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Full text of "Lehrbuch der chronologie"

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Lehrbuch 

der 


C  h  r  o  n  o  1  o  g  i  e. 


Von 


Dr.     Ludwig     I  d  e  t  e  r  ^ 

Kdni^ichem  Astronomeö,  Ritter  des  retlieB  AcDerordens  driiti^r 
Klasse,  ordentlicfaem  Professor  an  der  Uniyersität  zu  Berlin.  Mit- 
gUede  der  Preolsischen  Akademie  der  Wissenschaften  nnd  der 
Asiatisehen  GeseUscbaft  zn  London,  Correspondcnten  der  Göt^ 
tinger  SodetSt  nnd  der  Asiatischen  Geseuschaft^  zn  Paris. ' 


Berlin,    bei  August  Riicker. 

1831. 

/ 

dbyGöbgle 


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KE    7  5/<o 


HARVARD  COLLEGE  UBRARY 

IL  w.  v/:a'4C:i  c  oLLLcriö« 

JÜLY  IS,  103Ö  / 


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Vorrede. 

oeit  Erscheinung  meines  Handbuchs  der  ma-' 
thematischen  und  technischen  Chronologie  bin 
ich  mehrmals  aufgefordert  worden,  ein  kürze- 
res  Werk  über  denselben  Gegenstand  auszuar- 
beiten, jdas  sieh  mehr  för»  das  erste  Studium 
eigne  und  zu^eich  als  Leitfaden  fiir  akade- 
mische Ywlesungen  dien^i  könne.  Ein  sol- 
ches liefere  ich  hiermit  Unter  meinen  Hän- 
den konnte  es  nicht  wohl  etwas  anderes  als^ 
ein  Auszug  aus  dem  grö&em  Werke  werden, 
worin  Vieles,  was  ich  nun  einmal  mcht  besser 
zu  sagen  wufste,  mit  denselben  Worten  wie- 
derhohlt  ist*^  Wer  sich  indessen  die  Mühe  ge- 
ben will,  beide  Bficher  mit  einander,  zu  ver- 
gleichen, .wird  sich  bald  überzeugen,  dafs  ich 
Manches  in  eine  andere,  die  Uebersicht  npiehr 
erleichternde,  Ordnung  gebracht  und  Einzelnes, 
was  ein  fortgesetztes  Studium  gab,  berichtigt 
und  nachgetragen  hab^.  In  den  Hauj^tsachen 
ist  nichts  erhebliches  geändert  worden.  Ich 
schmeichele  mir  daher,   dafs  das   ausführlichere  , 

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Werk  sich  auch  fernerlun  in  dem  Beifall  erhat- 
ten werde,  womit  es  von  den  Kennern  aufge-' 
nommen  worden  ist.  Ueberall  habe  ich  in  dem 
vorliegenden  auf  dasselbe  verwiesen,  wo  ich 
minder  wichtige  Gegenstände  nur  kurz  berüh- 
ren konnte. 

Mein  Streben,  der  Chronologie  durch  Kri- 
tik und  astronomische  Rechnung  einen  festern 
Boden  zu  gewinnen^  «ie  inmier  mehr  zu  einer 
Selbständigen  Wissenschaft;  auszubilden  ^und  ihr 
durch  geschichtliche  EröHerungen  und  Beseiti- 
gung mathematischer.  Formen  ein  minder  ab«- 
schreckendes  (Jewand  zu  geben,  ist  nicht  ohne 
Anerkennung  gebheben,  die  sich  selbst  in  einr- 
gen  später  erschienenen  Lehrbüchern  ausspricht. 
Mögen  nun  Andere  auf  der  von  mir  betretenen 
Bahn  weiter  gehen;  denn  dafs  der  Gegenstand 
noch  lange  nicht  erschöpft  sei,  räume  ich  sehr 
gern  ein.  Nur  ist  zu  v^iinschen^  dafs  die  Hy- 
{)othesenkrämerei,  die  in  keiner  Wissenschaft 
mehr  ihr  Spiel  getaieben  hat,  als  in  dieser,  a^f 
immer  aus  ihr  verbannt  bleiben  möge. 

Berlin,  den  27.  März  1831. 

\ 
L.    I  d  e  1  e  r. 


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Vor   wo  r  t 


^Chronologie  oder  Zeitkunde  Ist  die  LeLre  von 
der  Ausmessung  der  Zeit. 

Ehe  der  Gegenstand  dieser  Wissenschaft  naher 
angegeben  werden  kann,  ist  es  nöthig,  den  Begriff 
Zeit  festz:ustellen.  .Dies  ist  ni^ht  ganz  leicht.  Schon 
Augustin  sagte  ^):  Si  nema  ex  me  quaerat^  quid 
Sit  tempus,  scio;  si  qjiaerenti  explicare  velim,  72^- 
scio.  Folgendes  wird  für  den  hiesigen  Zweck  genü- 
gen. Die  Zeit  ist  nichts  Objectives  oder  aulser  uns 
Vorhandenes,  sondern  etwas  Subjectives,  nämUch  die 
Vorstellungsart  oder  Denkform,  nach  der  wir  die 
Dinge,  wie  sie  nach  einander  geschehen,  ordnen,  so 
wie  wir  mit  dem  Worte  Raum  die.  Vorstellung  von 
dem  Neheneinandersein  der  Kölner  und  ihrer  Theile 
bezeichnen«  Jeder  ist  sich  bewufst,  dafs,  während 
er  einen  Tag  durchlebt,  in  und  auI^er  ihm  ^Ine  Menge 
Dinge  "vorgehen,  die  eben  so  wie  die  verschiedenen 
Stände  der  Sonne  auf  einander  folgen.  Aus  allen  die- 
sen Dingen  bildet  er  in  seiner  Vorstellung  eine,  zu- 
sammenhanjgende  Reih^,  in  der  jedes,  seine  bestimmte 
SteUe  einnimmt    Diese  Jleihe  wird  Zeitfolge,  jede 


1)    Confcs«.  II,  14 

1 


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2  Vorwort. 

einzelne  Stelle  in  ihr  Zeitpunkt,  Moment,  Augen- 
blick, und,  was  auf  einerlei  Zeitpunkt  trifft,  gleich- 
zeitig genannt;  der  Abstand  zweier  Zeitpunkte  heilst 
ein  Zeitraum,  und  die  ganze  Vorstellung  der  Reihe 
die  Zeit. 

Iii  der  Zeitfolge  liegen  einzelne  Punkte  näher 
oder  weiter  von  einander  entfernt  So  ist  der  Zeit- 
raum vom  Aufgange  eines  Sterns  bis  z^  seinem  Unter- 

•  gange  doppelt  so  gro&,  als  der  von  seinem  Aufgange 
bis  zu  seinem  Durchgange  durch  den  Meridian,  und 
die  Woche  siebenmal  länger  als  der  Tag.  Aus  diesen 
Beispielen  ersieht  man,  wie  sich  Zeiträume  mit  einan- 
der vergleichen  und  durch  einander  bestimmen,  mit 
Einem  Worte  messen  lassen;  denn  messen  heifst 
nichts  anderes  als  untersuchen,  wie  oft  eine  bekannte, 
Grofse,  £e  man  das  Mafs  oder  die  Einheit  nennt,, 
in  einer  unbekannten  von  gleicher  Art  enthalten  ist 
Auf  diese  Weise  werden  die  Zeiträume  Gröfsen  im 
mathematischen  Sinne  des  Worts,  also  eben  so  et- 
was Objektives  für  uns,  wie  die  Zahlen,  die  Gewichte, 
die  Geschwindigkeiten,  die  Dimensionen  der  Körper, 
kürz  alle  die  Dinge,  die  einer  mathematischen  Betrach- 
tung fähig  sind»  . 

Es  ^kommt  nun  auf  die  Wahl  eines  schickfichen 
Zeitmafses  an.  Soll  jedermann  eine  bestimmte, 
möglichst  deutliche, Vorstellung  von  demselben  haben, 
so  mufs  es  von  unserer  Empfindung  unabhängig  ge- 
macht werden;  deim  derselbe  Zeitraum  erscheint- dem 
Glücklichen  kurz,  dem  Unglücklichen  lang.  Um  es 
zu  erhalten,  müssen  wir.  auf  den  Begriff  der  gleich- 

'  förmigen  Bewegung,  d.  i.  derjenigen  Bewegung 
zurückgehen,  bei  der  *ein  Körper  in  gleidien  Zeiten 
gleiche  Wege  zurücklegt.  Sehen  wir"  eine  solche  Be- 
wegung vor  sich  gehen,  so  sfchliefsen  wir  von  dein  zu- 
rückgelegten Wege  auf  die  dazu  erforderliche  Zeit,  und 


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Vorpoori,  3 

können  nun  die  Zeil,  die  zu  irgend  einem  bestimmti^n 
Wege  gehört»  als  ein  Mafs  föt  alle  andei«  Zeiten  ge- 
brauchen. 

Die  Knnst  verschafft  lins  Werkzeuge,  dieeikie 
gleichförmige  Bewegung  unterhalten  uhd  zugleich  die' 
Räume  bezeichnen,  durch  die  sie  von  einem  Zeitpimkt 
zum  andern  fortschreitet  Solche  Werkzeuge  werden 
Uhren  genannt.  Ein  gewisser  vom  Zeiger  angegebe- 
ner Zeitraum  heifst  eine  Stunde,  und  eine  solche  kann 
nun  als  Mafk  (ur  alle  übrige  Zeiten  di^en* 

Allein  dieses  Zeitmafs  genügt  uns  nicht  Denn 
nicht  zu  gedeid^en,.  dals  auch  die  vollkommenste  Uhr 
keinen  gans'  gleichförmigen  Gang  hat,  und  daher  einer 
immerwährenden  Kontrole  bedarf,  auch  dafs  sie  kein 
perpetuum  mobile  ist,  also  zum  eitstände  kommen 
und  unsere  ganze  Zeiünessung  stören  kann;  dies  nicht 
zu  gedenken^  sage  ich,  ist  der  Gebrauch  der  Uhren,  so 
weit  er  auch  heut ^u  Tage  verbreitet  sein  mag,  vieJ 
zu  beschränkl,  als  dafis  sie  ein  aUgeniein  gültiges  Zeit- 
mafs gehen  könnten,  wozu  auch  iKich  der  Umstand 
kommt,  dafs  cUe  uns  von  den  Uhren  zugemessenen 
Stunden  ein  viel  to  kleiner  Mafsstab  sind,  als  dafs 
sieh  grofse  Zeiträume  bequem  durch  sie  messen  liefs^n. 

Nur  der  Himmel  kann  uns  ein  allgemein  gifltiges 
Zeitmals  gewähren.  Wir  sehe»  nänfdieh  an  d^msel- 
ben  Bewegungen  vorgehen,  die  entweder  vd&ommen. 
oder  doch  beinahe  gleichförmig  sind  ^  und  sich,  wenn 
sie  ein  gewisses  Ziel,  erreicht  haben,  unaufhörlich  er- 
neuern. VolDcommen  gleichförmig  ist  der  durch  die 
Axendrehung  der  Erde  bewirkte  scheinbare  Uihlauf 
der  Sterne.  Der  Zeitraum,  in  welchem  derselbe  ei^ 
folgt,  vrird  ein  Sterntag  genannt,  und  an  diesem 
würden  wir  ein  unwandelbares  Zeitmafs  haben,  wenn 
wir  davon  mi  bürgerlichen  Leben  Gebrauch  machen 
wollten. 

♦         s  '■      '  Digitized  by  VjOOQ  IC 


4  Fbrwqri, 

Wir  zieli^  aber  die  viel  auflaUendern,  wenn  aucb 
nicht  vollkommen  gleichförmigen  Bewegmigen  der 
Sonne  und  des  Mondes  vor,  der  beiden  Körper,  die 
einen  so  e^mtschiedenen  lanfluls  auf  unser  ganzes 
Dasein  haben»  Ihre  Umläufe  sind  es^  iVodurch  die 
Zeiträume  bestinunt  werden,  die  wir  Tag,  JMonat 
und  JsLhr  nennen« 

Die  Wissenschaft  nun,  weldhe  diese  Zeiteinheiten 
einzeln  und  in  ihrem  Verhältnisse  xu  einander  betrach- 
tet, und  untersucht,  wie  sie  von  den  verschiedenen 
Völkern  zur  Ausmessung  der  Zeit  angewendet  wor- 
den sind,  wird  Chronologie  oder  Zeitkund^e, 
auch,  wenn  von  der  Zeiteintheilüng  der  ein^Inen  Völ- 
ker die  Rede  ist,  Zeitrechnung  genannt* 

Sie  zeriallt  in  den  theoretischen  und  angewand- 
ten Theil,  oder  in  die  mathematische  und  techni- 
sche Chronologie,  Die  erste  stellt  alles  das  zusam- 
men, was  die  Sternkunde  von  den  Bewegungen  d^r 
Himmelskörper  lehrt,  ii^ofem  es  auf  die  Bestimmung 
und  Vergleichung  der  Zeiteinheiten  Bezug  hat  Die 
andere  zeigt,  wie  die  Anordner  des  bürgerlichen  Le- 
bens die  Zeit  von  jeher  eingetheilt  haben,  und  wie 
iiiemach  die  Begebenheiten  der  Völker  in  ein  richtig 
ges  Zeitverhältdifs  zu  bringen  sind;\  Man  nennt  die 
letztere  gewöhnlich  die  historische,  und  zieht  ei- 
nen guten  Theil  der  Geschichte  in  sie  hinein.  Wir 
wollen  aber  alles,  yva^s  nicht  -unmittelbar  die  Zäh- 
lung der  Tage,  Monate  und  Jahre  betrifft,  »in  die  Ge- 
schichte verweisen,  und,  was  übrig  bleibt,  mit  dem  be- 
stimmteren Namen  der  technischen  Chronologie 
bezeichnen. 

Dab  ohne  die  mathematische  Chronologie  keine 
gründliche  Einsicht  in  die.  technische  möglich  sei,  ist 
eben  so  einleuchtend,  als  dals  'die  technische  dem' Ge- 
schichtforscher unentbehrlich  ist    Man  n^nnt  gewöhn* 


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Vorwort.  5 

lieh  die  Chronölagte  und  Geographie  die  beiden 
Augen  der  Geschichte ^  und  mit  Recht;  denn  bei 
einer  jeden  Begebenheit,  wenn  sie  nicht  der  Gegen- 
stand eines  Romans ^  sein  soll,  kommt  es  vor  Allem 
auf  das'  Waa'n*und  das  Wo*  an. 

Die  mathematische  Chronologie  wird  gewj^hnlich 
in  den  Lehrbüchern  der  Sternkunde,  und  die  techni 
sehe  in  einer  Propädeutik  des  historischen  Studiums 
kurz  abgehandelte  Hier  sollen  beide  zU  einem  selb- 
ständigen Ganzen  mit  einander  verbunden  werden. 


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Mathematisohe  Chronologie. 


Die  Astronomie  lehrt,  d£^  unsere  Erde  ein  ku- 
gelförmiger, frei  im. Welträume  schwebender  Körper 
iatr  Die  Gesichtslinien,  die  wir  zu  den  Himmelskörpern 
iunaus  ziehen,  erscheinen  uns  überall  gleich  lang,  und 
daher  entsteht  in  uns,  die  Vorstellung  von  einer  uns 
umgebenden  Himmelskugel,  an  der  die  Sterne  wie 
angeheftet  sfaid. 

.Der  grolse  Kreis,  der  die  sichtbare  Hälfte  der 
scheinbaren  Himmelskugel  von  der  unsichtbaren  trennt, 
wird  Horizont  oder  Gesichtskreis  genannt  Für 
ein  Auge,  das  sich  nahe  an  der  Erde  befindet,  fällt 
die  Ebene  dieses  Kreises  mit  dem  verhältnilsmälsig 
kleinen  Theil  der  Erdoberfläche  zusammen,  den  wir 
aus  unserm  jedesilialigen  Standpunkt  übersehen  kön- 
nen,  und  sie  wird  durch  die  Fläche  stillstehender  Ge- 
wässer sinnlich  dargesteUt  Jede  in  dieser  Ebene  ge^ 
zogene  gerade  Linie  hdist  eine  horizontale,  und 
jede  auf  ihr  senkrecht  stehende  eine  vertikale. 
Die  vertikale  Linie  kommt  mit  der  Richtung  der  frei- 
fallenden Korper  überein.  Sie  führt  aufwärts  erwei- 
tert zum  Zenit  oder  Scheitelpunkt,^  abwärts  zum 
Nadir  oder  Fufspunkt  Jenes  ist  der  höchste  Punkt 
der  sichtbaren,  dieses  der  tiefste  der  unsichtbaren 
Halbkugel  ^eide  sind  um  90  Grad  vom  Horizont 
entfernt.'  Die  Hinunelskörper  gehen  auf  und  un- 
ter,  wenn  sie  aus  der  einen  Halbkugel  iu^die  andere 
übertreten. 

Die  Astronomie  lehrt  femer,  dafe  die  Erde  sich 
'täglich  von  Westen  gegen  Osten  um  einen  ihrer  Durch- 
messer, den  man  ihre  Axe  nennt,  mit  vollkommen 
gleichförmiger  Ifcewegung  dreht.    Die  Endpunkte  der 


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Mathematische  Chronologie.  7 

Axe  yrerden  ihre  Pole  genannt,  der  eine  der  Nord- 
der  andere  der  Südpol.  Jeder  Punkt  der  Oberflädie 
beschreibt  hierbei  einen  Kreis^  der  um  so  kleiner  ist, 
je  näher  er  den  Polen  liegt  Der  gröfste  aller  dieser; 
Kreise»  der  sogenannten  Parallelen,  wird  der  A5- 
quator  gemannt  Er  theilt  die  Erde  in  die  nördli- 
che und  südliche  Hälfte.  Wir  empfinden  diese 
Bewegung  nicht,  und  werden  hierbei  eben,  so  getäuscht, 
als  wenn  wir,  in  einem  Fahrzeuge  auf  ruhigem  Strom 
.  hingleitend,  wähnen,  dafe  die  Gegenstände  am  Ufer 
in  entgegengesetzter  Richtung  vor  uns  vorüber  eilen. 
Wir  tragen  nämlich  die  Rotationsbewegung  der  Erde 
auf  Sonne,  Mond  und  Sterne, 'kurz  auf  die  ganze  Him^ 
melskugel  über,  die  in  entgegengesetzter  Richtung,  also 
von  Osten  gegen  Wcisten,  sich  um  uns»  zu  drehen 
scheint  • 

Da  hierbei  die  Erdaxe  inüner  dieselbe  Richtung 
behält,  so  über^seugt  man  sich  ^ei  dem  geringsten  . 
Nachdeidken  über  Ursache  und  Wirkung,  dafs  die 
Himmelsa2i;e  die  verlängerte  Erdaxe  ist,  dafs  die  Ilim- 
melspole  senkrecht  über  den  Erdpolen  liegen,  und  der 
Himmclsäquator  durch  die  erweiterte  Ebene  des  Erd- 
äquators bestimmt  wird,  so  dafs  man  ih  eiiiem  der  Erd- 
pole eipen  Himmelspol  im  Zenit  und  den  Himmels- 
äquator im  Horizont,  hingegen  im  Erdäquator  den  Him- 
melsäquator im  Zenit  und  die  Himtnelspole  im  Hori- 
zotit  haben  müsse.  Die  erste  dieser  ,  beiden  Stellun- 
:gen  der  Himmelskugel  gegen  den  Horizont  wird  ^ie 
parallele,  Sie  zweite  die  senkrechte  oder  gerade 
Kugel  genannt,  weil  in  jener  sich  alle  Sterne  parallel 
mit  dem  Horizont,  in  dieser  senkrecht  sgegen  densel- 
ben bewegen.  Sonst  überall  sieht  man  di^  Himiöels- 
kugel  schief,  d.  h.  aUes  in  schräger  Richtung  auf-  und 
absteigen.  Für  Berlin  schneidet  die  Himmelsaxe  den 
Horizont  unter  einem  Winkel  von  52^  Grad.    Dieser 


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g    .  Mathematische  (Chronologie. 

Winkel  oder  der  ihn  messende  Bo^n  der  JBmmels- 
kiigel  heilst  die  Polhölie.  Unter  der  Ergänzung  der- 
selben zu  90  Grad,  welche  diei  Aeqnatorhöhe -ge- 
nannt wird,  {ilr  Berlin  ß7^  Grad,  gehen  bei  uns  sämipt- 
liche  Himmelskörper  auf  und  unter.  Man  begreift 
leicht,  dafe,  die  jedesmalige  Lage  der  Himmelskugel' 
durch  unsere  Stellung  auf  der  Erdoberfläche  derge- 
stalt bedingt  wird,  dafs  die  Polhöhe  immer  unserem 
Abstände  Vom  Erdäqüator  oder  der  Breite  des  Orts 
gleich'  isL  Zwei  Erdbewohner,  die  sich  an  den  End- 
punkten von  einerlei  Durchmesser  hefinden  und  daher 
Antipoden  oder  Gegeüfüfser  genannt  werden, 
h^ben  einerlei  Horizont  und  einerlei  Lage  der. Him- 
melskugel, ab^er  entgegengesetzte  Erscheinungen  der  täg- 
lichen Bewegung.  Eigentlich  sind  ihre  Horizonte  um 
den  burchmesser  der  Erde  von  einander  entfernt 
Allein  die  Erdkugel  ist  in  Vergleichung  mit  der  Him- 
melskugel, an  der  die  unermefslich  entfernten  Fixsterne 
glänzen,  ein  blofser  Punkt,  so  dafs  wir  uns  überall 
als  in  dem  Mittelpunkt  der  Himmelskug^  befindlich 
betrachten  können. 

Die  Kreise  der  Himmelskugel,  die  durch  unsern 
Scheitelpunkt  gehen,, werden  Vertikal-  oder  Scheitel- 
kreise genaimt'  In  ihnen  werden  die  jH oben  ^  der 
Sterne  oder  ihre  Entfernungen  vom  Horizont  in  Gra- 
den gemessen.  Unter  diesen  Kreisen  ist^  besonders 
derjenige  wichtig,  in  welchem  sich  die  Weltpole  befin- 
den. Man  nennt  ihn  Meridian  oder  Mittagskrei^, 
weil  die  Sonne  Mittags  in  ihm  steht.  Sie  ist  dann 
auf  halbem  Wege  vom  Auf-  zum  Untergange,  und  hat 
den  höchsten  Stand  erreicht,  den  sie  bei  ihrem  täg- 
lichen Umlauf  erreichen  kann.  Dasselbe  gilt- von  allen 
andern  Himmelskörpern,  wenn  sie  durch  diesen  Kreis  , 
%,hingelien  oder  culminiren.  Durch  ihn  werden  die 
vier  Hauptpunkte  des  Horizonts,  der  Nord^  und  Süd-, 


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Matbemaiisiihe  Chronologie.  9 

V 

der  Ost-  imd  W es tpiylkt/ bestimmt '  Die  Horizontal- 
linie,  wdche  die  beiden  ersten  verbindet,  wird  die  Mi  t- 
tagslinie  genannt.  Die  Richtung  des  Schattens  eines 
Bleiloths  auf  ei^er  honiontaleü  Ebene  stellt  diese  Linie 
im  Augenblick  des  Mittags  sinnUch  dar.  Dafs  in  der 
schiefen  Kugel  eia  Theil  des  SBmmels  beständig  sicht- 
bar, ein  eben  so  grofset  beständig  unsichtbar  sein 
'müsse,  und  dafs^  die  Dauer  der  Sichtbarkeit  der  auf- 
und  untei^ehenden  Sterne  sehr  verscbiedei)  sei,  be- 
greift man  leicht  Die  Parallelen,  in  denen  sie  sich 
bewegen,  werden  Tageskreise  genannt  Der  sicht- 
bare Theil  derselben  heifst  Tag-,  der  unsichtbare 
Nachtbogen. 

Der-Zeitraiun,  in  welchem  sich  die  Himmelskugel 
einmal  ganz  umschwingt,  wird  ein  Sterntag  genannt 
Um  ihn  genau  abzuoikessen,  stellen  die  Astronomen 
ein  Femrohr  dergestalt  auf,  dals  ein  in  der  Mitte  sei- 
nes Gesichtsfeldes  vertikal  ausgespannter  Fäden  alle- 
mal dep  Meridian  bezeichnet,  in  welche  Neigung 
gegen  den  Horizont  man  es  auch  bringen  mag.  Bei 
dieser  Einrichtung  wird  es  ein  Mit'tagsfernrohr  ge- 
nannt Wird,  nun  eine  Pendelidir,  deren  Gang  fiich 
durch  Erhöhung  oder  Vertiefung  der  Linse  beschleu- 
nigen oder  verzögern  läfst,  so  gestellt,  dafs  sie  ihre 
24  Stunden  allemal  zu  zählen  anfängt,  wenn  irgend^ 
ein  ausgezeichneter  Stern  culminirt,  so  zeigt  sie  Stern-^ 
zeit  Während  der  24  Stunden  des  Sterntages  schie- 
ben sich  alle  360  Grad  d^s  Aequators  durch  den  Me» 
ridian,  während  einAr  Stunde  15  ,Grad,  während  einer 
Zeitminute  16  Bogenminuten.  Ejhe  solche  Stemuhr 
eilt  einer  gewöhnlichen,  nach  Sonnenzeit  eingerichte- 
ten Pendeluhr  tagUch  um  beinahe  4  Minuten,  monat- 
lich um  2  Stynden  mid  jährlich  um  einen  ganzen  Tag 
vor.  0ie  Ursache  hiervon  liegt  in. der  jährlicheut 
Bewegung  der  Sonne.  / 


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10'        '         MfUhemaiische  Chronologie. 

Dals  die  Sonne  kein  Vtie6t$r  Punkt  dfr  Hlininfek- 
kugel  sei,  sondern  aufser  ibreiti  taglichei,  der  gi^zen 
Kugel  gemeinscbaftlichen.  Umlaufe  von  Osten  gegen 
Westen  zugleich  eine  weit  langsamere  Bewegung  in 
entgegengesetzter  Richtung  habe,  er^bt  sich  dem  auf- 
merksamen Beobachter  aus  folgenden  einfachen  Wahr- 
nehmungen. >  Sie  geht  um  Mittemacht  durch  die 
untere  Hälfte  «des  Meridians.  Es  müssen  ihr  also  die 
Sterne,  die  um  "Qfittemacht  culminiren,  gegenüber  ste- 
hen, und  man  darf  nur  fortgesetzt  auf  dieselbea  achten, 
um  zu  sehen,  wie  sie  aUmähB^  am  Himmel  fortrückt. 
Auch  das  wechselnde  Schauspiel  des  ganzen  gestqm« 
.  ten  Himmels  gibt  ihre  eigenthümliche  Bewegung  zu 
erkennen.  Die  Sterne,  die  nach  ihrem  Untergänge  am 
Abendhimmel  stehen,  sinken  mit  jedem  Abend  tiefer 
zu  ihr  hinab  und  verlieren  sich  endlich  in  der  Däm- 
merungi  Dagegen  entfernen  sich  von  ihr  diejenigen, 
welche  vor  ihrem  Aufgange  am  Morgenhimmel  glän- 
zen. Hier  zeigen  sich  immer  andere  Sterne,  die 
man  bei  einiger  Aufmerksamkeit  leicht  für  die  er- 
kennt, welche  zuvor  im  Westen  unsichtbar  geworden 
sind.  Nach  etwa  einem  halben  Jahr  stehenr  diejeni- 
gen Sterne,  die  sich  zuvor  in  der  Nahe  der  Sonne 
befunden  hatten,  ihr  gegenüber,  untergehmid,  wenn  sie 
aufgeht,  aufgehend,  wenn  sie  untergeht,  und  nach  ei- 
n^m  Jalir  kehrt  der  ganze  Sternhimmel  zu  i];ir  Sn ' 
sein  anfangliches  Verhältnifs  zurück. 

Alle  diese  Erscheinungen  erklären  sich  ganz  un^ 
gezwungen,  wenh  man  anninunt,  dafs  die  Sonne  in  dem- 
Zeitraum  eines  JahrS  in  östlicher  Richtung  um  den 
Himmel  läuft  Dais  dies  nicht  längs  dem  Aequator 
geschehen  könne,  drhellet  daraus,  dafs  sie  den  Hori- 
zont und  Meridian  in  immer  andern  Punkten  durch- 
schneidet. Am  ersten  Frühlingstage  geht  sie  in  Osten 
auf,  in  der  Höhe  des  Aequators  durch  den  Meridian^ 


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Muthemaih€b0  Ckronoiogie,  H 

und  in  Westen  unler,  Sie  iimfs  dann  im  Aequator 
stehen.  Hierauf  geht  sie  in  die  nördliche  Halbkugel 
über  ^)y  dich  t%Iieh  weiter  vom  Aequator  entfernend. 
Mit  dem  Anfange  ies  Sommers  erreicht  *«ie^  ein  Maxi- 
muni  Yon  Mittagshöhe,  zu  Berlin  von  61  Grad,  wor- 
auf sie  zum  Aequator  zurückkehrt,  den  sie  im  An- 
fange .  des  Herbstes  von  Neorem  erreicht  Sie  geht 
dann  in  die  südßche  Halbkugel  über,  sich  vom  Ae- 
quator ^ntfertiend  Im  Anfange  des  Winters  gelangt 
sie  zu  einem.  ACnimum  von  Mittagshöhßy  zu  Berlin 
von  14  -Grad,  worauf  sie  sich  wieder^  dem  Aequator 
nähert. 

Aus  der  genauen  Erwägung  aller  dieser  Umstände 
und  der  damit  in  Verbindung  stehenden  Ersdieipun 
gen  ergibt  sich,  dafs  die  jährliche  Bahn  der  Somie 
den  Aequator  unter  einem  Winkel  von  23|-  Graden 
durchschneideL  Die  Bahn  wird  die  Ekliptik  und 
der  Winkel  die  Schiefe  dear  Ekliptik  genannt  .In 
der  erstem  si^  besonders  die  um  90  Grad  von  ein 
ander  entfernt  liegenden  beiden  Aequinoctial-  und 
Solstitialpunkte  zu  merken.  Jenes  sind  die  Durch- 
scbnittspuokte  des  Aequators  und  derEkh'ptik.  Er- 
reicht sie  die  Sonne,  «o  ist  der  Aequator  ihr  Tageskreis, 
und  es  herrscht  auf  der  ganzen  Erde  Tag«  und  Nacht- 
gleiche.  Der  eine  wird  der  Frühlings-^  der  andere 
der  Herbstpunkt  genannt  Die  Solstitialponkte  sind ' 
um  die  Schiefe  dpr  Ekliptik  vom  Aequator  entfernt, 
der  eine  in  der  nordhcfaen,  der  andere  in  der  südli- 
dien  Halbkugel.  Der  nördliche  heifst  der  Son^mer-, 
der  «üdliche  der  Winterpunkt  Solstitialpunkte  hei- 
£ien  sie,  weil  die  Sonne  in  ihnen  die  Grenze  ihrer 
Entfernung  vom  Aequator  erreicht.    Die  Zeiten,  wo 


i)    Es  rersteht  sieb,  für  uns  Bewohner  der  nördiidien  Halb 
kugel. 


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12  Mathematische  Chronologie. 

sie  zu^  diesen  vier  Punkten  ihrer  jährliehen  Bahn 
gelangt,  >yerden  Aequinoctieh  und  Sölstitie^n  oder 
Nachtgleiehen  und  Sonnenwenden  genannt  Die 
Chronologen  bezeichnen  -sie  mit  dem  gemeinschafUi« 
chen  Namen  der  Jährpuntte. 

Die  Ekliptik  wird  in- 12  gleiche  Bogen  getheilt, 
welche   die   himmlischen   Zeichen  heiTsen.    Ihre 
von  benachbarten  Sternbildern  entlfehnten  Nameii  und 
in  der  Astronomie  gebräuchlichen  Charaktere  sind: 
Widder  Y*  Wage  sG- 

aier  ^  Skorpion        U|f 

Zwillinge        H  Schütze  ^ 

Krebs  69  Steinbock  *     J5  , 

Löwe  Q '  Wassermann  5ä 

JuiSgfrau         np  Fische  X 

Die  drei  ersten  werden  Frühlingszeichen  ge- 
nannt, weil  sie,  zwisdben  dem  Frühlings-  und  Sommer- 
punkt liegend,  in  unslsrm  Frühling  durchlaufen  wei:- 
'den,  ^Ganz  analog  heifsen  die  drei  folgenden  Sommer- 
zeichen, die  drei  folgenden  Herbstzeichen  und  die 
drei  letzten  Winterzeichen.  Da  die  vier  Haupt- 
punkte der  Ekliptik  den  Anfangen  des  W^idders,  Kreb. ' 
seSf  der  Wage  und  des  Steinbocks  entsprechen,  so 
pflegen  die  Astronomen  sie  auch  Widder-,  Krebs-, 
Wage-  und  Steinbockspunkt  zu  nennen.  Die 
sechs  ersten  heüseu  die  nördlichen,  die  sechs  letz- 
tem die  südlich  CIL  ^  '  • 

Im  Frütilingsviertel  der  Ekliptik  entfernt  sidi  die 
Sonne  nordwäils  vom  Aequator.  Ihre  Tagbogen  sind 
für  uns  grölscr  als  die  Nachtbogen,  mithin  die  Tage 
länger  als  die  Nächte»  Die  Ungleichheit  nimmt  zu,  ' 
bis  sie  den  Sommerpunkt  erreicht,  wo  -sie  den  läng- 
sten Tag  und  die  kürzeste  Nacht  gibt,  für  Berlin  von 
16^-' und  7^  Stimden«  Im  Sommerviertel  nehmen  die 
Tage  eben  so  ab,  wie  sie  im  Frühlingsviertel  zugenom- 


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MiUhematische  Chronoh^ie,  j  3 

v  '     .      . 

men  habea  Im  Herbstviertel  w^en  umgekehrt  die 
Nächte  langer  als  die  Tage,  und  die  Ungleichheit 
nimmt  zu,  «bis  sie  zum  Winterpunkt  gelangt,  wo  sie, 
den  Jcürzesten  Tag  und  die  längste  Nadit  macht,  für 
uns  von  TJ-  und  i6^  Stunden«  Im  Wintervieriel  neh 
men  die  Tage  wieder  zu.  "  . 

Die  Parallelen  des  Aequators,  welche  durch  die 
beiden  Solstitialpunkte  gehen,  also  23|^  Crad>yoTn 
Aequator  enifernt  sind,  werden  die  Wendekreise 
genannt,  der^eineder  nordliche  oder  der  Wende- 
kreis des  Krebses,  der  andere  der  südliche  oder  -^ 
der  Wendekreis  des  Steinbocks.  Sie  sind  als  die 
Tageskreise  zu  betrachten,  welche  die  Sonne  am 
längsten  und  kihrzesten  Tage,  beschreibt,  und  schliefsen  . 
die  47**  breite  Zone  ein,  über  die  sie  nie  hinausgeht 
Die  Pole  der  Ekliptik  liegen  eben  so  weit  von  den 
Himmelspolen  entfernt,  als  die  S<;>lstitialpunkte  vom 
Aequator.  Die  Parallelen,  die  sie  bei  der  täglichen 
Vmdrehiing  der  Himmelskugel  durchlaufen,  heifsen  die 
Polarkreise,  der  eine  der  nördliche,  der  andere  der 
südliche. 

Ganz  ähnlich  Uegende  Kreise  stellt  man  sich  auch 
auf  der  Erde  Vor,  wo  sie  die  fünf  Zonen  begrenzen, 
die  heifse,  die  beiden  gemäfsigten'und  die  beiden 
kalten.  Die  heifse  zwischen  den  beiden  Wendekrei- 
sen schliefst  alle  die  Länder  ein,  in  deren  Zenit  die 
Sonne  kommen  kann.  Die  kalten  innerhalb  der  Po- 
larkreise begreifen  alle  die  Länder,  in  denen  die  Sonne 
einen  Theil  des  Jahrs  von  24  Stunden  bis  zu  6  Mona- 
ten beständig  über  dem  Horizont  verweilt  Die  gemä-  ' 
isigten  umfassen  alle  die  Länder,  welche  die  Sonne 
w^der  in  ihrem  Zenit,  noch  länger  als  24  Stunden 
hintereinander  über  ihrem  Horizont  sehen. 

Der  Unterschied  des  längsten  und  kürzesten  Ta- 
ges ist  lim  so  grölser,  ]e  weiter  dör  jedesmalige  Qrt 


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14  Mathenwiischfi  Chr&Hölog^. 

vom  Aequato*  entfernt  isi  Die  alten  Geographen 
theilteii  demnach  den  ihnen  bekannten  Theil  der  Erde 
vom  Aeqaator  bis  zum  nordliehen  Polarkreis  bin  in 
Klimate  oder  parallele  Zonj^n  mit  viertel»  oder  halb- 
stündiger Zunahme  der  Dauer  des  längsten  Tagej», 
und  bestimmten  so  die  Abstände  der  Oerter  vom  Ae- 
quatör.  • 

Um' die  Mittagshohen  der  Sterne,  d.  i.  ihre 
Höhen  im  Augenblicke  der  Culmination,  zu  messen, 
bedient  ihan  sich  eines  in  der  Mittagsebene  fest  auf- 
gestellten ganzen  oder  Viertelkreises  (Quadranten}  von 
beträchtlichem  Halbmesser  und  möglichst  genauer  Thei- 
lung,  um  dessen  Mittelpunkt  sich  eine  Regel  mit  einem 
Femrohr  bewegt.  In  der  Mitte  des  Gesichtsfeldes  durch- 
kreuzen  sich  ein  horizontaler  und  ein  vertikaler  Faden, 
und  wenn  man  nun  dem  Femrohr  eine  isolche  Lage 
gibt,  dafs  der  Stern  längs  dem  horizontalen  Faden  hin- 
läuft, so  schneidet  die  Schärfe  der  Regel,  der  die  Axe 
'des  Femrohrs  paraUel  liegt,  den  Bogen  ab^  der  die 
Mittagshöhe  mifst  Zugleich  gibt  der  Durchgang  des 
Sterns  durch  den  vertikalen  Faden  de^  Augenblick 
der  Cuhnination,  Richtet  man  das  Fernrohr  auf  die 
Sonne,  so  kann  man  nur  die  Höhe  ihres  obem  oder 
untern  Randes  messen,  aus  der  man  dann  durch  Sub. 
traction  oder  Addition  ihres  etwa  einen  Viertelgrad 
betragenden,  scheinbaren  Halbmessers  die  Höhe  des 
IVIittelpunkts  herleitet  Wie  die  gefundenen  Höhen 
den  Gesetzen  der  Strahlenbrechung  gemäfs  zu 
berichtigen  sind,  mtifs  in  den  Lehrbüchern  der  Stern- 
kunde nachgesehen  werden. 

Vergleicht  man  die  Mittagshöhe  eines  Sterns  mit 

,  der   Aequatorhöhe,   so    gibt   der    Unterschied  beider 

seinen  Abstand   vom  Aequator,   seine  Declinatiön 

oder  Abweichung.    Durch  diese  bestimmt  sich  aber 

nur  die  Lage  seines  Tageskreises.    Um  nun  auch  den 


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MiUhemaiisch0  Chrimt^gle,  -  15 

Punkt  %vl  erhahen,  den  der  Stern  in  demselben  eiii 
nimmt,  stellt  man  eine  Stemulur  so^  dafe  sie  ihre  24 
Standen  in  dem  Augenblicke  zu  zählen  anfangt,  wo 
der  FrüUüngspunkt  culminirt  Die  Zeit,  die  sie  dann 
bei  der  CulminaliDn  eines  jeden  Sterns  zeigt,  gibt,  nadi 
dem  oben  (  9  )  gedachten  Yerkältnils  in  Bogen  ver-  . 
wandelt,  das,  was  man  seine  RectascensioA  oder 
gerade  Aufsteigung  nennt,  nämlich  den  Bogen 
des  Aequator^  der  vom  Frühlingspimkt  ostwärts  bis  zu 
dem  Punkt  hin  liegt,  deni  der  Stern  senkrecht  ent- 
spricht« Da  aber  der  Frühlingspunkt  k^  sidbtbarer  / 
Punkt  der  Himmelskugel  ist,  so  kann  man  der  Uhr 
jene  S^Uung  erst  dann  geben,  wenn  man  die  gerade 
Au&teigung  irgend^  eines  Sterns  kennt  Wie  man 
diese  durch  unmittelbare  Beobachtung  finde,  kann  hier 
nicht  gelehrt  werden*  Die  geraden  Aufsteigungen 
werden  von  0  bis  24  Stunden  oder  3^®  fainterein- 
atider  fortgezählt.  . 

Auf  eine  ähnliche  Weise,  wie  auf  den  Aequator, 
bezieht  man  die  Lage  eines  Sterns  auf  die  Ekliptik, 
indem,  man  einmal  seinen  nördlichen  oder  südlichen 
Abstand  von  diesem  Kreise,  seine  Breite,  und  dann 
den  Bogen  desselben  «ngibt,  der  sieh  vom  Fr^- 
lingspupkt  ostwärts  bis. zu  dem  Punkt  erstreckt,  über 
dem  der  Stern  senkrecht  steht,  seine  Länge.  Die 
Längeil  und-Breiten  werden  nicht  beobacKtet,  sondern 
aus  den  geraden  Aufsteigungen  und  Abweichungen  be- 
rechnet Die  Längen  zählt  man  gewöhnlich  nach, 
Zeichen  und  Graden.  So  deutet  eine  Länge  von  2  Z.  . 
20^  an,  dafs  der  Stern  80  Grad  ostwärts  vom  Früh- 
lingspunkt entfernt  ist  ,     , 

Auf  der  Erde  sind  Länge  und  Br^eite  ganz  dem 
analog,  was  man  am  Himmel  gerade  Aüfstdgung  und 
Abweichung  nennt  Der  gröfste  Kreis  der  Erdkugel^ 
der   durdi  beide  Pole  ^nd  irgend  einen  Punkt  ihrer 


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Iß  Maikemaiische  Ckrcnologie, 

Oberfläche  geht,  wird  der  Meridian  desselben  genannt, 
weil  seine  Ebene  in  ;dem  Augenblick,  wo  es  daselbst 
Mittag  ist,  mit  der  des  Meridians  am  Himmel  zusam- 
menfallt. -  Da  sich  im  Erdäquatcpr- nicht  eben  so,  wie 
im  Öimmelsäquator,  ein  von  der  Natur  selbst  gegebe- 
ner Anfangspunkt  findet,  so  ist  die  W^ihl  desselben 
oder  die  des  ersten  Meridians  wiUkührlich  und 
schwankend.  Die  Astronomen  beschräiücen  sich  da> 
her  gewöhnlich  aiuf  die  Angabe,  um  wie  viel  ein  Ort 
östlicher  oder  westliche^'  Hegt,  als  ein  anderer  von 
bekannter  Lage.  Diese  Längen- oder  Meridianuu- 
terschiede  ergebeft  sich  vermittelst  der  Zeilunter- 
schiede. Da  sich  nämlich  die  Erde,  von  Westen  ge- 
gen Osten  um  ihre  Axe  dreht^  so  müssen  die  ^östlichen 
Oetter, Mittag  und  jede  andere  Tagesstunde  früher  als 
-die  westlichen  haben,  und  da  diese.  Bewegung  voll- 
kommen gleichförmig  von  Statten  geht,  so  gibt  «ein 
Zeitunterschied  von  einer  Stunde  einen  Längenunter- 
schied von  15  Graden.  So  hegt  Berlin  44'  14''  in 
Zeit  oder  11**  3'  30"  in  Bogen  östiicRer  als  Paris. 
NimUit  man  mit  den  meisten  Geographen'  den  gerade 
20®  westlich  von.  der  Pariser,  Sternwarte  liegeuden 
Meridian  für  den  ersten  an^  so  hat^'Berlin  31  ^^  3'  30'' 
Länge.  Die  Zeitunterschiede  der  Oerter  zu  bestim- 
men, bieten  sich  mehrere  Mittel  dar.  Am  einfachsten 
ergeben  sie  sidh  mit  Hülfe  von  Erscheinungen,  die  - 
sich  für  alle  Erdbewohner  in  gleichem  absohiten  Au- 
genblicke ereignet,  z.  B.  vermittelst  der  VerfinsteÄm- 
\gen  eines  Jupiterstrabanten.  Gäbe  es  Uhren,  die  bei 
allen  möglichen  störenden  Einflüssen  einen  vollkom- 
men gleichförniigen  Gang  hätten,  so  würden  sie 
am  bequemsten  zur  Bestimmung  der  Zeitunterschiede 
dienen  können.  Die  Kunst  hat  auch  wirklieh  in  die- 
ser Beziehung  sehr  viel  geleistet,  und  es  wird  jetzt 
nicht  leicht  eine  grofse  ^Seereise  phn^  emen  Chröno- 
,  '  meter 


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Maihemaiische  Chronolope.     .  ^7 

meter  «ntcmommen,  wie  man  dergleichen  eigenthüm- 
lich  gearbeitete  Uhren  zu  nennen  pflegt 

Die  Breite  eines  Orts  ist,  wie  schön  bemeifct 
worden,  der  Pol kö he  ^eich.  Eine  der  YaüsUchsten , 
und  bequemsten  Methoden  zur  Bestimmung  der  letz- 
tem ist  f<rfgende.  Ein  Stern,  der  nie  untergeht,  cul- 
minirt  bei  seinem  täglichen  Umlauf  zweimal,  einmal 
über,*  einmal  unter  dem  sichtbaren  PoL  In  jener 
SteUung  hat  er  seine  gröfste,  in  dieser  seine  kleinste 
Höhe.  Wenn  man  nun  den  halben  Unterschied  bei- 
der durch  die  Strahlenbrechung  gehörig  rectificirten 
Höhen  zur  kleinsten  addirt  oder  von  der*gröfsten  sub- 
trahiit,  so  erhält  man  die  Polhöhe.  Auf  diese  Weise 
findet  sich  für  Berlin  eine  nördfiehe  Polhöhe  von  52^ 
31'  13". 

Die  Veränderung  der  Tageslängen  und  Mittags- 
höhen der  Sonne  hängt  von  der  Schiefe  der  Eklip- 
tik ab.  Diese  ist,  wie  schon  bemerkt  worden,  dem 
Abstände  der  Solstitialpunkte  vom  Aequator,  also  an 
den  Tagen  der  Sonnenwenden  dem  Unterschiede  der 
Mittagshöhe  der  Sonne  und  der  Aequatorhöhe  gleich. 
Im  strengsten  Sinne  findet  dies  eigentlich  nur  statt, 
wenn  sich  die  Sonnenwende  gerade  am  ÖBttage  er- 
eignet. Da  sich  indessen  in  der  Nähe  der  Solstitial- 
punkte die.  Abweichung  der  Sonne  in  einem  Tage 
nur  wenig  ändert,  so  wird  man  ohne  erheblichen 
Fehler  auch  ihre  Höhe,  am  vorhergehenden  oder 
nachfolgenden  Mittage  in  Rechnung  bringen  können. 
Dals  die  Hälfte  des  Unterschiedes  der  gröfsten  und 
kleinsten  MiUagshöhe,  welche  die  Sonne  im  Verlauf 
eines  Jahrs  erreicht,  ebenfalls  die  Schiefe  gebe,  sieht 
man  leicht 

Eratosthenes  fand  250  Jahre  v.  Chr.,  dafs  der 
eben  gedachte  Unterschied  \^  des  ümfanges  der  Him- 
melskugel  halte,  was  für  die  Schiefe  23**  51'  20"  gibt. 
.  2 


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j[g  Mathematische  Chronologie. 

Hipparch  prüfte  dieses  Resultjsit  hundert  Jahre  später 
und  bestätigte,  es  '^).  Seitdem  haben  alle  Beobachtun- 
gen eine  fortwährende  Abnahme  der  Schiefe  gegeben. 
Albattani  setzte  sie  im  zehnten  Jahrhi^n4ert  n.  Chr. 
auf  23^  36',  Tycho  Brahe  vor  200  Jahren  auf  23^ 
30'.     Hr.  Bessel  findet  *)  für  das  Jahr  1800 

23^  27'  54",8  —  t.  0",457, 
wo  t  die  Zahl' der  seitdem  verflossenen  Jahre  bezeich- 
net Hiemach  ist  die  Säcularabnal^me  45"^  7.  Man 
würde  aber  irren,  wenn  man  hieraus  folgepi  wollte, 
dafs  die  Schiefe  imn^ierfort  abnehmen  und  einst  Null 
werden  dürfte,  wo  dann  der  Unterschied  der  Tages- 
läng^fi  und  Jahrszeiten  auf  der  Erde  gänzlich  aufhören 
müTste.  Man  weils  jetzt,  dafs  SUe  Aendcrungen  der 
Schiefe  nur  periodische  Schwankungen  innerhalb  ge- 
wisser, noch  nicht  genau  bestimmter,  Grenzen  sind. 
Da  sich  hierbei  blofs  d^e  Breiten,  nicht  die  Abweichim- 
gen  ändern,  so  ist  es  die  Ekliptik,  welche  schwankt, 
nicht  der  Aequator. 

Noch  eine  andelre  sehr  langsan^e  Bewegung,  Prä- 
cession  oder  Vorrückung  der  Nachtgleichen 
genannt,  mufe  hier  erklärt  ^tf^rden.  Hipparch  ent- 
deckte  durch  Vergleichung  seiner  Beobachtungen  mit 
den  160  Jahr  altem  des  Timoeharis  imd  Aristyl- 
lus,  dafs  die  Länge  aller  Sterne  um  zwei  Grade  zuge- 
nommen  habe.  -  Ptolemäus  setzte  diese  Bewegung 
in  100  Jahren  auf  einen  Grad  ').  Die  Alten  legten 
sie  dem  Sternhimmel  bei;  die  neuere  Astronomie  lehrt 
aber,  dafs  sie  den  Aeqüinoctialpunkten  angehört,  die 
sich  westlich  von  den  Sternen  entfernen«    Sie  erfolgt 

1)  AUnagtjsl  ded  PtolcmSus  I,  10,  S.  49  dek  Halma'sclicn 
Textes.  .        . 

2)  Fund,  j^ktron,  p.  61.  Vergl  Hm.  Scfatimacliers 
As trono mische  ISachrieHteti   No.  133. 

3)  Almagest  VII,  2  and  3. 


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MqthemMÜsehe  Chronolo^.  19 

längs  der  Ekliptik,  infdem  hierbei  die  Breiten  der  Sterne 
unverändert  bleiben*  Nach  Hrn.  Besi^el  ')  beträgt  ^ie 
für  unsere  Zeit  jährlich  50'^  22,  also  m  100  Jahi^n  l'' 
23^  42^',  iA  25800  Jahren  einen  ganzen  Umlauf«  Eine 
Folge  davon  ist,  dafs  die  $tembild^>  von  dienen  die 
Zeichen  der  Ekliptik  ihre  Namen  erhalten  haben, 
denselben  jetzt  nicht  mehr  entsprechen,  sondern  um 
ein  ganzes  Zeichen  ostwärts  von  der  Stelle  gewichen 
sind,  wo  sie  sich  zu  Hipparch's  Zeit  befanden. 
So  steht  nun  das  Sternbild  des  Widders  im  Zeichen 
des  Stiers,  das  des  Stiers  in  dem<  der  i^willinge  u*  s.  w. 

Die  Astronomie  beweiset,  dafs  auch  die  jähriiche 
Bewegung  der  Sonne  nur  scheinbar  ist  Se  ist  die 
Folge  einer  Bewegung  unserer  Erde,  vermöge  weL 
eher  sie  binnen* einem  Jahr  dergestalt  von  Osten  ge- 
gen  Westen  um  die  Sonne  läuft,  daüs  die  Axe^  um 
welche  sie  sich  inzwischen  täglieh  vo;n  Westen  gegen 
Osten  dreht,  mit  der  Ebene  ihrer  Bahn  einen  Winkel 
von  66f  Graden  bildet,  und  bis  auf  die  sehr  langsame 
Aenderung,  deren  so  eben  gedacht  ist,  sich  seibist  pa- 
rallel joder  gegen  einerlei  Punkt  der  Hinunelskiigel  ge- 
richtet bleibt.  Es  mufs  also  der  Erdäquator  gegen 
jene  Ebene  unter  einem  Winkel  von  231*  Graden  ge- 
richtet  sein,  welchen  mithin  auch  der  Himmelsaquator 
und  die  bis  an  die  Himmelskugd  erweiterte  Ebene 
der  Erdbahn,  die  Eädiptik,  mit  einander  bilden«  Hier, 
wo  es  nur  auf  die  Ersdheihutigen  der  tägU<^n  und  jähr- 
lichen Bewegung,  nicht  auf  ihre  Gründe  ankommt,  be- 
trachten vrir  beide  als  wirklich  am  Himmel  voi^ehepd, 
und  untersudien  nun  ihre  Perioden'  genauer. 

Das  Wort  Tag  wird  in  einem  zwiefachen  Sinn 
gebraucht  Einmal  bezeichnet  es  die  Zeit  der  An- 
wesenheit der  Sonne  über  dem  Horizont,  welche  von 


1)    S.  Hm,  Schumachers  Astr.  Nacfcr.  ^.  a.  O. 

2  * 


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20  ,     Jffafhemaiische  Chromologic. 

* 
ihtem  jedeismaligett  Tagbogen  abhängt,  im  Gegensatz 

der  Nacht  'Dann  witd  darunter  ihr  täglicher  Umlauf 
oder  di0  Zelt  verstanden,  iii  der  sie  ihren  ganzen  Ta- 
geskreis zurücklegt.  Jenen  Tag  nennt  man  den  na- 
türlichen, diesen,  nach  welchem  dafirt  wird,  den 
bürgerlichen.  Für  letztern  haben  einige  Sprachen 
eine  besondere  Benennung,  zum  B.  die  griechische 
vv')(^n]/.isQov,  die  schwedische  dfgn.  In  ihm  werden  die 
Tageszeiten  Morgen,  Mittag,  Abend  und  Mitter- 
nacht unterschieden,  die  von  den  Durchgängen  der 
Sonne  durch  dien  Horizont  und  Meridian  bestinmit 
werden. 

Im  gemeinen  Leben  fangen  die  Europäer  dea 
bürgerlidien  Tag  mit  dem  Durchgange  der  Sonne 
durch  den  untern  Meridian^  dejr  Mittemacht,  an,  und 
theilen  ihn  in  24  Stunden,  die  sie  in  zwei  Absätzen 
zu  12  Stunden  zählen.  Die  Astronomen  beginnen 
nach  dem  Vorgange  des  Ptolemäus  *)  ihren  Tag 
fast  allgemeiA  mit  dem  Durchgange  der  Sonne  durch 
den  obem  Meridian,  dem  Mittage,  weil  sich  dieser 
Zeitpunkt  genau  und  bequem  durch  eine  unmittelbare 
Beobachtung  bestimmen  läDst,  und  zählen  die  Standen 
von  einem  Mittage  bis  zum  andern  fort,  was  die  Folge 
hat,  dals  die  astronomischen  Tage  und  Stunden  blofis 
vom  Mittage  bis  zur  Mttemacht  mit  den  bürgeiiichen 
übereinstimmen,  von  Mittemacht  bis  Mittag  hingegen 
im  gemeinen  lieben  ein  Tag  mehr  und  12  Stunden 
weniger  gezählt  werden. 

.\  Aus  dem,  was  oben  über  die  Zeitunterschiede 
der  Oerter  gesagt  worden,  erhellet,  dafs  alle  Tages- 
stunden zugleich  auf  der  Erde  vorhanden  sind.  In 
jedem  Augenblick  gehl  die  Ebene  irgend  eines  Meri- 
ridians   durch   die  Sonne.      Dann  ist  in   der  obem 


1)    Alm.  IB,  8,  S.  Ö08. 

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Mathemmt^cbe  Chronologie.  2| 

Hälfte  von  Pol  zu  Pol  Mittags  in  der  untern  Mitter- 
nacht, und  an  den  Orten^  welche  von.  der  obem  ost- 
wärts ^ur  untern  liegen,  IVachmittag,  in  den  übrigen 
Vormittag.  Wenn  ein  Schiff  die  Reise  um  die  Erde 
macht,  so  zählt  es  nach  seiner  Kückkehr  einen  Tag 
mehr  oder  weniger  als  die  Zurückgebliebenen,  je  nach- 
dem es  eine  ostliche  oder  westliche  Riiihtung  genom- 
men hat  Wenn  einst  einmal  einerlei  Kalender  auf 
der  ganzen  Erde  «eingeführt  sein  sollte,  so  wird  man 
einen  Meridian  wählen  müssen,  in  welchem  sich  heute 
und  gestern  scheiden  sollen. 

Die  Zeit,  in  der  die  Sonne  zu  dem  Pmikt  des 
Himmelsj  von  welchem  sie  ausgegangen  ist,  zurück- 
kehrt, wird  Jahr  genannt,  ein  siderisches  oder. ein 
tropiseJies,  je  naclidem  von  ihrer  Rückkehr  zu'  dem- 
selben Stern,  oder  zu  demselben  Punkt  der  Ekliptik 
die  Rede  ist.  Letzteres  wird  im  bürgerlichen  Leb jn 
allein  gebraucht,  weil  von  ihm  der  Wedxsel  der  Ta  / 
geslängen  und  Jahrszeiten  abhängt 

Die.  Bewohner  der  gemäfsigten  Himmelsstriche 
theilen  das  Jahr  nach  den  verschiedenen  Wirkungeuj 
^  welche  die  Sonne  auf  ihr  Gefühl,  auf  die  WIttenmg 
und  auf  die  Vegetation  äufsert,  in  vier  Zeitab- 
schnitte oder  Jahrszeiten.  Statt  der  physischen 
Jahrszeiten,  die  keiner  aUgeineinen  Bestimmung  falug 
sind,  lind  für  jedes  Land  und  fast  für  jedes  Jahr  an- 
ders ausfallen,  hat  man  die  astronomischen  einge- 
führt, die  durch  die  gröfete^  nuttlere  und  kleinste  Ent- 
fernung der  Sonne  vom  Scheitel  bestimmt  werden. 
An  den  Tigen,.  wo  sie  diese  Entfernungen,  also  in 
der  nördlichen  Halbkugel  dßn»  Steinbocka^,  Widder-, 
Krebs-  un4  Wagepunkjt,  erreicht,  sagt  man,  dafs  Win- 
ter, Frühling,  Sommer  und  Herbst  ihren  Anfang 
nehmen.     - 

Die  tropischen  Jahre  sind  nicht  durchgängig  einan- 


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23  Mathematische  Chronologie.' 

der  gleich,  wegen  der  störenden  Einwirkungen,  welche 
die  anziehenden  Kräfte  der  Planeten  anf  die  Bewe- 
gung der  Erde  äufsem.  Die  Unterschiede  können  auf 
mehrereMinuten  gehen.  Um  nup  einen  mittleren  Werth 
zu  erhalten  und  zugleich  den  Einfluls  der  Beobach- 
timgsfehler  möglichst  zuschwächen,  mnfs  man.Nacht- 
gleichea  und  Sonnenwenden  zusammenstellen,  die  um 
eine  grolse  Reihe  von  Jahren  auseinander  Hegen,  und 
das  in  Tagen,  Stunden  und  Minuten  ausgedrückte  In- 
tervall  durch  djie  Zahl  der  Jahre*  dividiren.  Hierbei 
kommen  uns  neun  von  Hipp arch  beobachtete. Nacht- 
reichen  *)  vortrefflich  zu  statten.  Aus  dar  Verglei- 
chung  derselben  mit  vielen  andern  Beobafehtungen 
derselben  Art  hat  sich  ergeben,  daüs  <fie  mittlere  Dauer 
des  tropischen  Jahrs  365  Tage  5  SL  48'  48''  b«rägt  ^), 
Während  des  tropischen  Jahrs  nimmt' die  Länge 
der  Sterne  um  50", 22  zu.  Die  Sonne  hat  also  am 
Ende  desselben  in  Ansehung  der  Fixsterqe  .noch^kei- 
nen  vollkommenen  Umlauf  gemacht,  sondern  erst  360^ 
—  50",  22  zurückgelegt  Hiers^us  ergibt  sich  leicht 
di^  Dauer  des  siderischen  Jahrs  zu  366  T.  6  St  9' 
10",7.    Es  ist' also  um  20^  23"  länger  als  das  tropische. 


1)  Alm.  ra,  2. 

2)  S.  Lalande's  Memoire  sur  ladufee  de  Vaimee  solaire 
in  den  Abkandlöngen  der  Pariser  Akademie  yom  Jahr  1782,  Nach 
Hm,  B  es  sei  (yergL  seine  Abhandlung  über  den  gegenwärti- 
gen Zustand  unserer  Kenntnifs  von  der  Sonnenbewe- 
gung in  dem  gedachten  Stück  der  Schumachers chen  Nach- 
richten} ist  cBe  Dauer  des  tropischen  Jahrs 

365  T,  5  St  48'  47",809l'—  t.  0",005Ö5. 
Das  negative  Glied  deutet  an,  dals  das  Jahr  wegen  der  Yeränder- 
lidtkeit  der  Präcession  jetzt,  ein  weni^  im  Ahnehmen  begriffen 
ut;.doch  kann  die  Abnahme,  wie  sie  hier  angegeben  ist,  von  1800 
an  höchstens  auf  100  Jahr  gelten.  Ilan  sieht,  dafs  diese  Bestim- 
mung mit  der  Lalande'schen  übereinkommt,  bei  der  wir  uns  also 
in  der  Chronologe  beruhigen  können. 


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Mathematische  Chronohgie.  23 

Die  Astronomie  lehrt,  dafs  sich  die  ßrde  in  eiüer 
elKptischen  Bahn  bewegt,  in  deren  einem  Brennpunkt 
sich  die  Sonne  befindet,  von  der  sie  in  den  beiden 
Endpunkten  der  grofsen  Axe  üire  kleinste  und  gröfste 
Entfernung  hat  In  dem  einen  dieser  Punkte,  dem 
Perihelium,  hat  die  Sonne  eine  scheinbare  Bewegung 
von  nahe  61',  in  dem  andern,  dem  Aphelium,  von 
nahe  57'  täglich.  Beide  Punkte  sind  einer  langsamen 
Bewegung  unterworfen.  ZuHipparch's  Zeit  lag  das 
Aphelium  im  fünften  Grade  der  Zwillinge,  seitdem  isjt 
es  um  35^  östlich  gerückt  Das  Sommerhalbjahr'  ist 
jetzt  für  die  nördliche  Halbkugel  der  Erde  um  7|  Tage 
länger,  als  das  Winterhalbjahr. 

Die  scheinbare  Bewegung  der  Sonne  In  der  Eklip- 
tik ist  also  ungleichförmig.  Ihre  mittlere  Bewegung 
wird  diejenige  genannt,  zufolge  welcher  sie  in  einem 
tropischen  Jahr  360®  zurücklegt.  Dies  gibt  für  die 
mittlere  tägliche  Bewegmig  59'  81-".  Der  Ort  der  . 
Ekliptik,  wo  sie  sich  in  jedem  Augenblick  befinden 
würde,  wenn  sie  von  ihrem  Durchgange  durch  das 
Aphelium'  bestäiidig  mit. gleichförmiger  Bewegung  fort- 
ginge, bestimmt  ihre  mittlere  L^nge;  ihre  wahre 
Länge  hingegen  der  Ort,  den  sie  vermöge  ihrer  un- 
gleichförmigen Bewegung  in  jedem  Augenblick  wirk- 
lich einnimmt  Der  Unterschied  beider  heilst  die  Mit- 
telpunktsgleichung. 

Die  w a h.r e nSönnetitage  oder  die  Zelten,  welche 
zwischen  zwei  auf  einander  folgenden  Culmlnationen 
der  Sonne  verfliegen,  sind  von  ungleicher  Dauer,  nicht 
blofs  wegen  der  ungleichförmigen  Bewegung  der  Sonne, 
gondeni  auch,  weil  die  Ekliptik  gegen  den  Aequatcw 
geneigt  ist,  ako  gleiche  Bogen  nicht  in  gleichen  Zei- 
ten durch  den  Alferidian  gehen.  Eine  Uhr,  die  mit 
dieser  Ungleichheit  gleichen  Schritt  hält,  mithin  alle- 
mal  im  Augenblidc  der  Culminatioji  der  Sonne,  oder 


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%4  Mathematische  (Jhronolqgie. 

•  des  wahren  Mittags  12  St.  zeigt,  gibt  wahre  Zeit 
an.  Dies  gilt  yon  allen  richtig  entworfenen  und  auf- 
gestellten Sonnenuhren.  Die  Taschen-  und  Pendeluh- 
ren dagegen  können  als  mechanische  Werkzeuge  die- 
ser Ungleichheit  nicht  ohne  eine  besondere  ^hr  künst- 
liche Einrichtung  folgen;  sie  sind  vielmehr  um  so  voll- 
kommener^ je  gleichförmiger  ihr  Gang  ist 

Man  hat  daher  die  mittlere  Sonnenzelt  em- 
gefiihrt,  um  nach  ihr  die  mechanischen  Uhren  zu  re- 
guliren.  Man  stellt  sich  nämlich  einen  Körper  vor, 
der  in  einem  tropischen  Jahr  nut  gleichförmiger  Ge- 
schwindigkeit den  Aequator  dergestalt  durcjbläi^ft,  dafs 

.  seine  jedesmalige  gerade  Aufsteigung  der  mittle- 
ren Länge  der  Sonne  gleich  ist.  Wenn  dieser  Kör- 
per cuhninirt,  so  sagt  man,  dafe  der  mittlere  Mit- 
tag eintritt,  und  eine  Uhr,  die  dann  immer  12  St.  zeigt, 
gibt  mittlere  Sonnenzeit.  Die  Tage  dieser  mittleren 
Zeit  sind  durchgehends  von  gleicher  Länge.  Der  Un- 
terschied zwischen  der  mittleren  und  wahren  Sonnen- 
zeit, oder  der  Zeitraum,  um  \yelchen  der  eingebildete 
Körper  früher  oder  später  culminirt,  als  die  wirkliche. 
Sonne,  wird  die  'Zeitgleichung  genannt.  Ist  sie 
positiv,  so  eilt  der  mittlere  Mittag  dem  .wahren  vor; 
ist  sie  negativ,  so  findet  das  Gegentheil  statt;  Wenn 
z.  B.  die  Zeitgleichung  am  1.,  Januar  183Ö  +  3' 
49'',  und  am  1.  November  desselben  Jahrs  —  16'  15'' 
sein  soll,  so  heifst.das,  es  ist  nach  mittlerer  Zeit  am 
ersten  Tage  3'  49"  mehrj  am  zweiten  16'  15"  we- 
niger, als  nach  wahrer.     Man  sieht,  wie  man  mit  Hülfe 

^  eines  Mittagsfernrohrs  und  der  Zeitgleichung  täglich 
den  Gang  einer  Taschen-  oder  Pendeluhr  prüfen  könne. 
Viermal  jährlich,  nämlich  um  die  Mitte  des  April  und 
Junius  imd  am  Ende  des  August  und  December,  ist 
die  Zeitgleichung  Null.  Ihren  gröIsten,Werth  von  lö 
bis  16  Minuten  bat  sie  um    die  Mitte  des  Februar/ 


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Maikemaiiscie  (Jhronologie.    .  25 

wo  sie  positiv,  und  uin  den  Anfang;  des  November, 
wo  sie  negativ  i§t  Die  Verschiedenheit  von  eineni 
Jahr  zum  andern  beträgt  nur  wenige^  Secunden.  Die 
mittlerie  Sonnenzeit  wird  sieh  von  Berlin  aus,  wo  sie 
nun  eingeführt  ist,  vermittelst  der  Volkskalender,  die 
auf  sie  gestellt  sind,  hoffentlich  bald  über  den  gan- 
zen preufeischen  Staat  verbreiten. 

In  einem  mittleren  Sonnentage  schieben  sich  aufser 
den  360  Graden  des  Aequators  die  59'  S^i'  der  mitt- 
leren täglichen  Bewegung  der  Sonne  durch  den  Meri- 
dian, in  einem  Stemtage  hingegen  .gerade  360  Grad. 
Hieraus  folgt  leicht,  dals  der  Sten^tag  in  mittlerer  Son- 
nenzeit 23  St  56!  4'^  und  der  mitüere  Sonnentag 
in  Stemzeit'  24  St  3'  56'',3  h^lL  Der  Gang  einer 
nach  mittlerer  Sonnenzeit  eingerichteten  Uhr  kann,  also 
auch  so  geprüft  werden,  daüs  man  untersucht, /ob  die 
Cubnination, eines  und  desselben  Steriis  nach  ihr  täg- 
lich um  3'  56"  frühi^r  erfolgt. 

Nädhst  der  Sonne  zieht  unter  allen  Himmelskör- 
pern der  Mond  am  meisten  unsere  Aufmerksamkeit 
auf  sich.  Die  auflEallende  uud  regelmäfsige  Abwech- 
selung seiner' Lichtgestalt  bot  den  Völkern  ein  beque- 
met Mittel  dar,  .auch  ohne  einen  geordneten  Kalender 
die  Zeiten  ihrer  gottesdienstlichen  Handlungen  und 
^rer  Versammlungen  zu  bestimmen. 
»  Wenn  wir  ihn  ein  paar  T.age  lang  nicht  gesehen 
haben  (die  Römer  nannten  diese  Zeit  ihterbinium 
oder  silens  hma\  so  erbjicken  wir  ihn  in  der  Abend- 
'dämmerung  als  ^nen  sichelförmigen  Lichtstreifen,  der 
allmälig,  so -wie  er  sich  ostwärts  von  der  Sonne  ent- 
fernt, anwächst,  fünf  bis  sechs  Tage  nachher  zum 
Halbcirkel  wird,  und-  in  dieser  Stellung  beim  Unter- 
gange  der  Sonne  in  Süden  steht.  Dies  heifst  sein 
erstes  VierteL  Er.  wächst  hierauf  in  den  nädisten 
sieben  Togen  ztir  volien  Scheibe  an,  mit  der  er,  der 


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26  MaiheiiuUische  Chronologie. 

Soiiiie  gegenüberstehend,  die  ganze  Nacht  feuchtet. 
Dies  nennt  man  Vollmond  oder  Opposition.  Hier- 
nachst  nimmt  aein  Licht  Maeder  eben  ko  ab,  wie  es 
zuvor  zugenommen  hat,  nur  an  der  entgegengesetzten 
Seite.  Zugleich  nähert  et-  sich  der  Sonne  aufs  neue, 
bis  er  sieben  Tage  nach  der  Opposition  als  Halbkreis 
beim  Aufgang  der  Sonne  in  Süden  steht  Dies  heifst 
sein  letztes  Viertel.  Fünf  bis  sechs  Tage  nachher 
erblickt  man  .ihn  zum  letztenmal  als  einen  schmalen 
'  Lichtstreifen  in  der  Morgendämmerung,  worauf  er 
wieder  zur  Sonne  kommt.  Dies  nennt  man  Neu- 
mond oder  Conjunction.  Das  erste  und  ^letzte 
Viertel  heifsen  auch  die  Qua^dräturen,-  der  neue  und 
der  volle  Mond  die  Syzygien. 

Diese  immer  wiederkehrenden  LicfataWechselun- 
gen  oder  Phasen  rühren  daher,  dafs  der  Mond  sich  um 
unsere  Erde  bewegt  und  inmittelst  von  der  aufeer- 
halb  seiner  Batm  befindlichen  Sonne  erleuchtet  witd. 
^  Da  auch  die  Erde  ihr  Licht  von  der  Sonne  empfangt, 
so  mufs  sie  dem  Monde,  wenn  er  ui»  neu  ist,  im 
vollen  Licht  erscheinen,  wo  dann  das  von  ihr  reflec- 
tirte  Liebt  stark  genug  ist,  seinen  dunkeln  Theil  schwäch 
zu  erleuchten,  wenn  er  sich  als  Sichel  am  Abend- oder 
Morgenhinunel  zeigt 

Wenn  man  ;den  Mond  bei  seiner  Bewegung  aqi 
Stemenliimmel  verfolgt,  auch  seine  Mittagshöhe  mifst, 
so  oft  er  sichtbar  durch  den  Meridian  geht,  sofindet 
sich,  dafe  seine  Bahn  die  Ekliptik  unter  einem  Win- 
kel von  etwas  mehr  als  5^  schneidet.  Die  beiden 
Dürchschnittspunkte  werden  seine  Knoten  gfenannt, 
der  eine,  durch  den  er  nördliche  Breiten  erhält,  der 
j^ufsteigende  (Q),  der  andere  der  niederstei- 
gende (y). 

Befindet  er  sich  zur  Zeit  der  Opposition  in  oder 
nahe  bei  einem  seiner  Knoten,  so  taritt  er  ganz  oder 


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'Mathemaitsvhe  Chronologie.  27 

ziun  TheS  in  den  Erdschatten.  Dies  nennt  man  dne 
totale  oder  partiale  Mondfinsternifs.  Fällt  der 
Knoten  in  die  Mitte  des  Erdschattens,  so  ist  die  f^in- 
sternils  central  qnd  von  möglichst  langer  Dauer, 
welche  auf  beinahe  vier  Stunden  gehen  kaAn; 

Ist  der  Älond-  zur  Zeit  seiner  Conjünction  in  der 
Nähe  eines  seiner  Knoten,  so  tritt  eine  Sonnenfin- 
sternifs,  oder  \ne  man  eigentlich  sagen  sollte,  eine 
Erdfinsternifs,  ein.  Da  er  kleiner  als  die  Erde 
und  ihr  an  400  mal  näher  isf.  als  die  Sgnne,  so  ist 
begreiflich,'  däls  er  letztere  nur  für  einen  verhältniDs-  . 
mälsig  kleinen  Theil  der  Erdoberfläche  bedecken  könne, 
und  dafe  Anfang,  MitteV  Ende  und  Grö&e  der  Finster- 
nis für  jeden  Ort  anders  ausfallen.  Bei  einer  totalen 
Sonnenfinstemifs  kann  der  Streifen  der  Erdoberfläche, 
in  welchem  sie  ^beobachtet  wird,  höchstens  30  Meilen 
breit  sein,  daher  sich  die  Sonhenfinstemisse  für  einen 
bestimmten  Ort  seltener  als  die  Mondfinsternisse  er- 
eignen, ob  sie  gleich  im  Ganzen  häufiger  eintreten. 
Ist  die  Sonnenfinstemifs  für  einen  Ort  central,  so'  ist 
sie  entweder  total  mit  Dauer,  die  ^hev  höchstens 
auf  5'  gehen  kann,  oder  total  ohne  Dauer,  oder 
ringförmig,  je  nachdem  der  scheinbare  Durchmes- 
ser des  Mopdes  entweder  grölser,  eben  so  grols  oder 
kleiner  als  der  der  Sonne  ist  Die  Grö&e  einer  par- 
tiale^  Mond-  oder  Sonnenfinstemife  wird  nach  Zollen 
bestimmt,  deren  man  dem  Durchmesser  der  Mond-^ 
oder  Sonnenscheibe  12  beilegt. 

Der  Mond  rückt  täglich  um  etw;a  dreizehn  Grad 
von  Abend  gegen  Morgen  am  Himmel  fort,  und  ist 
nach  etwas  mehr  ab  37  Tagen  wieder  bei  demselben 
Stern.  Diesen  Zeitraum  nennt  man  einen  periodi- 
schen Monat  Inzwischen  ist  die  Sonne  um  etwa 
27*^  fortgerückt,  und  es  verfliefet  noch  einige  Zeit, 
ehe  sie  der  Mond  wieder  cinhohlt  Darum  ist  die  Zoit 


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3S  Mathematische  Chronologie. 

von  eiaeni  Neumonde  zum  andern,  der  synodische 
Monat,  grötser  als  de.r  periodische. 

Die  Dauer  des  synodischen  Monats  erfiUirt  man 
am  l^eqüenvsten,  wenn  man  die,  Zeit,  die  zwischen 
zwei  Mondfinsternissen  verflielst,  durch  die  in  ihr  ept- 
haltene  Zahl  der  Monate  dividirt  Zuerst  nimmt  man 
twei  nicht  weit  von  einander  entfernte  Finsternisse,  um 
sich  in  der  Zahl  der  Monate  nicht  zu  irren.  Kennt  man 
nun  die  Dauer  des  Monats  beinahe,  so  wählt  man  zwei 
möglichst  weit  von  einander  entfernte  Finsternisse, 
dividirt  die  2ieit  zwischen  beiden  durch  die  vorläufig 
bestimmte  Dauer  eines^  Monats,  um  die  Zahl  der  Mo- 
nate zu  finden,  und  dividirt  daqn  mit  dieser  Zahl 
aufs  neue  die  Zeit,  um  die  Dauer  des  Monats  genauer 
zu  erhalten.  Auf  diese  Weise  *)  ergibt  sich  die 
Dauer  des  synodischen  Monats  zu  29  T.  12  St. 
44(  3".  ^)  Für  den  periodischen  Monat  erhält 
man  hiemach  27  T.  7  St  43'  5".  .  Der  Mond  rückt 
täglich  um  13^  10'  35''  am  Himmel  fort,  entfernt  sich 
täglich  um  12^  11'  27'^  von  der  Sonne,  und  vollendet 
seinen  täglichen  scheinbaren  Umlauf  in  24  St  50'  28"! 
Alle,  diese  »Angaben  sind  von  der  mittleren  Dauer 


Xy  Ein  Beispiel  einer  solchen  Redmnng  selie  man  im  Hand b. 
der  Chronologie  I,  43. 

2)  Tobias  Mayer  (s.  Lälande>  Astronomie  Tom.  D, 
p.  157)  hat  fiir  das  Jahr  300  v.  Chr,  3'',4015  und  fiir  das  ^Jahi- 
17(30  n.  Chr.  2^',S2S3  gefunden.  Der  Grund  dieser  Verschieden- 
holt  lifgt  in  eiiicc  zuerst  yon  Htflley  wahrgenonunenea,  sehr  ge- 
ringen BescLIcutiL^Liog  der  mittleren  Bewegung  des  Mondes.  Nach 
ßurckhai'dl'ä  Dlondtafeln,  den  neosten  und  bewährtesten,  ist 
die  Dauer  des  synodischen  Monats  für  das  Jahr  1700  -{-  i  Jahr  • 
hunderte  dur6h  die  Formel 

29  T.  12  St.  44'  2",854788  —  l  0",028434  —  i^  0^^0000885. 
ansgedrikkt.  Setzt  man  i  ==  —  18,  so  ergibt  sich  f^r  die  Zeit 
des  Hipparch  der  synodische  Monat  za  29  T.  12  St.  44'  Z\'', 
gerade  wie  er  ihn  bestimmt  hat.    Alm.  IV,  2,  &  217. 


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MaibemaHsche  ChromcJogie.  .39 

zu  verstehen«  Die  Bewegung  des  Mondes  ist  so  un- 
gleichförmig, dafs  der  ^ynodische  Umlauf  zuweQen  um 
(>  bis  7  Stunden,  und  der  tägliche  um  12  ACnuten 
gröDser  oder  kleiner  ist,  als  der. mittlere. • 

Er  hat  nicht  immer  gleiche  Entfernung  von  der, 
Erde  und.  daher  auch  nicht  immer  einen  gleich  grofsen 
scheinbaren  Öurchmesser.  Leteterer^  ändert  sich  von 
33'  31''  bis  29'  22",  dahingegen  der  scheinbare  Durch- 
messer.  der  Sonne  nur  abwischen  den  Grenzen  32'  36" 
und  31'  31"  verändcfrlich  ist.  Die  entsprechenden 
SteHefi  der  Bahn  des  Mondes,  in  denen  zugleich  seine 
Gesch^9iindigkeit  ein  Gro(stes^und  Kleinstes  ist,  werden 
Perigeum  oder  Erdnähe  und  Apogeum  oder  Erd^- 
ferne  genannt.  Diese  Stellen,  die  Endpunkte  der  grok 
isen  und  kleinen  Axe  seiner  elliptischen  Bahn,  sind  nicht 
fest.  Sie  rücken  von  Abend  gegen  Morgen  fort  und  vol- 
lenden in  3232  T^gen  11  St«  12'  einen  ganzen  Umlauf 
am  Himmel  mit  Bezug  auf  die  Fixsterne.  Die  Zeit^ 
in  wjelcher  der  Mond  zu  einem  von  ihnen  zurückkehrt, 
wird  ein  qnomalistischer  Monat  genannt  Die 
Dauer  desselben  beträgt  27  T.  13  St  19'. 

Auch  die  Knoten  sind  keine  festen  Punkte  der 
Mondbahn,  sondern  sie  rücken  von  Moigen  gegen 
Abend,  also  gegen  die  Ordnung  der  Zeichen,  fort.  Man 
kann  sich  hiervon  leicht  durch  den  Augenschein  über* 
zeugen;  denn  wenn  der  Mond  auf  seinem  Wege  efneii 
der  EMiptik  nahe  stehenden  Stern  bedeckt,  so  wird 
er  denselben  nach  einiger  Zeit  beträchtlich  nord-  oder 
südwärts  lasseh.  Durch  ^  die  Vergleichung  von  sehr 
entfernten  Fmstemissen  hat  sich  gefunden,  dals  die 
Knoten  in  6793  Tagen  7  St  13'  einen  ganzen  Um- 
lauf  mit  Bezug  auf  die  Fixsterne  macjien.  Die  Zeit^ 
nach  welcher  der  Mond  tvL  einem  von  ihnen  zurück* 
kehrt, <  heifst  ein  drakonitischer  Monat,  weil  man 
sonst  den  aufeteigetfden  Knoten  Drachenkopf,  den 


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30  DkahemaiiscJie  Chronologie,, 

med^teigenäen    Drachenschwanz    nannte.      EHe 
Dauer  dieses  Monats  ist  27  T.  6  St  7'. 

Die  Neigung  der  Mondbahn  gegen  dieEkEp^ 
tik  ist  im  Mittel  ö"^  8'  49'^  Sie  kann  sich  um  8^  an. 
dem.  *  ^ 

Da  223  synodische  Monate ,  welche  einen  Zeit- 
raum von  6585  Tagen  7  St  43'  halten,  nahe  239 
anomalistischen  und  242  drakonitisdken  Monaten  gleich 
sind,  und  da  die  Ungleichheiten  des  Mondes  haupt- 
^chlich  durch  seine  Stellung  mit  Bezug  auf  die  gro&e 
Axe  und  die  Knotenlinie  seiner  Bahn  bedingt  werden, 
so  müssen  sich  nach  Ablauf  dieser  Zeit  die  Ungleichhei- 
ten sehr  nahe  in  derselben  Ordnung  erneuem.  Schoix 
•  die  Chaldäer  haben  diese  Periode  mit  Hülfe  der  Mond- 
finsternisse entdeckt,  indem  sie  fanden,  dafs  dieselben 
nach  223  Aftondwechseln  in  gleicher  Grolse  und  Ord- 
nung wiederkehren.  Man  nennt  sie  daher  die  cfcal- 
däische  Periode  oder  die  der  Finsternisse. 

Eitae:  andere  merkwürdige  Mondperiode  ist  die 
von  235  synodischen  Monaten  oder  6939  T.  16  St 
31'  45'',  die  nur  um  2  St  4'  33"  länger  als  19  trb- 
pische  Jahre  sind,  so  dafs  nach  Verlauf  derselben  die 
Neuinonde  wieder  auf  dieselben  Tage  des  Sonnen- 
jahrs treflFen,  Sie,  ist  von  den  Völkern  gebraucht  wor- 
den, die  sich  bei  der  Eintheilung  der  Zeit  zugleich 
nach.  Sonne  und  Mond  gerichtet  haben,  z.  B.  von  den 
.Athenern,  bei  denen  sie  Meton  eingeführt,  vielleicht 
zuerst  wahtgenommen  hat,  daher  man  sie  auch  ge- 
wöhnlich die  metonische  nennt. 

Auch  die  Bahnen  der  Planeten  sind  mehr  oder 
weniger  gegen  die  Ekliptik  geneigt,  so  dafe  si6  sich 
gewöhnlich  aülser  derselben  nord«  oder  südwärts  zei- 
gen. Unter  den  von  Afters  her  bekannten  Körpern 
dieser  Art  erhält  Venus  die  stärkste  Breite,  die  sich 
zu  Zeiten  auf  beinahe  9®  erstrecken  kann.   Man  dachte 


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MathemaiisaAe  Chronologie.  31 

sich  daher  ehemals  einen  Streifen  oder  (%rtel  Ton  18 
bis  20^  Breite  längs  der  mitten  durch  ihn  h}n  laufen^ 
den  Ekliptik,  mxk  die  Gegend  zu  bezeichnen,  in  der 
Mohd  und  Planeten  beständig  verweilen.  Die$  ist  der 
sogenannte  Zodiacus  oder  Thierkreis.  Die  in  un- 
sem  Tagen  entdeckten  Planet^i  S^^^  ^^^^  %um 
Theil  weit  über  diesen  Gürtel  hinaus,  so  daCs  nun  von^ 
ihm  nicht  weiter  die  Rede  sein  kann. 

.Die  Planeten  sind  in  chronologbcher  Beziehung 
von  keiner  Wicht%keilt,  da  keins  der  Völker,  die  zu 
einer  geordneten  Zeitrechnung  gelangt  sind,  den  Um- 
lauf eines  derselben  berücksichtigt  hat 

Eben  so  wenig  kommen  hier  die  Kometen  in 
Betracht,  wenn  sie  sich  gleich  in  den  Annalen  der 
Völker  häufig  erwähnt  finden;  denn  da  sie  in  grolser 
Zahl  vorhanden,  und  ihre  Umlaufszeiten  sehr  schwan^ 
kend,  auch  erst  von  dreien  mit  einiger  Sicherheit  be- 
kannt sind,  so  können  sie  zu  keiner  festen  Zeitbestim- 
mung m  der  Geschichte  Gelegenheit  geben. 

Die  Fixsterne  sind,  dem  Chronologen  nur  wegen 
des  Gebrauchs  wichtig,  den  man  vormals  von  ihreli 
Auf-  und  Untergängen  zur  Bestimmung  der  HauplepOr 
chen  des  Jahrs  gemacht  hat;  dekm  da  diese  Erschei- 
nungen von  der  Bewegung  der  Sonne  in  der  Eklip- 
tik abhangen,  so  können  sie  als  Signale  der  Jahrszei- 
ten betrachtet  werden.  Sie  waren  daher  für  die  VöL 
ker  des  Alterthums^^  besonders  für  diejenigen,  die  kein 
festes  Sonnenjahr  hatten,  ein  Gegenstand  aufmerksa- 
mer Beobachtung,  tmd  dienten  ihnen  gewissermalsen 
als  ein  Kalender  zur  Anordnung  der  Geschäfte  des 
Landhaus  und  der  Schiffahrt  Wegen  der  häufigen 
Anspielungen,  die  sich  bei  den  alten  IKchtem  auf  sie 
gemacht  finden,  werden  sie  gewöhnlich  die  poeti- 
schen Auf-  und  Untergänge  der  Sterne  genannt. 
Sciiicklicher  sagt  man  die  jährlichen,   zum  Unter- 


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32  M^tiAemfatiscbe  Chronologie. 

fidbieäe  der  tSglichen,  mit  denen  sie  nicht  zu  yer- 
wecjhseln  sind.  ^ 

Es  sind  dieser  Erschdnmigen  Yiar,  der  heliaki* 
s^^lie  oder  Spätuntergang,  der  letzte  sichtbare  Ün- 
tei^ang  in  der  Abenddämmerung;  der  heliaki^che 
oder  Frühaufgang,  der  erste  sichtbare  Aufgang  in 
der  Morgendämmerung;  der  akronychische  oder 
Spätaufgang,  der  letzte  sichtbare  Aufgang  während 
der  Abenddämmerung,  und  der  kosmi^sche  oder 
Frühuntergang,  der  erste  sichtbare  Untergang  wäh- 
lend der  Morgendämmerung*  Für  jeden  Stern,  der 
nicht  etwa  beständig  über  dem  Horizont  bleibt,  gibt 
es  vier  biestimmte  Tage  im  Sonnenjahr,  an  welchen 
diese  Auf-  und  Untergänge  erfolgen,  und  welche  bis 
auf  eine  erst  nach  mehreren  Menschenaltem  bemerk- 
bare, durch  die  Präcession  verursachte  Aenderung  als 
constant  zu  betrachten  sind.  ' 

Von  den  vier  gedachten  Auf-  und  Untergängen, 
die  man  die  s^cheinbaren  nennt,  sind  die  wahren 
zu  unterscheiden,  die  an  den  Tagen  erfolgen,  wo  die 
Sterne  zugleich  mit  der  Sonne  im  Horizont  stehen. 
Letztere  sind  kein  Gegenstand  der  Beobachtung. 

Wegen  der  ~  Umstände,  wodurch  die  jährlichen 
Auf-  und  Untergänge  der  Sterne  bedingt  werden,  ver- 
weise ich  auf  das  Handbuch  der  Chronologie  ^), 
in  welchem  auch  eine  Anleitung  zu  ihrer  Berechnung 
gegeben  ist  *). 

*     1)    B.  I,  S.  50  ff.       2)    B.  n,  S.  581,  81 


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33 

Tedinisdie  Chroaolc^e. 


Einleitu  n  g. 

Unter  allen  Zeiteinheiten  ist  der  Tag  die  ^facb- 
ste  nnd  sicherste.  Während  alle  übrigen  geschwankt 
haben,  entweder  weil  sie  auf  bloiser  Willkiihr  beruh- 
ten, wie  die  Stunde  und  die  Woche,  oder  einer 
genauem  Ermittelung  durch  langfortgesetzte  Beobach- 
tungen bedorften,  wie  der  Monat  und  das  Jahr,, 
wird  uns  der  Tag  von  der  Natur  mit  hinlänglicher 
Bestimmtheit  zugemessen,  um  als  Grundlage  aller  Zeit- 
rechnung dienen  zu  jkönnen.  Schade  nur,  dals  er  zu 
kui:z  ist,  als  dals  nicht  die  groüsen  Zahleh  lästig  sein, 
sollten,  die  man  erhalten  würde,  wenn  man  sich  sei- 
ner bei  der  Ausmessung  beträchtlicher  Zeiträume  be-. 
dienen  wollte.  Man  zieht  daher  den  Gebrauch  der 
Monate  und  Jahre  vor. 

So  manmgfach  auch  die  Zeitrechnungen  der  ver- 
schiedenen altem  und  neuem  Völker  seinvmögen,  so. 
lassen  sie  sich  doch-  wesentliob  auf  drei  Formen  zu- 
rückführen, die  man  das  freiß  Mondjahr,  das  freie 
Sonnenjahr  und  das  gebundene  Mondjahr  nennt.. 

Das  freie,  vom  Sonnenlauf  unabhängige,  Mond- 
jahr besteht  aus  12  synodiscben  MoKiaten,  derjenigen 
Zahl  von  Mondwechseln,  die  zunächst  kl»ner  als  das 
Sonnenjahr  ist  Zwölf  solcher  Monate  halten  354  Tage 
S  St.  48'  36^^  Dieser  Zeitraum  wird  das  astrono- 
mische Mondjahr  genannt.  Im  bürgerlichen  Leben 
können  nur  ganze  Tage  gerechnet  werd^i.  Man  g^bt 
also  dem  Mondjahr  in  der  Regel  354  Tage,  und  zählt 
nur  dann  einen  Tag  mehr,  wenn  der  Ueberschufs  von 

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34  Technische  (^ironologie. 

8  St  48'  36"  sich   zu   eiiiem   Tage   angehäuft  hat 
IKe  354tägigeti    Jahre   werden   Gemeinjahre,    die 

'  355tägigen  Schaltjahre  genannt  Einschalten 
nämlich  —  intercalare  —  heilst  einen  oder  mehrere 
Tage  aufserordentlich  in  Rechnung  bringen,  um  ein 
bürgerliches  Mond-  und  Sonnehjahr  mit  seiner  eigent- 
lichen uns  von  der  Natur  zugemessenen  Dauer,  oder 
auch  das  eine  mit  dem  andern^  at»zugleichen.  ,  Man 
spricht  von  Schalttagen,  Schaltmona^ten  und 
Schftltjfihreti.  Ein  Sehaltlag'  und  Sehattmonat  l^eiEst 

-^  ei«'  eingeschalteter  Tag  und  Mo^at,  Schaltjalir  hbge^ 
gen  ein  Jahr,  worin  eingeschahüet  "mrd*  Öer  Anfang 
des  freien  Mondjahrs  eilt  dem  des  ^nnenjahrs  genau 
genommen  jährlich  um  10  T^  21  St  0'  12'',  oder,  wenn 
blofo'Von  bürgerlichen  Jahren  die  Rede  ist,  um 
10  bis  11  Tage  vor  5  und  durchläuft  daher  allmäMig 
alle  Jahtszeiten.  Dieses  Jahr  ist  bei  den  muhamme- 
V  .  dänischen  Völkem  im  Gebrauch;  die  afte  Welt  kannte 
es  picht  Die  Monate  werden  iii  der  Regel  abwech- 
scM'zu  29  und  30,  oder  paarweise  zu  69  Tagen 
gerechnet 

Das  freie,  vom  Mondlauf  unabhängige,  Son- 
ii'enjahr  wird  durch  das  tropische  Jahr  von  365  T. 
5*  St  48'  48"  bestimmt  Die  christlichen  Volker,  die 
sieh  desselben  bedienen,  rechnen  es  zu  365  Tagen, 
S&n  ^denen  sie  in  der  Regel  alle  vier  Jahre  einen  366sten 
zlhlen.  Diese' Jahre  werden  in  12  Moniate  getheilt, 
deren  Entstehung  sich  nur  daraus  erklären  läfst,  dals 
man,  als  das  Sonnen  jähr  statt  des  Mondjahrs,  V6n 
welchem  fast  alle  Völket  ausgegangen  sind,  eingeführt 
wurde,  >von  der  alten  Gewohnheit,  das  Jahr  in  12  Ab- 
schnitte (Mondmonate)  zu  theSen,  nicht  abgehen  wollte. 
Zum  Charakter  ^es  Sonnenjahrs  gehört  die  Zahl  von 
12  Monaten  nicht  wesentlich,  daher  sie  von  den  Völ- 
kern, welche  die  Mondphasen  bei  ihrer  Zeitrechnung 


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EMSiung.  35 

nicht  berficfcsiehtigt  haben^  mit  jeder  apdeni  iZ^ahl  von 
Monaten  vertauscht  werdea  konnte.  So  &nd  man 
bei  den  Mexikanern,  ^Is  Amerika  entdeckt  wurde,  ein 
Sonnenjahr  von  18  IVfomiten  zu  20  Tagen.  Hierzn 
kamen  £ün{  überzählige  Tage  und  alle  Q2  Jahre  noch 
ein  Schaltmonat  von  13  Tagen^fiO  dals  ihr  Jahr,  wie 
bei  mi&,  im  Durchschnitt  aus  365 1;  Tageii  bestand. 
Ein  Jahr  von  dieser  Daner  wird  ein  jülianisches- 
genannt,  weil  es  der  von  Julius  Cäsar'  verbesser- 
ten römischen  Zeitrechnung,  die  sich  bis  zu  uns  fort- 
gepflanzt hiit,  pam  Grunde  liegt  Dieses  julianische 
Jahr  ist  um  11^  12'^  länger  als  das  ti^opische.  Die 
Nach%kiclien  und  Sonnenwenden  eilen  daher  seinem 
Anfange  aile  vier  Jahre  um  3  Viertelstunden,  alle  128 
Jahre  um  emen  Tag  vor.  Es  ist  also  kein  festes  Son- 
nenjahr. Durch  die  gregorianische  Kalenderverbesse- 
rang im  Jair  1582  ist  es  bedeutend  fester  geworden, 
aber  immer  noch  nicht  ganz  (üitL  Unter  dem  wan- 
dernden Sonnenjahr  Pannus  Vdgus)  verstehen  die 
Chronologen  vorzugsweise  das  Jahr  von  365  Tagen, 
bei  welchen!  der  üeberschufs  des  tropischen  ganz  ver- 
nachläflsigt  wird.  Der  Anfang  desselben  durchläuft; 
in  etwa  anderthalb  tausend  Jahren  den  ganzen  Kreis 
der  Jahrszeiten.  Ein  solches'  Jahr  war  bei  den  alten 
Aegyptem  und. Persern  im  Gebrauch. 

Das  gebundene  Mond  jahT,  bei  welchem  Mond- 
und  Sonneidanf  zugleich  berücksichtigt  werden,  tref- 
fen wir  bei  den,  Völkern  an,  zu  deren  Cultus  es  ge- 
hört, dafs  sie  die  auf  denselben  sich  beziehenden  Fe- 
ste nicht  nur  bei  einerlei  Lichtgestalt,  sondern  zugleich . 
in  einerlei  Jahrszeit  feiern.  Die  Griechen  und  He- 
bräer waren  ehemals  in  diesem  Fall,  und  die  letztem 
sind  es  «noch  jetzt  Zu  den  12  ]\fonaten,  die  das 
Mondjahr  in  der  Regel  hält,  wird  ab  und  zu  ein  drei- 
zehnter gezählt,  um  das  Mondjahr  mit  dem  Sonnen- 

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36  Technische,  Chronologe. 

I^r  93HiZugleicheD.  Ein  sqlches  ISmonaÜicbes  Jahr 
heiilät  ein  Schaltjahr,  Die  Griechen  schalteten,  frü- 
here rohe  Ausgleichungen  nicht  zu  erwähnen,  im  Ver- 
lauf totweder  von  8  Jahröi  5,  oder  .von  19  Jahren 
7  Monate^  ein,  um  den  Anfang  des  Jahrs  in  einerlei 
Jahrszeit  zu  erhalten.  Letztere  Einsehaltungsweise  ist 
noch  jetzt  bei  den  Juden  im  Gebrauch,  nur  mit  rabbi- 
nischen  Künsteleien  überladen.  Auch  die  Christel  be- 
dienen sich  ihrer  bei  der  Bestimmui^  ihreis  Osterfestes, 
das  durch  di$  Frülilingsnachtgleicfae  und  durch  den 
zunächst  nach  derselben  eintreffenden  VoHihond,  also 
durch  Sonne  und  Mond  zugleich^  bedingt  wird. 

la  der  gleichförmig  fortfliefsenden  Zeit  lassen  sich 
die  Theile  derselben  nicht,  anders  unterscheiden,  als 
durch  Begebenheiten,  die  in  ihnen  vorgehen.  A(an 
nennt  sie  chronologische  Charaktere  öder  Kenn- 
zeichen der  Zeit  Es  sind  entweder. Natur-  oder 
menschliche  Begebenheiten.  Zur  erstem  Art  gehören 
die  JVIondwechsel,  die  Nachjtgleichen  und  Sonnenwen- 
den, die  Finsternisse  li.  a.  ni.  '  Die  andern  wrerden 
künstliche  Charaktere  oder  Epochen  genannt 
Diese  sind  wieder  von  zwiefacher  Art,  entwedei:  bür* 
gerliche  oder  historische.  Unter  einer  bürgerli- 
ch-cn  Eppche  versteht,  man  eijien  durch  irgend  ein 
bedeutendes  Ereignifs  ansgezdichneten  Zeitpunkt,  von 
welchem  ein  Volk  §eine  Jahre  zählt,  z.  B,  die  Er- 
bauung Roms,  4ife  Geburt  Chriöti,  Muhammeds  Fluchte 
von  Mekka  nach  Medina.  Die/historischeQ  werden 
von  den  Geschichtscbreibern .  willkülirlich  gewählt,,  um 
nach  ihnen  zu  bequiemertr  üebersicht  die  Fakta  zu 
ordnen. 

,  Die  Reihenfolge  der  von  irgend  einer  bürgerli- 
chen Epoche  gezählten  Jahre  nennt  man  Aere  oder 
Jahrrechnung.  Sq  spricht  man  von  einer  Aere  der 
Olympiaden,  der  Erbauung  Roms  und  yieleh  andern. 


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Mnleiiüng:    *  37 

Es  ist  nicht  zu  billigen^'  dafs  "einige  Ilistojiker  dte  Be- 
nenniingen  £poche  und  Aere-  >als  synonymkche.  mit 
emander  verwechseln. '  , 

Eine  "wiederkehreni](e.  Rahe  von  Jahren,  nach  de- 
nen sich  gewisse  Erscheinungen  und'Zeitverhältnisse 
erneuern,  wird,  Cyklus  oder  Zeitkreis  genannt. 
Zwei  oder  mehrere  Cykel  bilden  eine  Periode» 

Bei -den  Chronologen  ist  besonders  Häufig  von 
drei  Zeitkreisen  .die  Bede,  deren  hier  für  jetzt  nur 
kurz  gedacht  werden  kann,  dem  Soiinencyklus, 
dem  Mondcyklus  und  dem  Indiktionscyklus. 
Der  erste  ist  eine.  Reihe  von  28  Jahren,-  nach  deren 
Ablauf  in  der  christlichen  Zeitrechnung  wieder  gleichie 
Wochentage  mit  gleichen  Monatstagen  zusammenteef- 
fen.  Man  findet  das  jedesmalige  Jahr  desselben;  wefc 
ches  mai^  kiHrz  den  S'onnencirkel  nennt,  wenn\man 
zu  unserer  Jahrzahl  9  addirt  und  die  Summe  durch 
28  dividirt.  Bleibt  ein  Rest,  so  gibt  dieser  denSoii- 
nencirkel  zu  eikennen,  und  bleibt  kein  .Rest,  so  ist 
der  Sonnencirkel  28.  Der  Mondcyklus  ist  der. Zeit- 
raum von  19  julianischen  Jahmn,  dessen!  oben  (^) 
unter  der  ^penennüng  des  metonischen  gedacht  wor- 
den ist.  Das  jedesmalige  Jahr  de^sdben  wird  die 
güldene  Zahl  genannt.  Man  findet  feie j  wenn  man 
unsere  um  eins  vermehrte  Jahrzahl  durch  19  dividlrt. 
Bleibt  ein  Rest,  so  ist  dieser  die  güldene  Zahl;  bleibt 
kein  Rest,  so  ist  sie  19.  Der  Indiktionscyklus 
ist  ein  unter  den  spätem  römischen  Kaisern  zum  Be- 
huf'gewisser  Schätzungen  eingeführter  und  if  die 
2^itrechnung  übergegangener  15][ähriger  Zeitraum.  Das 
jedesmalige  Jahr  desselben,  die  sogenannte  Römern 
Zins  zahl,  wird  gefunden,  wenn  man  zu  unserer  Jahr- 
zahl  3  addirt  und  ditf  Summe  durch.  15  dividirt.  Das 
jetzige  Jahr  1830  hat*  zum  Sonnencirkel  19,  zur  gül- 
denen Zahl  7,  zur  Zinszahl  3. 


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38  Technische  (Chronologie. 

unter  Kalender  oder  Almanach  verstelit  man 
ein  yerzeichnils  der  nach*  Wochen  und  Monaten  ein- 
getfaeilten  Tage  eines  Jahrs,  nebst  Bemerkung  der 
Tage,  4je  von  den  Gesetzgebern  zu  Fdertagen  an- 
geordnet sind,  der  astronomisdben  Charaktere  und  der 
Hauptumstände  des  Somien-,  Mond-  und  Planetenlaufs, 
wozu  noch  mancherlei  den  Cultus  und  den  bürger- 
lichen Verkehr  betreffende  i^otizen  zu  komm^  pfle- 
^  gen.  Zuweilen  wird  das  erste  Wort  auch  als  gleich- 
bedeutend mit  Zeitrechnung  gebraucht,  z«  B.  wenn 
man  vom  Kalender,  des  Julius  Cäsar  spridbt  Bei 
den  Römern  }}j[els  Calendariwn  ein  Verzeichmis  der 
Zinsen  ^),  weil  diese  immer  ah  den  Calendis  gezahlt 
wiurden.  Ihr  eigentliches  Wort  für  das,  was  wir  Ka- 
lender nennen,  war  Fasti.  Die  Griechen  sagen  später- 
hin ^JEqnifis^E^,  welches  Wort  sie  früher  von  einen^  hi- 
storischen Tagebuehe  gebrauchten.  Jetzt  dient  es  zur 
Bezeichnung  eines  astronomischen  Kalenders.  Atmp- 
nach  leitet  man  gewöhnlich  aus  dem  Arabischen  ab  *), 
welcJ^e  Etymologie  jedoch  defshalb  verdächtig  er- 
scheint, weil  das  Wort  ^chon  im  dritten  Jahrhundert 
n.  Chr.  bei  den  Aegyptem  im  Sinn  einer  astrologischen 
Tafel  gebräuchlich  war,  wie  ein  Fragment  des  Por- 
phyrius  lehrt \*). 

Die  christlichen  Völker  unterscheiden  unter  dem 
alten  und  neuen  Stil  oder  Kalender.  Der  alte 
Stil  ist  der  von  Julius  Cäsar  im  Jahr  45.  v.  Chr. 
eingeführte,  nach  welchem  auf  je  3  Gemmjahre  von 
365  Tagen  unabänderlich  ein  Schaltjahr  von  366  Ta- 
gen folgt  Im  Schaltjahr  erhält  der  Februar,  der  m 
der  Regel  28  Tage  hat,  einen  Tag  mehr.     Der  neue 


1)  Seneca  gp,  87.  2)  S.  Da  Cange  und  Wächters  Glos- 
sakien  and  Golii  Noten  zum  Alfergani  p.  22.  3)  S.  Eusebii 
Praeparatio  et\  HI,  4. 


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•  Anleitung.  39 

Stil  ißt  Vom  Papst  Gregor  Xm  im  Jahr  1582  an 
die  Stelle  des  ahen  gesetzt  Worden*  Bei  demselben 
Ist  zwar  dieselbe  Jahrform  und  Anordnung  der  Mo- 
nate gepräuchlich;  aber  im  Veiiauf  von  400  Jahren 
werden  3  Schalttage  weggelassen.  *  Der  alte  Kalen- 
der zahlt  jetzt  12  Tage  weniger  als  der  neue;  und 
wird  sich  gegen  diesen  immer  weiter  verschieben. 
Er  ist  nur  noch  bei  den  Bekennem  der  griechischen 
Kirche,  also  hauptsächlich  in  B^ufSsland,  gebräuchlich« 
Die  Chronologen  rechnen  gewöhnlich  nach  dem 
alten  Kalender,  weil  die  demselben  zum  Grunde  lie- 
gende; Jahrform  und  Schaltregel  wegen  ihrer  Einfach- 
heit und  Gleichförmigkeit  ein  bequemes  2^itmaafs  ge- 
währt. Sie  setzen  ihn  über  die  Zeit  seiner  Einfühi' 
rung  so  tief  in  die  Vorwelt  fort,  als  sie  es  jedesmM 
nöthig  .finden.  Die  Geburt  Christi  wird  auf  den  25. 
Deceniiber,  also^  ganz  an  den  Schluls,  desjenigen  Jahrs 
gesetzt,  das  unmittelbar  vor  dem  ersten  der  christt»- 
chen  Acre  hergeht,  und. das  erste  vor  Chr.  Geb.  ge- 
nannt «wird,  so  dafs  d^s  erste  Jahr  vor  und  das  erste 
nach  Chr.  Geb.  auf  einander  folgen.  Schaltjahre  sind 
n.  Chr.  diejenigen,  welche,  di^ch  4  dividirt,  keiiien 
Rest,  und  v.  Chr.  diejenigen,  welche  durch  4  dividii;;t 
den  Rest  1  gehen.  Die  Jahre  vor  Chr.  sind  eben  soi^ 
wie  die  nach  Chr.,  laufe ndVi,  nicht  vollgezählte. 'Die 
Astronomen  setzen  zur  '  einfachem  »Anordnung  ihrer 
Tafeln  das  Geburtsjahr  Christi  gleich  Null,  zählen  v  also 
vor  Chr.  ein  Jahr  weniger,  als  die  Chronologen.  Da- 
durch werden  gleiche  Jahre  vpr  und  nach  Chr.  Schak; 
jähre;  auch  drückt  die  Summe  der  Jahre  vor*  und 
nach  dieser  Epoche  allemal  das  Zeitint^rvaU  in  Jah- 
ren aus, 'dahingegen  man  bei  der  gewöhnlichen  Zäh- 
hmgsweise  diese  Summe  um  1  vermindern  mufs.  So 
verfliefsen  von  der  Mittfe  des  Jahrs  4  vor  bis  zur 
Glitte  des  Jahrs  4  n.  Chr.  nach  astronomischer  Zäh- 


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40  Technische  Chronohgie. 

luQgsweise  8  Jahre,  nach  cfartmolo^scheF  7.  Um  die 
Jahre  vor  und  nach  Chr.  %ix  unterscheiden,  gebrau- 
chen die  Astronomen  die  Zeichen  ^-  und  -f-.  So 
sagen  sie,  Julius  Cäsar  habe  den  römischen  Kalender 
verbessert  im*  Jahr  —  44.  So  bequem  übrigens  diese 
von  Jakob  Cassini  zuerst  vorgeschlagene  Art,  die 
Jahre  vor  Chr.*  zu  rechnen  und  zu  bezeichnen,  auch 
sein  mag,  ^o  muls  man  sich  doch  zur  Vermeidung 
mSglicher  Mifsverstandnisse  hüten,  sie  in  die  Ouronö- 
log^  überzutragen. 

:  Bei  der  Vergleichung  der  Jahranfange  und  Acren 
war  eine  Jahrrechnung  wünschenswerth^  welche  die 
^anze  uns  bekaimte  Geschichte  in  sich  schliefst  Da 
ubter  den  mehr  als  hundert  Acren  seit  Erschaffung 
der  Welt,  die  von  .den  Chronologen  vorgeschlagen 
sind,  keine,  den  Vorzug  verdient  und  keine  andere 
weit,  genug  ^zurückgeht,  so  hat  Joseph  Scaliger 
durch-  Multiplication  der  drei  cyklischen  Zahlen  28, 
19  und  15  eine  Periode  von  7980  Jahren  gebildet*), 
die  von  den  Chronologen  allgemein  gebraucht  wird. 
Er^nennt  sie  die  julianische,  weil  sie  nach  juliani- 
sehen  Jahren  zshlt  .  Sie  nimmt  zugleich  mit  dem 
Sonnen-,  Moiid-  und  Indlktionscyklus  ihren  Anfang, 
und  ecneuert  sich  nicht  eher,  als  bis  alle  drei  Cykel 
zugleich:  al^elaufen  sind.  Jedes  der  7980  Jahre  hat 
seine  eigenen  Cykelzahlen,  welche  die  Reste  der  Di- 
vision eines  jeden  Jahrs  durch  28,  19  und  15  zu  er-' 
kennen  geben.  So  hat  das  jetzige  Jahr  6543  zum 
Sornieticirkel  19,  zur  güldenen  Zahl  7,  vox  Zins^hl  3. 
Im  Jaht  1  der  christlichen  Acre  war  der  Sonnencir- 
kd  10,  die  güldene  Zahl  3,  und  die^  Zinszahl  4,  und 
es -kommt  nun  darauf  an,  hieraus  das  Jahr  der  Pe- 
riode herzuleiten.    Dies  ist  eine  Aufgabe  der   unbe- 


i)  £mend,  tempA.  V,  p.  359  ed.  1629. 

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EittJeHung.  41 

stt^nmten  Analytik,  deren  Auflösung  man  im  Efand- 
buch  det.  Chronölogit^  nachsehen  kann  ^).  Es 
findet  sich,  dais  4714  das  erste  Jahr  nach,  4713  das 
erste  vor  Cht.  ist  Um  also  Jahre  der  julianischen 
Periode  auf  die  christliche  Zeitrechnung  zu  bringen/ 
muTs  man  sie  von  4714  abziehen,  wenn  me  kleiner,. 
'  oder  4713i  vop  ihnen,  wenn  sie  gröfser  sind,  wo  man 
dann  im  ersten  Fsdl  Jahre  vor,  im  letztem  Jahre  nach 
Chr.  erhält  Sollen  dagegen  Jahre  vor  oder  nach 
Chr,  auf  die  juUanische  Periode  reducirt  werden,  so 
mnls  man  die  erstem  von  4714  abziehen  und  zu  den 
letztem  4713  addiren.  Man  kann^  mit  Recht  sagen, 
dafs  erst  seit  Einfiihmng  der  julianischen  Periode  Licht 
und  Ordnung  in  die  Chronologie  gekommen  ist 

Es  wird  nothig^seki,  über  den  Gehrauch,  den  wir 
von  den  verschiedenen  Zeiteinheiten  gemacht  finden, 
und  üher  ,die  dabei  vorkommende  Terminologie  hier 
noch  Einiges  im  Allgemeinen  zu  bemerken. 

Für  den  bürgerlichen  Tag  kommen  vier  ver- 
schiedene Epochen  v(»r  ^ ).  Die  Römer  fingen  ihn, 
wie  Plinius  versicherte  nach  dem  Vorgange  der  Ae- 
gypter,  mit  der  Mittemacht  an,  und  wir  folgen  ihnen 
hierin.  Die  JBabylonier  begannen  ihn  mit  dem  Auf- 
gange der  Sonne,  und. die  Griechen,  wie  noch  jetzt 
die  Jnd^n  und  Muhammedaner,  mit  dem  Untergänge, 
weil  sie  ihre  ^elt  nach  dem  Monde  eintheQen,  dessen 
Sichel  zuerst  in  der  Abenddämmemng  wahrgenommen 
wird.  Morgen  und  Abend  eignen  sich  defsbalb  nicht 
bequem  zu  Tagesepochen,  weil  sie  das  Jahr  hindm-ch 
einem  steten  Wechsel  unterworfen  sind.  Dafs  die 
Astronomen  ihren  Tag  mit  dem  Mittage  anfangen,  ist 
schon  oben  (20)  bemerkt  worden.  ' 


1)  B.  n,  S.  587.    2)  Man  vergl.  Plin.  ff.  Ff.  U,  79.  Ocn- 
soriaus  de  die  fw^  c.  23.    .     ' 


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bypoogle 


42  Technische  Chronologie. 

Versclucdeiie  Völker ,  die  ihre  Z^it  nach  dem 
Mondlauf  zu  theilen  pflegten ,  haben  beim  Datiren 
nach  Nächten  gezahlt,  z.  B.  die  alten  Gallier  und 
Germanen,  von  denen  ^s  Cäsar  und  Tacitusver- 
'  sichern  ^  )•  Noch  jetzt  befinden  sich  die  Araber  in 
diesem  FalL  Auch  die  Griechen  nannten  den  bür- 
gerlidien  Tag  w/^^^ffv,  zum  Zeichen,  da|s  sie 
ihn  mit  der  Nacht  ai^fingen,  wenn  sie  auch  gerade 
nicjit  nach  Nächten  gezählt  haben. 

Die  christlichen  Völker  theilen  jetzt  allgemein 
den  .Tag 'in  24  Stunden,  die  Stunde  in  '6fi  Mi- 
nuten. Die  Juden  haben  die  Stunden  mit  uns  ge- 
mein, theilen  sie  aber^  in  lOSO  Chlakim,  deren  18 
auf  eine  unserer  Minuten  gehen.  Auch  die  Türken 
rrechnen  24  Stunden  auf  den  Tag,  und  zählen  sie,  wie 
wir,  in  2'  Absätzen  zu  12  Stmiden,  fangen  aber  die 
Reihe  derselben  auf  eine  sehr  unbequeme  Weise  alle- 
mal  mit  dem  Untergange  der  Sonne  an,  so  dais  es 
eine  SUmde  nachher  bei  ihnen  1  ist  Eine  ähn- 
liche Slundenrechnung  war  lange  in  Italien  und  ist 
noch  jetzt  in  einigen  dortigen  Gegenden  gebräuch- 
lich, nur  dafs  die  Stunden  hintereinander  fort  von 
1  bis  24,  und  ZM^ar  nicht  vom  Untergänge  der 
Spnne,.  sondern  von  dem  eine  halbe  Stunde  später 
eintretenden  Anbruch  der  Nacht  gezählt  werden.  Die 
Zeit  des  Mittags  ist  hierbei  eben  so  veränderlich,  wie 
bei  uns  die  Zeit  des  Auf-  und  Untergangs  der  Sonne, 
.  Die  Italiäner  Cagnoli  und  Piazzi  haben  gegen  diese 
unbcijueme  Stundenrechnung  geschrieben  *)• 


1)  De^  hello  GaU.  VI,  18.  De  mor.  Germ,  c  11^  r^ic^ts  ist 
lo  den  saliscfhen  Gesetzen  gewöhnlicher,  als  die  Zeitbesiim- 
mnng  nach  Nächten.  S.  tit.  40,  48,  &0  nnd  Eecarde  AnmerL. 
8.  74.   YergL  Sacheenspiegel  1,  67. 

M)  S.  Delambre'ft  Astronomie,  Tom.  III,  p.  686. 


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'  EMeÜung.  43 

Eine  ganz  ftnd&fe  Bewandnifsy  als  mit  den  heu- 
tigen Stunden,  hatte  es  mit  denen  der  alten  Völker. 
So  sehr  auch  die  Babylonier,  Hebräer,  Griechen,  Rö- 
mer in  der  Epoche  des  bürgerlichen  Tages  von  ein- 
ander abweichen  mochten,  so  übereinstimmig  war  ihre 
Stundenrechnung^  Skt  legten  nämlich  das  gan^e  Jahr 
hindurch  dem  natürlichen  ^Tage  sowohl  als  der  Nacht 
12^  Standen  bei,  die  sie  vom  Aufgange  der  Sonne  bis  zum  ' 
Untergang^,  und  vom  Untergiange  bis  zum  Aufgange 
fortzählten,  so  dafs  der  Mittag  auf  den  Anfang  der^ 
siebenten  Tages-,  die  Mtternadii  auf  den  Anfang  der 
siebenten  Nachtstunde  traf^).  Oire  S<ynnenuhren  wa- 
ren dem  gemäfs-  eingerichtet,  also  von  ganz  anderer 
Gonstruction,  als  die  unsrigen. 

Diese  uralte  Zeiteintheflung  scKrdibt  sieh  aus  dem 
Morgenlande  her.  Die  Grieclien  erhielten  sie  nach 
Herodot  von  den  Babyloniem  *  )•  Die  Zahl  12  Wählte 
man  ohne  Zwei^l  de&halb,  weil  sie  die  Einthdülung 
des  Tages  Aex  des  Jahrs  aüalog  macht,  und  weil 
die  im  gemeinen  Leben  am  häufigsten  vorkommenden 
Theile  der  Einneit  sich  durch  sie 'in  ganzen  Zahlen 
ausdrücken  lassen. 

Die  Dauer  der  veränderlichen  Tag-  und  Nacht- 
stunden hängt  von  der  jedesmalTgen  Verweüuhg  der 
Sonne  über  und  unter  dem  Horizont  ab,  und  mufs 
für  jede  Polhöhe  und  för  jieden  Tag  des  Jahrs  be- 
rechnet werden*    Sie  sind  erst  mit  Erfindung  der  Rä- 


1)  Maa  8^e  unter  «ndem  Censor.  de  die  nat.  a  33.  Vi 
trnr.  de  areh.  IZ,  8. 

2)  n,  109.  Die  ^W^Evct  fiiqea  t^q  if/ui^i^,  die  hier  er- 
wShnt  werden,  sind  die  12  Stunden  des  natfirlidien,  nicht  des 
hargerlichen  T«geB,  wie  einige  Chronologen  geglaubt  haben,  die 
mit  ihren  babylonischen  Standen  einen  ganz  unstatthafteil  Be- 
griff Terbinden.  * 


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44  '         .Technische  CironoJogie. 

deruhren  gegen  das  zw^fte  Jahrhundert  n.  Chr.  der 
jetzigen  Stundeneintheilung  gewichen. 

Die  gleichförniiged  Stunden  kommen  im  Alter- 
thum  allerdings  auch  schon  vor,  jedoch  nur  beim' 
astronomischen  Calcul,  dei^  ihrernicht  entbehren  konn- 
te« Die  Römer  nannten  sie  horae  >  aequinoctiales, 
weit  sie  um  die  Zieit  der  Nachtgleiche  den  bürgerli- 
chen Tag-  und  Nachtstunden  gleich  sind.    Letztere 

.  hieCsen  horae  temporales^  was  so  viel  .tragen  soU  als 
Stunden,  die  Von  Zeit  und  Umständen ,  hier  von 
der  Länge  des  Tages  und  der  Nacht,  abhangefki.  Der 
Name  Planetenstunden,'  den  sie  in  unsem  altern 
chronologischen  Büchern  fuhren,  ist  mit  der  Astrolo- 
gie, zu  deren,  täuschehden  Berechmmgen  sie  dienten, 
zu  Grabe  gegangen.  Nach  dem  verschiedcfnen  Ge- 
brauch,  den  die  Alten  von  den  Zeit-  und'Aequinoc- 
tialstunden  {gemacht  haben,  kann^mam  jene  am  schick- 
lichsten bürgerliche,  diese  astronomische  nennen. 
Die  Eintheilung  der  Zeit  nach  siebentägigen 
Wochen  ist  gewife  uralt.  Wir  treffen  sie  bei  den 
Chine^eä,  Hebräern  und  Arabern  an.  Vom  Orient 
hat  sie  sich  mit  der  christlichen  Religion  allmählig 
über  den  Ocqdent  verbreitet  Bei  den  Griechen  und, 
w^igstens  bis  auf  Christus,  bei  den  Römern  findet 
sich  keine  Spui:  davon.  Bei  jenen  war  eine  Art 
zehntägiger  Woche,  bei  bliesen  eine  achttägige 
fnundinaej  im  Gebrauch.  Unsere  siebentägige  ist 
vermuöilich- eine  Unterabtheilung  des  synodischen  Mo- 
nats; denn  statt  der  7|  Tage,   welche  die  Mondvier- 

.  te|  im  Purchscbnitt  (lalten,  nahm  mau  die  am  nach- 
sten  liegende  Zald  von  7  Tagen,  und  ob  man  gleich 
bald -finden  mufste,  dafs  dieser  Zeitraum  keiii  genau- 
messender Theil  des  Monats  sei,  blieb  man  doch  bei 
dieser  Zahl^  an  die  sich  frülizf^ilig  mystische'  Ideen 
geknüpft  haben  mögen. 


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Ekäeitung,  45 

So  /v^ie  die  Sonne  ^s  Jahr  macht,  bestimmte 
der  Mond  lorsprünglich  den  Monat;  DaKer  bezeich- 
nen auch  die  meisten '  Völker  den  Mond  und  den 
Monat  entweder  mit  d^erlei  Wort,  wie  die  Perser, 
oder  doch  mit  nahe  verwandten*  So  hängt  bei  den 
Griechen  fxii^  mit  ^m^  zusammen,  da^  ein  altes  Syn- 
onym von  crcAiJi^  ist  Von  dem  griechischen  Worte 
stammt  ferner  das  römische  mensis^  In  Luthers  Bi- 
belübersetzui^  und  in  der  Dichtersprache  wird  Mond 
(besonders  im  Plural)  für  Monat,  wie  bei  den  Eng- 
ländern moon  für,month  gebraucht 

Pre  Monate  sind  bei  den  Völkern,,  die  i||ch  auf^ 
einer  niedrigen  Stufe  der  Ki4tur'  stehen,  gewöhnlich 
von  schwankender,  durch  die  jedesmaligen  Erschei- 
nnngen  des  Mondes  bedingter  Dauer.  Erst  wenn  das 
BedürfniTs  des  Djäturens  fühlbar  wird,  ^ibt  man  ihnen 
eine  feste  Dauer  in  ganzen  Tagen,  unter  dem  astro- 
nomischen Mondmonat  versteht  man  entweder 
den  syn^dischen  oder  den  periodischen,  deren 
Dauer  ob^n  (28)  angegeben  ist;  der  bürjgerliche 
hält  bald  30,  bald  29  Tage,  weil  4er  ihn  bestim- 
mende synodische  ])lonat  nahe  291-  Tage  lang  ist 

Hier,  muis  der  Begriff  erklärt  werden,  den  die 
Chronologen  mit  (Jem  Wort  Epakte  verbinden.  Es 
bezeichnet  im  Allgemeinen  den  Ueberschufs  eines  be- 
stimmten Zeitraums  über  einen  andern  vott  ungleicher 
Dauer  (es  kommt  von  hcduystv^  einschalten),  wird 
aber  fast  nur  gebraucht,  wenn  man  zum  Behuf  der 
Bestimmung  des  Osterfestes  die  Länge  des  Mondjahrs 
mit  der  des  Sonnenjahrs  vergleicht,  und  gij)t  dann  das 
Alter  des  Mondes  (vom  Neumonde  gerechnet)  am  1. 
Januar  oder  irgend  einem  andern  bestimmten  Tage 
des  Jahrs  zu  erkennen,  und  zwar  in  ganzen  Tagqn 
ausgedrückt  Wenn  es  z.  B.  iii  den  Kalendern  des 
Jahrs   1830  heifst,   die  Epakte  sei  Vi,  so  soll  damit. 


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45  Technische  Chronologie. 

angedeutet  werden,  dafe  am  1«  Januar  vom  Neumonde 
her  6  Tage  Terflossen  sind;  und  WirkUch  •  traf  ^in 
Neumond  auf  den  26.  December  1829. 

Auch  die  Sonnänmonate  oder  Zwölftel  deg 
Sonnenjahrs  (34)  unterscheidet  man  in  astrono- 
mische und  bürgerliche.  Jenes  sind  die,  Zaten, 
welche  die  Sonne  in  den  einzelnen  ZiCichen  zubringt, 
z.  B.  im  Widder  30  Tage  13  Stunden,  im  Stier  31  Tage 
1  Stunde  u.  s.  Wi  Diese  Zeiten  sind  mit  der  Lage 
des  Apheliüms  (23)  von  aUmählig  veränderlicher  Dauer. 
Die  bürgerlichen  Sonnenmonate  bestehen  bei  jedem' 
Volke,  #as  sich  ihrer  bed^nt,  aus  einer  ganzen  Zal|I 
von  Tagen,  die  durch  Gesetze  und  Institutionen  be- 
stimmt  sind.  ^ 

Was*  endlich  da^  Jahr,  betrifft,  so  mag  hier  zu 
dem,  was  oben  über  die  D^uer  und  die  verschiede- 
nen Formen  desselben  gesagt  worden  ist„  nur  noch 
die  Bemerkung  kommen,  dafs  das  diesen  Begriff  be- 
zeichnende Wort  in  fast  allen  Sprachen  einen  Kreis- 
lauf,  eine  Wiederkehr  in  sich^  selbst  bedeutet, 
z.  B.  h)ia,\yr}>q^  imnus  {anmdus)^  Jahr  *).  Es  leidet 
daher  keinen  Zweifel,  dafs  diese  und  andere  Wörter 
gleichen  Gehalts  ursprünglich  das  Sonnen  jähr  be- 
zeichnen sollen,  da  beim  Mondjahr  keine  Art  von 
Kreislauf  statt  findet 

Nach  diesen  Vorerinnerungen  wollen  wir  zu  den 
Völkern  fortgehen,  deren  Zeitrechnung  sich  auf  eine 
eigenthümliche  Weise  gestaltet  hat,  tmd  dabei  dem 
Entwickelungsgange  der  Wissenschaft  gemäfs  mit  den 
Aegyptem  anfangen. 


1)  Dieses  Wort  liangt  vermutliHcb  mit  dem  altdeatselien, 
noch  im  Schwedisches  gebrSuchlickea  jrra,  kreisen,  griechisch 
^uigo-Jv,  zusammen. 


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47 


Zeitrechnung  der  Aegypter, 

Ptolemäus^  der  in  Aegjplen  schrieb  Jind^  «ich 
in  seinem^  Almagest  der  ägjrpdsdien  Monate  bedient^ 
fängt  bei  seinen  astronomischen  Rechnungen  den  Tag 
mit  dem  Mittage  an.  Es  war  dies  ein  von  am, 
wie  es  scheint,  zuerst  eingeführter,  noch  jetzt  beste- 
hender astronomischer  Gebrauch,  der  fiur  den  volks- 
tliümlichen  nichts  beweiset. 

Nach  Plinins  ^)  rechneten  die  Römer,,  die  Ae- 
gypter  und  Hipparch  d^n  bürgerlichen  Tag  a  media 
nocte  in  mediam.  Man  begreift  nicht  wöhl,  wie  Hip- 
parch als  Grieche  und  Astronom  d^zu  gekonimen  sein 
sollte,  den  Tag  mit  der  Mitternacht  anzufangen, 
wenn  er  sich  nicBt  dabei  nach  der  Gewohnheit  der 
Aegypter  gerichtet  hätte,  unter  denen  er  vermuthlich 
gelebt  <hat;  Die  Notiz  beim  Plinius  ist  daher  nicht 
ganz  unwahrscheinlich«  Dies  ^it  weit  weniger  von 
einer  andern  beim  Servitis,  Ly.dus  und  Isidor^), 
nadi .  welcher  die  Aegypter  den  Tag-  mit  detti'  Abend 
begoc  n  haben  sollen;  denn  sie  nahmen  bei  der. Ein- 
theilung  ihrer  Zeit  keine  Rücksieht  auf  den  -Lauf  des 
Mondes.  Bemerkenswdrth  dagegen  ist  es,  däfs  Pto- 
lemäus  den  bürgerlichen  Tag  einmal  deutlich  mit 
dem  Morgen  anfängt  ^).  Vielleicht  ist  der  Gebrauch^ 
dar  Aegypter  in  dieser  Bei^ehung  padi  ZeR  und  Ort 
verschieden  gewesen. 

Tue  im  Altertbum  gebräuchliche  und  nach  He- 
rodet  (43)  zunächst  von  den  Babyloniem  zu  den 
Griechen  gekommene  Eintheilung  des  Tages  und  der 


1)  ff.  IV.  n,  79.      • 

3)  ^£f  Firg.  Aen,  V,  738;  de  memihua  p.  13;  Etym.  V,  30, 

3)  Alm.  HI,  %  S.  162,  1^.  Y^rgl.  Handbuch  L  100,  101. 


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48  Technische  (^Pönologie, 

Nacht  in  je  12  Stunden  scheint  auch  in  Aegypten  üh^ 

'  Hch  gewesen /ZU  sein.  Ptoleniäas,  der  in  Alexan-. 
drien  l!>eobachtete  und  schrieb,  erwähnt  diese  2ieit- 
stunden  (Zqou  muqmou)  bei  Gelegenheit  der  asfrono- 
mischen  Beobachtungen  seiner  Vorgänger,  redudrt  sie 
aber  allemdi^^*  auf  die  gleichforniigen  Stunden  (cS^a« 
.2ot]/u£Q<tKx})y  nach  denen*  er  seine  eigenen  Beobachtui^- 
gen  angestellt  hat,  um  sie  der  astronomischen  Berech- 
nung unterwerfen  xu  können. 

AucL  von  der  siebentägigen  Woche  wissen 
wir  nicht  mit  aller  Bestimmtheit,  ob  sie  vor  Eihfiili- 
rung  der  christlichen  Religion  bei  den  Aegyptem  im 
bürgerlichen  Gebrauch  war.  Den  Römern  war  sie 
seit  dem  Anfange  der  christlichen  Acre,  besonders  seit 

'  der  Zerstörung  Jerusalems  durch  Titus,  den  Babylo-  • 
niem  und  Aegyptem  aber  vemiutUich  schon  frühei^ 
bekannt.  Der  erste  auf  uns  gekommene  Prbfanscri- 
bent,  der  ihrer  erwähnt,  ist  Dio  Cassius',  aus  der 
Mitte  des  dritten  Jahrhunderts  n.  C^iristus.  Er  \sagt  ^ ), 
man  habe  die  Tage  in  einem  inlhier  wiederkehrenden  , 
Cyklus  nach  den  sieben  Planeten  benahnt,  die  man 

^  hierbei  folgendermalsen  geordnet:  Satutn,  Sonne,  Mond, 
Mars,  Merkur,  Jupiter,  Venus.  Um  «diese  von  der 
wahren  Reihenfolge  ganz  abweichende  Anordnung  zu 

'  erklären,  stellt  er  zwei  Principien  auf,  von  denen  man 
Iseiner  Meinung  nach  hierbei  ausging.  Nur  das  eine 
will  ich  hier  mit  seinen  Worten  anfahren,    weil  es 

^  ohne  Zweifel  das  richtige  ist:  „Wenn  man  die  Stun- 
den des  Tages  und  der  Nacht  von  der  ersten  (Ta- 
gesstunde) zu  zählen  anfangt,. diese  dem  Saturn,  die 
folgende  dem  Jupiter,  die  dritte  dem  M^iT^,.die  vierte 
der  Sonne,  die  fünfte  der  Venus,  die  sechste  dem  Mer-' 

kur, 


i)  Mist.  lXSXVU,c  17,  t$; 

'        .  Dhgitized  ßy  Google 


degypter.  49 

kur/dSe  siebwte  defiqt»  Monde  beilegt,  nach  der  Ord- 
nungy  welche  die  Aegypter  den  Planeten  anweisen^ 
und  immer  wieder  jvon  yom  anJQjdgt,  so  wird  man, 
wenn  man  alle  24  Stunden  durchlaufen  hat^  finden, 
dais  die  erste  des  folgenden  Tages  auf  die  Sonne,  die 
erste  des  dritten  auf  den  Mond,  kurz  die  erste  dnes 
jeden  Tages  auf  den  Planeten  trifft,  nach  welchem' 
der  Tag  benannt  wird.^^  Es  ^  ist  hierbei  offenbar  von 
elftem  astrologischen  Gebrauch  die  Rede,  und  dals 
die  Astrologen  wirklich  die  Tage  und  Stunden  so  un- 
ter den  Einflufs  der  Planeten^ gesteHt  haben,  ersehen 
wir  aus  des  Paulus.  Alexandrinus  Einleitung  in 
die  Astrologie  ^).  Dio  Cassius  fügt  noch  hin* 
zu:  „der  Gebraucb,  die  Tage  nach  den  sieben  Plane- 
ten zu  benennen,  ist  bei  den  Aegyptem  aufgekom- 
men, und  hat  sich  ^eit  nicht  gar  langer  Zeit  von  ih- 
nen zu  all^n  .übrigen  Völkern  verbreitet,  namentlich 
za  den  Römern,  bei  denen  er  nun  schon  ganz  pinhei- 
misch geworden  ist;  die  altem  Griechen  kannten  ihn 
meines  Wissens  nicht,^^  Schon  Herodot  scheint  dar- 
auf hinzudisuten^  wenn  er  sagt  ^):>  ,,  Unter  andern  ha- 
ben die  Aegypter  erfunden,  unter  welchem  Gott  jeder 
Monat  und  Tag  steht^  uiid  welches  die  Schicksale  der 
an  jedem  Tage  Geborenen  sein  werden  *)•" 

Wenn  es  mijt  der  bei  einigen  alten  Schriftstel- 
lern^) vorkommenden  Notiz,  dals  da»  älteste  ägyp« 
tische  Jahr  aus  einem  Monate  bestand,  seine  Rich- 
%kdt  hat,  so  müssen  die  Aegypter  ihve  Zeit  zuerst 
nach  dem   Monde    eingetheilt   haben.      Cen;^orin 


1)  Blatt  31  der  einzigen  Ausgabe  (Wittenberg  1588»  4.) 

2)  n,  82.  3)  Em  Mehreres  hierüber  im  Handbuch  der 
Chron.  I,  178  ff. 

4)  Diodor  I,  26;  Pliuius  H.  iV.  TU,  49;  Plutarch  vit. 
Numae  c.  48;  Lactantins  Inst,  II,  13;  Prochts  in  Timaevm 
Pht  I,  p,  31. 

4 


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50  technische  Chronologie, 

spricht  *)  von  einem  zweimonatlichen  Jahr  der 
Aegypter,  als  dem  ursprünglichen^  an  dessen  Stelle 
nachmals  ein  viermonatliches  getreten  sein  soll  ^). 
Diese  kurzen  Jahre  können  aber  auch  *aaf.  einer  blo- 
Fsen  Hypothese  beruhen^  durch  die  mati  die  lange  Le- 
bensdauer «der  Götter  vkd  ältesten  Menschen^  von  der 
'in  der  Urgeschichte  der  Aegypter  die  Bede  war,  zu 
erklären  suchte.  Ein  Jahr  von  vier  Monaten  wäre 
übrigens  bei  ihn^i  gar  nichts  Befremdendes,  da  die 
Natur  selbst  ihr  Sönnenjahr  in  drei  Zeilräume  von 
dfeser  Dauer  theilt,  in  die  Periode  der  Ueberschwem- 
mnng,  in  £e  der  blühenden  Flur,  und  in  <die  der  trok* 
kenen  und  ungesunden  Hitze. 

Ilaben  sie  wi^üch,'  wie  fast  alle  andere  Völ- 
ker, ihre  Monate  nach  dem  Monde  abgemessen,  so 
werden  sie  an  die  Stelle  des  Mondjahrs  gewifs  früh- 
zeitig ein  Sonnenjafar  gesetzt  haben,  da  die  periodi- 
schen Wechsel^  denen  der  natürliche  Zustand  ihres 
Landes  unterworfen  ist,  blofs  durch  die  Jahrszeiten 
bedingt  sind.  Auch  haben  sie,  so  weit  die  sichere 
Xieschichte  zurückgeht,  ein  Jahr  von.  12  dreifsigtägi- 
Igen  Monaten  und  5  Ergänzungstagen  gehabt. 

Die  Namen  der  ägypiiischen  Monate  werden 
von  den  alten  Schriftstellern '  und  in  ägyptischen  Ur- 
kunden (Steiqschrilten  und  Papyrusrollen)  häqßg  er- 
wähnt. Im  Zosammenhaiige  vom  Thoth  an,  den  Ci- 
cero ^).  ausdrücklich  den  ersten  nennt,  findet  man 
jsie  in  einem  Epigramm  der  Ajithologie  ^.)  und  in 
des  Ptolemäus  Schrift  von  den  Erscheinungen 
der  Fixsterne.     Sie  lauten  bei  den  Griechen  also: 


1)  c.  19.    2)  Des  letzteren  gedenken  auch  Plütarch  a.  a. 
O^  Solim  Po^h.  c  1,  uni  Augastinas  de  eiv.  Dei  Xll,  10. 

3)  De  nah  deor.  IS,  22. 

4)  B.  II,  S,  510  der  Bronkscheii  Ausgabe. 


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Aegypier.  61 


1)  e&> 

TEoth 

30 

2)  »aoxpi 

Phaophi 

60 

3)'A?rfv 

Athyr 

90 

4)  XoicU    • 

ChSak     . 

120 

5)  Tvßl 

Tybi 

150' 

6)  ÄfcjcJ« 

Mechir 

180 

7)  «ajtowo^ 

Phamenoth 

210 

8)  Saßjitou^l 

Phatmuth.i 

240 

9)  IIhjg««»» 

Pachon 

270 

1,0)  XUxwi 

Payni 

300 

ll)'E««pi 

Epiphi 

330 

12)  Meffogi 

Mesori 

360 

Die  beigefügten  Z^en  geben  die  Tage  an,  die 
am  Ende  eines  jeden  Monats  verlloissen  sind. 

Die  fünf  das  Jahr  ergänzenden  Tdge,.  die  dem 
Mesori  folgten,  werden  von  den  Griechen  htay&fisvai, 
die  eingeschalteten,  genannnt^).  Wie  sie  bei  den 
Aegyptem  hieisen,  wissen  wir  nicht  Die  Kopten 
nennen  sie  nach  Lacroze  *)  pi  tibot  enkugi,  'den 
kleinen  Monat.  * 

Somit  bestand  also  \das  ^ahr  der  alten  Äegypter' 
aus  365  Tagen.  Das  tropisdbe  Jahr  ist  ab^  fast  rnn 
einen  Vierteltag  langer,  und  es  fragt  sich»  ob  die  Ae- 


.   i)  Diodor  I,  13;  PtolemSas  Alm.  Ul,  %  S.  153;  Phi- 
Urch  de  Is.  ei^  Osir.  e»  13. 

2)  Thesaurus  epUt,  Tom.  Ul»  p.  133.  Hier  sowohl,  ak  in 
ZoSga  Cktialogus  Codicum  Copticorum  qui  in  Museo  Borgiano 
adservantur,  findet  man  die  Monaisnamen  mit  koptisclien  Bach- 
staben geschrieben,  und  es  erhellet  daraus,  dafs  sie  von  dto  Grie- 
chen nieht  so  entstellt  sind,  als  es  die  fremden  Eigennamen  sonst 
Wohl  zn  sein  pflegen,  die  sie  uns  ftberliefert  haben.  In  den  ^eohi- 
sehen  Ton  Hm.  Peyron  ans  Licht  gestellten  Papyrusschrifken  d^s  , 
Sgjrptlsdieii  Mnsenms  zu  Turin  kommen  einige  Namen  etwas  an- 
ders als  oben  geschrieb^,  vor,  z«  B.  ©oti^,  Mixtif^^  Mtaoqti% 
die  Aussprache  wird  abec  immer  dieselbe  gewesen  sein. 

■        4  ♦ 


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52     '  Technische  Chronologie, 

gypter  diesei|  U^berschufe  unbeachtet  gelassen,  ^odet 
alle  ^ vier  Jahre  einen  .Tag  eingeschaltet  haben»  Mehrere 
Gelehrte  haben  wirUieh  geglaubt,  dalls  sie  den  Viertel- 
tag  frühzeitig  nicht  blofs  gekannt,  sondern  auch  bei  ih- 
rem bürgerlichen  Jahr  berücksichtigt  haben  ^).  Es  fin- 
det sich  jedoch  keine  sichere  Spur,  dafs  dies  vor  der 
Besitznahme  Aegyptens  durch  die  Römer  g^chehen  ]$t, 
wo  allerdings  ein  dem  juliänischen  analoges  Jahr 'in 
Alexandrien  eingeführt  würde  und  sich  von  hier  aus 
über  ganz  Aegyptett  verbreitet  hat.  Es  kommen  viel- 
mehr ein  paar  sehr  bestimmte  Stellen  glaubwürdiger 
Schriftsteller  vor,  woraus  erhellet,  dafs  das  Jahr  der 
akpn  Aegypter  bIof&  aus  12  dreifsigta^gen  Monaten 
und  5  Ergänzungstagen  ohne  weitere  Einschaltung  V- 
stand.  Die  eine  findet  sich  beim  Herpdot  ^),.  die 
andere  beim  Geminus  ^).  In  den  lateinischen  Scho- 
Ueti  zu  dies  Germanicus  Uebersetzüng  der  Phae- 
uomena  'des  Aratus  heilst  es  ^),  die  ägyptischen 
Könige  w^ren  bei  ihrer  Einweihung  (bei  den  Ana - 
kteterien,  wie  die  Griechen  diese  Feierlichkeit  nann- 
ten) von  den  Priestern  zu  Memphis  in  das  Heiligthum 
d^r  Isis  geführt  worden,  wo  sie  hätten  schwören  müs- 
sen, den  alten  Gebrauch  des  Jahrs  von  365  Tagen 
aufrecht  zu  erhalten  und  keine  Einschaltung  zu  ge- 
stattfeu.      '  ,         . 

Die  alten  Aegyptör  hatten  also  kein  festes,  son- 
dem  ein  bewegliches  Jahr,  das  um  einen  Vierteltag 
frülier  zu  Ende  ging  als  das  julianisclie,  welches  zwar 
auch  kein  festes,  aber  doch ,  weit  weniger  wandelbar 
ist      Dafs    die   Chronologen   ein  solches    365 lägiges 


1)  Handb.  der  Chron.  I,  166  ff.        2)  II,  4. 

3)  IsagQge   in  An^ti  Phaen,^  c.  .6.     VergL   Handb. 
Cbron,  I,  05  und  96. 

4)  Beim  Gestirn  de«  Steinbocks. 


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Aegypter.         •  53 

hüa  ein  wanderndes  Sonnenjabr  nennen,  ist  be 
reits  oben  (35)  bemerkt  ^worden.  Alle  vier  Jabre 
weicht  sein  Anfang  im  .jußanischen  Jabf  um  einen 
Tag,  und  alle  1460  Jahre  um  ein  volles  Jahr,  znrück, 
so  da&  1460  julianische  Jahre  1461  ä^ptische  ge- 
ben. Dieser  lange  Zeitraum  wird  Hundssternpe- 
riode gekannt 

Da  wir  nun  die  Form  und  Eintheilung  des  Jahrs 
der  alten  Aegypter  kennen,  müssen  wir  sehen,  wrie 
sie  ihre  Jähre  gezahlt  haben.  Dies  wird  uns  zwar 
nirgends  mit  Bestimmtheit  gesagt;  es  leidbt  aber  klei- 
nen Zweifel,  dafs  sie  von  der  Gewohnheit  des  gan- 
ten Alterthunis,  im  bürgerlichen  Lieben  nach  Regen« 
tenjahren  zu  rechnen,  nicht  abgewichen  sind.  Aü- 
feer  den  unter  den  Cäsaren  in  Aegypten  geprägten  MUw 
zen,  lehren  uns  dies  besonders  «wei  merkwürdige 
Denkmäler  aus  den  Zeiten  der  'Ptolemäer-^  die  In- 
schrift von  Rosette-  und  der  Kaufkontrakt  des 
Nechutes.  Jenes  ist  ein  Dekret  der  Prieste^  Zu 
Memphis  in  ägyptiseher  und  griechischer  Sprache  zu 
Efeen  des  Ptolemäus  Epiphanes,  4dtiH  vom, Tage 
seiner  Inauguration  am  18.  Mechir  oder  4ten  macedo- 
nischen  Xanthicus  des  neunten  Jahrs  seiner  Regierung 
(bis  dahin  hatte  er  unter  Vormunds(;haft  gestanden). 
Der  Kontrakt  des  Nechutes,  in  griechischer  Sprache 
abgefafst  und  m  einer  abgewickelten  Papyrtisrolle  ent- 
halten, ist  vom  29.  Tybi  des  zwölften  Jahrs  der  ät 
tem  Cleopatra  datirt  *).  Es  fragt  sich,  wie  diese 
Regenten  jähre  zu  nehmen, -und  wie  die  an  sie  ge- 
knüpften Data  auf  den  Julianischen  Kalender  und  die 
christliche  Aere  zu  reduciren  sind. 


1)  Hr.  Böckh  hat  ihn  in  Vereinigung  mit  den  Herren  Batt- 
mann  and  Belker  entziffert  nnd  in  den  Abhandlangen  der 
Berliner  Akadejnie  rom  Jahr  1820  und  31  erläutert. 


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54  TechnUche  Chronologie. 

In  den  Abhandlungen  der  Akadiemie  dev 
Inschriften*)  zeigt  Pe  laBastie,  wasPagi,No- 
ris  und  Andeie  schon  früher  vermuthet  hatten,  dals 
die  Äegypter  die  J^hre  der  römischen  Kaiser  nicht  ' 
von  dem  Tage,  an  welchem  sie  ^^r  Regierung  ge- 
kommen, sondern  von  dem  ihrer  Ptodamation  zu- 
nächst vorangegiangeneii  1.  Thoth  gezählt  haben,  sdlte 
sie  auch  erst  gegen  Ende  des  Jahrs  erfolgt  sein,  und 
da&  hierin  der  Schlüssel  zur  Chronologie  der  ägypti- 
fchen  Kaisermünzen  liege.  Der  gelehrte  Numismati- 
ker  Eckhel  bestätigt  dies  ')  mit  den  Worten:  H<iec 
doctrina  ctd^o  vera  esty.  adeo  sölidis  argumentis 
et^  exemplis  siaiilüa,  ui  iam  a  nemine  in  dubium 
voeetur.  Da  dies  ako  der  Gebrauch  der  Äegypter 
unter  der  r5mischen  Herrsdiaft  war,  so  ist  mit  der 
grölsten  Wahrscheinlichkeit  zu  vermuthen,  dafs  er 
auch  früherfain  statt  fand,  und  dals  die^Jahre  dcir  Pto- 
lemäer  in  den  beiden  gedachten  Urkunden  eben  so 
zu  nehmen  smd,  liamKch  als  voll  gerechnet  Von 
dem  1«  Thoth^  dei^  dem  jedesmaligen  Regie- 
rungsantritt zunächst  voranging.  Um  nun  die 
Reduetion  der.  an  Kegentenjahre  geknüpften  ägypti^ 
sehen  Data  vornehmen  zu.  können,  müssen  wir  wis- 
sen, auf  welches  Jahr  und  welchen  Tag  der  christli- 
chen Acre  und  des  julianischen  Kalenders  der  i.  Thoth 
de^  ägyptischen  Jahrs  traf,  in  welchem  der  Regent 
zur  Regierung  kam.  Hierüber  würden  wir  aus  Man- 
gel historischer  Ueberlieferungen  in  der  grölsten  Un- 
geWilsheit  sem,  wenn  nicht  ein  Monument  aus  dem 
Alterthum  auf-  uns  gekommen  wäre,  d^s  glücldicher- ' 
weise  alle  Zweifel  beseitigt  Dies  ist  der  unschätz- 
bare, Kanon  der  Regenten  oder  Regierungen  — 


1)  Tom.  X1I£,  p.  437  ff. 

2)  Doctrina  numorum  veterum  Vol.  IV,  p.  42. 


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xcev(^  ./JacriA/cinf  Qider  i^cfikma^  —  den  SynceHus 
In  seiaer  Chronographie  bald  den«  mathemati- 
schen, bald  d^  astronomischen  nennt,  weil  er 
eigentlich  eine  Hülfstafel  ist,  welche  die  griechischen 
Astronomen  bei  ihren  Zeitbestimmungen  vor  Augen 
halten-  Sie  macht  einen  Bestandtheil  der  Handta- 
feln—  Ägoxfi'^ctt .  »avpvfi«  —  ^i^^  Ptolemäüs  aus, 
die  erst  vor  weDigen  Jahren  von  Hrn.  Halma  voll- 
ständig .ans  Licht  gestellt,  sind  !)•  Dcfr  Kanon  ist  aber 
schon  früher  gedruckt  und,  von-  Dodwell,  Des- 
,  Vignoles,  Seniler,  besondere  aber  von  dem  Hol- 
länder Van  der  Hag.en  erläutert  worden/^).  Auch 
verdienen  Freret'ö  Remarques  sur  le  Canon  a^ro- 
nomique  verglichen  zu  werden  '). 

Der  Kdnon;.  zerfallt  in  vier  Abtheihtngen,  über- 
schrieben: assyrische  und  medische,  persische, 
griechische  und  römische  K&nige,  auf  denen 
die  lang0  verschollenen  vier  Monarchien  unsierer 
frühem  Univetisalhistoriker  beruhten.  Die.  erste  Ab- 
theilong,  .18  Regenten  und  2  Intenregn(^  entlialtend, 
ist  folgende: 
/  Jahre;        Surtime. 

Nabonassar      .....      ,14  14   ^ 

Nadius 2  16   ^ 

Chinzer  und  Porus  ...         5  21 

Iluläus 5      .  26 

Mardokempad      •    • ,    •     •       12    ^  .38 

Arkean ,      5  ^3 

Erstes  Interregnum  .....      .2  45 


1)  Paris  1822— .35  in  4. 

2)  In  dem  Werke:  ObservatioHes  in  Theoms  fastos  Grae- 
cos  priore's  et  in  eiusdem  frapnentutn  in  expeditos  canoncs 
etc.    Amsterdam  ^735,  4.  Yergl.  Handb.  I^  110. 

3)  Memoires  .d4  lAcodhmc  de*  tns^riptions  Tom.  XXVII. 


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56  Tecinufchtf  €hf*onologie, 

JiAre;  '     Swnme. 
Billbus  .......        3  48 

Aparanadius    .    .     •    •    .        6  54 

Regebel      .•...».        1  55 

Mesesimordak      •    •    •    •        4  59 

Zweites  Interregnum     •    •        8  i67 

Asaradin 13      .  80 

Saosduchin'    .     .         .  ^  100     : 

Kinfladaii    ......      25  :    122 

Nabdppllassar .    ,    .    .    .      21  143 

Nabokolassar  .    .    .    .    .      ^3  186 

Uloarudam'.    •    .     •    •    •        2  188 

Nerikasplassar     ....        4  192 

Nabonadius     .....      17  20» 

Diese  angeblich  assyrischen  und  modischen 
Könige  machen  eigentlich  die  babylpnische  Dy- 
nastie BUS I. die  zu^eich  über  Assyrien  und  Me<fien 
herrschte.  Mehrere  Nainen  finden  sich  sotost  nirgends 
erwähnt,  wenigstens  nicht  so,  wie  sie  hier  lauten; 
Einige  sind  gewifs  sehr  entstellt  So  mufs  Naboko- 
lassar  eben  der  sein,  der  in  den  biblischen  Urkun-^ 
den  Nebukadn^zar,  behn  Josephus  Nabjacho- 
don^sor  heifst 

Die  zweite  Abtheilung  lautet  also: 

Jahre.        Summe. 

Cyrus 9  218 

Cambyses 8  226 

Darius  I  (Hystaspis),   .     .      36  262  ^ 

Xerxes 21  '283 

Artaxerxes  I  (Longipiahus)     41  324 

Darius  11  (Nothus)     ...      19  343 

Artaxerxes  II  (Mnemon)  .      46  389 

Ochus    .../...      iil  410 

.     Ärogus  ...;...        2  412 

Darius  III  (Codomannus)         4  416 


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Untev  diesen  Königen  nverden  einige  vermifst,  die 
kdn  volles  Jahr  regiert  >haben,  was  aucb  von  den  bei- 
den folgenden  Abtheilungen  g3t.      h\  Ansehung  der 
übrigen  stinunt  d^  Kanon   ganz   mit    dem    iiberein, 
was*  wir  anderweitig  von  der  persischen  Dynastie^ 
wissen.  ' 

Die  dritte  Abtheihmg  enthalt  folgende  Namen: 

Jahre.         Sunrune. 
Alexiander  der  Macedonier        8*  424 

Philippus  Aridäus     •    •     .        7  :    7 

Alexander  H   ......       12  19 

Ptolemäus  LagJ  .    .   >^    .      20  39  - 

Phfladelphus   .....      38  77 

Euergetes  I     .....      25  102 

Philopator  •,.....       17  119 

Epiphanes       .....      24  143 

PMlometor      .    .    .    .    .      35  178 

Euergetes  11    ....    .       29  207 

Soter 36  243 

Dionysius  ......      29  272 

Cleopatra    ......      22  294 

Da  der  Kanon  in  Aegypten  entstanden- oder  doch 
fortgeführt  ist,  so  werden  dem  Alexander  nur  die 
8  Jahre  beigelegt^  die  voo  Eroberung  Aegyptens  und 
Erbammg  Alexandriens  im  Spätsommer  OL  112,1  bis 
zu  seinem  Ol.  114,1  erfolgten  Tode  verflossen  sind.  , 
In  Macedonien  hatte  ^r  schon  Ol.  1114  zu  regieren 
angefangen.  Nach -seinem  Tode*  wurde  sein  blödsinni 
ger  Stiefbruder  Philippus  Aridäus  unter  der  Vor 
mundschaft  des  Perdiccas  zum  Könige  ernannt  und 
OL  115,4  von  der  Olympia«  aus  dem  Wege  ge- 
räumt Sjehon  bei  sanen  Lebzeiten  war  ihm  der  bald 
nadi  Alexanders  Tode  von  dessen  Gemahlin  Ro.^ 
xane  gebome  Alexander,  hier  der  zweite  genannt, 
zur  Seite  gesetzt,  der  aber  OL   117,2  ,von  Cassan- 


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55  Technische  Citonohgiei  \ 

Aei  ennordct  wurde.  Alexander  II  übetlebte  also 
seinen  Mitregenten  nar  um  6  Jahre;  da  er  indessen 
in  den  nächsten. 6  J^ren  nach  seinem  Tode  keinen 
eigentlichen  Nachfolger  hatte,  so  legt  ihm  der  Kanon 
auch  diese  noch  bei,  slatt  ein  sechsjaluiges  Inter- 
regnum einzuführen.  Unmittelbar  ^n  ihn  schliefsen  sich 
die  Lagiden  an.  Bd  Alexander-  dem  Macedo- 
nier  endigt  sich  übrigens  die  erste  Reihe  der  Regen- 
tenjahrA  tnit  424.  Dann  fangt  eine  neue  an,  die  bis 
zu  Endendes  Kanons  fortläuft. 

Die  vierte  Abtheilung,  enthält  die  romischen 
Imperatoren,  oder,  wie  sie  hier  heifeen,  Könige, 
wie  folgt: 

.     .  Jahre.        Summe. 

Augustus 43  337 

Tiberius     ......      22  359 

'    Caius  (CaKgula)       ....       4  363 

Claudius     •     . 14  377 

Nero      .......      .14  391 

Vespasianus    .......       10.  401 

Titus 3  404 

Domitianus 15  419 

Nerva    .......        1  420 

Traianus .19  439 

Hadrianus  ......      21  460 

Aelitts  Antoninus      .    .    <      23  48ß 

Marcus  (Aurelius)  ü.  Com- 
modus.    ....;.      32  515 

Severus  .......      25  540 

Antoninus 4  544 

Alexander  ...*..       13  557    . 

Maximnius ......        3/  560 

Gdrdianus 6  566 

Philippus    ......        6  572 

Decius 1  573 


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Jegypter. 


59 


Jahre. 

Suunuei 

GaHus    .......        3 

576 

Gallienus     .     < 

.    .    .      15 

591 

Claudius     •     . 

.    .    .        1 

592 

Aurelianus  •     . 

' 

,    .    .        6      . 

598 

Probus  •     •     < 

.    .    .        7 

605 

Canis     •     .    , 

.    .    .        2 

607 

Diocletianus    . 

.    .    .      20 

627 

Hier  fangt  der  Kanon  an  unzuverlässig  zu  wer- 
den.  Wir  wollen  dahar  abbrechen,  zumal  da  der 
Verfolg  für  die  technische  Chronologe!  von  keinem 
Interesse  weiter  ist.  Die. Zeit,  bis  zu  weldliw  er  sich 
in  den  Handschriften  jedesn^al  fortgesetzt  findet,  be- 
zeichnet geVröhnlich  das  Alter  derselben. 

Die  erste  Reihe  von  424  Js^hren  bis  auf  Alexan- 
der emscfaliefslich  nennen  die  Chronolo^n  von  dem 
ersten  Regenten  'der  Tafel  die  nabonassarische 
Aere,  und  die  zweite  von  Plnlippus  Aridäus  an  die 
pbilippische  oder  die  Acre  von  Alexanxlers 
Tode.  Sammtliche  Jähre  sind  ägyptische  %u  365  Ta-i 
gen,  mit  dem  1.  Thoth  anfangend.  Wenn  wir. also 
die  Epoche  der  nabonassarischen  Aere,  nüt  Si- 
caeihcit  kennten,  so  würden  wir  durch  Weiterrech- 
nen den  Regierungsanfang  aller  Regenten  im  Kanon 
finden  können.  Einstimmig  setzen  die  Chronologisn 
diese  Epoche  oder  den  1.  Thoth  des  ersten  nabonas- 
sarischen Jahrs  auf  den  26.  Februar  des  'Jahrs  3967 
der  julianischen  Periode  oder  747  v.  Chr,  .  Es  kann 
auch  hierüber  kern  Zweifel  obwahent  Ptolemäus 
hat  uns  nämlich  in  seinem  Almagest  eine  Reilie 
astronomischer  Beobachtungen,  besonders  von  jVtond- 
finstemissen,  aufbewahrt,  die  er  bald  au  die  Hegen- 
tenjahre  des  Kanons,  -bald  an  Jahre  seit  Nabonassar 
knüpft,  was  im  Grunde  einerlei  ist.     Sp  führt  er  *) 

1)  b.  IV,  c.  5,  &  244.  '  .     . 


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50  Technische  Chronologie.   * 

.  ein^  von  den,  Chaldäern  zu  Babylon  angestlllte  Beob- 
achtung einer  totalen  Mondfinsternifsan,  die  sich  am 
Abend  des  29.  Thotfa  im  ersten  Jähr  des  Mardo- 
kempad   oder  im  27sten  seit- Nabonassar  ereignete, 

.  mid  deren  Mittd  2|-  Stunden  vor  Mitternacht  nach 
babylonischer  Zeit  eintrat  Hat  es  mit  obigerv^Qche 
seine  Richtigkeit,  so  ist  das  Datum  dieser  Finsteniifs 
der  19.  Mätz  721  v^  Chr.,,  und  mrklich  hat  sich  am 
Abend  dieses  Tages  eine  totale  Mondfinstemifs  ereig- 
net, deren  Mittel  für  Babylon  (2  St  47'  östlich  von 
Paris)  unsere  Tafeln  nur  6^  früher  geben,  als  es  Pt'o- 
lern  aus  ansetzt^^).  '  ' 

Die  Acte  seit  Alexanders  Tt) de  oder  die 
^hilippiscbe,  wie  sie  die  Chronologen  gewöhnlich 
nennen,  schliefst  sich  unmittelbar  an  die  nabonas- 
sariscl^e  an,  ist  also  nur  als  ^ne  Fortsetzung  der- 
selben zu  betrachten.  Ihre  Epoche  Ist  der '  1.  Thotli 
des  425sten  Jahrs  seit  ^^abonassar  oder  der  12.  No- 
vember 324  V.  Chr.  Der  AI  mögest  erwähnt  sie  un 
ter  der  ersten  Benennung  ein  paarmal,  rechnet  jedoch 
gewöhnlicher  die  Jahre  Nabonassars  auch  über  424 
hinaus  fort.  Man  hat  mithin  zu  den  Jahren  der  phi- 
lippischeii  Aere  nur  ^24  zu  ad(£fen,  um  sie  in.  nabo- 
nassarische  zu  verwandeln.  Auch  den  astronomischen 
Tafeln  im  Abnagest  liegt  die  nabonassarische  Aere  zum 
Grunde.  Dagegen  sind  die^Handtafeln  des  Ptole> 
maus  (55)  an  Jähre  des  auf  Alexander  den  Grün 

,  der^)  folgenden  Philippus  gereihet  Diese  Bezeich^ 
nung  der  Jahre  der  philippischen  Aere  karaite  Scaliger 


1)  S.  meine  Vodesang  über  die  Stern kiii|4e  der  Clial 
däer  in  den  Abhandlungen  der  Berliner  Akademie  aus 
den  Jahren  1814^15. 

2>  Kno-T'ijer  Stifter,  Gründer,  hiefs  Alexander  mit  Bc 
zag  auf  die  Erbaunng  Alcxandriens,  wo  er  ak  Heros  und  Schulz 
gott  rerehrt  wurde.  .  , 


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nicht,  sonst  würde  er  nicht  so  zuversichtlich  behaup- 
tet ^haben,  daTs  die  Afre  ihren  Namen  nicht  v6n 
Alexanders  Bruder,  sondern  von  seinem  Vater  erhal- 
ten habe.  Dals  in  unserm  Kanon  seit  Alexander  die 
Jahre  an  die  philippische  Acre  gereihet  sind,  hat  sei- 
nen Grund  darin,  dalk  er  eine  HülfstQfel  für  die  Astro- 
nomen sein  sollte,  die  sich  der  Handtafeln  bedienten, 
von  denen  er,  wie  gesagt,  einen  Bestandtheil  aus. 
machte. 

Die  Chronologen  haben  gefragt,  ob  die  nabo- . 
nassarische  und  philippische  Aer^e  bei  den  Ae- 
gyptern  iih  bürgerlichen  Gebrauch  waren.  Man  könnle 
sagen,  dafs  ihnen  jene  durch  Cainbyses,  diese  durch 
die  Ptolemäer  zugeführt  worden  sei,  und  dies  ist 
auch  wirklich  Gatterers  Meinung  ^).  Ich  halte  sie 
aber  für  unrichtig.  Der  eina^ge,  nicht  astronomische 
Scliriftsteller  des  Alterthums,  der  sie  etwähnt,  ist  Cen- 
soriuus,  der  sidi  also  über  sie  äuisert  ^):  Utano- 
strisy.  ita  ab  Aegyptiis,  quidant  anni  in  Utteras 
relati  sunt^  ut  quos  Nahonnazaru  nominant^  qiiod 
a  primo  imperii,eius  anno  consurgunt^  qi$ormn  hie 
DCCCCLXXXVIy  item  Philippiy  qui  ab  epcces^m 
Ahxandri  Magni  numerantur  y  et  ad  hunc  usque 
perducti  annos  DLXH  consummant.  Diese  Zah- 
len sind  ganz  richtig;  denn  das  986 ste  nabonassari- 
scfae  oder  ö62ste  philippische  Jahr  nahm  uid:er  dem 
Consulat  des  Ulpius  und  Pontianus,  wo  er  ge- 
schrieben zu  haben  versichert  •),  d.  i.  "im  Jahr  238 
n.  Oir.,'am  25.  Jiutius  seinen  Anfang.  Man  sieht 
aber,  dals  aus  seinen  Worten  über  den  iürgerlj- 
chen  Gebrauch  heider  Acren  nichts  folgt;  vielmehr 
sehetnt  Jaa  in  Utteras  relati  sunt  mir  .den  wissen- 


1)  Abrifs  der  Chronologie  S.  223.        2)  c.  21. 
3),  hl  demselben  Kapitel.    - 


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53  Technische  Chronologie. 

schaftlichen  anzudeuten^  den  Ptolemaus  und  an- 
dere Astronomen  davon  gemacht  haben«  Meiner  Ue- 
berseuguilg  nach  haben  weder,  die  ChaldÜer  noch  die 
Aegypter  im  biirgeriidhen  Leben  nach  Jähren  der  na- 
bonassarischen  und  philippischen  Aere  geredinet  Beide 
Acren  verdanken  ihre  Entstehung  blofs  dem  von  den 
Sternkundigen  frühzeitig  gefühlten  Bedürfnis  einer  fort- 
laufenden Jahrreihe,  ohne  welche  keine  Vergleichung 
und  Berechnung  von  Beobachtungen  möglich  ist  Pto- 
lemäus  ist  der  erste,  der  sie  erwähnt,  ob  sich  gleich 
nicht  zweifeln  la£st,  dafs  sie  schon  von  seinen  Ver- 
engern im  Museum  gebraucht  worden  sind  Kein 
Geschichtschreiber  erwähnt  sie. 

Ganz  iersonnen  ist  die  pharaonische  Acre, 
welche  die  Aegypter  nach  Gatter  er  vor  der  persi- 
schen Oberherrschaft  gebraucht  haben  sollen.  Auch 
weüs  er  nichts  von  ihr  zu  berichten. 

Im  bürgerlichen  Leben  haben  die  Aegyptet  ohne 
Zweifel  blois  nach  Regentenjahren  gerechnet  Diese 
gibt  uns  min  der  Kanon  einzeln  und  summirt  an,  und 
wir  werden  sie  mit  Hülfe  desselben  leicht  auf  die 
christliche  Zeitrechnung  redudren  können,  wenn  nur 
seine  Uebereinstimmung' mit  der  Geschichte  nilcht  zu 
,  bezweifeln  ist,  und  wenn  seinen  Jahren  wirklich  das 
gedachte  Princip  zum  Grunde  liegl,  das  die  Aegypter, 
-wenigsteVis  in  spätem  Zeiten,  bei  der  Zählung  ihrer 
Kegentenjahre  befolgt  haben.  Die  Zuverlässigkeit  des 
Kanons  haben  wirklich  einige  Chronologen,  in  deren 
System  er  sich  nicht  fügen  wollte,  in  Zweifel  gezo- 
gen; allein^  Des. Vignoles  in  seiner  Chronologie 
de  Vhistoire  sainte  und  Semler  im  dritten  Bande 
der  Erläuterungsschriften  und  Zusätze  zur  All- 
gemeinen Welthistorie  widerlegen  bündig  alle  da- 
gegen gemachten  Ausstellungen.  Die  Geschichtforscher 
sind  jetzt  über  seinen  historischen  Wertli  einverstanden. 


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JegypUr.  /      feß 

Was  ^as  P/ineip  betrifft,  so  liegt  e»  entschieden 
von  Augnst  an  dem  Kanon  zum,  Gründe,  wie  die 
Vergleichvng  der  Todestage  der  römischen  Imperato- 
ren mit  den  ihnen  -beigelegten  Jahren  nicht  bezwei- 
fehl  läist.  Der  Schlufs  ist  also  sehr  liatüihch,  dafs 
es  auch  in  dem  Thal  des  Kanons  befolgt  sei,  der  in 
die  Zeit  vor  der  julianischen  Kalenderverbessemng 
gehört,  aus  der  es  uns  fast  ganz  an  genau  bestimm- 
ten Datis  der  Todestage  der  Regenten  gebricht  Mir" 
wenigstens  seheint  die  Sache  so  entschieden,  dafs  ich, 
selbst  in  Ermangelung  anderweitiger  Beweise,  den 
Tod  Alexanders  des  Grofsen  unbedenklich  in  das' 
Jahr  425  der  nabopassarischen  Acre  setzen  würde, 
weil  der  Kanon  dasselbe  zum  ersten  des  Philipp us 
Arid  aus  macht  Es  fangt,  wie  schon  bemerkt  wor-« 
den,  den  12^  Noveipbet  324  v.  Chr«  an,  so  dafs  der 
König,  dessen  Tod  im  Sommer  erfolgt  ist,  nicht  in 
diesem  Jahr,  wie  gemeinhin  die  französischen  Chro- 
nologen glauben,  sondern  erst  im  folgenden  323  ge- 
storben sein  kaim.  Um  dieses  wichtige,  vom  Kanon 
entlehnte  Argument  zu  entkräften,  sucht  Freret  zu 
beweisen,  dafe  jenes  Prineip  erst  von  Tibemus  an 
gelte,  und  dafsr  die  Todesjahre  der  frühem  Regenten 
ihnen  selbst,  nicht  sbhon  ihren  Nachfolgern  beigelegt 
werden»  Man  begreift  nicht  wohl,  was  den  Fort- 
setzern des  Kanons  zu  einer  solchen  Aenderung  der 
Methode  Anlals  gegeb^i  haben  könnte.  Auch  halten 
Freret' s  Beweisgriinde  bei  näherer  Ansicht  njcht 
Stich,  wie  ich  dies  in  n^einem  Handbuch  der 
Chronologie  ^)  überzeugend  dargethan  zu  Jiaben 
glaube.  \ 

Wir  wollen  nun  ein  eben  so  sicheteä  als  einfa- 
ches Verfahren  kennen  lernen^  ägyptische,  an  Regen< 


1)  Tk.  I,  S.  120  ff. 

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64         Technische  Chronologie. 

« 

tenjahre  oder  an  Jabre  der  nabonässariscnen  und  phi- 
lippischeH  Aere  jgdoiüpfte  Data  auf  unsere  Zeitrech- 
nung zu  redociren« 

Die  Epoche  der  nabonassaiischen  Aere  ist  der 
26.  Februar  des  Jahrs  3967  der- julianisehen  Periode. 
Es  waren  also,  wie  eine  lelthte  Rechnung  zeigt, 
1448638  Tage  dieser  Periode, verflossen,  als  die  Aere 
ihr^n  Anfang  nahm.  Diese  Zahl  wollen  wifr  die  Ab- 
solutzahl nennen.  Soll  nun  zuerst  ein  mit  d^rAere 
Nabonassars  in  Verbindung  stehendes  ägyptisches  Da- 
tum auf  unsere  Zeifarechnung  gebracht  werden,  so 
multiplicire  man  dic^  Zahl  der  verflossenen  Jahre  mit 
365,  und  addire  zum  Produkt  sowohl,  die  Zahl  der 
in  den  verflossenen  Monaten  des  laufenden  Jahrs  ent- 
iialt^ien  Tage  (s.  die  Monatstafel  S.|  51),  als  die  des 
laufenden  Monats»  Die  Summe  ist  die  Zahl  sämmt- 
licher  von  der  Epoche  der  Aere  bis  zu  dem  gege- 
benen ägyptischen  Datum  einschlielslich.  verflossenen 
Tage,  und  addirt  man  hierzu  die  Absdiutzahl,  so  er- 
hält man  zur  Summe  die  ^Sahl  sämmtlicher  Tage  dfer 
julianisehen  Periode  von  ihrer  Epoche  bis  zum  ge- 
gebenen Datum.  Ist  z.  B.  der  oben  (60)  gedachte 
29.  Thödi  des  27sten  Jahrs  seit  Kabonassar  zu  redu-  ] 
C|ren,  so  hat  man  -  I 

26  X  365  Tage  =  9490      '  i 

Tage  im  Thoth  29  j 

Absolutzahl  1448638  j 

Summe    1458157 
Diese  Summe  mufs  nun  gehörig  auf  Jahre  und 
Monate  vertheilt  werden.     Zu  dem  Ende  ist  zu  be-  , 
merken,  dafs  je  vier  auf  einander  folgende  Jahre  der  ^ 
julianischen   Periode    (ein   julianischer   Schaltcyklus) 
1461  Tage  halten.     Man  divicUre  aUo  die  einzuthei-  | 
lende  Summe  durch  1461.  Der  Quotient  ist  998  und 
der  Rest  79.  Jener  mit  4  multiplicirt  gibt  3992.  Das 


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Jegypter.  ^ 

gegebene  Datunt  entspricht  ako  dem  79sten  Tage  des 
3993stei|  Jahrs  der  julianisohen  Periode.  **  Um  einen 
laufenden  Tag  des  julianischen  Jahrs  auf  Monate  zu 
reduciren,  dient  folgende  Tafel,  welche  die  am  Ende 
eines  jeden  Monats  im  Gemein-  und  Schaltjahr  ver- 
flossenen Tage,  gibt: 


Gem. 

Seh. 

Gem. 

Sclk 

Januar 

31 

31 

Julius 

212 

213 

Februar 

59 

60 

August 

243 

244 

Alan 

90 

91 

September 

273 

274 

April 

120 

121 

Oktober 

304 

305 

Mai 

151 

152 

NoTember 

334 

3^5 

Junius 

181 

182 

December 

365 

366 

Da  nun  das  erste  Jahr  der  julianischen  Periode,  mit- 
hin auch  jedes  erste  Jahr  eines  vierjährigen  Sehali-^ 
eyklus,  ein  Schaltjahr  ist,  'so  sind  die  noch  überschüs-^ 
sigen  79  Tage  im  Schaltjahr  zu  nehmen.  Für  das 
gegebene  ägyptische  Datum  ergibt  sich  also  der  19. 
ftlärz  des  Jahrs  3993  der  juliäouschen  Periode  oder 
des  Jahrs*  721  v.  Chr. 

Bezieht  sich  das  Datum  auf  die  philippische 
Aere,  so  muüs  man-  zu  den  Jähren  derselben  zuvör- 
derst 424  .addiren,  und  dann  eben  so  ver£ädiren.  Es 
sei  z.  B.  der  27.  Mechir  des  178«ten  Jahrs  seit 
Alexanders  Tode,,  an.  welchem  H'ipparch  die, 
Frühlbgsnachigleiche  beobachtet  hat^),  zu  reducireiK 
178  +  424  =  6i02  .  .      ^ 

601  X  365  Tage  =       219365 
Tage  bis  zum  Mechir    .  150 

Tage  im  Mechir ...  27 

Absolotoahl    .    *  ^    *  1448638 

Siunme    1668180 
Diese  Summe  durch  1461  dividirt  ^i  den  Quo- 


1)  Alm.  m  2.  S.  161.         \ 

5 


« 


t 


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gjg  Technische  C^rfmölogie.  ' 

üehien  1141  bnd  den  Rest  1179.  '  Midliplidit  man 
jenen>-m]t  4  und  sieht  von  diesem  erst  366  und  dann 
noch  zweimiA  365  d),  so  eriiält  man  4567  vofte  Jabre 
uüd  noch  einen  Ueberscifaulis  Ton  83  Tagen.  Der 
83ste  Tag  des  Gemeinjabrs  ist  der  24ste  März.  Das 
gegebene  ägyptische  Datum  entspricht  niithin  dem  24. 
März  des  4568  sten  Jahrs  der  juUamschen  Periode  oder 
d^fe' Jahrs.  146  v.  Chr, 

^  Ist  endlich  das  ägyptische  Datum  an  ein  Regen- 
tehjahr  geknüpft,  so  mufe  dasselbe  'erst  vermittelst  des 
Kanons  auf  die  naboi;ia8sariscbe  Aere'reducirt  werden. 
So' findet  sich,  dafs  das  Datum  des  K^ufkontrakts 
des  Nechutes.  (53),  nämlich  der  29.  Tybi  des 
zwölften  Jahrs^  del*  altern  Cleopatra,  der  Mitregen- 
tiim  ihres  im  Kanon  allein  genannte A  Sohns  Soter, 
also  des  219ten  der  phHippiscben  Aete^  der  14.  Fe- 

'  brttar  105  v.  Chr.  ist*). 

.V  Ich  gehe  mm  zu  der  mit  dem  beweglichen  Jahr 
cfcir  Aegyptef .  in  Verbindung  stehenden  Hundsstern- 
periode  fort  Das  Be^te,  was- über  diesen  gro£sen 
Zeitkreis  geschrieben  jst,  bkibt  nöeb  inm&er  das  kleine 
sdtene  Wetk  Caniciüuria  kimthtitthtid^e  *>. 

Der  ^mge  alte  Schriftsteller,  der  uns  über  das 

,  Wesen^  die  Darier  und  die  Epoche  der  Hundsstern- 
periode,  von.  der  xwir  sonsti^ftiobts  Sicheres  wissen 
würden, ''belehrt^  ist  Ciensorinus.  Aus  zwei -Stellen 
seines' Werks  ^)  ersehen  wir:  1)  dafs  sie  anrms 
canicularis  (xiwixo«)  nder  solaris  {r^KMwq),    auch 


1)  TTicht  dei-  13.  Febniar  164,  ^^ie  Hr.  B5c]ch  nach  Hm. 
Champollion  Fi^eac's  Annides  des  Lagides  auf  ^ea  Titel 
•einer  Abhahdlang  gesetzt  bat 

2)  Von 'Gi^avius  toHendet  nnd  Iieraasgegeben.  Oxford 
1648,  a 

3)  c  18  und  21.    Vcrgl.  Handbuch  I,   126  ond  137. 


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Aesfpter,  67 

dei  annus  (^'«oG  h)tavToq)  genannt  wurde;  2)  dafs 
sie  1460  Jahre,  nämlich  den  Zeitraum  umfafste,  nach 
welchem'  der  Anfang  des  beweglichen  Jahrs  der  Ae- 
gypter  zu  demselben  Datum  des  julianischen  Kaien- 
ders,  von  welchem  er  ausgegangen,  zurückkehrt; 
3)  daCs  sie  anfing,  wenn  Sirius,  der  hellste  aller  Fix- 
sterne, mit  dem  1.  Thoth  in  der  Morgendämmerung 
erschien;  4)  dafs  das  Consulat  des  Ulpius  und  Pon< 
tianus,  unter  welchem  Censorinus  schrieb  (61),  das 
Iitmd^rtste  dieses  grofsen  Zeitkreises  war,  dais  also 
ein  Anfang  desselben  auf  das  Jahr  139  n.  Chr^,  auf 
das  Consulat  des  Antoninus  Plus  und.  Bruttius  Prae- 
sens, wie  er  selbst  sagt,  traf,  und  zwar  auf  den  20. 
Julius  *),  dem  damals  der  1.  Thoth  entsprach. 

Wenn  das  Jahr  139  n.  Chr.  das  erste  einer  neuen 
Periode  i^,  so  mufsten  früherer  Anfange  den  Jahren 
1322  und  2782  v.  Chr.  angehcVren,  und  es  fragt  sich, 
ob  ZH  diesen  drei  i^podien  ^rius  wirklich  den  ^1 
Jufius  den  Aegyptern  in  der  Morgendämmerung  er- 
schien. Ich  habe  hierüber  eine  genaue  Rechnung  ge- 
führt ^ ),  von  der  ich  die  Resultate  hier  angeben  wiH: 
im  Jahr  139  n.  Chr,  hatte  die  Sonne  unter  dem  Pa- 
rallel von  Hefiopolis,  dem  Hauptsitz  der  ägyptischen 
Priester,  beim  Frühaufgange  des  Sirius  eine  Länge 
von  3  Z.  24®  46S  im  Jahr  1382  v-  Chr.  von  3  Z. 
12^  43',  im  Jahr  1J782  v.  Chr.  von  3  Z.  V  37'.  Die 
erste  erreichte  sie  unter  dem  dortigen  Meridian  am 
20.  Julius  um  7  Uhr  Morgens,  die  zweite  den  19.  Ju- 


1)  Ini  Text  steht  anifi  diem  XIL  Cal  August,  irrig  statt 
£7.  d,  XUI^  wie  schon  Petayitts  und  Bainbridge  bemerkt 
haben. 

2)  In  meinen  historischen  XJntersnchnngen  'ober  die 
astronomischen  Beobachtungen  der  Alten,  S.  76  ffl  Vergl. 
Biofs  Recherchen  ^w  pJmieura  points  d^  r Astronomie  Egyp- 
tieme  (Paris  1823)  &  296. 


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68  Technische  Chronologie. 

lius  um  6  Uhr  Abends,  äie  dritte  Wieder  den  20.  Ju- 
lius Morgens,  so  dafs  also  Cenäorlnus  vollkommen 
Recht  hat,  weni^  er  vom  20.  Julius  sagt:  quo  tem- 
pore solet  Caniculain  Aegypto  facere  exortum^). 

Die  Erscheinung  des  Sirius  in  der  Morgendäm- 
merung war  den  Aegyptem,  wie  man  schon  aus  der 
Bildung  des  an  sie  geknüpften  und  nach  ihr  benann- 
ten Zeitkreises  ersieht,  sehr  merkwürdige  Sie  erfolgte 
vor  mehreren  tausend  Jahren  um  die  Sonnenwende, 
wo  das  periodische  Steigen  des  Nils,  von  welchem 
die  ganze  Fruchtbarkeit^  des  fast  nie  vom  Regen  be- 
netzten Landes  abhängt,  zii  beginnen  pflegt  $  so  dafs 
sie  ihn  als  ein  Signal  -der  Ueberschv^emmung  betrach- 
teten. Auch  sehen  wir  aus  einem  Fragment  des  He- 
phästion-'^),  so  wie  aus  Horapollo '),  dafe  sie 
aus  der  Farbe  und  Lichtstärke  des  Sterns  bei  seiner 
Erscheinung  in  der  Dämmerung  auf  die  Starke  der 
üeberschwemmung,  ipitliin  auf  die  Fruchtbarkeit  des 
Jahrs,  schlielsen  zu  können  wähnten,  weishalb  sie  ihn 
auch  der  Isis,  der  per^onifieirten  fruchtbaren  Natur, 
geweiht  hatten,  wie  Diodor  und  Plutarch  versi- 
chern ^).  " 

Es  ist  daher  ungemein  wahrscheinlich,  dafs  sie 
bei  Einführung  einer  festen  Zeitrechnung  ihr  Jahr  mit 
dem  ihnen  so. bedeutungsvollen  Frühaufgange  des  Si- 
rius angefangen  haben,  und  dies  um  so  inehr,  da  der 
erste  Monat  ihres  Jahrs  mi|;  diesem  Stern  gleidien 
Namen  führte.  Mehrere  Alte  versichern  nämlich  *), 
der  Hundsstern  habe  bei  den  Aegyptern  2cü^i^  oder 


1)  Vergl  Handbuch  I,  130. 

2)  Bei  Baiiibrid^e  p.  27  und  Salmasitts  in  Soh  p.  303. 
3>  Hierogl  I,  3.  . 

4)  Jener  I,  27,  dieser  de  Isid,  et  Osir.  j;.  32.      / 

5)  Die  Stellen  sind  Ehindbach  I,  126  angeführt 


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Aegxpter,  \  6& 

i!i\P  geheifsen  *)•    Unstreitig  sind  Thoth,  Seih  und 
Sothis  einerlei  Wort,  /  '  ♦ 

Wir  haben  also,  wenn  ^on  der  Epoche  der  Ein- 
fuhrung des  beweglichen  Jahrs  der  Aegypter  die  Rede 
ist,  die  Wahl  zwischen  den  Jahren  1322  und  2782 
V.  Chr.  Freret  und  Bailly  entscheiden  sich  für 
letzteres,  wo  der  1'.  Thoth  nicht  blofs  mit  dem  Auf- 
gange des  Sirius,  sondern  zugleich  auch  mit  dem  An- 
fange der  Ueberschwemmung  zusammentraf/  Gegen 
diese  Hypothese  möchten  sich  aber  wal  zu  viele 
Stimmen  erheben.  Wir  woDen  also  das  Jahr  1322 
als  das  der  Einführung '  des  ägyptisch^i  Jahrs  anse- 
hen, und  ver  die  Spuren  früher  Kultur,  die  wir  über- 
all in  Aegypten  antreffen,  ems.thaft  betrachtet,  kann 
es  unmögUch  unwahrscheinlich  finden,  dafs  die  Ae- 
gypter schon  13  Jahrhunderte  vor  Christus  eine  geord- 
nete Zeitrechnung  gehabt  haben,  zumal  da  sie  ohne 
alle  tiefere  Einsicht,  die  wir  ihnen  beizuliegen  wenig 
berechtigt  siixd,  zu  derselben  gejangen  konnten.  Sie 
fingen  ihr  Jahr,  das  ein  reines  Sonnenjahr  werden 
sollte,  mit^  dem  ihnen  so  bedeutungsvollen  Frühauf- 
gang des  Sirius  an,  und  legten  ihm  die  365  Tage 
bei,  die  sie  von  einer  Erscheinung  zur  andern  zahl- 
ten. Vielleicht  glaubten  sie  anfangs,  dals  der  1.  Thoth 
immer  zu  derselben  zurückkeliren  werdÄ  Hierin  sa- 
hen sie  sich  zwar  sehr  bald  getäuscht,  indem  sie  den 
Stern  nach  vier  Jahren  am  2.  Thoth,  wieder  nach 
vier  am  ,3.  Thoth,  und  so  von  vier*  zu  viet  Jahren 
immer  um  einen  Tag  später  in  der  Morgendämme-" 
rung  ersclieinen  sahen;  sie  behielten  indessen  die  ein-, 
mal  angenommene  Jahrslänge  bei,  theüs  wegen  der 


1)  Daher  die  Benennuüg  cca^taxij  itUiioÖoti  für  die  Uunds- 
Kternperfode  beim  Clemens,  Alexandrinus. 


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70  Technisch»  Chronologie. 

Einfachheit  der  Jahrsform;  theils  we3  sich  mit  dei^ 
Zeit  religiöse  Ideen  an  dieselbe  knüpfen  mochten. 

Hieraus  folgt  aber  nicht ,  dais  auch  schon  die 
Hundsstemperiode  im  Jahr  |322  v«  Chr«  gebildet 
sei  Diese  gründet  sich  auf  die  Vergleichung  des  fe- 
sten Sonnenjahrs  von  36&|  Tagen  mit  dem  bewegli- 
chen von  365,  konnte  also  nur  das  Ergebnlfs  fortge- 
setzter Beobachtungen  des  Frühaufgangs  des  Sirius 
sein.  Vermuthlich  ist  sie  erst  späterl|in  von  einem 
sinnenden  Kopf  gebOdet  worden,  als  man  die  Urge- 
schichte des  Volks  zu  bearbeiten  anfing,  wobei  man 
einer  weit  zurückgehenden  Aere  oder  eines  grolsen 
24eitkreises  nicht  entbehren  konnte* 

So  wie  mehrere  Gelehrte  der  n^uem  Zeit,  als 
Dupuy,  Lalande  und  Pfaff,  das  Wesen  der  Hunds- 
stemperiode unrichtig  aufgefafet  haben  *),  eben  so 
scheint  auch'  im  Alterthum  ihre  Entstehung  qoaid  Be- 
^haffenheit  nur  wen%en  bekannt  gewesen  zu  sein* 
Geminu^  bemerkt  ganz  richtig  ^),  dals  das  Fest  der 
Isis  in  i46p  Jahren  alle  Jahrszeiten  durchwandere, 
nennt  aber  die  Periode  nicht  Tacitua  sagt  '),  ei- 
nige legten  df^m  Phönix  ein  Alter  von  1461  Jahren 
bei.  Dio-Cassius  behauptet^)  irrig,  man  schalte 
nach  Cäsars  Vorschrift  alle  1461  Jahre  eineii  Tag  zu 
wenig  ein.  Nach  Firmicus,  *)  soll  das  grplse  Jahr, 
das  die  sieben  Planeten  zu  ihren  ursprünglichen  Stel- 
len (Kurüddührt,  1461  Jahre  halten.  Eihe  ausdrück- 
liche Eryrähnung  der  Hundsstemperiode  findet  sieb 
aufser  Censorinu^  nur  beim  Chalcidius,  Syn- 
cellus  und  Clemens  Alexandrinus.     Die  dahin 


1)  Handbuch  I,  133. 

2)  Isagoge  c.  6. 

3)  Aimal  VI,  28. 

4)  Bist,  XLHI,  (V  26. 

5)  Pracf.  in  Astrononüca, 


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gehörigen  Stellen  haba  ieh  im  Handbuch  der  Chro- 
nologie gesanimelt*).         '      ^  :  .    ' 

So  viel  vom  beweglichen  Jahr  und  der  Hunds- 
siemperiode  der  Äegypter.  Letet^re  sebte  npthwen- 
dig  die  Kenntitifs  de*,  Viertelt^geÄ  voraus,  der  beim 
erstem  vernachlässigt  wurde/  und  ^s  Mst  sich  daher 
nicht  bezweifeln,  dals  diese  ICenntnifs  in  Aegypten  von 
hohem  Alter  war.  Sie  ist  als  ein  natürli^es  und^ein- 
.  faches  ErgebniTs  der  fortgesetzten  Beobachtung  des 
Friihaufganges  des  Sirius  zu  betrachtenl  Von  den 
Aegyptem  ging  sie  %vl  den  Griechen  und  späterhin  zu 
den  Römern  über.  Von  Julius  Cäsar,  der  sieh 
lange  in  Aegypten  aufgehalten,  sagt  Mactobiüs-^): 
Siderum  motus,  de  guibus  non  indoctos  libros  re- 
liqutty  ab  Aegyptiis  disciplinis.  hmmt.  üeberdies 
bediente  er  sich  bei  .seiner  Kalenderverbesserung  der 
Einsichten  des  Perjpatetikers  Sosigentes.,  eines 
Alexandriners. 

Im  Auslande  zuerst  praktisch  geworden,  wurde 
die  Kenntnils  des  Viertellages  endlich  auch  inAe^p- 
ten  l^xx  £Intheibiog  der  bürgerlichen  Z^ei^. benutzt 

Wir  finden  nämlich  daselbst  seit^dem  ersten  Jahr- 
hundert der  christlichen  Aere  eine  der ,  julianischen 
analoge  ^Zeitrechnung,  die  man  zum  Unterschiede  der^ 
altern  ägyptischen  die  alexandrinische  nennt,  weil 
sie  sich  von  Alexandrien  aus,  wo  sie  unter  den  Grie- 
chen entstand,  mit  der  christlichen  Religion,  zu  deren 
Festreclumng  sich  das  bewegliche  Jahr  nicht  eignete^ 
über  ganz  Aegypten  und  Aethiopien  verbreitet  hat. 
Noch  jetzt  ist  der  Cultus  der  ägyptischen  und  abes- 


1)  Th.  I,  S.  134  if.  Besonders  tnerkwurdig  ist  eine  Stelle 
d»  Herodot  (U,  14^),.  die  meiner  M^ung  nach  auf  die  Hunds- 
siemperiode  anspielt  und  nur  durch  sie  erklärt  werden  kann. 
%  137  ff.       3)  Satmm.  I,  16. 


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72-  ,  Technische  Chronologie, 

simschen  Cliiiaten  an  sie  geknüpft  Sie  besteht  we- 
sentlich in  folgenden  drei  Punkten:  1)  Form  und 
Namen  der  Monate  sind  die  ägyptischen;  2)  zu  den 
fünf  Erganzungstagen  kommt  alle  vier  Jahre  ein  sechs- 
ter; 3)  der  Neujahrstag  oder  der  1.  Thoth  ist  der 
^9.  4ugust  des  julianischen  Kalenders;  Letzteres  wird 
bestimmt  gesagt  in  einem  Fragment  des  Heraclius 
bei  Dodwell  *).  In  demselben  wird  der  ajexsmdri- 
nische  Thoth  geradehin  September  genannt,  nur 
^imt  der  Erinnerimg,  dafs  der  römische  September  drei 
Tage  später  anfange.  Es  scheint  dies  der  formliche 
Gebrauch  der  Alexandriner  gewesen  zu  sein«  f^to- 
lemäus  ')  und  der  Scholiast  des  Aratus  stellen 
die  alexandrinischen  Monate  mit  den  römischen  durch- 
gängig so  zusammen  y  als  wenn  sie  gänzlich  parallel 
liefen. 

Dafs  der  1.  Thoth  der  Alexandriner  mit  dem  29. 
August  der  Römer  corre^ondirte,  lehren  noch  ^ele 
anderweitige  Zeugnisse.  Auch  geht  l^  au&  den  Be- 
rechnungen des  Osterfestes  bei  den  griechischen  Kir- 
chenscribenten  hervor.  Wenn  z.  B.  der  21.  März, 
der  Tag  der  Friihlingsnachtgleiche,  als  der  25.  Pha- 
menoth  angegeben  wird,  so  erhält  man.  durch  Zu- 
riickrechnen  zum  1.  Thoth  den  29.  August  Femer 
au6  der  Vergleichung. ägyptischer  und  alexandrimscher 
Data  beim  Theon,  dem  Commentator  des  Ptole- 
mäus.  Er  erwähnt  z.  B^  ')  eine  von  3im  zu  Alexan- 
drien  beobachtete  Sonnenfinstemifs,  und  sagt,  sie  sei 
im  1112ten  Jahr  seit  Nabonassar  am  24sten  des  ägyp- 


1)  Appendix  ad  dissertatione*  Cypriama»  p.  132,  Vergi. 
Handb.  I,  141. 

3)  hl  seinem  an  das  alezandrimsclie  Jahr  gehiSpfUn  Ka- 
lender. . 

3)  Comment  zmn  aecfastai  Bvch  p.  333. 


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Aegypter,  73 

tischen  Thoth  o^er  am  22sten  des  alexandrinischen 
Payni  Nachmittags  eingetreten.  JBeide  Data  entspre- 
chen dem  16.  Juiiius  des  Jahrs  364  n.-  Chr. 

Auch  den  Situ  des  Schalttages  und  »sein  Verhält- ' 
nifs  zum  romischen  lernen  wir  aus  dem  obgedachten 
Fragment  des  Heraclius  kennen.  Sie  schalteten 
nämlich  allemal  in  dem  Jahr  ein,  das  vor  dem  römi- 
schen Schaltjahr  herging,  also  in  den  Jahren.  3,  7,  11, 
15,  19  n.  Chr.,  und  fingen  dann  ihr  Jahr  mit  dem 
30.  August  an. 

Hiernaeh  ist  es  nun  leicht,  jedes ,  alexandrinische 
Datum  auf  das  julianische  und  umgekehrt  zu  bringen, 
sobald  nur  unsere  Jahrszahl  bekannt  ist.    Zur  Erleich- 
terung  der  Rechnung   dienen   folgende   zwei' Tafeln, 
wovon  die  erste  die  Anfange  der  alexandrinischen  Mo- 
nate im  julianischen,  die  andere  die  Anfange  der  ju- 
lianischen Monate  im  alexandrinischen  Kalender  gibt. 
Tafel  I. 
1.  Thoth    .    .    .    •    .    29.  August 
1.  Phaophi      ....    28.  September  ' 

1.  Athyr 28.  Oktober 

1.  Chöak 27.  November  > 

1.  Tybi 27.  December 

1.  Mechir  '  •     •  *  •     •     .     26.  Jatiuar 
1.  Phamenoth      ...     25.  Februar     - 
i.  Pharmuthi ....    27.  März 
1.  Pachon  .....    26.  April 
1.  Payni     .....    26.  Mai 

i.  Epiphi 25.  Junius 

1.  Meson   .....    25.  Julius 
1.  Ergänzuhgstag     .    «    24.  August. 
Tafel  IL 
.  1.  September.    ...      4.  Thoth 
1.  Oktober     ^     .     .     .       4,  Phaophi 
1.  November  ^     .    .     .5.  Athyr 


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74  Technische  Chronologie. 

1,  Dtfcember    .    .     •     .  \   .5.  (Ü^oak 
1,  Januar     •     .    .     .     ^,    .     6.  Tybi 
1.  Februar  .     .     •   '.     .     •     7.  Mechir 

1.  März  .,   * 5.  PhameHoih 

1.  April 6.  Pllarm^thi 

1.  Mai ,6.  Pachon 


1,  Junius      .  ^.     •     *     •     .     7*  Payni 
1.  Julius       ......     7.  Epiphi 

1.  August    •     .    ,     .     .    '*    8,  Meson.    . 

Bei  .ilirem  Gebrauch  ist  zu  bemerken,  dafs,  wcnu 
der  1.  Thoth  auf  den  30.  August  trifft,  die  l)ata  der 
ersten  Tafel  um  eine  Einheit  zu  vermehren^  und  die 
der  anderti  um'^eine  Einheit  zu  vermindern  sind,  und 
zwar  bis  zum  4.  Phajnenoth  einschliefslich,  der  dann 
dem  29*  Februar  entspricht  Vom  5.  Phamenoth  oder 
1.  März  an  gelten  beide  Tafeh  unbedingt 

Die  Geschichte  der  Einführung  des  alexandrini> 
sehen  Jahrs  liegt  im  Dunkeln;  es  lä&t  sich  aber  nicht 
hezweifebi,  dais  sie  gleichzeitig  mit  der  Besitznahme 
Aegyptens  durch  die  Römer,  oder  doch  bald  nachher 
statt  gefunden  hat 

Die  erste  deutliche  Spur  eines  al^xandrinischen 
Datuihs  findet  sich  in  einer  von.  Gailliaud  zu  El- 
Charjeh  in  der  grofseia  Oase  entdeckten  griechischen 
Inschrift  *),  in  der  folgendes  Datum  vorkommt:  „Im 
ersten  Jahr  des  Cäsar  Äugustus  Imperator  Livius  Sul- 
pitius  Galba  am  2.  Epiphi.  ^^  l^s  kann  aber  auch  der 
12.  Epiphi  gelesen  werden,  w^nn  in  dem  K^e^qxß  das 
«  vor, dem  ß  zum  Datum  gezogen  wird.  Der  Todes- 
tag des  Nero  ist  nicht  ganz  sicher  bekannt;  doch 
hat  Pagi's  Meinung*)   viel  ßir  sich,  dafs  öS  der 

1)  S.  Hrn.  Letronne's  Abhandlung :  Deux  Inscriptions 
-Grecques  gravees  sur  le  Pylone  ^ün  iemple  Egyptien  dans 
kt  grawde  Oa$U^  Paiis  18:22. 

3)  Critvco  in  Ar^aies  B^ron^  ad  anau  68. 


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' .     •  Aegyjfier.  75 

9.  Jkmiüs  (53  n.  Chr.  gewesen.  Die  Nachrieht  von 
der  Erhebung  Galba's  kann  schwerlich  vor  Anfang 
des  Julius  nach  Aegypten  gekommen  sein.  Hiernach 
mü&te  der  12.  Epiphi  gelesen  werden,  'dem  der  6. 
Julius  des  festen  Jahrs  entspricht.  Das  erste  Jahr 
Galba's  wird  hier  nach  ägyptischer  Weise  vom  vor- 
hergehenden 1.  Thoth  gerechnet  *  )i  Auf  keinen  Fall 
kann  ^  den  12.  E{nphi  des  beweglichen  Jahrs' ge. 
dacht  werden,  der  im  Jahr  68  dem  fitsten,  um  23 
Tage  voreilte. 

Aus  dem  zweiten  Jahrhundert  nach  Christus  kom- 
men Spuren  des  festen  Jahrs  auf  Monumenten  -schon 
häufiger  vor.        -  .      \     - 

Uiiter  den  Schriftstellern  sind  die  in  diesem  Jahr- 
hundert lebenden  Ptolemäus  und  Plutarch  die 
ersten,  die  das  feste  Jahr  erwähnen.  Jener  gebraucht 
es  in  seineni  Kalender,  weil  die  Fixsternerscheinmj- 
gen,  wie  er  sagt,  wegen  des  alle  vier  Jahre  einge- 
schalteten Tages  auf  lange  Zeit  zu  denselben  Monats- 
tagen zurückkehren..  In  seinem  Almagest  dajgeg^n 
datirt  er  durchweg  nach  dem  beweglichen,  damals 
gewifs  noch  nicht  ganz  im  Volksgebrauch  erlosche- 
nen, Jahr  der  Aegypter,  weil  er  die  Beobachtungen 
seiner  Vorgänger,  besonders  die  des  Hipparch,  an 
dasselbe  geknüpft  fand,  und  keinen  triftigen  Grund 
hatte,  sie  auf  das  feste  zu  reduciren.  Durch  das 
„nach  den  Aegyptem",  das  er  jedesmal  dem,  Monats- 


1)  Der  Kanon  endig;t  die  Regierang  eines  jeden  Kaisers  mit 
dem  beweg  liehen  1.  Thoth,  der  zunächst  tot  dem  Tode  des- 
selben Jier^g ;  die  ägyptischen  Kaisermünzen  dagegen  sind  alle- 
mal so  lange  nach  dem  festen  1.  Thotli,  d^r  dem  Tode  des 
Kaisers  voranging,  unter  seinem  Namen  forfgeprägt  worden  ^  bis 
die  INachridii  von  der  Proclamation  seines  Nachfolgers  in  Aegjp- 
ien  eintraf.  Es  findet  sich  daher  einerlei  ägyptisches  Jahr  nicht 
Seiten  als  zweien  Kaisem  a^gfßhdrig  auf  den  JMnzen  gestempelt. 


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76  Technische  Chronologie: 

.  namen  vorsetzt,  will  er  zu  erkennen  geben,   dafs  er 
'  das  bewegliche  Jahr  meint.    Sein  Commentator 
Theon,   der  sich  beider  Zeitrechnungen  bedient,  un- 
terscheidet sie  durch   das   immer   beigefügte:   „nach 
den  Aegyptem"  und  „nach  den  Alexandrinern". 

Plutarcb  fuhrt  in  seinem  Werk  de  Iside  et 
Osiride  die  ägyptischen  Monate  öfters  ganz  unzwei- 
deutig als  die  eines  festen  Jahrs  auf,  z.  B.  wenn  er 
sagt  *),  die  Sonne  durchlaufe  den  Skorpion  im  Athyr, 

.  begeht  aber  dabei  immer  einen  doppelten  Fehler,  ein- 
mal den,  dafs  er  die  ägyptischen  Feste  und  MyÜieii 
an  die  festen  Monate  knüpft,  da  sie  doch  nach  einer, 
Stelle  des  tieminus  (70)  mit  dem  beweglichen  zu- 
sammenhingen; dann  den,  dafs  qr  die  ägyptischen 
Monate  zu  Mondmonaten  macht,  was  sie  weder 
im  beweglichen  noch  Im  festen  Jahr  je  waren  * ). 

Selbst  im  dritten  Jahrhundert,  zu  Censorinus 
2ieit,  mufste  das  bewegliche  Jahr  in  Aegypten  noch 
vorherrschend  sein;  denn  er  sagt^)  von  den  Ägyp- 
tern: eorjim  anniis  civilis  solos  habet  dies  CCCLXV 
sine  ullo  intercalari:  Es  mufete  sich  so  lange  be- 
haupten, als  sich  die  christliche  ReUgion  noch  nicht 
über  das  ganze  Land  verbreitet  hatte,  weil'  es  aufs 
innigste  mit  dem  alten  Cultus  verflochten  war.  Daher 
konnte  auch  das  feste  anfangs^blofs  in  dem  von  Grie- 
chen bewohnten  Alexahdrien  Wurzel   fassen.     Doch 

^  leidet  es  keinen  Zweifel,  dafs  es  daselbst  gleich  bei 
der  römischen  Besitznahme  in  Gebrauch  kam,  und  sehr 
bald  das  gesetzliche,  ^auf  den  Münzen  allein  .vorwal- 
tende, wtirde.  Mit  dem  Anfange  des  fünften  Jahr- 
hunderts muTs  endlich  das  bewegliche  Jahr  in  Aegyp- 
ten ganz  erloschen  sein;  wenigstens  keqnt'der  damals 


1)  c  13.       2)  H«ndb.  I,  1».  ^    J>  c.  18. 

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Aegypter.  77. 

lebende  Macrobius  kein  anderes  mehr,   als  das 
feste*)/ 

Obgleich,  wie  bemerkt  worden,  die  Umstände 
der  Einfulirung  de^  alexandrinisdu&n  Jahrs^  im  Dun- 
kein  liegen,  so  können  wir  doch  darüber  durch  Com- 
bination  zu  einem  senr,  wahrscheinlichen  und  befrie- 
digenden Resultat  gelangen« 

Angustus,  damals  noch  Octavianus  genannt, 
siegte  .üW  Antonius  und  Cleopatra  bei  Actium 
am,  2.  September  a»  u.  723,  v.  Chr.  31,  und  folgte 
hierauf  den  Besiegten  nach  Alexandrien.  Am  1.  Au- 
gust, oder  wie  dieser  Monat  damals  noch  hiefs,  Sex- 
tilis,  des  folgenden  Jahrs  wollte  ihm  Antonius  unter 
den  Mauern  dieser  StadC  eine  Schlacht  hefem;  allein 
seine  Flotte  verliefs  ihn,  und  er  tödtete  sich.  Die 
Stadt  ging  ^och  an  demselben  Tage,  und  Aegypten 
im  Verlauf  desselben  Monats  über  * ). 

In  einem  Von  Dio  Cassius  *)  erwähnten  Se- 
natusconsnlt  wurde  bestimmt,  dals  der  Tag,  an  Wel- 
chem Alexandrien  ^ingenommea  worden,  ein  Festtag 
sein,  und  den  Einwohnern  künftig,  zur  Epoche  ihrer 
Jahrsrechnung  dienen  solle.  Du^ch  diese  Verordnung, 
wurde  also  den  Alexandrinern  .das  julianische  Jahr, 
aufgedrungen.  Sie  befolgten  sie  dahin,  dals  sie  zwar 
den  Tag,  an  welchem  ibre  Stadt  übergegangen,  d^en 
1.  August,  feierten,  4^n  Anfang  ihres  Jahrs  aber  auf, 
das  römische  Datum  verlegten,  mit  welchem  der  nächst* 
folgende  1.  Thoth  der  Aegypter  zusammentraf. 

Für  die  Feier  des  1.  August  zeugt  der  Umstand, 
dals  E  u  d  o  X  i  a ,  Gemahlinn  des  jungem  Theodosius, 
am  1.  August  Petri  Kettenfeier  anordnete,   um. 


1)  Saturn.  I,  12,  rergl.  mit  14. 

2)  Die  Beweisstellen  von  dieaem  .Allen  «m  Handb.  1, 153. 

3)  Hist.X  iJ,  c.  19.      . 


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78  Technjische  Chremotogie, 

wie  CS  m  alten  Martyrologien  heilst,  die  Alexan- 
driner van  dem  heidnischen  Pomp  zu  entwöhnen,  wo- 
mit'sie  jährlich  an  diesem  Tage '  den  von  Aogust  ühcr 
Ailtonius  und  Cleopatra  erhaltenen  Sieg  feierten;  nicht 
etwa  den  Sieg  bei'Actium,  wie  Scaliger  glaubt/), 
sondern  den  zweiten  unter  den  Maueni  Ale^andriens. 
Was  den  andern  Punkt  betrifft,  so  setzt  der  Ka- 
non den  Anfang  der  Regierung  August's  auf  den  1. 
Thoth  des  Jahrs  295  der  philippischen,  oder  719  der 
nabonassarischen  Acre,  d*  i*  auf  den  31,  August  des 
Jahrs  30  V.  Chr.  Uebereinstimmig  hiermit  CEwäbnen 
Ptolemäus  «nd  Censorinus  Jahre  August's,  die 
mit  demselben  Datum  beginnen.  Der  erste  reducirt  *) 
das  Datum  einer  von  ihm  angestellten  Beobachtung 
mit  folgenden  Worten  auf  die  nabonassarische  Acre: 
„Von  der  Regierung  Nabonassar's  bis  auf  Alexanders 
Tod  verfliefsen  424  ägyptische  Jahre;  von  Alexan* 
ders  Tode  bis  aiif  Augusts  Regierung  294;  von  dem 
"Mittage  des  1.  Thoth  im  ersten  Jahr  August  s  bis  zum 
17ten  des  Hadrian  zwei  astronomische  Stunden  nach 
dem  Mittage  deÄ  7.  Athyr  161  Jahre  66  Tage  2  Stun- 
den**  u.  8.  w.  .  Der  andere  spricht^)  voii  zweierlei 
Jahren  August's.  Die  anni  Augustorum  der  Römer 
pahinen,  V^ie  er  sagt,  mit  dem  Jahre  ihren  Anfang, 
wo  Octavian  fden  Namen  AugustKs  erhielt,  se  KU 
et  M.  Vipsanio  Agrippa  Cosls.^  d.  i.  im  Jahr  727 
d.  St^  27  V.  Chr.  Das  Jahr  238  n.  Chr. ,  wo  er  ge. 
schrieben  zu  haben  versichert,  war  seiner  richtigen 
Angabe  nach  das  265  ste  dieser  Acre.  '  Sed  Aegyp^ 
#/i,  fährt  er  fort,^  quod  biennio  ante  in  potestatem, 
populi  Romani  verherunt^  hahetit  hunc  Augiistoruitt 
annum  CCLXVIL  Ich  habe  imHa  n  d  b  u  c  h  gezeigt  ^), 


V)Em.  temp.  1.  V,  p.  495. 

2)  Alm.  %  6,  S.  204.      3)  c.  21.       4)  Th.  I,  S.  155. 


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Äe&pter,  ^  79 

dals  dieses 'Jahr  dn  festes  sein  ninfete.  Mit  dem. 
biennio  ante  mufs  man  es  nicht  gani^  genau  nehmen  ;> 
von  der  Besitznahme  Aegyptens  bis  zum  Anfange  des 
Consolarjährs  727  der  Stadt  verüiefken  fast .  dritthalb 
•  Jahre* 

Diese  heiden  nach  August  benannten  Aeren  kom- 
men fast  gar  nicht  weiter  vor.  Ins  bürgerlidie  Le- 
ben können  ^e  nicht  übergegangen  sein«  Die  alexan- 
drinische  nennt  Scaliger  *)  Aera' Actiacd^  aber 
nicht  schicklich,  da  die  Schlacht  bei  Aetium  ein  Jahr 
vor  ihrer  Epoche  vorfiel.  Für  uns  kt  sie  nur  in  so 
fern  von  Wichtigkeit,  als  sie  zeigt ,  dafs  die  Alexan- 
driner nicht,  wie  ihnen  geboten  war,  ihte  Jahre  vom 
1.  August  30  V.  Chr.,  sondern  vom  näclistfolgenden 
1.  Thoth  garechnet  haben. 

Der  Kanon  föngt  ako-  die  Regierung  Angust*s 
mit  dem  1*  *Thoth  des  Jahrs  30  y.  Chr.  an.  Nach 
dem  ihm  zmn  Grunde  liegenden  Princip  mufe  Cleo- 
patra noch  über  dieses  Datmn  hinaus  gelebt  haben^ 
und  es  ist  in  der  Ufat  sehr  wahrscheinlich,  dafs  sie 
den  Antonius  um  einen  ganzen  Monat  überlebt  hat  ^).' 

Es  fragt  sich  nun,  warum  die  Alexandriner  ihre 
festen  JiJire  nicht  n^t  dem  31.  August,  auf  den  der 
1.  Thotfa  ihres  ersten  Jahts  trafy  Sondern  swei  Tage 
früher  mit  dem  29.  August  anfingen.  Die  Chronolo- 
£:en  sagen,  sie  haben  ihre  nach>  der  römischen  gemo- 
delte Jahisform-  nicht  ^ich  im  ersten  -  Jahr  des  Au- 
gust, ^ondera  erst  fünf  Jalsre  nachher  angenommen, 
als  der  1.  Tliotfi  a|rf  den  29.  August,  überging,  so 
dafe  die  ersten  fünf  Jahi^e  ihrer  netien  Acre  beweglich 
waren^,  und  ei'st  das  sech^e  ein  festes  wurde.*  «Sie 
stützen  sich  hierbei  auf  eine  Stelle  des  Theon.*), 


1)  Em.  temjK  1.  V,  p.  454,  455.        2)  Handb.  I,  157. 
3^  Commentar  über  die  Handtafeln  ^es  Ptolemlius, 
nach  Hm.  Halma's  Ausgabe  Tom.  I,  p.  30  ff.  C^) 


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gO  Technische  Chronotdgie, 

in  der  gelehrt  wird,  wie  man  ein  alexändritiischefi  Da- 
tum auf  das  bewegliche  ägyptische  Ireduciren  könne, 
was  für  die  Astronomen  wichtig  war.  Es  folgt  je- 
doch' daraus  nichts  weiter,  sis  was  wir  ohnehin  schon 
wissen,  dalis  der  bewegliche  1.  Thoth  erst  nach  Ab- 
lauf von  fünf  Jahren  der  alexandnnischen  Aere  Au- 
gusl's,  nämlich  vom  sechsten  bis  neunten  Jahr  dersel- 
ben, mit  dem  29«  August  der  Romer  übereinstinun- 
ie.  .  Wie  aber  der  feste  1.  Thoth  zu  dieser  Stellung 
kam,  bleibt  immer  die  Frage,  die  sich  auf  folgende 
\Veise  sehr  ungezwungen  beantworten  lälst  Durch 
eine  Unordnung,  die  durch  Unachtsamkeit  derPonti- 
fices,  denen  das  Geschäft^  dei^  Einschaltung  überlassen 
blieb,  gleich  nach  Cäsar 's  Tode  in  dem  von  ihm  ver- 
besserten Kalender  entstand,  wurde  jedes  dritte  Jahr 
ztun  Schaltjahr  gemacht,  statt  dafs  es  jedes  vierte 
sein  sollte.  Nach  dem  Schalttage  im  Jahr  30  v.  Chr. 
betrug  die  Abweichung  des  verschobenen  Kalenders 
von  dem  richtigen  bereits  zwei  Tage,  indem  damals 
zum  sechsten  mal  eingeschaltet  wurde,  statt  da£s  es 
erst  im  folgende^  Jahr  zum  fünften  mal  hätte  gesche- 
hen sollen  ^)«  Aus  dem  31.  August  des  richtigen 
Kalenders  wurde  mithin  der  29ste  des  verschobenen. 
Da  also  die  Römer,  die.sichzu  Alexandrien  befanden^ 
am  1.  Thoth  der  Aegypter  erst  den  29»  August  zähl- 
ten, so  machten  die  Al^exandriner  dieses  römische  Da-^ 
tum  zur  Epoche  der  Aere  August's  und  zum  Neu- 
jahrstage ihres  festen  nach  dem  juliani^chen  gemodel- 
ten Jahrs,  indem  sie,  lals  August  spät^hin  den  juliani- 
schen  Kalender  in  Cäsar s  Sinne  wiederherstellte,  ihr 
Schaltv(resen  so  ordneten,  dafs  der  1.  Thoth  mit  dem 

29.  Am- 


1)  Das  Nühere  hierüber  iinieii  in  der  rö mischen  Zeitr«clv^ 
nung. 


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;^SyP^r-  81 

29.  August  Terbandlen  blieb;  bi  dieser  Darstellong  liegt 
zugleich  der  Beweis,  dals  die  alexandriniscbe  Zeitreeh^ 
nang  sdbon  im  Jahr  30  v.  Cht«  dngefübrt  sein  müsse* 
Es  ist  vorhin  bemerkt  worden,  dals  die  Aere 
August's  bei  den  Aegyptem  keine  bürgerliche  war. 
Sie  behalff n  sich  unter  den  Kaisern,  wie  früher  un- 
ter den  Ptolemäem;  mit  den  Begentenjahren,  die  sie 
auf  den  Landesmünzen  angegeben  fanden«  Erst  spät 
fühlten  sie  das  Bedürfnifs  einer  festen  Jahrrechnung, 
die  sie  nun  in  der  diokletianischen  Aere  erhiel- 
ten,  nach  der  ^e  Kopten  bis  auf  den  heutigen  Tag 
rechnen.  Sie  nennen  sic^ die  Märtyrer- Aere^  von 
der  Verfolgung,  die  Diokletian  über  die  Christen  ver- 
hängte. Man  muls  aber, darum  niii^ht  glauben,  dais 
die  Aere  erst  von  dieser  Zeit  datirt  Die  Verfolgung 
gehört  in  das  neunzehnte  Jahr  des  Diokletian  ^)>  und 
die  Aere  b^^giiint  mit  seinem  ersten  Jahr.  |lr  wurde 
den  17.  September  2ß4  n.  Chr.  zu  Chalcedon  prokla« 
mirt  ^  ).  Die  Epoche  der  Aere  ist  also  entweder  der 
13.  Junius  oder  der  ^29.. August,  je  nachdem  wir  sie 
mit  bewieglichen  oder  festen  Jahren  in  Verbindung . 
bringen.  Das  erste  geschieht  ini  Regentenkanon;  das 
letztere  wurde  gewifs  bald  allgemein  in  Aeeypten, 
weil  das  bewegliche  Jahr  bald  nachher  im  bürgerli- 
chen Gebrauch  gänzlich  erlosch.  Theon  ist  der  ein- 
zige Schriftsteller,  der  ein  bewegliches  Datum  an.  die 
diokletiiinische  Aere  knüpft  ^  ).  Auffallend  ist  ea  übri* 
gens^  dals  die  agypti^dben  Christen  ihre  Jahre  nadi 
dem  Regierungsantritt  ibres^  graüsamstcfn  Verfolgers 


1)  Ensebins,  Hiai.  ecelMVl,^  n.Orasins  Hist.WL,1b. 

3)  Chron,  PasehaJe  beim  Consnlat  des  Carinns  H  und  Nu- 
merianofl,  d.  i.  beim  Jahf  284.  S.  die  Aasgabe  in  der  Pariser 
SammL  der  Stripp.  Hiat.  Byz.  p.  274. 

3)  Comm.  über  dea  Almagest  1.  VI,  p.  284,  85. 

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82  >  Techhiscbe  Chrondlogie. 

zählten^  Offenbar  wollten  sie  dadurch  das  Andenken 
an  diese  schreckliche  Begebenheit  erhalten;  und  da 
es  einmal  in  Aegypten  gebräuchlich  war,  die  Jahre  nur 
nach. den  Regenten  zu  zählen,  so  fingen  sie  die  Mär- 
tyrer. AerjB' nicht  mit  der  Verfolgung  selbst,  sondern 
mit. dem  Regierungsantritt  dessen  an,  unter  welchem 
sie  verhängt  war.  Auch  trug  dazu  der  Umstand  ge- 
wils  wesentlich  bei,  dafs  mit  dem  fünfzehnten  Regie- 
mngsjahr  Diokletian's,  so  viel  bis  jetzt  bekannt  ist, 
,  die,  Reihe  der  al^xandrinischen  Kaisermünzen  mit  grie> 
chischer  Schrift,  wodurch  den  Aegyptem  die  Jahre 
gewissermafseti  zugezählt  wurden,  gänzlich  erlosch  ^  )• 

Wir  haben  also  zur  Epoche  der  diokletiani- 
schen Acre  den  29.  August  284  n.  Chr.  Um  ein 
an  sie  geknüpftes  ägyptisches  Datum  auf  die  christ- 
liehe  Zeitrechnung,  zu  reduciren,  in  welchen  Fall  man 
bei  Lesung  der  Kirchenväter  und  anderer  späteni 
Schriftstdler  öfters  kommt,  -addire  man  zuvorderst  zur 
Jahrszahl  283 ,  um  das  «^ahr  unserer  Aere  zu  finden, 
auf  welches  dei*  Anfang  des  diokletiaiiischen  triffl.  Da 
284  ein  Schaltjahr  ist^  die  ägyptischen  Christen  also 
283  eingeschallet  haben  (73),  so  sieht  man,'' dafs  das 
vierte,  achte,  zwölfte  u.  s.  w.  Jahr  der  diokletianir 
sehen  Aere  Schaltjahre  sind,  dals  also  jedes  Jahr  der- 
selben, welches  durch  4  dividirt  keinen  Rest  gibt,  mit 
dem  30.  Thoth  anfangt  Rlphr  ist  nicht  zu  wissen 
nothig,  um  mit  Hülfe  der  gegebenen  Reductionsta- 
fein  jedes  an  die. diokletianische  Aere  gereihte  Datum 
auf  die  christUche  Aere  und  umgekehrt  bringen  zu 
können.  Wenn  z.  B.  Paulus  Alexandrinus  in  sei- 
ner Einleitung  in  die  Astrologie,  wo  er  lehrt, 
welcher  Wochentag  jedem  Monatstäge  entsprieche, 
sagt,    er  habe  dies  Rllttwochs  den   20.    Mechir    des 


1)  Eckhel  Doctr.  Num.  Vol.  IV.  p.  97. 

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Aegypter.  83 

94sten  Jahrs  seit  DioÜetian  geschrieben,  so  meint  er 
den  14.  Februar  378  n.  Chr.,  welcher  Tag  wirWich 
eiii  Mittwoch  war.  Von  einem  gewissen  Theios 
hat  man  sieben  umS  Jahr  500  n.  Chr.  %XL  Athen  an- 
gestellte Beobachtungen.  Die  eine  lautet  ölso  *):  „Ich 
sah  die  Planeten  Mars  und  Jupiter  einander  berühren 
m  der  Nacht  vom  6  zum  7.  Pachon  des  214ten  Jahrs 
seit  Diokletian  eine  Stunde  nach  Sonnenuntergang  ^^ 
Die  Reduction  gibt  den  1.  Mai  des  Jahrs  498'  n.  Chr. 
Zum  Schluls  will  ich  hier  noch  zweier  Zeitkreise 
der  Aegypter  gedenken,  von  denen  die  .Neuem  weit 
mehr  als  die  Alten  reden,  nämlich  des  Apiskreises 
und  der  Phonixperiode.  .  Der  heilige  Stier,,  das 
lebendige  Bild  des  ,Osiris,  wurde,  wenn  es  25  Jahre 
lang  zu  Memphis  göttliche  Ehre  genossen  hatte,  ge- 
todtet^  tun""  einem  andern  zu  weichen.'  Diesen  Zeitraum 
nennt  nuin  den  Apiskreis.  Es  fragt  sidi,  wie  die 
Aegygter  darauf  kamen,  denselben  zu  bilden.  Dafe 
die  ägyptischen  Astronomen  Wrklid^  einen  solchen  ' 
Cykhs  gebrauchten,  wissen  wir  aus  den  Schriften  des 
Ptolemäus/mit  Bestimmtheit.  Im  sechsten  Buch  des 
Almagest  stehen  Tafeln  zur  Berechnung  der  mittle- 
ren Neu*  und  VoBmonde,  worin  die  Jahre  nach  25 
jährigen  Intervallen  fortlaufen.  Der  Grund  davon  ist 
ohne  Zweifel  der,  weil  309  mittlere  synodische  Mor 
nate  nur  etwa  eine  Stunde  kürzer  als  25  ägyptische 
Jahre  sind,  so  dafs  nach  Ablauf  derselben  auf  meh- 
rere Jahrhundierte  hinaus  die  Mondphasen  wieder  auf 
dieselben  Tage  des  beweglichen  ägyptischen  Jahrs 
treffen.  Diese  Bemerkung  ist  in  Aegypten  gewifs  früh- 
zeitig gemajcht  worden,  und  so  wäre  der  Apiscyklus 
astronomisch  gerechtfertigt.  Wir  mülslen  dann  anneh- 
men,  daüs,  wenn,  auch  nicht  der  ganze  Dienst   des 


1)  S.  "RnViAdÄ  Attronoma  Philolaica  1.  VIII,.  p.  326. 
-    .  6  * 


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84  Technisch^  ChroTiolögie. 

Apis,  doch  seine'  Lebensdauer,    aiif  diese  Wahmeh- 

-    mnng  gegründet  war.     Wenn  auch  die  Aegypter  bei 

ihrer  bürgerlichen,  Zeitrechnung 'keine.  Rücksicht 'auf 

die  Mondwechsel  genommen  haben,  so  waren  ihnen 

,    doch  ohne  Zweifel  die  Lichtwech&el  des  durch  die 

Isis  personificirten  •  Gestirns  ohne  Zi>v^eifel  von  hoher 

Bedeutsamkeit     Merkwürdig  sind  die  Worte,  deren 

sich  Plinius  bei  der  Beschreibung  des  Apis  bedient  *): 

Insigne   ei   in    deai:ro   latere   candicans   macula^ 

'    cornibus  tunae  crfscere  incipientis. 

Die  Phönixperiode  ist  eben  so,  wie  der  Apis- 
kreis, eine  moderne  Benennung.  Man  Ist  selbst  über 
die  Dauer  uneinig,  die  man  diesem  Zeitkreise  beile- 
gen solL  Gewöhnlich  gibt  man  ihm  500  Jahre,  weil 
Herodot,  der  zuerst  vom  Phönix  spricht  ^),  das 
Intervall  zwischen  zwei  Eyscheinimgen  auf  so  viele 
Jahre  setzt,  womit  auch  Tacitus  ^)  übereinstimmt. 
So  viel  auch  über  den  Phönix  von  spätem  Schrift- 
steilem  gegrübelt  und  gefabelt  sein  mag,  so  ist  doch 
nicht  zu  verkennen,  dafs  er  ein  Symbol  eines  grofsen 
Zeitkreises  sein  soll,  und  in  irgend  einem  Zusammen- 
hange mit  dem  Lauf  der  Sonne  stand»  Schon  Pli- 
nius und  Solinus  machen  diese  Bemerkung^). 
Auch  deutet  der  Name  dahin,  der  nichts  anders  als 
Pi-Enechy  seculum,  äein  kann.  Der  Gedanke,  dafs 
maü  durch  den  Wundervogel  die  den  Aegyptem 
so  bedeutungsvolle  Hundsstemperiode  habe  symbolisi- 
ren  wollen,  drängt  sich  sehr  natürlich  auf;  auch  kom. 
men  Spuren  dieser  Ansicht  schon  im  Altertbum  vor; 
denn  Tacitus  fügt  an  der  gedachten  Seile  hinzu: 
Sunt  qui  adseverent  mille  quadringentos  sexctginta 


1)  Ä  iV.  VIH,  71. 

2)  n,  73.        3)  Amud.  VI,  28. 

4)  Jener  Ä  iV.  X,  2,  aieser  Polyh.  c.  33. 


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Bäbylonier.  85 

untan  (annum)  interficL  Aber  Äe  500  Jahre  bei 
ihm  und  Herpdot  stimmen  biennit  nicbt  überein. 
Mehfere  Versuche,  diese  Dauer  zu  erklären  und  zu 
rechtfertigen,  findet  man  im  Handbuch  der  Chro- 
nologie ^ngefiihrt^  ^). 


Zettrechnmig  der  Babyloniei'. 

Die  Babylonie.r,  oder  viehnehr  die  gelehrte 
Kaste  unter  ihnen,  die  Cbaldäer,  haben  sich  un-. 
läugbare  Verdienste  um  die  Astronomie  erworben, 
wenn  $ie  dieselbe  gleich,  w^igstens  späterhin,  so 
sehr  mit. der  von  ihnen  zuerst  in  ein  System  gebracht 
ten  Astrologie  vermengt  haben,  dals  die  ganze.  Zunft 
der  Sterndeuter  von  den  Griechen  und  Römern  mit 
dem  Namen  der  Chaldäer  bezeichnet  worden  ist. 
Ptolemäus  erwähnt,  in  seinem  Almftgest  13  in 
dem  Zeitraum  von  721  bis  229  v.  Chr.  von  den  Chal<- 
daern  zu  Babylon  angestellte  Beobachtungen,  von  de^ 
neu  die  10  ersten  Mondfinsternisse,  di'e  drei  letzten 
Zusammenkünfte  von  Planeten  und  Fixsternen,  b^tref-. 
fen.  Sie  sind#sämmtlich  an  die  nabonassarische  Acre 
und  die  beweglichen  Monate,  und  aufserdem  noch  die 
achte,  neunte  und  zehnte  aus  den  Jahren  383  und 
382  an  attische  Monate  und  Archontenjahre,  und  die 
3  letzten  aus  den  Jahren  245,  237  und  229  an  ma- 
cedonische  Monxite  und  eine,  eigenthümliche  chaldäi- 
sehe  Acre, geknüpft 

Diese  Beobachtungen  setzen  eine  festgeordnete 
S^eitrechnung  voraus;  denn  wie  hätten  sich  ihrer  sonst 


1)  Th.  l  S.  186  ff. 

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86    '  Technische  Chronohgie. 

die  griechischen  Astronomen  mit  io  Tiefer  Sicherheit 
bei  Begründung  ihrer  Monds-  und  Planetentheorie  be: 
dienen  können?  Von  welcher  Beschaffenheit  aber  diese 
Zeitrechnijiog  war,  geht  aus  den  wenigen /Winken  und 
Notizen,  die  sich  darüber  bei  den  alten  Schriftstellern  ^ 
,  zerstreut  finden,  nicht  mit  Sicherheit  hervor.  Ich  habe 
diese  in  meinem  HiTndbuch  der  Cihronojiogie  ^). 
in  Verbindung  mit  den  verschiedenen  Hypothesen  der 
neuem  Forscher  zusammengesteUt,  und  werde  hier  die 
Hauptmomentc  davon  kurz  anfuhren.  ' 

'  Dals  die  Chaldäer  ihren  bürgerlichen  Tag 
mit  dei|i  Aufgafage  ^der  Sonne  angefangen  haben, 
«agen  uns  die  Alten  ganz  iibereinstimmig.  Ipsum 
di^m  alii  aUter  observavere;  JSabylonii  inter  duos 
solis  exortuSi  heilst  es  beim  Plinius  ')•  Man  hat 
hieraus  folgern  zu  müssen  geglaubt,  dals  sie  ein  Son- 
nen jähr  gehabt  haben.  Allein  es  ist  gar  wohl  denk 
bar,  wenn  gleich  ungewöhnHch,  da£s  ein  Volk,  wel- 
ches seine  Zeit  nach  dem  Monde  eintheilte,  seinen 
bürgerlichen  Tag  erst  mit  dem  Moi^en  angefangen 
haben  könne,  äer  auf  die  erste  Erscheinung  der  Mond-, 
sichel  in  der  Abenddämmerung  folgte. 

Dafs  sie  bereits  die  l^ntheilung  des  Tages-und 
der  Nadbt  in  je  12  Stunden  gebraucht  haben,  lehren 
die  von  ihn«i  angestellten  Beobaditungen.  Audi  sagt 
Herodot  ausdrücklich'),  dals  die  „zwölf  Theile  des 
Tages  ^^  von  den  Babyloniem  zu  den  Griechen  gekom- 
men sind.  Selbst  den*  Unterschied  unter  bürgerli- 
chen und  astronomischen  Stunden  (44)  mufsten 
sie  schon  kennen.    Beide  Arten  von  Stunden  werden 


V^  Th.  I,  S.  202  ff. 

2)£r.  iV.  U,  79.     VergL   Censorinas  c.   23.     Gellius 
iV.  ^.  m.  2.    Macrob,  Sa*.  I,  3.    Isidor  Etym  V,  30. 
3)  U,  109. 


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Babyioni^r.  g7  * 

bei  3iren  Beobachtungen  erwähnt,  die  ersten  bei  al- 
len, die  letztem  nur  bei  einigen.  Bei  Bestimmung 
derselben  haben  sie  gewiüs  keine  künstliche  Wasser- 
uhr von  der  Art  gebraucht,  wie  sie  erst  spät  von 
Ctesibius  erfunden  worden  isl«  ,£ue  verfuhren  da. 
bei  sehr  einfach,  indem  sie  sich  eines  mit  einem  Hahn 
versehenen  Gefafees  bedienten,  aus  welchem,  weil  es 
durch  ZufluTs  ans  einem  Wasserbehälter  beständig  ge- 
fallt erhalten  wurde,  in  gleichen  Zeiten  gleich  viel 
Wasser  flofs,  einer  auch  von  den  griechischen  Astro- 
nomen benutzten  Vorrichtung,  deren  Cleomedes  *) 
und  andere  gedenken  *). 

Was  die  Form  ihres  Jahrs  betrifft,  so  finden  wir 
nirgends  eigenthümUche  chaldäische  Monate  genannt,- 
die  uns  auf  sie  schliefs^n  liefsen.    Ptolemäns  pflegt 
bei  den  vor  ihm  angestellten  Beobachtungen,  unge- 
achtet er  sie  sämmtlich  auf  die  ägyptische  Zeitrech- 
nung reducirt,    zugleich  di^  eigenthümlichen   Zeitbe* 
Stimmungen  der  Astronomen,  die  sie  gemacht  haben,  , 
anzugeben.     Da  er  nun  die  7   ältesten   dbialdäischen 
Beobachtungen  blofs  nach  ägyptischen  Monaten  datirt, 
80  ist  die  Voraussetzung,  dals  die  Chaldäer  und  Ae- 
gypter  einerlei  Jahrform,  höchstens . verschiedene  Mo- 
natsnamen gehabt  haben,,  diejenige,  die  sich  am  na^ 
türlichsten  darbietet,   zumal  da  auch  die  nabonassa- 
rische  Acre,  die,  ^e  schon  der  Name  lehrt,  babylo-  '      ' 
nischen  Ursprungs  ist,  nach  ägyptischen  Jahreij^  zälilt» 
Wirklich  nehmen  auch  fast  alle  Chronologen  die  Iden-'    ^ 
tilät  der  chaldäischen  und   ägyptischen  Zeitrechnung 
an,   und  stireite^  nur  über  die  Frage,  ob  das  beweg- 
liche Jahr  in  Babylon  oder  in  Aegypten  .einheimisch 
war  '  ). 

1 )  Cyclom,  1.  n,  p.  75  ,cd.  Balfor. 

2)  Man  ver^eiciie,  was  darOber  Handb.  I,  2:25  geMgt  »t. 

3)  S.  Handb   I,  203  ff. 


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gg  Technische  l^ronohgle. 

< 

Nur  ein  ebziger  Gelehrter,  Fröret  *),  aaeht  die 
Uebereinstimitiung  der.  ch&ldäisdien  und  ägyptischen 
Zeitrechnung  in  Zweifel,  Seiner  Meinung  na^ch  haben 

;  die  Chaldäer  Mondmonate  gebraucht  Wa»  fir 
diese  Ansicht  spricht,  ist  folgendes:  1)  alle  übrijge» 
semitischen  Völker,  Hebräer,  Syrer,  Araber,  haben 
nach  Mondjahren  gerechnet;  warum  nicht  auch  die 
Babylonier?  2)  haben  die  Juden  ihre  jetzigen  Monats- 

,  namen  während  ihrer  Gefangenschaft  von  den  Baby- 
loniem  angenommen  ^ ).  Da  nun  die  jüdischen  Mo- 
nate nach  den  Mondwechseln  geregelt  sind^   so   ist 

.  mit  Grund  zu  vermuthen,  da^  sie  bei  den  Babyloniem 
ein  gleiches  Gepräge  hatten;  denn  sonst  würden  die 
Juden  die.  frohem  Benennungen  ihrer  Monate,  von 
deiien  sich  im  ersten  Bi:^ch  der.  Könige^)  eine 
Andeutung  £ndet,  schwerlich  mit  den  babylonischen 
vertauscht  haben;  3)  beweisen^  die  ^  3  letiten  unter 
den  obgedachten  chaldäischen  Beobachtungen  und  die 

'  Fragmente  des  Berosus  ^),  dafs  die  Babylonier  un- 
ter den  Seleuciden  nach  Mondmonaten  mit  macedoni- 
sehen  Benennungen  datirt  haben.  Hätten  sie  nun  firü- 
herhin  eben  so,  wie  die  Aegypter  und .  benachbarten 
Perser,  ein  Sonnenjahr  gehabt,  so  würden  sie  wahr- 

.  scheinlich  ^ben  äo  wenig  geneigt  gewesen  .sein,  das- 
selbe unter  ihren  macedonischen  Beherrschern  fahren 
zu  lassen,  wie  diese  beiden  Völker.  So  aber  pafsten 
sie  ihrer  alten  Zeitrechnung  blols  die  macedonische 
Terminologie  an,  und  auch  dies  wohl  nur  im  Verkehr 


1 )  Id  seiner  Abhandlong:  Observation*  sur  Us  annees  ait- 
ployees  h  Babyloiie^  Tom.  XYI  der  Mim.  de  VAcad^dea  Imcr, 

2)  Aben  Esra  Commentar  ta  %  Mos.  12,  1. 
,     3)  c.  6  und  8. 

4)  S.  Fabricii  BM.  Gr,  Tom.  XIV^  p.  180  mid  207  der 
aliea  Aasgabe.  ^ 


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Babyhnier.  g9 

mit  den  Griechen;    4)  haben  die  Chaidyet  vemdiie-^ 
dene  Mondperioden  gekannt  ^  unter  andern  die  oben 
(30)  geda(;hte,  nach  ihnen  benannte,  von  223  Mond- 
wechseln *  ). 

Diese  Gründe  sind  allerdings  f&t  die  Meinung  e^t- 
seheidendy  dafs  die  Babylonier  im  bürgerlich'en  Leben 
Dach  Mond  j ahren  gerechnet  haben.  Unmöglich  läCst 
sioh  aber  mit  Fr  er  et  annehmen,  daj(is  ihre  astrono- 
mischen Beobachtungen  ursprünglich  an  solche  Jahre 
geknüpft  waren,  und  däfs  die  ägyptischen  Data,  wo- 
mit  wir  sie  im  Almagest  bezeichnet  finden,  so  wie 
die  jetzige  Form  der  beiden  ersten  A^btheilungen  des 
Kanons,  das  Resultat  einer  von  den  Alexandrinern  . 
veranstalteten  Reduction.sind.  Eine  solche  würde  mit 
grolsen  SchMrierigkeiten  verknüpft  gewesen  sein,  selbst 
wenn  die  Chaldäer,  was  doch,  schwer  zu  glauben  ist, 
schon  seit  INabonassar  ein  nach^  richtigen  Princi-, 
pien  geordnetes  Mondjahr  gehabt  und  dasselbe  Jähr- 
huiiderte  lang  unverändert  beibehalten  hätten.  Ich 
bin  daher  geneigt  zu  der  Hypothese;  dafs  sie  sich  als  ' 
eines  HiÜfsmittels  bei  ihren  astronomischen  Beobach- 
tungen des  dazu  sehr  bequemen  beweglichen  Sonnen- 
jalurs  bedient  haben,  sei  es  nun,  dais  sie  dasselbe  von 
den  Aegyptem  oder  Persem  entlehnt,  oder  es  selbst 
gefunden  hatten.  Es  ist  gerade  nieht  nöting,  anzuneh- 
men, dafs  ihr  Jahrsaiifang  vollkommen  mit  dem  ägyp- 
tischen übereinstimmte;  eine  Verschiedenheit  beider 
würde  der  Leichtigkeit  der  Reduction  ihrer  Pata  auf 
die  ägyptische  Zeitrechnung  keinen  Eintrag  gethan 
haben.  Vielleicht  nahmen  sie  diese  Zeitrechnung  un- 
ter Nabonassar  an,  von  dem  sie  nun  auch  ihre  Jahre 
zählten.  Man  betrachtet  diesen  König  gewöhnlich  als 
den  Stifter  einer   neuen  Dynastie,   indem  man  von 

1)  Handbneli  I,  30$  ff. 

,  I  '      ■  Digitizedby  VjOOQIC 


90  Technkche  Chronologie^ 

der  Voraussetzung  ausgeht,  da(s  der  von  ilmi  benann> 
ten  Aere  irgend  eine  St£^atsveränderung  zur  Epoche 
gedient  habe.  Allem  nichts  berechtigt  uns  zu  dieser 
Ansicht.  Nur  wenige  und  spät  lebende  Schriftstellery 
Ptolemäus,  Cedsorinus,  Eusebius,  Theoli  und 
Syncellus,  erwähnen  ihn,  aber  keiner  als  den  Ur- 
heber einer  politischen  Revolution.  Dafs  sich  die  Ba- 
bylonier,  nachdiem  sie  lange  das  assyrische  Joch  ge- 
tragen, in  Vereinigung  mit  den'^Mfedem  frei  machten, 
sagt  uns  Diodor  ^);  allein  er  bemerkt  nichts  ob  und,, 
welche  Rolle  Nabonassar  dabei  spielte.. 

Ob  das  Mondjahr,  das'die  Babylonier  im  bürgen-  « 
liehen  Verkehr  gebraucht  haben  müssen,, ein  freies 
öder  ein  gebundenes  war,  steht  dahin.  Vermuth- 
Kch  war  es  eben  so  ein  gebundenes,  wie  das  der, 
Hebräer  wiA,  Athener.  Der  Astronom  also,  der  drei 
vor  Alexander  zü  Babylon  beobachtete,  an  attische 
Monate  geknüpfte  Mondfinstenusse  <  aus  Am  chaldäi- 
sehen  Archiven  den  Grieichen  mittheilte  *),  durfte  die 
Monate  des  babylonischen  Jahrs  nur  mit  denea  der 
Athener  vertauschen*  ,Die  hinzugefugten  ägyptischen 
Data  machten  *  die  Angabe  der  attischen  überflüssig, 
die  dahW  auch  nicht  angeführt  sind.  So  heifst^  es 
von  der  einen,  sie  sei  unter  dem  Archen  Phai^ostra- 
tus  im  Monat  Posideon  oder  in  der  Nacht  vom  26 
zum  27.  Thoth  des  Jahrs  366  seit  Nabonassar  beob- 
achtet.  Die  Athener  wufsten  ohnebin,  dafs  die  Mond- 
finstemisse  um  die  Mitte  ihrer  Monate  eintrafen,  wenn 
diese  anders,  was  in  der  Regel  ^ewils  der  FaU  w^r, 
mit  dem  Hiipmel  übereinstimmten« 

Dasselbe  gilt  von  den  macedonischeh  Mo- 
naten,  womit  die  drei  jüngsten  unter   den   auf  uns 


1)  II,  24.      3)  Alm.  IV,  10,   S.  278,  7$,  78. 

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^  Babylonier.  91 

gekommenen  chaldäischen  Beabachtungen  bezeichnet 
sind.  So~  ist  die  erste* im  676ten  Jahr  der  Chaldäer/ 
am  5«  Apelläns.oder  m  der  Nacht  vom  27  zum  28. 
Thoth  des  Jahrs  504  seit  Nabonassar  angestellt  wor- 
den. Die  macedonischen  Mobate  hatten  sich  durch 
Alexanders  Heerszng  über  ganz  Vorderasien  bis  Ba« 
bylon  hin  verbreitet.  Man  darf  gerade  nicht  glauben, 
daDs  die  babylonischen  31onate  durch  ,die  macedoni- 
schen verdrangt  wurden;  beide  Arten  von  Monaten 
konnten  bei  der  Gleichartigkeit  ihres  Charakters  sehr 
vohl  neben  einander  bestehen,  und  wir  haben  uns  . 
nur  vorzustellen,  dafs  der  griechische  Astronom,  der 
diese  Beobachtungen  seinen  Landsleuten  mitth^te, 
statt  der  babylonischen  Namen  die  ihnen  geläufigeren 
macedonischen  setzte.  ' 

Die  chaldäische  Aere,^auf  die  sich  das  eben 
gedachte  67ste  Jahr  begeht,  beginnt  mit  dem  Herbst 
des  Jahrs  311  v.  Qir..,  vermuthlich  mit  dem  n\ace-^ 
donischen  Monat  Hyperberetäus,  mit  welchem  die 
Syromacedonier  in  der  Regel  ihr  Jahr  anfingen.  Die , 
sel^ucidische  Aere  dagegen,  nach  der  man  in  Sy- 
rien gewöhnlich  technete,  nahm  im  Herbst  312  ihren 
Anfang,  höchst  wahrscheinlich  von  der  Schlacht  bei 
Gaza,  durch  die  Seleucus  Nicator  d^n  Grund  zu 
seiner  Ma^cht  legte,  und  von  seiner  bald  nachher  er- 
folgten Besitznahme  Babylons.  Woher  diese  Ver^ 
schiedenheit  von  einem  Jahr  rührte,  ist  schwer  zu  er- 
mitteln. Vielleicht  datirt  die  spätere  Epoche  von  der 
Ermordung  des  Jüngern  Alexander,  wodurch 
Alexanders  des  Grofsen  Thron  erst  völlig  erledigt 
ward. 

Obgleich  Fr  er  et  allem  Anschein  nadi  in  so  weit . 
Recht  hat,  dafs  die  Babylonier  im  bürgprlichen  Le- 
ben nach  Mondzeit  rechneten,  so  kann  es  doch  un- 
mogjlich  auf  die  von  ihm  angenommene  Weise  ge- 


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93   ~  .     Technische  Chronologie. 

schehen  sein.  «Eusebins  ^\  und  Syncellus  *)  sau- 
gen: „Derosus  hat  in  seiner  Geschichte  nach  Saren, 
,Neten  und  Sossen  gerechnet  Der  Saros  bezeichnet 
einen  Zeitraum  von  3600,  der  Meros  von  600,  der 
.  Sossos  von  60  Jahren/^  Dies  sind  nun  nach  Fre- 
ret  die  Namen  der  Mondperioden,  deren  sich  die 
Chaldäer  zur  Eintheüung-  ihrer  Zeit  bedient  haben; 
mir  gibt  er  ihnen  ganz  andere'  Werthe,  jedoch  mit 
Beibehaltung  desselben  Verhältnisses.  Voraussetzend, 
dais  unter  S.aros  die  sogenannte  chaldäische  Pe- 
riode/zu  verstehen  sei,  und  von  der  irrigen  Notiz  beim 
Suidas  ')  und  falschen  Lesart  in  den  altem  Ausga- 
ben des  Plinius  *),  wonach  sie-  222  Mondwechsel 
,  gehallfen  haben  soll,  ausgehend,  macht  er  sich  von  dem 
Wesen  jener  Perioden  folgende  Vorstellung:  die 
Chaldäer  hatten  einen  doppelten  Saros,,  einen  astro- 
nomischen von  223,  und  einen  bürgerlichen  von 
222  Mondwechseln.  Den  letztem  theilen  sie  in  6  Ne- 
ren  zu  37  synodischen,  und  den  Neros  wieder  in  10  SfKs- 
sen  zu  4  periodischen  Monaten,  indem  37  synodische 
Monate  nahe  40  periodische  geben.  Hiemach'hätte  der 
bürgerliche  Saros  .6555  Tage  und  19  Stunden,  der 
Neros  1092  Tage  und  15  Stunden,  und  der  Sossos 
109  Tage  und  6  Stunden  gehalten.  Wie  ist  es  aber 
denkbar,  dafs  man  zur  Eintheilung  der  bürgerlichen 
Zeit  Perioden  gebraucht  habe,  welche  aus  Brüchen 
von  Tagen  bestanden,  zumal  den  periodischen  Monat, 
der  sich  nur  durch  eine  genauere  Beobachtung  be- 
stimmen läfst?  Auch  kann  man  nicht  begreifen,  war- 
um man  für  den  Saros  gerade  eine  Periode  von  222 
synodischen  Monaten  gewählt  haben  sollte,  die  weder 


f)  Chronica  I,  S.  (1  des  armeniscli-lateiius^Lai  Textes. 

3)  Ckronogr,  p,  17. 

3)  v.  SaQot.        4)  Ä  iV.  n,  10. 


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Griechen.  03 

selbst,  noch  in  ihreid  Vielfachen  oder  aEqnoten  Thei- 
len  der  Dauer  des  Sonn^njahrs  commensurabel  ist, 
auch  sortst  gar  keine  merkwürdig^  Eigenschaft  hat 
Freret's  gezwungene  Hypothese  hat  nirgends  Bei- 
f^  gefunden,  .    <    , 

lieber  den  eigentlichen  Gehalt  des  Saros,  Ne^ 
ros  und  So  SS  ös  ist  viel  gestritten  worden.  Die 
Sache  Kegt  im  Dunkeln,  und  wird  siph  bei  dem  Man- 
gel- weiterer  Nachrichten  durch  Hypothesen  schwer- 
lich aufs  Beine  bringen  lassen  ^y 


Zeitrechnung  der  Griechen. 

Die  Griechen  haben  anfangs,  wie  alle  auf  einer 
niedrigen  Stufe  der  Cultur  stehende  Völker,  vermuth- 
lich  blols  Tag  und  Nacht  unterschieden*  Mit  der 
Zeit,  so  wie  sich  die  Geschäfte  des  bürgerlichen  Le« 
bens  vervielfältigten  und  theilten,  kamen  mittag,  Mit- 
ternacht, Tagesanbruch  und  andere  Zeitbestim- 
mungen mehr  hinzu.  Beim  Homer  finden  wir  hi 
dieser  Beziehung  schon  eine  grofse  Mannigfaltigkeit 
Besonders  häufig  erwähnt  er  den  Eintritt  der  Morgen- 
dämmerung, den  Auf-  und  Untergangs  der  Sonne  und 
den  Anbruch  der  Nacht,  minder  oft  den  Mittag.  Von 
den  zureichen  ^  zum  Theil  den  Verrichtungen  des 
bürgerlichen  Lebens  entnommenen  Ausdrücken,  wo- 
mit die  griechische  Sprache  die  verschiedenen.  Theile 
des  Tages  und  der  Nacht  bezeichnet,  findet  man  die 
erheblichsten  beim  Pollüx  ^)  zusammengestellt 


1)  Man  Tei^eicbe,  was  darüber  im  Handbuch  I,  213  ff. 
gesagt  ist 

2)  Onom,  I,  7,  68-^72.  lieber  das  -rielbesprocbene  vxjytt^^ 
<2fioXt^cS  beim  Homer  gibt  der  zweite  Tbeil  von  Bttttmann's 
Lexilogus  eine  scharfisinnige  Erörterung. 


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'94  Technische  Chronologie. 

Die  Zeit  der  Nacht  zn  unterscheiden!  bot  $ich 
den  Griechon  lange  kein  anderes  Mittel  daf,  als  die 

'  Beobachtung  des  Standes  der  Gestirne  gegen  den  Hö- 
^  rizont,  so  wie  sie  bis  zur  Einführung  einer  festen  Zeit, 
rechnung^  die  man  höchstens  bis  ins  sechste  Jahr- 
hundert V.  Chr.  zurücksetzen  kann,  die  Jahrszeiten 
nur  vermittelst  der  Erscheinung  und  Verschwindung 
der  ausgezeichnetsten  Sterne  in  d^  Morgen  -  und 
Abenddämmerung  mit  einiger  Sicherheit  %u  erkennen 
vermochten.  Die  KenntniTs  des  gestirnten  Ifimmels 
war  daher  bei  ihnen  weit  allgemeiner  verbreitet,  als 
bei  uns,  Noch.Sortates  *)  empfahl  der  griechischen 
Jugend,  sich  der  Sternkunde  zu  befleifsigen,  um  auf 
Reisen  zu  Wasser  und  zu  Lande  und  in  Lagern  die 
Zeiten  der  Nacht,  des  Mon£^ts  und  des  Jahrs  zu 
erkennen.  Um  selbst  bei  bewölktem  Himmel  di$ 
Zeit  der  Nacht  mit  einiger  Bestimmtheit  ermitteln  zu 
können,  merkte  man  sich,  welche  Gestirne  im  Ost- 
oder Westhorizont  standen,  wenn  die  verschiedenen 
'  Zeichen  der  EkUpti^:,  Krebs,  Löwe,  Jungfrau  u.  s.  w., 
aufgingen.  Sah  man  nun  irgend  ein  Gestirn,  auch 
nur  durch  Wolkenöfihungen,  im  Horizont,  so  wufste 
man,  welches  Zeichen  aufging,  woraus  man  dann, 
wenn  man  die  Jahrszeit  kannte,  ungefähr  die  Stunde 
der  Nacht  abnehmen  konnte.  Aratus  widmet  die- 
sem Gegenstande,  den   sogenannten  avrvafvatoXotu;^  ei- 

'  V    neu  beträchtlichen   Theil    seines  astronomischen   Qe- 
dichts*). 

Um  die  Wachen  —  ^vXcowxi  — ,  deren  die  Grie- 
eben,  eben  so  wie  die  Römer,  vier  auf  die  Nacht 
rechneten,  abzumessen,  bediente  man  sich  bronzener 
Gefäfse,  die,  bis  zu  einer  gewissen  Höhe  mit  Wasser 


1)  Xenophon'fl  Mem,  Socr.  IV,  7. 

2)  Pham.  v.  558  ff. 


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Griechen.  95 

gefüllt,  sich  allmäliUg  durch  kleine  im  Boden  ange- 
brachte Oeffirangen.  leerten.  Man  gab  ihn^n,  vn^  wir 
ans  dem  A^jieas  Taeticus  ^)  ersehen,  eine  solche 
Weite,  daüs  sie  den  vierten  Theil  der  ^längsten  Nacht 
znmafsto,  und  verengte  sie  dann  durch  Anklebuag 
von^  Wachs,  «o  wie  die  Nächte  kürzer  wurden.  Von 
ähnlicher  Beschaffenheit  waren  die  gläsernen  Clepsy- 
drae,  wodurch  die  griechischen  und  römischen  Red- 
ner vor  Gericht  zur-  Zusammendrängung  ihrer  Vor- 
träge genöthigt  wurden  *).  DaCs  diese  Werkzeuge 
eben  so  wenig,  wie  die  Sanduhren,  die  man  hau- 
%  ih^unsem  Kirchen  sieht,  den  Namen  der  Uhren 
verdienen,  ist  klat.  ^Die  eigentliche  Wasseruhr  - — 
ogoA-oytin;  ^vÄgavAücov,  korologium  oder  korarium  ex 
a^u^ —^  erfand  der  Mechaniker  Ctesibius  aus  Alexan- 
drien*).  Es  war  ein  auf  dem  Fall  des  Wassers  beruhen- 
des Uhrwerk;  welches  das  ganze  Jahr  hindurch  die  bür- 
gerlichen Stunden  angab,  aber  nach  dem  veränderli- 
chen Stande  der  Sonne  und  der  dadurch  bedingten 
Dauer  der  Tag-  und  Nachtstunden  von  Zeit  zu  Zeit 
gestellt  werden  mufste,  und  schon  delshalb  wenig  Ge- 
nauigkeit gewähren  konnte,  daher  auch  die  Griechen 
keinen  sonderlichen  Gebrauch  davon,  gemacht  zu  ha« 
ben  scheinen,  selbst  nicht  ihre  Astronomen  *).  Diese 
bestimmten  die  Zeit  einer  Beobachtung  entweder  durch 
gleichzeitig  gemessene    Stern-  und  Sonnenhöhen  ^), 


1)  c.  22. 

2)  Die  erste  Erwähnung  derselben  findet  sich  beim  Aristo» 
phanes  Acharn,  v.  693^.  Ft^.  T.  93.  Vergl.  die  Schaliea 
daselbfiiti  ~ 

3)  Vitruv.  de  arch.  IX,  9.    Plin,  Ä \?V;  VH,  38. 

4)  Die  Beschreibimgy  die  VitruTius  a.  a.  Orte  von  der 
hydranÜBchen^  llkr  des  Ctesihius  gibt,  ist  nicbt^  ganz  deutlich. 
Ihre  Einrichtniig  tnäls  künstlich  genug  gewesen  sein.         ^'    '     , 

5)  In  denl  Augenblick,  «wo  ein  AAtronom  eine  Beobachtnog 


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96  Technische  Cbromlagie. 

oder  bedienten  sich  'auch  wol  der  oben  (87)  erwähn- 
ten Vorrichtung,  die  schon  die  Chaldäer  gebraucht 
haben  müssen,  weil  sonst  ihre  Zeitbestinimungen  nicht 
so  genau  hätten  sein  können,  ak  es  ihre  Beobach- 
tungen^ zu  erkennen  geben.'  Sie  hie&  bei  den  Grie- 
chen vd^ov  (öQoaxojcov,  auch  wol  xX&i\rüdQa  '),  ob 
sie  gleich'  etwas  ganz  anderes  war,  ak  die  obgedachte 
Clepsydra,  die  vorzugsweise  diesen  Namen  führte* 
Am  Tage  schlols  man  anfangs  die  Zeit  aus  der 
Stellung .  der  Sonne  gegen  irdische  Gegenstände  und 
aus  der  Länge  und  Richtung  des  Schattens.  Man  be- 
merkte bald,  dals  der  Schattto'zu  Alittage  am. kürze- 
sten sei  und  immer  einerlei  Richtung  habe.  Um  dem- 
nach diesen  wichtigen  Zeitpunkt  des  Tages  genau 
und  die  Vor*  und  Nachmittagszeit  wenigstens  itn 
Groben  zu  erkennen,  wird  man  frühzeitig  auf,  den 
G/ebra.uch  des  Gnomons  gekommen  sein,  d.  i.  einer 
Mittagslinie,  über  der  man  auf  einem  horizontalen 
Boden  senkrecht  einen  Stift,  Stab  oder  Obelisk 
errichtete.  Von  dieser  einfachen  Vorrichtung  sind  all- 
mählig  die  Sonnenuhren  ■ —  coQoXoyia  fj^axa  oder 
cf9u6priQU6d  —  der  Griechen  ausgegangen;  denn  bei 
denselben  stand  der  Schßttenzeiger  —  yvdf.uov  — 
in  der  Regel  vertikal,  da  er  bei  unsem  Sonnenuhren, 
die  nicht  dife  veränderlichen  Stunden  der  Altto,  son- 
-^ ydern 

zur  Nachtzeit  machte,  mnTste  ein  anderer  die  Höhe  eines  bekann- 
ten Sterns  messen,  woraus  sich  dann  der  cuhnin^-ende  Punkt  des 
Aequators  und  durch  Yergleichnng  desselben  mit  der  geraden 
Aufsteigung  der  Sonne  die  wahre  Zeit  der  .Beobachtung  berech- 
nen liefs.  Bei  Tage  dienten  die  Sonnenhöhen  zu  gleichem  Zweck. 
Wie  Tiel  bequemer  haben  es  doch  die  jetzigen  Astronomen  bei 
dem  Gebrauche  ihrer  Uhren! 

1)  Man/sehe  Suidas  unter  diesem  Worte,  und  Martianns 
Capeila  in  dem  Kapitel  des  achten  Buchs  der  Nuptiae^  v¥o 
Yom  scheinbaren  Durchmesser  des  ISondes  die  Rede  ist« 


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,    Griechen.  ,  97 

dem  eme  gleicfaion^ige  SttmdeneinÜidlung  geben  ^  in 
der  Richtong  der/Weltaxe  liegt  Unsere  Gnomomk 
isl'  daher  eine  ganz  andcfire  als  die  der  Alten, 

Herodot  sagt  (86),  die  Griechen  hätten  den- 
Polos,  den  Gnomen  und  die  12  Stunden  des  Tages 
von  den  B^yloniern  entlehnt  UoXoq  hält  Scaliger, 
mit  um  so  gro&erer  Wah^cheinlichkeit  für  die  ältere 
Benemiung  der  Sonnenuhr  b^i  den  Griechen,  da  selbst 
noch  in-  späterer  Zeit  eine  ihrer  vielen  Arten  von  Son- 
nenuhren diesen  Namen  führte  ^ ),  der  auch  ganz  pas- 
send gewählt  war;  denn  aus  'stoX&a  oderÄoAm»,  dre- 
hen, entstanden,  konnte  er  eben  so  gut  von  einem 
Instriunent  gebraucht  werden,  das  durch  den  sich  dre- 
henden Schatten  eines  yartikalen  Stifts  die  Stunden 
angibt,  wie  von  den  Wendepunkten  der  Hunqiels- 
und'ErdkugeL 

Das  Wort  ywofuu^j  das  Herodot  zugleich  nennt, 
steht  dieser  Ansicht  nicht  emtgegen;  es  bedeutet  zwar 
den  Schattenstift  der  Sonnenuhren,  macht  also  einen 
wesendiehen  Bestandthefl  derselben  |ius,  wurde  aber 
auch  ohne  Verbindung  mit  der  Sonnenuhr  von  der 
obgedaehten  einfachen  Vorrichtung  gebraucht»  .welche 
durch  die  Richtung  des  Schattens  die  Tagszei^n,  und 
durch  die  Lange  desselben  um  Mittag  die  Hauptepo- 
chen des  Jahrs,  die  Sonnenwenden  und  Nachtgleichen» 
m  erkennen  gab. 

Nach  Suidas  *)  und  Diogenes  Laertius  •) 
war  es  Anaximander,  der  die  erste  Sonu^mAr  in 
Griechenland  aulstellte.  Es  ist  auch  in  der  That  nicht 
unwahrscheinlich,  daüs  er  die  Griechen  zuerst  mit  die- 
ser Erfindung  des  Orients  bekannt  machte;  denn  nach 


1)  HaadK  f,.333. 

2)  ▼,  Anazimatnder. 

Z)  De  Vit.  pkil.  U,  1,  3. 


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98  Technische  Chronologie, 

Plinius  * )  W2|r  er  der  erste  CTrieche,  der  die  Schiefe 
der  Ekliptik  wahrnahm,  oder  vielmehr  m^fs,  wozu 
^ich  ihm  kein  anderes  Mittel  darbot,  als  die  Beobach- 
tung des  Mittagsschattend' am  "Gnomon.  Nach,  eben 
diesem  Schriftsteller  *)  war  es  'Anaximenes,  der 
Schüler  des  Anaximander,   der  das  'erste  ftorologiwn 

,  sciothericön  errichtete.  Auf  jeden  Fall  mufe'  man 
sich  diese  Versuche  noch  sehr  roh  vorstellen.  Erst 
in  der  alexandrinischen  füpoche  kam  die  Gnpmonik 
zu  A,ex  Vollkonimenheit,  die  sie^  bei  den  Alten  er- 
langt hat 

Noch  zur  Zeit  des  Aristophanes  scheint  man 
sich  zu  Athen  mit  dem  blofsen  Gnomon  ohne  Stun- 
deneintheilung  behol^n  zu  haben;  denn  er  spricht 
einmal^)  von  einer  zehnfüfsigen  Schattenlänge 
T—  dtov/jELOv  Äcxaotovp  —  bei  der  jemand  zu  Tische 
geladen  wird.  Solche  Zeitbestimmungen  nach  der 
Länge  des  Schattens  kommen  bei  den  Alten  öfters 
vor,  selbst  noch  späterhin,  wo  man  schon  Sonnenuhren 
hatte  ^).  Es  halte  damit  folgende  ganz  einfache  Be- 
wandnifs :  man  stellte  sich  aufrecht  hin,  bemerkte  den 
Punkt,    wo  das  Ende  des   vom  Körper  geworfenen 

« Schattens  hintraf,  und  mafs  nun  mit  den  Ftilsen  die 
Länge  des  Schattens.,  Da  bei  einem  prbportionirt  ge- 
wachsenen Menschen  die  Länge  des  Fulses  ein  ziem- 
lich constantes  Verhältnifs  zu  der  des  Korpers  hat, 
•so  gab  dies  allerdings  beim  Sonnenschein  ein  noth- 
dürfiages  Mittel  zur  Bestimmung  der  Zeit  eines  Gast- 
mals für  mehrere  zugleich '  gdadene  Gäste.    Dä£s  man 


1)Ä7V.  U,  6.       2)iRiKn,  78j 
.  3)  EccUs,  V.  648. 
4)  S.  Platarch  de  adulatoris  et  amici  discrimine  c.  5 
and  die  yoa  Casaubonus  zum  Athenäus  VI,  10  gesammelten 
Stellen.  .  , 


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Grieche.  99 

wirklicli  bd  %okher  Gelegenheit  den  Schatten  mit 
dem  Fii£^  abmaüs,  sagt  Hesychitis  *),  besonders  aber 
ein  .von  Salmasius  ^)  eitirtes  Fragment  eines  Theo- 
dor ns.  Der  Körper  selbst  war  also  Jiierbeh.der  Gno^ 
mon.  Unten  in  der  Zeitrechnung  der  Römer  werden 
wir  auf  diesen  Gegenstand  noch  einmal  zürückkom* 
men. 

Da  die  Somienuhren  bei  den  Griechen  eitst  spät 
zu  einiger  Vollkommenheit  gelangten,  so  mufete  die 
Stundeneintheilung  des  Tages,  die  sie  schon  vor 
Herodot  aus  dem  Orient  enüehnt  hatten,  bei  ihnen 
einige  Jahrhunderte  lang  eben  so  unbenutzt  bleiben, 
wie  die  Kenhtnils  der  Buchstaben,  die  sie  schon  vor 
dem  trojanischen  ](^riege  .aus  dem  Orient  erhalten  ha- 
ben ^sollen.  Es  dauerte  selbst  lange,  ehe  das  Wort 
&^  für  Stunde  in  Umlauf  kam.  Herodot  kennt  es. 
in  dieser  Bedeutung  noch  nicht;  denn  er  spricht  blöls 
von  den  12^  Th eilen  —  ^iqea  —  des  Tages.  Beim 
Xenophon  ist  an  der  angeführten  SteDe  (94)  von 
der  &QOL  dar  Nacht,  des  Monats  und  des  Jahrs  die 
Rede,  die  uns  die  Astronomie  kennen  lehren  solle. 
Das  Wort  bedeutete  also  anfangs  die  2^it  im  Allge- 
meinen, besonders  die  Tags-  und  Jahrsteit  Es  s;teht 
bei  altem  Schriftstellern  zuweilen  so,  dais  es  auf  den 
ersten  Blick  für  Stunde  genommen  werden  kann, 
z.  B.  an  einer  ändern  Stelle  des  Xenophon  ® ),  wo  es 
heilst,  dals  man  die  co^a  bei  Tage  mit  Hülfe  der  Sonne^ 
bei  Nacht  vermittelst  der  Sterne  erkenne.  Es  ist  aber 
hier  gewiis  noch  an  keine  eigentüehen  Stunden  zu 
denken.  Dies  ist  auch  Hindenburg's  Meinung,  der 
in  semen  Anmerkungen  zu  Xenophon's  Memora- 


-1)  V,  i*fdtoX}q  tfowa, 

2)  Ad  Solfa.  p.  455.  Yergl.  Handb.  I,  237. 

3)  Menh  Socr.  IV,  3.  *  , 

7  • 


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100  Technische  Chrbnotogie.  ^  .        . 

bilien  *)  griindliche  Untersuchungen  hlember  an- 
)BteUt.  Erst  als  zu  Aiexandrien  Sic  Soimetiuhren  ver- 
Tollkommnet  und  vervielfacJit  waren,  ging  die  Stun- 
deneintheSung  des  Tages  ins  Leben  über,  un4  nun 
ward  das  Bedürfhifs  eines  eigenen  Worts  für  Stunde 
ittfalbär.  Man  wählte  dazu  cü^,  welches  Wort,  wie 
wir  aus  dem  Almagest  ersehen,  schon  Hipparch 
in  diesem  Sinn  gebrauchte.  Mit  den  Sonnenuhren 
ging  es  zu  den- Römern  über. 

Auch  zur  Erkennung  der  Jahrs  Zeiten  gebrach 
es  den  Griechen  lange  an  jedem  andern  Hül£smittel 
als  solchen,  die  ihnen  die  Natur  selbst  .darbot»  Dahin 
gehört  äas  J^ommen  und  Gehen  der  Zugvögel  * ),  wel- 
dies  Merkmal  selbst  späterhin  noch  in  die  JCalender 
aufgenommen  zu  werden  pflegte.  Besonders  abef  wa- 
ren es  die  Auf-  imd  Untergänge  der  Sterne  in  der 
^Morgen-  und  Abenddämmerung,  die  man  in  Ermange- 
lung eines  festen  Sonnenjahrs  und  unserer  Kalender 
als  Signale  der  Jahrszeiten  gebrauchte. 

Ursprünglich  scheinen  die  Griechen  das  Jahr  nur 
in  Sommer  und  Winter,  oder,  wie  ](|esiodus 
sagt^),  in  den  o^vnp'oq  und  o^oro^,  die  Ernte-  und 
Pflügezeit,  jgetheilt  zu  haben.  Den  Anfang  dieser 
bdden  Jahrszeiten  knüpft:  er  an^  den  Frühauf-  und 
Frühüntergang  der  Plejaden;  Für  ihn,  dör  etwa  800 
Jalir  V*  Chr.  unter  dem  Parallel  von  38^  sang,  er- 
folgten die^e  Erscheinungen  am  19«  Mai  und  3.  No- 
vember des  julianischen  Kalenders,  welche  Tage  die' 
Stellung  unsei^  gregorianischen  IL  Mai  und  .26.  Ok- 
tober haben.  Die  Ernte  fing  also  in  Griedhenland 
aehr  viel  früher  an,  als  bei  uns.    '^Aqoto^  ist  die  Zeit 


1)  S.  170  ff.        ^)  S.  Hesiodi  Lairdbüu  v.  448  und 
Aristoph.  Aves  v.  710  ff;     -   .        . 

3)  V.  383  des  angeCäbrtea  Gedicbts.  .\ 


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Griechen.  lOi 

der  Wintersaat,  des  beginiieiidea*:90^<^»cav,  d.  i.  der 
stiiimischeii  und  nassen  JahrszajL  .  Aus  Aratus^), 
ersehen  wir,  dafs  die  Griechen  .adeh  späterhin  noch, 
den  Sommer  -^  ?^o^.;— -  und  Winter .—  x^i/wciw 
—  auf  diese  Weise  bestimmten.  JBbefi  80  ^e  Römer. 
VergiUarum  ^OQOriu^  sagt  Pltn^us.  ^)>  fiestaslncU 
pit,  oecasu  hi^ms,  sem^istri  :qj€ffio  intfa  siß  mes^es^ 
vindemiasque  ßt  omnimoi  maturit^tem   compl^xae^, 

AUmähHg  nQtersdiied  man .  niehren&  Jahrszeiten.: 
Das  Wir^rhaKpjahr'th^ilte  n;ian  zunächst  ins  die  Zei- 
ten der  ruhenden  i^id^erwachend^p  P}$^tfir3rj^e  nannte^ 
man  x^i/luov  ini  engem  Sinn,  diesejfi^^»  Frühling. 
Den  Sommer  sdued  man.  in  deBt'^F|rüh-  und  Spät- 
sommer —  ^BQoq  ipid  ^ojcwQo.  Es  'wird  aj^thig  .^ei%. 
diese  Jahrszeiten  beim  Homer  und  :Hesiodas  nach > 
^weisen.  .'  !  .     *  . .'  !» 

Den  Wfet^r  und  FnUüing  nenneapi  he^e.IHahter« 
häofig«.  Dals  4er  Eintritt  des  erst^rp  an  (kn*  f]rihs 
Untergang  der  Plejädep  g^sknüpft  wurde^  ist  scRön  he- 
medsit'  worden.  Den  Anfang  des  Frühlings  setzt  He 
siodns  SHif  dasi  Spätonfg^uig,  des  Atkfur  ').,  welche 
Erscheinung  ^^^einer^JZ^it  und  unter  aej|}ei|,.PqIhöh^. 
am  24.  FebiHar' des  juliani^chen.K^üllenders,  d.7  iTage 
nach,  der  Wi^l^^rwende  erfolgte,  \i^für  .er  d^e  runde 
Zahl  von  60  Tagen*  setzt  Den  Soiimtex: ,  im,  Gegen«, 
satz  zimi  Winter,  neimt  Homer  ^4?^»  **  B-  wenn 
er  sagt^  dals  es  .dem  (garten  des  Aleinoos  das  ganzQ 
Jahrhii^durch*  mdit  m  Früchten  mangele,  weder  im 
OC^fwu.no^  im  ^^^  ^),  Den  Früh- ^nd  Spätsom-v 
mer  unterscheidet  er  einigemal, ^X  ^^^  mnfs  stck 
hüten^  .die  osCM^a  jndit  mit  unserm  Herbst  zu  ver-' 
wedbsehi.     Sifi  fing  viel  früher  an  und  begriff  noch 


1)  FAaefK  2$4.       2)  Ä  N.  XVHl,  69.       3)  v,  564: 
4)  Od.  n,  t^iS,       5)  Z.  B.  Od.  %,  191. 


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103  Technische  Chronologie - 

die  hei&este  21eit  des  Sommers  in  sich.  Es  yvdx  die 
Zeit  des  Reifens  und  Gedeihens  aBer  Baumfrüchte, 
die  daher  auch  selbst  oncD^a  genannt  wurden«  Ho- 
mer knüpft  ihrea  Anfang  an  den  Friihaufgang  des 
Hunds^erns ^),  den  er  de&halb  ooy^q  oäcöqivo^  nennt'). 
Diese  Erscheinung  Erfolgte  für  ihn  in  deii  ktzten  Ta- 
gen des  Jtdius.  ^ach  eben  derselben  nannten  die  Rö- 
mer die  heilse^is  -  Jährszeit  dies  vaniculares,  Hunds- 
tage, und  nach  ihrem  Vorgange  auch  wir,  nur  dafe 
wir  sie  dadurch  liäher  bestimifien;  dafis  wir  sie  auf 
die  Zeit  besdbiräiiken,  \^elche  die  Sonne  im  Zeichen 
des  Löwen  zubringt.  Aristoteles*)  und  Theo- 
phrast  *  )  fangen  die  oäcSq«  gar  schon  mit  dem  Friih- 
aufgange  des  Orion  an,  der  %vl  *ihrer  Zeit  am  9.'  Ju- 
lius erfolgte,  Hesiddus^)  dagegen  erst  50  Tage  nach 
der  Sommerwende,  d.  i.  um  den  20.  Apgust;  denn 
die  Sommerwende  tt^af  zu  seiner  Zeit  auf  den  Anfang 
des  Julius.  Man  sieht  also,  dafe  diese  Jahtszeit  bei 
den  altem  Griechen  schwankcfnd  blieb,    v 

Einen  eigentlichen  Herbst,  als  Uebei^ang  vom 
Sommer  zum  Wintei',  kennt  Homer  noch  nicht.  Als 
man  diese  Jahrszeit  später  iitit^rschied^  nannte  man 
sie  fwroÄca^di;  oder  ^iwxcaqQ^^  d«  '  i;  die  nach  der 
oÄcoQoe  folgetidte,  sic^  beschlielsende  Zeit^  wo.  dann  die 
oircoQqe  auf  den  heüsesten  Sonuner  -beschränkt  blieb« 
Beim  Hesiodus  kommt  zuerst  dne  Spur  davon 
vor,  indem  er  von  der  Witterung  das  Adjektiv  /tisro- 
iua^ivoq^  eben  so  wie  ein  andermal  oit&iqtvoqj  in  einem 
Siinne  gebraucht,  der  ganz  unserm  herbstlich  ent- 
^richt  *).  Ich  bemerke  hier  noch,  dafs  er  die  Wein- 
lese an  den  Friihaufgang  d^  Arktmr^  d.  i.  an  den 
ISL  September,  und  die  Wintersaatzeit  nicht  blofis  an 


1)  A.  X,  07.       2)  //.  «,  5.       3)  PrM.  XXVI,  14. 
4)  De  venHa  p.  414.        5)  ▼.  ^.        6)  ▼.  415,  674. 


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Griechen.  103 

den  Frühuntergang  der  Plejaden,  sondern  einmal  ^)  . 
an  den  der  Hyaden  und  des  Orion  knppft,  welche 
Erscheinungen  für  ihn  auf  den   7   und    15.  Novem- 
ber trafen. 

Es  fragt  sich,  ob  wir  beim  Homer,  beim  He- 
siodus^und  überhaupt  bei  den  altem  Griechen  drei 
oder  vier  Jahrszeiten  anzunehmen  haben.  Einen 
Herbst  offenbar  nicht  Sollten  wir  aber  ihren  Früh- 
und  Spätsommer  nicht  als  besondere  Jahrszeiten', 
ansehen  müssen?  Ich  zweifele.  Einmal  erwähnen 
einige  ältere  Dichter,  die  offenbar  die  Absicht  haben, 
aOe  Jahrszeiten  zu  n^men,  nur  drei,  den  Winter, 
Frühling  und  Sommer.  So  ist  beim  Aeschylus  ^) 
von  x^i/Ator,  tot^y  pi^^  beim  Aristophanes  *)  von 
XBifiüWy  lag,  &7C(OQa  die  Rede  Von  dem  Diohter  AI- 
cäus  hatte  man  nach  Athenäus  ^)  eine  Frühlings-, 
Sommer-  und  Winterode,  worip  er  zum  Trinken  in 
jed^  Jahrszeit  aufforderte.  Auch  kannte  die  ältere 
griechische  Dtcht-  und  bildende  K^st  niu:  drei 
Hören  ^).  Pausanias  führt  verschiedene  alte  Bild- 
wetke  ap,  auf  denen  nur  drei  Hören  dargestellt  wa- 
ren. Die  Hören  waren  ^ber  gewifs  früherhin  ehe^ 
so  Symbole  der  Jahrszeiten,  wie  späterhin^  wo  man 
ihrer  vier  unterschied  *  ). 

Einen  Herbst  dem  unsrigen  anakg  finden  wir 
zuerst  beim  Hippokrates  und  den  altem  medicini- 
^  sehen  SchriftsteUem  der  Griechen.  In  der  Sohrift  de 
diaetaT^  ^^7  wenn  auch  nicht  dem  Hippo.kra^es, 
doch  gewils  einem  seiner  Zeitgenossen  angehört,  heifsi^ 
es  ^):  „Man  theilt  gewöhnlich  das  Jahr  in  vier  Theile, 


1)  V.  614.        2)  Prometh.   r.  453.        3)  Jves  y.  710  O. 
4)  1.  X,  p.  430.       5)  S.  Hesiodi  TAeog.  y.  901. 

6)  Ycargl.  Handbach  I,  248  ff. 

7)  1.  m,  p.  366  ed.  Foesü. 


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104  .  Technische  Chronofogie. 

den  Winter,  FrUhfing,  Sommer  —  pi^^oq  -^  und  Herbst 
—  cp^ivoitcöQov.  Der  Winter  geht  vom  F^rühnntergange 
der  Plejaden  bis  zur  Frühlingsnachtgleiche,  der  Früh- 
ling bis  zum  Frühaufgange  der  Plejaden,  dei:  Sommer 
bi3  zum  Frühaufgange  des.  .Äfktur,  der  Herbst  bis  wie- 
der zum  FrUhuntergange  der  Plejaden.  ^^  Ebei^  diese 
Jahrszeitdi  werden  in  ^em  Buche  de  aerey  locis  et 
aqids  genannt,  das  entschieden  den  Hippokrate^ 
zum  Verfasser  hat ,  nur  dals  /uEroÄcoQov  statt  ^^ti^oaco)^ 
qoD  steht  Dieselbe  B^timmungsweise  der  Jahrszei- 
ten  war  auch  späterhin  bei  den  Griechen  und  Römern 
üblich.' 

Dadurch,  da&  man  den  FrühUng  nicht,  wie  {m- 
herhin,  mit  dem  Spätaufgange  des  Arktur,  sondern 
erst  mit  der  Nachtgleiche  anfing,  erhielt  der  Winter 

»eine  unverhältnilsmälisige  Länge.  Dies  gab  Veranlas- 
sung, ihn  in  drei  Perioden  zu  theilen,  iu  den  agoro^ 

.  oder  cTfltogijrot?,  die  Saatzeit,  in  den  eigentlichen . 
XBifj^,  Mittwinter,  und  in  die  ^nyraXia^  die.Baum- 
pflanzzeit,  welche  drei  Zeiten  mau  mit  dem  Erüh- 
untergaiige  der  Plejaden,  der  Winterwende  und  dem 
Spätaufgange  des  Arktur  anfing.  Den  Sommer  schied 
man  nach  wie  vor  in  pi^oq  und  o^cco^a,  indem  man 
den  Frühsommer  mit .  dem  Frühaufgaoge  der  Pleja- 
den, und  .den  Spätsommer    mit   dem  Frühaufgange 

'  des  Sirius  begann.  So  entstanden  mit  Einschluis  des 
Herbstes,  dessen  Anfang  auf  den  Frühaufgaog  des  Ark- 
tur fixirt  blieb,  sieben  Jahrszeiten,  die  Hippokra- 
tes,  nach  Galen's  Versicherung  ^),  in  dem  verloren 
gegangenen  Werke  of£gt  Ißöojuctocöv  unterschieden  ha- 
ben ijoll.  Diese  sieben  Jahrszeiten  fingen  zu  seiner 
Zeit  (430  V.  Chr.)  in  Griechenland  also  an:  die  Saat- 
zeit den  5.  November,  der  JVCttwinter  den  26.  Decenoi- 


1)  Cornment,  in  Ubr,  /.  Epid.  Opp.  Tom.  Dl,  p.  7. 

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ber,  die  Baumpflanzxeit.  den  27.  Februar,  der  Früh 
ling  den  26.  Märs^  der  FriUisommer  den  21.  Mai,  der 
Spätsommer  den  2S.  Julius,  der  Herbst,  den  21.  Sep- 
tember. Es  ist  aber  zu  bezweifebi,  dals  sie  irgendwo 
in  Griedxenl£(iid  in  .  den  volkstbümlicben  '  Gebrauch 
übei^egangen  sind.  Ge\nfs  ist  es,  dals  man  daselbst 
späterhm,.so  wie  zu  Hom,.  niu:  vier  lährsz^iten  un^ 
tersdbied.  Drei  derselben,  nämlich  Sommer,  Herbst^ 
und  Winter,  fing- man  jmit  Fixstemerscheinungen  an; 
nur  den  FrühHng  nach  jetziger  Weise  mit  dem  Ein* 
tritt  der  Sonne  ii^  d^  Widder.  Die  wissenscbaftli^ 
eben  Schriftsteller,  wie  Geminus  ^),  setzten  mit  dejf 
Zeit  die  Anfange  sämmtlicher  Jahrszeiten  auf  die  Ein- 
tritte der  Sonne  in  die  Zeichen,  an  die  sie  noch  jetzt 
geknüpft  sind.         ... 

Es  war  also  die  Q^bi^cjhitung  einiger  ausgezeichne- 
ten Sterne  und  Sterpgn^pen.,  die  den  Griechen  die  Zei- 
ten dei;  Saat,  der  Eamte;  der  Weinlese,  kurz  idie  Haupit^ 
epochen  des  Laridbai^s,  und,  ich  setze  hinzu,  der  Schiff- 
fahrt angab;  denn  der  Frühauf-  und  Untergang  de^  Ple- 
jaden  bezeichnete  .die  Grenzen,  welche  ^  furditsame 
Küstenfahrt  der  Alten  lat^  nicht  zu.  überschreiten 
wagte.  Ater  nicht' zu '^denken,  dafs  die  Witterung 
dergleich^  Beobachtungen  oft  vereitelte)  und :  nicht 
jedermann  Lust  uii4  Gelegenheit  hatte,  sie  anzustel- 
len, waren  sie  ai|cb  bei  steigender  Cultur  zur  Aus- 
messung der  Zeit  bei  weitem  nicht 'hinlänglich.  Es 
kam  nun  darauf  an,  dem  Jahr  eine  Form  zu  geben, 
UQd  es  in  kleincpre  Aj^sphnitte  von  bestimmter  Dauer 
zu  theilen,  um  bequem  datiren  zu  können* 

Wir  müssen .  zuerst  den  allgemeinen  Charakter 
der  griechischen  Monate  und  Jahre  kennen  lernen. 

Scali^er  hat  zu  beweisen  gesucht^),  dals  die 


1)  Isag.  t.  1.       2)  Em.  temp.  1.  I,  p.  22  ff. 

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106  Technische  Chroriologk. 

Monate  der  Griedien  durchgängig  aus  30  Tagen 
bestanden,  und  sich  immer  erst  nach  beträchtlichen 
Zwischenräumen  einmal  mit  dem  Monde  ausglichen. 
Dies  ist  ein  Irrthum.  Zahlteiche,  von  Petavins  ^) 
und  Leo  Allatius  *)  gesammelte  Stellen  lehren  aufs 
unzweideutigste  j '  dafs  die  einzelnen  griechischen  Mo- 
nate nach  den  Mondphasen  abgemessen  waren.  Eine 
'  der  entscheidendsten  findet  sich  beim  Aratus  ^). 
Wir  ersehen  äaraus,  was  wir  auch  von  andetn  Sei- 
ten h^r  wissen,  dafs  der  griechische  Monat  mit  der 
Erscheinung  der  Mondsichel  in  der  Abenddämme- 
rung  anfinge      Darum    hiefs    auch    sein    ejster   Tag 

Was  die  Jahre  betrifft,  so  ist  schon  aus  der 
Beschaffenheit  der  Monate  klar,  dafe  es  keine  freien 
Sonnenjahre  sein  konnten.  Es  waren  gebundene 
Mondjahre,  die  sich  erst  nach  kurzem  oder  langem 
Perioden  mit  der  Sonne  ausglichen,  indem  durch  Ein- 
schaltung' gänzer  Monate  ,der  Anfang  des  Jahrs  im- 
mer 4n  aherlei  Jahrszeit  erhalten  wurde. 

Dieses  ganze  Wesen  der  Monate  und  Jahre  der 
Griechen  lehrt  uns  am  bestimmtesten  Ge minus  ken- 
nen, indem'  er  das  zum  Grunde  liegende  Princip  also 
ausdrückt  *):  „Bei  den  Griechen  herrschte  die  ^Ite, 
durch  Gesetze  und  Orakel  vorgeschriebene  Sitte,  nach 
Tagen,  Monaten  und  Jahren  zu  o|)fem  (d.  i.  gleiche 
Feste  immer  bei  gleichen  Mondgestalten  und  in  glei- 
chen Jahrszeiten  zu  feiern).  Zu  dem  Ende,  zählten 
sie  die  Tage  und  Monate  nach  dem  MoAde,  die  Jahre 
nach  der  Soniie."  -     , 

Man  hat  sich  demnach  von  der  griechischen  Zeit- 


1)  Dactr.  temp.  1.  I,  c,  4  and  5.    Far.  disserf,  L  iV, 
c.  10;       2)  De  mens,  temp,  c  XI. 
3)  Phaen.  v.  733  ff.        4)  c.  6. 


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Griechen.  107 

(    '  ■  _ 

rechnung  fplgende  Idee  %xi  machen.    Die  verschiede- 
nen griechischen  Völkerschaften  5  Athener ,  Spartaner, 
Thebaner  u.  s.  w*,  hatten  zwar  ihre  besonderen  Mo- 
natsnamen,  kamen  jedoch  darin  überetn,  dafs  sie  ihre 
Monate  nach  dem  Monde  regelten.    Da  aber  der  Mond- 
monat  ungefähr  29  und  einen,  halben  Tag  hält,  also 
bürgerlich  genommen  bald  ans  29,  bald  aus  30  Tä-  * 
gen  bestehen  mnfe,  so  konnte  es  nicht  fehlen,  dafs 
die  einzelnen  Monate^  wenn  sie  gleich  im  tianzen  pa- 
rallel mit  einander  fortliefen,  doch  nicht  überall  gleich- 
zeitig anfingen,  besonder^  in  früherer  Sicit,  wo  maii 
noch  keine  hinlängli<;he  I^enntnifs  vom  Lauf  des  Mon- 
des hatte,  um  die  Zeitfe-echnung  auch  bei  triitier  Witte- 
rung mit  dem  Himmel' in  Uebereinstiiimiung  erhalten 
zu  können.    Weiter  aber  als  auf  ein  paar  Tage  kann 
die  Abweichung  der  bürgerlichen  Monate-  vom  Monde 
nie  gegangen  sein,  weil  es  so  leicht  war,  sie  nach 
seinen  Erscheinungen  zu  berichtigen,  indem  der  erste 
Tag  mit  der  ersten  Phase  und  die  Mitte  des  Monats 
—  öixpfivj^ia  —  mit  dem  vollen  Lichte  zusammentref- 
fen mufste.     Folgende  Stelle  des  Cicero  *)  bestät- 
tigt  dies;  Est  conäuetiid^  Siculorumyceterorurhque 
Graeconan,  quod  mos  dies  mensesqiie  congruere 
volunt  cum   soüs   hintieqtüe    ratiöne^,    ist  nonnun- 
qiiam,  si  qmd  dUcr^ety  eccimant  unum  atiquem 
dient   iiut,  summnm,  biduum  ex  mense,  quos  illt 
i^cuQEorifuyvq  die^  no^nant:  item  nannunquam  uno 
die   longiarent'mtns^m'faeiant  aut  biduo.      Man 
bereift  leicht,  dafs  ein  zu  vieMiier  und  ein  zu  we- 
nig  dort  bei  zwei  griechischen  Völkern  solche  Ver- 
schiedenheiten des  Datums  hervorbringen  konnte,  wie 
sie  in    folgenden  Worten  des  Aristoxenus  ')  ang^- 


1 )  Jttio  II.  in  Ferrem,X  H  c  52. 

2)  -Harm.  Elem.  H,  p.  ao  ed.  Mcors. 


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,\ 


108  Technische  Chronologie, 

deutet  sindü  „Den  Haniu>iukeni  geht  es  mit  dc^  Tö- 
nen, wie  den  Völkern  mit  den  Monatstagen;  wenn 
die  Korinther  z.  B.  den  zehnten  des  Monats  haben, 
«a  zählen  die  Athener  wol  erst. den  fünften  und  an- 
dere d^i  achten/^  Aber  eine  fünftägige  Abweichung 
der  bürgerlichen  Monate,  nicht  blofs  von  einander, 
'  sondern^  VQjn  Mjonde,  halte  ich  fiir  .ganz  uxiiaöglich« 

Da  zwölf  nach  dem  Monde  abgemessene  IVJonate 
nur  354  Tage  8  St.  49'  geben,  so  fehlen  zur  Aus- 
gleichimg  mit  der  Sonne  noch  IQ  Tage  21  Stunden« 
Sollte,  also  der.  Anfang  des  ! Jahrs  .auf  einerlei  Jahrs^T 
zeit  haften,. so  muiste  von  Zeit  zu  Zeit  ein  dreia^hn- 
ter  Monat  eingeschaltet  werden«  Ein  Jahr  von  13 
Monaten  wurde  Schaltjahr  genannt  Um  die 
Willkühr  zu  beseitigen,  führte  man  Schaltcykd  von 
mehr  oder,  weniger  ganzen  Jahi^q  ein,  in  deren  Ver- 
lauf eine  bestinunte  Anzahl  Monate  ^  in  bestim^iten 
Zwischenräumen  eingeschaltet .  wiurde.  Diese  ^ykel 
vervc^kommnejten  sich^aUmählig,  so  wie  inan.^iii  der 
Kenntnife ^.des  La«f$  der  Sonn^  ^d  des.  Mondes  .vor- 
schritt. (  '  Ifierin  ^amen  alle .  griechische  Völker  mit 
einander ^  ubexeiu}  nur  dafs  das  eine  das  Jahr  in  dieser, 
das  aiidere  in.  Jenei;  Jahrszeit .  anfinge  das  eine  diese, 
das  andere  Jene  Monatsnamen  h^tte,  das  «me  diese, 
das  andere  jene  Schal^eriode^g^r^uchte»  Man  sieht 
leidit,  welche  N^chtheile  eine  solche.  Verschiedenheit 
für  dto  gegenseitigen  Verkehif/}ia]^en  mii&te..  Wer 
sich  aus  dem  ein^n  Staat  in  dw  andern  beg^b^ntoC^te 
sich  imm^r  erst  mit  d^en  Kalcfnder  bekannt  machen. 

Es  fdblt  sehr  viel,  dals  wir  genw  wissen  soll- 
ten, wie.  sich  dies  alles  gesdnehüich  gestaltet  hat, 
ja  nur,  welches  der  vollkommenste  Zustand  war,  zo 
welchem  die  Zei&echnung  bei  jedem  einzelnen  grie- 
chischen Volke  gelangt  ist     Selbst  die  der  Athener 


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Griechen,  109 

in  Qirer  blühendsten  PeHode  ist  uns  nicht  mit  voll- 
kommener Sicherheit  bekannt.  x 

IKe  beiden  ^testen  Dichter  geben  über  Dinge 
dieser  Art  wemg  Auskunft.  Sie  sangen  für  sämmt- 
liehe  Griechen^  und  fnüfsten  schon  defshalb  alles  ver- 
meiden, was  an  die  Zeitrechnung  der  einzebito  Vol- 
ker mahnen  konnte.  Beim  Homer  ist  nirgends  von 
bestimmten  Monaten  und  Jahrsformen  die  Rede.  Doch 
ist  aus  allem  klar,  dais  sein  Ja]^r  ein  tropisches 
oder  ein,  wenn  auch  nur  im  Groben,  nach  der  Sonne 
geregeltes  war.  Dies  lehren  die  Beiwörter  «©g«sf*go- 
n^W,  ^eqireXko^^Bvoq  und  %sqtxkdp^Q(;j  die  er  d^m  Jahr 
beilegt,  und  d^  ganze  Art,  und  Weise,  wie  er  vom 
Kreislauf  der  Jahrszeiten  spricht  ^).  Auch  fehlt  es 
nicht  an  Andeutungen,  dais  sein  bürgerliches  Jahr 
ein  Mondjahr  sein  mufste.  Dahin  gehören  die  sie* 
ben  Heerden  von  je  50  Rindern,  welche  die  Sonneii- 
nymphe  Phaethusa  und  Mondnymphe  Lampetie  auf  der 
dreizackigen  Insel  weiden^).  Die  .Gesammtzahl  ist 
350,  die  runde  Zahl  der  Tage  des  Mondjahrs.  Daus  die 
Zahl  sieben  schon  auf  eben  so  viele  Jabrszeiten  hin- 
deute, wie  sie  späterhin  Hippokratfss  annahm {104), 
ist  nicht  wahrseheinlich.  Auch  lehrt  eine  Stelle  der 
Odyssee  ')s,  dais  zur  Zeit  des  Dichters  die  Monate 
schon  eben  so,  wie  eipäterhin,  nach  dem  zu-  und  abt- 
aehmenden  Lichte  des  Mondes  abgemessen  waren. 

Hesiodus  handelt  am  Schlüsse  seines  I^and- 
baus  von  den  ^ücklichen  und  unglüekUchen  Tagen, 
von  denen  er  die  durch  den  Volkswahn  besonders 
ausgezeichneten  hervorhebt.  Hier  kommt  schon  eine 
Spur  von  der  später  gebräuchlichen  Eintheilung  deS' 


1)  Vergl.  Od.  *,  469;  %,  393;  4,  293;  f,  152j  ci,.141. 

2)  Od.pr,  127  ff.    '  3)  47162.  . 


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liO  Technische  Chronologie. 

Monats  in  drei  Dekaden  vot,  indem  er  den  dten^ 
14ten  und  24sten  Monatstag  durch  t&rQaQ  ytQQotriy  fiscrari 
und  fpP'ipovfo(;  unterschddet«  Auch  gedenkt  er  der 
ersten  und  mittleren  Neunzahl,  dvou;,  mit  der  er  die 
TQigEivou;  zusammenst^t^  womit  ei^  also  den  29sten, 
nicht  den  27sten,  Monatstag  andeuten  wilL  Den  30sten 
Tag  neiint  er  schon Vgioxa«;,  welche  Benennung  also 
nicht  erst  Thaies  aufgebracht  haben  kann,  wie  Dio- 
genes Laertius  behauptet  ^).  Daraus,  dals  er  den 
30sten  Monatstag  nennt,  folgt  gerade  nicht,  dals  je- 
der seiner  Monate  30  Tage  hatte«  Wenn  auch  der 
Monat  'abwechselnd  29  Tage  hielt,  so  ist  es  gar  nicht 
befremdend,  dafs  er  einen  30sten  hervorhebl^  weil  es 
30tägige  Monate  gab.  Als  Eigenname  eines  Monats 
kommt  bei  ihm  blols  der  Lenäojn  vor,  den  er'  als 
einen  winterUchen  bezeichnet  * ).  Sonst  deutet  er  die 
Zeiten  des  Jahrs  blofs  auf  die  oben  gedachte  Weise 
durch  die  Auf-  und  Untergänge  einiger  ausgezeichne- 
ten Sterne  an. 

Scaliger  sieht  die  tQuxxou;  beim  Hesiodus  wirk- 
lich als  einen  Beweis  für  seine  Behauptung  an,  dafs 
die  Monate  der  Griechen  durchgehends  aus  30  Tagen 
bestanden  haben«  Mit  gröfserem  Rechte  koni/te  er 
sich  auf  das  bekannte  Räthsel  ae^  Cleobülus  ^) 
und  auf  die  alte  Eintheihmg  der  attischen  Bürger  m 
Stämme,  Phratrien  und  Geschlechter  berufen.  Beim 
Suidas  heifst  es  ^):  „Der  Stämme  machte  man  4, 
nach  der  Analogie  der  Jahrszeiten,  der  Phratrien  i% 
nach  der  Zahl  der  Monate,  und  der  Geschlechter  in 


.      1)  Da  Vit.  phil.  I,  24.        2)  Landbau  504. 

3)  Diog.  LaSrt.  I,  91.  Stobäas  ed.  phya.  L  Ij  p.  240  edL 
Heeren.    YergL  Handbuch  1,  258. 

4)  V.  ^ivv^fau.     Yergl. '  Harpocration   nnter  demselben 
Worte  und  Pollux  Ofi.  Ul,  4,  52;  YHI,  9,  111.   . 


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Griechen.  W\ 

jeder  Phratria  30,  nadk  der  Tagsonfme  360  des  Jahrs". 
Auch  kommt  der  SOtägige  Monat  lind  das  360tägige 
Jahr  selbst  noch  m  spätem  Zeiten  vor«  So  berech- 
net Hippokrates  einmal  ^)  .9  Monate  10  Tage  zu 
280  Tagen,  und  Aristoteles  ^)  \  Jahr  zu  72,  ^  zu 
60  Tagen.  Die  Zahl  30  beweiset  aber  in:  solchen 
Fällen  für  die  Dauer  der  bürgerlichen  Monate  eben 
so  w^nig,  wie  die  Zahl  1360  für  die  Dauer  des  bür- 
gerlichen Jahrs.  Jahre  von  360  Tagen  hatten  die 
Griechen  gevidTs  nie.  Solche  Jahre  würden  sich  we- 
der mit  der  Sonne  noch  mit  dem  Monde  ausgegli- 
chen und  sich  schon  in  einem  Menschenalier  durch 
alle  Jahrszeiten  verschoben  hahen.  Da  aber  das  biur- 
gerliche  Jahr  der"  Griechen  sowohl  nach  dem  Monde 
als  nach  der  Sonne  geregelt  wurde,  so  war  es  ganz 
natürlich,  dafe  man  seine  Dauer,  wenn  es  nur  auf 
eine  runde  Zahl  ankam,  zu  360.  Tagen  berechnete, 
die  das  Mittel  zwischen  dem  Sonnen-  und  dem  Mond- 
jahr halten,  woraus  dann  weiter  die  Rundzahl  30  für 
den  Monat  folgte. 

Init  Zeitalter  des  Homer,  und  zunächst  nach  dem- 
selben bis  auf  Solon,  war  die  Zei^echmmg  der  Grie- 
chen ohne  Zweifel  sehr  einfach,  ^ber  auch  sehr  schwan- 
kend. Man  fing  den  Monat  mit  der  ersten  Phase  an. 
Von  hier  an  zählte  man  die  Tage  fort,  nicht  etwa,' 
weil  es  im  büi^erlichen  Verkehr  schon  viel  zu  dati- 
ren  gab,  sondern  nm  die  Tage,  die  d^r  Wahn  früh- 
zeitig  als  gute  imd  böse  gestempelt  hatte,  gehörig  zu 
unterscheiden,  und  um  bei  bewölktem  Himmel  die 
Festtage  nicht  zu  verfehlen,  die  bei  bestimmten  Mond* 
phasen  gefeiert  werden  mufsten,  z.  B.  die  olympischen 
Spiele  heim  vollen.  Lichte.  Dem  Monat  gab  man  an- 
fangs keine  fest  bestimmte  Dauer.  Maü  fuhr  mit  dem 


1)2)^  arrmbus  p.  254.       ^)  Hut.  tmink  VI,  90. 

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112  Technische  Chronologie. 

Zählen  der  Tage  fort,  bis  man  die.MondsicI|el,  sei 
es  am  SOsten  oder  31sten  Abend,  vo;a  nenem  in  der 
Abenddämmerung  erblickte.  Wurde  man  durch  die 
Witterung  daran  gehindert,  so  fing  man  mit  dem  Slsten 
Abend'  einen  neuen  Monat  an« 

t)ie*  Feste  soUtenr  aber  nach  vaterländischer  Sitte 
zugleich  in  einerlei  Jahrszeit  gefeiert  werden.  Man 
fand  nun  bald,  dals  12  Mondmonate  das  Sonnenjalir 
nicht  erschöpften,  und  schaltete  daher  von  Zeit  zu 
Zeit  einen  13ten  ein»  Das  Institut  des  Schaltmo* 
nats  —  f$^  £iLißoXiiii6(;  —  ist  bei  den  Griechen  ge- 
wifs  uralt,  wenn  sich  gleich  beim  Homer  und^He- 
siodus  noch  keine  Spur  davon  findet«  Ob  und  welche 
Grundsätze  man  anfangs  dabei  befolgte,  wissen,  wir 
nicht.  Eine  feste  Regel  für  die  Einschaltung  konnte 
sich  erst  bilden,  als  maii  die  Monate  cyklisch  zu  ord- 
nen anfing.  Welche  Stadien  die  einzelnen  griechi- 
schen Völker  in  dieser  Beziehung  durchliefen,  und  ob 
ihnen  aus  dem  Orient  entlehnte  Kenntnisse  dabei  zu 
Hülfe  kamen,  wissen  wir  nicht,  da  die  meisten  Ver- 
suche, zu  einer  geregelten  Zeitrechnung  zu*  gelangen, 
in  eine  Zeit  gehören,  wo  noch  wenig  geschrieben 
wurde.  ..    : 

Die  einaägen  Schriftstdler,  die  von  dem  Schalt- 
wesen der  Griechen  mit  einiger  Bestimmtheit  reden, 
dad  Geminus  *)  und  Censorinus  ^).  Nach  bei- 
dto  fing  man  init  einem  zweijährigen  Schaltcyklus 
an,  den  man  Trieteris  nannte,  weil  man,  wie  letz- 
terer S9^^  tertio  quoque  anno.^)^  d.  i.  ein  Jahrj 
ums  andere,  einschaltete.  Ein  solcher  Cyklus  gleicht 
das  Sonnen-  und  Mondjahr  nur  selur  unvollkonomen 

aus; 


1)  Jsag.  c.  6.        2)  c.  18.S 

3)  Nadi  ^efthischcsm  Spr^^chgebmiek  6td  ^qltQ-o  i'io%}^. 


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Grieclhen,       '    *  \.\.Z 

aus;  denn  25  Mon^emafe  sind  um  7  bis  S Tage  lan- 
ger als  zwei  tropische  Jahre,  was  man  durch  Beob- 
achtung  der  Mittagsschatteh  am  Gnomon  und  der  Auf- 
und  üntergäBf^e  der  Sterne*  bald  wahrnehmen  mufste. 
NaA'Cenrsorin  soll  man  an  die  Stelle  des  zweijäh-/ 
rigeö- Sdfeltcyldus  ZDOttächst  einen  vierjährigen  ge- 
setzt haMÄ^  den  riian  Tetra  et  eris,  ödcfr,  weil  er 
sich  mit  dem  beruhenden  Rinften  Jahf  erneute,  Pen- 
taeteris  nannte.  l)ieser''Gytlus  soll  aiis  vieTr  tropi- 
schen Ja&ren' zu  365|^  Tagen',  also  eben  so/ wie  der 
julianisclfe  Schaltcyklüfei  ^tiö  1461  Tageii  bestanden 
haben.  ''Wie  solKeii^h^r  diese  in  Monate '  getheilt 
gewesen  sein? '  Dodwell  ineiht,  man  habe  den  Mo- 
naten  abwechselnd  3Ö  imd  29  Tage  gegeben,  und  am 
Ende  des  zweiten  Jahrfe*  einen  Monat  Von  SS,  am 
Ende  des  vierten  einen  Toh  23  Tagen  eingeschaltet 
So  komnoieh  freiKch  die  1461  Tage  heraus.  Ai- 
lein  bei  dieset  AÜordilüng  'würdife  eben  so  wenig  die  ^ 
ganze  Periode,  wie  die  eirizeWen  Monate;  mit  dem  '- 
Monde  übereingestimmt  haben;  auth  hätte  alle  zwei 
Jahre  ein  Monat  efaie  gani  abnorme  Form  gehabt, 
die  wir  zwar  in  dem ''Schaltmonat  der  altern  Romer, 
aber  nirgends  bei  den  Griecheji  antreffen.  Bei  diesen 
war  allermngs  eine  TetraSteris  in  so  fern  im  Ge-  ^ 
brauch,  kls  i^  die  olympischen  yxtA  andere  National- 
spiele in  vierjälörigen  Zwischenräumen  feierten;  aber 
die  Voraussetzung  .des  CpuSorili,  dafs  ihnen  der  vier- 
jährige Cyklus  zur  Anordnung  ihrer  bürgerlichen  Zeit 
gedient  und  den  üebergäng  von  der  .Trieteris  zur 
OctaSteris  gebildet  habe,'  beruht  höchst  wahrschein- 
lich auf  einem  IrrÜmm.  GemiHus  gedenkt  der  Te- 
traeteris  gar  nicht;  Er  gdlt  von  dem  zwei|ährigeh 
Cyklus,  sogleich  zum- achtjährigen  über.  Dieser, 
Octaeteris  oder  auch  wol  £nneae4eris^^  gekannt, 
weil  er  sich  mit  dem  beginnenden  neuntem  Jahr  er- 


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il4  Technisch^  Chronologie. 

neute,  beatand  äuis  9£(  Motten,  uiiter  denen  3  einge- 
schaltete, und  29.22  Tagen,  ,,Da  das  Spnnenjahr  (dies 
sind  wesenülch  seine  Wojte)  365  ^^  üiid  das  Mondjahr 
etwa  354  Tage  hält,  so  nahm  man  den  Ueberschufe 
des  ersten  über  das  letz.|;e,  nämlich  ll^  ^^g^9  .^ht- 
mal,  und  erliielt  so  90  Tage  oder  3  Mijoiai^zu  30 
Tagen.  Schaltete  man  diesp  ia.  Verlai^f  yon  8  Jah- 
ren ein,  so.keluien  die  Feste  zij,,iJerselben  Jahrszeit 
zurück.  Die  Scbaltmonsite.  wurden  f^uf  das  dritte, 
fünfte  und, achte  Jajir  verljieiltj  und  die  übrigen  Mo- 

,  nate  abwechselnd  zu  30  und  29  Tag^  .gerech- 
net."   In  gleichem  Sinne  äufeert  sich  Cen&orin  mit 

'  ^en  WoTien*  ffunc  circuitum  verum  annum  ma- 
gnum  esse^  Hlßraque  Grapcia  (S^istimavü^  quod  ex 
annis  verf^ntibus  solidis  constar^t^  utproprie  in 
anno  magno  fieri  par  est  JVam  dies  sunt^  solidi 
CIOCIODCCCCXXIIf  menses  uno  minus  centum^ 
annique  vertentes  s^lidi  .octo*  Ich  beinerke  hierbei, 
däfs  annuß  vertens  bei  ^en  Hömem  das  tropische 
Jahr  bezeichnete?,  und  ,flafs  unter  annus  mLa^g&üs 
ein.  Cyklus  verstanden  wird,  der  Mond  un4  Sonne 
ausgleicht  *)#   ., 

Das  pleraque  Graecia  des  C^nsorin  läfst  nicht 
zweifeln,  daJGs  dje  Octaeteris  bei  den  jGyiecbeii  wirk- 
lich zur  Anordnung  der  bürgerUchega  Zeitrechnung  ge- 
J)raucht  worden,  ist;  auch  war  sie  ganz  dazu  geeig. 
net,  weill.  99  MQpdmonate  nvr  um  el;wa  anderthalb 

'  Tage  kürzer  als  8  Sonnenjal^re  sind,  sq  dafs  der  acht- 
jährige Cyklus  mehrinals  wiederholt  werden  konnte, 
ehe  seine  Abweichung  vom  Hiii^mel  sehr  bemefklich 
wurde*  ;D^s  ;Q^ai>  die  3,  ßchaltmonate  so  v^rtheUte, 
wie  Gemi](lus  sagt,  ist  viel  wahrscheinlicher,  als  dais 


'  Ij)  Bini^i  fiigteii  noch  die.PlaiieteOL  biiiziL    Man  ver^^Cie. 
de  nai.  det^r^VL,  20.  • 


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'  Griechen.  116 

man' sie,  wie  Solinus  ^)  und  Qlacrobius  ^)  wol- 
len, «rn  Ende  des  Cyklus  mit  eulemmal  dngesdial- 
tet  habe. 

Als  den  Ur&eber  der  Octaeteris^  nennt  uns  Cen- 
sorin  den  Cleostraius:  Harte  Cle^^r^ämn  Tene- 
diurn  primurn  fer\mt  eomposidssd^  ei  postea  alios 
aüter,  qui  mensibus  varie  intercalandis  stias  oxroi- 
srvjQiSou;  protulerunt,  id  fecit  ÜarpahiSy  Natdeles, 
Mnedstr€UttSf  item  aUL  Wir  kennen  das  Zeitalter 
dieses  Mannes  nieht;  nur  so  viel  geht  ans  einer  Stelle 
des  Plinius  hervor  ^)y  dafs  er  nach  Anaximander 
gelebt  Hat)  den  er  in  die  58ste  Olympiade  setzt,  also 
nach  der  Mitte  des  sechsten  Jahrhunderts  vor  Chri- 
stus. Hie^  kann  indessen  nur  von  dem  Urheber  der 
wissenschaftlichen  Anordnung  und  Ausbildung  der  Oc- 
taeteris,  wie  wir  sie  aus  Geminu^  und  Censori- 
nus  kennen,  die  Rede  sein.  Die  Wahrnehmung,  dais 
99  Mondmonate  nahe  mit  acht  bropisdien  Jahren  über- 
em$tiinmeti,  und.  dais  dieser  Zeitraunt  der  kiirzste  sei, 
nach  welchem  sich  die  Erscheinungen  des  Mondlaufs 
mit  dem  Soilnenjahr  ausgleichen;  ist  gewx(s  sehr  früh 
in  GnechenlfflMl  gemacht  und  für  die  Zeitrechnung 
benutzt  worden*  Es  waren  dazu  blols  ges^nde  Au- 
'%m^  £ast  gar  keine- astronomische  .Kenntnisse  nöthig; 
denn  man  durfte  i^ur  von  Jahr  zn  Jahr  den  kürzsten 
oder  längsten  Mittagsschatten  mit  dem  Lichte  des. 
Mondes  vergleichen,  mn  sehr  bald  zu  findont,  dais 
alle  acht  Jahre  der  Vollmond  bis  auf  eine  Kldnigkeit 
zum  Tage  des  einen  oder  des  andern  zurückkehrt 
Auch  gibt  es  Spuiren  genug  von  dem  frühzeitigen  Da- 
sein der  Octaeteris  als  eines  Ausgleichungscyklus  für 
die  beiden  Zeitraumei»  wo/durch  die  Feier  der  griechi» 
schen  Feste  bedingt  wurde,  des  Mondmonats  und  Son- 


1)  Polyh.  c.  1.        2)  Sidum.  I,  13.        3)  Ä  N.  H,  6. 

8  * 


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11^  Technische  Chronologie.      ' 

nenjahreJ  Ich-  darf  hier  nur  an  die  heSigen  Spiele 
der  Hellenen  erinnern.  Die  olympischen  wurden 
abwechselnd  nach  49  und  50  Monaten  beim  Voll- 
monde gefeiert^).  Es  lag  ihnen  also  der  achtjährige 
Cyklus  zum  Grunde ^^  den  man,  so  gut  es  sich 'liiun. 
liefs,  in  'zwei  vierjährige  verschnitt,  wohl  wissend,  dals 
die  Tetraeteris  kein  ^usgleichungscyklus  sei,  wofür 
sie  Censorin  irrig« genommen  hat  Die  pythischen 
Spiele  wurden  ursprünglich  aJle  acht  Jahre  gefeiert, 
wie  der  Scholiast  zum  Pindar  *)  und  Censo- 
rin versichern.  -  Letzterer  sagt  bei  Gelegenheit  der 
Octaeteris:  Multae  in  Graecia  reügiones  hoc  in- 
tervallo  ^emporis  summa  caeremonia  cobtntur. 
Delphis  quoque  hidi,  qui  vocantur  Pythia^  post 
octavum  crnnrnn  olim  confieiebantur*  Erst  nach 
der  En^euemng  dieser  Spiele,  Ol.  48,3,  v^urden  sie 
alle  vier  Jahre  wiedeiholt  ^).  Von  den  nemeischen 
wissen  wir,  da(s  es  eine  Sommer*  und  eine  Win- 
ternemeade  ^ab,  von  denen  jene  auf  den  Anfamg 
des  vierten,  die^e  auf  die  Mitte  des  zweiten  olympi- 
schen Jahrs  traf*).  Die  Feier  war  wieder  wesc»t- 
lich  auf  die  Octaeteris  gegründet,  wenn  sie  gleich  in 
trieteiischen  Z^wischenräumen  wiederkehrte. 

Meiner  Udierzei^gung  nach  hat  nicht,  wie  Ge- 
minnä  und  Gei^sorinus  glauben,  die  Trieteris  auf 
4ie  Octaeteris,  sondern  umgekehrt  die  letztere  auf  die 
erste  geführt.  Die  octaeteris  war  der  eigentliche  Aus- 
gleichungscyklus^  den  man,  um  zum  ßehuf  der  Feier 


4)  &hol  ad  Pind.  Oh  OL 

2)  P.  298  nach  Hra.  B^ckh's  Assgri^e: 

3)  S.  Hm.  Böckh's  expUcatt^  ad  Pind.  Olymp.  XU. 

4)  S.  Böckli  über  die  ZeitTerhältnisse  der  demo- 
sthenischen  Rede  gegen  Mldias  in  den  Abbandlungen 
der  Berliner  Akademie  ans  des  Jabren  1B18  imd  19.  * 


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Grieche.  ^      117 

gewisser  Feste  und  Spiele  kürzere  Zeiträume  zu  ge^ 
winneu,  in  vierjährige  und  zweijährige  Abschnitte 
theilte,  ohne  jedoch  von  denselben  für  die  bürgerliche 
Zeitrechnung  Gebrauch  zu  machen;  denn  bei  der  Te- 
traeteris  findet  gar  keine  ^  bei  der  Trieteris  nur  eine 
sehr  unvoUkonunene  Ausgleichung  statt  Wer  dar- 
auf ausg^ty  wird  in  den  Mythen  und  Festen  der  HeL 
lenen  Hindeutnngen  genug  auf  die  Octaeteris  finden. 
So  mulste  Cadmus  für  die  Tödtung  des  Drachen  dem 
Ares  em  ewiges  ((^klisdi  wiederkehrendes)  Jahr 
—  duSi&v  iviovrim  —  V^on  acht  gewöhnlichen  Jahren 
dienen,  und  Apollo  nach  Erlegung  des  Python  acht 
Jahre  landflüchtig  wdtden,  bis  er  mit  dem  Lorbeer- 
iweige  gesühnt  hdankehrte  *).  Wollte  man  hier  die 
Zahl  acht  für  bedeutungslos  halten,  so  denke  man  nur 
an' die  E>aphnephorien,  ein  dem  Apollo  alle  8  Jahre 
Hl  lieben  gefeiertes  Fest,  desseii  chronologische  Be- 
deutung klar  zu  Tage  liegt  ^).    l 

Dals  also  die  Octa&terissehr  früh,  schon  im  he- 
roischen Zeitalter,  bei  den  Griechen  zur  Regulirung 
der  Feste  und  der  gesammten  bürgerlichen  Zeitrech- 
ming  gebraucht  wurde,  leidet  wcd  keinen  ZweifeL 
Dabei  aber  kann, die  Notiz  vom  Cleostratus  immer 
bestehen,  wenn  wir  sie  nur  auf  eine  genauere  wis- 
senschaftliche Anordnung  der  Octaeteris  beschränken. 
Zu  aner  solchen  gehört,  dafs  nian  den  Afonaten  eine 
von  der  durch  die  Witterung  so  häufig  vereitelten 
unmittelbaresf  Beobachtung  der  Mondphasen  unabhän- 
gige Dauer  gab.  Zu  diesem  Ende  wurde  der  regeU 
mälsige  Wechsel  von  30  und  29tägigen  Monaten,  yon 
den  Griechen  /li^^  tOA^k;  und   xorAo/,  volle  imd 


1)  SrHni,]|[Üller'8  0rcbometiOB  a.die  Minyer  &  218.19. 

2)  Proclus  bei  Phoiias  p.  i)88  u.  Hrn.  Bockh's  Fragm^ 
Pind.  p.  590.      .  ^ 


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liS  TechnUche  Chronologie. 

hohle>  genannt,  eingeführt  Ich  halte  es  für  ent- 
schieden, dafs  es  So  Ion  war,  dem  die  Griechen ,^  zu- 
nächst die  Athener,  diese  wesentKche  Anordnung  ver- 
dankten, wenn  es  gleich  kein  AUer  ausdrückKdi  be- 
merkte 

Nach  Diogenes  Laertius  ^)  hiels  er  dieAifac^ 
ner  „ihre' Tage  nach  dem  Monde  zählen^^  -7  rou; 
iifxi^cu;  xara  aeXJ^wiv  aysiv  —  was  hier  nichts  anders 
sagen  kann,  als,  er  führte  statt  der  altem  sdiwanken- 
den  Zählung  eine  genauere,  auf  die  näher  ermittelte 
Dauer  des  synodischen  Monats  gegründete  ein.  Pro- 
clus')  versichert,  ihm  gehöre  die  Wahrnehmung  an, 
dais  der  Mondmonat  nicht  30  Tage  hlalte,  wefshalb 
er  für  den  letzten  .Monatstag  die  Benennung  «nj  xal 
^  via  eingeführt  Dafs  der  Mondmonat  kürzer  als  30 
•  Tage  sei,  wuIste  man  gewiis  längst;  mir  dafs,  wenn 
man  ihn  mit  der  Conjunction  anfangt,  die  nächstfol- 
gende auf  die  Mitte  der  tQtaxag  treffe,  mit  ai^dem 
Worten,  dafs  der  Monat  29  und  einen  halben  Tag 
halte,  war  vermuthlich  eine  von  ihm  zuerst  gemachte, 
oder  doch  wenigstens  für  die  Zeitrechnung  zuerst  be- 
nutzte Beobachtung. ,  Er  nannte  daher  den  SOsten 
'Tdg,  der  dem  alten  und  neuen  Monat  zugleich  ange- 
hört, ^  oder  tvri  xalvia,  den  alten  und  neuen, 
wie  auch  Plutarch  und  Diogenes  Laertius  ver- 
sichern *).  Beim  Varro  heilst  es  *),  er  habe  diese 
Benennung  für  die  rQiaxdu^  oder  den  Tag  der  Gon- 
junction  defshalb  eingeführt,  guod  ea  die  poteH  vi- 
deri  extrema  et  prima  luna.  Es  ist  aber  nicht 
möglich,  den  ab.  und  zunehmenden  Mond  an  Einem 


1)  I,  59.        3)  In,  Timaeum  Plat.  1,  p.  25. 

3)  Vita  Sol  c.  35.    De  Vit.  phiL  I,  57.    VergL  Hundb. 
J,  267. 

4)  De  lifig.  lat,  V,  p.  54.  ed.  Bip.  Vcrgl.  R.  R.  I,  37. 


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Griechm.  119 

Tag«  zu  sehen,  und  e$  ist  daher  wahr^cheipllch,  dafs 
es  leifeen  mufs:  quod  ea  dies  . .  .  „weil'  dieser  Tag 
zugjbich  für  den  letzten  und  ersten  des  Monats  gelten 
kam.^*  DJ^  Benennung  twi  für  tqiö^xou;  kommt  übrl- 
gei5  schon  beim  Hesiodus  vor  ^);  So  Ion  fügte 
abir  zuerst  xa2  via  hinzu.  Dem  folgenden  Tage  gab 
er  nach  Ptutarch  die  Benennung  vovjLiriviay  nicht, 
Ais  er  sie  zuerst  gebrauchte,  sondern  sie  zuerst  dem 
nichst^n  Tage  nach  der  Conjunction  beilegte,  die 
No^idphase  mochte  sich  schon  an  ihm  zeigen  oder  nicht 
ffier  hätten  wi^.  also  die  erste  Spujr  -eines  cyklisch  be- 
stimmten Monats.  Auch  soll  er  nach  Pinta rch 
md  demScholiasten  des  Aristophanes  ^)  die  Mo- 
tatstage  nach  dem  20sten  zuerst  in  rückgängiger  Ord- 
ning  mit  dem  Zusatz  9^&owo^  (jLirivoq),  des  zu  Ende 
gehenden  Monats,  bezeichnet  haben,  was  wieder 
aif  eine  cyklische  Bestimmung  des  Monati  hin^eu- 
U;  denn  bei  der  alten  Art,  die  Monatstage  zu  zäh- 
loi,  konnte  man,  wenn. man  bis  zum  Slsten/gekom- 
nen  war,  natürlich  nicht  wissen,  ob  es  der  zehnte 
ocer  neunte  vom  Ende  seL 

Die  Ausbildimg  der  Octaeteris  bei  den  Griechen 
sckint  hieiliach  folgenden  Gang  genommen  zu  ha- 
ben* nachdem  man  sie  lätigst  als  ein  bürgerlidies  Aus- 
gleidiungsmittel  der  b.eiden  Zeiträume,  wovon  die  grie-  - 
chisihen  Feste  abhingen,  gebraucht,  aber  die  .Monate 
auf  dne  unsichere  Welse  durch  unmittelbare  Beob- 
achtmg  der  ersten  Phase  bestimmt  hatte,  führte  &o- 
Ion  0.  46,3,  594  v.  Chr.  »),  den  regehnäfeigen  Wech- 
sel dci  vollen  und  hohlen  Monate  ein ,  und  legte  da- 
durch len  Grund  zur  cyklischen  Theorie,   Cleostra- 


1)  Lttdbatt  V.  770.    2)  jdd  imb.  v.  1129. 
3)  Iniieses  Jahr,  wo  er  Archou  war,    gehört  seine  Ge- 
seUgebong. 


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120.  Technische  Chronologie, 

tus,  der  allem  Anschein  nach  nicht  viel  später  leite, 
voUetidete  dann  die  Anordnung  der  Octaeteris  dadurch, 
dafe  er,  jenen  Wechsel  beibehaltend,  dreimal  im  Ver- 
lauf derselben,  und  zwar  im  dritten,  fünften  und  ach- 
ten Jahr,  einen  SOtägigen  Monat  einschaltete,  und  so 
ihre  Dauer  auf  ^^  Monate  nait  2922  Tagen  brachte. 
Auf  diese  Weise  ward  die  Rechnung  von  der  Beoi- 
achtung  'des  Himmels  unabhängig,  und  es  kam  nur 
'  darauf  an,  von  Zeit  zu  Zeit  einmal  aufser  der  Ord 
nung  einen  oder  zwei.  Tage  einzuschalten,   um  der 
Cyklus,  der  in  Ansehung  des  Mondes  um  anderthalb 
Tage  zu  kui^z  war,  immer  in  Uebereinstinmiung  mit 
demselben  zu  erhalten.     Es  wutden  dazu  vOn  Har- 
palus,  Nauteles,  Mnesistratus,  Dosikheus  und 
Eudoxus,  die  Censorin,  und  von  Eratosthqnes, 
den  Ge minus  nennt,  allerlei  Vorschläge  gemacht 
von  denen  wir  aber  nicht  bestimifit  wissen,  ob, und 
wann  sie  ins  Leben  getreten  sind.     Allem  Anscheir 
nach   ist  im   gröfsten    Theil   Griechenlands    die   vor 
Cleostratus  eingeführte  Form  der  Octaeteris,  die  sicl 
durch  eine  besondere  Einfachheit  empfiehlt,  stets  in 
Gebrauch  geblieben.    Nur  bei  den  AÖienem,  die  siA 
durchs  einen  hohem  Grad  von  wissenschaftlicher  Ais- 
bildung  auszeichneten,  wnnrde  etwa  hundert  Jahre  nflJi 
Cleostratus,  nämlich  OL  87,1,  v.  Chr.  432,  der   on 
Meton  angeordnete  19jährige  Cyklus  eingeführt ^  ^<^ 
von  nachher.         , 

Ob  die  Trieteris,  von  der  Geminus  und  Cen- 
sorin us  reden  ^  irgendwo  zur  Regulinmg  deir  birger- ^ 
Kchen  Zeil  gebraucht  worden,  bleibt  zweifelhaft  Sie 
soll  nach  dem  erstem  aus  25  dreifsigtägigen  Mooiaten 
bestanden  haben.  .  Alle^  ein  solcher  Cyklus  i^  ganz 
unstatthaft,  da  er  vom  Monde  um  nicht  weiter  als 
llf ,  von  der  Sonne  gar  um  19f  Tage  a/weicht 
Nach  dem  lelztem  soll  der  Wechsel  der  vo^en  und 


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i 


Griechen.  ,  121 

hoUen  Monate  dabei  zum  Grunde  gel^n  haben.  Wkd 
der  Sehaltmonat  ^u  30  Tagen  gerechnet^  so  kommt 
der  Cyklus  mit  dem  Monde  ziemlich  gut  überein ,  nur 
in  Ansehung  der  Sonne  ist  er  noch  •  immer  um  7| 
Tage  zu  lang^  so  dals  von  Zeit  zu  Zeit  ein  Schalt^ 
monat  weggelassen  werden  mufste;  doch  konnte  er 
wenigstens  einigemal  wiederholt  werden,  ehe  seine 
Abweichung  vom  Himmel  sehr  auffallend  wurde. 

Es  ist  wohl  möglich,  dals  Solon,  der  Urhebet. 
der  eyklischen  Rechnung,  aus  Unbekanntschaft  mit  de^ 
genauen  Dauer  des  synodischen  Monats  und  tropischen 
Jahrs  die  Trieteris  zuerst  an  die  Stelle  der  alten 
schwankenden  Octaeteris  gesetzt  hat;  auf  keinen  Fall 
aber  kann  sie  lange  im  Gebrauch  gewesen  sein,  da 
Cleostra^s,  der  Urheber  der  rectificirten  Octaete-^ 
ris,  kauni  fünfzig  Jahr  später  gelebt  zu  haben  scheint 

Beim  Herodot  ^)  loipmt  wirklich,  eine  Stelle 
vor,  nachdeF  sich  Solon  in  einer  Unterredung  mit 
Crösus,  dem  Könige  der  Lyder,  einer  Trieteris  be- 
dient hat,  wenn  gleich  der  Schriftsteller  von  ihrer 
Dauer  eine  ganz  falsche  Idee  gibL  Es  werden  näm- 
lich 70  Jahre  ohne  Schaltmonat  zu  25200  Tagen,  und 
mit  dem  ein  Jahr  ums  andere  eingeschalteten  Monat 
zu  26250  Tagen,  die  Monate  also  durdigehends  zu 
30  Tagen  gerechnet  Dabei  wird  behauptet,  dals  die 
letztere  Rechnungswelse  die  Jahiszeiten  zurückführe 
(das  Sonnenjahr  erschöpfe),  die  erstere  nicht;  und 
doch  stimmen,  wie  man  leicht  sieht,  die  25200  Tage- 
besser  n^t  dem  Himmel  überein,  als  die  26250.  Die 
Ausleger  haben  sich  sehr  mit  dieser  Stelle  gequält, 
und  zuletzt  den  Text  gewaltsam  ändern  wollen.  Ich 
glaube  'aber,  d^fs  nichts  zu  emehdiren  ist,  und  dals 
Herodot  das  Wesen  der  solonischen  Trieteris  ua- 

— z  *    ■•  . 

1)1,32. 

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12^  Technische  Chrohohgic,  > 

richtig  aofgefafst  liat  * ).  Atis  einer  andern  Stelle  ' ) 
gAt  hervor,  dafs  es  zu  seiner  Zeit  (400  v.  Chn) 
noch  griechische  Volkerschaften  gab,  die  ein  Jahr 
ums  andere  einen  Monat  einschalteten,  also  eine  Trie- 
ieris  hatten.  Auch  können  die  Lyder  und  andere 
Kleinasiaten  zu  Sölon's  Zeit  nach  30  fangen  Mona- 
tert  getechnct  und  er  sich  nach  ihren  Begriffen  be-  * 
quemt  haben.  N^r  so  viel  ist  ausgemacht,  dafs  er, 
der  die  Dauer  des  Mondmonats  zu  291-  Tagen  kannte, 
sich  ni^ht  so  wie  bdm  äerodot  ausgedrückt  ha- 
'  ben  kann.  '  i  ~ 

Was  Geminus  von  einer  16  und  160jährigen 
.Periode,  die  man  sich  als  Resultate  allmähliger  Ver- 
besserungen der  Octaeteri^  zu  denken  hat,  und  Cen- 
sorin  von  noch  einigen  andern  mit  der  Octaeleris 
gar  nicht  zusammenhangenden  altern.  Perioden,  einer 
12,  59  und  82jährigen,  sagen,  wollen  wir  hier  auf 
sich  beruhen  lassen,  weil  nicht  mit  Sicherheit  zu  er-, 
mittein  ist,  ob  und  was  davon  in  den  bürgerlichen 
Gebrauch  gekommen  ist,  noch  weniger  wann  und 
wo.  Es  eröffnet  sich  hier  ein  weiter  Tummelplatz 
*für  Alterthumsforscher,  die,  wie  Scaliger  und  Dod- 
well.  Gefallen  an  Hypothesen  finden  *).  fch  habe 
mich.in  meinem;Handbuch  der  Chronologie  dar- 
auf beschränkt,  die  zerstreuten  Nachrichten,  die  uns 
von  dem  Cykelwesen  der  Griechen  überliefert  sind, 
kurz  zusammenzustellen  und  zu  erläutern  *),  ohne  die 
vielen  Lüpken  ausfüllen  und  ein  zusammenhangendem 


1)  Vcrgl  Handbuch  I,  271  ff. 
,      S)  U,  4. 

3)  Iffiaii  vetgletche  besondere  äes  le  totern  Werk  d^  reteri- 
bus  Graecorum  Ronianorumgue  ryclh  disstrtaüoncs  X,  Ox 
ford  1684,  4. 

4)  TIi.  I,  S.  266  ff.  ' 


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Griechen,  123 

Ganze  gestalten  zu  wollen.  Meiner  Ueberzeugung  nach 
haben    sämmtüche   griechische   Volkei*   vor   Meten, 
und  gewiCs  die  meisten  auch  nach  ihm,  wesentlich 
die  Octaeteris  zu'  2922'  Tagen  gebraucht  und  sie  ab 
und  zu  rectificirt,  weim  sie   eine  Abweichung  vom, 
Himmel  wahrnahmen.     Da  wir  aber  die  Beschaffen- 
heit und  die  Epochen  dieser  ^Correctionen  liicht  ken- 
nen, ja  nicht  einmal  wissen,,  wie  die  OctaSterls  mit' 
der  Olympiädenare  zusammenhing,  also  nicht  die  Jahre; 
angeben  können,  in  denen  eingeschaltet  wurde,  so  ist  - 
es  vergeblich,  aus  ^|m  Zeitramn  vor  Meton  attische 
Data,  %.  B.  den  20^  o  e d  r o  m  i  o  n  OL  75,1,  den 
Tag  der  Schlacht  bei  Salamis,  auf  den  julianischen* 
Kalender  bringen  zu  wollen.    Petavius  erklärt  sieh 
für  den  23.  September  und  D  od  well  fiir  den  20. 
Oktober  480  v.  Chr.    Mit  Sicherheit  entscheiden  läfst 
sich  hier  nichts  *). 

Ehe' wir  zu  dem  lOjShrigen  Cyklus  des'Äreton 
und  der  damit  in  Verbindung  stehenden  76  jährigen 
Periode  des  Callippus  fortgehen  können,  wird  es 
noüug  sein,  uns  mit  der  zwiefachen  Eintheilutig  des' 
attischen  Jahrs  und  iseiner  Epoche  bekannt  zu. 
inachen. 

Es  zerfiel  zuvörderst  in  12  Monate,  deren  Na- 
men folgende  sind: 

^Exarof.ißaiwv  *     Hekatombäon. 

MsTce/ysiTvidv  Mctagitnion. 

BcyrßQofutiJV  Bocdromioh. 

♦        Uvave^idv  Pyanepsion. 

MoufiWüeTiilQidla)        Mämakterion. 

Xloaetösanf  Posideon. 

TafiTihcov  Gamelion. 

'  kv^si/r^^nLv         Anthesterion.    . 


1)  Handbuch  I,  309> 


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124  Technische  Chronologie.    ^ 

^EXoKpfißoXicüv         Elaphebolion.' 

"Movw^imf  MunychioQ, 

BaQyt^4(av  Thargelion. 

"SxiQoqipQiiia)  SkirophofioiL 

Im  Schaltjahr  wurde  der  Posidepa  zweimal  ge- 
zahlt Ptes  eihellet  theik  ans  einer  astronomischen 
Beobachtung  beim  Ptolemäus  ')»  wo  des  erstem 
Posi.deon  gedacht  wird,  theils  ans  einer  griechischen 
Inschrift  '),  wo  in  der  Reihe  dar  attischen  Monate 
ein  erster  und  zweifer  Posifleon  vorkommen*    * 

Die  Ordnung,  in  der  die  Sfonate  hier  aufgeführt 
sind,  ist  diejenige,  die  Sealiget  nir  die  richtige  halt 
Petaviua  macht  den  Mämakterion  zum  vierten, 
den  Pyanepsion  zum  fünften.  Der  erste  hat  ohne 
Zweifel  Recht  Wir  hdben  vier  attische  Inschriften 
ans  sehr  verschiedener  Zeit,  in  denen  der  Pjanepsion 
vor  dem  Mämakterion  steht')«  Dazu  kommt  hoch 
eine  Tafel  der  atiischen  Monate  bei  Henricus  Ste- 
piKinus  «),  und  eine  andere  bei  Prideaux  »y^  auch 
dasZeugnifs  des  Harpacration,  eines  Grammatikers 
von  anerkannter  Autorität, '  der  den  Mämakterion  den 
fünften  Monat  der  Athener  nennt  Gegen  diese 
Gründe  können  die  von  Petavius  ^)  beigebrachten 
nicht  aufkommen.  Gründliche  Untersuchungen  hier- 
über haben  Barthelemy  ?)  und  Buttmann  *)  an- 
gestellt        ' 

1)  Alm.  1.  IV,  10,  p.  278. 
3)  ^5ckli  Corp.  Inscrrpf.  Graee.  Vol.  I,  a.  270. 
3)  $.  die  eben  dtlrle  SamniL  VoL  I.  a.  71,  270,  276,  523. 
4}  Anhang  tum  Thes,  iiitg^  Gr,  ooi.  225,  wo  mehrere  Mo- 
natovensdchniMe  gesammelt  sind.  / 

5)  Marm.  Oxan,  p.  239.      6)  Docir,  iemp.  L  I,  c.  10. 
7)  Man.  de  VAead.  d^  Imcr.  Vol.  XLVm,  p.  395  ff. 

6)  In  einer  Abhandlung,  die  meinen  historiscliten  Unter- 
Bncbvngen  Aber  die  astronoiliiBchen  Beobachtungen  der 
Alten  angehSngl  ist    VergL  Handb.  I,  277  ff. 


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Grt^ohen.  125 

Die  Athener  fingen  ihren  Tag  mH' dem  Unter- 
gänge der  Sonne  an  ^)»  Ihren  Monat  teilten'  sie  m 
drei  Dekaden.  Der  erste  Tag  desselben' hiels  im^ 
ftrfvia^  Nenmohd^  weil  er  in  der  Regel  mit  der  er«- 
Sien  Erscheinung  der  Mondsichel  in  der  Abenddäm- 
merung anfing.  Man  dleht  also,  dafs  Neumond  den 
Griechen  etwas  anderes  war,  als  uns,  nicht  der  Tag 
der  Coi^unctibn,  den  sie  oiSito&ic,  die  Römet  coitus 
lanae  nannten,  sondern  der  Tag  der  ersten  Phase. 
Die  folgenden  Tage  des  Monats  wurden  der  Ordnung 
nadi  bis  zum  zehnten  fortgezahlt,  nnt  dem  Beisatz 
lara^svQfo^  des  angebenden  Monats.  £ben  so  die 
Tage  der  zweiten  Dekade  mit  dem  Beisatz  hä  S&uk^ 
über  z^hn.  Der  20ste  Tag  hiefs  sZxoW,  und  nach 
ihm  die  übrigen  Tage  BhcaStq.  Vom  21sten  an  saj^ 
man  nach  PoUux  *)  ac^tj,  Stiyr^Qot  u.'  s.  w/  hä 
sixaSi;  gewöhnliche^  aber  wurden  die  Tage  der  letz- 
ten Dekade  dem  schwindenden  Lichte  des  Mondes 
gemäfs  rückwärts  gezählt^  wie  die  Tage  vor  deit  Ca- 
lendis  bei  den  Rimem,  mit  dem  Beisatz  «p^mnnro^^ 
des  schwindenden  Monats,  um  s<^eich  durch 
das  Datiren  bemerklich  zu  machen,  wie  lange  dak 
MondKcht  noch  Toihalten  werde.-  Der  2f  ste  Tag  hieü^ 
entweder  Sexcefri  odör  iwarri  t^lvofT'pgy  je  nachdem 
der  Monat  30  oder  ^  Tage  hatte.  Dies  ist  wenig- 
stens die  Meinung  des  Theodorus  Gata  *)  und 
Petavius  ^).  Ich  halte  sie  tot  die  wahrscheinHeh» 
8te,  wenn  sie  ^eich  keinesweges  die  aligemein  ange- 
nommene ist;  vielmehr  gebort  die  Frage,  welcher 
Tag  in  den  hohlen  Monaten  iiai^&nfiogj  der  ausge-A 


i)  PiiDitis  B.  N.  H,  79;    Ceator.  e.  S3. 

2)  Onom.  I,  7,  63. 

3)  S.  sem«  kleine  Sdurift  über  die  Monate  e.  18. 

4)  Doi:ir.  iem/h  1,  5. 


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1^  Techniscfie  Chronologie.  '      ^ 

mejttie  odq:«  .auszumerzende)  war,  zu  den  be- 
.^rittensten.iiy  der  Chronologjie^  Ich  mufe  defefalls 
Qiif  nieiq  I^^ndbueh  Terweisen  ^)• 

Das  bürg^Kcbe  Jaiir  der  Athener  fing  mit  dem 
üekatoqfibäoa  um  die .  Sommerwi^de  an.  Pies  ^eht 
•11116  vielen  Zeugnissen  Ji^rvor,  unter  anden^  aus  fol- 
j;epder  Stelle  des  Dionysius  von  Halicarnafs  '): 
y^Iliqn  wurde  nach  attiscfher  Zeitrecbnppg  17  Tage 
vor  der  Somm^erwenc^  am  8.  Thargelipn  vom.  Ende 
eingfppmmen^  .!^ur  Vollendung  des.  Jfihfs  fehlten  noch 
20.  T&^e  iLach .  den^ ,  SoLs|Jti^m•  ^^  Die  Stellung  d^s 
.Schaltmonats  in .  der  Mitte .  des  Jajirs'  macht  es  aber 
\Kldirscheinlich, :  dafs  das  Jahr  ehemals^  mit  dem  Ga- 
.melion  .um  die  Winterwende  begann,  und  dies  ist 
.auch  die  Meii^ng  deir  bewährtesten  Chronologen,  ob  es 
'^Ipich.  dafür  ^n  ein^m  bestimmten  Zeugnisse  mangelt 
]^ur  über  die  Epi^he  der  Verschiebung  d^Jahrsanfafigs 
ist  man  zweifelhaft.;  Sf^aliger  und  Peta vius  schwan- 
J|L€^^:Do.d;WeJl.^.)  jQud  Corsini  *)  entscheiden  sieb 
für  Ol.  ST»!).  ^lOi (Epoche  d^s  metonischen  Cyklus. 
;f)^. die;4rcho9tep  damals  wirklich  mit  dem.Heka- 
;tcnnbäo^'  ii^s^Amt  ^aten,.  geht  hestimn^t  aus  dem 
TJijucy*dide»  hervor  *),.  und  dafs., fs  zum, erstenmal 
^c^chel^n  sei,  will  i^n  aus.  dem.Festus  Avienus 
schVelsen  *)*  .  Es  ist  aber  viel  wahr^heinlicher,  was 
$^u^h  S^aliger  anummt,  dals  /die  Verschiebung  des 
J^gtajntTai^  vom  GajQißlian  zi^ii  ßek^toip^  in  eine 
w^it,  fnihe^o  Zeit  geh^t^  wo  96ch^  weiiig  geschrieben 


1)  Th.  I,  S.  283  ff. 
^yjitt.  I,  63. 

3)  De  Cych  1,4.  W  35.; 

4)  F€isti  JltUi  11,  22. 
5)11^2.     , 

6}  Araiea  prognost,  v.  41. 


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Griechen.  .12f7  , 

wurde«  Ich  kann  hier  nkhi  in  ekie  Attsräxai^er- 
Setzung  der  Grüpdc  eingehen  ^  die  für  diese  Ansteht 
sprechen^  und  luuls  deMaDs  auf  dpa  H^^dbuch  der 
Chronologie  verweisen  *).      '  ^    •  :      :, ,.,   ,,j 

Da  die  a^tlischen  Monai;^  an  die  .Alondl^c^el 
geknijpft  waren^  so  mufete  ihr  Anfing;  in  ein^in  ^iH,- 
rauox  von  einigen  unserer  \y^hen,Qmber^chwank^ 
so  dals  sie. sich  nipht  genau; mit  lui^ern Monaten; ver- 
gleichen lassen.  Nui;  so  ^lel  ist.  gewiGs,  dais.  siqh 
der  Anfang  des  Heka^mbäon  ia  der  Gegend  der  Spoi- 
merwende  befand.  , Scaliger  ^aiihl^^dals  allen^al  dff 
erste  Neumqnd  nach  der  Sonu^er^^^ende^  de^,  Ef^tn;^ 
tombäon  bestinunt  hal^;  allein  eßist, ausgemacht? .4^ 
das  Jahr  zuweilen  vor  derselben  anfing  ^  )• 

Eine  zweite  Eintbeilung  des  attischen  J^p^  war 
die  in  10,  ^pätei^  in  12  Prytanien« 

Seit  dem  Archon  ClistHenes,  OL  674?  '^^i'<dje 
Zahl  dar  aüisphen  St^ume  zehn^»  i  Jäbi^ch .  v^urdcn 
aus  jedem  50  Männer  gewählt,  die  sogenannten  Pry- 
tanen,  die  zusammen  den.Rath  der  Fünfhundert 
badeten.  Die  Besorgung  der  laufenden  Staalsgesehäfie 
und  das  PräsidiiHU  in  den  VoUcsversamndini|^en  lafg 
den  Prytanen  der  einzelnen  Stämme  nach  eiu^r  durchs 
Loos  bestimmten  Ordnung  ob,'  so  dafs  jeder  Stanu^ 
35  bis  36,  .TagCi.  aj^  Ruder  blieb.  Diese,  .Zeit  hiefe 
'stQvraevstaj  uod  u^  solchen  .Pxyta;nieii  datfrteiuan 
in  den  öffentlichen  Akten,  indem  man  angab,  »n  wei- 
chem Tage  der  ersten*  bis  zehnten  Prytanie  et\^«^S  ge- 
schehen sei,  wozu  dann  noch  das  gewÖhnhche  Mq- 
natsdatum  kam  oder  auch  jiicht  ^  )f.     Nach  JPhptiuii 


l)Th.  I,S..2aB8ft 
2)  Kandbiicli  I,  293. 

3^  Beides  .finjlct.  sich  .ai^T  ^nerlel  Sf^m,  dem  90geiii|iiiiten 
ChoisealscheQ  Marmor  (Corp,  Inscr,  Gr.  I,  n*  147»  14$,) 


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138  Technische  Chronotogie.    \ 

und  Saidas  »)  sollen  die  Prytanen  Aet  vier  ersten' 
Stämme  36,  die  der  sechs  letzten  d&  Ta]^e  in  Func- 
tion geblieben  sein.  Allein  aus  einer  in  OL  93,3  ge- 
hörenden  Inschrift  <;)  erhellet,  dafs  damals  die  vier  letz- 
ten Pry^tanien  36  Tage  hatten.  Wie  es  damit  im 
Schakj^r  gehalten  wurde,  sagt  uns  zwar  niemand; 
da  aber  diese  Jahre  um  einen  Monat  länger  waren, 
so  wird  jede  Prytanie  in  denselben  ohne  Zweifel  3 
Ta^e  'länger,  also  38  bis  39  Tage  gedauert  haben. 
Nach  Wiederherstellung  dfer  Demokratie  durch  De- 
ioietrius,  den  Sohn  des  Antigonus,  OL  118,2,  ka- 
men zu  den  zehii  'Stämmen  noch  zwei  hinzu  ^ ),  und 
nun  blieb  im  Gemeinjahr^  jeder  einen  Monat  am  Ru- 
der, so  dafs  der  jedesmalige  Tag  der  Prytanie  mit 
Aem  Monatstage  übereinstimmte  *).  Wie  der  Schalt- 
monat unter  die  12  Prytanien  veräieilt- wurde,  wis- 
sen wir -iiicht 

Als  Uilieber  des  neunzehnjährigen  Cyklus, 

•  '  ;•     ■•    tu 

]£  der  httdu^if^  aiif  dar  yordemite  wird  blob  naoh  Pr|i«nieii  da-  - 
lirt,  ia  der  .auf  der  Rüdca^ite  kommen/ zogldcfc  die  HenatB^tege  ror. 

1)  hl  .ihren  W^rterbadiem  unter  gt^woa/nc». 

2}  Aof  der  Vorderseite  des  eben  gedachten  Dlarmors,  ^Die 
o^mme  werden  Ider  in  folgender  Ordnnng  genannt:  AeanÜs, 
Aegeis,  Oeneis'^  Acamäntis^  Cecropis/Leotftis,  Antio- 
eJiM,  Hlpp^tbontis,  Erechtlieis,  PaUdlonis.  Sie  kommen 
hSi^g  iD  laschriftea  vor. 

3^  Sie  wurden  an&a^  dem  Vater  qnd  Sehn  zn  Bbtea  An- 
tigonis  nnd  Demetrias,  spfiterhin  (Pollax />/»«  Till,  %  110) 
Attalis  nnd  Ptolemais  genannt  hn  zweiien'  Jatirlmndert  n. 
Chr.  nnter  Hadrian  entstand  gar  noeh  dne  dreizelmte  l^ribas, 
,  die  Hadrianis,  die  z.  B.  in  No.  284  de»  ersten  Bandes  der 
B&ckhschen  biscbriilen  -  Sammlung  erwShnt  wird.  Vermnthlich 
datirte  man  damals  nicht  mehr  nach  ^rytaniett;  sonst  könnte  die 
Frage  sein,  wie  man  die  12  Monate  ia  13  TheÜe  getheil^  iiabe. 

4)Dti&  VergL  Ctn^  Ineer.  Gr.  Vol.  I,  tt.  111,  112,  113 
und  124«      - 


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Griechen,  129 

za  dessen  BetMchtqng  wir  mm  fortgeheii,  wird  mu^  ; 
sonst  überall  der  Athener  Meton  genannt^);  nur 
Geminns  legt  ihn  dem  Euctemon,  PKilippus  und 
Callippus  bei.  £uctemon  war  Meton's  Zeitge? 
nosse,  und,  wie  wir  aus  dem  Almagest  erseh^i  ^)y 
sein  Gehiilfe,  und  der  100  Jahr  später  lebende  Cal- 
lippus  verbesserte  blols  seine  Erfindung.  Welchen 
Antheil  der  wenig  bekannte  Philippup  daran  hatte^  ' 
wissen  wir  nicht 

IKe  Hauptstelle  über  diesen  S^eitkrds  findet  sich 
beim  Geminns*  Sie  lautet  also:  9,Sie  beobachteten, 
dals  in  19  Jahrm  6940  Tage,  imd',  mit  Einschluls 
von  sieben  eingeschalteten,  235  Monate  enthalten  si^d. 
Ihnen  zufolge  hält'  demnach  das  Jahr  365-3%  Tage. 
Von  den  235  Monaten  nahmen  sie  110  hohl  und  125 
TolT  an,  so  da&  nicht  durchgängig  ein  yöHer  Monat 
mit  einem. hohlen  wechselte,  sondern  zuweQen  zwei 
yoUe  Monate  auf  einander  folgten.  Dies  ist  den  Er- 
scheinungen des  Mondes  gemäfs  und  war  in  der  Oc- 
taeteris  nicht  der  Fall.  Unter  den  235,  Monaten  setz- 
ten sie  aus'  folgendem  Grande  .110  hohl:  sind  alle 
Monate  voll,  so  gibt  dies  für  die  g&nze  Periode  7050 
Tage.  Sie  sott  aber  nur  6940  halten;  es  müssen  mit-  ^ 
hin  HO  Monate  hohl  gezählt  werden,  damit  während 
der  235  Monate  die  6940  Tage  der  Periode  heraus- 
kommen. Und  um  die  auszumerzenden  Tage  mög- 
lichst gleichförmig  zu  vertheilen,  dividirten  sie  6940 
durch  110.  Dies  gibt  zum  Quotienten  63.  Es  muls 
also  in  dieser  Periode  zwischen  je  63  Tagen  einer 
weglassen  werden,  nicht  die  jedesmalige  r^ioawi;.^' 


1)  Tket^phr.  ds  sign,  pltw.  p.  416.  Diodor  XH,  36.  Ae- 
lian  Far.  HUt.  X,  7.  Censorinua  c  18.  SchoL  ad  Aristo^ 
ph.  Ares.  998. 

2)  m,  2,  S,  160.  . 

.    ^  9 


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130  TechnUcke  Chronologie.,  . 

Die  lebten  Worte  soDen  sagen:  e$  wurd#  allemal 
nach  63  Tagen  ein  ^^^ouq^'i/io^  angenommen  nnd  im- 
mer der  60ste  dazu  gemacht^  wie  dies  bei  äer  Oc- 
taeteris  geschah,  in  der  ein  Monat  um  den  andern 
hohl  war. 

C.ett8orinuft  gedenkt  an  der  nwhimals  erwähn- 
ten Stelle,  des  melonischen  OyUus  mir  knrz  »dt  fol- 
genden Worten:  Praeter ea  sunt  Mnni  magni  com- 
phiresi  ut  Metpnicus,  quem  Meton  Athemensis  ex 
annis  undeviginti  constituü,  eoque  hveaSmeutiriQiq 
appellatur,  et  intercalatur  septies,' in  eoque  anno 
sunt  dierum  sex  millia  et  DCCCCXL. 

Ißs  kommt  nun  darauf  an,  den  Kanon  des  Me- 
ton wiederherzustellen  und  ihn  in  richtigen  Zusam- 
menhang mit  unserer  jidianiscben  Zeitrecbrnuig  zu 
bringen.  Zuvörderst  wird  aber  das  Wesen  seines  'da- 
mit in  Verbindung  stehenden  Kalenders  erklärt  wer- 
ben müssen  *). 

Da  die  griechischen  Monate  an  die  Mondwech- 
sel geknüpft  waren  und  daher  keine  ganz  feste  Stel- 
lung im  Sonnenjahr  hatten,  so  sah  man  sich,  um  die^ 
richtigen  Momente  der  von  bestimmten  Jahrszeiten 
abhängenden  Geschäfte  des  bürgerlichen .  Lebens  zu 
erkennen,  genöthigt,  sich  nach  Merkmalen  in  der 
Natur  umzusehen,  und  hierzu  boten  sich  am  natftrlich- 
sten  die  periodisch  wiederkehrenden  Auf-  und  Unter- 
gänge der  Gestirne  dar. 

Die  Gewohnheit,  den  Himmel  zu  befragen,  wo 
wir  in  den  Kalender  sehen,  ist.  bei  den  Griechen  so 
alt,  dafs  sich  Prometheus  beim  Aeschylus  als 
den  Urheber  davon  angeben  kann  *)-> 

1)  Man  vergleiche  meine  Abhandlang  über  das  Kalender- 
wesen der  Griechen  andR5mer  in  Hrn.  r.  Zaeh's  monatl. 
Correspondenz  B.  XXVHl,  S.  514  ff.  und  Handb.  1,  310  ff. 

2)  V.  453. 


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,  Griejchfin.  J3I 

Beim  Hom^r  kommt  nur  eine  Stelle  dieser  Art 
vor,  wo  ei:  ^gt»  dafe  d^r  Hund3Stera  in  der  ortco^a 
au%ehc  *).  Desto  häufiger  erwähnt  Hesiodns  die 
Auf-  und  Untergänge  der  Sterne»  Die  Geschäfte  des 
Landaianns  bernngend,  xuulste  er  die  Jahrszeiten  b^- 
stiminen»  wo  sie  in  Grieeh^land  %n  t errichten  wa- 
ren. Sie  an  Monatstage  w  knüpfen,  war^  unpassend 
gewesen,  einmal  wegen  4f^r  Wanddbarkeit  der  Volks- 
monate ^  und  dann  w^i)  sie  bei  den  verschiedenen 
griechischen  Völkerschaft^  s^r  verschiedene  Nanien 
führten«  Er  reiht  sie  also  an  Fixsternerscheinungen, 
nnd  hierin  hat  ihn  YIrgil  nachgeahmt,,  ungeachtet 
dieser  schon  einen  fe^eordneten  Kd^nder  vorfand» 

Dem  Beicfpiel  des  Hesiodus  folgten  nachmals 
alle  griechische  Schriftsteiler,  denen  les.  um  eine  ge- 
naue Be&eichpung  der  Zeiten  des  Soönanjahrs  zu  thun 
war.  In  diesem  Fall  befanden  sich  unter  andern  Hip- 
pocrates,  Aristoteles  und^  Theophrast.  Der 
erste  räth  ^)  den  Acrzten,  die  Nachtgkiclieti  und  Sion- 
nenwenden,  die  Aufgänge  des  Suius  und  Arktur  und 
den  Untergang  der  Plejaden  als  kritisch  zu  beachten» 
Die  beiden  letztern  gedenken  der  Auf-  und  Unter- 
gänge der  Gestirne  häufig»  Besonders  erwähnen, sie 
den  Friihaufgang  des  Sirius,  den  Fröhauf  <•  und  Un- 
tergang der  Ple^aden,  die  .beiden  Aulgange  des  Ark- 
tar  und  den  Frühauf-  und  Untergang  des  Orion.  Der 
Ziosanimephang  lehrt  in  der  Regele  von  welchem 
der  vier  jährlichen  Erscheinungen  des  jedesmaligen 
Sterns  die  Rede  ist.  Auch  hatte  sich  der  Sprach- 
gebrauch der  Grieeheri  bei  jedem  einzelnen  aufs  be- 
stimmteste   gebildet      So  dachte    ein    jeder   bei  etu^ 


2)  De  aere,  locis^ei M4ptf.%  p.  28S. 


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132  Technische  Chronohpe. 

ocwi  oder  vncor^  ocrtQ&v,  snr  Zeit  des  Hundes  oder 
Gestirn-s,  an  flen  Frühau^gang  des  Sinus.  < 

Mit  diesen  wenigen  Erscheinungen,  wodurch  sich 
die  Hauptepochen  des  Jahrs  kenntlich  machten,  schei- . 
nen  sich  die  griechischen  Landleute  und  Seefahrer  lange 
beholfen  zu  haben«  Einen  eigentlichen  Kalender/  der 
die  unmittelbare  Beobachtung  überflüssig  machte,  lie- 
ferte zuerst  Meton.  Er  machte  die  Entdeckung,  dals 
235  Mondmonate  nahe  19  tropische  Jahre  geben  * ). 
Hierauf  gründete  er  einen  Cyklus  von  6940  Tagen, 
die  ~  er  so  geschickt  in  Monate  fXL  theilen  wufste,  dafs 
diese  im  Verlauf  des  ganzen  Zeitraums  mit  den  Mond- 
wechseln übereinstimmten.  Damit  verban4  er  dnen 
neunzehnjährigen  t^alender,  dessen  Einrichtung 
folgende  gewesen  sein  mufs:  den  attischen  Monaten, 
deren  Daue^  seiner  Theorie  gemäfs  veränderlich  war, 
standen  durch  alle  19  Jahre  des  Cyklus  die  Feste 
und  wichtigsten  Himmelserscheinungen  beigeschrieben. 
Jene  hafteten  auf  bestimmten  Monatstagen;  diese  ver- 
schoben sich  von  einem  Jahr  zum  andern,  wie  es  die 
Natur  des  Mondjahrs  mit  sich  bringt  Mit  den  we- 
nigen obengedachten  Erscheinungen,  an  die  man ^ die 
Anfänge  der  Jahrszeiten ^  knüpfte,  begnügte  er  sich 
aber  nicht.  Er  fügte  die  Auf-  und  Untergänge  vieler 
andern  ausgezeichneten  Sterne  hinzu,  nebe»  denett  er 
zugleich  die  Winde  und  Wechsel  der  Witterung  be- 
merkte,  Wmnit  sie  im  Klima  Griechenlands  bereitet 


1)  Bailly  and  andere  haben  ibm  diese  Eoldednuig  streitig 
machen  und  sie  dem  Orient  ymdiciren  wollen.  Laplace  be- 
haaptet  {Expos,  du  syst,  du  mondt^  S.  365  der  vierten  Aasg.), 
|3ie  Chinesen  hätten  den  Idjährigen  Cykhis  schon  mehr  ak  1600 
Jahre  yor  Meton  gekannt!  Diese  einiadie,  anf  leichter  Walui&eh- 
mang  beraheade  Erfindung  konnte  fuglich  hei  mehreren  VOlkem 
nn^bhängig  von  einander  gemadit  werden. 


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Griechen.  133 

zu  sem  pflegen.  Diese  meteorologiscben  Notizen  Ine-- 
fecn  bei  den  Griechen  haarifioxricxi.  Das  Wort  be- 
zeichnet die ,  Anzeige  der  Ankunft ,  das  Anmelden, 
auch  wol  die  Anknnft  selbst«  Besonders  wird  es  von 
den  Witterungswechseln  gebraucht  Wenn  irgend  eme 
Fixstemerscheinung  eine  merkliche  Aenderung  der  Wij- 
ternnginit  sich  bringen  sbBte,  so  wurde  dies  bei  den 
Griechen  durch  hcKxrifxalvei^  und  ^eben  so  bei  den  Rö- 
mern durch  significat  ausgedrückt  .  So  sagt  Pli- 
nius^):  A  bruma  infavomum  Casari  nohilia  sidera 
sigmficant.  Anfangs  betraehtete  man  die  Auf-  und 
Untergänge  der  Gestirne  nur. als  die  S^ale. der  Wit- 
terung. ^Man  kam  aber  bald  dahin,  die  letztem  als 
dne  Wirkung  der  erstem  anzusehen,  ein  Wi(hn,  der 
sich  bis  auf  den  heutigen  Tag  in  den  Volkskalendem 
fortgepflanzt  hat,  nur  dals  an  die  SteDe  derFixsteme 
aSmählig  die  Planeten  in  ihren  Aspekt^  oder  g^en- 
seitigen  Stellungen  getreten  sind.       ^  ^ 

Meton's  19  Jahre  umfassender,  aber  semer  Ab- 
sieht  nach  immerwährender  Kalender  wurde  in  Grie- 
chenland mit  grolsem  JBeifall  aufjgenommen.  '  „Za 
Athen,"  sagt  Diodor  «)  beim  vierten  Jahr  der  86sten 
Olympiade,  „stellte  der  wegen  seiner  astronomischen 
Kenntnisse  berühmte, Meton,  Sohn  des  Pausänias^ 
Seme  Enneadecaeteris  auf,  beginnend  mit  dem  IStes^ 
des  Monats  Skirophorion.  —  Dieser  Mann  scheint  iii 
der  Verkündigung  der  Stemerscheinungen  überaus 
glücklich  gewesen  zu  sein;  denn  sie  bewegen  jsich 
übereinstimmig  mit  seinen  Angaben  und  f^en  die 
^nigegebenen  Veränderungen  der  Witterung  herbei. 
Debhalb  bedienen  sich  auch  bis  auf  unsere  Zeit  die 
meisten  Griechen  der  Enneadecaeteris  und  verfeh- 
len dabei  die  Wahrheit  nicht"    Die  Alten  reden  von 


1)  H.  X  XVUI,  64.       2)  XH,  36. 

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131  Technische  Ckroiiologie. 

verschiedenen  Tafeln  und  Söülen,  auf  die  der  19|ah- 
rige  Kalendef  getragen  w«ri,  ä.  B.  der  Scholiast 
zum  4vatu8  *)  und  A^lioi^  ^,).MJeberhaupt  war 
es  die  Gewohnheit  der  griechischen  Astronomen,  ih- 
re  Kalender  an  'öffentlicfaen  Or^  zur  Einsieht  des 
Volks  aufz^ustcUen,  wefshalb.  sie.  ihnen  auch  den  Na- 
men «Ägifiw^/»ara»  An^^e^la^e^  Ausstellungen, 
beilegten. 

Petaylüs  ^.')  glatrb^^  da&  die  Atlienet^*  so  .gün- 
stig sie  auch  den  Kalender  des  Meto i^  aufgenditunen 
haben  mogen^  doch  .nbch  immier  ^ur  Eintheäung  ihrer 
bürgerüdi^  Zeit  die  alte  Octaektä  beibehielten.  Diese 
Ansicht  wird  man' jedoch  wcii%  wahrscheinlich  fin- 
den, wenn  mmi  über  dea  Wldevspnich  nadidedLt, 
worin  der  auf  den  IBjähri^'eii  C^ldÜs  gegriiindeie  Ka- 
lender  mit  der  gewöhhlickeri/ oft 'Unt  eilien  gaiizen 
Monat  ViOn  ihm  a|iweichcndeB,  Zeitrechnung  •  gestan- 
den haben  müfste;  dehn  in.  doi»:  lOjährigen^ Zeitkreise 
war  die- Folge' der  Schaltmonale  eine  ganx  midere, 
als  in  .dem  äjährigenJ  Do^dweli  md  Gbrsini  da- 
gegen sind  der- Meinung,  dafs,  wangstetis,:zu  Athen, 
der -19 jährige. Cyklus  gleich  mit  d..  87,1 ,  zur  Regu- 
liruiig  dep'bütgerlidien  Zeitrechnung  angewandt  wurde. 
Ich?  trete  ihnen  bri /Uud  habe  in  meinem  Hand« 
b:uch  *)  Igeieigt,  da&  die  Worte«  des  Geminus,  auf 
die  sicdi  ^etarius  beruft^  das  nicht 'bewdsen, '  was 
^r  atis,  ihnen  folgert^  und  der  Annahme  gar  mcht  eiit- 
gegen-sind^  dabder  ]9j|äbiige  Cyklia-  wirldidi  im 
buFgerlicheti  '€id)raueh  wan  Vielinehr  apocht  dafür 
gans  deuilid[r>die- Art,  wie  dieser  Schriftstdier  den 
Uebörgahg  <  1CU  dentselben  macht  ^^Da  alsa,^^  sagt 
er,  „die  Octaeteris  in  allen  Stützen  fehlerliaft  war, 


1)  Zu  T.  752.        2)  Fat'.  hi'St.  X,.7.        3)  Doeir.  imtp, 
ILIO.        4)  Tk  1,  S.  319  ff. 


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eritchen.  *    ,       ia5 

so.  haben  die  A«tron<»nen  (Meton,)  Eüctemoii,  Philip, 
piis  und  Callippns  eine  ganz  and^e  Periode,  die  En- 
neadecaSteris,  aufgesteQlf/^  Besonders  beweisend .  ist 
auch  aufser  obiger  SteQe  des  Diodoi:  uoch  folgepde 
des  Colnmella  ^)i  In  hac  ruris  disciplma  sequor 
nunc  Eudoxi  et  Metonis,  antiquorfinique  fastus 
astrologorum,  qui  sunt  aptati  pu6lici^  säcrificüs. 
Diente  nämlich  der  Kalender  des  Ale  ton  zur  Anord- 
nung der  öffen^chen  Opfer  und  Feste,  die  zu  Athen 
an  bestimmte  MönaUtage  geknüpft  waren,  wer  k^nn 
noch  zweifeln,  dals  die  Monate  selbst  nach  ihm  ab^ 
jemess^n  wurden ! 

Es  kaEto  nur  die  Frage  sein,  ob  der  Cyklus  gleich, 
mit  seinem  erst^i  Jahr  OL  87,1  in  Gebrauch  gekom- 
itten  ist.,  läne  Stelle  deai  Aristophanes^),  in  der 
noch  acht  Ja&re  später  über  das  Schwankende  der  at- 
tischen Zeitrechnung  gespottet  wird,  sdbeüit  freilich 
dagegen  zu  sprechen,  ist  aber  bei  'näherer  Ansicht 
nicht  so  beweisend,  dais  sie  das  Zeugnifs  des  Dio- 
dor  entkräften  könnte,  der  ausdrücklich  jenen  Zeit- 
pnnkt  nennt  , 

Für  die  Reduction  der  attischen  Data  nach  Ol. 
87,1  ist  also  die  Wiederherstellung  des  metonischen 
Kanons  von  grofeer  Wichtigkeit.  Ich  bin^  zu  diesem 
Ende  in  meinem  Handbuch  der  Chronologie  *) 
in  ausfuhrliche  Untersuchungen  eingegangen,  deren 
Resultate  ich  hier  kurz  darlegen  vnll.  Es  kommt  auf 
drei  Punkte  an:  1)  die  Epoche  des  Cyklus'oder  den 
1.  HekatombSon  des  ersten  Jahrs  nach  julianischer 
Zeitrechnung  zu'  bestimmen;  2)  die  Anordnung  der 
Schaftjafare  zu  ermitteln;    3)  das  Princip  zu  finden, 


1)  Ä.  Ä.  IX,  14, 

3)  Nub.  V.  615  ff.    Vergl.  Handb.  I,  322  ff. 

;j)  Th.  I,  S.  325  ff. 


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136  Technische  Chronologie. 

nach^  welchem  die  vollen  Monate  imt  4en  ludilen  ge- 
wechselt haben.  ' 

Wenn  Diodor  den  13.  Skirophorion^  OL^86y4 
als  4en  Tag  nennt,  von  welchem  Meton  ausgegan- 
gen sei,  so  meint  er  damit  nic^t  die  £poche  seines 
Cy  kl  US,  sondern  den  Anfang  seines  Kalenders. 
Jene  war  ihm  die  erste  Nov/juipjia  nach  der  Soouier- 
wende,  dieser  der  Tag  der  Sommerwende  selbst  Nach 
Ptolemäus  *)  beobachtete  er  dieselbe  unter  dem 
Archon  Apseudes,  dulch^den  auch  Diodor  das  ge- 
dachte Olympiadenjahr  bezeichnet,  gemeinschaftlich 
.mit  Euctemon  am  Morgen  des  2L  Phamenotl 
oder  des  27.  Jun.  432  v.  Chr*  Mit  diesem  Zeitpunkt 
etwÄ  drei  Wochen  vor  dem»  1.  Hekatombäon,  fing 
er,  wiö  Heb  ans  einer  Stelle  des  Ar^tus  ^)  folgern 
lafet,  sanParapegma  an,  das  sei:  bis  zu  den  ersten  Ta- 
gen  des  20  st»  Jt^hrs  fortgef^rt  haben  mufs;  den 
Cykhis  dagegen  begann  er  mit  Meni  zunächst  folgen- 
den 1.  Hekatomhaon.  Diesen^ setzt  Scaliger  auf 
den  15ten^  Petavius  auf  den  16.  Julius.  Letzteres 
Datum  ist  das  richtigere.  Der  Neumond  trat  zwar 
nach  meiner  Berechnung  zu  Athen  schon  am  löten 
^bends  um  7  .Uhr  15'  m.  Z.  einj  allein  die  Mondsi- 
chel konnte  nicht  vor  ^dcm  16.  Julius  gesehen  wer- 
den. Wir  wollen  also  far  die  Epoche  des  metoni- 
schen  Cyklus  den  Abend  des,  16.' Julius  des  Jahns 
,  432  T.  Chr.  annehmen. 

Die  Firage,  welchen  Jahren  Meton  13  Monat« 
beigelegt  hat,  lälst  sich  nicht  durch  ein  bestimmtes 
Zeugnü^  beantworten.  Petavius  ^)  entscheidet  sich 
für  die  Jahre  3,  6,  S,  11,  14^  17  und  lÖ,  wie  es 


1)  Alm.  HI,  3,  S.  163, 

2)  ▼.  753  ff..  Ver^.  Handb,  1,  337. 

3)  Doctr.temp:  II,  13. 


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Griechen.  137 

scheint  aus  keinem  andern  &unde,  als  we3  in  dem 
Schakdrkel  der  Judep,  der  hödist  wahrscheinlich  vom  ^ 
metonischen  kopirt  ist,  eben  diese  Jahr^  13  Monate 
haben.  AHein  eine  Mondfinstenife  beim  Ptole- 
maus  ^),  die  in  das  Jahr  382  v.  Cüur.,  das  drei* 
^bnte  des  dritten  metonischen  Cyklus,  gehört,  ist  nn 
erstem  Posideon,  also  in  meinem.  Schaltjahr  beob- 
acbtet.  Ich  bestimme  mich  daher  lieber  nut  Dod- 
well  ^)  fil'^e  Jahie  3,  ö»  8,  11,  13,  16  und  19, 
indem  es  wahrscheinlich  ist,  da(s  Meton  in  den  bet^ 
den  ersten  achtjährigen  Zeiträumen  seines  Gyklus  eben 
die  Jahre  gewählt  luit,  an  welü^e  die  Athenler  durch 
die  Octaeteris  gewlijknt  waren  (114), 

Das  Priaci^jl^acii  welchem  er  die  voHeh  und 
hohlen  Monate  weduleln  liels,  geben  die  Worte  8i 
i^i^fin)  uf^  iff  i^aiQScrtfuyv  r^  ,^fk^^  &ytiv  iu  des 
Geminus^ztt  erkennen.  Dadwell  versteht  sie  so, 
da(s  er  den  jedesmsdigen  ödsten  Tag  vom  ^Anfan{^e 
seines  Cyklus  an  weggelass^i,  dso  im  ersten  Jdbr 
dessdben  keinen  3.  Boedromion,  keinen  6.  Mamakte- 
rion,  keinen  9.  Gamelion  u.  s.  w*  geat^hlt  habe.  Dies 
kann  aber  unmöglich  ihr  Sinn  sein.  Die  Präposition 
&a  zeigt  vielmehr  bestimmt  ap,  dals  das  InterraH 
zwischen  den  i^oiQ&ri/io/^  allemal  63  Tage  war,  dafs 
also  vom  Anfange  hinein  jeder  64ste  Tag  ausgement 
wurde.  Wäre  der  63ste  i4iouQe(rifioq  gewesen,  so  wikde . 
er  mit  der  Ausmerzung  zu  früh  zu  Ende  gekomm^i 
sein  und  der  Cyklus  sich  gegen,  den  ScUuIs  hin  irni 
drei  Tage  gegen  die  Mondphasen  vefschoben  haben, ' 
die  nur  dadurch, wieder  eingebracht  werden  konnten, 
dals  sechs  Mooiate  hinter  einMider.voU  geredmet  wur- 
den.   In  diesem  Fall  würde  aber  das  Vdh  der  ge- 


DAlm.  IV,  10,  S.  278.     . 
^)  De  CycL  I,  33  tmd  U, 


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138  Technisdke  Cironolggie. 

nmifn  Ue^Mveinstiinmüii^  mit  dem  Hunmel,  das  Ge- 
minus  dem  Cyklns  ertlieilt,  wenig  begründet  gewe- 
sen sein»  Audi  sollen^  die  gedacbten  Worte  ohne 
Zweifel  nur  den  Monat  bezeichnen ,  den  Meton  je- 
desmal hohl  nahm,  nicht  gerade  ^en  Tag,  den  er 
we^els;  .denn  ar  würde  sonst  das  Datiren  ohne  Noth 
ersdbwert  haben.  Die  wahrscheinlichste  Hypothese 
über  den  Skt  des  in  den  hohlen  Monaten  fehlenden 
Tages  bleibt  immer  die,  dafs  man, den  21sten  Tag 
in  denselbem  nicht  Ss^ii  sondern  twaerifi  ^gi^ivovroi; 
nannte  (125). 

Mach  diesen  Gründen  habe  ich  nun  den  me to- 
nischen Kanon  in  der  ersten  am  ScUiils  dieses 
Werks  befint^faen  Tafel  entworfen}  die  ihn  unab- 
hBngig  von  jeder  andern  Zeitrechnung  in  sich  selbst 
abgeschlossen  darstdRt.  Sie  fangt  mit  zwei  vollen  Mo- 
naten an,  weil  erst  der  dritte  Monat  durch  We^as- 
snng  des  64sten  Tages  hohl  werden  ks^nn,  und  dann 
wechseln  die  vollen  Monate  mit  den  hohlen  dei^- 
stalt,  dafis  bald  nach  acht-^  bald  nach  siebenmal!- 
gei(U  Wedisel  zwei  voUe  Monale  auf  einander /fol- 
gen^ also  auf  je  -32  Monate  17  volle  und  15  hohle 
kommen.  In  einer- zweiten  Tafel  habe  ich  den 
Kanop  mit  der  juUainsclMn  Zeitrechnung  verglichen, 
was  keine  Schwierigkeit  hatte,  da  der  Epochentag 
oben  nach  Wahrscheinlichkeit  bestimmt  ist»  Ich  habe 
diese  Vergleichnng  durch  acht  Cykel  oder  einen  Zeit- 
raum von  152  Jähren  fortgesetzt  Jeder  Cyklus  zer- 
iaBt  in  vier  Spalten,  von  denen  die  erste  die  Jahre 
desselben  (B;  bezeichnet  die  Schaltjahre),  die  zweite 
die  Olympiadenjahre,  die  dritte  die  Jahre  v.  Chr.  (b. 
deutet  Huch  hier  wieder  die  Schal^ahre  an),  und,  die 
vierte  das  julianische  Datum  des  1.  Hekatombäon  an- 
gibt. Mit  Hülfe  des  Kanons  läfst  sich  nun  leicht  das» 
juliauische  Datum  jedes  andern  attischen  Monalstagch 


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Griei;h€H.  139 

[indeii,  wobei  man  sich  pm  emwoni  mids,  dals  daif 
attische  Jahr,  eben  ho  \ne  das  der  Olyrofttaden,  um 
die  Sommerwende,  und  die  bürgerlichen  Tage  der 
Athener  mit  Sonnenuntergang  an6ngeB«  Wenn  also, 
von  den  nadi  dem  1;  jMmar  eintretenden  Monaten 
des  attischen  Jahrs  die  Rede  ist,  so  gehören  sie  jnicht 
in  das  nebenstehende  Jslur  r.  Cht«)  Sondert)  in  dan 
folgende,  imd  wenn  sich'  eine  Begebenheit  am  Tage 
zugetragen  haben  skiil,  so  ist  nicht  das  julianische  Da% 
tarn  zu  nehmen,  das  nach  der'  Titfel  dem  attSsdira 
entspricht»  sondern  ebenfaUs' das  folgende«  *•  ' 

Um  die  Reduction  eines  atdsdieii. Datums  dturch 
dn  Beispiel  zu  erläutern,  so  slei  der  ?•  ThargdUaa  OL 
87,3,  der  Geburtstag  Plato's  *),  gegeben.  Manaidkl 
Zuvörderst  aus  der  zweiten  Tafel,  däis  dieses:  Jahr 
das  dritte  des  ersten' Cykkis  ist  und  der  1«  Hetäftom' 
bäon  desselben  dem  25.'^uniu»  430  v.  CShr.  «itspiach« 
Mit  Hülfe  der  ersten  Tafel  find«^  man  nun  leicÄit*  die 
Anfangstage  der  folgenden  Monate  des  attischen  Jahrs, 
und  erhält  so  fik:  den  Anfang  des  7.  Thargelion  d^ 
Abend  des  21«- MaL  Plato  ist^middn  entweder  m 
der  Nacht  vom  31  zum  22i  Mai  öder  am  Tage  deii 
22.  Mai  439  v«  Chr.  geboren,  vorausgesetzt)  ^as  ich 
nicht  bea&wetfele^  dais  damals  zu  Athen  nach  dem 
metoniächen  Oyklus  gerechnet;  wurde* 

-  Eben  so  leicht  ist  die  Reductioa  der  an  Pryta- 
iiien  gekniipftea  Data,  wenn  man  nur  bestinmit  w^ifs, 
wie  viel  Tage  die  einzelnen  Prytanen  in  Funktion 
waren  * ).    Sind  zu^eich  die  Moiiatstage  erwähnt,  so 


1)  Das  Datam  findet  ddi  beim  Plntareb  (Symp.  WO,  i.) 
imd  Diog.  La«riins  (ttl,  2),  and  das  lahr  beim  Atheoftas 
(!•  V,  p,  217). 

2)  Wenn  es  s.  B.  in  der  Inschrift  auf  der  Verderaeite  dea 
Ch^enlachcn  Narnor«  ^i^^,  die  m  Ol.  92,3  gelU^rt,  boTat: 


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140  ^  Technische  (^ronologle. , 

'       '        .   '  "       ■' 

darf  man  nur  diese  reduciren«     Natürlich  mdb  man 

aber  allemal  das  Jahr  kennen,  Jn  welches  die  Data 

gehören.         '  , 

Per  metonische  Cyklus  von  6940  Tagen  ist  in 
Ansehung  des  Mondes  um  8ie}>en  und  eine  halbe 
Stunde  zu  lang;  denn  die  335  Monate,  aus  denen  er 
besteh^  halten  eigendich  nur  6939  T.  16  St.  31^  45'^ 
Eine  Fo%e  dieses  Unterschiedes  ist}  dals  bereits  nach 
3  bis  4  maliger  Wiederholung  die  Mondviertel  um 
Innen  Tag  zu  früh  eintrafen.  Eine  >solche  Verschie- 
bung ,gibt  sich  auch  wirklieh  bei  den  drei  chiddäischen 
Mondfinsternissen  zu  ^dkennen,  dertsn  oben  (90)  ge- 
dacht worden.-  Die  eine  z.  B*  soll  unter  dem  Ar- 
dbon  Phanostratuiä  im  Monat  Posideon  in  der  Macht 
vom  26  zum  27^  Thoth  des  Jahrs  366  seit  Nabonas- 
sat  oder  am  23.  Decembör  3^3  vj  Chr.  beobachtet 
sein,  und  dies  war  nach  unsem  Tafeln  der  13.  Posi- 
deon OL  99,2,  des  zwölften  Jahrs  des  dritten  meto- 
mschen  Cyklus.  Dil^  Mondfinstermsse  mulsten  sich 
aber,  wenn  die  Mdnate  mit  dem  Himmel  überein- 
'  -*  stimmten,  an  den  vierzehnten  Tagen  ereignen,  so  wie 
die  Sonnen&stemisse  an  den  letzten  ^). 

ich  habe'  daher  in  der  zweiten  Tafel  die  meto- 
^fnsdie  Zeitrechnung  nur  durch  acht  Gykel  fortgeführt, 
.  weil  sie  auf  keinen  Fall  länger  ohne  Rectification  ge- 
braucht sein  kann.  Vermuthllch  hat  aber  euie  solche 
schon  früher  statt  gefunden. 

Beiin  Geminus  heifst  «s  unmittelbar  ilach  den 
oben  (129)  angeführten  Worten:  „In  dieses  Periode 
(der  metonischen)  scheinen  die  Monate  den  Erschein 


tavUcti,  80  ergibt  «Ich  der  7.  Jaonar  409  ▼.  Öa^  der  1.  Game- 
Ikm  des  bargerliclien  Jahrs.  , 

1)  Vei^UHaadb.  1,339. 


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GrievAen.  til 

nungeA  gemafe  ^ordnet  zu  sein^  Nur  iii^  zum  Grande 
gelegte  Dauer  des  Jahrs  stimmt  nicht  mit  dem  Bim- 
mel fibereSn.  Denn  das  Jahr  halt  dabei  im  Durch- 
schnitt  365^  Tage,  also  in  Vergleichung  mit  den 
365  J  Tagen  ^)  rsTag  zu  viel  Diesen  Ueberschufe 
von  -^  Tag  hat  Callippus  ausgemerzt,  indem  er  eine  s 
ms  vier  19  jährigen  Perioden  bestehende  76  jährige  — 
liBxatsßSofinfpuyvtasTfjQiQ  •—  von  940  Monaten,  worun- 
ter 28  eingeschaltete,  und  von  27759  Tagen  ange- 
stellt liat  Die  Ordnung  der  Schaltmonate  behielt  er 
bei.  Diese  Periode  scheint  unter  allen  am  genausten 
mit  dem  Himmel  übareinzustimmen/^  / 

Die  76jährige  Periode  des  Callippua  war,  wie  » 
man  sidit,  um  einen  Tag  kürzer,  als  der  viermal  ge- 
kommene metönische  Cykhis.  Sie  stimmte  ipcht  blofs 
mit  der  Sonne,  sondern  auch  mit  dem  'Monde  bes- 
ser überein;  denn  dividirt  man  27759  Tage  durch  die 
mzwischen  antreffenden  940  Mondwechsel,  so  erhäh 
man  für  den  synodischen  Monat  29  T.  12  St  44^ 
%^''y  ma  22'^  zu  viel,  dahingegen  der  aus  dem  metp- 
nischen  Cykhis  gefolgerte  um  1'  54'^  zu  lang  ist/ 
Die  Dauer  des  zum  Grunde  liegenden  Sonnenjahrs 
ist  wieder  die  in  der  Octaeteris  gebrauchte  und  auch 
späterhin  von' Julius  Cäsar  beibehaltene  von  3654^ 
Tagen. 

*  dallippus  hätte  aber  nicht  blols  den  meloni- 
sehen  Cyklus  %n  rectifidren^  sondern  ihn  auch  aufe 
nei^  nnt  dem  Hinunet  in  Uebereinstimmung  i^  brin. 
gen«  Es  fragt  siciw  zuvörderst,  m  wdches  Jahr  seine 
Verbesserung  zu  setzen  sei.  Die  diirftige  Gestiebte 
seines  Lebens  sagt  uns  nichts  weiter  >jds  dafs  er  ein 


i)  Die  er  för  die  richtige  Daaer  des  Sonnenjahrs  gehalten 
habeii  inuTs. 


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X42  '  Teckniseks  Chronologe . 

Zeitgemme  des  Aristoteles  wftr  '),  also  ettra  100 
Jahr  später  als  Metoa  lebte»  Glücklicherweise  kommt 
uns  hier  eine  Reihe  im  Almftgest  etwähud^r  Beob> 
«dbtun^n  von  Timocharis,  Hipparch  nndi  einent 
Ungenamiten  zu  statten»  die  an  Jahre  der  drei  ersten 
icaUippischen  Perioden  geknüpft  sind.  IHe  meisten 
geben  zum  erste;!  Jahr  der  ersten  Periode  OL  112,3 
oder  330  v»  Chr.  Nur  ein  paar  scheinen  ein  anderes 
Epochenjahr  anzudeuten »  -worauf  aber^  wie  ich  im 
Handbuch  gezeigt  habe  *),  nicht  zu  achten  ist.  So 
hätten  wir  also  für  den  Anfang  der  zw^t^i.und  drit- 
ten Periode  Ol.  131,3  und  Ol  150,3,  %  Chr.  254 
und  178.  ,        . 

Für  den  Epochentag  der  ersten. Periode  nimmt 
Scaliger  den  38.  Junlus,  Petavius  d^i  29sten  und/ 
Dodwell  den  1.  Julius.  Ich  habe  mich  für  das 
erste  Datum  entschieden  '  )•  Die  wahre  Ccnsjunctioo 
erfolgte  im  Jahr  330  v.  Chr.  zu  Athen  den  28».  Ju- 
nius  um  3  U.  34'  Morg.  m.  Z.  An  diesem  Tage 
konnte  zwar  die  Mondsichel  noch  nicht  gesehen  wer- 
den; da  aber  Callippus^  wie  aus  dein  Kalender  beim 
Geminus  eiheUet,  statt  der  scheinbaren  Auf-  und 
Untergänge  der  Fixsterne^  welche  seine  Vorgänger 
in  ihren  Parapegmen  zu  bemerken  pflegten,  die  wah- 
ren gesetzt  hat,  so  wird  er  auch  bei  Anknüpfung  sei- 
ner Periode  an  den  Himmel  mehr  die  Conjunction  als 
die  erste  Phase  berücksiehtigt « haben.  Auch  fügen 
sich  in  diese  Voraussetzung  die  Data  von  vier  durch 
Timochatis  im  36,  47  und  48sten  Jalir  der  ersten 
caUif^isdken  Periode  zu  Afexandrien  angesldlten  Beob- 
achtungen vollkommen  ^).     Nach  der  zweitea  Tafel 


1)  lä.  Simplicii  Commenf.  in  AHstot  Jibr,  de  Coclo  p.  120.  a. 

2)  Th.  I,  S.  344  ff.       3)  Hantlt  I,  346. 
4)  Alm.  VU,  3,  S.  31,  23,  24,  26. 


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GHechen.  143 

enlsptlcht  der  L  HdeatoihblSon  OL  112,8  dem  \.  Ja- 
IiQ3  330  V.  Chr.  Man  ^ieht  ako,  dab  meb  der  m^ 
tonische  Cykhis  ^^mals  vun  3  ^er  eigentlich  erst  um 
2  Tage  verschoben  hatte^^wefl  Callippuay  ivenii  er 
so  MTie  Meton  gerechnet  hätte,  rieht^er  den  29^  ala 
den  28.  Jnnius  zur  I^^oche  seber  Periode  gemadiit 
haben  würde. 

In  den  Grundsätzen^  .nach  denen  Meton  aanen 
Kanon  construirt  hatte ,  scheint  er  nichts  geändert  .zu 
haben;  wenigstens  sagt  Geminus,  dals  er  rj[  «^04^ 
7<0P  sf^Xifuav  oiM>w)ti  hoQin^otTo.  Dies  soll  ohne  Zwei- 
fel heiOsen:  er  machte  in  den  vier  19  jährigen  Cykelii, 
aofi  denen  er  sdne  76jahiige  Periode  bildete,  dieseL 
ben  Jahre  zu  Schaltjahren,  die  Meton  dazu  gewählt 
hatte,  das  dritte^  |unfte,  achte  u.  s.  w.  Hieraus  folgt, 
dafa,  da  sein  erstes  Jahr  das  achte  eines  metonischen  Cy- 
Uns  war,  seine  SchUtjahre  nicht  mit  denen  das  Meton 
zusairnnenfallen  konnten.  Da  das  erste  mit  dem  ^8^ 
Junius  anfing  und  erst  das  dritte  ein  Schalter  wurde, 
so  weicht  dessen  Anfang  bis  zum  6*  Junius,  auf  drei 
Wochen  vor  der  Sommarwende,  zurück,  weiter  als 
es  IQ  irgend  einem  metonischen  Jahr  geschah. 

In  der  dritten  am  Schluis  des  Werks  befindlichen 
Tafel  habe  ich  den  Kanon  für  die  callippische  Pe*- 
riode  gegeben.  BjS  kam  d^biä  nur  darauf  an,  die  ein- 
fache Regel,  die  dem  metonischen  zum  Grunde  ge- 
legt ist  (138),  folgerecht  durch  alle  76  Jahre  durch- 
zuführen. 

In  dem  19jährigen  Cyklus  ändern  Mch  die  juk 
Itanischen  Data,  mit  denen  'die  attischen  Monatie  ih- 
ren Anfang  nehmen,  allmäblig,  theik  weil  die  juIia- 
niache  TetraMeris  dem  19  jährigen  Schaheyklns  io- 
cimmeiisurabel  ist,  theils  weil  das  metonische  Soiw 
nenjahr  18'  57'^  mehr  hält  als  das  juliarasehe«  In 
der  caltippischen  Periode  fallen  beide  Ursachen  einer 


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144  Technische  Chronologii:. 

Aendernng  fort    £s-war  also  nur  notlhig»  den  Kanon 
ein  für  allemal  mit  dem  jnUanischen  Kalender  zuver- 

.gleichen«    Dies  ist  in  der  vierten -^Tafel  geschehen. 

Um  zu  zeigen^  wie  man  mit  Hülfe  derselben  ein 
an  die  callij[^i9€he  Periode  geknüpftes  attisches^  Da-  ^ 
tum  auf  die  julianische  2^itrechnimg  bringen  könne, 
will  ich  von  den  obgedachten  vier  Beobachtungen  des 
Timocharis  die  erste  hervorheben.,  Sie  ist  am 
Molken  des  25.  Posideon  im  lösten  Jahr  der  ersten 
callippischen  Periode  angestellt  worden^  Um  das  Jahr 
vor  Chr.  zu  finden,  auf  welches  der  Anfang  des 
i^allippischen  Jahns  trifft,  ziehe  man  36  von  331  ab. 
,Der  Rest  gibt  .295.    Der  1.  Hekatombäon  entspricht 

'  also  dem  1.  Julius  295  v.  Chr.  '  Die  fünf  ersten  Mo- 
nate  hielten  nach  dem  Kanon  30,  30,  29,  30,  29 
Tage.  Der  Posideon  nahm  demnach  am  26»  Novem- 
ber und  der  25«  Posideon  am  20.  Decctmber  Abends 
seinen  Anfang.  Das  Datum  der  Beobachtung  ist  mit- 
hin  der  21i  Dec.  295  v.  Chr.  Eben  diesen  Tag  gibt 
die  ReduGtion  des  von  Ptolemäus  wie  gewohnlich 
beigefügten  ägyptischen  Datums,  so  dafs  sich  diese 
Beobachtung  vollkommen  in  meinen  Entwurf  der 
callippischen  Periode  fügt  Dasselbe  gilt  von  den 
drei  andern  Beobadbtungen.  Nur  mufe  bei  der  letz- 
tern der  Pyanepsion  mit  dem  Mämakterion  vertauscht 
werden,  weil  der  fünfte  attische  Monat,  der  gemeint 
ist,  nie  Pyanepsion  geheifsen  haben  kann  (124). 

Um  Jahre  der  zweiten,  dritten  od^r  emer  noch 
spatem  Periode  auf  unsere  Zeitrechnung  zu  reduci- 
ren,  multiplicire  man  die  Zahl  der  verflossenen  Pe. 
riod^  mit  76,  addire  zum  Produkt  das  Jahr  der  lau- 
fenden  und  ziehe  die  Summe  von  331  ab.  So  hat 
das  d28te  Jahr  der  dritten  Periode,  wo  Hipparch 
die  Frflhlingsnachtgleiclie  zu  Alexandrien  beobachtet 

hat, 


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Griechen,    .  145 

hat'-*),  im  Sommer  147  v,  Chn  angefangen,  so  dafs 
die  Beobachtung  iiii  Friihling  146  angestellt  worden 
ist'  Das  attische  Datum  derselben  ist  nicht  angege- 
ben, so  wie' sich  überhaupt  nirgends  ein  attisches  an 
die  zweite  oder  dritte  cailippische  Periode  geknüpftes 
Datum  erwähnt  find^i  \  ' 

Was  meiner  Anordnung  der  callippischen  Pe- 
riode allein  ina  Wege  steht,  ist  ein  Fragment'  des 
Hipparch  *),  S/irorin  dieser  Astronom  zwei  Sonnen- 
wenden,' die ^  eine  vom  Aristarch  am  Ende  des 
SOsten  Jahrs  der  ersten  Periode,  und  die  andere  von 
ihm  selbst  am  Ende  des  43sten  Jahrs  der  drit- 
ten beobachtet,  mit  einänd'er  vergleicht.  Da  das 
50ste  Jahr  der  ersten  Periode  nach  Taf.  IV  schon 
niit  dem  löten  Jänius  endet  und  die  Sommerwende 
damals  aHif  den  26.  Junius  traf,  «o  müfste  vom  An- 
fange des  5f  sten  Jahrs,  nicht  vom  Ende  des  öOsten 
die  Rede  sfein.  Diesje  Schwierigkeit,  auf  die  mich 
erst  Hr.  Let'ronhe  aufmerksam  gemacht  hat  *),  ist' 
allerdings  erhebUch,  scheint  sich  aber  auf  folgende 
Weise  beseitigen  zu  lassen.  Es  kam  dem  Hipparch 
bei  der  Vergleichimg  darauf  an,  die'  Dauer  des  tro- 
pischen Jahrs  genauer  zu  bestimmen,  als  es  durch 
die  caDippische  Periode  geschehen  war,  die  ihr  365|; 
Tage  gab.  Ohne  die  Data  beider  Beobachtungen  zu 
bezeichnen,  setzt  er  das  Intervall  zwischen  beiden  auf  '  * 
145  cailippische  Jahre  weniger  feinen  halben  Tag, 
nnd  verkürzt  dem  zufolge  den  Vierteltag  —  ro  6'  htov- 
(Srnq  —  in  runder  Zahl  um  y§^  eines  Tages,  was  für 
das  tropische  Jahr  365  T.  5  St.  55'  12'^  gibt.  Hatte 
nun  Aristarch  seine  Beobachtung  etwa  im  Anfange 
des  51sten  Jahrs  gemacht,  so  war  es  nicht  sogleich 
Uar,  dafs  zwei  Sonnenwenden,  wovon  die  eine  im 


1)  Alii/ni,  2,  S.  154.        2)  Alm.  UI,  2,  S.  163. 
3)  Journal  de*  Savaru^  Januar  1829. 

MO 


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146  ^        Technische  Chronologie. 

Anfange  des  51sten  Jahrs  j^et  ersten  Periode,  und 
die  andere  am  Schlufs  des  43sten  Jahrs  der  dritten 
beobachtet  worden,  bis  auf  einen  Unterschied  von  12 
Stunden  um  145  JahrOi  aus  einander  lagen.  Es  scheint 
mir  daher  die  Voraussetzung  ganz  einfach,  dafis  Hip- 
parch,  4cm  es  blofs  auf  jenes  Intervall,  gar  nicht 
auf  eine  vollkommen  zeitgemäJGse  Angabe  beider  Beob- 
achtungen ankam,, statt  des  f$  vd  irei  ouQf^^jiivo^y  \m 
Anfange  des  51sten  Jahrs,  was  er  vielleicht  beim 
Aristarch  gefunden,  r<3  v  &tu  ^irj^/^i^  am  EJnde 
des  50sten,  geschrieben  habe,  um  die  Bündig- 
keit/ seines  Schlipses  besser  hervortreten  zu .  lassen. 
Auch  kann  ein  späterer  Astronom  oder  gar  ein  Ab- 
schreiber sich  eine  solchfe  Aenderung  erlaubt  haben, 
weil  ev  in  der  ZeitbestimmuQg  einen  Fehler  ahnete. 
In  der  That,  es,  spricht  für  meine  Anordnung  der 
callippischen  Periodja  zu  vieles,  als  dalsich  eine  Um- 
gestaltung derselben  für  möglich  halten  sollte,  durch 
die  das  ri^  v  ersi  kriyovn  gerechtfertigt  würde,  wenn 
man  nicht  in  andere  noch  grölsere  Schwierigkeiten 
gerathen  will 

Wir  sehen,  die  Periode  wurde  von  den  grie- 
chischen 'Astronomen  gebraucht  Es  fragt  sich  aber, 
ob  sie  auch  ins  bürgerliche  Leben  übergegai^ei\  ist, 
und  wann?  Dodwel][  glaubt,  dafs  sie  gleich  im  er- 
sten Jahr,  nämlich  Ol.  112,3,  zu  Athen  gesetzliche 
Kraft  erlangt  habe.^  Dafs  den  Athenern  eine  Verbes- 
serung des  metonischen  Cyklus,  der  damals  schon 
um  zwei  Tage  vom  Himmel  abwich,  willkommen 
sein  mufste,  leidet  keinen  Zweifel;  doch  möchte  ich 
darum  nicht  behaupten,'  da£s  sie  die  callippische  Pe- 
riode gleich  in  ihrekn  ersten  Jahr  angenpnnnen  ha- 
ben.    Vielmehr  erhellet  au^  einer  Inschrift  ^),    dals 


1)  S.  Hm.  ßöcklfa  Corp.  Imct.  Gr.  Vol.  I,  b,  lOl 

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Griechen.  147 

es  unter  nlem  Arcbon  Nieodonis,  OL  116y3,  noch 
mdit'gesehehesi  ieiii  konnte^  denn  in  Oir  wird  der 
S6ste  Tag  der  sechsten  Prytame  mit  dem  '11.  Game, 
lum  verglichen»  welche  ZusammensteHnng  zu  erkea- 
ncB  gibt|  dals  dies-^in  ScliaUjahr  war.*  Ein  solches 
war  aber  OL  1 16,3  nnr  im  metonischen  Cyklus*  Viel- 
leicht ist  OL  118,2  de^  Zeitpunkt,  wo  die  Verbesse- 
ni<ig  ins  Leben  trat;  denn  in  diesem  Jahr^  wurden, 
bei  Wiederhersielhing  der  alten  demokratischen  For- 
men  djärch  Demtetriuift,  twei  nesie:  Stamme  einge- 
fiilut  (128),  was  fiir.die  bürgerliche  Zeitrechnung  die 
wea^tticfae  Veränderung  zur  Folge  hatte,  dafs  nach 
Pryts^iien  und  Monatieaa:  datiren  eins  wurde,  bei  wel- 
cher Gelegenheit  das  Bedürfhifs  einer  Rectification  des 
metonischen  Cyklus  besonders  föUbar  werden  mufete. 
Eine  nochmalige  Verbesserung  erhielt,  derselbe 
durch  Hipparqh,  Dieser  grolse  Astronom  fand^  wie 
wir  eben  gesehen  haben,  dafs  C  allippus  das  jxopisehe 
Jahr  .um  ^g^  Tag  zu  Jang  ang^iommien.  hatte.  Er 
stellte  denmach  ^)  eine  304  jährige,  aus  vier  callif^i* 
sehen  Cykeln  weniger  einen  Tag,  also  aus  111030 
Tag^i,  bestehende  Periode  ak  eine  scdche  auf,  die  den 
Bewegungen  der  Sonne  und  des  Mondes  noch  ge« 
nauer  zusagte;  und  wirklich  geben  11^035  Tage  durch 
304  und  durdi  3760,  die  Zahl  der  inzwischen  ein-^ 
treffeQden  Mondmonate,  dividirt,  (ur  das  tropische 
Jahr  365  Tage  5  St.  55'  15'',  nur  noch  6'  27"  zu 
viel,  Imd  für  den  synodischen  Monat  29  Tage  12  St 
44'  2|",  noch  keine  Sekunde  zu  wenig.  Censorin 
nennt  diese  Periode,  die  er  eben  so  wie  die'caOip- 
pisdbe  nur  kurz  beriihrt,  annum  Hipparchi^  mit 
der  richtigen  Bemerkung,  dafs  sie  112  Sdialtmohate 


1)  Vielieicht  in  seiner  rerloren  gegangenen  Schrift  tz^t  tfh^ 
ßolUfLtytf  fLfivfSv  ft  «aJ  ^jiuq^v,    Alm.  111,  3,  S.  163  ff, 

-    10  ♦ 

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14S  Technische  Chronologie. 

enthalte.  '  Geminii's,  ungeachtet  er  später  als  Hip- 
parch  gelebt  hat  (er  nennt  ihn),  setzt  das  tropisdie 
Jahr  mit  Callippus  wieder  auf  365^  Tage,  und  sagt, 
die  Periode  desselben  scheine  nnter  allen  aih  be- 
sten mit  dem  Himmel  tibereinzustimmen.  Hipparch's 
Verbesserung  muTs  also  wenig  bekannt  geworden  sein. 
Auch  C$sar  berücksichtigte  sie  bei  seiner  JKalender- 
rerbessemng  nicht,  vermuthEch  weil  ihm  der  Vier- 
teltag, welcher  der  alten  Octaeteris  und  der  caUipfn- 
sehen  Periode  zum  Grunde  lag,  eine  ungleich  einfa- 
cher^ Einschaltnngisweise  gestattete. 

Was  ich  in  meinem  Handbuche  *)  noch  weiter 
über  das  Kalenderwesen  der  Griechen,  besonders  fiber 
das  Parapegma  des  Eudoxus  und  eine  im  Alma- 
gest  vorkömmende,  an  ein  reines  Sonnen  jähr  ge- 
knüpfte Zeitrechnung  eines  gewissen  Dionysibs  bei- 
gebradht  habe,  will  ich  hier,  als  weniger  wesent- 
lich, unberührt  lassen.  Ich  bemerke  blofs,  däfs  Ton 
den  vielen  Kalendern  der  Griechen  nur  zwei  auf  uns 
gekommen '  sind«  Der  eine,  zusammengetragen  aus 
den  Parapegmen  des  Metoii,  Euctemon,  Eudoxus, 
Democritus,  Dositheus  und  Callippus,  macht 
das  letzte  Kapitel  von  des  Geminus  Einleitung 
zum  Aratus  aus,  einer  schätzbaren  kosmographi- 
schen  Schrift  aus  dem  ersten  Jahrhundert  v.  Chr.  Die 
Nachtgleichen,  Sonnenwenden  und  Fixstemerscheinun- 
gen  nebst  einigen  Witterungsanzeigen  sind  hier  an  die 
Tage  gereihet,  welche  die  Sonne  in  den  verschiede- 
nen  Zeichen  der  Ekliptik  zubringt,  deren  Namen  die 
Stellen  der  Monate  vertreten,  da  es  den  Grieöhen  an 
eigenen  Benennungen  für  die  Monate  eines  Scnmen- 
Jahrs  gebrach. 

Vo^  ganz  anderer  Einrichtung  ist  der  zweite  Ka- 


l)Th.  1,S.  3S3  ff. 

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'    Griechen.  149 

lender,  wdd^er  den  IHtel  Erscheinungen  der  Fix- 
sterne   und    Zusammenstellung  ^  der.   Witte- 
run gsänzei  gen    — ^    ^ouxsiq    oatXavmf    dcfTeQGyv    xal 
(xwajwyri  httcny.icufi2v  —  fuhrt     In   demselben   gibt 
sein   Urheber   Ptolemäus    die   Au^-    und    Un- 
tergänge Von  30  der  ausgezeichnetsten  Sterne  nicht 
nach   den   zum  Theil  unsichem  Beobachtungen  frii- 
herer  Astronomen,  sondern  nach  eigehen  Berechnun- 
gen,  für  die  fiinC  Parallelen,  unter  denen  der  längste 
Tag  131^,  14,  14|,  15  und  15|  Stunden  dauert.   Der 
erste  geht  durch  Syene  in  Oberägypten, :  d^r  zweite 
darch' Miederägypten,  der  dritte  durch  Rhodus,   der 
vierte  durch  den  Hellespont,  der  {iinfte  mitten  durch 
den  Pontus.    An  diese  Erscheinungen  knüpft  er  eine 
Reihe  aus  den  Parapegmen  des  Meton,  Euctetnon, 
Democritus,  Eudo:^us,  Philippus,   Callippus, 
Gondn,  Dositheüs,  Hipparchus,    Metrodoru^, 
Cäsar  und  der  Aegypter  gesammelter  Witterungs- 
anzeigen.    Dabei  bedient  er  sich  des  alexandrinischen 
Jahrs,  mit  dem  1.  Thoth  oder  29.  August  anfangend, 
statt  dafe   seine   Vorgänger  von   4er   Sommerwende 
aiiszugehen  pflegten.    Beide  Kalender,  des  Ge minus 
und  Ptolemäus,  finden  sidb  im  Urahologium  des 
Petavius.     Von  letzterem  habe  ich  in  einer  akade 
mischen  Vorlesung  ausfuhrlich  gehandelt  ^). 

Von  den  späterhin  mit  der  Zeitrechnung  der  Atlie- 
ner  vorgegangenen  Veränderungen  sind  wir  wenig  un- 
terrichtet. NuiJ  aus  einer  in  die  Zeit  des  Hadrian. 
gehörenden  Inschrift  *)  geht  hervor,  dafe  damals  der 
Schaltmönat  noch  im  Gebrauch  war.  Nach  Annahme 
der  christlichen  Religion  unter  Constantin  müssen 


1)  Abhandlungen  der  Berliner  Akademie  ansdenJaL- 
reu  1816  and  17. 

2)  Corp.  Inscr.  Graec.  Vol,  I,  n.  270. 


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\ 

150      ,  Technische  Chronologie. 

die  Athener  das  Mondjahr,  das  sich  nicht  mit  ftem 
christlichen  Cultus  vortrug,  g^n  das  julianische  ver- 
tauscht haben/ jedoch  so,  dals  sie  ilire  alten  Monate 
beibehielten,  sie  aber  den  römischen  ganz  parallel 
stellten.  Zugleich  scheinen  sie  den  Anfang  dea  Jahrs 
nach  byzantischer  Weise  auf  den  1.  September  ver- 
legt zu  haben,  so  dafs  nun  Hekatombäon  und 
'  September,  Metagitnion  und  Oktober  u.  s.  vr« 
*  gleichbedeutende  Infamen  wurden.  So  findet  es  sich 
in  einer  Tafel  der  attischen  Monate  beim  Henri cus 
Steph^anns  (124).  Auch  Epiphanius,  der  nach 
der  Mitte  des  vierten  Jahrhunderts  schrieb,  vergleicht 
den  6.  Januar,  auf  den  er  Clmsti  Geburt  setzt,  mit 
dem  6..  Mämakterion  * ). 

So  viel  von  der  Zeitrechnung  der  Athener, 
voQr  der  wir  am  besten  unterrichtet  sind.  Im  näch- 
sten Abschnitt  wird  von  den  durch  Alexander's 
Zug  nach  Asien  »u  einer  besondem  Wichtigkeit  ge- 
langten Monaten  der  M  a  c  e  d  o  n  i  e  r  die  Rede  sein. 
Mit  diesen  beiden  griechischen  Völkern  kamen  die 
übrigen  darin  überein,  dals  sie  ein  gebundenes  Mond- 
jahr hatten;  nur  die  Namen  ihrer  Monate,  ihre  Jahrs- 
anTänge  und  ihre  Schaltcykel  waren  verschieden.  So 
z.  B.  hieJEs  der  Monat,  den  die  Athener  Metagitnion 
nannten,  bei  den  Lacedämoniern  Carnius  —  Kau^iCoc; 
—  und  bei  den  Böotern,Panam)üis  oder  Panemus. 
,  Die  Athener  fingen  ihr  Jahr  um  die  Sommerwende, 
die  Lacedämonier,  wi^  man  glaubt,  um  die  Herbst- 
nachtgleiche, imd  die  Böoter,  'wie  man  gewife  weifs, 
um  die  Winterwende  an.  Beim  Thucydides  *)  wird 
an  einer  Stelle  der  \i:  Elaphebolion  der  Athener  mit 
dem  12.  Gerastius  der  Lacedämonier,  und  an  eiaer 


1 )  HaeresU  LI,  c.  ^4,  p.  446  ed.  Petay.    Handb.  I,  361. 

2)  1.  IV,  c.  118  and.  119;  1.  V,  c.  19. 


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/  Griechen.  151 

andern  der  6te  vom  Ende  des  Elapheboiion  mit  dem 
4ten  vom  Ende  des  Artemisius  verglichen,  zum  Be^ 
weise, -dafs  beide  Völker  damals  (während  des  pelo- 
pohnesiscben  Krieges),  nach  verschiedenen  Schaltcy- 
keln  rechneten,  das  erste  schön  nach  dem  metoni- 
schen  Cjklus,  das  andere  vermuthlich  noch  nach  der  ' 
Oclaeteris.'  Wenn  Plut«rch  *)  den  4ten  vom  Ende 
des  Panemus  der  Thebaner,  den  Jahrstag  der  Schlacht 
bei  Plataä,  mit  dem  4ten  vom  Anfange  des  Boedro- 
mion  der  Athener  zusammenstellt,*  so  würde  dies  eben> 
falls  eine  ganz  versdhdedene  Rechnung  andeuten,  auf 
die  der  Schrifitstellef  auch  selbst  aufmerksam  macht. 
Allein  es  liegt  bei  dieser  Angabe  offenbar  ein  Irrthum 
ziuh  Grande,  .weil  eine^  siebentägige  Divergenz  der 
Mondmonate  zweier  griechischen  Völker  nicht  denk- 
bar ist.  Ich  trete  daher  Hm,  Böckh's  "Mfeinung  ' 
bei«),  dafs  ^e  Schlacht  gegen  das  Eäde  des  atti- 
schen Metagitnion  geliefert,  aber  die  Siegesfeier  auf 
den  Anfang  des.  Boedromion  verschoben  worden  ist 
Ol.  102,2  dagegen  stimmten  beide  Zeitrechnungen 
voflig  mit  einander  überein;  denn,  wie  derselbe  Au- 
tor versichert  '  )^  traf  die  Schlacht  bei  Leuctra  auf 
den  fünften  Tag  zugleich  des  Hippodromius  der  The- 
baner und  des  Hekatombäon  der  Athener,  Es  ist 
nicht  unwahrscheinlich,  da£s  sich  die  erstem  damals 
den  metonisclien  Cyklus  angeeignet  hatten. 

Die  Nachrichten,  die  sich  von  den  Zeitrechnun- 
gen der  Lacedamonier  und  Booter,  so  wie  der 
äbngen  griechischen  Völker  (die  Macedonier  allen- 
falls ausgeponunen,  deren  Monatsnamen  wir  wenig- 


1)  FHa  ArisHd.  c.  19. 

'2)  S.  seine  Einleitiiii^  zum  Lectiomverzeichniss«  der  Berli- 
ner UnhrertitSt  Tom  Sommer  1816.  r 
3)  n*a  Camim  c.  19. 


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152  '      Technische  Chf'onologie, 

stens  vollständig  kennen),  bei  den.  Schriftsteilem  und 
auf  Denkmälern  zerstreut  find!en,  sind  dürftig  und  un- 
zusammenhängend. Die  erheblichsten  und  zuverläs- 
sigsten habe  ich  in  meinem  Handbuche  ^)  nach 
Dodwell  und  Corsini  zusammengestellt.  Zwar  ha- 
ben späterhin  Inschriften  noch  einige' Ausbeute  weiter 
gegeben  *);  aber  immer  wird  unsere  Chronologie  itf 
diesem  Punkte  sehr  mangelhaft  bleiben. 

Es  ist  mir  mm  noch  übi^g,  von  den  Jahrrech- 
nungen  der  Griechen  zu  handeln. 

Die  Athener  zählten  ihre  Jahre  nach  ihrer  er- 
sten Magistratsperson.  Zuerst  wurden  sie  von  erb- 
lichen Königen,  .  dann  von  lebenslänglichen 
Archonten,  den  Medontiden,  weiterhia  von  zehn- 
jährigen Archonten  und  endlich  Vdti  einjähri- 
gen regiert  Der  erste  zehnjährige  Archon  war  Cha- 
rops,  'der  erste  einjährige  Creon.  Den  Charops 
knüpft  Di onysius  von  Halicarnafs  ®)  an  OL  7,1. 
Vielleicht  fing  das  Jalu:  der-  Athener  damals  noch  mit 
dem  Gamelion  an  (126).  In  ^diesem  Fall  kann  sein 
Eintritt  schon  in  der  Mitte  von  Ol.  6,4  erfolgt  sein, 
was  auch  defshalb  wahrscheinlich  ist,  weil  Di  ony- 
sius u^ter  ihn  die  Erbauung  Roms  setzt,  die  seiner 
ganzen  Rechnung  nach  in  den  Frühling  voll  Ol.  6,4, 
v^  Chr.  752,  gehört.  Nimmt  man  nun  ^n,  dafs  die 
Verlegung  des  Jahranfangs  vom  Gamelion  auf  den 
Hekatombäon  unter  den  zehnjährigen  Archonten  ge- 
schehen und  bei  dieser  Gelegenheit  ein  Jahr  um  6 
(Monat  verkürzt  ist,   so  erhalten  wir  für  Creon's 


1)  Th.  I,  S.  362  ff.    . 

2)  So  haben  wir  dn  paar  neae  böotische  Monate  gewon- 
nen. S.  Hm.  Böckh'fi  Einleitong  zu  den  böotiisdien  Wduif- 
leq.    Corp.  Inscr.  Graec.  Vol.  I,  p.  732. 

3)  Jnti  Rom.  I,  71  ttnd  75. 


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'  '  Griechen.  \    153 

Eiutritt  den,  Anfang  von  Ol  ,24^2^  fär.  weldie  Epodbe 
auch  anderweitige  wichtige  Gründe  i^prechen  *)• 

Von  de»  einjährigen  Archonten:  wurden  immer. 
neun  durchs  Lqos  gewählt.  Der  erste  hiels  Vorzugs- 
weise  Archon,  und  nach  ihm  wurde  das  jedesma- 
lige Jahr  bezeichnet^  daher  er  auch  spätediin  IäcSi^ 
5*0^,  der  I^amengehende, -genannt  wurde.  -Einep 
Archon  eponymus  finden  wir  zu  Athen,  bis  ins  vierte 
Jahrhundert  n.  Chr.,  ungeachtet  die  republikanisdhe 
Verfassung  damals  längst  erloschen  war.  Nur  zur 
Zeit  des  Antigonus  und  Demetrius  (OL  118,2) 
gingen  die  Athener  in  ihrer  Dankbarkeit  und  Schmeiß 
dielei  so  weit,  dals  sie  nicht  blofs  die  beiden  neu  er- 
richteten Stämme  nach  ihnen  benannten  (128),  son^- 
dem  auch  ihnen  zu  Ehren  statt  des  Eponylnus  einen 
Priester  der  rettenden,  Gpttheiten  —  *IfQ€t*i 
rw»  5G)riigan;  —  einführten,  der  jedoch  nur  bis  OL 
123,1  bestand.  Ein  kritisches  Verzeichnifs  der  be- 
kannten Eponymi  gibt  Corsini  im  dritten  und  vier- 
ten Theil  seiner  Fas^i  ÄittcL  Leider  ist  die  Reih^ 
derselben  nicht  ganz  vollständig.  Besondere  Schwier 
rigkeiten  haben  den  Alterthumsforschem  die  Pseud-. 
eponymi  gemacht,  worunter  maö  Archonten  ver- 
steht, die  beim  Demosthenes  in  Dekreten  als  Epo- 
nymi genannt  werden,  ohne  doch  in  der  Liste  der 
eigentlichen  Eponymi  vorzukommen.  So  werden  in 
der  Rede  de  Corona  *)  zwei  Dekrete  erwähnt,  die 
uflter  dem  Archon  Mnesiphilus,  wie  der  Zusam- 
menhang lehrt,  OL  108,2,  abgefafst  sind,  wo  der  wahre 
Eponymus  Themist o des  hieis.  Die  befriedigend. 
$ten  Untersuchungen  hierüber  verdanken    ym  Hrn. 


1)  S.  Hm«  Böckh^s   Abhandlaiig    über  die  pari  sehe 
Chronik  im  zweiten  Bande  seines  Corpus  Inscr«  Graec. 

2)  Orai.  Gr.  ed.  Rdsk.  Vol.  1,  p.  235  nnd  238. 


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,154  TeehnUchs.  Qhronologie,  '  " 

äockb  '}.  leii  bemerke  noch,  da&  die  Archon- 
tenjalire,  so  weit  die  sichere  Geschichte  reicht,  als 
mit  den  Olythpiadenjafaren  ganz  pjraDel  laufend  zu 
betrachten  sind.  Im  Crmiide  war  der  Sommer  die 
unbeque9iste  Zeit,  die  man  ziun  'Wechsel  der  ober- 
sten Magistratspersonen  wählen  konnte.  Thucydi- 
des,  der  einen  vaterländischen  Krieg  beschreibt  und 
nach  Jahren  detoelben  datirt,  fühlte  dies;  er  macht 
daher  seine  Einschnitte  mit  dem  Frühling  und  Herbst 

Auch  die  verbündeten  bootischen  Städte  hat- 
teif  einen  Arcboti  Eponymus,  durch  den  sichln 
den  Inschriften  das  jedesmalige .  Jahr  bezeichnet  fin- 
det^). Bei  den  Lacedämoniern  hingegen  standen 
dn  der  Spitze  der  Verwaltung  aufser  den  beiden  Kö- 
nigen fünf  Ephor  en,  die  jährlich  gewählt  wurden  *). 
Dafs  einer  derselben  Eponymus  war,  ersehen  wir  aus 
dem  Thucydides,  der  die  Zeit  des  Ausbruchs  des 
peloponnesischen  Krieges  (Frühling  OL  874)  also  be- 
Äeichnet*):  „Im  48sten  Jahr  der  Priesterinn  Chry- 
ids  von  Argos,  tmter  Ainesias,  dem  Ephoren  von 
Sparta,  zwei  Monate  vor  Atigang  des  Pythodorus^  des 
Axchon  der  Athener/*  Hieraus  erhellet  zugleich,  dafs 
zu  Argos  die  Jahre  nach  der  Amtsverwaltung  der 
Oberpriesterini)  der  Juno  —  ^KqscL;  —  gezählt 
wurden,  was  der  Scholiast  zu  dieser  Stelle  bestätigt 

Diese  Art,  die  Jahre  zu  bezeichnen,  die  überall 
in  Griechenland,  ja  in  der  ganzen  ^alten  Welt,  ge- 
wohnlich war,  konnte  dem  griechischen  Historiker,, 


1)  S,  die  Abhandlangen  der  Berliner  Akademie  rom 
lahr  1827. 

a;)  S.  BxfL  Böckh'«  Corp.  inser.  Gr.  an  dem  S.  Iö2  an- 
gelälirten  Ort. 

3)  Saidas  Qnter  diesem  Worl. 

4)  1.  II,  c.  3. 


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Griechen.    .  $55 

der  die  G^^schidite  des  In-  und  Auslandes  synchro- 
nistisch  erzählen  wollte,  iinm&gKch  genfigen.  Et*  be- 
durfte einer  von  OrtsverhSltmssen  unabhängigen  Aere, 
und  eine  solche  gewährte  ihm  die  Rechnimg  nadh' 
Olympiaden,  die  jedoch  erst  in  Gebraueh  kam,  als 
Griechenland  langst  seinen  Herodot,  Thucydides 
und  ]ienopfaon  gehabt  hatte  *). 

Die  olympischen  Spiele^  der  Sage  nach  von 
Hercules  gestiftet,  Wurden  zur  Zeit  de$  Lycurg 
von  Iphitus  erneuert,  aber  erst  seit  Corbbus,  der 
über  100  Jahre  später  den  Preis  im  Wettlauf  davon 
trag,  regelmäfsig  sJIe  vier  Jahre,  nach  dem  Sprachge- 
brauch Aejp  Alten  -diä  ^fxxfov  erovqy  quinto  qmqüe 
annoy  gefeiert,  wefshalb  sie  bei  den  Griechen  'xsvroLt- 
tr^ixoif  bei  den  Römern  quinqjiennales  hielsen*), 

Dals  der  Sieg  des  Corobüs  ins  Jahr  3938  der 
jülianischen  Periode  oder  776  v.  Chr.  zu  setzen  sei, 
ist  die  einstimmige  Annahme  der  Chronologen.  Sie 
gründet  sich  1)  auf  verschiedene  von  Thucydides 
erwähnte  und  von  ihm  an  Jahre  des  peloponnesi- 
schen  Krieges  geknüpfte  Finsternisse.  Da  er  nämlich 
zu  bemerken  pflegt,  in  welcjien  Jahren  des  Krieges 
die  olympischen  Spiele  gefeiert  wurden,  so  können 
diese  Finsternisse  ^  dazu  dienen,  die  Epoche,  nicht  bldfir 
des  Krieges,  sondern  auch  der  Olympiaden,  mit  i^- 
cherh^t  zu  ermitteln,  wie  Petavius  gezeigt  hat*). 


1)  Die  BezfichnuDg  Dudi  Olympiaden,  die  sidi  an  eini- 
gen Stellen  der  Hellenicä  des  letztem  findet,  ist  fremdes  Ein- 
•chiebseL    S.  Joh.  Gottl.  Selineider^s  Anm.  zu  L  I,  e.  2. 

'    2)  Unige;  Clirmiologen,  selbst  Scsliger  und  PetaviüS,  ver« 
wecfasefai  den  Corttbns  mit  d«m  Ipbitns,   indem  sie  von  der 
Olympiade  des  Ipbitus  als  der  ersten  gesduditUchen  reden. 
Dies  ist  nicbt  sn  billigen,    ß.  Handk  I,  374. 
.  ^)  Doet.  femp.  IX,  44«, 


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1$^  'Technische  (Sironologie 

2)   Auf  eia  fitr  die  Zeitrecfanang  «ehr  sch^bares 
Frfgment  des  Eratiysihenes  ^),  woxin  die  Intervalle 
ooiger  Hauptepochen  der  griecfaischeii  Gesehachte  (ol 
geodern^alsm  angegeben  sind: 
von  der  Einnahme  Trojas  bis  zur  Rück- 

keht  der  Herakliden  •    •    •    .  i  »    n    80  Jahre, 
von  da  bis  zur   Stiftung  —  ^erUn^;  — 

von  Joni^i    .    ?    •    •    *    •    •    •    •    60    — 
femer  bis  auf  Lykurg's  Vomiundschaft   159    — 
bis  auf  das  Jahr  von  der  ersten  Olyxn- 
-    piade         .    •.   •     •     ^    •    •     •;   *    •^108    — 
bis  auf  Xeixes  Uebergang  über  den  Hei- 

lespont     ,.*,*•,*.'.  297    — 
bis  duf  den  Anfang,  des  peloponnesischen 

Krieges     «    «    ^    •    .    •    *    *    •    •    ^8    — 
bi$  auf  das  Ende  desselben  und  die  Be- 
siegung der  Aihener   •    .     .    .    .    ^    27     — 
:   bis  auf  die  Schladbt  bei  Leücira     .  >    34    — 
bis  auf  Phihpp's  Tod     /•.,.,    35    .— 
bis  auf  Alexander's  Tod  .'•♦,.,     12  — 
Diesem  sogenannten  Kanon   des  Eratosthe- 
nes  liegen  durchgängig  vollgezählte  Olympiadenjahre 
zum  Grunde,  die  von  der  Sonimerwende  an  gerech- 
net werden.    Geht  man  nun  vom  Jahr  432  v*  Chr., 
wo  das  Olympiadenjähr  beginnt,  g^g^n  dessen  Schlufs, 
wie  jen^  Finsternisse  zeigen,  der  Ausbrpch'.  des  pe- 
lopoanesisehen  Krieges  zu  setzen  ist,  48  --f*  297  =  345 
Jahre  zurück,  so  trifit  man  auf  das  Jahr  777  v.  Chr., 
als   auf    das    der    ersten    01ym[>iade    vorang^ende. 
Hiemach  ist  also  die   erste  Olympiade  in   das  Jahr 
776,  und  die  Zerstörung  Tkrojas  in  das  Jahr  1184  v. 
Cht.  m  setzen.     3)  Auf  eine  für  die  Zeitrechnung 
meht  minder  wichtige  Stelle    des  Censorinuis,  wo 


i)  Clemens  Ale^andr«  Strom.  1.  J,  p.  Ii5  ed.  Sjlb. 

*  ' 

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-Griechen      \  t67 

£e  Indien  der  Tom^mstön  Von  dl^  Alten  gefttiraudiT 
\m  Aeren  mit  grosser  Bestkninlheit^  und  m  iMdcker 
Beziehung  zu  einander  angegeben  werden,  dafe'  tfber 
ihre  Zuverlässigkeit  nicht  der  mindeste  Zweifel'  ob- 
walten kann.  ^  fängt  also  an  ^):  Hie  tmnuSi  cuius 
vebtt  indeöc  e^Miulus  qmdam  est  Ulpü  et  Pl^m 
tiant  consalatus^  cA  Ofympmde  prima  millemnm^ 
est  et  quartjus  decimusy  ex  diebus  dantitxat  aestU 
vis,  quibus  agon  Ofympicus  eelsiratur*  Das  Cort- 
sulat  des  Ulj^ivs  und  Pontla^hu^^itrttEt  auf  das  Jahr 
238  unserer  Zeitrechnung  öder  lauf  das  4951ste  det^ 
julianischens  Penode.  Da  nun  im  fifcKmmar  deisselbeft 
das  101 4le  Olympiadeiqahr  anfangen  soll»  So  mtife 
man  1013  vöUe  Jahlre  ztofickg^hen;  um  da^'efiige  £» 
erhalten,  in  welchem  da^  erk^'  -begiitik,  «md  ko  ßxi^ 

det  man  wieder  obiges  Epochenjahr.    •         

Dafs  die  olymjäschen  Spiele  um  die  Sommer- 
wende, gefeiert  Mntnden»  ist  bekannt,  so  wie  esgewÜs 
ist,  dafis  sie  um  den  Vollmond  endeten  ^);  €h  aber 
gerade  um  den  Vollmond,  der  zunächst  ^uf  die  Söm-* 
merwende  folgte,  wie  die  GhroHologen  gew&hnlicli 
aimdbmen,  oder  zuweilen  auch  s^cbon  mit  dem  zu- 
nächst Tori^ehenden,  wissen  wir,  nicht  mit  Y&Ql^r 
Sicherheit.  Der  Seholiast  zum  Pindör  s»gt*)r 
„Die  Spiele  ^h^n  bald  nach  49,  bald  nach  50  Mo- 
naten, bald  im  Apollonius,  bald  im  Parthenius,  vor 
sich.^^  Das  Inter^dl  betrug  also  99  Mondmonat^ 
wie  es  das  Wesen  der  OctäSteris  mit  siehibrii^ 
(114).  Da  es  nicht  wohl  denkbar  ist,  dals  cBe  Eleei^, 
auf  deren  Gebiet  die  Feier  vor  sich  ging,  ihren  acht- 


l)e.  31. 

2}  Sie  daaerten  rom  Uten  bis  Eum  16ten  des  Mondmonäts. 
SckoL  tu  Pindar's  OL  V. 
3)  Z»  Ol.  III. 


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158       .  Techni3ak0  Ckronotogie. 

jäMgen  Cjkhm  nicbt  ^r.geordn^  haben  •ottten,  dafe 
die*  Spiele  immer  auf  .eineilei  Mooat,  etw4  auf  4en 
eMen  tbres  Jahrs,  trßfen,  so  hat  Cor^ini  vemuiäilidi 
R0€hty  wenn  er  glani^t.^)^  da£s.  die  ebe^  genannten 
Monate  in  dem  unbekcnnten  Vaterland  dea  Seholia- 
aten  zu  Hirnse  gehörten^  und  dala  der.  eine  v^n  bei- 
den, der  dortige  Schdkotoiiot  wa^ .  .^. ;....'         , 

tüx.  die  R^da^oii  der  Olympiad^ajahre  auf  die 
chEi9tUebe  Zettrechniing  ergibt  sidi  folgende  Regel: 
man.  vemiindere  di^.Ziihl  der  Olympi^deii  um  1,  mul- 
tjplictire  den  Be$it  mit  4,  addire  ^ava  die  Jahrs^ahl  der 
Imfenden  Olympiadevuad  T^ehf  die.3tKmne  von  777 
ab*  Der  Rest  ist  das  Jahr  y*  Chr«i  mit  dessen  Som- 
mer 4M  gegebene  jdl]niipisch^«beguv3ilU  So^  findet  sich, 
dala  Ol  754»  ^  i^i^  :der  Scblaobtl^ei  Salamis,  480 
V.  Chr.  anfing.  Die  Begebenheit  c^r^^M^  i^i^b  im 
atUaeh^Bp^droiFiioii».  also  in  der  ersten,  HSlfte  des 
olympiscben  Jahrs;..  jQehört  da^egfsn.' €^  Faktulte  in 
die  zweite  Hälfte^  PO  muis  man  das  gefundene.  Jahr 
V»  Chr«  um  1  rermindem.  So  ergibt  'sich  (iir  die 
Erbauung  Roms  das  Jahr  75|3  v«  Chr./ weil  sie  nach 
lEavrooisfiher  Redb^uing  im  Fmhluig  OL  6,3  statt  ge- 
fondüm  haben  900..'  Für  OL  194,4  erhalt  man  das 
erste  Jahr  v,  Chr. »  Ist  also  v<m  einer  Olympiade  die 
Rede^  die  diese  Z^  übersteigt,  so  mids  man  von 
dier  obgedachten  Summe  776  abziehen,  wo  dann  der 
^est  das  Jahr  o.  Chr.  gibt,  auf  dessen  Sommer  der 
An&ng  des  diympiscfaen  trifft.  So  fangt  Ol.  254,2, 
wo  Geists 0 rinn s  sehrieb  (157),  238  n.  Chr.  an. 
Für  den  am  häufigsten,  vorkommenden  Fall,  dals  die 
Olympiade  kleiner  als  195  ist,  läfst  sich  die  Reduc- 
tionsregd  auch  so  fassen:  man  inultiplicire  die  gege- 
bene Olympiade  mit  4  und  ziehe  das  Produkt  von 


l)  Diss.  agon.  I,  6.  ^ 

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Grieeim.  ,  Ifi^ 

780  ab,  um  das  Jahr  v,  Chr.  zu  edialtai,  in  wdchefn 
sie  begbnt  So  nahm  die  102te  Olympiade  im  Jahs 
372  V.  Chr.  ihren  Anfang;  die  Schlacht  bd  LeuiMra^ 
die  im  Hekatombäon  ihr^s  zweiten  Jafirs.TOtfiel,  gfr* 
hart  also  in  das  Jahr  371  v.  Chr.  Da  die  Epoche 
der  Olympiaden  auf  das  Jahr  3938  der  juliaoischm 
Periode  tnfit  (155)>  so  kann  man  in  jedem  FaU.  noch 
so  verfahr^,  dais  man  das  Olympiadenjahr,  welche^ 
dpEch  Multiplication  der  verflossenen  Olympiaden  mit 
4  und  Addition  des  Jahrs  der  laufenden  gefunden  wird^ 
Z41  3937  addirt,  und  das  so  erhaltene  Jahr  der  julia- 
uiscben  Periode  auf  die  christliche  ZetUrechnung  re^ 
ducirty  wofür  oben  (41)  die  Rt^el  gegeben  j^t.  ZifUji 
Behuf  der  selten  vorkommenden  Reduction  der  christ^ 
liehen  Jahre  auf  olympische  wird  man  sich  nach  dem 
Bisherigen  leicht  selbst  eine  Regcji  b^den  können.  :., 
In  mehreren  Büchern  wird  zur  Ersparung  solche^ 
Rechnungen  eine  Tafel  sämmtiichar  an  die  christ- 
liche Aere  gdknüpften  Olympiadenjahre  gegeben»  su 
B.  in  dem  dritten  Bande  des  schäi34>aren  Werks  Arif, 
de  verifißr  les  dates  avanitjtre  Chretienne.  Hier 
siod  zugleich  die  julianischen  Data  des  Anfangs  eines 
jeden  olympischen .  Jahcs  beigefügt,  nicht  etwa,  wie 
sie  wirklich  statt  fanden,  sondern  wie  sie  allenfalls 
statt  gefunden  haben  können.  Es  liegt  dabei  folgen- 
des Princip  zum  Grunde.  Der  llt^^  ^ag  des  Mond- 
monats,  mit^  welchen  die  .olympischen  Spiele  anjün-. 
gen  (157),  wird  als  Datum  der  Feier  der  ersten 
O^piade  angesehen  und  sq  4^rch  eine  astronomi- 
sche Rechnung  der  18.  Julius  des  Jahrs  776  v.  Chr. 
gefunden. '  Von  hier-  an  wird  vorwärts  gerechnet,  mit 
Hälfe  einer  OctaSteris,  worin  den  Gemdnjafaren  354, 
und  den  Schaltjahren  (dem  jedesmaligen  dritten,  fünf- 
ten und  achten)  384  Tage  gegeben,  und  afle  16  Jahre 
3  Tage  eingeschaltet  werden;   nach  einer  Verbesse- 


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160  Technische  Chronologie. ' 

tung  der  urspriingGchen  Octaetetls,  deren  6e minus 
gedenkt  *),  mit  der  mau,  aber  scWerKch  bis  zum 
Anfange  der  Olympiadenäre  iurtickgehen*  darf.  Die 
Tafel,  deren  Richtigkeit  nieiiiand'  Verbürgen  wird, 
kann  wenigstens  eine  Idee  von  der  Wandelbarkeit  des 
Datums  der  Peier  der  olympiisclien  S|)ielfe  geben,  und 
wird  sich  auch  in  den  meisten  Fallen  der  Wahrheit 
wenigstens  nahem.  Kommt  es  auf  keine  Genauigkeit 
an,  so  kann  man  den  Anfang  der  olympischen  Jahre 
durchweg  auf  den  1.  Jtdiris  setzen.' 

Die  Feier  der  olympischen  Spiöle  bestand  unim- 
terbtochen  293  Olympiaden  hindurch  bis  gegen  Ende 
der  Regierung/des  Thepdosius.  Man  sehe  die  dar- 
über von  Corsini  gesammelten  Zeugnisse  *).  'Sehr 
bestimmt  ist  dar  des  Cedrenus  •),  iiach  welchem 
'  die  -jtavTYyv^tq' r&v  ^öXv/.i^iaScüv  im ^6sten  Jahr  dieses 
Kaisers,  ^.  1.394  n.  Chr.,  eriosch. 

Als  der  eigentliche  Urheber  der  Olympiadenrech- 
ming  ist  der  unter  Ptolemäus  Phüädelphus  lebende 
Geschichtschreiber  *r  i  m  a  u  s  aus  Sicilien  anzusehen, 
der  sich,  nachdem  man  längst  ^6wohnt  gewesen  war, 
einzelne  Begebenheiteil  durch  dieNamep  der /gleich- 
zeitigen olympischen  Sieger  zu  bezeichnen,  nach  Po - 
lybius  *)  das  Verdienst ' erwarb  •),  die  Ephoren  und 
Kön^e  von- Sparta  mit  den  Archonten  Athens,  den 
Priesterinnen  Von  Atgos  und  den  olympischen  Sie- 
gern zu  vergleichen,  und  so  der  Schöpfer  der  Olym- 
piadenäre wurde,  ohne  die  es  keine  griedüsdie  An- 

nalen 


1)  Ve^l.  Handb.  I,  296. 

3)  Diss.  agon.  I,  11. 

"  3)  Bisi.   comjf.  p.  3i^  der  Parifl^r  Aasgabe  der  Script 
hist.  Byz. 

4)  XII,  12. 

•6)  Offenbar  in  seinem  Werke  ^0\\s^%ittjovt'M%i, 


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Griechen.  \(^\ 

naien  geben  konnte.  Gern  nahmen  die.  Geschieht- 
Schreiber  eine  Jahrrecho^ng  an,  die  mit  der  nöthigen 
Festigkeit  ein  gemeinschaftliches  Interesse  für  alle 
Griedben  verband.  FrUherhin  hatte  man  das  Chrono- 
logische entweder  ganz  vernachlässigt,  oder  sich  mit 
schMrankenden  Zeitbestimmungen  beholfen^  die  den  spä-  • 
tem  C^eschichtforschfsrn  die  Feststellung  der  Epochen., 
oft  sehr  erschwerten  oder  gan^  immöglich  machten. 

Im  bürgerlichen  Vcrjkehr  ist  die  Olympiadenrech- 
nuBg  nie  gebraucht  worden;  auch  kommt  sie  auf  kei- 
ner Münze  vor.  Natürlich,  da  sie  ein  rein  litt^rari- 
sches  Institut  ist.  * 

Das  vollständigste  Verzeichniis  der  olympischen 
Sieger  in  jeder  Art  des  Wettkampfs  liefert  Corsini  *). 
Bekanntlich  war  der  Lauf  der  erste  ..Gegenstand  des 
Wettstreits,  daher  auch  vorzugsweise  der  Name  des- 
jenigen genannt  wurde,  der  in,  dieser  Beziehung  den 
Preis  davon  getragen  hatte  —  crtaSiov  ivUa^  stadio 
vicity  wie  es  immer  heifst         - 

SchUelslich  mufs  ich  noch  einer  eigenthümlichen 
Jahrrechnung  gedenken,  die  sich  auf  einem  für  die 
Chronologie  wichtigen  Denkmale  des  Alterthums,  dem 
parisefaen  Marmor,  gebraucht  findet  Es  handeln  da- 
von mehrere  zum  Theil  ausführliche  Werke,  am  gründ- 
lichsten und  genügendsten  der  zweite  Band  von  Hm. 
Böckh's  Sammlung  griechischer  Inschriften. 

Gleich  anfangs  sagt  der  Urheber,  er  habe  die  Zei- 
ten von  Anbeginn  her  verzeichnet,  „von  Cecrops, 
dem  ersten  Könige  Athens,  bis  auf  die  Archonten 
Astyanax  von  Faros  und  Diognetus  von  Athen."  Hier- 
aus schliefet  man  wol  nicht  mit  Unrecht,  dals  die 
Marmorchronik,  als  die  Arbeit  irgend  eines  Privat- 
manns, in  Faros  entstanden  und  aufgestellt  gewesen 


1)  Am  Schiasse  seiner  Dlssertatii^nes  agonisticae. 

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162  Tfichnkche  Chronologie. 

'  sei;  ob  isie  gleich  sonst  nichts  weitet  die^e  h(Sel  be- 
treffendes eritüat.    ffierauf  folgen  *)  in  93  ZeÜ^n  78 

,  Epocben,  von  dienen  Sie  erste  also  läutet:  „Seitdem 
Ceerop^  zu  Athen  herrschte  und  das  Land,  das  zu- 
vor von  Äctäus,  deiti  Autochthonen,  Äciica  gendnht 

.  war,  den  Namen  Cecröpia  erhielt,  1318  Jahre."  Diese 
Jahre  werden  offenbar  von  deinfenigen,  Wo  Diogne- 
tus  Archön  war,  zurückgerechnet.  Diasselbe  gilt  von 
allen  übrigen  Epochen.  Es  fragt  sich  also,  in  wel- 
ches Jahr  dieser  Archon,  der  sich  sonst  nii^ends  er- 
wähnt ändet,  zii  setzen  sei.  Einige  Gdehrte  eirfdä- 
ren  sich  für  Ol.  129,1,  v.  Chr.  264,  andere  für  129,2, 
V.  Chr.  263.  Voii  beiden  Jahren  siiid  uüs  die  Ar- 
dionten  ilnbekatint,  und  beide  lassen  sich  durch  ein- 
zelne Epochen  rechtfertigen.  Da  aber  die  dem  Zeit- 
alter der  Chronik  naher  liegenden  Epoehen  von  OL 
95,2  an  alle  Ol.  129,1  geben,  iso  laßt  sich  nicht  zwei- 
feln, dafs^  dies  das  richtige  Epochenjahr  sei.  So  wer- 
den in  der  72sten  Epoche  bis  zur  Schlacht  bei  Leuk- 
tra  unter  dem  Archon  PhrasicKdes  107  Jahre,  d.  i. 
26  Olym^aden  iiiid  3  Jahre  rückivärts  gezählt,  und 
zieht  man  diese  von  129, jl  ab,  so  erhält  man  nichtig 
'  OL  104,2  fiir  das  Jahr  der  ScÖacht.  Die  frÖieni 
Epochen  sind  grofsentheils  um  ein  Jahr  weiter   tu- 

'  riickgeschobfen,  als  es  die  griechischen  Annalen  nrit 
sich  bringen.  Wenii  z.  B.  iii  der  52sten  Epoche  bis 
zur  Shlacht  bei  Platää  unter  dem  Archon  Xantippus 


1)  Oder  vielmelir  folgten;  denn  die  erste  HSlfte  des  Mar- 
mors ist  In  den  bargerlichen  Unrahen'  niiter  Carl  l  von  England, 
wohin  das  Denicmal  als  E^entluini.  des  Grafen  Arnndel  yerselzt 
worden  war,  verlöien  ^«igen.  Jüan  mois  sidb  daher  mit  der 
Abschrift  behelfen,  die  Seiden  davon  in  seinem  Werke  fMar- 
mora  AnmdslUma  (London  16^,  4)  g^bea  hat.  Der  Ueber- 
rest  findet  sich  jetzt  in  Oxfiird. 


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»  Macedönier  und  Syrer.  163 

216  Jahre  oder  gerade  54  Olynqpiaden  «nftckgerech- 
net  werden,  so  ergibt  sich  als  Jahr  dersdben  OL  754? 
da  es  doch  Ol.  75,2  sein  sollte.  Offenbar  sind  der- 
Reichen  Anomalien  durch  Rechnungsfehler  entstan- 
den, die  der  Verfasser  der  (Sironik  bei  der  Verglei- 
dnmg  der  einzduen  Epochen  -beging»  ^ 


Zeitxeclmuiig    der   Macedonier,    asiati- 
schen Griechen  und  Syrer. 

Die  Macedonier  waren  dem  Ursprünge,  ^  der 
Spradie  und  den  Sitten  nach  den  Griechen  verwandt. 
Man  ymd  also  leicht  erachten,  dafs  auch  ihre  Zeit- 
rechmuig  einen  der  griechischen  anidogen  Charakter 
gehabt  habea  müsse,  und  hieran .  lassen  die  Nachrich- 
ten, die  Ton  dem  ähem  Zustande  derselben  auf  uns 
gekommen  sind,  in  der  That  nicht  zweifeln. 

Ihre  Monate  waren  folgende: 


£uo<; 

Dius. 

t 

^AnsXXcuix; 

.   Apelläus. 

AvSwouoq 

Audynäüs. 

TleQiTioq 

Peritius. 

LxxfT^oq 

Dystrus. 

^ 

Zoffx/Sfixliq 

Xanthicus. 

^kgrE/MCTioq 

Artemisius. 

Lcäftuxi- 

Däsius. 

navcfxoq           » 

Panemus.  > 

Aqwi; 

Lous. 

ToQfietatbi; 

Gorpiäus. 

^T'sceQ߀Q£7'cu6q 

Hyperberetäus. 

Es  findet  »ich  nirgends  bemerkt,  dafs  ihr  Jahr 

mit  dem  Dius  anfing, 

aber  wohl,  dafs 

es  mit  dem    , 

' 

11 

« 

. 

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164  Technische  Chronohgie, 

Hyperberottus  endete.    Dies  versichern  Zenobius  * ) 
und  nach  ihm  Suidas  ^). 

Einige  Gelehrte  haben  dem  Jahr  der  Macedo- 
nier  einen  andern  Charakter  beilegen  wollen,  t^Is  den 
allgemeinen  griechisch^i  *);  aber  ^rit  Unrecht  JNir- 
gends,  wo  macedonische  Monate  mit  attischen .  ver- 
glichen vorkommen,  läfst  sich  eine  Verschiedenheit 
ihres  , Gehalts  .ahnen. .  So  heilst  es  in  einem  Schrei- 
ben, das  Philipp,  als  er  von  den  Amphictyonen  ;6um 
»  Heerführer  der  Griechen  gegen  die  Locrer  von  Am- 
phissa  ernannt  worden  war,  an  die  Peloponneser  er- 
liefs:'  „Begebt  euch  mit  Waffen  und  Lebensqfiittela 
auf  40  Tage  versehen  nach  Phocis,  im  gegenwärtigen 
Monat,  den  wir  Lous,  die  Athener  Boedromion,  die 
.  Corinther  Panemus  nennen  *)•"  Offenbar  warea  diese 
Monate  von  Reichem  Gepräge,  da  sie  in  einem  mili- 
tärischen Befehl. so  ohne  alle  Beschränkung  zusam- 
mengestellt .werden. 

Denselben  lunarischen  Charakt^  müssen  die  ma- 
.cedonischen  Monate  behauptet  haben,  als  sie  durch 
'  AlCxander's  Zug  über  ganz  Vorderasien  bis  Baby- 
•  Ion  und  Aegypten  hin  verbreitet  und  in  die  neuen, 
aus  seiner  grofsen  Eroberung  entstandenen  Staaten  ein- 
geführt wurden,  SeleucusNicator,  der  Stifter  des 
seleucidischen  Reichs,  drückte  ihnen  dadurch  den  ge- 
setzlichen Stempel  auf,  dafs  fer,  wie  Male  las  berich- 
tet *),  die  syrischen  Monate  mit  macedonischen  Na- 
men zu  bezeichnen  gebot  Diese  Monate  wurden  aber, 
ehe  die  Syrer  das  julianische  Jahr  unt^  der   römi- 


1 )  Proverb.  Cent.  VI,  n.  30.   ' 

2)  Unter  diesem  Wort. 

3)  Handb.  I,  394. 

4)  Deradsth.  de  Coronn  Oratt.  Gr.  Vol.  I,  p.  280. 
5J  Mist,  chron.  TIi.  I,  S.  257  der  Oxferder  Ausgabe. 


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Mazedonier  und  Syrer»  155 

sehen  Herrschaft  angenomtnen  hatten,  ^ben  sb  wie 
die  hebräischen  entschieden  nach  dem  Monde  abge- 
messen. Dasselbe  gilt  von  denen  der  spätem  Baby^ 
lonier;  denn  die  Monate  mit  macedonischen  Benen- 
nungen, an  Mrdche  die  drei  letzten  chaldäischen 
Beobachtongen  im  Alma ge st  (85,88)  geknüpft  sind, 
fügen  sich,  wie  ich  im  Handbuch  gezeigt  habe  *), 
gaqz  in  diese  Voraussetzung,  eben  so  wie  das  mace- 
donische  Da^m  in  der  Inschrift  von  Rosette  (53). 
Hatten  also  die  Macedonier  ein  Mondjahr,  das 
kein  anderes  als  ein  gebundenes  gewesen  sein  kann, 
we'd  Ton  dem  freien  in  der  alten  Welt  nirgends 
eine  Spur  angetroffen  wird,  so  mufsten  sie  audi  ih- 
ren Schaltmonai  haben.  Wie  dieser  hiefs,  wird 
uns  nirgends  bestimmt  gesagt;  doch  ist  Scaliger's 
H}rpothese,  dafs  er  den  Namen  Dioscorus  führte^ 
nicht  unwahrscheinlich.  Im  zweiten  Buche  der  Mak- 
kabäer  nämHch,  wo  einigemal  macedonische  Monate 
erwähnt  werden,  ist  ^)  ein  Schreiben,  das  Lysias:, 
General  des  Königs  Antiochus  Eupa tor,  aQ 
die  Juden  erliels,  vom  24sten  des  Monats  A^o^aco^/v. 
^lov  datirt  Man  hat  A/ov^Kogw^/ov  emendiren  wol- 
len, in  der  Voraussetzung,  dafs  ein  coriiithischer  Mo- 
nat des  Namens  Dius  gemeint  sei.  Allein  nicht  zu 
gedenken,  dafs  ein  solcher  nicht  weiter  vorkommt, 
begreift  man  gar  nicht,  wie  ein  syro-maöedonischer 
Feldherr  ein  officielles  Schreiben  an  die  Juden  nach 
einem  corinthischen  Monat  habe  datiren  köpfen. 
Da  nun  die  Vulgata  Dioseoti  liest,  auch  nach  dem 
,  EtymologicumMagnum  Atoorpcogotj  ein  Monatsname 
gewesen  sein  soll,  so  glaubt  Scaliger,  dafs  der  ma- 
cedonische Scbaltmonat  diesen  Namen   führte.  '    Ein 


l)Th:i,  S.  3%. 
2)lj,  XI,  V.  21. 


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166  Technische  ChrofMihgle. 

zweiter,  allen  Umständen  nach-  wenig  spateret  BrieC 
des  Antiochus  ^ )  ist  Tom  15.  Xanthicus  datirt  Der 
Schaltmonat  scheint  daher  im  macedonischen  Jahr 
eben  so  vor  dem  Xanthicus  hergegangen  zh  sein,  wie 
im  hebräischen  vor  ^em,  Nisan,  der  dem  Xanthiciis 
entsprach,  in  weldbem  Fall  er  freilich  nidi  am  Schhisse 
des  Jahrs  gestanden  haben  würde  ^^. 

Dafs  die  ipacedonischen  Monate  mit  den  hebräi- 
schen wirklich  anf  die  eben  gedachte  Weise  corespon- 
dirten,  ersehen  wir  atts  dem  Josephus«  Dieser  ]ü- 
dische  Geschichtschrdber  bezeichnet  £e  Mondmonate 
seines  Volks  tiberall.  durch  die  den  syrischen  Grie- 
chen^ für  die  er  zunächst  schrieb,  geläufigeren  macedo- 
nischen l^amen.  So  vergleidbt  er  in  d^i  jüdischen 
Alterthümern  ^)  den  Dius  und  Xanthicus  der  Ma- 
cedonier  ausdrücklich  mit  dem  Marcheschvan  und  Ni- 
san  der  Juden.  In  den  Büchern  vom  jüdischen 
Kjriege  heilst  es  *),  die  Römer  hätten  den  Tempel 
zerstört  am  10.  Lous,  an  welchem  auch  der  erste 
Tempel  von  den  Babyloniem  verbrannt  worden  sei* 
Die^  geschah  aber,  wie  der  Zeitgenosse  Jeremias 
berichtet  *),  am  lOten  des  fünften  Monats  der  He- 

^  bräer,  d.  i.  des  Ab* 

Wir  wollen  nun  das  Veihältnils  der  macedoni- 
schen Monate  zu  den  attischen  untersuchen.  In  dem 
oben  (164)  gedachten  Sehreibeh  des  Philipp  wird  der 
Lous  mit  dem  Boedrqmion  zusammengestellt     Plu- 

.  tarch  dagegen  vergleicht,  wo  er  von  der  Geburt 
Alexander's  spricht,  den  Lous  mit  dem  Hekatombäon«), 
und  setzt  die  Schlacht  am  Granicus  bald  in  den  Dä- 


1)  V.  33  desselben  Capitels. 

.2)  Man  yergleiche;  was  faier&ber  im  Hanilbncli  I,  399  ge» 
sagt  bt       ^y  I,  3,  3.        4)  VI,  4,  6.       5>  LH,  IX 
6)  Vita-ÄUx,  c.  3.  * 


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Jiacedonier  und  Syrer.  157 

Sias  der  Macedonier,  bald  in  den  Thargdion  der  Athe- 
ner * )..  Dies  gibt  zwei  ganz  verschiedene  Verglei- 
chungen  der  macedonischen  Monate  mit  den  attischen, 
deren  Erklärung  dadiirch  ein  besondere«»  Interesse  ge-^ 
winnt,  dafs  sie  mit  der  Bestimmung  der  Epoche  von  ^ 
Alex^d^s  Tode  zusammenhängt,  bei  der  die  .Chro- 
nologen um  nicht  weniger  als  zehn  Monate  von  ein- 
ander abweichen.  ^ 

Mehrere  Alterthumsforscher  sin^  der  Meinung  ge- 
wesen, dafe  die  eine  dieser  beiden  Vergleichungen 
unrichtig  sei.  Corsini^)  will  aus  historischen  Grün- 
den ibjtgero,  dals  in  Philipp 's  Schreiben  Hekatombäon 
statt  Boedromion  zu  lesen  s«;  allein  Taylor  zeigt 
in  seinen  Anmerkungen  zu  der  citirten  Stelle  des  De- 
mostheneS)  dals  es  gar  woU  vom  Boedromion  da- 
tirt  sein  könne  ^ ).  Andere  dagegen  haben  geglaubt, 
dals  Plutarch  irrigerweise  die  Stellung,,  welche  die 
macedonischen  Monate  späterhin  im  Sonnenjahr  er- , 
hielten,  auf  Alexanders  Zeit  übergetragen  habe.  Es 
18t  allerdings  mogCch,  daüs  bei  ihm  falsche  Reduc- 
tionen  iin  Spiel  sind.  Wenn  man  aber  glaubt,  dals 
sich  die  macedonischen  Mqnate  erst  beim  Uebergange 
des  Mondjahrs  in  das  Sonnenjahr  verschoben  haben, 
so  irrt  inan;  denn  in  den  obgedachten  drei  chaldäi- 
sdben  Beobachtungen,  welche  ins /dritte  Jahrhundert 
y.  Chr.  gehören,  nehmen  sie  scHon  dieselben  Stellen 
eip,  die  ihnen  Plutarch's  Beductionen'  anweisen  f ). 

WabrsQheinlicher  ist  daher  die  Meinung  mehre- 
rer achtbarer  Chronologen,  dals  die  Veränderung  in 
der  Stellpng  der  macedonischen  Monate,  wodurch  der  . 


1)  Ebead,^  c.  16.  FUa  CrnnSM  c.  19. 
S)  F.  ^.  m,  20. 

3)  YergL  Handb.  I,  404. 

4)  Handbach  1,  405. 


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J^  6  8  Technische  Chronologie, 

Lous  aus  der  Gegend  des  Bo.^dtomiQn  in  die  des  He- 
katombäon  geschoben  wurde,  bald  nach  Alexander's 
Regierungsantritt  vor  sich  gegangen  sein  müsse.  Wer 
eine  solche  Verschiebung  der  Monate  eines  Volks 
nicht  für  möglich  hält,  bedenke,  dafe  der  Sinn  für 
die  eiserne  Festigkeit  des  Kalenders,  an  die  wir  ge- 
wöhnt sind,  bei  den  Alten  erat  durch,  Cäsar's  Re- 
form geweckt  worden  ist.  Wenn  Alexander,  als  er 
die  Schlacht  am  Granicus  liefern  wollte,  an  die  Stelle 
des  Däsius  einen  zweiten  Artemisius  zu  setzen  gebot, 
weil  man  ihn  warnte,  den  Däsius,  in  welchem  die 
macedonischen  Könige  nie  den  Feind  angegriffen,  nicht 
durch  eine  Schlacht  zu  entweihen^);  so  blieb  der 
fiefehl  zwar  unausgeführt,  weil  es  dem  Könige  nur 
auf  eine  augenblickliche  Beruhigung  seiner  abergläu- 
bigen Generale  angekomnaeri  war;  es  geht  doch  aber 
daraus  die  Möglichkeit  hervor,  dafs  die  gedachte  Ver- 
schiebung durch  einen  ähnlichen  Machtspruch  herbei- 
geführt sein  könne. 

Ist  obige  Meinung  wirklich  gegründet,  wie  ich 
nicht  zweifele,  so  müssen  wir  annehmen,  dals  sich 
Pinta rch  blofs  in  der  Reduction  des  Loüs  aiif  den 
attischen  Kalender  geirrt  habe,  dafs  also  Alexander 
nicht  im  Hekatombäon,  sondern  im  Boedromion  ge- 
boren sei,  der  damals  noch  mit  dem  Lous  überein- 
stimmte. t)as  Geburtsjahr  ist  Öl;  106^,1.  und  Phi- 
lipp s  Brief  gehört  in  Ol.  110,2.  Da  nun  nach  Ar- 
rian's  Versicherung  *)  Aristobulus,  einer  der  Be- 
gleiter und  Geschichtschreiber  Alexander's,  dessen  Le- 
bensdauer auf  32  Jahr  und  8  JVIonat  gesetzt  hat,  so 
müfste  der  König  OL  114,1  im  Thargelion  gestorben 
sein,   und   auf  eben,  diese  Zeit   führt  auch  folgende 


1)  Fita  Alex.  c.  16. 
3)  Exp.  Alex.  VII,  28, 


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Mctcedonier  und  Sprr.  169 

Combination.  t'Iutarch  gibt  ein  Bruchstück  ans  den 
Tagebüchern  —  ß^rj^cgÄfi^  —  die  Diodotus  aus 
Erythrä  und  Eumenes  aus  Gardia  über  Alexander'is 
Feldzüge  gefuhrt  hatten  *).  In  demselberi  sind  die 
umstände  seiner  letzten  Krankheit  .aufgezeichnet,  vom 
18.  Däsius  bis  zum  5}8sten,  wo  er  gegen  Abend  starb. 
Aristobulus  hatte  den  Tod  zwei  Tage  später,  auf 
den  30.  Däsius  gesetzt  * ).  Der  Däsius  entsprach 
aber  nach  Plutarch  dem  Thargelion.  Als  Todes- 
jahr des  Königs  nennt  Arrian  dasjenige  der  114ten 
Olympiade,  w6  Hegesias  Archon  war^  d.  £  das 
erste.  EBemach  ist  also  Alexander  OK  114,1  im  Thar- 
gelion jgestorben.  Zu  Athen  wan  damals  noch  der 
metonische  Cyklus  im  Gebrauch.  Stimmten  nun  viel- 
leicht beide  Monate,,  der  Däsius  und  der  Thargelion^ 
vollkommen  überem,  was  sich  jedoch,  nicht  veibür- 
gen  lä£st,  weil  die .  Macedonier  nach  einem  andern  Cy- 
klus gerechnet  haben  können  ^)y  so  wäre  der  Tod 
entweder  am  Uten  oder  13.  JuniDs  323  v*  Chr.  eri 
folgt,  je  nachdem  wir  ihn  mit  den  Tagebüchera 
auf  den  28sten  oder  mit  Aristobulus  auf  den  30. 
Däsius  setzen. 

Dieses  Ergebnils  ist  nach  allem,  was  wir  von 
der  frühem  macedonischen  Zeitrechnung  wissen  oder 
schlie&en  können,  ungemein  wahrscheinlidi,  upd  es 
treten  demselben  daher  auch  Scaliger,  üsher, 
Dodwell,  Des  -  Vignoles  und  meines  Wissens  alle 
deutsche  Geschichtforscher  in  so  fem'  bei,  dafs  sie 
den  Tod  des  Königs  an  den  Schlufs  des  ersten  < 
Jahrs  der  114ten:  Olympiade  bringen.     Ni|r  die  fr«n- 


i)  f^ita  AJex,  c.  76.    Die  Ver&sser  neaiil  Athen Sns  L 
X.  p.  434.  ^ 

2)  Fifa  Alex.  t.  75. 

3)  Handbuch  I,  408. 


Digitiz^d  by  VjOOQIC 


170  Tcchnkehe  Cironohgie. 

wmdxen  Chronologen,  niit  Petayius  m  ihrer  Spitze, 
können  sich  nicht  überzeugen,  dals  zu  ^exanders 
Zeit  wiikfich  eine  solchse  Ajendenmg  mit  den  macedo- 
niaichen  Monaten  roi^egangen  sei,  wodurch  der  luous 
aus  der  Stelle  des  Boedromion  in  die  des  Heka^mbäon 
lackte»  S^  wollen  daher  dep  Tod  d(&3  Königs  lie- 
ber in  den  Hekatombäoii,  dem  fdamals  noch  der  I>ä. 
ans  entsprochen  haben  soll,  also  in  den  Anfang  von 
OL  114,1  setzen,  und  so  würde  diese  JSpoche  um 
gaue  zehn  Monate  ]bis  zum  Sommer  324  y-  (^hjjT*  zu- 
rücki^reichen.  Auch  für  diese  Ansicht  Imm  sich 
Grunde '  ani^hre^n.  War  aber  dies^beo  fsIkM  vorge- 
jfafste  Mdnung  pnift,  wird' mit  mir  £e|en^en  fiir  über- 
zeugender halten,  die  auf  den  Thargehon  fuhren.  Un- 
ter diesen  hat  jQr  mich  besonders  der  ^n  grdJGses  Ge- 
wicht, welcher  vom  ßegeptenkanon  entlehnt  und 
beceits  oben  (63)  entwidtelt  ist  Ich  b^ijß  von  die- 
.  sena  fSSa  die  Geschichte  wiehtigeu  Gegoistande  aus- 
föhrUdbier  in  eiiier  Yoriesung  über  das  Todes- 
jahr Alexander's  des  Grossen  gehanddt^). 

Schwerlich  sind  die  mac^dqnischen  JMonfite,  so 
lange  sie  noch  nach  dem  M(mde  abgepoessen  wur- 
den, v<m  Macedönien  bis  Babylon  ßxf  übereinstim- 
mige  Weise  gebraucht  worden  9  da  die  zaUreichen 
Völker,  die  cfich  ihrer  .bedienten,  unter  sehr  verschie- 
denen flegieruiEigen  upd  in  geripgem  wechselseitigeD 
Verkehr  lebt^.  So  vi|ßl  ist  aber  gewüs,  da&  sie  un- 
ter der  rofniscben  Herrschaft^  wo  sie  in  Sonnenmo- 
nate umgeprägt  erscheinen,  bei  den  Schrifistellem  und 
taf  Denkniiilern  in  4cm  mann^acbfi>ten  Verhältnifis 
zu.  den  römischen  gefunden  werden,  und  dals  es  sorg- 
fältiger Untersuchungen  bedurft  hat,  um  ihnen  über- 


i^  Schriften^ der  Berliner  Akadjemia .ans  dpa  JTAsea 
iSaOtiiMl  21,  ^  ^ 


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JUttcedmUer.  und  Syn^^  |7| 

all  ihre  liektigeii  Stdlai  anzuweifieii.  Seht  viel  ha- 
ben IQ.  dieser  Hinsicht  Usher  t)  und  Noris  ^)  ge- 
leistet Wenii  wir  jetat  übeip  nielnrere  von  ihnen  zwei« 
felfaaft  gelassene  Ponkte  besttnmitjer  caitscfaetden  kön- 
nen, so  verdanken  wir  dies  dem  ÜOTentiner  He- 
merologium,  das  ihnen  unbekannt  gebttebeH  ist 

Diese  für  die  Zeitrechnung  dei^  4isiaitiseheii  Vol- 
ker wichtige  Urkunde^  welche  den  Titel  ^fte^o^vyi^ 
[MtviSv  8iou^iiim>  ^oXsfov  führt,  hat  fitch  zu 'Anfange 
des  vorigen  Jahrhunderts  in  einem  Gi»dicx  d^  viuedi- 
ceischen  Bibliothek  gejiniden.  Sie  »gSit  einm  y^ 
standigen  römischen  Kalender  v^n  Januar  an,  ver- ' 
glichen  mit  den  Kalendern  der  AliextiiiidriAer«  Hel- 
lenen, Tyrier,  Araher,  Sidoiiier,  HeliopoUr 
ter,  Lycier,  Asianer,  Creter,  Cyprier,  EphOf 
sier,  Bithynier  und  €a^padocier«  SpStarhin  ist 
In  einem  leidener  Codex  noch  ein  zweites  Hemer<4o*> 
^um  entdeckt  wotden ,  das  «ich-  vdn  dem  ikurentiner 
nur  in  sofern  unterscheidet,  als  es  stittt  der  Kalender 
der  Creter,  Cyprier  und  £{^esier  die  von  Gaza,  As- 
calon  und  SeLeucia  enthält  Alle  siebzehn  Kalender 
brider  Handschriften  hat  'Sainte-Croix  zusammen- 
gestellt ^  ),  ohne  jedoch  für  die  Zeitrechnung  dar  Vol* 
ker  und  Städte,  denen  sie  angehören,  allen  den  Nutzen 
daraus  zu  ziehen,  den  sie  bei  näherer  Ansicht  gewähren» 


1)  Jacob!  Csserii  de  Macedojuim  et  Askmorum  mrno 
9ol(xn  dissertotto^  Loadon  164S,  8,  a^ch  der  Genfer  Ausgabe  sei- 
ner Armales  veterU  et  novi  TestatnerUi  beigednickt 

2)  hl  seinem .  Werke:  Aimas  ^  epoehae  Syromaeedmumn 
in  vetuetU  vrbwm  Syriae  lamds  expodtae  Florenz  t689  and 
Leipzig  1696,  4,  Auch  in  der  Sannnlang  der  sSmmdichen  Wei^e 
dieses  gelebrten  Kardinals,  die  1729  zu  Verona,  in  5  Foltobandea 
erschienen  ist. 

3)  Memoires  de  VAcadinde  des  hueripikme  Taai.XLVIl 
Ver^  Handbacli  I,  410  ff. 


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17S  Teehnlseh^  Chnmologie. 

•  Zuvörderst  tnüsfieti  wir  den  allgemeinen  Charak- 
ter der  im  eigentlichen  Macedohien  und  in  Kleinasien 
seit  dem  er£^ti^  Jahrfaunderf  der  christlichen  Aere 
vorherrschenden  Zeitrechnung  kennen  lernen.  Man 
bediente  sich  daselbst  eines  Sonnenjahrs,  das  von  ei- 
nem Jahrpunkte  zum  andern  drei  volle  Monate  zählte. 
Wir  erseheA  dies  aus  dem  tialenus,  der  um  die 
Mitte  unsers  zweiten  Jahrhunderts  zu  Pergaraus  schrieb, 
in  seinem  Con^mentar  über  des  Hippokrates 
JBpidemia  ^)  erklärt  er  die  Art  und  Weise,  wie  die- 
ser grofse  Arzt  die  Zeiten  des  Sonnenjahrs  vermittelst 
der  Fixstemersdieininigen  und  der  Nachtgleichen  und 
Sonnenwende  zu  bestimmen  pflegt  (103,  104),  und 
bei  dieser  Gelegenheit  sagt  er,  dafs  das  Jahr  der  Asia- 
ner  den  Jahrpunkten  nach  in  vier  Theile  zerfalle,  so 
dafs  die  Herbstnachtgleiehe  auf  den  Anfang  des  Dius, 
die  Winterwende  auf  den  des  Peritius,  die  Frühlings- 
nachtgleiche  auf  den  des  Artemisius,  und  die  .Som- 
merwende auf  den  des  Lous  der  Macedonier  treffe. 
Da  er  die^  Herbstnachtgleiehe  voranstellt,  so  muls  sein 
Jahr  mit  ihr  angefangen  haben,*  Und  dies,  bestätigt 
Simplicius  *)  mit  den  Worten:  „Die  Athener  be- 
ginnen ihr  Jahr  um  die  Sommerwende,  die  Bewqh- 
.ner  des  jetzt  sogenaniiteii  Asiens  um  die  Qerbfi|tnacht- 
^leiche,  die  Römer  um  die  Winterwende  und  die 
Araber  und  Damascener  um  die  Frfihlingsnachtgleiche.^' 
Wenn,  wie  sich  nicht  zweifeln  läfst,  das  kieinasiati- 
schie  Jahr  nach  dein  römischen  gemodelt  war,  so 
müssen  die  vier  vom  Galen^s  genaputen  Monate 
DittS,  Peritius,  Artemisius  und  Lous  &ak  24.  Septem- 
.  tber,  95.  December,  25.  März  und  24.  Junius  oder 
doch  in  der  Nahe  angefangen  haben';  denn  dies  sind 


1)  Of^.  mppo€nA8  ei  GaJod  Vol.  IX,  P.  %  p.  8. 
'l)  Commgnt.  in  PFfysira  Jrislof.  J.  V,  p.  205,  a. 


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Maecdimier  und  Syrer,  173' 

die  Data,  deisi^n  in  Cäsar 's  Kalender  üe  Nachtis- 
chen und  Sonnenwenden  entsprachen  ^  ),  ^« 
In  unserm  Hemerologium  finden  sich  mehrere 
nach  dieseiii  System  geordnete  Kalender.  Zuerst  fol- 
gender der  Asiäner; 

Monate.  Anfang«  Dauer. 

Cäsarius  24.  September       30  Tage. 

Tiberius  24.  Oktober  31 

Apaturius  24-  November        31      - 

Posidaon  25.  December        30 

Lenäns  24.  Januar  29 

Ilierosebastus    22.  Februar         ^   30 
Artemislus  24.  März  .31 

Euangelius  24.  April  30 

Stratonieus     '    24.  Mai  '3t 

Hekatombäus     24,  Junius  .31 

Anteus  25.  Julius '  31 

Laodikius   ,         25.' Augus^  30 

Iih  Schaltjahr  hat  der  Lenäus  ohne  Zweifel  30 
Tage  gehabt,  wo  dann  der  Hierosebastus  am  23.  Fe- 
bruar anfing.  Nur  wissen  wir  nicht,  ob  die  Asiane^ 
mit  den  Römern  in  einerlei  Jahr  eingeschaltet  haben. 
Unter  den  Asianern  —  'Aonawji  — ,  denen  dieser 
Kalender  beigelegt  wird,  sind  Städte  im  Bereich  d^ 
einst  von  AttaluS  beherrschten  Monarchie  zu  ver- 
stehen, welche  die  Römer  mit  dem  Worto  Asia  in 
seiner  engsten  Bedeutung,  oder  auch  mit  dem  Namen 
Asia  proconsularis  bezeichneten,  und  zwar  ioni- 
sche Städte;  denn  den  Lenäon,  oder,  wie  er  hier 
heilst,  Lenäus,  legtProclus  in  seinen  SchoUen  zum 
Hesiodus*)  den  loniern  bei,  zu  denen  der  Dich- 
ter, aus  Cumä  stammend,  selbst  gehörte.   Auch  finden 


1)  PUdu  ä  N.  XVBI,  59  fC 

2)  Opp.  et  A  T.  504. 


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174  TecktUgche  Ckrmohgte.' 

wir  a^6en  Monat  in  mehreren  iöniselieii  Städten.  Sfb 
erwähnt  Josephns  ^)  ein  zum  Besten  der  Juden 
Yon'Dqlabella,  dem  rOmisdhen  Procomul  Asiens,  an 
niehrere  dort%e  Städte,  namentUch  an  Ephesns,  im 
Lenäon  erlassenes,  Dekret,  und  beim  Rhetor  Ari- 
stides,  de^  unter  Marens  Aurelius  zu  Smyma  schrieb, 
werden  der  Pasideon  und  Leiläon  eben  so,  vne  iii 
unserm  Kalender,  siä  zwei  auf  einander  folgende  Mo- 
nate genannt  * ),  der  erste  als  ein  winterlicher.  Beide, 
so  wie  der  Hekatombäus,  sind  ohne  Zweifel  Ueber- 
reste  des  alten  ionischen  Kalenders,  der  ursprünglich 
in  Attica  einheimisch,  gewesen  sein  mufs,  von  wo  die 
Stammväter  der  Idnier  unter  Codrus  Söhnen  nach 
Kldhasien  auswanderten.  In  Attica  selbst  erhielt  sich 
der  Name  des  Monats  Lenäon  nur  in  dem  des^ Fe- 
stes der  Lenäen,  die  zuerst  in  ihm,  späterhin  in 
dem  an  seine  Stelle  getretenen  Gamelion  gefeiert  wur- 
den ' ).  Den  Artemisius  hatten  die  Asianef  mit  den 
Macedoniem  gemein.  Ihre  übrigen  Monatsnamen  schei- 
nen neuem  Ursprungs  zu  sein  und  nicht  weiter  vor- 
zukommen. Die  Namen  Cäsarius,  Hieroseba- 
«tus  und  Tiberius  verdanken  ihre  Entstehung  of- 
fenbar der  Schmeichelei  gegen  die  ersten  römischen 
«Imperatoren,  daher  zu  vermutben  steht,  dals  der  Ka- 
lender spätestens  unter  Tiberius  gecMrdnet  ist.  Kach- 
mals müssen  die  ionischen  Städte,  wenigstem^  Smyma, 
sämmtliche  macedonische  Monatsmmien  angenommen 
haben ;   nenn   in  einem  Sehreiben  der  smyrnäischen 


1)  Jni.Jud.  XIV,  10,  12, 

2)  SenH.  saer.  I,  p.  274  ~  280  ed.  Jebb. 

3)  S.  EfitL  B5ckh'8  Abbandlang  über  die  attischen  Le- 
näen, Anthesterien  nnd  isndlichen  Dionysien,  in  den 
Schriften  der  Berliner  Akademie  ans  den  Jahren  1816 
und  17.  * 


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Maeedo^r  mtd  %rer.  175 

i.  -  ,  ■  , 

Kirche  bekA  Ensebiu»  *)  findet  %h  der  MärtjKr- 
iod  9e&  h^il^ai  Polycdipus  auf  den  2.  Xaniiiicfus  ge- 
setzt, der  mit  dem  23.  Februar  vei^idhen  wird,  wor- 
aus erhellet,  dafe  der  Lenans  unser»  Kalenders  'ge- 
meint ist  Wegen  der  in  demselben  herrsehenden 
Zäbhiiigs-  und  Be^eidmungsweise  der  Monatstage  muls 
ich  auf  das  Handbuch  vervirc&en  ^)y  wo  man  auch 
noch  andere  hierher  gehörigiß  Notizen  ifinden  wkd« 

Ein  zweiter  gain  analoger  Kalender  unseis  He- 
merologiums  ist  folgender  der  Ephesier: 

Monate.  Anfang.  Dauer. 

Dius  24.  September      30  Tage. 

AppeUäus  24.  Okiober  31 

Audynäus  24.  November       31  ^ 

Peritius  25.  Dezember      30 

Dystrus  -  24.  Januar,  29 

Xanthicus  22.  Februar  30 

Artemisius  24.  MSrz  31 

Däsius  24.  April  .   30s 

Panemüs  24.  Mai  31 

'  Lous  -         24.  Junius .  31 

Gorpiäus  25.  Julius    '  30 

.  Hyperberetäus    24.  August  31 

Et  uöDter8.eheidet  sidi  seiner  Constnictibn  nach 
von  dem  vorigen  blofs  durch  die  Epoche  eines  Mo- 
nats. Der  Schaltmona^  ist  offefibar  der  Dysl^ms.  Eiie 
Namen  der  Monate  sind  die  macedonischen;  dahar 
sich  nicht  zweifeln  läTst,  da£s  dies  eben  der  Kalender 
'ist,  von  dem  Galenus  in  der  Vorhin  erwähnten  Stelle 
Spricht  Das  Hemerologium  legt  ihn  vorzugsweise 
den  Ephesiem  bei;  er  mnJGs  aber  in  Kieinasien  ;5ehr 


1)  £Btf/.  eccl  IV^  15,  vfo  die  AnmerkungMi  des  Valasius 
(p.  65  dier  amsterdamer  Atu^gabe)  lo  vergleichen  sind.' 
2J  Th.  I,  iS.  415  ff. 


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*    176  teebt4sche.(3iromhgie. 

veibreilet  g^westo  aetn,  da^  wir  in  den  ersten  Jahr- 
hunderieii  der  Cbristenbelt  häufig  nach  ihm  datirt 
finden.  Sa  setzt  Epiphaniu^s  ^)  Christi  Taufe  auf 
drä  16.  Apelläiis  der  Maeedpnier  (Ephesier),  den  er 
mit  'dem  12.  Al^yr  .der  Aegypter  und  dem  8.  Dius 
der  griechischen  Syrer,  d.  i.  mit  dem  8.  November, 
vergleicht  *)•  , 

Ein  dritter  nach  gleichem  System  geordneter  Ka- 
lender unsers  Hemerologiums  gehört  denBithyniern 
an.    Es  ist  folgender: 

Monate,  Anfang.  Dauer. 

Heraus  23.  September     31  l'age, 

Hermäus  24.  Oktober        30 

Metrous  23.  November     31 

Dionysiu«  24.  December     31 

Heracleius  ^  24.  Januar  28 

Dius  21.  Februar         31 

Bendidaus  24.  März  30 

Strateiua  23.  April  31 

Periepius  24.  Mai  30 

Areius  23.  Junius  31 

Aphrodisius  24.  Julius  30 

Demetrius  23.  August  31 

Der  Schaltmonat  mufe  der  Heracleius  gewesen 
sein.  Ich  habe  die  Namen  der  Monate  zum  Theil 
nach  alten  Menologien,  die  hin  und  wieder  in  Hand- 
achriften  vorkommen,  verbessert  Ein  bithynisches 
Datum  findet  sich  bloDs  beim  Ptolemäus,  der  eine 
am  2,  Tybi  im  12ten  Jahr  Domitians,  d.  i  am  29. 
November,  des  Jahrs  92  unserer   Zeitrechnung,   von 

Agrip- 


1)  An  der  S.  150  citirten  Stelle,  wo  die  DaU  von  ChrisU 
Gebart  nnd  Taiife  nach  vielen  Kalendern  angegeben  werden. 
3)  Vergl  Handbuch  1,  420. 


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M4c0danier  und  Syrer.  177 

Agrippa  iB  Bithyiiien  angestellte  Bieobadhtuiig  ganz 
richtig  auf  den  7.  filetrous  setzt  i). 

Ein  vierter  hierher  gehöriger  Kalender  unsars  He^ 
merologiums  wird  ^n  Crel^rn  zugeschritben«  Er 
kommt  der  Stellung  der  Monate  nach  ganz  mit  dem 
bithynlschen  überein,  und  da  sich  .nirgends  &n  creti- 
sches  Datum  erwähnt  findet,  so  .vei^yeise  ich  wegen 
der  Monatsnamen  auf  das  Handbuch  ^). 

Auch  em  fünfter,  den  Cypri^ern  beigelegter  Ka- 
lender  slimmt  seiner  Construction  nach  mit  dem  bi- 
thynischen  überein,  mit  Ausnahme  blols  des  siebenten 
Monats,  der  um  einen  Tag  früher  anfangt  Wegen 
der  Mpnatsnanien  beziehe  ich  mich  wieder  auf  >  das 
HandJ)uch  ^).  Bei  Schriftsteilem  finden  sich  bleib 
der  Aphrodisius,  der  erste  Monat,  von  Porphyr ius  *), 
der  Apogonieus  und  lulus,  der  zweite^  ui^d  vierte,,  yon 
Epiphanius,  und  der  Plethypatus,  der  neunte,  vpn 
Alexander  Monachtis  *)  erwähnt  Die  heilen 
letztem  nennen  ausdrücklich  die  I^ap hier.  Die  Sa- 
laminier  dagegen  hatten  die  ägyptischen  Monate, 
denen  sie  jedoch  ^ine  etwas  andere  Stellung  im. julia- 
nischen JK^^lender  anwiesen,  als  die  Alexandriner;  den^ 
Epiphanius,  der  als  ihr  Bischof  von  ihrem  Kalen- 
der genau  unterrichtet  sein  mur8te,/etzt  Christi  Taufe 
auf  ihren  6.  Chöak,  der  nach  ihm  dem  12.  Athyr 
der  Alexandriner  oder  8.  November  der  Römer  ent- 
sprach. Jlr  macht  diesen  Monat  zu  ihrem  dritten, 
und  den  6.  Januar,  an  welchem  Christus  geboren  sein 


1)  Alau  VH,  3,  S.  23. 

2)  Th.  I,  S.  426. 

3)  S.  427, 

4)  De  abstinentia  1.  Ol,  §.  54. 

5)  Laudatio  in  Apostolum  BarHabmn.  Acta  Sanct.  Jon. 
Tom.  p,  p,  45t. 

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178  Techtusche  Chromhgie.     \ 

soll,  zum  fiinfteh  Tag  ihres  fünften  Monats ,  dem  «r 
.keinen  besondem  Nftmen  gibt.  Hiernach  müssen  die 
Salaminier  ihr'  Jahr  am  4.  September  mit  dbm  Phao- 
phi  angefangen  haben«  Die  Form  desselben  kam  ver- 
muthlich  ganz  mit  der  des  alexandrinischen  überein. 
Bei  der  groDsen  Verschiedenheit,  der  in  Kleinasien 
gebräuchlichen  Monatsnamen  muls  daselbst  frühzeitig 
zur  Erleichterung  des  gegenseitigen  Verkehrs  der  Ge- 
brauch aufgekommen  sein,  die  Monate  nach  den  Stel- 
len zu  bezeichnen,  die  sie  in  dem  niacedonisch-asia. 
tischen,  um  die  Herbstnachtgleiche  anfangenden  Son- 
nenjahr einnahmen.  Auch  scheint  .sich  die  kleine  Ab- 
wei(ihung  in  der  Bestimmung  der  Dauer  der  Monate 
allmählig  ausgegUchen  und  folgender  allgemein  gültige 
l^alender  ausgebildet  zu  haben: 

Monate.        Anfang.  Dauer. 

Erster  24.  September        30  Tage* 

Zweiter       24.  Oktober  30 

Dritter         23.  Novembei*         31 

Vierter        24.  December         30 

Fünfter       23.  Januar  .  30 

Sechster     22.  f  ebruar  31 

Siebenter    25.  März  31 

Achter        25.  April  ^  30 

Nemiter      25.  Mai  30 

Zehnter      24.  Junius  31 

15ilfter        25.  Julius  31 

^      Zwölfter     25.  August  30 

Schon  zu  Aristi des  Zeit  mufste  ein  jsolcher 
Kalender  in  Smyma  nicht  ungewöhnlich  sein;  denn 
«r  gedenkt  einmal  *)  des  14tep  Tages  des  zweiten 
Monats  mit  dem  Beifligen:  „wie  wir  hier  zu  Lande 
rechnen."    Usher  und  Njoris  haben  mehrere  Data 


1)  Serm.  Sacr.  II,  p.  294. 

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Macedonier  und  Syrer.  -.  179 

aus  Kirchenscribenten  gesammelt,  die  sich,  nur  durch 
einen  so  geordneten  Kalender  rechtfertigen  lassen. 
Beide  stimmen  in  den  Ergebnissen  ihrer  Untersuchun- 
gen äberein,  nur  däfs  -der  erste  deii  Anfang  des  zehn- 
ten Monats  auf  den  25.  Junius  setzt  Im  römischen 
Schaltjahr  begannen  ihrer  Ansicht  nach  die  Monate 
vom  siebenten  an  um  einen  Tag  früher  im  juliani- 
8ch^  Kalender,  was  voraussetzt,  dafs  die  Kleinasia- 
ten in  einerlei  Jahr  mit  den  Römern  einschalteten, 
ihren  ^  Schalttag  aber  ans  Ende  des  zwölften  Monats 
brachten. 

Bemerkenswerth  ist  es,  dafs  b^i  Henricus  Ste- 
phanus  (124)  und  in  zwei  von  Usher  erwähnten 
oxforder  Handschriften  die  Namen  der  Hinunelszei- 
eben,  Wage,  Skorpion  u.  s.  w.,' geradezu  als  die 
Monate  der  Macedonier  aufgeführt  sind.  So 
schicklich  sie  auch,  wie  man  sieht,  die  SteUvertreler 
der  kleinasiatischen  Sonnenmonate  sein  konnten,  'so 
scheinen  sie  doch  im  bürgerlichen  Leben  nie  zu  die-  ^ 
sem  Zweck  gedient  zu  haben;  wenigstens  findet  sich 
nirgends  ein  an  sie  gereihtes  Datum.  Es  ist  aber  bei 
der  grofsen  Verschiedenheit  der  ^  in  Kleinasien  übli- 
chen Monatsnamen  sehr  wohl  mö^ich,  dafs  man  bei 
der  Berechnung  des  Osterfestes  in  den  ersten  Ji^- 
hui^derten  der  Christenheit  dergleichen  allgemein  gül-_ 
tige  Benennungen  gebraucht  hat,  die  sich  dann  jeden 
Orts  leicht  in  -die  volksthünilichen  umsetzen  Uefsen. 
Dahin  deutet  auch  wirkhch  der  Zusatz,  nach  der 
kirchlichen  Feststellung,  der  sich  in  einer  jener 
Handschriften  findet.  '  , 

Einen  zweiten  Hauptgebrauch  von  den  macedo- 
nischen  Monaten  finden  wir  in  Syrien  gemacht.  Hie^ 
war  seit  den  ersten  Jahrhunderten  unserer  Zeitrech- 
nung und  ist  noch  immer  bei  den  Christen  ein  Jahr 
gebräuchlich,  dessen  Monate,  von  den  Griechen  mit 

12  ♦ 


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180 


Technische  Chronologie. 


macedonischen  und  von  den  Syrern  mit  einheimischen 
Namen  bezeichnet,  den  romischen  ganz  so  parallel 
liefen,  wie  es  folgende  Tafel  zeigt: 

Syromacedonische  Monate. 
Hyperberetäus    Der  erste    Thischri    Oktober 
Dins  Der  zweite  Thischri    November 

Apelläus  Der  erste    Kanun         December 

Audynäüs    .  Der  zweite  Kanun         Januar 

Peritius  Schebat  '    Februar 

Dystrjis  Adar  März 

Xanthicus  Nisan  AprO 

ArtemisiuB  Ij'ar  Mai 

Däsius  Hasiran  Junius 

Panemus  Thamus  Julius 

Lous  Ab  August 

Gorpiäus  Elul  September 

Nach  Bayer  ^ )  lauten  die  Nationalnamen  bei  den 
Syrern  eigentlich  so:  Teschrin,  Conun,  SchTot, 
Odor,  Nison,  lor,  Chsiron,  Tomus,  Ov,  Ilul*). 

Dafs  die  syromacedonischen  Monate  ihrem  Ge- 
halt imd  ihrer  SteBung  nach  mit  den  romisdben,  wirk- 
lich vollkommen  so  übereinstimmten,  wie  es  tmsere 
Tafel  zeigt,  so  dafs  z.^  B,  Peritius  oder  Schebat 
nur  ein  anderer  Name  für  den  Februar  war,^  lehren 
zahlreiche  Zeitbestimmungen  bei  den  griechischen  und 
syrischen  Kitchfnscribenten,  so  wie  bei  den  arabi- 
schen Astronomen  uöd  Geschiehtschreibem,  die  sich 
ihrer  häufig  bedienen.  Auch  geht  dies  aus  unserm 
NHemerologium  hervor,  das  die  Anfange  der  helleni- 
schen Monate  durchgängig  auf  die  Calcändas  der  rö- 


i)  Historia  Osrhoena  et  Edeasena  p.  17, 

2)  Wer  sie  syrisch  gesclirieben  sehen  wiQ,  yer^ache  dien 
Anhang  zu  Beyeridge^s  Chronologie  p.  257  der  ntrecbter 
Ausgabe* 


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Macethmler  und  Syrer/  igf 

mischen  setzt  Unter  ^EM^veg-  werden  hier  nach  et 
nem  bei  den  morgenlandischen  .  SehriftsteUem  häufig 
vorkommenden  Sprachgebrauch  dfe  syrischen  Grie- 
chen verstanden,  besonders  die  Einwc^ner  von  An- 
tiochien,  der  Hauptstadt  der  ronäsbhen  Provinz  Sy- 
rien. .Epipha;tiius  sagt,  Christus  sei  geboret  nach 
den  Römern  ain  6.  Januar,  nach  den.Syrern  oder 
Griechen  —  xorob  ^vqixvg  ej^  wv  "^E^tjiwc^—  am  6. 
Audynäus,  und  getauft  nach  den  Römern  am  8.  No- 
vember, nach  den  Griechen  am  8.  Dius. 

Dafs  das  Jahr  der  Syrer  mit  dem  ersten  Thischri 
,  oder  Hyperbä:etaus  ai^g,  Idirt  unter  andern  die  se- 
leucidische  Acre,,  deren  Jahre  von  diesem  Monat  an 
geredmel  werden.  Auph  verdienen  hier  folgende 
Worte  des  Hieronymus  *)  erwähnt  zu  werden: 
Apud  Orientales  pöpulos  post  colledionem  frugum 
et  torcularia,  quando  decimae.  (teferebantur  in 
tempbm^  Octohet  erat  primus  mensis  et  lanua- 
rius  quartus. 

Die  Frage,  woher  es  komme,  dafs  der  Hyper* 
beretäus  der  Syrer  fast  ganz  die  Stelle  einnimmt, 
ui  der  wir  bei  dc^  £leinasiaten  den  Dius  finden,  be- 
antwortet Noris  dahin,  daCs  diese  Verschiedenheit 
erst  beim  Uebergange  des  Mondjahrs  in  das  Sonnen^ 
jähr  entstanden  sei,  indem  man  in  Kleinasien  die 
julianische  Jahrform  .in,  einem  gemeinen  Mondjahr, 
in  S3rrien  aber  in  emem  Schaltjahr  angenommen  habe, 
wo  ein  Monat  doppelt .  gezählt  wurde.  Dies  läfet 
sich  allerdings  hör^;  doch  muls  eriniiert  werden,' 
dals  die  macedomschen  Mopate  beim  Josephus.be> 
reits  im  Mondjahr  der  Juden,  an  ähnlichen  Stellen  er^ 
scheinen,  wie  im  syromacedonischen  Sonnen|ahr  (16^. 


1)  ComfnerU,  in  Bzecldelem  l.  I.  x.  1. 

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183  Technische  Chrß^eiof^, 

So  lange  das  seleacidische  Reich  bestand,  sdiei< 
nen  die  (Syrer  diBerlei  Zeitrechnung  gebraucht  zu  ha- 
ben,  nämlich  ein  gebundenes  Mondjjahr^  das  sie  mit 
den  Macedoniem  um  die.Herbstiiachi^leiche  anfingen« 
Als  abier  das  Land  -  unter  römische  Herrschaft  kam 
und  viele  syrische  Städte  die  Auto no^mie,  d.  i.  die 
Freiheit  erhielten,  sich  nach  eigener  Verlassung  zu 
regieren,  eigneten  sich  zwar  alle  den  julianischaa  Ka- 
lender an,  jedoch  mit  mancherlei  Aibweichungen,  die 
im  gegenseitigen  Verkehr  keine  geringe  Verwirrung 
zur  Fqlge  haben  mu(sten,  der  erst  späterbin  durch 
die  Einfuhrung  des  obigen  allgemdn- syrischen  Kalen- 
ders abgeholfen  wurde.         .  .     ^ 

Unser  Hemerologium  enthält  zw«i  syrische  Ka- 
lender,, in  denen  zwar  die  maeedonischen  Monate 
ebenfalls  identisch  mit  den  romischen,  jedoch  ganz 
anders  gestellt  erscheinen.  Zu  Seleucia  in  Pierien 
entsprach  der  Oktober  dem  Gorpiäus^  zu  Sidon  dem 
Lous.  E)ata  nach  diesen  Kalendern  kommen  nicht 
vor  ^  ). 

Merkwürdig  ist  es,  dafs  der  Kalender  der  Ly- 
cier,  eines  kleinasiatischen  Volks, , dem, Hemerologium 
nach  mit  dem  der  Sidonier  «übereinstimmte,  nur  da(s 
der  Audynäus  am  2.  März  und  d^  Aitemisius  aiu  3. 
Julius  begann. 

Das  Jahr  der  Tyrier  war  folgendermalseia  ge-  ' 
ordnet: 

Monate.  Anfaiig.  Dauer.. 

Hyperberetäus      19.  Oktober         30  Tage. 
Dius  '        18.  November     30 

Ap  eil  aus  18.  Deoember     30 

Audynäus  17.  Januar    ,30 

Peritius  16.  Februar         30 


1)  Vergl.  Handb.  1,  433  ff. 


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M(tce4mtier  und  Syren 


183 


Mondie. 

Anfang. 

Dauer. 

Dystru» 

18.  März 

31  Tage. 

Xanthicu^ 

18.  Apta 

31 

Artemisius    ■ 

19.  Mai 

31 

DSsius 

10.  Jnnius 

31 

Panemus 

20.  Julius 

31 

Lous 

20.  August 

30 

Gorpiätts 

19.  Sej^mber 

30 

Sdion  Nor  18  hat  mit  Hülfe  zweier  tyrischen 
Data,  die  sich  in  den  Veihandlungen  der  wa  dialce- 
doB  und  unter  deni  Patriarchen  Meima  zu  Constanti- 
nopel  gehaltenen  Conoilien  finden  ^),  die  Anfange 
der  tyrischen  Monate  so  bestimmt,  vne  sie  hier  nach 
dem-  Hemerologhuni  gegeben  sind.  .Im  Schaltjalnr 
scheint  der  Peritius  31  Tage  gehalten  zu  haben  ^). 

Die  Monate  der  Arab^er  hatten  nach  dem  He-, 
merologium  ganz  die  $onn  der  alexandimischen,  wie 
folgende  Tafel  zeigt: 


Monate. 
Xanthicus 
Artemisius 
Däsius 
Panemus 
Lous 
Gorpiäus 
Hyperberetäus 
Dius 
Apelläu9 
Audynäus 
Peritius 
Dystrus 
Epagomenen 


Anfang. 
22.  März 
21.  April 
21.  Mai 
20.  Juniiis 
20.  JuUus 
19.  August 
18.  September 
18.'  Oktober 
17.  November 
17.  December 

16.  Januar 
15.  Februar 

17.  März 


Dauer. 
30  Tage. 
30 
30 
30 
30 
30 
30 
30 
30 
30 
30 
30 

5 


1)  Haasi  CoBsci.  dmcU.  Tom.  VU,  col;  197,  Tom.>  VUI, 
col.  1083.        8)  V«r0.  Handb.  I,  436.       ' 


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1S4  Technische  Ckrtmohg^. 

Unter  den  Arabern,  di^  diesen  Kaien^r  ge- 
braucht haben  sollen ,  sind  blofs  die  Bewohner  jes 
petr^ischen  Arabiens^  besonders  die  der  Stadt  Bo- 
stra  zu  verstehen,  die,  nachdem  das  Lanfd  unter  Tra- 
jan  eine  romische  I^ovinz  geworden  war,  als  Sätst  d- 
ner  Legion  zu  einer  besondem  Widitigkeit  gelangte. 
Man  sieht,  dals  sich  hier  die  oben  (172)  aus  Sim- 
plicius  beigebrachte  JNotiz  bestätigt,  dafis  die  Ara- 
ber ihr  Jahr  mit  der  Frühlingsnachtgleiche  angefan- 
gen Eabesi;  denn  diese  traf  im  zweiten  Jahrhimlert 
n.  Chr.,  wo  sie  sich  das  Sonnenjahr  angeeignet  ha- 
ben müssen  (früherhin  hatten  sie  mit  den  übrigen 
Arabern  vermuthlich  ein  Mondjahr)  auf  den  22.  MMrz^). 
Neben  den  macedonischen  Monatsnamen  haften  sie 
auch  4hre  eigenthümlichen.  Dies  erhellet  -aus  der 
mehrmals  angeführten  Stelle  des  Epiphanius,  wo 
der  6.  Januar  mit  dem  21.  Aleom  und  der  8.  No- 
vember mit  dem  22.  Ai^altbabeith  der  Araber  Veil- 
chen wird.     Setzt  man    dafür  die  Namen  Audynäus 

,  und  Dius,  so  ^bt  unser  Hemerologium  dieselben  Data. 
'  Auch  die  Bewohner  der  unweit  der  Grenze  Ae- 
gyptens  gelegenen  Städte  Gaza  und.Asoalon,  die 
lange  den  Ptolemäern  unterworfen  w^aren,  bedienten 
sich  nach  dem  Hemerologium  der  alexandbdnisdben 
Jahrsform  mit  macedonischeh  Monatsnamen.    Da  der 

.  erste  ihrer  Epagomenai  auf  den  24  August  trifft,  so 
sollte  man  glauben,  dafs  sie  ihr  Jahr  zugldich  mit 
den  Alexandrinern  am. 29.  .August   anfingen^     Aflein 

,  Marcus,  Diakonus  der  Kirche  von  Gaz%  :Jsagt  in  sei- 
nem Leben  des  heiligen  Porphyrius^  Bischofs 
dieser    Stadt  * ):    Cum   autem  pergeret  XUus  hon 


i)  Wegen  d^r  Pamascener,    die  Simplicias    zngiäch 
nennt,  sehe  man  Bandbupb  I,  437..  >  . 

3)  c.  3.    Acta  Sanct.  Febr.  Tttn/IO,  p.  €48. 


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pbiere  primo  mJmse,  qui  a$  eis  vocaiur  Dios,  demde 
.  etiam  seeundo,  qui  dieitur  £pilleas  (Apdäbieüs), 
omnei  affligehäntur;  es  erhellet  also,  daüs  d£e  Gih 
zaer  die.  alexandTUiische  jJahfsfonn  angenommen,  aber 
die  macedonische.  Gewohnheit,  das  Jahr  im  Herbst 
zu  begmnen,  beibehalfen  haben,  ungeachtet  «o  die  £r- 
gänzttogstage.  nicht  an  den  SchluCs  ihres  Jahrs  zu  ste- 
hen kainea.  Den  Dins  filmen  sie  am  28«  Oktober 
an.  Hiernaefa  Inrird  man,  leicht  auch  die.  Anfön.ge  ih-  ' 
rer  übrigen  Monate  ansetzen  können.  Im  Schall^ahr 
rechneten  fße  ohne  Zm^eifd  eben  so,  wie  die  Alexatt- 
driner,  6  Epagomenen*  Die^  Asealoniten  begannen 
ihre  Monate  anr  dei^elben  Tagen  des  julianischen  Ea« 
lenders,  nannten  aber  den  Mpnat,  ;der  bei  den  €b- 
zäem  Ditis  hiefis,  Hyperberetäus  ^).  , 

Das  Hemerologtum  eüthältt  endlich  noch  die  Ka- 
lender der  ^Bewohner  von  Heliopolis  (jetzt  Baal. 
bek)  und  der  Cappadocier.  Wegcai  beider  verweise 
ich  au£  das  Handbuch  ^).  Hier  bemedce  idi  ninr 
mit  Bezug  auf  den  letztem,  da&  £piphaniüs  tob 
einem  ganz  andern  Kal^ider  reden  muls,  wenn  er 
den  6.  Jannat  mit  dem  13.  Atarta  und  den  ü.  No- 
vember mft  dem  15.  Aratata  der  Gapp«idocier  vtxy 
gleidit  Weder  Zahlen  noch  Nanien  stimmen.  Das 
^nzige  cappadociscbe  Datum,  das  sonst  noch  vor- 
kommt, .fiiidet'  sich  beim  Gregor  von  Nazianz^^,  der 
einmal  ^)'  vom  33.  Dathusa,  d»  i.  nacb  dem  Hemero^ 
logiom  vom  29.  September,  spricht^      ^     . 

Eben  to  verschieden,  wie  die  Monate,  warien  die 
Epochen,  von  %elehen  die  Syrer-  ihre  Jahre  zählten. 
Noris,  Belley,  Eckhel  und  Sancleme^tite  ^) 


1)  VergL  Hatt^b;  I,  438  ff,  ' 

3)  Th;  I,  '8.  ^44^  ff;.     3)  j^l»/.  m 

4)  Die  Werke  von  Neris  nai  EekJiel  «ad  sdbon 


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I S6  T4MfAnls4fk0  Chronologie. 

'      '  ''  ♦ 

Uliben  ibeB  diesen  scbwterigen  Gegenstand  eken  so 
sdiaxUmiige  ab  gründliche  Untersuchtingen  angesteHt, 
und  ihn  besonders  mit  Hülfe  von  Münzen,  deren  eine 
grofse  Zalil  von  d^i  freien  SHädten  fiRfsiens  anf  nns 
gdcammen  ist,  zu  erhellen  gesucht 

Die  wichiigsie  alfer  syrischen  Acren  ist  die  se- 
leucidische.  Dem  Seleucus,  nadimids  ^icator 
j^nannt,  fiel  hei  der  zweiten  Vertheilunj^  ^r  Satra- 
pten  des  grolsen  von  Alexander  hinterlassenen  Reichs,, 
drei  Jahre  nach  dessen  ^Tode,  Babylon  am«  Er  hatte 
seine  Statthalterschaft  einige  Jahre  behauptet,  ab  er 
«ie  aus  Furcht  vor  dem  Antigonus,  der  einen  grofsen 
Theil  Asiens  an  sich  gerissen  hatte,  verliefs  und  sich 
zumJPtolemäas  Lagi  nach  Aegypten,  begab.  IMeser 
drang  auf  seine  Veranlassung  mit  einem  Heer  in  Sj- 
nea  ein,  und  setzte  sich  durch  A&x  Sieg,  dea  er  über 
den  Demetrius  bei  Gaza  erfochten,  in  den  Besitz  des 
Landes.  Seleucus  zog  nun  mit  einem  Heer,  das  ihm 
Ptoleniäus  zu  Hülfe  gegebeü,  nach  Babyhm,  ircMng 
den  Mieanor,  den  General  4es  Anti^nus,  und  unter- 
warf sich  Susiana  und  Medien.  Von  diesem  Zeit- 
j^mkt,  OL  117,1,  wie  Diodor  berichtet,  (zwischea 
den  Sornmem  313- und  311  v.  Chr.)  datkt  sieh  die 
^euddiscfae  Aare,  nicht,  wie  einige  Chronologen  sa- 
gen, "ion.der  Gründung  des  sdieucidiseh^i  Reidhs  ia 
Syrien;  ]^  dahin  verfiossen  noch  11  Jahre.  Anti- 
gonuK  ^te  nämlich  nach  der  Schladbt  bei  Gaza  nach 
Syrien,  und  drängte  den  Ptolemäua  naeb.  Ae^pten 
zurück,  worauf  .ane  Reihe  Begebenheiten  folgte,  die 
sich  daitiit  endigte,   da&  sich  Ptoleitiäus^  *  Seleucus, 


(tüirt  worden«  Von  Belley  findet'  man  eine  Reihe  Abhandlon- 
gen  alg  Supplemente  za  Noris  in  den  Mewümm  de  if'dc.  des  In- 
ser,  Sanelemeate  hsX  dc-epqlMs  sir€  d^^  hqMs  ^citönot^gieis 
imperiidmH  ^tschriebon.  <Aora  1809,  4i) 


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Mocethnter  und  Syr^.  Igf 

Cassander  und  Lysimachua  g^en  Antigoifus  verban- 
den,  und  ihn  bei  Ipsus.in  Phiygien  um  Reich  nhd 
Leben  brachten;  IKes  geschah  OL  119,4,  >.  Chr. 
301.  Die  Sieger  theUten  sich  in  sein  Reiche  Seien-, 
cus^  der  sich  seit  einigen  Jahren  den  Konig^el  bei^ 
gelegt  hatte,  eihielt  das  obere  Syrien,  nnd  machte 
es  asoni  IVIittelpuidct  eines  grofsen  Reichs,  das  sich 
vom  Indus  bis  an  den  Heüespont  erstreckte.  Cöle- 
syrien,  Phoniaden  und  PalSstina  verblieben  für  jetzt 
noch  dem  Ptolemäus,  fielen  aber  id  der  Folge  den 
Seleuciden  gleich&Hs  zu. 

Es  Wurde  nun  ip  dem  von  Seleucus.  beherrsch- 
ten Theile  Syriens  gebräuchlich  und  gesetzlich,  die 
Jahre  von  der  Sehlacht  bei  Gaza  zu  jzählen,  durch 
die  ar  den  Grund  zu  seiner  grolsen  Ma<^ht  gelegt 
hatte.  Dies  ist  die  berühmte  Acre  der  Seleuci- 
den,  deren  sich  die  Syrer  und  unter  den  syrischen 
Regenten  die  Hebräer  bedient  haben.  Man  findet  sie 
auf  den  Münzen  von  Emis'a,  Damäscus,  Laodicea  in 
Cölesyrien,  C^sarea  am  Libanus,  Orthosi^  in  ^höni'- 
zlen,  und  unter  anderen  Acren  auf  denen  von  Anti6- 
cbia,  Apamea,  Epiphanea,  Seleucia,  Canathä,  Sidon, 
Tripolis,  Tyrus,  Cyrrhus  und  Ascalon.  Fernefwif. 
den  Marmorn  von  Palmyra,  z.  B.  einem,  der  folgende 
Zeitbestimmung  enthält:  snyvq  ZM*  f.ir{»^  He^triov^  im, 
ihr  547  im  Monat  Peritius  *).  Nach  ihr  wer- 
in  den  Bi^chem  der  Makkabäer  die  Jahre  ge- 
|hlt,  Y^elclie  daselbst  die  der  Herrschaft  der 
(riechen  hei&en  ').     In  den  Auszügen^  die  Jos« 


1)  Gruter  7%^^.  Iriscript.  p.  LXXXVl,  8.    JKfus.  CapiU 
I.  IV,  iab.  XVIÜ,  p.  79.  : 

2)  1.  Makk.  I,  11.  Josephas  dagegen  spridtt  {AtU,  XUI, 
6)  von  der  Herrschaft  de^  Assyrier,  worunter  er  die  Syrer 
rstelit,  ittdeiD  er  hiuzufietzt:   „seit  Sclevcas,  Nicato^  geaaimt. 


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Simon  ABsemani  in  seiner  Biidiptheca  orientalis 
aus-  den  syrischen  Handschriften  der  vatikaniscben 
Bibliothek  gibt,  wird,. sie  häufig  erwähnt,- mit  der  Be-' 
Zeichnung  ßnno  Griieeorum  oder  anmo  regniAlecaan- 
dri^  Auch  g^raochen  sie  nicht  selten  die  arabischen 
Astronomen^  die' sie  die  Aere  Alexander's,  dgent- 
lieh  D$i  'l  karnain,  des  Zweigehörnten,  denaen. 
Die  Epoche,  der  seleucidischen  Aere  triffit  auf 
d^.  Herbst,  mit  welchem  die  Syrer  ihr  Jahr  anfin- 

,  gen.  Da£s  es  der  Herbst  des  Jabrs  312  v.  Chr^  in^ar, 
lehr^ci  zahlreiche  Münzen.  Wenn  z.  B.  auf  einer 
Münze  von  Tripolis,  mit  dem  Bildnisse  Hadrian's 
das  Jahr  428 »  und  auf  einer  Münze  von  Emisa  mit 

^  '  dem  Bildnisse  X/aracalla*s  das  Jahr  5SS  bemerkt 
ist  (beide  können  sich  nur  auf  un^^r^  Aere  bezieben), 

T  so  vrird  man,'  da  jener  am  ll^  August  117  n.  Chr. 
%ar  Regierung  gelangt,  und  dieser  den  8«  April  217 
n.  Chr.  ermordet  ist,  durch  eine  leichte  Rechnung 
finden,  dafs  die  Aere  weder  früher  nodi  spät^  als 
im.  Herbst  312  v.  Chr.  mg^a^gen  haben  könne  ^ ). 
Auf  eben  dieses  Ergebnifs  führen  mann^ache  ander- 
weitige Combiiyaticmen.  Wenn  z.  B.  d^  Zeitpunkt, 
WQ  das  Glaubensbekenntnifs  des  nicänischen  Cond- 
üums  abgefalst  ist,  sich  also  bezeichnet  findet  ^ ):  „Un- 
ter dem  Consul^it  de^  Paulinus  und  Julianu^  im  Jahr 


Syrien ^m  Besitz  nahm/^  Unter  Assar  oder  Assyrien  nämfich 
Begriffen  ^e  (Mentaler  nicht  blofs  die  Provinzen  des  alten  assy- 
nselien  Reidis  ain  Hgris,  sondern  alle"  die  Länder  YordenisieBs, 
mit  Atasnabme  Arabiens,  wo  die  ftemttische  Sprache  in  ihren  yer- 
schiedenen  Mundarten  gesprochen  wurde.  Die  Griechen  kürzten 
diesen  Namen  ab,  nn^^agten  dafür  Syrien.    HerodQt  YII,  63. 

1)  Noris  diss.  II,  c.  1  rnid  2«  Am  bequemsten  Ist  pe^  bei 
aolchen  Vergleichung^  di^  Jahre  vor  und  nach  Uir.  anC  ß»ß  ja- 
li^nisdie  Periojdo  zu  bringe  C^O 

%y  Mansi  coUfjci,  Conc  Tom.  VI,.  «ioL  956,, 


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Mtteedoniet  und  Syrer.  j[gg 

636  nach  Alexander  am  ig.Däsiiis  (Jnnitts)  der  Grie- 
chen/^ so  geben  die  Consuln  das  Jahr  325  n.  Chr.,  und 
da  dies  das  .636  ste  der  seleucidischen  Aere  gewesen 
sein  sMf  so  erhält  mati  als  Epochenjahr  wieder  313 
V.  Chr.  Die  Bezeichnung  nach  Alexander  ist  bei 
den  Orientalem  nicht  ungewöhnlich«  Sie  findet  sich 
auch  in  folgender  Stelle  des  Abu'lfaradsch  ')s 
„Zwölf  Jahre,  nach  Alexander^s  Tode  erhielt  Seleucus 
mit  dem  Beinamen  Nicator  die  Herrschaft  über  Ba- 
bylon, gdQZ  Irak  und  Chorasan  bis  Indien«  Mit  dem 
Anfange' seines  Reichs  beginnt  die  von  Alexander  be- 
nannte Aere,  nach  der  die  Syrer  und  Hebräar  äre 
Jahre  zählen/*  Mit  den  zwölf  Jahren  ist  hier  zugleich 
das  Intervall  zwischen  dcfn  Epochen  der  ^bllippi- 
schen  und  seleucidischen  Aere  ausgesprochen,  von 
denen  eistere  auch  Zuweilen  unter  der  Benennung 
Jahre  nach  Alexander's  Tode  vorkonunt  (60); 
denn  zwischen  beiden  verffiefsen  beinahe  12  Jahre, 
hingegen  zwischen  der  eigentlichen  Zeit  des  Todes 
(169)  und  der  Epoche  der  letztern  nur  11  Jahre  und  . 
Viertehalb  Monate.  Eusebius  drückt  sich  dahet 
ganx  richtig  aus,  wenn  er  den  Anfang  der  Herrschaft 
desSeleucus  ins  zwölfte  Jahr  nach  Alexander's 
Tode  setzt*). 

Die  Epoche  der  chaldäischeh  Aere  ist  um  ein 
Jahr  fünger  als  die  der  seleucidischen  (91).  Nichts 
berechtigt  uns,  beide  Acren  für  identisch  zu  haltet. 
Fr  er  et  hat  daher  ohne  Zweifel  Unrecht^  wenn  er 
ein  Schwanken  der  letztem  zwischen  den  Spätjah- 
ren 312  uiid  311  V.  Chr.  voraussetzt  *)• 


1)  Eist.  Dynast.  1.  VI,  p.  98. 
T^  Demanst/eväng.  V  VIH,  p.  393  (ed.  Par.  1628). 
3)  S.  amae  Abhandlnng  fiber  die  selen^idische  Aere 
in  den  Mhn,  dt  VAc^dinae  äea  ImMtn  Tonte  XVL 


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190  Tevbuisehe  t^roHoJogig. 

,  Za  einer  genauen  Besümmimg  des  Anfanges  der 
seleucidischeo  Aere  dient  die  Angabe  des  Ulug 
Begh  ^),  da&  sie  34Q700  Tage  früher  als  die  ara- 
tnsche  und  344324  Tage  früher  als  die  persische  an- 
gefangen  haben  soll«  Geht  man  vokn  15«  Julius  622 
n.  ChrM  der  Epoche  der  arabischen  Aere,  um  jene, 
und  vom  16.  Junius  632,  n.  Cfar.^  der  Epoche  der 
persischen,  um  di^e  Zahl  von  Tagen,  zurück,  julia- 
lusche  Jahre  rechnend,  nach  denen  die  seleucidischje 
Aere  si;ählt,  so  gelai^  man  zum  1.  Oktober  312  v, 
Chr.  als  ihrer  eigentUchen  Epoche. 

llieniach  hat  man  für  die  Reduction  der  seien- 
eidischen  Jahre  auf  unsere  Zeitrechnung  folgeade  Re- 
gel: man  zieht  die  Jahrszahl  von  313,  oder,  wenn 
sie  gröfser  ist,  von  ihr  312  ab,  und  erhält  so  das 
Jahr  im  ersten  Fall  vor,  und  im  letzten  nach  Chri- 
stus» äüf  dessen  1»  Oktober  der  Anfang  des  seleu- 
ddischen  trifft,  imd  dem  noch  die  3  ersten  Monate 
desselben  angehören.  Die  9  übrigen  gehen  in^  das 
folgende  christliche  Jahr  hinein.  Wenn  z.  ,B.  in  der 
Chronik  von  Edessa,  die  sich  dieser  Aere  bedient, 
der  Tod  des  Kaisers  Julian  in  den  Hasiran  oder  Ju- 
nius  des  Jahrs  674  gesetzt  wird^),  so  ergibt  sich 
das  Jahr  363  n.  Chr.  Will  man  umgekehrt  ein  Jahr 
unserer  Zeitrechnung  auf  die  selbucidische  bringen, 
so  mufs  man  es  entweder  von  313  subtrahireü  oder 
zu  ihm  312  addiren,.  je  nachdem  es  ein  Jahr  vor  oder 
nach  Christus  ist  bx  beiden  Fällen  erhält  man  das 
seleucidische  Jahr,  das  in  dem  vorgelegten  christli« 
eben  seinen  Anfang  nimmt  *  '  ■ 

Der  (jlrund,  warum  die  syrischen  und  arabischen 


1)  Epoehae  eslebriorss^  ymn  Gravius  perdiscb  and  latei- 
nisch Wausgegebeu  (London  1650,  4),,  p.  31. 

2)  Bibl.  Orieni.  Tom.  1,  p.  397. 


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Mazedonier  umdSyr^^  |9| 

SchriftstdUer  die  Epoche  der  seleucidisdiea  Acre  ge-» 
rade  auf  den  1.  H^erberetäus  oder  Oktober  seUen, 
ist  blois  darin  zu  suchen,  dafs  dies  s^  Annahme  des 
julianischen  Kalenders  d^  Jahranfang  der  Syrer  wan 
Hin  und  wieder  kommt  aber  auch,  der  Gorpiäus  oder 
September  als  der  erste  Monat  der  Syrer  und  des  se* 
leuddisdien  Jahrs  vor. 

Noris  beweiset  ^)  aus  der  Kirchengeschichte  de» 
im  sechsten  Jahrhundert  lebenden  Euagrius,  dafs 
man  namentlich  osu  Antiochia  so  gerechnet  hab^i 
müss«  *).  Dieser  Jsdirsanfang  schreibt  sich  offenbar 
von  den  Indictionen  her,  einem  15jlfarigeii  Zeit^ 
kreise,  nach  wekhem  wir  in^  byzantinischen  Reiche  ge- 
wöhnlich die  Jahre  gezählt  linden.  Diese  Indietionen 
fingen,  eben  so  wie  die  Jahre  der  daselbst  gebräucdi« 
liehen  Weltiffe,  iptt  dem  1.  September  an.  Mahmwls 
daher,  wenn  bd  syrischen  SdiriftsteHera  von  ein^ 
Begebenheit  die  Rede  ist^  die  ^ch  im  GoipiSus,  Etui . 
oder  September  zpgetrageh  haben  soll,  auf  seinerJEItti 
sein,  dab  man  sie  nicht  in  ein  nmidit^ies  Jahr  bringe» 
Wenn  z.  B.  die  Chronik  von  Edessa  den  Tod  des 
Simeon  Stylites  auf  Mittwoch  den  2.  September 
des  Jahrs  771  setzt  ' ),  so  würde  man  irrei|y^  wenn 
man  de&halb  an  das  Jahr  460  n.  CSnr., denken  wollte,; 
weil  rie  sonst  immer  vom  1.  Oktober  rechnet.  In 
diesem  FaU  ist  der  Jahranfang  entschieden  der  1»  Sep* 
temW,  weil  nur  ^as  Jahr  439  gemeint  sein  kann, 
worin  der  2*  Septanber  ein  Mittwoch  war.  Es  ist 
nicht  nöthig,  einen  Fehler  in  der  Zahl  771  m  vet- 


1)  Dis«.  in,  c  6. 

2)  Aach  Albatani,  der  filtftte  vnd  l^edenteniite  .«rsbuche 
I  Astronom,  dsr  im  nenntea  Jahriiandert  zo  Racoi  ia  Mesopoli* 
mien  beobachtete,  rechnete  nicfal  andere^    Handb.  1^  4ä3. 

3)p.  405.  .t 


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193^  TMknhcke  (^re^hgh. 

nmthe».  Der  Verfasser  der  Chronik:  kann  diese.  Nach- 
licht  von  einem  Antiochener  entlehnt  hab^^  der  das 
Jahr  nut  dem  September  anfing  ^  )• 

Au&er  derHailptäre^  der  ^eleucidischen,  tref- 
fen wir  in  Syrien  eine  gro&e' Anzahl  Lcicalären  an, 
von  den^  ich  hier  in  möglichster  Kürze  nur  dieje- 
nigen hervorheben  will,  die  sich  nicht  bloü»  auf  Mim- 
ten,  sondern  auch  bei  Schriftstellcm  erwähnt  finden. 
Ausführlicher  habe  ich  von  diesem  verwickeliea  Ge- 
genstande in  meinem  Handbuche  gehandelt  ^). 

Die  Epoel^en  der  meisten  dieser  Aeren  darren 
sich  von  den  Zeitpunkten ,  wo  die  syrischen  Städte 
die  .Autonomie  erhielten.  Dies  geschah  in  den  bei- 
den Perioden,  wo  Pompejüs  und  Julius  Cäsar  im 
Lande  warin«  Der  erste  ndtUgte  im  Jahr  64  v.  Chr. 
den  Tigranes»*^  König  von  Armenien ,  Syrien,  das  er 
einige  Zeit  behauet  hatte,  zu  räumen,  und  machte 
es  nun,  einzelnen 'Städten  die  Freiheit  schenkend,  zu 
einer  rSmisdi^n  Provinz»  Die  Ai»en,  die  sich  da- 
mals Mldeten  und  mit  dem  Uerb^  theils  des  gedach- 
ten Jahrs,  theils  audi  erst  des  folgenden  ihren  An- 
fang nahmen,  begreifen  die  nunusmatischen  Chrono- 
logen (185)  unter  dem  Gesammtnamen .  der  Pom- 
peiana.  Nach  dieser  hat  eii^e  ganze  Reihe  von  Städ- 
ten datirt,  z.  B.  Tripolis,  wo  jedoch  die  seleuci- 
disdie  Acre  vorherrschend  blieb* . 

Der  andere  bauchte  im  Jahr  47  v.  Chr.  Syrien, 
ak  er,  nach  beendigtem  Bürgerkriege,  gegen  Phama- 
cts,  Konig  vm  Ponttts,  zog.  .Die  A<aren,  die  sich  an 

diesen 


1}  Wegen  Mner  Besonderen  ^Wopgiweise  iet  Monate  der 
Attlieclieiier,  dio  im  Mkopogon  des  Julian  Totkommt,  nwfs  ich 
anf  das  Handbnck  C\  455  ff.)  yerweiMfi, 

a>  Th\  I,  S.  457  ff. 


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Macedonier  und  Syrer,  103 

diesen  Zeitpunkt  knüpften,  bezeichnet  man  mit  dem 
gemeinschaftlichen  Namen  der  Caesariania,  worun- 
ter man  jedoch  vorzugsweise  die^nigp  versteht,  welche 
zu  Antiochia,  der  Hai^tstadl  des  Landes,  im  Gebrauch 
war,  und  nächst  der  seleucidischen  unter  deii  syri- 
schen die  berühmteste  ist 

Dalis  die  Epoche  derselben  der  Ilerb^t  des  Jahrs 
49  V.  Ghr.  war,  hat  iSforis  mit  Hülfe  antiochenischer 
Münzen  aufsei  Zweifel  gesetzt  ^)«  Es  folgt  aueh  aus 
zwei  Stellen  ^es  Chronicon  des  Eusebius  ^).  In 
der  .einen  wird  das  zweite  Jahr  des  Probus  oder 
das  277  ste  n.  Clin  ipit  dem  325sten  der  Anidoche- 
ner,  dem  402 ten  der  Tyrier,  dem  324 sten.  der  Lao- 
dicener,  dem  588  sten  der  Edessener  und  dem  380sten 
der  Ascaloniten,  und  in  der  andern  das  neunzehnte 
des  Diokletian  oder  303te  n.  Chr.  (in  dessen  März 
die  bekannte  Verjfolgung  über  die  Christen  erging), 
mit  dem  351  sten  der  Äntiochejfer  verglichen.  Noch 
andere  aus  Euagrius,  Malelas  und  dem  Chroni- 
con paschaie  entlehnte  Beweisstellen  sind  im  Hand- 
buch nachgewiesen  ^),  wo  auch  zwei  syrische  Au- 
toritäten arwähnt  werden  *),  welche  die  Epoche  um 
ein  Jahr  ji'mger  zu  machen  scheinen,  aber  vermuthlich 
die  Aere  Antiochias  mit  der  des  bei^achbarten  Lao- 
dicea  verwechselt  haben,  die  nach  Eusebius-  eben- 
faUs  ^u  den  gangbarsten  Syriens  gehört  haben  muls. 
Hieraus  folgt,  daüs  man  von  der  antiochenischen  Jahrs- 
zahl 49  abzuziehen  hat,  wenn  man  das  Jahr  unserer 
Zeitrechnung  verlangt,  auf  dessen  Herbst  der  Anfang 
des  antiochenischen  trifflt,  und  dem  noch  die  vier  er- 


1)  Dis8.  m,  c.  4. 

2)  ]>kdi  der  UeberisetzuDg  des  Hicornymus.  Opp.  Hler^ 
Tom.  VIU,  p.  760  und  772: 

3)  Th.  I,  S;  461.       4)  S.  46'i. 

i3 


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194  Technische  Chronologie, 

Sien  Monate  desselben  angehören«  Es  ist  nämlich 
.  (191)  nach  Euagrius  bemerkt  worden,  daTs  man  zu 
Antiochia  das  Jahr  mit  dem  Görpiäus  oder  Septem- 
ber angefangen  habe,  und  dies  lä&t  sich  nun  durch 
eine  seiner  Zeitbestimmung^  näher  darthun.  ,  Er  be- 
richtet  1 ),  ini  zweiten  Jahr  des  Kaisers  Leo  oder  im 
506 ten  der  Antiochener  in  der  Uten  indiction  am 
14.  Gorpiäus  oder  September  in  der  vierten  Nacht- 
stunde imminente  die  dojninica  ^)  (also  noch  am 
Sonnabend)  sei. Antiochia  durch  ein  furchtbares  Eid* 
beben  heimgesucht  worden.  Die  Reduktion  gibt  das 
Jahr  457  unserer  Zeitrechnung,  wo  der  14.  Septem- 
ber richtig  ein  Sonnabend  war,  und  zugleich  die  Ute 
Indiction  mit  dem  1.  September  anfing.  Wollte  man 
hier  mit  einigen  Chronologen  den  Jahrsanfang  auf 
den  1.  Hyperberetäus  oder  Oktober,  also  das  Erdbe- 
ben ins  Jahr  458  n.  phr.,  seWn,  so  würden  weder 
Wochentag  noch  Indiction  stimmen  ^ ).  Der  Kaiser 
Leo  kam  am  7.  Februar  in  der  zehnten  Indiction 
zur  Regierung  *);  sein  zweites,  Jahr  wird  von  der 
Uten  Indiction  an  gerechnet  , 

Die  Frage,  was  die  Antiochener  reranlalst  habe, 
ihre  Acre  mit  dem  Jahr  49  v.  Chr.  anzufangen,  hat 
die  Chronologen  von  Scaliger  bis  Noris  sehr  be- 
schäftigt Sie  läfst  sich,  dünkt  mich,  ganz  einfach 
~ folgendermaüsen  beantworten.  Cäsar  kam  im  Früh- 
ling des  Jahrs  47  zu  ihnen  ^),  und  ei:warb  sich  grolse 


1)  HUt.  eecl  II,  12. 

2)  So  sind,  wie  Noris  (ill,  6,  p.  208)  zeigt,  die  Worte 

'üoqia.q  titLyuircLNCt^ojjKTnriq  'iq^i^aq  ZU  ne}^neO• 

3)  Vergl.  Handb.  I,  464. 

4)  i^hronicon  paschale  in  der  Pariser  Ausgabe  der  SetipU, 
Hist.  Byz.  p.  320.  ,  ' 

5)  MaleJas  Hht.  ckron.  Tb.  I,  8.  278,  280. 


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Mctcedonier  und  Syrer.  ^95 

Verdienste  um  sie,  indem  er  ihnen  nicht  blofe  die 
aulserordentlichen  Abgaben  erliels,  die  ihnen  zwei 
Jahre  zuvor  von  dem  Proconsul  Q.  Cäcilius  Scipio 
auferlegt  waren,  sondern  auch  die  Autonomie,  die  sie 
schon  seit  Pompe  jus  genossen,  mit  noch  gröfseren  Ge- 
rechtsamen bestätigte.  Aus  Dankbarkeit  führten  sie 
eine  neue  Jahrrechnung  ein,  die  sie  eigentlich,  wie 
es  auch  zu  Laodicea  wirklich  geschah,  mit  dem  Herbst 
des  Jahrs  48  hätten  anfangen  sollen',  wenn  sie  nicht 
etwa  die  in  Syrien  gebräuchliche  Jahrsform  ändern- 
wollten.  Sie  gingen  indessen  aus  Schmeichelei  noch 
ein  Jahr  weiter  zurück,  weil  sich  die  Obergewalt,  die 
ilir  grofser  Wohlthäter  jetzt  im  römisclien  Reich  bcr 
hauptete,  von  dem  Siege  herschrieb,  den  er  im  Som- 
mer des  Jahrs  48  v.  Chr.,  also  im  Verlauf  desjenigen 
ilirer  Jahre,  das  mit  dem  Herbst  49  anfing,  über  sei- 
nen Gegner  bei  Pharsalus  davon  getragen  hatte.  Wenn 
das  Chronicpn  Paschale,  das  in  Syrien  entstan- 
den ist,  Cäsar's  Weltherrschaft  auf  4  Jahr  7  Monat 
setzt  *),  so  datirt  es  dieselbe  offenbar  vom  Anfange 
der  antiochenisclien  Acre;  denn  vom  1.  September 
49  bis  zum  15.  Mär%  44,  wo  er  ermordet  wurde,  ver- 
fliefsen  4  Jahre  und  6^  Moiiate.  Da  übrigens  der 
fiofi^iäus  damals  noch  einem  Mondjahr  angehorte,  so 
können  wir  das  julianische  Datum  des  eigenüichen 
Anfangs  der  antiochenischen  Acre  nicht  mit  Sicher- 
heit bestimmen.  Dasselbe  ^t  von  der  seleucidischen. 
Die  Hauptstadt  Syriens,  die  unter  den  Seleuciden 
ohne  Zweifel  nach  der  allgemeinen  syrisch^i  Acre, 
der  seleucidischen,  und  dann  nach  der  Caesariana  ^ 
datirle,  die  sie.  bis  auf  einen  Unterschied  von  ein  bis 
zwei  Jahren  'mit  Laodicea  imd  einigen  andern  syri- 
schen Städten  gemein  hatte  ^),  ,erhielt   nachmals  iti 


1)  P.  186  ff.        2)  Handb.  I,  468  ff. 

13  * 


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196  Technische  Chronologie, 

'  der  sogenannten  A  c  t  i  a  c  a  noch  eine  dritte  Aere. 
Mehrere  Städte  Syriens  nändich,  besonders  Antlochia, 
.fielen  nach  erhaltener  Nachricht  von  der  Schlacht  bei 
Actium  vom  Antonius  ab  und  erklärten  sich  für  den 
Sieger  Octavianus.   Sie  begannen  nun  mit  dem  Herbst 

;  des  Jahrs  31  v*  Chr,  pine  neue  Aere,  die  auf  den  än- 
tiochenischen  Münzen  den  Namen  der  Jahre  des 
Sieges  fuhrt,  und  wirklich  nimmt  sie  fast  mit  dem 
Tage  des  Sieges,  dem  %  Septeniber,  ihren  Anfang, 
wenn  »Aders  die  Jahrsepoche  schon  der  !•  Gorpiaus 
war.  Die  Benenmmg  Aera  actiaca  pafst  also  un- 
gleich, besser  auf  diese  neue  syrische  Jahrsrechnung, 
als  auf  die  Aei^e  der  Alexandriner  und  die  an- 
nös  Augustorpm  der  Römer,  von  denen  jene  bei- 
nahe ein  Jahr  und  diese  über  3  Jahre  nach  dem  Siege 
anhub  (78).  Ein  paar  antiochenische  Münzen  bei 
Eckhel*)  mit  dem  Bildnisse  ^ugusis  tragen  zwei 
verschiedene  Jahrszahlen,  36  und  54.  Jene  bezieht 
sich  auf  die  aktische,  diese  auf  die  cäsarianische 
Aere.  Letztere  war  damals  schon  wieder  aufgefrischt 
worden  und  verdrängte  bald  nachher  die  erste  völ- 
Kg;  denn  über  den  Anfang  der  Regierung  des  Tibe- 
rius  hinaus  kohxmt  die  Actiat^a  nicht  weiter  vor. 

In  der  oben  gedächten  Stelle  des  'E  u  s  e  b  i  u  s, 
wo  das  g&wei'te  Jahr  des  Probus  durch  die  Aefen  ver- 
schiedener syrischen  Städte  bezeichnet  -yvird,  ist  noch 
von  den  Jahreii  der  Edessener,  Tyrier  und  Ascaloni- 
ten  die  Rede;  die  Edessener  rechneten  nach  der 
seleucidischen  Aere.  Auch  die  Tyrier  datirlen  an- 
fimgs  nach  derselben,  wie  Noris  mit  Hülfe  zweier 
unter  den  Seleuciden  geprägt<?n  Münzen  darthut ' ). 
,  Nachmals    erhielten    sie    bei    einer    uns    unbekannten 


O  Vol.  III,  p.  272  UQd  273. 
2)  Diss.  11.  1,  p.  71 


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Macedonter  und  Syp^er.  197 

Veranlassttng  eine  eigene  Aere,  deren  Epoche  auf  den 
Herbst  des  Jahrs  126  v.  Chr.  trifTt,  wie  nicht  blofs 
die  Jahiszahl  heim  Eusebius,  sondern  n0ch  be- 
stimmter zwei  tyrische  Data  lehren,  die  oben  (183) 
erwähnt  und  im  Handbuch  analysirt  sind  ^).  Die 
Ascaloniten^  die  anfangs  ihre  Jähre  gleichfalls  nach-  ^ 
der  seleucidischen  Acre  gerechnet  haben,  erhielten^ 
104  V.  Chr.;  wo  sie  während  des  Krieges  zwischen 
Ptolemäus  Lathurus  und  dem  Könige  Alexander  der 
Juden  die  Freiheit  errangen,  die  sie  lange  unter  den 
Römern  zu  behaupten  wufsten  *),  eine  eigene  Acre, 
die  uns  theils  die  Jahrszahl  heim  Euscbius,  theils 
das  Chronicon  Paschale  ^),  tlieils  ihre  Münzen 
zu  erkennen  geben.  ^ 

Wegen  der  vom  Chronicon  Pasqhale  *)  an- 
gedeuteten, sonsjt  aber  hur  auf  Münzen  vorkommen- 
den  Acren  der'  Städte  Gaza,  Samosaia  und  Bo- 
stra  verweise  ich  auf  das  Handbuch  *).  Auch  von 
einigen  Städten  Kleinasiens  lehren  uns  die  Münzen 
Acren  kennen,  wefshalb  ich  auf  die  Werke  der  mehr- 
mals erwähnten  Numismatiker  verweise.  Eck  hei 
gibt  im  vierten  Bande  seines  Werks  ® )  ein  alphabe- 
tisch' geordnetes,  kritisches  Verzeichnifs  aller  der  0er- 
ter,  auf  deren  Münzen  Jahrszahlen  vorkonunen,  mit 
den  beigefügten  Epochen.  Sie  gehören  fast .  ohne 
Ausnahme  zu  Asien^  namentlich  zu  Syrien. 


1)  Th.  I,  S.  471  ff. 
*2)  Noris  diss.  V,  4. 

3)  p.  182. 

4)  p.  185,  348,  253. 

5)  Th.  i;  S.  474. 

6)  S.  377  ff. 


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198  Technische  Chronologie. 

,    Zeitrechnung  der  Hebräer. 

Die  erste  Spur  -einer  Zeitrechnung  bei  diesem 
Volke  findet  sich  in  der  Gescliichte  derSündfluth  im 
siebenten  und  achten  Capitel  der  Genesis.  Hier 
Werden  Monate  erwähnt,  die  nach  den  Ordnungszah- 
len unterschieden  sind  und,  wie  Des-Vignoles 
glaubt  ^),  durchgehends  30  Tage  gehalten  haben. 
Waren  sie  wirkhch  von  dieser  Dauer,  so  würden  sie 
ein  den  spätem  hebräischen,  ganz  fremdes  Gepräge 
gehabt  haben.  Die  Sache  ist  ^  aber  nicht  klar,  iwd 
so  wollen  wir  diese  antidiluyianische  Zeitrech- 
nung auf  sich  beruhen  lassen  *).        ^  , 

Abgesehen  hiervon  sind  drei  Zust^de  der  he- 
bräischen Zeitrechnung  zu  unterscheiden: 

1)  Die  Zeitrechnung  der  ältesten  Hebräer 
bis  auf  di^  Zerstörung  des  ersten  Tempels 
und  die  babylonische  Gefangenschaft.  Die 
Quelle,  aus  der  wir  sie  zu  schöpfen  haben,- sind  die 
vor  der  Deportation  abgefafsten  Bücher  d^s  alten 
Testaments,  vor  allen  der  Pentat  euch.    Sie  ist 


1)  Ckronol  de  thist.  Sainte  1.  VI,  c.  1. 

2)  Yergl.  Handb^  I,  69  und  478.  NachtrSgUcli  bemerke  ich 
hier,  wie  es  niöht  ohne  Bedeutung  zu  sein  scheint,  d^fs  Noah 
am  17ten  Tage  des  zweiten  Monats  in  die  Arche  ging  (1*  Mos. 
7,  11  und  13)  und  sie  im  folgenden  Jahr  am  27sten  Tage  des 
zweiten  Monats  verliefs  (1.  Mos.  8,  13  und,  14).  Waren  die 
Monate,  nVie  späterhin. die  der  Hebräer,  nach  dem  Monde  abge- 

'  messen,  hielt  also  das  Mondjahr  354  Tage,  so  verweilte  r^oah 
365  Tage,  gerade  ein  Sonnenjahr,  in  der  Arche.  Die  ganze  £r- 
.Zählung  hätte  demnach,  um  Hm.  Fr.  Theo d.  Schub ert's  Worte 
zu  gebrauchen,  das  Ansehen,  dafs  sie  von  einem  Volke  herrührt, 
welches  das  Sonnen-,  und  Mondjahr  bereits  kannte,,  und  beide 
Perioden  in  diese  Erzählung  wie  in  eine  Hieroglyphe  einschlofe. 
Pöpuläre'Astronomie  Th.  1,  S.  10. 


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Hebräer.  •  199 

ganz  in  das  den  Hebräern  von  Moses  gegebene  Ge- 
remonialgesetz  verflochten  und  sticht  durch  ihrie  Ein- 
fachheit sehr  gegen  die  verwickelte  Zeitrechnung  der 
neuem  Juden  ab.  ' 

2)  Die  Zeitrechnung  nach  dl&r  Gefangen- 
schaft bis  auf  die  Zerstörung  Jerusalems 
durch  Titus,  oder  während  des  zweiten  Tem- 
pels. Die  Quellen  sind  die  spätem  Schriften  des 
alten  Testaments  —  Daniel/Esra,  Nehemia, 
Esther  nnd  die  Bücher  der  Makkabäer — ,  das 
neue  Testament  und  die  Werke  des  Philo  und 
Josephus,  wozu  noch  manche  Ueberliefemngen  im 
Thalmud  kommen*  In  diesem  Zeitraum  hat  sich 
der  jetzige  Cultus  und  Kalender  der  Juden  vollends 
ausgebildet;  nur  blieb  die  Bestimmungsweise  des  Pas- 
sah- und  Neujahrsfestes  noch  immer  schwankend. 

3)  Die  Zeitrechnung  der  neuere  Juden 
seit'ihrer  Zerstreuung  unter  Titus.  Die  Quel- 
len, sind   der  Thalmud,   dessen  Redaction  um  das 

i  sechste  XÜirhundert  n.  Chr.  vollendet  worden  ist,  und 
die  Schriften  mehrerer  jüdischen  Gelehrten,  besonders 
des  Aben  Esra  und  Maimbnides.  Da  jetzt  die 
Feier  der  beiden  Hauptfeste  nicht  mehr  jährlich  v<m 
einem  Mittelpunkt  aus  angeordnet  werden  konnte,  so 
bedurfte  es  einer  sichern  Berechnungsweise  derselben, 
die  man  auf  den  19  jährigen  Cyklus  gründete.  Dies 
geschah  im  vierten  Jahrhundert  n.  Chr. 

Erste    Periode* 

Während  ihres  vieljährigen  Zuges  durch  das  stei- 
nige und  wüste  AraSien   erhielten    die  Hebräer  von 
'  ihrem  Führer  Moses  eine  Verfassung,  die  erst  ganz 
bei  ihrem  Eintritt  in  das  ihnen  verheifsene  Canaati, 
den  Ursitz  ihrer  noniadi3chen  Vorfahren,  ins  Leben 


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20p  Technische  Chronohgie. 

* 
treten  sollte,  und  darauf  berechnet  war,  sie  zu  einenr 
ackerbautreibenden  Volke  zu  machen,  was  sich  auch 
deuäich  in  der  Zeitrechnung  ausspricht,  durch   wel- 
.  che  wir  ihre  Fest-  und  Ruhetage  geregelt  finden. 

.  Zuerst  verordnete  ihr  Gesetzgeber,  dafs  jeder 
siebente;  Tag  ein  Ruhetag  sein  sollte  *),  d.  h.  er' 
führte  die  Woche  bei  ihnen  ein.  Vennutlilich  war 
ihnen  diese  nicht  eig^ithümlich,,  sondern  allen  semi- 
tischen Völkern  gemein;  wenigstens  fand  sie  Moham- 
med bereits  bei,  den  Arabern  vor,  zu  denen  sie  schwer- 
JUch  erst  durch  'die  Juden  und  Christen  gelangt  ist 

Der  hebräische  Name  für  Woche  ist  schehuüy 
von  schebay  sieben  *).  Man  sieht  also,  dals  die 
Griechen  und  Romer  dieses  Wort,  als  der  Begriff 
um  die  Zeit  der  Zerstreuung  des  jüdischen  Volks  zu 
ihnen  gelangte,  durch  BßSiy/naq  und  Septimana  genau 
wiedergegeben  haben.  Der  Ruhetag,  mit  dem  die- 
Hebräer  die  Woche  endigen,  nicht,  wie  wir,  aufan- 
gen,  Mrird  eben  so  wie  jeder  andere  Feiertag 
schabbath  oder  ^ahbath  genannt,  von  einer  Wurzel, 
welche  die  Arbeit  endigen  oder  feiern  heilst^). 

Die  vier  Haupttageszeiten  'Morgen,  Mittag, 
Abend  und  Mitternacht  werden  in  den  Schriften 
des  alten  Testaments  unter  den  Namen  boker^  zoha- 
raim  (beide  Lichter  oder  zwiefaches  Licht), 
ereb  und  chazi  halailah  (Mitte  der  Nacht)  häu- 
fig erwähnt.   Gatterer  glaubt  *),  dafe  die  Begriffe  Mit- 


1)2.  Mos.  20,  8  —  11  und  anderswo. 
'     2)ImHandba^'he  findet  man  alle  Knnst\v5iier  der  bebräi- 
scben  Zeitrechnung  mit  bebräiscfaen  Buchstaben  g^chrieben. 

3)  Der  Plural  schabhathoih  kommt  auch  für  ^schehmih, 
Wochen,  gebraucht  vor,  90  wie  im  neuen  Testament  fi.ia  (sa-ß- 
ßdfcöv  für  den  ersten  Wochentag. 

4)  Abrifs  ddr  Chronologie  S.  144. 


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Hebräer.  20J 

tag  und  MBltenia6ht  Sonnen*  und  Was^seruhren 
vorausfietzen.  Man  soHte,aber  meineny  dafs  beide  Ta-* 
geszeiten  im  volksthümlichen  Gebrauch  längst  roviHmv 
den  sein  mufsten,  ehe  xnan.  diese  Zeitmesser  erhielt« 
Den '^  Mittag  gab  der  kürzeste  Schalttti  und  mit  ^)b 
Mittemacht  werden  es  die  Hebräer  nicht  :genauer  ge- 
nommen haben,  als  die  Griechen  und  Riknerl  Die 
Stundepeinth'Cilung  des  Tages. hab^i  sie  v«rmuth- 
lich  aus  Babylon  mitgebracht;  wenigstens  kommt  das 
aramäische  sehaah  erst  beim  Daniel  vor^)^  und 
noch  nicht  einmal  ganz  deutlich  für  Stunde.  leh 
glaube  daher,  dafs  der  Sonnenzei'ger  des  Achas, 
der  in  der  Geschichte  des  Königs  Hiskias  erwähnt 
wird  ^),  kdne  eigentliche  Sonnenuhr,  sondern  alleüM 
falls  ein  mit  eoncentrischen  Kreisen '  umgebener  Gao« 
mon  war,  durch  d^i  maü  die  Schattenläng^n  midsy 
um  die  Tageszeiten  wenigstens  im  Groben  zu  erken- 
nen *).  •  ,    r  ^ 

Da  die  Hebräer  seit  Moses  ihr^  Monate  nach 
deni-  Monde  abmafsen,  so  sd^einen  sie  auch  seild^m 
immer  ihren  bürgeiüchen  Tdg  mit  dem  Abend  an- 
gefangen zu  hab^n;  ob  aber  in  der  altem  Periode  ge- 
rade mit  dem  Untergange  der  Sonne^  oder  erst  mit* 
dem  Anbruch  der  tiefen  l^^acht,  ist  ungewiDs«  Die  |ü- 
dischen  Sekten  stritten  über  die  Bedeutung  des  Aus^ 
driicks  been  haarbaim^  zwischen  beiden  Abeur 
den,  wodurch  an  mehreren  Stellen  des  Penta« 
teuchs  ^)  die  Zeit  des  Passah-  und  täglichen  Abend- 
opfers bezeichnet  wird.  Die  Pharisäer,  denen  die 
heutigen  Juden  folgen,  verstanden  darunter  den  Zeit- 


1)  IV,  16. 

1J)  2.  Kön.  20,  9—11.  Jesalas  38, «8.       , 

;j)  Handb:  I,  4»i.  ^ 

i)  2.  Uos.  12,  6;  4.  Mos.  9,  3  und  28,  4. 


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30S  '  TechnheHß  C^ronohgie. 

raum.Ewisefaeiv'tkfr  nennteit  und  eUtefi  Tagesstaude; 
die  Sam^riian^v  und  Karaii«n  hingegen  die  Zeit 
ftwkeben  Sonnenuntergang  und  der  völligen  Dmikel- 
beit  Letztere  Meinung  ist  wol  die  richtige,  wegen 
des  keboh  henebemesch^  wenn  die  Sonne  im  Un- 
tergehien  begriffen  ist,  wo^rch  in  einer  Paral- 
lelstelle ^)  derselbe  Zeitraum  bezeichnet  wird. 

Die  Nacht  verfiel  bei  den  llebraeni,  wie  im  g^n- 
xen  AUerthum,  in  Wachen —  aschiriurofh.  Im  al* 
ten  Testament  ist  nur  von  drei,  im  neuen  von 
vier  Nfichtwachen  die  Rede  *)• 

Das  Jahr  heilst  schanah^  welches  Wort,  ekie 
Umkreisung  oder  Wiederholung  bezeichnend,  auf 
'  den  tropischen  Charakter  desselben  hindeutet  (46). 
Dafe  die  Hebräer  ihr  Jahr  frühzeitig  in  zwölf  Monate 
getheilt  haben,  leidet  keinen  S^weifeL  Im  P en ta- 
ten ch  wird  nur  ein  einziger  unter  einer  eigenen  Be- 
nennung aufgeführt,  der  chodesch  haabib  oder  A eh- 
renmonat,  nachmals  Nisan  genannt,  in  welchem 
die  Israeliten  aus  Aegjrpten  gezogen  waren,  daher  auch 
Moses  verordnete,  dafs  es  der  erste  ihres  Jahrs  sein 
sollte  ^ );  Am  sechi^ehnten .  Tage  desselben  oder  am 
«weiten  de^  Festes  der  ungesäuerten  Brote  mufisten 
r^e  Aehren  als  Ersilinge  der  Enite  zum  Opfer  — 
omer  —  dargebracht,  werden«  ^).  Um  also  seine 
Stelle  im  Sonnenjahr  bestimmen  zu  können,  (ragt  es 
sich,  wann  die  Gerste  in  Palästina  reif  wird;  denn 
diese  Getreideart  ist  es,  die  daselbst  am  frühsten  reifiL, 
lund  die  nuch  Josephus  ausdrücklich  als  diejenige 
nennt,  von  der  die  Gabe  genommen  wurde.  ^). 


1)  5.  Mos.  16,  6. 

2)  Yergl.  KlageL  Jer.  2,  19;  Ricbter  7,  1»;  %  Mos.  14, 
^4;  Hattli.  14,  25. 

3)  2.  Mos.  12,  2,  ▼erglicben  mit  13,  4. 

4)  3.  Mos.  23,  10—11^       5)  AnU  Jud.  III,  10,  5. 


Digitizpd  by  VjOOQIC 


'Hebräer.  203- 

Nach  den  ReisebeschreilienL,  deren  Nachriditen^ 
Michaselis  ^)  und  Buhle  .^)  gesammelt  haben,  ge^^ 
langt  die  Gerste  in  der  Ebene  Jerichos,  der  wänii- 
sten  Gegend  Palästinas,  gewitlmlich  ,in  den  ersten  Ta. 
gen  unsers  Aprils  zxxt  Reife«  Von  dem  Augenblicke  an, 
wo  die  ersten  Aehren  geopfert  waren,  durfte  man  die 
Ernte  beginnen,  und  diese  dauert  in  den  nördlichen» 
am  Libanon  gelegenen  Theilen  des  Leides  bis  %\a 
letztoi  Hälfte  des  Mais.  Man  sieht  also,  dafs  der 
Aehrenmonat  nach  Moses  Bestifnmung  ungefähr  mit 
der  Friihlingsnachtgleiche  semen  Anfang  genommen 
haben  mufs. 

Von  welchem  Charakter  die  damaligen  Monate 
\var»i,  findet  sich  'zwar  nirgends  .ausdrücklich  gesagt; 
da  aber  feststeht,  dafs  die  hebräischen  Monate  wenig- 
stens seit  Erbauung  des  zweiten  Tempels  ;mit  dem 
neuen  Lichte  anfingen,  und  es  nicht  wohl  denkbar 
ist,  dafs  die  von  Moses  angeordnete  Feier  der  Feste 
nachmals  ganz'  veränderte  Zeitbestimmungen  .erlitten 
haben  Sollte,  so  ist  e»  sehr  wahrscheinlich,  dafs  be- 
reits s^ine  Monate  nach  dem  Monde  abgemessen 
waren,  was  auch  schon  das  Wort  chodesch  zu  er- 
kennen gibt,  welches',  von  einer  vWürzel  stanunend^ 
die  neu  sein  hejfst,  eigentlich  den  Neumondst'ag, 
vovfiiifpfiay  aber  auch  den  Monat  selbst  bezeichnet, 
besonders  wenn  rosch,  Caput,  davor  steht,  wo  es 
dann  den  ersten^  Monatstag  andeutet  Auch  kdniieh 
wir  uns  hier  noch  auf  eine  Stelle  der  Psalmen') 
und  auf  den  Umstand  berufen,  dafs  Mos^s  an  dem 
ersten  Tage  eines  jeden  Monats  ein  Opfer  angeocd- 


1 }  Commentatio  de  mensibus  Hehratorum,    S.  die  Samm- 
lung seiner  in  der  g5Uinger  SodetSt  gelesenen  Abhandlungen« 
^2)  Calendarium  PalaeHinae  oeconomicum  (G&ttingen  1785.) 
\  3 )  104,  19. 


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204  Technische  Chronologie:' 

» 

net  hat  ^),  dessen  richtigen  Zeitpunkt  seinem^  noch 
imwiS9enschaftltc)iftn  Volke  nur  die  wiederkehrende 
Mondsichel  zn  erkennen  gelben  konnte. 

Ob  ako  gleich  in  den  kanonischen  BüGhern  des 
alten  Testaments  nnr^nds  von  emem  Schaltmonat 
die  Rede  ist^  so  täüstsich  doch  an  dem  Dasein  des- 
selben nicht  zweifeln,  weil  zu  den  12  Monaten  des 
Mondjdirs  «b  und  zu  ein'13ter  kommen  mufs,  wenn 
der  Anfang  des  Jahrs  at^  einerlei  Jahrszeit  haften  soü, 
wie  es  das  Oi»«5r  nirthwendig  erfordert 

JDie  Einrichtung  des  von  Moses  angeordneten 
Jahrs  mufs  demnach  ganz  einfach  folgende  gewesen 
sein:  gegen  Ende  des  zwölften  Monats,  der  später 
Adar  htefs,  besichtigte  man  in  den  wärmern  Gegen- 
den des  Landes  die  Saatfelder,  um  zu  beurtheilen,  ob 
die  Gerste  so*wrft  gediehen  war,  dafs  man  mit  Si- 
cherheit hoffen  durfte,  um  die  Mitte  des  folgenden 
Monats  reife  Aehren  opfern  zu  können.  In  diesem 
Fall  begann  man  mit  dem~  nächsten  Neumonde  den 
A^renmonat,  und  zugleich  das  neue  Jahr;  widrigen-^ 
'  £aHs  vediängerte  man  das  alte  um  einen  dreizehnten 
Monat  Hieraus  erhellet,  dafs  sich  die  hebräischen 
"  Monate  nicht  genau  mit  den  unsrigen  vergleichen  las-'' 
,sen.  Nur  so  viel  ist  gewifs,  dafs  der  Aehreniponat 
zu  M  o  s  e  s^  Zeit  nicht  vor  den  ersten  Tagen  des  ju- 
lianischen Aprils,  auf  die  damals  die  Friifalingsnacht- 
gleiche  traf,  angefangen  haben  könne. 

Die  Dauer  -  der  einzelnen  Monate  in  der  ersten 
Periode  der  hebräischen  Zeitredmung  ist  uns  unbe- 
kannt Sie  wurden  vermutlilich,  wie  auch  noch  in 
der  zweiten,  durch  unmittelbare  Beobachtung  der  er- 
sten Phase  abgemessen. 

Es  ist  schon  bemerkt  worden,  dafs 'Moses  den 


1)  4.  Mos.  28,  11. 

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Digitized  fc 


llebnUr,   * 205 

\eliremnonat  ziiih '  eisten  im  Jabr  m^achte.  Von  ihm 
sind  im  alten  Testament  die  Mortale  gezählt.  ^WSh- 
rcnd  des  zweiten  Tetnpdls  hätte  man  ein  zwiefaches 
Jahr,  ein  kirchliches,  das  man*  mib  deni  Nisan  nm 
die  Frühlingsnaehtgleiche,  und  ^eifi  bürgerliches, 
das  man  mit  dem  Thischri  um  die -Herbstnachtgleiche 
üofing.  Michaelis  nimmt  *)  als  eine  ausgemachte 
Sache  an,  dafs  letzteres  nidht  blofs  seit  Moses  rie^ 
ben  dem  erstem  bestanden  habe,  sondern  selbst 
schon  während  des'  Äufenlhalts  de^r  Hebräer  in  A(*- 
gyplen  ihr  gewöhnliches  -  Jahr  geweseh  sei.  Er  legt 
aber  auf  einzelne  Winke  offenbar  ein  zu  grofses  Ge- 
wicht Wahr  ist  es,  dafs  die  Zeit  der  Herbstnacht- 
gleiche  einen  bequemen  Einschnitt  im  Sonnenjahr  bil- 
dete, weil  dann  Ernte,  Obst-  und  Weinlese  in  Päläi 
stina  geendigt  sind;  aHein  es  gibt  keine  Stelle  des 
alten  Testaments^;  die  eiiien  solchen  Jahrsanfang  schoil 
während  der  ersten  Peitiode  niit  Sidierheit  etkennen 
liefse^). 

Jahrszeiten  finden  wir  bei  den  Hebräern  wxt 
zwei  unterischieden,  den  Sommer  und  den  Winter, 
Tiafiz  und  choref.  Jener  begriff  zugleich  den  Früh- 
ling oder  die  Erntezeit,  Äa<z/r,  dieser  d^i  Herbst 
oder  die  Saatzeit,  sera,  in  sich  *).. 

In  allen  kanonischen  Büchern' des  alten  Testa- 
ments werden^  die  Monate  mit  Ausnahme  des  ersten 
in  der  Regel  blofs  durch  die  Ordnungszahlen  be- 
zeichnet Nur  drei  finden  sich  im  ersten  Buch 
der  Könige  *)   bei  Gelegenheit   des   salomonischen 

1)  In  sein^  vorhin  geclachtenr  Abhandlnng.  ' 

2)  Vergl.  Handb.  I,  492  ff.   '  * 

3)  Mehr  läfst  sich  aus  den  absichtlich  gewühlten  Gegensätzen 
•n  1.  Mos.  8,  22  nicht  folgern.     Gjittefer  (Abr.  der  Chron.  ■ 
^.  161)  hat  daraus  auf  6  Jahrszcilen  schlicfscn  wollen. 

^)  c'  6  und  S.  * 


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byGoqglci   * 


306  Technische  Chronologie. 

Temp^baues  unter  eigenen  Namen  erwähnt^  d.er'jS'iV, 
der  ßthanim  und  der  Bul^  welche  die  zweite,  sie- 
bente und  achte  Stelle  im  Jahr  einnahmen.  Mau 
glaubt,  dafs  diese  Benennungen  chaldäischen  Ursprungs 
sind«  Im  jetzigen  jüdischen  Kalender  stehen  dafür 
Ijar,  Thischri  und  Marcheschvan» 

Der  von  Moses  angeordneten  Feste  sind  fiinf,  das 
Passah-  Wochen-  Posaunen-  Versöhnungs- 
und Laubhültenf  est  ^). 

Das  erste  wurde  zum  Andenken  des  Auszuges 
aus  Aegypten  gefeiert,  auf  den  selbst  der  Name  pe- 
sack  hindeutet  ^);  denn  er  hciCst  eigentlich  das  Lamm, 
das  dem  Jehovah  an  diesem.  Fest  als  Dankopfer  dar- 
gebracht wurde,  weil  er,  die  Erstgeburt  der  Aegyp- 
ter  todtend,  die  Israeliten  verschont  hatte,  von  einer 
Wund,  welche  schonend  .vorübergehen  heifst»)« 
Dif)ses  L^anm  wurde  .am  14ten  Tage  des  ersten  Mo- 
nats been  haarbähn  geschlachtet,  von  welcher  Ta- 
geszeit schon  oben  (201)  geredet  ist  Von  hier  an 
dauerte  das  festliche  Mahl  die  Nacht  hmdurch  bis  an 
den  Morgen  des  15ten,  wo  die  Israeliten  aus  Aegyp- 
ten  aufgebrochen  sein  sollen  ^).  Der  übrige  Theil 
des  Festes  bis  zum  21sten  einschliefslich  wurde  cha^ 
hamazoih^  festum  azymorum,  oder  der  unge- 
säuerten Brote,  genannt,  weil  während  desselben 
kein  gesäuertes  Brot  gegessen  werden  durfte.-  Später- 
hin  findet  man  den  Namen  Passab,  der  ursprünglich 


1)  Die  Hanptstelie  ist  3.  Mos.  c.  23. 
.9)  Im  aramSiselien  Dialekt  piMcha^  welche  Form  im  neoep 
Testament  und  von  den  Klrcheuscribenten  gebraucht  wird. 

3)  Die  Benennung  td  dtaySarif^ia,  die  sich  beim  Philo 
(f{/.  Mos,  1.  III.  p.  686)  und  anderswo  für  das  Fest  gebraucLt 
findet,  ist  eine  Lebersetzung  vou  pesach  oder  jtiMcha, 

4)  4.  Mos.  33,  3. 


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.     Hebräer.     .  '      "    '.  207 

nur  den  Anfang  des  Feslea  bezeichnete,  anch  fßr  das 
ganze  siebentägige  Fest  gebraucht  Der  15  te  nad 
21ste  aUein  waren  Sabbat  he  oder  strenggefeierte 
Tage»  An  dea  übrigen  durfte  gearbeitet^  namentlicb 
geerntet  werden  ^);  die  Feier  bestand  dann  blofii  in  , 
Opfern,  Opfermahbeiten  und  Löbgesangen  auf  die 
(lOttheit    Am  16ten  wurde  das  Omer  dargebracht 

Nach  Ablauf  der^  sieben  Wochen,  welche  die 
Ernte  in  Palästina  dauert' (203),  wurde  das  cliag 
schebuoth  oder  Wo  eben  fest  gefeiert,  welches  sei- 
uen  Namen  daher  fBhrt,  w«l  es  sieben  volle  Wochen 
oder  am  50steB  Tage  nach  dem'  ersten- Festsabbath 
des  chag  hamazoth  begangen  wurde.  Es  war  das 
Fest,  an  welchem  dem  Jehovah  für  die  Wohlthatder 
Ernte  gedankt,  und  die  Erstlinge  von  Ffuchten  aller 
Art  dargebracht  wurden.  Dies  lehren  schon  die  Na- 
men chag  hahaur^  Erntefest,  und  j&m  kabicU' 
rimy  Tag  der  Erstlinge,  die  wir  auch  von  diesenp 
Fest  gebraucht  finden  * ).  -  Jetzt  wird  es  zum  Anden- 
ken der  Gesetzgebung  auf  dem  Sinai  gefeiert, 
die  mit  dem  Wochenfest  gleichzeitig  gewesen  sein , 
soll»).  '  .        ' 

Der  erste  Tag  des  siebenten  Monats  war  wieder 
ein  Sabbath  oder  Festtag  *).  Weil  er  mit  der  Po- 
saune  verkündigt  wurde,  hiels  erfoimthruaJiy  der 
Thruah  -  Tag,  von  einer  Wurzel,  die  jauchzen, 
jabeln,  blasen  heifst  Jetzt  ist  es  das  Neujahrs-  ' 
fest,  das  zugleich  als  der  Tag  gefeiert  wird,  an  wel-  ' 
chem  Gott  die  Schicksale  der  Menschen  für  da6  näch- 
ste Jahr  bestinim^  *  X 

1)  JosepliBS^rrA.  III,  3. 

2)  %  Mob.  23,  16.   4.  Mos.  28,  2S6. 

3)  Maimonide«  'More  neboehim  P.  III,  e^  43  Bl.  170. 

4)  3.  Ittos.  23,  24.    4.  Mos.  29,  1. 

5)  Maimoaides  a.  a.  O. 


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208  TecAnisehe  Chponologie. 

t)er  zehnte  Tag  des  siebenten  Monats  fiihrte  den 
'  Namen  föm  haiippürimj  Versohnnijig^ia^,  weS  an 
ihm  die  Sünden  iAe«  gerammten  Volks  durch'  den  Ho- 
henpriester ausgesöhnt  wurden  *)•  Nach  der  beson- 
dem  Verponung  seiner  Unyerletzlichkdit  durch  Arbeit 
und  Speise  war  es  das  heiligste  aUer  von  Moses  an- 
geordneten Feste,  und  als  solches  wird  es  nocli  jetzt 
angesehen.  Es  war  bis  auf  die  babylonische  Gefan 
gensehaft  der  einzige  Festtag,  der  Hebräer. 

Noch  ein  drittes  Fest  war  smf  diesen  Monat  an- 
geordnet, nämlich  ein  Dankfest  fiit  die  nun  beendigte 
Obst-  und  Weinlese.  Es  wurde. vom  15ten  an  sie- 
ben Tage  hing  gefdert  *);  doch  war  nnr  der  eiste 
ebi.Sabbath,  an  den  übrigen  durfte 'gearbeitet  ^er* 
d«!.  Während  dieses  Festes  mu£$ten  die  Hebräer  in 
HiittiHEi  wohnen,  die  aus  Palm*  Oeh  und  anderen  Zwei- 
gen geflochten  waren '  und  süecoth  hiefsen.  Daher 
wurde  und  wird  noch  jetzt  das  Fest  chag  hasnc- 
co/A,  Laub hütteii fest,  genannt  Eine  andere  sei- 
ner Bestimmung  angemessenere  Benennung  war  chß^ 
haaiif.  Fest  der  Einsammlung  ®).  Zuni  ScUusse 
desselben  wurde  am  22sten  des  Monats  noch  ein  acli- 
\et  Tag  strenge  gefeiert,  wdchei:  von- der  festlichen  Zu- 
sammenkunft des  Volks,  die  an  ihm  statt  fand,  aze- 
reth^  Versammlung,  Äai^yi;5gi4?,  genannt  wurde*). 

Die  von  Moses  angeordneten  Feste  trafen  also 
auf  den  ersten,  dritten  und  siebenten  Monat. des  Jahrs, 
d.  i^in  der  Regel  atif  den  April,  Junius  und  Okto- 
ber*«  hi  den  übrigen  Monaten  kommen  nur  die  ge- 
wöhnlichen Sabbathe  und  Neumondsfeiern  vor.  Docli 
^  '.     "  ,    war 

1)  3.  Mos.  16,  29  m   23,  27  ff. 
.2)  3.  Mos.  23,  34  ff. 
3)  2.  Mos.  23,  16}  34,  22.  . 

.4)  3.  Mos.  23,  36.    4.  Mos.  29,  35. 


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Hebräer.  209 

war  auch  Im  zweiten  Monat  zuweSen  ein  Passahfest, 
wenn  sich  Unreine  fanden,  die  an  dem  eigentlichen 
Passah  im  ersten  Monat  keinen  Theil  hatten  nehn^en 
können  * ). 

Es  ist  nun  noch  von  den  in  der  ersteh  Periode 
gebräucUichen  Jahrrechnungen  zu  handebi, 

Moses  zählt,  -wie  Herodot,  nach  Geschlech- 
tern^)* Späterhin  rechneten .  die  Hebräer,  wie  das 
ganze  Alterthnm,  nach  Regentenjahren,  wovon, 
£ich  die  Beweise  überall  in  den  Büchern  der  Könige 
und  der  Chronica,  finden.  Sie  zählten  dieselben 
dorchgehends  voll,  und  zwar  vom  Anfange  des  Aeh- 
renmonats  oder  Nisan  an  ^ ).  Als  fortlaulTende  Acre 
finden  wir  mit  Sicherheit  nur  ^e  vom  Auszuge 
aus  Aegypten  gebraucht,  welche  4.  Mos.  33,  38 
und  1.  Kon*  6,  1  erwähnt  wird,  vermuthlich  aber 
keine  bürgerliche'  war^  An  der  letztem  Stelle  heilst 
es,  Salomo  habe  den  Tempel  im  Monat  Siv  des 
480sten  Jahrs  seit  dem  Auszuge  aus  Aegypten,  im 
4ten  seiner  Regierung  gebaut  Die  jüdischen.  Chro- 
nologen setzen  beide  Epochen  einstimmig  in  die  Jahre 
2448  und  2928  ihrer  Wdtäre,  d,  i.  in  die  Jahre  1314 
und  834  V.  Ohr.  Des-Vignoles  *)  und  andere  Ge- 
lehrte,  welche  die  biblische  Clpronologie  mit  der  pro- 
fanen in  Uebereinstinmiung  zu  bringen  gesucht  ha- 
ben, schiebeur  nicht  bloüs  diese  Epochen  weiter  zu- 
rück, sondern  ändern  selbst  das  angegebene  Intervall. 

Aulserdem    hatten    die    Hebräer    seit   Moses 
noch   ihre   Jobelperiode,    einen   fljj^en    Zeit- 


1)  4.  Mos,  9,  10  ff.  *  ,  I- 

2)  Michaelis  Abhandlangen:  Chronologia  Mosis^ ojiie  ei 

3)  S.  den  Traktat  Mosch  hasehanah  im  Thalmad,  BI.  3, 
S.  1.       i)Chron.  de  lluetoire  sainte  Vcjl.  I,  S.  172. ff. 

14 


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/  210    ^  Technische  Chronologie, 

kreis,  nach  welchem  lÄe  afber,  wcitdgdtefls  Ä  Äet  er- 
sten Perioäe,  entwedeY  gar  nicht  öder  ddbh^^dft  re- 
gehnäTsig  g^chnet  hiibi^h  kMfxteti.  SKfe  Hllujitstelle 
darüber,  in  Form  eines  Gesetzes,  findet  sich  itn  Üösten 
Capitel  des  dritten  Buchs  M'o'sis.  ifier  heifet  es, 
dafe  eben  so,  wie  jeder  siiebfente  Tag  ein  ^Btdietag 
für  die  MeMschen  sei,  Ündh  jedes  siebente  Jahr  ein 

'  Rnhejahr  filr  den  Adtet  sein  soUe,  *nüd  wenn  sieben 
solcher  Rnhe  -  oder  Brachjahre  auf  -einander  gefolgt 
seien,  soBe  noch  das  50ste  ein  äüTsero^enthehes 
Ruhejahr  sein,  in  welchem  jedes  veftmtfte  und  »rer- 

'  pfändete  Grundstück  an  seinen  ursprün^chen  Be- 
sitzer, und  die  Freiheit  jedem,  der  sidi  ihrer  ent- 
äufsert^  so  wie  dien  Gefangenen  und  Sktäven' zurück- 
zugeben sei  ^').  Das  Sabbathjahr  htdb  sckenath 
hasckmitftrk  oHer  fcuA  schtnUtiah,  Erlaefsjahr,  weil 
in  demseibeh  den  Sdiufdnem  'iurdült  gestattet  war, 
und  das  50ste  ^oder  Jubeljahr  sckenath  hajohel 
oder  \\xTL  johel^  von  der  Po^autfe,  womit  es  am  Ver- 
söhnungsfeste durch  das  ganze  Land  verkündet  Irvurde. 
Ganz  so  bestimmt,  wie  die  Worte  des  (Sesetzes 
hier  gefafst  sind,  lauten  sie  imn  aber  iln  Urtexte  nicht 
Viehnehr  haben,  die  jüdische^  Schriflgelehrten  von 
jeher  über  die  Frage  gestritten,  ob 'das  siebente  söhmii- 
tah  zugleich  -4as  Jobeljahr,  oder  db  ^ser  dm  hie- 
ben schmiitahs  noch  ein  besonderes  Jobeljahr  anzu- 
nehmen, mit  andern  Wolrten,  ob  die  ganze  Periode 
49  oder  50 jährig  zu  rtchnen  «ei.    Josephus  *)  und 

— — :*-  ■  ■  ' 

1)  Den  Geist  dieser  merkwürdigen  Verordnung  entwickelt 
Michaelis  in  seiner  Abhandlang:  De  jtaradoo&a  lege  Mosaiea 
"septimo  quovie  anno  onmiwn  agrorum  feriae  htdicente  und  in 
seinem  Mosaischen  Recht  Th.  II,  S.  24  ff. 

"i)  Jnt:  Jüd,  III,  12, '3,  wo  Bernard's  gel^iMd  Jbimer- 
kunfj;  in  rergleichen  Ist,  ' 


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»  Jiehräer.  211 

Maimbni^fi  ')  trbten  entsdmdeh '  Her  letztem  An- 
6idit  ^i;  ffie  €^oniin  dagegen,  gewisse  gdehrte 
itabbitier,  ik^  bkM  nadi  SeUiefsang  d^s  Tfaalmuda 
gekik  und  %n  etti^t  haben;  'dt^r^ersten.  Diese  ha{^ 
te»,  me  MaMBonMes  beiicktet;'  eine  Tradition,  nacü 
der  Bsan  ^tder  Zerstörung  des  eisten  Tecnpels  nur 
sdkmiHah^y  keinen  anfeerordentliefa^n*  Jobel  gesäUt 
habe,  und  dies  scheint  ^allerdings  richtig  zu  sein«  Nach 
, dem  ersten  Buch  der  Makkabäer^)  war  das  150ste 
Jahr  der  seleuci^iscjben  Aere,  das  163  v.  Chr.  seinen 
Anfang  nahm,  oder  das  3598ste  der  jüdischen  Welt- 
aie, -««  tSA'bfa^^äijabr«  Sin  j^oU^h/^s ;  .>v4ip  fernem;  nach 
J«fi€I^h«a  *^.d«s  )Jtibr,  iade^sü^n  ^^p^oniier  H^rQiie« 
Jonuealoa  «tilHbrtfe^  ,«äHriUcb  4^  37 sie  v.  C%,  o^er' 
i724ate  dflCiTWditm'e.  Das  fJbtf^f^U  ^w^h^  beideii 
Mreaiflfc.dnirQb  TfMtbeilbarr  cts  kann  qIso  unteiides^^^ 
kda  beson^erisrifMel  gief^ierj;  .iwrifrdffli  «ein.  Zugjeic^ 
«idht  jDimitlä^  n^ißb  den  Gaonip»  Je^e^^urch  7  tt^. 
baw  JEahr  .fl^  Weltäije  ^m  i^ali^tbj^lkvr,  irt.      . 

Bie-  apStere  Krier  fet  )edoch  «iobt  notbwfj^g 
ak'Förtsebimg'dliQr  .fviihei»,  und  .{9  \S!o  fei»- nicht 
A  beweisend  Üur.die  äitosie'Aiisle^fiigswscise  dfs^Qch 
setzes  zu  .betrachte.  Mii^ends.&id^  sioh  in  d«r  frii- 
hm  Geschichte  der  Hebräer  dteiFeieor  otiie^i  Sabbaths- 
oder  Johcljäfa]»  et:*vK«biit.  Eest^während.sdes  %ym^^ 
Tempels  wurden  die  dahin  gehüiigea:  V^pordwmge» 
der  isiosaischen  Gesetzgebung  ja]»  ^aite  JraditiQ^  wie- 
der aufgenommen  und  nun  auf  die  gedachte  iVVeise 
interpretirt  Eine  xtnbefangene  upd,  flmmobtige  Aus- 
legung muls  sich  ;aber  fiiy  dJe  Meinung  dcur  Mehi:zahl 


1)  Jod  kachasaca  (va  welchem  Werke  der  Thalmud  in 
«»tt  System  gebracht  ist),  HiJchot  schnuttah  lo'  khel^  c.  10, 
fol  142.     2)  6,  4<^  mid*  ^3,  yergliehen  mit  30. 

3)  Axt.  Jud.  14,  16. 

14  *  . 


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212  Technische  Chronologie. 

der  jädischen  Gelehrten  entscheiden  y  nach  welcher 
das  mosaische  (besetz  der  Jobelperiode  50  Jahre  gibt, 
und  so  erscheint  denn  d^s  ganze  avf  eine  49  jährige 
Dauer  derselben  gegründete  System  , der.  jüdischen 
Zeitrechnung,,  das  Joh*-  Georg  JS'rank'ikiit  Gatte- 
rer'« Beihülfe  in  seuiem  Novi^m.  Systema  chrono- 
togiae  ßmdamefpialie  aufgestellt  h^t  \)y  wenig  halt- 
bar *)•    •         \    ;■■'.  .     ,:^    .     ;         ■   :.    .    ■'\    :•- 

Zweite   Periode., 

In  der  ältesten «voii  Moses^  •eingefähiten  Zeit- 
rechnung offertb^rt  sith  hoch  keine  Sj^ur' von*  wissen- 
schaftlichen Ideen,  ©te  etste  Etscheiinmg  derMondr 
Bichd'  in  der  Abenddämmerung  bestinimte'  den  An- 
fang'^es  neuen  MoÄatsy  und  weim^  die  \^itterung  sie 
zu  beobachten  hinderte^  so  gab  n^n  deih'.  abgelaufe- 
nen ohne  Zweifel  ^ine  Dauer  von  30  'Tagen.  Ob 
nach  12  Monaten 'db>^eues  Jahr  angefangen  oder 
fi(/ch  ein  IStei-  gezählt  werden  soBe,  hing  von  dem 
Üi^iA^taYide  ab,  %b  die  Gerste  so  Weit  herangereift  war, 
dafs"^  um  dier/ 'Mitte  des  ersten  Monats  dem  Jehovah 
das 'Omer  dargebracht  Werden  konMe  (202). 

•  <fe  der  >fcw6iten  Periode  bestand  dieselbe  schwan- 
kende Bestiniftäungsweise  der  Monate  und  Jahre  noch 
imm,er;  nur  dse-  Monatsnamen,  der  Js^iranfang  und 
das  Festwesen  haben  sich  in  ihr  auf  die  jetzige  Weise 
gestaltet.  .      •      '  •     :  . 

Die  Namen  der  Monate  sind:  * 
1)'-Nis«in.     .         3)  Sivan. , 
2)  Ijar.  4)  Thamus. 


1)  GÖttingcn  1778,  fol.  .     .    ^  , 

2)  Aasfuhrlicher  Ut  von  diesieni  G^ensfaiode  im  Haadbacb 
I   501  ff.  gehandelt.  .  :       '    ^^  .    \ 


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5)Ä*.-  9)  Kis^ev. 

,  6)  ElttJ.      :  iO)  Tejjetb, 

7)  ThischrL  11).  Schebat. 

8)  Marcheach^an.      12)  Ada?  V).  '._•/• 
Näcb  Ab eQ,  Es^ra  ^ )  haben  die,  Jjude^  idiese  Nar 

men  aus  der  babflonifichen  Gefangenschaft  mlige- 
bradit,  und  es  leidet  auch  um  so  weniger  Zweifei, 
dafs  sie  chaldl^cjbt^n  ;Ujr$prung$  sind,  d^  sie  grölsten-  ' 
theils  sait  den- national-syrischen  M((^natsnamen  über- 
eii^tinunen,  (180)*^  Sie  finden  seh  zuerat  in  den  wäh- 
rend^  i9id  nach,  der  Deportation  abgefafsten  Schriften 
des  altim  Testaments. und  beim  Josepl^us  erwähnt, 
und  mit  Bezug  auf  die  y^n  J^oses  geordneten  Feste 
inamer  y(Hn  Nis^n,  dem  eheinaligen  Aehrenmonat,  ai^ 
gezahlt  ^  y  I>ep  Schaltm9nat  wird  auch  in  der  zwei- 
ten Periode  npeh  nirgends  erwähnt,  wenn  gleich  nicht 
Äu  zweifeln  ist,,  dafs  ^r  längst;  vorhafiden^  war. 

Aus  dem  Thalmud  ^)  und  aus-^des  Maimpni-^ 
d^s  ESddus^hhctch&desch^)  ersehen  wir,  dals  wäh- 
rend des  zweiten  Tepipels  die  Anfange  der  Monate 
nodh  hnmer  durch  unmittelbare  Beobachtung  bestimmt 
wurden.  Warn  dem  Sanhedrin  oder  ^olsen  Rath, 
der  seinen  Sitz  zu  Jerusalem  batte^  wenigstens  von 
zwei  ^a^bwfirdi^en  Männern  aiA  SOsten  Monatstage 
die  Anzeige  gemacht  war,  daCs  die  Mondsichel  gese-  ^ 


1)  hl  J^isan  liegt  der  Ton  auf  der  zweiten  Sjlbe.  Das  b 
in  Ab  ist  wie  w  zu  lesen,  und  das  e  In  Schebat  fast  gar  nicht 
zu  betonen.  Für  Harchesdivän  sagen  die  neuem  Judei^  auch  blofs 
Cheschyao.  , 

2)  Commentar  zu  2.  Mos.  12,  1. 

3)  flandb.  I,  510  ff.  • 
hT)  TrakUt  Rosch  haschanok  BI.  13  ff. 

5^  Dieses  für  die  jüdische  Zeitrechnung  wichtige  W^rk  ist 
unter  dem  Titel  de  €onsecratione  Calendarmn  1683  zu  London 
lateinisd  endiienen. 


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^ti  Technische  Chronologie. 

hen  sei  9  so  wtitde  der  abgelaufene  Monat  fiir  eA/7^- 
^£17*9  mangetirafl^  erklärt  und  der  tteu«  sofort  ein- 
geweiht Erfolgte«  aber  am  SQsCeit  Tage  dne  solche 
Anzeige  nicht,  so  kgte  mati'  d€Nlseäiel>  Hoch  dem  al- 
ten Monat  bei,'  c^tldäi^e'  dl6se»  lär  mah,  Vol},  und 
fing 'den  neuen  ohne  ^Aeilercis  m^  dtol  fcdgend^  Tage 
an.  Da  auf  diese  Wöisfe  bei  tr&ber  Wittenitig  leicht 
zwei  oder  mein-  iSOtSgige  Ato»at€^'mf  «i»aii^r  folgen 
konnten,  wodureh  sich  d)enr  Kaleft^t  %^^  ^  Wm- 
xrid  zu  tertcbieben  InCefarbr  wa*;  so  WJrdö^btsitiiiiKif^ 
dafe  das  Jfehf  nieht,  we/nget*  afe  viet<' und  Oiitht;  lidir 
rii$  acht  voH^  Monate  ei'hallieii^  s^ll^;'  Die  %wtiik  von 
dem  zu  Jerassfleth  begormMdi  Viotm  ^»mdle  Mtfangs 
durch  Signalfeuer  i^nd«  späteriiin'  dui^h^  Bote»  in  gan2 
PaläiStina  rerbreiteti  D*  aber  ai3<;h  m  SfA^n  «nad 
Aegypten  viete  Juden  lebten;  äö'  Ntiäffde  fest^setzt, 
dafs  nach  Ablauf  von  299  Tilgen  d[)et>  folgende  allemal 
rasch  chodesdk,  Netfmond,  hdißeö  solle.  War 
nun  der  abgelaufene  Monat  förttiÄÄgrfbaft  erklärt,  so 
galt  der  ro^ch  chodesch  für  den  e¥£^en  Tag  des 
neuen  Monats;  war  er  hingegen  vafi,  so  führte  sein 
letzter  Tag  diesen  Namlcn,  nnd  ۊ  thirden  dann '  zwei 
Tage  mit  demselben  bezeichnet,  der  letzte  des  abge- 
wichenen und  der  erste  des  neuen.  Zugleich  wurden, 
mit  Ausnahme  desf  Versohnungsüages,  alle  wichtigen 
Feste,  nämlich  der  erste  und  letzte  Tag  des  Passah, 
das  Wochenfest,  *  das  Neujahrsfest  und  der  erste  und 
letzte  des  Laubhüiätenfestes  verdoppelt,  damit,  wenn 
in  den  Provinaen  ein  mangeBuiter  B^I<^at  für  voll  oder 
umgekehrt  genommen  war,  das  Fest  wenigstens  an 
einem  von  beiden  Tagen  überall  zugleich  gefeiert  wer- 
den möchte.  Diese  Einrichtung,  die  noch  jetzt  be- 
steht, galt  jedoch  während  des  zweiten  Tempels  nur 
für  die  entfernteren  Wohnsitze  der  Juden; 

\Vir  wollen  nun  sehen,  wie  sich  die  mosaischen 


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Hebräer.  215 

Feste,. ^e  noch  iiumer  die  wichtigsteB  der  Juden  blei- 
ben,  in  der  zweiten  Penode  .gestaltet  habeu,  und  wdche 
neu  hinzugekommen  siud.  « 

,^Im  Xanthicüs,  sagt  JosepJjnus  ^),  dem  ersten 
Monat  des  Jahtö)  den  wir  INisan  nennen,  und  zwar 
am  14ten  nach  dem  Monde  (am  VoUmpndstage)  ^), 
während  sieh,  die  Spnne  im  Widder  befindei^  bringen 
wir  das.  Opfer  dar,  welches  P aussah,  genannt  wird. 
Am  IS^ten  folgt  das  Fest  der  ungesäuerten 
Brote,^^  Für  ko^  täv  d4vfuöv  findet  sich  auch 
hu%  rqk  äivfiff,  gebraucht  ^  )•  äieit  der  eben  gedach- 
ten Vecdopyelung  der  Hauptfe^tc  fei/ert  mßu  dieses 
acht  Tage  lang;  aber  nur  den  15>  16,  21  und  22steii 
Nisa«  als  Sabbathe.  ^ 

Es  rnuDs  hier  kurz-  die  für  die  Exegese  des  neuen 
Testaments  wichtige  Frage  berührt  werden,  ob  der 
Donnerstag,  an  welchem  Christus'  mit  seinen  Jüogern 
das  Passah  als,  der  bei  den  Juden  von  j^er  gewöhn- . 
liehe  14te  Nisan  (die  t&crcraQ&xxouSewxrii,  quarta  de- 
cim^  tuna)  od^  der  13te  wsvr,  ob  er  also  am  15ten 
Nisan,  dem  Festsabbath  der  Juden,  t>der  am  14teD, 
dem  eigentlichen  P^&sahtage,  gelittien  hat  Die  erste 
Ansicht  liegt  offenbar  den  Zeitangaben  der  Evangeli- 
sten Matthäus,  Afarcus  und  Lucas  zum  Grunde*). 


1)  Jnt.  3,  10,  5.    Vcrgl.  de  hello  Jud.  5,  3,  1. 

2)  Auf  diesen  setzt  Philo  (pi^a  Mos.  L  UI^  p.  686)  aus^ 
jraddich  die  P^ssabfeier. 

3)  Z.  B.  \evfa  ErangeL  Marens  14,  1. 

4)  Man  re^eiche  Katth.  26,  17  ft.  Marc.  14,  12  ff.  Luc. 
22, 7  ff.  Zank  ridktigea  Yerstjliidiiirs  dieser  Stelleu  ist  %vi  bemer- 
kea,  .dafs  mit  t^dtti  4f^qa,  fcov  at^u^ay  beim  BIa^lISas  and 
Marcus  der  14te  Nisan  gemeint  ist,  an  ^cj^elcliem  sich  die  Juden 
schon  Ton  9'  Vhv  Koi^ns«  an  des  gesäuerten  Brots  zu  enthalten 
|iflsgei|;  dsis  ara9a<r«ex>i2  oder  ^qo<rdßßa7'ov  das  ereb  sabbath 
der  Jiidon,  also  die  spätere  Tageszeit  des  FreiUigs,  aucfi'yvol  Jen 


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216  Technische  Chronologie, 

Aber  der  heutige  Kalender  der  Judeo  ist  60  geordnet, 
dafs  der  15te  Nisan  nie  auf  einen  Freitag  trifil.  Man 
kann  zwar  sagen,  es  sei  dies  eine  Bestimmung,  die 
erst  nach  ihrer  Zerstreuung  mit  der  definitiven '  Ge- 
staltung ihres  Kalenderwesens  in  ihr  Ceremoiiialge- 
setz  gekommen  sei.  Allein  es  ist  schwer  zti  glau- 
ben, dals  die  Urheber  der  cyklischen  Rechnung  in 
einem  so  wesentlichen  Punkt  von  einem  alten  Her- 
kommen abgewichen  sind;  vielmehr  gibt  alles  zu 
erkennen,  dafe  gerade  dadurch  die  so  verwickelte 
Rechnung  erst  bedingt  worden  ist.  Ferner  wird  im 
Thalmud  ausdrücklich  von  den  Feiertagen  ge- 
sagt, dals  man  an  ihnen  nicht  richte  ^).  Endlich 
verbindet  Johannes  den  'Festsabbath  auf  eine  un- 
Verkenriliche  Weise  mit  dem  Wochensabbath  *). 
Diese  Gründe  scheinen  allerdings  fiir  die  zweite  Ad- 
sicht  den  Ausschlag  zu  geben,  und  so  bliebe  denn 
nichts  weiter  übrig,  als  anzunehmen,  dafs  Christus, 
voraussehend,  ^er  werde  in  der  nächsten  Nacht  in 
die  Hände  seiner  Feinde  faDen,  das  Ostferiamm  einen 
Tag  früher  gegessen  habe,  als  es  die  Ceremonialge- 
setze  der  Juden  mit  sich  brachten,  und  däfs  sein  To- 
destag von  den  drei  ersten  Evangelisten,  die  sich  viel- 
leicht von  dieser  Abnormität  nicht  überzeugen  konn- 
ten, auf  den  15tto  Nisan  gesetzt  sei,  da  er  doch  ei- 
gentlich auf  den   14ten  traf  ' ).     Bemerkenswerth  ist 


ganzen'  Freitag  bezeichnet;  dafs  die  Überall  im ^ Altertbom  ge- 
bräochlichen  yeränderlicben  Tagesstimden  auch  iiji  .neuen  Testa- 
ment gelten,  daher  sie  atich  yon  einigen  Chronologen  jüdische 
genannt  werden;  dafs  der  bürgerliche  Tag  der  Jnden  mit  dem 
Abend  anfing;  endlich  dafis  ^qtafti  oder  i\ach  einem  Hebraismas 
/Lia  tfdßßafcSv  der  erste  Wochentag,  unser  Sonntag  ist. 

1)  Traktat  Beza,  BL  36,  S.  2.      2)  Vergi;  19,  14  und  31. 

3)  Aosfuhrlicher  ist  dies  iin  Handbuch  I,  515  ff.  ansdnan- 
dergesetzt  worden. 


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Hebräer.  217 

es  übrigens,  dafs  sich  auch  im  Thalmud  ^)  die  Trsi* 
dition  findet:  beer  eh  pesach  taläuhu  l^ejischu,  „am  « 
Ereb  pesach  haben  sie  den  Jesus  gekreuzigt/^  und 
dafs  Clemens  Alexandrinus  in  seiner  verloren  ge- 
gangenen ;Schrift  «£^  ff^ou ,  9t^icrxa  0)ffisti  Passfthfjpier, 
als  eine  symbolische,  schon  auf  den  13ten  und  %ün 
Leiden  auf  den  14ten  Monatstag  gesetzt  hat^),  von 
weichet  Ansicht  in  den  ersten  Jahrhunderten  der  Chri- 
stenheit auch  noch  anderweitige  Spuren  vorkonuneD. 

Das  Wochenfest  ist  jetzt,  wo  die  Monate  ihre 
bestimmte  Dauer  haben,,  ian  den  .6  und  7.  l^van  ge- 
knüpft. Es  komint  unter  den  griechischen  Benennun- 
gen eogrri  rStD  i^ofnaStäV  •),  &yia  hefa  s'^of^uiScn)  ^) 
und  io^r^  rrig  leevfTpoocrriii;  oder  kurz  «cTVipeoor^  vor, 
wovon  die  Erklärungen  im  Obigen  liegen  (207).  Aus 
der  tetzterh  Benennung,  die  sicin  bei  den  Kirchenvä-  ^ 
tem  gewöhnEch  findet,  ist  Unser  Pfingsten  ent- 
standen *). 

Das  Fest,  wothit  der  siebente  Monat  beginnt, 
von  Philo  dem  hebräischen  Namen  gemäls  ioqa^ 
KfdkTtlyyGfi}  genannt,  wurde  nach  der  Rückkehr  der 
Juden  aus  der  Gefangenschaft  die  Epoche  ihres  bür- 
gerlichen Jahrs.  Dieser  Zeilptmkt  scheint  für  sie  da- 
durch eine  besondere  Wichtigkeit  erlangt  zu  haben, 
dafs  an  ihm  zum  erstenmal  wieder  auf  dem  Lokal 
des  noch  ^in  Ruinen  liegenden  Tempels  ein  Brand- 
opfer nach  alter  Weise  dargebracht  und  detn  versam- 


1)  Sanhedrin  Bl.  43,  S.  1. 

2)  S.  Clementis  Alex.  Frägmentay  in  Fabricii  Samm- 
lung der  Werke  des  Hippolytat;  YoL  11,  p.  66, 

3}  Philo  c2^  9eptenario  et-fesHs.  *   . 

4)  Tol^ias  n,  1,  und  daselbst  Hrn.  Ilgen's  Amnerkang. 

S^  Der  Name  'AaoLqpd^  den  Josephas  einmal  gebraucht 
(^n/.  m,  10,  6)  kann  nichts  als  Azereth,  Festrersamm* 
long,  sein. 


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.318  Technhche  Clu^notog^. 

mehen  Volke  das  Gesetz  vorgelesdn  ward  ^).  So  er- 
faielteoi  sie  mit  dcu  ilbrigeo  Syrern  einen  gleichen 
Jährsanfimg  (iSl).  tKe  albere  Epoche  tral;  nun  all- 
mählig  ia  dm  Schalten;  Doch  finden  MÜß  in  den 
Bachern  dfs'allea  Testaments,  die  naeh  de^  J>epor. 
tation  abgofo&tt  siady  die  Jahre  der  Regenten  und  die 
Monate  der  Fest^  niidi  immer  vom  Misan  geauihlt 
Joseplbus  rechnet  zuerst  die  Monate  nach  sjroma. 
cedoflisGhec  Weise  vom  Thisdm  oder  Hyperbereiäus 
an.  Die*  NeujähcsCeier .  wird  jetzt  durch  zwei  Tage 
fof  tgesfitzt.. 

Das  Versöhnun^fest  nennt  Philo  vf^rrsloi; 
koQjvi,  das  Fest  des  Fastens^  sei  es,  dals  er  ihm 
vorzugsweise  diesen  Naauen  beilegt^  oder  dafs  damak 
die  anderen  wahrend  des  zweiten  ^Tempels  eingefiihr. 
ten  Fasttage  noch  wenig  beobadbtet  wurden. 

Das  Laubhüttenfest  wird  von  den  hellenisti- 
schen Schriftstellern  crxfrpMmriyiaj  crxTjvcojuara,  eoqjiiTwv 
owivw»  oder  kurz  MfpHxi  genannt  * ).  Seit  der  Ver- 
doppelung der  Feste  'wecden  der  15,  16,  33  und  23. 
Thischn  als  Sabbathe  gefeiart;  de«  letzte»  Tag  ist  je- 
dodi  ak  ein  besonderes  Fest  au  betrachten,  wovon 
uaften«  In  einer  zu  Betenice  in  der  C^enaiea  gefun- 
denen^ v»n  Maffei  ?)  mil^elheillf%  Inschrift  ist  vom 
35.  Phaophi  des  ö5sten  Jahrs  «sc*  ctvXkoy^v  rriq  (XKrivo- 
on^io«,  an  der  L  aubb  jittenversammlung, 
die  Rede.  Offenbar  wird  der  22.  Tbischri,  der  Tag 
des  Azereth  (208)  gemeint,  und  da  der  25.  PhaopU 
der  Alexandriner  dem  22*.  Oktober  des  julianischen 
Kalenders  entspricht,  so  traf  der  1.  Tbischri   damals 


6)  Eara  a,  1  fit    Nehemia  7,  73  und  8,  i  ff. 
^>  1.  Mftkk.  tO,  31;     2.  Makk.  loi  6;    Ey.  Jok  7,  2j 
PhUoa.«.'0. 

3)  Mui.  Veron.  ^\  CCX^XXV. 


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auf  den  1.  Oktober,  der  innerhalb  der  Grenzen  Me^ 
zwischen  denen  sieh  der  jUi^sehe  Jal^rsmfongi  .noch 
jetzt  bewegt  Das  &5sfte  Jahr  ißt  wahrsobeiAiidl.ii«^li 
einer  Lokaläre  geguÜblt    - 

Ztt  diesen  ffinf*  Feslen.  sind  in  der  siweiite»  Pe- 
ikde  noch  die  Te!B!i<peLirr.e,lhe,  das  Pnviniidst  nni 
emige  FaaUage  'gelb(»nihem  /  ^      » 

Die  Tempelweihe  iat.  ven  JtdaA'^ltkabäns 
am  25$teo  Kiatev  eltigeaeixt  wordeo,  xmn  Andenken, 
dafs  er  nach  eiaeln  im  Jaiir  14$  der  sekilcidS^betit 
Aere  td>er  äe  Syver  eifoditoiea  Siege  a»  £eM»fi,  lOage 
den  Yen.  iuoitioduis  Efftphane»  dcei  Jahre  sniivm  ye^ 
wüstete»  und.  venvirfitusagteii  Tempcj  wiedärh^xge- 
stellt,  gereinigt  wld  eihge^eBii  hatte  .?)w  JOer  h^- 
bräisehe  Käme  des.  Festos  ht  chauükfys^y  Einbiiirei» 
hung,  und  käenroii  .da»  kyaUiviu  beim  E^roitge^iatep 
Johannes  ^)  die  Uebemei^tiilg.  Ei  wird'}etzU  wie 
urspriinglieh  ^),  acht  Tage  lang,  jedoeh  nidb^'^&enge 
gefeiert  Am  ersten  Tage  des  Festes  wird  eäak  Licht 
und  an  jedem  folgenden  immer  eina  mehr  >  angezün- 
det, daher  es  Josephua  4^a,  Lichterfe^jt,  immt 

Von  der  Veranlassung  imd  Einsetznmg  des  Pu- 
rimfesies  handelt  das  Budi  Esther;  Es  wird  am 
14.  Adar  gefeiert,  als  ein  Freudenfest,  zum  A^enken 
an  das  Bhetbad,  das  die  Juden  Tags  zuvor  nut  Er- 
laubnils  des  Königs  Ahasveros  unter  ihren  Feinden 
im  persischen  Reich  angerichtet  hatten.  Der  Jfhme 
,des  Festes  ist  Purim,  angdUüch  von  pur,  Loea,  weil 
Ha  man,  der  Minister  des  Königs  und  Gegne^r  der 
Juden,' zu  ihrer  Vertilgung  das  Leos  über  sie  gewor- 
fen hatte  ^).    iSach  Aben  Esra  soll  dies  ein'  persi- 


1)  1.  Makk.  4,  52  ff.  3.  Hakk,  16,  5.  Joseph  ob  Jni. 
12,  7,  6.        2)  10,  22.        3)  1.  Makk.  4,  59. 

4)  Eatber  3,  7;   9,  26.    Im  zweiten  Bacli  der  Makka- 


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820  *      Technische  CPtrönofogie^ 


sehe»  Wort  sein;  es  kommt  aber  ih  der  heutigeu 
Sprache  nicht  mehr  v^r.  ,  Der  13t€  Adar  heifet  jetzi. 
ihaniih' Esther f  Faste»  Esther,  weil  an,  ihm  ge- 
fastet  wird,  und  der  15te  schusäkian  purim,  weil  die 
r  Juden  in  der  Hauptstadt  Susa  <laä^  Morden  nodi  am 
14ten  fprigesetzt  und  eretanildten  geruht  haben  sol- 
len ^).  Die  Feier  hat  «ich  jedoch  auüser  Susa  nie 
bis  auf  diesen  Tag! entreckt    -. 

Aufs^r  dem  eben  gedaciri:ei|  Fasttage,  det  jedoch 
im  Tltiaimud  noch  nicht  erwähnt  wird,  und  daher 
jKTst  spät  ein^föhrt  zu- ^in  schont,  kamen  zu  dem 
von  Moses  aiigeordnet«i>  besonders  hefligat  Fast- 
tage, 'd%n  •Versöhnungsfe^t,  wlSfarend  des  zweiten 
Tenipek  noch  Her  andere,  dem'  Gedäehtnüs  eben  so 
vieler  utaglüeMichen  Tage  gewaht  Sie  treffhi  auf 
den  vierten^  fiinften,  siebenten  imd'  zehnten  Monat  und 
finden  sich  in  dieser  Ordnung  schon  im  Propheten 
Zacharias  erwähnt  ^).  Die'  Begebenheiten,  auf  die 
sie  sich  herziehen,  sind:  die  Belagerung  Jerusalems 
unter  Nebueadnezar  im  zehnten  Monat,"  die  Ero- 
berung der  Stadt  iih  vierten^  die  Verbrennung  des 
Tempels  und  Wegfiihrung  eines  gro&en  Theils  des 
Volka  nach  Babylon  im  fünften  und  die  Erschlagung 
des  Statthalters  Gedaljah,  auf  den  die  Juden  ihre 
letzte  Hoffnung  gesetzt  hatten,  im  siebenten.  Die 
Tage  sind  im  jetzigen  jüdischen  Kalender  mv  10.  Te- 
b^th,  der  17;  Thamus,  dear  9.  Ab  und  der  3.  Thischri. 
Der  zweite  und^  dritte  sind«  zugleich  dem  Andenken 


bXer  15,. 37  wird  das  Fest  MaqSoXci'f^n  '^luJqa  g&kmni^  von 
MardochaY,  dem  die  Jaden  nädist  der  Esther  Tornehmlich 
ihre  Rettimg  zu  yerdaiiken  hatten.'   Der  Name  Harn  auf  est  ist 
bei  den  Jaden  nie  gebriinchlich  gewesen. 
1)  Esther  9,  18.      ' 
^)8,  19.     \ 


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an  die  &8tünniing.  Je^usal^m^^  ,und  ^i^tiiicitng.,  des 
Temp^  unter  Titiis  ge^vtreiht  Das  Nähere  hi^ber 
im  Handbuch  ^)»  .. 

Auch  in  der  zweiten  Periode  haben  die:  Juden 
ihre  Jahre  gewöhnlich  nach  .den  Regenten  jge!Kählt| 
wovon  sich  die  Beyp^eij^.  überall  in  deniBüchem  Esra,, 
Nehemia,  Esther  un4  in  den  Prophet^ea  finden. 
'Als  eigentliche  Acren  kpmmeii^  aufßer  ejper  «igenthnm- 
liehen,  Mofs  vom  Propheten  He^ekielexwähn^en  *) 
folgende  3  vor:  1)  Die  Aere  von  der  Zerstö- 
rung des  ersten  Tempeis  und  .  dem  Anfänge 
der  .babylonischen:  Gefangenschaft;  i).,^ie  , 
seleucidisch^^.  und  3).  die  von  der  Befreiung 
der  Juden  vom  syrischen  Joch  durch.die  Maky 
kabäer*  ,    .  •  ' 

Die  Epoche  der  Zerstörung  des  ersten  Tennis 
ist  der.lOte  Tag  des  fünften  Alonats  (des  Ab)  un 
19ten  Jahr  des  Nebucadnezar  ^)y  oder,,  wie  ihn 
die  Griechen  nennen,  Nabpkolassar.  Dieses.  Jahr 
ist  nach  dem  Kanon  (56)^  von  welchem  , wir  hier 
abzugehen  keine  Ursache  haben,  das  162ste  dec.nabo-' 
aassariscben  Acre,  das  am  17.  Januar  586. v.  Chr.  sei- 
Ben  Anfang  nahm.  Die  Zerstöruug  ist  mithin  in  xlen 
Sommer  dieses  Jahrs.  a^i|  setzen.  Die  jüdischen  Chro- 
nologien irren  sich  lun  nicht  weniger  als  163  Jahre,, 
indem  sie  dies  EjreignUs  in  das  Jahr  3338  ihrer  Welt- 
äre  bringen,  das  im' Herbst  424  ,v.  Chn  begann  '*). 


1)  th.  I,  S.  537  ff.       Ü)  S.  Handb.  I,  536  ft 

3)  Jermiaß  52,  12  ff  Im^^.  K5ii.  25,  8  wird  der  si«- 
beqfce  Tag  genannt  Jetzt  lasten  die  Juden,  wie  ,oben  bemerkt, 
;un  9.  Ab,  an  welchem  die  .Zerstörung  des  zweiten  Tempels  ge- 
scliehen  sein  soll;  Josepbus  nennt  jedodi  ebenCalTs  den* 
lOten  (166).  .       \ 

4)  Handb.  I,  529,  wo  auch  von  der  Epocbe  der  Erbanong 
des  zweiten  Tempels  die  Rede  ist^ 


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2S3  Teekniscie  Chr&nologie. 

Weim  flach  dieser  Aew^afirt  wirf,  so  gcschielit  cß 
mit  iet  Formfi  legalidhy  nach  d^m'EKil  *). 

Die^  seleucidische  Acre,  welche  -die  Jaden 
unter  ihren-  lyrischen  B^errscbem  angenomnieQ  bä- 
hen, ist  lange  ihre  eimige  Jahn^echmiBg  gewesen. 
Sie  nennen  sie  min/an  sehtar&th,  aera  coMrac- 
tuum,  wdche  Benennung  Idnäinglieh  von  -äarem  hür- 
'  ^erlicheia  Oebraudi  zeugt.  Ihre  Epoche  «etet  die 
Mehx^ähl  der  '  rabbinischen  Gelehrten  richtig  auf  den 
AnfäAg  des  Jahrs  3450  ihrer  Weltäre  *)  oder  auf  den 
Herbist  812  V.  Chr.  Ih  den  Büchern  der  Makka- 
bä^r  {iihvt  sie,  vrie  schoA  (187)  bemerfef -worden, 
den  Namen  der  Jahre  des  hellenischen  (syri- 
schen) Rfeichs. 

Es  ist  aber  merkwikdig,  dals  die  offenbar  ver- 
'  schiedenen  Verfasser  der  beiden  ersten  Bücher,  die 
diesen  Namen  fuhren  (das  dritte  kommt  hier  nidit 
in  Belradht),  die  Acre  auf  ein^  ganz  verschi^ene 
Weise  gebrauchen.  Beide  rechnen,  wie  mehrere  Stel- 
len lehren  *),  die' Monate,  wie  es  überall  im  alten 
Testament  geschieht,  vom  Nisan.  «Daraus  folgt  nun 
zwar  gerade  nicht,  dafs  sie  auch  die  Jahre  mit  dem 
JKisan  anfangen.  Es  leidcft  jedoch  keinen  Zweifel,  daCs 
der  Verfasser  des  ersten  Buchs  dies  wirklich  thut 
Man  lese  nur,  um  sich  hiervon  zu  überzeugen,  auf- 
tnerksaih  das  zehnte  Gapitdl  und  vergleiche  dessen 
Isten  und  Qlsten  Vei^.  £i^  ist  uhmögKch,  dals  alles, 
was  hier  aus  dem  160sten  Jahr  erzählt  wird,  sich  im 
Verlauf  von  14  Tagen  zugetragen  haben  sollter,  wie 
diejenigen  anzunehmen  genöthigt  sind,  die  das  Jahr 
vom  Thischri  rechnen  wollen  *).  Beim  zweiten  Buch 

1)  Z,  B.  Äesckiel  3.1,  31;  40,  1. 

2)  S.  unter  aadem  den  TrakUt  Sepker  hakahhtdä  S.  33. 

3)  Z.  B.  1.  Matk,  4,.  52;  31.  Malck.  15,  37. 

4)  Wie  .untei*   andern   Cottli^b-'Weriisdörf  b   seiner 


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Hebräer.  223 

treten  dergleiclien  RKdksiebten  nicht  iein,^iUMl' 'nichts 
scheint  der  VorauBddIzung  -hinderlich  zu  ismi,  dä&  di^r 
Verfasser  desselben  seine  Jahre  anf  die  69«^  im  i^^ 
ri9<iie9i  %eich  gebräuchliche  Weise  vom  TÜieöhri  mi ' 
gezl^k  htäbe,  nimal  da  sieh  iiswisc^isn  den  ^cbvondo- 
gisdbeti  Ätigafaen  beider  Bücher  eine  Abweichung  aseigt, 
die  sich  am  {iigliehsten  durch  eine  Verg^hiedeidieit 
des  Jahrsanftings  erklären  läfst  l^etavius^  Noris 
und  Fr5'lich^)  sind  iauch  Mnlrklidi  d^  MeiBnng, 
dä(s  das  zweite  Boc^  nach  der  gew&fanli<fli€«i  'sdeu- 
cidisehen  Aere  rechne,  das  erste  Kii^gen  dieselbe 
bis  zum  Prühlhig  des  Jahrs  3iiS  ^.  ^Chr.  turücksetoe. 
Ich  habe  ab^  mi  Handbuch  gezeigt  ^),  d^fs  mn 
mit  einer  'Epoehen^erscfaiedenheit  von  einem  halben 
Jahre  nieht  ausreiche,  dafs  man  sie  «nebnehr  auf  an- 
derthalb Jahre  setzen  müss^,  indem  der  Verfasser  des 
ersten  Buchs  ein  halbes  Jahr  mehr  -und  der  des  zwei- 
ten ein  ganzes  weniger  zählte,  als  die  eigentliche  se- 
leuddische  Acre.  Ich  moTs  bei  dieser  Meinung  be- 
harren, die,  so  viel  ich  sehe,  alle  Schwierigkeiten  iil 
der  Chronologie  beider  Bücher  ausgleicht  £ine  Ab- 
weichung  von  anderihalb  Jahren  bei  Sefanfisleflern, 
die  vielleieht  za  V^schiedenen  Zeiten  md  in  vor-  * 
sehiedmeo' Gegenden  Sytienft  schrieben,  >wicd  *man  bei 
der  grofisen  Divergenz  der  dortigen  Aeren  mcht  be- 
fremdend  finden.  Auch  die  ehalläische  Aere  (dl, 
189)  stält  uns  ein  Beispiel  einer  ^sidehenllechiiung 
auf,  me  wir  sie  hier  dem  Verfasser  des  zweiten  Buchs 
beilegen. 


Commentatio  hfstorico-criiiea  dt  ^fide  hisiorka  Ubtwvm  Mae- 
eahaieonan  (ßresk«  1747)  §.  VX-X. 

1}^  S,  »ein  äiimi«matt9<^es  Werk»  AnntüeM  cempendiarH 
regum  et  rerum  Syriae. 

2)  Th.  I,  S.  533  tt 


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'  224      ^  Technische  Chranologie. 

Was  , die  dritte  .der  c^edaehten  Aeren  betx^ 
80  heilst  es  im  ersten  Buch  der  Makkabäer  ^): 
„Ln  ITO^sten  Jahr  (der  »seleueidischexi  Acre)  ward 
brael  frei  voia  Joch  der  Heiden.  Und  das  Volk  fing 
nun  9Bf  in.  seinen  Contracten  und  Veriarägen  zu  schrei- 
ben: im  ersten  Jahr  Simon's;  des  Hphenprie- 
sterSy  Feldherrn  und  Fürsten  der/  Juden/' 
Josepbui^  stimmt  Jdieimit  ganz  überein  ^ )•  Die 
Epoche  der  :nevtön  Jahrrechnung  ist  demnach  der  An- 
fang d^  170sten  Jahrs  der  seleucidischen  Aere,  oder 
der  Herbst^  des  Jahrs  143  t.  Chr.  Dals  sie  wirklich 
gebraucht  wpitden  sei  ^ .  lehA .  eine  Reihe  Münzen  mit 
samaritaweher  .oder  älterer  Eeinräischen  Schrift  aus 
d^n  Pontifi<^at  des  Simons ).  Da  dasselbe  8  Jahre 
'  gedskp^rt  hat,  aber  nur  aus  den  vier  ersten  Jahren 
MjUn^n  yorhwde^  sind,  so  sdieint  die  Aere  bald  wie- 
der der,  seleucidischen  gewichen  zu  sein. . 

Dritte  Periode.     ' 

In.  dieser  Periode  hat  sidk  die  mit  rabbinischen 
Grübelaen  «nicht  wenig  überladene^  sehr  verwickelte 
Zeitrechnung  der  neuem  Juden- yoUends  ausgebildet  ^)« 
-  Jetzt,  wo  sie  in  der  Zerstreuung  uid;er  Völkern 
leben,  die  >  nur  gleichförmige  Stunden  gebrauchen,  fan- 
gen sie  Jahr  aus  Jahr  ein  den  bürgerlichen  Tag 
—  jom  -^  6  Stunden  früher  als  die  Christen  an,  so 
\        /'  dafs 

1)  13,  41.  , 

2)  Jnt.  lud.  Xra,  6,  6. 

,  3)  Ecfehel  VoL  ffl,  p.  465  ff. 
4)  Einen  schätzbaren  Beitrag^  znr  Anfklämng  derselben  bat 
Hr..  Bendavid  .in  seiner  Scbrift:  Znr  Berechnung  und  Ge- 
.    sckicbte   des   jüdischen   Kalenders   (Berlin   ldl7,  3}  ge- 
liefert V  . 


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,  Uebrder.     -        .  225 

dafs  die  Mitternacht  auf  den  Anfang  ihrer  siebenten     • 
und  der  Mittag  auf  den   Anfang   ihrer   neunzehnten 
Stunde  trifft  j  die  Stundeü  werden  hinter  einander  fort  -  * 
von  1  Bis  24  gezählt.     Die^e  Zähluhgsweise  gebrau- 
chen sie  jedoch  nur  bei  ihrer  Festrechnung;  im  ge-' 
wohnlichen  Leben  richten  sie  sich  nach  unsern  Stunden. 

Die  Stunde  —  schaah  —  theilen  sie  in  1080 
chlakiniy  deren  18  auf  unsere  Minute  gehen.  Die 
Zahl  ist  ohne  Zweifel  wegen  der  grofsen  Menge  Fak- 
toren, in  die  sie  sich  zerlegen  läfst,  gewählt  worden. 
Der  Chlah  wird  wieder  in  76  tegdim^  Augenblicke, 
getheilt  Diese  Zahl  hat  die  Faktoren  4  und  19,  ^ 
wovon  der  letztere  für  den  jüdischeii  Kalendei^  bedeu- 
tungsvoll ist 

Die  Woche  —  schebua  —  beginnt  Sonnabend 
um  6  Uhr  Abends,  also  eigentlich  >  init  unserm  Sonn> 
tage.  Die  Tage  derselben  werden  hinter  einander 
fort  mit  den  Ordnungszahlen  benannt  und  bezeichnet-  ,  \ 
Nur  der  letzte  Wochentag  fuhrt  den  eigenen  Namen 
schabbaih   oder  Ruhetag. 

Das  Jahr  —  schanah  —  besteht  aus  12  nach 
dem  Monde  abgemessenen  Monaten,  und  wird  von  Zeit 
zu  Zeit  durch  deinen  13ten  mit  der  Sonne  ausgeglichen. 
Das  Gemein  jähr  heifst  schanah  pschutahj  eigent^ 
lieh  einfaches  Jahr,  das  Schaltjahr  schanah 
meuberet,  und  das  Einschalten  ibbur.  Dies  sind 
rabGinische  Ausdrücke«  Die  Wurzel  abar^  die  im 
Piel  schwängern  heifst,  hat  späterhin  die  Bedeu- 
tung einschalten  erhalten. 

Neujahr  —  rosch  ha^chanah  —  haftet  auf  dem 
Anfange  ^es  Monats  Thischri,  ursprÜRglich  des  sie- 
benten  im  Jahr,  imd  bewegt  sich  in  unserm '  Jahr- 
hundert, wo  die  Herbstnachtgleiche  in  der  Regel  auf 
dei^  23.  September  trifft,  zwischen  dem  5.  Septem- 
ber und  5.  Oktober  einschliefslich. 

15 

.   '  Digitizedby  VjOOQI-C    , 


226  Technisch^  Chronologie, 

Die  Namen  der  Monate  haben  sich  in  der  drit- 
ten Periode  nicht  geändert.  Im  Schaltjahr  folgt  dem 
Adar,  der  ursprünglich  der  letzte  im  Jähr  war,  ein 
zweiter  Monat  dieses  Namens,  der  zum  Unterschiede 
Veadavy  noch  ein  Adar,  oder  Adar  scheni,  der 
zweite  Adar,  genannt  wird.  Der^eigentliche  Schalt- 
monat ist  aber  nicht,  wie  manche  Chronologen  glau- 
ben,' der  Veadar,  sondern  der  erste  Adar,  wie  schon 
aus  dem  Umstände  ethellet,  dals  das  Purimfesf,  das 
auf  den  Adar  trifft,  im  Schaltjahr  im  Vealdar  gefeiert 
wird. 

Die  jüdischen  Monate  werden  jetzt  nicht  mehr 
durch  unmittelbare  Beobachtuilg  der  Mondphasen,  be- 
stimmt, sondern  haben  ihre  ein  für  allemal  festge- 
setzte Dauer.  Sie  sind  entweder  voll  oder  man- 
'  gelhaft,  d.  h.  sie  haben  entweder  30  oder  29  Tage. 
Dafe  im  ersten  Fall  zwei  Tage  den  Namen  rasch 
'  chodeschy  Monatsanfang,  erhalten,  der  30ste  des 
abgelaufenen  und  der  erste  des  neuen  Monats,  im  letz- 
tern aber  nur  einer,  nämlich  der  erste  des  neuen  Mo- 
nats, ist  schon  bemerkt  worden  (214).  Die  beiden 
Rosch  chodesch  werden  durch  erster  und  zweiter 
unterschieden^  Man  sieht,  dafs  zwischen  zwei  durch 
einen  Monat  geschiedenen  Rosch  chodesch.  allemal 
28»  volle  Tage  hegen. 

Die  Juden  haben  jetzt  sechs  Arten  von  Jahren, 
mangelhafte,  regelmäfsige  und  überzählige 
Gemeinjahre;  mangelhafte,  regelniäflsige  und 
überzählige  Schaltjahre. 

Wenn  im  Gemeinjahr  die  Monate  abwechselnd 
30  und  29  Tage  haben,  wie  folgende  Tafel  .zeigt: 

1)  Thisehri  30  Tage.    5)  Schebat  ^0  T^ge. 

2)  Marcheschvan   29  6)  Adar        29 

3)  Kislev  30  7)  Nisan       30 

4)  Tebeth  29      s         8)'  Ijar  29 


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Hebräer.    .  227 

•'      ^ 
9)  Sivan  30  Tage.        11)  Ab        30  Tage, 

10)  Thamus        29  12)  Eid     .29 

80  heilist  es  ein   regelmäf&iges,   schanah  keside- 
rahy  ii,  L  ein  Jahr,  wie  es  die  Regel  mit  sich 
bringt.     Ein  solches  Gemeinjahr  hält  354  Tage  oder  . 
50  Wochen  4  Tage; 

Bleibt  im  Schaltjahr  die  Dauer  der  Monate,  die- 
selbe und  kommt  blofs  der  Schaltmonat  hinzu,  der 
allemal  30  Tage  erhält  (der  ihm  fblgeijde  Veadar  h^t, 
wie  im  Gemein  jähr,  der  Adar,  mit  dem  er  identisth' 
ist,  nur  29  Tage),  so  wird  es  ,ein  regelmäfsiges 
geiMimt  Ein  solches  Schaltjahr  hat*  384  Tage  oder 
54  Wochen  6  Tage. 

Wenn  sowohl  im  Gemein  • '  als  Schaltjahr  jdem 
Marcheschvaus  ein  Tag  zugelegt^  wird,  so  iafs  das 
Jahr  mit  3  vollen  Monaten  anfängt,  so  heilst  es  ein 
überzähliges,  sch^inah  schelemah,  ei^eniXich  ein 
Tollständiges.  Das  überzählige  Gemeinjabr  hält 
355  Tage  oder  50  Wochen  5  Tage,  das  überzählige^ 
Schahfabr  385  Tage  oder  gerade  55  Wochen. 

Wird  dagegen  sowohl  im  Gemein-  als  Schalt- 
jahr dem  Kislev  ein  Ta^  genommen,  so  dals  er  gleich 
seinem  Vorgänger  nur  /  29  Tage  zählt,  so  heifst  das  - 
Jahr  ein  ihangelhaftes,  schanah  chasserah^  Das 
imangelhafte  Gemeinjahr  hält  353  Tage  oder  50  Wo- 
chen und  3  Tage,  jdas  mangelhafte  Schaltjahr  383 
Tage  oder  54  Wo6hen  5  Tage. 

Man  sieht  also,  dals  nur  der  Marcheschvan  und 
der  Kislev  zwischen  29  und  30  Tagen  schwanken, 
die  übrigen  dfigegen,' wenn  im  Schaltjahr  statt  des 
Adar  der  Veadar  gesetzt  wird,'  von  unveränderlicher 
Dauer  sind. 

Die  mittlere  Dauer  des  jüdischen  Monats  ist  auf 
29  T.  12  St.  und  793,chL,  d.  i.  44'  3^/'  festgeseta^tf 
Zwölf  solcher  Monate  halten  354  T.  8  St  876  chl 

15  ^ 

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228  Technische  Chronologie. 

Weniv  daher  nicht  von  Zeit  zu  Zeit  ein  Monat  einge- 
schaltet würde,  so  wiche  das  jüdische  Neiqahr  jährlich 

'  im  Durchschnitt  um  10  T.  21  St  204  chl*  ina  julia- 
nischen Jahr  zurück.  Um  es  nun  zu  fixiren,  werden 
iil  einem  Zeitraum  von  19  Sonnenjahren ,.  die  nahe 
235  Mondwecjisel  halten  (30),  7  Monate  eingeschal- 
tet, nämUch  in  den  Jahren  3,  6,  8>  11,  l4,  17  und 
19.  Bei  einer  solchen  Vertheilung  der  Schaltmonate 
können  die  FeÄte  nie.  um  einen'  ganzen  Monat  zurück- 

^  weichen,  indem  sie  immer  wieder  auf  ihre  ursprüng- 
lichen Stellen  im  Sonnenjahr  vorgeschoben  werden. 

.  Ob  ein  gegebenes  Jahr  der  Juden  ein  Gemein- 
oder  ein  Schaltjahr  sei,  lehrt  die'Division  ihrer  Jahrs- 
zahl durch  19.  Ihre  jetzt  gebräuchliche  Weltäre  ist 
nämhtb  ,so  geojdnet,  dafs  d^s  erste  Jahr  derselben 
zugleich  das  erste  des  19jährigen  Cyklus  ist  Wenn 
man  also  bei  der  Division  des  jedesmaligen  Jahrs 
durch  19  einen  der  Reste  3,  6,  8,  11,  14,  11  oder 
0  erhalt,  so  ist  fes  em  Schaltfahr;  wo  nicht,  ein  Ge- 
meinjahr* So  ist  das,  gegenwärtige  Jahr  5591  ein 
Gemeinjahr,  weil  es  durch  19  dividirt  den  Rest  5 
gibt  .^ ).  Da  du»  erste  Jahr  der  WeMäre  im  Jahr  3761 
V.  Cht.  oder  953  der  jtjliänischen  Periode  sfeinen  An- 
fang nimmt,  so  darf  man  zum  jüdis<bhen  Jahr  nü]^952 
addiren-,  oder  vom  jidianischen  n\u*  952  subtrahiren, 
um  jenes  auf  die  julianische  Periode  und  dickes  auf 
die  jüdische  Weltäi'e  zu  reduciren.  So  nimjfnt  das 
jüdische  Jahr  5591  im  6543sten  der  julianischen  Pe- 


1)  Anfser  dem  19jährigeii  Cyklas,  nuHrhsor  kaiim^  der 
kleine  Zeitkreis  gekannt,  h9beii  die  Juden  noch  einen  2^ jähri- 
gen, dem  sie  den  Namen  des  Mtichsor  gadol  oder  grofsen 
Pyklas  beilegen.  Sie  haben  ihn  von  den  Christen  entlehnt  and 
gebrauchen  ihn  zu  gleichem  Zweck,  nämlich^  nm  den  Wochentag 
eines  christlichen  Datums  m  finden.    S.  Handb.  I,  "^^i 


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Googk 


►  Hebräer.  "        §29, 

riode  seinen  Anfang,  welches  mit  dem  Jahr  1830  un- 
serer Zettreebnung  conrespondirt  (4i).  Es  geht  vom 
Herbst  1830  bis  dahin  1831. 

^Td/^c/^  Geburt,  nämlich  des  neuen  Lichts,  heifst 
der  Neumond,  aber  nicht  in  unserm  Sinne  des 
Worts,  sondern  in  dem  des  griechisthen  vovfxrivia 
(125):  Die  Rechnung  gibt  nlimUch  dieMoleds  so^ 
da&  m  der  Regel  die  Mondsichel  an  dem  Tage  er- 
seheint, auf  den  der  Moled  trifft 

Die  235  Mcmate  des  19jährigen  Cyklus  geben' 
6939  T.  16  St  595  cht,  2  T.  16  St  595  chL  mehr 
als .  eine  Yolle  WochenzahL  Dieser  üeberschuls  wird 
der  Chai;akter  des  neun^iehnjährigen  Cyklus 
genannt  Er  zeigt,  ^ um  ^e  viel  Wochentage,  Stun- 
den un4  Stundentheile  der  erste  Moled  des  neuen 
Cyklus  später  eintritt,  als  der  erste  des  abgelaufenen. 

Die  12  synödischen  Moniate,des  Gemeinjahrs  hal- 
ten 354  T.  8  St  876  cht,  und  die  13  des  Schalt- 
Jahrs  383  T.  21  St  589  cht  Zieht  ms^  au$  diesen 
Zeiträumen  die  in*  ihnen  enthaltenen  ganzen  '^t)ch6n, 
so  bleibt  an  Rest  für  das  Gemeinjahr  von  4  T^  ^ 
St  876  chl.,  und  für  das  Schaltjahr  von  5  T,  21  St. 
589  chl.  Diese  üeberschüss.e  werden  der  Charak- 
ter des  Gemein-  und  Schaltjahrs  genannt,  und 
gebtaHcht,  um  >  aus  dem  Moled  TJbüschri  eines  Jahr§ 
Wochentag,  jStnnde  und  Stundentheile  für  den  Moled 
Thischri  des  folgendenu  oder  vorhergehenden  zu  finden. 

Die  mittlere  Dauer  eines  Monats  übertrifft  4  volle 
Wochen  um  1  T.  12  St  79a  chl  Man  nennt  dies 
den  Charakter  des 'Monate  und  gebraucht  den- 
selben, , um  aus  einem  gegebenen  Moled  Wochentag, 
Stunde  und  Stundentheile  des  folgenden  oder  vorher- 
gehenden zu  erhalten.  ,         ' 

Nach  der  Rechnung  der  Ordner  des  jüdisclien 
Kalenders  ist  der  Moled  der,  Schöpfung,  gewöhn- 


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230  Technische  t:hronoJQgie. 

Uch.  Moled  thohn  genannt  *),  an  einem  Montage  um 
5  ü,  (nach  unserer  Stundenr^chiiung  Sonntag  Abends 
um  11  Uhr)  204  cÜ.  eingetroffen*).  Dieser  Zeit 
punkt  ikt  vom  Anfange  der  Wodie  um  1  T.  5  St 
304  chl.  entfernt  Die  jüdischen  Chronologen  schrei- 
ben dafür  2  T.  5  St  204  chl,  indem  sie  bei  der  Be- 
rechnung  der  Moleds  allemal  den«  laufenden  Wo- 
chentag ansetzen.  Um  nun  zuvörderst  den  Wochen- 
tag des  Moled  Thischri  eines  vorgelegten  jü- 
dischen Jahrs  zu  finden,  dividire  man  die  um 
1  verminderte  Jahrszahl  durch  19.  Der  Quotient  gibt 
die  Zahl  der  seit  Anfang  dfer  Weltäre  abgelaufenen 
Cykel,  und  der  Rest  die  Zahl  der  im  laufenden  Cy- 
klus  verflossenen  Jahre.  Wenn  man  dann  den  Quo- 
tienten in  den  Charakter  des  CyUus  und  die  Zahlen 
der  Gemein-  'und  Schaltjahre,  die  noch  in  dem  Rest 
enthalten  sind,  in  den  Charakter  des  Gemein-  und 
Schaltjahrs  multiplicirt,  sämmtliche  Produkte  mit  dem 
Möled  der  Schöpfung  in  eine  Summe  bringt  und  aus 
dieser  Summe  die  ganzen  Wochen  wegläfst,  so  er- 
'  hält  man,  was  man  sucht  Für  das  Jahr  5591,  bis 
auf  welches  294  Cykel  und  4  Jahr^  verflossen  sind, 
kommt  die  Rechnung  also  zu  stehen: 
(2  T.  16  St  595  chl.)  X  294  =  6  T.  17  St  1050  cU. 
(4—  8  — 976— )X  3  =6  2  468 
Für  ein  Schaltjahr  5       21  589 

Moled  der  Schöpfung  2         5'        204 

Moled  Thischri  des  Jahrs  5591  =  6  T.  23  St  151  chl. 
d.  h;  der  gesuchte  Moled  1;riS't  gegen  Ende  des  sechs- 
ten Wochentages,  des  Freitags,  ein. 

Um  diese  Rechnung  zu  erleichtem,  wollen  wir 


ly  Weil  damals  nach  1.  Mos,  1,  2  noch  thohu  webohu,  Aas 
Chaos,  herrschte. 

^  2)  Maimbnides  KidJusch  hackodesch  c.  6.  §.  8. 


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Hebräer*,  231 


hier  ia  einet  Tafel  die  Charaktere  der  einzelnen  Jahre 

des  Cykhis  zusammenstellen. 

Die  ■  Schaltjahre   sinci 

mit  b  bezeichnet 

Jahre 

Charaktere 

dea  CtUos. 

derselben. 

1 

4  T 

.    8  St.    876  Chi. 

•  2 

1 

17 

.672   ' 

h.    3 

0 

15 

181 

4 

4 

23 

1057 

5 

2. 

8 

«53 

b.    6 

1 

6 

362     * 

7 

5 

15 

158 

b.    8 

4 

12 

747 

9 

r 

21 

543 

10., 

6 

6 

,339 

b.  11 

5 

3 

928 

12 

2 

12 

724 

13 

6 

21 

520 

b.  14 

5 

19 

29 

15 

3 

3 

905 

16 

0 

12 

701 

b.  17 

6 

10 

210 

18 

3 

19 

6, 

b.  19 

2 

16 

595 

Hiemach  kojximt  obige  Rechnung  also  zu  stehen: 
Charakter  des  Gyklus  X  294  =  6  T.  17  St,  1050  chl. 
Charakter  des  Jahrs  4  =4       23       1057 

Mole^  der  Schöpfung  =25         204 

Moled  Thisdm  des  Jahrs  5591  =  6  T,  23  St.  151  eh. 
Auf  Welchen  Meridian  sich  dieses  Resultat  bet- 
zieht, ist  gleichgültig.  Wenn  der  Tag  des  Neujahrs- 
festes durch  eine  solche  Rechnung  einmal  fixirt  ist, 
so  gilt  er  für  alle  in  der  Zerstreuung  lebeikide  Juden^ 
nur  versteht  sich,  dafs  der  1,  Thischrl  nach  absolu- 
ter Zeit   um    den    jedesrnaUgen    Meridianunterschied 


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232  Technische  Chronologie. 

an  dem  wesiKchern  Ort  später  eintritt,    als  an  dem 
östlichern; 

N  e  u  j  a  li  r  soll  nun  eigentlich  der  Wochent^ 
seinj  auf  den  der  gefundene  Moled  Thischri  trifil.  Es 
könnjen  hier  aber  folgende  fünf  'Ausnahmen  eintre- 
ten *  j. 

1)  Wenn  der  Moled  Thischri  über  18  Stunden 
jüdischer  oder  über  12  lHir  Mittags  unserer  Zeit  ein- 
tritt, so  wird  das  neue  Jahr  erst  mit  dem  folgenden 
Tage  angefangen,  weil  die  Möglichkeit,  schon  am 
Neujahrsfeste  die  Mondsichel  zu  sehen,  nicht  ausge- 
schlossen werden  soll.  Dieser  Fall  tritt  z.  B.  bei 
dem  Jalit  5591  ein,  dessen  Anfang  daher  auf  den 
Sonnabend  verlegt  wird.  Die  Zahl  18  wird  mijt  zwei 
Buchstaben  geschrieben,  die  zusammen /acA  gelesen 
werdep,  und  daher  dies  die  Ausnahme  wegen VacA 
genannt. 

2)  Wenn  der  Moled  Thischri  auf  Sonntag,  »htt- 
woch  und  Freitag  fällt,  so  wird  das  Jahr  mit  dem 
folgenden  Tage  angefangen.  .Dies  heilst  die  Ausnahme 
wegen  Adu^  welche^  Wort  aus  den  Buchstaben  be- 
steht, wodurch  die  3  gedachten  Wochentage  bezeich- 
net werden.  Diese  Ausnahme  Ist  in  dem  Ceremo- 
nialgesetz  der  Juden  begründet.  v 

3)  Wenn  A\k  Rechnung  den  Moled  Thischri  spä- 
ter als  18  Stunden  gibt,  also  wegen  Jach  eine  Ver- 
legung auf  den  folgenden  T^g  nöthig  wird,  und  die- 
ser zur  Ausnähme  Adu  gebort,  so  mufs  das  Neujahrs- 
fest noch  um  einen  Tag  weiter  geschoben  werden. 
Dies  wird  die  Ausnahme  wegen  */acÄ-^£fo  genannt. 

4)  Fällt  der  Moled  Thischri  In  einem  Gemein-, 
jähr  auf  Dienstag  zwischen  9  St  204  chl.  und  18 
Stunden,  so  wird  Neujahr  auf  den   folgenden  Don- 


1)  Kithlusck  hochodesch  c.  7. 


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,  Hebräer.  ^  .    233 

nerstag  verlegt  Dies  Leifst  die  Ausnalime  wegen 
Gatradj  welches  Wort  aus  den  Buclistaben  zusam* 
mengesetzt  ist,  wodurch  die  Zahlen  3  (dritter ^Wo- 
chentag), 9  und  204  bezeichnet  werden.  Per  Grund 
dieser  Ausnahme  ist' folgender:  rechnet  man  von  dem 
gefundenen  Moled  um  den  Charakter  des  Gemeinjahrs, 
nämlich  4  T,  8  Sü  ß76  .chl.,  weiter,  so  gelangt  man 
üb^r  Sonnabend  18  Stunden  hinaus,  und  das  folgende  .. 
Jalir  muis  wegen  Jach-Adu  erst  mit  dem  Montagis 
anfangen.  Das  vorgelegte'  Gemein  jähr  würde  mithin^ 
6  Tage  über  eine,  volle  Wochenzahl  erhalten.  Aber 
ein  Qemeinjahr  von  dieser  Länge  gibt  es  nicht  (227); 
man  verlegt  daher  seinen  Anfang  auf  den  Donnerstag. 

5)  Trifft  der  Moled  Thischri  in  eineni  Gemein- 
jahr, das  auf  ein  Schaltjahr  folgt,  iiuf  Montag  zwi- 
schen 15  St  589  chl.  und  ,18  Stunden  ^  so  verlegt 
man  seihen  Anfang  auf  den  folgenden  Dienstag.  Dies 
nennt  man  die  Ausnahme  wegen  JSetuiha^at,  weL 
ehes  Wort  aus  den  Buchstaben  gebildet  ist,  wodm^h 
die  hier  in  Betracht  kommenden  Zahlen  2  (zweiter 
Wochentag),  15  und  589  bezeicimet  werden.  Der 
Grund  dieser  Verlegung  ist  folgender:  rechnet  man' 
von  dem  gefundenen  IVfoled,  um  den  Charakter  des 
Schaltjahrs,  nämlich  5  Tt  21  St.  589  chl.^  zurück,  so 
trifft  man  übeiT  Dienstag  18  Stunden  hinaus,  wodurch 
wegen  Jach- Adu  eine  Verlegung  auf  den  Donnerstag 
nöthig  wird.  Finge  man  daher  das  Gemeinjahr  schön 
mit  dem  Montage  an,  so  würde  das  vorhergehende 
Schaltjahr  nur  4  Tage  über  ^etne  volle  Wochenzahl 
erhalten^  Ein  solches  Schaltjahr  findet  aber  nicht  . 
statt  (^7);  man  verlegt  daher  den  Anfang  des  ge- 
gebenen Gemeinjahrs  auf  den  Dienstag, 

Die  Ausnahmen  Gatrad  und  Betutbakpat  kommen 
nur  selten  vor,  letztere  in  dem  laufenden  295sten  und 
folgenden   296stein   Cyklus  nicht  ^einmal.    .Während 


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234  Technische  Chronologie. 

*  -  -  , 

dieses  SSjabrigen  Zeitraums  werden  na;-  15  Neujahrs- 
festen an  dem  Tage  gefeiert,  den  die  Kechnimg  gibt. 
Gatrad  tritt  eipmai,.  Jach  4n^äl,  Jaeh-Adu  6mal  und 
Adu  allein  12  mal  ein. 

Es  Mard  nun  leicht  sein,  die  Dauer  eines  gege- 
benen jüdischen  Jahrs  zu  finden,  z.  B.  die  des  Ge- 
meinjahrs 5591.  Der  Anfang  d^j^selben  tcifit,  "wie  ym 
gesehen  (232),  auf  den  Sonnabend.  Um  den  Moled 
des  Jaiirs  5592  zu  erhalten,  addiren  wir  zu  dem  ge- 
fimdenen  Mdied  des  Jahrs  5591  den  Charakter  des 
Gemeinjahrs,  nämlich  4  'T.  8  St.  876  chl.  So  ergibl 
sich  als  neuer  Moled  4  T.  7  St.  1027  chL,  und  Neii- 
'  jähr  mufe  wegen  Adu  auf  den  Donnerstag  verlegt 
werden.  Man  sil^ht  also,  dafs  das  Jahr  5591  die  ToUe 
Wochenzahl  um  5  Tage  übertrifft,  dafs  es  also  zu 
den  übenSäMigen  Gemeinjahten  gehört  (227). 

Es  ist  jetzt  noch  übrig,  das  julianische  Da- 
tum des  Anfanges  eines  gegebenen  jüdischea 
JähVs, zu  bestimmen.  Durch  Zurttckrechnen  von  ir- 
gend einem  der  Phase  und  Jahrszeit  nach  richtig 
angenommenen  Moled  Thischri  haben  die  Urheber  des 
jüdischen  Kalenders  gefunden  und  festgestellt,  dafe 
der  Möled  der  Schöpfung  im  Jahr  3761  v.  Chr.  Mon- 
tags den '7*  Oktober  um  5  U.  204  chK  emgetroffen 
ist  *^.  Dieses  Jahr  ist  ein  Schältjahr  und  der  7.  Ok- 
tober der  28Iste  Tag  desselben.  Es  waren  mithin 
im  Augenblicke  jenes  Moleds  vom  julianischen  Jahr 
280  T.  5  St  204  chL  verflossen, 'die  Tage  nach  jü 


1)  ^aeh  unserer  Art,  £e  Standen  zu  reebnen  und  zn  theüen, 
Sonntag  den  7.  (Htol»er  nm  11  U.  11^  20^'  Abeiids.  Gilt  die 
Bestimmung,  wie  es  wol  die  Absicht  der  jüdischen  Compntisten 
war,  für  Jerusalem,  so  haben  wir  1  St.  29 '  11'^'  abzuziehen,  um 
sie  auf  den  berliner  Meridian  zu  reduciren.  S.  Monat  1.  Cor- 
respondenc  des  Hrn.  ▼.  Zach,  Band  ^Ü^VUI,  S.  544. 


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Hebräer.  235 

dtschcr  WeiSjB  von  6  Uhr  Abends  gerechnet.  Da  19 
Jahrfej  zu  235  mittleren  syuodisehen  Monaten,  6939  T.  ' 
16  St.  595  chl.,  und  19  juKaaische  Jahre  6939  T. 
18  St  halten^  so  sind  erstere  um  1  St  485  ehl. 
1=1565  chl.  kürzer  als  letztere,  so  dafs  nach  Ablauf 
des  19jährigen  Cyklus  der  Moled  Thischri  im  juliani- 
schen Jahr  um  1565  chl.  früher  als  im  Anfange  des- 
selben eintritt '  Um  die  Verschiebung  desselben  lur 
die  eipzehien  Jahre  des  Cyklus  zu  erhalten,  ei^väge  , 
man,  dafs  das  jüdische  Gemeinjahr  354  T.  8  St  876 
chl.  und  das  jüdische  Schaltjahr  383  T.  2t  St  589 
chL  hält  Vergleicht  man  die  Länge  beider  mit  def 
Dauer  des  julianischen  Jahrs  zu  365  T.  6' St,  so 
sieht  man,  dafs  das  Gemeinjahr  um  10  T.  21  St 
204  chl.  kürzer,  das  Schaltjahr  hingegen  um  18  T. 
15  St  589  chh  länger  ist  Hieraus  ergibt  sich  nun 
leicht  folgende  Tafel,  welche  zeigt,  um  wie  viel  Tage, 
Stunden  und  Standentheile  der  Moled  Thischri^  nach 
Ablauf  jedes  einzelnen  Jahrs  des  i 9jährigen  Cyklus ' 
im  julianischen  JaKr  früher  als  zu. Anfange  des  Cy- 
klus eintritt,  was  wir  die  Voreilung  des  Moled 
Thischri  nennen  wollen. 


Jahr 

Voreilung  d 

es  Moled 

des  Cyklus.    , 

Thisch 

>  • 

VI. 

1 

10  T 

.  21  St 

204  chl. 

3 

2i 

18 

408 

b.    3 

3 

2. 

899 

4- 

14 

0 

23 

5 

24 

21 

227 

b.     6 

6 

5 

718- 

7 

17 

2 

922 

b.    8 

—  i 

12 

747- 

9 

9 

8- 

537 

10 

20 

5 

741 

b.  n 

1 

14 

152 

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236  Technische  Chronologie. 


Jahr 

Voreilung  des  Afbled 

des  Cyklus. 

v 

Thischri.. 

12 

12T 

,  11  St    356  cU: 

13 

23 

8'        560 

b.  14 

,    4 

16         1051 

15 

.     15 

14          175 

16 

26 

11          379 

b.  17 

.    7 

19          870 

18 

18 

16        1074 

b.  19 

.      0 

1          485 

Wenn  hier  z.  B.  neben  dem  siebenten  Jahr 
eine  Voreilung  von  17  T-  2  St  922  chL  bemerkt  ist, 
so  heilst  das,  nach  Ablauf  von  7  Jahren  trifft  der  Mo- 
led  Thischri  um  so  viel  Tage,  Stunden  und  Stundeu- 
theile  im  julianischen  Jahr  früher  als  zu  Anfange  des 
Cyklus  ein« «  Die  negative  Voreilung  am  Schlufs  des 

'  8ten  Jahrs  gibt  eme  Verspätung  des  Moied  zu  erkennen. 
Verlangt  man  nun  das  julianische  Datum  des 
Moled  Thischri  irgend  eines  Jahrs  der  jüdischen  Welt- 
äre,  so  koinmt  es  darauf  an,  zu  berechnen,  um  Vne  viel 
Tage,  Stundeti  und  Stundendieile  seit  der  Epoche  der- 
selben der  Mpled  seiner  oben  bemerkten  ursprühgUchen 

,  Zeit  im  julianischen  Jahr  vorgeeilt  ist.  -Soll  z.  B.  der 
Tag  des  Moled  Thischri  des  Jah1*s  5589  gefunden  wer- 
den, welches  im  Jahr  1828  der  christlichen  Acre  anfängt, 

.  so  dividiro  man  die  um  1  kleinere  Jahrszahl  55S8 
durch  19.  Dies  gibt  zum  Quotienten  294  und  zum 
Rest  2,  zum  Zeichen,  dals  beim  gedachten  Moled  von 
der  Weltäre  294*  ganze  Cykel  und  2  Jahre^  abgelau- 
fen sind*  Mtiltiplicirt  man  also  1565  Chlakim,  die 
Voreilung  des  Moled  während  eines  ganz^  Cyklus, 
mit  294,  und  addirt  zu  .17  T.  18  St.  30  chl.,  dem 
erhaltenen  Produkt,  die  Voreilung  in  zwei  Jahren, 
nämlich  21  T.  18  St  408  chL,  so  ergibt  sich  über- 
haiqit  eine  Voreihing  von  39  T.  12  St  438dbL,und 


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^  Hebräeih.  237 

*  .  '  .  .  '  •  '^ 
zieht,  man  diese  von  280  T.  5  St  204  chL,  dem 
Zeitpiinkt  des  Moied  Ini  ersten  Jahr,  ab,  so  erhält  mail 
240  T.  16  St  846  chl.,  als  die  Zeit  des  gesuchten 
Moled  Thischri  des  Jahrs  5589.  Unser  Jahr  1828 
ist  ein  Schaltjahf,  und  der  24lste  Tag^  des  Schalt- 
jahrs der  28.  August  (65).  Der  Meied  trifft  also  am 
28.  August  alten,  oder  9.  September  neuen  Stils,  ei- 
nem  Dienstage,  16  St  346  cht  nach  Anfange  des  jü- 
dischen Tages  ein,  und  da  hier  keine  der  obgedach- 
ten  Ausnahmen  eintritt,  so  hat  man  zugleich  den  jü- 
dischen Neujahrstag  gefunden. 

Die  hier  erklärte  und  durch  ein  Beispiel  erläu- 
terte Regel  gilt  aber  nur  für  solche  Jahre  der  jüdi- 
schen Acre,  die  in  christliehen  Schaltjahren  ihren  An- 
fang nehmen.  Bezieht  sich  der  gesuchte  Moled  da- 
gegen auf  ein  christlibhes  Gemeinjahr,  so  ist  die  Zahl, 
von  welcher  der  Abzug  geschehen  soll,  nämlich  280 
T.  5  St  ,204  chL,  um  ,18,  12  oder  6  Stunden  zu  ver- 
mindem,  je  nachdem  das  christliche  Jahr,  auf  daai  der 
gesuchte  Moled  trifft,  das  erste,  zweite  oder  dritte 
nach  einem  Schaltjahr  ist^  so  dafs  also  der  Abzug  im 
erstea  FaH  von  279  T.  11  St  204  chl.,  im  zweiten 
von  279  T.  17  St  204  chl.,  im  dritten  von  279  T. 
23  St  204  chL  geschehen  muls;  denn  da  vom  7.  Ok- 
tober 5  St  204  chl.  im  Schaltjahr  bis  dahin  im  Ge- 
meinjähr nur  365  Tage  verflielsen,  das  julianische  Jahr 
aber,  das  der  obigen  Tafel  zum  Grunde  liegt,  durch- 
gängig 6  Stunden  mehr  hält,  so  rückt  sein  Anfang 
im  ersten  J^^hr  nach  dem  JSchaltjahr  bis  zum  7^  Okt 
11  St  204  chl.  vor,  welcher  Zeitpunkt  vom  Anfange- 
des  Gemeinjahrs  um  279  T.  11  St  204  cht  entfernt 
liegt.  Ebeh  so  sieht  man,  dals  im  zureiten  und  drit- 
ten Jahr  nach  dem  Schaltjahr  der  Anfang  des  juliani- 
schen Jahrs  bis  zum  7.  Okt  17  St  204  cht  und 
zum  7.  Okt  23  St  204  chl.  vorrückt,  welche  Zeit- 


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238  Technische  Chronologie, 

punkte  vom  Anfänge  des  Gemeinjahrs  um  279  T. 
17  St.  204  diL  und  279  T.  23  St.  204  cbl  entfernt 
sind.  Suchen  ^r  demnach  das  julianische  Datum 
des  Moled  Tbischri  des  Jahrs  5590,  bis  zu  dessen 
Anfang  294  Cykel  und*  3  Jahre  verflossen  sind,  so 
erhalten  wir  eine  Vorellung  von  20  T.  ?0  St.  929 
chl.,  die  mj^n  in  diesem  Fall  von  279  T.  11  St  204 
chl.  abziehen  mufs,  weil  der  gesuchte  Moled  auf  un- 
ser Jahr  1829,  das  erste  nach  einem  Schaltjahr,  trifft 
Der  Rest  ist  258  T.  14  St.  355  chl.  Aber  der  259sle 
Tag  des  Gemeiujahrs  ist  der  16.  Sfeptemben  Der 
Moled  entspricht  also  dem  16.  September  alten  oder 
28.  September  neuen  Stils,  einem  Montage,  und  da 
hier  keine  Ausnahme  eintritt,  so  fängt  das  Jahr  5590 
Montags  den  28.  September  1S29  an.  Berechnet  man 
noch  die  Anfänge  der  Jahre  5591  und  5592,  so  wird 
man  für  jenen  Sonnabend  den  18.  September  1830, 
für  diesen  Donnerstag  den  8.  September  1831  finden, 
indem  bei  beiden  die  Ausnahme  Adu  eintritt. 
,  Man  wird  diese  Methode,  das  christliche  Datum 

des  Anfangstages  eines  gegebenen  jüdischen  Jahrs  zu 
bestimmen,  bei  einiger  üebung  bequem  und  selbst 
leichter  finden,  als  dafe  Verständnifs  der  Tafel,  wodurch 
Maier  Kornick  in  seinem  System  der  Zeitrech- 
nung iü  chronologischen  Tabellen  ^)  solche 
Rechnungen  seinen  Lesern  für  die  Jahre  4118  bis 
6000  der  jüdischen  Acre  zu,  ersparen  gesucht  hat 
Es  wird  hierbei,  wie  überall  in  der  Chronologie,  der 
alte  Stil  zum  Grunde  gelegt,  den  man  nöthigenfalls 
(über  das  Jahr  1582  unserer  Zeitrechnung  hinaus) 
auf  den  neuen  zu  reduciren  verstehen  mufs.  In  der 
christlichen  Zeitrechnung  wird  dazu  Anleitung  gege- 


1)  B«r!ia  1825,  fol.       , 

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Hebräer.  g39 

bea  werden.     Im   jetzigen   neunzeLnten   J^rliundert 
zählt  der  neue  12  Tage  mehr  als  der  alte. 

.  Kennt  man  das  Datum  des  1.  Thiscbri  und  die 
Dauer 'des  jüdischen  Jahrs^  so  ergeben  sich  leicht 
die  Data  der  An£angstage  aller  übrigen  jüdischen  Mo- 
nate.  Da  M^ir  z.  B.  schQu  wissen^  dafs  d^s  Jahr  5591 
den  18.  September  1^30  anfängt  (238),  und  dafs  es 
ein  überzähliges  Gemeinjahr  ist  (234),  also  die  3  er 
sten  Monate  30  Tage  halten  (227),  so  stellen  sieh 
die  Monatsanfänge  also: 

Thischri  18.  September  1830 

Marcheschvan      18.  ^  Oktober 
Kislev  17.  November 

Tebeth  17.  December 

Schebat  /15.  Januar    .     1831 

Adar  14.  Februar 

.  Nisan  15.. März 

Ijar  14.  April 

Sivan  13.  Mai  ' 

'  Thamus  -  12.  Junius 

Ab  IL  Julius    I 

Elul  10.  August 

Auch  wird  man  nun  leicht  jedes  gegebene  christ- 
liche Datum  auf  die  jüdische  Zeitrechnung  reduciren 
können«  Es  kommt  nur  darauf  an,  das  lauffsndle  Jahr 
der  jüdischen  Weltäre  zu  suchen  (228)  und  für  das- 
selbe eine  Tafel  wie  die  vorstehende  zu  entwerfen. 
So  sieht  mau,  dafs  der  1.  Januar  1831  der  16.  Te- 
beth des  Jahrs  5591  der  Juden  ist,  d^r  aber  schon 
den  31.  December  1830  um  6  Uhr  Abends  anfängt. 
Weib  man  mit  Leichtigkeit  den  Wochentag  ei-» 
nes  gegebenen  Monatstages  zu  finden  (eine  Regel  da- 
zu wird  unten  in  der  christlichen  Zeitrechnung  gege- 
ben werden),  so  bedarf  es  obiger  vorläufigen  Berech- 
nung des  Wochentages  des  Moled  Tbischri  gar  niclit; 


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240  Technische  Chronologie. 

denn' sucht  man  sein  jiifianisclies 'Datum,  so  bat  man 
in  diesem  zugleich  den  Wochentag,  und  kann  nun  ent- 
scheiden, ob  eine  der  fünf  Ausnahmen  (232)  emtriit 
Das  Passähfest  der  Juden  trifft  aUemal  auf  den 
15.  Nisan*  Die  Ansetzung  desselben  hat  also  nun 
keine  Schwierigkeit  Da  die  sechs  letzten  JMlonate 
4es  )üdischeu  Jahrs  von  unveränderlicher  Dauer  sind 
und  von  dem  Schaltmonat  nicht  unterbrochen  'wer- 
den, so  überzeugt  man  'sich  leicht,  dafs  das  Passah 

,  allemal  163  Tage  oder  23  Wochen  2  Tage  vor  An- 
fang  des  neuen  Jahrs  gefeiert  winL  Man  darf  also 
von  dem  Jahrstage  des  Neujahrsfestes,  ich  nieine  von 
der  Zahl,  die  den  laufenden  Tag  desselben  in  unserm 
Kalender  bezeichnet,  (man  finäet  ihn  leicht  vermit- 
telst der  oben  S.  65  gegebenen  Tafel,)  nur  163  ab- 
ziehen,  um  den  Jahrstag  des  vorhergehenden  Passah 
zu  erhalten.  So  ist  der  8.  September  1831,  mit  wel- 
chem das  Jahr  5592  der  Juden  anfangt  (238),  der 
251ste  Tag  des  Gem^jahrs,  und  ziehen  wir  davon 
163  ab,  so  ergibt  sich  für  das  Passah  des  Jahrs  5591 
der  88ste  Tag  des  Jahrs,  oder  der  29.  März  1830. 
Zugleich  sieht  man,  dafs  das  Passah  nie  an  einem 
Freitag,  Montag  und  Mittwoch  gefeiert  werden  kann, 
da  Neujahr  nie  auf  einen  Sonntag,  Mittwoch  und  Frei- 
tag triflft  (232).  ' 

Hr.  Gaufs  hat  in  der  Monatlichen  Corre- 
spondenz  .des  Hrn.  v.  Zach  *)  eine  Formel  zur 
Berechnung  des  jüdischen  Osterfestes  (Passahs) 
gegeben,  die  Hr.  Cysa  de  Cresy  in  der  Correspon- 

^  dance  astronomique  desselben  Herausgebers  *)  be- 
wiesai  und  erläutert   hat      Sie   ist,   wie  ,schon  der 

Name 


1)  Bd.  V,  S.  435  ff. 

2)  Bd.  I,  S.  Ö56  ff. 


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Hebräer,  241 

Name  ihres  Urhebers  erwarten  läfst,  sinnreich  und 
elegant,  würde  aber  in  dieser'  für  gemischte  Leser  be- 
stimmten,  Darstellung  der  jüdischen  Zeitrechnui^g  keine 
Stelle  fihden  köpnen,  selbst  wenn  sie  in^  der  Anwe^- 
dung  mehr  Bequemlichkeit  gewährte,  als  die  hier  ent- 
wickelte Methode,  was  man  jedocli  schwerlich  finden 
wird.  Ich  mufs  mich,  daher  begnügen,  diejenigen  mei- 
ner Leser,  die  an  mathematischen  Erörterungen  Ge- 
fallen finden,  auf  sie  aufmerksam  zu  machen. 

Nachdem  wir  nun  alle  Elemente  des  jüdischen 
Kalenders  kennen  gelernt  bähen,  werden  wir  einen 
solchen,  von  den  Juden  luachy  Tafel,  genannt,  für 
jedes  gegebene  Jahr  entwerfen  können.  Zum  Behuf 
desselben  will  ich  hier  die  Unveränderlichen  Data  ih- 
rer Fest-  und  Pasttage,  die  im  Obigen  zerstreut  vor- 
kommen, kurz  noch  einmal  zusammenstellen,  und  bei 
dieser  Gelegenheit  noch  *ein  paar  hierher  gehörige  Be-* 
merkungen  nachtragen. 

,  ThisQhri. 

1,  2.  •  Rosch  haschanah^  Neujahrsfest 
(207,  217).  '    . 

3.  Zorn  gedaljahü,  Fasten  Gedaljah  (220), 
wird,  wenn  d^r  Tag  ein  Sonnabend  ist,  auf  den  fol- 
genden Sonntag,  den  4.  Thischri,  verlegt 

10.  Jörn  kippury  Versöhnungsfest  (208, 
218),  ein  strenger,  von  einem  Abend  zum  andern  zu 
beobachtender  Fasttag.  Die  nur  unter  den  Christen 
gehörte'  Benennung  lange  Nacht  ist  ganz  unstatthaft. 

15,  16*  Sü'ccothy  Laubhüttenfest  (ebend.). 
Dieses  Fest  dauert  8  Tage,  von  denen  jedoeh  der 
dritte  bis  siebente  einschliefslich  keine  Feiertage  sind. 
Der  siebente,  also  der  21.  Thischr^,  wird  tiosäna 
rabbuy  das  grofse  Hosianna,  genannt,  weil  an  die- 
sem Tage  ein  solches  in  der  Synagoge  angestimmt 
wird.  ^ 

16 


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242  Technische  Chronologie, 

22.  Schemini'  azereth^  der  achte  Tag  4er 
VersaAimlung,  das  ScMufsfest  der  Säccoth  (208). 

23.  Sitnchaih  thorah^  das  Freudenfest  der 
Thorah  oder  Gesetzfreude.  Ab  diesem  Feiertage 
wird  die  Lesung  der  54  Perikopeny  in  die  der  Pen- 

^  tateuch   getheilt   ist,     geendigt   und   von  neuem  an- 
gefangen.     Jeden   Sabbath   wird   eine    davon  in   der 
Synagoge  gelesen.     Die  Anzahl  ist  auf  das  Schaltjahr 
berechnet.   Im  Gemeinjahr,  das  nur '50  Wochen  hält, 
werden  die  vier  überzähligen  vcrtheilt 
Kislev. 
25.     Chanükkah,  Tempelweihe  (219).    Die- 
,  ses  Fest  dauert  acht  Tage,  gekört  aber  nicht  zu  den 
strenggefeierten.  - 

Tebeth. 
10.     Asarah  betebeth^  deir  zehnte  im  Tebeth.  ' 
Dieser  dem  Andenken  der  JBelagerung  Jerusalems  ge- 
^weihte  Fasttag  (220)  wird,  wenn  er  ein  Sonnabend 
ist,  auf  Sonntag  den  11.  Tebeth  versclioben. 

Adar. 

13.  Thanith  esther^  Fasten  Esther,  wird, 
wenn  es  ein  Sonnabend  ist,  auf  den  vorhergehenden 
Donnerstag,  den  11.  Adar,  verlegt 

14.  Purim,  Losungsfest,  gehört  nicht  zu  den 
strenggefeierten  Festen. 

15.  ^chuschan  purivfiy  Purim  zu  Susa.  Man 
vergleiche,  was- oben  (219)  über  diese  3  Tage  ge- 
sagt ist.  .  Im  Schaltjahr  gehören  sie  dem  Veadar  an. 
Im  Adar,  der  dann  der  Schaltmonat  ist,  wird  der 
14te  PiiTvm  rischon  oder  katan^  das  erste  oder 
kleine  Purim,  genannt,  aber  nicht  gefeiert 

Nisan. 
15,  t6.    Anfang  des  Pesach  oder  Passahfe- 
stes (206^  215). 

21,  22.     Ende   des  Passah.     Nur   diese  vier 


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Itebräer.  243 

Tj^e  werden  strenge  gefeiert;  an  den  zi/vischetdiegen- 
den  ist  die  Arbeit  erlaubt 

18.  Lag  b^omer,  der  drei  i|nd  dreifsigste 
Tag  Im  Omer,  vom  16.  Nisan,  deml  Tage  des  ehe- 
maligen Omer  (202),  an  gerechnet  An  diesen  Tag 
knüpft  sich  eine  alte,  die  Schüler  des  Rabbi  Akiba 
betreffende,  Tradition,  die  hier  keine  Stelle  finden 
kann.  Der  l^ag  wird  daher  auch  das  Schülerfest 
genannt  .  ,  • 

Sivan. 

6,  7.  Schabüothy  Wochenfest  (207,217). 
Em  stren^efeiertes  Fest 

-    .Thamus. 

17.  Scheba  asar  bethamus^  der  siebzehnte 
im  Thamus  (220),  Fasten  wegen  Erobenuig  Jeru- 
salems, wird,  wenn  es  ein  Sonnabend  ist,  auf  Sonn- 
tag den  18.  Thamu^  verlegt. 

Ab. 

9.     Thischah  beab,  der  neunte  Ab  (220), 
Fasten  wegen  Zerstörung  des  Tempels^  wird,  wenn- 
es  ein  Sonnabend  ist,  auf  Sonntag  den  10.  Ab  ver- 
schoben. 

Die  Monate  Marcheschvan,  Schebat  und  ^ul  ent- 
halten nur  die  gewöhnlichen  Sabbathtage^  Mehrere 
Fasttage,  die  blols  noch 'hin  und  wieder  von  einzelnen 
orthodoxen  Juden  beobachtet  werden,  sind  hier  nicht 
erwähnt  worden.  Wer  sie  und  die  Begebenheiten, 
auf  die  sie  sich  beziehen,  kennen  zu  lernen  wünscht,  . 
vergleiche  den  ausführlichen  Kalender  auf  das  Jahr 
5435  bei  BajtoJoCci  *). 

Aufser  den  Fest-  Fast-  ^nd  Sabbathtagen  werden 
m  den  jüdischen  Kalendern  noch  die  Thekuphen 


1)  BIbUoiheea  Rübbmicä  P.  II,  p.  550  fF. 

16  • 


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244  Technische  Chronologie, 

bemerkt  •  Dieses  Wort,  das  iih  alten  Testament  vom 
Umlauf  der  Sonne  und.  Kreislauf  der  Zeit  gebraucht 
wird  *),    bezeichnet  in  der  v Kalendersprache  die  An- 

,  fange  der  vier  Jahrszeiten,  was  die  christlichen  Chro- 
nologen die  Jahrpunkte  nennen  (12).  Die  Inter- 
valle derselben  werden  durchweg  zu  91  Tagen  7| 
Stunden  angenommen^),  ungeachtet  die  Sonne  die 
vier. Viertel  ihrer  Bahn  in  ungleichen  Zeiten  zurück- 
legt (23).  Man  sieht  also»  dafs  die  Juden  dem  Son- 
nenjahr mit  Julius  Cäsar  365  Tage  6  Stunden  ge- 
ben, wie  es  auch  oben  bei  der  Berechnung  der  Mo- 
leds  voraujsgesetzt  worden  ist.  Die  einzelnen  Tbeku- 
phen  werden  nach  den  Monaten  benannt,  auf  die  sie 
ge wohnlich  treffen,  nämlich 

•  Herbst- Anfang        Thekuphah-Thischri. . 
-  Winters-Anfang      ThekupbaK-Tebeth. 
Frühlings -Anfang    Thekuphah-Nisan. 
Sommers  ^Anfang    Thekuphab-Thapius. 
Um  die   Thekuphcn  zu  finden;    bemerke   man 
folgendes.     Die  Thekuphe  des  Thischri  trifft  unabän- 

,  derlich  auf  den  24.  September  alten  Stils,  in  einem 
christlichen  Schaltjahr  auf  3  Uhr  Morgens,  und  im 
ersten,  zweiten  und  dritten  Jahr  nach  dem  Schaltjahr 
um  9  Uhr  Morgens,  3  Uhr  Nachmittags  und  9  Uhr 
Abends.  Dies  sind  die  Zeiten,  auf  die  sie  die  Ordner 
des  jüdischen  Kalenders  gesetzt  haben,  und  von  de- 
nen sie  sich  nie  entfernen  können,  weil  das  Theku- 
phenjahr  mit  dem  julianischen  identisch  ist.  Da  also 
z.  B.  das  Jahr  1830  das  zweite  nach  einem  Schalt- 
jahr ist,  so  tritt  die  Thekuphe  des  Thischri  in  ihm 

'  auf  den  24.  Si^tember  a.  St.  oder  6.  Oktober  n.  St 


1)  VcrgL  Psalm  19/7;    2.  Mos.  34,  22;    Z  Chron,  24, 
,23,  und  die  Aasleger  Aben  Esra  und  Kimclii  daselbst. 
$     2)  Kiifduseh  hachodesrh  c.  9. 


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/  Hebräer,  '  245 

um  3  Uhr  Nacluniltags  ein.  Auf  welchen  Meridian 
sich  ^diese  Zeitbestimmung  bezieht,  ob;  auf  den  von 
Jerosialem  oder  irgend  einem  andern  Ort,  kann  uns 
ganz  gleichgültig  sein,  da  sich  die  Thekuphe  des 
Thiscliri  nun  bereits  um  12  Tage,  vom  der  Herbst- 
uachtgleiche  entfernt  hat  und  sich  allmählig  immer 
weiter  von  derselben  fentfenien  wird.  Um  den  Sitz 
der  Thekuphe  des  Thischri  im  jüdischen  Kalender  zu 
erhalteii,  mufs  man  das  christliche  Datum  des  jüdi- 
schen Neujahrsfestes  kennen.  Im  Jahr  J830  fängt 
das,  Jahr  5591  der  Judep  mit  dem  IS.  September,  n. 
St.  an  (238)^  man  sieht  also,  dafs  die  Thekuphe  des 
Thischri  am  19ten  des,  gleichnamigen  Monats  nach 
jüdisjcher  J^echnung  um  die  21ste  Stunde  eintritt 
Verlangt  man  auch  die  übrigen  Thekuphen  des  Jahrs, 
so  mufs  man  zur  Herbstthekuphe  eipmal,  zweiitial, 
dreimal  91  T,  7^  St.  addiren.  -Wir  wollen  uns.  aber 
nicht  dabei  aunialten,  da  die  ganze  Thekuphenrechnung 
für  uns  von  keiner  Wichtigkeit  ist.  Die  Juden  gebrau- 
chen sie  bei  der  Berechnung  ihrer  Moleds,  ,die  w*r 
auf  eine  bequemere  Weise  zu  finden  gelernt  haben. 

Der  Grund,  warum  sich  die  Thekuphep  immer 
weiter  von  den  Jahrpunkten  entfernen,  denen  sie  an- 
fänglich/entsprachen,  liegt  darin,  dafs  das  jplianische 
Jahr,  das  eigentliche  Sonnenjahr  der  Juden,  um  llf 
12''  zu, lang  ist.  Eine  Folge  dc^von  ist  auch  die,  dafe 
ihre  Feste  allmählig  immer  weiter  von  den  Jahrszei- 
ten fortrücken,  an  die  sie  ursprünglich  geknüpft  wa- 
ren, z.  B.  das  P^ssah  v<^n  der  Frühlingsnachtgleiche, 
so  dafs  'die.  mosaische  Anordnung^  das  Omer  bf^tref- 
fend  (202),  auf  das  Klima  von  Palästina  jetzt  gar  nicht 
mehr  pafst.  Um  hierüber  zu  einer  klaren  Ansicht  zu 
gelangen,  erwäge  man,  dafs  19  tropische  Jahre  zu 
365.  T.  5  St.  48'  48''  (22)  nur  6939  T.  14  St.  27' 
12"  oder  6939  T.   14  St.  490  chl..  halten,  dafe  al- 


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246  Technische  Chronologie, 

so  der  Schaltcyklus  zu  235  synodischen  ^Monaten 
in  Vergleichung  mit  dem  wahren  Sonnenlauf  nicht, 
wie  es  die  Juden  annehmen  (235),  um  1  SL  485 
chl,  zu  kurz,  sondern  um  2  St  105  chl.  zu  lang 
ist  *  Mit  Rücksicht  auf  die  Aequinoctien  und  Solsfi- 
tien  finden  also  nicht  nur  keine  Voreilungen  der 
Moleds,  wie  wir  es  oben  mit  den  Juden  angenom- 
men, sondeni  vielmehr  Verzögerungen  statt,  deren 
Folge  ist,  dafs  ihr  Neujahr  zugleich  mit  aUen  an- 
deren Festen  allmählig  immer  tiefer  ins  tropische  Jahr 
hineinrückt,  ^und  zwar,  wie  man  leicht  findet,  alle  1000 
Jahre  im*  mehr  als  4  Tage.  Sie .  werden  daher  mit 
der  Zeit,  auf  eine  der  gregorianischen  ähnliche  Ver- 
besserung ihres  Kalenders  bedacht  sein  müssen,  wenn 
^ie  nicht  ihr  Passah  einst  um  die  Sommerwende  oder 
noch  später  feiern  wollen. 

Was  die  Acren  der  Juden  in  der  dritten  Periode 
betrifft,  so  haben  sie  die  seien  eidische,  von  ih- 
nen Minjan  schtaroth  genannt  (222),  noch  lange 
nach  ihrer  Zerstreuung  fortgebraucht  Selbst  jetzt 
noch  wird  sie.  in  ihren  Kalendern  angesetzt,  wiewohl 
auf  eine  sehr  schwankende  Weise.  Um  das  Jahr 
derselben  richtig  zti  erhalten,  mufs  man  von  dem  der 
Weltäre  3449  abziehen.  So  läuft  mft  dem  jüdischen 
Jahr  5591,  das. im  Herbst  unsers  1830sten  anfangt, 
^das^  Jahr  2142  des  Mnjsin  schtaroth  parallel 

Die  Weltäre  wird  noch  nicht  im  Thalmud  er- 
wähnt Nach  dem  Verfasset;  des  Meor  Enajim, 
dessen  Worte  im  Handbuch  angeführt  sind  ^),  ist 
sie  unter  dem. Rabbi  Scherira,  der  im  Jahr  1019 
n.  Chr.  starb,  entstanden,  und  nach  Bartolocci*) 
erst  unter  dem  noch  hundert  Jahre  später  lebenden 
Maimonides  ganz  an  die  Stelle  des  Minjan  schta- 


1)  th.  I,  S.  568.         2)  Bibl.  Rabbin.  H,  p.  430. 

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Hebräer.      '  247 

^oth  getreten.  Diese  Angaben  mögen  richtig  sein, 
wenn  von  ihrem  büi^erlichen  Gebrauch  die  Rede 
ist;  allein  sie  ist  2u  innig  in  die  ganze  Berechmmgs- 
weise  der  Moleds  verflochten,  als  dafs  sie  nicht  mit 
dem  ^heutigen  Kalender  der  Juden  von  gleichem  Al- 
ter sein  sollte.  Es  fragt  sich  also,  in  welche  Zeit 
wir  den  Ursprung  der  cyklischen  Rechnung  dfer  Ju- 
den zu  setzen  habert.  Ich  werde  das  Wesentlichste 
von  dem,  wafs  ich  in  meinem  Handbuch  der  Chro- 
nologie über  diesen  dunkeln  Gegenstand' gesagt  habe^), 
hier  zusammenstellen  ^). 

Es  gibt  durchaus  keine  sicheren  Beweise,  dafe  die 
Juden  bis  zur  Zerstörung  des  zweiten  Tempels,  und 
selbst  noch  ^in  paar  Jahrhunderte  über  dieselbe  hin- 
aus, ihre  Neumonde  .un^  Schaltjahre  nach  festen  astro- 
nomischen Grundsätzen  bestimmt  haben.  Die  Regel 
war  allerdings,  dafs  der  Monat  an  dem  Tage  ange- 
fangen wurde,  wo  sich  die  Mondsichel  zuerst  in  der 
Abenddämmerung  zeigte,  und  das  Passah  gefeiert  wer- 
den sollte,  -wenn  isich  die  Sonne  im  Widder  befand, 
so  dafs  ein  zweiter  Adar  einzuschalten  war,  wenn  die 
Frühlingsnacht^leiche  später  als  um  die  Mitte  des 
Nisan  eintraft);  allein  man  würde  sehr  irren,  weün 
man  glaubte,  dafs  schon  in  jener  Zeit  eine  auf  diese 
Principien  gegründete  feste  und  allgemdne  Bestim- 
mungsweise der  Neumonde  und  Schaltjahre  im  Ge- 
brauch gewesen  sei,  die  eine  sichere  Reduction  jüoi- 
scher  Data  auf  die   christliche    Zeitrechnung   gestat- 


1)  Th.  I,  S.  570  ff. 

2)  lllan  y ergleiche  die  gelehrten  Anmerkungen,  woinit-Hr. 
Silrestre  de  Sacy  ein  Fragment  des  Taki-Eddin  Makrizi 
über  die  Aeren  und  Fe^te  der  Jaden,  das  er  in  seine 
CkreatomatMe  Arahe  aufgenommen,  erläutert  bat.  Yol.I,  p.  132 
IT.  Vol.  11,  p.  156  ff.        3)  Kiddmch  hachodesch  c.  4,  §.  2. 


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,  248  Technische  Chronologie. 

tele.  Was  Epiphanius  *)  vop, einem  84}alirigeii 
Cyklus  sagt  9  nach  welchem  die  Juden  um  die  Zeit 
von  Christi  Tode  das  Passah  bestimmt  haben  sollen, 
ist,  auch  nachdem  Kepler  und  Petavius  ihren 
Scharfsinn  daran  versucht  haben  ^),  so  dunkel,  dafs 
sich  daraus  kein  sicheres  Moment  fiir  die  vorliegende 
'Untersuchung  gewinnen  läfst.  Die  lateinische  Kirche 
bat  sich,,  wie  wir  unten  sehen  werden,  eines  solchen 
Cyklus  zur  Bestimmung  ihres  Osterfestes  bedient,  und 
es  ist  nicht  .unwahrscheinlich,  dafs  er  schon  früher 
bei  den  Quartad^cimanern,  die  das  Pass^h  mit 
den  Juden  an  der  Luna  XIV,  dem  Vollmondstage, 
afsen,  inj  Gange  war;  da  er  aber  weder  im  Thalmud 
noch  sonst  bei  einem  rabbinischen  Schriftsteller  er 
wähnt  wird,  so  kann  er  höchstens  von  einzelnen  jü- 
dischen Sekten  zur  Bestimmung  des  Passahfestes  ge- 
braucht worden  sein,  so  wie  denn  überhaupt  der  end- 
lichen Regullrung  des  jüdischen  Kal^nderwesens  man- 
nigfache Versuche,  die  Feier  der  Feste  über  alle.>Vill- 
kühr  zu  erheben,  vorangegangen  sein  mögen. 

Die  ersten  sicheren  Nachrichten  von  der  Gestal-» 
tung  des  heutigen  jüdischen  Kalendeft  reichen  nicht 
über  den  Schlufs  der  Misch  na  zurück,  der  ini  das 
188  n.  Chr.  anfangende  Jahr  394Ö  der  Wdtäre  ge- 
setzt  wird  * ).  lü  diesem  zweiten  Gesetz  erhielten 
die  Juden  einen  neuen  Vereinignngspunkt,  wie  einst 
ii)  dem  ersten,  der.Thorah,  unter  Äloses.  Es  ent- 
wickelte sich  nun  ein '  reges  geistiges  Leben  unter  ih- 
nen, dessen  Früchte  in  der  Gemara  vorUegen,  die 
als  Commentar  n^it  ihrem  Text,  der  Mischna,  ver- 


1)  HaeresisJA,  c.  36. 

2^  Jener  ^clogae  ehronol.  S.  177  nnd  307,   dieser  Doetr, 
'  Ump^  II,  29  und  in  seinen  Ntten  zum  Epiphanius. 
3)  Juchaxin  Bl  160,  S.  1.     . 


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.    Hebräer.  "249 

eint  die  .Basis  des  neuen  Judenthums^  den  Thalmud,' 
bildet  Unter  den  Lehrern,  die  an  demselben  gear- 
beitet kaben,  gab  es  melirere,  die  Regeln  aufzustellen 
bemüht  waren,  \vodurch  die  gleichzeitige  Feier  der 
Feste  für  alle  •  ihre  in  ^  grofset '  Zerstreuung  lebende 
Glaubensgenossen 'möglich  gemacht  würde.  Als  solche 
werden  uns  zunächst  die  Rabbinen  Samuel  und  Addi^ 
genannt,  denen  eine  einstinmiige  Traktion  (die  Bear-  ' 
beitung  der  Thekuphen  zuschreibt. 

Samuel  war  nach  Bartoloc.c^  *)  Vorsteher 
der  Akademie  zu  Nahairdeah,  einer  Stadt  amEuphrat 
in  der  Nähe  des  alten  Babylons,  auf  dessen  G^Met 
der  Rabbinismus  in.  mehreren  Hochschulen  blühte« 
Er  starb  im  Jahr.  J250  n.  Chr.  Allgemein  wird  ihm 
diejenige  Theküphenrechnung  beigelegt,  nach  der  das 
Intervall  zwisclien  je  zwei  auf  einander  folgenden  The-,  >- 
kuphen-91  Tage  1\  Stunden  beträgt^  und  der  das 
damals  allgemein  in  Syrien  gebräuchliche  juUaniscfae  ' 
Jahr  zum  Grunde  liegt. 

Diese  Rechnung,  die  ihrer  Einfachheit  wegen  von 
den  Anfertigem  der  jüdischen  Kalender  gewöhnlich 
gebraucht  wird  imd  oben  (244)  allein  er^-ähnt  isl^ 
gewährt  wenig  Genauigkeit  Schon  nach  128  Jahren 
gibt  sie  die  mittleren  Jahrpunkte,,  die  sie  zu  bestim- 
men beabsichtigt^  um  einen  ganzen  Tag  zu  spät  (35). 
Etwas  yoUkonunueres,  wiewohl  noch  immer  nicht 
ganz  genaues,  lieferte  der  Rabbi  Adda  Bar  Ahaba> 
der  nach  Bartolocci  ')  im  Jahr  183  unserer  Zeit- 
rechnung geboren  wurde  und  als  Vorsteher  der  Hoch- 
schule zu  Sora  am  i^uplirat,  an  der  er  die  Astrono* 
mie  lehrte,  in  einem  hohen  Alter  starb.  Er  nahn^ 
jenes   Intervall    zu   Öl    T.    7  St    519  chl.    31    ireg. 


1)  P.  IV,  p.  3Sft. 
3)  P.  I,  p.  6-2  ff. 


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250  Technhch€  Chronologie.  , 

an*),  und  die  hierauf  gegründete  Thekuphenrecfa- 
tning  fuhrt  seinen  Namen.  Sie  bringt  das  Sonneüjahr 
auf  365  T.  5  St  997  chL  48  reg.  Dies  ist  genau 
^  der  Daner  des  jüdischen  Mondcyklus  zu  6939  T. 
16  St  595  chl.,  und  da  dieser  Cyklus  seinerseits  wie- 
der genau  das  235  fache  der  mittleren  Dauer  des  syno- 
dischen Monats  nach  Hipparch's  Bestimmung  ist 
(^),  so  sieht  man,  woher  der  Rabbi  Ad  da  die  Ba- 
sis seiner  Thekuphenrechnung  entlehnt  hat 

Da  von  ihm  so  wenig,  wie  vom  Rabbi  Samuel, 
Schriften^  vorhanden  sind,  so  wissen  wir  nichts  ob 
und  welchen  Gebrauch  sie  von.  den  Thekuphen  zur 
Berechnung  der  Feste  gemacht  haben. 

Der  Hauptpunkt,  auf  den  es  hier  ankommt,  ist, 
wann  und  durch  wen  der  neunzehnjährige  Cy- 
klus in  die  jüdische  Zeitrechnung  gekommen  ist 
Hierüber  beobachten  die  Thalmudislen  ein  tiefes  Still- 
schweigen. Sie  scheinen  verstellen  geben  zu  wollen, 
dals  der  Ibbur  oder  das' Schaltwesen  (225)  von 
jeher  vorhanden  gewesen  sei.  Sie  haben  Recht,  wenn 
vom  Einschalten  überhaupt  die  Ribde  ist;  ohne  ein 
solches  kann  dcfr  von  Moses  angeordnete  Abib  nicht 
gedacht  werden  (202).  Aber  hier  handelt  es  siph 
nicht  um  eine  rohe,  schwankende,  sondern  um  eine 
auf  wissenschaftliche  -  Principien  gegründete ,  feste 
Scbaltmethode.  Von  einer  solchen  kann  man  sicher 
behaupten,  dafs'  sie  erst  entstanden  ist,  als  die  Juden 
in  ihrer  Zerstreuung  das  Bedürfnifs  der  Einheit  fühl- 
ten, und  diese  wenigstens  in  ihrem  Cultus  zu  errei- 
chen strebten.  .  , 
.  .  Merkwürdig  i^t  es^  da£s  sich  nicht  einmal  bei 
dem  so  sehr  unterrichteten  und  kritischen  Mäimoni- 
des  ein  Wort  über  die  Urheber  des  neuem  jüdischen 


i)  Kiddusch  iächadesch  c.  10. 

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Behräer.  251 

Schaltwesens  bemerkt  findet  Er  sagt  Mefis  gelegeiil>- 
lieh  ^),  dals  die  Juden  nicht  eher  angefangen  haben^ 
das  Jahr  cyklisch  zu  ordnen,^  als  unter  den  letzten 
Thalmudisten,  wo  das  gänzEch  verheerte  Judäa  keine 
Synode  mdKr  hatte/ vm  der  die  Regnllning  der  Feste 
hätte  ausgehen  können.  '       ;     ,    -       . 

Nun  steht  aber  in  äHen  chronolo^sehen  Bäeherh 
von  Scaliger  h^r  als  eine  ausgemachte  Sache,  dalSl 
es  ein  Rabbi  Hillel  sei,  der  in  der  ersten  Hälfte 
des  Vierten  Jahrhunderts  unserer'  Zeitrechnung  den 
jüdischen  Kalender  geordnet  habe.  Es  fragt  sich,  wor- 
auf diese  Angabe  beruht.  Gleichzeitige  cfaristliehe 
Schriftsteller  schweigen.  Wir  werden  uns  also  an  die  \ 
jüdischen  wenden  müssen.   -    .      ■ 

Der  älteste,  der  des  Rabbi  Hillel  als  des  Urhe- 
bers der  cyklischen  Rechnung  gedenkt,  ist  der  Rabbi 
IlaiGaon,  Sohn  des  oben  (246)  erwähnten  Rabbi 
Scherira,  nach-Bartolocci  der  letzte  der  Gao- 
nim  (211).  Auf  seihe  Autorität  berichtet  der  Ver- 
fasser des  Meor  Enajim  ^),  dafs  der  Rabbi  Hillel 
Hanassi,  Sohn  des  Rabbi  Jehuda,  aus  der  Familie 
.  Davids,  die  seit  hundert  Jahren  vor  der  Zerstörung 
Jerusalems  dem  Nassiamte  (Patriarchat)  Torgestandep, 
die  jetzige  Kalenderrechnung  eingeführt  habe.  Eben 
so  unbefriedigend  äufeem  sich  aikdere  ziemlich  spät 
lebende  jüdische  Schriftsteller'),  die  nur  noch  hinzu- 
fügen^ dafs  Hillel  dabei  von  einer  Synode  unter- 
stützt worden  sei,  die*  sie  uns  nicht  näher  bezeich- 
nen. Wahrscheinlich  war  es  das  grofse  nicht  lange 
nachher  erloschene  Synedrium  von  Palästinia,  dessen  ' 
Präsident  er  war  * ).    Als  Epoche  der  Reform  nennt 


1)  Kiddusch  hachodesch  c.  5,  §.  3. 

2)  Th.  II,  c.  40,  S.  161.       3)  S.  Handl.  I,  577. 
4)  Bartolocci  P.  II,  p.  797. 


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959  Technische  ChronoJQgie. 

'\  vsa»  4as  Buck  Jfwhasin  ^)  das  fahr  670  des  Minjan 
Schtaroth,  das  aeinem  gr9£sten  Theil  nach  dem  Jahr 
559  n*  Chr.  -^tsprach. 

Wir  wollen,  hiemacli,  des  iStiQse^weigens  der 
Thalmudisten  ungeachtet, :  die  in  sidi  sehr  wahrschein- 
liehe  Nachricht,  dals  der  Rabbi  Hillel  de^l  jüdischen 
Kalender  seine  jetzige  G^talt  gegeben,  als  richtig  an- 
nehmen,, und  fidien',  welches  ventouthlich  der  Cang 
der  Reform,  w^r. 

Zuerst  machte  er  den  19jährigen ,  Mondcyklus, 
den  schon  der  RabbiAdda  gekannt. haben  mufs  (249), 
«Ur  Grundläge  ^eiäer  ganzen  Kalenderrechnung;  Die- 
\  ser  Cyklus  waf  seit  Jahrhunderten  bei  den  Völkern, 
die  sich  eines-  gebundenen .  JVIondjabrs  hedienten,  im 
,  bürgerlichen  Gebrauch.  Metoti  hätte  ihn  432  v.  Chr. 
in  die  Zeitrechnung  der  Athener  eingeführt  und  Cal- 
lippus  ihn  330  v.  Chr.  wesentlich  verbessert  (128, 
141).  Die  noehit^alige  Verbesserung,'  die  er  durch 
Hipparch  erfahren  (147),  muß  wenigstens  den  Ge- 
lehrten bekannt  geworden  sein.  Unmöglich  läfst  sich 
glauben,  dafs  ein  Msinn ,  der  sich  zum  Reformator  der 
Zeitrechnung  «seines  Volks  aufwarf,  nicht  gewulst  bä- 
hen sollte,  was  anderswo  seit  Jahrhunderten  in  die- 
ser Beziehung  gieschehen  war«  i  BaBtolocci's  Ge- 
danke ^),  di|£s  er  den  Cyklus  .selbst  construirt  habe, 
verdient  d^r  gar  keine  Beachtung.  Verändert  hat 
er  allerdings  die  metonische  Constrüction  in  sofern, 
als  er  nicht  ganz  dieselben  Jafar^  zu  Schaltjahren  ge- 
macht .hat  (137,  228). 

Die  Dauer  des  synodischen  Monats  nahm' er  mit 
Hipparch  zu  29  Tagen  12  Stunden  44'  31^^'  (28), 
oder  zu  29  T.  12  St.  703  chl.  an,  woraus  sich  fiir 


1)  Bl.  66,  S;  2. 
3>  P.  UI,  p.  S45. 


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byC^Äogle. 


die  Dauer  des  Cyklus  693?  T.  16  St  33'  3J"  oder 
595  cU.  ergeben,  Dur  1|-  Minuten  nielir,  als  es, jetzt 
der  mittlere  synodische  Unfüauf  ^des  Motides  mit  sich 
bringt  (30),  welcher  geringe  Unterschied  sich  erst 
nach  Jahrtausenden  zu  einem  Tage  anhäuft,  so  dafs 
also  mit  Bezugs  auf  die  Bestimmung  der  Neumonde 
der  jüdische  Kalender  alles  leistet,  \vas  man  Von  ei-' 
ner  wohlgeordneten  2^itrechnung  irgend  verlangen 
kann.  Nur  in  Hinsicht  auf  sein  Verfaältnifs  zu  den 
Jahrszeiten  ist  er,  wie  wir  oben  (346)  gesehen  hk- 
ben,  bedeutend  unrichtig. 

Die  Bedingung,  dafs  das  Neujahrsfest  nie  auf 
Sonntag,  Mittwoch  und  Freitag,  und  der  erste  Tag 
des  Passah  ni^  auf  Montag,  Mittwoch  und  Freitag 
treffen  darf  (232,  240),  gab  ihm  die  drei  Arten  von 
Gemein*  und  Schaltjahren  $  die  jetzt  im  Gebrauch 
sind  (227).  -  •  * 

Mit  der  Dauer  des  synodischen  Monats  liefs-  sieh 
leicht  von  ejinem  Moled  zum  andern  vor-  und  rück- 
wärts rechnen.  Wenn  aber  irgend  ein  Moled  aufser 
der  Reihe  gefunden  werden  sollte,  so  mui^te  die  ganze 
Rechnimg  an  eine  feste  Epoche  geknüpft  werden.  * 
Erwählte  dazu  die  Erschaffung  der  Welt,  und 
so  ward  er  der  Urheber  det  jetzigen  Weltäre  der 
Juden, 

Bei  der  Bestiihmung  ihrer  Epoche  ging  er  ohne 
Zweifel  von  der  der  seleucidischen  Acre  aus,  die  da-', 
mals  bei  den  Juden  noch  überall  im  Gebrauch  war. 
Von  derselben  rückwärts  rechnend,  machte  er  zur 
nächsten  Epoche  die  Z^erstörnng  des  ersten  Tempels, 
die  er  nur  um  112  Jahre  älter  annahm,  sich  um  163 
Jahre  irrend  (^21).  Indem  er  ^o  weiter  zur  Erbauung 
des  ersten  Tempels,  zum  Auszuge  der  IsraeUten  aus 
Aegypten,  zur  Sündfluth  und  zur  Schöpfung  zurück- 
ging, iheils  ausdrücklichen  Zeitangaben  der  Bibel,  theäs 


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254  technUcke  ChronoJog^. 

seiner  Deutung  det8eS>^ii  folgend,  brachte  er  als  Epoche 
des  Mbjan  scbtäiotb  den  Anfang  des  Ji^rs  3450  der 
Welt  heraus  (222). 

An  die  Weltäre  mu&ie  ^er  19jihijge  Cyklus  ge- 
knüpft werde«.  ,  Natürlich  machte  er  don  Anfcuig  der 
Aere  zugleich  zum  Anfange  des  Cyklus;  denn  so  gab 
eine  Ubfse  Division  das .  jedesmalige  Jahr  desselben 
(228).  Bemerkänswerth  ist  es^  dals  die  güldene  Zahl 
(37)  der  Juden  immer  um  drei  Einheiten  kleiner  ist, 
als  die  der  Christen.  Jene- fangen  mit  dem  Herbst 
des  Jahrs  1830  das  fünfte,  diese  hingegen  mit  Neu- 
jahr 1831  schon  das  achte  ihres  Cyklus  an. 

*  Nachdem  nun  die  Weltare  fixirt  war,  kam  es 
darauf  an,  «den  Holed  Tbischri  ihres  ersten  Jahrs  zu 
bestimipen.  Hierbei  scheint  Hillel  folgendermalsen 
verfahren  zu  sein.  Er  ging  von  irgend  einem  Moled 
Thischri  aus,  z.  B.  von  dem  des  Jahrs  4105,  n.  Chr. 
344, «mit  welchem  ein  neuer  Cykhis  anfing.  Wir  wol- 
len annehmen,  dafs  er  diesen  Moled  auf  den  23.  Gor- 

.  piäus  oder  September  um  10  ü.  11'  23''  Abends,  oder 
nach  jüdischer  Rechnung  auf  den  24sten  um  4  St 
20d  chL  jenisalemer  Zeit  gesetzt  habe.  Hiermit 
.kam  die  mittlere  Conjunction  sehr  nahe^  überein;  die 
wahre  war  bereits  am  23.  September  Vormittags  lun 
10  ü.  30'  w.  Z.  erfolgt.  Da  der  Moied  nach  Ab- 
lauf jedes  Mondcyklus  um  1565  cbl.  früher  im  juKa- 
nischen  Jahr  eihtrifilt  (235),  so. kam  es  nur  darauf 
an,  diese  1565  chl.  mit  216,  der  Zahl  der  abgelaofe- 

^  nen.Cykel,  zu  multipliciren,  um  zu  finden,  wie  viel 
Tage,  Stunden  und  Stundentheile  der  Moled  Thischri 
seit  Anfang  der  Weltäre  vorgeeilt '  sei.  Es  ergaben 
sieh  13  Tage  1  Stunde,  und  wurden  diese  zu  jenem 
Moled  addirt,  so  kam  der  Moled  Thischri  der  Schöp- 
fung oder  des  Jahrs  1  auf  Sonntag  den  6.  Hyperbe- 
retiius  oder  Oktober  des  Jahrs  3761  v.  ^hr.  um  11  U« 


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Römdr.  255 

205  eiil.  Abends,  nach  jüdischer  Reelmung  auf  Mon* 
tag  den  7ten  um  5  U.  205  chL  zu  sieben  '),,wie  tx    ! 
oben  (234)  angesetzt  bt.  ^ 

Ob  das  hier  beispielshalber  gewählte  Jahr  344 
wirklich,  Mrie  S call g er  glaubt  ^),  dasjenige'  gewesenr» 
ist,  in  welches  die  definitiy/e  Anordnung  des  jüdischen 
Kalenders  gehört,  oder  ob  wir  noch  einen  Cyklus 
weiter  bis  zum  Jahr  363  zu  gehen  haben,  mag  da-4| 
hingestellt  sein.  Letzteres  wäre  der  Angabe  des  Buchs  , 
Juchasin  (252)'  gemäfser.    * 


ZeitFef^hnung  der  Römer* 

Die  Römer  fanden  in  ihrer  Zeitrechnung  keine 
Veranlassung,  den  bürgerlichen  Tag  mit  dem  schwan- 
kenden Auf.  und  Untergänge  der  Sonne  anzufangen, 
Sie  hatten  daher  nur  die  Wahl  zwischen 'Mittag  und 
Mitternacht,  und  entschieden  sich  für  die  letztere'*), 
weil  sie  einen  Stillstand  in  allen  Geschäften  des  büy- 
gerlichen*  Lebens  herbeiführt.  Zwar  legten  sie  gleich 
den  übrigen  Völkem  des  Alterthums  jeder  Nacht 
12  Stunden  bei  (43),  v^rtheilten  diese  aber  nach  ei- 
ner  ihnen  eigenthümlichen  Weise  beim  Datiren  auf 
zNfei  bürgerliche  Tage,  so  dafs  der  Anfang  der  sie- 
benten Nachtstunde  den  Einschiiitt  bildete. 

Diese  Tagesepoche  zu  erkennen,  bot  sich  ihnep 


1)  Im  Handbuch  (1,  581i^  sind  darch  ein  YerseLen  die 
WöcbenUge  unrichtig  angegeben. 

2)  Canon  Isag.  1.  III,  p.  282. 

3)  Plin.  H.  N.  II,  79.    Censorinus  c.  2J.    Maereb.  Sa- 
turn. I,  3,  und  besonder»  G^Uius  N.  ji.  III,  2. 


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256  Technisc/te  Chronologie. 

vor.Grßndung  der  erst  spät  aufgekommenen  eigentli. 
chen  Wassenihren  kein  Mittel  weiter  dar,  als  die 
Beobachtung  des  gestirnten  Himmels  und  die  Clepsy- 
drae^  (94)*  Letztere  sollen  ihnen  nach  dem  Verfas- 
ser  des  Dialogs  de  camsis  corruptae  eloqtientiae  ^ ) 
nicht  vor  4^m  dritten  Consulat  des  Cn.  Pompejus,  d. 
L  vor  dem  Jahr  702  d»  St,  bekannt  geworden  sein« 
# /Es  ist  aber  bei  diesem  Schriftsteller  nur  von  ihrem 

,  (jebrauch  vor  Gericht  die  Rede,  und  es  läfst  sich  kaum 
denken,  da(s  sie ,  nicht  Ischon  früher,  wenigstens  zur 
Abmessung  der  J^igiliae  in  deti  Lagern,  benutz!;  sein 
.  sollten.  Dieser  Nachtwachen  rechneten  die  Römer 
vier  *)>  so  dals  die  Mittemacht  allemal  auf  den  An- 
fang der  dritten  traf.  Wenn  Cäsar  *)  von  certis  ex 
aqua  mensrsris  spricht,  durch  die  er  gefunden  haben 
will,  dals  die  Sommernächte  auf  den  brittischen  In- 

'  8ehi  kürzer  als  auf  dem  Festlande  seien,  ^ so'  kann  er 
aUerdings  die  gewohnlichen  'Clepsydren  meinen,  die 
sich  in  einer  Nacht  dort  nicht  so  oft,  Vv^ie  hier  lee^ 
ten;  eS'.bt  aber  auch  möglich,  da&  er  auf  die  Vor- 
richtung zu  genauei^er  Abmessung  der  Zeit  anspielt, 
d^ren  sich  die  chaldaischen  Astronomen  bei  ihren 
Beobachtungen  bedienten  (87). 

Auch  bei  Tage  fe^te  es  den  Römern  lange  an 
jedein  andern  Aliitel  zur  Unterscheidung  der  Stunden, 
als  welches  ihn^n  die  unsichere  Schätzung  des  Stan- 
des der  Sonne  darbot  Nach  Varro's  Versiche- 
rung*) liefs  der  Prätor  während  seiner  Amtsverrichtung 
die  dritte  Stunde,  den  Alittag  unid  die  neunte  Stunde 

aus- 

1)  c.  38. 

3)  Yegetins  de  re  milii.  III,  8,  wo  ausdlr&cldick  der 
Clepsydrae  gedacht  wird. 

3)  De  hello  Gallico  ¥,13. 
4^  DeMng.lai.iy,  p.  75. 


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I-      •  ^ 

ausrufen,  wehn  ihm  diese  Zeitpunkte  dem  Augenmaalse 
nach  herangekommen  %\i'  sein  schienen  *).  Nach  PH- 
nius  ^)  verkündigte  eT)en  so  der  Diener  der  Consnhi 
den  Mittag,  weitm  er  'von'  der  Curia  aus  die  Sonne 
nach  einer  bestimmten  Richtung  * —  iriter  rostra  et_ 
graetoHasin  —  stehen  sali.  Einen  Gnomon,  der  ih- 
nen diesen  Zeitptmkt  mit  Sicherheit  angab,  zu  errich- 
ten, fiel  den  Römern  lange  nicht  ein,  und  Sonnen- 
uhren erhielten  sie  erst  nach  der  Mitte  des  fiinften 
Jahrbiyiderts  der  Stadt. 

Zur  Geschichte  dieser  Zeitmesser  finden  sich  ein 
paar  wichtige  Stellen  beim  Plinius  und  Censori- 
nus.  Der  erste  berichtet  auf  die  Autorität  des  Pa- 
bius  Vestalis,  dafs  L.  Papirius  Cursor  die  erste 
L  Sonnenujir  —  horohgium  Solanum  —  zn  Röni 
aufgestellt  habe,  und  zwar  11  Jahre  vor  dem  Kriege 
mit  dem  Pyrrhus,  d.  i.  im  Jahr  463  d.  St  Varro 
dagegen  soll  behauptet  haben,  dais  die  erste  Sonnen- 
uhr Ifti  Jahr  491  von  dofn  Consul  M.  Valerius 
Messala  nach  der  Eroberung  der  Stadt  Catn^a  in 
Sicilien  von.  dort  nach  Rom  gebracht  und  daselbst  fast 
hundert  Jahre  gebraucht  worden  sei,  ungeachtet  sie 
für  einen  um  4  Grad  südlicheren  Ort  ;gezeichi|et  war,^ 
also  di^  Stunden  gatiz  unrichtig  angab,  was  allerdings 
von,  einer  grofsen  Beschränktheit  der  wisseinschaftli- 
chen  Kenntnisse  der  damaligen  Römer^  zeugt.  Sie 
stand  auf'  dem  .  Forum.  Erst  der  Censor  Q.  Mar- 
cius  Philippus,  oder,  wie  ihn  Censorin  nennt, 
L.  Philippus,  soll  im  Jahr  590  d.  St.  eitle  richtt- 


1)  Mit  den  Stunden  m«&  man  es  hier  nicht  bachatiblidi 
nehmen.  Es  sind  wol  nnr  ^e  Zeifeinschnitte  gemeint,  die  auf 
die  Mitte  des  Vormittags  und  Nadimittags  trafen,  was*  eine  den 
Vigilien  ganz  analoge  Eintheiinng  des  Taj^es  roranseetzt. 

2)  H.  N.  Vn,  60.      . 

17 


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958  Techniscbe  Chronologie. 

ger  constmirte  Uhr  daneben  aufgestellt  haben.  PH- 
nias  fietst  bkizu:  Etiam  tum  tarnen  nubilo  incßr- 
tae  fuere  horae,  usque  ad  proodmum  lustrum.  Tunc 
Scipio  .  Nasica  prms  aqua  divisit  hor€is  aeque 
noctium  ac  ^dieriiniy  idque  horplagium  sub*  tecto 
dicavit  a.  u.JDXCF'.  Tan^  dm'populo  Romano 
indiscreta  lux  fuiU  Censotin  bestätigt  diese  NoHz, 
wobei  er  zugleich  bemerkt,  da£s  miin  zufolge  der  Ge- 
wohnheit, die  Stunden  vermittelst  A^x  Sonne  zu  er- 
kennen,- auch  die.  Wasseruhr.  Solarium  genannt 
habe.,  Cjicero  ^)  unterscheidet  beide  Uhjren  durch 
die  Benenni^0a  sQlarium  descriptum  und  solartum 
eco  ,aqua.^  Wb;^  Scipio  Nasica  aufstellte,  war  übri- 
gens,  nach  den.  Benennungen  horologmm  und  hora- 
rium  beim  Plinius  und  Censorin  zu  schliefsen, 
eine  eigentliche  Wasseruhr,  keine*  blofse  Clepsy- 
d]:a.  Ob  sie^  seine  !EtQpd|ing  oder  eine- Kopie  der  von 
Ctesibius  constinirt^i  gewesen^  sagen  beide  Schrift- 
steller nicht,  vermuthlich  letzteres«  War  ako  dieser 
Grieche  wirklich  der  Er&ider  der  Wasseruhr,  wie  Vi- 
txuvius  behauptet  (95),  so  muCs  er  niclit  erst  un- 
ter Euergetes  U,  wie  es  beim  Athenäus  heifst  ^), 
sondern  Vielleicht  sichon  unter  Euergetes  I  gelebt 
haben;  demi  jener  kam  nach  dem  Kanon  d«r  Könige 
im  Jahr  609  d.  ^  zur  Regierung,  und  Scipio  Na- 
aica  errichtete  seine  Wasseruhr  bereits  595. 

Zugleich  mit  dei^i  Sonnen-  utid  Wasseruhren  er- 
hielten die  Römer  auch  das  Wo|rt  hQra  von  den  Grie- 
chen, das  ihnen,  wie  Censorin  glaubt,  früher  ganz 
unbekannt  war.  Vor  Einßihrun^  dieses  Begriffs  und 
der  Stundenmesser  muTsten  sie  sich  bei  Bezeichnung 
der  Tageszeit  mit  den  Wörtern  behelfen,  die  ihnen 


t)  Denat^  4eör.  11,  34. 
2)  .1.  V,  p.  174. 


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die  V<^Ik8^pradbci  darbet^;  ak  media  noXy  galücinium, 
coniiciniwn,  diluculum  «tr;'-*Mäi)  sehe  das  Verzeich- 
nifs  derselben  beim  VmFrd,  iM^crobius^  Isldor, 
besonders  Cenjsorin  *). 

Findet  man  Stunden  bei  den  Alten  erwähnt/ so 
mufs  man  sich' .wohl  erinnen^.  Mrie  sie  dieselben^  im  biir- 
geriichon ;Lebeii  zählten.  \Ye1m.e9  z.  B.  beim : Vi r- 
gil  heiTst  * ) :      .  v  ' 

Inde^  M  quarta.  sitinjL  (;oeli  collefferit  harfz, 
so  meint J  er  die  Zeit  nach  der  Mitte  des  Vormittags, 
wo  die  zunehmende  Tageshit^^e  den  Durst  bei  dem 
weidenden  Vieh  erregt;  und  wenn  Persius,  die  üp- 
pige Lebensart  der  .damaligen  römischen  Jugend  mit 
grellen  Farben  malend,  sich  also  ausdrückt  *): 
StertimuSy  indomitum  quod  despumare  Falernum 
Sufficiat,  quinta  dum  Unea  tangiiur  umbra, 
so  ist  der  Sinn:  „wir  schnarchen  bis  tief  in  den  Tag 
hinein,"  nach  heutiger  Rechnung  etwa  bis  11  Uhr  Vor- 
mittags, trollen  solche  in  den  rönuschen  Schriftstelleni 
vorkommende  Sjtundeir  mit  den  unsrigen  verglichen 
werden,  so  muf^man  wissen,  wie  lang  der  jedesma- 
lige natürliche  Tag  unter,  der  Polhöhe  Roms  (41** 
54')  ist  Wenn  es  auf  keine  besondere  Genauigkeit 
ankommt,  so  wird  zu  derglächen  Reductionen  foL 
gende  Tafel  ausreichen,  welche  die  Länge,  des  römi- 
schen Tages  in  unseren  gleichförmigen  Stunden  für 
die  acht  Hauptpunkte  der  Sonnenbahn  im  Jahr  45  v. 
Chr.,  dem  ersten  de3  von  Julius  Cäsar  geordneten 
Kalenders^  ^ngi^bt. 


1)  De  ling.  lat  V,  p.  52  ff.;  Saturn.  I,  3;  Etym.  V,  30. 
Hnd  31;  de  die  nat  c.  24.    Vergl  Handb.  U^  10. 
3)  Georg.  DI,  327, 
3)  Sau  in,  3. 

■     17  * 

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'8  St  54  Min. 

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•14 

10 

12 

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9 

50 

350  Technische  Chronologie. 

Tag ^dl!8  JabTS. 

23.  Deci^mber 
6.  F^braar 

23.  März 
9.  Mai 

25.  Junttts 

10.  August  • 

25.  September 

9.  November 
Fragt  man  z.  B.,  wami  der  Romer  am  längsten 
Tage  nach  unserex:  Uhr  zu  Tische  ging,  vorausgesetzt, 
dafs  es,  wie  Marti al  sagt  *),  im  Anfange  der  neun- 
ten Stundie  geschah,  so  gelten  12  römische  Tages- 
stunden in  unserer  Zeit  15  St.  6',  also  8  römische 
10  St.  4'.  Da  nun  die  Sonne  an  diesem  Tage  zu 
Hom  tim  4  U.  27'  aufging,  so  nahm  die  neunte  Stunde 
nach  unserer  Rechnung  um  2  Ü.  31^  Nachmittags  ih- 
ren Anfang.  Am  kürzesten  Tage  dagegen  begann  sie 
bereits  um  1  U.  29'. 

Dife  Sonnenuhren  scheinen  zu  Rom  sehr  aflge- 
meih  geworden,  zu  seitu.  Man  hatte  mehrere  Arten 
derselben,  die^  sich  in  der  äufsism  Form  unterschie- 
,  den,  aber  alle  in  dem  Punkt  übereinkamen,  dessen 
VitrüVius  mit  folgenden  Werten  gedenkt?):  Om- 
nium  ßgurarüm  descriptionumque  earum  ejffectus 
,  unifSy  uti  dies  aequinoctiaüs^  brumalisque,Jtem  soU 
Stitialis  in  duodecim  partes  aequalite^  sit  divisus. 
Von  Rom  verbreiteten  sie  sich  über  die  Landhäuser 
der  reichen  Römer,  und  es  sind  hier  und  dort  in 
Italien  römlschie  Sonnenuhren  ans  Licht  gezogen  wor- 
den.   Es  gehörte  zu  dem  Luxus  der  späteren  Römer, 


1)  Epigr.  IV,  8. 

2)  De  archit.  IX,  8. 


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,  mmer:  261 

sich  eigene  Sklavfn  tk  hälfen»  um  sich  V9n  ihnen  die 
Stunden  verkündigen  ^zu  lassen  ^  )•  Bjei  trübem  Wet- 
ter sah  man  nach  der  Wassecuhr,  di<^  Sidonius 
Api^llinaris  vennuthlich  meint,  wetm  er  von  ein^m. 
nuntius  per  spatia  clepsydrae  horffrum  incrementa 
servans  redet  ^  ). 

Bei  ^Ber  VervielfaUigung  solcher  Mittel  unter  den 
Kaisem  blieb  in  Yergleiehnng  init  den  unsrigen  der 
Gebranch  der  <  Zeitmessier.  bei  deä  Römern  immeir 
höchst  besehränkt  Auf  dem  Lande  mochten  sievok 
lends  selten  seih^  daher  man^sich  hier  mit  einer  ehe«; 
so  einfachen:  ak  rohen  Methode  b^halfli  Palladius 
gibt  in  «einem  Werk  iU>er  den  Landban  am  Schlüsse 
eines  jeden  JMoüats  eine  Tafel  des  Schatteitö  in  Fu-: 
Isen.  So  sagt  er  am  Ende  des  Junius:  fiihins  ac 
lulius  horarum  slbi  aegua  ^spatia  eontuleruhii 

Bora  I     et  XI  pedes  XXU 

Hora  II  et  X     pedeß  XII\ 

Hora  III  et  IX  pedes  IIX 

Bora  IV  et  IIX  pedes  V 

Bora  r   et  FU  pedes  III 

B^ra  VI  p^des  II 

Dasselbe  steht  am  ScUbs^  des  Julius.  Sämmt-^ 
liehe  Monatstafeln  lassen  sich  zx^  folgende  Weise  atu 
Einer  Tafel  iso^ammenstetten: 


Stunden. 

Jan. 
Dec. 

Febr. 

März. 
Okt. 

April. 
Sept 

Mai.. 
Aug. 

Jun. 
JuL 

I    -    XI 

29 

27 

,25 

.  24 

23 

22 

n  -  X 

19 

17 

15 

14 

13 

X% 

m  -  IX 

15 

13 

11 

10 

9 

8 

IV.  vm 

12 

10 

,8 

7  - 

6 

5 

V  -  vn 

10 

8 

6 

5 

4 

3 

VI.    VI 

9 

7 

5 

4 

3 

2 

1)  JuTen.  ifo#.  X,  315.  »«rtUl  j^.yiil;67.  3)^/^.0,9. 

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263  Technische  Chronotögte.  ' 

I^ese  Tafel/ über  M^li«  Pallafiüs  keine  Art 
yOn  Atiskwift  gibt,  dereft  BestimmuBg^^  also  seinen  Le- 
sem  allgemein  bekannt  sein  mti&te^  sollte  unstreitig 
dem  Lttdmann  zur  idcbteii  Etkfeimung  >  dar  Tages- 
stunden vermittdst  des  ^Sdiattens  dicken.  Am-  natür* 
Eehsten  verfällt  man  hier  auf  das  obeti  (9$^)  gedaehle 
einfaiehe'  Verfahren  der  GricK^hen,  iiaeif  Zel^unkt  des 
Tages  '^aeh  der  S^hattenUiAge  des  Körpers  zu  be- 
'siifimien;  und  es  fragt  sich/ob  es'^e  Pdlhöhe  gebe, 
der'  die  Zahlen  der  Tafel,  weifen  auch  \nm  annahe- 
ran^weise,  zusagen.'  leb  habe  ^hieran  lange  gezwei- 
felt, halte  midi  aber  fefzt'ftiit  Vati  Eee^k  Cal- 
k<ren  ^)  überzeugt,  dafs  die  Tafel  for  die  Poihöhe 
Roftis  und  fihr  einen  finomon  Yon  5  Fufs,  der  ge^ 
wf^hnfiehen  Höhe  des  meitfitehlieheiif^Kßi^rs,  geltien 
soll,  wetin  dabei  nur  folgende  iftwei  Umsl»fide  berück- 
sichtigt werdeb:  1)  die  Zahlen  sind,  viefleicht  um 
dem  Gedächtnifs  derer^  die  sie  au^rendig  behalten 
wollten,  zu  Hülfe*zu  kommen,  nacii  eit>er  gewissen 
Symmetrie,  der  ihre- 'JBei^uigkeit  zum  Theil  aufge- 
opfert ist,  so  geordnet,  dafs  sie  in  den^^drei  ersten 
Monatscolumnen  für 'jede.  Stunde  um-  2,  uiid  in  den 
drei  letzten  &l^  jede  Stunde  um  eine  Einheit  von  ein- 
ander abweichen;  2)  die  Solstitien'  und  Aequittoo 
.tien  siiad  auf  eine  unrichtige  Weise  ^^  den  1.  Ja- 
nuar, 1.  April,  1.  Julius  und  1.  Oktober  geknüpft, 
(in  Cäsar*s  Kalender  trafen  sie  um  8  Tage  früher 
ein)-,  unddie  Zahlen  in'  den  einzelnen  Monaien  sol- 
len för  die  Mitten  derselben  gelten,  u  B.  die  der 
ersten  Mduatscoluhme  für  die  Mitte  des  Decembers 
und  Januars,  wo  sich  nach  der  Meinung  -des  Urhe- 
bets  der  Tafel  die  Sonne  in  dier  Mitte  des  Schützen 


1 )  Dissertaiio  mathenmüeo'Ontiqtuaria  de  horologüs  v€' 
ierum  whiherii^isXAxasMimla  1707,  8)  c.  1. 


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.      I 


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,  *  Rön}er,  063 

und  Steinbocks,  gleich  weit  vom  Solstitiuni  befandl: 
Dafs  sonach  die  Zahlen  nur  ganz  im  Grobdn  mit  deni 
Resultat  der  astronomischen  Rechnung  übereinkom- 
men können,  versteht  sich.  So  sind  nach  der  Rech- 
nung die  Schattenlängen  für  den  iängsten  Tag  in  gan- 
zen Fufsen  22,  10,  6,  4,  3,  5,  was  nicht  ganz  zu  de» 
Zahlen  im  Junius  und  Julius  stimBit.  Bedenkt  man^ 
abcTy  dafs  nicht  eigentlicli  vom  Solstttium,  sondern 
von  den  Mitten  der  ZwiDinge  und  des  Krebses,  wo 
die  Schattenhmen  schon  etwas  länger  als  im  Solsti- 
tinm  ausfallen,  die  Rede  ist,  und  dafs  die  gedachte 
Symmetrie  auch  einigen  Einflufs  auf  sie  habeti  mochte^ 
80  wird  man  zugeben,  dafs  obige  PoIhShe  und  Länge 
des  Gnomons  wirklich  die  ihnisn  zum  Cihimde  Kegende 
sein  ^oü.  Die  Tafel  ist  allerdings  zum  Theil  sehr' 
unrichtig,  besonders  In  den  Schattenlängen  der  beiden' 
ersten  und  letzten  Tagesstunden;  doch  nicht  in  dem 
Grade,  wie  P  et  a  vi  US  behauptet  *),  der  über  sie  den 
Stab  mit  den  Worten  bricht:  Falsa  est  itatjue  Pah 
ladii  tota  Uta  descriptio.  ^ Offenbar  handelt  es  sich 
dabei  nur  nm  eine  ganz  rohe  Zeitbestimmung,  die 
dem  Landmann  bei  der  Anordnifng  seiner  Feldarbei- 
ten nothdürftig  geiiügte,  wie  schon  aus  dem  Umstände 
hervorgelrt,  dafs  überall  die  Brüche  vernachlässigt  sind* 
Eine  ganz  ähnliche  Tafel,  von  der  sich  jedoch  nur 
die  eine  Hälfte  erhalten  hat,  ist  i<i  den  Rninen  eines 
Tempels*  zu  Taphis  (Tehfa)  in  Nubien  entdeckt  wor- 
den, von  tler  Hr.  Letronrid  iiö  17fett  Bande  der 
geographischen  Annalen  von  Malte-Brun  Aiis- 
kunft  gibt 

Eben  so  vvie  die  Römer  erst  spat  den  Tag  und 
die  Nacht  mit  Sicherheit  eintheilen  lemten,  gingen 
auch  Jahrhunderte  bin,  ehe  sie  eine  Teste  Eintheilüng 


1)  p-ar.  dUs.  Vif,  7.        ' 

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264  Technische  CJkronologie. 

des  Jahrs  erhielten.  Vor  dem  Jahr  709  d.  St,  45 
V.  Chr.,  dem  eisten  nach  heu^tiger  Weise  geordneten, 
war  ihre  Zeitrechnung  in  einem  höchst  schwanken- 
den Zustande,  den  V<^ltaire  treffend  mit  den  Wor- 
ten charakterisirt:  Les^  generäux  Jiomains  triom- 
phaient  toufours,  mais  ils  ne  savaient  pas  quel 
jour  ils  triomphaient.  ^ 

Zunächst  vor  Cäsar's  Kalenderverbesserung  hat- 
ten sie  ein  Sonnen  j  abr,  das  .sich  alle. vier  und 
zwanzig  Jahre  in  gleichem  Alaalse,  wie  späterhin  das 
emfaehere  julianische,  mit  dem  tropischen  ausglich, 
aber  bei  seiner  etwas  zusammengesetzten  Einrichtung 
durch  die  Schuld  der  Pontifices,  denen  die  Anordnung 
.  des  Kalenders  oblag,  in  die  gröfste  Verwirrung  ge- 
rietb.  Vor  den  Decemvirn  Imtte  ibr  Jahr  die  Fonn 
eines  Mondjahrs,  und  vor.Numa  Pqmpilius  gar 
keinen  entschieden  ausgesprochenen  oder  doch  nicht 
sicher  xu,  ermittelnden  Charakter.  Wir  habw,  hier- 
nach vier  Zustände  der  römischen  Zeitrechnung  zu 
betrachten,  die  vnr  durch  die  Benennungen  Jahr  des 
Romulus,  des  Numa,  der  Decemvirn  und  des 
Julius  Cäsar  unterscheiden  wollen, 

» 

Jahr   des   Romulus. 

'Die  Geschichtschreiber  Licinius  M  a  c  e  r  uiid 
Fen^stella  hatten  behauptet,  dals  zu  Rom  vom  An- 
finge an  ein  Sonnenjahr  —  annus  vertens  —  %a  zwölf 
Monaten  im  Gebrauch  gewesen  sei.  Censoriu,  bei 
dem  sich  diese  Notiz  findet  ^),  setzt  hinzu:  „Junius 
Gr^cchanus,  Fulvius,  Varro,  Suetonius  und 
'  andere  verdienen  jedoch  mehr  Glftuben>  wenn  sie  dem 


l)c.  iK). 


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ältesten  Jahc  der  R^ipe;^  eben  s^,  wie.  dem  des  Mut» 
tervolks^  der  Albaner,  zehn  Monate  beilegen.^'  ,.M^n 
ersieht, hieraus,  ^dafs  die  zehn  AIoi](iate  wol  nur  auf 
einem  blpfsen  ^Scblufs  beruhen.  Die  Analogie  .hatte 
indes^n  so.. 'Viel  Gewicht  für  di^ , Römer,  dal^  alle 
ihre  anderen  Schriftsteller,  die  das  Jahr  des  Romplus 
erwähnen,  Oyidius,  Gellius,  i^acrobius,.  $oli-. 
n\is  und  Servlus/)  4ie  zehn  l^foptate  für  apsg^- 
mach^  halten.  J[^u]:^Plutarch.;erk]ärt  sich  für  z.wölf 
Monate.  Numa^  sagt  er  *),  machte  dea  Martius, 
der  anfangs  der  erste  Monat  ji^ar,  zipn  dritten,  deo| 
lanuariuS  und  Februarius^  die  sons^t ..  die  eilfte  un^d 
zwölfte  Ste&e  eing^oommen  hatten^,  zum  ersten  und 
zweiten.,  Viel^  behaupten  aber^  ^etzl;,. auch  er, hinzu, 
dais  Numa  arst  diese  Monate  zum  ursprüogltlcheii 
aus  zehn  Rfqnaten  bestehendefi  Jahr  hiozugefUgt  habe^ 
Diese  ^ehn. Monate  sollen  Qaqh  der  allgemeinen 
AngaJ>e  folgende  gewesen  .seiuj  ^.' 


Martius 

Se3:tllis 

Aprilis  ' 

September 

Maius 

October 

luAius 

November 

Quiutilis 

DeQemb^r. 

Dals  das  Jahr  mit  dem  Martius  begann,  giiig 
aus  den  sechs  letzten  Monatsnamen  zu  klar  hervor^ 
als  dafs  niciit  selbst  diejenigen,  die  von  zwölf  Mona- 
ten spraqheu,  diesen  als  den  ersten  hätten  betrachten 
sollen.  Varro .soll  nach  Censorin  ^bar&innig  dar- 
getban  haben^  dafs  die  Namen  von  den  La^i^m 
stanmiten  und  älter  als  die  Stadt  wären.  Ov^id 
nennt  ^ )  mehrere  Völkeischaften  aus  der  Umgegmd 


1)  FmÜ  I,  27,  43;  IH,  99,  119,  151 5   JSoct,  AtU  UI,  16; 
Satlsm.  I,  12.    Poiy;h.  c.  1;  öJ  Fu'g.  Georg.  I,  43. 

2)  Fifa  Num.  c.  18.        3)  FasH  lU,  87. 


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366  TecknUehe  Chronologie. 

Roms,  Albaner 9  Fa&ker,  flernikeT,   bei   denen    der 
Martin^  im  Gebranch  war,  nnr  dafs  er  bei  dem  einen 
'  diese,  bei  dem  andern  jene  Stelle  im  Sonnenjahr  ein- 
nahm.   An»  seinen  Werten  *): 

^wd  si  forte  vacaSf  peregrinos  inspice  Jiutos, 
ist  klar,  dafs  diese  Völker  noch  xn  seiner  Zeit  ihre 
eigenen  Kalender  haben  ihnCsten«  Wir  können  also 
amiehmen,  dafii  das,  w^s  ims  Censorin  von  der 
Daner  einiger  Monate  bei  dei|  Albanern,*  Tnsculanern 
nnd  Ariein^m  befidhtet,  nnd  woranf  wir  gleich  zurück- 
kommen werden,  wirklich  atis  den  Fastis  von  Alba 
Longa,  Tuscnlunr  mid  Aricia  geschöpft  war. 

'-'  Auch  über  die  Länge  des  ursprünglichen  romi- 
sehen  Jahrs  imd  seiner  Monate  finden  sich  zwei  ganz 
abweichende  Angaben.  Nach  Censorinus,  Macro- 
bius  und 'SolinuS  hielten  vier  Monate  31,  die  übri- 
gen 30  Tage,  Die  dltägigen  soHeh  der  Marlius, 
Maius,  Quintilis  und  October,  qni  kodiere  septima- 
nas  habent  nonasivne  es  beim  Macrobius  heifst» 
gewesen  sein.  Als  StUnme  der  Tage  des  Jahrs  wird 
von  diesen  drei  Schriiftstellem  ausdrücklich  die  Zahl 
304  genannt,  die  sich  auch  aus  der  gedachten  Dauer 
der  Monate  ergibt.  Plutarch  dagegen  sagt,  das  Jahr 
des  Romuhis  habe  bei  aller  Unregehnäfsigkeit  der  Mo- 
nate, von  denen  einige  kaum  20,  andere  35  und  mehr 
Tage  gehalten,  durchgängig  aus  36Q  Tagen  bestanden. 

Es  fragt  sich,  welche  von  diesen  zwei  so  ver- 
schiedenen Nachrichten  oder  vielmehr  Ansichten  den 
Vorzug  verdient.  Vor  allen  Dingen  müssen  wir  se- 
hen,  wie  die  Alten  selbst  sich  die^  Sache  gedacht 
habtti.' 

Ovid  scheint  mit  den  Worten  *)- 


i)  Womit  noeh  Fasfi  VI,  59  za  ver^eicfaea  ist. 
2)  F<M^*  III,  119. 


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Annt4S  eraiy  decinmm^^m  luna  reple^^ratioriem 
andeuten  zu  wollen,  daCs  ias  urspÜD^icbe  Jahr 
aus .  iehü  M o D  dm 6 n  a  t e n^  besUmden  habe^  AI« 
lein'zelm  n^ch  dem  Monde  abgemessene  Monate  bat 
ten  nicht  304  Tage;  aud»  wäre  ein  solches  Mondjdhr 
eine  nnerklärHche  ErseheinUng;  Er  will  wd  nur  sau- 
gen ^. das  Jahr  bestand  ans  zehn  Monaten,  und  dab 
diese  setner  Meimnig  nac]&  nicht  etwa  das  Sonnenfahr 
ers€bi'>pften^  sondern  von  einer  äbn^chen  Daaer,  wid 
im  spätem  Jahr  waren,  gibt  er  dutdb  die  Wortes 
memibus  egerunt  ü^ra  minora  decem  zu  erken« 
nen.  Den  Gnind  von*  den  z^ehn  Mcmaten  sucht  er 
theils  kl  der  Rohheit  des  Urvolksj  th^ib  in  der  Be^ 
dentsamkeit  dieser  Zahl  / 

Auch  Pinta rch  glaubt,  da6  die  älteste  Zeitreclv» 
nung  der  Römer  ein  blojses  Produkt  ihrer  Unwissen« 
heit  war.  Unter  Romulus,  sagt,««,  wurden^ die  Mo- 
nate rege&OB  und  widetsinnig  gezählt;  man  hatte  keine 
Ahnung  von  der  Anomalie*des  Mondes  und  der  Sonne; 
er  meint  von  der  Ungleichheit  des  Mond*  und  Son* 
nenjahrs.  Ob  ihm,  wie  den  früheren  Griechen  nicht 
selten  (111)^  die  Zahl  360  blofs  für  einen  Ausdruck 
des  Sonnenjahrs  gelten  S4^,  so  dafs  er  nur  sagen  • 
wül:  ihr  Jahr  war  bei  aller  UnregelmäTsigkeit'  der  Mo-: 
nate  ein  annus  verieris,  oder  ob  die  Zahl  wirklich  . 
eioe  Ueberheferung  für  sich  hatte,  ist  nicht  klar. 

Censorin  äufsert  sidh  über  das  älteste  römische 
Jahr  sehr  kurz  -^nd  unbefriedigend.  Er  legt  den  zehn. 
Monaten  die  obgedachte  Dauer  von  304  Tagen  bei^ 
ohne  von  einer  Ausgleichung  mit  dem  Sonnenjahr  zu. 
reden.  Dafs  ihm  aber  eine  solche  vorgeschwebt  ha« 
ben  müsse,  lehren  die  Worte,  womit  er  sieh  den  Ue^ 
bei^ang  zum  spätem  römischen  Jahr  bahnt:  Omni' 
nibus  tarnen  (antiqins  Italiae  gentibus)  ffdt  proposU 
titm,  s/WS  civiles  annos/  varie  intercalandis  men^ 


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868  Technische  Chronologie.  ^ 

siiM$9  ad  tmum  vtrunt  iUmn  naiurtüenufue  corri- 
gere.  Auch  der  Ausdruck  €innus  vertenSj  den  er 
vom  Jahr  des* 'Romulus  gebraucht,  deutet  daUii. 

Bestinunter  drücken  sieh  Macrobius  und  Ser» 
yius  aus*  Der  erste  macht  die  ältesten.  Römer  zu 
wahren  Barbaren^  denn  nachdem  er  der  304tägigen 
Dauer  der  xehn  Monate  gedacht  hat,  gibt  er  folgende, 
Termuthlich  von  ihm  selbst  eisonnene,  Eiklarang  in 
Form  einer  Notix:  Cum  is  numerus  neque  solis  cursm^ 
neque  bmae  ratUmibus  convemrety  nonp^mquam  usu 
veniebat, .  ut  frigus  arnii  aestivis  mensibus,  et  con- 
tra calor  hiemalibusproveniret.'  Quod  ubicontU 
gisset,  tantum.dierum  sine  ullo  mensis  nomine 
patiebantur  absumi,  quantum  ad  id  anm  tempus  ad- 
duceret,  quo  coeli  habitus  itistänii  menii  aptus'in- 
veniretur»    - 

Etwas  annehmKcher  stellt  Servius  die  Sache 
dar.  Nur  zehn  Monate,  sagt  er,  Alhrten  ursprünglich 
eigene  Namen.  Dazu  kamen. noch ./jiro/?/^rra^ioi»^m 
,  signorum  anni  (zur  Ausgleichung  mit  dem^  Sonnen- 
lauf) zwei  eingeschaltete  namenlose,  die  nachmals 
vom  J  a  n  tt  s  und  F  e  b  r  u  u  s;  h^annt  wurden.  £r 
acheint  diese  Notiz  aus  Lieinius  Macer  geschöpft 
ZV  haben,  der  nach  Macrobius:^)  den  Romulus 
für  dep  Urheber  des  Einschaltens  bei  den  Romeni 
hielt  Es  ist  aber  sehr  unwahrscheinlich,  daCs  man 
fiir  die  beiden  Schaltmonate  keine  eigene  Namai  er- 
funden haben  sollte.  Undecemher  upd  Duade- 
cember  lagen,  ja  so  nahe. 

Dies  istattes^  was  wir  übet:  das  ursprüngliche 
Jahr  der  Römer  bdi  den  Alten  aufgezeichnet  uY^d  ge- 
artheilt finden«  Man  sieht  leicht,  welchem  weite.Feld 
der  Ccimbin^tion   sich   hier   den   neueren  Forscbero 


1)  Sa^ir».  I»  13. 

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öffnete.    Ich  ^viU  nnr  zwei  ihrer  Hauptafisichten  an* 
führert.  *  '  / 

Dodl^ell^)  findet  aii  304tagiges  Jahr,  ilessen 
Anfang  weder  zu  gleicher  Mondgestalt,  noch  zu  glei-^ 
eher  Jahtdzeit  zurückkehrte,  den.Zwe<^en  emar  bür« 
gerBch^n  Zeiteintheilung  'ganz  unangemessen.  Aber 
die  zehn  Monate,  .die  auch  die  Albaner  hatten,  nimteil 
er  in  Schutz.  Es  ist  klar,  dals  diese  Monate,  weesi ' 
sie  das  Sonnenjahr  ersch<ipf^n  sollten,  zum«  Thefl  he* 
deutend  länger  als  im  ispätern  römischen  Jahr  sein 
mufsten.  Nun  hat  uns  Cens>orin  die  nserkwurdige 
Notiz  aufbewahrt  ^),  dafe  der  Marlius  bei  den  Alba^ 
nem  36,  der-Maixfö  22,  der  Sexlal«^  i8y  der  Septeni-» 
her  16;  bei  den  Tusculanerri  der  QuintiKs  36,  der  Oc- 
tober  32,  und  bei  den  Aricinem  der  Octöb^r  39  Tage 
hielt;  und  da  auch  Plutarch  von  emer  «ähidichen 
Yersctuedenheit  der  Monate  bei  dien  ältesten  Rdmem 
spricht,  so  ninnnt  Dodwell  keinto  Anstand,  ihnen 
em  ans  zehn  solchen  unregehnäfs%^n  Monaten  :beste^ 
heiides  Jahr  zuzuschreiben.  Es  ist-  nur  die  Fraget 
wie  sich  die  daii' Anschein  nach  so  widersinmge  Un^ 
gleichh^t  der'  Monate  erklären  lasse. 

Er  hat  den,  wie  mich  dünkt,  gar  nicht  verwert 
Kchen  Gedanken,  dafs  diese  Monate  weder  mit  den 
Mondwechsefai,  noch  mit  den  Zeichen  der  Ekliptik 
in  Verbindung  stand^d,  sondern  die  durcfh  die  Aüf^ 
und  Untergänge  kenfttücher  Gestirne  begrenzten  Abthdk 
lungen  4^s  Sonnenjahrs  bezeichneten.  Dafs  die  Land-^ 
bebaner  nnd  SchifiFahrer  der  alten  Welt  von  jeher, 
fleifsig  auf  die  Auf-  und  Untergänge  der  Gestirne  in 
der  Morgen-  und  Abenddämmerung  ächteten,  weifs 
ein  jeder,  der  in  deii  Dichtem  v  und  landwirthschaftli- 
chen  Schriftstellern   der  Griechen   und  Römer  nicht 


i)  De  eycUsJk^X,  aect;  iOS.       2)  e«.^/  -  .^  < 

dbyGodgk 


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^20  Technische  dtonohgie. 

gan^b  tmbdtiito'  ist  ^).  I^ippokrateff  liaiim  sieben 
Jahrszeiten  an,  die  er  meii^ens  durc&  dei^leichen  Er« 
sdbeukingen^  begrenzte  (104).  Eine  ähidiche  Bewand- 
nife  mm,  glaubt  Do  d well,  dafs  es  mit  den  zehn  so 
genänoten  Menaten  der' Albaner  und  älteren  Romer 
ni<^t  aUeia,  fiondem. auch  mit  dem  sechsihonadichen 
Jahr  der  Akarnanermid  Carer^denwvietmonatlichen 
der  älteren  Aegypter,  und  dem  drebnonallichen  der 
Arkadier«  hatte,  wovon  Plütareh,  Censorin,  Ma« 
ci;obius  ^)  und  andere  reden.  Das  Wort  menm, 
Monat,  dais  offenbar  vom  Monde  entlehnt  und  viel- 
leicht spätcsmi  Ursprungs  ist,  hat i  man,  sagt  er,  auf 
die.  idten  .sidc^tis^ien  Jafarseinschnitte  /  übergetragen. 
Das  Jahr  aller  dieser  Völker  war  ein  Sonnen  jähr, 
das  dem  Ackerbau  und  der  SchiffFahfrt  allein:  zusagt, 
und  dessen  >  Dauer  sich  bei  einiger  Auftnerksamkeit 
anf  den  Hinmel  leicht  zu  365^  Tagen  e^b.  ^ 

Es  hat  aber  dem  304iag%en  Jahr  auch  nicht  an 
Vertheidigem  gefehlt  Dahin  gehören  Ery  eins  Pu- 
teanus  und  Pontedera«  Dem  ersten  ist  die  Com- 
mensurabilität  desselben  mit  der  achttägigen  römi- 
schen Woche,  auf  die  auch  andere  viel  Gewicht  fe- 
gen, zuerst  i  merkwürdig  eirscinenen  ^).  Der  andere 
sagt  ^):  „Ein  Jahr  von  zehn  Monaten,  von  denen 
keiner  vorzugsweise  dem  Winter,  d*  u  der  Unthätig- 
keit,  gewidmet  war,  mofate,  da.  es  alle  Jahrszeiten 
durcheilte^  die  Menschen  zu  statem  Fleifse  reit^en. 
Bdi  der  Rückkehr  des  Frühlings  ^ng  ein  jeder  an 
seine  Arbeit,  nicht  weil  es  der  Kalender,  solidem  die 


1)  Man  yergUiche,- W18  hierfiber  oben  (130)  geisagt  worden. 
,,     2)  P^ii  I^i^ßm.  a.  a.  O.  De  dfe  nah  c.  19.    Saturn.  I,  12. 

3)  S.  seine  Schrift  de  Nwidinis  RomanU  im  ach^  Bande 
Jcs  Thesaurus  von  GrSvias. 

4)  Jnti(fuitaium  Latinarum  Graecdrunnpie  enarratwnea 
atque  emendatiane*.  >  Padaa  1740.  tp.  30' «nlid  33^ 


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,  Mömer.  .  f7| 

erste  warme  Luft  gebot  -^  Zehn  B|on«te  von*:e]|ief 
der  spätem  ähnlichen  Dauer  sind  um  l  kfirzer,  als 
(las  Sonoenjahr,  so  dafs  .6  solcher  zehnmonatEcheii 
Jakre  nahe  &  S4>nnep jähre  gehen«^^  .  Diesen  Zeiteajam 
nennt  er  Hexaeteris*,  und  zeigt  in  einer  Tafel,  wi^ 
beide  Jahre  zusamufienstimmten»:  La(st  man  das  ^yste 
Sonnenjahr  ^m  1.  .Abrtius  A  bürgerHchen,  das^vP^eit^ 
am  1.  Mains,  das  dritte  am  1.  Qqintilis,  das  vierte 
am  !•  September  und  d«s  fdnfte  am  .1.  November^ 
anfangen,  so  findet  man,  bei  gehöriger  Beachtung  der 
Yon  Censorinus  angegebenen  Dauer  der  Moxiate» 
daCs  auf  die  ^der  ersten  Jahre  365,  und  auf  das  fänftß 
364,  mithin  auf  die  ganze  Hexaeteris  1824  7%ge,:em 
Tag  weniger,  als  auf  eben  ßo  viel  ägyptische  Jahre, 
^  Tage  wen%er,  ats  auf  eben  so  viel  julianische  ge« 
hen.  So  viel  über  seine  Ansicht  im' AUgenieijtien; 
Was  .er.>über  seine  Hexaeteris  weif  er  im  Ein;9elnen 
sagt,  ist,  vrie  Alles,  was  er  .über  die  Zeitrecbnung 
der  alteiii  Völker  geschrieben  hat,  ein,  jGewebe  zwar 
sinnreicher,  aber  meistiens  unhaltbarer  Hypothesen. 

Dafs  das<  iirsprüngliche  römische  Jahr  aus  zehn 
Monaten  bestand,  haben  wir  keinen  triftigen  Grund 
7M  bezweifeln.  Aber  nie  werde  ich  mich  überreden, 
däfs  dies  Sonnen-  oder  Mondmonate  waren.  Schon 
oben  (34)  ist  die  Bemerkung  gemacht  worden,  dals 
die  Zahl  von  zwölf  Monaten  nicht  wesentlich  zum 
Charakter  des  Sonnenjahrs  gehört,  und  daher  von 
Volkern,  für  welche  die  Mondwechsel  von  keiner  be- 
sondem  Bedeutsamkeit  waren,  leicht  mit  jeder  andern 
conventioneilen  vertauscht  werden  konnte.  Aber  die 
wenigstens  rohe  Beachtung  der  Jabrszeiten  ist  über- 
all und  ^u  allen  Zeiten  als  ein  dringendes  Bedürfnils 
gefühlt  v^orden.  . 

Ich  ^ubß  daher,  dafs  das  30,4tägige  Jahr  einem 
Irrthum   zuzuschreiben  ist,   der    den   zehn   Mon^ten^ 


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472  Technische  Chronologie. 

ans  denen  Abs  römische  Jahr  der'  Tradition  und  Ana- 
.logie  nach  ursprünglich  znsai^imengesetzt  war,  die. 
•selbe  Daner  wie 'im  spätem  Jahr  beilegte.  Wenn 
»ehn  Monate  bei'  den  Römern  die  Frist  der  Trauer, 
der  Auszahlung  legirler  Aussteuer,  des  Credits  beim 
Verkauf  von-  PHi<Jhten^  höchstwahrscheinKch  aller 
Darleihen,  und  lÄaaTsstaCr  des  ältesten  Zinsfußes  wa- 
iren  *),  so  scheint  daraiß  allerdings ' zu-  folgen,  dafe 
Ihr  Jahr  zu  der  Zeit,  als  sich  diese  Institute  bildeten, 
^  atis  %ehn  Abschnitten  od^r  sogenannte  Monaten  be- 
stand, aber  nicht,  dafs  es  gerade  zehn  Sonnenmo- 
nate ^ waren.  Als  sie  statt  der  zehn  Monate  zwölf 
ethielten,  können  sie  gar  wohl  die  einmal  gesetzlich 
gewordene  Zahl  zehn  bei  allen  dergleichen  Fristen 
unverändert  gelassen  hab^,  wodurch  sich  dieselben 
freilieb  um  ein  Sechstel  verkürzten. 

•  '  Doch  gentig-  von  einem  Gegenstande,  von  dem 
wir  so  gut  wie  gar  «iclifts  vnssen,'und  der  sich  aucb 
durdh  die'  scharfsinnigsten  '  Combinationen  die  ganz 
aufd  Reine  bringen  lassen  wird; 

Jahr  deis  Nuina. 

Die  alten  Schriftsteller  sind  darüber  einverstanden, 
dafs  das  ursprüngliche  Sonnenjahr  der  Römer  früh- 
zeitig zu  einem  Mondjahr  umgestaltet  worden  ist 
Junius  Gracchanus,  einer  der  älteren  Geschicht- 
schreiber, legte  nach  Censorinus  diese  Aenderung 
dem  Tarquinius  bei;  der  noch  ältere  Fulvius  No- 
bilior  und  n)it  ihm  die  jüngeren  ohne  Ausnahme  ma- 
chen dagegen  den  ]J?uma  zum  ersten  Verbesserer  des 
'  rpmisphän  Kalenderä,  was^  nichts  weiter  sagen  soll, 

•*       "  als  , 

•  1)  g.  Hrn.  Nlebuhr'u  Römische  Geschichte  Th.  I,  S. 
315-  der*  neuen  Aiisgabe/  .    •  •      ' i 


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ßdm^.  273 

als  dafis  die  Einfufarting  von  12  Blonaten  und  die  Fesl^ 
Setzung  der  Dauer  des  Jalirs  atif  355  Tage  der  äl- 
testen Komischen  Gesetzgebung  angehört,  für  deren 
Symbol  dieser  Konig  gilt 

Ich  habe  hier  xlie  beiden  wesentlichsten  Punkte  . 
der  Reform  ^nannt^  über  die  wir  jetzt  den  Haupt- 
gewährsmann, den  CensorinuSy  vernehmen  wollen. 
Nachdem^  er  vom  Jahr  des  Roihälus  gesprochen,  fährt 
er  also  fort'^):  ^^Naehmals,  sei  es  von  ^uma,  wie 
Falvios,  oder  von  Tarquinius,  wie  Junius  behauptet, 
sind  12.  Monate  und  355  Tage  eingeführt  worden,  ', 
wiewohl  der  Mond  mit  seinen  12  'Umläufen  nur  354 
Tage  auszufüllen  scheint.  Dafs  aber  ein  Tag  mehr  / 
genommeti  wurde,  geschah  entweder  aus  Irrthum, 
oder,  was  mir  wahrscheiidicher  ist,  aus  jenem  Aber- 
glauben, nach  wachem  die  ungerade  Zahl  für  voH 
«nd  glttdklicher  gehalten  wird,  Gewils  ist  es,  dals 
zu  dem  frühem  Jahr  51  Tage  kamen,  und  da  diese 
nicht  zw^  Monate  ausfuUten,  so  wuriJe  jedem  der 
sechs  hotten  Monate  (den  SOtägigen  des  Romulus) 
ein  Tag  genommen,  was  zusammen  57  Tage  gab, 
woraus  2  Monate,  der  lanuarius  zu  29  und  der  Fe- 
bruarius  zu  28  Tagen,  gebildet  wurden.  So  erhielten 
also  alle  Monate  eine  vdle  und  migerade  Zahl  von 
Tagen,  der  Februarius  ausgenommen^  der  allein  hoM 
blieb  und  defshalb  für  minder  glücklich  galt,  als  die 
übrigen, ^^  Man  sieht  hier,  dafis  in  Ansehung  der  Be- 
nennisigen  mensis  jflenus  und  cavus  der  römische 
Sprachgebratick  dem  griechischen  gerade  entgeg^ge«» 


1)  G.  20.    Yergl»  SoHnas  «.  1   and  Macrobias   Saturn. 
I,  13.    Der  flinzufögiing  des  lannarios^  und  Febroarias  zu  deo   ^ 
nrspruDglicbea  zehn  Monaten  gedenken  kurz^LlTias  I,  19;  Ovi* 
dins  Fast.  I,  43;in,  151}  Aureli«B  Victor  de  vir.  illusir.  e. 
3  und  andere» 

18 


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274  Technische  Chronologie. 

mtiA  Ist  (117);  Wegto  des  numerus  impar  vei- 
gleiche  maii  des  Servius  Anmerkung  zu  dem  nu- 
mero  deus  itfipare  gcuuiet '  des  Virgil^).  'Auch 
beim  Plinius  heifst  es  *):  Impares  numeros  ad. 
oninia  vehemenüores  credimus* 

Das  Jahr  des  Numa  hiitte   hiemach   folgeode 
£]nriic;ht«ng: 


Martin« 

31  Tage. 

September 

29  Tage. 

Aprills 

29-, 

October 

31 

iJIIaius 

31 

November 

29 

(uuius 

29 

December 

29 

Quintilis 

31 

lanuarias 

29 

Sextilis 

29 

Februarius 

■  2» 

Die  Sutome  der  Tage  beträgt  355.  Nach  Plutarch 
soll  Numa  den  Unterschied  des  Sonnep-  und  Mond- 
jahrs zu  11  Tagen,  also  die  Dauer  des  letztem  zu 
354  Tagen,  angenommen  haben.  Macrobius,  der 
beide  Angaben  vor  sich  hatte,  sucht  sie  dadurch  zu 
vermitteln,  dafs  er  den  Numa  ferst  das  Jähr  zu  354 
Tagen  bestimmen,  aber  paullo  pöst  in  honorem  im- 
paris  numäri  noch  einen  Tag  zuna  lanuarius,  der 
anfangs  mit  dem  Februarius  von  gleicher  Dauer  ge- 
wesen sein  soll,  hinzufügen  läfst. 

Dem  sei  wie  ihm  wolle,  man  sieht,  dafs  Numa, 
den  Einfluis  abgerechnet,  den  Aberglauben,  uatd  Unwis- 
senheit auf  seine  Kalendereinrichtungen  haben  moch- 
\ten,  sein  Jahr  nach  dem  Monde  abgemessen  hat,  der 
in  354  Tagen  8  St.  48'  zwölfmal  zur  Sonnen  zu^ck- 
kehrt  und  sein  Licht  erneuert.  Dies  versichern  auch 
die  Alten  allgemein,  am  bestimmtesten  Li vius,  wenn 
er  sagt:    Numa  omnium  primum  cid  cursum.lunae 


1)  Eciyiih  75, 

2)  Ä  iV.  XXVllL  5. 


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/ 
\ 


in  duodicim  menses  descrihit.iaiaum^  £8  ist  sebx 
wahr^heinlich,  daft  er  sein  Mondjahr  Von  den  grie^ 
einsehen:  Kol^men  iniUnt^italien^ei^llehbi  hat^^-  die 
damals  ohne  Zweifel  ^ih  Besij^^.'einQr  hohem  Cukur 
waren,  als  die  .UrvöBker  des  Laiid^f^«  ;     . 

War  denn  aber  da»  355td^ge  Jahr  änch  wii;k- 
Kch  ein  Mondjahjr?.»  Die  Alten  vmiAim  die  Sache, 
ihrer  bestimmten  Versicherung  upgeacbtet,  dadurch 
wieder  zweifelhaft,  dafs  sie  den  Numa  zugleich  zum 
Urheber  der  Schalteinrichtung  machen,  i^odurch  spö. , 
terhin  das  355t%ige  Jahr  mit  der  Sonne  ausgeglichen 
wurde.  Es  geschah  diejs  vermittelst  eines  Monerts  von 
abwechselnd  22  und  .23  Tagen,  des  sogenannten  M er- 
cedonius,  der  ein  Jahr  ums  andere  eingeschaltet 
wurde.  Ein  solcher  .M^nat  verträgt  sieh  aber  durchi 
aus  üicht  mit  dem  Charailter  -  eines  Mo,ndjahr»; 
depsi  wenn  ein  Jahr  diesen  Nainenmit  Recht  foh^ 
ren  soll^  so  ist.  es  nicht  hiiüänglich,  dafe  seine  Dauer 
nach  dein  Monde  abgemessen  s^i;  auch,  die  einzelnen 
Monate  müssen  dergestalt  geordnet  sein,  dals  ihr  An- 
fang immer  zur  ersten  Erscheinung  der  Mondsichel 
zurückkehrt;  ,    .  ... 

Ich:  bin  daher  der  Meinung,  dafe  der  Mercedo-» 
nius  erst  später  eingeführt  ist,  und  >da(s  die  Römer 
seit  Numa  ein  gebundenes  Mondjahr  gehabt  habeuj 
das  nach  ^eehischer  Weise  durch  dnen  von  Zeit  zu 
Zeit  eingeschdteten  Monat  mit  .der  $<miie  ausgegli- 
chen wurde.  Zur  Regriindung  dieser,  Ansieht  dient 
Fölg^des. 

Es  steht  etymologisch  und  geschichtlich  fest,  dafs 
^tüp  und  ^\q  bei  den  Griechen  einen.  Mondmonat 
bezeichnet.  Das  davon  entlehnte  mensis  wird  also 
ursprünglich  auch  bei  den  Römern  keine  andexe 
Bedeutung   gehabt  haben  ^^   üiid   wer   hiermi  ^   selbst 

■.   V  ■  ■  IS*     .  ,  ■ 


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276  TechntscM^Ckronologte. 

nach  Varro's  «lisirticitlicher.  Verridieitiög  *),  zwei- 
feln wolhcj  düTpfte  lilir  "dl«  Eirttheiltrtig  d(?6  römischen 
Moiiafs  imd  die  >uf öltfe  Äewenntthg  ^  seiiiier  Hiittptepo- 
ehen  m  Erwägiing  ziÄeti.     •  .     » 

Die  Idus  zerfiiHteii  den  Monat  in  zwei  Abschnitte 
von  ungkii^her  'Iht^l-,  indem''  sie  ih  deta  "31  lagigen 
Monaten  de«  SJüttWi  dein^  liSlen  «nid  in  den  üln-igen 
dem  löten -Tage  Mten  N^m^ti  gegeben  haben  soDeo. 
Schon  diese  ZaUen  machen  eis  waÜrscheinltch^  dals 
die  Calehdae  iitispröngüch  der' ersten  Erftcheinung 
der 'Mondsichel  in  der  Abenddämmerung  und  die  Idus 
dem  Vollmonde'  bAtsprachen,  und  dafs  die  Römer 
einst  eben  »e,  wie' die- Griechen,  ihren  /t^  io-ra^m«^ 
itA  c^iv(jb4fy  ihre  Döv/iViv/öt  und  dif^f.iif\via  gehabt  ha- 
hktii  Nocfe  «inxweideutiger  geht  dies  au6  einer  No- 
tiZ'beim  Macrobitis*^)  -Kervorl  nach  welcher  in  al- 
tfiin' Zweiten  ^  tiamemlieh  vor  dem^  iTähr  ^60  der  Stadt, 
ekieth  der  Pbtitifi!^es  oblag,  die  ei^te  Ersehemung 
der*  Mondsi%ei  in  der  AbenddSiiimerüng  zu  beobach- 
ten  und  wfenn  er  sie  wahtgenomttieti,  liach  Därbrin- 
^hg  eines^  Opfers,  das  Volk  auf  das  Capitolium  zu 
berufen,  um  ihm  anzuzeigen,  wie  viel  Tage  es  von 
deii  Caleiiäii^  ^fris  zh  4len  Nohis  ^zu'  zählen  habe,  ob 
{ÜÄf  odersiefb-en,*  waÄ  er  dödut^h  zu  aiketmen  gab^ 
dafs^  er  Vibs^  griechische  Wort  koOtS  ftef  oder  sieben- 
mal, hirtlereiiianäeraiisitief,  Wefshdb  auch  der  erste 
Monatstag  ^4ett  Namen  ^6alend*äe  et^alten  haben  soll. 
Bat  es  ^ber'  mit  dieser  aherthümlichen  Cet-emonie, 
deren  auch  Varro  kurz  gedenkt*),  seine  Rlchtig- 
keil^  woran  W!r  'i:u  zweifeln  keinen  Grund  haben,  so 
müssen  die-  römistfaen  Monate  einmal  wiiklichig  Mond- 
monate  gewesen  sein. 


•     *i) /)i? 7m^.  kd.  1,  V,  p.  54.  / 

Q)  Saturn,  1,  It).        3)  De  lin^.  lai.  L  V,  p.  59. 


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-  .Jß^ner.  ■' .ix\   •"•'      '  .    •      '377 

Da  die  Mandbiohel  Q«ek  dem  ^^^etsehiedcneii  Stande 
der  Sonne  in  der  JEJcIiptik  amr  üieiKUiiiniwl  bald*  am 
eisten^  bald  ai^  zweite»  Tage  nacch.  der  Coiijanction  ^e* 
sehen  wird,  so  hatte  derPontifex  aua  ibtcr  ^edesmali»- 
gen  Gesialt  za  beürtb(sUen,>  wie  vi^-  Ta^  noch-  bia 
zu  den  Nonen^  d.  i.'Zlim  ersten  Viertel,  zu  läb- 
kn  waren;  denn  dieser -EinfidttRlt  des  Atonats»  dci 
allemal  a.  d*  Hönum  -Idu»  (daher-aucb  der  Name) 
d.  L  acht  Tage  Tor  dem  Volliikonde.heipng,  kann 
aichis  andei»  ak  die  :/i«na  quadripmiitcL  hemi^riet 
haben.  Einem  alten  Herkommen  gemäC^  hatte»  er  bei 
seinem  Ausrufe  nur  die  Wahl  zivischen  den  beiden 
ungeraden  Zahlen  füaS. und  sieben.     '  , 

Aus  dem..Qvid  ^ ) versehen  .wir ^  da(k;die  Calm- 
däe  der.  Juno  geweiht  waren ,t  und  zwar  der  Lli'- 
cina,  d.  i«der  Lieht«-  oder  ans  Licht  bringjeur 
den.,  welchen  Beinatxien  sie  bekannUidi  afuch  alsGe!- 
burtsh elferinn  führte.-  Dieser  Umstand  dient  zu 
einer  Andeutung  mehk  von  der  urs{N:ünglichen  iStel- 
lang  ddr  Calendae,  was; auch  schon  Macrobius 
bemei^t ;  denn  nachdem  er  gesa^  hat,  dafs  daä 
gedachte  Opfer  an  den  CalencBs  der  Juno  dargebracht 
wurde,  setzt  er  hinzu:  Cum  iniiia  mensium  maiores 
nostri  ab  ^xariu  bmae  servanerintj  iure  lunoni 
addixenmt  Calendas,  lunam  aa  lunonem  eandem 
putantes. 

Die  Athener  zählten  die  Tage  der  letzten  De- 
kade ihrer  Alonaie  ia  rückgän^ger  Ordnung  (125). 
Es  scheint  dies  der  Gebrauch  mehrerer,  wo  nicht  ai- 
ier  griechischen  Völker  gewesen  zu  sein , .  ein  Ge- 
brauch, der  zugleich  mit  dem^  Mondjahr  v6n  ihnen 
zu  den  Römern  übergegangen  sein,  muls,  was  auch 


1)  Fiui.  1,  56;  VI,  39. 

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278  Technische  CHÜ^nolog^. 

MacrobittS  rafagdnirokHcL^veiiskberti^^.r  Wäre  diese 
tmsern  Be§iiffeniiiQdii>unbeqüeibe:2äilüungswd9e,  die 
auf  alle  dr^i  AbsehIllt1ie•de^'M«liÄs^lmgewendet<^ 
deh  ist,  vom  Monde  tmabhfinglgg^^sen,  so-  würde 
sich  kein  -befriedigender  Grnfid  dafik)  angeben  lasseD. 
Entsprachen  aber  die!  Co/^rM^isr^.ider  ers.ten  Phase, 
die  Nonae  denk*  e lösten  Viertel? und  die  Idtis  dem 
Vollmonde,*  so  war^  es  gana^  natüiiichj^  dais'  man 
sich  durch  das'Datiren.  selbst ''in 'jedem  Augenblick 
die  Frage  beiantvrpriete,  wie  lange  es  bis.  zu  diesen 
,  jdrei  Epochen  noch,  hin  sei/«  ^   .-..  ../s.. 

DaCs  endlich  die  Idus  utsprünglieh  wirklich  der 
Tag  des  Vollmondes  wäre»,'«  geblvauss allem,  was 
4)iei' Alten  iffieir'  dieses  Wort  s^gen,  Uar:  hervor.  Beim 
Macrobius'^)  findet-stch  eihe  igarate' Reihe  Etymolo- 
gien, die  alle  hierauf  hinauslaufem  Ich  verweise  des- 
halb auf  4as  Handbuch  der  Ohronalogie  •)• 

Nach  ^Uem,  was  ich'  hier  zusammengestellt  habe, 
wurd  man  zugeben  müssen;  däfs  Numa's  Jahr  ein 
Mondjahr  gewesen  sei,  und  dals  ein^solches  lange  zu 
ilom  bestsoiden  haben  müsse,  wieü  es  «onst  schweificii 
auf  Sprache  und  Verkehr  so  tief  eingewirkt  haben  würde. 
dafs  ein  bleibendes  Andenken  dav6li' sich  auf  die  spätere 
Zeit  erhalten  konnte.  Unmöglich  sind. nun  aber  die 
römischen  Monate,  so  lange  daa 'Mondjahr  im  Ge- 
brauch blieb,  von  der  festen  Dauer  gewesen,  die  ih- 
nen Censorinus  und  Macrobins  bejllegen.  An 
4em  Tage,  wo  der  l^ontifex  die  Mondsichel  zueist  in 
lier  Abenddämmerung  erblickte,  rief  er  fünf  oder,  sie- 
benmal sein  ca/o,  und  die  Calendde  seheinen  nun 
«llemal  von  der   nächsten  Mittemacht   an   gerechnet 


1)  Saturn.  I,  16. 
3)  Saturn.  I,  15, 
3)  Th.  U,  S.  43  ff. 


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Homer.  ,  .  B7JJ 

worden  zu  seSü;,  denn  wir  bah^n  kernen  Güwdy  i^o 
bezweifeh,  dalis  die  Mitternacht  von  jeher  die  Epoqhj) 
des  römischen  Tages  gewesen  sei*  Die  Nonae  wuüT" 
den  so  in  die  Gegend  des  ersten  Viertels,  und  die 
Idos  in  die  des  Volhnondes  geschoben.  Nach  d^n 
Idus  mag  man  imnkerhin»  wie  Macrobius  versichert, 
ante^  diem  decimum  septimum  Calendas  gesagt,  und 
durch  diese  Zähhmgsweise  den  Tag  der  Calendae  bcr 
stimmt  haben,  wedn  trübe  Witterung  die  Beobach- 
tung/der  ersten  Phase  hinderte;  allein  die  älterep  Rö- 
mer haben  sich  ge^Iüs  eben  so,  wie  die  Siculer  b^im 
Cicero  (107),  erlaubt,  die  Intervalle,  zwischen., den 
drei  £huptepochen  des  Monats  um  einen  oder  ^wei 
Tage  zu  verlängern  oder  zu  verkürzen,  sobald  sie 
eine, Abweichung  von  den  Monderscheinungen,  denen 
sie  angehören  soUten,  wahrnahmen.  Erst  als  durch 
Einführung  des  Merced  onius  der  Kalender  von  den 
Mcmdwechseln  ganz  unabhängig  geworden  war,  kann 
die  regelmälsigere  Dßtirungs weise,  nach  der  die  Mo* 
nate  eine .  ein  für  allanal  bestimmte  Zahl  von  Tagen 
und  die  Nonae  septimanae  ihren  festen  Sitz  erhielten, 
aufgekommen  sein. 

Es  gibt  nun  aber  ein  zwiefaches  Mondjahr,  das 
freie,  dessen  Anfang  allmähllg  das  ganze  Sonnenjahr 
durchwandert,  und  das  gebundene,  welches  von 
Zeit  zu  Zeit  dergestalt  mit  der  Sonne  ausgeglichen 
wird,  dais  emerlei  Monate  Immer  auf  einerlei  Jahrs* 
zeit  haften  (34,  35).  Das  Jahr  des  Numa  gehörte 
entschieden  zur  letztem  Klasse.  Unter  den  römischen, 
an  bestlnunte  Mpnatstage  geknüpften  Festen  gab  es 
mehrere  von  hohem  Alter,  deren  Bezug  auf  die  Jahrs- 
zelten unverkennbar  ist,  z.  B.  die  Cerealia,  Flora- 
lia,<^Robigalia,  Vinalla,  Parl.lia  oder  Palilia.  IKe 
letzteren,  ein  ländliches  Frühllngsfest,  müssen  von  jeher 
undecifno  Calendas  Maias  gtleieii  sein,  weil  nach' 


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280  '     TechnUche  i^^nohgie. 

einer  dten  Tradition,  deren  vrit  öfters  gedadit  fin- 
den ^),  an  diesem  Fest  xmA  Datum  mg^eich  der 
Gnmd  zur  Stadt  gelegt  sein  sdl,  daher  aucb  die  Jahre 
Roms,  wie  Censorinus  sagt^),  eigendich  a  Pari-' 
libus  gezählt  wurden.  Die  Hyaden  hatten  den  Na^ 
men  sidus  Pariücüan  ^),  weil  me  um  die  Zeit  der 
Parilia  in  der  Abenddämmerung  unterginge».  Solche 
volksthümliche  Namen  pflegen  sehr  alt  zu  sein.  D» 
Fest  war  es  gleichfalls;  denn  nach  F^lulareh  *)  soU 
es  schon  vor  Erbauung  Roms  unter  den  Hirten  La- 
tiutns  bestanden  ^äben.  Selbst  der  Name  des  Mo- 
nats, auf  den  es  traf,  Aptilis^,  deutet  nach  .der  wahr- 
scheinlichsten Ableitung,  wie  das  attische  ^ki^e&tv\(^^ 
auf  den  Frühling.  Macrobius,  der  das  Kapitel 
von  den  Etymologien  der  Monatsnamen  nadi  Cis- 
cius  und  Varro  umständlich  abhandelt  ^),  b^nerkt 
schon  die  Analogie  beider  Benennungen,  irrt  aber, 
wenn  er  sie  einerlei  Monat  beilegt;  denn  der  Anthe- 
sterion  entsprach  mehr  d^m  Febniarius  als  dem  Apii* 
lis.  Solcher  Beziehungen  der  römischen  Monate  auf 
die  Jahrszeiten  ^  wird  der  Altertbumsforscher  leicht 
mehrere  >  auffinden  können.  Die  wenigen  hier  ange- 
führten sind  hinlänglich,  uns  zu  überzeugen,  dafe 
Numa  eine  Einschaltung  zur  Au^leifiinng-  seines 
Mondjahrs  mit  der  Sonne  angeordnet  haben  müsse. 

Die  älteren  Gesdiiiclitschreiber  waren  sehr  ver- 
schiedener Meinung  über  den  Ursprung  ^es  Schalt- 
wesens bei  den  Römern.  Macrobius  sammele  was 
er  darüber  aufgezeichnet  fand  ^)«    Er  bemerikt  unter 


1)  Dionjrsitts  Ant.  I,  88;  Cicero  dg  vßvim.  U,  47. 
3)  c  31, 

3)  Plin.  IKiV.  XVffl,  66. 

4)  Fita  Rom.  c.  13. 
»)  Saturn.  I,  13. 
^^  SahirjK  I,  13. 


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Bornas.  1  281     ^ 

andeilt^  däfe  Aach  Valerius  Antias  es  Ntima  war, 
der  die  Einschaltung  eingefährt  hatte,  und  zwar  «a*- 
crorum  causa,  van  die  Feste  in  einerlei  Jahrszeit  tn 
erhalten^  was  allerdingi^  seine  Absicht  dabei  geweseii 
sein  naiäs.  Die  späteren  Schriftsteller,  z.  B.  .Cicero', 
Liyius,  Plutarch,  äiifsem  sich  in  gleichem  Sinn  ^), 
wenn  auch  dve  Form  der  Einschaltang,  die  ihm  al- 
lein angehört  haben  kann,  von  keinem  ausdrüclclic& 
erwähnt  wird.  Kur  Censorinus  spricht  sich  durch 
das  Wort  deniquey  womit  er  sich  den  Uebergang 
vom  Jahr  des  Numa  zu  dem  spätem  bildet,  deutlich 
genug  dahin  aus^  dafs  der  kurze  Sehaltm<>nat  zu  23 
bis  23  Tagen*  eine  spätere  Erfindung  war.  Di^  voü  ' 
dem  Urheber  des  MondjahYs  eingeführte  Einschaltung 
kann  blofs  darin  bestanden  haben,  dafs  er  alle  zwei 
oder  drei  Jahre  jMch  dem  Vorgange  der  Grieche»,, 
jedoch  ohne  die  unter  diesen  erst  späterhin  aufge-  ^ 
kommene  feste  Norm,  einen  vollen  Monat  einschob, 
um  den  Anfang  des  Jahrs  in  eineriei  Jahrs^eit  zu  fi- 
2[iren.  Ob  dieser  Monat  schon  damals  Mercedo*^ 
nius  hiefe,  wollen  wir  nicht  weiter  fragen. 

Es  ist  nun  noch  übrig  zu  untersuchen,  mit  wel- 
chem Monat  das  alte  Mondjahr  angefangen  hat.  Die 
römischen  Schriftsteller,  wrelche,  die  Epochen  der  mit 
ihrem  Kalender  voi^gegangenen  Aeudentngen  wenig 
unterscheidend,  Altes  und  Neues  bunt  unter  einander 
mischen,  haben  auch  ^über  diesen  Punkt  sehr  ver- 
schiedehe  Ansichten. 

Wie  wir  unten  sehen  werden,  traten  die  Con- 
sub  erst  seit  dem  Jahr  601  d.  St  am  1.  lanuarius 
in  Function,  da  sie  früher  ihr  Amt. mit  den  Idus^des 
Mardus  und  noch  frühem  mit  andbmr  Epochen  begon- 


1)  De  Ugg.  U,  12.  EUl.  I.  c;   Fita  Kumae  L  c    VergL 
Hanab.  U,  49.  ^ 


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283  Technische^  Chronologie. 

iicn  hatten.  Die  Calendae  lanuariife  hatteii  ako  in 
den  sechs  ersten  Jahdiunderten  der  Stadt  .keine  Art 
von  Vorrecht,  wenn*  vom  Alnfange  d^  römischen 
Jahrs  die  Rede  ist  Dies  müssen  indessen  die  spä- 
teren Schriftsteller  geglaubt  haben,  weil  sie  ziemlich 
allgemein  verfiSchem,  dafs  Numa  die  Monate  lanua- 
rilis  und  Februarins^  die  er  zum  romuligc£en  Jahr 
hinzugefügt,  haben  ^oU,  zum  ersten  und  zweiten  ge- 
macht habe.  Man  vergleiche  nur,  wie  sich  Macro- 
bius  in  diesem  Sinne  aulsert  ^).  Dennoch  sagt  er  ^): 
Omni  intercaJaiioni  tnensis  Febmsarius  deputatus 
estj  qu^niam  is  ultimus  anni  er^at,  zum  Beweise, 
da£s  ar  seine  Nachrichten  aus  sehr  verschiedenen  QueL 
len  ohne  Kritik  zusammengetragen  hat. 

Dafs  wirklich  der  Februarius  in  den  ältesten  Zei- 
len der  letzte  Monat  des* Jahrs  war,  finden  wir  auch 
anderswo  sehr  bestimmt  bemerkt,  z.  B.  beim  Cipero 
und  Varro  ^).  Auch  geht  es  aus  dem  ganzen  We- 
sen dieses  Monats  hervor.  Das  .letzte  Fest,  das  in 
-ihm  gefeiert  wurde,  die  Terminalia,  war  zugleich 
das  letzte  im  Jahr.  Es  war  dem  Terminus  ge- 
weiht, dem  Gotte  -der  Grenzen,  der  Monate  so  i/ne 
der  Felder.  Unmittelbar  nach  diesem  Feste  vmrde, 
wie  unten  erhellen  wird,  der  Merce^donius,  so  wie 
späterhin  das  bisf^extum  eingeschaltet,  und  es  lälst 
sich  wol  nicht  bezweifeln,  dafs  audhi  im  Mondjiahr 
der  Schaltmonat  dem  Februarius  gefolgt  sei.  Zum 
Sitz  der  Einschaltung  wird  man  aber  nicht  den  zwei- 
ten ,  sondern  den  letzteii  Monat  des  Jahrs  gewählt 
haben.  Der  Febmaritis  hatte  fenter  allein  eine  ge- 
rade Anzahl  von  Tagen,  und  wurde  defshalb  für  ei- 


1)  Saturn.  I,  13.      2)  Sntum.  I,  12. 

3) /)€?  %^.  n,  21.    Zfe /iwg«.  fo/.  1.  V,  p.  85.    VefgLF/- 


4tus  V.  Februarius. 


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nen  irerstüinmelten  und  minder  ^fiddiehen  Monat  ge* 
halten.  Aneh  i¥a(.  er  der  Reibigung  der  Lebendell 
und  deir  Süline  der  AbgesduedeDen  geweifaL  Jenbr 
verdankt  er  seinen  Namen/  denn  J^bruum  war,  wie 
Varrcf  sagt*),'  in  der  Sprache  der  Sabiner  ein 
Synonym  von  purgamentum;-  und  dieser  waren  ifie 
Feralia  bestimmt,  die  in  ihm  gefeiert. vrarden. 

Alle  diesie  Umstände  «usammengenommeii  liefsen 
den  Ovid  mcht*  zweifeln,  dab  der  .Februariuft  itot 
Zeiten  der  letzte  Monat  des  Jahrs  gewesen  sdi^). 
Da  er  sich  aber  nicht  von  dem  Wahn  losmacbe» 
konnte,  dafs'  der>  lannarlus  von  Alters  her  der  erste 
war,  So  glaubt  er,  »dais  der  anfangs  spatio  long^ 
vom  lanuarius  getrennte  Februarius<  erst  durch  die 
Decemvim  seine  nachmalige  Stellung  erhalten  habe, 
ohne  zu  bedenken,  dafe  beide  Monate  auch  früherbin 
benachbart  sein  mufsten,  nur  dais  letzterer  dem  ec- 
sten  voranging,  nicht  folgte.  Von  dieser  umgekehrten 
Stellung  spricht  aber  kein  Alter  weiter. 

P^utarch  vnrft  die  Frage  auf,  warum  man  4^ 
neue  Jahr  mit  dem  lanuarius  anfange  ^).  „In  alten 
Zeiten,  sagt  er,  war  der  Martins  der  erste  Monat,  was 
aus  vielen  Zeichen  klar  ist,  besonders  aber  daraus, 
dafs,  vom  Martins  gerechnet,  der  fünfte  Monat  Quin- 
tiKs,  der  zehnte  December  heifst^'  Es  ist  zu  be- 
dauern, dSafs  er  von  diesen  vielen  Zeichen  nichts 
weiter  erwähnt  hat  Ovid  und  Macrobius  fuhren 
Mehreres  davon  an  ^),  z.  B.  dafs  man  an  den  Calen- 
d»  Martüs  das  Feuer  auf  den  Altären  der  Vesta  er- 
neuerte, wie  letzterer  sagt,  ut  incipiente  amio  cura 


\)  A.  «.  O. 

2>  Fast,  n,  47, 

3)  QuaeaU  Rom.  JSo.  XIX. 

4)  Fn*t,  m,  135  ff.  Saium^  1,  t3. 


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B84  Technische  C^onohgte. 

deduo  servandi  nwatl  ignis  Anciperet;  dafe  man  au 
demaelben  Tage  in  der  Wohnung  der  f  lamines  die 
«Iten  Lorbeem  gegi^i  lieue  Tertanschte  u.  d*  m«  Sohwer- 
Kdti  würden  «okhe.  zureiner  Zeit,  wo  da^  Jahr  noch 
mi  -dem  Maitnis  anteg,  aufgekommene  Gebräuche 
sidi  bis  auf  die-  sipaiere  Zdlt  edbaltea  haben,  wenn 
schon.  Nüma  die  Jafarsepoehe  geändert  hätte.  Da  nun 
ohnedies  alles  dasauf  hindeutet,  dafi»  da^r  Februarius 
li»ge  der  letzte  Monat  geblieben  ist,  und  da  der  h- 
numus  anst  spät  seiilen  nachmaligen  Vorrang  erlangt 
hjft,  SO' können  wir  uns  überzeugt,  halten,  dais  das 
,  römische  Jahr  im  volksthümlicheii  und  religiösen  Ge- 
bcauch  die  ersten  sedis  Jidirlmnderte.  der  Stadt  hin- 
durch mit  dem  Martins  begoniien  h|it  '  iSelbsC  unter 
'den  Kaisem,  wo  in  politischer  Hinsieht  der  I^nuarius 
langst  die  erste  Stelle  unter  den  Mooat^i  eingenom- 
men hatte,  bheb  den  Römfm  die;  Ansicht  noch  im- 
mer geläufig,  dafs  d^s  Jahr  mit  dem  Frühlinge  an- 
fange. Man  vergleiche  nur,  was  Servius  zur  Erläu- 
terung des  Ausdrucks  vere  novo  beim  Virgil  bei- 
bringt *). 

/  Jahr    der    Decemrini. 

Das  Mondjahr  des  Numa  bestand  bei  den-Rö- 
mem'  so  lange,  bis  sie  anfingen,  den  kurzen  Schalt- 
monat zu  gebraudien.  Wir  ^  müssen  zuvörderst  Na- 
hmen, Dauer,  Sitz  und  Form  desselben  kennen  lamen. 

Plutarch  erwähnt  diesen  McHiat  zweimaL     Im 


1)  Jd  Georg,  I,  43.  Lydus,  der  (de  mens,  p.  42)  eben 
dreifachen  Jabra&fang  unterscheidet,  des  mit  dem  1.  Jiuraar,  den 
mit  dem  1.  März  und  deo  zu  seiner  Zeit  im  .osirömischea  K&A 
gebrüachlichen  mit  dem  LSepi^ember^  sagt  vom  zwaten,  dais  er 
den  Römern  för  di^  vaterlSadischea  gegblteo  habe. 


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Leben  des  Nnm^  ^)  tven^t  er  Sm  UiB^fCiSm^j  im 
Leben  des  C»ässr  *)  MeQXfiSaviö^  Die  ente-Fonn 
scheint  eine  Corrnpflibh  der  letitern  zu  seiku  Beim 
FestUfi^  findet  iftidi:  .^i^c^ifomÄ^  (dies)  düerUrH 
a  me^cede  solvenda;  und  beim  Isidors  Meikedo* 
Tims  (homo)  (jfui  stuhit  meröed^m.  Lydus  ^)  hat 
Yins  die  Nott£  ffos  dem  Cinc^us  dufbewahnty  da£s  der 
November 'bei  den  Alten  den  Namen  MBQjaShfioi;  f^ 
Führt,  weil  die  Pächter  in  ihm  den  Zins  entrichtet 
hätten.  Man  sieht  ako,  dafs  Mercedonius  beim 
Piutarch  so  viel  als  Zahlmonat  heifst,  tind  dafii 
mithhi  auch  im  Schaltmouat  gewisse  Zahlungen  zu 
leisten  gewesen  sein  müssen.  Merkwürdig  ist  es»  dafii 
dieser  Monatsname  bei  keinem-  römischen  Schrifistel^v 
1er  vorkommt,  sondern  sich  dafiir  hiofs  mensu  inter^^ 
ctrhris  oder  ihiercäiarius  gebraucht  findet 

Pl^ntarch  sagt,  Nnma  habe  den  lltagigen  Vüx* 
terschied  des  Mond-  und  Sonnenjahrs  verdoppele  und 
daraus. einen  Monat  von  22  Tagen  gebildet,  der  ein 
«Jahi*  ums  andere  eingeschaltet  wordeh  sei.  Censo« 
rlnus  und  Macrohius,  die  in  diesem  Punkt  mehr 
Glauben  verdienen,  versichern  dagegen,  dais  der  Schalte  ^ 
monat  abwechselnd  22  und  23  Tage  hielt 

Nach  PlutaYch  wurde  der  Scftialtmonatih  den 
Febmatiufi  eingeschoben.  Nliher  •  bezeichnen  «eine 
Stelle  Varro,  Censorinu6*und  Maerobius.  Dei? ' 
erste  sagt'**):  Ihwd^timus  mensis  ftiit  Februarüis^ 
et  ciilh  iMtrcälertur,  inferi^t^S'  fuihque  dies  dtw-^ 
decimo  detnunfür  tfkense.  Bläm  wnä^ii  heifst  es:' 
In  mehse  potis$mum  fkbruario  intet'  Terminaiia 


1)  A.  1.  O. 

2)  c.  59. 

3)  J>e  jnens.  p.  195.  ' 

4)  De  fing.  laU  1.  Y,  p.  55. 


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286  Technische  Chtonolofjie^ 

et  Repfughan  intereakttum  est.  -  Ans  Atta  dritten 
erselien  wu;  bestiimnler,  als  son^  irgend  woher,  dab 
im  8chalt}ahr -die  Terminalia  der. letzte  Tag  des 
Febniarius  waren,  der  d^nn  nur  23  Tage  zahlte,  dals 
ihm  der  Schaltmonat  von  22  oder  23  Tagen  folgte, 
und  dais  die  fünf  letzten  Tage  des  Febniarius  von 
Regifugium  an,  fwdches  im  Gemeinjahr  der  248te 
war,  nach  Art  der  ägyptischen  fj^agpmenen  dem  Jahr 
angehän^  wurden,  Lbmüglich  konnte  itian  beim  Pa- 
tiren, wenn  der  Schaltmonat  zu  Ende  war,  noch  ein- 
mal tum  Febniarius  zurückkehren;  man  muis  die 
fiinf  abgerissenen  Tage  als  zum  Schaltmonat  gehörig 
hiezeichnet  haben,  der  dadur<:h.  eine  Dauer  von  27 
oder  28  Tagen  erhielt  Hierauf  geht  die  Notiz;  Men- 
sis intercaiaris  constat  ex  diebüs  viginii  o(i:o  in 
den  Digestis  ^j,  die  also  gerade  nicht  mit  Censo- 
rinus  und  Macrobius  im  Widerspruch  sind«  Viel- 
leicht hat  der  alte  Rechtsgel^te,  aus  dem  diese 
Worte  entlehnt  worden,  viginti  Septem  vel  octo 
gesdbrieben. 

Wie  man  im  Schaltjahr  datirte,  hat  zuerst  Ery* 
c|us  Puteanus  genügend  nachgewiesen  .*).  Der  Fe- 
bniarius, sonst  von  28  Tagen,  hatte  im  Schal^ahr 
mir  23.  Statt  dafs  man^  also  im  Gemeinjahr  nach 
den  Idus  a.  d.  XVI  CdUndaS:  Martuis  sagte,  hieCs 
es  im  Scbalifahr  a.  d.  XI  Calendas  intercalßres. 
Die  Terminalia,  £e  im  Gemeinjahr  auf  a.  d.FlI 
Calendas  Martias  trafen,  waren  im  Schaltjahr  pridie 
Calendas  intercalares.  Dem  Schaltmonat  gab  man 
ganz  ordentlich  seine. Calendas,  Nonas  und  Idus 
mit  dem  Zusatz  intercalares.  Nach  den  Idus  sagte 


1)  1.  L,  tit.  XVI,  leg.  98.  ^ 

2)  Im  laten  Kapitel  seiner  Ueinen  Sdirii^  ße  BUssxio^  im 
achten  Bande  des  Thesaurus  yon  Griiviäs.  ^ 


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mmer.  2g7 

man  eotweder  ä;  d.  XV  od^r  €h  d*  XVI  Calendas 
Martias,  \t  nachdem  der  Moimt  27  od^r  28  (eigentr 
lieh  92  odeü  23)  Tage  hatte.  In  beiden  Fällen  war, 
wie  im  Gem^injahr^Regifugiuma*  d.  VI Cälendas^ ' 
Martias*  Als.  Belag  hiejrzu  findep  sich  nur  ein  paar 
Stellen  beim  Livius  *)  und  Cicero  ^),  die  kein^t 
weitem,  Erläntenmg  bedürfen«  Bejm  Asconi|is  Pae« 
dianus  heilst  es  ^):  Pompeiu^  nA.  interrege  Servia 
Sulpitio.  V  Calendas  Martia^  mense  intercalario 
consul  creatus  est;  er  meint  entweder  den  2v4stei|  ' 
oder  25sten  des  Scbaltmonats,  je  nachdem  •  die  Dauer 
desselben  im  Jahr  702  d.  SL,  von  welchem  die  Rede 
ist,  27  oder  28  war.  Die  Fa&ti  triumphales,  die  zu' 
den  eapitolinischen  Marmorn  gehören,  besagen,  da£s 
der  GcHlsul  C.  Duiljus  im  Jahr  493  d.  St  C.  Inter^ 
calar.  am  ersten,  und  der  Consul  P.  Cornelius  L^n« 
tolus  517  an  den  Idib.  Intercal.^  am  13ten  des 
Schaltmonats,  tciumphirt  habe^  WennCicjero  an  den 
Atticus  scBreibt  ^):  Accepi  tuas  litteras  a^  d* 
qmntwn  terminaUa  (er  meint  den  19.  Februar)  Laa*  ' 
diceae,  so  war  dies  gewifs  eine  sehr  ullgewöhnliche 
Art  %n  datireu,  die  er  offenbar  gebrauchte,  weil  er 
nicht  wu&te^  ob  map  in  seiner  Abwesenheit  zu  Roiß 
eiDgeschalCet  habe  oder  nicht;  denn  in  jenem  Fall 
würde  er  lieber  a.  d.  sextum  Calendas  intercakh 
res  Und  in  diesem  lieber  a.  d.  XI  Calendas  Mar* 
tias  gesagt  haben.  Dals  er  es  aber  wirklich  niclit 
Wülste,  geht  aus  dem  weitei^  Verfolge  des  Briefes 
hervor,  wo  es  heüsl:  Ea  sie  observabo^  quasi  inter- 
calatum  non  sit. 


1)  1.  XXXVII,  c.  59. 

2)  Pro  P.  QuinOo  c.  25. 

3)  Comm,  in  Cie»  orat.  pro  Milone  p,  186  ed.  Lii^«  B^t 
.1644.       4)  VI,  1.  . 


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288  Technische  Chronologie/ 

Wir  kennen  nim  die  Regel.     Wer  aber  weife, 
was  uns  die  Ramer  vod  dem  schwankenden  Zustande 
Shreä  Kalenders  .vor  Julius  Cäsar  sagen^  wird  leicht 
erachten,  dafs  es  nicht  an  Ausnahmt  gefehlt  habe.  Da- 
hin  deutet  schon  das  potis^hmim  in  den  vorhin  citir- 
ten  Worten  des  Censoriiius,  welches  «u  erkennen 
gibt,  dafs  der  Schaltmonat  auch  wöl  einmal  anders- 
wo, ab  in  den  Fehihiarhis,  einge^schoben  worden  sei, 
wenn  sich  gleich  mit  Ausnahme  des  Jahrs  708  d.  St, 
des  nächsten  vor  ddr  julianischen  Reform^  nirgends 
eine  deutliche  Anzei^^  davon  fihdet.    Dafs  selbst  im 
Februarius  der  Sch«iltmonat  keinen  ganz  festen  Sitz 
hatte,  lehren  ein  paar  Stellen  des  Livius.    An  der 
einen  heifst  es  *):  Intercalainm  to  anno;  postridie 
terminalia   intercatares  fuerant^      Wäre   dies   die 
^  unverletzliche    Regel    gewesen,    so    würde   sich   der 
Schriftsteller   eines    so   unnützen   Zusatzes    enthalten 
haben.     Dai^  sie  aber  wirklich  Ausnahmen  erlitt,  se- 
hen wh*  aus  einer  andern  Stelle,  welche  also  lautet  ^): 
Hoc  dnno  intepctdahim  e.9t.     T^riio  die  post  ter- 
minaKa  Calendae  intercalares  fuere.    Man  suchte 
nämlich  von  Alters  her,  ^Te'Ma-crobius  bemerkt'), 
das  Begegnen  der  Nundinae  mit  den  iNonis  und  mit 
dem  Neujahrstage  sorgßltig  zu  vermeiden.  Ein  solcher 
Fall  trat  im  Jahr  714  d.  St.  ein,  wo  man,  wie  Dio 
Cassiüs  berichtet  *),  einen  Tag  gegen   die   festge- 
setzte Notm  einschaltete,  damit  nicht  der  Anfang  des 
nächstfolgenden  Jahrs  auf  die  IN^nndinas  treffe,  wel- 
chen 

1)  1.  XLV,  c  44. 

2)  1.  XLin,  c.  11.  ... 

3)  Satum.  I,  13. 

4)  L  XLVm,  c.  33,  Vei^l.  l  XL,  c.  47  and  L  LX,  c.  24. 
An  der  letztem  Stdle  Mgt  der  Gescbiehtschreiber,  daf»  die  Non- 
dinaa  versetzt  woMeo  seien.  Dies  w»r  aber  schwerlidi  je  der 
Fall 


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Röjner.         ,  289 

eben  Tag  man  nac6lier  wieder  ausmerzte,  lim  keine 
Störung  in  dem  damak  schon  eingeführten  julianischen 
Kalepder  zu  verursachen.  Da  nun  Cäsar  seinen 
Schalttag  unmittdbar  auf  die  Teripinalia  folgen  liefs, 
so  ist  die  Voraussetzung  sehr  natürlich,  dafs  man 
schon  früher  gewohiit  war,  dem  aufserordentlichen 
Tage  dieselbe  Stelle  anzuweisen.  Dies  geht  auch' 
aus  folgenden  Worten  des  Macrobius  hervor:  Unde 
dies  iüe,  quo  abundare  annum  diximuSy  eorüm  est 
permissus  arSifrio,  qui  fastis  praeeranty  uti  cjmi 
vellent  intercalaretur  y  dummodo  eum  in  media 
terminaliorum  vel  (}.  ci^  inensis  intercalaris  ita 
locarenty  ut  a  suspficto  die  celehrkatefn  averteret 
nundinarum.  Atque  hoc  est  quod  quidam  Deterum 
retulerunt^  non  solum  mensem  apud  ßornanos,'  ve^ 
mm  etiam  diem  intercalarem  fuisse.  Der  über^- 
zahüge  Tdg  des  Jahrs,  dessen  hier  gedacht  wird,  ist 
der'355ste,  den  Numa,  der  Sage  nach  aus  Vorliebe 
für  die  ungerade  Zahl,  zur  ursprünglicl^en  Dauer  deÄ 
Mondjahrs  hinzugefügt  hat  Dieser.  Tag  wurde  ^Isö^ 
so^  oft  dergleichen  CoIIisionen  zu  vermeiden  waren, 
zwischen  die  Terminalia  und  den  Sehaltraonat  einge» 
schoben,  in  welchem  Fall. man  nach  den  Idus.  des 
Febru^rius  a.  ä.  XII  Cedendo^  intercalares  gesagt 
haben  mufe.  Warn  Macrobius  kurz  vorher  be- 
meikt,  dals  der  überschüssige  Tag  dem  lanuarius  zu- 
gelegt worden  sei,  der  anfangs  nur  28  Tage  gehabi^ 
so  sieht  man  wieder,  dafs  er  seine  Nachrichten  ohne 
Kritik  zusammengestellt  hat  Man  mds,  um  beides 
zu  vereinigen,  annehmen,  entweder  dafs  im  Fortgänge 
der  Zeit  mit  dem  überzähligen  Tage  eine  Aendemng 
vorgegangen  sei,  oder  dals  ihn  die  Ordner  desKalei^« 
ders  nach  Willkühr  bald  an  den  Sctthifs  des  lanüa* 
rius,  bald  unmittelbar  vor  den  Anfang  des  Schaltmo- 
nats gesetzt  haben.  .     « 

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290  Technische  Chronologie. 

Nach  diesen  Erörterungen  über  das  Weden  des 
römischen  Schaltmpnats  £ragt  es  sich*,,  welche  Form 
durch  Einführung  dessdben  das  Jahr  des  Numa  er- 
hielt Dab  es  kein  Mondjahr  bleiben  könnte,  ist 
kkr;  denn  bei'  der  ersten  Einschaltung  des  kurzen 
Monats  gingen  die  Cadendae  zum  letzten  Viertel,  und 
bei  der  zweiten  zum  Vollmonde  zurück.  Befestigung 
der  Monatsanfange  in  der  Gegend  des  neuen  Lichts 
konnte  also  nicht  länger  das  Princip .  sein ,  das  die 
Anordner  des  Kalenders  leitete  (diese  Rücksicht  hatte 
(ur  die  Romer,  deren  Feste  nicht  an.'die  IVIondwech- 
sd.  geknüpft'  waren,  weniger  Gewicht  als  für  die 
Griechen),  sondern  vidmehr  die  Befestigung  des  bei 
der  frühem  noch  rohen  Einschaltungsweise  schwan- 
kend gebliebenen  Jahranfangs^  in  einerlei  Gegend  des 
«Sonnenjahrs.  Censorinus  sagt'  ausdrücklich ^  daüs 
man  den  kurzen  Schaltmonat  eiil  Jahr  ums  an- 
dere eingeschaltet  habe,  ut  civilis  dnnus  ad  natura- 
lem exa^quatetur.  Die  Römer  erhielten  also  nun 
eine  Art  Sonnenjahr,  das  sich  der  Ansicht  Seiner 
Urheber  nach  durch  eine  zweimalige  Einschaltang  mit 
iigst  Sonne  ausgleichen  sollte.  Da  sie  aber  bei  dieser 
Reform  von  k^ien  richtigen  astronomischen  Grund- 
$ätzen  ausgingen,  sondern  sich  bloCs  eine  fremde,  auf 
die  Daner  ihres  Jahrs  nicht  paseende  Schalteinrich- 
t|ing  aneigneten,  so  legten  sie  dadurch  den  Grund  zu 
einer  Kalenderverwirmng,  wie  sie  die  Geschichte  kei- 
w&  andern  Volks  kennt  . 

Man  sieht  ^  es  wurden  aUe  acht  Jahre  90  Tage 
dngesdialtet  Da  nun  von  der  Octaeteris  der  Grie- 
eben  dasselbe  galt  (114),  so  wird  man  hieraus  scblie- 
Isen,  da(s  das  von  Meto n  in  Griechenland,  wenig- 
stens zu  Athen,  gebräuchliche  Schaltwesen  dem  rö- 
mischen zum  Mnster  gedient  habe,  und  dies  ist  auch 
die  Meinung  des  Macrobius,  der  die  Röm^  nur  in 


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'  Römer.  ggj 

so  fem  ton  den  Griechen  abgehen  lafst,  als  tlie  letz- 
teren'aus  den  90  überzähligen  Tagen  drei  Schaltmo« 
nate  zu  30  Tagen,  die  ersteren  hingegen  vier,  ^bwech* 
selnd  %n  22  und  23  Tagen,  gebildet  haben« 

.Nunmehr  werden  wir  im  Stande  sein j  die  Epoche 
der  zweiten  Refotm  dfes  tömisehen' Kalenders  mit  Tie-^ 
1er  Wahrscheinlichkeit  festzusetzen«  ^Im  Jahr  300 'd. 
St  wurden  Gesandte  niaeh  Athen  geschickt,  mit  dem 
Auftrage,  ^die  Gesetzt   Solo n's   abzusehre3>en,   und 
von  der  Verfassung,  den  Sitten  und  Reeh|;en  der  übri- 
gen  griechischen   Staaten   Kunde   einzuziehen,      um 
diese  Zeit,  22  Jahre  vor  Einführung  ^es  metohscheii 
Cyklüs,  wfir  die  Octaetcris  in  entschiedenem  Gebrauche. 
Die'  Voraussetzung  ist  also  wol  sehr  natürlich,  Üb 
sie  den'  Römern   damals  bekannt  geworden  sei  und 
zur  ]£in(iihrung  des  Mercedonius  Aidafs  gegeben  habe. 
Und  ^drklich  sagt  Macrobius   an  der  oben  (280) 
drtirten  Stelle,  dafs  nach  Tuditanus  und  Cassi'us 
(Hemina),  zweien  der  ältesten  röm^chen  Schriftstel- 
ler,   die  zweiten  Decemvirn  —  qiii  decem  tabulis 
duas  addider^mt  — r-  diejenigen   warttr,    die   w)t»gen 
des   Einschaltens    einen   gesetzlichen   Antrag  an  das 
Volk  machteil,'    Offenbar  ist  hier   von   keiner  Ein- 
schaltung  nach   einmal    angenommenen   Grundsätzen 
die  Rede  (diese  war  Sache  der  Pontifices),  soiidertf 
von  einer  neuen  Gestaltung  des  Schal^esens.    Man 
darf  daher   keinen   Anstand  nehmen,    den  ürsprurig 
des  kurzen  Schaltmonats  ins  Jahr  304  der  Stadt  zu 
setzen,  wo  jene  Decemvim  am  Ruder  waren.    D«fe 
das  Mondjahr  wenigstens  bis  dahin  bes^nden,  be^ 
weis^  folgende  Stelle  des  Dionysius  *)j    „Im  näch-^ 
sten  Jahv  übernahm.  Appius  Claudius  mit  den  übrigen 
Decemvirn  die  consularische  Gewalt  ^n  den^lduS'des 


1)^»*.  X,  59. 

19* 


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292  -  Technische  Cbrmotogie. 

Mahis;  man  rechnete  die  Monate  nach  dem  Monde, 
und  e»  traf  der  Vollmond  auf  die  Idus/^  wenn  es 
gleich  b;efremdetv  da£»  er  bei  dieser  Gelegenheit  die 
bald  nachher  erfolgte  Verändenmg  der  Jahrsform  nicht 
erwähnt   Die  bestimmte  Kunde  davon  rnnüs  ihm  ent- 
weder nicht  zugekommen,  oder,  da  er  dies  -schrieb, 
nicht  gegenwärtig  gewesen  sein,    Weim  V arro  nach 
eben  jener  Stelle,  des  Macrobius  von  einem  imter 
den  Consnln  Ptnarius  und  Purins,,  dt  i.  im  Jahr  282  d. 
St,  gegebenen  und  auf  einer  ehernen  Säule  eingegrabe- 
nen Gesetz  gesprochen  hat,  worin  sch<m  de^  Schalt- 
monats gedacht  gewesen,,  so  wird  man  sich  ans  dem 
Obigen  (281)  erinnern,  dajs  schon  %ur  Zeit  des  Mond- 
Jahrs  eine  Art  Einschidtung  gebräuchliph  sein  hmlste, 
durch  die  es  mit  dem  Sonnenjahr  ausgeglidien  wurde^ 
Durch  die  neue  Schalteinricbtupg  erhielt  das  römi- 
sche Schaltjahr  abwechselnd  377  und  378,  das  Bieiir 
nium  also'  abwechselnd  732  und  733,  und  das  Qu^ 
driennium  1465  Tage«    Da  nun  tder  julianische  Jahre 
nur  1461  Tage  halten,  so  wurde  das  römische  Jahr 
im  Alitiei  um  einen  Tag  zu  lang  angepiommto,  eben 
um  jenen  Tag,  :den  Numa  dem  alten  Mondjahr  in 
honorem  imparis  numeri  zugelegt  >haben  soll  (274). 
Die  Folge  davon  mufste  sein,'  dafis  sich  der  Anfaog 
des    Jahrs    diirch    alle    Jahrszeiten    vorwärts    schob. 
Wenn  Censorinus  versicherte   es  habe  lange  ge- 
dauert, ehe  man  diese  Verschiebung  wahrgenommen, 
so  irrt  er  offenbar;  denn  sie  muiste  bei  einiger  Auf-' 
Q^rksamkeit   auf  die   Fixstemersdieinungen,   die  in 
der  alten  Welt  fleifsig  beobachtet  wurdao,  sch(m  nach 
wenigen  Jahren  s«hr  merldiefa  werden«     Um  ihr  zu 
begegnen,  gab  es,  wenn  die  Schalteinrichtung  im  We- 
sentlichen, beibehalten    werden   ciollte,    kein   anderes 
Mittel,  als  di^  man  von  Zeit  zu  Zeit  einen  Schalt- 
monat wegliefs.     Dies  gesdiah   anfiangs   vermutblich 


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Römer.  8|93 

ohne  feste  Regel;, wenigstens  Teisicliert  der  eben  ge- 
dachte Schriftsteller,  dals  man  die  Abhülfe  des  Fdi- 
lers,  so  wie  überhaupt  das  ganze  Scfaaltwesen,  der 
Willküht  der  Pontifices  anheimgestcilt  habe.  Spä-. 
terhin  .aber  wurde  zur  Ausgleichung  des  bürgerlichem 
Jahrs  mit  der  Sonne  ein  vier  und  zwanzigjähri- 
ger Schaftcyklus  eingeführt,  dessen  Einrichtung 
wir,  wenn  auch  nur  im  Grpben,  durch  Macrobius^ 
kennen  ^).  Nachdem  nämlich  durch  zwei  achtjährige 
Zeiträume  —  octennia  —  die  Einschaltung  regehnä- 
üsig  fortgegangen,  liefe  man  im  dritten  24  Tage  fort, 
die  man  ih  eben  so  vielen  Jahren  zu  viel  ge):echnet 
hatte.  Dies  konnte  so  geschehen^  da£s  man  dem  Mer- 
cedonius  im  20sten  Jahr  nur  22  Tage  gab,  und  ihn 
im  24sten  gänzlich  weglieik  Vielleicht  wurde  aber 
eine  andere  Anordnung  des  Schakcyklus  bdiebt,  wor- 
über sich  nichts  mit  Sicherheit  entscheiden  lälst 

Man  ersieht  hieraus,  dafs  die  .Römer  dem  We-. 
ien  nach   schon  vor  Julius  Cäs.ar  das  julianische 
Jahr  geliraucht  haben,,  wenn  aueh  nicht  in  der  be- 
quemen, von  ihm  zuerst  eingeführten  Form«     Es  ist 
aber  sehr  wahrscheinlich,  dafs  die  'theorie,  mit  der  ^ 
uns  Macrobius  bekannt  macht,  nie  recht  zur  Aus* 
fohrung  gekommen  und  das   romische   Schakwesen- 
unter  den  Händen  der  Pontifices  fortwährend  in  ei- 
nem schwankenden  Zustande  geblieben  ist,  weil  Cen- 
sorinus  des  24jährigen  Schaltcyklus  mit  keiner  Sylbe 
gedenkt,  und  desselben  überhaupt  nirgends  weiter  Er- 
wähnung geschieht,  als  in  folgender  problematischen 
Stelle  des  Livius^*):     Omnium  primum  (Numa) 
ad  cursum    lunae   in   duodecim   menses  descrihü 
annumy  quem,  quia  tricenos  dies  singnlis  mensibus 


1)  Saiam.  I,  13, 
2^)  I,  19 


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394  Technische  Chronologie. 

b$na  non  eotplet^  desmitqm  dies  sälido  anno,  qui 
sölstitiaU  circumagi$ur  Örbe,  intercalaribus  mensL- 
ins  interponendis  ita  dispensiwity  ut  quarto  et 
vigesimo  anno  ad  (metam  eandem  solis^  tmde 
orsi  essent,  plems  annorum  omnium  spaiüs  dies 
congruerent.  Hätte  eis  mit  den  ausgezeiclmelen  Wor- 
ten ^eme  Richtigkeit,  so  würden  sie  ojQTenbar  auf  die- 
selbe Schaltperiode  gehen ,  von  .  der  M  an;  r  o  b  i  u  s 
spricht  Allein  alle  Handschriften  Drakenborch's 
lesen  vigesimo  atmd';  nur  eine  bat  Vc»^  zweiter  Hand 
vigesimo  quarto  quoque  anno,  welche  Lesart  zu- 
erst Sabellicus  in  'seine  Ausgabe  von  1491  esnge- 
fiihrt  hat,  dmLivius  nach  Macrobius  emendirend. 
Die  späteren  Herausgeber  sind  ihm  -niit  Aufnahme 
von  Sigonius  gefolgt,  der  die  alle  Lesart  Korück- 
ruft,  wefshalb'ihn  aber  Roboriellus  in  einer  Ab- 
handlung de  ratione  corrigendi  zurechtweiset  ^). 
Job.  Friedr.  Gronov  erklärt  sich  in  seinen  O^^^r- 
vationes,  worin,  er  ausführlich  von  dieser  Stdle  han- 
delt '),  für  die  Emendation,  doch  so,  da£s  er  richti- 
ger quarto  et  vigesimo  anno  lieset,  das  quoque  weg- 
lasse^nd^  welches  nach  römischem  Sprachgebrauch 
eher  auf  eine  23  als  -  24]ährige  Periode  deuten  würde. 
Wir  sehet!  also,  dals  Livius  nicht  mit  entschiedener 
Sicherheit  als  Gewährsmann  des  24jährigen  Schaltcy- 
klus  genannt  werden  kann^  was  gleichwohl  von  Pe- 
tavius  und  anderen  Chronologen  geschieht,  die  der 
alten  Lesart  nicht  einmal  gedenken.  Doch  läfst  sich 
die  Richtigkeit  der  Emendation  schwerlich  in  Zwei- 
fel ziehen.  • 
,    Es  gibt  nicht  leicht  eben  Gegenstand  der  Alter- 


i)  S.  Grat  er '8  Fax  critica  Tom.  ü,  p.  23,  34. 
^}  l  U,  c.  18,  p.  273  ff.  ed.  Platner. 


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thumskmide,  ah  wj^them  sich  der  Schar&iim  der  Ge- 
lebileoi  vielfacher  versucht  hätte,  als  der  vorliegende. 
Ein  undankbares  Unternehmen 'würde  es  sein,  aUo 
ifon  Panvinius,  Sigc^niu«,  Cnjacins,  Wilhelm 
Lange,  Petitus,  Seger  und  anderen  ersonnene 
Schaltmethoden  zergliedern  u^d  prüfen  zu  wollen; 
sie  tragen  ohne  Ausnahme  ihren.  Ungrund  an  der 
Stirn  ^ ),  Nur  Einer  Hypothese '  mufs  mit  einiger  Aus^ 
fiihrlichkeit  gedacht  werden,  da  der  Name  ihres  XJr* 
heb^  sie  b^  den, Gelehrten  lioch  immer  in  einigem 
Ansehen  erhält,  die,  des  Joseph  Scaliger.  Sie  hat 
langst  an  Petavius  ^)  und  Gronov  sehr  gründliche 
Beurtheiler  gefunden;  hier  sollen  besonders  nur  die*» 
jenigen  Mommte  hervorgehoben  werden,  die  diese 
beiden  Gelehrten  weniger  berücksichtigt  haben,  als 
es  nöthig  scheint 

Scaliger  legt^)   der  römischen   Schaltperiode, 
eine  Dauer  von  22  Jahren  beL    Am  Schlüsse  dersd- 
ben,  sagt  er,  Iijefs  man  den  Mercedpnius^  der  die  er-  . 
sten  20  Jahre  hindurch  abwechselnd  22  und  23  Tage 
gehalten  hatte,  weg,  so  dals  im  Verlauf  der  ganzen 
Periode  225  Tage  eingeschaltet  wurden.    Da  aber  22 
julianische  Jahre  um  225  «Tage  und  12  Stunden  län«    j 
ger  sind,  als  eben  so  viel  römische  Gemeinjahre  au 
335  Tagen,  so  gab 'man,  um  die  12  Stunden  eimn^^ 
bringen,  in  dier  folgenden  Periode  dem  ersten  Schdt« 
monat,  eben  so  wie  dem  zweiten,  23  Tage^  wodurch 
am  Ende  zweier  Perioden  die  Ausgleichung  vollkom- 
men wurde.     Femer  glaubt  er,  dals  aus  der  22iähri< 
gen  Schaltperiode  und  dem  5jährigen  Lustrum  das 


i)  Vergl.  Handbuch  0,  S.  71  ff.  * 

2)  Docir.  temp,  H,  73  ff. 

3)  Emend.  hrnp.  \.  II,  p.  172  ff.  L  IV»  p.  ^298  ff. 


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296  Technische  Chronologie. 

•  110jährige  Saeciilnm  der  Römer  gebQdet  seL  Die 
eiste  Periode  des  Saeculi  habe  mit  dorn  er^en  Jahr 
des  Lustri  angefangen,  die  zweite  mit  dem  dritte^ 
die  dritte  mit  dem  fünften,  die  vierte  mit  dem  2we- 
ten^  die  fünfte  mit  dem  vierten,  und  mit  dem  neuen 
Saeculo  sei  wieder  alles  iqs  vorige  Geteise  gekoinmecL 
Das  Saecuium  habe  also  aud  5  Perioden,  22  Lustris 
und  110  Jahren  bestanden.  Am  Schiasse  jedes  Sae- 
culi öeien  die  Ludi  saeculares  gefeiert  worden.  We- 
der Varro,  noch  irgend  ein  anderer  Kritiker,  habe 
von  dieser  jSache  ehie  richtige  Ansicht  gehabt.  Von 
den  ersten  Spielen,  die  nach  den  Cbnmientarien 
der  Quindecimvim  im  Jahr  298  d.^St.  gefeiert  wor- 
den, bis  auf  Septimius  Seveitis  habe  mai^  die  li(^äh- 
rigen  Interyalle  genau  beobachtet  Ziehe  man  von 
.  der  Epoche  der  ersten  Spiele  110  Jahre  ab,  so  er- 
'  halte  man  das  Jahr  188,  wo  des  Seryius  Tullius  er- 
stes Lustruni  statt  gefunden; 

Man  sieht,  die  Sache  ist  recht  gut  ausgedacht 
Zuvörderst  ist  aber  dagegen  zu  erinnern,  da&beiden 
Alten  nirgends  von  einem  22jährigen  Cyklus  die  Rede 
ist,  während  sich  die  bestimmte  Nachricht  von  einem 
24jährigen  erhalten  hat.  Die  diesen  betreffende  Stelle 
des  Macrobius  anzuführen,  hält  Scaliger  der  Mühe 
gar  hichtr  werth,  nachdem  er  sich  über  die  Glaubwür- 
digkeit seines  Zeugnisses,  auf  das  er.  sidi  doch  an- 
dersM^o  ohne  Bedenken  beruft,  höchst  wegwerfend 
geäufsert  hat  Dagegen  dtirt  er  denLivius  mit  der 
Lesart  vigesimo  qiiarto  qiioque  annoy  die  er  (ur 
die-  einzige,  oder  doch  für  die  riqhtigere  gehalten  ha- 
lben mufs.  Da&  dieser  Geschichtscfareiber,  der  bald 
nach  der  juliani^chen  Refonn  lebte,  nicht  gewufst 
habe,  was  die  Römer  vor  derselben  für  eine  Schalt- 
periode hatten,  eine '22  oder  24jährige,  ist  schon  sehr 
befremd^d^  dafs  aber  gar  V'arrOi  der  gelehrteste 


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Bömer.  297 

Romer  sekier  Zeit  *),  von  dem  frühern  Tomischen 
Scbaltwesen,  das  dpch  erst  in  seinen  späteren  Lebens- 
jahren abgeschafft  worden,  keine  richtige  Ansicht  ge- 
habt haben  sott,  ist  völlig  nnbegreiflich. 

Was,  allein  för  Scaliger's  Hypothese  zu  spre^ 
chen  scheint,  ist  das  Verhältnifs,  in  welchem  seine 
Periode  zu  dem  Lustrum  und  Saeculum  der  Römer 
stehen  s<A.  Dieser  Gegenstand  verdient  eine  genauere 
Erörterung.  . 

Das  Wort  Lustrum  kommt  beim  Ovid  bald 
von  eineni  fünf-,  bald  von  einem  vierjährigen 
Zeitraum  gebraucht  vor  *  •).  Plinius  nimmt  es  zweimal 
kiHTZ  hintereinander  für  Quadriennium  ').  Letztere 
Bedeutung  fixirte  sich  besonders  seit  Einführung  der 
capitoGnischen  Spiele  unter  Domitian,  welche 
gleich  den  olympischen  in  vierjährigen  Zwischen- 
räumen gefeiert  wurden,  die  virir  in  Inschriften  Lu- 
stra  genannt  finden  ^).  Im  dritten  Jahrhundert 
D.  Chr.  war  es  schon  so  gebräuchlich,  Lustrum 
blofs  für  Quadriennium  zu  setzen,  dafs  d^r  sonst 
so  wohl  unterrichtete  Censorinus  gar  keine  andere 
Bedeutung  mehr  gekannt  zu  haben  scheint  ^ ).     v 

Doch  hier  kann^lofs  von  der  altem  Bedeutung 
des  Worts  Lustrum  die  Rede  sein,  und  diese  geht 
allerdings   auf  eilten   fünfjährigen  Zeitraum;    d^nn 


1)  Man  sehe  nur^  wie  Cicero  über  ihn  artheilt,  jead, 
Quaest.  1,3. 

2)  Man  yergleiche  Jmor,  HI,  6,  27  mit  Fast.  III,  165. 

3)  ff,  TV.  n,  47,  48. 

4)  Grnter's  Thesaurw  p.  CCCXXXÜ,  3. 

5)  Man  sehe  nur,  was  er  e.  18  fiber  den  OFimu  magnus 
der  olynipisdien  «nd  capitoÜnischen  Spiele  in  Yergleichaog  mit 
dem  T<m  Servins  Tallins  angeordneten  Census  ss^,  wobli 
man  niclit  vergessen  nmüi,  was  ^nto  ifuoque  anno  nadi  rOmi- 
schem  Spraehgebraach  beüst. 


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29S  Technische  Chronoh^, 

die  Censoren  blieben  fünf  Jahfe  im  Amt,  und  am 
Schlüsse  desselben  und  des  Censüs  wurde  das  Rei- 
nigungsopfer,  Lustrum  genannt,  zur  Sühne  des  Volks 
dargebracht,  welche  feierhche  Handlung  duiph  lustrum 
condere  bezeichnet  wird,  wo  condere  so  viel  als 
finire  bedeutet. 

Dies  War  die  Regel  Allein. sie  htt  so  bSufige 
Ausnahmen,  dals  die  symmetrische  Verbindung  des 
Lustri  mit  dem  Schaltcirkel,  die  Scaliger  voraus- 
setzty^  gar  nicht  entstehen  konnte.  Livius  bemerkt 
einmal  *):  Censiis  actus-  eo  anno  (294  d.  St);  Ju- 
strum  propter  Capitoüum  captum^  consulem  occi- 
sum,^  condi  religiosum  fuit.  Aehnliche  Rüeksich- 
ten  müssen  häufig  genommen  sein^;  denn*  in  dem  lan- 
gen Zeitraum  von  650  Jahren,  die  zwischen  dem  er- 
sten von  S  er  vi  US  Tullius  und  dem  letzten  von 
Vespasian  veranstalteten  Lustrum  verflossen  sind, 
hat  es  nach  Censorinus  ^)  nicht  mehr  als  75  Lu- 
stra  gegeben.  Hiermit  stimmt  auch  ganz  übereia, 
was  sich  aus  den  auf  uns  gekonunenen  Bruchstücken 
der  F^sti  Capitolini  *)  über  die  Feier  der  Lustra 
entnehmen  läfst.  Ich  verweise  de&halb  auf  das  Hand- 
buch der  Chronologie  ^)  und  bemerke  hier  nur, 
dafs  die  in  diesen  Fragmenten  angeführten  Lustra  in 
Imregelmäfsigen  Zwischenräumen  von  4,  5,  6,  ja  öf- 
ters von  7  Jahren  fortschreiten,  woraus  erhellet,  dals 
Lustrum,  als  Name  eines,  Zeitraums,  bei  den  Rö- 
.mem  nie  zu  der  festen  Bedeutung  gelangt  sein  kann, 
wie  'oAv/it«iai,v  bei  den  Griechen. 


'l)  m,  23. 

2)  &  das  zuleUt  angefulirte  CapiteL 

3)  Sie  finden  sich  in  Grat  er 's  Thesaur.  p.  CCXCI  bb 
OCXCrV  nnd  voltstSndiger  bei  Sanclemente  im  ersten  BQch 
8«nes  Werks  De  wdgapt  acrae  emendatkme» 

4/)  Th.  U,  S.  80,  81. 


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.     '      mtner.        ,  2Ml 

,  Eiae  gai]2  ^Sbayiche  Bewandtiifs  hol  es  mit  ^m 
Sa^culum  der  I^ämer.  Nach  einer  Haiiptslelle. beim 
Censorinus  *)  herrschlea  über  die  "Dauer  dieses 
ZeitrauiQS  bei  deit  Römern  zwei  verschiedene  Meinim-' 
gen,  indem  ihm  einige  100,  andere  110  Jahre  baleg» 
ten.  Zur  ersten  bekannten  sich.yaler>ius  Antiäa^ 
Varro  und  Liviusj  die  andere  M^eint,  wiei^  sicli 
Censorinus  ausdrückt,  bestätigt  %\x  werden  durch 
den  Ausspruch  der  Qüindeeimvirn,  der  Aüfbe* 
wahrer  und  Ausleger  der  sibylliniscben  Bücher,  dutch 
die  nach  diesem.  Ausspruch  gemodelten  Verordnung 
gen,  die  August  bei  der  von  ihm  vei'anstalteten  S仫 
cularfeier  ergehen  liels,  und  durch  das  damals  gesun^' 
gene  Carmen  Saeculare  des  Horaz,  nach  welcheoi 
sie  undenos  decies  per  annos  wiederkehr«a  sottte, 

Dals  dasSaeculum  lOÖ  Jahre  halte,  scheint  die 
allgemeine- Ansicht  der  römischen  Alterthumsforseher 
und  Grammatiker  gewesen  zu  sein.  Man  aehe  nur, 
\rie  sich  Varro  %)  und  Festus  öder  vielmehr  der 
von  ihm  epitomirte  Verrius  Flaccus  hierüber  äu- 
£sem.  Selbst  Censorinus  neigte  sich  zuletzt  tn  die^ 
ser  Meinung  hin,  wenn  er  sagt:  Nostri  maiores^ 
quod  naturale  saeculum  (er  meint  die  längste  Le** 
bensdauer  der  Menschen)  quarUma  esset y  eocplora^ 
tum  non  habebanty  civile  ad  certuni  annorum  mö- 
dülum  centum  statuerunty  ^vohei  sie,  setzt  er  hin<> 
zu,  wie  in  so  manchen  anderen  Stücken,  den  Etrus^ 
kern  gefolgt  sind.  Auch  Acron,  der  alte  Ausleger 
des  Horaz,  geht  zu  Od.  IV,  6  in  diese  Ansicht  ein; 
zum  Carmen  Saeculare  dagegen  bestätigt  er  die 
110  Jahre  des  Dichters. 

Doch  man  wird  sagen,  es  komme  hier  nicht  auf 


1)  c.  17. 

2)  De  Vng.  ha.  1.  V.  p.  54. 


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SOO^  Technische  (^ronoJogie. 

Meinungen  und  Erklärungen,  sondern  Uofs  auf  die 
Epochen  der  wirklich  gefeierten  Säcularspiele  und  ihre 
Zwischenräume' an.  Da  begegnet  uns.  nun  aber  Cen- 
sorinus  sogleich  mit  der  Bemerkung:  Temporum 
si  veterum  revolvantur  annales  (modus  Romani 
saeculi)  ZoTi^^  magis  in  incerto  invenietur.  Bis  lu 
d^i  fünften  Spielen  nämlich,  deren  Feier  August  im 
Jahr  737  d.  St  veranstaltete,  unterliegt  das^  Histori- 
sche der  ludi  saeculares  besondei'en  Zweifeln,  Nach 
den  Commentarien  der  Quindecimvir»  gehör- 
ten die  ersten  Spiele  ins.  Jahr  298,  die  zweiten,  drit- 
ten und  vierten  in  die  Jahre  408,  518  und  628,  so 
dals  die  Intervalle  durcbgehends  110  Jahre  betragen 
hätten.  Dagegen  sollen  nach  Valerius  Antias  die 
ersten  Spiele  245,  die  zweiten  nach  eben  demselben 
905,  die  dritten  nach  Antiars  und  Livius  505,  die 
vierten  nach  Antias,  Varro  und  Livius  605,  nach 
Piso  Censorius,  Cn.  Gellius  und  dem  damals  le- 
benden €assius  Hemina  aber  608  gefeiert  worden 
sein.  IMe  überall  von  Censorinus  angeführten  Na- 
men der  Consuln  lassen  die  Richtigkeit  dieser  Zah- 
len nicht  bezweifeln.  Man  sieht,  dafs  ihnen  im  Gan- 
zen das  Princip  einer  100jährigen  Feier  zum  Grunde 
liegt,  so  dafs  also  über  die  vier^  ersten  Säcularfeiem 
die  Commentarü  der  Quindecimvim  in  offenbarem 
Widerspruch  mit  den  Berichten  der  Geschichtscbrei- 
ber  waren.  . 

Die  Romer  hegten  eine  grofee  Achtung  für  ihre 
sibyllinischen  Bücher,  die  anfangs  Duumviris  sa- 
cris  faciundis,  nachmals  Decemviris  und  endlich 
Quindecimviris  anvertraut  waren*  Der  Senat  liefs 
sie  öfters  in  gefahrvollen  Momenten  des  Gemeinwesens 
befragen^  und  veranstaltete  dann  auf  ihren  Aussprach 
Sübnopfer  und  andere^  Ceremonien.  Die  alten  Bü- 
cher, die  T  ä  r  q  u  i  n  i  u  s .  gekauft  haben  soll,  gingen 


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zur  Z^it  des  Sylla  mit  dem  Capitol  ift  Feuer  ai^ 
Man  sammelte  hierauf  von  allen  Seiten  9  aus  Sa«^ 
mos,  Erythrä,  Afrika,  sibyllinische  Verse,  von  denen 
August,  nachdem  er  die  Vyürde  eines  Pontifex  ftbr 
ximus  angenommen,  eine  sorgfaltige  Auswahl  veran- 
staltete und  das  Uebrige  verbrennen  liefs.  Auf  sei* 
nen  Befehl  mufstendie  Quindecimvim  die  vor  Alter 
verblichenen  Verse  eigenhändig  absdireiben,  damit  sie 
den  Augen  der  Profanen  entzogen  blieben  ^),  worauf 
er  sie  in  einem  vergoldeten  Behältnifs  unter  dem  Fu£s^ 
gestell  des  Apollo  Palatinus  niederlegen  Uefs  ^  )•  Dies 
sind  die  verstis  Sibyllinij  von  denen  Hora'z  im  An^ 
fange  seines  Carmen  saeculare  spridit  Ein  Fragt 
ment  davon  ist  yermuthlich  das  aus  37  Hexametern 
bestehende  sibyllinische  Orakel,  das  uns  Phlegon 
Trallianus^)  und .Zösimus  *)* aufbewahrt  habSi. 
Es  enthält  den  Ausspruch-,  dafs  die  Römer  stet^  sie^* 
reich  sein  würden,  wenn  sie  alle  HO  Jahre  auf  deni 
Campus  Martins  mehreten  Gottheiten  der  Ober»  und 
Unterwelt,  die  namentlich  aufgeführt  werden,  Opfer 
darbrächten.  Galläu§  '^)  hat  die  Zahl  110  in  100 
ändern  wollen;  allein  Zosimus  liest,  entschieden  110« 
Die  Verse  haben  daher  zu  August 's  Zeit  gewiT^i 
eben  so  gelautet;  ob  aber  ^uch  früher,  ist  nicht  so 
ansgemacbL  Nach  einem  uns  von  Censorin  aufbe» 
wahrten  Fragment  des  Varro  thaten  die  sibyllini* 
sehen  Bücher  bei  einer  gewissen  Gelegenheit  (vieU 
leicht  305  d*  St.)  den  Ausspruch,  dals  man  dem  Dis 
pater  und  der  Proseipina  die  ludos  Terentinos,,  d.  v 


1)  Dio  Cassios  1.  LIV,  c.  17. 

2)  Suet.  Jug.  c  31. 

2yDe  longaevU^  p.  127  ed.  Meorsii. 

4)  Eist.  1.  n,  c  6. 

5)  De  Xhae.  SibyJl.  dias.  I,  c.  6. 


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303  Technische  Chronologie. 

eaeculareSi  "ttiem  vtnA  damit  aHe  100  Jahfe  fortfah- 
ren solle.  Auch  beini  A'ugusliYius  *)  findet  sich 
die«  Notix,  daf»  in  einer  gefahrvollen  Periode  der  pa- 
nischen Kriege  auf  Veranlassung  der  sibylKni^chen 
Bücher  die  ludi  saeculares  gefeiert  wurden,  quorum 
telebritas  inter'centunt  anhos  fueYat  institata^ 
felicioribjisque  temporibus  memoria  negUgente  per- 
terato  Er  paeint  ohne  Zweifel  di6  Feier  des  Jahrs 
505,  und  was  er  Ton  Vernachlässigung  sagt,  muft 
auf  die  im  Jahr  405  versäumte  gehen. 

Sueton  gedeiikt^)  der  Säcularfeier  unter  Au'- 
gost  als  eines  abgekommenen^  damals  wieder  cmeu- 
ti^n  Gebrauchs.  Auch  Zosimus,  der  ausführlich  von 
den  Säcularspielen  handelt,  bemerkt,  dafs  sie  August 
M^der  aufgefrischt  habe,  nachdem ^  sie  eine  Zeitlang 
vemaehlässigt  worden  wäreh.  Nach'  den  .Commen- 
t^rien  der  Quindecimvirn  hat  aber  bijs  znrfünt 
W  Feier  hin  so  wenig  eine  V^madhlässigung  statt- 
gefunden, dafs  August  nicht  einmal  das  Ende  des 
1  toten  Jahrs  abwartete,  sondern  das  Fest  schon  im 
Veriauf  dessdben  wiederholte. ,  Dägegto  fehlt  in  der 
htrtidertjährigen  Reihenfolge  bei  den  Geschichtschrei- 
bem  die  Feier,  welche  im  Jahr  705  d.  St  hatte  ein- 
treten sollen,  aber  vermuthlic^  defshalb  nicht  in  An- 
regung kam,  weil  in  diesem  höchst  unrubvoUen  Jahr 
der  Bürgerkrieg  zwischefa  Pomp  eins  und  Cäsar 

'    ausbrach. 

Sueton  und  Zosimus  scheinen  afeo  die  £po- 
cJien  der  yier  früheren  Säcularfeiem,  wie  sie  die  Quin- 
decimvirn bestimmt  haben,  gar  nicht   anzueikennen. 

'    Da  nun.  kein  Geschichtsschreiber   diese   Feiern,   die 
doch  zu   den  merkwürdigsten   öffentlichen   Verhand- 


1)  De  ewi  dei  DI,  18. 

3)  A.  a.  O.  Vcrgl.  awid,  c.  21. 


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*       Römer.  203 

hmgen  gehört  haben  mü&t«),  erwähnt;  da  <4ie  «^hre^ 
an  die  sie  geknüpft  sein  Rollen,  ^imtdeü  vxvn  Antiäs, 
m  V  i  u  6  nnd  anderen^  angegebenes  im  .Widerspruch 
stehen,  nnd  da  sich  vor  dem  augusteiscben  Zeitalter 
nirgends  eine  Spur  einer  1  lOJährigen  Feier  zeigt,  aber 
wohl,  selbst  nach  dem  Anssprudfai  d^  sibyliimscheii 
Bücher  '(301),  einer  100jährigen,  so  ■  wird  es  niemand 
befiremden,  wenn  Petayius^  Taffiirus  *).  und  an* 
dere  die  Vermuthung  aufstellen,  dals  die  Quindecim» 
vim^  über  die  Zeit  der  Säcülarfeier  von  August 'he« 
fragt,  die  vier  ersten  Feste  ersonnen  haben,  um  ihr^ 
Angabe,  dafs  sie  in  110jährigen  Zwischenräunien  in 
feiern  seien,  desto  mehr  Gewicht  zu  geben.  . 

Was  konnte  sie  aber  veranlassen,  die  100jährige  , 
Feier  in  eine   110jährige  zu   verwandeln,   und   wird 
letztere  nicht  immer  noch  für  Scaliger's  Hypothese 
sprechen,  da  sie  von  einem  llOjährigeii  Säculum  zu 
zeugen  scheint? 

Mit  einer  auf  Veranlassung  der  sibyllinischen  Ora^ 
kd  im  Jahr  628  der  iStadt  veranstalteten  Sühne  des 
Volks  mag  es  seine  Richtigkeit  haben.  Ceremonicffii 
dieser  Art  waren  gewifs  nicht  selt^  sind  aber,  wenii 
gleich  ähnUehe  Lieder  dabd  gesungen  sein  mögen,' 
mit  den  Säcularspieren  nicht  zu  verwechseln,  wie 
schon  ein  alter  Ausleger  zu  v.  21  dech  Carmen  sae« 
culare  bemerkt:  Saecularis  airmmis  duplex  de- 


1)  S.  seine  Sclirift  de  ^etermn  Romanorum  aimo  saecuJan' 
m  achten  Bande  yon  Gr'aeyii  Thesaurus  Ant,  Rom,  Noch  an- 
dere Werke  ütrer  diesen  Gegenstand  werden  Th.  11,  S.  S9  de« 
Handbuchs  genannt.  In  demselben  sind  aach  Notizen  übev.di|^ 
nach  dem  Zeitalter  des  Angnst  gefeierten  Säeularspiele.iBQ- 
sammengctragei^,  von  denen  hier  nicht  gehandelt  werden  kann, 
£s  liegt  ihnen  theils  das  Princip  des  100,  theik  des  llOjäKrigeA 
SaccnÜ  zum  Grunde.  « 


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304  Techfuscke  Chronohgie. 

voih  esse  cansueverai:  aut  enim  pro,  sedanda  oid 
tdtanda  pestilentith  (tut  pro  certo  et  constituto  nume- 
ro  annorum.  'Ab  nun  August  die  seit  605  oder  ot8 
yernachlässigte  Säcularfeier  unter  gesetzKchen  Fotmea 
xttipi^iederbohlen  wünschte,  so  thaten  die  Quindecimyiniy 
von  jener  Ceremonie,  als  der  letzten,  die  stutt  gefunden 
jiaben  mochte,  ausgehend,  den  Ausspruch,  dals  die  Spiele 
vor  110  Jahren  gefeiert  wären,  und  dafs  ihre  richtige 
Epoche,  wiedergekehrt  sdl.  Eis  kam  ihnen  dabei  der 
schwankende  Gebrauch  des  Wortes  Saecuban  zu  stat- 
ten, das  nach  Cens.orinus  eigendtch-  spatiwm  vitae 
humanae  longissimum  partu  et  morte  definkum 
bezeichnet.  Dem  Ausspruch^  gemäfe  modelte  dann 
August  seine  Edikte  und  Horaz  sein  Carmen  sae- 
culare. 

Da  sich  also  Scaliger's  22jährige  Periode  auch 
durch  die  Säcularfeier  der  Römer  nicht  bestätige 
will,  so  kehren  wir  zur  24jährigen  (293)  zurück,  die 

'  wenigstens  Ein  entschiedenes  Zeugnife  >  für  sich  h^t 

W^nn  sie  zu  verwickelt  scheinen  soUtci^  al^  dals  sie 

~  einem   Volkskalei^d^r   zur   Grundlage    gedient   haben 

'  könne,  so  mochte  sie  sich  vielleicht  gerade  dadurch 
den  Patriciern  empfehlen^  denen  darum  zu  thun  sein 
mufste,  dals  die  Plebejer  ihr  kalendergeheimnils  nicht 
ganz  durchschauten..  . 

Wann  ist  aber  diese  Periode  eingefiilirt  worden? 
Man  könnte  geneigt  sein,  den  Consul  Manius  Aci- 
lius  Glabrio  des  Jahrs  563  als  ihren  Urheber  zu  be- 
trachten, weil,  er' uns  In  der  Stelle  des  Macrobius 

^  über  das  römische  ^Schaltwesen  als  einer  der  Begrün- 
der desselben  genannt  wird,  und  weil  sie  zu  genau  mit 
dei^  Himmel  übereinstimmt,  als  dafs  man  ihr,  da  die 
Römer  erst  damals  zu  einiger  wissenschaftlichen  Cul- 
tur  zu  gelangen  anfingen,  ein  höheres  Alter  beilegen 
könnte.    Es  ist  aber  Thatsache,  dafs  .ein  Jahr  später 

der 


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Bämer.  305 

der  r&opiisebe  Kalender  in  eben  so  gro£ser  Verwirning 
■war,  wie  zur  Zbit  -seiner  Reform  durch  Julius  Cä- 
sar.. Livius^)  gedenkt  nämlich  einer  grofsen  Son. 
nenfinstemifs  vom  11.  Quintilis  des  Jahrs  564.  Dies 
kann  keine  andere  sem  als  diejenige,  welche  im  Jahr 
190  V.  Chr.  am  14.  März  des  julianischen  Kalendera 
eintr^J;  und  zu  Rom  beinahe  total  war  ^ ).  Eine  solche 
Verschiebung  des  römischen  Kalenders  von  fast  vier 
Monaten  konnte  nur  durch  Weglas^uiig  mehrerer 
Schaltmonate  entstanden  sein.  Wir  werden  also  die 
Einführung  der  24jährigeq»Schaltperiod#und  den  Zeit- 
punkt, wo  der  römische  Kalender  einigermaßen  mit 
dem'  Hinunel  übereinstimmte,  in  irgend  eine  frühere 
Periode  zu  setzen  haben.  Worauf  die  Anträge  jenes 
Con$uIs  an  das  Volk  eigentlich  gerichtet  waren,  ob 
auf  eine  neue  Gestaltung  des  Schaltwesens,  oder  auf 
eine,  bipise  Rectification  des  durch  eine  wiQkührUche 
Anwendung  der  Schallprincipien  verschobenen  Kalen- 
ders, steht  dahin.  Einlrrthum  kann  übrigens  bei  der 
ganzen  Notiz  unmöghch  obwalten,  da  sie  aus  ^en 
Fastis  seines  2^itgenosäeQ  Fulvius  Nobiliar,  Con- 
suis  im  Jahr  565,  entlehnt  ist. 

Zu  den  Gelehrten,  die  sich  besonders  viel  Mühe 


^    1)  1.  XXXVII,  e.  4. 

2)  Ich  habe  sie  nach  den  Delambreschen  Sonneii-  und  Mayer« 
Blasonschen  Moadtafeln  genau  berechnet.  S.  meine  Abhandlung 
über  die  Zeitrechnung  der  Römer  (in  den  Schriften 
der  berliner  AJcädemie  aus  den  Jahren  1818  und  1819)  S.  J55. 
£ben  dase&st  S.  163  gebe  ich  auch  die  Resultate  der  Berech- 
nung einer  Mondfinstemifs,  die  «ich  nach  Lirius  (1,  XplY  c 
37)  in  der  Nacht  vom  3ten  zum  4ten  römischen  September  des 
Jahrs  586  d.  St.  ereignet  haben  soll,  und  keine  andere  gewesen  sein 
kann,  als  die  totale  FinsteTnifs  in  der  Nacht  vom  21  zum  '2^.  Ju* 
mus  16$  Tw  Chr.  Man  steht,  dafs  auch  damals  der  römis^e  Ka- 
lender dem  antidpirten  iulianiaichen  bedeutend  vöreilte. 

,20 


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306  Technische  Chronologie. 

'geget^en  haben,  in  das  Chaos  der  altern  romischen 
Zeitrechnung  LicHt  und  Zusäminenhsnig  zu  bringen, 
gehören  Dodwell  *)  und  D6  la  N^^uze  «).  Die 
Arbeit  des  ersten  wird  gewifis  ein  jeder  nuCsliingen 
nennen,  der  von  einem  solchen  Gewebe  gezwungen«' 
Vennuthungen  und  Erklärungen  einige  Notiz  nehmen 
will.  Der  zweite  sucht  folgende  Hypothese  durehzu- 
fuhren:  „Das  Gemeinjahr  der  Kömer  behielt  bis  auf 
Julius  Cäsar  seine  von  Numa  festgesetzte  Dauer 
von  355  Tageki.  Mit  seltenen  Unterbrechungen  wurde 
ein  Jahr  ums  andere  der  Mercedonius  eingeschaltet, 
abwechselnd  von  22  und  23  Tagen.  Vier  auf  einan- 
der folgende  römische  Jahre  hielten  daher  1465  Tage, 
dahingegen  vier  julianische  nur  1461  geben.  Eine 
"Folge  dieses  Unterschiedes  war,  daCs  die  Monate  in 
365  Jahren  alle  Jahrszeiten  durcUiefen.  Die  Jahre 
4er  Stadt  hingegen,  nach  denen  die  Geschichtschrei- 
ber rechnen,  sind  feste  Sonnen  jähre;  denn  sie  wur- 
den durch  den  Wechsel  der  Consuln  bestimmt,  die 
als  Befehlshaber  der  Heere  im  Winter  gewählt  wer- 
den muGsten,  um  bd  ^et  jedesmaligen  Eröffnung  des 
Feldzuges  auf  ihrem  Posten  zu  sein.  Da  nun  das 
bürgerliche  Jjahr  wandelbar  war,  so  ist  die  geschicht- 
lich feststehende  allmählige  Verschiebung  des  Datums, 
mit  welchem  die  Consuln  ihr  Amt.  antraten,  ganz  In 
der  Ordnung/^  Man  sieht,  dals  bei  De  la  Nauze 
von  keinem^  Schaltcyklus  die  Rede  ist  Er  bemüht 
sich,  die  "Perioden,  durch  die  das  Schaltwesen  regel- 
mäfsig  fortschritt,  so  wie  die  Epochen  und  Gehalte 
der  willkührhchen  Einschaltungen,   die  sich  die  Pon- 


$)  De.CyclU,  diss.  X 

2)  S.  seine  Abhandlung:  Le  CaUndrier  Romain  dqnds 
Us  Deeenwirs  juaqu  ä  ia  eorrection  de  JuUt  Cisßr^^  Im  SÖBtea 
Bande  der  Memoire*  de  Vdead  des  Inecriptums. 


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'   lU^^er.  307 

tifices  erlaubten,  auszumitteln,  und  entwirft  dann  am 
Ende  seiner  Untersuchung,  den  Ergebnissen  derselben 
gemäfs,  eine  Tafel,  worin  der  Anfang  eines  jeden  Con- 
sularjahrs  im  julianischen  Kalender  nachgewiesen  ist. 

Man  mufs  gestehen',  dafs  er  hierbei  nicht  ohnfe 
Scharfsinn  und  Umsicht  verfahren  ist,  und  dafs  be- 
sonders das,  was  er  über  die  Jahrszeiteu  einzelner, 
von  Cicero  nach  Monatstagen  bestimmten  Begeben- 
heiten aus  dem  Zeitraum  seines  Con^ulats*  und  der 
folgenden  Jahre  beibringt,  alle  Aufmerksamkeit  ver- 
dient. Aber  im  Gans^en ,  genommen  hält  auch  seine 
Hypothese  nicht  Stich,  wie  ich  in  meinem  Hand- 
buch ^)  genügend  dargethan  zu  haben  glaube  *). 

Bei  der  grofsen  Willkühr,  mit, der  die  Pontifices, 
wie  wir  gleich  sehen  werden,  das  Geschäft  der  Ein- 
schaltung betrieben,  scheint  das  einzig  sichere  Ver- 
fahren, zur  Kenntnifs  der  Stelle  zu  gelangen,  die  ein 
jedes  Consulat  im  julianischen  Jahr  einnimmt,  darin 
zu  bestehen,  dafs  man  ohne  vorgefa'fstc  Meinung  durch 
sorgfaltige  Vergleichung  aller  sich  ergebenden  Zeit- 
metkmale  die  julianischen  Data  der  einzelnen  Bege- 
benheiten wenigstens  annäherungsweise  >  zu  ermitteln 
sucht.  Diesen  Weg  hat  Hr.  Albert  in  seinem  Abrege 
chronologique  de  V histoire  Romaine^  so  weitDio- 
nysius'und  Livius  seine  Führer  waren,  nicht  ohne 
Glüclc  betreten  • ). 


l)Tb.lI,  S.  95ff. 

2)  Man  Tergleiche  aacb,  was  Hr.  Dannon  über  sie  nrthmlt. 
Journal  des  Savans  1820,  p.  658  ff; 

3)  VArt  de  ahifier  les  dates  ewant  r£re  chrHienne^ 
Tom.  IV  und  V. 


20* 

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308  Technische  Chronologie. 

Jahr  des  Julius  Cäsar. 

Die  Feste  und  Opfer  der  Römer  wareuv  an  be- 
stimmte Monatstage  geknöpft.  Afan  betrachtet^  daher 
das  Kalenderwesen  als  einen  Theil  des  Cultus  und  über- 
trug die  Ani^dnung  desselben  den  Pontifices^  die,  we- 
nigstens in  früherer  Zeit,  sämmtlich  zur  Patricierkaste 
.  gehörten.  Diese  benutzten  ihn  als  ein-  Mittel  mehr, 
die  Plebejer  zu  drücken,  indem  sie  ihnen,  die  Kennt- 
nifs  der  Tage^  an  denen  Gericlit  und  Comitien  gehal- 
,  ten  werden  durften,  möglichst  zu  entziehen  uhd  sie 
dadurch  in  beständiger  Abhängigkeit  Von  den  Patri- 
ciera  zu  erhaltn^n  suchten.  Zwar  hatte,  der  Sage 
nach,  Cn.  Flavius^  Scriba  des  Appius  Claudius, 
im  Jahr  450  d.  St  dem  , Volk  das  Geheinitiifs  der 
dies  fasti  verrathen  *);  allein,  es  bljeb  ihnen  nodi 
der  Schaltmönat,  deu  sie  ihren  jedesmaligen  Pri- 
.  yatabsichten  gemäfs  gegen  die  i^orm  anzusetzen  oder 
wegzulassen  sich  erlaubten.  Pontißcum  arbitrio  in- 
tercalandi  ratio  permissa,  heibt  es  beim  Censo- 
rinHS  *);  sed  horuni  plerique  ob  odium  vel  gra- 
tiam,  quo  quis  magistratu  citins  abiret,^  diittiusve 
fimgeretur,  auf  piMici  redemtor  ex  arini  magni- 
tiidine  in  lucro  damnove  esset^  pliis  minusve  ex  lud- 
dine  intercatando^  rem  sibi  ad  corrigendum  man- 
datam   idtro  depravarunt.      j%e,  allein,   sagt  Plu- 


i)  Fastös  circa  forum  i^  albq  proposidt^  ut^  quando  Up 

og^  posset^  scirHur.  Liv.  L  IX,  cT  46.    Vergl.  Cicero  prü  L 

Murdena  c.  11;  Val.  Max.  II,  5;  M aerob.  Saturn,  I,  15.  Aas 

,    einem  Briefe  des  Cicero  an  den  Atticas  (VI,  1)  ersehen  mr 

.,  fibngens,  dafs  dieser  die  ganse  Geschichte  bezweifelt,  nnd  jener 

X  ihm  darin  nicht  TÖlIig  Unrecht  g^eben  hatte. 

2]  c.  20.    In  gleichem  Sinne  äufsem  sich  Maerobins  Sa- 
twn.%  14;  Ammianns  MareellinusXXVI,  1  undS<^lina8  c.  1. 


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larch  *),  vnifeteir  um  ^e  Zeit;  plötzlich  mwl  ohpe 
dals  es  jemand  alinte,  stoben  sie  den  Schaltmonat 
ein.  Dadm-ch  entstand  eine  solche  Verwinung  im 
Kalender,  ut  neque  vtessium  feriae  >  aestati^  neque 
vindemiarum  aütumna  competerenty  wie  sich  Sue- , 
tonius  aiisdrückt  \).  Schwerlich  gilt  dies  alles  blofs 
von  der  Zeit^  die  der  julianischen  Reform  zunächst 
vorangegangen  ist,  und  es  erscheint  daher  jeder  Ver- 
such, durch  einen  Schaltcyklus  >  Ordnung  in  den  frii- 
hem  römischen  Kalender  zu  bringen,  als  völlig  eitel 
Auch  wird  bei  der  Dtirftigkeit  unserer  Quellen  jede 
Bemühung,  die  Schaltjahre  auf  historischem  Wege  zu 
ermitteln,  erfolglos  bleiben. 

^  Julius  Cäsar  erwarb  sich  als  Pontifex  maxi- 
mus,  welche  Würde  er  in  seinen  letzten  Jahren  un- 
ter den  höchsten  im  Staat  bekleidete,  das  grofse  Ver- 
^dienst,  dafe  er  nicht  blofs  die 'römischen  Monate  zu 
den  Jahrszeiten  zurückführte,  denen  sie  ursprüngfich 
angehört  hattai,  sondern  auch  zur  Veihütung  ferne- 
rer Verschiebungen  eine  möglichst  einfadie  Schaltre- 
gel aufstellte.  Bei  seinem  Aufenthalt  im  Orient  war 
ihm  das  feste  Soiinenjahr  bekannt  geworden  (71). 
Er  hatte  nun  den  einfachen  Gedanken,  ein^  vierjäh- 
rige Ausgleichung  einzufuhren,  indem  er  drei  ägypti- 
schen Jahren  zu  365  Tagen  ein  viertes  zu  366  bei- 
gesellte, wodurch  ein  Cyklus  von  1461  Tagen  gebil- 
det wurde,  der  nur  um  etwa  J  Stunden  zu  lang  ist, 
sich  also  erst  in  128  Jahren  um  einen  Tag  verschiebt. 
Ob  er  den  Unterschied  mit  Hipparch  in  300  Jah- 
ren auf  einen  Tag,  oder  mit  Callippus  auf  Null  ge- 
setzt hat  {145),  lälst  sich  nicht  mit  Sicherheit  ent- 
scheiden,   da   die   nicht   ungelehrten   astronomischen 


i)  Fifa  Caes.  c.  59. 
2)  Caesar  c  40. 


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310  Technische  Chronologie. 

Schriften,  die  er  nach  M aerob ius  *)  hinterlassen  ha- 
ben soD,  untergegangen  sind;  genug  er  berücksich- 
tigte ihn  bei  seiner  Schalteinrichtung  nicht 

Die  Ausdrücke  9  in  denen  die  Schriftsteller  von 
seiner  Kalenderverbesserung  reden  ^),  zeigen,  dals  er 
weder,  wie  in  gleichem  ^ Falle  Gregor  Xm,  blofs 
seinen'  Namen  dazu  hergegeben  hat,  noch,  ganz  ohne 
Zuziehung  der  Gelehrten  dabei  vorgeschritten  ist  Ak 
sein  Lilius  und  Qavius  werden  uns  vom  Plinius  der 
Peripatetiker  Sosigenes,  und  vom  Maerobius  der 
Scriba  M.  Flavius  genannt  Jener  schdnt  ihm  bei 
der  wisselftchaftlichen,  dieser  bei  der  technischeB  Par- 
tie behülflich  gewesen  zu  sein. 

Das  Wesen  und  die  Umstände  der  Reform  ler- 
nen wir  am«  bündigsten  aus  dem  Censorinus  ken- 
nen. Hier  wird  zuerst  bemerkt,  dals  sie  m  sein  drit- 
tes Consulat,  also  ins  Jahr  708  det  Stadt,  46  v.  Chr., 
gehört*  Diesem  Jahr  gab  er  eine  Dauer  von  445 
Tagen;  denn  aufser  .dem  gewöhnlichen  Schaltmonat, 
der  diesmal  23  Tage  hielt,  schaltete  er  noch  zwei 
außerordentliche  Monate,  zusammen  von  67  Tagen, 
zwischeki  den  November  und  December  ein.  Die  10 
Tage,  die^  er  dem  alten  Jahr  zulegte,  vertheilte  er  auf 
die  7  Monate,  die  bis  dahin  29  Tage  gehabt  hatten 
(274),  indepi-,er  dem  lannarius,  Sextilis  und  De-  | 
ceniber  je  zwei  und  den  vier  übrigen  je  einen  Tag 


1)  Saturn.  L  16.  Plinins  f^rt  imter  den  ron  üun  beim 
achtzehnten  Bach  benutzten  Quellen  ein  Werk  Cflsar's  de 
astris  an. 

2)  Die  Hauptstellen  smd:  Plutarch  vüa  Caes.  1.  c  Did 
Ca 8 Sias  L  XLIII,  ^.  26.  Appianas  de  beüo  civ.  L  H,  eztr. 
Ovid  Fast.  IIl,  155  £^  Sueton  Caes.  1.  c«  Plinins  ff.  ff. 
XVin,  57.  Cenrorin  1.  c  Maerobius  iSd/nrn.  I,  14.  Am- 
mianns  Marc  1.  c.  Letzterer  legt  die  Kalenderreform  in%  dem 
August  beL 


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Römer. 


311 


zulegte.  In  den  vier  Monaten,  die  schon  früher *31 
Tage  gehabt  halten  ,>  hafteten  die  Nonae/nach  wie 
vor  auf  dem  siebenten,  In  den  übrigen  auf  dem  fünf- 
ten. Der  Tag,  der  alle  vier  Jahre  aus  den  6  Stun- 
den erwischst,  die  das  Sonnenuhr  ergänzen,  sollte  al- 
lemal nach  abgelaufenem  vierten  Jahr  an  derselben 
Stelle  eingeschaltet  werden,  wo  sonst  der  Schaltmo- 
nat  seinen  Sitz  gehabt  hatte,  nach  dem  23.  Februar. 
Das  Jahr,  dem  Cäsar  eine  so  abnorme  Gestalt 
gab,  um  die  Calendas  lanuarias,  die  bis  gegen  die 
Herbstnachtgleiche-  zurückgewdchen  waren,  zu, ihrer 
ursprünglichen  Stelle  im  Sonnenjahr  zurückzuführen, 
wird  von  den  neuern  Chronologen  das  Jahr  der 
Verwirrung  genannt,  von  Macrobius  treffen- 
der annus  confusionis  ultijnus»  Nach  C  e  n  s  o  - 
r  i  n  u  s  bestimmter  Angabe  der  Länge  der  drei  einge- 
schalteten Monate  läfst  sich  mit  Zuziehung  der  Trü- 
hern  Dauer  der  übrigen  leicht  folgendes  Schema  entn 
werfen: 


Römische 

Zahl 

Anfang  im  wahren 

Monate. 

der  Tage. 

jul.  Kalender; 

lanuarius  a.  u. 

708      29 

13.  Oktober   47   v. 
Chr. 

Februarius 

23 

11.  November 

Mercedpnius 

23 

4.  December 

Letzte  Tage 

des 

Februarius 

5 

27.  December 

RIartius 

31 

1.  Januar  46  v.  Chr. 

Aprilis 

29 

1.  Februar 

Maius    . 

31 

2.  März 

lunius 

29 

2.  April 

Quintili^  ' 

31 

1.  Mai 

Sextilis 

.29 

1.  Junius 

September 

29 

30.  Junius 

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312  Technisch  Chronologie. 


Römische  ^           Zahl 

Anfang  im  wabren 

Monate.     .       der  Tage. 

juL  Kalender. 

October                           31 

29.  Jölius, 

November                        29 

29.  August 

2 .  aüfserordentEche 

Schaltmonate               67 

27,  Septemher 

December                        29 

3.  Decembei^ 

lanuarius  a.  tu  709 

1.  Jairtiar 45 v.Chr. 

Summe  445 
Macrobius  spricht  nur  von  443  Tagen.  Da  er 
aber  die  Dauer  der  Schaltoionate  nicht  angibt,  so 
verdient  Censorinus  Aussage  den  Vorzug.  Dais 
das  Jahr  der  Verwirrung  aus  fünfzehn  Monaten  be- 
standen habe,  sagt  auch  Sueton  sehr  bestimmt 
Wenn  also  Dio  Cassius  versichert,  dafe  nur  67 
Tage  eingeschaltet  wurden  und  die  Angabe  von  meh- 
reren verwirft,  so  hat  er  Recht,  in  sofern  auf  den 
Mercedonius,  der  auf  das  Jahr  der  Verwirrung  nach 
Suelon's  Ausdruck  ea:  consuetudine  traf,  keine  Rück 
sieht  genommen  wird.  .    • 

Die  67  aufser  der  Ordnung  eingeschalteten  Tage 
sind  nach  Puteanus  nicht  unwahrstheinUcher  Mei- 
nung * )  also  vertheilt  gewesen ; 
Mensis  intercalaris 

prior  29  ^.  September. 

Mensis  intercalaris 

posterior  31  "         26.  Oktober. 

Epagomenen  7    ;"  26.  November. 

Von  dem  erstem  Monat  ist  in  dnem  Briefe  Oicero's 
die  Rede?). 

Man  kann   fragen ,   wodurch   Cäsar   bestimmt 


i^  Be  bissexio  eoh  442. 
2)  Ad  div.  VI,  14. 


,Digitized 


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Bömer.     ;  313 


I 


worden  sei,  dem  Jahr  ,der  Verwirrung  gerade  die 
Dauer  beizulegen,  die  er  ihm  gegeben  bat  Offenbar 
wollte  er  die  Calendas  des  {anuarius  zu  ihrer  ur- 
sprünglichen SieHe  in  der  Gegend  der'Bruma  oder 
des  küixesten  Tages  zyriickfuhren.  Das  Wintersolsti- 
tium  ereignete  sich  unter  d^m  Meridian  Roms  im  Jahr 
46  V.  Chr.  am  24.  December  um  0  U.  9^  Morg.  m.  Z. 
Hätte  er  den  1.  Januar  gerade  auf  die  Bruma  setzen 
wollen,  mit  der  ihn  Ovid  etwas  leicht  verbindet  ^),  so , 
hätte  er  die  sieben  Epagomenen  sparaGi  können.  Er 
mufs  aber  zugleich  die  Absicht  gehabt  haben,  dea 
Anfang  des  ersten  richtigen  Jahrs  anf  den  Neumond 
zu  bringen,  der  zunächst  auf  die  Bruma  folgte,  um 
auch  in  diesem  Punkt  seine  Achtung  für  die  uralten, 
von  ihm  so  viel  möglich  beibehaltenen  Kalenderein- 
#richtungen  des  Numa  an  den  Tag  zu  legen.  Der 
mittlere  Neumond  ereignete  sich  zu  Rom  am  1.  Ja- 
nuar des  Jahrs  45  y.  Chr.  oder  709  d»  St.  um  6  U. 
16'  Abends  und  der  wahre  am  2.  Januaif  um  1  U. 
34'  M^rg.  m.  Z.  -  Auf  diesen  Umstand  zielt  ohne  . 
Zweifel  Macrobius  mit  den  nicht  ganz  treffend  gp- 
wählten  Worten:  Annum  civilem  Caesar  habjtis 
ad  Junam  dUnensionibus  constitutum  edicto  . 
palam  posito  publicaviU  Schade,  däCs  dieses  Edikt 
nicht  auf  uns  gekommen  ist!  Auch  Plutarch  er- 
wähnt dasselbe,  wenn  er  vom  Cicero  die  Anekdote  \ 
erzählt,  dals  er,  als  ihm  jemand  nach  der  Kalender-, 
reform  sagte,  morgen  wird  die  Leier  aufgehen,  spöt- 
tisch erwiederte:  ja  wohl,  nach  dem  Edikt 

Aus  Plinius  und  Columella  *)  ersehen   vnr, 


1)  Fast^X  163.  AnchCcnaorinus  sagt  (c.  21):  Einige 
(er  meint  die  Roqaer)  fangen  ibr  Jabr  a  novo  solt  /^  est  a 
bruma  an«.  Besiimmter  drückt  sich  Servitts  zu  Aen,  VII, 
7-20  ^08.  2)  Ä.  R.  IX,  14. 


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314  T^hnische  Chronologe. 

^     '  V  ^     , 

da&  Cäsar  das  Wintersolstitium  an   den  VID.  CaL 

lan.  oder  den  ^25.  Deicember*  geknüpft  bat.    Die  übri- 
gen Cardines  setzte  er,   der  Gleicbförmigkeit  wegen, 

^  eben  so  wenig  genau  auf  die  VIII  Calendas.  Viel- 
leicbt  war  es  dieser  Umstand,  der  seinem  astronomischen 
Consulenten  Sosigenes  die  Schwierigkeit  verur- 
sachte, von  der  Plinius  spricht:  Trinis  commenta- 
tionibus,  qnamquam  diligentiar  caeteris,  non  ces- 
sävit  tarnen  addubitare,  ipse  semet  corrigendo  *). 
Um  nicht  die  Intervalle  zwischen  den  Fefiiten  ei- 
nes jeden  Monats  zu  ändern,  setzte  Cäsar  die  zu  7 
Monaten  hinzugekommenen  Tage  ans  Ende  jeines  je- 
den, peractis  cuhisque  mensis  feriisy  wie  Macro- 
bius  sagt,  der  ihre  Stellen  einzeln  bezeichnet  ^).  An 
den  Stellen  der  Nonae  und  Idus  änderte  er  nichts, 
so  dals  die  vier  Monate  Martins,  Maius,  Qointilis  und 
Öctober  sich  dadurch  noch  immer  als  diejenigen  kennt- 
lich machten,  die  ursprünglich  31  Tage  hatten.  Statt 
dals  man  sonst  in  allen*  Monaten,  mit  Ausnahme  des 
Februarius.   17  Tage  vor  den  Calendis  gezäUt  hatte, 

'  sagte  man  jetzt  nach  den  Idus  im  lanuarius,  Sextilis 
und  December  a.  d.  XIX,  im  Aprilis,  lunius,  Septem- 
ber ui>d  November  a.  d.  XVIII,  im  Martins,  Maius, 
Quintilis  und  October,  wie  vorhin,,  a.  d. 'XVII,  und 
im  Februarius  a.  d.  X^^[  Calendas,  nämlich  des  fol- 
genden Monats.  ^ 

Wie  man  beim  Datiren  die  Monatstage  gezählt 
habe,  mag  hier  beispielshalber  der  lanuarius  lehren  : 


1)  Merkwürdig  bt  es,  dafs  Dionjsius  yon  Halicarnafs, 
der  nach  Cäsar's  Reform  schrieb  (im  Jahr  745  d.  St  Ant,  \ 
3),  die  Jahrpunkte  mn  anderthalb  bis  iwei  Momte  hinter  die 
Zeitpunkte  setzt,  die  ihnen  CSsar's  Kalender  anwies.  Wie  man 
sich  dies  za  erklären  habe,  ersehe  man  Händb.  II,  S.  124. 

2J  Vergl.  Handb.  U,  S.  125. 


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Römer.  315 


Laufende 

Römische  Bezeichnungs- 

Tage. 

,      weise  derselben. 

1 

Calendae  lanuaritie  oder  /a-' 

nuarii  ^ ) 

"  2 

a.  d.   IF'  Nonas    lanuarias 

oder  Nonarum  lanuarü.     . 

3 

a.  d.  in 

4 

Pridie  Nonas  lanuarias. 

5 

Nonae  lanuariae. 

6 

a.   d.    VIII    Idiis  lanuarias 

oder  Idtmm  lan^ariu 

7     • 

a.  d.  FII 

8 

a.d.  VI 

9 

a.d.  r 

10 

a.  d.  IV 

11 

ä.  d.  III 

12 

Pridie  Idus  lanuaruis. 

13 

Idus  lanuarine.   , 

14 

a*  d.  XIX  Ckdendas  FebrUa- 

rias  oder  Calendarum  Fe- 

^ 

bruarii. 

15 

a.  d.  XVIII 

16 

a.  d.  XVII 

17 

a.  d.  XVI 

18 

fl.  d.  XV 

19 

a.  d.  XIV 

-20 

a.  d.  Xlli 

21 

a.  d.  XII 

22<. 

a.  d.  XI 

23 

a.  d.  X 

24 

a.  d.  IX 

25 

a.  d.  VIII 

1)  Nämlich  mensU. 

Die  MonatMuimen  sind  eigentlich  Ad- 

jecti^en.       , 

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316  Tei^ische  Chrowlogie., 

Laufende  '        Römische  Bezeichnungs- 
Tage.  weise  derselben. 

26  a.  d.  VII 

27  a^d.  VI 

28  a,d.V 

"19  a.d.  ir 

30  ö.  d.  th 

-  31  Pridie  Calendtis  Februärias. 

Nach  dieser  Analogie  wird  man  den  Kalender  leicht 
fortfuhren  können,  wenn  man  nnr  bedenkt,  dals  in 
den^ Monaten  Martins,  Mains,  Quintilis'  und  Oetober 
der  zweite  Tag  mit  a.  d.  VI  Non.y  in  den  übrigen 
mit  a.  d.  IV  Non.  bezeichnet  wird.  Auf  die  No- 
nas'  folgt  durchgehends  a.  d.  VIII  Idm.  Wie  man 
nach  den  Idus  sagte,  ist  schon  bemerkt  worden. 

Das  ante  diem  oder  abgekürzt  a.  d.^  welches 
beim  Datiren  gewöhnlich  der  Zahl  vorgesetzt  wird, 
steht  geradehin  Mr  di^  und  ist  yermuthUch  durch 
Inversion  entstanden^  indem  man  ante  diem  ter- 
tium  Idus  Öctobres  für  tertio  {die  oder,  teHiiim 
diem)  ante  Idus  Öctobres  sagte,  was  sich  wirklich 
hoch  beim  Tacitus  findet^).  Es  steht  übrigens  ohne 
alle  Kraft,  wie  schon  daraus  eirhellet,  dafs  man  noch 
die  Präpositionen  in  und  ex  daVor  setzte,  t.  B.  in 
ante  diem  quartum  CaL  Decembres  distuüt  ^). 
Selbst  wenn  man  nicht'  datirte,  sagte  man  ante  diem 
ohne  Weiteres  für  die,  z.  B.  ante  ifuem  diem  üu^ 
rus  sity  statt  quo,  die  ' ). 

Den  Schalttag  setzte  Uäsar  an  die  Stelle  des 


1)  Ann.  XU,  69. 

S)  Cicero  Phil.  UI,  8.  ' 

3)  Caesar  de  beU.  eitf.  I,  11.  Merkrrürdig  ist  no(^  bei 
Lesern  SchrütsteOen  Is  dies  erat  ante  diem  V  Cdk  JprUis^ 
„CS  wi^  der  28.  März."    De  beU.  Gaü.  \  6. 


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•     Römer.  317 

Sehaltmonats  z^Yischen  Termin a Ha  und  R^gifu- 
gium  odeV  zwischen  a.  d.  P^II  xatA  VI  CdL  Mar^ 
tias.  Um  nun  im  Schaltjahr  an  der  .Bezeichnung  der 
Terminalia  und  übrigen  Tage  rück\^ärti5  bis  zu  den 
Idns  des  Februarius  nichts  ändern  zu  dürfen,  gebot 
er  den  Schalttag  durch  a.  d.  bissextum  CdL  Mar- 
tias  anzudeuten,  woher  denn  derselbe  den  Namen 
bissextum  erhielt,  wie  Censorin berichtet  Natürlich 
wird  man  andi  eben  so  gut  bissextus,  nämliislidies 
gesagt  haben^  wie  sich  antius  bissextus  für  das 
Jahr  findet,  in  welchem  eingeschaltet  wird  ^  )•  Das 
bei  den  neuem  Chronologen  sehr  gebräuchliche  bis- 
sextilisist  unrömisch«  Es  findet  sich  zuerst  bei 
Beda  ^).    Im  Schaltjahr  datirten  die  Römer  also: 

23.  ö.  d.  VII  Calendas  MarÜQS.  . 

24.  *  a.  d.  VI  (bissextumj 

25.  ä.  d.  VI 

26.  a.  d.  V 

27.  a.  d.  IV' 

28.  a.  d.  III 

29.  Pridie  Calendas  Martias. 

Der  24.  Februar  ist  der  eigentliche  Sehalttag,  wofiir 
er  noch  jetzt  in  unsem  Kalendern  gilt  Die  römi- 
schen Rechtsgelehrten  erklärten  von  den  beiden  Ta* 
gen,  die  a.  d.  seacttim  Cal.  Martias  heilsen^  ganz 
richtig  deQ  posterior,  d.  i.  den  vom  März  entfern- 
tem, nicht  den  prior,  den  ihm  nahem,  för  dei^ 
Schalttag  *). 

Cäsar's  WiUe  war,  dais  peracto  quadrienhii 


4)  Angastinas  epist.  119,  7. 

3)  De  tenip.  rat.  c  9.  ' 

3)  PoHerior  dies  hUerealatur^  non  prior ^  Celsas  in  den 
IHgestU  an  der  oben  (386)  angeföhrten  Stelle.  VergL  Hand- 
buch tl,  130  und  621. 


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318  T€chnisch0  Chronologie. 

circuüu,  wie  Censorinus,  oder  quinto  quoqtie  in- 
dpiente  anno,  wie  Macrobiu^  sich  ausdruckt,  das 
Bissextum  eingeführt  werden  sollte.  Um  dieser  Re^ 
gel  vom  Anfange  an  ihre  Gültigkeit  zu  geben,  scheint 
er,  wie  auch  Scaliger  glaubt  * )  (ein  bestimmtes 
Zeugnils  gibt  es  hierüber  nicht),  gleich  das  erste 
Jahr  seiner  neuen  Zeitrechnung,  oder,  wie  die  Römer 
gagten,  das  erste  julianische  Jahr  —  a.  u.  709, 
V,  Chr.  45  —  xum  Schaltjahr  gemacht  zu.  haben. 
In  seinem  Kalenderedikt  stand  vermuthlich  quärto 
qtwque  anno,  und  dies  gab  zu  dem  Mifsgriffe  An- 
lals,  dafs  die  Priester,  wie  Macrobius  ssigt,  anno 
qiiarto  non  peracto  sed  incipiente  d.  i.  alle  drei 
Jahre  einschalteten.  ^  So  wurdc^n  die  Jahre  712,  715, 
718,  721,  724,  727,  730,  733,  736,  739,  742,  745 
d.  St.  Schaltjahre,  statt  dafe  es  die  Jahre  713,  717, 
721,  725,  729,  733,  737,  741,  745  hätten  werden 
sollen.  Im  Jahr  745  wurde  also  (die  von  Cäsar 
selbst  gleich  anfangs  gemachte  Einschaltung  mitge- 
rechnet)  zum  '  IStenmal  eingeschaltet,  statt  dafs  es 
erst  zuin  lOtenmal  hätte  geschehen  sollen  ^).  Die- 
ses Vitium  sacerd^aüs  festinationis^  wie  es  der 
ebeogedachte  Schriftsteller  nennt,  führte  eine  neue 
Cdrrection  herbei.  Augustus  ge^ot  nämlich  im 
Jahr  746  d.  St,  iwölf  Jahre  ohne  Einschaltung  \m- 
gehen  zu  lassen,  also  die  drei  Schaltjahre ^749,  753 
und  757  zu  Gemeinjähren  und  erst  wieder  das  Jahr 
761  oder  8  n.  Chr.  zum  Schaltjahr  zu  maclien,  wo- 
durch Alles  in  das  von  Cäsar  yorgeschriebene  Ge- 
leise zurückgeführt  wurde  * ).    Von  diesem  Zeitpunkt 


1)  Emend.  temp.  l  IV,  p.  329. 

2)  Ibn  yergleiche,  was  hieraus  ^bea  (SO)  für  den  Neajahrs- 
tag  des  alezaiidriiiiselieii  Jahrs  gefolgert  ist 

3)  Die  neue  Anordpnng  des  Kalenders  wurde  nach  Mac^o- 


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mmer.  '        319 

an  bis  auf  den  heutigen  Tag  hat  der  julianisciie  Ka^ 
lender,  der  blofs  noch  bei  den  Bekenneni  der  grie- 
chischen  Kirche  im  Gebrauch  ist,  keine  Störung  wei- 
ter erlitten.  '  ' 

Das  Verdienst,  das  sich  Cäsar  und  August  um. 
die  Verbesserung  der  Zeitrechnung  erwarben,  scheint 
zunächst  Veranlassung  zur  Einfuhrung  der  Monatsna« 
mea  lulius  und  Augustus  gegebeu  %i  habep.  Jen^ 
wurde  anno  luliano  secundo^  wie  CensoriUHs 
sagt  ^),  also  im  Todesjahre  Cäsar's,  dem  Quinti- 
lis  beigelegt,  in  welchem  er  geboren  war  *).  Die- 
sen führte  August  selbst  bei  Gelegenheit  seiner  Rec« 
tijicalion  des  Schaltwesens  ^)  anno  Augnstano  JTJT, 
wie  es  bei  ebendemselben  S^chriftsteller  heift»t,  d*  i. 
im  Jahr  746  d.  St  (7^)  eiti.  Er  wählte  nicht  den 
Septeniber,  in  welchem  ei?  geboren  war,  sondern  den 
Sextilis,  wegen  der  vielen  von  ihm  in  demselben 
gewonnenen  Siege,  welche  in  dem  von  Macrobius  *) 
aufbewahrten  Senatsconsult,  wodurch  dieser  Namens- 
Wechsel  sanctioni^  vrurde,/  aufgezählt;  sind. 

Es  ist  sehr  zu  bedauern,  dafs  die  Fasti  des  Ju- 
lius Cäsar  nicht  in  ihrer  ursprünglichen  Form  auf 
uns  gekommen  sind*  Bruchstücke  davon  haben  sich 
auf  manchen  in  und  aufser  Rom  gefimdeneo  ^Denk- 
mälern erhalten,  aber  keins  gibt  eine  Idee  von  allem, 


bius,  der  uns  hierüber  am  genauesten  unterrichte t,  auf  eine 
eherne  Tafel  eingegraben,  auf  der  die  Schaltregel  bestimmter 
dardi  qtdnto  quoque  ineipierHe  anno  gefaCst  war, 

1)  e.  22, 

2)  Dio  Cassins  1.  XLIV,  c  5.  Appianus  hell,  ew.  l.< 
II,  p.  494  ed.  Steph.  Naeh  Macrobius  (Saturn,  I,  12)  traf  der 
GebortBla^  auf  den  IV  Idus  Quintilis. 

3)  Dies  sagt  Sueton  ausdrucidich.  Aug,,c,  31. 

4)  A.  a.  O.    Yergl.  auch  die  oben  dtirte  Stelle  des  Sae- 
ioaius.  ' 


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320  Technische  Chronohgif. 

was  in  dem  Kalender,  wie  er  aus  den  Händen  seines 
Urhebers  gekommen  ist,  gestanden  haben  muüs.  Diese 
Bruchstitcke  sind  voiji  Gruter  und  vollständiger  von 
Foggini  gesammelt  worden  ^).  Letzterer  steHt  fol- 
gende 11  mit  gelehrten  Erläuterungen  begleitete  Ka- 
lender zusammen: 

1)  das  Calendarilim  Maffaeiorum,  welches 
durch  alle  Mona^  geht; 

2)  das  CaL  Praenestinnm  von  Verrius 
Flaceus  zusammengetragen,  und  nur  in  Fragmenten 
der  Monate  lanuarius,  Februarius,' Martins,  Apcilis  und 
December  vorhanden, 

\    3)    das  Cal.  Capranicorum  mit  den  voOstän- 
digen  Mbnaten  Augustus  und  September; 

4)  das  CaL  Amiterninum  mit  Fragmenten 
der  Monate  Mains  bis  December. 

,  5)  das  CaL  Antiatinum  mit  Bruchstücken  der. 
sechs  letzteren  Monate; 

6)  das  CaL  Exquilinum  mit  einem  Theil  des 
Maii)S  und  lünhis^ 

7)  das  CaL  Farnesianum  nur  mit  einigen 
Tagen  des  Februarius  und  Martins; 

8)  das  CaL  Pincianum  mit  Fragm^iten  der 
Monate  lulius,  Augustus  und  September; 

9)  das  CaL  Venu  sin  um  mit  den  vollständigen 
Monaten  Mains  und  luvins; 

10)  das  CaL  Vaticanum  mit  einigen  Tagen 
des  Martins  imd  Aprilis; 

11)  das  CaL  AJlifanum  mit  einigen  Tagen 
des  lulius  und  Augustus*  v  h 

1)  Fastorum  anai  Rofiund.a  Verrto  ^FUic^o  wdinatoru» 
TtlUfuiae.  Rom.'  1779,  foL  Hiermit  ist  zu  Terbtttden:  Van  Yais- 
■en  Animadversicmum  hisUrUo'eH^L^aram  ad  FasU»  Itonumo' 
rum  sacros  fragmenta^  digessit  et  pnufatu^  eet  Ckrift 
Saxiv0.    Utrecht  1785,  4. 


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,  Hörnen  .   3^1 

/  Ueberalt  finden  sich  die  Monätstage  eben  6o  mit 
den  wiederkehrenden  acht  ersteh  Buchstaben  des  Al- 
phabets bezeichnet,  wie  sonst,  in  unsem  Kalendern 
mit  den  sieben  ersten.  /Diese' Buchstaben  beziehen 
sich  keinesweges  auf  einen  Mondcirkel,  wie  Bian» 
chini  glaubt  ^),  sondern  auf  die  von  den  Nundinis 
gebildeten  woche^iähnlichen  Zeitabschnitte.  Die  Rö- 
mer hatten  nämlich  eine  achttägige  Woche.  tSie- 
ben  Tage  arbeitete  der  Landmann;  am  achten  kam 
er  in  die  Stadt,  um  zu  handehi  und  sich  nach  .Staats- 
angetegenheitien  zu  erkundigen^  we3  jeder  römische* 
Bürger,  auch  auf  dem  Lande,  Antheil  an  der  Gesetz- 
gebung und  Vertheihing  der  Staatsämter  hatte.  Die- 
ser Alarkttag  wurde  Nundinae  genannt,  weil  er  nach 
römischem  Sprachgebrauch  neno  quoqiie  die  Mnledi^r- 
kehrte  ^  )•  Jeder  Gesetzvorschlag  mufste  zur  Einsicht 
sämmtiicher  römischen  Bürger  ein  Trinundinutn, 
d.  i.  zwei*iömische  Wochen  hindurch,  die  Nundinae, 
Wodurch  sie  begrenzt  wurden,  mitgerechnist,,  also  17 
Tage,  angeschlagen  bleiben.  Diese  2^iteintheilung  war 
bei  den  Römern  uralt,  ~  indem  ihre  Einführung'  von 
einigen  dem  Romulus,  von  anderen  dem  Serviuis  Tul^ 
Eos  beigelegt  wird.  '  Nach  Macrobius.  scheint  sie 
sich  von  ^eq  Etruskem  herzuschreiben  *').  Die  Ord- 
npng  der  Nundinae  scheint  eben  so  Wenig,  wie  die 
unserer  Sonntage,  je  eine  Unterbrechung  erlitten  zu 
haben;  aber  wohl-modificirte  man  hin  und  wieder 
einen  Monat,  um  das  Zusammentrefifen.der  Nundinae 


1)  De  ealendarh  et  cyclo  Caesarh,    Rom  1703,  foL 
3)  Yarro  B.  B.  U  praef.    Dionya.  VIi;  58.    Colamella 
m  praet  Piiii.,i7.  N.  XVIH,  3.  Macrob.  ScOum,  I,  16.  Unter 
den  Nenem  handelt  uß  griuidlicbsten  luervon  Eryciua  Patea- 
BB»  (270). 

1)  Saiurh.  I,  15. 

•  21 


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;J22  Technische  Chronologie. 

mit'  den  Noiiis  und  dem  Neujahrstage  zu  verhüten 
(288).  Die  Reihe. jener  acht  Buchstaben  stand  also 
mit  den  Nundinis  in  Verbindung.  Zwar  änderten 
diese,  gleich  unsem  Sonntagen,  mit  jedem  Jahr  die 
Stellen^  die  sie  in  den  einzelnen  Älonaten  einrndimen; 
map  durfte  sich  aber  zu  Anfänge  des  Jahrs  nur  den 
Ptundinalbuchstaben  merken,  um  auch  die  übrigen 
Buchstaben  als  Stellvertreter  der  jNamen  unserer  Wo. 
dhentage  gebrauchen  zu  können. 

Die  Einrichlmig  der  Nundinae  bestand  bis  auf 

Constantin,   der  . sie  mit ,  den  Sonntagen   cqmbi- 

nir^te  *).     Nun  wurde  die    siebentägige   Woche,   die 

.    schon   friiher,  b^im    christliclien    Cultus    gebräuchlich 

war,  auch  ins  bürgerliche  Leben  eingeführt 

In  allen  obigen  Kalendern  findet  sich  der  Cha- 
rakter der  einzelnen  Tage  bemerkt,  ob  sie  nämlich 
F.  {fgsti)j  N.  (nefasti),  W.  {nefasti  ex  parte) ^ 
En.  {intercisi)  oder  C.  (comitiales)  waren.  Ene 
Erklärung  dieser  Benennungen  geben  Varro. und  Ma- 
crobius^).  Zuweilen  ist  ein  Tag,  der  in  einem 
Kalender  ein  C.  hat,  Im  andern  mit  einem  F.  bezeich- 
net. Der  Unterschied  kt  gering;  denn  die  comitia- 
les ^  wenn  ah  ihnen  keine  Comitia  gebalten  wurden, 
waren  zugleich  ya^fi.  Auch  sind  die  Feste,  deren 
die  Romer  eine  grofse  Anzahl  hatten  '),  und  in  ei- 
nigen   die    merkwürdigsten    Jahrstage    angemerkt 


1)  Grutcr  Inscr,  p.  CLXIV^  2.  Puteanus  de  Nundims 
e.  XXYI,  col.  682.  Erst  Theodosius  gebot  die  Feier  des 
Sonntags  durch  förmliche  Gesetze.  Codex  Theodos.  L  II,  tit 
8;  L  VMI,  tit.  8.        . 

2)  De  ling,  laL  1.  V,  {►.  59.  Saturn.  I,  1$. 

3)  Man  vergleiche  das  Glossitire  deSf  dateg,  öu  liste  alpha- 
hetique  des  noms  peu  eonnus  de  certains  fourf  du  mois  p. 
140  ff.  des  rierten  Bandes  des  Werks  VJh  de  yerif,  les  da- 
tes  avant  J,  Chr. 


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Böjner.  .     323 

So  2.  B.  «teht  im  Calendario  Antiatino  beim  1.  Au- 
gust: Augmtus  Alexandriam  recepit.  Es  wurde  un- 
mittelbar nach  der  julianischen  Reform  gebräuchlich, 
dafs  die  Verferliger  der  Kaiendet  dergleichea  Notizen, 
gnben,  um  den  Imperatoren  zu  schmeicheln.  Die 
Licenz  ging  in  diesem  Punkt  sehr  weit. 

Wegen  noch  zweier  vollständig  auf  uns  gekom- 
menen romischen  Kalender  aus  späterer  Zeit  verweise 
ich  auf  das  Handbuch  ^  )• 

In  allen  bis  jetzt  aufgefundenen  Kalendern  ver- 
mifet  man  die  Auf-  und  Untergänge  der  Gestirne  und 
die  Witterungsanzeigen,  die. Cäsar  nach  dem  Bei- 
spiel seiner  Vorgänger,  des  Meton,  Eudoxus  und 
anderer,  in  seine  Fastos  aufnahm.  Bei  dem  höchst 
schwankenden  Zustande,  worin  sich  die  römische  Zeit- 
rechnung vor  ihm  befunden  hatte,  waren  die  Land- 
leute, Schiffahrer,  kurz  alle  diejenigen,  denen  diö  rich- 
tige Beachtimg  der  Jahrszeiten  ein  Bedürfnife  war, 
genöthigt  gewesen,  sich  nach  den  Erschemungen  der 
Gestirne  zu  richten.  Die  feste  Jahrsform,  die  er  bei 
seinem  Kalender  zum  Grunde  legte,  machte  zwar  der- 
gleichen Zeitbestimmungen  entbehrlich;  er  hielt  es 
indessen  für  nöthig,  die  Römer  mit  den  Monatsnamen 
bekannt  zu  machen,  denen  die  Erscheinungen  ent- 
sprachen, die  ihnen  bis  dahin  zur  Richtschnur  gedient 
hatten.  Ob  wir  ^eich  diese  Partie  seines  Kalen- 
ders nirgei^ds  im  Zusammenhange  erhalten  finden ' 
(vielleicht  •  entdeckt  man  einst  noch  auf  klassi- 
schem Boden  ein  *  Monument,  welches  diese  Lücke 
unserer  antiquaiischen  Kenntnisse  ausfüllt),  so  kom- 
men doch  so  viele  Bruchstücke  davon  beim  Övid, 
Plinius,  Columella  und  anderswo  vor,  dafs  sie  sich 
fast   vollständig    wiederherstellen   lassen    wird.       Ich 


1)  Th.  II,  S.  139  ff. 

21* 


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'324  Technische  Chrom^gte. 

habe  einen  Versuch  dieser  Art  in  einer  Abhandlung 
über  den  astronomischen  Theil  der  Fasti 
des  Ovid  gemacht  *).  Die  Rechnung  hat  gezeigt, 
dals  er  die  Auf-  und  Untergänge  der  Sterne  nicht 
durchgehends  nach  eigenen  Beobachtimgen  angesetzt 
,hat,  sondern  meistens  älteren,  auf  südlichere.  Polhö- 
hen sich  beziehenden,  Angaben  gefolgt  ist 

'Die  feste  Jahrsform,  die  er  seinem  Kalender  zum 
Grunde  legte,  entwöhnte  die  Landleute  aOmählig  von 
der  Beachtung  der  Auf-  und  Untergänge  der  Sterne. 
Columella,  der  am  Ende  des  ersten  Jahrhunderts 
der  Reform  schrieb,  hielt  es  noch  für  nöthig,  in  sei- 
ner Nachweisung  der  Hauptgeschäfte  des  Landbancä 
überall  neben  den  Monatstagen  die  zugleich  eintref«. 
fenden  Fixstemerscheinungen  zu  erwähnen,  dahinge- 
gen der  etwa  hundert  Jahre  später  lebende  Palla- 
d  i  u  s  seinen  Ruralkalendcr  blols  an  die  Monatstage 
geknüpft  hat. 

Aus  Varro  *),  Plinius  •)  und  Columella*) 
erhellet  übrigens,  dals  Cäsar  sein  Jahr  in  acht  Zei- 
ten theilte,  denen  er  eben  so  viele  gleiche  Abschnitte 
der  Ekliptik  anwies.  Die  Data  deri^elben.  waren  fol- 
gende: 

Bruma  25.  December. 

Veris  initium  7.  Februar. 

Aequinoctium  yemum       25.  März.. 

Aestatis  initium  9.  MaL 

Solstitiuni  24.  Junius. 

Autumni  initium  11.  August 

Aequinoctium  autumni     24.  September. 

Hiemis  initium  11.  November. 


1)  Abhandlangen  der  Berliner  Akademie' aas  den  Jäh- 
ren  1822  und  1823. 
3)  R.  R.  I,  28, 
3)  Ä  IV.  XVm,  64  t       4)  Ä  Ä  IX,  14;  XI,  2. 


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Bömek  325  ^. 

Man  sieht^  dafs  er  nicht,  wie  es  |e|zt  geschieht,  den 
Anfang,  sondern  die  Mitte  d^s  Frühlings,   Soin- 
merSv,  Herbstes  und  Winters   auf  die   Nachtgleichen 
und  Sonnenwenden  brachte.    Wie  weit  pr  dabei  ei- 
ner vaterländische^  Gewohnheit  gefolgt  ist,  läfst  sich 
nicht  mit  Sicherheil  ermitteln.     Auch   der  Umstand 
verdient  noch  bemerkt  zu  werden,  daCs  er  die  Jahr- 
punkte nicht  in  die  ersten  und  die  Anfänge  der  Jahrs- 
zeiten nicht' in  die  15ten  Grade  der  entsprechenden 
Zeichen,  sondern  jene  in  die  8ten,  diese  in  die  23sten 
gebraicht  hat     Er  folgte  hierin, ,  wie   wir   aus   dem 
Columella  ersehen  ^),  Aen  Kalendem  des  Meton 
und  Endo  XUS,  nicht  etwa,  dals  er  die  Aequinoctien 
und  Solstitien  östlich  von  den  Anfangen  der  Zeichen, 
sondern  diese  von  jenen  yv^estlich  schob,  wovon  der 
Grund  kein  anderer  sein  konnte,  als  der,  daDg  so  die 
Hanptsteme  der  Bilder  des  Thierkreises ,  vpn  denen 
die  Zeichen  ihre  Namen  haben,  symmetrischer  in  den- 
selben zu  stehen  kamen,   als   bei  der  gewöhnlichen 
Begrenzung  der  Zeichen.    Eudoxus,  der  in  diesem    ' ■ 
Punkt  sich  nicht  gleich  blieb,  setzte,  v^ie  Hipparch 
versichert  *),  in  seiner  Gestimbeschreibung  die  Aequi- 
noctien und  Solstitien  gar  in  die  Mitte  der  Zeichen, 
Jet5^t  haben  sich  in  Folge  der  Vorrückung  der  Nacht- 
gleichen Bilder  und   Zeichen  längst  gänzlich   gegen 
einander  verschoben  (19).  ^ 

So  viel  übör  die  Jahrformen  der  Römer.  Es 
muls  nun  noch  von  ihren  Jahrrechnungen  gehan- 
delt werden. 

Dafs  sie  ihre  Jahre  nach  den  Consuln  zählten, 
ist  allgemein  bekannt  Es  geschah  dies  selbst  noch 
imter  d^i  Kaisern,  so  wenig  auch  die  beiden  Con-- 


i )  S.  die  erste  der  auf  der  vorigen  Seite  angeführlen  Stellen, 
i)  In  Arati  Phaen,  I,  10  tnid  öfter. 


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326    -  Technische  Chronologie, 

suln,  die  man,  um  einer  alten  Form  zu  geniigen,  fort- 
während jährlich  wählte,  an  der  Seite   des  Princeps 
zu  bedeuten  hatten.    Dies  Scliattenwesen  erlosch  erst 
gänzlich  unter  Justinian  im  Jahr  1294  d.  St,  541' 
n.  Chr. 

Als  die  Romer  in  der  letzten  Hälfte  des  sechsten 
Jahrhundei'ts  der  Stadt  ihre  Geschichte  mit  einiger 
^Kr^tlk  zu  bearbeiten  anfingen,  suchten  sie  die  Namen 
ddr  Consuln,  Kriegstribunen  und  Dictatoren;»  nach  de- 
nen sie  die  Jahife  Ijezeichnet  fanden,  an  eine  vater- 
ländische Acre  zu  reihen.  Zu  Epochen  boten  sich 
ihnen  am  natüriichsten  die  Gründung  der  Stadt 
und  die  Einführung  der  Consularregierung  dar, 
und  feste  Ver'gleichungspunkte  gewahrte  ihnen  die 
damals  schon  geordnete  Olympiadenäre.(160). 

Ihr  ältester  Geschichtschreiber,  ja  eigentlicher 
Prosaist,  Q.  Pabiiis  Pictor,  lebte  erst  zur  Zeit  des 
zweiten  punischen  Krieges.  Früher  wurde  bei  ihnen 
wenig  geschrieben  und  die  Griechen  fingen  erst  seit 
Pytrhus  an,  Notiz  von  ihnen  zu  nehmen  *).  Sagen, 
Nationalgesänge,  spärliche  Urkunden,  die  Register 
der  Censoren  und  die  Annales  Maximi  waren  da- 
her die  einzigen  Quellen  für  ilire  frühere  Geschichte. 
Was  die  letzteren  betrifil,  so  lag  dem  Pontifex 
Maximus  ob,  die  Hauptereignisse  eines  jeden  Jahrs, 
Finsternisse,  Prodigien,  pestartige,  Krankheiten,  Kriegs- 
begebetiheiten,  Triumphe  und  dei^leichen  auf  einer 
weifseh  Tafel  —  in  alba  —  zu  verzeichnen,  und  zur. 
Einsicht  des  Publikums  in  seiner  Wohnung  aufzu- 
stellen.    Nach  Cicero  geschah  dies  vom  Anbeginn 


1)  Tim  aus  aus  Sicilied,  der  in  der  letzten  llälfte  des  fW- 
ten  Jahrhunderts  lebte,  war  einer  der  ersten,  der  ihrer  in  seiner 
Universalhistorie  —  xotvat  taroqiai,  —  gedacht  hatte. 
Dion.  Hai.  1,  6, 


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,  Römer.'  327 

Rotna  bis  auf  den  Pontifex  Mucius  *),  der  um  die 
Zelt  der  Gracchen  lebte.  Nichts  ^konnte  seiner  Ver- 
sicherung nack  magerer  sein,  als  diese  Annalen  ^). 
Hr.  Niebuhr*),  sich  auf  eine  SteDe  eben  dieses 
Schriftstellers  *)  gründend,  macht  es  sehr  wahrschein- 
lich, dafs  die  früheren  Tafeln  zur  Zeit  der  gallischen 
Zerstörung  grölstentheik  verloren  gegangen  waren, 
und  dafs  die  Pontifices  sie  spätei^hin  mit  Benutzung 
einiger  geretteten  Bruchstücke  aufs  Geratliewohl  wie- 
derhergestellt hatten.  .  Dies,  sind  die  heiligen  Ta- 
feln —  iBQou  ÄÄroi  — ,  aus  denen  nach  Dionysius  * ) 
die  V  römischen  Historiker  geschöpft  haben.  Man  wird 
daher  leicht  erachten,*  wie  schwankend  ihre  Ansich- 
ten über  die  Zeitverhältnisse  ihrer  altem  Geschichte 
waren. 

Hierziu  kam  noch  der  Umstand,  dals  sie  bei  ih- 
ren .Untersuchungen  imm^r  einen  dreifachen  Jahraii- 
fang  jbvi  unterscheiden  hatten,  den  bürgerlichen, 
historischen  und  politischen.  Für  den  bürger- 
lichen oder ^  wenn  man  lieber  will,  religiösen, 
hat  lange  der  i.  Martins  gegolten  (283).  Unter  dem 
historischen  verstehe  ich  den  Tag,  auf  den  eine 
alte  Tradition  die  Gründung  Roms  setzte  imd  von 
dem  daher  auch  eigentlich,  die  Jahre;  der  Stadt  ge- 
zählt wurden,  das  Fest  der  Palilia  am  %i.  April 
(280).  Der  politische,  ich  meine  den  Eintritt  der 
Consuln,  nach  denen  die  Jahre  in  den  öffentlichen 
Akten  unterschieden  wnirden,  sch^rankte  bis  auf  den- 


1)  Da  erat,  n,  12. 

2)  De  legg.  1,  2l,   wo  dem  ganzen  Zusaminentiaoge   nach 
ieiunius  statt  iueundius  za  lesen  ist. 

3)  Rom.  Gesch.  Th.  I,  S.  278  ff. 

4)  Da  republ  I,  16. 

5)  1,  73. 


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328  Technische  Chranohgie.    ^ 

Anfang  des  siebenten  Jahrhunderts  der  StadL  In  den 
ältesten  Zei^'der  Republik  waren  die  Calendae 
Sextiles  der  Anf^ang  des  Magistratsjafars,  wie  Li- 
Yius  berichtet  *).  Weiterhin,  ainr  Zeit  der  Dpcem- 
vini,  finden  wir*bei  ihm  die  Idus  Maias  als  so- 
lenuies  ineundis  magistratibus  genannt  ^  )•  Dann  kom- 
men bei  ihm  in  gleicher  Beziehung  die  Idus  De- 
c^mbres  ^)  und  späterhin  die  Idns  Martiae  vor*). 
Erst  seit  dem  Consulat  des  Q.  Fulvius  Nobilior  und 
T.  Annius  Luscus,  a*  u.  601,  traten  nach  Cassio- 
dor  *).  die  Consuln,  wie  nachher  immer,  an  den  Ca- 
lendis  lanuariis  ein*  Dieser  Tag  wurde  nun  auch, 
wenn  nicht  schon  früher,  der  Anfang  des  bürgerli- 
chen Jahrs« 

Ob  diese  und  vielleicht  noch  andere  uns  mincler 
zuverlässig  bekannte  Wechsel  eine  Verlängerung  oder 
Verkürzung  des  Magistratsjahrs  vorausAststten,  war 
eine  wesentliche  Frage,  die  sich  die  römischen  Chro- 
nologen schwerlich  in  jedem  Fall  genügend  zu  beapt- 
worten  wufeten.  Der  Uebergang  zu  den  Idbs  des 
December  war,  wie  vnr  aus  der  Geschichte  der  De- 
cemvim  wissen,  ehie  Veriängerung,  und  der  zu  den 
Calenden  des  lanuarius,  wie  Cassiodor  sagt,  eine 
Verkürzung.  In  der  Regel  entstand  der  Wechsel  nach 
Hm.  Niebuhr's  Meinung  ^)  daher,  dals  man  anfangs 


1)  in,  6.  Aach  Dionysins  spricht  beim  Jahr  5278  vom 
Sexülig.  K,  25.  , 

2)  ra,  36,    Vergl.  Dion.  X,  59. 
IV,  37;  V,  9  und  11. 
S.  den  Anfang  des  22,  26  nnd  32sten  Bachs.    HerI:wu^ 

dig,  immer  die  Calendae  and  Idus,  die  arsprün^chen  Pfea- 
and  VdUmondstage. 

Ö)  Chrmicon  p.  681.  Opp.  ed.  1656.  Vergl«  Handbocli 
II,  148  ff. 

6)  S.  294. 


% 


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JSiimer.  329 

■     \      .  -  ' 

auch  für  die  Consula  iifi  unter  den  Königen  gebrauch- 
fiche  Wahl  durch  Int.er reges  beibehielt,  wenn  die 
ausscheidenden  Consuhi  die  Wahl  ihrer  Nachfolger 
nicht  zu  Stande  gebfacht  hattei^^  Dauerte  nun  das 
Interregnum  auch  nur  einen  halben  Monat,  so  konn- 
ten daraus  mit  der  Zeit  bedeutende  Verschiebungen 
des  Cönsularjahrs  entstehen,  indem  die  Magistrate/ 
wie  eis  die  .Formel  ihrer  Wahl:  at  qui  optimo  iure 
facti  sint  versprach,  immer  ein  volles  Jahr  im  Amte 
blieben.  Die  nothwendige  Folge  davon  war,  dals 
eine  Verwirrung  in  der  Jahrrechnung  entstand,  zu  de- 
ren Abhülfe  die  alte  Anordnung  gedient  zu  haben ' 
scheint,  dafs  der  oberste  Prätor  )ährlich  an  den  Idus 
des  September  im  Tempel  des  lupiter  Capitolinus  als 
notß  numeri  annorum  einen  Nagel  feinschlagen  mufste. 
Livius,  der  uns  von  dieser  sonderbaren  Thatsache 
unterrichtet  ^),  sagt,  dafs  noch  unter  dem  Consulat 
des  Cn.  Genucius  und  L.  Aemilius  Mamercinus,  d. 
i.  im  Jahr  3!91  d.  ^t,  ein  Dictator  clavi  ßgendi 
causa  gewählt  wurde.  Die  Ceremonie  hatte  jedoch 
damals  schon,  ihre  frühere  Bedeutung  verloren;  denn 
man  wiederhohlte  sie  blofs,  um  den  Zorn  der  Gotfier 
zu  besänftigen,  weil  man  aus  dem  Munde  alter  Leute 
wissen  wollte,  dafs  einmal  eine  pestartige  Krankheit 
b  Folge  derselben  aufgehört  hatte. 

Nimmt  man  nun  alle  diese  Umstände  zusanuEuen, 
so  wird  man  sich  gar  nicht  wundem,  wie  die  alten 
Geschichtforscher  über  die  Zeit  der  Erbauung-  Roms 
so  sehr  verschiedener  Meinung  sein  konnten.^  Auch 
abgesehen  von  der  gewifs  uralten  Tradition  beim  Sal- 
Ius  t  ^  )  und  anderen,  dafs  Rom  von  trojanischen  Flücht- 
lingen gegründet  sei,  schwanken  die  Hypothesen  in 
einerii  Zeitraum  von  fast  anderthalb  Jahrhunderten» 


1)VU,  3.        2)  Bell.  Cat.  c.  6.  . 

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330  Technische  (Jhronohgie. 

Am   weitsten    ging    in   seinen   Rechnungen   der 
pichter  Ennins  zurück.    It)  zwei  uns  von  Varro') 
aufbewahrten  Versen: 
Septingenti  sun^paulo  plus  aut  minus  anni^ 
Augusto  augurio  postquam  incluta   condita 

Roma'sty 
gab  er  der  Stadt  ein  Alter  von  700  Jahren.  Da  er 
nun  im  Jahr  585  d,  St^  gestorben  ist  ^),  so  kann  er 
die  Erbauung  Roms  nicht  später  als  870  v.  Chr.  ge- 
setzt haben.  Einige  Gelehrte  haben  geglaubt,  da& 
hier, von  zehnmanatlichen  Jahren  (265)  die  Rede 
sei,  welche  allerdings  die  so  abweichend  erscheinende 
Zahl  700  fast  ganz  auf  die  herrschende  Ansicht  zurück- 

,  bringen  würden.  Allein  es  wäre  nicht  zu  begreifen, 
warum  der  Dichter  sich  einer  Jahrform  bedient 
hatte,  die  seit  Numa  liicht  mehr,  wenn  aiirders  je, 
im  Gebrauch  war,  und  wie  dem  so  gelehrten  Varro, 
der  nur  100  Jahre  später  lebte,  nicht  eingefallen  sein 
sollte,  was  es  mit  einer  ZeitbestiiÜmung,  die  er  mit  den 
Worten:  In  hoc  nunc  denique  est,  ut  dici  possity 
.  •  • .  non  cum  Ennius  scripsit^  als  eiiie  verfehlte 
darstellt,  eigentlich  für. eine  Bewandnifs  hatte. 

Timäus,  der  etwa  100  Jahre  früher  als  Ennius 
schrieb,  setzte  die  Gründung   der   Stadt   gleichzeitig 

'  mit  der  von  Cartha^o  in  das  38ste  Jahr  vor  der  er- 
sten Olympiade,  also  in  814  v.  Chr.  Dionysius 
sagt  '),  et-  wisse  nicht,  welcher  Kanon  dabei  zum 
Grunde  liege. 

Am  jüngsten  machten  die  Stadt  Q.  Fabius 
Pictor  und  L.  Cincius  Alimentus.  Nach  jenem 
soll  sie  im  ersten  Jahr  der  achten^  nach  diesem  im 


1)  R.  R.  HI,  i.  "Vcrgl.  Suet.  Jug.  c.  7. 
'2')  Ciiepione  et  PMUppo  iterum  Consulibüs,  Cicero  Cai. 
Maj.  e.  5.       3)  I.  74. 


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Homer.  331 

Vierten  ,der  zwölften  Olympiade  erbaut  «em  *)•  Letz- 
tere Bestimmung  bringt  ihre  Gründung  bis  zum  Jahr 
728  T.  Chr.  herab.  'Aue  übrigen  Angaben  lassen  sieh 
auf  die  drei  Jahre  OL  6,  3,  OL  6,  4  und  OL  7,  1 
zurückführen.  ~ 

Für  das  erste  erklärte  sich  M.  Terentius 
Varro.  Dies  findet  sich  zwar  nirgends  ausdrückliefa 
gesagt;  doch  läfst  es  sich  mit  aller  Sicherheit  aus  ei- 
ner Stelle  des  Censorinus  schliefsen,  wo  er  das 
Consularjahr  des  Ulpius^  und  Pontianus,  unter 
welchem  er  schrieb,  nach  den  chronologischen  Grund- 
sätzen dieses  Romers  feststellt  Er  sagt,  es  sei  das 
101 4te  Jahr  seit  der  ersten  Olympiade  und  das  991$le 
seit  Erbauung  Ropis,  jenes  von  der  Feier  der  olym- 
pischen Spiele  im  Sommer,  dieses  vom  Feste,  der 
Palilien  gerechnet  * ).  Das  Iiitervall  zwischeüi  den 
Epochen  beider  Acren  beträgt  demnach  nicht  völlig 
23  Jahre.  Varro  mufs  also  die  Er][>auung  Roms 
auf  den  Frühling  des  dritten  Jahrs  der  sechsten  Olym- 
piade gesetzt  haben.  Eben  dies  läfst  sich,  wenn  auch 
nicht  so  bestimmt,  aus  einer  Stelle  des  Plutarch 
folgern  •). 

'  Mit  allem  Fug  nennen  daher  die  neuem  Chro^io- 
logen  die  Rechnung,  nach  der  Rom  im  Frühlinge  des 
Jahrs  3961  der  juhanischen  Periode  oder  753  y.  Chr. 
erbaut  sein  soH,  die  varronische  Acre.  Hiemach 
ist  a.  u.  753  das  erste  Jahr  vor,  und  754  das  erste 


1)  Ebendaselbst,  wo  über  die  den  Fabins  betreffenden  Worte 
fiadi  der  Taticaniscben  Handschrift  za  ergänzen  sind.  Handb, 
I,  152,  ' 

2)  An  die  bereits  pben  (157)  citirten  Worte  reihen  »ich 
unmittelbar  folgende:  a  Romaautem  condita  DCCCCXCI^  et 
gmdem  ex  ParUibus,  pnde  urbis  tnmi  numerantur* 

3)  FUa  Rom.  c  12.    Vergl.  Handb.  H,  153, 


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339  Technische  Chronolof^e. 

nach  Christi  Geburt  Um  also  eio  Jähr  der  Stadt, 
dessen- Zahl  nicht  gröfser  als  753  ist^  in  das  Jahr 
V.  Chr.  zu  verwand^bi  oder  umgekehrt/ muTs  man 
die  jedesmalige  Jahiszahl  von  754  abziehen.  So 
wurden  Corinth  und  Carthago  zerstört  a.  u.  608 
H  i.  754  ^  608  =  146  v.  Chr.  WiU  man  Jahre 
d«  St.,  die  gröJber  als  753.  sind»  mit  Jahren  nach 
Christi  .oder  umgekehrt  vergleichen,  so  muls  man 
von  jenen  753  abziehen  oder  zu  diesen  753  addiren^ 
wo  man  dann  im  ersten  Fall  Jahre  n.  Chr.,  im  letz- 
tem Jahre  d^  St  erhält  (gewöhnlich  vernachlässigt 
man  hierbei  den  fa^t  viermonatlichen  Unterschied  des 
Anfanges  der  Jahre  der  Stadt  und  unserer  Acre.  Selbst 
die  Romer  scheinen  die  Verschiedenheit  jener  Jahre 
von  denen  der  Considn,  auf  die  Censorinu^s  auf- 
merksam machf^  wenig  beachtet  zu  haben. 

Der  Meinung  des  Varro,  deren  Gründe  uns 
übrigens  ganz  unbekannt  sind,  traten^  was  ihr  kein 
geringes  Gewicht  gibt,  Pomponius  Atticus  und 
Cicero  bei,  von  denen  Solinus  versichert*),  dafe 
sie.  die  Erbauung  Roms  in  OL  6,  3  gesetzt , haben. 
In  den  Wericen  des  letztem,  so  wie  in  den  paar  noch 
vorhandenen  des  Varro  selbst,  findet  sich  nichts, 
was  auf  diese  Bestimmung  hindeutete.  Auch  Vel- 
leius  Paterculus  pflichtet  ihr  bei  ^).  Eutropius 
verdient  hier  nur  in  so  fern  genannt  zu  werden,  als 
man  aus  ihm  ersieht,  welche  Ansicht  zuletzt  die  vor- 
herrschende geworden  ist;  denn  er  spricht  ganz  zu- 
versichtlich vom  XI  CaL  Mail  Olympiadis  seaiae 
anno  tertio  *). 

Die^  zweite   Meinung,   nach   der  die   Gründung 


1)  t.  l.    Vci^l.  Handb.  II,  156. 

2)  ^i«l.  I,  8.    Vcrgl.  Handb.  II,  157, 

3)  hrev.  I,  1.       , 


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Rüther,  333- 

Roms  auf  den  Frühling  Ol  6,  4  *u  setzen  istj  schreibt 
Dionysius  dem  M»  Porcius  Cato  zu.  Er  trägt 
sie  zuerst  als  seine  eigene  vor,  mit  den  Worten  *): 
,,Im  4328ten  Jahr  seit  der  EinnahiKie  Trojas.  er- 
baute, eine  Colonie  Albaner,  geführt  von  Roniulus  und 
Remus,  die  Stadt  Rom,  im  ersten  Jahr  der  siebenten 
Olympiade,  -als  der  Messenier  D^icles  im  VVettlauf 
den  Preis  davon  trug,  im  ersten  des  zehnjährigen  Ker 
'  giments  des  Archön  Charops  (152)."  Weiterbin  stelit 
er  die  verschiedenen  Hypothesen^  die  er  vorfand,  zu- 
sammen, und  bei  dieser  Gelegenheit  sagt  er  ^):  „Por-  > 
eins  Cato  bestimmt  zwar  das  Oljrmpiadenjahr  der  Er- 
bataing  nicht;  allein  mit  der  ihm  eigenen  in  Saräm^ 
lung  urkundlicher  Nachrichten  bewiesenen  Soigfal^ 
worin  ihn  nicht  leicht  jemand  übertroffen  hat,  setzt 
er  sie  432  Jahre  später,  als  die  Zerstörung  Trojas. 
Diese  Zeit  durch  die  Chronographie  des  Eratostheneg 
gemessen,  trifft  auf  das  erste  Jahr  delr  siebenten  Olym^ 
piade.  Dafs  aber  Eratosthenes  Kanon  riclitig  sei,  Und 
wie  rnaii  die  römischen  Zeiten  mit  den  griechischen 
vergleichen  müsse,  habe  ich'  anderswo  gezeigt  *)". 

Auf  welche  Combinationen  sich  die  Zahl  432. 
beim  Cato  gründete,  wissen  wir  nicht  *).  Die  Ver^ 
gleichung  mit  dem  Kanon  des  Eratosthenes^  hat 
vermuthlieh  nicht  er,  sondern  erst  Diotiysius  ange- 
stellt Unstreitig  wird  hier  das  oben  (156)  angeführte 
Fragment  gemeint     Nach   diesem  beträgt  d^r  Zeit- 


1)  I,  lU    Wesentlich  noch  einmal  II,  2. 

2)  I,  74.  •    ^ 

3)  *'E^  9'oiq  X90V01S9  wie  Casaabonns  anmerict  Dieses 
mitergegangtee  Werk  wirfl  dflers  Ton  Clemens  Alezandri- 
nua  ciürt 

4)  Obne  Zwei£ßl  war  dieser  Gegenstand  in  seinem  grofsen 
historiifehen  ^erke,  Orlgiws  betitelt,  abgehandelt. 


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334  Techniiche  C»ronohgie. 

ramn  zwischen  der  Zerstörung  Trojas  und  der  ersten 
Olympiade  408  Jahre.  Legen  wir  diese  Bestimmung 
xum  Gnmde,  so  kommen  wir  richtig  auf  den  Anfang 
der  siebenten  Olympiade.  Da  aber,  auch  Di onysius 
die  Gründung  Roms  ayf  die  Palilien  setzt  ^)j    so 

.kann  et  nur  an  die  des  Frühlings  OL  6^  4,  v.  Chr. 
752,  gedacht  haben.  Die  dionysische^  oder,  wie 
man  gewöhntich  mit  Scaliger  sagt,  die  catoni- 
»che  Acre,  gibt  demnach  ein  Jahr  weniger,  ak  die 
varronische.  Wollten  wir  mit  Dodwell*)  die 
Paühen  des  Jahrs  OL  74^  v.  Chr.  751,  nehmen,  weil 
Dionysius  ausdrücklich  dieses  Jahr  nennt,  so  würde 
ein  Unterschied  von  neun  bis  zehn  Monaten  zwischen 
seiner  Rechnung  und  der  von  ihm  eigentlich  gemein- 
ten Epoche  entstehen,  den  er  schwerlich  unberück- 
sichtigt gelassen  haben  wftrde. ' 

vEusebius  und  Solinus  treten  ihm  bei  Der 
erste,  nachdem  er  unter  OL  6,  4  bemerkt  hat:  „In 
dieses  Jahr  setzen  einige  diis  Erbauung  Roms,  ^' nennt 
OL  7,1  als  das  erste  der  Stadt  ^).  Der  andere  drückt 
sich    also    aus  *):      CoUatis  nostris  et  Graecoruvi 

'  tempöribus  invenimus  incipiente  Olympiade  septima 
Momam  conditam. 

Die  dritte  Meinung  endlich,  nach  der  Rom  noch 
ein  Jahr  jünger  sein  soll,  legt  Dionysius  dem  Po- 
ly bius   bei  *  )•      Nach   Soli  q\i s   sollen  sich  auch 

1)1,88. 

2)  Man  sehe  seine  BchTrerfällig  gelehrte  Ahhandlung:  Chrth 
notogia  Gmeco*  Romana  ex  hypothesibus  Djonysü  HatUar- 
naäsei  yor  der  hudsonschen  Ausgabe. 

3)  Chron,  VoL  U,  p,  175  detf  armenisch -lateinischen  Textes, 

4)  A.  a.  O. 

5)  I,  li^  Anch  P.  Cornelius  Scipio  bdm  Cicero  {de 
repubh  n,  10)  scheint  diese  Bestimmung  seines  Freundes  Polj- 
bius  im  Sinne  gehabt  zu  haben,  Wenn  er  Ton  grSechischeB 
Annalen  spridit,  die  Roms  Erbanong  in  OL  7^2  a|tJEten. 


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Bdmer.  335. 

Erato8theae$9  ApoHodorus,  C.  Cornelius  Ne^ 
po«  und  Q.  Lutatius  Catulus^)  für  sie  erklärt  ha- 
ben. Unter  den  noch  vorhanäenen  Historikern  iit 
Ihr  niemand  beigetreten,  und  Polybius  selbst  nennt 
in  den  auf  uns  gekommenen  Büchern  seiner  Ge- 
schieht^ nii^ends  Jahre  der  Stadt« 

Der. Grund  dieser  so  divergenten  Ansic|iten  über 
das  Erbauungsjahr  der  Stadt  lag  wöl  zunächst  in  der 
verschiedenen  Bestimmunjgsweise  ,der  Dauer  des  Kq* 
nigthums.  Wenn  Dionysius  die  Zersti^rung  Roms 
durch  4e  Gallier  unter  «len  Archon  Pyrgiort  in  «OL 
984  seta&t,  und  von  hier  zurück  bis  auf  die  ersten 
Consuln  120  Jahre  zählt,  so  scheint  er  damit  die  herr* 
sehende  Meinung  der  griechischen  und  römischen  An« 
naiisten  ausgesprochen  zu  haben.  Er  selbst  legt  den 
Konigen  y  deren  Regierungsjahre  er  einzeln  nennt, 
244  Jahre  bei^),  und  bringt  so  die  Epoche  heraus, 
für  die  «r  sich  bekennt  Hierbei  gibt  er  unter  andefn  ^ 
dem  Numa  43  Jahre.  Beim  Cicero  ist  nur  von  39 
die  Rede  ^),  und  vi^ejin  etwa  F>abius  Pictor  eben 
so  viele  Jahre ^  im  üefbrigen  aber  wie  Dionysius 
gerechnet  hat,  so  erklärt  sich  obiges  von  ihm  ange» 
nonrnnene  Ep'ochenjabr  (330)* 

Doch  wir  wollen  auf  diesem  schwankenden  Bo* 
den  nicht  langer  verweilen.     Genug,  es  gab  zwei  zu 
besonderem  Ansehen  gelangte  Acren  der  Erbauung  . 
Roms,,  von    denen    wir .  herkömmlich  die  eine  di^ 
var ronische,  die  andere  die    catohische   nennen' 


1)  Yom  Com.  Nepos  hatte  man  ein  Geachichtswerk  des 
Titels  CÄrömra'( Gell.  N.  J.  XVII,  ^1),  räd  Lutatius  Cata- 
las  schrieb  de  eonsulatu  et  rebus  gestis  suis  (Cicero  Brut. 
c.  35). 

2)  Auch  Li y ins  sagt  (I,  60):  Regnatum  'Romae  a  con" 
dita  urhe  ad  liberatam  annos  ducent04  quadtaginia  quaiuor. 

3)  De  republ  II,  14. 


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336  Technischfi  Chronolo^. 

woOen,  Jene  hat  zur,  Epoche  die  PaliKen  von  OL 
6,3  oder  den  Frühling  des  Jahrs  753,  diese  ^\t  Pa- 
lüen  Ton  OL  6,4  oder  den  Frühling  des  Jahrs  752 
V.  Chr.  Legen  \nr  den  Königen  volle  244  Jahre  bei, 
so  stellt  sich  die  Epoche  der  Consnlaräre  nach 
Varro  anf  509,  nach  Gato  auf  508  v.  Chr. 

Es  verdient  aber  wohl  bemerkt  txk  werden,  dafs 
wir  nach  Jahren  der  Stadt  blols  in  Consularverzeich- 
nissen  und  von  Schnftsiellern,  nirgends  bei  öffentli- 
ciien  Verhandlungen  und  nur  ein  paarmal  auf  Denk- 
mälern gerechnet  finden.  Auf  einer  Müni^e  ^es  Ha- 
drian,  die  in  Gold  und  Erz  vorhanden  ist,  steht:  ANN. 
DCCCLXXitn.  NAT.  URB.  V.  CIR.  CON.,  was  man 
am  wahrscheinlichsten  durch:  Anno  DCCCLXXIIll 
naiali  urbis  printum  circenses  constituti  ergänzt 
und  auf  die  Einführung  der  ludi  circenses 
am  Palilienfeste  deutet  * ).  Auf  ^einem  Marmor  bei 
Fabretti*)  liest  mscaz  JExcessit  anno- urbis  con- 
ditae  DCCCXCVIL  V 

Es  ist  leine  ganz  irrige ,  durch  die  Lehrbücher 
der  römischen  Geschichte  nur  zu  sehr  genährte  An- 
eacht,'dafs  Varr6-und  Cato  selbst  an  die  nach  ih- 
nen benannten  Acren  die  Consnln  auf  eine  ähnliche 
Weise  gereihet  haben,  wie  sie  Uns  die  Verzeichm'sse 
der  Neuem  dai^teUen»  Welche  Untersuchungen  von 
beiden  Römern  in  dieser  Beziehung  angestellt  sein 
mögen,  ist  uns  gänzlich  unbekannt«  Ihre  Acren  sind 
UoCsh  als  d^r  Canevas  zu  betrachten,'  auf  4len  die 
neuern  Forscher,  von  dem  um  diesen  Thdl  der  Al- 
terthumskunde  hochverdienten  Onuphrius  Panvi- 
nius  an,  die  Namen,  der  Consnln  getragen  haben. 

'  .  ^  So 


1)  Eckhel/W^.  mm.  Vol.  VI,  p.  501  ff. 

2)  Inser.  ml.  p.  88. 


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BSmer.  337 

So' schwankend  auch  die  Zeitbeatimmuiigen  nuim 
eher  CoDSulate  bei  den  römischen  Schriftstellern  sein^ 
mögen  ^),  80  leidet  es  doch  keinen  Zweifel,  dals  die 
varronische  Aere  wenigstens  seit  Claudius  vor- 
geherrscht hat,  der  sie  dadurch  gleichsam  sanctionirte, 
dafs  er  in  ihrem  SOOsten  Jahr  unter  seinem  wid  des 
L.  ViteDius  Consulate  zur  Verherrlichung  des,  begin- 
nenden neunten  Jahrhunderts  dbr  Stadt  die  sechste 
Säcularfeier  veranstaltete^).  Seitdem  rechnen  Pli* 
iiius,  TacituSy  Die  Cfissius,  kurz  die  bewährte^ 
sten  Schriftsteller,  in  diesem  Sinn. 

Dals  aber  auch  die  catonische  Aere  friiherhin 
za  Rom  gebraucht  worden  sei,  lieidet  keinen  ZweifeL 
Sie  liegt  deutlich  ^  den  Ueberresten  eines  Verzeichnis- 
ses der  Konsuln  auf  Marmor  zum  Grunde,  das  von 
seinem  Aufbewahrungsorte  Fasti  Capitolini  genannt 
wird,  daher  auch  die  Aere  bei  einigen  Gelehrten  die 
capitolinische  heilst.  In'  diesem  bis  auf  den  Tod 
des  August  gehenden  Verzeichnisse  ^)  sind  den  Na- 
men der  ConsulQ  von  zehn  zu  zehn  die  Jahre  der 
Stadt  beigeschrieben,  ganz  so,  wie  es  die  catonische 
oder  iKonysische  Epoche  mit  sich  bringt 

Da  man  einmal  eines  cl^ronologischen  Fadens  in  der 
römischen  Geschichte  bedarf^  so  thut  man  wohl,  wenn 
man  die  varronische  Aere,  wie  man  auch  über 
ihre  Entstelrnng  urtheilen  mag,  als  die  in  den  Haupt- 
werken der  Neuem  gewöhnlichere  gebraucht,  doch 
nicht  so,  als  wenn  dadurch  alle  fernere  Untersuchun- 
gen über  die  Stellung  einzelner  Consulate  und  Bege- 


1)  Man  verglciclie,  was  ich  mh  Bezug  aaf  Livins  und  Did- 
njsins  hierüber  in  meinem  Handbucli  H,  169  ff.  gesagt  liabe« 

2)  Geasorinas  e.  17, 

3)  Wo  man  es  am  yoUatSndigaten  finde,  ut  schon  oben 
(298)  bemerlct  worden.    9M  vergleiche  auch  Bandb.  11,  168. 

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338  T^hnische  Chronoloßie. 

benheiten  fiberflüssig  würden.  Wer  dergleichen  an 
zustellen  keinen  Beruf  bei  sich  fühlt,  halte  sich  an 
Janson  van  Almeloveen's  Constdarverzeichntlis  *). 
das  man  als  das  Resultat  der  gründlichsten  neuem 
Forschungen  zu  betrachten  hat  £s  besteht  aus  zwei 
Büchern,  von  denen  das  erste  die  Namen  der  Cbn- 

^  suln  in  chronologischer,  das  zweite  in  alphabetischer 
Ordnung  gibt«    Der  ersten  Ausgabe  lag  die  catonische 

^  Aere  zum  Grunde.  Uhlius,  der  zweite  Herausgeber, 
hat  sie  aber,  diß  Autorität  des  Pamyinius  und  Si- 
gonius  für  gültiger  anerkennend,  als  di^  des  Pi- 
ghius  und  Calvisius,  stillschweig^ad  mit  der  varro- 
nischen  vertauscht  Für  die  spätere  Zeit  vom  Jahr 
898  der  Stadt  an  ist  auch  das  Verzeichni|s  von  Re- 

,  land  sehr  brauchbar  ^),  das  van  die  catonische  Aere 
geknüpft  ist 

Noch  ist  zu  bemerken,  dals  Censorinus  unter 
anderen  von  ihm  verglichenen  Acren  auch  die  anni 
luliani  und  Augustorum  nennt  ^).  Die  juliani- 
schen  Jahre  werden  vom  1.  Januar  des  frsten  von 
Julius  Cäsar  verbesserten  Jahrs,  d.  i.  des  7ü9ten 
der  Stadt  gerechnet  Das  991ste  der  Stadt,,  in^  wel- 
chem er  geschrieben  zu  haben  versichert  (331),  war 

"seiner  richtigen  Angabe  nach  das  238  ste  julianische. 
Ob  diese.  Aere  noch  sonst  bei  einepi  alten  Sehrilt 
steller  oder  auf  einem   Denkmale   vorkommen  mag, 

'  weüs  ich  nicht  Von  ,den  neueren  Chronologen  habe» 
sich  ihrer  mehrere  bedirat,  unter  andern  Kepler  in 


1)  Theodori  Jansöjdi  ab  Älmelaveen  Fastorum  Ronumth 
Tum  cansularium  libri  duo^  Amsterdam,  erste  Ausgabe  1705, 
zweite  1740,  8. 

3)  Petri  Relandi  Fasti  comidar^s  ad  übiStratUmem  C«h 
dicis  lustiniatui  ae  Theodosiani.    Utrecht  1715,  8. 

3)  c  21. 


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Christliche  FoJkek  .  339 

seinen  Schriften  ober  das  Geburtsjahr  Christi.  Um 
ihre  Jahre  auf  die  der  Sfadt  zu  bringen,  addire  man 
708,  worauf'  sie  sich-  dann  leicht  mit  den  Jahren  vor 
oder  nach  Chr.  Geburt  vergleichen  lassen  (332). 

Audi  die  anni  Augustorum  der  Romer,  deren 
schon  oben  (78)  gedacht  worden^  scheinen  wenig  ge- 
braucht zu  sein*  Das  erste  deirselben  ist  das  727ste^ 
der  St^dt 

So  lange  regelmälsig  zwd  Consuln  jährlich  ge- 
wählt wurden,  empfand  man  im  römischen  Reiche 
das  Bedürfnifs  einer  fortlaufenden  Acre  wenig.  £s 
ward  erst  fühlbar,  als  nach  Verlegung  des  Kaisersitzes 
in  den  Orient  die  Consularäre  schwankend  zu  wer- 
den anfing.  Wie  man  sich  dann  half,- werden  wir  im 
folgenden  Abschnitt  sehen.        . 


Zeitrechnung  der  christKchen  Völker. 

Die  Zeitrechnung,  die  von  sämmtlichen  Völkern 
der  Christenheit  gebraucht  wird,  ist,  so  weit  sie  die 
Form  und  Eintheilnng.  des  Jahrs  betrifft,  wesentlich 
die  Ton  Julius  Cäsar  verbesserte  römische,  von  dier 
im  vorigen  Abschnitte  gehandelt  worden.  Nur  die 
siebentägige  Woche  ist  aus  der  jüdischeü  Zeit- 
rechnung in  die  christliche  übergegangen. 

Sc^oft   seit   dem  Anfange   der  christlichen  Aere . 
scheinen  Woche  undSabbath  im  römischen  Reiche 
sehr  bekannt  gewesen,  ja  letä^terer  selbst  von  Nicht- 
juden  hin  imd  wieder  gefeiert  zu  sein  * )?  so  wie  tiber- 


1)  Vei^.  anter  andern  Hor«z  Serm.  I,  9,  69;  Oyid  ars 
ajtmndi  l,  415  und  remfdia  amoris  ^19;  Tihttllufi  eleg.  l^  3, 

22  * 


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340  TechnUehe  Chronologie. 

haupt  mehrere  orientalische  Religionsgebtäuchej  z.  B. 
4er  Cultus  dcfr  Isis  und  des  Serapis,  unter  d«i  Kai- 
sem Eingang  in  den  'Occident  fanden,     Jösephus, 
der  in  der  letzten  Hälfte  des  ersten  Jahrhunderte  schrieb, 
sagt  *):.  „Es  gibt  keine  einzige  weder  ^cfaisdhe, 
noch    nicht- griechische  Stadt,  wohin  sich  iHchjt  dar 
Gebrauch  unserer  Feier  Aes  siebenten  Tages  verbrei- 
tet hätte,"    Die  damals  mehr  als  je  in  Ansehen  ste- 
hende  Sterndeuterei,    di6  wesentli4^  auf  die   sieben 
Planeten  der  Alten  gegründet  wat,  trag  ohne  ZwdXeJ 
nicht  wenig  dazu  bei.   Man  vergleiche,  was .  otcn  (48) 
i^ber  die  veimuthlich  in  Aegypten  aufgekommene  Be- 
nennung der  Wochentage  nacfh  den  Planeten  aus  Dio 
C£i,sisius  beigebracht  worden  ist   Die^  einzelnen  Tage 
erhielten  folgende  Namen  und  Bezeichnungen: 
Sonnabend    Dies  Säturni       ^ 
Sonntag         Dies  Solis  0 

Montag  Dies  Lunae  (^ 

Dinstag  Dies  Martis         ^ 

Mittwoch       Dies  MerCurii     ^ 
Donnerstag    Dies  lovis  2|. 

Freitag  Dies  Veneris       $      - 

Obgleich  Dio  Cassius  der  ersle  unter  dai  noch 
vorhandenen  Schriftstellern  ist,  der  dieser  BenennuDgen 
förmlich  und  im  Zusammenhange  gedenkt,  so  läCst 
sich  doch  nicht  zweifeln,  dals  sie  schon  viel  früher 
bekannt  Und  gebräuchUch  waren«  Wenigstens  kommt 


17;  Pcrsius  Sat.  V,  t84;  Jarenalis  Äatf.  VT,  158;  XfV,  96; 
Seneca  qtist.  95.  Eine  i'eiche  Sammlung  solcher  Stellen  findet 
sich  bei  Seldentts  de  iure  naturali  et  gentium  L  III,  c.  15  IT. 
tmd  in  Gottlieb  Wernsdorffs  Bissertatio  .de  gentUium  sah- 
Äö/o,  Wittenberg  1722, 4. 
1)  Contra  Jpiaa.  U,  39. 


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Chritmche  FÜlker.  341 

der  Name  Dies  Satumi  als  Synonym  von  sabba- 
tum  bereits  beim  Tibullus  Tor  ^).  Den  Sonntag 
Dies  soUs  zn  n^men^  wisür  bei  den  Christen  ganz  ge- 
wolmKcb.  In  e»,  heilstes  bdm  Ambrosius  ^),  sah 
vator  vebfti  sol  oriens^  diseussis  infemotum  te-  - 
^  nebrisy  hwe  resurrectionis  emicuü.  Sie  machten 
ihn  statt  des  jüdischen  Sabbaths^  also  den  ersten  Tag 
der  Woche  statt,  des  letzten,  zum  Feiertage,  an  weL 
chem  sie  znssonmenkamen,  um  si<^  gemeinschaftlich 
zu  erbauen  und  vsich  bei  den  über  sie  ergehenden  Ver- 
folgungen  zur  Standhaftigkeit  zu  ermuntern  ^ ).  Ab 
den  Auferstdhungstag  Christi  nann^n  eie  ihn  anch 
frühzeitig  den  Tag  des  Herr»  —  Kv^Boxii^  Dominik 
cus  oder  Dominica^  *     '   ^ 

lEme,  andere  in  den  ersten  Jahrhunderten  der  Chri- 
stenheit aufgdcommene  Benennung  für  die  Tage  der 
Woche  Tom  Montage  an  ist  Feria  secunda,  Feria 
tertia  u.  s.  w. ^).  Woher  es  kam,  dafs  die  Kirche 
das  WortFeriaej  welches  bei  den  R5mem  Feier- 
tage  bezeichnete,  an  denen  keine  Geschäfte,  sei  es 
vor  Gericht  oder  anderswo^  vorgenommen  wurden,  zu 
einer  allgemeinen  Benennung  für  die  Wochentage 
gestempelt  hat,  weiis  man  nicht  bestinimt.  Wie  sich 
Sealiger  Und  Du  Cange  die  Frage  beantworteten, 
ersehe  man  im  Handbuch  der  Chronologie^). 
Ungezwungener  scheint  mir  folgende  Erklärung  zu 
sein.  AuCser  dem  Sonntage  pflegten  die  ersten  Chri- 
sten noch  den  Mittwach  undFreita]g  als  Tage  4^8 


i)  A«  a.  O.  Ver^.  Frontinus  «larat.  II,  1  aad  Tertallian 
Jpologet,  G.  16.  \ 

2)  Sermo  IX  .  _ 

3)  Jastlniis  Ilartyr  ApoLl^  67. 

4)  S.  Isidor  Etym.  V,  30$  B«da  i&  temp.  raiione  c.  6. 

5)  Th.  II,  S.  180.  . 


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343  TechnUebe  Cironohgie.    , 

Gebets  und  der  Fasten  zu  feiern  ^  )•  Um  beide  Wo- 
chentage zu  unterscheideoy  nannten  sie  den  anen 
feria  quarta,  d.  L  den  Feiertag,  welcher  der  vierte 
Wochentag  war,  den  andern  eben  so  feria  sexta. 
Beide  Tage  kommen  unter  dieser  Benennung  schon 
heim  Tertullian  vor  *).  Natürlich  zogen  üe  feria 
quarta  und  sea^ta  allmählig  auch  di^^  feria  secimdoy 
tertia^  quinta  und  septima  nach  sich, 

Dals  Schebuay  die  siebentägige  Woehe  der  He- 
bräer, durch  k^ofiag  und  septiniana  übersetzt  wor- 
den sei;  ist  schon  oben  (200)  bemerkt  worden.  Letz- 
teres Wort  kommt  in  dieser  Bedeutung  zuerst  im  Co- 
dex Theodosianns  yor  ')• 

Einige  Chronologen  sind  der  Meinung,  dals  die 
Woche  bei  den  germanischen  Völkern  uralt  und  die 
Namen  der  Wochentage  in  ihren  Sprachen  schon 
lange  vor  Einführung  der  christlicben  Religion  im  Ge- 
Inrauch  gewesen  seien.  Allein  nicht  zu  gedenken,  dals 
sieh  weder  beim  Tacitus  noch  sonst  irgfodwp  eine 
Spur  davon  findet,  wäre  die  Analogie  der  griechisch - 
romischen  und  germanischen  Benennungen  der  Wo- 
chentage sehr  auffallend.  Wahrschemlicher  bleibt  es 
immer,  dals  die  germanischen  Völker  die  Woche  erst 
zugleich  mit  dem  Christenthum  erhalten  und  die  rö- 
mischen Namen  dies  Martis^  Mercuriif  lavis  und 
Veneris  mit  analogen  ^iohdmischen  vertauscht  ha- 
ben. Dals  die  englischen  Benennungen  Tuesday, 
Wednesday,  Thursday  und  Friday,  und  die 
schwedischen  Tisdag  (dänisch  Tirsdag),  Onsdag, 


1)  Clemens  Alezandrlnns  Strom.  L  VII,  p.  316  und 
daselbst  Sjlbnrg.       ^)  De  ieüinüs^  c.  % 

3)  L  XV,  iaX.  5,  leg.  5«  Unser  Woi%  Woche  bt  aas  dem 
gotliiachen  Wik  entstanden,  das  beim  Ulfilas  so  Tiel  als  Ord- 
nung, regelmäfsigen  ViTeclieel  bezeichnet,  nnd  viellekkt  mit 
dem  rdmuchen  vicis  ^rerwandt  ist   S.  Wachter's  Glossarüim. 


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Ckrisaiche  Fblker.  343 

Tor»dag  nnd  Fredag  für  Di'n^tag^  Mittwoch, 
Donnerstag  nnd  Freitag,  von  Tuisto  oder  Tyr, 
•  dem  Kriegsgott,  von  Wodan  oder  Odin,  dem  Mer- 
kur (oder  vielmehr  Jupiter),  von  Thor,- dem  Don- 
nergott,  nnd  von  Prea  oder  Friga;  der  Venus  der 
Sachsen  und  Scandinavier,  entlehnt  sind,  leidet  kei- 
uen-  Zweifel.  Sonntag  und  Montag  sin4  Ueber- 
setznngen  von  dies  solis  und  lunae.  Diu s tag  lei- 
tet man  von  dem  altdeutschen  Ding  oder  Gericht 
ab,  weil  die  alten  Sachsen  an  diesem  Tage  Gericht 
gehalten  haben  sollen.  Sonnabend  ist  aus  Sonn- 
tig- Abend,  d.  i.  Tag  vor  Sonntag,  entstanden.  Das 
ol>erdeutsche  Samstag  ist  das  zusammengezogene  . 
Sabbathstag,  imd 'das  en^söhe  Saturday  das 
römische  dies  Saturni  ^ ). 

Auch  den  Kalendern  mit  Runenschrift,  die  auf 
Stäben. oder  hölzernen  Tafeln  eingeschnitten  in  den 
scandinavischen  Ländern  gefunden  werden,  haben  ei- 
nige patriotische  Schriftsteller  ein  hohes  Alter  beile- 
gen wollen.  Es  ist  aber  gewiDs,  dals  sie  nichts  als 
christliche  Zeitrechnung  enthalten,  wie  dies  zuerst  auf  > 
eine  tiberzeugende  Weise  in  Erlandi  FryksellÄV 
sertatio  de  antiquitaie  Calendarii  Runici  * )  dar- 
gethan  worden  ist  Ich  habe  diesen  Gegenstand  wei^ 
ter  ausgeführt,  und,  wie  ich  hoffe,  über  jeden  Zwei- 
fel erhoben  ^*).  '    - 

Die  Monate  der  christlichen  Völker  haben  ganz 
die  von  Julius  Cäsar  angeordnete  Form,  nach  der 
auf  den  Januar,  März,  Mai,  Julius,  August,  Oktober 


1)  Man  vergldche  über  dies  Alles  die  im  Handbuch  II, 
182  genannten  Schriften  nnd  den  ersten  Band  von  Hrn.  Legis 
Fundgruben  des  alten  Nordens  (Leipzig  1820,  8). 

2)  Praeside  Benedicto  Ferner.  Stockholm,  1758,  4.        ' 

3)  In  einer  Abhandlung,  die  in  den  Schriften  der  Berliner 
'Akademie  Tom  Jahr  1829  ersdieinen  wird. 


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344  Tecbnhche  CAromahgie. 

und  December  31,  auf  den  Apn!,  Junius^  Sepiember 
und  November  30,  und  auf  den  Februar  im  Gem^n- 
jahr  28,  im.  Schaltjahr  29  'tage  gerechnet  werden 
Blols  die  koptischen  und  abessinischen  Christen  ge- 
brauchen nodb  die  ale^andnnischen  Monate  von  gaiz 
abweichender  Form  (71).  Auch  die  Namai,  weide 
die  Monate  in  den  heutigen  europäischen  Sprachen 
führen,  sind  meistens. die  mehr  oder  weniger  entstdi- 
ten  römischen;  doch  kommen  auch,  besonders  bei 
den  genpanischen  und  slavischen  Völkern,  eigenthiuni> 
che  Benennungen. vor,  die  man  in  einer  etwas  unkriti- 
schen Compilation  von  Johann  Albert  Fabricius 
zusammengestellt  findet^).  Ueber  die  vpn  Karl  dem 
Grbfsen  eingeführten  Monatsnamen,  ^ie  sich  zum 
Tbeil  noch  unter  de^  Deutschen  im  Gebrauch  erlal- 
ten  haben,  JstEginhard  nachzusehen  ^  )• 

Die  römische  Eintheilung  der  Monate  nach  Ca- 
lenden,  Nonen  und  Idus,  und  die  damit  zusam- 
menhangende, unsern  Begriffen  nach  widersinnige  Da- 
tirungsweise  (277)  ist  erst  sehr  allmählig  au&er  Ge- 
wohnheit gekommen»  Gregor,  der  Grofse  genamit, 
trapst  seit  590,  soll  der  erste  gewesen  sein,  der  die 
Monatstage  hinter  emander  fortgezäfalt  hat;  er  fand  aber 
80  lange  wenige  Nachfolger,  bis  man  in  den  neueren 
Sprachen  zu  schreiben  anfing  ')•  Im^  Mittelalter  war 
es  allgemein  gebräuchlich,  den  Kalendertag  mit  dem 
Namen  «des  Apostels  oder  Heiligen  zu  bezeichnen,  der 
an  ihm  verehrt  wurde,  und  man  hat  sich  daher  mit 
diesen  Namen  bekannt  zu  machen,  wenn  man  beim 
Lesen  von  Urkunden  und  Chroniken  keinen, Anstoli 
finden  ViO.     Noch  jetzt  kdmmt  diese  Bezeichnuogs- 


1)  Merudoghan  swe  UbeUus  de  mewibus.  Hanibiug  1712»  8* 

^)  rUa  CaroU  Ma^  c.  29. 

3)  YergL^Da  €ang.e  Gloss.  v.  amiU9* 


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ChrUaichc  Folter.  345 

weise  im  biii^erKcfaeii  Verkehr  vor,  z.  6.  bei  der  An- 
gabe der  Jahrmärkte  in  den  Volkskalendem* 

Die  ganze  kirchKehe  Eintheilung  nnsers  Jahrs 
richtet  sich  nadi  diem  Osterfest  ^)^  das  seit  den 
ersten  Jahrhunderten  der  Christenheit  aOemal  an  dem 
Sonntage  gefeiert  wlrd^  der  anf  den  FrUhUngsyoUmDnd 
folgt,  nnd  wenn  dieser  Vollmond  selbst  auf  ein^i  Sonn« 
tag  trifil,  am  zunäehstfolgenden.  Unter  dem  Früh- 
lingSYoIlmonde  versteht  man  aber  denjenigen,  der 
entweder  am  2i.  März,  an  den  man  ein. für  allemal . 
den  Anfang  des  Frühlings  geknü{)ft  hat,  oder  zmiächst 
nach  denselben  eintritt  Er  wird  tetminus  paschch 
lis,  Ostergren z^,  genannt.  Es  kommt  also  bei  der 
Bestimmung  des  Osterfestes  auf  zweierlei  an,  'einmal 
das  Datum,  und  zweitens  den  Wochentag  der 
Ostergrenze  zu  finden. 

Der  Ostenrollmond  wird  nicht  mit  Hülfe  astro- 
nomischer Tafeln,  deren  Handhabimg  nicht  jedermanns 
Sache  isl^" sondern  cyklisch  auf  eine  Weise  berech-, 
net,  die  auch  der  Laie  leicht  zu  begreifen  im  Stande 
ist.  Sowohl  in  der  mathematischen  Chronologie  (30), 
{ds  in  der  Zeitrechnung  der  Griechen  (128)  und  der 
Hebräer  (252)  ist  des  Cyklus  von  235  synodischen 
Monaten  gedacht;  worden,  die  sich  ,nahe  mit  19  Son^ 
nenjahren  ausgleichen.  Dieser  Zeitkreis,  den  die  Chro- 


1)  Das  altdentsehe  Wort  Ostern  ist  bestrittenen  Ursprungs. 
IHan  yergleiclie  Schilter's  nnd  Wachter's  Glossarien.  Die 
gewOfanliclie  Heiniing  ist,  dafs  es  von  urstan^  das  in  der  ä}test6n 
germanischen  Sprache  aufstehen  heifst,  abzuleiten  sei.  Nach 
Beda  (de  iemp.  rat.  c  13)  soll  es  von  einer  alten  angelsächsi- 
schen Göttinn  Eostre  stammen,  deren  Fest  von  Alters  her  um 
die  Zeit  der  christlichen  Ostern  gefeiert  wnrde.^£r  nennt  den 
April,  auf  den  das  Osterfest  gewöhnlich  trifft,  Eoskarmmathy 
Karl  der  Grofse  Ostamumaih, 


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346  Technisch;  Chronohgie. 

nologen  sclilechthin  den  Mondcirkel  nennen,  wird 
bei  der  Bestimmung  des  Osterfestes  zum  Grunde -gelegt. 

In  einem  beliebig  gewählten  Jahr,  das  man  zum; 
ersten  des  Mondcirkels  gemacht  hat,  trafy  als  es  ge- 
schah, ein  Neumond,  auf  den  23.  Januar.  Zählt  man 
von  diesem  abwechselnd  29  und  30  Tage  wcfter,  so 
erhält  man  die  Neumonde  ,des  ersten  Jahrs.  Diese 
Neumondstage  werden  im  alten  Kalender  mit  I  be» 
zeichnet  Rechnet  man  femer  voiA  13.  Decerober, 
auf  den  der  zwölfte  Neumond  des  ersten  Jahrs  trifft, 
30  Tage  vorwärts,  .so  gelangt  man  zum,  12.  Januar, 
sds  dem  ersten  Neumonde  des  zweiten  Jahrs,  den 
man,  wie  die  folgenden,  mit  11  andeutet.^  So*  geht 
man  durch  alle  19  Jahre  des  Mondcirkels  fort,  nur 
dafs  man  zuweilen  zwei  30tägige  Monate  hinter  ein- 
ander zählen  mu£s,  weil  der  mittlere  syhodische  Mo- 
nat etwas  länger  als  29}  Tage  ist  (28).  Auf  diese 
Weise  entsteht  der  sogenannte  immerwährende  Ju- 
li anische  Kalender,  den  ich  in  der  fünften  Ta- 
fel am  Schlüsse  dieses  Lehrbuchs  so  gebe,  wie  er 
sich  unter  andern  in  Clavius  grofsem  Werke  über 
den  gregorianischen  Kalender  findet.  EKe  rön;iischen 
Zahlen  von  I  bis  XIX,  welche  die  Tage  der  Neu- 
monde während  der  19  Jahre  des  Mondcirkels  bezeich- 
nen, werdep  die  güldenen,  numert  tmrei,  genannt, 
vermulhlich  weil  sie  in  den  im  Mittelalter  gemachten 
Kopien  mit  goldener  Dihte  geschrieben  wurden.  Eine 
andlere  Ehtstähung  dieser  Benennung,^  die  ich  erst  seit 
dem  dreizehnten  Jahrhundert  gebraucht  finde,  w^eiOs 
ich  nicht  anzugeben.  Dafs  sie  schon  von  den  Jahren 
des  metonischen  Cyklus  gebraucht  worden  sei,  wie 
einige  Chronologen  behaupten,  ist  ganz  unrichtig. 

Um  nun  diesen  Kanon  richtig  an  den  Ifimmd 
zu  knüpfen,  kommt  es  darauf  an^  ihn  mit  einem,  Jahr 
anzufangen,  dessen  erster  Neumond  um  die  Zeit  sd- 


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Cbrütliehe  Fölker.  347 

ner  Entstehung  auf  den  23.  Januar  traf.  Ein  sol- 
ches Ülir  z.  B.  das  Jahr  228  n.  Cbr»  Rechnet  man 
YOtt  hier  12  Cykel  zurück,  so  gelangt  «nan,  zum  Jahr 
1  ¥•  Chr.  Hiemach  ergiht  sich  folgende  einfache  Re- 
gel:  um  das  jedesmalige  Jahr  des  Mohdcirkels  zu  eiv 
halten,  addire  man  zur  christhcheii  Jahrszahl  1  und 
dividire  die  Summe  durch  ^19.  Der  Rest  ist  die  gül- 
dene  Zahl,  und  bleibt  kein  ^I^est,  so  ist  sie  19.  So  s 
findet  sich,  dafs  das  jetzige  Jähr  1831  zur  güldenen 
Zahl  8  hat,  für  welche  nacli  unserer  Tafel  der  6.  Ja- 
nuar, 4.  Februar,  6.  März,  5.  April  u.  s.  w.  alten, 
oder  der  18.  Januar,  16.  Febniaf,'  18.  März,  17i  April 
neuen  Stils  Neumondstage  sein  sollet).  Die  Neumonde 
ereignen  '  sich  aber  bereits  ard  14.  Januar,  12.  Fe-, 
bruar,  14.  März  und  12.  April.  Man  sieht  also,  dafs 
der  sogenannte  immerwährende  Kalender  kein  im- 
merwährender ist,  sondern  sich  seit  dem  dritten  Jahr- 
hundert, wo  der  Grund  zur  jetzigen  Osterrechnung 
gelegt  worden,  um  4  bis  5  Tage  verschoben  hat.  Die 
Ursache  davdn  ist,  dafs  19  julianische  Jahre,  zusam- 
men von  6939  Tagen  18  Stunden,  um  1  St  28'  15" 
länger  sind,  als  235  synodische  Monate  von. mittlerer 
Dauer  (30).  Dieser  Unterschied  häuft  sich  alle  3  IQ 
Jahre  zu  einem  Tage  an. 

Aus  den  Neumonden  müssen  vnv  nun  weiter, 
die  Vollmonde  herleiten.  Ueberall  findet  sich  bei  den 
Verhandlungen  über  ^ie  Feier  des  Osterfestes  iii  d^i 
Schriften  der  Kircl^scribenten  der  Ausdruck  i'sacrdtm, 
QecrxouSsxaTTi  oder  Lima  dedma  quarta  als  Benen- 
nung des  Vollmondes  gebraucht.  Der  Vollmond 
ereignet  sich  zwar  im  Mittel  fast  15  Tage  nach  der 
Conjunction;  die  Griechen  zählten  aber  das  Alter  des 
Mondes  von  seiner  ersteh  Erscheinung  am  Abendhim- 
mel, mit  der  sie  ihren  Monat  begannen  (125),  und 
^o  sind  «auch  eigentlich  die  Neumonde  in  der  kirehli^ 


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348  TechnUehe  Chronohgfe. 

chen  Tafel  zu  nehpen.  Da  von  der  eisten  Phase 
bis  zum  VoUmokide  in  der  Regel  13  Tage  yelliefsen, 
80  zählten  die  Berechner  dea  Osterfestes,  nm  vom 
neuen  Lichte  znm  vollen  asu  gelangen,  13,  oder  mit 
Einschhifs  der  Notj^uff^Ma,  14  Tage  vorwärts.  Geschieht 
dies,  so  ^gibt  sich  folgende  .Tafel  der  Ostergren- 
zen,  die  wir  von  dem  Ort,  wo  sie  ohne^ Zweifel  ent- 
standen ist,  die  alexandrinisehe  nennen  wollen. 


G&ldene 

Oster- 

Gfilden« 

Oster- 

Zahlen. 

grenzen. 

Zaklen. 

grenzeil. 

1 

5.  April  b 

11 

15.  April  G 

2 

25.  März  G 

12 

4.  April  C 

3 

13.  April  E 

13     . 

24.  März  F 

-  4     . 

2.  April  A 

■     14 

12.  April  D 

5 

22.Mära  D 

15 

1.  April  G 

(5 

10.' April  B 

16 

21.  Mäiz  P 

,7 

30.  März  E 

17 

9.  April  A 

8 

18.  April  C    ' 

18 

29.  März  D 

9 

7.  April  F. 

19 

17.  April  B 

10 

27.  Märt  B     ^ 

1 

5.  April  D 

Um  in  der  Wahl  des  Neumondes,  von  welchem 
man  ausgehen  mufs,  um«  den  |edesmaligen  OstervoU- 
m<md  zu  erhalten,  nicht  zu  irren,  erinnere  man  sich, 
dafs  die  frühste  Qstergrenze.  der  21.  März,  der  ein- 
mal festgesetzte  Anfangstag  des  FrüUings,  ist  (345). 
Man^  tiberzeugt  sich  leicht,  dals  die  Ostemeumonde 
zwischen  dem  8.  März^  und  5.  April  einschliefslich 
liegen  müssen.  Jenes  Datum  gibt  als  die  frühste  Oster- 
grenze  den  21.  März,  dieses  als  späteste  den  18.  April 
Ist  der  21.  März  ein  Sonnabend,  so  wird  das  Fest 
gleich  am  folgenden  22.  Mäxz  gefeiert;  und  ist  der 
13.  April  ein  Sonntag,  so  trifft  es  8  Tage  später  am 
25«  April  ein.  Dies  sind  die  beiden  äuisersten,  um  5 
Wochen  aus  einander  liegenden,  Termine  der  Feier. 

Um  nun  vermittelst  Vorstehender  Tafel  den  Tag 


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,  christliche  f^&lker.  349 

des  Osterfestes  selbst  zn  erhaken,  kemmt  es  noch 
darauf  an,  den  Wochentag  der  Ostergrenze  zu  lin- 
den.    Dazu  dienen  die  heigesetzten  Buchstaben. 

Wenn  das  bürgerliche  Jahr  durchgängig  365  Tage 
oder  52  Wochen  und  einen  Tag  hielte,  so  würde 
der  Anfang  desselben  der  Reihe  nach  ron  einem  Wo-, 
ckentage  zum  ^andern  fortschreiten  und  nach  7  Jah- 
ren zu  demselben  Tage  zurückkehren.  Da  aber  jedes 
vierte  Jähr  einen  Tag  mehr  hält,  so  mufs  der  Anfang 
des  auf  ein  Schaltjahr  folgenden  Qemeinjahi^  um  3 
Tage  vorspringen,  so  dafs,  wenn  das  Schaltjahr  z.  B. 
mit  einem  Freitage  angefangen,  das  nächst^  Gemein- 
jahr mit  einem  Sonntage  beginnt.  Man  überzeugt  sich 
leicht,  dais  so  erst  nach  4  mal  7  Jahren  alles  wieder 
in  das  vorige  Xjeleise  aurüdkkehrt  Dieser  Zeitraum 
von  28  Jahren  wird  von  den  Chronologen  Sonnen- 
cirkel  genannt,  weil  dabei  das  juliani^che  Sonnen- 
jahr von  365  Tagen  6  Stpnden  anim  Grande  liegt. 

Theilt  man  die  sämmtlichen  Tage  des  Jahrs  vom 
1.  Januar  an  in  Perioden  zu  je  sieben  Tagen,  und 
bezeichnet  der  Reihe  nach  die  Tage  einer  jeden,  wie 
im  immerwährenden  julianischen  Kalender,  mit  den 
Budistaben  A,  B,  C,  D,  E,  F,  G,  so  wird  der  Buchl 
Stab,  der  jedesmal  auf  den  Sonntag  trifft,  der  Sonur 
tagsbuchstab  des  Jahrs  genannt.  Fängt  z.  B.  das 
Jahr  mit  einem  Sonnabend  ^n,  so  ist  B  der  Sonn- 
tagsbuchstab, weil  dann  der  2.  Januar,  der  immer  mit 
B  bezeichnet  wird,  ein  Sonntag  ist  Eben  so  mufs 
der  Senntagsbuchstab  C,  D,  £,  F,  G  sein,  wenn  das 
Jahr  mit  einem  Fifeitag,  Doimerstag,  Mittwoch,  Dins- 
tag,  Montag  anfangt.  Trifft  der  1.  Januar  auf  einen 
Sonntag,  so  ist  A  der  Sonntagsbuchstab. 

Damit  in  einem  Schaltjahr,  worin  der  Februar 
einen  Tag  mehr  hat,  die  Folge  der  Buchstaben  nicht 
gestört  werde,  gibt  man  dem  24.  Februar,  dem  Schalt- 


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350  Technische  Chronohgie, 

tage  (317),  densdben  Buchstaben  F»  der  im  Gemein- 
jähr  dem  248teii  angehört,  wodurch  G,  sonst  der  Bueh- 
stab  des  25sten,  auf  den  26^ten  übei^eht,  so  daß 
sich  mit  dem  1.  Mär^  wieder  alles  ausgleicht  Da- 
durch mufs  sich  aber  der  Soniitagsbuchstab  ändern; 
denn  da  in  der' Woche,  auf  die  der  Schalttag  trifft, 
zwei  Tage  einerlei  Buchstaben  haben,  so  werden  von 
dem  vorhergehenden  Sonntage  bis  zum  nächstfdigen- 
den  nur  6  Buchstaben  gezahlt,  und  es  muls  daher, 
wenn  er  vor  dem  Schalttage  aL  B.  D  ist,  nach  dem- 
selben C  sein»  Jedes  Schaltjahr  hat  mithin  ^wei  Sonn- 
tagsbuchstaben ,  von  denen  der  ^im  Alphabet  folgende 
den  Sonntagen  vor,  und  der  vorangehende  den  Sonn- 
tagen nach  dem  Schalttage  angehört  Ueberhaupt  fol- 
gen, wie  nian  leicht  sieht,  die  Sonntagsbuchstaben 
von  einem  Jahr  jxim  andern  in  rückgängiger  Ordnung 
auf  einander,       /  ' 

Nach  Ablauf  des  Sonnencirkels  kehren  die  Sonn- 
tagsbuchstaben in  gleicher  Ordnung  wieder,  daher  der- 
selbe auch,  und  schicklicher  noch,  der»^  Sonntags- 
buchstabencirkel  genannt  wird.  Man  hat  die  Sonn- 
tagsbuchstaben dergestalt  an  diesen  Cirkel.  gereihet, 
dafs  man  dem  letzten  Jahr  den  Buchstaben  A  gege- 
ben, und  das  erste  zum  Schaltjahr  gemacJbt  hat  So 
ergibt  sich  folgendes  Verhältnifs  der  Sonntagsbuchsta- 
ben zu  den  Jahren  des  Sonnencirkels  (b.  bezeichnet 
die  Schaltjahre):    ,  ■ 


Sonnen» 

Sonntags- 

Sonnen- 

Sohntags- 

cirkel. 

bnchstab. 

cirlcfL 

bnchstab. 

b.  1 

G  F 

7 

F 

2      . 

E 

8 

E 

3 

D 

b.    9 

D  C 

4 

C 

10 

B 

b.  6 

B  A 

11 

A 

6 

G 

12 

G 

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ChrU^he  f'omr. 

3^ 

Sonnen- 

•    Sonntags- 

Sonnen-i 

S  0  Dilta  ^s- 

cirkel. 

bvchstab. 

eirkel. 

buehstab. 

1).    13 

FE 

b.  21 

CB 

14 

D 

22" 

A 

'    15     . 

C 

.       23 

G 

16 

B 

24 

■  F 

b.  17 

A  G 

b.  25 

E  U 

18 

'       F 

26 

C 

19 

.  E 

,  27      • 

B 

20  D  28  A 

Um  aber  4i^sen  so  geordneten  Cykhis  zuy  Be- 
stimmung der  Sonnt^sbüchstaben  gebrauchen  zu  kön- 
nen, kommt  es  daratif  an,  ihn  dergestalt  an  die  christ- 
liche Acre  zu  knüpfen,  dafe  ein  Schaltjahr,  welches 
mit  eineni  Montag^  anfangt,  das  erste  des  Cyklus 
werde.  Ein  solches  war  unter  andern  das  neunte 
vor  unserer  Zeitrechnung.  Hierauf  gründet  sich  fol- 
gende Regel:  man  addire  zur  Jahrszahl  9  und  divi- 
dire  die  Summe  durch  28.  Der  Rest  gibt  das  jedes- 
malige Jahr  dös  Sounencirkels^  oder,  wie  sidi  die 
Chronologen  kurz  auszudrücken  pflj^gen,  den  Son- 
nencirkeL  Bleibt  kein  Rest,  so  ist  der  Sonnencir-, 
kel  28.  So  findet  sich,  dafs  im  Jahr  1831  der  Son- 
neu eirkel  20,  mithin  der.  Sonntagsbuchstab  D  ist. 
Die  Tafel  gilt  aber  nur  vom  alten  Kalender,  der  jetzt 
blo£s  noch  bei  den  Bekennem  der  griechischen  Kirche 
im  Gebrauch  ist  Um  den  Sonntagsbuchstaben  im 
neuen  zu  erhalten,  bediene  man  sich  folgender  V^r- 
gleichungstafeln  der  Buchstaben  beider  Kalender  für 
die  in  dem  Zeitrauni  von  1582  bis  2100  eintretenden 
Unterschiede  von  10,  11,  12  und  13  Tagen*  Es  ge- 
hören bei  einem  Üntersehiede  ;  . 
von  zehn  Tagen  (1582—1700) 
A  B  C  D  E  F  G  im  alten 
zu   DEFGABCim  neuen;   , 


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352  TeckBUche  Chranblog^. 

von  elf  Tagen  (1701— lÖOO) 

AJBCDifFGim  alten. 

zu    E  F  G  A  B  C  D  im  neuen; 

yon  zwölf  Tagen  (1801  —  1900 

ABCDEFGim  alten 

zu   F  G  A  B  C  i)  E  im  neuen; 

von  dreizehn  Tagen  <1901— 2100) 

/ABC  D  E  F  G  im  alten 
zu  G  A  B  C  D  E  F  im  neuen. 
Wenn  also  zl  B.  nach  dem  Wochentage  gefragt 
vnrd,  auf  den  de#  24.  Januar  neuen  Stils  des  Jahrs 
1712,  der  Geburtstag  Fricfdrichs  des  Grofsen, 
traf,  so  findet  sich  zuvörderst  der  Sonnencirkel  13, 
dem  im  alten  Kalender  die  Sonnt^sbuchstaben  F  und 
E  entsprechen.  Hier  gilt^  weil  von  einem  Datum  vor 
dem  Schalttage  die  Rede,  ist,  der  erste,'  an  dessen 
Stelle  im  neuen  ^Kalender  C  tritt.  Das  Jahr  1712  fing 
also  mit  einem  Freitage  an,  und  der  24.  Januar,  der 
den  Buchstaben  C  hat,  war  ein  Sonntag. 

Nichts  ist  nun  leichter^  als  den  Tag  des  Oster- 
festes in  einem  jeden  vorgel^en  Jahi;  zu  bestimmen. 
Ist  z.  B.  das  Jahr  1831  gegeben,  so  hat  man  zur  gül- 
denen Zahl  8  und  zum  Sonnencirkel  20.  Der  ersten 
entspricht  als  Ostergrenze  der  1&  April  mit  dem  Buch- 
staben C,'und  dem  andern  der  Sonntagsbuchstäb  D; 
es  trifft  also  das  Osterfest  auf  den  19.  ApriL 

Dieses  Verfahren  gilt  aber  blofs  für  den  alten 
oder  j.u  lianischen  Kalender.  Wie  isich  dasselbe  im 
neuen  oder  gregorianischen  modificirt,  wird  un- 
ten gezeigt  werden.  Zuvor  tniissen-  wir  sehen,  wie 
sich  die-  ganze  Osterfeier  und  Osterrechnung  geschicht- 
lich gestaltet  hat 

Es  ist  schon  (341)  bemerkt  worden,  da&  die 
Feier  des  Sonntags  besonders  zum  Andenken  an 
Christi  Auferstehung  unter  den  Bekennem  seiner  Lehre 

früh 


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ChrUfiieh«  mker.  .353 

"■  •  y  • 

frühzeitig  anfgekoimnen  is^  Natürlich'  war  es,  dafii 
man  eine  so  bedeutungsvolle  Begebenheit  auch  Jähr* 
lieh  dnmal  um  ^ie  Zeit  feierte,  wo  ^  sich  dem 
Evangelium  zufolge  zugetragen,  und  dafs  man  damit 
zugleich  die  Erinnemng  an  seinen  Tod  verband.  Die 
Apostel  scheinen  hierüber  nichts  festgesetzt,  sondern, 
wie  Socrates  sagt  *),  in  dieseni  Punkt,  wie  in  vie- 
len  aodemy  der  Frömmigkeit  der  'Christen  freien  Lauf 
gelassen  W  habem  Kein  Wunder  also,  wenn. die 
Feier  gleich  anfangs  sehr  verschieden  ausfiel. 

Die  Christen  yon  jüdischer  Abkunft  setzten  die 
Feier  des  Passah  und 'Wochenfestes  der  Juden 
fort,  legten  aber  eine  christliche  Bedeutung  hinein, 
die  sich  sehr  natürlich  darbot  Wenn  sie  insbeson- 
dere an  der^Luna  XIV  des  Nisan^  dem  Vollmonds- 
tage, welcher  Wochentag  es  auch  sein  mochte,  das 
Passahmahl  feierten,  so  war  ihnen  dieses  wichtig,  theib 
weil  sie  das  jüdische  Osterlamm  als  ein.  Vorbild  Christi 
betrachteten,  theils  weil  sie  dadurch  an  sein  li^tztes 
mit  den  Jüngern  eingenommene  Mahl  erinnert  wur- 
den. Den  folgenden  Tag,  die  Luna  XV,  weihten  sie, 
als  einen  BuCs-  und  Fasttag,  dem  Andenken  an  Chnsti 
Leiden,  und  an  dem  dritten  Tage,  der  Luna  XVI, 
begingen  sie  die  Gedächtnilsfeier  seiner  Auferstehung« 
Dieselben  Anordnungen  gingen  ^  auch  auf  diejenigen 
Heidenchristen  über^  die  mit  den  jüdisch- christlichen 
Gemeinden  in  Berührung  standen.  Alle  diese  in  Sy- 
rien, Mesopotamien  und  Kleinasien  zerstreut  wohnen- 
den Christen  feierten  das  Passahfest  zugleich  mit  den 
Juden, 

Ganz  apders  gestaltete  sich  die  Sache  bei  den 
Gemeinden,  die  nicht  unter  solchem  Einflüsse  standen, 
vielmehr  sich  vom  Anfange  an  gegen  die  Beobach- 


1)  Bist,  ecel  V,  2-2. 

.  23 


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364  TechfUfme  Chronologie. 

tung  des  jüdischen  Ceremumialgesetzes  erklärten.  Diese 
Gemeinden,  z.  B.  die  römische,  hattto  nrsprüng^ch 
nur  Wochenfeste.  Den  Sonntag  feierten  sie  aus  dem 
schon  bemerkten  Grunde  als  ein  Freuden-' und  Dank- 
fest, und  den  Freitag  wegeri  des  Andenkens  an  Christi 
Leiden  als  einen  Buls-  und  Pasttag.  Indem  sie  nun 
mit  der.  Zeit  Einen  Sonntag  und  Einen  Freitag  im 
Frühljnge  in  dieser  Beziehung  besonders  hervorhoben, 
ent  tand  das  Osterfest  der  Heidenchristen.  Von  einem 
Passahmahl  war  unter  ihnen  keine  Rede. 

Bei  dieser  Dar&t^Hung  bm  ich  Hm.  N Lander 
gefolgt  *).  Etwas  anders  stellt  Mosheim  den  eigent- 
lichen Streitpunkt  dar.  Er  sagt/'),  das  PassahmaU 
hatten  ursprünglich  sämmtliche  Christen  gegessen,  nur 
die  einen  zugleich  mit  den  Juden  an  der  Luna  XIV, 
die  andern,  um  nicht ,  die 'Fasten  vor  dem  Osterfeste, 
die  frühzeitig  in  Gebrauch  gekommen,  tmterbrechen 
zu  dürfen,  erst  in  Aet  Nacht  vor  dem  Sonntage,  den 
sie  zur  Osterfeier  bestimmten.  Allein  die  Allgemein- 
heit des  Ostermahls  ist  keines weges  ei^e  beglaubigte 
Thatsachei       '     . 

Anfangs  liefe  jede  Gemeinde  der  andern  ihren 
Gebrauch,  ohne  sie  zu  verketzern.  Aber  schon  nach 
der  Mitte  des  zweiten  Jahrhunderts  v^rde  der  Oster- 
streit hin  und  wieder  mit  Bitterkeit  geführt.  Man 
nannte  diejenigen,  die  das  Passah  zugleich  mit  den 
Juden  an  der  Lima  XIV  afsen,  rscroraQscnccuösxaritau 
Quarta decimani,  und  beschuldigte  sie  der  Hinnei- 
gung zum  Judaismus  * ).     Die  Hauptstreitfrage  war: 


1)  S.  den  Artikels  Gottesdienstliche  Versa mmlnngs- 
zeiten  and  Feste  in  seiner  Kirchengeschichte,  Tb.  \ 
S,  509  ff.  A 

^)  De  rebtia  Ckristianorum  ante  Constahthutm  Magnam 
eommerUarü^  p.  435.  3)  Epipha  nias  Haeresia  L,  welches 
die  der  Q^nartadecimaner  ist.- 


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CArisittche  Fbiher..  355 

soD  in  den  chrisdichen  Gemeinden  das  Passahmahl  bei- 
behalten werden,  oder  nicht?  Die  Anhänger  des  jü-- 
dischen  •  Gebrauchs  bdbaupteten,  dals  Christus  ein  d- 
gentliches  Passahmahl  zugleich  mit  den  Juden  einge- 
nommen habe.  Die  Gegenpartei  meinte,  die  Unrich- 
tigkeit dieser  Ansicht  gehe  schön  daraus  hervor,  dals 
er  das  letzte  Passahmahl  nicht  am  14ten,  sondern 
schon  am  13.  Nisan  gehalten  (215). 

Nachdem  die  Streitigkeiten  eine  Zeitlang  fortge- 
dauert und  sich  mehrere  Synoden  für  die  Sonntags- 
feier des  Osterfestes  erklärt  hatten,  glaubte  Victor, 
ronouscher  Bischof  seit  192  n.  Chr.,  die  Quartaded- 
maner  durch  Decrete  zwingen'  zu  müssen,  «ich  in  die 
Sitte  der  übrigen  Christen  zu  fügen,  und  als  dies 
nicht  geschah,  vielmehr  Polycrates,  Bischof  von 
Ephesus,  den  orientalischen  Gebrauch  zu  rechtferti- 
gen suchte,  excommünicirte  er  sie  farmlich. '  Allein 
Irenäus,' Bischof  zu  Lugdunum,  rieth  zur  Duldung, 
und  da  sich  die  Asiaten  selbst  durch  ein  in  der  Chri- 
stenheit verbreitetet  Sdu^iben  von  dem  Verdacht  d-< 
ner  willkührlichen  Neuerung  reinigten,  so  blieb  die 
Sache  auf  sich  beruhen,  bis  sie  das  nicänische 
Concilium  im  Jahr  325  wieder  aufnahm  ^). 

Constantin  hatte  diese  Versammlung  berufen, 
nicht  bU)ls  um  die  arianischen  Streitigkeiten  zu  schlich- 
ten, sondern  auch,  um  wegen  der  geiheinschaftlichen 
Osterfeier  einen  Beschlufs  zu  fassen.  Dies  geschah; 
allein  die  Väter,  di^  voraussahen,  dals  die  ösäichen 
Kirchen,  welche  noch  grolstentheils  das  Fest  zugleich 
mit  den  Juden  feierten,  schwer  von  dieser  Sitte  ab- 
zubringen sein  würden,  wollten,  was  sie  über  das 
Passah  festsetzten,  nicht  in  Form  eines  Kanons  oder 


1)  Euseb.  Hht.  ecehW,  23  ff. 

23  • 


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356    '  Technische,  Chronologie, 

geißtEchen  Gesetzes  fassen,  tun  nicht  zugleich  anch 
Strafen  auf  die  Uebertretung  desselben  verfiigen  in 
müssen.  Wir  finden  daher  unter  den  auf  uns  gekom 
menen  Kanons  dieses  ConcUiums  keinen  über  die  Feier 
des  Osterfestes. 

Was  in  dieser '  Beziehung  eigentlich  beschlossen 
worden,  ersehen  wir  aus  einigen  Stellen  des  Euse- 
bius  *)  uncT  Athanasius  *),  die  beide  zugegen  wa- 
ren. Es  bestand  blofe  darin,  dafs  das  Passah  (Aufer- 
stehungsfest) hinfort  von  allen  deti  orientalischen  Ge- 
meinden, die  es  bis  dahin  mjt  den  Juden  gehalten, 
übereinstimmig  mit  den  Aegyptern  an  Einem  Sonn- 
tage gefeiert  werden  solle.  Obgedachte  Norm  der 
Feier,  die  nachmals  in  der  griechischen  Kirche  keine 
Aenderung  weiter  erlitten  hat,  muüste  sich  also  da- 
mals schon  ausgebildet  haben. 

J^piphanius  bemerkt*),  dals  alles,  waszuNi- 
cäa  wegen  des  Osterfestes  verhandelt  worden,  auf 
die  Eintracht  abgezweckt  habe.  Diese  wurde  je- 
doch,nur  thejUweise  bewirkt  Das  antiochenische 
Cöncilium  vom  Jahr.  341  sah  sich  daher  veranlaH 
abermals  auf  diesen  Gegenstand  zurückzukommen, 
und  die  schwersten  Strafen  gegen  diejenigen  auszu- 
sprechen, die,  der  Festsetzung  der  Nicäner  zuwider, 
das  Passah  mit  den  Judcfn  feiern  würden.  Nun  ward 
es  Ketzerei,  dasselbe  an  der  Luna  XIV  zu  essen  und 
das  Auferstehungsfest  —  otaorx« ai^aoroo-i/icw  —  an 
emem  andern  Tage,  als  an  einem  Sonntage  zu  bege- 
hen. Diejenigen,  die  sich  derselben , schuldig  mach- 
ten, die  Quartadecimaner,  wurden  noch  besonders  mit 


1)  Fita  Constaniku  III,.  14  mid  17. 

2)  Ad  Afrosepiscopo^  eplstola,  Opp,  Tom.  I,  p.S92.  (Pa- 
,ri8  1698).    J>e  Synodis  Arrm.''et  Seleuc,  p.  719. 

3)  Haere^U  LXX.  ' 


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VkrisHiche  Völker.  357 

dem  Nainen  Protopaschiten  lielegl^  weil  sie  das 
Passah  in  der  Regel  früher  als  die  übrigem  Christen 
feierten. 

Es  ist  ein  durch  viele  Bücher  verbreiteter  Irr^ 
thum,  dals  das  nicänische  Concilium  nicht  bloDs  die 
Einheit  der  Feier  de$  Passahfestes  geboten,  sondern 
zugleich  auch  die  Principien  aufgestellt  habe,  durch 
welche  dieselbe  wi  bewirken  sei.  Dieser  Irrthum  ist 
von  Walch  gründlich  widerlegt  worden'*). 

Die  Osterregel  bildete  sich  ganz  von  selbst,  So- 
bald einmal  feststand,  dafs  das  Fest  imm^r  an  einc^m 
Sonntage  gefeiert  werden  sollte;  Das  christliche  Pas- 
sah hing  natürlich  mit  dem  jüdischen  zusammen,  da 
es  dem  Andenken  an  Christi  Tod  und  Auferstehung, 
geweiht  war.  Aber  das  jüdische  Osterlamto  wurde 
allemal. am  14  Nisan,  dem  ersten  VoUmondstage  im 
Frühling,  gegessen.  Das  christliche  Fest  knüpfte  sich 
also  an  eben  diesen  Vollmond.  Die  FrilhlingsHacht- 
gleiche  traf  im  dritten  Jahriiundert  auf  den  21»  März. 
Dafs  sie  auf  diesem  Tage  nicht  immer  haften,  son- 
dern allmählig  früher  eintreten  >werde,  konnte  zu  Ale- 
xandrien  nicht  unbekannt  sein,  wo  Hipparch  gelehrt 
hatte,  dafs  das  Sonnenjahr  nicht  ganz  365  Tage  6 
Stunden  halte  (147);  man  nahm  aber,  um  die  Osterrech- 
nung möglichst  zu  vereinfachen,  die  julianische  Schalt- 
regcl,,die  auch  dem  alexändriniqchen  Kalender  zum 
Gnmde  liegt,  als  dem  Bummel  vollkommen  zusagend  an, 
und  setzte  dem  gemä&fest,  da&  aUemal  der  am  21.  März 


1)  In  seiner  akademischen  Abhandlangt  De^reti  Niccterd  de 
p€uehate'explicatw^  Commentarien  der  gdttinger  Socie- 
tat  aiu  deilKJahren  1769  and  1770.  IKünder  befriedigend  ist  der- 
selbe Gegenstand  zu- gleicher  Zeit  Ton' Schott  unter  dem  Titel: 
Momentwn  constituHoius  Nicaenae  de  tempore  celebrandi 
pa$chatis  (Tübingen  1770)  bebandelt  worden.  « 


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358  '  'Technische  Chronologie. 

oder  zunächst  nach  demselben  einti^ftde  Vodmond 
das  Osterfest. bedingeii  solle.  Man  setzte  es  dfemn^h 
au^  den  nächstfolgenden  Sonntag  nach  der  Ostei^reiize, 
und  damit  man  das  Fest  nicht  etwa  zugleich  mit  den 
verfaafsten  Juden  feietn  möge,  so  verschob  man  es 
um  acht  Tage,  äo  oR  cfie  Ostcrgitenze  selbst  auf  ei- 
nen Sonntag  fiel. 

Wate  dies^  NorAi,  fflcf  sich  zuerst  b^iin  Epi- 
phanius  deulKch  ausgesjnrochen  findet  *),  ron  dem 
nicänischen  Concilium  formlich  Torgeschrieben  worden, 
so  würden  die  Streitigkeiten  über  das  Osterfest  ver- 
mieden wordert  seiil,  die  mehrere  Jahrhunderte  lang 
zwischen  def  lateinisc^hen  und  griechischen  Kirche  vor- 
gewaltet haben,  indem  jene,  zum  Theil  von  anderen 
'Grundsätzen  ausgehend,  als  diese,  das  Fest  öfters  an 
einem  ganz  andern  Sonntage  feierte.  Auch  hätte  das 
Concilium  nicht  erst  der  alexandrinischen  Kirche  auf- 
tragen' dürfen,,  den  Tag  der  O^terfeier  jährlich  zu  be- 
rechnen und  ihn  deii '  übrigen  Kirchen  anzuzeigen. 
Dafs  dies  wirklich  geschah,  ersehen  wir  aus  des  Cy- 
rillus  Prolögus  pro  Cyclo  XCV  amiorum  *)  iind 
aus  einem  DrieJFe  des  heiligen  Leo®).  Solche 
htiavokcu  Bo^cfxrttKcu  oder  Aoyot  logrocoripoo},  ütterae 
oder  homiliäe  püschales^  finden  wir  seit  der  Mitte 
des  dritten  Jahrhunderts  erwähnt  Erhalten  haben 
sich  dergleichen'  liur  von  Theophilus  und  dem  eben 
.gedachten  Cyrillus,  die  in  der  ersten  Hälfte  des 
fünften  Jahrhtmderts  nach  einandcfr  den  bischöflichen 
Sitz  von  Alexandrien  bekleideten  *). 


1)  Hijteresis  L,  3,  verglicben  mit  llXX,  11.  r 

2)  In  des  Bacherias  Docirina  iemporwn  p.  1^1. 

3)  Ep.  94  ad  Mardanüm  Aügastam. 

4)  Man  sehe,  was  über  die  Osterr'eden  dieser  beiden  Häfl- 
ner  und  zugleich  über  das  Fastenwesen  der  damaligen  Chri- 


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'      Chri^he  Völker.  359 

Wenn.  Aiabrosias  in  einem  das  Ost^est  des 
Jabrs  ^7  betreffenden  Sdureiben  an  die  Bischöfe  der 
Provinz  Aemilia  ^),  und  Dioirysitis  ExigUAis  ^) 
versichern,  dafs  das  nicänische  Conciliiun  den.neiin- 
zehn«! ährigen  C^y^lus  zur  Gnmdlage  der  Oster> 
rechnung  gemacht  habe^  so  kann  damit  höchstens  nur 
so  viel  gesagt  sein,  dais  es  denselben  in  irgend  einem 
nicht  auf  uns  gekommenen  Aktenstück  gebilligt  hat; 
denn  es  ist  ausgemacht ,  dais  dieser  Cyklus  von  den 
Alexandiinem  schon  früher  zur  Berechnung  des  Oster- 
festes gebraucht  worden  ist. 

*  Eusebius  gedenkt  ^)  eines  Osterbriefes  des 
Dionysius^  Bischofs  von  Alexandrlen  in  den  Jahren 
248  bis  265,  in  welchem  dieser  einen*  achtjährigen 
Kandn  aufgestellt  hatte*  Von  welcher  Beschaffen- 
heit die  von  ihm  zum  Grunde  sgelegte  Octaeteris 
sein 'mochte,,  wissen  »wir  nicht  Die  Verbesserungen 
der  ilrspTÜnglichen  Octaeteris  dar  Griechen  durch  Eu- 
doxus,  Eratosthenes  und  Andere  (120)  waren 
ihm  ohne  Zweifel  bekannt,  und  es  konnte  ihm  nicht 
schwer  fallen,  die  alexandrinische  Jahrform  an  die 
Stelle  der  griechischen  zu  setzen« 

Der  achtjährige  Cyklus  wurde  aber  hsiA  durch 
den  neunzehnjährigen  verdrängt,  der,  ao  viel  wir 
wissen,  zuerst  von  Anatolius  zur  Bestimmung  des 
Osterfestes  gebraucht  worden  ist  Dieser  gelehrte  und 
viekeitig'  gebildete  Mann,  von  Geburt  ein  Alexandri* 
ner,  vnnrde  ums  Jahr  270  bei  dner  Reise  durch  Sy- 


sten  Im  Handbacli  II,  90d  ff.  gesagt  ist  Die  Osterreden  wms 
den  immer  am  Epiphanienfeste  gehalten,  damit  die  darin  ge- 
gebene Beatimmimg  des  Osterfestes  und  der  i£m  verangehenden 
Fasten  den  Kirdiien  zeitig  genug  bdcannt  werden  mS^te« 

1)  Opp.  Tom.  n,  p.  880  der  Ausg.  der  Benedietiiier* 

2)  S.  Jan's  Historia  cycü  Dionystard  p.  59^ 

3)  EBst.  ecd.  VII,  dO. 


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360  .  Tecknhcke  Chronologie. 

rien  znm  Bischöfe  von  Laodicea  gewaUt,  und  lebte 
noch  282.  Von  seinen  Schriften  hebt  Eusebins  ^) 
hesonders  einen  Osterkanon  hervor,  einiges  daraus 
inittheilend,  was  jedoch  nicht  hinreicht,  denselben  mit 
Sicherheit  wiederherzustellen.  Sehr  gründlich  com- ' 
mentirt  darüber  Van  der  Hagen  ^)r  Nur'  so  viel 
ist  l^Iar,  dafs  Anatoliüsdie  Jahre  seines  Cykhis  noch 
nicht  nach  der  oben  (347)  gedachten  Weise  zahlte 
und  zum  Anfange  des  Frühlings  noch  nicht  den  21. 
März  machte.  Eusebins  bemerkt  nämlich,  da£i  er  im 
ersten  Jahr  seiner  Enneadecaeteris  den  Neumond  auf 
den  26.  Phamenoth  odc^  22.  März  gesetz^t  habe.  Hier- 
nach  stellt  sich  die  Ostergrenze  auf  den  4.  ApriL 
Dies  ist  aber  in  der  alexandnnischen  Tafel  derOster- 
grenzen  (348)  das  Datum  der  LunaXIV  für  diegül- 
'  dene  Zahl  12.  Er  muls  also  seinen  Cydius  mit  dem 
Jahr  277  angefangen  haben,  vermUthlich  aus  keinem 
andern  Grunde,  als  weil  er  ihn  in  demselben. entwarf. 
Weiterhin-  versichert  Eusebins,  iaSk  ihm  jener  26. 
Phamenoth  der  vierte  Tag  seit  Eintritt  der  Sonne  in 
das  erste  Himmelszeichen  gewesen^  woraus  folgt,  dals 
er  die  FrUhUngsnachtgleiche  auf  den  19.  März  gesetzt 
habe]n  müsse. 

Buche rius  hat^)  einen  vollständigen,  mit  ei- 
ner Einleitung  begleiteten  Canon  ptischalis  Anatolii 
Aiexandrini  Laodicensis  episcopi  aus  einer  lateini- 
schen Handschrift  ans  Licht  gestellt  In  der  Voraus^ 
Setzung,  daüs  derselbe  wirklich  dem  ßischi^fe  von 
Laodicea  angehöre,  hat  er  ihm  die  ächten,  uns  von 
Eusebins  aufbewahrten,  Bruchstücke  zu  einem  bun> 


l)Ib.  Tn,.3^. 

2)  DUMrUUianes  de  cycUs  poieholHua  (Amsterdam  1736, 
4),  S.  142  ff.'       , 

,3)  lo  seinem  Torhiu  gejacbtea  Werk  S^  433. 


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Ckrisaiche  Fölker.  361 

teu  Gänsen  angeheftet.  Die  lateinische  Uebersetzung 
legt  er  dem  Kufinus,  dem  alten  Interpreten  des 
Ensebius,  bei«  0er  Urheber  dieses  Kanons  war  aber 
ein  ganx  unwissender  iVIen^eh^  der  nicht  einmal  da^ 
Wesen  des  julianiscben  Jahrs  kannte.  Um  nach  Ab- 
lauf  des  19}Ihrige|i  Cyklus  nicht,  blofs  die  Ostergren- 
zen,  sondern  selbst  das' Fest  zu  denselben  Monatsta- 
gen zurückzufahren,  macht  er  von  diesen  19  Jahren 
nur  zwei  zu  Sehaltjahren,  das  siebente  und  siebzehntel  • 
DaiGs  -er  die  Frühlingsnachtgleiche  im  Widerspruch  mit 
AfKox  wahren  An atolius  nicht  auf  den  19ten,  son- 
dern auf  den^25^  März  setzt,  wollen  wir  nicht  einmal 
rügen.  Yan  der  Hagei\,  der  umständlich  von  die* 
sem  Produkt  handelt  ^ ),  glaubt,  daCs  es  nicht  vor  der 
ersten  Hälfte  des  siebenten  Jalirhunderts  entstanden 
sein  könne,  weil  in  dem  Proiogus  des  bekannten 
Bischofs  Isidorus  aus  SeviUa,  der  636  starb,  gedadbt 
wird,  und  zwar  irgendwo  in  Enghmd  oder  jSchotdand, 
wo  während  der  daselbst  in  jenem  Jahrhundert  hem- 
schenden  Streitigkeiten  vb&t  die  Feier  des  (kterfestes 
leicht  jemaiid  auf.  den  Gedanken  kommen  konnte,  sich 
auf  die  Autorität  des  gelehrten  Bischofs  von  X^aedi^cea 
durch  eine  ihm  angedichtete  Schrift  berufen  zu  wol- 
len: Aulser  Beda  und  ein  paar  anderen  Ai^elsach- 
se^,  deren  Zeugnisse  Buchierius  beibringt,  hat  ihrer 
niemand  weiter  gedacht. 

Ob  der  neunzehnjährige  Osterkanon  des  wahren 
An  atolius  irgendwo  Tiur  Bestimmung  des  Osterfestes 
gedient  habe,  wissen  wir  nicht  mit  Sicherheit.  So 
viel  ist  aber  aulser  Zweifel»  dafs  er  bald  nadiher  die- 
jenigen Modilicationen  erhalten,  hat,  mit  denen  er  von 


1)  115  ff.  Noch  bei  Fabrieius  spielt  der  Pseudo-Anato- 
lius  die  Rolle  des  wahren.  Opp.  HippoU  Vol.  T,  p.  42.  •  BM, 
Gr.  yol  IH,  p.461  a.  n.  A. 


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363  Technische  CifHmotöipe, 

der  griedblschen  Kirche,  imd  'spit^iUb  von- der  ganzen 
Qimtenheit  gebraucht  worden  ist.  Da  vm  die  Be- 
rechnung des  Osterfestes  von  den  Alexandriiuim  an 
die  diokletianische' Acre  geknöpft  finden  ^), 
so  i^  es  wol  kein  blofser  ZnfaD,  di£t  ein  Anfang  un- 
sers  Idjährigen  Mondcirkels  auf  das  Jähr  285  trifi^ 
dessen  Osterfest  das  enste  unter  diesem  Kaiser,  ge- 
feierte war,  so  dals  ein^  blo&e  Division  der  nach  ihm 
gezählten  Jahre  die  jedesmalige  güldene  Zahl  gibt 
Es  ist  daher  sehr  wi^fscheiidicfa,  dafe  £e  Ostergren- 
zen  der  Alexandriner  (348)  sich  um  den  Anfang  der 
Re^ening  dieses  Kai^rs  festgestellt  haben.  Die  Epoche 
der  dkykletianischen  Acre  lak  übrigens  der  1.  Thoth 
oder  29.  August  des  Jahrs  284  (81 ) ,  tmd  es  imgen  daher 
die  Jahre  des  alexandrinischen  Mondcirkels  eigentlich 
um  4  Monate  früher  an,  als  die  des  nnsrigen.  Wie 
sich  hiemach  der  immerwährende  Kalender  .der  Ale- 
xandriner gestaltete,,  kann  man  bei  "van  der  Hagen 
ersehen^).  Bucherius  *)  und  Jan^)  sind  der 
Meinm^,  dals  EuseMus  an  der  Anordnung  dessel- 
ben ^nen  vorzüglichen^  Anäteil  gehabt  habe.  Sie  be- 
rufen sieh  unter  andern  auf  die  bestimmten  Zeugnisse 
des  Hieronymus  *)  und  Beda  •).  Van  der  Ha- 
gen erregt  aber  erhebliehe  Zweifel  dagegen  ^).  £u- 
sebius  sage,  zwar,  selbst  ^)y  dafs  er  ein  Buch  über 


1)  Die  Metropoliten  von  Apamea  in  Syrien  gebrauchten  da- 
gegen die  seleucidii^Iie.  S.  Noris  Annus  et  epochae  Syra- 
macedonum,  II,  2,  1. 

3)  De  eycUe  paschdUbtm  p.  2l0« 

3)  8.  137. 

4)  Eist.  eycU  Dionysiani  §.  7. 
b)  De  viris  ilbistr.  c.  61. 

€)  De  temporum  raiions  g.  42. 

7)  S.  157  ft 

8)  nta  Constmt.  TV,  34,  35. 


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Christliche  FHker,  3(,3 

» 

das  Osterfest  verfalst  hab^^  und  theile  ein  Bdob'nngs^ 
schreiben  mit,  das  er  deisfalls  von  Constantin  er- 
halten. Allan  er  nenne  es  eine  Enthüllung  der 
Mysterien  des  Festes,  welcher  Titel  auf  etwas 
ganz  anderes  scblie&en  lasse.  Auch  hätten  Theo- 
philns,  Cyrillus  und  andere  Alexandriner,  die  über 
die  Osterrechnung  geschrieben,  nirgends  dines  analo- 
gen Werks  des  Eusebius  gedacht.  Statt  seiner 
nennt  Dionysius  IJxiguus^)  den  Athanasius, 
von  dessen  Verdiensten  um  diese  Rechnung  aber  nichts 
mit  Sicherheit  bekatmt  ist 

Obgleich  der  alexandrinisehe  Osterkreis  zur  Zeit 
seiner  definitiven  Ansbädung  die  Ostervolhnonde  mit 
hinlänglicher  €!enau%keit  gab,  und  auch  auf  mehrere 
Jahrhimderte  hinf  brauchbar  blieb  (347),  so  dauerte 
es  doch  lange,  ehcf  er  auch  in  die  lateinische  Kirche 
Eingang  land.  Der  Grund  davon  lag  theils  darin^ 
dafs  er,  sds  dem  38  fahrigen  Sonhencirkel  incommen- 
surabel^  zwar  die  Ostergrenzen,  aber  nicht  die  Osterr 
Sonntage  in  gleicher  Ordnung  zurückführte,  theils  und 
vornehmlich  darin,  dafs  diesie  Kirche  das  Fest  nach 
andern  Prindpien  feierte  und  auf  die  Beachtung  der- 
selben eine  besondere  Wichtigkeit  legte. 

Als  erster  V^rfertiger  eines  Osterkanons  in  der 
lateinischen  Kirche  wird  uns  der  Bischof  Hippoly- 
tus  genannt,  der  in  der  ersten  Hälfte  des  dritten  Jahr- 
hunderts lebte.-  jSusebius  ^)  erwähnt  von  ihm  eine 
Schrift  über  das  Osterfest,  worin  er  einen  Kanon 
gegeb^ti  haben  soll,  den  er  auf  eine  sechzehnjäh- 
rige Periode  gegründet  und  auf  das  erste  Regierungs- 
jahr des  Kaisers  Alexander,  d.  i»  auf  das  Jahr  222 


1)  EpUtoia  ad  Petronium, 

2)  Bist,  eeeh  YI,  23.  VergL  Hieronymus  de  vHs  Uhutr. 
€.  61;  Isidor  Etym.  VI,  17;  Syncellas  Chron.  p.  3$8. 


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364  Teehnkche  Chronologie. 

n.  Chr.,  gestellt  hatte.  Nähares  wu&te  mai)  von  die- 
sem Kanon  ioichts, .  als  man  1551  su  B,om  ilie  mar- 
morne Bildsäule  eines  auf  seiner  Cathedra  sitzenden 
Bischofs  ans  Licht  zog.  Zu  beiden  Seiten  des  Sitzen 
fand  man  in  griechischer  Schrift  einen  Osterkras  ein- 
gdiauen,  und  am  Rande  desselben .  ein  Verzeicbniik 
der  anderweitig  bekannten  Schriften  des  Hippoly- 
tus,  woraus  heryorgingy  dafis  die  Statue  ihn  vorstel- 
len  solle.  Sie  wird  in  der  vaticanischen  Bibliothek , 
aufbewahrt  und  ist  öfters  abgebildet  worden ,  unter 
andern  in  der  von  Johann  Albert  Fabricius  ver- 
«nstalteten  Siunmhing  der  Werke  des  Hippoly- 
tus  ^),'  wo  man.  auch  alles  zusanunengedruckt  findet, 
was  Scaliger,  Petavius,  ^ucherius,  Cassini, 
Bianchini  und. andere  über  diesen  Osterkanon  ge- 
schrieben haben.  Eine  Zergliederung  desselben  gebe 
i<:h  in  meinem  Handbuch  der  Chronologie  ^), 
auf  das  ich  verweise.  Hier  will  ich  nur  bemerken, 
da£s  Hippolytus  nicht,  wie  die  Alexandriner,  den 
21.  März,  sondern  den  ISten  zur  frühsten  Ostergrenze 
macht,  das  Osterfest  nicht  vor  Üer.Xiuna  XVI,  dem 
Auferstehun'gstage  Christi,  ansetzt,  es  alsQ,  wenn  Luna 
XV  ein  Sonnti^  ist,  nicht  mit  den  Alexandrinern  an 
diesem  Sonntage,  sondern  8  Tage  später  an  der  Luna 
XXII  feiert.  Dies  sind  die  beiden  Hauptpunkte,  in  wel- 
chen die  lateinische  Kirche  bei  der  Feier  ihres  Oster- 
festes lange  yon  der  griechischen  abgewichen  ist,  und 
Worüber  viel  Streit  zwischen  beiden  obgewaltet  hat 
AuDser  den  Ostergreiynen  findet  Mch  auf  der  Ca- 
thedra des  Hippolytus  audh  eine  Tafel  der  Oster- 
sonntage durch  7  sechzehnjährige  Cykel  oder  112  Jahre, 


1)  Hamburg  1716  und  1718,  5  Bände  in  Fol. 

2)  Th.  II,  S.  215  ö: 


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ChHsÜhhe  F'olkep.  365 

welche  Cyrillu«  ohne  Zweifel   meint  *),   wenn  er 
unter  andern  Osterkreisen  aneb  eines    tl2jährigen  ab 
eines  besonders  fehlerhaften  gedenkt.   ■  In   der  That 
weichen  die  Tage  der  Feier  meistens  und  zum  Theil .  ! 
selir  bedeutend  tou  den  alexändrinischen    ab,    nicht .. 
blofs  in 'Folge  der  etwas  verschiedenen  Osterprjnci-  / 
pien,  sondern  auch  ^egen  der  ünvollkonimenheit  des     - 
zum  Grunde  liegenden  Cyklus,  der  schon  nach  ein- 
maligem  Ablauf  die  '.Ostergrenzen    um   3    Tage    zu 
früh  gibt 

Der  Kanon  des  Hippolytns  ist  blofs  als  ein  ro-  . 
her  Versuch  zu  betrachten,  der  nur  auf  wenige  Jahre 
die  Probe  bestehen  konnte.      Wenn   daher  das  ihm  ' 
gesetzte  Denkmal  zunächst  dazu  bestimmt  war,   die 
römischen  Christen  mit  der  Zeit   der  Osterfeier   be- , 
kannt  iu'  machen,    so  muJts'  es  ihm  sehr  früh,  viel- 
leicht  schon  unter  Alexander  S-evcrus  selbst,  un- 
ter welchem  die  Christen  ihrem  Cultus  ungestört  ob- 
lagen, errichtet  sein;  denn  wer  könnte  sich,  als  die 
Uarichtigk,eit  des  Kanons  nach  Ablauf  einiger  Cykel  . 
anerkannt  warj  noth  die  Mühe  gegeben  haben,   den 
Urheber  desselben  durch  ein  solches  Monument  ver- 
ewigen Äu  Vollen?  . 

Es  hat  unter  den  Chronologen  lange  der,  beson- 
ders vqn  Bianchini  in  einem  oben  (321)  angeführ-' 
ten  Werke  verfochtene,  Glaube  geherrscht,  dafs  bei  ^' 
den  Lateinern  eben  so,  wie  bei  den  Alexandrineiti,  von 
Alters  her  ein  If^jahrlger,  schon  von  Julius  Cäsar 
aufgestellter  Cyklus  im  Gebrauch  gewesen  sei,  der  nur, 
eben  so  wie  der  jüdische  (254),  um  3  Jahre  später 
angefangen  Jiabe,  als  der  gewohnliche  alexandrinische. 
Selbst  noch  Petavius*)  legt  ihnen    einen   solchen' 


1)  Prologus  in  ryclum  pasehalem, 

2)  Doetr.  temp.  Vi,  5.    - 


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366  Tecintsckfi  Chronologie. 

Zeitkms  bei  und  liefert  einen  darauf  gegründeten  m- 
merwährenden  Kalender,  deir  sich  von  dem  am  Schluß 
dieses  Wßrks  gegebenen  blols  dadurch  unterschei- 
det,  dfits  die  güldenen  Zahlen  durchgehends  unr  drei 
Einheiten  kleiner  ausfallen.  Allein  Noris  und  alle 
spätere  Chronologen  sind  der  richtigem  Meinung,  AsSs 
sich  die  lateinische  Kirche  vor  Annahme  des  19jähri- 
gen  Cyklus  der  Alexfindriner  eines  vier  und  acht- 
zigjährigen bedient  hat 

*  Auf  84  julianische  Jahre  gehen  30681  Tage..  Aber 
die  inzwischen  eintreffenden  1039^  synodischen  Mo- 
nate halten  30682  Tage  6  Stunden  48'.  Der  84jäh. 
lige  Cyklus  gibt  also  an  seinem  Schluls  die-  Neu- 
monde um  mehr  als  einen  Tag  zu  früh,  der  19jäh- 
rige  dagegep  erst  nach  16maliger  Wiederhohlung  um 
einen  Tag  zu  spät  (347).  Jener  stimmt  demnach 
minder  genau  mit  dem  Himmel  übjerein,  als  dieser. 
Er  empfiehlt  sich  indessen  dadurch,  dafs  er  die  cy- 
klischen  Neumonde  nicht  Uofs  zu  denselben  Datis, 
sondern  auch  zu  denselben  Wochentagen  zurückführt, 
daher  sich  nach  seinem  Ablauf  nicht  blo£s,  vne  beim 
19jährigen  Cyklus,  die  Ostergrenzen,  sondern  auch 
die  Data  des  Osterfestes  in  gleicher  Ordnung  emeueni. 
Diese  Eigenschaft  verdankt  er  dem  Umstände,  dals 
er  dem  28jährigen  Sonnencirkel  commensurabel  ist 
Um  sie  ihm  zu  geben,  verlängerte  man  den  viermal 
genommenen  19jährigen  Cyklus,  die  cällippische  ,Pe. 
riode  (141),  um  eine  Octaeteris,  ob  man  gleich  vn^ 
sen  mulste,  dafs  man  dadurch  ihre  Genauigkeit  be- 
deutend vermindere. 

Wie  der  84jährige  Cyklus  geordnet  war,  erhel- 
let theils  aus  einem  Consular- Verzeichnisse,  das  No- 
ris am  Schlufs  seines  Werks  über  die  synsch-mace- 
donische  Zeitrechnung  (171)  aus  einer  wiener  Hand- 


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ChrtstiicAe  Fhlber.     '  3(^7 

Schrift  nuttheilt,  theils  aii£f  einem  von  Muratori  ^) 
ans  Lldbt  gestdBten,  vermutfalicli  dem  neunten  Jahr- 
hundert angehörigen'  LiÖer  de  computo. 

Die  Fasti  coni^ulares,  welche  von  246  d.  St. 
bis  1107  oder  354  n.  Chr.  gehen,  sind  nur  wegen 
der  ihnen  beigefügten  Zeitcharaktere  wichtig»  Zuerst 
sind  den  Jahren  der  Stadt  die  eines  84jährigen  Cy- 
klus  beigeschrieben,  und  «war  so,  dafs  der  letzte  die- 
ser Cykel  sich  mit  dem  Jahr  1051  d.  St  oder  298 
n.  Chr.  erneuert  und  das  ganze  Verzeichniüs  mit  dem 
57sten  Cykeljahr  abbricht  * ).  Zweitens  sind  die  ju^ 
lianischen  Schaltjahre  durch  ein  den  Consuln  vor- 
gesetztes B  bezeichnet  Drittens  ist  bei  jedem  Jahr 
der  dem  1.  Januar  entsprechende  Wochentag  be- 
merkt Viertens  ist  die  Epakte  oder  das  Mondal- 
ter am  1.  Januar  angesetzt  Im  ersten  Jahr  des  Cy- 
klus  ist  die  Epakte  I,  d.  i.  es  trifft  ein  Neumond^  auf 
den  1.  Januar,  so  dais  das  Mondjahr  zugleidi  mit 
dem  Sonnenjahr  und  dem  ganzen  Cyklus  anfangt. 
Die  Epakte  des  zweiten  Jahrs  ist  XII,  die  des  drit- 
ten XXni,  die  des  vierten  XXXIV,  oder  nach  Weg- 
lassung eines  ganzen  Monats  IV  u«  s.  w.  Mit 'jedem 
Jahr  wächst  sie  um  11  Tage;  nur  tiach  je  12  Jahren 
nimmt  sie  einmal  um  12  Tage  zu,  weil  sich  sonst 
die  cyklischen  Neumonde  im  Verlauf  des  ganzen  Zeit- 
kreises  zu  weit  von   den   astronomische   entfernen 


1)  Im  dritten  Bande  seiner  Aneedoia  ex  ÄTnbrosianae 
Bihliothecae  codicihus, 

2)  Anch  Prosper  Aqaitanus,  ein  Schri^teller  des  fünf- 
ten Jahrhimderts,  hat  in  seinem  zuerst  yon  Lablie  yollstHndi^ 
herausgegebenen  Chromeon  auf  die  Jahre  214,  298  nnd  382  die 
Anf^e  ein^s  Cyklns  gesetzt,  der  offenbar  mit  dem  der  Fasti 
consnlares  identisch  ist    Vergl.  Handb.  ü,  242. 


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368  Techtdsche  Cbronoh^. 

würden.  So  springt  die  JBpakte  11  des  zwSUten  Jahrs 
im  dreizehnten  auf  XIV  über.  Solcher  «^^^ift/^  lun(U, 
wie  die^  Chronologen  sagen,  gibt  es  6,  nach  den  Jah- 
ren 12,  24,  36,  48,  60  uncl  72.  Am  Schluls  des  gan- 
zen Cyklus  ist  keiner  angesetzt,  damit  die  Epakten- 
reihe  wieder  mit  I  von  vorn  anfange. 

Der  Liber  de  compnto  enthält,  tmter  andern 
Auszügen 'aus  allerlei  die  Bestimmung  des  Osterfestes 
betreffenden  Schriften  der  früheren  Jahrhunderte,  eine 
Tafel,  wdrin  durch  einen  Zeitraum  von  84  Jahren 
der  Wochentag'  und  die  £pak.te  des  1.  Januar,  das 
Datum!  des  Osterfestes. Vmd  das  gleichzeitige  Mondal- 
ier  angegeben  werden.  Die  Zahlen  sind  durch  die 
Schuld  der  Abschreiber  zum  TheU  sehr  entstelltj- 
auch ist  die  ganze  Tafel  um  ein  Jahr  verschoben,  so 
dafs  in  der  ers^ten  Zeile  x 

Annus  L  Dies  solis.  Lima  XII  (L  XXI) 

Pasch.  V,  Id.  Apr.  Lima  XXI 
Annus  II  zu  setzen  ist  Sie  läfst  sich  aber  mit  Hülfe 
der  ihr  zum  Grunde  liegenden,  leicht  zu  erkennenden 
Principien  mit  Sicherheit  verbessern.  Dafs  sie  sich 
auf  den  Cyklus  der  Fasti  consuläres  bezieht,  er- 
hellet theils  aus  der  Uebereinstimmung  der  Zahlen, 
theils  aus  der  vbrangeschickten  Bemerkung,  dafs  das 
erste  Jahr  das  Consulat  des  Festus  (1.  Faustus)  und 
Gallus,  d.  i.  das  Jahr  298  n.  Chr.,  sei.  Am  Schlüsse 
steht:  Iterum  ad  caput  revertitur ^  zum  Zeichen, 
dafis  von  einem  Cyklus  die  Rede  ist. 

Mit  der  Construction  der  84jährigen"  Ostettafel 
haben  sich  No,ris  und  Van  der  Hagen  beschäftigt 
Ersterera  war  der  liber  de  eomputo  noch  unbekannt; 
er  konnte  daher  nur.  von  den  Epakten  der  Fasti  con- 
suläres ausgehen,  die  aber  den  Ostertag  nicht  mit  al- 
ler Bestimmtheit  geben.  ,  Letzterer  hat  die  von  der 
lateinischen  Kirche  bei  der  Osterfeier, befolgten  Grund- 
sätze 


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«ätze  mit  Hülfe  beider  Tafeln  gräncSich  entwickelt 
iii|d  hiernach  den  84jährigen  Kanon'  befiriedigend  her* 
gestellt  *).  Ich  habe  im  Handbuch  ^)  die  wesent- 
lichsten Resultate  seiner  Untersuchung  und  zugleich 
den  Kanon  mitgethalt,  den  ich  auch  am  Schlüsse  die- 
ses Werks  in  der  sechsten'Tafel^  abdrucken  lasse» 
Von  den  sieben  Zahlenreihen  desselben  gibt  die  ersjfce 
die  Jahre  de$  Cyklus,  die  zweite  die  entsprechenden 
Jahre  nach  Cliristus  (die  b.  bezeichnen  die'  Schalt- 
jahre), die  dritte  den  Wochentag  des  !•  Januar,  die 
vierte  die  Epakte  dieses  Tages,  die  fünfte  das  Da 
tarn  des  Ostemeumondes,  die  sechste  das  Datum  des 
Osterfestes,  und  die,  siebente  das  zugehörige  Mondal- 
ter. Um  die ,  Zahlen  der  drei  letzten  Reihen  gehörig 
vergleichen  zu  können,  erinnere  man  sich,  dals  die 
lateinische  Kirche  das  «Osterfest  allemal  an  dem  Sonn- 
tage feierte^  der  zunächst  auf  die  Luna  IfV  folgte  (364)^ 
Die  Feier  dieses  Tages  ergibt  sich  leicht  aus  der  des 
1.  Januar.  Ein  Blick  ai^  die  Tafel  lehrt,  daüs  die 
Grenzen  der  Feier  den  Lateinern  der  19^  März  und 
der  21#  April,  nicht,  wie  den  Alexandrinern^  der  22. 
März  und  25.  April  w^ren*  Bis  zum  19.  März  ging 
man  vor,  weü  der  ISte  als  frühste  Ostergrenze  betrachr 
tet  wurde  (364),  und  beim  21.  April  blieb  man  ste- 
hen, um  nicht  die  an>  die$em  Tag«^  dem  alten  PaU- 
limfeste  und  Geburtstage  Roms  (280J,  zu  feiernden, 
circensischen  Spiele,  ein  Haupt -r Volksfest  des  spä- 


1)  hl  seinem  Werke:  Ohservationes  u$  Ptafperi  Jqmtard 
ChroTdcon  integrum  eiwsque^  LXXXIV  imnonancychan  ei  in 
Anonynd  eyelwn  LXXXIV  annanim  a  Muratprio  editumi  nee 
non  in  Anonynü  Jäiercuhan  pofiehaiem  cerOum  tmnormn  it'Bth 
cherio  editwn^  Amsterdam  1733,  4. 

2)  Th.  n,  S.  ,245  ff:  - 

■      •  ^  24  '  . 


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370  Technische  Chronologie. 

lern  Roms^  auf  die  Charwoche  gebracht  und  somit 
gestört  7XL  sehen  * ). 

Dals  die  lateinische  Kirche  ihr  Osterfest  wirklich 
eine  geraume  Zeit  hindurch  nach  einer  solchen  S4jäh. 
rigen  Tafel  gefeiert  hat,  geht  entschieden  aus  Allem 
hervoi^j  was  zwischen  ihr  und  der  griechischen  über 
diesen  Punkt  verhandelt  ist.  Die  Tafel  gab  die-  Feste 
häufig  um  8  Tage  später,  zuweilen  aber  auch  um  4, 
ja  5'  Wochen  früher,  als  sie  von  der  griediischen 
Kirche  den  alexandrinischen  Principien  gemäüs  gefeiert 
wurden.  Es  konnte  nicht  fehlen,  dafs  die  Bischöfe 
von  Alexandrien,  die  von  dem  nicänischen  Concilium 
beauftragt  waren,  über  die  richtige  Feier  des  Oster- 
festes -ZU  wachen,  diese  Abweichung  mifsfallig  ver- 
nahmen, und  es  wurden  defshalb  während  des  Cj- 
klus,  der  im  Jahr  383  seihen  Anfang  nahm,  zwischen 
den  Alexandrinern  uHd  Römern  mehrere  Schriften  ge- 
wechselt, in  Folge  deren  die  letzteren  nach  und  nach 
zu  den  Ansichten  und  Grundsätzen  der  ersteren  hin- 
übergezogen Wurden,  in  die  sie  jedoch  erst  im  sechs- 
ten Jahrhundert  unbedingt  eingingen.  Ich  habe  im 
Handbuch  ^)  Veranlassung,  Inhalt  tmd  Litteratar 
dieser  von  Theophilus,  Cyrillüs,  Ambrosius, 
Innocentius,  Paschasinus,  Leo,  Proterius  und 
Prosper  Aquitahus  verfaCsten  Schriften  kurz  ange- 
geben und  gezeigt,  wie  sich  besonders  seit  den  strei- 
tigen Pesten  der  Jahre  444  und  455  unter  dem  Papste 
Leo  die  lateinischen  Principien  allmählig   modifieirt 


1)  In  Betreib  des  letztem  Paiil[ts  vergleidie  nan^  was  im 
Chrmdcon  des  Prosper  Aqaitanus  (p.  749  der  pariser  Ant- 
gabe  von  1711)  Giber  die  Osterleier  unter  dem  ConsoUt  des 
Tbeodosins  XVUI  und  Albinos,  d.  l  444  n.  Oir.,  gesagt  ist,  und 
QLandb.  U,  %5. 

2)  Th.  n,  &  254  — 275., 


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Christliche  F^ier.     .  37 1 

und  mit  den  alexandrinischen  verschmolzen  haben« 
Wer  ans(fiihriich^re  Belehrung  über  diesen  mehr,  noch 
der  kirchlichen  Archäologie  als  der  Chronologie  an- 
gehorigen  Gegenstand  verlangt»  wird  sie  bei  Van  der 
Hagen  finden  *).  * 

Als  der  eben  gedachte  Cyjklus  mit  dem  Jahr  465 
abgelaufen  virar,  fiihrte  d^r  Papst  Hilarius  einen 
neuen  Osterkreis  ein,  den  er  von  Victor  ins  aus 
Aquitanien  hatte  anfertigen  lassen*  Dieser  Canoji 
paschaüs  ist  noch  vorhanden,  und  mit  dein  zugehö- 
rigen, im  Jahr  457  geschriebenen,  Prologus  von  Bu- 
cherius  in  dem  Werke:  De  doctrina  temporum 
commentarius  in  Victorium  Aquitanum  ans  Licht  ge- 
stellt worden  * ).  Den  Prologe  der  für  die  Geschichte 
der  Osterfeier  in  der  römischen  Kirche  besonders  wich-, 
tig  ist,  gibt  auch'Petavius  ^).  Ueber  beides  com- 
mentirt  van  der  Hagen  mit  seiner  gewohnten  Grund- 
lichkeif*). 

Was  Victorius  über  die  Anordnung  meines 
Osterkanons  sagt  und  der  Kanon  sdbst  davon  lehrt, 
ist  wesentlich  folgendes. 

Er  legte  den  19jährigen  Cyklus  der  Alexandriner 


^In  dem  Werke:  Obsertationes  in  veterum  patnan  H 
pontificum  prologos  et  epistolas  paschales  aHosque  antiguqs  de 
ratione  ipaaehdli  scriptores,  Aecedit  dissertatio  de  cyclo  lu» 
Tuxri  IHpnysü  et  Bedae  (Amsterdam  1734,  4)  imd  in  den  S. 
369  gedadbten  06sen>atwne4  in  Prosperi  Aquitani  Chromeon 
integrum.  Man  vergleiche  auch  Petri  Horrebowii  in  vete^ 
nan  patrum  aliquot  monumehta  p(uchtäia  hreves  annotatio- 
nes^  Opera  mathematica  et  physica  (Kopenhagen  1740 -—41, 
4)  Band  U,  S.  201  ff. 

2)  Antwerpen  1634,  fol. 

3)  Im  Anhange  zu  semei^  Doctrina  temporum  p.  504. 

4)  Ohservationes  in  prologos  paschales  p.  144  ff. 

.     24* 


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373  Technische  Chronologie. 

f\ 
zum  Grunde,  Da  aber  dieser  die  Ostergrenzen  zwar 
zu  denselben  Monatstagen,  jedoch  nicht  zu  denselben 
Ferien  zurückfuhrt,  so  combinirte  er,  um  eine  in  je- 
der Beziehung  wiederkehrende  Ostertafel  zu  erhalten, 
den  I9jährigetf  Mondcirkel  mit  dem  28jährigen  Son- 
nencirkel  zu  einem  19  X  28  =  532  jährigen  Oster- 
kreis^  den  die  Chronologen,  nach  ihm  die  victoria- 
nis^che  P er i  o de 'nennen*  Er  ist  aber  nicht,  wie 
Bucherius  glaubt,  der' Erfinder  derselben;  S9hdn  ein 
halbes  Jahrhundert  früher  hat,  wie  wir  unten  sehen 
werden,  der  ägyptische.  Mönch  Anianus  einen  sol- 
chen Zeitkreis  in  seine  Chronographie  verflochten. 

Zum  Anfange  dieses  grofsen  Kreises  macht  er 
das  Jahr  28  unserer  Aere,  auf  welches  er  Christi  Tod 
setzt,  so  dafs  unser  Jahr  457  sein  '430stes  wird.  Bis 
dahin  hat  er  die  Coqsuln  angemerkt  und  dann  noch 
102  Jahre  ohne  solche  hinzugefügt  Man  sieht  also, 
dalä  man  zu  dem  jedesmaligen  Jahr  seines  Zeitkrei- 
ses' 27  addiren  müsse,  um  das  entsprechende  unserer 
Aere  zu  erhalten.  Wenn  es  demnach  in  der  Grab- 
scl\rift  des  heil.  Johann  -von  I^eome,  eines  Benedicti- 
ners,  heilst,  er  sei  gestorben  Anno  Domihi  quin- 
gentesimo  duodecimo  iuxta  quo4  in  Cyclo  B,  Vic- 
torii  numeratur  *),*  so  ist  das  Jähr  539  n.  Chr.  ge- 
meint Er  behält  femer  die  bei  den  Lateinen||  üb- 
liche Weise,  das  Fest  ]fermittelst  der  Ferie  und  Epakte 
des  1.  Januar  zu  bestimmen,  bei.'  Die  Epakten  der 
einzelnen  Jahre  seines  19jährigen  Cykln3  bleiben  die 
ganze  Periode  hindurch  unverändert  und  sind  für  seine 
Zeit  übereinstimmig  mit  dem  Himmel  angesetzt  Wenn 
er  z.  B.  dem  Jahr  430  die  Epakte  XX,  gibt,  so  be- 
zeichnet dies.e  das   AJter   des   Mondes    für   den  An- 


1)  VArt  de  verlfier  les  dates  Tom.  I,  p.  60. 

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Christime  Fölker.  373 

fang  Qnseis  457sten  Jahrs  ganz  richtige  indeiil  der  mitt- 
lere Neumond  am  vorhergelienden  13.  December  nach 
römischer  Zeit  um  7  Uhr  35'  Morg.  eintrat.  Die 
Epakten  wachsen  bei  ihm  von  einem  Jahr  zu^qa  än- 
dern um  11  Einheiten,'  und  nur.  nach  Ablauf  von  »je 
19  Jahren  einm^d  um  12,  damit  sie  eben,  so,  wie  die 
güldenen  Zahlen  im  immerwährenden.  Kalender  der 
Alexandrmer,  in  gl^cher  Ordnung  wiederkehren.  Et 
nimmt  also  statt  des  beim  84jährigen  Cyklus  gebräuchli- 
chen saltus  lunae  von  12  Jahren  (367),  den  man  nach- 
mals in  einen  14jährigen  verwanddte,^),  einen  19jäh- 
rigen  an,  welcher  dem  Himmel  weit  besser  zusagt 
Das  Osterfest  bestimmt  er  wie  folgt.  Aus  der  Epakte 
des  1..  Januar  leitet  er,  bis  30  zählend,  däi  nächstfol 
genden  Neumond  des  Jahrs,  und  aus  diesem,  abwech- 
selnd 29  und  30  Tage  fortrechnend,  alle  :fo%enden 
her.  In  der  Regel  gibt  ihm  der  vierte  Neumond  das 
Osterfest,  nur  im  lOten  und  ISten  Jahr  des  jedesma 
ligen  Cyklus  der  fünfte.  Die  frühste  Luna  XIV  pa- 
schalis  ist  ihm  der  20.  März,  die  späteste  der  16. 
April,  so  daÜB  ihm  also,  da  er  der  alten  Methode  sei-  - 
ner  Kirche,  das  Fest  nicht  vor  Luiia  XVI  zu  feiern, 
treu  bleibt^  die  Grenzen  desselben  der  22.  März  und 
24.  April  sind.  Dies  ist  der  wesejatfichste  Punkt,  i6 
wdchem  sich  seine  Rechnung  .von  .der  der  AJ^jJ^n- 
driner  unterscheidet.  Wo  bei  ihm  ein  abweichendes 
Datum  der  Feier  eintritt,  was  während  der  ganzen 
Periode  32mal  der  Fall  ist,  setzt  er  beide  Data  an, 
das  der  Rönier-und  Alexandriner,  die  Wahl,  zwischen 
beiden  dem  Oberhaupt  der  Kirche  iuiheimstelleiid^^)w 


1)  Handb.  II,  270.  ^ 

2)  Man  Tergleicfae  das  Handbuch,  wo  lU  JLI,  S.  275  ff. 
dies  Alles  ausflilirlicber  vorgetragen  and  zagileicli  die  anfi^ere 
Form  der  Ostertafel  des  Victor  ras  erklärt  ist.  ^ 


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374  TecAnUche  Chronologie. 

Man  sieht,  daf»  die  der  Tafel  des  Victorius 
zum  Ghinde  liegenden  Osterprineipien  mit  den  ale- 
xandrinischen  schon  weit  besser  ^übereinkonnnen,.  als 
die  früheren  r5misehen.  Aber  noch  immer  war  der 
Osterstreit  nicht  gana&  beseitigt;  denn  nicht  m  geden- 
ken, dafs  noch  hin  und  wieder  im  Occident  der  alte 
84jährige  C^^dns  im  Gange  blieb,  liefe  die  neue  Ta- 
fel zuweilen  den  Tag  der  Feier  zweifelhaft,  wo  sich 
dann  der  Papst  für  das  Datum  zu  entscheiden  pflegte, 
das  den  Ansichten  der  Lateiner  zusagte«  So  wissen 
wir,  da£s  in  den  Jahren  476,  495,  ^6,  499  und  516 
das  Fest  im  Oecident  nach  der  Tafel  des  Victorius 
acht  Tage  später  als  im  Orient  gefeiert  worden  ist  *). 
Der  romische,  in  der  ersten  Hälfte  des  sechsten  Jahr- 
hunderts lebende  Abt  Dionys-ius,  mit  dem  Beina- 
men Exiguus,  erwarb  sich  daher  'um  den  Frieden 
seiner  Kirche  kein  geringes  Verdienst,  indem  er  eine 
Ostertafef  ganz  nach  den  Grundsätzen  der  Alexandri- 
ner construirte  und  den  Gebrauch  derselben  auf  eine 
Weise  empfahl,  welche  endlich  die  Christenheit  über 
einen  so  wesentlichen  Punkt  ihres  Cultus  Tcreinigte. 

Cyrillus,  Bischof  von  Alexandrien,  hatte  eine 
auf.  5  neunzehnjährige  Cykel  oder  95  Jahre  gestellte 
Ostertafel  geliefert,  die  bis  zum  Jahr  247  der  diokle- 
tianischen oder  531  der  christlichen  Acre  reichte,  und 
mit  einem  in  gesdbichtlicher  Hinsicht  wichtigen  Pro- 
logus  (358)  begletet  war.  Der  95jahlrige  Zeitraum 
ist  zwar  kein  eigentlicher  Cyklus,  kommt  aber  einem 
Solchen  sehr  nahe,  indem  er  die  Data  des  Osterfestes 
mit  Ausnahme  jedes  vierten  in  gleicher  Ordnung  zu- 
rückführt ' )•  Diese  Tafel  setzte  Dionysius  auf 
abermalige  95  Jahre  fort     Es  geschah  dies  im  Jahr 

i)  Maa  sdie  die  Anmerlnmgen  zur  TahU  ehronologi^  im 
ersten  Bande  dea  Werk»  L'JH  de  ^irifier  h9  dat€9. 
a)  Vei^  Haadb.  U,  263. 


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CArkOicAe  fetten  375 

525,  wo  Bein  Brief  an  den  Petronins  gesclmeben 
ist.  Da  9  lYi^  er  in  demselben  sagt,  damals  noch  6 
Jabre  voii  der  Tafel  des  Cyrillus  übrig  waren,  so 
wie^derhofalte  er-  den  letzten  19jäbrigen  Cyklus  noqb 
einmal,  nnd  fügte  vom  Jabr  532  ab  noch  fünf  andere 
hinzn.  In^  Codeit:  D  i  g.b  a  e  a  n  n  s,  einer  Handschrift 
der  bodlejanischen  Bibliothek  aus  dem  Anfange  des 
neunten  Jahrhunderts,  befindet  sich  jenes  Schrei- 
ben, das  seiner  Ostertafel  zur  Einleitung  dien^  mit 
einer  von  513  bis  ^92  durch  20  neunzehnjährige  Cy^ 
kel  fortlaufenden  Tafel,  von  der  Jan  mit  allem  Recht 
die  erste  19jährigQ  Abtheilung  für  die  Arbeit  des  Cy- 
rillus,. und  ^e  fünf  folgenden  für  die  unsers  Dio^ 
nysius  hälL  '  ,    . 

In  dem  Briefe  an  den  Petronius  hatte  Diony- 
sius  den  Osterprincipien  der  Alexandriner  aufs  drin- 
gendste das  Wort  geredet  Da  aber  seine  Tafel  den- 
noch Widerspruch  gefunden  hatte,  sq  vertheidigte  er 
sie  ein  Jahr  später  in  eiqer  Epistolaad  Bonifa- 
cium  nochmals,  und  mit  so  siegreichen  Gründen,  Aab 
die  römische  Kirche  von  nun  an  das  Osterfest  ganz 
übereinstimpiig  mit  den  Alexandrinern  gefeiert  hat 

Der  gedachte  Codex  enthält  ajolser  beiden  Schrei- 
ben des  Dionysius  noch  den  von  ihm  übersetzten, 
gleichfalls  zur  Empfehlung  der  alexandrinischen  Grund- 
«ätze  gereichenden,  Brief  des  P r o t e r i u s  an  Leo, 
und  die  Argumenta  Paschalia  der  Aegyptex:.  Hier- 
unter versteht  er  die  Regeln,  nach  denen  sich  die  Zah- 
len der  einzej^en  Rubriken  seiher  Ostertafel  —  pa- 
schales  tituli  -r-  fortführen  lassen,  dergleichen  auch  , 
bei  den  äg^tischen  Ostertafeln  voi^ekommen  sein 
müssen.  .  Alles  dies  findet  sich  in  Jan's  J^ßstoria 
cycli  Dionysiani  am  vollständigsten  zusammengesteUt 
und  am  gründlichsten  erläutert  ^). 

1)  Witlenbei^  1718,  4.  VergL  Handb.  H^  385  ff. 

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376  ^Technische  Chronohgie^ 

'     •  'Da  die  Östertafel  des  Diony^sius  für  die 
Cbfronologiiei  von  besonderer  Wichtigkeit  geworden  ist, 
;so  müssefn  hier  über  ihre  acht  Rubriken  einige  Er- 
läuterungen geg^beii  weijden. 

Die  erste  C^mne  \ßi  Änni  Dojnini  nöstri  Jesu 
Christi  überd<}hrieben:  Dionysius  bemerkt  dabei, 
dafs  er  die  Jahre  nickt,  wie  Cyrillus,  nach  Diocle- 
tian,  dem  gjkrausamen  Verfolger  der  Christen,  sondern 
ab  ihcamatione  l)ömini^  von  der  Menschwar- 
diing  Christi/ 2Shle.  Diese  Zählungsweise  hat  sich 
durch  seine  Ostertafel  atlmählig  über  die  ganze  Chri- 
stenheit verbreitet.  'Die  Schaltjahre  sind  mit  b,  an- 
gedeutet Die  zweite  Columne  führt  den  Titel:  Quae 
sint  indictiones.  Von  den  Indictionen,  einet  im 
Mittelalter  s^hr  gebräuchlichen  Be^eichnungsweise  der 
Jahre,  wird  unten  gehandelt  werden.  Die  dritte, 
Epactae^  id  est  adiectiones  lunae,  überschrieben, 
gibt  das  After  des  Mondes  nicht,  wie  in  den  früheren 
Ostertafeln  der  Lateiner,  am  1.  Januar^  sondern  am 
22.  März.^  Man  übeixeugt  sich  leicht,  dals^iese  E'pak- 
ten  den  güldenen  Zahlen  des  immerwährenden  julia- 
nischei^  Kalenders  ganz  gemäfs  angesetzt  sind.  Wenn 
'z.  B.  das  erste  Jahr  des  Cyklus  zur  Epakte  0  oder  30 
liat,  so  folgt  aus  der  gjildenen  Zahl  I  beim  23.  März 
des  immerwährenden  Kalenders  dasselbe.  Die  vierte 
Columne  mit  der  Ueberschrlft  Concurrentes  dies  lehrt 
die.Ferie  kennen,  auf  die  der  jedesmalige  24.  Man 
trifft  Begreiflicherweise  werden  diese  Concurrentes 
eben  so  durch  den  28jährigen  Sonnencirkel  bedingt, 
vne  die  Sohntagsbuchstaben.  Sie  Bangen  mit 
diesen,  da  F  allemal  der  Buchstabe  des  24.  März  isi, 
dergestalt  zusammen,  dafs  die  Concurrentes  1,  2,  3, 
4,  5,  6,  7  den  Sonntagsbuchstaben  F,  E,  D,  C,  B, 
A,  G  entsprechen*  Jene  schreiben  ^ich  aus  dem 
Orient,  diese  sind  eine  Erfindung  des  Occidents,  die 


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ChrkiHche  F6lher.  377 

beim  Dionysius  und  Beda  noch  nicht  vorkommt 
Die  fünfte  Columne  rtiit  der  üeberschiift:  Qfwtr/s  sit 
lunae  circuhis  gibt  die  Jahre  deS'  Cyclus  lunaris 
der  Juden  (254),  dessen  güldene  Zahlen  durefagehends 
um  3  ^Einheiten  kleiner  sind,  als  die  des  Cyklus  der 
Christen  * ),  den  Dionysius  und  Beda  zum  Unterschiede 
cyclus  decemnovennalis  nennen,  als  wenn  nicht  beide 
neunzehnjährig  und  nicht  beide  Mondcirkel  wa- 
ren. Was  es^^mit  den  drei  letzten  Rubriken;  Qmota 
sit  luna  Xlf^  paschalis,  Dies  dominicae  festivita- 
tisy  Luna  ipsiiis  diei  dominici  auf  sich  habe,  .ist 
für  sich  klar.  NoÄi  bemerke  ich,  dafs  in  der  letzten 
Columne  allemal  beim  achten  J^hr  Ogd,  und  beim 
neunzehnten  Hend.  d.  i.  Ogdoas  und  Hendecas 
steht.  Diese  Eintheilung  des  19  fahrigen  Cyklus  v^ 
einen  acht-  und  elQährigen,  die  sich  in  allen  aus  dem 
Alterthum  auf  uns  gekommenen  Ostertafeln  findet, 
und  vermuthlich  schön  in  der  ursprünglichen  aleitan- 
drinischen  vorkam,  «schreibt  sich  aus  einer  Zeit  her, 
wo  man  an  die  Stelle  des  8jährigen  Cyklus  den  19jäh- 
rigen  setzte  (359),  also  zu  den  acht  Jahren  noch  elf 
hinzufügte.  .In  technischer  Beziehung  ist  sie  von  l:ei- 
ner  Wichtigkeit. 

Zunächst  überredete  Dionysius  die  Rönier  und 
anderen  Italiäner  zur  Annahme  des  19jährigen  Cyklus 
und  der  alexandrinischen  Osterregeln.  In  der  Metro-' 
poKtankirche  zu  Bayenna  wird  eine .  msurmome,  voii 
Noris  (ITl)  umständlich  erläuterte  Tafel  aufbewahrt, 
welche  eine  ächte,  wiewohl  nicht  ganz  vollständige 
Kopie  der  dionysischen  Ostertafel,  nicht, in  Columnen 


1 )  Eigentlich  beträgt^  der  Unterschted  beider  Gykel  nur  2f 
Jabre.  Aber  Dionysius  und  alle  spätere  Chronologen  recbnen 
den  jüdischen  Cyklas  nicht,  wie  die  Jaden  sdlbst,  yom  1.  Thlsphri, 
Rondem  vom  folgenden  1.  Januar. 


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378  Teohnische  Cbronolag^. 

sondern  kreisCSnnig  geordnet»  entl^alty  dergleichen  Rö- 
iae  pmehales  hin  und  wieder  in  Handschriften  ge- 
funden werden  ^).  Die  Jähre  nach  Christus,  die  Iq- 
dietionen,  Concurrentes  und  Epakten  sind  weggelas- 
sen; die  Stelle  der  ersten  vertreten  die  numerirten 
Jahre  der  einzelneu  CykeL  Die  Tafel  ist  offenbar 
«um  Behuf  jener  Kirche  angefertigt  worden,  und  kann 
nicht  viel  jünger  als  Dionysius  sein.  Dals  aber 
ums  Jahr  550  die  Ostertafel  des  Victorius  noch 
nicht-  überall  in  Italien  abgeschafft  war,  erhellet  aus 
einem  von  Beda  ^)  mitgetheilten  Fragment  eines 
Buchs  de  pascha  des  Bischofs  ▼  i  c  t  o  r  zu  Capua, 
und  daCs  sie  in  Gallien  noch  ioi  sechsten  Jahrhundert 
,die  Feier  bestimmte,  lehren  einige  Stellen  des  damals 
lebenden  Gregorius  von  Tours  ?).  In  Spanien 
scheint  die  dionysische  Tafel  erst  nadi  587  eingeführt 
zu  sein,  als  Reccared,  König'  der  Westgothen,  frü- 
berhin  Arianer,  zur  katholischen  Kirqhe  übergetreten 
war.  Ani  längsten  hielten  sich  «die  alten  Cykel,  na- 
mentlich der  84jährige,  auf  den  brittischen  Inseln,  wo 
im  secfbsten  und  siebenten  Jahrhundert  noch  viel  über 
die  Osterfeier  gestritt^i  wurde,  welshalb  ich  das  Nä- 
here im  Handbuch  nachzusehen  anheim  gebe  ^). 
Erst  gegen  die  Zeit  Karl's  des  Grofsen  siegte  der 
alexandrinische,  oder,  wie  man  ihn  im  westlichen 
Europa  gewöhnlich  nennt,  der  dionysische  Oster- 
kanon  über  alle  Widersprüche.  Die  nächsten  acht 
Jahrhunderte  hindurch  'wurde  nun  das  Fest  mit  voll- 
kommener Uebereinstimmung  gefeiert.  Dann  aber  trat 


1)  S.  Jan's  HUt,  Cyei.  Dion.  p.  47. 

2)  De  temp.  raU  c  49. 

ß)  Bist.  Fraw!.y^  17$  X,  23*  Vergl.  Handb.  II,  393  o.  394. 
4)  B.  II,  S.  295  ff. 


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Ckrisüiche  F&lka^.  379 

*-, 
aufs  Neue  cme  SpaHung  ein,  die  noch  itnmer  nidit 

ganz  gehoben  ist. 

Es  läJGst  sich  erwarten,  dafs  die  Ostertafel  des 
Dionysius  gegen  die  Zeit  ihi:es  Ablaufs  Fortsetzer 
gefunden  haben  werde.  Es  sind  uns  deren  zwei  be- 
kannt, ein  Abt  Felix  und  der  Bischof  Isidorus  von 
Sevilla,  welche  beide  die  Tafel  abermals  durch  fünf 
19}ährige  Cykel  von  627  bis  721  fortführten  *).  Eine 
weit  umfassendere  Arbeit  lieferte  Beda  Venerabl- 
lis,  Presbyter  der  angelsächsischen  Kirche  in  der  er- 
sten Hälfte  de«  achten  Jahrfiunderts,  indem  er  die  Ta- 
fel des  Dionysius  durch  532  Jahre  bis  1063  fort- 
setzte ^),  Der  Herausgeber  seiner  chronologischen 
Schriften,  Joh.  Noviomagus  (Bronchorst)  hat 
noch  eine  Periode  von  532  Jahren  vorangesetzt,  und 
ehie  andere  folgen  lassen,  so  dafs  eine  Ostertafel  auf 
die  ersten  sechzehnhundert  Jahre  unserer  Zeitrech-, 
nung  entstanden  ist').  Aus  mehreren  Stellen  Be- 
da's  ergibt  sich  deutlich,  dafs  seine  Ostertafel  in  ih- 
ren 4lubriken  voUkommeh  mit  der  des  Dionysius\ 
übereinstimmte.  Wenn  sich  also  in  der  grofsen  Ta-  ^ 
*fel  des  Noviomagus  noch  eine  Columne  mit  den 
Sonntagsbuchstaben  findet ,  so  mu&  diese  erst  von 
ihm  hinzugefügt  sein*  . 


1)  Handb.  a,  290. 

2)  Auf  Sc^liger's  Autorität  wird  in  mehreren  chronologi- 
scken  B&dbem  gesagt,  dafs  Dion^^Bius  selbst  eine  Ostertafel  auf 
532  Jahre  geliefert  habe.  Dies  ist  ein  Irrthum.  Daher  ist  es 
nicht  schicklich,  die  Tictoiiausche  Periocte  auch  die  dionysi- 
sche zn  nennen« 

3)  Bedae  Opusada  eomptura  de  ten^porum  raiione  dili" 
genier  eastigata^  Cöln  1537,  fol«  Das  Hauptwerk  fahrt  den 
Titel  De  iemporum  ratione.  Es  ist  725  geschrieben  and  als 
ein  yoUstfindiges  Iiehrbndi  der  Zelt-  und- Festrechnung  zu  be- 
trachten. 


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380  Technische  Chronolag^. 

Der  alexiHidrinische  Osierkanon  gründet  sich  auf 
die  Voraussetzungen^  daCs  das  tropische  Jahr  365  T. 
6  St.  und  der  Cyklus  von  ^35  synodischen  Monaten 
^eVade  1&  julianische  Jahre  hält.-  Aber  jenes  ist  11' 
12''  und  dieser  1  St  28'  15"  kürzer  (22^  30).  Die 
Macbtgleichen  und  Neumonde  treten  daher  allmähb'g 
immer  früher  im  julianischen  Jahr  ein,  jene  alle  128, 
diese  alle  310  Jahre  um  einen  Tag.  Eine  Folge  da- 
von ist,  dafs  weder  die  unbewöglichcsn  noch  die  be- 
wegliche»! Feste  ,an  den  Stellen  bleiben,  die  ihnen  ur- 
sprünglich angewiesen  sind.  Jene,  an  bestimmt!^  Tiig^ 
des  julianischen  Jahrs  geknüpft,  nicken  immer  tiefer 
ins  tropische  Jahr  hinein;  diese,  zugleich  mit  dem 
Osterfe^  vom  Frühlings -Vollmonde  abhängig,  werden 
bei  immer  späterem  Mondalter  gefeiert  Das  Princip 
des  Osterfestes  verliert  dah^  mit  der  Zeit  seine  ganze 
Bedeutung,  indem  sich  das  Fest,  freilich  erst  auf  eine 
nach  mehreren  Jahrhunderten  auffallende  Weise,  so- 
wohl von  .  der  Frühlings  «Nacht^eiche  als  dem  Voll- 
monde entfernt 

Es  dauerte  auch  wirklich  lange,  ehe  man  hier- 
über zu  einer  klaren  Ansicht  gelangte.  Nachdem  es 
einmal  geschehen  waf,  kani  die  Kalenderverbesserung 
als  eine  dringend  nothwendige  Angelegenheit  auf  meh- 
reren Kirchenversamndungen  des  ifunfzehnten  und  sech- 
zehnten Jahrhunderts  zur  Sprache  *);  aber  erst  dem 
Papst  Gregor  XlII,  der  vom  tridentiner  Conciliuni 
dazu  förmlich  beauftragt  war,  gelang  es,  sie  im  Jahr 
1582  zu  Stande  zu  bringen.  Unter  mehreren-  Vor- 
schlägen, die  ihm  dazu  gemacht  waren,  genehmigte 
er  den  des  Aloysius  Lilius,  der  also  -als  der  ei- 
gentliche Urheber  des  neuen  Kalenders  zu  betrachtea 


1)  Haüdb,  U,  299  ff. 

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•  •     ChrislUehe  Falker.  38 i 

ist  Et:  legte  den  Plan  dieses  Mamtcis.  iin  Jahr  1577 
den  Fürsten  und  betiihratesten  Universitäten  Europas 
zur  Prüfiing  vor,  und  setzte  daiu  selbst  eine  Com- 
mission  von  Gelehrten  zu  Rom  niedery  unter  denen 
der  Deutsche  Christoph  Clavius,  der  Spanier  Pe- 
trus Ciaconius  (Chacon)  und  der  Itahäner  Igna- 
zio  Danti  die  einsichtsvollsten  waren.  Letzterer  be- 
obachtete an  einem .  1575  in  der  Kirche  des  heiligen 
Petronius  zu  Bologna  errichteten  Gnomon  die  Sokti- 
tien,  um  genau  die  Tage  des.  julianischen  Jahrs  zu, 
ermitteln,  auf"  welche  die  Jahrpunkte .  damals .  trafen. 
Nachdem^  die  römische  Commission  noch  einige  kleine 
Aenderungen  mit  dem  ursprünglichen  Plan  vorgenom- 
men und  eine  mehr  ins  Einzelne  gehende  Schrift  Ca- 
nones  in  Calendariian  Gregoriawmt  perpetuum 
ausgearbeitet  hatte,  ordnete  der  Papst  in  einer  Bulle 
vom  24.  Februar  158^^  die  Reform  definitiv,  an.  Ein 
noch  ausführlicheres,  ^fcrk  erschien  nachmals  von 
Clavius  bearbeitet  unter  dem  Titel:  Romani  CaJm^^ 
darii  a  Gregorio  XIII P*  Jff.  restüuti  explicatio  *). 
Dies  ist  das  Hauptwerke  über  die  gregorianische  Ka-, 
lenderverbesserung,  in  welchem  man  auch  alle  dahin 
gehörige  Aktenstücke  gesammelt  findet. 

Um  das  Frühlingsäquinoctium,  das  damals  schon 
10  Tage  zu  früh,  am  11*  März,-  eintrat,  zum  Olsten 
zurückzuführen,  auf  welchem  es  um  die  Zeit  d^s  ni^ 
'cänischen  Conciliums  gehaftet  hatte  9  wurde  nach  dem 
4.  Oktober  dqs  Jahrs  1582,  mit  üebergehung  von 
10  Tagen,  sogleich  der  15te  gezählt  Der  4/  Okto- 
ber war  ein  Donnerstag,  und  der  15te  wurde  nim 


1)  In  der  Bulle  steht  1581,  -  Das  Jalir  ist  nach  flo'rentiner 
Weise  mit  dem  25. 'März  angefangen.  Hiervon' unten. 

2)  Rom  1603,  fol.    Auch  in  der  Samtnlong  der  Werke  d^s 
Clayias,  iKain:^  1619; 


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382  Technische  Chronologie. 

so»  einem  Montage  em  Freitag«  DaduiNch  ^g  der 
Sonntagsbuchstab  G  dieses  Jahrs  ia  C  üben  Um  die 
FrüUingsnacbtgleiche  auf  dem  21«  März  zu  erhalten, 
wurde  angeordnet  9  dals  alle  400  Jahre  drei  Schalt- 
tage nach  folgendem  Gesetz  weggelassen  werden  soll- 
ten: die  Jahre  1600,  2000,  2400,  kurz  alle  diejeni- 
gen  Säcularjahre,  die  sich  durch  400  ohne  Rest  divi- 
diren  lassen,  bleiben  Schaltjahre,  die  übrigen  Sicu- 
larjahre  dagegen,  als  1700,  1800,  1900,  2100  u.  s. 
w.,  werden  Gemeinjahre. 

,Um  den  OsteryoHmond,  der  sich  seit  jenem  Con- 
dlium  bereits  um  4  Tage  versdxoben  hatte,  zu  fai- 
ren, wurde  an  die  Stelle  der  güldenen  Zahlen  des 
immerwährenden  julianischen  Kalenders  der  von  Li- 
lius  erfundene  Ep  akl  ency  klus  gesetzt  Trifit 
ein  Netimond'  auf  den  1*  Januar,  so  kann  man  die« 
sen  Tag  ab  den  ersten  d^^Mondmonats  betrach. 
ten,  und  ihm  mit  den  früheran  Computisten/die  das 
Alter  des  Mondes  nach  laufeuden  Tagen  zählten, 
die  Epakte  I  geben.  'Man  kann  aber  auch  sagen, 
das^  Alter  des  Mondes  sei  dann  Null,  und  den  Tag 
mit  der  Epakte  0  bezeichnen.  Der  gregorianische  Ka- 
lender setzt  dafür  *,  und  schreibt  eben  dieses  Zeichen 
auch  neben  die  übrigen  Neumondstage  des  Jahrs,  die 
man  findet,  wenn  man  abwechselnd  30  und  29  Tage 
weiter  zählt  Im  folgenden  Jahr  ist  der  Mond  am  1. 
Januar  11  Tage  alt,  weil  das  Mondjahr  in  runder  Zahl 
um  11  Tage  kürzer  als  das  Sonnen  jähr  ist  Der 
erste  Neumond  gehört  also  dem  20.  Januar  an,  ne- 
ben den  man  XI  setzte  um  anzudeuten,  dafs.bei  die- 
ser Epakte  der  20.  Januar  ein^Neumondstag  ist.  Die- 
selbe Zahl  kommt  wieder  bei  allen  übrigen  Neumonds- 
tagen des  Jahrs  zu  stehen.  Im. dritten  Jahr  ist  die 
Epakte  XXn,  welche  neben  den  9.  Januar  gesetzt 
wird.    Schreibt  man  aber  auf  diese  Weise  die  jedes- 


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Chrhäicie  Völker.     .  ,183 

maEge  Epakte  oder  die  Zahl  .d^r  am  1*  Janttar  vom 
Mondmonat  verflosfienen  Tage  das  ganze  Jahr  hin 
durch  neben  die  Data,  auf  die  bei  ihr  die  Neumonde 
treffen,  so  erhält  man  den  immerwährenden  gse- 
gorianischen  Kalender,  den  ich  am  Schlüsse  die- 
ses Werks  in  der  siebente^  Tafel  abdrucken  lasse. 

Da  jede  der  30  Epaktenzahlen  abwechselnd  ih 
30  und  29tägigen  Zwischenräumen  wiederlcehrt,  -  so 
muTsten  bei  den  29tägigen  irgend  xwei  Zahlen  an  Ei- 
nem Tage  angesetzt  werden,  Lilius  hat  sich  für 
XXIV  und  XXV  entschieden.  v 

Man  sieht,  es  kommt  nur  auf  die  jedesmalige 
Epakte  des  Jahrs  an»  um  sämmtliche  Neu-  und  VoU- 
mondstage  zu  haben.  Trifft'  ein  Neumond  auf  den 
31.  December,  so  ist  die  Epakte  am  1.  Januar  L 
Dies  war  .zur  Zeit  der  Kalenderverbesserung  im  er- 
sten Jahr  des  Moiidcyklus,  z.  B.  im  Jahr  1«577,  der 
FalL  Damals  gel^örten  also  mit  den  güldenen  Zahlen 
folgende  Epaktcn  zusammen: 

Tafel  I. 


Güldene 

Gregor.  . 

Güldene 

Gregor. 

Zahlen. 

Epakten. 

Zahlen. 

Epakten. 

1 

I 

11 

XXI 

2 

XU 

,    12 

n 

3 

xxin 

13 

xm 

4 

IV 

14 

XXIV 

5 

XV 

15 

V 

6 

XXVI 

16 

XVI 

7 

vu 

17 

xxvn 

8 

XVffl 

.   18 

vm 

9 

XXIX 

19 

XIX 

10 

X 

1 

I 

Mit  jedem  Jahr  wächst  die  Epakte  um  11  Einheiten; 
nur  vom'  letzten  Jahr  zuni  erstea  springt'  sie  um  12 


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384  Technische  Chronohgie. 

weiter,  wc3  nach  19  Jahren   diesdbe  Epaktemeihe 
wiederkehren  muTs. 

Allemal,  wenn  ein  Schalttag  aus  dem  gregoriani- 
schen Kalender  weggelassen  wird,  weicht  jedes  gre- 
gorianische Datum  lun  einen  Tag  im  julianischen  Ka- 
lender zurück  und  die  Epakten  venniiidem  sieh  nm 
eine  Einheit  Dies  nennt  man  in  der  Epaktenrech- 
nung  die  Sonnengleichung.  Eine  solche  trat  im 
Jahr  1700  ein,  von  wo  an  folgende  Epaktentafel  gilt: 

Tafel  n. 


Güldene 

Gregor. 

'  Güldene 

Gregor. 

Zahlen. 

Epakten. 

Zahlen. 

.  Epakten. 

1 

« 

11      ' 

XX 

2 

XI 

12 

I 

3- 

xxn 

13 

xn 

4 

m 

14 

xxiu 

5 

XIV- 

15 

IV 

6 

XXV 

16 

XV 

7 

VI 

17 

XXVI 

8 

xvn 

18 

vn 

9 

XXVllI 

19 

XVDI  ' 

10  . 

IX 

1 

* 

Bleibt  dagegen  zwar  der  Jahrsanfang  an  seiner 
Stelle,  weichen  aber  die  Neumonde  um  einen  Tag 
zurück,  so  wachseh  die  Epakten  um  eine  Einheit 
Dies  nennt  man  die  Mondgleichüpg.  Eine  solche 
sollte  zwar  alle  310  Jahre  einmal  eintreten;  allein  der 
leichteren  Uebersicht  wegen  läfst  man  sie>  alle  300 
Jahre,  und  wenn  dies  siebenmar  geschehen  ist,  ein- 
mal nach  400  Jahren,  also  in  2500  Jahren  achtmal, 
wiederkehren.  Zum  erstenmal  wird  sie  im  Jahr  1800, 
und  dann  in  den  Jahren  2100,  2400,  2700,  3000, 
3300,  3600,  3900,  4300,  4600  u:  s.  w.  angesetzt 
Treffen  beide  GleiclHmgen  zusammen,  wie  im  Jahr 
•,     ^  1800, 


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ChrUfiicAe  FUker, 


385 


1800,  80  ynx^  die  eine  darch  die  andere  aufgehoben. 
Die  ^weiie  Tafel  gilt  daher  bis  zum-  Jaht  1900 ,  wo 
die  Sonnengleichung"  aUein  voikommt.  Daim  erhalt 
man  folgende  x 

TafellDL 


Güldene 

Greg^oiv 

Güldene 

Gregor.' 

Zahlen. 

Epakten. 

Zahlen, 

Epakten. 

1 

mm 

11 

XIX 

2 

X 

12:  , 

.    • 

3 

XXI 

13 

XI 

4 

n 

14 

xxn 

5 

xm 

15 

in 

6 

XXIV 

16 

XIV 

7 

V 

17 

XXV 

8 

XVI 

IS- 

VI 

9 

xxvu 

IS 

xvn 

10 

vm 

1 

XXIX 

Im  Jahr  3000  kommt  /weder  die  Sonnen-  noch 
die  Mondgleicfanng  vor,  und  im  Jahr  2100,  wo  beide 
zugleich  eintreten,  hebeli  sie  einander  auf.  Die  dritte 
Tafel  bleibt  daher  bis  zum  Jahr  2200  im  Gange» 
Man  sieht,  dais  es  solcher  Tafeln  in  Allem  30  geben 
muls,  indem  die  Epakte  Im  ersten  Jahr  des  Mondcy- 
khis  dreilsig  verschiedene  Werthe  haben  kann.  Da 
das  Gesetz,  nach  wdchem  die  Sonnen*  und  Mond- 
gleichung wechseln,  klar  ist,  und  da  die  Epakten, 
wenn  die  erste  allein  eintritt,  um  eine  Einheit  abn^h-  ' 
men,  wenn  die  zweite  allein  gilt,  um  eine  Einheit  zu- 
nehmen, und  wenn  bdde  zugleich  oder  gar  nicht  stall 
finden,  ungeandert  bleiben,  so  wird  mah  leicht  alle  30 
Tafeln  mit  den  Jahrhunderten,  denen  sie  angehören, 
hinschreiben  können.  Bis  zum  Jahr  8200  kommen 
alle  30  vor;  aber  erst  nach  300000  Jahren  ist  die 
Ordnung,  in  der  beide  Gleidiungen  und  die  zugehö- 
rigen  Epaktenreihen   wechseln,    vollkommen   wieder 

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386  TeökpisckäJ  Cinmehgie. 

«dieselbe,     Man  gehe  die  groDse  Tabula  aequaüanis 
bei  ClaviuÄ  ^).     - 

Es  fragt  sidv  wie  groCs  die  Genauigkeit  des  neuen 
Kalenders  mit  Bezug  auf  die  Sonne  sowohl  als  auf 
den  Mond  seL  In  40Ö  Jahren  werden  3  Schaltlage 
weggelassen  (382).  JD'adurch  wird  die  J>auer  des 
SonnenjahrS  auf  .365  T.  h  St.  '49'.  12'^  gebracht  Das 
tropische  Sonnerijahr  hält  aber  nach  der  neusten  Be- 
stimmung 24^'  weniger  (22).  Dieser  Unterschied  häuft 
sieh  in  3Q00  Jahren,  zu  einem  Tage  an,  um  den, dann 
der  neue  Kalender  zu.  viel  rechnen  wird.  Delam- 
bre*s  Vorschlag  ^)  ist  daher  zwedcmäüsig,  das  Jahr 
3600  unserer  Zeitreclmung,  das'  nach  Gregor  ein 
Schaltjahr  sein  sollte,  nnd  seine  Vielfachen  7200,  10800 
u.  s.'w.  zu  Gemeinfahren  zu  machen. 

Nimmt  man  dqn  synodischen  Monat  im  Mittel  za 
29  T.  12  St  44'  3«  an  (28),  so  geben  235  Monate 
6939  T.  16  St..  31'  45'',  akol  St  28'  15"  weniger 
ajs  19  juHänische  Jahre.  Dieser  Unterschied  häuft 
siph  in  310.  Jahren  m  eiriein  Tage.  an.  Die  grego- 
rianische' Reform  set%t  ihn  in  2500  Jahren  auf  8  Tage 
(384 >,  alsi^  in  312^  Jahren  auf  einen  Tag.  Es  Ue- 
.gen  dabei  die  prutenischen  Tafdn  des  Erasmus 
Reinhold  %\hm  Gruode  ').  Legt  man  mit  Tobias 
M  a  y  e  r  dem  Mondmonal  nur  29  T.  12  St  44' 
2^'3283  bei,  so  erhält  man  bereits  nach  308  Jahren  ei- 
nen Tag,  und  hiernaph  würde  der  neue  Kalender  die 
^[eumonde  nach  etwa  21000  Jahren  um  einen  Tag 
4li  spät  geben.  ÄUeia  die  mittlere  Bewegung  des  älon- 
des  ist  nieht •  co^slant  Mayer's  Bestinunung  gilt 
für  das  Jahr  1700  (28)  —  und  so  wollen  wir  auf 


1)  S.  i34. 

:2)  Astronomie  Tom.  Ilf,  p.  696. 
3)  Tübingen  IWi. 


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ChtUüiche  Fdlker.  387 

diese  ohoelkin  sehr  geringe  Abweichung  kein  Gewicht 
legen. 
>  Gregor  sagt  in  seiner  Bnlle,  dals  er  das  von  ihm 

sanettonirte  Calendariuip>  jcarrectum  zugleich  mit  dem 
Martyrologium  oder  Verzeichnils  der  von  der  Kirche 
anerkannten  'Heiligen  und  Märtyrer  zu  Rom  drucken 
zu  lassen  befohlen  habe,  wo  e^  auch  1586  unter  dem  , 
Titel:  Martyrologium  Romanum,  ad  novam  Calen-  ^ 
darii  rationem  et  ecclesiasticae  historiae  verita- 
tem  restitutum  cfsm  notationibus  Caesaris  Ba-- 
ronii  Sorani  erschienen  ist.  Uebt^ens *  erhellet 
aus  AUem,  dafs  der  Papst  eigentlich  nur  das  Verdienst  • 
hat,  die  längst  angeregte  Kalenderverbess^rung  zu- 
nächst veranlagst  und  ins  Leben  gerufen  zi|  haben. 
Der  neue  Kalender,  den  er  an  die 'Stelle  des  al- 
ten oder  julianischejQ  zu  setzen  gebot^  ßüurt  nach 
ihm  den  Nam^i  des  gregoiianischen,  auch.wol 
nach  seinem  wahren  Urheber  den  des  lilianischen. 
Eine  Medaille,  die  auf  die  Reform  geschlagen  ist,  stellt 
auf  der  Vorderseite  das  Bildnils  des  Papstes,  und  auf 
der  Rückseite  einen  Widder  mit  einem  Einmenge^ 
winde,  dem  Symbol  des  Frühlings,  dar;  umh^  eine 
Schlange^,  die  in  ihren  Schwanz  beifst,  mit  der  Auf- 
schrift: Anno  restituto  MDLXXXll  * )., 

Vom  15.  Oktober  1582  bis  zpm  24.  Februar 
1700  hat  der  neue  Kalender  10  Tage,  und  von  hier 
an  bis  zum  24.  Februar  1800  11  Tage  mehr  als  der^lte 
gezählt.  Seitdem  beträgt  der  Unterschied  12  Tage. 
Mit  jedem  Säcularjahr,*  das  sich,  nicht  durch  400  ohne 
Rest  dividiren  läfst,  wächst  derselbe  um.  einen  Tag.  - 

Um  för  ii^end  ein  Jahr  das  Datum  des  Osterfe- 
stes im  gregorianischen  Kalender  zu  erhalten,  suche 


1)  S«  Bonanni  IVpmismata  Pont,  Rom.  p.  368.^ 

.    25-     * 


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388  '  TecbnUchß  Chronologie. 

man  zuerst  nach  der  oben  (347)  geg^enen  Regel 
die  güldene  Zahl.  Dann  nehme  man  in  der  jedes- 
maligen  Epaktentafel,  also  für  das  jetzige  neunzehnte , 
Jahrhundert  in  der  zweiten  (384),  die  der  gefimde- 
nen  güldenen  Zahl  Angehörige  Ep^kte,  und  suche  sie 
in  dem  immerwährenden  gregorianischen  Kalender  vom 
8.  März  bis  zum  5.  April  einschliefislich  auf.  Der 
Tag,  neben  welchem  Ae  sich  findet,,  ^ist  der  Oster- 
neumond. Zählt  mah  von  diesem  13  voUcxTage  wei- 
ter, so  hat  man  die  Luna  XIV  oder  die  Ostergrenze, 
von  welcher  man  dann  aUeraal,  auch  wenn  sie  ein 
Sonntag  ist,  niit  Hülfe  des  Sonntagsbuchstabens  bis 
zum  nächsten  Sonntag  fortrechnet  So  z.  B.  ent- 
spricht der  güldenen  Zahl  8  des  gegenwärtigen  Jafar^ 
1831  die  Epakte  XVD,  wetehe  den  Ost^menmond  am 
14.  März  gibt  "Die  Ostergrenze  ist  also  .der  27.  .Man 
mit  dem  Buchstaben  B^  und  da  dies  zugleich  der  Sonn- 
tagsbuchstab ist^  so  trifft  das  Osterfest  8  Tage,  spä- 
ter, auf  den  3.  ApriL  Hier  sind  die  der  zweiten  Ta- 
fel entsprechenden,  für  das  jetzige  Jafaihundert  gülti- 
gen, Ostergrenzen: 


Güldene 

Oster. 

Güldene 

Oster. 

Zahlen. 

grenzen. 

ZaJilen. 

grenzen. 

1 

13.  April  E 

11 

24.  März  F 

'      2 

2.ApraA 

12 

12.  April  D 

3 

22.  März  D 

13 

1.  April  G 

4    • 

10.  April  B 

14 

21.  März  C 

5 

30.  März  E 

15 

9.  April  A 

6 

18.AprilC 

16 

29.  März  D 

7 

7.  April  P 

17 

17.  April  B 

8 

27.  März  B 

18 

6.  April  £ 

9 

15.  April  6 

19 

'  26.  März  A 

10 

4,  April  C 

1 

43.  April  E 

Diese  Tafel  gibt  auf  einen  Blick  das  Datum  des 
Osterfestes;   weiin   man   die   güldene  Zahl   und  den 


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■ChrUmche  Fiiker.  389 

SonntagsW^Hstab^  des  Ja^hrs  kennt  Ist  bei  der  gül- 
dene» ZaU  14  der  Sonntagsbuchstab  D',  so  ttifit;  däs^ 
Fest  auf  den  22.  März,  nud  ist  fa^i  der  goldene» 
Zahl  6  der  Sonntagsbuchstah  G,  sa  fi^t  er  auf  den 
25.  AprS.  Dies  sind  die  änlsersteii  Termine  der  Feier. 
Beide  kommen  in  diesem  Jahrhundert  nur  einmal  vor; 
der  erste  1818,  der  andere  1^6. 

Ist  deir  Tag  des  Osterfestes  ermittelt,  so  hat  maii 
zugleich  die  Tage  aller  übrigen  beweglichen  Feste 
und  die  Ordnung  aller  Sonntage  hß  Jahr.  Tabellen 
darüber,  so  wie  Notizen  von  den  unbeweglichen  Fe- 
sten und  Erklärung  aller  in  den  Urkunden,  besonders 
den  deutschen,  vorkommenden  auf  den  Kalender  sich 
beziehenden  Worter  und  Namen  findet  man  in  den 
Werken  von  Haltaus  ^},  Waser  *),  Pilgrani*) 
und  Helwig  ^).  Besonders  bequem  sind  die  35  voll- 
ständigen^ Kalender,  bei  Pilgram  für  die  verschiede 
nen  Monatstage  vom  22.  März  bis  zum  25.  April  eiii- 
schliefsHdi,  auf  die '  das  Osterfest  treffen  kann,  mit 
Angabe  aOer  der  Jahre  aus  dem  Zeitraum  von  300 
bis  2000  unserer  Acre,  denen  jeder  dieser  Kalender 
angehört  Der  letzte'  z.  B.  stellt  die  beweglichen  und 
unbeweglichen  Feste  aller  der  Gemein-  und  Schalt- 
jahre dar,  in  denen  das  Osterfest  auf  seinen  äufser- 
sten  Termin,'  den  25.  April,  trifft  Es  sind  deren  in 
dem  gedachten  Zeitraum  m<^t  mehr  als  14. 


1)  CaJendarium  medii  aevl  praecipue  Germameum^  Leip 
zig  1729,  8.  Deittsdi,  Erlangen  1794,  4. 

2)  Historiseli  •diplomatisches   Jahrbach  cur  Prü« 
fang  der  Urkaaden,  Züricb  1779,  fol. 

3)  Cohadarium  ehrwioiogu^um  me^  potiwmum  aeni 
monumeniis  aceomodatunti,  Wien  1781,  4. 

4)  Zeitrecbnang  zur  £r5rtermng  der  iData   in  ^den 
Urlcoaden  für  Dentschland,  Wi^n''1787,  fol. 


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390  Technische  f^ronohgjk. 

In  Betreff  <ter  Sonn-  und  Festti^  tet  Fügendes 
als  daa  Wesenffichste  %vl  beinericen.  Fiält  N^uf ahr 
nicht  auf  einen  Sonntag»  «o  wirA  der  nackte  Sonn« 
tag  bis  zum  5.  Januar  einschliefdicb  nach  Neujahr 
benannt  Der  6.  Januar  ist  Epiphanias  eder  das 
Fest  der  heiligen  drei  Könige.  Ke  nächsten 
Sonntage  nach  demselben  föhren  den  Namen  nach 
Ej>iphanias.  £s  können  ihrer  höchstens  sechs  ge- 
zählt werden;  .wie  viel  jedesmal,  hängt  von  der  Stel- 
lung des  Osterfestes  ab.  Im  Jahr  18 IB,  "wo  Ostern 
auf  seinen  friihisten  Termin,  den  22.  Mära,  traf,  gab 
es  nicht  mehr  als.  einen  Sonntag  nach  Epiphanias. 
Neun  Wochen  vor  Ostern  fallt  der  Sonntag  Septua- 
gesima,  auf  <len  die  Sonntage  Sexagesima,  Esto- 
mihiy  Invocavit,  ReminiscereV  Oculi,  Lätare, 
J.udica  und  Palmarum  folgen;  Fastnacht  und 
Aschermittwoch  treffen  auf  denDia^tag  und  ftfitt- 
woch  nach  Estomihi. ,  Donnerstag  und  Freitag  vor 
Ostern  werden  unter  den  Benennungen  Gründon- 
nerstag ^und  Charfreitag  gefeiert^.).  Nach  Ostern 
folgen  die  Sonntage  l^asimodogeniti,  Miseri- 
'  cordias  Domini,  Jubilate,^  Cantate,  Rogate 
und  Exaudi  ^).  Vierzig  Tage  nach  Ostern  oder  am 
Donnerstage  nach  Rogate  ist  Himmelfahrt  Christi, 
und  zehn  Tage  nachher  Pfingsten,  welches  Fest 
eben  so,  wie  Ostem,x  zwei  Tage  gefeiert  wird.  Von 
dem  Sonntage  nach  Pfingsten,   welcher  Tr;initatis 


1)  Die  Woche,  aufweiche  dieae  Tage  treffen,  wW  Char- 
vroehe  genannt,  yom  altd^tachen  Char,  Leid,  Traaer«  Sie 
ist  von  jeher  in  der  Chdatodieit  dorch  die  Benennungen  fUfiM 
ißöofJLiji^  magna  heMama€  paseAaUs  nnd  A^domat  poishm^ 
ausgezeichnet  worden«  «      , 

2)  Die  Namen  der  Sonntage  von  Estomihi  his  Exaudi  sin^ 
yoni  dem  Mefs-Eii^ango  der  Kathelilcen  entlehnt.  - 


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hd&t,  führen  aOb  fölgddde  SoiMage  des  Jahrs  ImI 
zum  1»  Advent.ihre>Naineiu  Es  können  iharer  iiicht 
mehr  als  27  sein.  .Frohnleichuam  fallt  auf  den 
Donnerstag  nach  Tribitatis.  Der  Adventsonntage 
sind  Tier;  der  erste v  mit  welchettn  das  Kirchenjahr 
begumt,  trifft  auf  eim^nder  Tage  v<mi  27.  November 
bis  zum  3.  December  einschUefsIieh.  Am  25.  De- 
cember  ist  der  erste  Weihnachtstag,  am  26sten 
der  zweite  oder  Stephansta^  Ist  Weihnachten 
nicht  selbst  ein  Sonntag,  so  vnrd  der  nächste  Sonn- 
tag nach  Weihnächten  benannt:  Die  vier  Qua-' 
tembet  sind  bei  den  Katholiken  Fasttage.  Sie  fal 
len  auf  die  Mittwoiiheinach  Invo^vüt,  ttach  Bfihgst^n, 
nach  KräizeserhQhun^:?ade^  dem  14..Septeäiber,  nn9 
nach  Luck  oder  dein  13.  Deceibbeii  *  Sind  Kreuze» 
erhohung  und  .Lücia  selbst  MittwDdie^  so  rückt: Qua. 
iember  auf  dto  fo%e;nden  Mittwoch«;  (Aue  ^übrige 
Festtage  der  l^tholiken  fsdlen  unabanderKth  auf  eir 
nertei  üfonatstäg;  Der  heilige  Dreikonigstag,  die 
Alarienfeste  und  der  ^lobannistag  werden  in  den 
pr^aiTsischen  Staatol  an  !dem  zunächst  folgenden^  und 
das  MichaelisCest  wl  dem  vorhergehenden  Sonhtage 
mitgefei^t.  Auch  triJSt^  daselbst  auf  den  Mittwoch 
nach  Jubilate  ein  B  et  tag,  auf  den  Sonntag  nach  Mi^ 
ehaelis  oder  dem  29.  September  das  EriitefesJ;,  und 
auf  den  letzten  Sonntag  nach  Trinitatis  das  Fest 
zum  Gedächtnifs  der  Verstorbenen. 

.Man  spricht  auch  von  julianischen  Epakten, 
und. versteht  darunter  diejenigen,  welche  zurzeit  der 
Kalenderreform  durch  die  19  Jahre  des  Mondcykliis 
dem  I.  Januar  des  alten  Kalenders  angeborten.  Man 
findet  sie,  wenn  man  in  der  ersten  obigen  Epakten- 
tafd  (383)  die  Epakteh  um  10  Einheiten  vergröfsert, 
weil  der  damalige  Unterschied  beider  Kalender  so  viele 
Tage  betrug.    So  ergibt  sieh  folgende  Tafeh 


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892  .  TtcknhcAc  Chrmohfpe. 


Gfildeite 

J«Uan. 

CHiidett« 

^  Julian. 

iZahleBk.'!  i<-' 

Epakten. 

.^ahUiu 

£pa;kten. 

1 

XI 

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I 

S      „ 

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4  . 

XIV 

...  ..14 

IV 

■      5.     , 

XXV 

.15.. 

..  xv 

6           . 

VI 

16   :       . 

XXVI 

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8 

i  XXVUI 

.     18. 

xvni 

9      , 

IX 

.     1» 

XXIX 

10 

XX 

..  1 

XI 

Man  MAy  dßb  man,  um  die  jedem  Jahr  des 
Mondcykhiä  aiigebSrige  juUnische  Epakte  za  erhalten, 
die  güldene  Zahl  nUt  11  su  ninltipIiGiron  imd  aus  dem 
Produkt,  wena  e^  grolser  ab  30  ist,  so  oft  30  weg- 
«ulafisen  hat,  als  es  angeht  Diese  Epakt»n  dienen 
aber  inicht  nur  Bestimmnng  des  Ostevfestes  im  alten 
Kfalepdef'  -^  die  Methode  bleibt  noch  immer  die  oben 
(352)  ange^benä  —  sondern  blofs',  um  durch  sie 
bequem  die  gregorianischen  Epakten  zu  finden;  .denn 
H^an  darf  nur  den  jedesmaligeii  Unterschied  der  gre- 
gorianischen und  julianischen  Epakten,  der  von  1582 
bis  1700  zehn,  von  1700  bis  1900  elf  u^d  von  1900 
bis  2200  zwölf  Tage  {leträgt,  von  den  letztem,  nach- 
dem man  sie  nothigenfalls  um  30  Einhdten  vergro- 
fsert  hat,  abziehen,  um  die  enteren  zu  erhalten« 

Die  cyklischen  Neumonde,  di^  der  immerwäh- 
rende gregorianische  Kalender  gibt,  soDten  eig^idich 
die  mittleren  astronomischen  sein.  Da  aber  die  Ea- 
lender/erbesserer  nach  herkömmlicher  Weise  den  VoU- 
mondstag  ak  den  14ten  des  Mondmonats  betrachtet 
wi^en  woUten,  so  stellten  sie  die  Neumonde  so;  dals 
sie  in  der  Regel  d^m  ersten  Tage  nach  der  Conjunc- 
tion  entsprechen,  dem  Begriff  der  Not)/c«}v«a  bei  den 


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ChrtHliche  F&ther,  393* 

Gvfedfeii  geniSTs  (125).  '■  Di«  VdOmotide  köihmcn  auf 
diese  Weke  meistern  mit  den  imtOereA  Oppositionell 
äbereiB>  oder  we^dheri  hftchs^ns  um  dnen  Tag.  von 
densett>en  ab.  Eine  voUkomniene  Uebereiiistimmung 
der  Gyklischen  Rechnung  mit  der  astronomischen  ist 
sdion  deC^alb  nicht  nri^ch,  weil  die  cyUischen  Mo- 
nate immer  aus  ekter  vollen  Tagzahl  bestehe^.  Es 
ist  daher  ganz  unvermeiAidb,  dafs  das  Passafafest  der 
Juden,  das  jedesmal  bei  vollem  Lichte  gefeiert  wer- 
den soll,  g^en  den  •  Wiflen'  d^  Kirche  tuweflen 
mit  dem  Osterfest  der  CShristen  asn^ammentr^  Die- 
ser Fall  ist  im  gegenwfiii%eil  Jahrhundert  schon  zwei- 
mal vorgdkommra,  180S  und  1S25.  Im  letztem  Jahr 
fiel  die  Ostei^enze  auf  den  2.  April,  einen  Sonnabend,  , 
und  so  ^iird  das  Osterfest  am  3.  April  gefeiert.  Eben 
dieser  Tag  war  der  Anfang  des  Passahfestes  der  Ju^ 
den ,  deren  ejrklische  Rechnung-  diesmal ,  wenn  auch 
nicht  Hnmer,  mit  der >  astronomischen  übereinstimmte; 
denn  dör  walive  Vollm<md  ereignete  sich  am  3.  April 
nach  beriiner  Zeit  um  7  ü.  18'  Morgens. 

Es  ist  zu  bedauiem,  da(s  Gregor  XIII  das  Fest 
nicht  immer  an  einerlei  Sonntage,  z.  B.  am  letzten 
des  März  oder  ersten  des  April,  zu  feiern  angeordnet 
hat.  Jetzt  kann  der  gemeine  Mann,  ja  mancher  Ge- 
bildete, nicht  begreifen,  warum  es  in  einem  Zeitraum 
von  5  Wochen  umherirrt.  Audi  macht  es  in  manche 
Verbältnisse  des  bürgerlichen  Lebens  einen  Einschnitt, 
dessen  .Wechsel  nicht  anders  als  unbequem  äein  kön- 
nen. Dafs  die  Kirche  das  Recht  zu  einer  solchen 
Feststellung  der  Feier  gehabt  habe,  gesteht  selbst  Cla- 
vi  US  ein  ^),  so  sehr  er  auch  übrigens  der  Epaktenr 
rechnung  das  Wort  fedet   Vielleicht  einigt  sich  noch 

t)  S.  59.  , 

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394  TeclMiphe  Ckronohfie. 

dost,  die  gesammte  Chmtoihett  ifter  diesen  Pimkt, 
wodurch  uaseie  Zeitrechnung,  die  einfachste  von  der 
Welt  werden  wikde,  weil  dann  die  Bestinimijuig  des 
Osterfestes  allein  von  dem  Sonntagsbuchstaben  abbän- 
gig.wäm 

Der  gregorianische  Kalender  wurde  in  Aem  größ- 
ten Theil  Italiens,  so  wie  in  Spanien  und  iu  Portu- 
gal, ^eich  an  dem  Tage .  eiilg^uhrt»  den  die  Bulle 
des  Papfittts  festgesetzt  hatte.  :  In  Frankreich  gesdiah 
es  erst  .zwei  Monate  spSkeVf  indem  man  dem  Edikt 
Heinrichs  III.?6ufolge  vom  9.  Defc^ember  zum;  2Oste0 
überging*  Die  katholiscben  Kantone  der  Schweia»  und 
Belgien  traten  der  Verbesserung  15839  Polen  1586, 
und  Ungarn  1587  bei.  In  Deutachjaud  kam  sie  15^2 
auf  dem  Reichstage  zu  Augsburg  zur  Sprache,  vor- 
auf sie  der  Kaiser  und  die  katholis^en  Stände  1583 
annahmen.  Die  evangeUscben  Stände  und  Staaten  in 
und  aulser  Deutschland  erklärten  sich  dawider,  theils 
aus  Besörgnils,  dem  Papste  zu  viel  eimEuräumen,  theils 
weil  Joseph  Sealiger  und  andere  die  Meinuag  gel- 
tend zu  machen  gesucht  hatten, .  da&  auch  der  neue 
Kalender  nicht  ganz  fehlerfrei  sei  ^  )^  Man  pflegte 
nun  in  den  öffentlicben  Akten  den  alten  und  neuen 
Kalender  oder  Stil  zu  unterscheiden,  und  bei  Ver- 
handlungen zwischen  Katholiken  und  Evangelischen 
das  Datum  nach  beiden  anzusetzen. 

Es,  konnte  nicht  fehlen,  dals^  die  zwei  so  ver- 
schiedenen Zeitrecjinungen  zu  vielen  Streitigkeiten  und 
Verwirrungen  Anlafs  gaben,  besonders  an  Orten,  wo 


I)  Clavius  yerdieidigie  ifaa  in  tmei  Schrifleu,  die  sich  im 
fnnflen  Bande  seiner  Werke  (J^l)  finden.  Ig^isiditsrolle  Katho- 
liken gestehen  selbst  die  Mängel  des  gregorianischen  Kalenders 
ein,  weldie  selir  gut  in  V Afl  de  ^erißer  les  datea  Tom.  I, 
j*.  85  IT.  cmlwickclt  sind,     , 


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.  Ckrkiihke  Fbtker.  ,     39is 

Kath<^eB  und  Ev^ngdische  uoter  cmander  lebten. 
So  entstanden  zu  Augsburg  gFofse,. mehrere  Jabiü^  an^ 
«habende  Unrah^Hi,  «Me  unter  demNam^n  dos  Kalen- 
derstreits  bekannt  dnd.  So  aft  man  aber  audi, 
wiö  bfäii»  westphäliscben  Frieden^  in  die  eyangelischen 
Stande  dringen  mochte,  den  neuen  Kalender  anasim^h-, 
men^'wichen  sie  xlöch  jedeamal  aus,  weil  siel  das  Jkäiser* 
liehe  Ansinnen  als  dne  Schmälerung.  ihrer  Majestäis* 
xechte  «isahen«  Als  aber  nach  dem  ryswicker  Frieden 
^kar  neuer  Kalenderstreit  in  der  Pfalz  und  anderswo 
auszubrechen;  droht^  beschlossen  endlich  die  evangeli-. 
schal  Stände ,  besonders  auf  Leibnitz  Betrieb 
und  mit  Zuziehung  des«  Mathematikers  Erhard  Wei- 
gel,  am  23.  Septeknber  1699,  mit  dem  nächsten  Jahr 
einen  verbesserten  Kalender  einzufuhren,  nach,  wel- 
chem mit  Weglassung  von  11  Tagen  statt  des  19« 
'Februar  sogleich  der  1.  März  gezählt,  und  das  Oster- 
fest nicht,  nach  cykliseherRechnung,  «onde]:n  so- 
wojil  mit  Bezug  auf  die  Nacfatgleiche  als  ^auC  den 
Volknond,  nach  astronomischer  angesetzt  werden 
sollte,  und  zwar  nach  Kepler's  rudolphiiiischen 
Tafeln,  die  damals  für  die  voOkommenstaci  galten, 
und  für  den  Meridbn  von  Uranibutg,  der  he-« 
rtiluotiten  ehemaligen  Sterhwarte  Tycho/s.  Diesem 
Beschluls  der  evangelischen  Stände  sind  gleichzeitig 
Dänemark  und  die  vereinigten  Niederlande,  und  im 
Jahr  1701  die  evangelischen  Kantone  der  Schweiz 
beigetreten,  welche  das  neue  Jahrhundert  mit  dem^ 
12.  Januar  anfingen«  In  England  ist  der  neue  Kalen- 
der erst  1752  und  in  Schweden  1753  eingeführt  wor- 
den. l>ie  Bekenner  der  griechischen  Kirche,  nament- 
lich die  Russen,  beharren  nunmehr  in  Europa  allein 
noch  beim  alten  Kalender. 

Durch  die   Weglassung   der   elf  Tage   im  Jahr 
1700  hatten  sich  die  Evangclischeu    den  Katholiken 


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,      396  TechnUcHe  Chronologie. 

zwar  in  so  weit  genähert,  dafs  sie  ihr  Jabr  zugleich 
mit  ihnen  anfingen, ,  also  die  unbeweglichen  Feste  zu- 
^eich  mit  ihnen  feierten;  allein  die  abweichende  Be> 
stimmnngsweise  des  Osterfestes  mufste  zuweilen  eine 
Verschiedenheit  des  Tages  der  Feier  und  somit  neue 
Streitigkeiten  herbeiführen.  Der  erste  Fall  dieser  Art 
trat  im  Jahr  1724  ein,  wo  dSe  astronomische  Rech- 
nung den  Vollmond  auf  Sonnabend  den  Sten,  die  cy- 
.  '  klische  hingegen  auf  Sonptiig  den  9.  April  gab,  das 
Osterfest  also  für  die  Evangelischen  auit  den  9ten,  für 
die  Katholiken  auf  den  16*  A^ril  traf.  Eine  zweite 
Verschiedenheit  der  Feier  fand  im  Jahr  1744  statt, 
wo^  die  Evangelischen  das  Osterfest  am  29.  März,  die 
Katholiken  am  5.  Aptil  feierten.  Eine  dritte  würde 
.  1778  und  eine  vierte  1798  eingetreten  sein,  wenn 
nicht  auf  den  Antrag  Friedrich's  11  das  Corpus 
Evangelicorum  am  13.  December  1775  beschlossen 
hätte,  den  nach  der  cykUschen  Rechnung  geordneten 
Kalender  unter  der  Benennung  eines  Allgemeinen 
Reichskalend^rs  anzunehmen.  Dem  Conclixsum 
sind  die  evangelischen  Kantone  der  Schweiz,  Däne- 
maik -und  Schweden  beigetreten  ^).  Die  Kalender 
der  Evangelischen  unterscheiden  sich  seitdem  von  de- 
nen der  Katholiken  nur  in  einigen  minder  wesent- 
lichen Punkten,  z.  B.  in  den  weniger  bekannten  Hei> 
ligennamen,  die  hier  so,  dort  anders  lauten. 

Nachdem  wir  nun  die  Einrichtung  des  alten  und 
neuen  Kalenders  kennen  gelernt  haben,  wenden  wir 
uns  zu  den  Jahrrechnungen  der  christlichen  Völ- 
ker.   Zuvörderst  müs&en  wir  aber  die  yerschiedenen 


1)  Man  rergleiche  über  dies  Alles  den  Artikel  Osterfest 
in  Häberlitt's  Repertorinm  des  dentscLen  Staats-  null 
L^hnrechts,  auch  das  Handbncb  der  Chronologie  lli.  U, 
S.  331  ff. 


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ChiisiUche  Fölker.  397 

bei   ihnen  vorgekommenen   J  a  li  r  e  p  o  c  h  e  n  dorch- 
gehen. 

Ueberall  in  Europa  wird  jetzt  das  Jahr  mit  dem 
1.  Januar  angefangen.  Diese  Epoche  hat  sith  oiBTen- 
bar  zugleich  mit  dem  julianischen  Kalandert  von  den 
Römern  zu  uns  fortgq)flanzt;  sie  ist  aber  im  Mittel- 
alter keinesweges  die  eii;izig  gebrauchliche  gewesen« 

Wenn  wir  die  Benennung   mensis   primus  für 
mensis  paschalis,  welche  die  Osterscribenten  Vic 
torius,  Dionysius  und  Beda»  die  sich  ihrer  nicht' 
selten  bedienen,   von  den  Hebräern   entlehnt  haben, 
denen  der  Passah -Monat  Nissin  der  erste  im  Kirchen- 
jahr ist,  als  der  bi^gerlichen  Zählungsweise  der  Mo- 
nate fremd,  hier  eben  so  wenig  wie  einen  Jahranfang 
mit  dem  April  oder  mit  dem  März,    wovon  in  den 
früheren  Jahrhunderten  der  Christenheit  Spuren  vor- 
kommen ^),  berücksichtigen  wollen,  so  sind  es  die, 
y^er  Jahranfange  ab  anuuntiatione  oder  coneep- 
tione,  a  nativitate^  a  circumcisione  und  a  re-  ' 
surrectione,  die  wir  zu  unterscheiden  haben. 

Dd'  die  Kirche  die  Geburt  Christi  auf  den  25.  , 
December  setzt  ^),  so  stellt  sich  die  nach  dem  Evan- 
gelium acht  Tage  später  geschobene  Beschneidung  auf 
den  1*  Januar,  und  dieser  Jahranfang  —  a  civcum- 
cisione  -7-*  erhielt  somit  aucl^  fiir  die  Christen  eine 
gewisse  Bedeutsamk^  ' 

Nachmals  hielt  man  es  fiUr  schicklicher,  das  Jahr 
mit  dem  Tage  der  Geburt  selbst  anzufangen,  zumal 


1)  fiandb.  II,  3i25  ff. 

3)  Die  griediisdie  Kirdie  feierte  anfange  das  Fest  der  Ge- 
bart Cliristi  am  6.  Januar,  dem  Epiplianiastage,  trat  aber  im  vier- 
ten Jabrhiudert  der  lateinischen  bei,  ^e  es  T<m  jeher  an  den  25. 
December  gelmüpft  hat  S.  Chrysostomi  Jlonälia  in  diem 
mUalem  Christi.  Opp.  Tom.  li  ed..  Montiaucon. 


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J98  TechnkcAe  Chronologie. 

da  dieser  Tag  dem  Winteisolstiisum  naKer  war»  wdl 
cfaes  die  natürlichste  Jahrepeche  zu  sein  schien,  wie 
schon  0  V  i  d  bemerkt  ^  )•  I>ie8er  Jahranfang  —  a 
nativitate  —  war  daher  das  guize  Mittelalter  hin- 
durch sehr  gebräuchlich«  . 

Andere  fanden  es  dem.  Begriff  der  ^tia  craQxaKn^ 
oder  incarnatio  angetnessener,  das  Jahr  mit  Ma- 
ria Verkündigung  oder  der  Empfangnifs  —  ab 
annuntiatione  oder  a  conceptione  —  zu  begin- 
neuy  welche  die  Kirche  auf  den  25.  März  se|zt  Auch 
dieser  Jahranfang  ist  in  vielen  Gegenden  herrsch^id 
gewesen,  in  einigen  bis  auf  die  neueren  Zeiten,  z.  B. 
zu  Pisa  und  Florenz^  Von  diesen  benachbarten  Städ- 
ten fing  die  erste  die  Jahre  der  incarnatio  9  Monat 
7  Tage  früher,  die  andere  2  Monat  25  Tage  später 
an,  als  es  jetzt  geschieht.  Beide  wichen  also  in  der 
Zahl  ihrer  Jahre  um  eine  Einheit  von  einander  ab« 
Jene  Zählungsweise  wird  der  Calculus  Pisanus, 
diese  der  Calculus  Florentinus  genannt  Sie  sind 
erst  im  Jahr  1749  vom  Groüsherzoge  Franz  I  abge- 
schafit  worden.  Die  Verordnung,  wodurch  der  An- 
fang des  Jahrs  1750  für  alle  Toskaner  auf  den  1.  Ja- 
nuar gesetzt  wird,  ist,  in  Kupfer  eingegraben,  auf  der 
giolsen  Amobrücke  zu  Florenz  au%estellt  ^ ).  Die 
florentiner ,  Rechnung  ist  weiter  verbreitet  gewesen, 
als  die  pisaner,  und  man  hat  daher  hei  Begebenhei- 
ten aus  der  florentiner  Geschichte,  die, sich  zwischen 
dem  1. .  Januar  und  dem  25^  März  zugetragen  haben, 
gewöhnlich  ein  Jahr  mehr  zu  zählen,  als  man  ange- 
geben findet 

Beda  berichtet'),  dafs  die   Gallier  anfänglich 


1 )  Prindpium  eapümi  Pkoebu*  et  wmus  idem»  Fasi.  1, 164. 

2)  Unter  andern  abgedruckt  in  L"* Art  de  verißer  iee  daies, 
Tom.  I,  p.  24.        3)  De  temp,  rat.  e.  45. 


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ChrisiKche  f^lter,  399 

das  Qsjterfe.^  am  25«  Man,  als  an  |i}em  Tage  gefeiert 
haben^y  quando  Christi  resurrectio  fuisse  tradeha- 
UiT  * ).  Vielleicht  sehreibt  sich  die  im  Mittelalter,^  be- 
sonders ia  Frankreich,  sehr  verbreitete  Gewohnheit,  - 
das  Jahr  mit  dem, Osterfeste  —  a  resni-rectione 
—  zu  beginnen,  ursprünglich  von  der  Verbindung 
desselben  mit  deili  Feste  der  Vjerkündigung  her;  Die 
besondere  Heiligkeit  des  Osterfestes,  das  im  Mittelal-^ , 
lev-  fe^vita^  festivitafyim  und  solemnitas  omnimn 
salemmtatum  genannt  wurde,  war  esj  die  dieser  Jahr- 
epoche  Eingang  verschaffte,  so  unbequem  sie  auch 
sein  mochte,  da  sie  bei  ihrem  Hin-  und  Herschwan- 
ken dem  Jahr  keine  feste  Dauer  gab.  Man  begreift 
leicht,  dafs  einerlei  Tage  des  März  und  April  in  Ei* 
nem  Jahr  zweimal  oder  gar  nicht  vorkommen  konn- 
tenk  Im  ersten  Fall  ist  man  zweifelhaft,.  *¥on  weL 
chem  Jahr  die  Rede  ist,  es  sei  denn,  dafs  die  zwei- 
mal vorkommenden  Tage  durch  an$e  und  post  pascha 
unterschieden  werden,  wie  es  gewöhnlich  geschieht  * ). 
Eigentlich  war  es  >die  Kerzweihe  in  der  Nacht  vom 
Charsonnabend  bis  zum  Osters^onntage,  mit  der  man 
das  Jahr  anfing.  Auf  der  geweihten  Kerze  pflegten 
die  chronologischen  Merkmale  des  Jahrs,  wie  sie  die 
Ostertafcln  angaben,  nämlich  das  Jahr  Christi,  die  In*  ~ 
dietion,  die  Epakte,  der  Sonntagsbücfastab,  die  Oster-  . 
grenze,  das  Datum  der  Osterfeier,  die  güldene  Zald 
u.  s.  w.,  so  wie  auch  der'  Name  und  das  Regierungs- 
jahr des  jedesmaligen  Papstes  verzeichnet  zu  sein  * ). 
Man   wird   leicht   ^raicbtcn,    welche  Verwirrurfg 


1)  Zaerst  setzte  mau  Christi  Leiden  aaf  den  25.  Mär<. 
Aagustinus  de  itimtate  1.  lY,  c.  5. 

9)  S.  Mabillon  ä^  re  diplpm.  II,  23,  6. 

3}  t^tt  Cange  Cihuanum  %,  v.  cereus  pasekaJh^  and  Mir-' 
biilon  M,  23,  8. 


I  Digitifed 


byGpogle 


400  Technische  Chnmahgie. 

diese  Veracbiedenlidt  des  Jahranfangs  im  gegenseiti- 
gen VeiiLebr  nach  sich  ziishen  muiste.  Jüan  wurde 
ein  Buch  schreiben  müssen,  wenn  man  von  Regent 
zu  Regent,  von  Land  xu  Land,  von  Stadt  zn  Stadt 
die  verschiedenen  Jahrepochen  angeben  wollte*  Vie- 
les ist  bei  Mabillon,  Dn  Cange  ^),  in  dem  Werk 
L'Art  de  eerifier  les  dates^}  und  in  Helwig's 
Zeitrechnung  ^ )  gesanmielt;  doch  bMbt  noch  Man- 
ches nachzutragen  übrig..  Ich  liNescbranke  mich  hier 
auf  folgende  Notizen  ^). 

Die  Päpste  haben  im  ihren  Bullen  und  Breven 
aHc  Arten  oinger  Jahranfange  gebraucht  Einige  rech- 
neten vom  1;  Januar;  da  sieh  aber  an  diesien  Jahran- 
fang manche  heidnische  Gebrauche  knüpften  * ),  so 
war  er  an  dem  Sitz  des  Oberhaupts  der  Kirche  we- 
nig beliebt  Viel  häufiger  finden  wir  darbst  dasJahr 
mit  Weihnachten  oder  mit  der  Verkündigung  Maria 
angefang^i,  und  im  letztem  Fall  wird  bald  nach  pi- 
saner, bald  nach  florentiner  Weise  gerechnet  Selbst 
cpoierlei  Päpste  sind  hierbei  nicht  ganz  consequent  ver- 
fahren. Im  dritten  Bande  des  Werks  L* Art  de  ve- 
rifier  les  dates  steht  eine  Chronologie  historiquc 
des  Papes,  in  der  bei  jedem  einzelnen  Papst,  von 
dem'  man  es  weifs,  angegeben  ist,  mit  welcher  Epoche 
er.  das  Jahr  iangefangen  hat   Innocenz  Xu,  der  1691 

den 


1)  S.  V.  tamus. 

2)  Tom.  I,  p.  8  ft  nlid  In  den  folgeren  BSnden  imter  den 
einzelnen  Regenten. 

3)  S.  61  ff. 

4)  Die  BMn  Im  Haadb.  II,  S.  333  ff.  etwM  ansfthrfidier 
mitgetheilt  findet.' 

5)  Miui  vei^leiclie  Libanii  Rede  tlq  tdq  wnXdvSag  vanA 
seine  Besckreibang  des  Kaiendenfestes.  £d.  ReiskeYoL  I, 
p.  356  und  Vol.  IV,  p.  1053. 

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CkPistttchß  F6lker.  40i 

den  päpstlidlen  Stuhl  bestieg,  setzte-  endlich  fest,  da& 
das  Jahr  mit  dem  1.  Januar  angefangen,  werden  solle, 
und  dies  ist  seitdem  ohne  weitern  Wechsel  gesche- 
hen. Dafe  übrigens  die  zu  Rom  gebrauchlichste  Jahr- 
epoche das  Weihnachtfest" gewesen  sein  müsse,  geht 
schon  daraus  hervor,  dafs  m^n  sie'  nicht  selteii  tnos 
oder  stilus  curiae  Romanae  genaust  findet.  Auch 
im  übrigen  Italien  kommt  sie  häufig  vor,  z.  B.  zu 
Mailand.  Zu  Lodi,  Lucca  und  Siena  hingegen  herrschte 
der  Calculus  Pisanus.  Zu  Venedig  ist  bis  auf  den 
UntergaH^  der  Republik  das  Jahr  in  den  öffentlichen 
Akten  mit  dem  i.  März  angefangen  worden. 

Dies  war,  wie  wir  aus  dem  Gregorius  von 
Tours  und  dem  Fortsetzer  seiner  Geschichte,  Fre- 
degarius,  ersehen,  tiuch  der  ältes^te .  Gebrauch  der 
Franken.  Unter  den  'Carolin gern  ward  dafiir 
der  Jahranfäng  mit  der  Gleburt  Christi  der  herrschende. 
So  findet  sich  die  Krönung  KarPs  des  Grofsen 
auf  den  Anfang  des  Jahrs  801  gesetzt  *),  da  sie  doch 
nach  jetziger  Art  zu  rechnen,  am  Weihnachtfeste  des 
Jabrs  800  vor  sich  ging.  Eben  dieser  Jahranfäng 
kommt  noch:  lange  nachher  in  Frankreich  vor,  be- 
sonders in  den  Provinzen,  die  unter  der  Herrschaft 
deT  Engländer  standen.  Dagegen  war  es  im  übrigen 
Frankreich  seit  den  Zeiten  der  Capetinger  gebräuch- 
lich, das  Jahr,  mit  dem  Osterfest  anzufangen.  Man 
nannte  dies  stilo  Franciae  oder  more  Gallico  dati-, 
reo.  Als  eine  Ausnahme  ist  es  zu  betrachten,  dab 
in  einigen  Urkunden  des/Königs  Röbep-t  und  seines 
Nachfolgers  Heinyich's  I  der  Calculus  Pisanus 
gebraucht  wird  *).     EKeser  Verschiedenheit  im  Dati- 


1)  S.  die  Annalea  FrancoTum  Mettenses  bei  Bouqaet. 
Historiens  des  Gaules  et  de  Ja  France^  Tom.  V,  p.  350* 

2)  L'Art  de  t>erißer  les  daies  Tom.  I,  S.  11. 

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403  Teclmitche  Chronologie. 

ren  yurde  durch  qin  Edikt  Karl* 6  IX  v<^  Jahr  1563, 
das  aber  erst  1567  vom  Parlemenl  emregislrhrt  zur 
Ausführung  kam,  ein  Ende  geiTiacht,  indem  darin  der 
Anfang  des  Jahrs  auf  den  !•  Januar  gesetet  wurde  '). 
Das  Jahr  1566,  das  letzte,  welches  mit  dem  Oster- 
fest begann,  hatte  in  Fraidtreich  nur  8  Monate  17  Tage. 

In  den  Niederlanden  sind  die  Jahvanfange  n^it 
Weihnachten,  dem  Charfreitage  und  dem  Osterfeste 
vorgekommen.  Im  Jahr  1575  setzte  eine  Verordnong 
Philipp's  11  die  Jahrepoche  auf  den  1.  Januar,  in 
der.  sich  nach  und  nach  alle,  auch  die  von  Spanien 
abgefallenen,  Provinzen  vereinigten  *  )• 

In  Arragonien  gab  der  König  Peter  im  Jahr 
1350  den  Befehl,  das  Jahr  mit  WeHmacbten  anzufan- 
gen, da  man  es  zuvor  mit  dem  25.  März  begonnen 
hatte;  Dasselbe  verordneten  die  spanischen  Cor- 
tes  1383  lipd  der  König  Johann  I  von  Portugal 
1420  ^ ).  Dieser  Gebrauch  fand  noch  1526  in  Spa- 
nien statt; "denn  der  Traktat  zwischen  Karl  V  und 
Franz  I,  welcher  der  Gefangenschaft  des  letztem  em 
Ende  machte,  ist  vom ^  14.  Januar  dieses  Jahrs  pris 
ä  la  Naiivite  de  Nostre  Seigneur  selon  le  style 
d'Espagne  datirt  Fast  gleichzeitig  wie  in  Frank- 
reich ward  es  in  Spanien  und  Portugal  gebräuchhch, 
das  Jahr  mit  dem  }.  Januar  auzufaugen,  oI^le  dafs  je- 
doch darüber  ein  ausdrückliches  Gesetz  vorhanden  ist 

Beda  bezeugt^),  dafs  die  Angeln  das  Jahr 
mit  dem  VDI.   Cah    lauuarii   oder    dem    Weihnacht- 


1)  Eb.  S.  15.  Mabilion  H,  23,  7. 

2)  VJrt  de  verif.  les  dat,  Tom.  I,  p.  26. 

'  3)  S.  die  Vorrede  von  Don  Gregorio  Mäyans  i  Siscar 
%VL  den  Obraa  chrotiologieaB  des  Marqaes  von  Mondejar, 
S.  23  und  24. 

i),De  temp,  ratione  c.  13. 


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CbrütHvhe  Fölkmr.  '        403 

feste  begannen.  Naebmals  sind  drei- Jahranfange  anf 
den  brittiscliea  Insehi  unterschieden,  worden,  der  hi* 
storische,  bürgerliche  und  liturgische.  Der 
erste  hat  seit  langer  Zeit  auf  dem  1;  Januar,  der 
zweite  bis  zum  dreizehnten  Jahrhundert  auf  dem*2&4 
December  und  späterhin  auf  dem  25«;  März,  und  der 
dritte  auf  dem  1.  Adventsonntage  gehaftet  In  Schotte 
land  ist  die  bürgerliche  Jahrepoche  sdion  1599,  in 
England  aber  erst  1752  bei  der  Einführung  des  neueri 
Kalenders  auf  den  1.  Januar  verlegt  worden  ^)« 

b  Deutschland  kommt  der  Jahranfang  mit 
dem  Weihnachtfest  seit  dem.llten  Jahrhundert  vor  ^); 
doch  war  diese  £poche  nicht  überall  gebräuchlich» 
Zu  C  5  In' fing  man  das*  Jahr  von  Alters  her  mit  dem 
Osterfest  und  zu  Trier  mit  dem  25*  März  an*  Erst 
seit  dem  westphälischen  Frieden  verlieren  sich  in  die- 
sen  und  anderen  Keichsstädten  «lle  Spuren  eines  an- 
dern Jahranfongs  als  mit  dem  1.  Januar.  Die  deut* 
sehen  Kaiser  :^ählten  die  Jahre  Christi  und  ihrer 
Regierung  in  ihren  Urkunden  allgemein  vom!  25.  De^ 
cember,  an  dessen  Stelle  in  der  letzten  Hälfte  des 
löten  Jahrhunderts  der  1.  Januar  getreten  ist  '  )• 

So  verschieden  aber  auch  die  im  Mittelalter  bei 
öffentlichen  Verhandlungen  gebräuchlichen  Jahrepo- 
ehen  sein  mochten,  so  ist  doch  der  römische  Jahran- 
fang mit  dem  1.  Jitnuar  stets  vorherrschend  geblie- 
ben.    Die  güldenen  Zahlen  und  Sonntagsbuchstaben, 


1)  ß^  JoLn  Bradj'6  Ckn>ts  Catendarla  (Loiidon  1815) 
Vol.  I,  'p.^  50.  In  dem  Jnnual  Register  fär  1759  findet  sich 
eine  Abbaodlims,  die  eine  gute  Ueberaieht  über  die  bis  1752  anf 
den  brittid^ben  Inseln-  gebtSucblicben  Jabraiifönge  gibt. 

2)  S.  Wippo's  Leben  Konrad's  des  Saliers  m  Pistorii 
Scripit.  Ter,  Germ,  Vl^  p.  433. 

3)  Man  yergleicbe  Helwig's  Zeitrechnung  S.  68  nnd  143. 

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404  Technische  Chronologie. 

von  denen  die  Bestimmung,  des  Osterfestes  abhängt, 
liefs  man  immer  mit  dem  1«  Januar  wechseln.  Die 
Tafeln  und  Rechnungen  der  Astronomen  und  Astro- 
;  logen  waren  auf  das  gewöhnliche  juliänische  Jahr  gc- 
.stellt  Die MartyMlogien  ^nd.  Kakiider,  so  viel  ich 
deren  zu  vergleichen  Gelegenheit  gehabt  habe  ^),  fan- 
den mit  d&tn  .1.  Januar  an.  Stets. blieb  dieser  Tag 
ein  Völksfest,  an  welchem  zSkäa  nach  allröiinsebef 
Sitte  Geschenke  und  GHickwünsche  austauschte.  Es 
war  also  sehr  natüilich,  dafs  die.jRegieruugen  endlich 
allgemein  zu  dieser  Epoche  zurückkehrten,  so  greise 
Vorurtheile  auch  die  frommen  Gemüther  gegen  die- 
selbe hegen  mochten. 

Wir  kommen  nuü  auf  die  von  den  chrisüichen 
'  Völkern  gebrauchten  Jahrrechnungen. 

In ;  den  ersten  Jahthunderten  nach  Christus  ge- 
brach es  dem  Occident  gänzlich  an  einer  fortlaufen- 
den Acre.  Man  bezeichnete  die  Jahre,  entweder  nach 
dem  Regierungsantritt  der  Kaiser  oder  noch  gewöhn- 
licher nach  den  Consuln.  ,  Ein  ausdrückliches  unter 
dem  Consulat  des  Jiilianus  und  Probianus  (322  n.  Chr.) 
gegebenes  Gesetz  Coastantin's  bestinunt,  dals  keine 
Constitution  rechtskräftig  s^ql  solle ^  wenii. nicht  Tag 
und.  Consuln  darin  benannt  seien*).  Noch  537,  knrz 
vor  Erlöschung  des  Cönsulats,  bestätigte  Juistinian 
diese  Verordnung  dahin,  da£s  in  allen  Instrumenten 
zueist  das  Begierungsjahr  des  Kaisers,  dann  die  Na- 
men der  Consuln  und  zületz^  Indiction,  Monat  und  Tag 
bemerkt  werden  sollten  * ). 


1)  EioigQ  davoa  gehen  tief  ins  Mitteüalter  ^Eurack,  z.  B.  eia 
Caiendarium  Yovß  Jahr  826  in  d^Achery  Spicilegium'TouL  U, 

p.  64;     ,/  •         .  >  ,      .;.        ,,.,.. 

2)  Cod.  Theodos,  1.  l  tit.  I.  con^t;  J..   ......        ..     .. 

3)  iVor^Äa  iLVIL        .         .       •     ; 


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Nach  Verlegmig  des  KaisersHzes  iii  den  Orient 
wurd^.  in  der  Regel  :m  l^onsul  zu  Colistantkiopel  und 
einet  in  Rom  gewafaU,  und  nach,  beiden,  ^wie  früher, 
das  Ja^it  bezeichnet.  Kannte  man .  den  Namen  des 
einen .  Consuls  noch  liieht,  so  nannte  man  blols  den 
des  andern  mit'deitai  Beisatz:  et,  qui  nuntiatus  fue- 
rit  ^).  O^fters  findet  sich  ein  Jahr  mit  post  consu^ 
latup^,  fi&ra  rrj;v  xncdL^eiaVf  der  vorhergehenden  C<m- 
suhl  bezeichnet,  wenn  es  auch  seine  eigenen  hatte,  2.  ^ 
B.  das  Jahr  429  ebeö  so  durch  post  consulatwn  Fe^ 
licis  .et  Taurij  wie  dprch  Florentio  et  Diony^io 
Cöss^  ^).  '  \yurde,.  welcher  Fall  auch  vorkam,  g»r 
kein  Consyl  gewäblt,  so  war  man  auf  das  post  con- 
sulatum  beschränkt  Im  Jahr  434  wird  Theod'o- 
rus  Paulinus  als  der  letzte  Consul  des  Occidents 
genannt  ^  Der  letzte  im  Orient  *und  überhaupt  der 
letzte  Privatmann.,  der  dem  Jahr  seinen  Namen  Ueh, 
war  Fläylus  Bas-ilius  Junior  im  Jahr  541.  Nach: 
her  zählte,  man  noch  25  Jabre,  bis  566  einschUels- 
lieh,  post  consulatum  Basilii  fort,  zum  Zeichen, 
dais  man  das  Consulat  nicht  als  abge^chafit,  sondern 
nur  als  unbesetzt  ansah. 

,  \¥egen  des  Consultitels,  ^^nslch  Justin  der 
Jüngere  vom  Jahr  567,  und  Karl  der  Grofse 
yom  Jabr  SOI  an,  so  ,wie  mehrere  ihrer  Nachfolger, 
beilegten,  verweise  icli  auf  Pagi  und  Du  Gange  *),, 


1)  Cod.  Theodos.  l.  VI.  tit  XXVII.  cönst  23.  L  X  ütX, 
GOost  34. 

2)  Man  rergleidlie.PiDiri  ReUndi  t>beD  (338)  erwähnte^ 
zum  GebraucL  ^cbr,  bequeme,  Ffisti  constdares^  wo  man,  «ngege^ 
ben  findet,  wie  sich  jedes  einzelne  Jahr  sowohl  in  den  Rechts- 
quellen  als  Geschichtswerken  bezeidinet  findet. 

3)  S.  die  Disseriath  Bypatica  des  ersten  (Lyon  1682, 
4)  .nnd  das  Glosjuurium  des  zweiten  unter  dem  Worte  Consul^ 
auch  Handk  U,  345  fil 


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406,  Technhche  f^kronothgle. 

Als  wn  die  Mittse  des  vieiteii  Jahrhunderts  n. 
Chr.  die  Consularaie  schwankend  zu  werden  anfing, 
kamen  die  Indiotionen  in  Gebrauch/  So  beifsen 
die  emzelnen  mit  dem  1.  September  be^mienden 
Jahre  eines  15jäbtigen  Zeilkreises,  die  man  in  stets 
wiederkehrender  Ordnung  fortsählte,  indem  man,  ohne 
Rücksicht  auf  die  Anzahl  der  seit  irgend  einer  I^ocbe 
abgelaufenen  Cykel,  ganz  einfach  angab,  dafs  etwas 
in  der  oder  jener  Indiction  geschoben  sei.  IKese  im 
ganzen  Mittelalter  sehr  gewöhnliche  Bezeichnungsweise 
der  Jahre  ist  aus  der  spätern  Steuerverfassung  des  ro- 
mischen Reichs  hervorgegangen^  wie  man  schon  frü- 
hierhin  vermuthet,  aber  erst  Hr.  von  Savigny  in 
seiner  Abhandlung:  lieber  die  Steuerverfassung 
unter  den  Kaisern^V  befriedigend  nachgewie- 
sen hat 

Das  Resultat  seiner  Untersuchungen  ist:  als  Ba- 
sis der  zu  erhebendep  Grundsteuer  diente  ein  Kata- 
ster, das  von  Zeit  zu  Zeit  erneuert  wurde.  Für  je- 
des Steuerjahr,  das  mit  dem  1.  September  ai^g, 
vmrde  die  Grundsteuer  im  Ganzen  bestimmt,  und  dann 
durch  die  aus  dem  Kataster  bekannte  Zahl  der  Steuer- 
hufen dividirt,  wodurch  sich  unmittelbar  ergab,  vne 
viel  jede  fiir  dieses  Jahr  an  Grundsteuer  zu  tragen 
habe.  Die  Zahlung  erfolgte  in  drei,  gleichen  Terminen, 
am  1.  Januar,  .1.  Mai  und  gegen  Ende  des  Steuer- 


Dafä  der  Cyklus  der  Indictionen  ursprüng- 
lich eine  Steuerperlode  war,  lehrt  theils  die  Iden- 
tität des  Anfangs  des  Steuerjahrs  und  der  Jndictionen, 
wie  sie  in  der  Chronologe  gewöhnlich  gezahlt  wer- 
den, theils  und  noch  melur  der  Name  hctvi^tfttq^  in- 


1)  S.  die  Sckrlfteti  der  berliner  Akademie  eils  den 
Jaliren  1822  und  2a. 


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^  e^MÜhey^her.  -  •4Ö7 

d  1  c  t  i  o ,  yv^lchet  vom  Steuersatz  auf  das  Steuerjalir 
selbst  übergegangen  ist.  Dieser  Zttsatnmenhang  Hegt  so 
nahe,  dafs  er  anch  im  Mittelalter  nie  ganz  in  Verges- 
senh/eit  gerathen  ist.  Dahin  bleutet  schon  das  alt- 
dentscke  Römer-Zi'nszahl,  nnter  welchem  Namen 
die  Indiction  in  den  deutschen  Volkskalendem  bis  auf 
die  neuesten  Zeiten  angesetzt  worden  iöt,  weil  das 
Reichskanmier^ericht  in  Folge  einer  Verordnung  Ma - 
ximilian'sl  voni  Jahr  1512  bis  zu  seiner  Auflösung 
nach  Römer -Zinszahlen  datirt  hat 
•  Höchst  wahrscheinlich  war  es  die  allgemeine  Er- , 
neuerang'  der  Kataster  im  römischen  Reiche,  welche 
Anidfs  gab,  gerade  fünfzehn  Jahre  für  die  Dauer 
der  Steuerperlode  anzunehmen,  wbnn  es  auch  dels- 
halb  an  einem  ausdrücklichen  Zeugnifs  mangelt  Es 
ist'  mericwürdig,  dafs  dieser  Cyklus  das  Dreifache  des 
alten  römischen  Lustri  ist  Man  könnte  daher  glau- 
ben, dafs  der  Provinzialcensus  mit  dem  Bürgercensus 
gleichzeitig,  liut  letzterer  öfler  gehalten  sei.  Allem 
vor  August  kann  kaum  eine  etwas  gleichförmige 
Steuerverfassung  der  Provinzen  angenommen  werden, 
und  schon  unter  ihp  kommt  kein  re^elmäfsigev  Bür- 
gercensus mehr  vor,  indem  er  während  seiner  langen 
Regierung  überhaupt  hur  dreimal  den  Census  veran- 
staltet hat  *).  ^ 
Im  Chronic on  pasahale  heifst  es  bei  Ol. 
183  *):  „Das  erste  Jahr  des  fünfzehnjährigen  Cyklus 
der  Indictionen  hat  mit  dem  ersten  Jahr  des  Cajus 
Julius  Cäsar  seinen  Anfang  genommen.'^  Gleich  nach- 
her folgt  mit  Uncialbuchstaben:  ^AQ%i\  ^Ivdix/riayvayv^ 
Anfang  der  Indictionen.     Unter  dem  ersten  Jahr 


4)  Sa e ton  jiug.  c.  27.    MonuinwU,  Aiieyranum  Tab.  IT.. 
2)  S.  187  der  pariser  Ausgabe. 

/      Digitizeciby  Google 


408  Te4fjh^0^  C^ropohgi^* 

des  Cisar  wird  hier  4ß^  erste  4^  aiitiochenisjchen 
Aere  (193)  verstaiiden.  M^n  sieht.  aUo^  da£s  der 
Vecfiasser  des  Che onicon^  vermuthlich  ein  Antiocbe- 
aer,  den  Urspnuig  d^r  Indictionen  auf  das  Jahr  705 
d.  St  oder  49  v.  Chr.  setzt  .Von  hier  an  zählt  er 
die.  Jahrc^  regelmäDsig  nach  Ipdictionen  fort  bis  OL  27^ 
wo  er  beim  dritten  Consulat  des  Constantinus  nnd 
LiciniuSy  d.  i.  beim  Jahr  1066  :d.  StV.  313  n.  Chr., 
pagt  *"):  »yHier  nehmen  die  coijistantinischen  hi- 
dictionen  ihren  Anfang.'^  Bemerkenswerth  ist,  dals 
auch  -die  Ji^re  der  antiochenischen  Aere  mit  dem  1. 
Gorpiäus  oder  September  beginnen,  und  da£s  sich 
beide  Indlctionskreise^  der  antiochenische  und  der 
cpn^^tantinische,  genau  an  einander  schlieJCsen,  in- 
dem auf  den  Zeitraum  vom  1.  September  705  bis 
zum  1.  September  1065  d.  St  y  \iro  der  neue  Kreis 
anfangt,  gerade  24  fünfzehnjährige  Cykel  gehen. 

Es  ist  nicht  wohl  anzunehmen,  dals  die  ganze 
Notiz  v<m  dem  frühem  Kreise  auf  einem  Irrthnm  be- 
ruhen sollte,  wenn  wir  gleich  bis  zum  vierten  Jahr- 
hundert n.  Chr.  der  Indictionen  nirgends  weiter  ge- 
daclit  finden.  Hat  man  wirklich  schon  seit  dem  An- 
fange der  antiochenischen  Aere  in  .  Syrien  nach  In- 
dictionen gezählt,  so  setzt  dies  die  Existenz  eines 
15jährigen  Steuerkreises  wenigsten^  in  den  ostlichen 
Gegenden  des  römischen  Reichs  voraus.  Dadurch 
lälst  sich  denn  auch  die  Verlegung  der  Epoche  des 
syrischen  Jahrs  vom  1.  Oktober  auf  den  1.  Septem- 
ber. (191)  erklären,  wovon  sich  sonst  kein  befriedi- 
gender Grund  angeben  lassen  würde. 
.  .  Wenn  das  Chronicon  die  neue  R^e  der  b- 


1)  S.  381.  Einem  jeden  Consolat  ist  nicht  die  kdiction, 
welche  in  demselben  mit  dem  1.  September  anfiUigt,  sondern  die 
beigesdirieben,  welche  ihm  seinem  gröfseni  Theil  nadi  angehört 


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.    abrisüicie  Fhlker.  40d 

dictionea  an  den  Cyklus  knüpft,  der  mit  dem  1.  Sep- 
tember 312  n^  Ckr.  beginnt,  so  ist  nicht  zu  zweifeln, 
da&  die  Indictionsrecbnung  sich  damals  im  römischen 
Reich  zu  verbreiten  angefangen  haben  müsse,  ob  ii» 
Folge  gesetzlicher  Bestimmungen  oder  nur  des  all- 
gemein gefühlten  Bedürfnisses,  einer  festen  Bezeich- 
nungsweise der  Jahre,  steht  dahin.  Die  alfestensi-. 
cheren  Spuren  der  Indiction  als  eines  Zeitcharak^ 
ters\.  finden  sich  aber  erst  in  einem  Fragment  des 
Atbanasius  bei  F^rwähnung  des  antiochenischen  Con- 
cilinms  vom  Jahr  341  ^),  und  in  einem  Edikt  des 
Constantius  vom  Jahr  356  ^).   ^ 

.  Was  Scäliger  über  den  Zusaminenhang  der  In- 
dictionen  mit  den  Quinquennalien  und  Dccen- 
nalien  der  römischen  J^aiser  sagt '),  hält  eben  so 
wenig  eine  s^enge  Prüfung  aus,  als  was  Gothofred 
ycm  einem  vierfachen  Gebrauch  d^r  Indiction  im  Co- 
dex Theodo&ianus  vermuthet  *).  Ich  mufs  defc- 
falls  auf  das  Handbui^h  verweisen  *),  und  bemerke 
hier  nur,  dafs  die  eigene  Indiction,  die  er  für  Africa 
procotisularis  annimmt,  nicht  ohne  Grund  zu  sein 
scheint,  dals  sie  aber  nicht,  wie  er  meint,  mit  .dem 
Jahr  314,  sondern  nur  ein  Jahr  später  als  die  cbn- 
stantinische  angefangen  haben  könne. 

Aufser  dem  Codex  Theodosianus  ergibt  sich 


±)De  Synoäis.  Opp.  Tom.  I,  part.  %  p.  737.  , 

2)  Cod.  Theodos.  Xu,  112,  2.  Da»  Edikt  ist  vom  l.Febmar 
des  Consnlats  deä ,  Constantias  YIII  und  Jaliamis  ans  «der  15tepi 
fodiction  datirt.  Da  bcsides  nicht  zusammenpafi^t,  so  mjifs  entwe- 
der Indict.  XIV  oder  Constantio  VUIl  et  Itdiano  11  Coss. 
gelesen  werden,    lin  letztern  Fall  erhält  man  das  Jahr  357.^ 

3)  Emend.  temp.  1.  VI,  p.  501. 

4)  In  seinem  Ckronblogla  CodicU  Theodosiard  volA  hn  meh- 
reren Stellen  semes  Commentars  za  diesem  Gesetzbuch. 

5)"Th.  II,  S.  354  ff.  ,    \ 


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'410  Technische  Cf^onohgie, 

nirgends  eine  Spur^  einer  solciien  Verschiedenheit  der 
Indictionsrecfammg,  es  sei  dehn,  dafs  man  so  manche 
in  den  Handschriften  verderbte  oder  unrichtig  von  spä- 
terer Hand  hinÄiigefiigtc  Zahlen  dahin  deuten  wollte. 
Dionysius  Exiguus  kennt  keiiie  andere  Indiction 
als  die  vom  Jahr  312,  Schon  er  gibt  *)  die  in  al- 
len chronologischen  Büchern  wiederhohlte  Regel,. dafe 
man,  um  die  Indiction  eines  Jahrs  der  christlichcD 
Acre  2u  finden,  zur  Jahrzahl  3  addiren  und  die  Summe 
durch  15  dividiren  müsse,  wo  denn  der  Rest,  oder  im 
Fäll  kein  Rest  bleibt,  15  die  Indiction  ist,  welches  Ver- 
fahren sich  darauf  gründet,  dafs  unter  andern  3  Jahre  v. 
Chr.  ein  neuer  Indittionskreis  angefangen  haben  müfste, 
wenn  die  Rechnung  wirklich  schon  damals  im  Gange 
gewesen  und  seitdem  ununterbrochen  fortgeführt 
wäre.  So  ergibt,  sich  für  das  Jahr  1831  die  Indic- 
tion 4,  /lic  aber  bereits  mit  dem  1.  September  1830 
ihren  Anfang  genonimen  hat.  Verlangt  man  nicht 
die  Indiction,  die  dem  gröfsten  Theil  des  Jahrs  ange- 
hört; sondern  die,  welche  in  ihm  beginnt,  so  mufe 
man  zur  Jahrzahl  4  addiren. 

Wie  schoä  bemerkt  worden,  hat  sich  die  Indic- 
tionsrechimrig  erst  seit  Gons tantin  über  das  römi- 
sche Reich  verbreitet.  Die  Geschichte  ihres  Gebrauchs 
in  jedem  Lande  zu  verfolgen,  möchte  ein  weitscliich- 
tiges  Unternehmen  sein.  Hinsichtlich  Frankreichs  zeigt 
Mabillon  *),  dafs  sie  in  öffenthchen  Akten  nicht 
vor  Karl  dem  tirofsen,  aber  Ton  ConciUen  und  eio- 
zelnen  Schriftstellern  schon  früher  erwähnt  wird.  Ge- 
nug, sie  ist  das  ganze  MitteMter  hindurch  so  allge- 
mein in  Anwen<^ung  gekommen,  dafs  selten  eine  iii 
•  Italien,  Frankreich  und  Deutschland  verfaiste  Urkunde 


1)  Argumenio  paschalia  (375)  No.  II. 
2),  De  re  diploni,  II,  24  tiiid  36. 


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Ckrhtliche  FMker.  411 

gefunden  \vird|  in  der  nicht  nnter  anderen  2jeitcharsdt- 
teren  auch'  die^  Indiction  gendnut  serä  sollte.  Airf 
der  pyrenäfechen  Halbinsel  hat  sie  nie  Wurael  gefafst. 

Als  di^  Steuerv^assungy  die  «um  Gebrauch  der 
Indictionen  Anlafs  gegeben  hatte,  unterging,  verlor  der 
1.  iSeptember  überall,  wo  er  nicht,  wie  im  byzäntin». 
sehen  Reiche,  zur  allgemeinen  ^ Jahrepoche  geworden 
war,  seine  ganze  Bedeutsamkeit.  Wir  dürfen  uns  da- 
her nicht  wundem,  yveim  wir  im  Oecident  den  ;^ii- 
fang^der  Indictionen  allntählig  schwankend  werden 
sehen. 

Mit  Bezug  auf  das^  Datum  des  Anfangs  unter- 
scheidet man  gewöhnUch  dreierlei  Indictionen,  eine' 
griechische,  kaiserliche  und  päpstliche.  Die 
griechische  ist  die  ursprungliche  oder  eigentliche.' 
Sie  begann  mit  4em  1.  September,  und  ist  im  Orient 
so  allgemein  veAreitet  gewesen,  dafs  sie  dasdbst,  ha- 
ipentlieh  zu  Constantinopel  und  Anliochien,  den  An- 
fang des,  bürgerlichen  Jahrs  nadi  sich  gezogen  hal 
Die  orientalischen  Kaiser  und  alle  die  Schriftsteller, 
die  das  Corpus  historiae  Byzantinae  umfafst, 
haben  kiie  nach  anderen  Indictionen  gerechnet  Auch 
im  Oecident  sind  sie  lange  und  ausschljlelslich  mit 
dem  1.  September ;  angefangen  worden  *).  Diotiy- 
sius  sagt  nirgends,  von  welchem  Tage  er  die  Indic- 
tionen in  seiner  OstertaCel  (376)  rechnet;  schwerlich 
hat  er  sich  aber  hierin  eine  Neuerung  erlaubt  Wie 
Müratori  bemerkt*),  haben  selbst  einige  occiden- 
taüsche  Chronikenschreiber  das  bürgerliche  Jahr  nach 
byzantinischer  Weise  mit  dem  1.  September  ange- 
fangen, wozu  sie  ohne  Zweifel  durch   die  Indiction 


1)  Ver^.  Ambr:o8iiis  Schrift  de*Noe  et  Area  c.  17. 

2)  Scripti  ter.  Italk.  Tom.  V,  p;  147,  149.      , 


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412  TecAnhcbe^Chfombgie. 

veranla&t  sind,  z.  B»  der  Neapolitaner  Lupus  Pro^ 
tospatha*. 

Mit  dem  Namen  der  kaiserlichen  —  Caesa- 
rea —  bezßichnet  jnan  eine  Indiction^  die  mit  dem 
24.  September  angefangen  haben,  soll.  S  c  a  1  i  g  e r 
glaubt,  dafs  dies  die  unter  Constantin  entstandene 
sei,  und  dals  erst  Ju^tinian  ihren  Anfang  um  24 
Tage  zurückgeschoben  habe.  Er  bringt  aber  keinen 
Beweis  für  diese  Behauptimg  bei.  Gewils  ist  es,  dafs 
sicl^  bis  auf  Beda  v<m  einer  solchen  Indiction  nicht 
die  mindeste  Spur  zeigt  Bei  ihm  heiist  es  *):  In- 
cipiunt  Indictiones  ah  VIII  Calendas  Qctobris 
ibidemque  termpiantur,  was  einige  Chi;onologen  und 
Rechts^elehrte  des  Mittelalters  wiederhohlt  haben. 
Man  nimmt  zwar  .allgemein  an,  dais  die  in  den  Di- 
plomen und  Urkunden  der  deutschen  Kaiser  von  Kon- 
rad I  bis  auf  Karl  IV  vorkommenfien  Indictiönen«  eben 
diese  sind^  welsholb  man  ihnen  auqh  den  obgedacli- 
ten  Namen  beilegt;  allein  die  Beispiele  ihres  (Gebrauchs 
bei  Hel^fig^)  lassen  sich  fast  durchgehends  eben 
so  gut  auf  den  ersten  als  den  24.  September  bezie- 
hen. Beyer idge  ')  verwirft  diese  Indiction  gänz- 
ligh,  scheint  aber  hierin  zu  weit  zu  .gehen.  Beda*s 
Autorität  war  im  Mittelalter  so^  grojTs^  dals  sie  woU 
auf  d!e  damaligen  Kanzleien  .eingewirkt  haben  kann. 
Doch  läDst  sich  kaum  zweifeln,  dals«  diese  Sogenannte 
kaiserliche  Indiction  auf  einem  blofsen  Irrthum,  viel- 
leicht des  angelsächsischen  Chrpnologien  selbst,  beruht 
Wir  wollen  sie  daher  Jieber  B  e  d  a  ':&  Indiction 
nennen. 

Da  im  Orient  die  Indiction  mit  dem  bürgerlichen 


i)  J)e  iemp.  ratione  c  46. 
^  Zeitrechniing  S.  124  ff. 
3)  In^iiU  chronoL  1.  II,  c.  5. 


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Chrhtliche  F^Tker.  413 

Jahranfangc  wediselte,  so^Wtir  es  natüifich,  dafs  man 
es  auch  im  Ocddent  beqoem  fand,  sie  an  die  Jahr- 
epoche  zu  knüpfen,  und  sie/  nach  Verschiedenheit  der- 
selben bald  mit  den&  25^  Deceniber,  bald  mit  dem  1. 
Januar,  bald  mit  dem  25.  März  anfangen  zu  lasseii. 
Diese  so  gebrauchte  Ihdiction  kommt  unleugbar  in 
den  Urkunden  der  Päpste,  der  Kaiser  und  der-t^ri- 
yatpersonen  vor,  doch  schwerlich  vor  dem  zwölften 
Jahrhundert  Sie  iiberall  mit  Bestimmtheit  nachzu» 
weisen,  ist  unm(\glich;  nur  so  viel  istgewifs,  dafs  sie 
sich  liiciit  vorzugsweise  in  den  Bullen  der  Päpste  fin- 
det, daher  die  Benennung  der  päpstlichen  oder  rö- 
mischen, die  man  ihr  gewöhnlich  beilegt,  nicht  pas- 
send gewählt  ist*  Schicklicher  ist  es,  sie  die  occi- 
dentalische  zu  nennen. 

Alit  Ausnahme  einer  in  den  Akten  der  Benedictiner- 
Abtei  Corvei  vom  zwölften  Jahrhundert  vorkommen«- 
den  wülkührlichen  Umgestaltung  der  Indictions-Reeh-^ 
nung,  nach  welcher  der  15jährige  Steuercyklus  selbst 
Indictio  genannt  ist,  und  dergleichen  Indictionen  vom 
dritten  Jahr  v.  Chr.  gezählt  werden  ^),  wird  unter 
Indictio  immer  nur  das  laufende  Jahr  irgend  eines 
nicht  näher  bezeichneten  Cyklus  verstanden;  Man 
mufs  daher  das  Jahr  einer  Begebenheit  wenigstens  im 
Groben  kennen;  wenn  es  dann  die  anderweitigen  Zeit- 
merkmaleum  ein  oder. ein  paar  Jahre  sch^^ankend 
lassen,  so  bietet  die  Indictiqn  zu  einer  genauem  Er- 
mittelung Gelegenheit  dar. 

Ob  man  nun  gleich  an  den  Indictionen  ein  Mit* 

tel  hatte,  zwei  benachbarte  Jahre  deutlich  von  einan- 

*  der  zu  unterscheiden, '  so  fohlte  es  doch  noch  immer 


1)  Z.  B.  Actum  anno  Ineamati  Ferhi  WCLXXIl.. .  » 
dlctionis  LXXIX  anno  V.  Ndiweau  traite  de  diplomatU, 
Tom.  ly,  p.  679.    L'Ari  d0.^enfiet  les  jdaUs  Tom»  I,-  p.  36.  ^ 


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414  Technische  Chronologie. 

an  einer  för  die  Gesammthcit  der  sicli  nen  bildenden 
christlichen  Staaten  bedeutsamenBezeichnungsweise  der 
Jahre 9  und  als  solche  empfahl  sich  die  Aera  ab  In- 
carnatione  Domini,  an  die  der  Abt  Dionysitis 
seine  Ostertafel  geknüpft  hatte.  Das  blolse  Bedarf, 
nifs,  ohne  alle  Mitwirkung  gesetzlicher  Bestimmungen, 
verschafifte  dieser  Jahnrechnung  allgemeinen  Beifall  ^)j 
worin  sie  sich  behauptet  hat,  so  sehr  ,nian  auch  längst 
von  ihrer  Unrichtigkeit  überzeugt  ist  Ihre  aUmäh- 
Kge  Verbreitung  über  Europa  verfolgt  am  gründlich- 
sten Jan  in  seiner  Historia  aerae  christianae^). 

Die  Geschichte  der  dionysischen  Ostertafel, 
die,  nachdem  sie  abgelaufen  war,  in  gleicher  Form 
.vonl'sidor,  ßeda  und  arideren  fortgesetzt  wurde,  ist 
zugleich  die  der  dionysischen  Aere;  denn  diese  ist 
zugleich  mit  jener  den  Christen  des  Occidents  geläu- 
fig geworden.  Dies  lehrt  schon  der  Umstand,  dafs 
maq  in  den  öffentlichen  Akten  zu  gröfserer  Bestimmt- 
heit den  Jahren  Christi,  welche  die  erste  Rubrik  der 
Tafd  gab  (376),  gewöhnlich  auch  die  Zahlen  der 
übrigen  Rubriken  beifugte,  was  erst  unterblieb,  als 
die  Acre  allgemein  in  den  bürgerlichen  Gebrauch  über- 
gegangen war.  So  ist  eine  Urkunde  des  zwölften 
Jahrhunderts')  mit  folgender 'Zeitbestimnmng.  verse- 
hen: Anno  MCXXXII^  indidione  Xy  epacta  /, 
conc^irrentUfus    V^    terminus   paschulis   II    Non. 


'  1)  Ueber  Hardnin^s  irrfge  Behanptang,  dafs  die  cLristlicLe 
Aere  Bchon  im  Anfange  des  fünften  Jahrhunderts,  also  schon  100 
Jahre  yor  Dionysins,  im  Gebrauch  gewesen  sei,  ersehe  man 
im  Handb.  II,  365  ff.  das  Nfthere. 

2)  Wittenberg  1715,  4.  Auch  mit  der  Historia  Cycli  Bio- 
nysiani  (375)  yereint  in  seinen  von  Klotz  gesammelten  Opuscu- 
Zw.  HaUe  1769,  8. 

3)  In  DomMorice  Memoires  paar  servir  de  preuws  h 
IHUUirs^  de  Bretag)/^,  Tom.  I,  coL  5661 


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ChrUtüche  FoJtet.  415 

Apr,,  dies  ipsius  paschniis  IV  Id^^  luna  ipsiui 
diei  XX,  was  alles  dem  Jahr  1132  unserer  Zeitrech- 
nung vric^htig  zusagt  Der  Conciplent  hatte  ohne  Zwej> 
fei  die  Ostertafel  des  Dionysius  oder  vielmehr  eine<^ 
Fortsetzung  derselben  vor  AugenvUnd  schrieb  die  Zah- 
len mechanisch  ab;  denn  daf^;,  wie  Mabillon  meint '  )^ 
die  Notarien  dabei  ih^e  peritia  in  arte  computi  hät-^ 
ten  zeigen  wollen,  heifst  ihnen  zu  viel  Ehre  erweisen. . 

nCt  der  Z^it  kamen  zu  den  acht  Rubriken  der 
didnysif^chen  Ostertafel  noch  ein  paar  unter  den  Ti- 
teln. Reguläres  und  Claves  terminorum  hinzu, 
die  fidch  auch  hjla  und  wieder  in  den  Urkunden  er- 
wähnt finden.  Unter  Reguläres  werden  Zahlen  ver- 
standen,  die,  zu  den  Concurrentes  addtrt,  den  Wo* 
chentag  des  Ostetvojlmondes  geben.  Die' Concurren- 
tes bezeichnep,  wie  wir  gesehen  haben' (376),  .den  Wo- 
chentag des  24.  März.  Zieht  man  dieses  Datum  von 
dem  der  Luna  XIV  ab,  so  gibt  der  Unterschied  nach 
Weglassung  der  ganzen  Wochen  die  Reguläres.  Z. 
B.  das  Jahr  532,  das  erste  der  dionysischen  Osterta- 
fel, hat  die  Concurrentes  4,  d.  i.  der  24*  März  ist  eia 
Mittwoch.  Nun  irifft  jdie  Ostergrenze  auf  den  5.  April, 
al^o  12  Tage  später  ein.  Lä&t  ,man  eine  Wocl^e 
weg)  so  bat  man  die  Reguläres  5,  und  diese  zu  den 
Concurrentes  addirt,  geben  liir  den  Ost'ervolhnond  den 
zweiten  Wochentag  öder  Montag  ^). 

Unter  Ciavis  -terminorum  versteht  man  die 
Zahl^  die,  zum  jedesmaligen  10.  März  addirt,  das  Da- 
tum, des  Ostervollmohdes  gibt.  Für  das  Jahr  532  z. 
B.  ist  die  Clavis  26,  d.  h.  wenn  man  vom  10.  März 
so  viel  Tage  vorwärts  zählte  so  gelangt  man  zum  5. 


i)  De  re  dipJom.   II,  2i,  4.  ^ 

2)  Eiae  UrJcuiwle,  wonn  die  Reguläres  vorkei^men,  findet 
man  unter  andern  in  dem  eUen  emälmten  WcrL  L  Vi.  No.  171, 


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416  Technische  Chronologie. 

April  ^  ab  dem  Tage  der  Luna  XIV.  Der  nächste 
Sonntag  ist  der  Ostertag  *). 

Wer  viel  mit  Urkunden,  früherer  Zeit  zn  thun 
hat,  niufs  sich  mit  einer  Tafel  versehen,  welche  alle 
hisher  erklärten  Zeitcharaktere  darstellt  Dei^leichen 
findet  man  in  dem  ersten  Bande  des  Werks  Art  de 
v^rifier  les  dates  und  in  Pilgram's  Cahndarium 
chronologicum  (389). 

Unter  den  verschiedenen  Formeln,  womit  die 
christliche  Aefre^beini  Datiren  bezeichnet  wird,  ist 
anno  ab  Incarnatione  die  gewöhnlichste.  Sie  wird 
vorzugsweise  von  dem  Jahr,  das  mit  dem  25.  März 
anfing,  aber  auch  nicht  selten  als  allgemeine  Bezeich- 
nung der  Jahre  Christi 'gebraucht,  ihr  Anfang  sei  wel- 
cher er  wolle.  Aufserdem  finden  sich  anno  Gra- 
tiae,  anno  Circumcisionis  und  anno  Trabea- 
tionis.  Anno  Gratiae  ist  im  zwölften  Jahrhundert 
entstanden  und  kommt ' seitdem  häidig  vor.  Anno 
Circumcisionis  ist  nur  mit  bestimmter  Beziehung 
auf  das  mit  dem  %.  Januar  beginnende  #ahr  gesagt 
worden.  Anno  Tr ab eationis  steht  in  einigen  Ur- 
kunden des.  zehnten  und  elften  Jahrhunderts.  Du 
Cange  erklärt  es  *)  durch  annOy  qtio  Christus  tra- 
hi  afficcus  est.  Allein  man  findet  auch  dafür:  a  cor- 
porea  trabeatione  verbi  divini  ^),  so  dafs  es  so  viel 
als  ab  Incarnatione  sagen  soll,  mit  Anspielung  auf 
die   Trabea    der   Bischöfe.     Anno   a   Nativitate 

Do- 


1)  Man  vergleiche  Handb.  II,  369  ff.,  wo  man  auch  eio« 
Zeitbetfimmnng  aus  einer  Urkimde  angeföhrt  findet,  in  der  die 
Clayes  terminorum  erwithnt  werden.  Noch  ein  paar  die 
Data  in  den  Urkunden  betreffende  Semerlrongen  ersehe  man 
daselbst  S.  371  ff.     ^ 

2)  Glosaar,  t.  annus  coL  461. 

3)  Handb.  H,  374. 


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Chrisatchc  Folker.^  41^ 

Doiaini  «ist  m  dten  Urkunden  wenig  gebranchlich, 
und  anno  Christi,  Domini,  Salutis  und  Orbis 
redemti  sind  modern.  Das  regnante  .Christo, 
welches  beim  Datiren  nicht  selten  vorkommt,  dient 
blofs  ak  eine  die  Zeitbestimmung  einleitende  For* 
mel*). 

-  Aus  dem  JahiJmndert  des  Dionysius,  des  Ur- 
hebers unserer  Äera  vulgaris,  weifs  ihr  Gesehicht- 
Schreiber  Jan  nur  ein  paar  zweideutige  Spuren  ihres 
Gebrauchs  anzuführen,  die  ich  bei  ihm  nachzusehen 
anheim  gebe  ^).  Ihm  ist  ein  kleiner  Aufsatz  des  Gas» 
siodorus,  comprsius  paschalis  betitelt'),  entgan- 
gen, worin  durchweg  nach  Jahren  ab  Incarnatione 
gerechnet  und  das  21ste  post  consulatum  Basilii 
lunioris  (405)  richtig  als  das  562ste  aufgeführt  wird. 
Hieraus  erhellet,  dafs  die  Ostertafel  des  Dionyslus 
und  die  Acre,  an  die  sie  geknüpft  war,  zu  Rom  be- 
reits bald  nach  der  Mitte  des  sechsten  Jahrhunderts 
in  kirchlichem  Gebrauch  ^in  muisten. 

Im  siebenten  Jahriiundert  war  die  christliche  Acre 
auch  schon  äufeer  Italien  nicht  unbekannt  mehr.  Dies 
erhellet  aus  einer  im  Handbuche  ^)  angeführten 
Stelle  der  Schrift  contra  ludaeos  ^ )  des  Bischofs 
Julianus  von  Toledo,  wo  das  Jahr  724  der  spani- 
schen Aei;e  (davon  unten)  ganz  richtig  mit  dem  Jahr 
686  ab  Incarnatione  verglichen  wird.  In  den  öf- 
fentlichen Akten  ^eser  beiden  Jahrhuiiiderte   finden 


1)  S.  David  Blondel  de  fqrmulae  Regnanie  Christo  in 
vetenan  momantniis  wu,    Amsterdam  1646,  4. 

2)  Mst.  aerae  Christ,  c  3. 

3)  P.  672  cd.  Colon. 

4)  Th.ll,  S.  375.^ 

5)  L  in.  am  Schlnls.    Bibl.  patrum  Lugdun.  Tom.  XU, 
p.  630. 

27- 


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4}g  Techniscks  Chrönohgie. 

wir  «kbe'r  Uofs  nocii  nach  Regienmgsjihren  und  In- 
dictionen  daiirt 

Im  achten  Jahrhundert  wurde  der  Gebrauch  der 
dionysischen  Aere  allgemein  verbreitet,  und  zwar  haupt- 
sächlich durch  Beda>  der  Ihrer  In  seinen  Schriften 
häufig  gedenkt.  In  seinem  Buch  de  iemporum  ra- 
tione  handelt  er  bei  Gelegenheit  der  ErÜärung  der 
Ostertafel  des  DIonysIus  in  einem  eigenen  Capitel 
de  annis  dominicas  IncamationiSf  woraus  deutlich 
erhellet,  dafs  er,  der  gewöhnlichen  Meinung  zuwider, 
an  ihrer  Zählmigswei^e  nichts  geändert  hat.  In  sei- 
ner Kirchengeschlehte  rechnet  et  durchgängig  nach 
ihr.  In  einer  Epitome,  die  er  ihr  folgen  läfst,  wie- 
derhohlt  er  die  Hauptbegebenheiten,  indem  er  sie  an 
die  christliche  Aere  reihet.  So  z.  B.  sagt  er,  dals 
die  Angelsachsen  im  Jahr  449  nach  Britannien  über- 
gegangen sind. 

Bald  nachher  finden  wir  auch  zum  er$ter^mal  ein 
paar  öffentliche  Verhandjungen  nach  Jahren  dieser 
Aere  datirt,  und  zwar  die  Acta  des  742  gehaltenen 
Concilli  Germanici  und  die,  des  zwei  Jahre  jungem 
von  Solssons  ^)«  Bei' beiden  präsidirte  der  Lands- 
mann und  Zeitgenosse  Beda's,  der  heilige  Boni- 
faclus. 

Der  erste  Regent,  der  sich  ihr^r,  wiewohl  noch 
sparsam,  in  seinen  Edikten  und  Diplomen  bedient  hat, 
ist  Karl  der  Grofse,  und  die  älteste  Urkunde,  in 
der  es  geschah,  das  Diploma  Mettense  *);  Sem 
Testament  ist  vom  Jahr  811  datirt,  und  in  seiner 
Grabschrift  wird  seines  Todesjahrs  814  gedacht  ^). 
,    Ludwig  der  Fromme  gebrauchte  die  christliche 


1)  'f^\k\xkz\\  CapiUdaria  Tom.  I,  p.  146  nnd  155.* 

2)  M«ar46  8e  Hist.  des  Evesques  de  FEglise  de  Metz^ 
p.  179,        3)  Eginhard  FUa  CaröU  Magrd  c  31. 


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Ortsiliche  Fhlker.  419 

Aere  zwar  selten,  verüachlässigte  sie'  aber  doch  nicht 
ganz,  wie  unter  andern  die  Verhandljiingen  der  beiden 
achener  Coneilien  lehren,  von  denen  das  erste  816 
im,  dritten,  das  andere  836  im  23sten  Jahr  ^seiner  Re- 
gierung gehalten  ist  *).  Seine  Söhne  dagegen,  Lor 
tbar,  Ludwig  derDentsche  undKarl  der  Kahle, 
haben 'ihre  zahheich  voihandenen  Akten  blofs  nach 
Jahren  ihrer  Regierung « und  nach  Indictionen  datirL 
Erst  Karl  der  Dicke  hat  wieder  nadi  Jahren 
Christi  gerechnet,  und  zwar  so  häufig, 'dafs  ihn  einige 
für  den  Urheber  dieses  Gebrauchs  gehalten  haben  ^\ 
In  dem  Jahrhundert  ^dieser  Regenten  gab  es  übrigens 
schon  eine  Menge  Annalisten,  die  ihre  Jahrbücher 
nach  der  christliehen  Aere  ordneten,  Z.B*  Saxo  der 
Dichter,  der  im  fünften  Buch  seiner  Annales  Ca- 
roü  Magni  das  Todesjahr  dieses  Monarchen  also  be- 
zeichnet^): - 

P4>st  octingentos  Christi  nascentis  ab  ortu 
Hie  anmis  quartus  eaptitit  et  'decimus. 

Mit  .dem  dsebnten  Jahrhundert  endlich  wurde  der 
Gebrauch  der  christlichen  Aere  in  Deutschland  und 
Frankreich  so  aflgemein,  dals  es  imnothig  ist,  weitere 
Beweise  davon  beizubringen. 

Ueber  -,  den  Gebrauch  der  '  dionysischen  Aere  in 
den  päpstlichen  Bullen,  uild  über  die  Meinung  des 
Papstes  ürban  II  und*  einiger  gleichzeitigen  Annali- 
sten, des  Marianus  Scötus,  Sige'bertus  Gem- 
hlacensis  und  Gervasius  von  Canterbury,  nach 
der  Dionysius  Christi  Geburt  um  22  bis  23  Jahre 


1)  Eansi  Calkct,  eonc.JIim,  XIV,  coL  147  und  673. 

2)  Jan  Eist,  aerae  Christ,  in  der  Vorrede  and  S.  95, 

3)  S.  Leibnitii  Scriptt,  rer,  Bi*unsvicensium  iUusirathtd 
tnserviehtes  Tom,  I,  p,  169. 

.    27  • 


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420  Technische  Chrönologte. 

m   spat  angesetzt  haben  solly   vergleiche  man  das 
Handbuch  der  Chronologie  ^). 

Es  bieten  sich  hier  drei  Fragen  zur  Beantwor- 
tung dar:     1)   in  waches  Jahr   gehört   nach.  Dio- 
nysius  Jie  Geburt  Christi?.  2)  in   welchem  Ver- 
.  hältnils  steht  seine  JBestimmung  zu  den  Angaben  der 
.  bewährtesten .  Kirchenväter?    3)   um   wie  viel  Jahre 
'  zähl!  seine  Acre  zu  wenig?  Denn  dais  sie  zu  wenig 
zählt,  ist  längst  anerkannt* 

Wos'die  ^iste  Frage  betrifft,  iso  wird  in  vielen 
chronologischen  Büchern^  besonders  solchen,  die  von 
Jahr,  Monat  und  Tag, der  Geburt  Christi  handeln^)» 
die  zuerst  von  Petavius  *)  auf  die  Bahn  gebrachte 
Meinung  wiederhohlt,  daCs  Dionysiu^  eigentlich  nachs 
dem  Calculus  Pisanus  (398)  gerechnet,  also  seine 
Aere  drei  Vierteljahr  vor  ihrer  jetzigen  i^che  ange- 
fangen und  erst  Beda  sie  auf  die  heutige  Form  ge- 
bracht habe  Allein  aus  Allem, 'was  beide  Chronolo- 
gen über  ihre  Ostert^fel  geschrieben  haben,  beson- 
ders aus  der  von  Jan  ans  Licht  gezogenen  Osterta- 
fei  selbst,  geht  d«r  üngrund  dieser  Behauptung  so 
klar  heryor,  daJ&'sie  nun  endlich,  nis^t  weiter,  gehört 
werden  sollte.  Di'onysius  hat  ^ine  Jahre  weder 
mit  dein  ^»  März' auffangen,  noch  ein  Jahr  mehr 
gezählt,  als  wir  *).  Am. natürlichsten  scheint  es,  dafs 
er  die  Gehurt  Christi  zuiti  Terminus  a  quo  ge- 
macht und  nur  die  acht  Tage  vernachlässigt  hat,  nm 
welche  die  Kirche  dLas  Gebürtsfest  vor.  der  gewöhnli- 
chen Jahrepoche   feiert.      Allein   die   Sache    verhält 


i)  Tb.  n,  S.  378  ff. 

2)  Ein  reiches  Yeraeichnirs  derselben  gibt  Hase  in  seinem 
Leben  Jesu  S.  40  -^  i% 

3)  Doctr.  iemp,  XII,  2.  -  ' 

4)  Vergl.  Handb.  U,  381  AT.  ; 


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Christliche  F&lker.  '  -     431 

sich  anders.  Nach  dem  Gebrauch  zu^nriheUen,  den 
wir  bei  den  Kirchenvätern  von  dem  Worte  ad^xcocfig^ 
incarnatio,  gemacht  finden,  mufs  ihm  die.  eigent- 
Kche  Epoche  seiner  Acre  ab  Incarna4;ion(e.  aller- 
dings die  Verkündigung  Matiä  gewesen  sein.  Er 
combinirte  sie  aber  nach  der  allgemeinen,  oben  öfters 
gedachten  Gewohnhdt  der  Alten  mit  dem  ihr  voran 
gegangenen  bürgerlichen  Jahranfange,  für  den  zu  sei- 
ner Zeit  noch. im  ganzen  Ocddent  der  1.  Januar  galt.. 
Offenbar. hat  ihn  Beda  so  verstanden,  wenn  er  sagt  ^): 
In  primo  suo  drculo  quingentesimum  tmgesunum^e^ 
cundum  dominicae  incarnationis  annum  in  capitepO" 
nendoy  manifeste  docuity  secundum  sui  circüli  annum  ^ 
(man  erinnere  sich,  dafs  das  erste  Jahr  der  christlichen 
Aere  zur  güldenen  Zahl  2  hat),  ipsumessey  quoeiusdtm 
sacrosanctae  incarnationis  mysterium  coepiU  Hier- 
nach stellt  sich  also  die  Gebijirt  Christi  an  den  Schlufs 
seines  ersten  Jahrs,  des  754sten  der  yai^onischen 
Aere,  des  4714ten  der  julianischen  Periode,  Erst  als 
um  die  Zeit  Karl's  des  Grofsen  der  Jahranfang 
*mit  dem  25.  December  aufkam,  wurde^Incärnatio 
für  gleichbedeutend  mit  Nativitas  genommen.  Nun 
bildete  sich  die  Meinung  aus,  dafs  seine  Jahre  von 
der  Geburt  Christi  gezählt  sind.  Späterhin  kehrte^ 
man  zu  der  ursprünglichen  Bedeutung  des  Worts 
zurück,  und  so  entstand  der  Calculus  Pisanus, 
der  die  Aera  ab  Incamatione  um  ein  Jahr  früher  an- 
fangt, als  der  seiner  «Meinung  offenbar  angemessenere 
Calcuius  Florentinus.  Dies  ist  die  Ansicht,  wel- 
che sSanclemente  hierüber  aufstellt  ^),  und  der  ich 
unbedhigt  beitrete. 


i)  De  temp.  rat.  c.  45.  .     - 

2)  In  seinem  gelehrten  Werk  De  vulgaris  oerae  emenda- 
tione  (Rom  1793,  fol.)  1.  IV,  5.  8. 


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423  Technische  Chronologie. 

Unsere  zweite  Frage  habe  Ich  im  Handbuch 
der  Chronologie^)  dahin  beantwortet,  dafslre- 
näus,  Tertuliianus,  Clemens  Alexandrinus^Eu- 
sebius  und  Ejüiphanius,  die  zu  den  belesensten 
Kirchenvätern  gehören,  Christi  Geburt  entweder  auf 
den  Schluls  des  751sten  oder  auf  den  Anfang  des 
.7526ten  Jahrs  der  St  gesetzt  haben  *),  je  nachdem 
sie  dieselbe  an  den  25.  December  oder  an  den  6. 
Januar  knüpfen.  Jenes  geschah  im  Qccident,  dieses 
lange  im  Orient  (397).  .  Hiemach  wäre  also  Christus 
zwei  Jahre  for  der  Epoche  der  dionysischen  Acre 
geboren.'  Der  Grund  dieser  so  übereinstimmigen  An- 
gabe ist  ohne  Zweifiel  im  dritten  Capitel  des  Evange- 
listen Lucas  zu  suchen,  wo  es  heilst,  Christus  sei 
I  etwa  30  Jahre  alt  von  Johannes  getauft  worden,  der 
sein  Täuferamt  im  fünfzehnten  Jahr  des  Tibe- 
rius  angetreten.  Als  Datum  der  Taufe  nahm  man 
gewöhnlich  im  Orient  den  8.  November  an  (176). 
Nun  begann  das  15te  Jahr  des  Tiberius  mit  dem 
781sten  d.  St  *),  und  wurde  Christus  im  Verlauf 
desselben  30  Jahre  alt,  so  muCs  er  lun  den  Anfang  des 
JahrsL  752  geboren  sein. 

Aus  obiger  Darstellung  geht  aber  hervor,  dals 
Dionysius  Christi  Geburt  nicht  zwei,  sondern  drei 
Jahre  später  als  jene  Kirchenväter  angesetzt  hat,  wenn 
gleich  seine  Acre  nur  zwei  weniger  zählt    Was  ihn 


1)  Th.  n,  8.  385  ff. 

2)  Sie  nexmen  entweder  das»  41  oder  42ste  Jalir  des  Aa- 
gast.  Der  Anfang  der  Re^erai^  diese«  Kaisers  wird  von  dem 
TriamTirat  gerechnet,  wozn  er  sich  Im  Jahr  711  d;  St  mit  An- 
tonius nnd  Lepidaa  verband,  wo  er  addi  zun  erateiJDial  das 
Consnlat  verwaltete. 

3)  AngQst  starb  am  19ten  des  nach  ihm  benannten  Monats 
(Sneton.  ^uf.  c.  100)  im  Jahr  767  d.  St.  Qieses  war  also 
das  erste  des  Tiberins. 


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Christliche  pTölker:  423 

veranlafst  haben  ipag,  von  einer  Bestimmung  abzuge- 
hen, die  so  wichtige  Autoritäten  für  sich  hatte  und 
ihm  unmöglich  ganz  unbekannt  sein  konnte,  wissen 
wk  mcht 

Wir  kommen  nun  zur  dritten  Frage,  um  wie 
viel  Jahre  unsere  Aera  vulgaris  zu  wenig  zählt  Aus 
allen  von  Josephus  angegebenen  Zeitverhältnissen 
geht  entschieden  hervc^r,  dafs  der  jüdische  König  He- 
rodes  im  Jahr. 750  der  Stadt  Rom  gestorben  ist  ^). 
Währelid  seiner  letzten  Krankheit  entstand  eine  Em-' 
pörung.  Er  liefs  die  Schuldigen  verbrennen,  und  in 
der  Nacht,  wo  dies ' geschah,  trat  eine, Mpndf ins ter- 
nifs  ein  ^).  Es  .gab  aber  in  dem  gedächten  Jahr 
Weiter  keine  zu  Jerusalem  sichtbare  'Mondfihstemifs, 
als  die  partielle  in  der  Nacht  vom  12ten  zum  13. 
März  ®),  Der  nächstfolgende  Vollmond,  der  erste  im 
Frühling,  muls  das  Passahfest  bedingt  haben,  das,  wie, 
Josephus  versichert  *),  bald  nach  seinem  Tode  ge-  . 
feiert  wurde.  Er  starb  also  im  Frühlinge  des  Jahrs 
750,  und  da  er  nach  den  EvangeUsten  Christi  Ge- 
burt erlebt  hat,  so  darf  diese  nicht  später  als  auf  d^n 
SchhiGs '  des  Jahrs  749  |;esetzt  werden ,  woraus  folgt, 
daHs  unsere  Acre  mjndest^ens  vier  Jahre  zu  we-  ' 
nig  zählt. 

Es  ist  aber  sehr  wahrscheinlich,  dafs  Her  ödes 
Christi  Geburt  noch  eine  geraume  Zeit  überlebte.  Von 
derselben  unterrichtet,  liefs  er'  zu  Bethlehem  und  in 
der  Umgegend'  alle  Kinder  V4)n.  zwei.  Jahren  und 
darunter  ermorden ,'  nach  der  Zeit^  wie  es  beim 


1)  Handb.  O,  389  ff. 

2)  ^  aB>4vn  lliXttgTBv.    Josephüs  Antiqq,  XVU,  6,  4. 

3)  Die  Umstfinde  d^erpelbeii  findet  man  nadi  einei*  sorgfältig 
gen  Beredmong  im  Haadbaehe  angegebeai.  H^  392.' 

4)  Anüqq.  XVII,  9,  3. 


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424  Dßchnlsehe  Okronohgie.  v 

Matthaus  hei&t  ^ ),  die  er  von  den  Magiern  erforscht 
hatte.  Auch  findet  sich  bei  einigen  Kirchenvätern  die 
Tradition,  dafs  Christus  fast  zwei  Jahre  bis  zu 
Herodes  Tode  in  Aegypten  verweilt  hat,  inrohin 
Joseph  und  Matia  mit  ihm  geflohen  waren. 

Sanclemente,  vofi  dem  dieser  Gegenstand  am 
erschöpfendsten  behandelt  worden  ist,  glaubt  daher 
^is  zum  Jahr  747  d.  St  zurückgehen  zu  müssen. 
Die  Gründe,  die  ihn  vorzugsweise  für  dieses  Jahr  be- 
stimmt haben,  sind  theils  von  der  Schätzung,  die 
August  nach  dem  Evangelisten  Lucas  ^)  um  die 
Geburt  Christi  im  römischen  Reich  veranstalten  liels  ' ), 
theils  Von  der  allgemeinen  Versicherung  der  Earchen- 
väter^  entlehnt,  dals  die  Menschwerdung  Christi  in  eine 
Zeit  gehöre,  wo  überall  im  römischen. Reiche  Frie- 
den herrschte,  was,  wie  ei*  zeigt,  gerade  damals  dar 
Fall  war.  Seine  Darstellung  wird  ein  jeder,  der  ihr 
aufmerksam  folgt,  befriedigend  finden.  Es  gibt  ^ber 
noch  ein  Moment  mehr  für  die  Entscheidung,  das  er 
bei  seiner  Unkunde  der  Astronomie  nicht  gehörig  ge- 
würdigt hat. 

Im  zweiten  Capitel  des  JByangelisten  Matthäus 
heUst  es,  die  Magier,  oder,  wie  Luther  übecsebt, 
die  Weisen  aus  dem  Morgenlande,  seien  nach 
Jerusalem  gekommen,  um  sfeh  nach  dem  neugebor- 
nen  Könige  der  Juden  zu  erkun^gen,  dessen  Stern 


^  1)  n,  16.  Die  zwei  Jalure  werden  auch,  durch  dne  SteDe 
des  Macroblas  bestätigt,  der  yon  Atignst  erzahllf:  Cumaudis- 
sei,  inier  pueros,  quos  in  Syrla  Herodes  Rex  ludaeorum  infra 
himatum  iussit  interfici^ßlium  quoque  eins  oceisum^  ait:  me- 
lius e$i  Herodia  por cum  esse  quamjßhan^  Saturn.  II,  4. 

2)  S.  den  Anfang  des  zweiten  Capitels. 

3)  Das  Wesentlichste  seiner  nher  diese  vielbesprodiene 
^9^07^0912  angestellten,  Untersnchnngen  findet  man  Handbuch 
II,  384.  ff.  zosammengestellt.  ,    .  .^ 


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Chrküiche  Fbiker.  425 

sie  in  Osten  gessehen,  und  diesier  Stern  habe  Ihnen 
his  Bethlehem  geleuchtet  Gewöhnlich  betrachtet  man 
denselben  als  ein  anfserordentliches  Meteor,  das  au&er 
allem  Bereich  einer  astronomischen  Berechnung  hegt 
ÄndersurtheUteKepIer,  der  darin  die  inC^njunction 
befindlichen  Planeten  Jujpiter  und  Saturn  zu 
erkennen  glaubte  ^  )•  Er  kam  zuerst  auf  diesen  Ge^ 
danken,  als  er  die  Zusammenkunft  beider  Planeten  am 
Schluls  des  Jahrs  1603  beobachtete.  Sifs  ereignete 
sich  am  17.  December.  Im  folgenden  Frühling  kam 
der  Mars  zu  den  beiden  einander  immer  noch  nahe 
stehenden  Planeten  hinzu,  und  im  Herbst  des  Jahrs 
1604  gar  noch  eiiier  fener  fixstemartigen  Körper,  die 
zu  einer  bedeutenden  Helli^eit  anwachsen,  und  dann 
nach  und  nach  .wieder  spurlos  verschwinden.  Es 
stand  derselbe  in  der  Nähe  beider  Planeten  am  östip 
eben  FuTs  des  Schlangenträgers,  und  erschien  als  ein 
Stern  erster  Gröfse  ungewöhnlich  lebhaft  funkelnd. 
Von  Monat  zu  Monat  nahm  er  an  .Helligkeit  ab,  mid 
entzog  sich  am  Ende  des  folgenden  Jahrs  den  Blik- 
ken  völlig.  Kepler  hat  ein  eigenes .Werlf  über  die- 
sen Stern  geschrieben^),  und  darin  zuerst  die  An- 
sicht aufgestellt,  daüs  das  Gestirn  der  Weisen  aus  ei- 
ner Vereinigung  des  iSatum,  Jupiter  und  i^end  eines 
auTserordenÜicben  Sterns  bestainden  habe,  über  des- 
sen Natur  er  sich  nicht  weiter  erklärt 

Er  kannte  die  Astrologe  seiner  und  friiherer  Zelt 
genau,  und  wuJste,  welche  Wichtigkeit  die  Stieimdeu- 
ter  von  jeher  auf  die  alle  20  Jahre  wiederkehrenden 
Zusamnienküttfte   der  beiden  oberen  Planeten  gdegt 


.    1)  Dafs  nur  von  eine^i  Si«rn  —  dfffiq  —  nicht  von  rf- 
nem  Gestirn  -^  acrs'Qov,  die  Rede  ist,  darf  ntdhit  befremden. 
Yerwechslnngen  beider  W&rter  konunen^ncb  anden?eitig  vor. 
2)  De^sieUa  novo  in  pede  serpentarii^  Prag  1606k,  4. 


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4^5  TeclMsehs  l^onologie. 

.  bafben  ^).  Die  Magier,  sagt  er,  geborten  ibrer  ße- 
Kg^on  nacb  zu  den  Juden,  wie  es  deren  ^o  viele  an 
den  Ufern  äeä  Euphrät,  besonders  zu  Babylo^^  gab, 
aber  ihrem  Stande  nach  zu  den  Cfaaldäern,  den  Er- 
findern der  Astrologie,  unter  deren  Lebren  besonders 
aucb  die  ist,  dafs  die  erst  nacb  langen  Zwischenräu- 
men einmal  sich  wiederhohlende  Conjunction  des  Ju- 
piter und  Saturn  in  der  Nähe  des  Widder-  und  Wa- 
gepunkts einen  veränderten  Zustand  der  Dinge,  und 

.  fin  j^ügleich  erscheinender  Komet  die  Geburt  eines 
Monarchen  bedeute.  Er  hielt  es  daher  der  Mülie 
werth,  die  um. die  Geburt  Christi  Eingetretene  Con- 
junction zu  berechnen.  Dazu  konnte  er  sich  nur  der 
sehr  unvollkommenen  prutenischen  tafeln  des 
lErasmus  Reinhold  bedienen  ^),  die  ihm  eine  drei- 
malige Zusammenkunft  auf  das  Jahr  747,  im  Juiiius, 
August  und  December  gaben. 

Beide  Planeten  befanden  sich  in  der  letzten  Hälfte 
der  Fische,  dem  Widderpunkt  nahe.  Im  Febniar  und 
März  des  folgenden  Jahrs  gesellte  sich  noch  der  Mars 
dazu.     „Diese  in  einer  so   bedeutungsvollen  Gegend 

,  des  Thierkreises  höchst  seltene  Vereinigung. der  drei 
oberen  Planeten  erregte,  sagt  er,  die  astrologische  Neu- 
gier der  Magier,  und  dies  um  so  mehr,  da  noch 
ein  auDserordentlicher  Stern  hinzugekomnlen  zu  sein 
scheint  Man  nehme  afi,  dafs"  der  neue  Stern  zuerst 
gesehen  wurde,  hiebt  blofs  zu  ebea  der  Zeit,  wo  Sa- 
turn und  Jupiter  nahe  bei  einander  standen,  im  Ju- 
nius  des  Jahrs  747,  sondern  auch  an  gleichem  Ort 
mit  den  Planeten,  wie  dies  wunderbarer  Weise  zu 
unserer  Zeit  geschehen  ist;   was  konnten  die.Chal 


1)  Vergl.  Handb.  H,  401  ff.      ^ 

3)  Sebe  eigetien  vollkommenem,  die  rndolpliinisclieB, 
erscfaieneo  eret  1627. 


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% 


daer  nach  deo  noch'  jetzt  bestehenden  .Regeh  ihrer 
Knnst  ^ )  andevs  dar&ua  folgern,  als  eine  Begebenheit 
von  der  gröfstep  Wichtigkeit" 

Er  fand  sich  veranlalst,  eine  eigene  AUiandlnng 
De  lesn  Christi  servatoris  nostri  anno  matalitio  *  ) 
zu  schreiben,  worin  er  Christi  Geburt  an  d^n  Schlufs  / 
des  Jahrs  748  A.  St  setzt,  welches  auf  das  der  ei- 
genütchen  Conjunction  folgte;'  und  -als  dagegen  der 
Chronolog  Sethus  Calvisins  auftrat  '),  behandelte 
er  denselben  Gegenstand  noch  einmal  ausfuhrlicher 
unter  dem  Titd:  De  vero  anno  quo  aeternus  Dei 
filius  humanam  naturam  assumpsit  ^),  in  welchem 
Werke  er  seinen  Nächfolgern  in  den  Hauptpunkten 
der  ganzen  Untersuchung  nur  eine  geringe  Machlese 
übrig  gelassen  hat 

Herr  Dr.  Munter,  der  nunmehr  verstorbene  Bi- 
schof von  Seeland,  hat  c^ch  das  Verdienst '  erworben, 
den  Gelehrten  die  Ergebnisse  dep  kepjerschen  Unter- 
suchungen von  neuem  in  Erinnerung  zu  bringen.  Er 
fand  in  des  Abarbanel  Confmentar  über  den 
Propheten  Daniel  eine  Stelle,  worin  dieser  rabbi- 
nische  Schriftsteller  die  Zusammenkunft  der  beiden 
oberen  Planeten  im  Zeichen  der  Fische  (unter  dessen 
Regiment  die  Sterndeuter  Palästina  setzen)  für  das 
Signal  der  Ankunft  des  Messias  erklärt  Durch  diese 
und  andere  Andeutungen  des  groben  Einflusses,  den 
die  jüdischen  Astrologen  mit  ^  Bezug  auf  den  zu  er- 


1)  Za  Kepler's  Zeit  galt  die  Astrologie  noch  för  etw^as. 
Bald  nachher  ist  sie  zn  ihrer  wohhrerdienten  Yerachtiing  herab- 
gesunken, ans  der  sie  gern  ein  Schriftsteller  unserer  Zeit  wieder 
emporheben  möchte. 

2)*  FranUart  1606,  4. 

3)  In  der  Schrift:  De  vero  nathHafis  CMsÜ  anno  EpU^eia 
ad  Joh,  Keplerum.  Leipzig,  1613,  4; 

4)  Frankfurt  1614,  4. 


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428  Technische  Chramhg^. 

wartenden  Messias  dner  Zusammenkunft  der  beiden 
Planeten  in  den  Fischexi  J>eigelegt  ha)^en,^  veranla&t, 
fordert  er  die  Astronomen  in  einem  Programm  vom 
Jahr  1821  anf,  eine  genaue  Berechnung  über  die  um 
die  Zeit  der  Geburt  Christi  eingetretene  Conjunction 
anzustellen«  Das  Programm  wurde  von  mehreren  Sach- 
verständigen  beifäBig  beurtheilt  ^),  aber  der 'Auffor- 
derung nur  auf  em^  sehr  unvollkommene,  keinen  Ken- 
ner befriedigende  Weise  von  Hm*  Pf  äff  in  Erlangen 
genügt^).  Hier  sind  die  Ergebnisse  einer  eigentli- 
chen astronomischen  9  mit  Sorgfalt  nach  den  neusten 
Tafeln  geführten  Rechnung:  Beide  Planeten  ka- 
men, im  Jahr  747  d.  St.,  7  vor  unserer  Zeitrechnung, 
zum  erstenmal  am  29*  Mai  im  21sten  Graäe  der  Fische 
zusammen.  Sie  standen  damals  vor  Sonnenaufgang 
am  Morgenhimmel  9  und  waren  nur  eben  Grad  von 
einander  entfernt  Jupiter  ging  dem  Saturn  nordlich 
vorbei.^  Um  die  Mitte  des  Septembei^  kamen  beide 
in  Opposition  mit  der  Sonne  um  Mittemacht  in  Sü- 
den, Saturn  am  14ten,  Jupiter  am  15ten,  Der  Lan- 
genunterschied war  damals  3  Viertelgrad.  Beide  wa- 
ren rückläufig,  und  näherten  sich  von  neuem.  Am 
1.  Oktober  fand  hierauf  eine  zweite  Zusammenkunft 
im  ISten  Grade  der  Fische,  und  am  5.  December, 
wo  sich  beide  Planeten  wieder  ostlich  bewegten,  eine 
dritte  im  16ten  Grade  statt  Auch  ^  bei  den  letzten 
beiden  /  Gonjunciionen  .betrug  der  Breitenunterschied 
nur  einen  Grad  *). 


1)  Man  seho,  wie  sidi,  miter  andern  der  berßbfnte  Alademl- 
ker  Sehabert  da|rüber  finbert;  Vor  mischte  Schriften 
Th.  I,  S.  71. 

.2)  S.  sein  Werk:,  Das  Licht  nnd  die  Weltgegeaden, 
sammt  einer  A}ihaiidlang  über  Planeten'«»  (Donjunctiotten 
nnd  den  Stern  der  Weisen.    Bamberg  1821. 

3)  Die  Zahlen  stelle  sich  hier  etwas  ahders,  «k  im<fiand- 


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Hegtep  mm  Wirklich  die  j&dischen  Astrolagen 
grolse  Ecwartangen  von  einer  Zasammenkuaft  d^r 
beiden  oberen  Planeten  im  Gestirn  der  Fische,  so 
n^uifste  ihpen  gerade  diese  von  der  gröisten  Bedeut. 
samkeit  erscheinen.  Die  beiden  Planeten  ^ngen  drd- 
mal  vor  einander  über,  rückten  dabei  auch  der.  Breite 
kiach  ganz  nahe  zusammen^  und  zeigten  sich  die  Nacht 
hindurch  Monate  lang  bei  einander«     Ihre  erste  Zu- 


bjjLch  (Tk  n,  406  ff.).  Ich  hatt^  mich  sowohl  för  die  Sonne, 
als  für  die  beiden  Planeten  der  delambreschen  Tafek  bedient, 
die  im  Jahr  1823,  wo.  ich  meine  Berechnung  anstellte,  noch  flftr 
die  richtigsten  galten.  Hr.  Encke  hat  sich  die  Mähe  genommen, 
die  Rechnnng  nach  den  nensten  Tafelfi,  den  carlinischen  (von 
Hrn.  Boss  ei  yerbesserten)  för  die  Sonne  nnd  den  bouv ard- 
sehen iur  den  Jupiter  und  Saturn,  zu  wiederhohlen,  und  ge- 
funden, dafs  besonders  in  den  Satumörtem  die  neuen  Tafehi  be- 
deutend Ton  den  älteren  abweichen^  Ich  glaube  auf  den  Dank  al- 
ler Kenner  rechnen  zu  dürfen,  wenn  ich  ihnen  die  Resultate  die- 
ser mit  seiner  bekanhten  Genauigkeit  angestellten  Rechnung  ganz 
so  hersetze,  wie  er  sie  gefunden  hat 

Erste  Conjunction  2^.  ]IIai;3  U.  4^  49^'  m.  Z.  zu  Berlia. 
Gemeinschaftliche  LSnge  350*"  58^  W* 
Breite  Jupiteri    —  1    SM)  52 
Satums    —2    19  51 
Swtflie  Conjunction  30.  September  14  U^  i*  51^^ 
.    Gemeinschafkliche  Llage  347<'  ^^  W 
Breite  Jupters    —  1    46     4 

Satums    —3    44     3     ^ 
Dritte  Conjunction  5.  December  11  ü.  35'  W. 
GemeiaschaftHche  Länge  345<'  35^  44'^   . 
Breite  Jupiters    —  1    38     3 

Satom»    —3    30  50     , 
Opposition  Japiters  14.  September  17  U.  27'  8''. 
LSoge      349*»  31' 52''    . 
Breite      ->1    47   11 
Opposition  Satums  13.  September  22  U.  34'  29" 
Länge      348«  45'    2"     . 
Breite      ^2    44   26 


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430  Tei^bci^  Ckronohgie. 

sammenkanft  in  Osten  —  &  tji-äpocf^  —  erregte  die 
'Aufmerksamkeit  einiger  Magier«  Sie  erwarteten  den 
Messias,  demnach  altei^  Weissagnngen  in  Bethlehem 
geboren  werden  sollte,  nnd  mächten  sich  auf  dea 
Weg,  um  ihm  ihre  Huldigungen  tiarzubringen.  Als 
sie  in  Jerusalem  ankamen,'  zeigten  ^ch  die  beiden 
Planeten  aufs  neue  in  Conjunction^  und"  zwar  in  dep 
Abendstunden  am  südlichen  Himmel,  imd  sie  folgten 
dieser  Richtung,  die  sie  zur  Stelle  brachte.  Sehr  na- 
türlich ist  wol  die  Voraussetzung,  dafs  *  Christus  ge- 
böten wurde,  als*  die  JPläneten  ne^h  nahe  bei  eniaö- 
der  waren,  am  Schlüsse  des  Jahrs  747;  ein  Jahr  später, 
wie  Kepler  mpint,  hatte  sich  die  ConsteQation  schon 
cSehr  geändert*'  Mars,  der  sich  in  den  ersten  Mona- 
ten des  Jahrs  74S  in  der  Nähe  beider  Planeten  be- 
fand, stand  damals  als  ein  schwacher  Stern  tief  am 
Wesihimmel;  auch  verloren  sich  Jupiter  und  Saturn 
um  diese  Zeit  in  den  Strahlen  der  Abendsonne,  und 
als  sie  im  April  an  der  andern  Seite  der  Sonne  wie- 
der zum  Vorschein  kamen,  waren  sie  schon  beträcht 
lichr  aus  einander  gerüc^kt  Dafs  noch  ein  aiffseror- 
dentlicher  Stern  von  der  Art  des  im  Schlangenträger 
gesehenen  oder  ein  Komet  hinzugekommen  sei,  ist 
eine  Hypothese,  dereti  es  kauqfi  ;lU|  l^edürfen  scheint 
Es  ist  aber  gewüs,  dafs  unter  den  Juden  "ipn  Al- 
ters her  der  Glaube  geherrscht  hat,  die  Ankunft  des 
Messias  werde  durch  die  Erscheinung  eines  aufseror- 
dentlichen  Stem§  verkündigt  und ,  verherrlicht  werden. 
Schon  eine  Stelle  aus  dem  vierten  Buch  Mosis  *) 
ist  dahin  gedeutet  worden.  In  den  rabbinischen  Schrif- 
ten, z.  B.  den  Büchern  Sohar  und  Pesihta  Sotarta^ 
die  zunächst  den  Zeiten  n^ch  Christus  angehören'^), 


1)  XXIV,  17.   . 

2)  Noch  andere  Schriften  dieser  Art,  die  mir  von  dem  Iiie- 


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ChrUiliche  Fbtker.  434 

ist  häufig  von  dem  Steril  des  Messias,  wenn  auch 
nur  ganz  iih  A%eiiieinen,  die  Red4  Der  Eihzige  me£ 
nes  Wissens,  der  v<m  einer  bestimmten  Constellation 
und  z-wär  von  der  Gonjunetion  des  Jupiter  und  Sa- 
turn in  den  Fischen  spricht,  ist  der  obgedachte  Abar* 
banel,  ein  spanischer  Habbi,  zudesisen  Zeit  (1463) 
sich  wieder  eine  solche  Zusammenkunft  ereignete« 
Ich  habe  in  meinem  Handbuche  einiges  aus, seinem 
Ctfmmentar  über  den  Daniel,  Muajne  hasehimh^ 
Quellen  des  Heils,  betitelt  ^),  angeführt,  woraus 
genugsam  erhellet,  welche  Wichtigkeit  die  jüdischen 
Astrologen  von  jeher  auf '  jene  Constellatibn  gelegt  ha- 
ben, und  so  können  wir  wol  mit  Sicherheit  anneh- 
men,  da£s  eben  dieser  Glaube  auch  die  Magier  niach 
Bethlehem  gefuhrt  hat  Ist  dies  nun  der  Fall,  so 
scheint  festzustehen,  da(s  Christus  gegen  Ende  des 
J^hrs  747  d.  St.  gd)oren  ist,  also  unsere  Aera  vulga- 
ris um  8,echß  Jahre  zu  wenig  zählt  Liefse  sich 
dies  aber  auch  bis*  zur  mathematischen  Evidenz  brin- 
gen, so  wird  darum  doch  kein  Vernünftiger  eine/Aeri^^ 
derung  unserer  bisherigen  Jahrrechnung  für  wünschens- 
werth,  ja  nur  für  möglich  halten. 

Die  Frage,  in  welches  Jahr  der  To;d  Christi 
zu  setzen  sei,  hat  für  die  technische  Chronologie  keiii 
erhebliches  Interesse,  da  in  den  bis  jetzt  bekannten 
Urkunden  des  Mittelalters  nur  ein  paarmal  vpn  Jah- 


eigen,  iii  der  rabbinischen  Litteratar  sehr  bewanderten  Gelehrten  >^ 
Hm^  Auerbach  d.  Jung,  nachgewiesen  sind,  nenne  ich  Hand-  ' 
bnch  II,  409.    Ausföhrlicher  handelt  dayon  mit  semer  gewöhn-^ 
ten  Umsicht  Hr.  Mtoter  in  seinem  spl^ter  herausgegebenen  Stern 
der    Weisen.    Untersuchungen    über    das    Geburtsjahr 
Christi.  Kopenhagen  18'i7,  8.    Schade  nur,  dafs  in  dieser  s^nst 
gründlichen  Abhandlung  die  astronomische  Partie,  die  der  ganzen 
Sache  den  Ausschlag  gibt,  so  obenhin  behandelt  bt» 
1)  Amsterdam  1547,  4* 


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438    .  '  Te^fknUche  Chranohj^. 

ten  a  Pa88ione,  und  acwar  auf  eme  Weise  die  Rede 
ist,  welche  deutlich  zeigt  9  dals  fnah  an  diese  Epoche 
kdne  eigentliche  Jahrrechnung  geknüpft  hat  Ich  ver- 
weise de&falls  auf  das  Handbuch  ^),  und  bemerke 
hier  nur,  dals  die  in  den  römischen  Kirchenscriben- 
ten  von  TertuUian  an  vorherrschende  Angabe,  Chri- 
stus habe  unter  dem  Cönsulat  der  beiden  Gemini, 
des  C  Rtibelliuis  und  C.  Fufius,  d.  i.  im  Jahr  782  i 
St,  gelitten,  so  viele  Bedenken  man  auch  dabei  ge- 
funden hat,  noch  immer  die  wahrscheinlidiste  bleibt 
Am  gründlichsten  hat  auch  4icsen  Gegenstand  der  Äbt 
Sanclemente  am  Schlüsse  seines  Werks  über  die 
Aera  vulgaris  in  emer  eigenen  ExercUatio  chro- 
nologica  de  anno  dominicae  passionis  behandelt 

Schon  lange  vorher,  ehe  an  unsere  jetzige  christ- 
liche Acre  gedacht  wurde,  war  auf  der  pyrenaischen 
Halbinsel^  in  Afrika,  so  weit  es  den  Vandalen,  Sae- 
ven  und  Alanen  gehorchte,  und  im  südlichen  Frank- 
rdch  eine  eigenthümliche  Jahrrechnung  im  Gebrauch) 
die  man  gewöhnlich  die  spanische  nennt  Aaf 
Denkmälern  und  bei  den  Schriftsteilem  fuhrt  sie  den 
Namen  Aera  oder  Era,  der  als  Nomen  appeUativrim 
auf  alle  übrige  Jahrrechnungen  übergegangen  ist  Ihre 
Epoche  gebort  in  das  Jahr  716  d.  Ständer  38  y. 
Chr.,  so  dafe  man  von  ihrer  Jahrszahl  38  abzuzie- 
hen ha^,  wenn  man  sie  auf  unsere  christliche  redud- 
ren  will. 

Mit  Sicherheit  kommt  sie  zuerst  in  emer  Grab- 
schrift vor,  die  an  einem  Thor  von  Lebrija  im  süd- 
lichen Spanien  angebracht  ist,  und  in  das  Jahr  465 
n.  Chr.  gehört  ^  )•  Der  älteste  Schriftsteller,  der  nach 

ihr 


l)Tli.U,S.  411  III 

3)  Scaliger  J&nend.  ten^.  l  V,  p.  446. 


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Chri^icbe  P»ner.  433 

ihr  rechnet,  ist  l6idoru8,  Bisehof  v(m  Sevilla  *y 
Allein  schon  früher  mnfste  sie  in  Spanien  die  geseta^ 
liehe  sein«     Sämmtliehe  tinter  den  gothischen  Koni- 
gen  gehaltene  Concilien,  vom  tarräconensischen  (516 
n.  Chr.)  an,  sind  nach  ihr  ^£^it»     Auch  in  den  süd»' 
liehen  Provinzen  Frankreichs  >   so  weit  sie  von  den 
Westgothen  beherrscht  vmrden,  war  sie  im  Gehraocb» 
Noch  das  Concillum  von  Arles  vom  Jahr  6l3  n.  Chr. 
ist  nach  ihr  datirt  ^ ).     Vom  neunten  Jahrhundert  an 
findet  sie  sich  in  der  Regel  mit  unserer  christlichen  Jahr- 
rechimng  zusammengestellt    Die  Jahre  beider  Acren 
nehmen  immer  zugleich  ihren  Anfang.  Auch  die  mau» 
rischen  Schriftstellet   datiren   nicht  selten*  nach   det 
spamschen  Acre  •).    Sie  nennen  sie  tarich  es-sqfar^ 
(aera  safarensis).     Der  Name  scheint   mit  sefer 
oder  sifr  zusammenzuhängen,  wriches  arabische  WoH- 
eigentlich  di^  Null  bezeichnet,    aber  auch,  wie  das. 
daraus  entstandene  cifra,  chiffre,  Ziffer  der^Spa- 
nier,  Franzosen  und  I>eutschen,  für  einer  allgemeine 
Benennung  der  Zahlzeichen,  wenigstens  bei  den  Ara- 
bern in  Spanien,  gegolten  haben  mufs.   So  wäre  denn- 
tarich  es-safar  die  üebersetzung  des  Worts  Aera 
nach   seiner  gewöhnlichen  Abldtnng  von   einem  in 
sehr  später  Latinität  aufgekommenen   Gebriäuch   des^ 
Plurals  von  aes.  ' 

Die  Spanier  fühlten  endlich  das  Bedürfnils»  sich 
in  der  Eezeichnung  der  Jahre  dem  übrigen  Europa 
anzuschlielsen*  '  Zuerst  verordnete  das  Concilium  von 
Tarragona  im  Jahr  1180,  dais  in  den  öffentlichen  Ak- 
ten iiur  die  christliche  Aere  gebraucht  werden  solle  ^). 

1)  S.  seine  Bkionia  Güthcnan^  Toi  VH  der  neufttea  Ans* 
gäbe  iscincr  Werte  van  Arevalo.    • 

2)  Man«!  CoUeet.  Cwkit.  Toin.  XlV^  coli  W?:    - 

3)  S.  Q^MiBihUotheta  Eseurialensis  VoL  I,  ^.  ^Bi, 

4)  Waasi  CoUe^.  Condk  Tom.  XXII,  p.  47i: 

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434  Techvisehe  Okronohgie. 

In  Arragonien  bestancl  clie  spanische  noch  bis  1350  '), 
in  Vaiencin  bis  13^8  ""),  inCastilien  bis  1383  ^}iind 
in  Portugal  bis  1420  ^)^  Seitdem  kommt  sie  nirgends 
«r-eiter  vor.  . 

So  viel  über  den  O^hrauch  dieser  Aeie.  Was 
ihren  Ursprung  und  Namen  betrifit,  so  sind  die  Mei- 
nungen deMalls  nicht  vtrenig  getheflt  Ausführliche 
und  griindticbe  Untersuqhungen  darüber  findet  man  in 
den  Obras  ehroru>logicas  des  Marques  von  Mon- 
dejar  *). 

Gewöhnlich  nimmt  ma|i  an,  daTs  sie  dem  Au- 
gust zn  Ehren  von  den  Spaniern  eingeführt  «ei,  da- 
her sie  auch  Aera  Caesaris  genannt  wird.  Sepul- 
veda  *)  findet  es  ganz  natürlich,  dafis  die  Jahre  nacJi 
ihm  gezählt  wurden,  seitdem  ihm  bei  der  VertheUung 
de$  römisdien .  Reichs  unter  die  Triumvim  unter  an- 
dern auch  Spanien  zugefallen  war.  Allein  die  Acre 
nimmt  mit  dem  Jahr  716  d.  St.  ihren  Anfang,  und 
Dio  Cassius  ^)  setzt  die  TheUung  in  das  Consulat 
des  Donutius  Calvinus  und  Asiiws  Pollio,  d.  L  ipi  das 
Jahr  714 

Andrere  bringen  den  Krieg  in  Erinnerung,  den 
Domitius  Calvinus  in  dem  Jahr  nach  seine^i  Consu. 
Ut  a.  u^  715  mit.  den  Ceretanem?  einem  an  dem  FuTse 
der  Pyrenäen  wohnenden  Volke,  geführt  hat  ®),   und 


1)  ^nrita  Anales  de  Aragon^  I.  VIII,  c.  39. 

2)  Mariana  Utstoria  general  de  Espana^  i  XVII,  c.  2. 

3)  Mariana  1.  XYIH,  c  §;    Sepulveda  de  rebus -gesü* 
CaroU  F,  1.  I,  §.  20., 

4),  Aiit.  Caetano  da  SpusaJProt)^  da  kistotia  geneah- 
gica  da  enua  Real  de  PorUiguejtOi  Tom^  I,  p.  363. 

5)  Valencia  1744,  fol.    Wiederhohlt  V^irid  1795. 

6)  In  seiner  Ideinen  Schrift  de  Correcti^ne  amu  mensium- 
que  Rqmqfforunh  ,Oper0  (Madrid  1780^  4)  VoJ.  IV,  p.  181. 

7)  HUt.  Jtom.  l  XLVDI,  c  38.        §)  £ben4  c  43. 


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,  ChrkOicbe  Voller.  435 

rodneii,  dalis  die  Provinz  Spanleu  erst  nach  ihrer  vol- 
ligen Benibigung  und  Unterwerfung  unter  den  Befehl 
des  Octavianus  die  Jahre  nach  ihm  zu  zählen  ange- 
fangen habe.  Noch  andere,  wie  Gerhard  Johann  , 
Vossius^)^  wollen  die  Aere  mit  der  Einführung  de« 
julianischen  Kalenders  in  Spanien  in  Verbindung  brin^ 
geu^  deren  Epoche  uns  ganz  unbekannt  ist  Alles 
dies  sind  aber  nichts  weiter  als  Vermuthungen« 

Vor  allen  Dingen  fragt  es  sich,  ob  aera  oder 
era  ein  lateinisches  Wort  sei.  <- Mehrere  Kenner  des 
Arabischen  haben  hieran  zweifeln  wollen»  Sie  brin- 
gen es  mit  dem  arabischen  arrach^  datiren,  in 
Verbindung^  aus  welcher  Wurzel  tarich  entstand^i 
ist,  das  f&r  Epoche,  Aere,  Chronologie  und, 
chronologische  Geschic^hte  gebraucht  wjird.  Ja- 
kob Christmaujü  ^)  behauptet  geradezu,  dafs  das 
Wort  Aere  erst  mit  dem  gleichbedeutenden  tarich 
durch  die  Araber  nach  Spanien  gekommen  seL  Aus 
Obigem  erhellet  aber,  da£s  er  sich  irrL  Die  gewöhn- 
lichste, schon  beim  Isidor  vorkommende,  Meinung 
ist,  dafs  Era  allerdings,  ein  lateinisches  Wort  sei, 
wenn  man  sich  gleich  über  die  Entstehung  desselben 
nicht  ganz  einigen  kann.  Ich  verweise  delsHalb  auf 
das  Handbuch  der  Chronologie  ^), 

Ein  sehr  bemerkenswerther  Umstand  ist  es,  dals 
von  der  spanischen  Aere,  die  doch  schon  im  Jahr 
38  V.  Chr.  entstanden  sein  soll,  so  wie  von  ihrem 
Namen,  vor  dem  Anfange  des  Reichs  der  Westgothen 
in  iSpanien  (415  n.  Chr.)  keine  Spur  wahrgenonunen 


1)  Etym,  ling.  lat.  v.  iiera. 

3)  hl  seinem  chronologisdieii  CommenUr  fiber  das   erste 
Capitel  des^iAIfarghani,  hinter  seiner  lateinisdien  Uebersetiong 
desselben.  (FrankC  1590,  8)  S.  361. 
•      3)  Tb.  H  S.  428  ff. 

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43b  TechnUche  Chronohgie. 

wirld.  Man  soUte  doch  meinen,  dafe  sidi  der  panier 
Paulus.  Or68iu8,  der  seine  Geschichte  417  n.  Chr. 
betedigt  hat,  ihrer  bedient  haben  müDste,  wenn  et  sie 
bereits  vorgefunden  hätte;  allein  er  zählt  nur  nach 
Jähren  der  Welt,  deren  er  bis  auf  Christi  Geburt 
5199  rechnet  ^),  zuweilen  auch  nach  Olympiaden  und 
Jahren  der  Stadt  Rom.  ^ 

Man  kann  sich  daher  kaum  des  Gedankens  er- 
wehren, den  schon  Mondejar  gehabt  hat  ^),^  wenn 
•  er  ihn  auch  bald  wieder  fallen  läfst,  dafis  die  spani- 
sche Aere.  ursprünglich  den  Gothen  eigenthümlidli  ge- 
wesen und  erst  durch  sie  nach  Spanien  gebracht  wor- 
den sei.  Unter  dieser  Voraussetzung  wäre  *  auch  das 
Wort  er a,  das  sich  nur  auf  eine  gezwungene  Weise 
zu  einem  lateinischen  stempeln  la&t,  ungemein  nator. 
lieh  zu  erkll^n;  Aetm  es  würde  nnn  nichts-  weiter 
sein,  als  das  jera  des  Ulfilas^y,  das  Jahr,  year, 
aar,  ar,  der  germanischen  •Sprachen.  Wenn  schon 
fäidor  den  Ursprung  des  Worts  veikfeinnt  hat,  so  darf 
uns  dies  nicht  befremden.  Die  Westgothen  machten 
sich  nach  ihrer  Niederlassung  auf  spänischem  Boden 
die  dortige  Landessprache  so  g)anz  zu  eigen,  dafs  sich 
in  A.tt  heutigen  spanischen  Sprache,  deren  Entstehung 
aus  der  lateiniischen  schon  der  Name  Roman ce  zu 

.  erkennen  gibt,  verKältnlfsmälsig  nur  sehr  wenige  ger- 

, '  manische  Wolter  erhalten  haben. 

Aufser  den  bisher  gedachten,  in  den  bürgerli- 
chen Gebrauch  übergegangenen,  Jahrrechnungen  ha- 
ben sich  im  Occident  einzelne  Regenten  und  Schrift- 
steller eigenthümlicher  Acren  bedient,  die  mit  ihnen 
wieder  erloschen  sind.  Ein  paar  solcher  Partikular- 
ären  habe  ich  im  Handbuch  erwähnt  ^). 


1)  Hist.  I,  1.        2)  Discaroo'  I,  §.  S. 

3)  S.  aeinen  Lucas  H,  41;  UI,  U        4)  Th.  H,  S.  432. 


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ChrMUche  fnUker.  ^       437 

Wir  wenden  uns  nun  zu  den  JFahrreehninigen  der 
Christen  des  Orient^.      ^     , 

Dahin  gehört  zuvörderst  die  seleui^idische 
Aere,  die  nach  Auflosung  des  Reichs  der  Seleuciden 
sichx  in  vielen  Städten  Syriens  behauptete  (187),  und 
auch  denen,  die  sich  nach  erlang^r  Autonomie  be- 
sonderer Jahrrechnungen  bedienten,  nicht  fremd  ge- 
worden jsein  kann,  weil  sie  im  gegenseitigen  V;erkdir 
ein  bequemes  Reductionsmittel  für  alle  darbot 

Aus  ^einer  Stelle  des  Chronicon  paschale  ^) 
läfst  sich  abnehmen,  dals  in  ^  Syrien  bei  der  Festrech- 
nung  eben  so  die  seleucidische  Aere  gebraucht  Wurde, 
wie  in  Aegypten  die  diodetianische  und  im  .Ocddent 
die  christliche'),  und  dies  bestätigt  auch  der  dem 
ßedhzehnten  Jahrhundert  angehorige,  aiaHsch  abge- 
falGste  Computus  ecclesiae  Antiochena^^  den  Scali» 
ger  mittheilt  *).  Dadurch  blieb  sie  den  syrischen 
Christen  geläufig,  die  sich  ihrer,  augleich  mit  ihren 
.  einheimischen  MonateÄ  (180),  wenigstens  im  kirchh- 
chen  Gebrauch  noch  jetzt  bedienen.  Carsten  Nie- 
buhr  ^)  sah  in  einer  nestorianischen  Kirche  zu  Mosul 
das  2(fö5ste  Jahr  seit  Alexander,  das  Erbauungsjahr 
derselben,  mit  dem  1744sten  n,  Chr,  verglichen.  Dieses 
seleucidische  Jahr  fing  im  Herbst  1743  an;  die  Kirche 
mufs  also  in  den  ersten  9  Monaten  des  Jahrs  1744 
vollendet  worden  sein.  Auch  kommt  die  Aere  nicht 
selten  bei  den  national  syrischen  Kirchenscrib^nten 
und  bei  den  arabischen  Astronomen  vor  (188). 

Von  dem  doppelten  Anfange  des  syrischen  Jahrs 
mit'  dem  i  •  September  und  1.  dktober  ist  oben  ( 191 ) 


1)  S.  171; 

3)  Vergt  oben  S.  362. 

3)  Emend.  iemp.  S.  707  ff. 

4)  Beschrelbang  ron  Arabien  S   111. 


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438  ^  Technische  Chronoiogie. 

gehandelt  worden.  Nach  Abulfaradsch  ^)  began- 
nen die  Rum  (Byzantiner)  semer  Zeit  Aßs  Jahr  mit 
|toem  Datmn,  die  Syrer  mit  diesem.  Er  selbst,  als 
Syrer,  rechnet  vom  1.  Thischri  oder  Oktober.  Nach 
dem  Art  de  vdrifier  les  dates  *)  fangen  die  Nesto- 
rianer  und  Jakobiten  das  Jahr  noch  jetzt  mit  dem  1. 
Oktober,  die  syrischen  Kalholiken  hingegen  mit  dem 
1.  September  an. 

Die  antiochenische  Aere  (193).  haben  die 
griechisch  schreibenden  Syrer  E  u  a  g  r  i  u  s'^^md  Ma- 
lelaa  gebraucht,  die  nationalsyrisehen  SchriftsteDer 
nicht 

Es  i^t  schon  oben  (362)  bemerkt  worden,  dafe 
die  Alexandriner  die  Bei-echnung  des  Osterfestes  an 
die  diocletianische  Aere  g^nüpft  habenr.  Das 
.  erste  ihres  19jährigen  Mondcyklus  war  das  erste  des 
Diocletian,  das  mit  dem  39.  August  284  n.  Chr., 
zufällig  einem  Neumondstage,  seinen  Anfang  nahm« 
Diese  Aere,  die  wegen  der  schrecklichen,  in  ihrem 
19ten  Jahr  über  die  Christen  verhängten  Verfolgung 
den  Namen  der  Märtyreräre  erhielt  (81),  ist  bis 
auf  die  Herrschaft  der  Araber  in  Aegypten  als  eine 
bürgerliche  gebraucht  worden,  und  dient  den  Kop- 
te^n  noch  jetzt  zum  Behuf  ihrer  Festrechnung.  Von 
,dicsen  ist  sie  zu  den  äthiopischen  oder  abessi- 
nischen  Christen  übergegangen,  die  den  Patriar- 
chen von  Gonstantinopel  als  das  Oberhaupt  ihrer 
Kirche  anerkennen,  ütiter  den  verschiedenen  Acren, 
die  m  der  Einleitung  zu  dem  von  Ludplph  ^)  abes- 
fiinisch  und  lateinisich  mitgetheilten  Festkalender 
der  Aethiopier  aufgeführt  werden,  ist  auch  die 


1)  UUt.  Dynast,  1.  VI,  p.  98. 

2)  Tom.  1,  p.  45. 

3)  Commeniariw  ad  warn  hUicriam  Jethtopicam  p.  385  ff. 


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CkHstltche  F»tker.  439 

Märtyrerare,  der^  Epoche  riiehlig  auf  das  Jahr 
276  ab  Ineamätioiie  gtoetzt  wird.  Dieses  Jahr  ent- 
spricht uBserm  Ü84sten;  denn  ^e  äthiopischen  Chri- 
sten nehinen  die  Incarnation  8  Jahre  später  als  Dio- 
nysius  an.  Ihre  Hanpt^re  ist,  aber  die  dei^  Schö- 
pfung, nach  der  sie  bis  auf  Christus  5500  Jahre,  also 
bis  zum  Anfange  unserer  dionysischen  54B2  zählen  ^ ). 
Sie  nennen  die  Jahre  der  W^ltäre,  nicht,  wie  seit 
Scali.ger  irrig  in  allen  chropolo^ehen  Büchern 
stdit,  die  der  Märtyreräte,  annos  gratiae.  Ihr  Ka- 
lender stiihmt  äbrigens  in  Ansehung  dar  Jahrepoche, 
der  J)auer  der  Monate*  und  der  Schalteinrichtung  voU- 
koHunen  mit  dem  der  Kopten  überein;  nur  die  Na- 
men ihrer  Monate  weichen  ab.  Es  sind  von  dem  mit  , 
dem  Thoth  (73)  übereinstimmigen  Mascaräm  an 
gerechnet  folgende: 

1)  Mascaräm.        7)  Magabit. 

2)  Tek^mt  8)  Mijazia* 

3)  Hedar.  9)  Ginbdt.  , 

4)  Tachsas.  10)  Sene. 

5)  Ter.  11>  Hamle. 

6)  Jacatit  12)  Nahase. 

Ergänzungstage. 
Letztere  werden  von  den  Aethiopiem  mit  dem  Na- 
men P>aguemen  oder  P«gomen  bezeichnet,  der  of- 
fenbar das  entstellte  svcayo^ievai  ist. 

Die  armenischeh' Christen  haben  eine  eigene 
Aere  und  einheimische  Monate.  ^Die  Aere  nimmt  nach 
der  überdnstimmig^  Angabe  von  Sehröder  *),  Vil- 


i)  Ludolp^  Eist.  Jeth.  III,  6,  97. 

2)  DUsertiUio  de  antUfaitate^fath^  ihdols  aique  usxi  Im- 
guoe  Annemeae  S.  63.  Vor  «einem  TheHwrus  linguae  Armem" 
cae,  Amsterdam  1711,  4« 


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440  Tefhnkche  Chr^nohgie. 

lotte/)  tuid  anderen  zuvedfissigen  SchrifUteDem  ndt 
dem.  Jahr  551  unserer  dionysiscfafen  ihr^i  .Anfang. 
Nach  Samuel*)  hatte  ein  gewisser  Andreas  von 
Byzanz  im  Jahr  351*  n.  Chr.  eine  200jährige  Osteria- 
fei  fiir  die  Armenier  entworfen.  Sie  wich  gegen  das 
$}nde  hin  beträchtlich,  vom  Himmel  ab,  und  es  wurde 
daher  eine  neue  Begulinmg  der  Festrechnung  nothig. 
Diese  kam  im  Jahr  551  unjier  dem  Patriarchen  Mo- 
ses zu  Stande,  und  von  hier  an  zahlen  nun  die  Ar- 
menier ihre  Jahre  * ).  * 

Die  Namen  ihrer  Monate  lauten  bei  Schr3 
der  und  Villotte,  die  sie  zugleich,  mit  armenischen 
Charakteren  geben,/ wie  folgt: 

1)  Navasardi,  *       7)  Miehieki. 
.  Ä)  Hu.erri.  5)  Arieki. 

3)  Sähmi.  9)  Ahki. 

4)  Tre.  10)  Maricirl 

5)  Kagots.  11)  Margats* 

6)  Arats.  12)  Hruetits. 

Die  Monate  sind  durchgängig  SOtägig.  Die  das 
Sonnenjahr  ergänzenden  Tage  werden  dem  Hruetits 
angehängt  nnd  Aceliacz  genaimt    Bereits  der  im 


i)  Dietionanum  nopum  Latbia.  •  Armenmim  (Rom  1714, 
foL)  8.  r.  Calendarium,   . 

2)  Samnelia  Jßresbyteri  Aniensis  iemporum  usque  ad 
miam  aeiatem  ratio  e  librls  Mstoricorum  summatim  collecta 
in  Zohrab's  «md  Mai 's  lateinischer  Uebersetzung  des  anneni- 
sehen  Ensebins.  Mailand  ISIS,  4.'  Yergl.  (^ntiiLvo  deUa  sio- 

'  Ha  Utteraria  Armena  estesa  da  Phuddo  Sukias  Somal  della 
eongregazione  dei  Monaci  Armerd  di  S.  Lazaro»  Venedig 
1829,  8. 

3)  Samnel  nenni  die  Jahre  353  nnd  553,.  &  setzt  aber 
das  erste  Jahr  n«  Chr.  mit  £asebi.as  (422)  dem  42sten  des 
August  yd.  l.  dem.  752.i9ten  d»  St.  parallel;  dahingegen  das  erste 
Jahr  der  diooTsischea  Aere  dem  7548teii  entspricht. 


Digmzed  by  VjOOQIC 


Chrktttche  Fölker.  .  441 

fönften  Jahdhnndert  lebende 'Mose$  von  Ghorene, 
der  älteste  National- Schriftsteller  der  Armenier,  fangt 
das  Jahr  mit  dem  Nay^ardi  an,  und  dals  die. Stel- 
lung der  Monate  seitdem  unverändert  geblieben  ist, 
erhellet  schon  daraus,  dafs  weh  ihm  der  Miehieki, 
öder 9  wie  er  ihn  nennt,  Mehekan,  der  sechste  nach 
dem  Navasardi  ist  *). 

Mach  Schröder  ist  das  aus  diesen  Monaten  zu- 
sammengesetzte bürgerliche  Jahr  der  Armenier  gleich 
dem  der  alten  Aegypter  "und  Perser  ein  bewegliches 
Sonnenjahr,  dösseb  Anfang  im  Jahr  1710,  wo  er 
schrieb,  dem  8*  Oktober  n«  St.  entsprach,  und  d.(S 
seitdem  mit  jedem  imserer  Schaltfahre  um  einen  Tag 
fr^her.  angefangen  haben  mufs.  Ob  es  mit  den  Na-' 
tionalmonaten  noch  jetzt  im  Gebrauch  sein  mag,  weiTs 
ich  nicht  Die  Annenier  müssen  es  von  ihren  Nach- 
barn, den  Persem,  entlehnt  haben,  denen  sie  oft,  zuni 
Theil  noch  bis  auf  die  neuesten  Zeiten,  unterwor- 
fen waren. 

Ein  solches  bewegliches  Jahr  vertrug  sich  aber, 
mit  der  Festrechnung  nicht.  Zu  diesem  Behuf  haben 
sich  die  armenischen  Christen,  die  nichtunirten  so- 
wohl als  die  unirten,  ohne  Zweifel  von  jenem  An- 
dreas her  des  julianischen  Kalenders  bedient 

Es  liegt  ein  armenischer  Kalender  auf  das  Jahr 
1789  vor  mir,  der  ganz  übereinstimmig  mit  dem  unsri- 
gen  geordnet  ist  und  der  beweglichen  Monate  gar 
nicht  gedenkt     Freret  behauptet  in  einer  ausführ- 


1)  Hist.  Jrmena  1.  II,  c.  63  und  1.  HI,  c.  «7,  Die  Ge- 
schichte geht  his  auf  das  Jahr  441  a.  Chr.  Auch  andere  etwas 
später  lebende  armenische  Historiker,  als  Elisäus,  Lasar  von 
Barb,  erwähnen  die  nationalen  Monate  häufig,  wie  mich  Herr 
Carl  Friedrich  Neumann,  ein  ausgezeichneter  Kenner  der 
armemschen  Liiteratur,  Tersiphert.  ' 


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443  Teclmhche  Chronologie. 

liehen  Abhandlung  de  V Annee  Armimenne  *),  dafc 
sich  die  Armenier  ^u  liturgischem  Bcffauf  eines  aus 
obigen  Monaten  bestehenden  festen,  dem  alexaudrini- 
schen  analogen,  Sonnenjährs  bedienen,  das  am  11. 
August  a.  ^.  meinen  Anfang  nehme.  Ich  weife  nicht, 
aus  welcher  Quelle  er  diese  Notiz  geschöpft  haben 
mag,  und  vermuthej  dafe  dabei  eine  Verwechslung 
mit  einem  dem  östlichen  Armenien  angehörigen  festen 
Sonn^njahr  zum  Grunde  liegt,  dessen  Monate  nach 
S^chröder  also  heifeen: 

1)  Schams.  7)  Thirai. 

2)  Ad^am.  \    8)  Damai. 

3)  Schbat.  9)  Hamirai. 

4)  Nachai.  tO)  Aram. 

5)  Ghamar.        11)  Ovdan* 

6)  Nadarl  12)  Nirhan. 

Sie  sind  ebenfalls  SOtagig  und  werden  durch  die  Ace- 
liacz  ergänzt  Der  Anfang  A.t'^  Jahrs  haftet  auf  dem 
Frühlingsäquinoctium,  indem  der  Nirhan  alle 
vier  Jahre  dnen  Tag  mehr  erhalt  Jahrform  und 
-Jahranfang  kommen  mit  der  dschelaleddinischen  Zeit- 
rechnung übereiü  (wovon  unten),  und  sind  wahr- 
scheinlich von  derselben  entlehnt  Dafc  diesi)^  Monate 
zur  christlichen  Festrechriung  'gedient  haben,  setzt  der 
Umstand  aufser  Zweifel,  dafs  die  Jahre  gewöhnlich 
nach  der  grofsen  victorianischen  Osterperiode 
(372)  gezählt  werden.  Unser  1710tes  war  das  97ste 
derselben.  Die  vorhergehende  Periode  mufe  also  im 
Jähr  1082  n.  Chr.  ihren  Anfang  genommen  haben,  3 
Jahre  später  als  die  dschelaleddinische  Aere.  Nach 
Schrödet  war  der  Erfinder  dieser  Jahi]:6chnung  ein 


1)  Mem.   de  V  Acodkme   des    InsctipÜime   Tom.    XIX, 
p.  85  ff. 


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ChrisiUche  F6l1cer.  443 

gewisser  Azarias  ^).  Ob  sie  »och  jetzt,  wie  zur 
Zeit  dieses  Schriftstellers,  von  den  amaemschen  Kauf- 
leuten gebraucht  wird,  weifs  ich  nicht. 

Ich  gehe  nun  zu 'den  Welläreii  der  Orientaler 
über,  einem  verwickelten  Capfitel  der  Chronologie,  das 
zuerst  durch  Van  der  Hagen's  gründliche  Untersu- 
chungen aufgeklärt  worden  ist.  Den  Verfassern  des 
Art  de  virifier  les  dates^  die  Pagi's  unrichtiger 
Darstellung  folgen*),  scheinen  die  chronologischen 
Arbeiten  dieses  holländischen  Gelehrten  nicht  bekannt 
geworden  zu  sein.  v 

Wenn  sich  das  Geburtsjahr  des  ersten  Mensdfaien 
mit  Sicherheit  ermitteln  liefse,  so  würde  die  Rech- 
nung nach  Jahren  des  Menschengeschlechts 
oder,  wenn  man  lieber  will,  nach  Jahren  der  Welt, 
in  der  Universalgeschichte  die  natürlichste  sein.  Al- 
lein der  erste  Ring  dieser  Kette  schwebt  in  der  Luft 
Alle  sogenannten  Weifären  gründen  sich  auf  die  im 
alten  Testament  vorkommenden  Zahlen.  Nun  weichen 
aber  der  hebräische  und  samaritanische  Pentateuch 
und  die  Septuaginta  gerade  in  den  Zahlen  bedeutend 
von  einander  ab;  auch  läfst  .sich  die  xbiblische  Ge« 
schichte  mit  der  profanen  riicht  ohne  mancheriei  Hy- 
pothesen In  Verbindung  bringen.  Man  darf  sich  da-* 
her  über  die  Verschiedenheit  der  Bcrechnuiig  deif 
Jahre  der-  Welt  bei  den  altem  und  neuem  Obronolo- 
gen  gar  nicht  wundem.  Im  Art^  de  verifier  les  da- 
tes  foidet  sich  ® )  eine  Tafel  d^  Jahre,  die  nach  den 


1)  Das  1698  zn  Amsterdam  gedrackte  Werk  des  Erzbisebofs 
ThomaB:  HafTnofUft  qwniuplUU  mensU^  Römanorwn^  Jk»' 
riae^  Armenorum^  Hehraiorwn  ei  Muhammedanorum  lutbe  idi 
vergebens  gesacht. 

2)  Man  yergldche  ihre  Artikel  Mre  mandaine  d^Aleaumirie' 
d*J7aiochie,  Tom.  1,  p.  39  mid  42.  3)  Discaurs  preUm.  der' 
Abtfaeiluii^  uvani  Vh'e  ckretienne  p.  XXYU.  ' 


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444  Technische  Chronologie. 

verschiedenen 'Anstchten  von  Adam  bis  auf  Chnstus 
verflossen  sein  sollen,  und  hier  sind  nicht  weniger 
als  108  Bestimmungen  2;usammenge8tellt,  deren  Ex- 
treme ^m  mehr  als  2000  Jahre  aus  einander  liegen. 
Des-Vignoles  sagt  gar  *),  er  habe  200  Angaben 
gesammell,  von  denen  die  groOste  6984,  die  kleinste 
3483  Jahre  von  Erschaffung  bis  auf  Christus  zahle. 
Um  nur  ein  |>aar  dieser  Bestimmungen  anzuführen, 
die  noch  den  meisten  Beifall  gefunden  haben,  so  ist 
das^  erste  Jahr  unserer  christlichen  Acre  das  3950ste 
nach  Scaliger  und  Calvisius,  das  3984ste  nach 
Petavius,  das  4004te  nach  Usher,  das  4182ste 
nach  Frank.  Matterer  zählt  in  allen  seinen  Ge- 
schichtswerken  nach  Jahren  der  Welt,  in  den  frühe- 
ren mit  Petavius,  in  den  späteren  mit  Fr auk  (212). 
Nichts  kann  unbequemer  und;  verwirrender  sein,  als 
eine  solche  Zählungsmethode,  die  glücklicherweise  im- 
mer mehr  aus  der  Mode  kommt.  Die  zweckmä- 
feigste  Rechnung  bleibt  immernoch  die  nach  Jahren 
vor  und  nach  Christi  Geburt.  Die  Acren  der  Olym- 
piaden und  der  Sjtadt  Rom  gehen  nicht  weit  genug 
zmück,  um  die  ganze  alte  Geschichte  an  sie  knüpfen 
zu  können. 

Die  Vergleichung  der  biblischen  Chronologie  mit 
der  profanen  ist  seit  Julius  Africanus,  einem 
chnsdidien  Schriftsteller  des  dritten  Jahrhunderts,  Ge- 
genstand vielfältiger  .Untersuchungen  gewesen.  Beson- 
ders haben  sich  in  .dieser  Beziehung  die  ägyptischen 
Mönche-  Panodorus  und  Anianus  ausgezeichnet, 
deren  Weltare  zu  einer  besondem  Celebrität  gelangt 
ist  Was  wir  vqn  ihren  Forschungen  wissen,  verdan- 
ken wir  einzelnen  zerstreuten  Fragmenten  beim  Syn- 


.    1 )  In   der  Vorrede  ta  sttner  >  Chronologie  de  rßutoirg 
Sokiie, 


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Cbrisüiehe  falber.  445 

celluSy  die  Van  der  Hageti  seburfeuinig  znsämmen- 
gestellt  und  etiäutert  hat^). 

Panodorus-febte  am  den  Anfang  des  ^fünften 
Jahriinnderts.  Er  6<^rieb  eine  Chrenegraphie^  de- 
ren Hauptzweck  war,  die  Träditionßn  der  Chaldäer 
und  Aegypter  mit  der  heiligen  Schrift  in  Einklang  zn  ' 
bringen*  In  diesem  Werke  rechnete  er  von  Adam*, 
bis  auf  seine  Zeit,  und  zwar  bis  auf  den  ini  Herbst 
412  n.  Chr.  gestorbenen  Bischof  Theophilus  (558),. 
5904  Jahre*  Ab  Aegypter  begann  er  sein  Jahr  ohne 
Zweifel  mit  dem  1.  Thoih  der  Alexandriner  oder  dem 
29.  August  Es  mufs  also  das  erste  Jahr  unserer 
Acre  dem  5493sten  der  seinigen  entfi^rochen  haben, 
nur  dafs  ex  es  etwa  4  Monate  irüher  anfing;  und 
wirklich  versichert  Syncellus  *),  dafe  er  Christi 
Geburt  in  das  Jahr  5493  seiner  Aere  gebracht  habe. 

Die  Chronologen  nennen  diese  Weltäre  des  Pa- 
nodorns  ohne  allen  Grund  die  anlioehenisehe, 
nnd  setz«!  den  Anfang  ihrer  Jahre  auf  den  li  Sep-- 
tembei^  tue  Jahrepoche  der  Antiochenör.  Pagi,  der 
sich  unter  andern  dieser  Benennung  bedient,  sagt  selbst, 
dafe  sie  auf  keiner  sichern  Autorität  beruhe.  Richti- 
ger ist  der  Name  Kirchenjahrrechnung  gewählt, 
den  ihr"  Gatterer  beilegt  *  );  denn  sie  ist  lange,  noch 
von  Maximus  im  siebenten  Jahrhundert,  bei  derBe-'% 
rechnnng  des  Osterfestes  gebraucht  worden.  Wir  wol- 
len sie,  ihrem  Urheber  und  der  ihr  zum  Grunde  He-» 
genden  Jahrform  gemäls,  die  alexandrinische  nen- 
nen, welchen  Namen  sie  auch  bei  den  Byzant^lenfl 
geführt  hat*). 


1)  Dissertationes  de  cyclis  päichaUbus  S.  65  —  106. 

2)  CKronogr,  S.  327. 

3)  Abrifs  der  Cliroiiölogie  S.  89. 

4)  Handb.  II;  449. 


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446  Technische  Chronolof^. 

Um  das  Jahr  unserer  ckristlieheQ  Aere  zu  finden, 
das  in  einem  gegebenen  alexandrinisdken  anfangt  und 
seinem  gröfsten  Tbeil  nach  mit  ihm  Gorrespondirt^  ziehe 
man  5492  ab,  und  um  das  alexandrinisdie  zu  erhal- 
ten, .üas  zu  einem  gegebenen  christlichen  Jn  diesem 
Verhältnis  steht,  addire  man  5492.  Sp  stimmit  das 
jetzige  Jahr  1831  gröüstentheils  mit  dem  7323ste& 
alexandrinischen  überein,  das  am  29.  August  1830  an- 
gefangen hat.  Bemerkenswerth  ist  ^s,  daCs  die  ale- 
xandrinische  Jahrzahl  durch  19  dividirt  allemal  die 
güldene  Zahl  gibt,  wa$  gewils  kein  blolser  Zufall  ist 

Diese  Mgenschaft  hat  Pagi  zur  Construction  sei- 
ner griechisch-römischen  Periode  veranlalsL 
Man  sehe  seine  Abhandlung  de  Periodo  Graeco- 
Romana  vor  seiner  Critica  in  Annales  Baronii  ^), 
a^ch  besonders  mit  Erläuteixmgen  von  Schurz- 
fleisch ^),  Da  diese  Periode  fast  gänzlich  durch 
die  julianische  verdrängt  ist,  so  wollen  wir  uns  bei 
ihr  nicht  aufhalten  '  )• 

Anianus,  em  Zeitg^iosse  des  Panodorus, 
schrieb  ebenfalls  eine  Chronographie,  in  die  er  ei- 
nen Ostercyklus  verflocht.  Vergleichen'  wir  nämlich 
.alle  von  Van  der  Hagen  gesammelte  Stellen  des 
SyncelluSy  wo  von  den  chronolo^schen  Arbeiben 
dieses  Mönchs  die  Rede  ist,  so  sehen  wir,  dals  er 
sein  mit  Adam  beginnendes  Werk  nach  Jahroi  der 
Welt  und  zugleich  nach  wiederkehrenden  Jahreq  der 
grofsen  Ö32jährigen  Osterperiode  geordnet  und  so  bis 
zum  Jahr  5852,  dem  Schluis  der  elften  Periode,  foit- 


1)  Der  erste  Band  Paris  1689,  die  drei  letzten  Genf  1703, 
fol.  Wiederh\)hlt  1727. 

2)  Frankfart  tmd  L^pzig  1716,  4. 

3)  Wer  Anskunft  über  sie  verboigt,  findet  sie  Handbncli 

.n,  450  ff.  • 


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ChristUche  Fotber.  447 

gefahren  hatte»  Der  letztem ,  auf  die  ^Cbristi' Geburt 
traf,  fügte  er  eine  Ostertafel  bei,  ti^ofin  die  Tage  der 
Luna  XIV  und.  des  Osterfestes  nach  den  Grandsälzen 
der  Alexandriner  bemerkt  waren. 

Aus  e^mr  .von  Syncellus  ai^g^efUhrten  ^Ue  ^) 
geht  mit  Bestimmtheit  r  hervor  9  .daCs  er  das  Jal^  o$16 
seiner  Weltare  mit  dem  324sten  unserer  Zeitrechnung 
verband,  wp  die  Luna  XIV  dem  25sten  und  der  Oster- 
sonntag dem  29.  M^rz  entsprach.  Seine  Acre  ist  also 
mit  de|r  de^  Panodorus  identisch/  Nur  darii^  wich 
er  von  diesem  Chronographen  ab,  dafs  er-  Christi  In- 
carnation  in  ein  späteres  Jahr  brachte.  Da  er  nicht 
von  einer  alten  Tradition  abgehen  \vQUte,  nach  der 
Christus  das  Osterlanun  mit  den  Juden  an  der  Luna 
XIV,  einem  Donnerstage,  gegessen  hat,  an  der  Luna 
XV  gestorben  und  am  Tage  n seiner  Incamation  (dem 
25.  März)  erstanden  ist,  so  setzte  er  den  Tod  in  das 
5o34ste  Jahr  seiner  Acre  oder  das  42ste  der  unsri- 
gen,  dem  diese  Zeiteharaktere  zus^en;  und  da  nun 
Christus  nach  der  gewöhnlichen,  auch  von.ihm  beir 
behaltenen,  Annahme  33  Jahre  alt  gelittei^  hat,,  so 
stellte  sich  die  Incarnation,  von  d|er  er  dieses  Alter 
an  reel^nete,  auf  das  5501ste  Jahr  seiner  Acre,  oder 
dais  9te  der  unsrigen.  Man  sieht,  dafs  er,  um  eine 
Ueberlieferung  seiner  Kirche  ia  Ehren  zu  halten,  in 
einen  argto  Anachronismus  verfiel;  denn  unser  42stes 
Jahr  ist  da»  zweite  des  Claudius,  da  doch  Christus 
nach  dem  Evangelisten  Lucas'  ^)  noch  unter  der  Re- 
gierung des  Tiberius,  die  eine  Dauer  von  22  Jah- 
ren  erreichte  (58),  gelitten  haben  mufs.  Offenbar 
hat  er  die  zu  viel  gerechneten  Jahre  in  seiner  Chro- 
nographie irgendwo  aus  der  Kaiserge^cfafchte  der  er- 


1)  Chronogr.  f,  36« 

2)  Cap»  3  im  Anfange. 


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448  teehMsche  Chrotwlog^. 

sten  Jabriraliderte,  nul:  der  es  die  griecliisdieii  Kir- 
chenscribenten  nicht  s^r  genau  nahmen,  wieder  weg- 
grschnilAen,  P^ichto  desto  weniger  sind  ihm^  wie  ich 
im  Handbuch  gezeigt  habe  ^),  cGe  byzantinischen 
Chronologeh  Maximns^  Syncellus  und  Theopha- 
nea  beigetreten,  welche  die  Jahre  ab  incamatiope  im- 
mer  so  zählen,  dafs  man  8  zu  addireh  hat,  wenn 
.man  sie  mit  denen  Unserer  Äere  vei^leichen  will. 
Wenn  z,  B,  Maximus  das  31ste  Jahr  des  Hera- 
clius,  wo  er  schrieb,  als  das  63dste  der  Incamation 
bezeichnet  *),  so  meint  er  das  Jahr  641  n*  Chr.,  wel- 
ches das  31ste  dieses  am  5.  Oktober  6i0  zur  Regie- 
rung gekommenen  Kaisers,  ist 

So  klär  aber  auch  Petavius  *)  diesen  von  Sca- 
liger unrichtig  aufgefalsten  Gegendtand  auseinander- 
gesetzt hatte,  ist  derselbe  dennoch  von  späteren  Chro- 
nologen aufs  neue  in  Verwirrung  gebracht  worden. 
So  kann  sich  Pagi  gar  nicht  überzeugen,  dafs  man 
im  Orient  eine  christliche  Acre  gebraucht  habe,  die  8 
JahVe  weniger  als  die  dionysische  zählt  Er  nennt 
dies  einen  von  Herwart,  BoUand  und  Petavius 
verbreiteten  Irrthum,  den  zu  bestreiten  er  sich  alle 
Muhe  gibt^).  Offenbar  hat  er  aber  die  ebengedach- 
ten  drei  byzantinischen  Chronologen  und  andere  Schrif- 
ten, die  eine  solche  Acre  deutlich  erwähnen  *),  nicht 
unbefangen  angesehen.  Auch  scheint  *es  ihm  ganz 
entgangen  zu  sein^  dafs  die  äthiopischen  Christen  die 
Jahre  ab  incarnatione  in  gleichem  ahme  zählefi  (439). 

•  Ver. 


1)  Th.  U,  S.  454. 

%)  S.  seinen  CbiTtpd^  im  UranoIogUan  d«a  Petavias  I. 
I,  c  17  und  33,  auc*  L  IH,  c  9. 

3)  Far.  diss.  VjII,  1. 

4)  De  Periodo  Graeeo-Ramana  §.  28  ff. 

5)  Haiidb.  n,  458. 


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CfM^WeAe  Filier.       '  40 

Verschieden  vbn  clet  WehSre  der  fmien  ägypti 
sehen  Mouche  war  die-  des  Julias  Africänus,  Die- 
ser berobmte  in  Syrien  lebende  ChnMiolo^,  der  s^ine 
Chronik  iinier  denCoiisnln  Grutus  und  Seleucus  d. 
i.  2S1  n.  Chn  endigte^  'brachte  Cfamti  Mens<?hwer- 
dung  ins  Jahr  5500  *).  Petavius  ^ermn^t  *),  dafs 
-er  die  CJeburt  eben  sd  14ae  Clemens  Aiexandri« 
nüs,  Ensebins  und  andere  Griechen  bis  ^Weite,  m^ 
hin  ^e  IncaMation  ins  dritte  Jahr  vor  nnserer  Zeit- 
rechntmg  gesetzt  h|ibe.  In  diesem  Fall  kommt  d^ 
erste  Jahr  unserer  Aere  mit  seinem  5r503feen  parallel 
zu  stehen^  so  ifveit  es  die  Verschäedeiiheil  d^r  Jahr» 
epoche  gestattet;  Dieser  Ansieht  zufolge  zlädle  seine 
Aere  10  Jahre  mehrmals  die  des  Antanus*tind  P»- 
nodorus.  Sie  mit  Pa-gi  und  deiö  W^fce  Art  de 
verifier*  ies  dates  die  äle'Xändrinische  -mt  nennen, 
ist,  so  viel  ich  sehe,  kdin  triftiger  Grund  voriiandeti«. 
Wdcher  Ciebrafuch  von  ihr  späterhin  gemacht  ist,  wis- 
sen wir  nicht  mit  BestimHitheit  ^).  Eusebius,  der 
sein  Chronicon  doch  sonst -grofstenth^ils  aus  dem 
des  Africänus  geschöpft  hat,  f<^t  ihm  in  dieserii 
Punkt  nidit  Er  rechnet  v^n  der  Schöpfung  bis  ä^f 
Abrahams  Geburt  31di4  und  von  hier  bii^  auf  Christi 
Geburt  2015  Jahre  *)• 

Ganz  verschieden  von  den  beiden  bi^er  gedach- 
ten orientalischen  Weltären  ist  die- cönst^ntinopo- 
litanische  oder  byzantinis^cbe,' die  lange  iln  oriie^- 


1)  Syncellus  Chronogf.  p,  326. 
Ü)  rar.  diss.  Vltt,  3. 

3)  Iclf  habe  mich  vergeblicli  bemüht,  £e  UiitstSacle  xa  rerl- 
ficiren,  die  Hr.  Littifow  &  131  seiner  Caleiidariograpkie 
(Wim  1828)  in  dieser  Besiehung  anfahrt,  and  wündche  sehr, 
dafs  er  yon  seinen  Behauptungen  die  Beweise  beibringen  ml^ge. 

4)  YoL  I,  p.  151  udd  Vol  11,  p.  261  der  armenisch- lateini- 
schen Ausgabe.  - 


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450  Technhcke  Cht^tm^gie. 

tfjbchen  Kauserreiche  und  i^.Ilv&^iid^>fd^  »die  kirch. 
liehe  und  bü^gierlicli^  be;si9ädeAi*l>^  und.bei  d»  AI- 
bäkiern,  SerVicro  und:  Neugriecbeft.  «Och  jj^un^er  be- 
isteht Nur  die.  leb^teren  fangieft>  jeM  aq^.  ^h*  bei  ib. 
ren  Verhandlujigen  mit  den  ^i«»]fi4ttscbßn. Staate,  der 
christlichen:. Jabccedmung  tti  bedienen.  - . 
.  l , '  Die  :b^aiiliniache  W€aJ;^^e^  tSjkXX » 16  Jabte  .ti^ehr, 
.9)3  die  ideT^iidrinLsche.  IKes;  tvhellet :  unier  audem 
au3  denpi  Tbe^phanes,  der  ein  paaümat  einerlei  Jahr 
;a4bcfa  beidejn'äiigibt  In .  der X^^erÄhrift  «einer  Cbro- 
Inographiie  heirfiA:*!^^  sei^e  Geschickte  gehe.  v.oii  dem 
.fir^nJahr  df{s.D.i<^0letian^  dem  577?sten  der  Wrft'), 
'bi^  aut  daß  s^vreite  des  Micbaelv  w^bes  das  tö05te 
.li^ai^b  d^i^  AXejK^ndrinern,  dad  6321ste  nach  den 
&5iner«t!jCBjrzantinem)<  GjeL  s  Den  Tod  .Jes  L<eo 
.IsauriciUisW^t  er  ^*)  io/d^:  Jahr  6232  der  ALexan- 
.driber  ;od^r:^248  der  Römer.  Vergleicht  man,  vas 
.oben  (445)  iiber.  die  Epoche  der  aleKanddutusichen 
•JA^re .  gß)sagt'  i^t,  sq<  sieht :  man  \  da(s  ,  die  -,  byasmtinisehe 
JüiA}  mi  den  Anfang  der  :un$rigeii.  5&08:  Jahr« ;  zahlt 
iJii^.Q'  A^laikiiis  :b)e^ätigt:dies  ^).  Er-gibt  ebie  be- 
iQieiiit  Tati^l,  in  d^  :er  die  ;Jabre  der  byzantinischen 
i'A^  i4it:difineQ  Umsfarer  cbristfichjen  von  1  bis^  1643 
und  den  Indictionen  vergleicht..  Hat  man  kmne  aolcbe 
3eductiQnsbifeI...2Ji$r  Hand^,  ^:,kann  folgende.  Regel 
Jbijct*  Sti^ejVfabpet^i  vm  das;  Jidir-  unserer  Aere.za 
flÄaltepü,^4A8f  ul.'^iii^m  gegebea^  byzantinischen  an- 
fangt und  seinem  vgröisten  Theil  nach  mit  ihm  cor- 


1)  Unter  Jahren  d*6  -foS  xo<rjuov  Ter^teht  er  dieselben,  die 
er  init  oc^T'oi  rqp*!  ^A^t^av^tZq  bezei<:I^iet,  nUmlic^  die  A^re  des 
.Pano^orps  ^^  Aaianas.  2)  S.  345  und  346  der  priser 
ÄU8ga))e  jA,.%r  Sapmlüng  der  Scriptfi^  hist.  Byz, 
/.  ^)j^i)f!^f^  .Ai^b^l^^oag  Pf.  (fominiüfs  et  hebdomadibits 
Grae^orwfi^  ^^l.  jl494.  selnea/MVerliB:  De  ecclesiae  eccideoiaJU 
et  orienialia  perpetua  consensione^  Cöln  1648,  4. 


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CA^isüUhe  Volker.        '  451 

respondirt,  ziehe  man  5508  abv  und  um  das  byzapti» 
nische  zu  finden,  das  zu  einem  gegebenen  christlichen 
in  diesem  Verhältnifs  steht»  addire  man '  5508/  So 
zählen  die  *  griechischen  Christen  in  den  ersten  acht 
Monaten  unsers  jetzigen  Jahrs  1831  ihr  7339stes,  in 
den  vier,  letzten  ihr  7340s tes. 

Die  Entstehung  der  byzantinischen  Aere.  liegt  im 
Dunkeln;  nur  so  viel  ist  wahrscheinlich^  dafs  sie  in 
keinen  historischen  Combioationen  begründet  ist,  son-  , 
dern  anen  blofs  conventioneHen  Ursprung  hat*  Die 
alexandrinische  Aere  gab  die  Indiciionen,  die  im  by- 
zantinischen Reich  sehr  gebräuchlich  w^ren,  nicht  un- , 
mittelbar  durch  Division  mit  15,  SQfidern  um  1  zu  klein« 
Es  kam  also  nur  daraqf  an,  die  Jahrszahl  uih  1  zu  ver- 
grö£sem.  Man  fugte  ab^r  lieber  noch  eiue  ganze  Indic- 
tion  mehr  hinzu,  um  eine  Jahrrechnung  zu  erhalten, 
die  von  jener  allzu  verschieden  'war,,  als  dafs  beide 
leicht  verwechselt  werden  konntc^n.  Zugleich  verlegte 
man  den  Anfang  des  Jahrs  vom  !•  Thoth  oder  29. 
August  auf  den  1.  Sei>tember>  mit  welchem  die  In- 
dictionen  begannen;   ^ 

Die  erste  Spur  dieser  neuen  Weltäre  findet  sich' 
im  Chrqnicqn  Paschale*),  dessen  letzter  Verfas- 
ser (es  scheint  mehr  als  einen  zu  haben)  im  sieben- 
ten Jahrhundert  unter  Hera clius  gelebt. haben  muis* 
Vom  achten  an  kommt  sie  in  Verbindung  mit  den 
Indictionen  häufig  vor.  Nach  ihr  datiren  die  Kaiser 
ihre  Novellen,  die  Patriarchen  ihre  Hirtenbriefe.  Auch 
rechnen  nach  ihr  die  späteren  byzantinischen  Geschieht-  ' 
Schreiber,  namentlich  Cedrenus,  und  die  Chronolo* 
gen  Isaacus  Argyrus  und  Theodorus  Gaza.  Der 
erste  föngt  in  seinem  Computus  das  Jahr  6881,  von 
Mrelchem^  er  alle  seine  Beispiele   entlehnt,    mit   dem 


1)  S.  Handb.  U,  462. 

,     29  * 


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452  Technische  Chronologie.  > 

Jahr  1372  an,  wie  güldene  ZaM  usä  Ferie  lehren, 
der  andere  reducirt  das  Jahr  6978,  wo  er  sein  klei- 
nes Werk  über  die  AlyOnate  beendigte,  selbst  auf 
unser  1470ste8  *). 

Mit  dem  Ritus  der  griechisehen  Kirche  ist  auch 
ihre  Weltare  zu  den  Russen  übergegangen;  Schon 
Nestor,  Ar  ältester  Annalist,  der  seine  Chronik  bis 
auf  seinen  vormuthlich  im  Jahr  11  lo  erfolgten  Tod 
fortgeführt  hat,  gebraucht  sie  *).  Peter  der  Grofse 
hat  1700  die  europäische  Acre  und  Jahrepoche  ein- 
geführt, jedoch  nicht  den  neuen  Kalender,  den  die 
griechische  Kirche'  bis^  jetzt  nicht  angenommen  hat  *). 

Schon  viel  früher  kommen  im  "Orient  Spuren  ei- 
nes Gebrauchs  unserer  Acre  vor,  die  der  Verkehr  mit 
dem  Occident  herbeigeführt  hat,  jedoch  nur  in  Pri- 
vatakten und  in  Vetbindnng  mit  einheimischen  Jahr- 
rechnungen. Joseph  SimonAssemani  versichert*), 
dafis  sich  die  Syrer  ihrer  schon  seit  dem  elften  Jahr- 
hundert bedient  haben.  Aus  dem  sechzehnten  hat 
man  von  mehreren  Patriarchei^  des  Orients  '  Schrri- 
ben,  die  nach  ihr  datirt  sind.  T>ahin  gebort  der  Pro- 
test, den  die  Patriarchen  zu  Constantinopel,  Alexan- 
drien  und  Antiochien  unter  dem  20.  November  1582 
im  Namen  der  gnechischen  Kirche  gegen  die  grego- 
rianische Kalenderverbesserung  eingelegt  haben  ^  ). 

1)  Beide  Sdulftea  fiaden  uoli  im  ürtnßohgium  des  PetaTiiis. 

!2)  S.  Sehl5xer*t  Nestor  mid  Hrn.  Philipp  Kruges  kri- 
tischen Yersnch  zur  Aufklärung  der  byzantinischen 
Chronologen,  mit  besonderer  Rücksicht  suf  die  frühere 
Geschichte  Rnfslands.    Petersburg  1810,  8. 

3)  Veber  den  Kalender  der  Russin  gibt  Hr.  Lütrow,  der 
koge  unter  ihnen  gelebt  hat,  genfi^ende  Auskunft,  C  a  1  e  n  d a- 
riograpfaie  ST  77  1^ 

4)  Bibliotheca  Orientalis  Tom.  I,  p.  289. 

5)  S.  Henrici  Hilarii  Appendix  ad  Chronicon  Cyprü, 
Leipzig  und  Frankfurt  1687,  8. 


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*  ChrkaUhe  Fhlker.  453 

Hier  verdient  noch  der  eigenthümliche  Gebrauch 
bemerkt  zu  werden,  denEusebius  und  mehrere  Chro- 
nographcui  späterer  Zeit  von  der  Olympiadenäre 
machen.  Sie  schieben  nämlich  ihre  Epoche  um  bei* 
nahe  3  Jahre  weiter  zurück,,  ak  es  die  gewöhnliche» 
auf  den  Kanon  des  Eratosthenes  gegründete,  Re- 
ductionsmethode  ^it  sich  bringt  (158);  denn  statt  sie 
auf  den  Julius  des  Jahrs  776  t.  Chr.  zu  setzen,  rech- 
nen sie  so,  als  wenn  sie  dem  1.  September  778  v. 
Chr.  entspräche.  Belage  hierzu  findet  man  im  Hand- 
buch ').  Es  schemt  damit  die  Stellung  zusammen- 
zuhängen, welche  die  attischen  Monate  in  der  Tafd 
bei  Henricus  Stephanus  (124)  einnehmen,  zu- 
folge der  Hek^tombäon  und  Septehiber,  Meiagitnion 
und  Oktober  u.  s.  w.  gleichbedeutende  Benennungen 
sein  sollen.  Auch  der  Syrer  Epiphanius  gebraucht 
die  attischen  Mcmate  in  diesem  Sinn,  weim  er  den  6. 
Januar,  auf  den  er  Christi  Geburt  setzt,  mit  dem  6. 
Mämakterion  vergleicht  * ).  Ob  die  Athener  selbst  je 
so  gerechnet  haben,  steht  zu  bezweifeln. 

UnL  alle  in  der  Christenheit  vorkommenden  Zeit- 
rechnungen zu  erschöpfen,  muls  hier  noch  des  repu- 
blikanischen Kalanders  der  Franzosen  gedacht 
werden,  so  wenig  er  auch  auf  den  Namen  eines  christ- 
lichen Anspruch  machen  darf,  da  er  vielmehr  ganz 
auf  die  Zerstörung  des  Cultus  berechnet  war. 

Durch  ein  Dekret  vom  5.  Oktober  1793  führte 
der  National -Convent  eine  Zeiteintheilung  ein,  die  der 
Typus  eiiier  ganz  neuen  Ordnung  der  Dinge  sein 
sollte.  Der  Tag  wurde  in  10  Stunden,  die  Stünde 
in  100  Minuteo,  die  Minute  in  100  Sekunden  g^theQt. 
An  die  Stelle  der  siebentägigen  Woche  trM  eine  zehn- 


1)  Th.  n,.S.  465 
,2)  Haer.  LI.« 


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454  T^chnUche  Chronoldgie. 

tSgige,  die  Dekade,  dereii  einzelne  Tage  dnrch  die 
Benennungen  Primidi,  Duodi,  Tridi,  Quartidi, 
Quintidi|SextidiySeptidi,  Octidi,  Npnidi,  De- 
cadi  unterschieden  wurden.  Drei  Dekaden  bildeten 
den  Monat)  der  durchgebends  30  Tage  erbtelt  Zu 
den  12  Monaten  kamen,  wie  ini  alexandrinisehen  Jahr, 
(odS,  im  Schaltjahr  sechs  jours  complementaires  oder 
Ergänzungstage.  Der  Anfang  des  Jahrs  wurde 
auf  den  mit  der  Mittemacht  beginnenden  Tag  gesetzt, 
auf  den  nach  a^onomischer  Rechnung  unter  dem  Me- 
ridian der  pariser  Sternwarte  die  HerbstnacBtgleiche 
trifft.  In  der  Regel  folgte  auf  3  Gemeinjahre  ein 
Schaltjahr,  und  dieser  vierjährige  Zeitraum  wurde 
Franciade  genannt  Die' Monate  erhielten  folgende 
bedeutungsvolle  JNfamen; 

Herbstmonate,         Vendemiaire. 

Brumaire. 
^  Frimaire. 

Wintermonate,        NivAse» 

Pluvi&se. 

Vent6se. 
/  Frühlingsmonate..    Germinal. 

FloKaL 

PrairiaL 
Sommermonate.     M  e  s  s  i  d  o  r. 

Thermidor. 

Fructidor. 
Man  sieht,  dafs  je  drei  zu  einer  Jahrszeit  geh()- 
rige  Monate  übereinstimmige  Endungen  haben.  Die 
^Jahre  wurden  von  der  Stiftung  der  franzosischen 
Republik  im  Jahr  1792  an  gerechnet,  eben  so,  wie 
die  Engllinder  1648  unter  Crom  well  nach  dem  er- 
sten Jahr  der  durch  Gottes  Segen  errungenen 
Freiheit  datirten. 

Die  Decimaleintheilung  des  Tages,  hat  nie  in  den 


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Gang  komiiien  Wolfen,  weS  man  nickt  durch  einen 
Zaubeischlag  alle  Uhren  Terändem  konntö.  Die  De^ 
kaden  worden  m  den  öffentlichen  ]$kkten  iBid  in  den 
Zeitungen  mehrere  Jahre  beibehalten«  Die  30tägigen 
Monate,  die  mit  den  Jahrszeilen  beinahe  gleichen. 
Schritt  hielten,  wa»en  noch  das  Beste  an  der-iganzen 
Zeitrechnung.  Die  Einschaltnngaweiae  tadelteh  die 
Sachverständigen  vom  Anfange  an*  Es  gab  ^  sie 
gar  keine  feste  Regel,  und  es  konnten  daher  die  Mo- 
natstage des  repu)i>£kaniscdien  Kalenders  nicht  immer 
einerlei  Datis  des  gregoiianische»  entsprechen  ^ )« 

Zufdige  eines  von  Napoleon  v^ranlafsten  Se^ 
natsbesehlusses  vom-  9c  September  1805' kehrten  die 
Franzosen  am  1.  Januar  des  Jahrs  1806,  des  14ten 
ihrer  neuen  Aere,.  zurJA .  chrisdichen  Ksdender  zurück. 
Eine  Tafel  zur  Vergleichung  des  republikanischen  und 
gregonMischen  Kalenders  vom  22.  September  1792 
bis  zum  31.  December  1805  findet  man  in  Hm.  Bre^ 
dow'i»  Chronik,  des  neunzehnten  Jahrhun- 
derts *)• 


,  Zeitrechüutig  der  Araber. 

Unter  allen  zu  einiger  Cultur  gelangten  Völkern 
sind  die  Araber  das  einzige,  welches  die  Eintheilung 
der  Zeit  ausschlierslicb  auf  den  Lauf  des  Mondes  griin- 
deL  Sie  fangen  ihre  Monate  mit  der  ersten  Erschei- 
nung der  Mondsichel  in  der  Abenddämmerung  an, 
und  nennen  die  Dauer  von  zwölf  solchen  Monaten  ein 
Jahr,  ohne  je  an  eine  Ausgleichung  des  Mond-  und 
Sonnenlaufs  zu  denken,  daher  der  Anfang  ihres  Jahrs 


1)  S.  Delambre*8  Äsirtmonde  Tom.  UI,  p.  695  ff. 
t2)  Am  ScUars  des  Jahrgangs  1805. 


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456         /        Technische  Chronologie. 

in  einem  ZeiUraum  von  etwa  33  der  unsrigea  lilck- 
gängig  durch  aHe  Jahrsseken  wandert  ^ 

Diese  Qbne .  Zweifel  uralte  Zeitredmiii^  ifilr  von 
Mohammed  bestätigt  und  in  d€to  v4>ii  ihm  angeord- 
neten Cultus  verfl«ehlen  worden:  Natiklich  Ist  sie 
so  ni  allen  den  VoOLem  übergegangen^  die  sich  zum 
khim  bekennen,  daher  sie  auch  eben  so  schickCeh 
die  mohammedanischci  als  die  Arabische  ge- 
nannt wird. 

Jene  Besiimmuiigsweise  der  Monate  setit  rotmiSi 
da&  drie  Araber  ihren  bürgerlicben  Tag  mit  dem  Un- 
tergänge der  Sonne  anfangen.  ^^Sie  rechnen,  sagt  AI- 
farghani  ^),  den  bürgerlichen  Tag  darum  Ton  Son- 
nenuntergang, weil  sie  die  Monatstäge  von  der  Wahr- 
nehmung  der  ersten  Mondphase  -^  hilal  ^)  ^ 
zählen,  und  (fiese  Phase  beim  Untei^nge  der  Soime 
gesehen  wird.  Bei  deu  Rüm  und  andern  dagogea, 
welch^  bei  ihren  Monaten  nicht  auf  die  Phase  Rück- 
sicht nehmen,  g^t  d»  Tag  vor  der  Nacht  her,  und 
es  hebt  der  bürgerliche  Tag  mit  dem  Aufgange  der 
Sonne  an  und  reicht  wieder  bis  zu  ihrem  Aufgange.'^ 
Dais  die  byzantinischen  Griechen  und  christlichäi  Sy- 
rer, die  unter  Rüm  verstanden  zu  werden  pflegen, 
ihren  Tag  mit  der  Mitternacht  beginnen,  scheint 
dieser  Astronom  nicht  ge willst  zu  haben«  Er  dachte 
Wol  zunächst  an  die  vorislamitischen  Perser,  die  ih- 
ren Tag  mit  Sonnenaufgang  anfingen. 

Die  im  ganzen  Occident  bis  auf.  die  Einfuhrung 
der  mechanischen  Zeitmesser  gebräuchlichen  verän- 
deilichen  Stunden  (43)  treffen  wir  auch  bei  den  Ara- 


1)  EUmenta  astronomiea  ed.  GoUi  p.  2. 

2)  Im  H^ndbttch  findet  man  dieses,  so  wie  die  Übrigen 
Kmistw5rter  der  arabischen  Zeitredmwig  mit  ambuckea  dunk- 
leren gescbriebeo.  ^  '   ,      v 


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Arabtr,       ^  *  457 

bem  an,  die  sie  nach  dem  Vergange  der  6riecbe» 
Zeitstundea  nennen,  Ihre  Sonnenuhren  h^en  ekie 
densdben  angemessene  Dinricbtnng  ^ ).  Unsere  gl  ei  q  b- 
förmigen  Stunden  kommen  nor  bd  den  Astronom. 
i»en  vor,  die  ihrer  nieht  entbelnr^  können.  Ihn  Ju- 
nis erwähnt  sie  bei^Gdegenheit  der  von  ihm  und  an- 
dern angestellten  Beobachtungen  häufig» 

Die  Woche  -*  u$hu  —  haben  die  Araber  von 
Allers ,  her  mit  den  Hebräern  gemein  gehabt«  Sie  fan- 
gen die  Tage  derselben  lun  die  halbe  Nacht  früher 
an,  als  wir.  Den  Sonntag  nennen  sie  jemm  el  akadj 
den  ersten  Tag,  die  vier  folgenden  esnain,  sizlasa, 
erbuaj  chamis,  den  xweiten,  dritten,  vierten^ 
fünften,  den  Freitag /eww  el-dsctmma,  Tag  der 
Zusammenkunft,  "«eil  sie  sich  an  ihm,  als  ihrem 
Feiertage,  zum  Gebet  in  den  Btoscheen  versmnmcln, 
und  den  Sonnabend  mit  den  Hebräern  seht,  Sab- 
bath,  .    ,^ 

Di6  Namen  ihrer  Monate  —  schuhvr  —  sind: 
Moharrem.  /     Redscheb, 

Safer,  Schaban, 

Rebi  el-ewwel.  Ramadan. 

Rebi  el-achir.  ,    SchewwaL 

Dschümadi  el-ewweL     Dsu'  l-kade, 
Dschumadi  el«achir.        Dsu'  1-hedsche^). 
^  Eklige  darunter  haben  eine  offenbare  Beziehung 
auf  die  Jahrszeiten,  wie  Ramadan,   weldies  einen 


1)  &  Hm,  Beiger«  AnfBits  über  die  Gnomonil:  der 
Arab«r,  im  ersten  Bande  der  Fandgraben  des  Ori^ntg  S, 
409  fli 

2)  Die  Sdireibart  dieser  T^amen  irird  der  arabischen  Aas- 
tpradie.nabe  kommen,  IMe  Perser  und  Türken  sagen  Dsche- 
maainlewwe^f  Daebemasiülackir,  Bamasan,  Ssilkad'e« 
Ssühidscfae. 


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458  Technische  Chronologie. 

faeifsen  Monat  bezeichnet  Diese  Begehung,  die 
bei  der  Wandelbarkeit  der  arabischen  Monate  befrem- 
.dehd  erscheint,  soll  nach  Dschewhari  ^)  nur  för 
die  Zeit  il^rer  Einfnhrang  gegolten,  habem       ' 

Was  die  Dauer  der  Monate  betrifft,  so  mnfs  man 
den  arabischen  Volkskalender  von  der  cyklischen,  durch 
die  Astronomen  eingeführten,  Zeitrechnung  unterschei- 
den. Jener,  durch  den  die  Feste  bestimmt  und  die 
Geschäfte  des  bürgerlichen  Lebens'  geordnet  werden, 
gründet  sich  auf  die  unmittelbare  Beobachtung  der 
Mondgestalten.  Der  Monat  nmimt  allemal  an  dem 
Abend  seinen  Anfang,'  wo  man  die  Mondsichel  in  der 
'Dämmerung  aus  einer  freien  Gegend  zuerst  erblickt, 
und  dauert  bis  zu  ihrer  nächsten  Erscheinung,  die 
nicht  früher  als  nach  29  Tagen,  und,  falls  nicht  ein 
bewölkter  Himmel  ihre  Wahrnehmung  hindert,  nicht 
später  als  nach  30  eintreten  kann^  wenigstens  in  je- 
nen südUchen  Gegc^^den,  t^e  der  Hauptsitz  des  Islams 
sind.  In  der  Sunna,  dem  Traditionsgesetz  der  Mo- 
hammedaner, heifst  es:  „Wenn  euch  die  erste  Phase 
bedeckt  wird,  so  gebt  dem  Monat  das  bestimmte 
Maafe  von  30  Tagen  * )."  Nach  12  so  gezählten  Mo- 
naten  fangt  man  ein  Heues  Jahr  an,  das  man  von 
der  Flucht  Mohammed's  von  Mekka  nach  Medina 
zählt:.  Man  sieht,  i^afs  dieser  Volkskaleiider  an  Ein- 
fachheit gewinnt,  was  ihm  an  Bestimmtheit  abgeht, 
dais  aber  seine  Unbestimnitheit  nie  eine  bedeutende 
Verwirrung  zur  Folge  haben  kann,  da  ihn  der  Him- 
mel stets  rectificirt  ,  ^ 

Zur  Bestätigung  dessen,  was  hier  über  den  Vdiks- 
kielender  der  Araber  gesagt  ist,  werden  folgende  Zeug- 


'  1)  S.  Focock  Speeintm  hhtoriae  Arabum  S.  181  ff.  cd. 
White,  wo  manaach  die  Etymologie  der  übrigen  Monate  findet. 
3)  S.  Golind  xom  Alfarghani  S.  14. 


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Araber.  459 

Disse  genügen.  99  Die  Gesetzkundigen ,  heilst  es  beim 
Ulngbeg  ^),  rechnen  die  Monate  von  einer  Erseht- 
nung  der  Mondsichel  zur  andern.  Diesifs  Intervall  ist 
nie  länger  als  30 ,  nie  kürzer  als  29  Tage.  Zwölf 
solcher  Monate  nehmen  sie  (ur  ein  Jahr.  Sie  zählen 
also  nach  wahren  Mondjahren  und  Monaten.  Die 
Astronomen  hmgegen»  geben  dem  Moharrem  30,  dem 
Safer  29  Tage,  und  auf  diese  Weise  abwechselnd  dem 
einen  Monat  30,  dem  andern  29  Tage,  bis  zu  Ende 
des  Jahrs.  Es  sind  mithin  die  Mondjahre  und  Mo- 
nate, wonach  sie  zählen,  technische.^^  Carsten  Nie- 
buhr  sagt  *):  „Der  Tag,  an  welchem  der  Neumond 
zuerst  gesehen  wird,  ist  der  erste  Tag  des  Monats. 
Wenn  der  Himmel  zur  Zeit  des  Neumondes  etwa  mit 
Wolken  bedeckt  ist,  so  kiimmert  man  sich. nicht  viel 
darum,  ob  man  den  Monat  einen  Tag  früher  oder 
später  anfangt ^^  Und  weiterhin:  „ Die  Sternkundigen 
,  des  Sultans  zu  Constantinopel  machen  alle  Jahre  ei- 
nen neuen  Almanach,  den  sie  aufgerollt  beständig  bei 
sich  tragen.  Bei  den  Arabern  habe  ich'  dergleichen 
nicht  gesehen.  Ja  man  bekümmert  sich  sowohl  in 
.  Aegypten  als  /in  Jemen  so  wenig  darum,  das  Publi- 
kum von  der  Jahrszeit  zu  unterrichten,  dafs  es  der 
Pöbel  daselbst  kaum  24  Stunden  vorher  gewifs  >veifi5, 
wenn  ein  grolser  Festtag  einfällt"  Ich  bemerke  hier- 
bei, dafs  die  Moslemeh  nur  zwei  eigentliche  Feste  ha- 
ben, welche  von  den  Arabern  id  el-fitr^  das  Fest 
der  Fastenauflösung,  und  jewm  en-nahr  öder' 
jewm  eUhirban,  das*  Opferfest,  genannt  werden. 
Jenes  folgt  unmittelbar  auf  den  Fastenmonat  Rama- 
dan  am    1.   Schewwal   als   ein  Freudenfest;    dieses 


~  1)  Epochae  celehtioreB  nadi  der  Ausgäbe  von  G'ravias 
(London  1650,  4)  S.  9.  . 

3)  Bescbreibnng  von  Arabien,,  S.  109. 


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460  tecknUche  O^ranoh^. 

macht  den  BescMols  der  Ceremomen  der  Pilgerfahrt 
nach  Mekka  und  fallt  auf  den  lOten  des  Monate 
D$a  '1-hedsche,  der  eben  von  diesen  Fahrten  den  Na- 
men hat  Die  Perser  und  Türken  nennen  diese  Feste 
die  beiden  Bairam,  jenes  den  grofsen,  dieses  den 
kleinen. 

Was  die  cyklische  Rechnung  betrifft,  so  ge- 
ben Alfarghani  und  Ulugbeg  ihre  wesentlichstoi 
Gründe  an,  ohne  sie  jedoch  erschöpfend  auszufufiren. 

Da  die  Dauer  tweier  synodischen  Monate  nahe 
59  T^e;  beträgt,  so,  gibt  man  den  arabisclien  Mona- 
ten abwechselnd^  30  und  29  Tage.  Folgende  Tafel 
zeigt,  wie  lang  hiemach  die.  einzelnen  'Monate  und 
wie  viel  Tage  am  Ende  eines  jed^i  vom  Anfange  des 
Jahrs  an  veiflossen  sind: 

Tafel  I. 
Namen  der  Monate.         D>auer«    Tagsumme. 

1)  Moharrem  30  30 

2)  Safer  .        •  29  59 

3)  Rebi  el-ewwel  ,30  89 

4)  Rebi  el-achir    ,  29  118 

5)  Dschumadi  el-ewi>vel        30  .  148 

6)  Dschumadi  d-achir  29  ,  177 

7)  Redscheb  30  207 

8)  Schabiin  29  236 

9)  Ramadan  30  266 

10)  Schewwal  29  295 

11)  Dsu*  l.kade  30  ^^325 

12)  Dsu'  1-hedsche  29-  "^  354 

Die  1^  Monate  buhen  also  354  Tage.  Aber  auf 
12  synodische  Monate  von  der  oben  (28)  angegebenen 
-Dauer  gehen  354  T.  8  St  48'  36".  Vernachlässigt 
man  die  Sekunden,  die  sich  erst  in  2400  Jahren  zu 
einem  Tage  anhäufen,  so  betragen  30  astronomische 
Mondjahre  gerade  10631  Tage.     Da  nun  30  bfirger- 


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Araber.    ,    .  461 

liehe  Mondjahre  zu  354  Tagejl  nur  10620  Tage  ge- 
ben,, so  müssen  im  Verlauf  von  30  Jahven  11  Tage 
eingeschaltet  werden,  um  das  bürgerliche  Jahr  mit 
dem  astronomischen  oder  die  Anfangt  der  Monate  mit 
der  ersten  Phase  in  üebereinstimmung  zu  erbalten; 
Bei  dieser  Einschaltung  wird  folgen<ie  Regel  beobach- 
tet: aflemal  wenn  der  üeberschufs  des  astronomischen 
Mondjahrs  über  das  bürgerliche,  nämlich  8  St.  48',' 
von  Jahr  zu  Jahr  angehäuft,  nach  Abzug  der  ganzen 
Tage  12  Stunden  oder  darüber  beträgt,  wird  das  Jahr 
zn  355  Tagen  gerechnet.  Dies  ist,  wie  eine  leichte 
Rechnung  zei^t,  in  den  Jahren  2,  5,  7,  1Q(  13,  15, 
18,  21,  24,  26  und  29  des  30jährigen  Cyklus  der 
Fall,  welche  mithin  Schaltjahre  werden.  Der  Schalt- 
tag wird  dem  letzten  Monat  zugelegt,  der  dadurch 
30  Tage  eihält.  Das  Schaltjahr  heifi^t  bei  den  Ara- 
bern hebisey  von  der  Wurzel  kahas^  implere".  Fol- 
gende Tafel  zeigt,  wie  viel  Tage  hiemach  am  Ende 
eines  jeden  Jahrs  des  30jährigen  Cyklus  verflossen 
sind  (b.  bezeichnet  die  Schaltjahre): 

Tafel  IL 

Jahre.  Tagsumme.  Jahre.  Tagsumme. 

1  354  b.  1«              4607 

b.    2     .  ;    709                 14  ^          4961 

3  1063  b.  15  5316 

4  1417       16      5670 
b-  5  1772       17      6024  " 

6  2126  b.  18  .6379 

b.  7  2481       19  6733 

8  2835       ,20  7087 

9  ,3189  b.  21  7442 

k  10      3544       22      7796  : 

11  .3898       2ß      8150 

12  4252     b.  24      8505 

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462  Technische  Chronologie. 

Jahre.    Tagsumme.      Jahre.    Tagsumme. 

25  8859  28  .  9922 

b.  26  9214  b.  29  10277 

27  9568  30  10631 

Ulugbeg  ^)  macht  .das  fünfzehnte  Jahr,  an  des- 
sen Ende  der  summirte  Ueberschuis  gerade  12  Stun- 
den gibt,  zum  Schaltjahr,  yersichert  aber,  dafs  andere 
dazu  das  sechzehnte  nehmen.  In  diesem  Fall  ist  die 
Tagsumme  für  das  fünfzehnte. 53 15. 

Um  nun  vermittelst  des  30  jährigen  Cykhis  die 
Neumonde  berechnen  zu  können,  kommt  es  darauf 
au,  ihn  richtig  an  den  Himmel  zu  knüpfen,  d.  h.  eine 
Aere  zu  gebrauchen,  die  von  irgend  einem  Neumonde 
zu  zählen  anfangt.  Die  Araber  haben  hierzu  den  1. 
Mobarrem  desjenigen  Jahrs  gewählt,  wo  Mohammed 
von  Mekka  nach  Mediua  geflohen  ist,  und  nennen 
daher  ihre  Jahrrechnuug  tarich  eUhedschra^  Acre 
der  Flucht-  Vqn  dieser  Begebenheit  datiren  sie 
seit  dem  Chalifen  Omar  ^)  den  Anfang  ihrer  ehema- 
ligen Weltherrschaft,  und  wirklich  erhielt  Moham- 
med's  Beginnen  erst  mit  ihr  eine  politische  Wich- 
tigkeit; denn  nachdem  er  13  Jahre  in  der  Stille  zu 
Mekka  .gelehrt  hatte,  wurde  der  mächtige  Stamm  Kö- 
re i  s  c  h ,  der  Beschützer  des  uralten  Tempels  zu 
Mekka,  der  Kaaba,  zu  deren  Idolen  die  heidnischen 
Araber  seit  langer  Zeit,  wallfabrteten,  auf  ihn  auf- 
merksam. Es  fürchtete  derselbe  durch  eine  Religion, 
die  auf  die  Einheit  Gottes  gegründet  ist,  um  seinen 
Einfluls  zu  komnien,  und  fing  an,  ihren  Urheber  zu 


1)  S.  9.  * 

2)  Nach  einem  FragmeDt  des  AlLodat  bei  PocDck  iSpee, 
'  hist,  u4r,  p.  177),  nach  Ibn  Kotaiba  (0.  eine  Note  von  Reisice 

cnm  Abnlfeda  Toi».  I,  p.  16)  und  nach  Abnlfeda  (Arm.  Mus- 
lern.  Tom.  I,  p.  60). 


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Araher.  4ß3 

verfolgen.  Von  Lebensgefahr  bedroht,  entwich  er 
nach  Medina,  wo  er  bereits  mehrere  Anhänger  hatte, 
worauf  er  mit  den  Kor.ssehiden  und  anderen  Stä];n- 
jnen,  die  seine  Lehre  anzunehmen  3ich  yeigerten» 
Kriege  zu  führen  beganq^  durch  die.  er.  bald  zu  einer 
bedeutenden  Macht,  gelangte.    ,"  .  ;.  • 

Es  ist  ein  ziemlich  aHgeineiuer  Irrthum  der  eu- 
ropäischen Chronologen,  dafs  die  Epoche  der  Hedschra 
der  eigentliche  Tag  der  Flucht  Mohammed*s  oder 
seines  Einzuges  in  Medina  sei«  Schon  aus  dem  Ar- 
tikel Hegrah  in  d'Herbelot's  Biblioiheque  orten- 
tale  kann  man  sich  eines  Bessern  belehren«  Die' 
arabischen  Geschichtschreiber  sjnd  darin  einig,  dafs 
die  Flucht  in  den  dritten  Monat  ihres  ersten  Jahrs  zu 
setzen  sei,  nur  das  Datum  wird  verschieden  angege- 
ben ^ ).  Die  Sache  ist  für  die  Bestimmung  der  Epoche 
der  Hedschra  von  gär -kerner  Wichtigkeit  Die  Ara- 
ber haben  ihre  Jahrre,cbaung  mit  dem  Mobarrem  be- 
gonnen, der  schon  früher  der  Anfang  \hres  J^hns  war, 
und  dieseli  von  der  Phase  des  Mondes  abliängig  gCr 
macht  Wir  wollen  sehen,,  wie  sich  die  National- 
schriftsteller hierüber  ausdrücken,  deren  Autorität  al- 
lein entscheiden,  kann. 

Abu'lha^san  Kuschjar  sagt  im  zweiten,  der 
syrischen,  arabischen  und  persischen  Zeitrechnung  ge- 
widmeten, Capitel  des  ersten  Buchs  seiner  Zidsch  el- 
dsqhami^y.  .^^\)\e  Epoche  der  arabischen  Acre  ist 
ein  Donnerstag,  und  zwar  der  Anfang,  des  Jahrs,. ai^f 
welches  die  Flucht  des  Propheten  trifft    Dieser  Tag 


1)  Man  vergleiche  Abalfeda*B  ArmaJes  Mustern,  Tom.  I, 
p.  62,  und  Ahmed  Ben- Jnssuf  hei  Pocock.  Specimen  S«  180. 

2)  Einer  in  der  hiesigen  Königl.  Bibliothek  bebndlichen 
Sammlung  astronomischer  Tafel^  mit  einer  für  die  Chronologie 
wichtigen  Einleitung«  * 


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46l  ^     Technische  (Thronohgie. 

ist  der  15.  Thamus  des  Jahrs  933  Dsil-kaTnain^^  d. 
I.  der  seleucidischen  Acre  (188).  Der  entspre* 
chende  Tag  nnserer  Zeitrechnung  ist  der  15.  Julius. 
622.  Hiemnit  stimmt  das  von  dem  Maroniten  Abra- 
ham  Ecchellensis  aus  dem  Arabischen  übersetzte 
Chronicon  Orientale,  welches  sich  also  ausdrüdLt  ^): 
Fuit  imtium  imperii  Mosleminormn  die  lovis  prima 
Maharramiy  qime  est  decima  quinta  lulii  et  vige- 
'  sima  prima  Abibi  (73),  anno  ab  Alexandro  non- 
'  gentesimo  trigesimo  tertip.  Beim  ülugbeg  heifst 
es  *):  „Die  Epoche  der  arabischen  Acre  ist  der  An-, 
fang  des  Moharrem  desjenigen  Jahrs,  wo  der  Prophet 
aus  Mekka  nach  Mediha  geflohen  ist  Zufolge  der 
mittleren  Bewegung  war  dies  ein  Donnerstag,  zufolge 
der  ersten, Phase  ein  Freitag.  Wir  wählen  den  Don- 
nerstag." Eben  diesen'  Wochentag  nennt  Alf  ar- 
ghani  *),  der  überdies  die  Intervalle  zwischen  der 
*  nabonassarischen,  seleucidischen,  arabischen  und  yts- 
degirdischen  Acre  ganz  so  angibt,  wie  es  der  Voraus- 
setzung gemäfs  ist,  dafs  auch  er  den  li>.  Julius  622 
zur  Epoche  der  Hedschra  macht  Unter  den  orien- 
talischen Astronomen  ist,  wie  Golius  versichert  *), 
Ihn  Schatir  aus  Damaskus  der  einzige,  der  die 
,  Hedschra  mit  dem  den  Mohammedanern  heiligen  Wo- 
chentage, dem  Freitage,  anfangt;  er  soll  aber  vor 
seinen  astrWomischen  Tafeln  zur  Verhütung  alles  Mifs- 
verstandnisses  ausdrücklich  bemerken,  daSs  er  in  die- 
sem Punkt  von  dem  gewohnlichen  GebrautA  abgewi- 
chen sei.    Uebrigens  versteht  es  sich  nach  dem,  was 

*    oben 


1)  S.  63.  Paris  1651,  fol. 

2)  S.   7.  r  .     . 

3)  S.  ^.  ^ 

4)  Anmer]ciing<;ii  zum  Alfarghani  S.  56. 


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Araber.  465 

oben  über  den  Anfang  des  buigerfielien  Tageis  bei 
den  Arabern  gesagt  -worden,  da(s  das  gedachte' Da-^ 
tum  eigentlich  von  dem  Untergange  der  S(mne  am» 
vorhergehenden  Abch^d  zu  nehmen  ist 

.  Die  europäischen  Chronologen  dagegen  machen  fast, 
einstimmt  den  16*  Julius  zur  Epoche  deir' Hedschra» 
Sie  bestimmei^  siiei  nämlich  so,  dafs  die  cyklfsche 
Reclinung  in  der  Regel  die  Tage  der  ersten  f^hase 
gibt,  mit  denen  man  im  gemeinen  Leben  die  Monate- 
anfängt,  statt  däfs  man  sich. mehr  den  Conjunctionea . 
nähert,  wenn  man  den  15«.  Julius  zur  jEpoche  annimmt 
Pie  Worte  des  ül u  g b  e  g  deuten  auf  diesen'  Unter- 
schied  hin.  Um  ihn. genauer  z^u  begründen,  habeich 
den  Neumond  'des  Julius  des  Jahrs  622  berechnet 
Nach  den  delambreschen  Sonnen*  und  mayer-n)a- 
sonschen  Mondtafeln  finde  ich,  dafs  die  wahre  Con-  . 
junction  unter  dem  Meridian  von  Mekka  ^)  am  14. 
Julius  Vormittags  um  8  U.  17'  m.  Z.  eingetco^en  ist 
UntnjogGch  konnte  schon  an  demselben  Abend  die 
Mondsichel  erscheinen.  !^rst  am  15.  Julius  wiirde  sie, 
in  der  Abenddämmerung  wahrgenommen.  Man  sieht 
also,  da(s  man  entwedet  den  löten  oder  16.  Julius, 
beide  vom  vorhergehenden  Abend  gerechnet,  zi# 
Epoche  der  Hedschra  machen  müsse,  je  nachdem 
man  zum  Bestimmungsgrund  derselben  entweder  die 
Conjunction  oder  die  erste  P^ase  macht 

Nachdem  wir  nun  die  Einrichtung  des  arabischen 
Schalteirkels  und  die  Epoche  der  Hedschra  kennen 
^lemt  haben,  wollen  wir  sehen,  wie  man  ein  arabi- 
sches Datum  auf  die  christliche  Zeitrechnung  zu  te« 
duciren  habe. 


1)'  Nach  den  besten  Karten  (eine  astrohomiselia  Bestim- 
mmig  ist  inemc«  Wissens  nicht  rorhanden)  um  1  *  Sti,  46^  8stl. 
Ton  Berlin. 

30 


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466  Technische  Chrow^hgie. 

'Man  dhi«Bre  die  verflossenen  Jahre  durch  30. 
Der  Quotient  gibt  die  abgelaufene];!  Schaltcirkd  und 
der  Rest  die ,  verflossenen  Jahre  des  laufenden.  Da 
jeder  SchaItcirkeM0631  Tage  hat,  so  multiplicire  man 
den  Quotienten  in  dies^  Zahl  und  addire  zum  Pro- 
dukt die  aus  Tafel  II  zu  nehmende  Tagsumme,  welche 
dem  Best  entspricht  Hierzu  rechne  tfnan  noch  die 
aus  Tafel  I  zu  entlehnende  Tagsumme  der  verflosse- 
nen. Monate  des  laufenden  Jahrs*  und  endlich  die  Tage 
des  laufenden  Monats.  Auf  diese  Weise  hat  man 
sammtlich^  auf  die  Hedschra  V;on  ihrer  Epoche  bis 
atrf  das  gegebene  Datum  einsichliefslich  gehenden  Tage 
geftmden.  Addirt  man  hierzu  noch  die  227015  Tage, 
'  die  von  der  Epoche  d^r  christlichen  Aete  bis  zum 
15.  Julius  622,  der  (wrenigsteiis  bei  den  arabischen 
Astronomen  gebräuchlichen)'  Epoche  der  Hedschra, 
verflossen  sind  (wir  wollen  sie  die  Absolutzahl 
nennen),  so  erhält  man  eine  Anzahl  Tage,  die  man 
auf  unsere  Jahre  und  Monate  zu  bringen  hat.  Zu 
dem  Ende  dividireman  sie  durch  1461,  die  Tagsumme 
eSner  vierjährigen  Schaltperiode  (jedes  vierte  Jahr  un- 
serer Zeitrechnung  ist  ein  Schaltjahr),  multiplicire  den 
Quotienten  mit  4,  um  die  Jahre  der  verflossenen 
Stsfaaltperioden  zu  erhalten  ^  ziehe  vom  Rest  der  Di- 
vision so  oft  365  ah,  als  es  angeht,  und  redrne  fiir 
jeden  Abzug  lioch  ein  Jahr  mehr.  Der  Rest  der  letz- 
ten Subtraction  wird  dann  den  laufenden  Tag  des  ju- 
Haniscfaen  oder  alten  Kalenders  anzeigen,  dem  das  ge- 
gebne arabische  Datum  entspricht  Zur  Reduction 
bereue  man  sich  der  oben  (65)  gegebenen  ■  TafeL 
Zum  Schlufs  mufs  man  noch  das  julianische  Datum 
in  das  gregorianische  verwandeln,  wenn  von  .der  Zeit 
nach  dor  Kalenderv^rbessorupg  die  Rede  ist  Es  sei 
z.  B.  der  29.  Sche\Hwal  367,  an  welchem  Ibn  Ju- 


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.        .  Araber.  457 

nis  eine  Soimeiifinstemi&  zn  Cairo  beobachtet  hat  *  ), 
auf  unsere  Zeitrechnung  zn  bringen.  Die  verflossenen 
Jahre  366  durch  30  dividirt  geben 

zum  Quotienten    ..,..,...  12 
zum  Rest  ♦♦••.••......     6 

12  X  10631  .  . ••••..  =  127572 

Tagsumme  für  6  Jahre  (Taf.  n)  =  2126 
Tagsumme  für  9  Mopate  (Taf.  I)  =  266 
Tage  im  Schewwal    .  ^  .  .  ^  .  .  .  =  29 

Absolutzahl =  227015  • 

*  •  ^  Summe  =  357008 

.    Diese  Zahl,  durch  1461  dividirt,  gibt  \ 

zum  Quotienten  •««..»«     •  244 

zum  Rest  » «  «  •  •  ;  524 

Multiplicirt  man  nun  jenen  mit  4?  $0  erhält  man  976, 
und  von  diesem  läfst  sich  365  einmal  abziehen.  Man 
hat  also  977  verflossene  Jahre  und  159  Tage.  Der 
159ste  Tag  des  Gemeinjahrs  ist  der  8.  Junius,  Die 
Beobachtung  ist  mithin  am  8.  Junius  978  angestellt 
worden,  an  welchem  sich  wirklich  eine  zu  Cairo' 
sichtbare  SpnnenfinstemKs  ereignet  hat  Auch  stimmt 
damit  der  zugleich  erwähnte  19.  Chordadmah  des 
347sten  jesdegirdischen,  der  14.  Payni  des  694st^n 
diokletianischen  und  der  8.  Baziran  des  1289sten  se- 
leucidischen  Jahrs. 

Ihn  Junis  bemerkt  bei  dieser  Beobachtung 
wie  gewöhnlich  die  Ferie.  Um  dieselbe  für  eii^ . 
gegebenes  arabisches  Datum  zu  erhalten ,  erwäge 
man  Folgendes.  Die  Epoche  der  Hedschra  ist  nach 
der  Bestimmung  der  Astronomen  ein  Donnerstag  (463) 
oder  die  5te  Fetie.     Es  levird  mithin  der  Ste,  löte. 


1)  Noüees  et  extrmU  Toia  YII.  p.  181. 
.  '  30* 


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4fr8  Technische.  Chronologie.  \ 

kurz  jädkr  7te  T^gs-derselben  gl^hfaOs  die  5te  Ferie 
seiD.  Wenn  man  denäiach  die  bi$,zu  dem  in  Rede 
stehenden  Datum  vom  Anfange  der  Aere  yetflossenen 
Tage  durch  1  dividirt».  so.  gibt  der.  Rest  1  allemal  die 
5te  Ferie,  und  .e$  gehi>ren  zu 

den  Rekten    1,"    2;    3,    4,    5,    6,    7 
die    Ferien    5,     6,    7,     1,    %  .3,    4 
oder.       4,    5,    t),  0,  <[,   cf'  S- 
Nun  sind  bis  zum  Schewwal  367  einschliefslieh  129993 

-  Tage  verflossen,  und  diese  Summe  durch  7  dividirt 
gibt  den  Rest  3.  Der  Beobachtungstag  war  also  ein 
Sonnabend,  den  ^uch  Ibn  Junis  nennt.  Hat  man 
schon  das  entsprechende  christliche  Datxim  gefunden, 

'  80  darf  man  mir  den  Sonntagsbuchstaben  des  Jahrs 
suchen  (350),  und  diesen  mit  dem  Buchstaben  des 
Tages  vergleichen,  den  man  in  der  fünften  \uid  sie- 
benten Tafel  am  Schlüsse  dieses  Werks  angegeben  fin- 
det So  hat  der  8.  Junius,  an  welchem  obige  Beob- 
achtung gemacht  worden,  den  Buchstaben  £,  und  da 
F  der  Sonntagsbuchstab  des  Jahrs  978ist,  so  war  der 
8.  Junius  ein  Sonnabend. 

Hier  mufs  bemerkt  werden,,  dafs  die  orientali- 
schen Ästronomen,  die  gewohnt  sind,  neben  dem  ara- 
bischen Datum  zugleich  das  persische,  syrische  imd 
ägyptische  anzugeben,  zur  Verhütung  alle»  Alifsver- 
ständnissjßs  den  bürgerUchen  Tag  nicht,  wie  die  Ara- 

.ber,  vom  Untergange  der  Sonne ,  sondern  mit  den 
Persem  vom  Aufgange  anfangen  und  sämmtliche  Data 
parallel  fortlaufen  lassen.  Wenn  sie  daher  eine  in 
der  Nacht  angestellte  Beobachtung  anfuhren,  so  nen- 
nen s^e,  wenigstens  findet  es  sich  so  beim  \bn  Ju- 
nis, ausdrücklich  die  Ferie  des  folgenden  Tages. 
So  bemerkt  dieser  Astronom  ^ )  von  einer  za  Cairo 


1)  Ebendaselbst  S.  183. 

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Araber,  459 

im  Schewwal  des  J&hrs  368  beobachteten  Mondfifi* 
stemife:  „Sie  ereignete  sich  in  der^  Nacht,  deren 
Morgen  die  fünfte  F^erie  war,"-  statt  nach  arabi-, 
scher  Weise  zu  sagen,  in  der  Nacht  der  fünften  Fe- 
Tie.  Diese  Ecrie,  fährt  er  fort,  war  der  25.  Erdi- 
bihischl  des  348sten  jesdegirdischen,  der  15.  Ijar 
des  1290sten  seleucidischen  und  der*20.  Pachon  des 
695sten  diokletianischen  Jahrs.  Alle  diese  Data  ge- 
ben den  15.  Mai  979.  Da  aber  die  Beobachtung  im 
Anfange  der  Nacht  angestellt  .worden  ist,  so  war 
ihr  eigenthches  ^Datnm  der  14.  Mai.  Sonst  hat  sich 
der  Sprachgebrauch  der  Araber  dahin  gebildet,  da& 
sie  nicht,  wie  wir,  nach  Tagen,  sondern  nach  Näch- 
ten datireÄ.  So  hei&t  es  beim'  Elmakin  ^):  der 
Chalif  Almamon  starb  „am  Donnerstage^  da  noch 
12  Nächte  des  Redscheb  übrig  waren,"  d.  i.  am  18ten' 
des  Monats,  wenn  anders  die  Dauer  desselben  hier 
cykGsch  zu  nehmen  ist  Hr.  Silvestre  de  Sacy 
gibt  einen  ganz  durchdatirten  Monat  ^).  Diese  Da-^ 
tirungsweise  ist  offenbar  daher  entstanden,  dafs  bei 
den  Arabern  die  Nacht  im  bürgerlichen .  Tagß  vor 
dfem  naturlichen  hergeht 

Soll  der  16.- Julius  für  die  Epoche  der  Hed^cfara 
gelten,  so  mufs  man  entweder  das  unter  der  vorigen 
Voraussetzung^  gefundene  Dätmn  oder  die  Absolutzahl 
um  eine  Einheit  vergröfsem. 

Ist  man  mit  einer  Tafel  versehen,  wddie  das 
julianische  Datum  des  1.  Möharrem  eines  jeden  ara*' 
bischen  Jahrs  angibt,  so  erhält  man  durch  Weiter^ 
stählen  leicht  den  Anfang  jedes  andern  Monats«.  Sol- 
che Tafeln  hat  man  von  Gravius  ')  und  L^nglet 


1)  HisU  Saracen.  p.  138. 

2)  Grammaire  Arahe  Tora,  il,'  p,'  270, 

3)  Am  ScMuftf  seiner   Ausgabe^  der.  Epochae  ^debrioref^ 


.^ 


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479  TechnUeheChronolosle. 

du  Fresno^  ^).    Jener  hat  den  15^  dieser  den  16^ 
Julius  622  «ur  Epoche  der  Hedschra  gewählt 

Es  fragt  sich  nun  aber,  welcher  Epochentag  in 
federn  Fall  zu  nehmen  sei.  Entschieden  der  erste, 
yreaä  man  das  Datum  einer  astronomisdien  Beobach- 
tung zu  reduciren  hat;  denn  die  arabischen  Aatrono- 
men,  die  Urheber  der  cyklischen  Rechnung/  haben 
sie  bestimmt  an  den  15.  Julius  .geknüpft  (464).  Eben 
ab  entschieden  gilt  der  16,  Julius,  wenn  von  dem  heur 
tigen  Gebrauch  i^et  arabischen  Zeitrechnung  in  den 
öffentlichen  Akten  der  Perser  und  Türken  die  Rede 
ist;  denn  die  Kalender,  die  alljälurlich  zu  Tieheran, 
Cairo  und  Constantinope}  erscheinen,  sind,  wie  mich 
Hn  y.  Hammer  versichert,  durchgängig  so. gestellt, 
wie  es  die  cykBscfae  Rechnung  mit  sich  bringt,  wenn 
aie  vom  16,  Julius  ausgeht.  Dies  hat  ^uch  seinen 
guten  Grund,  Schon  gleich  anfangs  stimmte  der  16, 
Julius  besser  zur  ersten  Mondphase,  als  der  15t^ 
was  aueh.UFugbeg  in  seinen  oben  (464)  ange- 
führten ^y orten  andeutet,  und  dies  gilt  noch  mehr 
.  von  unserer  Zeit,  da  sich  wegen  der  bei  der  cykli- 
schen Rechnung  alljährlich  vernachlässigten  36^'  (460) 
der  30jährige  CyUus  bereits  um  einen  halben  Tag 
gegen  den  Himmel  verkürzt  hat  Es  kann  also  nur 
die  Frage  sein,  welchen  Epochentag  man  bei  der  Re- 
duction  der  von  den  arabischen  Geschichtschreibem 
angegebenen  Data  zu  wählen  habe«  Diese  von  dem 
obengedachten  ausgezdchneten  Kenner  der  orientali- 
schen Litteratur  neuerdings  in  Anregung  gebrachte 
und  zuveisichdich  fik  den  1&  Julius   entschiedene 


Wiederhohit  in  der  Eiaieitgng  in  Degnignes  Geschielite  der 
Hannen.     , 

1)  Tahtetfes  ehronoh^uet  ds  V  Huioir4  UttwerseUe.  Audi 
im  enteo  Bande  des  AH  de  virifisrle^  äaiu* 


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4täb0P.  '    471 

Frage  Ia£sl  sieh  laeiaes  Erachteoa  nur  in  einielnen 
Fällen  .mit  Sicherlieit  beantworten.    Wenn  z,  B.  der 
Rückxug   der   Kreuzfalirer   unter  Ludwig  IX  von 
Mansiira  ns^:h  Damiette  auf  Mittwoch  den  3.  Mohat- 
rem  des  Jahii$  .648  gesetzt  wird  *)/so  gilt  der  15. 
Julius,  weil  in  den  oceidentali&cben  Quellen  von  Dins- 
tag  Abend  den  5.  April  1250  die  Rede  ist  ').    Wenn 
dagegen  Elmakin,.  Abulfeda  und  andere  den  Tod 
des  ChaKfeu  Alm  ans  or  auf  Sonnabend  den  6,  Psul- 
hedsche  158  setzen,  so  ist  der  16,  Jidius  zu  nehmen, 
weil  mail  hur   so  durch  Reduction  den    7.  Oktober 
775,  einen  Sonnabend,  erhält,  dem  0uch  der  9.  Phao- 
phi.  des   Jahrs    6268   der    alexandrinischen    Weltäre' 
(446),  det  zugleich  als  Todestag  genannt  wird,  ent- 
spricht, indem  der  LThoth  dieses  Jahrs  auf  den  30. 
August  traf  ^  )•    In  diesen  beiden  Fällen  ist  man  se^ 
ner  Saehe  gewilis.   In  ihanchen  anderen  hingegea  wird  ' 
man  zu  keinem  sichern  Resultat  gelangen.    Nach  Prü^ 
fung  einer  gro&en  Anzahl  arabischer  Data  -iinde  ich, 
da£s  der  Wochentag,  der  fajst  nie  fehlt,  in  der  Regel' 
clem  ersten  Epocb^atage,  'seltener  dem  zweiten,  zu- 


1)  Abulfeda  Jim.  Jffuslem.  Tom,  IV,  p.  508.  Vergl. 
Reinaad's  Eaftraits  des  histöriens  Aräbes  reloftifs*  aux  guer- 
T€*  des  Croiaades  p.  463* 

%)  S,  die  Epißtola  de  captione  et  Uberatiene  St.  Ludpyiel 
in  Duchesne  iSVfp^if.  Rerum  Gallic.  Tom.  V,  p.  429.  Vergl. 
Joinrilie  Hist,  de  St.  Louis  p.  65.  Ich  yerdanke  diese  Nach 
Weisungen  Hrn.  Wilken,  der  im  7ten  Bande  seiner  Geschichte 
der  Kreuz zürge  ausführlich  yon  diesem  Falrtum  handeln  ynv^. 
■  3)  Lcftzter«9  Beispiel  ist  unter  denen  ansgewi&hit,  die  Hr. 
Rehm  kl  einem  Programm  vom  Jahr  1828  (Computationum 
chrmudogiceawn  ad  Mstori^m  Abbassidarum  spectantium  spe- 
cimen  \)  zusammengestellt  hat.  Er  zeigt  darin  mit  meisterhafter 
Kritik,  wie  vorsichtig  man  bei  der  Vergleichung  der  oft  ^ehr  di- 
VergenteB  chronologischen  Angaben  der  arabischen  Geschith^ 
Schreiber  zd  ver&hreii  hat. 


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473  Technfscke,  Ckronolögfe. 

weQen  auch  keinem  von  l>eiden  zusagt«  DaEs  fibrir 
gens  bei  den  orientaKscheii  Gesdiiehts^JiTeibera  je 
fonnlieb  nach  Einern  Cyklns  datirt  sei,  der  an  den 
16,  Julius  geknüpft  ist,  glaube  ich  nicht  Data,  die 
dahin  deuten,  sind  von  der  Vblksrechnui^  entlehnt, 
Welche  die  Anfinge  der  Monate  auf  die  erste  Phase 
sctait  (468).  ' 

Um  ein  christliches  Datum  in  an  arabisches  zu 
verwandeln,  wird  man  leicht  ein  dem  obigen  analo- 
ges Verfahren  ermitteln.  "VVir  wollen  gleich  ein  Beir 
spiel  in  Rechnung  nehmen«  Es  se%  di^  i.  Januar 
1831  neuen  oder  20.  December  1830  alten  Stils  zu 

.  reduciren.  Man  diyidire  die  verflossenen .  1829  Jahre 
durch  4,  so  erh&At  man.  zum  Quotienten  457  und 
zuin  Rest  1,  J^aer  zeigt  die  2^hl  der  abgelaufenen 
julianischen  Schaltperioden  von  1461  Tagen  und  die- 
ser  noch  ein  Jahr  vqu  365  Tagen  an.  Man  multi- 
plicire  also  den  Quotienten  in  1461  und  addire  zum 
Produkt  667677  sowohl  die  365  Tage  des  Restes  als 
die  354,  die  vom  1.  Januar  bis  zum  SO.  December 
einschliefslich  aufs  Gemeinjahr  gehen.  Die  Summe 
ist  668396  Tage,  welche  vom  Anfange  unserer  Zeit- 
rechnung bis  zum  1^  Januar  1831  n.  St.  verflossen 
sindi  Hiervon  ziehe  man  die  Absol|itzahI  227016  ab, 
und  man  erhält  so  441380  ^Tage,  die  vom  16.  Julius 
622,  der  i^  diesem  Fall  geltenden  Epoche  der  Hedschra, 
bis  zum'  gesuchten  arabisciien  Datum  einschliefs- 
lich gezählt  werden.     Da  dch*  arabische  Schaltcyklus 

.  10631  Tage  hält,  so  dividire  inan  damit  in  441380. 
Der  Quotient  ist  41  und  der  Rest  5509.  Jener  mit 
30  multiplicirt  gibt  1230  Jahre,  und  in  5509  Tagen 

.  sind  nach  Tafel  II  15  Jahre  und  ld3  Tage  enthalten. 
Man  hat  also  zusammen  1245  Jahre  und  193  Tage. 
2ieht  man  von  letzteren  die  177  ab,  die  nach  Tafel  I 
bis  zu  Ende  des  Dschumadi  el-achir.  vostreichen,  so 


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Araber.  473. 

i)leiben  16  übrig.  Der  1.  Januar  1831  entspricht  mithin 
dem  16.  Redscheb'  des  Jahrs  1246,  nacli  der  jetzigeü 
Rechnungsweise  der  Perser  und  Türken,  oder  wennr 
sie,  was  ick  nicht  mit  Sicherheit  wdifis,  das'fun&ehnte 
Jahr  des  30jährigen  SchaKcy Uns  zum  Gemeinjahr  ma- 
chen (462),  dem  17.  Redscheb.  Man  sieht,  dals  hier 
der  bei  der  ersten  Aufgabe  genommene  Gang  rück- 
wärts gemacht  ist.  *. 

D|e  ursprongtichen  arabisdben  Monate  haben  tiach 
Mesudi  und  Nuveiri^)  folgende  ?famen  gefuhrt: 
Mutemir«        Asam; 


Nadscliir. 

AdiL 

Chawan. 

NatiL 

«Sawan. 

WaiL 

Ritma. 

Warna. 

Ida. 

Burel^ 

Sie  sind  durch  d\e  gegenwärtigen,  welche  Ke- 
labBenMorra,  einer  der  Vorfahren  Mohammed's, 
eingeführt  haben  soll,  um  den  Anfang  der  Weltherr- 
schaft der  Araber  verdrängt  worden.  Nach  der  Tra- 
dition hat  früherhin  unter  den  Arabern  eine  Einschal- 
tung bestanden,  wodurch  das  Mondjahr  mit  dem  Son- 
nenjabr  ausgeglichen  und  der  Anfang  des  Jahrs  auf 
den  Habst  fixirt  wurde.  Dieses  Schaltwesen  soll 
nach  dem  jüdischen  dergestah  gemodelt  .gewesen  sein, 
daüs  «der  leti^te  Monat  mit  dem  Elul  der  Hebräer  zu- 
sammentraf ^).  Mohammed  verwarf  im  Koran- 
das  gebundene  Mondjahr  durch  folgenden  Ausspruch 
förmlich  '):  „Fürwahr  die  ZaU  der  Monate  bei 
Gott  ist  zwölf^  im  Buche  Gottes  verzeichnet  an  jenem 
Tage,  wo  er  Himmel  und  Erde  schuf.    Vier  dersel- 


1)  S.  Golias  Anmerlc.  xnm  Alfarghani  S.  4. 

2)  Pocock  Speeimen  Msi,  Amjbum  p.  182, 

3)  4Si/r.  IX/ T.  37. 


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474  TechnUeh9  Cironohgie. 

ben  fliqd  heOig«  Ihis  »t  der,  wahre  Glaube/^  Unter 
den  beiligen  Monaten  ainä  der  Dsulkade^  der  'Dsu'l 
hedsch^,  wo  die  Pilger  xur  Kaal»  wallfahrteten,  der 
Moharrem  und  der  Redscheb  zu  verstehen,  in  denen 
sich  die  arabi^heit  Stamn!ie  von  Alters  her  jeder  Art 
von  Fehde  zn  enthalten  pflegten«  Mohammed  ge- 
bot 'diesen  Gebrauch  zu  beachten,  doch  nur  in  An- 
sehung derer,  die  ihn  als  Propheten  anerkannten; 
denn  die  Ungläubigen  gestattete  er  zu  jeder  Zeit  des 
Jahrs  zu  bekriegen. 

Man  wird  auf  den  ersten  Blick  geneigt  sein  za 
glaul^en,  dafs  das  Jahr  der  Araber  erst  in  Folge  die- 
ses Ausspruchs  ihres  Gesetzgebers  seinen  jetzigen  Cha- 
rakter der  Wandelbarkeit  angenommen  habe.  'War 
dies  aW  der  Fall,  so  begreift  man  nicht,  wie  der 
Moharrem  zu  der  Stellung  gelangt  ist,  die  er  im  er- 
sten Jahr  der  Hedschra  hatte.  A^ch  würde  sich  der 
10.  Rebi  el-ewwel,  nach  Abulfeda  *)  der  Geburts- 
tag des  Propheten,  nicht  mit  dem  22.  Nisan  des 
882sten  Jahrs  der  seleucidLschen  Acre,  den  Eljma- 
kin  in  gleidier  Beziehung  nennt  ^),  zusammenbringen 
lassen.  Rechnen  wir  dagegen  mk  Hülfe  des  ajrabi- 
schen  Schaltcykels  bis  zum  x22.  Nisan  8S2  oder  znm 
22.  April  &7i  n.  Chr.  zurück,  so  gelangen  wir  wirk- 
lich zum  10.  Rebi  el-ewweL  Dieses  Zusanmientrer- 
fen  des  syrischen  und  arabischen  Datums,  das  nie- 
mand fiir  zufällig  Italien  wird,  nlufs  sich  atif  eine  Re- 
duction  gründen,  die, .wenn  sie  schon  vor  der  Epoche 
der  Hedschra  angestellt  ist,  die  frühere  Beweglichkeit 
des  arabischen  Juhrs  aulser  Zweifel  setzt,  und  wenn 
sie  erst  von  den  späteren  Geschichtschreibem  herrührt. 


i)  Anmües  Mualem,  Tom.  I,  p.  4. 
2)  HUt.  Sarac.  p.  ^2. 


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Araber.  475 

wenigstens  beweiset,  dals  diese  von  der  frfibern  Be- 
weglicbkeit  überzeugt  waren. 

Wegen,  der  Jabrrechnangon  der  alteren  Ära- 
ber,  di^  für  uns  von  keinem  besondem  Interesse  sind, 
verweise  ich  auf  das  Handbuch  der  Chronolo- 
gie ^),  Dals  sich  die  jetzige  Aere  vom  Chalifcn 
Omar  herschreibe^  ist  Schon  bemerkt  worden  (462). 
Die  an  sie  geknüpfte  cyklische  Rechnung  is-t  aber  viel 
später  entstanden.  Dir  Ursprung  scheint  in  die  Zeit 
des  Chalifen  Almamon  zu, geboren,  wo  die  zu  ihrer 
Ausbildung  erforderlichen  Kenntnisse  des  Mondjahrs 
mit  der  griechisdien  Astronomie  zu  den  Arabern  über- 
gingen, und  bei  weiterer  Bearbeitung  derselben  das 
Bedürfnils  ^einer  geregelten,  von  der  unmittelbaren  Beob^ 
achtung  der  Mondwechsel  unabhängigen  Zfeiteinthei- 
lung  den  Sternkundigen  fühlbar  wurde. 

So  lange  die  Araber,  in  ihrer  Halbinsel  einge- 
schlossen, auf  einer  niedrigen  Stufe  der  Cultür  stan- 
den, genügte  ihnen  ihr  bewegliches  Jahr  vollkommen. 
Als  sie  aber,  ihre  Grenzen  überschreitend,  mit  gebil- 
deten Volkern  in  Berührung  kamen  und  allmählig 
selbst  zu  einer  hohem  bürgerlichen  und  wissenschaft- 
lichen Entwickelung  gelangten,  sahen  isie  sich  häufig 
in  dem  Fall,  neben  ihrem  wandelbaren  Mondjahr  eine 
uKch  der  Sonne  geordnete  Zeitrechnung  zu  gebrau- 
chen. Am  nächsten  lag  ihnen  das  julianische  Jahr 
in  den  beiden  im  Orient  gebräuchliche^  Formen,  dec 
ägyptischen  und  syrischen. 

Die  Monate  der  Aegypter  (51)' sprechen  sie 
gewöhnlich  also  aus: 

Tut        Kihak. 

Babe.      Tube. 

HatuK.    Amschir. 


1)  Th.  U,  S.  499  ff. 


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476  Technische  CAronohgie. 

Bermehat        Bune. 

Ber'mude.  Abib. 

Baschons.  MesrL 
Die  Ergänzungstage  nennen  sie  in  der  tlegel 
el'tnusterake,  die  verstolnen.  Die  diokletia- 
nisehe  Aere  —  tarich  el-kebt  ^zt  es-^schohada^ 
d.  i.  Aere  der  Koptien  oder  Märtyrer  —  zählt 
Ulugbeg  nicht  zu  den  in  der  Astronomie  gebrauch- 
lieben,  wohin  er  nur  die  arabische,  persische  und  sy- 
rische 'rechnet.  Der  in  Aegypten  beobachtende  Ihn 
Junis  ist  meines  Wissens  der  einzige  Astronom,  der 
sich  ihrer  bedient  hat.  Dagegen  kommt  sie  in  den 
Kalendern  der  Morgenländer  vor,  worin  den  Datis 
des  arabischen  Mondjahrs  die  des  syrischen  und  ägyp- 
tischen Sonnenjahrs  beigefugt  zu  werden  pflegen.  Im 
ersten  Bande  der  Notices  et  Extralts  gibt  Hr.  Sil- 
vestre  de  Sacy  Auszüge  aus  der  ägyptischen  Ge- 
schichte des  in  der  ersten  Hälfte  des  17ten  Jahrhun- 
derts lebenden  Schemseddin  Mohaitime  d,  und 
darunter  einen  Ruralkalender,  worin  der  Wechsel  des 
natürlichen  Zustandes  des  Landes  dur^h  alle  Monate 
des  alexandrinischen  Jahrs  (73)  verfolgt,  und  der  Auf- 
gang des /Sirius  auf  eben  das  Datum  gesetzt  i^t,  an 
welches  ihn  die  alten  Aegypter  geknüpft  haben,  auf 
den  26.  Epiphi  oder  20.  Jidiu^  a.  St  (67).  Hier- 
durch bestätigt  sich,  was  Carsten  Niebuhr  in  sei- 
ner Reisebeschreibung  sagt^),  daCs  sich  die  mo- 
hammedanisdhen  Aegypter  bei  ihren  Beobachtungen 
über  das  Wachsthum  des  Nils  noch  immer  nach  dem 
koptischen  Kalender  richten.  In  Makrizi'sBe- 
schreibuiig  Aegyptens  konunt  ein  Capitel  unter 
dem  Titel:  Reduction  des  Sonnenjahrs  auf  das 
arabische  Mondjähr  v<^.     Hier  heifet   das  Son- 


1)  TL.  I,  S.  1?5. 

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nenjlJiT  ctHtra^cbif^y  von  charadsch^  Grund* 
Steuer,  weil  &  Zahlung  derselben  von  den  Jahrs- 
Zeiten  abhiingig  ist^  und. das  Mondjahr. ^i7a/^'^^  weil 
ek  dmr^h  die  ftl  o  n  d  p^h  äsen  —  hilal  ^^  bestimmt 
wird.'/  .  ..  ,   r  ^  .      . 

:  Die  nationalsyrischen  Monatsnamen  layten  bei  den 
AraberQ  eben  :So  wie -bei  den  Syrern  (180).  Die 
inacedoniscbeii  ynd  romischen  Benennungen  kommen 
beji  ihnen  nicht,  vfH!.  FJir  den  ersten  Monat  gilt  ih- 
nen, wie  den  S3nrera' in  der  Regel,  der  Oktober  oder 
erste  Thischri  — ;  Tischriu  ehewweL  In  Verbindung 
mit  .einem  syrischenDatum  erwähnen  sie  auch  jedes 
mal  die  Hauptäre  der  Syrer,  die  seleucidische,  die 
sie  tatich  dsi  ^l-kamain,  d.  J.  Acre  des  Alexan- 
der nennen;  denn  dieser  Eroberer  hei(st  iniKoran'^) 
J?su  'l'karnain,  der  Zweigehoxnte,  weil  er  als 
angeblicher  Sohn  Jupiter  Ammons  auf  einigen  Münzen 
gehörnt  erscheint  Mehrere  orientalische  Schriftstel- 
ler sind  durch  di^se  Benennung  verleitet  worden,  der  ^ 
Aere  einen  falschen  Ursprung  zuzuschreiben.  Das 
Wahre  findet  sich  b^im  Abulfaradsch,  dessen  \y orte 
oben  (189)  ♦angeführt  sind  *). 


Zeitrechnung  der  Perser, 

.  Die  Perser  gebrauche^  heut  zu  Tage  mit  allen 
übrigen.  Bekennern  des  Islam  die  arabischen  Monate 
und  die  Aere  der  Flucht.  Vori  einer  eigenthümhchen 
Zeitrechnung  konnte  bei  ihnen  nur  in  der  frühem 
Periode  ihrer  Selbständigkeit  die  Rede  sein,  vor  dem 


\)  SuTi  XVin,  T.  85,  wo  die  Aamerkang  von  Maracci  %tk 
yerg}eicfaeIl^  ist.  _       ^  ,,  ^ 

2)  Auch  vergleicbe  man  Ulngbeg's  Epoche  eelthr.  p.  17. 


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478  ^     Techtdsche  CSronohgie. 

Untergänge  der  Dynastie  der  Sassaniden  im  sieben 
ten  Jahrhundert  nach  Christus.  Aus  diesem  Zeitraum 
sind  von  ihnen  keine  sehriftlidie  Denkmäler  weiter 
yorhanden,  als  ein  paar  von  Hm«  Silvestre  de 
Sac)^  erläuterte  Steinschriften^)  und  die  durch  An- 
quetil  du  Perrdn  aus  Indien  gebrachten  Zendbü> 
eher,  welche  jedoch  über  chronologische  Gegenstände 
keine  Auskunft  geben.  Da  uns  nun  auch  die  grie- 
chischep  und  römischen  SchriftsteHi^r  in  diesem  Punkt 
ohtie  Belehrung  lassen  ^),  so  sehen  wir  uns  auf  die 
arabischen  und  neupersiscben  beschränkt 

.  Der  älteste  Arabet  meines  Wissens,  der  von  ei- 
ner eigenen  persischen'  Zeitrechnung  redet,  ist  der  un- 
ter dem  Chalifen  Almamon  lebende  Astronom  Al- 
fa rghani.  Nach  ihm^)  hatten  die  Perser  ein  be- 
wegliches Jahr  von  365  Tagen,  das  aus ,  12  dreiüsig- 
tägigen  Monaten  und  5  Ergänzungstagen  bestand,  die 
zwischen  den  achten  und  neunten  Monat  eingescho- 
ben wurden;  j?der  Monatstag  ftihrte  einen  eigenen  Na- 
men,  und  die  Jahre  wurden  von  der  Regierung  Jes- 
degird's,  des  letzten  sassanidischen  Kön%s,  gezählt 
Ypn  dieser  Zeitrechnung,  die  sich  durch  eine  be- 
sondere Einfachheit  empfiehlt,  haben  die  meistien  ara- 
bischen Astronomen  bei  ihren  Beobachtungen  und  m 
ihren  Tafeln  um  so  lieber  Gebrauch  gemacht,,  da  sie 
der  altägyptischen,  an  die  sie  durch  den  Almagest 
des  Ptolemäus  gewöhnt  waren,  analog  ist  Um 
sie  derselben  noch  analoger  zu  niachen,  versetzte  man 


1)  S.  sdae  Jfhnoires  9ut  Jes  Jntiquftes  de  Ja  Perse  (Paris 
1793,  4.) 

2)  Eine  einzige  Stelle  des  Cortin«  (I(L  3,  9)  kann  bie- 
fcer  gezogen  werden,  wo  es  heifst,  dafs  dem  Heere  des  Dariaa 
365  Jfinglinge,  diehus  totku  anrä  pares  numero^  gefolgt  wiKD. 

3)  EUnK  €t§ironn  p,  4  und  6, 


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Perser.  479 

späterbm  die  ErgSnzungstage  m  den  SeUlufe  Jles  Jahrs. 
Hier  fanden  sie  Ulugbeg'^)  tind  Schah  Chol^ 
dschi  ')  im  fun&ehnten  Jahrhundert,  die  letzten  n«im- 
haften  Astronomen  des  Orients* 

.    Die  Namen  der  Monate  .«nd  die  Summen  der  am 
Ende  eines  jeden  verflossenen  Tage  sind  folgende: 

1)  Ferwerdin  .  •  .  .^.  *    30 

2)  Erdibihischt     •  .  *  .  .    60 

3)  Chordad .90 

4)  Tir •  120 

5)  Murdad  «... 150 

6)  Schehriwer   ......  180 

7)  Mihr 210 

8)  Aban  •%%»•...•.,.  240 

Erganzungstage  •  »  .  .  245 

9)  Äser • 275 

10)  Dei.  .  .  .  . 305 

'    11)  ßehmcn. .336 

12)  Sipendarmed').  ...  365 
Werden  die  Ergähzungstage  ans  Ende  des  Jahrs 
gesetzt,  so  ändern  sich  die  Tagsummen  .vom  neunten 
Monat  an  wie  folgt: 

9)  Äser 270 

10)  Dei .•  ...  300 

11)  Behmen .330 

12)  Sipendarmed 360 

.      Ergänzungstage  •  «  .  .  365 


i)  Ep.  ceUht.  p.  23. 

2)  S.  da«  Fragment  seiner  Tabulae  unhersales^  welclies 
Hjde  in  seiner  ffistoria  religionig  veienan  Persarum  S.  204 
mittfaeilt.  In  dem  von  Gravias  (London  1652)  herausgegebe- 
nen Werkeken:  dstronomiea  tfuaedirm  ex  IrudÜione  Shah 
CpoigU  Pereae  kommt  niclits  Ckronologiscbes  Tor. 

3)  Es  finden  sieh  aneh  die  Formen  Ispendarmed^  hfendoT' 
med^  Isfendmed  ond  Ufend^ 


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480  Technische  Chromdogie. 

Pie  bdi  den  semitischen  Völk^n  g^NraacUiche 
und  von  ihnen  za  uns  iUiergegangene  Emthefliing  der 
Zeifc  in  Wochen  kannten  die  alten  Perser  nicht.  Sie 
gaben  dafür  einem  jeden  Monatstage  seinen  eigenen 
Namen,  der  beim  Dativen  gewohnlich  statt  der  Zahl 
des  Tages  gesetzt  y^ivA.    Es  sind  folgende: 

1)  Ormu^  16)  Mihr 

2)  Behmen      ,        17)  Surusch 
3).£rdibihi8cht     18)  Resch 

4)  Schehriwer       li>)  Ferwerdin 

5)  Sipendarmed    20)  Behram 

6)  Chordad  21)  Kam 

7)  Murdad  .22)  Bad 

8)  Del  be  Äser      23)  Dei  be  Din 

9)  Äser    .  24)  Din 

10)  Aban  25)  Arad 

11)  Chor  26)  Eschtad 

12)  Mab  27)  Asüman 

13)  Tir  28)  Semiad 

14)  Gusch  29)  Maraspend 

15)  Dei  be  Mihr  .30)  Eniran 

Diese  Namen  sind  sämmtlich  von  den  Schatz- 
genien entleMt»  die  nach  Zoroaster*s  Religion 
den  einzdnen  Monatstagen  vorstehen  ^)»  Man  siehiy 
dals  unter  den  Namen  der  Monatstage  die  der  Mo- 
nate wiederkehren.  Um  Verwechslungen  va  verhü- 
ten, verband  man  'die  übereinstimmigen  Namen'  mit 
den  Wörtern  mah,  Monat,  und  rus^  Tag.    So  be- 

zeich- 


1)  S»  die  Darstellnng  des  Lohrbegriffs  der  alteo 
Perser  ia- Kleaker*«  Zehd-Ar^ft«,  Th.  I,  S.  15  £  und 
.  Th.  n,  S.  386  fLi^heaonäerß  aber  Hrm  too  fi«maer*s  geb^l- 
Tolle  Reoensioii  des  Siebenmeers  des  Nabebs  Ton  Aade  im 
38sten  Qsiide  der  nkaer  Jahrbflcber  der  Litteratur,  S. 
37« 


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zeichnet  Ferwerdinmah  den  ersten  Monat,  und 
Ferwerdinrus  den  neunzelmten  Tag  des  Monats. 
Dei  be  Äser,  Dei  be  .Mihr  und  Dei  be  Din  sagen 
so  viel  i^  Deiy  auf  den  A^er,  Mihr  und/Din  fol- 
gen. Dei' ist  dw  Genius  der  Feiertage.  Solcher  Got* 
testage  gibt  es  drei  im  Monat,  wodurch  eine  wochen- 
ähnliche Eintheilung  desselben  entsteht.- 

Die  Ergänzupgstage  werden  von'  den  Arabern, 
eben  so  wie  die  ägyptischen  (476),  eUrnusterake, 
und  von  den  Persern  in  gleichem  Sinn  pendschei 
düsdide^  die  fünf  verstolnen,  genannt.  Sie  wa- 
ren eben  so  viele  Festtage,  und  hieüsen  als  solche 
Purdegan,  arabisirt  Furdidschan^^).  Einzeln  fähr- 
ten sie  folgende  Namen: 

1)  Ahnud 

2)  Aschnud 

3)  Isfendmed 

-    _     '  4)  Echschuter 

5)  Wehescht 
Die  Acre,  deren  sich  die  orientalischen  Astrono- 
men bedienen,  so  oft  ^sie  nach  persischen  Monaten 
datiren,  ist  die  jesdegirdische  —  tarich  Jesdegird, 
oder  die  persis-che  -r-  tarich  el-fars.  Sie  nimmt  mit 
dem  Re^erungsantritt  Jesdegird's,  nicht,  wie  Sca- 
liger, Petavius  und  andere  irrjg  sagen,  mit  seinem 
Tode  ihren  Anfang. 

1)  Siebenmeer  I,  ^i84;  lY,  69.  Djß  iBncIsylbe  an  bezeicb* 
net  bei  den  Persern  den  Plural,  wie  bei  den  Hebräern  im^  Das. 
Stammwort  ist  pur^  woraus  nach  Hm.  Ton  Hammer's  sehr 
wahrscheinlicher  Hypothese  das  hebritfsche  Porim  (219)  ent- 
standen ist.  Das  grofse  Fest  Pnrdegan  begriff  aach  die  5  letz- 
'  ten  Tage  des  Monats  in  sich,  welchem  die  Epagomenen  angehängt 
vi'aren,  so  dafs  das  Fest  10  Jage  dauerte»  Es  war  ein  Freu* 
denfest  den  Allgeschiedenen  geweiht,  auf  Ihsren  Gräber  man 
Speisen  trug.*  Das  Purimfest  der  Hebräer  war  gleidiMs  ein 
Freudenfest.    Esther  K,  22. 

•  3t 


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482  Technische  Chronologie. 

Jesdegirdy  der  dritte  seines  Namens,  gelangte 
im.  Jahr  632  vt.  Chr.  auf  den  Thron  der  Sassani- 
den,  den  innere  Zerrüttungen  langst  erschüttert  hat- 
ten, und  den  er  daher  auch  nur,  ]^urze  Zeit  g^gen 
den  fanatischen-  Eroberungseifer  der  Mohammedaner 
zu  behaupten  vermochte.  Im  Jahr  15  der  Heäschra 
oder  636  n.  Chr.  verlor  er  durch  die  entscheidende 
'  Schlacht  bei  Kadesije  seine  Hauptstadt  Madain  mit 
dem  grolsten  Theil  seiner  Staaten.  Er  irrte  noch 
mehrere  Jahrfe  m  den  Provinzen  am  Oxus  umher,  bis 
er, 651  durch  Meudielmord  seinen  Tod  fand.  Die 
Perser  waren  unterdessen  von  den  Siegern  zur  An- 
nahme des  Islam  gezwungen  worden.  Der  Feuerdienst 
behielt  nur  noch  wenige,  unter  Druck  und  Verach- 
tung lebende  Anhanger,  deren  Abkömmlinge,  die  so- 
genannten Parsen  oder  Gebern,  ihm  noch  jetzt  im 
südlichen  Persien  und  westlichen  Indien  huldigen. 

Hyde  *)  und  Anquetil  *)  versichern,  dafs  nach 
dem  Zeugnisse  der  .orientalischen  Geschicbtschreiber 
Jesdegird  am  Tage  Ormusd,  des  Monats  Ferwerdin 
im  ersten  Jahr  der  nach  ihm  benannten  Aere  zur  Re- 
gierung gelangt  ist.  Dies  war  nach  jetziger  Rechnung 
gerade  der  erste  Tag  des  Jahrs.  Abu'lhassan 
\  Kuschjar  dagegen  drückt  sich^  also  aus  ^):  „Die 
Epoche  der  persischen  Aere  trifft  auf  einen  Dinstag, 
und  zwar  auf  den  ersten  Tag  des  Jahrs,  worin  Jes- 
degird Könige  geworden  ist  Es  war  dies  der  22.  Rebi 
el-eyrwel  des  elfteh  Jahps  der  Hedschra  oder  der  16. 
Haziran  des  943sten  Jahrs  der  seleucidischen  Aerc.^^ 
'    Die  Reduction  gibt  den  16.  Junius  632  unserer  Zeit- 


1)  S.  186. 

.  2)  Unterstichnngeii  über  das  Zeitalter  Zoroas.ter'6 
Zend-Avesta,  Aphang  B.  I,  Abth.  I,  S.  356. 
3) 'S.  8  der  berliner  Handschrift 


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Perser:      /  483 

reehnung.  Auf  eben  dieses  Datam  führt  die  Angabe 
des  Alfarghani,  dalis  der  Zwißchenr^um  zwischen  ^ 
den  Epochen  Nabonassar's  und  Jesdegird's  1379 
persisdie  Jahre  und  3  Monate  betragen  hat,  mehrerer 
ähnlichen  Bestimmungen  bei  Ulugbeg  und  anderen 
nicht  zu  gedenken. 

Da  nun  die  Epoche  der  persischen  Acre  und  die 
Form  der  Jahre  ^  nach  deiien^  sie  zßhit,  bekannt  ist, 
so  kommt,  es  auf  eine  Regel  an,  ein  persisches  Da- 
tum auf  unsere  Zeitrechnung  zu  reduciren.  Folgende 
^rd  nian  eben  so  bequem  als  sicher  finden. 

Man  multiplicire  die  Zahl  der  yeiflosseuen  persi- 
^  sehen  Jahre  mit  365  un4  addire  zum  Produkt  sowohl 
di^  Tägsumme  der  abgelaufenen  Monate  des  gegebe- 
nen Jahrs,  als  die  Tage  des  laufenden,  nebst  den 
230639  Tagen,  die  vom  Anfange  unserer  Aere  bis 
auf  den  16»  Junius  632,  der  Epoche  der  persischen, 
verilossen  sind,  und  die  wir  die  Absolut  zahl  nen- 
nen wollen.  Die  Summe  gibt  eine  Anzahl  Tage,  welche 
auf  unsere  Jahre  und  Monate  zu  bringen  ist.  Es 
sei  z.  B.  der  19.  Chordad-mah  des  Jahrs  347  gege- 
ben, an  welchem  Ihn  Junis  die  obgedachte  Sonneniin- 
sterriifs  zu  Cairo  beobachtet  hat  (467). 

.  346  X  365 ^  126290 

,  Tage  bis  zum  Chordad    ^  =  60     * 

Tage  im  Ghordad  .....  trs  19  ' 

Absolutzahl. .  .  =  230639 

Summe  =  357008 
Hieraus  ergibt  sich  nach  der  schon   oben   geführten 
Rechnung  der  8.  Junius  unsers  Jahrs  978.        ^ 

In  der  mit  grofser  Genauigkeit  gearbeiteten  Ver- 
gleichungstafel der  vornehmsten  orientalischen  Acren, 
die  Gravi  US  seiner  Ausgabe  und  Uebersetzung  der 
Epochae  celebriores  des  Ulugbeg  angehängt  hat, 
ßndet  sich  auch  das  julianische  Datum  des  Anfangsta- 

31  * 

^    '  Digitizedby  VjOOglC 


484  Technische  Chrpriohgie., 

ges  eipes  jeden  Jal^s  der  jesdegirdlscben  Aere  ange- 
geben. Hat  man  diese  Tafel  zur  Hand,  so  wird  man 
in  jedem  FaUe  leicht  bis  zum  gegebenen  Datum  fort- 
rechnen können.  • 

Beim  Gebrauch  deir  obigen  Monatstafel  muTs  man 
wissen,  ob  der  Astronom,  der  ein  persisches  Datum 
angibt,  die  Ergänzungstage  ans  £nde  des  achten,  oder 
zwölften  Monats  setzt.  Von  Ihn  Junis  gilt  das 
erste.  Colins  fuhrt  ifiämlich  nach  ihm  eine  Beobach- 
tung der  Schiefe  der  Ekliptik  an,  welche  „im  237sten 
Jahr  des  Jesdegird  am  dritten  der  fünf  am  Abanmah 
hängenden  Tage^^  gemacht  ist  ^).  Die  Reduction  gibt 
'den  16.  December  868  n.  Chr. 

Hier  ist  noch  die  Frage  spu  beantworten,  iliit  wel- 
cher Tagszeit  die  alten  t^erser  ihren  bürgerlichen 
Tag  —  schebanrus  ' —  angefengen  haben.  Eine  be- 
stimmte Angabe  findet  sich  hierüber  nicht  Da  aber 
Ulugbeg  sagt  ^),  dafs  die  Astronomen  seines  Reichs 
(er  war  ein  tatarischer  Fürst,  der  zu  Samarkand  re- 
sidirte)  den  Tag  mit  dem  Mittage,  die  Araber  und 
übrigen  Mohammedaner  mit  dem  Abend  und  die  INicht- 
araber  mit  dem  Morgen  anfingen,  so  muTs  er  bei  den 
letzteren  wol  zunächst  an  die  Perser  gedacht  haben, 
die  ihm  so  nahe  waren  und  in  deren  Sprache  er 
schriA.  Dies  ist  um  so  wahrscheinlicher,  da  sie  vor 
Annahme  des  Islam  Anbeter  der  Sonne  waren.  Es 
leidet  daher  keinen  Zweifel,  dafe  die  alten  Per- 
ser ihren' bürgerlichen  Tag,  wie  Plinius  von  ihren  ' 
Nachbarn  den  Babyloniern  versichert^),  inter  diws 
solis  exortus  genommen  haben. 

Neben   dem   bisher    beschriebenen  bewegli- 


1)  Noten  zom  Alfargbani  S  68. 
ST)  Epoch,  eelebr.  S.  3. 
3)  H.  N.  II,  79. 


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Perser.  485 

eben  Sonnen  jähr  finden  wir  bei  den  Persern  seit 
dem  elften  «Fabrbundeil;  unserer  I^eitrechnung  ein  fe- 
stes  von  ganz  ähnlicher  Form^und  gleichen  Monats- 
naih^h,  von  welchem,  als  einer  merkwürdigen  chro- 
nologischen Erscheinung,  ich  im  Handbuch*)  so 
ausführlich  gehandelt  habe,  als  es  die  mir  zu  Gebot 
stehenden  Hülfsmittel  gestatteten.'  Das  Wesentlichste 
davon  miU  ich  hier  wiederhohlen. 

Abu't-fetah  Melek-Schah,  von  seinen  Unter- 
thanen  unter  dem  Namen  Dschelal-eddaulet  we 
eddin,  Glorie  des^  Staats  und  der  Religion, 
proklamirt,  war  der  dritte  Sultan  aus  der  Dynastie 
der  Seldschuken  von  Iran,  die  von  429  bis  593 
der  fledschra  über  den  gröfsten  Theil  des  jetzigen 
Persiens  und  einige  benachbarte  Länder  geherrscht 
hat.  Er  gelangte  im  Jahr  465  der  Hedschra  oder 
,1072  n.  Chr.  zur  Regierung,  und  starb  im  20sten  Jahr 
derselben^ mit  dem  Ruhm  eines  der  ausgezeichnetsten 
Männer  des  Orients,  den  er  mit  iseinem  bis  auf  die- 
sen Tag  von  den  Dichtem  und  im  Munde  des  Volks  ' 
gepriesenen  Vezie^r  Nizam-elmulk  theilt  .^     "^ 

Unter  ihm  -entstand  eine  Zeitrechnung,  die  melßi 
oder  sultaniy  die  königliche,  auch  die  dschelal- 
eddinische  oder  dschelalische  genannt  wird. 
Die  Umstände  ihrer  Einführung  und  ihres  Gebrauchs 
liegen  fast  ganz-  im  Dunkel.  Nur  das  Technische  er- 
gibt sich  ziemlich  vollständig,  wenn  man  zwei  von 
Golius  ^)  und  Hyde  ®)  mitgetheilte  Fragmente  des 
Kotb-eddin  und  Schah  Choldschi,  und  das  von 
ihr  handelnde  fünfte  Capitel  des  Ulugbeg  mit  ein~ 
ander  vergleicht. 


1)  Tb.  U,  S.  524  ff. 

2)  Noten  zum  Alfarghaui  S.  3l 

3)  S.  309. 


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486  Technische  Chronologie. 

Acht  Astronomen,  heifst  es,  vereinigten  sich  un- 
ter der  unmittelbaren  Theil^afune  des  Sultans  zur  Ein- 
führung einer  neuen  Zeitrechnung.  Zur  Epoche  der- 
selben wählten  sie  den  10.  Ramasaa  471  der  Hedkcbra 
oder  den  15.  Adar  1390  der  seleucidisqhen  Aare,  oder 
endlich  den  19.  Ferwerdiomah  4^8  seit  Jeadegird,  ei- 
nen Freitag,  d.  i.  den  15.  IVIärz  1079  n.  (Chr.,  den 
Tag  des  Eintritts  der  Sonne  in  den  Widder,  \mA  sie 
setzten  fest,  da£»  i^v  JYewrifs  oder  Jahranfßug  alle- 
mal der  Tag 'der  Fröhlingsnecfatgleiche  s^n  soUe. 
Auch  die  Monate  sollten  nach  der  ursprün^chen  Be- 
stinunung  wahre  Son|ienmonate  «ein,  indem  man  deo 
Eintritt  der  Sonne  in  jedes  Zeichen^  also  die  Dauer 
der  Monate  astr^nongosch  berechnen  wollte.  Man  fand 
es  aber  bald  bequemer,  jedem  Monat  30  T^ge  bei- 
zulegen, und  das  Jahr  durch  Epagomenen  «uszi^d- 
cheu«  ,  So  kam  also  die  Foim  der  Monate  mit  der 
der  alten  persischen  überein.  Auch  ihre  Namen  be- 
hielt man  bei.  Zum  Unterschiede  fögt  man  densel- 
ben, die  Wörter  Aa<f/n»>  alt,  und  dschelali  bei,  z. 
B.  Perwerdinmdhi  Uaditn  und  dschelalu  Von  vier 
•%xi  vier  Jahren  werden  6  Er^nzungstage  gerechnet 
^Da  aber  der  U^berschufe  des  Sonnepjahrs  über  365 
Tage  keinen  voljba  Yi^rteltag  ausmacht,  so  lälst  man 
die  Einschaltung,  wenp  sie  einigemal  hinter  einander 
auf  das  vierte  Jahr  getroffen  ist,  einmal  auf  das  fünfte 
fallen. 

Dite  Frage,  warum  man  gerade  das  Jahr  1079  n. 
Chr.,  das  siebente  der  Regierung  Molek-Schah*s, 
zur  Epoche  der  heuen  Acre  gemacht  habe,  beantwor- 
te1;  Schah  Choldschi  dahin,  dafs  man  zur  Epoche 
des  1.  Ferwerdinmahi  dschelali  des  ersten  Jahrs  ei- 
nen Tag  gewählt  habe,  mit  dessen  Anfang  die  Sonne 
zum  Frühliugspunkt  gelangte.  Hiernach  hätte  alsc 
die  Epoche  der  dschelalischen  Acre  einen  rein  astr^) 


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».    Perser.  487 

nomisch^n  Uraprung.  Wirklich  hat  sich  in  dem  ge- 
dachten. Jahr  zu  Isp^an,  der  Residenz  der  seldschu'* 
ki^chen  Sultane,  die  Prühlingsnachtgleiche  am  Mpr- 
gen, ereignet,  der  dem  Schah  Choldschi  höchst 
währscheinUch  für  die  Epoche  des  bürgerlichen  Ta- 
ges der  Peifser  galt  (484).  Ich  finde  nämlich^  dafs 
sie  nach  den  delambreschen  Sonnentafeln  unter  dem 
Meridian  dieser  Stadt ,  2  St.  34^  östlich  Von  Berlin, 
am  15.  März  bald  nach  Sonnenaufgang,  um  6  Ü.  31' 
m*  Z«,  eingetreten  ist. 

Nach  Ulugbeg  haben  einige  die  Acre  mit  dem 
5.  Schaban  des  Jahrä  468  der  Hedschra  oder  dem 
li3.  März  1076,  also  drei  Jahre  früher,  angefangen.. 
Er  verwirft  aber  diese  Besitimmung,  und  mit  Recht; 
denn  die  FrühUngsnachtgleiche,.  von  welcher  der  An- 
fang der  Acre,  so  wie  aller,  ihier  Jahre^  abhängt,  traf 
1076  nicht  auf  den  13ten,  sondern  auf  den  14.  März. 

Was  die  Schaltmethode  betrifft,  so  läfst  sich  wöl 
nach  der  Art,  wie  sich  K  o  t b  -  £  d  d'i  n  ^  Schah 
Choldschi  und  Ulugbeg,  darüber  äufsem,  niclit  be- 
zweifeln, dais  der  Anfang  des  Jahrs  cyklisch,  nicht 
astronomisch  , bestimmt  worden  ist  Der  erste  sagt: 
,9Man  ist  darin  übei^ingekommen,  dafs  die  Eiiischäl- 
tung  eines  Tages,  wenn  sie  sieben  oder  achtmal  hin- 
tereinander im  vierten  Jahr  statt  gefunden,  einmal  auf 
das  fünfte  treffen  soll/^  Heifst  dies,  man  hat  erst 
7  mal  hintereinander  nach  4  und  dann  einmal  nach' 
5,  ferner  8  mal  hintereinander  nach  4  und  dann  ein- 
mal ^wieder  nach  5  Jahren,  und  so  abwechselnd,  also 
in  70  Jahren  17  Tage  eingeschaltet,  so  \^ird,  das  tro- 
pische Jahr  zu  365  T.  5  St  48'  48''  genommen,  in 
157$  Jahren  ein  Tag  zu  viel  gerechnet  Schah 
Choldschi  drückt  sich  eben  so  aus.  Ulugbeg  da- 
gegen spricht  von  einer  6  oder  7  mal  nach  vier  Jah- 
ren zu  wiederhohlenden  Einschaltung,  woraus  unter 


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488  Teehniiche  Chronologie.  ^ 

derselben  Voraussetzung  folgen  würde^  dafs  man  alle 
62  Jahre  15  Tage  eingeschaltet  habe,  was  in  3487  Jali- 
ren  einen  Tag  zu  wepig  gibt  *  )•  Wan  sieht  also, 
dals  schon  in  dieser  Hinsicht  die  gregorianische  Schalt- 
methode, die  erst  in  3600  Jahren  um  einen  Tag  .vom 
Hin^mel  abweicht  (386),  der  dschelalisch^n  vorzuzie- 
hen  ist,  ihrer  grölsem  Einfachheit  nicht  zu  gedenken. 
Ich  kann  daher  in  Wolfs  *)  und  GatteTer's*) 
Bewunderung  .des.  dschelaUschen  Jahrs  nicht  einstim- 
men«  Beide  Schaltmethoden  sind  so  verwickelt  und 
auf  eine  Reihe  von  Jahren  so  schwierig  anzuwenden, 
dals  man  ihnen  gewils  die  astronomische  Berechnung 
des  .Jahranfangs  vorgezogen  haben  wird*  Geschah 
dies,  so  hatte  man  ;eine  Zeitrechnung,  die  mit  der 
franzosisch -republikanischen  in  der  Jahrform»  so'  wie 
in  der  Bestimmungsart  des  Neujahrstages,  völlig  über- 
einkam, und  blpls  darin  von  ihr  abwich,  dafs  man  in 
Persien  das  Jahr  mit*  der  JFrühlings-,  in  Frankreich 
hingegen  mit  der  Herbstnachtgleiche  anfing  (454). 

Ulugbeg  gibt  eine  Anleitung  ta  einer  solchen 
Berechnung,  die  hier  erklärt  zu  werden  verdient  Er 
niinmt  die  mittlere  Länge  des  tropischen  Jahrs  zu 
365  T.  5  St.  49'  15^'  an,  und  entwirft  hiemach  foL 
gende  Tafel  der  in  ganzen  dschelalischen  Jahren  ea\r 
baltenen  Tage  und  Theile  von  Tagen  ^): 

1)  Hr.  liittraw  sagt  in  seiner  Calendariographie  S.  42, 
es  sei  erst  in  nnsern  Tagen  bekannt  geworden,  dafs  seit  deA. 
ältesten  Zeiten  bei  den  Persem  eine  33jäbrige  Schaltperiode 
zn  25  Gemein-  and  8  Schaltjahren  im  Gebrauch  gewesen  s^. 
Sollte  diese  Notiz  ans  einer  ächtorientaÜ^chen  Qnelle  geflossen 
sdn?^  Eine  solche  Periode  wäre  freilich  genauer  ab  die  grego- 
rianische, die  anf  400  Jahre  97  eingeschaltete  rechnet. 

2)  Elem^  Chron»  p.  133.  (Im  vierten  Bande  seiner  iSKsm^n^a 
Matheseos  unhersae), 

3)  Abrifs  der  Chronologie  S.  Si40. 

4)  Idi  habe  seine  Sexagesimaltheile  auf  die  uns  geläufigeren 


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Perser. 


Am 


Jdhre. 

Tage, 

Jahre. 

Tage. 

1 

36^,243 

60 

21914,552 

2 

730,485 

70 

2556^977 

3 

1095,728 

80' 

29219,403 

4 

1460,970 

90 

.  32871,828 

5 

1826,213  , 

100 

36524,253 

-   6 

2191,4551 

200- 

73048,507 

7  ■ 

2556,698 

300 

109572,760 

8 

2921,940 

400 

146097,014 

9 

'  3287,183 

500 

182621,267 

10 

3652,425  , 

600 

219145,521 

20 

7304j851 

700 

255669,774 

30 

10957,276 

800 

292194,028 

40 

\  14609,701 

900 

328718,28t 

50 

18262,127 

1000 

365242,535 

Soll  nun  an  Datunf,  sei  es  der  seleucidisehen, 
christlichen,  arabischen  oder  jesdegirdischen  Zeitrech- 
nung, auf  die  dschelaUsche  gebracht  werden,  so  be- 
rechne man  die  bis  auf  das  gegebene  Datum  ein- 
schlieüslich  verflossenen  Tage  der  zugehörigen  Acre, 
ziehe  davon  die  zwischen  den  Epochen  ^eider  Acren 
Uzenden  Tage  ab,  und  verwandele  den  Rest  mit 
Hülfe  vorstehender  Tafel  in  Jahre  und  Monate,  letz, 
iere  zu  30  Tagen  gerechnet.  Die  übrig,  bleibenden 
T^ge  mit  dem  Decimalbruch,  der  noch  für  einen  gan- 
zen Tag  zu  rechnen  ist,  geben  dann  den  laufenden 
Tag  des  laufenden  Monats  der  dschelalischen  Acre. 
Iure  Epoche  ist  der  15,  März  1079  n.  Cta-,  Sie  fängt 
also  später  anals 

die  seleucidische    jun  507497  Tage. 

die  christliche    ....  393812    — 
.^die  arabische  .....  166797     — 

die  jesdegir^isch)^    .  .  163173    — 


Dedmaltheile  r^dacirt,  von  denen  drei  Stellen  tia  gegenwärtigem 
Behuf  vollkommen  genügen.  ^. 


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490  Technische  Chronolog^. 

Es  sei  z.  B.  der  21.  März  neiieu  oder  -9.  Man 
alten  Stik  uosers  1831sten  Jahrs  auf  die  dschela- 
tische  ZeitrecbmiDg  xu  bringen.  Man  dividire  1S30, 
die  Zahl  der  verflossenen  Jahre,  durch  4;  dies'  gibt 
den  Quotienten  457  und  den  Rest  2.  Den  Quotien- 
ten, der  die  Zahl  der  abgelaufenen  julianischen  Schalt- 
perioden bezeichnet,  multiplicire  man  mit  1461  und 
addire  zum  Produkt  cGe  dem  Best  angehörigen  730 
Tage  und  die  bis  zum  9.  März  einscUiefsHcb  abge- 
laufenen 68  des  Jahrs  J831.  Von  der  Summe  668475 
ziehe  man  das  Epochenintervall  393812  ab.  So  blei- 
ben 274663  Tage  zu  reduciren  übrig.  Dies  geschieht 
nach  der  Tafel  also:* 

274663 

255669,774  =  700  Jahre. 

18993,226 

18262,127  =    50  Jahre. 


731,099 

730,485  =.     2  Jalire. 


0,614 
Man  iBndet  also   752  Jahre  und   einen  Tag,   mithin 
den  1.  Ferwerdinmahi  ^schelali  des  753sten  Jahrs. 

/Die  Rechnung' kann,  ^ieUlugbeg  bemeikt,  am 
einen  Tag  schwanken.  Hat  msm  daher  durch  sie  das 
dschelaUsche  Datum  Yorläu%  bestinunt,  so  muls  nian, 
um  es  mit  Sicherheit  zu  erhalten,  für  den  Tag,  auf 
den  der  1.  Ferwerdinmah  trifft,  den  Ort  der  Sonne 
suchen,  und  wenn  sich  dann  ergibt,  dals  sie  nicht 
gerade  an  demselben  Tage  in  den  Widder  getreten 
ist,  so  ist  dem  gemäfs  das  erhaltene  Datum  zu  beiicfa 
tigen.  Es  kommt  hier  auf  die  Bestii9mungsweise  des 
Newrusap.  Nach  Ulugbeg's  und  Schah  Chol- 
dschi's  Versicherung  haben  Melek-Schah's  Astro- 
nomen festgesetzt,   dafs  allem£^l  derjenige  bürgeriilch«? 


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Perser.  491 

Tag,  dessen- Mittag  dem  Eintritt  der  Sonne  in  den 
Widder  zunächst  folgt ,:  für  den  Newrus  gelten  soll. 
Nun  ereignet  sich  das '  Frühlingsäquinoctium  des  Jahrs 
1831  zu  Ispahan  am  21. 'März  Vormittags  um  11  U; 
55'  m.  Z.;  das  oben  gefundene  Datum  ist  also  das 
richtige. 

Soll  umgekehrt  ein  Tag  der  dschelalischen  Acre 
auf  eine  der  vier  obgedachten  Zeitrechnungen  redu- 
cirt  werden,  so  geht  man,  wie  Ulugbeg  richtig  be- 
merkt, dabei  nur  dann  ganz  sicher,  wenn  zugleich  der 
Wochentag  gegeben  ist;  denn  hat  man  die  Tagsumma 
der  dschelalischen  Acre  vetmiltelst  der  Tafel  gefun- 
den, so  kann  solche  um  einen  Tag  schwanken«  Man 
muls  sie  also  durch  die  gegebene  Ferie  prüfen.  Die 
Epoche  der  Aere  ist  eid  Freitag.  Dividirt  map  dem- 
nach die  Tagsumme  durch  7,  so  geholfen 

zu  den  Resten  1,  %  3,  4,  5,  6,  0      / 

die  Ferien  6,  7,  1,  2,  3,  4,  5, 
und  weicht  nun  die  gefundene  Ferie  von  der  gegebe* 
nen  um  einen  Tag  ab,  so  hat  man  zuvörderst  Mie 
Tagsumme  zu  berichtigen,  ehe  man  weiter  rechnet. 
Auch  für  diesen  Fall  stehe  hier  ein  ExempeL  Wei- 
chem Tage  unserer  Zeitrechnung  entspricht  der  1. 
Ferwerdinmahi  dschelali  des  Jahrs  609,  ein  Freitag? 
Naph  der  Tafel  sind 

606  Jahre  =  219145,521  Tage 

8    --     =      2921,940    —  . 

Summe  =  222067,461  Tage. 
Wird  der  Decimalbpch  für  einen  ganzen  Tag  ge- 
nommen und  noch  ein  Tag  für  das  beginnende  609te 
Jahr  gerechnet,  so  hat  man  die  Tagsumme  222069, 
welche  sich  bei  der  Prüfung  durch  die  Ferie  richtig 
bewährt«  Addirt  man  das  Epochenintervall  393812, 
so  ergeben  sich  in  Allem  615881  seit  Anfang  unse- 
rer Aere  verflossene   Tage,  welche  rcducirt  den   11. 


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492  Technische  ChronaJogie. 

i 

MSrz  alten  oder  21.  Mära  neuen  Stils  unsers  Jabrs 
1687  geben.  > 

Von  dem  Gebrauch  der'  dschelalischen  Zeitrech- 
nung wissen, wir  wenig  Bestimmtes.  Ich  zweifele  in- 
dessen nicht,  dafe  man  sich  ihrer  im  seldschukischen 
Reich  bei  der  Erhebung  der  Staatsgefalla  und  zu  an- 
deren bürgerlichen  Zwecken  neben  der  arabischen  wirk- 
lich bedient  hat  ^).  Bei  den  häufigen  Staatsumwäl- 
Zungen,  wodurch  Persien  seitdem  erschöttert  w^orden 
is/t,  mag  si^  zwar  bald  aufgehört  haben,  die  öffentli- 
chen Verhandlungen  zu  leiten ;  da  man  aber  fortfuhr, 
den  Newrus  zu  feiern  ^y^  so  konnte  sie  nie  ganz 
unter  dem  Volk  erlöschen,  zumal  da  man  bei  dem 
Gebrauch  der  durch  alle  Jahrszeiten  wandernden  ara- 
bischen  Monate  das  Bedürfnils,  sich  nach  der  Sonne 
zu  Orientiren,  lebhaft  fühlen   mu£ste.     Und  ^ wirklich 

treffen  wir  sie,  wenn  auch  nicht  bei  den  Geschicht- 

/  ... 

Schreibern,  doch  bei  den  Dichtern  und  anderen  Volks^ 
sebriftstellem  der'  Perser  nicht  selten  an.  Wenn  z. 
B.  Sadiin  seinem  Gulislan  die  Idee" der  schonsteo 
JahrszMt  mit  wenig  ^Worten  wecken  will,  so  sagt  er, 
es  war  der  erste  Tag,des*Erdibihischtmahi'dsdhelaIi. 
Auch  erscheinen  im  Morgenlande  fortwährend  Kalen- 
der, w^lthe  die  dschelalischen,  syrischen  und  ägypti- 
schen Sonnenmonate  mit  den.  arabischen  Mondmona- 


1)  Daliiii  jdentet  eine  von  Hm.  von  Dl^s^  >( Denkwürdig- 
keiten YO^  Asien  Tb.  ü,  S.  395). ans  des  Türken  Hadscbi 
Ghalfa  chronologischen  Tafeln/ beigebrachte  Notb. 

2)  Dafs  den  Persern  die  Frühlingsnachtgleiche  nnter  deoi 
Namen  newrusi  sultam,  königliches  Neujahr,  ein  Fest  ge- 
blieben sei,  versichern  Chardin  (Hei«^  nach  Persien  Th.  U, 
p.  263  der  neuen  französischen  Ausgabe)  und  alle  andere  Reise- 
beschreiber.  Es  besteht  in  einer  blofsen  Erlustignng  des  Hofes 
tasd  des  Volks,  ohne  irgend  einen  religiösen  Charakter  an  sieb 
za  tragen.  .       '  I 


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Perser.  .  '  493 

ten  ver^eiclien,  und  zeigep^  m  iwrefchem  Verhältnife 
die  letzteren,  nach  denen  man  im  gemeinen  Leben  ge- 
wöhnlieh datirty  zu  den  Jahrszeiten  stehen.  Einen 
solchen  hat  Matthias  Friedrich  Beck  unter  dein 
Titel:  Ephemerides  Pirsdrum  per  totum  €mnura 
iuoda  epochas  celebriores  orientis,  Alexandream, 
Chrisiiy  Diocleiiani^  Hegirae^  Jesdegirdicam  et 
Gelalaeam  herausgegeben  und  erläutert  ^).  Es  ist 
eigentlich  ein  vollständig  durchgeführter  dschelaUscher 
Kalender,  auf  das  6Ö9te  Jahr  der  Acre  vom  11»  März 
a.  St.  1687  bis  dahin  1688  ^). 

Gravius  gibt  in  seiner  oben  (483)  gedachtea 
Ver^cichungslafel  der  orientalischen  Acren  auch  die 
dschelalischen  Jahre  in  einer  Columne  mit  der  Ueber- 
Schrift:  Anni  Epochae  Gelalaeae  sqlares  uh  aequU^ 
noctiö  vernOy  >$we  a  meridie  proxime  sequenti  in- 
gressum.solis  in  arietem  in  Horizonte  Chowa- 
rezmiorum*  Die  letzteren  Worte  beruhen  auf  einer 
-Verwechslung  des  newrusi  suüani  mit  einem  newrusi 
chowaresmschahi,  der  19  Tage  später  eintrat.,  yon 
dem  wir  aber  sonst  nichts  Sicheres  wissen  * ). 

Um  \i\itt  zusanimenzufassen,  was  ich  bisher  über 
die  "'Zeitrechnung  der  Perser  gesagt  habe,  so  treffen 
wir   bei   ihnea  auDser  dem  arabischen  Mondjahr  ein 


1)  Angsbarg  1696,  fol.  Bei  dieser  Gelegenlieit  erwähne  ich 
noch  einen  andern  orientalisclten,  und  zwar  nach  den  syrischen 
Blonaten  geordneten,  Kalender,  den  Hieronymiis  Welsch  un- 
ter dem  Titel:  Commentarius  in  Rusname Nioarus  sive  tabulae 
aequinoctiales  not>i  Persarum  et  Turcarum  anm  hat  in  Kupfer 
stechen  lassen  (Augsburg  1676,  4).  In  dem  gelehrten  Commentar, 
womit  er  ihn  begleitet  hat,  suche  man  alles  £rsinnliche,  nur 
jkeine  Uebersetzung  und^rläuterung  des  Kalenders  selbst* 

2)  Vergl.  Handb.  U,  538; 

3)  J^n  sehe,  was  darüber  an  der  .eben  angefulvten  Stelle 
des  Handbuchs  bemerkt  ist»  - 


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494  Technische  Chronologie. 

zwiefaches  Sminenjalir  an,  ein  bewegliches,  das 
aUmäfalig  «lle  Jahrszeiten  durchläuft^  luid  ein  festes, 
das  auf  der  Frühlingsiiachtgleiche  haftet  Das  feste 
ist  im  elften  Jahrhundert  unserer  Zeitrechnung  durch 
eine  der  julianischen  ähnliche  Einscbalti^ng  afis  dem 
beweglichen  entstanden,  mit  dem  es  übrigens  ganz 
übereinkommt;  das  bewegliche  finden  wir  von  den 
arabischen  Astronomen  schon  seit  dem  neunten  Jahr- 
hundeH;  gebraucht  Die  eigenthümlichen  Namen  sei- 
ner Monate  und  Mon^tstage  und  die  eigenthümüclie 
nabh  einem  Sassaniden  benannte  Acre,  an  die  es  ge- 
knüpft ist,  beweisen,  dals  es  sich  aus  der  yorislami- 
tischen  Zeit  herschreibt,  wo  es  ein  biirgerliches  ge- 
wesen^ sein  mufs.  Auch  hat  ^ch  unter  den  neuem 
Persem  die  Tradition  erbalten,  dafe  ihre  Vorfahren, 
so  langci  sie  sich  zur  Religion  des  Zoroaster  be- 
kannten, ein  Jahr  von  ganz  gleicher  Form  und  Ter- 
minologie-wie  das  jesde^rdische  gehabt  haben,  nur 
dals  sie  es  durch  einen  von  Zeit  zti  Zeit  eingeschal- 
teten Monat  mit  der  Sonne  ausglichen.  Von  dieser 
Art  Einschaltung  habe  ich  mir  nach  einer  SteOe  des 
Abu'lhassan  Kusch  gar  ^)  folgende  Idee  gebildet, 
welche,  so  viel  ich  sehe,  allen  den  Schwierigkeiten 
begegnet,  die  bei  der  gewöhnlichen  Darstellungsweise 
der  orientalischen  Chronologen  obwalten  ^). 


1)  Sie  findet  sich  in  dem  oben  (463)  etwälmten  handsdirift- 
licben  Werke  B.  I,  c,  2.  S.  8^  Ich  habe  sie  im  Handbncfcc 
II,  547  nnd  624  im  Onginai  und  in  einer  Uebersetzmig  mitge- 
theilt. 

2)  Man  sehe  die  von  Golius  zum  Alfarghani  S«  27  £ 
gesammelten  SteUen,  wie  anch  das  Fragment  des  Schah  Chol- 
dschi  bei  Hyde  p.  203,  nnd  vergleiehe  Fröret 's  Abhandloog 
Sur  Vaneienne  annee  de^  Persea  in  dem  16ten  Bande  der  Sfe- 
moires  de  VAeademe  des  hiscriptiona. 


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Perser.  405 

Das  «Tajlir  der  alten  Porser  hielt,  wie  das  tirsprüng- 
Hchc  der  Aegypter,  durchgängig  und  ohn»  alle  Ein- 
schaljlung  12  dreifsigtägige  Monate  und  5  Ergänzungs- 
tage,  welche. dem  letzten  Monat  angehängt  wurden» 
Der  Anfang  des  Jahrs^  der  Newru^s,  den  man  von 
j^er  festlich  beging  ^  )9  sollte  beständig  auf  den  Früh- 
ling treffen.  Da  man  nun  fand,  dais  er  mit  Bezug 
auf  die  Nachtgleichen  alle  1,20  Jahre  um  etwa  30 
Tage  zurückwich,  so  sc;hob  man  ihn  nach  Verlauf 
dieses  Zeitraums  um  einen  Monat  .vorwärts,  so  dafs 
er  jetzt  auf  den  Ferwerdinmah,  nach  120  Jahren  auf 
den  Erdibihischtmah  u.  s«  w.  traf.  Das  J^hr,  das  der 
Versetzung  zunächst  voranging,  hatte,  wie  man  sieht, 
13  Monate,  indem  es, mit  einerlei  Monat,  z.  R  dem 
Ferwerdinmah,  anfing  und  endigte.  Der  dreizehnte 
Monat,  der  nur  sehr  unei^entlich  ein  Schaltmonat 
heilsen  kann,  wurde  Biht^rek,  der  bessere,  ge-, 
'  nannt  ^  \  Die  fünf  Ergänzungstage  gingen  immer  zu- 
nächst vor  dem  Newrus'  her  und  wanderten  niit  ihm 
in  1440,  Jahren  durch  alle  Monate.  Zur  Zeit  des  Nu-, 
schirvan,  des  gröCsten  sai^sanidischen  Königs,  der 
um  die  Mitte  des  sechsten  Jahrhunderts  unserer  Zeit- 
rechnung regierte,  ging  der  Newrus  auf  den  Asermah 
über,  und  die  Ergänzungstage  hafteten  auf  dem  Aban- 
mah.  J^ner  hätte  hiernächst  auf  den  Deimah  vei?- 
legt  werden  sollen.  Allein  im  Jahr  636  n.  Chr.  ver*  . 
nichteten  die  Mohaminedarner  mit  der  Herrschaft  der 
Sassaniden   die   Religion '  der  Magien     Die   wenigen 


1)  S.  den  Artikel  Tfeurus  bei  d'Herbelot  nnd  was  Hf.  y. 
Hammer  hierüber  beibringt.  Wiener  Jahrbücher  B.  38,  S.  41. 

2)  Wie  Fachr-Eddin  bei  Hjde  S.  207  versichert.  Nach 
dem  Sieb  eil meer  fährte  diesen  Namen  das  gdnze  13  monatliche 
Jahr,  welches  m^n  als  eine  Zeit  des  Glücks  nnd  der  Grö&e  für 
den  König  betrachtete,  auf  dessen  Regierkmg  es  traf. 


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486  Technische  Chronologie, 

Perser,  die  ihr  treu  blieben,  .bedienten  sich  zwar  noch 
immer  dei  alten  Zeitrechnung,  ohne  jedoch  auf  eine 
richtige  Verschiebung  des  Newrus  weiter  bedacht  zu 
sein.  Zugleich  zählten  sie,  einem  uralten  Gebrauch 
des  nersischen  Volks  gemäis  ^),  die  Jahre  von  der 
Thronbesteigung  des  letzten  Königs  Jesdegird,  die  am 
ersten  .Tage  des  Ferwerdinmah  erfolgt  sein  soIL  Dieser 
Monat,  als  der  erste  der  Aere,  wurde  nun  zugleich 
als  der  erste  des  Jahrs  angesehen,  was  er  hei  der 
frühem  Wandelbarkeit  des  Newrus  seit  Jahrhunder- 
ten nicht  gewesen  war.  Als  die  Araber  unter  dem 
Chalifen  Almansor  sich  der  Astronomie  zu^  befleißi- 
gen anfingen,'  fanden  sie  das  wandelbare  persische 
Jahr  mit  der  jesdegirdi^chen  Aere  .  sehr  bequem  zu 
ihren  Berechnungen,  und  sie  bedienten  sich  desselben 
um  so  lieber,  da  Ptolemäus,  ihr  Lehrer,  eine  ganz 

'  ärmliche  Zeitrechnung  gebraucht  hatte  und  £e  na- 
bonassarische  Aere  für  sie  von  keiner  Bedeutsamkeit 
war.  Die  £rgänzungstage  liels  man  an  der  Stelle, 
wo  man  sie  fand.  Eirst  im  375stett  Jahr  der  jesde- 
girdischen  Aere  ^ ).  oder  im  lOOöteo^  der  unsrigen,  wo 
der  1.  Ferwerdinmah  auf  die  Frühliogsnacht^eiche 
traf,   die  damals  dem  15.  März  des  julianischen  Ka- 

.  lenders  entsprach,  vereinigten  sich  die  Astronomen 
dahin,  die  Ergänzungstage  &ns  Ende  des  Sipendarmed- 
mah  zu  setzen  (479),  den  man  seit  Jesdegird  als 
den  letzten  Monat  im  Jahr  anzusehen  gewohnt  war. 
Im  Jahr  448  endlich,  oder  1079  n.  Chr.,  wo  der"Fer- 
werdinmah  bereits  18  Tage  vor  der  Frühlingsnacht- 
gleiche anfing,  erneuerte  der  Sultan  Dschelal-Ed- 
diu  Melek-Schah  das  alte  Newnisfest,  und  setzte 


1)  S.  Schah  Choldsclii  an  der  zaletet  angeführten  Stelle. 
*2)  Dieses  Jahr  nennt  Aba'lhassan  ausdrücklich. 


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Perser.  497 

es  ^uf  den  Tag;  der  NacMgieich^  sdibst»  da  ee  qr- 
spriin^ch  nidit  gerade  an  demselben^  soiid^in  nur 
in  dessen  NShe  gefeiert  war.  Sk^eidi  wurde  ehib 
Zeitrechnung  eingefiikrt,  durch  die  es  auf  diesen  Zeit- 
punkt und  zugleich  anf  den  Anfang  des  Ferwerfo- 
mah  befestigt  blieb. 

Ich  muls  meinen  Lesern  nachzusehen  überlassen^ 
was  ich  im  Handbuche  2ur  Begründung  dieser  Dar- 
stellung angeführt  habe  ^)y  und  füge  nur  noch  die 
Bemerkung  Jiinzu;  da^  nach  den  heiligen  Büchern  der 
Parsen  die  altpersischeh  Feste  sich  sammäich  auf  ge- 
wisse greise  Naturbegebenheiten  bezogen,  die  durch 
die' Jahrszeiten  angedeutet  .wurden»  Die  heiligsten 
von  allen  waren  Newrus  und  Mihrgap  oder  ^e 
Mithrasfeier^  jenes  ein  Frählings-yd|es^se|n  Herbst- 
fest ^).  Nach  Melek-Schah's  42M>rdnung  des  Son- 
nenjahrs  traf  jenes  auf  den  Fetwerdinmah,  dieses  auf 
den  Mihntiah;  ursprünglich  müssen  b^ide  m  1440  ' 
Jahren  durch  alle  Monate  gewandert  sein. 

Von  den  Jahrrechnuogen  der  Perser  aus  A&d  Tjei- 
ten  vor  Jesdegird  wissen  wir  liur  so  viel  mit  3^ 
cherheit,  daJGs  unter  den  Arsaeiden,  vireingsten^ 
von  den  ihnen  zinsbaren  griechischep  Städten  9{eftCh 
potamiens,  nach  Jahren  der  seleucidischen  Aer<e,>  .< 
und  unter  den  Sassaniden  nach  Jahren  seit  Ar^e- 
schir,  dem  ersten  derselben,  gezählt  worden  ist  DtQ 
Beweise  davon  habe  ich  im  Handbuch  beigebracht.^). 
Die  Dynastie  der  letzteren  begann  nach  Agathias  *>' 


1)  Th.  n,  S.  640  ff. 

2)  S.  Kurze  Dartiellaag  des  Lehrbegriffs  der  alten 
Pereer  und  Ihres  heiligen  Dienstes  in  der  deutschen  Aus- 
gabe der  Zend-Avesta  Th.  I,  S.  50. 

3)  Th.  n,  S.  &5t  ff. 

4)  Leben  des  Jnstinian,  1.  IV,-  p.  134  in  der  pariser  Aus  ; 
gäbe  der  Scriptt»  hisi,  Byz, 

3? 


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498  -  '.    Technische  Chronologie.  • 

im  Jahr^53S  der  selencidiscUen  Äere,  im  4t€ii  des 
Alexander  Severa»,  alao  2^  «,  CSbr^'  womit  auch 
die  7mt  d^s  Maityrertodet  dos  heä%eD  Simeon  über- 
efiftstimmty.  der  von  einer  ^syrischen  Handschrift  der 
viyäkamschen  'Bibfiotbek  in  »däft  liTle  Jahr  des  Rachs 
der  Perser  und  in  das  655ste  de^  seleucidisehen  Acre 
geseilt  wird>).       . 


Zeitrechnung  der  Türken. 

Die  TürkeA  theilen  den  Tag  nach  europäischer 
Weise  iii  24  gleiche  Stunden,  die  sie  vom  Untergange 
der  Sontie,  der  Epoche  ihres  bürgeiJichen  Tages,  id 
xwei  Absätzen  bis  J2  wählen,  und  durch  Hinzufügung 
der  persischen  Wörter  scheb,  Nacht,  und  rus,  Tag, 
«rftterscheiden.  Ihre  Uhren,  wenn  «e  mit  diesen  Stun- 
den gleichen  Schritt  halten  sciBen,  müssen  täglich  oder 
doch  wöchenthch  ein  paarmal  gestdit  werden.  Die 
Stutode  des  Aufgangs  der  Sonne  hängt  von  der  Dauer 
der  Nacht  ^nd  die  Stunde  des  Mittags  von  der  des 
natürlichen  Tages  ab.  Man  siebt  leicht,  dals  der  Blit- 
tug  nadi  ihrer  Uhr  auf  die  Zeit  des  Aufganges  der 
Sonne  nach  der  unsrigen  übejrein$timmen  müsse.  Von 
den  fünf  durch  das  Gesetz  vorgeschriebenen  täglichen 
Gebeten  halten  sie  das  erste  beim  Anbruch  des  Teiges, 
das  zweite  Mittags,  das  dritte  in  der  Mitte  zwischen 
Mittag  und  Sonnenuntergang,  das  vierte  gleich  nach 
Sonnenuntergang  und  das  fünfte  unmittelbar  vor  dem 
Schlafengehen.  . 

Wie  sie  die  Wochentage  benennen  und  mit  wel- 


1)  S.  Joseph!  Simonis  Assemanti,  *^i  QriVa*.  VoL  I. 
p.'2  il  uod  Stepbkni  Evodii  Afiaematii  Jirta  Mariyrum 
Vol.  I,  praef.  p.  LXXIX.  r 


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Türken.  499 

chen  Abweichungen  &\e  die  arabischen  Monatsnamen 
aussprechen,  ist  bereite  oben  (457)  bemerkt  worden. 
Die  Jahre  zählen  sie  nach  der  allen  Moslemen  ge* 
meinschaftKchen  Hedschra.   •  ^ 

Neben  dem  Mondjahr,  nach  welchem  sie  djatiren 
und  ihre  Feste  ordnen,  gebrauchen  sie  im  bürgerli-. 
,  chen  Leben  auch  das  julianische  Sonnenjahr^das-sie^ 
mit  dem  1»  März'  alten  Stils  anfangen.  Den  Monaten 
desselben  geben  sie  folgende,  theils  aus  dem  europät- 
*  sehen,  theils  aus  dem  syrischen  Kalender  (180)  ent-, 
lehnte  Namen:, 

Mart.  Eilul. 

Nissan»  Teschrini -ewwel. 

Ma'is.  Teschrini -sani.    • 

.      Hasiran.         Kianuni>  ewwel. 

Timus.  Kianuni^sani* 

Agustus.  Schubat. 
Der  $chut)ät  erhält  zugleich  mit  unserm  Februar 
29  Tage.  Unserer  JahrzaM  bedienen  sie  sich  nicht, 
es  sei  denn  etwa  im  Verkehr  mit  den^  Chriisten.  Wenn 
sie  ein  Sonnenjahr  bezeichnen  wollen,-  in  wdchen  Fall 
sie  selten  kommen,  so  nennen  sie  das  Jahr  der  Hedsch- 
ra,  auf  wekhes  sein  Anfang  trifft.  Bei  ihren  Schrift, 
steilem  findet  sich  zuweilen  das  Jahr  der  seleucidi«* 
8chen  Aere  —  taridhi  UJdenderi  rumi  —  erSyähnt 
Sie  haben  zweierlei  jKalender,  einen  jährlichen, 
und  einen  auf  mehr  oder  weniger  Jahre  gestellten,  den 
man  einen  immerwährenden  nennen  kann,  weil 
die  Regeln,  die  ihm  zum  Grunde  liegen,  keine  Aende- 
rung, erleiden.  Jenem  geben  sie  den  arabischen  Na- 
men takwim^  tabeUarische  Anordnung,  diesem 
den  persischen  rus-name,  Tagebuch.  Der  Tak- 
wim, nach  dem  Mondjahr  geordnet,  gibt  den  Wochen- 
tag eines  jeden  Mönatstages,  die  Tag-  und  Nachtlänge, 
so  oft  sie  sich  um  eine  halbe  Stunde  geändert  hat, 

32* 


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500  •   Technische  Chronologie, 

die  Corr^pobdenx  einzelner  cbiistlichen  Data  mit  den 
nrabischen,  und  mancherlei  astrologische,  meteorolo- 
gische nnd  anderweitige  Notizen  und  Vorschriften  in 
folgendem  Geschmack:  Knaben  verkaufen  und  be- 
schneiden: sehr  «tarke  Hitze,  Ruhe  und  Einsamkeit 
suchen ;  dem  Sultan  seine  Beschwerden  vortragen  und 
Pferde  verkaufen;  der  Ruhe  pflegen  und  alles  andere 
beseitigen;  iBrunnen  graben  und  Grofee  besuchen; 
Mädchen  verloben  und  Hochzeit  mit  Jungfrauen  hal- 
ten; den  Sultan  sehen  und  Ehrenstellen  suchen;  Ge- 
dichte lesen  und  alles  übrige  vernachlässigen  u.  s.  w.  *). 

Von  ganz  verschiedenem  Charakter  ist  der  Rus- 
name.  Eine  umständliche  Beschreibung  desselben  lie- 
fert HnNavoni  in  den  Fundgruben  des  Orients  *)• 
Ein  aqderes  der  diezischen,  jetzt  königlichen  Samm- 
lung angehöriges  Exemplar  von  wesentlich  gleicher 
Anordnung  habe  ich  in  meinem  Handbuch  erläu-' 
tert  * ). 

Det  Urheber  dieses,  sehr,  sinnreich  eingerichteten 
Rus-name  ist  der  in  der  letzten  Hälfte  des  sieb- 
zehnten Jahrhunderts  lebende  Türke  Darendeli  Me- 
hemed  EfendL  Er  hat  ihn  nicht  auf  den  dreüsig- 
}ährigen  Cyfclus  der  Araber,  sondern  auf  einen  acht- 
jährigen gegründet,  der,  wenn  auch  minder  genau, 
vor  jenem  den  Vortheil  voraus  hat,  dafs  er  eine  volle 
Wochenzahl  enthält  Er  besteht  nämlich  aus  5  Ge- 
nriein-  und  3  Schaltjahren,  zusammen  aus  2835  Ta- 


i)  Man  vergleiche  Hrn.  Littrow's  Calendariographie 
S.  105  iC,  wo  man  ans  dem  ersten  zu  tlonstantinopel  gedrnck- 
ic^n  Takwim,  dem  des  Jahrs  1242  der  Hedschra  (rom  5.  August 
1826  bis  zum  24.  Jnl  1827  gehend  J|,  einen  Monat  Vollständig 
fibersjßtzt  nnd  die  übrigen  im  Auszüge  findet 

2)  B.  IV,  S.  38,  127  und  253.     . 

3)  Tb.  II,  S.  562. 


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Türken,  601 

gen  oder  407  Wochen.  Die  8c]idk)alire  Bind  das 
z^eite^  fünfte  und  siebente.  Die  Dai^er  des  astrono- 
mischen Mondjahrs  zu  354  T.  8  St  48'  36/'  acht- 
mal genommen,  gibt  nur  2934  T.  22  St.  28'  48". 
Der  Cyklus  ist  also  um'  1  St  31'  12"  zu  läng,  weU 
eher  Ueberschufs  sich  in  126  Jahren  zu  einem  Tage 
anhäuft.  Er  muls  daher,  um  mit  den  Mondphasen  in 
Uebereinstxmmung  zu  bleiben,  nach  15  bis  16maUger 
Wiederhohlung  einmal  Um  einen  Tag  verkürzt'werden. 
So.  wie  ich  in  dem  diezischen  Exemplar  vom  Jahr 
1199  und  in  dem  novonischen  vom  Jahr  1224  (jenes 
fing  den  14.  November  1784,  dieses  den  16.  Februar 
1809  an)  die  Monate  gestellt  finde,  sagen  sie  ganz 
dem  arabischen  Cyklus  unter  der  Voraussetzung  zu^ 
dals  der  16.  Julius  zur  Epoche  der  Hedschra  genom- 
men wird.  Dasselbe  gilt  von  dem  T^kwim  (470)., 
Nur  von  den  Mondphaseu  weichen  beide- Kalender  zu- 
weilen um  einen  Tag  ab,  daher  man  sich  auch  nicht 
nach  ihnen  richtet,  wenn  die  Rdügion  eine  ganz  mit 
dem  Himmel  übereinstimmige  Datirungsweise  erfor- 
dert« Die  Moslemen  müssen  nämlich  .ihre  gj^etznrä- 
fsigeil  Fasten  mit  dem  Untergange  der  Sonne  an  dem 
Tage  anfangen,  wo  sich  der  neue  Mond  des  Rama- 
san  zuerst  in  der  Abenddämmemi;ig  zeigt,  und  ihr 
Bairlamfest .  mit  der  ersten  Phase  des.  folgenden  Mo- 
nats Schewwal  feiern.  Hierbei  verlassen  sie  bich  auf 
keine  Rechnung.  Um  sich  im  voraus  des  Tages  zu 
versichern,  wo  der  Neumond  des  Ramasan  gesehen 
werden  sollte,  im  Fall  etwa  trübe  Witterung  eintritt, 
fangen  isie  ihre  Beobachtungen  schon  zwei  Monate 
früher  an.  Zu  dem  Ende  begibt  man  sich  in  den 
vornehmsten  Städten  des  Reichs,  Constantinopel,,  Adria- 
nopel ui^d  andetswo,  bereits  am  27.  Dschemasiülachir 
auf  die  Anhöhen,  um'  den  neuen  Mond  des  RedscheH 
zu   erwarten.     Sobald    man    die    Sichel  gesehen  hat, 


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502  Technisfihe  Chronohgie. 

geht  mau  mm  Kadsi  oder  Richter  des  Orts,  der  be-- 
auftragt  ist,  die  Aussagen  der  Beobadiier  z^u  verglei- 
chen, und  das  darüber  aufgenommen^  Protokoll  au 
den  Stambol-Efendisi  oder  Polizeipräsidenten ,  der 
Hauptstadt  au  senden.  Eben  60  verfahrt  man  mit 
dem  Neumonde  des  Schaban.  Hiernadi  bestimmt 
der  Stambol-Efendisi  den  ersten  Tag  des  Ramasan, 
indem  er  von  der  letzten  Beobaditung  im.  Sdbaban 
30  Tage  vorwärts  zShlt^  ohne  auf  den  Kalender  des 
Münedschim  Baschi  oder  ersten  Astronomen  die 
miftdest^  Rücksicht  zu  nehmen.  Dieser  1.  Ramasah 
wird  mm  im  Augenblicke  seines  Anfangs,  di  L  un- 
mittelbar nach  Untergang  der  Sonne,  dem  Volke 
durch  ArtiUeriesalven  und  Erleuchtung.  sämmtUcher 
Minarets  verkündigt.  Die  Beobachtungen,  die  den 
Anfang  des  Ramasan  gegeben  haben,  dienen  bei  trüber 
Witterung  auch  zur  Bestimmung  dea  Bairamfestes. 


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Chronologische  Tafeki. 


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'  505 


Tafel  L    Zu  Sehe  138. 


Der  fflettmische  Kanon. 


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506 


Tafel  IL   Zu  Seite  138. 


Ver^iclttiiig  die^,;iiM(tonißph^ii  iUnons 


Erster  CyLla». 

•    Z>veiter  Cyklns.          H 

im 

den.fakre. 

J»br. 

T-  Cfcr. 

I*int2«ii. 

C)iiuf. 

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507 


nut.dan  jutiaiiisieiM»  Käleiadeü. 


Dritter  Cylclus. 

Vierte«  Cjklns.         1 

J^re 

des 

CyUus. 

Oiympia- 
den.Jjihre. 

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SOS 


Yergleichui^  des  metomscheii  Ksmons 


Fttafter  Cykla». 

Sechster  Cyklns.          1 

J*kre 
in 

CyUvf. 

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Jahn 

w.  Cfci. 

tHelEa- 
traibil*iL 

Jahn 

des 

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509 


nüt  dem  jufiai^hen  Kalender. 


I 


Siebenter  Cjklus. 


Achter  C jklos. 


Jahre 
des 


den-Jahr«. 


Jahre 
V.  Chr. 


l.Heka> 
tombäon. 


Jahre 

CykliM. 


Olympia* 
den -Jahre« 


Jahre 
V.  Chr. 


'l.BeluH 
tombSon. 


B. 
B. 

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3 

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OL  118,1 
3 
3 
4 

OL  119,1 
2 
3 
4 

OL  120,1 


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304 
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B. 


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24.JaI. 

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B. 


B. 


B. 


B. 


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5 
6 

7 
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10 
11 
12 
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14 
15 
16 
17 
18 
19 


2 
3 
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OL  121,1 

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3 

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OL  122,1 
2 
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OL  123,1 
2 
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4 

OL  124,1 
2 
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15.JaL 

4.JaL 
23.JaL 
12.Jal. 

l.Jul 
20.JaL 

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28^011. 
17.Jul. 

e.Joi 

25.Jal. 
13.Jol. 
3.Jal. 
22.Jal. 
1  l.Jul. 
29.Jaii. 


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510 


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29 

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513 


Tafd  IV.    Zu  Seite  144. 


Vei^Ieichung  des  calfippfschen  Kanons  mit 
deia.  joUattischen  Kalender. ' 


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514 


Tafel  ,V.    Zu  Seite  346. 

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Immerwährender  lultanischer  Kalender. 


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517 

Tafel  VL  Zu  Seite  369. 

Vier  und  achtzigjährige  Qstertajtel  der  lateini- 
schen Kirche  *). 


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516 


Vier  und  achtzigjährige  Ostertafel. 


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6.  A 

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11.  A 

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31.  M 

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519 


Vier  und  achtzigjährige  Ostertafel. 


I. 

II. 

HI. 

IV. 

V.        VI. 

VII. 

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b.  352,436 

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1.  A   19.  A 

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6 

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22.  M 

11.  A 

XXI 

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11.  M 

27.  M 

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58 

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1 

II 

30.  M 

16.  A 

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b.  356,440 

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19.  M 

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Tafel  Vn.    Zu  Seite  383. 
Iinmerwäbrender  gregorianischer'  Kalender. 


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521 


Immerwährender  gregprianisjcher  Kalei^der. 


Mai. 

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Jiiius. 

August. 

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533 


bomerwäfarender  gregoriamscher  Kalender. 


Srptember. 

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—  100  — ,     6  r.  u.  1.  hatten  st.  haben. 

—  114  ^     28  1.  ISogcr  St.  lürzer. 
r-     124  —     20  l  Harpocration, 

—  130  —      2  L  nicht  immer  st.  immer. 

—  175  -     13  1  Apelläus. 
^208—9  1,  Fasttag  st.  Festtag. 

—  332  ^    .  8  L  Christi^Gebiirt. 

—  364  ^     2i  I.  "und  das  Osterfest. 

—  488  —       5  V.  o,  1.  Schaltjahre 

st  emgeschaltete. 

—  494     -     22  1,  Koschjar. 

—  498     -•    20  L  mit  der  at  auf  die. 


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Geditickt  bei  Brandes  nnd  Klewert  in  Berlin. 


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