Skip to main content

Full text of "Leben des C. Julius Cäsar"

See other formats


Google 


This is a digital copy of a book that was preserved for generations on library shelves before it was carefully scanned by Google as part of a project 
to make the world’s books discoverable online. 

It has survived long enough for the copyright to expire and the book to enter the public domain. A public domain book is one that was never subject 
to copyright or whose legal copyright term has expired. Whether a book is in the public domain may vary country to country. Public domain books 
are our gateways to {he past, representing a wealth of history, culture and knowledge that’s often difficult to discover. 


Marks, notations and other marginalia present in the original volume will appear in this file - a reminder of this book’s long journey from the 
publisher to a library and finally to you. 


Usage guidelines 
Google is proud to partner with libraries to digitize public domain materials and make them widely accessible. Public domain books belong to the 


public and we are merely their custodians. Nevertheless, this work is expensive, so in order to keep providing this resource, we have taken steps to 
prevent abuse by commercial parties, including placing technical restrictions on automated querying. 





‘We also ask that you: 


+ Make non-commercial use of the files We designed Google Book Search for use by individual 
personal, non-commercial purposes. 





and we request that you use these files for 


+ Refrain from automated querying Do not send automated queries of any sort to Google’s system: If you are conducting research on machine 
translation, optical character recognition or other areas where access to a large amount of text is helpful, please contact us. We encourage the 
use of public domain materials for these purposes and may be able to help. 


+ Maintain attribution The Google “watermark” you see on each file is essential for informing people about this project and helping them find 
additional materials through Google Book Search. Please do not remove it. 


+ Keep it legal Whatever your use, remember that you are responsible for ensuring that what you are doing is legal. Do not assume that just 
because we believe a book is in the public domain for users in the United States, that the work is also in the public domain for users in other 
countries. Whether a book is still in copyright varies from country to country, and we can’t offer guidance on whether any specific use of 
any specific book is allowed. Please do not assume that a book’s appearance in Google Book Search means it can be used in any manner 
anywhere in the world. Copyright infringement liability can be quite severe. 






About Google Book Search 


Google’s mission is to organize the world’s information and to make it universally accessible and useful. Google Book Search helps readers 
discover the world’s books while helping authors and publishers reach new audiences. You can search through the full text of this book on the web 
alkttp: /7sooks. google. com/] 














Barney, GOOgle 


FIEDLER COLLECTION 


Feedlır ADBDS. IE A. 27 











Google 











A. ©. Meißners 


Leben des C. Julius Caͤſar 
fortgefegt von 3. C. 2%, Haken. 


Vierter Theil. 


Google 


£ eben. 
‚ des 
$. Julius Caͤſar 


A. G. Meißner. 


Vierter Theil, ” 
bearbeitet 


von. 2 Hafen a 





Mit einem Tireikupfen 
TEILTE TEE — TEN 
Berlin, 
BeiDunder und Sumbtot. 
1812 





= 2JUL 1963 
OF OXFORD 





x 
Vorrat 


Borrede 





Di Aufftellung des Schluffes biefer 
Biographie vor den nachfüchtigen Augen 
des Publikums hoff’ ich meniger um 
das, was ich hier im aͤußern Umfange 
zuviel — als was ich, bei: der. Fuͤlle 
des Stoffs, an Intenfivität zumenig: 
gebe, in Anfprach genommen gu werden; 
Jene erftere Furcht mußte mich noth⸗ 
wendig zur Befeitigung manches Elche 
nern geſchichtlichen Zuges bindrängen, 
der das Gemälde — wenn auch nich 
an höherer Lebendigkeit, doch an Voll⸗ 
fändigfeit würde haben getvinnen lagen. 
Ruhiger feh’ ich dem Vorwurf ent: 
gegen, daß es dem .Schluffe des Werks 
an dem. hergebrachten „Ainsi mpurüt” 


vi 


mangle, und daß. ich mir's bequem ge: 
macht, indem ich diefe refapitulirte Char 
rakteriſtik — gleichlam die Kadenz 
des Stuͤcks — mir erfpart habe. Er⸗ 
ſpart indeg wohl nur -fcheinbar, da 
es ſowohl meines wackern Vorgaͤn⸗ 
gers, als mein Beſtreben ausmachte, 
dieſe Schilderung in zwar zerſtreuten, 
Aber markigten "Zügen, das ganze Wert 
Berburch, in frifcher Wärme durch Eds 
ſars Handlungen aufzuftellen. Wen 
dag gleichwohl nicht genügt, ber wird 
es mir ſicherlich Dank wiſſen, wenn ich 
ihm, was er vermißt, hier, als ent: 
lehntes Kleinod; mit dem meifterhaften 
Griffel unfers erften Hiſtorikers in den . 
Kauf gebe. 

" Cajus Julius Caͤſar — — gatie 
infeine, im ber erften Jugend ſchwaͤch⸗ 
mliche Gefundheif durch unaufhörliche 
Leibesübungen fo gefärkt, daß fie alle 
Jahreszeiten und jedes Klima ertrug. 
M jeder Unternehmung, wodurch ee 
ufich zum Rang des Erfien in Nom 


f wm 
mund in: ber Welt. erheben wollte, be; 
gleitete ihn das Glück, weil, indeß er 
ſich Alles erlaubte, “er die Herefchaft 
n uͤber ſich felber behielt. Ohne von 
feiner Beharrlichfeit, von der Kraft 
und Höhe feines vielumfaffenden Geis 
nftes zu fprechen, darf jene, ihm eis 
gene Lebensfuͤlle, jene blisfchnelle Be: 
mbenbigfeit. nicht übergangen werden. ) 
mn Wir find auf den Mann gefommen, 
ntwelcher An vierzehn Jahren das ganze, 
von ftreitbaren Völkern ſtark bewohnte 
„Gallien, und zweimal Spanien unter; 
warf, Teutſchland und Britannien be 
ntrat, mit einem Heer Italien fiegreich 
durchzog, die "Macht Pompeius des 
%, Großen flürzte, Aegypten zum Gehor⸗ 
fa brachte, den Sohn Mithridats, 
nPharnaces, fah und fehlug, in Afrika 





®) Nec virtutem eonstantiamgue comme- 
moro, nec sublimitatem omnium capacem, 
qüae coelo continentur, sed proprium vigo- 
zem celeritatemgue, quodam igne volucrem. 
. Plin. H. N. VIL 


vn 


„den großen Namen: Catons und die 
Waffen des Juba befiegte, funfzig 
nSchlachten lieferte, worin eilfhundert 
miwei und neunzig taufend Mann ges 
mbtieben ſeyn follen, bei dem Allen, nach 
1 Cicero, der größte Nebner, für Ge 
‚fchichtfchreiber ein unübertroffenes Mus 
nfter, gelehrt auch über Grammatik und 
nAufpicien fchrieb, und große Plane 
der Gefeßgebung und Ausbreitung des 
Reiche, bei befchleunigtem Tod, wer: 
„nigſtens im Andenfen lieg. So wahr 
„iſts, daß den Menfchen die Zeit nicht 
ifehlt, fondern ber Wille, fie zu benuz⸗ 
nzen. Caͤſar hatte nicht jene fchein- 
n bare Erhabenheit Falter Menfchen über 
geidenfchaften, wofür fie feinen ‚Sinn 
„haben; er kannte ihre Macht, genoß 
nder Luft, und wurde nicht ihr Sklav. 
„Im Krieg zeigte fich Feine Schwierig: 
jnfeit, deren Gegenmittel ihm nicht eins 
ngefallen toäre, feine Kriegslift, welche 
mer nicht, vermittelft unertvarteter Wen⸗ 
dungen, zu vereiteln getuußt. hätte, 


ız 
n Seine Kriegsmaximen waren einfgch 
„und entſcheidend; zu den Soldaten re 
ırdete er zuverſichtlich über die Gründe 
feiner Hoffnung gu fiegen. Weberhaupt 
siebt Cicero feinen Reden das Zeugnig, 
Indaß fie einem, aus reiner. Duelle 
um ſilberhell flieffenden Bach zu vergleis 
uchen waren; daß, wenn Cäfar fie 
nſchmuͤcken wollte, er unverbefferliche 
nn®emälde in dem beften Lichte dar 
nnftelte; daß der Charakter des Aus 
ndrucks, der Stimme, der Action edel 
nnund von fachtwalterifchen Künften 
immentfernt getvefen ſey.“ Go begeich 
met er in feinem Gefchichtbuch jeden 
n®egenftand mit dem angemsffenfkken 
Ausdruck; die feltenen Betrachtungen 
nfind in feiner großen Manier, und hin 
"amd wieder Züge. unbeleidigender Iro⸗ 
* mnie; er fchrieb dieſes Werk ſchnell und 
n(wie Quinctilianus mit Recht urtheilt) 
n in gleichem Geift, womit er geftrits 
nuten.! Seine ‚Soldaten nannte er 
ir Kriegsgeſellen; die tapferfien pries 


“x 


per Öffentlich; in Gefahren erinnerte er 
fie deren, die fie mit ihm vorhin glück 
nlich beftanden, feiner Liebe für fie, de 
ten, die er von ihnen erwarte, die fie 
„ihm fo oft bemwiefen, feiner Sorgfalt, 
womit "er dei» Erfolg nun gefichert 
mbabe. In der That waren fie ihm fo 
nergeben, daß in einem wichtigen Fall 
der ſtatt Seiner Kommandirende nichts 
m Stärkeres zu fagen wußte, als: „Sol⸗ 
midaten, ftellt ‚euch vor, Caͤſar fehe 
u„n„euch!“ — — ‚ Diefer, feinen Planen: 
„Alles aufopfernde Mann, fobald er 
ngeflegt, war Die Güte ſelbſt; gleichviel, 
nob nach dem Hang feiner Natur, oder 
weil er den edlen Sinn hatte, bie 
ngrößte Klugheit hierinn zu erfennen. 
„— — Jeder Bericht feiner- Siege . 
nmehrte die Bervunderung Noms; fein: 
ntägliches Leben befefligte feine Liebe 
mim Herzen der Krieger; er hatte eine‘ 
nfolche Mifchung der größten und ſchoͤn⸗ 
nften Eigenfchaften, daß fie einig ihm 
nergeben wurden. Er übertraf alle an⸗ 


dere Helden feiner Klaffe: Alexander 
n hatte feine folche Schwierigkeiten zu 
jrübertinden, und Karl den Großen hin 
berte fein Zeitalter, Daßer nicht fo auf: 
ngellärt fem konnte. — — Wenn 
man die meiſten folgenden Gewaltha⸗ 
mber, in deren Hände Caͤſars ungemefs 
nfene Macht gekommen if, wenn man 
„ben völfigen Untergang. der alten Tu. 
genden, den Ruin des Rache, bie 
ndaraus erfolgte lange Nacht der Bar⸗ 
m barei, ‚ben wumerfelichen Verluſt der 
nKRänfte und Wiſſenſchaften in Erwd- 
ngung zieht, fo ift gewiß, daß wenn Caͤ— 
ſars große Seele dag Ales ſeben kann, 
mer ſelbſt betlagen muß, daß.-er hiezu 
nAnlaß gab. Wenn. man die Folgen 
feiner Ermordung, die Thaten drei neuer 
nZprannen, das bei Philippi vergoffene 
Blut, die Unmöglichkeit, eine Republik 
ohne Sitten, oder die Sitten in einer 
nfo großen Republik zu erhalten, wenn 
uman Dieſes ertoägt, fo erheilet wohl, 
n daß nicht diefer Caͤſar, fondern die uns 


gerechte roͤmiſche Eroberungsſucht; Urs 
"nfache alles Uebels war. Wenn man 
bedenkt, wie ſchwer es iſt, Alles. zu 
vermoͤgen, ohne dieſe Kraft gelegent⸗ 
lich zu mißbrauchen, wenn man bei ins 
niger Selbftpräfung die Ungewißheit 
bemerkt; ab wir feldft im gleichen Fall 
‚enthaltfaner geweſen fein dürften, fo 
mvergiebt man Rom die Erobenungen, 
ndem Caͤſar feine Macht; beklagt die 
n Schwäche der Vernunft im Kampf ges 
gen Leidenſchaften, und arbeitet mit 
mernenerter —— an Maͤßigung 
‚der letzteren.“ (Joh, d. Muͤllers XXIV 
Buͤcher Allg. Geſchichten. 2. VI. K. 
25. 26. 29) 


Inhalt. 
des dritten Banden, 





Pomseins uͤbt in feinem Konſulate 
zu Rom eine übermächtige Ges 


Walt. : . « . 

@äfar leitet den Boltsfchluß ein, 
daß er fh auch abwefend um das 
Konfulat bewerben dürfe, ohne 
doch von diefem MWorrecht ſchon J 
ien Gebrauch gu machen, — 

Neue heimliche Bewegungen in Gal⸗ 
en werden durch, vafche Ueber 
siebung der Bituriger und Kar« 


Auter unterdrückt, . — 
Cäfars_ernftlicerer Feldzug gegen 
je Bellovater, . * — 


i 
Kluger Kriegsplan des Gorreus, um 
J —— zu lähmen. « — 
Seine nachruttenden verũartungen 
bewegen die Belgier zum Abjırge.. — 
Correus geräth in einen Hinterhalt 
und wird getödtet; Unterwerfung 
der Belgier. » ” . — 
Neues fchreftendes Beiſpiel. der 
Strenge gegen die Reſte der Ebu= 
ronen. ⸗ Eu 2 


ein . 


3 


44 


zıv 


durchbliffende Kühle in depen De: 
Hasın und en Au ha 
vereitelte Bewegungen im Senat, 


Beftechung. = - . 
Eurio's fhlaue Verſtellung gegen die 
Senatsparthei, bis er vlozlich ale 
Vompelus Gegner auftrit und die 
Detrete zu Cäfars Entwafnung 
vereitelt. . . 
Erfter eigentlicher Beginn der buͤr⸗ 
erlichen Fehde. . 
Cadſars anſcheinende Mäßigung in 
dem Verlangen, mit Pompeius 
auf, gleichen Fuß behandelt zu 
erden 
Defen glimpfliche, aber verfaͤngli · 
Ge, Antwort und Sänzlicher Rüde 
Ghlane Rriegemaht wich — 
fars Kriegsmacht wird Binterlifi 
am jwei Yegionen vertürt, s 


er no 


a 


75 
8 


8 








i 


lu, 
fentli 


xv 
noeh Selbfvertrauen des Bomye- 


che. erfe kriegeriſche Vortehrun⸗ 
en in Bali und Abfal feines 


Ser Dsecheebt der ilefäen Geiegs 
jerbefeblder italifchen griegs · 
nad wird Bompelüs angeboten. 
‚Cäfar führt eine Kr ion an den Bo 
und bietet bie hand jum Grieden. 
Ticero’s Rüdtehr beiel tie Kofnung 

aur Yusfohnung. 
Geuhtlofgteitfeiner Berfuche, See 


ne und der wahren “PBatrioten 


Stimmung ndbert fie mebe | dem 


Bompeius. 

Natur der Befognife genen Gäfar 5 
aber auch Pompeius erregt Viß⸗ 
trauen ” ven feine Mbfichten. 

ebei me Borferitte zum öfe 
en Bruce. = 

—&8 Entſcheidung im Se 
nat über die Aniprüche des abs 
wefenden Gifars auf das Konfu⸗ 
lat, und Dekret zur Wodanfung 
feiner Begionen. = 

Sieg der pomveianifchen arthei 
Fi Härter Revolutiong > Zufand, 

Nebergabe der tepublitani« 
Kin Keiegemacht in Vompeius 


Blucht der Catarn ergehenen Bolte- 
teibunen von Rom in fein Lager. 
Gäfar verfichert fich der. Befazzung 

von Ravenna, und bricht aus ſei⸗ 
ner Brovinz über den Rubico vor, 
Neberrumpelung von Ariminum. 


Beibenehnten, von Bompeius an ihn 


ei — unter beRändigen Fried» 


x 


-_ 112 


- 116 


zu 


Tihen Berficherung, FA emaufbalt 
‘fan vor, und bemi orig (ih ih der 
Wäße Über den Appennin. = 
ne diefer Gen auf 
PBompeius Kürzung und 
Umentghogenb eit. - 

Ktaliens Belor: nid Benegungen 
in der Hauptftadt, 

Bempeius Fehr ih genötbigt, Rom 
preiß, v0 geben. Seine und des Se⸗ 
zus bezeilte Sluchtnach Capua. 

Caͤſar, anflatt gegen Rom vorzu⸗ 
dringen, „nieht 5 um adriatiſe en 
Meere 

Domitius Abenobarbus wieſt ſch in 


Corfinium, Bine, ‚jan Bompeius J 


unterflügt. zu werd⸗ 

Kompeins —E bedingt Ai 
tieng Räumung. 

Neue, vergebliche Geiebeneunter 
bandlungen. 

Domitius ieh. durch feine elane 
Truppen zur ebergabe von n Core. 
Äinium genötbrgt. 

Bompelus üchter nach Frundikum, 

Gäfars fruchtlofe Bemuhung, Cices 
co’6 Beitritt zu gewinnen. 

Ei fuchteben fo vergeblich, Bompeius 
von Brundiſiam absufchneiden ; 
Belagerung desßlaszes, und tühner 
Berfuch, den Hafen zupudämmen. 

Bompeius weilet abermalige Frie⸗ 
densanträge surad, und gebt mit 
feinen, „geglonen ad riechen: 


— wei In Brundißum ein, ‚sone . 


feine uieifung und Wofabre 
bindern zu könn. 
e richtet eine. fernen "Euswärfe 


172 


176 


183 


86 
& 





xvii 


Er richtet feine Eutwuͤrfe 
Berwingung der ——— 
macht it. Hiſpanien 

Gun Kufbrucdy nach Rom, und ne 
abgelejuter Verfuch, Cicero uu 
heruͤber zu ziehen. -» 

‚sein Auferitt in der —R und 


e — — Äch des öffentlichen 
Scharzes ;; durch des Tribung Dies 
weis oöiberfenlichteit nicht vers 


Die Belltimmung in Rom ihm 
nicht günflig. Er beeilt feine Abe 
reife nach Sin janien. 

Antalten zur Gicherüelung Ita⸗ 
lUens und der Nebenprovingen. 
Cato verfucht den bald mieder auf- 
ee Entwurf, ſich in Sick 

jen zu behaupten. = 

wait fest Cdfars, Dperationen ein 

mbermip entgegen und wird durch 

Domielusim erſtande beftärkt. 

erler nee Desanfaltet die Belagerung 
M 

seh a ie ind zounie Berhält 

je Hifanten: - 

Pr% Be aten N Bomyelus famm- 

Ien Koi in einer feften Stellung bei 
Jierda, — ide 
de6 Heer gerath —D inge. 

Er ericeint, ver ni bei demfel- 

‚ und rüdt näher gegen den 
eind, der Die Schlacht vermeidet. 

Edfars Berfuch, denfelben von Flerz 
EN dat and rin 
nachtbeiti, jefecht zur Bolge. 

Noch baͤrteres Bedrängnig einer 


229 


232 


zvıu 


Eine vomyelaniſche Flotte erſcheint 
Au ünterflüggung des Plates. Neue 
Seeſch lacht und gänzliche Nieder» 
lage der Maffilter. = « 

Kiysiger Fortgang der Belagerung und 
erttaunliche Werke der Gäfarianer, — 

Die Maffilier feben fih zum. Er- 
bieten ber Uebergabe gendtbigt; 


314 


za 


join aber treulos „die Batı 

er Belagerer, - . 

Diele erüeben ten aus ver Mir; 

Mafklia, abermals aufe 

bärefe Aa ergiebi [0 dem 
PR ut 
Domtttu 

Shialice g narife "der — 
ner_auf Faſare adriatij 
macht und anf Illyrien —2 — 
jene Belagerung von Salona. 

Cäfar fhids Curio mit einem Heere 
Über-Sicilten nach Wfeita, = 

Barus und Juba treten bier als 
feine Gegner auf. 

Eurios — Borttarine sam 


ion. 
Er wird dadurch zum Üebermund 


erleitet am von Juba in die. 


alle gelockt. 272 

Ganliche Vernichtung der Bean 
nen, und Curio’s Tod. 

Burtand Italiens unter Antonius 
roißfüclicher verwaitung 

Eäfar wird vom Senat zum Ditta⸗ 
tor ernannt und eilt had) Rom. 

Kufftand der neunten Be iegion zu Dlie 
eentia, durch Gil joe efeigegen 
wart unterdrüdi 

Cifar — feine eil! Yägige Dit⸗ 
tatuein Rom durch Mäßigung und 
weife Gefegse, benuzt fe aber auch 

zu Hebernuhme des Konfulate. 

Whrtbeile, welche feiner Macht durch 
das Konfulat zumachfen. = 

Bildung eines neuen pompelenifchen 
Senats zu Thefielonica, aber vbne 
gefeimädige Sanctin. =» >» 

@ato, Eisere, Brutu⸗ und mehrere 


xx 


Genatorzi 

a aan he 

&ne Triegerifchen Mar egeln, 
Teuppenfammlungen m 


madıt. 
ein „Arientan fie den näöten 


€ Hr on — Eutfchlag nit einer 
en as mat im Binter 
" Hach Evirus ı erzufen jet. = 
Seine geotüchte Landung bei Acroee⸗ 
taunia; verbunden mit einer neuen 
Friedensbotſchaft an Bompeius. 
jarum Beide Ve keinen Frieden 
ernftlich mehr wünfchten. - 
Eäfars Fortichritte in Evirus und 
Entwürfe ae op Dyrrbachium. 
HH näbert fich in Eilmar⸗ 
[hen aus Macedonien — Blags 
ah Stimmung feines Heeres. 
@äfare vereitelte Berfuche, mebrere 
—* aus® Brunbigum an fih 
Mu iichen. = 
genden, er Ausgana einer begon · 
—XRW 


ſchen beiden Heeren 
Brundifium wird von den pompeig« 
nifchen Flotten eng eingefchloßen. 
Edfar wagt, zu Betrelbung feiner 
Verflärfungen, ſich ſeibſt in Se 
und maß umfebren = 
Unzufriedne Stimmung feiner zu⸗ 
ridgelaßenen Truppen 
Antonius gebt mit ver geglonen zu 
Schiffe, und erreicht €: 
Ponve ln vermas feine Bereinigung 
1 sit far nicht zu bindern. 
e: pi It gleichfalls. neue —5 
kungen aus ſen unter Gcipio, 


efprehung iwi · 


1 





und vorgetrieben; fammt” Tome 
veins Shepenanftalten. 

Billige Entbebrungen der Caſaria⸗ 
ner in ihren £inien. = 

‚ Bonfenber Mangeb in Fompeins 


games entreirft and“ volführt 
en neten u Austruß aus ſel⸗ 
eitr, verläßt MIR einen, i ihm aach⸗ 
— en verſucht/ eine ver⸗ 
Kim? te Legion abzu chnciden, 
Sein Angrif wird durch Pompeius 
Herbeikunft vereitelt, und in eine 
harte Niederlage v- rwandelt. 
Bompeius verabiäumt es, feinen 
Sieg zu benuszen ; hält aber dem⸗ 
Aa? den Krieg für geen · 


naidindehiers Betragen der Siegen 
— —— 


Inhalt 


des vierten Banden. 





C. aͤſar, mit ungebeugtem Muth und 
Hofnung,. fucht feine geſchlagenen 
Truppen aufjurichten »— = 

Gaſchickter und der feindlichen Vers 
sigung unerreichhgtse Abzug von 


Seite. 


Beine Beim ſich für. den 


Wlan, den Krieg nach Theflalien 
3u verpflangen und Domitius Cal⸗ 
vinus zu erbrüden. > 


Noch vor ihm bricht Gäfar, in glei — 
her Abficht gegen Scipio, dahin 


af = . oe . 
Domitius entgeht nur zufällig dem 
Untergang, und vereinigt ſich mit 
Gäfar, welcher vor Gompbi aufe 
„ ‚pedalten nid 5 en. 
CAfar Tanert fic) bei Bharfalus, den. 
> vereinigten feindlichen Heeren ges 
Sense wuͤnſcht den Krieg in die 

Bänge gu sieben, und riet in 

feinen ebrgeijigen Ubhchten durch 


. 


21 


Seite. 


bee ie · 24 


⸗ — 30 
m ange⸗ 
Regionen 
en 
u Heere. 
ice 
itſcheidu 
PN 
id ibre er⸗ 
© Reiterei 


Schlaqht 
den feind · 
welcher ju · 


h Mangel 
an Geiſtesgegenwart und übereilte 
gusfernung in's Bager, feine Rie⸗ 

erlag, 7 oe 
Caſar Rkhilg die Geſchlagenen und 

ertürmt das Lager, ohne feinen 

Truppen die Plünderung zu ges 


% — W 
omyeins entflicht nach der See⸗ 
a entfliche nah der Ser · 
Die Refte feines Heeres werden um« ⸗· 
xingt umd zur Ergebung gendthigt, — 61, 
far ale Sieger auf dem pharia- 
Uscgen Schlachtfelde und zu La⸗ 


Re nn 
Sin Gründe und Maaßregeln, ſich 


⁊xiv 


‚ ber Berfon des flüchtigen. Boms 
 peing zu verfichern, -  » 
Diefer rettet ſich auf ein Schif, ver- 
einige ſich zu Mitplene mit feiner 
“ Gamilie, und fthift nach Attalia. 
Verſchiedene Auswege die ihm ju 
eıner möglichen Mettung offen 


chen. no E22 

- Er wählt die Zuflucht in geghvten/ 
Su I 

NRNeueſte Revolution am ägpptifchen 

SHote. Pompeius erfcheint vor Bes 


luſtum im Angefichs der fönigli= 
hen Heeresmianht. == 


und gest nach. dem Nil unser 


Saite. . 
168 


Hntußige Beregungen bieräber an . 


des Hofe ; der Tod des Ro⸗ 
wers wird befchloßen, und er ver⸗ 
ratheriſch an das Ufer eingeladen, 
Pompeius wird, im Augendlid des 
Landung ermordet; feine Begleis 
ter- entflichen, und fein Leihham 
findet eine Fümmerliche: Beflate 
U +» oe 
ompeius@harakter, Berdienfteund 
re in Zufammenftellung 
mit CÄfar. = "x 0» 
Caͤſar, in feines Gegners Verfol⸗ 
‚gung begriffen, eilt über den Helles 
foonit, ordnet die Brovin Kleine 
Afien, fammlet ‚einige Truppen, 
FH ſchift nach Alegandria hin⸗ 


————— 
mopeius abgeſchlagnes Haupt wird 
Alm N Bandung A 
SHE REN 
Seine unwilltommn⸗ "Erfepelnung 
au Alegandria und Gründe des 
Miötranene gegen feine Wofichten, 


73 





a 


xxv 


Er kit ſich als fiegreicher Ger e 


walthaber und Schiedsrichter der 
Innern Wngelegenbeiten Haus 


elespatıe erſcheint unerwartet in 
ndrta und gewinnt ihn durch 

Rn lichen Reis für tpre Wünfche, 
ih des sungen Hrolemi dus vergeb- 
verfuchten Flucht. wird fie 
neben denfelben auf den Toren 


efest. = 
R te des Botbinus und achilas 
u Gäfarg Berderben. » = 
aqhiuas rüdt mit eimem- farfen 
kn pptifchen Heere var Alegandria. 
€ ars — Lage; Gründe, po⸗ 
ch er in diefem Blaye suchd 
ie wird, = 
na lid auf die — des tür 
miſchen Reiche, und den Stand 
der Kingelegenbeiten Laſars in 
Pa . 
Die Tehmmern der venublifanie 
{hen Macht fammien LE einfe 
weilen unter Catog Anführung 
zu Dyrrhachium und Corcyhra. 
Eicero fchlägt den am — agenen 
Sberbefebi aus, und nieb 1 nach 
Stalien zurüd, > 
Gate — die Gesmacit einer gu 
boften Vereinigung mit Poms 
tus. entgegen, crfäbrt deſſen 
d und wendet ſich gegen teikar 
Seine Verbindung mit Seipis, 
Barus und Fuba, deren Bemür 
tber er verfohnt. Der Dberbes 
befehl gebt auf Seipio über, 
Er rettet Utica yon deiien zerkören« 
den Maaßregeln, und Ander Urs 


107 


4110 


118 


us 


zxıv 


ber Verſon des flüchtigen wo · 
! peing zu verfihern. = 
Diefer rettet fich auf ein Shi, vers 
einige fich zu Mitplene mıt feinen 
+ Bamilie, und ſchift nach Attalia. 
Werfchiedene Auswege bie ihm zu 
einer möglichen ettuns offen 


jehen. » 
Er MNit die Zuflucht in‘ Hegypten,. 


. FH gebt nad) dem ai unter 


Reuche Revolution "am ägpntifchen 
— —— erſcheint vor ve⸗ 
Aufium im Angeſicht der tömigli- 
hen Heeresmacht. * 


alte 


untubi ie Bewegungen hieruͤber a. 


des Önige Koofe ; der Tod des Ro⸗ 
mers wird befchloßen, und er ver⸗ 
wätherifch an das Ufer eingeladen, 
Bompeius wird, im Augendlick dev 
Randung, ermordet ; feine Begleis 
ter- entflichen, und fein Leihfam 
IH eine fümmerliche: Beats 


— — —— Werdienfe und 
Schwächen in Zufammenftellung 
mit Cäfat. = = 

cCaͤſar, in feines Gegners Vertol⸗ 
‚gung begriffen, eilt über den Helles 
foont, ordnet die Proving Kleine 

Afien, fermmiet einige Truppen, 
amd ſchift nad Aegankra „din 


moveius abgefchlagnes Ham nich 
sr I erden — 
en 
Seine unwiutemmne Wuern 
u Alegandria und Gründe 
Nißtrauene gegen feine Aofcten. 


8 


” xxv 


— ge⸗ꝰ 


waltbaber und Schiedorichter der 
Innern Angelegenbeiten Acguv= 
‚tn » - 6. - 
Gleopatra erfcheint unerwartet in 
Ulegandrta und gewinnt ibn durch 
Herjönlichen Reiz für ihre Wünfche, 
Nach des iungen Ptolemäus vergeb- 
tich versuchten Flucht. wird fie 
nenen denfelben anf den Throm 
ef.» =. nn = 
—X des VPothinus und Achillas 
u Taſars Berderben. = = 
« —ã mit — Ruten 
m Heere vor Alegandein. 
€ * mißliche Lage ; Gründe, 109= 
durch er in diefem Blagse zuruͤc ⸗ 
jebalten wird, = = =, 
ie auf die Probinzen des tor 
mifhen Reichs, und den Stand 
der Angelegenheiten Cäfars im 
denfelben. » -» = = 
Die Trümmern der, venublifani« 
fen Macht fammien ſich einf« 
weilen unter Gatos Anfäbrung 
zu Dyrrhachium und Corcyta. 
Gicero fchlägt den augetragenen 
»  Dberbefehl aus, und yebthch nad) 
en aurüd, = =" 
Cats führt die Seemacht einer ge⸗ 
boften Vereinigung mit Poms 
yeius. entgegen, crfäbrt deſſen 
Tod und wendet fich gegen Afrika 
Seine Verbindung mit Seivig, 
Darus und Zuba, deren Bemür 
bes. er verfohnt. Der Dberbes 
befehl gebt auf Seinio über, 
Er rettet Utica yon defien jerförett« 
den Manfregeln, und finder Urs 


- 107 


- 110 


14 


- 15: 


zxvi 


fach, an einem guten Erfolg de6 
Kriegs zu zweifeln. = = 
Antonius übernimmt Roms und 
taliens Verwaltung, und läßt 
Cicero feine Abneigung (hmerj« 
lich emofinden. » = = 
Bewegungen in Rom anf die Nach⸗ 
richt von Caͤſars Siege. Er wird 
abroeiend zum Diktator, Antonius 
um Magifter Eguitum ernannt, 
er diefe Machtfülle vielfältig 
mißbraucht. = = = = 
Cäfars unzureichende Macht in 
Alegandgia =" » = 7 
Achillag rüdt in die Stadt ein, und 
belagert ihn in feinen Quartieren. 
Caſar berſchanzt fich, befegt die. Ju⸗ 
fel" Pharus, au Erhaltung der 
Gemeinfhaft über die See, und 
ent die feindliche Slotte im 
aren. = . ⸗ = . 
Die Beingeßin Arſinoe entflieht zu 
Adillas, und räumt ibn aus bem 
Wege, um ihren Günftling Ga⸗ 
mumedes an defien Stelle zw 


fein.» = 6 en - 

Ganpmebes_fhneidet den Römern 
das Trinkwaßer ab; ihre Ent⸗ 
muthung wird nur duch Chars 
Geiftesgegenwart und Genie ver⸗ 
bindet, » « -  » 

Kühne Werke und Mafchinen der 
Aegyyter in den Straßen der Stadt 


zu Cäfars Beltürmung, und une _ 


gewöhnliche Arten des Gegenan ⸗ 


rifßt. - ⸗ ⸗ ⸗ 
ee wird, nach dem Gewin eines 

Seetreffens, durch die Ankunft ci« 
„ner kegion verfärkt, = = 


140° 


142 


145 


448 


zxyıs 


Die gflerandeiner bemaͤchtigen ich 
des ‚Bharus und Hafendammes, 
und bedränaen die Welaaerten 


Stolemäus und Gäfar eilen -ihm, 
wiewobl in verfhiedener Abficht, 
entgegen. = 5 .- 

Blutige Schlacht am ‚und Une 
tergang des jungen Königs, Cd» 
fat febrt, als Sieger, nacflegan- 
dria jurüd. = - = vw 

Neue Einrichtung des Königreichs 

8 zu ee unfen, *. 
ange Ungewighenn in Mom über 
hlars Eaiaiah + “. 





Seite. 


SXVElL 


Seine foribauernde Aufmertfamkeit 
auf den Bang, der Wegebendeiten. 
wage der Dinge in Afrika, und ſtarke 
üftungen der dort vereinigten 
Mepublitane. = «  - 

Miplicher Zuftand Hiſpaniens, durch 
die fchlechte Verwaltung des Cafe 
Fus. Eonginus Derbeigeführt, 

Die Unzufriedenheit bricht in offnen 
Aufkand der Legionen aus und 
wird kaum durch die zweideutige 
Volitik des Marcellus in einigen 
Schranten gehalten. =» = 

unruhige Bewegung in Rom, von 


Dolabella erregt und von Anto⸗ 


nius nus sig niedergebalten, 
Gefaͤbrlicher Geift der Meuterei uns 
ter den italifchen Legionen. 
Schwankender Zufland von Illy⸗ 
tien; Gabinias geht unter, und 
Dctavius giebt erſt nach Verluſt 
eines Seetreffens ‚die Herrſchaft 
des adriatifchen Meeres auf. 
Beirausfehende Entwürfe des Rö« 
nigs Pharnaces zur Wiederberfich- 
lung, der väterlichen Hereichaft. 


omitius Galvinus sicht gegen ihn‘ 
Pi Felde und: wird Saure. 


geichlagen. = = = 
Mebermush und Härte des Siegers. 
Eäfar entfchlieht fich, gufördernt feine 

Waffen gegen Bharnaces Fr} fehren. 
Der König fucht. vergeblich, ihn 

durqh friedliche Anerbietungen zw 


täufchen DER 
Schlacht Bei Zela, und ſchnell ent: 

ferebener eg. > - 
Gäjar trifft feine Anordnungen für 
Afien, und eilt nach Rom 


xXıX 


Sein Zuſammedtreffen mit Titerd, 
Slutiger Bortgang ber, duch Dos 
—— ‚in ver : Hauptfadt ertegten 


chen far — dar feine verföntihe 
Gegenwart alle Bartheien nieder, 
ohne 'eine einzige zu frafen. 


Seine ſtrengeren Vorkehrungen, ſich 


in den Beſth binreichenber Geld· 
mittel zu feyen. = 
. Belohnungen feiner geunde "und 
Truppen, die fi in ihren Erwar⸗ 
tungen getäufcht finden, > 
Steigender Drißmuth derfelben, wel⸗ 
her bei der zehnten Begiun in 
offene Meuterei augbricht. = 
Sie marfbirt in feindlichen, “u 


che naı 

Eifar een Ind ihrer Attte un. 
zumafinet he dur. hüberlegne Bei- 

esgroͤ 

Betrachtung Aber die Befabten ſei⸗ 
ner damaligen Lage. . 

Er läße fh zum Teittenmal 1, jum 
Diktator ernennen, und 
Nunmehr feine Alicke auf Afita, 

—— —A der republita⸗ 
niſchen Bi 

Caſar ae ie durch feine Er⸗ 
ſcheinung gu überrafchen. _* 

Er gebt von Bilybdum unter Segel; 
die Flotte wird durch einen Sturm 

MA went, und er erſcheint, in 
ſchwacher Begleitung, — Abrue 


Barpcliäer Berta au auf u 


— 


Ente. 
231 


260 


266 


zıx 


Rabienus überfätt ihn mit, Meber- 
macht. Schlacht bei Rufpina, aus 
weicher Cdjar ch nur mit Mühe 

sie mie bonn es erfheint ; 
Sin vertäliche Ic in fin ber 


Sangel 

Yubacı drohende Ännäberun wird 

duchden —— des aibenideurerẽ 
Sins ver; 


Sertpefe hter De Krieg. Die ar J 


ſohrnen beginnen, auf © 
ars Seite zu neigen. Ant ne 
neuer Verflärkungen. = 
Gäfar gewinnt, nach einem gtüd« 
lichen Meitergefecht, eine neue 
vortheilbafte Stellung bet Usita, 
Kartes Behrängntg der winterlichen 


tigtes — von empfindlichen . 


xxxi 


Caſar ſiebt Sch, durch Mangel an 
Unterhalt, genöthigt, die unter⸗ 
nehmung gegen Hiita aufjugeben, — 

Sein tühner Zug gegen Beta, wel- 

Ser ihn auf dem Müdiwege in cin 
bartes Berrängniß verwidlekt. - 

Er beichließt, ſeine Truppen an eine 

„swefmäßigere Tattifzugewöhnen. — 

Sein entfäheidender Marie gegen 
Thapſus verführt den Feind, dm 
eine Schlacht anzubieten. = — 

Vorbereitungen zu derfelben, und 
gegemtei e Stellung. 4 

Blutige Schlacht bei Thapfus. Die 
BR „[eindtiden Lager werden 

obert. 


er 2200 0.. 
Feäcntlofe Aufforderung des Platzes. 
far eilt gegen Wtica. — 
Wirkungen der Arne ‚von der ver« 
Ionen Schlat auf die Bemüther 
r : 


in Utica. ” Bi ” . 
Cato’s feiter Sinn. Seine Entwurfe 
zu Handhafter Gegemmehr fcheitern 
an der Mufblofigkeit feiner Bar 
theigenoffen. . . . 
Er ſorgt für die ſichere lucht feiner 
— —* ſch mit eig⸗ 
x Hand den Tod. > = -_ 
Würdigung feines Charakters. 
Cäfar Vehanbelt —F lichgefinne 
ten in Btica mit ung. 
Antergang der flüchtigen republife« 
nifchen Bartheihdupter. = - 
Juba vor Zama yuriefgemiefen, er 
digt freiwillin dag Beben = _ 
Edfar verwandelt Rumidien in eine 
römifche Provinz, nnd trifft die 
nöthigen Anordnungen für Afrika, — 






350 
359 


370 


373 


zXxI 
“ a über Sardinien nen Rom 


— 5 — Bemühungen. des Su 
aus —— durch sent sten ane⸗ 


allen enmidelt in ine  fenlinen 
Mede_den Geiſt un! Srund« 
fäge feiner neuen —RX 

Er feiert einen vierfachen Triumph 
mit bis dabin unerbörter Pra 

Belohnungen der Zenpven un de 
fentliche Voltsie 

säfarsh tühner Einf in die Stantte 
erfaſſun 

Neue Anorl —X "und Beiche, 

Berbeierung be dei eömifchen Kalenı 
ert ⸗ 

Marcellus und Sigarius, Clans 
Feinde, gewinnen durch Ciceros 
Beredfamkeit ſeine Berkeibung. 

Klevvatra’d Befuc in 9 . 

Neuer deohender Kufdand in_den 
hifpanifchen Provinzen, durch Pom⸗ 
veius Söhne entjündet. = 

@äfars Legatın finden fich der Feind» 
lichen Maqt nicht Ania und 
ferdern fei nen ver michen Bei⸗ 


Er nd Sifvanlen; Bein: 
ung während der Reife; Webere 
far feiner Fonfiheheitgen Vers 


b ung von Dil, dem neuen 

. riegsfchauplai 
- Gäfar rettet das it Befagent i lie, 
und bedroht Corduba. 

Seine Anfrengungen werden dus 
Eneius vereiteli. · 


, XXI 


\ Er entföhliegt ſich sur Belagerung 
von Ategua 435 
Hartnädige Bertbeidigung, mißlun · 
gener Erſad, und endliche ueber⸗ 
gabe dieſes Plabes ⸗4317 
Die beiberfeitigen Heere Heben ſich 
jegen die Ebene von Munda. — 42 
edle —2 die ihm angebotene * 
hl _ 
— —— aber voltändi- 
ger Sieg bei Munde » = — 447 
ah oder Flucht der feindlichen 
zuseh Sunda wiberfeht, erachen — > 
eh Munde widerſteht, ergeben 
. Sartubd und Sale waren 


Sieg: 
Gneius endet feinen Untergang auf 
der fortgefeßten Fluch 454 
Eäfar tehrt, nach — Unter- 
J — Hiſpaniens ach Rom . 


nie und ungembbntice Ebrenbe · 
zeugungen/ die ihn bier erwarten. — Ass 
Sein un feiner, Unterfetdherren . 
brfpanifcher Triumob. — 460 

Zuwachs an. wefentlichen und. un · 
Mefentljchen Vorrehten. = — 462 
Seine weile Thätigkeit ais Regent. . — A6g 

Sroße und fühne Bläne ir die 


Salt € Keiegcſug aesen die 


ee geringe Schonung der beider 
! bend«n Zormen, wobei die Staats⸗ 
mürbet su bloßen Titeln „us 4 
ten. >» — — Ar 
Beine Wiederannahme des Kanfa« J 
| late, da fie von feiner Rüdkehr 
aus alten Werfaßung begleitet i, 





xaXıv 


fchärft die Unzufriedenheit ber 
Gemüther. = = - n 
Seine Entwürfe auf die Koͤnigs⸗ 
oe, = 8 2 8 = 
Wiederholte mißlingende Verfuche, 
das Bolt für diefe Abficht zu ges 
wien = » 2. = 
Cäfars Unmuth leitet ihn auf einen 
neuen Blan, feine Erhebung vom 
Senat zu erzwingen. « « 
Cicero und die Optimaten fühlen 
fi getränte und juruͤckgefezt; 
während auch CAfats Freunde 77 
in ihren Erwartungen nicht bes 
ftiedigt finden...» - = 
Beide Parteien, von Caſar Öffente 
lid) mit Berinafchdhuung beban« 
delt, werden zu gewaltfamen Ent⸗ 
ſchli anen getrieben. 
€. Caffius, und feine beſondern 
Gründe zur Erbitterung. - 


Verbündeten ; Ciceros Berhälte 
8 <u denfelben, —WMW 
Cdſars forglofe Sicherbeit, auf To- 

desverahtung und Großherzige 
Teit gegründet.” = = = 
Poreia, Brutus Gemahlin, dringt 
in fein Geheimnig 
Beichlüße der Verbündeten gegen 
Cäfars Leben, durch deßen eigne 
Entwürfe befhleunigt.- » 
@rslun: Warnungen vor droben- 
der Machfiehlung, und zufällige 


— 510 


_ 514 


- 5i7 
5 





xxxv 


Berbätungen ber Offenbarung 
des Anfchlags. 
Die Berfämerenen, in der Kurie 
verfammlet. = 
« Gäfars Erfhheinung in derfelben, 
Meudl leriſcher Angeif auf fein Be= 
ben. Er finft, von 23 Wunden 
ducchbohtt, zu Boden > 
Vaniſcher Schreffen Seas, der 
Senatoren und des Volts. » 
BVerlegenheit derMötder, und Rüds 
Pe derielben auf das Kapitol, 
Ihre Bereinigung mit dem &e« 
nat; aostebtungenzur Erhaltung 
der Öffentlichen Rube; Antonius 
ſchlaue ©: egenvlane, ” 
el —* — Telament ie 


PH Geichenfeler, von "Antonius 
gehalten, erre at einen gewaltfa= 
men Zumult in Rom. = 

Die — ſeben a sur 
Flucht genoͤtbi 


eirhigung Tore kat, am und Sf 


bemertung. = = 


Seite. 


— 526 


-_ 533 
— 534 


— 536 


des 


Cajus Julius Caͤſar. 


4. Band, . 4 


3008 
Google 


\ Dı ſchlafloſe Nacht, welche Cäfar, 
nah dem ſchrecklichen Tage bei Dyrrhas 
chium, einfam in feinem Zelte zubrachte, 
war dazu beftimmt, die Mutter neuer Eräfs 
tiger Maßregeln zu werden. Deutlih und 
beſtimmt erfannte er die Mißlichkeit feiner 
Lage, aber auch die Külfsmittel, welche 
ihm übrig geblieben waren, fie zu verbeſ⸗ 
fern. Ohne eigenfinnig auf der Ausfühs 
zung feiner frühern Entwürfe zu beharren 
und das Gluͤck meiftern zu wollen, fand eg 
ihn bereit, die Gunftbegeigungen deßelben 
auf einem neuen Wege zu verdienen, Wenn 
gleich er ſich aber Hauptfächlich auf die Kraft 
des’ eignen Geiftes fügte, fo war er den 
noch weit entfernt, feine Legionen (mie we⸗ 
nig fie auch diesmal feinen Kofnungen ent⸗ 
fprochen hatten) völlig aufzugeben, Wenn 
er fie recht Fannte, fo empfanden fie in 
dieſem Augenblit nicht fowohl Furcht und 
Deftärzung, als Unwillen und Schmeri, 

“a 


4 


ihren angebeteten Feldheren Bei biefer ent« 
fheidenden: Gelegenheit um den Sieg ber 
trogen zu haben. &ie bedurften nicht der 
Beſchaͤmung, des Tadels, der Strafe; fie 
bedurften vielmehr des Troſtes und eines 
Wortes der Liebe aus feinem Munde. Sie 
waren verzogne Kinder des Gläde, bie 
nicht, wie die rohe fElavifche Drenge, behan⸗ 
delt feyn wolten. In diefer Stimmung ver⸗ 
famlete Caſar fie am naͤchſten Morgen um 
feine‘ Rednerbühne. 

„Wer fo, wie wir,” ſprach er ſie an — 
„einer langen Reihe glanzender Siege — 
„der blutloſen Eroberung Italiens, der 
„unteriochung Hiſpaniens, dem Gewinn 
fruchtreicher Nebenprovinzen und der gluͤck⸗ 
„lichen Fahrt uͤber ein von feindlichen Flot⸗ 
„ten wimmelndes Meer — mehr nicht, als 
meine einzige, nicht zu harte Einbuße ent⸗ 
„entgegenzuſezzen hat, darf ſich biefelbe nicht 
ia tief zu Herzen nehmen, und fol, mo 
„das Gläd ihm den Rakken kehrt, defen 
„Laune durch verdoppelte Anftrengung, Ents 
„ſchloßenheit und Tapferkeit vergäten. Das " 
„iſt der Weg, fogar aus dem Verluſte Ges “ 
„winn zu ziehen; und wer von euch mit 


5 . 
„mie vor Gergovia geftanden hat, Hann 
„nicht zweifelhaft feyn, was Muth und 
„Beharrlichkeit in einer ehrliebenden Bruft 
„vermögen. — Nach dieſem fanften 
Streicheln der Herzen aber ummölfte fih 
pldzlih fein Auge, indem er es auf die 
Fahnentraͤger richtete, welche, den Verluſt 
ihrer Feldzeichen zu überleben, feig genug 
geweſen waren. Schimpfliche Entſezzung 
ward ihre Strafe! 

Nur ein einziges Gefühl der Reue und 
des brennenden Verlangens, die Schande 
des geftrigen Tages zu tilgen, glühte im 
der flummen Berfamlung. Auch der Ehr⸗ 
geiz gab, von ſchwerer Selbſtanklage ger 
drüde, feine Anfprähe auf; und Niemand 
trat vor, fih um die Stellen der gebliebe 
nen Tribunen und Eenturionen zu bewers 
ben. "Alles forderte fich vielmehr die haͤr⸗ 
teften Arbeiten als verdiente Strafe, und 
in jeder Bruſt regte ſich der ungeſtuͤme 
Drang, nochmals gegen den Feind geführt 
zu werden. Gelbft Einige von Caſars Uns 
terfeldherren forderten ihn auf, von diefer 
Stimmung VBortheil zu ziehen, feine iezzige 
Stellung zu behaupten und das Glüd der 


6 


Schlachten mit gänftigerm Erfolg zu ders 
ſuchen. Aber auch hier war er der feis 
nere Menſchenkenner, der dieſer fieberhafs 
ten Bewegung mißtraute, und feinen Trup⸗ 
pen lieber Zeit geſtatten wollte, in ihrem 
Selbſtvertrauen zugleich mit ihrer Selbſt⸗ 
achtung feſter zu wurzeln. 

Ohnehin war nicht ſobald Caſars bis⸗ 
heriger Kriegeplan durch dies lezte nach⸗ 
theilige Gefecht zerrißen, als auch ſchon ſein 
Vorſaʒ entſchieden ſtand, aus der Gegend von 
Dyrrhachtum, wo bald der Hunger fein 
noch gefährliherer Feind werden mußte, 
gänzlich abzuziehen, Schon hatt? er feine 
Poften längs der Einfhliefungs+ Linie ger 
räume und die Beſazzungen der Schanzen 
an fich gezogen. est fandte er auch, nach 
getroffener Vorkehr für die Verwundeten 
und Kranken, das ganze Gepädt des Hee⸗ 
tes, mit Einbruch der näcften Macht, in 
größter Stille und von einer Legion ges 
deckt, in ununterbrochenem Marfche des We⸗ 
ges nach Apollonia vorauf, denen, £urj vor 
Tage, die übrigen Legionen, mit Ausnahme 
zweier, folgten, an deren Spinze er felbft noch 
tm Lager zurüdblieb. Als aber auch Diefe 


T 


bie Reihe des Aufbruchs traf, ließ Cäfar 
den Ruf der Hörner erft in dem nemlichen 
Augenblit, da er ſich wirklich in Bewegung 
ſezte, ertönen; und fo war er faft eben fo 
ſchnel, als Pompeius feine Abſicht ahnte, 
den Blikken defelben entſchwunden. 
Nur um fo eifriger aber zeigte Diefer 
das Beſtreben, ſich mit feiner ganzen Macht 
dem flichenden Feinde auf die Ferſe zu wer⸗ 
fen und über feine entmurhet geglaubten 
Schaaren in der Unordnung des Marſches 
berzuftürgen,, ‚Wie fehr aber auch die vors 
aneilende Reiterei ihr Beſtes that, fo hats 
sten doch Caſars, von feinem Gepaͤck belas 
ſtete, Legionen fehon einen zu großen Vor⸗ 
fprung gewonnen; und erft am Fluße Ge⸗ 
nuſus, wo Jene endlich auf den Nachzug 
fieß, würde fie ihre Abſicht, fein Heer 
aufzuhalten, vielleicht erreicht haben, wenn 
nicht die cAfarifhen Reitergeſchwader, in 
ihren Gliedern von vierhundert Leichtbe⸗ 
wafneten unterfiüjt, den Anfal der Poms 
peianer nahdrädtich abgewiefen und fie mit 
Verluſt auf ihr Fußvolk zuruͤkgeworfen hät 
ten. So ward es den Verfolgten moͤg⸗ 
lich, nicht nur ungehindert über, den Fluß 


8 


iu gehen, fondern auch ſchon am hoben 
Mittage ihr ehemaliges Lager bei Afparas 
gium zu beziehen. 

Auch Pompeius rhdte, unmittelbardars 
auf, in die nemlihen Werke wieder ein, 
welche, noch don feiner früheren Lagerung 
ber, ſich unbeſchadigt erhalten hatten. Dies 
gewährte feinen Truppen die Muße, ſich 
alfobald theils nach Holz und Fütterung in 
der Gegend umher u zerfireuen, oder theils 
wol gar, mit ‚abgelegten Waffen, in das 
vor wenig Stunden fo eilferug verlafene 
Lager umzufehren und ihr machgebliebenes 
Sepäd gemaͤchlich herbeizuholen. Caͤſar, 
welcher hierauf im voraus gerechnet haben 
mochte, hatte ſeine eigne Soldaten nicht 
nur um ſo ſorgfaͤltiger im Lager beiſam⸗ 
mengehalten, ſondern auch die, anſcheinend 

auf Fütterung ausgeſchickte Reiterei bloß 
das Lager umreiten und unbemerkt. durch 
“ das hintere Thor wieder einrüffen lafen. 
Sezt benuzte er die nemliche Lift, womit 
ihn vormals Afranius-in Hiſpanien zu täus 
fhen gewußt, indem er, kurz nach der Mit⸗ 
tagsftunde, abermals aufbrad und raſch 
noch acht Millien weiter fortzog; ohne daß 


9- 
Pompeius, defen Truppen fich fo zur Um 
zeit verlaufen hatten, ihn aufzuhalten ober 

uu erreichen vermochte. 

Diefer Einmal gewonnene Vorſprurg 
welchen Caſar ſich ſowol durch die ange⸗ 
ſtrengteſten Maͤrſche, als durch ſtete zwoͤlf⸗ 
ſtundige Voranſendung des Gepaͤcks, zu 
ſichern wußte, führte ihn, über die tiefſten 
©tröme, wolbehalten nach Apollonia; ins 

deß Pompeius ſich gendthigt ſah, die fruchts 
loſe Verfolgung ſchon am vierten Tage ein⸗ 
zuſtellen. Gluͤclich hatte demnach der ge⸗ 
ſchlagne Feldherr den vorgeſezten gedoppel⸗ 
ten Zweck, ſeine Verwundeten in dem ge⸗ 
nanten Plazze unterzubringen, und ſich der 
laſtigen Nähe feines Gegners zu-entzichen, 
erreicht: allein nichts deſto weniger befand 
er ſich iezt mehr, als iemals, in der Lage, 
bie gewöhnlich das Loos des Schwachern 
iſt, feine Schritte nach den Entwürfen des 
überlegenen Feindes angſtlich abmeßen zu 
möäßen und von ihm die Gefezje feiner Ber 
wegungen zu empfangen. In der That 
hatte Pompeius nach ſeinem Siege die freie‘ 
Wahl unter drei glänzenden Unternehmuns 
gen, deren Jede einen gluͤcklichen Erfolg 


Ex) 


verfprach, und wozu die Mittel in feinen 
Handen lagen, Er Eonte entweder, durch 
einen ſchnellen Seitenmarſch, mit feiner gans 
sen Heeresmaſſe auf Domitius Eafoinus 
fallen und deſſen Zegionen erdrüffen; ober, 
durch einen gleichzeitigen Angriff auf Apols 
lonia und Dricum, feinen Feind in die. une 
wirthbaren Wildniße des’ innern Landes 
zuruͤckdruͤkken, wo der Mangel ihn ohne 
Schwerdtſchlag aufreiben mußte. Allein 
todtlicher, als Beides, ſchien der Schlag, 
der fid ihm beibringen ließ, wenn Poms 
peius iezt feinen erften Kriegsplan wieder 
wur Hand nahm und feine Flotten und Ca⸗ 
fars iezzige Ohnmacht, dazu benugte, um 
nach Stalien uͤberzuſezzen. 

Viel und lange ward in des ſiegrei⸗ 
den Imperators Kriegsrathe darüber ges 
fleitten, welder von diefen verſchiedenen 
Entwurfen in der Ausführung den Vorzug 
verdiene?, Zu erfichtlich leuchtete die Er 
ſprießlichkeit des Leztern in die Augen, als 
daß er nicht warme Lobredner hätte finden 
follen. Inſonderheit trat Afranius auf — 
ein Mann, fuͤr deſſen Feldherrnverdienſt 
ſelbſt fein unglacklicher Krieg in Hifpanien 


ır 
ein rühmliches Zeugniß ablegte — und gah 


au bedenfen, „wie Italien, das Merz des . 


„Reichs, welches jeder Römer, in einem 
„vorzüglihen Sinne, als fein. Vaterland, 
‚aber. zugleich auch als den Preis betrachte, 
„um ‚welchen in diefem Kriege geftritten 
„werde, vor allem Uebrigen. behauptet zw 
werben verdiene; — wie es feinem Er⸗ 
oberer. zugleich auch die Schluͤßel aller 
großen Nachbar. « Infeln, Galliens und 
mPifpaniens ausliefern werde; — wie 
„ſchimpflich es fey, Roms nad Erlöfung 
„ausgeſtreckte Hände zuruͤckzuſtoßen, und 
„ruhig noch ferner zuzuſehen, wie des Ty⸗ 
„rannen Sklaven und Schmeichler es zer⸗ 
fleiſchten.“ — Afranius hätte nod bins 
äufeggen fönnen: daß feines Oberfeldheren 
unrühmlihe Entfernung aus der Halbinfel 
nur durch einen triumphirenden Wiederein⸗ 
zug vergütet werden konte; daß fie wirk⸗ 
lich in diefem Augenblikke wehrlos offens 
fand, und daß der Befiz von Rom-ihm 
amzuberechnende moralifche und phyſiſche 
Sohlfsquellen aufgefhloffen haben würde. 


Allein Pompeius felbft war es, der . 


ſich mit feftem Sinn gegen diefen Vorſchlag 





22 


erflärte. „Er hielt den Krieg feinem Ende 
nfo nahe, daß es nur noch eines lezten 
„kraftvollen Zuſchlags bedürfte, und dag 
„es daher nicht wohlgethan feyn würde, 
bier noch ein Städ deffelben zuruͤkzula⸗ 
„fen, oder wohl gar dadurch zu verſchul⸗ 
„den, idaß Caſar wieder zu Athem komme 
„und dann den Kriegsſchauplaz bloß aus 
„den weſtlichen Provinzen des Reichs in 
die öftlichen verpflanze. Noch ruhmlofer 
aber bedünfe es ihn, zum zweiten Male 
das Anfehen zu gewinnen, ale ob er feis 
„wen Gegner fliche, den er gerade deze 
„auf der Flucht vor ihm erbliffe. Für 
„Rom und Stalien forge er am beften, 
„wenn er.die Kriegsflamme fo entfernt, 
„als möglich, von ihren Grenzen halte, 
„damit fie, ohne von dem allgemeinen 
„Drangſal berührt zu werden, ſich nur 
„das füßere, Geſchaft aufbehalten ſaͤhen, 
den Sieger zu empfangen. Dagegen 
„fteeite es ebenfofehr wider feine Pflicht, 
„als feine Empfindung, das Herr des 
„Scipio und fo viele Konfularen und Mäns 
„ner von Gewicht, die in Griechenland 
„und Theflalien für die gute Sache ſtritten, 


13 
„durch feinen Abzug dem Feinde aufjus 
„opfern.“ 
Nur zu wohl hatte Pompeius geahnet, 
daß Cafar dieſen, auf Metellus Scipio 
gerichteten Streich nicht länger hinausſez⸗ 
zen werde, als bis er ſich über feine eigene 
Abfihten einiges Licht verfhafft habe. Denn 
ſchwerlich würde es in den Angelegenheiten 
des Leztern etwas gebeflert haben, wenn eries 
nem Uebergange nach Italien durch den gleiche 
zeitigen Aufbruch dahin, aufdem fernen Um⸗ 
wege durch Illyrien, Hätte begegnen wollen.*), 
Mochte nun aber Pompeius auf feine beis, 
den Waffenplazze in Epirus drängen, oder 





*) Freilich giebt Cäfar ſelbſt feine Abficht 
zu ertennen, für den gedachten Fall einen 
folhen Landmarfch, nad geſchehener Verei⸗ 
nigung mit Domitius, wirklich zu unternehs 
men, Aber mußt’ er dann nicht, auch unter 
den gluͤcklichſten Umſtaänden, viel zu ſpaͤt an⸗ 
langen, um noch in Italien etwas ju retten? 
Würd’ er nicht den größten und beften Theil 
feiner Truppen auf diefem langen und bes 
fehwerlichen Wege, Durch ein rauhes, gebir⸗ 
gigtes Band, und angefeindet von den bacba« 
zifhen Einwohnern, eingebüßt haben? Ja 
hätt’ es auch nur eine Möglichkeit gegeben, 


24 


die Legionen des Domitus abfehnelden wol⸗ 
len, fo blieb es doch für Caſarn das Ges 
zarhenfte, fich feinem Legaten durch einen 
ſchnellen Aufbruch nah Sheffalten zu ns 
bern und durch diefe Bewegung, welche 
zugleich den Profonful bedrohste, den Feind 
von der Seekuſte und den Vorraͤthen zu 
Dyrrhachium tief in’s Innere des Landes 
nad) ſich zu ziehen, wo gleicher Ueberfluß 
in den fetten Triften Theffaliene, oder 
gleiches Entbehrniß- in den wilden Ges 
birgsſchlunden ECandinaviens, ihre gegene 
feitige Lage beffer ausgleichen mußte. Er 
fäumte daher nicht länger, als unumgängs 





die Verpflegung eines Heeres, von der Stärke 
des feinigen, in diefen unwirthbaren Gegene 
den zu fihern— Der Gedanke konnte wohl 
einige Augenblicke durch feine Kuͤbnbeit im⸗ 
poniren: allein ein reiferes Nachdenken müßte 
dem Imperator, zugleich mit dieſen unuͤber⸗ 
windlichen Schwierigkeiten, auch gar bald 
die Vortheile gezeigt haben, welche fuͤr ihn 
in einer Diverſion gegen Oſten lagen und, 
im gluͤcklichſten Falle, ſogar ſeinen Gegner 
noͤthigen konten, Italien wieder zu verlaten 
und ſich ihm auf dieſem ſelbſtgewaͤhiten Kriegs⸗ 
ſchauplatze entgegenzuftellen, 


15 


lich erforderlich war, um fein Heer neu 
zu ordnen, *) Apollonia und Dricum mit 
Befanungen zu verfehen, **) und einige 
Vorkehrungen zur Sicherung der ihm ers 
gebenen Landeseinwohner zu treffen. Auch 
war biefe Eile hier um fo norhmendiger, 
da er, um Theſſalien zu erteihen, den 
Bogen Kber Apollonia und Acarnanien 
befchreiben mußte, während feinem Gegner 
der Fürgere Weg, auf. der Sehne dieſes 
Bogens, durch Candinavien offen ftand. 
Wirklich auch harte Pompeius, mit 
der Nebenabfiht, zur Uriterkägung feines 
Schwiegervaters in genugſamer Nähe px 





) Reorganiſiren wäre das noch eis 
gentlicher bejeichnende Kunſtwort, wenn ich 
mir den Gebrauch) deſſelben hätte erlauben 
dürfen. Daß aber das „stipendüm exercitui 
„dandum” des Caͤfar, als unmittelbare Folge 
jenes Gefchäfts einer neuen Einmufterung, 
bier in oblgem Ginne zu nehmen fey, wird 
wohl feiner Vertheidigung bedürfen, 

) Bier Koborten blieben in Avollonia, 
drei in Orieum zuruͤck. Auch Liffus, das 
it weniger bedroht wurde, war ſchon frli« 
her mit einer Kohorte beſezt worden. 


ı6 
feyn, den Plan zu; Domitins Ueberrumpe⸗ 
‚Jung fo ſcharf in’s Auge gefaßt, "daß ex, 
zu gleicher Zeit mit Caſar und ohne noch 
von deßen Abficht unterrichtet zu feyn, aufs 
brach und dies Ziel mit angeftvengten Mär 
ſchen verfolgte. Caſars Legat, welcher bis, 
dahin eine lange Zeit in Scipio's Nähe 
geftanden hatte, war in diefen nemlihen 
Tagen, um feine ſchwieriger gewordenen 
Zufuhren zu fihern, auf Heraclea Eentica, 
in der Richtung gegen Candinavien, ge 
rukt, und eilte demnach, mit raſchen Schrit⸗ 
ten dem ihm bereiteten Verderben unbe 
wußt, entgegen. Denn wenn gleich fein 
Oberfeldherr ihn durch Boten, welde auf 
 verfehiedenen Wegen voraus entfande wur⸗ 
den, frühzeitig gewarnt und ihm den Punft 
bezeichnet hatte, auf welchem ihre beiberfeis 
tige Bereinigung bewerkſtelligt werden follte: 
fo war es doch eine fehr natuͤrliche Folge: 
der, mit Blizesfchnelle Aberall verbreiteten, 
und ſogar Über die Wahrheit hinaus vers 
größerten Gerüchte von Cäfars lezter Nies , 
derlage, daß alle benachbarten Provinzen 
ihre politifhen Gefinnungen nad) ber vers 
änderten Anſicht der Dinge umwandelten, 
und 


27 


und dag alſo aud feine Boten überall 
die Wege verfperet fanden. Nur noch 
vier Stunden Weges hatte-Pompeius zus 
rhfzulegen, um feine Beute unrettbar zw 
umflammern, als einige gallifhe Reiter 
feines-Bortrabes, die zu dem Gefolge iener 
allobrogifchen Weberläufer gehörten, zufällig 
auf Domitius Vorpoſten fließen, und, da 
fie unter denfelben verfchiedene ehemalige 
Kriegsgefäheten erkannten, entweder aus 
Prahlerei, oder aus alter Kameradfchaft, ‘ 
alle die neueften Ereigniße vorplauderten,; 
welche in Domitius Lager noch ein Ger 
heimnig waren. Diefer fand gerade noch 
die” Zeit, die er brauchte, um der drohen⸗ 
den Gefahr zu entwifchen; und bald dar⸗ 
auf hatte er das zweite Glüd, bei-Argis 
nium *) zu Caſars anräffender Haupt⸗ 
macht zu ſtoßen. J 





V Dies feſte Bergſchloß (iht unter dem 
Namen Faniah von etwas mehrerer Ber 
deutung) lag am füdlichen Fuße des Grenz⸗ 
gebirges zwifchen Epirus und Tbeſſalien, an 
einem See, welchen der Fluß Ion durch 
Frömt. 

« Band, B 


Fe 
In des Imperators mißlicher Lage 
durft' ihm dieſe Vereinigung für einen 
wefentlichen Vortheil gelten, da hledurch, 
und in der nahen Erwartung der Ankunft 
Longins aus Xetolien, feine ſchlagfertige 
Macht auf zehn Legionen heranwuchs. Um 
fo gewiſſer ließ fih nun auch Scipio's 
Erdräfkung hoffen, über welchen er, Sei⸗ 
nerfeits,, alfobald in Theffalien herzufallen 
gebachte. Er näherte fih Gomphi, *) das 
ihm füdlih auf feinem Wege lag, und wo 
er fih, neben einer freundlichen Aufnahme, 
die ihm mangelnden Grfrifhungen um fo 
gewiffer verfprah, als diefer bedeutende 
Der ſich ihm, erſt noch vor wenig Monden, - 
zu Treue und Freundſchaft erboten und 
eine Beſazzung von ihm gefordert hatte. 
Allein auch hier, wie überall, verfehlte fein 
neulichfter Gluͤckswechſel nit, ihm die 
leichtfinnigen oder furchtfamen Gemüther 
der Griechen ſchnell wieder zu entfremden. 
Man hielt es gerathener, auf die Seite 





*) Der kleine Ort Gonfi bewahrt noch 
it feinen Namen, Der Peneus entipringt 
in feiner Nähe. 


2 

des, um fehleunigen Beiſtand angeflehten 
Siegers zu treten, als in Caſars Unftern 
mit verflochten zu werden, und fo warb 
diefem Leztern, im Vertrauen auf bie einſt⸗ 
weilige Haltbarkeit des Plages, der Eine 
gang verweigert. Alles Landvolk umher, 
mit feinen Heerden, hatte fih in die Stade 
geflüchtet. 

"Hätten au nicht des Feldherrn fers 
nere Entwürfe die dringendfte Eile ers . 
heiſcht, fo mußte doch ſchon die verderb⸗ 
liche Macht eines ſolchen Beiſpiels von- 
Widerſtand ihm den ernſtlichſten Nachdruck 
in deſſen Vernichtung gebieten. Kaum 
war daher das Lager, im Angefiht von 
Gomphi, aufgeſchlagen, ale auch, von ihm 
ermuntert, Tauſende von Handen fi mit 
der Verfertigung von Leitern und anderm 
Erſtuͤrmungsgerath fo eifrig befchäftigten 
und die bereiteten Geräthe fo Eräftig bes 
nuzten, daß Cäfar, noch vor Sonnenun⸗ 
tergang des nemlihen Tages, fih zum 
Meifter des Platzes machte. Er gab den 
unglädlihen Ort der Plünderung, die 
frevelnden Bewohner der Niedermezze ⸗ 
lung, die hier aufgehaͤuften reichen Vorraͤthe 

®a 


der gelegenen Erquikkung feiner Truppen \ 
preiß.) — Eine unheildeohende Entzäges 
lung, wenn die feindliche Heeresmacht nahe 








) Beſonders gaben bier, wie Avpian bes 
merkt, die Deutfchen in. Caͤſars Heere eines 
der fruͤheſten geſchichtlichen Beifpiele des Ras 
tionallafters, das ihnen durch alle Zeiten fo 
häufig vorgeräct worden. Dennoch fchadete 
ibnen bei diefer Gelegenheit ihre viehifche 
Zruntenheit fo wenig, daß fie vielmehr in 
derfelben nur um fo ſchneller ihre Herſtel ⸗ 
lung vor den früheren Etrapagen fanden; — 
eine Heilart, die ſich au trefflich empfabl, um 
nicht fofort von Andern, welche ich vor dem 
Ausbruch einer damals im Heere berrfchen« 
den Seuche gu verwahren wuͤnſchten, mit 
gluͤclichem Erfplge nachge ahmt zu werden. — 
Einen andern charafteritifchen Zug von den 
Greueln diefer Erfürmung bat Appian ung 
gleichfals aufbewahrt. Die Blünderer brachen 
inein Haus, und fanden in demfelben zwei und 
zwanzig Greife in todesänhlicher Eritarrung 
aufdem Boden ausgefireckt, und neben Jedem 
feinen geleerten Becher legend. Nur Einer, 
der Arzt, welcher den Webrigen den Bift- 
tranf, der ſiedallet North entziehen folte, be⸗ 
zeitet batte, faß noch aufrecht, und führte, 
als der Lezte, fo eben feinen Becher zum 
Munde, . 


aı 


genug geftanden hätte, um biefen Moment 
der Ueberfähung mit Race, Blut und 

-flarfen Getränken zu einem Ueberfall zu 
benuzzen! Allein noch befand Pompeius 
ſich kaum an. deu Grenzen Theſſaliens; 
und Seipio, der, zu feiner eigenen Ret⸗ 
tung, ihm mit ſtarken Schritten entgegen⸗ 
eilte, dachte nur darauf, Lariſſa, *), die 
Hauptſtadt des Landes, mit einer ſtarken 
Defazjung zu verfehen. 

Ihm entgegen, Befihleunigte Caſar 
feinen Aufbruch von dem verddeten Gomppi, 
und erfhien, zundchft darauf, noch früher 
vor Metropolis, als das Gerücht feiner 
blutigen Eroberung ihm hatte voranfliegens 
Tonnen. Zwar fand er auch hier den hör 
fen Willen zur Feindfeligkeit: doch nur fo 


—h — —— 


Belant als die alte Hauptſtadt Theſſa⸗ 
liens, tiefer abwärts am veneus, und noch 
itzt unter-dem Namen Fenifcheber vor⸗ 
handen, — Das gleich folgende Metro 
volis (ein vielfach vorkommender Name 
bei dem alten Erbbefihreibern, und darum 
deſto fchmerer auszufondern) fcheint höher“ 
aufwaͤrts auf der Hälfte des Weges gegen 
Gomphi gelegen zu haben, 


22 


lange, bis die beftärzten Bewohner aus 
dem Munde giniger verfhonten Gomphita⸗ 
ner felbft, die ihnen bis unter die Mauern 
vorgeführt wurden, fih von dem ſchreck⸗ 
lichen Schidfal der Nachbarftadt hatten 
Überzeugen koͤnnen. Schnell umgewandelt, 
öffneten fie num die Shore und hatten fich 
in ihrer Rechnung auf des Siegers Milde 
Eeinesweges betrogen. Dena eben durch 
den fchneidenden Gegenſaz von Strenge 
und Güte wollte er die Provinz Aber das, 
was fie von ihm zu fürchten oder zu hoffen 
hätte, beichren; und dies gedoppelte Bei 
ſpiel genügte auch vollfommen, ringsum, 
Alles, mit einziger Ausnahme der Haupt, 
ftadt, unter feine Geſezze zu beugen. 
Scipio war inzwifchen, durch Verei⸗ 
nigung mit feinem Oberfeldherrn, dem, 
ihm zugedachten Streiche entgangen. Die 
gefammte Macht des Leztern lagerte ſich 
auf einer Anhöhe, oberhalb Pharfalus, *) 





" fi . 
"Man erkennt das alte, zu einer fo trau⸗ 
tigen Gelebrität gediehene Ph arfalus noch 
ohnſchwer in dem heutigen Farſa wieber. 
Noch beflimmter nennt Plutarch den Dit 


3 


wo der Fluß Enipeus, aus Shden herabs 
ſtroͤmend, ihre rechte Seite beſchuzte. Hoͤ⸗ 
ber hinauf an diefem Gewaͤſſer, und gleiche 
falls an daffelbe gelehnt, ſtellte fih Caͤſar, 
ihr weiteres Vordringen zu bindern,. im 
einem Abftande von kaum drei Millien, 
ihr gegenüber; und fo fhien es, als ſchraͤnke 
er feinen naͤchſten Kriegsplan darauf ein, 
fi in diefem Lande, wo der reiche Segen 
einer faft gereiften Exndte ihm iede Er⸗ 
leihterung verhieß, zu behaupten, bis, 
durch Kunft oder Zufall herbeigeführt, die 
längft erfehnte Stunde der Entſcheidung 
in offner Feldſchlacht ihm winken möchte. 
Die bisherigen Entbehrungen feiner Krie⸗ 
ger hatten in diefen fetten Ebenen einem 
genäglihen Erfaz gefunden, Gluͤcklichere 
Waffen: Erfolge harten feither ihren Muth 
zu dem gemwohriten Selbftvertrauen wieder 
emporrichten koͤnnen. Er legte es aber 
auch nunmehr gefliffentlih darauf an, fie 
nad und nad, im Angefiht des Feinde, 
an eine ftolgere Haltung zu gewöhnen; 





der machmaligen Schlacht Baläophar- 
ſalus. 


24 


nachdem bereits auch bier deſſen bei web 
tem zahlreichere Reiterei der feinigen, welche 
fortfuhe, fih mit untermiſchtem leichtem 
Fußvolk, nach germanifcher Weife, zu flärs 
‘en, mehrmals das Feld geräumt hatte. 
Sogar in- immer näherm Abſtande von 
Pompeius Lager ftellte er täglich feine 
Schlachtordnung auf, des angebotenen 
Treffens gemärtig: allein wenn gleich der 
gegenfeitige Imperator, die Schmad der 
nicht angenommenen Herausforderung von 
ſich abzulehnen, aud feine Linien, hart 
am Fuß feiner Anhöhe, ordnete, fo war 
er doch viel zu vorfichtig, ein Handgemenge 
zu veranlaffen. Vielmehr verriet er deuts 
lich feine Abficht, mit ausdauernder Ge⸗ 
duld, aber gefpannter Aufmerkſamkeit, von 
der erſten Bloͤße, welche Cäfars fteigender 
Kuhnmuth ihm gäbe, augenbliclihen Vor⸗ 
theil zu ziehen. Moͤglich auch ſogar, daß 
er die Schlacht gänzlich zu vermeiden und 
feinen Gegner bis in den Winter hinzu⸗ 
Halten wunſchte, wo fodann der Hunger 
und die’Erfhöpfung an Geld und allen 
übrigen ° Hülfsquellen bdenfelben unfehlbar 
aufgerieben haben würde. 


7v 


= . 

" Allein biefes. Syftem der Bedachtlich ⸗ 
keit — wie gewiß es auch zum Ziele zu 
füßren verhieß — fimte wenlg zu-den ſtol⸗ 
zen Einbildungen von Pompeius Partheir 
Genoßen, welde den Krieg kaum noch für 
das Werk eines. einzigen Tages hielten und 


ihn darum ohne Auffchub geendigt zu fes 


ben verlangten. Je glüclicher die Wendung 
war, welche ihre Angelegenheiten zu neh⸗ 
men gefßienen, um fo weniger auch fühl 
ten fie ſich geneigt, in der demüthigenden 
Abhängigkeit, zu welcher ihr Imperator 


ſie· allmählig herabzudrängen geſucht, noch 


ferner ju beharren. Jezt, da es — obs 
wohl durch fein-Genie herbeigeführt — 
nur noch eines einzigen ſtarken Schlages 
bedurfte, galt er ihn:n kaum mehr, wie 
fonft, für den Unentbehrlichen, welcher dens 
felben zu führen allein vermöcte. Wem. 
er zögerte, feinen Arm dazu herzuleihen 
fo erſchien ihnen · dies minder als Feldheren 
Weisheit, denn als, fträfliche Begierde, fein 
überfpanntes Anfehn noch in eine ferne 
Länge, zu Fröhnung feiner unerfättlihen 
Eitelkeit, zu mißbrauchen und die gedrängte 
Schaar ehrwürdiger Konfularen und Pra⸗ 


26 


teren, gleich Trabanten, um fein Prätos 
rium ber zu verfammlen. 

Wahr it es freilich, daß ſich in den 
Verhaltnißen des Imperators zu feinen Ums 
gebungen (eben meil fie ungefezlich was 
sen) Schwierigkeiten ergaben, welde ihm 
den Glanz feiner hohen Würde ie mehr 
und mehr verleiden durften und ihn nur zu 
fehr zu einer peinlichen Abhängigkeit. von 
fremden Meinungen verurtheilten.* Anftatt 
daß er in feinen früheren Kriegen gegen die 
Feinde des Roͤmerreichs der unumſchraͤnkte 

Gebieter feines Willens und feiner Entwürfe 
geroefen, zwängte ihm itzt, neben der pers 
Ponlihen Anweſenheit der bundesverwands 
ten Fürften, welche ihre Forderlingen eins 
sig nach ihrem Stortze abmaaßen, die Ges 
genwart fo vieler römifcher Senatoren, die, 
gleih ihm, in den erften Würden der Res 
publif geftanden, Heere befehlige und Triums 
phe errungen hatten. Sie Alle wolten ges 
hört, befragt und zu Rathe gezogen feyn, 
da es die gemeinfchaftliche Sache galt, wels 
che verfochten werden folte, und das nur 
um fo fhonender gegen ihre Anfprüche und 
Launen, da fie freiwillig auf feine Seite 


= 

getreten waren, da er nur durd fie fort⸗ 
fuhr zu gelten, und da ihnen nicht gewehrt 
werden fonte, diefe Parthei, fobald der 
Verdruß fie zu heftig ftachelte, wieder aufs 
augeben, 

Wenn nun die Siegestrunkenheit Ei 
niger, die ihre aufgeblafenen Hofnungen 
um nichts wieder zuräffpannen wolten, oder 
der geftänkte Eigendünfel Anderer, ihnen 
iene bittern Beſchuldigungen ‚wider den 
Dberfeldheren in den Mund legte, fo nährte 
die Eleinere Zahl Achter Patrioten nicht mins 
der bie täglich wachfende Beſorgniß im Her⸗ 
sen, wohl möge Pompeius bei Allem, was 
er thue, und wie er die gemeinfchaftliche 
- Angelegenheit leite, nicht ſowohl das Heil 
der Republik, als feinen eignen Vortheil, 
um. Augenmerk haben, und wohl dürften 
noch Plane der Ehrſucht in feiner Seele 
lauern, melde einer Verlängerung dieſes 
zwiſchen Furcht und Hoffnung ſchwanken⸗ 
den Zuftandes zu ihrer Zeitigung bedürften. 
Nice undeutlich hatte Cicero, hatte Cato 
(wenn gleich auch fie das raſche Wagniß 
einer Entfheidungs «Schlacht. nicht under 
dinge billigten) dennoch ein ſolches Miß⸗ 


3 


trauen verrathen, und Beide ſich dm als 
befchwerliche Begleiter und Beobachter feis 
nes Thuns erwiefen. Eine fehr gelegne 
Unpaßlichkeit befreite ihn von dem Red⸗ 
ner, der ohnehin fi unter dem Geraͤuſch 
der Waffen nicht an feinem angemeßenen 
Plane "befand; deßen finftres Echweigen 
ſchon Mißbilligung ausdrüfte, und def 
fen bingeworfene treffende Wizworte, auf 
Koften des Feldherrn, einen herben Sta⸗ 
chel in den Gemüthern der Menge zuräde 
Tießen. Während aber Eicero zu Dyrrha⸗ 
chium das Bette hütete, entledigte fih Poms 
peius auch der Kontrolle des zu "ftrengen 
Eato, indem er die Obhut ienes Waffen: 
plaues und des Heergerathes mit funfzehn 
Kohorten, als zweifelhaften Ehrenpoften, 
in deßen Hände legte. ben fo auch trach⸗ 
tete er den treffenden Wormurf des :Domis 
tius Ahenobarbus: er herrſche als ein 
weiter völEergebietender Agamemnon im 
Lager — dadurch von fih abzumälzen, 
daß ber Befehlshaber des zu ihm ger- 
foßenen Heeres, fein Schwiegervater Sci⸗ 
plo, mit den gleichen aͤußerlichen Auszeich⸗ 





29 


mungen eines oberften Felbherrn *) beklei⸗ 
det wurde, 
Gleichwohl ward, wie es den Anſchein 
hat, dieſe ſeinem Charakter ſo fremde Nach ⸗ 
giebigkeit, verbunden mit ſeinem unentſchlo⸗ 
Genen Zaudern und der tiefen Verſchloßen⸗ 
heit über feine ferneren Entwuͤrfe, nur ein 
Srund mehr, die fihon mehrmals verduns 
kelte und igt kaum wieder hergeftelte Ach⸗ 
tung feines Feldherrn /Talents zu mindern; 
und indem fein fonft fo almächtiges Ans 
fehn fichtbar fank, oder doch laſtiger gefuͤhlt 
wurde, durfte almählig eine Dppofition im 
Lager felbft fich hervorwagen, welche, eben 
darum, weil ſich ihr vornehmlich die Schaar 
der iungen römifchen Ritter, die-den Kern 
der veifigen. Truppen bildeten, zu Wortfühs 
zern herlieh, das, was ihr an Gewicht 
abgehen mochte, defto ungebändigter durdy 
vermeßenen Dünfel und vorlautes Gefchret 





*) Er geflattete ihm nemlich die Errichtung 
eines eigenen Hauptquartiers (Praetorium ) 
und das Classıcum. Ueber dies leztere Vor⸗ 
seht des Kommandirenden giebt Vegetius 
Guch Ul. Kap. a2) genügende Auskunft. - 


30 


erſezte. Nicht bloß, daß fie Ba erklärten: 
Man müße ſich ie eher te lieber Caſars 
entledigen, um dann auch mit Pompeius 
an die Reihe zu kommen: fondern noch 
herabwuͤrdigender ward der Imperator haͤu⸗ 
fig die Zielſcheibe ihres Spottes; und Mens” 
fen, wie Favonius, durften ſich laut ber 
Hagen, daß Pompelus es darauf anlege, 
fie um den Genuß der’ heurigen tufeulanis 
fihen Feigen zu bringen. 

Diefe fo herb ausgedrüdte Geringſcha⸗ 
zung war mehr, als feine reizdare Empfind⸗ 
lichkeit auf die Länge zu ertragen vermochte; 
und alle vielgeprüfte Rachfchläge der Vor⸗ 
Fit und einer tiefen Berechnung wurden 
won der, ihm hörbar gewordenen Berdähr 
tigung feines Muths und feines Eriegeris 
ſchen Ruhms erſtickt. So fah er fich denn 
ünmer näher, obgleich wider feine Uebers 
zeugung, zu einer Entſchließung hingedrängt, 
welche, außer dem billigen Bewußtſeyn feis 
ver Thatkraft, einen Schein von Rechtfer⸗ 
tigung auch in der Abgeneigtheit fuchte, 
womit die zahlreichen Bundesvölfer, die 
fh im Heere befanden, bie längere Ents 
fernung von ihrer Heimath, fo wie ihre 


31 


Fuͤrſten das dienſtbare Verhaltniß, in weis 
ches der Lagerdienft fie einzwängte, ertrus 
gen. Sie aber mußt’ er infonderheit bei 
gutem Willen erhalten: den ihre leichten 
Truppen an, Schdjjen and Schleuderern, 
ihre zahlreiche und gewandte Reiterei, hofte 
er, folten, in Verbindung mit der edlen 
Jugend der.römifhen Turmen, dem nas 
ben Kampfe, durch Umwikkelung des Feins 
des von allen Seiten, den Ausſchlag geben. 
»  Diefer Zuverfiht vol, welche fih ins 
fonderheit auch auf das Verſprechen der 
ungen römifchen Ritter fügte, in Ausfühs 
zung diefer Eriegerifchen Bewegung ihr Be⸗ 
fies zu thun, erflörte der Imperator feinen 
neuen Entfhluß in dem verfamleten Krieges 
rathe, mit der hinzugefügten ſtolzen Vers 
fiherung, daß Caſars Legionen, bevor es 
noch zum wirklihen Handgemenge gekom⸗ 
men, in völliger Flucht zerſtieben ſolten. 
Er £onte hierin zugleich die nicht ungewich⸗ 
tige Billigung feines Freundes Labienus, 
bes Anführers diefer Reiterei, für fich gel , 
send machen, *) welcher zugleich feinen früs 


*) 6 läßt ſich hierbei, ohne zu große Kübn« 
beit im Diviniven, wohl vorausſenen, daß \ 





32 


bern feierlichen Eidſchwur wiederholte, das 
Geld nur als Sieger zu verlaßen. Pom⸗ 
J peius 





dieſe Einſtimmigkeit in den Meinungen bei⸗ 
der Feldherren, die Frucht einer vorhergegan⸗ 
genen Verabredung ſeyn mußte, und daß 
Zabienus eben forohl durch feine friegeri« 
he Reputation, als durch feine heftigen 
Detlamationen gegen Cäfar , ein ungewoͤhn⸗ 
liches Afcendant über den Fmpesator gewon- 
nenbatte. (Vonfeiner einfeitigen Anficht der 
Dinge gab er — nad) Caͤſar B. IH. 8.87 — 
bei Gelgeenbeit diefes nemlichen Kriegsra⸗ 
thes, einen auffallenden Beweis, indem er 
WAugnete, daß die gegenuͤberſtebenden feind⸗ 
lichen Truppen noch die nemlichen feyen, 
welche in Gallien und ienfeits des Rheins 
fo fegreich gefochten. Längft hätten iene 
Siege ſelbſt fie aufgerieben; und der Teste 


- Kern diefer Veteranen ſey, vor Dyrrhachium, 


wenn nicht ſchon Früber durch die Herbflfeus 
chen Staliens, abgefchlachtet worden. Fa, 
noch iezt verweilten in Brundifium ganze 
Kohorten Erkrankter, die nicht hätten einge« 
fhifft werden koͤnnen; und was gegenwärtig 
noch die Waffen fchleppe, ſey aus den Kolo⸗ 
nialftädten am Po erſt neulich aufgeboten 
worden.) — Allein auch noch ein andres ges 

’ hei⸗ 


3 


peius ſchwur es ihm nad; und alle Anwe⸗ 
fenbe, Höher ermuthigt, folgten diefem gras 
Ben Deifpiele: denn mie noch hätte ‚der 
Oberfeldherr leiht etwas verheißen, ohne 
fein wohl erwogenes Wort zu loſen. 
So erhob ſich demnach, in feinem Las 
ger bei Pharfalus, am frühen Morgen des 
wwanzigften Julius, *) im fiebenhundere 





beimeres Band Tnüpfte den Ober - und den 
unterfeldherrn fo innig aneinander — ihre 
gemeinfchaftlicher Aberglaube. Vompeius 
war nicht fo freien Beifes, daß er die Kunſt 
der Harufpices bloß als ein politifches Werte 
zeug zu. feinem Vortheil gehandhabt hätte, 
Ihr Kollegium in Rom verſah ibn undusges 
fest mit Nachrichten von den gluͤcklichſten Vor⸗ 
bedeutungen, welche fie dort beobachtet zu ha« 
ben behaupteten, und ftachelten dadurch feine 
Bedaͤchtigkeit wirklich zu einem fühnern Mus 
tbe. (Cie. de_dıvinat. 1, 24.) Dier aber bes 
gegnete ihm Babienus auf dem nemlichen We⸗ 
ge, indem auch fein felſenſeſter Glaube an 
des Imperators endliche Obſiegerſchaft gch 
auf einige ihm fund gewordene Orakelſpruche 
Kügte. (Plutarch Gic. 38.) 

*) Das Fragment eines alten Ralendariums 
(&. Blanchını vıt. Ponut. Anastasüi T. 11.} 
nennt den neunten Auguſt; und beide Anga⸗ 

4 Band. € 


34 


und ſechſten Jahre nach Roms Erbauung, 
(ein ewig denkwuͤrdiger Tag in der Ge⸗ 
ſchichte ) über Pompeius Prätorium das 
Purpurgewand, welches die Befchloffene 
Schlacht verkündete, in eben dem Augen ⸗ 
blid, als Cäfar, nach vielfältig vereiteltem 
Verſuch, diefe Stunde herbeizuführen, nach 
unthätig im Lager verjehrtem Sommer, 
und nad) gänzlich erfchöpfter Fütterung und 
Ernte des von ihm behaupteten Laudſtri⸗ 
ches, im Begriffe ftand, der Nothwendig⸗ 
Zeit des Abzugs in andre Gegenden nach⸗ 
zugeben und die minder krieggewohnten 
feindlichen Truppen, bis zur voͤlligſten Ver⸗ 
zehrung ihrer Kräfte, hinter. ſich drein zu 


ziehen. Sein Weg war nordöftlih gegen 





ben würden, nach tichtigerm Zeitmaaße, mit 
dem 12. Mai oder ı. Zunius zufammentrefe 
fen. Nur laͤßt ſich weder die eine, noch die 
andre, mit den Beſtimmungen vereinigen, 
welche Gäfar ſelbit : Buch III. Kap. 49 und 
81) gelegentlich beibringt, und denen zufolge 
ſchon während der Einfchließung feines Geg« 


ners vor Dyrrhachium, und um-fo mebr-alfo - 


bet feinem Einmarſch in Theſſalien, die Saa- 
ten bereits der Erndte entgegenreiften. 


35 

Skotuſſa *) gerichtet, und verricch dig 
Abſicht, den Kriegsfhauplag nah Maces 
donien zu verlegen. Kaum traue er le⸗ 
doc den Berichten feiner Kundfchafter und 
-felbft dem Zeugniß feiner Augen, als er 
fand, daß fein Gegner, dem er in feinem 
feften Lager nie beizufommen vermodt und 
den er erſt durch Line Reihe Eünftlicher 
Maͤrſche auf ein bequemeres Schlachtfeld 
zu verloden gehofft, fi ihm bier. freiwils 
lig auslieferte, indem feine Schaaren in 
weiterm Abſtande von dem Lagerhügel, 
als ie zuvor, fi ausbreiteten. 

Sn ber That war in’ CAfare Quet 
tieren nicht nur der Befehl zum Aufbruch 
gegeben, ſondern ſelbſt au bie Zelte bes 
veits abgebrochen und ber Wortrab zur 
Decuman: Pforte hinausgezogen. Aber for 
gleih hemmte ein ſchneller Gegenbefehl 
dieſe Dewegung. in heuer lebendiger 





*).Stotuffa, oder Stotufa, konnte ihm für 
feine Wünfche vieleicht um fo eber ein ge» 
legner Ort dünten, als gerade hier vor Zei⸗ 
ten der König Vhilipp den Waffen des T. 
Auinet. Flaminius wnterlegen mar, 

2 


30 


Geiſt flammte in dem entzuͤckten Feldherrn 
auf. „Freunde!“ rief er. den Umſtehen⸗ 
den zu — „Unfte letzten hoͤchſten Wuͤnſche 
nähern ſich ihrer Erfüllung! Heute ends 
lich Haben wir nur mit Menſchen, und 
nicht mehr mit Hunger und Drangfal zu 
kampfen. Laßt fehn, wie wir uns ber 
Gunſt der Gluͤckegoͤttinn wuͤrdig erwel⸗ 
fen!’ 9) 





*) Daß ‚bier die verfdiedenen Trdume, 
SBräfagien, Himmelszeichen, Horoſtope und 
gleichzeitige Prophezeibungen in den entles 
genften Teilen der Erde, womit Plutarch 
und Andre ihren Bericht von der pbarfalis 
ſchen Schlacht ausfatten, mit Stillfhweigen 
befeitigt werden, wird wohl des Leſers Bil⸗ 
ligung finden. — Dennoch deuten einige 
derſelden nicht undeutlich dahin, daß Caͤſar 
fh, wenn auch nicht an dieſem Tage ſelbſt, 
doc) in der naͤchſten Zufunft, des großen Er⸗ 
eignißes verfad und fich auf dabelbe vorbes 
reitete. Plutarch weiß fogar von einer groß« 
bersigen Erklärung der cAfarifchen Truppen, 
welche die Vereinigung mit zwei Regionen 
unter Gorfinius und funfzehn Koborten une. 
ter R. Fufus Ealenus, die in dev Nähe bei 
Athen und Megara fanden, nicht abwarten 
wollten, 


3% 


- Wohl wiffend, wie man durch die 
Sinnlichkeit auf die Menge wirkt, ließ 
Caſer in eben dem Moment, ba er ſich 
gegen den Feind wandte, den Graben 
längs der Worderfeite feines Lagers zuwer⸗ 
fen und die Werpfählung zerſtdren. Denn 
was die Berfhanzung daduch, im Fall 
eines Ruckzugs, an Haltbarkeit verlor, ges 
wann der Much der Soldaten zehnfältig 
wieder durch die Zuverſicht, melde dies 
traurige Mettungsmittel im voraus vers 
ſchmaͤhte. In der trefflihften Stimmung, 
unter freudigem Zuruf, aber auch mit ber 
Ruhe und Ordnung, wie der Chor eines 
Theaters, ftellten fih die Truppen, -auf 
den Wink ihrer Anführer, in ihre Reihen, 

Nicht minder fuhr auch Pompelus 
fort, feine Schlachtordnung mit vorfühtis 
ger Berechnung der Vortheile ‚des Bodens 
und der Truppeharten zu entfalten. Auf 
dem rechten Zlägel, welchem, geftägt an 
die fhroffen Ufer des Enipeus, die gerins 
gere Gefahr zu drohen ſchien, hielt er die 
eilicifhe Legion (ein abgehärteten Berg⸗ 
vofE!) und die hifpanifchen Kohorten, welhe 
Afranius als die Trümmer ienes weſtli⸗ 


38 


hen Heeres ihm zugeführt Hatte; für bins 
langlich. Ein Lentulus *) befehligte diefe 
Schaaren. Scipio mit den fünf forighen 
Legionen fülte die Mitte; und was die⸗ 
fen meichlicheren Truppen an Kriegsruf 
und Werth vieleicht abgieng, mochte um 
fo fuͤglicher durch zweitauſend unter fie 
vertheilte freiwillige Veteranen und bie 
nahe Unterfiügung der verfuchteren Flu⸗ 
gelsLegionen von beiden Seiten vergütet 
werden, indem auch zu ihrer Linken fich 
nicht minder die beiden Legionen anreihs 
ten, welche Pompeius, noch vor dem Aus 
hruch der Fehde, von Caſar zurückgefor⸗ 
dere hatte, **) und die, neben den afrar 
niſchen Soldaten, für die Kernmacht des 





Es bleibt ungemiß, ob der vorläbrige 
Konful Lue. Corn. Kentulug, oder Publ. Cor⸗ 
neliug Lentulus Spintber, diefer Anführer 
war. Wenigſtens befanden ſich Heide in der 
Schlacht zugegen. 

) In Bompeing Stamliſte waren fie die 

Erſte und Dritte; fo wie wenigftens die Eine 
an ibm abgetretene ehemals in Cäfars Bir 
gern den Namen der Bunfsebnten geführt 
batte, — Immer bleibt eg nicht ganı er 


39 


"Heeres. galten. 2. Domitius Ahenobar⸗ 
bus ftand an ihrer Spizze. Allein auch 
Pompeius felbft hielt in unmittelbarer 
Mähe derfelben: denn gerade bier, auf 
biefem linken Flügel, ſollte die große Bes 
wegung ausgeführt werden, auf welche er 
und Labienus, der ihm getreu zur Seite 
blieb, den unfehlbaren Gewinn der Schlacht 
berechnet hatten. Eben darum zog er auch 
feine geſammte Reiterei, fiebentaufend 
Pferde ftarf, hieher in die Verlängerung 
der Schlachtlinie, wo zugleih auch die 
leichten Schleuderer und. Bogenfhäjgen 
vorgefchoben ‚wurden, um den Aufmarfch 
derfelben zu deden. Die Zahl des ſaͤmmt⸗ 
‚lichen ſchweren Fußvolks, in hundert und 





klaͤrlich, worauf Pompeius ſich in feinem fo 
ausgezeichneten Vertreuen auf fie Hühter 
Bra mochten fie allerdings ſeyn: denn dazu - 
waren fie in einer zu tüchtigen Schule ges 
weſen: allein noch obnlängit, in Ztalien, 
hatte er nicht gemagt, fie in Caͤſars Nähe zu 
führen; (f.Th. ilI. S. 148) und was wirvon den 
befondern Umftänden ihrer Entlaßung wiſſen, 
. Th. 111 S. 93) diente ihrer Treue und An⸗ 
baͤnglichteit chen auch nicht zur Empfehlung. 


2 


sehn Kohorten vertheilt und zehn Glieder 
tief geftelle, mochte ohngefähr fünf und 
‚ vierzig taufend Köpfe betragen. Sieben: 
andre Kohorten, unter Afranius Befeh⸗ 
Ien, blieben zur Beſauung des Lagers das 
Hinten. Daß iedoch, auf diefer, wie auf 
iener Seite, die unedmifhen Huͤlfstrup⸗ 
pen von dieſen Berechnungen ausgeſchloſ⸗ 
fen’ werden muͤſſen, ſcheint aus allen Um⸗ 
ſtaͤnden deutlich genug zu erhellen. 
Nicht mehr, als achtzig Kohorten, wels 
che, fürchterlich zufammengefhmolgen, viel 
leicht kaum zwei und zwanzig taufend Köpfe 
in ihren Reihen zählten, hatte Caͤſar ienen 
Heerſchaaren an diefem Tage entgegenzus 
ſenen; und noch blieb diefe, in drei Trefs 
fen aufmarſchirte, Schlachtlinie um zwei 
Kohorten, welche das Lager deckten, vers’ 
mindert. Die Ordnung der Legionen Stich 
übrigens auch iezt die herkömmliche, indem 
die Zehnte, des blutig errungenen Vorzugs 
werth, auf dem dußerfien rechten Flügel 
gleihfam den Stügpunkt des ganzen Heer . 
ves bildete; bahingegen die, bei Dyrrha— 
chium fo fühlbar geſchwaͤchte Meunte auf 
dem entgegengefegten Ende ſich an den Fluß 


4L 


lehnte, und eben fomohl hiedurch, als durch 
die mit ihr vereinigte Achte, gegen die feinds 
liche Uebermacht gefihert wurde. Hier leis 
tete M. Antonius die Bewegungen; En. 
Domitius Calvinus gebot der Mitte, und 
2. Sulla, der glädliche Streiter bei Dyrrha⸗ 
chium, führte, unter Caͤſars unmittelbarer 
Dbhut, die Rechte. So ſtanden zugleich 
* beide Oberfeldherren einander zunachſt gu 
genüber. *) 

Noch huͤteten Beide, mit angeſtreng · 
teſter Sorgfalt, die ienſeitigen ſich entwit⸗ 





*) Einige Abweichungen in Zahlen und Nas 
men, die fich hier bei den Gefchichtfchreibern 
finden, dürfen und um fo weniger irren, da 
biefe in den Hauptſachen deſto genauer zus 
fammenflimmen; mit Ausnahme bes Dio 
Cafius etwa, deßen Schlachtbericht ein ver- 
worrenes poetifches Giemälde ift, welches auf 
hundert andre Schlachten mit gleichem Rechte 
paßen wuͤrde. Wo iedoch in dem einzelnen 
Thatfachen etwas zweifelbaft fcheinen konnte, 
dürfte Caͤſars Stimme unbedenklich den Aus⸗ 
ſchlag geben; und Aber fein entfcheidendes 
Manveuvre hat Roͤſch durch feinen Kommen- 

“tar ein genägendes Licht verbreitet, 


44 


kelnden Maffen mit ihren Blikken, ale 
Caſars Scharffiht, der fih die unverhaͤlt 
nißmäßige Zufammenhäufung der pompelas 
nifhen Reitergefihwader, den feinigen ent⸗ 
gegen, nicht verbergen ließ, ohnſchwer er⸗ 
rieth, daß er- hier zur uͤckgeworfen, ‚überfids 
gelt und in den Rüden genommen werben 
ſolle. Aber auf ber Stelle aud (wenn 
nicht vieleicht langſt vorbedacht und im 
Bereitſchaft gehalten) *) erfand :er dag 





) Denn nicht unmöglich fcheint es, daß 
ihm ein Vorhaben, welches fchon in feines 
Gegners Kriegsratbe zur Sprache gefommen, 
und worüber ſogar mit der roͤmiſchen Rei⸗ 

+ terei vorläufige Abrede genommen war, durch 
Verrath oder Kundfchaftung bei Zeiten zur 
Kenntniß gelangt wäre. Oder folte (wenn 
auch nicht auf die ſem Wege unterrichtet) 
für einen Feldherrn von Cäfars Genie und 
Sagacität nicht die bloße Erwägung des Miße 
verbältnißes der beiderfeitigen Neiterei, bins 
gereicht haben, für den im voraus gefürchtee 
ten Gall einer folchen Heberflügelung zweck⸗ 
mäßige Vorkehrung zu trefen? Von einem 
Gegner, wie Bompeius, war immer iede aus 
Berordentliche Anfrengung nicht von € Grund 
zu erwarten, 


\ 43 
"Mittel, dieſer Gefahr zweckmaͤßig zu Bis 
gegnen. Zwar die fhimmernde Räftung, 
die trefflich ausgefütterten Gaͤule und die 
zuverſichtliche Haltung dieſer pompeianis 
ſchen Reiſigen durften ſeine Beſorgniße 
nicht Übermäßig erregen: doch den gewal⸗ 
tigen Stoß einer folhen Menge mit 
eintaufend, wenn gleich meift germaniſchen 
Reitern in einer fo weiten Ebene aufhal« 
ten zu wollen, wäre, wenn auch nicht Bere 
meffenheit, (denn ſchon hatte er fie hier 
vor ſich feldflächtig geſehen) doh heute 
ein kaum / zu rechtfertigendes Wagniß ges 
blieben. Nur der Legionſoldat, in feſtge⸗ 
ſchloßenem Gliede, ſchien ihm die Felſen⸗ 
mauer, an welcher dieſe einherbrauſende 
Sturmwoge nothwendig zerſchellen mußte; 
und in unbemerkter Stille zog er ſogleich 
ſechs Kohorten aus der dritten Linie her⸗ 
vor, um aus ihnen, im Ruͤkken der zehn⸗ 
ten Legion, einen Haken im rechten Win⸗ 
kel zu bilden, welcher, indem er den Ab⸗ 
ftand von den Beiden vorderen bis zum 
dritten Treffen ausfühte und diefen Zwi⸗ 
ſchenraum ficherte, befehligt wurde, ſich, 
damit er nicht zu frühzeitig entdeckt wuͤrde, 


4 


Bis auf .ein gegebener Zeichen volfommen 
ruhig zu halten. Zugleich verhielt er die⸗ 
fen altgedienten Truppen nicht, daß er in 
ihre Tapferkeit vorzüglich fein Heil, bie 
Ehre des Heers und den Ausſchlag diefes 
Tages ſezze. 

Den fämtlichen Legionen, und ber drit⸗ 
ten Linie infonderheit, *) ward tiefe unbe⸗ 





*) Die. beiden erflen Linien waren, wie 
immer, befimt, beim Angrif gemeinſchaftlich 
zufammen zu wirken. Diefe dritte hinge⸗ 
gen folte in ihrer erſten Aufitellung feſten Fuß 
behalten; und da die größte Entfernung zwi⸗ 
fchen den Vorrüffenden und Stehenbleiben - 
den gerade fo viel C1a9ı Schub) austrug, als 
die ſechs Roborten des Hakeng, bei einer Tiefe 
von acht Gliedern, zu Ihrer Aufſtellung in 
der feitwärts gerichteten Fronte bedurften, fo 
bildete nunmehr (mit Hülfe des unzugaͤngli⸗ 
hen 'Enipeus auf dem linfen Flügel) das 
gefamte Heer ein IÄnglichtes leeres Viereck, 
welches felbit der vollendeten Umjingelung 
der feindlichen Reiterei die Spine zu bieten 
fähig war, fobald die dritte Linie ſich um⸗ 
kehrte. Dies mathematifch> genau berechnete 
Manoeuvre, welches uns die roͤmiſche Taktik 
von einer glänzenden Seite zeigt, bat Roeſch 


45 


wegliche Ruhe bis zum Augenblick des be⸗ 
fohlnen Angrifs geboten; und wohl durfte 
Caſar ſich berechtigt halten, von feinen 
Streitern das Höcfte zu erwarten, wenn 
wir den Maafftab ihrer Gefinmingen nach 
der Antwort abfchäjzen dürfen, die ihm 
der ausgebiente Primipilar der zehnten Les 
gion, Eraftinus, *) ertheilte. Leutfelig, wie 
immer, hatte der Imperator den alten kuͤh⸗ 
nen Degen, beim Einrheten in die Schlachts 
linie, gefragt: Was er fi von dem ber 
vorftehenden Treffen verfpreche? — „Sieg, 
Caſar! Sieg!’ entgegnete ihm freudig der 
Veteran — „Und mich vor Allen. follft 
Du, tobt oder lebendig, Deines Lobſpruchs 
werth halten. 

Auch Pompelus mufterte, von ſel⸗ 
nem hohen Roße herab, die beiderſeitigen 
Schlachtreihen. Sonderbar fiel ihm dabei 





©. 301 f, mit überrafchendem Gluͤck ent⸗ 
willelt. 

*) So nennt ihn Caͤſar, mit überwiegen« 
der Autorität gegen Plutacch und Appian, 
die diefen Namen. in Eraffianus und 
Eraffinins verändern, 


ö 46 

bie ſtarre Haltung ber Caͤſarlaner auf, wähs 
rend er auf die mogende Bewegung feiner 
eigenen Linien zuruckſah und aus diefem uns 
ruhigen Drängen und Xreiben eine böfe ' 
Ahndung fhr fich ſchoͤpfte. Daßelbe zu hem⸗ 
men, gebot er bem Vordertreffen, ſtracks 
die Speere zu fällen, und des Feindes Ans ' 
fall, feften Fußes zu erwarten; — eine Ans 
ordnung, die ihm die Hoffnung Hab, daß 
die Ordnung defelben durch die Hizze und 
die verdoppelte Weite des Anlaufs um fo 
gerwißer gebrochen werden und er etfchöpfe 
und außer Athem in’s Handgemenge ſtaͤr ⸗ 
zen ſolle. Pompelus möchte hlerin richtig, 
gerechnet haben, hätt’ er’s mit minder eins 
gehbten Truppen zu thun gehabt, oder 
wäre eben. ſowdhl ‚die phyſiſche Kraft des 
Stoßes als die moraliſche Ueberlegenheit, 
welche der ſelbſtthaͤtige begelſterte Angrif 
gewährt, und deren beider er ſich folder: 
geftalt ergab, für gar nichts zu rechnen. 
geweſen. 

Jeder Feldherr ſuchte nunmehr noch, 
nad) der Weiſe des Alterthums, feine Schaa⸗ 
zen durch kuͤrzere oder längere Anzeden zu 


4 


entflammen. *) Wie konnt' ee auch dem 
Verfechter der republikanifchen Parthei in 
dieſen Augenbliffen an Stoff zu großherr 
sigen Ermunterungen fehlen, da die Sache 








*) &s wäre zu verwundert, wenn die alten 
Geſchichtſchreider es verabfäumt hätten, die ⸗ 
ſes Anlaßes wahrzunehmen, um ſich in alge⸗ 
gemeinen Betrachtungen über das fonderbar⸗ 
traurige Verhältniß, worinn bier Römer 
gegen Römer fanden, zu erihöpfen. Caͤ—⸗ 
far freilich ſchweigt biewäber woblbedaͤchtig: 
allein defio tedfellger tummeln fih Appian 
und Div in einer langen ‚und ermüdenden 
Reihe von Gemeinpläggen umber; und auch 
Plutarch, obmohl feine Betrachtungen des 
großen Begenftandes und Seiner ſelbſt wuͤr⸗ 
diger find, faͤlt wenigſtens durch die gefuchte 
Wendung auf, deren er fich zu ihrer Einlei- 
sung bedient. „Eine Heine Anzahl der edel⸗ 
weten Römer — hebt er an — „and eis 
„nige Griechen, die an der Schlacht feinen 
„Theil nahmen, uͤberlegten beim Heranna⸗ 
ben des furchtbaren Kampfes die Enge des. 
Staates, in welche er durch Eigennuß und‘ 
Ebrſucht gekürzt worden.” — Wo und 
wie er diefe geheimen Weberlegungen der 
fuvponirten müßigen Zuſchauer doch nur bes 
lauſcht haben mag?! 


48 


ſelbſt, wofhr hier gefttiten werben follte, — 
Freiheit und Erhaltung der alten Bürgers 

lichen Verfaßung — des hoͤchſten Lobes, 

der feurigſten Anftrengungen, der muthigften 

Zodesverachtung ſo wuͤrdig war! — Künfts 

licher hingegen mußten. die Motive ſeyn, 

durch welche fein Gegner, der fühne Bes 

ſtarmer hergebrachtet Heiliger Rechte und 

Zormen, den Eifer feiner Werkzeuge bes 

lebte. Nur von feinen perfdnlichen Bers 
dienften um ihr @läd; von feinen alten 

Anſpruchen auf ihre Liebe konnte er ſpre⸗ 

hen; nur erinnern an feine vergeblichen 

Bemähungen um Verſohnung und Fries 

den; nur an feinen Abſcheu vor Vergie⸗ 

fung von Nimerblut und an den Wunſch, 

fein Heer, wie das ienfeltige, dem Staate 

unverlezt zu erhalten. Doch was, bei kaͤl⸗ 
geren Zuhörern, der. Kraft feiner Grände 

abgehen mochte, erfezte reichlich der Zauber 

feiner Wohltedenheit, der Slanz feines 

glüdhaften Namens, und, bei feinen Krie 

gern, der Stolz des treuen Beharrens, 

famt dem nahe winfenden belohnenden Ziel 

fo langer blutiger Anftrengungen! — Als 

der Redner ſchwieg, ward das begierig 

. er⸗ 


4 


erwartete Zeichen zur Schlacht durch das 
aufgepflanzte Berill gegeben. *) \ 
Nur ber Abftand eines Stadiums 
trennte die beiden. Heerlinien von einans 
— —— — — — 
*) Benn Einmal die Betrachtung in dee 
Seele erwedt und ausgemahlt war, wie 
ſchmerzlich der Anblick falen mußte, wenn 
die nemlihen Waffen und Feldzeichen, der 
gleiche Schlachtruf, die gleichnamigen Lande 
leute, Freunde und Blutsverwandte auf beir 
den Seiten fich feindlich gegen einander über 
befanden, fo lag volle viochologifhe Wahre 
beit in dem durch bie Bhantafle hinzugefügten 
- Zuge, daß beide Schlachtlinien, im Gerüpl 
dieſer Schmach, zu einer Verwirrung binges 
tigen wurden, welche ſich durch unwilltühre 
Tiches Zaudern, fo wie durch dumpfes Schwei⸗ 
gen, offenbarte und ſelbſt den beiden Feld⸗ 
berren Thränen entlocte; bis endlich Beide, 
die Folgen diefer verderblichen Stimmung 
fürchtend, die graufe Scene durch den er= 
tbeilten Befehl zum Angrif endigten. Gergl. 
Applan B. i. ©.476. Div Caſſ. B. 41. 8.58.) 
Allein die biſtoriſche Kritik wird dieſe Yuge 
fchmüffungen dennoch vermerfen und fie als 
lenfalls der Willkuͤhr des Dichters anheim« 
Heller; fo wie denn auch Lucan (Bharf. VII. 
238 f. und 340 ff) nicht verfhmäpt hat; da« 
von Gebrauch zu machen, 
* Ban. D 


5 

ber. Mit ethobenem Wurffpeir feten ſich 
die kampfgierigen Cäfarianer in vollen Lauf, 
diefen Zwifchenraum ſchnell zu vernichten 
und dem Feinde, wenn er anftlärmte, mit 
gleiher Kraft des Stoßes zu begegnen. 
Doch nicht ohne Bewunderung bemerften 
fie, ſchon auf der Hälfte des Weges, die Un⸗ 
beweglichkeit der ienfeitigen Reihen. Jede · 
andre Truppen möthten hier vielleiht die 
Beſonnenheit verloren und duch ihre Uns 
entſchloßenheit eine Bloͤße gegeben haben. 
Nicht fo dieſe Veteranen, welche, vielfach 
gehbt, iezt plöglich, auch ohne Befehlwort, 
aber ungetrennt in ihren Gliedern, noch 
außer der Wurfweite Stand faßten und 
fih die Zeit zum Verſchnaufen nahmen. 
Dann etft erneuerten fie, wie zuvor, ihren 
Anlauf, warfen das Pilum, und eilten fos 
fort, fi), mit gezogenem Schwerdt, in’s 
Handgemenge zu ſtuͤrzen. 

Ihnen Allen voran, als Leitftern, hatte 
der wackre Eraftinus fich ‘erhoben. „Mir 
„nad, alte Kriegsgefährten!’’ rief er dem 
erſten Manipel der Zehnten zu, melden 
er vormals geführt — „iezt if’s ber 
Augenblik, dem Imperator eure Würdig: 


58 


feit zu bewaͤhren. Es iſt der Iejte Strauß, 
ben wie beftehen; und ihm erfämpfen 
wir die Welt!” — &o brach er vor, und, 
ihm angereiht, feinem Rufe geherfam, ber, 
vole Manipel. Unmdglic war es, ihrem 
einbrechenden Ungeftüm, ihrer, mähenden 
Schwerdtſpitze zu widerſtehen. Des Feins, 
des erfte Linie ward in diefem Punkte ges, 
brochen; Blut floß in Strömen, und leicht, 
möglich, datz dieſe erfte Großthat fehon 
bier dem Siege bie Bahn gepeichnet hatte, 
wäre nicht Eraftinus durch einen wohlge⸗ 
sielten Schwerdtſtoß, der durch den Mund 
zum Genide hinausfuhr, - in feinem Hel⸗ 
denlaufe gehemmt worden. Sein Fall 
ftellte das Gleichgewicht unter den Kaͤmp⸗ 
fern wieder her; die Potmpeianer fällen 
ihre Luͤkken und leifteten ftandhafte Ger 
genwehr. Länge der ganzen Linie des 
Fußvolks ward mit Erbitterung, aber uns 
entfihieden, gefochten. " 
Diefen Zeitpunkt hatte Pompeius er 
wartet, um auf feirierh linken Flügel die 
leichten Schleuderer und Schuͤtzen in Bes 
wegung zu ſenen und feine ganze reifige 
Macht gegen die caſariſche ungeſtuͤm vors 
Da 


52 
brechen zu laſſen. Diefe Minderjaht fah 
ſich wirklich auch, wie ihr Feldherr es ges 
ahnet hatte; zum Zurddweichen. gend 
thigt; *) doch aber ſcheint fie ſich weiter 





*) Noch begreiflicher wird diefer Rüczug, 
wenn derfelbe, wie Plutarch andeutet, auf 
ein, von Gäfar vorbedächtig gegebenes Zeichen 
erfolgte. Man möchte-fich wundern, daß Ca- 
für es verfdumte, feine Neiterei, wie er es 
‚in den nächk vorangegangenen Meitertreffen 
mit fo gutem Erfolg getban, durch zwifchen- 
gefielltes leichtes Fußvolt zu unterftüsgen. 
Allein wahrfcheinlih wollte er nicht eins 
mal, daß fie, auch wenn fie gekonnt hätte, 
auf dem Viane ihrer erſten Aufftellung fe⸗ 
ſten Stand hielte: ſondern vielmehr ſollte 
der Feind durch anſcheinendes Glouͤt nur um 
fo dreiſter in die ihm geftellte Falle gelodt 
werden. Dagegen bat es den Anichein, als 
babe Pompeins, durch Caͤſars Vorgang bes 
lehrt, iene Vermifchung der Reifigen mit 
leichter Infanterie an diefem Tage nachges 
abmt: denn fon möchten feine Schleuderer 
und Schügsen den Evolutionen der Turmen 
Teicht im Wege geftanden baden. Freilich 
vermochten fie in der Folge nicht, ihre Mei« 
terei gu retten: ſondern wurden vielmehr 
ſelbſt Das Opfer, Aber fie hatten es auch 


53 


hinterwaͤrts, in etwa gleicher Köhe mit 
dem hinterften Treffen, und in guter Ord⸗ 
nung wieder: aufgeftelt zu haben; während 
die feindlihen Turmen fi, im Vorruͤk⸗ 
Een, mit iedem Augenblif zur Linken weis 
ter auebreiteten, um, ihrer Beſtimmung 
gemäß, Caͤſars ganze Schlachtordnung zu 
umwikkeln. Die kuͤhne Zuverſicht ſtieg; — 
ſchon ward ſelbſt ihr Feldherr verſucht, 
feinen Siegsplan für gelungen zu halten! 

Dod in diefem nemlihen Moment, 
wo fie felbft ihre rechte Seite den, im 
Staube und Getuͤmmel nicht beachteten 
ſechs · Kohorten des Ruͤckhalts bloß gaben, 
brachen nun auch dieſe, auf Caͤſars Ge 
heiß, urpldzlich herdor, und warfen ſich 
zermalmend mitten unter dieſe unbedeck⸗ 
ten Schaaren. Anſtatt, wie der Legion⸗ 
ſoldat pflegte, den Wurfſpieß auf gutes 
Gluͤck zu ſchleudern, oder damit nad den 
Schenkeln und dem Unterleibe zu zielen, 





Cund dies verändert die Lage der Suchen 
weſentlich) mit ſchwer gerüfteten Begiona- 
riern zu thun und wurden von ihren Rei⸗ 
teen ſchimpflich im Stiche gelaßen, 


5 


Hatte CAfar, der felrie Menſchenkenner, 
fie gefliffentlih belehrt, ihn nur um fo fefs 
‘ger in der Fauſt zu faflen und vorzuges 
weife gegen das Geſicht diefer iungen rdr 
miſchen Bitter zu richten, welche die Si⸗ 
cherheit ihrer glatten Wangen und zierli⸗ 
den Stirnen mwahrfheiniih höher, als 
Ehre, Treue und Vaterland halten wärs 
den.” Diefe Ueberzeugung trog ihn auch 
nicht: denn den ruhmredigen Helden fiel 
dies nahe Blinken der Lanzenfpizjen vor 
ihren unbefchiemten Augen fo unerträglich; 
mit diefer Eindifchen Beftärzung wurde zus 
glei bie Werwirrung der gefprengten 
Reihen fo allgemein, der in einander ger 
rollte Menſchenklumpe fo ungelene und 
das Drängen der Legionarier von der 

Seite, fo wie der germanifchen Reiftgen 
von vorne, fo überwältigend, daß ſchnell 
die Tosgelaffenfte Flucht dieſe kaum noch 
fo drohende Turmen in das Dlacfeld 

erſtlebte. Erf® an dem Fuße der Berg 
kette, welche an ihr eignes Lager ſtieß, 
endigte diefe fhimpflihe Eile und die Vers 
folgung der nachhauenden Deutſchen. 

Nur die Hülfs und wehtlos gelaffenen 


53 
Schuͤnen und Schleuderer ſchwankten noch 
auf dem verlaffenen Kampfplazze umher, 
und wurden ohne Erbarmen von den ſieg⸗ 
reich vordringenden Kohorten niebergemep 
zelt. Dann aber ſchwenkten Diefe, mie 
unvermindertem Ungeſtuͤm, auf den num⸗ 
mehr entblößten Flügel des feindlichen 
Fußvolks ein, daffelbe in Seite und Ruk⸗ 
ten zu faflen; während iezt erft, da iede 
Beſorgniß eigner Umringung gluͤcklich bes 
ſeitigt worden, Caſars dritte Linie, welche 
bisher in ruhigem Zuſchauen des Kampfs 
geſtanden, hervordrang und die beiden vor⸗ 
deren in ihren Anſtrengungen nachbräds 
lich unterſtuͤzte. Wie gleich fih bisher 
aud, von beiden @eiten, die Kräfte ges 
meffen hatten, fo konnte doch das‘ frifche 
Leber, welches hiedurch in das Gefecht 
gebracht wurde, den Ausfchlag des Siegs 
nicht lange unentfchieden laſſen. Gebrängt 
und zerriſſen von vernez im die Luft ge⸗ 
ſtellt von der nemlihen Seite, von mans 
nen fie die beffere Wendung des Streits 
erwartet hatten, und bedroht und anges 
geiffen fogar im Rakken, ſchien nunmehr 
den ſchnell entmutheten Pompeianern ihre 


56 


Lage verzweifelt und kein langerer Wider⸗ 
fand erſprießlich. Die Flucht ward all⸗ 
gemein. Im Lager allein ſchimmerte noch 
ein ſchwacher Funke von Hoffnung; und 
Alles ſturzte unaufhaltſam, es zu erreichen. 
Dennoch mochte ein beſonnener Feld⸗ 
herr, ausgeruͤſtet mit Pompeius Anſehn 
und Einfluß auf ſeine Truppen, in dieſen 
bedenklichen Augenblikken ſelbſt, durch eine 
aufferordentlihe Anftrengung feines Ges 
nies, duch ein Eräftiges Wort oder. ein 
eignes großes DBeifpiel, dem  treulofen 
Glukke der Schlachten eine Gunſt abge 
ndthigt und die ſchwankende Wange 'des 
Siegs ‚wieder in’s Gleichgewicht geftelle 
haben! Doc Pompeius, feit feinem acht⸗ 
zehnten Jahre vom Erfolge angeläcelt 
und unter Lorbeeren ergraut, entflandseben 
heute, wo es Alles um Alles galt, wo er 
fih an Thaͤtigkeit hätte überbieten follen, 
mehr als iemals, feinem ‚alten Ruhme, 
feinen riefenhaften Auſpruͤchen, fih felbft, 
um das Beiſpiel einer unbegreiflichen Vers. 
zagtheit zu geben. Kaum nahm er, aus, 
dem linkshin aufwirbeinden Staube, die 
völlige Niederlage feiner Reifigen wahr, 


37 


auf die er feine ausfhlieglihe Hoffnung 
gefeit, fo gab er auch alles Uebrige rets 
tungslos verloren; und ohne.noc die fers 
neren Unfälle der Legionen abzuwarten, 
forengte er, uneingedenk feines Eidſchwurs, 
im duͤſterſten Unmuth gegen das Lager, 
deffen ſtandhafte Wertheidigung, im uns 
glädlichften Falle, er verordnete, um for 
dann, in fein Zelt zuruͤckgezogen, mit ſtum⸗ 
mer Refignation fein leztes Heil von der 
Gnade des Zufalls zu erwarten. 

Es nahte die Mittagsftunde. "Als 
Sieger ftand Caſar auf der, vom Feinde 
geräumten Wahlſtatt. Doch wenig genügte 
ihm, diefe zu behaupten, wenn nicht zus 
gleich auch, bevor Jener fih von feinem 
Schrecken erholt, iede fernere Kraft zum 
Widerftande durch den Gewinn ſeines ar 
gers gebrochen würde. Die Ermattung 
der. fiegreichen Truppen von der Schwuͤle 
des Sommertages und dem anſtrengenden 
Würgen wich dem ermunternden Zuruf des 
Feldherrn und der Freudigkeit, für ihn 
Altes zu thun und zu leiden. Der Sturm 
gegen bie Wälle des feindlichen Lagers bes 
gann, fand aber aud eine unerwartet ent 


J 


58 


ſchloßene Abwehr von Seiten ber Kohor 
ten, die unter Afranius die Befazjung bils 
beten; und nicht minder Abertraf fih, in 
ihrer Unterſtuͤzung, der Muth der Thras 
eier und andren Bundesgenoßen. Es gilt 
fogar die Frage, welche neue Wendung dies 
Gefecht genommen haben würde, wofern die 
Stimmung oder die Erfchäpfing ber aus der 
Scohlacht zurädgefehrten Flüchtlinge diefem 
beßern Geifte der Lagerwache nur einigers 
maßen entfprochen hätte. Allein früher ſchon 
hatten fie fih von ihren Feldzeichen vers 
eingelt und ihre Waffen von ſich geworfen; 
und im Lager fuchten fie nichts, als einige 
Augenblikke Raft und Erholung zur weis 
teren Flucht aus. dem Decuman ı Thore. 
So ihren eignen unzureihenden Kräften 
überlaßen, erlagen endlich lene wenigen Tas 
pfern dem beharrlichen heftigen Angrif; zo⸗ 
gen ſich iedoch, wiewohl mit bedeutender 
Einbuße, von den Waͤllen ab, und erran⸗ 
gen es, in ungebrochener Ordnung die ww 
nachſt anftogenden Höhen zu gewinnen. 
Gleich einem übergetretenen Strome 
flucheten nunmehr die Ueberminder durch 
das entuölferte Lager, Alein fonderbar 


59 
wurden fie Aberrafcht, hier nicht das Bild 
des ſtrengen Krieges, ſondern überall nur 
die Zurhftungen zu einem allgemeinen Gaſt⸗ 
mahle zu.erbliffen. Feftlich aufgeſchmuͤckte, 
zum Theil fogar mit Myrthenkraͤmen und 
Epheugehängen verzierte, Gezelte, ſchattige 
Laubhätten, buntgewirkte Teppiche, bela⸗ 
flete Speifetiſche, aufgepflanztes Trinkge⸗ 
ſchirr von blintendem Silber, und unzähe “ 
lige andre Vorkehrungen der Ueppigkeit, 
deuteten auf die Erwartung eines nicht 
mehr zweifelhaften Sieges, der alfobald 
duch Schmaus und Wohlleben der Heims 
gekehrten hatte gefeiert werden follen. Wenn 
aber dies Alles zu einer verführerifehen Lok⸗ 
ung für die Eroberer ward, fo bemwiefen 
ſie ſich hier gleichwohl ihres heutigen Gluͤk⸗ 
kes werth, da es, um Hand und Merz vom 
Raube zu enthalten, nur des Zurufs aus 
Caſars Munde bedurfter. „Noch, fo fange 
es einen Feind zu verfolgen gebe, fey es 
nicht an der Zeit, an Beute und Plündes 
zung zu denken!” 
Ohne Zweifel Tag ihm in dieſem Au: 
genbliffe einzig’ am Herzen, fih, wo möge 
lich, der Perfon feines furchtbaren Wider 


6 


ſachers zu verfichern. Wirklich auch hatten 
feine Truppen die Verfhanzungen bereits 
erftiegen, bevor Pompeius, mit bem ers 
ſchrocknen Ausruf: „Wie? Auch hieher 
ſogar?“ — ſich aufraffte, das nunmehr 
> zu gefährlich gewordne Purpurkleid ablegte, 
ſich auf ein Pferd ſchwang, und, im ge⸗ 
ſtreckten Rennen, gegen Lariſſa entwich. 
Auch hier verweilte er, ohne die Stadt zu 
betreten, *) nur ſo lange, als die dringend⸗ 
ſten Bedurfniße zur ferneren Flucht Zeit 
zur Herbeiſchaffung erforderten. Die bei⸗ 
den Lentuler und Favonius, fo wie übers 
haupt etwa zehn Senatoren und faum viers 
zig Reifige, hatten fi ihm nach und nach 
auf feiner Flucht zugefellt, in deren Geleit 
er, fogar aller nächtlichen Raſt vergeßend, 
durch die Thäler von Tempe der öftlichen 
Meeresküfte zueilte. Allein nicht minder 
unzertrennlich waren auch Selbſtanklage, 





*) Er unterließ es wohl eben fo fehr aus 
Eile und mißtrauffher Vorſicht, als, wie 
uns Div Caſſius werfichert, in der fchonen- 
‚den Rüdfiht, die Einwohner der Stadt bei 
dem Sieger nicht im Mißkredit zu bringen. 


61 


Reue und das bittre Gefühl, fih von ben 
feigen Werkzeugen feiner Entwürfe zur ent« 
f&eidenden Stunde fo fhändlich verrathen 
wu fehen, in feinem Gefolge. 

Indeß fi Pompeius, mit unerwartes 
tem Gluͤkke, aus den Gefahren der Schlacht 
gerettet fah, bot fein Beſieger fortwährend 
die höchfte Thätigkeit des Geiftes auf, die 
Vortheile diefes Tages entfcheidend zu mars 
hen. Er fah, wie die Geflüchteten y aus 
dem Lager hinmwegeilend, fih auf den ans 
floßenden Berghdhen ftopften: und noch 
zur nemlihen Stunde grif er zur Schau⸗ 
fel, und begänn eine Umwallung, welde 
die Abdrängung dieſes verwirrten Haufens 
von den nachſten Quellen zum Zwekke hatte. 
Zeitig genug zwar ward man ienſeits dies 
fer drohenden Gefahr inne, um ihr durch 
einen beſchleunigten Abzug gegen Lariffa zu 
begegnen: allein nun theilte auch Caſar, 
ohne die Werfolgung aufzugeben, feine 
Macht; befezte ſowohl fein eignes, als das 
eroberte Lager, und brach mit dem Reſte 
von vier Legionen auf, den Flüchtlingen 
auf der gebahnteren Heerſtraße zuvorzu⸗ 
Tommen. 


@: 


Nach einem Wege von fehs Millien 
"Rand er ihnen abermals in voller Schlacht⸗ 
ordnung gegenäber, und nöthigte fie da⸗ 
durch, ſich auf einer eben gewonnenen Ans‘ 
höhe, deren: Fuß ein Gewäßer befpälte, 
‚zu ſetzen. Schon war die Sonne tief im 
Sinken; die Abfpannung der Legionen hate 
tebeinahe ihr Hoͤchſtes erreicht, und es durfte 
feinen, als fey zum unvergänglichen Stange " 
dieſes Tages bereits genug geſchehen. Doch 
noch einmal verfuchte Cäfar bei ihnen den 
Zauber feiner Worte; und, wie auf Zaus 
bermort entſtanden, gieng, mit Einbruch) 
der Nacht, eine Berfhanzung aus dem Bo⸗ 
den hervor, welche den Pompeianern die 
Annäherung gegen .den Fluß verfperrte. 
‚Der Anblick des vollendeten Werks übers 
zeugte fie von der Unmöglichfeit ihrer Ret⸗ 
tung. Abgeordnete erſchienen, ihre Erges 
bung anzutragen. Cäfar bewilligte das Ges 
ſuch, indem er gebot, daß das feindliche 
Heer mit Tages anbruch in die Ebene herab 
fleigen und hier die Waffen vor ihm 
fireffen ſolle. Was noh von Senato⸗ 
ven ſich diefen Truppen angefchloßen hatte, 


63 


benuzte bie Dunkelheit der Nacht zum En: 
fliehen. u 

Der Morgen bämmerte herauf. Mit 
gebeugtem Knie und flehender Gebehrde 
harrten die gedemüthigten Schaaren der 
Gnade des Siegers, der feine gewohnte 
Milde hier fo wenig, als felbft, Tages zur 
vor, auf dem Wahlplatz und in der Hine 
der Verfolgung, verläugnete. Dort hatt’ 
ex feinen Streitern unaufhoͤrlich zugerufen, 
iedes römifchen Bürgers zu fhonen und 
das vernichtende Schwerdt vorzugsweife 
nur gegen die Barbaren gu züffen. Eben 
fo fprach er auch hier den Knieenden lieb⸗ 
reich zu, ließ allgemeine Verzeihung gelten 
und empfahl fie und ihr. bis iegt gerettetes 
Eigenehum dem befondern Schutze feiner 
Truppen. Nur wer durd Rang und Ans 
fehen fih vor Andern bemerkbar machte, 
und, fhon Früher gefangen und entlaßen, 
die Waffen undankbar zum Zweitenmale 
ergriffen hatte, folte iegt feine Wortbruͤchig⸗ 
Zeit mit dem Kopfe büßen. Caſar geſtat⸗ 
tete iedod Jedem der Seinigen, fih für 
Leben und Freiheit irgend eines Freundes 
ober Bekanten zu verwenden; und fo ward 


64 


mancher Schulbige mit des Feldherrn nad 
fihtigem Willen erhalten. *) 
Für Miemand aber unter Allen, die 
hm in den Waffen. gegenhber geftanden, 
harte Caſar eine zärtlihere Sorgfalt ges 
tragen, ’als für IM, Brutus, an deßen 
Wohlfahrt ihn eine ſchier väterliche Neir 
gung kettete. Schon vor dem Treffen hatt 
er ausdrädlich geboten, das Leben des Juͤng⸗ 
lings für ieden Fall zu verſchonen, oder, 
verſchmahete er es, ſich zum Gefangenen 
zu ergeben, ihn lieber entflichen zu laſſen, 
als gewaltfame Hand an ihn zu legen; 
In der That audy hatte Brutus Gelegens 
heit gefunden, fi von dem Schlachtſelde 
nad Lariſſa zu retten; und aͤngſtlich blieb 
Caſar 








Selbſt die unroͤmiſchen Bundesgenoßen, 
welche Caͤſars Gnade ſuchten, kamen mit ei⸗ 
ner leichten Geldbuße davon, und hatten, in 
der Folge, ſich feiner Gunſt fogar durch Län- 
derzuwachs zu erfreuen. Nur Pharnaces, des 
großen Mitbridates Sohn, vom Pompelus 
durch Wohlthaten ausgezeichnet, fand In der 
verweigerten Unterflüszung deelben eine uns 
genügende Entſchuldigung. 


6 


Caſar Aber den Bermißten bekuͤmmert, bis 
Diefer felbft ein Schreiben an ihn richtete, 
das mit der froheften Bewegung empfans 
gen wurde. Sein Wohlthaͤter wies ihn 
fofort an, feiner eignen Ankunft an ienem 
Orte zu warten; und wie ein jzurůckgekehr⸗ 
ter Sohn ward er an bie liebevolle -Bruft 
des Weltgebieters aufgenommen. 

. Zum Gebieter der römifden 
Belt harte die Schlacht bei Pharfalus 
Caſarn nunmehr ohne Widerrede erhoben: 
aber gleihmohl war ein Gewinn von fols 
her Größe nie mit Heringerm Verluſt an 


eignen Todeen und Verwundeten erfauft 


worden.. Eraftinus, dee. braufte Kämpfer 
diefes Tages, welcher dem Imperator fein 
Wort fo ehrenvoll geldft harte, *) deckte, 








*) Ein Denkmal für alle Zeiten ſejte Ca— 
far feinem Primipilen durch das, in den 
Eommentarien niedergelegte Zengniß, daB 
Erafiinus an diefem Tage die ſchoͤnſte Waß⸗ 
fenthat geleiſtet und ſich treflich um ihn ver« 
dient gemacht babe. Wein auch auf dem 
Schlachtfelde ſelbſt errichtete er ihm ein aus⸗ 
gezeichnetes Grabmal, in welches fein Beiche 
nam, unvermengt mit den übrigen Gefal⸗ 

4. Band. € 


nebſt dreißig andern Centurionen, Ihm aͤhn⸗ 
lich an Werth, und etwa zweihundert Le⸗ 
‚gionariern, bie Wahlſtatt. 9. Groß war 
dagegen die Einbuße der Gefchlagenen, 
deren Todtenzahl fi, mit Einſchluß von 
fechstaufend römifcyen Bürgern, auf Funf⸗ 
gehntaufend belief. Vor Alten harte iedoch 
das Schwerdt unter den Truppen ihrer 
Bundesgenoffen gewüthet und die Skla⸗ 
sen und Zeltwäcter im Lager gemenelt. 
Unter den Römern, ‚denen dieſer Tag den 
od brachte, war. CAfars rachſuchtigſter 
Zeind, &. Domitius Ahenobarbus, beinah 
der Einzige, durd) Namen und Würden 
ausgegeichnet. ) 





Jenen, und verbertlicht durch alle Arten 
von militairifchen Ehrenbezeigungen, verſenkt 
wurde, 
Selbſt der Verluft von 1200 Gebliebe⸗ 
nen, wie er von Appian (B. 11. K. 80). bes 
rechnet wird, wäre noch für mäßig su achten. 
*) Wenn nicht Vartheihaß dem Cicero die 
Beſchuldigung in den Mund legt, (Phi- 
Bpp. 1.) fo hätte Antonius, aus befonderm 
Groll, es veranlaßt, daß Domitius, als er 
auf der Flucht aus dem Lager nach dem Ge⸗ 


67 

Als Caſar, Bes naͤchſten Tages, das 
Schlachtfeld und die Leichenhägel durch 
ritt, durchſchauerte ihn das Gefühl einer 
unwillkuͤhrlichen Wehmuth. Um ihn, den 
Eingigen, 'groß zu machen, waren biefe 
Zaufende gefallen; waren feinem Ehr⸗ 
geiz, feinem Thatendurfte gefchlachtet! Sich 
felbft eine Rechtfertigung abfordernd, rief 
er ſeüfzend: „Sie felbft haben es fo ges 
„wollt Cäfars Großthaten allzumahl 
„hätten ihn vor ihrem Richtbeil nicht ges 
„rettet, wär’ er nicht zu dem Schuzze ſei⸗ 
„ner Legionen geflohen 1” — Willkomm⸗ 
ner war es, feinem Merzen vier und zwan⸗ 
3ig tauſend Fluͤchtlingen, welche, mit neun 
Adlern und einhundert und achtzig Feld⸗ 
zeichen, ihre Waffen zu feinen Füßen legs 
ten, in feine Verzeihung, und zum Theil 
fogar unter feine Fahnen, aufzunehmen. 
Unter der. Zahl der Gefangenen waren 
auch die Kohorten der Lagerwache, welche 





birge ermattet Tiegen blieb, von chfarifchen 

Reitern niebergebauen wurde. Außer ihm 

büßten noch 10 Senatoren und go Ritter das 
Reben auf dem Wahlplage ein. 
€a 


6 


fih an P. Sulla ergaben. Was weiter 
noch zum Heere gehörte, hatte ſich, zu ſei⸗ 
ner Rettung, in die umliegenden Plaͤne 
verfaufen. Allein ohne ſich mit ihrer Auf⸗ 
ſuchung zu verweilen, wechfelte Cäfar bloß 
mit den indeß ausgerubeten Truppen, um _ 
ſich, noch an diefem nemligen Tage, als 
nächfter Frucht feines Steges, in den Befg 
von Lariffa zu fezien, das ihm, als Wafı 
fenplaz des Feindes, von Wichtigkeit war. 

Hier erſt erfuhr er mit Gewißheit, 
daß Pompeins ſich gegen bie nahe Küfte 
gerettet habe. Diefe Richtung feines Bes 
ges fomohl, als die Wetrachtung, daß 
die afiatifhen Provinzen iederzeit ale ber 
eigentlihe Mittelpuntt feiner Kräfte an⸗ 
aufehen geivefen, Tießen kaum einen Zwei⸗ 
fel übrig, er werbe auch iezt feine Zus 
flucht Hiehin genummen haben, wo das 
Gewicht feines hoc gefeierten Namens, 
und vielleihe eben fo fehr eine tie 
fer. gewurzelte Zuneigung der Gemüther, 
ihm neue ausreichende Khlfsquellen zum 
Widerftande verhießen. Wie volftändig dems 
nach auch, in ieder andern Hinficht, die 
Niederlage bei Pharfalus feyn mochte, fo 


% 


mangelte dem Glatke biefes Tages den⸗ 
noch der Schlußftein, wenn Caſar feinen 
Gegner nad Afien enttommen fah. Mehr, 
als iemals, müßt’ er, von fejt an, feine 
Anftsengungen verdoppeln; und fein ges 
ringerer Meifter in der Kunft, feine Sie⸗ 
ge zu benuzzen, ‚als fie zu erfechten, was 
ven alle feine Beſtrebungen dahin gerich⸗ 
tet, dem Fluͤchtling auf der Ferſe zu fol 
gen. Er ließ fih’s eben fo wenig ir⸗ 
ven, daß beträchtliche Entfendungen des 
feindlichen Heeres noch hie und da unter 
den Waffen ſtanden, als daß ihm auf der 
ganzen oͤſtlichen Küfte Griechenlands fein 
einziges Segel zu Gebote ftand: denn 
me um deſto unerläfliher ward‘ ihm die 
Eile, womit er, an der Gpige feiner 
NReiterei, den weiten Bogen von Mace⸗ 
donien durchfliegen, und, auf dem kürzer 
fen Seeſtriche, dem Hellefpont, nach Aſien 
Überfezien mußte. Schon ber dritte Tag 
nah der Schlacht fand ihn auf diefem 
Wege. Zugleich aber erhielt auch eine Le⸗ 
gion den Befehl, ihm In angeſtrengten 
Marſchen zu folgen. 

Indeß hatte der Ungläcfiche, dem biefe 


70 


Verfolgung galt, eine angſtliche Nacht in 
einer Fifcherhätte an der Mündung bes Per 
neus zugebracht, und dann, mit Tages Ans 
Bruch, fih, famt einer Auswahl von vers 
trauteren Freunden, in eine Barfe gewor⸗ 
fen, um fi von diefer unfihern Küfte zu 
entfernen. Bald ftieß er, ohnfern des 
Ufers, auf ein Handelsſchiff, deßen Patron, 
ſobald er in ihm mit Erftaunen den gro⸗ 
Sen Pompeius erfante, ſich willig finden 
ließ, ihn an feinen Bord aufzunehmen, 
und, glei darauf, dem galatifchen Könige 
Dejotarus, welcher vom Lande her um 
Beiſtand flehte, den nemlihen Dienft zu 
erweiſen. So erſchien er nunmehr — ents 
weder der Beſtimmung des Schiffers, oder 
der Richtung des Windes folgend, — vor 
Amphipolis: *) allein die Nacht, melde 





) Ampbipolis hatte eine, für den Handel 
ſehr glüdliche Lage an der Mündımg de 
Strymon, dem Hauptfluße der macebonifchen 
Brovinz, und im Grunde de® gleichnamigen 
tiefen Meerbufens. Immer war iedoch die 
Gabrt bieber ein fo bedeutender Ummeg für 
den flüchtenden Imperator, daß er diefe Rich« 
tung wohl nicht mit Vorbedacht genommen 
zu baden feheint. 


71 

er bier vor Anker blieb, warb nur ange⸗ 
wands, einige Getreue an Bord zu berus- 
fen, Gelder zu erheben und eine Verord⸗ 
wing zu erlaßen, welche bie gefamte iunge 
Mannfhaft der macedonifchen Provinz: 
ſchleunigſt unter die Waffen aufbot. Zwei⸗ 
felhaft bleibt es iedoch, ob Pompeius wirk⸗ 
lich hoffte, dem Sieger durch dieſe friſchen 
Werbungen ein Hinderniß ſeiner reißenden 
Fortſchritte (wovon er hier die beſtimtere 
Nachricht erhielt) in den Weg. zu ſtellen, 
oder ob er bloß die Abficht hegte, denfels 
ben über feine eigne Flucht und die Rich, 
tung derfelben in Ungewißheit zu laßen. 
Wenigftens war er bereits am näcften 
Tage von dieſer Küfte verſchwunden und: 
. fein Segel gegen Mytilene auf Lesbos. 
gerichtet. . 
Hier, ferne von dem tofenden Schaus 
plaz des Kriege, und in den Umgebungen: 
‚einer fhönen Natur, weilte Cornelia, feine, 
Gemahlinn, famt feinem iängeen Sohne 
Sertus; und Beide harrten um fo were 
trauender der Botſchaft, die ihn zum allel⸗ 
nigen. Gebieter der zömifchen Welt erklärte, 
entgegen, als bereits unmittelbar nach den 


7a 
fiegreichen Vorgängen in Epirus die Ser 
nateren um die Werte nach Lesbos ges 
eilt waren, ſich das Verdienft diefer will⸗ 
Zommpen, aber damals noch zu. frühzeie 
tigen Kumde zu erwerben, at war es 
Pompelus felbft, der," als Fluͤchtling und 
von banger Sorge um bie &icerheit 
der Seinen getrieben, zuerſt den iähen 
Umſturz feines Gluͤcks und feiner Hoffnun⸗ 
gen vor ihnen ausfprechen follte! Corne ⸗ 
lia, durch einen vor Schmerz ſchier ſprach⸗ 
Iofen Boten an den Bord feines Schiffes 
berufen, ſchwankte, einer. grenzenlofen Trauer 
bingegeben, durch Die Straßen yon My⸗ 
tilene, den Armen des Gemahls entgegen. 
Seine Seele war tief bewegt: felbft bie 
Sröftungen der Philofophie, der er ſich 
‚in bie Arme zu werfen fuchte, giengen an 
ihm verloren; und nur in der Ferne wel⸗ 
ser Laͤnderſtrecken, die er zwiſchen ſich und 
feinen Bedränger ſezzen möchte, ſchien ihm 
ein Schimmer von Rettung aufzugeben. 
Eben um defwillen flug er auch das 
Erbieten der ihm ergebenen Mytilener 
aus, ihre Mauern zu feiner Bruftwehr 


73 


m machen, und verwies fie zur friedlichen 
Ergebung an Caſars bekannte Milde. 

. Mur wo, auf der fortgefezten Flucht, 
das DVebärfniß von Waſſer und Lebens 
mitteln ihn drängte, wagte es Pompeins, 
fih der ioniſchen Küfte zu nähern; bis 
ihn ‚die Winde nach Attalia *) trugen, 
wo er nicht bloß Aufnahme fand, fondern 
auch einige cilicifhe Galeeren, ein paar 
taufend, aus dem Gefinde feiner -Anhäns 
ger und Begleiter zufammengebrachte Ber 
waffnete, und etwa ſechszig &enatoren 
um fi verfammlete. Mit ihnen erreichte 
ihn auch wieder die erfte Kunde von ſei⸗ 
ner noch unzerträmmerten Seemacht bei 
Dyrrhachium, von. welcher — wie er nun 
zu fpät erfannte — er ſich nie hätte tren⸗ 
nen follen, und deren Auffuhung auch 
tegt noch, troz allen inftehenden Hinder⸗ 
niffen, feiner verlornen Sache das am 
meiften verfprechende Huͤlfemittel geboten 
haben möchte. **). Er aber verfhmähte 


*) Der Hauptort Bampbuliens, deßen Na⸗ 
men fih in Sasalie erhalten bat. 
*) Der Verfolg der Gefchichte wird Ich» 


2 


daſſelbe, weit feine Blicke unbeweglich auf 
den Drient, den einheimifchen Boden feis 
ner früheren Größe, gerichtet waren. Ya, 
ſelbſt dann, als er erfuhr: Antiochia, 
damals die erſte Stadt des aflatifchen 
Welttheils an Größe, Reichthum und por 
litiſcher Bedeutung, habe den Beſchluß 
gefaßt, ihm und Allen feines Anhangs 
die Thore verſperrt zu halten, — gab es 
Augenblikke, wo er nahe an der Ent 
ſchlieſſung ftand, fih den unverſohnlichſten 
Feinden des römifchen Namens und Craſ⸗ 
fus Mördern — den Parthern — als 
Schuͤzling in die Arme zu merfen, de 
er ſchon in einer etwas frühen Zeit vers 
fucht hatte, mit demfelben durch feinen 
Legaten 2. Hirrus frieblichere Verhaͤltniſſe 
anzuenäpfen. *). Mur die Beſorgniß 





ren, wie leicht dag Schickſal ſelbſt ihm diefe 
Vereinigung, fogar noch nach den größten 
Mißgriffen, machen wollte, 

*) Sey es, daß Bompeins entweder dem 
tbaͤtigen Beiſtand, oder nur die Neutralitaͤt 
der Bartber während feines großen Kampfes 
beabſichtete. Da indeß der König derfelben, 


75 


einer unwurdigen Behandlung, welcher 
Cornelia unter dieſen rohen Barbaren 
ausgefezt feyn dürfte, Konnte ihn von eis 
nem’ fo gewagten Schritte zurädbringen. 
Gleihwohl mußte, da Cäfars gefürde 
tete Annäherung mit iedem Tage zu er⸗ 
warten fand, ein ſchneller Entſchluß 
ergriffen werden. Einige feiner Freunde 
flimmten für die Zuflucht zu Juba nach 
Mumidien und die Bentizzung der, in des 
afritanifhen Provinz ſich  darbietenden 
Hulfsquellen; — ein Rath, deffen Erſprieß⸗ 
lichkeit ſich durch den Erfolg bewährt har 








Orodes (auch Hyrodes genannt) die Abtre⸗ 
tung von Syrien als Praͤliminar⸗ Punkt aufe 
Kellte, den Vompelus unmöglich: bewilligen 
Tonnte, fo machte diefe Anterbandlung weder 
zu einem Refultat führen, noch für den Leg- 
tern etwas in der Zukunft verfprechen. Duͤrf⸗ 
ten wir Dio Caſſius, welcher der Gewaͤhrs⸗ 
mamı für iene Forderung iß / (B. 41. 8. 55) 
auch in dem, was er (B.42. 8. 2) binzufest, 
Blauben beimeßen, fo batten die Parther 
den roͤmiſchen Gefandten fogar in Ketten 
gefihlagen und alfo die Hofnung zu einer 
friedlichen Annäherung an der Wurzel abs 
geſchnitten. 


6 


ben mürde, hätte nicht das Schlckſal ger 
wollt, daß eine Meymung die Oberhand 
gewinnen follte, welche Theophanee, bes 
Imperators vertrautefter Rathgeber, in 
Vorſchlag brachte, und wornach es ihn 
bedäuchtete, daß Aegypten allein ihnen 
ein ſichres Aſvl verfpräche; ebenſowohl um 
der nahen Erreichbarkeit willen, (mozu es 
an einer Fahrt von drei Tagen genügte) 
als wegen der politifchen Verhaͤltniſſe und 
Beziehungen, in welchen ſich Pompeius zu 
biefem Reiche befönde. 

In der That Eonnte Aegypten, wel 
des bisher, troz aller kuͤhnen Einmifhung 
der römifchen Obermacht, noch einen Schat⸗ 
ten yon Selbſtſtaͤndigkett gerettet hatte, 
und gegen feindlihen Angeif durch feine 
Lage, wie Durch unerſchoͤpfte innere Kräfte, 
gefichert war, füglih zu einem Vereini—⸗ 
gungspunfte für Die Parthei des gefchlas 
genen Feldherrn dienen. Pompeius felbft 
hatte fih ohnlaͤngſt erft geltende Anſpruͤche 
auf die Dankbarkeit des Königs Ptolemäus 
Auletes, dem er zum Wiedergewinn feiner 
verſcherzten Krone behälflich gemefen, ers 
worben; und war gleich diefer Monarch 


7 


dor Furzem vom Throne in's Grab ges 
fiegen, fo Heß fih doc für den alten 
Wohlepäter des Edniglichen Haufes — und 
noch mehr für den, vom römifchen Senate 
feierlih Beftellten Vormund deßelhen — 
ein um fo wirffamerer Einfluß auf dem 
unmündigen "dreizehnjährigen Reichserben 
hoffen, welcher nicht anftehen würde, alle 
Geld s und Kriegsmittel feiner Provinzen - 
in Pompeius Hände zu ftellen. Dieſer 
ſelbſt konnte ſich den ſchoͤnen menſchlichen 
Glauben an die Unſchuld und Herzensgüte 
des Eöniglihen Yünglings nicht verfagen 
und entſchied ſich demnach für die Fahrt 
nach dem Nil, welche ſofort auch, von Eys 
Fern aus, mit einigen dort vorgefundenen 
Verftärfungen an Schiffen und Baarſchaf⸗ 
ten, angetreten wurde. 

Schon auf dem Wege Tief indeß die 
unerwartete Nachricht von einer, vor wer 
nig Monaten in Aegypten ftattgefundenen, 
Revolution bei ihm ein, wodurch eben fos 
wohl feine gefaßte Hofnung gerrübt, als, 
die Richtung feiner Segel verändert wurde. 
Ptolemäus Auletes, welcher zwei Söhne 
und eben fo viel Töchter hinterließ, hatte 


78 
Cleopatra, die Altefte von Leztern, nebſt 
ihrem näcfigebornen Bruder, Ptolemaͤus 
Dionyſius, zu feinen gemeinſchaftlichen Kom 
‚erben verordnet, und zugleih — nach. einer 
herkömmlichen Sitte im Haufe der Lagi⸗ 
den — als Ehepaar auf dem Throne vers 
bunden. Cleopatrens Ehrgeiz, weicher in 
der Unmändigfeit des Bruders und Gat⸗ 
ten ein weites Feld vor ſich geöfnet ſah, 
„erregte eben dadurch die Beforgniße der vers 
trauten Räche und Leiter des inngen Königs; 
und Diefe mußten es dahin zu bringen, 
daß fie, dem väterlichen Teftament entges 
gen, von der Thronfolge ausgeſchloßen und 
felbft aus dem Reiche vertrieben würde. 
Die Prinzeßin flüchtete nach Syrien, wo 
fie Altes aufbot, fih den Ruͤckweg mit ges 
waffneter Hand zu erzwingen; während, 
iu gleicher Zeit, ihr Bruder bei Peluftum *) 





) est Belbeis, an der nunmehr verſan⸗ 
beten öfllichften der fieben alten Nilmuͤndun⸗ 
gen. Als militeiriicher Grengpoften war Ve⸗ 
luſium um fo vortheilpafter gelegen, da iedes 
Heer aus dem Oſten durch bie vorliegende 
Wuͤſte vor demſelben nicht anders, als in ei⸗ 
nem erſchoͤpften Zuftande anfangen konnte. 


” 


ein anfehnliches Heer verfammlet hielt, um 
ihre Abfichten zu vereiteln. 

Ihn perfönlich aufzufuchen, wandte ſich 
Pompeius mit feinem Eleinen Geſchwader 
nach der nemlichen Gegend und anferte, bald 
nachher, dem am Ufer gelagerten agypti⸗ 
ſchen Heere im · Geſichte. Ein Abgeordneter 
trat an's Land, um den Konig von des Im⸗ 
perators Ankunft und ſeinem Wunſche einer 
freundſchaftlichen Aufnahme und einer nach⸗ 
drüdlichen Unterftäzgung zu benachrichtigen. 
Eine Botſchaft von diefem Gewichte, weis 
her bereits die Kunde von feiner entfchies 
denften Niederlage vorangeflogenwar, mußte 
wohl am aͤgyptiſchen Hofe einige Unruhe 
und WBerlegenheit erzeugen. Ptolemäus 
felbft zwar war noch zu fehr ein Kind, 
um hierüber eine felbfiftändige Meinung 
zu haben: allein defto gefließentlicher giens 
gen fofort die drey Höflinge, welche fich 
feiner Autorität bemächtige Hatten, und 
alle feine Schritte lenkten, mit einander 
gu Rathe, wie das Ungemitter, ‚welches 
gegen fie und ihre ufurpirte Gewalt ans 
flürmte, am ficherften zu entfernen ſeyn 
möchte. Achilles, der aegyptiſche Befehls⸗ 


8 


baber des Heeres, der Rämmerling und 
Erzieher des dungen Ptolemäus, Porhinus, 
der die innere Verwaltung übernommen 
hatte, und der Grieche Xheodotus, des 
Königs Lehrer, faßen demnach insgeheim 
über das Schickſal des großen Römers , 
4u Gerichte, vor welchem fi, wenig Mor 
nate zuvor, fih im Staube geſchmiegt bar 
ben würden, und von deſſen Flotten ihre, 
ihm zugefandten Huͤlfs ⸗Geſchwader noch 
in dieſem Augenblick einen Beſtandtheil 
ausmachten! 

Wahr iſt es, daß ſie Urſach fanden, 
den Ankoͤmmling in hohem Maaße zu 
ſurchten. Das Teſtament des- iängft vers 
ſtorbenen Regenten, welches fie fo frevents 
lich umgeftoßen hatten, war ‚von demfels 
ben feierlich unter die Dbhut des römis 
ſchen Senats, und von diefem wiederum 
in Pompeius befondere Sotgfalt geftellt 
worden. Was bedurft? es für den Impe⸗ 
rator mehr, als diefes Vorwandes, um 
fih hier, im Mamen der Republik, der 
oberſten Gewalt zu bemächtigen, die ver 
triebene Königinn zuruͤck zu rufen und fie 
ſelbſt im ihr Nichts zurhdjuftärzen? Ber 

gann 


8r 


gann doch ſchon Im diefem neinlichen Aus 
genbli (fein Abgeordneter die tömifchen 
Soͤldlinge, welche fih, von feühern Zeiten 
der, im Lager befanden, zu verfuchen, daß 

ſie zuruck in bie Dienfte ihres alten Feld» 
herrn teäten! 9, — \ 

Doc ihm, der, in feiner gegenmärtis 
gen Lage, blos ihre Verachtung aufregte, 
nur zu ruckzuwe iſen, mochte ihnen um 
fo mehr ale eine unzureichende Maasre ⸗ 
gel erſcheinen, wenn ſie zugleich erwogen, 
daß ſie dadurch eben ſowohl den Groll 
des Flüchtlinge, als des ſiegreichen Wers 
folgers, dem fe feine geſuchte Beute ent, 
gehen laben, Auf ſich laden würden. . Um 
alfo weder den Einen ferner fürchten zu 
dürfen, noch die dargebotene Gelegenheit 
einzubhgen, ſich den Andern aufs hoͤchſte 
—r — — 

=) &ls Gabinius, Vrokonſul von Sortlen, 
Lechs Fahre zuvor, det vertriebenen König 
Btolemdus Huletes wieder auf den Thron 
ſezte, ließ et demfelden eine Anzahl römi« 
her Truppen zum Schune zurid, welche, 
nebfi einer Menge andrer usreiher / fich ſeit- 
dem in Aegypten nationaliſirt hatten und 
iezt den Kern des Heeres ausmachten. 

4 Band, 


8 


zu verbinden „ ‚drang endlih Theodotus 
mit feiner Meinung dur, den Ankoͤmm⸗ 
Ting zwar freundlich einzuladen, aber auch 
fofort zu feinem Untergange Vorkehrung 
zu treffen. „Die Todten beißen niet” 
fegte er lachelnd Hinzu, um feine Genof . 
fen anzufeuern; und Achillas, dem es zu 
keinerley Wagſtuck an Muth fehlte, übers 
nahm es, das verurtheilte Opfer zur Schlacht: 
banf zu führen. 

Den agyptiſchen Feldherrn begleiteten, 
mit ihm zu feinem treulofen Vorhaben eins 
verftanden, der Tribun L. Geptinius, der 
Eenturio Salvius und drey oder vier ans 
dere -Gehälfen. . ie beſtiegen einen Na 
chen und näperten fih der Galeere, auf 
welcher Pompeius, unter wechſelnden Ems 
pfindungen, ben, Erfolg feiner Botſchaft er; 
wartete. Geptinius, der vormals, im Pi⸗ 
raten ⸗ Kriege, in feinem Heere gedient 
hatte, und iegt von ihm wieder erkannt 
wurde, begrüßte ihn freundfih als Ims 
perator; und wenn auch einiges Beden⸗ 
Een wegen des Mangels an Achtung, der 
fi) in der Geringfägigfeit des abgeſchick⸗ 
ten Fahrzeugs darlegte, in ihm aufftieg, 


8 5 
fo begegnete Achillas demfelben durch die 
Bemerkung: daß die vorliegenden Sand⸗ 
bänfe nicht verftattet hätten, den erlauch⸗ 
ten Gaft in der Föniglichen Galeere an’s 
Sand zu führen. Was iedoc immer Poms 
peius und feine Wegleiter fürdten moch⸗ 
ten, fo gab doch der Anbli der, mit 
Zruppen bedeckten Küfte und der ſchnell 
aufgetafelten koͤniglichen Schiffe nur geringe 
Hoffnung, durch fpnelles Kappen der Ans 
Tertaue dem Berderben zu entrinnen; das 
bingegen es durch bie geringfte Spur von 
verrathenem Mißtrauen leicht nur um fo 
eher beſchleunigt werden durfte. Maͤnn⸗ 
lich gefaßt in fein Schidfal, riß fih Poms 
pelus aus den 'Armen feiner zagenden Ges 
mahlinn, und ergriff des Aegypters ſtuz⸗ 
ende Hand, die ihn hinunter in das Book 
geleitete. Nur zwei Eenturionen und ein. 
paar feiner Hausgenoßen waren, ihm vors 
an, in daſſelbe geftiegen. _ Die Ruderer 
arbeiteten ſich gegen die ferne Küfte hers 
an, während ein duͤſtres Schweigen in. 
dem Fahrzeuge herſchte, welches. Pompes 
ius durch eine hingeworfne Frage an def 
Zeibun, die nur mit einem. Kopfniffen ber 
5a 


8 


antwortet wurde, vergeblich zu unterbre, 
chen ſuchte. Er begnuͤgte fih mun, den 
niedergeſchriebenen Entwurf zu einer grie⸗ 
chiſchen Anrede an den Konig nochmals 
ſtill durchzuſehen; und fo mäherte man 
ſich endlich dem Landungs»Plazze, wo bes 
reits die konigliche Dienerfchaft, im buns 
ten Gewuͤhl, zu des Imperatore Emps 
fange zufammen Inf. — Ein Anblid, 
welcher Bey Eornelien und den, am Borde 
Zurhdgebtiebenen, die ihn mit ihren Aus 
gen vol Kummer, wie mit ihren MWüns 
ſchen, verfolgten, ein Eurzes Aufglimmen 
ber beßern Erwartung hervor lockte. 

Doch in dem nemlihen Moment 
auch, wo der Kahn das Ufer erreichte, 
und Pompeius den Arm feines Freigelaße⸗ 
sten faßte, um fih vom Siz zu erheben, 
ſtieß ihm Septinius von hinten ſein Schwerdt 
durch den Leib; und auch Salvius und 
Achillas entblößten ihre Waffen zu gleichen 
Unthat. Der Getroffene, auf Widerftand 
verzichtend, verhuͤllte fih mit beiden Han⸗ 

* ben in feine Toga; ftieß noch 'einen 'tiefen 
Geufiee aus, und ſank dann entſeelt zu: 


8 


ſammen. ). Andre fihrzten hing, und 
trennten das Haupt -von dem enthläßten 
Körper, welcher, zum geäßlichen Schau⸗ 
ſpiel für die Menge, am Ufer hingewor⸗ 
fen wurde. Ein durchbohrendes Sammer 
geſchrei ertänte von den Schiffen an’s Land, 
herüber. Schnellſte Flucht wurde bie Loos 
fung; und ein friſch auffteigender Wind 
begänftigte ‘fie dergeſtalt, daß fie, uner⸗ 
reiht von. den. Töniglihen, Galeeren, die 
hohe See gewannen. 

Philippug,.der treue Ereigelaßene des 
Ermorbdeten, trennte ſich nicht won ‚dem, 
wur Schau. geftellten Leichnam; während 
fi allmäplig der gedrängte Haufe der 
Meugiesigen zerſtreute. Jeit wuſch er die 
theuren Ueberrefte mit Seewaſſer, und 
gab ihnen fein eignes Gewand zu einer 
anftändigen Dee. Der Audftor Eordus, 
ein alter grauer Römer, der feine erſten 
Kriegsdienfte unter Pompeius gethan, ges 
fette ſich zu ihm und forderte. ſich die 





*) Tages zuvor hatte Vompeius fein, safiek 
Lebensiahr erfült. Sein Todestag fält auf 
den a8, Sept, 706 der zömifchen Zeitrechnung. 


E: 


Ehre, den großen Feldherrn Beftatten zu 
helfen. Beide trugen gemeinſchaftlich die 
Truͤmmer eines. verwitterten Bahrzeugs, 
das fie am Strande fanden, zu einem 
dfirftigen Gcheiterhaufen zufammen. Die 
Flamme verjehrte den Holzſtoß; und noch 
tauchte, am naͤchſten age, die traurige 
Brandftätte, als der Eonfular 2. Lentulus . 
ſeinem Parthelhaupt nacheilend und vor 
bem Hafen von Rhodus abgemwiefen, ſich 
zufdllig diefer Küfte näherte, und, durch⸗ 
ſchauert von einer plözlihen böfen Ahn⸗ 
dung, feine Schritte an diefem Afchenhüs 
gel hemmte. Mod aber hatte er den Nas 
men des großen. Todten inicht erfahren, 
als er, von den Edniglichen Trabanten ers 
griffen, im Kerker das Schickſal deflelben 
theilte. *). 


— — — — 


*) Nicht leicht finden ſich bei den alten Ge⸗ 
ſchichtſchreibern die umfändlihen und in's 
Kleinſte gebenden Nachrichten in dem Maaße 
sebäuft, als in fofeen fie das tragifche Ende 
des großen Vompeius betreffen; fo wie es 
denn auch nicht leicht ein andres biſtoriſches 
Fattum fo fehr verdiente, ihre Aufmerkſam ⸗ 
teit gu befchäftigen, Dennoch Kimmen ihre 


%7 


Anftatt, daß in ber Regel nur eine 

+ Folgegeit — entfernt genug, um den Sturm 
der Leidenfchaften zu ftillen und Haß und 
Liebe auf ihr gebührendes Maaß zur 
zu führen — den Werth oder Unwerth 
eines hiſtoriſchen Characters zu beftimmen 
pflegt, bietet uns der Name Pompeius 
die ungewöhnliche Erſcheinung dar, ihn 
fhon von feinen Zeitgenoffen und von fels 
nen Feinden, wie von feinen Freunden, *) 





Ausſagen unter, einander im Ganzen fo zlem⸗ 
Uch überein und laßen fich Eine aus der An⸗ 
dern ergänzen. Ungern habe ich mich bier 
dieſes intereßanten Details enthalten, das eis 
‚gentlich nur in einer Biographie ienes ausge» 
zeichneten Mannes an feinem Plaue ſeyn 
würde, Eben um defmwillen begnuͤge ich mich, 
auch, was das, fpäterbin auf feiner Grabe 
flätte errichtete, dann im Flugſand verfchüte 
tete und von Hadrian wieder hergeſtelte Denke 
mal betrifft, auf Appian (B. 1. 8.86) und 
Spartian (K. 14) zu verweifen. 

+) Hominem enim integrum et castum et, , 
gravem cognovi: ſchrieb Cie. von ihm (ad 
Attic. Xi, 6.) aus reiner Empfindung feinzs - 
Werthee; und dies Zeugniß wiegt wohl die 
ſtattlichſte Lobrede auf, die. er, neben fei- 


8 

mit Gerechtigkeit und Wahrheit gewuͤr⸗ 
digt zu fehen. Große Eigenfchaften des 
Geiſtes, ein tiefes feftes Gemürh, ein reis 
nes Leben, eine von edlem NRömerfinn ins 
nig ‚durchdrungene &eele 309 die Kerzen 
in eben dem Augenbli zu ihm bin, de 
feine nur leicht verfhleierten Schwächen 
ihren Tadel aufregten und fein Mangel 
an Popularität fie zuruͤchſtieß. Um fo viel 
beffer die feltenen Patrioten waren, um 
fo viel deutlicher glaubten fie auch zu ere 
kennen, daß das ehrwuͤrdige Gebäude dee 
Gtaateyerfaflung und rämifher Größe 
hen erſchuttert in allen feinen Grunds 
feften) nur durch ihn geftügt werden möge; 
und ihre Abneigung bezwingend, ſamm⸗ 
feten ſie ſich, felbft unter lautem Wider⸗ 
ſpruch gegen ſeine Maaßregeln, nur um 
fo entſchloſſener zu der Parthei, welcher 
er Namen und Seele lieh. 

Indeß war es fein Gluͤck ſelbſt, was 
ihn verdarb, indem es feinen unerfättlis 
chen Ehrdurft nährte, und ihn auf der er⸗ 





mer Bahre zu halten, Hätte verſucht werten 
mögen. 


9 


rungenen Hohe zu fruh in die Etcherheit 
des Stolzes einwiegte. Zwar — die Res 
publik, die er durch iede, auf ihn im 
Uebermaaß gehäufte Auszeihnung unab⸗ 
ſichtlich ſelbſt verderben half, hätte auch 
Pompeius ſchwerlich in ihrem täglich 
entfchiedenern Umſturz aufgehalten: allein 
wäre fie nur nicht müde geworden ihn — 
und ihn. allein — mit immer neuem 
Glanz und Ehre zu befränzen, fo möchte 
er Beides wenigftens niche in ihrer vor _ 
ſaͤtzlichen Vernichtung gefücht, ‚dagegen aber 
noch mandes Große für ihre äußere Würde 
vollbracht haben; und mwahrfheinlih wär 
er dann eben fo wohl als der wunder⸗ 
Barfte, wie der gefeiertefte Römer auf die 
Nachwelt gefommen, Bein Geſchick aber, 
indem es auf der kangen und vafchen 
Dahn feines Glüds für ihn Alles geihan 
zu haben ſchien, hatte dennoch eine ſterb⸗ 
liche verwundbare Eitelle an ihm Abrig 
gelaßen, da es ihm einen Gegner, wie 
‘far, bereitete. Denn fobald in ihnen 
Beiden dem Talente das Genie ent 
gegen trat, konnte ber Sieg zwar ſtreitig 
gemacht werden, aber der Ausgang nicht 


90 


mehr für zweifelhaft gelten. Caſar fchuf 
ſich feine Grdße, feinem Widerfacher wurde 
fie freywillig geboten. Sobald des Er⸗ 
ſtern lebendiger Geift feine mächtigen 
Flügel entfaltete und auf den Widerſtand 
fließ, welchen ‚Pompeius ſchon ‚in der 
Priorität feiner Anfpräche für unerſchuͤtter⸗ 
lich begrfindet hielt, war iener Kampf 
unvermeidlich geworden. Allein - ohne 
diefen Widerſtand hätte Caͤſar, ber zehn 
Zahre der VBefchäftigung und des Ruhms 
in Gallien nie für verlohren hielt, ſich 
vielleicht Bahnen neben und unabhängig 
von der politifchen Bedeutſamkeit ſeinks 
Mitbewerbers zu’ erdöfnen gewußt; waͤh⸗ 
rend Diefem fein Selbſtgefuhl fagte, daB 
ein Nebenbuhler, auf gleiher Linie 
mit ihm feine Bedeutfamfeit unwiderrufs 
lich vernichten würde. 

Eben darummar, nach kurzem Schwans 
en ber Waage, ſchon der Tag von Phars 
falus, der den &ieger foweit über ihn 
hinaus bob, der Vernichtungstag feiner 
politifhen Daſeyns gemefen, bevor noch 
eine Mörbderfauft am Nil fein perfnlis 
ches ſchmaͤhlich endigte. Aber felbft nach⸗ 


9= . 
aller Kenntniß, die uns Caſars früheren 
und fpäteres Leben *) von feiner Denkart 
an die Hand giebt, läßt fih Faum eine 
Vermuthung wagen, was er über feinen 
Widerfacher befchloffen haben dürfte, wäre 
deſſen Leben vom Schickſal in feine Ger 
malt oder feine Gnade gegeben worden? 
Wohl möglich indeß, daB ihm (vermöge 
einer neuen, auf ihn gehäuften Gunft des 
Gluͤcke) durch iene Dazwiſchenkunft einer 
fremden Verruchtheit die erſte und groͤßte 
Verlegenheit erſpart blieb, in welcher er 
ſich, während feiner ganzen öffentlichen 
Laufbahn befunden hätte; obmohl er, da 
kaum bie pharfalifhen Felder in feinem 
Rüden Tagen, diefem Leben mit einem 





*) Wenn gleich einige wenige ausgereich« 
nete Opfer feiner Rache ſpaͤterhin fielen, fo 
muß auch unvergeßen bleiben, um wie viel 
böher gereist er durch ihren erneuerten Wis 
derſtand ſeyn mußte, und wie er Diefen, 
nach Vomweius Falle, um fo ſtrafwuͤrdiger 
‚balten mochte, da er den Schein haben wol« 
te, in diefer ganzen Zehde nur gegen deßen 
verfönliche Prävonderang die Nothwehr er- 
griffen zu haben. 


92 


Eenft der Verfolgung drohte, ber yur zu 
deutlich verrieth, welch ein ungemeſſenes 
Gewicht er auf daſſelbe legte. 

Bon Amyhipolis, mo er auf bie erſte 
Kunde von, dem Ensronnenen ſtieß, war 
Caſar unaufhaltfam, ihm nach, den weiten 
Bogen. von Macedonien und Thrazien durch⸗ 
flogen, und fland fchon am Mellefpont, ohne 
darum zu forgen, ob feine Truppen ihm zu 
folgen vermöchten. Denn feinem Rufe als 
Sieger durft? er, bei den entſezten Gemü« 

cthern, auch die Kraft feiner Baſchunung 
vertrauen, Er machte die Erfahrung hiee 
von, als er, im den Meerenge feldft, ein 
leichtes Schiff zur Ueberfahrt beftiegen hatte, 
und nun- unverfehens auf bie feindliche 
Kriegeflotte des 2. Eaffius ſtieß. ) Ihr 





*) Des Bruder des, durch feine ſpaͤtere 
Verbindung mit Brutus unvergeplich gewor⸗ 
denen E. Caſſiug, welcher zur vemlihen . 
Zeit eine andre Abtheilung der pompeiani- 
schen Flette an den Kuͤſten Siciliens befeb⸗ 
Tigte. — Ob Übrigens diefer Lucius, wie 
Sueton wil, nur sehn — oder nach Appians 
Bericht, gar ſiebemig Galeeren anführte, iſt 
für den Zweck der bier ergäplten Aneldote 


” 


0 entſchlupfen war unmöglich: “allein Ca⸗ 
far felbft dachte daran fo wenig, daß ek 
Vielmehr ‘gerade auf fie losging, und fie, 
mie befonhenfter Kühnheit, zur Ergebung 
auffordert. Sein Name, Tein Anblid, 
feine gebieterſſche Stimme ſchlug den Ers 
ſtaunten die Waffen aus den Händen. Sie 
eilten, ſich feine Schonung durch Unterwuͤr⸗ 
figfeit zu verdienen. 9 
—— — 
Hleihgältig. "Eher Töritite ein Zweifel entite ⸗ 
ben, ob nicht in dem bier erzählten Vor⸗ 
gang eine Werwechfelung mit einer Ähnlichen, 
gleich kuͤhnen That ſtatt gefunden habe, welche 
oir weiter unten in Caͤſars afritanifchem Feld⸗ 
zuge zu berichtigeh haben werden. 

Es ſcheint fogar, als babe Caͤſar ſich die= 
fer nemlichen Flotte bedient, um feinen Weg 
längs der afiatifchen Käfte fortzufeggen: denn 
au Lande fam er, dem iejt die Eile fo viel 
galt, gewiß nicht nach Epbefus und Carien, 
oder, bei der daraus nothwendig erfolgenden 
Verjoͤgerung/ ſchon fo wenige Tage nach Pom⸗ 
pelus Tode nach Aeghoten. Zu dieſem leztern 
Zuge gaben die Rbodier zehn Galeeren herz 
und auch einige aſiatiſche Fahrzeuge flanden 
ibm dabei zu Gebote. Es konnte aber gar 
wohl feun , daß duch diefe eine andern waͤ⸗ 
ten, als bie er dem 8, Caſſius abgenommen, 


94: 


In Aeolien und Ionien, wo Caſar, 
eingedenk feiner Eile, nur wenige Augen 
blikke auftrat, um die Huldigung der Pros 
vingen anzunehmen, und die vorläufigen 
Einrichtungen zu ihrer Verwaltung zu trefs 
fen, unterließ er nicht, ieden feiner Schritte 
mit Wohlmollen und Milde zu bezeichnen. 
Das drüffende Joch der römifchen Zoll 
pachter, deren Erprefungen feine Schran⸗ 
ten fannten, wich einer mäßigern beftims 
ten Abgabe. Der dritte Theil aller dffent⸗ 
lichen Steuern ward erlaßen; und ber 
Dianentempel zu Ephefus ſah feine uners 
meßlichen Schaͤzze, als eben Titus Ampius, 
in Pompeius Namen, räuberifhe Hand an 
diefelben legen wolte, durch Caͤſars Annds 
berung zum. -Zweitenmale gerettet. Die 
Einwohner von Enidus *) erhielten, um 
ihres Mitbürgers Theopompus willen, Das 
Geſchenk ihrer Freiheit aus feinen Händen; 
und wie gewiß auch Pompeius hier überal 





H An der ſuͤdweſtlichen Spijze von Carien, 
Rhodus gegenuͤber. Der hier genante Theo⸗ 

vpompus gehörte zu Caͤſars perſonlichen Freun⸗ 
den und datte ſich als mythologiſcher Schrifte 
ſteller Ruf erworben. 


95. 
die eifrigften Anhänger zählte, fo beflecte 
doch Feinerlei Art von Strafe, wegen frür 
herer Meinungen, des Siegers Durchflug 
der weiten Halbinſel. Selbſt die tribut⸗ 
baren Fuͤrſten dieſer Weltgegend, welche 
ſich entweder perſonlich, oder durch zuge⸗ 
fandte Hülfstruppen an Pompeius Gluͤck 
angefchloßen hatten, folten diefer Milde ſich 
in einem überrafchenden Maaße zu erfreuen 
haben. Denn Milde war es gewiß zu 
nennen, wenn ihnen mindeftens einige 
Truͤmmern ihrer Herrfchaft gelaßen wurden, 
oder fie mir einer mäßigen Geldftrafe ſich 
abfinden durften. %) Die fernere Cinrich⸗ 





*) &9 erhielten entweder iezt, ober fpäter« 
bin, Sadalus von Thracien, Deiotarus von 
Gallograͤcien und Tarcondimorus von Ci 
dien einen größern oder geringern Theil ib⸗ 
ter Staaten zuruͤck; während Ariodarzanes, 
König von Cappadoeien, der eine Geldbuße 
exlegte, mit dem von Dejotarus abgetretenen 
Striche von Klein⸗ Armenien belichep wurde. 
Bbarnaces hingegen, der feinen Wohlthäter 
Bompeius ohne Hälfe gelaßen batte, mußte 
fh von Cäfar ſelbſt, wegen diefer fich zum 
Verdienſte angerechneten Unterlahung, eines 
ſchreienden Andante bezuͤchtigt feben, 








% 


tung diefer Provinzen, zagleich mit dem 
Oberbefehl über diefelbe, legte Cäfar, beim 
Abſchlede, in des 2. Domitis Calvimus 
Hände, der mit drey Legionen tim Hicher 
nachzurucken befehlige wurde. 

Denn ihn felbft trieb die beftimmtere 
Nachricht, daß Pompetus zulezt an der 
Küfte von Cypern gefehen worden; und 
fo war es nice länger zweifelhaft, er 
werde die fernere Richtung feiner Flucht 
gegen Aegypten genommen baben. Caſar 
hatte indeß and iene, ihm aus Theſſalien 
gefolgte Legion, nebft achthundert Reife 
gen, an ſich gezogen; *) eine Zweite war 

von 





> %) Daß e6 die nemliche Legion war, die 
ihm durch Macebonien folgte, fcheint wohl 
aus allen Nebenumſtaͤnden gu erhellen. Wolte 
man einwenben: fie babe nicht fo leicht, als 
etwan die Meiterel, den Weg längs der ioni⸗ 
ſchen Kuͤſte bis Epbeſas, oder gar bis Ente 
dus, zurfchiegen können, fo bindert uns doch 
nichts in der Annahme, daß fie eben fowohl 
auch ſchon verber eingeſchifft geweſen ſeyn 
Tonne, als auf der zweiten Hälfte ihres We⸗ 
ges nad) Alerandria. 


E24 

von ber Truppenabtheilung feines Legaten 
Fufius Calenus aus Achaia herbeygerufen 
worden. Da er nirgend mehr auf einen 
kraftigen Widerftand rechnete, fo ſchien 
ihm dieſe Macht hinreichend für feinen 
Zweck einer bloßen Rachiagd; obwohl beide 
Legionen (und wie konnt' es anders ſeyn?) 
durch ſo viele Schlachten, Maͤrſche und 
Anſtrengungen, bis auf dreitauſend zwei⸗ 
hundert Köpfe geſchmolzen waren. An 
ihrer Spitze gieng er demnach, auf den 
bei Rhodus verfammleten Galeeren und 
Transporefihiffen, nad) ' Alerandria Wuter 
Segel, deffen Hafen, nad) einer Fahre van 
ſieben Sagen, glüdlih erreicht wurde. 

Noch ftand das fäniglihe Heer bei 
Pelufium: allein die Kunde von feines 
Gegnere Ende war das Erſte, was den 
Sieger bei feiner Landung erwartete; und 
bald auch zeigte ſich ihm Theodotug, der 
fi) beeilte, ihm des Erſchlagenen Haupt 
und Siegelring, als wilfommenftes Gaſt⸗ 
geſchenk, entgegenzubieten. Bon Schauder 
ergriffen, wandte, der Imperator fi ab, 
ale er, in der gräßlichen Entftellung einer 
beginnenden Verweſung, die befannten 

4 Band, 


8 


edlen Züge erblickte, an melde fi) fo viele 
theure Erinnerungen befteten. Thranen 
entfielen ihm, deren Aufrichtigfeit wir nicht 
verdaͤchtigen dürfen, *) wenn wir den - 
Menſchen von dem Gtaatsmanne 
in ihm zu unterſcheiden vermögen. " Die 
Blikke eines Ealten Abſcheus fielen auf den 
feigen Meuchelmörder, der, um feinen ges 
hoften Lohn betrogen, und einer noch bar 
tern Ahndung zu entgehen, fih eilig und 
verlegen zuruͤckjog. **). Alsbald ließ Eis 








) Lucan (Phars. IX, 1035 19.) und Dio 
Caſſius (XLII. 8.) laßen ſich die Gelegenheit 
nicht entſchluͤpfen, uͤber Caſars Heuchelet bei 

dieſer Scene mit Bitterfeit herzufahren. Auch 

Berguſon, von ihnen verleitet, läßt ſich bie 
nemliche Ungerechtigkeit zu Schulden Toms 
‚men. Wenn auch Pompeius Tod feinem Geg« 
ner den hoͤchſten Vortheil eintrug: mußte 
Diefer darum aufhören, menfchlich zu eme 
Hinden? 

HVerabſchent von Alen, Rob der Elende 
aus Yegupten, und irrte ſchmachvoll umher, 
‚bi6 endlich M. Brutus, nad) Gäfars Tode, 
ibn in Afien. ertappte und binsurichten be⸗ 
fahl. So Plutarch; nach Appian CI, 90.) 
war es C. Caſſiuc, der ihn auffmüpfen ließ. 


” 


far das theure Haupt ſchmuͤkken, einen 
Scheiterhaufen zu deffen Verzehrung aufs 

ſchichten und die gefammlete Aſche nachges 
hends in Eorneliens Hände, zur "Weile 
zung auf des Berftorbenen albanifcher Wille, 
Überliefeen; während in Alerandria. felbft 
ihm, auf Eäfars Beranftaltung, ein ber 

_ tächenden Nemefis geweihtes Sacellum 
errichtet wurde. *) 

Hatten bes Fintge Rathe fih in ih⸗ 
ren Erwartungen von Cäfar getäufcht, 
wenn ſie eben fo gewiß auf feinen unge 
meffenften Danf, als auf feine ungefäumte 
Entfernung zählten, von deren Aufſchub 
fie fih, ie länger, ie weniger, etwas Gu⸗ 

‚tes verſprachen, fo mußte auch der Impe 
rator an feinem Theile fehr bald die 
feindfelige Stimmung gewahr werden, 
welche von ihnen ausgieng und ſich ſchnell 
durch diefe unermeßlihe und ebenfomoht 
durch Kultur, Gewerbfamfeit und Reichs 
thum ausgezeichnete, als in Uebermuth und 





*) In einem Auffiande, den die alegandri« 
nifchen Juden gegen Trajan erregten, ging 
auch dies Denkmal in Feuer u 

a 


100 


Ueppigkeit verfunfene Hauptſtadt verbrei, 
tete. Schon, als er, mit einem heil 
feinee Begleitung, zuerft das Land betrat, 
und bie Lictoren- mit ihren Beilen vor 
ihm einhertraten, ftieß die Beſazzung, voll 
Unwillens, der kdniglichen Gewalt auf 
ihrem eignen. Boden bdergeftalt- Hohn ges 
ſprochen zu fehen, aber zu ſchwach, ihm 
den Eintritt zu verwehren, ein lautes Ges 
frei aus; und ein Auflauf der Menge 
entftand, welcher, obwohl mit kraͤftigem 
Ernft gedämpft, ſich dennoch in’ den nach⸗ 
fien Tagen mehrmals erneuerte und hbers 
all, auf den Straßen, in Thättichfeiten 
gegen einzelne Römer ausbrach. 

Mricht gewohnt, dem Sturme zu ıpeis 
hen, und aud wohl geneigt, dieſe dumpfen 
Volksbewegungen für minder bebeutend 
zu halten, als fie es wirklich waren, zog 
E‘far, für diefen Augenblid, nur fen drin⸗ 
gendes Geldbeduͤrfniß für den Unterhalt 
der Truppen, fo wie die Behauptung feis 
nes eigenen Anfehens und der Würde des 
zömifchen Namens zu Rathe, indem er 
beſchloß, diefe Küfte nicht zu verlaßen, bes 
vor nicht ſowohl eine alte beträchtliche Forde⸗ 


20I 


rung an ben Einiglihen Schaz *) abges 
fragen umd bie neuerdings wieder ſtreitig 
gewordene Thronfolge durch ihm entſchie⸗ 
ben wäre. Schwer gieng Pothinus, ber 
Verwalter der ffentliben Einkünfte, darı 
an, der erftern diefer Forderungen zu ges 
nuͤgen; und indem er fich perfänlich mit 
einem Uebermuthe betrug, den nur Caͤſars 
Großmuth ungeahndet lahen mochte, **) 





=) Ptolemäus Auletes Batte ich vormals, 
während Caͤſars erſtem Konſulat, um dehen 
SFreundſchaft und Roms Schuz zu gewin⸗ 
nen, ihm zu Berahlung einer unermeßlichen 
Geldſumme verpflichtet, wovon, bei feinem 
Tode, noch achtzebnthalb Millionen Drach- 
men (1,360,000 Thaler) unabgettagen geblies 
ben waren. Zehn Millionen erließ Cäfar iegt 
den Erben; forderte aber auch deſto nach- 
drüdlicher die Zahlung. des verminderten 
Ruͤctandes ein, . 

*) Ihm lag fo über Alles daran, Cäfars 
Abreiſe zu befchleungen, daß er demfelben 
ernfilih anlag, über Heaypten die Ausfühe 
zung feiner größern Entwürfe ficht zu ver⸗ 
Heben und die dankbare Abzahlung des Re—⸗ 
fies baldigſt gu gewaͤrtigen. Der Imperator 
begnuͤgte fidy mit der Erwiederung, daß er 
feinen guten Rath fehr uͤberfluͤßig finde — 


102 


war feldft die Art, wie er die Tempel ih⸗ 
res Goldes und ihrer Dpfer beraubte, 
darauf berechnet, die Gemäther der Ars 
guhter gegen den fremden ungeftämen Gläus 
biger zu erbittern. Allein noch beunruhig⸗ 
ter fühlte ſich Pothinus mit feinen Genofs 
fen, da fie die nemliche gebieterifche Eins 
mifgung in die innern Angelegenheiten 
bes Reichs, um welder willen ihnen ohn⸗ 
laͤngſt erft Pompeius fo furchtbar geſchie⸗ 
nen, nun mit ungleich höherm Nachdruck 
von dem Sieger erneuert fahen, und Ei 
far ſich entſchloßen zeigte, die oberfte ſchieds⸗ 
richterliche Gewalt, welche ihm, ſowohl in 
der Eigenſchaft eines römifhen Eonfuls, 
als auch zufolge den Beſchluͤſſen des Se⸗ 


Die Klagen der roͤmiſchen Truppen über das 
verdorbne Getraide, welches an fie ausge 
tbeift werde, wies Potinus mit der unver 
ſhhaͤmten Bemerkung ab, dag fie immer noch 
frob ſeyn dürften, dergeftalt auf fremde Rech 
nung zu jebren. — Ja, Caſars eigne Tafel 
ward, auf des Kämmerlings Veranfaltung, 
mit irdenem und bölgernem Geräth befeit, 
- weil, wie er erfläcte, die Geſchirre von edlerm 
Stoffe zu Abzahlung der großen Schuldfordes 
zung hätten eingeſchmolzen werben müßen. 





103 


nats *).gebührte, in ihrem weiteften Um⸗ 
fang auswäben. Der unmändige Ptole⸗ 
mäus fowohl, als feine Widerfaderinn 
Elespatra, waren demnach von ihm bes 
reits aufgefordert worden, ihre Meere zu 
entlaßen, und ihre Anfprüce durch feine 
perfönlihe Wermittelung friedlich geſchlich⸗ 
tet zu ſehen. 

Der Föniglihe Juͤngling, ein willens 
Iofes Werkzeug in des ränfevollen Pothis 
aus Händen, war, zu Nachlebung diefes 
Gebotes, wirflih in Alexandria erfhienen, 
"weil man biedurch, fo wie durch die ſorg⸗ 
fältigfte Verwahrung aller Zugänge, ohne 
Zweifel hofte, die entfernte Thronerbin 
um fo ſicherer von jeder Mitbewerbung 
auszufchließen. Nichts defto weniger fand 
Eleopatra, welche nicht anftand, die aufger 
Botenen Truppen bey Pelufium zu entlafe 


— — 


=) Ptolemäus Auletes batte eine Abs 
ſchrift feiner sehamentarifhen Verfügung 
Über die Thronfolge nach Rom gefandt, 100 
fie vom Senat an Bompeius übergeben wurde, 
um über deren genaue Erfülung zu wachen, 
Das Original ſeibſt war in Alerandria nie⸗ 
dergelegt. . 








204 
fen,. ſehr bald Gelegenheit, dem Impera⸗ 
tor ihre fegenden Anfprüche durch treue 
Mittelsperfonen, der Wahrheit gemäß, zu 
entwikkeln. Allein, als hätte ſie dennoch 
Grund gehabt, ihrer Sache zu mißtrauen, 
und in der zuverfichtlihen Hoffnung auf 
den Zauber ihrer perfänlichen Gegenwart, 
der durch Jugend, Schönheit, gebildeten 
Geiſt und eine wunderbare Kunft, alle 
diefe Vorzüge geltend zu machen, unter 
flüge wurde, *) fann fie einzig darauf, ies . 





— — 
Was ihre Reize vermoͤchten, hatte Cleo⸗ 
vatra, kaum ein Jahr zuvor, bereits an Pom⸗ 
veius iuͤngerm Sohne, Segtus Pombeius, mit 
allem Erfolg, den ihre Gefaliſucht nur zu 
wünfchen vermochte, erprobt, als er in den 
Orient gefandt worden, die Streitfeäfte debel⸗ 
ben für feinen Vater aufjubieten. Hatte fie 
ber gehaft, durch ihm ihre Entwürfe zu des 
Bruders Verdrängung vom Throne durchge⸗ 
fest zu feben, fo fcheiterte gleichwohl diefer 
Plan an dem Ernſte des pompeianiſchen Se⸗ 
nats im Macedonien, welcher auf firengen ' 
Nachlebung des väterlichen Teſtaments bes 
harrte. —. Freilich waren 200 Senatoren, 
ienfeits des. Meeres, nicht fo leicht, als ein 
einzelner Juͤngling, in unmittelbarer Nähe, 
* a gewinnen! 





105 


des von Pothinus in den Meg 'gelegte 
Hinderniß zu überwinden und: zu Caſars 
Dliden zu dringen. Bloß von ihrem 
Freunde Apollodorus begkeitet, landete fie 
zu Alexandria, bei einbrechender Dunfels 
heit, in einem Eleinen Nacen, an dem 
Mauern des Eöniglihen Pallaftes, wo Cäs 
far weilte, und wurde, in einen aufgerolls 
ten Teppich verhält, unentdeckt, als ein 
Waarenballen, durch alle, lauernde Wach⸗ 
ter, zu des Imperators Fuͤßen getragen. 
Ihrer geiſtreichen Kühnheit, ihrem 
ſchmelzenden Reiz, ihrer rührenden Bered⸗ 
ſamkeit mislang das Wunder nicht, auf 
welches fie fo zuverſichtlich gezählt hatte. 
EAfar, gegen Frauenliebe zu keiner Zeit 
mit Unempfindlichfeit gewaffnet, gab ſich, 
mit immer minderm KRuͤckhalt, den ſuͤßen 
Banden hin, die ihm gefeffelt hielten; und 
ihre Suche durfte, von dem Augenblid 
an, ba fie vor ihn trat, vor feinem Rich⸗ 
terftuhle für gewonnen gelten. Groß aber 
war das Erftaunen, womit der iunge Kds 
nig, am nächften Morgen, die Kunde von 
der unerwunſchten Gegenwart feiner Schwes 
fer empfing. Mit dem lauten Geſchrei 


106 


über Verrat) und mit abgemorfenem Dia 
dem, verfuchte er’s, ſich aus der Föniglis 
en Burg hervor, und unter. das zufame 
menftröinende Volk zu ſtuͤrzen. Mit Muhe 
riſſen ihn Caͤſars Wachen in den Pallaß 
zuruͤck: doch gewann die dadurch entſtan ⸗ 
dene Volksbewegung ein ſo ernſtliches An⸗ 
ſehen, daß Caͤſar, nachdem er den feindſe⸗ 
ligen Geſchwiſtern eine anſcheinende Wer⸗ 
ſohnung aufgedrungen, fuͤr noͤthig hielt, 
ſich, mit Beiden an der Hand, der Menge 
öffentlich zu zeigen, und fie, nach lauter 
Abfefung des väterlichen Teftaments, . als 
gefegmäßige Gatten und Aegyptens, Ber 
herrſcher, unter Obhut des römifhen Mas 
mens, auszurufen, *). B 





*) Dio Caſſius (XLII. 35.) fest hinzu: Caͤ- 
ſar babe, im Uebermaaße ſeiner Furcht, dem 
iuͤngern Gefchwilterpaare, welches ſich gleich⸗ 
mäßig in feiner Gewalt befand, den Beſu 
der Anfel Eyvern, die erſt noch vor kurzem 
ibrem Obeim, Btolemäus Apion, entrißen 
worden, verfprochen. Mir fcheint es eben fo 
wenig glaublich, daß Gäfar, ganz gegen feine 
Sinnesart, eine folche auifalende Bloͤße ge⸗ 
geben haben folse, alt dag er, felbit im Taus - 


207 

Wenn aber auch diefer öffentliche Akt 

von Gerechtigkeit die Alerandriner ſcheinbar 
beruhigte, fo war doch Pothinus am we⸗ 
nigften geneigt, eine Wendung der Angeles 
genheiten gut zu heißen, die ihn und feine 
Parthei mit Eleopatrens Wiederkehr und 
ihrem entfdiedenften Uebergewicht, niche 
nur alles Einflußes beraudte, fondern auch 
ihrer vollen Rache blosftellte. Schon früs 
her feinen ihn heimliche, fehr weit aus, 
ſehende Anſchlage gegen den überläftigen 
Schiedsrichter befchäftigt zu haben, *) die 
durch deßen ſchwache kriegeriſche Beglei⸗ 
tung und die Erinnerung an den, gegen 
Pompeius fo wohl gegluͤckten Verrath große 





mel der neu errungenen Alleingewalt, es ges 
wagt bätte, den roͤmiſchen Stolz durch die 
wilfüprliche Verfchentung einer roͤmiſch en 
Vrovinz (woju die Infel ohnlängft. umge» 
wandelt worden) aufs tieffle zu verwunden. 

Caſar, der übrigens die Verſchwoͤrung 
gegen fein Leben, mit feinem Takt, ganz mit 
Stilſchweigen uͤbergeht, gedenft doch (K. 108) 
dieſer heimlichen Machinationen, der hin und 
her gehenden Boten, der Correſpondenz und 
des verdedten Marſches der Truppen. 


108 


Hofnung eines gleichen Erfolgs gewannen. 
Achillas, von ihm aufgefordekt, hatte ime 
mer noch Unftand genommen, bas Fönigs 
liche Heer unter feinen Befehlen zu ent⸗ 
laßen, und näherte fich-mit ftarfen Schrit⸗ 
ten der Hauptftadt. est, da die Gefahr 
für Beide ftändlich dringender wurde, ging 
man felbft über Cäfars Leben zu Rathe; 
und das neue Bubenftäd follee an dem 
nemlihen Tage, wo die Bereinigung ber 
Töniglichen Geſchwiſter durch ein prachtvol⸗ 
les Gaftmal gefeiert wurde, zur Reife ges 
deihen, als ein glädlicher Zufall *) auf 
Spuren keitete, welche bald an ber beab⸗ 
fihteten That keinen weitern Zweifel übrig 
Teen. Der treulofe Kämmerling zwar 
büßte auf der Stelle mit dem Kopfe: Achil⸗ 
las hingegen, fand Mittel, den feinigen aus 
der Schlinge zu ziehen, und fich zu feinen - 
Truppen zu wetten. Sezt blieb ihm aber 





) Cäfars Beibbarbier, deßen infiinftmäßige 
Zurchtfamteit ohne alle Bleichen ihn überal 
zum Horchen und Musforfhen unruhig um⸗ 
bertrieh, machte, gerade noch zur vechten 
Zeit, diefe gelegene Eutdectung. 


109 J 
auch nichts übrig, als in offenbarer Feind⸗ 
feligfeit ‚gegen Caſar aufzutreten. 

In der That verdiente biefer Feldhere 
ſowohl durd feine perfönlichen Fähigkeiten, 
als durch die Stärke und den innen Ge⸗ 
halt feines Heeres die aufmerkffamfte Bes 

- Achtung. Bmanzigtaufend Köpfe und zwei⸗ 
taufend Reiſige an der Zahl, beftand der 
Kern befelben in den, ihreXRömernamens 
und der flrengen Kriegspucht vergeßenen 
Soldaten, welche der Profonful Sabinius 
vormals in dieſem kande zuruͤckgelaßen hats 
te; fo wie aus entlaufenen frechen Sclas 
ven und anderm, aus den römifchen Pros 
vinzen hieher, ‚als in eine fihre Freiſtatt, 

iuſammengeſtroͤmtem Raubgefindel; — trefs 
liche und geäbte Krieger, aber auch eben 
fo zügellos in ihren Bitten, und gemohnt, 
ihren Anführern und Regenten Geſezze 
vorzuſchreiben. Achillas, welcher gemußt 
hatte, fie zu gewinnen, und. die Gefinnuns 
gen der Wurh und Rache, die ihn felbft 
befeelten, auf fie überzutragen, *) benuzte 





*) Allerdings hatten auch fie felbit das drin⸗ 
gendfte Intereße, ſich tedem roͤmiſchen Ein- 


110 


ihren Eifer, ſie raſch in das Angeſicht der 
Hauptſtadt zu führen. 

So thürmte ſich denn aufs neue ein 
Ungewitter gegen Cäfar auf, welches ihn, 
in dem Augenblid, wo überall in der weis 
ten römifchen Welt fein Wink und Wille, 
wie bereines Gottes, galt, in ein perſonliches 
Bedraͤngniß der peinlichſten Art zu verwik⸗ 
keln drohte. Unvorbereitet auf eine ernſt⸗ 
liche Fehde in diefer Weltgegend, ſchien er 
ſich der Ausfechtung derfelben ohne Unehre, 
und ohne den nachtheiligften Einfluß auf 
den Glauben an feine Unwiderſtehlichkeit, 
nicht entziehen zu Fönnen; — gefezt auch, 
dag feine Einfhiffung im Angefiht eines 
fo überlegenen Feindes ausführbar, oder 
feine Abfahrt Überhaupt, vermöge der Eter 
ſien — iener regelmäßigen Winde, welche, 





Fuge zw entziehen, um nicht wegen ihrer 
Verbrechen zus ſirengen Rechenſchaft gezogen 
gu werden. Hatten fie doch fogar noch ohn⸗ 
laͤngſt gu Wlegandria mörderifche Hand an 
die Söhne des C. Bibulus gelegt, und wa⸗ 
von der Strafe, wozu Gleopatra die Haupte 
urheber an den Water auslieferte, nur Durch 
deßen feltene Maͤßigung entgangen. 


az ' 


den Winter hindurch, an diefer Küfte uns 
ausgefezt aus ‚Morden und Weſten mer 
hen *) — nur möglich geweſen wäre. 
&o ſchien ihn demnach die Natur felbft 
‚am biefen Boden zu feßeln; während es 
nur zu wahrfceinlich ift, daß ber wider⸗ 
frebende Gedanke an eine fo ſchnelle Trens 
aung von Eleopatrens füßer Verſtrikkung 
ihn nur um fo mehr in ber Entſchließung 
deftärfte, von dieſem Plazze nicht anders, 
denn als volendeter Sieger, zu weichen. 





Es verdiens wohl Bemerkung, daß dieſe 
nemlichen Winde auch noch in unfern Zeiten 
ihren Strich balten und die Schiffahrt in 
diefem Theil des mittelländiichen Meeres er⸗ 
ſqhweren. Als Nelfon die feanzöfiche, zu 
Aegypteus Eroberung beſtimmte Flotte ver» 
folgte, deguͤnſtigten ihn dieſe Weſtwinde der⸗ 
gehalt, daß er, noch vor Napolcon felbft, 
zu Ende des Junius 1798, die Mheede von 

Alexandria erreichte. Allein das Dreifache 
an Zeit ward, troz aller vorgefchrittenen Nau ⸗ 
ti, erfordert, um, gegen diefen Wind an 
und auf dem Umwege hart an den afrifanie 
ſchen Küften, die feilifchen Erfeifhungshäfen 
zu erreichen. Denhoch flog er, auf feinem 
Flügel getragen, abermals noch rafch genug 
herbei, um am 1. Auguſt bei Abukir zu fiegen. 


112 


Und doch ware Caſars Gegenwart zu 
Rom, ſo wie in ieder andern Gegend des 
Reihe, nie nothwendiger, ale in dieſem 
Seitpunft, geweſen, um von dem noch fris 
ſchen Schrekken, welhen Pompeius. Nies 
derlage und Tod verbreitete, den hoͤchſten 
Vortheil zu ziehen, und die Ermannung 
und ieden fernern Widerftand der verſcheuch⸗ 
ten Anhänger deßelben zu lähmen. Zwar 
Aſien fühlen durch ihn beruhigt; und noch 
früher war Griechenland, der Heerd des 
Krieges, fbier im Augenblikke der großen 
Entſcheidung felbft, durch redende Beweiſe 
ſeiner Milde, die allgemeine Freilaßung 
der Theſſalier und die, den feindſelig ge⸗ 
ſinnten Athenern inſonderheit, in Betracht 
ihrer ruhmwuͤrdigen Vorfahren, gewaͤhrte 
Verzeihung, ausgezeichnet worden. Selbſt 
ſeine bekannten und heimlichen Gegner 
durfe? er hoffen, durch die edelmuͤthigſte 
BVerzichtleiftung auf Rache gewonnen 'zu 
haben. *) Allein es fehlte viel, daß ents 

weder 
Nach der Schlacht bei Pharfalus fiel. 
ihm, mit andren Beute, auch feines Gegners 
ganıe 





2113 


weber Dieſe nur von feiner angebotenen 
Verzeihung Gebrauch gemacht, oder auch 
daß feine Waffen, in den Händen feiner 
Legaten, feinen eignen gluͤcklichen Fortſchrit⸗ 
ten überall entfprochen hätten. , 

Denn während noch bei Pharfalus 
blutig gefteitten wuide, fuhr D. Lältus 
fort, den Hafen von Brundifium, 109 Ba 
tinus befehligte, aufs engfte einzufchließen 
und das Yuslaufen der, von dorther. ermars 
teten DVerftärfungen zu verhindern. Zwei 
Geſchwader, melde Eäfar an den ficilis 
ſchen Küften ausräften ließ, gingen bei dem 
wiederholten Angriffe der aftatifchen Flotte, 





ganze geheime Correfpondenz in ‘die Hände. 
Eine Menge von.Senatoren, welche, ohne 
fich gerade öffentlich für Vompeius zu erflds 
ten, ibm dennoch briefliche Beweiſe ihrer 
Anhaͤnglichkeit gegeben hatten, liefen Gefahr, 
dadurch compromittirt zu werden. Caͤſar warf 
alle diefe Papiere ungelefen in’s Teuer, um 
ſich ſelbſt in die Unmöglichkeit zu ſetzen, die 
Schuldigen tennen zu lernen und ihnen et⸗ 
was nachzutragen. Vompeius, als er, nach 
Sertörius Tode, auch defen Kriegskanzlek 
ausgeliefert erhielt, hatte die nemliche Groß⸗ 
miuth bewieſen. 
4 Band. J H 


1x14 


welche C. Caßlus führte, in Flammen auf; 
und ſelbſt Meßana wuͤrde feinem Angriffe 
nicht widerſtanden haben, wenn nicht das, 
fo eben ſich verbreitende Gericht von Eds 
fars großem Siege ihn eiligft aus dev 
Meerenge verſcheucht hätte. Er wandte 
ſich nach Eoreyra, dem allgemeinen Sams 
melplaz der verfihledenen pompeianiſchen 
Geſchwader; wo auch auf die beſtatigte 
Schrekkens⸗ Botſchaft, theils vor, theils 
nah ihm, die übrigen Anführer — Octa⸗ 
vius von der illyriſchen Küfte, En. Pom⸗ 
yeius von Dricum, und Lältus mit ihm 
zuſammentrafen. J 

Allein die rathloſe Beſtuͤrzung, welche 
ſich hier aller Gemuͤther bemaͤchtigt hatte, 
wich nur dann erſt in einigem Maaße, 
als auch Cato, von Dyrrhachium her, ſich 
zu ihnen geſellte und ſeinen unerſchuͤtterli⸗ 
chen Muth in ihre Mitte trug. Auch er 
hatte ſehr bald den ungluͤcklichen, aber von 
ihm im voraus befuͤrchteten Ausgang iener 
Entſcheidungsſchlacht auf dem, ihm anver⸗ 
trauten Poften vernommen. Was ſich von 
der Wahlſtatt hatte retten koͤnnen, fuchte 
zuͤnachſt in Dyrrhachium Zuflucht; und 

Ri J J 


115 


bald ſah fih Cato von Labienus, Afra⸗ 
nius, Petrelus und andern bedeutenden 
Männern, fo wie von einem nicht unbe⸗ 
trächtlichen Truppenrefte, umgeben. Der 
Diaz ſelbſt ſchien ihm, unter den veränders 
ten Umftänden, entweder nicht haltbar, 
oder feine Behauptung nuzlos, allein lene 
Trümmern bes Heeres und die anſehnliche 
Flotte wunſchte er feinem Freunde, Ber 
ihn verfannt hatte, dadurch, daß er fie 
nad) Stalien überführte, zu erhalten, oder — 
hätte Pompeius mit feinem Gihcke auch 
Leben und Alles verloren — ſich felbft 
ferne von diefem blutigen Getämmel, das 
ihn, ie länger, ie medr, anefefte, in irgend 
einen Winkel der Erde freimillig zu ver⸗ 
bannen; nie aber fein Idol, die Freiheit, 
zu überleben. ” , 

Als bloßer Proprätor, hielt ſich indeß 
Eato zum Dberbefehl Aber die, bei Cor⸗ 
eyra verfamlete Macht um fo weniger bes 
rechtigt, da Cicero, der mit ihm gekom⸗ 
men war, vermöge feiner Eigenſchaften 
als Conſular und Imperator *) nähere 





*) Der Titel, den ihm ve fein klei⸗ 
2 


‚116 


gu auf diefes Vorrecht hatte. Al⸗ 

fein Roms erfter Redner fühlte ſich nicht 
eben ſowohl zu Roms erftem Feldherrn 
Berufen; und dies am wenigften in einem 
Kampfe, den er vom erften Anbeginn ges 
mißbilligt hatte, und deſſen er ſich iezt 

“mehr, als iemals, zu entſchlagen wuͤnſchte, 
um, nach Italien zurädgezogen, feine Si⸗ 
cherheit von der Gunſt des nicht mehr 
nveifelhaften Siegers zu erwarten. Seine 
Weigerung und der nicht verheelte Ent⸗ 
ſchluß zu feiner Entfernung, reisten den 
unwillen des iüngern Pompeius in dem 
Maafe, daß er iedem Abtrännigen an feis 
nes Vaters Sache den Tod drohte, und 
im Begriffe fand, den ſich weigernden 
Eonfularen thätlih zu mißhandeln. . Nur 
Cato's Dazwifcyenkunft, welder den Bir 
zigen Juͤngling bei Seite zog und jur 








nes Heer in Cilicien beigelegt. (S. Ch. II. 
&.105.) Ueberdem was er noch als wirklich 
beamteter Profonful zu betrachten, da er, 
feit iener Zeit, Rom noch nicht wieder be⸗ 
treten hatte, in deßen Ringmanern allein 
Diefe Staatsaͤmter erloſchen. 


2 


Befinnung gurhhführte, rettete den Bits 
ternden, welcher zugleich dusch ihm den 
nöthigen Borfhub zu feinem Abzuge er⸗ 
hielt. Einer gleihen Gunft mochten fih 
nunmehr Abe, b die Jenen ähnlich dachten, 
erfreuen. 
pnimifen war Fufus Calenus mit 
. dem zuruͤckgelaßenen cAfarifhen Heere aus 
Attica in den Peloponneſus eingedrungen, 
und ‚feine Annäherung gegen Patraͤ nd⸗ 
thigte ‚die Pompeianer, die ſich von Cor⸗ 
cyra hierher gewandt Hatten, um noch 
mehrere ihrer Freunde bei ſich aufzunchs 
men, biefen Punft zu verlaßen. Ohne 
big kam es darauf an, fih mit dem Ober⸗ 
Feldherru, den die Flucht nur nad Ae⸗ 
ghpten oder nad Afrika getragen haben 
tonnte, aufs baldigfte zu vereinigen; und 
fo gieng Cato mit der gefammten vorhans 
denen Lands und Seemacht von dort, zu ' 
feiner Aufſuchung, unter Segel. Indem 
‘ee, längs der ſuͤdlichen Kuͤſte von Creta, 
gegen die cyrenaiſche Käfte 309; ſtieß ihm, 
bei dem Borgebürge Paliusus, *) Eornes 





Es Ing, Greta gegenüber, am der afri⸗ 


118 


lia mit Sertus Pompeius und den Adyis 
gen iammervollen Hugenzeugen von des 
großen Pompeius Untergange, auf ihrer 
fertgefezten Flucht entgegen. *). Sejt 
mar ihm alfo entfchieden, was er, ala 
das Zraurigfte, gefürchtet hatte! Auch 
wirkte die entfezliche Zeitung, gleich einem 
beräubenden Wetterſtrahl, auf feine Bor 
gleiter. Viele, die nur durch perfänliche 
Verpflihtung auf des untergegangenen 
Freundes Seite gehalten worden, glaubten 
nunmehr, ohne Unehre, auf ihr. ieigues 
Heil, denfen und ihven Frieden mis, dem 





kaniſchen Küfle, weſtlich des großen Cata- 
batbmus. Jeit bezeichnet die tleine Juſel 
Bo moa diefe Gegend. 

*.Un welchen ſchwachen Faͤden oft die grüße 
ten Weltbegehenbeiten hängen! Xätte Bams 
pelus dei veluſuum die MWöglichfeit des Räd- 
zugs nicht zu ſchnell aufgegeben; wär’ er mit 
dem gleichen guten @läffe, welches Corne⸗ 
liens Flucht begünfigte, den Meguntern ent⸗ 
zongen und auf Gato’s, ibn fuchende Flotte 
geflogen: wie fe ganz anders möchte dann 
wahrſcheinlich, auf afrilaniſchem Boden, der 
Pr dieſer großen Fehde fich gefaltet 

aben N 


ug 


Gieger machen zu dürfen. *). -Gie-jerr 
ſtreuten fih, und liefen nur den kleinen 
Reſt von Feuerköpfen zuräd, welche, ent⸗ 
weder biefe friedlihe Hoffnung, im Ges 
fühl ihrer eignen unvertilgbaren Feindfes, 
ligkeit, fahren ließen, oder, als achtere 
Patrioten, nicht die Parthei, ſondern Rom 
und die Freiheit, in's Auge faßten. 

Dieſe Leztern waren es auch, deren 
anhaltendem Verlangen, an Cato ein Haupt 
und einen Führer zu behalten, dieſer 
endlich nicht zu widerfichen vermochte. Seine 
Wanſche geizten nice nach ſolcher Auss 
zeichnung: allein er wuͤrde fich’s un Schaude 
gerechnet haben, Männer, bie nur das 
Rechte wollten, zu einer Zeit zu verlaßen, 
wo fein Zuruͤcktritt ebenſowohl für einen 
Mangel an Edelmuth, als an Vaterlandes 
liebe, hätte gelten Eönnen. Ihrem BVer⸗ 





H So i. B. begab ſich C Caſſtus nach deruͤn · 

dung des Cydnus, wo ex Caſarn nicht niabr 
vorfand und lange Zeit, unter zweifelhaften 
Entfchläßen, degen Ruͤckkehr von Alerandria 
erwartete, bis M. Brutus, fein Schwager, 
fich mit Erfolg für ihn Neymandte, 


120 


trauen zu entfprechen und fie in einem - 
fremden Lande nicht bälfs und rathlos zu 
Iaffen, ftellte er. fih demnach an ihre 
Spitzze: doch auch iezt wollte Caſars glack⸗ 
hafter Stern, daß ſogleich der erſte Ent⸗ 
ſchluß, den Cato faßte, ein Alles entſchei⸗ 
dender Mißgrif waͤre. Denn anſtatt ſo⸗ 
gleich, mit gänftigem Winde, oſtwarts zu 
fegeln und fih vor Alerandria, mo fein 
Gegner ſich täglich in ein groͤßeres Ge⸗ 
draͤnge verſtrickt ſah, zu zeigen, wandte er 
ſich, ohne auch nur eins nähere Nachricht 
von einer fpätern Lage der Dinge einzu⸗ 
ziehen, weſtwaͤrts gegen Eyrene, *) um 
förderfamft einen Hafen und Waffenplaz 
zu gewinnen. Wenig Tage zuvor hatte 
Labienus von dieſem Drte unverrichteter: 
Sachen wieder ‚abziehen müßen; doch Cas 
to's vereinter Macht, oder dem Zauber 





*%) Ehren, obnweit des, bier am weiteſten 
gegen Norden ausfpringenden Vorgebuͤrges 
Ananea, iſt ber heutige Name dieſer ches 
maligen Hauptſtadt von Eyrenaica. Die Wuͤſte 
Barea liegt ihr in weiter Ausdehnung in 
Süden und Wehen. 


12x 


feines Namens, öffneten die Duͤrger nun⸗ 
mehr, ohne Wiberfiand, ihre Thore. 

Die Nachrichten, welche er hier vom 
der Provinz Afrika einzog, waren vollfoms . 
men dazu geeignet, feinen Much aufs 
neue zu beleben. Nicht nur hatte; hier, 
feit Eurio’s Miederlage, die republifanifche _ 
Parthei unter der Anführung des Attius 
Varus, und vom Könige Juba begünftigt, 
die öffentlichen Angelegenheiten fortdaus 
rend geleitet, fondern auch Metellus Sei⸗ 
pio, des Pompeius Schwiegervater, ſich 
in dieſe Gegenden gerettet und eine wills 
kommene Aufnahme, fo wie ein ausge 
ruſtetes Heer verfammlet gefunden. Cato 
felbft fah gegen zehntaufend Mann unter 
feinen Befehlen, deren Vereinigung mit 
ienen fehlagfertigen Truppen bedeutende 
Vortheile verſprach; und wenn gleich dies 
felbe, ‚bey dem iezt eintretenden Winter, 
wegen ber herrſchenden Weftwinde, zur 
See und längs den hochgefahrlichen Syr⸗ 
ten, ein unäberfteigliches Hinderniß fand, 
fo fland er dennod nicht an, diefen Plan 
durch einen eben fo Rühnen, als beſchwere 


122 


lichen dreißigtägigen Marſch zu Lande, 
ohnfern der Küfte, in’s Werk .zu feggen. - 
Alle Schredniße der Wuͤſte — der glu⸗ 
hende Sonnenbrand, der. Dangel an Waſ⸗ 
fer und die Tiefe des zu. durchwatenden 
Sandes — mußten ‚feiner Beharrlichkeit 
welchen. Doc als er die Provinz erreichte, - 
überzeugte .er fich bald, dag die Werhälts 
niße feiner Parthei hier keinesweges fo vor⸗ 
theilhaft waren, als fie es aus der Ferne 
geſchienen hatten. Ecipio und Varus, Je 
der nur feinen befondern Bortheil verfol⸗ 
gend, ftanden einander bei iedem Schritte 
geflifiontlih im Wege und fuchten ihren 
Einfluß durch die Bewerbung um Jubas 
Gunſt zu verftärken; während Diefer mit 
feinem gewohnten Webermuth hierin den 
gewuͤnſchten Anlaß fand, fie durch feine 
folgen Anmaaßungen zu demäthigen und 
ſchier als feine Vaſallen zu behandeln. &o 
bedurfte es denn Eato’s ganzen Ernftes, der 
bier gemißhandelten Würde des römifchen 
Mamens ihre Rechte zuruͤckzugeben: *) als 





5 Bei der erflen unterredung, welche der 
König mit Cato haben ſollte, ließ er feinen 


123 


fein indem er den rohen Barbaren Ge⸗ 
ſchmeidigkeit lehrte, ſuchte er zugleich auch 
die Quelle des Uebels zu verſtopfen, und 
ohne der alten und bekannten Abneigung, 
welche zwiſchen ihm und Scipio obwaltete, 
einigen Einfluß auf ſeine Handlungen zu 
geftatteu, *) ruhte er nicht eher, als bis 
ee denfelben mit Varus wieder ausgeſohnt 





Stubl in ‚die Mitte zwifchen Diefem und 
Seipio binfergen. Doc) in eben dem Yugen« 
blick ergriff auch Cato den feinigen und ſielte 
ihn zu Seipios Mechten, wodurch alfo der 
Bestere den Ehrenplag gewann, der befhämte 
Juba aber auf die unterfie Stelle zurüciges 
ſeit wurde, die ihm, wo roͤmiſche Sena⸗ 

toren zugegen waren, allein gebuͤhrte. Ger 
rade in folchen Heinen Zügen zeichnet ſich 
der Roͤmerſtolz am Iebendigiten. 

*) Diere politiſche Feindſchaft Seipios, die 
mit dem geheimen Widerwillen feines Schwie⸗ 
gerfohns aus der nemlichen Duelle floh, (denn 
nie durften fie hoffen, daß Cato ihre, auf 
abfolute Bräponderang abzielende Anmaaßun ⸗ 
gen gut beißen werde) batte fich früher ſchon 
in einer Öffentlichen Schmäbfchrift gegen dem 
nnbeugfamen Römer offenbart, welche an Cä« 
fars ſpaͤtern Anti Eato von gleicher Ten« 
dem erinnert, 


124 
hatte. Beide fühlten feinen Edelmuth und 
huldigten demſelben durch das freiwillige 
Erbieten, ihn, den Waͤrdigſten, an die 
Spizze des Heeres, fo wie der dffentlichen 


Verwaltung, zu ftellen. Haͤtte aber auch 


Eato’s Ehrgeiz an eine ſolche Auszeichnung 
gereicht, fo verbot ihm doch bie nemliche 


Scheu vor der kleinſten Verlezzung der her⸗ 


gebrachten republikaniſchen Formen, die ihm 
fhon ehemals zu. Corchra eine ähnliche Weis 
gerung in den Mund gelegt, auch bier, ter 
gend erwas in der Merfaßung umzuftoßen, 
wu deren Aufrechterhaltung man ia eben 
zu den Waffen gegriffen hatte. Dagegen 
ward auf feinen Borfhlag Seipio, der 
Äftefte gegenwärtige Konfular, und deßen 
Name überdem auf diefem Boden ,, dem 
algemeinen Volksglaußen nad, für ſo heil 
bringend gehalten wurde, mit der oberften 
Gewalt bekleidet. . 

Nur zu bald lehrte iedoch der Erfolg, 
wie viel befer der firenge Römer feinem 
Baterlande gedient haben würde, weng 
er, mit minderer Bedenklichkeit, demfelben 
die Wunden erfpart hätte, welche des Er⸗ 
wählten Unfähigkeit zu einem ſolchen Por 


"15 


ften ihm nothwendig ſchlagen mußte. Gleich 
eine der erfien Maafregeln, deren Ausfühs 
“ung Seipio beſchloß, war die gänzlide 
Zerſtdrung von Utika, *) welches ſich, feite 
dem es Euro mit feinem Heere fo gutwils 
lg in feine Mauern aufgenommen, einer 
zu großen Anhanglichkeit an Caſar verdaͤch⸗ 
tig gemacht hatte. Cato, eben ſo ſehr von 
der kalten Grauſamkeit dieſes Entſchlußes 
empoͤrt, als voll Mißbilligung, dieſen eins 





utiea Ciegt Biſert a) an der Weſtſeite 
des tiefen Meerbuſens gelegen, welcher ſich 
wiſchen den Vorgebuͤrgen Apollinis und Mer⸗ 
eurii (Hermaͤum) in das Land hineindraͤngt, 
und in deßen innerſten Grunde vormals Car⸗ 
thago prangte, erhob ſich, vermoͤge dieſer 
gluͤcklichen Lage, mit verdoppeltem Flor, ne⸗ 
ben den Truͤmmern ienes alten Stapelplaz ⸗ 
zes für den Handel. Zugleich war fie die 
Hauptſtadt der roͤmiſchen Provinz Africa und 
wimmelte von vömifchen Bürgern und Kits 
tern, ‚die der Handel bieher gezogen hatte, 
In diefen Rädfichten, fo wie wegen ihrer 
Seſtigkeit, war fie fhon längit ein Dorn in 
Zuba Augen, der, wie es ſcheint, iezt feinen 
Einfluß auf den fchwachfinnigen Scipio dazu 
‚mißbranchte, ihn au ihrer Wertilgung auf 
zureijen. 


126 


zigen und bequemften Waffenplaz an der 
ganzen Käfte muthwilllg vernichtet zu fer 
hen, mußte ſich mit der ganzen Macht fel⸗ 
tes Anſehns und feiner Beredſamkeit ents 
ygegenſtemmen, bevor'er es bahin Beathte, 
feine Burgſchaft für das Betragen der Uti⸗ 
eenfer angenommen und bie Stadt gerettet 
zu fehen. In der That traf er auch, bei 
feinem verlängerten Aufenthalt, alsbald die 
zweckmaßigſten Anftalten, den böfen Willen 
ber Einmohner zu entwafnen, dabei aber 
aud den Play durch neue Vefeftigungs - 
werfe, durch unermeßlihe Magazine und 
Kriegswerkftätten zu einem haltbaren Boll: 
werf für feine Parthei zu machen. 
Freilich reichten alle diefe Anftrenguns 
gen eben fo wenig Hin, in diefe Parthet 
einen lebendigen Geift zu bringen, als ihr 
die‘ Augen über Cato’s hohes und uneis 
gennügziges Verdienft zu dfnen; und eben 
fo wenig fehle es an Spuren in der Ge 
ſchichte, die es verrathen, daß Diefer mit 
heimlicher Reue, Bloß feiner Großmuth Ge 
hör gegeben zu haben, zu dem Wunſche ger 
drungen ward, fih und fein Schickſal von 
diefen Menſchen, die eben fo fehr von Kury 


127 


ſichtigkeit, als vom böfen Willen, geleitet 

" wurden, zu trennen, und wieder in Rom, 
zu Bekleibung feines natürlichen Poftens 
in der Republik, aufjutreten. Denn in 
dem Bewußtſeyn, nichts unrechtes gethan 
zu haben, durft' er ieder Gewaltthat des 
gluͤcklichen Ufurpators feinen feften und ru⸗ 
higen Gleichmuth entgegenftellen. Auch iſt 
es ſo wahr, daß ſeine bloße Gegenwart 
die neuen Machthaber mehr, als ſelbſt fein 
gewafneter Widerftand, in Verlegenheit ges 
ſezt haben müde, daß Eato’s Name aus 
druͤcklich in der Reihe der wenigen fland, 
denen, auf CAfars Befehl, der Eintritt in 
Stalien unterfagt bleiben folte. 

Sicher, und zu Roms Verwaltung, 
hatte EAfar, fofort nach dem großen phar⸗ 
falifchen Siege, feinen Legaten, M. Ans 
tonius, mit mehrern Legionen entfandt; 
und wenn gleich nicht _geleugnet werden 
kann, daß defen Gelft und Fähigkeiten, 
die fih. in dem nemlihen Poſten, ſchon 
während des Imperators bifpanifchem Feld: 
zuge, zu beßen Zufriedenheit entwikkelt hat⸗ 
ten, ihn dieſes ausgezeichneten Vertrauens 
würdig machten, fo ließen dennoch feine. 


128 


wilden Leibenfchaften nur zu gewiß die hef⸗ 
tigſten Manfregeln gegen Jeden, der dem 
Zagelloſen nur iemals in den Weg getre:. 
ten war, im Voraus erwarten. Ber Al 
len machte Cicero diefe unglädlihe Erfah⸗ 
rung, als er, in der Vorausſetzzung von 
Caſars nahem perfönlihem Auftritt in Ita⸗ 
lien, nad) Brundifium gefommen war, um 
feine Ausföhnung mit dem Sieger zu bes 
wirken. Wenig fehlte, daß Antonius ihn 
dieſen gewagten Schritt nicht mit dem Le: 
ben bezahlen ließ; dagegen. aber hielt er 
ihn defto länger in der demüthigendften 
Abhängigkeit von feiner Willkuhr, und nds 
thigte ihn, unter vielfachen Kränfungen, 

die endliche Loſung feines Schickſals, viele . 
Monden hindurch, voll ſchmerzlicher Unruhe 

in ienem Hafenplazze zu erharren. B 
N Nicht minder aber empfand Rom felbft 
bie herben Folgen diefer trogzigen Willkuͤhr 

einer militairifpen Regierung, die fih in - 
den Händen eines Mannes von Antonius 
Sinnesart nothwendig in ein ſchonungslos 
verwundendes Schwerdt verwandeln mußte. 
Die dumpfe Ruhe, welche Caſar dieſer uns 
ermeßlichen Hauptſtadt durch feine lezte Aus 
we 


29 
weſenheit aufgezwungen hatte, war auch 
ſpaterhin, da er feine Waffen gegen Pom⸗ 
peius wandte, durch P. Servilius Iſauri⸗ 
ens, feinen Gehuͤlfen im Konſulat, mit 
wenig Unterbrechung erhalten worden; und 
aur ins geheim mochte hie und‘ da ein 
ſcheues Umtreiben zu Gunften der Gegens 
parthei fich äußern. Bielmehr richteten Als 
ber Blikke ſich angeftrengt nach Epirus, um 
zu erwarten, welchen endlichen Oberherrn 
das Schickſal dem Reiche zu geben gedenke. 
Seldft aber dann auch, als bei Pharſalus 
Dies greße Loos wirklich gefallen war und bie 
Nachricht Hiedon Rom mehr durch das’ öffents 
liche Gerücht und Privardriefe, als durch 
einen. formlichen Bericht des Siegers an 
den Gkrtas erreichte, *) mußte bier die Vers 
maltung nur um fo mehr in dem Geleife 
verbleiben, welches der bisherige Machthas 
ber für Diefelbe vorgejeichnet hätte; waͤh⸗ 





*) Caſar unterließ die Abſendung diefes of⸗ 
fitiellen Berichts aus einem feinen Gefuͤhl 
von Schicklichteit. Er wollte nicht das An⸗ 
ſehen gewinnen, über feines Gegners Ungläd 
und das Drangfaf der Republik eeſrehloce 
zu haben. 

4. Band, 3. 


130 
rend der Pobel — überall fi ähnlich in 
Leichtſinn und Zuͤgelloſigkeit — die neue - 
Drdnung der Dinge, auf feine Weiſe, 
durch Niederreißung von Sulla's und Poms 
peius Bildfäulen feierte. *) 

Gleichwohl würde Caͤſars eigne Pars 
thei, die iezt den Senat ausſchließlich bil⸗ 
dete, geglaubt haben, ihrer Pflicht gegen 
ihn zu entftehen, wenn fie nicht fofort audy 
auf neue glänzende Auszeichnungen an 
Macht und Ehre für ihn gefonnen hätte. 
So ernannte ihn denn, beim nahen Abs 
lauf feines iezzigen Konfulats, ein feierlis 
ches Dekret zum Diktator für das naͤchſte 








*) Sie fanden auf dem Forum bei den 
Roſtris, und die Statue des Altern Triums 
virs war vergoldet. Es war Caͤſars werth, 
dieſe Standbilder, drei Fahre fpdter, und 
zwar zu einer Zeit wieder aufjurichten, wo 
er, im Volgenuß feiner Herrſchaft, biegu 
auf feine andre, als die Eingebungen feines 
Edelmuths, zu achten hatte. Dennoch be= 
merkte Cicero bei diefer Gelegenheit fehr 
fein gegen feine Freunde: „Eben durch 
Diefe Pierät gegen fremde Standbilder 
fielt Cäfar feine eigenen für die Zukunft 
feſter. 


131 
volle Jahr. *). Micht minder ungewoͤhn⸗ 
lich ward fein Konſulat noch auf fünf 
Jahre verlängert, und er, um feine Per 
fon um 'fo unverfejliher zu machen, mit 
der geheiligten Würde eines Volkstribuns 
befleidet. Alles dies geſchah in feiner Abs 
wefenheit; und‘ wenn gleid dieſer leztere 
Umftand nicht erlaubte, Aber die Wahl 
feines Magiſter Equitum — zumal aus 
fo weiter Entfernung — Caſars eigne Bes 
Rimmung zu erwarten, fo mar man doch 
gewiß, in feinem Sinne zu handeln, wenn 
— U 0 0 G — 

In dieſem, um das Doppelte binausges 
rückten Zeitraume feiner Machtvollkommen⸗ 
beit (denn font durfte ein Diktator geſezlich 
nur auf feche. Monate gewählt werden) lag 
eben das Neue und Ungemöhnliche;. und zus 
gleich) auch war diefe Neuerung, als Vorbe⸗ 
teitung auf 'eine fünftige immerwaͤhrende 
Diftatur, fehr wohl berechnet. Was Caſar 
durch dieſe Ernennung an konſtitutioneller 
Macht gewann, leuchtet in die Augen, fobald 
man fid, erinnert, daß von diefem Augenblick 
an (mit bloßer Ausnahme der Volkstribunen 
und Aedilen) iede andre Öffentliche Würde 
für erfofchen galt, in ſofern nicht der Dikta⸗ 
108 ſelbſt dazu ernannt u 

2 





132 


diefe zweite Staatsmürde auf Antonius, 
feinen Freund und Verträuten, der fo eben 
in Rom aufgetreten war, Übertragen würde. 
Se länger nun der Diktator noch im Dris 
ente verjog, mit um fo wollerer Ungebun⸗ 
denheit durfte auch fein Stellvertreter diefe 
ſchrankenloſe Gemalt nad eignem Gefals 
len in Stalten handhaben. 

Unrecht aber würde man than, feine 
nunmehrige Amtsführung mit dem Namen 
einer geregelten Verwaltung, und nice 
vielmehr einer fhamlofen Ueberhebung als 
ler Pflichten eines fo ehrwuͤrdigen Amtes 
zu belegen. Eine völlige Schrekkensregie⸗ 
zung trat mit derfelben ein, wo Unſicher⸗ 
heit alles Eigenthums, ſchmahliche Berau⸗ 
bung und feile Gerechtigkeitspflege, unter 
dem Schuz feiner bewaffneten Soͤldlinge, 
am der Tagesordnung waren, und Roms 
erfie und einzige Magiftratsperfon fi nur 
dur flarren Troz gegen iebe gute alte 
Sitte, durch ſinnloſe Verſchwendung, ſcham⸗ 
loſe Ueppigkeit und ekle Voͤllerey auszeich⸗ 
nete; *) während das Staatehaupt ſelbſt, 





*) Da Antonius im Borum und hei den . 


x 


133 
feinem Stellvertreter fo unaͤhnlich, unter 
fesnen Himmeleſtrichen der Gefahr trojte 
und unter dem Panzer ſchwizte. 

Denn endlih hut es wohl A 


nach dieſem flüchtigen Blick auf die glei 


seitigen Ereigniſſe der übrigen römifchen 
Belt, von welchen Cäfar, als lägen fie 
gänzlich außer "feinem Gefichtekreife, nicht 
die mindeſte Kenntniß zu nehmen wuͤrdigte, 
uns zu ihm ſelbſt zuruͤck zu wenden, den 
wir, an den Ufern des Nils und im nas 
ben Zufammentreffen mit neuen raſchen 
Gluckswechſeln verlaßen haben. Zu ſpat 
hatte er, fofort nach feiner Landung auf 
aegyptifchem Boden, das unzureichende Ges 
wicht feiner mit ſich gebrachten Kriegeſchaar 
erkannt, um in den verwickelten Verhaͤlt⸗ 





Öffentlichen Spielen bemafnet erſchien und 
fi mit eben dergleich,n Trabanten umgab, 
gehörte, wenigflens ın Rom, unter die uns 
ewbörten Dinge: aber unerhört und empoͤ⸗ 
rend muß es überal und zw ieder Zeit er⸗ 
ſcheinen,/ wenn er oͤffentlich und mitten im 
der Ausübung feiner Amtspflichten, den, von 
Getraͤnt überfüllten Magen wieder zu erleich ⸗ 
tern genoͤthigt war. 


2 

niffen, die Seiner hier warteten, feine 
Rolle als Schiedsrichter und Gebieter mit 
Nachdruck zu behaupten; und es war ihm 
deshalb nichts angelegener geweſen, als 
eine Verftärfung von zwei Legionen, welche 
ohnlängft aus ben pompeianifhen Gefans 
genen errichtet worden, aus Kleinafien zu 
ſich zu entbieten. Bis diefe ihn erreichen 
tönnten, blieb ihm freilich nichts Abrig, als 
fi innerhalb der Mauern von Alerandria 
auf feine bloße Vertheidigung einzufchräns 
ten; zugleich aber auch zu verſuchen, wie 
weit der Name des iungen Königs, defen 
Perfon in dem römifchen Quartiere ſorg⸗ 
fältig gehütet wurde, ſich dazu benuzzen 
ließe, dem wirflihen Ausbruch einer fo; uns 
gleichen Fehde zu wehren. 

Allein Achillas, in. hoher Zuverficht auf 
feine Ueberlegenheit. und ben für ſich ge⸗ 
wonnenen Beitritt der Mlerandriner, mar 
allerdings auch bereits zu weit gegangen, 
um iejt, ohne noch größere Gefahr für 
ſich, zurückzutreten. Anftatt alfo die bei⸗ 
den agyptiſchen Abgeordneten Dioskorides 
und Serapion, welde ihn, abfeiten feines 
koͤniglichen Gebieters, von ferneren Feinde 


135 


feligeeiten abzumahnen, in’s Lager gekom ⸗ 
men waren, auch nur anzuhören, ließ er 
fie todtlich mißhandeln, und wagte es keck 
auf den Namen eines Empdrers, feis 
nem Heren und fic) felbft den beßern Dienft 
durch Aufrechthaltung der alten Herrſchaft 
zu leiften. Alles verſprach ihm biezu den 
gluͤcklichſten Erfolg. Alerandeia felbft fand 
feinen Waffen. nicht verfploßen: denn Ca⸗ 
fars Truppenmangel erlaubte die Verthei“ 
digung dieſer weiten Ringmauern fo wer 
nig, daß er ſich fogleih nur auf die Bes 
hauptung der Föniglichen Burg. und des 
naͤchſtgelegenen Stadtviertels beſchranken 
mußte; und ſelbſt hier ſah er ſich ſo raſch 
und mit fo viel Ungeftüm. angegriffen, daß 
die Kohorten ſich kaum durch bie hartnak⸗ 
kigſte Abwehr in den Straßen Luft zu 
ſchaffen vermochten. 

Caͤſar uͤberblickte die ganze Meißlichkeit 
feiner Lage; und es entgieng ihm nicht, 
daß fie von eben dem Augenblid an rets 
tungslos werden müßte, mo feine Gegner 
Meifter zur See würden, oder er felbft ſich 
von der Gemeinfchaft mit dem Meere abs 
ſchneiden ließe. Zwar grenzte die Königes 


136 
Burg mit ihren, von ihm befegten, Umge⸗ 
bungen unmittelbar an das Ufer und ſchien 
ihn gegen dieſen leztern Unfall zu fihern: 
allein um auch gegen das Erſtere gedeckt 
zu ſeyn, galt es fein Saͤumen, ſich der 
. Infel Pharus, welde die beiden Häfen 
der Stadt beherrſchte, zu bemaͤchtigen und 
bie aegyptifche Flotte, deren Beſitnahme 
feine geringe Truppenmacht nicht geftattete, 
zu zerſtdren. Sie beitand aus funfjig gros 
Gen Galeeren, welche ſich, auf die erſte 
Kunde vom Ausgang der pharſaliſchen 
Schlacht, von der pompeianiſchen See⸗ 
macht getrennt und auf den Heimweg be⸗ 
geben hatten, und demnaͤchſt aus zwei und 
awanzig ähnlichen Kriegsfahrzeugen, die, 
zur Sicherheit des Hafens felbft, hier fhr 
gewöhnlich aufgeftellt waren. *). Beide 





*) Nach allen Umwandlungen, welche acht« 
sebn Yabrhunderte auf diefem intereßanten 
Erdenfleck bewirkt haben, if es dennoch, im 
Ganzen, wie damals; daß nemlich die, tet 
zur völligen Halbinfel gewordene Infel Pba- 
rus zwei Häfen, werilich und öflich, bildet, 
von welchen der Bejtere durch Größe und 
Sicherheit den Vorzug behauptet und daber 


v 


"137. 
Geſchwader, mit allem Erforbernifi ausge⸗ 
ruͤſtet, boten den Aegyptern eben fo auss 
reichende Mittel zum Angriff, als zur Vers 
theidigung, dar; und eben darum hatte 
auch Achillas, indem en Cäfars Quartiere 
beftürmte, den Verfuch,eingeleites, ſich gleiche 


zeitig des Hafens und biefer Schiffe zu 


bemächtigen. 

So erhub fih demnah ein Kampf 
von zwei entgegengefezten Seiten, der, ba 
es hier Alles um Alles galt, mit gleicher 





auch dem ausſchliehlichen Gebrauch der tuͤr⸗ 
tifchen Marine vorbehalten bleibt. An dies 
fem, oder dem añatiſchen Hafen, war ohne 
Zweifel auch zu Caͤſars Zeiten die äguptifche 
Flotte ſtationirt; dabingegen eg fcheint, alg 
bätten feine eigenen Schiffe in dem kleinern 
Hafen Eunokus, an der wetlichen Beite des 
Hafendammes geankert. Denn bei dem Miße 
trauen, mit welchem er fich dieſer Küfte zu 
näpern Urſach haste, laͤßt ſich's nicht wohl 
voraugfessen, daß er fich in denen, nur durch 
eine enge Mündung zugänglichen oͤſtlichen 
Hafen gewagt haben folte, wo er gänzlich in 
der Gewalt der aegyhptiſchen Seemacht gewe⸗ 
fen wäre, die erũ noch kuͤrzlich gegen ihm 
gefochten hatte, 


238 


Anfteengung und gweifelhaftem Erfolge fo. 
lange fortgefezt wurde, bis. es Cäfarn ges 
fang, gegen die Werfte nahe genug vorzus 
bringen, um die feindliche Flotte in Brand 
zu ſtekken. Selbſt durch Alerandria, in 
das Stadtquartier von Bruchion, verbreis 
tete. fih, von hier aus, die verwäftende 

" Flamme, Gegen taufend Gebäude wur⸗ 
den ihr :Raub: aber bejammernswerther, 
als Altes, felbft für eine ferne Nachwelt, 
war der Untergang des großen und in- feis 
ner Art einzigen Buͤcherſchatzes von viers 
malhunderttaufend Rollen — der vollftäns 
dige Inbegriff des menfchlihen Wiſſens 
damaliger Reit — bis zu welchem das 
Teuer vordrang, und ihn in Afche vers 
wandelte. Caͤſar hatte diefen Unfall eben 
fo wenig gewollt, als es in feiner Macht 
fand, denfelben zu verhindern, 

Doch nicht zufrieden mit dem Bors 
theil, welchen die Vernichtung der feinds 
lihen Seemacht ihm gewährte, benuzte 
ex fofort die algemeine Verwirrung, welche 
diefes Ereigniß unter den Aegyptern ers 
zeugte, und den Rauch, der weit umher 
den Gefihtsfreis verfinfterte, zu einer Lan⸗ 


139 


dung auf der Infel Pharus, bie als eine _ 
volkreiche Vorſtadt von Alerandria bes 
trachtet werden fonnte, und wo er ſich 
feft genug fezte, um fünftig feine Zufuh⸗ 
ren zur See und feine eigne Flotte auf‘ 
ihrem Ankerplazze zu fihern. So befüms 
merte ee ihn weniger, daß das Gefecht 
in. den Gaffen der Stadt zu Feiner Ent 
ſcheidung führte; doch gab er in der naͤch⸗ 
ſten Nacht verfchiedene Poften auf, die 
ihn einem Neuen Angriff blos geftellt has 
ben würden: befeftigte fi in der Folge 
durch aufgeworfne Verſchanzungen in den 
Übrigen, und lies fein vornehmftes Augens 
mer dahin gerichtet ſeyn, vermittelft eines 
zwiſchen inne liegenden Theaters, welches 
in ein Kaftell verwandelt wurde, die uns 
mittelbare Verbindung mit dem Hafens 
damme *) und durch denſelben mit Ider 
Inſel Pharus zu unterhalten, 











) Diefer Damm, welher im Verfolg bes 
Krieges noch eine fo wichtige Rolle fpielt, 
war durch Kunf aufgeführt, maaß goo tö« 
miſche Schritte in der Länge, und bieng au 
feinen beiden Enden durch zwei Heinerne Orüfe 


u 


Als fey iedoch die Verwikkelung bes 
großen Schaufpiels, welches der Welt 
hier dargeboten wurde, bisher noch uns 
vollfommen gemefen, mußte gerade iezt 
noch eine neue Mitfpielerinn auftreten und 
den Knoten noch unaufldslicher ſchuͤrzen. 
Die Prinzefin Arfinoe, Cleopatrens jüns 
gere Schweſter, welche, wie es fiheint, mit 
Ahr nach Alerandria gefommen war, fand 
Gelegenheit, dem engern Berwahrfam, wor 
zin fie von Cäfar gehalten wurde, ſich 
heimlich. zu entziehen und hinaus in’s Las 
ger unter Achillas Schuz zu flüchten. Auss 

\ führen des Ehrgeiges auf einen, fo gut als 





fen fowohl mit der Stadt, als mit der In⸗ 
fel, zufammen, Bon feiner Länge, von ſie- 
ben Stadien, führte er den Namen Hepta⸗ 
Radium; und die eben erwähnten Brüden 
waren von fo meiser Bogenſpannung, daß 
die Schiffe, unter denfelben, binweg, von Gi⸗ 
nem Hafen In den Andern laufen tonten. — 
Daß übrigengdie Inſel ſelbſt durch ihrenbeücht · 
rhurm — ein Werk von wunderbarer Pracht 
“and Küpnbeit, in des Knidiers Softratus-Geifk 
empfangen und von ihm ausgeführt — feit der 
Zeit des Königs Btolemäus Bhiladelnhus fch 
auszeichnete, bedarf, als algemein befannt, 
bier kaum einer befondern Erwähnung. 





. Ber 
erfedigt geltenden Thron feinen fie zu 
dieſem gewagten Schritte bewogen zu bar 
ben: doch wenn der Feldherr ſie vielleicht 
Anfangs, um ſich ihres Namens mit Vor⸗ 
theil zu bedienen, nicht ohne Vergnugen 
in feinem Lager aufnahm, fo bemerkte er 
bald, mit fteigender Unluſt, die Beftrebuns 
gen der Prinzefin, fih durch reihe Ges 
ſchenke und noch freigebigere Verheißun⸗ 
gen einen Anhang in dem feilen Heere 
zu gewinnen; und wie gefliſſen auch er 
ſelbſt ihr durch die nemlichen Mittel ent⸗ 
gegen wirken mochte, fo kam doch feine 
Gegneriun iedem ferneren Berfüch feiner 
zift oder Gewalt durch einen entfheidens 
den Gewaltſtreich zuvor. Pompeius Echats 
ten fah feinen Tod durch gleihen Meu⸗ 
chelmord an feinem Mörder vergolten; 
und der Kämmerling Ganymedes, welcher 
diefen, fo wie bie früheren Schritte der 
Konigstochter geleitet hatte, trat in dem⸗ 
felben Augenblick, auch, von ihr ernannt, 
in Achillas glänzenden Poſten. 

Biel iedoch fehlte, daß Caͤſar durch 
dieſen Wechſel der Herrſchaft und der 
Kriegeverwaliung etwas gewonnen ‚hätte! 


142 
Micht nur die Erbitterung der Alerandris 
net, welche ſich in immer neuen Ruͤſtungen 
und Truppenaushehungen, felbft unter den 
Sklaven, bewährte, blieb fih gleich, fons 
dern auch der neue Feldherr entwifkelte in 
biefer, ihm fo fremde fcheinenden, Lauf⸗ 


. bahn eine Thätigfeit, Einfiht und Kuͤhn⸗ 


heit, welce felbft das Talent feines Vor⸗ 
gängers in Schatten ftellte. Gleich feine 


erfte Unternehmung folte den Beweis hie- 


von führen; und ein Genie,' wie Cäfars, 
und eine Ausdauer, wie feiner verſuchten 
Truppen, wurde erfordert, fih den, mit 
unausbleiblichem Verderben drohenden, Fol⸗ 
gen derſelben zu entziehen. 

Ganz Alexandria empfing fein Trink 
waßer aus dem weftlichften Arme des Nils, 
der fein Gewaͤßer, an den füblichen. Mauern 
der Stadt, in den See Marestis „ergoß. 
Allein um den darin aufgelöften Shlamım 
und andre, für die Geſundheit ſchaͤdliche 
Beimiſchungen abzulegen, mußte dies Waßer 
zuvor in den Eifternen ſich abgeklärt has 
ben, womit iedes Haus in feinem Innern 
verfehen war, und die durch unterirdifche 
Röhren mit dem Strome und unter eins 


143 


ander in genaueſter Verbindung ſtanden. 
Ganymedes, der fih Meifter von den obern 
Quartieren der Stadt fah, von wo dieſe 
Kandle ſich niederwärts verbreiteten, bes 
gann mit dem Verſuch, diefe Waßerleituns 
gen und ieden neuen Zufluß, ringe an Ca⸗ 
ſars Poftenferte entlang, mit Sorgfalt zu 
verfiopfen: aber nicht zufrieden, feinen 
Gegnern den Fünftigen Mangel an Trinks 
waßer vorbereitet zu haben, fann er zus 
gleih darauf, ihnen felbft ihren gegenwaͤr⸗ 
tigen Vorrath in den Eifternen durch die 
Deimifhung von Seewaßer ungenießbar 
zu machen. GSchöpfräder und alle Kunfts 
mittel einer, in diefem Theile der Mecha⸗ 
nie fo vorzüglich -geübten Nation, wurden 
alfobald in Bewegung gefezt, die gefalgene - 
Meeresfluch in die Höhe zu leiten, und 
duch die, dazu vorbereiteten, KRandle im 
das feindliche Stadtviertel abzuführen. 
Schr bald fpürten die Legionen eine 
Veränderung in dem Gefhmad ihres Gr 
tränfs, die ſich mit tedem Augenblick weis 
ter verbreitete und ihnen nur die gräßliche 
Ausfiht auf ein nahes Verdurſten Abrig 
ließ. , Beſturzung und Muthlofigkeit bes 


24 - 
gann, ſich der Gemuther zu bemaͤchtigen, 
denen es eben fo unmoͤglich ſchlen, den 
Paz, welchem es an einem fo weſentli⸗ 
Gen Beduͤrfniß fehlte, noch länger zu bes 
haupten, als ſich aus demfelben ohne gleiche 
Gefahr zu entfernen. Ihr Geſchrei ers 
reichte Caͤſars Ohren, deßen Befonnenheit 
nicht lange nah Gründen der Beruhigung 


umherſuchen durfte, um feine Eräftigen Err - 


mahnungen zu Much und Ausdauer zu 
unterſtuzzen. Er ließ fie bemerken, daß in 
ihrer gegenwärtigen Lage, wo man ſich des 
feindlichen Andrangs nur mit Mühe bins 
ter den aufgethärmten Bolmerfen erwehre, 


eine Einfehiffung,; im Angeſicht der- vielfach “ 


überlegenen Xegypter, ſo wie fie mit feis 
ner Ehre unverträglich ſey, auch nicht eins 
mal eine Möglichkeit des Erfolgs verſpreche. 
Man müße lediglih darauf denken, den, 
Feind zu fehlagen, und, bis die erwartes 
sen Verſtaͤrlungen erfchienen, um feines 
Fußes Breite weichen. Fehle es, für die 
fen Augenblick, an trinfbarem Waßer, fo 
dürfe man nur, um beßen genäglich zu 
finden, ohnfern des Geeufere, in dem 


- Sande darnach graben, Oder follte ia, 


wie 


245 


wie in fo manchen Dingen, Aegyptens Bos 
den diefe Vorausſezzung taͤuſchen, fo bleibe 
es dennoch, fo lange das Meer ihm offen 
ſtehe und der Feind ohne Flotte ſey, in 
feine Macht geftelt, fih bei allen Winden, 
von entferntern Punkten der Kuͤſte her, 
mit dem nöthigen Getränk zu Schiffe zu 

verforgen. . 
" Troſtgruͤnde von fo triftiger Art wirks 
ten, was fie follten. Der Verſuch mit 
Brunnengraben ward ohne Aufſchub anges 
ſtellt und — bewaͤhrt gefunden. Denn 
wenn ‚dies Waſſer vielleicht auch einigen 
Salzgeſchmack beibehielt, fo blieb es doch 
geniefbar; und während die Alerandriner 
eine große Kraftanftrengung vergeblich aufs 
gewandt hatten, fanden die Cäfarianer 
felbft in dem befiegten Drangfal den er⸗ 
hoͤhten Muth, ſich neuen und noch drüfs 
Tendern unbezwinglich entgegen zu werfen. 
Die Beftüemung der Verſchanzungen ges 
gen die Etadtfeite wurde unaufhörlih er⸗ 
neuert; aber auch die Ausfälle der Legios. 
nen fanden immer größeres Erſchwerniß 
durch die Werke, welche die Alerandriner 
den römifchen Wällen.in ieder Straße und 

4 Band. K 


146 


iedem Gaͤßchen dreifach Hintereinander aus 
Quaderſteinen und bis zu einer Höhe von viers 
39 Schuhen entgegenthürmten. Ihre uns 
ermeßliche Wohlhabenheit ſezte fie in den 
Stand, die Koften folher Unternehmung 
zu beftreiten ; und nicht minder bewährte 
ſich ihr Erfindungsgeift in der gelungenen 
Nahahmung von Rollthuͤrmen, die über 
all, 100 es Noth that, hinbewegt würden, 
und der Anwendung isder andern Art von 
Kriegsmafchinen, worin fie nicht felten für 
gar ihre Mufter Übertrafen. In Afen 
regte ſich der gleiche Abſcheu, Aegypten, 
wie es immer fichtliher den Anſchein ger 
wann, durch Caſar zu einer römifchen Pros 
vinz berabgerohrdigt zu fehen; und eben 
fo waren fie überzeugt, daß ihr Widers 
fand nur fruchten Fönne, fo lange noch 
die herrſchenden Winde ihn von ieder Uns 
terſtuͤzzung abſchnitten. 

Allein auch Caͤſar verdoppelte + ſeine 
Anſtrenaungen, um den engen Raum, den 
er beherrſchte, nicht nur durch immer neue 
Schuzmittel zu ſichern, ſondern auch all⸗ 
mählig zu erweitern. Zwar widerſtanden 
die ſtarken Mauern und Gewölbe der Ges 


247 , 


bäude ieder fernern Gewalt des Feuers: 
doch aus ben verlaßenen Käufern felbft ließ 
er, durch gebrochene Deffnungen, die Maus 
erbrecher gegen die nachſt anftoßenden Wände 
foielen und auf den dadurd gewonnenen 
Schutthaufen feine Verfhanzungen, Gra⸗ 
ben und Abſchnitte ausdehnen. *). 
Vornehmlich verfolgte der Imperator 
den Zweck, ſich zum Meiffer. desienigen 
Viertels zu machen, welches da, wo noͤrd⸗ 
lich das Meer und von Saden der See 
Mareotis die Stadt am meiften einengen, 
biefelbe in ihrer ganzen Breite durchfchnets 
det. Er gemann alsdbann den doppelten 
Woreheil, die Alerandriner im zwei unzus 
fammenhängende Maffen zu trennen und 
dadurch die Kraft ihres Angriffs um eben 





) Sollte man nicht glauben, fich bier in 
die neuefte Belagerung von Saragoſſa ver- 
fezt zu. fehen, wo ſich Frangofen und Spas 
niet, mitten in der Stadt, den Befiz einzel⸗ 
ner Häufer und Quartiere mit gleicher Hart · 
näffigkeit fireitig machten? — nur daß hier 
der unterirdifche Minenkrieg das leiftete, mas 
Cäfar der Kraft feiner Stuemböfte vers 
dantte. 

82 


148 


fo viel zu fehwächen, als er ſelbſt die ſei⸗ 
nige freier und thätiger konnte wirken far 
sen; fo wie er ſich auf diefem Wege nicht 
minder eine Gemeinfhaft mit dem See 
eröffnete und an deſſen geänenden Ufern 
felbft einige Aushälfe für die Finterung 
feiner Reiterei erwarten durfte. 

Endtih ſchien iedoch ein Hoffnungs⸗ 
ſchimmer für, Caſars drangvolle Lage in 
der Ankunft der ſieben und drelßigſten 
Legion aufzugehen, welche, urſpruͤnglich aus 
Pompeianern zuſammengeſezt, nunmehr dem 
Gluͤkke des Siegers folgte und von Dos 
mitius Calvinus, den erhaltenen Befehlen 
gemäß, mit vollftändiger Ausrhftung war 
eingefhifft worden. Die Winde hatten 
diefe Transportflotte etwas oberhalb Ales 
xandria verſchlagen, wodurch fie verhindert 
wurde, dieſen Hafen ſofort zu erreichen, 
und weshalb fie ſich einſtweilen an einer 
bequemen ‚Stelle der Kuͤſte vor Anker legte. 
Zu Begierig, ihre Vereinigung mit feiner 
geringen Macht zu bewirken, ale daß er 
eine ungewiſſe Veränderung des Windes 
hätte erwarten mögen, gieng Cäfar den 
erwuͤnſchten Antömmlirigen mit feiner gan 


149 


gen Flotte, wiewohl ohne Bemannung von 
Landtruppen, welche in den Verſchanzun⸗ 
gen nicht wohl zu entrathen waren, zu 
ihrer Sicherſtellung entgegen. 

Denn allerdings hatten die Aegypter 
die Einbuße ihrer alexandriniſchen Flotte 
nicht fo yleihmüthig ertragen, daß fie nicht 
mit angeftvengtem Fleiße verſucht hätten, 
eine neue Seemacht aufjuftellen, welche 
ihnen bald bedeutend genug fhien, um - 
mit derfelben angriffsweife zu verfahren. 

Nie zeigte ſich ihnen auch die Gelegens 
heit bequemer, um mit Einem Streiche 
ſowohl die angelangte Verfärfung zu ver⸗ 
eiteln, als uͤber des Imperators wehrloſe 
Kriegsflotte einen wohlfeilen Sieg davon 
zu tragen. Schleunigſt wurde demnach 
Alles, was von Schiffen ſich in der Nähe 
amd in fegelfertigem Stande befand, mit 

Truppen angefüllt, und ſtach mit dem Vor⸗ 
ſaz in See, ſich dem Feinde bei ſeiner 
Rackkehr in den Weg zu legen, und ihn 
von Alerandria abzufcpneiden. 

Gewiß iſt's, dag Caͤſar, da er ſie un⸗ 
erwartet anrukken ſah, ein Treffen gern 
vermieden hätte, auf das er fo wenig ges 


150 


faßt war, und das gänzlich außer feinem Plane 
lag. Seine ganze Flotte‘ erhielt Befehl, 
ſich in einer engeren &telung der Küfte 
näher zu legen, wohin die größern Schiffe 
des Feindes ihm zu folgen vielleicht Anftand 
nehmen möchten. Dennoch befolgte eine 
shodifhe Galeere auf feinem rechten Flür * 
gel diefe Anordnung fo faumfelig, daß fie 
weit unter dem Winde zu liegen fam und 
den Xegyptern eine zu willkommne Beute 
darbot, ale daß fe nicht mit mehr als 
vierfacher Uebermacht, taſch auf diefelbe - 
tosgegangen wären. Cäfar hatte nur die 
Baht, fih duch die Wegnahme dieſes 
Schiffs vor feinen Augen befhimpfen zu 
laßen, oder das Zeichen zum allgemeinen 
Angriff zu geben. Das Lestere geſchah; 
und die Rhodier, welche Hier den ſchimpf⸗ 
lichen Vorwurf einer Vernachläßigung von 
Fi abzumehren hatten, übertrafen ſich ſelbſt 
in Muth und Geſchicklichkeit der Wendun⸗ 
gen an diefem Tage fo fehr, daß der Sieg 
nicht, lange zweifelhaft blieb. Der Feind 
wid mit entfchledener Einduße an Wolf 
und Schiffen. Nur die zu früh eintres 
tende Dunkelheit rettete den Reſt vor eis 


151 


nem ähnlichen Schickſal; der Sieger aber 
fand nun fein Hinderniß mehr, fein Huͤlfs⸗ 
geſchwader durch die Galerren im Schlepps 
tan nach Alerandria führen zu laßen. 
Der Verluſt diefes, durch die bloße 
. Anftrengung der cäfarifhen Seeleute ent 
fhiedenen, Treffens, gab den Aegypten eis 
nen zu deutlichen Beweis von der über 
legnen Geſchicklichkeit derfelben, ale daß fie 
nit, anftatt ihren Feind noch ferner im 
der hohen See aufjufuhen, lieber ihre 
Kräfte gegen einen Punkt gerichtet hätten, 
wo fie dieſe Ueberlegenheit minder fuͤrch⸗ 
ten durften und dennoch Caͤſars Herrſchaft 
zur See einen empfindlichen Stoß verfep 
zen konnten. *) Sey es nemlich, daß feine 





Eine große Luͤkke in des Hirtius Ges 
ſchichte des alexandriniſchen Krieges unter⸗ 
bricht bier, ſehr sur unzeit, den Faden der 
Ereigniße; wofür die ſchwankenden Berichte 
der Übrigen Geſchichtſchteiber ung nur einen 
Febr ungenügenden Erſaz gewaͤbren Ich babe 
mich bier bemüht, dieſe Lüfte durch einige 
Coniecturen zu füllen, welche theilg aus ienen 
fellvertretenden Angaben zu fhöpfen waren, 
theils aus der weitern Erzaͤhlung des Hirtius 
als nothwendige Praͤmißen folgen. 


152 


frühere Unternehmung gegen bie Inſel 
Pharus ihn nicht in den völligen Beſiz ders 
ſelben fezte, oder daß 'er fich auf diefem 
Punfte allmählig für zu fiher hielt: — 
genug, wir finden die Alerandriner in eis 
nem, um etivas fpätern, Zeitraume nice - 
bloß wiederum als Meifter diefes wichtigen 
Pofteng, und, in deßen Folge, auch des 
ftlihen Hafens, fondern felbft aud das 
Heptaftadion den Römern entrißen; und 
Diefe Reihe von bedeutenden Vortheilen 
ſcheint fogar vorausjufeggen, daß den Ae⸗ 
gyptern auch in dem, von Caſars Waffen 
behaupteten Stadtquartiere mehrere gluͤck⸗ 
liche Eingriffe gelungen feyn mußten, wo⸗ 
durch daßelbe von dem unmittelbaren Zur 
fammenhange mit dem Hafendamme abges 
fehnitten worden. Wenigſtens fehen wir 
den Imperator (defen Flotte wir ftets im 
dem weftlihen Hafen aufgeftelt annehmen 
möüßen) ausfchließlic damit befhäftigt, die 
feindlichen Stadtviertel an diefer nemlichen 
&eite vermittelt derſelben anzugreifen, fo 
wie feine Gegner bemhht, ſich dagegen vom 
der Höhe ihrer Käufer herab und dur 


153 


vorgebaute hölzerne Gerüfte zu vertheldi⸗ 
gen. *) 

Allein eben dieſe ungehinderte Werk 
thätigfeit der römifhen Seemacht fezt auch 
eine abermalige Laͤhmung oder Vernichtung 
der ihr entgegengefezten, durch wiederheite 
Gefechte, voraus; und wenn uns gleich 
Aber Vorfälle von fo hoher Bedeutung die 
nähern Nachrichten mangeln, fo erhellt doch 
fo viel, daß diefe abermalige Einbuße der 
Alerandeiner nicht weniger, als gegen funfs 
39 große und Heine Schiffe betragen has 
ben könne. **) Bald waren fie in einem, 





*) Aus diefen veränderten Punkten des An⸗ 
grifs dürfte man, fo wie aus dem fpätern 
leichten Vorbringen der Alexandriner gegen 
den Hafendamm, wohl ſchließen, dag Caͤſar 
in dem von ihm behaupteten Stadtviertel bes 
deutende Einbußen erlitten haben mußte. Ge» 
wiß aber wurde feine Lage mit iedem Tage 
drangvoller; und fie allein würde binreichen, 
ſeine Nachgiebigkeit gegen die Forderung deg 
Hegypter, ihnen ibren tungen König auczu⸗ 
liefern, gu erklären. 

0) Es könnte nathrlicher fcheinen, die Ver⸗ 
brennung der feindlichen Flotte im Hafen, 
deren oben gebacht worden, in diefen ſpaͤtern 


154 


Buftande der Erſchopfung, ber ihnen nice 
mehr erlaubte, fi in ofnem Kampfe mit 
ihren Gegnern zu meßen; fondern befchränft 
auf den Umfang des größern Hafens, wage 
gen fie es nur iezuweilen, unter den Bruͤk⸗ 
Tenbogen des Hafendammes mit ihren klei⸗ 
nen ‚Fahrzeugen hervorzufchläpfen und Ca⸗ 
fars Flotte durch plözlihen Ueberfall zu 
neffen, oder einzelne Schiffe abzuſchneiden 
und zu verbrennen. 





Zeitraum zu fesgen, und daraus die Schwie⸗ 
tigfeit zu erklären, welche die Alegandeiner 
gu überwinden hatten, um eine neue aufjue 
fellen. ABein Cäfar fest iene Maaßregel zu 
beſtimmt gleich in den Anfang der begonnes 
nen eindfeligkeiten, (vergl. Bürg. Kr. B. III. 
8. 111.) als dag ſich eine folche Verwechſe⸗ 
lung der Beiten rechtfertigen ließe, Jener 
Verluſt betrug etwa 70 Segel: da aber Hirs 
tius (R. 19.) von iao verlornen Schiffen 
ſoricht, fo mußten noch gegen 50 Fahrzeuge 
in ſpaͤtern Gefechten darauf gegangen fepn. 
Wo und wie diefe vorfielen, möchten wie 
dielleicht aus Dio Caſſius (B. 42. K. 33 und 
40.) lernen, wo er berichtet: die Alegandris 
ner bätten befürchtet, im Hafen felbft ange 
griffen zu werden, und deshald den Entfchluß 
gefaßt, den Eingang deßelben, bis auf eine 


"158 j 

Noch aber gab Ganymed's Fühner 
Muth die Hofnung nicht auf, den Römern 
auch auf: diefem ungetreuen Elemente die 
Palme wieder zu entreißen, und feine Zus 
verfiht, fo wie feine Ermunterungen, bes 
lebten wirklich den Eifer feiner Landsleute 
in dem Maaße, dag der Gedanke, noch 
einmal eine Seemacht in’s Leben zu rufen, 
ſchnell zur That gedich. An tächtigen See⸗ 
leuten konnt' es in, einer fo bedeutenden 





Beine Defnung, zu verfchätten; worauf Caͤ— 
far dieſe vollends ducch Steine in verſenkten 
Laſtſchiffen verfperren laßen. Gpäterhin babe 
Ganpmed, mit einer neu errichteten Flotte, 
die Römer unvermuthet angegriffen, ihre 
Tronfvorsfchiffe verbrannt oder mit ſich forte 
geführt, und, nachdem er den verfiopften Has 
fen wieder eröfnet, feinen Gegnern viel zu 
ſchaffen gemacht. Allein fo, wie er dies lege 
tere Factum mis dem gleich darauf folgenden 
Angrif gegen die Dammbräfezufammenitelt, - 
ergiebt ſich's genugfam, daß er die hierbei 

* flattgefundene Verſchüttung mit iener Hafene 
fverre verwechfcht und dadurch einen aber⸗ 
maligen Beweis liefert, welch ein unſichrer 
FZabrer er, fo wie in Allem, fo auch infonders 
beit in der Anordnung der kriegeriſchen Er⸗ 
eigniße it. 


Handelsſtadt — felbft nach Alten, was ber 
Krieg bisher bingeraft hatte — weniger 
fehlen, ‘als an Schiffen und den Mitteln 
zur Ausräftung derfelben. In diefer Vers 
fegenheit rafte man demnach nicht nur die 
Zollſchiffe aus allen Nilmindungen zufams 
men, fondern zog felbft eine Anzahl alter, 
halb vermitterter Rampfe wieder hervor, 
und beßerte fie in biefem Nothdrang möge 
lichſt aus, indem man «darauf rechnete, daß 
es bier auf Feine weiten Seefahrten ans 
Zomme, fondern Kampf und Sieg ohnfern 
bes Ufers, oder gar im Bezirk des Hafens, 
gelten werde. Als es dann noch an Rus 

dern mangelte, bedachte man fich nicht, das 


Gebaͤlk mehrerer öffentlichen Gebäude zu - 


diefem Gebrauch zu verwenden; und eine 
gleihe Erfindfamfeit legte fih in der Abs 
Hülfe iedes andern noch aufftoßenden Bes 
dürfnißes zu Tage. 

Auf diefe Weife darf es nicht befrem⸗ 
den, wenn Cäfar, binnen unglaublich kur⸗ 
ger Zeit, unter feinen eigenen Augen gleiche 

" fam,.eine Flotte von fieben und zwanzig 
fünfs und vierrudrigen Galeeren (die klei⸗ 
nen unbedeckten Fahrzeuge ungerechnet) ents , 


257 


ſtehen ſad, welche, Aberfläßig bemannt, im 
Hafen ihre Voräbungen zum Treffen ans 
ſtelten. Seine eigne Schifsmacht zählte 
zwar einige Seegel mehr: doch wid fie 
iener in der Größe der Galeeren. Allein 
nie gewohnt, dergleichen Unterſchiede aͤngſt⸗ 
lich zu berechnen, fidzte er ſich auf die ſchon 
erprobte Tapferfeit feiner Streiter und die 
Heberlegenheit feiner Seeleute. Er durfte 
aber feinen Gegnern auch Feine Zeit laßen, - 
ſich in noch ſchlagfertigern Stand zu fig 
gen; und fo ward in feinem Schifsrathe 
der unverzögerte Angrif befchloßen. 

Der Feind mußte dem zufolge in feis 
ner iezzigen Stellung aufgefucht, und alfo 
auch der Pharus umfchift werden, bevor 
man ſich ihm vor dem Eingange des Has 
fens darftellen konnte. Beides gefhah mit 
der mufterhafteften Ordnung in zwei, nes 
ben einander fegelnden Geſchwadern, denen 
ein Ruckhalt folgte, um iede entftehende 
Lükfe augenblicklich auszufüllen. Doc) auch 
"die Alerandriner fäumten bei'm Anblick 
biefer drohenden Bewegungen nicht, ihre 
Schlachtlinie von zwei und zwanzig Se⸗ 
geln und einem zweiten Khlfstreffen, am 


158 . 

Eingang des Hafens, zu entwikkeln; waͤh⸗ 
‚rend eine Menge Eleinerer Barken, mit 
feuerfangenden Sachen angefült, fie um« 
ſchwaͤrmte und mit neuen furchebaren Mit⸗ 
teln der Zerftörung drohte. Ganz Alexan⸗ 
dria, auf die Mauerzinnen und Dächer 
vertheilt, brannte vor Begierde, der Zeuge 
eines Kampfes zu werden, deßen gluͤckhafte 
Entfcheidung Caſars Sache unrettbar vers 
foren gab; wogegen auch der widrigfte Ers 
folg Ahr eigenes Schickſal nicht merklich 
serfhlimmern Eonnte. 

Noch trennte eine Sandbank, bie ſich 
mit einer ſchmalen Deffnung vor dem Ha⸗ 
fen himog, die beiden Flotten; und feine 
ſchien geneigt, ſich durch diefe enge Durchs 
fahrt zu wagen, welche es eben fo ſchwie⸗ 
rig machte, ſich hinter derfelben ſchnell ges 
nug wieder auszubreiten, als, bei erlittes 
nem Unfall, einen fihern Ruͤckweg zu fine 
den. Caſars Verlegenheit ward iedoch ges 
endige, da Euphranor, der Führer ſei⸗ 
nes rhodifhen Geſchwaders — ein Mann 
von eben fo feltnem Muth, als Erfahrung 
im Seeweſen — fich ihm erbot, mit vier 
feiner Galeeren durch diefe Hafenmändung 


159 
voranzugehen und die ganze feindliche Flotte 
fo lange zu befchäftigen, bis die übrigen 
Schiffe, unter dem Schuzze dieſes Wag⸗ 
ſtucke, Zeit und Raum gefunden haben 
würden, fich neben ihm aufjuftellen. 

Der wakkere Seemann hatte nicht zu 
viel verfprochen! Denn wie ungeftäm auch 
Die Alerandriner auf dies fehronche Geſchwa⸗ 
der eindrangen, To ftand es doch ihrem Ans 
griffe; vermieb durch gefchicte Wendungen 
iedes verfuchte Abftreifen der Ruder; ges 
mann immer- mehr Breite, und fejte die 
nachruͤkkende Flotte in Stand, ſich ihm all⸗ 
mählich von beiden Seiten anzufchließen. 
Bald verbot der beengte Raum des Hafens 
iede weitere Fünftlihe Bewegung. Das 
Handgemenge begann zwifchen den einzels 
nen Schiffen; und nicht die Geſchicklich⸗ 
Zeit, fondern das Gewicht der Waffen, 

» gab hier den Ausfhlag. Cäfars Streiter 
mußten, daß auf der Kraft ihres Schwerd⸗ 
tes ihr Heil beruhte. Ihm und fich felbft, 
wie ihren zufchauenden Kriegsgefährten, 
hatten fies gelobt, an dieſem Tage ſich 
ſelbſt zu übertreffen und keine in fie ge 
feite Erwartung zu taͤuſchen. Keine Tap⸗ 


- 160 5 

ferkeit der Gegner Eonnte ihnen auf die 
Länge. widerftehen; und felbft die zugeru⸗ 
ſteten Brander, auf deren Wirkfamfeit 
die Alesandriner fo zuverfihtlich gerechnet 
hatten, wurden auf dieſem befchränkten 
Kampfplazze unndz, wo ſie ihr Feuer nicht 
von ſich fprühen konnten, obne der be 
freundeten, wie ber feindlichen Flotte glei 
en Untergang zu bereiten. *). Bald 
war au der Sieg unwiderſprechlich im 
Caſars Händen. Ohne daß die Römer 
ein einziges Schiff einbüßten, fahen ſie 
drei feindlihe Galeeren vor ihren Augen 

’ . fine 





*) und doch — wenn fie nun, bei ohnebiũ 
aufgegebenem Siege, auch diefes lezte Mittel 
der Verzweiflung nicht verſchmaͤht bättem? 
Sie gaben danın freilich die Flotte vollends 
preis, und vieleicht die größere Hälfte der 
Sciffsmannfchaften dazu: — allein was 
ward dann aus Caͤſar? — Selbft die Furcht, 
diefen Sieg, aus gänilichem. Mangel an 
Schiffen, weiter nicht benuuen zu fönnen, 
durfte fie nicht zuruͤckſchrekken: denn danu 
war wahrſcheinlich auch zugleich der. ganze 
Krieg beendigt. .s 


101 


ſinken, zwei in ihre Gewalt gerathen, und 
die übrigen. ſich unter den Schuz der na⸗ 
ben KHafendänıme flüchten, wohin fie ſelbſt 
ihnen nicht folgen durften. 

\ Hier offenbarte fih nun dem Impera⸗ 
tor die Wichtigkeit diefer Damme und des 
Beſizzes der Inſel, an welche fie fließen, 
zu deutlich, als daß er nicht gewuͤnſcht ha⸗ 
ben folte, das Schrekken feines Sieges zu 
einem unmittelbaren Angrif auf beide zu 
benugzen; während eine verftelte Bewegung 
gegen die Stadt felbft ieden Beiftand von 
dorther vereitelte. Auch der Feind auf der 
Inſel Pharus folte, durch einen ſolchen 
falſchen Angtif, wozu die großen Galeeren 
beftimmt wurden, auf dem entgegengefejten 
Ufer irre geführt, dagegen aber die eigent⸗ 
liche Landung weftlih durd eine Anzahl 
flacher Fahrzeuge bewerkfteligt werden. Ca⸗ 
far erlas zehn Kohorten zu dieſer Unter⸗ 
nehmung, denen er noch eine Anzahl ums. 
beritten gewordener Gallier, als leichte. 
Truppen, beifügte; %) und eine ausgejeich⸗ 





) Auf dieſe eben fo natürliche, ale durch 
Hirtkus Tett ſeivũ serehfetgte Beife Täßt 
4. Band. 


162 


nete Belohnung war dem Braven zugeſi⸗ 
here, welcher zuerft auf der Inſel feften 
Fuß faſſen wuͤrde. 

Die natärliche Beſchaffenheit des See⸗ 
grundes umher, wo es von Klippen und 
Untiefen mwimmelte, fo wie bas felfigte 
ſteile Ufer felbft und die leichtere Verthei⸗ 
digung von der Höhe deffelben und der 





ſich's, ohne ihn einer Ungereimtheit zu bes 
zuͤchtigen, erflären, wie Cäfar dazu fam, 
biefe gallifchen Reiter zum Angrif gegen eine 
Keile, felfigte und von der Beſanung Guß 
vor Fuß vertheidigte Inſel einzufchiffen: wo⸗ 
durch alfo eben fowohl Warnery’s Übel an⸗ 
gebrachter Spott (Remarques p. 148.) Meg« 
fällt, als die von Roͤſch mit minderm Erfolg, 
als gewöhnlich, verſuchteZurechtfuͤhrung über« 
Füßig wird. Gäfars 900 gallifche Reifige hat⸗ 
ten, nad) einer Einfchliefung von mehreren 


Monaten, und bei gewiß drüffendem Mangel 


an grüner Fütterung ‚ ohnſtreitig den größe 
ten Theil ihrer Pferde einaebuͤßt. Wie fol« 
ten aber fo trefliche leichte Reiter nicht auch 
als leichte Fußtrupven erforießliche Dienſte 
haben leiſten fonnen? Caͤſars Lage war ob⸗ 
chin nicht von der Art, um zu den verſchle⸗ 
denen Gattungen ‚von Felddienſt eine große 
Auswabl unter feinen Truppen zn erlauben, 


163 


Gebäude herab, vereinigten fih bier mit 
Sem entfchloßenen Widerfiande der Bes 
woohner, der Unterftüggung des noch übri⸗ 
gen Reftes ihrer Flotte und:ihrer genaueh 
Kenntniß des: Fahrwaffere, um die feind: 
liche Landung, bier wie dort, zu erſchweren. 
Als’ tedoch die Caſarianer fih durch -die 
Untiefen glädlich ‚hindurch gemunden hat: 
ten, und es ihnen erft an Einem Punkte 
gelungen war, das Ufer zu gewinnen, zer⸗ 
freuten ſich auch die ihnen entgegenftehen: 
den Fahrzeuge, deren BDeſazzung ſich dar 
auf den Landtruppen anfchloß und mit dens 
felben, von der Höhe der Verfchanzungen 
herab, vereinigten Widerftand leiſtete. Den⸗ 
noch glich ihr Rüd.ua einer Flucht‘ fo fehr, 
daß fie überall hin Furcht und Werwirs 
rung mit ſich brachten und es dadurch den 
Angreifenden erleihterten, die Schanzen, 
troz dem, Mangel an Sturmgeraͤth, zw 
erſteigen. Was nicht unter ihrem Schwerdte 
fiel, ſuchte feine Rettung, indem es, über 
den Damm hinab, fi in’s Meer ſtuͤrzte 
und queer dur den Hafen ſchwamm. 
Etwa fehshundert wurden gefangen, die 
2a 


"264 
Gebaude der Inſel aber der Ppiundenung 
preisgegeben. 

So ſah nunmehr Caſar nicht nur die 
Inſel, fondern auch die Bruͤcke, wodurch 
dieſelbe mit dem Hafendamme zuſammen 
hieng, in feinen Haͤnden. Dieſe leztere 
(für ihn ein Gegenſtand von vorzuglicher 
Wichtigkeit!) ließ er fogleich befeſtigen und 

- mit einer Befazpung verfehen: allein um 
die volle Frucht feines Sieges zu erndten 
und Meifter des, vom Feinde geräumten 
Heptaſtadions zu bleiben, mußte, auch noch 
die zweite Bruͤcke am entgegengefezten Ende 

dieſes Dammes, melde nad) der Stadt 
bhineinfähete, dem feindlichen Beſiz entriſ⸗ 
fen werden. Des näcften Tages alfo legte 

ſich feine Flotte diefem Poften zur Seite; 
feine großen Kriegsmaſchinen ſchuͤtteten, 
mit den Bogenſchuͤzzen in die Wette, eine 
Saat von Pfeilen Aber diefen Punkte, aus, 
und machten es der feindlichen Beſatzung 
unmöglich, ſich länger auf der Bruͤcke zu 
behaupten. &o wie fie den Fuß zuräds 
zogen, folgten ihnen aber auch drei aus 
geſchiffte Kohorten von .dem Damme ber, 
welche dieſen Poften, gegen die. Stadiſeit⸗ 


165 


bin, mit Pfählen verrammelten, zugleich 
aber auch den Bruͤckenbogen, welcher den 
Feinden, bei. ihren bisherigen Verſuchen 

. gegen Cäfars Flotte zur Ducchfahrt gedient, 
mit herbeigefchleppten Steinen zufüllen folls 
ten; — eine Arbeit, die, wenn fie hätte 
volführt werden Finnen, das Ducchfchläps 
fen felbft des Eleinften Machens verhindert 
haben würde. — 

Es fand nicht zu erwarten, baß die 
Alerandriner dies ruhig wuͤrden gefchehen 
laßen. In der That boten fie auch für 
fort ihre ganze Macht auf, um gegen die 
Bräde, von der Stadtfeite her, anzuftürs 
men, während ihre Kriegsbarken ſich ders 
felben und dem Hafendamme von ber dfts 
lichen Seite näherten und ienen Angriff 

. unterftözten. Noch fämpfte man mit fteis 
gender Erbitterung, als die Ruderer und 
das Schiffsvolk der cAfarifhen Galeeren, 
weiche außer dem Bereich des Gefechtes 
jagen, entweder von Meugiet, oder unrus 
higer Kampfluft getrieben, häufig die Schiffe 
verließen, und auf dem Damme, im Ruͤk⸗ 
ten der Brädg, zufammenftrömten. Ihre 

" Gegenwart und die Kraft ihrer Wurfwaf⸗ 


266 


fen hielt Anfanas die feindlichen Fahrzeuge 
in fcheuer Entfernung; bis Diefe endlich, 
höher am Damme hinauf, eine Landung 
bewerkſtelligten 'und nun den unordentlich 
zuſammengelaufenen Haufen mit Macht 
vor ſich her draͤngten. So wie ſich hier 
die Zahl der Gelandeten,! mit ihrer Zu⸗ 
verfiht, mebrte, und um die. Weihenden 
her der Raum ſich verengte, ftieg auch 
Bei den Lejtern der Schreck und die Bers 
wirrungz der Vorwiz verwandelte · ſich ſchnell 
in Muthloſigkeit, und Alles ſah ſich nach 
Flucht und Rettung in die kaum verlaße⸗ 
nen Schiffe um. Selbſt am Borde zog 
man, mit übereifter Haſt, die Schiffsleis 
tern ein, um nicht, mit den Flüchtlingen 
zugleich, die nachdringenden Werfolger bei 
ſich aufjunehmen, : 

Ein :niederfchlagender Anblick für die 
drei Kohorten auf der Bruͤcke, welche von 
vorne her mit Wuth beftärmt, nun auch, 
verlaßen von den Ihrigen, den Feind im 
Rüden fühlten und ſelbſt nicht einmal auf 
eine fihre Zuflucht zu ihren Schiffen mehr 
zu rechnen hatten! „Was nicht, in der Rath⸗ 
loſigkeit eines gebrochenen Gegenwehr, uns 


167 


ser bem Schwerdte ber Alerandriner gu 
Grunde gieng, ftärzte ſich mit Uebereilung 
im die nächften. Fahrzeuge, welche aber, zu 
einem gutem Theile an Mannſchaft Übers 
faut, in den. Wellen verſanken. Wenige 
waren ſo gluͤcklich, auf Kaͤhnen, oder 
ſchwimmend aut ihren, Schilden; die weis 
ter abwärts anfernden. Schiffe zu erreis 
hen. Die Brüde ſelbſt gieng, unrettbar 
und mit einer- Cinbufe von. vierhundert 
2egionariern, nebſt wenigfteng, der gleichen 
Zahl von.Seeleuten, verlohren, 

Caſar felbft, mitten, im Gewuͤhl der 
Erſchrockenen, hatte. lange verfucht, fe durch 
feine &timme und fein Beiſpiel Jur mus 
tigen Fortfegzung des Gefechte zu ermuns 
tern. Als er aber Alles taub, gegen fein 
Zureden und ſich ſelbſt in fteigender Ge⸗ 
fahr erblickte, blieb ihm nur übrig, dem 
unaufhaltſamen Strome der Fliehenden 
zu folgen. Zwar erreichte ex feine Barke: 
allein in der allgemeinen Verwirrung war 
es eben fo unmöglich, fie vom Ufer abzu⸗ 
fleßen, als das finnlofe Eindringen ber 
‚Menge z0 verhüten. Jeden Augenblid 
mußte er, entweder die Gegenwart des 


168 


Feindes, oder das Sinken des Fahrzeugen, 
erwarten. Beiden zu entgehen, entfchloß 
er fih zu einem rafchen Sprunge lin die 
Wellen; hielt body in der Linken eine Ans 
zahl wichtiger Papiere, bie er nicht wollte 
naß werden laßen, empor; ruberte ſich 
mit der Rechten vormärts;- tauchte unter, 
fd oft von dem Damme nad ihm geſchoſ⸗ 
fen wurde; ſchleppte feinen abgeftreiften 
Purpurmantel, der die freie Bewegung 
des Schwimmens verhinderte, mit den 
Zähnen nad; mußte ihn zivar endlich fahr 
ven laßen, aber genoß auch, nach einem 
äurädigelegten Wege von-zweihundert Schrits 
“ten, ben ſchoͤnen Lohn feiner Geiftesgegens 
wart, fih am Bord der näcften Galeere 
gluͤcklich gerettet zu fehen. Hinter ihm 
verfanE feine Barfe wirklich, von Fluͤcht⸗ 
lingen überfüllt, in die Tiefe; ben Mans 
tel, von mehreren Pfeiten durchbohrt, ſiſch⸗ 
ten die Ulerandriner alfobald aus dem 
Meere auf; und in dem ſchmeichelnden 
Bahn, daß fein Beſitzer den Wellen zum 
Raube geroorden, fügten ſie ihn, ale die 
koſtlichſte Beute, der Trophäe bei, welche 
fie diefem Siege zu Ehren aufrichteten. 


269 


Nur zu bald indeß überzeugte fie Ca⸗ 
far von feinem Leben und feiner ungebros 
denen Kraft!. Zivar fäumten fie nicht, die 
wiedergewonnene Bruͤcke, duch daneben 
aufgeworfene neue Werke, aufs ſorgfaͤl⸗ 
tigfte zu verwahren und die verftopfte 
Durchfahrt wieder zu öffnen: doch eben fo 
wenig auch ließen die Legionen ſich eins 
ſchuͤchtern, ‚und was auf diefer Einen 
Seite verlohren gegangen, wußte !ihr ges 
reiztes Ehrgefühl anderweitig um fo nach⸗ 
drüdticher gewinnreich einzubringen. Def - 
ter mußte ihr Verlangen nach Arbeit und 
Kampf von Cäfar gezügelt werden, als es 
dazu des Sporns feiner anfeuernden Worte 
bedurfte. Anftatt ſich Durch die immer , 
weiter hinausgeruͤckte Dauer diefer gefpanns 
ten und vermidelten Lage ermattet zu fuͤh⸗ 
len, wuchs nur der Troz, fie fiegreih ums 
wugeftalten,  zugleih mit der Hoffnung/ 
endlich durch die täglich erwarteten Ver⸗ 

ſtarkungen fih in den Stand zu ſetzen, 
mit erhöhten Nachdruck zu Werke zu gehen. 

Ob Cäfar felbft diefe Erwartungen in 
feinem Innern mit der nemlichen frohen 
Zuverſicht nährte, wie er ſich Außerlich das 


270 

Anfehn gab, möchte fih nur ſchwer ent« 
ſcheiden laßen. Oder war es wiederum. 
nicht ſowohl das Mißtrauen in feinem. 
gluͤckhaften Stern, als nur die fo oft ſchon 
erprobte Waffe der Lift und einer uner⸗ 
gruͤndlichen Kunft der Politik, was ihm 
bewog, ſich feinen Gegnern, wo möglich, 
auf einem friedlichern Wege zu nähern? 
Schon dfter. hatte er den tungen König, 
defen gezwungenen Aufenthalt in den rd⸗ 
mifchen Quartieren mit Cleopatrens freis 
toilfigem Verweilen einen auffallenden Ges 
genfay bildete, den Alerandrinern an ei⸗ 
nem erhabenen Drte vorgeführt und ihm 
Worte des Friedens und der Verſohnung 
in den Mund gelegt. Allein wie heilig 
fie Diefer auch verſichern mochte, daß er 
feine Gewalt erleide und daß es, zn Fuh⸗ 
rung feiner Sache, Feiner Waffen bedärfe, 
fo Lehrte doc der Augenſchein zu deutlich 
das Gegentheil, als daß feine Worte eint 
gen Eindrud hatten machen fönnen. *) 





*) Auf eine wunderbare Weiſe äbnelt in 
diefim, wie in vielen andern Zügen, Caͤſars 
Aufenthalt in Alexandrig der Enge, worin 


E72 
Sey es nun, daß ber Gedanke in den, 

- um des fungen Ptolemdus) Perfon geblies 
benen, Räthen zuerft entftand, oder daß 
er ihnen von Caſar ſelbſt an die Hand ge⸗ 
geben wurde: — *) genug, es wurde durch 
einige alergndrinifhe Abgeorditete bei ihm 
der Wunſch zur Sprache gebracht, daß der 
König, ihr rechtmäßiger Herr, in die Mitte 
feines Volks zurüdfehren möchte, um dem 
inneen Zwieſpalt defelben, Arfinoens Ans 
maßungen und Ganymeds drüffender Herr 
ſchaft, fo wie dieſer verderblichen ausmärs 





ber Eroberer Neufpaniens, Corte, ſich in 
der Hauptffadt Megico befand; und es wäre 
vielleicht eine interehante Aufgabe, diefe Bas 
rallele biftorefch ducchiuführen. Beide große 
Menſchen können durch das Licht, welches fie 
gegenfeitig auf fih werfen, in unferer Bes 
wunderung nur gewinnen; von Beiden laͤßt 
fih’6 mit. Gewißbeit vorausſenen, daß fie, 
auch mit gewechſelten Rollen, Jeder die Sei« 
"ige, mit Ehren durchgeführt haben würden, < " 
*) Hirtius fagt zwar bievon nichts, und 
konnte «6 vieleicht nicht einmal wißen; als 
lein der ganze Gang der Unterhandlung ſcheint 
doch auf einen folchen feinen Zug von Caͤſars 
Bolielt gu deuten. J 


272 
tigen Fehde, ein Ende zu machen. Wenn 
gleich der Imperator ſich von dem Einfluße 
des unerfahrnen Juͤnglings fo große Wir: 
Zungen ſchwerlich verſprechen durfte, fo hatte 
ſich doch bereits die Unnhzlichkeit feiner läns 
geren Haft zu deutlich erwiefen; und feine 
Freigebung (ungerechnet, daß fie den Schein 
der Großmuth auf Caſarn zuruͤckſtrahlte) 
konnte leicht neue Partheyungen unter den 
Aegyptern aufregen, woedurch ihre Kräfte 
zum Widerftande gelaͤhmt, und — worauf 
bier Alles anfam! — Zeit gewonnen werden 
Tonnte. Jenes Verlangen ward demnach 
genehmigt, und dem üͤderraſchten Gefans , 
genen die unbedingte Erlaubniß,- ſich zu den 
Seinigen zu begeben, angekündigt. 

Wohl durfte Caſar fich’s zutrauen, durch 
die väterlichen Ermahnungen, womit er den 
iungen König entließ, fein Herz für ſich 
gewonnen zu haben. Er erinnerte ihn an 
feine Pflicht, das wahre Wohl feines Erbs 
reiche in’s Auge zu faßen, den Glanz feis 
nee Haupiſtadt nicht noch tiefer unter ih⸗ 
ren Trümmern zu begraben, feine Unter 
thanen zur heilfamen Beſinnung zuräczus 
führen, und fo ihm felbft und dem römis 


3 N 
ſchen Volke feine Dankbarkeit zu bethätigen. 
Der Prinz, unfähig, der Bezauberung dies 
fes Mundes zu widerftehen, brach in Thra⸗ 
nen aus und geftand fein Unvermögen, ſich 
von Caſars Nähe zu trennen; wogegen felbft 
der Thron feinen Reiz für ihn habe. Er⸗ 
griffen von der Innigkeit diefes Gefühls, 
eröftete ihn der Imperator: „Mit einem 
ſolchen Herzen wirft Du überall dem meir 
nigen zunächft ſtehen!“ 

Und dennoch war Caſar in biefem Aus 
genblick, wenn auch nicht von der tiefen 
Verftellungskunft des Jünglings felbft (mit 
wir zut Ehre der menfchlihen Natur glaus 
ben wollen) *)-fo doch von feiner eignen 





Hirtius Verfiherung vom Gegentheile, . 
"indem er des Bringen fichtbare Rührung für 
beuchletifche Fteuderthraͤnen über feine wohl⸗ 
gelungene Lift erflärt, darf uns in dieſem 
Glauben nicht tere machen, fobald wir ers 
wägen, wie ſchwer dem Gefchichtfchreiber bag, 
dennoch nicht ganz zu, verhehlende, Geſtaͤnd⸗ 
niß ankommen mußte, dag Cäfar fich bier in 
feiner Lift verrechnet babe. Wahrer aber 
trift er in dem naiven Bekenntniß zum Ziele, 
daß der Feldherr bier nicht ſowohl dem Ein⸗ 


374 


Politik hintergangen! Zwar Arfinse und 
ide Schuͤzling Ganymedes wichen, ohne 
daß die nähern Umpftände diefer Verande⸗ 
Yung flar am Tage liegen, alfobald in den 
dunfeln Hintergrund zuräd: allein von eis 
nem Wechfel der Gefinnungen gegen den 
Imperator war dabei fo wenig die Rede, 
daß vielmehr Ptolemäus (nad, wie vor, 
ein willenlofes Werkzeug in den Händen 
feiner Leiter) nunmehr perfönlih an die 
Spitze des Heeres trat und die Feindfeligs 
Zeiten lebhafter, als iemals, fortgefegt wur ⸗ 
den. Der vorzüglicfte Grund diefer.er 
höhten Thaͤtigkeit Ing iedoch wohl. in den 
ftets fteigenden Gerüchten von den Verftärs 
tungen, melde, aus Syrien ber, für die 
Römer im Anzuge feyn folten; und fo war 
es ‚denn die" Bedingung der eigenen Ret⸗ 
tung, den Feind zu erdräffen, bevor ihn 
iene Unterftözung. erreichte. : Wenn ‚aber 
gleih die beinah täglichen Gefechte und 
Ausfälle wenig Gewinn für Ptolemaͤus 
braten, fo ſchien doch das Gtäd in eis 





gebungen feiner Herzeneguͤte, als der politi« 
ſchen Klugheit Gehör gegeben habe, 


275 

nem &eetreffen, welches auf der Höhe von 
Eanopus *) gegen die caͤſariſche Flotte ftatt 
fand, ihn milder anzuläheln. Denn obs 
gleich der Erfolg defelben an ſich nicht ents 
fheidend war, fo möchte doch leicht Eur 
phranors Untergang, den hier-fein Muth 
zu Imeit unter, die Feinde führte, einem 
Siege gleich gelten. Wenigftens doch gab 
dieſe Anftrengung den Aegyptern das Ueber⸗ 
geroiht auf dem Meere zuräd; und alle 
Zufuhren von dort her drohten, von iezt 

an, mißliher als iemals zu werden. 
Indeß war die Zeitung von ienem, 
auf dem kandwege nahenden, Entfazze nur 
zu gegründet gemwefen. Denn wenn gleich 
Domitius Calvinus, durd ein, am Korie 
gone der afiatifchen Halbinſel ploͤzlich aufs 
geftiegenes, Kriegegewolk behindert, Caͤſars 
Erwartungen von feiner Hülfsleiftung nue 
unvolfommen hatte entfprechen Fönnen, fo 
war dagegen ein unrdmiſcher Fremdling, 
Mithridates von Pergamus, **) zu feines 





=) Das beutige Abukir, wenige Meilen 
öflich von Alegandria entlegen, 
+) Dieſer Mithridates, aus dem Stamme 





176 ‘ 
Beſchuzzers Erledigung defto thätiger gewe⸗ 
fen. Bald nach feinem Auftritt in Alerans 
dria hatte CAfar diefen Bertrauten nad Sy⸗ 
tien und Cilicien entfandt, um überal ein 
Aufgebot von Truppen zu feiner Verſtaͤr⸗ 
tung anzuordnen. Der gute Wille der Pros 
vinzen und Städte Fam feinen raftlofen 
Du 
— — — — 
der gallograͤciſchen Tetrarchen entſoroſſen/ 


far früh zu dem großen Mithridates von 


Armenien in das Verhältniß, welches gric- 
chiſche und orientalifche Sitten minder an- 
Hößig, als die geläuterte Moral der Mit- 
weit / fanden, und das ihm die unverbruͤch ⸗ 
liche Gunft diefes Monarchen in dem Maaße 
ficherte, daß die Welt, mit dem Namen fei« 
nes Freundes, auch Kindesrechte auf ibn 
überteug. Teuer Gefährte von feines Bes 


fchüggers Kriegetbaten, bildete fich der Guͤnſt⸗ 


ling zu einem treflichen Feldherrn aus; und 
fo fheint er, als er, nach des Königs Tode 
und Cäfars Auftritt in Afien, ſich zut Par⸗ 
tbei diefes Lezteren fchlug, deſſen vorzuͤgliches 
Vertrauen gewonnen zu haben. Caͤſar belich 
ihn in der Folge mit Galatien und dem 
ermmerifchen Bosphorus; er gieng aber im 
dem Verſuche unter, fih mit gewaffneter 
Hand in den Behz diejer Länder zu fezen- 


177 
Demühungen entgegen; und fo'fah er ſich 


endlich im Stande, eine bedeutende Macht 


in Bewegung zu ſetzen, mit welcher er 
eben lezt bei Pelufium anlangte. Troz der 
ſtarken und entſchloßenen Beſazzung, vers 
mochte dieſer Schluͤßel Aegyptens ſeiner 
kuhn begonnenen, einſichtsvol geleiteten-und 
beharrlich fortgeſezten Beſturmung fo wenig 
zu widerſtehen, daß er ſich gleich am erſten 
Tage zum Meiſter des Plazzes machte. 
Dieſen erſten Vortheil raſch zu benuſ 
zen, drang Mithridates ſofort, in der Rich⸗ 
tung gegen Alerandria, vor; ſtand aber, 
noch an der äftlihen Grenze des Delta, 
als fich bereits, dur das erſte Gerücht 
feiner. wirklichen Erſcheinung aufgefchredt, 
eine ftarke Abtheilung des dgyptifchen Hee⸗ 
zes ihm entgegen warf, um feinen fernern 
Fortfepritten zu wehren. Zwar wis der 
einfichtsvolle Feldherr den erſten unbedachs 
ten Anfall diefer Truppen auf fein Lager 
mit biutigen Streichen zuräd: allein er 
erfannte auch die Schwierigkeit, in, einem 
Lande von biefer Natur, Über unzählige 
Arme und Kandle des Nilſtroms und im 
Angeficht eines wachfamen Feindes, fers 
4. Band. M 


178 


nere Fortſchritte zu machen, ohne ſich dazız 
von Caſar felbft die Hand geboten zu ſe⸗ 
hen. Diefe Aufforderung erhielt der Les 
tere beinah in dem nemlichen Augenblick, 
da auch Ptolemäus fich anſchickte, mit feir 
ner Hauptmacht nach dem Delta aufzubres 
den; und wiewohl die Flußfchiffahre dem . 
Könige feinen Weg bedeutend erleichterte, 
fo fam ihm dennoch Caſars Eile, auf dem 

- entlegenern Seewege, mit fo glädlicher 
Anftrengung zuvor, daß die Vereinigung 
der beiderfeitigen römifhen Truppen ohne 
Hinderniß erfolgen konnte. 

Das agyptiſche Heer ſtand, ſieben 
Milllen von den Römern entfernt, auf ei⸗ 
ner wohlgemwählten und verſchanzten· An⸗ 
hoͤhe, ohnweit dem Hauptarme des Fluſ⸗ 
fes, gelagert, und des feindlichen Angriffe 
gewärtig. Doc felbft nur, um bis dahin 
zu gelangen, mußte Caͤſar zuvor einen Ca⸗ 
nal mit tiefen und fteilen Ufern, im Ans 
geficht ber feindlichen Reiterei und leichten 
Truppen, jurüclegen. Erſt ſpat ward 
dies Kinderniß dur die Ungeduld der Ler 
gionen Aberwunden, welche fih den Weg 
Aber ſchnell abgehauene und zu einer Bloß 


179 . 


drüde verbundene Baumftämme bahnten; 
während zugleich die germanifchen Reiter 
eine Fuhrt entdedten. Die Aegypter blies 
ben bier, mit geringer Ausnahme, auf 
dem Plazje; aber wie nachdruͤcklich die 
dadurch erregte Beſtuͤrzung auch zu CAfars 

. Bortheil gewirkt haben moͤchte, fo bewog 
ihn doch die Feftigfeit des hinterliegenden 
Lagers und die Ermattung ſeiner Trup⸗ 
pen, den fernern Angriff dis zum nächften 
Tage zu verfparen. 

Wirflih auch ward an Bemfeisen eine 
Außenfhanze im 'erften Anlauf glädlic ers 
ftiegen: allein der Lagerftuem ſelbſt bot 
Schwierigkeiten dar, welde den Erfolg ie 
länger ie jmeifelhafter zu laßen drohten. 
Bon vorne die vorliegende Ebene mit dos 
hem Wall überragend, zur Einen Seite 
nahe an den Strom gelehnt, und auf der 
Andern, wo dis Anhöhe in einen fleilen 
Sipfel austief, zum Ueberfluße noch durch 
einen anftoßenden Sumpf gebedt, bot dies 
Lager Mittel zu einem wirkſamen Widers 
ſtande dar, die von den Vertheidigern auch 
mit Einfiht und Tapferkeit benuzt wur⸗ 
den. Am übelften iedoch fahen ſich die 

" Ma 


Pa 


Angreifer an der Flußfeite empfangen, wo 
fie in dem engen Raume vor fih bie 
Wurfgeſchoße vom Wall herab, fo wie im 
Rakken die Schleuderfteine und Pfeile 
der, auf dem Milftrom umberkreugenden 
‚Truppen zu ertragen hatten. Hieher ſchien 
fi daher auch das Gewicht der Schlacht . 
vornehmlich zu lenken; und felbft von dem 
entgegengefejten obern Lager, wo ihre Ges 
genwart minder nothwendig geworden, bes 
gannen fih Die feindlichen Truppen, ents 
weder von Meugier oder von Kampfluft 
getrieben, immer mehr zu verlaufen. 

In Caſars Gegenwart wurde ein Fehr 
ler von dieſer Art nicht leicht ungeftraft 
begangen! Nunmehr feines Sieges ges 
wfß, entfandte er augenblidlich einige Kos 
horten unter der Anführung des Carſule⸗ 
aus, der duch Muth und Einfiht einem 
ſolchen Auftrage vollkommen gewachfen war, 
auf Ummwegen gegen iene unbewachte Seite 
des Lagers ab. Der überrafhende Angriff 
fand nur geringen Widerftand: und noch 
mehr Schreden und Entmuthung verbreis 
tete er ringe umber im Lager; während 
die Sthrmenden in der Ebene fi dadurch 


182 


zu einer höhern Anftvengung befeuert fühl« 
ten. So drang man hier- und dort, Beis 
nahe zu gleicher Zeit, Aber die Wälle ein, 
und flug Alles entweder vor fich nieder, 
oder trieb es gegen bie Seite des Fluß 
fes, mo fi den gedrängten Flüchtlingen 
eine ungemwiße "Rettung in die Schiffe 
jeigte. Die Meiften iedoch ertranten; felbft 
ber unge König, der bereits von einem 
Fahrzeuge aufgenommen worden, hatte, 
da ſich daſſelbe mit Menſchen überfüllte, 
kein beßeree Schidfal; und erft nach der 
Schlacht ward fein Leichnam, Fenntlih an 
der goldenen Rhftung, im Schlamme verr 
fenft gefunden. . 

Caſars Sieg, und noch mehr der Tob 
des unglädlihen Monarchen, ließen ihr 
den Krieg, von dieſem nemlichen Tage 
an, als geendigt betrachten. Cr ſchickte 
ben Alerandeinern, um fie des nemlichen 
- zu Äberzeugen, den erbeuteten koͤniglichen 
Panzer zu; und biefer Anblid, welchem 
unmittelbar darauf feine eigne Erfcheinung 
an der Spitze feiner Reifigen folgte, reichte 
auch hin, ieden Gedanken des fernen. Wir 
berftandes in ihnen zu erftiten. Er fand 


ce» 

Angreifer an der Flußfeite empfangen, wo 

fie in dem engen Raume vor fih bie 

Wurfgeſchoße vom Wall herab, fa wie im 

Rüfken die Schleuderfteine und Pfeile 

der, auf dem Nilſtrom umherkreuzenden 

Truppen zu ertragen hatten. Hieher ſchien 
fi) daher auch das Gewicht der Schlacht . 
vornehmlich zu lenken; und felbft von dem 

entgegengefezten obern Lager, wo ihre Ges 

genwart minder nothwendig geworden, bes 

gannen fih Die feindlihen Truppen, ents 

weder von Meugier oder von Kampfluft 

getrieben, immer mehr zu verlaufen. 

In Caſars Gegenwart wurde ein Fehr 
ler von dieſer Art niche leicht umgeftraft 
begangen! Munmehr feines Sieges ges 
mfß, entfandte er augenblicklich einige Kor 
horten unter der Anführung des Carfules 
aus, der duch Muth und Einfiht einem 
ſolchen Auftrage vollkommen gewachſen war, 
auf Umwegen gegen iene unbewachte Seite 
des Lagers ab. Der überrafchende Angriff 
fand nur geringen Widerftand: und noch 
mehr Schreden und Entmuthung verbreis 
tete er rings umber im Lager; während 
die Sthrmenden in der Ebene ſich dadurch 


181 


wu einer hoͤhern Anſtrengung befeuert fuͤhl⸗ 
ten. So drang man hier und dort, bei⸗ 
nahe zu gleicher Zeit, Aber die Wälle ein, 
und flug Alles entweder vor ſich nieder, 
oder trieb es gegen bie Seite des Fluß 
fes, wo fih den gedrängten Flüchtlingen 
eine ungemwiße Rettung in die Schiffe 
deigte. Die Meiſten iedoch ertranfen; felbft 
der unge König, der bereits von einem 
Fahrzeuge aufgenommen worden, hatte, 
da ſich daſſelbe mit Menſchen überfülte, 
tein beßeres Schickſal; und erft nach der 
Schlacht ward fein Leihnam, Eenntlih an 
der goldenen Rhftung, im Schlamme vers 
fenft gefunden. . 

Caſars Sieg, und noch mehr der Tod 
des unglädlichen Monarchen, ließen ihn 
den Krieg, von Diefem nemlihen Tage 
an, als geendigt betrachten. Er ſchickte 
ben Alerandrinern, um fie des nemlichen 
- zu Äberzeugen, den erbeuteten koͤniglichen 
Panzer zu; und Diefer Anblid, welchen 
unmittelbar darauf feine eigne Erſcheinung 
an der Epije feiner Reifigen folgte, reichte 
auch hin, ieden Gedanken des fernen. Wi⸗ 
berftandes in ihnen zu erſticken. Er fand 


182 


die Thore der Hauptſtadt "geöffnet, lede 
Waffe verſchwunden, und die Einwohner 
mit ihren vorangetragenen Goͤttern, vor 
ſich, im Staube gebuͤckt und des Winks 
feiner Begnadigung gewaͤrtig. Seine Ver⸗ 
ſicherungen des Schuzes und einer unbe⸗ 
dingten Verzeihung, ertheilt mit einer 
Leutſeligkeit, worin ihm nie ein Sterbli⸗ 
her gleich Cam, belebten den Muth und 
den Enthuſiasmus der Menge wieder. 
Mitten durch fie hin und die feindlichen 
Stadtviertel zog er dem feinigen und dem 
bewillfommenden Jubel der darin zus 
ruckgelaßenen Vefazzung entgegen. So 
fie wieder zu ſehen, durfte mit Recht feis 
nem Stolje — ſolch ein Empfang feinem 
Herzen ſchmeicheln! 

Nichts mochte dem Sieger wehren, 
dag blühendfte Land der Erde zur nemli⸗ 
den Stunde in.eine Provinz des römis 
ſchen Reichs zu verwandeln; und Lob und 
Ehre würden einer für diefe glädliche Er⸗ 
weiterung daheim gewartet haben. Wenn 
er es dennoch nicht that, fo läßt fich glaus 

.ben, daß fein Gefühl für Rede und Ger 
ſezlichkeit an dieſer Mäßigung wenigſtens 


183 


eben fo viel Antheil Hatte, als die unzwel⸗ 
felhafte Gunft, deren ſich Cleopatra bei 
dem weltgebietenden Imperator erfreute. 
Ihr, der Aclteften des überbliebenen Ger 
ſchwiſters, gebührte wnftreitig der Thron; 
ihr hatte der Schiedsrichter ihn bereits 
früher zuerkannt, und ihr ward gegeniwärs 
tig auch die höchfte Gewalt von ihm aufs 
neue zugeficyert, indem, nicht minder billig 
und gefezlih, der ihngfte.und lezte Ptole⸗ 
mäer ihr als Mitregent. und Gatte zuges 
ordnet wurde. eine jarte Jugend Eonnte, 
für den Augenblid, die auf fie Abertragene 
Machrfülle nur wenig befchränfen: *) aber 
von Arſinoens erneuerten Anfprüchen fah 
fie fih durch Caſar felbft befreit, der die 
rankſuchtige Schwefter nad) Rom fandte, 
um fünftig Bei feinen Triumphen eine des 
müthigende Rolle zu fpielen. 

Neun lange Monate hatten Ehrgehn 





*) Dennoch fand er ihr, ſchon nach drei 

Jahren, fo fehr im Wege, daß fie nicht an⸗ 

. Hand, ſich den Mleingenuß der Herrſchaft 
durch feine Vergiftung zu fihern. 


284 . 
und Liebe *) den pharfalifhen Sieger auf 
diefem Boden in dem Maafe befchäftige, 
daß bie Abrige weite Welt, daß Rom felbft, 
dag weder die Wanſche und Aufforderuns 
gen feiner Freunde, noch bie furchtbaren 
Rüftungen und Fortfehritte feiner Gegner, 
den mindeften Eindrud auf ihn machten. 
Er ſchien es vergeffen zu haben, oder 
nit zu ach ten, daß der nemliche Wind, 





®) ueber Cleopatrens wirkfamen Einfluß 
auf Caͤſars Verweilen in Aegypten (von defz 
fen fihtbaren Folgen noch weiter unten die 
Rede feyn wird) habe ich mich bereits genüg« 
lich ertlärt; und eben fo wenig lagen fich 
die fehwelgerifchen,. ihr zu Ehren gefeierten 
Feſte abldugnen, zu welchen der Held, mit« 
‚ten im fetegerifchen Getuͤmmel, ſich dennoch 
feine Muße erfab, und die, wenn fie ſich 
Durch -ganze Nächte fortzogen, diefe Verlän« 
gerung wohl mehr den fhönen Augen der 
Koͤniginn, als der, von Blutarch angegebes 
nen, Furcht vor nächtlichen Weberfall abſei⸗ 
ten eines Pothinus und feiner Mitfchuldie 
gen, verdankten, Wohl aber fiehe ich nicht 
an, es für Eines von den, in Guetons Le: 
bensbefchreibungen nicht Teltenen, offenbaren 
Märchen zu balten, wenn er den Ampera« 
tor, nach feinem lezten Siege am Nil, mit 





185 


welcher feiner Entfernung Feßeln anlegte, 
binnen wenigen Tagen Seipio's und Cars 
t0’8 Flotten in’s Angefiht von Alerandeia 
au führen vermochte. Seine Bertrauteften 
fogar wurden ſchon feit ber Mitte des Des 
cembers von ihm ohne Briefe und Anwei⸗ 
fung gelaßen. Die ganze Staatemaſchiene 
ſtockte aus Mangel des belebenden Geiftes, 
der fie leiten folte. Mit iedem Tage wur⸗ 


—— — — es: 


Gleopatren eine Luſtbarke befleigen, und, den 
- Strom binaufmärts, seine Spazierfahtt bes 
ginnen läßt, deren Ziel das ferne Aethio⸗ 
pien geweſen ſeyn würde, wenn nicht die Les 
gionen durch ihre ſtark ausgedrüctte Unzu⸗ 
friedenheit ihm zur Umkehr genötbigt baͤt⸗ 
ren. — Alſo, weil Cäfar der Raunenden 
Welt durch fein Verweilen ein fo ſchwer zu 
Töfendes Raͤthſel aufgab, mußte er fofort . 
auch (unbefonnener noch, als felbf Antonius, 
fein Abbild und Nachfolger in Eleopatrens 
ſchwelgeriſchem Genufie) die Bage feiner An- 
gelegenheiten, feinen Ruhm und fih felöit 
in dem Maaſſe vergeflen, um . .. Doc, 
wer überbebe mich nicht gern einer ferneren 
Widerlegung 2 Es iſt das Schidfal der emi⸗ 
nenten und ungewöhnlichen Menſchen, daß 
auch Abſarditaͤten ohne Maaß und Ziel auf 
ihre Rechnung gehäuft werden. 


186 


den in der Hauptſtadt Die Auftritte une 
higer, verwilderte der Pöbel, regte ſich der 
: Beift der Widerfezlichkeit und Empdrung 
ungebundener. . Das endlofe Zögern des 
fonft fo Algegenwaͤrtigen, die ſich iagenden 
Gerüchte won der fehler rettungslofen Bes 
drängniß, worin er ſich immer tiefer vers 
wilfelte, ſtarkten die Hofnungen der Miß ⸗ 
vergnägten, belebten den Troz der Wider⸗ 
ſpenſtigen und ermuthigten ſelbſt die Muth⸗ 
loſen. Dieſem Allem feste Caſar entge⸗ 
gen — fein Pflihtgefühl im Namen und 
"für die Ehre des römifchen Volks zu han⸗ 
dein; feinen algewaltigen Willen, das Ans 
gefangene nicht unvolendet zu taßen; fein 
Gluͤck, das ihm in der hoͤchſten Noth ftets 
am freundlichen gelädelt, und — feine 
ruhige Zuverficht auf die Werblendung feis 
ner Gegner, die noch immer ihres günfige 
fien Zeitpunfts verfehlte hatten: In kei⸗ 
nem von diefem Allen folte er fih auch 
diesmal betrogen haben! 

Sehr würde man fich gleichwohl ir 
ten, wenn man vorausfezgen wolte, diefe 
anfheinende Vernachlaßigung feiner 
Gegner fey fo fehr eine wirkliche ge 








287 


wefen, daß bie Fäden bes großen politis 
Then Gewebes, womit fie von ihm ums 
ſtrickt waren, nicht auch bis in den fernen 
Winkel von Alerandeia gereicht und Täfars 
gefpannte Aufmerkſamkeit befhäftigt hätten. 
Und nicht minder würde es gänzlihe Une 
Zunde feines Charakters verrathen, wenn 
man zweifeln tönnte, der erſte Augenblick 
der ihm wiebergegebenen Freiheit zum Wir⸗ 
Ten fey nicht auch der Ueberlegung gewids 
met gewefen: über welchen feiner Feinde 
er nun zuerft herfallen und wo vor Allem 
er iebe, noch fo leife Bewegung zum Wis 
derftande, mit gewohnter Kraft unter den 
Fuß treten folte? Die Lage der Dinge 
war in der That fo verwiffelt geworden, 
daß diefe Wahl nicht unter die leichteften 
Aufgaben gehörte! 

Richtete er feine Blikke auf Afrika, 
als den eigentlichen Heerd der Gegenpars 
thei, fo trafen fie hier auf einen, in Utica 
"aufs neue gebildeten auferrömifchen Se⸗ 
nat von geflüchteten Patriciern, denen ein 
Ausſchuß von dreihundert dort angefiedel _ 
sen römifchen Rittern und Handelsleuten 
wur Seite ftand, welche eden ſowohl durch 


188 


Patriotismus, als durch ſchlaue Berechnung 
deßen, was ihre Vorſchuͤße bei der ſiegen⸗ 
den Republik ihnen dereinft vortheilen fols 
ten, vermochte worden waren, durch ihre 
dargebotenen Baarfchaften Cato's und Sci⸗ 
pio’e Eriegerifche Räftungen zu dekken; — 
Möftungen, welche, . binnen diefer Zeit, zu 
einer drohenden Größe gediehen waren. 
Zehn Legionen ftanden hier, unter &cipio’s 
Befehlen, in den Waffen; und vier Legios 
nen, welche der. König Juba von feinen , 
eignen Truppen mit ihnen zu vereinigen im. 
Begriffe ftand, mochten vielleicht von mins 
derm Gewichte feinen, als feine zahlloſe 
leichte Reiterei, welche, feit Curio’s unglüds 
licher Niederlage, ſich einen furchtbaren Ruf 
erworben und nun noch an Labienus einen 
treflihen Lehrmeifter in neuen taktiſchen 
Künften erhalten hatte. Selbſt hundert 
umd. zwanzig Kriegselephanten — ein noch 
ungewohnter Anbid für Caſars Krieger! — 
volendeten das abſchrekkende Gemälde dies 
fer aufgebotenen Heeresmacht; während 
mehr als Eine ‚Flotte derfelben ihre Bes 
dürfniße zuführte oder die Küften des von 
ihr gewählten Kriegsfchauplajjes deckte. 


189 

Hätte ſich Caͤſar auch nicht durch das 
Andenken an Eurio und feine gefchlachteten 
Regionen zur nachdrädlichen Rache an Juba 
bewogen gefühlt, fo mußte doch ſchon das 
allein, was diefer Numidier, nach ienem 
erften gluͤcklichen Erfolge, zu Pompeius Gun 
fen In die Waagſchale des Kriegs zu le⸗ 
gen vermochte, ihn beftimmen, denfelben, 
durch Beſchaftigung von der entgegengefeg 
ten Seite her, an ieder fernern Theilnahme 
zu verhindern. Zu eben der Zeit alfo, de 
der Imperator fih gegen Dyrrhachium 
wandte, ſchickte er auch dem, im ienfeitis 
gen Kifpanien zurädgelaßenen Propräter, 
Q. Caſſius Longinus, den Befehl zu, mit 
den ihm untergebenen vier Legisnen (wozu 
biefer, aus eigner Willkuhr, noch eine Fünfte 
in der Provinz ausgehoben hatte) über die 
Meerenge zu fejgen, und, durch Mauritas 
nien, an die Grenze Numidiens vorzudrins 
gen. Mit großer Willigkeit auch traf Lon⸗ 
ginus, dur) Zufammenziehung der Trup⸗ 
pen, Aufhäufung von Geldern und Lebens⸗ 
mitteln und Ausrdftung einer Transport⸗ 
Flotte von hundert Segeln, die Vorbereis 
tungen zu diefem vielverfprechenden Zuge, 


190 


Er felbft befand ſich noch in eifriger Bes 
treibung berfelben zu Corduba, als ein 
meuchelmoͤrderiſcher Anfchlag auf fein Les 
ben und das übereilte Gerücht von feinem 
ode Bewegungen unter einem Xheile bes 
Heeres und den Einwohnern der Provinz 
erzeugte, wodurch alle iene großen Plane 
in’s Stoffen geriethen, und der glimmende 
Funken des Aufruhre, welcher mit iedem 
Augenblick neue Nahrung erhielt, mit weit⸗ 
verbreitetem Ausbruch drohete. - 

Denn Q. Eaffius, wie treflich auch als 
Soldat, ſchien durch feine natürliche Habs 
ſucht, fo wie durch einen veriährten Grol 
gegen biefe Provinz, *) wenig bazu gemacht, 





+) Schon vormals hatte er derſelben, un⸗ 
ser Bompeius Verwaltung, als Quaͤſtor vor⸗ 
geftanden, aber durch feine Haͤrte ſich dhn- 
liche, kaum noch vermiebene Nachſtellungen 
ſeines Lebens zugezogen. Als er ſich in der 
Folge zu Caͤſars Parthei ſchlug, machte ihn 
feine genauere Kenntniß des Landes aller- 
dinge vor Andern zum Verweſer deſſelben 
geſchickt: Dich um fo mehr auch ward er 
durch feinen Charakter und das Andenken 
an iene alte Beleidigung jur Geißel fuͤr die 
Hiſpanier. 


291 


fi) bier durch feine Verwaltung Tiche 
und Anhänglichfeit zu erwerben. Seine 
eben fo ungertchten, als unerſattlichen Er⸗ 
preßungen, feine feile Gerechtigkeitspflege, 
"feine ruhige Nachſicht bei den Plakkereien 
feiner untergeordneten Raubgenoßen harten 
längft.ein ftiles Murren ergenge, welches 
endlich, da ber vorhabende Kriegezug ihm 
neue Vorwaͤnde lieh, der Provinz Textes 


Mark zu erfhöpfen, in iene gewaltthaͤtige 


Selbſthuͤlfe übergieng. Die Verſchwor⸗ 
nen — Alle die angefehenften Bürger von 
Stalien — verfehlten zwar des, auf ihm 
gezielten Streiches, und Longinus fam mit 
einigen leichten Wunden davon: allein wenn 


er nunmehr glaubte, ſich feiner Rache ger 


gen fie ungezügelt überlaßen zu fönnen,*) 





*) Eine Menge von Mitfchulbigen bezablte 
dieſen verfeblten Mord mit ihrem Leben un« 
ger dem Henterbeile: doch Einigen der Reich» 
en gelang es, fich, vermöge etlicher Mile 
lionen GSeftertien, mit dem "noch babgieri« 
gern, als tachfüchtigen Proprätor gütlich 
abzufinden, „Wie müffen bier’ — bemerkt 
Hirtius bei diefer Erzählung — „Grauſam⸗ 
„keit und Geldgeiz in feiner Seele gerun« 


192 
und für feine ferneren gewaltthätigen Maaß⸗ 
regeln auf die, durch miederholte Gelds 
austheilungen für ſich gewonnenen Trup⸗ 
pen zählte: fo hatte er Dabei eben fo wer 
nig den, folchergeftalt felbft verſchuldeten, 
Verfall der Kriegszucht, noch den Umſtand 
berechnet, daß nur zwei feiner Legionen, 
die Einundjwanzigfte und Dreigigfte, aus 
Staliern beftanden; während die Zweite 
und Fünfte, fo wie die Neugeworbene, 
nur Einheimifhe in ihren Reihen zählte. 
Gelang es ihm alfo gleich, die erften Bes 
wegungen eines offenem Aufftands unter 
denſelben zu unterdräffen, fo mußte er doch 
bald darauf die Erneuerung diefer Scenen 
und die eigenmäctige Ermwählung eines 
hifpanifchen Anführers, in der Perfon bes 
T. Thorius erieben. Zu gleicher Zeit ſteck⸗ 
ten auch Corduba und mehrere Plaͤtze die 
Fahne der Empörung auf. Ueberal regte 

ſich 





gen baben, bevor das Andenken am die 
„taum überitandene Lebensgefahr und meb⸗ 
„rere fchmerzbafte Wunden ſich der baaren 
Loskaufung fügte’ 


293 


fi in den Gemüthern die alte Vorliebe 
für Pompeius, deßer Niederlage zwar, aber 
nicht fein Tod, in dieſem Augenblikke bis 
hleher erſchollen war; und die abtrännigen 
Legionen bebachten fi nicht, den Namen 
ihres alten Felöheren auf ihre Schilde zu 
zeichnen. 

BeBer war — wenn gleich minder aus 
Liebe zu Caſſius, als aus Treue gegen. 
Caſar — die Stimmung ber beiden itali⸗ 
ſchen Legionen. Zu feiner Verſtaͤrkung rief 
der Proprator aus dem biesfeitigen Hiſ⸗ 
panien den Prokonſul M. Lepidus, und- 
aus Mounitanten den König Bogud mit 
einigen Truppen herüber; fo wie er feis 
nen Quaſtor M. Marcellus Aeſerninus 
nach Corduba, dem Mittelpunkte der Em: 
pdrung, fandte, um dieſen wichtigen Punkt 
in Pflicht und Gehorfam zu erhalten. 
Jedoch diefer Verſuch mißlang, da Mars 
cellus es feinem Vortheil angemefener 
fand, fi, ftatt des Thorius, an ihre und 
des empörten Heeres Spitze zu ſtellen, 
und, von diefem Augenblid an, eine fo 
inftliche Rolle fpielte, daß ſich's ſchwer 
entfcheiden ließ, ob er für Caſars oder 

4. Band, N 


194 


Pompelus Sache: handle, und — möchte 


das Schickſal fih Fünftig für die Eine 
oder die Andre erflären — bei Jedem ſich 
Anfprud auf geleiftete Dienſte vorbebielt. 
So, z. B. ließ er alfobald Pompeius Nas 
men von den Schilden ber Soldaten ld⸗ 
fen, und litt lieber einige Einbußen durch 
verabfäumte Gelegenheiten, mit Vortheil 
zu ſchlagen, um nur die Fehde nihe in 
volle. Flammen ausbrechen zu laßen: aber 
auch das Vertrauen der Provin) und der 
eingebohrnen Truppen mußte er ſich zu 
erhalten, uhd verhinderte die angefangene 
feindliche Berheerung des Landes, indem. 
es ihm durch wohlberechnete Bewegungen 
gelang, feinen Gegner im Lager unter den. 
"Mauern von Ulia *) feſtzuhalten und eins 
zuſchließen.. 

VBoguds Ankunft war nicht vermd⸗ 
gend, den eug umſchanzten Propraͤtor aus 
ſeiner nachtheiligen Lage zu reißen. Selbſt 





ulia war ein Meiner, aber durch feine 
Rage auf eier, Felfenböhe natärlich ft 
Ort, füdwertlich von Gorduba, und: Eäfar# 
Varthei leidenfchaftlich ergeben. 


295 


Lepidus, welcher, bald darauf, mit fünf 
und’ dreißig Kohorten und vielen andern 
Hulfetruppen herbeiruckte, täufchte feine 
"Hoffnung auf-Entfag, da er Anſtand nahm, 
denfelben zum: Schiedsrichter in feinem 
Kandel anzunehmen; während Marcellus 
fih unbedenklich hiezu bereit erklärte und 
fogar fein: Lager mit der Macht des Pros 
onfuls vereinigte. Zwar ward duch des 
Leztern · Dazwiſchenkunft den offenbaren 
Feindſeligkeiten ein Stillſtand gegeben, und 
Longinus ſah ſich den freien Abzug nach 
Carmona bewilligt: doch in dieſem nemli⸗ 
hen Zeitpunkt auch trat €. Trebonius, 
von Caſar zu des Proprätors Nachfolger 
ernannt und von der Mation mit Sehn⸗ 
ſucht erwartet, in Hiſpanien auf; und. wie 
gerne Caßius ſich auch ihm mit gewaffne⸗ 
tee Hand entgegen geſezt hatte, fo brachte 
ihn doch Boguds Weigerung zu der gemds 
ßigtern Entſchließung zurück, feinen Geg⸗ 
vern in der Stille das Feld zu räumen, 
Er begab fich daher, mitten im Winter, 
und mit feinen eiligft zuſammen gerafften 
Schäzen, der Frucht feiner ungerechten 
Verwaltung, zu Schiffe. Allein es war 
" Na 


j wxo 
ihm nicht Befiimmt, detſelben froh zu wer⸗ 
den; denn ein Sturm, von dem er, an 
der Mündung des Iberus ereilt wurde,” 
begrub ihn ſelbſt und feinen Raub In den 
Wellen. 

Dem Xobten vermochte Caſar nice 
zu zuͤrnen; und wenn aud der Quäftor 
Möürcelus fein boppelfeitiges Betragen mit 
des Imperators überhingehendem Unwil ⸗ 
len bäßte, *) fo mußte ſich Diefer doch eben 
fo wohl durch die Vereitelung des Einfalls 
in Juba’s Staaten, als durch den in Hiſ⸗ 
panien ausgeftreuten Saamen der Unzu⸗ 
friedenheit beruhigt fühlen, welcher nur 
des: näcften guͤnſtigen Anlafes wartete, 
um in noch entſchiednere Empdrung aufzu⸗ 
gehen. Die jufaͤllige Erſcheinung eines 
aur. irgend ‚bedeutenden Mamehs unter den 
zerſtreuten Flüchtlingen «der Gegenparthei 





" =) Marcellus wurde in eine entfernte Ptd- 
vinz vertiefen, bis er, mit der ihm einenz 
shämlichen Geiſtesgewandtheit, Caͤſats Em⸗ 
vfindlichkeit gu befänftigen wußte. Er kam 
zurüd, und fonnte fich auf eine ausgezeich⸗ 
nete Weiſe in der Gunſt des Weltgebleters. 


. \ 197° 
konnte biezu gendgen! Er ahnete es im 
voraus, daß er auf dieſem Moden noch 
einmal um bie Weltherrſchaft wuͤrde kam⸗ 
pfen mößen, . 

Zinfofern diefe iedoc ihren wahren 
‚Mittelpunft flets an den. Ufern der Tiber 
ſuchen ließ, mußten die ftüärmifchen Bewer 
gungen, von welchen Rom felbft, in feis 
nem Innern, zerrißen wurde, Cäfars leb⸗ 
baftefte Veforgniß aufregen. Beine vers 
langerte Abweſenheit und das Beiſpiel der 
Gewaltthaͤtigkeiten ieder Art, melde fein 
Stellvertreter Antonius ſich hier mit kek⸗ 
Tem Uebermuth geftattete, konnten nicht 
verfehlen, die Leidenſchaften aller ber Mens 
ſchen zu entzägeln, denen entweder nichts 
zu verlieren übrig blieb, oder die den ges 
genmwärtigen ſchwankenden - Zuftand der 
Dinge für den günftigften Zeitpunkt hiel⸗ 
sen, das dffentlide Drangfal zu ihrem bes 
fondern Vortheil zu benugzen. Diefer zahle 
reiche Kaufe bedurfte nur eines Führers 
für feine Ausgelaßenheit, und fand denfels 
ben nur zubald in der ‚Perfon des P. Cor⸗ 
nelius Dolabella, welcher ohulängft erſt 
son dem Kriegsſchauplane in Illyrien mie 


28 


keiner fonderlidien Ehre "abgetreten, und, 
um ſich dafür feines Schadens im Forum 
gu erholen, durch Adoption in eine plebes 
iiſche Familie, der Wahl: zum Volkstribu⸗ 
nen fähig geworden mar, 

Nie fhien ihm, den, wie faft alle 
Anhänger Caͤſars, eigne unmäßige Schul 
den zu Boden drüdten, ein Standpunkt 
und eine Gelegenheit bequemer,‘ fich die 
fes Druds zu entladen und eines zahllo⸗ 
fen Anhangs. unter denen zu verfihern, 
welche, gleich ihm, ihr Vermögen in den 
Händen von Gläubigern fahen. ein 
Gefeszesvorfhlag zu einem allgemeinen 
Schuldenerlaß und einer Herabſezzung det 
Hausmiethen fand daher auch den allges 
meinften Beifall; nur nicht, wie leicht zu 
erwarten fand, von Seiten derer, welche 
dadurch ihre Forderungen urpldzlich vers 
nichtet fehen follten und die — wenn auch 
nicht die beßere, doch die reichere und ber 
fonnenere Parthei ausmachten. Cäfar hatte 
dhnlängft erft' den öffentlichen Kredit und 
die Rechte der Gläubiger, mit einiger Eins 
ſchraͤnkung, geſichert; der Prator Coelius 
NRufus war ſeitdem ‚in dem Verſuche, fie 





m, 

du vernichten, gefcheiterk; und fo trat den 
auch iegt des Triduns eigner Amtsgenoße, 
2. Trebellius, zu ihrer: Aufrechterhaltung, 
gegen ihn in die: Schranken Zwar uns 
terfagte ein ausdrädlihes Decret des Se⸗ 
nats, welcher. Caͤſars Entſcheidung in nichts, 
vorjugreifen wagte, iede Staatsverhand⸗ 
lung bis zu deßen perſonlicher Widetkehr: 
allein hier ward .in den Volksverſamm⸗ 
dungen auch nicht ſomohl durch Rechtes 
gründe und Stimmen, als mit Fäuften 
und. Schwerdtern gefochten. Die öffent 
lichen Plägge und Grafen ertöncen vom 
Aumult und trieften vom Blute der fireis 
tenden Partheien. Achthundert Vfrger 
fielen nah und nach in diefer erbitterten 

che - Br 
Gar wohl hätte Antonius, wenn es 
ihm darum ein Ernſt gewefen wäre, diefe 
Unruhen in der Geburt erſtikken Finnen. 
Allein entweder zu forglos, oder feiner eig⸗ 
nen tiefen Verſchuldung durch fremde 
Beihuͤlfe ein Ziel hoffend, oder zu ſehr 
Dolabella’e gleichgeftimmter Freund, bes 
durfte es erft einer perſonlichen Beleidi⸗ 


» 200 


gung von biefem Leztern *) und einer 
dringenden Aufforderung von Seiten des 
Senats, um hier mit feinem Anfehr in’s 
"Mittel zu treten und wenigfiens dem Ar 
gerlihen Anblick eines, offenen. Krieges . 
in Noms Mauern zu wehren. Ein allges 
meines Verbot des Waffentragens und bie 
Erfuͤlung der Stadt mit Legiontruppen 
erzwangen wenigftens einigen Anſchein 
von Ruhe; und auch Dolabella,. wie biz 
3ig er feine - alles umftärgenden Entwuͤrfe 
betrieb, fo lange er Caͤſarn in Alexandria 
unaufloͤslich verſtrickt glaubte, ſchien eini⸗ 
germaaßen zur Beſinnung zurüͤckzukehren, 
als dort die Dinge eine lichtere Anſicht ” 
wannen. x) 

a cedech Antonius gefiigenetih 





) Ein geahnetes unerlaubteg Berfiände 
niß zwifchen Dolabella und feiner. Gemah⸗ 
Unn, der Tochter feines Obeims C. Anto« 
nius, gab ihm erft Anlaß zum Argwohn, und 
reizte dann feinen Unmillen bis jur Schei⸗ 
dung vom der Schuldiggeglaubten, Der 
Bruch mit em Voltstribun. war die noth⸗ 
mendige Folge diefes Verhaͤltuiſes. b 





201 
Sen Ausbruchen beider. Partheien, nur bie 
34 einem gemwißen Punkte, einen Damm 
fegte,. um fie defto leichter nach feinen Abs 
ſichten zu leiten, gerwangen fie nothwendig 
‚einen erneuerten Spielraum, als Caͤſars 
Bevolmaͤchtigter ſich gendthigt fah, die ins 
nern Angelegenheiten der Hauptſtadt, für 
diefen Augenblick, einer noch deingendern 
Sorge yahzufeggen. Italiens Herrſchaft 
beruhte auf der Macht der Legionen, welche 
der Imperator, nach da pharfalifhen Sie 
ge, mit ihm in die Halbinfel entfandt hatte; 
und eben diefe Legionen, ungeduldig, ihren 
ihnen fo oft verheißenen uͤberſchmenglichen 
Siegslohn zu empfangen, fanden im Ber 
grif, den Gehorfam aufzufündigen, da man 
weniger eilte, mit ihren Dienften abzurech⸗ 
nen, als fie in neue Kämpfe zu jagen. 
Zuerft brach die Meuterei bei der zwölften 
Legion aus, als fie in dem erhaltenen Bes 
fehl, fih nah Sieilien in. Bewegung zu 
feien, die Beftimmung ahnete, den übris 
gen zum Vortrab auf dem Zuge nad) Afrika 
gu dienen. Sie weigerte fh dieſes und 
iedes andern Marſches, ohne vorhergegam 
‚gene Ablöhnung, Ihre Tribunen, zuſamt 


2 . 


dem Legaten P. Eulla, welche fie zu ührek 
Pflicht zuruckbringen molten, wurden mit 
Steinwürfen empfangen und zur- Flucht ges 
nöthige. Derfelbe Geift der Widerfezliche 
. Zeit ergrif auch die übrigen Truppen; und 
Antonius fand hier feine befchleunigte Ges 
genwart dringend nothwendig, um dieſen " 
drohenden Sturm, mo möglih, zu ber 
ſchwoͤren. 

Drohten aber in der Halbinſel die 
eignen Stuͤtzen von Caſars Algewalt, ſich 
ihm da, wo er ihrer Dienſte am noͤthig⸗ 
ſten bedurfte, frech zu entziehen, ſo umla⸗ 
gerten Sorgen von andrer Ast fein Ge 
müth bei dem Hinblick auf die illyriſche 
Provinz, mo feine Waffen, von Anfang des 
Krieges an, fo wiederholte Stöße erlitten 
hatten und noch immerfort einem gleichen 
Mißgeſchick unterlagen. Zwar hatte ber 
Proprätor Q. Cornificius, von ihm mit der 
Verwaltung diefes, nur durch feine Lage 
wichtigen, Landſtrichs beauftragt, die zweck⸗ 
dienlichſten Vorkehrungen getroffen, ſich, 
mit zwei Legionen, in demfelden gegen die 
barbarifhen Bewohner im Innern, fo wie 
gegen die verheerenden Steeifjäge der poms 


203 


peianiſchen Flotten in den Käftengegenden, 
au behaupten: allein die. Anhäufung dee 
Flüchtlinge von Pharfalus an den füdlichen 
Grengeni der Provinz fehienen neue Maas 
regeln zu deren Sicherftelung zu erheiſchen. 
Noch auf dem Schlachtfelde fertigte daher 
der &ieger den Befehl’nah Brundiſium 
aus, daß Gabinius, ein alter, im Driene 
wohl verfuchter Heerführer, an ber Spizze 
einer Legion nach Illyrien aufbrechen, und, 
nah Befund der Umftände, bis in Macs 
donien vordringen folte, wo die tief ges 
murzelte Meigung gegen Pompeius eine 
nah bereite Waffenmacht nicht uberfluͤßig 
machte. B 

Noch behauptete M. Octavius, welcher 
ſich mit. feinem Geſchwader zeitig wieder 
von feinen Unglädsgefährten Bei Corcyra 
getrennt, und ſeitdem felbft Salona aufs 
neue bedroht hatte, die Herrſchaft des 
adriatifchen Meeres. Gabinius ſah ſich 
alſo in der Nothwendigkeit, troz der mins 
terlihen Yahreszeit, den weiten Ummeg, 
längs den Küften diefes Buſens, einzu⸗ 
ſchlagen. Allein te weiter er fih in die 
rauhen Engpäße Illyriens vertiefte, um fo 


204 “ 
verwißfelter wurde feine Lage und um fo 
befchroerlicher .feine Verpflegung in-Diefem 
erfchöpften_ Sande, wo bald genug ieder 
Bißen Brodtes mit dem Schwerdte ertrojt 
werden mußte. ine Reihe mißlungener 
Angriffe auf die feften Schlupfwinkel der 
Barbaren raubte ihm die Meinung von 
der Unwiderſtehlichkeit der römifchen Waf⸗ 

- fen. Alles ſtand feindlich wider ihn aufs 
und mit harter. Mühe rettete er den Eleis 
nen Reſt feiner Truppen nad) Salona, wo 

- Sram und Mühfeligkeit, wenig Monate 
darauf, fein Leben endigten. 

Diefer empfindliche Unfall konnte nicht 
verfehlen, in Octavius neue glänzendere 
Kofnungen ins Leben zu rufen. In Ber 
bindung mit den empdrten Bergvoͤlkern, 
bemächtigte er ſich eines Theile der Küftens 
infeln, beunruhigte die römifchen Anſiede⸗ 
Tungen, und machte dem Proprätor Corniflcius 
fo ernſtlich zu ſchaffen, daß P. Batinius, 
welcher in Brundiſium den Befehl uͤber 
die Truppen führte, die hier Krankheits⸗ 
halber hatten zuruͤckbleiben müßen, Alles 
aufbot, zu feiner Unterfiijgung herbeizueis: 
len. Es ſchreckte ihn nice ab, daß ihm 


205 


nur eine Anzahl von HleinetnKriegefahrzeugen 
au Gebote ftand; denn er hofte die Ueber 
legenheit ber feindlichen Vier⸗ und Fünf 
ruderer durch ‘den Muth feiner Veteranen, 
im nähern Handgemenge, auszugleichen. 
In der That auch fließen beide Flotten 
früher, als Batinhis es erwartete, aber feis 
nen Wanſchen gelegen, bei der Inſel Tau⸗ 
ris *) aufeinander. Das Gefecht ward mit 
Hine begonnen. Die beiderfeitigen Haupt⸗ 
ſchiffe bohrten fih mit ihren Schifſchnaͤbeln 
feſt; das Schwerdt aber entſchted, fobald 
bie Ordnung der pompeianifchen Linie durch 
den hartnäkfigen Verſuch zum Entern war 
aufgelöft worden. Selbſt Octavius mußte, 
als feine Galeere ihm unter den Füßen 
fant, ſich ſchwimmend und verwundet auf 
ein entfernteres Fahrzeug retten. Mehrere 
Schiffe wurden: in.Grund gebohrt oder ges 





Taur is koͤmmt weiter nirgend bei den 
Alten in den zahleicjen Juſelgruppen die⸗ 
fer Meetesgegend vor. Man dürfte iedoch 
feine Lage. wenlich neben Fifa vermuthen, 
mo unfse Karten die Kleine Inſel Poma 
zeigen. 


/ \ 206 

nommen; und erft in der Macht machte ein 
auffteigender Sturm der Schlacht, fo wie 
der Verfolgung‘, ein Ende. Moch einige 
Eroberungen reiheten fih an dieſen Sieg, 
bevor Vatinius nah Brundiftum heimkehr⸗ 
te; allein die wilfommnere Kunde; dag Dcs 
tavius, an feinen fernern Anftrengungen 
verzweifelnd, diefe Meeresgegend verlaßen 
babe, um ſich zu feinen Freunden in Afrika 
zu ſchlagen, ſolte Caſar erft in fpäterer Zeit 

erfahren. B B 
Deſto rafchen und unheildrohender aber 
drängten fi bei ihm die Zeitungen von 
der-mißlihen Wendung, welche, durch herbe 
Unfälle herbeigeführt, feine Angelegenheiten 
in Kleinafien indeß genommen hatten, we 
Domittus Ealvinus die öffentliche Verwal 
tung in Krieg und Frieden leitete, und 
wo, bei feiner Abfahrt nach Aegypten, Als 
les fo rubig gefchienen. Zwar befand ſich 
diefe ganze Halbinfel, feit Pampeius legten 
Siegen über den großen Mithridates, in 
einer ſchwankenden Verfaßung, indem dies 
ienigen Provinzen, welche das, unter dies 
fen Umftänden wänfhensmwerthe Gluͤck 
entbehrten, dem römifchen Reiche förmlich 


207 


rinvorleibt zu feyn, nach Gunft der Macht⸗ 
haber in Rom, aus der Hand Eines tris 
butbaren aftatifchen Fürften in die des Ans 
dern, mit fhimpflicher Wilkuhr, gewandert 
waren. Allein ſo fange noch Roms alges 
waltiger Arm über diefen Königen und 
Tetrarchen mit gleicher Schwere lag, ließ 
ſich weniger für die Unterbrechung, der, fr 
fentlihen Ruhe, als für das Wohl der 
einzelnen. defpotifirten Unterthanen fürchten. 
Später aber, da ber begonnene Bürgers 
krieg die römifihe Welt verwuͤſtete, war der 
Gedanke, daß iezt der Zeitpunkt gekommen, 
fegn. fönnte, die langen fechezehniährigen 
Teoßeln der eignen Freiheit zu löfen, es werth, 
in dem Sohne des großen Mithridates *) 





*) Traurig nur, daß auch hinzugeſezt wer⸗ 
den muß: „dem Mörder des großen Mi«, 
thridates:“ — denn durch eine gelungene 
Verſchwoͤrung batte Pharnaces ihn, unter 
fchreflichen, aber erfülten, Verwuͤnſchungen 
wider fein unnatuͤrliches Kind, zur Selbſt⸗ 
entleibung gebrängt. Die Caffius (DB. 37. 
8. 12. 13.) und Drofius (B,6.'R. 5.) geben 
Über diele fruͤbern — aucůbiuiche 
Nachrichten. 


‚ 208 
aufzukeimen, den Pompeius auf das geringe: 

- Erbe von Borporus beſchraͤnkt hatte. Phar⸗ 
naces faßte ihn, indem er, Caͤſars neuefle 
Entfernung benuzend, über Colchis herflel, 
Pontus und Sinope, die alte Hauptſtadt 
feiner Vorfahren Übermältigte, dem’Könige 
Dejotarus das, ihm eben erft verlichene, 
Kleine Armenien entriß, und, bei'm Ein 
bruch in Gappadocien, defen Beherrſcher 
Ariobarzanes *) mit einem gleicen Schit⸗ 
ſal bedrohete. 

Es war natärlich, daß bie Deraudeen 
ihre Klage an Domitius, den Stelivertres 
ter des Imperators, brachten, und daß diefer' 
feine Schuͤtzlinge nicht. durfte fallen laßen: 
Seine Abg-orbneten bedeuteten den unbe. 
fugten Eroberer, mit altem römifchen Ernſt, 
ſich in fein rechtmägiges Cigenthum zuräds 
äuziehen: allein zu gleicher Zeit zog er auch 

> feine: 





*) Beide Eroberungen mußten ihm um fo: 
leiter werden, da es den bermaligen Bes 
fisgeen noch an Zeit gemangelt: hatte, ſich in 
biefen neuen , durch Caͤſars Gun rtangten 
Erwerbungen zu befeſtigen. 


209 


feine ganze Truppenmacht zufammen, um 
feinem Verlangen defto „Eräftigern Made 
drud zu geben. Zwar behielt er, nad) Ab⸗ 
fendung der beiden, von Cäfar ihm abges 
forderten, Legionen (movon aber die Zweite, 
auf dem langfamern Landıwege durch Sys 
rien, für ihre Beftimmung zu fpät fam) 
nur no die Sechs und dreißigfte zu feis 
ner Verfügung: doch Fonnte er einigermas 
- Ben auf eine, ohnlängft in Pontus errich⸗ 
tete Legion rechnen; und zwei andre vom 
Deiotarus auf römifchen Fuß gefezte, nebſt 
ein paar hundert Reifigen, ſtießen eitigft 
mit ienen bei Comana *) zuſammen. 
Wahrſcheinlich mochte Pharnaces fi 
dieſer raſchen drohenden Bewegung nicht 





) Von zwei Städten dieſes Namens in 
Vorderaſien muß bier unitreitig. wohl Co= 
mana Pontica gemeint feyn (vergl. Hir⸗ 
tius 8.35.) welches, auf der Grenze vom 
Vontus und Eappadocien, an der obern Jris 
lag und.auf der Stelle des. heutigen Toeat 
zu ſuchen if. [Bei alledem aber erregt es 
Verwunderung, wie Domitius den Sammel« 
platz feiner Truppen fo weit in das vom 
Geinde befegte Gebiet. vorruͤtten, oder wie 

4 Band, . 8 


210 


verfehen haben; und da ihm der Abgang 
iener alten 2egionen noch nicht befanne 
geworden war, und Cappadocien ihm ſchwie⸗ 
tiger zu behaupten ſchien, als das nähere 
und gebirgigte Armenien, fo zog er fih 
eilfertig in dieſe leztere Provinz zuräd, 
und entbot dem Profonful feine Neigung 
zum gütlihen Vertrage, die er fo eben 
duch Räumung von Deistarus Staaten 
beurfundet habe. „Armenien hingegen 
„habe er, als einen Theil der väterlichen 
„Verlaßenſchaft, wieder an ſich gezogen: 
„Er ſchlage daher vor, es auf diefem Fuße 
„im lagen, bis Cäfar felbft Aber fein NA 
‚ herrecht entfejieden haben werde.” Das 
gegen erklärte Domitius, der feine Beweg⸗ 





Diefer es verabſdumen tomnte, ihn von dem 
nördlichen Pontus aus (Jumal, wenn er bereite 
Meifter von Sinope war) zu beunruhigen 7] — 
Comana Cappadocica hingegen zeigen 
die Karten einen vollen Breitengrad füdli- 
her, gegen die Grenze von Cilicien, an der 
Quelle des Sarus. Von biefem Iejtern if 
ſpaͤterhin, bei Caͤſars Zuge gegen Bharnaces, 
Die Rede; wie Mannert (Th. Vi. Heſt 4. 
©. 477.).exwiefen bat, 


211 
gruͤnde zu dieſer Sprache durchſchaute: 
„Nur gaͤnzliche Ruͤckgabe feines Raubes 
„ſei die Bedingung des Friedens: ‚denn 
„nur dann werde der alte Fuß des Be⸗ 
„füftandes, den er felbft wänfhe, beibe⸗ 
mbalten.”. 

Indeß brach der Profonful, ohne ſich 
durch des Königs häufige Friedensboten 
und Geſchenke, wodurch diefer ihn einzus 
ſchlafern fuchte, irren zu laſſen, in beſchleu⸗ 
nigten Maͤrſchen gegen Nikopolis *) vor; 
und bier erſt, da des Bittens um Frier 
den fein Ende ward, gonnte er feinen- 
Truppen .die Lagerruhe, deren fie bedurf- 
ten, um den Erfolg diefer Verhandlungen 
zu erwarten. Sie bfieben nichtig, . wis 
bie früheren: aber eben durch dien Zögern 
(das vielleicht eben fo fehr durch des. Roͤ⸗ 
mers Ehhler gewordene Ueberlegung von 
des "Königs ‚nicht zweifelhafter Uebermacht 





"*) Ai der Stelle des altern Tepbrike (iezt 

Divrigui) von Pompeius zum, Denkmal 
feines bier erfochtenen, erſten Sieges über 
Mithridates errichtet. Es Ing am.öfllichen: 
Abhang des Gebuͤrges Parpadres. 


‚DA 


212 


herbei geführt wurde) buͤßte zugleich Phar⸗ 
naces die Gelegenheit ein, ſeinen Gegner 
in einen Hinterhalt, zwiſchen den Gebins 
gen, zu lokken, wozu bereits alle Vorkeh⸗ 
zungen von ihm getroffen waren. Ihm 


blieb daher nichts uͤbrig, ale den Krieg 


durch verdoppelte Vorſicht in die Länge zu 
sieben; und das nur um fo mehr, da.er, 


um eben biefe Zeit, einige Briefe von Ch . 


far an Domitius aufgefangen hatte, wo⸗ 
rinn dieſer feine miflihe Lage in Alerans 
dria ſchilderte und, außer neuen geforders 
sen Verſtaͤrkungen, auch feines Legaten 
eignes Vorräffen gegen Syrien wuͤnſchte. 
Unter fo gänftigen Umftänden, welche 
den König feines "Gegners nahen Abzug 
erwarten ließen, ſuchte er ein Treffen noch 
forgfältiger zu vermeiden, und wählte zu 
dem Ende eine Stellung, unter den 
Mauern von Nifopolis, zwiſchen zwei 
aufgeworfenen Linien; während feine zahls 
reiche Reitersi ihm außerhalb die Fluͤgel 
deckte. 

Allein die nemlichen Gruͤnde, welche 
Jenem die Schlacht abriethen, drängten 
ben Prokonſul, der ſich weder mit Ehre, 


a3 . 


noch mit- Sicherheit, im Angeftcht des Fein 
des zurhchziehen Eonnte, die fehnelfte Ent 
ſcheidung durch die Waffen zu ſuchen. 
Pharnaces fah ſich ‚daher ſchon des. naͤch⸗ 
fien Tages hinter feinen Linien von der 
fehs und breißigften Legion, die den rd⸗ 
mifchen rechten Flügel bildete, mit einem 
Nachdruck angegriffen, welchem er nicht 
zu widerſtehen vermochte. Schon bedrohte 
fie feinen Ruͤcken, als die ſchimpfliche Flucht 
der Truppen des Deiotarus in der Mitte 
und ein zweimaliger mißlungener Angriff 
der pontifhen Legion. zur Linken, dem 
Treffen plözlih eine ungünftige Wendung 
gaben, Bon beiden entgieng nun eine gea 
ringe Zahl dem feindlichen Schwerdte; und 
als Pharnaces, von ihrer Verfolgung zus 
ruͤckkehrend, fih nun mit erneuerten Kraft, 
wuf Die noch fichenden Römer warf, fo 
vermochte nur die unglaublichfte Anftrens, 
gmg von Much und Entſchloßenheit, fie 
vor einem gleichen: Untergange zu ſchuͤtzen. 
So gelang .es ihnen, fih, wiewohl mit 
einigem Verlufte, bis an den Fuß des Ges 
bürges durchzuſchlagen, wg der König mit 
ſeiner Reiterel endlich von ihnen ablafen 


214 


mußte; und nicht minder hatte Domitius 
das Gläd, diefe traurigen Trümmern feir 
ner Macht ungefährder in befreunderee 
Gebiet zuruckzufuͤhren.“ 

Nichts war wohl gewißer, als deß 
Pharnaces, ſtolz auf dieſen Sieg, denſel⸗ 
ben auch in ſeinem ganzen Umfange wuͤrde 
benuszen wollen. Pontus war fejt wehr⸗ 
los in ſeine Haͤnde gegeben. Aber indem 
er begierig Aber dieſe Beute herſtuͤrzte, ie⸗ 
den ſchwachen Widerſtand uͤberwaͤltigte 
und zuverfichtlich von Wiederherſtellung 
ber vaͤterlichen Herrſchaft, in ihrem glaͤne 
jendſten Zeitpunfte, traͤumte, übertraf er 
äugleich au jede, auf. ſein rohes Gemuͤth 
gegründete Erwartung von der graufamen 
Strenge und dem Yebermuch, womit feine 
Schritte bezeichnet: ſeyn würden, Raub 
und Plünderung- traf bie in den Pronin« 
zen angefefienen Römer, wie die Einge⸗ 
bohrnen, ohne Unterfchledz fein Blutdurſt 
bien kaum erſattlich; und felbft da, wo 
er des Lebens fehonte, Abte er an ber 

- Bfürhe der männlichen Jugend Verſtuͤm⸗ 
melungen aus; gegen welde der Todeing 


215 


Wohlthat ift. *) Zu gleicher Zeit lud er 
alle Könige und Fürften Vorderafiens ein, 
fi auf feine Seite zu ftellen; und es 
fhien qufs entſchiedenſte fein Plan, Roms 
Heirſcherſtab in‘ diefem Welttheil zu vers 
nichten. 

Diefer weitausſehende Plan, zu.deſ⸗ 
fen Ausführung Roms innere Kämpfe eis 
nen fo gelegnen.Zeitpunft darboten, — der 
anerträgliche Gedanke an die Schmach, 
der Maieftät der Weltfäniginn von einem 
zinspflichtigen Barbaren, miteinigem Schein 
des Gelingens, Kohn gefprohen zu fe 
ben; — die Hoffnung; feine ftolzen Träume 
von Macht und Herrſchaft durch ſchnell⸗ 
fies Entgegenwirken in der Geburt zu er⸗ 
ſtikken; — dies Alles zufammen genoms 
men konnte den Schiedsrichter Aegyptens 
nicht lange zweifelhaft lagen, wohin zus 
— — — — 

) Dieſe barbariſche Mißhandlung erfubt 
inſonderheit Amiſus (iezt Samſun) eine 
der dedeutendſten Städte der Provinz Pon- 
tus, welche, aus.Ergebenheit gegen Caͤſar, 
einigen Widerfiand verfucht hatte. Er ver⸗ 
galt bald darauf diefe Treue durch das Ger 
ſchent der Freiheit, das er Amiſus ertpeilte, 


216 


naͤchſt er feine Waffen zu wenden habe. 
Im Deeident Eonnten feine Angelegenheis 
ten — auch wenn er fortfuhr, fie anſchel⸗ 
nend zu vernachläßigen — fih im näcds 
ſten Zeitverfauf wicht weſentlich verſchlim⸗ 
mern, oder geſtatteten doch eine leichte 
gluͤckliche Wendung zu feinem Vortheil. — 
Hier im Oſten hingegen war feine Sache 
zugleich die Sache des römifhen Bolkes 
felbft; indem er Domitius, feines Legaten, 
Niederlage rächte, traufelte er zugleich Bal⸗ 
fam in die vermundete National» Ehre — 
und, mas endlich wohl: den Ausfchlag 
gab! — fol? er, durft' er die nemlichen 
Volkerſchaften unbeſiegt Hinter fich liegen 
laßen, deren leichte und fehnelle Bezwin⸗ 
gung ehemals gerade die ftrahlendften 
Kränze in Pampeius Triumphe geflochten? 
Welch eine demärhigende Zufammenftellung 
mußte dies in der Meinung aller derer 
zur Folge haben, die den gefeierten Nas 
men des Leztern noch nicht vergeßen hatten! 
So ward denn der Aufbruch nad Sy 
rien und Pontus- in Caſars Geifte beſchloſ⸗ 
fen und unverzüglich auch angetreten. Um 
defto mindern Aufhalt zu finden, begnuͤgte er 


” 


217 


fih mit der Begkeitung der einzigen ſechs⸗ 
ten Veteranen: Legion; obmohl fie, durch 
Schwerdt, Meer und Mühfeligfeiten aufs 
gerieben. Feine taufend Mann mehr zähle 
te; — während feine ganze übrige Krieger 
macht an den Ufern des Nils dahinten 
blieb, um dem Thron der neuen Königin 
eine um fo feftere Stuͤtze zu geben; zus 
gleich” aber auch wohl, um den römifchen , 
Einfluß auf die Angekegenheiten diefes Reiche 
zu behaupten. Ueberal auf feinem Wege — 
befonders aber in: Antiochia — vermweilte 
ee nur fo fange, als nöthig war, bie 
dringendften Einrichtungen der Provinzen 
anzuordnen und fih ber Ergebenheit der 
Gewalthaber zu verſichern; gieng dann, 
auf dem kuͤrzern Seewege, nach Tarſus 
in Cilicien Aber, und traf hier, mit feiner, 


„gewohnten Regfamkeit, die Vorbereitungen 


zu dem, ienfeits des Taurus zu eröfnenden, 
Feldzuge. Nie war feine freudige Zuver⸗ 
fit größer gemwefen; und gleihmohl ber 
ſtand feine Waffenmacht in dim Augen 
blikke feines Eintritts in Pontus, mit Aus- 
nahme des Heinen Kerns ber fechften 2er 
gion, faft nur aus den nemlichen Truppen, 


218 


welche ſich aus der unglädfihen Schlacht 

bei Nikopolis gerettet baten, und einer , 
unroͤmiſchen, ihm von ‚Dejotarus zugeführr 

ten 2egion,. dee dem Imperator, im Bes 

wußtſeyn früherer Steaffälligfeit, mit abs 

gelegtem Königsfhmud, an der Grenze ſei⸗ 

nes Gebiets entgegen kam und feinen.Frier 

den mit ihm machte, 

Auch Pharnaces, welcher fib willig 
überredet hatte, daß Caͤſars Glüdsftern in 
Alerandria ohne Wiederkehr untergegangen 
fey, und fi durch feine plözliche Erſchei⸗ 
nung eben fo unliebltch aufgeſchreckt, ale, 
im Rüffen feiner Eroberungen, durch einen, 
von feinem Eratthalter Afander erregten 
Aufftand gefährdet fah, hätte gern vers 
ſucht, fih durch friedliche Unterhandlungen 
aus dem Gedränge zu ziehen. Wirklich ers 
ſchienen feine Abgeordneten,in Caſars Lager, 
‘welche, mit dem Berlangen, daß iede fers 
nere feindfelige Maaßregel eingefteft werde, 
ihres Gebieters willige Unterwerfung ers 
klaͤrten. Ohne Zweifel rechnete der König 
darauf, daß es ihm eben. fo leicht feyn 

wæerde, von feinem furchtbaren Gegner bik 
lige Bedingungen zu erhalten, als die Er⸗ 


219 

fültung, felbft der billigften, ſchlau zu ums 
gehen. Denn indem es ihm nicht entgieng, 
wie angelegentlih Cäfar wuͤnſchen mußte, 
fi endlich gegen Rom wenden zu konnen, 
fo ließ ſich mit Grunde hoffen, daß er fih 
an dem Außern Schein der Unterwerfung 
genügen laßen werde, und daß es dann, 
nach des Ijmperators Abzuge, nur auf ges 
ſchicktes Zögern und lang ausgefponnene Uns 
terhandlungen anfommen möchte, um den 
Kopf unyerfehrt wieder aus der Schlinge 
zu ziehen. " \ 

BWenigftens was den erftern Sheil - 
diefer Erwartungen betraf, hatte Pharnas 
ces richtig genug überfchlagen. Cäfars Frie⸗ 
densbedingungen waren gemaͤßigter, als 
Jener, nach fo viel vorangegangenen Reis 
zungen, fie fordern durfte: denn ‚fie bes 
ſchraͤnkten ſich aufunbedingte Räumung der 
eroberten Landftriche, Freiftellung der vers 
hafteten roͤmiſchen Staatsdiener und Kids 
gabe iedes geraubten Privateigenthums; 
mogegen alles Webrige, was nicht mehr 
vergütet werden fönne, vergeßen und vers 
ziehen werden folle. Als nun aber Phar⸗ 
naces, indem er diefe Werfprehungen wil: 


220 


fig ableiftete, ſich zu ſchmeicheln ſchien, der 
Imperator werde mehr feinen Worten 
glauben, als auf deren ungefäumte Erfüls 
tung dringen, folte er plozlich die Erfah⸗ 
rung maden, daß fl mit den gewoͤhnli⸗ 
hen DBehelfen. einer dilatoriſchen Politik, 
durch die er einen Domitius hingehalten, 
bei einem Gegner, wie CAfar, nicht aus⸗ 
reihen faße. Denn ber Feldherr, diefe 
Arglift durchſchauend, und nicht gemeint, 
fein begonnenes Werk hier unvolendet bins 
ter fich zu lagen, that nun aus Noth, was 
er fonft aus natuͤrlichem Ungeftäm zu thun 
pflegte, und verlor feinen Augenblick, ſich mit 
Nachdruck auf feinen Feind zu werfen. 
Er traf ihn, hart neben der Stadt 
Bela *) in Ponte, auf einem wohl ver 
ſchanzten Huͤgel gelagert, den die Nieder 
fage eines römifchen Heeres, im mithridas 
tifchen Kriege, berühmt **) und in deu 





*) Der Sletten Zile, füdwehlich von Tocat, 
bewahrt das Andenten diefes, damals feiten 
und anichnlihen Plaues, den der Verfaber 
der Gefch. des alexandr. Krieged Bieka nennt. 


H Sie ereignete fich im Jahr 637 und war 


221 


Augen des, von Aberglauben nicht freien 
Königs gluͤckhaft gemacht hatte. Dieſem 
Hügel gegenüber erhob ſich ein anderer, 
nicht" minder bequem 'zu einer Lagerftelle 
gelegen; und beide ſchied ein Thal, kaum 
saufend Schritte breit, welches zwar dem 
Töniglichen Lager eine nicht gemeine Stärke 
verlieh, ‚aber auch der diesfeitigen Anhöhe, 
wenn Cäfar, ſich auf derſelben feſtſezzen 
konnte, den gleichen Vortheil eines erſchwer⸗ 
‚ten Angrifs gewaͤhrte. Pharnaces hatte 
dieſen wichtigen Punkt, der ſo nahe vor 
ihm lag, gänzlich vernachläßigt: allein der 
ſcharfſichtigere Imperator dachte alfobald 
auf eine Lift, denfelben, Angefichts feines 





die härtefte unter allen, wovon die Roͤmer in 
diefem Kriege betroffen wurden. Luculls Les 

gat, €. Triarius, verlor bier 7000. Mann, 
worunter 24 Kriegstribunen und 150 Centu⸗ 
tionen fich befanden; und Cicero (orat. pro 
Manil. 25.) bemerkt es, als einen fprechenden 
Beweis von der Empfindlichkeit diefer Ein- 
buße, daß. die Kunde derielben nicht durch 
irgend einen, aus der Schlacht Entronnenen, 
fondern durch das bloße Gerücht zu Lucul⸗ 
Ins gelangte, 


222; 


Gegners, ju gewinnen. Während er alfo 
noch, fünf Millien ruckwärts, eine Stel⸗ 
lung bezogen hatte, in welcher eine Menge 
von zuſammengebrachten Schanzmatertalien 
feine Abſicht zu verrathen-fhten, ſich für 
Fängere Zeit zu behaupten, brach er, in der 
nachſten Nacht, mit fämmtlichen Legionen 
auf, und erreichte, unentdeckt und unvers 
hindert, iene Anhöhe, vor welcher herab 
er nunmehr iede Bewegung des Feindes 
beherrſchte. Die in der früheren Stellung - 
zurůckgelaßenen Befeftigungsmittel, welche 
hier erft ihre eigentliche Anwendung fins 
den folten, wurden darauf von dem Lagers 
troße nachgeführt, um den Legionen felbft, 
zu der Umſchanzung des neuen Lagers, deſto 
freiere Hand zu geben. *) ' J 








R Wie gut dieſe Vorkehrungen es auch 
erklaͤren, in wiefern Cdfar diefen Voſten zu 
feiner eignen Sicherheit und zur Beobach⸗ 
tung der feindlichen Bewegungen bequem 
finden tonnte, fo blieb derſelbe doch eigent⸗ 
lich nur eine Defenßv- Stellung, welche feine 
Dperationen von den Entichliefungen des Kö- 
nigs abhängig machte, und dadurch den Krieg 
nothwendig in die Länge zog. "Gerade dies 


223 


Erſt der anbrechende Tag zeigte dem 
uberraſchten Könige, was er verabſaumt 
hatte: aber feine Reue wid, der Begierde, 
den Gegner, auf gleiche Weiſe, durch feir 
nen ‚umverzögerten Angrif zu überrafchen 
und aus dem erlangten Vortheil zuruͤckzu⸗ 
werfen. Schon zogen fich feine Truppen 
am Fuße feines Lagers zufammen, als Ca⸗ 
far diefe Bewegungen immer noch feiner 














aber mußte Gäfar, dem fo viel an der Eile 
lag, zu vermeiden fuchen. Gewiß gieng er 
and auf einen unverzögrten Ungrif aus; 
und doc) fonnte zu einem ſolchen faum ein 

ungünftigeres Terrain, ald die Schlucht zwi⸗ 
ſchen beiden Laͤgern darbot, erdacht werden; 
wie auch Pharnaces es, zu feinem Schaden, 
bald erfahren folte, . Diefen Widerfpruch bes 
friedigend zu Iöfen, bat Hirtius, bei feiner 
übrigen Genauigkeit, nicht für gut gefunden. 
Oder bielt etwa Caͤſars reiches Genie in dem 
nemlichen Augenblikke, da er iene Stelle be= 
309, auch ſchon Eines von feinen taufend 
Mitteln in Bereitſchaft, den Feind gu einem 
verderblichen Wagniß zu verloffen; und Hir⸗ 
tius bätte nur darum feine Kenntniß davon 
weder gehabt, noch gegeben, weil der König 
dem ihm zu legenden Fallſtrick durch fekimils 
lige Berbiendung noch zuvortam? 


224° 
ernftlichen Aufmerkſamkeit werth hielt, und 
* Darin entweder nar eine gewoͤhnliche prahl⸗ 
hafte Herausforderung, oder den eben fo 
abgenuzten Kunftgeif erblichte, ihn Dadurch 
in feinen Schanzarbeiten aufzuhalten, ins 
dem er ihn nöthigte, das erfte Treffen, zur 
Bedekkung der’ Arbeiter, bewafnet vorzus 
ſchieben. Allein defto ernſtlicher war es 
der Wunſch des Königs, Zeit, Ort und Ges 
legenheit zu einem entſcheidenden Schlage 
zu nuzzen; und er trozte vielleicht eben fo 
fehe auf den verfüchten Much feiner Trups 
pen, die ben nemlichen, ſchon einmal ges 
ſchlagenen Legtonen des Domitius gegen 
über ftanden, als auf Caͤſars anfcheinende 
Schwäche, die denfelben nörhige, den uns 
Triegerifchen Sflaventroß mit an die vors 

feyende Arbeit zu rufen. . 
Caſar hatte indeg Mühe, an feine 
wahre Abficht, felbit dann noch zu glau⸗ 
ben, als die Föniglihen Truppen Bereits 
ihre Anhöhe verlaßen hatten, und nun fih 
in dem engern Thale ftopften, wohin nur 
bie höchfte Verblendung fie verloffen konnte. 
Erft als fie, mit gleicher Eile und in vols 
ler Schlachtlinie, den diesfeitigen Huͤgel 
hinans 


225 . 


hinanzukfimmen begannen; ſchwanden feine, 

auf eine zu gute Meinung von Pharnaces 

Einſichten gegründeten Zweifel — ſchwan⸗ 

den erſt in dem Augenblikke, da es ſchier 

zu ſpaͤt war, ſich ‚gegen dies unſinnige Uns 
ternehmen in bereite Verfaßung zu ſetzen; 

und ſchier zum Erſtenmale auf ſeiner lan⸗ 

gen kriegeriſchen Laufbahn waͤre ihm ſeine 

zu große Langſamkeit verderblich geworden 

Denn um wie viel ſchneller er nun auch, 

faſt zu einer und derſelben Zeit, die Ars 
"beiter .von der Schaufel unter bie Waffen 

zief, die.egipnen herauszog, und feine Trek⸗ 
fen ordnete, fo ließ fih doch gerade um fo 

vlel weniger der Beſturzung feiner. Strei⸗ 

ter wehren, die, kaum an ihren Plaz eins 

gerhdt, auch ſchon in’s Handgemenge mit 

dem, unter lautem Geſchrei andeingenden, 

Feinde verwikkelt wurden. *) 





Auch bier giebt Hirtius Anlaß, die Ge⸗ 
nauigkeit feines Berichts in einigen Zweifel 
zu sieben, Er erzähle nemlich von den Si- 
chelwagen des Königs, daß es ihnen gelun⸗ 
gen, in der, noch nicht völlig gebildeten, roͤ⸗ 
miſchen Schlachtlinie einige Verwirrung atte 
zurichten/ bie fie fhleunige duch einen Ha⸗ 

4. Band, P 


226 


Der Kampf, welcheb ſich ſofort durch 
die ganze Linie verbreitete, war heftig: al⸗ 
lein die Natur des Bodens ſelbſt, auf dem 
gefochten wurde, ließ chn nicht lange zwei⸗ 
felhaft Bleiben: - derm Einmal geworfen, 
mußte der Feind unausweichlich in Die tihe 
Tiefe zurüd geſtarzt werden. Die fehlte 
Regio, auf dem kechten Flägel, gab, ihres 
alten Rufes werth, hiezu das. Deifpiel, 
welchem ſpaterhin Ser -IitEe Fihgel und bie 
Mitte mit gleichem Gläffe nacheiferten. 
Unten im Brumde des engen Thals fiel 
nun der ganze Nachtheil der drtlichen Lage 





gel von Wutrfwaffen unſchaͤdtich gemacht wot« 
den. Unfteitig wär diefe, dein Barbaren fo 
‚gewöhnliche Art von Friegerifchen Zerſtoͤtungs · 
wwitteln in der Schlacht zugegen: allein man 
begreift nicht, wie fie, im Anfang berfelden, 
da die.Begionen noch am Fuße ihrer tige 
fangenen Verfchanzungen Yanden, und alfo 
iene Wagen bergaufwärts rennen muße 

ten, nut voh irgend einiger Wirkſamkeit ſeyn 
konnten? Auch Div Calfins (B. 43. 8.47.) 
foricht von dieſer, durch die Stchelmagen und 
die Meiterel verurſachten Unordnung, obne 
gleichwohl die Sache in ein deutlicheres 
Richt zu fehjen. 


227 


auf die hieher zuſammengedraͤngten Fihdhts 
linge zul: Was das: Schwerdt nicht 
aufrieb, wurde unter der Laſt der nachſtut⸗ 
zenden Gefährten erdruckt, oder ſchaͤzte es 
für Sewinn, mit weggeworfener Waffe, 
eine Zuflicht im verlaßenen Lager zu finden. 
Aber au) hier galt es Bald keine Sicher⸗ 
heit: mehr, da bie verfolgenden Römer das 
Thal ungehindert Aberfchritten,; und ſich 
ſturmend am Fuße der Verſchanzungen zeige 
ten: Der ſchwache · Widerſtand, welchet hier 
geleiſtet wurde, hinderte nicht ſowohl die 
Eroberung, als dag Pharnaces ſelbſt im 
Lager nicht ergriffen wurde. 

Eine: einzige Morgenflünde war hin⸗ 
reichend gemefen, dieſen neuen- glänzenden 
Lorbeer um Cäfars Stirne zu: flechten und 
einen weitausfehendeh Krieg, wie durch eis 
nen Zauberſchlag, zu endigen: „Ich kam; 
fah und ſiegte!“ Eonnte der Imperator 
an feine Freunde vom Schlachtfelde ſchrei⸗ · 
ben. und bie nemlichen lakoniſchen drei 
Worte nahmals, in der Reihe feiner- zu 
Rom gefeierten Triumphe, auf einer Tafel 
verzeichnet, vor ſich her tragen laßen. Seine 
Freude Aber biefen, ihm vom reinen Gihffe 

Pa ° 


28 

“gebötenen, &ieg wer lebhafter, als über 
iede der zahlseichen frühern. Trophäen. 
Mit einem, ihm fchmeihelnden, Bewußt⸗ 
feyn fah er nunmehr auf Sulla, Lucullus 
und Pompelus, die gepriefenen Helden des 
hochwichtig gehaltenen mithridatifchen Krie⸗ 
ges, zuruck, und ließ ſich dann die Außer 
rung entfhtäpfen: -;,Wohlfel . gekaufter 
Ruhm, der ſich durch &iege über einen 
ſolchen Feind gewinnen läßt” 

Und nicht leicht Eonnte ein‘ Steg vol 
ſtandiger ſeyn, ats dieſer faſt blutloſe, der 
gleichwohl "das ganze feindliche Meer ent ⸗ 
weder zu Boden ſtreckte, oder auseinander 
fprengte, den Konig, von wenigen Reitern 
begleitet , zu einer ſchimpflich » eilfertigen 
klucht nöthigte, ihn aller feiner Eroberun⸗ 
gen beraubte, feine Plane und Auſpruͤche 
vernichtete, ihm endlich felbft aus Sinope, 
feiner legten Freiſtatt, durch Domitins Waſ ⸗ 

fen verſcheuchte, und, verachtet und derlaſ⸗ 
fen von den Seinigen, julegt in der Hei⸗ 
math dem Schwerdte des treuloſen Afans 
der auslieferte. Caſar hatte nur noch das 
angenehme Gefchäft vor ſich, die Werkzeuge 
feines Siegs mit der vorgefundenen zeichen 


229 


Deute des Ehniglichen Lagers zu belohnen, 
und infonderheit bie brave fechfte Legion, 
sum Empfang der ihr beſchiedenen ehren, 
vollen Auszeichnungen, nach Stalien zu ent⸗ 
laßen; während Dejotars Wölker heimge⸗ 
fehieft wurden, und die Abrigen Truppen, 
mit Codlius Bincianus- an, ihrer. Spüge, zum 
Schune von, Pontus aufgeftelt blieben. 
Sezt. endlich. ſah fih’s der Imperator - 
gewährt, feine Schritte dahin, wo. fon 
langſt feine Gedanken vorangeflogen was 
zen — nach Nom-zu lenken. Schen bes 
näcften Tages nad der Schlacht machte 
er ſich, von. einem, leichten Reitergeſchwa⸗ 
der begleitet, in der Richtung durch Gab 
Togeäcien und Bithynien, ‚dahin auf den 
Weg: allein auch dieſe dringende Eile bins 
derte ihn nice, iede Stunde, und. feier 
ieden Augenblich mit einer, für feine Ans 
gelegenpeiten. erfprießlihen. Maaßregel zu 
bezeichnen, Withridates von Pergamus, 
fein treuer und thätiger Aushelfer am Nil, 
erhielt die verdiente Belohnung mit dem, 
Staate von Bosporus, melden Pharnaces 
durch. fein verunglhdttes Beginnen verwirkt 
batte. Dejotarus hingegen, wider welchen ! 


230 


Eaſar eine perſonliche Abneigung hegte, 
‚mußte ſich manchen unwillkuͤhrlichen Aus⸗ 
Bruch derſelben gefallen laßen; aber Domi⸗ 
tius Calvinus, dem ‚feine Unfälle von des 
Imperators Vertrauen nichts ‚entzogen hats 
sen, bebieft die Verwaltung der beruhigten 
Halbinſel in feinen Händen. 

Ganz rein wäre die: danfbare Ben 
Bindlichkeit diefes weiten Landſtrichs gegen 
den fheidenden Helden gemwefen, wen 
feine Verfügungen nicht zugleich auch, nes 
ben den, ihm freiwillig und um die Wette 
dargebrachten Ehrengeſchenken und golde⸗ 
nen Kronen, die feinen Eünftigen Triumph 
ſchmukken folten, eine Reihe anderer For 

"derungen an das Vermoͤgen der Stadte, 
wie der Einzelnen, gemacht haͤtten, die ſich 
‚auf fein gegenwartiges dringendes Behärfr 
niß großer Geldſummen gründeten. *) Bas 


MV. —ñ—— — 
*) „Geld und Soldaten!” lautete Caͤſars 
volitiſches Glaubensbekenntniß · — ,, Beide 
gründen die Macht: aber beide müßen ſich 
„auch wechielfeitig die Hände bieten. Geld 
wirbt und feßelt den Soldaten; und der 
„Soldat wieder wuchert zum Gelbe. Wo 
das Eine mangelt, geht auch das Andre 
verloren.“ (Div: 8.43. 8.49) 


. agı 
fie früherhin an Pompeins zu zahlen ſich 
anheifchig gemacht, wurde iezt als ſchuldi⸗ 
ger Mädftand beigetrieben; und felbft feine 
fonftige Achtung gegen die heiligen Tem⸗ 
pelſchazze, wodurch er ehemals die Menge 
für ſich beſtochen, hinderte ihn {et nicht 
mehr, fi auf ihre Koften zu bereichern, 
und durch dieſe Nichtachtung der dffentlis 
hen Meinung-das kekke Bewußtſein feiner 
errungenen Machthöhe zu verrathen. 
Raſtlos trugen ihn indeß feine. beflüs 
gelten Schritte durch. Griechenland und 
über das ioniſche Meer, bis er — iezt von 
Niemand. fo ſchnell erwartet — in Tarent 
den Fuß an’s. Land fezte und, burd) feine 
Erſcheinung in den Gemäthern des ganzen. 
‚ weiten Stalins Furcht und Hofnung und 
dede lang verhaltene Leidenſchaft aufs Hoch⸗ 
fe ſpannte. Ob er dem Bisher zur Schau 
getragenen Charakter einer verſohnlichen 
Milde hier noch ferner getreu bleiben, oder 
ob er, des Zwanges überhräßig, ſich nun⸗ 
mieht im Blute feiner Widerfacher baden 
werde: das mußten allerdings feine 
näcften Schritte erweifen. Cicero, unfds 
big, dieſes Schwanken einer aͤngſtlichen 


222 


Erwartung noch Fänger zu ertragen, hatte, 
vor allen Andern, die, gleich ihm, zu Bruns 
diftum diefes Augenblide harrten, den noth⸗ 
gebrungenen Muth, fein Schickſal an die 
Auflöfung‘ diefer großen ‚Frage zu ſezzen. 
Er gieng dem heimkehrenden Diktator uns 
gefäumt nach feinem Landungeplatze entger 
gen: aber ſchon auf der Halfte des Weges 
ſtieß er auf Täfar, welcher nicht fobald ers 
fuhr, wer fih ihm nähere, als er vom 
Wagen fprang, den Konfularen achtungs⸗ 
vol begrüßte, und dann eine gute Strekke 
Weges zu Buße und unter vertrautem Ges 
ſprach mit ihm zuruͤdlegte. Der Sieger 
verrieth durchaus feine Empfindlichkeit mehr 
wegen des Wergangenen; um fo weniger 
durfte Cicero's Dankbarkeit gegen fo viel 
Großmuth fih feinem Wunſche entſchlagen, 
ihm nach Rom zu folgen, wo des Red⸗ 
ners Name und Anweſenheit noch immer 
verſorach, einen rechtfertigenden Glanz über 
feine Sache zu verbreiten. Dennoch lebte 
Cicero in diefem nächften Zeitverlauf, ſelbſt 
in der Hauptſtadt, ohne Einmiſchung in 
die offentlichen Angelegenheiten, nur ben 
Wißenfhaften; und einige feiner vorzügliche 


233 . 


fien philoſophiſchen Werke ſcheinen bie Feucht 


dieſer ruhigen Muße in ſeinem Tuſculum 
geworden zu ſeyn. 

Es war im September (707) als Ca⸗ 
far, nad) einer, beinahe zweiiährigen Ents 
fernung, in Nom wieder auftrat, wo end» 
lich feine perſonliche Gegenwart allein vers 
mögend ſchlen, dem innern Zwiefpalt, der 
iezt fein Hoͤchſtes erreicht hatte, ein Ziel 
zu ſezzen. Denn viel fehlte, daß Dolabelle, 
feinen fühnen Plan zu Roms Umeehrung 


‚durch den begehrten algemeinen Schulben⸗ 


erlaß aufgegeben hätte, foBald die Zeitums 
ftände deßen Ausführung wieder zu begüns 
ftigen ſchienen. Caͤſars neue weitausfehens 
de Verwikkelungen in Aſien und Antonius 
ſchnelle Entfernung von Rom, zu Dämpfung 
des Aufftandes der italiänifchen Legionen, 
teafen, feiner Meinung nad, fehr gluͤcklich 
sufammen, um bie Sache zur Entfiheidung 
zu treiben; und der Konfislar, 2, Julius 
Caſar, Antonius Ohelm, dem Dieſer einſt ⸗ 
weilen die Obhut der Hauptſtadt uͤbertra⸗ 
gen hatte, war, ſeinen uͤbrigen Verdien⸗ 
ſten unbeſchadet, ſchon feines vorgeruck⸗ 
ten Alters wegen, der Mann nicht, ihm 


234 

Scheu vor dieſem gemagten Schritte ein: 
auflößen. J 

Sofort rief Dolabella ſeinen Anhang 
zu den Waffen; und eben ſo ſchlagfertig 
bildete ſich, dieſem Schuldnerheere gegen ⸗ 
über, das. Heer der Gläubiger, ſich feinem 
Beginnen entgegenzuftemmen. Formliche 
Schlachten wurden täglich auf dem Forum 
und in ben Gaßen von Rom geliefert; 
sortheilhafte Poften erobert und veripren, 
und fhonungsles mit Feuer und Schwerdt 
gegen einander gewärhet. Selbſt die Ber 
ſtalen wanderten ſcheu aus ihrem Tempel, 
wo fie ſich und: ihre Heiligthumer nicht 
mehr für ſicher hielten. Autoniys, von dies 
fen Ausſchweifungen benachrichtigt, wandte 
ſich beſturzt nach der Hauptſtadt; und ein 
neuer Senatsſchluß bevolmachtigte ihn zur 
gewafneten Herftellung der Bffentlichen Ruhe. 
Allein Dolabella glaubte bereits zu weit ge⸗ 
gangen zu feyn, um nun nicht auch noch, 
in verzweifeltem Muth, das Aeußerfte zit 
wagen. Er befiimmse den Tag, mo er 
feine Gefezesvorfihläge "in der Volksver⸗ 
fammlung molle durchgehen laßen: aber 
au gleicher Zeit verrammelte er auch alle 


235 

Zugänge zum Forum; errichtete hölzerne 
Thuͤrme umher, und ſchickte fi an, hier 
eine förmliche Belagerung auszuhalten. 
Dennod drang Antonius an diefem Tage 
mit den, auf dem Kapitel verfammleten, 
Truppen. durch alle diefe Verſchanzungen 
vor, jertrümmerte die aufgeftelten Gefejr 
sestafeln, und bemaͤchtigte fih einiger Ra⸗ 
belsführer, welche, zu. Abſchrekkung ibyer 
Helfershelfer, von der Hohe des tarpeiifchen 
Felſens Herabgefthrzt wurden. So verfehlte 
ber Volkstribun zwar feinen Zweck: doch 
an Ruͤckkehr der Ordnung und Ruhe war, 
felbft nach der Zeitung von CAfars neueftem 
Siege Aber Pharnaces und feiner iezt nas 

ben Heimkehr, nicht zu denen. 
Diefer lang verfhobne Augenblid war 
- nunmehr erfdienen. Der Diktator trat 
endlich an den Plaz, auf welchem alle Pars 
theien in Rom gleich tief ſich vor ihm au 
beugen und zu verfiummeir gezwungen wa⸗ 
ren. Unftreitig mißfiel ihm, was Beide be⸗ 
gonnen hatten, in gleihem Grade. Anto⸗ 
nius hatte in feiner Verwaltung zu ſchreiende 
Bloͤßen gegeben, um nicht den verdienten 
Zabel feines Gebteters zu verwirken. Daß 


236 


Caſat es hiebel gegen feinen Ghnftling Bes. 
wenden ließ, mochte man vielleicht im vor⸗ 
aus erwarten : allein Dolabella wurde ohne 

Zgweifel ſelbſt am hoͤchſten uͤberraſche, ale 
der Diktator, anſtatt ihn zu einer ſtrengen 
Rechenſchaft zu ziehen, nur Beweiſe det 
Güte und des Vertrauens auf ihn haͤufte 
und feine Ausſohnung mit Antonius ber 
wirkte. Denn wie gewiß CAfar auch feine 
Werkzeuge nad) Berdienft zu würdigen wuß⸗ 
te, fo ftand ‘doch der Grundſaz unbewegs 
lich in ihm feft: ‚gegen grenzenloſe Hinge⸗ 
Bung feiner Freunde auch: für ihre entſchie⸗ 
denften Schwächen verſchloßne Augen: “ 
haben. *) 


*) Sueton (8. 71.) laͤßt ihn diefe Marime 
und die Erhebung fo Mancher von niedrigem 
Stande zu den boͤchſten Ehren, die ihn, freis 
Tich vielfachem Tadel ausfesgen mußte, if 
noch) auffallendern Ausdräffen vertheidigen. ° 
Denn öffentlih babe er erklärt: „@elbk 
Straßenraͤuber und Banditen, wenn fie ibm 
die Staffeln sm feiner Größe geebnet hätten, 
würde er auf gleiche Weiſe beighnen,” — 
Schwer möchte ſich indeß eim ſolches oͤf⸗ 
fentliches Geſtaͤndniß mit des Diktators 
flets beobachteten politiſchen Haltung verei⸗ 





. 37 

Seine Mißbilligung des Geſchehenen 
legte ſich gleichwohl ſehr nachdruͤcklich zu 
Tage, indem ‚er es fein. Erſtes ſeyn lieh, 
die eigenen, in. Betref der. Schuldner ges 
gehenen Gefezie *) zu erneuern und das 
durch die thoͤrigte Hofnungen, womit Do⸗ 
labella ſich getragen hatte, auf immer zu 
zerſtoͤren. „Nie“ — verſicherte er — 
werde pr: auf. einem ſolchen, die Grund⸗ 
feften- der Geſellſchaft zerſtdrenden, Wege 





nigen laden, wofern man nicht unbemachte 
Augenvlitke des uebermuths und der Slide 
truntenheit bei Ihm annehmen. will, Die ihm 
2. fo undpnlich ſcheinen. 

") Bergl. Th. in. ©. 367 ff. — Dos un 
pl er ſie einigen Milderungen. So 5.8. 
wurden die, feit dem Ausbruch des bürgerlie 
hen Krieges ruͤckſtaͤndigen Zinfen und Leis 
Hungen erlaßen. In Betref der Hausmies 
then aber, 100 das Bebürfniß, die armern 
Volkellaßen zu. erleichtern, noch driugender 
ſchien, trat der Diktator durch die Verord⸗ 
nung in’s Mittel, daß der Staat die Berab- 
Jung der Hausmiethen in Mom bis auf aooo 
Eeftertien(628 Thaler) und in den’ übrigen 
Städten Italiens bis auf ein Viertel diefer 
Summe leißen ſolle. 


238 


die Volksgunft ſuchen; obivohl er ſelbſt im 
Dienſte dis Staates tief verſchulbet ſey, 
und keine andre Aushuͤlfe, als ferneres 
Borgen, vor ſich ſehe.“ — Freilich vet⸗ 
gaß et, Hinzuzufeggen , daB feine bisherige 
und zufünftige Schuldenmaße ihn weniger 
zu beimruhlgen brauchte, ba-es fehr zwei⸗ 
felhaft ſcheint, oB er iemals bie Abſicht Hatte, 
fie abzutragen, wenn auch ein verfräßter_ 
Tod ihn nicht daran verhindert Härte, 
Wenisftens hielt Caſar, deßen neue 
Ruͤſtungen unermeßliche Ausgaben heiſch⸗ 
ten, auf der Stelle ſich ſelber Wort im 
Bergen, indem er es ben italiſchen Mu⸗ 
nieipalitäten, wie einzelnen Reichen, fo nahe 
zu legen’ mußte, daß ihm das Darlehn ber 
betrachtlichſten Summen, unter den Namen 
von patriotiſchen Beiträgen, nicht durfte vers 
weigert werben; umd während feine Ver⸗ 
zeihung ſich auf Pompeius Freunde, faſt 
ohne Ausnahme, erſtreckte, wurde minde⸗ 
ſtens den Gütern ber, im Kriege Gebliebe⸗ 
dien, der Krieg erklärt; wobei fogar Pont 
peius eigne Befizgungen von der öffentlichen 
Verfteigerung nicht ausgenommen blieben: 
Hierin (weil er ſelbſt einen ſehr unterge: 


239 


ordneten Werth auf den Beſitz von Reich 
thiimern ſezte) gemöhnte ſich der Diftatse 
almählig, der Meinung des Publifume zu 
tedjgen, und nahm ſich's nicht Abel, ſelbſt 
feine eigenen Freunde, indem er fle um 
die Hofnung der Zheilnahme an biefer 
Beute taͤuſchte, gegen ſich zu erbittern.*). 
Wie ieboch diefe nemlichen Freunde 
. ihre Berdienfte um ihn auf eine ehrenvol⸗ 
lete Weife erkannt- und belohnt fehen fols 
‚tert, bewaͤhrte et, zur memlichen Zeit, an 
Q. Zufius Calenus und P. Vatinius, feis 
nen: beiden 2egaten, von denen der Erflere, 
während des Feldzugs in Epirus, und 
i . 
*) Sie erſtanden, zum Theil, diefe Guͤter 
. um ſebr bobe Vreiſe beim öffenslichen Aus⸗ 
ruf, weil fie darauf rechneten, fie, beim Ab⸗ 
rechnen, aus des Diktators Freigebigkeit — 
umfonft zti- erhalten: allein fie wurden arts 
gehalten, ihr Gebot zu erfüllen. (Div 8.43, 
R. 50) Belonders hofte Antonius, der auch 
das Haus des Rompeius in Rom (auf wel- 
ces ſonſt Niemand bieten wolte) an ſich ge» 
bracht hatte, ſich auf diefem leichten Wege 
zu bereichen, und würde ih bet Folge, durch 
Gicero’s Invectiven (Philipp. 14 64. 72.) hart 
für feine unverfchänte Hadfucht gezuͤchtigt. 


240 


nachher, eine feltene Thärigkeit bewieſen, 
der Reztere aber, bei feinem’ entſchiedenen 
moralifyen Unwerth, durch‘ den neulichen 
Seeſieg über Octavius, CAfars Waffen vers 
herrliche hatte. Beide fahen fih, für die 
-drei noch Übrigen Monate diefes Jahres, 
von ihm — freilich mit willkuͤhrlichſter Des 
feitigung der bisher üblichen Formen — 
zu Konfuln ernannt. An Ealenus Stelle 
kam die Verwaltung von Achaia an Gero. 
Eulpitius, und alfo in wenigfiens eben fo 
tohedige Hände, Des Diktators Liebling, 
M. Brutus, ward dem cifalpinifhen Gal⸗ 
lien vorgeſezt, wo er, iejt noch weniger - 
einer. glähenden Freiheitsfhiwärmerei, als 
‚des Stimme feines Herzens folgend, feis 
nem väterlich gefinnten Breunde, eben fos 
wohl durd eine rühmlihe Amtsführung, 
dankbare Geflißenheit erwies, als von der 
Provinz die Beweiſe einer gleichen Erges 
benheit einerntete. C. Salluftius Criepus, 
durch die legten Eenforen aus dem Senat 
verftoßen, empfing, dur Werleihung der 
Pratur, feine verlornen Rechte zuruͤck; und 
auch die Zahl der übrigen Prätoren ward 
um jehn vermehrt, um durch deren Des 

fer 


4 
ſenung, To wie die Berleihung prieſterlicher 
Würden, .eine um fo größere Menge von 
Anhängern zu verbinden. 

Auch Caſars treue Kriegugefährrten nies 
drigern Range — ſeine Tribunen, - Ritter 
und Centurionen — blieben unvergeßen in 
den @penden feiner. Gunſt, indem ihnen 
theils die Platze der, im Felde gebliebenen - 
{m Senat, theils, andre Auszeichnungen zu⸗ 
getheilt wurden. Jebdoch gerade bei Dies 
fer Klaße feiner Anhänger, den Veteranen 
der Legionen, ſchien fein guter Wile zum 
Belohnen am wenigſten ausreichend; eben 
ſowohl, weil fie ihm ihre geleifteten, und 
iezt mehr als iemals, für unentbehrlich 
geachteren ‚Dienfie zum ausſchweifendſten 
Preife anſchlugen, als weil fie (geſezt auch, 
daß ex diefen Preis hätte zahlen wollen 
oder fönnen). die Zeit nicht. zu erwarten 
vermochten, wo ihnen bderfelbe wuchern 
Solte. Ihe Gehorfam ſchwand mir ihren 
beeintraͤchtigten Hofnungen; während fie 
glich ihre tregzigen Anforderungen ſteiger⸗ 
sen und die Landfchaft Campanien, wo fie, 
in Erwartung des Aufbruchs nach Afeike, 

4 Band. Q 


242 


vertheilt lagen, mit Verwirrung und Dei 
ſorgniß erfülten. 

Antonius hatte dieſen Aufſtand weder 
durch ſeine Gegenwart in ihren Quartie⸗ 
ren, noch durch tede andre angewandte 
Mittel der Güte oder des Ernſtes, ‚bes 
fänftigen önnen; und in der That hatte 
die Meuterel unter den -Legionen, als Cds 

. far in Italien -auftrat, eine fo deunruhi⸗ 
gende Geftalt gewonnen, daß fie ihn vieb 
leicht ernſtlicher, als iede andre oͤffentliche 
Angelegenheit, beſchaͤftigte; fo wie ſie ohne 
Zweifel den entfeyiedenften Einfluß auf feine 
drukkenden Geldoperalionen Außerte, um in 
ihnen das Mittel zur Befriedigung der 
Empdrer zu finden. Indeß war es ber. 
Alugheit gemäß, ſich ihrem Ungeſtuͤm auf 
der Reife von Apulien nach der Hauptſtadt 
nicht perſdulich auszufegzen: aber indem er 
es vermied, mit ihnen zufammen zu-teeß ' 
fen, überfam Galluftius-den. Auftrag, bie 
Beſchwerden der zehnten Legion, welche 
vor andern eine laute und Fühne Sprache 
führte, anzuhören, und fie in Caſars Na 
men auf die Beendigung des inftehenden 
afrikaniſchen Krieges zu vertröften, wo lede 


243 
frähere Verheißfung an Gelb und Länder 
"reien pünftlih an ihnen in Erfüllung ger 
hen folle. Ihre Hofnungen noch befer zu 
kdrnen, durfte er ihnen zugleich eine neue; 
außerordentliche Spende von taufend Des 
natlen auf den ‘Kopf verfprechen. *) 
Salluſtius, wie gut er fih auch feiner 
Botſchaft entledigte, lief dennoch die "aus 
genſcheinlichſte Gefahr, das Opfer der fol 
datifchen Much zu- werden, welche nicht 
" füße lokkende Worte, fondern Thaten:ver 
langte. Kaum entzog er fich den Haͤnden 
der Nafenden dur eine eilfertige Flucht, 
indeß Jene, nicht geſonnen, auf halbem 
Wege ftehen zu bleiben, zur nemlichen 
Stunde ſich gegen Kom auf den Weg mach⸗ 
ten, um mit ihrem wortbruͤchigen Feldherrn 
ſelbſt zu rechten. Raub und Zerſtdrung 
war, wohin fie vordrangen, die Loſung. 
Wer ihmen in feinen Gefinnungen verdächr 
tig ſchien, -fiel unter ihren Streichen; und 
felbft zwei Alte Senatoren, Tofconius und 





*) Ein nicht unbedeutendes Geſchenk im 
Ganzen, da es, Mann für Mann, den Werth 
von 135 Thalern betrug. 

Q2 


244 


Galba, konnten dieſem unwurdigen Shit 
fat nicht entgehen, B 
Jede Stunde trug die Zeitung eine 
neuen Xusgelaßenheit und ihres nähern Vor⸗ 
ruͤkkens zu Caſars Ohren, der hier nicht 
bioe die Hauptſtadt bedroht, ſondern much 
fi ſelbſt, mitten in der Fälle von Macht 
und Herrſchaft, durch die eignen Werkzeuge 
derſelben, an den Rand eines Abgtunds 
gedrängt fah, wo kaum noch ein Gedanke 
- an Rettung abrig ſchten. Zwar fehle 'es 
ihm, in feiner eignen mitgebradhten Bedek 
Zung, und ber, ohnlängft von Anton!us in 
Kom aufgeftelten, Legion nicht an Truppen, 
ben nahenden Meuterern bie Stirne zu bies 
ten: allein wenn er auch, In Nädficht der⸗ 
ſelben, die verführerifche Macht des Bei⸗ 
ſpiels minder gefürchtet harte,” fo trug er 
doch mit Mecht Bedenken; feinen fchabens 
frohen Feinden das Schauſpiel des With⸗ 
lens in den eignen Eingewelden ju gebeu 
und die wahren Grundfeften feiner Macht, 
in fofern fte nur zu ausſchlleßlich auf der 
Kraft ſeiner Waffen ruhte/ mit eigner Hand 
au erſchuttern. 
Dooch wenn feine Geiſtergegenwart ihn 


25 

Hier To wenig, als in irgend einem” andern 
Bedraͤngniß feines wechfelvollen Lebens, vers 
ließ, und der Weg einer guͤtlichen Ausglei⸗ 
dung, in feinen Augen, den Vorzug vers 
diente, fo mußt’ es ihm, vor Allem, um 
eine genaue Kenntniß des Zieles zu chun 
feyn, bie zu welchem die empörte Legion 
ihre. Anfprüche, zu frei 
als fein, ihnen „entge 
ordneten auf die, in fi 
gerichtete, Frage die ft 
derhrachte: „„ Das wol 
ſelbſt erklären“ — la 
Zeit feiner Lage offen 
Was er ihnen indef, ı 
wehren vermochte,. folt«, 
mit feiner Beroilliguug geſchehen zu ſeyn; 
‚und fo ließ er ihnen neuerdings in die Bor 
ſtadte hinaus entbieten: „Er geftatte ihnen 
ben Eingang in Roms Thore, iedoch blos 
mit dem Schwerdte bewafnet; und auf 
dem Marsfelde verfammlet, ‚wolle er fie ' 
hören.“ 

Alſob ald ergoß ſich der toſende Schwarm 
in die Stadt, und draͤngte ſich, auf dem 
beſtimmten Plaue, um die Erhöhung ber, 


246 


wo Cäfar, mit einer zuverſichtlichen Kühns 
‚heit, welche iedes Abmahnen feiner Freunde 
verſchmaͤhte, aber ſchweigend und mit furcht« 
bar cfinfterm Blick, in ihre Mitte trat. 
Zaufend Stimmen von allen Seiten auf 
Einmal erhoben fh, um ihm ihre Wuns 
den, ihre erdufderen Mühfeligkeiten, ihre 
Jangen trenen Dienfte vorzurechnen. „SJejt 
‚endlich wäre es wohl an der Zeit, fie der 
Laft ihrer Waffen durch den Abfchied zw 
entheben. Sie begehrten, hier auf-der 
Stelle entlaßen zu werden und die ihnen 

' verheißenen Vergeltungen zu Impfangen.’’ 
Wie trogzigs kuhn diefer, in wenig Des 
ſcheidenheit gekleidete, Uebermuth auch zu 
drohen ſchien, fo faynıte der Feldherr die 
verzogenen Kinder feines Gluͤcks dennoch zu 
‘genau, um fih dadurch einfihrekfen zu laß⸗ 
fen; drang zw tief in den ganzen, ihm 
verſchiwiegenen Reſt ihrer Wünfche; wußte 
\ zu gut, wienur zu wenig ihnen, die im Las 
-ger- and unter dem Geraͤuſch der Waffen 
ergraut waren, die ftillen Künfte des Fries 
dens juſagten, als daf es ihnen hätte eins 
"fallen koͤnnen, ſich nad) ihrem Genuße eruſt⸗ 
lich zu ſehnen, und daß fie; an der Schwelle 


„a 


eines neuen Kriege, fid ‚nur geltender zu 
magen wuͤnſchten, um neue Bergänftiguns 
gen von ihm zu erpreßen; — ia, daß ihre 
Vermeßenheit nicht gewißer. und ſchneller 
gebeugt werden. könne, als wenn er in die 
Enttaßung, die fie ihrer Waffen, und 
dadurch zugleich. ihrer Furchtbarkeit, be 
raubte, zur willigen ſchiene. „Woblant‘ 
eutgegnete er endlih — „Ich bin fo uns 
gerecht nicht, das Gewicht und die Billige 
Zeit eurer Forderungen zu verkennen! Ich 
ehre eure Wunden, eure Dienfte, und will 
fie ferner nicht mißbrauden. So mögen 
denn andre Kriegsgefährten mid; auf dee 
Bahn meiner fünftigen Siege begleiten 
und euch eure Belohnungen erfämpfen. 
Keiner unter euch fol auch nur um die 
kleinſte zu kurz kommen. — Jezt tretet 
ab, Quiriten! Ihr ſeyd entlaßen!“ 
Kein, in ihre Mitte niederzuffender 
Donnerſchlag hätte entmuthender auf die 
. faunende Berfammlung wirfen fönnen, 
als diefe fefte, Furge, bemeßene Erklärung, 
Wirklih! Er hatte fie entlagen! Erbe 
durfte Ihrer nit! Er rechnete auf Ans 
drei — Und niht Kameraden hatt’ 


248° 


er ſie genannt, wie es: fonft- fo ſchmeichle / 
riſch FB von feinen Lippen tonte; — ick 
einmal (,, Soldaten!“ Gondern mit dem 
demtthigenden Namen „‚Duirtten’ *). was 
zen fie in bie, ihnen ruhmlos ſcheinende, 





* 9) Die Einwohner „des [ahinifhen. Seidl: . 


cens Cuses hatten, ‚nach ihrer Einverleir 
bung in den iungen römifhen Staat, auch 
ihren. Narien anf das ante Übertragenz 
und die Benennung Quirit en bezeichnete 
fortan das fo verbundene Walt, und gieng 
befonders auch, als Collectiv Name des vers 
ſammleten Volks, in die Sprache des Zorumg 
über. Ebendaher gber gedieh er auch almaͤh⸗ 
lig zum @egenfag des Militair- Standes; 
und im den lezten Zeiten: der Revublit, wo 
die Waffen vorhervſchten, hatte er auch füs 
gar etwas Herabwuͤrdigendes angenommen 
und war, beinahe. mit roͤmiſchem Poͤbel“ 
gleichbedeutend geworden. — " Einige Fahre 
Bunderte foAter verfuchte aier ander Severus 
bie Zawberfraft dieſes Wortes bei einem aͤhn⸗ 
lichen Aufftande feiner Miliyens „Vos om- 
nes hodie una voce, Quirites,.dimittam; et 
incertum, an Quirites: non enim digni estis, 
qui Romani plebis sitis, si jus Romanym 
non agnaseitin® , (Lamprid. Vit, Al, Sev. 
53) 






229 . 
anenmeßlihe Menge der römifchen Bürger 
serheigeftoßen! Der" Glanz, die Vorzuge 
der: zehnten Legion fahen fie durch. ein 
einziges Wort Hernichtet! Mit ihrem Gtolje 
war pldelich auch ihr. Troz und ihre Kraft 
gebrochen. Verwandelt an Sinn und Her 
sen, riefen fie einftimmig zu ihm hinauf: 
‚Mein, nit Quiriten wären fie, fons 
bern Soldaten — feine Soldaten, und 
Bereit, feinen Adlern zu folgen und allein 
feine Schlachten auszufechten. , 
u Der Felbherr ſchien unerbittlich und 
wandte den Fuß, fh zu entfernen. Da 
trat (entweder aus eigenem Triebe und 

Bewerbung um Cäfass Gunſt, oder ahr 
ſichtlich dazu angeflifter). ein Kriegstrihun 
ya ibm heran, uͤbernahm eine Art von 
Entſchuldigung für die Truppen, und ers 
bot fih zur Buͤrgſchaft für ihr Fünftiges 
Betragen. „Die Legion” — verfejte Eis 
far — „iſt freilich . Eraftvol genug, im 
Felde ferner mit Ehren aufzutreten: allein 
fle hat erklart, ber Waffen müde zu ſeyn; 
und ich kann ihrer Dienfte, die fie mir 
aufgefagt bat, entbehren. Sie bleibe 
aufgelöft: Doch fell fie mit den gewoͤhnli⸗ 


250 

hen Belohnungen heimgeſchickt werden; 
denn Niemand ſoll mie nachreden,. daß ich. 
in den Zeiten, der Noth Ihn benuzt und 
in den Zeiten des Gluͤcks Seiner vergeßen 
hätte: Wem tm Laufe des Krirges, zu ir⸗ 
gend. einer Zeit, Belohnungen an Gelde 
äugefagt worden find, der ſoll fte lezt, mit 
reichlichem Zins, empfangen. Geſchenke an 
Ländereien bleiben den Wuͤrdigern vorbes 
halten; die bie zur gänzlihen Herſtellung 
der offentlichen Ruhe bei mir ausdauern. 
Zwar bitten werd’ ich Niemand, fi zu 
meinen. Fahnen zu halten; aber eben fo 
wenig auch Jemand verftoßen, der ſich ih⸗ 
nen aus Neigung widmet. Dieſe Mach⸗ 
ſicht bin ich dem heutigen Forderungen, fo 
wie den frähern Berdienften meiner Strel⸗ 
ter, ſchuldig.“ 

Micht ohne Abſicht hene d der Schlaue, 
durch diefen Schluß feiner Rede⸗ den ges 
demärhigten und entwafneten Empdretn 
eine Hinterthuͤr zur Rückkehr geöfnet, wel⸗ 
che fie freudig durd die Erftärung benujs 
ten, ſich nie von ihm trennen, und ihm, 
ſelbſt wider feinen Willen, dienen zu wols 


ken; — eine. Verſicherung, welche die Le⸗ 


a5L 
gion durch die That bekräftigte, indem fie, 
ohne dazu aufgeboten zu feyn, fi zum 
Kriege nach Afrika im Bewegung feste, 
Eäfar- hieß es zwar ftillfchweigend gut; 
forgte aber in der Folge dafür, bie rohes 
ſten und untuhlgften Rädelsführer derger 
falt an den gefährlichften-Drten auszufege 
sen, daß fie almaͤhlig durch Feindesſchwert 
\ aufgerieben wurden; während. gleich iezt 
einige Audre, die fich, durch fanfteren Sinn, 
für Bürgerliches Gewerbe auszeichneten, in 
den Beſiz von Ländereien in Itallen ger 
‚fegt wurden; Mann für Dann äber eine 
Spende von taufend. Drachmen *) ems 
pfingen. 
Vielen von Caſars Zeitgenoßen (welche 
freilich nicht wußten, wie viel heimlicher 
Grol, beſonders gegen einige vermeßene 
Anführer der Legion, in feiner Seele zuruͤck⸗ 
blieb) erſchien diefe Gelindigfeit um fo mehr 
als tadelnswerth, wenn fie ſich erinnerten, 


— —— —— 
*) Dder 213 Thaler 13 Greſchen. — Doch 
mußten (nach Suetons Zeugniß) die Anfifter 
ſich nachgebends einen Abzug - vom -dritten 
Theil der Beute des afrifanifchen Kriegs und 
der beſtimmten Ländereien gefallen Ingen, 


252 
mit welcher unerbittlichen Sttenge er, bei. 
ieder fonftigen Nachſicht gegen manche Uns 
gezogeuheiten feiner Soldaten, *) dennoch 
ihre Meutereien zu ahnden pflegte. Allein 
eine richtige Würdigung feiner politiſchen 
und perfönlichen Rage muß nicht nur. bins 
zeichen, ihn Aber fein Betragen bei diefer 
Gelegenheit zu rechtfertigen, fondern auch 
, . . R - 
*) Eigentlich ſtrenge Mannssuche, bis zur 
mafcinenmäßigen Wilenlofigfeit, fardeste 
Gäfar nur in der Nähe des Feindes. Allein, 
nach einer großen, durch babe Unkrengung 
gelungenen, Waffenthat erließ er ihnen niche 
nur einen Theil des gewöhnlichen beſchwer⸗ 
Then Dienftes, der nur ihre Hebung und 
Wbhärtung bezweckte, ſondern geſtattete ihnen 
auch. bie und da Ausſchweifungen des Mutb⸗ 
willeng. „Seine Soldaten’ — pflegte er 
au fagen — „müßten, auch von Salben trie⸗ 
fend, und aus dem Schooße der Aypigfien 
Schwelgerei auffpringend, fich in die Schlacht 
Hürgen foͤnnen; / und auf ſchimmernde Bracht 
der Waffen hielt er bei ihnen aus dem fehr 
sichtigen Grundſaz, daß fie dann diefelben 
um fo weniger im Stiche laßen würden. ue⸗ 
berbaupt (chäste er den Soldaten weniger nach 
‚feinen Sitten, als nach feinen Kräften. Sue⸗ 
tn 8. 65:67.) . - . 


253 


finem hoben” Geifte: und ſeiner Klugheit 
‚bie ſchuldige Bewunderung zu joflen, web 
he ihm dafür gebührt, da noch, wo ein 
naher Untergang drohte, mit: mut den 
äußern Schein der alten rämifhen Dissb 
plin gevestet, fondern auch neue ſeſtere Ban⸗ 
‚de der Ergebenheit um ſich und feine Snups 
ven geſchlungen zu haben. 
* Denn auch abgefehen ‚davon, daß die 
fen Milien, Einmal entzägelt, :felbft dns 
Ftechſte und Ungeheiterfte, bis zur Auflb⸗ 
fung aller geſellſchaftlichen Verhaltniße, nicht 
mehr gewehrt werben Eonnte, und daß alle, 
in den Provinzen umher zerſtreute, Legios 
en ſich ihre: Ausfchweifungen firads zum 
Wuuſter genommen haben werden ‚ifo durfte 

Nur das: Gerhche des gegiähten Auf 
flandes die Käften von Afrika erreichen; um 
die dort vereinigten Gegner zu den klihn⸗ 
ſten Hofnungen zu ermuthigen und fie wohl 
gar jur unvendgerten Erſcheinung auf itas 
iiſchem Boden zu tetzen. Welch ein ſchmaͤh⸗ 
licher Giuͤckswechſel für den pharfalifchen 
Sieger, der, "gerade in diefen heimlichen 
Augenblikken, „ale feine Huͤlfsquellen aufs 
bot und alle feine Gedanken damit beſchaf⸗ 


. 254 

tigte, ſich aber fie ber zu fihrgen und ih⸗ 
ren mühfam vereinigten Widerſtand, der 
ſich iezt allein noch gegen feine Welcherr⸗ 
ſchaft auflehnte, mit Einem Stage m 
vernichten. 

Dod nicht ufrieden, Rh Hier durch 
tene weiſe Verbindung von Feſtigkeit und 
Nachgeben die Waffenkraͤfte erhalten zu 
haben, ſuchte er zu gleicher Zeit auch ſich 
buch bie moralifhen Kräfte, welche die 
offentliche Meinung verleiht, zu ftärken, 
und, neben dem Feldherrn, zugleich fort⸗ 
dauernd als gefezliches erfter Staats 
haupt aufzutreten. - Er ließ fich baber, 
aum dritten Male, zum Dietator für das 
näcfte folgende Jahr (708) ernennen; in 
welcher Eigenſchaft er den, aus Hiſpanien 
gurhdgefehreen M. Aemilius Lepidus *) 
zu feinem Magifter Equitum wählte. Zus 





> *) Edfar gefiattete ihm hierbei die Ehre des 
Triumphs, obgleich er dort weder einen. Feind 
vor ſich gehabt, noch einen Sieg davon ger 
tragen, bloß wegen, Beilegung der Uneinige 
feiten zwiſchen Gafflus Eonginus und Mar— 
cellus. Deſto ‚reicher aber kehrte er an er⸗ 
vreßten Baarſchaften zuruck. 


255 


gleich aber nahm er auch für ſich und die 
fen’ das Konfulat. für den nemlichen Zeit 
raum an, um durd eine folde Zuſammen⸗ 
ſchmelzung beider Würden den Geſichtspunkt 
der’ befangenen. Gemuͤther, welihe och. um 
mer ſtarr an ben alten Formen klebten, 
defto gewißer zu verrüffen. In der Wahl 
feines Stellvertreters, deßen Anhänglichkeit 
ihm von Alters ber keinen Zweifel litt, 
druckt füch iedoch zugleich auch fein Mißfal⸗ 
len gegen Antonius und deßen Verwaltung 
aus, welcher ſolchergeſtalt, wahrend Caͤſars 
bevorſtehender Abweſenheit, von Lepidus 
aus feiner bisherigen ‘arg gemißbrauchten 
Sewalt über Italien und die Heurcſtade 
verdrangt wurde. J 
Endlich war Alles, was die innere 
Staatsverwaltung erheifchte, hinlänglich bes 
feitigt, um dem. Dietator ben umyetheilten 
Blick über ‚das Meer nah den afrifanis 
ſchen Geftaden zw erlauben. Auch hier zwar - 
(und befonders in Utica) fehlte es ihm nicht 
an Freunden ad Anhängern: allein zu ges 
nau beobachtet, waren fie eben fo unver 
mögend, ſich ſchon iezt öffentlich für ihn zu 
erklären, als ſelbſt · nur ‚ihn mit genauen 


256 
und Auseeldjenben Nachrichten von dei in⸗ 


mern Sage ber Prodinz uud Yon dem Um 


fange und der Vertheilung der, hier gegen 
in vorbeweinten, Vertheidigunge mittel zu 
werfehen. Denn freilich nu r auf Verthei⸗ 
digung. und Abwehr beſchtaͤnkte fi der 
Eriegeplan, welcher in Sewio's Kriegera⸗ 
the war boeſchloßen worden: allein ein vol⸗ 
tes Jahr hatte er auch Zeit gehabt, fih 
bien, auf Koften des erſchoͤpften Landes und 
mit ruckſichtelofer Anwendung won Zwang 
und Harte, in: eine faſt unangneifbare Ber: 
faßung zu fegen. 

Bon der Bebeutenden Zapf Einigliger B 
Oalfatruppen, welche Juba für ihn zum 
augenblicklichen Aufbruch bereit hielt und 
zum Theil ſchen zu feiner, Berfügung ger 
ſtelt Hatte, fb wie von der Stärke feines 
eigenen edmiſchen Kerzen, Mt. ſchon oben 
eine Weberficht gegeben worden. Um das 
Zegtere uoljählig zu machen, Hatten in Der 
Provinz fo drhßfende Aushebungen flatt 

" gefunden, daß es dem Zambbası durchgan / 
gig an Haͤuden fehlte. Die Felder waren 
Daher unbeftelt gebliebenz Roms fonftige 
Kernkammer ‚hatte dicewal Feine Erndte, 

und 


257 


und bie alten -Worräthe Tage, wu‘ des 
Feldherrn Verordnung, in einigenwentgen 
feften Plaͤzzen, die eine längere Vertheidi⸗ 
ung zuließen,-aufgefpeichert.. Dagegen war _ 
beſchloßen ‘worden, ieden andern Det, web . 
her dem Feinde:hätte dienen Binnen, zu 
ſchleifen und‘ zw zerftören, die unglucklichen 
Einwohner aber zur Auswanderung: in die 
wohlbeſezten Feftungen zu nöthigen. Bu 
gleicher Zeit‘ machten zahlreiche Feindkiche 
Nreitger, unter" Att. Varus Befehlen, das 
Meer unſicher, ſchnitten iede Verbindung 
mit Italien und dem übrigen Reiche ab, 
und erfühnten ſich nicht felten zu Landun⸗ 
‚gen auf den ſictliſchen und fardinifher Kür 
fen, um ihrem Mangel m Waffen, und 
Befonders an Eiſen, abzuhelfen. 
* Won Siciken aus, als dem naͤchſten 
Und gelegenften Punkte, war nothwendig 
Ver Augrif zu erwarten, auf dehen langern 
Aufſchub Caſars bekannte Thatigkeit, nach 
einer, durchs Geruͤcht erſchollenen Ankunft 
‘in der Hauptftadt, nicht mehr zu zählen er» 
Taubte; und eben fo gewiß ſchien es, dag 

er fi) bei diefem Eimbruche genau in den 
Fußſtapfen halten wide, welche, vor zwei 

4. Dan R 


258 
Jahren, Curio Anfangs mit fo gluͤcklichem 
Erfolg betreten hatte. Sceipio und feine 
Rathgeber richteten daher ihre Sorge vors 
nemlich auf die Gegend von Utiea und das 


eorneliſche Lager, am welchem Theile der 


Küfte ſie auch ihre vorzuͤglichſte Macht zu⸗ 
fammenzogen, ohne gleichwohl die entfern⸗ 
teren Punfte gänzlich zu vernachläßigen. 
Doch, als fie wahrnahmen, daß ihr Gegner, 
durch eine Menge neuer Sorgen beſchaͤf⸗ 
tigt, mehrere Dionate lang in der Haupt⸗ 
ſtadt verweilte, und ale mın, mit dem Ende 
des Jahres, die gewöhnlichen Herbſtſtuͤr⸗ 
me *) herannaheten, überredeten fie ſich 





=) Auch Bier, und für die Folge, muß, zu 
Befeitigung alles Mißverſtaͤndnißes, wieder 
an. die damalige Verwirrung des roͤmiſchen 
Kalenders erinnert werben, welcher allmäh- 
lig den Anfang des Jahres in die Nähe der 
Herbfinachtgleiche zu verruͤkken drohte. Der 
unterſchied der Kalendertage gegen die wabre 
Zeitrechnung betrug nicht meniger, als 76 
Tage; und der 17. December, der Tag, da 
Caͤfar zu Lylibaͤum anlangte, war eigentlich 
ber 30. September. An diefen Unterſchied 
wolle der Leſer fich auch bei den ferneren 
Zeitbefimmungen erinnern 


259 


gene, was fie wuͤnſchten, daß Edfar, uns 
fähig, iezt die See zu halten, fein Unters 
nehmen bis zur Wiederkehr der beßern Jah⸗ 
reszeit hinausgefezt habe. 

Allein eben dieſer Glaube, ‚den der 
Dictator vielleicht abfichtlich hatte verbrei⸗ 
ten lagen, war nur ein Stachel mehr für 
den Leztern, ſich den nemlichen Vortheil 
der Ueberrafhung, der ihm vormals in 
Epirus fo treflich gewuchert, auch hier nicht 
entgehen zu laßen, Während alfo Jene 
"in ihrer Wachſamkeit um ein Merkliches 
nachließen, ihre Kreuzer zurück riefen, und . 
die Kriegsflotten in den Häfen abtakelten 
und aufs Trodne zogen, *) fejte Edfar, 
von allen Seiten her, feine Legionen ſchnell 
in Bewegung, und wieg ihnen, fo wie den 
entbotenen Galeeren und Transportfähiffen, 
das Vorgebuͤrge von Lilybdum **) in Eh 





Dies geſchah namentlich von M. Oeta⸗ 

vius mit ſeinem Geſchwader zu Utica. Auch 

gl. Varus, müde, die See zu halten, hatte 

dort die Hauptflotte fo gut als entwafnet. . 
**) Die weſtlichſte Spisge Siciliens, und zu⸗ 

gleich der naͤchſte Punkt zur Meberfahrt nach 

Aftita; iezt Capo di Boco oder Boceo. 

Ra 


260 


eilien als den algemeinen Sammelpunft an, 
wo bie Einſchiffung ftatt finden folte. Er 
ſelbſt brach von Rom mit raftlofer Eile 
dahin auf; und gleich im erften Augenblick 

‚ feiner &rfcheinung (17. Dec.) ließ er die 
einzige, dort vorgefundene, neugemorbene 
Legion, ſammt fehshundert Reitern, an 
Bord gehen. Denn überzeugt, daß der 
Erfolg feines Unternehmens mehr, als ies 
mals, von dem Geheimniß und der Eile 
der Ausführung abhaͤnge, wuͤrde er nicht 
angeſtanden haben, mit dieſer geringen Trup⸗ 
penzahl unverzüglich die Anker zu lichten, 
wofern die fthrmifche Witterung es ihm nur 
irgend geftattet hätte; und fo feurig war 
feine Ungeduld, daß er fein Zelt vor der 
Stadt, unmittelbar am Geftade und ums 
fpAle von den Wellen, auffchlagen ließ, um 
dei der erfien günftigen WBeränderung des 
"Windes auch) Feine einzige Minute zu ver 
lieren und den gleichen Geiſt der Eile In 
alten verfammelten Truppen zu entzünden. 
Demnach mußte er zehn lange Tage 
barren, bevor die wirkliche Abfahrt indg- 
lich wurde. (27. Dee.) Allein m diefer 
nemlichen Zeit trafen auch immer mehrere 


abı. 


Schiffe und Truppen bei ihm ein; fo daß 
er mit. ſechs Legionen (unter welhen die 
alte Fünfte ſich auszeichnete) und mit zwei⸗ 
tauſend Reifigen in See ſtechen Eonnte. 
Das Fußvolk wurde bei diefer kurzen Uebers 
fahrt um ſo bequemer in die Kriegs: Gas 
leeren. zufamımen gepackt, da es faft alles 
ſchwere Gepäd dahinten ließz; und fo Eonnte 
bie Reiterei, auf welche bei einem Kriege 
tn. Afrika vorzöglicher Bedacht zu neh⸗ 
men war,. defto gemachlicher in den Transs 
, portfchiffen untergebracht werden. Freilich 
erfhöpfte diefe Kriegemacht noch immer ' 
nicht Cafars ganzes. Aufgebot: allein nicht , 
gefontien, die Verfpäteten hier zu erwarten, 
übertrug ex dem Proprätor Siciliens, M. 
Allienus, ihre unvergögerte Einſchiffung, und 
legte zugleich die Sorge für alle Übrigen, 
noch unvofendeten, Vorkehrungen zu dieſem 
Feldzuge in deßen Hände. 

Stolz ſchwamm die zahlreiche Flotte 
auf den. Wellen: aber Niemand am Borde 
war von dem eigentlichen Ziele ihrer Be⸗ 
fimmung unterrichtet; und ber Feldhere 
ſelbſt fogar ſchien diefen wichtigen Punft 
diesmal mehr dem Zufal und feinem Gluͤkke, 


262 


als einem zuvor entworfenen feften Plane 
überlaen zu wollen. Seine ihm zugekom⸗ 
menen Nachrichten Aber die Etellung des 
Feindes waren bei weitem nicht ausreichend, 
ihm hierüber eine Wahl zu laßen, oder 
deßen Stärken und Schwächen im voraus 
au. berechnen... Er wußte nur im Algemel⸗ 
sin, daß &cipio's Hauptmacht, weſtlich 
vom Borgebürge Hermaͤum, in’ der Buche 
von Earthago Aufammen gezogen fey; dag 
er. in eben diefer Richtung: auf die feindlis 
hen Flotten ftoßen werde, und daß es alfo 
Bas Rathfamfte fey, den entgegengefezten 
Strich zu halten, wo fh die Küfte, von 
iener vorfpringenden Landſpizze tief nach 
Süden, bis in die Gegend ber Kleinen 
Syrten, hinabzieht, und eine Reihe: ber 
quemer Sandungspläjze darbietet, *) unter 





Vom Bromontorium Hermaͤum oder Mer⸗ 
eurli (Cap Bon) reiheten ſich bie Kuͤſten⸗ 
plaͤzze Aſpis oder Elupea, Curubis, Neapolic, 
Adrumetum (Hamamat oder Mach om e⸗ 
ta), Ruſpina (Souſa oder Schafech), 
Zeptis minor (Bebeda oder Bemta), Thap⸗ 
fus cDemfas) und die Heine Infel Gere 
Sina (Rerteni), in dem Abſtande von zwei 


263 - 
denen er, nach Befund der Umſtaͤnde, wuͤrde 
wählen fönnen. . 

In diefer Vorausſezzung, und geftüjt - 
auf das gänftige Wetter, fo wie auf die 
Kürze. des Weges, verfäumte er's fogar, 
feinen Schiffen, auf den Fall eine Zers 
Rreuung, einen gemeinfchaftlihen Sammels 
plaz anzumelfen; *) eine Eicherheit, die er 
auf der Stelle empfindlich buͤßen folte). 

Denn kaum lag, am vierten Tage der 
dahrt, das hermaiſche Vorgebuͤrge vor ſei⸗ 





Breitengraden (dem 37 bis 35) von Norden 
nach Süden an einander. 

*) Auch hatte Cäfar fonft ſtets die Gewohn⸗ 
beit, feinen Officieren verfiegelte Befehle, auf 
einer gewißen Höhe, oder an beſtimmten Ta= 
gen zu eröfnen, mit auf den Weg zu geben. 
Man dürfte glauben, er babe es in diefem 
einzelnen Galle, wo Alles auf die Ueberra⸗ 

ſchumg oder Frreführung des Geindes anfam, 
deswegen unterlaßen, weil er beforate, daß 
irgend Eines feiner Schife genommen und 
der Punkt des beabfichtegen Angrifs dadurch 
zu früh verrathen werden fonnte: allein Hir⸗ 
tius geficht geradehin, Cäfar habe feine Grun⸗ 
degehabt, den Einen vor dem Andern zu waͤh⸗ 
len und deshalb dem Zufalle den Ausſchlag 
übertragen, " 


4° 
sen Blikken ausgebreitet, To erhob ſich raſch 
ein. Sturm, welcher die, bisher eng zus 
fammen gehaltene, Flotte unwiderſtehlich 
ergeif und auseinander fpleuderte. Nur 
eine geringe Anzahl von Segeln fteuerte 
voch in dem Striche, welchen Caſars eigne 
Galeere hielt; und mit ihnen lief er über 
die Höhen von Clupea und Meapolis füds 
lid) hinab, Bis ihm das Wetter erlaubte, 
vor dem Hafen von Adrumerum beizule 
gest und bier das Zufammentweffen mit eis 
nem größern oder geringen Theile feines 
Geſchwaders zu erwarten. Allein, einmal 
erblickt auf diefer Küfte, mußt‘ er fürchten, 
den Feind aufgefchredt und in Bewegung 
gefezt ya haben. Jeder fernere Verzug 
drohte, ihr eines Vortheils zu berauben; 
and um ſofort den erſten Schrei zu bes 
nuzzen, wolte er verſuchen, ob fich’s viel⸗ 
teicht von Adrumetum, das feinen Abſichten 
treflich zuſagte, *) durch einen Handſtreich, 





*) Adrumetum beberrſcht nördlich, fo wie 
Thapfus ſuͤdlich, eine zwiſchen inne gelegene 
tiefe Einbucht dee Küfte, in deren Mitte Ru« 
fpina und Leptis ſich erhoben; bahingegen 
tene beide Häfen gleichfam die Körner des 


265 


ober den bloßen Schrekken feines Namens, 
Meifter werden ließe. 

Mehr, als iemals, mußten hier Kuͤhn⸗ 
heit und Zuverficht entfcheiden. (Es fchredte 
ihn nicht ab, daß ferne ganze Macht niche 
mehr, als: dreitaufend neugeworbner Trups 
pen und. hundert und funfjig Reifige zählte: 
fondern während noch die feindliche Defay 
dung zu den Thoren hervorſturmte und die 
Walle befezte, hatte auch Caſar den Befehl 
zur unverzögertem Landung ertheilt, und 
eilte, allen Uebrigen voran, gegen das Ufer. 
Doch eben diefe ungeduldige Haft ließ ihn, 
mit dem rafchen Sprunge an’s Land, auch 
einen Fehltritt thun, der ihn in den Sand 
ſtreckte. Un fi ein unbebeutender Zur 
fal; — nur nicht in den Augen feiner 
abergläubifchen Begleiter, welche ſchwerlich 
unterlaßen haben möchten, aus demfelben 
die unglädlichften VWorbebeutungen für den 
vorhabenden Kriegegug zu fhäpfen. Cäfar 
felöft erfannte, in dem nemlichen Augens 





weiten Bogens bildeten und darum auch von 
Sripio nicht vernachlaͤßigt worden waren; 
während die uͤbrigen mehr ihrer eigenen Ver⸗ 


theldigung uͤberladen blieben. 


266 \ 

blick, was bier zu fürchten fey, aber auch, 
wie er diefe ſchwachen Gemäther zu beru⸗ 
higen habe. Denn, als habe er fich vors 
fäzlih zur Erde geworfen, rief er, bevor 
er noch aufffand, fie kuͤßend und mit froh⸗ 
loktkender Stimme: „est, Afrika, bift du 
mein!’ — Wie folte ein ſolcher Hochſinn 
nicht auch die Gemüther der Feigſten Aber 
fich felöft erheben? *) 7. 

Die Landung fand, von  feindlicher 
Seite, kein. Hinderniß; und Caſar bezog, 





*) Eine gleiche Erhabenheit über iche Art 
von Superfition hatte ihn auch feine Abreiſe 
von Rom zu diefem Feldzuge um feinen Tag 
verſchieben Iafen, obgleich fich bei dem, die⸗ 
ferwegen angeftelten berfömmlichen Opfer cin 
Dmen von der unglüdlichhen Hut, wie may 
glaubte, ereignete, indem das Dpferthier ſich 
Tosriß und vom Altare entliet; und wie fehr 
auch der Haruſpet fich beeiferte, den Impe⸗ 
rator zu Erwartung einer günßigern Jabe 
reszeit zu bewegen. (Vergl. Suet. K. 59 und 
Ciceto de Divin. II. 24.) — Eben fo aber Ing - 
es auch in Caͤſars Charakter, iede Ähnliche 
Schwäche bei Andern, die er nicht geradezu 
befiegen konnte, durch irgend eine wohlberech · 
nete Erfindung furtil und eben dadurch für 


267 


unmittelbar darauf, vor der Stadt in en⸗ 
ger Stellung ein Lager. So wie er aber 
ihre Lage und Befeftigung in nähern Aus 
genſchein nahm, und die Stärke der Bes 
ſanung, anderen Spizze C. Conftdius 
Band, auf zwei volle Legionen zu ſchazzen 
veranlaft wurde, dürfte er feinen Anfchlag 
wahrſcheinlich zur Stelle wieder aufgeger 
ben haben, wenn nicht fein Legat 2. Plans 
«us ihm Hofnung gemacht hätte, ben feinds 
lichen Befehlshaber, deßen Freundſchaft ex 
ehemals beſeßen, auf einem friedlichern 





Fi unſchaͤdlich zu machen. Die alte, Sage, 
daß Afrita nur einen Seipio als Sieger 
anerlenne, mochte fich wohl ziemlich allges 
miein, felbf unter feinen Truppen, verbrei⸗ 
tet und gläubige Sünger gefunden baden, 
Allein um diefen üblen. Eindrud zu ſchwaͤ⸗ 
hen, führte er einen Abtömmling ienes bes 
rühmten Geſchlechts — übrigens einen er⸗ 
tlaͤrten Taugenichts — mit fih; und wenn 
‚ wie dem Plutarch glauben wollen, erhielt 
Diefer, fo oft es zum Treffen kam, fogar eine 
Art von Schein « Kommando, wodurch der 
ſchlaue Erfinder diefer militairifchen. Farce 
wenigſtens den Iwed erreichte, feinen Geg« 
ner, Metellus Seipio, laͤcherlich zu machen. 


268 


" Wege zugänglich zu finden. Aber Auch bie 
fer Verſuch ſcheiterte an des Republikaners 
ſtorriger Feſtigkeit; *) und. als. Diefer bis 
zum naͤchſten Tage vergeblich auf eine Ants 
wort von: fich: hatte warten laßen, fah ſich 
Caſar, obwohl mit. widerftrebender Seele, 
um fo mehr zum fruchtloſen Abzuge ges 
drungen, als indeß auf dem Meere immer 
noch feine Verſtaͤrtung erfiheinen wolte, 
dagegen aber das Gericht. fi} verbreitete, 
En. Pifo „ welcher, mit einem abgeſonder⸗ 

‚ten Haufen von Reiterei und Mauren, bie 
nördlichen Küften deckte, ſey, von Elupen 
ber, im Anquge begriffen. 

‚Und. wirklich. hatte der Feldhere fein 
"Lager kaum geräumt, als er nicht nur eis 
nen heftigen Ausfall der Beſazzung abzu⸗ 
ſchlagen hatte, ſondern auch eine Abthei⸗ 
lung der numidifhen Reiterei, zweitaufend 





*) Blancus richtete ein, in diefem Sinne 
abgefaßtes, Schreiben an feinen alten Freund 
und machte einen Kriegsgefängenen zum ue⸗ 
berbringer deßelben. Gonfidius aber ließ den 
ungfidlichen Boten vor feinen Augen nie⸗ 
derfichen.und fandte den umerbrochenen Brief 
an Scipie, 


ag 

Pferde ſtark, erfcheinen fah, die feinen 
Machtrab beunrubigte. Zwar reichten dreis 
"ig entſchloßene gallifche Reifige Hin, dieſe 
Ueberzahl mit Gläd in den Plaz zuruͤckzu⸗ 
werfen: da fie iedoch ftets wiederkehrte, To 
brauchte es der Unterftäzzung mehrerer Kor 
horten und eines beſchwerlichen Aufhalts, 
bevor der Eifer ihrer Verfolgung ſich ab⸗ 
kuͤhlte. Cäfar wandte ſich nunmehr, an 
der Kuͤſte hinab, gegen Ruſpina, und des 
naͤchſten Tages (2. Jan. 708) gegen Lep⸗ 
tis. An beiden Orten, fo wie aͤberal auf 
‚dem Wege, ſtieß er auf keinen Wiberftand; 
man fühlte oder erheuchelte Neigung für 
feine Sache und uͤbernahm die Werpfles 
‚gung feiner Truppen, denen es an Allem 
wmangelte. Dagegen ward Hier, fo wie 
vom erſten Augenblid der Landung an, von 
dem Geldheren eine genaue Mannszudye 
beobachtet, und. fein Mittel verabfäumt, 
die Einwohner immer mehr für ſich zu ge 
. innen: denn nur fo Eommt er hoffen, 

hier feften Fuß zu faßen. 
Allein mit einer fo geringfügigen Mache, 
als er bis iezt aufzuftellen vermochte, ward 
das Unternehmen, fich hier in der Mitte 


. . 270 
woifchen Adrumetum und Thapfus, zweien, 
durch ihre natärliche Lage, wie durd die 
bineingemworfenen feindlichen Beſatzungen, 
ihm fo gefährlichen Plaͤtzen, behaupten zu 
wollen, mit ieder Stunde waglicher; und 
es ſcheint fogar, als fey er bei ſich ſelbſt 
über fein ferneres Verweilen an diefer Küfte 
unentſchloßen geweſen. Denn obwohl ſich 
bei Leptis noch einige Galeeren und Trans⸗ 
portfahrzeuge zu ihm ſammleten, und er 
die darauf befindlichen altgedienten Kohor⸗ 
ten an ſich 308, fo ließ er doch für iezt noch 
die Reiterei unausgefchift und fuchte iedes 
Bufammentreffen mit den umherſchwaͤrmen⸗ 
ben mauriſchen Meifigen zu vermeiden. *) 
Erſt alser von den Eingebornen und einigen 
Ueberläufern beſtimmtere Nachrichten über 
die Stellung der feindlichen Heere einzog, 
mochte ihm der weite Abftand berfelben 


*) Diefe Schen wird uns von Plutarch ge⸗ 
nuͤglich erflärt. Caͤſars Reifge, indem fie 
ſorglos dem Lanz eines aftifanifchen Zlötens 
foielers zufchaueten, und ihre Gäule der Hüt 
der Troßbuben überließen, wurden von den 
Numidiern überfallen und ſchrecklich mitge 
nommen, Nur feine und dis Afinius Bolio 


271 


einiges beßere Vertrauen einfldſen. Sie 
konnten ihn, auf ieden Fall, erſt in eini⸗ 
gen Tagen erreichen; und es waͤre zu vor⸗ 
eilig geweſen, die Hofnung auf eine beßere 
Wendung ſeiner Angelegenheiten in dieſer 
Zwiſchenzeit aufjugeben. 

Die neuen Ankoͤmmlinge wolten indeß 
den Reſt ſeiner Flotte auf Utica zuſteuernd 
verlaßen haben. Dies vermehrte Caͤſars 
Unruhe; und er ließ ſogleich zehn Galee⸗ 
ren auslaufen, um bie Verirrten aufzuſu⸗ 
hen, zu ſchuͤtzen und herbei zu fuͤhren. 
Andre wurden, zu gleicher Zeit, nad) Sar⸗ 
dinien und den benachbarten Käften ents 
fandt, um ben Abgang der von dort her 
erwarteten Verftärfungen und Zufuhren zw 
beſchleunigen. Poſthumus Rabirius führte 
die ausgelzerten Schiffe nach Sicilien, zu 
Abbeluns der zweiten Truppen» Abtheilung ; 





ſchnelle Hülfe gab ihnen Raum zur Flucht 

in das Lager. Hirtius klagt auch ausdrüd- . 

lich Über das behende Hervorfchlüpfen diefer 

Mauren aus ihren Bergſchluchten, und viel⸗ 

leicht verficht er unter dem Ueberfal der- waſ⸗ 

ferholenden Ruderer, deen er R,7 erwähnt, 
dieſes nemliche Schaxmuͤuel. 


a 


und. €. Salluſtius Criſpus fegelte mit ei⸗ 
nem kleinen Geſchwader gegen Cereina/ zw 
Dinwegnahme der "großen Getreide Bors 
raͤthe, weiche der Feind auf dieſer Inſel 
zuſammen gebracht Hatte. Alle dieſe Auf 
träge von hoͤchſter -Widptigkeit folten ches 
fo wenig wine Frage hber Können und 
Michtkönnen, als ſelbſt nur einige Werd 
gerung zulaßen. 

Leptis, mit feinem Bau Rnfpine, 
welches gleichſam nur zwei Millien von der 
Küfte entferne Tag, gedachte Caſar nunmehr 
zu den beiden feſten Punkten zu machen, 
von welchen feine fernern Operationen aus 
gehen und wo feine Tünftigen Verſtaͤrkun⸗ 
gen ſich ihm anfchliegen Eönmen. Den es 
fern Paz verfah er mit einer Befagung 
von ſechs Kohortenz umd mit feiner "ganzen 
übrigen Macht von fiedengehn Koborten 
gieng er (3. Jan.) nach dem nahen Au 
ſpina zurüd, wo er gleichfals Truppen eim 
legte, und, noch am nemlihen Tage, du 

Rerpflegungsmittel derfelben durch ſchnelle 
Aufbringung aus den näcft umliegenden 
Gegenden zu ſichern fuchte: denn die cige 
nen Worräthe ferner beiden Wafkenplägge 

wimſchte 


273 


whnfäte ex fo wenig, als. möglich, zu 
entblößen. 

So wie aber Stunde auf Stunde 
ſchwand, ohne daß irgend ein neues ges 
wünfchtes Segel am Horizont empor tauch⸗ 
te, (wand auch der Gleichmuth, mit wel⸗ 
dem Cafar fih in feiner mißlichen Lage 
ausgerüftet ‚hatte. Unfähig, ſich felbft zu 
einer dumpfen- Unthätigkeit zu verdammen, 
drängte es ihn, die Verſammlung feines 
ſerſtreuten Flotte in eigner Perfon zu bes 
treiben und fie bes Weges hieher zu führen, 
Doch ahnete Niemand im Meere feine eis 
gentliche Abficht, als er, gegen den Abend, 
mit fieben Beseranen  Kohorten fih aus 
Bufpina gegen.die Küfte zog und an Bord 
gieng; wenn gleich bei den Zurüdgelaßes 
nen feine bloße Entfernung hinzeichte, fia 
mit Sorge und Bweifel zu erfüllen, Wie 
folten fie ‚fi aber much ihre Gefahr ver⸗ 
bergen, fobald bes Felöheren ermuthigene 
der Geiſt nicht mehr unmittelbar auf fie 
wirkte? Wie folte ihre Schwäche dem 
Feinde verborgen bleiben, vor welchem fie 
nun bereits feit viee Tagen offen dageler 
gen hatte, und ber unwioug länger ſaͤu⸗ 

4. Dan, 


274 


men fonnte, ‚mit feinem vollen Gewicht 
über fie herzufallen? Mur ein grenzenlos 
fes Vertrauen in Cäfars unerföpftes Ge⸗ 
nie Eonnte den troftlofen Gedanken von 
Ahnen entfernen, ſich von ihm fhr aufges 
öpfert zu halten. 

Caſar ſelbſt, von Unruhe gerade un 
fo viel mehr beineiftert, als fie in feiner 
Druſt ein noch weiteres Feld zu nies 
Berfhlagenden Betrachtungen fand, brach⸗ 
te eine ſorgenſchwere Nacht auf der Rhes 
de zu, und ftand fon im Begrif, mit 
dem grauenden Morgen unter Segel zu 
sehen, als, zufeiner angenehmfien Ueber 
raſchung, ein heil der vermißten Flotte 
ſich in’der Ferne zeigte. Sogleich kehrte 
er mit.feiner Begleitung an’s Ufer zuruck, 
um die Landung der Ankdmmlinge zu des 
ten. Dit ihnen gemeinſchaftlich, bezog er 
darauf, unter den Mauern von -Rufpine; 
das für fie ausgefuchte Lager, welches iezt, 
mit Inbegrif des neueften Zurvachfes und 
einiger frifchen Reiterei, drei volle Legionen 
aufjuftellen vermochte. Allein wenn er fih 
an der Epizje Derfelben nun auch wieder 
für vermögend genug hielt, feine bisherigen 


275 


Vortheile zu behaupten, fo brädte doch, zu⸗ 
gleich die neue Sorge auf ihn zuruck, diefe 
Ttubpenmaße, die, durchaus erſchdpft ar 
Lebensmitteln, die Kaſte betrat, mit den 
ndthigen Worrätgen zu verſorgen. Disher 
hatte feine zweifelpafte. Lage ihm hiezu nur 
ſehr ungenagende Vorkehrungen geſtattet; 
und ſelbſt in dem gegenwaͤrtigen Augen⸗ 
blitke ſah er keine andre Huife, als die 
Nachbarſchaft von Ruſpina abermals, in 
einem noch weltern Umkreiſe, zu durchſu⸗ 
chen. Sein games Lager, mit Ausnahme 
‚der, durch die Seefahrt noch zu erſchoͤpf⸗ 
tem Reiteret, ſezte ſich hiezu, noch an dem 
nemlichen Tage (4. Jan.) in Bewegung. 
Noch aber war man, in Diefer Abs 
ficht, daum drei Milllen vorgerhett, als 
unvermuther, um die fünfte Tagesftunde, 
das Auffeigen einer. fernen ungeheuren 
Staubrvölfe, vereinigt mit der Zeitung von 
den Vorpöften, daß ſich feindliche Truppen 
biikten ließen, dem Imperator eine ums 
gleich ernſtlichere Beſchaftigung aufdrang. 
Es wär Labienus, welcher, nachdem Piſo, 
mit ſeiner Reiterei, ſich bel Adrumetum 
nicht Für ſtark genug sehakan, Caſars Forts 
Fe 


\ 276 


t 

ſchritte zu hemmen, aus der Nähe der Bay 
von Karthago, feinem bisherigen Beobach⸗ 
tungspoften, ſchleunigſt aufgebrochen mar, 
and, nebft Petreius, der ihm auf dem Fuße 
folgte, die zuverfihtlihe Hofnung hegte, 
diesmal ihren Feind, mo- er ſich auch ims 
‚mer blikken ließe, und welchen Reichehum 
an taftifhen Künften er entfalten möchte, 
durch die ungewöhnliche, verwirrende Art 
ihres Angrifs, und die neuen Kunſte ihrer 
numidifhen Reiter, *) deren fie zehntau⸗ 
fend zählten, zw erbräffen, ober fogar, 
durch die bloße Mühe beim Abfchlachten 
derfelben, bis zur eignen Kraftlofigkeit und - 
„endlichen Niederlage zu erfhöpfen. 

Zn der That zeigte Labienus, beim 
weiteren Borrüffen, eine fo bedeutende 
Truppenmaße, und z0g biefe noch Immers 
fort, zu beiden Seiten, fo unabläßig in 





*) Zuba hatte einen Theil feiner Reiterei 
in Seipio's Gold gegeben; und diefe, fo wie 
ein, in der Provinz felbfi, aus allen Wolkge 
Hafen, ausgehobenes Reiſigen - Geſchwader, 
war von Sabienus forgfältig auf römifche Art 
Difeipliniet worden So B. führte er den 
Gebrauch der Biedehgel bet ihnen ein, dem 


272 
die Breite, daß CAfar, um feine‘ ſchwache 
Reiterei nicht Aberflügeln zu laßen, ſich ges ' 
ndthigt fah, die ſchnel gefammleten Kohor⸗ 
ten in eine einzige Linie’ auseinander zu 
dehnen; bei welcher Anordnung er um fo 
weniger Gefahr zu laufen glaubte, als 
er ben gegenüber ftehenden Feind für blos. 
Bes Fußvolk ſchaͤzte; fo wie benn auch wirk⸗ 
lich Leichte afrikaniſche Fußtruppen, von 
einer viermal größern Zahl, unter die Reis 
\ texei, zur Dekkung derfelben, eingethefle 
ſtanden. 
Dieſe, Caſarn ſelbſt abgelernte, aber 
‚bier in einem unendlich erweiterten Maaß⸗ 
flabe angewandte, Stellung war es, auf 
welche Labienus feine laut erklärte Hofnung 
eines gewißen Gieges fidjte, und deren 
Vortheile fih ihm auch fehr bald erwiefen. 
Denn da es nun, auf ber ganzen Linie, 
zum Angrif fam, ftärzte ſich, laͤngs ders 
“die Numibier ſonſt nicht kannten oder ver⸗ 
ſchmaͤhten. Aber den eigentlichen Kern feis 
ner Reiteret bildeten 1690 gallifche und. ger⸗ 
manifche Reiter, die er; von den Trümmern 
des pompelifchen Heeres, aus Epirug mit fich 
nach Afrita berüber gerettet hatte, 


278 


" fefben, die numabifche Neiterei, in einzelnen 
Abtheilungen, auf die cAfarianifchen Kohor⸗ 
ten; fihleuderte ihre Spieße; iagte fparne 
ſtreichs zurhet, und ſammlete ſich wieder, 
unter dem Ehug ihrer vordeingenden Fuße 
vdlker, deren Wurfwaffen alsdbann die vera 
folgenden Segtonarter zum enthlößten Ziele 
fanden, bis Aene- wieder. von ihren Rei 
figen im Kampfe abgeläft und. ieder eignen 
Gefahr eines, in der Nähe anzunchmens 
den, Gefechte erledige wurden, So fonnı* 
es nicht fehlen, daß die Kohorten, neben 
manchem empfindlichen - Werluft, *) durch 
ihre ftets wieder gehemmte Verfolgung, in 
Unordnung geristhen, ohne dem Feinde; 
der nirgend Stand hielt, einen bedeuten⸗ 
den Schaden quzufügen. Caſar ſah ſich 
"daher auch bald gendthigt, iedes Vordrin⸗ 
gen Aber vier Fuß vor der Linie mit Ernft 
gu unterfagen, 





*) Denn fo wie fie mebr oder weniger vor⸗ 
“drangen. um den Glüchtigen nacdjufesjen, 
entblößten fie ihre rechte, vom Schilde nicht 
gededte, Seite und fegten fich der Verwun« 
dung durch die feindlichen Schlisien auf, 


a79 


Indeß fühlte auch Teine ſchwache Reis. 
terei, auf beiden Flügeln, fih immer uns 
vermdgender, der gegenfeitigen, die hier noch 
dichter angebäuft ftand, die Spizze zu bier 
ten; und, indem fie almaͤhlich wich, erleiche 
texte fie den Humidiern ihr Vorhaben, Ca—⸗ 
ſars Eleines Heer von allen Seiten zu ums 
iingeln. . Er ſtand auf dem Punkte, in eis 
nen orbnungslofen Kaufen zufammen ger 
drängt, zu werden, und dann, ohne Ret⸗ 
tung, der Ueberzahl feiner Gegner, wie 
einft Curio, zu erliegen. Labienus, dies 

* fes erwunſchten Augenblicks gewaͤrtig, vers 
Doppelte feine Anftrengungen, fomohl die 
"eignen Truppen zu ermuntern, als bie feind⸗ 
lichen durch lauten Hohn zu entmuthen. 
„Wie?“ rief er ihnen ay = „Ihr Neu⸗ 
linge wolt noch Miderftand wagen? Da 
ſeht nun, in welche unabwendbare Noth 
fein ſaßes Gefchwäz euch bethört hat! Wars 
lich, ihr dquert mich!“ — „Bas Neu 
Ing!’ unterbrach ihn der Verhoͤhnten 
Einer mit edlem Zorn — „Komm an, 
Labienus! Du haft es mit einem Vete⸗ 
ron von der Zehnten zu thun.“ — 
„Ha, ſeh' ich doc. den zehnten Abler 


30 


nicht?" *) „So lerne denn mich an mel 
nem Geſichte und die Zehner an ihren 
Streichen kennen!“ erwiederte der alte 
Soldat, warf feinen Helm zu Boden, und 
ſchleuderte fein Pilum auf den feindlichen 
Belöheren fo’ Eräftig, daß defen, in bie 
Bruft getroffenes, Roß getddter, er felbft 
aber der Gefahr nur kuͤmmerlich entrißen 
wurde. ' ’ 

Michts defto weniger wurden bie wirk⸗ 
lichen Neulinge — und ihre Zahl war: Bei 
weitem die größere! — durch Alles, was 
fie fahen, nur immer mehr eingeſchreckt; 
duckten fih vor den feindlichen Geſchoßen, 
und fahen fich angſtlich nach ihren Felde 
herrn um. Irgend etwas Entſcheidendes 
wußte ſchnel geſchehen, wenn noch auf. Ret⸗ 
tung gehoft werden foltel Doc ſchon auch 
hatte Caſar, im Drange: diefer hoͤchſten 





) Die Koborten waren einzeln eingefchift . 
worden, und einzeln, nad Baune des Zufals, 
bei Gäfar angefommen. Sie bildeten allo 
auch feine volftändigen Legionen; und der 
Adler der zehnten Begion war wahrſcheinlich 
bei andern Koborten, die noch erwartet wur · 
den, znrüdgeblichen. 


281 
Moth fih immer gleich an Geiſtesgegen⸗. 
wart und fiherm Ueberblid, das Geheim⸗ 
niß einer neuen, Fühnen und Alles vor ſich 
niederwerfenden, Bewegung aufgefunden 
und angeordnet. Eine. Kohorte um die Ans 
dre trat vor, oder wich zuräd‘; zwei Linien 
mit Zwiſchenraͤumen entſtanden: aber ins 
dem beide fehnel, von der Mitte aus, nah 
beiden Flügeln hin, die Glieder flogen, 
die Zweite fih ruͤckwaͤrts ſtelte, und die 
Reiterei die Flügelöfnumgen ftopfte, bilder 
ten ſich ſolchergeſtalt zwei große geſchloßene 
Vierekke, welche dem eindringenden feind⸗ 
lichen Kreiſe uͤberal eine feſte Stirne bo⸗ 
ten. Und nun zogen fi beide Maßen im 
Sturmſchritt raſch noch meiter auseinans 
der; durchbrachen die Umzingelung in zwei 
tinander entgegengeſezten Punften; fließen 
dann wieder zufammen, und erdräcdten den 
Feind, der fih, duch dies Alles in Vers 
wirrung gefezt, unordentlich zwiſchen ihnen 
geſtopft hatte, *) 








Roeſch (Rriegs-Alterth. ©. 253 ff.) bat 
"Die Natur und Bedingungen zur Ausführung 
dieſes kunſtvollen Manoeuvre tueflich einges 


282, 


Mehr hatte.es auf nicht bedurft, um, 
Diefe numidifhen Schaaren, die an ein res 
gelmäßiges Gefecht fo wenig gewöhnt was 
zen, einzuſchichtern und zu zerſtreuen. Cds 
far, zufrieben, ſich Luft verſchaft zu haben, 
dachte nicht: fomohl auf ihre Verfolgung, 
als. auf fihern Ruͤckzug yon dem behaups 
teten Schlachtfelde in das Lager bei Ru⸗ 
ſpina. Allein in diefem nemlichen Augen⸗ 
blick langten Petreius und. Pifo mit eilfs 
hundert mauriſchen Reitern und vielem Fuße 


fehen undzergliedert. Seine Befchreibung ver⸗ 
dient nachgelefen zu werden, konnte bier aber 
nur nach ihren Hauptimomenten benugt werden. 
Bas mich indeß in Verwunderung ſezt, iſt, 
Einmal, daß eine fa zuſammengeſezte Evolu⸗ 
tion von Reulingen nicht HIoß eingeübt, ſon⸗ 
dern fogar im Angefiht — ia in der Mitte 
eines einkürmenden Feindes, mit derienigen 
SBräcifion ausgeführt werden fonnte, die nicht 
nur die Bedingung ihres Belingens, fondern 
weit mehr noch ihrer. Wirkfamfeit mar; — 
und dann, daß Cäfar fofort auch einen fo. 
talentvollen Befehlshaber fand, der hinläng« 
lich in feine Idee eingleng, um die Bewe—⸗ 
gungen des gweiten abgefonderten Vierecks 
zu leiten, während ex ſelbſt in dem erſten 
Tommandirte, 





283 

volk auf dem Wahlplaz an; umb der Ans 
blick diefer- frifhen Kerntruppen gab den 
Geſchlagenen ben Muth zu einem neuen Ans 
griffe zuruͤck. So fah denn Caͤſars Mach⸗ 
trab ſich abermals, auf einer weiten Ebene, 
durch die ſchon erprobten Reiterkuͤnſte ges 
neckt und feſtgehalten, ohne von den eig⸗ 
nen Reiſigen, deren Pferde entweder er⸗ 
müdet oder verwundet waren, auf einen 
roirkfamen Beiſtand vechnen zu £önnen, 
Der Tag neigte fih zum Ende; Caſar 
mußte fein Heil in einem neuen algemeinen 
Angriffe ſuchen, der fräfttg genug wäre, 
den Feind. über eine nahe Anhoͤhe binmeg 
wu ſpreugen. So wie iedoch, von feinem 
ermunternden Zuruf unterftägt, dieſe lezte 
gelungene Anſtrengung ihn zum Meiſter 
iener Anhöhe machte, zeigte er ſich den 
Afrikanern von bier in einer fo ſtolzen 
Saltung, daß fein langſamer Abzug in’« 
Lager von ihnen nicht weiter beunruhigt 
wurde, Bu . " 

Labienus mochte ſich allerdings für ger 
ſchlagen halten, in fofern er feine fühne 
Hofnung, den Diktator an diefem Tage 
zu vernichten, verfehlte, Petreing ſchwer 


284 


verwundet den Kampfplaz verließ, und feine 
Truppen (mie wohlfeil er auch ihr Leben‘ 
anſchlug) *) in nahmhafter Zahl den Bo⸗ 
den dedten. Allein auch Cäfar hatte ſich 
eines Siegs nicht fonderlich zu ruͤhmen, der 
ihn an den Rand bes Untergangs geführt, 
den Afrikanern feine verwundbare Seite 
gezeigt, unter feinen geringen Schaaren blus 
tig aufgeräumt und doch ihn in feinen gro⸗ 
$en Entwärfen um nichts gefördert hatte, 
ba Labienus nicht verhindert werden konnte, 
fein Lager hart in feiner Nähe aufzuſchla⸗ 
gen und iede feiner Bewegungen zu hüten, 
Dennoch war es ſchon etwas, ſich nur aufe 
recht und in ungebrochner Kraft erhalten 
zu haben: und noch mehr mochte Edfar 
feinem Gluͤck fich verpflichtet bekennen, daß 
es ihm diefen harten Strauß nicht ſchon 
‚vier und zwanzig Stunden früher aufs 
noͤthigte! 
Caſars Lager mußte ihm, von iezt an, 





. a 

) Doch bewies et viele Sorgfalt für die 
Berrundeten, welche auf Wagen nach Adru« 
metum, als dem nächkten fchern Platze, in 
die KHofpitäler abgeführt wurden. 


285 


für feine Feſtung, und fichte Erhaltung in 
demfelben, für das Ziel feiner naͤchſten Ans 
firengungen gelten. Jede Kunft und Bor 
fiht wurde zu deßen Werftärfung aufgebo⸗ 
ten; und von Beiden Flanken, deren führ 
liche fih an Nufpina lehnte, gieng eine 
Bruftwehr bis an das Seeufer hinab, um 
die freie Gemeinfhaft mit der Flotte u 
fihern. Die Wille ſtrozten von Balliſten 
und andern Mafıhinen, die von ben Krieger 
foiffen entnommen worden. Vor den Wer⸗ 
ſchanzungen und tiefen Gräben drohten ven 
borgne Fußangeln; Schanppfähle wurden 
behauen, Geſchohe bereitet, Waffenſchmie⸗ 
ben angelegt; Werkholz gu Sturmbokken, 
woran ee, fo wie an Blei und Eifen, im 
Afrifa mangelte, aus Sleilien herbefier 
den; ein Theil der Schifebefazgungen, zum 
Erfaz der leichten Truppen, unter die 
Waffen geftedt, und der Lagerbienft, fo 
wie die Wachen, mit verdoppekter Vorſicht 
verrichtet. - 

In der That fhienen auch alle dieſe 
Maafregein um fo unerlaßliher, da die 
eingezogenen Berichte, darin. hbereinftimms 
ten, daß Seipio nur drei Märfche hinter 


280, 


Babienus zurutk fey, und mit acht Legio⸗ 
‚nen und dreitalifenb Reitern ieden Augen⸗ 
Bü eintreffen tönne. Zwar verfpäteten 
einige Raſttage, die er beim Heere bei Adru⸗ 
metum geſtattete, feine Erſcheinung noch 
um wenige Tage: allein ſobald die Ver⸗ 
einigung mit Petrelus und Labienus ge⸗ 
ſchehen, und das Lager, in einem Abſtande 
von drei Milllen, Caſars Standplaz ge⸗ 
genuber, bezogen war, erfülte die feindliche 
Neiterei bie ganze Gegend umher, bis hart 
unter feine Wähle) und Tein Caͤſarianer 
wagte mehr, ſich außer bein Wezirk derſel⸗ 
ben bliffen zu laßen. Sechs Quadratmil⸗ 
lien, auf denen fie ſtanden, machten dem⸗ 
nach den ganzen Boden aus, Aber melden 
ihr Feidherr in Afrika zu gebieten hatte! - 
Schon fruͤher war der Mangel an Ab 
kom in ſeinem Lager fühlbar geweſen, und 
es hatte ihn unzählige gate Worte gekoſtet, 
hie und da. von den Landboeſizzern eine 
kaͤrgliche Unterſtuzzung an Geiraide ju er⸗ 
ſchmeicheln. ZYezt begann, vohngeachtet des 
ſparſamſten Haushakt, bie Noth Mit lodem 
Tage drukkender zu werden, ba die, auf 
ben Inſeln ausgefihriebenen, Deiſteuern 


237 
voch ausblieben und die Winterſtuͤrme ſchiet 
aller Schiffahrt ein Ziel ſezten. Den Gau⸗ 
len der Reiter fehlte gleichmaͤßig die Fut⸗ 
terung: doc hier gewährten Noch und 
bielfache Erfahrung einige Aushälfe in dem, 
an’s. Ufer ausgeworfenen Seetang, ben 
man. in -füßem Waßer abfpälte, und fo eine 
Nahrung gewann, welche die hungernden 
Thiere nicht verſchmahten. 
Dieſes gehaufte Drangfal forderte bes 
Imperators volle Regſamkeit auf, ihm durch 
bie zwectmäßigften Vorkehrungen entgegen - 
zu wirken. Um feine Truppen nicht zum 
trüben Nachdenken über ihre Lage fommen 
zu laßen, erhielt er fie durch gehäufte, wohl 
nicht einmal durchaus nothwendige, Arbeis 
ten unaufhoͤrlich in Athem. "Mach allen 
&eiten hin in ber. Provinz machte er Teint 
bie und da noch bejiveifelte parfönliche Ans 
Zunft durch Ausfchreiben befannt, worin 
die Einwohner, welde vielfache Urſach hats 
ten, mit Seipid's harten Maaßregeln un 
zufrieden zu ſeyn, aufgefordert würden, fich 
um ihn her zu ſammeln und auf ſeinen 
Beiſtand zu vertrauen. Seinen, zum Theil 
noch umherirrenden Transportſchiffen, die 


288 


Befahr. liefen, dem Feinde einzeln in bie 
Haͤnde ju fallen, ſchickte er, in allen Rich⸗ 
sungen, bie noch vorhandenen Galceren, 
theils zur Unterſtutzung, theils zu Wegwei⸗ 
fern nad feinem gegenwärtigen Standort, 
entgegen. Rabirius Poſthumug und Alie 
nus erhielten neue gefchärfte Befehle, mit 
den Berftärfungen aus Sieilien, ieder Wits 
terung und iedem Hinderniße zum Troz, 
euch nicht Eine Stunde länger zu fäumen. 
And fo groß war fein fehnfüäctiges Ver⸗ 
Jangen, daß der, mit diefer gebieterifchen 
Anweiſung entfandte, Schnelſegler Eaum, 
feit einem Tage, abgegangen war, als er 
die Blikke ſchon unverwandt gegen das 
Meer gerichtet hielt, und fih in Klagen 
über das unendliche Zaubern der Flotte und 
der Truppen erfchöpfte. *) 
Wohl aber hatte auch der Felbherr 
Grund, feiner demiepigenden Lage eine 
ſchnel⸗ 





) Es iſt bemerkenewerth, wie Hirtius (K. 
ab) dieſe ſteigende Ungeduld, die durch Ca⸗ 
ſars game kritiſche Lage fo.genüglich erklärt 
wird, vornehmlich doch auf Rechnung der 
Theilnahme fezzen möchte, welche der Bin 

err 


289 


ſchnelle Aenderung zu wuͤnſchen! Denn in 
eben diefen Eoftbaren Augenblikken, die er 
nuzlos verftreichen fehen mußte, war Be 
reits, wie ihm nicht unbekannt feyn Fonnte, 
auch’ König Juba, imit der ganzen verfamms 
keten Macht Mumidiens, von Sclpio aufs 
‚gefordert; und fogar mit der Hofnung auf 
die kunftige Abtretung von ganz Afrika ges 
kodert, auf dem Wege, fih mit diefem zu 
vereinigen. Gefchah dies wirklich, fo war 
das Mißverhäteniß der Streitkräfte fo ent 
ſchieden, daß weder Caͤſars Genie, noch 
fein-gewohntes Gluck, dem ungleichen Kam⸗ 
pfe ferner gewachſen ſchienen. Allein das 
Leztere war. gerade iezt, ohne daß er ſelbſt 
wußte, in feinem Dienſte geſchaͤftig, 
ihn von dieſem neuen Feinderzu- befreien, 
indem es ihm einen Freund an den 
weſtlichſten Grenzen dieſes Welttheils er⸗ 
weckte. 





here bei den Klagen und dem Kriegsdrangſal 
der, bei ihm um Beiftand flehenden, Bandıs- 
"einmwohner gefühlt. Wahrſcheinlich kopirte Je⸗ 
ner hierbei nur die Proklamationen, welche 
Caͤſar in die Provinz ergehen ließ. 

4 Band. T 


290 


Zwar fihon früher hatte Caſar, wie 
bereits bemerkt worden ift, *) darauf ges 
fonnen, die Numidier, von Hiſpanien aus, 
zu beſchaͤftigen, and dabei auf die weſent⸗ 
liche Mitwirkung des Könige Bogud ges 

. rechnet. Als aber Caßlus Longinus feinen 
Zug anzutreten verhindert wurde, fo zeigte 
ſich der mauritaniſche Fürft eben nicht ges 
neigt, die Laft diefes feindliche Einfals al 
fein auf feine Schultern zu nehmen, und 
es gehörte die Ueberredungskraft eines heis 
mathlofen Abentheurers dazu, feine Unent⸗ 

ſchloßenheit zu beftegen. Diefer Mann war 
P. Sitius, einft ein Freund und Mitver⸗ 
ſchworner Eatilina’s; dann geädhtet, und, 
an der Spitzze eines Haufens entfchloßnen 
Waghälfe, unter den barbarifchen Wölkers 
ſchaften des weſtlichen Afrika umherirrend, 
denen er ſeine Dienſte nach Gerrzenbeis ver 
kaufte und ſich ihnen durch eine Reihe gluͤck⸗ 
licher Unternehmungen wichtig machte. **) 





*) ©. oben Seite 190. 

**) In einer frühern Zeit ſab ſich auch Ser- 
toriug, nachdem die marianifche Parthei der 
Dittatur des Sulla hatte weichen mäßen, zu 


291 

Alein Sitius, dieſer langen Verbans 
nung müde, und mit fteigendem Heimweh 
nah Rom im Herzen, glaubte ſich die Wie⸗ 
derfehr dahin gedfnet, wenn es ihm ges 
länge, fih den gluͤckhaften Diktätor, für 
den er Eine freiwillige Neigung trug, durch 
gelegene Dienfte zu verpflichten. Seine Bes 
mühungen brachten den Einbrudy in Nur 
midien, mit Bogud verbunden, in eben 
dem Zeitpunkt zur Reife, da Juba ſich 
gegen Caſar nach dem Dften in Bewegung 
ſezte. Eirta, die Hauptftadt des Landes, 
famme zwei andern feften Pläpen in Ga⸗ 
tulien, waren bereits gefallen, und das 





diefer nemlichen abenthenerhden Holle Lfie 
erinnert an den Franzoſen Perron in Hindo⸗ 
fan) gezwungen, bevor er in Hifpanien den 
würdigen Schauplaz feiner Kriegsthaten 
fand. Solche Beifpiele geben aber zugleich 
auch den angemeßenſten Begrif von dem 
fürchtbaren Lopfe eines geächteten Roͤmere, 
und wie die Mehrzahl derſelben ihm den 
Tod vorziehen konnte. Stand doch auch Ser⸗ 
torius fchon im Begrif, den Furien, die ihn" 
verfolgte, bis in die faum gekannten gluͤck⸗ 
feligen Infeln (die Kanarien und Madeira) 
u entweichen! 
&2 


292 


Schwert der Mauritanigr drohte mit noch 
größerer Verheerung, ale Auba, auf die 
überrafcyende Zeitung von diefem Ueberfal, 
ſich pldilich zur Umkehr entſchloß, um den 
Beſiz ſeiner alten Staaten nicht der Hof 
nung auf neue Erwerbungen zu opfern. 
Sa, die Gefahr fehien ihm in dem Maaße 
bedeutend, daß er ſogar die ſchon mit Sei⸗ 
pio vereinigten Huͤlfstruppen, zum größten 
heile, wieder an ſich 309 und deren Etelle 
blos durch dreißig abgetretene Elephanten 
erfegte; — ein Tauſch, der dem Römer. 
um fo unwilkommner feyn mochte, da biefe 
Thiere in feinem Lager erft mühfam zum 
Kriegsbienfte abgerichtet werden mußten: 
Ecipio, obwohl durch dieſen Zwiſchen⸗ 
fall nunmehr auf ſeine eignen Kräfte eins 
geſchrankt, ‚unterließ doch nich, feinen Geg⸗ 
ner wiederholt zu einem algemeinen Ge⸗ 
fecht herauszufordern, indem er feine Trup⸗ 
pen ieden Morgen in Schlachtordnung aus⸗ 
rakken ließ und erft mit Gonnen + Unter 
gang in’s Lager zurhdführte. Täglich ward 


- er tühner, und wagte ſich endlich ganz nahe 


unter CAfars Verſchanzungen. Gelbft eine 
Beſtarmung dieſes fo mähfam befeſtigten 


293 
Lagers ſchien nicht außer feirem Plane zu 
liegen. Allein, hatte Caſar bisher gegen 
‚ alle diefe, feine Schwäche höhnenden Bes 
wegungen, eine unerſchuͤtterliche Ruhe bes 
tiefen, fo _verläugnete er die unwilligen 
Empfindungen feiner Seele in einem noch 
höhern Maaße, da er, auch iezt.fogar, nicht 
einmal: fein Zelt verkieß,, und alle feine Ans 
ordnungen auf einen anftändigen Rüdzug 
der Truppen hinter die Bruftwehren und 
auf eine fefte Verteidigung. befehränkte.*) 
Wahrſcheinlich aber kannte er auch feinen 
Gegner genäglih, um fein Wagftäd von 
ihm zu erwarten, zu deßen Ausführung 
er — Caſar hätte ſeyn muͤßen. Wirklich 





=) Saft luſtig iſt's, die mannichfaltigen Wette 
dungen zu bemerken, wodurch Hirtius (R.31) 
es zu bemaͤnteln ſucht, daB Caͤſar, bei dieſer 
Geiegenheit, denn: doch wohl nicht ganı ohne 
alle Zucht gewefen ſeyn möchte, Nur darin 
allein dürfte er vieleicht Recht haben, wen 
ex darauf hindeutet: Cäfar babe es feinem 
Kriegsruhm ſchuldig zu ſeyn geglaubt, nur 
dann zu fhlagen, wenn die Wabl dazu bei 
ihm flebe; dann aber aud ſo zu fchlagen, 
daB der ganze Krieg dadurch auf Einmal 

entſchieden werde, . 


294 


‚sechtfertigte der Ausgang feinen Glauben: 
denn Seipio og ſich unverweilt wieder in 
feine vorige Stellung zuruͤck; trunfen von 
der füßen Vorftellung, feinem Feinde ends 
lich einmal Furcht eingeflöße zu haben. 
Indeßen ruhte auch der Fleine Krieg 
zwiſchen den beiderfeitigen Reiſigen nicht, 
wo iezt die Wage um etwas gleicher ftand, 
da Labienus nur feine Germanier und Gab 
Tier in’s Gefecht bringen Eonnte; während - 
ex felbft, um dieſe Zeit, fih und die noch 
bei ihm zurädgebliebenen Numidier mit 
einer Unternehmung auf. Leptis beſchaftigte, 
um den Diktator, auch yon diefer Seh 
te, auf die engften Girenzen einzufchränten, 
Zwar hatte Diefer die Hälfte der dortigen 
Beſatzung wieder an fih gezogen; allein 
auch der geringe Reft leiftete eine fa tapfere 
Abwehr, .daf der Verſuch endlich aufgeges 
ben werden mußte, Selbſt feine Numidier 
und Gätuler, die unter feinen Fahnen Bier 
bee nur Verfufte, aber Feine Beute, gefüne 
den, giengen, von iejt an, häufig au Cär 
fars gluͤcklicherm Sterne Über; und das 
nur um fo mehr, als fie in ihm einen 
Verwandten des alten Marius trfannten, 


. - 295 

deßen große Thaten auf biefem Boden einft 
ihnen und ihren Vätern Gluͤck gebracht 
hatten. Der Imperator begnügte ſich aber 
nit daran, fie freundlich zu empfangen, 
fondern fandte auch die Angefehenften im 
ihre Heimath, mit fepriftlichen Aufforderuns 
gen an biefe Voͤlkerſchaften, fih zu ihm 

und feiner Sache zu ſchlagen. 
Neue Beweiſe, wie fih almählig die 
Volksſtimme in der Provinz für ihn ers 
klarte, gaben ihm die Städte Tysdrus und 
Acta *) durch Abgeordnete, welche ihren 
Wunſch erklärten, ſich unter den Schuz feir 
ner Befazzungen zu begeben. . Ein fehr ber 
trächtlisher Getreidevorrath, der in der Er⸗ 
ſtern aufgefpeichert lag, hatte den Feldherrn, 
mm nn — 
*) Tyedrus oder Tosdra (wabhrſcheinlich 
das heutige Jem me) lag, Inndeinwärts, im 
Suͤdweſten von Thapfus, und alſo weit aus 
Cäfars Dperatiopslinie. — Schwieriger if 
die Beflimmung ber Lage von Meilla oder 
Achilla, da anderweitige Umftände verbieten. 
es mit Achola, weldheg die Karten in der 
Nachbarſchaft von Tysdrus, aber dem Meere 
naͤber, zeigen, für identifch zu halten. Wir 
werden es weit mehr nördlich umd tiefer im 


296 


welcher ben druͤkkendſten Mangel litt, au 
deßen Bemäctigung 'reijen muͤßen, wenn 
nur Die Lage des Drtes nicht gänzlich außer 
den Bereich feiner gegenwärtigen Stellung 
gefallen wäre. Er mußte demnad) diefen 
Vorſchlag, mit Vertröftung auf baldigen 
Beiſtand, von ‘der Hand weifen: allein’ in 
einem günftigern Lichte betrachtete er die 
, Unternehmung auf Acilla, deßen Beſij ihm 
Hofnung gab, dem Feinde die Verbindung 
mit Utica, von wo, auf Cato’s raftlofen - 
Betrieb, noch immerfort Verftärfungen und 
Vorraͤthe aller Art in Scipio's Lager abs 
giengen, zu erfehweren. ©. Mefftus, von 
Caſar hiezu beauftragt, erreichte auch, durch 
einen ſchnellen und geſchickten Marſch, dies 
fen Plaz, bevor Conſidius, der fih mit 





Lände (etwa in gleicher Entfernung von Rus 
frina und Adrumetum) aufzufuchen haben. 
Es fcheint dabei, daß diefes Arila bei dem 
Anmarſch von Seipio's Heere, und in fo 
großer Nähe feines Bagersy” merklich mitges 
nommen worden; und fo ließe fich denn auch 
der Wunſch nach Erleichterung fammt der 
Hofnung, fe unter Caͤſar zu finden, ſehr na⸗ 
tuͤrlich erklären. 


297 


acht Kohorten aus Adrumetum hineinwer⸗ 


fe wolte; ihn. daran verhindern konnte. 
Eben fo vergeblich war der Verſuch, den 
Diefer, von Lablenus Reiterei unterftäzt, 
zur Wiedereroberung 'eines fo wichtigen Pos 
ftens anftelte. 

Noch erwunſchtere Hofnungen aber für 
die Zufunft durfte CAfar faßen, als C. Sal 
Iuftius, mit der Nachricht von der, ohne 
Schwertſchlag bewirkten, Beſiznahme der 
Inſel Cercina, zugleich einen ſtarken Trans 
port des, hier reichlich vorgefundenen, Ges 
treides in das Lager bei Ruſpina fandte, 
und als, ‚gleich darauf, bei einem guͤnſti⸗ 
gen Winde, auch die längft erfehnte zweite 
Truppenſendung aus Bicilien, ungefährdet, 
am beitten Tage ihre Beftimmung erreichte. 


Die dreigehnte und vierzehnte Legion, acht⸗ 


- Hundert gallifche Reiter und taufend Mann 
leichter Truppen fliegen an Land, und ers 
hielten ihren angemwiefenen Plaz in den Vers 
ſchanzungen. Ihre Erſcheinung belebte pldz⸗ 

lich den ſchier geſunkenen Muth der früher 
Gelandeten. Ueberfluß herrſchte fortan im 
Lager, und der Feldherr durfte nun wie⸗ 
der daran denken, angrifsweiſe zu verfah⸗ 


298 


zen, bevor Juba die Hände frei genug ber 
kaͤme, um nocdhmalg an diefem Kampfe 
heil zu nehmen. 
Sehr fihthau kaͤmpfte indeg, auf Seh 
"ten &eipio’s und feiner Gehälfen, die Bes 
gierde, von Caſars bisheriger befchränfter 
Lage den möglihften Vortheil zu ziehen, 
mit der Ungemißheit, wie fie ihm beifoms 
men und ihre Uebermacht auf eine entfcheis 
dende Weife benuzzen folten. Wahrfcheins 
lich möchte CAfar, an ihrem Plaze, ihre 
Verlegenheit nicht getheift, fondern alle, 
ihm entgegenftehende, noch fo furchtbare, 
Werke (Rufpina mit eingeſchloßen) in der 
fürzeften Zeit, von Einem Ufer des Men 
tes bis zum Andern, mit Linien umgeben 
haben, welche dies Lager, wie einft das 
bei Dyrrhachium, in einen Kerker verwan⸗ 
delt hätten. In der That feheine ihn Sie 
Furcht befhlichen zu haben, daß dieſer fo 
natürliche Gedanke fie endlich doch anwan⸗ 
deln möchte; und fo hielt er es fh» dienfam, 
fi unverzüglich auf eine weitere Grund⸗ 
fläche auszudehnen. Dret und zwanzig 
Tage hatte er feine Einſchließung ertragen, 
als plöslich, (27. Ian.) in der Nacht, die 


299 

ſammtlichen Legionen ohne Geraͤuſch auf⸗ 
brachen, duch Ruſpina giengen, und, ſud⸗ 
lich *) von dieſem Orte, einen Bergruͤkken 
erſtiegen, welcher ſich hier, in einem wei⸗ 
ten Halbkreiſe, landeinwaͤrts zieht, und ſo 
wiſchen feinen Armen eine trefliche Ebene, 
von funfjehn Millien im Durchſchnitt, bil⸗ 
det. Länge feiner Gräte flieg iedoch noch 
eine Reihe Eleinerer Hügel empor, worauf, 
von Alters her, einzelne Thuͤrme und Wars 

ten errichtet ftanden, 
So wie Caͤſar auf diefer Anhöhe forte 
rädte (und in der Hälfte ihrer Ausdehnung 








*) Ich glaube hier den, freilich etwas dun« 
teln, Tert des Hirtius auf meiner Seite zu 
haben, und aud) alle folgende Operationen in 
ihr angemeßenſtes Licht hellen zu fonnen, went 
ich von der Darſtellung des Terrains und 
der Bewegungen, wie Roeſch (Comment. S. 
101 ff.) fie ung giebt, anf mehr alg Eine 
Weiſe abgehe. Der Bergrüften nemlich zog _ 
ſich nicht nördlich von Mufping, wie er 
meint, und in geringem Abitande vom Meere 
fort, fondern Rich vielmehr mit feinem naͤ⸗ 
heren Arme ſuͤdlich an den genannten Play, 
von wo er ſich ſodann in einem weiten nach 
Norden ofnen Bogen von ı5 Millien land⸗ 


300 


lag fie bereits in feinem Rakken!) ließ er 
- auch die Wartthieme in größter Geſchwin⸗ 
digkeit zu feften Poften eineichten, und hatte 
die Abfiht, fie unter einander, ſo wie mit 
Ruſpina und feinem alten Lager, durch 
gezogene Linien in Verbindung zu ſeuen; — 
eine in iedem Betracht meifterhafte Bewe ⸗ 
gung, durch. welche nicht nur Leptis und 
die ganze, ihm«ım Ruͤkken liegende, Ge⸗ 
gend gefichert, fondern auch der, Weg erdf⸗ 
net wurde, gegen die, ihm vorliegende, 
nördliche Ebene, in welcher Soeipio gelas 
gert fand, und felbft gegen Uzita, feinen - 





einwaͤrts nach Nordweſten binüberzog; für 
das, Mita, weftlich von Rufpina, etwa auf 
der Sehne diefes Bogens Ing. Mita war 
unverkennbar das firategifche Obiect von Che 
fars Operationen; und ber erlangte Bez _ 
biefes Plazzes, der die feindliche Dperationg« 
Knie auch nach Süden, fo wie Acilla im Nor⸗ 
den, getrennt haben würde, mußte ihm uns 
zuberechnende Vortheile gewähren. Um fih 
aber Usita dergeſtalt zu .nähern, daß eine 
Belagerung möglich ‚würde, gab es feinen 
gelegnern Weg, als auf dem Nükten diefes 
WVergsuges, welcher dem Bl gewißermanßen 
beherrſchte. 


E23 


Waffenplaz, Verſuche zu wagen. Auch ers 
Zannten- die feindlichen Feldherren, fo wie 
der anbrechende Tag ihnen ihren Gegner 
auf den Höhen zeigte, die Wichtigkeit dies 
fer Stellung deutlich genug, um bei CAfars 
weiteren Unternehmungen nicht ruhige Zus 
ſchauer zu bleiben. Sie ruͤckten fofort, mit 
ihrer ganzen Macht, aus dem Lager. Die 
Fußyvdiker bildeten, ohnweit dem Zuße deſ⸗ 
felben, eine Linie: allein. die Reiterei unter 
Labienus wagte fih um mehr als das Dops 


pelte vor, und nöthigte. dadurch die eaͤſari⸗ 


ſchen Legionen, von der ſchon angefanges 
nen Bruftwehr abzulaßen und in die Waf⸗ 
fen, zu treten. 

Nur der hinterfte Wartthurm, von wels 
chem CAfar nicht weit mehr entfernt ftand, 
mar mit einer Wache von Numibdiern vers 
fehen, *) die unverzüglich angegriffen, vers 
iagt und von feinen Reitern hinig verfolgt 


- wurden. Zwar eilte Labienus hier den 


Seinigen, fehler mit ber. ganzen Reiterei 
feines rechten Flügels, zu Huͤlfe: allein fo 





*) Vielleicht, weil fich bier die Straße von 
unta nach Beptis über den Bergräften sog. 


302 


wie er ſich durch dieſe Bewegung von ſei⸗ 
ner Rinie entfernte, ſchickte auch CAfar, mit 
gewandter Benunung der gegebenen Blöße, 
die Zurmen feines linken Flügels, ihn zu 
umgehen und ſich ihm in den Rukken zu 
werfen. ine, auf der Ebene zwiſchen inne 
tiegende Meierei, mit weitläuftigen Gebäus 
"den, verdedte ihren Anritt vor Labienus 
Blikken. Unerwartet und unwiderftehlich 
brachen fie in feine Reihen ein; und nur 
Flucht galt es oder Tod In dem ſchreckli⸗ 
hen Gemejjel. Jene wählten die feigen 
NMumldier; aber unter Tod und Wunden 
hielten die Germanen und Gallier muthig 
Stand, bis fie, von allen Seiten umzins 
gelt, bis auf den festen Dann erlagen und 
mit ihren Leihen, in mimderfamer Schoͤn⸗ 
heit und Groͤße, das Schlachtfeld deckten. 
Nur Labienus war. entfommen; und 
der Anblick feiner volendeten Niederlage, 
die unter den Augen von Scipio's Legios 
nen vorgieng, hatte fo übeln Eindrud auf 
fie gemacht, daß der Feldherr, weit ent 
fernt, ein algemeines Treffen zu wagen, 
nicht: genugfam eilen Eonnte, die Truppen 
wurd in’s Lager zu führen. Wie ganz 


303 


aber Hatte fi nunmehr die Geftalt -der 
Dinge verändert! Cäfar felbft war es nun, 
der ſchon am näcften Tage, von feinen 
Höhen herab, in völliger Bereitſchaft zue 
Schlacht, auf die Ebene niederftieg, und 
fid) langfam gegen das feindliche Lager bes 
wegte; während Scipio es nicht magte, 
das Treffen anzunehmen, oder auch nur 
feine Wälle zu verlaßen. Erſt als er wahr⸗ 
"nahm, daß Caſars eigentliche Abficht wohl 
auf Uzita gehen koͤnnte, dem Diefer ſich 
Bereits bis auf eine Millie genähert hatte, 
und woher er felbft alle feine Beduͤrfniße 
und fogar fein-Waßer bezog, drängte ſich 
ihm die Nothwendigkeit auf, diefem Plazje, 
der noch auf feine Gegenwehr vorbereitet 
und blos von Numidiern beſezt war, mit 
feiner ganzen Made fchleunigft zu Hilfe 
zu eilen. Er ordnete das Heer in vier Lis 
nien, wie er immer pflegte: aber mit der 
vorderften, die aus einzelnen Reiterhaufen, 
mit zwiſchen Inne geftelten Elephanten bes 
ftand, rückte er hart an Uzita; fo daß beide 
Flügel den Plaz rechts und links um ein 
Deträchtlihes Überragten. 
Um ihn in diefer ftarfen Stellung ans 


304 


zugreifen‘, hätte Cäfar die Stadt, melde 
vor feiner Mitte lag, zu gleicher Zeit beftärs 
men und daneben eines Ausfale aus den 
Seitenthoren gerwärtig feyn müßen. Er 
begnügte ſich daher mit dem ſchon gewons 
nenen Boden und dem Beſtiz der Höhen, 
und 309 gegen Abend die erfchöpften Trup⸗ 
pen in fein Lager zufammen. Hier, wo 
das Heer, ohne Gepack und ſchier ohne 
Obdach, fortfuhr,- dem Winter. und der 
Witterung zu trozzen, ward es, in diefem ' 
nemlichen Zeitverlauf, durch ein mächtliches 
Schloßenwetter, gegen welches der Soldat 
ſich kummerlich mit emporgehaltenem Schil⸗ 
de deckte, durch niederſtrdmenden Plazregen 
und wunderſame elektriſche Erſcheinungen *) 
auf eine harte Probe ſeiner Standhaftig⸗ 
keit geſezt. Allein härter, ohne Vergleich, 
als durch eine zufällig empoͤrte Natur, kam 
" , the 





*) Die Bangenfpisien der fünften Legion 
forühten elettriſche Funken, oder das befannte 
St. Elmo « Feuer. Der Aberglaube, dem 
es, zu Erklärung dieſes Phaͤnemens, an na= 
türlichen Gründen fehlte, fand bier ein wei⸗ 
tes Feld zu Furcht und Zweifel aufgethan. 


305 


ihe Much in’s Grdränge, da das Gerücht 
Suba’s.abermalige Anndherung verfündigte 
und mit feinem Namen das Schrekkens⸗ 
wort ausfprah, an welches fich eben: fo 
dunkle, als Granfen erzegende Vorſtellun⸗ 
gen knupften. Immer neue und immer 
ungereimtere Maͤhrchen - mifchten Wahres 
und Falſches zue wilkommnen Nahrung-für 
die Reichtgläubigkeit durcheinander, bis Die 
Truppen endlich in eine Stimmung vers 
fanten, die ihren Feldherrn mit Recht ber 
unruhigen mußte. Anſtatt aber diefen entr 
anuthenden Gerüchten durch abſchaͤnige Würs 
digung der feindkihen Streitkräfte einen, 
wahrſcheinlich "nicht fehr haltbaren, Damm 
entgegen zu · ſetjen, verfammelte Cäfar die 
Legionen, und verfündigte ihnen, wie fie 
des Numidiers: Ankunft binnen menig 
Tagen zu erwarten hätten. Zehn ‚Legior 
nen, dreißigtaufend Reifige, hunderttaufend 
Mann leichter Truppen und dreihundere 
Kriegselephanten · würden mit ihm erſchei⸗ 
nen. „Jezt“ — fuhr er fort — „wißt 
ihr, woran. ihr: euch zu halten habt; und 
es wäre thöricht, ſich mit meiterm Kunde 
ſchaften und Muthmaßen m quaͤlan. Al⸗ 
+ Band. 


' 36 . \ 


Tein wo mie mim auch ferner nody ein fei⸗ 
ges Merz aufftößt, bas laß’ ich auf ‚den 
älteften Fiſcherkahn pakken und der Barm⸗ 
hergigfeit der Wellen preißgeben!” . 
Das Wahre an diefer abfichtlichen Les 
bertreibung war, daß Juba, von Seipio 
nad dem lezten unglädfichen Reitertreffen 
mit Ungeftüm zur ſchnellen Unterftägung 
aufgefordert, eine Abtheilung feines Hee⸗ 
zes, unter Sabura's Anführung, gegen Si⸗ 
tins hatte ſtehen laßen, deßen Unterneh⸗ 
mungen anfiengen, in's Stokken zu gera⸗ 
then; dahingegen er ſelbſt ſich wewerdings 
“aufxben Weg machte, mit etwa drei Les 
Yionen, einer guten Anzaht ſchwerer und 
leichterv Reiterei und Bogenfhlijen, nebft 
dreißig Elephanten, zu Seipio zu floßen. 
Als er im Gefiht von Uzita anlangte, bes 
309 er ein abgefondertes Lager neben. feis 
nem VBundesgenoßen; und nun erſt, da 
bie Cäfarianer ihn und feine Voͤlker näher 
in’s Auge faßten, kamen fie auch ſchnell 
wieder von dem Wahne zuräd, der ihnen 
diefen Gegner, aus der Ferne, in einem 
fo furdgtbaren Lichte dargeftelt hatte. . 
Um fo wilfommner hingegen war des 


37. 


Könige Erſchelnung für Seipio, welcher, fo 
lange er ſich feinen eignen Kräften über 
lagen fah, unaufboͤrlich gefürchtet hatte, 
"daß Caſar diefes Zeitpunktes feiner Vereins 
zelung wahrnehmen mörhte, die Sache zu 
einer Entfcheidung zu bringen. Allein ie 
weniger er feine Freude Aber diefe Ver⸗ 
ſtarkung zu verbergen wußte, um fo wents 
ger auch ſezte Juba feinem Uebermuth ‚und 
feinen Anſpruͤchen ein Ziel, und drängte 
‚den sömifchen Imperator zu einer Nachgie⸗ 
bigkeit gegen feine Launen herab, melde 
ſchier an Unterwuͤrfigkeit geenzte. Unter 
einer Menge kleinerer Beifpiele *) heben 
wir nur ein Cinziges aus, welches durch 
feine Oeffentlichkeit, im Angeficht beider 
Herre, fogar ben Feind über dieſe alger 





*) 3.8. wenn der König es don Seipio 
verlangte, und aud) erhielt, daß der Leitere 
dem purpurnen Geldherenmantel von dem 
Augenblic an entfagte, wo Jener das Bager 
betrat, und fortan, neben dem bepurpurten. 
Barbaren, nur in dem weißen Sagum er« 
ſchien, das ieder roͤmiſche Krieger mit ihm 
gemein hatte. 


ua 


308 
meine ſchimpfliche Abhängigkeit Mi feinem 
Zweifel mehr ließ. 

Immerfort hatten, von Cafar begun⸗ 
ſtigt, bei den Vorpoſten, zwiſchen den Be⸗ 
kannten unter. den gegenfeitigen Truppen, 
friedliche Beſprechungen -ftatt gefunden. 
Auch M. Aquinius, ein republitanifcher Ans 
Führer, ließ fih mit Saferna, dem cAfaris 
ſchen Befehlshaber zu Rufpina, auf diefe 
Weiſe in eine Unterredung ein, an welcher 
Seipio fo großen Anſtoß nahm, daß er 
augenblicklich hinfandte, den Aquinius an 
das Unftatthafte einer ſolchen Vertraulich⸗ 
keit zu erinnern. Die fehndde Antwort auf 
dieſe Rüge war: „Aquinius gedenfe zu 

‚ bleiben, bis fein Geſchaft in Ruhe abge⸗ 
macht worden.“ — Jezt aber fchicte auch 
Juba ſeinen Bothen, mit dem Beſehl: 
„die Unterredung augenblicklich abzubres 
en” — und Aquinius gehorchte, zitternd 
und ohne die mindefte Gegenrede! 

Allerdings ift nicht zu leugnen, daß die 
serbändeten Feldherren ein gleih ſtarkes 
Sintereße hatten, ſich diefen friedlichen An⸗ 
näherungen entgegen zu fegzen, bie, in Ihr 
sen Folgen, täglich Bedenklicher zu werden 


39 


drohten. Nicht mir gaben fie den Anlaß, 
daß die Numidier und Gätuler, von der 
freundlichen Aufnahme der früheren Ucbers 
Käufer verfüchert, bald haufenweife zu Cds 
fars Lager überftrömten; während, in ihrer 
Heimath, feine dahin entfandten Unterhänds 
ler WVolkebewegungen von fo ernftlicher Art 
erregten, daß der König, zu. ihrer fehnellen 
Unterdrhfkung, ſechs Kohorten aus feinem 
Lager aufbrechen lagen mußte: fondern auch 
die Soldaten, infonderheit von Scipio's viers 
ter und fechfter Legion, 'alte Elienten des 
Marius, verließen, in unglaublicher Menge, 
ibre Fahnen, und verliefen fi entweder, 
oder ſchlugen fih zu Caſars Gluͤck, deßen 
Verſprechungen, bald muͤndlich, Bald in klei⸗ 
nen Zetteln, unter fie ausgeſtreuet, ihnen 
die Ausficht auf glänzende Vortheile dfne⸗ 
ten. Zwar verfüchte auch Scipio die nems _ 
lichen Verfuͤhrungskunſte: allein da er, ans 
ſtatt den Eigennuz zu tödern, blos den Auf⸗ 
ruf an die Ehrliebe ergehen ließ, die Freis 
heit Roms vertheidigen zu helfen, fo Eonnte 
auch die Wirkung feinen Hofnungen mur 
ungenhgend entfprechen. . 

Sein Unmuth Aber diefe Vereitelung 


‚310 . 


Tagte fich in der Bleinlichen Rache zu Tage, " 
die er an. ben. Gefangenen nahm, welche 
das Kriegsgluck ihm ie zumeilen in bie 
Hände führte. . Er rechnete darauf, daß 
dies Ungläd ſie gefhmeidiger gegen bie 
Erbietungen von Straflofigkeit und baarer 
Belohnungen machen wuͤrde, wenn fie ſich 
bequemten, ben Dienft eines Empdrers ges 
gen die Republit mie der rechtmäßigen Vers 
theibigung derfelben zu vertauſchen. Wie 
aber erflaunte er, 'als T. Pontius, ein 
Eenturio der viergehnten Legion, aus bem 
Haufen hervortrat, und, obwohl dankbar 
gegen fein Wohlwollen, mit Feſtigkeit er⸗ 
Härte: „Nie. inne ihm die Ehrloſigkeit 
einfallen, gegen CAfar, unter deßen Fahnen 
ee grau geworden, fein.Schmert zu erhe⸗ 
Ben.’ — Ya, um Jenem einen anſchau⸗ 
lichen Beweis von dem Geifte, her. feines 
Feldherrn Truppen belebte, zu geben, er⸗ 
bot ex ſich, es mit zehn, unter feinen Mit 
_— — — — 

) So nennt ihn Valer. Marimus (III. 8. 
8.) und es Teibet wohl feinen Zweifel, daß 
ee und Hirtius von Einem und demſelben 
Braven veben, 


Eis 


gefangenen auszufuchenden, Kameraden for 
gleich gegen Scipio's tapferfte Kohorte aufs 
zunehmen. Diefer hittete ſich wohl, einen 
fo kekken Vorſchlag anzunehmen: aber fein- 
Zorn war unedel genug, den Herausforde⸗ 
res vor feinen Augen niedermegeln zu laſ⸗ 
fen; und das gleihe Schickſal traf alle 
Veteranen diefer Schaar, die er für „Bd⸗ 
ſewichte, mit VBürgerblut aufgemäftet, 
erklaͤrte. 

Freilich konnten Soldaten von Pontius 
undeugſamem Muthe nicht durch Schuld 
ihres Vetragens in der Schlacht, ſondern 
nur durch unvermeidlichen und ihrer Tapfer⸗ 
keit ſpottenden Zufal in Feindes « Hände 
gerathen; und in der That war es der 
Sturm, welcher ihn und feine Gefährten, 
bei dem zweiten von Allienus abgefchicten 
Transporte, zum Theil nach Thapfus, zum 
Theil nach den Agimurifchen Inſeln *) were 
flug, mo zwei ihrer Schiffe den feindlichen 
Flotten in die Hände fielen und genommen 





®) Diefe Infeln Tagen auf der Höhe des 
Vorgebürges Hermaͤum, am Eingange der 
Bucht von utica. 


3ı2 
wurden. Eigentlich aber darf nicht ſowohl 
dieſer zwiefache Unfal, als vielmehr der , 
Umftand unſre Vermunderung erregen, daß 
nicht der bei weitem größefte heil von 
Caſars fämmtlihen Transporten, in ihrer 
Zerſtreuung und Bei der großen Ueberlegen, 
beit ihrer Gegner, das nemliche Schickſal 
erlitt. Mochte Varus oder Oetavius in 
den erſten Augenblikken unvorbereitet ſeyn, 
dieſe Ueberlegenheit geltend zu machen: den⸗ 
noch bleibt es unerklaͤrlich, wie fie fort⸗ 
dauernd, in diefer Umthätigfeit beharren und 
die Winterſturme feheuen fonnten; während 
Caſars Schiffe unbedenklich. die See hiel⸗ 
ten.und ihre Feigheit beſchaͤmten. 

Allein ſelbſt ein fo geringer Verluſt, 
befonders da er das Ungläd fo wakkerer 
Krieger zur Folge hatte, ließ Caſars Seele 
nicht gleichgültig; und gefchärfte Verordnun⸗ 
gen an die Befehlshaber feinen Geſchwader, 
fo wie ſchimpfliche Entlaßung derer, die das 
Unglüd bei Thapſus durch ihre Nachläßigs 
kelt, und Die Berfpätung eines dritten Trans⸗ 
ports durch ungeitige Furcht *) verfchuldee 





*) Sie waren beinabe am Eingang des Ha⸗ 
fens von Ruſpina, als fie ein cÄfarifches, 


B 313 
hatten, dienten, feinen Ernſt zu beweiſen. 
Mit Recht aber durfte der Feldherr vom 
feinen Gehuͤlfen die hoͤchſten Anſtrengungen 
fordern, dar er ſelbſt uͤberal, wo es Noth 
that, ſich ſchier algegenwaͤrtig erwies, und, 
gleich dem gemeinſten Krieger, mit feiner 
eignen Perfon bezahlte; in, iedes frühere 
Beifpiel von Kühnheit, Thätigkeit und Geis 
" flesgegenwart unaufhoͤrlich noch Aberbot, 
um den gleichen Geift auf alle die Seini⸗ 
gen. zu hbertragen, 

Auf die Nachricht, daß Täfars fiebente 
und achte Legion im Begrif ſtehe, gleiche 
fals von Sicilien abzufegeln, war endlich 
Attius Varus aus feiner langen winterli⸗ 
en Erftarrung erwacht, ‚und ruͤſtete eilig 
feine Flotte zu Utica zu, um diefem Trans⸗ 
porte auf der Höhe von Adrumetum mit 





vor Thapfus aufgeſteltes, Geſchwader erblick⸗ 
ten, es fuͤr ein feindliches hielten, vol Schrek⸗ 
ken wieder in die bohe See ſtachen und bierbei 
ſo weit abgetrieben wurden, daß ſie erſt, nach 
Verlauf von mehreren Tagen, während wel⸗ 
her die fchlecht verfebenen Mannfchaften dem 
drüffendften Mangel unterlagen, ihr Zieh wies 
der erreichten, 


314 


fünf und fumfpig Segeln aufjulatern. Eds 
far hatte zwar von der Annäherung feiner 
2egionen, nicht aber von der feindlichen 
drohenden Bewegung, frühzeltige- Kunde, 
und ließ alfobald zwei Geſchwader von Rus 
foina auslaufen, welche die Punkte von 
Thapſus und Adrumktum forgfältig beob⸗ 
achten und die Transportflotte dekken fols 
ten. Indeß wurde Q. Aquila, welcher mit 
dreizehn Segeln nad) dem leztern Stande 
punfte befehlige war, durch die fthumifche 
See, weit von feiner Beſtimmung, wach 
der füdlichen Küfte, unterhalb Leptis, vers 
= "fiplagen, während bie beiden Legionen die 
offene Rheede vor biefer Stadt unanges 
fochten erreichten, und eben ſowohl, als 
die Ruderer, ſich in forglofer Sicherheit 
ausſchiften. Varus, von Allem durch Ue⸗ 
berlaͤufer unterrichtet, ſaͤumte nun nicht, in 
der naͤchſten Nacht von Adrumetum auszu⸗ 
laufen und vor Leptis zu erſcheinen, wo er 
die ausgeleerten Transportſchiffe verbrannte 
und zwei fünfrudrige Galeeren, ohne Wir 
derftand, mit ſich fortſchleppte. 
Eden ftand er im Begrif, das Geſchwa⸗ 
ber des Aquila in feiner Bucht, wo es 


315 


Schu; vor dem Sturme gefunden, aufzus 
füchen und ihm nicht minder übel mitzus 
fpielen: allein ſchon war auch die Kunde 
dieſes Unfals, in das Lager bei Upita, zu 
Caſars Ohren gedrungen, der firgds mit 
verhängtem: Zügel nach Leptis und weiter . 
nach dem Standort des bedrohten Geſchwa⸗ 
ders flog, welches bereits. von Varus .ges 
tagt wurde und voll Furcht das Weite fürchte. 
Nichts deſto weniger warf Cäfar, vol Bes 
gierde, die Seinigen noch zu erreichen, ſich 
in eine Barke; und faum war es ihm ges 
lungen, fo gebot er auch, die Galeeren 
pldzlich gegen den Feind zu wenden. Sets 
mer Ueberlegenheit über das Eleine Ger 
ſchwader verfihert, begrif Barus bie Moͤg⸗ 
lichkeit einer fo "fühnen Bewegung nicht, 
wofern Aquila nicht, in diefem Augenblick, 
eine Verftärfung wahrnähme, die fhon im 
Heranſegeln begriffen fey, und Bald am 
ſadlichen Horizont erfcheinen werde. Allein 
nicht willens, es mit ihr oder auch nur mit 
Aquila, als ihrem nunmehrigen Vortrab, 
in einem ernfthaften Gefechte aufzunehmen, 
fand es ber feindliche Anführer gerathen, 
eben fo plözlich die Segel zu wenden, und, 


316 


mit aufgegebener Verfolgung, Schuz in. 
dem verlaßenen Hafen von Adrunetum zu 
ſuchen. Dennoch holte ihn Caͤſar, nach eis 
nem Lauf von kaum vier Millien, ein; 
ſchnitt zwei dahinten gebliebene feindliche 
Galeeren ab, *) und hätte noch größere 
Beute gemacht, wenn es ihm eben fo, wie 
feinem Gegner, gelungen wäre, die Spizze 
von Adrumetum zu umfteuern. Indeß gieng 
er die Nacht vor Anker, erfhlen am fru⸗ 
hen Morgen vor dem feindlichen Hafen, 





) Auf einem diefer Schiffe ward Publ. Lie 
garius zum Gefangenen gemacht, der bereits 
in Hifpanien, mit’Afranius, in Eaͤſars Hände 
gefallen, begnadigt, wieder zu Bompeius über« 
gegangen, bei Bharfalus entfloben und nun 
nach Afeita zu Varus gekommen war. Gäs 
far firafte.diefe wiederholte Treulofigkeit mit 
dem Tode. Es war dies aber zugleich auch 
das erſte entfchiedene Belfpiel von Strenge, 
das ihm zur Laſt gelegt werden kann, dem 
aber foäterhin mehrere folgten. = Doc, 
warum eben auch zur kaſt gelegt?’ — 
Auch nach unfern heutigen Begriffen würden 
Kriegsgefangene , die auf das Verfprechen, 
nicht weiter gegen den Sieger zu dienen, 
entlaßen worden, im Hebertretungsfalle das 

* Beben verwirkt haben, 


317 

verbrannte Seinerſelts Alles, was er vor 
Sransportfchiffen auf der Rheede erreichen 
Eonnte, und gab ſich Fühn das Anfehen, 
ein Treffen liefern zu wollen, ohne daß 
der eingefchredte Barus es angenommen, 
oder auch nur hiernaͤchſt Teinen Abzug nach 
Rufpina beunruhigt hätte, - 

Kurz vor den beiden, zulezt gelande⸗ 
ten, 2egionen Waren auch die neunte und 
zehnte, zu Verſohnung ihres Feldheren, 
deßen Unmilen fie durch ihre Meutereien 
in Stalien verwirkt hatten, fo gut als uns 
gerufen, auf afrifanifhem Boden erſchie⸗ 
nen. Ihr Eifer, wie ihre Reue, mußten 
ohne Zweifel feinen Grol entwafnen: aber 
nichts befto minder hielt er es für zutraͤg⸗ 
lich, einige ihrer unruhigften Haͤupter aus 
ihrer Mitte zu entfernen; und dies um fo 
mehr, da fie felbft, durch ihr Appiges Ges 
paͤck bei der Ueberfahrt, womit fie ganze 
Saleeren erfülten und ben Truppen ben 
Raum verengten, ihm den erwunſchten Vor⸗ 
wand lieben, fie durch öffentliche Beſchaͤ⸗ 
mung und Ausftogung aus, dem Dienfte, 
unter dem Schein der Fürforge für feine 
Krieger, zu beſtrafen. Die Kriegstribunen 


318 


€. Avienus und X. Fonteius, nebft mehr 
rern Eenturionen, waren unter der Anzahl 
dieſer Gebrandmarkten, welche ſtehenden 
Fußes die Küfte.verlagen mußten. Solche 
Beiſpiele von Strenge, zur Wiederherſtel⸗ 
lung der erfhlaften Kriegszucht, daͤuchteten 
aber dem Imperator doppelt nothwendig, 
in einem Augenblikke, wo er, nad) Samms 
tung feiner gefammten Kräfte, im Begriffe 
fand, zu Beendigung diefes Krieges den 
Höchften · Nachdruck in feine Unternehmuns 
‚gen zu legen, ‚ 

Auch Sciplo, Auf feinen numidiſchen 
Bundesgenoßen geftüzt, wunſchte iezt nichts 
ſehnlicher, als es zu einer endlichen Ent⸗ 
ſcheidung zu führen, ohne auf Cato's weis 
fen Rath zuhören, welder, indem er ihn, 
von Utica aus, fortdauernd mit allem Des 
darf verfal), nicht aufhörte, vor iedem zu 
raſchen Schritte zu warnen: denn immer 
noch war er der Meinung, die er gegen 
Pompeius unterfthze hatte, daß der Krieg 
gegen Caſar, ohne ihn auf die Spitze eis 
nes Treffens zu ſenen, nur durch Zögern 
geführt, und feine Kraft durch die Zeit ſelbſt 
gebrochen werden muͤße. Doch iezt, wie 


39 


fonft, Fol? es fein Schickſal fegn, mit feis 
‚nem verftändigen Rathe nicht gehört zu wer⸗ 
ben. Seipio, vol Stolz und Dunkel, fah 
in demfelben nichts als Furchtſamkeit; und 
feine‘ Briefe erlaubten ſich fogar die Frage: 
„Ob Eato nicht genug daran habe, in ſei⸗ 
nem wohlbefeftigten Plazze die Hände ru⸗ 
big in den Schoos zu legen, daß er auch 
Andern nod wehren wolle, einen groß ans 
gelegten Plan, da das Gluͤck winke, mit 
Träftiger Seele in's Werk zu richten?” 
Tief verwundet durch diefen Hohn, fors 
derte iezt Cato die Truppen zur, welche 
er ihm nach Afrika zugeführt Habe, um 
mit ihnen nad) Stalten Überzufeggen, Caſars 
ganze Macht auf fich zu ziehen, und ſolcher⸗ 
‚geftalt feinen verdächtigten Muth zu bewaͤh⸗ 
zen. Freilich verlachte Seipio diefes Bes 
gehren: allein eben dadurch volendete er 
bei dem Gefränften die Weberzeugung, daß 
von diefes Feldheren Mangel an Edelmuth 
weder eine geſchickte Kriegsführung, noch, 
fogar im kaum zu hoffenden Siege, irgend 
einige Mäflgung im Betragen zu erwar⸗ 
ten’fey; und folte ie Scipio, nah Caſars 
Sturze, an die Spine der Republik tre⸗ 


320 


ten, fo war er ſelbſt unoiberruflich' ent; 
ſchloßen, fich feiner Härte und Graufamfeit 
in dem ftilften und abgelegenfteh Winkel der 
Erde zu entziehen. 

Jener unreifen Anſicht der Dinge ge⸗ 
mäß, war Scipio, gleich am naͤchſten Tage, 
nah Jubas Erſcheinung, mit den vereinigs 
sen Truppen und ſechzig Elephauten, in 
we itſchimmernder Schlachtorduung, und et 
was ſerner als ſonſt, von ſeinen Verſchan⸗ 
zungen vorgerlickt. Doch Caͤſar, der ſeinen 
Plan auf einem andern kunſtreichern Wege 
zu verfolgen vorhatte, ließ ihn ruhig wie⸗ 
Der in's Lager abziehen, waͤhrend nur der 
ſchlauere Labienus des Feindes eigentliche 
Abſicht witterte, ſich immer weiter. auf dem 
Bergrukken zur Linken auczudehnen, Uzita 
auch von diefer Seite zu umklammern 
amd fo ſich hart an Scipio's Lager- zu ni⸗ 
Kein, Die Hoͤhe, auf deren Beſiz es hiezu 
sornehmlih ankam, Tag zuuächft an Labies 
aus Poften; und fo ward es ihm nicht 
ſchwer, fih derſelben am früheften. zu Aer 
maͤchtigen. (Er benugte diefen Vortheil. zu 
Zegung eines gedoppelten Hinterhalts, wel⸗ 
Gen der. zerſcholttene Boden und ein vor⸗ 
lie 


. gar 
Tiegender Olivenwald begänftigte. Allein 
feine geſchickte Anordnung ward durch die 
Unachtfamfeit feiner Truppen nuzlos, ‚die 
fih zu fruͤh blikken Liegen, von CAfars vor⸗ 
ausgefchichter Neiterei niebergehauen wurs 
den, und nun die Wegnahme diefes wichtis 
gen Poftens nicht länger hindern konnten. 
Er wurde unmittelbar darauf zu CAfars 
Hauptlager eingerichtet. 
*  Usita lag ihm iezt nahe gegenäber in 
ber Tiefe; und feine gewonnene beherr⸗ 
ſchende Stellung machte den Angeif auf 
dieſen Plaz, im Angeſicht zweier feindli⸗ 
chen Heere Mmöglih, indem er, von dem ' 
Lager hernieder, zwei gleichlaufende Linien 
gegen die beiden Winkel der Stadtmauer 
309 und durch Ddiefelben feine Flanken ges 
gen des Feindes Überlegene Reiterei ſicherte; 
während ihm, innerhalb diefes Raums, 
völlige Freiheit verblieb, den. Ort zu bes 
flürmen. Mebenher aber gewann er auch 
den Bortheil, in diefer umfchloßenen Tiefe 
mehrere Brunnen zu finden, an denen es 
auf der Verghöhe mangelte. Die Hälfte 

des Heeres ftand indeß vorwärts unter den 
Waffen, um die Arbeiter zu deffen; und 

a. von, [3 


wieviel Anſtrengungen bie feindlichen leich ⸗ 
ten Truppen auch anwandten, den Fort⸗ 
gang dieſes Unternehmens zu hindern, ſo 
fuhrten doch dieſe wiederholten Reitertreffen 
fo:wenig zu einer Entſcheidung *), daß Caͤ⸗ 
far durch eiferne Beharrlickeit, der Stadt 
ſich genugfam näherte, um, kaum in. der 
Entfernung eines Pfeilſchußes, unter ihren 
Mauern ein zweites Lager aufjuwerfen, 
welches er mit fünf Legionen beſezte, und 
von deßem vorberem Walle herab der Stadt 
mit Balliften und andern Kriegswerfzeugen 
heftig zugefezt wurde. 

Es war nicht zu erwarten, daß die 
Berbündeten, bei ihrem unbegrenzten Selbfts 


*) Wenighiens ſchwankte die Waage bald 
auf diefe, bald auf iene Seite. Cäfars Tur⸗ 
men bedurften der nachdrüdlichen Unterſtuͤz⸗ 
dung der Begionen, um ſich gegen die über- 
legne Zahl der Rumidier im Felde zu halten. 
Dagegen mußten auch Diele, übrer Seite, 
mit Verluß in's königliche Lager zurkdweis 
“en; und Hirtius meint, nur die zu früh 
einbrechende Nacht, und der, alle freie. Muse 
ſicht verbuͤllende Staub babe fie vor gaͤnzli⸗ 
cher Aufreibung, aber den König und Babies 
nus vor der Gefangennehmung bewahzt. 


\ 





323 


vertrauten, welches fie Schlacht und Sieg 
für. gleichbedeutend annehmen ließ, noch [Ans 
ger rubige Zufhauer diefes dreiften Unters 
nehmens bleiben würden, wodurch Cäfar 
ihrer Macht und Kriegserfahrung Hohn 
zu fprechen ſchien. Sie brachen deshalb, 
eines Morgens früh, mit allen Truppen . 
aus ihren Lägern auf, und ftelten ſich auf 
einer wohlgelegenen fteilen Höhe in Schlacht ⸗ 
orbaung, wo fie ihren linken Flügel an Uzita 
lehnten und vor ſich unzugängliche Schluch⸗ 
ten hatten. Auch ihr Gegner fäumte nicht, 
ſobald er diefe Bewegungen bemerkte, feine 
Legionen, ihnen gegenüber, aus den Linien 
hervorzufähren, und feine Treffen, nach 
Manfgabe der feindlichen Anordnung, bee 
fonders anf dem linfen ungedeckten Flügel, 
mit befonuener Vorſicht zu verftärken. *) 





Mit großer Ansführlichkeit breitet ſich 
Hirtius (R.53 bis 61.) Aber die Beiderfeitis 
gen Steßungen aus, und Roefch (Comment. 

. © 103 ff.) bat ſchaͤbare Erläuterungen über 
die bier von Caͤſar entwiffelte Tattit beige 
tragen. Da iedoch alle diefe Kunft fein Re= 
fultat herbeiführte; ſo durfte ich mid ine 
heben, in dies Detail einzugeben, 

X 2 


, 


324 


Nur dreifundert Schritte trennten bie beis 
derſeltigen Heere; die Schlacht ſchien ums 
vermeidlich, und verfpracy blutig zu werden. 
Caſar durchritt Die Glieder feiner Legionenz 
feine Worte ftachelten ihren Muth; die lez⸗ 
ten Befehle wurden gegeben. Aber nicht, 
wie font, folt es hier raſchen Anlauf, ſon⸗ 
dern ruhige Erwartung des Feindes gelten. - 
Die Hinderniße des Bodens vor ihm was 
zen zur groß, um nicht die Ordnung und 
Einheit des Angrifs zu brechen; und zu⸗ 
gleich hätte fein rechter Fluͤgel, im Vorruͤk⸗ 
Ten, die Seite gegen Uzita blos geben müß 
fen, wogegen die ftarfe Beſazzung nicht 
verfehlt Haben würde, einen Ausfal zw 
verfuchen. J 
Allein auch ſeine Gegner ſahen ein, daß 
fe ihren ganzen Vortheil aufgeben würden, 
wenn fie ihre gufgemählte Stellung verlies 
fen. &o gefchah es denn, daß die fchlags 
fertigen Truppen, troz ihrer heißen Kampf 
luft, fih zehn Stunden in unbeweglicher 
Ruhe anſtarrten; daß fein Pfeil abgedruckt, 
keine Lanze gefehwungen, Fein Blutstropfen 
vergoßen wurde. Und eben fo thatenlos 


"wäre dieſer Tag auch vollends hingeſchwun⸗ 


325 


den, (denn fon fieng Caſar an, feine 
Treffen in die Verfhanzungen abzuführen).. 
wenn fid nicht auf dem linken Flügel, weit 
außer feinem Gefichtskreife, noch am ſpaͤten 
Abend ein Reitergefeht entfponnen hätte. 
Wahrſcheinlich auf Labienus Anordnung war 
es nemlich geſchehen, daß ein unzählbarer 
Schwarm von numidiſchen Reifigen und 
leichten Truppen fich ſchon früh, auf einem 
weiten Ummege, an den Fuß des fangen 
Vergruͤkkens gezogen und die Beftimmung 
‚erhalten hatte, dem Feinde, in der Mizie 
bes algemeinen Kampfes, in Seite und 
Rükken zu fallen. Jezt trieb ihre ungezös 
gelte Hizze fie aus ihrem Hinterhalte zu 
einem Ueberfäl des Lagers auf der Anhöhe 
hervor; und während von vorne Labienus 
mit feiner ſchweren Neiterei die Legionen 
auf ihrem Standpunkte fefthielt, brachten 
Jene die cAfarifhe Reiterei, welche ſich 
ihnen, im unbedachten Muthe, zu weit 
entgegen geworfen hatte, in Unordnung, 
und, .mit einigem Berluft, zum Ruͤckzuge. 
Bufrieden mit diefem Eleinen Vortheil, zog 
fih nun auch Scipio zuräd in fein Lager. - 

Wis ungemeßen aber feither auch feine 


86 . 
-Buverfiht auf den Beiſtand geweſen feyn 
mochte, der ihm durch die Vereinigung mit 
Zuba, und feines Freundes Labienus uns 
ermuͤdſame Xhätigkeit, zu ihres gemein 
ſchaftlichen Feindes Erdräffung zuwachſen 
folte, fo mußte doch endlich eine lange Reihe 
von Erfahrungen ihn wohl Aberzeugen, daß 
ein Krieg mit Caſar nicht nach den 
gewoͤhnlichen Gründen des Hoffens oͤder 
Fuͤrchtens hinausgefuͤhrt werde. Alle dieſe 
afrifanifchen Truppenſchwaͤrme waren dem⸗ 
ſelben zwar laͤſtig genug geworden, hatten 
aber doch auf die Lange nirgend gegen ihn 
ausdauern oder feine Entwürfe vereiteln 
Tonnen. Solte alfo der Rach, den Cato 
nicht müde ward zu ertheilen, dennoch wohl 
der befere feyn, und in’ der abſichtlichen 
Verlängerung des Feldzuge mehr Hell und 
Hofnung eines glücklichen Ausfchlags win 
ken? — Faſt ſcheint es, als fey Seipio als 
maͤhlig auf dieſe bedaͤchtigere Entfchliefung 
zuruckgekommen, auf welche ſehr wahrſchein⸗ 
lich auch der umſichtigere Labienus ſich Ein⸗ 
fluß verſchafte, und der — was bei wei⸗ 
tem noch höhere Verwunderung erregt! — 
auch der ungeftüme Juba ſich fügte. Bes 


327 

nigſtens traten dieſe Verbündeten, von 
iezt an, mit einer Vorfiht auf, die nur 
die Frucht eines abgeänderten Krieges 
plans feyn Eonnte; vermieden forgfältig die 
Schlacht, wo Caſar fie wünfchen Eonnte, 
und boten fie nur dann freiwillig an, mo 
Hinderniße des Bodens, oder andere Um⸗ 
fände ihm ein folhes Wagniß verboten. 
Er folte fünftig mehr abgemattet, ausges 
hungert, und, im Einzelnen, durch Eleine 
Gefechte aufgerieben, als durch einen ent 
ſcheidenden Hauptſchlag vernichtet werden. 

Inzwiſchen ermädete Caͤſar nicht, ſich 
wenigſtens Einen Theil des Gewinns, der 
hier feinen. Waffen verweigert wurde, auf. 
dem zwar mühfameren, aber feinen Une - 
ſtrengungen deſto gewißer erreichbaren Wege 
der Kunſt, durch weit in der Ebene um⸗ 
hergefuͤhrte Gräben und Wälle, zu ſichern. 
Seipio fah fi dadurch, wenn er niche 
ganz von feiner Anhöhe abgedränge wer⸗ 
den wolte, gezwungen, aͤhnliche Werke, 
ihm gegenuͤber, aufjuführen. Täglich vers 
fürchten fih, zwiſchen inne, die leichten 
Truppen von beiden Seiten. Beſonders 
aber wurde Uzita, eben fo hartnäffig ans 


328 


gegeiffen als vertheidige, immer inehr der 
Punkt, um welchen die ganze Kriegfuͤh⸗ 
rung fi drehte. 

Almählig erfolgte indeg — mas Bei 
der Stärke der, auf einen fo’ engen Raum 
dufammengedrängten, Heere nicht lange auss 
bleiben konnte, — daß bie naͤchſte Gegend 
umher. an Lebensmitteln und Fütterung er⸗ 
ſchoͤpft und der Unterhalt der Truppen ims 
mer beſchwerlicher wurde. In Caſars Las 

ger äußerte ſich diefer Mangel am frühes 
fen und fühlbarften, da fein Machtgebiet; 
verhälmißmäßig, am · beſchraͤnkteſten und 
die Zufuhr Aber’s Meer fo ungewiß war; 
gefezt auch, daß bie nähern Vorräthe auf 
Cereina ſich nicht bereits laͤngſt erſchopft 
hatten. Dies ſezte ihn in die Nothwen⸗ 
digkeit, weite Streifereien landeinwaͤrts zu 
wagen, um das, von ben Einwohnern uns 
ter der Erde, in großen Haufen, verbors 
gene Getreide aufjufphren und herbeizu⸗ 
ſchaffen. Allein bei einem fo wachſamen 
und thätigen Gegner, wie Labienus war, 
bedurfte es der angeftrengteften Vorſicht, 
um nicht Aberal in feine gelegten Hinter⸗ 
halte zu fallen; und wirklih wurde, bei 


329 


einer ſolchen Gelegenheit, eine Uebermacht 
von acht alten Legionen zu Vertreibung der 
auffauernden, aber durch vorfäzliche Unthäs 
tigkeit endlich ſicher gemachten, Feinde ers 
fordert. *) Aber felbft ihres Anführers. ers 
folglofer Verſuch, das Gefecht durch bie 
ſchnel herbeigeführte Reiterei wiederherzus 
fielen, bewährte dem Sieger nur die Uns 
möglichkeit, ſich in feiner Stellung und 
der unmittelbaren Verbindung mit dem 
Meere noch länger zu bebaupten. 

Mußte doc fogar bie Belagerung vom 
Uzita — wie viel dies Opfer ihn auch Eos 
ſtete! — endlich aufgegeben werden, went 
man vor den Mauern diefes Platzes nicht 
Hungers fterben wolte. Acilla, Leptis und 
Ruſpina zwar blieben durch ihre Beſaz⸗ 
sungen gefichert: allein der Hafen biefer 





*) Von Juba's Tyrannen« Laune (demm von , 
Strenge der Kriegszucht kann wohl 
bei einem Wuͤtherich, der im Geiſt eines Mu⸗ 
ley Iſmael, feines marolfanifchen Landeman⸗ 
nes, handelte, die Rede nicht ſeyn) giebt eg, 
einen fprechenden Beweis, daß er des naͤch⸗ 
fien Tages dieſe Fluͤchtlinge faͤmmtlich an’g 
Kreuz ſchlagen ließ. ’ 


, =” 

"Merten Stadt wurde von der Flotte vers 
laßen, die fi nunmehr theilte, um Adru⸗ 
metum und Thapfus von der Seeſeite zu 
fperren. Caͤſar felbft ſteckte, bei Nacht, 
fein Lager in Brand, und'rüdte, wegen 
der Nähe des Feindes, in voller Schlacht⸗ 
ordnung, und das Gepäd auf den linken 
Flügel geftelt, durch einen Seitenmarſch, 
landeinwaͤrts nach Agar *) vor, wo er fih 
in der mweiten- Ebene, bald. aber, mit ums 
ſichtigerm Bedacht, auf einer wohlgeleges 
nen Anhöhe auf's: neue. lageste, und ſich 
aus der Gegend umher im Ueberfluße vers 
pflegte. “Aber auch Scipio war feines Abs 
zugs nicht fobald inne geworden, als er 
‘hm auch hierher nachfolgte, ſich, fieben 





Agar ſowohl, als die weiter unten an 
zufuͤbrenden Plaͤtze Zeta und Sarſura, nebft, 
noch manchen andern, haben, zu Beſtimmung 
ihrer wahren Lage, ben Auslegern des Hir⸗ 
tius viele vergebliche Mühe gemacht. - Agar 
glaubt man iedoch in dem beutigen Boo⸗ 
badiar, fo wie Zeta in Menzil, und Sare 
fura in Surfuf wiedergufinden. Gewißer 
its, daß fie ſaͤmmtlich im einiger Entfernung 
von dei Küfe lagen. - 


83r 

Millien von ihm, in drei verfdiedenen 
Lagern, feftfegte, und dadurch feine Zufuh⸗ 
sen abermals beſchraͤnkte. Cr felbft vers 
forgte fih aus Zeta, welches CAfar nicht 
anders, als duch einen gewagten Marfch, 
nahe an Scipio's Stellung voräber, eis 
seihen konnte. 

Denuod fah ſich der Diktator, allem 
Anſchein na , ‚weniger durch eine Einges 
bung von Kuͤhnheit, als ducdy das drins 
gende Beduͤrfniß der Berpflegung, anger 
trieben, diefen Zug, der eine Länge von 
achtzehn Millien betrug, bei naͤchtlicher 
Weile anzutreten. Zeta fiel in feine Haͤn⸗ 
de; er ließ feinen Legaten Oppius in dem 
Plazze zuruͤck, und gieng nun daran, bie 
ſchwierigere Aufgabe, wie ex mit feiner. 
Beute, am hellen. Tage und. mit ofner Ger 
walt, den Heimweg fände, zu ldfen. Denn 
aus Scipio's Lager, deßen "Truppen in 
voller Bewegung waren, brachen Labienus 
und Afranius bereits mit der ganzen Rei⸗ 
terei und. allen leichten Voͤlkern hervor, ſich 
ſowohl feinem Bortrabe auf den Anhöhen 
in den Weg zu legen, als feinen Nachzug 
anzufallen. Sener zwar machte ſich Luft 


"32 
durch Vertreibung des. Feindes von den 
vorliegenden Höhen; während die cAfaris 
ſche Reiteret fih dem hinten nachräftens 
ben Feinde entgegenfielte und dem Heere 
den Rakken dedte. Allein die Fechtart dies 
fer unglaublich hurtigen Numidier beftand 
in einem unaufhörlihen Wechſel von Koms 
men und Verſchwinden; und felbft uners 
reihbar für die Legionen, verfehlten fte 
Dennoch nicht, Diefelben an den Boden, wie 
unbeweglich, anzupflöffen, da fie wicht ums 
hin fonnten, theils, die Wiederkehr ihrer, 
mit dem Feinde ſcharmuzirenden, Reiterei 
im Nachtrabe geduldig abzumarten, theils 
bei iedem wiederholten neuen Angeif ihe 
Gepäfte abzuwerfen und ſich ſchlagfertig 
gegen den Feind zu wenden. Eine Stunde 
reichte, auf dieſe · Weife,. faum bin, um 
nur hundert Schritte zuruckzulegen. Schon 
war die Sonne im Stufen; und das Heer, 


zuſammt dem Laftvieh, fchien verloren, wenn 


es, die Nacht hindurch, hungrig und ohne 
Waßer, in diefer nachtheiligen Lage verhars 
ten mußte, 

Cäfar fand hier gleichwohl die einzig 
mögliche Auspälfe, feine Schritte zu beflh, 


333 

geln. Er nahm die Reiter, deren Pferde 
bereits fehr gelitten hatten, und von deren 
geringer Furchtbarkeit ex ſich Hier anſchau⸗ 
licher, als iemals, überzeugte, von dem 
Nachzuge weg, und erfezte ihre Stelle durch 
2egionteuppen, deren feftere Haltung den 
Feind in Ehrfurcht erhielt; *) während 
ellerdings die Thurmen an der Spizze des 
Zuges beßer an ihrem Playje waren. 

Ob nun glei die Numibdier das Heer 
von allen Seiten mit einem dichten Kreife 
umeingten, und ihre Nekkereien unabläßig 
fortfegten, fo Eonnten fie doch, da endlich 
fie ſelbſt fowohl, als ihre Roße, ermats 
teten, das almählige Fortruͤkken deßelben 
nicht ferner hindern. Mit Einbruh dee 
Macht erreichte Caſar demnach das Lager. 
ein Berluft war unbedeutend: aber felbft 
fein Enttommen aus diefem Drangfal möchte ° 





*) Wenn wir anders der Verficherung des 
Hirtius (R. 70.) glauben dürfen, daß es nuz. 
eines Vortretens von drei ober vier cAfarie 
ſchen Veteranen und ihres kräftig geſchwun⸗ 
genen Bilums bedurfte, um mehr als zwei⸗ 
taufend Numidier zum atbemloſen Rädlauf 
an vermögen, 


334 


zweifelhaft geworben feyn, mern Scipio, 
anftatt ſich mäßig vor dem Lager in Schlacht⸗ 
ordnung aufzuftellen, ehätigern Antheif an 
dem Gefecht feiner leichten Truppen ges 
nommen hätte. 


Unmwiderfprechkich Belehrtediefer Tag den 


Diktator, daß fein ſchweres Furßvolf eine ganz 
neue Taktik einfernen müße, um es mit 
diefen ungeregelten leiditen und behenden 
Schaaren aufzunehmen. Es hätte Moth 
gethan, daßelbe, gleich einer Fechterbande, 
auf biefe neue Kampfart einzuhben. Nicht 
minder Tieß fih des -Feindes Ueberlegenheit 
"gegen feine Reiter nicht abläugnen: denn 
immer no hatten diefe, wo fie der Um 
terftüggung der Legionen entbehrten, den 
- Krzerngegogen. Seine Unruhe flieg noch, 
wenn er erivog, daß er es bisher, in allen 
Gefechten, einzig nur mit diefem unzaͤhlba⸗ 
zen Schwarme von Afrifanern zu thun ges 
habt, und um wieviel ſchwerer fein Stand 


merden dürfte, wenn auch noch die feind⸗ 


lichen Legionen ihr Gewicht in die Schafe 
legten? Selbſt gegen den ungewohnten 
Anblick der Elephanten bedurfte es, für 


Menfhen und Thiere, einer Reihe von \ 


335 


Vorkehrungen, um fie an diefe Schreckge⸗ 
ſtalten zu gewöhnen. *) J 

Alle dieſe Betrachtungen fuͤhrten den 
Feldherrn zu dem Entſchluße, den fernen 
Feldzug mit einer ihm fonft nicht gewoͤhn⸗ 
lichen Tangfamen Bebächtlichkeit zu führen, 
bis ber rohe Muth feiner Truppen ſich mit 
diefem, ftets entfchläpfenden, durch ſchlaue 
Hinterliſt ausgezeichneten, Feinde füglicher 
meßen konne. Anftatt alfo ſeine Legionen 





*) Hiergegen hatte Caͤſar fich gleichwohl 
ſchon bei guter Zeit vorgefehen, indem, er 
eine Anzahl diefer Beſtien aus Italien (mo 
deren immerfort Mehrere für die Thierkaͤm⸗ 
pfe aufbehalten wurden) in fein Lager ſchaf⸗ 
fen und fie den Trupven vorführen ließ. 
Ihre Niefenglieder, ihre Bewegungen, ihr 
Brüllen u. f. w. hörten in dieſer Nähe bald 
auf, Schrekken zu erregen; fo wie auch die 
Moe ſich dadurch an ihre Witterung ges 
wöhnten, und die Soldaten über die ſicherſte 
et, ihnen beizukommen und fie zu toͤdten, 
Belehrung erhielten. Dagegen war es wohl 
Caſars Abficht nicht, von ihnen einen kriege⸗ 
riſchen Gebrauch zu machen, da theils Ih⸗ 
ter bier zu wenige ſeyn mochten, theils auch 
ihr noch fehr problematifcher Nuzien feinem 
Scharfblictk nicht entgehen Eonnte, 


336 


in einem und demſelben Lager zuſammen 
zu halten, feste er fie unaufhörlih, nach 
allen Seiten, in Bewigung, wodurch er, 
zu gleicher Zeit, feinen neuen Kampfuͤbun⸗ 
gen bei bein Soldaten Eingang verſchafte, 
aber auch ‘feine Buführen dere und dem 
Feind über feine wahren Abſichten ungewiß 
machte. Nichts defto weniger bot er dems 
felben, von Zeit zu Zeit, wiewohl vergebe 
lich, die Schlacht an; bemächttgte fih des 
Plazzes Sarfura, ohne daß Scipio denfel⸗ 
ben zu entſezzen wagte} ruͤckte vor E27 
drus, %) ‘das er iedoch zu feft fand, um ed 
Durch einen Handſtreich zu nehmen; wandte 
ſich nod einige Millien weiter, und bezog 
endlich, (26. März) in der Nähe von Agar, 
fein altes Lager. Auch Sciblo, der ihm 
Aberal zur Seite geblieben 'nnd durch’ die, 
" bvon 








*) Tyedrus war dem republikaniſchen Felbs 
beren durch feine neuerlichen Schritte zur Au⸗ 
näperung am Cäfar verdächtig:gemorbin;: und 
hatte feitdem, unter Conſtdius Befehlen, eine 
binlängliche Beſazzung erhalten, um Gebots 
füm zu eypwingen und des deinden gewalte 

ſame Verſuche zu vereiteln. 


337 


von, Labienus flets erneuerten, Nekfereien 
laſtig geworden war, gieng in feine vers 
laßene Stellung zuräd. 

Se verwifkelter alle diefe Bewegungen 
waren, und ie,minder fig gleichmohl au dem 
Zwekke führten, an feinem Gegner eine ges 
gebene Blöße, die fi mit Vortheil benug 

* zen ließe, auszufpären, um defte eher auch. 
ermübete Cäfar uͤber dieſen vergeblichen 
Anſtrengungen. Seine eigne Lage war 
nicht vortheilhaft genug, um durch die fer⸗ 
nere Ausdauer in derfelben für, die vers 
lorne ‚Zeit von drei langen Monden ent 
ſchadigt zu werden. Irgend etwas Ent⸗ 
ſcheidendes mußte endlich, wohl gefchehen, 
‚um die Schlacht, die er immer eifriger 
wuͤnſchte, berbeijuführen; und er ſchmei⸗ 
chelte ſich, daß Scipio feinen ſuͤdlichſten 
Waffenplaz, die Stadt Thapſus, nicht wuͤrde 
bedroht ſehen können, ohne für deßen Ret⸗ 
tung, etiwas zu wagen. So brach er dems 
nach, (4. April) unvermuthet und bei nächts 
licher Weile auf, und legte. fechszcehn Mil 
lien zuruck, die ihm in’s Angeſicht diefes, 
auf einer Halbinfel angelegten, ſtark befer 
ftigten und mit einer nahlrelchen Befaiung - 

4 Band, 9 


338 


verſehenen Hafens brachten. Der Proprätor 
€. Virgilius befehligte hier die feindlichen 
Truppen. 

Aber auch kein Augenblic nach fans 
Ankunft wurde verloren, die bequemſten 
Angrifspunkte zu beſezzen, das Lager um 
die Stadt her aufjufclagen, und den Ans 
fang mit der Umwallung zu machen, wel⸗ 
de, in einem Halbkreife, von Meer zu 
Meer reihen und ieden Entfag unmoͤglich 
machen folte. - In der That errieth auch 
Sciptö nice fobald das Worhaben fer 
nes Gegners, ‚als er ihm , längs den Ho⸗ 
hen, auf dem Fuße nachfolgte, und fi, 
acht Milien von Xhapfus, in zwei Lagern 
ſezte. Er vechnete darauf, feine Berbim 
dung mit den Belagerten, vermittelt einee " 
ſchmalen Erbenge, unterhalten gu fönnen, 
die fih, zur Linken des Platzes, zwiſchen 
dem Meere und einer großen Lagune, funf- 
zehnhundert Schritte weit. fortzog. Allein 
Caſars Aufmerkfamkeit war diefer Schlupf 
weg fo wenig entgangen, daß, als Jener 
fi, mit dem naͤchſten Morgen, am Eins 
gang des Paßes zeigte, ihm bereits eine 
queer vorgezogene Werfhanzung mit dreis 


r 


39 


"fach flarker Befauumg umangrefsar auge 
gen drohte. 

Die zu gleicher Zeit, längs caſar⸗ gan 
zer Linie, angebotene Schlacht hatte dies 
Unternehmen: verdeffen und begänftigen fols 
Im: allein der Diktator, deßen Lagernälle, 
gegen bie Stadt hin, ihre Volendung noch 
nicht erhalten harten, oder der Aber eis 

"nen minder vorbereiteten Feind herzufallen 
wimfchte, vermied das Treffen, obgleich 
diefer, ihm gegenüber, den ganzen Tag 
unter den Waffen blieb. Selbſt die Nacht 
vertrieb ihn nicht aus feiner, ihm gänftig 
feinenden Stellung; ‚und mit dem grauens 
den Morgen begann er, an der @eite der 
Lagune und des Meers, kaum eilfhundert 
Schritte von Caſars Lager, das feinige zw 
befeftigen. *) 





) Seine Abficht hierbei war wohl keine ans 
dre, als die Verſchanzung auf der Erdenge 
von ber Gemeinfchaft mit Caͤſars Kager (denn 
Die Lagune lag zwiſchen beiden) gu trennen 
und fie von vorne anzugreifen, während Bir» 
gilius, von Thapſus ber, fie in den Rülten 
faßte. Allein Dio Caßius CB. 43. R. 7.) 
hert-ihm cin noch —* Biel und Id 


340 


Dies war es vielleicht, was fein ſchlauer 
Gegner gewolt, und weshalb er ſich Tages 
zuvor, dem Anſcheine nach, fo ſchachtern er⸗ 
wieſen hatte. Wenn Scipio, nur vol des 
Gedankens, Caſars ganze Macht auf den 
engen Raum der Halbinſel von Thapfus 
eingeklemmt zu haben, in dem Wahne 
fand, ihm fo dicht als moͤglich auf den 
Leib rüffen zu müßen, und werm er num 
nicht langer zweifelte, ihn mit feinen Lo 
wien umgarnen zu konnen, fo vergaß er, 
daß, ie enger er die Schranken des Kampf⸗ 
plazzes zog, auch um fo gewißer ‘die Ueber⸗ 
legenheit verloren gieng, welche ber freiert 
Spielraum für feine zahlreichen leichten 
Truppen ihm gewährt haben würde. Dies 





ihm den Gedanken faßen, von pier aus bie 
ganze. Halbinfel techtsbin mit jeinen Linien 
zu umſchließen. So lange diefe Umſchan⸗ 
zung noch nicht vollends ausreichte, fezt er 
binzu — wären die Elenbanten, als leben⸗ 
dige Bollwerke, in der Lüfte aufgeſtelt wor⸗ 
den. Ich babe geglaubt, dieſer Anſicht, der 
wenigfiens ven Dirtius nicht widerſyrochen 
wird, folgen.zu muͤßen, obgleich ſonſt Dio's 
Benetration, in Anſehung der militairiſchen 
Dperationen, nicht viel Bob verdient, 


341 
fen gewunſchten Augenblick durfte Caſar ſich 
nicht entſchwinden laßen. Nachdem er alſo 
den Prokonſul 2. Aſprenas mit zwei Le⸗ 
gionen zur Obhut des Lagers, gegen die 
etwanigen Unternehmungen der Belager⸗ 
ten, aufgeftelt hatte, rief er alle übrigen 
Suppen von ber Arbeit ab, und rüdte 
raſch hervor, gegen die feindliche Stellung. 
Zugleich erhielt ein Theil feines, vor dem 
Hafen Ereugenden, Geſchwaders die Wels 
fung, fih, im Rüffen iener Stellung, fo 
nahe als moͤglich an’s Ufer zu legen, auf 
ein verabredetes Zeichen zu landen, ein 

furchtbares Geſchrei zu erheben, und fo 

Echrekken und Verwirrung unter die Geg⸗ 
ner zu bringen. 
Noch waren Diefe, als Caſar ſich ih⸗ 
nen näherte, zur einen Hälfte mit der Ars 
Beit am neuen Lager befchäftigt; während 
Scipio bereits, mit der Andern, ihn vor 
demſelben in voller Schlachtordnung ers 
‚wartete. Won der befondern Einrichtung 
feiner Linien wißen wir nichts, als daß 
‘die Elephanten auf beide Flügel vertheilt 
‚ftanden, denen, im zmeiten. Treffen, die 
mauriſche Reiterei zur Unterſtuͤtzung diente. 


342 


Suba’s Truppen ſcheinen meiſt den ‚rechten 
Flügel, wo auch fein Lager fich erhob, ge⸗ 
bildet zu haben; und weiter zuräd: befeh⸗ 
Tigte Afranius in dem dritten Lager, deßen 
Truppen vielleicht durch Die Enge des Raums 
an ber Aufftellung verhindert wurden, . 
Caſar, an feinem heile, rädte mie 
sehn Legionen, die er in drei Linien auf 
einander folgen ließ, in’s Treffen. Die 
Behnte mit der Zweiten bildeten den rede 
ten, fo wie die Achte und Meunte, ihrem 
Alter und Range nach, den linken Fluͤgel. 
Fünf Legionen ftanden im Mittelpunfte; 
und aus den Veteranen der Fünften wur⸗ 
den fünf befondere Kohorten auf ieden Flu⸗ 
gel, mit untermiſchten Schleuderern und 
Bogenfchäzzen, vorgefhoben,” um gegen die 
Elephanten zu kämpfen. Die Reiterei ers 
hielt gleichfals eine feftere Stuͤzze Durch zwi⸗ 
ſchengeworfene Haufen dieſes leichteren Fuß⸗ 
volks. Caſar durchlief zu Fuß. alle ihre 
Reben; und ſchmeichelnder als ie flogen 
die Worte von feinen Lippen, womit endie 
Veteranen an den Glanz ihrer früheren 
Thaten, fo'wie die neuen Truppen an die 
dargebotone Gelegenheit mahnte, ſich ihren 


343 


älteren Waffenbruͤdern an Tapferkeit, ‚aber 
auch an. Ruhm und Ehre, ju vergleichen. 
Noch war er hiermit beſchaͤftigt, als 
er, um das feindliche Lager ber, ein unors 
dentliches Drängen und Hin⸗ und Herwo⸗ 
gen bemerkte, welches wahrſcheinlich durch 
die, von ihrem Werke abgerufenen, Schanz⸗ 
arbeiter verurſacht wurde, aber nur zu 
deutlich die Spuren der Furchtſamkeit und 
Uebereilung verrieth. Seine Legaten und 
mehrere Altgediente, welche es nicht min⸗ 
der wahmahmen, drangen in ihn, das 
Zeichen zum Angriffe, dem der Sieg nicht 
entftehen Anne, Eeinen Augenblid länger 
au verfhieben. Ihr Feldherr, das Wagniß 
der Schlachten in der bewegten Seele wäh 
send, und Aberhaupt diesmal: mehr für den 
erwarteten als für den eignen Angrif ges 
ſtimmt, *) zähmte wiederholt, aber mit 








+9 Dies war der Grund, welchen er ſelbſt 
laut und auf der Stelle angab. Eben für 
wohl könnte man auch fagen, er habe durch 
dies Zögern die Hisze feiner Truppen nur 
noch böber ſtacheln wollen. Dber, wenn anf 
die Sage zu bauen if, die Blutarch (vergl. 
Suet, 8, 45.) anführt, daß Cäfar In dieſem 


34 
Mühe, ben Kampfdurft ſetner Begleiter. 
Da erſchol plözlich, ohne fein Geheiß, auf 
bem’rechten Flugel die ſchmetternde Tuba; 
hoch‘ erhoben ſich alle Adler und Fahnen 
und ſtarmten dem’ Feinde entgegen. Die 
Trompeter waren von den’ wuthentflamm⸗ 
ten Soldaten zu der unerhörten Eigenmäde 
tigfeit gezwungen worden. Auch ihre Cen⸗ 
turionen drängten fle zuräd, die fe, mit 
vorgeworfenen Armen, in ihrem Anlauf 
aufzuhalten verſuchten. 


nemlichen Augenblifte, wo die Heere fchlage 
fertig einander gegenüber ianden, von einefk 
Anfal der Starr » oder Falfucht, der er zit 
Zeiten unterworfen war, ergriffen worden: 
folte dann nicht feine Unfchlägigfeit im der 
Vorempfindung des nahenden Uebels ihren 
zureichenden Grund gefunden haben? Der 
fernern Ergäblung Plutarchs zufolge, ließ fich 
Cäfar, fobald er den Anfal fpürte, und bes 
vor er noch das Bewußtſeyn völlig verlor, 
auf einen Thurm in der Nähe tragen, von 
wo er, fobald die Krankheit es ibm geflattete, 
das Treffen lenkte. War dem wirklich alfo, 
fo mürde fih daraus auch die Voreiligkejt 
der Truppen beim Angrif und ihre na 
maliger barbarifcher Blutdurũ beßer arte 
ven laßen. 








345 
Egſar mußte endlich dem Strome fol⸗ 
gen, ber ihn unwiderſtehlich mit ſich fortrig. 
Schnell flog nach aus feinem Munde die 
Loſung bes: heutigen Tages „, Giäd zu!“ 
durch“ die Glieder. Die Schäyen und 
Schleuberer feines rechten Fluͤgels begannen 
den Angeif durch einen Hagel von Gefchofen 
und Steinen auf die Elephanten, welthe, 
ſtugig gemacht durch dies Gehaufe, ſich uns 
aufhaltſam wendeten, ihre eigenen, hinter 
ihnen zuſammen gedrängten, Begleiter uns 
‘ter die Füße traten ımd Schuz in dem erſt 
Halb volendeten Lager fürchten. Ihnen nad) 
folgten die numidifchen Reiter diefes Flu⸗ 
gels, die ſich durch dies Ungläd.ihrer vors 
‚süglichften Stitzze beraubt fahen. Die abri⸗ 
‚gen Beſtien wurden von den Pegiohen hur⸗ 
tig’umgangen, das Lager, nach einiger ents 
ſchloßenen, aber unzureichenben, Gegenwehr 
erſtiegen, und. nun die große dichte Maße 
ber Flüchtigen auf das, Tages zuvor vers 
laßene, Lager des Afranius zuruckgeworfen. 
Die Schlacht war in eben bem Augenblick, 
da. fie begann, auch ſchon entfchieden. 
Seipio's Legionen, eben ſo ſchnel gewor⸗ 
fen als erreicht, ſchwankten, Aberal umher 


346 


serfprengt, in der Ebene. Einen Moment 
ſchien es, als gewaͤnnen fie den Muth, fi 
in dem unvolführten Lager zu halten. Ihre 
Blikke fuchten aͤngſtlich nah einem Aufühs 
zer umher. Aber ihrem Geſicht entſchwun⸗ 
den war Scipio, war Juba, waren Alle, 
‚ bie die Seele diefes Menſchenklumps haͤt⸗ 
ten ſeyn fönnen! Niemand erfhien, der 
Ihnen Vertrauen einflößte. Wohl aber nah 
ten Cäfars furchtbare Legionen aufs neue 
im Sturmſchritt: da ergeif fie abermals 
das Entſezzen; fie wandten fih, mit abs 
geworfnem Schilde zur leichtern Flucht, 
gegen Juba's Lager. Als fie aber auch 
biefen lezten Port ihrer Hofnung bereits 
in den Händen des algegenwärtigen Sie⸗ 
gers erblidten, wurzelte ihr Fuß in den 
Boden; die Waffen entfanfen ihnen; fie 
flehten Ale mit Einem Munde um Gnade. 
Und Gnade wäre ihnen wiederfahs 
zen, wenn nur Cäfars und feiner Anfühs 
‚ver Befehl und Bitte, in diefen Augenblik⸗ 
ten einer erhizten Wuth, noch Eingang zu 
den Ohren des Iosgelaßenen verwilderten 
Soldaten gefunden hästel Aber fein blus 
tiger Feſttag war erfhienen; fein Zorn 


347 


wolte feine Opfer ſich nicht nehmen laßen; 
und ſchonungslos, unter vergeblihem Ans 
zufen um Caſars Schuz, zu des Feldherrn 
eigenen Füßen, wurden die Unglädlihen — 
vielleicht zehntaufend an der Zahl — von 
ben Rafenden abgefhlachtet. Ja, gegen 
ihre eigenen Haͤupter und Führer kehrte 
fih, in der algemeinen Ausgelaßenheit, ihe 
veriertes Schwert; und alter Grol oder 
neuer, durch das Gebot der Milde erzeug⸗ 
“ter, Unmuth füchte feine raſche Befriedi⸗ 
gung. Männer vom edelften Range, Se⸗ 
natoren und Ritter, mußten entweder in 
Caſars Nähe flüchten, oder ſich ſchnel ays 
‚ bem Gedränge entfernen, um den Siegs⸗ 
trunfenen neue, bermalen ftraflos geglaubte 
Berbrechen zu erſparen. 
Aus drei eroberten Lagern, über ein.ddes, 
von Feindesblut *) rauchendes Schlachtfeld, 
kehrte Caͤſar iezt, als Weberwinder, zuräd, 





Die Gefchighte der Schlacht felbh macht 
es begreiflich,, daß dieſer Sieg Cäfarn faſt 
gar nichts koſtete. Er zählte nur 50 Todte, 
nebit wenigen Bermundeten. Die feindliche 
Einbuße hingegen belief fich auf 50000 @e- 
tödtete } 


38 


und eifte, fich als Golden vor den Mauern 


yon Thapfus zurzeigen. Zwar hatten, von 
bier aus, die Delagerten, mitten im Ge⸗ 


wuͤhle der Schlacht, einen Ausfal an der 


Seeſeite verſucht, um ihrer andringenden 
Parthei die Hand zu bieten: allein gezwun⸗ 
gen, das Meet bis an der halben Leib zu 
durchwaten, trieben fihon allein die: Troß⸗ 
knechte im Lager fie, mit Steinmürfen, 
keihe.von dem Ufer und in die Thore zus 
het; und fo fehlen es, daß Caſar nur die . 
Trophäen feines Sieges — vier und ſech⸗ 


"zig prachtvot gefchmuͤckte Elephanten mit 


ihren Thärmen — vor den Eingeſchreckten 
aufführen dürfe, um fie zur ungefäumten 
Ergedung zu: bewegen. WBirgilins wurde 
hierbei fogar namentlich von ihm aufgerü⸗ 
fen und feiner Milde verſichert. Aber feine 
Antwort erfolgte; and der Verſuch mußte 
aufgegeben werden. 

Der Mangel eines, durch Werbigung 
erreichbaren, Feindes erlaubte dem Steger, 


ſich des nachſten Tages, nach volbrachten 


feierlichen. Dankopfern, tim Angeſichte der 
Stadt, mit öffentlicher Belobung des Heer 
res zu befihäftigen. - Des zwiefachen ſtraf⸗ 


39 


baren Ungehorfams, den es fih geſtern zu 
Schulden kommen lafen, wurde ‚freilich 
nicht weiter erwähnt. Dagegen empfingen 
fämmtliche Veteranen ein. Geſchenk; und 
Eriegerifche Auszeichnungen wurden dem 
Wohlverhalten der Einzelnen bewilligt. 
* Der Prakonſul Caninius Rebilus: blieb dar⸗ 
uf, mit drei Legionen, zu Bezwingung 
des Plauee in den Verfhangungen zuruͤckz 
zwei andre, unter En. Domitius Calvinus. 
wandten fich-feitıwärte zur. Belagerung von 
Zysdrus; der Feldherr felbft aber. brach 
gegen Utica auf, wohin bereits M, Meſ⸗ 
fala mit der Reiterel voraus geeilt war: 
denn iezt kam es noch darauf an, fih Tas 
toꝰs, der eigentlihen Seele der Gegen⸗ 
parthei, zu verfichern. 
Spät am. Abend des dritten . Tages 
nach der: Schlacht langte der erſte athem⸗ 
leſe Bote in Utica mit der unglüuͤcklichen 
Wunde an, daß Alles verlosen fey. Die 
ganze: Stadt gerieth in Die heftigfie, Be 
wegung, welche nur durch Eato’s öffents 
liche Erfcheinung, durch die Beweiſe feines 
unerſchuͤtterlichen Muthes und. feine zuver⸗ 
ſichtlichen Troſtworte einigermaßen gemil⸗ 


350 


dert wurde. In der That war er zum 
hartnaͤkkigſten Widerſtand hinter den Wal⸗ 
len dieſes Plazzes entſchloßen, deßen Feſtig⸗ 
keit, verbunden mit den darin aufgehäuften 
vebens⸗ und Waffenvorräthen, die langſte 
und glädlicfte Abwehr verſprach; wofern 
die Gefinnungen ber Bewohner nur auf 
das Entferntefte den feinigen glichen. Zwar 
auf die größere Menge von aftikanifhem 
Nrfprung war, wegen ihrer befannten Bors 
liebe für den Steger, wenig zu rechnen: 
allein es galt den Verſuch, die um ihn her 
verfommleten römifchen Senatoren und den 
Koyvent der Dreihundert, biefe bisherige 
ausgiebige Stune feiner Staats + und 
Kriegsverwaltung, fie feine Wanſche zu 
erwärmen. b 

Am Tempel Aupiters verſammiet, for⸗ 
derte er fie auf, iezt feſter als jemals zu⸗ 
fammen zw halten. Die Engverbundenen 
werde Eäfar, im fortgefezten Rampfe, mins 
der verachten, beim gefuchten Frieden ’ader 
glimpflicher behandeln müßen. Ohne fie 
zu fpelten, wenn fie fh, durch Ergebung 
an den Sieger, einer geglmibten Nothwen⸗ 
digkelt fügten, möchten fie nicht Sich auf 


Pr 


351 


Teine beifällige Bewunderung, fondern audy 
auf ihn, als Anführer, rechnen, wenn fie 
ihre Seelen zu einer lezten Anſtrengung 
für die Rettung des Waterlandes zu erhes 
ben vermödhten, das ſich bereits aus. weit 
groͤßern Fährlichkeiten ſiegreich wieder ers 
hoben hätte, und dem auch in biefem nems 
lichen Augenblick -ein ſchoͤner Stern der 
Hofnung, fo wie in Rom felöft und Abers 
al, aufgienge, wo das neue Tyrannenioch 
auf einem ungeduldigen Rakken laſte. 

Ein kurzes Strohfeuer dee Muthes, 
an der hohen Feuterfraft des Redners ents 
ander, theilte ſich der Verſammlung mit, 

- und trieb fie, ihm Waffen, Wermögen und 
Reben, zu iedem geforderten Dienſt, zu 
erbieten. Gelbft bie zu dem Borfchlage, 
ſammtliche Sclaven freizulaßen und zu bes 
wafnen, ließ ſich die Hizze Einiger forte 
treiben. Doc kaum wandte Eato ben 
Nükten, um in biefem beldenmäthigen 
Sinne die ferneren Vorkehrungen zu trefs 
fen, fo ſank auch iene Weberfpannung in 
defto tiefere Etſchlaffung zuräd. Mar 
fieng an, ſich mit feiner Furdt oder feir 
nem Eigennuz zu berathen und die unw⸗ 


3” 


derſtehliche Gewalt, welche der Sieg in 
Caſars Hände gelegt, befonnener abzumds 
gen. Nur in der ſchnelſten und demuͤthig⸗ 
ſten Unterwerfung erblidten fie ihr einiges 
Heil, und es fehlte fogar ‚nicht an heim⸗ 
lichen gewaltthätigen Anſchlaͤgen gegen bie 
anmwefenden ©enatoren, um fih des Sie⸗ 
gers Gunft duch ihre Auslieferung iu 
erkaufen. 

Nicht lange konnte dieſe pldilich vers 
änderte Stimmung dem Cato ein Geheim⸗ 
niß bleiben. Zur nemlichen Stunde liefen 
Briefe an ihn von Juba und Geipio ein, 
welche Aber feine nächfte Entſchlleßung Aus⸗ 

“ Zunft verlangten. Jener hatte fih, mit 
geringer Begleitung, in die Gebürge des 
innern Landes gerettet, Diefer mit einigen 
Schiffen, auf die er bei. feiner Flucht ges 
ſtoßen war, in einer Bucht, ohnfern von 
Utica vor Anfer gelegt; Beide verfprachen 
ihm Beiſtand, wenn er fi in dieſem 
Plaue zu halten gedenfe, ober eine Zw 
flucht bei ihnen, wenn er von dort weis 
hen müße. Seine Antwort entſprach feis 
nen Deforgnißen., Er rieth ihnen, ſich 

von Utica ‘entfernt zu halten, weil die 
Ge⸗ 


353 


Geſinnungen dir Dreihundert weiſlhaſt 
ſchlenen. 

Bon einer "andern "Stlte erſchlenen die 
ungluͤcklichen Reſte der, aus der Schlacht 
entronnenen, roͤmiſchen Reiterei, nach gro⸗ 
ßen, auf ihrem Heerzuge an den Landes⸗ 
bewohnern veruͤbten und hier ari den wehr⸗ 
lofen Uticenfeen erneuerten Gewaltthaten, 
vor den Thoren. Cato, mit den zagenden 
Senatoren, eilte zu ihnen Yinaus, ihre Uns 
gewißheit Aber die ferner zu ergreifenden 
Maafrrgeln‘ durch den Worfchlag zu endi⸗ 
gen, daß fie ſich, anftatt Juba's Sdldner 
gu werden, vielmehr mit ihm zur Vertheis 
bigung von Utica vereinigen möchten: Ihre 
Antwort verrierh das Mißtrauen, welches 
fle in die Treue der gemißhandelten Eins 
wohner ſezten; und Anden fte, mit ihrer 
Abneigung gegen Juba, den Wunſch ers 
Härten; ſich unter Eato’s Anführung zu 
ftellen, achten fie es gleichwohl zur Be⸗ 
dingung ihres Eintritts in den Paz, daß 
zuvor die ganze ®enälkerung niebergemacht 
oder hinausgetrieben werde. Cato's Wer 
‚ fAhl empörte ſich gegen einen fo unmenſch⸗ 
lichen Vorſchlag: doch um nue wenigftens 

4. Band · 3 


35 


Seit zu gewinnen, verließ er fie. mit dem 
Verſprechen, die Sache in Ueberlegung. zu 
siehen, und war noch mit den fernern Vers 
handlungen, in der Mitte des Convents, 
der nun aus feinen veränderten Geſinnun⸗ - 
gen fein Geheimniß mehr ‚machte, befchäfs 
tigt, als ihm der Aufbruch der ungeduldi⸗ 
gem Zurmen gemelbet- murde. An ihrem 
Bleiben ſchien ihm das immer, fichtlicher 
gefährdete Leben . der: Senatoren, ‚feiner 
Freunde, zu hängen. ' Bolles. Schrekken 
forengte er. ihnen nach; fie bielsen an, um 
ihn zu erwarten und mit ſich zu zatten: 
aber ungeftäm ſiel er den. Mächften in den 
: Bügel, und beſchwor fie ‚mit heißen Thra⸗ 
nen, ſo viel edle ungluͤckliche Männer durch 
chre Entfernung nicht zu verderben. Mit 
Mühe erhielt er's, dag ſie noch den Reſt 
des Tages verzogen, um die Verrather und 
den Pobel in Schranken zu halten und 
die Flucht der. Senatoren zu erleichtern. 
Bu gleicher Zeit Abernahmen: fie.die War 
hen an den Thoten und auf andern wich 
"tigen Poſten. 
Dieſe Maafregel Eonnte nicht verfehs 
Ien, in den Dreihunderten durcht und Sorge 


358° 
für ihre eigene Sicherheit zu erregen. Eato, 
von feinen um ihn befümmerten Freunden 
vergeblich zuruͤckgehalten, - trat zuverfichtlich 
in ihre Mitte. Sein Entfhluß, fo weit 
er feine eigne Perfon betraf, war unwi⸗ 
derruflich gefaßt, und es gab nichts mehr, 
was ihm erſchuttern konnte. Die Feighers 
digen, indem fie. ihre Liebe und‘ Bewunde⸗ 
zung gegen ihn’ betheuerten, ftotterten Ent⸗ 
ſchuldigungen hervor, daß fie ‚nicht vers 
mochten, feine Großherzigkeit gu erreichen. 
Wenn fie aber gleich nicht umhin koͤnnten, 
Abgeordnete an Caſar zu fenden, ſo werde 
doch ihre 'erfte und angelegentlichſte Bitte 
nur auf Catoe's Erhaltung gerichtet feyn. — | 

„Wohl!“ erwiederte der ſtolze Republifas 
nee — „thut, was die Sorge für euer 
Gluͤck euch anraͤth; nur Meiner follen 
“eure Ditten nicht erwähnen. Bitte ges 
hoͤrt nur "für den Weberwundenen, und 
Farbitte fhv den Verbrecher. Unbezwun⸗ 
gen war mein ganzes Leben; und noch iezt 
ſtehe ich aufrecht, ale Sieger, weil mig 
gute und gerechte Thaten tiber Caſar die 
Oberhand geben.” 

Ben, dieſem Augenblick an ließ eu es 
32 


356 


feine einzige Sorge feyn, die Ruhe in der 
geſchloßenen Stadt zu erhalten und die Abs 
fahrt feiner Freunde zu fihern, denen er 
die dazu nöthigen Fahrzeuge anwies und . 
die mangelnden Reifebebürfniße austheilte. 
Er ſelbſt trieb die Säumigen an mit freunde 
lichem Drängen, Begleitete fie an das Ufer 
und rief ihnen fein Lebewohl nad. Nur 
die Botſchaft, daß die abziehende Neitere 
ſich an den wehrloſen Einwohnern von 
neuem Mord und Plünderung erlaube, rief 
ihn auf den Schauplaz dieſer Ausſchwei⸗ 
fungen, mo ſein drohender Ernſt die Beute⸗ 
macher erſchreckte und dergeſtalt befhämte, 
daß ſie, mit abgeworfenem Raube, ſtill und 
niedergeſchlagen ihres Weges davon zogen. 
Die Bürger, bereits auf das Gräßlichfte 
gefaßt, erſtaunten über dieſe Großmuth: 
ihr Retter aber ermahnte fie bloß, ben 
nahenden Sieger gegen bie bebrängten 
Dreigundert, welde freilich Manches um 
+ fie verfhuldet hatten, nicht noch höher 
aufzureizen. 
Jeit ließ auch M. Octavius dm feine 
Annäherung an der Spitzze zweier geret⸗ 
teter Legionen anſagen. Fruͤher haͤtte eine 


357 


folche Verftärfung wahrſcheinlich hingereicht, 
dem Schickſal von Utica eine glüdlihere 
Wendung zu geben. Allein wie folte nicht 
auch. iede Hofnung eines Beßern um fo 
ſchneller verfchwinden, da Dctavius, bei dies 
fer Botſchaft, es zugleich fein Erſtes feyn 
Uieß, ſich feine Anſpruͤche auf den Oberbe⸗ 
fehl im voraus zu ſichern. „Darf es uns 
wundern,“ — fagte Cato traurend — „daB 
unſre Sache verloren gegangen, wenn wir 
ſehen, daß der Dämon der Befehlſucht ung 
noch am Rande des Verderbens beſeelt?“ 
Noch that er, mit hohem Gleichmurh, 
eine Menge dur die Umftände herbeiger 
führter Gefchäfte, fo wie feine Rechnun⸗ 
gen, ab; unterhielt ſich mit gleicher Ruhe, 
waͤhrend des Nachtmahls, im Kreiſe ſeiner 
Freunde, ſo viel deren lieber bei ihm hat⸗ 
ten ausdauern wollen, über Gegenſtaͤnde 
der Philofophie, und durchfocht' inſonder⸗ 
heit die Lehre des Stoicismus: daß dee 
Tugendhafte allein der Freie ſey — mit 
einem Ernft, welcher feine innere Entſchlie⸗ 
fung zu deutlich verrieth, um nicht eine 
file Trauer unter den Anweſenden zu vers 
breiten, Noch auf feinem Lager hingeſtreckt, 


358 


befchäftigte. ihn das flilfe Leſen des gottli⸗e 
hen Plato und feines ſchoͤnſten Dialogen. *) 
Mur unruhig, als er ſein unter dem Haupts 
kißen verſtecktes Schwert vermißte,- welches 
die ſcheue Sorgfalt der Seinigen entfernt 
hatte, drang er wiederholt und mit fo gro⸗ 
dem Ernft auf deßen Ruͤckgabe, dag ihm 
endlich gewilfahrtet werden -nußte.: Untes 
gleihgältigen Anordnungen: iind fortgeſen⸗ 
tem Befen, und foger imten fekem Schlafe, 
gleng der. gedßte Aheil der Mache dahin, 
als er endlich mit dem fräheften Hahnen ⸗ 
uf, nachdem: feine · lezte Bene: füch - noch 
damit  befchäftigt hazee,. won des gaͤnzlichen 
Einfehiffung der Flachttinge verfihert zu 
merden, das Zimmer abſchloßz/ und dann 
ſich das Schwert durch den Leib ſtieß. 
Gleichwohl hatte die ungewiße Hand ihr - 
reg Streiches verfehlt; feine -edlen Theile 
waren verlezt; die hereinftärgenden Freunde 
verfuchten-ärgelichen Beiftand, Doch Caro, 
noch Seiner ſich bewußt, wehrte iede Huͤlfe 


*) Phädon, Aber die Uniterblichfeit der 
Seele. Mendelsfohns und Schleiermachers 
Namien ſchließen fich bier mit reiner Wäre " 
an den edlen Griechen. 





359 B 
ab; ertweiterte mit · eigenen Fänden die 
Wunde, «und hauchte Aber diefer Demis 
hung endlich die unbeugfame große See⸗ 
Te aus. 

Denn konnt' er fuͤrder leben in eis 
ner Welt, worin es zu allen Zeiten fein 
Ungtäd ausmachte, To Wenige zu finden, 
die fib zur Hohe feiner Tugend fo ins 
finfemäßig, wie er, erhoben? worin, mie 
iedem Yage, immer tiefer Alles einer mes 
raliſchen Verſchlechterung entgegenſank, die, 
unvertraͤglich mit feinem Innerſten, ihn um 
fö.fchmerzliches.vertwumdete? und worin iezt, 
wie In treiber Stickluft, Das Element feinen 
Lebens, die Freiheit, erlofh? So ward 
fein od von eigner Hand (wenn ie ein 
Selbftmord!) gerechtfertigt durch, innere 
Nothwendigkeit! Nicht mur war in ihm 
für. den Römer die Republik, fein Idol, 
ſondern auch für den Menfhen die Würde 
feiner Natur in der einbrechenden Sklave⸗ 
rei verloren gegangen. Fhr feine Freunde, 
für die Patrioten, war dieſer Tag ber 
Todesſtreich ihrer Hofnungen. Auf Cats 

hatten fie, ale auf ihre Lebendige. Rechtfer⸗ 
tigung, ‚mit Stolz auch da gefehen, wo 


36 


ihre kleinlichen Anficten fie hinderten, ihm 
zu folgen. Die Republik befaß Seinen uns 
eigennäjzigern Verfechter, wenn er glei 
oft in den Mitteln fehlte, unter denen er 
ſtets, wie der Arzt bei Erebsartigen Wuns 
den den Höllenftein, bie herberen zu ihrer 
Rettung vorzog, bis fie endlich Aber feinem 
Grabe in Trhmmern fanf. Daß fie un. 
tergegangen fey, ward eigentlich erſt durch 
ato’s Untergang auch dem blöderen Auge 
bemerkbar; und eben darum fezte auch Caͤ⸗ 
far einen fo hohen Werth auf fein Leben, 
daß, auf die Zeitung von diefem Ausgange, 
fein Unmuth fi ſelbſt nicht bemeifterte. 
„Er mißgonne“ — verfüherte.er — „dem 
Heimgeſchiedenen feinen Tod, weil Cato 
ihm feine Erhaltung gemißgännt habe.“ 
‚Und hätte ſich's der umfihtige Sieger fpds 
terhin, wo die Leidenfchaft des Haßes (wenn - 
-fie ie in feiner Seele war) längft erlofchen 
feyn mußte, wohl abgewonnen, feinen Ans 
tis Eato*) niederzufchreiben, wenn er nicht 





*) Zu den Inkonſequenzen, an denen Cice« 
108 eben fo reich if, gehört auch die, daB 
er, faͤbig, fich unter CAfars Herrſchaft zu bes 
quemen, dennoch der Verfuchung nicht wie 


31 


geglaubt, der dffentlichen Meinung, die ſich 
fo entfchteden für den großen Schatten er⸗ 
Härte, eine andreRichtung geben zu muͤßen? 





derfichen konnte, auf feinen republikaniſchen 
alten Freund eine Lobfchrift, unter dem Ti⸗ 
tel Cat o, berauszugeben ; — freilich ein ver« 
führerifcher Stof für einen Redner, der, fo 
wie er, fich auf den Zauber der Worte vers 
fand! Sie if, begreiflich, nicht auf unſre 
Beiten gefommen: allein wenigfiens etwas 
von dem Blane derfelben Iernen wir aus eis 
nen Briefe an Attieus CB. X11, 4.) kennen. 
An eben dem Maaße aber, als diefe Schrift 
Aufſehen erregte und Beifal fand, mußte Ca— 
Tar fie als eine indirekte Anklage gegen fich 
ſelbſt betrachten und dadurch unangenehm 
beruͤhtt werden. Daß er gleichwohl fähig 
war, den Diktator bier ganz zu vergeßen 
und nur ald Schriftfieller gegen den 
Schriftfteller aufzutreten iſt vieleicht hinrei⸗ 
hend, um den Vorwurf zu vergüten, daß er in 
feinem Antt- Eato wißentlich falfche und 
ungerechte Befchuldigungen auf feinen ſtar⸗ 
zen yolitifchen Antagonißen gehäuft babe, 
ueberbaupt aber thut man wohl Unrecht, 
diefe Schrift, von deren Ton und Inhalt 
wir im Ganjen doch viel zu wenig wißen, 
. Fler etwas mehr als ein politiſches Bamphlet 
zu nehmen, welches, berechnet fär Ort und 


3 x 

Catow Tod, fo mie ſich die Nachricht 
davon in Utica verbreitete, wirkte mie 
wunderſamer Empfindung auf die Gemu⸗ 
eher. Seine Freunde, foviel deren noch 
am ihn geblieben waren, fühlten ſich in 
tm des festen feften Ankers Bei ihrem 
Schifbruche beraubt; wehklagten an feiner 
Thore und wankten rathlos umbeb: aber 
ſelbſt die Uticenſer, deren politiſche Mei⸗ 
nungen ſie zu ſeinen Feinden ‚gemacht, und 
die ſich, in dieſer lezten Zeit, zu ihrer Ente 
wafnung manche harte Einfehränfung von 
ihm gefallen lagen mußten, vermochten dem 
Drange der Verehrung, die fein flekken⸗ 
loſes Leben und die dankbare Erinnerung 
feäherer Wohlthaten ſich erzwang, fo we⸗ 
nig zu widerſtehen, daß fie ſofort fein df⸗ 
fentliches Leichenbegaͤngniß anordneten, und 
die Errichtung feines Standbildes Aber dem, 
nahe am Meere aufgerhärmten Grabe-ber 
flogen. 


Zeit, (es ward um die Zeit der Schlacht bei 
Munda, unter dem Geräufih der Waffen, ges 
ſchrieben) nur durch die Hand, von der es 
derrührte, und dem Namen, dem es entges 
gengefeit wurde, feine Bedeutung erhielt, 





363 


Mit jedem Augenblick indeß, der bie 

‚ perfönlihe Erſcheinung des Siegers vor 
den, bereits von M. Meffala und feiner 
Reiterei befezten Thoren erwarten ließ, 
flieg aucdrdie bange Verlegenheit der Vie⸗ 


Ien, welche feinen Urtelsfpruc zu fürchten: 


hatten. Eato’s Qudftor, 2. Caͤſar, ein 
Verwandter, aber auch von jeher erhiiter 
. Gegner des Diktators, wan ber. Angefer 
henſte umter diefer. Zahl; und. obwohl ges 
nugfam belaftet ‚mit. der befümmernden 
Sorge um feine eigne Wohlfahrt, fo wie 
mit der Berathung des jungen Porcius, 
der ihm von feinem ſterbenden Vater em⸗ 
pfohlen · worden, hatten auch. noch die Dreis 
Hundert ihres Lebens Heil in feine Hände 
‚gelegt und ihn, im Vertrauen auf feinen 
gluͤkhaften Namen, zu ihrem Abgeordnes 
ten an den nahenden Obſieger ernannt. Er 
erwarb ſich demnach das einzige kleine Barı 
dienft, das ihm, unter diefen Umftänden, 
noch übrig -blieb, ienem vor die Stadt ents 


gegen zu gehen, und der Dollmetſcher det 


unterwöärfigen Gefinnungen zu feyn, womit 
er zu Utica erwartet werde. 
Als Sieger, und mit gleicher demds 





364 


thiger Unterwerfung, war inzwifchen CAfar 
überall auf feinem Wege empfangen wor⸗ 
den. Gelbft Adrumetum dfnete iejt ohne 
Widerftand die Thore, und erhielt eine Les 
gion zur Beſazzung. Er felbft eilte, noch 
bes nehmlichen Tages, weiter gegen Utica; 
und in dieſem Augenblid war es, wo der 
Qudftor ihm zitternd entgegentrat, und 
niefälig um das nafte Leben für ſich 
fiehte, ohne, wie es fheint, in des Beſtuͤr⸗ 
zung feiner übrigen Aufträge zu gedenken. 
Nichts defto minder fand er die kaum ges 
hofte Gewährung, nicht nur’ für ſich felbft *), 





*) Diefe Begnadigung folte gleichwohl nicht 
von Dauer und B. Cäfar unter der Zabl der 
Benigen ſeyn, die ihren Tod auf des Diktq⸗ 
tors ausdrüdliche Anordnung fanden. Diefe 
Abweichung von feinen fonfigen Grundfäggen 
ber Gelindigfeit — zumal, da fie bier ein 
formlicher Wortbruch wurde — iñ durch das, 
was die Gefchichte darüber beinubringen weiß, 
nicht binlaͤnglich motivirt. Nur aus Sueton 
(R« 75.) lernen wir, dag der Dudiior durch 
ehemalige faltblätige Niedermerzelung von des 
Dittators Sclaven und Freigelafenen — ia, 
ſelbſt der, von Diefem zu feinen Thiergefeche. 
sen angefchaften Beſtien, chen ſowohl eine 


35 


fondern aud für eine lange Reihe von Nas 
men, unter denen ber iunge Porcius, Cas 
to's Sohn, das vorzäglichfte Intereße ers 
regt, und ber auch diefe Gunft, durch ſcheue 
Enthaltung von öffentlichen Gefhäften, in 
gänzliche Vergeßenheit feines Dafeins zu 
verwandeln mußte *). 

Caſars Eintritt in Utica, am naͤchſten 
Morgen, wurde durch zwei, von ihm ges 
haltene Reden ausgegeichnet. In der er⸗ 





grenzenlofe Exbitterung an den Tag gelegt, 
als dadurch ohne Zweifel Caͤſars verſoͤnlichen 
Haß verwitkt hatte. Eben dieſer Thätlich- 
teiten wegen lich er ihm iezt auch den Pros 
zeß machen, in welchem es iedoch nicht sum 
Spruche kan, weil er, bei beßerer Meberles 
gung, vieleicht das Gebäßige eines ſolchen 
Schrittes ſcheute. Dagegen aber fand der 
Angellagte feinen plözlichen Untergang in 
einem foldatifchen Yufftande, der wohl nicht 
ungerufen kam. 

*) Boreins ſchien fogar, in Wolluſt und 
Schwelgerei verfunten, fich feines ehrenvollen 
Namens lange unwuͤrdig zu machen. Aber 
in der Schlacht bei Philippi löste er feine 
Ehre durch einen ruͤhmlichen Tod für Vater⸗ 
land und Freiheit. 


366 


fern dankte er den verfammleten Einwoh⸗ 
nern, wie fies verdienten, für ihre treue 
Anhaͤnglichkeit und iede bisherige Aufopfes 
rung: allein in der andern und längeren, 
die an den Ausſchuß der dreihundert ges 
richtet war, verbarg er felne-gereizte Ems 
pfindlichkeit nicht; die ihre —S Eins 
mifchung in feine Sache bei ihm hervor 
gerufen habe. „Ihres Lebens zwar,” 
war fein Beiſaz — gedenke er zu.fchonen: 
allein ihre Güter, ‚von denen fie einen fo 
ſtraflichen Gebraud gemacht, follten für 
verfallen gelten, wofern fe nicht etwa Ans 
falt träfen, ſie baar wiederfeinzulöfen ;— 
Ein Urtel, das fie bei weitem fo. milde 
nicht gehoft harten, und das fie auch iezt 
zu der Bitte ermuthigte, ihnen in Ges 
fammtfchaft lieber eine beftimmte Geldbuße 
aufjuerlegen. Caſar fügte fich diefem Wuns 
ſche, und. forderte zweihundert Millionen 
Serftertien, *) in fehs Friften, innerhalb 
— —ñ — — 

*) Dder 6,250,000 Thaler. Immer eine 
bedeutende Braudſchazzung, wenn man hin⸗ 
zurechnet, daß fie vorhin, zum Dientt der Re⸗ 
yublit, vielleicht nicht viel weniger antge: 
wandt hatten! . 


3 


dreier Jahre, an das römifche Volk zu: er⸗ 
legen. Büßten demohngeachtet manche nicht 
blos mit ihren Schaͤtzen, ſondern auch mit 
Kopf und Leben, fo mochten fie dies Schick⸗ 
ſal wahrſcheinlich neuen ungefchidten Reis 
zungen des Siegers ober ‚feiner Umgebuns 
‚gen anrechnen. *) 

Immer aber wählten, im Ganzen gen 
nommen, dieienigen Republikaner, welde 
ſich dem Sieger freiwillig außlieferten, das 
mildere Loos vor ienen, die ihre Rettung 
einer ungewißen Flucht vertrauten. Der 
Feldherr Seipio ſelbſt, der fih den Ge 
fahren der verlornen Schlacht, in Beglel⸗ 
tung weniger Freunde, auf einige zufällig 
angetroffene Galeeren entjogen, und der 
den Plan hatte, ſich den Hiſpaniern in die 
Arme zu werfen, war lange Zeit ein Spiels 
ball der ſtuͤrmiſchen Wellen, die ihn ends 
lich auch zwangen, fih gegen Die gern 
vermiedene Küfte bei Hippo regius **) zu . 
a 000000 

=) Appian ſezt dieſen Umſtand hinzu, den 
Hirtius wohl abfichtlich verſchwieg, um feis 
nen Schatten in fein Gemälde diefer Scene 
zu bringen, 

>) Yuf der Stelle des heutigen Bena im 


368 


wenden. Hier Aber fiel er / dem uͤhetlegenen 
Geſch wader in die Haͤnde, weſches P. Sicius 
in dieſer Meeresgegend aufgeſtellt Hatte. Kein 
Entrinnen blieb⸗ dguch! Schon mar fein 
Schif· geentert; ſchon Forflte ber uberge⸗ 
fprungene Feind, mit fteigender Deglerde, 
nad bem Imperator. >; Der mperator 
iſt in Sicherheit!" antwortete ihnen Sei⸗ 
pie ſelbſt, indem er fih mit dem eignen 
Sämerdte durchbohrte und in’ die uhelr 
gründliche Fluth hinabſtatzte. Ss wirbeh 
bei dieſem wunderbaren Volke auch miner 
feſte und hohe Seelen durch den angebor 
nen Römerfinn,: wenigſtens ‚im: Sie zu 
ſich felbft erhoben! nom 





Der Dienfi, welhen Ernie ven 
Diktator leiftete, war indeh weder der ein⸗ 
zige, noch der weſentlichſts in ſeiner fee 
willig übernommenen Rolle⸗ Seitdeuil Jubau 
feinen Unterfeldherrn Sabuta gedehnnihn 






Staate von Algier. Can es nach. 
anderes Hippo, näher an Utica, mit dem Weir 
namen Diarrhytos oder Zarvytos, den es ſei⸗ 
ner niedrigen Lage und den bindsen ueber⸗ 
ſchwemmungen verdankte. 





3 


in's Feld geftelt hatte, mußte er Diefen 
nicht nur in den weſtlichſten Provinzen am 
haltend zu befihäftigen, ſondern auch feine 
Zruppen in einer fiegreichen Beldfchlache zu . 
Grunde zu richten. Gabura felbft ;blieh 
anf dem Plauje; umd ſchon war Sitius 
auf dem Marſche durch Numidien, um ſich 
mit Caſars Macht zu vereinigen, als ihm 
Die feldflüchtige römifhe Neiterei entgegen, 
ſtieß, welche, nad) ihrem Abzuge vor Utica, 
den Entſchluß gefaßt hatte, fi) den Weg 
nad Hiſpanien durky die vorliegenden Bars 
Barifhen Staaten zu erzwingen. Cie sählte 
noch funfjehnhundert Köpfe; und nicht nur 
harte Fauftus Sulla, *) der in Utica keine 
Sicherheit mehr für ſich und feine Familie 
erblickte, fie durch Geſchenke bewogen, ihn 
Bei fih aufzunehmen, fondern fie hatte 
auch fpäterhin an Afranius einen noch er 
wanſchtern Gefährten und Führer gewon⸗ 





®) Er mar der Imillingsfohn des Diftatorg 
Gulla, und der Schwiegerſobn des Pompeius. 
Beides Tonnte ihn bei Taͤſar nicht empfehlen, 
gab ihm aber zugleich eine Art von Bedeu⸗ 
tung, ber freilic feine Abrigen Eigenſchaften 
minder zu entſprechen ſchienen. 

“Bent, Ir 


. 30 - 
nen, von deßen Kriegserfahrung fie ihe 
Heil-erwartete. Dentod) fielen diefe Tur⸗ 
men bier unerwartet und bei Nacht in den 
Hinterhalt, weichen der ſchlaue Sirius 
Ünen legte, Nur wenige einzelne Reifige 
des Borttabs entfamen; und während \ 
der Reſt feinen Untetgang fand, oder die 
Waffen: fieeitte, getiethen auch die beiden 
Anführer in feindliche Hände, bis fie, wer 
nige Tage fpäter, in einem, von den Trup⸗ 
pen erregten Tumulse — ob durch Zufall, 
ob auf höhere Weranftaltung, bleibt eine 
ſchwer auspimittelnde Frage *) — der 
foldatifchen Wuth zum Opfer fielen. 

Tragifcher noch entwikkelte ſich der Ans 
theil, welden Juba, von thoͤrichtem Stolz 
und Römerhaß verleitet, an diefem großen 


*) Die Entfcheidung würde auf det beſtimm⸗ 
ten Beantwortung einer andern Stage beru⸗ 
ben: ob Gäfar nahe genng war, um binnen 
diefen vaar Tagen von Gitius gluͤclichem 
ange Nachricht zu empfangen und über das 
Schickſal der ungluͤclichen zu verfügen? -— 
Bompela, des Fauſtus Gemablinn, und ihre 
Kinder, obgleich in fein hartes Schickſal mit 
verniffeht, erhielten ea und Sicherheit 
ihres Vermogens. 








378 
Schauſpiele zu nehmen ſich hatte beigehen 
tahen. Der Schlacht bei fräher Zeit ent⸗ 
Fonnen, hatte er fih, Mehrere Tage lang, 
in den Meierhöfen der Gegend verftedt 


gehalten und nur unter ber Huͤlle der Nacht 


feine Flucht nach Zama, feiner Kauptftadt, 
verfolgt, wo er feine Weiber, Kinder und 
Schäzze aufbewahrt hielt, und hinter fehler 
unuberwindlichen Mauern, in einer vers 
zweifelten Gegenwehr, feine lezte Sicher⸗ 
heit hofte. Dieſer harmäffige Vorſaz war 
auch um ſo minder zweifelhaft, als er 
felbft, beim Ausbruch des Krieges, denſelben 
auf eine, feinem Gefühl entfprechende Weiſe⸗ 
angekündigt hatte. Dem mitten auf dem 
Marktplazze lieh er damals einen ungeheus 
ren Holzſtoß errichten, und enflären: daß 
biefer, ehe ex ſich darein fügte, an dem 
Siegeswagen eines römifhen Triumpha⸗ 
tors zu ziehen, vielmehr füralle, zu ſeinen 
tigen geſchlachtete Bürger von Zama zum 
Scheiterhaufen werden möge, der feine 
hineingeworfenen Schaͤtze verzehren, den 
ſeine Weiber und Kinder mit ihm beſtei⸗ 
gen, und der zulezt fein eignes vefordunes 
Herzbiut trinken folle- 
Ana 


a" 

Was Wunder, wenn seit die Einwohr 
ner. der Hauptſtadt, eiugedenk iener Dres 
Hung, wenig Neigung trugen, ihr eignes 

Schickſal fo eng mit dem jertrfimmerten 
Slide ihres Tyrannen zu verfledten? In 
ber That fand er die Thore vor ſich vers 
ſchloßen; und Drohungen fo wenig, als 
Bitten und Schmeicheleien, dermochten, 
ihm bie Aufnahme zu bewirben. Selbſt * 
was unter ieden andern Umſtaͤnden die haͤr⸗ 
teſte Grauſamkeit gewefen fein würde — 
ſelbſt die endlich mir 'gefordente Auelieſe⸗ 
zung feiner Familie ward ihm, aue rel⸗ 
nem Gefüht von: Menfchlichteit, vearmek , 
gert, da fie auf feine Schonung dei ihm 
au. rechnen hatte. So maßte der König, 
mit Wuth im Kerzen, ‘abziehen; und da 
auch andre Platze ihm mir gleicher Faſtis⸗ 
Zeit von ſich wieſen, fo blieb ihm endlich 
nur der Ruͤcknig auf eine landliche Beſtz⸗ 
"zung uͤbrig, wo er, nad gehaltenem Mahle, 
mit MM. Petreius, dem ereuen Begleiter 
feiner Flucht, beſchlotz, den gewaltfamen 
Tod In den gegenfeitigen Schwerdiſtreichen 
zu füchen. Bald auch fiel der ſchwachere 
Römer: doch als num dem Mumidier der 


8785 


Muth entging, das Blutige Eiſen gegen 
ſich ſelbſt zu kehren, ließ ſich endlich ein” 
anmefender Sklave erhitten, ‚feine Qual 
durch einen beßer gezielten Stoß zu kuͤrzen. 

» Axuein ſelbſt noch duch den abweſen⸗ 
den Waterich geſchreckt, hatten die Buͤr⸗ 
ger von Zama nichts ſo eilig gehabt, dis 
Abgeordnete an Caſar mac Utica zu ſen⸗ 
den, und ſich feinen beſchleunigten Schuu 
m erbitten. Mit Freuden willfahrte ber 
Diktator dieſer Aufforderung, die ihen eine 
lange Delmgerung .erfpazte, ſchen am nach ⸗ 
ſten Tage, woer mit der Reitenei aufs 
broch und aberall auf dem Wege die Hul⸗ 
daizung von den zerſtreuten Meften bes für 
misticpen. Herres empfing. Glanz; Numi⸗ 
dien war, ehne Schwerdiſtreich, in feinen 
Sohridenz: und in der Hauptfbabt, blieb ihm 
nur abeiz, · den antſchloßenen Muth der 
Cinwohner bauch. völlige. Befreiung „von 
den ehemaligen Steuern an. ihren Veherr⸗ 
ſcher zit belohnen, das konigliche Eigenthum 
--gingügtehen und Die Verfuͤgungen zur Ver⸗ 
waltung des Landes, welches nunmehr in 
eine Provinz. des rdmiſchen Reichs vers 
wandelt wurde, zu ‚treffen. Salluſtius 


374 


Zrifpus, befen Brauchbarfeit zu Gefhäfe 
ten fich ihm vielfad bewaͤhrt hatte, ward 
„ber neuen Erwerbung zum Profonful vor 
geſezt; — eine, wie es die Folge lehrte, 
zu gefährliche Klippe für die. Unelgennigz⸗ 
aigkeit des großen Gefehichtsfihreibers, dehen 
Träftige. Strafurtheaile feander Erpreßun 
gen bier: ſchwer anf fein eignes Wem. a 
ruckfallen fehlten | *) 
VUeberall, wo noch, auf afeitanikhem 
Bobenz eint. Macht gegen den Sueger in 
den offen and, beugte ſich nun des ohn⸗ 
mächtige Troz vor feinem ABtäde, In Ins 
drus verfuchte der Defehlshaler Eonfidins, 
mit ſeinen rohen Baarkhaften heimlich zu 
entfhläpfen, ward aber untermeges van ſei⸗ 
nen raub ſuchtigen gaͤtuliſchen begleiten aus⸗ 
geraubt und in Stucken gehauen; Thapſus, 
von allen Seiten verlaßen, nmrd:von Bir 
— —ñ —⸗ — 
'.*) Seine Vexationen des Landes waren ſo 
ungezügelt, das mar-um fo mehr auf deu 
Argwobn gerieth, Caͤſar babe Ge ihm abficht- 
lich. befoblen, als er, nach feiner Ruͤcktebr, 
von der gegen ihn erhobenen Anklage, durch 
des Dittatnes Einfus dennoch lotzeſyrachen 
wur 


375 


gilius an das zuruͤckgelaßene Belagerung 
heer, auf friedliche Bedingungen, überger 
ben; und fo mar beun von aflen Unter⸗ 
feldherren dieſer Marthei faft nur der ein⸗ 
wige Labienus gluͤcklich oder. ſchlau genug, 
dem allgemeinen Schtfbruche zu enteins 
en, um fünftighin’ feiner todtlichen Haß 
gegen Caſar und den Troz ber Verzweiflung 
in eins lezte furchtbare Anſtrengung zu 
fammient 
> Afles nsur endlich in dieſem Welttheil 
nach des @bftegers Willen angeordnet; und 
Kohn und Strafe follten nun noch die lez⸗ 
sen Augenblikke feines Hierſeins bezeichnen. 
DMiemand hatte auf den erftern fo buͤnd⸗ 
gen Anſpruch, als P. Sitius: allein gewiß 
ſah er ſeine Hofnungen, ia vielleicht ſeine 
eigenſten Wanſche erfüllt, indem ihm und 
ber Bande feiner Abentheurer, Cirta, die 
alte Reſidenz des Mafiniffa und Syphar, 
eingeräumt wurde, und diefe. neue Kolos 
we ſich fortan nady feinen Namen nann⸗ 
te. Adrymetum bingegen, fo wie Thas 
plus, und Tyedrus, büßten ihren ges 
B mafneten Widerſtand durch anſehnliche 
Brandſchazzungen an Geld, Oehl oder Ges 


376 


treibe; *) umd überhaupt wurde dem zds 
miſchen &taate, laut vorgelegten. Verech⸗ 
nungen, aus diefen Prosinzen eine idhr⸗ 
lihe Steuer von zweimalhunderttaufend 
Medimnen **) Korns und. drei Millionen 
Pfund Oehls gefichert. . 

Als Strafe muß es, iedoch auch wohl 
. betrachtet werden, wenn Cäfar dielenigen 
Zegionen, deren Meigung zur Dreuterei ex 





Tbapſus 4.3. zahlte Ges,ooo Thaler; 

ber dortige Sandelshand inſonderheit 937,5005 
Adrumerum eben fo viel als Legterer; Leptis, 
wegen früherer feindfeligen Schritte eines 
Tbeils feine: Einwohner, eine jährliche Steuer 
won Soo,0oc0o Pfund Deis; Tusbrus, feiner 
geringern Bedeutung wegen, ein Bewißes an 
Köinern. Auerdings vermachten lene Gere 
fädte, die den Kastlichen Namen von Ems 
porten, cHandelsfätten) als Auszeichnung, 
trugen umd im Beſtz eines weitreichenden 
Wertebrs waren, dergleichen Requifttionen 
vobei aber andy manche Wilfähzlicteiten obs 
gewaltet zu haben ſcheinen) ohne Erfehönfung 
Im ertragen. 
Der attiſche Scheffel, nad welchem 
Plutarch bei dieſer Angabe rechnet, und deſ⸗ 
fen ageniinen Anhalt noch nicht ausgemtite 
tel J. 


377 


bereits aus Erfahrung kannte und bet 
der Heimkehr nach Italien keinem Ruͤck⸗ 
fall auczuſenten wunſchte, gleich Bier in 
Afrika — zu elnem Theile wenigſtens — 
auseinander ‘gehen ließ und Ihnen auch 
Manches an den Vortheilen der Beute 
karzte, deren fich bie abrigen Muppen zu 
erfreuen hätten. Diefe Beßergeſinnten be⸗ 
gleiteten ihn auch, als er, nach einem 
Aufenthalt von ſechetehalb Monden, die⸗ 
fm Erdſtrich, welcher ein Zeuge neuer 
glanzender ¶ Anſtrengungen feines’ Genies 
geworden war, wieder den Rüden mandte 
and ſich (x4 Jun.) zu Utiea einſchifte. 
Günftige Winde trugen ihn, - binnen drei 
Lagen, nach Sardinien hinkber, wo er 
ſich noch einige Zeit zu Sulei mit der 
Ahndung wegen einer früherhin bewieſenen 
Abneigung gegen feine Sache beſchaͤftigte, *) 
und, dann endlich gegen die Mündung ber 





”») Guli, an der füdwerlichen Käfte der _ 
Anfel, auf der Stelle des heutigen Fieltens 
Baringtano gelegen, und als Handelsplas 
nicht gam ohne Bedentung, wenn ihm. eine 
Geldbuße von 1,125,000 Thalern abgefordert 
und die Zölle von einem Zchmteh auf ein Ach⸗ 


378 


Tiber ſteuerta. Doch ließen ihn wiederholte 
©tärme, erſt nad einer beſchwerlichen 
Fahrt von act und zwanzig Tagen (29 
Jul.) die Hauptſtadt der roͤmiſchen Welt 
erreichen. 

Volkommner als ie uvor, trat er hier 
nun in der Eigenſchaft eines fehler unums 
ſchrankten Gebieters auf, da es nach feiner 
Seite hin einen Gegner mehr gab, der _ 
ihm Unruhe erwelfen konnte. Dem wenn 
es auch noch in. Hiſpanien gaͤhrte, und die 
Söhne des Pompeius ſich, famme.Sabier _ 
aus, hieher gewandt hatten, um bie ums 
äufriedene Stimmung der Provinzen du 
nöggen, fo hielt er doch, zu ‚deren. Unter · 
brüffung, feine eigne Gegenwart · ſo wentg 
für erforderlich, daß er ſich begnuͤgte, ſei⸗ 
nen Pegaten, €. Didius, mit der Flotte 
und einer Truppen⸗Abtheilung, von Ga 

dinien aus, dahin zu entfenden, : Hess 





tel ‚erhöht werden konnten. - Disfe Strafe 
hatten die Sulcitager dadurch vermirkt, daß 
fie die Flotte des Raſidius, anf ihrem Zuge 

. nad) oder von Maflilia (vergl, Th. II. ©, 
309) bei fi aufgenommen und — 
ſchungen verfehen hatteun. 


379 


alſo fhien endlich auch der Zeitpunkt her⸗ 
angenaht, wo ber unermüdlihe Kämpfer 
ſich der Früchte feines langen und fauern 
Schweißes im Wolgenuß der errungenen 
Größe erfreuen dürfe; und als habe dag 
entartete Volk, dem er zueilte, die leifeften 
Wunſche feines Herzens exrgthen, beelferten 
ſich Senat. und Volk um die Wette (wenn 
gleich, wenigftens der Erftere.mit ſchwer zu⸗ 
rücgedrängtem Ingrimm feines beßern Ges 
fühls) fi) gegen den gefeirrten Ankümms- 
king in neuen und ungewöhnlichen Ehren« 
bezeugungen zu überbieten, - , 

In dieſem Geiſte einer ſelaviſchen 
Schmeſchelei, die den Augenblick ihrer ei⸗ 
genen. Herabwuͤrdigung nicht ſchien erwar⸗ 
tem zu koͤnnen, mer ‚bereits im voraug 
ein vierzigtagiges Dankfeft wegen des, bei 
Thapſus — Aber Juba — erfochtenen 
Sieges verordnet, der Sieger fetnerhin 
zum Diktator auf die Dauer von zehn Jah⸗ 
ren, fo wie zum Cenſor auf drei Sabre 
ernannt, und diefes eigentlich hoͤchſte und 
ehrenvolſte Staatsamt noch durch den Fir 
tel eines Praefectus morum verherrlicht 
worden, Das Volk begab fih frelwillig 


380 


“dee ihm zuftehenden Ernennungsrechtes zu 
verfptedenen Aemtern, um es vertrauens⸗ 
vol in Caſars Haͤnde zu legen; ſo wie 
eine lange Reihe von andern Vorrechten 
ud Auszeichnungen — unweſentlich zwar 
in ſich felbft, aber vielßebeutend in ihrer 
magiſchen Rackwirkung auf die öffentliche 
Meinung — ihn, den Einzigen, über alles 
gewohnliche Maaß emporheben und mit 
einer lichten Glorie uniftrahlten. *) 

Schwerlich aber mochte dee Mann, 
dem f6 Großes und Außerordentliches ents 
gegengebbten wurde, fich’s verhehlen, daß 
nicht bie Liebe, fondern die Furcht, 
dieſe verſchwenderiſchen Gaben auf ihn 
haufe; und was anders auch konnte er, 
der bis dieſen Augenblid allein für fi 


*) Sicher ifi zu rechnen, wenn ihm, als 
dreimaligem Diktator, auch bie breifache Zabl 
von Liktoren — alfo 73 — bewilligt wurde; 
ferner das Vorrecht, im Eircus das Zeichen 
zum Anfang der Wettkämpfe zu geben;. im 
Senat auf einer goldnen Gella, zundchf. nes 
ben den Ronfuln zu Wien und feine Stimme 
querit abzugeben; in feinem künftigen Trium⸗ 
pbe über die Gallier, gleich dem Altern gals 
iiſchen Dbfieger Eamilus, mit vier weißen 





3 


ſelbſt gearbeitet hatte, von feinem Wolke 
erwarten? Doch gluͤcklich ergaben nunmehr 
feine: flillen Berechnungen, daß ber: Bor 
heil diefes Volkes Hand in Hand mit 
feiner eigenen wahren Gebße gehe, und 
daß ber Genuß der Herrſchaft auf der. bies 
her enthehrten oder verfchmähten Zuneigung 
der Beherrſchten feine füherfie Grundlage 
finde. &o erfannte er denn die Noth⸗ 
wendigkeit, fie zuvorderſt von ber FJurcht, 
welche gleich einem qualenden Alp auf ih⸗ 
nen drüdte, zu befreien. 

Bol diefes Vorfazzes, war feine erfte 
Erſcheinung im verfammelten Senat von 
einer Rede begleitet, die leicht die merk⸗ 
wuͤrdigſte feines Lebens feyn däsfte, und: 
die ſelbſt in. der unvolkommenen Geftalt, 
Sonneureßen Kapitel zu zieben ;. 
Thronh immel in den Schaupldgzen, und Auf⸗ 
richtung feines Standbildes an Romulus und 
Brutus Geite, Als worbereitende Gtufe aber 
zur kuͤnftigen Wergdtterung mag man bie 
Bestifternien, Gotterwagen und Heroen« Gta- 
then betrachten, die, wenigfiens zum Theil 
ſchen, im Diefer Zeit für ihm-dekretiet wur⸗ 
den, amd die er gieichwobl verbisten-zu mäfe 
fen glaubte. 

















982 
worin fle auf unfre eitem gekommen ift,*) 
den volendeten Meifter verräth. Gleichwohl 
Tomte fie ihm nur in eben dem Maaße 
Mühe koſten, als er es darauf hätte an— 
legen wollen, feine Zuhörer zu hintergehen, 
oder als er’s vergeßen hätte, daß fie — 
in welch einer kunſtlichen Einkleidung fie 
auch auftreten mochte, dennoch mehr oder 
weniger von dem Geiſte durchſchimmern 
laßen mußte, in welchem er feine Macht 





- *) Die Caßius (B. 43. R. 15 bis 18) giebt 
fie. uns mit. ziemlicher Ausführlichleit; und 
‚wenn gleich hie und da in derfelben ein nicht 
ganz edfarifcher Geift zu weben fcheint, ſo 
iſrs doc) eben fo erfichtlich, daß der Hiſtori⸗ 
ter bet dieſer Gelegenheit nicht bloß, nach 
hergebrachter Weife der Alten, aus’ feiner 
eignen Bhantafie fchövfte, fondern wenigſtens 
einen Ganevas vor ſich hatte, den er auf 
feine Manier berauspuzte. Eine Rede von 
EAfar, und bei einer ſolchen Beranlaf 
fang gebalten, tonnte, wenn auch nicht woͤrt - 
lich nachgefchrieben, doc, Leicht nach ihren 
Hauptmomenten aufgefaßt und den fhätern 
Zeiten Dions Überkiefert werden. Mehrere 
urſachen mußten mich indeß beſtimmen, bier 
nicht ſowohl das Ganze, ale nur einen er⸗ 
fhöpfenden Auczug zu geben. - 


383 
zu handhaben gefonnen war. Indeß er⸗ 
mißt fih’s Teiche, mit "welcher gefchärften 
Begierde fie erwartet wurde, und wie vor 
‚ bereitet" das - Mißtrauen oder der Scharfe 
finn der Deutung war, ftdy an die leifeften 
Spuren diefes unwiltuhrlichen Selbſtver⸗ 
raths zu heften und hinter den verhüllens 

den Teppich zu blikken. Cäfar aber erfparte 
feinen Römern diefe Mühe, indem er, licht, 
sol und mit unbefangerier Ruhe, die Grund⸗ 
fäsze vor ihnen entwikkelte, welche fine 
Verwaltung leiten folten. 

Hege · Niemand den Glauben,” — 
ſagte er in dieſer Rede — „daß ich, in 
Wort oder That, Hartes Aber euch be⸗ 
fehließen werde, weil der Sieg mir die 
Mache gegeben hat, ungeſcheut · zu fagen, 
was mir gutduͤnkt, oder-zu thum, was mich 
hfter Ich will niche mit Maris, Cinna, 
Sulla und anderen in gleicher Reihe ftehen, 
bie nur Mäßigung erheuchelten, folange 
fie fremden Beiftandes bedurften, und dann, - 

. als fie ihr Ziel erftrbe hatten, dem vers 
haltenen Grimm einen deſto wilderen Aus 
bruch geftatteten, Immer Hab’ ich euch 
meine ganze und wahre Geftalt gezeigt; 


3 


‚aber auch it, wo Beine Müdkfichlen mich 
binden, gedenke ich nichts An meinem Bes 
tragen zu audern; und will es mid noch 
ganſtiger anlacheln, fo ſet · es aur meine 
an. fo größere Sorge, mich vor Bißbraud) 
u bermahren. Denn ftedte ich mie von 
icher für meine Laufbahn das hoͤchſte Ziel, 
und. trat kuͤhn gegen iedes Hindernißz im 
bie Schtanken, fo geſchah es mm, um den 
Paz.zu finden, wo wmir's vergonnt wäre, 
Augend.. mit Sicherheit und Würde zu 
üben. Nie aber fol mein GE allein 
mich vom ienen unterfcheidein, denen ich 
ihre Fehler zum Vorwurf anrehne, 
* „Ben gemeinnäjlicfte. Wirk ſamkelt 
das ſchoͤnere Vorrecht Bor hoͤchſten Gewalt 
iſt, und Ungebundenheit- am mindeſten zu 
einer ſtraͤflichen Anwendung verführen darf, 
fo gebührt auch dem, welchem ihre hoͤchſte 
Füße zufiel, ſich ihrer durch welſen Gier 
brauch als den Würdigften. zu erzeigen. 
Diefe Ueberlegungen befchäftigen mich nicht 
erſt feit heute: fie werden mic aber auch 
auf meine fernere Laufbahn: leiten. . And 
fo fordre ich euch auf, getroſt in die Zw 
Eunft zu blicken. Micht euer Herr be⸗ 
gehre 


N 


383 


gehre ich zu fepn, fonderg euer Sach wal⸗ 
terz*) nicht euer Tyrann, ſondern euer 


"Anführer. Bedarf der Etcat meiner . 


Kräfte, fo werde ih, als Diktator,“ als 
Konſul, ihm zu Seiner-Zeit entftchen: doch 
an Vermögen, iemand zu fhaden, werd’ 
ich mich gerne dem miedrigſten Private 
mann vergleichen. Hab' ich des römifchen 
Bürgers im meinen Schlachten geſchont; 
hab? ich ſelbſt da, wo die Erbitterung dem 
ſchon Beſiegten neue Waffen gegen.. mid) 
aufdrang, nur ungern und felten Blut ges. 
fordert; hab? ih. Mehr, als Einmal, **) 
Schriften vernichtet, die mir meine geheis 
men Beinde hätten. entlarven Eönnen: wie 
ſollt' ich denn nah eurem Leben, das 
mic nie anfeindete, dürften? Mein! vom 
— — — — 
_*) Eine Hindeutung auf das, der roͤmiſchen 
Berfahung eigenthuͤmliche und: hochſanttio⸗ 
nirte Verbaͤltniß des Patrons zu feinen 
Klienten. . 

“) Wirklich hatt’ es Caͤſar ohnlaͤngſt noch 
mit Scipio's geheimen Archiv eben fo, wie 
zu Pharſalus mit der vertrauten Korreſpon⸗ 
den; des Pompeius, gehalten. Es war une 
gelefen in's Feuer gewandert. 

"Band, B 6 


\ 386 
Proferiptionen wid, wo ich walte, nim⸗ 
mer die Rede ſeyn! 

„So kommt mir denn” — fuhr er 
fost — „mit Fteundſchaft und Vertrauen 
entgegen! Das Vergangene ſei, als uns 
vermeidliche Nothmendigkeit eines böhern 

Schickſals fortan vergeßen! Wie in einem 
neuen Staate, laßt auch neue Bande 
der Liebe um uns ſchlingen und ieben ger 
häßigen Argwohn entfernen. Denft mich 
als eueru, Water; ich will euch als meine 
Kinder betrachten, und eugrs Gläds vis 
ferlich wahrnehmen. Nur in diefem Sinne 
behalte ich mir die Macht vor, den Ge 
ſenen ihre Kraft zu erhalten, ‚das Ver⸗ 
dienſt zu ehren und den Irrthum zw 
beſſern.“ 

Allerdings durfte dieſer Vortrag Die 
Gemuͤther über das, was ſie gefuͤrchtet 
hatten, beruhigen: aber ſchwerlich reichte 
er. hin, dieienigen, denen die Republik am 
Herzen lag, *) durchaus zu troͤſten. Eine 





Cicero, der fo redlich, als Einer, zu die⸗ 
fer Zahl gehörte, läßt uns in feinen Briefen 
(ad Fam. 1X, 26) eisen tiefen Blick in feinen 
damaligen, mit einer ſtillen Verzweifluug tin« 


387 
neue Verfafung war ihnen angefündige 
worden: und in der That — alles um fie 
ber hatte fih nur zu ſehr verwandelt! 
Oder hätten fie auch ſelbſt gewollt, fo 
ließ ſich's doch immer weniger vor ihnen 
verhehlen, daß von iejt am eigentlich nur 
der Soldat und nicht der Bürger. 
herrſche. Zwar’ hatte CAfar fie aufgefors 
dert, ſich durch den Aublick der bewafne 
ten Macht nicht beunruhigen zu laßen, 
und bie Legionen für bloße Huͤter des ges 
fezlihen Zuftandes erklärt: allein er hatte 
auch darauf hingebeutet, daß der Staat 
nicht umhin koͤnnen werde, fie zu ernaͤh⸗ 
zen, um ftets auf fie rechnen zu koͤnnen. 
Hatten daher ohnlängft einige ungemöhns 
lie Steuern in Italien erhoben werden 
mößen, fo wäre doch er felbft dadurch fo 
wenig bereichert worden, daß er fich viel 





genden Gemüthszufland thun. „Was bleibt 
mie zu thun übrig,‘ fchreibt er — „in 
diefen Tagen eines uͤberzukkerten Selavens , 
tbums? — Ich ſtuͤrze mich in die Geſel⸗ 
ſchaft; trage eine ausfchweifende Luftigfeit 
zur Schau, und lache, um — nicht weinen _ 
zu wuͤßen. 

ba 


388 
mehr im Öffentlichen Dienfte tief verſchul⸗ 
det fähe. Dennoch verhieß er völlige Si⸗ 
cherheit des Eigenthums, Lnveränderliche 
Zeit der beftehenden Zölle und unermüds 
liches Streben, dem Staate nene Aitfe 
quellen zu eröfnen. 

Diefe nehmlichen Zufiherungen wies 
detholte der Diktator auch in den Wolkes 
verfammlangen: allein wohl wißend, daß 
man den großen Haufen minder durch 
Worte, als durch Befriedigung feines Sins 
nenkizzels gewinnt, war ex, auch bereits 
darauf bedacht geweſen, dieſen durch feiers 
liche Aufzüge, Spiele, Fefte und Spenden 
auf eine nie zuvor gefehene Welle zu bes 
ſchaͤftigen. Er feibft, der Sieger in drei 
Welttheilen, hatte, mit einer feltnen Ent⸗ 
Tagung, den höcften Genuß des römifchen 
Ehrgeizes — feiner Triumphe — Bisher 
verfpoben: oder war es dennoch vielleicht 
der höhere Ehrgeiz, derem iezt nicht mes 
niger, als vier, zu gleicher Zeit, anftellen 
zu Eönnen? Vier Tage, im Verlauf eines 
und des nehmlihen Monats, Fonnten das 
her die ſchauluſtigen Römer die Pracht der 
&iegsjäge anftaunen, denen Gallien, Ae⸗ 


39 , 


gypten, Pontus ımd Afrifa den Namen 
und den Gegenftand fiehen; und wie viel 
faͤttig fich auch den Zuſchauern diefes Pom⸗ 
pes die herbſten Erinnerungen aufdraͤng⸗ 
ten, fo mußten fie dennoch eingeftehen, daß 
der Glanz von Caſars Triumphen iedes 
frühere Giegesgepränge diefer Art bei weis 
tem uͤberſtrahle. *) B 

So wie in der Beitfolge, fo auch an 
Bedeutung ber uͤberwundenen Volkerſchaa⸗ 
ven und Größe der Kriegsthaten, verdiente 
allerdings dee gaflifche die erſte und 
vornehmfte Stelle. Goldne Abbildungen 
des Rhodanus, des Rheins und des ger 
feßelten Dceans, fo wie des bezwungenen 
Maffilia, **) wurden bei demfelßen vor 





*) Von der reellen Pracht diefer Feier» 
lichkeiten giebt es vielleicht den angemeßen« 
fen Begrif, wenn bemerkt wird, dag Cäfar 

‚dabei 60,000 Talente gemänzten Geldes (ge= 
gen 7a Millionen Thaler) und 2822 goldene - 
Kronen Can Gewicht von ao,414 roͤmiſchen 
Wunden, und an Werth von 5 Millionen) 
jur Schan aufführen und dann in den öfe 
fentlichen Schas bringen ließ. , 

“*) Doch bewog der Anblick der bundesver · 


390 . 
dem Sieger hergetragen. *) Dennod blieb 

Vercingetorix, der unglüdliche Arverners 

fürft, welcher in Erwartung dieſes für 
ihn fo fhmäligen Tages, ſechs Jahre im 

Kerker geſchmachtet hatte, gefettet an dem 

Triumphwagen die höhere, aber audy um 

fo traurigere Zierde deßelben, als er nur 

Iosgefettet wurde, um mit den übrigen 

Gefangenen; nad) alter graufamer Sitte, 

einen dunkeln Tod zu finden. 





wandten Stadt, wie Cicero Philipp. VIll. is 
bezeugt, die Zufchauer gu mitleibigen Zaͤhren. 
*) Velleius (B. 11. 52) findet es bei die⸗ 
fem und den folgenden Trlumphen fonderlich 
bemerfengswerth, daß det Apparatus (d.h. die 
Fußgeſtelle der aufaeführten Standbilder und 
andre Gerdtbfchaften des Zuges) am erſten 
Tage von dem, damals noch feltnern, Zitro« 
Nnendholze Cvieleicht aber ift auch anflatt ex 
citro beßer ex cedro zu leſen) am zweiten 
. von Schildvatt, (wogegen Florus auf Lorbeer 
zu deuten fcheint) am dritten von Afanthues 
hof, am vierten von Elfenbein gefertigt wor⸗ 
den; fo wie nachmale zu dem bifpanifhen 
riumphe polirtes Silber angewandt wurde. 
Alles dieſes hatte ohne Zweifel eine emble⸗ 
matiſche Beziehung auf bie befiegten Band« 
ſtriche. 


391 

Oft ſchon hatte Rom bei folden Ger 
Tegenheiten gefangene Fürften und Könige 
in biefer erniedrigenden Rolle erblidt: 
iezt aber follte es, am zweiten Triumphs 
tage, zum erftenmale auch eine, in Ketten 
aufgeführte Königin fhauen; und eben das 
rum- wandte fih das allgemeine Mitleid, 
welches verdienter dem gallifhen Helden 
gebührt hätte, auf die innge und ſchoͤne 
Arfinoe, welche CAfar, zum Schmucke feis 
nes alerandeinifhen Prunkzuges, mit ſich 
geführt hatte. Vieleicht dankte fie auch 
nicht minder ihrem Geſchlechte, als den 
Nüdfichten gegen ihr Geſchwiſter, das ges 
ſchenkte Leben, das ihr in der Verborgens 
heit eines Dianentempels fortzuführen ges 
flattet wurde. *) Der Prinzeffin zur Seite, 
ſtrahlten, bei diefem Aufzuge, die Bilder 
des Nils und des hohen Pharus mit feis 





) Es iſt nicht wohl au entfcheiden, ob im 
Dianen- Tempel zu Ephefus, oder im Hei= 
ligthume der Artemis Leukophryne zu Milet. 
Aber auch in diefes Afyl drang, fünf Fahre 


\ hernach / Cleopatrens nimmer ruhender Arge 


wohn, auf Antonius damalige Algewalt ger 
Füge, mit ihren Moͤrderdolchen. 


392 


ner flammenden Leuchte, fo wie zwei an⸗ 
dre Gemälde den Tod der Verraͤther Par 
thinus und Achillas verfinnlichten., 

Den Triumph über Phamaces vor 
den Übrigen auf eine denkwuͤrdige Weife 
auszeichnen, genuͤgte des Siegers eigne, 
in drei gluͤcklich gewaͤhlte Worte zuſammen⸗ 
gefaßte Beſchreibung, *) die, auf einer 
Tafel in großem Lettern lesbar, vor ſel⸗ 
nem Viergeſpann herprunfte. Stattlicher 
aber noch dehnte ſich der afrikaniſchẽ Sieger 
ug, durch den Reichthum der ſchaugetra⸗ 
genen Beute, Bis in die Dunkelheit des 
Abends aus, wo der. Xriumphator die 
Stufen des Kapitols beim Schimmer von 
vierzig Kronleuchtern beftieg, welche von 
eben foviel Elephanten ' getragen wurden. 
Der unmändige Sohn des, Juba war 
unter den Gefangenen dieſes neueflen 
Triumphzuges. **) 





*) Das ſchon oben angeführte, berühmt ge» 
wordene: Veni, vidi, vici. 

+") Er führte den aleichen Namen, erbielt 
hierauf eine durchaus roͤmiſche Etziehung, 
bildete ſich zu einem geſchaͤzten Geſchicht⸗ 
ſchreiber und Geographen aus, und erhielt 





ws, 

Wenn iedo irgend etwas dem Hel⸗ 
den dieſer ftolgen Tage den Genuß berfels 
Ben verfünmern mochte, fo waren es ohne 
Zweifel die Namen, welche feine. Tafeln 
freilich nicht nannten, *)' die aber nichts 
defto minder auf der Lippe iedes Zuſchauers 
ſchwebten; — bie Namen der. Römer, 
von. deren Blute er triefte, und Pharfar 
Ius und Thapfus, mit ihren mißfarbis 
gen Giegskrängen! — Minder bedeutend, 
endlich von Huguf die Regierung über einen 
Strich von Mauritanien zurüc, 

*, Wenn es bei Aopian nicht Irrthum oder 
zu blindes Vertrauen auf eine unzuverläßige 
Quelle ift, fo läßt ſichs lediglich nur aus 
der Sucht, fein Gemälde mit auffallenden 
Zügen zu bereichern, erklären, wenn ex bier 
ausdrücklich das Gegentheil verfichert. „Alle 
Namen der Geldherren, die im Buͤrgerkriege 
gefallen waren, (Bompeins aBein ausgenom⸗ 
men) feyen hierbei erblickt worden; Scivio, 
wie-er fich mit feinem Schwerte durchbohrtz 
Cato, in feinen Eingeweiden wählend, u. ſ. w. — 
Wer kann, wer darf bier diefem einzigen Zeu⸗ 
gen-etwas fo Empoͤrendes. Das damals ware _ 
üich kein Römer gebuldet hätte, auf fein Wort 
glauben? Man vergleiche uͤberdem auch Ci⸗ 
cero's Philipp XI, 4, . 








394 


wenn gleich von Manchem im unheilweiſ⸗ 
fagenden Sinne bemerkt, war hiebei der 
Unfall, welcher ihn, am erften Tage, in 
der Nähe des Fortunas Tempels betraf, 
mo die Achſe feines Triumphwagens zer⸗ 
fplicterte und dieſer ſchnell durd einen ans 
dern erſezt ‘werden mußte. "Auch der Muth⸗ 
wille feiner Veteranen, die feinem Zuge 
folgten, gab Bei dicſen Gelegenheiten dem 
Welthberminder mandes Wort zu hören, 
das, im gellenden Misflang mit der Bers 
götterung der Menge, fürwahr widrig ges 
mug in fein Ohr tönte. Ihnen, die ben 
gefelerten Halbgott zu, oft und lange in 
der engen Gemeinſchaft des Feldlagers bes 
obachtet hatten, um feine Menſchlichkeiten 
nicht ausjufinden, war es zu verzeihen, 
und ward es auch von ihm felbft am wils 
ligſten verziehen, wenn fie fih des Vor⸗ 
rechts diefer Tage, ihn an diefelben unges 
ſcheut zu erinnern, durch beißende Spotts 
lieder, zuͤgellos überhoben. *) 


*) Neber die Natur diefer Wormärfe wird 
genügen, was bereits Th, 1. S. 109, in dies 
fem Betref, vorgebracht worden. Das bort 
verfprochene Liedchen iſt gleichwohl zu laſciv, 





395 


Dennoch war die Pflicht, ihre treuen 
Dienfte am endlich erreichten Ziele, wie 
er's fo oft verfprochen hatte, zu belohnen, 
wirklich. auch dieienige, welche Caͤſar am 
erften und angelegentlichften zu erfüllen eilte. 
Jeder Kopf empfieng iest, außer einer Ans 
zahl hie und da zerftreuter Ländereien, die 
zu Anfang des Krieges zugefagten zweitau⸗ 
fend Seſtertien; aber mit einem Gefchent 
von zehnfahem Werthe vermehrt. *) Der 
doppelte Lohn ward dem Centurio; fo wie 
das Bierfahe dem Kriege Zribunen. — 
Einer noch umfaßendern Freigebigfeit aber 
hatte ſich, au gleicher Zeit, der römifche 





um bier feine Stelle zu finden, und mag das 
ber bei Sueton (8.49, vergl, mit Div B. 43 
K. 20) im Original nachgelefen werden. Ein 
Zweites, von nicht ehrenvollerem Gehalte, 
folgt im 51. K. DaB auch der Liebfchaft mit 
Cleopatra hierbei nicht vergeßen wurde, läßt 
ſich ungefagt errathen. — Doch frecher fonnte 
ſich der Sarkaſmus in di eſe m Munde wohl 
nicht dußern, als durch den algemeinen Zus 
zuf der Legionen: „Thu nach dem Geſez, 
fo wartet Dein Strafe. Doch tritt es mit 
Fügen, und Dein ift die Krone!‘ 
*) Alfo 677 Thaler 12 Groſchen Saͤchſ. 


396 
Vöbel der Hauptſtadt zu erfreuen, mel; 


" dem, Mann für Mann, vierhundert Se⸗ 


ſtertien, fammt reichlichen Spenden an Del, 
Fleiſch und Getreide ausgetheilt wurden; 
und woran nicht weniger als hundert und 
funfjig taufend Beſchenkte Theil nahmen. 
Außerdem veranftaltete der Diktator für 
biefe Menſchenklaße ein algemeines öffent 
liches Gaftmahl, wobei zwei und zwanzig 
taufend Triklinien mit einer. Zahl von 
mindefteris zweimal hunderttaufend Gaſten 
befegt wurden. 

An diefe Feſte reiheten fich zugleich, im 


ununterbrochener Folge, glänzende Spiele 


im Circus und in dem zu den Thiergefech⸗ 
ten nem erbaueten Amphitheater; *) Glas 
biator s und andre Kämpfe zu Fuß und 
No, in ganzen gegen einander fechtenden 
Schaaren, wozu ſich meift Gefangene’ oder 
Verbrecher herleihen mußten, aber auch 
rdmiſche Ritter, aus erniedrigender Gefäl 
ligkeit gegen den Diktator, ſich entſchloſ⸗ 
— — — —— 


*) Dio G. 43. 8.23) bemerkt, daß bei die⸗ 
fer Gelegenheit die erſte Gtraffe in Rom 


geſehen wurde, und giebt von derfelben eine 


ausführliche and treffende Beſchreibung. 


397 


fen; *) ftreitende Elephanten mit ihren 
Kriegsthurmen; eigends auf dem Mares 
felde zu biefer kurzen Luft ausgegrabene 
Naumachten, worin die Worftellung von 
Seetreffen gegeben wurde, und wobei uͤberal 
die Taufende von · Zuſchauern unter ausges 
fpannten feidenen Dekken vom höchften Wers 
the vor den Sonnenftrahlen gefichert faßen. 
Faſt ermüdete felbft die ſchwer zu erfättis 
gende römifhe Schauluſt unter der Fülle 
diefer ihr dargereichten Genüße; und mit, 
ten im Taumel der Luft hießen fich eingelne 


*) Das erfte Beifpiel von einer folchen frei⸗ 
wiligen Herabwürdigung ‚ welches ich unter 
den fpäteren Caſaren noch jo oft wiederholen 
folte! Selbſt ein geweſener Senator, Cal⸗ 
penus, war unter diefen Fechtern. Doc) dem 
Senator Zulvius Serinus, welcher fich zu der 
nemlichen Unwürdigfeit erbot, unterfagte der 
Dittator felbft feine Schande, Dagegen drang 
ex jo unwideriiehlich in den roͤmiſchen Ritter 
Raberius, fein ausgezeichnetes Mimen- Talent 
bei diefer Gelegenheit vor dem Publitum zu 
entwifteln, daß Diefer, obwohl mit widers 
firebender Seele und unverhaltenem Schmerz, 
nicht umbin fonnte, zu geborjamen, (Ma- 
crob. Sat, Il, 7.) 


398 


Stimmen, vernehmen, welche eben ſowohl 
dieſe Verſchwendung des Goldes, als des 
Menſchenlebens beklagten. Indeß war 
doch ſchier ganz Italien zu dieſen Volks⸗ 
luſtbarkeiten zuſammen geftrömt. Selbſt 
das unermeßliche Rom faßte die Menge 
dieſes Andrangs nicht; und häufige Uns 
gluͤcksfalle ereigneten ſich in dem unordent⸗ 
lich wogenden Getuͤmmel, die ſogar zweien 
unter die Füße getretenen Senatoren toͤdt⸗ 
lich wurden. 

Daß ſolche, der Beluſtigung des Volks 
ohne, Maaß und Ziel dargebrachte, Opfer 
dem; Nusfpender die Herzen ber. finnlihen 
Menge verftriffen mußten, war eben fo 
natuͤrlich, als mit feiner Abficht zuſammen⸗ 
flimmend. Allein gerade darin unterfchied 
ſich Caſar wieder von der Menge gewöhns 
licher Gemwalthaber, dfe diefen nemlichen 
Schleichweg zur Volksgunſt betraten, daß 
er zu gleicher Zeit die Zügel der Herrſchaft 
mit fefter und ſichrer Hand auf das richtig 
erkannte Ziel des Gemeinwohls hinlenkte; 
an ieden Mißbrauch eine befernde Hand 
legte, und Alles, was ihn berährte, mit 
feinem eignen regfamen Geifte belebte. 


39 
Wenig ſchwierig Aber die Formen, unter 
denen er das Rechte that, rüttelte er an 
ieder beftehenden, die fich ihm hinderlich 
in den Weg ftelte, oder legte einen Zweck 


“in fie, welcher verträglicher zu feinen Abs 


fihten ftimmte. 

So lieg Caͤſar die gewöhnlichen Vers 
fammlungen bei Senat und Volk in der 
hergebrachten Weife beftehen;. aber eigentlich 
nur, im fie als die Werkzeuge feines Wit 
tens zu handhaben. Der Senat beftand 
nur aus feinen Gefchöpfen, die er demfels 
ben nah Wilkuͤhr, und ohne Ruͤckſicht auf 
Geſchlecht und Herkommen, einverleibte. 
Die Hälfte der, duch Volkswahl ernann⸗ 
ten Ötaatsbeamten, mit alleiniger Aus⸗ 
nahme des Konfulats, behielt er feiner eis 
genen Ernennung vor; und auch bei den 
Übrigen waren feine fehriftlihen Empfeh⸗ 
lungen der Bewerber ſchier in der Form 
eines Befehls verfaßt. Die Gefezze und 
Verordnungen, welche aus dem Senat ers 
laßen wurden, waren mit Unterfchriften 
von Patriciern verfehen, denen der Vor⸗ 
ſchlag zu denfelben, fo wie. ihre Abfafs 
fung, nie eingefallen, oder fogar ihr Ins 


400 


balt unbefannt war.*) Areilich aber ward 
es einzig. auch nur duch diefe wilkuͤhrliche 
Vereinfachung des Gefihäftsganges möglich, 
die Fäden einer fo ausgebreiteten Herrſchaft 
in eine einzige. Hand zufammen zu faßen, 
oder binnen der Zeit von weniggn Monden 
des Guten und Mäzlihen fo viel zu wies 
ten, als iezt von Caſar unwiderſprechlich 
geleiftet wurde, 

Sein erſter Blick fiel auf das entvol⸗ 
kerte Italien, das in dem Duͤrgerkriege fo 
zahlloſe blutige Opfer hergelichen hatte, 
und dem durch achtzig tauſend, mit als⸗ 
waͤrtigen Ländereien begabten Veteranen, 

ode 
— 


0Ciecero (ad Fam. IX, 15.) behauptet, daß 
dies zum oͤftern der Fall mit feinem eignen 
Namen gewefen. Als Ausſchmuͤttung eines 
winigen Kopfs darf man es aber wohl’ be⸗ 
trachten, wenn er hinzuſezt: „Ich babe füs 

* gar Briefe in Händen, von Fuͤrnen aus fere 
nen Kanden, Die mir für den, ibnen un. mi! 
zugeſtandenen, Königstitel danfen: und i 
Unglüdlicher wußte bis diefen Augenblick eben 
fo wenig etwas von ihrer Erikenz, als von 
ihrem Königthumes4s - . 


40r 
‚oder Mber’d Meer entfandte Kolonieen noch 
raglich Bewohner entzogen wurden. ° Es 
war dringend, diefe Wunden, die dem Her⸗ 
zen der römifchen Macht gefchlagen wor⸗ 
den, zu heilen. &o wurden benn den Bar 
milienvätern bürgerliche Vorrechte nach der 
Bahl ihrer Kinder bewilligt. Kein Ein: 
wohner der Halbinfel, zwifhen dem zwar. 
sigften bie vierzigften Jahre, follte von der⸗ 
felben fänger, als drei Jahre, entferne 
leben, wenn nicht Kriegsdienfte ihn aus 
wärts beſchaͤftigten; und felbft die Sohne 
der Patricier mußten fi) dem Gefolge eines 
öffentlichen Staatebeamten anfchließen, um 
diervon eine Ausnahme zu machen. Der 
überhandnehmenden Bahl der Hausfklaven 
gu wehren, follten Feldbau und Viehzucht, 
wenigftens zu einem Deittheil, nur vog 
Greigelaßenen betrieben werden; und die 
Ausddung von freien Künften, auch in 
Rom felbft, zur Aufnahme unter die Bur⸗ 
ger berechtigen. Diefes hochgehaltene Bur⸗ 
gerrecht ward, zu gleicher Zeit, auch an 
ganze Städte und Provinzen des Reichs 
freigebig ausgefpendet. 

Eben fo nothwendig war ee, auf der 

4 Band, € 


. 402 


andern Seite, der Anhdufung des Pöbels 
in. der Hauptftadt Schranken zu ſenen, 
wohin theils die bisherigen Unruhen, theile 
aber auch die, nie fo. häufig, als von Cds 
far felbft, unabläßig veramftalteten Ber: 
theilungen von Geld und Lebensmitteln, 
den Auswurf Italiens zuſammen gelockt 
hatten. Ihn wieder zu zerſtreuen und 
auf eine ertraͤglichere Zahl herabzuſezzen, 
gab es daher auch kein einfacheres und zu⸗ 
gleich wirkſameres Mittel, als die, bei 
dieſen offentlichen Gefhenten. häufig ſtatt 
gefundenen Mißbraͤuche durch eine genaue 
Zahlung der wirklich Berechtigten zu til⸗ 
gen; und fo fand fih’s denn, daß diefe 
Klaße armer Bürger auf mehr, als die 
Hälfte, *) herabgeſezt werden könnte, 














*) Bon 320,000 biß auf 150,000. Immer 
noch eine Hattliche Anzahl römischer Bayyaro- 
ni's, die dem Staate zur Laſt fielen; zumal 
wenn, wie es wahrſcheinlich if, deren Bamis 
lien noch hinzugerechnet werden müßen. Nur 

das 2008, unter dem Vorſij des. Prätorg, 
folte fortan die, durch den Tod erledigten 
Stellen, von diefer beftiimmten Zahl auf 
die eingejeichneten Afpivanten forterben laſ⸗ 


403 


Neue Gefejze — wodurch bie Zahl der, 
ieder aufruͤhriſchen Bewegung fo willfaͤh⸗ 
rig die Hand bietenden Innungen bis auf 
die, von Alters her beſtandenen, herabger 
ſezt, die fo oft veränderte Gerichtspflege 
der Theilnahme 'der Plebeier wieder ents 
zogen, die auf mehrere Verbrechen gefezte 
Strafen verftärkt *) und der ausſchwei⸗ 
fende Lupus in Kleidung und Tafel /Auf⸗ 





fen. — Was Plutarch (CAf. 55.) von einem, 

durch Caͤſar veranflalteten, Cenfus fagt, den 

Diefer erweislich nicht gehalten hat, und 

woraus er den Untergang von 170,000 Vuͤr⸗ 

gern in den bisherigen Unruhen deducirt, 
fcheint wohl nur, durch Mißverſtand, fich auf 

obige Zablbeftimmungen zu besiehen. 

*) Nach einer fchr Intonfequenten Legisla⸗ 
tur konnte fich bieber der Mömer der Strafe 
des Morde durch freiwillige Verbannung ent« 
ziehen; wodurch zumal der Meiche das Ge— 
fes, ohne fonderliche Unbequemlichkeit für ſich 
ſeibſt, illudirte. Cäfar machte dem Mördee 
die Fortdauer feiner Eriſtenz wenigftens ſchwie⸗ 
riger, indem er mit diefem Verbrechen die - 
Einziehung des ganzen Vermögens verband. 
Auch andre Gtrafbare verwirkten nunmehe 
die Hälfte ihrer Hnabe, 

Ca 


404 


wand *) eingeſchrankt wurde — haben, wie 
nöjlich und heilſam auch für das Vedärfs 
niß des Augenblids, dennoch nicht in fo 
entfernte.Zeiten ihren Einfluß forterſtreckt, 
als die WVerbeerungen der Zeitrechnung, 
deren ſich der Diktator’ in dieſen Augen⸗ 
biitfen ber Ruhe um fo ernftlicher annahm, 
als die Verwirrung, welche der bisherige 
Gebrauch des Mondeniahres und die fteife 
Anhänglickeit an die: mangelhaften Des 
ſtimmungen der älteren Sternkunde, fo 
wie manche willkuhrliche Einfhaltungen, 
in das bürgerliche Leben auf eine immer 
fühlbarer werdende Weife, gebracht hats 
ten. Alle Jahreszeiten waren verrüdt; 
alle auf fie fich beziehende Fefte und alle 


*) Des Dittators Kontrolle el, fo wie fie 
bei diefen Befchränfungen des üppigfen Wohle 
lebens einen ungewöhnlichen Ernf zeigte, um 
fo nothwendiger oft in's Kleinliche. Eigne 
Wuffeher nahmen auf den Gpeifemärkten ieden 
verbotenen Eefterbißen im Befchlag; während 
Andre die. Tafeln der Meichen unverboft 
unterfachten, und nicht ſelten die ſchon aufs 
geisahenen Speiſen mit ihrem Interditt be« 
legten. 











405 


an ſte geknuͤpfte öffentliche Funktionen in 
Unordnung. Selbſt nach der lezten, im 
Februar bewerkſtelligten Einfhaltung von 
brei und zwanzig QTagen zeigte der Sons 

‚ menlauf noch einen Unterfhied von mehr, 

als zwei Monaten; und wie gut auch ieder 
das Uebel kannte und fühlte, fo konnte 
doch nur der Eräftige Wille des Diktator, 
dem ohnehin, als Pontifer marimus, diefe 
Sorge ganz eigentlich gebuͤhrte, demſelben 
ein Ziel fegzen. 

Auf den Vorſchlag des Griechen So⸗ 
figenes von Alexandria, welchem CAfar, 
nebft M. Flaxius Seriba, die Leitung dies 
fes Gefchäfte übertragen hatte, warb dem⸗ 
nach zuförberf? eine neue Einfchaltung von 
fieben und fechjig Tagen, zroifchen den Mo⸗ 
naten November und December dieſes Jah⸗ 
zes, *) veranftaltet; die Berechnung nach 
Mondeniahren verlagen, und überhaupt 
bie ganze Beitbeftimmung fo getroffen, wie 





*) Das Jabr 708 wuchs daher zu A45 Ta⸗ 
sen an; und eben von diefer Nothhälfe bee 
nammt auch die Verrültung des Novembere 
und December- Monats von der neunten und 
zehnten in die eilfte und awölfte Stelle. — 


. 466 

fie, unter dem Namen des lullaniſchen Ka⸗ 
Ienders, in einem großen civilifirten Reihe 
Europens noch bis auf unfre Tage fortbe⸗ 
ſteht, und in den übrigen erft nach ſechszehn 
verfloßenen Jahrhunderten eine abermalige 
Verbeßerung nothwendig gemacht hat. 

Heilfam an fi felbft war, wie alle 
bier aufgeführte, auch die neue von Caſar 
mit gefezliber Kraft verfehene Verordnung, 
daß die Verwaltung der proprätorifhen 
Provinzen fortan duf ein Yahr, fo wis 
der profonfularifchen auf zwei Jahre ein 
geſchrankt feyn folle: allein zwiefach wich 
tig und bedeutend ward fie durch bie, 
fi von ſelbſt aufdringende Bemerkung, 
daß der Diktator ſelbſt ſich die Staffeln zu, 
feiner iezzigen Größe durch die lange Starts 
halterſchaft Aber Gallien geebnet Habe, und 
alfo doch wohl. die Nothwendigkeit fühlen 
möge, bier den Entwürfen eines fühnen 
Mach ahmers frühzeitige Schranken zu fegen. 


Den Aſtronomen Sofigenes hatte Caͤſar wahre 
ſcheinlich in feiner Geburtsftadt fennen ges 
lernt; fo wie Die ausdrädlich verfichert, daß 
er feine beßern Anfichten des Kalenderweſens 
dort aufgefchöpft habe, 


47 


Er felbft abernahm, beim Ablaufe des Jah⸗ 
zes, fein viertes Konfulat (für 709) ohne 
fi) diesmal ſogleich in diefer Würde einen 
Amtsgehälfen zu ernennen. 

Indeß iſt es. doch weniger der Mans 
gel an Widerftand, den alle diefe neuen 
Einrichtungen fanden, mas für des Diktas 
tors ungemeßene Machtfülle zeugt, als 
die Erfiheinung, daß felbft alte erbitterte 
Widerfacher an der Möglichkeit, iedes 
ferneren Widerftandes verzweifelten und ſich 
in die neue Drdnung der Dinge fügten. 
Ein Solcher war der Konfular M. Claus 
dius Marcellus, der, feit dem Tage von 
Pharfalus, fi nad Mitglene in die Ver⸗ 
borgenheit des Privatftandes und die Arme 
der Wißenſchaften zuruckgejogen hatte. Ci⸗ 
cero's und feiner übrigen Freunde anhal⸗ 
tende Wünfche ferderten ihn nach Rom’zus 
ruck. Sein Stolz willigte endlich ein, des 
Siegers Erlaubniß zu diefem Schritte nach⸗ 
zuſuchen. Der ganze Senat erhob fih, den 
Diktator mit diefer Bitte u beſtuͤrmen, 
welcher nur zu zaubern fhien, um die Ver , 
fammlung duch feine endliche Gewährung - 
defto freudiger zu überrafhen, Vor Allen 


4% 


erhob ſich Cicero, dem, in Diefem Augen 
Bid, die alten fchönen Tage ber Republik 
wieder aufzudämmern ſchienen, in glädle 
her Begeiſterung, und hiefe, unvorbereitet, 
lene unfterbliche Rebe, *) die Alles erfihöpft, 
mas einem Macdıthaber, wie Caͤſar, Feb 
nes und Schmeichelhaftes geſagt werden 
mag. 

Doch der hoͤchſte Triumph des Red⸗ 
ners, und vielleicht der Redekunſt Abers 
haupt, ſolte ihm um“diefe nemliche Zeit 
(abermals dem Diktator gegenhber) zu 
Theil werden, als es darum galt, einem 
andern abgefagten Feinde. defelben, dem 
D. Ligarius, die. ſchon einmal gemißbrauchte 


— —— . 


V Die Rebe pro Marcello, die, auch in 
ihrer Aechtheit angefochten, dennoch Cicero’s 
würdig, wie Eine, bleiben wird. — Mattele . 
Ins felbf folte iedoch die Frucht diefes Tas 
ges nicht erndten. Er ward, auf der Meife 
nach Italien, zu Achen von einem. Greunde 
und Begleiter, obne bekannt gemprdenen 
Grund, ermordet. Aber Cicero ſelbſt (ad 
Attic, XI, go ) wälgt jeden Verdacht zurild, - 
der dieferhalb vieleicht auf den Diktator hätte 
fallen können, 


49 


Berzeihung zu erwirken. In Tubero hatte 
fi fogar ein Anklaͤger, und eben fo leiche 
auch ein Vorwand gefunden, den von Eds 
far perſonlich -gchaßten Verwieſenen vor 
Gericht auf Leib und Leben zu belangenz 
and Cäfar felbft wolte in dieſem Gerichte 
"den Borfiz führen, als Cicere, nachdem er 
Bereits den erniedrigenden Weg der gehel⸗ 
men Vorbitte vergeblich betreten, fih zum. 
affentlichen Wertheidiger des Angeſchuldig⸗ 
ten-aufwarf. Cäfar beftieg das Tribunal, 
mit dem Berdammungsurtel- im Kerzen, 
und mit bem feften, gegen feine Begleiter 
geäuferten Borfaz, aus deu Anſtrengun⸗ 
gen des Rebners blos den Gemiß eines 
ſchoͤnen Kunftwerks zu ziehen, Zuverfichte 
lich entfaltete indeß der Konfular die Zau⸗ 
ber feines Bortrage, das Gewicht feiner 
Grände, die Pracht feiner Gemälde, den 
erfehätternden Affekt der Empfindung, und 
die ganze Taktik, mit der er gewiß: war, 
fih den Weg in die verfhloßenen Herzen 
zu bahnen, Caſar, Fein minder Tundiger 
Meifter der Kunft, womit er bier befämpft 
wurde, wiberftand; beräubte fih; aber ums 
fon! Die Pfeile der Rede trafen ieden 


410 


Augenbli mächtiger zum Ziele. Sein une 
ſtater Blick isrte umher; fein Gefiht wan⸗ 
delte die Farbe; unruhig ruͤckte er auf ber 
Sella. Bald aber-nannte der Redner, 
feines Vortheils gewahrend, die Schlacht 
von Pharfalus, deren harte blutige Kämpfe 
er fhilderte: da ſchauderte der Starke uns 
wilkuhrlich zufammen, daß der zitternden 
Sand die zufammengefaßten Klagſchriften 
entfielen. Cicero ſchwieg — und Ligariug 
war fosgefprechen. *) 5 

Se wie hier aber‘, fo folgte Caͤſar 
auch, in iedem andern Geſchaͤft von Du 
deutung, blos den Cingebungen feines 
eignen Genius, ohne feinen Freunden und 
Vertrauten einen merflichen Einfluß dar⸗ 
auf zu geftatten. +) Ueberhaupt fand er 


— — — — 


.) Es kann nicht anders, als intereßant 
fegn, die Rede pro Ligario im Rüdhalt mit 
diefer Anekdote (deren Aufbewahrung wir 
Plutarch ſchuldig find) zu leſen. 

«+, „Is utitur consilio, ne suorum quidem, 
sed suo:‘ ſchrieb Cicero (ad Fam. 1V, 9.) 
um diefe Zeit von ihm an Marcelus, und 
argumentirte daraus auf den wahrſcheinlich 


4x 


es zuträglich, ſich im Privatleben von dem 
laſtigen Schwarme, der ihn umlagerte, ie 
mehr und mehr zuruͤchzuziehen · und auf den 
engen Kreis feiner Wertrauteren oder des 
ver zu befchränten, deren angenehme Tas 
lente ihn unterhielten, ober die Eeine Ans 
forüche zu machen hatten. Freilich konnte 
dieſe abſichtliche Erſchwerung des Zugangs 
zu ſeiner Perſon, in welcher man einen 
beleidigenden Stolz erblickte, nur Unzw 
friedenheit unter den Optimaten erregen: 
> allein ſelbſt eine oͤffentliche Volksſtimme 
begann, ſich wider den Diktator zu bilden, 





beßern Gang der Dinge unter Caͤſars Staats⸗ 
verwaltung, als wenn Bompeius die Obere 
band behalten hätte, der ſtets ein ſchwanken⸗ 
des Rohr in den Händen feiner Ratbgeber 
gewefen. — Indeß fol keinesweges dadurch 
geläugnet werden, daß Caͤſar nicht auch die 
Talente und Dienfle einiger Vertrauteren 
anhaltend benuzte. So arbeiteten unſtreitig 
Oppius und Balbus, als Theilhaber ſeiner 
gebeimſten Entwuͤrfe, mit und unter ibm, 

‚ gleichfam „im Rabinette;” und an Hirtius 
und Banfa batte ex feinen Alerander Ber⸗ 
thier gefunden, 


412 


als — unerwartet, aber wohl nicht unge⸗ 
rufen — Cleopatra in Rom auftrat, und 
iene Appigerm Seenen, von welchen vor 
mals Alerandria Zeuge geweſen war, ſich 
nun auch in der Nähe des ernſten Kapl⸗ 
tols erneuerten. Die Königin fam im 
Geleit ihres Gemahls und Bruders, um 
feierlich den Namen von befreundeten Kds 
nigen und Bundesgenoßen des römifchen. 
Solks zu empfangen; und Caͤſar trieb nicht 
nur die Gaftfreundfchaft fo weit, fie uns 
ter fein eignes Dach aufzunehmen, fondern 
erfchöpfte ſich auch in Feften und Luftbars 
keiten zu ihren Ehren. Sogar in dem 
prachtvollen Tempel, welchen er ohnlangſt 
erſt der Venus Genitriz, ale Stammmut⸗ 
ter des iuliſchen Geſchlechts, geweiht hatte, 
ſah die Aegyptetin ihre Bildſaͤule ſich ner 
ben dem Standbilde der Göttin erheben; 
und ieder Zweifel über die Natur des Ver⸗ 
haltnißes zwiſchen dem Diktator und ber 
Königin, mußte vollends verſchwinden, 
wenn Cleopatra felbft den Sohn, welchen 
fi, wenige Monate nach feinem Abzuge 
vom Ni, gebahr, Caſarion nannte, 


43 


oder wenn, feiner Seite, Caͤſar dieſen 
Sprößling als Sohn erfannte, *) B 
Mitten im Genuß diefes Wohllebens 
Iangten iedoch Boten aus. Hifpanien au 
der Tiber an,. welche ben liebetrunkenen 
Machthaber unlieblih aus feinen fügen 
Traͤumen weckten. Nach Allem, was Caſ⸗ 
ſius Longinus durch feine unbefonnene Härte 
dazu beigetragen hatte, diefe Proyinz ge " 





*) Benighens bürgte M. Antonius nach- 
mals im vollen Senat für. diefe geſchehene 
Mnerfennung, und fiürte ſich, su noch böbe- 
rer Bekraͤftigung, auf die Zeugenſchaft des 
€. Matius. €. Oppius und mehrerer Freunde 
des Dittators. Schade nur, dad eben dieſer 
Oppius, der wirklich, vor vielen Andern, von 
Cäfars gebeimern Verbältnigen unterrichtet 
feyn konnte, ſich dadurch zu Herausgabe ei⸗ 
ner Deduktion bewogen fand, welche den Ti⸗ 
tel führte: „Beweis, daß Caͤſar keinecweges 
der Vater des, ibm von Cleopatra aufgebuͤr⸗ 
beten, Kindes ſey. — Men weiß alſo auch 
nicht, wie viel oder wenig auf die Verfiche- 
zung gleichzeitiger Griechen zu geben ſeyn 
möchte, welche diefen Cäfarion dem Diktator 
an Geſtalt und Gang ungemein dbnlich fine 
den wolten. Indeß trieb Antonius, in ber 


4 


gen feine Verwaltung und Caſars Parthei 
zu erupdren und fie zum beivafneten "Aufe 
ftande zu entflammen, war es, felbft nach 
der ſcheinbaren Stillung deelben, dennoch 
für feinen. Nachfolger Trebonius eine fehr 
ſchwierige Aufgabe, das neue Aufglimmen 
des kaum erftichten Brandes zu verhäten. 
De weiter hier die Häupter der Gegenpars 
thei, und felbft die, unter den Waffen ges 





Sonnenhöbe feines Gluͤcke, die Sache wirk⸗ 
lich bis zur öffentlichen und feierlichen Er⸗ 
Härung vor dem Volke von Alerandria, in⸗ 
dem er zu gleicher Zeit den damals zgiähtie 
gen Cäfarion zum Mitvegenten des muͤtter⸗ 
lichen Reiche erklärte: Doch faum drei Fahre 
ſpaͤter ward Diefer in den algemeinen Sturz 
der antonifchen Partbei mit verwiffelt; und 
ſchon auf der gegläcten Flucht nach Indien, 
die ihm von Gleopatra geratben worden, 
kehrte er freiwillig zuruͤck, um fich der Gnade 
des Detavins auszuliefern. Range blieb Die⸗ 
fer unſchlüßig, was mit dern muthmaßlichen 
Blutserben feines Großoheims zu beginnen 
fey; bis endlich ein haͤmiſch angewandter 
Vers Homers ihn bemerken ließ, daß es an 
Einem CAfar genüge. So fand der ungluͤck⸗ 
liche Süngling feinen Untergang! 


ars 


dliebenen, Legionen in der Enthuͤllung ih⸗ 
rer wahren Geſinnungen bereits gegangen 
waren, und ie gewißer fie, nach Cäfars 
fegreicher Heimkehr aus dem Drient, feine 
vielleicht nur verſchobene Rache ſchon auf 
re Haͤupter niederſtuͤrzend erblickten, um 
fo fehnfüchtiger warfen ſie ſeitdem ihre 
Blikke nach Afrika hinüber, wo fie, in 
Scipio's noch ungebrohner Kraft, auch 
Schuz und Rettung für ſich erwarteten. 
Leicht begreiflich denn, daß fie keinesweges 
fäumten, fid geheime Verbindungen dahin 
wmerdfnen. Am meiften iedoch war.es ih⸗ 
nen an einem Führer gelegen, um deßen 
gewichtvollen Namen her die Unzufriedenen 
ſich fammlen Eonnten. 

Wer war beßer als Eneius, dee gros 
Ben-Pompeius älterer Sohn, dazu gemacht, 
diefen Zauber-zu unterhalten, ‚die alte uners 
loſchene Neigung der Nation für feinen 
Stamm wieder hervor. zu rufen, und ſo 
den gemeinſchaftlichen Gegner von einer 
Seite her, wo er es am wenigſten wuͤnſchte, 
vielleicht toͤdtlich zu verwunden? Cneius 
hatte, mit etwa dreißig Schiffen und ein 
paar tauſend übel bewafneten Begleitern, 


416 ‚ 


gleich allen Uebrigen von feines Waters 
Kandhaftern Freunden, feine Zuflucht in 
Afrika geſucht, und verweilte noch zu Utica, 
in unſchluͤßiger Erwartung der Zufimft, ale 
Eato den in ihm fhlummernden Ehrgeiz, 
buch Hinweiſung auf feines Vaters. frühe 
ehrenvolle Laufbahn, mit treffender ‚Kraft 
ber Rede zu wetten wußte, und ihn bes 
wog, einen Ötreifjug gegen die offenen Ku⸗ 
fien von Boguds Staaten zu verſuchen. 
Die Unternehmung zwar mißlang: allein 
zu gleicher Zeit ergieng an ihn Scipio's 
Ruf, ſich gegen Hifpanien zu wenden; und 
fofort erſchien er im Geſicht der baleari⸗ 
ſchen Infeln, wo ihm nur Ebufus *) einen 

unzulänglihen Widerſtand entgegenfezte: 
Hier ward er inzwifchen zu einem Bers 
auge gendthige, welchem eine Krankheit, in 

"Die er verfiel, wahrfcheinlich nur zum Bors 
wande diente. Er mochte erwartet haben, ” \ 
von den Hifpaniern, auf das erfte Geruͤcht 
‚feiner Annäperung, mit offenen Armen ems 
. pfan⸗ 





Jeit Jvica, die größere von den Bis 
vuſen. 


47 . 
pfangen zu werden: allein noch hielt Tre⸗ 
bonius die Zügel der Verwaltung in zu 
ftarten Händen, um eine folche öffentliche 
Erklärung zujulaßen. Doc in eben dem 
Maafe. auch ward, mit iedem Tage, -die 
Ausficht für die Hifpanier trüber, da in 
der Zwiſchenzeit Scipio's Niederlage und 
die Abfendung der caͤſariſchen Legionen uns 
ter Didius zu ihrer Kunde gelangten. Sezt, 
urtheilten fie, gelte es fein längeres Sau⸗ 
men; und indem die Legionen einmäthig 
bes Diktators Namen von ihren Schilden 
löfchten und ihren Abfal erflärten,, zwan⸗ 
gen fie feinen Profonful, ſich durch die eil⸗ 
fertigfte Flucht zu retten; während zwei 
rdmiſche Ritter, T. Quinctius Scapula und 
Q. Amponius, ſich an ihre Spizze ſtelten 
und die ganze Provinz Bätica mit in ih⸗ 
ven Aufftand zogen. . 

Sejt hielt es auch In. Pompeius für 
den erwuͤnſchten Zeitpuntt, fich endlich auf 
hiſpaniſchem Boden zu zeigen. Sogleich 
ſchlugen ſich einige Städte zu ihm, und 
festen ihn in den Stand, Carthage nova 
feindlih zu berennen. Auch Scapula, mit 
feinen Truppen, verſtaͤrkte fein Eleines Heer, 

4 Band, Db 


48 


Bei welchem Cneius, feine gewohnte rohe 
Sinnesart bezähmend, eben fo wenig mit 
Tiebkofenden Schmeichelworten, als mit ir⸗ 
gend einer Art von Verheißungen, Eargte, 
um die Gemüther gänzlich für ſich zu ger 
winnen. Ueberal noch zählte hier die Res 
publik, unter den römifhen Koloniſten, 
eifrige Freunde; überal wurden nod die 
‚Herzen erwärmt durch das Andenken an 
feinen unglädlihen Vater, unter Degen Fah⸗ 
nen ſie einſt geftritten hatten: — was Wun⸗ 
der denn, wenn inſonderheit die Ueberreſte 
von Afranius entlaßenem Heere ſich lezt 
haufenweiſe in feinem Lager zuſammen⸗ 
drängten, und ſich ihm ringe umher die 
reichſten Halfequellen, faft ohne itgendwo 
den Ernſt des Stärferen nothwendig zu 
machen, eröfneten? Selbſt über bas Meer 
ber retteten fih, nad dem unglädlichen 
Tage von Thapfus, fein. Bruder Sertus, 
2abienus und Varus, mit Schiffen und 
Mannſchaften, zu feinem kuͤhn enhobenen 
Paniere. Bald ftanden nicht weniger als 
dreizehn Leglonen bei den vereinigten Bru⸗ 
dern unter den Waffen. *) 


— — — 
Zwei derſelben befanden aus den Ein« 


419 


Einer ſolchen Macht Eonnten weder 
Caſars Legaten, Q. Fabius Marimus und 
D. Pedius, welhe feine Truppen im dies 
feitigen Hifpanien befehligten, noch felbft 
€. Didius mit den neuen, aus Sardinien 
entfandeen, Berftärfungen fi gewachſen 
fühlen. Selbſt ein Sieg, den dieſer Le 
tere, gleich nach feiner Ankunft, in der 
gaditanifchen Meerenge, während der hin⸗ 
du gefommienen Schrekken eines: tofenden 
Sturms, über die Flotte des A. Barus 
erfocht, der fi) kaum vor dem gänzlichen 
Untergange in die Bucht von Carteia *) 





beimifchen, die von Trebonius abgefalien wa⸗ 
ten; Eine aus römifhen Kolonien; eine 
Vierte wurde aus den, von Eneius mitges 
brachten, Trupnen gebildet, und ein guter , 
Theil der übrigen fheint, wie es die Folge 
lehrt, aus bewafneten Selaven und anderem 
verwegenen Gefindel beſtanden zu haben, 

*) Die eigentliche Lage diefes Hafens (denn 
der verdorbene Name „‚Grantia” beim Dio 
Caſſius laͤzt kaum eine andere Verbeßerung 
zu) bat lange mancherlei Sweifeln und Con⸗ 
ieeturen unterlegen. Doc erflären ſich die 
meiſten Stimmen für Algefiras, oder eine 
Stelle, noch etwas weiter füdweßlich, in der 

Dda 


420 

rettete, — vermochte ſeine oder ſeiner Mit⸗ 
feldherren ungänftige Lage auf keine merk⸗ 
liche Weiſe zu verbeßern. Alle richteten fie 
daher, fo wie die wenigen treu gebliebenen 
Ortſchaften Hiſpaniens, ihre Blikke und 
ihre dringenden Einladungen an Caͤſar, ſie 
nicht vollends ſinken zu laßen. Er mußte 
es endlich einſehen, daß hier ein neuer, 
vielleicht ernſtlicherer Kampf, wie keiner der 
vorhergehenden auf ihn warte, in welchem 
nur ſeine eigne Gegenwart und perſonliche 
Thatigkeit den Ausſchlag zu geben vermöge. 
Unbedenklich und mit der gewohnten vers 
zehrenden Kraft feines Willens, entrang er 
fih dem Schooße' der Ruhe und des Vers 
gnügens; und noch einmal folte die Welt 
den Glanz feiner Thaten anſtaunen. 





Nähe des Thurms del Farnero. (Vergl. 
Mannert 1.305.) — Varus behielt nach ſei⸗ 
ner Flucht doch noch die Zeit, den Eingang 
des Hafens mit einer eifernen Kette vor dem 
Sieger zu verſchließen. Didins nachmalige 
Schwäche aber mochte wohl die Folge des 
Sturmes ſeyn, den er ſolchergeſtalt ın ofner 
See ausjuftchen hatte, und der wohl nicht 
ohne großen Verluſt abgehen konnte, 


421 


Unter die nothwendigen Vorbereituns 
gen zu dieſem neuen Kriegezuge gehörte bie 
Uebertragung der Obhut Roms, Italiens 
und des weiten Reiche, während. des Dis 
tators Abweſenheit. Er legte dieſelbe aber⸗ 
mals auf die Schultern ſeines Freundes 
Lepidus: doch erhielt der Magiſter Cquitum 
einen Rath von ſechs oder acht Praͤfekten 
zur Seite, die ihn in feinem Wirkunge⸗ 
kreiſe unterſtuzzen, und — vielleicht feiner 
Wilkuhr zum Gegengewicht dienen ſolten. 

Von mehrern Seiten her wurden Verſtar⸗ 
kungstruppen gegen die Pyrenaͤen in Des 
wegung gefezt; und Cöfar ſelbſt verlieh 
Rom in den Herbſtmonaten, um mit einer ' 
Schnelligkeit, die damals an’s Wunderbare 
grengte, *) und womit er fogar das Gerücht 


— — — — — 


=) Mit geboͤriger Ruͤducht auf die tref⸗ 
Uchen römifchen Hcerfitagen (menn auch das 
mals nur noch in dem eigentlichen Italien 
und dem eisalpinifchen und narbonnenfifchen 
Gallien) können freilich 27 Reifetage für diefe 
Entfernung (sder a Tage von Rom bis an 
den Rhodanus, wie Blutarch bei einer an⸗ 
dern Gelegenheit anfübrt) ieniger Zeiten 
Taum für etwas Außerordentliches gelten, 


422 


von feiner Ankunft Aberflog und feine eige 

nen Freunde freudig erſchreckte, binnen fies 
ben und zwanzig Tagen feine Freunde in 
Obulco *) zu Aberrafchen, 

Wäre aber auch feine Eile noch raſcher 
gewefen: dennoch hätte fie nicht vermocht, 
der Ungeduld zu entfprechen, welche die 
gezwungene Unthaͤtigkeit biefer ſucceßiven 

" Drtsveränderungen in einem ſolchen Feuers 
kopfe **) nothwendig erzeugen mußte. Sich 





wenn 4.8. der franz. Konful Leflens mit 
bin, ibm anvertrauten, Bavieren des unglüds 
lichen La Verouſe den vieleicht zwiefach Iäns - 
gern Weg von der rußiſchen Kaifertadt nach 
Baris binnen fiebenzebn Tagen zurüde 
legte, 

*) Diefen Ort nennt Strabo wogegen wir 
bei Appian das meit entfernte Sagunt an⸗ 
gegeben finden, Jener ſcheint bier doch um 
fo mehr den Vorzug zu verdienen, als er in 
der unmittelbaren Mäbe des Kriegsichaunlage 
zes, wur 300 Stadien öfllid von Corduba, 
Tag; — alfo etwa beim heutigen Valen⸗ 
zuela, an der Grenze von Cordova und 
Jaen. 

”*) Denn welch eine ſtroͤmende Fluth der 
Neen und welch eine Mobilisät des Dentens 


423 


feldft zu entfliehen, ſchrieb er, während 
dieſer Reife, ein Gedicht, welches die Reis 
fe felbft zum Gegenſtande hatte; fo wie 
mehrere feiner, gefchägteften Schriften unter 
ähnlichen Umfänden, zur Ausfüllung folder 
Zeiten der Muße, zufammengetragen wor⸗ 
den. *) Um. wieviel höher muß nicht uns 
fre Bewunderung diefes außerorbentlichen 
Mannes fteigen, deßen föhriftftellerifches Ver⸗ 
dienſt (ſchon an fich fo felten verbunden mit 
ben Eigenfchaften des Feldheren und Staates 
mannes) auch ohne Ruͤckſicht auf die Weiſe 
der Entſtehung, die 'rähmlichfte Auerken⸗ 





und Empfindens mußte fi in Diefem wun⸗ 
derbar organifirgen, Kopfe tegen, wenn et, 
nach Oppiug und Plutarch, zwei — oder nach 
Blinius gar vier bis ßeben feinen Schreiber 
(devem Einge auch im Wagen oder zu Pferde 
ihm nie von der Seite mich) zu gleicher Zeit 
mit Diltigen von Briefen des verfchiedennen 
Anhalte zu befchäftigen vermechte, 

) 3.8. zwei Bücher ‚von der Analegie“ 
auf dem Wege Über-die Alpen, als er eink 
aus dem cisalpinifchen Gallien sum Heere 
eilte; desgleichen den oben berührten „Antis 
Gate“ unter den Unruhen und Märfchen, 
die der Schlacht von Munde vorbergiengen. 


424 
mung feiner Zeitgenoßen fand, *) fund in 
den, auf uns getommenen, Reften eben 
ſowohl die hoͤchſte Waͤrdigung aller Zeiten 





) Cicero nennt feine Commentarien, „in 
ihrer ungefünfelten, reinen und fanft dabin⸗ 
Fießenden Schreibart, iedes böchfen Lobes 
werth. Sie zeigen” — fährt er fort — 
„das Geſchehene ohne alle Hülle der Kunſt; 
and während fie nur Anfpruch auf Eieferung 
von Materialien zu einer ausfuͤhriichern Ge⸗ 
ſchichte zu machen feinen, und mancher 
Stribler fich vieleicht darüber kielt, bier 
ofnes Geld für feine Verbrämungen zu ſin⸗ 
den, muß fich der Kenner durch ihre edle 
Einfalt nur um fo mehr von iedem Gedan« 
ten dieſer rt abgefchredt fühlen.“ — Und 
Hirtius, fein Wafengefährte und Ergänger, 
fagt von diefem nemlichen Werke, mit einer 
äbnlihen Wendung: „der Beifal deßelben 
fey fo algemein, daß dem Geſchichtſchreiber 
dadurch der Stof nicht ſowohl gegeben, als 
ſchon vorweogenommen feine.’ — Beinen 
Meden aber, deren fchon mehrmalen Erwaͤh⸗ 
nuno geſchab, weiß Cornelius Nepos an Kraft 
und Reichthum der Ideen, fo wie an Biere 
lichkeit des Ausdruds, durchaus nichts an 
die Seite zu fielen; und Cicero weißt ihm, 
als Redner, unbedenklich eine Stelle unter 
den Vorzuͤglichſten an, 


’ #5 . 

fi erzwungen, als das Bedauern über 
das Entbehrniß der vielen verloren gegans 
genen Werke erregt hat. %) Denn als 
Mufter des klaßiſchen Styls, der einfachen 
Eleganz, des ruhig Elaren Geiftes im Webers 
blid der Verhaͤltniße, der anfpruchlofen und 


.) Schon zu Suetons Zeiten waren zwar 
nod Reden unter feinem Namen vorban« 
den; doch mehr oder weniger, als unterge- 
fchoben, verdächtig. Zei Reden an feine 
Soldaten in Hifyanien wolte Auguſt eben fo 
wenig für aͤcht anerkennen; und verfciedene 
feiner Jugendarbeiten (3.8. ein Lob des Here 
Tules, ein Trauerfpiel, wovon Dedip der Held 
mar, und eine Reibe von Collectaneen) bat 
eben auch Wuguft der Nachwelt, durch das 
Verbot an feinen Bibliothefar Bompeius Ma« 
cer, fie den Publikum mitzutheilen, entzo⸗ 
gen; — vieleicht aus feinem andern Grunde, 
als weil es — Yugendarbeiten waren. Auch 
eine Reihe von Berichten an den Senat, in 
der ungewöhnlichen Form eines Tagebuche, 
(alfo vielleicht Bühetins?) Briefe an Cicero 
und Familienbriefe an. feine Vertrauten ges 
bören unter das Verlorengegangene. Wie» 
wich richtiger würden wir biefen vielfeitigen 
Kopf würdigen koͤnnen, wenn alle diefe Do⸗ 
tumente feines Geiſtes noch au Einficht offen 
vor ung lägen! 


426 


doch erfhöpfenden Darftellung eigner Groß 
thaten, find feine Commentarien das 
unerreichte Mufter für alle fpätere Memoi⸗ 
tenfchreiber geblieben. *) 

Caſars Erſcheinung in Hifpanien hatte, 
von dem Augenblid an, da fie von feinen 
Gegnern gefürchtet wurde, biefelben auch 
jur befonnenften Berechnung ihrer Kräfte 

„und der umfihtigften Weiſe der Kriegführ 
zung aufgefordert. Obgleich mit ungebeugs 





*) Und doch fest Hirtius feinen oben er⸗ 
veäpnten Eobfprüchen hinzu: ‚Andre moͤgen 
die Schönheit und Reinheit derſelben nah 
Gebühr bewundern: ich, an meinem Theile, 
beftaune weit mehr noch, als Augenzeuge, 
die Ochnelligfeit, mit welcher Caͤſar fie nie⸗ 
dergefchrieben.” — Dagegen erhob doch auch 
ſchon Afinius Pollio mancherlei Bedenken ge⸗ 
gen die Glaubwürdigkeit diefer Commentar 
rien. Caͤſat babe wenigfiens fremden Be⸗ 
sichten oft zu willigen Glauben beigemeßen, 
und auch bei feinen eigenen Thaten, entwes 
der aus Bolitit und feiner Umſicht, oder auch 
aus unrichtiger Erinnerung, Manches in ein - 
falſches Licht gefielt. Er Ängert aber zugleich 
die Vermuthung, es fen des Verfaßers Abe 
fit geweſen, fie bei einer nochmaligen Durch⸗ 
fiht zu verbeßern. 


RT 


tem Muthe, und entfloßen, dem glüds 
haften Sieger feine zahlreichen Lorbeern 
im ofnen Felde zu entwinden, erkannten 
fie doch die Unmoͤolichkeit, den geſammten 
Umfang. ihrer Eroberungen, oder ihrer 
freundfhaftlihen Berbindungen in Hiſpa⸗ 
nien, gegen ihn zu vertheidigen, ohne ſich 
im Einzelnen unverhaͤltnißmaͤßig zu ſchwa⸗ 
den. Sie ſchraͤnkten ſich alfo kluͤglich auf 
die Behauptung von Bätica ein, welches 
ihnen durch örtliche Lage, Boden, Frucht⸗ 
barkeit und Gtimmung der Einwohner 
die ergiebigften Hüuͤlfsquellen darzubieten 
ſchien, und wo fie auch bereits die ums 
faßendften Vorbereitungen zum Empfang 
des Feindes getroffen hatten, 

Diefe Provinz, von den frůheſten Zeis 
ten ber durch den mildeften Himmel, reihe 
Segnungen ber Natur und Ueberfluß an 
edlen Metallen und andern viel gefuchten 
Handelswaaren ausgezeichnet, if als ein 
weites langgeſtrecktes Thal von vier Läns 
gengraden zu betrachten, welches fih, von 
Dften nach Weften, gegen das atlantiſche 
Meer hinabzieht und den Namen von dem 
Hauptſtrome des Landes, dem Vaͤtis, ente 


428 
lehnte, der fih in mannigfaltigen Wins 
dungen durch feine Fluren mälzt und von 
zahlreichen Nebenflägen, zu beiden Sei⸗ 
ten, den Reichthum feines ſchifbaren Ge⸗ 
waͤßers empfängt. Nördlich begleitet ihn 
das raube marianifche Gebärge, deßen Ne 
Benäfte ſich ihm vielfach nahe entgegen⸗ 
drängen: doch an der entgegenftehenden 
Seite verflacht ſich das minder anfehnlihe 
Bergioch des Illipula, welches längs dem 
Mittelmeere fortftreicht, gegen den Haupt⸗ 
from in weite fruchtbare Ebenen. Viele 
und anfehnliche &tädte, zweihundert am 
der Zahl, und meift auf ſteilen Anhöhen 
gegrändet, beberrfchten das Land und ers 
fwerten, durch natürliche und kuͤnſtliche 
Feftigkeit, die Bezwingung deßelben; wah⸗ 
rend es für den Angreifer gefaͤhrlich war, 
fih in die felfigten waßerlofen und durdy 
ſchnittenen Gebürge im Norden zu vertie⸗ 
fen. *) 





) Diefe geograpbifchen Beſtimmungen vaſ⸗ 
fen, in ihrem gefammten Umfange, aud auf 
das heutige Andalufien, wo wir den Bde 
tis im Guadal quivir, die mariauiſchen 


49 

Die. Söhne des Pompeius Fonnten in 
diefem Striche Kifpaniens fat uͤberal auf 
unbebingte Anhänglickeit rechnen; und nur 
das ‚einzige Ulia machte hierin eine Aus⸗ 
nahme, die ihm aber auch bereits ſeit mehr 
teen Monden.eine hinige, von Eneius ſelbſt 
geleitete, Belagerung zuzog; wogegen fein 
Bruder Sertus zu Corduba, dem Haupts 
orte der Provinz, in der beftgemwählten 
Stellung fand, tede, durch Die caſariſche 
Kriegemacht von Often her verfüchte Sto⸗ 
rung diefes Angeifs ‘zu verhindern. Dem 
bartbebrängten Ultern gelang es indeß, die 
Wachfamkeit der Belagerer, menigftens in 
fo weit, zu täufchen, daß ihre Abgeordnes 
ten heimlich zu Caſar durchdrangen, und 
den Diftator in eben dem Augenhlid ers 
reichten, wo er die vorgefundenen Trup⸗ 
pen zufammen gezogen hatte, um den Felds 
ug ungefäumt zu exröfnen. Ihr Flehen 
um fehleunige Unterftüzzung, die mit feinen 





Gebürge in der furditbaren Sierra Mo« 
zena und den Illivula in den füdlichern " 
Sierren de Alhamilla, Nevada und 
Antequera wieberfinden, 


. 40 

tlgenen Entwürfen aufs genaueſte zuſam ⸗ 
menhieng, fand die bereitwilligſte Gewähr 
zung, indem eilf Kohorten, zufammt einer 
verhältnißmäßigen Reiterfchaar, bei Nacht 
gegen Ulia aufbraden. 2. Junlus Pacie⸗ 
eus, ein Mann von Kopf und der genaue⸗ 
Ken Kenntniß des Landes, führte das kuhn 
gewagte Unternehmen art; und begünftige 
von der dikfen Finfterniß und einem übers 
aus ſtuͤrmiſchen Better, gieng er, zuver⸗ 
ſichtlich und in guter Ordnung, auf den 
nachſten Poften der Belagerer zu, und bes 

deutete Die Wachen, welche ihn anriefen, zum 
Stilſchweigen, indem es eben iejt den Vers 
ſuch gelten folle, ſich des feindlichen Plays 
ses durch Ueberfal zu verfihern, Die Lift 
gelang, da man entweder in fein Worges 
beri fein Mißtrauen fezte, oder wegen des 
beulenden Sturms ſich nicht näher verftäns 
digen Eonnte: Paciecus näherte fih, uns 
aufgehalten, den Thoren, und ward, auf“ 
ein verabredetes Zeichen, freudig eingelaſ⸗ 

‚ fen. Unverzüglicy auch ward ein Eräftiger 
Ausfal beſchloßen und mit fo gutem Erfolg 
in’s Werk gerichtet, daß ſich Schreck und 


431 


Beftärzung im ganzen feindlichen Lager ver; 
breiteten. *) 

Zu gleicher Zeit aber fezte auch Caſar 
ſelbſt fih in Bewegung, um die Aufhe⸗ 
bung der Belagerung zu bewirken. Beine 
Teichten Truppen zeigten fih im Geſichte 
von Corduba; und ein glückliches Gefecht, 
worin fie die ausgefallene Beſazzung zus 
ruͤckſchlugen, reichte für den eingefchüchters 
ten Sextus hin, ihn wegen der Sicherhelt 
des Platzes in dem Maaße beforge zu mas - 
- hen, daß er feinen Bruder Cneius aufbot; 
ihm in angeftrengten Märfchen zu Huͤlfe 
iu fommen, um den Fall von Corduba zu 
verhuten. *x) Seine Beforäniße ſteckten 


*) Div (B. 43. K. 34.) erzählt dieſe nem⸗ 
liche Kriegeliſt, mit wenig veränderten um⸗ 
ſtaͤnden; aber von dem Pompeianer Muna- 
tius Flaetus, welcher ſich, in einer etwas 
ſpaͤtern Periode, vermitteiſt derſelben, durch 
Caͤſars Wachen, nad) Ategua bineingefchlichen 
babe, um bier den Oberbefehl zu Übernehmen, 
Vieleicht verwechfelt ee, wie oft, die Zei⸗ 
ten und Umflände; vielleicht aber konnte ſich 
ein ähnlicher Vorfal aud mehr als Einmal 
ereignen. J 

Dieſe Furcht konnte iedoch einigen re⸗ 











42 | 


auch die Übrigen Anführer an; die Be 
zwingung von Ulla, das bereits am Rande 
des Untergangs fihmebte, ward aufgegeben, 
und Alles aufgeboten, die Kauptftadt. zu 
retten. 

Hier war indeß Cäfar eifrig bemüht 
gewefen, ſich einen Uebergang über dem 
reißenden Batis zu erzwingen, um an Cor⸗ 
duba / felbft, welches an defen nördlichen 
Ufer tag, zu gelangen. *) Nicht nur mußte 

eine 











ellen Grund haben, da in Corduba noch eine, 
dem Diktator ergebne, Parthei vorhanden 
war, die ihm ausdruͤcklich angelegen hatte, 
den als leicht vorgeftelten Verſuch einer 
Veberrumpelung nicht zu verfchieben. Ihre 
Nachweifungen machten Eindruck: aber doch 
ſcheint die Unterſtuͤzung von innen, wozu 
Ke ſich vernfichteten, den erregten Erwar⸗ 
tungen. nicht entfprochen zu haben. Nach 
Div gieng Cäfar, auf diefen vereitelten Vers 
ſuch, zuruͤck, und ließ feinem Gegner die Zeit, 
nach Corduba zu kommen, den Plaj beßer 
zu verfeben und dann zur Belagerung von 
ulia zurädzufebren, Dies daͤucht mir aber 

nicht febe wabrſcheinlich. - 
*) Duß diefer Hebergang oberhalb des 
Plazzes verfacht wurde, läßt ſchon die Stel ⸗ 
lung 


433 
eine Bruͤcke geſchlagen, ſondern auch der 
Kopf derſelben gegen die Angriffe der Be⸗ 
ſatzung geſichert werden. Jenes geſchah, 





lung ber beiden Heere dorausſezzen; fo wie 
auch, daß aus Corduba felbf Eine oder meh⸗ 
rere Bruͤkken hinuberführten, vermittelſt mel- 
her ſowobhl der frühere Ausfal der Garniſon 
verſucht wurde, als auch Cheius fich dutch 
die Stadt z0g , und fo fh dem Feinde am 
noͤrdlichen fer entgegenfegte. Ueberbauvt 
tappt man in Keinem von des Imperators 
Geldgügen über den innern Zuſammenhang 
der Begebenheiten fo febr im Dunteln, als 
in dieſem lezten bifpanifchen; obgleich wir 
über denfelben, als Anhang zu Cäfars Com⸗ 
mentarien, ein eignes Geſchichtwerk eines un⸗ 
befannten beſijjen. Nicht aber nur, daß daſ⸗ 
ſelbe in einer aͤußerſt verſtuͤmmelten Geftalt, 
mit unzähligen großen und Beinen Lüften, 
(fa wie auch das Ende fehlt) auf ung gekom⸗ 
men iſt: fondern auch fein geringer innerer 
Gehalt ſchlaͤgt iede Erwartung, bier eine be= 
lehrende Darſtellung fo denkwuͤrdiger Ereig⸗ 
niße gu finden, gänzlich darnieder. Der Ver⸗ 
faßer (vieleicht ein Kriegstribun ober Gen« 


turio des caͤſariſchen Heeres), if, neben einer- 


Außer batbariichen, mit Syriatmen übers 
fülten Sprache, in feinen Nachrichten bald 


überaus unbefiimmt, bald wieder befcpäftigt. 


4 Band. Ee 


- " 44 

indem häufige „Körbe, mit Steinen gefült, 
in den Strom verfenft wurden,. um die 
Brukkenbogen darauf zu gränden; und der 
feindlichen Zerfiörung begegnete man durch 
ein zwiefaches Pfahlwerk, welches vor ih⸗ 
sem ienfeitigen Zugange angelegt wurde. 
Allein bevor noch der Feldherr die verſchied⸗ 
nen Abtheilungen feiner Truppen hinäbers 
führen und in eine Stellung entfalten Eonnte, 
mar auch ſchon Eneius bei Corduba anges 
langt, und fezte fih ihm gegenüber. Ber 
geblich “wandte Caſar, von diefem Augen: 
bit iede Kunft der ‚Feldbefeftigung an, 
— — — — 
mit Trivialitaͤten, welche deutlich verrathen, 
Daß ihm der Standpunft zur Meberficht des 
Ganzen fehlte, und daß er feine Berichte 
nicht tiefer, als aus den täglichen Armee 
Bületins und den oͤffentlichen Relationen 
fhönfte. Noch unglücklicher trift ſichs, daß 
gewohnlich gerade da, wo man dım endlichen 
Aufichluß einer Erzählung entaegenficht, eine 
Terxteslutte diefe Hofnung unbarmberzig dere 
eiteit. Nirgend find daher auch, in Erman« 
gelung anderer Quellen, ald der gleichfals 
unvolädndigen des Dio, felbfi etwas gewagte 
Kombinationen verzeihlicher, als in dieſer 
riegsgeſchichte. 


435 


um feinen Gegner durch Linien, die von 

der Bruͤkke ausliefen, von der Stadt und 

der aus derfelben gezogenen Berpflegung 

abzudrängen: Pompeius arbeitete ihm eben 
ſo geſchickt mit der Schaufel entgegen ; und 
felbft ein Handgemenge, in weldes beide 
Heere, neben der Bruͤkke, mit mehr ale 
gewoͤhnlichem Ernſt, geriethen, war kei⸗ 
nesweges von einem ſo entſcheidenden Er⸗ 
folg, daß das eine oder das andre aus ſei⸗ 
ner Stellung gewichen wäre. ' 

Dffendar war es des Diktators Wir 
berfachern gelungen, ebenſowohl feine Abs 
ſichten auf Corduba, als feine Hoffnungen 
zu Endigung des Krieges im erften rafhen 
Anlauf, zu vereiteln. Der Winter brach 
bereits ein; und noch war nirgend ein fefter 
Fuß gewonnen! Schon zeigte fih der 
Mangel an Lebensmitteln drüdend, und 
drohte, es mit iedem Tage noch mehr gu 
‚werden. Theils alfo, um den Feind aus 

feiner zu ſtarken Stellung hinwegzulokken; 

theils aber, und noch mehr, um fi in den 

Beſiz gendgender Borrärhe zu fejgen, wandte 

er fih, mit gelungener Taͤuſchung der Poms 

peianer, die ihn noch in feinem Lager am 
Goa 


436 
fadlichen Ufer wähnten, bei Macht gegen 
die nördfihen Gebärge, und ftand pldzlich 
vor Ategua, *) wo große Magazine von 
Lebensmitteln aufgehäuft Tagen. Dennoch 
reichte auch hier fein rafcher Amfal niche 
hin, diefen ungemein feften Plaz mit fo ges 
Singer Mühe, als er fich geſchmeichelt Hatte, 
zu bezwingen. Er ſah ſich, um nicht ſchimpf⸗ 
lich wieder abzuziehen, zu einer regelmäßl 
. gen Belagerung genöthigt; und biefe ward 
in ihrem Fortgange um fo mehr erſchwert, 
da indeß auch Cneius zur Huͤlfe herbeisog 
und fih am Fluße Salfus, unmeit Ucu⸗ 
bis, **) feier im Angeſicht der Belagerer, 
feſtſezte. Diefer hätte vielleicht, bei feiner 
dermaligen Uebermacht an Truppen, dem 
Geldzuge durch eine unverzigerte Schlacht 





Ategua fol das iezzige Tebala veia, 
ſo wie der Fluß Salſus der Guadiato 
oder Guadasog ſeyn. Doch ruht hierüber 
noch manches-Duntel, Die d’Anvilifche Karte 
fejt, offenbar unrichtig, Ategua tief nach Suͤ⸗ 
den in die nordweſtliche Nachbarfchaft von 
Malaca herab. 

) Es fol noch in dem Stetten Lucubi 
eriſtiren. 


437 

eine unvesmuthete Wendung geben konnen, 
wenn er entweder der bedsohten Feſtung 
nicht eine unbezwingliche Haltbarkeit zuges 
traut, oder es nicht vorgezogen. hätte, ſei⸗ 
nen Gegner durch Hunger, Grmüdung und 
Strenge der Jahreszeit aufjureiben. Er 
Begnügte ſich alſo, denfelben durch tägliche 
Angriffe im Einzelnen, Abfhneidung der 
Zufuhren und andre Kuͤnſte des Fleinen 
Kriegs ftets in Athem zu erhalten. 

Auf der andern Geite vertheidigten 
ſich auch die Balagerten, durch den nahen 
Anblick ihrer Befreier ermuthigt, mit eis 
ner Entſchloßenheit, gegen welche die ans 
gewandten Mittef zu ihrer Bezwingung, 
in einem langen Zeitverlauf, kaum auf ir⸗ 
gend eine ſichtbare Weife fruchteten. Mehr 
als einmal gelaug es ihnen, Caſars Ro 
thürme und. Kriegsmafghinen in. Brand zu 
fteffen, feine Arbeiten zu vereiteln und durch: 
den Hagel ihres Wurfgeſchuͤnes Tod und 
Verderben unter den Angreifern zu verbrei⸗ 
ten, während ihre zwiefachen Mauern der 
Beſtarmung fpotteten, und ihre unterirdi⸗ 
fen Gänge den treulofen Boden umher 
in einen verfteckten Abgrund verwandelten. 





438 


Zwar fehlte es nicht an Unzufriedenen uns 
tet den Bürgern in dem Platze, die den 
Uebermuth und die Dedrüffungen der hin 
eingelegten pompeianifhen Beſanung auf 
die Länge unerträglich fanden, und die durch 
gemworfene und: mit Zetteln verfehene Kur 
geln den Ort und die Zeit, wo ein Sturm 
gegen die Mauern mit gluͤcklicherm Erfolg 

+ zu wagen ſey, zu bezeichnen verhießen: allein 

‚fey es, daß man diefem Verrath auf die 
Spur geriech, oder daß die Befazzung in 
den Plazje den unbedingeen Meifter zu 
ſplelen wuͤnſchte: — genug fte bewerkſtel⸗ 
ligte, mit falter Graufamfeit, eine allges 
meine Ermordung ihrer Hauswirthe, deren 
2eihname Aber die Mauerzinnen hinaus 
geworfen wurden; — ein Blutbad, deſ⸗ 
fen empörende Kunde felbft Cneius und 

“ Labienus mit gerechter Mißbilligung aufs 
nahmen. . 

Deide vereinigte Feldherren hatten in⸗ 
deß verſchledentlich ihre Stellung veräns 
dert und zulezt ſich Aber den Salſus noch 
naͤher herangewagt, um ihren Freunden 
"in Ategua die Hand zu bieten. Schwer⸗ 
lich mochten fie von dem Diktator (obwohl 


439 


Re ihn darin hätten Eennen follen) die 
eiferne Beharrlichkeit erwartet haben, welche 
er, allen ungünftigen Umftänden zum Troy, 
in dieſer Lage entwidelte, und die ihnen 
endlidy die Weberzeugung aufnöthigte, daß 
die Bertheidigungsmittel des Plaues ferner 
gegen ihn nicht ausreichen dürften. Es 
wurde demnach mit: dem Befehlshaber in 
Ategua ein nächtlicher Ausfall verabredet, 
der, von dem Lager aus, durch gleichzeitis 
gen Angrif wuterftüzt werden, und vermöge 
deßen er verfuchen follte, ſich, mit. Preiss 
gebung -des zugleich in Brand. geftechten 
Plazzes, mitten durd; die feiikichen Quar⸗ 
tiere zu ihnen durchzuſchlagen. Alles warb. 
hiezu in der Stille vorbereitet. Man vers 
ſah ſich mit, Strauchwerk zu Ausfülung 
der Gräben, mit Haken zu Mieberreifung 
der ftrohernen Lagerhütten, die demnächft 
in Feuer aufflammer folten, und ſelbſt mit 
Geld und. koſtbaren Stoffen, um fie dem ' 
hinigen Verfolgern zur Plünderung in den 
Weg zu werfen. 

Zwar der Ueberfal ‚des caſariſchen Las 
gers gelang: aber nicht der Durchbruch; 
und bie Belagerten wurden, nad einem 


44p 


hartnäfkigen Widerftande, mit greßem Bew 
haft in die Stadt zuruickgeworfen. Diefer 
ungluctliche Verſuch hatte die Folge, daß, 
glei) am nächften Tage, von ihrer Geite 
ein Abgeordneter erſchlen, welcher auf Er⸗ 
gebung in des Siegers Gnade antrug. 
Schon früher hatte Caͤſar eine ihm ange⸗ 
tragene Auswechſelung der Gefangenen *) 
mit der fioljen Antwort zurädgemiefen ; 
„Er fey gewohnt, bie Bedingungen vor 
zuſchreiben, „aber nicht von andern anjus 
nehmen.“ — ezt, wo fie ihren Antrag 
auf die befcheidnere Bitte einſchraͤnkten: 
als roͤmiſche Wuͤrger von ihm nicht härter 
behandelt ju .merden, denn er fich. gegen 
unrdmiſche Gefangene erwiefen — begnügte 
er ſich mit der trodenen Berfiherung, fie 
auf den nehmlichen Fuß behandeln zu wol⸗ 
ten. Allein der Ton bdiefer Antwort ers 
weckte bei ihnen ein fo geringes Vertrauen, 
daß fie norhgedrungen in ihrer Vertheidi⸗ 
gung beharrten. Caſar würde Grund ges 





) Dies iſt wohl der einzige haltbare Sinn, 
der ſich in die verworrene und korrupte Exre 
adblang (diſp. Kr. K. 13) bringen Käßt, 





44. 
habt haben, dieſe ihm ſo ungewoͤhnliche 
Strenge zu bereuen, wenn er nicht von der 
fernern Unhaltbarkeit des Plazzes, fo wie 
yon dem aufgegebenen Entſazze deßelben 
und ſogar von einem nahen Abzuge des 
feindlichen Heeres gegen die Seeküfte, durch 
Ueberlaͤufer und aufgefangene Briefe aufs 
genaueſte unterrichtet geweſen wäre, 

Diefe nehmlichen Nachrichten und der 


‚gerechte Unmuth, ſich fo ſchaͤndlich aufge, 


opfert zu fehen, bewogen endlich den Bes 
fehlshaber 2. Dinucius, *) nochmals feine 
Dereitwilligkeit zur Uebergabe 'und feinen 
Wunſch, kuͤnſtig unter einem edelmuͤtbigern 
Feldherrn zu dienen, erſt ins geheim und 
dann oͤffentlich, zu erklaͤren. Schonung 
des. Lebens war die einzige Gnade, auf 
die man noch Anfpruch machte; und Ca⸗— 
far antwortete: „„ Er fey Caͤſar, und vers 
fihhre fie feines Schuzzes.“ So gieng ends 
lich Ategua, nach harter Arbeit und Drang⸗ 





) Ohne Zweifel nur eine Namensverwech⸗ 
ſelung mit dem Munatius Flaceus, den ung 
Dip, wie oben erwähnt, als den Kommene 
danten von Ategua Innen lehrt. 


442 
fal, (20 Febr. 710) in ſeine Hande Aber; 
die Truppen aber hielten diefe Erwerbung 
für wichtig genug, um ihren Feldheren 
abermals als Imperator felerlich zu be⸗ 
grußen. 

Sie war es auch in der That; wie⸗ 
wohl weniger durch ſich ſelbſt, als durch 
den Schrekken, welchen der Fall einer ſo 
hochgeprieſenen Feſte welt umher verbreis 
tete, und durch das nunmehr Faum noch 
zweifelhafte Uebergewicht Aber einen Geg⸗ 
ner, deb dieſe Kriegsthat, vor feinen Aus 
gen, ohne eine Schlacht zu wagen, *) hatte 
gefhehen laßen. Nur die Schwierigkeit - 
der Verpflegung drang dem Diktator forts 
gehend ‚die Nothwendigkeit auf, den Eleis 
nen Krieg fortzufeggen und es Infonderheit 
auf die Bemädhtigung der, zu Magazinen 
eingerichteten, Plaͤtze im Gebirge anzules 
gen. Er hielt dadurch auch feine Gegner 
am Fluße Salchus zuruͤck, deren Vorſicht 





*) Als in dem gehaltenen Kriegsrath eine 
ſolche Stimme fich erhob und auf die Schlacht 
drang, während alle Uebrigen nur Heil in 
dem Rüdzuge fanden, warh der Wakkere auf 
der Stelle niedergeioßen, . 


43 

es dennoch nicht- verhindern Fonnte, daß 
Ueubis und Soritia in feine Hände fielen, 
und die — als er endlich, nad Erſchoͤpfung 
feiner Vorraͤthe, an Hiſpalis voräber, ſich 
füdlich in die Ebene von Munda *) hinab 
309 — fih darauf einfhränfen mußten, 
ihm zur Seite zu bleiden. 

Diefe kühne Bewegung, verbunden mit. 
einer Reihe glädlicher Gefechte, war nur 
zu fehr- dazu geeignet, dem Feldherrn, der 
fie hatte gefchehen lagen, das Vertrauen 
der in Furcht gefezten Provinz zu rauben. 
Eneius, durch die Beſturmungen feiner 
Bundesgenoßen gedrängt, durfte der Haupt ⸗ 
ſchlacht, welche er fo ‚gerne vermieden hätte, 
nicht länger ausweichen. Er benuzte daher 
die Vortheile feiner gegenwärtigen Siel⸗ 
fung, um fih, (17. Merz) bei Tagesanı 





*) Diefer bedeutende fefte Plaz Ing am Ab⸗ 
bange des fühlichen Gebürgszuges, und hat 
feinen Namen, bis auf unſre Zeiten, in dem 
Dorfe Monda erhalten, welches iedoch in 
einiger Entfernung von iener alten Stelle 
gelegen if. Die Karten zeigen es nordwefl« 
lich von Malaga, am Fiuße Guadal⸗ 
medina 


44 


Bruch, in voller Schlachtordnung dem Feinde 
gegenüber zu zeigen.. - @eine Linien, bie 
ſich längs einer fteilen Anhöhe ausdehnten, 
enthielten dreizehn volle Legionen, deren 
Flanken durch die Meiterei pınd ſechstau⸗ 
fend Mann. leichter Truppen gebedt wur⸗ 
den; ungerechnet noch die Bundestruppen, 
melde das Doppelte. diefer Anzahl betrus 
gen. In feinem Rukken lag Munde, wos 
hin ihm, auch im fhlimmften Falle, die 
Zuflucht gefichert blieb; dagegen am Fuß 
iener Anhihe fih ein Bach In moraſtigen 
Ufern Hinfglängekte und den Angrif auf 
feine Stellung erſchwerte. Muth und Zus 
verſicht belebten feine Schaaren, bie zudem 
überzeugt waren, daß fie,. als firafbare Ems 
pörer ober freches ©clavengefindel, bei Ca⸗ 
far auf feine Schonung zu rechnen hatten, ° 
Diefer ftand im Begriffe, fein Lager 
abzubrechen, als er die erfte Nachricht vom 
iener Bewegung erhielt, und ſich augen⸗ 
blicklich in Bereitſchaft ſezte, dem Feinde 
. die Stirne zu bieten. ine Ebene von fünf 
Millien, die ſich bis an den vorermähnten 
Bach erftrechte, und der Reiterel dem trefs 
lichſten Tummelplaz darbor, trennte ihn 


' 445 


von beihfelben. Er hofte, ihn in disfe Ebene 
herabfteigen zu ſehen, und eilte um ſo mehr, 
ihm auf der Hälfte diefes Weges entgegen 
zu rhkfen. Seine Macht belief fi, neben 
achttauſend Reifigen, auf achtzig Kohorten, 
von welchen die zehnte Legion *) ihren al 
ten Ehrenpoſten auf dem rechten Flügel, 
fo wie die Veteranen der Dritten und Fünfs 
ten den Ihrigen auf dem klinken, behaupte⸗ 
ten. Die Meugemworbenen, auf deren feſte 
Haltung weniger zu bauen war, füllten, 
wie gewöhnlich, die Mitte; und wirklich 
ſchien ihre Stimmung den Wünfchen des 
Feldhertn nicht allerdings zu entfprechen. 
Entweder aber war es biefe Bemerkung, 





*) Nach) dem, was oben (©. 308) von des 
Entlaung diefer und der neunten Begion in 
‚ Afrita gefagt worden, muß es allerdings bes 
feemden, dieſelbe in ihrem alten Glanze bier 
wieder auftreten zu ſehen. Entweder war es 
alfo mit diefer Verabſchiedung abermals fo 
ernſtlich wicht gemeint, und fie folte nur zu 
ihrer deſto gewißern Demätbigung dienen; 
oder der Name der Zehnten, welcher fich num 
ſchon zu einer rähmlichen Auszeichnung er⸗ 
hoben batte, gieng auf ein andres Vetera⸗ 
nen» Corps über, 


j 46, 


oder ein Reft von Krankheit, womit er feit 
einiger Zeit zu kaͤmpfen gehabt, war ſei⸗ 
nen, fonft flammenden, Blick an diefem 
Sage ſichtbarlich truͤbte. 

Schon hatten Caſars Linien, im lang⸗ 
famen VBorrüffen, die ganze Dreite der 
Ebene zurüdgelegt und den Rand des Bas 
ches erreicht, ohne daß feine Gegner Luft 
begeigten, ihre günftige Stellung zu verlafs 
fen und von der Höhe, ihm entgegen, her⸗ 
nieder zu fteigen. Ihnen diefen Weg vols 
lends zu erfparen, und ben Berghang zum 
eignen Angeif hinan zu klimmen, ſchien 
gleichwohl ein To mißliches Wagſtuͤck, daß 
der Diktator ſich deßen gern enthoben haͤtte, 

. und fofort ben Legionen Stilſtand gebot. 
Der nachtheilige Eindruck, den dies auf 
die Gemäther ergeugte, konnte nicht vers 
mieden werden; er würde aber noch vers 
derblicher um ſich gegriffen haben, wenn 
der Feind ihnen Zeit gelaßen hätte, dem⸗ 
felden naczuhängen.. Denn Diefer, der 
ienes Stoffen bemerkte und es als ents 
fihiedene Furcht ausdeutete, warb num pldzs 
lich feiner bisherigen wohlberechneten Ent 
haltfamfeit muͤde, gerieth in Hizze, warf 


47 
ſich die Anhöhe hinab, und fihrzte ſich, 


unter lauten, ermunternden Zuruf, in’s 
Handgemenge. 

Nur zubald entwikkelte ſich hier nun⸗ 
mehr der Geiſt, welcher dies⸗ und ienſeits 
die Kämpfer beſeelte. Cine, an Todes⸗ 

. perachtung geenzende, Erbitterung und der 
Wunſch einer vielfältig zu nehmenden Ras 
che leitete, von oben herab, die Streiche 
der Pompeianer, deren Keiner einen Fuß⸗ 
hreit wich, die feine Wunden fehredten, 
und in denen Allen nur Ein Wille und. 
Eine Hofnung flammte, den Sieg vom 
Schickſal zu ertroggen.. Caͤſars Soldat hins 
gegen, mißmuthig gemacht durch, Die Noth⸗ 
wenbigfeit, einen fo oft geſchlagenen Feind 
ftets aufs neue zu befämpfen,; ungewohnt 
Aberdem, einen Angrif, zu dem er. felbft 
lieber den vafchen Anlauf genommen hätte, 
fiehenden Fußes zu erwarten,. und durch 
das Gewicht der gegenfeitigen Waffen uns 
aufhoͤrlich in ‚Die Tiefe zurüdgedrängt, — 
empfand den vollen Machtheil diefer uns 
günftigen Lage und mußte alle beßern Kräfte 
in fi gewaltfam aufbieten, um diefem Ans 
‚drange gewachfen zu bleiben. Dennoch 


48 


‚ nahm das Kampfgewähl, ie höher die 
Sonne empor ſtieg und am ungeträbten 
Soimmel über dem bluttriefenden Schlacht⸗ 
felde hieng, immer mehr eine Wendung, 
welche entweder bie Gebrechlickeit oder die 
sreulofe Laune des Gläds fehlen fürchten 
zu laßen. 

Mit namenloſer Empfindung in der 
gequälten Bruſt fah Caſar, was ihn ber 
drohte; fah die Legionen,. die ihn längft 
eines folhen Anblids entwöhnt hatten, 
hinter fih wanken; fah felbft feine Vete⸗ 
ranen weniger durch Tapferkeit, als durch 
Scham vor fid felbf, in ihren Reihen zus 
rüdgehalten; fah, daf er, der fo oft um 
den Sieg geftritten, hier zum Erſtenmale 
um Luft und Leben zu kämpfen gegwungen 
werde. *) Mit entbranntem Zorn durchs 
flog er die Glieder, und ſchrie den Seinen 
wm: „Schande! Schandel daß ihe mid, 
heute den Handen unmündiger Knaben 
ausliefern wolt! Hoft nicht, daß ich bier 

vom 





*) Dieb, während ber Schlacht, lebhaft em⸗ 
pfunden zu haben, war er, nach derfelben, 
feinen Freunden ſelbſt eingeſtaͤndig. 


49 


vom Plägze weichen werde! Wer iſt nun 
noch ‘der Feige, der feinen Feldheren vers 
rathen wi?“ Dann fprang er vom Roße, 
ergrif den Schild eines Legionariers, fiürzte 
ſich in bie vorderſten Reihen, und hatte 
bei diefer perfänlichen Aufopferung vielleicht 
weniger bie Abſicht, den erfterbenden Much 
ſeiner Schaaren durch ein großes Beiſpiel 
zu beleben, als den Tag, da fein Gluͤcks⸗ 
ſtern unterzugehen drohte, nicht zu übers 
dauern. 

Indeß blieben feine Anftrengungen, 
der Nachdruck feiner Streiche, fein ſtrafen⸗ 
der Blick, fein Zuruf an feine Gefährs 
ten-feineswweges Yanz verloren. Ein neuer 
freudiger Aufſchwung gieng von ihm aus 
und fpannte den etmatteten Arm der Les 
gionen. Die Zehnte, obwohl bei weitem 
nicht volzählig, gewann einigen Boden; 
und einige Kohorten des feindlichen rechten 
Flügels mußten herausgezögen werden, thr 
rem linken zu Huͤlfe ju eilen; während 
Caſars Reiterei gluͤcklich des Zeitpunkts 
wahrnahm, ſich in die dadurch entſtandene 
Lukke zu werfen. Zu gleicher Zeit aber 
ſolte, was die Tapferkeit begonnen hatte, 

4. Band. . 8 


Bo 
der Zufal volenden. Ein Theil von Caͤſars 
mauritanifher Reiterei, welcher das feind⸗ 
liche Heer umfchwärmte, war bis zu deßen 
verlaßenem Lager in feinem Rukken vorge 
drungen, und ſchickte ſich ar, es zu pluͤn⸗ 
dern. Labienus, der diefe Gefahr bemerkte 
und fie hätte verachten follen, gedachte ihr 
durch ſchleunige Entſendung von fünf Kor 
horten zu begegnen. Doc kaum erblicdte 
der Diktator, welcher indeß von der Bes 
ſchaͤftigung des Soldaten zu den Pflichten 
des Feldheren zuruͤckgekehrt war, dieſe rück 
gängige Bewegung, die einer. Flucht fo 
ähnlich fah, fo verfündigte er mit lauter 
Stimme, was er ſah, ader zu fehen mit 
glädlicher Beſonnenheit vorgab. Sie 
fliehen! fie fliehen!“ fol es weit umher 
durch die Glieder. Der Much der Caſa⸗ 
rianer erhob fich in. dem nemlichen Maaße, 
als der feindliche dadurch an Haltung ver 
lor. Nun wandte das Gläd des Tages 
ſich ſchnel. Die Zuverficht der Pompeianer 
verwandelte fih Yin leidende Abwehr, in 
Schwanken, in Zurddweihen; das Weichen 
in Flucht; die Flucht in Gemezzel! Dhne 
die Nähe von Munde, wohinein der Strom 


| 451 
der Feldflüchtigen fich ergoß, wäre das ges 
fammte Heer auf dem Wahlplatze aufges 
sieben worden. 

Nichts deftomeniger deckten dreißigtau⸗ 
fend Erfehlagene das Schlachtfeld, denen 
dreitaufend römifche Reifige fi im Tode 
wugefellten. Aber .auch Labienue und Das 
rus, unfähig, den Schifbruch ihrer lezten 
Hofnungen zu Aberleben, hatten ihren Uns 
tergang gefitcht und gefunden," und wurden 
mit großmäthiger Auszeichnung vom ie 
ger beftattet. . Diefer Leztere berechnete ſei⸗ 
nen Verluft auf taufend Gebliebene und 
die Hälfte der Zahl an Verwundeten; wos 
gegen er fiebenzehn feindliche Anführer als 
Gefangene und eine Beute von dreizehn 
Adlern, nebſt einem ſtattlichen Reichthum 
andrer Trophäen zählte. Cneius ſelbſt fläche 
tete, mit einer-geringen- Begleitung, von 
der Wahlſtatt gegen Cartela, wo er auf 
feiner Flotte einige Rettung fuchte Auch 
fein Bruder Sextus hielt fih nun in Cor⸗ 
duba feinen Augenblick mehr ſicher, Ton 
dern fitchte, unter dem Vorwande von Fries 
deneunterhandfungen, fich zu entfernen und 
entfioh in die fernen Gebärge Celtiberiens; 

#ie 


45% 


D. Seapula Hingegen, der an Gfäd und 
Leben verziweifelte,. brachte die srogzige Ent⸗ 
ſchließung, womit ohnlangſt / erſt Juba fein 
gewaltſames Ende hatte auszeichnen wollen, 
zur wirklichen Ausführung, indem er zu 
Eorduba einen ſelbſt errichteten Scheiter⸗ 
haufen beſtieg, und, buftend von Narben 
und mohlsiechenden Salben, ſich den Tod 
von Stlavenhand zeichen ließz. — 

Caſar hatte inzwiſchen keinen Augen⸗ 
dlick verabfäumt, feinen großen Sieg im 
weiteften Umfang zu benuzzen. Er ruͤckte 
vor Munde, wo gleihwohl die Schrekken 
biefes Tages den-Entfchluß einer hartnäkkie - 
gen Vertheibigung nicht zu verdrängen vers 
mochten. Allein um’ ber Furcht noch das 
Entſenen beizufügen , verfiel der Soldat 
auf den gräßlichen Gedanken, ben Wal, 
womit die Stadt fofort winzingelt werden 
folte, aus den Leichnamen der, in ber 
Schlacht Gebliehenen, aufzuthuͤrmen, ihn 
mit zwiſchen durch getriebenen Sperren, 
Schwertern und Dolchen zu befeftigen und 
feine Zinne mit einer Reihe von Menfchens 
ſchadeln zu Eränzen. Aber auch diefe Bars 
barei ‚verfehlte -ihres -Endzweds, da fie, 


453 

anftate.den Belagerten die Waffen aus den: 
Händen zu fehlagen, nur ihre Verzweiflung 
zur ſtarren Wuth erhöhte. Caſar ſelbſt 
warb mude, des Ausgangs zu hatren, ließ 
den größten Theil des Heeres, unter ſeines 
Legaten Fabius-Anführung, vor Munde, 
und wandte fich gegen Corduba, wo: feine 
Parthei nunmehr Ehhner das Haupt erhob, 
und der Gewinn des Plaues ihm nicht 
Bitıger entfichen Eonnte, 

In der That blieb ihm Hier, Bei ſei⸗ 
ner Erſcheinung, nur die Mühe uͤbrig, 
dieſe Partheb gegen die Horde losgelaßener 
Selaven zu ſchatzen, welche, von Sextus 
Bewafnet and in Legionen geſammlet, der 
Stadt den Untergang drohten, und ſchon 
anfiengen, die Mordfakkel hinein zu ſchleu⸗ 
dern. Sezt erreichte fie endlich des Sie⸗ 
gers firafendes Schwert; und nicht weni⸗ 
ger, als zwei und zwanzig taufend dieſes 
biutfpnaubenden Gefindels blieb auf dem 
Plazjel — Hiedurch geſchreckt, dfneten ihm 
nun aud die Einwohner von Hiſpalis freis 
willig die Thors: allein ihre Aberwiegende 
Vorliebe für Pompeius und feing Sache 
lodte bald darauf eine .Iufitaniihe Streif⸗ 


654 
parthei herbei, “auf weiche geſtuͤzt, fie Ca⸗ 
fars Hineingelegte . Beſatung ermordeten, 
und ihm von neuem den Krieg erklärten. 
Diefer Uebermuth währte iedoch nur bis 
zum naͤchſten Morgen, mo fie einen Ausfal 
verſuchten, zurüdgefchlagen, niebergehauen 
und der beftärzte Reſt dahin gebracht wurde, 
die Stadt dem. Diktator auf ungleich hier 
tere Bedingungen zu hbergeben. - h 

Noch zwar weilte Cneius, unfhläßtg 
. Aber feine nächften Schritte, zu Cartela, 
als bie entgegengefezten Gefinnungen der 
Einwohner ihn. der Gefahr der Ausliefen 
rung fo dringend ausfeten, daß er ſich nur 
mit Mühe, und fogar am. Fuße vermuns 
bet, dem um ihn ber entfiandenen blutigen 
Handgemenge entyog, und mit zwanzig 
Schiffen das, hohe Meer gewann, Allein 
ſchon hatte auch Didius fih, von Bades, 
mit einem überlegenen-Gefchwader, zu ſei⸗ 
ner Verfolgung aufgemacht, holte ihn nach 
vier Tagen ein, verbrannte feine Schiffe, 
nöchigte ihn an’s Land 'zu flädten, und 
ſaß ihm auch hier fo unermüdlich auf’ der 
Ferſe, doß weder der Rackzug in einen fs 
fen Thurm, noch endlich, bei immer gro⸗ 


455 

Serer Ermattung, der Verſteck in einer fin 
fern Höhle ihm zu ſchuzzen vermochte. Er 
ward ergriffen, und fein abgeſchlagenes 
Haupt nad) Gades gebracht, um zu Cds 
fars Füßen gelegt und dann in Hifpalis 
öffentlich fchaugeftelt zu werden. *) Gluͤck- 
licher war der tüngere Bruder des Uns 
glädtihen, dem fein Schickſal für iezt eine 
dunkle Berborgenheit unten ben unftät um ⸗ 
berirrenden Räuberhorden des nördlichen 
Kifpaniens, aber nach langer Unthätigkeit 
noch eine fhimmernde Laufbahn auf einem 
wrdigern Schauplazze vorbehielt, 

Moch die volle Dauer eines Monats 
hatte indeg Munda Caſars. ſiegreichen Waf⸗ 
fen eine raſende Gegenwehr geleiftet, und 
fih, bis zur Weberfärtigung, in eigenem 
und Feindess Blute gebadet, als endlich die 
aͤußerſte Noth dem Reſt von vierzehn taus 
fend Mann das Schwert aus den Händen 
flug und der Plaz auf Bedingungen übers 
sieng. Zwar keifteten noch ferner hie und 





*) Auch fein Verfolger Didius hatte gleich 
darauf das Schidfal, von einem Trupp Kur 
ſtanier an dev Küfe überfallen und nieder⸗ 
gehauen zu werden. 


456 
ba einige Plaͤne Widerftand, und nöthigten 
- ben Diktator, einen Theil des Sommers 
zur volendeten Bezwingung der Provinz 
aufzuwenden; als aber nun auch das lezte 
Zuffen der Empörung. erftogben, des. Sie⸗ 
gers Empfindlichkeit durch Beſtrafung der 
Schuldigſten zufrieden geftelt und fein drin⸗ 
gendes Geldbedärfniß eben ſowohl durch 
auferlegte harte Bußen, als durch verkaufte 
Beganſtigungen, und ſelbſt durch Antaftung 
der Tempelſchane, *) geftilt worden, beeilte 
er fih, ein Land zu verlaßen, gegen wels 
ches er eine geheime Abneigung fpärte, und 
wandte ſich gegen die Xiberftabt, wo er 
(im Detober) auftrat, um nun endlich den 
Zaubertrank der Herrſchaft, ohne eine Bittre 

Beimiſchung, zu leeren. 
Denn fo mie nunmehr leder gewafnete 





) Selbſt die Begünftigten empfingen das 
zömifche Bürgerrecht und andre Befreiungen 
nur gegen baare Zahlung; und eben fo we⸗ 
‚nig vermochte feine Habgier, ſich von den 
aufgehänften Reichtbämern in dem Herkules- 
Tempel zu Gades, been eifriger Beſchuͤzzer 
Pd vormals zu ſeyn gefchienen, zu ent⸗ 


457 
Widerftand In der weiten Grenzen bes rd 
miſchen — d. 5. feines Machtgebieis — 
vernichtet worden, *) fo trat er iezt auch im 
Rom felbft mit der Erwartung auf, hier ein 
Volk vorzufinden, das ſich in die, demſel⸗ 
‚ben Übergeworfenen, Zügel bereits wils 
lig genug gefügt habe, um auch nicht eins 
mal mit ohnmachtiger Wuth an dem Ge 
biße zu kauen. Er durfte ſich fogar übers‘ 
reden, gerade diefem Volke durch das ihm 
geraubte Vermögen, in feinen eignen Eins 
geweiden zu mwühlen, eine dankenswerthe 
Wohlthat erwiefen 34 haben; und wenn 
anders der Verluſt einer, fo vielfältig zum 
eignen Verderben gemißbrauthten, Freiheit 


* Denn ein Aufſtand, welchen Caͤcilius 
Baßus, ein roͤmiſcher Nitter und eifriger 
Pomvpeianer, ſchon feit zwei Jahren, in Sy- 
rien unterhielt, fchien dem Diktator nie wich⸗ 
tig genug, um feine Macht dadurch gefaͤhr⸗ 
der zu glauben, Indeß mag es doc, ſeyn, 
DaB er in dem Beiſtande, melden Babus 
von den Partbern empfieng/ einen febr ges 
legnen Vorwand gefunden haben würde, feine 
gegen diefes furchtdare Wolf befchloßene Fehde 
zu motiviren ufd dann zugleich den Leiten 

 Empörer im Worbeigehn zu erdrüffen, 





458 
durch Die gehnltene Kraft der Alleinherr⸗ 
ſchaft zu verghten üft, fo mußte er das eis 
hebende @elbftgefühl mit ſich herumtragen, 
daß ihm iede erforderliche Eigenſchaft beis 
wohne, um diefen Wechfel für die Bar 
herrſchten in '&egen zu verwandeln. 

In der That auch konnte die tiefe 
Ruhe, in welcher die Hauptſtadt, während 
feiner einiahrigen Abweſenheit, beharrt 
war, und womit fie ihren Gebieter gegen⸗ 
wartig empfieng, feine ‚vorgefaßte -ghnftige 
Meinung beftdtigen. Mirgend ein Schein 
von Widerfegtichfeit gegen den Unwider⸗ 
fiehlihen! irgend fogar ein Schatten von 
Unzufriedenheit, der ſich laut über Die Lippe 
bervorgewagt, oder durch den Scheelblick 
einer grollenden Mißgunſt verraten hätte! 
Dagegen aber ward Rom in diefen Tagen 
durch ein ſchier algemeines Beftreben in Thaͤ⸗ 
tigkeit geſezt, um die Gunft dieſer hochſtrah⸗ 
lenden Glucksſonne zu werben und fich an ihr 
tem Scheine zu warmen. Wo irgend in einer 
Bruſt der Ehrgeiz ſich regen durfte, galt es 
als das Hoͤchſte und Einzige, fich freiwillig 
an CAfars Triumphroagen zu fpannen, um 
fid) einer größern ober Eleinern, ihm zuges 


459 \ 


worfenen Brofame von Macht, Ehre oder 

Ermerb zu erfreuen. Alles wolte nur ihm 

gefallen, nur feine Aufmerkſamkeit auf 

ſich ziehen, und als Urheber und Erfinder 

neuer und ungewöhnlicher Ebrendezeugim⸗ 
«gen gepriefen werden! 

Gleichwohl fehien die Schmeichelei ihre 
Erfindfamteit, fo lange fie ſich nod einigen 
Anftandes befliß, faſt erſchoͤpft zu haben; 

wenn man anders bie erften Ausgeburten 
derfelben zum Maafftabe nimms, die ſich 
auf eine, vom Senat beſchloßene, Supplis 
cation von funfjig Tagen, *) und ‚öffents 
lihe Spiele, Feſte und Gaftmähler, wie. 
fonft gewöhnlich, beſchraͤnkten. **) Einen, 





*) Die lezte, nach Cäfars Heimkehr aus 
dem afrifanifchen Kriege, batte nur die, 
gleichwohl ſchon übermäßige, Dauer von 
vierzig Tagen, gehabt, 


**) Es verdient nicht unbeachtet gu bleiben, 
dad, nach Plutarchs Angabe, Cicero es 
war, der diefe erſten Vorfchläge mit ſonder⸗ 
lichem Eifer ‚betrieb. Hatte der umfichtige 
Konfular etwa fchon vernommen, daß ein 
Antir Cato mit ays Hifpanien zuruͤg⸗ 
kehrte? und war er ſich einer, nicht bloß lie 


S 460 


Eühnern Aufflidg nahm fie Bereits: in dem 
Dinzugefügten Befchluße, daß der gluͤckliche 
Tag, an welchem die erfte Zeitung von 
dem Stege bei Munda in Rom erſchollen 
(20. April) auf ewige Zeiten durch circen⸗ 
ſiſche Spiele. gefeiert und mit dem naͤchſt 
darauf folgenden Feſte der Palilien verbuns 
den werden folles Hies dies iedoch, eine 
Bunde, die beßer zugedeckt und verheims 
licht geblieben wäre, unzart berühren, fo 
war es vollends bittrer Hohn der Zeit, in 
welcher man lebte, wenn dem Hochgefeier⸗ 
ten, zu gleicher Zeit, die Ehre eines Tri⸗ 
umphs zuerkannt wurde, den er — zwar 
in Hifpanien, doc nicht Aber Hiſpanler, 
verdient hatte! -» 

Allerdings darf es in Berwunderung 
ſenen, daß der Diktator, ſchon geſattigt 
durch vier folder Prunkzüge, wie fie vor 
ihm Keiner gefeiert, die ſen, der Jenen 
unausbleiblih in ie der Ruͤckſicht nachſte⸗ 
hen mußte, dennoch nicht verſchmaͤhte. Als 


terariſchen, Fehde gewaͤrtig — Wenigſtens 
datten ihn doch Cafars vorangegangene briefe 
liche Verſicherungen in dieſem Betref zufrie ⸗ 
den ſtellen können, 








46L 


Tein wenn es noch eines Beweiſes bebärfte, 
daß fein eigner Gaumen fich für diefe Art 
des Genußes bereits abgeftumpft hatte, und 
daß er darin bloß der Politit Gehör gab, 
die dem Volke fortwährend etwas zu ſchauen 
. und zu beftaunen, als Köber der Zueignung 
vorwerfen zu müßen glaubte, fo würde es 
genugfam ſchon daraus erhellen, daß er 
diefe Ehre gewißermaaßen mit feinen beis 
den Legaten und alten Kriegsgefährten, Q. 
Fabius Marimus und Q. Pedius, theilte, 
indem er auch fie,. unmittelbar nach dem 
feinigen,. gleihfals einen Hifpanifhen Tri 
umph halten lief. Das Befremden Aber 
eine ſolche Ehrenbezeugung, auf die nie 
Mor ein Unterfeldberr, auch bei’ den wich⸗ 
tigften Siegen, Anſpruch gemacht, und die 
hier durch Leinen andern Beweggrund, als 
den Willen und die Dankbarkeit des Diks 
tators gerechtfertigt wurde, löste ſich indeß 
nur in einen ziemlich laut ausbrechenden 
Spott über die Geringfügigkeit. der Burdd 
flungen auf, durch weiche diefe Aufzüge 
verherrlicht werden folten. *) 


"1 Bei Ghfars Triumpbe waren die addii· 
dungen der eroberten bifpanifchen Gtädte, 


462 


Doch biefe dargebotenen Ehren mod: 

ten vieleicht Hinreichen, die Eitelkeit des 

Feldheren oder feiner Legaten zu befriedis 
gen: michtiger und wefentlicher waren bie 

Bewilligungen, durch welche die beftchens 

den Ötaatsgewalten, im einem ſich uͤber⸗ 

‚Bietenden Wetteifer, fich ſelbſt täglich, neite 

und feftere Ketten ſchmiedeten, ‚und bie 

daher auch wohl nicht fo ganz das Werf 

des Zufalls oder der unbedachten. Schmei⸗ 

chelei waren, daß man nicht auf den ge 

heimen Antrieb Desienigen zu rathen vers 

fucht würde, dem fie zum Vorthell wucher⸗ 

ten. Caſars Diktatur folte auf feine Le⸗ 

bensdauer hinaus verlängert ſeyn; ber 

Titel eines Imperators ward fh im 

einem bisher ungewöhnlichen Sinne und 

in fo weiter Ausdehnung beigelegt, daß 

dadurch der unbedingte Oberbefehl der ges 

* fammten römifhen Kriegsmacht auf - Ihn 





aus bifpanifchem Silber, ihm vorgetragen 
worden, Jeit traten zwar auch eben ſolche 
Gtandbilder auf: — allein Ge waren nur 
‚aus Holz geſchnizt; und der Wolkswiz ges 
fiel Ach darin, fie für die Onpmnelte 
der chfarifches auszugeben. 


463 


Aßergieng; *) und das Konfulat blieb, für 
die nachſten zehn Jahre, mit feiner Perfon 
verbunden. Bloß -diefe leztere Würde, die 
eigentlich ber ſchon in’ihm vereinigten Macht 
nichts zufegte, ließ er, als einen ehrenvols 
len Titel, nachdem er fie, zur Werherrlis - 
hung feines Triumphe, nur wenige Tage 
sur Schau getragen, fir den kurzen Reſt 
des Jahres auf feine Freunde Q. Fabius 
und €. Trebonius Abergehen. 

So wie iedoch das Heer der Schmeichler 
und Glädsiäger Im Senat entdeckt zu haben 
glaubte, daß der Bisher -eingefhlagne Weg, 
dem Diktator den Hof zu machen, ausgiebig 





*) Sn diefer Bedeutung feste, dom iezt 
an, der römifche Kanzleifipl den Titel Impe- 
zator vor den Namen des Inhabers, und 
gab dadurch den Anlaß, die Bedeutung einer " 
neuen, mebr als föniglichen Würde — des 
-Raifer» Titels (wie er fich auch noch genauer 

„im Empereur der Franzofen ausprägt) damit 
zu verbinden. Daß der deutfche Ausdrud, 
fo wie das rußifche Czaar, noch unmittele 
barer von dem Geſchlechts⸗ Namen unfers 
Helden abzuleiten fey, darf biem wohl nug 
für den Meinten Theil der Leſer in Erinnes 
tung gebracht werden, 


44 


an eignen Ehren und Auszeichnungen werde, 
verdoppelte fich auch gleichſam die Much, 
iede Ast von Glorie um fein Haupt zu 
häufen. Taufend unfinnige Vorfchläge, die 
von ben befonnenern- Köpfen als unftatthaft 
- verworfen wurden, find eben darum nicht 
einmal zur Kunde der- Nachwelt gelangt: 
allein felbft unter denen, welche durchgieni 
gen und Gefezieskraft erlangten, find nit 
wenige, die das erzwungene Bemuhen, es 
was nie da geivefenes -auszufprechen, uns 
verkennbar an der Stirne tragen. Daß 
" Läfar den Namen „‚Bater des Vaterlan⸗ 
bes’ auf Münzen führen; daß fein Ge⸗ 
burtstag als ein Staatefeſt gefeiert: daß 
die Fafces feiner Liktoren ftets mit Lorbeer⸗ 
zweigen umwunden feyn; baß er ſelbſt 
Aberal mie Lorbeern befrängt erſcheinen; *) 
daß 





) Dieſes Vorrecht ſchien dem ODiltater, 
vor vielen andern, Eins bee willommenſten 
zu feyn. von welchem er ſeitdem auch unun⸗ 
terbrochenen Gebtauch machte, um — feine 
kahle Glane gu verfchattens — ein Aug von 
Eitelteit, der an einem foLhen Danne, und 
in einem Alter von ſechs und fanfjig Fahren, 

amiee 


465 
daß ihm der Beftändige Gebrauch der feſt⸗ 
lichen Triumphkleidung, als Vorrecht, zus 
ſtehen; daß ihm in allen Staͤdten Ita⸗ 
liens und allen Tempeln der Hauptſtadt 
Bildfäulen, mit Buͤrger⸗ und Belagerungss 
Kronen geſchmuͤckt, errichtet werden; daß 
ber Monat Quintilis, ihm zu Ehren, 
feinen Namen in Julius umwandeln 
ſolle: — alles dies war noch wenig gegen 
die Verordnungen: daß es erlaubt feyn 
folle, bei Caſars Gluͤkke zu ſchwoͤren; daß, 
feiner göttlichen Abſtammung zu Ehren, ie 
nah fünf Yahren, ein Feft begangen und 
den Prieftern des Pan eine dritte Klaße *) 





swiefach auffallen muß, aber durch fein ſte⸗ 
tes und — glüdliches Beftreben, den. Weir 
bern zu gefallen, hinreichend erklärt wird, 
„Den alten Kablkopf“ hatten ihn, heim 
Triumpbe, feine eignen ausgelaßenen Vete⸗- 
ranen ſchon gefcholten; und es läßt fich wohl 
denfen, daß diefer Naturfehler den roͤmiſchen 
Wirlingen oft genug, und ſchwerlich zu ſei⸗ 
nem Vergnügen, zur Zielſcheibe ihrer Sit 
tereien dienen mochte, 

) Diefe Luperci theilten fich bisher in die 
zwei Bruͤderſchaften der Quintiliani und Fa- 
biani. Jezt famen nun noch die Juliani hinzu. 


4. Band. " ‚ Gg 


464 


an eignen Ehren und Auszeichnungen werde, 
verdoppelte fih auch gleichfam die Muth, 
iede Art von Glorie um fein Haupt zu 
häufen. Taufend unfinnige Vorfchläge, die 
von ben befonnenern-Köpfen als unftatthaft 
verworfen wurden, find eben darum nicht 
einmal zur Kunde der- Nachwelt gelangt: 
allein felbft unter denen, melde durchgien⸗ 
gen und Gefeizeskraft erlangten, find nicht 
wenige, die das erzwungene Bemähen, ev 
was nie da geivefenes ausjufpreihen, uns 
verkennbar an der Stirne tragen. 

" Läfar den Mamen „Vater des Vaterlan⸗ 
bes’ auf Münzen führen; daß fein Ge. 
burtstag als ein Staatefeſt gefeiert: daß 
bie Faftes feiner Liktoren ſtets mit Lorbeer⸗ 
jweigen ummunden feyn; baß er feldfl 

„ Überal mit Torbeern befrängt erfeheinen; *) 
daß 





Dieſes Vorrecht ſchien dem Diftdter, 
vor vielen andern, Eins der willommenſten 
zu ſeyn. von welchem er ſeitdem auch unun⸗ 
terbrochenen Gebrauch machte, um — feine 
Table Glane zu verſchatten; — ein Zug von 
Eitelfeit, der an einem folhen Manne, und 
in einem Alter von fechs und fanfsig Fahren, 

iwie · 


465 


daß ihm der Beftändige Gebrauch der feft: 
lihen Triumphkleidung, als Vorrecht, zus 
ſtehen; daß ihm in allen Städten Ita⸗ 
liens und allen Tempeln ber Hauptſtadt 
Bildſaͤulen, mit Öhirger: und Belagerungs⸗ 
Kronen gefihmädt, errichtet werden; daß 
ber Monat Auintilis, ihm zu Ehren, 
feinen Namen in Julius ummandeln 
folle: — alles dies war noch wenig gegen, 
die Verordnungen: daß es erlaubt feyn 
folle, bei Caſars Gluͤkke zu ſchwoͤren; daß, 
feiner göttlichen Abftammung zu Ehren, ie 
nah fünf Yahren, ein Zeft begangen und 
den Prieftern des Pan eine dritte Klaße *) 





swiefach auffallen muß, aber durch fein ſte⸗ 
tes und — glüdliches Beſtreben, den. Wei⸗ 
bern zu gefallen, hinreichend erklärt wird, 
nDen alten Kabltopf‘’ hatten ihn, hei'm 
Triumphe, feine eignen ausgelaßenen Vete⸗ 
ranen ſchon gefcholten; und es läßt fich wobl 
denfen, daß diefer Naturfehler den roͤmiſchen 
Würlingen oft genug, und fchwerlich zu ſei⸗ 
nem Vergnügen, sur Zielſcheibe ihrer Sröt- 
tereien dienen mochte, 

) Diefe Lupexci theilten fich bieher in die 
wei Bruͤderſchaften der Quintiliani und Fa- 
biani. Jejt kamen nun noch die Juliani hinzu, 

4. Band. \ ‚893 


466 


Beigefigt werde, um bie dabei. beftiimmten 
religidfen Gebräuche zu begehen; daß er 
feldft den Titel des ,, inlianifchen Jupiters 
führen, und daß ihm, gemeinſchaftlich mit 
der Dea Ciementia, ein Tempel errichtet 
und M. Antonius zum Priefter diefes neuen 
Heiligthums gewetht werben ſolle. *) 


— — — — 
HDie Wahl der Nebengoͤttinn dieſes Tem⸗ 
yels wat eine feine, aber: nicht unſtattbafte 
Schmeidelei: denn immer und Aberal war 
Gäfar. im Geleit der Milde aufgetreten. — 
Webrigens wird die Bemerkung bier an ihrer 
Stelle ſeyn, daß, fo lang diefe Reihe von 
* Privilegien auch fheinen mag, fie doch bei 
weitem nicht das ausführliche Megiter der- 
felben bei Dio Caßius (3.43. K.44, ds und 
B. 4. 8. 4— 7.) erfchöpft, und. daß bier eine 
gute Hälfte derſelben abfchtlich Abergangen 
worden, weil entweber ſchon bei Gelegenheit 
vom Cäfars fehheren Bevorrechtungen davon 
die Rede geweſen, oder weil fe ſich auf Ein⸗ 
richtungen der alten roͤmiſchen Revublit bes 
sieben, die nur dutch einen umſtaͤndlichen 
Kommentar verdeutlicht werden fünnten, — 
Allem aber, was hier genanbt und verſchwie ⸗ 
gen worden, würde ein Ehrenrecht, deßen 
Sueton (Rad. 5r) erwähnt, an ausſchwei- 
fender Sonderbarkeit den Vorrang ablaufen, 
wenn dieſer Biograph ſich nicht, in Hufe 


467 


Wer vermöchte zu. läugnen, daß eine 
ernftliche Ablehnung diefer zudringlihen 
Beguͤnſtigungen die Erfinder derfelben gar 
Bald zum Verftummen gebracht haben wärs 
de? Allein wenn auch die: Staatsklugheit 
dem Diktator es nicht als zuträglich erſchei⸗ 
nen ließ, felbft durch ſolche pomphafte Ge 


nahme einer gewiffen Art von Anekdoten, 
durchaus als Dilettanten zeigte, der es, um 
des Bitanten willen, mit der Wahrheit oder 
Wahrſcheinlichkeit ſelten genau genug nimmt, 
„Helvius Cinna, ein damaliger Volkstribun, 
foll verſchiedentlich Heäußert haben, daß der 
ausgefertigte Vorſchlag zu einem Gefezze in 
feinen Händen ſey, welches er, in Edſars Ab— 
wefenbeit, aber auf defen Befehl, Habe zur 
Sprache bringen und fordern follen, und wo⸗ 
durch dem Diktator die Berechtigung ertheilt 
worden, fd viele und welde Frauen er 
wolle, ſich ansuvermählen, um eine eigne 
Nachkommenfchaft zu gewinnen.’ — Kreis 
U fpricht auch Div (B. 44. 8. 7.) von der 
Sache; doch nur, daß fie von Andern in An⸗ 
xegung gebracht worden. — Auch dürfte man 
fragen: wann Cinwa auf fülche Art aus der 
Schule gefchwazt babe? da er bekanntlich ſchon 
am Tage der Leichenfeier Caſars ſeinen Tod 
“fand, 


’ 32 


BB 
tingfügigkeiten, die Kluft. zwiſchen fih und 
iedem andern Staatsbürger, bis zur Uns 
möglichkeit des Ueberfpringens zu erweitern, 
fo wird fein Bild durch das, mas es hies 
durch am deal verliert, nur um fo mehr 
an Deenfchenähnlichkeie gewinnen, wenn 
wir annehmen, daß auch ihn felbft wohl 
zuweilen auf feiner, erreichten Höhe ein 
Schwindel befhlih, und daß ihm dann 
gerade dieſer unächte Schimmer als begeh⸗ 
renswerther Lohn feines Strebens erſchien. 
Wenigftens doc) verläugnete ſich der beßerg 
Sinn in ihm nicht. fo ganz, daß.er des 
öffentlichen Geſtaͤndnißes unfähig geworden 
wäre: „Die ihm gemährten Ehren moͤch⸗ 
ten eher einer Einſchraͤnkung, als einer Er 
weiterung bedürfen.” Ja, in einzelnen 
Augenblikfen dunkten fie ihm wohl gar fo 
drhffend, daß er, in ber Uebertreibung 
der Ungebuld und mit abgeworfener Toga, 
feine Hausfreunde verficherte: „Gerne wolle 
er Jedem, dem nach feinem Plazze geläfte, 
die Kehle hinftrekten. 

Abgefehen iedoch von diefen, ihm von 
Andern aufgebrungenen Echwäcen,*) muß 


Es scheint mir mehr ein fchimmernder, 





469 
ihm die Gerechtigkeit widerfahren, daß er, 
mit feltenem Mißbrauch diefer falſchen 
Größe, einen defto treflihern und wohle 





als ein wahrer oder auch nur wabrſcheinll⸗ 
her Gedanke, den Plutarch gleichwohl mit 
großer Auderfichtlichteit vortrͤgt Cund der. 
feitdem auch vielfältig auf feine Autorität 
vor andern Schriftſtellern angenommen wor⸗ 
den it) wenn er glaubt: „Dieſe theilg uns 
fingige, tbeıls anfößige Anbäufung von Eb · 
sen, wodurch Cäfar auch bei den nachfichtige 
Ken Bürgern unendlich viel verloren babe, 
ſey eben ſowohl das Werk feiner Feinde, 
als feiner Schmeichler, geweſen, und daß 
iene.darin nur einen deſto fcheinbareren Bor« 
wand gefucht.bätten, ihn zu Rürsen und biefe 
That durch gewichtveße Beſchwerden recht⸗ 
fertigen zu koͤnnen.“ — Eine foldhe, in fo 
> weiter Gerne angelegte, ſyſtematiſche Kabale, 
daͤucht mir, konnte unmaglich das Werk ei⸗ 
ner jahlreichen Verſchwoͤrung ſeyn, und wäre 
wenigfteng ein febr gefäprliches Mittel zu Ihe 
tem Zwefte gewefen. Denn um mie viel 
böher fie felbii ihren Tyrannen erhuben, ges 
rade um fo viel Leichter konnte er fie auch," 
ehe fie noch an ibrem Ziele Handen, erdruͤt⸗ 
sen, fobald fich ihm in jenen Unerbietungen 
nur die mindeſte Spur von tüffifcher Plane 
mäßigfeit verraten hätte; . und Scharf⸗ 


xo ‘ 
thätigern Gebrauch von der wahren zu 
machen wußte, die ſich in feinen Händen 
vereinigte. Man erftaunt, (auch wenn man 





fit wenigſtens wird man dem Diktator 
(rie groß man auch feine augenblickliche Be⸗ 
thörung annehmen möge) nicht abfprechen 
Tonnen, Zudem wißen wir, daß der eigente 
Tiche Bund iu Cäfars Sturze fich nur fodt 
and almählig bildete, und daß, wenn iene 
unfinnige Bemühungen, ihn zu vergöttern, 
wirklich zur Kürzung feiner Tage binführs 
ten, Antonius und feine andern Freunde ſich 
dieſe Schuld mit ungleich größerm Rechte 
vorzumerfen hatten — Menfchen, die gleich« 
wohl mit des Diftators Mördern nie im 
einer dabin abzwekkenden Verbindung flan- 
den! — Wozu aber auch Beweggründe von 
fo weitem ber auffuchen, die fo ganz in der 
Nähe Hegen? Sobald es Menfchen gab, die 
ihr Gläd auf Cäfars Gunſt zu bauen füche 
ten, und ſobald Diefe zu einem folchen Aus⸗ 
wurf gehörten; als wozu Romg Optimaten 
damalg herabgefunfen waren, fo darf ung 
weiter auch feine moraliſche Verirrung, auf 
der wie fie betreffen, befremden. Dder was 
ten ibre Söhne und Enkel, die Senatoren 
zu Auguſts, Tiberins und der nachfolgenden 
Gäfarn Zeiten, bedenklicher in ihren ſchaam⸗ 
loſen Vergötterungs: Dekreten? 


an 


an Eäfars raftlofe Thätigfeit endlich ſchon 
gewöhnt zu feyn glaubt) ihn, in dem furs 
zen Zeitraum von kaum fechs Monden, den 
diefe fegte Periode feines Lebens umfaßt, 
mit einer Reihe von großen Entwürfen, 
zu gleicher Zeit, beſchaͤftigt zu fehen, 
welche fonft zur Verherrlichung einer langen 
und ausgezeichneten Regierung ausreichen. 
Vollkomne Straflofigfeit, allen feinen bis⸗ 
herigen Wiberfachern zugeſtanden, gab einen‘ 
neuen glänzenden Beweis des milden Geiftes, 
der ihn befeelte. Mehrere derfelben gewan⸗ 
nen fogar fein: Vertrauen in dem Maaße, 
ſich mie neuen Warden im Staate und uns 
mittelbare Antheil an der Regierung von 
Ihm bekleidet zu fehen. Den Hinterblies 
benen ber Vielen, die mit den Waffen: in 
der Hand, ihm gegenhber, den Untergang 
gefunden, ſicherte er das Beſitzthum ihres: 
väterlihen Erbes. Der Erpreßung der 
Statthalter in den Provinzen wehrte er. 
duch ſchimpfliche Ausftoßung aus dem Ser 
nat; dem Lupus durch erhöhte Einfuhrs 
‚le fremder Waaren; der Verwirrung, 
weiche die Vielfältigkeit der Geſezze in die 
Rechtspflege brachte, durch die Verord⸗ 


B 4723 

mug, fie, in kurzer und lichtvoller Ueber⸗ 
ſicht, zu einer umfaßenden Sammlung zu 
vereinigen. " 

. Die Wißenfchaften, denen der Macht⸗ 
haber ſelbſt einen fo entſchiedenen Theil 
feiner Größe fpuldig war, empfanden feis 
sen Dank durch die Anlegung mehrerer, 
großer Bücerfamlungen, in melden die 
Schaͤtze des menfhlihen Wißens zum ers 
Teichterten Gebrauche niedergelegt wurden. 
Roms ſtolze Pracht an öffentlichen Monu⸗ 
menten folte durch den Bau eines neuem, 
alles an Glanz und Größe äberftrahlene 
den Mars Tempels und eines neuen, felbft 
bas vom Pompeius aufgeführte, verduns 
kelnden Theaters, ‚einen bedeutenden Zus 
wachs gewinnen; und beide Unternehmuns 
gen ‚wurden wirklich, angefangen. Meue 
Heeiftraßen über den Apennin waren bes 
ſtimmt, die Verbindung mit den Provins 
sen zu erleichtern; und von einer anderm 
Seite folte‘ die Kenntniß des ungeheuern 
Nömerreichs duch eine genaue Beſchrei⸗ 
hung feiner Länderfireden, die Richtung 
der Wege und die Entfernung der Derter 
berichtigt und erweitert werden, An das, 


43 


vor und nach ihm oft verfuchte Rieſenwerk, 
die Sumpfe von Pometium und Setia *) 
auszutrocknen, dadurch eine große Länders 
ſtrecke für den Aderbau zu gewinnen, und 
Roms ungefunde Luft zu reinigen, mollte 
er mit einem Ernſte und einer Kraft Hand 
anlegen, die .auf Gelingen hätte hoffen 
Tagen. Zugleih aber ſcheint mit dieſem 
Entwurfe ein noch größerer Plan verbuns 
den geweſen zu feyn, wenn es wahr ift, 
daß Telbft die Tiber da, wo fie Roms 
Mauern befpähle, in einen Kanal aufge 
fangen, nach Circeji berumgeführt, und 
endlich durch iene nemlihen Suͤmpfe einfts 
weilen in’s- Meer abgeleitet werden folte, 
um inzwifchen das alte Flußbett erweitern, 
dem Hafen von Dftia mehr Ausdehnung 
und Sicherheit zu geben, das Meer dur 
vorgezogene Damme zu bezwingen und fo 
dem unmittelbaren Handelsverkehr mit der 
Hauptſtadt ein neues Leben mitzutheilen. *) 


*) Die berüchtigten pontinifhen Suͤ m⸗ 
dfe, welche damals, wie test, keines Anbaus 
fähig waren, und Bieber und Tod im einer 
weiten Nachbarfchaft umher, ſelbſt bis nach 
Kom, aushauchten. 

**) Auf diefe Weile glaube ich drei Mache 





44 
Aber auch Über die Grenzen der Halb: 
infel hinaus reichte dieſer gewaltige Wille 
zu neuen Schöpfungeplanen. (Ein und das 
nemliche Jahr *) hatte einft zwei der herr⸗ 








richten, welche Blutarch-(CAf. 58.) in ununs 
terbrochner Folge, doch nicht ganz in dieler 
Ordnung, mittheilt, unter einander in Ver⸗ 
bindung ſetzen zu bürfen, weil fie font ent⸗ 
weder fich miderfprechen, oder gine Unge⸗ 
teimtheit enthalten würden, Sollte Ditia, 
als Romg Hafen, in- höhere Aufnahme durch 
große, dort aufgeführte, Werte fonımen, ſo 

- durfte der Husfluß der Fiber nicht auf im⸗ 
mer von dort hinmweggeleitet werden. Sollte 
bingegen der interimiflifche Kanal bei Ter⸗ 
racina, wie Blutarch verfichert, dem Meere 
Sugefübrt werden, fo mußte er notbwendig 
die pontinifchen Shmpfe durchſchneiden; und 
es iſt auch nach hydroſtatiſchen Geſenen 
wohl zu erklaͤren, wie dieſer neue ſtarke Waſ⸗ 
ſerzug zur Trokkenlegung der Moraͤſte bei⸗ 
tragen konnte. 

Im Jahr 608 eroberte und jerſtͤrte 8, 
Mummins Korinth, während Karthago dem 
iuͤngern Scipio als Dbfieger in feinen nie⸗ 
dergeworfenen Mauern erblickte. Alfo ein 
volles Jahrhundert hatten Beide verwüſtet 
dagelegen! Doc blich die Ausführung des 
taͤfariſchen Gedankens dem rubigern Zeitilter 


475 


lichſten Städte bes Alterthums — Korinti) 
und Karthago — durch Römerwaffen im 
Trümmern ‘zerfällen fehen: aber Römer: 
haͤnde, unter Caſars Leitung, folten nun⸗ 
mehr Weide, zu gleicher Zeit und mit vers 
tängtem Ganze, als römifhe, von feinen 
Veteranen bevdlkerte, Kolonien aus dem 
Staube empor heben, Korinth inſonder⸗ 
beit aber würde, als Handelsplaz, ihre mit 
zum Leben erweckte Zwillingeſchweſter wahrs 
ſcheinlich noch weit hinter ſich zuchefgelaßen 
haben, wenn ber Gedanke, welchen Caͤſar 
mit ihrer Wiederherſtellung verband, und 
der ſich nur in feinem umfaßenden Geiſte 
erzeugen Fonnte, zur Ausführung gedichen 
wäre. Er wolte, daß der Iſthmus, wel⸗ 
cher, in geringer Ausdehnung, den Pelor 
ponnefus an Xttica heftet, verfhwände, um 
einem Kanale Pla; zu machen, welder das 
ägeifhe und ioniſche Meer mit einander 
verbunden und der Schiffahrt den: weiten 
Ummeg um das, durch Stürme Abel bes 
Augufis vorbehalten; und beide Städte bluͤh⸗ 
ten wieder zu-einem behen Grade von- ZWohl« 
Hand empor, . 








16 
rüchtigte Worgebürge Malen erfpart Haben 
würde. *) 

Eigentlich iedoch war es, mitten in 
diefen friedlichen Planen, der Entwurf 
eines neuen, alle feine früheren Thaten 
überftrahlenden Kriegezuges, was ihn am 
arigelegentlichfien, laͤngſten und — fehen 
wir auf die dazu bereits getroffenen Mor: 
Tehrungen, — am wirkfamften befchäftigte. 
Einer Feuerfecle, wie fie in Caͤſars Buſen 
flammte, war es freilich nicht gegeben, ſich 
můßig an der Betrachtung der zurhdigelegs 
sen glorreihen Laufbahn zu ergöggen. Ser 
der gepflädte Lorbeer mußte ihm auch 
als ein abgenuzter erſcheinen, fo lange 
er noch ein Ziel, feines Strebens würdig, 
ia der Ferne vor fich erblickte. Jede neue 





*) Daß dies Wert bei ihm allerdings mehr, 
als Gedauke — daß e# in feinem Detail bes 
rechnet, und alfo auch die Möglichkeit der 
Ausführung entſchieden war, erhelt Darand, 
daß ein.gewißer Anienus wirklich ſchon die 
Aufſicht darüber empfangen hatte, Es follte 
ſelbſt während des Kriegszuges, von welchem 
gleich die Rede ſeyn wird, daran fortgear⸗ 
beitet werden, . 


477 


in ſich entwikkelte Kraft flößte ihm das 
Vertrauen ein, fich mit eben fo gluͤcklichem 
Erfolg zu noch herrlichern Anftrengungen ' 
zu erheben. Giferfüchtig auf fich ſelbſt, und 
fein eigner Nebenbuhler, folte die. Groß⸗ 
that von heute fiets noch die von ger 
fern zur Wergeßenheit bringen; und die 
Thraͤnen, die er einft vor Aleranders Stands 
bild vergoß, hatten auch, fo viel Jahre 
fpäter, nicht aufgehört, ihm auf der Seele 
zu brennen. 

Nur Einen Gegner bot ihm die bas 
malige Welt, der feiner Waffen würdig 
ſcheinen konnte: aber diefer Eine war eben 
ſowohl auch der gefürchtefte, als der ger 
baßtefte Feind des römifchen Namens. Wer 
bie Parther nannte, regte zugleich auch 
den ſchneidendſten Mißton in iedes Rdmers 
Ohren an; und dies’ nur noch zwiefach, 
ſeitdem Craßus und feine Legionen unter 
ihren Pfeilen fo ſchmaͤhlig gefallen waren. 
Noch mar biefer duſtre Tag in Roms Ans 
nalen nicht gerächt; und mir mißen, daff 
das folge Volt am der Tiber leicht Alles, 

nur nicht die Rache für zugefügte Beleidi⸗ 
gungen, vergaß. Cäfar felbft, als Römer, 


48 


dachte und empfend in dieſem Sinue: al⸗ 
lein eben dadurch ward auch ein Krieg 
gegen die Parther, von ihm boaſchloßen, 
alſobald die Sache der Nation, wobei er 
auf den lauteften Beifal und die freubigfte 
Untetftidzgung zählen durfte. Unteriochung 
oder Vertilgung dieſer rohen Horden folte 
es gelten; und ſchon war Stalien, bis auf 
eine unbedeutende Kriegsfhaar, die, unter 
Xepidus Befehlen, in Roms Vorſtaͤdte vers 
theilt, Roms innere Ruhe hätete, von Trup⸗ 
pen geräumt; ſchon fanden ſechszehn Le⸗ 
gionen und zehn taufend Keifige in Mas 
eedonien, des fernern Aufbruchs gemärtig; 
ſchon flogen, nad) diefem nemlihen Sams 
melplazze hin, die unermeßlichſten Words 
the zu einer nachdrädlihen Kriegführung 
zuſammen. 

Und dennoch wuͤrde man ſich irren, 
wenn man annehmen wolte: hier endlich, 
in Ekbatana und Perſepolis, werde der 
Sieger fein Schwert in bie Scheide ſtek ⸗ 
ten! Denn traf er nicht eben hier in 
bie Fußſtapfen von Aleranders Trophäen? — 
und hier endlich folten auch iene Thraͤnen 

wuchern! Denn mettetfernd mit des gros 


479 


Ben · Macedoniers Siegezuge, hufte Caſar 
feine furchtbaren Legionen durch Hytkanien, 
zwiſchen den Engen des kaſpiſchen Meeres 

und des Kaukaſus hindurch, in die nie er⸗ 
forſchten Steppen Scythiens zu führen, 
den Pontus Euxinus zu umkreiſen, durch 
Sarmatien, Dacien, Germanien ſich un⸗ 
widerſtehlich Bahn zu brechen, und, die 
alte Siegsbahn durch Gallien auf's neue 
mefend, noch einmal, als Triumphator bas 
Kapitol zu beſtelgen. Und fuͤrwahr! Was 
in iedes andern Römets Munde als Prah⸗ 
lerei erflungen wäre, durfte, von Caſar 
im vertraulichen Kreife ausgeſprochen, ale 
Unterpfand einer unzweifelhaften Ausfuͤh⸗ 
tung erſcheinen! , 

Schade nur, daß Entwürfe von fols 
er Größe, zu ihres Ausführung auch Ger 
möüther vorautsfezten, bie der Begeiſterung 
für dieſelben in gleichem Maaße empfängs 
lich wären! Schade noch mehr, daß zus 
mal ber befchränfte Gelſt der Menge für 
dieſe Riefenarbeiten in Krieg und Frieden 
nur mie einem ſtumpfſinnigen Anftaunen 
ſich begnägte; während fie — ohne Ads 
nung, daß das Außerordentliche nur auf 


480 


neuen und ungewöhnlichen Bahnen zu er⸗ 
reichen ſey — ſich eigenmillig an dem hielt, 
was ihr zunaͤchſt in die Augen fiel; was 
eine lange Beriährung in biefen Augen ges 
heilige hatte. Hier mußte fie denn freis 
lich nur zu oft durch die kuͤhne Abweichung 
von dem gewohnten Geleife der Verwal 
tung befeemdet, geärgert und beleidigt wer: 
den. Wie tief auch ſchon längft Die wahre 
Römer» Würde aus diefer Menge gewi⸗ 
ben war: immer doch regte fich, bei folhen 
Veranlagungen, der alte Römer « Stolj. 
Man durfte fie in Ketten ſchmieden; man 
durfte ihren wefenslichften Vorrechten dfs 


fentlich Hohn ſprechen: allein am die alten. 


Formen, aus denen der Geiſt langſt ent⸗ 
wichen war, Hand zu legen; ſich weſenlo⸗ 
fer Gebräuche Überhebem, und auf dem ges 
sadeften Wege, durch alle Werhaffe bes 
ſich felbft Aberlebten Herkommens, raſch 
zum Ziele zu ſchreiten: — dies hieß, den 
großen Haufen — ſelbſt in der Senats 
Kurie — an feiner verwundbarfien Stelle 
entaften und feine Gebuld aus’ den Grens 
zen einer ftillen Ergebung vertreiben 


und 


I B 

Und hierin war es wohl hauptfächtich, 
worin Caſar fehlte — nur zu oft und viele 
fach fehlte! Aber ie ungeduldiger fein ſtar⸗ 
ker Geiſt, im Beginn und Fortgang feiner 
Laufbahn, mit digfen Hemmketten eines 
genialiſchen Wirkens derungen’ hatte, um 
fo minder mochte er iezt, Aber ieden Wis 
derftand erhaben, und den Blick ausfchlieh« 
lich auf feine großen Ziele geheftet, über 
diefe kleinlichen Mebendinge mit ſich oder 
Andern in Unterfuchung eingehen oder auf 
Einrede hören.- Ihm lag die Verpflichtung 
ob, : frühere Werdienfte feiner Anhänger und 
Ereimde zu belohnen; und wenn die Eis 
\theilung des römifchen Bürgerrechts und 
andrer ftaatsbärgeslichen Vorzuͤge ihm das 
Mittet-an die Hand gab, diefe Schuld an 
ganze Gemeinden oder wohl gar Provin⸗ 
ven abzutragen, fo war dagegen dem Eins 
weinen eine Stelle-im Senat als ehrende 
Ausjeihnung füs das noch nähere Anfchlies 
Gen an feine Perfon, oder große für ihn 
abernommene Opfer, aufbehalten. Freilich 
Tümmerte es ben Dittator fehr wenig, ob 
lauter römifhes Blut in ben Adern der 
nenen Senatoren Ereiste, oder daß biefe 

«Band. %b 


> 482 

erlauchte Verſammlung dadurch almahlig 
bis zu neun hundert Köpfen erwuchs, *) 
md nun durch ihre Menge kaum noch zu 
einem berathfclagenden Körper geeignet 
blieb. Nach feiner. Anfiht — und ‚war 
fie etwan nicht die richtige? — folte der 
Senat ihm nur als Infteument taugen, 
feine Befchläße in’s Werk zu richten, oder 
als Mitteiglied, den Beherrſcher mit dem 
beherrſchten Volke gu verfnüpfen. 

Daß Caſar in dee That dieſe und 
iede andre Würde im Staat fortan nur 
als Titel betrachtete, die mir den Mann, 
der fie trug, perſonlich belohnen umd eh⸗ 


®) Da bauptfählich der oben angegebene 
Maaßſtab für die Aufnahme entfchied, fo 
durfte es nicht in Verwunderung fessen, 
Viele von niedrigem Stande, felbft Freiges 
Taßene,, oder von verworfenen Sitten, untet 
dieſen Erwählten zu finden. Beſonders er⸗ 
langten manche, noch bald barbariſche Gal⸗ 
Tier, welche Rom nie zuvor gefehen Hatten, 
ienen Ehrenplaz in der Kurie; und dies verr 
anlaßte den fatpeifchen Maueranfchlag: „Wit 
„Gunſt! Daß Niemand den neuen Sena- 
toren ben Weg zur Kurie geigel” Best, 
Suet. K. 30 





- 43 
ven, aber ihre Wirkſamkeit erft durch feine 
nähere Vevolmächtigung empfangen folten, 
verrieth er deutlich genug, indem er die 
Mamen und Ehren von Konfuln, Prätor 
ten und Patrisiern an feine Freunde aus 
foendere, ohne daß die entfprechenden Bers 
richtungen damit verbunden waren. So 
flieg nach und. nach die Zahl der Prätoren 
auf vierzehn bis ſechrnehn, udd der Quaͤſto⸗ 
zen bis auf vierzig. *) Der Wirfungstreis 
der neu ernannten beiden Konfulu erſtreckte 
fi) auf wenig mehr als die Repräfentation 
im Cenat; und als Q. Fabius, felbk am 
legten Tage des Jahres, um bie Mittages 
funde, mit Tode abgieng, benuzte Caſar 
diefen Anlaß, einen Andern feiner wohl 
verdienten. Partheigenogen, ben €. Canis 





*) Gewählt zwar wurden biefe und. an» 
dre Staatsbeamte, nach wie vor, von dem 
Wolle; doch die Beſtaͤtigung behielt Ca—⸗ 
far ſich allerdings vorz und bei ihrem Ab⸗ 
gange erbiehten fie ihre Provingen nicht, wie 
fonk, durch's Boos, fondern nach des Dikta⸗ 
tors Behimmung; und es verfieht ſich wohl, 
daß die unfaͤbigen oder uebelangeſchriebenen 
dabei leer ausgieugen. 

ha 


484 
nius Rebilus mit dem erledigten Ronfulat 
zu beklelden, ohngeachtet der Ermählte ſich 
dieſer Würde geſezmaͤßig nur noch zwolf 
Stunden erfreuen konnte.) 

Caſar ſelbſt löste ihn in derſelben ab, 
indem er fih, mit M. Antonius, zu Kons 
fuln für das beginnende Jahr (710) er⸗ 

"Härte; ohne iedoch die Diktatur abzulegen, 
in welcher er, nach wie vor, feinen treuen 
Gehülfen Lepidus ale Magifter Equitum 
beibehtelt, und erft, als been -Abfendung 
nach dem diesfeitigen Hiſpanlen erforderlich 
wurde, ihm den achtzehnidhrigen €. Octa⸗ 
* *) Ein ergiebiger Stof für Cicero, ber bier 

- mit feinen winzigen Einfällen-fein Biel nach 
Ende. zu finden mußte. Cr förderte die Ges 
natoren auf, fih mit ihm in der feierlichen 
Begrüßung des neuen Konfuls zu beeilen, 
bevor derfelbe mit feinem Konſulat zu Ende 
time. — Ihm ſelbſt machte er die far- 
laſtiſche Entfcpuldigung: daß er zwar waͤh⸗ 
rend feier Ampsführung ihn gu befuchen 
gewünfcht, aber von Nacht und Yahresichluß 
auf dem Wege überellt worden. — "Er prıes 
den armen Rebilus als den Matın von einer 
Wachfamfeit ahne Gleichen: denn ihm fen, 
als KRonful, fein Schlaf. ing Auge gekom⸗ 





485 


vianus, den Enkel feiner Schweſter und 
ſeinen muthmaaßlichen Erben, zugeſelte, 
der in dieſem hohen Standpunkte ſeine 
Öffentliche Laufbahn. beginnen ſolte. Frei⸗ 
lich vertilgte dieſe, noch durch nichts gerecht» 
fertigte Vorliebe, neben ſo mancher andern 
eigenmächtigen. Wilkuhr, alſobald wieder 
den guten Eindruck, welchen ſeine Ueber⸗ 
nahme des Konſulats bei den Patrioten 
hervorgebracht, und der fie zu der Hofnung 
emporgerichtet hatte, daß es wohl auch im 
Caſars Planen liegen fönne, nunmehr, ba 
Alles beruhigt worden, den alten geſezma⸗ 





7 
men; und als einen merkwuͤrdigen Umſtand 
gab er es ju bedenken, daß weder. Winter, 
noch Frühling, noch eine andre Jahreszeit, 
während diefer. Magifiratur, mit einander, 
gewechfelt habe. Ya, er Auferte fogar die 
Beſorgniß, daß man künftig fragen dürfte: 
Unter welchen Konfuln Caninius denn Kon⸗ 
ſul gewefen? — Manches mag iedoch bies 
bei, als urfpränglich fremde Erfindung, dem 
guten Cicero nur aufgebürdet feyn; fo wie 
denn Macrobius (Saturn. II. 3.) einige die⸗ 
fer Einfälle ihm zwar, aber bei Gelegen« 
heit des früheren Konfulats von Vatinius, 
beimißt. \ 


486 


Figen Zuftand ber. Dinge almählig. wieder 
zurddjuführen. Je dfter fie aber in dies 
fer Erwärtung getäufht wurden, um fo 
tiefer auch murzelte in ihrem Innern ein 
Grol, der von nun an feine geheime Bes 
friedigung darin fand, die falfhen und 
unbewachten Schritte, die ſich der Dikta⸗ 
tor zu Schulden kommen ließ, zu bemer⸗ 
Ten und aufzuzahlen. Bald genug fanden 

ſich Aberal Unzufriederie, welche in diefen 
Tadel einftimmten und ſich ihren Geſin⸗ 
nungen anſchloßen. 

Schon des Diktators hiſpanlſcher Tri⸗ 
umph hatte bei dem Volke mehr Trauer 
ale Beifal — hatte durchaus keine von 
den freudigen Bewegungen erweckt, wo⸗ 
durch dergleichen Tage des befriedigten Na⸗ 
tionals Stolzes ausgezeichnet zu ſeyn pflege 
ten. Daß man ferner. nur zu geneigt blieb, 

ihm fein hohes Selbftgefühl als unerträge 
lichen Stolz, . feine Grfügigkeit in Annahme 
der ihm bewilligten Ehren als unerfärtlis 
hen Kizzel der Eitelkeit, feine Vereinfas 
dung der unförmlihen Staatsmafchine als 
ſtraflichen Eingrif in geheiligte Rechte, und 
iede energiſche Maaßregel als nadten De 


#87 


ſpottemus anzurechnen, war von ber Menge, 
ie weniger fie ihn begrif, um ſo unaus⸗ 
bleiblicher zu erwarten. Allein eben fo ges 
roiß auch veizte er ſelbſt ihren Unmuth durch 
einen Freimush der Rede, der an Unvor⸗ 
ſichtigkeit — nicht felten ſogar an Uebers 
much — grenzte. Gr ſelbſt verrieth den 
Geiſt, in weichem er handelte, und ben 
zu enthällen die Blitke feiner Römer ſich 
noch immer angftlich ſcheuten, durch die df⸗ 
fentlich hingeworfene Aeußesung: „daß die 
Mepublif zu einem wefenlofen Schatten ges 
ſchwunden ſey.“ Er ließ fih’s entfallen: 
„daß man wohl daran thun werde, mit 
Sorgfalt auf feine Worte zu merken, und 
daß jedem derfelben Gefegiestraft beimohs 
nen folle. Sulla aber habe fih ſchon das 
durch allein als einen Laien in der Staats⸗ 
Zunft erwieſen, daß er fähig, geweſen, feine 
Diktatur niederpulegen. 

Warlich auch war es nice die Räds 
Sehr in’ den Privarftand, die ex fih, als 
den Zielpunft der feinigen, vorſteckte, ſon⸗ 
dern — die Konigskrone!l Wie auch im 
mer die Urtheile über Dies, bis zum Eis 
genfinn beharrliche, Streben Caſars auss 





488 


fallen mögen: (und wohl bat man: ihn, 
gerade dieferwegen, bis zur Abfprechung als 
ler Charakters Größe herabgemärdigt! ) —. 
dennoch ift es wohl nur eine billige For⸗ 
derung, daß vorausgefegt werde, dasienige,: 
was ein Mann pon CAfars Geifteskraft, 
gereifter Erfahrung und umfichtiger Berech⸗ 
nung fo wolte und als Ziel verfolgte, ver 
diene doch wohl, nicht als bloße Befriedis 
gung eines Findifhen Wunſches oder einer 
thörichten Eitelkeit betrachtet zu werden. 
Eben fo wenig, als ein Diad.em feiner,’ 
alles menfchliche Maag Aberragenden, Grdße 
noch etwas hinzuzufügen vermochte, Fonnt’ 
es auch feinen lezten und hoͤchſten Eher 
geiz ausmachen, fich in einerlei Reihe mit 
den Königen feines Beitalters zu ftellen, 
die fo oft am römifchen Triumphmagen 
fortgefchleift worden, ſo oft feine Vorzim⸗ 
mer gefült, fo oft Gut und Leben von feis 
nem Winfe als Geſchenk empfangen hat 
ten. Wenn iedoch, nach fo langen Jahr⸗ 
hunderten, Aber die, nicht offen da liegon⸗ 
den, Beweggründe feines emfigen Strebens 
nur Vermuthungen gewagt werden koͤn⸗ 
nen, fo wird man, in diefer Ungemißheit, 





49 


body fieber zu Vorausſezzungen greifen, die 
iene Thatſache erklären, ohne den Charakı 
ter eines großen Mannes geflißentlic zu 
verrufen. 

Erklart aber fheint allerdings diefe 
Aufgabe durch ihn fäbft, der ihr Gegen 
Rand ift, und durch feine, vorangeführte, 
in ſich felbft fo wohlbegrändete Behaups 
tung: „daß die Republik zu einem Nichts 
herabgeſunken geweſen.“ — Hatte er Recht, 
fo mußte es feinem hellen Kopfe als Wis 
derſpruch erfcheinen, fie in dieſer Wefenlos 
ſigkeit fortbeftehen zu laßen, fofern er ſich 
ſelbſt den Mann dazu fühlte, ihr eine neue, 
der Zeit und den Menfchen angemeßnere, 
Form aufjuprägen. - Ihm, der fo tiefe 
Blikke in das Wefen des römifhen Etaas 
tes gethan hatte, mußte nothwendig auch 
bie Idee von einer, durch Zeit und Bege⸗ 
benheiten almählig fortfhreitenden innern 
Entwicklung deelben vorfehweben, auf wels 
che Roms ganze bisherige Gefchichte bins 
leitete. Es mußte ihm Elar feyn, daß die 
Größe des Staats auf einigen wenigen, 
ber ewigen Grundſazzen beruhte, die er 
felbft, während feines ganzen politifchen Les 


40 


bens, treulich geübt hatte und alſo wohl 
nicht anzutaften begehrte; daß aber eben 
biefer Staat auch nur durch mehr als Eine 
Umformung im Innern fähig geworden, ' 
tene Grundfäzge, nach dem Bebhrfniß der 
Beiten, fo unerſchutterlich zu verfolgen. Und 
eine ſolche abermalige Wiedergeburt ſchien 
nicht nur iezt, wo alle Springfedern der 
republlkaniſchen Verwaltung fh als ers 
fehlaft oder abgenuzt erwieſen, erforderlis 
her als jemals geworden, fondern fie war 
auch bereits wirklich erfolgt; und fein Uns 
befangener mocht' es verneinen, Rom fey 
in eine Monardie verwandelt. War 
es aber- wirklich zu diefer neuen Entwik⸗ 
Telungsftufe heran gediehen, fo gab es auch 
teinen haltbaren Grund mehr, den Staat 
nicht auch in ıdiefer neuen Geftalt auftres 
ten zu lagen. Jedes Hemmen wäre nicht 
nur vergeblich, fondern zugleich auch eim 
Mädfcpritt geweſen! 

Eine andre Frage aber ließe ſich hier 
aufwerfen: Ob es nicht, bie dahin, mo 
dieſe Wahrheit fich auch dem blöderen Auge 
der Menge als unumſtoͤßlich aufgebrungen 
hätte, Elüglicher gehandelt gewefen wäre, 


40r 

ſich dem Ziele auf Umwegen zu nähern, 
‚und des Vorurtheils, das fi noch immer 
in den hergebrachten republifanifhen Fors 
men gefiel, mit ſcheuer Sorgfalt zu ſcho⸗ 
nen? — Doch unentgegnet, ob die das 
maligen Römer eine ſolche zarte Schonung 
verdienten? oder wem fie fih, zu als 
len Zeiten, veraͤchtlicher, als gerade ihm, 
erwiefen? — fo fordert es gleichwohl Er⸗ 
wägung, ob Cäfar, im Lauf feines ſechs 
und funfzigften Lebensiahres, noch eine Lauf⸗ 
bahn von binreichender Dauer vor ſich ers 
blickte, um es auf ein Gewebe von Küns 
flen anzulegen, die ohnehin feinem durch⸗ 
geeifenden Sinne fo wenig jufagten? 


In der That bedurften auch feine rie⸗ 


fenhaften Enswürfe nach außen noch Jahre 
zur Ausführung, die er, der unÄbertroffene 
Haushalter mit feiner ‚Zeit, wohl ſchwer⸗ 
lich Luft finden Eonnte, mit den unrähms 


lichen Kämpfen des Forum, mit Aufftels 


lung politiſcher Neue und mit fchlauer 


Erſchleichung von Vorrechten zu zerfplie 


teen; *) — bedurften, zu ihrem Gedeihen, 





*) Daß Oetavianus Augufus, durch feines 


40 

einer vollen geſammleten Kraft und einer 
volendeten Einheit der Verwaltung. Aber 
dos geſezlich anerkannte Koͤnigthum al, 
lein konnte ſie ihm gewaͤhren. Nicht der 
Diktator, wohl aber der Koͤnig durfte 
ſich auf ſo geraume Zeit von Rom entfer⸗ 
nen, ohne die Furcht, die Partheien in 
ihre innern Zukkungen zurädfallen und ſich 
wechſelſeitig zerfleiſchen zu ſehen. 

Sejen wir nun voraus, daß Caſar 
mehr oder minder Gericht auf dieſe Grände 
legte, fo darf ihm eben ſowohl zugetraut 
werden, daß er, der Alles berechnete, auch 
den Wiberftand, den er finden wuͤrde, mit 
in die Berechnung feiner Wünfche gezogen. ' 
Wie ſolt' es ihm entgangen ſeyn, daß die 
nemlihen Römer, die ihn unbedenklich mit 
den weſentlichſten Auszeichnungen bes Als 
leinherrſchers bekleideten, fo lange dieſe 
nur eine republikaniſche Farbe trugen, mit 





Großoheims Fal genarnt, ſpaͤterbin dieſen 
Weg dennoch, als den ſicherſten, betrat und 
mit Glä verfolgte, iſt eben fo befannt, als 
aus der Verſchiedenheit der Charaktere er⸗ 
Härbar. Aber er hatte auch ein halbes Jahr⸗ 
bundert Zeit, diefe Rolle durchzuführen. 


' 48 
Entſezzen zufammenfchaudern würden, for 
bald er es magte, biefen lezten dunnen 
Schleier zu lüften? - Seit Jahrhunderten 
‚war der entfchiebenfte Königshaß indem 
Gemüthe iedes Römers tief eingewurzelt; 
war nicht nie in ihre Staatsform, fons 
dern auch in ihr gefelfchaftliches Verhaͤlt⸗ 
niß, im ihre ganze Art zu ſeyn und zu ema 
pfinden, übergegangen, 

Allein eben diefe algemeine Umgeſtal⸗ 
tung der Formen und der Verhaltniße war 
es ia, auf welche der Diktator hinarbeitete, 
und wozu es vor Allem der Zerftörung ie⸗ 
ner dunfeln Schreckgeſtalt bedurfte. Er 
war, als ihm freiftand, in Buͤrgerblute zu 
waten und als Tyrann zu fihalten, ein 
milder, menfhliher Sieger gemefen: — 
folte feiner ganzen Perſonlichkeit nicht auch 
ein binteichender Zauber beimohnen, um 
dem Volfe einen milden König zu vers 
forehen?. Solt' es fo unmoͤglich feyn, ie⸗ 
nen Widerwillen der Gemäther durch eine 
gluͤckliche Ueberrafhung zu beſiegen, und 
bald auch, durch eine ſegensvolle Verwal⸗ 
tung, zu befhämen und zu vernichten? \ 
Leicht Eonnte ſich dann diefer Kimigehaß for 


494 


gar in Vorliebe verwandeln; und es konnte 
beifällig darauf zuruckgedeutet werden, daß 
Roms volendete Größe eben fowohl, als 
feine beginnende, einen König erfordert 
habe. *) 

Der erfte, verloren hingeworfene Ver⸗ 
fu, die Volksſtimmung über diefen Punkt 
- 98 ergründen, wurde von, einem unbefann: 
ten Menfchen gemacht, indem er eine oͤf⸗ 
fentlih aufgeftelte VBildfäule CAfars mit 
der Königsbinde ſchmuckte. Die That er⸗ 
vegte fo großes Auffehen, daB die beiden 
Woltsrribunen €. Epidius Marullus und 
2. Cäfetius Flavus fih, von Amts wegen, 
berufen hielten, .eine Unterfuchung gegen 
den Urheber einzuleiten und ihn in’s Ges 
fängniß zu werfen. Allein wie geflißentlich 





:.%) In biefem Sinne war es weber fo bes 
Deutungslos an fich, als Ungläd weißagend, 
wenn Edfar, unter dem mancherlei ibm zu⸗ 
gehandenen Ehren, es zulleß oder ypranfial« 
tete, daß feine Bildfäule ſowobl im Tempel 
des Quirinus, neben diefem gefrönten Stif⸗ 
ter des werdenden Roms, als auf dem Ka⸗ 
pitol, in der Meibe der alten Kine, au 
serichtet wurde, 





495 


fie dabei auch den Schein annahmen, Bloß 
für des Diktators Ehre bemüht zu feyn, 
fo konnten fie es doch nicht vermeiden, ſich 
fein unverhehltes Mißfallen zuztziehen; und 

" während das Volk ihnen freigebig den Eh⸗ 
rennamen eines Brutus zutheilte, rachte 
ber beleidigte Machthaber fich durch ein 
Wortfpiel mit diefem Namen, wodurch ih⸗ 
nen ber gemeine Merſchenverſtand abge⸗ 
ſprochen wurde. *) 

Bald nachher, als Caſar, am get bee 
Feriae latinae, (den 26. Jan.) einen 
feierlichen Einzug in. Rom hielt, und die ° 
Menge ihn mit lautem Zuruf bewilfommte, 
mifchten ſich abſichtlich einige Schreier uns 
ter das Volk, die Ihn, wie aus innerer 
Bewegung, als König begrüßten. Alfobald 
verſtummten die gedrängten Gruppen; ein 
dumpfes. Murren wälzte ſich bis zu des 
Diftators Ohren, und drang ihm die Vers 
ſicherung ab: „Nicht König, fondern Chr 





*) Das Volt meinte den Juniuß Brutus, 
welcher den Testen Tarquinier vom Throne 
vertrieb. Caͤſar fpielte auf das Wort bru- 
tum an, welches ein verkandloſes Thier I 
reichnet. 


46 


far wolle er. genannt ſeyn.“ — Jene 
nemliche Tribunen, um nicht in Wider 
ſpruch mit fich felbft zu.gerachen, Eonnten 
‚nicht umbin, auch dieſe vorlauten Schreier 
An Anklage zu fesgen: doch diesmal ver 
laugnete Caſar feine gewohnte Mäßigung, 
und führte im Senat die laute Beſchwerde, 
daß unrubige Köpfe, mit Vorſchuͤtzung von 
pflichtmaͤßiger Amtserfüllung, feinen. Chas 
rafter verunglimpften und das Wolf durch · 
falſche Bosfpiegelungen in Unruhe fezten. 
Er ‚drang zugleich auf die Entſezung der 
flöreigen Zribunen; und feinem Berlangent 
mußte gewilfahrtet werben. 

Beide Verſuche hatten zwar des Er⸗ 
folge verfehlt, aber deutlich genug verra⸗ 
then, was Roms Gebieter wuͤnſche, und 
auf den Weg hingewieſen, auf welchem 
er die algemeine Huldigung erwarte. Der 
Hauptſtreich wurde daher auch nicht lan⸗ 
ger, als bis zum Feſt der Zuperkalien (dem, 
16. Febr.) verfchoben; und der zeitige Kons 
ſul: M. Antonius‘ wat es,: der, zu deſto 
unfehlbarerem Gelingen, ſich felbft mit der 
Hauptrolle belud. Zahlteicher, als gewdhn⸗ 
lich, ſtroͤnte das Volk zum Anſchauen des 

aben⸗ 


497 


‚abentheuerlichen Aufzugs, in welchem, nad) 
„alter Sitte, die Priefter des Pan (bie Lu⸗ 
perci, zu welden feit kurjem auch Antonius 
gehörte) an dieſem Tage öffentlich aufzu⸗ 
treten pflegten. Auch Edfar, in triumpha⸗ 
liſcher Kleidung, fah, von feiner goldenen 
Sella herab, dem Schaufpiele zu, als der 
Konful pldzlich vor die Tribune trat und 
dem Diktator, mit einem Lorbeerfrange, das 
umhergewundene — Diadem bot. 
. Ein bezahltes ſchwaches Geräufh des 
Beifals erhob fih. Auch unter den Tau⸗ 
fenden des Volks entftand eine Bewegung; 
doch nur des Seufzens und der leiſen Miß⸗ 
Biligung. Caſar verftand den Sinn diefes 
Schweigens; und feine Hand ſtieß, wie 
‚mit Unmillen, die Krone zurüd, Da ex 
tönte die Luft vom lauten losgelaßenen Ju⸗ 
bel; Alles wetteiferte im Preife des hohen 
Sirgere, der ſich felbft bezwungen. &eine 
Möäsigung, feine Beſcheidenheit folte ihm 
die Herzen fefter als iemals verſtrikken. — 
Gleichwohl verzweifelte auch iezt Antonius 
noch nicht am Erfolge. Auch er hofte von 
diefer Maͤßigung feines Gebieters ein aus' 
genblidliches Wunder; hofte, dag das WolE, . . 
4 Band, Si 


498 


von ihr beſtochen, nach feiner wandelbaren 
Laune, in dieſer nächften Minute von Cds 
far fordern folle, was es eben erft an 
ihm verworfen hatte. Noch einmal trater 
hervor; warf fich zu des Diftätors Füßen, 
und flehte, aus feinen Händen zu empfans. 
-gen, was ein dankbares Wolf ihin biete. — 
Ziefer und ängftlicher war bas Schweigen 
umber; immer peinlicher aber auch bie Lage 
bes Einzigen, an deßen Entfchliegung fi 
fo viel taufend Blikke hefteten. Endlich 
wies er, mit unwilkuͤhrlicher Entfagung, 
das alverhaßte Stirnband dennoch zuräd, 
und fandte es auf das Rapitol, wo Jupi⸗ 
ter, Roms einziger König,. thronte. Diefe 
Erklärung volendete das Entzukken der Ne _ 
mer; und ihr Dank außerte fih af der 
Stelle durch den Volksbeſchluß: „daß in 
den heiligen Yahtbüchern der Stadt diefes 
Tages ausbrüdtkich gedacht werde, wie das 
rdmiſche Volk feinem Diktator die Krone 
angeboten, und wie biefer fie ausgeſchla⸗ 
“gen habe.” \ 

Schwer jedoch verfhmerzte er den 
Fehlſchlag einer fo ſicher genahrten Hoffe 
nung; und es fehlte in ben näcften Tas 

/ 


499 


gem nicht an mandjerfei Gerächten, daß er, 
“feines Unmuths nicht Meifter, mit dem 
Gedanken umgehe, ben Mittelpunte und 
die ganze Kraft des römifchen Reiche nach 
Alexandria dder nach Ilium zu verpflan- 
ven, Stalien durch Truppenaushebungen 
iu erfhöpfen, und das verhaßte Kom der 
Wilkuhr feiner Werträuten zur Beute zu 
taßen. Bald abet wich det Zorn der beßern 
Ueberlegung; der Plan ward noch einmal 
zur Hand genommen. Was man weder 
dem Leichtfinn des Wolle dutch Ueberra⸗ 
ſchung Abgervinnen, noch von feiner Zunel⸗ 
gung hätte erſchmeicheln konnen, ſolte nun⸗ 
mehr feinem Aberglauden abgedrungen - 
werden: und was in der unlenkſamen 
Volksverfammlung geſcheitert war, folte in 
dem durchaus unterjochten Senate ein um 
fo wiligeres Werkjeig det Ausführung fins 
den. Dan war nemlich geſchickt genug 
gemefen, in den ſibylliſchen Büchern (die 
fem, in feiner Art einzigen Hebel der 
Staatsverwaltung) bie gelegne Entdekkung 
uu machen, daß ben Römern zum gluͤckli⸗ 
hen Ausſchlag eines Krieges gegen dit 
Parther die Anführung eines Könige von⸗ 
Sia 


\ 500 

‚nöthen ſey. Auf dieſen triftigen Grund 
ſolte demnad 2. Cotta, einer von den 
Funfzehnmaͤnnern, *) in der Rathverſamm⸗ 
lung den Antrag flüggen, den Diktator mit 
der, vom Drafel felbft geforderten, koͤnig⸗ 
lichen Würde zu bekleiden. Doch folte dies 
felbe nur in den Provinzen des Reichs in 
volle Wirffamkeit eintreten; in Rom felbft 
aber vor Roms hoͤhern Schusgeiftern vers 
ſchwinden. 

Dieſe im voraus angekundigte Abſicht 
volendete die geheime Unzufriedenheit, wo⸗ 
mit auch die Optimaten Cäfars bisherige 
Gewaltſchritte, mit fteigender Erbitterung, 
verfolgt hatten. Der Diktator, ohne es 
iu ahnen oder zu achten, wandelte über 
einem Vulkan, deßen erftorbene Flammen 
ſich plözlih zu einem neuen furchtbaren 
Ausbruche erheben folten. Denn wie als 

„gemein Roms Entartung auch ſeyn mochte, 
fo hatte fie doch das Gefühl defen, was 
verloren gegangeh, nicht gänzlich erftiffen 





*) Die Quindecimviri waren mit dee bes 
fondern Aufficht über dieſe gefchriebenen 
Staats « Dratel beauftragt. , 


5or 


konnen; und -die Funfen eines lebendigen 
Freiheitsfinnes maren menigftens in der 
Bruſt einiger Wenigen qzurädgeblieben. 
Diefe Wenigen hatten bisher mit Angftlis 
her Erwartung auf Cicoro geblidt, den 
fein Alter, feine Talente, fein Rang im 
Staate, feine Bolfsgunft und fein unzwei⸗ 
felhafter Republifanismus zum Verfechter 
der fterbenden Freiheit vor allen Uebrigen 
zu berufen fhienen. Allein der Konfular, 
dem zu- der volendeten Fuͤlle großer Eigen⸗ 
ſchaften nichts, als die Uebereinftimmung 
mit fich felbft, ermangelte, begnuͤgte ſich 
mit einem. finfteen Echmejgen oder mit 
bittern Sarkasmen; wogegen das Wim⸗ 
mern über die zu Grunde gerichtete Frei⸗ 
heit in feinen vertrauten Briefen eben fo 
grel abftach, als fein zur Schau getragenes 
Bemühen, die Sklavenkette, die ihn heims 
lich wund drüdte, mit dem Anftande eines 
Freien zu tragen. Ale feine öffentlichen 
Schritte verriethen das widerſprechende Bes 
möhen, Caſars Gunft ſcheinbar entbehren 
zu können, während er, zu ‚gleicher Zeit, 
ängftlih um diefelbe buhlte. *) 


) Greilich behandelte CAfar' auch gerade 


5a 


Miedergebeugt durch dies Beifptel von 
beſtandloſer Schmäche, dürften wahrſchein ⸗ 
lich auch alle noch vorhandenen Reſte der, 
ihm gleich Geſinnten, ſich im innern Ins ' 
grimm vergehrend, an ihrem Joche unmwils 
lig, aber ohne Widerſtreben, fortgezogen, 
und Caſars tiefe Menſchenkenntniß, indem 
er ihre Kraft für gebrochen hielt, gerehe - 
fertigt haben, wenn ihm nicht die nähere 
und dringendere Gefahr — von feinen 
Freunden felbft erwachſen waͤre. Ihre 
unerſattliche Habgier, ihr Durſt nach Chr 
renſtellen in der neuen Verfaßung, ihr 
Meid unter einander, und das Gefühl deg 


ibn, deben Gewicht im Gtaate er nie ver⸗ 
kannt hatte, und den er fortdaugend durch 
alle Mittel für fich zu geminnen wuͤnſchte, 
mit der ausgefuchtehen Feinbeit. Zwar traf 
ch's wohl ie zuweilen, daß auch der Redner 
in feinem Vorzimmer ein wenig lange wars 

. tem mußte: allein wie folte Caͤſars Entſchul⸗ 
digung verfehlt haben, feinen gefränften 
Stolz su-verföbnen, wenn er ibm entgegenrief: 
„Vie? Auch Eirero unter den Wartenden? 
Wenn aud du ſelbſt mir dies Unrecht am 
willigfien vergaͤbſt: was wird gleichwohl die - 
Welt von mir denfen? Sie wird mich ver⸗ 
abſcheuen! 





38 


übermächtigen Arms, womit der Diktator 
alle diefe niedrigen Leidenfchaften nieder 
hielt, fobald fie feine höhern Plane durch⸗ 
kreuzten, verfehlten nicht, ihm nah und 
wach) ihre Herzen zu entfremden. War doch 
Antonius, der Thätigfte und Gefügfamfte 
von Allen, in dem Zeitpunfte von Caͤſars 
Rackkehr aus Hifpanien, aus Verzweiflung 
über degen verſcherzt gehaltene Gunft, *) 
nahe daran, fi in einen Anſchlag gegen 
fein Leben zu verwikkeln! 

Alles zwar, was bei ihm fand, hatte 
der neue Machthaber gethan, um feine Ges 
huͤlfen und Freunde, nach Maaßgabe ihr 
rer ‚geleifteten Dienfte, zu belohnen; und 
wir. haben gefehen, wie er fogar neue Wuͤr⸗ 


*) Caͤſar harte die Besahlung der von ihm 
erftandenen Käufer und Beräthe des Vom⸗ 
peius, wovon ſchon oben die Mede gewefen, 
mit fo großem Ernſte gefordert, daß fein Un» 
muth nabe daran war, über alle Schranken 
binauszwbrechen. Freilich fennen wir iene 
Befhuldigung nur aus Feindes Munde, 
(vergl, Cieero’g Philipp. IL, 29. 31.) Auch 
ſcheint die Idee der Werfhwörung damals 
mebr in C. Trebonius als in Antonius ent⸗ 
fanden zu feun. 





504 


den ſchuf, ober die ſchon beſtehenden ver⸗ 
mehrte, um ſich das Vermoͤgen dazu zu 
vervielfaͤltigen. Dolabella, dem er die Ab⸗ 
tretung feiner eignen konſulariſchen Würde, 
gleich in den erfien Tagen des neuen Jah⸗ 
res, zugedacht hatte, mar ihm ‚zwar von 
Antonius, feinem alten Gegner, verdächtig 
gemacht, und dadurch in feinen Hofnungen 
getäufcht: Doch wurde diefe Gunft eigent 
lich nur auf unbeftimmte Zeit verſchoben. 
„2epidus erhielt die Verwaltung Hispaniens 
und der narbonenfifhen Provinz; Decis 
- mus Brutus das cisalpinifche Gallien; M. 
Brutus und €: Eafius waren auf der 
Lifte der Prätosen für Roms bürgerliche 
Rechtspflege. Der inftehende Partherfrieg, 
indem er Caſars Iängere Entfernung von 
der Hauptſtadt vorausfehen ließ, fehien fogar 
die Vorausbeſezzung der hoͤchſten Staats⸗ 
aͤmter auf mehrere Jahre hinaus zu erfor⸗ 
bern; und bleibt es auch ungewiß, eb dieſe 
Verfügung auf drei, oder gar auf fünf 
Jahre, getroffen wurde, fo weiß man body, 
daß für das Konfular des nächften Jahres 
%. Hirtius und €, Bibius Panfa, fo wie 


505 
des zweiten D. Brutus und 2. Munatlus 
Plancus erfehen waren. 

Aber fo wie biefe Watuhr, auf der 
Einen Seite, das Volk beleidigte, ohne 
deßen geſezliche Zuſtimmung fie unternom⸗ 
men wurde, ſo verſtieß ſie, auf der Andern 
Seite, nicht minder gegen die Anſpruͤche 
der Republifaner, die ſich dabei Abergans 
gen, und ſelbſt gegen die Erwartungen 
der Freunde des Diftators, die fich ihre 
Beute von Nebenbuhlern entrißen ſahen. 
Freilich lag felbft bei diefen Leitern der 
Grund ihres kaum zurhdgehaltenen Uns " 
mutbs noch tiefer, und machte fie eben das 
durch fähig, ſich ihren bisherigen Gegnern 
in der Stille zu nähern. Denn nur zu 
Viele unter ihnen hatten in der buͤrgerlli⸗ 
hen Fehde nur deswegen Caͤſars Sache ers 
"griffen, weil fie die Meinung hegten, ber 

Streit werde fi endigen, wie es noch 
immer gefcheben war, und bie fiegende 
Parthei die befiegte unter die Füße treten, 
ung alles Anfehen und alle Würden in der 
Republif an fi zu reißen. Allein mit 
ſchmerzlichem Erftaunen machten fie nuns 
‚mehr die Entdekkung, daß iezt weder von 


506 


einee Parthei, noch Aberhaupt nur von 
einer Republik bie Rede feyn, fondern 
Altes ohne Unterfchied ſich unter die Eigen 
macht eines Monarchen beugen folte. 
Bon diefem Augenblid an war auch in ihr 
ser Seele fein Untergang beſchloßen! 
Eehlte noch irgend etwas, bie bittre 
Krankung einer fo großen verfehlten Hof⸗ 
nung bis an die lezte Grenze des zahmen 
Erduldens zu treiben, fo mußte noch der 
Zufal felbft Yinzutreten, um fie und Je⸗ 
den,. ber ſich noch als einen römifchen Edfen 
"fühlte, duch den Anſchein einer öffentlicyen 
und vorfäzlihen Erniebrigung von der übers 
möüthigften Art, über diefe Grenze hinous⸗ 
äutreiben. Cine Reihe neuer Ehren und 
Auszeichnungen mar in der Kurie für den 
. Diktator, in deßen Abmefenheit (welche dies 
fen Derathfäjlagungen den Schein der Freie 
beit ſichern folte) beſchloßen worden, Gleich 
darauf erhob fih der Senat, ihm diefe des 
flüße feierlich mitzutheilen, und fand ihn 
auf feiner Sella im Vorplaz des Tempels 
der Benus Genetrig ſiend. Hier empfleng 
Caſar die VBerfammlung, ohne von feinem. . 
Sizze aufjuftehen, und Begnägte ſich, den 


. 7 
Annähernden die Hand zu bieten. Keiner 
untee Allen. war, der nicht in biefer beis 
foiellofen Vernachlaͤßigung ein Vorfpiel der 
nahen föniglihen Zeremoniels, ſich felbft 
aber befhimpft und die Freiheit gemordet 
erblidte. Wolte man doch fogar das Fluͤ⸗ 
fern des Corn. Balbus hinter feinem Seſ⸗ 
fel vernommen haben, der, als er, von 
eigner Scham getrieben, endlich doch ſich 
au erheben verfuchte, ihn zuruͤckhielt und 
erinnerte: · Er möge nicht vergeßen, daß 
er Caͤſar fey, und iede Art der Vereh⸗ 


rung verdiene!“ — Wie folte'nun noch, 


als Jedermann traurig und niedergefchlas 
gen von bannen ſchlich, des Beleidigers 
frätere Entſchuldigung Eingang finden, daß 
ein plözlicher Anfal von Krankheit es ihm 


unmöglich gemacht habe, ſich aufrecht w 


erhalten? *) 





Blutarch nennt feine gewöhnliche Krant⸗ 
beit, die Fallſucht, die ihm mit Schwindel 
und Berwußtlofigkeit gedroht habe; dagegen 
macht eine andre Sage, deren Dio erwähnt, 
(B. 44. 8. 8.) fi das Vergnügen, ihm ein 
Bauchgrimmen anzudichten, welches ihn in 
Nie boͤchſte Berlegenheit geſezt, aber doch 


508 


Tiefer fühlte ſich gleichwohl Niemand 
durch dergleichen Vorgänge, von denen ex 
Zeuge feyn mußte, verwundet, als €. 
Caßius, ben zu allen Zeiten ein reizbares 
Gemäth, ein duſtrer verſchloßner Sinn, 
ein reger Ehrgeiz und eine unbegrenzte 
Liebe zur Freiheit ausgezeichnet hatten. 
Die unglaucklichen Trümmern von Craßus 
Heere in Syrien hatten feiner klugen und 
entſchloßnen Fuͤrſorge ihre Rettung verdankt; 
und als treuer Anhänger der republifanis 
ſchen Parthei, nahm er fo lange einen thaͤti⸗ 
gen Antheil an den kriegeriſchen Operatio⸗ 
nen derſelben, bis ihre Unfaͤlle ihn, wies 
wohl unter harten Kämpfen in feinem In⸗ 
nern, *) obengedachter maaßen, dem Sie⸗ 





nicht verhindert habe, bald darauf feinen 
Heimmeg zu Buße gu machen. — Hier wire 
alfo abermals Eines der auffallenditen Bei⸗ 
ſpiele von großen Begebenheiten aus kleinen 
Urſachen! 

*) Wenn wir nemlich auf Cicere’s Verſt-⸗ 
cherung (Philipp. IT, 11) bauen dürfen, daß, 
als er Gäfars Heimfehr aus Aegypten in der 
Mündung des Cydnus erwartete, Diefer feis 
nem bereit gehaltenen Dolche ſchon damals 
nur durch den zufäligen Umñand .entgieng, 


59 


ger zur Ausfohnung entgegenführten. Durch 
feines Freundes Brutus Fuͤrwort ward diefe 
auch, von Caſars Seite, fo unbedingt vers 
mittelt, daß ihm deßen Schaͤzzung und 
Freundfchaft Feinesweges entftand, und er 
auf eine fernere glänzende Laufbahn in der 
neuen Ordnung der Dinge zu rechnen hatte. 
Dennoch fiheint es in diefer folgen und 
verſteckten Seele einen giftigen Stachel zus 
rüdgelaßen zu haben, als er, um diefe nem⸗ 
liche Zeit, fih von Eäfar, in der Bewer⸗ 
bung um die Stadt: Pränir, dem höher 
gehaltenen Lieblinge M. Yunius Brutus 
machgefegt fehen mußte; und felbft des 


* Diktators Aeuferung: „daß Caßius zwar 


triftigere Gründe für fih anführe, aber \ 
Brutus nicht uͤbergangen werden koͤnne,“ 
mochte eben nicht Balſam in ſeine Wunde 
traufeln. Aber, nicht minder entſchieden, 
fiel feine Empfindlichkeit auf feinen Neben⸗ 
buhler zuruͤck, den weder die Verhaͤltniße 
des Freundes, noch fogar des Verwand⸗ 
ten, *) mit ihm verfähnen konnten. 





daß der forglofe Diktator am der entgegeits 
fiehenden Seite des Flußes landete. 

) Die Sqweſter des Brutus war feine 
Gemaplinn, 


510 


Ein durchaus unaͤhnlicher Charakter 
belebte diefen verfannten Freund, deßen 
angeborne Milde des Herzens, durch Wiſ⸗ 
ſenſchaft und Philofophie veredelt, in einem 
ſteten, aber ſchͤnen, Kantpfe mit den ſtren⸗ 
gen Grundſazzen lag, die er von feinem 
mötterlichen: Oheim Cato auf fih zu vers, 
erben wuͤnſchte. Auch ihm galt die Freb 
beit über Alles; auch er hatte ihr, im 
Laufe der bürgerlichen Fehde, große und 
rühmtiche Opfer gebracht: allein auch er 
war, als fi ihm die Fruchtloſigkeit feines 
fernern Widerftandes erwies, zu ber fies 
genden Parthei mit fo fanfter Gewalt her: 
Übergezogen worden, hatte Cäfars perſon⸗ 
liche Zuneigung in einem fo ausgegeichneten 
Maaße empfunden, und war durch fo heilige 
Bande der Liche an ihn gefettet, daß er ſich 
dergegenfeitigen Hinneigung zu dem Diktator 
ie länger ie weniger zu erwehten vermochte. 
In der That galt ihm Caſar fo Hoc, 
dag nur die Freiheit noch höher in ſei⸗ 
ner Seele thronte, und er für Beide ſich 
einer Begeifterung, der Schwaͤrmerei habe 
verwandt, fähig fühlte. Wie mußt es dent 
feinen Innern Sinn jertätten und’ ieden 


511 


Frieden in dieſer Bruſt zerftdren, als.ſich 
ihm endlich die entſezliche Wahrnehmung 
aufdrang, daß das Idol ſeiner Gedanken 
unausweichbar gefährdet werde; — gefaͤhr⸗ 
det von derlenigen Hand, die er als eine 
vater liche verehrte, und an der er lies 
bevol feinen Weg zu wandeln münfchtel 
Brutus, in einen ſchwarzen Träumer vers 
wandelt, war der unglüdlichfte Dann in 
Rom zu nennen! ‚ 
Auch in ihrem gegenfeitigen Zwiſte hatte 
Caßius feinen Freund nicht aus dem Auge 
verloren: denn die gewaltfamen Entwürfe, 
die fi dunkel in feiner Seele walzten, 
waren ausſchließlich auf des edlen Patrior 
ten Zuftimmung und Theilnahme berechnet. 
Schon der Name Brutis allein weckte 
Erinneriingen und Gefühle, die nothwen⸗ 
big von Tyrannen ⸗ Haß auf Tyrannetz 
Bertilgung binleiteten, und in den Au—⸗ 
gen iedes Römers den Dolch in einer, fol 
hen Hand zu heiligen verfprahen Es 
mag feyn, daß damals Mehrere, wie Cafı 
fiss, dachten und wuͤnſchten: doch ihm 
tnfonderheit ſchreibt man die erfien vers 
ſteckten Verſuche iu, diefe Stimmung zu 


512 


verbveiten, und auf feines Freundes duͤ⸗ 
ſtern Truͤbſinn einzuwirken, als fih an 
Roms ͤffentlichen Plaͤzen namenloſe Aufs 
forderungen, vol eines tiefen Sinnes, ange⸗ 
ſchlagen fanden. An der Dildſaule des 
dltern Brutus las man dem bedeutenden ' 
Ausruf: „Daß er noch lebte!“ und an 
des Stadt s Prätors Richterfuhl wurden 
Bettel mit der Frage geheftet: „Brutus, 
du ſchlaffſt? — O, du:bift nicht Bru⸗ 
tust“ " 

Was Wunder denn, wenn folhe Winke 
endlich einen immer lebendigern Eindruck 
auf das nur zu empfängliche Gemuͤth ei⸗ 
nes Mannes machten, der, im harten 
Kampfe zwifchen Pflicht und Neigung, auf 
der Woge des Zweifels ſchwankte? Im⸗ 
mer mehr iedoch entftelte feine Phantafie 
die fanften Büge, worin fie ihm fonft das 
Bild feines großen Freundes vor die Seele 
+ gezaubert, zum Berrbilde eines Defpoten, 
der, den Geſezzen zum Hohn, Rome Wohl: 
fahrt unter die Füße-trete. In früherer 
Beit hatte Brutus des algemein verdamm⸗ 
ten Milo Rechtfertigung, wegen feines. an 

Clodius verübten Mordes, in dem Grund» 
fajje 


'stz 
ſanze „gefunden, dag, wo die Kraft des 
Geſetzes aufhöre, den Strafbaren zur em 
reichen, die Selbſthuͤlfe an deßen Stelle 
treten, und, einen fonft unverwundbaren , 
Tyrannen zu entwafnen, das Mordſchwert 
gezuckt werden dürfe. Stand dieſer Grund⸗ 
ſaz auch iezt noch in feiner Seele feſt, 
fo war allerdinge ach Caſar bei ihm ger 
richtet! J 
Die auf dieſen Punkt getrieben, wagte 
nun Cafius nichts mehr, wenn er-felbft 
ihn etwas ofner in feiner Seele leſen ließ; 
und fon das allein mußt’ ihn feinem als 
ten Freunde empfehlen, "daß er feinen fra⸗ 
heren Grol zu verlaͤugnen fähig geweſen, 
um mit ihm für die Rettung der Freiheit 
gemeinſchaftliche Sache zu machen. Freilich 
aber entſchloß ſich Caßius auch um ſo leich⸗ 
ter zu dieſem Schritte, als alle übrigen 
Theilnehmer feines Geheimnißes fih ihm 
nur unter dersausdrüdlichen Bedingung zur 
" Mitwirkung verpflichteten, daß M. Bru⸗ 
tus dem Bunde beitrete. Diefer Wunſch 
. fand nunmehr feine Erfüllung; der vers 
föhnte Prätor ward von diefem Augenblick 
an die Seele der Verſchwoͤrung; und wie: 
+ Band. KE 


514 


viel Dunkel auch auf ihren früheften Ber: 
handlungen ruht, fo if doch fo viel gewiß, 
daß fie bald mehr als fechezig Genoßen 
zaͤhlte. 

Die meiſten dieſer Verbündeten waren 
Senatoren und von Roms erften Geſchlech⸗ 
tern, und eine eben fo große Mehrzahl ber 
fand aus CAfars vormaligen Freunden und 
Gefährten auf der Bahn feiner Siege. 


‚Bar. Allen zeichneten fih unter ihnen €. 


Trebonius und D. Brutus Albinus 
aus; Beide feines befohdern Vertrauens 
von fangen Zeiten her gewuͤrdigtz *) Beide 


9 Sie hatten gemeinſchaftlich die Belage⸗ 
rung von Maſſilia zu Land und Meer gelei⸗ 
tet. Deeimus Brutus infonderbeit Cmicht 
Bruder, aber Verwandter des Mareus) galt 
für Caͤſars geſchickteſten und gluͤcklichtten Ser- 
Vraͤfekten, und war auch Dieſem fd wertb) 
daß er ihn in feinem Teſtament zum jiveiten 
Erben. nach Oetavianus beſtimmt hatte, fals 
Derſelbe eines zu frühen Todes ſtaͤrbe Faſt 
aber Liege fich im dieſem Umſtande (wenn 
Blutard) allein ihn berichtete) ein Miß- 
verftand ahnen, und es koͤnnte vielmehr Mar« 
eus als Erbe gemeint ſeyn, der, wie bekannt, 
noch aus befondern Gründen von dem Dit. 
tator als Sohn oelerr wurde. 








S5 \ 
auch gegentwärtig von ihm mit neuen Eh⸗ 
ren Aberhäuft, und Beide durch keine Art 
von perfönlicher Beleidigung gegen fein Les 
ben erbittert. Ihre Anfeindung würde 
demnach als eine unerflärte Erſcheinung das 
ſtehen, wenn wir nicht entweder die unebel, 
Ren oder die edelften Beweggründe in PM 
ter Seele vorausfeggen tollen. Vielleicht 
aber gilt don ihnen, wie von den Uebris 
gen, *) die nemliche Bemerkung, melde 
wir bereits von den verfehlten Erwartuns 
gen biefer Parthei vorangefhidt haben. 
Einen Anführer,_ wie Sulla, hätten fie 
ertragen — oder wohl gewuͤnſcht fogar, 


—_———— 1, 
*) Ganz mit Stilſchweigen dürfen ihre Nas 
imen, fo viel deren auf ung gefömmen find, 
doch nicht Übergangen werden. Außer den 
Genannte erwähnt Appian noch der Gebrd« 
der Cäcilins und Burollanus Metelus, des 
Mubrius Re, Q. Bigarius, (des Nemlichen, 
welchem Cicero’s berühmte Rede Verzeibung 
auswirfte) M. Spurius, Servius alba, Ser⸗ 
tus Nafo und Bontius Aquila, als offenfun- 
diger vormaliger Pompeianer. Aber auch von 
der caͤſariſchen Varthei nennt er die Brüder 
€. und ®. Servilius Caſca, Tullius Cimber 
und Minucius Baſilus. 


sea 


516 


um, als feine Genofen, mit ihm in die 
Wette zu morden oder zu Achten: aber 
einen König über fih zu erheben, und 
fih zu feinen Dienern herzuleihen, vers 
ſchmaͤhten ‚fie; und hätten fih mit Cdfar 
alle gedenkbare Tugenden auf den Thron 
erhoßen! 
Wenn es hierbei auf den erften Aus 
genbli® befremdet, den Namen Cicero 
in der Lifte eines Bundes zu vermißen, zu 
welchem fo viel Achte und unachte Freunde 
der Freiheit gufammenträten, To braucht es 
doch mie einer näheren ‚Ermägung feines 
albefaunten, iedes Gewaltfame fheuenden, 
Charakters und feiner vorgeruckten Alters 
ſchwaͤche, um au begreifen, wie die Ber 
ſchworenen Lieber auf das Gewicht eines 
fo ehrmwürdigen Namens verzichteten, als 
fih dem ſchweren Kampfe mit ſeinen end⸗ 
Tofen Bedenklichkeiten unterzogen. Zudem 
durften fie ſich verſichert halten, daß diefer 
nemliche Mann, der ſich iezt hochſtens m 
geheimen Wünfchen uud verdeckten Aniei⸗ 
zungen ermuthigte, kuͤhn und entſchloßen 
auf ihre Seite treten wuͤrde, ſobald nur 
der große Schritt unwiderruflich gethan 


517 . 
wäre, ber Aber Roms Knechtſchaft oder 
Freiheit entfchiede. B 

Auf der andern Seite Tinnte es Er⸗ 
ſtaunen erregen, wie fie — und wäre ihre 
Baht die zehnfach ſtaͤrkere geweſen! — dies 
fen Schritt und den Angrif auf das Leben 
eines Mannes, vor defen Macht ſich die 
Welt vom Aufgang bis. zum ‚Niedergang 
beugte, für ein leichtes — ia nur für ein 
ausführbares Unternehmen haften moch⸗ 
ten? — Aber Caͤſar hatte fi nicht, wie 
Tyrannen pflegen, mit einer undurchdring⸗ 
Uichen Leibwache umgeben; *) hatte fogar 
_— — 6 — 

=) Daß er iedoch, wenigfiens außer Roms 
Mauern ‚etwas mehr MWorficht gebrauchte, 
lernen wir aus der, auch in andrer Hinßcht 
intereßanten Beſchreibung des Befuchs, wel« 
hen er, während ber Saturnalien (im De⸗ 
eember) bei Cicero auf deßen formianiſcher 
Win abſtattete, (ad Attic. XI, 52.) und we 
gu Zeiten feine militairiſche Begleitung ihm’ 
felbf den Play verengte. Noch dichter ſchloß 
fh, bei eben diefer Gelegenheit, feine Bes 
defkung. von Meifigen dm ihn an, als er an 
Dolabella's benachbarter Billa vorüber Fam, 
dem er damals, auf Antonius Einblafungen, . 
keine gute Abſichten zutraute. 


518 , 


bie gewafnete Begleitung von zweitauſend 
Köpfen, die er mit fih aus Hiſpanien 
brachte, in den erften Tagen feiner Rüd» 
kehr entlaßen; und unbeforgt erfchlen er, 
nur von feinen Liftoren und unberäfneten 
Klieriten gefolgt, aberal in Rom, wohin 
die Geſchafte ihn riefen. Er hatte zu oft 
bem Tode, in ofner Feldſchlacht getrozt, um 
ihn in den friedlichen Umgebungen des Fo⸗ 
rums zu fürchten; und felbft denn, ala 
feine Freunde ihm anlagen, ſich nicht uns 
bewacht und. unbefchäzt unter die Menge 
zu mifhen, äußerte er feine Mißbilligung 
aufe beftimmtefte, und fügte hinzu: „Es 
ſey beßet, den Tod Einmal leiden, als ihn 
immerbar fürchten.“ Eben fo Wenig auch 
fruchteten Hirtius und Panfa, die ee am 

\ redlichſten mit ihm meinten, mit ihrem ges 
pruften Rache, feine Herrſchaft, fo wie fie 
durch die Waffen errungen worden, auch " 
durch di. Waffen zu behaupten. Da ſprach 
er bag fhöne Wort: „Nein, lieber wit ich 
au Grunde gehen, als mich bloß fürchten 
lagen!‘ *) J 


— 
*) Allerdings berubte hierbei Cifars Sir 
cherheit und Sorglofigteit, nach feiner eignen 


59 


Aber ſelbſt bei einer ſolchen Hingebung 

in des Schickſals Willen, grenzt es nahe 
an ein Wunder, daß eine Verbindung, die 
fo viele Theilhaber zählte, die ſich nicht 
einmal durch Eidfhwäre zur Bewahrung 
ihres ‚Geheimnifeg verpflichtet hatte, *) 
und überal umber, wenn auch nice die 
Blikke des Mißtrauens, doch den ſchaden⸗ 
frohen Verrath des Zufals beforgen mußte, 
der Entbeffung eine fo geraume Zeit, und 
ſchier bis zum Augenblikke der Ausführung 
felbft, auczuwelchen vermochte, Allein Ca⸗ 
far, über ieden Argwohn einer Eleinen 
Seele erhaben, begänftigte dag feile Volk 
— 
Uebereugung, auf baltbareren Gruͤnden, als 
einer bloßen Heberfättigung an Macht und 
Ehre. Er fab Das Wohl des Staats zunaͤchſt 
an fein Beben geknüpft, und dag. fein unter⸗ 
gang denfelben in bie alten Unruhen und alle 
Sreuel des Bürgerkriegs zurückftürgen müßte, 
(Suet. 8. 86.) 

*) Gelbft über die Lippen eines fo erflär- 
ten Truntenbolds, als Tullius Cimber war, 
HoB fein verrätperifcher Laut; — er, der 
nachher ſelbſt von ſich fagte: „Wie? Ich, 
der nicht einmal den Wein ertragen kann, 
folte Caͤſarn ertragen?“ 





bee Angeber nicht: — ia, felbft dann, als 
bennod die Spuren eines finftern Anſchlags 
ſich unwilkuͤhrlich verriethen, und entfernte 
Zeigen, bie zu feinem Ohre drangen, 
reichte der hervorgeftammelte Name „Bru⸗ 
tus“ bin, um ihn von der Grundloſigkelt 
einer folhen :Berunglimpfung zu uͤberzeu⸗ 
gen: „Nein!“ rief er, und grif an feine 
Draft — „An dieſer abgejehrren Huͤlle 
mird fih Brutus nicht vergreifen! 

So trübte. das eigne Wohlwollen, das 
er gegen feinen Liebling empfand, den ſchar⸗ 
fen und richtigen Blick des volendeten Mens 
ſchenkennere, "der gleichwohl nur zu gut 
wußte, wozu Feuerköpfe diefes Schlags den 
under in ſich trägen. Denn als man ihn 
auch gegen heimliche Nanke, von Antonius 
und Dolabella geſchmiedet, zu warnen vers 
fürchte, erwiederte er mit treffender Wahr 
heit; „Ha, vor diefen wohlbeleibten und 
f&höngelodten Burſchen bangt mir's nicht: 
wenn nur die magern und blaßen mir nicht 
zu ſchaffen geben!“ — Es litt keinen weis 
fel, daß dieſe Bemerkung auf Brutus und 
Caßius zielte; und wie ſcharf der Dikta⸗ 
tor inſonderheit in Caß ius Seele geleſen 


521 


“hatte, verrieth er durch die gelegentliche 
Trage an feine Vertrauten: „Was dünft 
euch von dieſem Caßius? Was mag er 
wohl in der Seele wälzen? Seine Bläße 
gefält mir nicht!” — Gewiß doch mußte 
ein geheimes Gefühl ihm diefen Verdacht 
aufbringen: und gleichwohl erlaubte ihm 
fein Edelmuth nicht, den Beargwoͤhnten ans 
zufeinden, oder auf feine gepeimen Schritte 
wu lauern! 

Wenn folhergeftalt der entfernte 
Beobachter nahe daran war, bie Dekke 
des gefährlichen Geheimnißes vor der Zeit 
iu beben, fo darf es uns nicht befremden, 
dag auch Porcia, des Brutus Gemahlin, 
zunachſt an feiner Seite, in feiner trüben . 
Verſchloßenheit und in den Bewegungen 
feiner unbewachten Augenbliffe, den Ans 
laß fand, ihn mit einer Angelegenheit von 
der wichtigften Art beſchaftigt zu glauben, 
Eato’s großherzige Tochter war ſich's bes 
wußt, von ihrem Gatten ein unbeſchraͤnk⸗ 
tes Vertrauen zu verdienen. ein beharts 
liches Schweigen beunruhigte und ſchmerzte 
fie. Sich und ihm die finnlihe Ueherzeu⸗ 
gung zu geben, daß felbft die Schmerzen 


522 


ber Folter ihrer ftarfen Seele kein feiges 
Geftändniß eines mitgetheilten Geheimniſ⸗ 
fes abzupregen vermöchten, gab fie fih 
felbft eine bedeutende Wunde, und verheims 
lichte diefelbe mehrere Tage, ohne fih auch 
nur ducch eine Miene zu verrathen. Einem 
ſolchen Beweiſe heldenmärhiger Entſchloſ⸗ 
ſenheit vermochte Brutus, als ſie ſich ihm 
endlich eutdeckte, nicht länger zu wiberftes 


hen. Seine Plane, feine Verbindungen, 


feine getroffenen Vorkehrungen floßen in 
den Bufen des treuen Weibes über. Por 
tia mochte zittern für den Gatten: aber 
dem Patrioten mußte Eato’s Tochter 
ungetheilte Billigung jollen, 

Mehr als Eine Frage mußte gleiche 
wohl noch unter den Verſchwornen zur ges 
meinfamen Berathung fommen, bevor fih 
daran denken lieh, zur Ausführung zw 
reiten. Zeit, Ort und Gelegenheit des 
beabfichteten Mordes erforderten bie reifs 


lichſte Erwägung, und wurden eben fo viels 


fach vorgefhlagen, als abgeändert. Solte 
man ben großen Streich auf dem Mars 
felde, im Angeficht des. verfammleten Vol⸗ 
tes, durch Caſars gewaltſamen Herabſturz 


523 


von der Ziberbrüffe, wagen? War es 
ſicherer, unter dem Eingang des Theaters 
vereinigt Aber das Schlachtopfer herzuſtur⸗ 
sen? Gab es vielleicht ein noch gefahrlos 
fires Ankommen an des Tyrannen Perfon, 
wenn man Seiner in der Straße wartete, 
durch welche er den Ruͤckweg nad) feiner 
Wohnung zu nehmen pflegte? — Alle 
diefe Entwürfe, gefährlich an ſich ſelbſt, 
erfhienen um fo mißlicher, als die Ums 
ftände zur beſchleunigten Volziehung draͤng⸗ 
ten. Noch im Laufe des Merzmonats wolte 
Caſar Rom verlaßen und ſich zum Heere 
begeben. Auf die Idus dieſes Monats 
(13. Merz) war von ihm die Senats⸗ 
Verſammlung anberaumt, in welder bie 
entfepeidende Angelegenheit uͤber Roms po⸗ 
litiſche Umformung zu einem Königthume 
jur Abftimmung kommen folte. Es folte 
der Todestag der Freiheit feyn, den Nier 
mand unter den MWerbündeten zu überles 
ben — zu dem er fih eben fo wenig als 
Werkzeug herzuleihen wuͤnſchte. Nichts 
blieb abrig, als dieſen Tag ſelbſt — aber 
im umgekehrten Sinne — für alle Folge 
‘zeit denkwurdig zu machen. 


- ö 524 
Diefer Entſchluß beſtimmte zugleich. auch 
den Schauplaz, die Umgebungen.und ieden 
andern Umftand ber verhängnißvollen · tra⸗ 
giſchen Scene. Jene Sizzung ſolte vor 
Roms Thoren, in einer Halle, die unmit⸗ 
telbar an das Theater des Pompeius ſtieß, 
gehalten werden: und gerade hier, zu den 
Füßen von der’ Bildſaule des großen Tob⸗ 
ten, bie hier aufgerichtet ſtand, folte fein 
Schatten fein großes Suhnopfer empfan: 
gen! — bier, in der Mitte des verfamms 
leten Senats, folte Cäfar fallen! Die Ger 
genwart fo vieler Eblen folte ein heiligens 
des Siegel auf die blutige That dehffen, 
da nicht zu zweifeln ftand, daß Herz und, 
Lippe iebes Anmefenden fie billigen und 
ihre Rechtfertigung vor der Welt übernehs 
men werde... Selbſt für die Sicherheit der 
Verſchwornen war diefer Ort ber gelegen 
fte, in fo fern fie hier keine nahen Wafı 
fen zu fürchten hatten. Allein um ihnen ' 
auch in diefer Hinſicht, volle Beruhigung 
zu verſchaffen, erbot ſich D. Brutus, 
feine zahlreich unterhaltenen Schaaren von 
Gladiatoren am. Morgen bes beftimmten 
Tages nebenan im Theater bereit zu hal⸗ 


55. 
ten. Er konnte "dies um fo"unverbächtige 
ter, als fie dort nur zur Vorubung für 
bie nahen Bölfsfpiele aan zu ſeyn 
ſchlenen. » 

Aues war borgelehen und Aber iede 
einzelne Rolle Verabredung getroffen: doch 
ein lezter wichtiger Zweifel trennte noch 
die ſonſt fo einſtimmigen Gemüther. Er 
betraf die Zahl der Dpfer, deren Leben 
verwirkt feyn folte. Nachdem fon, im 
Beginn der Verſchwoͤrung, der Antrag 
Einiger, die den M. Antonius- zu ihrem 
Bunde eingeladen wuͤnſchten, verworfen 
worden, *) fam es nunmehr zur Umfrage, 


- ob nicht diefer nemliche Antonius, deßen 


Herrſchſucht, im Gefolge der ſchwaͤrzeſten 
Leidenſchaften, fich fo oft verrathen, und 
deßen Einfluß auf die Truppen fo bedenk⸗ 
lich, als feine Kühnheit fey, eben ſowohl, 
als Lepibus, der verkaufte Sklave des Ty⸗ 
rannen, fein Schickſal zu theilgn verdiene 





*) Zrebonius verhinderte diefen Schritt, 
weil er bei dem unreifen Gedanken einer 
fehhern Verſchwoͤrung, wovon oben (&.503 
in der Note) die Mede geweſen, an Antonius 
wabrer Geſinnung irre geworden, " 


326 


ten?. Caßius, und mit ihm die Mehrzahl, 
flimmten -für das Todesloos: aBein ihnen” 
entgegen "erklärten -fih die beiden Brutus 
für eine mildere Entſchließung. Seder 
Tropfe Blutes mehr, als die dringendfte 
Moth zu vergießen Hebiete, werde fie pers 
haßt machen und dem Vorwurfe ausfezjen, 
daß nur die Rachſucht ihr Unternehmen 
geleitet, und daß es Ihnen minder um die 
Herſtellung der Republik, als einer unter: 
drhcten Parthei zu thun geweſen. Mit 
dieſen Vorftellungen verbanden fie noch ihre 
Hofnung, daß Antonius, dur Caſars Sturz 
von iedem Plane der Ehrſucht auf. immer 
geheilt, ſich defto aufrichtiger in ihre Arme 
werfen, und, als derzeitiger Konful, ihre 
Sache mächtig ſtuzzen werde. Diefe Mei 
nung drang endlich durch; und die Bethoͤr⸗ 
ten ahneten nicht, daß fie mit Annahme 
berfelben ihr eignes Werk vernichteten und 
ihren Untergang unterfchrleben ! 

Noch am Abend vor dem, jur Auer 
führung Beftimmten, Tage fpeifte Täfar bet 
M. Lepidus, und war, felbft aud an der 
Tafel, nad feiner Gewohnheit, mit der 
Ausfertigung von Papieren beſchaftigt. Die 


527 


Unterhaltung der Uebrigen drehte ſich zur 
fälig um bie Frage: Welcher Tod der befte 
ſey? — Plöslih, und mit der Antwort: 
„Der unerwartetſte!“ mifchte ſich auch 
der Diktator in den Streit; fey es nun 
fletsgenährter Grundſaz, *) oder eine aus 
genblickliche geheime Worempfindung,. was 
fein Gemuͤth zu diefem lebhaften Ausbruche 
erregte. Darauf brachte er die Nacht 
an der Seite feiner Gemahlin Calpurnia 
zu; minder beunruhigt durch die ftürmifche 
Fluch der eignen Gedanken, als durch die 
ſchweren Träume der Bettgenoßin, bie, 
iammernd und ftöhnend, den ermordeten 
Gatten in ihren Armen zu halten glaube“ 
te; — Erfheinungen, melde ihr Wunders 
bares zum größten Theile verlieren, wenn 
wir voräusfezgen dürfen, daß fie — auch 





*) Den Wunfch eines unvermutheten ſchnel · 
len Todes, fo wie dem Abſcheu vor einem 
langfamen Dabinfierben, hatte er auch fonft 
ſchon fehr befimme geäußert, als er in Fer 
novbong Epropädie von den Anordrnungen des 
verfifchen Monarchen gelefen, die Dieler wer 
gen feines BeichenbegÄngnißes auf dem Tode 
bette getroffen. 


528 


nur zum Theile bekannt mit Caſars Plas - 
nen — die Wichtigfeit‘des Tages Fannte, 
au welchem fie, Noms hohe Königin! er 
‚wachen folte, 

Wie wenig Calpurnie” 2 mannlich / ſtark⸗ 
Seele auch die Empfindungen einer aber⸗ 
gläubigen Beſchrankheit mit der Mehr⸗ 
zahl ihrer Zeitgenoßen theilte, fo konnte fie 
ſich's doch nicht wehren, in ihren Träumen 
den Stof zur lebhafteſten Sorge zu finden. 
Sie beſchwor, glei am frühen Morgen, 
ihren Gemahl, an diefem Tage die Schwelle 
feines Hauſes nicht zu verlaßen, und felbft 
die Sizzung des Senats auf irgend eine 
andre Zeit zw verſchleben. Eine folde 
Sprache, in diefem Munde, verfehlte 
auch, ie ungemöhnlicyer fie war, um fo 
weniger, auf den Diktator, einen unmils 
tührlichen Eindrud zu machen. Es kam 
hinzu, daß er fi in der That ein wenig 

„unpäßlih fühlte; und fo drang Galpurs 
niens Schmeicheln ihm endlich die Zuſtim⸗ 
mung in ihre Bitten ab. Antonius, als 
Konful, folte den Auftrag empfangen, die 
Sinung abzufagen; und in den Eingewei⸗ 
den der Dpferthiere, welche an diefem Mor 

gen 


529 


gen (wie vor ieder Staatehandlung) ge 
ſchlachtet wurden, war leicht ein Vorwand 
gefunden, bie geänderte Entſchließung zu 
rechtfertigen. *) B 

Die Idus waren gekommen, und der 
Morgen fand Bereits dep größten Theil der 
Verſchwornen, fämmtlih mit Dolcyen uns 
ter ihren Gemwändern, in Caßius Wohnung 
um fo unverbächtiger beifammen, als Dies 
fer, von allen feinen Freunden begleitet, 
heute feinem Sohne die männliche Toga 
auf dem Forum öffentlich anzulegen gedachte. 
Nach Volendung diefer Feierlichkeit, ſezte 





Auf dieſe Weiſe Boffe ich dem Wunder⸗ 
‚baren, fo dieſe Opferthiere ohne Herz und 
andre.Brodigien in die Ereigniße ienes Ta» 
ges legen, auf dem naͤchſten Wege auszuwei⸗ 
hen, da fie ſich doch, auf Cicero's, des Zeitge⸗ 
noflen, Zeugnig, (de Divin. I, 53. II. 16) eitie 
mal nicht ablaͤugnen laßen, aber auch vom 
ibm felbi mit einer Miene/ die mit der Wahr» 
heit zurücfhält, befpöttelt werden. -— Viele 
andre Mitafel, deren Plutarch, Sueton und 
Andre zum Heberflug erwähnen, And ‚ohne 
Zwoeifel wobl ausſchmuͤttungen müßiger 
Köpfe, denen das Wunderbare nie boch ges 
Aug gefteigert werden konnte, J 

“Band, E23 


539, 


er fih, neben feinen Amtsgenoßen Brutus, 
auf das Tribunal, und Beide ſchienen, ih: 
zer Außerlihen Ruhe nad, mit nichts, als 
mit Anhörung der vor fie gebrachten Rechts⸗ 
handel befchäftigt. In diefem nemlichen 
Augenblick empfiengen fie die beunrubigende 
Nachricht, dab heute auf Caſars Erfcheis 
nung im Senate nicht mehr zu rechnen 
fey. Ein beftärztes Fläftern verbreitete ſich 
unter den Verbündeten: denn nur ju ges 
wiß ſchien es Allen, daß ihr Anſchlag 
dem Diktator verrathen worden. Diefe 
Furcht erhielt noch einen bedeutenden Zur 
wachs mehr, als der Senator Popillius 
2änas zu Einigen, im Vorbeiſtreifen, leife 
murmelte: „„ Meine heißeften Wänfche für 
das Gelingen! Aber Alles hängt an ber 
Eile!“ — Ya, noch ein, Andres erklärte" 
fi unummunden. gegen Servilius Cafca: 
»Du zwar haft mir dein Vorhaben vers 
heimlicht: aber von Brutus weiß, ich die 
ganze Sache.“ — Diefe Zuverficht eines 
Uneingeweihten ſchlen auch den lezten Zwel⸗ 
fel an der Kundbarkeit des Geheimnißes 
niederzuſchlagen; bis endlich Brutus ſich 
entſann, mit ienem Römer von Caſca's 


531 


Bewerbung um bie Aedil⸗Warde gefpros 
hen zu haben, und der Erftere felbft, auf 
weiteres Befragen, feine Worte in diefem 
unverfänglihern, Sinne erklärte. . 

Noch aber gefpannt zwiſchen Furcht und 
Hoffen, entſchloß fih D. Brutus, zu 
Caſar zu geht, und ihn zur Abanderuug 
feines Vorſaues, vermoͤge der beſondern 
Gunſt, deren er ſich bei ihm erfreute, zu 
vermögen. Er machte ihn aufmerkfam auf 
die üble Auslegung, welche der wartende 
Senat von diefer launiſchen Wilkuhr machen 
dürfte, wenn derfelbe, zuſammenberufen 
zur Entſcheldung einer fo wichtigen Anges 
legenheit, nun zum fruchtlofen Auseinans 
dergehn und zum gelegentlichen Wiederkom 
men befehligt würde, bis Calpurnia güns 
fligerer Teaume mächtig geworden. Alles 
werde über Knechtſchaft und Tyrannei 
freien; und feine Freunde felbft würden, 
verlegen um eine Antivort, verflummen 
mößen. Wenigſtens doc, wenn diefer Tag 
ihm von unglüdlicher Worbedeucung ſcheine, 
möge er ſich in Perfon in den Senat er 
heben. und die Verfammlung aufldfen! 

Allem, nur diefem leichten Epotte 

\ 212 


532 


nit, hätte Taſar vielleicht wiberftanden ; 
und Brittus, feines Vortheils gewahrend, 
fäumte nicht, ihn mit fanfter Gewalt bei 
der Hand nad) ſich zu ziehen. Aber noch 
auf der Schwelle bes Haufes drängte ſich 
atheimlos ein unbefannter Sklave, der, uns 
vermögend, den Dikator felbft zu erreichen, 
ſich an Calpurnia mit derBitte wandte, ihm fo 
lange Schuz angebeihen zu laßen, bis Jener 
heimgekehrt ſey, dem er Dinge von hoͤch⸗ 
fter Wichtigkeit zu vertrauen habe. Wahr⸗ 
foeinlih waren ihm, wie Andern mehe,- 
von dem Mordanſchlage befondre Umftände 
zur Kenntniß gefommen: denn fo wie Ed 
far in feiner Sänfte durch die Straßen fort⸗ 
ruckte, nahte ſich ihm auch der Knidier Ars 
temidorus, mit dem gebeimnißvolfen Anlies 
gen, eine Schrift, die er ihm Aberreichte, 
auf der Stelle zu durchlaufen. Der Dik⸗ 
tator ftand im Begrif, es zu thun, als ein 
Haufe neuer Bittſteller ihn beſtuͤrmte und 
den Griechen abdrängte. Noch war, als 
er die Kurie betrat, das verhaͤngnißvolle 
Papier unentfaltet in feinen Händen. 
Caſar ſelbſt ſchien, noch auf diefem 
Wege, mit Gedanken beſchaͤftigt, die ſich 


33 


auf ‘den vermeinten.Unftgen diefes Tages 
bezogen. Der Harufper Spurinna — wahrs 
ſcheinlich ſchon öfter das Ziel feines Spots 
tes — hatte fich kurz zuvor berufen gefuͤhlt, 
ihn vor den nachſten Idus zu warnen, ins 
dem fte ihn einer harten Gefahr bloß ſtel⸗ 
en würden. est erblicte er den Zeichens 
deuter zufällig unter der dichten Menge, 
und rief ihm ſcherzend zu: „Wie nun? 
Die Idus find da!“ — „Daz aber nd 
nicht vorüber!” — antwortete Epurins 
na, ber diesmal feine Weisfagung wahrs 
ſcheinlich nicht ganz allein auf den beobach ⸗ 
seten Wögelflug gruͤndete. 

Endlich erſchol die Faum mehr gehofte 
Zeitung, daß Täfar fih dennoch in den 
Senat erhebe, auf das Forum; und eine 
jeln, oder im Gefolge der Konfularen und 
Prätoren, eilten nunmehr die Verſchwor⸗ 
nen vorauf, um in der Kurie die, für ihre 
Abſſicht dienlichften, Plägge in der Nähe 
von des Diktators Staatsfeßel einzunchs 
men. Caßius, den ſtarren däftern Blick 
auf Pompeius Bildfäute geheftet, und gläs 
hende Begeifterung im Kerzen, fehlen die 
Manen des unglädlichen Republifaners um 


534 


Beiſtand anzuflehen, Doch, was aud in 
feinem Innern 'vorgieng, fo kampfte doch 
unftreitig, im gleichen Augenbliffe, fein 
‚Freund Brutus den bärteren Kampf. Er 
harte feine Gemahlin in der gewaltfamften 
Bewegung zurhetgelaßen, Bon Minute zu 
Minute fiel das Gewicht diefer großen 
Stunde erdrüffender auf ihre Seele. Je⸗ 
des Geräufh auf den Gaßen brachte fie 
zum Zittern; und Voten Aber Boten wur⸗ 
den in die Nähe der Kurie entfandt, Bald 
aber vermochte fie nicht mehr, in dem dben 
Kaufe aszudayern. Sie felbft warf fih 
in das Gewuͤhl der Straßen und Pläzie; 
und Jeder, der ihr aufſtieß, wurde bes 
fragt, wie es um Brutus fiche? Wie 
mochte dieſer Sturm der Seele andere, 
als in früher Erfhöpfung enden? Ohn⸗ 
mädtig ward Porcia von ihrer weiblichen 
Begleitung nah Haufe getragen: allein 
auch zu Brutus rannte ein Bote in den 
Senat, ihm ihren beforglichen Tod zu verr 
kanden. Seine Seele zerſchmolz in Ruͤh⸗ 
rung: aber dennoch wich er von ſeinem 
Plajje nicht! 

Jezt auch erſchien Caſars Sänfte im 


535 

Eingang der Kurie. Indem er ausftieg, 
ſchien er fih mit dem nemlichen Popillius 
2änas, der den Verſchworenen bereits auf 
dem Forum ein ſo iähes Erſchrekken abges 
noͤthigt, fehr angefegentlich zu beſprechen. 
Faft war nun am der Entdeffung nide 
Tänger zu zweifeln! Ihre verftohlnen Blikke 
verriethen einander ihre verzweiflungsvolle 
Lage; aber zugleich auch dem entfchloßnen 
Willen, Jieber durch eigne Hand, als in 
die Wilkuͤhr des Tyrannen zu fallen. Schon 
waren fie daran, die verftectten Dolche ger 
gen den eignen Bufen zu Fehren, als fie 
fih des Laͤnas Mienen pfözlih in ein Laͤ— 
cheln verfehren fahen, und nun, mit ber 
Gewißheit, daß ienes Geſpraͤch nur einen 
unverfänglichen Gegenftand betroffen haben 
konne, neue Zuverſicht ſchoͤpften. Alle hiel⸗ 
ten ſich bereit; und nur Trebonius eilte 
hinaus, um den Antonius, deßen Geiſtes⸗ 
gewandtheit man eben fo fehr, als feine 
Lelbeeſtaͤrke, ſcheute, unter irgend einem 

Vorwande vor dem Eingang aufjuhalten. 
Auch die Art und Weife, wie man der 
Perfon des Diktators beikommen wolte, 
war im voraus vermittelt worden. Zul 


536 


Uus Cimber hatte dabei bie erſte Rolle er⸗ 
halten, und indem der Eenat,. bei Cäfars 
Erſcheinung, ſich ehrerbietig erhob und zum 
Theil ihm eritgegen gieng, gefelte aud er 
ſich diefem Haufen bei, um den Kommens - 
den mit einer Bitte zu beſturmen, welche 
die Begnadigung feines verurteilen Bru⸗ 
ders. betraf. Durch Blick und Haͤndewin⸗ 
Ten gab Eäfar zu erkennen, daß diefer Ans 
trag ihm iezt ungelegen komme. Dennoch, 
und von den Bitten aller feiner Begleiter 
unterſtuͤzt, verfolgte ihn Tullius bis an feis 
ven &iz, mit anhaltenden Ungeftäm, und 
wid felöft auf des Diktators trodne Vers 
weigerung fo wenig, daß er vielmehr deſ⸗ 
fern Gewand ergrif, um es ihm von dem 
Schultern, zu ziehen. : „Ha, das heißt Ges 
walt brauchen!” rief Cäfar im ſteigenden 
Unwillen. 
Doch gerade dies kuͤhne Unterfangen 
war bas veräbredete Zeichen zum Angrif 
für die Verbündeten. P. Servilius Cafca, 
der. Bolkstribun, wagte, zundchft hinter Ca⸗ 
fars Stuhle lauernd, den erften, von der 
zitternden Hand nur unfiher geführten, 
Stioß gegen den Hals des großen Opfers, 


537 


Der Getroffene fuhr Beftärzt von feinem 
Sizje auf, warf den Blick Hinter ſich, 
padte die Mörberfauft, und, eine ſchwache 
Abwehr mit feinem zufällig gefaßten Grife 
fel verfudhend, rief er zornflammend: 
„Verruchter! was beginnft du?“ — wäh 
rend der bebende Thäter fih nad feinem 
Bruder umfah, und ihn laut zur Huͤlfe 
aufforberte. 

Sogleich aber ſtuͤrzten ſich auch, von 
allen Seiten, die Verſchworenen Aber den 
Diktator her, der, rings von Dolchen ums 
blinfe, dennoch eine entfhloßne Abwehr 
verfuchte, und nur dann erft fein erbitters 
tes Schweigen brach, als feine Blikke auf 
Brutus trafen. Da brach feine Seele in ' 
fomsrzlicher Ruhrung ,„Auh Du, mein 
Sohn?‘ rief er, und Hüfte fih, nun wis 
derſtandlos, in feine Toga, bis er, durchs 
bohrt von drei und zwanzig Wunden, zu 
Boden ſank. Sein Shut röthete, weit ums 
ber verfpräzt, das Fußgeſtel von Pompeius 
Marmorbilde. 

Ale Verbündete hatten gelobt, an dies 
fem Morde thätigen Antheil zu nehmen; 
und vielleicht nur darum erfparte ſich auch 


\ 


538 


Brutus den Stoß nicht, der den Unterleib 
traf, aber laͤngſt überflüßig geworden war, 

da von fo viel Wunden fhon bie zweite, 
gegen die Bruſt gerichtete, nothivendigen 
Tod brachte. Alle übrigen trugen die Spur 
zen einer verwirrten Hebereilung; und in 
diefem nemlichen Ungeftüm gefchah es auch, 
daß die Angreifer, im Gebränge, fich zum 
Theil unter einander verwundeten. Bru⸗ 
tus ſelbſt trug einen leichten Stich in die 
Hand davon, 

. Entfeeft lag des Gemordeten Leichnam 
zu Boden, als Caßius ſich erhob, und laut 
durch die Kurie rief: „Das Ungeheuer iſt 
gefallen!” — Auch Brutus ſtreckte feinen 
blutigen Dolch empor, nannte Eicero’s 
Namen, und wuͤnſchte dem erfien und ges 
achtetſten Republitaner Gluͤck zur wieder⸗ 

eroberten Freiheit. Der beſturzte Redner 
fand, zum Erſtenmale in ſeinem Leben, 
keine Worte zu einer Antwort. Er, ſo wie 
alle anweſende Senatoren, die nicht mit 
in dem Bunde waren, ſtarrten in einem 
ſtummen Entſezzen, das fie, — gleich uns 
fähig zum Widerfande, wie zur Theilnah ⸗ 
me — als lebloſe Zeugen, an ihre Plaͤue 


539 


beftete. Schon begann Brutus bie Ber 
meggründe zu ber blutigen That zu ent⸗ 
wiffeln, und forderte den Senat auf, über 
diefelbe ein Urtheil zu fällen, als pldzlich 
ein Funke von Befinnung in die Hörer zur 
ruͤckkehrte; — allein gerade nur fo viel, 
um fie bie hohe Gefahr ihrer Lage erfens 
nen zu faßen, und in ſchnelſter Flucht aus 
der Kurie das Schickſal Tiner vieleicht als 
gemeinen Niedermezelung zu vermeiden. 
Im naͤchſten Augenblick fahen Brutus und 
feine Anhänger ſich allein gelgßen. ' Den ' 
Senatoren voran maren ſchon Caſars Lik⸗ 
toren und fein Abriges Gefolge, in athem⸗ 
fofem Entfegen, unter das Volk geftürzt, - 
und hatten weit umber Furt, Beſtuͤrzung 
und Sorge für bie eigne Sicherheit unter 
die Menge verbreitet. Alles eilte heim; 
die Straßen waren wie verdbet; die Woh⸗ 
nungen und Werfftätten verſchloßen, und 
ein algemeines ftillee Grauen fehien über 
Rom gelagert; ahnlich nicht ſowohl der 
Ruhe eines tiefen Friedens, als der Stille 
der Mitternacht, oder der Ruhe eines vers 
laßenen Schlachtfeldes. 

Die feige Flucht der Senatoren in el, 


540 


nem Xugenblid, wo, mit dem hoͤchſten Ju⸗ 
bel, auch der regſte Eifer für die wieder 
zum Leben erweckte Freiheit erwartet wers 
den durfte, hatte nicht umhin gefonns, die 
Verſchwornen außer Faßung zu feggen. Bon 
iezt an des Schlimmften gewärtig, umwik⸗ 
kelten fie ‘den linden Arm mit der Toga, 
anſtatt eines Schildes; ergriffen ihre Dol⸗ 
che, und fischten „ in einen dichten Haufen 
zufammengedrängt, das Kapitol zu erreir 
hen, welches die Fechter des D. Brutus 
bereits befezt hielten, und in deßen Lage 
ſowohl als heiligem Namen, ſich ihnen eine 
Freiſtatt. barbot. Noch verfüchten fie es, 
indeß, auf dem Wege dahin, zu wiederhol⸗ 
ten Malen, das Bolt duch ben lauten 
Aufruf zur Freiheit, für ihre Sache zu bes 
geiftern, Als: fie iedo hier Feinesweges 
den entfchiebenen Beifal fphrten, mit dem 
fie ſich geſchmeichelt hatten, (obgleich eins 
zelne Männer von Ruf und Anfehn, wie 
Dolabella, Lentulus Spinther, Favonlüs 
und Andre, ſich ihnen freiwillig anfeloßen) 
fo entſank ihnen der Much immer tiefer, 
und der Tag, wie die Nacht, verftrichen, 
ohne daß fie ſich aus ihrer Zuflucht hervor 


541 


gewagt, oder einen fernern entſcheidenden 
Schritt unternommen haͤtten. 

Erſt am folgenden Morgen ſtiegen Bus 
tus und Caßius, von Dolabella, der ſich 
fofort das Konſulat angemaaft hatte, eins 
geladen, vom Kapitol in die, meift aus ihr 
ten Freunden beftshende, Volksverſamm⸗ 
lung Hinab, und hielten feurige Reden an 
bie Menge, ohne iedoch Dieſe zu ſich em⸗ 
porheben, oder much nur aus ihrem Stil 
ſchweigen reißen zu können. Die unwils 
kuͤhrliche Achtung gegen das Andenken des 
Gefallenen und die Liebe für Brutus la⸗ 
gen bier mit einander in einem Kampfe, 
der zu einer Entfcheidung führte. Nur 
der Senat, zur beßern Befinnung gekoms 
men, begleitete, mit Cicero an ber Spizze, 
die beiden Redner auf das Kapitol zuruck, 
um auf Maafregeln zu finnen, wie das 
große Ereigniß zum Gedeihen ber Freiheit 
ferner gendzt, und infonderheit, wie Anto⸗ 
nius gewonnen und bie bewafnete Macht 
unter Lepidus vor Roms Thoren im Zaume 

„gehalten werben folte? 

Denn Antonius, der, von Cäfars uns 

geheuerm Schickſal im Innerſten getroffen, 


542 


fofort, aus Sorge für die eigne Sicher⸗ 
heit, feine Amtskleidung von ſich geworfen 
und ſich bisher ‚verborgen gehalten hatte, 
bemerkte nicht fobald die Unthätigkeit der 
Segenparthei, als et, mit ſchneller Faßung 
und tief verſteckter Politik, auf die Fehl⸗ 
griffe der’ Republikaner das Gebäude ſei⸗ 
ner eignen Größe zu genden verfuchte. 
Der Unterftözjung des unfelbfiftändigen Le⸗ 
pidus verfichert, näherte. er fi der repu⸗ 
blikaniſchen Parthei durch Erklärungen, fo 
erfült von Fraͤmdſchaft und Friedensliebe, 
daß bie Verbündeten zu immer größern Hof⸗ 
nungen erwachten, und ſchon am dritten 
Zage mit ihm, in die von ihm, als Kon: 
fül, berufene Senats-Sizzung zuſammen⸗ 
traten. Cicero, biefen Augenblick benug 
zend / ſchlug das Dekret einer völligen Vers 
geßenheit alles Wergangenen vor, welches 
auch einftimmig angenommen wurde. Aber 
auch die Beſtaͤtigung -aller, von dem Dit: 
tator gegebenen, Verordnungen wußte An⸗ 
tonius durchzuſezzen; und eben fo fvenig 
Widerſpruch fand die Bekräftigung feines 
Teſtaments und der Beſchluß zu der, ihm 
‚du haltenden öffentlichen Todtenfoier. 


53 


Zwar, nad dem früßeren Plane der 
Verſchwornen, hatte Caſars Leihnam in 
die Tiber geſchleift, fein Vermoͤgen einge⸗ 
zogen, ſeine Verordnungen aufgehoben und 
er für einen Feind des Vaterlandes erklärt 
werden follen: allein ihre eigne ungewiße 
Lage, kurz nach der volbrachten That, vers 
*, anlafte, daß der entſeelte Körper eine Zeits 
lang unbeachtet auf dem Boden liegen blieb, 
bis endlich drei feiner Sklaven denfelben 
aufhuben, in die Sanfte legten, und, mit 
beraushängendem biutigem Arme, der trofts 
loſen Calpurnia heimbradten. Das Te 
ftament des Berftorbenen warb, zufolge des 
Senatsfhlußes, in Antonius Haufe gedfnet. 
Es enthielt, außer der Adoption feines 
Sroßneffen C. Detavius, been Einfezzung 
sum Haupterben, und mehrern Verfüguns 
gen, auch reihe Legate zu Gunften des ro⸗ 
miſchen Volks, *) die, als fie befannt 
wurden, Die Herzen der Menge mit einem 
neuen fhmerzlichen Gefühl der Dankbar⸗ 
keit und der Hingebung belebten, aber auch 
ee, 
%) 3.3. eine Beldvertheilung von 300 Ges 


Kertien auf den Kopf, und den öffentlichen 
Nießbrauch feiner Gärten an der Tiber. 


54 


das Verdienſt der bluttriefenden Freiheits⸗ 

beiden in immer tiefern Schatten ftelten. 
Doch bei weitem größer noch war der 
Eindrud, welden, gleich darauf, das feier: 
liche Leihenbegängniß felbft, durch Anto: 
nius geheimen Betrieb, auf die Gemüther 
der Menge machte. Nicht nur, daß die 
irdiſchen Refte des Dahingeſchwundenen mit 
allem Schmud und Gepränge, das eine fo 
einzige Veranlagung herbeiführte, auf dem 
Forum dem öffentlichen Anblick dargeftelt 
murden; daß fein blutiges Gewand zu feinen 
— mit dieſer ſchimmernden Pracht 
einen tief berechneten Abſtich bildete; daß 
ſanfte Trauertöne mit dem Geſange aueges 
ſuchter Stellen bekannter Schaufpiele ab: 
wechſelten, die alle eine rührende Beziehung 
auf deh gefallenen Helden hatten: fondern 
nun trat auch Antonius ſelbſt auf die er⸗ 
richtete Bühne neben dem Leichnam, um 
feirtem großen Freunde bie Leichenrede zu 
halten; — eine Rede von fo viel Kraft und 
entflammenden Inhalt, daß es, am Schluße 
derfelben, nur noch der. Entfaltung iener 
blutgerötheten Toga, ber Hinweiſung auf 
bie häufigen Spuren der Morderdolche, und 
einiger 


545 


einiger. zur rechten Zeit vergoßenen Thränen 
bedurfte, %) um Schmerz, Mitleid, Buch 
amd Rache bei der Verfammlung, die zum 
großen helle aus Cäfars alten Kriegern 
oder feinen Freigelaßenen und Klienten bes 
fand, auf den hochſten Gipfel au treiben. 
Im Augenblick thurmten fi, wie einft 
bei Clodius Leichenfeier, "die Stühle der 
Richter, die Bänke der Tribus, die Tiſche 
der Wechsler, und mas ſich fonft auf dem 
Plazze an Brennſtof vorfand, mie durch 
eine plözlihe Eingebung, zu einem unges 
heuern Holzſtoß auf. Die Leiche ward dars 
auf hingeftredtt; der Brand entglomm, noch 





*) Was Appian (II. 145.) noch won einem 
kuͤnſtlichen Wachsbilde Cäfars hinzufligt, wel« 
ches Antonius bei dieſer Gelegenheit dem 
Bliften der Menge. zur Schau geftelt habe, 
an welchem tede Wunde kuͤnſtlich nachgebils 
det war und fich vermittelt angebrachter 
Svringfedern öfnete, fieht um fo mehr einem 
Mahrchen aͤbnlich, als eine folhe Mefguines 
tie, neben des Ermordeten wahrer und wirf« 
licher Reiche, nur eine ſehr widrige Wirkung 
hätte thun können; — gefeit auch, daß die 
Kürze der Zeit die Anfertigung eines folchen 
Automats gefattet hätte. 
4 Bau. Mm 


546 

ferner genährt durch bie hineingeworfe⸗ 
nen Waffen und Eriegerifchen Auszeichnun⸗ 
gen der weinenden Veteranen und durch den 
Schmuck und die reichen Gemwänder, wo⸗ 
mit felbft Frauen und Kinder ſich hinzu 
drängten, um fie den Blammen zu opfern. 
So erwuchs endlich die Lohe zu einer Höhe, 
daß, auch das anftoßende Haus des 2. Bel⸗ 
lienus davon ergriffen wurde. Nur die 
ſchleunigſten Vorfehrungen verhinderten, daß 
die Verheerung fich nicht auf- andre Ges 
Baude und Heiligthuͤmer fortpflangte; fo 
wie, daß dem Frevel der Unfinnigen ges 
wehrt wurde, bie fi bereits, mit Feuers 
bränden bewehrt, dazu anſchickten, bie Woh⸗ 
sungen ber Verfehwornen in Aſche zu le⸗ 
gen. Dennod reichte in diefen Augenblik⸗ 
ten der Tosgelaßenen Volkswuth eine une 
gluckliche Namensaͤhnlichkeit hin, um ders 
felben zum blutigen Opfer zu dienen. *) 








) Dies unglüdlihe Schickſal teaf den 
ſchuldloſen Trivun Helvius Cinna, Caͤſars 
entſchiedenſten Freund, den fein unſtern in 
diefem Augenblick auf das Forum führte, wo 
ee vom Zöbel mit einem andern Cornelius 
Cinna verwechſelt wurde. Dieſer hatte fh 


547 


Bon biefem Tage an war auch bes‘ 
Antonius Uebergewiht in Rom fo ent 
ſchieden, und feine wahren Abfichten ſchim⸗ 
merteg fo unverfennbar herpor, daß Bru⸗ 
tus und feine Anhänger ſich endlich gend⸗ 
thigt fahen, die KHauptftadt, wo es für fie 
Feine Sicherheit mehr gab, zu verlaßen 
"und das Heil der Republit, welches fie 
ſchaffen gewollt, von neuem auf die Spine 
der Waffen und eines verderblihen Buͤr⸗ 
gerfriegs zu ſetzen. So büßten fie. denn, 
durch ihren eignen Untergang *) und dem 
— — — — 
Tages zuvor’ Öffentlich zum Lobredner von 
Caͤſars Mördern aufgeworfen. 

) Bo und wie Brutus uud Cabius fielen, 
darf, als befannt, voraus gefeit werben, oder 
gehört für den umfändlichern Bericht ihres 
Biographen. Merkwürdig aber bleibt es, daß” 
(nad) Plutarchs Ausdrud) Caͤſars großer Ges 
nius, der ihm im Beben leitete, auch nach 
feinem Tode fich als den Mächer des an ihm 
verübten Mordes bewährte, und durch alle 
Zänder und Meere die Tbhaͤter aufſpuͤrte, bie 
Ihrer Keiner mehr übrig war, fondern Alle, 
die entweder Hand angelegt, oder mit Rath 
dazız geholfen, binnen Zeift vom drei Jahren, 
auf irgend eine Weife, einen gewaltſamen 

Mmma 


348 


noch Frampfhafteren Tod ber, Freiheit, die 
Unbefonnenheit, .oder den Irrthum, welche 
fie zu dem Glauben .verführten, dag Cds 
fars Tod fie unmittelbar zum Biele Jeiten, 
daß feiner feiner Freunde ſich regen, Feine 
Fauſt feiner Veteranen ſich zur Rache ber 
waffnen, kein Ehrſachtiger neue gluͤckliche 
Entwürfe Bilden werde. Unbegreiflich for 
gar ift es, wie fie die vermeffene Hoffnung 
nähren Eonnten, ben Strom der Revolus 
tion, deſſen Daͤmme ſie fo keck durchbro⸗ 
chen hatten, auch nach Gefallen wieder 
aufzuhalten, oder mie fie dieſe Römer, in 
beren Mitte fie Ichten, und von beren 
tief gefunfenem Werthe fie Zeugen waren, 
des Gefchenks der Freiheit, bie fie nur in 
ihren entfezlihften Mißbräuchen kannten, 
empfaͤnglich halten Fönnten.*) Aber Mitleis 





Tod gefunden, — Gaius durchbohrte fh 
mit dem nemlichen Dolche, den er in Gäfars 
Blut getaucht. 

®) Brutus in hac re videtur vehementer 
errasse, qui ibi speravit libertatem futuram, 
ubi tam magnum praemium erat et impe- 
randi et serviendi; aut existimavit civitatem 
in pfiorem formam posse Tevocasi, amissis 


349 


den und Unmillen bekämpfen ſich in ung ges 
genfettig, wenn wir zugleich wahrnehmen, 
wie hauptfählih das ihr Verderben ders 
beiführte, daß fe, theils aus zartem Bes 
denfen, Eeine vepublifanifhe Form au vers 
lezzen, theifs aus wohlmollender Geſinnung 
gegen bie Menfchen, fih, zu» Erreihung 
ihres legten Zweds, zu milder und eben 
darum unzulänglicher Maaßregeln bediens 
sen; in der thörichten Erwartung, daß das 
Fehlende ſich von felbft ergeben und frem⸗ 
de Zugend ber ihrigen in bie Hände are 
beiten werde, 

Seyen wir indeß auch gerecht genug, 
ihre Blutige. That nicht ſowohl nach den 
Sefezzen .einer reinern Sittlichkeit, (vor 
deren Richtſtuhl fie ewig verworfen bleibt) 
fondern nur ‘aus dem beengteren Stand⸗ 








pristipis moribus; futuramque ibi aequali- 
tatem civilis juris, et statusas suo loco le- 
ges, ubi viderat tot millia hominum pugnan- 
tia, non an servirent, sed utri? Quanta 
vero illum aut rerum naturae, aut urbis 
suae tenuit oblivio, qui uno interempto, de- 
futurum credidit alium, qui idem vellet® , . 
(Seneca de benef.1l. 20.) 


550 


Fünfte des Römers und des Republis 
Faners zu beurtheilen; überfehen wir fos 
gar, wie viele der zarteften Gefühle und 
der edelſten Tugenden, an deren forgfältis 
ger Pflege das Heil des Menſchthums noch 
unbedingter, als an Freiheit und Vater⸗ 
land, gefnühft ſcheinen, zuvor getoͤdtet wer⸗ 
den mußten, um ienen Mordgedanken zur 
That heranreifen zu laßen: dennoch faͤlt 
auch hier auf die Thaͤter der unvertilgbare 
Vorwurf zuruͤck, nur die That, ohne ihre 


genau zu berechnenden Folgen, in’s Auge . - 


gefaßt zu haben. So fäme denn alles fpäs 
tere Unheil, alle Unthaten der fich zerfleis 
chenden Partheien, der immer tiefere Bers 
fall des Staats und iede ſich daranknuͤp⸗ 
fende Ausgeburt des unfinnigften Defpor 
tismus nicht auf Rechnung Cäfars, der 
Kraft und- Willen befaß, dem Staate zu 
geben, was ihm einzig frommte — fons 
dern feiner Mörder, die feine große und 
näjlihe Laufbahn kuͤrzten. Aber eben fo 
wahr ift es auch, dag nie reines Gute 
aus einer böfen — ia auch nur aus eis 
ner zweifelhaften — That hervorgeht; daß 
nicht der Zweck die Mittel adelt, und daß 


LH, 


leder Vorgrif ber Eigenmacht in das Rad 
des Schickſals vergeblich ff. Unaufhaltfam 
tolt es fort, und gerträmmert den Vor⸗ 
woigigen! . 

Nicht Brutus und Cafius allein, auch 
Eäfars Leben und Tod dienen bier zum . 
Belege; und feine Wergätterung feines 
Andenfens, zu welchem noch bie nemliche 
Generation, die ihn bluten ſah, zuräds 
Tehrte, dürfe "das Urtheil der Gedichte 
beftechen! 


Verbefferungen 
zum britten Bande 





Worrede. Seite VII. Beile 7. Mate abiumerten Us 
abumarfen.. 

@kite 15. Belle 4. Matt unter, lied unter Andern, 

a. — 19 — Dropped I. Drabpes. 

- 5 — ibml.ibe. 

‚m. — 16. — Easind donginus 1. €. gaſſius. 

114 .Die Nore auf diefer Geite gehöre zu ©. 1ı5, 

and, die dort befindliche zu ©. 114. . 

} - auf Abwege 1. auf aAbwegen. 

— betäubtefte I. Beräubrefe, 

— Beiſpiel l. e. 












am A — Earud I. Enelut 

- m - 16. — Endanus I. Eoidanınud. 
= 16 deelden 

- 30. — 6. — Decidub I. Decidiud, 
3. — 22 m Gintiea L Geutica. 


Berbefferungen 
. zum vierten Dande 





Seite 17. Beife 12. hate vorolauderren 1, vervlauderten. 
— 76 — 16 — demielben I. döifeihen. 
— 82. — 13. und an mehreen Orten ft. Geptiniuß 
 Senrimtub, 
93. — 15. flatt berichtigen I. berichten, 
M— 2 — mentae 1. für wenlae. 
m— 6. m Nablagd I. Narhfdab. 
. Ießte Aut in fomobt auezufreihen. 
. — 13. flatt Stosten I. Itnlica. 
- Pr — Berubige 1. beunrublat.." 
2 — Zufeutum 1. Tüfeutanm. 
. — 2. — Der. Den. 
— 2. — Demnas 1. Dennod. 
1 — gieihfam 1. giehfaltß, 
— 9. — Gebaufe 1. Gefaufe, 
— 14, feinem Gefühl 1. feinem roden 





111111111111 





- 0-9 emporhoben £, entporbob. 
..— 46 > umfleablren 1. umfleabite. 
24 — meine fernere I. meinen ferner 





38. — 19. — feiner I, feine, 

a5. — — Marius L. Flavius. 

16. iebie Zelle — Dipufen 1. Pironufen. 

- a — Saldnd 1. Salfat. 

a1. — blieb 1..6lleben. 

461. = 6, — Buelgnung I. Zuneigung. 
— 5 — Ba6Konfulet I. des Konfulatk, 


1111111 
St 





626346 











Barney, GOOgle