſige an der Zahl, beftand der
Kern befelben in den, ihreXRömernamens
und der flrengen Kriegspucht vergeßenen
Soldaten, welche der Profonful Sabinius
vormals in dieſem kande zuruͤckgelaßen hats
te; fo wie aus entlaufenen frechen Sclas
ven und anderm, aus den römifchen Pros
vinzen hieher, ‚als in eine fihre Freiſtatt,
iuſammengeſtroͤmtem Raubgefindel; — trefs
liche und geäbte Krieger, aber auch eben
fo zügellos in ihren Bitten, und gemohnt,
ihren Anführern und Regenten Geſezze
vorzuſchreiben. Achillas, welcher gemußt
hatte, fie zu gewinnen, und. die Gefinnuns
gen der Wurh und Rache, die ihn felbft
befeelten, auf fie überzutragen, *) benuzte
*) Allerdings hatten auch fie felbit das drin⸗
gendfte Intereße, ſich tedem roͤmiſchen Ein-
110
ihren Eifer, ſie raſch in das Angeſicht der
Hauptſtadt zu führen.
So thürmte ſich denn aufs neue ein
Ungewitter gegen Cäfar auf, welches ihn,
in dem Augenblid, wo überall in der weis
ten römifchen Welt fein Wink und Wille,
wie bereines Gottes, galt, in ein perſonliches
Bedraͤngniß der peinlichſten Art zu verwik⸗
keln drohte. Unvorbereitet auf eine ernſt⸗
liche Fehde in diefer Weltgegend, ſchien er
ſich der Ausfechtung derfelben ohne Unehre,
und ohne den nachtheiligften Einfluß auf
den Glauben an feine Unwiderſtehlichkeit,
nicht entziehen zu Fönnen; — gefezt auch,
dag feine Einfhiffung im Angefiht eines
fo überlegenen Feindes ausführbar, oder
feine Abfahrt Überhaupt, vermöge der Eter
ſien — iener regelmäßigen Winde, welche,
Fuge zw entziehen, um nicht wegen ihrer
Verbrechen zus ſirengen Rechenſchaft gezogen
gu werden. Hatten fie doch fogar noch ohn⸗
laͤngſt gu Wlegandria mörderifche Hand an
die Söhne des C. Bibulus gelegt, und wa⸗
von der Strafe, wozu Gleopatra die Haupte
urheber an den Water auslieferte, nur Durch
deßen feltene Maͤßigung entgangen.
az '
den Winter hindurch, an diefer Küfte uns
ausgefezt aus ‚Morden und Weſten mer
hen *) — nur möglich geweſen wäre.
&o ſchien ihn demnach die Natur felbft
‚am biefen Boden zu feßeln; während es
nur zu wahrfceinlich ift, daß ber wider⸗
frebende Gedanke an eine fo ſchnelle Trens
aung von Eleopatrens füßer Verſtrikkung
ihn nur um fo mehr in ber Entſchließung
deftärfte, von dieſem Plazze nicht anders,
denn als volendeter Sieger, zu weichen.
Es verdiens wohl Bemerkung, daß dieſe
nemlichen Winde auch noch in unfern Zeiten
ihren Strich balten und die Schiffahrt in
diefem Theil des mittelländiichen Meeres er⸗
ſqhweren. Als Nelfon die feanzöfiche, zu
Aegypteus Eroberung beſtimmte Flotte ver»
folgte, deguͤnſtigten ihn dieſe Weſtwinde der⸗
gehalt, daß er, noch vor Napolcon felbft,
zu Ende des Junius 1798, die Mheede von
Alexandria erreichte. Allein das Dreifache
an Zeit ward, troz aller vorgefchrittenen Nau ⸗
ti, erfordert, um, gegen diefen Wind an
und auf dem Umwege hart an den afrifanie
ſchen Küften, die feilifchen Erfeifhungshäfen
zu erreichen. Denhoch flog er, auf feinem
Flügel getragen, abermals noch rafch genug
herbei, um am 1. Auguſt bei Abukir zu fiegen.
112
Und doch ware Caſars Gegenwart zu
Rom, ſo wie in ieder andern Gegend des
Reihe, nie nothwendiger, ale in dieſem
Seitpunft, geweſen, um von dem noch fris
ſchen Schrekken, welhen Pompeius. Nies
derlage und Tod verbreitete, den hoͤchſten
Vortheil zu ziehen, und die Ermannung
und ieden fernern Widerftand der verſcheuch⸗
ten Anhänger deßelben zu lähmen. Zwar
Aſien fühlen durch ihn beruhigt; und noch
früher war Griechenland, der Heerd des
Krieges, fbier im Augenblikke der großen
Entſcheidung felbft, durch redende Beweiſe
ſeiner Milde, die allgemeine Freilaßung
der Theſſalier und die, den feindſelig ge⸗
ſinnten Athenern inſonderheit, in Betracht
ihrer ruhmwuͤrdigen Vorfahren, gewaͤhrte
Verzeihung, ausgezeichnet worden. Selbſt
ſeine bekannten und heimlichen Gegner
durfe? er hoffen, durch die edelmuͤthigſte
BVerzichtleiftung auf Rache gewonnen 'zu
haben. *) Allein es fehlte viel, daß ents
weder
Nach der Schlacht bei Pharfalus fiel.
ihm, mit andren Beute, auch feines Gegners
ganıe
2113
weber Dieſe nur von feiner angebotenen
Verzeihung Gebrauch gemacht, oder auch
daß feine Waffen, in den Händen feiner
Legaten, feinen eignen gluͤcklichen Fortſchrit⸗
ten überall entfprochen hätten. ,
Denn während noch bei Pharfalus
blutig gefteitten wuide, fuhr D. Lältus
fort, den Hafen von Brundifium, 109 Ba
tinus befehligte, aufs engfte einzufchließen
und das Yuslaufen der, von dorther. ermars
teten DVerftärfungen zu verhindern. Zwei
Geſchwader, melde Eäfar an den ficilis
ſchen Küften ausräften ließ, gingen bei dem
wiederholten Angriffe der aftatifchen Flotte,
ganze geheime Correfpondenz in ‘die Hände.
Eine Menge von.Senatoren, welche, ohne
fich gerade öffentlich für Vompeius zu erflds
ten, ibm dennoch briefliche Beweiſe ihrer
Anhaͤnglichkeit gegeben hatten, liefen Gefahr,
dadurch compromittirt zu werden. Caͤſar warf
alle diefe Papiere ungelefen in’s Teuer, um
ſich ſelbſt in die Unmöglichkeit zu ſetzen, die
Schuldigen tennen zu lernen und ihnen et⸗
was nachzutragen. Vompeius, als er, nach
Sertörius Tode, auch defen Kriegskanzlek
ausgeliefert erhielt, hatte die nemliche Groß⸗
miuth bewieſen.
4 Band. J H
1x14
welche C. Caßlus führte, in Flammen auf;
und ſelbſt Meßana wuͤrde feinem Angriffe
nicht widerſtanden haben, wenn nicht das,
fo eben ſich verbreitende Gericht von Eds
fars großem Siege ihn eiligft aus dev
Meerenge verſcheucht hätte. Er wandte
ſich nach Eoreyra, dem allgemeinen Sams
melplaz der verfihledenen pompeianiſchen
Geſchwader; wo auch auf die beſtatigte
Schrekkens⸗ Botſchaft, theils vor, theils
nah ihm, die übrigen Anführer — Octa⸗
vius von der illyriſchen Küfte, En. Pom⸗
yeius von Dricum, und Lältus mit ihm
zuſammentrafen. J
Allein die rathloſe Beſtuͤrzung, welche
ſich hier aller Gemuͤther bemaͤchtigt hatte,
wich nur dann erſt in einigem Maaße,
als auch Cato, von Dyrrhachium her, ſich
zu ihnen geſellte und ſeinen unerſchuͤtterli⸗
chen Muth in ihre Mitte trug. Auch er
hatte ſehr bald den ungluͤcklichen, aber von
ihm im voraus befuͤrchteten Ausgang iener
Entſcheidungsſchlacht auf dem, ihm anver⸗
trauten Poften vernommen. Was ſich von
der Wahlſtatt hatte retten koͤnnen, fuchte
zuͤnachſt in Dyrrhachium Zuflucht; und
Ri J J
115
bald ſah fih Cato von Labienus, Afra⸗
nius, Petrelus und andern bedeutenden
Männern, fo wie von einem nicht unbe⸗
trächtlichen Truppenrefte, umgeben. Der
Diaz ſelbſt ſchien ihm, unter den veränders
ten Umftänden, entweder nicht haltbar,
oder feine Behauptung nuzlos, allein lene
Trümmern bes Heeres und die anſehnliche
Flotte wunſchte er feinem Freunde, Ber
ihn verfannt hatte, dadurch, daß er fie
nad) Stalien überführte, zu erhalten, oder —
hätte Pompeius mit feinem Gihcke auch
Leben und Alles verloren — ſich felbft
ferne von diefem blutigen Getämmel, das
ihn, ie länger, ie medr, anefefte, in irgend
einen Winkel der Erde freimillig zu ver⸗
bannen; nie aber fein Idol, die Freiheit,
zu überleben. ” ,
Als bloßer Proprätor, hielt ſich indeß
Eato zum Dberbefehl Aber die, bei Cor⸗
eyra verfamlete Macht um fo weniger bes
rechtigt, da Cicero, der mit ihm gekom⸗
men war, vermöge feiner Eigenſchaften
als Conſular und Imperator *) nähere
*) Der Titel, den ihm ve fein klei⸗
2
‚116
gu auf diefes Vorrecht hatte. Al⸗
fein Roms erfter Redner fühlte ſich nicht
eben ſowohl zu Roms erftem Feldherrn
Berufen; und dies am wenigften in einem
Kampfe, den er vom erften Anbeginn ges
mißbilligt hatte, und deſſen er ſich iezt
“mehr, als iemals, zu entſchlagen wuͤnſchte,
um, nach Italien zurädgezogen, feine Si⸗
cherheit von der Gunſt des nicht mehr
nveifelhaften Siegers zu erwarten. Seine
Weigerung und der nicht verheelte Ent⸗
ſchluß zu feiner Entfernung, reisten den
unwillen des iüngern Pompeius in dem
Maafe, daß er iedem Abtrännigen an feis
nes Vaters Sache den Tod drohte, und
im Begriffe fand, den ſich weigernden
Eonfularen thätlih zu mißhandeln. . Nur
Cato's Dazwifcyenkunft, welder den Bir
zigen Juͤngling bei Seite zog und jur
nes Heer in Cilicien beigelegt. (S. Ch. II.
&.105.) Ueberdem was er noch als wirklich
beamteter Profonful zu betrachten, da er,
feit iener Zeit, Rom noch nicht wieder be⸗
treten hatte, in deßen Ringmanern allein
Diefe Staatsaͤmter erloſchen.
2
Befinnung gurhhführte, rettete den Bits
ternden, welcher zugleich dusch ihm den
nöthigen Borfhub zu feinem Abzuge er⸗
hielt. Einer gleihen Gunft mochten fih
nunmehr Abe, b die Jenen ähnlich dachten,
erfreuen.
pnimifen war Fufus Calenus mit
. dem zuruͤckgelaßenen cAfarifhen Heere aus
Attica in den Peloponneſus eingedrungen,
und ‚feine Annäherung gegen Patraͤ nd⸗
thigte ‚die Pompeianer, die ſich von Cor⸗
cyra hierher gewandt Hatten, um noch
mehrere ihrer Freunde bei ſich aufzunchs
men, biefen Punft zu verlaßen. Ohne
big kam es darauf an, fih mit dem Ober⸗
Feldherru, den die Flucht nur nad Ae⸗
ghpten oder nad Afrika getragen haben
tonnte, aufs baldigfte zu vereinigen; und
fo gieng Cato mit der gefammten vorhans
denen Lands und Seemacht von dort, zu '
feiner Aufſuchung, unter Segel. Indem
‘ee, längs der ſuͤdlichen Kuͤſte von Creta,
gegen die cyrenaiſche Käfte 309; ſtieß ihm,
bei dem Borgebürge Paliusus, *) Eornes
Es Ing, Greta gegenüber, am der afri⸗
118
lia mit Sertus Pompeius und den Adyis
gen iammervollen Hugenzeugen von des
großen Pompeius Untergange, auf ihrer
fertgefezten Flucht entgegen. *). Sejt
mar ihm alfo entfchieden, was er, ala
das Zraurigfte, gefürchtet hatte! Auch
wirkte die entfezliche Zeitung, gleich einem
beräubenden Wetterſtrahl, auf feine Bor
gleiter. Viele, die nur durch perfänliche
Verpflihtung auf des untergegangenen
Freundes Seite gehalten worden, glaubten
nunmehr, ohne Unehre, auf ihr. ieigues
Heil, denfen und ihven Frieden mis, dem
kaniſchen Küfle, weſtlich des großen Cata-
batbmus. Jeit bezeichnet die tleine Juſel
Bo moa diefe Gegend.
*.Un welchen ſchwachen Faͤden oft die grüße
ten Weltbegehenbeiten hängen! Xätte Bams
pelus dei veluſuum die MWöglichfeit des Räd-
zugs nicht zu ſchnell aufgegeben; wär’ er mit
dem gleichen guten @läffe, welches Corne⸗
liens Flucht begünfigte, den Meguntern ent⸗
zongen und auf Gato’s, ibn fuchende Flotte
geflogen: wie fe ganz anders möchte dann
wahrſcheinlich, auf afrilaniſchem Boden, der
Pr dieſer großen Fehde fich gefaltet
aben N
ug
Gieger machen zu dürfen. *). -Gie-jerr
ſtreuten fih, und liefen nur den kleinen
Reſt von Feuerköpfen zuräd, welche, ent⸗
weder biefe friedlihe Hoffnung, im Ges
fühl ihrer eignen unvertilgbaren Feindfes,
ligkeit, fahren ließen, oder, als achtere
Patrioten, nicht die Parthei, ſondern Rom
und die Freiheit, in's Auge faßten.
Dieſe Leztern waren es auch, deren
anhaltendem Verlangen, an Cato ein Haupt
und einen Führer zu behalten, dieſer
endlich nicht zu widerfichen vermochte. Seine
Wanſche geizten nice nach ſolcher Auss
zeichnung: allein er wuͤrde fich’s un Schaude
gerechnet haben, Männer, bie nur das
Rechte wollten, zu einer Zeit zu verlaßen,
wo fein Zuruͤcktritt ebenſowohl für einen
Mangel an Edelmuth, als an Vaterlandes
liebe, hätte gelten Eönnen. Ihrem BVer⸗
H So i. B. begab ſich C Caſſtus nach deruͤn ·
dung des Cydnus, wo ex Caſarn nicht niabr
vorfand und lange Zeit, unter zweifelhaften
Entfchläßen, degen Ruͤckkehr von Alerandria
erwartete, bis M. Brutus, fein Schwager,
fich mit Erfolg für ihn Neymandte,
120
trauen zu entfprechen und fie in einem -
fremden Lande nicht bälfs und rathlos zu
Iaffen, ftellte er. fih demnach an ihre
Spitzze: doch auch iezt wollte Caſars glack⸗
hafter Stern, daß ſogleich der erſte Ent⸗
ſchluß, den Cato faßte, ein Alles entſchei⸗
dender Mißgrif waͤre. Denn anſtatt ſo⸗
gleich, mit gänftigem Winde, oſtwarts zu
fegeln und fih vor Alerandria, mo fein
Gegner ſich täglich in ein groͤßeres Ge⸗
draͤnge verſtrickt ſah, zu zeigen, wandte er
ſich, ohne auch nur eins nähere Nachricht
von einer fpätern Lage der Dinge einzu⸗
ziehen, weſtwaͤrts gegen Eyrene, *) um
förderfamft einen Hafen und Waffenplaz
zu gewinnen. Wenig Tage zuvor hatte
Labienus von dieſem Drte unverrichteter:
Sachen wieder ‚abziehen müßen; doch Cas
to's vereinter Macht, oder dem Zauber
*%) Ehren, obnweit des, bier am weiteſten
gegen Norden ausfpringenden Vorgebuͤrges
Ananea, iſt ber heutige Name dieſer ches
maligen Hauptſtadt von Eyrenaica. Die Wuͤſte
Barea liegt ihr in weiter Ausdehnung in
Süden und Wehen.
12x
feines Namens, öffneten die Duͤrger nun⸗
mehr, ohne Wiberfiand, ihre Thore.
Die Nachrichten, welche er hier vom
der Provinz Afrika einzog, waren vollfoms .
men dazu geeignet, feinen Much aufs
neue zu beleben. Nicht nur hatte; hier,
feit Eurio’s Miederlage, die republifanifche _
Parthei unter der Anführung des Attius
Varus, und vom Könige Juba begünftigt,
die öffentlichen Angelegenheiten fortdaus
rend geleitet, fondern auch Metellus Sei⸗
pio, des Pompeius Schwiegervater, ſich
in dieſe Gegenden gerettet und eine wills
kommene Aufnahme, fo wie ein ausge
ruſtetes Heer verfammlet gefunden. Cato
felbft fah gegen zehntaufend Mann unter
feinen Befehlen, deren Vereinigung mit
ienen fehlagfertigen Truppen bedeutende
Vortheile verſprach; und wenn gleich dies
felbe, ‚bey dem iezt eintretenden Winter,
wegen ber herrſchenden Weftwinde, zur
See und längs den hochgefahrlichen Syr⸗
ten, ein unäberfteigliches Hinderniß fand,
fo fland er dennod nicht an, diefen Plan
durch einen eben fo Rühnen, als beſchwere
122
lichen dreißigtägigen Marſch zu Lande,
ohnfern der Küfte, in’s Werk .zu feggen. -
Alle Schredniße der Wuͤſte — der glu⸗
hende Sonnenbrand, der. Dangel an Waſ⸗
fer und die Tiefe des zu. durchwatenden
Sandes — mußten ‚feiner Beharrlichkeit
welchen. Doc als er die Provinz erreichte, -
überzeugte .er fich bald, dag die Werhälts
niße feiner Parthei hier keinesweges fo vor⸗
theilhaft waren, als fie es aus der Ferne
geſchienen hatten. Ecipio und Varus, Je
der nur feinen befondern Bortheil verfol⸗
gend, ftanden einander bei iedem Schritte
geflifiontlih im Wege und fuchten ihren
Einfluß durch die Bewerbung um Jubas
Gunſt zu verftärken; während Diefer mit
feinem gewohnten Webermuth hierin den
gewuͤnſchten Anlaß fand, fie durch feine
folgen Anmaaßungen zu demäthigen und
ſchier als feine Vaſallen zu behandeln. &o
bedurfte es denn Eato’s ganzen Ernftes, der
bier gemißhandelten Würde des römifchen
Mamens ihre Rechte zuruͤckzugeben: *) als
5 Bei der erflen unterredung, welche der
König mit Cato haben ſollte, ließ er feinen
123
fein indem er den rohen Barbaren Ge⸗
ſchmeidigkeit lehrte, ſuchte er zugleich auch
die Quelle des Uebels zu verſtopfen, und
ohne der alten und bekannten Abneigung,
welche zwiſchen ihm und Scipio obwaltete,
einigen Einfluß auf ſeine Handlungen zu
geftatteu, *) ruhte er nicht eher, als bis
ee denfelben mit Varus wieder ausgeſohnt
Stubl in ‚die Mitte zwifchen Diefem und
Seipio binfergen. Doc) in eben dem Yugen«
blick ergriff auch Cato den feinigen und ſielte
ihn zu Seipios Mechten, wodurch alfo der
Bestere den Ehrenplag gewann, der befhämte
Juba aber auf die unterfie Stelle zurüciges
ſeit wurde, die ihm, wo roͤmiſche Sena⸗
toren zugegen waren, allein gebuͤhrte. Ger
rade in folchen Heinen Zügen zeichnet ſich
der Roͤmerſtolz am Iebendigiten.
*) Diere politiſche Feindſchaft Seipios, die
mit dem geheimen Widerwillen feines Schwie⸗
gerfohns aus der nemlichen Duelle floh, (denn
nie durften fie hoffen, daß Cato ihre, auf
abfolute Bräponderang abzielende Anmaaßun ⸗
gen gut beißen werde) batte fich früher ſchon
in einer Öffentlichen Schmäbfchrift gegen dem
nnbeugfamen Römer offenbart, welche an Cä«
fars ſpaͤtern Anti Eato von gleicher Ten«
dem erinnert,
124
hatte. Beide fühlten feinen Edelmuth und
huldigten demſelben durch das freiwillige
Erbieten, ihn, den Waͤrdigſten, an die
Spizze des Heeres, fo wie der dffentlichen
Verwaltung, zu ftellen. Haͤtte aber auch
Eato’s Ehrgeiz an eine ſolche Auszeichnung
gereicht, fo verbot ihm doch bie nemliche
Scheu vor der kleinſten Verlezzung der her⸗
gebrachten republikaniſchen Formen, die ihm
fhon ehemals zu. Corchra eine ähnliche Weis
gerung in den Mund gelegt, auch bier, ter
gend erwas in der Merfaßung umzuftoßen,
wu deren Aufrechterhaltung man ia eben
zu den Waffen gegriffen hatte. Dagegen
ward auf feinen Borfhlag Seipio, der
Äftefte gegenwärtige Konfular, und deßen
Name überdem auf diefem Boden ,, dem
algemeinen Volksglaußen nad, für ſo heil
bringend gehalten wurde, mit der oberften
Gewalt bekleidet. .
Nur zu bald lehrte iedoch der Erfolg,
wie viel befer der firenge Römer feinem
Baterlande gedient haben würde, weng
er, mit minderer Bedenklichkeit, demfelben
die Wunden erfpart hätte, welche des Er⸗
wählten Unfähigkeit zu einem ſolchen Por
"15
ften ihm nothwendig ſchlagen mußte. Gleich
eine der erfien Maafregeln, deren Ausfühs
“ung Seipio beſchloß, war die gänzlide
Zerſtdrung von Utika, *) welches ſich, feite
dem es Euro mit feinem Heere fo gutwils
lg in feine Mauern aufgenommen, einer
zu großen Anhanglichkeit an Caſar verdaͤch⸗
tig gemacht hatte. Cato, eben ſo ſehr von
der kalten Grauſamkeit dieſes Entſchlußes
empoͤrt, als voll Mißbilligung, dieſen eins
utiea Ciegt Biſert a) an der Weſtſeite
des tiefen Meerbuſens gelegen, welcher ſich
wiſchen den Vorgebuͤrgen Apollinis und Mer⸗
eurii (Hermaͤum) in das Land hineindraͤngt,
und in deßen innerſten Grunde vormals Car⸗
thago prangte, erhob ſich, vermoͤge dieſer
gluͤcklichen Lage, mit verdoppeltem Flor, ne⸗
ben den Truͤmmern ienes alten Stapelplaz ⸗
zes für den Handel. Zugleich war fie die
Hauptſtadt der roͤmiſchen Provinz Africa und
wimmelte von vömifchen Bürgern und Kits
tern, ‚die der Handel bieher gezogen hatte,
In diefen Rädfichten, fo wie wegen ihrer
Seſtigkeit, war fie fhon längit ein Dorn in
Zuba Augen, der, wie es ſcheint, iezt feinen
Einfluß auf den fchwachfinnigen Scipio dazu
‚mißbranchte, ihn au ihrer Wertilgung auf
zureijen.
126
zigen und bequemften Waffenplaz an der
ganzen Käfte muthwilllg vernichtet zu fer
hen, mußte ſich mit der ganzen Macht fel⸗
tes Anſehns und feiner Beredſamkeit ents
ygegenſtemmen, bevor'er es bahin Beathte,
feine Burgſchaft für das Betragen der Uti⸗
eenfer angenommen und bie Stadt gerettet
zu fehen. In der That traf er auch, bei
feinem verlängerten Aufenthalt, alsbald die
zweckmaßigſten Anftalten, den böfen Willen
ber Einmohner zu entwafnen, dabei aber
aud den Play durch neue Vefeftigungs -
werfe, durch unermeßlihe Magazine und
Kriegswerkftätten zu einem haltbaren Boll:
werf für feine Parthei zu machen.
Freilich reichten alle diefe Anftrenguns
gen eben fo wenig Hin, in diefe Parthet
einen lebendigen Geift zu bringen, als ihr
die‘ Augen über Cato’s hohes und uneis
gennügziges Verdienft zu dfnen; und eben
fo wenig fehle es an Spuren in der Ge
ſchichte, die es verrathen, daß Diefer mit
heimlicher Reue, Bloß feiner Großmuth Ge
hör gegeben zu haben, zu dem Wunſche ger
drungen ward, fih und fein Schickſal von
diefen Menſchen, die eben fo fehr von Kury
127
ſichtigkeit, als vom böfen Willen, geleitet
" wurden, zu trennen, und wieder in Rom,
zu Bekleibung feines natürlichen Poftens
in der Republik, aufjutreten. Denn in
dem Bewußtſeyn, nichts unrechtes gethan
zu haben, durft' er ieder Gewaltthat des
gluͤcklichen Ufurpators feinen feften und ru⸗
higen Gleichmuth entgegenftellen. Auch iſt
es ſo wahr, daß ſeine bloße Gegenwart
die neuen Machthaber mehr, als ſelbſt fein
gewafneter Widerftand, in Verlegenheit ges
ſezt haben müde, daß Eato’s Name aus
druͤcklich in der Reihe der wenigen fland,
denen, auf CAfars Befehl, der Eintritt in
Stalien unterfagt bleiben folte.
Sicher, und zu Roms Verwaltung,
hatte EAfar, fofort nach dem großen phar⸗
falifchen Siege, feinen Legaten, M. Ans
tonius, mit mehrern Legionen entfandt;
und wenn gleich nicht _geleugnet werden
kann, daß defen Gelft und Fähigkeiten,
die fih. in dem nemlihen Poſten, ſchon
während des Imperators bifpanifchem Feld:
zuge, zu beßen Zufriedenheit entwikkelt hat⸗
ten, ihn dieſes ausgezeichneten Vertrauens
würdig machten, fo ließen dennoch feine.
128
wilden Leibenfchaften nur zu gewiß die hef⸗
tigſten Manfregeln gegen Jeden, der dem
Zagelloſen nur iemals in den Weg getre:.
ten war, im Voraus erwarten. Ber Al
len machte Cicero diefe unglädlihe Erfah⸗
rung, als er, in der Vorausſetzzung von
Caſars nahem perfönlihem Auftritt in Ita⸗
lien, nad) Brundifium gefommen war, um
feine Ausföhnung mit dem Sieger zu bes
wirken. Wenig fehlte, daß Antonius ihn
dieſen gewagten Schritt nicht mit dem Le:
ben bezahlen ließ; dagegen. aber hielt er
ihn defto länger in der demüthigendften
Abhängigkeit von feiner Willkuhr, und nds
thigte ihn, unter vielfachen Kränfungen,
die endliche Loſung feines Schickſals, viele .
Monden hindurch, voll ſchmerzlicher Unruhe
in ienem Hafenplazze zu erharren. B
N Nicht minder aber empfand Rom felbft
bie herben Folgen diefer trogzigen Willkuͤhr
einer militairifpen Regierung, die fih in -
den Händen eines Mannes von Antonius
Sinnesart nothwendig in ein ſchonungslos
verwundendes Schwerdt verwandeln mußte.
Die dumpfe Ruhe, welche Caſar dieſer uns
ermeßlichen Hauptſtadt durch feine lezte Aus
we
29
weſenheit aufgezwungen hatte, war auch
ſpaterhin, da er feine Waffen gegen Pom⸗
peius wandte, durch P. Servilius Iſauri⸗
ens, feinen Gehuͤlfen im Konſulat, mit
wenig Unterbrechung erhalten worden; und
aur ins geheim mochte hie und‘ da ein
ſcheues Umtreiben zu Gunften der Gegens
parthei fich äußern. Bielmehr richteten Als
ber Blikke ſich angeftrengt nach Epirus, um
zu erwarten, welchen endlichen Oberherrn
das Schickſal dem Reiche zu geben gedenke.
Seldft aber dann auch, als bei Pharſalus
Dies greße Loos wirklich gefallen war und bie
Nachricht Hiedon Rom mehr durch das’ öffents
liche Gerücht und Privardriefe, als durch
einen. formlichen Bericht des Siegers an
den Gkrtas erreichte, *) mußte bier die Vers
maltung nur um fo mehr in dem Geleife
verbleiben, welches der bisherige Machthas
ber für Diefelbe vorgejeichnet hätte; waͤh⸗
*) Caſar unterließ die Abſendung diefes of⸗
fitiellen Berichts aus einem feinen Gefuͤhl
von Schicklichteit. Er wollte nicht das An⸗
ſehen gewinnen, über feines Gegners Ungläd
und das Drangfaf der Republik eeſrehloce
zu haben.
4. Band, 3.
130
rend der Pobel — überall fi ähnlich in
Leichtſinn und Zuͤgelloſigkeit — die neue -
Drdnung der Dinge, auf feine Weiſe,
durch Niederreißung von Sulla's und Poms
peius Bildfäulen feierte. *)
Gleichwohl würde Caͤſars eigne Pars
thei, die iezt den Senat ausſchließlich bil⸗
dete, geglaubt haben, ihrer Pflicht gegen
ihn zu entftehen, wenn fie nicht fofort audy
auf neue glänzende Auszeichnungen an
Macht und Ehre für ihn gefonnen hätte.
So ernannte ihn denn, beim nahen Abs
lauf feines iezzigen Konfulats, ein feierlis
ches Dekret zum Diktator für das naͤchſte
*) Sie fanden auf dem Forum bei den
Roſtris, und die Statue des Altern Triums
virs war vergoldet. Es war Caͤſars werth,
dieſe Standbilder, drei Fahre fpdter, und
zwar zu einer Zeit wieder aufjurichten, wo
er, im Volgenuß feiner Herrſchaft, biegu
auf feine andre, als die Eingebungen feines
Edelmuths, zu achten hatte. Dennoch be=
merkte Cicero bei diefer Gelegenheit fehr
fein gegen feine Freunde: „Eben durch
Diefe Pierät gegen fremde Standbilder
fielt Cäfar feine eigenen für die Zukunft
feſter.
131
volle Jahr. *). Micht minder ungewoͤhn⸗
lich ward fein Konſulat noch auf fünf
Jahre verlängert, und er, um feine Per
fon um 'fo unverfejliher zu machen, mit
der geheiligten Würde eines Volkstribuns
befleidet. Alles dies geſchah in feiner Abs
wefenheit; und‘ wenn gleid dieſer leztere
Umftand nicht erlaubte, Aber die Wahl
feines Magiſter Equitum — zumal aus
fo weiter Entfernung — Caſars eigne Bes
Rimmung zu erwarten, fo mar man doch
gewiß, in feinem Sinne zu handeln, wenn
— U 0 0 G —
In dieſem, um das Doppelte binausges
rückten Zeitraume feiner Machtvollkommen⸗
beit (denn font durfte ein Diktator geſezlich
nur auf feche. Monate gewählt werden) lag
eben das Neue und Ungemöhnliche;. und zus
gleich) auch war diefe Neuerung, als Vorbe⸗
teitung auf 'eine fünftige immerwaͤhrende
Diftatur, fehr wohl berechnet. Was Caſar
durch dieſe Ernennung an konſtitutioneller
Macht gewann, leuchtet in die Augen, fobald
man fid, erinnert, daß von diefem Augenblick
an (mit bloßer Ausnahme der Volkstribunen
und Aedilen) iede andre Öffentliche Würde
für erfofchen galt, in ſofern nicht der Dikta⸗
108 ſelbſt dazu ernannt u
2
132
diefe zweite Staatsmürde auf Antonius,
feinen Freund und Verträuten, der fo eben
in Rom aufgetreten war, Übertragen würde.
Se länger nun der Diktator noch im Dris
ente verjog, mit um fo wollerer Ungebun⸗
denheit durfte auch fein Stellvertreter diefe
ſchrankenloſe Gemalt nad eignem Gefals
len in Stalten handhaben.
Unrecht aber würde man than, feine
nunmehrige Amtsführung mit dem Namen
einer geregelten Verwaltung, und nice
vielmehr einer fhamlofen Ueberhebung als
ler Pflichten eines fo ehrwuͤrdigen Amtes
zu belegen. Eine völlige Schrekkensregie⸗
zung trat mit derfelben ein, wo Unſicher⸗
heit alles Eigenthums, ſchmahliche Berau⸗
bung und feile Gerechtigkeitspflege, unter
dem Schuz feiner bewaffneten Soͤldlinge,
am der Tagesordnung waren, und Roms
erfie und einzige Magiftratsperfon fi nur
dur flarren Troz gegen iebe gute alte
Sitte, durch ſinnloſe Verſchwendung, ſcham⸗
loſe Ueppigkeit und ekle Voͤllerey auszeich⸗
nete; *) während das Staatehaupt ſelbſt,
*) Da Antonius im Borum und hei den .
x
133
feinem Stellvertreter fo unaͤhnlich, unter
fesnen Himmeleſtrichen der Gefahr trojte
und unter dem Panzer ſchwizte.
Denn endlih hut es wohl A
nach dieſem flüchtigen Blick auf die glei
seitigen Ereigniſſe der übrigen römifchen
Belt, von welchen Cäfar, als lägen fie
gänzlich außer "feinem Gefichtekreife, nicht
die mindeſte Kenntniß zu nehmen wuͤrdigte,
uns zu ihm ſelbſt zuruͤck zu wenden, den
wir, an den Ufern des Nils und im nas
ben Zufammentreffen mit neuen raſchen
Gluckswechſeln verlaßen haben. Zu ſpat
hatte er, fofort nach feiner Landung auf
aegyptifchem Boden, das unzureichende Ges
wicht feiner mit ſich gebrachten Kriegeſchaar
erkannt, um in den verwickelten Verhaͤlt⸗
Öffentlichen Spielen bemafnet erſchien und
fi mit eben dergleich,n Trabanten umgab,
gehörte, wenigflens ın Rom, unter die uns
ewbörten Dinge: aber unerhört und empoͤ⸗
rend muß es überal und zw ieder Zeit er⸗
ſcheinen,/ wenn er oͤffentlich und mitten im
der Ausübung feiner Amtspflichten, den, von
Getraͤnt überfüllten Magen wieder zu erleich ⸗
tern genoͤthigt war.
2
niffen, die Seiner hier warteten, feine
Rolle als Schiedsrichter und Gebieter mit
Nachdruck zu behaupten; und es war ihm
deshalb nichts angelegener geweſen, als
eine Verftärfung von zwei Legionen, welche
ohnlängft aus ben pompeianifhen Gefans
genen errichtet worden, aus Kleinafien zu
ſich zu entbieten. Bis diefe ihn erreichen
tönnten, blieb ihm freilich nichts Abrig, als
fi innerhalb der Mauern von Alerandria
auf feine bloße Vertheidigung einzufchräns
ten; zugleich aber auch zu verſuchen, wie
weit der Name des iungen Königs, defen
Perfon in dem römifchen Quartiere ſorg⸗
fältig gehütet wurde, ſich dazu benuzzen
ließe, dem wirflihen Ausbruch einer fo; uns
gleichen Fehde zu wehren.
Allein Achillas, in. hoher Zuverficht auf
feine Ueberlegenheit. und ben für ſich ge⸗
wonnenen Beitritt der Mlerandriner, mar
allerdings auch bereits zu weit gegangen,
um iejt, ohne noch größere Gefahr für
ſich, zurückzutreten. Anftatt alfo die bei⸗
den agyptiſchen Abgeordneten Dioskorides
und Serapion, welde ihn, abfeiten feines
koͤniglichen Gebieters, von ferneren Feinde
135
feligeeiten abzumahnen, in’s Lager gekom ⸗
men waren, auch nur anzuhören, ließ er
fie todtlich mißhandeln, und wagte es keck
auf den Namen eines Empdrers, feis
nem Heren und fic) felbft den beßern Dienft
durch Aufrechthaltung der alten Herrſchaft
zu leiften. Alles verſprach ihm biezu den
gluͤcklichſten Erfolg. Alerandeia felbft fand
feinen Waffen. nicht verfploßen: denn Ca⸗
fars Truppenmangel erlaubte die Verthei“
digung dieſer weiten Ringmauern fo wer
nig, daß er ſich fogleih nur auf die Bes
hauptung der Föniglichen Burg. und des
naͤchſtgelegenen Stadtviertels beſchranken
mußte; und ſelbſt hier ſah er ſich ſo raſch
und mit fo viel Ungeftüm. angegriffen, daß
die Kohorten ſich kaum durch bie hartnak⸗
kigſte Abwehr in den Straßen Luft zu
ſchaffen vermochten.
Caͤſar uͤberblickte die ganze Meißlichkeit
feiner Lage; und es entgieng ihm nicht,
daß fie von eben dem Augenblid an rets
tungslos werden müßte, mo feine Gegner
Meifter zur See würden, oder er felbft ſich
von der Gemeinfchaft mit dem Meere abs
ſchneiden ließe. Zwar grenzte die Königes
136
Burg mit ihren, von ihm befegten, Umge⸗
bungen unmittelbar an das Ufer und ſchien
ihn gegen dieſen leztern Unfall zu fihern:
allein um auch gegen das Erſtere gedeckt
zu ſeyn, galt es fein Saͤumen, ſich der
. Infel Pharus, welde die beiden Häfen
der Stadt beherrſchte, zu bemaͤchtigen und
bie aegyptifche Flotte, deren Beſitnahme
feine geringe Truppenmacht nicht geftattete,
zu zerſtdren. Sie beitand aus funfjig gros
Gen Galeeren, welche ſich, auf die erſte
Kunde vom Ausgang der pharſaliſchen
Schlacht, von der pompeianiſchen See⸗
macht getrennt und auf den Heimweg be⸗
geben hatten, und demnaͤchſt aus zwei und
awanzig ähnlichen Kriegsfahrzeugen, die,
zur Sicherheit des Hafens felbft, hier fhr
gewöhnlich aufgeftellt waren. *). Beide
*) Nach allen Umwandlungen, welche acht«
sebn Yabrhunderte auf diefem intereßanten
Erdenfleck bewirkt haben, if es dennoch, im
Ganzen, wie damals; daß nemlich die, tet
zur völligen Halbinfel gewordene Infel Pba-
rus zwei Häfen, werilich und öflich, bildet,
von welchen der Bejtere durch Größe und
Sicherheit den Vorzug behauptet und daber
v
"137.
Geſchwader, mit allem Erforbernifi ausge⸗
ruͤſtet, boten den Aegyptern eben fo auss
reichende Mittel zum Angriff, als zur Vers
theidigung, dar; und eben darum hatte
auch Achillas, indem en Cäfars Quartiere
beftürmte, den Verfuch,eingeleites, ſich gleiche
zeitig des Hafens und biefer Schiffe zu
bemächtigen.
So erhub fih demnah ein Kampf
von zwei entgegengefezten Seiten, der, ba
es hier Alles um Alles galt, mit gleicher
auch dem ausſchliehlichen Gebrauch der tuͤr⸗
tifchen Marine vorbehalten bleibt. An dies
fem, oder dem añatiſchen Hafen, war ohne
Zweifel auch zu Caͤſars Zeiten die äguptifche
Flotte ſtationirt; dabingegen eg fcheint, alg
bätten feine eigenen Schiffe in dem kleinern
Hafen Eunokus, an der wetlichen Beite des
Hafendammes geankert. Denn bei dem Miße
trauen, mit welchem er fich dieſer Küfte zu
näpern Urſach haste, laͤßt ſich's nicht wohl
voraugfessen, daß er fich in denen, nur durch
eine enge Mündung zugänglichen oͤſtlichen
Hafen gewagt haben folte, wo er gänzlich in
der Gewalt der aegyhptiſchen Seemacht gewe⸗
fen wäre, die erũ noch kuͤrzlich gegen ihm
gefochten hatte,
238
Anfteengung und gweifelhaftem Erfolge fo.
lange fortgefezt wurde, bis. es Cäfarn ges
fang, gegen die Werfte nahe genug vorzus
bringen, um die feindliche Flotte in Brand
zu ſtekken. Selbſt durch Alerandria, in
das Stadtquartier von Bruchion, verbreis
tete. fih, von hier aus, die verwäftende
" Flamme, Gegen taufend Gebäude wur⸗
den ihr :Raub: aber bejammernswerther,
als Altes, felbft für eine ferne Nachwelt,
war der Untergang des großen und in- feis
ner Art einzigen Buͤcherſchatzes von viers
malhunderttaufend Rollen — der vollftäns
dige Inbegriff des menfchlihen Wiſſens
damaliger Reit — bis zu welchem das
Teuer vordrang, und ihn in Afche vers
wandelte. Caͤſar hatte diefen Unfall eben
fo wenig gewollt, als es in feiner Macht
fand, denfelben zu verhindern,
Doch nicht zufrieden mit dem Bors
theil, welchen die Vernichtung der feinds
lihen Seemacht ihm gewährte, benuzte
ex fofort die algemeine Verwirrung, welche
diefes Ereigniß unter den Aegyptern ers
zeugte, und den Rauch, der weit umher
den Gefihtsfreis verfinfterte, zu einer Lan⸗
139
dung auf der Infel Pharus, bie als eine _
volkreiche Vorſtadt von Alerandria bes
trachtet werden fonnte, und wo er ſich
feft genug fezte, um fünftig feine Zufuh⸗
ren zur See und feine eigne Flotte auf‘
ihrem Ankerplazze zu fihern. So befüms
merte ee ihn weniger, daß das Gefecht
in. den Gaffen der Stadt zu Feiner Ent
ſcheidung führte; doch gab er in der naͤch⸗
ſten Nacht verfchiedene Poften auf, die
ihn einem Neuen Angriff blos geftellt has
ben würden: befeftigte fi in der Folge
durch aufgeworfne Verſchanzungen in den
Übrigen, und lies fein vornehmftes Augens
mer dahin gerichtet ſeyn, vermittelft eines
zwiſchen inne liegenden Theaters, welches
in ein Kaftell verwandelt wurde, die uns
mittelbare Verbindung mit dem Hafens
damme *) und durch denſelben mit Ider
Inſel Pharus zu unterhalten,
) Diefer Damm, welher im Verfolg bes
Krieges noch eine fo wichtige Rolle fpielt,
war durch Kunf aufgeführt, maaß goo tö«
miſche Schritte in der Länge, und bieng au
feinen beiden Enden durch zwei Heinerne Orüfe
u
Als fey iedoch die Verwikkelung bes
großen Schaufpiels, welches der Welt
hier dargeboten wurde, bisher noch uns
vollfommen gemefen, mußte gerade iezt
noch eine neue Mitfpielerinn auftreten und
den Knoten noch unaufldslicher ſchuͤrzen.
Die Prinzefin Arfinoe, Cleopatrens jüns
gere Schweſter, welche, wie es fiheint, mit
Ahr nach Alerandria gefommen war, fand
Gelegenheit, dem engern Berwahrfam, wor
zin fie von Cäfar gehalten wurde, ſich
heimlich. zu entziehen und hinaus in’s Las
ger unter Achillas Schuz zu flüchten. Auss
\ führen des Ehrgeiges auf einen, fo gut als
fen fowohl mit der Stadt, als mit der In⸗
fel, zufammen, Bon feiner Länge, von ſie-
ben Stadien, führte er den Namen Hepta⸗
Radium; und die eben erwähnten Brüden
waren von fo meiser Bogenſpannung, daß
die Schiffe, unter denfelben, binweg, von Gi⸗
nem Hafen In den Andern laufen tonten. —
Daß übrigengdie Inſel ſelbſt durch ihrenbeücht ·
rhurm — ein Werk von wunderbarer Pracht
“and Küpnbeit, in des Knidiers Softratus-Geifk
empfangen und von ihm ausgeführt — feit der
Zeit des Königs Btolemäus Bhiladelnhus fch
auszeichnete, bedarf, als algemein befannt,
bier kaum einer befondern Erwähnung.
. Ber
erfedigt geltenden Thron feinen fie zu
dieſem gewagten Schritte bewogen zu bar
ben: doch wenn der Feldherr ſie vielleicht
Anfangs, um ſich ihres Namens mit Vor⸗
theil zu bedienen, nicht ohne Vergnugen
in feinem Lager aufnahm, fo bemerkte er
bald, mit fteigender Unluſt, die Beftrebuns
gen der Prinzefin, fih durch reihe Ges
ſchenke und noch freigebigere Verheißun⸗
gen einen Anhang in dem feilen Heere
zu gewinnen; und wie gefliſſen auch er
ſelbſt ihr durch die nemlichen Mittel ent⸗
gegen wirken mochte, fo kam doch feine
Gegneriun iedem ferneren Berfüch feiner
zift oder Gewalt durch einen entfheidens
den Gewaltſtreich zuvor. Pompeius Echats
ten fah feinen Tod durch gleihen Meu⸗
chelmord an feinem Mörder vergolten;
und der Kämmerling Ganymedes, welcher
diefen, fo wie bie früheren Schritte der
Konigstochter geleitet hatte, trat in dem⸗
felben Augenblick, auch, von ihr ernannt,
in Achillas glänzenden Poſten.
Biel iedoch fehlte, daß Caͤſar durch
dieſen Wechſel der Herrſchaft und der
Kriegeverwaliung etwas gewonnen ‚hätte!
142
Micht nur die Erbitterung der Alerandris
net, welche ſich in immer neuen Ruͤſtungen
und Truppenaushehungen, felbft unter den
Sklaven, bewährte, blieb fih gleich, fons
dern auch der neue Feldherr entwifkelte in
biefer, ihm fo fremde fcheinenden, Lauf⸗
. bahn eine Thätigfeit, Einfiht und Kuͤhn⸗
heit, welce felbft das Talent feines Vor⸗
gängers in Schatten ftellte. Gleich feine
erfte Unternehmung folte den Beweis hie-
von führen; und ein Genie,' wie Cäfars,
und eine Ausdauer, wie feiner verſuchten
Truppen, wurde erfordert, fih den, mit
unausbleiblichem Verderben drohenden, Fol⸗
gen derſelben zu entziehen.
Ganz Alexandria empfing fein Trink
waßer aus dem weftlichften Arme des Nils,
der fein Gewaͤßer, an den füblichen. Mauern
der Stadt, in den See Marestis „ergoß.
Allein um den darin aufgelöften Shlamım
und andre, für die Geſundheit ſchaͤdliche
Beimiſchungen abzulegen, mußte dies Waßer
zuvor in den Eifternen ſich abgeklärt has
ben, womit iedes Haus in feinem Innern
verfehen war, und die durch unterirdifche
Röhren mit dem Strome und unter eins
143
ander in genaueſter Verbindung ſtanden.
Ganymedes, der fih Meifter von den obern
Quartieren der Stadt fah, von wo dieſe
Kandle ſich niederwärts verbreiteten, bes
gann mit dem Verſuch, diefe Waßerleituns
gen und ieden neuen Zufluß, ringe an Ca⸗
ſars Poftenferte entlang, mit Sorgfalt zu
verfiopfen: aber nicht zufrieden, feinen
Gegnern den Fünftigen Mangel an Trinks
waßer vorbereitet zu haben, fann er zus
gleih darauf, ihnen felbft ihren gegenwaͤr⸗
tigen Vorrath in den Eifternen durch die
Deimifhung von Seewaßer ungenießbar
zu machen. GSchöpfräder und alle Kunfts
mittel einer, in diefem Theile der Mecha⸗
nie fo vorzüglich -geübten Nation, wurden
alfobald in Bewegung gefezt, die gefalgene -
Meeresfluch in die Höhe zu leiten, und
duch die, dazu vorbereiteten, KRandle im
das feindliche Stadtviertel abzuführen.
Schr bald fpürten die Legionen eine
Veränderung in dem Gefhmad ihres Gr
tränfs, die ſich mit tedem Augenblick weis
ter verbreitete und ihnen nur die gräßliche
Ausfiht auf ein nahes Verdurſten Abrig
ließ. , Beſturzung und Muthlofigkeit bes
24 -
gann, ſich der Gemuther zu bemaͤchtigen,
denen es eben fo unmoͤglich ſchlen, den
Paz, welchem es an einem fo weſentli⸗
Gen Beduͤrfniß fehlte, noch länger zu bes
haupten, als ſich aus demfelben ohne gleiche
Gefahr zu entfernen. Ihr Geſchrei ers
reichte Caͤſars Ohren, deßen Befonnenheit
nicht lange nah Gründen der Beruhigung
umherſuchen durfte, um feine Eräftigen Err -
mahnungen zu Much und Ausdauer zu
unterſtuzzen. Er ließ fie bemerken, daß in
ihrer gegenwärtigen Lage, wo man ſich des
feindlichen Andrangs nur mit Mühe bins
ter den aufgethärmten Bolmerfen erwehre,
eine Einfehiffung,; im Angeſicht der- vielfach “
überlegenen Xegypter, ſo wie fie mit feis
ner Ehre unverträglich ſey, auch nicht eins
mal eine Möglichkeit des Erfolgs verſpreche.
Man müße lediglih darauf denken, den,
Feind zu fehlagen, und, bis die erwartes
sen Verſtaͤrlungen erfchienen, um feines
Fußes Breite weichen. Fehle es, für die
fen Augenblick, an trinfbarem Waßer, fo
dürfe man nur, um beßen genäglich zu
finden, ohnfern des Geeufere, in dem
- Sande darnach graben, Oder follte ia,
wie
245
wie in fo manchen Dingen, Aegyptens Bos
den diefe Vorausſezzung taͤuſchen, fo bleibe
es dennoch, fo lange das Meer ihm offen
ſtehe und der Feind ohne Flotte ſey, in
feine Macht geftelt, fih bei allen Winden,
von entferntern Punkten der Kuͤſte her,
mit dem nöthigen Getränk zu Schiffe zu
verforgen. .
" Troſtgruͤnde von fo triftiger Art wirks
ten, was fie follten. Der Verſuch mit
Brunnengraben ward ohne Aufſchub anges
ſtellt und — bewaͤhrt gefunden. Denn
wenn ‚dies Waſſer vielleicht auch einigen
Salzgeſchmack beibehielt, fo blieb es doch
geniefbar; und während die Alerandriner
eine große Kraftanftrengung vergeblich aufs
gewandt hatten, fanden die Cäfarianer
felbft in dem befiegten Drangfal den er⸗
hoͤhten Muth, ſich neuen und noch drüfs
Tendern unbezwinglich entgegen zu werfen.
Die Beftüemung der Verſchanzungen ges
gen die Etadtfeite wurde unaufhörlih er⸗
neuert; aber auch die Ausfälle der Legios.
nen fanden immer größeres Erſchwerniß
durch die Werke, welche die Alerandriner
den römifchen Wällen.in ieder Straße und
4 Band. K
146
iedem Gaͤßchen dreifach Hintereinander aus
Quaderſteinen und bis zu einer Höhe von viers
39 Schuhen entgegenthürmten. Ihre uns
ermeßliche Wohlhabenheit ſezte fie in den
Stand, die Koften folher Unternehmung
zu beftreiten ; und nicht minder bewährte
ſich ihr Erfindungsgeift in der gelungenen
Nahahmung von Rollthuͤrmen, die über
all, 100 es Noth that, hinbewegt würden,
und der Anwendung isder andern Art von
Kriegsmafchinen, worin fie nicht felten für
gar ihre Mufter Übertrafen. In Afen
regte ſich der gleiche Abſcheu, Aegypten,
wie es immer fichtliher den Anſchein ger
wann, durch Caſar zu einer römifchen Pros
vinz berabgerohrdigt zu fehen; und eben
fo waren fie überzeugt, daß ihr Widers
fand nur fruchten Fönne, fo lange noch
die herrſchenden Winde ihn von ieder Uns
terſtuͤzzung abſchnitten.
Allein auch Caͤſar verdoppelte + ſeine
Anſtrenaungen, um den engen Raum, den
er beherrſchte, nicht nur durch immer neue
Schuzmittel zu ſichern, ſondern auch all⸗
mählig zu erweitern. Zwar widerſtanden
die ſtarken Mauern und Gewölbe der Ges
247 ,
bäude ieder fernern Gewalt des Feuers:
doch aus ben verlaßenen Käufern felbft ließ
er, durch gebrochene Deffnungen, die Maus
erbrecher gegen die nachſt anftoßenden Wände
foielen und auf den dadurd gewonnenen
Schutthaufen feine Verfhanzungen, Gra⸗
ben und Abſchnitte ausdehnen. *).
Vornehmlich verfolgte der Imperator
den Zweck, ſich zum Meiffer. desienigen
Viertels zu machen, welches da, wo noͤrd⸗
lich das Meer und von Saden der See
Mareotis die Stadt am meiften einengen,
biefelbe in ihrer ganzen Breite durchfchnets
det. Er gemann alsdbann den doppelten
Woreheil, die Alerandriner im zwei unzus
fammenhängende Maffen zu trennen und
dadurch die Kraft ihres Angriffs um eben
) Sollte man nicht glauben, fich bier in
die neuefte Belagerung von Saragoſſa ver-
fezt zu. fehen, wo ſich Frangofen und Spas
niet, mitten in der Stadt, den Befiz einzel⸗
ner Häufer und Quartiere mit gleicher Hart ·
näffigkeit fireitig machten? — nur daß hier
der unterirdifche Minenkrieg das leiftete, mas
Cäfar der Kraft feiner Stuemböfte vers
dantte.
82
148
fo viel zu fehwächen, als er ſelbſt die ſei⸗
nige freier und thätiger konnte wirken far
sen; fo wie er ſich auf diefem Wege nicht
minder eine Gemeinfhaft mit dem See
eröffnete und an deſſen geänenden Ufern
felbft einige Aushälfe für die Finterung
feiner Reiterei erwarten durfte.
Endtih ſchien iedoch ein Hoffnungs⸗
ſchimmer für, Caſars drangvolle Lage in
der Ankunft der ſieben und drelßigſten
Legion aufzugehen, welche, urſpruͤnglich aus
Pompeianern zuſammengeſezt, nunmehr dem
Gluͤkke des Siegers folgte und von Dos
mitius Calvinus, den erhaltenen Befehlen
gemäß, mit vollftändiger Ausrhftung war
eingefhifft worden. Die Winde hatten
diefe Transportflotte etwas oberhalb Ales
xandria verſchlagen, wodurch fie verhindert
wurde, dieſen Hafen ſofort zu erreichen,
und weshalb fie ſich einſtweilen an einer
bequemen ‚Stelle der Kuͤſte vor Anker legte.
Zu Begierig, ihre Vereinigung mit feiner
geringen Macht zu bewirken, ale daß er
eine ungewiſſe Veränderung des Windes
hätte erwarten mögen, gieng Cäfar den
erwuͤnſchten Antömmlirigen mit feiner gan
149
gen Flotte, wiewohl ohne Bemannung von
Landtruppen, welche in den Verſchanzun⸗
gen nicht wohl zu entrathen waren, zu
ihrer Sicherſtellung entgegen.
Denn allerdings hatten die Aegypter
die Einbuße ihrer alexandriniſchen Flotte
nicht fo yleihmüthig ertragen, daß fie nicht
mit angeftvengtem Fleiße verſucht hätten,
eine neue Seemacht aufjuftellen, welche
ihnen bald bedeutend genug fhien, um -
mit derfelben angriffsweife zu verfahren.
Nie zeigte ſich ihnen auch die Gelegens
heit bequemer, um mit Einem Streiche
ſowohl die angelangte Verfärfung zu ver⸗
eiteln, als uͤber des Imperators wehrloſe
Kriegsflotte einen wohlfeilen Sieg davon
zu tragen. Schleunigſt wurde demnach
Alles, was von Schiffen ſich in der Nähe
amd in fegelfertigem Stande befand, mit
Truppen angefüllt, und ſtach mit dem Vor⸗
ſaz in See, ſich dem Feinde bei ſeiner
Rackkehr in den Weg zu legen, und ihn
von Alerandria abzufcpneiden.
Gewiß iſt's, dag Caͤſar, da er ſie un⸗
erwartet anrukken ſah, ein Treffen gern
vermieden hätte, auf das er fo wenig ges
150
faßt war, und das gänzlich außer feinem Plane
lag. Seine ganze Flotte‘ erhielt Befehl,
ſich in einer engeren &telung der Küfte
näher zu legen, wohin die größern Schiffe
des Feindes ihm zu folgen vielleicht Anftand
nehmen möchten. Dennoch befolgte eine
shodifhe Galeere auf feinem rechten Flür *
gel diefe Anordnung fo faumfelig, daß fie
weit unter dem Winde zu liegen fam und
den Xegyptern eine zu willkommne Beute
darbot, ale daß fe nicht mit mehr als
vierfacher Uebermacht, taſch auf diefelbe -
tosgegangen wären. Cäfar hatte nur die
Baht, fih duch die Wegnahme dieſes
Schiffs vor feinen Augen befhimpfen zu
laßen, oder das Zeichen zum allgemeinen
Angriff zu geben. Das Lestere geſchah;
und die Rhodier, welche Hier den ſchimpf⸗
lichen Vorwurf einer Vernachläßigung von
Fi abzumehren hatten, übertrafen ſich ſelbſt
in Muth und Geſchicklichkeit der Wendun⸗
gen an diefem Tage fo fehr, daß der Sieg
nicht, lange zweifelhaft blieb. Der Feind
wid mit entfchledener Einduße an Wolf
und Schiffen. Nur die zu früh eintres
tende Dunkelheit rettete den Reſt vor eis
151
nem ähnlichen Schickſal; der Sieger aber
fand nun fein Hinderniß mehr, fein Huͤlfs⸗
geſchwader durch die Galerren im Schlepps
tan nach Alerandria führen zu laßen.
Der Verluſt diefes, durch die bloße
. Anftrengung der cäfarifhen Seeleute ent
fhiedenen, Treffens, gab den Aegypten eis
nen zu deutlichen Beweis von der über
legnen Geſchicklichkeit derfelben, ale daß fie
nit, anftatt ihren Feind noch ferner im
der hohen See aufjufuhen, lieber ihre
Kräfte gegen einen Punkt gerichtet hätten,
wo fie dieſe Ueberlegenheit minder fuͤrch⸗
ten durften und dennoch Caͤſars Herrſchaft
zur See einen empfindlichen Stoß verfep
zen konnten. *) Sey es nemlich, daß feine
Eine große Luͤkke in des Hirtius Ges
ſchichte des alexandriniſchen Krieges unter⸗
bricht bier, ſehr sur unzeit, den Faden der
Ereigniße; wofür die ſchwankenden Berichte
der Übrigen Geſchichtſchteiber ung nur einen
Febr ungenügenden Erſaz gewaͤbren Ich babe
mich bier bemüht, dieſe Lüfte durch einige
Coniecturen zu füllen, welche theilg aus ienen
fellvertretenden Angaben zu fhöpfen waren,
theils aus der weitern Erzaͤhlung des Hirtius
als nothwendige Praͤmißen folgen.
152
frühere Unternehmung gegen bie Inſel
Pharus ihn nicht in den völligen Beſiz ders
ſelben fezte, oder daß 'er fich auf diefem
Punfte allmählig für zu fiher hielt: —
genug, wir finden die Alerandriner in eis
nem, um etivas fpätern, Zeitraume nice -
bloß wiederum als Meifter diefes wichtigen
Pofteng, und, in deßen Folge, auch des
ftlihen Hafens, fondern felbft aud das
Heptaftadion den Römern entrißen; und
Diefe Reihe von bedeutenden Vortheilen
ſcheint fogar vorausjufeggen, daß den Ae⸗
gyptern auch in dem, von Caſars Waffen
behaupteten Stadtquartiere mehrere gluͤck⸗
liche Eingriffe gelungen feyn mußten, wo⸗
durch daßelbe von dem unmittelbaren Zur
fammenhange mit dem Hafendamme abges
fehnitten worden. Wenigſtens fehen wir
den Imperator (defen Flotte wir ftets im
dem weftlihen Hafen aufgeftelt annehmen
möüßen) ausfchließlic damit befhäftigt, die
feindlichen Stadtviertel an diefer nemlichen
&eite vermittelt derſelben anzugreifen, fo
wie feine Gegner bemhht, ſich dagegen vom
der Höhe ihrer Käufer herab und dur
153
vorgebaute hölzerne Gerüfte zu vertheldi⸗
gen. *)
Allein eben dieſe ungehinderte Werk
thätigfeit der römifhen Seemacht fezt auch
eine abermalige Laͤhmung oder Vernichtung
der ihr entgegengefezten, durch wiederheite
Gefechte, voraus; und wenn uns gleich
Aber Vorfälle von fo hoher Bedeutung die
nähern Nachrichten mangeln, fo erhellt doch
fo viel, daß diefe abermalige Einbuße der
Alerandeiner nicht weniger, als gegen funfs
39 große und Heine Schiffe betragen has
ben könne. **) Bald waren fie in einem,
*) Aus diefen veränderten Punkten des An⸗
grifs dürfte man, fo wie aus dem fpätern
leichten Vorbringen der Alexandriner gegen
den Hafendamm, wohl ſchließen, dag Caͤſar
in dem von ihm behaupteten Stadtviertel bes
deutende Einbußen erlitten haben mußte. Ge»
wiß aber wurde feine Lage mit iedem Tage
drangvoller; und fie allein würde binreichen,
ſeine Nachgiebigkeit gegen die Forderung deg
Hegypter, ihnen ibren tungen König auczu⸗
liefern, gu erklären.
0) Es könnte nathrlicher fcheinen, die Ver⸗
brennung der feindlichen Flotte im Hafen,
deren oben gebacht worden, in diefen ſpaͤtern
154
Buftande der Erſchopfung, ber ihnen nice
mehr erlaubte, fi in ofnem Kampfe mit
ihren Gegnern zu meßen; fondern befchränft
auf den Umfang des größern Hafens, wage
gen fie es nur iezuweilen, unter den Bruͤk⸗
Tenbogen des Hafendammes mit ihren klei⸗
nen ‚Fahrzeugen hervorzufchläpfen und Ca⸗
fars Flotte durch plözlihen Ueberfall zu
neffen, oder einzelne Schiffe abzuſchneiden
und zu verbrennen.
Zeitraum zu fesgen, und daraus die Schwie⸗
tigfeit zu erklären, welche die Alegandeiner
gu überwinden hatten, um eine neue aufjue
fellen. ABein Cäfar fest iene Maaßregel zu
beſtimmt gleich in den Anfang der begonnes
nen eindfeligkeiten, (vergl. Bürg. Kr. B. III.
8. 111.) als dag ſich eine folche Verwechſe⸗
lung der Beiten rechtfertigen ließe, Jener
Verluſt betrug etwa 70 Segel: da aber Hirs
tius (R. 19.) von iao verlornen Schiffen
ſoricht, fo mußten noch gegen 50 Fahrzeuge
in ſpaͤtern Gefechten darauf gegangen fepn.
Wo und wie diefe vorfielen, möchten wie
dielleicht aus Dio Caſſius (B. 42. K. 33 und
40.) lernen, wo er berichtet: die Alegandris
ner bätten befürchtet, im Hafen felbft ange
griffen zu werden, und deshald den Entfchluß
gefaßt, den Eingang deßelben, bis auf eine
"158 j
Noch aber gab Ganymed's Fühner
Muth die Hofnung nicht auf, den Römern
auch auf: diefem ungetreuen Elemente die
Palme wieder zu entreißen, und feine Zus
verfiht, fo wie feine Ermunterungen, bes
lebten wirklich den Eifer feiner Landsleute
in dem Maaße, dag der Gedanke, noch
einmal eine Seemacht in’s Leben zu rufen,
ſchnell zur That gedich. An tächtigen See⸗
leuten konnt' es in, einer fo bedeutenden
Beine Defnung, zu verfchätten; worauf Caͤ—
far dieſe vollends ducch Steine in verſenkten
Laſtſchiffen verfperren laßen. Gpäterhin babe
Ganpmed, mit einer neu errichteten Flotte,
die Römer unvermuthet angegriffen, ihre
Tronfvorsfchiffe verbrannt oder mit ſich forte
geführt, und, nachdem er den verfiopften Has
fen wieder eröfnet, feinen Gegnern viel zu
ſchaffen gemacht. Allein fo, wie er dies lege
tere Factum mis dem gleich darauf folgenden
Angrif gegen die Dammbräfezufammenitelt, -
ergiebt ſich's genugfam, daß er die hierbei
* flattgefundene Verſchüttung mit iener Hafene
fverre verwechfcht und dadurch einen aber⸗
maligen Beweis liefert, welch ein unſichrer
FZabrer er, fo wie in Allem, fo auch infonders
beit in der Anordnung der kriegeriſchen Er⸗
eigniße it.
Handelsſtadt — felbft nach Alten, was ber
Krieg bisher bingeraft hatte — weniger
fehlen, ‘als an Schiffen und den Mitteln
zur Ausräftung derfelben. In diefer Vers
fegenheit rafte man demnach nicht nur die
Zollſchiffe aus allen Nilmindungen zufams
men, fondern zog felbft eine Anzahl alter,
halb vermitterter Rampfe wieder hervor,
und beßerte fie in biefem Nothdrang möge
lichſt aus, indem man «darauf rechnete, daß
es bier auf Feine weiten Seefahrten ans
Zomme, fondern Kampf und Sieg ohnfern
bes Ufers, oder gar im Bezirk des Hafens,
gelten werde. Als es dann noch an Rus
dern mangelte, bedachte man fich nicht, das
Gebaͤlk mehrerer öffentlichen Gebäude zu -
diefem Gebrauch zu verwenden; und eine
gleihe Erfindfamfeit legte fih in der Abs
Hülfe iedes andern noch aufftoßenden Bes
dürfnißes zu Tage.
Auf diefe Weife darf es nicht befrem⸗
den, wenn Cäfar, binnen unglaublich kur⸗
ger Zeit, unter feinen eigenen Augen gleiche
" fam,.eine Flotte von fieben und zwanzig
fünfs und vierrudrigen Galeeren (die klei⸗
nen unbedeckten Fahrzeuge ungerechnet) ents ,
257
ſtehen ſad, welche, Aberfläßig bemannt, im
Hafen ihre Voräbungen zum Treffen ans
ſtelten. Seine eigne Schifsmacht zählte
zwar einige Seegel mehr: doch wid fie
iener in der Größe der Galeeren. Allein
nie gewohnt, dergleichen Unterſchiede aͤngſt⸗
lich zu berechnen, fidzte er ſich auf die ſchon
erprobte Tapferfeit feiner Streiter und die
Heberlegenheit feiner Seeleute. Er durfte
aber feinen Gegnern auch Feine Zeit laßen, -
ſich in noch ſchlagfertigern Stand zu fig
gen; und fo ward in feinem Schifsrathe
der unverzögerte Angrif befchloßen.
Der Feind mußte dem zufolge in feis
ner iezzigen Stellung aufgefucht, und alfo
auch der Pharus umfchift werden, bevor
man ſich ihm vor dem Eingange des Has
fens darftellen konnte. Beides gefhah mit
der mufterhafteften Ordnung in zwei, nes
ben einander fegelnden Geſchwadern, denen
ein Ruckhalt folgte, um iede entftehende
Lükfe augenblicklich auszufüllen. Doc) auch
"die Alerandriner fäumten bei'm Anblick
biefer drohenden Bewegungen nicht, ihre
Schlachtlinie von zwei und zwanzig Se⸗
geln und einem zweiten Khlfstreffen, am
158 .
Eingang des Hafens, zu entwikkeln; waͤh⸗
‚rend eine Menge Eleinerer Barken, mit
feuerfangenden Sachen angefült, fie um«
ſchwaͤrmte und mit neuen furchebaren Mit⸗
teln der Zerftörung drohte. Ganz Alexan⸗
dria, auf die Mauerzinnen und Dächer
vertheilt, brannte vor Begierde, der Zeuge
eines Kampfes zu werden, deßen gluͤckhafte
Entfcheidung Caſars Sache unrettbar vers
foren gab; wogegen auch der widrigfte Ers
folg Ahr eigenes Schickſal nicht merklich
serfhlimmern Eonnte.
Noch trennte eine Sandbank, bie ſich
mit einer ſchmalen Deffnung vor dem Ha⸗
fen himog, die beiden Flotten; und feine
ſchien geneigt, ſich durch diefe enge Durchs
fahrt zu wagen, welche es eben fo ſchwie⸗
rig machte, ſich hinter derfelben ſchnell ges
nug wieder auszubreiten, als, bei erlittes
nem Unfall, einen fihern Ruͤckweg zu fine
den. Caſars Verlegenheit ward iedoch ges
endige, da Euphranor, der Führer ſei⸗
nes rhodifhen Geſchwaders — ein Mann
von eben fo feltnem Muth, als Erfahrung
im Seeweſen — fich ihm erbot, mit vier
feiner Galeeren durch diefe Hafenmändung
159
voranzugehen und die ganze feindliche Flotte
fo lange zu befchäftigen, bis die übrigen
Schiffe, unter dem Schuzze dieſes Wag⸗
ſtucke, Zeit und Raum gefunden haben
würden, fich neben ihm aufjuftellen.
Der wakkere Seemann hatte nicht zu
viel verfprochen! Denn wie ungeftäm auch
Die Alerandriner auf dies fehronche Geſchwa⸗
der eindrangen, To ftand es doch ihrem Ans
griffe; vermieb durch gefchicte Wendungen
iedes verfuchte Abftreifen der Ruder; ges
mann immer- mehr Breite, und fejte die
nachruͤkkende Flotte in Stand, ſich ihm all⸗
mählich von beiden Seiten anzufchließen.
Bald verbot der beengte Raum des Hafens
iede weitere Fünftlihe Bewegung. Das
Handgemenge begann zwifchen den einzels
nen Schiffen; und nicht die Geſchicklich⸗
Zeit, fondern das Gewicht der Waffen,
» gab hier den Ausfhlag. Cäfars Streiter
mußten, daß auf der Kraft ihres Schwerd⸗
tes ihr Heil beruhte. Ihm und fich felbft,
wie ihren zufchauenden Kriegsgefährten,
hatten fies gelobt, an dieſem Tage ſich
ſelbſt zu übertreffen und keine in fie ge
feite Erwartung zu taͤuſchen. Keine Tap⸗
- 160 5
ferkeit der Gegner Eonnte ihnen auf die
Länge. widerftehen; und felbft die zugeru⸗
ſteten Brander, auf deren Wirkfamfeit
die Alesandriner fo zuverfihtlich gerechnet
hatten, wurden auf dieſem befchränkten
Kampfplazze unndz, wo ſie ihr Feuer nicht
von ſich fprühen konnten, obne der be
freundeten, wie ber feindlichen Flotte glei
en Untergang zu bereiten. *). Bald
war au der Sieg unwiderſprechlich im
Caſars Händen. Ohne daß die Römer
ein einziges Schiff einbüßten, fahen ſie
drei feindlihe Galeeren vor ihren Augen
’ . fine
*) und doch — wenn fie nun, bei ohnebiũ
aufgegebenem Siege, auch diefes lezte Mittel
der Verzweiflung nicht verſchmaͤht bättem?
Sie gaben danın freilich die Flotte vollends
preis, und vieleicht die größere Hälfte der
Sciffsmannfchaften dazu: — allein was
ward dann aus Caͤſar? — Selbft die Furcht,
diefen Sieg, aus gänilichem. Mangel an
Schiffen, weiter nicht benuuen zu fönnen,
durfte fie nicht zuruͤckſchrekken: denn danu
war wahrſcheinlich auch zugleich der. ganze
Krieg beendigt. .s
101
ſinken, zwei in ihre Gewalt gerathen, und
die übrigen. ſich unter den Schuz der na⸗
ben KHafendänıme flüchten, wohin fie ſelbſt
ihnen nicht folgen durften.
\ Hier offenbarte fih nun dem Impera⸗
tor die Wichtigkeit diefer Damme und des
Beſizzes der Inſel, an welche fie fließen,
zu deutlich, als daß er nicht gewuͤnſcht ha⸗
ben folte, das Schrekken feines Sieges zu
einem unmittelbaren Angrif auf beide zu
benugzen; während eine verftelte Bewegung
gegen die Stadt felbft ieden Beiftand von
dorther vereitelte. Auch der Feind auf der
Inſel Pharus folte, durch einen ſolchen
falſchen Angtif, wozu die großen Galeeren
beftimmt wurden, auf dem entgegengefejten
Ufer irre geführt, dagegen aber die eigent⸗
liche Landung weftlih durd eine Anzahl
flacher Fahrzeuge bewerkfteligt werden. Ca⸗
far erlas zehn Kohorten zu dieſer Unter⸗
nehmung, denen er noch eine Anzahl ums.
beritten gewordener Gallier, als leichte.
Truppen, beifügte; %) und eine ausgejeich⸗
) Auf dieſe eben fo natürliche, ale durch
Hirtkus Tett ſeivũ serehfetgte Beife Täßt
4. Band.
162
nete Belohnung war dem Braven zugeſi⸗
here, welcher zuerft auf der Inſel feften
Fuß faſſen wuͤrde.
Die natärliche Beſchaffenheit des See⸗
grundes umher, wo es von Klippen und
Untiefen mwimmelte, fo wie bas felfigte
ſteile Ufer felbft und die leichtere Verthei⸗
digung von der Höhe deffelben und der
ſich's, ohne ihn einer Ungereimtheit zu bes
zuͤchtigen, erflären, wie Cäfar dazu fam,
biefe gallifchen Reiter zum Angrif gegen eine
Keile, felfigte und von der Beſanung Guß
vor Fuß vertheidigte Inſel einzufchiffen: wo⸗
durch alfo eben fowohl Warnery’s Übel an⸗
gebrachter Spott (Remarques p. 148.) Meg«
fällt, als die von Roͤſch mit minderm Erfolg,
als gewöhnlich, verſuchteZurechtfuͤhrung über«
Füßig wird. Gäfars 900 gallifche Reifige hat⸗
ten, nad) einer Einfchliefung von mehreren
Monaten, und bei gewiß drüffendem Mangel
an grüner Fütterung ‚ ohnſtreitig den größe
ten Theil ihrer Pferde einaebuͤßt. Wie fol«
ten aber fo trefliche leichte Reiter nicht auch
als leichte Fußtrupven erforießliche Dienſte
haben leiſten fonnen? Caͤſars Lage war ob⸗
chin nicht von der Art, um zu den verſchle⸗
denen Gattungen ‚von Felddienſt eine große
Auswabl unter feinen Truppen zn erlauben,
163
Gebäude herab, vereinigten fih bier mit
Sem entfchloßenen Widerfiande der Bes
woohner, der Unterftüggung des noch übri⸗
gen Reftes ihrer Flotte und:ihrer genaueh
Kenntniß des: Fahrwaffere, um die feind:
liche Landung, bier wie dort, zu erſchweren.
Als’ tedoch die Caſarianer fih durch -die
Untiefen glädlich ‚hindurch gemunden hat:
ten, und es ihnen erft an Einem Punkte
gelungen war, das Ufer zu gewinnen, zer⸗
freuten ſich auch die ihnen entgegenftehen:
den Fahrzeuge, deren BDeſazzung ſich dar
auf den Landtruppen anfchloß und mit dens
felben, von der Höhe der Verfchanzungen
herab, vereinigten Widerftand leiſtete. Den⸗
noch glich ihr Rüd.ua einer Flucht‘ fo fehr,
daß fie überall hin Furcht und Werwirs
rung mit ſich brachten und es dadurch den
Angreifenden erleihterten, die Schanzen,
troz dem, Mangel an Sturmgeraͤth, zw
erſteigen. Was nicht unter ihrem Schwerdte
fiel, ſuchte feine Rettung, indem es, über
den Damm hinab, fi in’s Meer ſtuͤrzte
und queer dur den Hafen ſchwamm.
Etwa fehshundert wurden gefangen, die
2a
"264
Gebaude der Inſel aber der Ppiundenung
preisgegeben.
So ſah nunmehr Caſar nicht nur die
Inſel, fondern auch die Bruͤcke, wodurch
dieſelbe mit dem Hafendamme zuſammen
hieng, in feinen Haͤnden. Dieſe leztere
(für ihn ein Gegenſtand von vorzuglicher
Wichtigkeit!) ließ er fogleich befeſtigen und
- mit einer Befazpung verfehen: allein um
die volle Frucht feines Sieges zu erndten
und Meifter des, vom Feinde geräumten
Heptaſtadions zu bleiben, mußte, auch noch
die zweite Bruͤcke am entgegengefezten Ende
dieſes Dammes, melde nad) der Stadt
bhineinfähete, dem feindlichen Beſiz entriſ⸗
fen werden. Des näcften Tages alfo legte
ſich feine Flotte diefem Poften zur Seite;
feine großen Kriegsmaſchinen ſchuͤtteten,
mit den Bogenſchuͤzzen in die Wette, eine
Saat von Pfeilen Aber diefen Punkte, aus,
und machten es der feindlichen Beſatzung
unmöglich, ſich länger auf der Bruͤcke zu
behaupten. &o wie fie den Fuß zuräds
zogen, folgten ihnen aber auch drei aus
geſchiffte Kohorten von .dem Damme ber,
welche dieſen Poften, gegen die. Stadiſeit⸗
165
bin, mit Pfählen verrammelten, zugleich
aber auch den Bruͤckenbogen, welcher den
Feinden, bei. ihren bisherigen Verſuchen
. gegen Cäfars Flotte zur Ducchfahrt gedient,
mit herbeigefchleppten Steinen zufüllen folls
ten; — eine Arbeit, die, wenn fie hätte
volführt werden Finnen, das Ducchfchläps
fen felbft des Eleinften Machens verhindert
haben würde. —
Es fand nicht zu erwarten, baß die
Alerandriner dies ruhig wuͤrden gefchehen
laßen. In der That boten fie auch für
fort ihre ganze Macht auf, um gegen die
Bräde, von der Stadtfeite her, anzuftürs
men, während ihre Kriegsbarken ſich ders
felben und dem Hafendamme von ber dfts
lichen Seite näherten und ienen Angriff
. unterftözten. Noch fämpfte man mit fteis
gender Erbitterung, als die Ruderer und
das Schiffsvolk der cAfarifhen Galeeren,
weiche außer dem Bereich des Gefechtes
jagen, entweder von Meugiet, oder unrus
higer Kampfluft getrieben, häufig die Schiffe
verließen, und auf dem Damme, im Ruͤk⸗
ten der Brädg, zufammenftrömten. Ihre
" Gegenwart und die Kraft ihrer Wurfwaf⸗
266
fen hielt Anfanas die feindlichen Fahrzeuge
in fcheuer Entfernung; bis Diefe endlich,
höher am Damme hinauf, eine Landung
bewerkſtelligten 'und nun den unordentlich
zuſammengelaufenen Haufen mit Macht
vor ſich her draͤngten. So wie ſich hier
die Zahl der Gelandeten,! mit ihrer Zu⸗
verfiht, mebrte, und um die. Weihenden
her der Raum ſich verengte, ftieg auch
Bei den Lejtern der Schreck und die Bers
wirrungz der Vorwiz verwandelte · ſich ſchnell
in Muthloſigkeit, und Alles ſah ſich nach
Flucht und Rettung in die kaum verlaße⸗
nen Schiffe um. Selbſt am Borde zog
man, mit übereifter Haſt, die Schiffsleis
tern ein, um nicht, mit den Flüchtlingen
zugleich, die nachdringenden Werfolger bei
ſich aufjunehmen, :
Ein :niederfchlagender Anblick für die
drei Kohorten auf der Bruͤcke, welche von
vorne her mit Wuth beftärmt, nun auch,
verlaßen von den Ihrigen, den Feind im
Rüden fühlten und ſelbſt nicht einmal auf
eine fihre Zuflucht zu ihren Schiffen mehr
zu rechnen hatten! „Was nicht, in der Rath⸗
loſigkeit eines gebrochenen Gegenwehr, uns
167
ser bem Schwerdte ber Alerandriner gu
Grunde gieng, ftärzte ſich mit Uebereilung
im die nächften. Fahrzeuge, welche aber, zu
einem gutem Theile an Mannſchaft Übers
faut, in den. Wellen verſanken. Wenige
waren ſo gluͤcklich, auf Kaͤhnen, oder
ſchwimmend aut ihren, Schilden; die weis
ter abwärts anfernden. Schiffe zu erreis
hen. Die Brüde ſelbſt gieng, unrettbar
und mit einer- Cinbufe von. vierhundert
2egionariern, nebſt wenigfteng, der gleichen
Zahl von.Seeleuten, verlohren,
Caſar felbft, mitten, im Gewuͤhl der
Erſchrockenen, hatte. lange verfucht, fe durch
feine &timme und fein Beiſpiel Jur mus
tigen Fortfegzung des Gefechte zu ermuns
tern. Als er aber Alles taub, gegen fein
Zureden und ſich ſelbſt in fteigender Ge⸗
fahr erblickte, blieb ihm nur übrig, dem
unaufhaltſamen Strome der Fliehenden
zu folgen. Zwar erreichte ex feine Barke:
allein in der allgemeinen Verwirrung war
es eben fo unmöglich, fie vom Ufer abzu⸗
fleßen, als das finnlofe Eindringen ber
‚Menge z0 verhüten. Jeden Augenblid
mußte er, entweder die Gegenwart des
168
Feindes, oder das Sinken des Fahrzeugen,
erwarten. Beiden zu entgehen, entfchloß
er fih zu einem rafchen Sprunge lin die
Wellen; hielt body in der Linken eine Ans
zahl wichtiger Papiere, bie er nicht wollte
naß werden laßen, empor; ruberte ſich
mit der Rechten vormärts;- tauchte unter,
fd oft von dem Damme nad ihm geſchoſ⸗
fen wurde; ſchleppte feinen abgeftreiften
Purpurmantel, der die freie Bewegung
des Schwimmens verhinderte, mit den
Zähnen nad; mußte ihn zivar endlich fahr
ven laßen, aber genoß auch, nach einem
äurädigelegten Wege von-zweihundert Schrits
“ten, ben ſchoͤnen Lohn feiner Geiftesgegens
wart, fih am Bord der näcften Galeere
gluͤcklich gerettet zu fehen. Hinter ihm
verfanE feine Barfe wirklich, von Fluͤcht⸗
lingen überfüllt, in die Tiefe; ben Mans
tel, von mehreren Pfeiten durchbohrt, ſiſch⸗
ten die Ulerandriner alfobald aus dem
Meere auf; und in dem ſchmeichelnden
Bahn, daß fein Beſitzer den Wellen zum
Raube geroorden, fügten ſie ihn, ale die
koſtlichſte Beute, der Trophäe bei, welche
fie diefem Siege zu Ehren aufrichteten.
269
Nur zu bald indeß überzeugte fie Ca⸗
far von feinem Leben und feiner ungebros
denen Kraft!. Zivar fäumten fie nicht, die
wiedergewonnene Bruͤcke, duch daneben
aufgeworfene neue Werke, aufs ſorgfaͤl⸗
tigfte zu verwahren und die verftopfte
Durchfahrt wieder zu öffnen: doch eben fo
wenig auch ließen die Legionen ſich eins
ſchuͤchtern, ‚und was auf diefer Einen
Seite verlohren gegangen, wußte !ihr ges
reiztes Ehrgefühl anderweitig um fo nach⸗
drüdticher gewinnreich einzubringen. Def -
ter mußte ihr Verlangen nach Arbeit und
Kampf von Cäfar gezügelt werden, als es
dazu des Sporns feiner anfeuernden Worte
bedurfte. Anftatt ſich Durch die immer ,
weiter hinausgeruͤckte Dauer diefer gefpanns
ten und vermidelten Lage ermattet zu fuͤh⸗
len, wuchs nur der Troz, fie fiegreih ums
wugeftalten, zugleih mit der Hoffnung/
endlich durch die täglich erwarteten Ver⸗
ſtarkungen fih in den Stand zu ſetzen,
mit erhöhten Nachdruck zu Werke zu gehen.
Ob Cäfar felbft diefe Erwartungen in
feinem Innern mit der nemlichen frohen
Zuverſicht nährte, wie er ſich Außerlich das
270
Anfehn gab, möchte fih nur ſchwer ent«
ſcheiden laßen. Oder war es wiederum.
nicht ſowohl das Mißtrauen in feinem.
gluͤckhaften Stern, als nur die fo oft ſchon
erprobte Waffe der Lift und einer uner⸗
gruͤndlichen Kunft der Politik, was ihm
bewog, ſich feinen Gegnern, wo möglich,
auf einem friedlichern Wege zu nähern?
Schon dfter. hatte er den tungen König,
defen gezwungenen Aufenthalt in den rd⸗
mifchen Quartieren mit Cleopatrens freis
toilfigem Verweilen einen auffallenden Ges
genfay bildete, den Alerandrinern an ei⸗
nem erhabenen Drte vorgeführt und ihm
Worte des Friedens und der Verſohnung
in den Mund gelegt. Allein wie heilig
fie Diefer auch verſichern mochte, daß er
feine Gewalt erleide und daß es, zn Fuh⸗
rung feiner Sache, Feiner Waffen bedärfe,
fo Lehrte doc der Augenſchein zu deutlich
das Gegentheil, als daß feine Worte eint
gen Eindrud hatten machen fönnen. *)
*) Auf eine wunderbare Weiſe äbnelt in
diefim, wie in vielen andern Zügen, Caͤſars
Aufenthalt in Alexandrig der Enge, worin
E72
Sey es nun, daß ber Gedanke in den,
- um des fungen Ptolemdus) Perfon geblies
benen, Räthen zuerft entftand, oder daß
er ihnen von Caſar ſelbſt an die Hand ge⸗
geben wurde: — *) genug, es wurde durch
einige alergndrinifhe Abgeorditete bei ihm
der Wunſch zur Sprache gebracht, daß der
König, ihr rechtmäßiger Herr, in die Mitte
feines Volks zurüdfehren möchte, um dem
inneen Zwieſpalt defelben, Arfinoens Ans
maßungen und Ganymeds drüffender Herr
ſchaft, fo wie dieſer verderblichen ausmärs
ber Eroberer Neufpaniens, Corte, ſich in
der Hauptffadt Megico befand; und es wäre
vielleicht eine interehante Aufgabe, diefe Bas
rallele biftorefch ducchiuführen. Beide große
Menſchen können durch das Licht, welches fie
gegenfeitig auf fih werfen, in unferer Bes
wunderung nur gewinnen; von Beiden laͤßt
fih’6 mit. Gewißbeit vorausſenen, daß fie,
auch mit gewechſelten Rollen, Jeder die Sei«
"ige, mit Ehren durchgeführt haben würden, < "
*) Hirtius fagt zwar bievon nichts, und
konnte «6 vieleicht nicht einmal wißen; als
lein der ganze Gang der Unterhandlung ſcheint
doch auf einen folchen feinen Zug von Caͤſars
Bolielt gu deuten. J
272
tigen Fehde, ein Ende zu machen. Wenn
gleich der Imperator ſich von dem Einfluße
des unerfahrnen Juͤnglings fo große Wir:
Zungen ſchwerlich verſprechen durfte, fo hatte
ſich doch bereits die Unnhzlichkeit feiner läns
geren Haft zu deutlich erwiefen; und feine
Freigebung (ungerechnet, daß fie den Schein
der Großmuth auf Caſarn zuruͤckſtrahlte)
konnte leicht neue Partheyungen unter den
Aegyptern aufregen, woedurch ihre Kräfte
zum Widerftande gelaͤhmt, und — worauf
bier Alles anfam! — Zeit gewonnen werden
Tonnte. Jenes Verlangen ward demnach
genehmigt, und dem üͤderraſchten Gefans ,
genen die unbedingte Erlaubniß,- ſich zu den
Seinigen zu begeben, angekündigt.
Wohl durfte Caſar fich’s zutrauen, durch
die väterlichen Ermahnungen, womit er den
iungen König entließ, fein Herz für ſich
gewonnen zu haben. Er erinnerte ihn an
feine Pflicht, das wahre Wohl feines Erbs
reiche in’s Auge zu faßen, den Glanz feis
nee Haupiſtadt nicht noch tiefer unter ih⸗
ren Trümmern zu begraben, feine Unter
thanen zur heilfamen Beſinnung zuräczus
führen, und fo ihm felbft und dem römis
3 N
ſchen Volke feine Dankbarkeit zu bethätigen.
Der Prinz, unfähig, der Bezauberung dies
fes Mundes zu widerftehen, brach in Thra⸗
nen aus und geftand fein Unvermögen, ſich
von Caſars Nähe zu trennen; wogegen felbft
der Thron feinen Reiz für ihn habe. Er⸗
griffen von der Innigkeit diefes Gefühls,
eröftete ihn der Imperator: „Mit einem
ſolchen Herzen wirft Du überall dem meir
nigen zunächft ſtehen!“
Und dennoch war Caſar in biefem Aus
genblick, wenn auch nicht von der tiefen
Verftellungskunft des Jünglings felbft (mit
wir zut Ehre der menfchlihen Natur glaus
ben wollen) *)-fo doch von feiner eignen
Hirtius Verfiherung vom Gegentheile, .
"indem er des Bringen fichtbare Rührung für
beuchletifche Fteuderthraͤnen über feine wohl⸗
gelungene Lift erflärt, darf uns in dieſem
Glauben nicht tere machen, fobald wir ers
wägen, wie ſchwer dem Gefchichtfchreiber bag,
dennoch nicht ganz zu, verhehlende, Geſtaͤnd⸗
niß ankommen mußte, dag Cäfar fich bier in
feiner Lift verrechnet babe. Wahrer aber
trift er in dem naiven Bekenntniß zum Ziele,
daß der Feldherr bier nicht ſowohl dem Ein⸗
374
Politik hintergangen! Zwar Arfinse und
ide Schuͤzling Ganymedes wichen, ohne
daß die nähern Umpftände diefer Verande⸗
Yung flar am Tage liegen, alfobald in den
dunfeln Hintergrund zuräd: allein von eis
nem Wechfel der Gefinnungen gegen den
Imperator war dabei fo wenig die Rede,
daß vielmehr Ptolemäus (nad, wie vor,
ein willenlofes Werkzeug in den Händen
feiner Leiter) nunmehr perfönlih an die
Spitze des Heeres trat und die Feindfeligs
Zeiten lebhafter, als iemals, fortgefegt wur ⸗
den. Der vorzüglicfte Grund diefer.er
höhten Thaͤtigkeit Ing iedoch wohl. in den
ftets fteigenden Gerüchten von den Verftärs
tungen, melde, aus Syrien ber, für die
Römer im Anzuge feyn folten; und fo war
es ‚denn die" Bedingung der eigenen Ret⸗
tung, den Feind zu erdräffen, bevor ihn
iene Unterftözung. erreichte. : Wenn ‚aber
gleih die beinah täglichen Gefechte und
Ausfälle wenig Gewinn für Ptolemaͤus
braten, fo ſchien doch das Gtäd in eis
gebungen feiner Herzeneguͤte, als der politi«
ſchen Klugheit Gehör gegeben habe,
275
nem &eetreffen, welches auf der Höhe von
Eanopus *) gegen die caͤſariſche Flotte ftatt
fand, ihn milder anzuläheln. Denn obs
gleich der Erfolg defelben an ſich nicht ents
fheidend war, fo möchte doch leicht Eur
phranors Untergang, den hier-fein Muth
zu Imeit unter, die Feinde führte, einem
Siege gleich gelten. Wenigftens doch gab
dieſe Anftrengung den Aegyptern das Ueber⸗
geroiht auf dem Meere zuräd; und alle
Zufuhren von dort her drohten, von iezt
an, mißliher als iemals zu werden.
Indeß war die Zeitung von ienem,
auf dem kandwege nahenden, Entfazze nur
zu gegründet gemwefen. Denn wenn gleich
Domitius Calvinus, durd ein, am Korie
gone der afiatifchen Halbinſel ploͤzlich aufs
geftiegenes, Kriegegewolk behindert, Caͤſars
Erwartungen von feiner Hülfsleiftung nue
unvolfommen hatte entfprechen Fönnen, fo
war dagegen ein unrdmiſcher Fremdling,
Mithridates von Pergamus, **) zu feines
=) Das beutige Abukir, wenige Meilen
öflich von Alegandria entlegen,
+) Dieſer Mithridates, aus dem Stamme
176 ‘
Beſchuzzers Erledigung defto thätiger gewe⸗
fen. Bald nach feinem Auftritt in Alerans
dria hatte CAfar diefen Bertrauten nad Sy⸗
tien und Cilicien entfandt, um überal ein
Aufgebot von Truppen zu feiner Verſtaͤr⸗
tung anzuordnen. Der gute Wille der Pros
vinzen und Städte Fam feinen raftlofen
Du
— — — —
der gallograͤciſchen Tetrarchen entſoroſſen/
far früh zu dem großen Mithridates von
Armenien in das Verhältniß, welches gric-
chiſche und orientalifche Sitten minder an-
Hößig, als die geläuterte Moral der Mit-
weit / fanden, und das ihm die unverbruͤch ⸗
liche Gunft diefes Monarchen in dem Maaße
ficherte, daß die Welt, mit dem Namen fei«
nes Freundes, auch Kindesrechte auf ibn
überteug. Teuer Gefährte von feines Bes
fchüggers Kriegetbaten, bildete fich der Guͤnſt⸗
ling zu einem treflichen Feldherrn aus; und
fo fheint er, als er, nach des Königs Tode
und Cäfars Auftritt in Afien, ſich zut Par⸗
tbei diefes Lezteren fchlug, deſſen vorzuͤgliches
Vertrauen gewonnen zu haben. Caͤſar belich
ihn in der Folge mit Galatien und dem
ermmerifchen Bosphorus; er gieng aber im
dem Verſuche unter, fih mit gewaffneter
Hand in den Behz diejer Länder zu fezen-
177
Demühungen entgegen; und fo'fah er ſich
endlich im Stande, eine bedeutende Macht
in Bewegung zu ſetzen, mit welcher er
eben lezt bei Pelufium anlangte. Troz der
ſtarken und entſchloßenen Beſazzung, vers
mochte dieſer Schluͤßel Aegyptens ſeiner
kuhn begonnenen, einſichtsvol geleiteten-und
beharrlich fortgeſezten Beſturmung fo wenig
zu widerſtehen, daß er ſich gleich am erſten
Tage zum Meiſter des Plazzes machte.
Dieſen erſten Vortheil raſch zu benuſ
zen, drang Mithridates ſofort, in der Rich⸗
tung gegen Alerandria, vor; ſtand aber,
noch an der äftlihen Grenze des Delta,
als fich bereits, dur das erſte Gerücht
feiner. wirklichen Erſcheinung aufgefchredt,
eine ftarke Abtheilung des dgyptifchen Hee⸗
zes ihm entgegen warf, um feinen fernern
Fortfepritten zu wehren. Zwar wis der
einfichtsvolle Feldherr den erſten unbedachs
ten Anfall diefer Truppen auf fein Lager
mit biutigen Streichen zuräd: allein er
erfannte auch die Schwierigkeit, in, einem
Lande von biefer Natur, Über unzählige
Arme und Kandle des Nilſtroms und im
Angeficht eines wachfamen Feindes, fers
4. Band. M
178
nere Fortſchritte zu machen, ohne ſich dazız
von Caſar felbft die Hand geboten zu ſe⸗
hen. Diefe Aufforderung erhielt der Les
tere beinah in dem nemlichen Augenblick,
da auch Ptolemäus fich anſchickte, mit feir
ner Hauptmacht nach dem Delta aufzubres
den; und wiewohl die Flußfchiffahre dem .
Könige feinen Weg bedeutend erleichterte,
fo fam ihm dennoch Caſars Eile, auf dem
- entlegenern Seewege, mit fo glädlicher
Anftrengung zuvor, daß die Vereinigung
der beiderfeitigen römifhen Truppen ohne
Hinderniß erfolgen konnte.
Das agyptiſche Heer ſtand, ſieben
Milllen von den Römern entfernt, auf ei⸗
ner wohlgemwählten und verſchanzten· An⸗
hoͤhe, ohnweit dem Hauptarme des Fluſ⸗
fes, gelagert, und des feindlichen Angriffe
gewärtig. Doc felbft nur, um bis dahin
zu gelangen, mußte Caͤſar zuvor einen Ca⸗
nal mit tiefen und fteilen Ufern, im Ans
geficht ber feindlichen Reiterei und leichten
Truppen, jurüclegen. Erſt ſpat ward
dies Kinderniß dur die Ungeduld der Ler
gionen Aberwunden, welche fih den Weg
Aber ſchnell abgehauene und zu einer Bloß
179 .
drüde verbundene Baumftämme bahnten;
während zugleich die germanifchen Reiter
eine Fuhrt entdedten. Die Aegypter blies
ben bier, mit geringer Ausnahme, auf
dem Plazje; aber wie nachdruͤcklich die
dadurch erregte Beſtuͤrzung auch zu CAfars
. Bortheil gewirkt haben moͤchte, fo bewog
ihn doch die Feftigfeit des hinterliegenden
Lagers und die Ermattung ſeiner Trup⸗
pen, den fernern Angriff dis zum nächften
Tage zu verfparen.
Wirflih auch ward an Bemfeisen eine
Außenfhanze im 'erften Anlauf glädlic ers
ftiegen: allein der Lagerftuem ſelbſt bot
Schwierigkeiten dar, welde den Erfolg ie
länger ie jmeifelhafter zu laßen drohten.
Bon vorne die vorliegende Ebene mit dos
hem Wall überragend, zur Einen Seite
nahe an den Strom gelehnt, und auf der
Andern, wo dis Anhöhe in einen fleilen
Sipfel austief, zum Ueberfluße noch durch
einen anftoßenden Sumpf gebedt, bot dies
Lager Mittel zu einem wirkſamen Widers
ſtande dar, die von den Vertheidigern auch
mit Einfiht und Tapferkeit benuzt wur⸗
den. Am übelften iedoch fahen ſich die
" Ma
Pa
Angreifer an der Flußfeite empfangen, wo
fie in dem engen Raume vor fih bie
Wurfgeſchoße vom Wall herab, fo wie im
Rakken die Schleuderfteine und Pfeile
der, auf dem Milftrom umberkreugenden
‚Truppen zu ertragen hatten. Hieher ſchien
fi daher auch das Gewicht der Schlacht .
vornehmlich zu lenken; und felbft von dem
entgegengefejten obern Lager, wo ihre Ges
genwart minder nothwendig geworden, bes
gannen fih Die feindlichen Truppen, ents
weder von Meugier oder von Kampfluft
getrieben, immer mehr zu verlaufen.
In Caſars Gegenwart wurde ein Fehr
ler von dieſer Art nicht leicht ungeftraft
begangen! Nunmehr feines Sieges ges
wfß, entfandte er augenblidlich einige Kos
horten unter der Anführung des Carſule⸗
aus, der duch Muth und Einfiht einem
ſolchen Auftrage vollkommen gewachfen war,
auf Ummwegen gegen iene unbewachte Seite
des Lagers ab. Der überrafhende Angriff
fand nur geringen Widerftand: und noch
mehr Schreden und Entmuthung verbreis
tete er ringe umber im Lager; während
die Sthrmenden in der Ebene fi dadurch
182
zu einer höhern Anftvengung befeuert fühl«
ten. So drang man hier- und dort, Beis
nahe zu gleicher Zeit, Aber die Wälle ein,
und flug Alles entweder vor fich nieder,
oder trieb es gegen bie Seite des Fluß
fes, mo fi den gedrängten Flüchtlingen
eine ungemwiße "Rettung in die Schiffe
jeigte. Die Meiften iedoch ertranten; felbft
ber unge König, der bereits von einem
Fahrzeuge aufgenommen worden, hatte,
da ſich daſſelbe mit Menſchen überfüllte,
kein beßeree Schidfal; und erft nach der
Schlacht ward fein Leichnam, Fenntlih an
der goldenen Rhftung, im Schlamme verr
fenft gefunden. .
Caſars Sieg, und noch mehr der Tob
des unglädlihen Monarchen, ließen ihr
den Krieg, von dieſem nemlichen Tage
an, als geendigt betrachten. Cr ſchickte
ben Alerandeinern, um fie des nemlichen
- zu Äberzeugen, den erbeuteten koͤniglichen
Panzer zu; und biefer Anblid, welchem
unmittelbar darauf feine eigne Erfcheinung
an der Spitze feiner Reifigen folgte, reichte
auch hin, ieden Gedanken des fernen. Wir
berftandes in ihnen zu erftiten. Er fand
ce»
Angreifer an der Flußfeite empfangen, wo
fie in dem engen Raume vor fih bie
Wurfgeſchoße vom Wall herab, fa wie im
Rüfken die Schleuderfteine und Pfeile
der, auf dem Nilſtrom umherkreuzenden
Truppen zu ertragen hatten. Hieher ſchien
fi) daher auch das Gewicht der Schlacht .
vornehmlich zu lenken; und felbft von dem
entgegengefezten obern Lager, wo ihre Ges
genwart minder nothwendig geworden, bes
gannen fih Die feindlihen Truppen, ents
weder von Meugier oder von Kampfluft
getrieben, immer mehr zu verlaufen.
In Caſars Gegenwart wurde ein Fehr
ler von dieſer Art niche leicht umgeftraft
begangen! Munmehr feines Sieges ges
mfß, entfandte er augenblicklich einige Kor
horten unter der Anführung des Carfules
aus, der duch Muth und Einfiht einem
ſolchen Auftrage vollkommen gewachſen war,
auf Umwegen gegen iene unbewachte Seite
des Lagers ab. Der überrafchende Angriff
fand nur geringen Widerftand: und noch
mehr Schreden und Entmuthung verbreis
tete er rings umber im Lager; während
die Sthrmenden in der Ebene ſich dadurch
181
wu einer hoͤhern Anſtrengung befeuert fuͤhl⸗
ten. So drang man hier und dort, bei⸗
nahe zu gleicher Zeit, Aber die Wälle ein,
und flug Alles entweder vor ſich nieder,
oder trieb es gegen bie Seite des Fluß
fes, wo fih den gedrängten Flüchtlingen
eine ungemwiße Rettung in die Schiffe
deigte. Die Meiſten iedoch ertranfen; felbft
der unge König, der bereits von einem
Fahrzeuge aufgenommen worden, hatte,
da ſich daſſelbe mit Menſchen überfülte,
tein beßeres Schickſal; und erft nach der
Schlacht ward fein Leihnam, Eenntlih an
der goldenen Rhftung, im Schlamme vers
fenft gefunden. .
Caſars Sieg, und noch mehr der Tod
des unglädlichen Monarchen, ließen ihn
den Krieg, von Diefem nemlihen Tage
an, als geendigt betrachten. Er ſchickte
ben Alerandrinern, um fie des nemlichen
- zu Äberzeugen, den erbeuteten koͤniglichen
Panzer zu; und Diefer Anblid, welchen
unmittelbar darauf feine eigne Erſcheinung
an der Epije feiner Reifigen folgte, reichte
auch hin, ieden Gedanken des fernen. Wi⸗
berftandes in ihnen zu erſticken. Er fand
182
die Thore der Hauptſtadt "geöffnet, lede
Waffe verſchwunden, und die Einwohner
mit ihren vorangetragenen Goͤttern, vor
ſich, im Staube gebuͤckt und des Winks
feiner Begnadigung gewaͤrtig. Seine Ver⸗
ſicherungen des Schuzes und einer unbe⸗
dingten Verzeihung, ertheilt mit einer
Leutſeligkeit, worin ihm nie ein Sterbli⸗
her gleich Cam, belebten den Muth und
den Enthuſiasmus der Menge wieder.
Mitten durch fie hin und die feindlichen
Stadtviertel zog er dem feinigen und dem
bewillfommenden Jubel der darin zus
ruckgelaßenen Vefazzung entgegen. So
fie wieder zu ſehen, durfte mit Recht feis
nem Stolje — ſolch ein Empfang feinem
Herzen ſchmeicheln!
Nichts mochte dem Sieger wehren,
dag blühendfte Land der Erde zur nemli⸗
den Stunde in.eine Provinz des römis
ſchen Reichs zu verwandeln; und Lob und
Ehre würden einer für diefe glädliche Er⸗
weiterung daheim gewartet haben. Wenn
er es dennoch nicht that, fo läßt fich glaus
.ben, daß fein Gefühl für Rede und Ger
ſezlichkeit an dieſer Mäßigung wenigſtens
183
eben fo viel Antheil Hatte, als die unzwel⸗
felhafte Gunft, deren ſich Cleopatra bei
dem weltgebietenden Imperator erfreute.
Ihr, der Aclteften des überbliebenen Ger
ſchwiſters, gebührte wnftreitig der Thron;
ihr hatte der Schiedsrichter ihn bereits
früher zuerkannt, und ihr ward gegeniwärs
tig auch die höchfte Gewalt von ihm aufs
neue zugeficyert, indem, nicht minder billig
und gefezlih, der ihngfte.und lezte Ptole⸗
mäer ihr als Mitregent. und Gatte zuges
ordnet wurde. eine jarte Jugend Eonnte,
für den Augenblid, die auf fie Abertragene
Machrfülle nur wenig befchränfen: *) aber
von Arſinoens erneuerten Anfprüchen fah
fie fih durch Caſar felbft befreit, der die
rankſuchtige Schwefter nad) Rom fandte,
um fünftig Bei feinen Triumphen eine des
müthigende Rolle zu fpielen.
Neun lange Monate hatten Ehrgehn
*) Dennoch fand er ihr, ſchon nach drei
Jahren, fo fehr im Wege, daß fie nicht an⸗
. Hand, ſich den Mleingenuß der Herrſchaft
durch feine Vergiftung zu fihern.
284 .
und Liebe *) den pharfalifhen Sieger auf
diefem Boden in dem Maafe befchäftige,
daß bie Abrige weite Welt, daß Rom felbft,
dag weder die Wanſche und Aufforderuns
gen feiner Freunde, noch bie furchtbaren
Rüftungen und Fortfehritte feiner Gegner,
den mindeften Eindrud auf ihn machten.
Er ſchien es vergeffen zu haben, oder
nit zu ach ten, daß der nemliche Wind,
®) ueber Cleopatrens wirkfamen Einfluß
auf Caͤſars Verweilen in Aegypten (von defz
fen fihtbaren Folgen noch weiter unten die
Rede feyn wird) habe ich mich bereits genüg«
lich ertlärt; und eben fo wenig lagen fich
die fehwelgerifchen,. ihr zu Ehren gefeierten
Feſte abldugnen, zu welchen der Held, mit«
‚ten im fetegerifchen Getuͤmmel, ſich dennoch
feine Muße erfab, und die, wenn fie ſich
Durch -ganze Nächte fortzogen, diefe Verlän«
gerung wohl mehr den fhönen Augen der
Koͤniginn, als der, von Blutarch angegebes
nen, Furcht vor nächtlichen Weberfall abſei⸗
ten eines Pothinus und feiner Mitfchuldie
gen, verdankten, Wohl aber fiehe ich nicht
an, es für Eines von den, in Guetons Le:
bensbefchreibungen nicht Teltenen, offenbaren
Märchen zu balten, wenn er den Ampera«
tor, nach feinem lezten Siege am Nil, mit
185
welcher feiner Entfernung Feßeln anlegte,
binnen wenigen Tagen Seipio's und Cars
t0’8 Flotten in’s Angefiht von Alerandeia
au führen vermochte. Seine Bertrauteften
fogar wurden ſchon feit ber Mitte des Des
cembers von ihm ohne Briefe und Anwei⸗
fung gelaßen. Die ganze Staatemaſchiene
ſtockte aus Mangel des belebenden Geiftes,
der fie leiten folte. Mit iedem Tage wur⸗
—— — — es:
Gleopatren eine Luſtbarke befleigen, und, den
- Strom binaufmärts, seine Spazierfahtt bes
ginnen läßt, deren Ziel das ferne Aethio⸗
pien geweſen ſeyn würde, wenn nicht die Les
gionen durch ihre ſtark ausgedrüctte Unzu⸗
friedenheit ihm zur Umkehr genötbigt baͤt⸗
ren. — Alſo, weil Cäfar der Raunenden
Welt durch fein Verweilen ein fo ſchwer zu
Töfendes Raͤthſel aufgab, mußte er fofort .
auch (unbefonnener noch, als felbf Antonius,
fein Abbild und Nachfolger in Eleopatrens
ſchwelgeriſchem Genufie) die Bage feiner An-
gelegenheiten, feinen Ruhm und fih felöit
in dem Maaſſe vergeflen, um . .. Doc,
wer überbebe mich nicht gern einer ferneren
Widerlegung 2 Es iſt das Schidfal der emi⸗
nenten und ungewöhnlichen Menſchen, daß
auch Abſarditaͤten ohne Maaß und Ziel auf
ihre Rechnung gehäuft werden.
186
den in der Hauptſtadt Die Auftritte une
higer, verwilderte der Pöbel, regte ſich der
: Beift der Widerfezlichkeit und Empdrung
ungebundener. . Das endlofe Zögern des
fonft fo Algegenwaͤrtigen, die ſich iagenden
Gerüchte won der fehler rettungslofen Bes
drängniß, worin er ſich immer tiefer vers
wilfelte, ſtarkten die Hofnungen der Miß ⸗
vergnägten, belebten den Troz der Wider⸗
ſpenſtigen und ermuthigten ſelbſt die Muth⸗
loſen. Dieſem Allem feste Caſar entge⸗
gen — fein Pflihtgefühl im Namen und
"für die Ehre des römifchen Volks zu han⸗
dein; feinen algewaltigen Willen, das Ans
gefangene nicht unvolendet zu taßen; fein
Gluͤck, das ihm in der hoͤchſten Noth ftets
am freundlichen gelädelt, und — feine
ruhige Zuverficht auf die Werblendung feis
ner Gegner, die noch immer ihres günfige
fien Zeitpunfts verfehlte hatten: In kei⸗
nem von diefem Allen folte er fih auch
diesmal betrogen haben!
Sehr würde man fich gleichwohl ir
ten, wenn man vorausfezgen wolte, diefe
anfheinende Vernachlaßigung feiner
Gegner fey fo fehr eine wirkliche ge
287
wefen, daß bie Fäden bes großen politis
Then Gewebes, womit fie von ihm ums
ſtrickt waren, nicht auch bis in den fernen
Winkel von Alerandeia gereicht und Täfars
gefpannte Aufmerkſamkeit befhäftigt hätten.
Und nicht minder würde es gänzlihe Une
Zunde feines Charakters verrathen, wenn
man zweifeln tönnte, der erſte Augenblick
der ihm wiebergegebenen Freiheit zum Wir⸗
Ten fey nicht auch der Ueberlegung gewids
met gewefen: über welchen feiner Feinde
er nun zuerft herfallen und wo vor Allem
er iebe, noch fo leife Bewegung zum Wis
derftande, mit gewohnter Kraft unter den
Fuß treten folte? Die Lage der Dinge
war in der That fo verwiffelt geworden,
daß diefe Wahl nicht unter die leichteften
Aufgaben gehörte!
Richtete er feine Blikke auf Afrika,
als den eigentlichen Heerd der Gegenpars
thei, fo trafen fie hier auf einen, in Utica
"aufs neue gebildeten auferrömifchen Se⸗
nat von geflüchteten Patriciern, denen ein
Ausſchuß von dreihundert dort angefiedel _
sen römifchen Rittern und Handelsleuten
wur Seite ftand, welche eden ſowohl durch
188
Patriotismus, als durch ſchlaue Berechnung
deßen, was ihre Vorſchuͤße bei der ſiegen⸗
den Republik ihnen dereinft vortheilen fols
ten, vermochte worden waren, durch ihre
dargebotenen Baarfchaften Cato's und Sci⸗
pio’e Eriegerifche Räftungen zu dekken; —
Möftungen, welche, . binnen diefer Zeit, zu
einer drohenden Größe gediehen waren.
Zehn Legionen ftanden hier, unter &cipio’s
Befehlen, in den Waffen; und vier Legios
nen, welche der. König Juba von feinen ,
eignen Truppen mit ihnen zu vereinigen im.
Begriffe ftand, mochten vielleicht von mins
derm Gewichte feinen, als feine zahlloſe
leichte Reiterei, welche, feit Curio’s unglüds
licher Niederlage, ſich einen furchtbaren Ruf
erworben und nun noch an Labienus einen
treflihen Lehrmeifter in neuen taktiſchen
Künften erhalten hatte. Selbſt hundert
umd. zwanzig Kriegselephanten — ein noch
ungewohnter Anbid für Caſars Krieger! —
volendeten das abſchrekkende Gemälde dies
fer aufgebotenen Heeresmacht; während
mehr als Eine ‚Flotte derfelben ihre Bes
dürfniße zuführte oder die Küften des von
ihr gewählten Kriegsfchauplajjes deckte.
189
Hätte ſich Caͤſar auch nicht durch das
Andenken an Eurio und feine gefchlachteten
Regionen zur nachdrädlichen Rache an Juba
bewogen gefühlt, fo mußte doch ſchon das
allein, was diefer Numidier, nach ienem
erften gluͤcklichen Erfolge, zu Pompeius Gun
fen In die Waagſchale des Kriegs zu le⸗
gen vermochte, ihn beftimmen, denfelben,
durch Beſchaftigung von der entgegengefeg
ten Seite her, an ieder fernern Theilnahme
zu verhindern. Zu eben der Zeit alfo, de
der Imperator fih gegen Dyrrhachium
wandte, ſchickte er auch dem, im ienfeitis
gen Kifpanien zurädgelaßenen Propräter,
Q. Caſſius Longinus, den Befehl zu, mit
den ihm untergebenen vier Legisnen (wozu
biefer, aus eigner Willkuhr, noch eine Fünfte
in der Provinz ausgehoben hatte) über die
Meerenge zu fejgen, und, durch Mauritas
nien, an die Grenze Numidiens vorzudrins
gen. Mit großer Willigkeit auch traf Lon⸗
ginus, dur) Zufammenziehung der Trup⸗
pen, Aufhäufung von Geldern und Lebens⸗
mitteln und Ausrdftung einer Transport⸗
Flotte von hundert Segeln, die Vorbereis
tungen zu diefem vielverfprechenden Zuge,
190
Er felbft befand ſich noch in eifriger Bes
treibung berfelben zu Corduba, als ein
meuchelmoͤrderiſcher Anfchlag auf fein Les
ben und das übereilte Gerücht von feinem
ode Bewegungen unter einem Xheile bes
Heeres und den Einwohnern der Provinz
erzeugte, wodurch alle iene großen Plane
in’s Stoffen geriethen, und der glimmende
Funken des Aufruhre, welcher mit iedem
Augenblick neue Nahrung erhielt, mit weit⸗
verbreitetem Ausbruch drohete. -
Denn Q. Eaffius, wie treflich auch als
Soldat, ſchien durch feine natürliche Habs
ſucht, fo wie durch einen veriährten Grol
gegen biefe Provinz, *) wenig bazu gemacht,
+) Schon vormals hatte er derſelben, un⸗
ser Bompeius Verwaltung, als Quaͤſtor vor⸗
geftanden, aber durch feine Haͤrte ſich dhn-
liche, kaum noch vermiebene Nachſtellungen
ſeines Lebens zugezogen. Als er ſich in der
Folge zu Caͤſars Parthei ſchlug, machte ihn
feine genauere Kenntniß des Landes aller-
dinge vor Andern zum Verweſer deſſelben
geſchickt: Dich um fo mehr auch ward er
durch feinen Charakter und das Andenken
an iene alte Beleidigung jur Geißel fuͤr die
Hiſpanier.
291
fi) bier durch feine Verwaltung Tiche
und Anhänglichfeit zu erwerben. Seine
eben fo ungertchten, als unerſattlichen Er⸗
preßungen, feine feile Gerechtigkeitspflege,
"feine ruhige Nachſicht bei den Plakkereien
feiner untergeordneten Raubgenoßen harten
längft.ein ftiles Murren ergenge, welches
endlich, da ber vorhabende Kriegezug ihm
neue Vorwaͤnde lieh, der Provinz Textes
Mark zu erfhöpfen, in iene gewaltthaͤtige
Selbſthuͤlfe übergieng. Die Verſchwor⸗
nen — Alle die angefehenften Bürger von
Stalien — verfehlten zwar des, auf ihm
gezielten Streiches, und Longinus fam mit
einigen leichten Wunden davon: allein wenn
er nunmehr glaubte, ſich feiner Rache ger
gen fie ungezügelt überlaßen zu fönnen,*)
*) Eine Menge von Mitfchulbigen bezablte
dieſen verfeblten Mord mit ihrem Leben un«
ger dem Henterbeile: doch Einigen der Reich»
en gelang es, fich, vermöge etlicher Mile
lionen GSeftertien, mit dem "noch babgieri«
gern, als tachfüchtigen Proprätor gütlich
abzufinden, „Wie müffen bier’ — bemerkt
Hirtius bei diefer Erzählung — „Grauſam⸗
„keit und Geldgeiz in feiner Seele gerun«
192
und für feine ferneren gewaltthätigen Maaß⸗
regeln auf die, durch miederholte Gelds
austheilungen für ſich gewonnenen Trup⸗
pen zählte: fo hatte er Dabei eben fo wer
nig den, folchergeftalt felbft verſchuldeten,
Verfall der Kriegszucht, noch den Umſtand
berechnet, daß nur zwei feiner Legionen,
die Einundjwanzigfte und Dreigigfte, aus
Staliern beftanden; während die Zweite
und Fünfte, fo wie die Neugeworbene,
nur Einheimifhe in ihren Reihen zählte.
Gelang es ihm alfo gleich, die erften Bes
wegungen eines offenem Aufftands unter
denſelben zu unterdräffen, fo mußte er doch
bald darauf die Erneuerung diefer Scenen
und die eigenmäctige Ermwählung eines
hifpanifchen Anführers, in der Perfon bes
T. Thorius erieben. Zu gleicher Zeit ſteck⸗
ten auch Corduba und mehrere Plaͤtze die
Fahne der Empörung auf. Ueberal regte
ſich
gen baben, bevor das Andenken am die
„taum überitandene Lebensgefahr und meb⸗
„rere fchmerzbafte Wunden ſich der baaren
Loskaufung fügte’
293
fi in den Gemüthern die alte Vorliebe
für Pompeius, deßer Niederlage zwar, aber
nicht fein Tod, in dieſem Augenblikke bis
hleher erſchollen war; und die abtrännigen
Legionen bebachten fi nicht, den Namen
ihres alten Felöheren auf ihre Schilde zu
zeichnen.
BeBer war — wenn gleich minder aus
Liebe zu Caſſius, als aus Treue gegen.
Caſar — die Stimmung ber beiden itali⸗
ſchen Legionen. Zu feiner Verſtaͤrkung rief
der Proprator aus dem biesfeitigen Hiſ⸗
panien den Prokonſul M. Lepidus, und-
aus Mounitanten den König Bogud mit
einigen Truppen herüber; fo wie er feis
nen Quaſtor M. Marcellus Aeſerninus
nach Corduba, dem Mittelpunkte der Em:
pdrung, fandte, um dieſen wichtigen Punkt
in Pflicht und Gehorfam zu erhalten.
Jedoch diefer Verſuch mißlang, da Mars
cellus es feinem Vortheil angemefener
fand, fi, ftatt des Thorius, an ihre und
des empörten Heeres Spitze zu ſtellen,
und, von diefem Augenblid an, eine fo
inftliche Rolle fpielte, daß ſich's ſchwer
entfcheiden ließ, ob er für Caſars oder
4. Band, N
194
Pompelus Sache: handle, und — möchte
das Schickſal fih Fünftig für die Eine
oder die Andre erflären — bei Jedem ſich
Anfprud auf geleiftete Dienſte vorbebielt.
So, z. B. ließ er alfobald Pompeius Nas
men von den Schilden ber Soldaten ld⸗
fen, und litt lieber einige Einbußen durch
verabfäumte Gelegenheiten, mit Vortheil
zu ſchlagen, um nur die Fehde nihe in
volle. Flammen ausbrechen zu laßen: aber
auch das Vertrauen der Provin) und der
eingebohrnen Truppen mußte er ſich zu
erhalten, uhd verhinderte die angefangene
feindliche Berheerung des Landes, indem.
es ihm durch wohlberechnete Bewegungen
gelang, feinen Gegner im Lager unter den.
"Mauern von Ulia *) feſtzuhalten und eins
zuſchließen..
VBoguds Ankunft war nicht vermd⸗
gend, den eug umſchanzten Propraͤtor aus
ſeiner nachtheiligen Lage zu reißen. Selbſt
ulia war ein Meiner, aber durch feine
Rage auf eier, Felfenböhe natärlich ft
Ort, füdwertlich von Gorduba, und: Eäfar#
Varthei leidenfchaftlich ergeben.
295
Lepidus, welcher, bald darauf, mit fünf
und’ dreißig Kohorten und vielen andern
Hulfetruppen herbeiruckte, täufchte feine
"Hoffnung auf-Entfag, da er Anſtand nahm,
denfelben zum: Schiedsrichter in feinem
Kandel anzunehmen; während Marcellus
fih unbedenklich hiezu bereit erklärte und
fogar fein: Lager mit der Macht des Pros
onfuls vereinigte. Zwar ward duch des
Leztern · Dazwiſchenkunft den offenbaren
Feindſeligkeiten ein Stillſtand gegeben, und
Longinus ſah ſich den freien Abzug nach
Carmona bewilligt: doch in dieſem nemli⸗
hen Zeitpunkt auch trat €. Trebonius,
von Caſar zu des Proprätors Nachfolger
ernannt und von der Mation mit Sehn⸗
ſucht erwartet, in Hiſpanien auf; und. wie
gerne Caßius ſich auch ihm mit gewaffne⸗
tee Hand entgegen geſezt hatte, fo brachte
ihn doch Boguds Weigerung zu der gemds
ßigtern Entſchließung zurück, feinen Geg⸗
vern in der Stille das Feld zu räumen,
Er begab fich daher, mitten im Winter,
und mit feinen eiligft zuſammen gerafften
Schäzen, der Frucht feiner ungerechten
Verwaltung, zu Schiffe. Allein es war
" Na
j wxo
ihm nicht Befiimmt, detſelben froh zu wer⸗
den; denn ein Sturm, von dem er, an
der Mündung des Iberus ereilt wurde,”
begrub ihn ſelbſt und feinen Raub In den
Wellen.
Dem Xobten vermochte Caſar nice
zu zuͤrnen; und wenn aud der Quäftor
Möürcelus fein boppelfeitiges Betragen mit
des Imperators überhingehendem Unwil ⸗
len bäßte, *) fo mußte ſich Diefer doch eben
fo wohl durch die Vereitelung des Einfalls
in Juba’s Staaten, als durch den in Hiſ⸗
panien ausgeftreuten Saamen der Unzu⸗
friedenheit beruhigt fühlen, welcher nur
des: näcften guͤnſtigen Anlafes wartete,
um in noch entſchiednere Empdrung aufzu⸗
gehen. Die jufaͤllige Erſcheinung eines
aur. irgend ‚bedeutenden Mamehs unter den
zerſtreuten Flüchtlingen «der Gegenparthei
" =) Marcellus wurde in eine entfernte Ptd-
vinz vertiefen, bis er, mit der ihm einenz
shämlichen Geiſtesgewandtheit, Caͤſats Em⸗
vfindlichkeit gu befänftigen wußte. Er kam
zurüd, und fonnte fich auf eine ausgezeich⸗
nete Weiſe in der Gunſt des Weltgebleters.
. \ 197°
konnte biezu gendgen! Er ahnete es im
voraus, daß er auf dieſem Moden noch
einmal um bie Weltherrſchaft wuͤrde kam⸗
pfen mößen, .
Zinfofern diefe iedoc ihren wahren
‚Mittelpunft flets an den. Ufern der Tiber
ſuchen ließ, mußten die ftüärmifchen Bewer
gungen, von welchen Rom felbft, in feis
nem Innern, zerrißen wurde, Cäfars leb⸗
baftefte Veforgniß aufregen. Beine vers
langerte Abweſenheit und das Beiſpiel der
Gewaltthaͤtigkeiten ieder Art, melde fein
Stellvertreter Antonius ſich hier mit kek⸗
Tem Uebermuth geftattete, konnten nicht
verfehlen, die Leidenſchaften aller ber Mens
ſchen zu entzägeln, denen entweder nichts
zu verlieren übrig blieb, oder die den ges
genmwärtigen ſchwankenden - Zuftand der
Dinge für den günftigften Zeitpunkt hiel⸗
sen, das dffentlide Drangfal zu ihrem bes
fondern Vortheil zu benugzen. Diefer zahle
reiche Kaufe bedurfte nur eines Führers
für feine Ausgelaßenheit, und fand denfels
ben nur zubald in der ‚Perfon des P. Cor⸗
nelius Dolabella, welcher ohulängft erſt
son dem Kriegsſchauplane in Illyrien mie
28
keiner fonderlidien Ehre "abgetreten, und,
um ſich dafür feines Schadens im Forum
gu erholen, durch Adoption in eine plebes
iiſche Familie, der Wahl: zum Volkstribu⸗
nen fähig geworden mar,
Nie fhien ihm, den, wie faft alle
Anhänger Caͤſars, eigne unmäßige Schul
den zu Boden drüdten, ein Standpunkt
und eine Gelegenheit bequemer,‘ fich die
fes Druds zu entladen und eines zahllo⸗
fen Anhangs. unter denen zu verfihern,
welche, gleich ihm, ihr Vermögen in den
Händen von Gläubigern fahen. ein
Gefeszesvorfhlag zu einem allgemeinen
Schuldenerlaß und einer Herabſezzung det
Hausmiethen fand daher auch den allges
meinften Beifall; nur nicht, wie leicht zu
erwarten fand, von Seiten derer, welche
dadurch ihre Forderungen urpldzlich vers
nichtet fehen follten und die — wenn auch
nicht die beßere, doch die reichere und ber
fonnenere Parthei ausmachten. Cäfar hatte
dhnlängft erft' den öffentlichen Kredit und
die Rechte der Gläubiger, mit einiger Eins
ſchraͤnkung, geſichert; der Prator Coelius
NRufus war ſeitdem ‚in dem Verſuche, fie
m,
du vernichten, gefcheiterk; und fo trat den
auch iegt des Triduns eigner Amtsgenoße,
2. Trebellius, zu ihrer: Aufrechterhaltung,
gegen ihn in die: Schranken Zwar uns
terfagte ein ausdrädlihes Decret des Se⸗
nats, welcher. Caͤſars Entſcheidung in nichts,
vorjugreifen wagte, iede Staatsverhand⸗
lung bis zu deßen perſonlicher Widetkehr:
allein hier ward .in den Volksverſamm⸗
dungen auch nicht ſomohl durch Rechtes
gründe und Stimmen, als mit Fäuften
und. Schwerdtern gefochten. Die öffent
lichen Plägge und Grafen ertöncen vom
Aumult und trieften vom Blute der fireis
tenden Partheien. Achthundert Vfrger
fielen nah und nach in diefer erbitterten
che - Br
Gar wohl hätte Antonius, wenn es
ihm darum ein Ernſt gewefen wäre, diefe
Unruhen in der Geburt erſtikken Finnen.
Allein entweder zu forglos, oder feiner eig⸗
nen tiefen Verſchuldung durch fremde
Beihuͤlfe ein Ziel hoffend, oder zu ſehr
Dolabella’e gleichgeftimmter Freund, bes
durfte es erft einer perſonlichen Beleidi⸗
» 200
gung von biefem Leztern *) und einer
dringenden Aufforderung von Seiten des
Senats, um hier mit feinem Anfehr in’s
"Mittel zu treten und wenigfiens dem Ar
gerlihen Anblick eines, offenen. Krieges .
in Noms Mauern zu wehren. Ein allges
meines Verbot des Waffentragens und bie
Erfuͤlung der Stadt mit Legiontruppen
erzwangen wenigftens einigen Anſchein
von Ruhe; und auch Dolabella,. wie biz
3ig er feine - alles umftärgenden Entwuͤrfe
betrieb, fo lange er Caͤſarn in Alexandria
unaufloͤslich verſtrickt glaubte, ſchien eini⸗
germaaßen zur Beſinnung zurüͤckzukehren,
als dort die Dinge eine lichtere Anſicht ”
wannen. x)
a cedech Antonius gefiigenetih
) Ein geahnetes unerlaubteg Berfiände
niß zwifchen Dolabella und feiner. Gemah⸗
Unn, der Tochter feines Obeims C. Anto«
nius, gab ihm erft Anlaß zum Argwohn, und
reizte dann feinen Unmillen bis jur Schei⸗
dung vom der Schuldiggeglaubten, Der
Bruch mit em Voltstribun. war die noth⸗
mendige Folge diefes Verhaͤltuiſes. b
201
Sen Ausbruchen beider. Partheien, nur bie
34 einem gemwißen Punkte, einen Damm
fegte,. um fie defto leichter nach feinen Abs
ſichten zu leiten, gerwangen fie nothwendig
‚einen erneuerten Spielraum, als Caͤſars
Bevolmaͤchtigter ſich gendthigt fah, die ins
nern Angelegenheiten der Hauptſtadt, für
diefen Augenblick, einer noch deingendern
Sorge yahzufeggen. Italiens Herrſchaft
beruhte auf der Macht der Legionen, welche
der Imperator, nach da pharfalifhen Sie
ge, mit ihm in die Halbinfel entfandt hatte;
und eben diefe Legionen, ungeduldig, ihren
ihnen fo oft verheißenen uͤberſchmenglichen
Siegslohn zu empfangen, fanden im Ber
grif, den Gehorfam aufzufündigen, da man
weniger eilte, mit ihren Dienften abzurech⸗
nen, als fie in neue Kämpfe zu jagen.
Zuerft brach die Meuterei bei der zwölften
Legion aus, als fie in dem erhaltenen Bes
fehl, fih nah Sieilien in. Bewegung zu
feien, die Beftimmung ahnete, den übris
gen zum Vortrab auf dem Zuge nad) Afrika
gu dienen. Sie weigerte fh dieſes und
iedes andern Marſches, ohne vorhergegam
‚gene Ablöhnung, Ihre Tribunen, zuſamt
2 .
dem Legaten P. Eulla, welche fie zu ührek
Pflicht zuruckbringen molten, wurden mit
Steinwürfen empfangen und zur- Flucht ges
nöthige. Derfelbe Geift der Widerfezliche
. Zeit ergrif auch die übrigen Truppen; und
Antonius fand hier feine befchleunigte Ges
genwart dringend nothwendig, um dieſen "
drohenden Sturm, mo möglih, zu ber
ſchwoͤren.
Drohten aber in der Halbinſel die
eignen Stuͤtzen von Caſars Algewalt, ſich
ihm da, wo er ihrer Dienſte am noͤthig⸗
ſten bedurfte, frech zu entziehen, ſo umla⸗
gerten Sorgen von andrer Ast fein Ge
müth bei dem Hinblick auf die illyriſche
Provinz, mo feine Waffen, von Anfang des
Krieges an, fo wiederholte Stöße erlitten
hatten und noch immerfort einem gleichen
Mißgeſchick unterlagen. Zwar hatte ber
Proprätor Q. Cornificius, von ihm mit der
Verwaltung diefes, nur durch feine Lage
wichtigen, Landſtrichs beauftragt, die zweck⸗
dienlichſten Vorkehrungen getroffen, ſich,
mit zwei Legionen, in demfelden gegen die
barbarifhen Bewohner im Innern, fo wie
gegen die verheerenden Steeifjäge der poms
203
peianiſchen Flotten in den Käftengegenden,
au behaupten: allein die. Anhäufung dee
Flüchtlinge von Pharfalus an den füdlichen
Grengeni der Provinz fehienen neue Maas
regeln zu deren Sicherftelung zu erheiſchen.
Noch auf dem Schlachtfelde fertigte daher
der &ieger den Befehl’nah Brundiſium
aus, daß Gabinius, ein alter, im Driene
wohl verfuchter Heerführer, an ber Spizze
einer Legion nach Illyrien aufbrechen, und,
nah Befund der Umftände, bis in Macs
donien vordringen folte, wo die tief ges
murzelte Meigung gegen Pompeius eine
nah bereite Waffenmacht nicht uberfluͤßig
machte. B
Noch behauptete M. Octavius, welcher
ſich mit. feinem Geſchwader zeitig wieder
von feinen Unglädsgefährten Bei Corcyra
getrennt, und ſeitdem felbft Salona aufs
neue bedroht hatte, die Herrſchaft des
adriatifchen Meeres. Gabinius ſah ſich
alſo in der Nothwendigkeit, troz der mins
terlihen Yahreszeit, den weiten Ummeg,
längs den Küften diefes Buſens, einzu⸗
ſchlagen. Allein te weiter er fih in die
rauhen Engpäße Illyriens vertiefte, um fo
204 “
verwißfelter wurde feine Lage und um fo
befchroerlicher .feine Verpflegung in-Diefem
erfchöpften_ Sande, wo bald genug ieder
Bißen Brodtes mit dem Schwerdte ertrojt
werden mußte. ine Reihe mißlungener
Angriffe auf die feften Schlupfwinkel der
Barbaren raubte ihm die Meinung von
der Unwiderſtehlichkeit der römifchen Waf⸗
- fen. Alles ſtand feindlich wider ihn aufs
und mit harter. Mühe rettete er den Eleis
nen Reſt feiner Truppen nad) Salona, wo
- Sram und Mühfeligkeit, wenig Monate
darauf, fein Leben endigten.
Diefer empfindliche Unfall konnte nicht
verfehlen, in Octavius neue glänzendere
Kofnungen ins Leben zu rufen. In Ber
bindung mit den empdrten Bergvoͤlkern,
bemächtigte er ſich eines Theile der Küftens
infeln, beunruhigte die römifchen Anſiede⸗
Tungen, und machte dem Proprätor Corniflcius
fo ernſtlich zu ſchaffen, daß P. Batinius,
welcher in Brundiſium den Befehl uͤber
die Truppen führte, die hier Krankheits⸗
halber hatten zuruͤckbleiben müßen, Alles
aufbot, zu feiner Unterfiijgung herbeizueis:
len. Es ſchreckte ihn nice ab, daß ihm
205
nur eine Anzahl von HleinetnKriegefahrzeugen
au Gebote ftand; denn er hofte die Ueber
legenheit ber feindlichen Vier⸗ und Fünf
ruderer durch ‘den Muth feiner Veteranen,
im nähern Handgemenge, auszugleichen.
In der That auch fließen beide Flotten
früher, als Batinhis es erwartete, aber feis
nen Wanſchen gelegen, bei der Inſel Tau⸗
ris *) aufeinander. Das Gefecht ward mit
Hine begonnen. Die beiderfeitigen Haupt⸗
ſchiffe bohrten fih mit ihren Schifſchnaͤbeln
feſt; das Schwerdt aber entſchted, fobald
bie Ordnung der pompeianifchen Linie durch
den hartnäkfigen Verſuch zum Entern war
aufgelöft worden. Selbſt Octavius mußte,
als feine Galeere ihm unter den Füßen
fant, ſich ſchwimmend und verwundet auf
ein entfernteres Fahrzeug retten. Mehrere
Schiffe wurden: in.Grund gebohrt oder ges
Taur is koͤmmt weiter nirgend bei den
Alten in den zahleicjen Juſelgruppen die⸗
fer Meetesgegend vor. Man dürfte iedoch
feine Lage. wenlich neben Fifa vermuthen,
mo unfse Karten die Kleine Inſel Poma
zeigen.
/ \ 206
nommen; und erft in der Macht machte ein
auffteigender Sturm der Schlacht, fo wie
der Verfolgung‘, ein Ende. Moch einige
Eroberungen reiheten fih an dieſen Sieg,
bevor Vatinius nah Brundiftum heimkehr⸗
te; allein die wilfommnere Kunde; dag Dcs
tavius, an feinen fernern Anftrengungen
verzweifelnd, diefe Meeresgegend verlaßen
babe, um ſich zu feinen Freunden in Afrika
zu ſchlagen, ſolte Caſar erft in fpäterer Zeit
erfahren. B B
Deſto rafchen und unheildrohender aber
drängten fi bei ihm die Zeitungen von
der-mißlihen Wendung, welche, durch herbe
Unfälle herbeigeführt, feine Angelegenheiten
in Kleinafien indeß genommen hatten, we
Domittus Ealvinus die öffentliche Verwal
tung in Krieg und Frieden leitete, und
wo, bei feiner Abfahrt nach Aegypten, Als
les fo rubig gefchienen. Zwar befand ſich
diefe ganze Halbinfel, feit Pampeius legten
Siegen über den großen Mithridates, in
einer ſchwankenden Verfaßung, indem dies
ienigen Provinzen, welche das, unter dies
fen Umftänden wänfhensmwerthe Gluͤck
entbehrten, dem römifchen Reiche förmlich
207
rinvorleibt zu feyn, nach Gunft der Macht⸗
haber in Rom, aus der Hand Eines tris
butbaren aftatifchen Fürften in die des Ans
dern, mit fhimpflicher Wilkuhr, gewandert
waren. Allein ſo fange noch Roms alges
waltiger Arm über diefen Königen und
Tetrarchen mit gleicher Schwere lag, ließ
ſich weniger für die Unterbrechung, der, fr
fentlihen Ruhe, als für das Wohl der
einzelnen. defpotifirten Unterthanen fürchten.
Später aber, da ber begonnene Bürgers
krieg die römifihe Welt verwuͤſtete, war der
Gedanke, daß iezt der Zeitpunkt gekommen,
fegn. fönnte, die langen fechezehniährigen
Teoßeln der eignen Freiheit zu löfen, es werth,
in dem Sohne des großen Mithridates *)
*) Traurig nur, daß auch hinzugeſezt wer⸗
den muß: „dem Mörder des großen Mi«,
thridates:“ — denn durch eine gelungene
Verſchwoͤrung batte Pharnaces ihn, unter
fchreflichen, aber erfülten, Verwuͤnſchungen
wider fein unnatuͤrliches Kind, zur Selbſt⸗
entleibung gebrängt. Die Caffius (DB. 37.
8. 12. 13.) und Drofius (B,6.'R. 5.) geben
Über diele fruͤbern — aucůbiuiche
Nachrichten.
‚ 208
aufzukeimen, den Pompeius auf das geringe:
- Erbe von Borporus beſchraͤnkt hatte. Phar⸗
naces faßte ihn, indem er, Caͤſars neuefle
Entfernung benuzend, über Colchis herflel,
Pontus und Sinope, die alte Hauptſtadt
feiner Vorfahren Übermältigte, dem’Könige
Dejotarus das, ihm eben erft verlichene,
Kleine Armenien entriß, und, bei'm Ein
bruch in Gappadocien, defen Beherrſcher
Ariobarzanes *) mit einem gleicen Schit⸗
ſal bedrohete.
Es war natärlich, daß bie Deraudeen
ihre Klage an Domitius, den Stelivertres
ter des Imperators, brachten, und daß diefer'
feine Schuͤtzlinge nicht. durfte fallen laßen:
Seine Abg-orbneten bedeuteten den unbe.
fugten Eroberer, mit altem römifchen Ernſt,
ſich in fein rechtmägiges Cigenthum zuräds
äuziehen: allein zu gleicher Zeit zog er auch
> feine:
*) Beide Eroberungen mußten ihm um fo:
leiter werden, da es den bermaligen Bes
fisgeen noch an Zeit gemangelt: hatte, ſich in
biefen neuen , durch Caͤſars Gun rtangten
Erwerbungen zu befeſtigen.
209
feine ganze Truppenmacht zufammen, um
feinem Verlangen defto „Eräftigern Made
drud zu geben. Zwar behielt er, nad) Ab⸗
fendung der beiden, von Cäfar ihm abges
forderten, Legionen (movon aber die Zweite,
auf dem langfamern Landıwege durch Sys
rien, für ihre Beftimmung zu fpät fam)
nur no die Sechs und dreißigfte zu feis
ner Verfügung: doch Fonnte er einigermas
- Ben auf eine, ohnlängft in Pontus errich⸗
tete Legion rechnen; und zwei andre vom
Deiotarus auf römifchen Fuß gefezte, nebſt
ein paar hundert Reifigen, ſtießen eitigft
mit ienen bei Comana *) zuſammen.
Wahrſcheinlich mochte Pharnaces fi
dieſer raſchen drohenden Bewegung nicht
) Von zwei Städten dieſes Namens in
Vorderaſien muß bier unitreitig. wohl Co=
mana Pontica gemeint feyn (vergl. Hir⸗
tius 8.35.) welches, auf der Grenze vom
Vontus und Eappadocien, an der obern Jris
lag und.auf der Stelle des. heutigen Toeat
zu ſuchen if. [Bei alledem aber erregt es
Verwunderung, wie Domitius den Sammel«
platz feiner Truppen fo weit in das vom
Geinde befegte Gebiet. vorruͤtten, oder wie
4 Band, . 8
210
verfehen haben; und da ihm der Abgang
iener alten 2egionen noch nicht befanne
geworden war, und Cappadocien ihm ſchwie⸗
tiger zu behaupten ſchien, als das nähere
und gebirgigte Armenien, fo zog er fih
eilfertig in dieſe leztere Provinz zuräd,
und entbot dem Profonful feine Neigung
zum gütlihen Vertrage, die er fo eben
duch Räumung von Deistarus Staaten
beurfundet habe. „Armenien hingegen
„habe er, als einen Theil der väterlichen
„Verlaßenſchaft, wieder an ſich gezogen:
„Er ſchlage daher vor, es auf diefem Fuße
„im lagen, bis Cäfar felbft Aber fein NA
‚ herrecht entfejieden haben werde.” Das
gegen erklärte Domitius, der feine Beweg⸗
Diefer es verabſdumen tomnte, ihn von dem
nördlichen Pontus aus (Jumal, wenn er bereite
Meifter von Sinope war) zu beunruhigen 7] —
Comana Cappadocica hingegen zeigen
die Karten einen vollen Breitengrad füdli-
her, gegen die Grenze von Cilicien, an der
Quelle des Sarus. Von biefem Iejtern if
ſpaͤterhin, bei Caͤſars Zuge gegen Bharnaces,
Die Rede; wie Mannert (Th. Vi. Heſt 4.
©. 477.).exwiefen bat,
211
gruͤnde zu dieſer Sprache durchſchaute:
„Nur gaͤnzliche Ruͤckgabe feines Raubes
„ſei die Bedingung des Friedens: ‚denn
„nur dann werde der alte Fuß des Be⸗
„füftandes, den er felbft wänfhe, beibe⸗
mbalten.”.
Indeß brach der Profonful, ohne ſich
durch des Königs häufige Friedensboten
und Geſchenke, wodurch diefer ihn einzus
ſchlafern fuchte, irren zu laſſen, in beſchleu⸗
nigten Maͤrſchen gegen Nikopolis *) vor;
und bier erſt, da des Bittens um Frier
den fein Ende ward, gonnte er feinen-
Truppen .die Lagerruhe, deren fie bedurf-
ten, um den Erfolg diefer Verhandlungen
zu erwarten. Sie bfieben nichtig, . wis
bie früheren: aber eben durch dien Zögern
(das vielleicht eben fo fehr durch des. Roͤ⸗
mers Ehhler gewordene Ueberlegung von
des "Königs ‚nicht zweifelhafter Uebermacht
"*) Ai der Stelle des altern Tepbrike (iezt
Divrigui) von Pompeius zum, Denkmal
feines bier erfochtenen, erſten Sieges über
Mithridates errichtet. Es Ing am.öfllichen:
Abhang des Gebuͤrges Parpadres.
‚DA
212
herbei geführt wurde) buͤßte zugleich Phar⸗
naces die Gelegenheit ein, ſeinen Gegner
in einen Hinterhalt, zwiſchen den Gebins
gen, zu lokken, wozu bereits alle Vorkeh⸗
zungen von ihm getroffen waren. Ihm
blieb daher nichts uͤbrig, ale den Krieg
durch verdoppelte Vorſicht in die Länge zu
sieben; und das nur um fo mehr, da.er,
um eben biefe Zeit, einige Briefe von Ch .
far an Domitius aufgefangen hatte, wo⸗
rinn dieſer feine miflihe Lage in Alerans
dria ſchilderte und, außer neuen geforders
sen Verſtaͤrkungen, auch feines Legaten
eignes Vorräffen gegen Syrien wuͤnſchte.
Unter fo gänftigen Umftänden, welche
den König feines "Gegners nahen Abzug
erwarten ließen, ſuchte er ein Treffen noch
forgfältiger zu vermeiden, und wählte zu
dem Ende eine Stellung, unter den
Mauern von Nifopolis, zwiſchen zwei
aufgeworfenen Linien; während feine zahls
reiche Reitersi ihm außerhalb die Fluͤgel
deckte.
Allein die nemlichen Gruͤnde, welche
Jenem die Schlacht abriethen, drängten
ben Prokonſul, der ſich weder mit Ehre,
a3 .
noch mit- Sicherheit, im Angeftcht des Fein
des zurhchziehen Eonnte, die fehnelfte Ent
ſcheidung durch die Waffen zu ſuchen.
Pharnaces fah ſich ‚daher ſchon des. naͤch⸗
fien Tages hinter feinen Linien von der
fehs und breißigften Legion, die den rd⸗
mifchen rechten Flügel bildete, mit einem
Nachdruck angegriffen, welchem er nicht
zu widerſtehen vermochte. Schon bedrohte
fie feinen Ruͤcken, als die ſchimpfliche Flucht
der Truppen des Deiotarus in der Mitte
und ein zweimaliger mißlungener Angriff
der pontifhen Legion. zur Linken, dem
Treffen plözlih eine ungünftige Wendung
gaben, Bon beiden entgieng nun eine gea
ringe Zahl dem feindlichen Schwerdte; und
als Pharnaces, von ihrer Verfolgung zus
ruͤckkehrend, fih nun mit erneuerten Kraft,
wuf Die noch fichenden Römer warf, fo
vermochte nur die unglaublichfte Anftrens,
gmg von Much und Entſchloßenheit, fie
vor einem gleichen: Untergange zu ſchuͤtzen.
So gelang .es ihnen, fih, wiewohl mit
einigem Verlufte, bis an den Fuß des Ges
bürges durchzuſchlagen, wg der König mit
ſeiner Reiterel endlich von ihnen ablafen
214
mußte; und nicht minder hatte Domitius
das Gläd, diefe traurigen Trümmern feir
ner Macht ungefährder in befreunderee
Gebiet zuruckzufuͤhren.“
Nichts war wohl gewißer, als deß
Pharnaces, ſtolz auf dieſen Sieg, denſel⸗
ben auch in ſeinem ganzen Umfange wuͤrde
benuszen wollen. Pontus war fejt wehr⸗
los in ſeine Haͤnde gegeben. Aber indem
er begierig Aber dieſe Beute herſtuͤrzte, ie⸗
den ſchwachen Widerſtand uͤberwaͤltigte
und zuverfichtlich von Wiederherſtellung
ber vaͤterlichen Herrſchaft, in ihrem glaͤne
jendſten Zeitpunfte, traͤumte, übertraf er
äugleich au jede, auf. ſein rohes Gemuͤth
gegründete Erwartung von der graufamen
Strenge und dem Yebermuch, womit feine
Schritte bezeichnet: ſeyn würden, Raub
und Plünderung- traf bie in den Pronin«
zen angefefienen Römer, wie die Einge⸗
bohrnen, ohne Unterfchledz fein Blutdurſt
bien kaum erſattlich; und felbft da, wo
er des Lebens fehonte, Abte er an ber
- Bfürhe der männlichen Jugend Verſtuͤm⸗
melungen aus; gegen welde der Todeing
215
Wohlthat ift. *) Zu gleicher Zeit lud er
alle Könige und Fürften Vorderafiens ein,
fi auf feine Seite zu ftellen; und es
fhien qufs entſchiedenſte fein Plan, Roms
Heirſcherſtab in‘ diefem Welttheil zu vers
nichten.
Diefer weitausſehende Plan, zu.deſ⸗
fen Ausführung Roms innere Kämpfe eis
nen fo gelegnen.Zeitpunft darboten, — der
anerträgliche Gedanke an die Schmach,
der Maieftät der Weltfäniginn von einem
zinspflichtigen Barbaren, miteinigem Schein
des Gelingens, Kohn gefprohen zu fe
ben; — die Hoffnung; feine ftolzen Träume
von Macht und Herrſchaft durch ſchnell⸗
fies Entgegenwirken in der Geburt zu er⸗
ſtikken; — dies Alles zufammen genoms
men konnte den Schiedsrichter Aegyptens
nicht lange zweifelhaft lagen, wohin zus
— — — —
) Dieſe barbariſche Mißhandlung erfubt
inſonderheit Amiſus (iezt Samſun) eine
der dedeutendſten Städte der Provinz Pon-
tus, welche, aus.Ergebenheit gegen Caͤſar,
einigen Widerfiand verfucht hatte. Er ver⸗
galt bald darauf diefe Treue durch das Ger
ſchent der Freiheit, das er Amiſus ertpeilte,
216
naͤchſt er feine Waffen zu wenden habe.
Im Deeident Eonnten feine Angelegenheis
ten — auch wenn er fortfuhr, fie anſchel⸗
nend zu vernachläßigen — fih im näcds
ſten Zeitverfauf wicht weſentlich verſchlim⸗
mern, oder geſtatteten doch eine leichte
gluͤckliche Wendung zu feinem Vortheil. —
Hier im Oſten hingegen war feine Sache
zugleich die Sache des römifhen Bolkes
felbft; indem er Domitius, feines Legaten,
Niederlage rächte, traufelte er zugleich Bal⸗
fam in die vermundete National» Ehre —
und, mas endlich wohl: den Ausfchlag
gab! — fol? er, durft' er die nemlichen
Volkerſchaften unbeſiegt Hinter fich liegen
laßen, deren leichte und fehnelle Bezwin⸗
gung ehemals gerade die ftrahlendften
Kränze in Pampeius Triumphe geflochten?
Welch eine demärhigende Zufammenftellung
mußte dies in der Meinung aller derer
zur Folge haben, die den gefeierten Nas
men des Leztern noch nicht vergeßen hatten!
So ward denn der Aufbruch nad Sy
rien und Pontus- in Caſars Geifte beſchloſ⸗
fen und unverzüglich auch angetreten. Um
defto mindern Aufhalt zu finden, begnuͤgte er
”
217
fih mit der Begkeitung der einzigen ſechs⸗
ten Veteranen: Legion; obmohl fie, durch
Schwerdt, Meer und Mühfeligfeiten aufs
gerieben. Feine taufend Mann mehr zähle
te; — während feine ganze übrige Krieger
macht an den Ufern des Nils dahinten
blieb, um dem Thron der neuen Königin
eine um fo feftere Stuͤtze zu geben; zus
gleich” aber auch wohl, um den römifchen ,
Einfluß auf die Angekegenheiten diefes Reiche
zu behaupten. Ueberal auf feinem Wege —
befonders aber in: Antiochia — vermweilte
ee nur fo fange, als nöthig war, bie
dringendften Einrichtungen der Provinzen
anzuordnen und fih ber Ergebenheit der
Gewalthaber zu verſichern; gieng dann,
auf dem kuͤrzern Seewege, nach Tarſus
in Cilicien Aber, und traf hier, mit feiner,
„gewohnten Regfamkeit, die Vorbereitungen
zu dem, ienfeits des Taurus zu eröfnenden,
Feldzuge. Nie war feine freudige Zuver⸗
fit größer gemwefen; und gleihmohl ber
ſtand feine Waffenmacht in dim Augen
blikke feines Eintritts in Pontus, mit Aus-
nahme des Heinen Kerns ber fechften 2er
gion, faft nur aus den nemlichen Truppen,
218
welche ſich aus der unglädfihen Schlacht
bei Nikopolis gerettet baten, und einer ,
unroͤmiſchen, ihm von ‚Dejotarus zugeführr
ten 2egion,. dee dem Imperator, im Bes
wußtſeyn früherer Steaffälligfeit, mit abs
gelegtem Königsfhmud, an der Grenze ſei⸗
nes Gebiets entgegen kam und feinen.Frier
den mit ihm machte,
Auch Pharnaces, welcher fib willig
überredet hatte, daß Caͤſars Glüdsftern in
Alerandria ohne Wiederkehr untergegangen
fey, und fi durch feine plözliche Erſchei⸗
nung eben fo unliebltch aufgeſchreckt, ale,
im Rüffen feiner Eroberungen, durch einen,
von feinem Eratthalter Afander erregten
Aufftand gefährdet fah, hätte gern vers
ſucht, fih durch friedliche Unterhandlungen
aus dem Gedränge zu ziehen. Wirklich ers
ſchienen feine Abgeordneten,in Caſars Lager,
‘welche, mit dem Berlangen, daß iede fers
nere feindfelige Maaßregel eingefteft werde,
ihres Gebieters willige Unterwerfung ers
klaͤrten. Ohne Zweifel rechnete der König
darauf, daß es ihm eben. fo leicht feyn
wæerde, von feinem furchtbaren Gegner bik
lige Bedingungen zu erhalten, als die Er⸗
219
fültung, felbft der billigften, ſchlau zu ums
gehen. Denn indem es ihm nicht entgieng,
wie angelegentlih Cäfar wuͤnſchen mußte,
fi endlich gegen Rom wenden zu konnen,
fo ließ ſich mit Grunde hoffen, daß er fih
an dem Außern Schein der Unterwerfung
genügen laßen werde, und daß es dann,
nach des Ijmperators Abzuge, nur auf ges
ſchicktes Zögern und lang ausgefponnene Uns
terhandlungen anfommen möchte, um den
Kopf unyerfehrt wieder aus der Schlinge
zu ziehen. " \
BWenigftens was den erftern Sheil -
diefer Erwartungen betraf, hatte Pharnas
ces richtig genug überfchlagen. Cäfars Frie⸗
densbedingungen waren gemaͤßigter, als
Jener, nach fo viel vorangegangenen Reis
zungen, fie fordern durfte: denn ‚fie bes
ſchraͤnkten ſich aufunbedingte Räumung der
eroberten Landftriche, Freiftellung der vers
hafteten roͤmiſchen Staatsdiener und Kids
gabe iedes geraubten Privateigenthums;
mogegen alles Webrige, was nicht mehr
vergütet werden fönne, vergeßen und vers
ziehen werden folle. Als nun aber Phar⸗
naces, indem er diefe Werfprehungen wil:
220
fig ableiftete, ſich zu ſchmeicheln ſchien, der
Imperator werde mehr feinen Worten
glauben, als auf deren ungefäumte Erfüls
tung dringen, folte er plozlich die Erfah⸗
rung maden, daß fl mit den gewoͤhnli⸗
hen DBehelfen. einer dilatoriſchen Politik,
durch die er einen Domitius hingehalten,
bei einem Gegner, wie CAfar, nicht aus⸗
reihen faße. Denn ber Feldherr, diefe
Arglift durchſchauend, und nicht gemeint,
fein begonnenes Werk hier unvolendet bins
ter fich zu lagen, that nun aus Noth, was
er fonft aus natuͤrlichem Ungeftäm zu thun
pflegte, und verlor feinen Augenblick, ſich mit
Nachdruck auf feinen Feind zu werfen.
Er traf ihn, hart neben der Stadt
Bela *) in Ponte, auf einem wohl ver
ſchanzten Huͤgel gelagert, den die Nieder
fage eines römifchen Heeres, im mithridas
tifchen Kriege, berühmt **) und in deu
*) Der Sletten Zile, füdwehlich von Tocat,
bewahrt das Andenten diefes, damals feiten
und anichnlihen Plaues, den der Verfaber
der Gefch. des alexandr. Krieged Bieka nennt.
H Sie ereignete fich im Jahr 637 und war
221
Augen des, von Aberglauben nicht freien
Königs gluͤckhaft gemacht hatte. Dieſem
Hügel gegenüber erhob ſich ein anderer,
nicht" minder bequem 'zu einer Lagerftelle
gelegen; und beide ſchied ein Thal, kaum
saufend Schritte breit, welches zwar dem
Töniglichen Lager eine nicht gemeine Stärke
verlieh, ‚aber auch der diesfeitigen Anhöhe,
wenn Cäfar, ſich auf derſelben feſtſezzen
konnte, den gleichen Vortheil eines erſchwer⸗
‚ten Angrifs gewaͤhrte. Pharnaces hatte
dieſen wichtigen Punkt, der ſo nahe vor
ihm lag, gänzlich vernachläßigt: allein der
ſcharfſichtigere Imperator dachte alfobald
auf eine Lift, denfelben, Angefichts feines
die härtefte unter allen, wovon die Roͤmer in
diefem Kriege betroffen wurden. Luculls Les
gat, €. Triarius, verlor bier 7000. Mann,
worunter 24 Kriegstribunen und 150 Centu⸗
tionen fich befanden; und Cicero (orat. pro
Manil. 25.) bemerkt es, als einen fprechenden
Beweis von der Empfindlichkeit diefer Ein-
buße, daß. die Kunde derielben nicht durch
irgend einen, aus der Schlacht Entronnenen,
fondern durch das bloße Gerücht zu Lucul⸗
Ins gelangte,
222;
Gegners, ju gewinnen. Während er alfo
noch, fünf Millien ruckwärts, eine Stel⸗
lung bezogen hatte, in welcher eine Menge
von zuſammengebrachten Schanzmatertalien
feine Abſicht zu verrathen-fhten, ſich für
Fängere Zeit zu behaupten, brach er, in der
nachſten Nacht, mit fämmtlichen Legionen
auf, und erreichte, unentdeckt und unvers
hindert, iene Anhöhe, vor welcher herab
er nunmehr iede Bewegung des Feindes
beherrſchte. Die in der früheren Stellung -
zurůckgelaßenen Befeftigungsmittel, welche
hier erft ihre eigentliche Anwendung fins
den folten, wurden darauf von dem Lagers
troße nachgeführt, um den Legionen felbft,
zu der Umſchanzung des neuen Lagers, deſto
freiere Hand zu geben. *) ' J
R Wie gut dieſe Vorkehrungen es auch
erklaͤren, in wiefern Cdfar diefen Voſten zu
feiner eignen Sicherheit und zur Beobach⸗
tung der feindlichen Bewegungen bequem
finden tonnte, fo blieb derſelbe doch eigent⸗
lich nur eine Defenßv- Stellung, welche feine
Dperationen von den Entichliefungen des Kö-
nigs abhängig machte, und dadurch den Krieg
nothwendig in die Länge zog. "Gerade dies
223
Erſt der anbrechende Tag zeigte dem
uberraſchten Könige, was er verabſaumt
hatte: aber feine Reue wid, der Begierde,
den Gegner, auf gleiche Weiſe, durch feir
nen ‚umverzögerten Angrif zu überrafchen
und aus dem erlangten Vortheil zuruͤckzu⸗
werfen. Schon zogen fich feine Truppen
am Fuße feines Lagers zufammen, als Ca⸗
far diefe Bewegungen immer noch feiner
aber mußte Gäfar, dem fo viel an der Eile
lag, zu vermeiden fuchen. Gewiß gieng er
and auf einen unverzögrten Ungrif aus;
und doc) fonnte zu einem ſolchen faum ein
ungünftigeres Terrain, ald die Schlucht zwi⸗
ſchen beiden Laͤgern darbot, erdacht werden;
wie auch Pharnaces es, zu feinem Schaden,
bald erfahren folte, . Diefen Widerfpruch bes
friedigend zu Iöfen, bat Hirtius, bei feiner
übrigen Genauigkeit, nicht für gut gefunden.
Oder bielt etwa Caͤſars reiches Genie in dem
nemlichen Augenblikke, da er iene Stelle be=
309, auch ſchon Eines von feinen taufend
Mitteln in Bereitſchaft, den Feind gu einem
verderblichen Wagniß zu verloffen; und Hir⸗
tius bätte nur darum feine Kenntniß davon
weder gehabt, noch gegeben, weil der König
dem ihm zu legenden Fallſtrick durch fekimils
lige Berbiendung noch zuvortam?
224°
ernftlichen Aufmerkſamkeit werth hielt, und
* Darin entweder nar eine gewoͤhnliche prahl⸗
hafte Herausforderung, oder den eben fo
abgenuzten Kunftgeif erblichte, ihn Dadurch
in feinen Schanzarbeiten aufzuhalten, ins
dem er ihn nöthigte, das erfte Treffen, zur
Bedekkung der’ Arbeiter, bewafnet vorzus
ſchieben. Allein defto ernſtlicher war es
der Wunſch des Königs, Zeit, Ort und Ges
legenheit zu einem entſcheidenden Schlage
zu nuzzen; und er trozte vielleicht eben fo
fehe auf den verfüchten Much feiner Trups
pen, die ben nemlichen, ſchon einmal ges
ſchlagenen Legtonen des Domitius gegen
über ftanden, als auf Caͤſars anfcheinende
Schwäche, die denfelben nörhige, den uns
Triegerifchen Sflaventroß mit an die vors
feyende Arbeit zu rufen. .
Caſar hatte indeg Mühe, an feine
wahre Abficht, felbit dann noch zu glau⸗
ben, als die Föniglihen Truppen Bereits
ihre Anhöhe verlaßen hatten, und nun fih
in dem engern Thale ftopften, wohin nur
bie höchfte Verblendung fie verloffen konnte.
Erft als fie, mit gleicher Eile und in vols
ler Schlachtlinie, den diesfeitigen Huͤgel
hinans
225 .
hinanzukfimmen begannen; ſchwanden feine,
auf eine zu gute Meinung von Pharnaces
Einſichten gegründeten Zweifel — ſchwan⸗
den erſt in dem Augenblikke, da es ſchier
zu ſpaͤt war, ſich ‚gegen dies unſinnige Uns
ternehmen in bereite Verfaßung zu ſetzen;
und ſchier zum Erſtenmale auf ſeiner lan⸗
gen kriegeriſchen Laufbahn waͤre ihm ſeine
zu große Langſamkeit verderblich geworden
Denn um wie viel ſchneller er nun auch,
faſt zu einer und derſelben Zeit, die Ars
"beiter .von der Schaufel unter bie Waffen
zief, die.egipnen herauszog, und feine Trek⸗
fen ordnete, fo ließ fih doch gerade um fo
vlel weniger der Beſturzung feiner. Strei⸗
ter wehren, die, kaum an ihren Plaz eins
gerhdt, auch ſchon in’s Handgemenge mit
dem, unter lautem Geſchrei andeingenden,
Feinde verwikkelt wurden. *)
Auch bier giebt Hirtius Anlaß, die Ge⸗
nauigkeit feines Berichts in einigen Zweifel
zu sieben, Er erzähle nemlich von den Si-
chelwagen des Königs, daß es ihnen gelun⸗
gen, in der, noch nicht völlig gebildeten, roͤ⸗
miſchen Schlachtlinie einige Verwirrung atte
zurichten/ bie fie fhleunige duch einen Ha⸗
4. Band, P
226
Der Kampf, welcheb ſich ſofort durch
die ganze Linie verbreitete, war heftig: al⸗
lein die Natur des Bodens ſelbſt, auf dem
gefochten wurde, ließ chn nicht lange zwei⸗
felhaft Bleiben: - derm Einmal geworfen,
mußte der Feind unausweichlich in Die tihe
Tiefe zurüd geſtarzt werden. Die fehlte
Regio, auf dem kechten Flägel, gab, ihres
alten Rufes werth, hiezu das. Deifpiel,
welchem ſpaterhin Ser -IitEe Fihgel und bie
Mitte mit gleichem Gläffe nacheiferten.
Unten im Brumde des engen Thals fiel
nun der ganze Nachtheil der drtlichen Lage
gel von Wutrfwaffen unſchaͤdtich gemacht wot«
den. Unfteitig wär diefe, dein Barbaren fo
‚gewöhnliche Art von Friegerifchen Zerſtoͤtungs ·
wwitteln in der Schlacht zugegen: allein man
begreift nicht, wie fie, im Anfang berfelden,
da die.Begionen noch am Fuße ihrer tige
fangenen Verfchanzungen Yanden, und alfo
iene Wagen bergaufwärts rennen muße
ten, nut voh irgend einiger Wirkſamkeit ſeyn
konnten? Auch Div Calfins (B. 43. 8.47.)
foricht von dieſer, durch die Stchelmagen und
die Meiterel verurſachten Unordnung, obne
gleichwohl die Sache in ein deutlicheres
Richt zu fehjen.
227
auf die hieher zuſammengedraͤngten Fihdhts
linge zul: Was das: Schwerdt nicht
aufrieb, wurde unter der Laſt der nachſtut⸗
zenden Gefährten erdruckt, oder ſchaͤzte es
für Sewinn, mit weggeworfener Waffe,
eine Zuflicht im verlaßenen Lager zu finden.
Aber au) hier galt es Bald keine Sicher⸗
heit: mehr, da bie verfolgenden Römer das
Thal ungehindert Aberfchritten,; und ſich
ſturmend am Fuße der Verſchanzungen zeige
ten: Der ſchwache · Widerſtand, welchet hier
geleiſtet wurde, hinderte nicht ſowohl die
Eroberung, als dag Pharnaces ſelbſt im
Lager nicht ergriffen wurde.
Eine: einzige Morgenflünde war hin⸗
reichend gemefen, dieſen neuen- glänzenden
Lorbeer um Cäfars Stirne zu: flechten und
einen weitausfehendeh Krieg, wie durch eis
nen Zauberſchlag, zu endigen: „Ich kam;
fah und ſiegte!“ Eonnte der Imperator
an feine Freunde vom Schlachtfelde ſchrei⸗ ·
ben. und bie nemlichen lakoniſchen drei
Worte nahmals, in der Reihe feiner- zu
Rom gefeierten Triumphe, auf einer Tafel
verzeichnet, vor ſich her tragen laßen. Seine
Freude Aber biefen, ihm vom reinen Gihffe
Pa °
28
“gebötenen, &ieg wer lebhafter, als über
iede der zahlseichen frühern. Trophäen.
Mit einem, ihm fchmeihelnden, Bewußt⸗
feyn fah er nunmehr auf Sulla, Lucullus
und Pompelus, die gepriefenen Helden des
hochwichtig gehaltenen mithridatifchen Krie⸗
ges, zuruck, und ließ ſich dann die Außer
rung entfhtäpfen: -;,Wohlfel . gekaufter
Ruhm, der ſich durch &iege über einen
ſolchen Feind gewinnen läßt”
Und nicht leicht Eonnte ein‘ Steg vol
ſtandiger ſeyn, ats dieſer faſt blutloſe, der
gleichwohl "das ganze feindliche Meer ent ⸗
weder zu Boden ſtreckte, oder auseinander
fprengte, den Konig, von wenigen Reitern
begleitet , zu einer ſchimpflich » eilfertigen
klucht nöthigte, ihn aller feiner Eroberun⸗
gen beraubte, feine Plane und Auſpruͤche
vernichtete, ihm endlich felbft aus Sinope,
feiner legten Freiſtatt, durch Domitins Waſ ⸗
fen verſcheuchte, und, verachtet und derlaſ⸗
fen von den Seinigen, julegt in der Hei⸗
math dem Schwerdte des treuloſen Afans
der auslieferte. Caſar hatte nur noch das
angenehme Gefchäft vor ſich, die Werkzeuge
feines Siegs mit der vorgefundenen zeichen
229
Deute des Ehniglichen Lagers zu belohnen,
und infonderheit bie brave fechfte Legion,
sum Empfang der ihr beſchiedenen ehren,
vollen Auszeichnungen, nach Stalien zu ent⸗
laßen; während Dejotars Wölker heimge⸗
fehieft wurden, und die Abrigen Truppen,
mit Codlius Bincianus- an, ihrer. Spüge, zum
Schune von, Pontus aufgeftelt blieben.
Sezt. endlich. ſah fih’s der Imperator -
gewährt, feine Schritte dahin, wo. fon
langſt feine Gedanken vorangeflogen was
zen — nach Nom-zu lenken. Schen bes
näcften Tages nad der Schlacht machte
er ſich, von. einem, leichten Reitergeſchwa⸗
der begleitet, in der Richtung durch Gab
Togeäcien und Bithynien, ‚dahin auf den
Weg: allein auch dieſe dringende Eile bins
derte ihn nice, iede Stunde, und. feier
ieden Augenblich mit einer, für feine Ans
gelegenpeiten. erfprießlihen. Maaßregel zu
bezeichnen, Withridates von Pergamus,
fein treuer und thätiger Aushelfer am Nil,
erhielt die verdiente Belohnung mit dem,
Staate von Bosporus, melden Pharnaces
durch. fein verunglhdttes Beginnen verwirkt
batte. Dejotarus hingegen, wider welchen !
230
Eaſar eine perſonliche Abneigung hegte,
‚mußte ſich manchen unwillkuͤhrlichen Aus⸗
Bruch derſelben gefallen laßen; aber Domi⸗
tius Calvinus, dem ‚feine Unfälle von des
Imperators Vertrauen nichts ‚entzogen hats
sen, bebieft die Verwaltung der beruhigten
Halbinſel in feinen Händen.
Ganz rein wäre die: danfbare Ben
Bindlichkeit diefes weiten Landſtrichs gegen
den fheidenden Helden gemwefen, wen
feine Verfügungen nicht zugleich auch, nes
ben den, ihm freiwillig und um die Wette
dargebrachten Ehrengeſchenken und golde⸗
nen Kronen, die feinen Eünftigen Triumph
ſchmukken folten, eine Reihe anderer For
"derungen an das Vermoͤgen der Stadte,
wie der Einzelnen, gemacht haͤtten, die ſich
‚auf fein gegenwartiges dringendes Behärfr
niß großer Geldſummen gründeten. *) Bas
MV. —ñ—— —
*) „Geld und Soldaten!” lautete Caͤſars
volitiſches Glaubensbekenntniß · — ,, Beide
gründen die Macht: aber beide müßen ſich
„auch wechielfeitig die Hände bieten. Geld
wirbt und feßelt den Soldaten; und der
„Soldat wieder wuchert zum Gelbe. Wo
das Eine mangelt, geht auch das Andre
verloren.“ (Div: 8.43. 8.49)
. agı
fie früherhin an Pompeins zu zahlen ſich
anheifchig gemacht, wurde iezt als ſchuldi⸗
ger Mädftand beigetrieben; und felbft feine
fonftige Achtung gegen die heiligen Tem⸗
pelſchazze, wodurch er ehemals die Menge
für ſich beſtochen, hinderte ihn {et nicht
mehr, fi auf ihre Koften zu bereichern,
und durch dieſe Nichtachtung der dffentlis
hen Meinung-das kekke Bewußtſein feiner
errungenen Machthöhe zu verrathen.
Raſtlos trugen ihn indeß feine. beflüs
gelten Schritte durch. Griechenland und
über das ioniſche Meer, bis er — iezt von
Niemand. fo ſchnell erwartet — in Tarent
den Fuß an’s. Land fezte und, burd) feine
Erſcheinung in den Gemäthern des ganzen.
‚ weiten Stalins Furcht und Hofnung und
dede lang verhaltene Leidenſchaft aufs Hoch⸗
fe ſpannte. Ob er dem Bisher zur Schau
getragenen Charakter einer verſohnlichen
Milde hier noch ferner getreu bleiben, oder
ob er, des Zwanges überhräßig, ſich nun⸗
mieht im Blute feiner Widerfacher baden
werde: das mußten allerdings feine
näcften Schritte erweifen. Cicero, unfds
big, dieſes Schwanken einer aͤngſtlichen
222
Erwartung noch Fänger zu ertragen, hatte,
vor allen Andern, die, gleich ihm, zu Bruns
diftum diefes Augenblide harrten, den noth⸗
gebrungenen Muth, fein Schickſal an die
Auflöfung‘ diefer großen ‚Frage zu ſezzen.
Er gieng dem heimkehrenden Diktator uns
gefäumt nach feinem Landungeplatze entger
gen: aber ſchon auf der Halfte des Weges
ſtieß er auf Täfar, welcher nicht fobald ers
fuhr, wer fih ihm nähere, als er vom
Wagen fprang, den Konfularen achtungs⸗
vol begrüßte, und dann eine gute Strekke
Weges zu Buße und unter vertrautem Ges
ſprach mit ihm zuruͤdlegte. Der Sieger
verrieth durchaus feine Empfindlichkeit mehr
wegen des Wergangenen; um fo weniger
durfte Cicero's Dankbarkeit gegen fo viel
Großmuth fih feinem Wunſche entſchlagen,
ihm nach Rom zu folgen, wo des Red⸗
ners Name und Anweſenheit noch immer
verſorach, einen rechtfertigenden Glanz über
feine Sache zu verbreiten. Dennoch lebte
Cicero in diefem nächften Zeitverlauf, ſelbſt
in der Hauptſtadt, ohne Einmiſchung in
die offentlichen Angelegenheiten, nur ben
Wißenfhaften; und einige feiner vorzügliche
233 .
fien philoſophiſchen Werke ſcheinen bie Feucht
dieſer ruhigen Muße in ſeinem Tuſculum
geworden zu ſeyn.
Es war im September (707) als Ca⸗
far, nad) einer, beinahe zweiiährigen Ents
fernung, in Nom wieder auftrat, wo end»
lich feine perſonliche Gegenwart allein vers
mögend ſchlen, dem innern Zwiefpalt, der
iezt fein Hoͤchſtes erreicht hatte, ein Ziel
zu ſezzen. Denn viel fehlte, daß Dolabelle,
feinen fühnen Plan zu Roms Umeehrung
‚durch den begehrten algemeinen Schulben⸗
erlaß aufgegeben hätte, foBald die Zeitums
ftände deßen Ausführung wieder zu begüns
ftigen ſchienen. Caͤſars neue weitausfehens
de Verwikkelungen in Aſien und Antonius
ſchnelle Entfernung von Rom, zu Dämpfung
des Aufftandes der italiänifchen Legionen,
teafen, feiner Meinung nad, fehr gluͤcklich
sufammen, um bie Sache zur Entfiheidung
zu treiben; und der Konfislar, 2, Julius
Caſar, Antonius Ohelm, dem Dieſer einſt ⸗
weilen die Obhut der Hauptſtadt uͤbertra⸗
gen hatte, war, ſeinen uͤbrigen Verdien⸗
ſten unbeſchadet, ſchon feines vorgeruck⸗
ten Alters wegen, der Mann nicht, ihm
234
Scheu vor dieſem gemagten Schritte ein:
auflößen. J
Sofort rief Dolabella ſeinen Anhang
zu den Waffen; und eben ſo ſchlagfertig
bildete ſich, dieſem Schuldnerheere gegen ⸗
über, das. Heer der Gläubiger, ſich feinem
Beginnen entgegenzuftemmen. Formliche
Schlachten wurden täglich auf dem Forum
und in ben Gaßen von Rom geliefert;
sortheilhafte Poften erobert und veripren,
und fhonungsles mit Feuer und Schwerdt
gegen einander gewärhet. Selbſt die Ber
ſtalen wanderten ſcheu aus ihrem Tempel,
wo fie ſich und: ihre Heiligthumer nicht
mehr für ſicher hielten. Autoniys, von dies
fen Ausſchweifungen benachrichtigt, wandte
ſich beſturzt nach der Hauptſtadt; und ein
neuer Senatsſchluß bevolmachtigte ihn zur
gewafneten Herftellung der Bffentlichen Ruhe.
Allein Dolabella glaubte bereits zu weit ge⸗
gangen zu feyn, um nun nicht auch noch,
in verzweifeltem Muth, das Aeußerfte zit
wagen. Er befiimmse den Tag, mo er
feine Gefezesvorfihläge "in der Volksver⸗
fammlung molle durchgehen laßen: aber
au gleicher Zeit verrammelte er auch alle
235
Zugänge zum Forum; errichtete hölzerne
Thuͤrme umher, und ſchickte fi an, hier
eine förmliche Belagerung auszuhalten.
Dennod drang Antonius an diefem Tage
mit den, auf dem Kapitel verfammleten,
Truppen. durch alle diefe Verſchanzungen
vor, jertrümmerte die aufgeftelten Gefejr
sestafeln, und bemaͤchtigte fih einiger Ra⸗
belsführer, welche, zu. Abſchrekkung ibyer
Helfershelfer, von der Hohe des tarpeiifchen
Felſens Herabgefthrzt wurden. So verfehlte
ber Volkstribun zwar feinen Zweck: doch
an Ruͤckkehr der Ordnung und Ruhe war,
felbft nach der Zeitung von CAfars neueftem
Siege Aber Pharnaces und feiner iezt nas
ben Heimkehr, nicht zu denen.
Diefer lang verfhobne Augenblid war
- nunmehr erfdienen. Der Diktator trat
endlich an den Plaz, auf welchem alle Pars
theien in Rom gleich tief ſich vor ihm au
beugen und zu verfiummeir gezwungen wa⸗
ren. Unftreitig mißfiel ihm, was Beide be⸗
gonnen hatten, in gleihem Grade. Anto⸗
nius hatte in feiner Verwaltung zu ſchreiende
Bloͤßen gegeben, um nicht den verdienten
Zabel feines Gebteters zu verwirken. Daß
236
Caſat es hiebel gegen feinen Ghnftling Bes.
wenden ließ, mochte man vielleicht im vor⸗
aus erwarten : allein Dolabella wurde ohne
Zgweifel ſelbſt am hoͤchſten uͤberraſche, ale
der Diktator, anſtatt ihn zu einer ſtrengen
Rechenſchaft zu ziehen, nur Beweiſe det
Güte und des Vertrauens auf ihn haͤufte
und feine Ausſohnung mit Antonius ber
wirkte. Denn wie gewiß CAfar auch feine
Werkzeuge nad) Berdienft zu würdigen wuß⸗
te, fo ftand ‘doch der Grundſaz unbewegs
lich in ihm feft: ‚gegen grenzenloſe Hinge⸗
Bung feiner Freunde auch: für ihre entſchie⸗
denften Schwächen verſchloßne Augen: “
haben. *)
*) Sueton (8. 71.) laͤßt ihn diefe Marime
und die Erhebung fo Mancher von niedrigem
Stande zu den boͤchſten Ehren, die ihn, freis
Tich vielfachem Tadel ausfesgen mußte, if
noch) auffallendern Ausdräffen vertheidigen. °
Denn öffentlih babe er erklärt: „@elbk
Straßenraͤuber und Banditen, wenn fie ibm
die Staffeln sm feiner Größe geebnet hätten,
würde er auf gleiche Weiſe beighnen,” —
Schwer möchte ſich indeß eim ſolches oͤf⸗
fentliches Geſtaͤndniß mit des Diktators
flets beobachteten politiſchen Haltung verei⸗
. 37
Seine Mißbilligung des Geſchehenen
legte ſich gleichwohl ſehr nachdruͤcklich zu
Tage, indem ‚er es fein. Erſtes ſeyn lieh,
die eigenen, in. Betref der. Schuldner ges
gehenen Gefezie *) zu erneuern und das
durch die thoͤrigte Hofnungen, womit Do⸗
labella ſich getragen hatte, auf immer zu
zerſtoͤren. „Nie“ — verſicherte er —
werde pr: auf. einem ſolchen, die Grund⸗
feften- der Geſellſchaft zerſtdrenden, Wege
nigen laden, wofern man nicht unbemachte
Augenvlitke des uebermuths und der Slide
truntenheit bei Ihm annehmen. will, Die ihm
2. fo undpnlich ſcheinen.
") Bergl. Th. in. ©. 367 ff. — Dos un
pl er ſie einigen Milderungen. So 5.8.
wurden die, feit dem Ausbruch des bürgerlie
hen Krieges ruͤckſtaͤndigen Zinfen und Leis
Hungen erlaßen. In Betref der Hausmies
then aber, 100 das Bebürfniß, die armern
Volkellaßen zu. erleichtern, noch driugender
ſchien, trat der Diktator durch die Verord⸗
nung in’s Mittel, daß der Staat die Berab-
Jung der Hausmiethen in Mom bis auf aooo
Eeftertien(628 Thaler) und in den’ übrigen
Städten Italiens bis auf ein Viertel diefer
Summe leißen ſolle.
238
die Volksgunft ſuchen; obivohl er ſelbſt im
Dienſte dis Staates tief verſchulbet ſey,
und keine andre Aushuͤlfe, als ferneres
Borgen, vor ſich ſehe.“ — Freilich vet⸗
gaß et, Hinzuzufeggen , daB feine bisherige
und zufünftige Schuldenmaße ihn weniger
zu beimruhlgen brauchte, ba-es fehr zwei⸗
felhaft ſcheint, oB er iemals bie Abſicht Hatte,
fie abzutragen, wenn auch ein verfräßter_
Tod ihn nicht daran verhindert Härte,
Wenisftens hielt Caſar, deßen neue
Ruͤſtungen unermeßliche Ausgaben heiſch⸗
ten, auf der Stelle ſich ſelber Wort im
Bergen, indem er es ben italiſchen Mu⸗
nieipalitäten, wie einzelnen Reichen, fo nahe
zu legen’ mußte, daß ihm das Darlehn ber
betrachtlichſten Summen, unter den Namen
von patriotiſchen Beiträgen, nicht durfte vers
weigert werben; umd während feine Ver⸗
zeihung ſich auf Pompeius Freunde, faſt
ohne Ausnahme, erſtreckte, wurde minde⸗
ſtens den Gütern ber, im Kriege Gebliebe⸗
dien, der Krieg erklärt; wobei fogar Pont
peius eigne Befizgungen von der öffentlichen
Verfteigerung nicht ausgenommen blieben:
Hierin (weil er ſelbſt einen ſehr unterge:
239
ordneten Werth auf den Beſitz von Reich
thiimern ſezte) gemöhnte ſich der Diftatse
almählig, der Meinung des Publifume zu
tedjgen, und nahm ſich's nicht Abel, ſelbſt
feine eigenen Freunde, indem er fle um
die Hofnung der Zheilnahme an biefer
Beute taͤuſchte, gegen ſich zu erbittern.*).
Wie ieboch diefe nemlichen Freunde
. ihre Berdienfte um ihn auf eine ehrenvol⸗
lete Weife erkannt- und belohnt fehen fols
‚tert, bewaͤhrte et, zur memlichen Zeit, an
Q. Zufius Calenus und P. Vatinius, feis
nen: beiden 2egaten, von denen der Erflere,
während des Feldzugs in Epirus, und
i .
*) Sie erſtanden, zum Theil, diefe Guͤter
. um ſebr bobe Vreiſe beim öffenslichen Aus⸗
ruf, weil fie darauf rechneten, fie, beim Ab⸗
rechnen, aus des Diktators Freigebigkeit —
umfonft zti- erhalten: allein fie wurden arts
gehalten, ihr Gebot zu erfüllen. (Div 8.43,
R. 50) Belonders hofte Antonius, der auch
das Haus des Rompeius in Rom (auf wel-
ces ſonſt Niemand bieten wolte) an ſich ge»
bracht hatte, ſich auf diefem leichten Wege
zu bereichen, und würde ih bet Folge, durch
Gicero’s Invectiven (Philipp. 14 64. 72.) hart
für feine unverfchänte Hadfucht gezuͤchtigt.
240
nachher, eine feltene Thärigkeit bewieſen,
der Reztere aber, bei feinem’ entſchiedenen
moralifyen Unwerth, durch‘ den neulichen
Seeſieg über Octavius, CAfars Waffen vers
herrliche hatte. Beide fahen fih, für die
-drei noch Übrigen Monate diefes Jahres,
von ihm — freilich mit willkuͤhrlichſter Des
feitigung der bisher üblichen Formen —
zu Konfuln ernannt. An Ealenus Stelle
kam die Verwaltung von Achaia an Gero.
Eulpitius, und alfo in wenigfiens eben fo
tohedige Hände, Des Diktators Liebling,
M. Brutus, ward dem cifalpinifhen Gal⸗
lien vorgeſezt, wo er, iejt noch weniger -
einer. glähenden Freiheitsfhiwärmerei, als
‚des Stimme feines Herzens folgend, feis
nem väterlich gefinnten Breunde, eben fos
wohl durd eine rühmlihe Amtsführung,
dankbare Geflißenheit erwies, als von der
Provinz die Beweiſe einer gleichen Erges
benheit einerntete. C. Salluftius Criepus,
durch die legten Eenforen aus dem Senat
verftoßen, empfing, dur Werleihung der
Pratur, feine verlornen Rechte zuruͤck; und
auch die Zahl der übrigen Prätoren ward
um jehn vermehrt, um durch deren Des
fer
4
ſenung, To wie die Berleihung prieſterlicher
Würden, .eine um fo größere Menge von
Anhängern zu verbinden.
Auch Caſars treue Kriegugefährrten nies
drigern Range — ſeine Tribunen, - Ritter
und Centurionen — blieben unvergeßen in
den @penden feiner. Gunſt, indem ihnen
theils die Platze der, im Felde gebliebenen -
{m Senat, theils, andre Auszeichnungen zu⸗
getheilt wurden. Jebdoch gerade bei Dies
fer Klaße feiner Anhänger, den Veteranen
der Legionen, ſchien fein guter Wile zum
Belohnen am wenigſten ausreichend; eben
ſowohl, weil fie ihm ihre geleifteten, und
iezt mehr als iemals, für unentbehrlich
geachteren ‚Dienfie zum ausſchweifendſten
Preife anſchlugen, als weil fie (geſezt auch,
daß ex diefen Preis hätte zahlen wollen
oder fönnen). die Zeit nicht. zu erwarten
vermochten, wo ihnen bderfelbe wuchern
Solte. Ihe Gehorfam ſchwand mir ihren
beeintraͤchtigten Hofnungen; während fie
glich ihre tregzigen Anforderungen ſteiger⸗
sen und die Landfchaft Campanien, wo fie,
in Erwartung des Aufbruchs nach Afeike,
4 Band. Q
242
vertheilt lagen, mit Verwirrung und Dei
ſorgniß erfülten.
Antonius hatte dieſen Aufſtand weder
durch ſeine Gegenwart in ihren Quartie⸗
ren, noch durch tede andre angewandte
Mittel der Güte oder des Ernſtes, ‚bes
fänftigen önnen; und in der That hatte
die Meuterel unter den -Legionen, als Cds
. far in Italien -auftrat, eine fo deunruhi⸗
gende Geftalt gewonnen, daß fie ihn vieb
leicht ernſtlicher, als iede andre oͤffentliche
Angelegenheit, beſchaͤftigte; fo wie ſie ohne
Zweifel den entfeyiedenften Einfluß auf feine
drukkenden Geldoperalionen Außerte, um in
ihnen das Mittel zur Befriedigung der
Empdrer zu finden. Indeß war es ber.
Alugheit gemäß, ſich ihrem Ungeſtuͤm auf
der Reife von Apulien nach der Hauptſtadt
nicht perſdulich auszufegzen: aber indem er
es vermied, mit ihnen zufammen zu-teeß '
fen, überfam Galluftius-den. Auftrag, bie
Beſchwerden der zehnten Legion, welche
vor andern eine laute und Fühne Sprache
führte, anzuhören, und fie in Caſars Na
men auf die Beendigung des inftehenden
afrikaniſchen Krieges zu vertröften, wo lede
243
frähere Verheißfung an Gelb und Länder
"reien pünftlih an ihnen in Erfüllung ger
hen folle. Ihre Hofnungen noch befer zu
kdrnen, durfte er ihnen zugleich eine neue;
außerordentliche Spende von taufend Des
natlen auf den ‘Kopf verfprechen. *)
Salluſtius, wie gut er fih auch feiner
Botſchaft entledigte, lief dennoch die "aus
genſcheinlichſte Gefahr, das Opfer der fol
datifchen Much zu- werden, welche nicht
" füße lokkende Worte, fondern Thaten:ver
langte. Kaum entzog er fich den Haͤnden
der Nafenden dur eine eilfertige Flucht,
indeß Jene, nicht geſonnen, auf halbem
Wege ftehen zu bleiben, zur nemlichen
Stunde ſich gegen Kom auf den Weg mach⸗
ten, um mit ihrem wortbruͤchigen Feldherrn
ſelbſt zu rechten. Raub und Zerſtdrung
war, wohin fie vordrangen, die Loſung.
Wer ihmen in feinen Gefinnungen verdächr
tig ſchien, -fiel unter ihren Streichen; und
felbft zwei Alte Senatoren, Tofconius und
*) Ein nicht unbedeutendes Geſchenk im
Ganzen, da es, Mann für Mann, den Werth
von 135 Thalern betrug.
Q2
244
Galba, konnten dieſem unwurdigen Shit
fat nicht entgehen, B
Jede Stunde trug die Zeitung eine
neuen Xusgelaßenheit und ihres nähern Vor⸗
ruͤkkens zu Caſars Ohren, der hier nicht
bioe die Hauptſtadt bedroht, ſondern much
fi ſelbſt, mitten in der Fälle von Macht
und Herrſchaft, durch die eignen Werkzeuge
derſelben, an den Rand eines Abgtunds
gedrängt fah, wo kaum noch ein Gedanke
- an Rettung abrig ſchten. Zwar fehle 'es
ihm, in feiner eignen mitgebradhten Bedek
Zung, und ber, ohnlängft von Anton!us in
Kom aufgeftelten, Legion nicht an Truppen,
ben nahenden Meuterern bie Stirne zu bies
ten: allein wenn er auch, In Nädficht der⸗
ſelben, die verführerifche Macht des Bei⸗
ſpiels minder gefürchtet harte,” fo trug er
doch mit Mecht Bedenken; feinen fchabens
frohen Feinden das Schauſpiel des With⸗
lens in den eignen Eingewelden ju gebeu
und die wahren Grundfeften feiner Macht,
in fofern fte nur zu ausſchlleßlich auf der
Kraft ſeiner Waffen ruhte/ mit eigner Hand
au erſchuttern.
Dooch wenn feine Geiſtergegenwart ihn
25
Hier To wenig, als in irgend einem” andern
Bedraͤngniß feines wechfelvollen Lebens, vers
ließ, und der Weg einer guͤtlichen Ausglei⸗
dung, in feinen Augen, den Vorzug vers
diente, fo mußt’ es ihm, vor Allem, um
eine genaue Kenntniß des Zieles zu chun
feyn, bie zu welchem die empörte Legion
ihre. Anfprüche, zu frei
als fein, ihnen „entge
ordneten auf die, in fi
gerichtete, Frage die ft
derhrachte: „„ Das wol
ſelbſt erklären“ — la
Zeit feiner Lage offen
Was er ihnen indef, ı
wehren vermochte,. folt«,
mit feiner Beroilliguug geſchehen zu ſeyn;
‚und fo ließ er ihnen neuerdings in die Bor
ſtadte hinaus entbieten: „Er geftatte ihnen
ben Eingang in Roms Thore, iedoch blos
mit dem Schwerdte bewafnet; und auf
dem Marsfelde verfammlet, ‚wolle er fie '
hören.“
Alſob ald ergoß ſich der toſende Schwarm
in die Stadt, und draͤngte ſich, auf dem
beſtimmten Plaue, um die Erhöhung ber,
246
wo Cäfar, mit einer zuverſichtlichen Kühns
‚heit, welche iedes Abmahnen feiner Freunde
verſchmaͤhte, aber ſchweigend und mit furcht«
bar cfinfterm Blick, in ihre Mitte trat.
Zaufend Stimmen von allen Seiten auf
Einmal erhoben fh, um ihm ihre Wuns
den, ihre erdufderen Mühfeligkeiten, ihre
Jangen trenen Dienfte vorzurechnen. „SJejt
‚endlich wäre es wohl an der Zeit, fie der
Laft ihrer Waffen durch den Abfchied zw
entheben. Sie begehrten, hier auf-der
Stelle entlaßen zu werden und die ihnen
' verheißenen Vergeltungen zu Impfangen.’’
Wie trogzigs kuhn diefer, in wenig Des
ſcheidenheit gekleidete, Uebermuth auch zu
drohen ſchien, fo faynıte der Feldherr die
verzogenen Kinder feines Gluͤcks dennoch zu
‘genau, um fih dadurch einfihrekfen zu laß⸗
fen; drang zw tief in den ganzen, ihm
verſchiwiegenen Reſt ihrer Wünfche; wußte
\ zu gut, wienur zu wenig ihnen, die im Las
-ger- and unter dem Geraͤuſch der Waffen
ergraut waren, die ftillen Künfte des Fries
dens juſagten, als daf es ihnen hätte eins
"fallen koͤnnen, ſich nad) ihrem Genuße eruſt⸗
lich zu ſehnen, und daß fie; an der Schwelle
„a
eines neuen Kriege, fid ‚nur geltender zu
magen wuͤnſchten, um neue Bergänftiguns
gen von ihm zu erpreßen; — ia, daß ihre
Vermeßenheit nicht gewißer. und ſchneller
gebeugt werden. könne, als wenn er in die
Enttaßung, die fie ihrer Waffen, und
dadurch zugleich. ihrer Furchtbarkeit, be
raubte, zur willigen ſchiene. „Woblant‘
eutgegnete er endlih — „Ich bin fo uns
gerecht nicht, das Gewicht und die Billige
Zeit eurer Forderungen zu verkennen! Ich
ehre eure Wunden, eure Dienfte, und will
fie ferner nicht mißbrauden. So mögen
denn andre Kriegsgefährten mid; auf dee
Bahn meiner fünftigen Siege begleiten
und euch eure Belohnungen erfämpfen.
Keiner unter euch fol auch nur um die
kleinſte zu kurz kommen. — Jezt tretet
ab, Quiriten! Ihr ſeyd entlaßen!“
Kein, in ihre Mitte niederzuffender
Donnerſchlag hätte entmuthender auf die
. faunende Berfammlung wirfen fönnen,
als diefe fefte, Furge, bemeßene Erklärung,
Wirklih! Er hatte fie entlagen! Erbe
durfte Ihrer nit! Er rechnete auf Ans
drei — Und niht Kameraden hatt’
248°
er ſie genannt, wie es: fonft- fo ſchmeichle /
riſch FB von feinen Lippen tonte; — ick
einmal (,, Soldaten!“ Gondern mit dem
demtthigenden Namen „‚Duirtten’ *). was
zen fie in bie, ihnen ruhmlos ſcheinende,
* 9) Die Einwohner „des [ahinifhen. Seidl: .
cens Cuses hatten, ‚nach ihrer Einverleir
bung in den iungen römifhen Staat, auch
ihren. Narien anf das ante Übertragenz
und die Benennung Quirit en bezeichnete
fortan das fo verbundene Walt, und gieng
befonders auch, als Collectiv Name des vers
ſammleten Volks, in die Sprache des Zorumg
über. Ebendaher gber gedieh er auch almaͤh⸗
lig zum @egenfag des Militair- Standes;
und im den lezten Zeiten: der Revublit, wo
die Waffen vorhervſchten, hatte er auch füs
gar etwas Herabwuͤrdigendes angenommen
und war, beinahe. mit roͤmiſchem Poͤbel“
gleichbedeutend geworden. — " Einige Fahre
Bunderte foAter verfuchte aier ander Severus
bie Zawberfraft dieſes Wortes bei einem aͤhn⸗
lichen Aufftande feiner Miliyens „Vos om-
nes hodie una voce, Quirites,.dimittam; et
incertum, an Quirites: non enim digni estis,
qui Romani plebis sitis, si jus Romanym
non agnaseitin® , (Lamprid. Vit, Al, Sev.
53)
229 .
anenmeßlihe Menge der römifchen Bürger
serheigeftoßen! Der" Glanz, die Vorzuge
der: zehnten Legion fahen fie durch. ein
einziges Wort Hernichtet! Mit ihrem Gtolje
war pldelich auch ihr. Troz und ihre Kraft
gebrochen. Verwandelt an Sinn und Her
sen, riefen fie einftimmig zu ihm hinauf:
‚Mein, nit Quiriten wären fie, fons
bern Soldaten — feine Soldaten, und
Bereit, feinen Adlern zu folgen und allein
feine Schlachten auszufechten. ,
u Der Felbherr ſchien unerbittlich und
wandte den Fuß, fh zu entfernen. Da
trat (entweder aus eigenem Triebe und
Bewerbung um Cäfass Gunſt, oder ahr
ſichtlich dazu angeflifter). ein Kriegstrihun
ya ibm heran, uͤbernahm eine Art von
Entſchuldigung für die Truppen, und ers
bot fih zur Buͤrgſchaft für ihr Fünftiges
Betragen. „Die Legion” — verfejte Eis
far — „iſt freilich . Eraftvol genug, im
Felde ferner mit Ehren aufzutreten: allein
fle hat erklart, ber Waffen müde zu ſeyn;
und ich kann ihrer Dienfte, die fie mir
aufgefagt bat, entbehren. Sie bleibe
aufgelöft: Doch fell fie mit den gewoͤhnli⸗
250
hen Belohnungen heimgeſchickt werden;
denn Niemand ſoll mie nachreden,. daß ich.
in den Zeiten, der Noth Ihn benuzt und
in den Zeiten des Gluͤcks Seiner vergeßen
hätte: Wem tm Laufe des Krirges, zu ir⸗
gend. einer Zeit, Belohnungen an Gelde
äugefagt worden find, der ſoll fte lezt, mit
reichlichem Zins, empfangen. Geſchenke an
Ländereien bleiben den Wuͤrdigern vorbes
halten; die bie zur gänzlihen Herſtellung
der offentlichen Ruhe bei mir ausdauern.
Zwar bitten werd’ ich Niemand, fi zu
meinen. Fahnen zu halten; aber eben fo
wenig auch Jemand verftoßen, der ſich ih⸗
nen aus Neigung widmet. Dieſe Mach⸗
ſicht bin ich dem heutigen Forderungen, fo
wie den frähern Berdienften meiner Strel⸗
ter, ſchuldig.“
Micht ohne Abſicht hene d der Schlaue,
durch diefen Schluß feiner Rede⸗ den ges
demärhigten und entwafneten Empdretn
eine Hinterthuͤr zur Rückkehr geöfnet, wel⸗
che fie freudig durd die Erftärung benujs
ten, ſich nie von ihm trennen, und ihm,
ſelbſt wider feinen Willen, dienen zu wols
ken; — eine. Verſicherung, welche die Le⸗
a5L
gion durch die That bekräftigte, indem fie,
ohne dazu aufgeboten zu feyn, fi zum
Kriege nach Afrika im Bewegung feste,
Eäfar- hieß es zwar ftillfchweigend gut;
forgte aber in der Folge dafür, bie rohes
ſten und untuhlgften Rädelsführer derger
falt an den gefährlichften-Drten auszufege
sen, daß fie almaͤhlig durch Feindesſchwert
\ aufgerieben wurden; während. gleich iezt
einige Audre, die fich, durch fanfteren Sinn,
für Bürgerliches Gewerbe auszeichneten, in
den Beſiz von Ländereien in Itallen ger
‚fegt wurden; Mann für Dann äber eine
Spende von taufend. Drachmen *) ems
pfingen.
Vielen von Caſars Zeitgenoßen (welche
freilich nicht wußten, wie viel heimlicher
Grol, beſonders gegen einige vermeßene
Anführer der Legion, in feiner Seele zuruͤck⸗
blieb) erſchien diefe Gelindigfeit um fo mehr
als tadelnswerth, wenn fie ſich erinnerten,
— —— ——
*) Dder 213 Thaler 13 Greſchen. — Doch
mußten (nach Suetons Zeugniß) die Anfifter
ſich nachgebends einen Abzug - vom -dritten
Theil der Beute des afrifanifchen Kriegs und
der beſtimmten Ländereien gefallen Ingen,
252
mit welcher unerbittlichen Sttenge er, bei.
ieder fonftigen Nachſicht gegen manche Uns
gezogeuheiten feiner Soldaten, *) dennoch
ihre Meutereien zu ahnden pflegte. Allein
eine richtige Würdigung feiner politiſchen
und perfönlichen Rage muß nicht nur. bins
zeichen, ihn Aber fein Betragen bei diefer
Gelegenheit zu rechtfertigen, fondern auch
, . . R -
*) Eigentlich ſtrenge Mannssuche, bis zur
mafcinenmäßigen Wilenlofigfeit, fardeste
Gäfar nur in der Nähe des Feindes. Allein,
nach einer großen, durch babe Unkrengung
gelungenen, Waffenthat erließ er ihnen niche
nur einen Theil des gewöhnlichen beſchwer⸗
Then Dienftes, der nur ihre Hebung und
Wbhärtung bezweckte, ſondern geſtattete ihnen
auch. bie und da Ausſchweifungen des Mutb⸗
willeng. „Seine Soldaten’ — pflegte er
au fagen — „müßten, auch von Salben trie⸗
fend, und aus dem Schooße der Aypigfien
Schwelgerei auffpringend, fich in die Schlacht
Hürgen foͤnnen; / und auf ſchimmernde Bracht
der Waffen hielt er bei ihnen aus dem fehr
sichtigen Grundſaz, daß fie dann diefelben
um fo weniger im Stiche laßen würden. ue⸗
berbaupt (chäste er den Soldaten weniger nach
‚feinen Sitten, als nach feinen Kräften. Sue⸗
tn 8. 65:67.) . - .
253
finem hoben” Geifte: und ſeiner Klugheit
‚bie ſchuldige Bewunderung zu joflen, web
he ihm dafür gebührt, da noch, wo ein
naher Untergang drohte, mit: mut den
äußern Schein der alten rämifhen Dissb
plin gevestet, fondern auch neue ſeſtere Ban⸗
‚de der Ergebenheit um ſich und feine Snups
ven geſchlungen zu haben.
* Denn auch abgefehen ‚davon, daß die
fen Milien, Einmal entzägelt, :felbft dns
Ftechſte und Ungeheiterfte, bis zur Auflb⸗
fung aller geſellſchaftlichen Verhaltniße, nicht
mehr gewehrt werben Eonnte, und daß alle,
in den Provinzen umher zerſtreute, Legios
en ſich ihre: Ausfchweifungen firads zum
Wuuſter genommen haben werden ‚ifo durfte
Nur das: Gerhche des gegiähten Auf
flandes die Käften von Afrika erreichen; um
die dort vereinigten Gegner zu den klihn⸗
ſten Hofnungen zu ermuthigen und fie wohl
gar jur unvendgerten Erſcheinung auf itas
iiſchem Boden zu tetzen. Welch ein ſchmaͤh⸗
licher Giuͤckswechſel für den pharfalifchen
Sieger, der, "gerade in diefen heimlichen
Augenblikken, „ale feine Huͤlfsquellen aufs
bot und alle feine Gedanken damit beſchaf⸗
. 254
tigte, ſich aber fie ber zu fihrgen und ih⸗
ren mühfam vereinigten Widerſtand, der
ſich iezt allein noch gegen feine Welcherr⸗
ſchaft auflehnte, mit Einem Stage m
vernichten.
Dod nicht ufrieden, Rh Hier durch
tene weiſe Verbindung von Feſtigkeit und
Nachgeben die Waffenkraͤfte erhalten zu
haben, ſuchte er zu gleicher Zeit auch ſich
buch bie moralifhen Kräfte, welche die
offentliche Meinung verleiht, zu ftärken,
und, neben dem Feldherrn, zugleich fort⸗
dauernd als gefezliches erfter Staats
haupt aufzutreten. - Er ließ fich baber,
aum dritten Male, zum Dietator für das
näcfte folgende Jahr (708) ernennen; in
welcher Eigenſchaft er den, aus Hiſpanien
gurhdgefehreen M. Aemilius Lepidus *)
zu feinem Magifter Equitum wählte. Zus
> *) Edfar gefiattete ihm hierbei die Ehre des
Triumphs, obgleich er dort weder einen. Feind
vor ſich gehabt, noch einen Sieg davon ger
tragen, bloß wegen, Beilegung der Uneinige
feiten zwiſchen Gafflus Eonginus und Mar—
cellus. Deſto ‚reicher aber kehrte er an er⸗
vreßten Baarſchaften zuruck.
255
gleich aber nahm er auch für ſich und die
fen’ das Konfulat. für den nemlichen Zeit
raum an, um durd eine folde Zuſammen⸗
ſchmelzung beider Würden den Geſichtspunkt
der’ befangenen. Gemuͤther, welihe och. um
mer ſtarr an ben alten Formen klebten,
defto gewißer zu verrüffen. In der Wahl
feines Stellvertreters, deßen Anhänglichkeit
ihm von Alters ber keinen Zweifel litt,
druckt füch iedoch zugleich auch fein Mißfal⸗
len gegen Antonius und deßen Verwaltung
aus, welcher ſolchergeſtalt, wahrend Caͤſars
bevorſtehender Abweſenheit, von Lepidus
aus feiner bisherigen ‘arg gemißbrauchten
Sewalt über Italien und die Heurcſtade
verdrangt wurde. J
Endlich war Alles, was die innere
Staatsverwaltung erheifchte, hinlänglich bes
feitigt, um dem. Dietator ben umyetheilten
Blick über ‚das Meer nah den afrifanis
ſchen Geftaden zw erlauben. Auch hier zwar -
(und befonders in Utica) fehlte es ihm nicht
an Freunden ad Anhängern: allein zu ges
nau beobachtet, waren fie eben fo unver
mögend, ſich ſchon iezt öffentlich für ihn zu
erklären, als ſelbſt · nur ‚ihn mit genauen
256
und Auseeldjenben Nachrichten von dei in⸗
mern Sage ber Prodinz uud Yon dem Um
fange und der Vertheilung der, hier gegen
in vorbeweinten, Vertheidigunge mittel zu
werfehen. Denn freilich nu r auf Verthei⸗
digung. und Abwehr beſchtaͤnkte fi der
Eriegeplan, welcher in Sewio's Kriegera⸗
the war boeſchloßen worden: allein ein vol⸗
tes Jahr hatte er auch Zeit gehabt, fih
bien, auf Koften des erſchoͤpften Landes und
mit ruckſichtelofer Anwendung won Zwang
und Harte, in: eine faſt unangneifbare Ber:
faßung zu fegen.
Bon der Bebeutenden Zapf Einigliger B
Oalfatruppen, welche Juba für ihn zum
augenblicklichen Aufbruch bereit hielt und
zum Theil ſchen zu feiner, Berfügung ger
ſtelt Hatte, fb wie von der Stärke feines
eigenen edmiſchen Kerzen, Mt. ſchon oben
eine Weberficht gegeben worden. Um das
Zegtere uoljählig zu machen, Hatten in Der
Provinz fo drhßfende Aushebungen flatt
" gefunden, daß es dem Zambbası durchgan /
gig an Haͤuden fehlte. Die Felder waren
Daher unbeftelt gebliebenz Roms fonftige
Kernkammer ‚hatte dicewal Feine Erndte,
und
257
und bie alten -Worräthe Tage, wu‘ des
Feldherrn Verordnung, in einigenwentgen
feften Plaͤzzen, die eine längere Vertheidi⸗
ung zuließen,-aufgefpeichert.. Dagegen war _
beſchloßen ‘worden, ieden andern Det, web .
her dem Feinde:hätte dienen Binnen, zu
ſchleifen und‘ zw zerftören, die unglucklichen
Einwohner aber zur Auswanderung: in die
wohlbeſezten Feftungen zu nöthigen. Bu
gleicher Zeit‘ machten zahlreiche Feindkiche
Nreitger, unter" Att. Varus Befehlen, das
Meer unſicher, ſchnitten iede Verbindung
mit Italien und dem übrigen Reiche ab,
und erfühnten ſich nicht felten zu Landun⸗
‚gen auf den ſictliſchen und fardinifher Kür
fen, um ihrem Mangel m Waffen, und
Befonders an Eiſen, abzuhelfen.
* Won Siciken aus, als dem naͤchſten
Und gelegenften Punkte, war nothwendig
Ver Augrif zu erwarten, auf dehen langern
Aufſchub Caſars bekannte Thatigkeit, nach
einer, durchs Geruͤcht erſchollenen Ankunft
‘in der Hauptftadt, nicht mehr zu zählen er»
Taubte; und eben fo gewiß ſchien es, dag
er fi) bei diefem Eimbruche genau in den
Fußſtapfen halten wide, welche, vor zwei
4. Dan R
258
Jahren, Curio Anfangs mit fo gluͤcklichem
Erfolg betreten hatte. Sceipio und feine
Rathgeber richteten daher ihre Sorge vors
nemlich auf die Gegend von Utiea und das
eorneliſche Lager, am welchem Theile der
Küfte ſie auch ihre vorzuͤglichſte Macht zu⸗
fammenzogen, ohne gleichwohl die entfern⸗
teren Punfte gänzlich zu vernachläßigen.
Doch, als fie wahrnahmen, daß ihr Gegner,
durch eine Menge neuer Sorgen beſchaͤf⸗
tigt, mehrere Dionate lang in der Haupt⸗
ſtadt verweilte, und ale mın, mit dem Ende
des Jahres, die gewöhnlichen Herbſtſtuͤr⸗
me *) herannaheten, überredeten fie ſich
=) Auch Bier, und für die Folge, muß, zu
Befeitigung alles Mißverſtaͤndnißes, wieder
an. die damalige Verwirrung des roͤmiſchen
Kalenders erinnert werben, welcher allmäh-
lig den Anfang des Jahres in die Nähe der
Herbfinachtgleiche zu verruͤkken drohte. Der
unterſchied der Kalendertage gegen die wabre
Zeitrechnung betrug nicht meniger, als 76
Tage; und der 17. December, der Tag, da
Caͤfar zu Lylibaͤum anlangte, war eigentlich
ber 30. September. An diefen Unterſchied
wolle der Leſer fich auch bei den ferneren
Zeitbefimmungen erinnern
259
gene, was fie wuͤnſchten, daß Edfar, uns
fähig, iezt die See zu halten, fein Unters
nehmen bis zur Wiederkehr der beßern Jah⸗
reszeit hinausgefezt habe.
Allein eben dieſer Glaube, ‚den der
Dictator vielleicht abfichtlich hatte verbrei⸗
ten lagen, war nur ein Stachel mehr für
den Leztern, ſich den nemlichen Vortheil
der Ueberrafhung, der ihm vormals in
Epirus fo treflich gewuchert, auch hier nicht
entgehen zu laßen, Während alfo Jene
"in ihrer Wachſamkeit um ein Merkliches
nachließen, ihre Kreuzer zurück riefen, und .
die Kriegsflotten in den Häfen abtakelten
und aufs Trodne zogen, *) fejte Edfar,
von allen Seiten her, feine Legionen ſchnell
in Bewegung, und wieg ihnen, fo wie den
entbotenen Galeeren und Transportfähiffen,
das Vorgebuͤrge von Lilybdum **) in Eh
Dies geſchah namentlich von M. Oeta⸗
vius mit ſeinem Geſchwader zu Utica. Auch
gl. Varus, müde, die See zu halten, hatte
dort die Hauptflotte fo gut als entwafnet. .
**) Die weſtlichſte Spisge Siciliens, und zu⸗
gleich der naͤchſte Punkt zur Meberfahrt nach
Aftita; iezt Capo di Boco oder Boceo.
Ra
260
eilien als den algemeinen Sammelpunft an,
wo bie Einſchiffung ftatt finden folte. Er
ſelbſt brach von Rom mit raftlofer Eile
dahin auf; und gleich im erften Augenblick
‚ feiner &rfcheinung (17. Dec.) ließ er die
einzige, dort vorgefundene, neugemorbene
Legion, ſammt fehshundert Reitern, an
Bord gehen. Denn überzeugt, daß der
Erfolg feines Unternehmens mehr, als ies
mals, von dem Geheimniß und der Eile
der Ausführung abhaͤnge, wuͤrde er nicht
angeſtanden haben, mit dieſer geringen Trup⸗
penzahl unverzüglich die Anker zu lichten,
wofern die fthrmifche Witterung es ihm nur
irgend geftattet hätte; und fo feurig war
feine Ungeduld, daß er fein Zelt vor der
Stadt, unmittelbar am Geftade und ums
fpAle von den Wellen, auffchlagen ließ, um
dei der erfien günftigen WBeränderung des
"Windes auch) Feine einzige Minute zu ver
lieren und den gleichen Geiſt der Eile In
alten verfammelten Truppen zu entzünden.
Demnach mußte er zehn lange Tage
barren, bevor die wirkliche Abfahrt indg-
lich wurde. (27. Dee.) Allein m diefer
nemlichen Zeit trafen auch immer mehrere
abı.
Schiffe und Truppen bei ihm ein; fo daß
er mit. ſechs Legionen (unter welhen die
alte Fünfte ſich auszeichnete) und mit zwei⸗
tauſend Reifigen in See ſtechen Eonnte.
Das Fußvolk wurde bei diefer kurzen Uebers
fahrt um ſo bequemer in die Kriegs: Gas
leeren. zufamımen gepackt, da es faft alles
ſchwere Gepäd dahinten ließz; und fo Eonnte
bie Reiterei, auf welche bei einem Kriege
tn. Afrika vorzöglicher Bedacht zu neh⸗
men war,. defto gemachlicher in den Transs
, portfchiffen untergebracht werden. Freilich
erfhöpfte diefe Kriegemacht noch immer '
nicht Cafars ganzes. Aufgebot: allein nicht ,
gefontien, die Verfpäteten hier zu erwarten,
übertrug ex dem Proprätor Siciliens, M.
Allienus, ihre unvergögerte Einſchiffung, und
legte zugleich die Sorge für alle Übrigen,
noch unvofendeten, Vorkehrungen zu dieſem
Feldzuge in deßen Hände.
Stolz ſchwamm die zahlreiche Flotte
auf den. Wellen: aber Niemand am Borde
war von dem eigentlichen Ziele ihrer Be⸗
fimmung unterrichtet; und ber Feldhere
ſelbſt fogar ſchien diefen wichtigen Punft
diesmal mehr dem Zufal und feinem Gluͤkke,
262
als einem zuvor entworfenen feften Plane
überlaen zu wollen. Seine ihm zugekom⸗
menen Nachrichten Aber die Etellung des
Feindes waren bei weitem nicht ausreichend,
ihm hierüber eine Wahl zu laßen, oder
deßen Stärken und Schwächen im voraus
au. berechnen... Er wußte nur im Algemel⸗
sin, daß &cipio's Hauptmacht, weſtlich
vom Borgebürge Hermaͤum, in’ der Buche
von Earthago Aufammen gezogen fey; dag
er. in eben diefer Richtung: auf die feindlis
hen Flotten ftoßen werde, und daß es alfo
Bas Rathfamfte fey, den entgegengefezten
Strich zu halten, wo fh die Küfte, von
iener vorfpringenden Landſpizze tief nach
Süden, bis in die Gegend ber Kleinen
Syrten, hinabzieht, und eine Reihe: ber
quemer Sandungspläjze darbietet, *) unter
Vom Bromontorium Hermaͤum oder Mer⸗
eurli (Cap Bon) reiheten ſich bie Kuͤſten⸗
plaͤzze Aſpis oder Elupea, Curubis, Neapolic,
Adrumetum (Hamamat oder Mach om e⸗
ta), Ruſpina (Souſa oder Schafech),
Zeptis minor (Bebeda oder Bemta), Thap⸗
fus cDemfas) und die Heine Infel Gere
Sina (Rerteni), in dem Abſtande von zwei
263 -
denen er, nach Befund der Umſtaͤnde, wuͤrde
wählen fönnen. .
In diefer Vorausſezzung, und geftüjt -
auf das gänftige Wetter, fo wie auf die
Kürze. des Weges, verfäumte er's fogar,
feinen Schiffen, auf den Fall eine Zers
Rreuung, einen gemeinfchaftlihen Sammels
plaz anzumelfen; *) eine Eicherheit, die er
auf der Stelle empfindlich buͤßen folte).
Denn kaum lag, am vierten Tage der
dahrt, das hermaiſche Vorgebuͤrge vor ſei⸗
Breitengraden (dem 37 bis 35) von Norden
nach Süden an einander.
*) Auch hatte Cäfar fonft ſtets die Gewohn⸗
beit, feinen Officieren verfiegelte Befehle, auf
einer gewißen Höhe, oder an beſtimmten Ta=
gen zu eröfnen, mit auf den Weg zu geben.
Man dürfte glauben, er babe es in diefem
einzelnen Galle, wo Alles auf die Ueberra⸗
ſchumg oder Frreführung des Geindes anfam,
deswegen unterlaßen, weil er beforate, daß
irgend Eines feiner Schife genommen und
der Punkt des beabfichtegen Angrifs dadurch
zu früh verrathen werden fonnte: allein Hir⸗
tius geficht geradehin, Cäfar habe feine Grun⸗
degehabt, den Einen vor dem Andern zu waͤh⸗
len und deshalb dem Zufalle den Ausſchlag
übertragen, "
4°
sen Blikken ausgebreitet, To erhob ſich raſch
ein. Sturm, welcher die, bisher eng zus
fammen gehaltene, Flotte unwiderſtehlich
ergeif und auseinander fpleuderte. Nur
eine geringe Anzahl von Segeln fteuerte
voch in dem Striche, welchen Caſars eigne
Galeere hielt; und mit ihnen lief er über
die Höhen von Clupea und Meapolis füds
lid) hinab, Bis ihm das Wetter erlaubte,
vor dem Hafen von Adrumerum beizule
gest und bier das Zufammentweffen mit eis
nem größern oder geringen Theile feines
Geſchwaders zu erwarten. Allein, einmal
erblickt auf diefer Küfte, mußt‘ er fürchten,
den Feind aufgefchredt und in Bewegung
gefezt ya haben. Jeder fernere Verzug
drohte, ihr eines Vortheils zu berauben;
and um ſofort den erſten Schrei zu bes
nuzzen, wolte er verſuchen, ob fich’s viel⸗
teicht von Adrumetum, das feinen Abſichten
treflich zuſagte, *) durch einen Handſtreich,
*) Adrumetum beberrſcht nördlich, fo wie
Thapfus ſuͤdlich, eine zwiſchen inne gelegene
tiefe Einbucht dee Küfte, in deren Mitte Ru«
fpina und Leptis ſich erhoben; bahingegen
tene beide Häfen gleichfam die Körner des
265
ober den bloßen Schrekken feines Namens,
Meifter werden ließe.
Mehr, als iemals, mußten hier Kuͤhn⸗
heit und Zuverficht entfcheiden. (Es fchredte
ihn nicht ab, daß ferne ganze Macht niche
mehr, als: dreitaufend neugeworbner Trups
pen und. hundert und funfjig Reifige zählte:
fondern während noch die feindliche Defay
dung zu den Thoren hervorſturmte und die
Walle befezte, hatte auch Caſar den Befehl
zur unverzögertem Landung ertheilt, und
eilte, allen Uebrigen voran, gegen das Ufer.
Doch eben diefe ungeduldige Haft ließ ihn,
mit dem rafchen Sprunge an’s Land, auch
einen Fehltritt thun, der ihn in den Sand
ſtreckte. Un fi ein unbebeutender Zur
fal; — nur nicht in den Augen feiner
abergläubifchen Begleiter, welche ſchwerlich
unterlaßen haben möchten, aus demfelben
die unglädlichften VWorbebeutungen für den
vorhabenden Kriegegug zu fhäpfen. Cäfar
felöft erfannte, in dem nemlichen Augens
weiten Bogens bildeten und darum auch von
Sripio nicht vernachlaͤßigt worden waren;
während die uͤbrigen mehr ihrer eigenen Ver⸗
theldigung uͤberladen blieben.
266 \
blick, was bier zu fürchten fey, aber auch,
wie er diefe ſchwachen Gemäther zu beru⸗
higen habe. Denn, als habe er fich vors
fäzlih zur Erde geworfen, rief er, bevor
er noch aufffand, fie kuͤßend und mit froh⸗
loktkender Stimme: „est, Afrika, bift du
mein!’ — Wie folte ein ſolcher Hochſinn
nicht auch die Gemüther der Feigſten Aber
fich felöft erheben? *) 7.
Die Landung fand, von feindlicher
Seite, kein. Hinderniß; und Caſar bezog,
*) Eine gleiche Erhabenheit über iche Art
von Superfition hatte ihn auch feine Abreiſe
von Rom zu diefem Feldzuge um feinen Tag
verſchieben Iafen, obgleich fich bei dem, die⸗
ferwegen angeftelten berfömmlichen Opfer cin
Dmen von der unglüdlichhen Hut, wie may
glaubte, ereignete, indem das Dpferthier ſich
Tosriß und vom Altare entliet; und wie fehr
auch der Haruſpet fich beeiferte, den Impe⸗
rator zu Erwartung einer günßigern Jabe
reszeit zu bewegen. (Vergl. Suet. K. 59 und
Ciceto de Divin. II. 24.) — Eben fo aber Ing -
es auch in Caͤſars Charakter, iede Ähnliche
Schwäche bei Andern, die er nicht geradezu
befiegen konnte, durch irgend eine wohlberech ·
nete Erfindung furtil und eben dadurch für
267
unmittelbar darauf, vor der Stadt in en⸗
ger Stellung ein Lager. So wie er aber
ihre Lage und Befeftigung in nähern Aus
genſchein nahm, und die Stärke der Bes
ſanung, anderen Spizze C. Conftdius
Band, auf zwei volle Legionen zu ſchazzen
veranlaft wurde, dürfte er feinen Anfchlag
wahrſcheinlich zur Stelle wieder aufgeger
ben haben, wenn nicht fein Legat 2. Plans
«us ihm Hofnung gemacht hätte, ben feinds
lichen Befehlshaber, deßen Freundſchaft ex
ehemals beſeßen, auf einem friedlichern
Fi unſchaͤdlich zu machen. Die alte, Sage,
daß Afrita nur einen Seipio als Sieger
anerlenne, mochte fich wohl ziemlich allges
miein, felbf unter feinen Truppen, verbrei⸗
tet und gläubige Sünger gefunden baden,
Allein um diefen üblen. Eindrud zu ſchwaͤ⸗
hen, führte er einen Abtömmling ienes bes
rühmten Geſchlechts — übrigens einen er⸗
tlaͤrten Taugenichts — mit fih; und wenn
‚ wie dem Plutarch glauben wollen, erhielt
Diefer, fo oft es zum Treffen kam, fogar eine
Art von Schein « Kommando, wodurch der
ſchlaue Erfinder diefer militairifchen. Farce
wenigſtens den Iwed erreichte, feinen Geg«
ner, Metellus Seipio, laͤcherlich zu machen.
268
" Wege zugänglich zu finden. Aber Auch bie
fer Verſuch ſcheiterte an des Republikaners
ſtorriger Feſtigkeit; *) und. als. Diefer bis
zum naͤchſten Tage vergeblich auf eine Ants
wort von: fich: hatte warten laßen, fah ſich
Caſar, obwohl mit. widerftrebender Seele,
um fo mehr zum fruchtloſen Abzuge ges
drungen, als indeß auf dem Meere immer
noch feine Verſtaͤrtung erfiheinen wolte,
dagegen aber das Gericht. fi} verbreitete,
En. Pifo „ welcher, mit einem abgeſonder⸗
‚ten Haufen von Reiterei und Mauren, bie
nördlichen Küften deckte, ſey, von Elupen
ber, im Anquge begriffen.
‚Und. wirklich. hatte der Feldhere fein
"Lager kaum geräumt, als er nicht nur eis
nen heftigen Ausfall der Beſazzung abzu⸗
ſchlagen hatte, ſondern auch eine Abthei⸗
lung der numidifhen Reiterei, zweitaufend
*) Blancus richtete ein, in diefem Sinne
abgefaßtes, Schreiben an feinen alten Freund
und machte einen Kriegsgefängenen zum ue⸗
berbringer deßelben. Gonfidius aber ließ den
ungfidlichen Boten vor feinen Augen nie⸗
derfichen.und fandte den umerbrochenen Brief
an Scipie,
ag
Pferde ſtark, erfcheinen fah, die feinen
Machtrab beunrubigte. Zwar reichten dreis
"ig entſchloßene gallifche Reifige Hin, dieſe
Ueberzahl mit Gläd in den Plaz zuruͤckzu⸗
werfen: da fie iedoch ftets wiederkehrte, To
brauchte es der Unterftäzzung mehrerer Kor
horten und eines beſchwerlichen Aufhalts,
bevor der Eifer ihrer Verfolgung ſich ab⸗
kuͤhlte. Cäfar wandte ſich nunmehr, an
der Kuͤſte hinab, gegen Ruſpina, und des
naͤchſten Tages (2. Jan. 708) gegen Lep⸗
tis. An beiden Orten, fo wie aͤberal auf
‚dem Wege, ſtieß er auf keinen Wiberftand;
man fühlte oder erheuchelte Neigung für
feine Sache und uͤbernahm die Werpfles
‚gung feiner Truppen, denen es an Allem
wmangelte. Dagegen ward Hier, fo wie
vom erſten Augenblid der Landung an, von
dem Geldheren eine genaue Mannszudye
beobachtet, und. fein Mittel verabfäumt,
die Einwohner immer mehr für ſich zu ge
. innen: denn nur fo Eommt er hoffen,
hier feften Fuß zu faßen.
Allein mit einer fo geringfügigen Mache,
als er bis iezt aufzuftellen vermochte, ward
das Unternehmen, fich hier in der Mitte
. . 270
woifchen Adrumetum und Thapfus, zweien,
durch ihre natärliche Lage, wie durd die
bineingemworfenen feindlichen Beſatzungen,
ihm fo gefährlichen Plaͤtzen, behaupten zu
wollen, mit ieder Stunde waglicher; und
es ſcheint fogar, als fey er bei ſich ſelbſt
über fein ferneres Verweilen an diefer Küfte
unentſchloßen geweſen. Denn obwohl ſich
bei Leptis noch einige Galeeren und Trans⸗
portfahrzeuge zu ihm ſammleten, und er
die darauf befindlichen altgedienten Kohor⸗
ten an ſich 308, fo ließ er doch für iezt noch
die Reiterei unausgefchift und fuchte iedes
Bufammentreffen mit den umherſchwaͤrmen⸗
ben mauriſchen Meifigen zu vermeiden. *)
Erſt alser von den Eingebornen und einigen
Ueberläufern beſtimmtere Nachrichten über
die Stellung der feindlichen Heere einzog,
mochte ihm der weite Abftand berfelben
*) Diefe Schen wird uns von Plutarch ge⸗
nuͤglich erflärt. Caͤſars Reifge, indem fie
ſorglos dem Lanz eines aftifanifchen Zlötens
foielers zufchaueten, und ihre Gäule der Hüt
der Troßbuben überließen, wurden von den
Numidiern überfallen und ſchrecklich mitge
nommen, Nur feine und dis Afinius Bolio
271
einiges beßere Vertrauen einfldſen. Sie
konnten ihn, auf ieden Fall, erſt in eini⸗
gen Tagen erreichen; und es waͤre zu vor⸗
eilig geweſen, die Hofnung auf eine beßere
Wendung ſeiner Angelegenheiten in dieſer
Zwiſchenzeit aufjugeben.
Die neuen Ankoͤmmlinge wolten indeß
den Reſt ſeiner Flotte auf Utica zuſteuernd
verlaßen haben. Dies vermehrte Caͤſars
Unruhe; und er ließ ſogleich zehn Galee⸗
ren auslaufen, um bie Verirrten aufzuſu⸗
hen, zu ſchuͤtzen und herbei zu fuͤhren.
Andre wurden, zu gleicher Zeit, nad) Sar⸗
dinien und den benachbarten Käften ents
fandt, um ben Abgang der von dort her
erwarteten Verftärfungen und Zufuhren zw
beſchleunigen. Poſthumus Rabirius führte
die ausgelzerten Schiffe nach Sicilien, zu
Abbeluns der zweiten Truppen» Abtheilung ;
ſchnelle Hülfe gab ihnen Raum zur Flucht
in das Lager. Hirtius klagt auch ausdrüd- .
lich Über das behende Hervorfchlüpfen diefer
Mauren aus ihren Bergſchluchten, und viel⸗
leicht verficht er unter dem Ueberfal der- waſ⸗
ferholenden Ruderer, deen er R,7 erwähnt,
dieſes nemliche Schaxmuͤuel.
a
und. €. Salluſtius Criſpus fegelte mit ei⸗
nem kleinen Geſchwader gegen Cereina/ zw
Dinwegnahme der "großen Getreide Bors
raͤthe, weiche der Feind auf dieſer Inſel
zuſammen gebracht Hatte. Alle dieſe Auf
träge von hoͤchſter -Widptigkeit folten ches
fo wenig wine Frage hber Können und
Michtkönnen, als ſelbſt nur einige Werd
gerung zulaßen.
Leptis, mit feinem Bau Rnfpine,
welches gleichſam nur zwei Millien von der
Küfte entferne Tag, gedachte Caſar nunmehr
zu den beiden feſten Punkten zu machen,
von welchen feine fernern Operationen aus
gehen und wo feine Tünftigen Verſtaͤrkun⸗
gen ſich ihm anfchliegen Eönmen. Den es
fern Paz verfah er mit einer Befagung
von ſechs Kohortenz umd mit feiner "ganzen
übrigen Macht von fiedengehn Koborten
gieng er (3. Jan.) nach dem nahen Au
ſpina zurüd, wo er gleichfals Truppen eim
legte, und, noch am nemlihen Tage, du
Rerpflegungsmittel derfelben durch ſchnelle
Aufbringung aus den näcft umliegenden
Gegenden zu ſichern fuchte: denn die cige
nen Worräthe ferner beiden Wafkenplägge
wimſchte
273
whnfäte ex fo wenig, als. möglich, zu
entblößen.
So wie aber Stunde auf Stunde
ſchwand, ohne daß irgend ein neues ges
wünfchtes Segel am Horizont empor tauch⸗
te, (wand auch der Gleichmuth, mit wel⸗
dem Cafar fih in feiner mißlichen Lage
ausgerüftet ‚hatte. Unfähig, ſich felbft zu
einer dumpfen- Unthätigkeit zu verdammen,
drängte es ihn, die Verſammlung feines
ſerſtreuten Flotte in eigner Perfon zu bes
treiben und fie bes Weges hieher zu führen,
Doch ahnete Niemand im Meere feine eis
gentliche Abficht, als er, gegen den Abend,
mit fieben Beseranen Kohorten fih aus
Bufpina gegen.die Küfte zog und an Bord
gieng; wenn gleich bei den Zurüdgelaßes
nen feine bloße Entfernung hinzeichte, fia
mit Sorge und Bweifel zu erfüllen, Wie
folten fie ‚fi aber much ihre Gefahr ver⸗
bergen, fobald bes Felöheren ermuthigene
der Geiſt nicht mehr unmittelbar auf fie
wirkte? Wie folte ihre Schwäche dem
Feinde verborgen bleiben, vor welchem fie
nun bereits feit viee Tagen offen dageler
gen hatte, und ber unwioug länger ſaͤu⸗
4. Dan,
274
men fonnte, ‚mit feinem vollen Gewicht
über fie herzufallen? Mur ein grenzenlos
fes Vertrauen in Cäfars unerföpftes Ge⸗
nie Eonnte den troftlofen Gedanken von
Ahnen entfernen, ſich von ihm fhr aufges
öpfert zu halten.
Caſar ſelbſt, von Unruhe gerade un
fo viel mehr beineiftert, als fie in feiner
Druſt ein noch weiteres Feld zu nies
Berfhlagenden Betrachtungen fand, brach⸗
te eine ſorgenſchwere Nacht auf der Rhes
de zu, und ftand fon im Begrif, mit
dem grauenden Morgen unter Segel zu
sehen, als, zufeiner angenehmfien Ueber
raſchung, ein heil der vermißten Flotte
ſich in’der Ferne zeigte. Sogleich kehrte
er mit.feiner Begleitung an’s Ufer zuruck,
um die Landung der Ankdmmlinge zu des
ten. Dit ihnen gemeinſchaftlich, bezog er
darauf, unter den Mauern von -Rufpine;
das für fie ausgefuchte Lager, welches iezt,
mit Inbegrif des neueften Zurvachfes und
einiger frifchen Reiterei, drei volle Legionen
aufjuftellen vermochte. Allein wenn er fih
an der Epizje Derfelben nun auch wieder
für vermögend genug hielt, feine bisherigen
275
Vortheile zu behaupten, fo brädte doch, zu⸗
gleich die neue Sorge auf ihn zuruck, diefe
Ttubpenmaße, die, durchaus erſchdpft ar
Lebensmitteln, die Kaſte betrat, mit den
ndthigen Worrätgen zu verſorgen. Disher
hatte feine zweifelpafte. Lage ihm hiezu nur
ſehr ungenagende Vorkehrungen geſtattet;
und ſelbſt in dem gegenwaͤrtigen Augen⸗
blitke ſah er keine andre Huife, als die
Nachbarſchaft von Ruſpina abermals, in
einem noch weltern Umkreiſe, zu durchſu⸗
chen. Sein games Lager, mit Ausnahme
‚der, durch die Seefahrt noch zu erſchoͤpf⸗
tem Reiteret, ſezte ſich hiezu, noch an dem
nemlichen Tage (4. Jan.) in Bewegung.
Noch aber war man, in Diefer Abs
ficht, daum drei Milllen vorgerhett, als
unvermuther, um die fünfte Tagesftunde,
das Auffeigen einer. fernen ungeheuren
Staubrvölfe, vereinigt mit der Zeitung von
den Vorpöften, daß ſich feindliche Truppen
biikten ließen, dem Imperator eine ums
gleich ernſtlichere Beſchaftigung aufdrang.
Es wär Labienus, welcher, nachdem Piſo,
mit ſeiner Reiterei, ſich bel Adrumetum
nicht Für ſtark genug sehakan, Caſars Forts
Fe
\ 276
t
ſchritte zu hemmen, aus der Nähe der Bay
von Karthago, feinem bisherigen Beobach⸗
tungspoften, ſchleunigſt aufgebrochen mar,
and, nebft Petreius, der ihm auf dem Fuße
folgte, die zuverfihtlihe Hofnung hegte,
diesmal ihren Feind, mo- er ſich auch ims
‚mer blikken ließe, und welchen Reichehum
an taftifhen Künften er entfalten möchte,
durch die ungewöhnliche, verwirrende Art
ihres Angrifs, und die neuen Kunſte ihrer
numidifhen Reiter, *) deren fie zehntau⸗
fend zählten, zw erbräffen, ober fogar,
durch die bloße Mühe beim Abfchlachten
derfelben, bis zur eignen Kraftlofigkeit und -
„endlichen Niederlage zu erfhöpfen.
Zn der That zeigte Labienus, beim
weiteren Borrüffen, eine fo bedeutende
Truppenmaße, und z0g biefe noch Immers
fort, zu beiden Seiten, fo unabläßig in
*) Zuba hatte einen Theil feiner Reiterei
in Seipio's Gold gegeben; und diefe, fo wie
ein, in der Provinz felbfi, aus allen Wolkge
Hafen, ausgehobenes Reiſigen - Geſchwader,
war von Sabienus forgfältig auf römifche Art
Difeipliniet worden So B. führte er den
Gebrauch der Biedehgel bet ihnen ein, dem
272
die Breite, daß CAfar, um feine‘ ſchwache
Reiterei nicht Aberflügeln zu laßen, ſich ges '
ndthigt fah, die ſchnel gefammleten Kohor⸗
ten in eine einzige Linie’ auseinander zu
dehnen; bei welcher Anordnung er um fo
weniger Gefahr zu laufen glaubte, als
er ben gegenüber ftehenden Feind für blos.
Bes Fußvolk ſchaͤzte; fo wie benn auch wirk⸗
lich Leichte afrikaniſche Fußtruppen, von
einer viermal größern Zahl, unter die Reis
\ texei, zur Dekkung derfelben, eingethefle
ſtanden.
Dieſe, Caſarn ſelbſt abgelernte, aber
‚bier in einem unendlich erweiterten Maaß⸗
flabe angewandte, Stellung war es, auf
welche Labienus feine laut erklärte Hofnung
eines gewißen Gieges fidjte, und deren
Vortheile fih ihm auch fehr bald erwiefen.
Denn da es nun, auf ber ganzen Linie,
zum Angrif fam, ftärzte ſich, laͤngs ders
“die Numibier ſonſt nicht kannten oder ver⸗
ſchmaͤhten. Aber den eigentlichen Kern feis
ner Reiteret bildeten 1690 gallifche und. ger⸗
manifche Reiter, die er; von den Trümmern
des pompelifchen Heeres, aus Epirug mit fich
nach Afrita berüber gerettet hatte,
278
" fefben, die numabifche Neiterei, in einzelnen
Abtheilungen, auf die cAfarianifchen Kohor⸗
ten; fihleuderte ihre Spieße; iagte fparne
ſtreichs zurhet, und ſammlete ſich wieder,
unter dem Ehug ihrer vordeingenden Fuße
vdlker, deren Wurfwaffen alsdbann die vera
folgenden Segtonarter zum enthlößten Ziele
fanden, bis Aene- wieder. von ihren Rei
figen im Kampfe abgeläft und. ieder eignen
Gefahr eines, in der Nähe anzunchmens
den, Gefechte erledige wurden, So fonnı*
es nicht fehlen, daß die Kohorten, neben
manchem empfindlichen - Werluft, *) durch
ihre ftets wieder gehemmte Verfolgung, in
Unordnung geristhen, ohne dem Feinde;
der nirgend Stand hielt, einen bedeuten⸗
den Schaden quzufügen. Caſar ſah ſich
"daher auch bald gendthigt, iedes Vordrin⸗
gen Aber vier Fuß vor der Linie mit Ernft
gu unterfagen,
*) Denn fo wie fie mebr oder weniger vor⸗
“drangen. um den Glüchtigen nacdjufesjen,
entblößten fie ihre rechte, vom Schilde nicht
gededte, Seite und fegten fich der Verwun«
dung durch die feindlichen Schlisien auf,
a79
Indeß fühlte auch Teine ſchwache Reis.
terei, auf beiden Flügeln, fih immer uns
vermdgender, der gegenfeitigen, die hier noch
dichter angebäuft ftand, die Spizze zu bier
ten; und, indem fie almaͤhlich wich, erleiche
texte fie den Humidiern ihr Vorhaben, Ca—⸗
ſars Eleines Heer von allen Seiten zu ums
iingeln. . Er ſtand auf dem Punkte, in eis
nen orbnungslofen Kaufen zufammen ger
drängt, zu werden, und dann, ohne Ret⸗
tung, der Ueberzahl feiner Gegner, wie
einft Curio, zu erliegen. Labienus, dies
* fes erwunſchten Augenblicks gewaͤrtig, vers
Doppelte feine Anftrengungen, fomohl die
"eignen Truppen zu ermuntern, als bie feind⸗
lichen durch lauten Hohn zu entmuthen.
„Wie?“ rief er ihnen ay = „Ihr Neu⸗
linge wolt noch Miderftand wagen? Da
ſeht nun, in welche unabwendbare Noth
fein ſaßes Gefchwäz euch bethört hat! Wars
lich, ihr dquert mich!“ — „Bas Neu
Ing!’ unterbrach ihn der Verhoͤhnten
Einer mit edlem Zorn — „Komm an,
Labienus! Du haft es mit einem Vete⸗
ron von der Zehnten zu thun.“ —
„Ha, ſeh' ich doc. den zehnten Abler
30
nicht?" *) „So lerne denn mich an mel
nem Geſichte und die Zehner an ihren
Streichen kennen!“ erwiederte der alte
Soldat, warf feinen Helm zu Boden, und
ſchleuderte fein Pilum auf den feindlichen
Belöheren fo’ Eräftig, daß defen, in bie
Bruft getroffenes, Roß getddter, er felbft
aber der Gefahr nur kuͤmmerlich entrißen
wurde. ' ’
Michts defto weniger wurden bie wirk⸗
lichen Neulinge — und ihre Zahl war: Bei
weitem die größere! — durch Alles, was
fie fahen, nur immer mehr eingeſchreckt;
duckten fih vor den feindlichen Geſchoßen,
und fahen fich angſtlich nach ihren Felde
herrn um. Irgend etwas Entſcheidendes
wußte ſchnel geſchehen, wenn noch auf. Ret⸗
tung gehoft werden foltel Doc ſchon auch
hatte Caſar, im Drange: diefer hoͤchſten
) Die Koborten waren einzeln eingefchift .
worden, und einzeln, nad Baune des Zufals,
bei Gäfar angefommen. Sie bildeten allo
auch feine volftändigen Legionen; und der
Adler der zehnten Begion war wahrſcheinlich
bei andern Koborten, die noch erwartet wur ·
den, znrüdgeblichen.
281
Moth fih immer gleich an Geiſtesgegen⸗.
wart und fiherm Ueberblid, das Geheim⸗
niß einer neuen, Fühnen und Alles vor ſich
niederwerfenden, Bewegung aufgefunden
und angeordnet. Eine. Kohorte um die Ans
dre trat vor, oder wich zuräd‘; zwei Linien
mit Zwiſchenraͤumen entſtanden: aber ins
dem beide fehnel, von der Mitte aus, nah
beiden Flügeln hin, die Glieder flogen,
die Zweite fih ruͤckwaͤrts ſtelte, und die
Reiterei die Flügelöfnumgen ftopfte, bilder
ten ſich ſolchergeſtalt zwei große geſchloßene
Vierekke, welche dem eindringenden feind⸗
lichen Kreiſe uͤberal eine feſte Stirne bo⸗
ten. Und nun zogen fi beide Maßen im
Sturmſchritt raſch noch meiter auseinans
der; durchbrachen die Umzingelung in zwei
tinander entgegengeſezten Punften; fließen
dann wieder zufammen, und erdräcdten den
Feind, der fih, duch dies Alles in Vers
wirrung gefezt, unordentlich zwiſchen ihnen
geſtopft hatte, *)
Roeſch (Rriegs-Alterth. ©. 253 ff.) bat
"Die Natur und Bedingungen zur Ausführung
dieſes kunſtvollen Manoeuvre tueflich einges
282,
Mehr hatte.es auf nicht bedurft, um,
Diefe numidifhen Schaaren, die an ein res
gelmäßiges Gefecht fo wenig gewöhnt was
zen, einzuſchichtern und zu zerſtreuen. Cds
far, zufrieben, ſich Luft verſchaft zu haben,
dachte nicht: fomohl auf ihre Verfolgung,
als. auf fihern Ruͤckzug yon dem behaups
teten Schlachtfelde in das Lager bei Ru⸗
ſpina. Allein in diefem nemlichen Augen⸗
blick langten Petreius und. Pifo mit eilfs
hundert mauriſchen Reitern und vielem Fuße
fehen undzergliedert. Seine Befchreibung ver⸗
dient nachgelefen zu werden, konnte bier aber
nur nach ihren Hauptimomenten benugt werden.
Bas mich indeß in Verwunderung ſezt, iſt,
Einmal, daß eine fa zuſammengeſezte Evolu⸗
tion von Reulingen nicht HIoß eingeübt, ſon⸗
dern fogar im Angefiht — ia in der Mitte
eines einkürmenden Feindes, mit derienigen
SBräcifion ausgeführt werden fonnte, die nicht
nur die Bedingung ihres Belingens, fondern
weit mehr noch ihrer. Wirkfamfeit mar; —
und dann, daß Cäfar fofort auch einen fo.
talentvollen Befehlshaber fand, der hinläng«
lich in feine Idee eingleng, um die Bewe—⸗
gungen des gweiten abgefonderten Vierecks
zu leiten, während ex ſelbſt in dem erſten
Tommandirte,
283
volk auf dem Wahlplaz an; umb der Ans
blick diefer- frifhen Kerntruppen gab den
Geſchlagenen ben Muth zu einem neuen Ans
griffe zuruͤck. So fah denn Caͤſars Mach⸗
trab ſich abermals, auf einer weiten Ebene,
durch die ſchon erprobten Reiterkuͤnſte ges
neckt und feſtgehalten, ohne von den eig⸗
nen Reiſigen, deren Pferde entweder er⸗
müdet oder verwundet waren, auf einen
roirkfamen Beiſtand vechnen zu £önnen,
Der Tag neigte fih zum Ende; Caſar
mußte fein Heil in einem neuen algemeinen
Angriffe ſuchen, der fräfttg genug wäre,
den Feind. über eine nahe Anhoͤhe binmeg
wu ſpreugen. So wie iedoch, von feinem
ermunternden Zuruf unterftägt, dieſe lezte
gelungene Anſtrengung ihn zum Meiſter
iener Anhöhe machte, zeigte er ſich den
Afrikanern von bier in einer fo ſtolzen
Saltung, daß fein langſamer Abzug in’«
Lager von ihnen nicht weiter beunruhigt
wurde, Bu . "
Labienus mochte ſich allerdings für ger
ſchlagen halten, in fofern er feine fühne
Hofnung, den Diktator an diefem Tage
zu vernichten, verfehlte, Petreing ſchwer
284
verwundet den Kampfplaz verließ, und feine
Truppen (mie wohlfeil er auch ihr Leben‘
anſchlug) *) in nahmhafter Zahl den Bo⸗
den dedten. Allein auch Cäfar hatte ſich
eines Siegs nicht fonderlich zu ruͤhmen, der
ihn an den Rand bes Untergangs geführt,
den Afrikanern feine verwundbare Seite
gezeigt, unter feinen geringen Schaaren blus
tig aufgeräumt und doch ihn in feinen gro⸗
$en Entwärfen um nichts gefördert hatte,
ba Labienus nicht verhindert werden konnte,
fein Lager hart in feiner Nähe aufzuſchla⸗
gen und iede feiner Bewegungen zu hüten,
Dennoch war es ſchon etwas, ſich nur aufe
recht und in ungebrochner Kraft erhalten
zu haben: und noch mehr mochte Edfar
feinem Gluͤck fich verpflichtet bekennen, daß
es ihm diefen harten Strauß nicht ſchon
‚vier und zwanzig Stunden früher aufs
noͤthigte!
Caſars Lager mußte ihm, von iezt an,
. a
) Doch bewies et viele Sorgfalt für die
Berrundeten, welche auf Wagen nach Adru«
metum, als dem nächkten fchern Platze, in
die KHofpitäler abgeführt wurden.
285
für feine Feſtung, und fichte Erhaltung in
demfelben, für das Ziel feiner naͤchſten Ans
firengungen gelten. Jede Kunft und Bor
fiht wurde zu deßen Werftärfung aufgebo⸗
ten; und von Beiden Flanken, deren führ
liche fih an Nufpina lehnte, gieng eine
Bruftwehr bis an das Seeufer hinab, um
die freie Gemeinfhaft mit der Flotte u
fihern. Die Wille ſtrozten von Balliſten
und andern Mafıhinen, die von ben Krieger
foiffen entnommen worden. Vor den Wer⸗
ſchanzungen und tiefen Gräben drohten ven
borgne Fußangeln; Schanppfähle wurden
behauen, Geſchohe bereitet, Waffenſchmie⸗
ben angelegt; Werkholz gu Sturmbokken,
woran ee, fo wie an Blei und Eifen, im
Afrifa mangelte, aus Sleilien herbefier
den; ein Theil der Schifebefazgungen, zum
Erfaz der leichten Truppen, unter die
Waffen geftedt, und der Lagerbienft, fo
wie die Wachen, mit verdoppekter Vorſicht
verrichtet. -
In der That fhienen auch alle dieſe
Maafregein um fo unerlaßliher, da die
eingezogenen Berichte, darin. hbereinftimms
ten, daß Seipio nur drei Märfche hinter
280,
Babienus zurutk fey, und mit acht Legio⸗
‚nen und dreitalifenb Reitern ieden Augen⸗
Bü eintreffen tönne. Zwar verfpäteten
einige Raſttage, die er beim Heere bei Adru⸗
metum geſtattete, feine Erſcheinung noch
um wenige Tage: allein ſobald die Ver⸗
einigung mit Petrelus und Labienus ge⸗
ſchehen, und das Lager, in einem Abſtande
von drei Milllen, Caſars Standplaz ge⸗
genuber, bezogen war, erfülte die feindliche
Neiterei bie ganze Gegend umher, bis hart
unter feine Wähle) und Tein Caͤſarianer
wagte mehr, ſich außer bein Wezirk derſel⸗
ben bliffen zu laßen. Sechs Quadratmil⸗
lien, auf denen fie ſtanden, machten dem⸗
nach den ganzen Boden aus, Aber melden
ihr Feidherr in Afrika zu gebieten hatte! -
Schon fruͤher war der Mangel an Ab
kom in ſeinem Lager fühlbar geweſen, und
es hatte ihn unzählige gate Worte gekoſtet,
hie und da. von den Landboeſizzern eine
kaͤrgliche Unterſtuzzung an Geiraide ju er⸗
ſchmeicheln. ZYezt begann, vohngeachtet des
ſparſamſten Haushakt, bie Noth Mit lodem
Tage drukkender zu werden, ba die, auf
ben Inſeln ausgefihriebenen, Deiſteuern
237
voch ausblieben und die Winterſtuͤrme ſchiet
aller Schiffahrt ein Ziel ſezten. Den Gau⸗
len der Reiter fehlte gleichmaͤßig die Fut⸗
terung: doc hier gewährten Noch und
bielfache Erfahrung einige Aushälfe in dem,
an’s. Ufer ausgeworfenen Seetang, ben
man. in -füßem Waßer abfpälte, und fo eine
Nahrung gewann, welche die hungernden
Thiere nicht verſchmahten.
Dieſes gehaufte Drangfal forderte bes
Imperators volle Regſamkeit auf, ihm durch
bie zwectmäßigften Vorkehrungen entgegen -
zu wirken. Um feine Truppen nicht zum
trüben Nachdenken über ihre Lage fommen
zu laßen, erhielt er fie durch gehäufte, wohl
nicht einmal durchaus nothwendige, Arbeis
ten unaufhoͤrlich in Athem. "Mach allen
&eiten hin in ber. Provinz machte er Teint
bie und da noch bejiveifelte parfönliche Ans
Zunft durch Ausfchreiben befannt, worin
die Einwohner, welde vielfache Urſach hats
ten, mit Seipid's harten Maaßregeln un
zufrieden zu ſeyn, aufgefordert würden, fich
um ihn her zu ſammeln und auf ſeinen
Beiſtand zu vertrauen. Seinen, zum Theil
noch umherirrenden Transportſchiffen, die
288
Befahr. liefen, dem Feinde einzeln in bie
Haͤnde ju fallen, ſchickte er, in allen Rich⸗
sungen, bie noch vorhandenen Galceren,
theils zur Unterſtutzung, theils zu Wegwei⸗
fern nad feinem gegenwärtigen Standort,
entgegen. Rabirius Poſthumug und Alie
nus erhielten neue gefchärfte Befehle, mit
den Berftärfungen aus Sieilien, ieder Wits
terung und iedem Hinderniße zum Troz,
euch nicht Eine Stunde länger zu fäumen.
And fo groß war fein fehnfüäctiges Ver⸗
Jangen, daß der, mit diefer gebieterifchen
Anweiſung entfandte, Schnelſegler Eaum,
feit einem Tage, abgegangen war, als er
die Blikke ſchon unverwandt gegen das
Meer gerichtet hielt, und fih in Klagen
über das unendliche Zaubern der Flotte und
der Truppen erfchöpfte. *)
Wohl aber hatte auch der Felbherr
Grund, feiner demiepigenden Lage eine
ſchnel⸗
) Es iſt bemerkenewerth, wie Hirtius (K.
ab) dieſe ſteigende Ungeduld, die durch Ca⸗
ſars game kritiſche Lage fo.genüglich erklärt
wird, vornehmlich doch auf Rechnung der
Theilnahme fezzen möchte, welche der Bin
err
289
ſchnelle Aenderung zu wuͤnſchen! Denn in
eben diefen Eoftbaren Augenblikken, die er
nuzlos verftreichen fehen mußte, war Be
reits, wie ihm nicht unbekannt feyn Fonnte,
auch’ König Juba, imit der ganzen verfamms
keten Macht Mumidiens, von Sclpio aufs
‚gefordert; und fogar mit der Hofnung auf
die kunftige Abtretung von ganz Afrika ges
kodert, auf dem Wege, fih mit diefem zu
vereinigen. Gefchah dies wirklich, fo war
das Mißverhäteniß der Streitkräfte fo ent
ſchieden, daß weder Caͤſars Genie, noch
fein-gewohntes Gluck, dem ungleichen Kam⸗
pfe ferner gewachſen ſchienen. Allein das
Leztere war. gerade iezt, ohne daß er ſelbſt
wußte, in feinem Dienſte geſchaͤftig,
ihn von dieſem neuen Feinderzu- befreien,
indem es ihm einen Freund an den
weſtlichſten Grenzen dieſes Welttheils er⸗
weckte.
here bei den Klagen und dem Kriegsdrangſal
der, bei ihm um Beiftand flehenden, Bandıs-
"einmwohner gefühlt. Wahrſcheinlich kopirte Je⸗
ner hierbei nur die Proklamationen, welche
Caͤſar in die Provinz ergehen ließ.
4 Band. T
290
Zwar fihon früher hatte Caſar, wie
bereits bemerkt worden ift, *) darauf ges
fonnen, die Numidier, von Hiſpanien aus,
zu beſchaͤftigen, and dabei auf die weſent⸗
liche Mitwirkung des Könige Bogud ges
. rechnet. Als aber Caßlus Longinus feinen
Zug anzutreten verhindert wurde, fo zeigte
ſich der mauritaniſche Fürft eben nicht ges
neigt, die Laft diefes feindliche Einfals al
fein auf feine Schultern zu nehmen, und
es gehörte die Ueberredungskraft eines heis
mathlofen Abentheurers dazu, feine Unent⸗
ſchloßenheit zu beftegen. Diefer Mann war
P. Sitius, einft ein Freund und Mitver⸗
ſchworner Eatilina’s; dann geädhtet, und,
an der Spitzze eines Haufens entfchloßnen
Waghälfe, unter den barbarifchen Wölkers
ſchaften des weſtlichen Afrika umherirrend,
denen er ſeine Dienſte nach Gerrzenbeis ver
kaufte und ſich ihnen durch eine Reihe gluͤck⸗
licher Unternehmungen wichtig machte. **)
*) ©. oben Seite 190.
**) In einer frühern Zeit ſab ſich auch Ser-
toriug, nachdem die marianifche Parthei der
Dittatur des Sulla hatte weichen mäßen, zu
291
Alein Sitius, dieſer langen Verbans
nung müde, und mit fteigendem Heimweh
nah Rom im Herzen, glaubte ſich die Wie⸗
derfehr dahin gedfnet, wenn es ihm ges
länge, fih den gluͤckhaften Diktätor, für
den er Eine freiwillige Neigung trug, durch
gelegene Dienfte zu verpflichten. Seine Bes
mühungen brachten den Einbrudy in Nur
midien, mit Bogud verbunden, in eben
dem Zeitpunkt zur Reife, da Juba ſich
gegen Caſar nach dem Dften in Bewegung
ſezte. Eirta, die Hauptftadt des Landes,
famme zwei andern feften Pläpen in Ga⸗
tulien, waren bereits gefallen, und das
diefer nemlichen abenthenerhden Holle Lfie
erinnert an den Franzoſen Perron in Hindo⸗
fan) gezwungen, bevor er in Hifpanien den
würdigen Schauplaz feiner Kriegsthaten
fand. Solche Beifpiele geben aber zugleich
auch den angemeßenſten Begrif von dem
fürchtbaren Lopfe eines geächteten Roͤmere,
und wie die Mehrzahl derſelben ihm den
Tod vorziehen konnte. Stand doch auch Ser⸗
torius fchon im Begrif, den Furien, die ihn"
verfolgte, bis in die faum gekannten gluͤck⸗
feligen Infeln (die Kanarien und Madeira)
u entweichen!
&2
292
Schwert der Mauritanigr drohte mit noch
größerer Verheerung, ale Auba, auf die
überrafcyende Zeitung von diefem Ueberfal,
ſich pldilich zur Umkehr entſchloß, um den
Beſiz ſeiner alten Staaten nicht der Hof
nung auf neue Erwerbungen zu opfern.
Sa, die Gefahr fehien ihm in dem Maaße
bedeutend, daß er ſogar die ſchon mit Sei⸗
pio vereinigten Huͤlfstruppen, zum größten
heile, wieder an ſich 309 und deren Etelle
blos durch dreißig abgetretene Elephanten
erfegte; — ein Tauſch, der dem Römer.
um fo unwilkommner feyn mochte, da biefe
Thiere in feinem Lager erft mühfam zum
Kriegsbienfte abgerichtet werden mußten:
Ecipio, obwohl durch dieſen Zwiſchen⸗
fall nunmehr auf ſeine eignen Kräfte eins
geſchrankt, ‚unterließ doch nich, feinen Geg⸗
ner wiederholt zu einem algemeinen Ge⸗
fecht herauszufordern, indem er feine Trup⸗
pen ieden Morgen in Schlachtordnung aus⸗
rakken ließ und erft mit Gonnen + Unter
gang in’s Lager zurhdführte. Täglich ward
- er tühner, und wagte ſich endlich ganz nahe
unter CAfars Verſchanzungen. Gelbft eine
Beſtarmung dieſes fo mähfam befeſtigten
293
Lagers ſchien nicht außer feirem Plane zu
liegen. Allein, hatte Caſar bisher gegen
‚ alle diefe, feine Schwäche höhnenden Bes
wegungen, eine unerſchuͤtterliche Ruhe bes
tiefen, fo _verläugnete er die unwilligen
Empfindungen feiner Seele in einem noch
höhern Maaße, da er, auch iezt.fogar, nicht
einmal: fein Zelt verkieß,, und alle feine Ans
ordnungen auf einen anftändigen Rüdzug
der Truppen hinter die Bruftwehren und
auf eine fefte Verteidigung. befehränkte.*)
Wahrſcheinlich aber kannte er auch feinen
Gegner genäglih, um fein Wagftäd von
ihm zu erwarten, zu deßen Ausführung
er — Caſar hätte ſeyn muͤßen. Wirklich
=) Saft luſtig iſt's, die mannichfaltigen Wette
dungen zu bemerken, wodurch Hirtius (R.31)
es zu bemaͤnteln ſucht, daB Caͤſar, bei dieſer
Geiegenheit, denn: doch wohl nicht ganı ohne
alle Zucht gewefen ſeyn möchte, Nur darin
allein dürfte er vieleicht Recht haben, wen
ex darauf hindeutet: Cäfar babe es feinem
Kriegsruhm ſchuldig zu ſeyn geglaubt, nur
dann zu fhlagen, wenn die Wabl dazu bei
ihm flebe; dann aber aud ſo zu fchlagen,
daB der ganze Krieg dadurch auf Einmal
entſchieden werde, .
294
‚sechtfertigte der Ausgang feinen Glauben:
denn Seipio og ſich unverweilt wieder in
feine vorige Stellung zuruͤck; trunfen von
der füßen Vorftellung, feinem Feinde ends
lich einmal Furcht eingeflöße zu haben.
Indeßen ruhte auch der Fleine Krieg
zwiſchen den beiderfeitigen Reiſigen nicht,
wo iezt die Wage um etwas gleicher ftand,
da Labienus nur feine Germanier und Gab
Tier in’s Gefecht bringen Eonnte; während -
ex felbft, um dieſe Zeit, fih und die noch
bei ihm zurädgebliebenen Numidier mit
einer Unternehmung auf. Leptis beſchaftigte,
um den Diktator, auch yon diefer Seh
te, auf die engften Girenzen einzufchränten,
Zwar hatte Diefer die Hälfte der dortigen
Beſatzung wieder an fih gezogen; allein
auch der geringe Reft leiftete eine fa tapfere
Abwehr, .daf der Verſuch endlich aufgeges
ben werden mußte, Selbſt feine Numidier
und Gätuler, die unter feinen Fahnen Bier
bee nur Verfufte, aber Feine Beute, gefüne
den, giengen, von iejt an, häufig au Cär
fars gluͤcklicherm Sterne Über; und das
nur um fo mehr, als fie in ihm einen
Verwandten des alten Marius trfannten,
. - 295
deßen große Thaten auf biefem Boden einft
ihnen und ihren Vätern Gluͤck gebracht
hatten. Der Imperator begnügte ſich aber
nit daran, fie freundlich zu empfangen,
fondern fandte auch die Angefehenften im
ihre Heimath, mit fepriftlichen Aufforderuns
gen an biefe Voͤlkerſchaften, fih zu ihm
und feiner Sache zu ſchlagen.
Neue Beweiſe, wie fih almählig die
Volksſtimme in der Provinz für ihn ers
klarte, gaben ihm die Städte Tysdrus und
Acta *) durch Abgeordnete, welche ihren
Wunſch erklärten, ſich unter den Schuz feir
ner Befazzungen zu begeben. . Ein fehr ber
trächtlisher Getreidevorrath, der in der Er⸗
ſtern aufgefpeichert lag, hatte den Feldherrn,
mm nn —
*) Tyedrus oder Tosdra (wabhrſcheinlich
das heutige Jem me) lag, Inndeinwärts, im
Suͤdweſten von Thapfus, und alſo weit aus
Cäfars Dperatiopslinie. — Schwieriger if
die Beflimmung ber Lage von Meilla oder
Achilla, da anderweitige Umftände verbieten.
es mit Achola, weldheg die Karten in der
Nachbarſchaft von Tysdrus, aber dem Meere
naͤber, zeigen, für identifch zu halten. Wir
werden es weit mehr nördlich umd tiefer im
296
welcher ben druͤkkendſten Mangel litt, au
deßen Bemäctigung 'reijen muͤßen, wenn
nur Die Lage des Drtes nicht gänzlich außer
den Bereich feiner gegenwärtigen Stellung
gefallen wäre. Er mußte demnad) diefen
Vorſchlag, mit Vertröftung auf baldigen
Beiſtand, von ‘der Hand weifen: allein’ in
einem günftigern Lichte betrachtete er die
, Unternehmung auf Acilla, deßen Beſij ihm
Hofnung gab, dem Feinde die Verbindung
mit Utica, von wo, auf Cato’s raftlofen -
Betrieb, noch immerfort Verftärfungen und
Vorraͤthe aller Art in Scipio's Lager abs
giengen, zu erfehweren. ©. Mefftus, von
Caſar hiezu beauftragt, erreichte auch, durch
einen ſchnellen und geſchickten Marſch, dies
fen Plaz, bevor Conſidius, der fih mit
Lände (etwa in gleicher Entfernung von Rus
frina und Adrumetum) aufzufuchen haben.
Es fcheint dabei, daß diefes Arila bei dem
Anmarſch von Seipio's Heere, und in fo
großer Nähe feines Bagersy” merklich mitges
nommen worden; und fo ließe fich denn auch
der Wunſch nach Erleichterung fammt der
Hofnung, fe unter Caͤſar zu finden, ſehr na⸗
tuͤrlich erklären.
297
acht Kohorten aus Adrumetum hineinwer⸗
fe wolte; ihn. daran verhindern konnte.
Eben fo vergeblich war der Verſuch, den
Diefer, von Lablenus Reiterei unterftäzt,
zur Wiedereroberung 'eines fo wichtigen Pos
ftens anftelte.
Noch erwunſchtere Hofnungen aber für
die Zufunft durfte CAfar faßen, als C. Sal
Iuftius, mit der Nachricht von der, ohne
Schwertſchlag bewirkten, Beſiznahme der
Inſel Cercina, zugleich einen ſtarken Trans
port des, hier reichlich vorgefundenen, Ges
treides in das Lager bei Ruſpina fandte,
und als, ‚gleich darauf, bei einem guͤnſti⸗
gen Winde, auch die längft erfehnte zweite
Truppenſendung aus Bicilien, ungefährdet,
am beitten Tage ihre Beftimmung erreichte.
Die dreigehnte und vierzehnte Legion, acht⸗
- Hundert gallifche Reiter und taufend Mann
leichter Truppen fliegen an Land, und ers
hielten ihren angemwiefenen Plaz in den Vers
ſchanzungen. Ihre Erſcheinung belebte pldz⸗
lich den ſchier geſunkenen Muth der früher
Gelandeten. Ueberfluß herrſchte fortan im
Lager, und der Feldherr durfte nun wie⸗
der daran denken, angrifsweiſe zu verfah⸗
298
zen, bevor Juba die Hände frei genug ber
kaͤme, um nocdhmalg an diefem Kampfe
heil zu nehmen.
Sehr fihthau kaͤmpfte indeg, auf Seh
"ten &eipio’s und feiner Gehälfen, die Bes
gierde, von Caſars bisheriger befchränfter
Lage den möglihften Vortheil zu ziehen,
mit der Ungemißheit, wie fie ihm beifoms
men und ihre Uebermacht auf eine entfcheis
dende Weife benuzzen folten. Wahrfcheins
lich möchte CAfar, an ihrem Plaze, ihre
Verlegenheit nicht getheift, fondern alle,
ihm entgegenftehende, noch fo furchtbare,
Werke (Rufpina mit eingeſchloßen) in der
fürzeften Zeit, von Einem Ufer des Men
tes bis zum Andern, mit Linien umgeben
haben, welche dies Lager, wie einft das
bei Dyrrhachium, in einen Kerker verwan⸗
delt hätten. In der That feheine ihn Sie
Furcht befhlichen zu haben, daß dieſer fo
natürliche Gedanke fie endlich doch anwan⸗
deln möchte; und fo hielt er es fh» dienfam,
fi unverzüglich auf eine weitere Grund⸗
fläche auszudehnen. Dret und zwanzig
Tage hatte er feine Einſchließung ertragen,
als plöslich, (27. Ian.) in der Nacht, die
299
ſammtlichen Legionen ohne Geraͤuſch auf⸗
brachen, duch Ruſpina giengen, und, ſud⸗
lich *) von dieſem Orte, einen Bergruͤkken
erſtiegen, welcher ſich hier, in einem wei⸗
ten Halbkreiſe, landeinwaͤrts zieht, und ſo
wiſchen feinen Armen eine trefliche Ebene,
von funfjehn Millien im Durchſchnitt, bil⸗
det. Länge feiner Gräte flieg iedoch noch
eine Reihe Eleinerer Hügel empor, worauf,
von Alters her, einzelne Thuͤrme und Wars
ten errichtet ftanden,
So wie Caͤſar auf diefer Anhöhe forte
rädte (und in der Hälfte ihrer Ausdehnung
*) Ich glaube hier den, freilich etwas dun«
teln, Tert des Hirtius auf meiner Seite zu
haben, und aud) alle folgende Operationen in
ihr angemeßenſtes Licht hellen zu fonnen, went
ich von der Darſtellung des Terrains und
der Bewegungen, wie Roeſch (Comment. S.
101 ff.) fie ung giebt, anf mehr alg Eine
Weiſe abgehe. Der Bergrüften nemlich zog _
ſich nicht nördlich von Mufping, wie er
meint, und in geringem Abitande vom Meere
fort, fondern Rich vielmehr mit feinem naͤ⸗
heren Arme ſuͤdlich an den genannten Play,
von wo er ſich ſodann in einem weiten nach
Norden ofnen Bogen von ı5 Millien land⸗
300
lag fie bereits in feinem Rakken!) ließ er
- auch die Wartthieme in größter Geſchwin⸗
digkeit zu feften Poften eineichten, und hatte
die Abfiht, fie unter einander, ſo wie mit
Ruſpina und feinem alten Lager, durch
gezogene Linien in Verbindung zu ſeuen; —
eine in iedem Betracht meifterhafte Bewe ⸗
gung, durch. welche nicht nur Leptis und
die ganze, ihm«ım Ruͤkken liegende, Ge⸗
gend gefichert, fondern auch der, Weg erdf⸗
net wurde, gegen die, ihm vorliegende,
nördliche Ebene, in welcher Soeipio gelas
gert fand, und felbft gegen Uzita, feinen -
einwaͤrts nach Nordweſten binüberzog; für
das, Mita, weftlich von Rufpina, etwa auf
der Sehne diefes Bogens Ing. Mita war
unverkennbar das firategifche Obiect von Che
fars Operationen; und ber erlangte Bez _
biefes Plazzes, der die feindliche Dperationg«
Knie auch nach Süden, fo wie Acilla im Nor⸗
den, getrennt haben würde, mußte ihm uns
zuberechnende Vortheile gewähren. Um fih
aber Usita dergeſtalt zu .nähern, daß eine
Belagerung möglich ‚würde, gab es feinen
gelegnern Weg, als auf dem Nükten diefes
WVergsuges, welcher dem Bl gewißermanßen
beherrſchte.
E23
Waffenplaz, Verſuche zu wagen. Auch ers
Zannten- die feindlichen Feldherren, fo wie
der anbrechende Tag ihnen ihren Gegner
auf den Höhen zeigte, die Wichtigkeit dies
fer Stellung deutlich genug, um bei CAfars
weiteren Unternehmungen nicht ruhige Zus
ſchauer zu bleiben. Sie ruͤckten fofort, mit
ihrer ganzen Macht, aus dem Lager. Die
Fußyvdiker bildeten, ohnweit dem Zuße deſ⸗
felben, eine Linie: allein. die Reiterei unter
Labienus wagte fih um mehr als das Dops
pelte vor, und nöthigte. dadurch die eaͤſari⸗
ſchen Legionen, von der ſchon angefanges
nen Bruftwehr abzulaßen und in die Waf⸗
fen, zu treten.
Nur der hinterfte Wartthurm, von wels
chem CAfar nicht weit mehr entfernt ftand,
mar mit einer Wache von Numibdiern vers
fehen, *) die unverzüglich angegriffen, vers
iagt und von feinen Reitern hinig verfolgt
- wurden. Zwar eilte Labienus hier den
Seinigen, fehler mit ber. ganzen Reiterei
feines rechten Flügels, zu Huͤlfe: allein fo
*) Vielleicht, weil fich bier die Straße von
unta nach Beptis über den Bergräften sog.
302
wie er ſich durch dieſe Bewegung von ſei⸗
ner Rinie entfernte, ſchickte auch CAfar, mit
gewandter Benunung der gegebenen Blöße,
die Zurmen feines linken Flügels, ihn zu
umgehen und ſich ihm in den Rukken zu
werfen. ine, auf der Ebene zwiſchen inne
tiegende Meierei, mit weitläuftigen Gebäus
"den, verdedte ihren Anritt vor Labienus
Blikken. Unerwartet und unwiderftehlich
brachen fie in feine Reihen ein; und nur
Flucht galt es oder Tod In dem ſchreckli⸗
hen Gemejjel. Jene wählten die feigen
NMumldier; aber unter Tod und Wunden
hielten die Germanen und Gallier muthig
Stand, bis fie, von allen Seiten umzins
gelt, bis auf den festen Dann erlagen und
mit ihren Leihen, in mimderfamer Schoͤn⸗
heit und Groͤße, das Schlachtfeld deckten.
Nur Labienus war. entfommen; und
der Anblick feiner volendeten Niederlage,
die unter den Augen von Scipio's Legios
nen vorgieng, hatte fo übeln Eindrud auf
fie gemacht, daß der Feldherr, weit ent
fernt, ein algemeines Treffen zu wagen,
nicht: genugfam eilen Eonnte, die Truppen
wurd in’s Lager zu führen. Wie ganz
303
aber Hatte fi nunmehr die Geftalt -der
Dinge verändert! Cäfar felbft war es nun,
der ſchon am näcften Tage, von feinen
Höhen herab, in völliger Bereitſchaft zue
Schlacht, auf die Ebene niederftieg, und
fid) langfam gegen das feindliche Lager bes
wegte; während Scipio es nicht magte,
das Treffen anzunehmen, oder auch nur
feine Wälle zu verlaßen. Erſt als er wahr⸗
"nahm, daß Caſars eigentliche Abficht wohl
auf Uzita gehen koͤnnte, dem Diefer ſich
Bereits bis auf eine Millie genähert hatte,
und woher er felbft alle feine Beduͤrfniße
und fogar fein-Waßer bezog, drängte ſich
ihm die Nothwendigkeit auf, diefem Plazje,
der noch auf feine Gegenwehr vorbereitet
und blos von Numidiern beſezt war, mit
feiner ganzen Made fchleunigft zu Hilfe
zu eilen. Er ordnete das Heer in vier Lis
nien, wie er immer pflegte: aber mit der
vorderften, die aus einzelnen Reiterhaufen,
mit zwiſchen Inne geftelten Elephanten bes
ftand, rückte er hart an Uzita; fo daß beide
Flügel den Plaz rechts und links um ein
Deträchtlihes Überragten.
Um ihn in diefer ftarfen Stellung ans
304
zugreifen‘, hätte Cäfar die Stadt, melde
vor feiner Mitte lag, zu gleicher Zeit beftärs
men und daneben eines Ausfale aus den
Seitenthoren gerwärtig feyn müßen. Er
begnügte ſich daher mit dem ſchon gewons
nenen Boden und dem Beſtiz der Höhen,
und 309 gegen Abend die erfchöpften Trup⸗
pen in fein Lager zufammen. Hier, wo
das Heer, ohne Gepack und ſchier ohne
Obdach, fortfuhr,- dem Winter. und der
Witterung zu trozzen, ward es, in diefem '
nemlichen Zeitverlauf, durch ein mächtliches
Schloßenwetter, gegen welches der Soldat
ſich kummerlich mit emporgehaltenem Schil⸗
de deckte, durch niederſtrdmenden Plazregen
und wunderſame elektriſche Erſcheinungen *)
auf eine harte Probe ſeiner Standhaftig⸗
keit geſezt. Allein härter, ohne Vergleich,
als durch eine zufällig empoͤrte Natur, kam
" , the
*) Die Bangenfpisien der fünften Legion
forühten elettriſche Funken, oder das befannte
St. Elmo « Feuer. Der Aberglaube, dem
es, zu Erklärung dieſes Phaͤnemens, an na=
türlichen Gründen fehlte, fand bier ein wei⸗
tes Feld zu Furcht und Zweifel aufgethan.
305
ihe Much in’s Grdränge, da das Gerücht
Suba’s.abermalige Anndherung verfündigte
und mit feinem Namen das Schrekkens⸗
wort ausfprah, an welches fich eben: fo
dunkle, als Granfen erzegende Vorſtellun⸗
gen knupften. Immer neue und immer
ungereimtere Maͤhrchen - mifchten Wahres
und Falſches zue wilkommnen Nahrung-für
die Reichtgläubigkeit durcheinander, bis Die
Truppen endlich in eine Stimmung vers
fanten, die ihren Feldherrn mit Recht ber
unruhigen mußte. Anſtatt aber diefen entr
anuthenden Gerüchten durch abſchaͤnige Würs
digung der feindkihen Streitkräfte einen,
wahrſcheinlich "nicht fehr haltbaren, Damm
entgegen zu · ſetjen, verfammelte Cäfar die
Legionen, und verfündigte ihnen, wie fie
des Numidiers: Ankunft binnen menig
Tagen zu erwarten hätten. Zehn ‚Legior
nen, dreißigtaufend Reifige, hunderttaufend
Mann leichter Truppen und dreihundere
Kriegselephanten · würden mit ihm erſchei⸗
nen. „Jezt“ — fuhr er fort — „wißt
ihr, woran. ihr: euch zu halten habt; und
es wäre thöricht, ſich mit meiterm Kunde
ſchaften und Muthmaßen m quaͤlan. Al⸗
+ Band.
' 36 . \
Tein wo mie mim auch ferner nody ein fei⸗
ges Merz aufftößt, bas laß’ ich auf ‚den
älteften Fiſcherkahn pakken und der Barm⸗
hergigfeit der Wellen preißgeben!” .
Das Wahre an diefer abfichtlichen Les
bertreibung war, daß Juba, von Seipio
nad dem lezten unglädfichen Reitertreffen
mit Ungeftüm zur ſchnellen Unterftägung
aufgefordert, eine Abtheilung feines Hee⸗
zes, unter Sabura's Anführung, gegen Si⸗
tins hatte ſtehen laßen, deßen Unterneh⸗
mungen anfiengen, in's Stokken zu gera⸗
then; dahingegen er ſelbſt ſich wewerdings
“aufxben Weg machte, mit etwa drei Les
Yionen, einer guten Anzaht ſchwerer und
leichterv Reiterei und Bogenfhlijen, nebft
dreißig Elephanten, zu Seipio zu floßen.
Als er im Gefiht von Uzita anlangte, bes
309 er ein abgefondertes Lager neben. feis
nem VBundesgenoßen; und nun erſt, da
bie Cäfarianer ihn und feine Voͤlker näher
in’s Auge faßten, kamen fie auch ſchnell
wieder von dem Wahne zuräd, der ihnen
diefen Gegner, aus der Ferne, in einem
fo furdgtbaren Lichte dargeftelt hatte. .
Um fo wilfommner hingegen war des
37.
Könige Erſchelnung für Seipio, welcher, fo
lange er ſich feinen eignen Kräften über
lagen fah, unaufboͤrlich gefürchtet hatte,
"daß Caſar diefes Zeitpunktes feiner Vereins
zelung wahrnehmen mörhte, die Sache zu
einer Entfcheidung zu bringen. Allein ie
weniger er feine Freude Aber diefe Ver⸗
ſtarkung zu verbergen wußte, um fo wents
ger auch ſezte Juba feinem Uebermuth ‚und
feinen Anſpruͤchen ein Ziel, und drängte
‚den sömifchen Imperator zu einer Nachgie⸗
bigkeit gegen feine Launen herab, melde
ſchier an Unterwuͤrfigkeit geenzte. Unter
einer Menge kleinerer Beifpiele *) heben
wir nur ein Cinziges aus, welches durch
feine Oeffentlichkeit, im Angeficht beider
Herre, fogar ben Feind über dieſe alger
*) 3.8. wenn der König es don Seipio
verlangte, und aud) erhielt, daß der Leitere
dem purpurnen Geldherenmantel von dem
Augenblic an entfagte, wo Jener das Bager
betrat, und fortan, neben dem bepurpurten.
Barbaren, nur in dem weißen Sagum er«
ſchien, das ieder roͤmiſche Krieger mit ihm
gemein hatte.
ua
308
meine ſchimpfliche Abhängigkeit Mi feinem
Zweifel mehr ließ.
Immerfort hatten, von Cafar begun⸗
ſtigt, bei den Vorpoſten, zwiſchen den Be⸗
kannten unter. den gegenfeitigen Truppen,
friedliche Beſprechungen -ftatt gefunden.
Auch M. Aquinius, ein republitanifcher Ans
Führer, ließ fih mit Saferna, dem cAfaris
ſchen Befehlshaber zu Rufpina, auf diefe
Weiſe in eine Unterredung ein, an welcher
Seipio fo großen Anſtoß nahm, daß er
augenblicklich hinfandte, den Aquinius an
das Unftatthafte einer ſolchen Vertraulich⸗
keit zu erinnern. Die fehndde Antwort auf
dieſe Rüge war: „Aquinius gedenfe zu
‚ bleiben, bis fein Geſchaft in Ruhe abge⸗
macht worden.“ — Jezt aber fchicte auch
Juba ſeinen Bothen, mit dem Beſehl:
„die Unterredung augenblicklich abzubres
en” — und Aquinius gehorchte, zitternd
und ohne die mindefte Gegenrede!
Allerdings ift nicht zu leugnen, daß die
serbändeten Feldherren ein gleih ſtarkes
Sintereße hatten, ſich diefen friedlichen An⸗
näherungen entgegen zu fegzen, bie, in Ihr
sen Folgen, täglich Bedenklicher zu werden
39
drohten. Nicht mir gaben fie den Anlaß,
daß die Numidier und Gätuler, von der
freundlichen Aufnahme der früheren Ucbers
Käufer verfüchert, bald haufenweife zu Cds
fars Lager überftrömten; während, in ihrer
Heimath, feine dahin entfandten Unterhänds
ler WVolkebewegungen von fo ernftlicher Art
erregten, daß der König, zu. ihrer fehnellen
Unterdrhfkung, ſechs Kohorten aus feinem
Lager aufbrechen lagen mußte: fondern auch
die Soldaten, infonderheit von Scipio's viers
ter und fechfter Legion, 'alte Elienten des
Marius, verließen, in unglaublicher Menge,
ibre Fahnen, und verliefen fi entweder,
oder ſchlugen fih zu Caſars Gluͤck, deßen
Verſprechungen, bald muͤndlich, Bald in klei⸗
nen Zetteln, unter fie ausgeſtreuet, ihnen
die Ausficht auf glänzende Vortheile dfne⸗
ten. Zwar verfüchte auch Scipio die nems _
lichen Verfuͤhrungskunſte: allein da er, ans
ſtatt den Eigennuz zu tödern, blos den Auf⸗
ruf an die Ehrliebe ergehen ließ, die Freis
heit Roms vertheidigen zu helfen, fo Eonnte
auch die Wirkung feinen Hofnungen mur
ungenhgend entfprechen. .
Sein Unmuth Aber diefe Vereitelung
‚310 .
Tagte fich in der Bleinlichen Rache zu Tage, "
die er an. ben. Gefangenen nahm, welche
das Kriegsgluck ihm ie zumeilen in bie
Hände führte. . Er rechnete darauf, daß
dies Ungläd ſie gefhmeidiger gegen bie
Erbietungen von Straflofigkeit und baarer
Belohnungen machen wuͤrde, wenn fie ſich
bequemten, ben Dienft eines Empdrers ges
gen die Republit mie der rechtmäßigen Vers
theibigung derfelben zu vertauſchen. Wie
aber erflaunte er, 'als T. Pontius, ein
Eenturio der viergehnten Legion, aus bem
Haufen hervortrat, und, obwohl dankbar
gegen fein Wohlwollen, mit Feſtigkeit er⸗
Härte: „Nie. inne ihm die Ehrloſigkeit
einfallen, gegen CAfar, unter deßen Fahnen
ee grau geworden, fein.Schmert zu erhe⸗
Ben.’ — Ya, um Jenem einen anſchau⸗
lichen Beweis von dem Geifte, her. feines
Feldherrn Truppen belebte, zu geben, er⸗
bot ex ſich, es mit zehn, unter feinen Mit
_— — — —
) So nennt ihn Valer. Marimus (III. 8.
8.) und es Teibet wohl feinen Zweifel, daß
ee und Hirtius von Einem und demſelben
Braven veben,
Eis
gefangenen auszufuchenden, Kameraden for
gleich gegen Scipio's tapferfte Kohorte aufs
zunehmen. Diefer hittete ſich wohl, einen
fo kekken Vorſchlag anzunehmen: aber fein-
Zorn war unedel genug, den Herausforde⸗
res vor feinen Augen niedermegeln zu laſ⸗
fen; und das gleihe Schickſal traf alle
Veteranen diefer Schaar, die er für „Bd⸗
ſewichte, mit VBürgerblut aufgemäftet,
erklaͤrte.
Freilich konnten Soldaten von Pontius
undeugſamem Muthe nicht durch Schuld
ihres Vetragens in der Schlacht, ſondern
nur durch unvermeidlichen und ihrer Tapfer⸗
keit ſpottenden Zufal in Feindes « Hände
gerathen; und in der That war es der
Sturm, welcher ihn und feine Gefährten,
bei dem zweiten von Allienus abgefchicten
Transporte, zum Theil nach Thapfus, zum
Theil nach den Agimurifchen Inſeln *) were
flug, mo zwei ihrer Schiffe den feindlichen
Flotten in die Hände fielen und genommen
®) Diefe Infeln Tagen auf der Höhe des
Vorgebürges Hermaͤum, am Eingange der
Bucht von utica.
3ı2
wurden. Eigentlich aber darf nicht ſowohl
dieſer zwiefache Unfal, als vielmehr der ,
Umftand unſre Vermunderung erregen, daß
nicht der bei weitem größefte heil von
Caſars fämmtlihen Transporten, in ihrer
Zerſtreuung und Bei der großen Ueberlegen,
beit ihrer Gegner, das nemliche Schickſal
erlitt. Mochte Varus oder Oetavius in
den erſten Augenblikken unvorbereitet ſeyn,
dieſe Ueberlegenheit geltend zu machen: den⸗
noch bleibt es unerklaͤrlich, wie fie fort⸗
dauernd, in diefer Umthätigfeit beharren und
die Winterſturme feheuen fonnten; während
Caſars Schiffe unbedenklich. die See hiel⸗
ten.und ihre Feigheit beſchaͤmten.
Allein ſelbſt ein fo geringer Verluſt,
befonders da er das Ungläd fo wakkerer
Krieger zur Folge hatte, ließ Caſars Seele
nicht gleichgültig; und gefchärfte Verordnun⸗
gen an die Befehlshaber feinen Geſchwader,
fo wie ſchimpfliche Entlaßung derer, die das
Unglüd bei Thapſus durch ihre Nachläßigs
kelt, und Die Berfpätung eines dritten Trans⸗
ports durch ungeitige Furcht *) verfchuldee
*) Sie waren beinabe am Eingang des Ha⸗
fens von Ruſpina, als fie ein cÄfarifches,
B 313
hatten, dienten, feinen Ernſt zu beweiſen.
Mit Recht aber durfte der Feldherr vom
feinen Gehuͤlfen die hoͤchſten Anſtrengungen
fordern, dar er ſelbſt uͤberal, wo es Noth
that, ſich ſchier algegenwaͤrtig erwies, und,
gleich dem gemeinſten Krieger, mit feiner
eignen Perfon bezahlte; in, iedes frühere
Beifpiel von Kühnheit, Thätigkeit und Geis
" flesgegenwart unaufhoͤrlich noch Aberbot,
um den gleichen Geift auf alle die Seini⸗
gen. zu hbertragen,
Auf die Nachricht, daß Täfars fiebente
und achte Legion im Begrif ſtehe, gleiche
fals von Sicilien abzufegeln, war endlich
Attius Varus aus feiner langen winterli⸗
en Erftarrung erwacht, ‚und ruͤſtete eilig
feine Flotte zu Utica zu, um diefem Trans⸗
porte auf der Höhe von Adrumetum mit
vor Thapfus aufgeſteltes, Geſchwader erblick⸗
ten, es fuͤr ein feindliches hielten, vol Schrek⸗
ken wieder in die bohe See ſtachen und bierbei
ſo weit abgetrieben wurden, daß ſie erſt, nach
Verlauf von mehreren Tagen, während wel⸗
her die fchlecht verfebenen Mannfchaften dem
drüffendften Mangel unterlagen, ihr Zieh wies
der erreichten,
314
fünf und fumfpig Segeln aufjulatern. Eds
far hatte zwar von der Annäherung feiner
2egionen, nicht aber von der feindlichen
drohenden Bewegung, frühzeltige- Kunde,
und ließ alfobald zwei Geſchwader von Rus
foina auslaufen, welche die Punkte von
Thapſus und Adrumktum forgfältig beob⸗
achten und die Transportflotte dekken fols
ten. Indeß wurde Q. Aquila, welcher mit
dreizehn Segeln nad) dem leztern Stande
punfte befehlige war, durch die fthumifche
See, weit von feiner Beſtimmung, wach
der füdlichen Küfte, unterhalb Leptis, vers
= "fiplagen, während bie beiden Legionen die
offene Rheede vor biefer Stadt unanges
fochten erreichten, und eben ſowohl, als
die Ruderer, ſich in forglofer Sicherheit
ausſchiften. Varus, von Allem durch Ue⸗
berlaͤufer unterrichtet, ſaͤumte nun nicht, in
der naͤchſten Nacht von Adrumetum auszu⸗
laufen und vor Leptis zu erſcheinen, wo er
die ausgeleerten Transportſchiffe verbrannte
und zwei fünfrudrige Galeeren, ohne Wir
derftand, mit ſich fortſchleppte.
Eden ftand er im Begrif, das Geſchwa⸗
ber des Aquila in feiner Bucht, wo es
315
Schu; vor dem Sturme gefunden, aufzus
füchen und ihm nicht minder übel mitzus
fpielen: allein ſchon war auch die Kunde
dieſes Unfals, in das Lager bei Upita, zu
Caſars Ohren gedrungen, der firgds mit
verhängtem: Zügel nach Leptis und weiter .
nach dem Standort des bedrohten Geſchwa⸗
ders flog, welches bereits. von Varus .ges
tagt wurde und voll Furcht das Weite fürchte.
Nichts deſto weniger warf Cäfar, vol Bes
gierde, die Seinigen noch zu erreichen, ſich
in eine Barke; und faum war es ihm ges
lungen, fo gebot er auch, die Galeeren
pldzlich gegen den Feind zu wenden. Sets
mer Ueberlegenheit über das Eleine Ger
ſchwader verfihert, begrif Barus bie Moͤg⸗
lichkeit einer fo "fühnen Bewegung nicht,
wofern Aquila nicht, in diefem Augenblick,
eine Verftärfung wahrnähme, die fhon im
Heranſegeln begriffen fey, und Bald am
ſadlichen Horizont erfcheinen werde. Allein
nicht willens, es mit ihr oder auch nur mit
Aquila, als ihrem nunmehrigen Vortrab,
in einem ernfthaften Gefechte aufzunehmen,
fand es ber feindliche Anführer gerathen,
eben fo plözlich die Segel zu wenden, und,
316
mit aufgegebener Verfolgung, Schuz in.
dem verlaßenen Hafen von Adrunetum zu
ſuchen. Dennoch holte ihn Caͤſar, nach eis
nem Lauf von kaum vier Millien, ein;
ſchnitt zwei dahinten gebliebene feindliche
Galeeren ab, *) und hätte noch größere
Beute gemacht, wenn es ihm eben fo, wie
feinem Gegner, gelungen wäre, die Spizze
von Adrumetum zu umfteuern. Indeß gieng
er die Nacht vor Anker, erfhlen am fru⸗
hen Morgen vor dem feindlichen Hafen,
) Auf einem diefer Schiffe ward Publ. Lie
garius zum Gefangenen gemacht, der bereits
in Hifpanien, mit’Afranius, in Eaͤſars Hände
gefallen, begnadigt, wieder zu Bompeius über«
gegangen, bei Bharfalus entfloben und nun
nach Afeita zu Varus gekommen war. Gäs
far firafte.diefe wiederholte Treulofigkeit mit
dem Tode. Es war dies aber zugleich auch
das erſte entfchiedene Belfpiel von Strenge,
das ihm zur Laſt gelegt werden kann, dem
aber foäterhin mehrere folgten. = Doc,
warum eben auch zur kaſt gelegt?’ —
Auch nach unfern heutigen Begriffen würden
Kriegsgefangene , die auf das Verfprechen,
nicht weiter gegen den Sieger zu dienen,
entlaßen worden, im Hebertretungsfalle das
* Beben verwirkt haben,
317
verbrannte Seinerſelts Alles, was er vor
Sransportfchiffen auf der Rheede erreichen
Eonnte, und gab ſich Fühn das Anfehen,
ein Treffen liefern zu wollen, ohne daß
der eingefchredte Barus es angenommen,
oder auch nur hiernaͤchſt Teinen Abzug nach
Rufpina beunruhigt hätte, -
Kurz vor den beiden, zulezt gelande⸗
ten, 2egionen Waren auch die neunte und
zehnte, zu Verſohnung ihres Feldheren,
deßen Unmilen fie durch ihre Meutereien
in Stalien verwirkt hatten, fo gut als uns
gerufen, auf afrifanifhem Boden erſchie⸗
nen. Ihr Eifer, wie ihre Reue, mußten
ohne Zweifel feinen Grol entwafnen: aber
nichts befto minder hielt er es für zutraͤg⸗
lich, einige ihrer unruhigften Haͤupter aus
ihrer Mitte zu entfernen; und dies um fo
mehr, da fie felbft, durch ihr Appiges Ges
paͤck bei der Ueberfahrt, womit fie ganze
Saleeren erfülten und ben Truppen ben
Raum verengten, ihm den erwunſchten Vor⸗
wand lieben, fie durch öffentliche Beſchaͤ⸗
mung und Ausftogung aus, dem Dienfte,
unter dem Schein der Fürforge für feine
Krieger, zu beſtrafen. Die Kriegstribunen
318
€. Avienus und X. Fonteius, nebft mehr
rern Eenturionen, waren unter der Anzahl
dieſer Gebrandmarkten, welche ſtehenden
Fußes die Küfte.verlagen mußten. Solche
Beiſpiele von Strenge, zur Wiederherſtel⸗
lung der erfhlaften Kriegszucht, daͤuchteten
aber dem Imperator doppelt nothwendig,
in einem Augenblikke, wo er, nad) Samms
tung feiner gefammten Kräfte, im Begriffe
fand, zu Beendigung diefes Krieges den
Höchften · Nachdruck in feine Unternehmuns
‚gen zu legen, ‚
Auch Sciplo, Auf feinen numidiſchen
Bundesgenoßen geftüzt, wunſchte iezt nichts
ſehnlicher, als es zu einer endlichen Ent⸗
ſcheidung zu führen, ohne auf Cato's weis
fen Rath zuhören, welder, indem er ihn,
von Utica aus, fortdauernd mit allem Des
darf verfal), nicht aufhörte, vor iedem zu
raſchen Schritte zu warnen: denn immer
noch war er der Meinung, die er gegen
Pompeius unterfthze hatte, daß der Krieg
gegen Caſar, ohne ihn auf die Spitze eis
nes Treffens zu ſenen, nur durch Zögern
geführt, und feine Kraft durch die Zeit ſelbſt
gebrochen werden muͤße. Doch iezt, wie
39
fonft, Fol? es fein Schickſal fegn, mit feis
‚nem verftändigen Rathe nicht gehört zu wer⸗
ben. Seipio, vol Stolz und Dunkel, fah
in demfelben nichts als Furchtſamkeit; und
feine‘ Briefe erlaubten ſich fogar die Frage:
„Ob Eato nicht genug daran habe, in ſei⸗
nem wohlbefeftigten Plazze die Hände ru⸗
big in den Schoos zu legen, daß er auch
Andern nod wehren wolle, einen groß ans
gelegten Plan, da das Gluͤck winke, mit
Träftiger Seele in's Werk zu richten?”
Tief verwundet durch diefen Hohn, fors
derte iezt Cato die Truppen zur, welche
er ihm nach Afrika zugeführt Habe, um
mit ihnen nad) Stalten Überzufeggen, Caſars
ganze Macht auf fich zu ziehen, und ſolcher⸗
‚geftalt feinen verdächtigten Muth zu bewaͤh⸗
zen. Freilich verlachte Seipio diefes Bes
gehren: allein eben dadurch volendete er
bei dem Gefränften die Weberzeugung, daß
von diefes Feldheren Mangel an Edelmuth
weder eine geſchickte Kriegsführung, noch,
fogar im kaum zu hoffenden Siege, irgend
einige Mäflgung im Betragen zu erwar⸗
ten’fey; und folte ie Scipio, nah Caſars
Sturze, an die Spine der Republik tre⸗
320
ten, fo war er ſelbſt unoiberruflich' ent;
ſchloßen, fich feiner Härte und Graufamfeit
in dem ftilften und abgelegenfteh Winkel der
Erde zu entziehen.
Jener unreifen Anſicht der Dinge ge⸗
mäß, war Scipio, gleich am naͤchſten Tage,
nah Jubas Erſcheinung, mit den vereinigs
sen Truppen und ſechzig Elephauten, in
we itſchimmernder Schlachtorduung, und et
was ſerner als ſonſt, von ſeinen Verſchan⸗
zungen vorgerlickt. Doch Caͤſar, der ſeinen
Plan auf einem andern kunſtreichern Wege
zu verfolgen vorhatte, ließ ihn ruhig wie⸗
Der in's Lager abziehen, waͤhrend nur der
ſchlauere Labienus des Feindes eigentliche
Abſicht witterte, ſich immer weiter. auf dem
Bergrukken zur Linken auczudehnen, Uzita
auch von diefer Seite zu umklammern
amd fo ſich hart an Scipio's Lager- zu ni⸗
Kein, Die Hoͤhe, auf deren Beſiz es hiezu
sornehmlih ankam, Tag zuuächft an Labies
aus Poften; und fo ward es ihm nicht
ſchwer, fih derſelben am früheften. zu Aer
maͤchtigen. (Er benugte diefen Vortheil. zu
Zegung eines gedoppelten Hinterhalts, wel⸗
Gen der. zerſcholttene Boden und ein vor⸗
lie
. gar
Tiegender Olivenwald begänftigte. Allein
feine geſchickte Anordnung ward durch die
Unachtfamfeit feiner Truppen nuzlos, ‚die
fih zu fruͤh blikken Liegen, von CAfars vor⸗
ausgefchichter Neiterei niebergehauen wurs
den, und nun die Wegnahme diefes wichtis
gen Poftens nicht länger hindern konnten.
Er wurde unmittelbar darauf zu CAfars
Hauptlager eingerichtet.
* Usita lag ihm iezt nahe gegenäber in
ber Tiefe; und feine gewonnene beherr⸗
ſchende Stellung machte den Angeif auf
dieſen Plaz, im Angeſicht zweier feindli⸗
chen Heere Mmöglih, indem er, von dem '
Lager hernieder, zwei gleichlaufende Linien
gegen die beiden Winkel der Stadtmauer
309 und durch Ddiefelben feine Flanken ges
gen des Feindes Überlegene Reiterei ſicherte;
während ihm, innerhalb diefes Raums,
völlige Freiheit verblieb, den. Ort zu bes
flürmen. Mebenher aber gewann er auch
den Bortheil, in diefer umfchloßenen Tiefe
mehrere Brunnen zu finden, an denen es
auf der Verghöhe mangelte. Die Hälfte
des Heeres ftand indeß vorwärts unter den
Waffen, um die Arbeiter zu deffen; und
a. von, [3
wieviel Anſtrengungen bie feindlichen leich ⸗
ten Truppen auch anwandten, den Fort⸗
gang dieſes Unternehmens zu hindern, ſo
fuhrten doch dieſe wiederholten Reitertreffen
fo:wenig zu einer Entſcheidung *), daß Caͤ⸗
far durch eiferne Beharrlickeit, der Stadt
ſich genugfam näherte, um, kaum in. der
Entfernung eines Pfeilſchußes, unter ihren
Mauern ein zweites Lager aufjuwerfen,
welches er mit fünf Legionen beſezte, und
von deßem vorberem Walle herab der Stadt
mit Balliften und andern Kriegswerfzeugen
heftig zugefezt wurde.
Es war nicht zu erwarten, daß die
Berbündeten, bei ihrem unbegrenzten Selbfts
*) Wenighiens ſchwankte die Waage bald
auf diefe, bald auf iene Seite. Cäfars Tur⸗
men bedurften der nachdrüdlichen Unterſtuͤz⸗
dung der Begionen, um ſich gegen die über-
legne Zahl der Rumidier im Felde zu halten.
Dagegen mußten auch Diele, übrer Seite,
mit Verluß in's königliche Lager zurkdweis
“en; und Hirtius meint, nur die zu früh
einbrechende Nacht, und der, alle freie. Muse
ſicht verbuͤllende Staub babe fie vor gaͤnzli⸗
cher Aufreibung, aber den König und Babies
nus vor der Gefangennehmung bewahzt.
\
323
vertrauten, welches fie Schlacht und Sieg
für. gleichbedeutend annehmen ließ, noch [Ans
ger rubige Zufhauer diefes dreiften Unters
nehmens bleiben würden, wodurch Cäfar
ihrer Macht und Kriegserfahrung Hohn
zu fprechen ſchien. Sie brachen deshalb,
eines Morgens früh, mit allen Truppen .
aus ihren Lägern auf, und ftelten ſich auf
einer wohlgelegenen fteilen Höhe in Schlacht ⸗
orbaung, wo fie ihren linken Flügel an Uzita
lehnten und vor ſich unzugängliche Schluch⸗
ten hatten. Auch ihr Gegner fäumte nicht,
ſobald er diefe Bewegungen bemerkte, feine
Legionen, ihnen gegenüber, aus den Linien
hervorzufähren, und feine Treffen, nach
Manfgabe der feindlichen Anordnung, bee
fonders anf dem linfen ungedeckten Flügel,
mit befonuener Vorſicht zu verftärken. *)
Mit großer Ansführlichkeit breitet ſich
Hirtius (R.53 bis 61.) Aber die Beiderfeitis
gen Steßungen aus, und Roefch (Comment.
. © 103 ff.) bat ſchaͤbare Erläuterungen über
die bier von Caͤſar entwiffelte Tattit beige
tragen. Da iedoch alle diefe Kunft fein Re=
fultat herbeiführte; ſo durfte ich mid ine
heben, in dies Detail einzugeben,
X 2
,
324
Nur dreifundert Schritte trennten bie beis
derſeltigen Heere; die Schlacht ſchien ums
vermeidlich, und verfpracy blutig zu werden.
Caſar durchritt Die Glieder feiner Legionenz
feine Worte ftachelten ihren Muth; die lez⸗
ten Befehle wurden gegeben. Aber nicht,
wie font, folt es hier raſchen Anlauf, ſon⸗
dern ruhige Erwartung des Feindes gelten. -
Die Hinderniße des Bodens vor ihm was
zen zur groß, um nicht die Ordnung und
Einheit des Angrifs zu brechen; und zu⸗
gleich hätte fein rechter Fluͤgel, im Vorruͤk⸗
Ten, die Seite gegen Uzita blos geben müß
fen, wogegen die ftarfe Beſazzung nicht
verfehlt Haben würde, einen Ausfal zw
verfuchen. J
Allein auch ſeine Gegner ſahen ein, daß
fe ihren ganzen Vortheil aufgeben würden,
wenn fie ihre gufgemählte Stellung verlies
fen. &o gefchah es denn, daß die fchlags
fertigen Truppen, troz ihrer heißen Kampf
luft, fih zehn Stunden in unbeweglicher
Ruhe anſtarrten; daß fein Pfeil abgedruckt,
keine Lanze gefehwungen, Fein Blutstropfen
vergoßen wurde. Und eben fo thatenlos
"wäre dieſer Tag auch vollends hingeſchwun⸗
325
den, (denn fon fieng Caſar an, feine
Treffen in die Verfhanzungen abzuführen)..
wenn fid nicht auf dem linken Flügel, weit
außer feinem Gefichtskreife, noch am ſpaͤten
Abend ein Reitergefeht entfponnen hätte.
Wahrſcheinlich auf Labienus Anordnung war
es nemlich geſchehen, daß ein unzählbarer
Schwarm von numidiſchen Reifigen und
leichten Truppen fich ſchon früh, auf einem
weiten Ummege, an den Fuß des fangen
Vergruͤkkens gezogen und die Beftimmung
‚erhalten hatte, dem Feinde, in der Mizie
bes algemeinen Kampfes, in Seite und
Rükken zu fallen. Jezt trieb ihre ungezös
gelte Hizze fie aus ihrem Hinterhalte zu
einem Ueberfäl des Lagers auf der Anhöhe
hervor; und während von vorne Labienus
mit feiner ſchweren Neiterei die Legionen
auf ihrem Standpunkte fefthielt, brachten
Jene die cAfarifhe Reiterei, welche ſich
ihnen, im unbedachten Muthe, zu weit
entgegen geworfen hatte, in Unordnung,
und, .mit einigem Berluft, zum Ruͤckzuge.
Bufrieden mit diefem Eleinen Vortheil, zog
fih nun auch Scipio zuräd in fein Lager. -
Wis ungemeßen aber feither auch feine
86 .
-Buverfiht auf den Beiſtand geweſen feyn
mochte, der ihm durch die Vereinigung mit
Zuba, und feines Freundes Labienus uns
ermuͤdſame Xhätigkeit, zu ihres gemein
ſchaftlichen Feindes Erdräffung zuwachſen
folte, fo mußte doch endlich eine lange Reihe
von Erfahrungen ihn wohl Aberzeugen, daß
ein Krieg mit Caſar nicht nach den
gewoͤhnlichen Gründen des Hoffens oͤder
Fuͤrchtens hinausgefuͤhrt werde. Alle dieſe
afrifanifchen Truppenſchwaͤrme waren dem⸗
ſelben zwar laͤſtig genug geworden, hatten
aber doch auf die Lange nirgend gegen ihn
ausdauern oder feine Entwürfe vereiteln
Tonnen. Solte alfo der Rach, den Cato
nicht müde ward zu ertheilen, dennoch wohl
der befere feyn, und in’ der abſichtlichen
Verlängerung des Feldzuge mehr Hell und
Hofnung eines glücklichen Ausfchlags win
ken? — Faſt ſcheint es, als fey Seipio als
maͤhlig auf dieſe bedaͤchtigere Entfchliefung
zuruckgekommen, auf welche ſehr wahrſchein⸗
lich auch der umſichtigere Labienus ſich Ein⸗
fluß verſchafte, und der — was bei wei⸗
tem noch höhere Verwunderung erregt! —
auch der ungeftüme Juba ſich fügte. Bes
327
nigſtens traten dieſe Verbündeten, von
iezt an, mit einer Vorfiht auf, die nur
die Frucht eines abgeänderten Krieges
plans feyn Eonnte; vermieden forgfältig die
Schlacht, wo Caſar fie wünfchen Eonnte,
und boten fie nur dann freiwillig an, mo
Hinderniße des Bodens, oder andere Um⸗
fände ihm ein folhes Wagniß verboten.
Er folte fünftig mehr abgemattet, ausges
hungert, und, im Einzelnen, durch Eleine
Gefechte aufgerieben, als durch einen ent
ſcheidenden Hauptſchlag vernichtet werden.
Inzwiſchen ermädete Caͤſar nicht, ſich
wenigſtens Einen Theil des Gewinns, der
hier feinen. Waffen verweigert wurde, auf.
dem zwar mühfameren, aber feinen Une -
ſtrengungen deſto gewißer erreichbaren Wege
der Kunſt, durch weit in der Ebene um⸗
hergefuͤhrte Gräben und Wälle, zu ſichern.
Seipio fah fi dadurch, wenn er niche
ganz von feiner Anhöhe abgedränge wer⸗
den wolte, gezwungen, aͤhnliche Werke,
ihm gegenuͤber, aufjuführen. Täglich vers
fürchten fih, zwiſchen inne, die leichten
Truppen von beiden Seiten. Beſonders
aber wurde Uzita, eben fo hartnäffig ans
328
gegeiffen als vertheidige, immer inehr der
Punkt, um welchen die ganze Kriegfuͤh⸗
rung fi drehte.
Almählig erfolgte indeg — mas Bei
der Stärke der, auf einen fo’ engen Raum
dufammengedrängten, Heere nicht lange auss
bleiben konnte, — daß bie naͤchſte Gegend
umher. an Lebensmitteln und Fütterung er⸗
ſchoͤpft und der Unterhalt der Truppen ims
mer beſchwerlicher wurde. In Caſars Las
ger äußerte ſich diefer Mangel am frühes
fen und fühlbarften, da fein Machtgebiet;
verhälmißmäßig, am · beſchraͤnkteſten und
die Zufuhr Aber’s Meer fo ungewiß war;
gefezt auch, daß bie nähern Vorräthe auf
Cereina ſich nicht bereits laͤngſt erſchopft
hatten. Dies ſezte ihn in die Nothwen⸗
digkeit, weite Streifereien landeinwaͤrts zu
wagen, um das, von ben Einwohnern uns
ter der Erde, in großen Haufen, verbors
gene Getreide aufjufphren und herbeizu⸗
ſchaffen. Allein bei einem fo wachſamen
und thätigen Gegner, wie Labienus war,
bedurfte es der angeftrengteften Vorſicht,
um nicht Aberal in feine gelegten Hinter⸗
halte zu fallen; und wirklih wurde, bei
329
einer ſolchen Gelegenheit, eine Uebermacht
von acht alten Legionen zu Vertreibung der
auffauernden, aber durch vorfäzliche Unthäs
tigkeit endlich ſicher gemachten, Feinde ers
fordert. *) Aber felbft ihres Anführers. ers
folglofer Verſuch, das Gefecht durch bie
ſchnel herbeigeführte Reiterei wiederherzus
fielen, bewährte dem Sieger nur die Uns
möglichkeit, ſich in feiner Stellung und
der unmittelbaren Verbindung mit dem
Meere noch länger zu bebaupten.
Mußte doc fogar bie Belagerung vom
Uzita — wie viel dies Opfer ihn auch Eos
ſtete! — endlich aufgegeben werden, went
man vor den Mauern diefes Platzes nicht
Hungers fterben wolte. Acilla, Leptis und
Ruſpina zwar blieben durch ihre Beſaz⸗
sungen gefichert: allein der Hafen biefer
*) Von Juba's Tyrannen« Laune (demm von ,
Strenge der Kriegszucht kann wohl
bei einem Wuͤtherich, der im Geiſt eines Mu⸗
ley Iſmael, feines marolfanifchen Landeman⸗
nes, handelte, die Rede nicht ſeyn) giebt eg,
einen fprechenden Beweis, daß er des naͤch⸗
fien Tages dieſe Fluͤchtlinge faͤmmtlich an’g
Kreuz ſchlagen ließ. ’
, =”
"Merten Stadt wurde von der Flotte vers
laßen, die fi nunmehr theilte, um Adru⸗
metum und Thapfus von der Seeſeite zu
fperren. Caͤſar felbft ſteckte, bei Nacht,
fein Lager in Brand, und'rüdte, wegen
der Nähe des Feindes, in voller Schlacht⸗
ordnung, und das Gepäd auf den linken
Flügel geftelt, durch einen Seitenmarſch,
landeinwaͤrts nach Agar *) vor, wo er fih
in der mweiten- Ebene, bald. aber, mit ums
ſichtigerm Bedacht, auf einer wohlgeleges
nen Anhöhe auf's: neue. lageste, und ſich
aus der Gegend umher im Ueberfluße vers
pflegte. “Aber auch Scipio war feines Abs
zugs nicht fobald inne geworden, als er
‘hm auch hierher nachfolgte, ſich, fieben
Agar ſowohl, als die weiter unten an
zufuͤbrenden Plaͤtze Zeta und Sarſura, nebft,
noch manchen andern, haben, zu Beſtimmung
ihrer wahren Lage, ben Auslegern des Hir⸗
tius viele vergebliche Mühe gemacht. - Agar
glaubt man iedoch in dem beutigen Boo⸗
badiar, fo wie Zeta in Menzil, und Sare
fura in Surfuf wiedergufinden. Gewißer
its, daß fie ſaͤmmtlich im einiger Entfernung
von dei Küfe lagen. -
83r
Millien von ihm, in drei verfdiedenen
Lagern, feftfegte, und dadurch feine Zufuh⸗
sen abermals beſchraͤnkte. Cr felbft vers
forgte fih aus Zeta, welches CAfar nicht
anders, als duch einen gewagten Marfch,
nahe an Scipio's Stellung voräber, eis
seihen konnte.
Denuod fah ſich der Diktator, allem
Anſchein na , ‚weniger durch eine Einges
bung von Kuͤhnheit, als ducdy das drins
gende Beduͤrfniß der Berpflegung, anger
trieben, diefen Zug, der eine Länge von
achtzehn Millien betrug, bei naͤchtlicher
Weile anzutreten. Zeta fiel in feine Haͤn⸗
de; er ließ feinen Legaten Oppius in dem
Plazze zuruͤck, und gieng nun daran, bie
ſchwierigere Aufgabe, wie ex mit feiner.
Beute, am hellen. Tage und. mit ofner Ger
walt, den Heimweg fände, zu ldfen. Denn
aus Scipio's Lager, deßen "Truppen in
voller Bewegung waren, brachen Labienus
und Afranius bereits mit der ganzen Rei⸗
terei und. allen leichten Voͤlkern hervor, ſich
ſowohl feinem Bortrabe auf den Anhöhen
in den Weg zu legen, als feinen Nachzug
anzufallen. Sener zwar machte ſich Luft
"32
durch Vertreibung des. Feindes von den
vorliegenden Höhen; während die cAfaris
ſche Reiteret fih dem hinten nachräftens
ben Feinde entgegenfielte und dem Heere
den Rakken dedte. Allein die Fechtart dies
fer unglaublich hurtigen Numidier beftand
in einem unaufhörlihen Wechſel von Koms
men und Verſchwinden; und felbft uners
reihbar für die Legionen, verfehlten fte
Dennoch nicht, Diefelben an den Boden, wie
unbeweglich, anzupflöffen, da fie wicht ums
hin fonnten, theils, die Wiederkehr ihrer,
mit dem Feinde ſcharmuzirenden, Reiterei
im Nachtrabe geduldig abzumarten, theils
bei iedem wiederholten neuen Angeif ihe
Gepäfte abzuwerfen und ſich ſchlagfertig
gegen den Feind zu wenden. Eine Stunde
reichte, auf dieſe · Weife,. faum bin, um
nur hundert Schritte zuruckzulegen. Schon
war die Sonne im Stufen; und das Heer,
zuſammt dem Laftvieh, fchien verloren, wenn
es, die Nacht hindurch, hungrig und ohne
Waßer, in diefer nachtheiligen Lage verhars
ten mußte,
Cäfar fand hier gleichwohl die einzig
mögliche Auspälfe, feine Schritte zu beflh,
333
geln. Er nahm die Reiter, deren Pferde
bereits fehr gelitten hatten, und von deren
geringer Furchtbarkeit ex ſich Hier anſchau⸗
licher, als iemals, überzeugte, von dem
Nachzuge weg, und erfezte ihre Stelle durch
2egionteuppen, deren feftere Haltung den
Feind in Ehrfurcht erhielt; *) während
ellerdings die Thurmen an der Spizze des
Zuges beßer an ihrem Playje waren.
Ob nun glei die Numibdier das Heer
von allen Seiten mit einem dichten Kreife
umeingten, und ihre Nekkereien unabläßig
fortfegten, fo Eonnten fie doch, da endlich
fie ſelbſt fowohl, als ihre Roße, ermats
teten, das almählige Fortruͤkken deßelben
nicht ferner hindern. Mit Einbruh dee
Macht erreichte Caſar demnach das Lager.
ein Berluft war unbedeutend: aber felbft
fein Enttommen aus diefem Drangfal möchte °
*) Wenn wir anders der Verficherung des
Hirtius (R. 70.) glauben dürfen, daß es nuz.
eines Vortretens von drei ober vier cAfarie
ſchen Veteranen und ihres kräftig geſchwun⸗
genen Bilums bedurfte, um mehr als zwei⸗
taufend Numidier zum atbemloſen Rädlauf
an vermögen,
334
zweifelhaft geworben feyn, mern Scipio,
anftatt ſich mäßig vor dem Lager in Schlacht⸗
ordnung aufzuftellen, ehätigern Antheif an
dem Gefecht feiner leichten Truppen ges
nommen hätte.
Unmwiderfprechkich Belehrtediefer Tag den
Diktator, daß fein ſchweres Furßvolf eine ganz
neue Taktik einfernen müße, um es mit
diefen ungeregelten leiditen und behenden
Schaaren aufzunehmen. Es hätte Moth
gethan, daßelbe, gleich einer Fechterbande,
auf biefe neue Kampfart einzuhben. Nicht
minder Tieß fih des -Feindes Ueberlegenheit
"gegen feine Reiter nicht abläugnen: denn
immer no hatten diefe, wo fie der Um
terftüggung der Legionen entbehrten, den
- Krzerngegogen. Seine Unruhe flieg noch,
wenn er erivog, daß er es bisher, in allen
Gefechten, einzig nur mit diefem unzaͤhlba⸗
zen Schwarme von Afrifanern zu thun ges
habt, und um wieviel ſchwerer fein Stand
merden dürfte, wenn auch noch die feind⸗
lichen Legionen ihr Gewicht in die Schafe
legten? Selbſt gegen den ungewohnten
Anblick der Elephanten bedurfte es, für
Menfhen und Thiere, einer Reihe von \
335
Vorkehrungen, um fie an diefe Schreckge⸗
ſtalten zu gewöhnen. *) J
Alle dieſe Betrachtungen fuͤhrten den
Feldherrn zu dem Entſchluße, den fernen
Feldzug mit einer ihm fonft nicht gewoͤhn⸗
lichen Tangfamen Bebächtlichkeit zu führen,
bis ber rohe Muth feiner Truppen ſich mit
diefem, ftets entfchläpfenden, durch ſchlaue
Hinterliſt ausgezeichneten, Feinde füglicher
meßen konne. Anftatt alfo ſeine Legionen
*) Hiergegen hatte Caͤſar fich gleichwohl
ſchon bei guter Zeit vorgefehen, indem, er
eine Anzahl diefer Beſtien aus Italien (mo
deren immerfort Mehrere für die Thierkaͤm⸗
pfe aufbehalten wurden) in fein Lager ſchaf⸗
fen und fie den Trupven vorführen ließ.
Ihre Niefenglieder, ihre Bewegungen, ihr
Brüllen u. f. w. hörten in dieſer Nähe bald
auf, Schrekken zu erregen; fo wie auch die
Moe ſich dadurch an ihre Witterung ges
wöhnten, und die Soldaten über die ſicherſte
et, ihnen beizukommen und fie zu toͤdten,
Belehrung erhielten. Dagegen war es wohl
Caſars Abficht nicht, von ihnen einen kriege⸗
riſchen Gebrauch zu machen, da theils Ih⸗
ter bier zu wenige ſeyn mochten, theils auch
ihr noch fehr problematifcher Nuzien feinem
Scharfblictk nicht entgehen Eonnte,
336
in einem und demſelben Lager zuſammen
zu halten, feste er fie unaufhörlih, nach
allen Seiten, in Bewigung, wodurch er,
zu gleicher Zeit, feinen neuen Kampfuͤbun⸗
gen bei bein Soldaten Eingang verſchafte,
aber auch ‘feine Buführen dere und dem
Feind über feine wahren Abſichten ungewiß
machte. Nichts defto weniger bot er dems
felben, von Zeit zu Zeit, wiewohl vergebe
lich, die Schlacht an; bemächttgte fih des
Plazzes Sarfura, ohne daß Scipio denfel⸗
ben zu entſezzen wagte} ruͤckte vor E27
drus, %) ‘das er iedoch zu feft fand, um ed
Durch einen Handſtreich zu nehmen; wandte
ſich nod einige Millien weiter, und bezog
endlich, (26. März) in der Nähe von Agar,
fein altes Lager. Auch Sciblo, der ihm
Aberal zur Seite geblieben 'nnd durch’ die,
" bvon
*) Tyedrus war dem republikaniſchen Felbs
beren durch feine neuerlichen Schritte zur Au⸗
näperung am Cäfar verdächtig:gemorbin;: und
hatte feitdem, unter Conſtdius Befehlen, eine
binlängliche Beſazzung erhalten, um Gebots
füm zu eypwingen und des deinden gewalte
ſame Verſuche zu vereiteln.
337
von, Labienus flets erneuerten, Nekfereien
laſtig geworden war, gieng in feine vers
laßene Stellung zuräd.
Se verwifkelter alle diefe Bewegungen
waren, und ie,minder fig gleichmohl au dem
Zwekke führten, an feinem Gegner eine ges
gebene Blöße, die fi mit Vortheil benug
* zen ließe, auszufpären, um defte eher auch.
ermübete Cäfar uͤber dieſen vergeblichen
Anſtrengungen. Seine eigne Lage war
nicht vortheilhaft genug, um durch die fer⸗
nere Ausdauer in derfelben für, die vers
lorne ‚Zeit von drei langen Monden ent
ſchadigt zu werden. Irgend etwas Ent⸗
ſcheidendes mußte endlich, wohl gefchehen,
‚um die Schlacht, die er immer eifriger
wuͤnſchte, berbeijuführen; und er ſchmei⸗
chelte ſich, daß Scipio feinen ſuͤdlichſten
Waffenplaz, die Stadt Thapſus, nicht wuͤrde
bedroht ſehen können, ohne für deßen Ret⸗
tung, etiwas zu wagen. So brach er dems
nach, (4. April) unvermuthet und bei nächts
licher Weile auf, und legte. fechszcehn Mil
lien zuruck, die ihm in’s Angeſicht diefes,
auf einer Halbinfel angelegten, ſtark befer
ftigten und mit einer nahlrelchen Befaiung -
4 Band, 9
338
verſehenen Hafens brachten. Der Proprätor
€. Virgilius befehligte hier die feindlichen
Truppen.
Aber auch kein Augenblic nach fans
Ankunft wurde verloren, die bequemſten
Angrifspunkte zu beſezzen, das Lager um
die Stadt her aufjufclagen, und den Ans
fang mit der Umwallung zu machen, wel⸗
de, in einem Halbkreife, von Meer zu
Meer reihen und ieden Entfag unmoͤglich
machen folte. - In der That errieth auch
Sciptö nice fobald das Worhaben fer
nes Gegners, ‚als er ihm , längs den Ho⸗
hen, auf dem Fuße nachfolgte, und fi,
acht Milien von Xhapfus, in zwei Lagern
ſezte. Er vechnete darauf, feine Berbim
dung mit den Belagerten, vermittelt einee "
ſchmalen Erbenge, unterhalten gu fönnen,
die fih, zur Linken des Platzes, zwiſchen
dem Meere und einer großen Lagune, funf-
zehnhundert Schritte weit. fortzog. Allein
Caſars Aufmerkfamkeit war diefer Schlupf
weg fo wenig entgangen, daß, als Jener
fi, mit dem naͤchſten Morgen, am Eins
gang des Paßes zeigte, ihm bereits eine
queer vorgezogene Werfhanzung mit dreis
r
39
"fach flarker Befauumg umangrefsar auge
gen drohte.
Die zu gleicher Zeit, längs caſar⸗ gan
zer Linie, angebotene Schlacht hatte dies
Unternehmen: verdeffen und begänftigen fols
Im: allein der Diktator, deßen Lagernälle,
gegen bie Stadt hin, ihre Volendung noch
nicht erhalten harten, oder der Aber eis
"nen minder vorbereiteten Feind herzufallen
wimfchte, vermied das Treffen, obgleich
diefer, ihm gegenüber, den ganzen Tag
unter den Waffen blieb. Selbſt die Nacht
vertrieb ihn nicht aus feiner, ihm gänftig
feinenden Stellung; ‚und mit dem grauens
den Morgen begann er, an der @eite der
Lagune und des Meers, kaum eilfhundert
Schritte von Caſars Lager, das feinige zw
befeftigen. *)
) Seine Abficht hierbei war wohl keine ans
dre, als die Verſchanzung auf der Erdenge
von ber Gemeinfchaft mit Caͤſars Kager (denn
Die Lagune lag zwiſchen beiden) gu trennen
und fie von vorne anzugreifen, während Bir»
gilius, von Thapſus ber, fie in den Rülten
faßte. Allein Dio Caßius CB. 43. R. 7.)
hert-ihm cin noch —* Biel und Id
340
Dies war es vielleicht, was fein ſchlauer
Gegner gewolt, und weshalb er ſich Tages
zuvor, dem Anſcheine nach, fo ſchachtern er⸗
wieſen hatte. Wenn Scipio, nur vol des
Gedankens, Caſars ganze Macht auf den
engen Raum der Halbinſel von Thapfus
eingeklemmt zu haben, in dem Wahne
fand, ihm fo dicht als moͤglich auf den
Leib rüffen zu müßen, und werm er num
nicht langer zweifelte, ihn mit feinen Lo
wien umgarnen zu konnen, fo vergaß er,
daß, ie enger er die Schranken des Kampf⸗
plazzes zog, auch um fo gewißer ‘die Ueber⸗
legenheit verloren gieng, welche ber freiert
Spielraum für feine zahlreichen leichten
Truppen ihm gewährt haben würde. Dies
ihm den Gedanken faßen, von pier aus bie
ganze. Halbinfel techtsbin mit jeinen Linien
zu umſchließen. So lange diefe Umſchan⸗
zung noch nicht vollends ausreichte, fezt er
binzu — wären die Elenbanten, als leben⸗
dige Bollwerke, in der Lüfte aufgeſtelt wor⸗
den. Ich babe geglaubt, dieſer Anſicht, der
wenigfiens ven Dirtius nicht widerſyrochen
wird, folgen.zu muͤßen, obgleich ſonſt Dio's
Benetration, in Anſehung der militairiſchen
Dperationen, nicht viel Bob verdient,
341
fen gewunſchten Augenblick durfte Caſar ſich
nicht entſchwinden laßen. Nachdem er alſo
den Prokonſul 2. Aſprenas mit zwei Le⸗
gionen zur Obhut des Lagers, gegen die
etwanigen Unternehmungen der Belager⸗
ten, aufgeftelt hatte, rief er alle übrigen
Suppen von ber Arbeit ab, und rüdte
raſch hervor, gegen die feindliche Stellung.
Zugleich erhielt ein Theil feines, vor dem
Hafen Ereugenden, Geſchwaders die Wels
fung, fih, im Rüffen iener Stellung, fo
nahe als moͤglich an’s Ufer zu legen, auf
ein verabredetes Zeichen zu landen, ein
furchtbares Geſchrei zu erheben, und fo
Echrekken und Verwirrung unter die Geg⸗
ner zu bringen.
Noch waren Diefe, als Caſar ſich ih⸗
nen näherte, zur einen Hälfte mit der Ars
Beit am neuen Lager befchäftigt; während
Scipio bereits, mit der Andern, ihn vor
demſelben in voller Schlachtordnung ers
‚wartete. Won der befondern Einrichtung
feiner Linien wißen wir nichts, als daß
‘die Elephanten auf beide Flügel vertheilt
‚ftanden, denen, im zmeiten. Treffen, die
mauriſche Reiterei zur Unterſtuͤtzung diente.
342
Suba’s Truppen ſcheinen meiſt den ‚rechten
Flügel, wo auch fein Lager fich erhob, ge⸗
bildet zu haben; und weiter zuräd: befeh⸗
Tigte Afranius in dem dritten Lager, deßen
Truppen vielleicht durch Die Enge des Raums
an ber Aufftellung verhindert wurden, .
Caſar, an feinem heile, rädte mie
sehn Legionen, die er in drei Linien auf
einander folgen ließ, in’s Treffen. Die
Behnte mit der Zweiten bildeten den rede
ten, fo wie die Achte und Meunte, ihrem
Alter und Range nach, den linken Fluͤgel.
Fünf Legionen ftanden im Mittelpunfte;
und aus den Veteranen der Fünften wur⸗
den fünf befondere Kohorten auf ieden Flu⸗
gel, mit untermiſchten Schleuderern und
Bogenfchäzzen, vorgefhoben,” um gegen die
Elephanten zu kämpfen. Die Reiterei ers
hielt gleichfals eine feftere Stuͤzze Durch zwi⸗
ſchengeworfene Haufen dieſes leichteren Fuß⸗
volks. Caſar durchlief zu Fuß. alle ihre
Reben; und ſchmeichelnder als ie flogen
die Worte von feinen Lippen, womit endie
Veteranen an den Glanz ihrer früheren
Thaten, fo'wie die neuen Truppen an die
dargebotone Gelegenheit mahnte, ſich ihren
343
älteren Waffenbruͤdern an Tapferkeit, ‚aber
auch an. Ruhm und Ehre, ju vergleichen.
Noch war er hiermit beſchaͤftigt, als
er, um das feindliche Lager ber, ein unors
dentliches Drängen und Hin⸗ und Herwo⸗
gen bemerkte, welches wahrſcheinlich durch
die, von ihrem Werke abgerufenen, Schanz⸗
arbeiter verurſacht wurde, aber nur zu
deutlich die Spuren der Furchtſamkeit und
Uebereilung verrieth. Seine Legaten und
mehrere Altgediente, welche es nicht min⸗
der wahmahmen, drangen in ihn, das
Zeichen zum Angriffe, dem der Sieg nicht
entftehen Anne, Eeinen Augenblid länger
au verfhieben. Ihr Feldherr, das Wagniß
der Schlachten in der bewegten Seele wäh
send, und Aberhaupt diesmal: mehr für den
erwarteten als für den eignen Angrif ges
ſtimmt, *) zähmte wiederholt, aber mit
+9 Dies war der Grund, welchen er ſelbſt
laut und auf der Stelle angab. Eben für
wohl könnte man auch fagen, er habe durch
dies Zögern die Hisze feiner Truppen nur
noch böber ſtacheln wollen. Dber, wenn anf
die Sage zu bauen if, die Blutarch (vergl.
Suet, 8, 45.) anführt, daß Cäfar In dieſem
34
Mühe, ben Kampfdurft ſetner Begleiter.
Da erſchol plözlich, ohne fein Geheiß, auf
bem’rechten Flugel die ſchmetternde Tuba;
hoch‘ erhoben ſich alle Adler und Fahnen
und ſtarmten dem’ Feinde entgegen. Die
Trompeter waren von den’ wuthentflamm⸗
ten Soldaten zu der unerhörten Eigenmäde
tigfeit gezwungen worden. Auch ihre Cen⸗
turionen drängten fle zuräd, die fe, mit
vorgeworfenen Armen, in ihrem Anlauf
aufzuhalten verſuchten.
nemlichen Augenblifte, wo die Heere fchlage
fertig einander gegenüber ianden, von einefk
Anfal der Starr » oder Falfucht, der er zit
Zeiten unterworfen war, ergriffen worden:
folte dann nicht feine Unfchlägigfeit im der
Vorempfindung des nahenden Uebels ihren
zureichenden Grund gefunden haben? Der
fernern Ergäblung Plutarchs zufolge, ließ fich
Cäfar, fobald er den Anfal fpürte, und bes
vor er noch das Bewußtſeyn völlig verlor,
auf einen Thurm in der Nähe tragen, von
wo er, fobald die Krankheit es ibm geflattete,
das Treffen lenkte. War dem wirklich alfo,
fo mürde fih daraus auch die Voreiligkejt
der Truppen beim Angrif und ihre na
maliger barbarifcher Blutdurũ beßer arte
ven laßen.
345
Egſar mußte endlich dem Strome fol⸗
gen, ber ihn unwiderſtehlich mit ſich fortrig.
Schnell flog nach aus feinem Munde die
Loſung bes: heutigen Tages „, Giäd zu!“
durch“ die Glieder. Die Schäyen und
Schleuberer feines rechten Fluͤgels begannen
den Angeif durch einen Hagel von Gefchofen
und Steinen auf die Elephanten, welthe,
ſtugig gemacht durch dies Gehaufe, ſich uns
aufhaltſam wendeten, ihre eigenen, hinter
ihnen zuſammen gedrängten, Begleiter uns
‘ter die Füße traten ımd Schuz in dem erſt
Halb volendeten Lager fürchten. Ihnen nad)
folgten die numidifchen Reiter diefes Flu⸗
gels, die ſich durch dies Ungläd.ihrer vors
‚süglichften Stitzze beraubt fahen. Die abri⸗
‚gen Beſtien wurden von den Pegiohen hur⸗
tig’umgangen, das Lager, nach einiger ents
ſchloßenen, aber unzureichenben, Gegenwehr
erſtiegen, und. nun die große dichte Maße
ber Flüchtigen auf das, Tages zuvor vers
laßene, Lager des Afranius zuruckgeworfen.
Die Schlacht war in eben bem Augenblick,
da. fie begann, auch ſchon entfchieden.
Seipio's Legionen, eben ſo ſchnel gewor⸗
fen als erreicht, ſchwankten, Aberal umher
346
serfprengt, in der Ebene. Einen Moment
ſchien es, als gewaͤnnen fie den Muth, fi
in dem unvolführten Lager zu halten. Ihre
Blikke fuchten aͤngſtlich nah einem Aufühs
zer umher. Aber ihrem Geſicht entſchwun⸗
den war Scipio, war Juba, waren Alle,
‚ bie die Seele diefes Menſchenklumps haͤt⸗
ten ſeyn fönnen! Niemand erfhien, der
Ihnen Vertrauen einflößte. Wohl aber nah
ten Cäfars furchtbare Legionen aufs neue
im Sturmſchritt: da ergeif fie abermals
das Entſezzen; fie wandten fih, mit abs
geworfnem Schilde zur leichtern Flucht,
gegen Juba's Lager. Als fie aber auch
biefen lezten Port ihrer Hofnung bereits
in den Händen des algegenwärtigen Sie⸗
gers erblidten, wurzelte ihr Fuß in den
Boden; die Waffen entfanfen ihnen; fie
flehten Ale mit Einem Munde um Gnade.
Und Gnade wäre ihnen wiederfahs
zen, wenn nur Cäfars und feiner Anfühs
‚ver Befehl und Bitte, in diefen Augenblik⸗
ten einer erhizten Wuth, noch Eingang zu
den Ohren des Iosgelaßenen verwilderten
Soldaten gefunden hästel Aber fein blus
tiger Feſttag war erfhienen; fein Zorn
347
wolte feine Opfer ſich nicht nehmen laßen;
und ſchonungslos, unter vergeblihem Ans
zufen um Caſars Schuz, zu des Feldherrn
eigenen Füßen, wurden die Unglädlihen —
vielleicht zehntaufend an der Zahl — von
ben Rafenden abgefhlachtet. Ja, gegen
ihre eigenen Haͤupter und Führer kehrte
fih, in der algemeinen Ausgelaßenheit, ihe
veriertes Schwert; und alter Grol oder
neuer, durch das Gebot der Milde erzeug⸗
“ter, Unmuth füchte feine raſche Befriedi⸗
gung. Männer vom edelften Range, Se⸗
natoren und Ritter, mußten entweder in
Caſars Nähe flüchten, oder ſich ſchnel ays
‚ bem Gedränge entfernen, um den Siegs⸗
trunfenen neue, bermalen ftraflos geglaubte
Berbrechen zu erſparen.
Aus drei eroberten Lagern, über ein.ddes,
von Feindesblut *) rauchendes Schlachtfeld,
kehrte Caͤſar iezt, als Weberwinder, zuräd,
Die Gefchighte der Schlacht felbh macht
es begreiflich,, daß dieſer Sieg Cäfarn faſt
gar nichts koſtete. Er zählte nur 50 Todte,
nebit wenigen Bermundeten. Die feindliche
Einbuße hingegen belief fich auf 50000 @e-
tödtete }
38
und eifte, fich als Golden vor den Mauern
yon Thapfus zurzeigen. Zwar hatten, von
bier aus, die Delagerten, mitten im Ge⸗
wuͤhle der Schlacht, einen Ausfal an der
Seeſeite verſucht, um ihrer andringenden
Parthei die Hand zu bieten: allein gezwun⸗
gen, das Meet bis an der halben Leib zu
durchwaten, trieben fihon allein die: Troß⸗
knechte im Lager fie, mit Steinmürfen,
keihe.von dem Ufer und in die Thore zus
het; und fo fehlen es, daß Caſar nur die .
Trophäen feines Sieges — vier und ſech⸗
"zig prachtvot gefchmuͤckte Elephanten mit
ihren Thärmen — vor den Eingeſchreckten
aufführen dürfe, um fie zur ungefäumten
Ergedung zu: bewegen. WBirgilins wurde
hierbei fogar namentlich von ihm aufgerü⸗
fen und feiner Milde verſichert. Aber feine
Antwort erfolgte; and der Verſuch mußte
aufgegeben werden.
Der Mangel eines, durch Werbigung
erreichbaren, Feindes erlaubte dem Steger,
ſich des nachſten Tages, nach volbrachten
feierlichen. Dankopfern, tim Angeſichte der
Stadt, mit öffentlicher Belobung des Heer
res zu befihäftigen. - Des zwiefachen ſtraf⸗
39
baren Ungehorfams, den es fih geſtern zu
Schulden kommen lafen, wurde ‚freilich
nicht weiter erwähnt. Dagegen empfingen
fämmtliche Veteranen ein. Geſchenk; und
Eriegerifche Auszeichnungen wurden dem
Wohlverhalten der Einzelnen bewilligt.
* Der Prakonſul Caninius Rebilus: blieb dar⸗
uf, mit drei Legionen, zu Bezwingung
des Plauee in den Verfhangungen zuruͤckz
zwei andre, unter En. Domitius Calvinus.
wandten fich-feitıwärte zur. Belagerung von
Zysdrus; der Feldherr felbft aber. brach
gegen Utica auf, wohin bereits M, Meſ⸗
fala mit der Reiterel voraus geeilt war:
denn iezt kam es noch darauf an, fih Tas
toꝰs, der eigentlihen Seele der Gegen⸗
parthei, zu verfichern.
Spät am. Abend des dritten . Tages
nach der: Schlacht langte der erſte athem⸗
leſe Bote in Utica mit der unglüuͤcklichen
Wunde an, daß Alles verlosen fey. Die
ganze: Stadt gerieth in Die heftigfie, Be
wegung, welche nur durch Eato’s öffents
liche Erfcheinung, durch die Beweiſe feines
unerſchuͤtterlichen Muthes und. feine zuver⸗
ſichtlichen Troſtworte einigermaßen gemil⸗
350
dert wurde. In der That war er zum
hartnaͤkkigſten Widerſtand hinter den Wal⸗
len dieſes Plazzes entſchloßen, deßen Feſtig⸗
keit, verbunden mit den darin aufgehäuften
vebens⸗ und Waffenvorräthen, die langſte
und glädlicfte Abwehr verſprach; wofern
die Gefinnungen ber Bewohner nur auf
das Entferntefte den feinigen glichen. Zwar
auf die größere Menge von aftikanifhem
Nrfprung war, wegen ihrer befannten Bors
liebe für den Steger, wenig zu rechnen:
allein es galt den Verſuch, die um ihn her
verfommleten römifchen Senatoren und den
Koyvent der Dreihundert, biefe bisherige
ausgiebige Stune feiner Staats + und
Kriegsverwaltung, fie feine Wanſche zu
erwärmen. b
Am Tempel Aupiters verſammiet, for⸗
derte er fie auf, iezt feſter als jemals zu⸗
fammen zw halten. Die Engverbundenen
werde Eäfar, im fortgefezten Rampfe, mins
der verachten, beim gefuchten Frieden ’ader
glimpflicher behandeln müßen. Ohne fie
zu fpelten, wenn fie fh, durch Ergebung
an den Sieger, einer geglmibten Nothwen⸗
digkelt fügten, möchten fie nicht Sich auf
Pr
351
Teine beifällige Bewunderung, fondern audy
auf ihn, als Anführer, rechnen, wenn fie
ihre Seelen zu einer lezten Anſtrengung
für die Rettung des Waterlandes zu erhes
ben vermödhten, das ſich bereits aus. weit
groͤßern Fährlichkeiten ſiegreich wieder ers
hoben hätte, und dem auch in biefem nems
lichen Augenblick -ein ſchoͤner Stern der
Hofnung, fo wie in Rom felöft und Abers
al, aufgienge, wo das neue Tyrannenioch
auf einem ungeduldigen Rakken laſte.
Ein kurzes Strohfeuer dee Muthes,
an der hohen Feuterfraft des Redners ents
ander, theilte ſich der Verſammlung mit,
- und trieb fie, ihm Waffen, Wermögen und
Reben, zu iedem geforderten Dienſt, zu
erbieten. Gelbft bie zu dem Borfchlage,
ſammtliche Sclaven freizulaßen und zu bes
wafnen, ließ ſich die Hizze Einiger forte
treiben. Doc kaum wandte Eato ben
Nükten, um in biefem beldenmäthigen
Sinne die ferneren Vorkehrungen zu trefs
fen, fo ſank auch iene Weberfpannung in
defto tiefere Etſchlaffung zuräd. Mar
fieng an, ſich mit feiner Furdt oder feir
nem Eigennuz zu berathen und die unw⸗
3”
derſtehliche Gewalt, welche der Sieg in
Caſars Hände gelegt, befonnener abzumds
gen. Nur in der ſchnelſten und demuͤthig⸗
ſten Unterwerfung erblidten fie ihr einiges
Heil, und es fehlte fogar ‚nicht an heim⸗
lichen gewaltthätigen Anſchlaͤgen gegen bie
anmwefenden ©enatoren, um fih des Sie⸗
gers Gunft duch ihre Auslieferung iu
erkaufen.
Nicht lange konnte dieſe pldilich vers
änderte Stimmung dem Cato ein Geheim⸗
niß bleiben. Zur nemlichen Stunde liefen
Briefe an ihn von Juba und Geipio ein,
welche Aber feine nächfte Entſchlleßung Aus⸗
“ Zunft verlangten. Jener hatte fih, mit
geringer Begleitung, in die Gebürge des
innern Landes gerettet, Diefer mit einigen
Schiffen, auf die er bei. feiner Flucht ges
ſtoßen war, in einer Bucht, ohnfern von
Utica vor Anfer gelegt; Beide verfprachen
ihm Beiſtand, wenn er fi in dieſem
Plaue zu halten gedenfe, ober eine Zw
flucht bei ihnen, wenn er von dort weis
hen müße. Seine Antwort entſprach feis
nen Deforgnißen., Er rieth ihnen, ſich
von Utica ‘entfernt zu halten, weil die
Ge⸗
353
Geſinnungen dir Dreihundert weiſlhaſt
ſchlenen.
Bon einer "andern "Stlte erſchlenen die
ungluͤcklichen Reſte der, aus der Schlacht
entronnenen, roͤmiſchen Reiterei, nach gro⸗
ßen, auf ihrem Heerzuge an den Landes⸗
bewohnern veruͤbten und hier ari den wehr⸗
lofen Uticenfeen erneuerten Gewaltthaten,
vor den Thoren. Cato, mit den zagenden
Senatoren, eilte zu ihnen Yinaus, ihre Uns
gewißheit Aber die ferner zu ergreifenden
Maafrrgeln‘ durch den Worfchlag zu endi⸗
gen, daß fie ſich, anftatt Juba's Sdldner
gu werden, vielmehr mit ihm zur Vertheis
bigung von Utica vereinigen möchten: Ihre
Antwort verrierh das Mißtrauen, welches
fle in die Treue der gemißhandelten Eins
wohner ſezten; und Anden fte, mit ihrer
Abneigung gegen Juba, den Wunſch ers
Härten; ſich unter Eato’s Anführung zu
ftellen, achten fie es gleichwohl zur Be⸗
dingung ihres Eintritts in den Paz, daß
zuvor die ganze ®enälkerung niebergemacht
oder hinausgetrieben werde. Cato's Wer
‚ fAhl empörte ſich gegen einen fo unmenſch⸗
lichen Vorſchlag: doch um nue wenigftens
4. Band · 3
35
Seit zu gewinnen, verließ er fie. mit dem
Verſprechen, die Sache in Ueberlegung. zu
siehen, und war noch mit den fernern Vers
handlungen, in der Mitte des Convents,
der nun aus feinen veränderten Geſinnun⸗ -
gen fein Geheimniß mehr ‚machte, befchäfs
tigt, als ihm der Aufbruch der ungeduldi⸗
gem Zurmen gemelbet- murde. An ihrem
Bleiben ſchien ihm das immer, fichtlicher
gefährdete Leben . der: Senatoren, ‚feiner
Freunde, zu hängen. ' Bolles. Schrekken
forengte er. ihnen nach; fie bielsen an, um
ihn zu erwarten und mit ſich zu zatten:
aber ungeftäm ſiel er den. Mächften in den
: Bügel, und beſchwor fie ‚mit heißen Thra⸗
nen, ſo viel edle ungluͤckliche Männer durch
chre Entfernung nicht zu verderben. Mit
Mühe erhielt er's, dag ſie noch den Reſt
des Tages verzogen, um die Verrather und
den Pobel in Schranken zu halten und
die Flucht der. Senatoren zu erleichtern.
Bu gleicher Zeit Abernahmen: fie.die War
hen an den Thoten und auf andern wich
"tigen Poſten.
Dieſe Maafregel Eonnte nicht verfehs
Ien, in den Dreihunderten durcht und Sorge
358°
für ihre eigene Sicherheit zu erregen. Eato,
von feinen um ihn befümmerten Freunden
vergeblich zuruͤckgehalten, - trat zuverfichtlich
in ihre Mitte. Sein Entfhluß, fo weit
er feine eigne Perfon betraf, war unwi⸗
derruflich gefaßt, und es gab nichts mehr,
was ihm erſchuttern konnte. Die Feighers
digen, indem fie. ihre Liebe und‘ Bewunde⸗
zung gegen ihn’ betheuerten, ftotterten Ent⸗
ſchuldigungen hervor, daß fie ‚nicht vers
mochten, feine Großherzigkeit gu erreichen.
Wenn fie aber gleich nicht umhin koͤnnten,
Abgeordnete an Caſar zu fenden, ſo werde
doch ihre 'erfte und angelegentlichſte Bitte
nur auf Catoe's Erhaltung gerichtet feyn. — |
„Wohl!“ erwiederte der ſtolze Republifas
nee — „thut, was die Sorge für euer
Gluͤck euch anraͤth; nur Meiner follen
“eure Ditten nicht erwähnen. Bitte ges
hoͤrt nur "für den Weberwundenen, und
Farbitte fhv den Verbrecher. Unbezwun⸗
gen war mein ganzes Leben; und noch iezt
ſtehe ich aufrecht, ale Sieger, weil mig
gute und gerechte Thaten tiber Caſar die
Oberhand geben.”
Ben, dieſem Augenblick an ließ eu es
32
356
feine einzige Sorge feyn, die Ruhe in der
geſchloßenen Stadt zu erhalten und die Abs
fahrt feiner Freunde zu fihern, denen er
die dazu nöthigen Fahrzeuge anwies und .
die mangelnden Reifebebürfniße austheilte.
Er ſelbſt trieb die Säumigen an mit freunde
lichem Drängen, Begleitete fie an das Ufer
und rief ihnen fein Lebewohl nad. Nur
die Botſchaft, daß die abziehende Neitere
ſich an den wehrloſen Einwohnern von
neuem Mord und Plünderung erlaube, rief
ihn auf den Schauplaz dieſer Ausſchwei⸗
fungen, mo ſein drohender Ernſt die Beute⸗
macher erſchreckte und dergeſtalt befhämte,
daß ſie, mit abgeworfenem Raube, ſtill und
niedergeſchlagen ihres Weges davon zogen.
Die Bürger, bereits auf das Gräßlichfte
gefaßt, erſtaunten über dieſe Großmuth:
ihr Retter aber ermahnte fie bloß, ben
nahenden Sieger gegen bie bebrängten
Dreigundert, welde freilich Manches um
+ fie verfhuldet hatten, nicht noch höher
aufzureizen.
Jeit ließ auch M. Octavius dm feine
Annäherung an der Spitzze zweier geret⸗
teter Legionen anſagen. Fruͤher haͤtte eine
357
folche Verftärfung wahrſcheinlich hingereicht,
dem Schickſal von Utica eine glüdlihere
Wendung zu geben. Allein wie folte nicht
auch. iede Hofnung eines Beßern um fo
ſchneller verfchwinden, da Dctavius, bei dies
fer Botſchaft, es zugleich fein Erſtes feyn
Uieß, ſich feine Anſpruͤche auf den Oberbe⸗
fehl im voraus zu ſichern. „Darf es uns
wundern,“ — fagte Cato traurend — „daB
unſre Sache verloren gegangen, wenn wir
ſehen, daß der Dämon der Befehlſucht ung
noch am Rande des Verderbens beſeelt?“
Noch that er, mit hohem Gleichmurh,
eine Menge dur die Umftände herbeiger
führter Gefchäfte, fo wie feine Rechnun⸗
gen, ab; unterhielt ſich mit gleicher Ruhe,
waͤhrend des Nachtmahls, im Kreiſe ſeiner
Freunde, ſo viel deren lieber bei ihm hat⸗
ten ausdauern wollen, über Gegenſtaͤnde
der Philofophie, und durchfocht' inſonder⸗
heit die Lehre des Stoicismus: daß dee
Tugendhafte allein der Freie ſey — mit
einem Ernft, welcher feine innere Entſchlie⸗
fung zu deutlich verrieth, um nicht eine
file Trauer unter den Anweſenden zu vers
breiten, Noch auf feinem Lager hingeſtreckt,
358
befchäftigte. ihn das flilfe Leſen des gottli⸗e
hen Plato und feines ſchoͤnſten Dialogen. *)
Mur unruhig, als er ſein unter dem Haupts
kißen verſtecktes Schwert vermißte,- welches
die ſcheue Sorgfalt der Seinigen entfernt
hatte, drang er wiederholt und mit fo gro⸗
dem Ernft auf deßen Ruͤckgabe, dag ihm
endlich gewilfahrtet werden -nußte.: Untes
gleihgältigen Anordnungen: iind fortgeſen⸗
tem Befen, und foger imten fekem Schlafe,
gleng der. gedßte Aheil der Mache dahin,
als er endlich mit dem fräheften Hahnen ⸗
uf, nachdem: feine · lezte Bene: füch - noch
damit befchäftigt hazee,. won des gaͤnzlichen
Einfehiffung der Flachttinge verfihert zu
merden, das Zimmer abſchloßz/ und dann
ſich das Schwert durch den Leib ſtieß.
Gleichwohl hatte die ungewiße Hand ihr -
reg Streiches verfehlt; feine -edlen Theile
waren verlezt; die hereinftärgenden Freunde
verfuchten-ärgelichen Beiftand, Doch Caro,
noch Seiner ſich bewußt, wehrte iede Huͤlfe
*) Phädon, Aber die Uniterblichfeit der
Seele. Mendelsfohns und Schleiermachers
Namien ſchließen fich bier mit reiner Wäre "
an den edlen Griechen.
359 B
ab; ertweiterte mit · eigenen Fänden die
Wunde, «und hauchte Aber diefer Demis
hung endlich die unbeugfame große See⸗
Te aus.
Denn konnt' er fuͤrder leben in eis
ner Welt, worin es zu allen Zeiten fein
Ungtäd ausmachte, To Wenige zu finden,
die fib zur Hohe feiner Tugend fo ins
finfemäßig, wie er, erhoben? worin, mie
iedem Yage, immer tiefer Alles einer mes
raliſchen Verſchlechterung entgegenſank, die,
unvertraͤglich mit feinem Innerſten, ihn um
fö.fchmerzliches.vertwumdete? und worin iezt,
wie In treiber Stickluft, Das Element feinen
Lebens, die Freiheit, erlofh? So ward
fein od von eigner Hand (wenn ie ein
Selbftmord!) gerechtfertigt durch, innere
Nothwendigkeit! Nicht mur war in ihm
für. den Römer die Republik, fein Idol,
ſondern auch für den Menfhen die Würde
feiner Natur in der einbrechenden Sklave⸗
rei verloren gegangen. Fhr feine Freunde,
für die Patrioten, war dieſer Tag ber
Todesſtreich ihrer Hofnungen. Auf Cats
hatten fie, ale auf ihre Lebendige. Rechtfer⸗
tigung, ‚mit Stolz auch da gefehen, wo
36
ihre kleinlichen Anficten fie hinderten, ihm
zu folgen. Die Republik befaß Seinen uns
eigennäjzigern Verfechter, wenn er glei
oft in den Mitteln fehlte, unter denen er
ſtets, wie der Arzt bei Erebsartigen Wuns
den den Höllenftein, bie herberen zu ihrer
Rettung vorzog, bis fie endlich Aber feinem
Grabe in Trhmmern fanf. Daß fie un.
tergegangen fey, ward eigentlich erſt durch
ato’s Untergang auch dem blöderen Auge
bemerkbar; und eben darum fezte auch Caͤ⸗
far einen fo hohen Werth auf fein Leben,
daß, auf die Zeitung von diefem Ausgange,
fein Unmuth fi ſelbſt nicht bemeifterte.
„Er mißgonne“ — verfüherte.er — „dem
Heimgeſchiedenen feinen Tod, weil Cato
ihm feine Erhaltung gemißgännt habe.“
‚Und hätte ſich's der umfihtige Sieger fpds
terhin, wo die Leidenfchaft des Haßes (wenn -
-fie ie in feiner Seele war) längft erlofchen
feyn mußte, wohl abgewonnen, feinen Ans
tis Eato*) niederzufchreiben, wenn er nicht
*) Zu den Inkonſequenzen, an denen Cice«
108 eben fo reich if, gehört auch die, daB
er, faͤbig, fich unter CAfars Herrſchaft zu bes
quemen, dennoch der Verfuchung nicht wie
31
geglaubt, der dffentlichen Meinung, die ſich
fo entfchteden für den großen Schatten er⸗
Härte, eine andreRichtung geben zu muͤßen?
derfichen konnte, auf feinen republikaniſchen
alten Freund eine Lobfchrift, unter dem Ti⸗
tel Cat o, berauszugeben ; — freilich ein ver«
führerifcher Stof für einen Redner, der, fo
wie er, fich auf den Zauber der Worte vers
fand! Sie if, begreiflich, nicht auf unſre
Beiten gefommen: allein wenigfiens etwas
von dem Blane derfelben Iernen wir aus eis
nen Briefe an Attieus CB. X11, 4.) kennen.
An eben dem Maaße aber, als diefe Schrift
Aufſehen erregte und Beifal fand, mußte Ca—
Tar fie als eine indirekte Anklage gegen fich
ſelbſt betrachten und dadurch unangenehm
beruͤhtt werden. Daß er gleichwohl fähig
war, den Diktator bier ganz zu vergeßen
und nur ald Schriftfieller gegen den
Schriftfteller aufzutreten iſt vieleicht hinrei⸗
hend, um den Vorwurf zu vergüten, daß er in
feinem Antt- Eato wißentlich falfche und
ungerechte Befchuldigungen auf feinen ſtar⸗
zen yolitifchen Antagonißen gehäuft babe,
ueberbaupt aber thut man wohl Unrecht,
diefe Schrift, von deren Ton und Inhalt
wir im Ganjen doch viel zu wenig wißen,
. Fler etwas mehr als ein politiſches Bamphlet
zu nehmen, welches, berechnet fär Ort und
3 x
Catow Tod, fo mie ſich die Nachricht
davon in Utica verbreitete, wirkte mie
wunderſamer Empfindung auf die Gemu⸗
eher. Seine Freunde, foviel deren noch
am ihn geblieben waren, fühlten ſich in
tm des festen feften Ankers Bei ihrem
Schifbruche beraubt; wehklagten an feiner
Thore und wankten rathlos umbeb: aber
ſelbſt die Uticenſer, deren politiſche Mei⸗
nungen ſie zu ſeinen Feinden ‚gemacht, und
die ſich, in dieſer lezten Zeit, zu ihrer Ente
wafnung manche harte Einfehränfung von
ihm gefallen lagen mußten, vermochten dem
Drange der Verehrung, die fein flekken⸗
loſes Leben und die dankbare Erinnerung
feäherer Wohlthaten ſich erzwang, fo we⸗
nig zu widerſtehen, daß fie ſofort fein df⸗
fentliches Leichenbegaͤngniß anordneten, und
die Errichtung feines Standbildes Aber dem,
nahe am Meere aufgerhärmten Grabe-ber
flogen.
Zeit, (es ward um die Zeit der Schlacht bei
Munda, unter dem Geräufih der Waffen, ges
ſchrieben) nur durch die Hand, von der es
derrührte, und dem Namen, dem es entges
gengefeit wurde, feine Bedeutung erhielt,
363
Mit jedem Augenblick indeß, der bie
‚ perfönlihe Erſcheinung des Siegers vor
den, bereits von M. Meffala und feiner
Reiterei befezten Thoren erwarten ließ,
flieg aucdrdie bange Verlegenheit der Vie⸗
Ien, welche feinen Urtelsfpruc zu fürchten:
hatten. Eato’s Qudftor, 2. Caͤſar, ein
Verwandter, aber auch von jeher erhiiter
. Gegner des Diktators, wan ber. Angefer
henſte umter diefer. Zahl; und. obwohl ges
nugfam belaftet ‚mit. der befümmernden
Sorge um feine eigne Wohlfahrt, fo wie
mit der Berathung des jungen Porcius,
der ihm von feinem ſterbenden Vater em⸗
pfohlen · worden, hatten auch. noch die Dreis
Hundert ihres Lebens Heil in feine Hände
‚gelegt und ihn, im Vertrauen auf feinen
gluͤkhaften Namen, zu ihrem Abgeordnes
ten an den nahenden Obſieger ernannt. Er
erwarb ſich demnach das einzige kleine Barı
dienft, das ihm, unter diefen Umftänden,
noch übrig -blieb, ienem vor die Stadt ents
gegen zu gehen, und der Dollmetſcher det
unterwöärfigen Gefinnungen zu feyn, womit
er zu Utica erwartet werde.
Als Sieger, und mit gleicher demds
364
thiger Unterwerfung, war inzwifchen CAfar
überall auf feinem Wege empfangen wor⸗
den. Gelbft Adrumetum dfnete iejt ohne
Widerftand die Thore, und erhielt eine Les
gion zur Beſazzung. Er felbft eilte, noch
bes nehmlichen Tages, weiter gegen Utica;
und in dieſem Augenblid war es, wo der
Qudftor ihm zitternd entgegentrat, und
niefälig um das nafte Leben für ſich
fiehte, ohne, wie es fheint, in des Beſtuͤr⸗
zung feiner übrigen Aufträge zu gedenken.
Nichts defto minder fand er die kaum ges
hofte Gewährung, nicht nur’ für ſich felbft *),
*) Diefe Begnadigung folte gleichwohl nicht
von Dauer und B. Cäfar unter der Zabl der
Benigen ſeyn, die ihren Tod auf des Diktq⸗
tors ausdrüdliche Anordnung fanden. Diefe
Abweichung von feinen fonfigen Grundfäggen
ber Gelindigfeit — zumal, da fie bier ein
formlicher Wortbruch wurde — iñ durch das,
was die Gefchichte darüber beinubringen weiß,
nicht binlaͤnglich motivirt. Nur aus Sueton
(R« 75.) lernen wir, dag der Dudiior durch
ehemalige faltblätige Niedermerzelung von des
Dittators Sclaven und Freigelafenen — ia,
ſelbſt der, von Diefem zu feinen Thiergefeche.
sen angefchaften Beſtien, chen ſowohl eine
35
fondern aud für eine lange Reihe von Nas
men, unter denen ber iunge Porcius, Cas
to's Sohn, das vorzäglichfte Intereße ers
regt, und ber auch diefe Gunft, durch ſcheue
Enthaltung von öffentlichen Gefhäften, in
gänzliche Vergeßenheit feines Dafeins zu
verwandeln mußte *).
Caſars Eintritt in Utica, am naͤchſten
Morgen, wurde durch zwei, von ihm ges
haltene Reden ausgegeichnet. In der er⸗
grenzenlofe Exbitterung an den Tag gelegt,
als dadurch ohne Zweifel Caͤſars verſoͤnlichen
Haß verwitkt hatte. Eben dieſer Thätlich-
teiten wegen lich er ihm iezt auch den Pros
zeß machen, in welchem es iedoch nicht sum
Spruche kan, weil er, bei beßerer Meberles
gung, vieleicht das Gebäßige eines ſolchen
Schrittes ſcheute. Dagegen aber fand der
Angellagte feinen plözlichen Untergang in
einem foldatifchen Yufftande, der wohl nicht
ungerufen kam.
*) Boreins ſchien fogar, in Wolluſt und
Schwelgerei verfunten, fich feines ehrenvollen
Namens lange unwuͤrdig zu machen. Aber
in der Schlacht bei Philippi löste er feine
Ehre durch einen ruͤhmlichen Tod für Vater⸗
land und Freiheit.
366
fern dankte er den verfammleten Einwoh⸗
nern, wie fies verdienten, für ihre treue
Anhaͤnglichkeit und iede bisherige Aufopfes
rung: allein in der andern und längeren,
die an den Ausſchuß der dreihundert ges
richtet war, verbarg er felne-gereizte Ems
pfindlichkeit nicht; die ihre —S Eins
mifchung in feine Sache bei ihm hervor
gerufen habe. „Ihres Lebens zwar,”
war fein Beiſaz — gedenke er zu.fchonen:
allein ihre Güter, ‚von denen fie einen fo
ſtraflichen Gebraud gemacht, follten für
verfallen gelten, wofern fe nicht etwa Ans
falt träfen, ſie baar wiederfeinzulöfen ;—
Ein Urtel, das fie bei weitem fo. milde
nicht gehoft harten, und das fie auch iezt
zu der Bitte ermuthigte, ihnen in Ges
fammtfchaft lieber eine beftimmte Geldbuße
aufjuerlegen. Caſar fügte fich diefem Wuns
ſche, und. forderte zweihundert Millionen
Serftertien, *) in fehs Friften, innerhalb
— —ñ — —
*) Dder 6,250,000 Thaler. Immer eine
bedeutende Braudſchazzung, wenn man hin⸗
zurechnet, daß fie vorhin, zum Dientt der Re⸗
yublit, vielleicht nicht viel weniger antge:
wandt hatten! .
3
dreier Jahre, an das römifche Volk zu: er⸗
legen. Büßten demohngeachtet manche nicht
blos mit ihren Schaͤtzen, ſondern auch mit
Kopf und Leben, fo mochten fie dies Schick⸗
ſal wahrſcheinlich neuen ungefchidten Reis
zungen des Siegers ober ‚feiner Umgebuns
‚gen anrechnen. *)
Immer aber wählten, im Ganzen gen
nommen, dieienigen Republikaner, welde
ſich dem Sieger freiwillig außlieferten, das
mildere Loos vor ienen, die ihre Rettung
einer ungewißen Flucht vertrauten. Der
Feldherr Seipio ſelbſt, der fih den Ge
fahren der verlornen Schlacht, in Beglel⸗
tung weniger Freunde, auf einige zufällig
angetroffene Galeeren entjogen, und der
den Plan hatte, ſich den Hiſpaniern in die
Arme zu werfen, war lange Zeit ein Spiels
ball der ſtuͤrmiſchen Wellen, die ihn ends
lich auch zwangen, fih gegen Die gern
vermiedene Küfte bei Hippo regius **) zu .
a 000000
=) Appian ſezt dieſen Umſtand hinzu, den
Hirtius wohl abfichtlich verſchwieg, um feis
nen Schatten in fein Gemälde diefer Scene
zu bringen,
>) Yuf der Stelle des heutigen Bena im
368
wenden. Hier Aber fiel er / dem uͤhetlegenen
Geſch wader in die Haͤnde, weſches P. Sicius
in dieſer Meeresgegend aufgeſtellt Hatte. Kein
Entrinnen blieb⸗ dguch! Schon mar fein
Schif· geentert; ſchon Forflte ber uberge⸗
fprungene Feind, mit fteigender Deglerde,
nad bem Imperator. >; Der mperator
iſt in Sicherheit!" antwortete ihnen Sei⸗
pie ſelbſt, indem er fih mit dem eignen
Sämerdte durchbohrte und in’ die uhelr
gründliche Fluth hinabſtatzte. Ss wirbeh
bei dieſem wunderbaren Volke auch miner
feſte und hohe Seelen durch den angebor
nen Römerfinn,: wenigſtens ‚im: Sie zu
ſich felbft erhoben! nom
Der Dienfi, welhen Ernie ven
Diktator leiftete, war indeh weder der ein⸗
zige, noch der weſentlichſts in ſeiner fee
willig übernommenen Rolle⸗ Seitdeuil Jubau
feinen Unterfeldherrn Sabuta gedehnnihn
Staate von Algier. Can es nach.
anderes Hippo, näher an Utica, mit dem Weir
namen Diarrhytos oder Zarvytos, den es ſei⸗
ner niedrigen Lage und den bindsen ueber⸗
ſchwemmungen verdankte.
3
in's Feld geftelt hatte, mußte er Diefen
nicht nur in den weſtlichſten Provinzen am
haltend zu befihäftigen, ſondern auch feine
Zruppen in einer fiegreichen Beldfchlache zu .
Grunde zu richten. Gabura felbft ;blieh
anf dem Plauje; umd ſchon war Sitius
auf dem Marſche durch Numidien, um ſich
mit Caſars Macht zu vereinigen, als ihm
Die feldflüchtige römifhe Neiterei entgegen,
ſtieß, welche, nad) ihrem Abzuge vor Utica,
den Entſchluß gefaßt hatte, fi) den Weg
nad Hiſpanien durky die vorliegenden Bars
Barifhen Staaten zu erzwingen. Cie sählte
noch funfjehnhundert Köpfe; und nicht nur
harte Fauftus Sulla, *) der in Utica keine
Sicherheit mehr für ſich und feine Familie
erblickte, fie durch Geſchenke bewogen, ihn
Bei fih aufzunehmen, fondern fie hatte
auch fpäterhin an Afranius einen noch er
wanſchtern Gefährten und Führer gewon⸗
®) Er mar der Imillingsfohn des Diftatorg
Gulla, und der Schwiegerſobn des Pompeius.
Beides Tonnte ihn bei Taͤſar nicht empfehlen,
gab ihm aber zugleich eine Art von Bedeu⸗
tung, ber freilic feine Abrigen Eigenſchaften
minder zu entſprechen ſchienen.
“Bent, Ir
. 30 -
nen, von deßen Kriegserfahrung fie ihe
Heil-erwartete. Dentod) fielen diefe Tur⸗
men bier unerwartet und bei Nacht in den
Hinterhalt, weichen der ſchlaue Sirius
Ünen legte, Nur wenige einzelne Reifige
des Borttabs entfamen; und während \
der Reſt feinen Untetgang fand, oder die
Waffen: fieeitte, getiethen auch die beiden
Anführer in feindliche Hände, bis fie, wer
nige Tage fpäter, in einem, von den Trup⸗
pen erregten Tumulse — ob durch Zufall,
ob auf höhere Weranftaltung, bleibt eine
ſchwer auspimittelnde Frage *) — der
foldatifchen Wuth zum Opfer fielen.
Tragifcher noch entwikkelte ſich der Ans
theil, welden Juba, von thoͤrichtem Stolz
und Römerhaß verleitet, an diefem großen
*) Die Entfcheidung würde auf det beſtimm⸗
ten Beantwortung einer andern Stage beru⸗
ben: ob Gäfar nahe genng war, um binnen
diefen vaar Tagen von Gitius gluͤclichem
ange Nachricht zu empfangen und über das
Schickſal der ungluͤclichen zu verfügen? -—
Bompela, des Fauſtus Gemablinn, und ihre
Kinder, obgleich in fein hartes Schickſal mit
verniffeht, erhielten ea und Sicherheit
ihres Vermogens.
378
Schauſpiele zu nehmen ſich hatte beigehen
tahen. Der Schlacht bei fräher Zeit ent⸗
Fonnen, hatte er fih, Mehrere Tage lang,
in den Meierhöfen der Gegend verftedt
gehalten und nur unter ber Huͤlle der Nacht
feine Flucht nach Zama, feiner Kauptftadt,
verfolgt, wo er feine Weiber, Kinder und
Schäzze aufbewahrt hielt, und hinter fehler
unuberwindlichen Mauern, in einer vers
zweifelten Gegenwehr, feine lezte Sicher⸗
heit hofte. Dieſer harmäffige Vorſaz war
auch um ſo minder zweifelhaft, als er
felbft, beim Ausbruch des Krieges, denſelben
auf eine, feinem Gefühl entfprechende Weiſe⸗
angekündigt hatte. Dem mitten auf dem
Marktplazze lieh er damals einen ungeheus
ren Holzſtoß errichten, und enflären: daß
biefer, ehe ex ſich darein fügte, an dem
Siegeswagen eines römifhen Triumpha⸗
tors zu ziehen, vielmehr füralle, zu ſeinen
tigen geſchlachtete Bürger von Zama zum
Scheiterhaufen werden möge, der feine
hineingeworfenen Schaͤtze verzehren, den
ſeine Weiber und Kinder mit ihm beſtei⸗
gen, und der zulezt fein eignes vefordunes
Herzbiut trinken folle-
Ana
a"
Was Wunder, wenn seit die Einwohr
ner. der Hauptſtadt, eiugedenk iener Dres
Hung, wenig Neigung trugen, ihr eignes
Schickſal fo eng mit dem jertrfimmerten
Slide ihres Tyrannen zu verfledten? In
ber That fand er die Thore vor ſich vers
ſchloßen; und Drohungen fo wenig, als
Bitten und Schmeicheleien, dermochten,
ihm bie Aufnahme zu bewirben. Selbſt *
was unter ieden andern Umſtaͤnden die haͤr⸗
teſte Grauſamkeit gewefen fein würde —
ſelbſt die endlich mir 'gefordente Auelieſe⸗
zung feiner Familie ward ihm, aue rel⸗
nem Gefüht von: Menfchlichteit, vearmek ,
gert, da fie auf feine Schonung dei ihm
au. rechnen hatte. So maßte der König,
mit Wuth im Kerzen, ‘abziehen; und da
auch andre Platze ihm mir gleicher Faſtis⸗
Zeit von ſich wieſen, fo blieb ihm endlich
nur der Ruͤcknig auf eine landliche Beſtz⸗
"zung uͤbrig, wo er, nad gehaltenem Mahle,
mit MM. Petreius, dem ereuen Begleiter
feiner Flucht, beſchlotz, den gewaltfamen
Tod In den gegenfeitigen Schwerdiſtreichen
zu füchen. Bald auch fiel der ſchwachere
Römer: doch als num dem Mumidier der
8785
Muth entging, das Blutige Eiſen gegen
ſich ſelbſt zu kehren, ließ ſich endlich ein”
anmefender Sklave erhitten, ‚feine Qual
durch einen beßer gezielten Stoß zu kuͤrzen.
» Axuein ſelbſt noch duch den abweſen⸗
den Waterich geſchreckt, hatten die Buͤr⸗
ger von Zama nichts ſo eilig gehabt, dis
Abgeordnete an Caſar mac Utica zu ſen⸗
den, und ſich feinen beſchleunigten Schuu
m erbitten. Mit Freuden willfahrte ber
Diktator dieſer Aufforderung, die ihen eine
lange Delmgerung .erfpazte, ſchen am nach ⸗
ſten Tage, woer mit der Reitenei aufs
broch und aberall auf dem Wege die Hul⸗
daizung von den zerſtreuten Meften bes für
misticpen. Herres empfing. Glanz; Numi⸗
dien war, ehne Schwerdiſtreich, in feinen
Sohridenz: und in der Hauptfbabt, blieb ihm
nur abeiz, · den antſchloßenen Muth der
Cinwohner bauch. völlige. Befreiung „von
den ehemaligen Steuern an. ihren Veherr⸗
ſcher zit belohnen, das konigliche Eigenthum
--gingügtehen und Die Verfuͤgungen zur Ver⸗
waltung des Landes, welches nunmehr in
eine Provinz. des rdmiſchen Reichs vers
wandelt wurde, zu ‚treffen. Salluſtius
374
Zrifpus, befen Brauchbarfeit zu Gefhäfe
ten fich ihm vielfad bewaͤhrt hatte, ward
„ber neuen Erwerbung zum Profonful vor
geſezt; — eine, wie es die Folge lehrte,
zu gefährliche Klippe für die. Unelgennigz⸗
aigkeit des großen Gefehichtsfihreibers, dehen
Träftige. Strafurtheaile feander Erpreßun
gen bier: ſchwer anf fein eignes Wem. a
ruckfallen fehlten | *)
VUeberall, wo noch, auf afeitanikhem
Bobenz eint. Macht gegen den Sueger in
den offen and, beugte ſich nun des ohn⸗
mächtige Troz vor feinem ABtäde, In Ins
drus verfuchte der Defehlshaler Eonfidins,
mit ſeinen rohen Baarkhaften heimlich zu
entfhläpfen, ward aber untermeges van ſei⸗
nen raub ſuchtigen gaͤtuliſchen begleiten aus⸗
geraubt und in Stucken gehauen; Thapſus,
von allen Seiten verlaßen, nmrd:von Bir
— —ñ —⸗ —
'.*) Seine Vexationen des Landes waren ſo
ungezügelt, das mar-um fo mehr auf deu
Argwobn gerieth, Caͤſar babe Ge ihm abficht-
lich. befoblen, als er, nach feiner Ruͤcktebr,
von der gegen ihn erhobenen Anklage, durch
des Dittatnes Einfus dennoch lotzeſyrachen
wur
375
gilius an das zuruͤckgelaßene Belagerung
heer, auf friedliche Bedingungen, überger
ben; und fo mar beun von aflen Unter⸗
feldherren dieſer Marthei faft nur der ein⸗
wige Labienus gluͤcklich oder. ſchlau genug,
dem allgemeinen Schtfbruche zu enteins
en, um fünftighin’ feiner todtlichen Haß
gegen Caſar und den Troz ber Verzweiflung
in eins lezte furchtbare Anſtrengung zu
fammient
> Afles nsur endlich in dieſem Welttheil
nach des @bftegers Willen angeordnet; und
Kohn und Strafe follten nun noch die lez⸗
sen Augenblikke feines Hierſeins bezeichnen.
DMiemand hatte auf den erftern fo buͤnd⸗
gen Anſpruch, als P. Sitius: allein gewiß
ſah er ſeine Hofnungen, ia vielleicht ſeine
eigenſten Wanſche erfüllt, indem ihm und
ber Bande feiner Abentheurer, Cirta, die
alte Reſidenz des Mafiniffa und Syphar,
eingeräumt wurde, und diefe. neue Kolos
we ſich fortan nady feinen Namen nann⸗
te. Adrymetum bingegen, fo wie Thas
plus, und Tyedrus, büßten ihren ges
B mafneten Widerſtand durch anſehnliche
Brandſchazzungen an Geld, Oehl oder Ges
376
treibe; *) umd überhaupt wurde dem zds
miſchen &taate, laut vorgelegten. Verech⸗
nungen, aus diefen Prosinzen eine idhr⸗
lihe Steuer von zweimalhunderttaufend
Medimnen **) Korns und. drei Millionen
Pfund Oehls gefichert. .
Als Strafe muß es, iedoch auch wohl
. betrachtet werden, wenn Cäfar dielenigen
Zegionen, deren Meigung zur Dreuterei ex
Tbapſus 4.3. zahlte Ges,ooo Thaler;
ber dortige Sandelshand inſonderheit 937,5005
Adrumerum eben fo viel als Legterer; Leptis,
wegen früherer feindfeligen Schritte eines
Tbeils feine: Einwohner, eine jährliche Steuer
won Soo,0oc0o Pfund Deis; Tusbrus, feiner
geringern Bedeutung wegen, ein Bewißes an
Köinern. Auerdings vermachten lene Gere
fädte, die den Kastlichen Namen von Ems
porten, cHandelsfätten) als Auszeichnung,
trugen umd im Beſtz eines weitreichenden
Wertebrs waren, dergleichen Requifttionen
vobei aber andy manche Wilfähzlicteiten obs
gewaltet zu haben ſcheinen) ohne Erfehönfung
Im ertragen.
Der attiſche Scheffel, nad welchem
Plutarch bei dieſer Angabe rechnet, und deſ⸗
fen ageniinen Anhalt noch nicht ausgemtite
tel J.
377
bereits aus Erfahrung kannte und bet
der Heimkehr nach Italien keinem Ruͤck⸗
fall auczuſenten wunſchte, gleich Bier in
Afrika — zu elnem Theile wenigſtens —
auseinander ‘gehen ließ und Ihnen auch
Manches an den Vortheilen der Beute
karzte, deren fich bie abrigen Muppen zu
erfreuen hätten. Diefe Beßergeſinnten be⸗
gleiteten ihn auch, als er, nach einem
Aufenthalt von ſechetehalb Monden, die⸗
fm Erdſtrich, welcher ein Zeuge neuer
glanzender ¶ Anſtrengungen feines’ Genies
geworden war, wieder den Rüden mandte
and ſich (x4 Jun.) zu Utiea einſchifte.
Günftige Winde trugen ihn, - binnen drei
Lagen, nach Sardinien hinkber, wo er
ſich noch einige Zeit zu Sulei mit der
Ahndung wegen einer früherhin bewieſenen
Abneigung gegen feine Sache beſchaͤftigte, *)
und, dann endlich gegen die Mündung ber
”») Guli, an der füdwerlichen Käfte der _
Anfel, auf der Stelle des heutigen Fieltens
Baringtano gelegen, und als Handelsplas
nicht gam ohne Bedentung, wenn ihm. eine
Geldbuße von 1,125,000 Thalern abgefordert
und die Zölle von einem Zchmteh auf ein Ach⸗
378
Tiber ſteuerta. Doch ließen ihn wiederholte
©tärme, erſt nad einer beſchwerlichen
Fahrt von act und zwanzig Tagen (29
Jul.) die Hauptſtadt der roͤmiſchen Welt
erreichen.
Volkommner als ie uvor, trat er hier
nun in der Eigenſchaft eines fehler unums
ſchrankten Gebieters auf, da es nach feiner
Seite hin einen Gegner mehr gab, der _
ihm Unruhe erwelfen konnte. Dem wenn
es auch noch in. Hiſpanien gaͤhrte, und die
Söhne des Pompeius ſich, famme.Sabier _
aus, hieher gewandt hatten, um bie ums
äufriedene Stimmung der Provinzen du
nöggen, fo hielt er doch, zu ‚deren. Unter ·
brüffung, feine eigne Gegenwart · ſo wentg
für erforderlich, daß er ſich begnuͤgte, ſei⸗
nen Pegaten, €. Didius, mit der Flotte
und einer Truppen⸗Abtheilung, von Ga
dinien aus, dahin zu entfenden, : Hess
tel ‚erhöht werden konnten. - Disfe Strafe
hatten die Sulcitager dadurch vermirkt, daß
fie die Flotte des Raſidius, anf ihrem Zuge
. nad) oder von Maflilia (vergl, Th. II. ©,
309) bei fi aufgenommen und —
ſchungen verfehen hatteun.
379
alſo fhien endlich auch der Zeitpunkt her⸗
angenaht, wo ber unermüdlihe Kämpfer
ſich der Früchte feines langen und fauern
Schweißes im Wolgenuß der errungenen
Größe erfreuen dürfe; und als habe dag
entartete Volk, dem er zueilte, die leifeften
Wunſche feines Herzens exrgthen, beelferten
ſich Senat. und Volk um die Wette (wenn
gleich, wenigftens der Erftere.mit ſchwer zu⸗
rücgedrängtem Ingrimm feines beßern Ges
fühls) fi) gegen den gefeirrten Ankümms-
king in neuen und ungewöhnlichen Ehren«
bezeugungen zu überbieten, - ,
In dieſem Geiſte einer ſelaviſchen
Schmeſchelei, die den Augenblick ihrer ei⸗
genen. Herabwuͤrdigung nicht ſchien erwar⸗
tem zu koͤnnen, mer ‚bereits im voraug
ein vierzigtagiges Dankfeft wegen des, bei
Thapſus — Aber Juba — erfochtenen
Sieges verordnet, der Sieger fetnerhin
zum Diktator auf die Dauer von zehn Jah⸗
ren, fo wie zum Cenſor auf drei Sabre
ernannt, und diefes eigentlich hoͤchſte und
ehrenvolſte Staatsamt noch durch den Fir
tel eines Praefectus morum verherrlicht
worden, Das Volk begab fih frelwillig
380
“dee ihm zuftehenden Ernennungsrechtes zu
verfptedenen Aemtern, um es vertrauens⸗
vol in Caſars Haͤnde zu legen; ſo wie
eine lange Reihe von andern Vorrechten
ud Auszeichnungen — unweſentlich zwar
in ſich felbft, aber vielßebeutend in ihrer
magiſchen Rackwirkung auf die öffentliche
Meinung — ihn, den Einzigen, über alles
gewohnliche Maaß emporheben und mit
einer lichten Glorie uniftrahlten. *)
Schwerlich aber mochte dee Mann,
dem f6 Großes und Außerordentliches ents
gegengebbten wurde, fich’s verhehlen, daß
nicht bie Liebe, fondern die Furcht,
dieſe verſchwenderiſchen Gaben auf ihn
haufe; und was anders auch konnte er,
der bis dieſen Augenblid allein für fi
*) Sicher ifi zu rechnen, wenn ihm, als
dreimaligem Diktator, auch bie breifache Zabl
von Liktoren — alfo 73 — bewilligt wurde;
ferner das Vorrecht, im Eircus das Zeichen
zum Anfang der Wettkämpfe zu geben;. im
Senat auf einer goldnen Gella, zundchf. nes
ben den Ronfuln zu Wien und feine Stimme
querit abzugeben; in feinem künftigen Trium⸗
pbe über die Gallier, gleich dem Altern gals
iiſchen Dbfieger Eamilus, mit vier weißen
3
ſelbſt gearbeitet hatte, von feinem Wolke
erwarten? Doch gluͤcklich ergaben nunmehr
feine: flillen Berechnungen, daß ber: Bor
heil diefes Volkes Hand in Hand mit
feiner eigenen wahren Gebße gehe, und
daß ber Genuß der Herrſchaft auf der. bies
her enthehrten oder verfchmähten Zuneigung
der Beherrſchten feine füherfie Grundlage
finde. &o erfannte er denn die Noth⸗
wendigkeit, fie zuvorderſt von ber FJurcht,
welche gleich einem qualenden Alp auf ih⸗
nen drüdte, zu befreien.
Bol diefes Vorfazzes, war feine erfte
Erſcheinung im verfammelten Senat von
einer Rede begleitet, die leicht die merk⸗
wuͤrdigſte feines Lebens feyn däsfte, und:
die ſelbſt in. der unvolkommenen Geftalt,
Sonneureßen Kapitel zu zieben ;.
Thronh immel in den Schaupldgzen, und Auf⸗
richtung feines Standbildes an Romulus und
Brutus Geite, Als worbereitende Gtufe aber
zur kuͤnftigen Wergdtterung mag man bie
Bestifternien, Gotterwagen und Heroen« Gta-
then betrachten, die, wenigfiens zum Theil
ſchen, im Diefer Zeit für ihm-dekretiet wur⸗
den, amd die er gieichwobl verbisten-zu mäfe
fen glaubte.
982
worin fle auf unfre eitem gekommen ift,*)
den volendeten Meifter verräth. Gleichwohl
Tomte fie ihm nur in eben dem Maaße
Mühe koſten, als er es darauf hätte an—
legen wollen, feine Zuhörer zu hintergehen,
oder als er’s vergeßen hätte, daß fie —
in welch einer kunſtlichen Einkleidung fie
auch auftreten mochte, dennoch mehr oder
weniger von dem Geiſte durchſchimmern
laßen mußte, in welchem er feine Macht
- *) Die Caßius (B. 43. R. 15 bis 18) giebt
fie. uns mit. ziemlicher Ausführlichleit; und
‚wenn gleich hie und da in derfelben ein nicht
ganz edfarifcher Geift zu weben fcheint, ſo
iſrs doc) eben fo erfichtlich, daß der Hiſtori⸗
ter bet dieſer Gelegenheit nicht bloß, nach
hergebrachter Weife der Alten, aus’ feiner
eignen Bhantafie fchövfte, fondern wenigſtens
einen Ganevas vor ſich hatte, den er auf
feine Manier berauspuzte. Eine Rede von
EAfar, und bei einer ſolchen Beranlaf
fang gebalten, tonnte, wenn auch nicht woͤrt -
lich nachgefchrieben, doc, Leicht nach ihren
Hauptmomenten aufgefaßt und den fhätern
Zeiten Dions Überkiefert werden. Mehrere
urſachen mußten mich indeß beſtimmen, bier
nicht ſowohl das Ganze, ale nur einen er⸗
fhöpfenden Auczug zu geben. -
383
zu handhaben gefonnen war. Indeß er⸗
mißt fih’s Teiche, mit "welcher gefchärften
Begierde fie erwartet wurde, und wie vor
‚ bereitet" das - Mißtrauen oder der Scharfe
finn der Deutung war, ftdy an die leifeften
Spuren diefes unwiltuhrlichen Selbſtver⸗
raths zu heften und hinter den verhüllens
den Teppich zu blikken. Cäfar aber erfparte
feinen Römern diefe Mühe, indem er, licht,
sol und mit unbefangerier Ruhe, die Grund⸗
fäsze vor ihnen entwikkelte, welche fine
Verwaltung leiten folten.
Hege · Niemand den Glauben,” —
ſagte er in dieſer Rede — „daß ich, in
Wort oder That, Hartes Aber euch be⸗
fehließen werde, weil der Sieg mir die
Mache gegeben hat, ungeſcheut · zu fagen,
was mir gutduͤnkt, oder-zu thum, was mich
hfter Ich will niche mit Maris, Cinna,
Sulla und anderen in gleicher Reihe ftehen,
bie nur Mäßigung erheuchelten, folange
fie fremden Beiftandes bedurften, und dann, -
. als fie ihr Ziel erftrbe hatten, dem vers
haltenen Grimm einen deſto wilderen Aus
bruch geftatteten, Immer Hab’ ich euch
meine ganze und wahre Geftalt gezeigt;
3
‚aber auch it, wo Beine Müdkfichlen mich
binden, gedenke ich nichts An meinem Bes
tragen zu audern; und will es mid noch
ganſtiger anlacheln, fo ſet · es aur meine
an. fo größere Sorge, mich vor Bißbraud)
u bermahren. Denn ftedte ich mie von
icher für meine Laufbahn das hoͤchſte Ziel,
und. trat kuͤhn gegen iedes Hindernißz im
bie Schtanken, fo geſchah es mm, um den
Paz.zu finden, wo wmir's vergonnt wäre,
Augend.. mit Sicherheit und Würde zu
üben. Nie aber fol mein GE allein
mich vom ienen unterfcheidein, denen ich
ihre Fehler zum Vorwurf anrehne,
* „Ben gemeinnäjlicfte. Wirk ſamkelt
das ſchoͤnere Vorrecht Bor hoͤchſten Gewalt
iſt, und Ungebundenheit- am mindeſten zu
einer ſtraͤflichen Anwendung verführen darf,
fo gebührt auch dem, welchem ihre hoͤchſte
Füße zufiel, ſich ihrer durch welſen Gier
brauch als den Würdigften. zu erzeigen.
Diefe Ueberlegungen befchäftigen mich nicht
erſt feit heute: fie werden mic aber auch
auf meine fernere Laufbahn: leiten. . And
fo fordre ich euch auf, getroſt in die Zw
Eunft zu blicken. Micht euer Herr be⸗
gehre
N
383
gehre ich zu fepn, fonderg euer Sach wal⸗
terz*) nicht euer Tyrann, ſondern euer
"Anführer. Bedarf der Etcat meiner .
Kräfte, fo werde ih, als Diktator,“ als
Konſul, ihm zu Seiner-Zeit entftchen: doch
an Vermögen, iemand zu fhaden, werd’
ich mich gerne dem miedrigſten Private
mann vergleichen. Hab' ich des römifchen
Bürgers im meinen Schlachten geſchont;
hab? ich ſelbſt da, wo die Erbitterung dem
ſchon Beſiegten neue Waffen gegen.. mid)
aufdrang, nur ungern und felten Blut ges.
fordert; hab? ih. Mehr, als Einmal, **)
Schriften vernichtet, die mir meine geheis
men Beinde hätten. entlarven Eönnen: wie
ſollt' ich denn nah eurem Leben, das
mic nie anfeindete, dürften? Mein! vom
— — — —
_*) Eine Hindeutung auf das, der roͤmiſchen
Berfahung eigenthuͤmliche und: hochſanttio⸗
nirte Verbaͤltniß des Patrons zu feinen
Klienten. .
“) Wirklich hatt’ es Caͤſar ohnlaͤngſt noch
mit Scipio's geheimen Archiv eben fo, wie
zu Pharſalus mit der vertrauten Korreſpon⸗
den; des Pompeius, gehalten. Es war une
gelefen in's Feuer gewandert.
"Band, B 6
\ 386
Proferiptionen wid, wo ich walte, nim⸗
mer die Rede ſeyn!
„So kommt mir denn” — fuhr er
fost — „mit Fteundſchaft und Vertrauen
entgegen! Das Vergangene ſei, als uns
vermeidliche Nothmendigkeit eines böhern
Schickſals fortan vergeßen! Wie in einem
neuen Staate, laßt auch neue Bande
der Liebe um uns ſchlingen und ieben ger
häßigen Argwohn entfernen. Denft mich
als eueru, Water; ich will euch als meine
Kinder betrachten, und eugrs Gläds vis
ferlich wahrnehmen. Nur in diefem Sinne
behalte ich mir die Macht vor, den Ge
ſenen ihre Kraft zu erhalten, ‚das Ver⸗
dienſt zu ehren und den Irrthum zw
beſſern.“
Allerdings durfte dieſer Vortrag Die
Gemuͤther über das, was ſie gefuͤrchtet
hatten, beruhigen: aber ſchwerlich reichte
er. hin, dieienigen, denen die Republik am
Herzen lag, *) durchaus zu troͤſten. Eine
Cicero, der fo redlich, als Einer, zu die⸗
fer Zahl gehörte, läßt uns in feinen Briefen
(ad Fam. 1X, 26) eisen tiefen Blick in feinen
damaligen, mit einer ſtillen Verzweifluug tin«
387
neue Verfafung war ihnen angefündige
worden: und in der That — alles um fie
ber hatte fih nur zu ſehr verwandelt!
Oder hätten fie auch ſelbſt gewollt, fo
ließ ſich's doch immer weniger vor ihnen
verhehlen, daß von iejt am eigentlich nur
der Soldat und nicht der Bürger.
herrſche. Zwar’ hatte CAfar fie aufgefors
dert, ſich durch den Aublick der bewafne
ten Macht nicht beunruhigen zu laßen,
und bie Legionen für bloße Huͤter des ges
fezlihen Zuftandes erklärt: allein er hatte
auch darauf hingebeutet, daß der Staat
nicht umhin koͤnnen werde, fie zu ernaͤh⸗
zen, um ftets auf fie rechnen zu koͤnnen.
Hatten daher ohnlängft einige ungemöhns
lie Steuern in Italien erhoben werden
mößen, fo wäre doch er felbft dadurch fo
wenig bereichert worden, daß er fich viel
genden Gemüthszufland thun. „Was bleibt
mie zu thun übrig,‘ fchreibt er — „in
diefen Tagen eines uͤberzukkerten Selavens ,
tbums? — Ich ſtuͤrze mich in die Geſel⸗
ſchaft; trage eine ausfchweifende Luftigfeit
zur Schau, und lache, um — nicht weinen _
zu wuͤßen.
ba
388
mehr im Öffentlichen Dienfte tief verſchul⸗
det fähe. Dennoch verhieß er völlige Si⸗
cherheit des Eigenthums, Lnveränderliche
Zeit der beftehenden Zölle und unermüds
liches Streben, dem Staate nene Aitfe
quellen zu eröfnen.
Diefe nehmlichen Zufiherungen wies
detholte der Diktator auch in den Wolkes
verfammlangen: allein wohl wißend, daß
man den großen Haufen minder durch
Worte, als durch Befriedigung feines Sins
nenkizzels gewinnt, war ex, auch bereits
darauf bedacht geweſen, dieſen durch feiers
liche Aufzüge, Spiele, Fefte und Spenden
auf eine nie zuvor gefehene Welle zu bes
ſchaͤftigen. Er feibft, der Sieger in drei
Welttheilen, hatte, mit einer feltnen Ent⸗
Tagung, den höcften Genuß des römifchen
Ehrgeizes — feiner Triumphe — Bisher
verfpoben: oder war es dennoch vielleicht
der höhere Ehrgeiz, derem iezt nicht mes
niger, als vier, zu gleicher Zeit, anftellen
zu Eönnen? Vier Tage, im Verlauf eines
und des nehmlihen Monats, Fonnten das
her die ſchauluſtigen Römer die Pracht der
&iegsjäge anftaunen, denen Gallien, Ae⸗
39 ,
gypten, Pontus ımd Afrifa den Namen
und den Gegenftand fiehen; und wie viel
faͤttig fich auch den Zuſchauern diefes Pom⸗
pes die herbſten Erinnerungen aufdraͤng⸗
ten, fo mußten fie dennoch eingeftehen, daß
der Glanz von Caſars Triumphen iedes
frühere Giegesgepränge diefer Art bei weis
tem uͤberſtrahle. *) B
So wie in der Beitfolge, fo auch an
Bedeutung ber uͤberwundenen Volkerſchaa⸗
ven und Größe der Kriegsthaten, verdiente
allerdings dee gaflifche die erſte und
vornehmfte Stelle. Goldne Abbildungen
des Rhodanus, des Rheins und des ger
feßelten Dceans, fo wie des bezwungenen
Maffilia, **) wurden bei demfelßen vor
*) Von der reellen Pracht diefer Feier»
lichkeiten giebt es vielleicht den angemeßen«
fen Begrif, wenn bemerkt wird, dag Cäfar
‚dabei 60,000 Talente gemänzten Geldes (ge=
gen 7a Millionen Thaler) und 2822 goldene -
Kronen Can Gewicht von ao,414 roͤmiſchen
Wunden, und an Werth von 5 Millionen)
jur Schan aufführen und dann in den öfe
fentlichen Schas bringen ließ. ,
“*) Doch bewog der Anblick der bundesver ·
390 .
dem Sieger hergetragen. *) Dennod blieb
Vercingetorix, der unglüdliche Arverners
fürft, welcher in Erwartung dieſes für
ihn fo fhmäligen Tages, ſechs Jahre im
Kerker geſchmachtet hatte, gefettet an dem
Triumphwagen die höhere, aber audy um
fo traurigere Zierde deßelben, als er nur
Iosgefettet wurde, um mit den übrigen
Gefangenen; nad) alter graufamer Sitte,
einen dunkeln Tod zu finden.
wandten Stadt, wie Cicero Philipp. VIll. is
bezeugt, die Zufchauer gu mitleibigen Zaͤhren.
*) Velleius (B. 11. 52) findet es bei die⸗
fem und den folgenden Trlumphen fonderlich
bemerfengswerth, daß det Apparatus (d.h. die
Fußgeſtelle der aufaeführten Standbilder und
andre Gerdtbfchaften des Zuges) am erſten
Tage von dem, damals noch feltnern, Zitro«
Nnendholze Cvieleicht aber ift auch anflatt ex
citro beßer ex cedro zu leſen) am zweiten
. von Schildvatt, (wogegen Florus auf Lorbeer
zu deuten fcheint) am dritten von Afanthues
hof, am vierten von Elfenbein gefertigt wor⸗
den; fo wie nachmale zu dem bifpanifhen
riumphe polirtes Silber angewandt wurde.
Alles dieſes hatte ohne Zweifel eine emble⸗
matiſche Beziehung auf bie befiegten Band«
ſtriche.
391
Oft ſchon hatte Rom bei folden Ger
Tegenheiten gefangene Fürften und Könige
in biefer erniedrigenden Rolle erblidt:
iezt aber follte es, am zweiten Triumphs
tage, zum erftenmale auch eine, in Ketten
aufgeführte Königin fhauen; und eben das
rum- wandte fih das allgemeine Mitleid,
welches verdienter dem gallifhen Helden
gebührt hätte, auf die innge und ſchoͤne
Arfinoe, welche CAfar, zum Schmucke feis
nes alerandeinifhen Prunkzuges, mit ſich
geführt hatte. Vieleicht dankte fie auch
nicht minder ihrem Geſchlechte, als den
Nüdfichten gegen ihr Geſchwiſter, das ges
ſchenkte Leben, das ihr in der Verborgens
heit eines Dianentempels fortzuführen ges
flattet wurde. *) Der Prinzeffin zur Seite,
ſtrahlten, bei diefem Aufzuge, die Bilder
des Nils und des hohen Pharus mit feis
) Es iſt nicht wohl au entfcheiden, ob im
Dianen- Tempel zu Ephefus, oder im Hei=
ligthume der Artemis Leukophryne zu Milet.
Aber auch in diefes Afyl drang, fünf Fahre
\ hernach / Cleopatrens nimmer ruhender Arge
wohn, auf Antonius damalige Algewalt ger
Füge, mit ihren Moͤrderdolchen.
392
ner flammenden Leuchte, fo wie zwei an⸗
dre Gemälde den Tod der Verraͤther Par
thinus und Achillas verfinnlichten.,
Den Triumph über Phamaces vor
den Übrigen auf eine denkwuͤrdige Weife
auszeichnen, genuͤgte des Siegers eigne,
in drei gluͤcklich gewaͤhlte Worte zuſammen⸗
gefaßte Beſchreibung, *) die, auf einer
Tafel in großem Lettern lesbar, vor ſel⸗
nem Viergeſpann herprunfte. Stattlicher
aber noch dehnte ſich der afrikaniſchẽ Sieger
ug, durch den Reichthum der ſchaugetra⸗
genen Beute, Bis in die Dunkelheit des
Abends aus, wo der. Xriumphator die
Stufen des Kapitols beim Schimmer von
vierzig Kronleuchtern beftieg, welche von
eben foviel Elephanten ' getragen wurden.
Der unmändige Sohn des, Juba war
unter den Gefangenen dieſes neueflen
Triumphzuges. **)
*) Das ſchon oben angeführte, berühmt ge»
wordene: Veni, vidi, vici.
+") Er führte den aleichen Namen, erbielt
hierauf eine durchaus roͤmiſche Etziehung,
bildete ſich zu einem geſchaͤzten Geſchicht⸗
ſchreiber und Geographen aus, und erhielt
ws,
Wenn iedo irgend etwas dem Hel⸗
den dieſer ftolgen Tage den Genuß berfels
Ben verfünmern mochte, fo waren es ohne
Zweifel die Namen, welche feine. Tafeln
freilich nicht nannten, *)' die aber nichts
defto minder auf der Lippe iedes Zuſchauers
ſchwebten; — bie Namen der. Römer,
von. deren Blute er triefte, und Pharfar
Ius und Thapfus, mit ihren mißfarbis
gen Giegskrängen! — Minder bedeutend,
endlich von Huguf die Regierung über einen
Strich von Mauritanien zurüc,
*, Wenn es bei Aopian nicht Irrthum oder
zu blindes Vertrauen auf eine unzuverläßige
Quelle ift, fo läßt ſichs lediglich nur aus
der Sucht, fein Gemälde mit auffallenden
Zügen zu bereichern, erklären, wenn ex bier
ausdrücklich das Gegentheil verfichert. „Alle
Namen der Geldherren, die im Buͤrgerkriege
gefallen waren, (Bompeins aBein ausgenom⸗
men) feyen hierbei erblickt worden; Scivio,
wie-er fich mit feinem Schwerte durchbohrtz
Cato, in feinen Eingeweiden wählend, u. ſ. w. —
Wer kann, wer darf bier diefem einzigen Zeu⸗
gen-etwas fo Empoͤrendes. Das damals ware _
üich kein Römer gebuldet hätte, auf fein Wort
glauben? Man vergleiche uͤberdem auch Ci⸗
cero's Philipp XI, 4, .
394
wenn gleich von Manchem im unheilweiſ⸗
fagenden Sinne bemerkt, war hiebei der
Unfall, welcher ihn, am erften Tage, in
der Nähe des Fortunas Tempels betraf,
mo die Achſe feines Triumphwagens zer⸗
fplicterte und dieſer ſchnell durd einen ans
dern erſezt ‘werden mußte. "Auch der Muth⸗
wille feiner Veteranen, die feinem Zuge
folgten, gab Bei dicſen Gelegenheiten dem
Welthberminder mandes Wort zu hören,
das, im gellenden Misflang mit der Bers
götterung der Menge, fürwahr widrig ges
mug in fein Ohr tönte. Ihnen, die ben
gefelerten Halbgott zu, oft und lange in
der engen Gemeinſchaft des Feldlagers bes
obachtet hatten, um feine Menſchlichkeiten
nicht ausjufinden, war es zu verzeihen,
und ward es auch von ihm felbft am wils
ligſten verziehen, wenn fie fih des Vor⸗
rechts diefer Tage, ihn an diefelben unges
ſcheut zu erinnern, durch beißende Spotts
lieder, zuͤgellos überhoben. *)
*) Neber die Natur diefer Wormärfe wird
genügen, was bereits Th, 1. S. 109, in dies
fem Betref, vorgebracht worden. Das bort
verfprochene Liedchen iſt gleichwohl zu laſciv,
395
Dennoch war die Pflicht, ihre treuen
Dienfte am endlich erreichten Ziele, wie
er's fo oft verfprochen hatte, zu belohnen,
wirklich. auch dieienige, welche Caͤſar am
erften und angelegentlichften zu erfüllen eilte.
Jeder Kopf empfieng iest, außer einer Ans
zahl hie und da zerftreuter Ländereien, die
zu Anfang des Krieges zugefagten zweitau⸗
fend Seſtertien; aber mit einem Gefchent
von zehnfahem Werthe vermehrt. *) Der
doppelte Lohn ward dem Centurio; fo wie
das Bierfahe dem Kriege Zribunen. —
Einer noch umfaßendern Freigebigfeit aber
hatte ſich, au gleicher Zeit, der römifche
um bier feine Stelle zu finden, und mag das
ber bei Sueton (8.49, vergl, mit Div B. 43
K. 20) im Original nachgelefen werden. Ein
Zweites, von nicht ehrenvollerem Gehalte,
folgt im 51. K. DaB auch der Liebfchaft mit
Cleopatra hierbei nicht vergeßen wurde, läßt
ſich ungefagt errathen. — Doch frecher fonnte
ſich der Sarkaſmus in di eſe m Munde wohl
nicht dußern, als durch den algemeinen Zus
zuf der Legionen: „Thu nach dem Geſez,
fo wartet Dein Strafe. Doch tritt es mit
Fügen, und Dein ift die Krone!‘
*) Alfo 677 Thaler 12 Groſchen Saͤchſ.
396
Vöbel der Hauptſtadt zu erfreuen, mel;
" dem, Mann für Mann, vierhundert Se⸗
ſtertien, fammt reichlichen Spenden an Del,
Fleiſch und Getreide ausgetheilt wurden;
und woran nicht weniger als hundert und
funfjig taufend Beſchenkte Theil nahmen.
Außerdem veranftaltete der Diktator für
biefe Menſchenklaße ein algemeines öffent
liches Gaftmahl, wobei zwei und zwanzig
taufend Triklinien mit einer. Zahl von
mindefteris zweimal hunderttaufend Gaſten
befegt wurden.
An diefe Feſte reiheten fich zugleich, im
ununterbrochener Folge, glänzende Spiele
im Circus und in dem zu den Thiergefech⸗
ten nem erbaueten Amphitheater; *) Glas
biator s und andre Kämpfe zu Fuß und
No, in ganzen gegen einander fechtenden
Schaaren, wozu ſich meift Gefangene’ oder
Verbrecher herleihen mußten, aber auch
rdmiſche Ritter, aus erniedrigender Gefäl
ligkeit gegen den Diktator, ſich entſchloſ⸗
— — — ——
*) Dio G. 43. 8.23) bemerkt, daß bei die⸗
fer Gelegenheit die erſte Gtraffe in Rom
geſehen wurde, und giebt von derfelben eine
ausführliche and treffende Beſchreibung.
397
fen; *) ftreitende Elephanten mit ihren
Kriegsthurmen; eigends auf dem Mares
felde zu biefer kurzen Luft ausgegrabene
Naumachten, worin die Worftellung von
Seetreffen gegeben wurde, und wobei uͤberal
die Taufende von · Zuſchauern unter ausges
fpannten feidenen Dekken vom höchften Wers
the vor den Sonnenftrahlen gefichert faßen.
Faſt ermüdete felbft die ſchwer zu erfättis
gende römifhe Schauluſt unter der Fülle
diefer ihr dargereichten Genüße; und mit,
ten im Taumel der Luft hießen fich eingelne
*) Das erfte Beifpiel von einer folchen frei⸗
wiligen Herabwürdigung ‚ welches ich unter
den fpäteren Caſaren noch jo oft wiederholen
folte! Selbſt ein geweſener Senator, Cal⸗
penus, war unter diefen Fechtern. Doc) dem
Senator Zulvius Serinus, welcher fich zu der
nemlichen Unwürdigfeit erbot, unterfagte der
Dittator felbft feine Schande, Dagegen drang
ex jo unwideriiehlich in den roͤmiſchen Ritter
Raberius, fein ausgezeichnetes Mimen- Talent
bei diefer Gelegenheit vor dem Publitum zu
entwifteln, daß Diefer, obwohl mit widers
firebender Seele und unverhaltenem Schmerz,
nicht umbin fonnte, zu geborjamen, (Ma-
crob. Sat, Il, 7.)
398
Stimmen, vernehmen, welche eben ſowohl
dieſe Verſchwendung des Goldes, als des
Menſchenlebens beklagten. Indeß war
doch ſchier ganz Italien zu dieſen Volks⸗
luſtbarkeiten zuſammen geftrömt. Selbſt
das unermeßliche Rom faßte die Menge
dieſes Andrangs nicht; und häufige Uns
gluͤcksfalle ereigneten ſich in dem unordent⸗
lich wogenden Getuͤmmel, die ſogar zweien
unter die Füße getretenen Senatoren toͤdt⸗
lich wurden.
Daß ſolche, der Beluſtigung des Volks
ohne, Maaß und Ziel dargebrachte, Opfer
dem; Nusfpender die Herzen ber. finnlihen
Menge verftriffen mußten, war eben fo
natuͤrlich, als mit feiner Abficht zuſammen⸗
flimmend. Allein gerade darin unterfchied
ſich Caſar wieder von der Menge gewöhns
licher Gemwalthaber, dfe diefen nemlichen
Schleichweg zur Volksgunſt betraten, daß
er zu gleicher Zeit die Zügel der Herrſchaft
mit fefter und ſichrer Hand auf das richtig
erkannte Ziel des Gemeinwohls hinlenkte;
an ieden Mißbrauch eine befernde Hand
legte, und Alles, was ihn berährte, mit
feinem eignen regfamen Geifte belebte.
39
Wenig ſchwierig Aber die Formen, unter
denen er das Rechte that, rüttelte er an
ieder beftehenden, die fich ihm hinderlich
in den Weg ftelte, oder legte einen Zweck
“in fie, welcher verträglicher zu feinen Abs
fihten ftimmte.
So lieg Caͤſar die gewöhnlichen Vers
fammlungen bei Senat und Volk in der
hergebrachten Weife beftehen;. aber eigentlich
nur, im fie als die Werkzeuge feines Wit
tens zu handhaben. Der Senat beftand
nur aus feinen Gefchöpfen, die er demfels
ben nah Wilkuͤhr, und ohne Ruͤckſicht auf
Geſchlecht und Herkommen, einverleibte.
Die Hälfte der, duch Volkswahl ernann⸗
ten Ötaatsbeamten, mit alleiniger Aus⸗
nahme des Konfulats, behielt er feiner eis
genen Ernennung vor; und auch bei den
Übrigen waren feine fehriftlihen Empfeh⸗
lungen der Bewerber ſchier in der Form
eines Befehls verfaßt. Die Gefezze und
Verordnungen, welche aus dem Senat ers
laßen wurden, waren mit Unterfchriften
von Patriciern verfehen, denen der Vor⸗
ſchlag zu denfelben, fo wie. ihre Abfafs
fung, nie eingefallen, oder fogar ihr Ins
400
balt unbefannt war.*) Areilich aber ward
es einzig. auch nur duch diefe wilkuͤhrliche
Vereinfachung des Gefihäftsganges möglich,
die Fäden einer fo ausgebreiteten Herrſchaft
in eine einzige. Hand zufammen zu faßen,
oder binnen der Zeit von weniggn Monden
des Guten und Mäzlihen fo viel zu wies
ten, als iezt von Caſar unwiderſprechlich
geleiftet wurde,
Sein erſter Blick fiel auf das entvol⸗
kerte Italien, das in dem Duͤrgerkriege fo
zahlloſe blutige Opfer hergelichen hatte,
und dem durch achtzig tauſend, mit als⸗
waͤrtigen Ländereien begabten Veteranen,
ode
—
0Ciecero (ad Fam. IX, 15.) behauptet, daß
dies zum oͤftern der Fall mit feinem eignen
Namen gewefen. Als Ausſchmuͤttung eines
winigen Kopfs darf man es aber wohl’ be⸗
trachten, wenn er hinzuſezt: „Ich babe füs
* gar Briefe in Händen, von Fuͤrnen aus fere
nen Kanden, Die mir für den, ibnen un. mi!
zugeſtandenen, Königstitel danfen: und i
Unglüdlicher wußte bis diefen Augenblick eben
fo wenig etwas von ihrer Erikenz, als von
ihrem Königthumes4s - .
40r
‚oder Mber’d Meer entfandte Kolonieen noch
raglich Bewohner entzogen wurden. ° Es
war dringend, diefe Wunden, die dem Her⸗
zen der römifchen Macht gefchlagen wor⸗
den, zu heilen. &o wurden benn den Bar
milienvätern bürgerliche Vorrechte nach der
Bahl ihrer Kinder bewilligt. Kein Ein:
wohner der Halbinfel, zwifhen dem zwar.
sigften bie vierzigften Jahre, follte von der⸗
felben fänger, als drei Jahre, entferne
leben, wenn nicht Kriegsdienfte ihn aus
wärts beſchaͤftigten; und felbft die Sohne
der Patricier mußten fi) dem Gefolge eines
öffentlichen Staatebeamten anfchließen, um
diervon eine Ausnahme zu machen. Der
überhandnehmenden Bahl der Hausfklaven
gu wehren, follten Feldbau und Viehzucht,
wenigftens zu einem Deittheil, nur vog
Greigelaßenen betrieben werden; und die
Ausddung von freien Künften, auch in
Rom felbft, zur Aufnahme unter die Bur⸗
ger berechtigen. Diefes hochgehaltene Bur⸗
gerrecht ward, zu gleicher Zeit, auch an
ganze Städte und Provinzen des Reichs
freigebig ausgefpendet.
Eben fo nothwendig war ee, auf der
4 Band, €
. 402
andern Seite, der Anhdufung des Pöbels
in. der Hauptftadt Schranken zu ſenen,
wohin theils die bisherigen Unruhen, theile
aber auch die, nie fo. häufig, als von Cds
far felbft, unabläßig veramftalteten Ber:
theilungen von Geld und Lebensmitteln,
den Auswurf Italiens zuſammen gelockt
hatten. Ihn wieder zu zerſtreuen und
auf eine ertraͤglichere Zahl herabzuſezzen,
gab es daher auch kein einfacheres und zu⸗
gleich wirkſameres Mittel, als die, bei
dieſen offentlichen Gefhenten. häufig ſtatt
gefundenen Mißbraͤuche durch eine genaue
Zahlung der wirklich Berechtigten zu til⸗
gen; und fo fand fih’s denn, daß diefe
Klaße armer Bürger auf mehr, als die
Hälfte, *) herabgeſezt werden könnte,
*) Bon 320,000 biß auf 150,000. Immer
noch eine Hattliche Anzahl römischer Bayyaro-
ni's, die dem Staate zur Laſt fielen; zumal
wenn, wie es wahrſcheinlich if, deren Bamis
lien noch hinzugerechnet werden müßen. Nur
das 2008, unter dem Vorſij des. Prätorg,
folte fortan die, durch den Tod erledigten
Stellen, von diefer beftiimmten Zahl auf
die eingejeichneten Afpivanten forterben laſ⸗
403
Neue Gefejze — wodurch bie Zahl der,
ieder aufruͤhriſchen Bewegung fo willfaͤh⸗
rig die Hand bietenden Innungen bis auf
die, von Alters her beſtandenen, herabger
ſezt, die fo oft veränderte Gerichtspflege
der Theilnahme 'der Plebeier wieder ents
zogen, die auf mehrere Verbrechen gefezte
Strafen verftärkt *) und der ausſchwei⸗
fende Lupus in Kleidung und Tafel /Auf⸗
fen. — Was Plutarch (CAf. 55.) von einem,
durch Caͤſar veranflalteten, Cenfus fagt, den
Diefer erweislich nicht gehalten hat, und
woraus er den Untergang von 170,000 Vuͤr⸗
gern in den bisherigen Unruhen deducirt,
fcheint wohl nur, durch Mißverſtand, fich auf
obige Zablbeftimmungen zu besiehen.
*) Nach einer fchr Intonfequenten Legisla⸗
tur konnte fich bieber der Mömer der Strafe
des Morde durch freiwillige Verbannung ent«
ziehen; wodurch zumal der Meiche das Ge—
fes, ohne fonderliche Unbequemlichkeit für ſich
ſeibſt, illudirte. Cäfar machte dem Mördee
die Fortdauer feiner Eriſtenz wenigftens ſchwie⸗
riger, indem er mit diefem Verbrechen die -
Einziehung des ganzen Vermögens verband.
Auch andre Gtrafbare verwirkten nunmehe
die Hälfte ihrer Hnabe,
Ca
404
wand *) eingeſchrankt wurde — haben, wie
nöjlich und heilſam auch für das Vedärfs
niß des Augenblids, dennoch nicht in fo
entfernte.Zeiten ihren Einfluß forterſtreckt,
als die WVerbeerungen der Zeitrechnung,
deren ſich der Diktator’ in dieſen Augen⸗
biitfen ber Ruhe um fo ernftlicher annahm,
als die Verwirrung, welche der bisherige
Gebrauch des Mondeniahres und die fteife
Anhänglickeit an die: mangelhaften Des
ſtimmungen der älteren Sternkunde, fo
wie manche willkuhrliche Einfhaltungen,
in das bürgerliche Leben auf eine immer
fühlbarer werdende Weife, gebracht hats
ten. Alle Jahreszeiten waren verrüdt;
alle auf fie fich beziehende Fefte und alle
*) Des Dittators Kontrolle el, fo wie fie
bei diefen Befchränfungen des üppigfen Wohle
lebens einen ungewöhnlichen Ernf zeigte, um
fo nothwendiger oft in's Kleinliche. Eigne
Wuffeher nahmen auf den Gpeifemärkten ieden
verbotenen Eefterbißen im Befchlag; während
Andre die. Tafeln der Meichen unverboft
unterfachten, und nicht ſelten die ſchon aufs
geisahenen Speiſen mit ihrem Interditt be«
legten.
405
an ſte geknuͤpfte öffentliche Funktionen in
Unordnung. Selbſt nach der lezten, im
Februar bewerkſtelligten Einfhaltung von
brei und zwanzig QTagen zeigte der Sons
‚ menlauf noch einen Unterfhied von mehr,
als zwei Monaten; und wie gut auch ieder
das Uebel kannte und fühlte, fo konnte
doch nur der Eräftige Wille des Diktator,
dem ohnehin, als Pontifer marimus, diefe
Sorge ganz eigentlich gebuͤhrte, demſelben
ein Ziel fegzen.
Auf den Vorſchlag des Griechen So⸗
figenes von Alexandria, welchem CAfar,
nebft M. Flaxius Seriba, die Leitung dies
fes Gefchäfte übertragen hatte, warb dem⸗
nach zuförberf? eine neue Einfchaltung von
fieben und fechjig Tagen, zroifchen den Mo⸗
naten November und December dieſes Jah⸗
zes, *) veranftaltet; die Berechnung nach
Mondeniahren verlagen, und überhaupt
bie ganze Beitbeftimmung fo getroffen, wie
*) Das Jabr 708 wuchs daher zu A45 Ta⸗
sen an; und eben von diefer Nothhälfe bee
nammt auch die Verrültung des Novembere
und December- Monats von der neunten und
zehnten in die eilfte und awölfte Stelle. —
. 466
fie, unter dem Namen des lullaniſchen Ka⸗
Ienders, in einem großen civilifirten Reihe
Europens noch bis auf unfre Tage fortbe⸗
ſteht, und in den übrigen erft nach ſechszehn
verfloßenen Jahrhunderten eine abermalige
Verbeßerung nothwendig gemacht hat.
Heilfam an fi felbft war, wie alle
bier aufgeführte, auch die neue von Caſar
mit gefezliber Kraft verfehene Verordnung,
daß die Verwaltung der proprätorifhen
Provinzen fortan duf ein Yahr, fo wis
der profonfularifchen auf zwei Jahre ein
geſchrankt feyn folle: allein zwiefach wich
tig und bedeutend ward fie durch bie,
fi von ſelbſt aufdringende Bemerkung,
daß der Diktator ſelbſt ſich die Staffeln zu,
feiner iezzigen Größe durch die lange Starts
halterſchaft Aber Gallien geebnet Habe, und
alfo doch wohl. die Nothwendigkeit fühlen
möge, bier den Entwürfen eines fühnen
Mach ahmers frühzeitige Schranken zu fegen.
Den Aſtronomen Sofigenes hatte Caͤſar wahre
ſcheinlich in feiner Geburtsftadt fennen ges
lernt; fo wie Die ausdrädlich verfichert, daß
er feine beßern Anfichten des Kalenderweſens
dort aufgefchöpft habe,
47
Er felbft abernahm, beim Ablaufe des Jah⸗
zes, fein viertes Konfulat (für 709) ohne
fi) diesmal ſogleich in diefer Würde einen
Amtsgehälfen zu ernennen.
Indeß iſt es. doch weniger der Mans
gel an Widerftand, den alle diefe neuen
Einrichtungen fanden, mas für des Diktas
tors ungemeßene Machtfülle zeugt, als
die Erfiheinung, daß felbft alte erbitterte
Widerfacher an der Möglichkeit, iedes
ferneren Widerftandes verzweifelten und ſich
in die neue Drdnung der Dinge fügten.
Ein Solcher war der Konfular M. Claus
dius Marcellus, der, feit dem Tage von
Pharfalus, fi nad Mitglene in die Ver⸗
borgenheit des Privatftandes und die Arme
der Wißenſchaften zuruckgejogen hatte. Ci⸗
cero's und feiner übrigen Freunde anhal⸗
tende Wünfche ferderten ihn nach Rom’zus
ruck. Sein Stolz willigte endlich ein, des
Siegers Erlaubniß zu diefem Schritte nach⸗
zuſuchen. Der ganze Senat erhob fih, den
Diktator mit diefer Bitte u beſtuͤrmen,
welcher nur zu zaubern fhien, um die Ver ,
fammlung duch feine endliche Gewährung -
defto freudiger zu überrafhen, Vor Allen
4%
erhob ſich Cicero, dem, in Diefem Augen
Bid, die alten fchönen Tage ber Republik
wieder aufzudämmern ſchienen, in glädle
her Begeiſterung, und hiefe, unvorbereitet,
lene unfterbliche Rebe, *) die Alles erfihöpft,
mas einem Macdıthaber, wie Caͤſar, Feb
nes und Schmeichelhaftes geſagt werden
mag.
Doch der hoͤchſte Triumph des Red⸗
ners, und vielleicht der Redekunſt Abers
haupt, ſolte ihm um“diefe nemliche Zeit
(abermals dem Diktator gegenhber) zu
Theil werden, als es darum galt, einem
andern abgefagten Feinde. defelben, dem
D. Ligarius, die. ſchon einmal gemißbrauchte
— —— .
V Die Rebe pro Marcello, die, auch in
ihrer Aechtheit angefochten, dennoch Cicero’s
würdig, wie Eine, bleiben wird. — Mattele .
Ins felbf folte iedoch die Frucht diefes Tas
ges nicht erndten. Er ward, auf der Meife
nach Italien, zu Achen von einem. Greunde
und Begleiter, obne bekannt gemprdenen
Grund, ermordet. Aber Cicero ſelbſt (ad
Attic, XI, go ) wälgt jeden Verdacht zurild, -
der dieferhalb vieleicht auf den Diktator hätte
fallen können,
49
Berzeihung zu erwirken. In Tubero hatte
fi fogar ein Anklaͤger, und eben fo leiche
auch ein Vorwand gefunden, den von Eds
far perſonlich -gchaßten Verwieſenen vor
Gericht auf Leib und Leben zu belangenz
and Cäfar felbft wolte in dieſem Gerichte
"den Borfiz führen, als Cicere, nachdem er
Bereits den erniedrigenden Weg der gehel⸗
men Vorbitte vergeblich betreten, fih zum.
affentlichen Wertheidiger des Angeſchuldig⸗
ten-aufwarf. Cäfar beftieg das Tribunal,
mit dem Berdammungsurtel- im Kerzen,
und mit bem feften, gegen feine Begleiter
geäuferten Borfaz, aus deu Anſtrengun⸗
gen des Rebners blos den Gemiß eines
ſchoͤnen Kunftwerks zu ziehen, Zuverfichte
lich entfaltete indeß der Konfular die Zau⸗
ber feines Bortrage, das Gewicht feiner
Grände, die Pracht feiner Gemälde, den
erfehätternden Affekt der Empfindung, und
die ganze Taktik, mit der er gewiß: war,
fih den Weg in die verfhloßenen Herzen
zu bahnen, Caſar, Fein minder Tundiger
Meifter der Kunft, womit er bier befämpft
wurde, wiberftand; beräubte fih; aber ums
fon! Die Pfeile der Rede trafen ieden
410
Augenbli mächtiger zum Ziele. Sein une
ſtater Blick isrte umher; fein Gefiht wan⸗
delte die Farbe; unruhig ruͤckte er auf ber
Sella. Bald aber-nannte der Redner,
feines Vortheils gewahrend, die Schlacht
von Pharfalus, deren harte blutige Kämpfe
er fhilderte: da ſchauderte der Starke uns
wilkuhrlich zufammen, daß der zitternden
Sand die zufammengefaßten Klagſchriften
entfielen. Cicero ſchwieg — und Ligariug
war fosgefprechen. *) 5
Se wie hier aber‘, fo folgte Caͤſar
auch, in iedem andern Geſchaͤft von Du
deutung, blos den Cingebungen feines
eignen Genius, ohne feinen Freunden und
Vertrauten einen merflichen Einfluß dar⸗
auf zu geftatten. +) Ueberhaupt fand er
— — — —
.) Es kann nicht anders, als intereßant
fegn, die Rede pro Ligario im Rüdhalt mit
diefer Anekdote (deren Aufbewahrung wir
Plutarch ſchuldig find) zu leſen.
«+, „Is utitur consilio, ne suorum quidem,
sed suo:‘ ſchrieb Cicero (ad Fam. 1V, 9.)
um diefe Zeit von ihm an Marcelus, und
argumentirte daraus auf den wahrſcheinlich
4x
es zuträglich, ſich im Privatleben von dem
laſtigen Schwarme, der ihn umlagerte, ie
mehr und mehr zuruͤchzuziehen · und auf den
engen Kreis feiner Wertrauteren oder des
ver zu befchränten, deren angenehme Tas
lente ihn unterhielten, ober die Eeine Ans
forüche zu machen hatten. Freilich konnte
dieſe abſichtliche Erſchwerung des Zugangs
zu ſeiner Perſon, in welcher man einen
beleidigenden Stolz erblickte, nur Unzw
friedenheit unter den Optimaten erregen:
> allein ſelbſt eine oͤffentliche Volksſtimme
begann, ſich wider den Diktator zu bilden,
beßern Gang der Dinge unter Caͤſars Staats⸗
verwaltung, als wenn Bompeius die Obere
band behalten hätte, der ſtets ein ſchwanken⸗
des Rohr in den Händen feiner Ratbgeber
gewefen. — Indeß fol keinesweges dadurch
geläugnet werden, daß Caͤſar nicht auch die
Talente und Dienfle einiger Vertrauteren
anhaltend benuzte. So arbeiteten unſtreitig
Oppius und Balbus, als Theilhaber ſeiner
gebeimſten Entwuͤrfe, mit und unter ibm,
‚ gleichfam „im Rabinette;” und an Hirtius
und Banfa batte ex feinen Alerander Ber⸗
thier gefunden,
412
als — unerwartet, aber wohl nicht unge⸗
rufen — Cleopatra in Rom auftrat, und
iene Appigerm Seenen, von welchen vor
mals Alerandria Zeuge geweſen war, ſich
nun auch in der Nähe des ernſten Kapl⸗
tols erneuerten. Die Königin fam im
Geleit ihres Gemahls und Bruders, um
feierlich den Namen von befreundeten Kds
nigen und Bundesgenoßen des römifchen.
Solks zu empfangen; und Caͤſar trieb nicht
nur die Gaftfreundfchaft fo weit, fie uns
ter fein eignes Dach aufzunehmen, fondern
erfchöpfte ſich auch in Feften und Luftbars
keiten zu ihren Ehren. Sogar in dem
prachtvollen Tempel, welchen er ohnlangſt
erſt der Venus Genitriz, ale Stammmut⸗
ter des iuliſchen Geſchlechts, geweiht hatte,
ſah die Aegyptetin ihre Bildſaͤule ſich ner
ben dem Standbilde der Göttin erheben;
und ieder Zweifel über die Natur des Ver⸗
haltnißes zwiſchen dem Diktator und ber
Königin, mußte vollends verſchwinden,
wenn Cleopatra felbft den Sohn, welchen
fi, wenige Monate nach feinem Abzuge
vom Ni, gebahr, Caſarion nannte,
43
oder wenn, feiner Seite, Caͤſar dieſen
Sprößling als Sohn erfannte, *) B
Mitten im Genuß diefes Wohllebens
Iangten iedoch Boten aus. Hifpanien au
der Tiber an,. welche ben liebetrunkenen
Machthaber unlieblih aus feinen fügen
Traͤumen weckten. Nach Allem, was Caſ⸗
ſius Longinus durch feine unbefonnene Härte
dazu beigetragen hatte, diefe Proyinz ge "
*) Benighens bürgte M. Antonius nach-
mals im vollen Senat für. diefe geſchehene
Mnerfennung, und fiürte ſich, su noch böbe-
rer Bekraͤftigung, auf die Zeugenſchaft des
€. Matius. €. Oppius und mehrerer Freunde
des Dittators. Schade nur, dad eben dieſer
Oppius, der wirklich, vor vielen Andern, von
Cäfars gebeimern Verbältnigen unterrichtet
feyn konnte, ſich dadurch zu Herausgabe ei⸗
ner Deduktion bewogen fand, welche den Ti⸗
tel führte: „Beweis, daß Caͤſar keinecweges
der Vater des, ibm von Cleopatra aufgebuͤr⸗
beten, Kindes ſey. — Men weiß alſo auch
nicht, wie viel oder wenig auf die Verfiche-
zung gleichzeitiger Griechen zu geben ſeyn
möchte, welche diefen Cäfarion dem Diktator
an Geſtalt und Gang ungemein dbnlich fine
den wolten. Indeß trieb Antonius, in ber
4
gen feine Verwaltung und Caſars Parthei
zu erupdren und fie zum beivafneten "Aufe
ftande zu entflammen, war es, felbft nach
der ſcheinbaren Stillung deelben, dennoch
für feinen. Nachfolger Trebonius eine fehr
ſchwierige Aufgabe, das neue Aufglimmen
des kaum erftichten Brandes zu verhäten.
De weiter hier die Häupter der Gegenpars
thei, und felbft die, unter den Waffen ges
Sonnenhöbe feines Gluͤcke, die Sache wirk⸗
lich bis zur öffentlichen und feierlichen Er⸗
Härung vor dem Volke von Alerandria, in⸗
dem er zu gleicher Zeit den damals zgiähtie
gen Cäfarion zum Mitvegenten des muͤtter⸗
lichen Reiche erklärte: Doch faum drei Fahre
ſpaͤter ward Diefer in den algemeinen Sturz
der antonifchen Partbei mit verwiffelt; und
ſchon auf der gegläcten Flucht nach Indien,
die ihm von Gleopatra geratben worden,
kehrte er freiwillig zuruͤck, um fich der Gnade
des Detavins auszuliefern. Range blieb Die⸗
fer unſchlüßig, was mit dern muthmaßlichen
Blutserben feines Großoheims zu beginnen
fey; bis endlich ein haͤmiſch angewandter
Vers Homers ihn bemerken ließ, daß es an
Einem CAfar genüge. So fand der ungluͤck⸗
liche Süngling feinen Untergang!
ars
dliebenen, Legionen in der Enthuͤllung ih⸗
rer wahren Geſinnungen bereits gegangen
waren, und ie gewißer fie, nach Cäfars
fegreicher Heimkehr aus dem Drient, feine
vielleicht nur verſchobene Rache ſchon auf
re Haͤupter niederſtuͤrzend erblickten, um
fo fehnfüchtiger warfen ſie ſeitdem ihre
Blikke nach Afrika hinüber, wo fie, in
Scipio's noch ungebrohner Kraft, auch
Schuz und Rettung für ſich erwarteten.
Leicht begreiflich denn, daß fie keinesweges
fäumten, fid geheime Verbindungen dahin
wmerdfnen. Am meiften iedoch war.es ih⸗
nen an einem Führer gelegen, um deßen
gewichtvollen Namen her die Unzufriedenen
ſich fammlen Eonnten.
Wer war beßer als Eneius, dee gros
Ben-Pompeius älterer Sohn, dazu gemacht,
diefen Zauber-zu unterhalten, ‚die alte uners
loſchene Neigung der Nation für feinen
Stamm wieder hervor. zu rufen, und ſo
den gemeinſchaftlichen Gegner von einer
Seite her, wo er es am wenigſten wuͤnſchte,
vielleicht toͤdtlich zu verwunden? Cneius
hatte, mit etwa dreißig Schiffen und ein
paar tauſend übel bewafneten Begleitern,
416 ‚
gleich allen Uebrigen von feines Waters
Kandhaftern Freunden, feine Zuflucht in
Afrika geſucht, und verweilte noch zu Utica,
in unſchluͤßiger Erwartung der Zufimft, ale
Eato den in ihm fhlummernden Ehrgeiz,
buch Hinweiſung auf feines Vaters. frühe
ehrenvolle Laufbahn, mit treffender ‚Kraft
ber Rede zu wetten wußte, und ihn bes
wog, einen Ötreifjug gegen die offenen Ku⸗
fien von Boguds Staaten zu verſuchen.
Die Unternehmung zwar mißlang: allein
zu gleicher Zeit ergieng an ihn Scipio's
Ruf, ſich gegen Hifpanien zu wenden; und
fofort erſchien er im Geſicht der baleari⸗
ſchen Infeln, wo ihm nur Ebufus *) einen
unzulänglihen Widerſtand entgegenfezte:
Hier ward er inzwifchen zu einem Bers
auge gendthige, welchem eine Krankheit, in
"Die er verfiel, wahrfcheinlich nur zum Bors
wande diente. Er mochte erwartet haben, ” \
von den Hifpaniern, auf das erfte Geruͤcht
‚feiner Annäperung, mit offenen Armen ems
. pfan⸗
Jeit Jvica, die größere von den Bis
vuſen.
47 .
pfangen zu werden: allein noch hielt Tre⸗
bonius die Zügel der Verwaltung in zu
ftarten Händen, um eine folche öffentliche
Erklärung zujulaßen. Doc in eben dem
Maafe. auch ward, mit iedem Tage, -die
Ausficht für die Hifpanier trüber, da in
der Zwiſchenzeit Scipio's Niederlage und
die Abfendung der caͤſariſchen Legionen uns
ter Didius zu ihrer Kunde gelangten. Sezt,
urtheilten fie, gelte es fein längeres Sau⸗
men; und indem die Legionen einmäthig
bes Diktators Namen von ihren Schilden
löfchten und ihren Abfal erflärten,, zwan⸗
gen fie feinen Profonful, ſich durch die eil⸗
fertigfte Flucht zu retten; während zwei
rdmiſche Ritter, T. Quinctius Scapula und
Q. Amponius, ſich an ihre Spizze ſtelten
und die ganze Provinz Bätica mit in ih⸗
ven Aufftand zogen. .
Sejt hielt es auch In. Pompeius für
den erwuͤnſchten Zeitpuntt, fich endlich auf
hiſpaniſchem Boden zu zeigen. Sogleich
ſchlugen ſich einige Städte zu ihm, und
festen ihn in den Stand, Carthage nova
feindlih zu berennen. Auch Scapula, mit
feinen Truppen, verſtaͤrkte fein Eleines Heer,
4 Band, Db
48
Bei welchem Cneius, feine gewohnte rohe
Sinnesart bezähmend, eben fo wenig mit
Tiebkofenden Schmeichelworten, als mit ir⸗
gend einer Art von Verheißungen, Eargte,
um die Gemüther gänzlich für ſich zu ger
winnen. Ueberal noch zählte hier die Res
publik, unter den römifhen Koloniſten,
eifrige Freunde; überal wurden nod die
‚Herzen erwärmt durch das Andenken an
feinen unglädlihen Vater, unter Degen Fah⸗
nen ſie einſt geftritten hatten: — was Wun⸗
der denn, wenn inſonderheit die Ueberreſte
von Afranius entlaßenem Heere ſich lezt
haufenweiſe in feinem Lager zuſammen⸗
drängten, und ſich ihm ringe umher die
reichſten Halfequellen, faft ohne itgendwo
den Ernſt des Stärferen nothwendig zu
machen, eröfneten? Selbſt über bas Meer
ber retteten fih, nad dem unglädlichen
Tage von Thapfus, fein. Bruder Sertus,
2abienus und Varus, mit Schiffen und
Mannſchaften, zu feinem kuͤhn enhobenen
Paniere. Bald ftanden nicht weniger als
dreizehn Leglonen bei den vereinigten Bru⸗
dern unter den Waffen. *)
— — —
Zwei derſelben befanden aus den Ein«
419
Einer ſolchen Macht Eonnten weder
Caſars Legaten, Q. Fabius Marimus und
D. Pedius, welhe feine Truppen im dies
feitigen Hifpanien befehligten, noch felbft
€. Didius mit den neuen, aus Sardinien
entfandeen, Berftärfungen fi gewachſen
fühlen. Selbſt ein Sieg, den dieſer Le
tere, gleich nach feiner Ankunft, in der
gaditanifchen Meerenge, während der hin⸗
du gefommienen Schrekken eines: tofenden
Sturms, über die Flotte des A. Barus
erfocht, der fi) kaum vor dem gänzlichen
Untergange in die Bucht von Carteia *)
beimifchen, die von Trebonius abgefalien wa⸗
ten; Eine aus römifhen Kolonien; eine
Vierte wurde aus den, von Eneius mitges
brachten, Trupnen gebildet, und ein guter ,
Theil der übrigen fheint, wie es die Folge
lehrt, aus bewafneten Selaven und anderem
verwegenen Gefindel beſtanden zu haben,
*) Die eigentliche Lage diefes Hafens (denn
der verdorbene Name „‚Grantia” beim Dio
Caſſius laͤzt kaum eine andere Verbeßerung
zu) bat lange mancherlei Sweifeln und Con⸗
ieeturen unterlegen. Doc erflären ſich die
meiſten Stimmen für Algefiras, oder eine
Stelle, noch etwas weiter füdweßlich, in der
Dda
420
rettete, — vermochte ſeine oder ſeiner Mit⸗
feldherren ungänftige Lage auf keine merk⸗
liche Weiſe zu verbeßern. Alle richteten fie
daher, fo wie die wenigen treu gebliebenen
Ortſchaften Hiſpaniens, ihre Blikke und
ihre dringenden Einladungen an Caͤſar, ſie
nicht vollends ſinken zu laßen. Er mußte
es endlich einſehen, daß hier ein neuer,
vielleicht ernſtlicherer Kampf, wie keiner der
vorhergehenden auf ihn warte, in welchem
nur ſeine eigne Gegenwart und perſonliche
Thatigkeit den Ausſchlag zu geben vermöge.
Unbedenklich und mit der gewohnten vers
zehrenden Kraft feines Willens, entrang er
fih dem Schooße' der Ruhe und des Vers
gnügens; und noch einmal folte die Welt
den Glanz feiner Thaten anſtaunen.
Nähe des Thurms del Farnero. (Vergl.
Mannert 1.305.) — Varus behielt nach ſei⸗
ner Flucht doch noch die Zeit, den Eingang
des Hafens mit einer eifernen Kette vor dem
Sieger zu verſchließen. Didins nachmalige
Schwäche aber mochte wohl die Folge des
Sturmes ſeyn, den er ſolchergeſtalt ın ofner
See ausjuftchen hatte, und der wohl nicht
ohne großen Verluſt abgehen konnte,
421
Unter die nothwendigen Vorbereituns
gen zu dieſem neuen Kriegezuge gehörte bie
Uebertragung der Obhut Roms, Italiens
und des weiten Reiche, während. des Dis
tators Abweſenheit. Er legte dieſelbe aber⸗
mals auf die Schultern ſeines Freundes
Lepidus: doch erhielt der Magiſter Cquitum
einen Rath von ſechs oder acht Praͤfekten
zur Seite, die ihn in feinem Wirkunge⸗
kreiſe unterſtuzzen, und — vielleicht feiner
Wilkuhr zum Gegengewicht dienen ſolten.
Von mehrern Seiten her wurden Verſtar⸗
kungstruppen gegen die Pyrenaͤen in Des
wegung gefezt; und Cöfar ſelbſt verlieh
Rom in den Herbſtmonaten, um mit einer '
Schnelligkeit, die damals an’s Wunderbare
grengte, *) und womit er fogar das Gerücht
— — — — —
=) Mit geboͤriger Ruͤducht auf die tref⸗
Uchen römifchen Hcerfitagen (menn auch das
mals nur noch in dem eigentlichen Italien
und dem eisalpinifchen und narbonnenfifchen
Gallien) können freilich 27 Reifetage für diefe
Entfernung (sder a Tage von Rom bis an
den Rhodanus, wie Blutarch bei einer an⸗
dern Gelegenheit anfübrt) ieniger Zeiten
Taum für etwas Außerordentliches gelten,
422
von feiner Ankunft Aberflog und feine eige
nen Freunde freudig erſchreckte, binnen fies
ben und zwanzig Tagen feine Freunde in
Obulco *) zu Aberrafchen,
Wäre aber auch feine Eile noch raſcher
gewefen: dennoch hätte fie nicht vermocht,
der Ungeduld zu entfprechen, welche die
gezwungene Unthaͤtigkeit biefer ſucceßiven
" Drtsveränderungen in einem ſolchen Feuers
kopfe **) nothwendig erzeugen mußte. Sich
wenn 4.8. der franz. Konful Leflens mit
bin, ibm anvertrauten, Bavieren des unglüds
lichen La Verouſe den vieleicht zwiefach Iäns -
gern Weg von der rußiſchen Kaifertadt nach
Baris binnen fiebenzebn Tagen zurüde
legte,
*) Diefen Ort nennt Strabo wogegen wir
bei Appian das meit entfernte Sagunt an⸗
gegeben finden, Jener ſcheint bier doch um
fo mehr den Vorzug zu verdienen, als er in
der unmittelbaren Mäbe des Kriegsichaunlage
zes, wur 300 Stadien öfllid von Corduba,
Tag; — alfo etwa beim heutigen Valen⸗
zuela, an der Grenze von Cordova und
Jaen.
”*) Denn welch eine ſtroͤmende Fluth der
Neen und welch eine Mobilisät des Dentens
423
feldft zu entfliehen, ſchrieb er, während
dieſer Reife, ein Gedicht, welches die Reis
fe felbft zum Gegenſtande hatte; fo wie
mehrere feiner, gefchägteften Schriften unter
ähnlichen Umfänden, zur Ausfüllung folder
Zeiten der Muße, zufammengetragen wor⸗
den. *) Um. wieviel höher muß nicht uns
fre Bewunderung diefes außerorbentlichen
Mannes fteigen, deßen föhriftftellerifches Ver⸗
dienſt (ſchon an fich fo felten verbunden mit
ben Eigenfchaften des Feldheren und Staates
mannes) auch ohne Ruͤckſicht auf die Weiſe
der Entſtehung, die 'rähmlichfte Auerken⸗
und Empfindens mußte fi in Diefem wun⸗
derbar organifirgen, Kopfe tegen, wenn et,
nach Oppiug und Plutarch, zwei — oder nach
Blinius gar vier bis ßeben feinen Schreiber
(devem Einge auch im Wagen oder zu Pferde
ihm nie von der Seite mich) zu gleicher Zeit
mit Diltigen von Briefen des verfchiedennen
Anhalte zu befchäftigen vermechte,
) 3.8. zwei Bücher ‚von der Analegie“
auf dem Wege Über-die Alpen, als er eink
aus dem cisalpinifchen Gallien sum Heere
eilte; desgleichen den oben berührten „Antis
Gate“ unter den Unruhen und Märfchen,
die der Schlacht von Munde vorbergiengen.
424
mung feiner Zeitgenoßen fand, *) fund in
den, auf uns getommenen, Reften eben
ſowohl die hoͤchſte Waͤrdigung aller Zeiten
) Cicero nennt feine Commentarien, „in
ihrer ungefünfelten, reinen und fanft dabin⸗
Fießenden Schreibart, iedes böchfen Lobes
werth. Sie zeigen” — fährt er fort —
„das Geſchehene ohne alle Hülle der Kunſt;
and während fie nur Anfpruch auf Eieferung
von Materialien zu einer ausfuͤhriichern Ge⸗
ſchichte zu machen feinen, und mancher
Stribler fich vieleicht darüber kielt, bier
ofnes Geld für feine Verbrämungen zu ſin⸗
den, muß fich der Kenner durch ihre edle
Einfalt nur um fo mehr von iedem Gedan«
ten dieſer rt abgefchredt fühlen.“ — Und
Hirtius, fein Wafengefährte und Ergänger,
fagt von diefem nemlichen Werke, mit einer
äbnlihen Wendung: „der Beifal deßelben
fey fo algemein, daß dem Geſchichtſchreiber
dadurch der Stof nicht ſowohl gegeben, als
ſchon vorweogenommen feine.’ — Beinen
Meden aber, deren fchon mehrmalen Erwaͤh⸗
nuno geſchab, weiß Cornelius Nepos an Kraft
und Reichthum der Ideen, fo wie an Biere
lichkeit des Ausdruds, durchaus nichts an
die Seite zu fielen; und Cicero weißt ihm,
als Redner, unbedenklich eine Stelle unter
den Vorzuͤglichſten an,
’ #5 .
fi erzwungen, als das Bedauern über
das Entbehrniß der vielen verloren gegans
genen Werke erregt hat. %) Denn als
Mufter des klaßiſchen Styls, der einfachen
Eleganz, des ruhig Elaren Geiftes im Webers
blid der Verhaͤltniße, der anfpruchlofen und
.) Schon zu Suetons Zeiten waren zwar
nod Reden unter feinem Namen vorban«
den; doch mehr oder weniger, als unterge-
fchoben, verdächtig. Zei Reden an feine
Soldaten in Hifyanien wolte Auguſt eben fo
wenig für aͤcht anerkennen; und verfciedene
feiner Jugendarbeiten (3.8. ein Lob des Here
Tules, ein Trauerfpiel, wovon Dedip der Held
mar, und eine Reibe von Collectaneen) bat
eben auch Wuguft der Nachwelt, durch das
Verbot an feinen Bibliothefar Bompeius Ma«
cer, fie den Publikum mitzutheilen, entzo⸗
gen; — vieleicht aus feinem andern Grunde,
als weil es — Yugendarbeiten waren. Auch
eine Reihe von Berichten an den Senat, in
der ungewöhnlichen Form eines Tagebuche,
(alfo vielleicht Bühetins?) Briefe an Cicero
und Familienbriefe an. feine Vertrauten ges
bören unter das Verlorengegangene. Wie»
wich richtiger würden wir biefen vielfeitigen
Kopf würdigen koͤnnen, wenn alle diefe Do⸗
tumente feines Geiſtes noch au Einficht offen
vor ung lägen!
426
doch erfhöpfenden Darftellung eigner Groß
thaten, find feine Commentarien das
unerreichte Mufter für alle fpätere Memoi⸗
tenfchreiber geblieben. *)
Caſars Erſcheinung in Hifpanien hatte,
von dem Augenblid an, da fie von feinen
Gegnern gefürchtet wurde, biefelben auch
jur befonnenften Berechnung ihrer Kräfte
„und der umfihtigften Weiſe der Kriegführ
zung aufgefordert. Obgleich mit ungebeugs
*) Und doch fest Hirtius feinen oben er⸗
veäpnten Eobfprüchen hinzu: ‚Andre moͤgen
die Schönheit und Reinheit derſelben nah
Gebühr bewundern: ich, an meinem Theile,
beftaune weit mehr noch, als Augenzeuge,
die Ochnelligfeit, mit welcher Caͤſar fie nie⸗
dergefchrieben.” — Dagegen erhob doch auch
ſchon Afinius Pollio mancherlei Bedenken ge⸗
gen die Glaubwürdigkeit diefer Commentar
rien. Caͤſat babe wenigfiens fremden Be⸗
sichten oft zu willigen Glauben beigemeßen,
und auch bei feinen eigenen Thaten, entwes
der aus Bolitit und feiner Umſicht, oder auch
aus unrichtiger Erinnerung, Manches in ein -
falſches Licht gefielt. Er Ängert aber zugleich
die Vermuthung, es fen des Verfaßers Abe
fit geweſen, fie bei einer nochmaligen Durch⸗
fiht zu verbeßern.
RT
tem Muthe, und entfloßen, dem glüds
haften Sieger feine zahlreichen Lorbeern
im ofnen Felde zu entwinden, erkannten
fie doch die Unmoͤolichkeit, den geſammten
Umfang. ihrer Eroberungen, oder ihrer
freundfhaftlihen Berbindungen in Hiſpa⸗
nien, gegen ihn zu vertheidigen, ohne ſich
im Einzelnen unverhaͤltnißmaͤßig zu ſchwa⸗
den. Sie ſchraͤnkten ſich alfo kluͤglich auf
die Behauptung von Bätica ein, welches
ihnen durch örtliche Lage, Boden, Frucht⸗
barkeit und Gtimmung der Einwohner
die ergiebigften Hüuͤlfsquellen darzubieten
ſchien, und wo fie auch bereits die ums
faßendften Vorbereitungen zum Empfang
des Feindes getroffen hatten,
Diefe Provinz, von den frůheſten Zeis
ten ber durch den mildeften Himmel, reihe
Segnungen ber Natur und Ueberfluß an
edlen Metallen und andern viel gefuchten
Handelswaaren ausgezeichnet, if als ein
weites langgeſtrecktes Thal von vier Läns
gengraden zu betrachten, welches fih, von
Dften nach Weften, gegen das atlantiſche
Meer hinabzieht und den Namen von dem
Hauptſtrome des Landes, dem Vaͤtis, ente
428
lehnte, der fih in mannigfaltigen Wins
dungen durch feine Fluren mälzt und von
zahlreichen Nebenflägen, zu beiden Sei⸗
ten, den Reichthum feines ſchifbaren Ge⸗
waͤßers empfängt. Nördlich begleitet ihn
das raube marianifche Gebärge, deßen Ne
Benäfte ſich ihm vielfach nahe entgegen⸗
drängen: doch an der entgegenftehenden
Seite verflacht ſich das minder anfehnlihe
Bergioch des Illipula, welches längs dem
Mittelmeere fortftreicht, gegen den Haupt⸗
from in weite fruchtbare Ebenen. Viele
und anfehnliche &tädte, zweihundert am
der Zahl, und meift auf ſteilen Anhöhen
gegrändet, beberrfchten das Land und ers
fwerten, durch natürliche und kuͤnſtliche
Feftigkeit, die Bezwingung deßelben; wah⸗
rend es für den Angreifer gefaͤhrlich war,
fih in die felfigten waßerlofen und durdy
ſchnittenen Gebürge im Norden zu vertie⸗
fen. *)
) Diefe geograpbifchen Beſtimmungen vaſ⸗
fen, in ihrem gefammten Umfange, aud auf
das heutige Andalufien, wo wir den Bde
tis im Guadal quivir, die mariauiſchen
49
Die. Söhne des Pompeius Fonnten in
diefem Striche Kifpaniens fat uͤberal auf
unbebingte Anhänglickeit rechnen; und nur
das ‚einzige Ulia machte hierin eine Aus⸗
nahme, die ihm aber auch bereits ſeit mehr
teen Monden.eine hinige, von Eneius ſelbſt
geleitete, Belagerung zuzog; wogegen fein
Bruder Sertus zu Corduba, dem Haupts
orte der Provinz, in der beftgemwählten
Stellung fand, tede, durch Die caſariſche
Kriegemacht von Often her verfüchte Sto⸗
rung diefes Angeifs ‘zu verhindern. Dem
bartbebrängten Ultern gelang es indeß, die
Wachfamkeit der Belagerer, menigftens in
fo weit, zu täufchen, daß ihre Abgeordnes
ten heimlich zu Caſar durchdrangen, und
den Diftator in eben dem Augenhlid ers
reichten, wo er die vorgefundenen Trup⸗
pen zufammen gezogen hatte, um den Felds
ug ungefäumt zu exröfnen. Ihr Flehen
um fehleunige Unterftüzzung, die mit feinen
Gebürge in der furditbaren Sierra Mo«
zena und den Illivula in den füdlichern "
Sierren de Alhamilla, Nevada und
Antequera wieberfinden,
. 40
tlgenen Entwürfen aufs genaueſte zuſam ⸗
menhieng, fand die bereitwilligſte Gewähr
zung, indem eilf Kohorten, zufammt einer
verhältnißmäßigen Reiterfchaar, bei Nacht
gegen Ulia aufbraden. 2. Junlus Pacie⸗
eus, ein Mann von Kopf und der genaue⸗
Ken Kenntniß des Landes, führte das kuhn
gewagte Unternehmen art; und begünftige
von der dikfen Finfterniß und einem übers
aus ſtuͤrmiſchen Better, gieng er, zuver⸗
ſichtlich und in guter Ordnung, auf den
nachſten Poften der Belagerer zu, und bes
deutete Die Wachen, welche ihn anriefen, zum
Stilſchweigen, indem es eben iejt den Vers
ſuch gelten folle, ſich des feindlichen Plays
ses durch Ueberfal zu verfihern, Die Lift
gelang, da man entweder in fein Worges
beri fein Mißtrauen fezte, oder wegen des
beulenden Sturms ſich nicht näher verftäns
digen Eonnte: Paciecus näherte fih, uns
aufgehalten, den Thoren, und ward, auf“
ein verabredetes Zeichen, freudig eingelaſ⸗
‚ fen. Unverzüglicy auch ward ein Eräftiger
Ausfal beſchloßen und mit fo gutem Erfolg
in’s Werk gerichtet, daß ſich Schreck und
431
Beftärzung im ganzen feindlichen Lager ver;
breiteten. *)
Zu gleicher Zeit aber fezte auch Caſar
ſelbſt fih in Bewegung, um die Aufhe⸗
bung der Belagerung zu bewirken. Beine
Teichten Truppen zeigten fih im Geſichte
von Corduba; und ein glückliches Gefecht,
worin fie die ausgefallene Beſazzung zus
ruͤckſchlugen, reichte für den eingefchüchters
ten Sextus hin, ihn wegen der Sicherhelt
des Platzes in dem Maaße beforge zu mas -
- hen, daß er feinen Bruder Cneius aufbot;
ihm in angeftrengten Märfchen zu Huͤlfe
iu fommen, um den Fall von Corduba zu
verhuten. *x) Seine Beforäniße ſteckten
*) Div (B. 43. K. 34.) erzählt dieſe nem⸗
liche Kriegeliſt, mit wenig veränderten um⸗
ſtaͤnden; aber von dem Pompeianer Muna-
tius Flaetus, welcher ſich, in einer etwas
ſpaͤtern Periode, vermitteiſt derſelben, durch
Caͤſars Wachen, nad) Ategua bineingefchlichen
babe, um bier den Oberbefehl zu Übernehmen,
Vieleicht verwechfelt ee, wie oft, die Zei⸗
ten und Umflände; vielleicht aber konnte ſich
ein ähnlicher Vorfal aud mehr als Einmal
ereignen. J
Dieſe Furcht konnte iedoch einigen re⸗
42 |
auch die Übrigen Anführer an; die Be
zwingung von Ulla, das bereits am Rande
des Untergangs fihmebte, ward aufgegeben,
und Alles aufgeboten, die Kauptftadt. zu
retten.
Hier war indeß Cäfar eifrig bemüht
gewefen, ſich einen Uebergang über dem
reißenden Batis zu erzwingen, um an Cor⸗
duba / felbft, welches an defen nördlichen
Ufer tag, zu gelangen. *) Nicht nur mußte
eine
ellen Grund haben, da in Corduba noch eine,
dem Diktator ergebne, Parthei vorhanden
war, die ihm ausdruͤcklich angelegen hatte,
den als leicht vorgeftelten Verſuch einer
Veberrumpelung nicht zu verfchieben. Ihre
Nachweifungen machten Eindruck: aber doch
ſcheint die Unterſtuͤzung von innen, wozu
Ke ſich vernfichteten, den erregten Erwar⸗
tungen. nicht entfprochen zu haben. Nach
Div gieng Cäfar, auf diefen vereitelten Vers
ſuch, zuruͤck, und ließ feinem Gegner die Zeit,
nach Corduba zu kommen, den Plaj beßer
zu verfeben und dann zur Belagerung von
ulia zurädzufebren, Dies daͤucht mir aber
nicht febe wabrſcheinlich. -
*) Duß diefer Hebergang oberhalb des
Plazzes verfacht wurde, läßt ſchon die Stel ⸗
lung
433
eine Bruͤcke geſchlagen, ſondern auch der
Kopf derſelben gegen die Angriffe der Be⸗
ſatzung geſichert werden. Jenes geſchah,
lung ber beiden Heere dorausſezzen; fo wie
auch, daß aus Corduba felbf Eine oder meh⸗
rere Bruͤkken hinuberführten, vermittelſt mel-
her ſowobhl der frühere Ausfal der Garniſon
verſucht wurde, als auch Cheius fich dutch
die Stadt z0g , und fo fh dem Feinde am
noͤrdlichen fer entgegenfegte. Ueberbauvt
tappt man in Keinem von des Imperators
Geldgügen über den innern Zuſammenhang
der Begebenheiten fo febr im Dunteln, als
in dieſem lezten bifpanifchen; obgleich wir
über denfelben, als Anhang zu Cäfars Com⸗
mentarien, ein eignes Geſchichtwerk eines un⸗
befannten beſijjen. Nicht aber nur, daß daſ⸗
ſelbe in einer aͤußerſt verſtuͤmmelten Geftalt,
mit unzähligen großen und Beinen Lüften,
(fa wie auch das Ende fehlt) auf ung gekom⸗
men iſt: fondern auch fein geringer innerer
Gehalt ſchlaͤgt iede Erwartung, bier eine be=
lehrende Darſtellung fo denkwuͤrdiger Ereig⸗
niße gu finden, gänzlich darnieder. Der Ver⸗
faßer (vieleicht ein Kriegstribun ober Gen«
turio des caͤſariſchen Heeres), if, neben einer-
Außer batbariichen, mit Syriatmen übers
fülten Sprache, in feinen Nachrichten bald
überaus unbefiimmt, bald wieder befcpäftigt.
4 Band. Ee
- " 44
indem häufige „Körbe, mit Steinen gefült,
in den Strom verfenft wurden,. um die
Brukkenbogen darauf zu gränden; und der
feindlichen Zerfiörung begegnete man durch
ein zwiefaches Pfahlwerk, welches vor ih⸗
sem ienfeitigen Zugange angelegt wurde.
Allein bevor noch der Feldherr die verſchied⸗
nen Abtheilungen feiner Truppen hinäbers
führen und in eine Stellung entfalten Eonnte,
mar auch ſchon Eneius bei Corduba anges
langt, und fezte fih ihm gegenüber. Ber
geblich “wandte Caſar, von diefem Augen:
bit iede Kunft der ‚Feldbefeftigung an,
— — — —
mit Trivialitaͤten, welche deutlich verrathen,
Daß ihm der Standpunft zur Meberficht des
Ganzen fehlte, und daß er feine Berichte
nicht tiefer, als aus den täglichen Armee
Bületins und den oͤffentlichen Relationen
fhönfte. Noch unglücklicher trift ſichs, daß
gewohnlich gerade da, wo man dım endlichen
Aufichluß einer Erzählung entaegenficht, eine
Terxteslutte diefe Hofnung unbarmberzig dere
eiteit. Nirgend find daher auch, in Erman«
gelung anderer Quellen, ald der gleichfals
unvolädndigen des Dio, felbfi etwas gewagte
Kombinationen verzeihlicher, als in dieſer
riegsgeſchichte.
435
um feinen Gegner durch Linien, die von
der Bruͤkke ausliefen, von der Stadt und
der aus derfelben gezogenen Berpflegung
abzudrängen: Pompeius arbeitete ihm eben
ſo geſchickt mit der Schaufel entgegen ; und
felbft ein Handgemenge, in weldes beide
Heere, neben der Bruͤkke, mit mehr ale
gewoͤhnlichem Ernſt, geriethen, war kei⸗
nesweges von einem ſo entſcheidenden Er⸗
folg, daß das eine oder das andre aus ſei⸗
ner Stellung gewichen wäre. '
Dffendar war es des Diktators Wir
berfachern gelungen, ebenſowohl feine Abs
ſichten auf Corduba, als feine Hoffnungen
zu Endigung des Krieges im erften rafhen
Anlauf, zu vereiteln. Der Winter brach
bereits ein; und noch war nirgend ein fefter
Fuß gewonnen! Schon zeigte fih der
Mangel an Lebensmitteln drüdend, und
drohte, es mit iedem Tage noch mehr gu
‚werden. Theils alfo, um den Feind aus
feiner zu ſtarken Stellung hinwegzulokken;
theils aber, und noch mehr, um fi in den
Beſiz gendgender Borrärhe zu fejgen, wandte
er fih, mit gelungener Taͤuſchung der Poms
peianer, die ihn noch in feinem Lager am
Goa
436
fadlichen Ufer wähnten, bei Macht gegen
die nördfihen Gebärge, und ftand pldzlich
vor Ategua, *) wo große Magazine von
Lebensmitteln aufgehäuft Tagen. Dennoch
reichte auch hier fein rafcher Amfal niche
hin, diefen ungemein feften Plaz mit fo ges
Singer Mühe, als er fich geſchmeichelt Hatte,
zu bezwingen. Er ſah ſich, um nicht ſchimpf⸗
lich wieder abzuziehen, zu einer regelmäßl
. gen Belagerung genöthigt; und biefe ward
in ihrem Fortgange um fo mehr erſchwert,
da indeß auch Cneius zur Huͤlfe herbeisog
und fih am Fluße Salfus, unmeit Ucu⸗
bis, **) feier im Angeſicht der Belagerer,
feſtſezte. Diefer hätte vielleicht, bei feiner
dermaligen Uebermacht an Truppen, dem
Geldzuge durch eine unverzigerte Schlacht
Ategua fol das iezzige Tebala veia,
ſo wie der Fluß Salſus der Guadiato
oder Guadasog ſeyn. Doch ruht hierüber
noch manches-Duntel, Die d’Anvilifche Karte
fejt, offenbar unrichtig, Ategua tief nach Suͤ⸗
den in die nordweſtliche Nachbarfchaft von
Malaca herab.
) Es fol noch in dem Stetten Lucubi
eriſtiren.
437
eine unvesmuthete Wendung geben konnen,
wenn er entweder der bedsohten Feſtung
nicht eine unbezwingliche Haltbarkeit zuges
traut, oder es nicht vorgezogen. hätte, ſei⸗
nen Gegner durch Hunger, Grmüdung und
Strenge der Jahreszeit aufjureiben. Er
Begnügte ſich alſo, denfelben durch tägliche
Angriffe im Einzelnen, Abfhneidung der
Zufuhren und andre Kuͤnſte des Fleinen
Kriegs ftets in Athem zu erhalten.
Auf der andern Geite vertheidigten
ſich auch die Balagerten, durch den nahen
Anblick ihrer Befreier ermuthigt, mit eis
ner Entſchloßenheit, gegen welche die ans
gewandten Mittef zu ihrer Bezwingung,
in einem langen Zeitverlauf, kaum auf ir⸗
gend eine ſichtbare Weife fruchteten. Mehr
als einmal gelaug es ihnen, Caſars Ro
thürme und. Kriegsmafghinen in. Brand zu
fteffen, feine Arbeiten zu vereiteln und durch:
den Hagel ihres Wurfgeſchuͤnes Tod und
Verderben unter den Angreifern zu verbrei⸗
ten, während ihre zwiefachen Mauern der
Beſtarmung fpotteten, und ihre unterirdi⸗
fen Gänge den treulofen Boden umher
in einen verfteckten Abgrund verwandelten.
438
Zwar fehlte es nicht an Unzufriedenen uns
tet den Bürgern in dem Platze, die den
Uebermuth und die Dedrüffungen der hin
eingelegten pompeianifhen Beſanung auf
die Länge unerträglich fanden, und die durch
gemworfene und: mit Zetteln verfehene Kur
geln den Ort und die Zeit, wo ein Sturm
gegen die Mauern mit gluͤcklicherm Erfolg
+ zu wagen ſey, zu bezeichnen verhießen: allein
‚fey es, daß man diefem Verrath auf die
Spur geriech, oder daß die Befazzung in
den Plazje den unbedingeen Meifter zu
ſplelen wuͤnſchte: — genug fte bewerkſtel⸗
ligte, mit falter Graufamfeit, eine allges
meine Ermordung ihrer Hauswirthe, deren
2eihname Aber die Mauerzinnen hinaus
geworfen wurden; — ein Blutbad, deſ⸗
fen empörende Kunde felbft Cneius und
“ Labienus mit gerechter Mißbilligung aufs
nahmen. .
Deide vereinigte Feldherren hatten in⸗
deß verſchledentlich ihre Stellung veräns
dert und zulezt ſich Aber den Salſus noch
naͤher herangewagt, um ihren Freunden
"in Ategua die Hand zu bieten. Schwer⸗
lich mochten fie von dem Diktator (obwohl
439
Re ihn darin hätten Eennen follen) die
eiferne Beharrlichkeit erwartet haben, welche
er, allen ungünftigen Umftänden zum Troy,
in dieſer Lage entwidelte, und die ihnen
endlidy die Weberzeugung aufnöthigte, daß
die Bertheidigungsmittel des Plaues ferner
gegen ihn nicht ausreichen dürften. Es
wurde demnach mit: dem Befehlshaber in
Ategua ein nächtlicher Ausfall verabredet,
der, von dem Lager aus, durch gleichzeitis
gen Angrif wuterftüzt werden, und vermöge
deßen er verfuchen follte, ſich, mit. Preiss
gebung -des zugleich in Brand. geftechten
Plazzes, mitten durd; die feiikichen Quar⸗
tiere zu ihnen durchzuſchlagen. Alles warb.
hiezu in der Stille vorbereitet. Man vers
ſah ſich mit, Strauchwerk zu Ausfülung
der Gräben, mit Haken zu Mieberreifung
der ftrohernen Lagerhütten, die demnächft
in Feuer aufflammer folten, und ſelbſt mit
Geld und. koſtbaren Stoffen, um fie dem '
hinigen Verfolgern zur Plünderung in den
Weg zu werfen.
Zwar der Ueberfal ‚des caſariſchen Las
gers gelang: aber nicht der Durchbruch;
und bie Belagerten wurden, nad einem
44p
hartnäfkigen Widerftande, mit greßem Bew
haft in die Stadt zuruickgeworfen. Diefer
ungluctliche Verſuch hatte die Folge, daß,
glei) am nächften Tage, von ihrer Geite
ein Abgeordneter erſchlen, welcher auf Er⸗
gebung in des Siegers Gnade antrug.
Schon früher hatte Caͤſar eine ihm ange⸗
tragene Auswechſelung der Gefangenen *)
mit der fioljen Antwort zurädgemiefen ;
„Er fey gewohnt, bie Bedingungen vor
zuſchreiben, „aber nicht von andern anjus
nehmen.“ — ezt, wo fie ihren Antrag
auf die befcheidnere Bitte einſchraͤnkten:
als roͤmiſche Wuͤrger von ihm nicht härter
behandelt ju .merden, denn er fich. gegen
unrdmiſche Gefangene erwiefen — begnügte
er ſich mit der trodenen Berfiherung, fie
auf den nehmlichen Fuß behandeln zu wol⸗
ten. Allein der Ton bdiefer Antwort ers
weckte bei ihnen ein fo geringes Vertrauen,
daß fie norhgedrungen in ihrer Vertheidi⸗
gung beharrten. Caſar würde Grund ges
) Dies iſt wohl der einzige haltbare Sinn,
der ſich in die verworrene und korrupte Exre
adblang (diſp. Kr. K. 13) bringen Käßt,
44.
habt haben, dieſe ihm ſo ungewoͤhnliche
Strenge zu bereuen, wenn er nicht von der
fernern Unhaltbarkeit des Plazzes, fo wie
yon dem aufgegebenen Entſazze deßelben
und ſogar von einem nahen Abzuge des
feindlichen Heeres gegen die Seeküfte, durch
Ueberlaͤufer und aufgefangene Briefe aufs
genaueſte unterrichtet geweſen wäre,
Diefe nehmlichen Nachrichten und der
‚gerechte Unmuth, ſich fo ſchaͤndlich aufge,
opfert zu fehen, bewogen endlich den Bes
fehlshaber 2. Dinucius, *) nochmals feine
Dereitwilligkeit zur Uebergabe 'und feinen
Wunſch, kuͤnſtig unter einem edelmuͤtbigern
Feldherrn zu dienen, erſt ins geheim und
dann oͤffentlich, zu erklaͤren. Schonung
des. Lebens war die einzige Gnade, auf
die man noch Anfpruch machte; und Ca⸗—
far antwortete: „„ Er fey Caͤſar, und vers
fihhre fie feines Schuzzes.“ So gieng ends
lich Ategua, nach harter Arbeit und Drang⸗
) Ohne Zweifel nur eine Namensverwech⸗
ſelung mit dem Munatius Flaceus, den ung
Dip, wie oben erwähnt, als den Kommene
danten von Ategua Innen lehrt.
442
fal, (20 Febr. 710) in ſeine Hande Aber;
die Truppen aber hielten diefe Erwerbung
für wichtig genug, um ihren Feldheren
abermals als Imperator felerlich zu be⸗
grußen.
Sie war es auch in der That; wie⸗
wohl weniger durch ſich ſelbſt, als durch
den Schrekken, welchen der Fall einer ſo
hochgeprieſenen Feſte welt umher verbreis
tete, und durch das nunmehr Faum noch
zweifelhafte Uebergewicht Aber einen Geg⸗
ner, deb dieſe Kriegsthat, vor feinen Aus
gen, ohne eine Schlacht zu wagen, *) hatte
gefhehen laßen. Nur die Schwierigkeit -
der Verpflegung drang dem Diktator forts
gehend ‚die Nothwendigkeit auf, den Eleis
nen Krieg fortzufeggen und es Infonderheit
auf die Bemädhtigung der, zu Magazinen
eingerichteten, Plaͤtze im Gebirge anzules
gen. Er hielt dadurch auch feine Gegner
am Fluße Salchus zuruͤck, deren Vorſicht
*) Als in dem gehaltenen Kriegsrath eine
ſolche Stimme fich erhob und auf die Schlacht
drang, während alle Uebrigen nur Heil in
dem Rüdzuge fanden, warh der Wakkere auf
der Stelle niedergeioßen, .
43
es dennoch nicht- verhindern Fonnte, daß
Ueubis und Soritia in feine Hände fielen,
und die — als er endlich, nad Erſchoͤpfung
feiner Vorraͤthe, an Hiſpalis voräber, ſich
füdlich in die Ebene von Munda *) hinab
309 — fih darauf einfhränfen mußten,
ihm zur Seite zu bleiden.
Diefe kühne Bewegung, verbunden mit.
einer Reihe glädlicher Gefechte, war nur
zu fehr- dazu geeignet, dem Feldherrn, der
fie hatte gefchehen lagen, das Vertrauen
der in Furcht gefezten Provinz zu rauben.
Eneius, durch die Beſturmungen feiner
Bundesgenoßen gedrängt, durfte der Haupt ⸗
ſchlacht, welche er fo ‚gerne vermieden hätte,
nicht länger ausweichen. Er benuzte daher
die Vortheile feiner gegenwärtigen Siel⸗
fung, um fih, (17. Merz) bei Tagesanı
*) Diefer bedeutende fefte Plaz Ing am Ab⸗
bange des fühlichen Gebürgszuges, und hat
feinen Namen, bis auf unſre Zeiten, in dem
Dorfe Monda erhalten, welches iedoch in
einiger Entfernung von iener alten Stelle
gelegen if. Die Karten zeigen es nordwefl«
lich von Malaga, am Fiuße Guadal⸗
medina
44
Bruch, in voller Schlachtordnung dem Feinde
gegenüber zu zeigen.. - @eine Linien, bie
ſich längs einer fteilen Anhöhe ausdehnten,
enthielten dreizehn volle Legionen, deren
Flanken durch die Meiterei pınd ſechstau⸗
fend Mann. leichter Truppen gebedt wur⸗
den; ungerechnet noch die Bundestruppen,
melde das Doppelte. diefer Anzahl betrus
gen. In feinem Rukken lag Munde, wos
hin ihm, auch im fhlimmften Falle, die
Zuflucht gefichert blieb; dagegen am Fuß
iener Anhihe fih ein Bach In moraſtigen
Ufern Hinfglängekte und den Angrif auf
feine Stellung erſchwerte. Muth und Zus
verſicht belebten feine Schaaren, bie zudem
überzeugt waren, daß fie,. als firafbare Ems
pörer ober freches ©clavengefindel, bei Ca⸗
far auf feine Schonung zu rechnen hatten, °
Diefer ftand im Begriffe, fein Lager
abzubrechen, als er die erfte Nachricht vom
iener Bewegung erhielt, und ſich augen⸗
blicklich in Bereitſchaft ſezte, dem Feinde
. die Stirne zu bieten. ine Ebene von fünf
Millien, die ſich bis an den vorermähnten
Bach erftrechte, und der Reiterel dem trefs
lichſten Tummelplaz darbor, trennte ihn
' 445
von beihfelben. Er hofte, ihn in disfe Ebene
herabfteigen zu ſehen, und eilte um ſo mehr,
ihm auf der Hälfte diefes Weges entgegen
zu rhkfen. Seine Macht belief fi, neben
achttauſend Reifigen, auf achtzig Kohorten,
von welchen die zehnte Legion *) ihren al
ten Ehrenpoſten auf dem rechten Flügel,
fo wie die Veteranen der Dritten und Fünfs
ten den Ihrigen auf dem klinken, behaupte⸗
ten. Die Meugemworbenen, auf deren feſte
Haltung weniger zu bauen war, füllten,
wie gewöhnlich, die Mitte; und wirklich
ſchien ihre Stimmung den Wünfchen des
Feldhertn nicht allerdings zu entfprechen.
Entweder aber war es biefe Bemerkung,
*) Nach) dem, was oben (©. 308) von des
Entlaung diefer und der neunten Begion in
‚ Afrita gefagt worden, muß es allerdings bes
feemden, dieſelbe in ihrem alten Glanze bier
wieder auftreten zu ſehen. Entweder war es
alfo mit diefer Verabſchiedung abermals fo
ernſtlich wicht gemeint, und fie folte nur zu
ihrer deſto gewißern Demätbigung dienen;
oder der Name der Zehnten, welcher fich num
ſchon zu einer rähmlichen Auszeichnung er⸗
hoben batte, gieng auf ein andres Vetera⸗
nen» Corps über,
j 46,
oder ein Reft von Krankheit, womit er feit
einiger Zeit zu kaͤmpfen gehabt, war ſei⸗
nen, fonft flammenden, Blick an diefem
Sage ſichtbarlich truͤbte.
Schon hatten Caſars Linien, im lang⸗
famen VBorrüffen, die ganze Dreite der
Ebene zurüdgelegt und den Rand des Bas
ches erreicht, ohne daß feine Gegner Luft
begeigten, ihre günftige Stellung zu verlafs
fen und von der Höhe, ihm entgegen, her⸗
nieder zu fteigen. Ihnen diefen Weg vols
lends zu erfparen, und ben Berghang zum
eignen Angeif hinan zu klimmen, ſchien
gleichwohl ein To mißliches Wagſtuͤck, daß
der Diktator ſich deßen gern enthoben haͤtte,
. und fofort ben Legionen Stilſtand gebot.
Der nachtheilige Eindruck, den dies auf
die Gemäther ergeugte, konnte nicht vers
mieden werden; er würde aber noch vers
derblicher um ſich gegriffen haben, wenn
der Feind ihnen Zeit gelaßen hätte, dem⸗
felden naczuhängen.. Denn Diefer, der
ienes Stoffen bemerkte und es als ents
fihiedene Furcht ausdeutete, warb num pldzs
lich feiner bisherigen wohlberechneten Ent
haltfamfeit muͤde, gerieth in Hizze, warf
47
ſich die Anhöhe hinab, und fihrzte ſich,
unter lauten, ermunternden Zuruf, in’s
Handgemenge.
Nur zubald entwikkelte ſich hier nun⸗
mehr der Geiſt, welcher dies⸗ und ienſeits
die Kämpfer beſeelte. Cine, an Todes⸗
. perachtung geenzende, Erbitterung und der
Wunſch einer vielfältig zu nehmenden Ras
che leitete, von oben herab, die Streiche
der Pompeianer, deren Keiner einen Fuß⸗
hreit wich, die feine Wunden fehredten,
und in denen Allen nur Ein Wille und.
Eine Hofnung flammte, den Sieg vom
Schickſal zu ertroggen.. Caͤſars Soldat hins
gegen, mißmuthig gemacht durch, Die Noth⸗
wenbigfeit, einen fo oft geſchlagenen Feind
ftets aufs neue zu befämpfen,; ungewohnt
Aberdem, einen Angrif, zu dem er. felbft
lieber den vafchen Anlauf genommen hätte,
fiehenden Fußes zu erwarten,. und durch
das Gewicht der gegenfeitigen Waffen uns
aufhoͤrlich in ‚Die Tiefe zurüdgedrängt, —
empfand den vollen Machtheil diefer uns
günftigen Lage und mußte alle beßern Kräfte
in fi gewaltfam aufbieten, um diefem Ans
‚drange gewachfen zu bleiben. Dennoch
48
‚ nahm das Kampfgewähl, ie höher die
Sonne empor ſtieg und am ungeträbten
Soimmel über dem bluttriefenden Schlacht⸗
felde hieng, immer mehr eine Wendung,
welche entweder bie Gebrechlickeit oder die
sreulofe Laune des Gläds fehlen fürchten
zu laßen.
Mit namenloſer Empfindung in der
gequälten Bruſt fah Caſar, was ihn ber
drohte; fah die Legionen,. die ihn längft
eines folhen Anblids entwöhnt hatten,
hinter fih wanken; fah felbft feine Vete⸗
ranen weniger durch Tapferkeit, als durch
Scham vor fid felbf, in ihren Reihen zus
rüdgehalten; fah, daf er, der fo oft um
den Sieg geftritten, hier zum Erſtenmale
um Luft und Leben zu kämpfen gegwungen
werde. *) Mit entbranntem Zorn durchs
flog er die Glieder, und ſchrie den Seinen
wm: „Schande! Schandel daß ihe mid,
heute den Handen unmündiger Knaben
ausliefern wolt! Hoft nicht, daß ich bier
vom
*) Dieb, während ber Schlacht, lebhaft em⸗
pfunden zu haben, war er, nach derfelben,
feinen Freunden ſelbſt eingeſtaͤndig.
49
vom Plägze weichen werde! Wer iſt nun
noch ‘der Feige, der feinen Feldheren vers
rathen wi?“ Dann fprang er vom Roße,
ergrif den Schild eines Legionariers, fiürzte
ſich in bie vorderſten Reihen, und hatte
bei diefer perfänlichen Aufopferung vielleicht
weniger bie Abſicht, den erfterbenden Much
ſeiner Schaaren durch ein großes Beiſpiel
zu beleben, als den Tag, da fein Gluͤcks⸗
ſtern unterzugehen drohte, nicht zu übers
dauern.
Indeß blieben feine Anftrengungen,
der Nachdruck feiner Streiche, fein ſtrafen⸗
der Blick, fein Zuruf an feine Gefährs
ten-feineswweges Yanz verloren. Ein neuer
freudiger Aufſchwung gieng von ihm aus
und fpannte den etmatteten Arm der Les
gionen. Die Zehnte, obwohl bei weitem
nicht volzählig, gewann einigen Boden;
und einige Kohorten des feindlichen rechten
Flügels mußten herausgezögen werden, thr
rem linken zu Huͤlfe ju eilen; während
Caſars Reiterei gluͤcklich des Zeitpunkts
wahrnahm, ſich in die dadurch entſtandene
Lukke zu werfen. Zu gleicher Zeit aber
ſolte, was die Tapferkeit begonnen hatte,
4. Band. . 8
Bo
der Zufal volenden. Ein Theil von Caͤſars
mauritanifher Reiterei, welcher das feind⸗
liche Heer umfchwärmte, war bis zu deßen
verlaßenem Lager in feinem Rukken vorge
drungen, und ſchickte ſich ar, es zu pluͤn⸗
dern. Labienus, der diefe Gefahr bemerkte
und fie hätte verachten follen, gedachte ihr
durch ſchleunige Entſendung von fünf Kor
horten zu begegnen. Doc kaum erblicdte
der Diktator, welcher indeß von der Bes
ſchaͤftigung des Soldaten zu den Pflichten
des Feldheren zuruͤckgekehrt war, dieſe rück
gängige Bewegung, die einer. Flucht fo
ähnlich fah, fo verfündigte er mit lauter
Stimme, was er ſah, ader zu fehen mit
glädlicher Beſonnenheit vorgab. Sie
fliehen! fie fliehen!“ fol es weit umher
durch die Glieder. Der Much der Caſa⸗
rianer erhob fich in. dem nemlichen Maaße,
als der feindliche dadurch an Haltung ver
lor. Nun wandte das Gläd des Tages
ſich ſchnel. Die Zuverficht der Pompeianer
verwandelte fih Yin leidende Abwehr, in
Schwanken, in Zurddweihen; das Weichen
in Flucht; die Flucht in Gemezzel! Dhne
die Nähe von Munde, wohinein der Strom
| 451
der Feldflüchtigen fich ergoß, wäre das ges
fammte Heer auf dem Wahlplatze aufges
sieben worden.
Nichts deftomeniger deckten dreißigtau⸗
fend Erfehlagene das Schlachtfeld, denen
dreitaufend römifche Reifige fi im Tode
wugefellten. Aber .auch Labienue und Das
rus, unfähig, den Schifbruch ihrer lezten
Hofnungen zu Aberleben, hatten ihren Uns
tergang gefitcht und gefunden," und wurden
mit großmäthiger Auszeichnung vom ie
ger beftattet. . Diefer Leztere berechnete ſei⸗
nen Verluft auf taufend Gebliebene und
die Hälfte der Zahl an Verwundeten; wos
gegen er fiebenzehn feindliche Anführer als
Gefangene und eine Beute von dreizehn
Adlern, nebſt einem ſtattlichen Reichthum
andrer Trophäen zählte. Cneius ſelbſt fläche
tete, mit einer-geringen- Begleitung, von
der Wahlſtatt gegen Cartela, wo er auf
feiner Flotte einige Rettung fuchte Auch
fein Bruder Sextus hielt fih nun in Cor⸗
duba feinen Augenblick mehr ſicher, Ton
dern fitchte, unter dem Vorwande von Fries
deneunterhandfungen, fich zu entfernen und
entfioh in die fernen Gebärge Celtiberiens;
#ie
45%
D. Seapula Hingegen, der an Gfäd und
Leben verziweifelte,. brachte die srogzige Ent⸗
ſchließung, womit ohnlangſt / erſt Juba fein
gewaltſames Ende hatte auszeichnen wollen,
zur wirklichen Ausführung, indem er zu
Eorduba einen ſelbſt errichteten Scheiter⸗
haufen beſtieg, und, buftend von Narben
und mohlsiechenden Salben, ſich den Tod
von Stlavenhand zeichen ließz. —
Caſar hatte inzwiſchen keinen Augen⸗
dlick verabfäumt, feinen großen Sieg im
weiteften Umfang zu benuzzen. Er ruͤckte
vor Munde, wo gleihwohl die Schrekken
biefes Tages den-Entfchluß einer hartnäkkie -
gen Vertheibigung nicht zu verdrängen vers
mochten. Allein um’ ber Furcht noch das
Entſenen beizufügen , verfiel der Soldat
auf den gräßlichen Gedanken, ben Wal,
womit die Stadt fofort winzingelt werden
folte, aus den Leichnamen der, in ber
Schlacht Gebliehenen, aufzuthuͤrmen, ihn
mit zwiſchen durch getriebenen Sperren,
Schwertern und Dolchen zu befeftigen und
feine Zinne mit einer Reihe von Menfchens
ſchadeln zu Eränzen. Aber auch diefe Bars
barei ‚verfehlte -ihres -Endzweds, da fie,
453
anftate.den Belagerten die Waffen aus den:
Händen zu fehlagen, nur ihre Verzweiflung
zur ſtarren Wuth erhöhte. Caſar ſelbſt
warb mude, des Ausgangs zu hatren, ließ
den größten Theil des Heeres, unter ſeines
Legaten Fabius-Anführung, vor Munde,
und wandte fich gegen Corduba, wo: feine
Parthei nunmehr Ehhner das Haupt erhob,
und der Gewinn des Plaues ihm nicht
Bitıger entfichen Eonnte,
In der That blieb ihm Hier, Bei ſei⸗
ner Erſcheinung, nur die Mühe uͤbrig,
dieſe Partheb gegen die Horde losgelaßener
Selaven zu ſchatzen, welche, von Sextus
Bewafnet and in Legionen geſammlet, der
Stadt den Untergang drohten, und ſchon
anfiengen, die Mordfakkel hinein zu ſchleu⸗
dern. Sezt erreichte fie endlich des Sie⸗
gers firafendes Schwert; und nicht weni⸗
ger, als zwei und zwanzig taufend dieſes
biutfpnaubenden Gefindels blieb auf dem
Plazjel — Hiedurch geſchreckt, dfneten ihm
nun aud die Einwohner von Hiſpalis freis
willig die Thors: allein ihre Aberwiegende
Vorliebe für Pompeius und feing Sache
lodte bald darauf eine .Iufitaniihe Streif⸗
654
parthei herbei, “auf weiche geſtuͤzt, fie Ca⸗
fars Hineingelegte . Beſatung ermordeten,
und ihm von neuem den Krieg erklärten.
Diefer Uebermuth währte iedoch nur bis
zum naͤchſten Morgen, mo fie einen Ausfal
verſuchten, zurüdgefchlagen, niebergehauen
und der beftärzte Reſt dahin gebracht wurde,
die Stadt dem. Diktator auf ungleich hier
tere Bedingungen zu hbergeben. - h
Noch zwar weilte Cneius, unfhläßtg
. Aber feine nächften Schritte, zu Cartela,
als bie entgegengefezten Gefinnungen der
Einwohner ihn. der Gefahr der Ausliefen
rung fo dringend ausfeten, daß er ſich nur
mit Mühe, und fogar am. Fuße vermuns
bet, dem um ihn ber entfiandenen blutigen
Handgemenge entyog, und mit zwanzig
Schiffen das, hohe Meer gewann, Allein
ſchon hatte auch Didius fih, von Bades,
mit einem überlegenen-Gefchwader, zu ſei⸗
ner Verfolgung aufgemacht, holte ihn nach
vier Tagen ein, verbrannte feine Schiffe,
nöchigte ihn an’s Land 'zu flädten, und
ſaß ihm auch hier fo unermüdlich auf’ der
Ferſe, doß weder der Rackzug in einen fs
fen Thurm, noch endlich, bei immer gro⸗
455
Serer Ermattung, der Verſteck in einer fin
fern Höhle ihm zu ſchuzzen vermochte. Er
ward ergriffen, und fein abgeſchlagenes
Haupt nad) Gades gebracht, um zu Cds
fars Füßen gelegt und dann in Hifpalis
öffentlich fchaugeftelt zu werden. *) Gluͤck-
licher war der tüngere Bruder des Uns
glädtihen, dem fein Schickſal für iezt eine
dunkle Berborgenheit unten ben unftät um ⸗
berirrenden Räuberhorden des nördlichen
Kifpaniens, aber nach langer Unthätigkeit
noch eine fhimmernde Laufbahn auf einem
wrdigern Schauplazze vorbehielt,
Moch die volle Dauer eines Monats
hatte indeg Munda Caſars. ſiegreichen Waf⸗
fen eine raſende Gegenwehr geleiftet, und
fih, bis zur Weberfärtigung, in eigenem
und Feindess Blute gebadet, als endlich die
aͤußerſte Noth dem Reſt von vierzehn taus
fend Mann das Schwert aus den Händen
flug und der Plaz auf Bedingungen übers
sieng. Zwar keifteten noch ferner hie und
*) Auch fein Verfolger Didius hatte gleich
darauf das Schidfal, von einem Trupp Kur
ſtanier an dev Küfe überfallen und nieder⸗
gehauen zu werden.
456
ba einige Plaͤne Widerftand, und nöthigten
- ben Diktator, einen Theil des Sommers
zur volendeten Bezwingung der Provinz
aufzuwenden; als aber nun auch das lezte
Zuffen der Empörung. erftogben, des. Sie⸗
gers Empfindlichkeit durch Beſtrafung der
Schuldigſten zufrieden geftelt und fein drin⸗
gendes Geldbedärfniß eben ſowohl durch
auferlegte harte Bußen, als durch verkaufte
Beganſtigungen, und ſelbſt durch Antaftung
der Tempelſchane, *) geftilt worden, beeilte
er fih, ein Land zu verlaßen, gegen wels
ches er eine geheime Abneigung fpärte, und
wandte ſich gegen die Xiberftabt, wo er
(im Detober) auftrat, um nun endlich den
Zaubertrank der Herrſchaft, ohne eine Bittre
Beimiſchung, zu leeren.
Denn fo mie nunmehr leder gewafnete
) Selbſt die Begünftigten empfingen das
zömifche Bürgerrecht und andre Befreiungen
nur gegen baare Zahlung; und eben fo we⸗
‚nig vermochte feine Habgier, ſich von den
aufgehänften Reichtbämern in dem Herkules-
Tempel zu Gades, been eifriger Beſchuͤzzer
Pd vormals zu ſeyn gefchienen, zu ent⸗
457
Widerftand In der weiten Grenzen bes rd
miſchen — d. 5. feines Machtgebieis —
vernichtet worden, *) fo trat er iezt auch im
Rom felbft mit der Erwartung auf, hier ein
Volk vorzufinden, das ſich in die, demſel⸗
‚ben Übergeworfenen, Zügel bereits wils
lig genug gefügt habe, um auch nicht eins
mal mit ohnmachtiger Wuth an dem Ge
biße zu kauen. Er durfte ſich fogar übers‘
reden, gerade diefem Volke durch das ihm
geraubte Vermögen, in feinen eignen Eins
geweiden zu mwühlen, eine dankenswerthe
Wohlthat erwiefen 34 haben; und wenn
anders der Verluſt einer, fo vielfältig zum
eignen Verderben gemißbrauthten, Freiheit
* Denn ein Aufſtand, welchen Caͤcilius
Baßus, ein roͤmiſcher Nitter und eifriger
Pomvpeianer, ſchon feit zwei Jahren, in Sy-
rien unterhielt, fchien dem Diktator nie wich⸗
tig genug, um feine Macht dadurch gefaͤhr⸗
der zu glauben, Indeß mag es doc, ſeyn,
DaB er in dem Beiſtande, melden Babus
von den Partbern empfieng/ einen febr ges
legnen Vorwand gefunden haben würde, feine
gegen diefes furchtdare Wolf befchloßene Fehde
zu motiviren ufd dann zugleich den Leiten
Empörer im Worbeigehn zu erdrüffen,
458
durch Die gehnltene Kraft der Alleinherr⸗
ſchaft zu verghten üft, fo mußte er das eis
hebende @elbftgefühl mit ſich herumtragen,
daß ihm iede erforderliche Eigenſchaft beis
wohne, um diefen Wechfel für die Bar
herrſchten in '&egen zu verwandeln.
In der That auch konnte die tiefe
Ruhe, in welcher die Hauptſtadt, während
feiner einiahrigen Abweſenheit, beharrt
war, und womit fie ihren Gebieter gegen⸗
wartig empfieng, feine ‚vorgefaßte -ghnftige
Meinung beftdtigen. Mirgend ein Schein
von Widerfegtichfeit gegen den Unwider⸗
fiehlihen! irgend fogar ein Schatten von
Unzufriedenheit, der ſich laut über Die Lippe
bervorgewagt, oder durch den Scheelblick
einer grollenden Mißgunſt verraten hätte!
Dagegen aber ward Rom in diefen Tagen
durch ein ſchier algemeines Beftreben in Thaͤ⸗
tigkeit geſezt, um die Gunft dieſer hochſtrah⸗
lenden Glucksſonne zu werben und fich an ihr
tem Scheine zu warmen. Wo irgend in einer
Bruſt der Ehrgeiz ſich regen durfte, galt es
als das Hoͤchſte und Einzige, fich freiwillig
an CAfars Triumphroagen zu fpannen, um
fid) einer größern ober Eleinern, ihm zuges
459 \
worfenen Brofame von Macht, Ehre oder
Ermerb zu erfreuen. Alles wolte nur ihm
gefallen, nur feine Aufmerkſamkeit auf
ſich ziehen, und als Urheber und Erfinder
neuer und ungewöhnlicher Ebrendezeugim⸗
«gen gepriefen werden!
Gleichwohl fehien die Schmeichelei ihre
Erfindfamteit, fo lange fie ſich nod einigen
Anftandes befliß, faſt erſchoͤpft zu haben;
wenn man anders bie erften Ausgeburten
derfelben zum Maafftabe nimms, die ſich
auf eine, vom Senat beſchloßene, Supplis
cation von funfjig Tagen, *) und ‚öffents
lihe Spiele, Feſte und Gaftmähler, wie.
fonft gewöhnlich, beſchraͤnkten. **) Einen,
*) Die lezte, nach Cäfars Heimkehr aus
dem afrifanifchen Kriege, batte nur die,
gleichwohl ſchon übermäßige, Dauer von
vierzig Tagen, gehabt,
**) Es verdient nicht unbeachtet gu bleiben,
dad, nach Plutarchs Angabe, Cicero es
war, der diefe erſten Vorfchläge mit ſonder⸗
lichem Eifer ‚betrieb. Hatte der umfichtige
Konfular etwa fchon vernommen, daß ein
Antir Cato mit ays Hifpanien zuruͤg⸗
kehrte? und war er ſich einer, nicht bloß lie
S 460
Eühnern Aufflidg nahm fie Bereits: in dem
Dinzugefügten Befchluße, daß der gluͤckliche
Tag, an welchem die erfte Zeitung von
dem Stege bei Munda in Rom erſchollen
(20. April) auf ewige Zeiten durch circen⸗
ſiſche Spiele. gefeiert und mit dem naͤchſt
darauf folgenden Feſte der Palilien verbuns
den werden folles Hies dies iedoch, eine
Bunde, die beßer zugedeckt und verheims
licht geblieben wäre, unzart berühren, fo
war es vollends bittrer Hohn der Zeit, in
welcher man lebte, wenn dem Hochgefeier⸗
ten, zu gleicher Zeit, die Ehre eines Tri⸗
umphs zuerkannt wurde, den er — zwar
in Hifpanien, doc nicht Aber Hiſpanler,
verdient hatte! -»
Allerdings darf es in Berwunderung
ſenen, daß der Diktator, ſchon geſattigt
durch vier folder Prunkzüge, wie fie vor
ihm Keiner gefeiert, die ſen, der Jenen
unausbleiblih in ie der Ruͤckſicht nachſte⸗
hen mußte, dennoch nicht verſchmaͤhte. Als
terariſchen, Fehde gewaͤrtig — Wenigſtens
datten ihn doch Cafars vorangegangene briefe
liche Verſicherungen in dieſem Betref zufrie ⸗
den ſtellen können,
46L
Tein wenn es noch eines Beweiſes bebärfte,
daß fein eigner Gaumen fich für diefe Art
des Genußes bereits abgeftumpft hatte, und
daß er darin bloß der Politit Gehör gab,
die dem Volke fortwährend etwas zu ſchauen
. und zu beftaunen, als Köber der Zueignung
vorwerfen zu müßen glaubte, fo würde es
genugfam ſchon daraus erhellen, daß er
diefe Ehre gewißermaaßen mit feinen beis
den Legaten und alten Kriegsgefährten, Q.
Fabius Marimus und Q. Pedius, theilte,
indem er auch fie,. unmittelbar nach dem
feinigen,. gleihfals einen Hifpanifhen Tri
umph halten lief. Das Befremden Aber
eine ſolche Ehrenbezeugung, auf die nie
Mor ein Unterfeldberr, auch bei’ den wich⸗
tigften Siegen, Anſpruch gemacht, und die
hier durch Leinen andern Beweggrund, als
den Willen und die Dankbarkeit des Diks
tators gerechtfertigt wurde, löste ſich indeß
nur in einen ziemlich laut ausbrechenden
Spott über die Geringfügigkeit. der Burdd
flungen auf, durch weiche diefe Aufzüge
verherrlicht werden folten. *)
"1 Bei Ghfars Triumpbe waren die addii·
dungen der eroberten bifpanifchen Gtädte,
462
Doch biefe dargebotenen Ehren mod:
ten vieleicht Hinreichen, die Eitelkeit des
Feldheren oder feiner Legaten zu befriedis
gen: michtiger und wefentlicher waren bie
Bewilligungen, durch welche die beftchens
den Ötaatsgewalten, im einem ſich uͤber⸗
‚Bietenden Wetteifer, fich ſelbſt täglich, neite
und feftere Ketten ſchmiedeten, ‚und bie
daher auch wohl nicht fo ganz das Werf
des Zufalls oder der unbedachten. Schmei⸗
chelei waren, daß man nicht auf den ge
heimen Antrieb Desienigen zu rathen vers
fucht würde, dem fie zum Vorthell wucher⸗
ten. Caſars Diktatur folte auf feine Le⸗
bensdauer hinaus verlängert ſeyn; ber
Titel eines Imperators ward fh im
einem bisher ungewöhnlichen Sinne und
in fo weiter Ausdehnung beigelegt, daß
dadurch der unbedingte Oberbefehl der ges
* fammten römifhen Kriegsmacht auf - Ihn
aus bifpanifchem Silber, ihm vorgetragen
worden, Jeit traten zwar auch eben ſolche
Gtandbilder auf: — allein Ge waren nur
‚aus Holz geſchnizt; und der Wolkswiz ges
fiel Ach darin, fie für die Onpmnelte
der chfarifches auszugeben.
463
Aßergieng; *) und das Konfulat blieb, für
die nachſten zehn Jahre, mit feiner Perfon
verbunden. Bloß -diefe leztere Würde, die
eigentlich ber ſchon in’ihm vereinigten Macht
nichts zufegte, ließ er, als einen ehrenvols
len Titel, nachdem er fie, zur Werherrlis -
hung feines Triumphe, nur wenige Tage
sur Schau getragen, fir den kurzen Reſt
des Jahres auf feine Freunde Q. Fabius
und €. Trebonius Abergehen.
So wie iedoch das Heer der Schmeichler
und Glädsiäger Im Senat entdeckt zu haben
glaubte, daß der Bisher -eingefhlagne Weg,
dem Diktator den Hof zu machen, ausgiebig
*) Sn diefer Bedeutung feste, dom iezt
an, der römifche Kanzleifipl den Titel Impe-
zator vor den Namen des Inhabers, und
gab dadurch den Anlaß, die Bedeutung einer "
neuen, mebr als föniglichen Würde — des
-Raifer» Titels (wie er fich auch noch genauer
„im Empereur der Franzofen ausprägt) damit
zu verbinden. Daß der deutfche Ausdrud,
fo wie das rußifche Czaar, noch unmittele
barer von dem Geſchlechts⸗ Namen unfers
Helden abzuleiten fey, darf biem wohl nug
für den Meinten Theil der Leſer in Erinnes
tung gebracht werden,
44
an eignen Ehren und Auszeichnungen werde,
verdoppelte fich auch gleichſam die Much,
iede Ast von Glorie um fein Haupt zu
häufen. Taufend unfinnige Vorfchläge, die
von ben befonnenern- Köpfen als unftatthaft
- verworfen wurden, find eben darum nicht
einmal zur Kunde der- Nachwelt gelangt:
allein felbft unter denen, welche durchgieni
gen und Gefezieskraft erlangten, find nit
wenige, die das erzwungene Bemuhen, es
was nie da geivefenes -auszufprechen, uns
verkennbar an der Stirne tragen. Daß
" Läfar den Namen „‚Bater des Vaterlan⸗
bes’ auf Münzen führen; daß fein Ge⸗
burtstag als ein Staatefeſt gefeiert: daß
die Fafces feiner Liktoren ftets mit Lorbeer⸗
zweigen umwunden feyn; baß er ſelbſt
Aberal mie Lorbeern befrängt erſcheinen; *)
daß
) Dieſes Vorrecht ſchien dem ODiltater,
vor vielen andern, Eins bee willommenſten
zu feyn. von welchem er ſeitdem auch unun⸗
terbrochenen Gebtauch machte, um — feine
kahle Glane gu verfchattens — ein Aug von
Eitelteit, der an einem foLhen Danne, und
in einem Alter von ſechs und fanfjig Fahren,
amiee
465
daß ihm der Beftändige Gebrauch der feſt⸗
lichen Triumphkleidung, als Vorrecht, zus
ſtehen; daß ihm in allen Staͤdten Ita⸗
liens und allen Tempeln der Hauptſtadt
Bildfäulen, mit Buͤrger⸗ und Belagerungss
Kronen geſchmuͤckt, errichtet werden; daß
ber Monat Quintilis, ihm zu Ehren,
feinen Namen in Julius umwandeln
ſolle: — alles dies war noch wenig gegen
die Verordnungen: daß es erlaubt feyn
folle, bei Caſars Gluͤkke zu ſchwoͤren; daß,
feiner göttlichen Abſtammung zu Ehren, ie
nah fünf Yahren, ein Feft begangen und
den Prieftern des Pan eine dritte Klaße *)
swiefach auffallen muß, aber durch fein ſte⸗
tes und — glüdliches Beftreben, den. Weir
bern zu gefallen, hinreichend erklärt wird,
„Den alten Kablkopf“ hatten ihn, heim
Triumpbe, feine eignen ausgelaßenen Vete⸗-
ranen ſchon gefcholten; und es läßt fich wohl
denfen, daß diefer Naturfehler den roͤmiſchen
Wirlingen oft genug, und ſchwerlich zu ſei⸗
nem Vergnügen, zur Zielſcheibe ihrer Sit
tereien dienen mochte,
) Diefe Luperci theilten fich bisher in die
zwei Bruͤderſchaften der Quintiliani und Fa-
biani. Jezt famen nun noch die Juliani hinzu.
4. Band. " ‚ Gg
464
an eignen Ehren und Auszeichnungen werde,
verdoppelte fih auch gleichfam die Muth,
iede Art von Glorie um fein Haupt zu
häufen. Taufend unfinnige Vorfchläge, die
von ben befonnenern-Köpfen als unftatthaft
verworfen wurden, find eben darum nicht
einmal zur Kunde der- Nachwelt gelangt:
allein felbft unter denen, melde durchgien⸗
gen und Gefeizeskraft erlangten, find nicht
wenige, die das erzwungene Bemähen, ev
was nie da geivefenes ausjufpreihen, uns
verkennbar an der Stirne tragen.
" Läfar den Mamen „Vater des Vaterlan⸗
bes’ auf Münzen führen; daß fein Ge.
burtstag als ein Staatefeſt gefeiert: daß
bie Faftes feiner Liktoren ſtets mit Lorbeer⸗
jweigen ummunden feyn; baß er feldfl
„ Überal mit Torbeern befrängt erfeheinen; *)
daß
Dieſes Vorrecht ſchien dem Diftdter,
vor vielen andern, Eins der willommenſten
zu ſeyn. von welchem er ſeitdem auch unun⸗
terbrochenen Gebrauch machte, um — feine
Table Glane zu verſchatten; — ein Zug von
Eitelfeit, der an einem folhen Manne, und
in einem Alter von fechs und fanfsig Fahren,
iwie ·
465
daß ihm der Beftändige Gebrauch der feft:
lihen Triumphkleidung, als Vorrecht, zus
ſtehen; daß ihm in allen Städten Ita⸗
liens und allen Tempeln ber Hauptſtadt
Bildſaͤulen, mit Öhirger: und Belagerungs⸗
Kronen gefihmädt, errichtet werden; daß
ber Monat Auintilis, ihm zu Ehren,
feinen Namen in Julius ummandeln
folle: — alles dies war noch wenig gegen,
die Verordnungen: daß es erlaubt feyn
folle, bei Caſars Gluͤkke zu ſchwoͤren; daß,
feiner göttlichen Abftammung zu Ehren, ie
nah fünf Yahren, ein Zeft begangen und
den Prieftern des Pan eine dritte Klaße *)
swiefach auffallen muß, aber durch fein ſte⸗
tes und — glüdliches Beſtreben, den. Wei⸗
bern zu gefallen, hinreichend erklärt wird,
nDen alten Kabltopf‘’ hatten ihn, hei'm
Triumphe, feine eignen ausgelaßenen Vete⸗
ranen ſchon gefcholten; und es läßt fich wobl
denfen, daß diefer Naturfehler den roͤmiſchen
Würlingen oft genug, und fchwerlich zu ſei⸗
nem Vergnügen, sur Zielſcheibe ihrer Sröt-
tereien dienen mochte,
) Diefe Lupexci theilten fich bieher in die
wei Bruͤderſchaften der Quintiliani und Fa-
biani. Jejt kamen nun noch die Juliani hinzu,
4. Band. \ ‚893
466
Beigefigt werde, um bie dabei. beftiimmten
religidfen Gebräuche zu begehen; daß er
feldft den Titel des ,, inlianifchen Jupiters
führen, und daß ihm, gemeinſchaftlich mit
der Dea Ciementia, ein Tempel errichtet
und M. Antonius zum Priefter diefes neuen
Heiligthums gewetht werben ſolle. *)
— — — —
HDie Wahl der Nebengoͤttinn dieſes Tem⸗
yels wat eine feine, aber: nicht unſtattbafte
Schmeidelei: denn immer und Aberal war
Gäfar. im Geleit der Milde aufgetreten. —
Webrigens wird die Bemerkung bier an ihrer
Stelle ſeyn, daß, fo lang diefe Reihe von
* Privilegien auch fheinen mag, fie doch bei
weitem nicht das ausführliche Megiter der-
felben bei Dio Caßius (3.43. K.44, ds und
B. 4. 8. 4— 7.) erfchöpft, und. daß bier eine
gute Hälfte derſelben abfchtlich Abergangen
worden, weil entweber ſchon bei Gelegenheit
vom Cäfars fehheren Bevorrechtungen davon
die Rede geweſen, oder weil fe ſich auf Ein⸗
richtungen der alten roͤmiſchen Revublit bes
sieben, die nur dutch einen umſtaͤndlichen
Kommentar verdeutlicht werden fünnten, —
Allem aber, was hier genanbt und verſchwie ⸗
gen worden, würde ein Ehrenrecht, deßen
Sueton (Rad. 5r) erwähnt, an ausſchwei-
fender Sonderbarkeit den Vorrang ablaufen,
wenn dieſer Biograph ſich nicht, in Hufe
467
Wer vermöchte zu. läugnen, daß eine
ernftliche Ablehnung diefer zudringlihen
Beguͤnſtigungen die Erfinder derfelben gar
Bald zum Verftummen gebracht haben wärs
de? Allein wenn auch die: Staatsklugheit
dem Diktator es nicht als zuträglich erſchei⸗
nen ließ, felbft durch ſolche pomphafte Ge
nahme einer gewiffen Art von Anekdoten,
durchaus als Dilettanten zeigte, der es, um
des Bitanten willen, mit der Wahrheit oder
Wahrſcheinlichkeit ſelten genau genug nimmt,
„Helvius Cinna, ein damaliger Volkstribun,
foll verſchiedentlich Heäußert haben, daß der
ausgefertigte Vorſchlag zu einem Gefezze in
feinen Händen ſey, welches er, in Edſars Ab—
wefenbeit, aber auf defen Befehl, Habe zur
Sprache bringen und fordern follen, und wo⸗
durch dem Diktator die Berechtigung ertheilt
worden, fd viele und welde Frauen er
wolle, ſich ansuvermählen, um eine eigne
Nachkommenfchaft zu gewinnen.’ — Kreis
U fpricht auch Div (B. 44. 8. 7.) von der
Sache; doch nur, daß fie von Andern in An⸗
xegung gebracht worden. — Auch dürfte man
fragen: wann Cinwa auf fülche Art aus der
Schule gefchwazt babe? da er bekanntlich ſchon
am Tage der Leichenfeier Caſars ſeinen Tod
“fand,
’ 32
BB
tingfügigkeiten, die Kluft. zwiſchen fih und
iedem andern Staatsbürger, bis zur Uns
möglichkeit des Ueberfpringens zu erweitern,
fo wird fein Bild durch das, mas es hies
durch am deal verliert, nur um fo mehr
an Deenfchenähnlichkeie gewinnen, wenn
wir annehmen, daß auch ihn felbft wohl
zuweilen auf feiner, erreichten Höhe ein
Schwindel befhlih, und daß ihm dann
gerade dieſer unächte Schimmer als begeh⸗
renswerther Lohn feines Strebens erſchien.
Wenigftens doc) verläugnete ſich der beßerg
Sinn in ihm nicht. fo ganz, daß.er des
öffentlichen Geſtaͤndnißes unfähig geworden
wäre: „Die ihm gemährten Ehren moͤch⸗
ten eher einer Einſchraͤnkung, als einer Er
weiterung bedürfen.” Ja, in einzelnen
Augenblikfen dunkten fie ihm wohl gar fo
drhffend, daß er, in ber Uebertreibung
der Ungebuld und mit abgeworfener Toga,
feine Hausfreunde verficherte: „Gerne wolle
er Jedem, dem nach feinem Plazze geläfte,
die Kehle hinftrekten.
Abgefehen iedoch von diefen, ihm von
Andern aufgebrungenen Echwäcen,*) muß
Es scheint mir mehr ein fchimmernder,
469
ihm die Gerechtigkeit widerfahren, daß er,
mit feltenem Mißbrauch diefer falſchen
Größe, einen defto treflihern und wohle
als ein wahrer oder auch nur wabrſcheinll⸗
her Gedanke, den Plutarch gleichwohl mit
großer Auderfichtlichteit vortrͤgt Cund der.
feitdem auch vielfältig auf feine Autorität
vor andern Schriftſtellern angenommen wor⸗
den it) wenn er glaubt: „Dieſe theilg uns
fingige, tbeıls anfößige Anbäufung von Eb ·
sen, wodurch Cäfar auch bei den nachfichtige
Ken Bürgern unendlich viel verloren babe,
ſey eben ſowohl das Werk feiner Feinde,
als feiner Schmeichler, geweſen, und daß
iene.darin nur einen deſto fcheinbareren Bor«
wand gefucht.bätten, ihn zu Rürsen und biefe
That durch gewichtveße Beſchwerden recht⸗
fertigen zu koͤnnen.“ — Eine foldhe, in fo
> weiter Gerne angelegte, ſyſtematiſche Kabale,
daͤucht mir, konnte unmaglich das Werk ei⸗
ner jahlreichen Verſchwoͤrung ſeyn, und wäre
wenigfteng ein febr gefäprliches Mittel zu Ihe
tem Zwefte gewefen. Denn um mie viel
böher fie felbii ihren Tyrannen erhuben, ges
rade um fo viel Leichter konnte er fie auch,"
ehe fie noch an ibrem Ziele Handen, erdruͤt⸗
sen, fobald fich ihm in jenen Unerbietungen
nur die mindeſte Spur von tüffifcher Plane
mäßigfeit verraten hätte; . und Scharf⸗
xo ‘
thätigern Gebrauch von der wahren zu
machen wußte, die ſich in feinen Händen
vereinigte. Man erftaunt, (auch wenn man
fit wenigſtens wird man dem Diktator
(rie groß man auch feine augenblickliche Be⸗
thörung annehmen möge) nicht abfprechen
Tonnen, Zudem wißen wir, daß der eigente
Tiche Bund iu Cäfars Sturze fich nur fodt
and almählig bildete, und daß, wenn iene
unfinnige Bemühungen, ihn zu vergöttern,
wirklich zur Kürzung feiner Tage binführs
ten, Antonius und feine andern Freunde ſich
dieſe Schuld mit ungleich größerm Rechte
vorzumerfen hatten — Menfchen, die gleich«
wohl mit des Diftators Mördern nie im
einer dabin abzwekkenden Verbindung flan-
den! — Wozu aber auch Beweggründe von
fo weitem ber auffuchen, die fo ganz in der
Nähe Hegen? Sobald es Menfchen gab, die
ihr Gläd auf Cäfars Gunſt zu bauen füche
ten, und ſobald Diefe zu einem folchen Aus⸗
wurf gehörten; als wozu Romg Optimaten
damalg herabgefunfen waren, fo darf ung
weiter auch feine moraliſche Verirrung, auf
der wie fie betreffen, befremden. Dder was
ten ibre Söhne und Enkel, die Senatoren
zu Auguſts, Tiberins und der nachfolgenden
Gäfarn Zeiten, bedenklicher in ihren ſchaam⸗
loſen Vergötterungs: Dekreten?
an
an Eäfars raftlofe Thätigfeit endlich ſchon
gewöhnt zu feyn glaubt) ihn, in dem furs
zen Zeitraum von kaum fechs Monden, den
diefe fegte Periode feines Lebens umfaßt,
mit einer Reihe von großen Entwürfen,
zu gleicher Zeit, beſchaͤftigt zu fehen,
welche fonft zur Verherrlichung einer langen
und ausgezeichneten Regierung ausreichen.
Vollkomne Straflofigfeit, allen feinen bis⸗
herigen Wiberfachern zugeſtanden, gab einen‘
neuen glänzenden Beweis des milden Geiftes,
der ihn befeelte. Mehrere derfelben gewan⸗
nen fogar fein: Vertrauen in dem Maaße,
ſich mie neuen Warden im Staate und uns
mittelbare Antheil an der Regierung von
Ihm bekleidet zu fehen. Den Hinterblies
benen ber Vielen, die mit den Waffen: in
der Hand, ihm gegenhber, den Untergang
gefunden, ſicherte er das Beſitzthum ihres:
väterlihen Erbes. Der Erpreßung der
Statthalter in den Provinzen wehrte er.
duch ſchimpfliche Ausftoßung aus dem Ser
nat; dem Lupus durch erhöhte Einfuhrs
‚le fremder Waaren; der Verwirrung,
weiche die Vielfältigkeit der Geſezze in die
Rechtspflege brachte, durch die Verord⸗
B 4723
mug, fie, in kurzer und lichtvoller Ueber⸗
ſicht, zu einer umfaßenden Sammlung zu
vereinigen. "
. Die Wißenfchaften, denen der Macht⸗
haber ſelbſt einen fo entſchiedenen Theil
feiner Größe fpuldig war, empfanden feis
sen Dank durch die Anlegung mehrerer,
großer Bücerfamlungen, in melden die
Schaͤtze des menfhlihen Wißens zum ers
Teichterten Gebrauche niedergelegt wurden.
Roms ſtolze Pracht an öffentlichen Monu⸗
menten folte durch den Bau eines neuem,
alles an Glanz und Größe äberftrahlene
den Mars Tempels und eines neuen, felbft
bas vom Pompeius aufgeführte, verduns
kelnden Theaters, ‚einen bedeutenden Zus
wachs gewinnen; und beide Unternehmuns
gen ‚wurden wirklich, angefangen. Meue
Heeiftraßen über den Apennin waren bes
ſtimmt, die Verbindung mit den Provins
sen zu erleichtern; und von einer anderm
Seite folte‘ die Kenntniß des ungeheuern
Nömerreichs duch eine genaue Beſchrei⸗
hung feiner Länderfireden, die Richtung
der Wege und die Entfernung der Derter
berichtigt und erweitert werden, An das,
43
vor und nach ihm oft verfuchte Rieſenwerk,
die Sumpfe von Pometium und Setia *)
auszutrocknen, dadurch eine große Länders
ſtrecke für den Aderbau zu gewinnen, und
Roms ungefunde Luft zu reinigen, mollte
er mit einem Ernſte und einer Kraft Hand
anlegen, die .auf Gelingen hätte hoffen
Tagen. Zugleih aber ſcheint mit dieſem
Entwurfe ein noch größerer Plan verbuns
den geweſen zu feyn, wenn es wahr ift,
daß Telbft die Tiber da, wo fie Roms
Mauern befpähle, in einen Kanal aufge
fangen, nach Circeji berumgeführt, und
endlich durch iene nemlihen Suͤmpfe einfts
weilen in’s- Meer abgeleitet werden folte,
um inzwifchen das alte Flußbett erweitern,
dem Hafen von Dftia mehr Ausdehnung
und Sicherheit zu geben, das Meer dur
vorgezogene Damme zu bezwingen und fo
dem unmittelbaren Handelsverkehr mit der
Hauptſtadt ein neues Leben mitzutheilen. *)
*) Die berüchtigten pontinifhen Suͤ m⸗
dfe, welche damals, wie test, keines Anbaus
fähig waren, und Bieber und Tod im einer
weiten Nachbarfchaft umher, ſelbſt bis nach
Kom, aushauchten.
**) Auf diefe Weile glaube ich drei Mache
44
Aber auch Über die Grenzen der Halb:
infel hinaus reichte dieſer gewaltige Wille
zu neuen Schöpfungeplanen. (Ein und das
nemliche Jahr *) hatte einft zwei der herr⸗
richten, welche Blutarch-(CAf. 58.) in ununs
terbrochner Folge, doch nicht ganz in dieler
Ordnung, mittheilt, unter einander in Ver⸗
bindung ſetzen zu bürfen, weil fie font ent⸗
weder fich miderfprechen, oder gine Unge⸗
teimtheit enthalten würden, Sollte Ditia,
als Romg Hafen, in- höhere Aufnahme durch
große, dort aufgeführte, Werte fonımen, ſo
- durfte der Husfluß der Fiber nicht auf im⸗
mer von dort hinmweggeleitet werden. Sollte
bingegen der interimiflifche Kanal bei Ter⸗
racina, wie Blutarch verfichert, dem Meere
Sugefübrt werden, fo mußte er notbwendig
die pontinifchen Shmpfe durchſchneiden; und
es iſt auch nach hydroſtatiſchen Geſenen
wohl zu erklaͤren, wie dieſer neue ſtarke Waſ⸗
ſerzug zur Trokkenlegung der Moraͤſte bei⸗
tragen konnte.
Im Jahr 608 eroberte und jerſtͤrte 8,
Mummins Korinth, während Karthago dem
iuͤngern Scipio als Dbfieger in feinen nie⸗
dergeworfenen Mauern erblickte. Alfo ein
volles Jahrhundert hatten Beide verwüſtet
dagelegen! Doc blich die Ausführung des
taͤfariſchen Gedankens dem rubigern Zeitilter
475
lichſten Städte bes Alterthums — Korinti)
und Karthago — durch Römerwaffen im
Trümmern ‘zerfällen fehen: aber Römer:
haͤnde, unter Caſars Leitung, folten nun⸗
mehr Weide, zu gleicher Zeit und mit vers
tängtem Ganze, als römifhe, von feinen
Veteranen bevdlkerte, Kolonien aus dem
Staube empor heben, Korinth inſonder⸗
beit aber würde, als Handelsplaz, ihre mit
zum Leben erweckte Zwillingeſchweſter wahrs
ſcheinlich noch weit hinter ſich zuchefgelaßen
haben, wenn ber Gedanke, welchen Caͤſar
mit ihrer Wiederherſtellung verband, und
der ſich nur in feinem umfaßenden Geiſte
erzeugen Fonnte, zur Ausführung gedichen
wäre. Er wolte, daß der Iſthmus, wel⸗
cher, in geringer Ausdehnung, den Pelor
ponnefus an Xttica heftet, verfhwände, um
einem Kanale Pla; zu machen, welder das
ägeifhe und ioniſche Meer mit einander
verbunden und der Schiffahrt den: weiten
Ummeg um das, durch Stürme Abel bes
Augufis vorbehalten; und beide Städte bluͤh⸗
ten wieder zu-einem behen Grade von- ZWohl«
Hand empor, .
16
rüchtigte Worgebürge Malen erfpart Haben
würde. *)
Eigentlich iedoch war es, mitten in
diefen friedlichen Planen, der Entwurf
eines neuen, alle feine früheren Thaten
überftrahlenden Kriegezuges, was ihn am
arigelegentlichfien, laͤngſten und — fehen
wir auf die dazu bereits getroffenen Mor:
Tehrungen, — am wirkfamften befchäftigte.
Einer Feuerfecle, wie fie in Caͤſars Buſen
flammte, war es freilich nicht gegeben, ſich
můßig an der Betrachtung der zurhdigelegs
sen glorreihen Laufbahn zu ergöggen. Ser
der gepflädte Lorbeer mußte ihm auch
als ein abgenuzter erſcheinen, fo lange
er noch ein Ziel, feines Strebens würdig,
ia der Ferne vor fich erblickte. Jede neue
*) Daß dies Wert bei ihm allerdings mehr,
als Gedauke — daß e# in feinem Detail bes
rechnet, und alfo auch die Möglichkeit der
Ausführung entſchieden war, erhelt Darand,
daß ein.gewißer Anienus wirklich ſchon die
Aufſicht darüber empfangen hatte, Es follte
ſelbſt während des Kriegszuges, von welchem
gleich die Rede ſeyn wird, daran fortgear⸗
beitet werden, .
477
in ſich entwikkelte Kraft flößte ihm das
Vertrauen ein, fich mit eben fo gluͤcklichem
Erfolg zu noch herrlichern Anftrengungen '
zu erheben. Giferfüchtig auf fich ſelbſt, und
fein eigner Nebenbuhler, folte die. Groß⸗
that von heute fiets noch die von ger
fern zur Wergeßenheit bringen; und die
Thraͤnen, die er einft vor Aleranders Stands
bild vergoß, hatten auch, fo viel Jahre
fpäter, nicht aufgehört, ihm auf der Seele
zu brennen.
Nur Einen Gegner bot ihm die bas
malige Welt, der feiner Waffen würdig
ſcheinen konnte: aber diefer Eine war eben
ſowohl auch der gefürchtefte, als der ger
baßtefte Feind des römifchen Namens. Wer
bie Parther nannte, regte zugleich auch
den ſchneidendſten Mißton in iedes Rdmers
Ohren an; und dies’ nur noch zwiefach,
ſeitdem Craßus und feine Legionen unter
ihren Pfeilen fo ſchmaͤhlig gefallen waren.
Noch mar biefer duſtre Tag in Roms Ans
nalen nicht gerächt; und mir mißen, daff
das folge Volt am der Tiber leicht Alles,
nur nicht die Rache für zugefügte Beleidi⸗
gungen, vergaß. Cäfar felbft, als Römer,
48
dachte und empfend in dieſem Sinue: al⸗
lein eben dadurch ward auch ein Krieg
gegen die Parther, von ihm boaſchloßen,
alſobald die Sache der Nation, wobei er
auf den lauteften Beifal und die freubigfte
Untetftidzgung zählen durfte. Unteriochung
oder Vertilgung dieſer rohen Horden folte
es gelten; und ſchon war Stalien, bis auf
eine unbedeutende Kriegsfhaar, die, unter
Xepidus Befehlen, in Roms Vorſtaͤdte vers
theilt, Roms innere Ruhe hätete, von Trup⸗
pen geräumt; ſchon fanden ſechszehn Le⸗
gionen und zehn taufend Keifige in Mas
eedonien, des fernern Aufbruchs gemärtig;
ſchon flogen, nad) diefem nemlihen Sams
melplazze hin, die unermeßlichſten Words
the zu einer nachdrädlihen Kriegführung
zuſammen.
Und dennoch wuͤrde man ſich irren,
wenn man annehmen wolte: hier endlich,
in Ekbatana und Perſepolis, werde der
Sieger fein Schwert in bie Scheide ſtek ⸗
ten! Denn traf er nicht eben hier in
bie Fußſtapfen von Aleranders Trophäen? —
und hier endlich folten auch iene Thraͤnen
wuchern! Denn mettetfernd mit des gros
479
Ben · Macedoniers Siegezuge, hufte Caſar
feine furchtbaren Legionen durch Hytkanien,
zwiſchen den Engen des kaſpiſchen Meeres
und des Kaukaſus hindurch, in die nie er⸗
forſchten Steppen Scythiens zu führen,
den Pontus Euxinus zu umkreiſen, durch
Sarmatien, Dacien, Germanien ſich un⸗
widerſtehlich Bahn zu brechen, und, die
alte Siegsbahn durch Gallien auf's neue
mefend, noch einmal, als Triumphator bas
Kapitol zu beſtelgen. Und fuͤrwahr! Was
in iedes andern Römets Munde als Prah⸗
lerei erflungen wäre, durfte, von Caſar
im vertraulichen Kreife ausgeſprochen, ale
Unterpfand einer unzweifelhaften Ausfuͤh⸗
tung erſcheinen! ,
Schade nur, daß Entwürfe von fols
er Größe, zu ihres Ausführung auch Ger
möüther vorautsfezten, bie der Begeiſterung
für dieſelben in gleichem Maaße empfängs
lich wären! Schade noch mehr, daß zus
mal ber befchränfte Gelſt der Menge für
dieſe Riefenarbeiten in Krieg und Frieden
nur mie einem ſtumpfſinnigen Anftaunen
ſich begnägte; während fie — ohne Ads
nung, daß das Außerordentliche nur auf
480
neuen und ungewöhnlichen Bahnen zu er⸗
reichen ſey — ſich eigenmillig an dem hielt,
was ihr zunaͤchſt in die Augen fiel; was
eine lange Beriährung in biefen Augen ges
heilige hatte. Hier mußte fie denn freis
lich nur zu oft durch die kuͤhne Abweichung
von dem gewohnten Geleife der Verwal
tung befeemdet, geärgert und beleidigt wer:
den. Wie tief auch ſchon längft Die wahre
Römer» Würde aus diefer Menge gewi⸗
ben war: immer doch regte fich, bei folhen
Veranlagungen, der alte Römer « Stolj.
Man durfte fie in Ketten ſchmieden; man
durfte ihren wefenslichften Vorrechten dfs
fentlich Hohn ſprechen: allein am die alten.
Formen, aus denen der Geiſt langſt ent⸗
wichen war, Hand zu legen; ſich weſenlo⸗
fer Gebräuche Überhebem, und auf dem ges
sadeften Wege, durch alle Werhaffe bes
ſich felbft Aberlebten Herkommens, raſch
zum Ziele zu ſchreiten: — dies hieß, den
großen Haufen — ſelbſt in der Senats
Kurie — an feiner verwundbarfien Stelle
entaften und feine Gebuld aus’ den Grens
zen einer ftillen Ergebung vertreiben
und
I B
Und hierin war es wohl hauptfächtich,
worin Caſar fehlte — nur zu oft und viele
fach fehlte! Aber ie ungeduldiger fein ſtar⸗
ker Geiſt, im Beginn und Fortgang feiner
Laufbahn, mit digfen Hemmketten eines
genialiſchen Wirkens derungen’ hatte, um
fo minder mochte er iezt, Aber ieden Wis
derftand erhaben, und den Blick ausfchlieh«
lich auf feine großen Ziele geheftet, über
diefe kleinlichen Mebendinge mit ſich oder
Andern in Unterfuchung eingehen oder auf
Einrede hören.- Ihm lag die Verpflichtung
ob, : frühere Werdienfte feiner Anhänger und
Ereimde zu belohnen; und wenn die Eis
\theilung des römifchen Bürgerrechts und
andrer ftaatsbärgeslichen Vorzuͤge ihm das
Mittet-an die Hand gab, diefe Schuld an
ganze Gemeinden oder wohl gar Provin⸗
ven abzutragen, fo war dagegen dem Eins
weinen eine Stelle-im Senat als ehrende
Ausjeihnung füs das noch nähere Anfchlies
Gen an feine Perfon, oder große für ihn
abernommene Opfer, aufbehalten. Freilich
Tümmerte es ben Dittator fehr wenig, ob
lauter römifhes Blut in ben Adern der
nenen Senatoren Ereiste, oder daß biefe
«Band. %b
> 482
erlauchte Verſammlung dadurch almahlig
bis zu neun hundert Köpfen erwuchs, *)
md nun durch ihre Menge kaum noch zu
einem berathfclagenden Körper geeignet
blieb. Nach feiner. Anfiht — und ‚war
fie etwan nicht die richtige? — folte der
Senat ihm nur als Infteument taugen,
feine Befchläße in’s Werk zu richten, oder
als Mitteiglied, den Beherrſcher mit dem
beherrſchten Volke gu verfnüpfen.
Daß Caſar in dee That dieſe und
iede andre Würde im Staat fortan nur
als Titel betrachtete, die mir den Mann,
der fie trug, perſonlich belohnen umd eh⸗
®) Da bauptfählich der oben angegebene
Maaßſtab für die Aufnahme entfchied, fo
durfte es nicht in Verwunderung fessen,
Viele von niedrigem Stande, felbft Freiges
Taßene,, oder von verworfenen Sitten, untet
dieſen Erwählten zu finden. Beſonders er⸗
langten manche, noch bald barbariſche Gal⸗
Tier, welche Rom nie zuvor gefehen Hatten,
ienen Ehrenplaz in der Kurie; und dies verr
anlaßte den fatpeifchen Maueranfchlag: „Wit
„Gunſt! Daß Niemand den neuen Sena-
toren ben Weg zur Kurie geigel” Best,
Suet. K. 30
- 43
ven, aber ihre Wirkſamkeit erft durch feine
nähere Vevolmächtigung empfangen folten,
verrieth er deutlich genug, indem er die
Mamen und Ehren von Konfuln, Prätor
ten und Patrisiern an feine Freunde aus
foendere, ohne daß die entfprechenden Bers
richtungen damit verbunden waren. So
flieg nach und. nach die Zahl der Prätoren
auf vierzehn bis ſechrnehn, udd der Quaͤſto⸗
zen bis auf vierzig. *) Der Wirfungstreis
der neu ernannten beiden Konfulu erſtreckte
fi) auf wenig mehr als die Repräfentation
im Cenat; und als Q. Fabius, felbk am
legten Tage des Jahres, um bie Mittages
funde, mit Tode abgieng, benuzte Caſar
diefen Anlaß, einen Andern feiner wohl
verdienten. Partheigenogen, ben €. Canis
*) Gewählt zwar wurden biefe und. an»
dre Staatsbeamte, nach wie vor, von dem
Wolle; doch die Beſtaͤtigung behielt Ca—⸗
far ſich allerdings vorz und bei ihrem Ab⸗
gange erbiehten fie ihre Provingen nicht, wie
fonk, durch's Boos, fondern nach des Dikta⸗
tors Behimmung; und es verfieht ſich wohl,
daß die unfaͤbigen oder uebelangeſchriebenen
dabei leer ausgieugen.
ha
484
nius Rebilus mit dem erledigten Ronfulat
zu beklelden, ohngeachtet der Ermählte ſich
dieſer Würde geſezmaͤßig nur noch zwolf
Stunden erfreuen konnte.)
Caſar ſelbſt löste ihn in derſelben ab,
indem er fih, mit M. Antonius, zu Kons
fuln für das beginnende Jahr (710) er⸗
"Härte; ohne iedoch die Diktatur abzulegen,
in welcher er, nach wie vor, feinen treuen
Gehülfen Lepidus ale Magifter Equitum
beibehtelt, und erft, als been -Abfendung
nach dem diesfeitigen Hiſpanlen erforderlich
wurde, ihm den achtzehnidhrigen €. Octa⸗
* *) Ein ergiebiger Stof für Cicero, ber bier
- mit feinen winzigen Einfällen-fein Biel nach
Ende. zu finden mußte. Cr förderte die Ges
natoren auf, fih mit ihm in der feierlichen
Begrüßung des neuen Konfuls zu beeilen,
bevor derfelbe mit feinem Konſulat zu Ende
time. — Ihm ſelbſt machte er die far-
laſtiſche Entfcpuldigung: daß er zwar waͤh⸗
rend feier Ampsführung ihn gu befuchen
gewünfcht, aber von Nacht und Yahresichluß
auf dem Wege überellt worden. — "Er prıes
den armen Rebilus als den Matın von einer
Wachfamfeit ahne Gleichen: denn ihm fen,
als KRonful, fein Schlaf. ing Auge gekom⸗
485
vianus, den Enkel feiner Schweſter und
ſeinen muthmaaßlichen Erben, zugeſelte,
der in dieſem hohen Standpunkte ſeine
Öffentliche Laufbahn. beginnen ſolte. Frei⸗
lich vertilgte dieſe, noch durch nichts gerecht»
fertigte Vorliebe, neben ſo mancher andern
eigenmächtigen. Wilkuhr, alſobald wieder
den guten Eindruck, welchen ſeine Ueber⸗
nahme des Konſulats bei den Patrioten
hervorgebracht, und der fie zu der Hofnung
emporgerichtet hatte, daß es wohl auch im
Caſars Planen liegen fönne, nunmehr, ba
Alles beruhigt worden, den alten geſezma⸗
7
men; und als einen merkwuͤrdigen Umſtand
gab er es ju bedenken, daß weder. Winter,
noch Frühling, noch eine andre Jahreszeit,
während diefer. Magifiratur, mit einander,
gewechfelt habe. Ya, er Auferte fogar die
Beſorgniß, daß man künftig fragen dürfte:
Unter welchen Konfuln Caninius denn Kon⸗
ſul gewefen? — Manches mag iedoch bies
bei, als urfpränglich fremde Erfindung, dem
guten Cicero nur aufgebürdet feyn; fo wie
denn Macrobius (Saturn. II. 3.) einige die⸗
fer Einfälle ihm zwar, aber bei Gelegen«
heit des früheren Konfulats von Vatinius,
beimißt. \
486
Figen Zuftand ber. Dinge almählig. wieder
zurddjuführen. Je dfter fie aber in dies
fer Erwärtung getäufht wurden, um fo
tiefer auch murzelte in ihrem Innern ein
Grol, der von nun an feine geheime Bes
friedigung darin fand, die falfhen und
unbewachten Schritte, die ſich der Dikta⸗
tor zu Schulden kommen ließ, zu bemer⸗
Ten und aufzuzahlen. Bald genug fanden
ſich Aberal Unzufriederie, welche in diefen
Tadel einftimmten und ſich ihren Geſin⸗
nungen anſchloßen.
Schon des Diktators hiſpanlſcher Tri⸗
umph hatte bei dem Volke mehr Trauer
ale Beifal — hatte durchaus keine von
den freudigen Bewegungen erweckt, wo⸗
durch dergleichen Tage des befriedigten Na⸗
tionals Stolzes ausgezeichnet zu ſeyn pflege
ten. Daß man ferner. nur zu geneigt blieb,
ihm fein hohes Selbftgefühl als unerträge
lichen Stolz, . feine Grfügigkeit in Annahme
der ihm bewilligten Ehren als unerfärtlis
hen Kizzel der Eitelkeit, feine Vereinfas
dung der unförmlihen Staatsmafchine als
ſtraflichen Eingrif in geheiligte Rechte, und
iede energiſche Maaßregel als nadten De
#87
ſpottemus anzurechnen, war von ber Menge,
ie weniger fie ihn begrif, um ſo unaus⸗
bleiblicher zu erwarten. Allein eben fo ges
roiß auch veizte er ſelbſt ihren Unmuth durch
einen Freimush der Rede, der an Unvor⸗
ſichtigkeit — nicht felten ſogar an Uebers
much — grenzte. Gr ſelbſt verrieth den
Geiſt, in weichem er handelte, und ben
zu enthällen die Blitke feiner Römer ſich
noch immer angftlich ſcheuten, durch die df⸗
fentlich hingeworfene Aeußesung: „daß die
Mepublif zu einem wefenlofen Schatten ges
ſchwunden ſey.“ Er ließ fih’s entfallen:
„daß man wohl daran thun werde, mit
Sorgfalt auf feine Worte zu merken, und
daß jedem derfelben Gefegiestraft beimohs
nen folle. Sulla aber habe fih ſchon das
durch allein als einen Laien in der Staats⸗
Zunft erwieſen, daß er fähig, geweſen, feine
Diktatur niederpulegen.
Warlich auch war es nice die Räds
Sehr in’ den Privarftand, die ex fih, als
den Zielpunft der feinigen, vorſteckte, ſon⸗
dern — die Konigskrone!l Wie auch im
mer die Urtheile über Dies, bis zum Eis
genfinn beharrliche, Streben Caſars auss
488
fallen mögen: (und wohl bat man: ihn,
gerade dieferwegen, bis zur Abfprechung als
ler Charakters Größe herabgemärdigt! ) —.
dennoch ift es wohl nur eine billige For⸗
derung, daß vorausgefegt werde, dasienige,:
was ein Mann pon CAfars Geifteskraft,
gereifter Erfahrung und umfichtiger Berech⸗
nung fo wolte und als Ziel verfolgte, ver
diene doch wohl, nicht als bloße Befriedis
gung eines Findifhen Wunſches oder einer
thörichten Eitelkeit betrachtet zu werden.
Eben fo wenig, als ein Diad.em feiner,’
alles menfchliche Maag Aberragenden, Grdße
noch etwas hinzuzufügen vermochte, Fonnt’
es auch feinen lezten und hoͤchſten Eher
geiz ausmachen, fich in einerlei Reihe mit
den Königen feines Beitalters zu ftellen,
die fo oft am römifchen Triumphmagen
fortgefchleift worden, ſo oft feine Vorzim⸗
mer gefült, fo oft Gut und Leben von feis
nem Winfe als Geſchenk empfangen hat
ten. Wenn iedoch, nach fo langen Jahr⸗
hunderten, Aber die, nicht offen da liegon⸗
den, Beweggründe feines emfigen Strebens
nur Vermuthungen gewagt werden koͤn⸗
nen, fo wird man, in diefer Ungemißheit,
49
body fieber zu Vorausſezzungen greifen, die
iene Thatſache erklären, ohne den Charakı
ter eines großen Mannes geflißentlic zu
verrufen.
Erklart aber fheint allerdings diefe
Aufgabe durch ihn fäbft, der ihr Gegen
Rand ift, und durch feine, vorangeführte,
in ſich felbft fo wohlbegrändete Behaups
tung: „daß die Republik zu einem Nichts
herabgeſunken geweſen.“ — Hatte er Recht,
fo mußte es feinem hellen Kopfe als Wis
derſpruch erfcheinen, fie in dieſer Wefenlos
ſigkeit fortbeftehen zu laßen, fofern er ſich
ſelbſt den Mann dazu fühlte, ihr eine neue,
der Zeit und den Menfchen angemeßnere,
Form aufjuprägen. - Ihm, der fo tiefe
Blikke in das Wefen des römifhen Etaas
tes gethan hatte, mußte nothwendig auch
bie Idee von einer, durch Zeit und Bege⸗
benheiten almählig fortfhreitenden innern
Entwicklung deelben vorfehweben, auf wels
che Roms ganze bisherige Gefchichte bins
leitete. Es mußte ihm Elar feyn, daß die
Größe des Staats auf einigen wenigen,
ber ewigen Grundſazzen beruhte, die er
felbft, während feines ganzen politifchen Les
40
bens, treulich geübt hatte und alſo wohl
nicht anzutaften begehrte; daß aber eben
biefer Staat auch nur durch mehr als Eine
Umformung im Innern fähig geworden, '
tene Grundfäzge, nach dem Bebhrfniß der
Beiten, fo unerſchutterlich zu verfolgen. Und
eine ſolche abermalige Wiedergeburt ſchien
nicht nur iezt, wo alle Springfedern der
republlkaniſchen Verwaltung fh als ers
fehlaft oder abgenuzt erwieſen, erforderlis
her als jemals geworden, fondern fie war
auch bereits wirklich erfolgt; und fein Uns
befangener mocht' es verneinen, Rom fey
in eine Monardie verwandelt. War
es aber- wirklich zu diefer neuen Entwik⸗
Telungsftufe heran gediehen, fo gab es auch
teinen haltbaren Grund mehr, den Staat
nicht auch in ıdiefer neuen Geftalt auftres
ten zu lagen. Jedes Hemmen wäre nicht
nur vergeblich, fondern zugleich auch eim
Mädfcpritt geweſen!
Eine andre Frage aber ließe ſich hier
aufwerfen: Ob es nicht, bie dahin, mo
dieſe Wahrheit fich auch dem blöderen Auge
der Menge als unumſtoͤßlich aufgebrungen
hätte, Elüglicher gehandelt gewefen wäre,
40r
ſich dem Ziele auf Umwegen zu nähern,
‚und des Vorurtheils, das fi noch immer
in den hergebrachten republifanifhen Fors
men gefiel, mit ſcheuer Sorgfalt zu ſcho⸗
nen? — Doch unentgegnet, ob die das
maligen Römer eine ſolche zarte Schonung
verdienten? oder wem fie fih, zu als
len Zeiten, veraͤchtlicher, als gerade ihm,
erwiefen? — fo fordert es gleichwohl Er⸗
wägung, ob Cäfar, im Lauf feines ſechs
und funfzigften Lebensiahres, noch eine Lauf⸗
bahn von binreichender Dauer vor ſich ers
blickte, um es auf ein Gewebe von Küns
flen anzulegen, die ohnehin feinem durch⸗
geeifenden Sinne fo wenig jufagten?
In der That bedurften auch feine rie⸗
fenhaften Enswürfe nach außen noch Jahre
zur Ausführung, die er, der unÄbertroffene
Haushalter mit feiner ‚Zeit, wohl ſchwer⸗
lich Luft finden Eonnte, mit den unrähms
lichen Kämpfen des Forum, mit Aufftels
lung politiſcher Neue und mit fchlauer
Erſchleichung von Vorrechten zu zerfplie
teen; *) — bedurften, zu ihrem Gedeihen,
*) Daß Oetavianus Augufus, durch feines
40
einer vollen geſammleten Kraft und einer
volendeten Einheit der Verwaltung. Aber
dos geſezlich anerkannte Koͤnigthum al,
lein konnte ſie ihm gewaͤhren. Nicht der
Diktator, wohl aber der Koͤnig durfte
ſich auf ſo geraume Zeit von Rom entfer⸗
nen, ohne die Furcht, die Partheien in
ihre innern Zukkungen zurädfallen und ſich
wechſelſeitig zerfleiſchen zu ſehen.
Sejen wir nun voraus, daß Caſar
mehr oder minder Gericht auf dieſe Grände
legte, fo darf ihm eben ſowohl zugetraut
werden, daß er, der Alles berechnete, auch
den Wiberftand, den er finden wuͤrde, mit
in die Berechnung feiner Wünfche gezogen. '
Wie ſolt' es ihm entgangen ſeyn, daß die
nemlihen Römer, die ihn unbedenklich mit
den weſentlichſten Auszeichnungen bes Als
leinherrſchers bekleideten, fo lange dieſe
nur eine republikaniſche Farbe trugen, mit
Großoheims Fal genarnt, ſpaͤterbin dieſen
Weg dennoch, als den ſicherſten, betrat und
mit Glä verfolgte, iſt eben fo befannt, als
aus der Verſchiedenheit der Charaktere er⸗
Härbar. Aber er hatte auch ein halbes Jahr⸗
bundert Zeit, diefe Rolle durchzuführen.
' 48
Entſezzen zufammenfchaudern würden, for
bald er es magte, biefen lezten dunnen
Schleier zu lüften? - Seit Jahrhunderten
‚war der entfchiebenfte Königshaß indem
Gemüthe iedes Römers tief eingewurzelt;
war nicht nie in ihre Staatsform, fons
dern auch in ihr gefelfchaftliches Verhaͤlt⸗
niß, im ihre ganze Art zu ſeyn und zu ema
pfinden, übergegangen,
Allein eben diefe algemeine Umgeſtal⸗
tung der Formen und der Verhaltniße war
es ia, auf welche der Diktator hinarbeitete,
und wozu es vor Allem der Zerftörung ie⸗
ner dunfeln Schreckgeſtalt bedurfte. Er
war, als ihm freiftand, in Buͤrgerblute zu
waten und als Tyrann zu fihalten, ein
milder, menfhliher Sieger gemefen: —
folte feiner ganzen Perſonlichkeit nicht auch
ein binteichender Zauber beimohnen, um
dem Volfe einen milden König zu vers
forehen?. Solt' es fo unmoͤglich feyn, ie⸗
nen Widerwillen der Gemäther durch eine
gluͤckliche Ueberrafhung zu beſiegen, und
bald auch, durch eine ſegensvolle Verwal⸗
tung, zu befhämen und zu vernichten? \
Leicht Eonnte ſich dann diefer Kimigehaß for
494
gar in Vorliebe verwandeln; und es konnte
beifällig darauf zuruckgedeutet werden, daß
Roms volendete Größe eben fowohl, als
feine beginnende, einen König erfordert
habe. *)
Der erfte, verloren hingeworfene Ver⸗
fu, die Volksſtimmung über diefen Punkt
- 98 ergründen, wurde von, einem unbefann:
ten Menfchen gemacht, indem er eine oͤf⸗
fentlih aufgeftelte VBildfäule CAfars mit
der Königsbinde ſchmuckte. Die That er⸗
vegte fo großes Auffehen, daB die beiden
Woltsrribunen €. Epidius Marullus und
2. Cäfetius Flavus fih, von Amts wegen,
berufen hielten, .eine Unterfuchung gegen
den Urheber einzuleiten und ihn in’s Ges
fängniß zu werfen. Allein wie geflißentlich
:.%) In biefem Sinne war es weber fo bes
Deutungslos an fich, als Ungläd weißagend,
wenn Edfar, unter dem mancherlei ibm zu⸗
gehandenen Ehren, es zulleß oder ypranfial«
tete, daß feine Bildfäule ſowobl im Tempel
des Quirinus, neben diefem gefrönten Stif⸗
ter des werdenden Roms, als auf dem Ka⸗
pitol, in der Meibe der alten Kine, au
serichtet wurde,
495
fie dabei auch den Schein annahmen, Bloß
für des Diktators Ehre bemüht zu feyn,
fo konnten fie es doch nicht vermeiden, ſich
fein unverhehltes Mißfallen zuztziehen; und
" während das Volk ihnen freigebig den Eh⸗
rennamen eines Brutus zutheilte, rachte
ber beleidigte Machthaber fich durch ein
Wortfpiel mit diefem Namen, wodurch ih⸗
nen ber gemeine Merſchenverſtand abge⸗
ſprochen wurde. *)
Bald nachher, als Caſar, am get bee
Feriae latinae, (den 26. Jan.) einen
feierlichen Einzug in. Rom hielt, und die °
Menge ihn mit lautem Zuruf bewilfommte,
mifchten ſich abſichtlich einige Schreier uns
ter das Volk, die Ihn, wie aus innerer
Bewegung, als König begrüßten. Alfobald
verſtummten die gedrängten Gruppen; ein
dumpfes. Murren wälzte ſich bis zu des
Diftators Ohren, und drang ihm die Vers
ſicherung ab: „Nicht König, fondern Chr
*) Das Volt meinte den Juniuß Brutus,
welcher den Testen Tarquinier vom Throne
vertrieb. Caͤſar fpielte auf das Wort bru-
tum an, welches ein verkandloſes Thier I
reichnet.
46
far wolle er. genannt ſeyn.“ — Jene
nemliche Tribunen, um nicht in Wider
ſpruch mit fich felbft zu.gerachen, Eonnten
‚nicht umbin, auch dieſe vorlauten Schreier
An Anklage zu fesgen: doch diesmal ver
laugnete Caſar feine gewohnte Mäßigung,
und führte im Senat die laute Beſchwerde,
daß unrubige Köpfe, mit Vorſchuͤtzung von
pflichtmaͤßiger Amtserfüllung, feinen. Chas
rafter verunglimpften und das Wolf durch ·
falſche Bosfpiegelungen in Unruhe fezten.
Er ‚drang zugleich auf die Entſezung der
flöreigen Zribunen; und feinem Berlangent
mußte gewilfahrtet werben.
Beide Verſuche hatten zwar des Er⸗
folge verfehlt, aber deutlich genug verra⸗
then, was Roms Gebieter wuͤnſche, und
auf den Weg hingewieſen, auf welchem
er die algemeine Huldigung erwarte. Der
Hauptſtreich wurde daher auch nicht lan⸗
ger, als bis zum Feſt der Zuperkalien (dem,
16. Febr.) verfchoben; und der zeitige Kons
ſul: M. Antonius‘ wat es,: der, zu deſto
unfehlbarerem Gelingen, ſich felbft mit der
Hauptrolle belud. Zahlteicher, als gewdhn⸗
lich, ſtroͤnte das Volk zum Anſchauen des
aben⸗
497
‚abentheuerlichen Aufzugs, in welchem, nad)
„alter Sitte, die Priefter des Pan (bie Lu⸗
perci, zu welden feit kurjem auch Antonius
gehörte) an dieſem Tage öffentlich aufzu⸗
treten pflegten. Auch Edfar, in triumpha⸗
liſcher Kleidung, fah, von feiner goldenen
Sella herab, dem Schaufpiele zu, als der
Konful pldzlich vor die Tribune trat und
dem Diktator, mit einem Lorbeerfrange, das
umhergewundene — Diadem bot.
. Ein bezahltes ſchwaches Geräufh des
Beifals erhob fih. Auch unter den Tau⸗
fenden des Volks entftand eine Bewegung;
doch nur des Seufzens und der leiſen Miß⸗
Biligung. Caſar verftand den Sinn diefes
Schweigens; und feine Hand ſtieß, wie
‚mit Unmillen, die Krone zurüd, Da ex
tönte die Luft vom lauten losgelaßenen Ju⸗
bel; Alles wetteiferte im Preife des hohen
Sirgere, der ſich felbft bezwungen. &eine
Möäsigung, feine Beſcheidenheit folte ihm
die Herzen fefter als iemals verſtrikken. —
Gleichwohl verzweifelte auch iezt Antonius
noch nicht am Erfolge. Auch er hofte von
diefer Maͤßigung feines Gebieters ein aus'
genblidliches Wunder; hofte, dag das WolE, . .
4 Band, Si
498
von ihr beſtochen, nach feiner wandelbaren
Laune, in dieſer nächften Minute von Cds
far fordern folle, was es eben erft an
ihm verworfen hatte. Noch einmal trater
hervor; warf fich zu des Diftätors Füßen,
und flehte, aus feinen Händen zu empfans.
-gen, was ein dankbares Wolf ihin biete. —
Ziefer und ängftlicher war bas Schweigen
umber; immer peinlicher aber auch bie Lage
bes Einzigen, an deßen Entfchliegung fi
fo viel taufend Blikke hefteten. Endlich
wies er, mit unwilkuͤhrlicher Entfagung,
das alverhaßte Stirnband dennoch zuräd,
und fandte es auf das Rapitol, wo Jupi⸗
ter, Roms einziger König,. thronte. Diefe
Erklärung volendete das Entzukken der Ne _
mer; und ihr Dank außerte fih af der
Stelle durch den Volksbeſchluß: „daß in
den heiligen Yahtbüchern der Stadt diefes
Tages ausbrüdtkich gedacht werde, wie das
rdmiſche Volk feinem Diktator die Krone
angeboten, und wie biefer fie ausgeſchla⸗
“gen habe.” \
Schwer jedoch verfhmerzte er den
Fehlſchlag einer fo ſicher genahrten Hoffe
nung; und es fehlte in ben näcften Tas
/
499
gem nicht an mandjerfei Gerächten, daß er,
“feines Unmuths nicht Meifter, mit dem
Gedanken umgehe, ben Mittelpunte und
die ganze Kraft des römifchen Reiche nach
Alexandria dder nach Ilium zu verpflan-
ven, Stalien durch Truppenaushebungen
iu erfhöpfen, und das verhaßte Kom der
Wilkuhr feiner Werträuten zur Beute zu
taßen. Bald abet wich det Zorn der beßern
Ueberlegung; der Plan ward noch einmal
zur Hand genommen. Was man weder
dem Leichtfinn des Wolle dutch Ueberra⸗
ſchung Abgervinnen, noch von feiner Zunel⸗
gung hätte erſchmeicheln konnen, ſolte nun⸗
mehr feinem Aberglauden abgedrungen -
werden: und was in der unlenkſamen
Volksverfammlung geſcheitert war, folte in
dem durchaus unterjochten Senate ein um
fo wiligeres Werkjeig det Ausführung fins
den. Dan war nemlich geſchickt genug
gemefen, in den ſibylliſchen Büchern (die
fem, in feiner Art einzigen Hebel der
Staatsverwaltung) bie gelegne Entdekkung
uu machen, daß ben Römern zum gluͤckli⸗
hen Ausſchlag eines Krieges gegen dit
Parther die Anführung eines Könige von⸗
Sia
\ 500
‚nöthen ſey. Auf dieſen triftigen Grund
ſolte demnad 2. Cotta, einer von den
Funfzehnmaͤnnern, *) in der Rathverſamm⸗
lung den Antrag flüggen, den Diktator mit
der, vom Drafel felbft geforderten, koͤnig⸗
lichen Würde zu bekleiden. Doch folte dies
felbe nur in den Provinzen des Reichs in
volle Wirffamkeit eintreten; in Rom felbft
aber vor Roms hoͤhern Schusgeiftern vers
ſchwinden.
Dieſe im voraus angekundigte Abſicht
volendete die geheime Unzufriedenheit, wo⸗
mit auch die Optimaten Cäfars bisherige
Gewaltſchritte, mit fteigender Erbitterung,
verfolgt hatten. Der Diktator, ohne es
iu ahnen oder zu achten, wandelte über
einem Vulkan, deßen erftorbene Flammen
ſich plözlih zu einem neuen furchtbaren
Ausbruche erheben folten. Denn wie als
„gemein Roms Entartung auch ſeyn mochte,
fo hatte fie doch das Gefühl defen, was
verloren gegangeh, nicht gänzlich erftiffen
*) Die Quindecimviri waren mit dee bes
fondern Aufficht über dieſe gefchriebenen
Staats « Dratel beauftragt. ,
5or
konnen; und -die Funfen eines lebendigen
Freiheitsfinnes maren menigftens in der
Bruſt einiger Wenigen qzurädgeblieben.
Diefe Wenigen hatten bisher mit Angftlis
her Erwartung auf Cicoro geblidt, den
fein Alter, feine Talente, fein Rang im
Staate, feine Bolfsgunft und fein unzwei⸗
felhafter Republifanismus zum Verfechter
der fterbenden Freiheit vor allen Uebrigen
zu berufen fhienen. Allein der Konfular,
dem zu- der volendeten Fuͤlle großer Eigen⸗
ſchaften nichts, als die Uebereinftimmung
mit fich felbft, ermangelte, begnuͤgte ſich
mit einem. finfteen Echmejgen oder mit
bittern Sarkasmen; wogegen das Wim⸗
mern über die zu Grunde gerichtete Frei⸗
heit in feinen vertrauten Briefen eben fo
grel abftach, als fein zur Schau getragenes
Bemühen, die Sklavenkette, die ihn heims
lich wund drüdte, mit dem Anftande eines
Freien zu tragen. Ale feine öffentlichen
Schritte verriethen das widerſprechende Bes
möhen, Caſars Gunft ſcheinbar entbehren
zu können, während er, zu ‚gleicher Zeit,
ängftlih um diefelbe buhlte. *)
) Greilich behandelte CAfar' auch gerade
5a
Miedergebeugt durch dies Beifptel von
beſtandloſer Schmäche, dürften wahrſchein ⸗
lich auch alle noch vorhandenen Reſte der,
ihm gleich Geſinnten, ſich im innern Ins '
grimm vergehrend, an ihrem Joche unmwils
lig, aber ohne Widerſtreben, fortgezogen,
und Caſars tiefe Menſchenkenntniß, indem
er ihre Kraft für gebrochen hielt, gerehe -
fertigt haben, wenn ihm nicht die nähere
und dringendere Gefahr — von feinen
Freunden felbft erwachſen waͤre. Ihre
unerſattliche Habgier, ihr Durſt nach Chr
renſtellen in der neuen Verfaßung, ihr
Meid unter einander, und das Gefühl deg
ibn, deben Gewicht im Gtaate er nie ver⸗
kannt hatte, und den er fortdaugend durch
alle Mittel für fich zu geminnen wuͤnſchte,
mit der ausgefuchtehen Feinbeit. Zwar traf
ch's wohl ie zuweilen, daß auch der Redner
in feinem Vorzimmer ein wenig lange wars
. tem mußte: allein wie folte Caͤſars Entſchul⸗
digung verfehlt haben, feinen gefränften
Stolz su-verföbnen, wenn er ibm entgegenrief:
„Vie? Auch Eirero unter den Wartenden?
Wenn aud du ſelbſt mir dies Unrecht am
willigfien vergaͤbſt: was wird gleichwohl die -
Welt von mir denfen? Sie wird mich ver⸗
abſcheuen!
38
übermächtigen Arms, womit der Diktator
alle diefe niedrigen Leidenfchaften nieder
hielt, fobald fie feine höhern Plane durch⸗
kreuzten, verfehlten nicht, ihm nah und
wach) ihre Herzen zu entfremden. War doch
Antonius, der Thätigfte und Gefügfamfte
von Allen, in dem Zeitpunfte von Caͤſars
Rackkehr aus Hifpanien, aus Verzweiflung
über degen verſcherzt gehaltene Gunft, *)
nahe daran, fi in einen Anſchlag gegen
fein Leben zu verwikkeln!
Alles zwar, was bei ihm fand, hatte
der neue Machthaber gethan, um feine Ges
huͤlfen und Freunde, nach Maaßgabe ihr
rer ‚geleifteten Dienfte, zu belohnen; und
wir. haben gefehen, wie er fogar neue Wuͤr⸗
*) Caͤſar harte die Besahlung der von ihm
erftandenen Käufer und Beräthe des Vom⸗
peius, wovon ſchon oben die Mede gewefen,
mit fo großem Ernſte gefordert, daß fein Un»
muth nabe daran war, über alle Schranken
binauszwbrechen. Freilich fennen wir iene
Befhuldigung nur aus Feindes Munde,
(vergl, Cieero’g Philipp. IL, 29. 31.) Auch
ſcheint die Idee der Werfhwörung damals
mebr in C. Trebonius als in Antonius ent⸗
fanden zu feun.
504
den ſchuf, ober die ſchon beſtehenden ver⸗
mehrte, um ſich das Vermoͤgen dazu zu
vervielfaͤltigen. Dolabella, dem er die Ab⸗
tretung feiner eignen konſulariſchen Würde,
gleich in den erfien Tagen des neuen Jah⸗
res, zugedacht hatte, mar ihm ‚zwar von
Antonius, feinem alten Gegner, verdächtig
gemacht, und dadurch in feinen Hofnungen
getäufcht: Doch wurde diefe Gunft eigent
lich nur auf unbeftimmte Zeit verſchoben.
„2epidus erhielt die Verwaltung Hispaniens
und der narbonenfifhen Provinz; Decis
- mus Brutus das cisalpinifche Gallien; M.
Brutus und €: Eafius waren auf der
Lifte der Prätosen für Roms bürgerliche
Rechtspflege. Der inftehende Partherfrieg,
indem er Caſars Iängere Entfernung von
der Hauptſtadt vorausfehen ließ, fehien fogar
die Vorausbeſezzung der hoͤchſten Staats⸗
aͤmter auf mehrere Jahre hinaus zu erfor⸗
bern; und bleibt es auch ungewiß, eb dieſe
Verfügung auf drei, oder gar auf fünf
Jahre, getroffen wurde, fo weiß man body,
daß für das Konfular des nächften Jahres
%. Hirtius und €, Bibius Panfa, fo wie
505
des zweiten D. Brutus und 2. Munatlus
Plancus erfehen waren.
Aber fo wie biefe Watuhr, auf der
Einen Seite, das Volk beleidigte, ohne
deßen geſezliche Zuſtimmung fie unternom⸗
men wurde, ſo verſtieß ſie, auf der Andern
Seite, nicht minder gegen die Anſpruͤche
der Republifaner, die ſich dabei Abergans
gen, und ſelbſt gegen die Erwartungen
der Freunde des Diftators, die fich ihre
Beute von Nebenbuhlern entrißen ſahen.
Freilich lag felbft bei diefen Leitern der
Grund ihres kaum zurhdgehaltenen Uns "
mutbs noch tiefer, und machte fie eben das
durch fähig, ſich ihren bisherigen Gegnern
in der Stille zu nähern. Denn nur zu
Viele unter ihnen hatten in der buͤrgerlli⸗
hen Fehde nur deswegen Caͤſars Sache ers
"griffen, weil fie die Meinung hegten, ber
Streit werde fi endigen, wie es noch
immer gefcheben war, und bie fiegende
Parthei die befiegte unter die Füße treten,
ung alles Anfehen und alle Würden in der
Republif an fi zu reißen. Allein mit
ſchmerzlichem Erftaunen machten fie nuns
‚mehr die Entdekkung, daß iezt weder von
506
einee Parthei, noch Aberhaupt nur von
einer Republik bie Rede feyn, fondern
Altes ohne Unterfchied ſich unter die Eigen
macht eines Monarchen beugen folte.
Bon diefem Augenblid an war auch in ihr
ser Seele fein Untergang beſchloßen!
Eehlte noch irgend etwas, bie bittre
Krankung einer fo großen verfehlten Hof⸗
nung bis an die lezte Grenze des zahmen
Erduldens zu treiben, fo mußte noch der
Zufal felbft Yinzutreten, um fie und Je⸗
den,. ber ſich noch als einen römifchen Edfen
"fühlte, duch den Anſchein einer öffentlicyen
und vorfäzlihen Erniebrigung von der übers
möüthigften Art, über diefe Grenze hinous⸗
äutreiben. Cine Reihe neuer Ehren und
Auszeichnungen mar in der Kurie für den
. Diktator, in deßen Abmefenheit (welche dies
fen Derathfäjlagungen den Schein der Freie
beit ſichern folte) beſchloßen worden, Gleich
darauf erhob fih der Senat, ihm diefe des
flüße feierlich mitzutheilen, und fand ihn
auf feiner Sella im Vorplaz des Tempels
der Benus Genetrig ſiend. Hier empfleng
Caſar die VBerfammlung, ohne von feinem. .
Sizze aufjuftehen, und Begnägte ſich, den
. 7
Annähernden die Hand zu bieten. Keiner
untee Allen. war, der nicht in biefer beis
foiellofen Vernachlaͤßigung ein Vorfpiel der
nahen föniglihen Zeremoniels, ſich felbft
aber befhimpft und die Freiheit gemordet
erblidte. Wolte man doch fogar das Fluͤ⸗
fern des Corn. Balbus hinter feinem Seſ⸗
fel vernommen haben, der, als er, von
eigner Scham getrieben, endlich doch ſich
au erheben verfuchte, ihn zuruͤckhielt und
erinnerte: · Er möge nicht vergeßen, daß
er Caͤſar fey, und iede Art der Vereh⸗
rung verdiene!“ — Wie folte'nun noch,
als Jedermann traurig und niedergefchlas
gen von bannen ſchlich, des Beleidigers
frätere Entſchuldigung Eingang finden, daß
ein plözlicher Anfal von Krankheit es ihm
unmöglich gemacht habe, ſich aufrecht w
erhalten? *)
Blutarch nennt feine gewöhnliche Krant⸗
beit, die Fallſucht, die ihm mit Schwindel
und Berwußtlofigkeit gedroht habe; dagegen
macht eine andre Sage, deren Dio erwähnt,
(B. 44. 8. 8.) fi das Vergnügen, ihm ein
Bauchgrimmen anzudichten, welches ihn in
Nie boͤchſte Berlegenheit geſezt, aber doch
508
Tiefer fühlte ſich gleichwohl Niemand
durch dergleichen Vorgänge, von denen ex
Zeuge feyn mußte, verwundet, als €.
Caßius, ben zu allen Zeiten ein reizbares
Gemäth, ein duſtrer verſchloßner Sinn,
ein reger Ehrgeiz und eine unbegrenzte
Liebe zur Freiheit ausgezeichnet hatten.
Die unglaucklichen Trümmern von Craßus
Heere in Syrien hatten feiner klugen und
entſchloßnen Fuͤrſorge ihre Rettung verdankt;
und als treuer Anhänger der republifanis
ſchen Parthei, nahm er fo lange einen thaͤti⸗
gen Antheil an den kriegeriſchen Operatio⸗
nen derſelben, bis ihre Unfaͤlle ihn, wies
wohl unter harten Kämpfen in feinem In⸗
nern, *) obengedachter maaßen, dem Sie⸗
nicht verhindert habe, bald darauf feinen
Heimmeg zu Buße gu machen. — Hier wire
alfo abermals Eines der auffallenditen Bei⸗
ſpiele von großen Begebenheiten aus kleinen
Urſachen!
*) Wenn wir nemlich auf Cicere’s Verſt-⸗
cherung (Philipp. IT, 11) bauen dürfen, daß,
als er Gäfars Heimfehr aus Aegypten in der
Mündung des Cydnus erwartete, Diefer feis
nem bereit gehaltenen Dolche ſchon damals
nur durch den zufäligen Umñand .entgieng,
59
ger zur Ausfohnung entgegenführten. Durch
feines Freundes Brutus Fuͤrwort ward diefe
auch, von Caſars Seite, fo unbedingt vers
mittelt, daß ihm deßen Schaͤzzung und
Freundfchaft Feinesweges entftand, und er
auf eine fernere glänzende Laufbahn in der
neuen Ordnung der Dinge zu rechnen hatte.
Dennoch fiheint es in diefer folgen und
verſteckten Seele einen giftigen Stachel zus
rüdgelaßen zu haben, als er, um diefe nem⸗
liche Zeit, fih von Eäfar, in der Bewer⸗
bung um die Stadt: Pränir, dem höher
gehaltenen Lieblinge M. Yunius Brutus
machgefegt fehen mußte; und felbft des
* Diktators Aeuferung: „daß Caßius zwar
triftigere Gründe für fih anführe, aber \
Brutus nicht uͤbergangen werden koͤnne,“
mochte eben nicht Balſam in ſeine Wunde
traufeln. Aber, nicht minder entſchieden,
fiel feine Empfindlichkeit auf feinen Neben⸗
buhler zuruͤck, den weder die Verhaͤltniße
des Freundes, noch fogar des Verwand⸗
ten, *) mit ihm verfähnen konnten.
daß der forglofe Diktator am der entgegeits
fiehenden Seite des Flußes landete.
) Die Sqweſter des Brutus war feine
Gemaplinn,
510
Ein durchaus unaͤhnlicher Charakter
belebte diefen verfannten Freund, deßen
angeborne Milde des Herzens, durch Wiſ⸗
ſenſchaft und Philofophie veredelt, in einem
ſteten, aber ſchͤnen, Kantpfe mit den ſtren⸗
gen Grundſazzen lag, die er von feinem
mötterlichen: Oheim Cato auf fih zu vers,
erben wuͤnſchte. Auch ihm galt die Freb
beit über Alles; auch er hatte ihr, im
Laufe der bürgerlichen Fehde, große und
rühmtiche Opfer gebracht: allein auch er
war, als fi ihm die Fruchtloſigkeit feines
fernern Widerftandes erwies, zu ber fies
genden Parthei mit fo fanfter Gewalt her:
Übergezogen worden, hatte Cäfars perſon⸗
liche Zuneigung in einem fo ausgegeichneten
Maaße empfunden, und war durch fo heilige
Bande der Liche an ihn gefettet, daß er ſich
dergegenfeitigen Hinneigung zu dem Diktator
ie länger ie weniger zu erwehten vermochte.
In der That galt ihm Caſar fo Hoc,
dag nur die Freiheit noch höher in ſei⸗
ner Seele thronte, und er für Beide ſich
einer Begeifterung, der Schwaͤrmerei habe
verwandt, fähig fühlte. Wie mußt es dent
feinen Innern Sinn jertätten und’ ieden
511
Frieden in dieſer Bruſt zerftdren, als.ſich
ihm endlich die entſezliche Wahrnehmung
aufdrang, daß das Idol ſeiner Gedanken
unausweichbar gefährdet werde; — gefaͤhr⸗
det von derlenigen Hand, die er als eine
vater liche verehrte, und an der er lies
bevol feinen Weg zu wandeln münfchtel
Brutus, in einen ſchwarzen Träumer vers
wandelt, war der unglüdlichfte Dann in
Rom zu nennen! ‚
Auch in ihrem gegenfeitigen Zwiſte hatte
Caßius feinen Freund nicht aus dem Auge
verloren: denn die gewaltfamen Entwürfe,
die fi dunkel in feiner Seele walzten,
waren ausſchließlich auf des edlen Patrior
ten Zuftimmung und Theilnahme berechnet.
Schon der Name Brutis allein weckte
Erinneriingen und Gefühle, die nothwen⸗
big von Tyrannen ⸗ Haß auf Tyrannetz
Bertilgung binleiteten, und in den Au—⸗
gen iedes Römers den Dolch in einer, fol
hen Hand zu heiligen verfprahen Es
mag feyn, daß damals Mehrere, wie Cafı
fiss, dachten und wuͤnſchten: doch ihm
tnfonderheit ſchreibt man die erfien vers
ſteckten Verſuche iu, diefe Stimmung zu
512
verbveiten, und auf feines Freundes duͤ⸗
ſtern Truͤbſinn einzuwirken, als fih an
Roms ͤffentlichen Plaͤzen namenloſe Aufs
forderungen, vol eines tiefen Sinnes, ange⸗
ſchlagen fanden. An der Dildſaule des
dltern Brutus las man dem bedeutenden '
Ausruf: „Daß er noch lebte!“ und an
des Stadt s Prätors Richterfuhl wurden
Bettel mit der Frage geheftet: „Brutus,
du ſchlaffſt? — O, du:bift nicht Bru⸗
tust“ "
Was Wunder denn, wenn folhe Winke
endlich einen immer lebendigern Eindruck
auf das nur zu empfängliche Gemuͤth ei⸗
nes Mannes machten, der, im harten
Kampfe zwifchen Pflicht und Neigung, auf
der Woge des Zweifels ſchwankte? Im⸗
mer mehr iedoch entftelte feine Phantafie
die fanften Büge, worin fie ihm fonft das
Bild feines großen Freundes vor die Seele
+ gezaubert, zum Berrbilde eines Defpoten,
der, den Geſezzen zum Hohn, Rome Wohl:
fahrt unter die Füße-trete. In früherer
Beit hatte Brutus des algemein verdamm⸗
ten Milo Rechtfertigung, wegen feines. an
Clodius verübten Mordes, in dem Grund»
fajje
'stz
ſanze „gefunden, dag, wo die Kraft des
Geſetzes aufhöre, den Strafbaren zur em
reichen, die Selbſthuͤlfe an deßen Stelle
treten, und, einen fonft unverwundbaren ,
Tyrannen zu entwafnen, das Mordſchwert
gezuckt werden dürfe. Stand dieſer Grund⸗
ſaz auch iezt noch in feiner Seele feſt,
fo war allerdinge ach Caſar bei ihm ger
richtet! J
Die auf dieſen Punkt getrieben, wagte
nun Cafius nichts mehr, wenn er-felbft
ihn etwas ofner in feiner Seele leſen ließ;
und fon das allein mußt’ ihn feinem als
ten Freunde empfehlen, "daß er feinen fra⸗
heren Grol zu verlaͤugnen fähig geweſen,
um mit ihm für die Rettung der Freiheit
gemeinſchaftliche Sache zu machen. Freilich
aber entſchloß ſich Caßius auch um ſo leich⸗
ter zu dieſem Schritte, als alle übrigen
Theilnehmer feines Geheimnißes fih ihm
nur unter dersausdrüdlichen Bedingung zur
" Mitwirkung verpflichteten, daß M. Bru⸗
tus dem Bunde beitrete. Diefer Wunſch
. fand nunmehr feine Erfüllung; der vers
föhnte Prätor ward von diefem Augenblick
an die Seele der Verſchwoͤrung; und wie:
+ Band. KE
514
viel Dunkel auch auf ihren früheften Ber:
handlungen ruht, fo if doch fo viel gewiß,
daß fie bald mehr als fechezig Genoßen
zaͤhlte.
Die meiſten dieſer Verbündeten waren
Senatoren und von Roms erften Geſchlech⸗
tern, und eine eben fo große Mehrzahl ber
fand aus CAfars vormaligen Freunden und
Gefährten auf der Bahn feiner Siege.
‚Bar. Allen zeichneten fih unter ihnen €.
Trebonius und D. Brutus Albinus
aus; Beide feines befohdern Vertrauens
von fangen Zeiten her gewuͤrdigtz *) Beide
9 Sie hatten gemeinſchaftlich die Belage⸗
rung von Maſſilia zu Land und Meer gelei⸗
tet. Deeimus Brutus infonderbeit Cmicht
Bruder, aber Verwandter des Mareus) galt
für Caͤſars geſchickteſten und gluͤcklichtten Ser-
Vraͤfekten, und war auch Dieſem fd wertb)
daß er ihn in feinem Teſtament zum jiveiten
Erben. nach Oetavianus beſtimmt hatte, fals
Derſelbe eines zu frühen Todes ſtaͤrbe Faſt
aber Liege fich im dieſem Umſtande (wenn
Blutard) allein ihn berichtete) ein Miß-
verftand ahnen, und es koͤnnte vielmehr Mar«
eus als Erbe gemeint ſeyn, der, wie bekannt,
noch aus befondern Gründen von dem Dit.
tator als Sohn oelerr wurde.
S5 \
auch gegentwärtig von ihm mit neuen Eh⸗
ren Aberhäuft, und Beide durch keine Art
von perfönlicher Beleidigung gegen fein Les
ben erbittert. Ihre Anfeindung würde
demnach als eine unerflärte Erſcheinung das
ſtehen, wenn wir nicht entweder die unebel,
Ren oder die edelften Beweggründe in PM
ter Seele vorausfeggen tollen. Vielleicht
aber gilt don ihnen, wie von den Uebris
gen, *) die nemliche Bemerkung, melde
wir bereits von den verfehlten Erwartuns
gen biefer Parthei vorangefhidt haben.
Einen Anführer,_ wie Sulla, hätten fie
ertragen — oder wohl gewuͤnſcht fogar,
—_———— 1,
*) Ganz mit Stilſchweigen dürfen ihre Nas
imen, fo viel deren auf ung gefömmen find,
doch nicht Übergangen werden. Außer den
Genannte erwähnt Appian noch der Gebrd«
der Cäcilins und Burollanus Metelus, des
Mubrius Re, Q. Bigarius, (des Nemlichen,
welchem Cicero’s berühmte Rede Verzeibung
auswirfte) M. Spurius, Servius alba, Ser⸗
tus Nafo und Bontius Aquila, als offenfun-
diger vormaliger Pompeianer. Aber auch von
der caͤſariſchen Varthei nennt er die Brüder
€. und ®. Servilius Caſca, Tullius Cimber
und Minucius Baſilus.
sea
516
um, als feine Genofen, mit ihm in die
Wette zu morden oder zu Achten: aber
einen König über fih zu erheben, und
fih zu feinen Dienern herzuleihen, vers
ſchmaͤhten ‚fie; und hätten fih mit Cdfar
alle gedenkbare Tugenden auf den Thron
erhoßen!
Wenn es hierbei auf den erften Aus
genbli® befremdet, den Namen Cicero
in der Lifte eines Bundes zu vermißen, zu
welchem fo viel Achte und unachte Freunde
der Freiheit gufammenträten, To braucht es
doch mie einer näheren ‚Ermägung feines
albefaunten, iedes Gewaltfame fheuenden,
Charakters und feiner vorgeruckten Alters
ſchwaͤche, um au begreifen, wie die Ber
ſchworenen Lieber auf das Gewicht eines
fo ehrmwürdigen Namens verzichteten, als
fih dem ſchweren Kampfe mit ſeinen end⸗
Tofen Bedenklichkeiten unterzogen. Zudem
durften fie ſich verſichert halten, daß diefer
nemliche Mann, der ſich iezt hochſtens m
geheimen Wünfchen uud verdeckten Aniei⸗
zungen ermuthigte, kuͤhn und entſchloßen
auf ihre Seite treten wuͤrde, ſobald nur
der große Schritt unwiderruflich gethan
517 .
wäre, ber Aber Roms Knechtſchaft oder
Freiheit entfchiede. B
Auf der andern Seite Tinnte es Er⸗
ſtaunen erregen, wie fie — und wäre ihre
Baht die zehnfach ſtaͤrkere geweſen! — dies
fen Schritt und den Angrif auf das Leben
eines Mannes, vor defen Macht ſich die
Welt vom Aufgang bis. zum ‚Niedergang
beugte, für ein leichtes — ia nur für ein
ausführbares Unternehmen haften moch⸗
ten? — Aber Caͤſar hatte fi nicht, wie
Tyrannen pflegen, mit einer undurchdring⸗
Uichen Leibwache umgeben; *) hatte fogar
_— — 6 —
=) Daß er iedoch, wenigfiens außer Roms
Mauern ‚etwas mehr MWorficht gebrauchte,
lernen wir aus der, auch in andrer Hinßcht
intereßanten Beſchreibung des Befuchs, wel«
hen er, während ber Saturnalien (im De⸗
eember) bei Cicero auf deßen formianiſcher
Win abſtattete, (ad Attic. XI, 52.) und we
gu Zeiten feine militairiſche Begleitung ihm’
felbf den Play verengte. Noch dichter ſchloß
fh, bei eben diefer Gelegenheit, feine Bes
defkung. von Meifigen dm ihn an, als er an
Dolabella's benachbarter Billa vorüber Fam,
dem er damals, auf Antonius Einblafungen, .
keine gute Abſichten zutraute.
518 ,
bie gewafnete Begleitung von zweitauſend
Köpfen, die er mit fih aus Hiſpanien
brachte, in den erften Tagen feiner Rüd»
kehr entlaßen; und unbeforgt erfchlen er,
nur von feinen Liftoren und unberäfneten
Klieriten gefolgt, aberal in Rom, wohin
die Geſchafte ihn riefen. Er hatte zu oft
bem Tode, in ofner Feldſchlacht getrozt, um
ihn in den friedlichen Umgebungen des Fo⸗
rums zu fürchten; und felbft denn, ala
feine Freunde ihm anlagen, ſich nicht uns
bewacht und. unbefchäzt unter die Menge
zu mifhen, äußerte er feine Mißbilligung
aufe beftimmtefte, und fügte hinzu: „Es
ſey beßet, den Tod Einmal leiden, als ihn
immerbar fürchten.“ Eben fo Wenig auch
fruchteten Hirtius und Panfa, die ee am
\ redlichſten mit ihm meinten, mit ihrem ges
pruften Rache, feine Herrſchaft, fo wie fie
durch die Waffen errungen worden, auch "
durch di. Waffen zu behaupten. Da ſprach
er bag fhöne Wort: „Nein, lieber wit ich
au Grunde gehen, als mich bloß fürchten
lagen!‘ *) J
—
*) Allerdings berubte hierbei Cifars Sir
cherheit und Sorglofigteit, nach feiner eignen
59
Aber ſelbſt bei einer ſolchen Hingebung
in des Schickſals Willen, grenzt es nahe
an ein Wunder, daß eine Verbindung, die
fo viele Theilhaber zählte, die ſich nicht
einmal durch Eidfhwäre zur Bewahrung
ihres ‚Geheimnifeg verpflichtet hatte, *)
und überal umber, wenn auch nice die
Blikke des Mißtrauens, doch den ſchaden⸗
frohen Verrath des Zufals beforgen mußte,
der Entbeffung eine fo geraume Zeit, und
ſchier bis zum Augenblikke der Ausführung
felbft, auczuwelchen vermochte, Allein Ca⸗
far, über ieden Argwohn einer Eleinen
Seele erhaben, begänftigte dag feile Volk
—
Uebereugung, auf baltbareren Gruͤnden, als
einer bloßen Heberfättigung an Macht und
Ehre. Er fab Das Wohl des Staats zunaͤchſt
an fein Beben geknüpft, und dag. fein unter⸗
gang denfelben in bie alten Unruhen und alle
Sreuel des Bürgerkriegs zurückftürgen müßte,
(Suet. 8. 86.)
*) Gelbft über die Lippen eines fo erflär-
ten Truntenbolds, als Tullius Cimber war,
HoB fein verrätperifcher Laut; — er, der
nachher ſelbſt von ſich fagte: „Wie? Ich,
der nicht einmal den Wein ertragen kann,
folte Caͤſarn ertragen?“
bee Angeber nicht: — ia, felbft dann, als
bennod die Spuren eines finftern Anſchlags
ſich unwilkuͤhrlich verriethen, und entfernte
Zeigen, bie zu feinem Ohre drangen,
reichte der hervorgeftammelte Name „Bru⸗
tus“ bin, um ihn von der Grundloſigkelt
einer folhen :Berunglimpfung zu uͤberzeu⸗
gen: „Nein!“ rief er, und grif an feine
Draft — „An dieſer abgejehrren Huͤlle
mird fih Brutus nicht vergreifen!
So trübte. das eigne Wohlwollen, das
er gegen feinen Liebling empfand, den ſchar⸗
fen und richtigen Blick des volendeten Mens
ſchenkennere, "der gleichwohl nur zu gut
wußte, wozu Feuerköpfe diefes Schlags den
under in ſich trägen. Denn als man ihn
auch gegen heimliche Nanke, von Antonius
und Dolabella geſchmiedet, zu warnen vers
fürchte, erwiederte er mit treffender Wahr
heit; „Ha, vor diefen wohlbeleibten und
f&höngelodten Burſchen bangt mir's nicht:
wenn nur die magern und blaßen mir nicht
zu ſchaffen geben!“ — Es litt keinen weis
fel, daß dieſe Bemerkung auf Brutus und
Caßius zielte; und wie ſcharf der Dikta⸗
tor inſonderheit in Caß ius Seele geleſen
521
“hatte, verrieth er durch die gelegentliche
Trage an feine Vertrauten: „Was dünft
euch von dieſem Caßius? Was mag er
wohl in der Seele wälzen? Seine Bläße
gefält mir nicht!” — Gewiß doch mußte
ein geheimes Gefühl ihm diefen Verdacht
aufbringen: und gleichwohl erlaubte ihm
fein Edelmuth nicht, den Beargwoͤhnten ans
zufeinden, oder auf feine gepeimen Schritte
wu lauern!
Wenn folhergeftalt der entfernte
Beobachter nahe daran war, bie Dekke
des gefährlichen Geheimnißes vor der Zeit
iu beben, fo darf es uns nicht befremden,
dag auch Porcia, des Brutus Gemahlin,
zunachſt an feiner Seite, in feiner trüben .
Verſchloßenheit und in den Bewegungen
feiner unbewachten Augenbliffe, den Ans
laß fand, ihn mit einer Angelegenheit von
der wichtigften Art beſchaftigt zu glauben,
Eato’s großherzige Tochter war ſich's bes
wußt, von ihrem Gatten ein unbeſchraͤnk⸗
tes Vertrauen zu verdienen. ein beharts
liches Schweigen beunruhigte und ſchmerzte
fie. Sich und ihm die finnlihe Ueherzeu⸗
gung zu geben, daß felbft die Schmerzen
522
ber Folter ihrer ftarfen Seele kein feiges
Geftändniß eines mitgetheilten Geheimniſ⸗
fes abzupregen vermöchten, gab fie fih
felbft eine bedeutende Wunde, und verheims
lichte diefelbe mehrere Tage, ohne fih auch
nur ducch eine Miene zu verrathen. Einem
ſolchen Beweiſe heldenmärhiger Entſchloſ⸗
ſenheit vermochte Brutus, als ſie ſich ihm
endlich eutdeckte, nicht länger zu wiberftes
hen. Seine Plane, feine Verbindungen,
feine getroffenen Vorkehrungen floßen in
den Bufen des treuen Weibes über. Por
tia mochte zittern für den Gatten: aber
dem Patrioten mußte Eato’s Tochter
ungetheilte Billigung jollen,
Mehr als Eine Frage mußte gleiche
wohl noch unter den Verſchwornen zur ges
meinfamen Berathung fommen, bevor fih
daran denken lieh, zur Ausführung zw
reiten. Zeit, Ort und Gelegenheit des
beabfichteten Mordes erforderten bie reifs
lichſte Erwägung, und wurden eben fo viels
fach vorgefhlagen, als abgeändert. Solte
man ben großen Streich auf dem Mars
felde, im Angeficht des. verfammleten Vol⸗
tes, durch Caſars gewaltſamen Herabſturz
523
von der Ziberbrüffe, wagen? War es
ſicherer, unter dem Eingang des Theaters
vereinigt Aber das Schlachtopfer herzuſtur⸗
sen? Gab es vielleicht ein noch gefahrlos
fires Ankommen an des Tyrannen Perfon,
wenn man Seiner in der Straße wartete,
durch welche er den Ruͤckweg nad) feiner
Wohnung zu nehmen pflegte? — Alle
diefe Entwürfe, gefährlich an ſich ſelbſt,
erfhienen um fo mißlicher, als die Ums
ftände zur beſchleunigten Volziehung draͤng⸗
ten. Noch im Laufe des Merzmonats wolte
Caſar Rom verlaßen und ſich zum Heere
begeben. Auf die Idus dieſes Monats
(13. Merz) war von ihm die Senats⸗
Verſammlung anberaumt, in welder bie
entfepeidende Angelegenheit uͤber Roms po⸗
litiſche Umformung zu einem Königthume
jur Abftimmung kommen folte. Es folte
der Todestag der Freiheit feyn, den Nier
mand unter den MWerbündeten zu überles
ben — zu dem er fih eben fo wenig als
Werkzeug herzuleihen wuͤnſchte. Nichts
blieb abrig, als dieſen Tag ſelbſt — aber
im umgekehrten Sinne — für alle Folge
‘zeit denkwurdig zu machen.
- ö 524
Diefer Entſchluß beſtimmte zugleich. auch
den Schauplaz, die Umgebungen.und ieden
andern Umftand ber verhängnißvollen · tra⸗
giſchen Scene. Jene Sizzung ſolte vor
Roms Thoren, in einer Halle, die unmit⸗
telbar an das Theater des Pompeius ſtieß,
gehalten werden: und gerade hier, zu den
Füßen von der’ Bildſaule des großen Tob⸗
ten, bie hier aufgerichtet ſtand, folte fein
Schatten fein großes Suhnopfer empfan:
gen! — bier, in der Mitte des verfamms
leten Senats, folte Cäfar fallen! Die Ger
genwart fo vieler Eblen folte ein heiligens
des Siegel auf die blutige That dehffen,
da nicht zu zweifeln ftand, daß Herz und,
Lippe iebes Anmefenden fie billigen und
ihre Rechtfertigung vor der Welt übernehs
men werde... Selbſt für die Sicherheit der
Verſchwornen war diefer Ort ber gelegen
fte, in fo fern fie hier keine nahen Wafı
fen zu fürchten hatten. Allein um ihnen '
auch in diefer Hinſicht, volle Beruhigung
zu verſchaffen, erbot ſich D. Brutus,
feine zahlreich unterhaltenen Schaaren von
Gladiatoren am. Morgen bes beftimmten
Tages nebenan im Theater bereit zu hal⸗
55.
ten. Er konnte "dies um fo"unverbächtige
ter, als fie dort nur zur Vorubung für
bie nahen Bölfsfpiele aan zu ſeyn
ſchlenen. »
Aues war borgelehen und Aber iede
einzelne Rolle Verabredung getroffen: doch
ein lezter wichtiger Zweifel trennte noch
die ſonſt fo einſtimmigen Gemüther. Er
betraf die Zahl der Dpfer, deren Leben
verwirkt feyn folte. Nachdem fon, im
Beginn der Verſchwoͤrung, der Antrag
Einiger, die den M. Antonius- zu ihrem
Bunde eingeladen wuͤnſchten, verworfen
worden, *) fam es nunmehr zur Umfrage,
- ob nicht diefer nemliche Antonius, deßen
Herrſchſucht, im Gefolge der ſchwaͤrzeſten
Leidenſchaften, fich fo oft verrathen, und
deßen Einfluß auf die Truppen fo bedenk⸗
lich, als feine Kühnheit fey, eben ſowohl,
als Lepibus, der verkaufte Sklave des Ty⸗
rannen, fein Schickſal zu theilgn verdiene
*) Zrebonius verhinderte diefen Schritt,
weil er bei dem unreifen Gedanken einer
fehhern Verſchwoͤrung, wovon oben (&.503
in der Note) die Mede geweſen, an Antonius
wabrer Geſinnung irre geworden, "
326
ten?. Caßius, und mit ihm die Mehrzahl,
flimmten -für das Todesloos: aBein ihnen”
entgegen "erklärten -fih die beiden Brutus
für eine mildere Entſchließung. Seder
Tropfe Blutes mehr, als die dringendfte
Moth zu vergießen Hebiete, werde fie pers
haßt machen und dem Vorwurfe ausfezjen,
daß nur die Rachſucht ihr Unternehmen
geleitet, und daß es Ihnen minder um die
Herſtellung der Republik, als einer unter:
drhcten Parthei zu thun geweſen. Mit
dieſen Vorftellungen verbanden fie noch ihre
Hofnung, daß Antonius, dur Caſars Sturz
von iedem Plane der Ehrſucht auf. immer
geheilt, ſich defto aufrichtiger in ihre Arme
werfen, und, als derzeitiger Konful, ihre
Sache mächtig ſtuzzen werde. Diefe Mei
nung drang endlich durch; und die Bethoͤr⸗
ten ahneten nicht, daß fie mit Annahme
berfelben ihr eignes Werk vernichteten und
ihren Untergang unterfchrleben !
Noch am Abend vor dem, jur Auer
führung Beftimmten, Tage fpeifte Täfar bet
M. Lepidus, und war, felbft aud an der
Tafel, nad feiner Gewohnheit, mit der
Ausfertigung von Papieren beſchaftigt. Die
527
Unterhaltung der Uebrigen drehte ſich zur
fälig um bie Frage: Welcher Tod der befte
ſey? — Plöslih, und mit der Antwort:
„Der unerwartetſte!“ mifchte ſich auch
der Diktator in den Streit; fey es nun
fletsgenährter Grundſaz, *) oder eine aus
genblickliche geheime Worempfindung,. was
fein Gemuͤth zu diefem lebhaften Ausbruche
erregte. Darauf brachte er die Nacht
an der Seite feiner Gemahlin Calpurnia
zu; minder beunruhigt durch die ftürmifche
Fluch der eignen Gedanken, als durch die
ſchweren Träume der Bettgenoßin, bie,
iammernd und ftöhnend, den ermordeten
Gatten in ihren Armen zu halten glaube“
te; — Erfheinungen, melde ihr Wunders
bares zum größten Theile verlieren, wenn
wir voräusfezgen dürfen, daß fie — auch
*) Den Wunfch eines unvermutheten ſchnel ·
len Todes, fo wie dem Abſcheu vor einem
langfamen Dabinfierben, hatte er auch fonft
ſchon fehr befimme geäußert, als er in Fer
novbong Epropädie von den Anordrnungen des
verfifchen Monarchen gelefen, die Dieler wer
gen feines BeichenbegÄngnißes auf dem Tode
bette getroffen.
528
nur zum Theile bekannt mit Caſars Plas -
nen — die Wichtigfeit‘des Tages Fannte,
au welchem fie, Noms hohe Königin! er
‚wachen folte,
Wie wenig Calpurnie” 2 mannlich / ſtark⸗
Seele auch die Empfindungen einer aber⸗
gläubigen Beſchrankheit mit der Mehr⸗
zahl ihrer Zeitgenoßen theilte, fo konnte fie
ſich's doch nicht wehren, in ihren Träumen
den Stof zur lebhafteſten Sorge zu finden.
Sie beſchwor, glei am frühen Morgen,
ihren Gemahl, an diefem Tage die Schwelle
feines Hauſes nicht zu verlaßen, und felbft
die Sizzung des Senats auf irgend eine
andre Zeit zw verſchleben. Eine folde
Sprache, in diefem Munde, verfehlte
auch, ie ungemöhnlicyer fie war, um fo
weniger, auf den Diktator, einen unmils
tührlichen Eindrud zu machen. Es kam
hinzu, daß er fi in der That ein wenig
„unpäßlih fühlte; und fo drang Galpurs
niens Schmeicheln ihm endlich die Zuſtim⸗
mung in ihre Bitten ab. Antonius, als
Konful, folte den Auftrag empfangen, die
Sinung abzufagen; und in den Eingewei⸗
den der Dpferthiere, welche an diefem Mor
gen
529
gen (wie vor ieder Staatehandlung) ge
ſchlachtet wurden, war leicht ein Vorwand
gefunden, bie geänderte Entſchließung zu
rechtfertigen. *) B
Die Idus waren gekommen, und der
Morgen fand Bereits dep größten Theil der
Verſchwornen, fämmtlih mit Dolcyen uns
ter ihren Gemwändern, in Caßius Wohnung
um fo unverbächtiger beifammen, als Dies
fer, von allen feinen Freunden begleitet,
heute feinem Sohne die männliche Toga
auf dem Forum öffentlich anzulegen gedachte.
Nach Volendung diefer Feierlichkeit, ſezte
Auf dieſe Weiſe Boffe ich dem Wunder⸗
‚baren, fo dieſe Opferthiere ohne Herz und
andre.Brodigien in die Ereigniße ienes Ta»
ges legen, auf dem naͤchſten Wege auszuwei⸗
hen, da fie ſich doch, auf Cicero's, des Zeitge⸗
noflen, Zeugnig, (de Divin. I, 53. II. 16) eitie
mal nicht ablaͤugnen laßen, aber auch vom
ibm felbi mit einer Miene/ die mit der Wahr»
heit zurücfhält, befpöttelt werden. -— Viele
andre Mitafel, deren Plutarch, Sueton und
Andre zum Heberflug erwähnen, And ‚ohne
Zwoeifel wobl ausſchmuͤttungen müßiger
Köpfe, denen das Wunderbare nie boch ges
Aug gefteigert werden konnte, J
“Band, E23
539,
er fih, neben feinen Amtsgenoßen Brutus,
auf das Tribunal, und Beide ſchienen, ih:
zer Außerlihen Ruhe nad, mit nichts, als
mit Anhörung der vor fie gebrachten Rechts⸗
handel befchäftigt. In diefem nemlichen
Augenblick empfiengen fie die beunrubigende
Nachricht, dab heute auf Caſars Erfcheis
nung im Senate nicht mehr zu rechnen
fey. Ein beftärztes Fläftern verbreitete ſich
unter den Verbündeten: denn nur ju ges
wiß ſchien es Allen, daß ihr Anſchlag
dem Diktator verrathen worden. Diefe
Furcht erhielt noch einen bedeutenden Zur
wachs mehr, als der Senator Popillius
2änas zu Einigen, im Vorbeiſtreifen, leife
murmelte: „„ Meine heißeften Wänfche für
das Gelingen! Aber Alles hängt an ber
Eile!“ — Ya, noch ein, Andres erklärte"
fi unummunden. gegen Servilius Cafca:
»Du zwar haft mir dein Vorhaben vers
heimlicht: aber von Brutus weiß, ich die
ganze Sache.“ — Diefe Zuverficht eines
Uneingeweihten ſchlen auch den lezten Zwel⸗
fel an der Kundbarkeit des Geheimnißes
niederzuſchlagen; bis endlich Brutus ſich
entſann, mit ienem Römer von Caſca's
531
Bewerbung um bie Aedil⸗Warde gefpros
hen zu haben, und der Erftere felbft, auf
weiteres Befragen, feine Worte in diefem
unverfänglihern, Sinne erklärte. .
Noch aber gefpannt zwiſchen Furcht und
Hoffen, entſchloß fih D. Brutus, zu
Caſar zu geht, und ihn zur Abanderuug
feines Vorſaues, vermoͤge der beſondern
Gunſt, deren er ſich bei ihm erfreute, zu
vermögen. Er machte ihn aufmerkfam auf
die üble Auslegung, welche der wartende
Senat von diefer launiſchen Wilkuhr machen
dürfte, wenn derfelbe, zuſammenberufen
zur Entſcheldung einer fo wichtigen Anges
legenheit, nun zum fruchtlofen Auseinans
dergehn und zum gelegentlichen Wiederkom
men befehligt würde, bis Calpurnia güns
fligerer Teaume mächtig geworden. Alles
werde über Knechtſchaft und Tyrannei
freien; und feine Freunde felbft würden,
verlegen um eine Antivort, verflummen
mößen. Wenigſtens doc, wenn diefer Tag
ihm von unglüdlicher Worbedeucung ſcheine,
möge er ſich in Perfon in den Senat er
heben. und die Verfammlung aufldfen!
Allem, nur diefem leichten Epotte
\ 212
532
nit, hätte Taſar vielleicht wiberftanden ;
und Brittus, feines Vortheils gewahrend,
fäumte nicht, ihn mit fanfter Gewalt bei
der Hand nad) ſich zu ziehen. Aber noch
auf der Schwelle bes Haufes drängte ſich
atheimlos ein unbefannter Sklave, der, uns
vermögend, den Dikator felbft zu erreichen,
ſich an Calpurnia mit derBitte wandte, ihm fo
lange Schuz angebeihen zu laßen, bis Jener
heimgekehrt ſey, dem er Dinge von hoͤch⸗
fter Wichtigkeit zu vertrauen habe. Wahr⸗
foeinlih waren ihm, wie Andern mehe,-
von dem Mordanſchlage befondre Umftände
zur Kenntniß gefommen: denn fo wie Ed
far in feiner Sänfte durch die Straßen fort⸗
ruckte, nahte ſich ihm auch der Knidier Ars
temidorus, mit dem gebeimnißvolfen Anlies
gen, eine Schrift, die er ihm Aberreichte,
auf der Stelle zu durchlaufen. Der Dik⸗
tator ftand im Begrif, es zu thun, als ein
Haufe neuer Bittſteller ihn beſtuͤrmte und
den Griechen abdrängte. Noch war, als
er die Kurie betrat, das verhaͤngnißvolle
Papier unentfaltet in feinen Händen.
Caſar ſelbſt ſchien, noch auf diefem
Wege, mit Gedanken beſchaͤftigt, die ſich
33
auf ‘den vermeinten.Unftgen diefes Tages
bezogen. Der Harufper Spurinna — wahrs
ſcheinlich ſchon öfter das Ziel feines Spots
tes — hatte fich kurz zuvor berufen gefuͤhlt,
ihn vor den nachſten Idus zu warnen, ins
dem fte ihn einer harten Gefahr bloß ſtel⸗
en würden. est erblicte er den Zeichens
deuter zufällig unter der dichten Menge,
und rief ihm ſcherzend zu: „Wie nun?
Die Idus find da!“ — „Daz aber nd
nicht vorüber!” — antwortete Epurins
na, ber diesmal feine Weisfagung wahrs
ſcheinlich nicht ganz allein auf den beobach ⸗
seten Wögelflug gruͤndete.
Endlich erſchol die Faum mehr gehofte
Zeitung, daß Täfar fih dennoch in den
Senat erhebe, auf das Forum; und eine
jeln, oder im Gefolge der Konfularen und
Prätoren, eilten nunmehr die Verſchwor⸗
nen vorauf, um in der Kurie die, für ihre
Abſſicht dienlichften, Plägge in der Nähe
von des Diktators Staatsfeßel einzunchs
men. Caßius, den ſtarren däftern Blick
auf Pompeius Bildfäute geheftet, und gläs
hende Begeifterung im Kerzen, fehlen die
Manen des unglädlichen Republifaners um
534
Beiſtand anzuflehen, Doch, was aud in
feinem Innern 'vorgieng, fo kampfte doch
unftreitig, im gleichen Augenbliffe, fein
‚Freund Brutus den bärteren Kampf. Er
harte feine Gemahlin in der gewaltfamften
Bewegung zurhetgelaßen, Bon Minute zu
Minute fiel das Gewicht diefer großen
Stunde erdrüffender auf ihre Seele. Je⸗
des Geräufh auf den Gaßen brachte fie
zum Zittern; und Voten Aber Boten wur⸗
den in die Nähe der Kurie entfandt, Bald
aber vermochte fie nicht mehr, in dem dben
Kaufe aszudayern. Sie felbft warf fih
in das Gewuͤhl der Straßen und Pläzie;
und Jeder, der ihr aufſtieß, wurde bes
fragt, wie es um Brutus fiche? Wie
mochte dieſer Sturm der Seele andere,
als in früher Erfhöpfung enden? Ohn⸗
mädtig ward Porcia von ihrer weiblichen
Begleitung nah Haufe getragen: allein
auch zu Brutus rannte ein Bote in den
Senat, ihm ihren beforglichen Tod zu verr
kanden. Seine Seele zerſchmolz in Ruͤh⸗
rung: aber dennoch wich er von ſeinem
Plajje nicht!
Jezt auch erſchien Caſars Sänfte im
535
Eingang der Kurie. Indem er ausftieg,
ſchien er fih mit dem nemlichen Popillius
2änas, der den Verſchworenen bereits auf
dem Forum ein ſo iähes Erſchrekken abges
noͤthigt, fehr angefegentlich zu beſprechen.
Faft war nun am der Entdeffung nide
Tänger zu zweifeln! Ihre verftohlnen Blikke
verriethen einander ihre verzweiflungsvolle
Lage; aber zugleich auch dem entfchloßnen
Willen, Jieber durch eigne Hand, als in
die Wilkuͤhr des Tyrannen zu fallen. Schon
waren fie daran, die verftectten Dolche ger
gen den eignen Bufen zu Fehren, als fie
fih des Laͤnas Mienen pfözlih in ein Laͤ—
cheln verfehren fahen, und nun, mit ber
Gewißheit, daß ienes Geſpraͤch nur einen
unverfänglichen Gegenftand betroffen haben
konne, neue Zuverſicht ſchoͤpften. Alle hiel⸗
ten ſich bereit; und nur Trebonius eilte
hinaus, um den Antonius, deßen Geiſtes⸗
gewandtheit man eben fo fehr, als feine
Lelbeeſtaͤrke, ſcheute, unter irgend einem
Vorwande vor dem Eingang aufjuhalten.
Auch die Art und Weife, wie man der
Perfon des Diktators beikommen wolte,
war im voraus vermittelt worden. Zul
536
Uus Cimber hatte dabei bie erſte Rolle er⸗
halten, und indem der Eenat,. bei Cäfars
Erſcheinung, ſich ehrerbietig erhob und zum
Theil ihm eritgegen gieng, gefelte aud er
ſich diefem Haufen bei, um den Kommens -
den mit einer Bitte zu beſturmen, welche
die Begnadigung feines verurteilen Bru⸗
ders. betraf. Durch Blick und Haͤndewin⸗
Ten gab Eäfar zu erkennen, daß diefer Ans
trag ihm iezt ungelegen komme. Dennoch,
und von den Bitten aller feiner Begleiter
unterſtuͤzt, verfolgte ihn Tullius bis an feis
ven &iz, mit anhaltenden Ungeftäm, und
wid felöft auf des Diktators trodne Vers
weigerung fo wenig, daß er vielmehr deſ⸗
fern Gewand ergrif, um es ihm von dem
Schultern, zu ziehen. : „Ha, das heißt Ges
walt brauchen!” rief Cäfar im ſteigenden
Unwillen.
Doch gerade dies kuͤhne Unterfangen
war bas veräbredete Zeichen zum Angrif
für die Verbündeten. P. Servilius Cafca,
der. Bolkstribun, wagte, zundchft hinter Ca⸗
fars Stuhle lauernd, den erften, von der
zitternden Hand nur unfiher geführten,
Stioß gegen den Hals des großen Opfers,
537
Der Getroffene fuhr Beftärzt von feinem
Sizje auf, warf den Blick Hinter ſich,
padte die Mörberfauft, und, eine ſchwache
Abwehr mit feinem zufällig gefaßten Grife
fel verfudhend, rief er zornflammend:
„Verruchter! was beginnft du?“ — wäh
rend der bebende Thäter fih nad feinem
Bruder umfah, und ihn laut zur Huͤlfe
aufforberte.
Sogleich aber ſtuͤrzten ſich auch, von
allen Seiten, die Verſchworenen Aber den
Diktator her, der, rings von Dolchen ums
blinfe, dennoch eine entfhloßne Abwehr
verfuchte, und nur dann erft fein erbitters
tes Schweigen brach, als feine Blikke auf
Brutus trafen. Da brach feine Seele in '
fomsrzlicher Ruhrung ,„Auh Du, mein
Sohn?‘ rief er, und Hüfte fih, nun wis
derſtandlos, in feine Toga, bis er, durchs
bohrt von drei und zwanzig Wunden, zu
Boden ſank. Sein Shut röthete, weit ums
ber verfpräzt, das Fußgeſtel von Pompeius
Marmorbilde.
Ale Verbündete hatten gelobt, an dies
fem Morde thätigen Antheil zu nehmen;
und vielleicht nur darum erfparte ſich auch
\
538
Brutus den Stoß nicht, der den Unterleib
traf, aber laͤngſt überflüßig geworden war,
da von fo viel Wunden fhon bie zweite,
gegen die Bruſt gerichtete, nothivendigen
Tod brachte. Alle übrigen trugen die Spur
zen einer verwirrten Hebereilung; und in
diefem nemlichen Ungeftüm gefchah es auch,
daß die Angreifer, im Gebränge, fich zum
Theil unter einander verwundeten. Bru⸗
tus ſelbſt trug einen leichten Stich in die
Hand davon,
. Entfeeft lag des Gemordeten Leichnam
zu Boden, als Caßius ſich erhob, und laut
durch die Kurie rief: „Das Ungeheuer iſt
gefallen!” — Auch Brutus ſtreckte feinen
blutigen Dolch empor, nannte Eicero’s
Namen, und wuͤnſchte dem erfien und ges
achtetſten Republitaner Gluͤck zur wieder⸗
eroberten Freiheit. Der beſturzte Redner
fand, zum Erſtenmale in ſeinem Leben,
keine Worte zu einer Antwort. Er, ſo wie
alle anweſende Senatoren, die nicht mit
in dem Bunde waren, ſtarrten in einem
ſtummen Entſezzen, das fie, — gleich uns
fähig zum Widerfande, wie zur Theilnah ⸗
me — als lebloſe Zeugen, an ihre Plaͤue
539
beftete. Schon begann Brutus bie Ber
meggründe zu ber blutigen That zu ent⸗
wiffeln, und forderte den Senat auf, über
diefelbe ein Urtheil zu fällen, als pldzlich
ein Funke von Befinnung in die Hörer zur
ruͤckkehrte; — allein gerade nur fo viel,
um fie bie hohe Gefahr ihrer Lage erfens
nen zu faßen, und in ſchnelſter Flucht aus
der Kurie das Schickſal Tiner vieleicht als
gemeinen Niedermezelung zu vermeiden.
Im naͤchſten Augenblick fahen Brutus und
feine Anhänger ſich allein gelgßen. ' Den '
Senatoren voran maren ſchon Caſars Lik⸗
toren und fein Abriges Gefolge, in athem⸗
fofem Entfegen, unter das Volk geftürzt, -
und hatten weit umber Furt, Beſtuͤrzung
und Sorge für bie eigne Sicherheit unter
die Menge verbreitet. Alles eilte heim;
die Straßen waren wie verdbet; die Woh⸗
nungen und Werfftätten verſchloßen, und
ein algemeines ftillee Grauen fehien über
Rom gelagert; ahnlich nicht ſowohl der
Ruhe eines tiefen Friedens, als der Stille
der Mitternacht, oder der Ruhe eines vers
laßenen Schlachtfeldes.
Die feige Flucht der Senatoren in el,
540
nem Xugenblid, wo, mit dem hoͤchſten Ju⸗
bel, auch der regſte Eifer für die wieder
zum Leben erweckte Freiheit erwartet wers
den durfte, hatte nicht umhin gefonns, die
Verſchwornen außer Faßung zu feggen. Bon
iezt an des Schlimmften gewärtig, umwik⸗
kelten fie ‘den linden Arm mit der Toga,
anſtatt eines Schildes; ergriffen ihre Dol⸗
che, und fischten „ in einen dichten Haufen
zufammengedrängt, das Kapitol zu erreir
hen, welches die Fechter des D. Brutus
bereits befezt hielten, und in deßen Lage
ſowohl als heiligem Namen, ſich ihnen eine
Freiſtatt. barbot. Noch verfüchten fie es,
indeß, auf dem Wege dahin, zu wiederhol⸗
ten Malen, das Bolt duch ben lauten
Aufruf zur Freiheit, für ihre Sache zu bes
geiftern, Als: fie iedo hier Feinesweges
den entfchiebenen Beifal fphrten, mit dem
fie ſich geſchmeichelt hatten, (obgleich eins
zelne Männer von Ruf und Anfehn, wie
Dolabella, Lentulus Spinther, Favonlüs
und Andre, ſich ihnen freiwillig anfeloßen)
fo entſank ihnen der Much immer tiefer,
und der Tag, wie die Nacht, verftrichen,
ohne daß fie ſich aus ihrer Zuflucht hervor
541
gewagt, oder einen fernern entſcheidenden
Schritt unternommen haͤtten.
Erſt am folgenden Morgen ſtiegen Bus
tus und Caßius, von Dolabella, der ſich
fofort das Konſulat angemaaft hatte, eins
geladen, vom Kapitol in die, meift aus ihr
ten Freunden beftshende, Volksverſamm⸗
lung Hinab, und hielten feurige Reden an
bie Menge, ohne iedoch Dieſe zu ſich em⸗
porheben, oder much nur aus ihrem Stil
ſchweigen reißen zu können. Die unwils
kuͤhrliche Achtung gegen das Andenken des
Gefallenen und die Liebe für Brutus la⸗
gen bier mit einander in einem Kampfe,
der zu einer Entfcheidung führte. Nur
der Senat, zur beßern Befinnung gekoms
men, begleitete, mit Cicero an ber Spizze,
die beiden Redner auf das Kapitol zuruck,
um auf Maafregeln zu finnen, wie das
große Ereigniß zum Gedeihen ber Freiheit
ferner gendzt, und infonderheit, wie Anto⸗
nius gewonnen und bie bewafnete Macht
unter Lepidus vor Roms Thoren im Zaume
„gehalten werben folte?
Denn Antonius, der, von Cäfars uns
geheuerm Schickſal im Innerſten getroffen,
542
fofort, aus Sorge für die eigne Sicher⸗
heit, feine Amtskleidung von ſich geworfen
und ſich bisher ‚verborgen gehalten hatte,
bemerkte nicht fobald die Unthätigkeit der
Segenparthei, als et, mit ſchneller Faßung
und tief verſteckter Politik, auf die Fehl⸗
griffe der’ Republikaner das Gebäude ſei⸗
ner eignen Größe zu genden verfuchte.
Der Unterftözjung des unfelbfiftändigen Le⸗
pidus verfichert, näherte. er fi der repu⸗
blikaniſchen Parthei durch Erklärungen, fo
erfült von Fraͤmdſchaft und Friedensliebe,
daß bie Verbündeten zu immer größern Hof⸗
nungen erwachten, und ſchon am dritten
Zage mit ihm, in die von ihm, als Kon:
fül, berufene Senats-Sizzung zuſammen⸗
traten. Cicero, biefen Augenblick benug
zend / ſchlug das Dekret einer völligen Vers
geßenheit alles Wergangenen vor, welches
auch einftimmig angenommen wurde. Aber
auch die Beſtaͤtigung -aller, von dem Dit:
tator gegebenen, Verordnungen wußte An⸗
tonius durchzuſezzen; und eben fo fvenig
Widerſpruch fand die Bekräftigung feines
Teſtaments und der Beſchluß zu der, ihm
‚du haltenden öffentlichen Todtenfoier.
53
Zwar, nad dem früßeren Plane der
Verſchwornen, hatte Caſars Leihnam in
die Tiber geſchleift, fein Vermoͤgen einge⸗
zogen, ſeine Verordnungen aufgehoben und
er für einen Feind des Vaterlandes erklärt
werden follen: allein ihre eigne ungewiße
Lage, kurz nach der volbrachten That, vers
*, anlafte, daß der entſeelte Körper eine Zeits
lang unbeachtet auf dem Boden liegen blieb,
bis endlich drei feiner Sklaven denfelben
aufhuben, in die Sanfte legten, und, mit
beraushängendem biutigem Arme, der trofts
loſen Calpurnia heimbradten. Das Te
ftament des Berftorbenen warb, zufolge des
Senatsfhlußes, in Antonius Haufe gedfnet.
Es enthielt, außer der Adoption feines
Sroßneffen C. Detavius, been Einfezzung
sum Haupterben, und mehrern Verfüguns
gen, auch reihe Legate zu Gunften des ro⸗
miſchen Volks, *) die, als fie befannt
wurden, Die Herzen der Menge mit einem
neuen fhmerzlichen Gefühl der Dankbar⸗
keit und der Hingebung belebten, aber auch
ee,
%) 3.3. eine Beldvertheilung von 300 Ges
Kertien auf den Kopf, und den öffentlichen
Nießbrauch feiner Gärten an der Tiber.
54
das Verdienſt der bluttriefenden Freiheits⸗
beiden in immer tiefern Schatten ftelten.
Doch bei weitem größer noch war der
Eindrud, welden, gleich darauf, das feier:
liche Leihenbegängniß felbft, durch Anto:
nius geheimen Betrieb, auf die Gemüther
der Menge machte. Nicht nur, daß die
irdiſchen Refte des Dahingeſchwundenen mit
allem Schmud und Gepränge, das eine fo
einzige Veranlagung herbeiführte, auf dem
Forum dem öffentlichen Anblick dargeftelt
murden; daß fein blutiges Gewand zu feinen
— mit dieſer ſchimmernden Pracht
einen tief berechneten Abſtich bildete; daß
ſanfte Trauertöne mit dem Geſange aueges
ſuchter Stellen bekannter Schaufpiele ab:
wechſelten, die alle eine rührende Beziehung
auf deh gefallenen Helden hatten: fondern
nun trat auch Antonius ſelbſt auf die er⸗
richtete Bühne neben dem Leichnam, um
feirtem großen Freunde bie Leichenrede zu
halten; — eine Rede von fo viel Kraft und
entflammenden Inhalt, daß es, am Schluße
derfelben, nur noch der. Entfaltung iener
blutgerötheten Toga, ber Hinweiſung auf
bie häufigen Spuren der Morderdolche, und
einiger
545
einiger. zur rechten Zeit vergoßenen Thränen
bedurfte, %) um Schmerz, Mitleid, Buch
amd Rache bei der Verfammlung, die zum
großen helle aus Cäfars alten Kriegern
oder feinen Freigelaßenen und Klienten bes
fand, auf den hochſten Gipfel au treiben.
Im Augenblick thurmten fi, wie einft
bei Clodius Leichenfeier, "die Stühle der
Richter, die Bänke der Tribus, die Tiſche
der Wechsler, und mas ſich fonft auf dem
Plazze an Brennſtof vorfand, mie durch
eine plözlihe Eingebung, zu einem unges
heuern Holzſtoß auf. Die Leiche ward dars
auf hingeftredtt; der Brand entglomm, noch
*) Was Appian (II. 145.) noch won einem
kuͤnſtlichen Wachsbilde Cäfars hinzufligt, wel«
ches Antonius bei dieſer Gelegenheit dem
Bliften der Menge. zur Schau geftelt habe,
an welchem tede Wunde kuͤnſtlich nachgebils
det war und fich vermittelt angebrachter
Svringfedern öfnete, fieht um fo mehr einem
Mahrchen aͤbnlich, als eine folhe Mefguines
tie, neben des Ermordeten wahrer und wirf«
licher Reiche, nur eine ſehr widrige Wirkung
hätte thun können; — gefeit auch, daß die
Kürze der Zeit die Anfertigung eines folchen
Automats gefattet hätte.
4 Bau. Mm
546
ferner genährt durch bie hineingeworfe⸗
nen Waffen und Eriegerifchen Auszeichnun⸗
gen der weinenden Veteranen und durch den
Schmuck und die reichen Gemwänder, wo⸗
mit felbft Frauen und Kinder ſich hinzu
drängten, um fie den Blammen zu opfern.
So erwuchs endlich die Lohe zu einer Höhe,
daß, auch das anftoßende Haus des 2. Bel⸗
lienus davon ergriffen wurde. Nur die
ſchleunigſten Vorfehrungen verhinderten, daß
die Verheerung fich nicht auf- andre Ges
Baude und Heiligthuͤmer fortpflangte; fo
wie, daß dem Frevel der Unfinnigen ges
wehrt wurde, bie fi bereits, mit Feuers
bränden bewehrt, dazu anſchickten, bie Woh⸗
sungen ber Verfehwornen in Aſche zu le⸗
gen. Dennod reichte in diefen Augenblik⸗
ten der Tosgelaßenen Volkswuth eine une
gluckliche Namensaͤhnlichkeit hin, um ders
felben zum blutigen Opfer zu dienen. *)
) Dies unglüdlihe Schickſal teaf den
ſchuldloſen Trivun Helvius Cinna, Caͤſars
entſchiedenſten Freund, den fein unſtern in
diefem Augenblick auf das Forum führte, wo
ee vom Zöbel mit einem andern Cornelius
Cinna verwechſelt wurde. Dieſer hatte fh
547
Bon biefem Tage an war auch bes‘
Antonius Uebergewiht in Rom fo ent
ſchieden, und feine wahren Abfichten ſchim⸗
merteg fo unverfennbar herpor, daß Bru⸗
tus und feine Anhänger ſich endlich gend⸗
thigt fahen, die KHauptftadt, wo es für fie
Feine Sicherheit mehr gab, zu verlaßen
"und das Heil der Republit, welches fie
ſchaffen gewollt, von neuem auf die Spine
der Waffen und eines verderblihen Buͤr⸗
gerfriegs zu ſetzen. So büßten fie. denn,
durch ihren eignen Untergang *) und dem
— — — —
Tages zuvor’ Öffentlich zum Lobredner von
Caͤſars Mördern aufgeworfen.
) Bo und wie Brutus uud Cabius fielen,
darf, als befannt, voraus gefeit werben, oder
gehört für den umfändlichern Bericht ihres
Biographen. Merkwürdig aber bleibt es, daß”
(nad) Plutarchs Ausdrud) Caͤſars großer Ges
nius, der ihm im Beben leitete, auch nach
feinem Tode fich als den Mächer des an ihm
verübten Mordes bewährte, und durch alle
Zänder und Meere die Tbhaͤter aufſpuͤrte, bie
Ihrer Keiner mehr übrig war, fondern Alle,
die entweder Hand angelegt, oder mit Rath
dazız geholfen, binnen Zeift vom drei Jahren,
auf irgend eine Weife, einen gewaltſamen
Mmma
348
noch Frampfhafteren Tod ber, Freiheit, die
Unbefonnenheit, .oder den Irrthum, welche
fie zu dem Glauben .verführten, dag Cds
fars Tod fie unmittelbar zum Biele Jeiten,
daß feiner feiner Freunde ſich regen, Feine
Fauſt feiner Veteranen ſich zur Rache ber
waffnen, kein Ehrſachtiger neue gluͤckliche
Entwürfe Bilden werde. Unbegreiflich for
gar ift es, wie fie die vermeffene Hoffnung
nähren Eonnten, ben Strom der Revolus
tion, deſſen Daͤmme ſie fo keck durchbro⸗
chen hatten, auch nach Gefallen wieder
aufzuhalten, oder mie fie dieſe Römer, in
beren Mitte fie Ichten, und von beren
tief gefunfenem Werthe fie Zeugen waren,
des Gefchenks der Freiheit, bie fie nur in
ihren entfezlihften Mißbräuchen kannten,
empfaͤnglich halten Fönnten.*) Aber Mitleis
Tod gefunden, — Gaius durchbohrte fh
mit dem nemlichen Dolche, den er in Gäfars
Blut getaucht.
®) Brutus in hac re videtur vehementer
errasse, qui ibi speravit libertatem futuram,
ubi tam magnum praemium erat et impe-
randi et serviendi; aut existimavit civitatem
in pfiorem formam posse Tevocasi, amissis
349
den und Unmillen bekämpfen ſich in ung ges
genfettig, wenn wir zugleich wahrnehmen,
wie hauptfählih das ihr Verderben ders
beiführte, daß fe, theils aus zartem Bes
denfen, Eeine vepublifanifhe Form au vers
lezzen, theifs aus wohlmollender Geſinnung
gegen bie Menfchen, fih, zu» Erreihung
ihres legten Zweds, zu milder und eben
darum unzulänglicher Maaßregeln bediens
sen; in der thörichten Erwartung, daß das
Fehlende ſich von felbft ergeben und frem⸗
de Zugend ber ihrigen in bie Hände are
beiten werde,
Seyen wir indeß auch gerecht genug,
ihre Blutige. That nicht ſowohl nach den
Sefezzen .einer reinern Sittlichkeit, (vor
deren Richtſtuhl fie ewig verworfen bleibt)
fondern nur ‘aus dem beengteren Stand⸗
pristipis moribus; futuramque ibi aequali-
tatem civilis juris, et statusas suo loco le-
ges, ubi viderat tot millia hominum pugnan-
tia, non an servirent, sed utri? Quanta
vero illum aut rerum naturae, aut urbis
suae tenuit oblivio, qui uno interempto, de-
futurum credidit alium, qui idem vellet® , .
(Seneca de benef.1l. 20.)
550
Fünfte des Römers und des Republis
Faners zu beurtheilen; überfehen wir fos
gar, wie viele der zarteften Gefühle und
der edelſten Tugenden, an deren forgfältis
ger Pflege das Heil des Menſchthums noch
unbedingter, als an Freiheit und Vater⸗
land, gefnühft ſcheinen, zuvor getoͤdtet wer⸗
den mußten, um ienen Mordgedanken zur
That heranreifen zu laßen: dennoch faͤlt
auch hier auf die Thaͤter der unvertilgbare
Vorwurf zuruͤck, nur die That, ohne ihre
genau zu berechnenden Folgen, in’s Auge . -
gefaßt zu haben. So fäme denn alles fpäs
tere Unheil, alle Unthaten der fich zerfleis
chenden Partheien, der immer tiefere Bers
fall des Staats und iede ſich daranknuͤp⸗
fende Ausgeburt des unfinnigften Defpor
tismus nicht auf Rechnung Cäfars, der
Kraft und- Willen befaß, dem Staate zu
geben, was ihm einzig frommte — fons
dern feiner Mörder, die feine große und
näjlihe Laufbahn kuͤrzten. Aber eben fo
wahr ift es auch, dag nie reines Gute
aus einer böfen — ia auch nur aus eis
ner zweifelhaften — That hervorgeht; daß
nicht der Zweck die Mittel adelt, und daß
LH,
leder Vorgrif ber Eigenmacht in das Rad
des Schickſals vergeblich ff. Unaufhaltfam
tolt es fort, und gerträmmert den Vor⸗
woigigen! .
Nicht Brutus und Cafius allein, auch
Eäfars Leben und Tod dienen bier zum .
Belege; und feine Wergätterung feines
Andenfens, zu welchem noch bie nemliche
Generation, die ihn bluten ſah, zuräds
Tehrte, dürfe "das Urtheil der Gedichte
beftechen!
Verbefferungen
zum britten Bande
Worrede. Seite VII. Beile 7. Mate abiumerten Us
abumarfen..
@kite 15. Belle 4. Matt unter, lied unter Andern,
a. — 19 — Dropped I. Drabpes.
- 5 — ibml.ibe.
‚m. — 16. — Easind donginus 1. €. gaſſius.
114 .Die Nore auf diefer Geite gehöre zu ©. 1ı5,
and, die dort befindliche zu ©. 114. .
} - auf Abwege 1. auf aAbwegen.
— betäubtefte I. Beräubrefe,
— Beiſpiel l. e.
am A — Earud I. Enelut
- m - 16. — Endanus I. Eoidanınud.
= 16 deelden
- 30. — 6. — Decidub I. Decidiud,
3. — 22 m Gintiea L Geutica.
Berbefferungen
. zum vierten Dande
Seite 17. Beife 12. hate vorolauderren 1, vervlauderten.
— 76 — 16 — demielben I. döifeihen.
— 82. — 13. und an mehreen Orten ft. Geptiniuß
Senrimtub,
93. — 15. flatt berichtigen I. berichten,
M— 2 — mentae 1. für wenlae.
m— 6. m Nablagd I. Narhfdab.
. Ießte Aut in fomobt auezufreihen.
. — 13. flatt Stosten I. Itnlica.
- Pr — Berubige 1. beunrublat.."
2 — Zufeutum 1. Tüfeutanm.
. — 2. — Der. Den.
— 2. — Demnas 1. Dennod.
1 — gieihfam 1. giehfaltß,
— 9. — Gebaufe 1. Gefaufe,
— 14, feinem Gefühl 1. feinem roden
111111111111
- 0-9 emporhoben £, entporbob.
..— 46 > umfleablren 1. umfleabite.
24 — meine fernere I. meinen ferner
38. — 19. — feiner I, feine,
a5. — — Marius L. Flavius.
16. iebie Zelle — Dipufen 1. Pironufen.
- a — Saldnd 1. Salfat.
a1. — blieb 1..6lleben.
461. = 6, — Buelgnung I. Zuneigung.
— 5 — Ba6Konfulet I. des Konfulatk,
1111111
St
626346
Barney, GOOgle