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AB'
Lehrbuch
der
C h r o n o 1 o g i e.
Von
Dr. Ludwig I d e t e r ^
Kdni^ichem Astronomeö, Ritter des retlieB AcDerordens driiti^r
Klasse, ordentlicfaem Professor an der Uniyersität zu Berlin. Mit-
gUede der Preolsischen Akademie der Wissenschaften nnd der
Asiatisehen GeseUscbaft zn London, Correspondcnten der Göt^
tinger SodetSt nnd der Asiatischen Geseuschaft^ zn Paris. '
Berlin, bei August Riicker.
1831.
/
dbyGöbgle
Digitized fc
KE 7 5/<o
HARVARD COLLEGE UBRARY
IL w. v/:a'4C:i c oLLLcriö«
JÜLY IS, 103Ö /
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Vorrede.
oeit Erscheinung meines Handbuchs der ma-'
thematischen und technischen Chronologie bin
ich mehrmals aufgefordert worden, ein kürze-
res Werk über denselben Gegenstand auszuar-
beiten, jdas sieh mehr för» das erste Studium
eigne und zu^eich als Leitfaden fiir akade-
mische Ywlesungen dien^i könne. Ein sol-
ches liefere ich hiermit Unter meinen Hän-
den konnte es nicht wohl etwas anderes als^
ein Auszug aus dem grö&em Werke werden,
worin Vieles, was ich nun einmal mcht besser
zu sagen wufste, mit denselben Worten wie-
derhohlt ist*^ Wer sich indessen die Mühe ge-
ben will, beide Bficher mit einander, zu ver-
gleichen, .wird sich bald überzeugen, dafs ich
Manches in eine andere, die Uebersicht npiehr
erleichternde, Ordnung gebracht und Einzelnes,
was ein fortgesetztes Studium gab, berichtigt
und nachgetragen hab^. In den Hauj^tsachen
ist nichts erhebliches geändert worden. Ich
schmeichele mir daher, dafs das ausführlichere ,
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Werk sich auch fernerlun in dem Beifall erhat-
ten werde, womit es von den Kennern aufge-'
nommen worden ist. Ueberall habe ich in dem
vorliegenden auf dasselbe verwiesen, wo ich
minder wichtige Gegenstände nur kurz berüh-
ren konnte.
Mein Streben, der Chronologie durch Kri-
tik und astronomische Rechnung einen festern
Boden zu gewinnen^ «ie inmier mehr zu einer
Selbständigen Wissenschaft; auszubilden ^und ihr
durch geschichtliche EröHerungen und Beseiti-
gung mathematischer. Formen ein minder ab«-
schreckendes (Jewand zu geben, ist nicht ohne
Anerkennung gebheben, die sich selbst in einr-
gen später erschienenen Lehrbüchern ausspricht.
Mögen nun Andere auf der von mir betretenen
Bahn weiter gehen; denn dafs der Gegenstand
noch lange nicht erschöpft sei, räume ich sehr
gern ein. Nur ist zu v^iinschen^ dafs die Hy-
{)othesenkrämerei, die in keiner Wissenschaft
mehr ihr Spiel getaieben hat, als in dieser, a^f
immer aus ihr verbannt bleiben möge.
Berlin, den 27. März 1831.
\
L. I d e 1 e r.
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Vor wo r t
^Chronologie oder Zeitkunde Ist die LeLre von
der Ausmessung der Zeit.
Ehe der Gegenstand dieser Wissenschaft naher
angegeben werden kann, ist es nöthig, den Begriff
Zeit festz:ustellen. .Dies ist ni^ht ganz leicht. Schon
Augustin sagte ^): Si nema ex me quaerat^ quid
Sit tempus, scio; si qjiaerenti explicare velim, 72^-
scio. Folgendes wird für den hiesigen Zweck genü-
gen. Die Zeit ist nichts Objectives oder aulser uns
Vorhandenes, sondern etwas Subjectives, nämUch die
Vorstellungsart oder Denkform, nach der wir die
Dinge, wie sie nach einander geschehen, ordnen, so
wie wir mit dem Worte Raum die. Vorstellung von
dem Neheneinandersein der Kölner und ihrer Theile
bezeichnen« Jeder ist sich bewufst, dafs, während
er einen Tag durchlebt, in und auI^er ihm ^Ine Menge
Dinge "vorgehen, die eben so wie die verschiedenen
Stände der Sonne auf einander folgen. Aus allen die-
sen Dingen bildet er in seiner Vorstellung eine, zu-
sammenhanjgende Reih^, in der jedes, seine bestimmte
SteUe einnimmt Diese Jleihe wird Zeitfolge, jede
1) Confcs«. II, 14
1
Digiti^d by VjOOQIC
2 Vorwort.
einzelne Stelle in ihr Zeitpunkt, Moment, Augen-
blick, und, was auf einerlei Zeitpunkt trifft, gleich-
zeitig genannt; der Abstand zweier Zeitpunkte heilst
ein Zeitraum, und die ganze Vorstellung der Reihe
die Zeit.
Iii der Zeitfolge liegen einzelne Punkte näher
oder weiter von einander entfernt So ist der Zeit-
raum vom Aufgange eines Sterns bis z^ seinem Unter-
• gange doppelt so gro&, als der von seinem Aufgange
bis zu seinem Durchgange durch den Meridian, und
die Woche siebenmal länger als der Tag. Aus diesen
Beispielen ersieht man, wie sich Zeiträume mit einan-
der vergleichen und durch einander bestimmen, mit
Einem Worte messen lassen; denn messen heifst
nichts anderes als untersuchen, wie oft eine bekannte,
Grofse, £e man das Mafs oder die Einheit nennt,,
in einer unbekannten von gleicher Art enthalten ist
Auf diese Weise werden die Zeiträume Gröfsen im
mathematischen Sinne des Worts, also eben so et-
was Objektives für uns, wie die Zahlen, die Gewichte,
die Geschwindigkeiten, die Dimensionen der Körper,
kürz alle die Dinge, die einer mathematischen Betrach-
tung fähig sind» .
Es ^kommt nun auf die Wahl eines schickfichen
Zeitmafses an. Soll jedermann eine bestimmte,
möglichst deutliche, Vorstellung von demselben haben,
so mufs es von unserer Empfindung unabhängig ge-
macht werden; deim derselbe Zeitraum erscheint- dem
Glücklichen kurz, dem Unglücklichen lang. Um es
zu erhalten, müssen wir. auf den Begriff der gleich-
' förmigen Bewegung, d. i. derjenigen Bewegung
zurückgehen, bei der *ein Körper in gleidien Zeiten
gleiche Wege zurücklegt. Sehen wir" eine solche Be-
wegung vor sich gehen, so sfchliefsen wir von dein zu-
rückgelegten Wege auf die dazu erforderliche Zeit, und
Digitrzed
by Google
Vorpoori, 3
können nun die Zeil, die zu irgend einem bestimmti^n
Wege gehört» als ein Mafs föt alle andei« Zeiten ge-
brauchen.
Die Knnst verschafft lins Werkzeuge, dieeikie
gleichförmige Bewegung unterhalten uhd zugleich die'
Räume bezeichnen, durch die sie von einem Zeitpimkt
zum andern fortschreitet Solche Werkzeuge werden
Uhren genannt. Ein gewisser vom Zeiger angegebe-
ner Zeitraum heifst eine Stunde, und eine solche kann
nun als Mafk (ur alle übrige Zeiten di^en*
Allein dieses Zeitmafs genügt uns nicht Denn
nicht zu gedeid^en,. dals auch die vollkommenste Uhr
keinen gans' gleichförmigen Gang hat, und daher einer
immerwährenden Kontrole bedarf, auch dafs sie kein
perpetuum mobile ist, also zum eitstände kommen
und unsere ganze Zeiünessung stören kann; dies nicht
zu gedenken^ sage ich, ist der Gebrauch der Uhren, so
weit er auch heut ^u Tage verbreitet sein mag, vieJ
zu beschränkl, als dafis sie ein aUgeniein gültiges Zeit-
mafs gehen könnten, wozu auch iKich der Umstand
kommt, dafs cUe uns von den Uhren zugemessenen
Stunden ein viel to kleiner Mafsstab sind, als dafs
sieh grofse Zeiträume bequem durch sie messen liefs^n.
Nur der Himmel kann uns ein allgemein gifltiges
Zeitmals gewähren. Wir sehe» nänfdieh an d^msel-
ben Bewegungen vorgehen, die entweder vd&ommen.
oder doch beinahe gleichförmig sind ^ und sich, wenn
sie ein gewisses Ziel, erreicht haben, unaufhörlich er-
neuern. VolDcommen gleichförmig ist der durch die
Axendrehung der Erde bewirkte scheinbare Uihlauf
der Sterne. Der Zeitraum, in welchem derselbe ei^
folgt, vrird ein Sterntag genannt, und an diesem
würden wir ein unwandelbares Zeitmafs haben, wenn
wir davon mi bürgerlichen Leben Gebrauch machen
wollten.
♦ s '■ ' Digitized by VjOOQ IC
4 Fbrwqri,
Wir zieli^ aber die viel auflaUendern, wenn aucb
nicht vollkommen gleichförmigen Bewegmigen der
Sonne und des Mondes vor, der beiden Körper, die
einen so e^mtschiedenen lanfluls auf unser ganzes
Dasein haben» Ihre Umläufe sind es^ iVodurch die
Zeiträume bestinunt werden, die wir Tag, JMonat
und JsLhr nennen«
Die Wissenschaft nun, weldhe diese Zeiteinheiten
einzeln und in ihrem Verhältnisse xu einander betrach-
tet, und untersucht, wie sie von den verschiedenen
Völkern zur Ausmessung der Zeit angewendet wor-
den sind, wird Chronologie oder Zeitkund^e,
auch, wenn von der Zeiteintheilüng der ein^Inen Völ-
ker die Rede ist, Zeitrechnung genannt*
Sie zeriallt in den theoretischen und angewand-
ten Theil, oder in die mathematische und techni-
sche Chronologie, Die erste stellt alles das zusam-
men, was die Sternkunde von den Bewegungen d^r
Himmelskörper lehrt, ii^ofem es auf die Bestimmung
und Vergleichung der Zeiteinheiten Bezug hat Die
andere zeigt, wie die Anordner des bürgerlichen Le-
bens die Zeit von jeher eingetheilt haben, und wie
iiiemach die Begebenheiten der Völker in ein richtig
ges Zeitverhältdifs zu bringen sind;\ Man nennt die
letztere gewöhnlich die historische, und zieht ei-
nen guten Theil der Geschichte in sie hinein. Wir
wollen aber alles, yva^s nicht -unmittelbar die Zäh-
lung der Tage, Monate und Jahre betrifft, »in die Ge-
schichte verweisen, und, was übrig bleibt, mit dem be-
stimmteren Namen der technischen Chronologie
bezeichnen.
Dab ohne die mathematische Chronologie keine
gründliche Einsicht in die. technische möglich sei, ist
eben so einleuchtend, als dals 'die technische dem' Ge-
schichtforscher unentbehrlich ist Man n^nnt gewöhn*
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Vorwort. 5
lieh die Chronölagte und Geographie die beiden
Augen der Geschichte ^ und mit Recht; denn bei
einer jeden Begebenheit, wenn sie nicht der Gegen-
stand eines Romans ^ sein soll, kommt es vor Allem
auf das' Waa'n*und das Wo* an.
Die mathematische Chronologie wird gewj^hnlich
in den Lehrbüchern der Sternkunde, und die techni
sehe in einer Propädeutik des historischen Studiums
kurz abgehandelte Hier sollen beide zU einem selb-
ständigen Ganzen mit einander verbunden werden.
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Mathematisohe Chronologie.
Die Astronomie lehrt, d£^ unsere Erde ein ku-
gelförmiger, frei im. Welträume schwebender Körper
iatr Die Gesichtslinien, die wir zu den Himmelskörpern
iunaus ziehen, erscheinen uns überall gleich lang, und
daher entsteht in uns, die Vorstellung von einer uns
umgebenden Himmelskugel, an der die Sterne wie
angeheftet sfaid.
.Der grolse Kreis, der die sichtbare Hälfte der
scheinbaren Himmelskugel von der unsichtbaren trennt,
wird Horizont oder Gesichtskreis genannt Für
ein Auge, das sich nahe an der Erde befindet, fällt
die Ebene dieses Kreises mit dem verhältnilsmälsig
kleinen Theil der Erdoberfläche zusammen, den wir
aus unserm jedesilialigen Standpunkt übersehen kön-
nen, und sie wird durch die Fläche stillstehender Ge-
wässer sinnlich dargesteUt Jede in dieser Ebene ge^
zogene gerade Linie hdist eine horizontale, und
jede auf ihr senkrecht stehende eine vertikale.
Die vertikale Linie kommt mit der Richtung der frei-
fallenden Korper überein. Sie führt aufwärts erwei-
tert zum Zenit oder Scheitelpunkt,^ abwärts zum
Nadir oder Fufspunkt Jenes ist der höchste Punkt
der sichtbaren, dieses der tiefste der unsichtbaren
Halbkugel ^eide sind um 90 Grad vom Horizont
entfernt.' Die Hinunelskörper gehen auf und un-
ter, wenn sie aus der einen Halbkugel iu^die andere
übertreten.
Die Astronomie lehrt femer, dafe die Erde sich
'täglich von Westen gegen Osten um einen ihrer Durch-
messer, den man ihre Axe nennt, mit vollkommen
gleichförmiger Ifcewegung dreht. Die Endpunkte der
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Mathematische Chronologie. 7
Axe yrerden ihre Pole genannt, der eine der Nord-
der andere der Südpol. Jeder Punkt der Oberflädie
beschreibt hierbei einen Kreis^ der um so kleiner ist,
je näher er den Polen liegt Der gröfste aller dieser;
Kreise» der sogenannten Parallelen, wird der A5-
quator gemannt Er theilt die Erde in die nördli-
che und südliche Hälfte. Wir empfinden diese
Bewegung nicht, und werden hierbei eben, so getäuscht,
als wenn wir, in einem Fahrzeuge auf ruhigem Strom
. hingleitend, wähnen, dafe die Gegenstände am Ufer
in entgegengesetzter Richtung vor uns vorüber eilen.
Wir tragen nämlich die Rotationsbewegung der Erde
auf Sonne, Mond und Sterne, 'kurz auf die ganze Him^
melskugel über, die in entgegengesetzter Richtung, also
von Osten gegen Wcisten, sich um uns» zu drehen
scheint •
Da hierbei die Erdaxe inüner dieselbe Richtung
behält, so über^seugt man sich ^ei dem geringsten .
Nachdeidken über Ursache und Wirkung, dafs die
Himmelsa2i;e die verlängerte Erdaxe ist, dafs die Ilim-
melspole senkrecht über den Erdpolen liegen, und der
Himmclsäquator durch die erweiterte Ebene des Erd-
äquators bestimmt wird, so dafs man ih eiiiem der Erd-
pole eipen Himmelspol im Zenit und den Himmels-
äquator im Horizont, hingegen im Erdäquator den Him-
melsäquator im Zenit und die Himtnelspole im Hori-
zotit haben müsse. Die erste dieser , beiden Stellun-
:gen der Himmelskugel gegen den Horizont wird ^ie
parallele, Sie zweite die senkrechte oder gerade
Kugel genannt, weil in jener sich alle Sterne parallel
mit dem Horizont, in dieser senkrecht sgegen densel-
ben bewegen. Sonst überall sieht man di^ Himiöels-
kugel schief, d. h. aUes in schräger Richtung auf- und
absteigen. Für Berlin schneidet die Himmelsaxe den
Horizont unter einem Winkel von 52^ Grad. Dieser
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g . Mathematische (Chronologie.
Winkel oder der ihn messende Bo^n der JBmmels-
kiigel heilst die Polhölie. Unter der Ergänzung der-
selben zu 90 Grad, welche diei Aeqnatorhöhe -ge-
nannt wird, {ilr Berlin ß7^ Grad, gehen bei uns sämipt-
liche Himmelskörper auf und unter. Man begreift
leicht, dafe, die jedesmalige Lage der Himmelskugel'
durch unsere Stellung auf der Erdoberfläche derge-
stalt bedingt wird, dafs die Polhöhe immer unserem
Abstände Vom Erdäqüator oder der Breite des Orts
gleich' isL Zwei Erdbewohner, die sich an den End-
punkten von einerlei Durchmesser hefinden und daher
Antipoden oder Gegeüfüfser genannt werden,
h^ben einerlei Horizont und einerlei Lage der. Him-
melskugel, ab^er entgegengesetzte Erscheinungen der täg-
lichen Bewegung. Eigentlich sind ihre Horizonte um
den burchmesser der Erde von einander entfernt
Allein die Erdkugel ist in Vergleichung mit der Him-
melskugel, an der die unermefslich entfernten Fixsterne
glänzen, ein blofser Punkt, so dafs wir uns überall
als in dem Mittelpunkt der Himmelskug^ befindlich
betrachten können.
Die Kreise der Himmelskugel, die durch unsern
Scheitelpunkt gehen,, werden Vertikal- oder Scheitel-
kreise genaimt' In ihnen werden die jH oben ^ der
Sterne oder ihre Entfernungen vom Horizont in Gra-
den gemessen. Unter diesen Kreisen ist^ besonders
derjenige wichtig, in welchem sich die Weltpole befin-
den. Man nennt ihn Meridian oder Mittagskrei^,
weil die Sonne Mittags in ihm steht. Sie ist dann
auf halbem Wege vom Auf- zum Untergange, und hat
den höchsten Stand erreicht, den sie bei ihrem täg-
lichen Umlauf erreichen kann. Dasselbe gilt- von allen
andern Himmelskörpern, wenn sie durch diesen Kreis ,
%,hingelien oder culminiren. Durch ihn werden die
vier Hauptpunkte des Horizonts, der Nord^ und Süd-,
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Matbemaiisiihe Chronologie. 9
V
der Ost- imd W es tpiylkt/ bestimmt ' Die Horizontal-
linie, wdche die beiden ersten verbindet, wird die Mi t-
tagslinie genannt. Die Richtung des Schattens eines
Bleiloths auf ei^er honiontaleü Ebene stellt diese Linie
im Augenblick des Mittags sinnUch dar. Dafs in der
schiefen Kugel eia Theil des SBmmels beständig sicht-
bar, ein eben so grofset beständig unsichtbar sein
'müsse, und dafs^ die Dauer der Sichtbarkeit der auf-
und untei^ehenden Sterne sehr verscbiedei) sei, be-
greift man leicht Die Parallelen, in denen sie sich
bewegen, werden Tageskreise genannt Der sicht-
bare Theil derselben heifst Tag-, der unsichtbare
Nachtbogen.
Der-Zeitraiun, in welchem sich die Himmelskugel
einmal ganz umschwingt, wird ein Sterntag genannt
Um ihn genau abzuoikessen, stellen die Astronomen
ein Femrohr dergestalt auf, dals ein in der Mitte sei-
nes Gesichtsfeldes vertikal ausgespannter Fäden alle-
mal dep Meridian bezeichnet, in welche Neigung
gegen den Horizont man es auch bringen mag. Bei
dieser Einrichtung wird es ein Mit'tagsfernrohr ge-
nannt Wird, nun eine Pendelidir, deren Gang fiich
durch Erhöhung oder Vertiefung der Linse beschleu-
nigen oder verzögern läfst, so gestellt, dafs sie ihre
24 Stunden allemal zu zählen anfängt, wenn irgend^
ein ausgezeichneter Stern culminirt, so zeigt sie Stern-^
zeit Während der 24 Stunden des Sterntages schie-
ben sich alle 360 Grad d^s Aequators durch den Me»
ridian, während einAr Stunde 15 ,Grad, während einer
Zeitminute 16 Bogenminuten. Ejhe solche Stemuhr
eilt einer gewöhnlichen, nach Sonnenzeit eingerichte-
ten Pendeluhr tagUch um beinahe 4 Minuten, monat-
lich um 2 Stynden mid jährlich um einen ganzen Tag
vor. 0ie Ursache hiervon liegt in. der jährlicheut
Bewegung der Sonne. /
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10' ' MfUhemaiische Chronologie.
Dals die Sonne kein Vtie6t$r Punkt dfr Hlininfek-
kugel sei, sondern aufser ibreiti taglichei, der gi^zen
Kugel gemeinscbaftlichen. Umlaufe von Osten gegen
Westen zugleich eine weit langsamere Bewegung in
entgegengesetzter Richtung habe, er^bt sich dem auf-
merksamen Beobachter aus folgenden einfachen Wahr-
nehmungen. > Sie geht um Mittemacht durch die
untere Hälfte «des Meridians. Es müssen ihr also die
Sterne, die um "Qfittemacht culminiren, gegenüber ste-
hen, und man darf nur fortgesetzt auf dieselbea achten,
um zu sehen, wie sie aUmähB^ am Himmel fortrückt.
Auch das wechselnde Schauspiel des ganzen gestqm«
. ten Himmels gibt ihre eigenthümliche Bewegung zu
erkennen. Die Sterne, die nach ihrem Untergänge am
Abendhimmel stehen, sinken mit jedem Abend tiefer
zu ihr hinab und verlieren sich endlich in der Däm-
merungi Dagegen entfernen sich von ihr diejenigen,
welche vor ihrem Aufgange am Morgenhimmel glän-
zen. Hier zeigen sich immer andere Sterne, die
man bei einiger Aufmerksamkeit leicht für die er-
kennt, welche zuvor im Westen unsichtbar geworden
sind. Nach etwa einem halben Jahr stehenr diejeni-
gen Sterne, die sich zuvor in der Nahe der Sonne
befunden hatten, ihr gegenüber, untergehmid, wenn sie
aufgeht, aufgehend, wenn sie untergeht, und nach ei-
n^m Jalir kehrt der ganze Sternhimmel zu i];ir Sn '
sein anfangliches Verhältnifs zurück.
Alle diese Erscheinungen erklären sich ganz un^
gezwungen, wenh man anninunt, dafs die Sonne in dem-
Zeitraum eines JahrS in östlicher Richtung um den
Himmel läuft Dais dies nicht längs dem Aequator
geschehen könne, drhellet daraus, dafs sie den Hori-
zont und Meridian in immer andern Punkten durch-
schneidet. Am ersten Frühlingstage geht sie in Osten
auf, in der Höhe des Aequators durch den Meridian^
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Muthemaih€b0 Ckronoiogie, H
und in Westen unler, Sie iimfs dann im Aequator
stehen. Hierauf geht sie in die nördliche Halbkugel
über ^)y dich t%Iieh weiter vom Aequator entfernend.
Mit dem Anfange ies Sommers erreicht *«ie^ ein Maxi-
muni Yon Mittagshöhe, zu Berlin von 61 Grad, wor-
auf sie zum Aequator zurückkehrt, den sie im An-
fange . des Herbstes von Neorem erreicht Sie geht
dann in die südßche Halbkugel über, sich vom Ae-
quator ^ntfertiend Im Anfange des Winters gelangt
sie zu einem. ACnimum von Mittagshöhßy zu Berlin
von 14 -Grad, worauf sie sich wieder^ dem Aequator
nähert.
Aus der genauen Erwägung aller dieser Umstände
und der damit in Verbindung stehenden Ersdieipun
gen ergibt sich, dafs die jährliche Bahn der Somie
den Aequator unter einem Winkel von 23|- Graden
durchschneideL Die Bahn wird die Ekliptik und
der Winkel die Schiefe dear Ekliptik genannt .In
der erstem si^ besonders die um 90 Grad von ein
ander entfernt liegenden beiden Aequinoctial- und
Solstitialpunkte zu merken. Jenes sind die Durch-
scbnittspuokte des Aequators und derEkh'ptik. Er-
reicht sie die Sonne, «o ist der Aequator ihr Tageskreis,
und es herrscht auf der ganzen Erde Tag« und Nacht-
gleiche. Der eine wird der Frühlings-^ der andere
der Herbstpunkt genannt Die Solstitialponkte sind '
um die Schiefe dpr Ekliptik vom Aequator entfernt,
der eine in der nordhcfaen, der andere in der südli-
dien Halbkugel. Der nördliche heifst der Son^mer-,
der «üdliche der Winterpunkt Solstitialpunkte hei-
£ien sie, weil die Sonne in ihnen die Grenze ihrer
Entfernung vom Aequator erreicht. Die Zeiten, wo
i) Es rersteht sieb, für uns Bewohner der nördiidien Halb
kugel.
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12 Mathematische Chronologie.
sie zu^ diesen vier Punkten ihrer jährliehen Bahn
gelangt, >yerden Aequinoctieh und Sölstitie^n oder
Nachtgleiehen und Sonnenwenden genannt Die
Chronologen bezeichnen -sie mit dem gemeinschafUi«
chen Namen der Jährpuntte.
Die Ekliptik wird in- 12 gleiche Bogen getheilt,
welche die himmlischen Zeichen heiTsen. Ihre
von benachbarten Sternbildern entlfehnten Nameii und
in der Astronomie gebräuchlichen Charaktere sind:
Widder Y* Wage sG-
aier ^ Skorpion U|f
Zwillinge H Schütze ^
Krebs 69 Steinbock * J5 ,
Löwe Q ' Wassermann 5ä
JuiSgfrau np Fische X
Die drei ersten werden Frühlingszeichen ge-
nannt, weil sie, zwisdben dem Frühlings- und Sommer-
punkt liegend, in unslsrm Frühling durchlaufen wei:-
'den, ^Ganz analog heifsen die drei folgenden Sommer-
zeichen, die drei folgenden Herbstzeichen und die
drei letzten Winterzeichen. Da die vier Haupt-
punkte der Ekliptik den Anfangen des W^idders, Kreb. '
seSf der Wage und des Steinbocks entsprechen, so
pflegen die Astronomen sie auch Widder-, Krebs-,
Wage- und Steinbockspunkt zu nennen. Die
sechs ersten heüseu die nördlichen, die sechs letz-
tem die südlich CIL ^ ' •
Im Frütilingsviertel der Ekliptik entfernt sidi die
Sonne nordwäils vom Aequator. Ihre Tagbogen sind
für uns grölscr als die Nachtbogen, mithin die Tage
länger als die Nächte» Die Ungleichheit nimmt zu, '
bis sie den Sommerpunkt erreicht, wo -sie den läng-
sten Tag und die kürzeste Nacht gibt, für Berlin von
16^-' und 7^ Stimden« Im Sommerviertel nehmen die
Tage eben so ab, wie sie im Frühlingsviertel zugenom-
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MiUhematische Chronoh^ie, j 3
v ' . .
men habea Im Herbstviertel w^en umgekehrt die
Nächte langer als die Tage, und die Ungleichheit
nimmt zu, «bis sie zum Winterpunkt gelangt, wo sie,
den Jcürzesten Tag und die längste Nadit macht, für
uns von TJ- und i6^ Stunden« Im Wintervieriel neh
men die Tage wieder zu. " .
Die Parallelen des Aequators, welche durch die
beiden Solstitialpunkte gehen, also 23|^ Crad>yoTn
Aequator enifernt sind, werden die Wendekreise
genannt, der^eineder nordliche oder der Wende-
kreis des Krebses, der andere der südliche oder -^
der Wendekreis des Steinbocks. Sie sind als die
Tageskreise zu betrachten, welche die Sonne am
längsten und kihrzesten Tage, beschreibt, und schliefsen .
die 47** breite Zone ein, über die sie nie hinausgeht
Die Pole der Ekliptik liegen eben so weit von den
Himmelspolen entfernt, als die S<;>lstitialpunkte vom
Aequator. Die Parallelen, die sie bei der täglichen
Vmdrehiing der Himmelskugel durchlaufen, heifsen die
Polarkreise, der eine der nördliche, der andere der
südliche.
Ganz ähnlich Uegende Kreise stellt man sich auch
auf der Erde Vor, wo sie die fünf Zonen begrenzen,
die heifse, die beiden gemäfsigten'und die beiden
kalten. Die heifse zwischen den beiden Wendekrei-
sen schliefst alle die Länder ein, in deren Zenit die
Sonne kommen kann. Die kalten innerhalb der Po-
larkreise begreifen alle die Länder, in denen die Sonne
einen Theil des Jahrs von 24 Stunden bis zu 6 Mona-
ten beständig über dem Horizont verweilt Die gemä- '
isigten umfassen alle die Länder, welche die Sonne
w^der in ihrem Zenit, noch länger als 24 Stunden
hintereinander über ihrem Horizont sehen.
Der Unterschied des längsten und kürzesten Ta-
ges ist lim so grölser, ]e weiter dör jedesmalige Qrt
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14 Mathenwiischfi Chr&Hölog^.
vom Aequato* entfernt isi Die alten Geographen
theilteii demnach den ihnen bekannten Theil der Erde
vom Aeqaator bis zum nordliehen Polarkreis bin in
Klimate oder parallele Zonj^n mit viertel» oder halb-
stündiger Zunahme der Dauer des längsten Tagej»,
und bestimmten so die Abstände der Oerter vom Ae-
quatör. •
Um' die Mittagshohen der Sterne, d. i. ihre
Höhen im Augenblicke der Culmination, zu messen,
bedient ihan sich eines in der Mittagsebene fest auf-
gestellten ganzen oder Viertelkreises (Quadranten} von
beträchtlichem Halbmesser und möglichst genauer Thei-
lung, um dessen Mittelpunkt sich eine Regel mit einem
Femrohr bewegt. In der Mitte des Gesichtsfeldes durch-
kreuzen sich ein horizontaler und ein vertikaler Faden,
und wenn man nun dem Femrohr eine isolche Lage
gibt, dafs der Stern längs dem horizontalen Faden hin-
läuft, so schneidet die Schärfe der Regel, der die Axe
'des Femrohrs paraUel liegt, den Bogen ab^ der die
Mittagshöhe mifst Zugleich gibt der Durchgang des
Sterns durch den vertikalen Faden de^ Augenblick
der Cuhnination, Richtet man das Fernrohr auf die
Sonne, so kann man nur die Höhe ihres obem oder
untern Randes messen, aus der man dann durch Sub.
traction oder Addition ihres etwa einen Viertelgrad
betragenden, scheinbaren Halbmessers die Höhe des
IVIittelpunkts herleitet Wie die gefundenen Höhen
den Gesetzen der Strahlenbrechung gemäfs zu
berichtigen sind, mtifs in den Lehrbüchern der Stern-
kunde nachgesehen werden.
Vergleicht man die Mittagshöhe eines Sterns mit
, der Aequatorhöhe, so gibt der Unterschied beider
seinen Abstand vom Aequator, seine Declinatiön
oder Abweichung. Durch diese bestimmt sich aber
nur die Lage seines Tageskreises. Um nun auch den
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MiUhemaiisch0 Chrimt^gle, - 15
Punkt %vl erhahen, den der Stern in demselben eiii
nimmt, stellt man eine Stemulur so^ dafe sie ihre 24
Standen in dem Augenblicke zu zählen anfangt, wo
der FrüUüngspunkt culminirt Die Zeit, die sie dann
bei der CulminaliDn eines jeden Sterns zeigt, gibt, nadi
dem oben ( 9 ) gedachten Yerkältnils in Bogen ver- .
wandelt, das, was man seine RectascensioA oder
gerade Aufsteigung nennt, nämlich den Bogen
des Aequator^ der vom Frühlingspimkt ostwärts bis zu
dem Punkt hin liegt, deni der Stern senkrecht ent-
spricht« Da aber der Frühlingspunkt k^ sidbtbarer /
Punkt der Himmelskugel ist, so kann man der Uhr
jene S^Uung erst dann geben, wenn man die gerade
Au&teigung irgend^ eines Sterns kennt Wie man
diese durch unmittelbare Beobachtung finde, kann hier
nicht gelehrt werden* Die geraden Aufsteigungen
werden von 0 bis 24 Stunden oder 3^® fainterein-
atider fortgezählt. .
Auf eine ähnliche Weise, wie auf den Aequator,
bezieht man die Lage eines Sterns auf die Ekliptik,
indem, man einmal seinen nördlichen oder südlichen
Abstand von diesem Kreise, seine Breite, und dann
den Bogen desselben «ngibt, der sieh vom Fr^-
lingspupkt ostwärts bis. zu dem Punkt erstreckt, über
dem der Stern senkrecht steht, seine Länge. Die
Längeil und-Breiten werden nicht beobacKtet, sondern
aus den geraden Aufsteigungen und Abweichungen be-
rechnet Die Längen zählt man gewöhnlich nach,
Zeichen und Graden. So deutet eine Länge von 2 Z. .
20^ an, dafs der Stern 80 Grad ostwärts vom Früh-
lingspunkt entfernt ist , ,
Auf der Erde sind Länge und Br^eite ganz dem
analog, was man am Himmel gerade Aüfstdgung und
Abweichung nennt Der gröfste Kreis der Erdkugel^
der durdi beide Pole ^nd irgend einen Punkt ihrer
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Iß Maikemaiische Ckrcnologie,
Oberfläche geht, wird der Meridian desselben genannt,
weil seine Ebene in ;dem Augenblick, wo es daselbst
Mittag ist, mit der des Meridians am Himmel zusam-
menfallt. - Da sich im Erdäquatcpr- nicht eben so, wie
im Öimmelsäquator, ein von der Natur selbst gegebe-
ner Anfangspunkt findet, so ist die W^ihl desselben
oder die des ersten Meridians wiUkührlich und
schwankend. Die Astronomen beschräiücen sich da>
her gewöhnlich aiuf die Angabe, um wie viel ein Ort
östlicher oder westliche^' Hegt, als ein anderer von
bekannter Lage. Diese Längen- oder Meridianuu-
terschiede ergebeft sich vermittelst der Zeilunter-
schiede. Da sich nämlich die Erde, von Westen ge-
gen Osten um ihre Axe dreht^ so müssen die ^östlichen
Oetter, Mittag und jede andere Tagesstunde früher als
-die westlichen haben, und da diese. Bewegung voll-
kommen gleichförmig von Statten geht, so gibt «ein
Zeitunterschied von einer Stunde einen Längenunter-
schied von 15 Graden. So hegt Berlin 44' 14'' in
Zeit oder 11** 3' 30" in Bogen östiicRer als Paris.
NimUit man mit den meisten Geographen' den gerade
20® westlich von. der Pariser, Sternwarte liegeuden
Meridian für den ersten an^ so hat^'Berlin 31 ^^ 3' 30''
Länge. Die Zeitunterschiede der Oerter zu bestim-
men, bieten sich mehrere Mittel dar. Am einfachsten
ergeben sie sidh mit Hülfe von Erscheinungen, die -
sich für alle Erdbewohner in gleichem absohiten Au-
genblicke ereignet, z. B. vermittelst der VerfinsteÄm-
\gen eines Jupiterstrabanten. Gäbe es Uhren, die bei
allen möglichen störenden Einflüssen einen vollkom-
men gleichförniigen Gang hätten, so würden sie
am bequemsten zur Bestimmung der Zeitunterschiede
dienen können. Die Kunst hat auch wirklieh in die-
ser Beziehung sehr viel geleistet, und es wird jetzt
nicht leicht eine grofse ^Seereise phn^ emen Chröno-
, ' meter
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Maihemaiische Chronolope. . ^7
meter «ntcmommen, wie man dergleichen eigenthüm-
lich gearbeitete Uhren zu nennen pflegt
Die Breite eines Orts ist, wie schön bemeifct
worden, der Pol kö he ^eich. Eine der YaüsUchsten ,
und bequemsten Methoden zur Bestimmung der letz-
tem ist f<rfgende. Ein Stern, der nie untergeht, cul-
minirt bei seinem täglichen Umlauf zweimal, einmal
über,* einmal unter dem sichtbaren PoL In jener
SteUung hat er seine gröfste, in dieser seine kleinste
Höhe. Wenn man nun den halben Unterschied bei-
der durch die Strahlenbrechung gehörig rectificirten
Höhen zur kleinsten addirt oder von der*gröfsten sub-
trahiit, so erhält man die Polhöhe. Auf diese Weise
findet sich für Berlin eine nördfiehe Polhöhe von 52^
31' 13".
Die Veränderung der Tageslängen und Mittags-
höhen der Sonne hängt von der Schiefe der Eklip-
tik ab. Diese ist, wie schon bemerkt worden, dem
Abstände der Solstitialpunkte vom Aequator, also an
den Tagen der Sonnenwenden dem Unterschiede der
Mittagshöhe der Sonne und der Aequatorhöhe gleich.
Im strengsten Sinne findet dies eigentlich nur statt,
wenn sich die Sonnenwende gerade am ÖBttage er-
eignet. Da sich indessen in der Nähe der Solstitial-
punkte die. Abweichung der Sonne in einem Tage
nur wenig ändert, so wird man ohne erheblichen
Fehler auch ihre Höhe, am vorhergehenden oder
nachfolgenden Mittage in Rechnung bringen können.
Dals die Hälfte des Unterschiedes der gröfsten und
kleinsten MiUagshöhe, welche die Sonne im Verlauf
eines Jahrs erreicht, ebenfalls die Schiefe gebe, sieht
man leicht
Eratosthenes fand 250 Jahre v. Chr., dafs der
eben gedachte Unterschied \^ des ümfanges der Him-
melskugel halte, was für die Schiefe 23** 51' 20" gibt.
. 2
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j[g Mathematische Chronologie.
Hipparch prüfte dieses Resultjsit hundert Jahre später
und bestätigte, es '^). Seitdem haben alle Beobachtun-
gen eine fortwährende Abnahme der Schiefe gegeben.
Albattani setzte sie im zehnten Jahrhi^n4ert n. Chr.
auf 23^ 36', Tycho Brahe vor 200 Jahren auf 23^
30'. Hr. Bessel findet *) für das Jahr 1800
23^ 27' 54",8 — t. 0",457,
wo t die Zahl' der seitdem verflossenen Jahre bezeich-
net Hiemach ist die Säcularabnal^me 45"^ 7. Man
würde aber irren, wenn man hieraus folgepi wollte,
dafs die Schiefe imn^ierfort abnehmen und einst Null
werden dürfte, wo dann der Unterschied der Tages-
läng^fi und Jahrszeiten auf der Erde gänzlich aufhören
müTste. Man weils jetzt, dafs SUe Aendcrungen der
Schiefe nur periodische Schwankungen innerhalb ge-
wisser, noch nicht genau bestimmter, Grenzen sind.
Da sich hierbei blofs d^e Breiten, nicht die Abweichim-
gen ändern, so ist es die Ekliptik, welche schwankt,
nicht der Aequator.
Noch eine andelre sehr langsan^e Bewegung, Prä-
cession oder Vorrückung der Nachtgleichen
genannt, mufe hier erklärt ^tf^rden. Hipparch ent-
deckte durch Vergleichung seiner Beobachtungen mit
den 160 Jahr altem des Timoeharis imd Aristyl-
lus, dafs die Länge aller Sterne um zwei Grade zuge-
nommen habe. - Ptolemäus setzte diese Bewegung
in 100 Jahren auf einen Grad '). Die Alten legten
sie dem Sternhimmel bei; die neuere Astronomie lehrt
aber, dafs sie den Aeqüinoctialpunkten angehört, die
sich westlich von den Sternen entfernen« Sie erfolgt
1) AUnagtjsl ded PtolcmSus I, 10, S. 49 dek Halma'sclicn
Textes. . .
2) Fund, j^ktron, p. 61. Vergl Hm. Scfatimacliers
As trono mische ISachrieHteti No. 133.
3) Almagest VII, 2 and 3.
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MqthemMÜsehe Chronolo^. 19
längs der Ekliptik, infdem hierbei die Breiten der Sterne
unverändert bleiben* Nach Hrn. Besi^el ') beträgt ^ie
für unsere Zeit jährlich 50'^ 22, also m 100 Jahi^n l''
23^ 42^', iA 25800 Jahren einen ganzen Umlauf« Eine
Folge davon ist, dafs die $tembild^> von dienen die
Zeichen der Ekliptik ihre Namen erhalten haben,
denselben jetzt nicht mehr entsprechen, sondern um
ein ganzes Zeichen ostwärts von der Stelle gewichen
sind, wo sie sich zu Hipparch's Zeit befanden.
So steht nun das Sternbild des Widders im Zeichen
des Stiers, das des Stiers in dem< der i^willinge u* s. w.
Die Astronomie beweiset, dafs auch die jähriiche
Bewegung der Sonne nur scheinbar ist Se ist die
Folge einer Bewegung unserer Erde, vermöge weL
eher sie binnen* einem Jahr dergestalt von Osten ge-
gen Westen um die Sonne läuft, daüs die Axe^ um
welche sie sich inzwischen täglieh vo;n Westen gegen
Osten dreht, mit der Ebene ihrer Bahn einen Winkel
von 66f Graden bildet, und bis auf die sehr langsame
Aenderung, deren so eben gedacht ist, sich seibist pa-
rallel joder gegen einerlei Punkt der Hinunelskiigel ge-
richtet bleibt. Es mufs also der Erdäquator gegen
jene Ebene unter einem Winkel von 231* Graden ge-
richtet sein, welchen mithin auch der Himmelsaquator
und die bis an die Himmelskugd erweiterte Ebene
der Erdbahn, die Eädiptik, mit einander bilden« Hier,
wo es nur auf die Ersdheihutigen der tägU<^n und jähr-
lichen Bewegung, nicht auf ihre Gründe ankommt, be-
trachten vrir beide als wirklich am Himmel voi^ehepd,
und untersudien nun ihre Perioden' genauer.
Das Wort Tag wird in einem zwiefachen Sinn
gebraucht Einmal bezeichnet es die Zeit der An-
wesenheit der Sonne über dem Horizont, welche von
1) S. Hm, Schumachers Astr. Nacfcr. ^. a. O.
2 *
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tizedby Google
20 , Jffafhemaiische Chromologic.
*
ihtem jedeismaligett Tagbogen abhängt, im Gegensatz
der Nacht 'Dann witd darunter ihr täglicher Umlauf
oder di0 Zelt verstanden, iii der sie ihren ganzen Ta-
geskreis zurücklegt. Jenen Tag nennt man den na-
türlichen, diesen, nach welchem dafirt wird, den
bürgerlichen. Für letztern haben einige Sprachen
eine besondere Benennung, zum B. die griechische
vv')(^n]/.isQov, die schwedische dfgn. In ihm werden die
Tageszeiten Morgen, Mittag, Abend und Mitter-
nacht unterschieden, die von den Durchgängen der
Sonne durch dien Horizont und Meridian bestinmit
werden.
Im gemeinen Leben fangen die Europäer dea
bürgerlidien Tag mit dem Durchgange der Sonne
durch den untern Meridian^ dejr Mittemacht, an, und
theilen ihn in 24 Stunden, die sie in zwei Absätzen
zu 12 Stunden zählen. Die Astronomen beginnen
nach dem Vorgange des Ptolemäus *) ihren Tag
fast allgemeiA mit dem Durchgange der Sonne durch
den obem Meridian, dem Mittage, weil sich dieser
Zeitpunkt genau und bequem durch eine unmittelbare
Beobachtung bestimmen läDst, und zählen die Standen
von einem Mittage bis zum andern fort, was die Folge
hat, dals die astronomischen Tage und Stunden blofis
vom Mittage bis zur Mttemacht mit den bürgeiiichen
übereinstimmen, von Mittemacht bis Mittag hingegen
im gemeinen lieben ein Tag mehr und 12 Stunden
weniger gezählt werden.
.\ Aus dem, was oben über die Zeitunterschiede
der Oerter gesagt worden, erhellet, dafs alle Tages-
stunden zugleich auf der Erde vorhanden sind. In
jedem Augenblick gehl die Ebene irgend eines Meri-
ridians durch die Sonne. Dann ist in der obem
1) Alm. IB, 8, S. Ö08.
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Mathemmt^cbe Chronologie. 2|
Hälfte von Pol zu Pol Mittags in der untern Mitter-
nacht, und an den Orten^ welche von. der obem ost-
wärts ^ur untern liegen, IVachmittag, in den übrigen
Vormittag. Wenn ein Schiff die Reise um die Erde
macht, so zählt es nach seiner Kückkehr einen Tag
mehr oder weniger als die Zurückgebliebenen, je nach-
dem es eine ostliche oder westliche Riiihtung genom-
men hat Wenn einst einmal einerlei Kalender auf
der ganzen Erde «eingeführt sein sollte, so wird man
einen Meridian wählen müssen, in welchem sich heute
und gestern scheiden sollen.
Die Zeit, in der die Sonne zu dem Pmikt des
Himmelsj von welchem sie ausgegangen ist, zurück-
kehrt, wird Jahr genannt, ein siderisches oder. ein
tropiseJies, je naclidem von ihrer Rückkehr zu' dem-
selben Stern, oder zu demselben Punkt der Ekliptik
die Rede ist. Letzteres wird im bürgerlichen Leb jn
allein gebraucht, weil von ihm der Wedxsel der Ta /
geslängen und Jahrszeiten abhängt
Die. Bewohner der gemäfsigten Himmelsstriche
theilen das Jahr nach den verschiedenen Wirkungeuj
^ welche die Sonne auf ihr Gefühl, auf die WIttenmg
und auf die Vegetation äufsert, in vier Zeitab-
schnitte oder Jahrszeiten. Statt der physischen
Jahrszeiten, die keiner aUgeineinen Bestimmung falug
sind, lind für jedes Land und fast für jedes Jahr an-
ders ausfallen, hat man die astronomischen einge-
führt, die durch die gröfete^ nuttlere und kleinste Ent-
fernung der Sonne vom Scheitel bestimmt werden.
An den Tigen,. wo sie diese Entfernungen, also in
der nördlichen Halbkugel dßn» Steinbocka^, Widder-,
Krebs- un4 Wagepunkjt, erreicht, sagt man, dafs Win-
ter, Frühling, Sommer und Herbst ihren Anfang
nehmen. -
Die tropischen Jahre sind nicht durchgängig einan-
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23 Mathematische Chronologie.'
der gleich, wegen der störenden Einwirkungen, welche
die anziehenden Kräfte der Planeten anf die Bewe-
gung der Erde äufsem. Die Unterschiede können auf
mehrereMinuten gehen. Um nup einen mittleren Werth
zu erhalten und zugleich den Einfluls der Beobach-
timgsfehler möglichst zuschwächen, mnfs man.Nacht-
gleichea und Sonnenwenden zusammenstellen, die um
eine grolse Reihe von Jahren auseinander Hegen, und
das in Tagen, Stunden und Minuten ausgedrückte In-
tervall durch djie Zahl der Jahre* dividiren. Hierbei
kommen uns neun von Hipp arch beobachtete. Nacht-
reichen *) vortrefflich zu statten. Aus dar Verglei-
chung derselben mit vielen andern Beobafehtungen
derselben Art hat sich ergeben, daüs <fie mittlere Dauer
des tropischen Jahrs 365 Tage 5 SL 48' 48'' b«rägt ^),
Während des tropischen Jahrs nimmt' die Länge
der Sterne um 50", 22 zu. Die Sonne hat also am
Ende desselben in Ansehung der Fixsterqe .noch^kei-
nen vollkommenen Umlauf gemacht, sondern erst 360^
— 50", 22 zurückgelegt Hiers^us ergibt sich leicht
di^ Dauer des siderischen Jahrs zu 366 T. 6 St 9'
10",7. Es ist' also um 20^ 23" länger als das tropische.
1) Alm. ra, 2.
2) S. Lalande's Memoire sur ladufee de Vaimee solaire
in den Abkandlöngen der Pariser Akademie yom Jahr 1782, Nach
Hm, B es sei (yergL seine Abhandlung über den gegenwärti-
gen Zustand unserer Kenntnifs von der Sonnenbewe-
gung in dem gedachten Stück der Schumachers chen Nach-
richten} ist cBe Dauer des tropischen Jahrs
365 T, 5 St 48' 47",809l'— t. 0",005Ö5.
Das negative Glied deutet an, dals das Jahr wegen der Yeränder-
lidtkeit der Präcession jetzt, ein weni^ im Ahnehmen begriffen
ut;.doch kann die Abnahme, wie sie hier angegeben ist, von 1800
an höchstens auf 100 Jahr gelten. Ilan sieht, dafs diese Bestim-
mung mit der Lalande'schen übereinkommt, bei der wir uns also
in der Chronologe beruhigen können.
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Mathematische Chronohgie. 23
Die Astronomie lehrt, dafs sich die ßrde in eiüer
elKptischen Bahn bewegt, in deren einem Brennpunkt
sich die Sonne befindet, von der sie in den beiden
Endpunkten der grofsen Axe üire kleinste und gröfste
Entfernung hat In dem einen dieser Punkte, dem
Perihelium, hat die Sonne eine scheinbare Bewegung
von nahe 61', in dem andern, dem Aphelium, von
nahe 57' täglich. Beide Punkte sind einer langsamen
Bewegung unterworfen. ZuHipparch's Zeit lag das
Aphelium im fünften Grade der Zwillinge, seitdem isjt
es um 35^ östlich gerückt Das Sommerhalbjahr' ist
jetzt für die nördliche Halbkugel der Erde um 7| Tage
länger, als das Winterhalbjahr.
Die scheinbare Bewegung der Sonne In der Eklip-
tik ist also ungleichförmig. Ihre mittlere Bewegung
wird diejenige genannt, zufolge welcher sie in einem
tropischen Jahr 360® zurücklegt. Dies gibt für die
mittlere tägliche Bewegmig 59' 81-". Der Ort der .
Ekliptik, wo sie sich in jedem Augenblick befinden
würde, wenn sie von ihrem Durchgange durch das
Aphelium' bestäiidig mit. gleichförmiger Bewegung fort-
ginge, bestimmt ihre mittlere L^nge; ihre wahre
Länge hingegen der Ort, den sie vermöge ihrer un-
gleichförmigen Bewegung in jedem Augenblick wirk-
lich einnimmt Der Unterschied beider heilst die Mit-
telpunktsgleichung.
Die w a h.r e nSönnetitage oder die Zelten, welche
zwischen zwei auf einander folgenden Culmlnationen
der Sonne verfliegen, sind von ungleicher Dauer, nicht
blofs wegen der ungleichförmigen Bewegung der Sonne,
gondeni auch, weil die Ekliptik gegen den Aequatcw
geneigt ist, ako gleiche Bogen nicht in gleichen Zei-
ten durch den Alferidian gehen. Eine Uhr, die mit
dieser Ungleichheit gleichen Schritt hält, mithin alle-
mal im Augenblidc der Culminatioji der Sonne, oder
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%4 Mathematische (Jhronolqgie.
• des wahren Mittags 12 St. zeigt, gibt wahre Zeit
an. Dies gilt yon allen richtig entworfenen und auf-
gestellten Sonnenuhren. Die Taschen- und Pendeluh-
ren dagegen können als mechanische Werkzeuge die-
ser Ungleichheit nicht ohne eine besondere ^hr künst-
liche Einrichtung folgen; sie sind vielmehr um so voll-
kommener^ je gleichförmiger ihr Gang ist
Man hat daher die mittlere Sonnenzelt em-
gefiihrt, um nach ihr die mechanischen Uhren zu re-
guliren. Man stellt sich nämlich einen Körper vor,
der in einem tropischen Jahr nut gleichförmiger Ge-
schwindigkeit den Aequator dergestalt durcjbläi^ft, dafs
. seine jedesmalige gerade Aufsteigung der mittle-
ren Länge der Sonne gleich ist. Wenn dieser Kör-
per cuhninirt, so sagt man, dafe der mittlere Mit-
tag eintritt, und eine Uhr, die dann immer 12 St. zeigt,
gibt mittlere Sonnenzeit. Die Tage dieser mittleren
Zeit sind durchgehends von gleicher Länge. Der Un-
terschied zwischen der mittleren und wahren Sonnen-
zeit, oder der Zeitraum, um \yelchen der eingebildete
Körper früher oder später culminirt, als die wirkliche.
Sonne, wird die 'Zeitgleichung genannt. Ist sie
positiv, so eilt der mittlere Mittag dem .wahren vor;
ist sie negativ, so findet das Gegentheil statt; Wenn
z. B. die Zeitgleichung am 1., Januar 183Ö + 3'
49'', und am 1. November desselben Jahrs — 16' 15''
sein soll, so heifst.das, es ist nach mittlerer Zeit am
ersten Tage 3' 49" mehrj am zweiten 16' 15" we-
niger, als nach wahrer. Man sieht, wie man mit Hülfe
^ eines Mittagsfernrohrs und der Zeitgleichung täglich
den Gang einer Taschen- oder Pendeluhr prüfen könne.
Viermal jährlich, nämlich um die Mitte des April und
Junius imd am Ende des August und December, ist
die Zeitgleichung Null. Ihren gröIsten,Werth von lö
bis 16 Minuten bat sie um die Mitte des Februar/
Digitizefi
fiby Google
Maikemaiiscie (Jhronologie. . 25
wo sie positiv, und uin den Anfang; des November,
wo sie negativ i§t Die Verschiedenheit von eineni
Jahr zum andern beträgt nur wenige^ Secunden. Die
mittlerie Sonnenzeit wird sieh von Berlin aus, wo sie
nun eingeführt ist, vermittelst der Volkskalender, die
auf sie gestellt sind, hoffentlich bald über den gan-
zen preufeischen Staat verbreiten.
In einem mittleren Sonnentage schieben sich aufser
den 360 Graden des Aequators die 59' S^i' der mitt-
leren täglichen Bewegung der Sonne durch den Meri-
dian, in einem Stemtage hingegen .gerade 360 Grad.
Hieraus folgt leicht, dals der Sten^tag in mittlerer Son-
nenzeit 23 St 56! 4'^ und der mitüere Sonnentag
in Stemzeit' 24 St 3' 56'',3 h^lL Der Gang einer
nach mittlerer Sonnenzeit eingerichteten Uhr kann, also
auch so geprüft werden, daüs man untersucht, /ob die
Cubnination, eines und desselben Steriis nach ihr täg-
lich um 3' 56" frühi^r erfolgt.
Nädhst der Sonne zieht unter allen Himmelskör-
pern der Mond am meisten unsere Aufmerksamkeit
auf sich. Die auflEallende uud regelmäfsige Abwech-
selung seiner' Lichtgestalt bot den Völkern ein beque-
met Mittel dar, .auch ohne einen geordneten Kalender
die Zeiten ihrer gottesdienstlichen Handlungen und
^rer Versammlungen zu bestimmen.
» Wenn wir ihn ein paar T.age lang nicht gesehen
haben (die Römer nannten diese Zeit ihterbinium
oder silens hma\ so erbjicken wir ihn in der Abend-
'dämmerung als ^nen sichelförmigen Lichtstreifen, der
allmälig, so -wie er sich ostwärts von der Sonne ent-
fernt, anwächst, fünf bis sechs Tage nachher zum
Halbcirkel wird, und- in dieser Stellung beim Unter-
gange der Sonne in Süden steht. Dies heifst sein
erstes VierteL Er. wächst hierauf in den nädisten
sieben Togen ztir volien Scheibe an, mit der er, der
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26 MaiheiiuUische Chronologie.
Soiiiie gegenüberstehend, die ganze Nacht feuchtet.
Dies nennt man Vollmond oder Opposition. Hier-
nachst nimmt aein Licht Maeder eben ko ab, wie es
zuvor zugenommen hat, nur an der entgegengesetzten
Seite. Zugleich nähert et- sich der Sonne aufs neue,
bis er sieben Tage nach der Opposition als Halbkreis
beim Aufgang der Sonne in Süden steht Dies heifst
sein letztes Viertel. Fünf bis sechs Tage nachher
erblickt man .ihn zum letztenmal als einen schmalen
' Lichtstreifen in der Morgendämmerung, worauf er
wieder zur Sonne kommt. Dies nennt man Neu-
mond oder Conjunction. Das erste und ^letzte
Viertel heifsen auch die Qua^dräturen,- der neue und
der volle Mond die Syzygien.
Diese immer wiederkehrenden LicfataWechselun-
gen oder Phasen rühren daher, dafs der Mond sich um
unsere Erde bewegt und inmittelst von der aufeer-
halb seiner Batm befindlichen Sonne erleuchtet witd.
^ Da auch die Erde ihr Licht von der Sonne empfangt,
so mufs sie dem Monde, wenn er ui» neu ist, im
vollen Licht erscheinen, wo dann das von ihr reflec-
tirte Liebt stark genug ist, seinen dunkeln Theil schwäch
zu erleuchten, wenn er sich als Sichel am Abend- oder
Morgenhinunel zeigt
Wenn man ;den Mond bei seiner Bewegung aqi
Stemenliimmel verfolgt, auch seine Mittagshöhe mifst,
so oft er sichtbar durch den Meridian geht, sofindet
sich, dafe seine Bahn die Ekliptik unter einem Win-
kel von etwas mehr als 5^ schneidet. Die beiden
Dürchschnittspunkte werden seine Knoten gfenannt,
der eine, durch den er nördliche Breiten erhält, der
j^ufsteigende (Q), der andere der niederstei-
gende (y).
Befindet er sich zur Zeit der Opposition in oder
nahe bei einem seiner Knoten, so taritt er ganz oder
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'Mathemaitsvhe Chronologie. 27
ziun TheS in den Erdschatten. Dies nennt man dne
totale oder partiale Mondfinsternifs. Fällt der
Knoten in die Mitte des Erdschattens, so ist die f^in-
sternils central qnd von möglichst langer Dauer,
welche auf beinahe vier Stunden gehen kaAn;
Ist der Älond- zur Zeit seiner Conjünction in der
Nähe eines seiner Knoten, so tritt eine Sonnenfin-
sternifs, oder \ne man eigentlich sagen sollte, eine
Erdfinsternifs, ein. Da er kleiner als die Erde
und ihr an 400 mal näher isf. als die Sgnne, so ist
begreiflich,' däls er letztere nur für einen verhältniDs- .
mälsig kleinen Theil der Erdoberfläche bedecken könne,
und dafe Anfang, MitteV Ende und Grö&e der Finster-
nis für jeden Ort anders ausfallen. Bei einer totalen
Sonnenfinstemifs kann der Streifen der Erdoberfläche,
in welchem sie ^beobachtet wird, höchstens 30 Meilen
breit sein, daher sich die Sonhenfinstemisse für einen
bestimmten Ort seltener als die Mondfinsternisse er-
eignen, ob sie gleich im Ganzen häufiger eintreten.
Ist die Sonnenfinstemifs für einen Ort central, so' ist
sie entweder total mit Dauer, die ^hev höchstens
auf 5' gehen kann, oder total ohne Dauer, oder
ringförmig, je nachdem der scheinbare Durchmes-
ser des Mopdes entweder grölser, eben so grols oder
kleiner als der der Sonne ist Die Grö&e einer par-
tiale^ Mond- oder Sonnenfinstemife wird nach Zollen
bestimmt, deren man dem Durchmesser der Mond-^
oder Sonnenscheibe 12 beilegt.
Der Mond rückt täglich um etw;a dreizehn Grad
von Abend gegen Morgen am Himmel fort, und ist
nach etwas mehr ab 37 Tagen wieder bei demselben
Stern. Diesen Zeitraum nennt man einen periodi-
schen Monat Inzwischen ist die Sonne um etwa
27*^ fortgerückt, und es verfliefet noch einige Zeit,
ehe sie der Mond wieder cinhohlt Darum ist die Zoit
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3S Mathematische Chronologie.
von eiaeni Neumonde zum andern, der synodische
Monat, grötser als de.r periodische.
Die Dauer des synodischen Monats erfiUirt man
am l^eqüenvsten, wenn man die, Zeit, die zwischen
zwei Mondfinsternissen verflielst, durch die in ihr ept-
haltene Zahl der Monate dividirt Zuerst nimmt man
twei nicht weit von einander entfernte Finsternisse, um
sich in der Zahl der Monate nicht zu irren. Kennt man
nun die Dauer des Monats beinahe, so wählt man zwei
möglichst weit von einander entfernte Finsternisse,
dividirt die 2ieit zwischen beiden durch die vorläufig
bestimmte Dauer eines^ Monats, um die Zahl der Mo-
nate zu finden, und dividirt daqn mit dieser Zahl
aufs neue die Zeit, um die Dauer des Monats genauer
zu erhalten. Auf diese Weise *) ergibt sich die
Dauer des synodischen Monats zu 29 T. 12 St.
44( 3". ^) Für den periodischen Monat erhält
man hiemach 27 T. 7 St 43' 5". . Der Mond rückt
täglich um 13^ 10' 35'' am Himmel fort, entfernt sich
täglich um 12^ 11' 27'^ von der Sonne, und vollendet
seinen täglichen scheinbaren Umlauf in 24 St 50' 28"!
Alle, diese »Angaben sind von der mittleren Dauer
Xy Ein Beispiel einer solchen Redmnng selie man im Hand b.
der Chronologie I, 43.
2) Tobias Mayer (s. Lälande> Astronomie Tom. D,
p. 157) hat fiir das Jahr 300 v. Chr, 3'',4015 und fiir das ^Jahi-
17(30 n. Chr. 2^',S2S3 gefunden. Der Grund dieser Verschieden-
holt lifgt in eiiicc zuerst yon Htflley wahrgenonunenea, sehr ge-
ringen BescLIcutiL^Liog der mittleren Bewegung des Mondes. Nach
ßurckhai'dl'ä Dlondtafeln, den neosten und bewährtesten, ist
die Dauer des synodischen Monats für das Jahr 1700 -{- i Jahr •
hunderte dur6h die Formel
29 T. 12 St. 44' 2",854788 — l 0",028434 — i^ 0^^0000885.
ansgedrikkt. Setzt man i == — 18, so ergibt sich f^r die Zeit
des Hipparch der synodische Monat za 29 T. 12 St. 44' Z\'',
gerade wie er ihn bestimmt hat. Alm. IV, 2, & 217.
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MaibemaHsche ChromcJogie. .39
zu verstehen« Die Bewegung des Mondes ist so un-
gleichförmig, dafs der ^ynodische Umlauf zuweQen um
(> bis 7 Stunden, und der tägliche um 12 ACnuten
gröDser oder kleiner ist, als der. mittlere. •
Er hat nicht immer gleiche Entfernung von der,
Erde und. daher auch nicht immer einen gleich grofsen
scheinbaren Öurchmesser. Leteterer^ ändert sich von
33' 31'' bis 29' 22", dahingegen der scheinbare Durch-
messer. der Sonne nur abwischen den Grenzen 32' 36"
und 31' 31" verändcfrlich ist. Die entsprechenden
SteHefi der Bahn des Mondes, in denen zugleich seine
Gesch^9iindigkeit ein Gro(stes^und Kleinstes ist, werden
Perigeum oder Erdnähe und Apogeum oder Erd^-
ferne genannt. Diese Stellen, die Endpunkte der grok
isen und kleinen Axe seiner elliptischen Bahn, sind nicht
fest. Sie rücken von Abend gegen Morgen fort und vol-
lenden in 3232 T^gen 11 St« 12' einen ganzen Umlauf
am Himmel mit Bezug auf die Fixsterne. Die Zeit^
in wjelcher der Mond zu einem von ihnen zurückkehrt,
wird ein qnomalistischer Monat genannt Die
Dauer desselben beträgt 27 T. 13 St 19'.
Auch die Knoten sind keine festen Punkte der
Mondbahn, sondern sie rücken von Moigen gegen
Abend, also gegen die Ordnung der Zeichen, fort. Man
kann sich hiervon leicht durch den Augenschein über*
zeugen; denn wenn der Mond auf seinem Wege efneii
der EMiptik nahe stehenden Stern bedeckt, so wird
er denselben nach einiger Zeit beträchtlich nord- oder
südwärts lasseh. Durch ^ die Vergleichung von sehr
entfernten Fmstemissen hat sich gefunden, dals die
Knoten in 6793 Tagen 7 St 13' einen ganzen Um-
lauf mit Bezug auf die Fixsterne macjien. Die Zeit^
nach welcher der Mond tvL einem von ihnen zurück*
kehrt, < heifst ein drakonitischer Monat, weil man
sonst den aufeteigetfden Knoten Drachenkopf, den
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30 DkahemaiiscJie Chronologie,,
med^teigenäen Drachenschwanz nannte. EHe
Dauer dieses Monats ist 27 T. 6 St 7'.
Die Neigung der Mondbahn gegen dieEkEp^
tik ist im Mittel ö"^ 8' 49'^ Sie kann sich um 8^ an.
dem. * ^
Da 223 synodische Monate , welche einen Zeit-
raum von 6585 Tagen 7 St 43' halten, nahe 239
anomalistischen und 242 drakonitisdken Monaten gleich
sind, und da die Ungleichheiten des Mondes haupt-
^chlich durch seine Stellung mit Bezug auf die gro&e
Axe und die Knotenlinie seiner Bahn bedingt werden,
so müssen sich nach Ablauf dieser Zeit die Ungleichhei-
ten sehr nahe in derselben Ordnung erneuem. Schoix
• die Chaldäer haben diese Periode mit Hülfe der Mond-
finsternisse entdeckt, indem sie fanden, dafs dieselben
nach 223 Aftondwechseln in gleicher Grolse und Ord-
nung wiederkehren. Man nennt sie daher die cfcal-
däische Periode oder die der Finsternisse.
Eitae: andere merkwürdige Mondperiode ist die
von 235 synodischen Monaten oder 6939 T. 16 St
31' 45'', die nur um 2 St 4' 33" länger als 19 trb-
pische Jahre sind, so dafs nach Verlauf derselben die
Neuinonde wieder auf dieselben Tage des Sonnen-
jahrs treflFen, Sie, ist von den Völkern gebraucht wor-
den, die sich bei der Eintheilung der Zeit zugleich
nach. Sonne und Mond gerichtet haben, z. B. von den
.Athenern, bei denen sie Meton eingeführt, vielleicht
zuerst wahtgenommen hat, daher man sie auch ge-
wöhnlich die metonische nennt.
Auch die Bahnen der Planeten sind mehr oder
weniger gegen die Ekliptik geneigt, so dafe si6 sich
gewöhnlich aülser derselben nord« oder südwärts zei-
gen. Unter den von Afters her bekannten Körpern
dieser Art erhält Venus die stärkste Breite, die sich
zu Zeiten auf beinahe 9® erstrecken kann. Man dachte
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MathemaiisaAe Chronologie. 31
sich daher ehemals einen Streifen oder (%rtel Ton 18
bis 20^ Breite längs der mitten durch ihn h}n laufen^
den Ekliptik, mxk die Gegend zu bezeichnen, in der
Mohd und Planeten beständig verweilen. Die$ ist der
sogenannte Zodiacus oder Thierkreis. Die in un-
sem Tagen entdeckten Planet^i S^^^ ^^^^ %um
Theil weit über diesen Gürtel hinaus, so daCs nun von^
ihm nicht weiter die Rede sein kann.
.Die Planeten sind in chronologbcher Beziehung
von keiner Wicht%keilt, da keins der Völker, die zu
einer geordneten Zeitrechnung gelangt sind, den Um-
lauf eines derselben berücksichtigt hat
Eben so wenig kommen hier die Kometen in
Betracht, wenn sie sich gleich in den Annalen der
Völker häufig erwähnt finden; denn da sie in grolser
Zahl vorhanden, und ihre Umlaufszeiten sehr schwan^
kend, auch erst von dreien mit einiger Sicherheit be-
kannt sind, so können sie zu keiner festen Zeitbestim-
mung m der Geschichte Gelegenheit geben.
Die Fixsterne sind, dem Chronologen nur wegen
des Gebrauchs wichtig, den man vormals von ihreli
Auf- und Untergängen zur Bestimmung der HauplepOr
chen des Jahrs gemacht hat; dekm da diese Erschei-
nungen von der Bewegung der Sonne in der Eklip-
tik abhangen, so können sie als Signale der Jahrszei-
ten betrachtet werden. Sie waren daher für die VöL
ker des Alterthums^^ besonders für diejenigen, die kein
festes Sonnenjahr hatten, ein Gegenstand aufmerksa-
mer Beobachtung, tmd dienten ihnen gewissermalsen
als ein Kalender zur Anordnung der Geschäfte des
Landhaus und der Schiffahrt Wegen der häufigen
Anspielungen, die sich bei den alten IKchtem auf sie
gemacht finden, werden sie gewöhnlich die poeti-
schen Auf- und Untergänge der Sterne genannt.
Sciiicklicher sagt man die jährlichen, zum Unter-
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32 M^tiAemfatiscbe Chronologie.
fidbieäe der tSglichen, mit denen sie nicht zu yer-
wecjhseln sind. ^
Es sind dieser Erschdnmigen Yiar, der heliaki*
s^^lie oder Spätuntergang, der letzte sichtbare Ün-
tei^ang in der Abenddämmerung; der heliaki^che
oder Frühaufgang, der erste sichtbare Aufgang in
der Morgendämmerung; der akronychische oder
Spätaufgang, der letzte sichtbare Aufgang während
der Abenddämmerung, und der kosmi^sche oder
Frühuntergang, der erste sichtbare Untergang wäh-
lend der Morgendämmerung* Für jeden Stern, der
nicht etwa beständig über dem Horizont bleibt, gibt
es vier biestimmte Tage im Sonnenjahr, an welchen
diese Auf- und Untergänge erfolgen, und welche bis
auf eine erst nach mehreren Menschenaltem bemerk-
bare, durch die Präcession verursachte Aenderung als
constant zu betrachten sind. '
Von den vier gedachten Auf- und Untergängen,
die man die s^cheinbaren nennt, sind die wahren
zu unterscheiden, die an den Tagen erfolgen, wo die
Sterne zugleich mit der Sonne im Horizont stehen.
Letztere sind kein Gegenstand der Beobachtung.
Wegen der ~ Umstände, wodurch die jährlichen
Auf- und Untergänge der Sterne bedingt werden, ver-
weise ich auf das Handbuch der Chronologie ^),
in welchem auch eine Anleitung zu ihrer Berechnung
gegeben ist *).
* 1) B. I, S. 50 ff. 2) B. n, S. 581, 81
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33
Tedinisdie Chroaolc^e.
Einleitu n g.
Unter allen Zeiteinheiten ist der Tag die ^facb-
ste nnd sicherste. Während alle übrigen geschwankt
haben, entweder weil sie auf bloiser Willkiihr beruh-
ten, wie die Stunde und die Woche, oder einer
genauem Ermittelung durch langfortgesetzte Beobach-
tungen bedorften, wie der Monat und das Jahr,,
wird uns der Tag von der Natur mit hinlänglicher
Bestimmtheit zugemessen, um als Grundlage aller Zeit-
rechnung dienen zu jkönnen. Schade nur, dals er zu
kui:z ist, als dals nicht die groüsen Zahleh lästig sein,
sollten, die man erhalten würde, wenn man sich sei-
ner bei der Ausmessung beträchtlicher Zeiträume be-.
dienen wollte. Man zieht daher den Gebrauch der
Monate und Jahre vor.
So manmgfach auch die Zeitrechnungen der ver-
schiedenen altem und neuem Völker seinvmögen, so.
lassen sie sich doch- wesentliob auf drei Formen zu-
rückführen, die man das freiß Mondjahr, das freie
Sonnenjahr und das gebundene Mondjahr nennt..
Das freie, vom Sonnenlauf unabhängige, Mond-
jahr besteht aus 12 synodiscben MoKiaten, derjenigen
Zahl von Mondwechseln, die zunächst kl»ner als das
Sonnenjahr ist Zwölf solcher Monate halten 354 Tage
S St. 48' 36^^ Dieser Zeitraum wird das astrono-
mische Mondjahr genannt. Im bürgerlichen Leben
können nur ganze Tage gerechnet werd^i. Man g^bt
also dem Mondjahr in der Regel 354 Tage, und zählt
nur dann einen Tag mehr, wenn der Ueberschufs von
3
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34 Technische (^ironologie.
8 St 48' 36" sich zu eiiiem Tage angehäuft hat
IKe 354tägigeti Jahre werden Gemeinjahre, die
' 355tägigen Schaltjahre genannt Einschalten
nämlich — intercalare — heilst einen oder mehrere
Tage aufserordentlich in Rechnung bringen, um ein
bürgerliches Mond- und Sonnehjahr mit seiner eigent-
lichen uns von der Natur zugemessenen Dauer, oder
auch das eine mit dem andern^ at»zugleichen. , Man
spricht von Schalttagen, Schaltmona^ten und
Schftltjfihreti. Ein Sehaltlag' und Sehattmonat l^eiEst
-^ ei«' eingeschalteter Tag und Mo^at, Schaltjalir hbge^
gen ein Jahr, worin eingeschahüet "mrd* Öer Anfang
des freien Mondjahrs eilt dem des ^nnenjahrs genau
genommen jährlich um 10 T^ 21 St 0' 12'', oder, wenn
blofo'Von bürgerlichen Jahren die Rede ist, um
10 bis 11 Tage vor 5 und durchläuft daher allmäMig
alle Jahtszeiten. Dieses Jahr ist bei den muhamme-
V . dänischen Völkem im Gebrauch; die afte Welt kannte
es picht Die Monate werden iii der Regel abwech-
scM'zu 29 und 30, oder paarweise zu 69 Tagen
gerechnet
Das freie, vom Mondlauf unabhängige, Son-
ii'enjahr wird durch das tropische Jahr von 365 T.
5* St 48' 48" bestimmt Die christlichen Volker, die
sieh desselben bedienen, rechnen es zu 365 Tagen,
S&n ^denen sie in der Regel alle vier Jahre einen 366sten
zlhlen. Diese' Jahre werden in 12 Moniate getheilt,
deren Entstehung sich nur daraus erklären läfst, dals
man, als das Sonnen jähr statt des Mondjahrs, V6n
welchem fast alle Völket ausgegangen sind, eingeführt
wurde, >von der alten Gewohnheit, das Jahr in 12 Ab-
schnitte (Mondmonate) zu theSen, nicht abgehen wollte.
Zum Charakter ^es Sonnenjahrs gehört die Zahl von
12 Monaten nicht wesentlich, daher sie von den Völ-
kern, welche die Mondphasen bei ihrer Zeitrechnung
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EMSiung. 35
nicht berficfcsiehtigt haben^ mit jeder apdeni iZ^ahl von
Monaten vertauscht werdea konnte. So &nd man
bei den Mexikanern, ^Is Amerika entdeckt wurde, ein
Sonnenjahr von 18 IVfomiten zu 20 Tagen. Hierzn
kamen £ün{ überzählige Tage und alle Q2 Jahre noch
ein Schaltmonat von 13 Tagen^fiO dals ihr Jahr, wie
bei mi&, im Durchschnitt aus 365 1; Tageii bestand.
Ein Jahr von dieser Daner wird ein jülianisches-
genannt, weil es der von Julius Cäsar' verbesser-
ten römischen Zeitrechnung, die sich bis zu uns fort-
gepflanzt hiit, pam Grunde liegt Dieses julianische
Jahr ist um 11^ 12'^ länger als das ti^opische. Die
Nach%kiclien und Sonnenwenden eilen daher seinem
Anfange aile vier Jahre um 3 Viertelstunden, alle 128
Jahre um emen Tag vor. Es ist also kein festes Son-
nenjahr. Durch die gregorianische Kalenderverbesse-
rang im Jair 1582 ist es bedeutend fester geworden,
aber immer noch nicht ganz (üitL Unter dem wan-
dernden Sonnenjahr Pannus Vdgus) verstehen die
Chronologen vorzugsweise das Jahr von 365 Tagen,
bei welchen! der üeberschufs des tropischen ganz ver-
nachläflsigt wird. Der Anfang desselben durchläuft;
in etwa anderthalb tausend Jahren den ganzen Kreis
der Jahrszeiten. Ein solches' Jahr war bei den alten
Aegyptem und. Persern im Gebrauch.
Das gebundene Mond jahT, bei welchem Mond-
und Sonneidanf zugleich berücksichtigt werden, tref-
fen wir bei den, Völkern an, zu deren Cultus es ge-
hört, dafs sie die auf denselben sich beziehenden Fe-
ste nicht nur bei einerlei Lichtgestalt, sondern zugleich .
in einerlei Jahrszeit feiern. Die Griechen und He-
bräer waren ehemals in diesem Fall, und die letztem
sind es «noch jetzt Zu den 12 ]\fonaten, die das
Mondjahr in der Regel hält, wird ab und zu ein drei-
zehnter gezählt, um das Mondjahr mit dem Sonnen-
3*
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36 Technische, Chronologe.
I^r 93HiZugleicheD. Ein sqlches ISmonaÜicbes Jahr
heiilät ein Schaltjahr, Die Griechen schalteten, frü-
here rohe Ausgleichungen nicht zu erwähnen, im Ver-
lauf totweder von 8 Jahröi 5, oder .von 19 Jahren
7 Monate^ ein, um den Anfang des Jahrs in einerlei
Jahrszeit zu erhalten. Letztere Einsehaltungsweise ist
noch jetzt bei den Juden im Gebrauch, nur mit rabbi-
nischen Künsteleien überladen. Auch die Christel be-
dienen sich ihrer bei der Bestimmui^ ihreis Osterfestes,
das durch di$ Frülilingsnachtgleicfae und durch den
zunächst nach derselben eintreffenden VoHihond, also
durch Sonne und Mond zugleich^ bedingt wird.
la der gleichförmig fortfliefsenden Zeit lassen sich
die Theile derselben nicht, anders unterscheiden, als
durch Begebenheiten, die in ihnen vorgehen. A(an
nennt sie chronologische Charaktere öder Kenn-
zeichen der Zeit Es sind entweder. Natur- oder
menschliche Begebenheiten. Zur erstem Art gehören
die JVIondwechsel, die Nachjtgleichen und Sonnenwen-
den, die Finsternisse li. a. ni. ' Die andern wrerden
künstliche Charaktere oder Epochen genannt
Diese sind wieder von zwiefacher Art, entwedei: bür*
gerliche oder historische. Unter einer bürgerli-
ch-cn Eppche versteht, man eijien durch irgend ein
bedeutendes Ereignifs ansgezdichneten Zeitpunkt, von
welchem ein Volk §eine Jahre zählt, z. B, die Er-
bauung Roms, 4ife Geburt Chriöti, Muhammeds Fluchte
von Mekka nach Medina. Die/historischeQ werden
von den Geschichtscbreibern . willkülirlich gewählt,, um
nach ihnen zu bequiemertr üebersicht die Fakta zu
ordnen.
, Die Reihenfolge der von irgend einer bürgerli-
chen Epoche gezählten Jahre nennt man Aere oder
Jahrrechnung. Sq spricht man von einer Aere der
Olympiaden, der Erbauung Roms und yieleh andern.
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Mnleiiüng: * 37
Es ist nicht zu billigen^' dafs "einige Ilistojiker dte Be-
nenniingen £poche und Aere- >als synonymkche. mit
emander verwechseln. ' ,
Eine "wiederkehreni](e. Rahe von Jahren, nach de-
nen sich gewisse Erscheinungen und'Zeitverhältnisse
erneuern, wird, Cyklus oder Zeitkreis genannt.
Zwei oder mehrere Cykel bilden eine Periode»
Bei -den Chronologen ist besonders Häufig von
drei Zeitkreisen .die Bede, deren hier für jetzt nur
kurz gedacht werden kann, dem Soiinencyklus,
dem Mondcyklus und dem Indiktionscyklus.
Der erste ist eine. Reihe von 28 Jahren,- nach deren
Ablauf in der christlichen Zeitrechnung wieder gleichie
Wochentage mit gleichen Monatstagen zusammenteef-
fen. Man findet das jedesmalige Jahr desselben; wefc
ches mai^ kiHrz den S'onnencirkel nennt, wenn\man
zu unserer Jahrzahl 9 addirt und die Summe durch
28 dividirt. Bleibt ein Rest, so gibt dieser denSoii-
nencirkel zu eikennen, und bleibt kein .Rest, so ist
der Sonnencirkel 28. Der Mondcyklus ist der. Zeit-
raum von 19 julianischen Jahmn, dessen! oben (^)
unter der ^penennüng des metonischen gedacht wor-
den ist. Das jedesmalige Jahr de^sdben wird die
güldene Zahl genannt. Man findet feie j wenn man
unsere um eins vermehrte Jahrzahl durch 19 dividlrt.
Bleibt ein Rest, so ist dieser die güldene Zahl; bleibt
kein Rest, so ist sie 19. Der Indiktionscyklus
ist ein unter den spätem römischen Kaisern zum Be-
huf'gewisser Schätzungen eingeführter und if die
2^itrechnung übergegangener 15][ähriger Zeitraum. Das
jedesmalige Jahr desselben, die sogenannte Römern
Zins zahl, wird gefunden, wenn man zu unserer Jahr-
zahl 3 addirt und ditf Summe durch. 15 dividirt. Das
jetzige Jahr 1830 hat* zum Sonnencirkel 19, zur gül-
denen Zahl 7, zur Zinszahl 3.
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38 Technische (Chronologie.
unter Kalender oder Almanach verstelit man
ein yerzeichnils der nach* Wochen und Monaten ein-
getfaeilten Tage eines Jahrs, nebst Bemerkung der
Tage, 4je von den Gesetzgebern zu Fdertagen an-
geordnet sind, der astronomisdben Charaktere und der
Hauptumstände des Somien-, Mond- und Planetenlaufs,
wozu noch mancherlei den Cultus und den bürger-
lichen Verkehr betreffende i^otizen zu komm^ pfle-
^ gen. Zuweilen wird das erste Wort auch als gleich-
bedeutend mit Zeitrechnung gebraucht, z« B. wenn
man vom Kalender, des Julius Cäsar spridbt Bei
den Römern }}j[els Calendariwn ein Verzeichmis der
Zinsen ^), weil diese immer ah den Calendis gezahlt
wiurden. Ihr eigentliches Wort für das, was wir Ka-
lender nennen, war Fasti. Die Griechen sagen später-
hin ^JEqnifis^E^, welches Wort sie früher von einen^ hi-
storischen Tagebuehe gebrauchten. Jetzt dient es zur
Bezeichnung eines astronomischen Kalenders. Atmp-
nach leitet man gewöhnlich aus dem Arabischen ab *),
welcJ^e Etymologie jedoch defshalb verdächtig er-
scheint, weil das Wort ^chon im dritten Jahrhundert
n. Chr. bei den Aegyptem im Sinn einer astrologischen
Tafel gebräuchlich war, wie ein Fragment des Por-
phyrius lehrt \*).
Die christlichen Völker unterscheiden unter dem
alten und neuen Stil oder Kalender. Der alte
Stil ist der von Julius Cäsar im Jahr 45. v. Chr.
eingeführte, nach welchem auf je 3 Gemmjahre von
365 Tagen unabänderlich ein Schaltjahr von 366 Ta-
gen folgt Im Schaltjahr erhält der Februar, der m
der Regel 28 Tage hat, einen Tag mehr. Der neue
1) Seneca gp, 87. 2) S. Da Cange und Wächters Glos-
sakien and Golii Noten zum Alfergani p. 22. 3) S. Eusebii
Praeparatio et\ HI, 4.
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• Anleitung. 39
Stil ißt Vom Papst Gregor Xm im Jahr 1582 an
die Stelle des ahen gesetzt Worden* Bei demselben
Ist zwar dieselbe Jahrform und Anordnung der Mo-
nate gepräuchlich; aber im Veiiauf von 400 Jahren
werden 3 Schalttage weggelassen. * Der alte Kalen-
der zahlt jetzt 12 Tage weniger als der neue; und
wird sich gegen diesen immer weiter verschieben.
Er ist nur noch bei den Bekennem der griechischen
Kirche, also hauptsächlich in B^ufSsland, gebräuchlich«
Die Chronologen rechnen gewöhnlich nach dem
alten Kalender, weil die demselben zum Grunde lie-
gende; Jahrform und Schaltregel wegen ihrer Einfach-
heit und Gleichförmigkeit ein bequemes 2^itmaafs ge-
währt. Sie setzen ihn über die Zeit seiner Einfühi'
rung so tief in die Vorwelt fort, als sie es jedesmM
nöthig .finden. Die Geburt Christi wird auf den 25.
Deceniiber, also^ ganz an den Schluls, desjenigen Jahrs
gesetzt, das unmittelbar vor dem ersten der christt»-
chen Acre hergeht, und. das erste vor Chr. Geb. ge-
nannt «wird, so dafs d^s erste Jahr vor und das erste
nach Chr. Geb. auf einander folgen. Schaltjahre sind
n. Chr. diejenigen, welche, di^ch 4 dividirt, keiiien
Rest, und v. Chr. diejenigen, welche durch 4 dividii;;t
den Rest 1 gehen. Die Jahre vor Chr. sind eben soi^
wie die nach Chr., laufe ndVi, nicht vollgezählte. 'Die
Astronomen setzen zur ' einfachem »Anordnung ihrer
Tafeln das Geburtsjahr Christi gleich Null, zählen v also
vor Chr. ein Jahr weniger, als die Chronologen. Da-
durch werden gleiche Jahre vpr und nach Chr. Schak;
jähre; auch drückt die Summe der Jahre vor* und
nach dieser Epoche allemal das Zeitint^rvaU in Jah-
ren aus, 'dahingegen man bei der gewöhnlichen Zäh-
hmgsweise diese Summe um 1 vermindern mufs. So
verfliefsen von der Mittfe des Jahrs 4 vor bis zur
Glitte des Jahrs 4 n. Chr. nach astronomischer Zäh-
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40 Technische Chronohgie.
luQgsweise 8 Jahre, nach cfartmolo^scheF 7. Um die
Jahre vor und nach Chr. %ix unterscheiden, gebrau-
chen die Astronomen die Zeichen ^- und -f-. So
sagen sie, Julius Cäsar habe den römischen Kalender
verbessert im* Jahr — 44. So bequem übrigens diese
von Jakob Cassini zuerst vorgeschlagene Art, die
Jahre vor Chr.* zu rechnen und zu bezeichnen, auch
sein mag, ^o muls man sich doch zur Vermeidung
mSglicher Mifsverstandnisse hüten, sie in die Ouronö-
log^ überzutragen.
: Bei der Vergleichung der Jahranfange und Acren
war eine Jahrrechnung wünschenswerth^ welche die
^anze uns bekaimte Geschichte in sich schliefst Da
ubter den mehr als hundert Acren seit Erschaffung
der Welt, die von .den Chronologen vorgeschlagen
sind, keine, den Vorzug verdient und keine andere
weit, genug ^zurückgeht, so hat Joseph Scaliger
durch- Multiplication der drei cyklischen Zahlen 28,
19 und 15 eine Periode von 7980 Jahren gebildet*),
die von den Chronologen allgemein gebraucht wird.
Er^nennt sie die julianische, weil sie nach juliani-
sehen Jahren zshlt . Sie nimmt zugleich mit dem
Sonnen-, Moiid- und Indlktionscyklus ihren Anfang,
und ecneuert sich nicht eher, als bis alle drei Cykel
zugleich: al^elaufen sind. Jedes der 7980 Jahre hat
seine eigenen Cykelzahlen, welche die Reste der Di-
vision eines jeden Jahrs durch 28, 19 und 15 zu er-'
kennen geben. So hat das jetzige Jahr 6543 zum
Sornieticirkel 19, zur güldenen Zahl 7, vox Zins^hl 3.
Im Jaht 1 der christlichen Acre war der Sonnencir-
kd 10, die güldene Zahl 3, und die^ Zinszahl 4, und
es -kommt nun darauf an, hieraus das Jahr der Pe-
riode herzuleiten. Dies ist eine Aufgabe der unbe-
i) £mend, tempA. V, p. 359 ed. 1629.
dby Google
Digitized fc
EittJeHung. 41
stt^nmten Analytik, deren Auflösung man im Efand-
buch det. Chronölogit^ nachsehen kann ^). Es
findet sich, dais 4714 das erste Jahr nach, 4713 das
erste vor Cht. ist Um also Jahre der julianischen
Periode auf die christliche Zeitrechnung zu bringen/
muTs man sie von 4714 abziehen, wenn me kleiner,.
' oder 4713i vop ihnen, wenn sie gröfser sind, wo man
dann im ersten Fsdl Jahre vor, im letztem Jahre nach
Chr. erhält Sollen dagegen Jahre vor oder nach
Chr, auf die juUanische Periode reducirt werden, so
mnls man die erstem von 4714 abziehen und zu den
letztem 4713 addiren. Man kann^ mit Recht sagen,
dafs erst seit Einfiihmng der julianischen Periode Licht
und Ordnung in die Chronologie gekommen ist
Es wird nothig^seki, über den Gehrauch, den wir
von den verschiedenen Zeiteinheiten gemacht finden,
und üher ,die dabei vorkommende Terminologie hier
noch Einiges im Allgemeinen zu bemerken.
Für den bürgerlichen Tag kommen vier ver-
schiedene Epochen v(»r ^ ). Die Römer fingen ihn,
wie Plinius versicherte nach dem Vorgange der Ae-
gypter, mit der Mittemacht an, und wir folgen ihnen
hierin. Die JBabylonier begannen ihn mit dem Auf-
gange der Sonne, und. die Griechen, wie noch jetzt
die Jnd^n und Muhammedaner, mit dem Untergänge,
weil sie ihre ^elt nach dem Monde eintheQen, dessen
Sichel zuerst in der Abenddämmemng wahrgenommen
wird. Morgen und Abend eignen sich defsbalb nicht
bequem zu Tagesepochen, weil sie das Jahr hindm-ch
einem steten Wechsel unterworfen sind. Dafs die
Astronomen ihren Tag mit dem Mittage anfangen, ist
schon oben (20) bemerkt worden. '
1) B. n, S. 587. 2) Man vergl. Plin. ff. Ff. U, 79. Ocn-
soriaus de die fw^ c. 23. . '
Digitized
bypoogle
42 Technische Chronologie.
Versclucdeiie Völker , die ihre Z^it nach dem
Mondlauf zu theilen pflegten , haben beim Datiren
nach Nächten gezahlt, z. B. die alten Gallier und
Germanen, von denen ^s Cäsar und Tacitusver-
' sichern ^ )• Noch jetzt befinden sich die Araber in
diesem FalL Auch die Griechen nannten den bür-
gerlidien Tag w/^^^ffv, zum Zeichen, da|s sie
ihn mit der Nacht ai^fingen, wenn sie auch gerade
nicjit nach Nächten gezählt haben.
Die christlichen Völker theilen jetzt allgemein
den .Tag 'in 24 Stunden, die Stunde in '6fi Mi-
nuten. Die Juden haben die Stunden mit uns ge-
mein, theilen sie aber^ in lOSO Chlakim, deren 18
auf eine unserer Minuten gehen. Auch die Türken
rrechnen 24 Stunden auf den Tag, und zählen sie, wie
wir, in 2' Absätzen zu 12 Stmiden, fangen aber die
Reihe derselben auf eine sehr unbequeme Weise alle-
mal mit dem Untergange der Sonne an, so dais es
eine SUmde nachher bei ihnen 1 ist Eine ähn-
liche Slundenrechnung war lange in Italien und ist
noch jetzt in einigen dortigen Gegenden gebräuch-
lich, nur dafs die Stunden hintereinander fort von
1 bis 24, und ZM^ar nicht vom Untergänge der
Spnne,. sondern von dem eine halbe Stunde später
eintretenden Anbruch der Nacht gezählt werden. Die
Zeit des Mittags ist hierbei eben so veränderlich, wie
bei uns die Zeit des Auf- und Untergangs der Sonne,
. Die Italiäner Cagnoli und Piazzi haben gegen diese
unbcijueme Stundenrechnung geschrieben *)•
1) De^ hello GaU. VI, 18. De mor. Germ, c 11^ r^ic^ts ist
lo den saliscfhen Gesetzen gewöhnlicher, als die Zeitbesiim-
mnng nach Nächten. S. tit. 40, 48, &0 nnd Eecarde AnmerL.
8. 74. YergL Sacheenspiegel 1, 67.
M) S. Delambre'ft Astronomie, Tom. III, p. 686.
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' EMeÜung. 43
Eine ganz ftnd&fe Bewandnifsy als mit den heu-
tigen Stunden, hatte es mit denen der alten Völker.
So sehr auch die Babylonier, Hebräer, Griechen, Rö-
mer in der Epoche des bürgerlichen Tages von ein-
ander abweichen mochten, so übereinstimmig war ihre
Stundenrechnung^ Skt legten nämlich das gan^e Jahr
hindurch dem natürlichen ^Tage sowohl als der Nacht
12^ Standen bei, die sie vom Aufgange der Sonne bis zum '
Untergang^, und vom Untergiange bis zum Aufgange
fortzählten, so dafs der Mittag auf den Anfang der^
siebenten Tages-, die Mtternadii auf den Anfang der
siebenten Nachtstunde traf^). Oire S<ynnenuhren wa-
ren dem gemäfs- eingerichtet, also von ganz anderer
Gonstruction, als die unsrigen.
Diese uralte Zeiteintheflung scKrdibt sieh aus dem
Morgenlande her. Die Grieclien erhielten sie nach
Herodot von den Babyloniem * )• Die Zahl 12 Wählte
man ohne Zwei^l de&halb, weil sie die Einthdülung
des Tages Aex des Jahrs aüalog macht, und weil
die im gemeinen Leben am häufigsten vorkommenden
Theile der Einneit sich durch sie 'in ganzen Zahlen
ausdrücken lassen.
Die Dauer der veränderlichen Tag- und Nacht-
stunden hängt von der jedesmalTgen Verweüuhg der
Sonne über und unter dem Horizont ab, und mufs
für jede Polhöhe und för jieden Tag des Jahrs be-
rechnet werden* Sie sind erst mit Erfindung der Rä-
1) Maa 8^e unter «ndem Censor. de die nat. a 33. Vi
trnr. de areh. IZ, 8.
2) n, 109. Die ^W^Evct fiiqea t^q if/ui^i^, die hier er-
wShnt werden, sind die 12 Stunden des natfirlidien, nicht des
hargerlichen T«geB, wie einige Chronologen geglaubt haben, die
mit ihren babylonischen Standen einen ganz unstatthafteil Be-
griff Terbinden. *
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44 ' .Technische CironoJogie.
deruhren gegen das zw^fte Jahrhundert n. Chr. der
jetzigen Stundeneintheilung gewichen.
Die gleichförniiged Stunden kommen im Alter-
thum allerdings auch schon vor, jedoch nur beim'
astronomischen Calcul, dei^ ihrernicht entbehren konn-
te« Die Römer nannten sie horae > aequinoctiales,
weit sie um die Zieit der Nachtgleiche den bürgerli-
chen Tag- und Nachtstunden gleich sind. Letztere
. hieCsen horae temporales^ was so viel .tragen soU als
Stunden, die Von Zeit und Umständen , hier von
der Länge des Tages und der Nacht, abhangefki. Der
Name Planetenstunden,' den sie in unsem altern
chronologischen Büchern fuhren, ist mit der Astrolo-
gie, zu deren, täuschehden Berechmmgen sie dienten,
zu Grabe gegangen. Nach dem verschiedcfnen Ge-
brauch, den die Alten von den Zeit- und'Aequinoc-
tialstunden {gemacht haben, kann^mam jene am schick-
lichsten bürgerliche, diese astronomische nennen.
Die Eintheilung der Zeit nach siebentägigen
Wochen ist gewife uralt. Wir treffen sie bei den
Chine^eä, Hebräern und Arabern an. Vom Orient
hat sie sich mit der christlichen Religion allmählig
über den Ocqdent verbreitet Bei den Griechen und,
w^igstens bis auf Christus, bei den Römern findet
sich keine Spui: davon. Bei jenen war eine Art
zehntägiger Woche, bei bliesen eine achttägige
fnundinaej im Gebrauch. Unsere siebentägige ist
vermuöilich- eine Unterabtheilung des synodischen Mo-
nats; denn statt der 7| Tage, welche die Mondvier-
. te| im Purchscbnitt (lalten, nahm mau die am nach-
sten liegende Zald von 7 Tagen, und ob man gleich
bald -finden mufste, dafs dieser Zeitraum keiii genau-
messender Theil des Monats sei, blieb man doch bei
dieser Zahl^ an die sich frülizf^ilig mystische' Ideen
geknüpft haben mögen.
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Ekäeitung, 45
So /v^ie die Sonne ^s Jahr macht, bestimmte
der Mond lorsprünglich den Monat; DaKer bezeich-
nen auch die meisten ' Völker den Mond und den
Monat entweder mit d^erlei Wort, wie die Perser,
oder doch mit nahe verwandten* So hängt bei den
Griechen fxii^ mit ^m^ zusammen, da^ ein altes Syn-
onym von crcAiJi^ ist Von dem griechischen Worte
stammt ferner das römische mensis^ In Luthers Bi-
belübersetzui^ und in der Dichtersprache wird Mond
(besonders im Plural) für Monat, wie bei den Eng-
ländern moon für,month gebraucht
Pre Monate sind bei den Völkern,, die i||ch auf^
einer niedrigen Stufe der Ki4tur' stehen, gewöhnlich
von schwankender, durch die jedesmaligen Erschei-
nnngen des Mondes bedingter Dauer. Erst wenn das
BedürfniTs des Djäturens fühlbar wird, ^ibt man ihnen
eine feste Dauer in ganzen Tagen, unter dem astro-
nomischen Mondmonat versteht man entweder
den syn^dischen oder den periodischen, deren
Dauer ob^n (28) angegeben ist; der bürjgerliche
hält bald 30, bald 29 Tage, weil 4er ihn bestim-
mende synodische ])lonat nahe 291- Tage lang ist
Hier, muis der Begriff erklärt werden, den die
Chronologen mit (Jem Wort Epakte verbinden. Es
bezeichnet im Allgemeinen den Ueberschufs eines be-
stimmten Zeitraums über einen andern vott ungleicher
Dauer (es kommt von hcduystv^ einschalten), wird
aber fast nur gebraucht, wenn man zum Behuf der
Bestimmung des Osterfestes die Länge des Mondjahrs
mit der des Sonnenjahrs vergleicht, und gij)t dann das
Alter des Mondes (vom Neumonde gerechnet) am 1.
Januar oder irgend einem andern bestimmten Tage
des Jahrs zu erkennen, und zwar in ganzen Tagqn
ausgedrückt Wenn es z. B. iii den Kalendern des
Jahrs 1830 heifst, die Epakte sei Vi, so soll damit.
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Google ^
45 Technische Chronologie.
angedeutet werden, dafe am 1« Januar vom Neumonde
her 6 Tage Terflossen sind; und WirkUch • traf ^in
Neumond auf den 26. December 1829.
Auch die Sonnänmonate oder Zwölftel deg
Sonnenjahrs (34) unterscheidet man in astrono-
mische und bürgerliche. Jenes sind die, Zaten,
welche die Sonne in den einzelnen ZiCichen zubringt,
z. B. im Widder 30 Tage 13 Stunden, im Stier 31 Tage
1 Stunde u. s. Wi Diese Zeiten sind mit der Lage
des Apheliüms (23) von aUmählig veränderlicher Dauer.
Die bürgerlichen Sonnenmonate bestehen bei jedem'
Volke, #as sich ihrer bed^nt, aus einer ganzen Zal|I
von Tagen, die durch Gesetze und Institutionen be-
stimmt sind. ^
Was* endlich da^ Jahr, betrifft, so mag hier zu
dem, was oben über die D^uer und die verschiede-
nen Formen desselben gesagt worden ist„ nur noch
die Bemerkung kommen, dafs das diesen Begriff be-
zeichnende Wort in fast allen Sprachen einen Kreis-
lauf, eine Wiederkehr in sich^ selbst bedeutet,
z. B. h)ia,\yr}>q^ imnus {anmdus)^ Jahr *). Es leidet
daher keinen Zweifel, dafs diese und andere Wörter
gleichen Gehalts ursprünglich das Sonnen jähr be-
zeichnen sollen, da beim Mondjahr keine Art von
Kreislauf statt findet
Nach diesen Vorerinnerungen wollen wir zu den
Völkern fortgehen, deren Zeitrechnung sich auf eine
eigenthümliche Weise gestaltet hat, tmd dabei dem
Entwickelungsgange der Wissenschaft gemäfs mit den
Aegyptem anfangen.
1) Dieses Wort liangt vermutliHcb mit dem altdeatselien,
noch im Schwedisches gebrSuchlickea jrra, kreisen, griechisch
^uigo-Jv, zusammen.
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47
Zeitrechnung der Aegypter,
Ptolemäus^ der in Aegjplen schrieb Jind^ «ich
in seinem^ Almagest der ägjrpdsdien Monate bedient^
fängt bei seinen astronomischen Rechnungen den Tag
mit dem Mittage an. Es war dies ein von am,
wie es scheint, zuerst eingeführter, noch jetzt beste-
hender astronomischer Gebrauch, der fiur den volks-
tliümlichen nichts beweiset.
Nach Plinins ^) rechneten die Römer,, die Ae-
gypter und Hipparch d^n bürgerlichen Tag a media
nocte in mediam. Man begreift nicht wöhl, wie Hip-
parch als Grieche und Astronom d^zu gekonimen sein
sollte, den Tag mit der Mitternacht anzufangen,
wenn er sich nicBt dabei nach der Gewohnheit der
Aegypter gerichtet hätte, unter denen er vermuthlich
gelebt <hat; Die Notiz beim Plinius ist daher nicht
ganz unwahrscheinlich« Dies ^it weit weniger von
einer andern beim Servitis, Ly.dus und Isidor^),
nadi . welcher die Aegypter den Tag- mit detti' Abend
begoc n haben sollen; denn sie nahmen bei der. Ein-
theilung ihrer Zeit keine Rücksieht auf den -Lauf des
Mondes. Bemerkenswdrth dagegen ist es, däfs Pto-
lemäus den bürgerlichen Tag einmal deutlich mit
dem Morgen anfängt ^). Vielleicht ist der Gebrauch^
dar Aegypter in dieser Bei^ehung padi ZeR und Ort
verschieden gewesen.
Tue im Altertbum gebräuchliche und nach He-
rodet (43) zunächst von den Babyloniem zu den
Griechen gekommene Eintheilung des Tages und der
1) ff. IV. n, 79. •
3) ^£f Firg. Aen, V, 738; de memihua p. 13; Etym. V, 30,
3) Alm. HI, % S. 162, 1^. Y^rgl. Handbuch L 100, 101.
.Digitized
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48 Technische (^Pönologie,
Nacht in je 12 Stunden scheint auch in Aegypten üh^
' Hch gewesen /ZU sein. Ptoleniäas, der in Alexan-.
drien l!>eobachtete und schrieb, erwähnt diese 2ieit-
stunden (Zqou muqmou) bei Gelegenheit der asfrono-
mischen Beobachtungen seiner Vorgänger, redudrt sie
aber allemdi^^* auf die gleichforniigen Stunden (cS^a«
.2ot]/u£Q<tKx})y nach denen* er seine eigenen Beobachtui^-
gen angestellt hat, um sie der astronomischen Berech-
nung unterwerfen xu können.
AucL von der siebentägigen Woche wissen
wir nicht mit aller Bestimmtheit, ob sie vor Eihfiili-
rung der christlichen Religion bei den Aegyptem im
bürgerlichen Gebrauch war. Den Römern war sie
seit dem Anfange der christlichen Acre, besonders seit
' der Zerstörung Jerusalems durch Titus, den Babylo- •
niem und Aegyptem aber vemiutUich schon frühei^
bekannt. Der erste auf uns gekommene Prbfanscri-
bent, der ihrer erwähnt, ist Dio Cassius', aus der
Mitte des dritten Jahrhunderts n. C^iristus. Er \sagt ^ ),
man habe die Tage in einem inlhier wiederkehrenden ,
Cyklus nach den sieben Planeten benahnt, die man
^ hierbei folgendermalsen geordnet: Satutn, Sonne, Mond,
Mars, Merkur, Jupiter, Venus. Um «diese von der
wahren Reihenfolge ganz abweichende Anordnung zu
' erklären, stellt er zwei Principien auf, von denen man
Iseiner Meinung nach hierbei ausging. Nur das eine
will ich hier mit seinen Worten anfahren, weil es
^ ohne Zweifel das richtige ist: „Wenn man die Stun-
den des Tages und der Nacht von der ersten (Ta-
gesstunde) zu zählen anfangt,. diese dem Saturn, die
folgende dem Jupiter, die dritte dem M^iT^,.die vierte
der Sonne, die fünfte der Venus, die sechste dem Mer-'
kur,
i) Mist. lXSXVU,c 17, t$;
' . Dhgitized ßy Google
degypter. 49
kur/dSe siebwte defiqt» Monde beilegt, nach der Ord-
nungy welche die Aegypter den Planeten anweisen^
und immer wieder jvon yom anJQjdgt, so wird man,
wenn man alle 24 Stunden durchlaufen hat^ finden,
dais die erste des folgenden Tages auf die Sonne, die
erste des dritten auf den Mond, kurz die erste dnes
jeden Tages auf den Planeten trifft, nach welchem'
der Tag benannt wird.^^ Es ^ ist hierbei offenbar von
elftem astrologischen Gebrauch die Rede, und dals
die Astrologen wirklich die Tage und Stunden so un-
ter den Einflufs der Planeten^ gesteHt haben, ersehen
wir aus des Paulus. Alexandrinus Einleitung in
die Astrologie ^). Dio Cassius fügt noch hin*
zu: „der Gebraucb, die Tage nach den sieben Plane-
ten zu benennen, ist bei den Aegyptem aufgekom-
men, und hat sich ^eit nicht gar langer Zeit von ih-
nen zu all^n .übrigen Völkern verbreitet, namentlich
za den Römern, bei denen er nun schon ganz pinhei-
misch geworden ist; die altem Griechen kannten ihn
meines Wissens nicht,^^ Schon Herodot scheint dar-
auf hinzudisuten^ wenn er sagt ^):> ,, Unter andern ha-
ben die Aegypter erfunden, unter welchem Gott jeder
Monat und Tag steht^ uiid welches die Schicksale der
an jedem Tage Geborenen sein werden *)•"
Wenn es mijt der bei einigen alten Schriftstel-
lern^) vorkommenden Notiz, dals da» älteste ägyp«
tische Jahr aus einem Monate bestand, seine Rich-
%kdt hat, so müssen die Aegypter ihve Zeit zuerst
nach dem Monde eingetheilt haben. Cen;^orin
1) Blatt 31 der einzigen Ausgabe (Wittenberg 1588» 4.)
2) n, 82. 3) Em Mehreres hierüber im Handbuch der
Chron. I, 178 ff.
4) Diodor I, 26; Pliuius H. iV. TU, 49; Plutarch vit.
Numae c. 48; Lactantins Inst, II, 13; Prochts in Timaevm
Pht I, p, 31.
4
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50 technische Chronologie,
spricht *) von einem zweimonatlichen Jahr der
Aegypter, als dem ursprünglichen^ an dessen Stelle
nachmals ein viermonatliches getreten sein soll ^).
Diese kurzen Jahre können aber auch *aaf. einer blo-
Fsen Hypothese beruhen^ durch die mati die lange Le-
bensdauer «der Götter vkd ältesten Menschen^ von der
'in der Urgeschichte der Aegypter die Bede war, zu
erklären suchte. Ein Jahr von vier Monaten wäre
übrigens bei ihn^i gar nichts Befremdendes, da die
Natur selbst ihr Sönnenjahr in drei Zeilräume von
dfeser Dauer theilt, in die Periode der Ueberschwem-
mnng, in £e der blühenden Flur, und in <die der trok*
kenen und ungesunden Hitze.
Ilaben sie wi^üch,' wie fast alle andere Völ-
ker, ihre Monate nach dem Monde abgemessen, so
werden sie an die Stelle des Mondjahrs gewifs früh-
zeitig ein Sonnenjafar gesetzt haben, da die periodi-
schen Wechsel^ denen der natürliche Zustand ihres
Landes unterworfen ist, blofs durch die Jahrszeiten
bedingt sind. Auch haben sie, so weit die sichere
Xieschichte zurückgeht, ein Jahr von. 12 dreifsigtägi-
Igen Monaten und 5 Ergänzungstagen gehabt.
Die Namen der ägypiiischen Monate werden
von den alten Schriftstellern ' und in ägyptischen Ur-
kunden (Steiqschrilten und Papyrusrollen) häqßg er-
wähnt. Im Zosammenhaiige vom Thoth an, den Ci-
cero ^). ausdrücklich den ersten nennt, findet man
jsie in einem Epigramm der Ajithologie ^.) und in
des Ptolemäus Schrift von den Erscheinungen
der Fixsterne. Sie lauten bei den Griechen also:
1) c. 19. 2) Des letzteren gedenken auch Plütarch a. a.
O^ Solim Po^h. c 1, uni Augastinas de eiv. Dei Xll, 10.
3) De nah deor. IS, 22.
4) B. II, S, 510 der Bronkscheii Ausgabe.
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Aegypier. 61
1) e&>
TEoth
30
2) »aoxpi
Phaophi
60
3)'A?rfv
Athyr
90
4) XoicU •
ChSak .
120
5) Tvßl
Tybi
150'
6) ÄfcjcJ«
Mechir
180
7) «ajtowo^
Phamenoth
210
8) Saßjitou^l
Phatmuth.i
240
9) IIhjg««»»
Pachon
270
1,0) XUxwi
Payni
300
ll)'E««pi
Epiphi
330
12) Meffogi
Mesori
360
Die beigefügten Z^en geben die Tage an, die
am Ende eines jeden Monats verlloissen sind.
Die fünf das Jahr ergänzenden Tdge,. die dem
Mesori folgten, werden von den Griechen htay&fisvai,
die eingeschalteten, genannnt^). Wie sie bei den
Aegyptem hieisen, wissen wir nicht Die Kopten
nennen sie nach Lacroze *) pi tibot enkugi, 'den
kleinen Monat. *
Somit bestand also \das ^ahr der alten Äegypter'
aus 365 Tagen. Das tropisdbe Jahr ist ab^ fast rnn
einen Vierteltag langer, und es fragt sich» ob die Ae-
. i) Diodor I, 13; PtolemSas Alm. Ul, % S. 153; Phi-
Urch de Is. ei^ Osir. e» 13.
2) Thesaurus epUt, Tom. Ul» p. 133. Hier sowohl, ak in
ZoSga Cktialogus Codicum Copticorum qui in Museo Borgiano
adservantur, findet man die Monaisnamen mit koptisclien Bach-
staben geschrieben, und es erhellet daraus, dafs sie von dto Grie-
chen nieht so entstellt sind, als es die fremden Eigennamen sonst
Wohl zn sein pflegen, die sie uns ftberliefert haben. In den ^eohi-
sehen Ton Hm. Peyron ans Licht gestellten Papyrusschrifken d^s ,
Sgjrptlsdieii Mnsenms zu Turin kommen einige Namen etwas an-
ders als oben geschrieb^, vor, z« B. ©oti^, Mixtif^^ Mtaoqti%
die Aussprache wird abec immer dieselbe gewesen sein.
■ 4 ♦
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52 ' Technische Chronologie,
gypter diesei| U^berschufe unbeachtet gelassen, ^odet
alle ^ vier Jahre einen .Tag eingeschaltet haben» Mehrere
Gelehrte haben wirUieh geglaubt, dalls sie den Viertel-
tag frühzeitig nicht blofs gekannt, sondern auch bei ih-
rem bürgerlichen Jahr berücksichtigt haben ^). Es fin-
det sich jedoch keine sichere Spur, dafs dies vor der
Besitznahme Aegyptens durch die Römer g^chehen ]$t,
wo allerdings ein dem juliänischen analoges Jahr 'in
Alexandrien eingeführt würde und sich von hier aus
über ganz Aegyptett verbreitet hat. Es kommen viel-
mehr ein paar sehr bestimmte Stellen glaubwürdiger
Schriftsteller vor, woraus erhellet, dafs das Jahr der
akpn Aegypter bIof& aus 12 dreifsigta^gen Monaten
und 5 Ergänzungstagen ohne weitere Einschaltung V-
stand. Die eine findet sich beim Herpdot ^),. die
andere beim Geminus ^). In den lateinischen Scho-
Ueti zu dies Germanicus Uebersetzüng der Phae-
uomena 'des Aratus heilst es ^), die ägyptischen
Könige w^ren bei ihrer Einweihung (bei den Ana -
kteterien, wie die Griechen diese Feierlichkeit nann-
ten) von den Priestern zu Memphis in das Heiligthum
d^r Isis geführt worden, wo sie hätten schwören müs-
sen, den alten Gebrauch des Jahrs von 365 Tagen
aufrecht zu erhalten und keine Einschaltung zu ge-
stattfeu. ' , .
Die alten Aegyptör hatten also kein festes, son-
dem ein bewegliches Jahr, das um einen Vierteltag
frülier zu Ende ging als das julianisclie, welches zwar
auch kein festes, aber doch , weit weniger wandelbar
ist Dafs die Chronologen ein solches 365 lägiges
1) Handb. der Chron. I, 166 ff. 2) II, 4.
3) IsagQge in An^ti Phaen,^ c. .6. VergL Handb.
Cbron, I, 05 und 96.
4) Beim Gestirn de« Steinbocks.
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Aegypter. • 53
hüa ein wanderndes Sonnenjabr nennen, ist be
reits oben (35) bemerkt ^worden. Alle vier Jabre
weicht sein Anfang im .jußanischen Jabf um einen
Tag, und alle 1460 Jahre um ein volles Jahr, znrück,
so da& 1460 julianische Jahre 1461 ä^ptische ge-
ben. Dieser lange Zeitraum wird Hundssternpe-
riode gekannt
Da wir nun die Form und Eintheilung des Jahrs
der alten Aegypter kennen, müssen wir sehen, wrie
sie ihre Jähre gezahlt haben. Dies wird uns zwar
nirgends mit Bestimmtheit gesagt; es leidbt aber klei-
nen Zweifel, dafs sie von der Gewohnheit des gan-
ten Alterthunis, im bürgerlichen Lieben nach Regen«
tenjahren zu rechnen, nicht abgewichen sind. Aü-
feer den unter den Cäsaren in Aegypten geprägten MUw
zen, lehren uns dies besonders «wei merkwürdige
Denkmäler aus den Zeiten der 'Ptolemäer-^ die In-
schrift von Rosette- und der Kaufkontrakt des
Nechutes. Jenes ist ein Dekret der Prieste^ Zu
Memphis in ägyptiseher und griechischer Sprache zu
Efeen des Ptolemäus Epiphanes, 4dtiH vom, Tage
seiner Inauguration am 18. Mechir oder 4ten macedo-
nischen Xanthicus des neunten Jahrs seiner Regierung
(bis dahin hatte er unter Vormunds(;haft gestanden).
Der Kontrakt des Nechutes, in griechischer Sprache
abgefafst und m einer abgewickelten Papyrtisrolle ent-
halten, ist vom 29. Tybi des zwölften Jahrs der ät
tem Cleopatra datirt *). Es fragt sich, wie diese
Regenten jähre zu nehmen, -und wie die an sie ge-
knüpften Data auf den Julianischen Kalender und die
christliche Aere zu reduciren sind.
1) Hr. Böckh hat ihn in Vereinigung mit den Herren Batt-
mann and Belker entziffert nnd in den Abhandlangen der
Berliner Akadejnie rom Jahr 1820 und 31 erläutert.
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54 TechnUche Chronologie.
In den Abhandlungen der Akadiemie dev
Inschriften*) zeigt Pe laBastie, wasPagi,No-
ris und Andeie schon früher vermuthet hatten, dals
die Äegypter die J^hre der römischen Kaiser nicht '
von dem Tage, an welchem sie ^^r Regierung ge-
kommen, sondern von dem ihrer Ptodamation zu-
nächst vorangegiangeneii 1. Thoth gezählt haben, sdlte
sie auch erst gegen Ende des Jahrs erfolgt sein, und
da& hierin der Schlüssel zur Chronologie der ägypti-
fchen Kaisermünzen liege. Der gelehrte Numismati-
ker Eckhel bestätigt dies ') mit den Worten: H<iec
doctrina ctd^o vera esty. adeo sölidis argumentis
et^ exemplis siaiilüa, ui iam a nemine in dubium
voeetur. Da dies ako der Gebrauch der Äegypter
unter der r5mischen Herrsdiaft war, so ist mit der
grölsten Wahrscheinlichkeit zu vermuthen, dafs er
auch früherfain statt fand, und dals die^Jahre dcir Pto-
lemäer in den beiden gedachten Urkunden eben so
zu nehmen smd, liamKch als voll gerechnet Von
dem 1« Thoth^ dei^ dem jedesmaligen Regie-
rungsantritt zunächst voranging. Um nun die
Reduetion der. an Kegentenjahre geknüpften ägypti^
sehen Data vornehmen zu. können, müssen wir wis-
sen, auf welches Jahr und welchen Tag der christli-
chen Acre und des julianischen Kalenders der i. Thoth
de^ ägyptischen Jahrs traf, in welchem der Regent
zur Regierung kam. Hierüber würden wir aus Man-
gel historischer Ueberlieferungen in der grölsten Un-
geWilsheit sem, wenn nicht ein Monument aus dem
Alterthum auf- uns gekommen wäre, d^s glücldicher- '
weise alle Zweifel beseitigt Dies ist der unschätz-
bare, Kanon der Regenten oder Regierungen —
1) Tom. X1I£, p. 437 ff.
2) Doctrina numorum veterum Vol. IV, p. 42.
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xcev(^ ./JacriA/cinf Qider i^cfikma^ — den SynceHus
In seiaer Chronographie bald den« mathemati-
schen, bald d^ astronomischen nennt, weil er
eigentlich eine Hülfstafel ist, welche die griechischen
Astronomen bei ihren Zeitbestimmungen vor Augen
halten- Sie macht einen Bestandtheil der Handta-
feln— Ägoxfi'^ctt . »avpvfi« — ^i^^ Ptolemäüs aus,
die erst vor weDigen Jahren von Hrn. Halma voll-
ständig .ans Licht gestellt, sind !)• Dcfr Kanon ist aber
schon früher gedruckt und, von- Dodwell, Des-
, Vignoles, Seniler, besondere aber von dem Hol-
länder Van der Hag.en erläutert worden/^). Auch
verdienen Freret'ö Remarques sur le Canon a^ro-
nomique verglichen zu werden ').
Der Kdnon;. zerfallt in vier Abtheihtngen, über-
schrieben: assyrische und medische, persische,
griechische und römische K&nige, auf denen
die lang0 verschollenen vier Monarchien unsierer
frühem Univetisalhistoriker beruhten. Die. erste Ab-
theilong, .18 Regenten und 2 Intenregn(^ entlialtend,
ist folgende:
/ Jahre; Surtime.
Nabonassar ..... ,14 14 ^
Nadius 2 16 ^
Chinzer und Porus ... 5 21
Iluläus 5 . 26
Mardokempad • • , • • 12 ^ .38
Arkean , 5 ^3
Erstes Interregnum ..... .2 45
1) Paris 1822— .35 in 4.
2) In dem Werke: ObservatioHes in Theoms fastos Grae-
cos priore's et in eiusdem frapnentutn in expeditos canoncs
etc. Amsterdam ^735, 4. Yergl. Handb. I^ 110.
3) Memoires .d4 lAcodhmc de* tns^riptions Tom. XXVII.
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56 Tecinufchtf €hf*onologie,
JiAre; ' Swnme.
Billbus ....... 3 48
Aparanadius . . • • . 6 54
Regebel .•...». 1 55
Mesesimordak • • • • 4 59
Zweites Interregnum • • 8 i67
Asaradin 13 . 80
Saosduchin' . . . ^ 100 :
Kinfladaii ...... 25 : 122
Nabdppllassar . , . . . 21 143
Nabokolassar . . . . . ^3 186
Uloarudam'. • . • • • 2 188
Nerikasplassar .... 4 192
Nabonadius ..... 17 20»
Diese angeblich assyrischen und modischen
Könige machen eigentlich die babylpnische Dy-
nastie BUS I. die zu^eich über Assyrien und Me<fien
herrschte. Mehrere Nainen finden sich sotost nirgends
erwähnt, wenigstens nicht so, wie sie hier lauten;
Einige sind gewifs sehr entstellt So mufs Naboko-
lassar eben der sein, der in den biblischen Urkun-^
den Nebukadn^zar, behn Josephus Nabjacho-
don^sor heifst
Die zweite Abtheilung lautet also:
Jahre. Summe.
Cyrus 9 218
Cambyses 8 226
Darius I (Hystaspis), . . 36 262 ^
Xerxes 21 '283
Artaxerxes I (Longipiahus) 41 324
Darius 11 (Nothus) ... 19 343
Artaxerxes II (Mnemon) . 46 389
Ochus .../... iil 410
. Ärogus ...;... 2 412
Darius III (Codomannus) 4 416
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Untev diesen Königen nverden einige vermifst, die
kdn volles Jahr regiert >haben, was aucb von den bei-
den folgenden Abtheilungen g3t. h\ Ansehung der
übrigen stinunt d^ Kanon ganz mit dem iiberein,
was* wir anderweitig von der persischen Dynastie^
wissen. '
Die dritte Abtheihmg enthalt folgende Namen:
Jahre. Sunrune.
Alexiander der Macedonier 8* 424
Philippus Aridäus • • . 7 : 7
Alexander H ...... 12 19
Ptolemäus LagJ . . >^ . 20 39 -
Phfladelphus ..... 38 77
Euergetes I ..... 25 102
Philopator •,..... 17 119
Epiphanes ..... 24 143
PMlometor . . . . . 35 178
Euergetes 11 .... . 29 207
Soter 36 243
Dionysius ...... 29 272
Cleopatra ...... 22 294
Da der Kanon in Aegypten entstanden- oder doch
fortgeführt ist, so werden dem Alexander nur die
8 Jahre beigelegt^ die voo Eroberung Aegyptens und
Erbammg Alexandriens im Spätsommer OL 112,1 bis
zu seinem Ol. 114,1 erfolgten Tode verflossen sind. ,
In Macedonien hatte ^r schon Ol. 1114 zu regieren
angefangen. Nach -seinem Tode* wurde sein blödsinni
ger Stiefbruder Philippus Aridäus unter der Vor
mundschaft des Perdiccas zum Könige ernannt und
OL 115,4 von der Olympia« aus dem Wege ge-
räumt Sjehon bei sanen Lebzeiten war ihm der bald
nadi Alexanders Tode von dessen Gemahlin Ro.^
xane gebome Alexander, hier der zweite genannt,
zur Seite gesetzt, der aber OL 117,2 ,von Cassan-
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55 Technische Citonohgiei \
Aei ennordct wurde. Alexander II übetlebte also
seinen Mitregenten nar um 6 Jahre; da er indessen
in den nächsten. 6 J^ren nach seinem Tode keinen
eigentlichen Nachfolger hatte, so legt ihm der Kanon
auch diese noch bei, slatt ein sechsjaluiges Inter-
regnum einzuführen. Unmittelbar ^n ihn schliefsen sich
die Lagiden an. Bd Alexander- dem Macedo-
nier endigt sich übrigens die erste Reihe der Regen-
tenjahrA tnit 424. Dann fangt eine neue an, die bis
zu Endendes Kanons fortläuft.
Die vierte Abtheilung, enthält die romischen
Imperatoren, oder, wie sie hier heifeen, Könige,
wie folgt:
. . Jahre. Summe.
Augustus 43 337
Tiberius ...... 22 359
' Caius (CaKgula) .... 4 363
Claudius • . 14 377
Nero ....... .14 391
Vespasianus ....... 10. 401
Titus 3 404
Domitianus 15 419
Nerva ....... 1 420
Traianus .19 439
Hadrianus ...... 21 460
Aelitts Antoninus . . < 23 48ß
Marcus (Aurelius) ü. Com-
modus. ....;. 32 515
Severus ....... 25 540
Antoninus 4 544
Alexander ...*.. 13 557 .
Maximnius ...... 3/ 560
Gdrdianus 6 566
Philippus ...... 6 572
Decius 1 573
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Jegypter.
59
Jahre.
Suunuei
GaHus ....... 3
576
Gallienus . <
. . . 15
591
Claudius • .
. . . 1
592
Aurelianus • .
'
, . . 6 .
598
Probus • • <
. . . 7
605
Canis • . ,
. . . 2
607
Diocletianus .
. . . 20
627
Hier fangt der Kanon an unzuverlässig zu wer-
den. Wir wollen dahar abbrechen, zumal da der
Verfolg für die technische Chronologe! von keinem
Interesse weiter ist. Die. Zeit, bis zu weldliw er sich
in den Handschriften jedesn^al fortgesetzt findet, be-
zeichnet geVröhnlich das Alter derselben.
Die erste Reihe von 424 Js^hren bis auf Alexan-
der emscfaliefslich nennen die Chronolo^n von dem
ersten Regenten 'der Tafel die nabonassarische
Aere, und die zweite von Plnlippus Aridäus an die
pbilippische oder die Acre von Alexanxlers
Tode. Sammtliche Jähre sind ägyptische %u 365 Ta-i
gen, mit dem 1. Thoth anfangend. Wenn wir. also
die Epoche der nabonassarischen Aere, nüt Si-
caeihcit kennten, so würden wir durch Weiterrech-
nen den Regierungsanfang aller Regenten im Kanon
finden können. Einstimmig setzen die Chronologisn
diese Epoche oder den 1. Thoth des ersten nabonas-
sarischen Jahrs auf den 26. Februar des 'Jahrs 3967
der julianischen Periode oder 747 v. Chr, . Es kann
auch hierüber kern Zweifel obwahent Ptolemäus
hat uns nämlich in seinem Almagest eine Reilie
astronomischer Beobachtungen, besonders von jVtond-
finstemissen, aufbewahrt, die er bald au die Hegen-
tenjahre des Kanons, -bald an Jahre seit Nabonassar
knüpft, was im Grunde einerlei ist. Sp führt er *)
1) b. IV, c. 5, & 244. ' . .
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50 Technische Chronologie. *
. ein^ von den, Chaldäern zu Babylon angestlllte Beob-
achtung einer totalen Mondfinsternifsan, die sich am
Abend des 29. Thotfa im ersten Jähr des Mardo-
kempad oder im 27sten seit- Nabonassar ereignete,
. mid deren Mittd 2|- Stunden vor Mitternacht nach
babylonischer Zeit eintrat Hat es mit obigerv^Qche
seine Richtigkeit, so ist das Datum dieser Finsteniifs
der 19. Mätz 721 v^ Chr.,, und mrklich hat sich am
Abend dieses Tages eine totale Mondfinstemifs ereig-
net, deren Mittel für Babylon (2 St 47' östlich von
Paris) unsere Tafeln nur 6^ früher geben, als es Pt'o-
lern aus ansetzt^^). ' '
Die Acte seit Alexanders Tt) de oder die
^hilippiscbe, wie sie die Chronologen gewöhnlich
nennen, schliefst sich unmittelbar an die nabonas-
sariscl^e an, ist also nur als ^ne Fortsetzung der-
selben zu betrachten. Ihre Epoche Ist der ' 1. Thotli
des 425sten Jahrs seit ^^abonassar oder der 12. No-
vember 324 V. Chr. Der AI mögest erwähnt sie un
ter der ersten Benennung ein paarmal, rechnet jedoch
gewöhnlicher die Jahre Nabonassars auch über 424
hinaus fort. Man hat mithin zu den Jahren der phi-
lippischeii Aere nur ^24 zu ad(£fen, um sie in. nabo-
nassarische zu verwandeln. Auch den astronomischen
Tafeln im Abnagest liegt die nabonassarische Aere zum
Grunde. Dagegen sind die^Handtafeln des Ptole>
maus (55) an Jähre des auf Alexander den Grün
, der^) folgenden Philippus gereihet Diese Bezeich^
nung der Jahre der philippischen Aere karaite Scaliger
1) S. meine Vodesang über die Stern kiii|4e der Clial
däer in den Abhandlungen der Berliner Akademie aus
den Jahren 1814^15.
2> Kno-T'ijer Stifter, Gründer, hiefs Alexander mit Bc
zag auf die Erbaunng Alcxandriens, wo er ak Heros und Schulz
gott rerehrt wurde. . ,
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nicht, sonst würde er nicht so zuversichtlich behaup-
tet ^haben, daTs die Afre ihren Namen nicht v6n
Alexanders Bruder, sondern von seinem Vater erhal-
ten habe. Dals in unserm Kanon seit Alexander die
Jahre an die philippische Acre gereihet sind, hat sei-
nen Grund darin, dalk er eine HülfstQfel für die Astro-
nomen sein sollte, die sich der Handtafeln bedienten,
von denen er, wie gesagt, einen Bestandtheil aus.
machte.
Die Chronologen haben gefragt, ob die nabo- .
nassarische und philippische Aer^e bei den Ae-
gyptern iih bürgerlichen Gebrauch waren. Man könnle
sagen, dafs ihnen jene durch Cainbyses, diese durch
die Ptolemäer zugeführt worden sei, und dies ist
auch wirklich Gatterers Meinung ^). Ich halte sie
aber für unrichtig. Der eina^ge, nicht astronomische
Scliriftsteller des Alterthums, der sie etwähnt, ist Cen-
soriuus, der sidi also über sie äuisert ^): Utano-
strisy. ita ab Aegyptiis, quidant anni in Utteras
relati sunt^ ut quos Nahonnazaru nominant^ qiiod
a primo imperii,eius anno consurgunt^ qi$ormn hie
DCCCCLXXXVIy item Philippiy qui ab epcces^m
Ahxandri Magni numerantur y et ad hunc usque
perducti annos DLXH consummant. Diese Zah-
len sind ganz richtig; denn das 986 ste nabonassari-
scfae oder ö62ste philippische Jahr nahm uid:er dem
Consulat des Ulpius und Pontianus, wo er ge-
schrieben zu haben versichert •), d. i. "im Jahr 238
n. Oir.,'am 25. Jiutius seinen Anfang. Man sieht
aber, dals aus seinen Worten über den iürgerlj-
chen Gebrauch heider Acren nichts folgt; vielmehr
sehetnt Jaa in Utteras relati sunt mir .den wissen-
1) Abrifs der Chronologie S. 223. 2) c. 21.
3), hl demselben Kapitel. -
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53 Technische Chronologie.
schaftlichen anzudeuten^ den Ptolemaus und an-
dere Astronomen davon gemacht haben« Meiner Ue-
berseuguilg nach haben weder, die ChaldÜer noch die
Aegypter im biirgeriidhen Leben nach Jähren der na-
bonassarischen und philippischen Aere geredinet Beide
Acren verdanken ihre Entstehung blofs dem von den
Sternkundigen frühzeitig gefühlten Bedürfnis einer fort-
laufenden Jahrreihe, ohne welche keine Vergleichung
und Berechnung von Beobachtungen möglich ist Pto-
lemäus ist der erste, der sie erwähnt, ob sich gleich
nicht zweifeln la£st, dafs sie schon von seinen Ver-
engern im Museum gebraucht worden sind Kein
Geschichtschreiber erwähnt sie.
Ganz iersonnen ist die pharaonische Acre,
welche die Aegypter nach Gatter er vor der persi-
schen Oberherrschaft gebraucht haben sollen. Auch
weüs er nichts von ihr zu berichten.
Im bürgerlichen Leben haben die Aegyptet ohne
Zweifel blois nach Regentenjahren gerechnet Diese
gibt uns min der Kanon einzeln und summirt an, und
wir werden sie mit Hülfe desselben leicht auf die
christliche Zeitrechnung redudren können, wenn nur
seine Uebereinstimmung' mit der Geschichte nilcht zu
, bezweifeln ist, und wenn seinen Jahren wirklich das
gedachte Princip zum Grunde liegl, das die Aegypter,
-wenigsteVis in spätem Zeiten, bei der Zählung ihrer
Kegentenjahre befolgt haben. Die Zuverlässigkeit des
Kanons haben wirklich einige Chronologen, in deren
System er sich nicht fügen wollte, in Zweifel gezo-
gen; allein^ Des. Vignoles in seiner Chronologie
de Vhistoire sainte und Semler im dritten Bande
der Erläuterungsschriften und Zusätze zur All-
gemeinen Welthistorie widerlegen bündig alle da-
gegen gemachten Ausstellungen. Die Geschichtforscher
sind jetzt über seinen historischen Wertli einverstanden.
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JegypUr. / feß
Was ^as P/ineip betrifft, so liegt e» entschieden
von Augnst an dem Kanon zum, Gründe, wie die
Vergleichvng der Todestage der römischen Imperato-
ren mit den ihnen -beigelegten Jahren nicht bezwei-
fehl läist. Der Schlufs ist also sehr liatüihch, dafs
es auch in dem Thal des Kanons befolgt sei, der in
die Zeit vor der julianischen Kalenderverbessemng
gehört, aus der es uns fast ganz an genau bestimm-
ten Datis der Todestage der Regenten gebricht Mir"
wenigstens seheint die Sache so entschieden, dafs ich,
selbst in Ermangelung anderweitiger Beweise, den
Tod Alexanders des Grofsen unbedenklich in das'
Jahr 425 der nabopassarischen Acre setzen würde,
weil der Kanon dasselbe zum ersten des Philipp us
Arid aus macht Es fangt, wie schon bemerkt wor-«
den, den 12^ Noveipbet 324 v. Chr« an, so dafs der
König, dessen Tod im Sommer erfolgt ist, nicht in
diesem Jahr, wie gemeinhin die französischen Chro-
nologen glauben, sondern erst im folgenden 323 ge-
storben sein kaim. Um dieses wichtige, vom Kanon
entlehnte Argument zu entkräften, sucht Freret zu
beweisen, dafe jenes Prineip erst von Tibemus an
gelte, und dafsr die Todesjahre der frühem Regenten
ihnen selbst, nicht sbhon ihren Nachfolgern beigelegt
werden» Man begreift nicht wohl, was den Fort-
setzern des Kanons zu einer solchen Aenderung der
Methode Anlals gegeb^i haben könnte. Auch halten
Freret' s Beweisgriinde bei näherer Ansicht njcht
Stich, wie ich dies in n^einem Handbuch der
Chronologie ^) überzeugend dargethan zu Jiaben
glaube. \
Wir wollen nun ein eben so sicheteä als einfa-
ches Verfahren kennen lernen^ ägyptische, an Regen<
1) Tk. I, S. 120 ff.
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64 Technische Chronologie.
«
tenjahre oder an Jabre der nabonässariscnen und phi-
lippischeH Aere jgdoiüpfte Data auf unsere Zeitrech-
nung zu redociren«
Die Epoche der nabonassaiischen Aere ist der
26. Februar des Jahrs 3967 der- julianisehen Periode.
Es waren also, wie eine lelthte Rechnung zeigt,
1448638 Tage dieser Periode, verflossen, als die Aere
ihr^n Anfang nahm. Diese Zahl wollen wifr die Ab-
solutzahl nennen. Soll nun zuerst ein mit d^rAere
Nabonassars in Verbindung stehendes ägyptisches Da-
tum auf unsere Zeifarechnung gebracht werden, so
multiplicire man dic^ Zahl der verflossenen Jahre mit
365, und addire zum Produkt sowohl, die Zahl der
in den verflossenen Monaten des laufenden Jahrs ent-
iialt^ien Tage (s. die Monatstafel S.| 51), als die des
laufenden Monats» Die Summe ist die Zahl sämmt-
licher von der Epoche der Aere bis zu dem gege-
benen ägyptischen Datum einschlielslich. verflossenen
Tage, und addirt man hierzu die Absdiutzahl, so er-
hält man zur Summe die ^Sahl sämmtlicher Tage dfer
julianisehen Periode von ihrer Epoche bis zum ge-
gebenen Datum. Ist z. B. der oben (60) gedachte
29. Thödi des 27sten Jahrs seit Kabonassar zu redu- ]
C|ren, so hat man - I
26 X 365 Tage = 9490 ' i
Tage im Thoth 29 j
Absolutzahl 1448638 j
Summe 1458157
Diese Summe mufs nun gehörig auf Jahre und
Monate vertheilt werden. Zu dem Ende ist zu be- ,
merken, dafs je vier auf einander folgende Jahre der ^
julianischen Periode (ein julianischer Schaltcyklus)
1461 Tage halten. Man divicUre aUo die einzuthei- |
lende Summe durch 1461. Der Quotient ist 998 und
der Rest 79. Jener mit 4 multiplicirt gibt 3992. Das
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Jegypter. ^
gegebene Datunt entspricht ako dem 79sten Tage des
3993stei| Jahrs der julianisohen Periode. ** Um einen
laufenden Tag des julianischen Jahrs auf Monate zu
reduciren, dient folgende Tafel, welche die am Ende
eines jeden Monats im Gemein- und Schaltjahr ver-
flossenen Tage, gibt:
Gem.
Seh.
Gem.
Sclk
Januar
31
31
Julius
212
213
Februar
59
60
August
243
244
Alan
90
91
September
273
274
April
120
121
Oktober
304
305
Mai
151
152
NoTember
334
3^5
Junius
181
182
December
365
366
Da nun das erste Jahr der julianischen Periode, mit-
hin auch jedes erste Jahr eines vierjährigen Sehali-^
eyklus, ein Schaltjahr ist, 'so sind die noch überschüs-^
sigen 79 Tage im Schaltjahr zu nehmen. Für das
gegebene ägyptische Datum ergibt sich also der 19.
ftlärz des Jahrs 3993 der juliäouschen Periode oder
des Jahrs* 721 v. Chr.
Bezieht sich das Datum auf die philippische
Aere, so muüs man- zu den Jähren derselben zuvör-
derst 424 .addiren, und dann eben so ver£ädiren. Es
sei z. B. der 27. Mechir des 178«ten Jahrs seit
Alexanders Tode,, an. welchem H'ipparch die,
Frühlbgsnachigleiche beobachtet hat^), zu reducireiK
178 + 424 = 6i02 . . ^
601 X 365 Tage = 219365
Tage bis zum Mechir . 150
Tage im Mechir ... 27
Absolotoahl . * ^ * 1448638
Siunme 1668180
Diese Summe durch 1461 dividirt ^i den Quo-
1) Alm. m 2. S. 161. \
5
«
t
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gjg Technische C^rfmölogie. '
üehien 1141 bnd den Rest 1179. ' Midliplidit man
jenen>-m]t 4 und sieht von diesem erst 366 und dann
noch zweimiA 365 d), so eriiält man 4567 vofte Jabre
uüd noch einen Ueberscifaulis Ton 83 Tagen. Der
83ste Tag des Gemeinjabrs ist der 24ste März. Das
gegebene ägyptische Datum entspricht niithin dem 24.
März des 4568 sten Jahrs der juUamschen Periode oder
d^fe' Jahrs. 146 v. Chr,
^ Ist endlich das ägyptische Datum an ein Regen-
tehjahr geknüpft, so mufe dasselbe 'erst vermittelst des
Kanons auf die naboi;ia8sariscbe Aere'reducirt werden.
So' findet sich, dafs das Datum des K^ufkontrakts
des Nechutes. (53), nämlich der 29. Tybi des
zwölften Jahrs^ del* altern Cleopatra, der Mitregen-
tiim ihres im Kanon allein genannte A Sohns Soter,
also des 219ten der phHippiscben Aete^ der 14. Fe-
' brttar 105 v. Chr. ist*).
.V Ich gehe mm zu der mit dem beweglichen Jahr
cfcir Aegyptef . in Verbindung stehenden Hundsstern-
periode fort Das Be^te, was- über diesen gro£sen
Zeitkreis geschrieben jst, bkibt nöeb inm&er das kleine
sdtene Wetk Caniciüuria kimthtitthtid^e *>.
Der ^mge alte Schriftsteller, der uns über das
, Wesen^ die Darier und die Epoche der Hundsstern-
periode, von. der xwir sonsti^ftiobts Sicheres wissen
würden, ''belehrt^ ist Ciensorinus. Aus zwei -Stellen
seines' Werks ^) ersehen wir: 1) dafs sie anrms
canicularis (xiwixo«) nder solaris {r^KMwq), auch
1) TTicht dei- 13. Febniar 164, ^^ie Hr. B5c]ch nach Hm.
Champollion Fi^eac's Annides des Lagides auf ^ea Titel
•einer Abhahdlang gesetzt bat
2) Von 'Gi^avius toHendet nnd Iieraasgegeben. Oxford
1648, a
3) c 18 und 21. Vcrgl. Handbuch I, 126 ond 137.
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Aesfpter, 67
dei annus (^'«oG h)tavToq) genannt wurde; 2) dafs
sie 1460 Jahre, nämlich den Zeitraum umfafste, nach
welchem' der Anfang des beweglichen Jahrs der Ae-
gypter zu demselben Datum des julianischen Kaien-
ders, von welchem er ausgegangen, zurückkehrt;
3) daCs sie anfing, wenn Sirius, der hellste aller Fix-
sterne, mit dem 1. Thoth in der Morgendämmerung
erschien; 4) dafs das Consulat des Ulpius und Pon<
tianus, unter welchem Censorinus schrieb (61), das
Iitmd^rtste dieses grofsen Zeitkreises war, dais also
ein Anfang desselben auf das Jahr 139 n. Chr^, auf
das Consulat des Antoninus Plus und. Bruttius Prae-
sens, wie er selbst sagt, traf, und zwar auf den 20.
Julius *), dem damals der 1. Thoth entsprach.
Wenn das Jahr 139 n. Chr. das erste einer neuen
Periode i^, so mufsten früherer Anfange den Jahren
1322 und 2782 v. Chr. angehcVren, und es fragt sich,
ob ZH diesen drei i^podien ^rius wirklich den ^1
Jufius den Aegyptern in der Morgendämmerung er-
schien. Ich habe hierüber eine genaue Rechnung ge-
führt ^ ), von der ich die Resultate hier angeben wiH:
im Jahr 139 n. Chr, hatte die Sonne unter dem Pa-
rallel von Hefiopolis, dem Hauptsitz der ägyptischen
Priester, beim Frühaufgange des Sirius eine Länge
von 3 Z. 24® 46S im Jahr 1382 v- Chr. von 3 Z.
12^ 43', im Jahr 1J782 v. Chr. von 3 Z. V 37'. Die
erste erreichte sie unter dem dortigen Meridian am
20. Julius um 7 Uhr Morgens, die zweite den 19. Ju-
1) Ini Text steht anifi diem XIL Cal August, irrig statt
£7. d, XUI^ wie schon Petayitts und Bainbridge bemerkt
haben.
2) In meinen historischen XJntersnchnngen 'ober die
astronomischen Beobachtungen der Alten, S. 76 ffl Vergl.
Biofs Recherchen ^w pJmieura points d^ r Astronomie Egyp-
tieme (Paris 1823) & 296.
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68 Technische Chronologie.
lius um 6 Uhr Abends, äie dritte Wieder den 20. Ju-
lius Morgens, so dafs also Cenäorlnus vollkommen
Recht hat, weni^ er vom 20. Julius sagt: quo tem-
pore solet Caniculain Aegypto facere exortum^).
Die Erscheinung des Sirius in der Morgendäm-
merung war den Aegyptem, wie man schon aus der
Bildung des an sie geknüpften und nach ihr benann-
ten Zeitkreises ersieht, sehr merkwürdige Sie erfolgte
vor mehreren tausend Jahren um die Sonnenwende,
wo das periodische Steigen des Nils, von welchem
die ganze Fruchtbarkeit^ des fast nie vom Regen be-
netzten Landes abhängt, zii beginnen pflegt $ so dafs
sie ihn als ein Signal -der Ueberschv^emmung betrach-
teten. Auch sehen wir aus einem Fragment des He-
phästion-'^), so wie aus Horapollo '), dafe sie
aus der Farbe und Lichtstärke des Sterns bei seiner
Erscheinung in der Dämmerung auf die Starke der
üeberschwemmung, ipitliin auf die Fruchtbarkeit des
Jahrs, schlielsen zu können wähnten, weishalb sie ihn
auch der Isis, der per^onifieirten fruchtbaren Natur,
geweiht hatten, wie Diodor und Plutarch versi-
chern ^). "
Es ist daher ungemein wahrscheinlich, dafs sie
bei Einführung einer festen Zeitrechnung ihr Jahr mit
dem ihnen so. bedeutungsvollen Frühaufgange des Si-
rius angefangen haben, und dies um so inehr, da der
erste Monat ihres Jahrs mi|; diesem Stern gleidien
Namen führte. Mehrere Alte versichern nämlich *),
der Hundsstern habe bei den Aegyptern 2cü^i^ oder
1) Vergl Handbuch I, 130.
2) Bei Baiiibrid^e p. 27 und Salmasitts in Soh p. 303.
3> Hierogl I, 3. .
4) Jener I, 27, dieser de Isid, et Osir. j;. 32. /
5) Die Stellen sind Ehindbach I, 126 angeführt
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Aegxpter, \ 6&
i!i\P geheifsen *)• Unstreitig sind Thoth, Seih und
Sothis einerlei Wort, / ' ♦
Wir haben also, wenn ^on der Epoche der Ein-
fuhrung des beweglichen Jahrs der Aegypter die Rede
ist, die Wahl zwischen den Jahren 1322 und 2782
V. Chr. Freret und Bailly entscheiden sich für
letzteres, wo der 1'. Thoth nicht blofs mit dem Auf-
gange des Sirius, sondern zugleich auch mit dem An-
fange der Ueberschwemmung zusammentraf/ Gegen
diese Hypothese möchten sich aber wal zu viele
Stimmen erheben. Wir woDen also das Jahr 1322
als das der Einführung ' des ägyptisch^i Jahrs anse-
hen, und ver die Spuren früher Kultur, die wir über-
all in Aegypten antreffen, ems.thaft betrachtet, kann
es unmögUch unwahrscheinlich finden, dafs die Ae-
gypter schon 13 Jahrhunderte vor Christus eine geord-
nete Zeitrechnung gehabt haben, zumal da sie ohne
alle tiefere Einsicht, die wir ihnen beizuliegen wenig
berechtigt siixd, zu derselben gejangen konnten. Sie
fingen ihr Jahr, das ein reines Sonnenjahr werden
sollte, mit^ dem ihnen so bedeutungsvollen Frühauf-
gang des Sirius an, und legten ihm die 365 Tage
bei, die sie von einer Erscheinung zur andern zahl-
ten. Vielleicht glaubten sie anfangs, dals der 1. Thoth
immer zu derselben zurückkeliren werdÄ Hierin sa-
hen sie sich zwar sehr bald getäuscht, indem sie den
Stern nach vier Jahren am 2. Thoth, wieder nach
vier am ,3. Thoth, und so von vier* zu viet Jahren
immer um einen Tag später in der Morgendämme-"
rung ersclieinen sahen; sie behielten indessen die ein-,
mal angenommene Jahrslänge bei, theüs wegen der
1) Daher die Benennuüg cca^taxij itUiioÖoti für die Uunds-
Kternperfode beim Clemens, Alexandrinus.
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70 Technisch» Chronologie.
Einfachheit der Jahrsform; theils we3 sich mit dei^
Zeit religiöse Ideen an dieselbe knüpfen mochten.
Hieraus folgt aber nicht , dais auch schon die
Hundsstemperiode im Jahr |322 v« Chr« gebildet
sei Diese gründet sich auf die Vergleichung des fe-
sten Sonnenjahrs von 36&| Tagen mit dem bewegli-
chen von 365, konnte also nur das Ergebnlfs fortge-
setzter Beobachtungen des Frühaufgangs des Sirius
sein. Vermuthlich ist sie erst späterl|in von einem
sinnenden Kopf gebOdet worden, als man die Urge-
schichte des Volks zu bearbeiten anfing, wobei man
einer weit zurückgehenden Aere oder eines grolsen
24eitkreises nicht entbehren konnte*
So wie mehrere Gelehrte der n^uem Zeit, als
Dupuy, Lalande und Pfaff, das Wesen der Hunds-
stemperiode unrichtig aufgefafet haben *), eben so
scheint auch' im Alterthum ihre Entstehung qoaid Be-
^haffenheit nur wen%en bekannt gewesen zu sein*
Geminu^ bemerkt ganz richtig ^), dals das Fest der
Isis in i46p Jahren alle Jahrszeiten durchwandere,
nennt aber die Periode nicht Tacitua sagt '), ei-
nige legten df^m Phönix ein Alter von 1461 Jahren
bei. Dio-Cassius behauptet^) irrig, man schalte
nach Cäsars Vorschrift alle 1461 Jahre eineii Tag zu
wenig ein. Nach Firmicus, *) soll das grplse Jahr,
das die sieben Planeten zu ihren ursprünglichen Stel-
len (Kurüddührt, 1461 Jahre halten. Eihe ausdrück-
liche Eryrähnung der Hundsstemperiode findet sieb
aufser Censorinu^ nur beim Chalcidius, Syn-
cellus und Clemens Alexandrinus. Die dahin
1) Handbuch I, 133.
2) Isagoge c. 6.
3) Aimal VI, 28.
4) Bist, XLHI, (V 26.
5) Pracf. in Astrononüca,
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gehörigen Stellen haba ieh im Handbuch der Chro-
nologie gesanimelt*). ' ^ : . '
So viel vom beweglichen Jahr und der Hunds-
siemperiode der Äegypter. Letet^re sebte npthwen-
dig die Kenntitifs de*, Viertelt^geÄ voraus, der beim
erstem vernachlässigt wurde/ und ^s Mst sich daher
nicht bezweifeln, dals diese ICenntnifs in Aegypten von
hohem Alter war. Sie ist als ein natürli^es und^ein-
. faches ErgebniTs der fortgesetzten Beobachtung des
Friihaufganges des Sirius zu betrachtenl Von den
Aegyptem ging sie %vl den Griechen und späterhin zu
den Römern über. Von Julius Cäsar, der sieh
lange in Aegypten aufgehalten, sagt Mactobiüs-^):
Siderum motus, de guibus non indoctos libros re-
liqutty ab Aegyptiis disciplinis. hmmt. üeberdies
bediente er sich bei .seiner Kalenderverbesserung der
Einsichten des Perjpatetikers Sosigentes., eines
Alexandriners.
Im Auslande zuerst praktisch geworden, wurde
die Kenntnils des Viertellages endlich auch inAe^p-
ten l^xx £Intheibiog der bürgerlichen Z^ei^. benutzt
Wir finden nämlich daselbst seit^dem ersten Jahr-
hundert der christlichen Aere eine der , julianischen
analoge ^Zeitrechnung, die man zum Unterschiede der^
altern ägyptischen die alexandrinische nennt, weil
sie sich von Alexandrien aus, wo sie unter den Grie-
chen entstand, mit der christlichen Religion, zu deren
Festreclumng sich das bewegliche Jahr nicht eignete^
über ganz Aegypten und Aethiopien verbreitet hat.
Noch jetzt ist der Cultus der ägyptischen und abes-
1) Th. I, S. 134 if. Besonders tnerkwurdig ist eine Stelle
d» Herodot (U, 14^),. die meiner M^ung nach auf die Hunds-
siemperiode anspielt und nur durch sie erklärt werden kann.
% 137 ff. 3) Satmm. I, 16.
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72- , Technische Chronologie,
simschen Cliiiaten an sie geknüpft Sie besteht we-
sentlich in folgenden drei Punkten: 1) Form und
Namen der Monate sind die ägyptischen; 2) zu den
fünf Erganzungstagen kommt alle vier Jahre ein sechs-
ter; 3) der Neujahrstag oder der 1. Thoth ist der
^9. 4ugust des julianischen Kalenders; Letzteres wird
bestimmt gesagt in einem Fragment des Heraclius
bei Dodwell *). In demselben wird der ajexsmdri-
nische Thoth geradehin September genannt, nur
^imt der Erinnerimg, dafs der römische September drei
Tage später anfange. Es scheint dies der formliche
Gebrauch der Alexandriner gewesen zu sein« f^to-
lemäus ') und der Scholiast des Aratus stellen
die alexandrinischen Monate mit den römischen durch-
gängig so zusammen y als wenn sie gänzlich parallel
liefen.
Dafs der 1. Thoth der Alexandriner mit dem 29.
August der Römer corre^ondirte, lehren noch ^ele
anderweitige Zeugnisse. Auch geht l^ au& den Be-
rechnungen des Osterfestes bei den griechischen Kir-
chenscribenten hervor. Wenn z. B. der 21. März,
der Tag der Friihlingsnachtgleiche, als der 25. Pha-
menoth angegeben wird, so erhält man. durch Zu-
riickrechnen zum 1. Thoth den 29. August Femer
au6 der Vergleichung. ägyptischer und alexandrimscher
Data beim Theon, dem Commentator des Ptole-
mäus. Er erwähnt z. B^ ') eine von 3im zu Alexan-
drien beobachtete Sonnenfinstemifs, und sagt, sie sei
im 1112ten Jahr seit Nabonassar am 24sten des ägyp-
1) Appendix ad dissertatione* Cypriama» p. 132, Vergi.
Handb. I, 141.
3) hl seinem an das alezandrimsclie Jahr gehiSpfUn Ka-
lender. .
3) Comment zmn aecfastai Bvch p. 333.
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Aegypter, 73
tischen Thoth o^er am 22sten des alexandrinischen
Payni Nachmittags eingetreten. JBeide Data entspre-
chen dem 16. Juiiius des Jahrs 364 n.- Chr.
Auch den Situ des Schalttages und »sein Verhält- '
nifs zum romischen lernen wir aus dem obgedachten
Fragment des Heraclius kennen. Sie schalteten
nämlich allemal in dem Jahr ein, das vor dem römi-
schen Schaltjahr herging, also in den Jahren. 3, 7, 11,
15, 19 n. Chr., und fingen dann ihr Jahr mit dem
30. August an.
Hiernaeh ist es nun leicht, jedes , alexandrinische
Datum auf das julianische und umgekehrt zu bringen,
sobald nur unsere Jahrszahl bekannt ist. Zur Erleich-
terung der Rechnung dienen folgende zwei' Tafeln,
wovon die erste die Anfange der alexandrinischen Mo-
nate im julianischen, die andere die Anfange der ju-
lianischen Monate im alexandrinischen Kalender gibt.
Tafel I.
1. Thoth . . . • . 29. August
1. Phaophi .... 28. September '
1. Athyr 28. Oktober
1. Chöak 27. November >
1. Tybi 27. December
1. Mechir ' • • * • • . 26. Jatiuar
1. Phamenoth ... 25. Februar -
i. Pharmuthi .... 27. März
1. Pachon ..... 26. April
1. Payni ..... 26. Mai
i. Epiphi 25. Junius
1. Meson ..... 25. Julius
1. Ergänzuhgstag . « 24. August.
Tafel IL
. 1. September. ... 4. Thoth
1. Oktober ^ . . . 4, Phaophi
1. November ^ . . .5. Athyr
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74 Technische Chronologie.
1, Dtfcember . . • . \ .5. (Ü^oak
1, Januar • . . . ^, . 6. Tybi
1. Februar . . • '. . • 7. Mechir
1. März ., * 5. PhameHoih
1. April 6. Pllarm^thi
1. Mai ,6. Pachon
1, Junius . ^. • * • . 7* Payni
1. Julius ...... 7. Epiphi
1. August • . , . . '* 8, Meson. .
Bei .ilirem Gebrauch ist zu bemerken, dafs, wcnu
der 1. Thoth auf den 30. August trifft, die l)ata der
ersten Tafel um eine Einheit zu vermehren^ und die
der anderti um'^eine Einheit zu vermindern sind, und
zwar bis zum 4. Phajnenoth einschliefslich, der dann
dem 29* Februar entspricht Vom 5. Phamenoth oder
1. März an gelten beide Tafeh unbedingt
Die Geschichte der Einführung des alexandrini>
sehen Jahrs liegt im Dunkeln; es lä&t sich aber nicht
hezweifebi, dais sie gleichzeitig mit der Besitznahme
Aegyptens durch die Römer, oder doch bald nachher
statt gefunden hat
Die erste deutliche Spur eines al^xandrinischen
Datuihs findet sich in einer von. Gailliaud zu El-
Charjeh in der grofseia Oase entdeckten griechischen
Inschrift *), in der folgendes Datum vorkommt: „Im
ersten Jahr des Cäsar Äugustus Imperator Livius Sul-
pitius Galba am 2. Epiphi. ^^ l^s kann aber auch der
12. Epiphi gelesen werden, w^nn in dem K^e^qxß das
« vor, dem ß zum Datum gezogen wird. Der Todes-
tag des Nero ist nicht ganz sicher bekannt; doch
hat Pagi's Meinung*) viel ßir sich, dafs öS der
1) S. Hrn. Letronne's Abhandlung : Deux Inscriptions
-Grecques gravees sur le Pylone ^ün iemple Egyptien dans
kt grawde Oa$U^ Paiis 18:22.
3) Critvco in Ar^aies B^ron^ ad anau 68.
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' . • Aegyjfier. 75
9. Jkmiüs (53 n. Chr. gewesen. Die Nachrieht von
der Erhebung Galba's kann schwerlich vor Anfang
des Julius nach Aegypten gekommen sein. Hiernach
mü&te der 12. Epiphi gelesen werden, 'dem der 6.
Julius des festen Jahrs entspricht. Das erste Jahr
Galba's wird hier nach ägyptischer Weise vom vor-
hergehenden 1. Thoth gerechnet * )i Auf keinen Fall
kann ^ den 12. E{nphi des beweglichen Jahrs' ge.
dacht werden, der im Jahr 68 dem fitsten, um 23
Tage voreilte.
Aus dem zweiten Jahrhundert nach Christus kom-
men Spuren des festen Jahrs auf Monumenten -schon
häufiger vor. - . \ -
Uiiter den Schriftstellern sind die in diesem Jahr-
hundert lebenden Ptolemäus und Plutarch die
ersten, die das feste Jahr erwähnen. Jener gebraucht
es in seineni Kalender, weil die Fixsternerscheinmj-
gen, wie er sagt, wegen des alle vier Jahre einge-
schalteten Tages auf lange Zeit zu denselben Monats-
tagen zurückkehren.. In seinem Almagest dajgeg^n
datirt er durchweg nach dem beweglichen, damals
gewifs noch nicht ganz im Volksgebrauch erlosche-
nen, Jahr der Aegypter, weil er die Beobachtungen
seiner Vorgänger, besonders die des Hipparch, an
dasselbe geknüpft fand, und keinen triftigen Grund
hatte, sie auf das feste zu reduciren. Durch das
„nach den Aegyptem", das er jedesmal dem, Monats-
1) Der Kanon endig;t die Regierang eines jeden Kaisers mit
dem beweg liehen 1. Thoth, der zunächst tot dem Tode des-
selben Jier^g ; die ägyptischen Kaisermünzen dagegen sind alle-
mal so lange nach dem festen 1. Thotli, d^r dem Tode des
Kaisers voranging, unter seinem Namen forfgeprägt worden ^ bis
die INachridii von der Proclamation seines Nachfolgers in Aegjp-
ien eintraf. Es findet sich daher einerlei ägyptisches Jahr nicht
Seiten als zweien Kaisem a^gfßhdrig auf den JMnzen gestempelt.
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76 Technische Chronologie:
. namen vorsetzt, will er zu erkennen geben, dafs er
' das bewegliche Jahr meint. Sein Commentator
Theon, der sich beider Zeitrechnungen bedient, un-
terscheidet sie durch das immer beigefügte: „nach
den Aegyptem" und „nach den Alexandrinern".
Plutarcb fuhrt in seinem Werk de Iside et
Osiride die ägyptischen Monate öfters ganz unzwei-
deutig als die eines festen Jahrs auf, z. B. wenn er
sagt *), die Sonne durchlaufe den Skorpion im Athyr,
. begeht aber dabei immer einen doppelten Fehler, ein-
mal den, dafs er die ägyptischen Feste und MyÜieii
an die festen Monate knüpft, da sie doch nach einer,
Stelle des tieminus (70) mit dem beweglichen zu-
sammenhingen; dann den, dafs qr die ägyptischen
Monate zu Mondmonaten macht, was sie weder
im beweglichen noch Im festen Jahr je waren * ).
Selbst im dritten Jahrhundert, zu Censorinus
2ieit, mufste das bewegliche Jahr in Aegypten noch
vorherrschend sein; denn er sagt^) von den Ägyp-
tern: eorjim anniis civilis solos habet dies CCCLXV
sine ullo intercalari: Es mufete sich so lange be-
haupten, als sich die christliche ReUgion noch nicht
über das ganze Land verbreitet hatte, weil' es aufs
innigste mit dem alten Cultus verflochten war. Daher
konnte auch das feste anfangs^blofs in dem von Grie-
chen bewohnten Alexahdrien Wurzel fassen. Doch
^ leidet es keinen Zweifel, dafs es daselbst gleich bei
der römischen Besitznahme in Gebrauch kam, und sehr
bald das gesetzliche, ^auf den Münzen allein .vorwal-
tende, wtirde. Mit dem Anfange des fünften Jahr-
hunderts muTs endlich das bewegliche Jahr in Aegyp-
ten ganz erloschen sein; wenigstens keqnt'der damals
1) c 13. 2) H«ndb. I, 1». ^ J> c. 18.
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Aegypter. 77.
lebende Macrobius kein anderes mehr, als das
feste*)/
Obgleich, wie bemerkt worden, die Umstände
der Einfulirung de^ alexandrinisdu&n Jahrs^ im Dun-
kein liegen, so können wir doch darüber durch Com-
bination zu einem senr, wahrscheinlichen und befrie-
digenden Resultat gelangen«
Angustus, damals noch Octavianus genannt,
siegte .üW Antonius und Cleopatra bei Actium
am, 2. September a» u. 723, v. Chr. 31, und folgte
hierauf den Besiegten nach Alexandrien. Am 1. Au-
gust, oder wie dieser Monat damals noch hiefs, Sex-
tilis, des folgenden Jahrs wollte ihm Antonius unter
den Mauern dieser StadC eine Schlacht hefem; allein
seine Flotte verliefs ihn, und er tödtete sich. Die
Stadt ging ^och an demselben Tage, und Aegypten
im Verlauf desselben Monats über * ).
In einem Von Dio Cassius *) erwähnten Se-
natusconsnlt wurde bestimmt, dals der Tag, an Wel-
chem Alexandrien ^ingenommea worden, ein Festtag
sein, und den Einwohnern künftig, zur Epoche ihrer
Jahrsrechnung dienen solle. Du^ch diese Verordnung,
wurde also den Alexandrinern .das julianische Jahr,
aufgedrungen. Sie befolgten sie dahin, dals sie zwar
den Tag, an welchem ibre Stadt übergegangen, d^en
1. August, feierten, 4^n Anfang ihres Jahrs aber auf,
das römische Datum verlegten, mit welchem der nächst*
folgende 1. Thoth der Aegypter zusammentraf.
Für die Feier des 1. August zeugt der Umstand,
dals E u d o X i a , Gemahlinn des jungem Theodosius,
am 1. August Petri Kettenfeier anordnete, um.
1) Saturn. I, 12, rergl. mit 14.
2) Die Beweisstellen von dieaem .Allen «m Handb. 1, 153.
3) Hist.X iJ, c. 19. .
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78 Technjische Chremotogie,
wie CS m alten Martyrologien heilst, die Alexan-
driner van dem heidnischen Pomp zu entwöhnen, wo-
mit'sie jährlich an diesem Tage ' den von Aogust ühcr
Ailtonius und Cleopatra erhaltenen Sieg feierten; nicht
etwa den Sieg bei'Actium, wie Scaliger glaubt/),
sondern den zweiten unter den Maueni Ale^andriens.
Was den andern Punkt betrifft, so setzt der Ka-
non den Anfang der Regierung August's auf den 1.
Thoth des Jahrs 295 der philippischen, oder 719 der
nabonassarischen Acre, d* i* auf den 31, August des
Jahrs 30 V. Chr. Uebereinstimmig hiermit CEwäbnen
Ptolemäus «nd Censorinus Jahre August's, die
mit demselben Datum beginnen. Der erste reducirt *)
das Datum einer von ihm angestellten Beobachtung
mit folgenden Worten auf die nabonassarische Acre:
„Von der Regierung Nabonassar's bis auf Alexanders
Tod verfliefsen 424 ägyptische Jahre; von Alexan*
ders Tode bis aiif Augusts Regierung 294; von dem
"Mittage des 1. Thoth im ersten Jahr August s bis zum
17ten des Hadrian zwei astronomische Stunden nach
dem Mittage deÄ 7. Athyr 161 Jahre 66 Tage 2 Stun-
den** u. 8. w. . Der andere spricht^) voii zweierlei
Jahren August's. Die anni Augustorum der Römer
pahinen, V^ie er sagt, mit dem Jahre ihren Anfang,
wo Octavian fden Namen AugustKs erhielt, se KU
et M. Vipsanio Agrippa Cosls.^ d. i. im Jahr 727
d. St^ 27 V. Chr. Das Jahr 238 n. Chr. , wo er ge.
schrieben zu haben versichert, war seiner richtigen
Angabe nach das 265 ste dieser Acre. ' Sed Aegyp^
#/i, fährt er fort,^ quod biennio ante in potestatem,
populi Romani verherunt^ hahetit hunc Augiistoruitt
annum CCLXVIL Ich habe imHa n d b u c h gezeigt ^),
V)Em. temp. 1. V, p. 495.
2) Alm. % 6, S. 204. 3) c. 21. 4) Th. I, S. 155.
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Äe&pter, ^ 79
dals dieses 'Jahr dn festes sein ninfete. Mit dem.
biennio ante mufs man es nicht gani^ genau nehmen ;>
von der Besitznahme Aegyptens bis zum Anfange des
Consolarjährs 727 der Stadt verüiefken fast . dritthalb
• Jahre*
Diese heiden nach August benannten Aeren kom-
men fast gar nicht weiter vor. Ins bürgerlidie Le-
ben können ^e nicht übergegangen sein« Die alexan-
drinische nennt Scaliger *) Aera' Actiacd^ aber
nicht schicklich, da die Schlacht bei Aetium ein Jahr
vor ihrer Epoche vorfiel. Für uns kt sie nur in so
fern von Wichtigkeit, als sie zeigt , dafs die Alexan-
driner nicht, wie ihnen geboten war, ihte Jahre vom
1. August 30 V. Chr., sondern vom näclistfolgenden
1. Thoth garechnet haben.
Der Kanon föngt ako- die Regierung Angust*s
mit dem 1* *Thoth des Jahrs 30 y. Chr. an. Nach
dem ihm zmn Grunde liegenden Princip mufe Cleo-
patra noch über dieses Datmn hinaus gelebt haben^
und es ist in der Ufat sehr wahrscheinlich, dafs sie
den Antonius um einen ganzen Monat überlebt hat ^).'
Es fragt sich nun, warum die Alexandriner ihre
festen JiJire nicht n^t dem 31. August, auf den der
1. Thotfa ihres ersten Jahts trafy Sondern swei Tage
früher mit dem 29. August anfingen. Die Chronolo-
£:en sagen, sie haben ihre nach> der römischen gemo-
delte Jahisform- nicht ^ich im ersten - Jahr des Au-
gust, ^ondera erst fünf Jalsre nachher angenommen,
als der 1. Tliotfi a|rf den 29. August, überging, so
dafe die ersten fünf Jahi^e ihrer netien Acre beweglich
waren^, und ei'st das sech^e ein festes wurde.* «Sie
stützen sich hierbei auf eine Stelle des Theon.*),
1) Em. temjK 1. V, p. 454, 455. 2) Handb. I, 157.
3^ Commentar über die Handtafeln ^es Ptolemlius,
nach Hm. Halma's Ausgabe Tom. I, p. 30 ff. C^)
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gO Technische Chronotdgie,
in der gelehrt wird, wie man ein alexändritiischefi Da-
tum auf das bewegliche ägyptische Ireduciren könne,
was für die Astronomen wichtig war. Es folgt je-
doch' daraus nichts weiter, sis was wir ohnehin schon
wissen, dalis der bewegliche 1. Thoth erst nach Ab-
lauf von fünf Jahren der alexandnnischen Aere Au-
gusl's, nämlich vom sechsten bis neunten Jahr dersel-
ben, mit dem 29« August der Romer übereinstinun-
ie. . Wie aber der feste 1. Thoth zu dieser Stellung
kam, bleibt immer die Frage, die sich auf folgende
\Veise sehr ungezwungen beantworten lälst Durch
eine Unordnung, die durch Unachtsamkeit derPonti-
fices, denen das Geschäft^ dei^ Einschaltung überlassen
blieb, gleich nach Cäsar 's Tode in dem von ihm ver-
besserten Kalender entstand, wurde jedes dritte Jahr
ztun Schaltjahr gemacht, statt dafs es jedes vierte
sein sollte. Nach dem Schalttage im Jahr 30 v. Chr.
betrug die Abweichung des verschobenen Kalenders
von dem richtigen bereits zwei Tage, indem damals
zum sechsten mal eingeschaltet wurde, statt da£s es
erst im folgende^ Jahr zum fünften mal hätte gesche-
hen sollen ^)« Aus dem 31. August des richtigen
Kalenders wurde mithin der 29ste des verschobenen.
Da also die Römer, die.sichzu Alexandrien befanden^
am 1. Thoth der Aegypter erst den 29» August zähl-
ten, so machten die Al^exandriner dieses römische Da-^
tum zur Epoche der Aere August's und zum Neu-
jahrstage ihres festen nach dem juliani^chen gemodel-
ten Jahrs, indem sie, lals August spät^hin den juliani-
schen Kalender in Cäsar s Sinne wiederherstellte, ihr
Schaltv(resen so ordneten, dafs der 1. Thoth mit dem
29. Am-
1) Das Nühere hierüber iinieii in der rö mischen Zeitr«clv^
nung.
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;^SyP^r- 81
29. August Terbandlen blieb; bi dieser Darstellong liegt
zugleich der Beweis, dals die alexandriniscbe Zeitreeh^
nang sdbon im Jahr 30 v. Cht« dngefübrt sein müsse*
Es ist vorhin bemerkt worden, dals die Aere
August's bei den Aegyptem keine bürgerliche war.
Sie behalff n sich unter den Kaisern, wie früher un-
ter den Ptolemäem; mit den Begentenjahren, die sie
auf den Landesmünzen angegeben fanden« Erst spät
fühlten sie das Bedürfnifs einer festen Jahrrechnung,
die sie nun in der diokletianischen Aere erhiel-
ten, nach der ^e Kopten bis auf den heutigen Tag
rechnen. Sie nennen sic^ die Märtyrer- Aere^ von
der Verfolgung, die Diokletian über die Christen ver-
hängte. Man muls aber, darum niii^ht glauben, dais
die Aere erst von dieser Zeit datirt Die Verfolgung
gehört in das neunzehnte Jahr des Diokletian ^)> und
die Aere b^^giiint mit seinem ersten Jahr. |lr wurde
den 17. September 2ß4 n. Chr. zu Chalcedon prokla«
mirt ^ ). Die Epoche der Aere ist also entweder der
13. Junius oder der ^29.. August, je nachdem wir sie
mit bewieglichen oder festen Jahren in Verbindung .
bringen. Das erste geschieht ini Regentenkanon; das
letztere wurde gewifs bald allgemein in Aeeypten,
weil das bewegliche Jahr bald nachher im bürgerli-
chen Gebrauch gänzlich erlosch. Theon ist der ein-
zige Schriftsteller, der ein bewegliches Datum an. die
diokletiiinische Aere knüpft ^ ). Auffallend ist ea übri*
gens^ dals die agypti^dben Christen ihre Jahre nadi
dem Regierungsantritt ibres^ graüsamstcfn Verfolgers
1) Ensebins, Hiai. ecelMVl,^ n.Orasins Hist.WL,1b.
3) Chron, PasehaJe beim Consnlat des Carinns H und Nu-
merianofl, d. i. beim Jahf 284. S. die Aasgabe in der Pariser
SammL der Stripp. Hiat. Byz. p. 274.
3) Comm. über dea Almagest 1. VI, p. 284, 85.
- 6
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82 > Techhiscbe Chrondlogie.
zählten^ Offenbar wollten sie dadurch das Andenken
an diese schreckliche Begebenheit erhalten; und da
es einmal in Aegypten gebräuchlich war, die Jahre nur
nach. den Regenten zu zählen, so fingen sie die Mär-
tyrer. AerjB' nicht mit der Verfolgung selbst, sondern
mit. dem Regierungsantritt dessen an, unter welchem
sie verhängt war. Auch trug dazu der Umstand ge-
wils wesentlich bei, dafs mit dem fünfzehnten Regie-
mngsjahr Diokletian's, so viel bis jetzt bekannt ist,
, die, Reihe der al^xandrinischen Kaisermünzen mit grie>
chischer Schrift, wodurch den Aegyptem die Jahre
gewissermafseti zugezählt wurden, gänzlich erlosch ^ )•
Wir haben also zur Epoche der diokletiani-
schen Acre den 29. August 284 n. Chr. Um ein
an sie geknüpftes ägyptisches Datum auf die christ-
liehe Zeitrechnung, zu reduciren, in welchen Fall man
bei Lesung der Kirchenväter und anderer späteni
Schriftstdler öfters kommt, -addire man zuvorderst zur
Jahrszahl 283 , um das «^ahr unserer Aere zu finden,
auf welches dei* Anfang des diokletiaiiischen triffl. Da
284 ein Schaltjahr ist^ die ägyptischen Christen also
283 eingeschallet haben (73), so sieht man,'' dafs das
vierte, achte, zwölfte u. s. w. Jahr der diokletianir
sehen Aere Schaltjahre sind, dals also jedes Jahr der-
selben, welches durch 4 dividirt keinen Rest gibt, mit
dem 30. Thoth anfangt Rlphr ist nicht zu wissen
nothig, um mit Hülfe der gegebenen Reductionsta-
fein jedes an die. diokletianische Aere gereihte Datum
auf die christUche Aere und umgekehrt bringen zu
können. Wenn z. B. Paulus Alexandrinus in sei-
ner Einleitung in die Astrologie, wo er lehrt,
welcher Wochentag jedem Monatstäge entsprieche,
sagt, er habe dies Rllttwochs den 20. Mechir des
1) Eckhel Doctr. Num. Vol. IV. p. 97.
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Aegypter. 83
94sten Jahrs seit DioÜetian geschrieben, so meint er
den 14. Februar 378 n. Chr., welcher Tag wirWich
eiii Mittwoch war. Von einem gewissen Theios
hat man sieben umS Jahr 500 n. Chr. %XL Athen an-
gestellte Beobachtungen. Die eine lautet ölso *): „Ich
sah die Planeten Mars und Jupiter einander berühren
m der Nacht vom 6 zum 7. Pachon des 214ten Jahrs
seit Diokletian eine Stunde nach Sonnenuntergang ^^
Die Reduction gibt den 1. Mai des Jahrs 498' n. Chr.
Zum Schluls will ich hier noch zweier Zeitkreise
der Aegypter gedenken, von denen die .Neuem weit
mehr als die Alten reden, nämlich des Apiskreises
und der Phonixperiode. . Der heilige Stier,, das
lebendige Bild des ,Osiris, wurde, wenn es 25 Jahre
lang zu Memphis göttliche Ehre genossen hatte, ge-
todtet^ tun"" einem andern zu weichen.' Diesen Zeitraum
nennt nuin den Apiskreis. Es fragt sidi, wie die
Aegygter darauf kamen, denselben zu bilden. Dafe
die ägyptischen Astronomen Wrklid^ einen solchen '
Cykhs gebrauchten, wissen wir aus den Schriften des
Ptolemäus/mit Bestimmtheit. Im sechsten Buch des
Almagest stehen Tafeln zur Berechnung der mittle-
ren Neu* und VoBmonde, worin die Jahre nach 25
jährigen Intervallen fortlaufen. Der Grund davon ist
ohne Zweifel der, weil 309 mittlere synodische Mor
nate nur etwa eine Stunde kürzer als 25 ägyptische
Jahre sind, so dafs nach Ablauf derselben auf meh-
rere Jahrhundierte hinaus die Mondphasen wieder auf
dieselben Tage des beweglichen ägyptischen Jahrs
treffen. Diese Bemerkung ist in Aegypten gewifs früh-
zeitig gemajcht worden, und so wäre der Apiscyklus
astronomisch gerechtfertigt. Wir mülslen dann anneh-
men, daüs, wenn, auch nicht der ganze Dienst des
1) S. "RnViAdÄ Attronoma Philolaica 1. VIII,. p. 326.
- . 6 *
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84 Technisch^ ChroTiolögie.
Apis, doch seine' Lebensdauer, aiif diese Wahmeh-
- mnng gegründet war. Wenn auch die Aegypter bei
ihrer bürgerlichen, Zeitrechnung 'keine. Rücksicht 'auf
die Mondwechsel genommen haben, so waren ihnen
, doch ohne Zweifel die Lichtwech&el des durch die
Isis personificirten • Gestirns ohne Zi>v^eifel von hoher
Bedeutsamkeit Merkwürdig sind die Worte, deren
sich Plinius bei der Beschreibung des Apis bedient *):
Insigne ei in deai:ro latere candicans macula^
' cornibus tunae crfscere incipientis.
Die Phönixperiode ist eben so, wie der Apis-
kreis, eine moderne Benennung. Man Ist selbst über
die Dauer uneinig, die man diesem Zeitkreise beile-
gen solL Gewöhnlich gibt man ihm 500 Jahre, weil
Herodot, der zuerst vom Phönix spricht ^), das
Intervall zwischen zwei Eyscheinimgen auf so viele
Jahre setzt, womit auch Tacitus ^) übereinstimmt.
So viel auch über den Phönix von spätem Schrift-
steilem gegrübelt und gefabelt sein mag, so ist doch
nicht zu verkennen, dafs er ein Symbol eines grofsen
Zeitkreises sein soll, und in irgend einem Zusammen-
hange mit dem Lauf der Sonne stand» Schon Pli-
nius und Solinus machen diese Bemerkung^).
Auch deutet der Name dahin, der nichts anders als
Pi-Enechy seculum, äein kann. Der Gedanke, dafs
maü durch den Wundervogel die den Aegyptem
so bedeutungsvolle Hundsstemperiode habe symbolisi-
ren wollen, drängt sich sehr natürlich auf; auch kom.
men Spuren dieser Ansicht schon im Altertbum vor;
denn Tacitus fügt an der gedachten Seile hinzu:
Sunt qui adseverent mille quadringentos sexctginta
1) Ä iV. VIH, 71.
2) n, 73. 3) Amud. VI, 28.
4) Jener Ä iV. X, 2, aieser Polyh. c. 33.
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Bäbylonier. 85
untan (annum) interficL Aber Äe 500 Jahre bei
ihm und Herpdot stimmen biennit nicbt überein.
Mehfere Versuche, diese Dauer zu erklären und zu
rechtfertigen, findet man im Handbuch der Chro-
nologie ^ngefiihrt^ ^).
Zettrechnmig der Babyloniei'.
Die Babylonie.r, oder viehnehr die gelehrte
Kaste unter ihnen, die Cbaldäer, haben sich un-.
läugbare Verdienste um die Astronomie erworben,
wenn $ie dieselbe gleich, w^igstens späterhin, so
sehr mit. der von ihnen zuerst in ein System gebracht
ten Astrologie vermengt haben, dals die ganze. Zunft
der Sterndeuter von den Griechen und Römern mit
dem Namen der Chaldäer bezeichnet worden ist.
Ptolemäus erwähnt, in seinem Almftgest 13 in
dem Zeitraum von 721 bis 229 v. Chr. von den Chal<-
daern zu Babylon angestellte Beobachtungen, von de^
neu die 10 ersten Mondfinsternisse, di'e drei letzten
Zusammenkünfte von Planeten und Fixsternen, b^tref-.
fen. Sie sind#sämmtlich an die nabonassarische Acre
und die beweglichen Monate, und aufserdem noch die
achte, neunte und zehnte aus den Jahren 383 und
382 an attische Monate und Archontenjahre, und die
3 letzten aus den Jahren 245, 237 und 229 an ma-
cedonische Monxite und eine, eigenthümliche chaldäi-
sehe Acre, geknüpft
Diese Beobachtungen setzen eine festgeordnete
S^eitrechnung voraus; denn wie hätten sich ihrer sonst
1) Th. l S. 186 ff.
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86 ' Technische Chronohgie.
die griechischen Astronomen mit io Tiefer Sicherheit
bei Begründung ihrer Monds- und Planetentheorie be:
dienen können? Von welcher Beschaffenheit aber diese
Zeitrechnijiog war, geht aus den wenigen /Winken und
Notizen, die sich darüber bei den alten Schriftstellern ^
, zerstreut finden, nicht mit Sicherheit hervor. Ich habe
diese in meinem HiTndbuch der Cihronojiogie ^).
in Verbindung mit den verschiedenen Hypothesen der
neuem Forscher zusammengesteUt, und werde hier die
Hauptmomentc davon kurz anfuhren. '
' Dals die Chaldäer ihren bürgerlichen Tag
mit dei|i Aufgafage ^der Sonne angefangen haben,
«agen uns die Alten ganz iibereinstimmig. Ipsum
di^m alii aUter observavere; JSabylonii inter duos
solis exortuSi heilst es beim Plinius ')• Man hat
hieraus folgern zu müssen geglaubt, dals sie ein Son-
nen jähr gehabt haben. Allein es ist gar wohl denk
bar, wenn gleich ungewöhnHch, da£s ein Volk, wel-
ches seine Zeit nach dem Monde eintheilte, seinen
bürgerlichen Tag erst mit dem Moi^en angefangen
haben könne, äer auf die erste Erscheinung der Mond-,
sichel in der Abenddämmerung folgte.
Dafs sie bereits die l^ntheilung des Tages-und
der Nadbt in je 12 Stunden gebraucht haben, lehren
die von ihn«i angestellten Beobaditungen. Audi sagt
Herodot ausdrücklich'), dals die „zwölf Theile des
Tages ^^ von den Babyloniem zu den Griechen gekom-
men sind. Selbst den* Unterschied unter bürgerli-
chen und astronomischen Stunden (44) mufsten
sie schon kennen. Beide Arten von Stunden werden
V^ Th. I, S. 202 ff.
2)£r. iV. U, 79. VergL Censorinas c. 23. Gellius
iV. ^. m. 2. Macrob, Sa*. I, 3. Isidor Etym V, 30.
3) U, 109.
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Babyioni^r. g7 *
bei 3iren Beobachtungen erwähnt, die ersten bei al-
len, die letztem nur bei einigen. Bei Bestimmung
derselben haben sie gewiüs keine künstliche Wasser-
uhr von der Art gebraucht, wie sie erst spät von
Ctesibius erfunden worden isl« ,£ue verfuhren da.
bei sehr einfach, indem sie sich eines mit einem Hahn
versehenen Gefafees bedienten, aus welchem, weil es
durch ZufluTs ans einem Wasserbehälter beständig ge-
fallt erhalten wurde, in gleichen Zeiten gleich viel
Wasser flofs, einer auch von den griechischen Astro-
nomen benutzten Vorrichtung, deren Cleomedes *)
und andere gedenken *).
Was die Form ihres Jahrs betrifft, so finden wir
nirgends eigenthümUche chaldäische Monate genannt,-
die uns auf sie schliefs^n liefsen. Ptolemäns pflegt
bei den vor ihm angestellten Beobachtungen, unge-
achtet er sie sämmtlich auf die ägyptische Zeitrech-
nung reducirt, zugleich di^ eigenthümlichen Zeitbe*
Stimmungen der Astronomen, die sie gemacht haben, ,
anzugeben. Da er nun die 7 ältesten dbialdäischen
Beobachtungen blofs nach ägyptischen Monaten datirt,
80 ist die Voraussetzung, dals die Chaldäer und Ae-
gypter einerlei Jahrform, höchstens . verschiedene Mo-
natsnamen gehabt haben,, diejenige, die sich am na^
türlichsten darbietet, zumal da auch die nabonassa-
rische Acre, die, ^e schon der Name lehrt, babylo- ' '
nischen Ursprungs ist, nach ägyptischen Jahreij^ zälilt»
Wirklich nehmen auch fast alle Chronologen die Iden-' ^
tilät der chaldäischen und ägyptischen Zeitrechnung
an, und stireite^ nur über die Frage, ob das beweg-
liche Jahr in Babylon oder in Aegypten .einheimisch
war ' ).
1 ) Cyclom, 1. n, p. 75 ,cd. Balfor.
2) Man ver^eiciie, was darOber Handb. I, 2:25 geMgt »t.
3) S. Handb I, 203 ff.
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gg Technische l^ronohgle.
<
Nur ein ebziger Gelehrter, Fröret *), aaeht die
Uebereinstimitiung der. ch&ldäisdien und ägyptischen
Zeitrechnung in Zweifel, Seiner Meinung na^ch haben
; die Chaldäer Mondmonate gebraucht Wa» fir
diese Ansicht spricht, ist folgendes: 1) alle übrijge»
semitischen Völker, Hebräer, Syrer, Araber, haben
nach Mondjahren gerechnet; warum nicht auch die
Babylonier? 2) haben die Juden ihre jetzigen Monats-
, namen während ihrer Gefangenschaft von den Baby-
loniem angenommen ^ ). Da nun die jüdischen Mo-
nate nach den Mondwechseln geregelt sind^ so ist
. mit Grund zu vermuthen, da^ sie bei den Babyloniem
ein gleiches Gepräge hatten; denn sonst würden die
Juden die. frohem Benennungen ihrer Monate, von
deiien sich im ersten Bi:^ch der. Könige^) eine
Andeutung £ndet, schwerlich mit den babylonischen
vertauscht haben; 3) beweisen^ die ^ 3 letiten unter
den obgedachten chaldäischen Beobachtungen und die
' Fragmente des Berosus ^), dafs die Babylonier un-
ter den Seleuciden nach Mondmonaten mit macedoni-
sehen Benennungen datirt haben. Hätten sie nun firü-
herhin eben so, wie die Aegypter und . benachbarten
Perser, ein Sonnenjahr gehabt, so würden sie wahr-
. scheinlich ^ben äo wenig geneigt gewesen .sein, das-
selbe unter ihren macedonischen Beherrschern fahren
zu lassen, wie diese beiden Völker. So aber pafsten
sie ihrer alten Zeitrechnung blols die macedonische
Terminologie an, und auch dies wohl nur im Verkehr
1 ) Id seiner Abhandlong: Observation* sur Us annees ait-
ployees h Babyloiie^ Tom. XYI der Mim. de VAcad^dea Imcr,
2) Aben Esra Commentar ta % Mos. 12, 1.
, 3) c. 6 und 8.
4) S. Fabricii BM. Gr, Tom. XIV^ p. 180 mid 207 der
aliea Aasgabe. ^
Digitteed
byGoogle^
Babyhnier. g9
mit den Griechen; 4) haben die Chaidyet vemdiie-^
dene Mondperioden gekannt ^ unter andern die oben
(30) geda(;hte, nach ihnen benannte, von 223 Mond-
wechseln * ).
Diese Gründe sind allerdings f&t die Meinung e^t-
seheidendy dafs die Babylonier im bürgerlich'en Leben
Dach Mond j ahren gerechnet haben. Unmöglich läCst
sioh aber mit Fr er et annehmen, daj(is ihre astrono-
mischen Beobachtungen ursprünglich an solche Jahre
geknüpft waren, und däfs die ägyptischen Data, wo-
mit wir sie im Almagest bezeichnet finden, so wie
die jetzige Form der beiden ersten A^btheilungen des
Kanons, das Resultat einer von den Alexandrinern .
veranstalteten Reduction.sind. Eine solche würde mit
grolsen SchMrierigkeiten verknüpft gewesen sein, selbst
wenn die Chaldäer, was doch, schwer zu glauben ist,
schon seit INabonassar ein nach^ richtigen Princi-,
pien geordnetes Mondjahr gehabt und dasselbe Jähr-
huiiderte lang unverändert beibehalten hätten. Ich
bin daher geneigt zu der Hypothese; dafs sie sich als '
eines HiÜfsmittels bei ihren astronomischen Beobach-
tungen des dazu sehr bequemen beweglichen Sonnen-
jalurs bedient haben, sei es nun, dais sie dasselbe von
den Aegyptem oder Persem entlehnt, oder es selbst
gefunden hatten. Es ist gerade nieht nöting, anzuneh-
men, dafs ihr Jahrsaiifang vollkommen mit dem ägyp-
tischen übereinstimmte; eine Verschiedenheit beider
würde der Leichtigkeit der Reduction ihrer Pata auf
die ägyptische Zeitrechnung keinen Eintrag gethan
haben. Vielleicht nahmen sie diese Zeitrechnung un-
ter Nabonassar an, von dem sie nun auch ihre Jahre
zählten. Man betrachtet diesen König gewöhnlich als
den Stifter einer neuen Dynastie, indem man von
1) Handbneli I, 30$ ff.
, I ' ■ Digitizedby VjOOQIC
90 Technkche Chronologie^
der Voraussetzung ausgeht, da(s der von ilmi benann>
ten Aere irgend eine St£^atsveränderung zur Epoche
gedient habe. Allem nichts berechtigt uns zu dieser
Ansicht. Nur wenige und spät lebende Schriftstellery
Ptolemäus, Cedsorinus, Eusebius, Theoli und
Syncellus, erwähnen ihn, aber keiner als den Ur-
heber einer politischen Revolution. Dafs sich die Ba-
bylonier, nachdiem sie lange das assyrische Joch ge-
tragen, in Vereinigung mit den'^Mfedem frei machten,
sagt uns Diodor ^); allein er bemerkt nichts ob und,,
welche Rolle Nabonassar dabei spielte..
Ob das Mondjahr, das'die Babylonier im bürgen- «
liehen Verkehr gebraucht haben müssen,, ein freies
öder ein gebundenes war, steht dahin. Vermuth-
Kch war es eben so ein gebundenes, wie das der,
Hebräer wiA, Athener. Der Astronom also, der drei
vor Alexander zü Babylon beobachtete, an attische
Monate geknüpfte Mondfinstenusse < aus Am chaldäi-
sehen Archiven den Grieichen mittheilte *), durfte die
Monate des babylonischen Jahrs nur mit denea der
Athener vertauschen* ,Die hinzugefugten ägyptischen
Data machten * die Angabe der attischen überflüssig,
die dahW auch nicht angeführt sind. So heifst^ es
von der einen, sie sei unter dem Archen Phai^ostra-
tus im Monat Posideon oder in der Nacht vom 26
zum 27. Thoth des Jahrs 366 seit Nabonassar beob-
achtet. Die Athener wufsten ohnebin, dafs die Mond-
finstemisse um die Mitte ihrer Monate eintrafen, wenn
diese anders, was in der Regel ^ewils der FaU w^r,
mit dem Hiipmel übereinstimmten«
Dasselbe gilt von den macedonischeh Mo-
naten, womit die drei jüngsten unter den auf uns
1) II, 24. 3) Alm. IV, 10, S. 278, 7$, 78.
dby Google
Digitized fc
^ Babylonier. 91
gekommenen chaldäischen Beabachtungen bezeichnet
sind. So~ ist die erste* im 676ten Jahr der Chaldäer/
am 5« Apelläns.oder m der Nacht vom 27 zum 28.
Thoth des Jahrs 504 seit Nabonassar angestellt wor-
den. Die macedonischen Mobate hatten sich durch
Alexanders Heerszng über ganz Vorderasien bis Ba«
bylon hin verbreitet. Man darf gerade nicht glauben,
daDs die babylonischen 31onate durch ,die macedoni-
schen verdrangt wurden; beide Arten von Monaten
konnten bei der Gleichartigkeit ihres Charakters sehr
vohl neben einander bestehen, und wir haben uns .
nur vorzustellen, dafs der griechische Astronom, der
diese Beobachtungen seinen Landsleuten mitth^te,
statt der babylonischen Namen die ihnen geläufigeren
macedonischen setzte. '
Die chaldäische Aere,^auf die sich das eben
gedachte 67ste Jahr begeht, beginnt mit dem Herbst
des Jahrs 311 v. Qir.., vermuthlich mit dem n\ace-^
donischen Monat Hyperberetäus, mit welchem die
Syromacedonier in der Regel ihr Jahr anfingen. Die ,
sel^ucidische Aere dagegen, nach der man in Sy-
rien gewöhnlich technete, nahm im Herbst 312 ihren
Anfang, höchst wahrscheinlich von der Schlacht bei
Gaza, durch die Seleucus Nicator d^n Grund zu
seiner Ma^cht legte, und von seiner bald nachher er-
folgten Besitznahme Babylons. Woher diese Ver^
schiedenheit von einem Jahr rührte, ist schwer zu er-
mitteln. Vielleicht datirt die spätere Epoche von der
Ermordung des Jüngern Alexander, wodurch
Alexanders des Grofsen Thron erst völlig erledigt
ward.
Obgleich Fr er et allem Anschein nadi in so weit .
Recht hat, dafs die Babylonier im bürgprlichen Le-
ben nach Mondzeit rechneten, so kann es doch un-
mogjlich auf die von ihm angenommene Weise ge-
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edby Google
93 ~ . Technische Chronologie.
schehen sein. «Eusebins ^\ und Syncellus *) sau-
gen: „Derosus hat in seiner Geschichte nach Saren,
,Neten und Sossen gerechnet Der Saros bezeichnet
einen Zeitraum von 3600, der Meros von 600, der
. Sossos von 60 Jahren/^ Dies sind nun nach Fre-
ret die Namen der Mondperioden, deren sich die
Chaldäer zur Eintheüung- ihrer Zeit bedient haben;
mir gibt er ihnen ganz andere' Werthe, jedoch mit
Beibehaltung desselben Verhältnisses. Voraussetzend,
dais unter S.aros die sogenannte chaldäische Pe-
riode/zu verstehen sei, und von der irrigen Notiz beim
Suidas ') und falschen Lesart in den altem Ausga-
ben des Plinius *), wonach sie- 222 Mondwechsel
, gehallfen haben soll, ausgehend, macht er sich von dem
Wesen jener Perioden folgende Vorstellung: die
Chaldäer hatten einen doppelten Saros,, einen astro-
nomischen von 223, und einen bürgerlichen von
222 Mondwechseln. Den letztem theilen sie in 6 Ne-
ren zu 37 synodischen, und den Neros wieder in 10 SfKs-
sen zu 4 periodischen Monaten, indem 37 synodische
Monate nahe 40 periodische geben. Hiemach'hätte der
bürgerliche Saros .6555 Tage und 19 Stunden, der
Neros 1092 Tage und 15 Stunden, und der Sossos
109 Tage und 6 Stunden gehalten. Wie ist es aber
denkbar, dafs man zur Eintheilung der bürgerlichen
Zeit Perioden gebraucht habe, welche aus Brüchen
von Tagen bestanden, zumal den periodischen Monat,
der sich nur durch eine genauere Beobachtung be-
stimmen läfst? Auch kann man nicht begreifen, war-
um man für den Saros gerade eine Periode von 222
synodischen Monaten gewählt haben sollte, die weder
f) Chronica I, S. (1 des armeniscli-lateiius^Lai Textes.
3) Ckronogr, p, 17.
3) v. SaQot. 4) Ä iV. n, 10.
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Griechen. 03
selbst, noch in ihreid Vielfachen oder aEqnoten Thei-
len der Dauer des Sonn^njahrs commensurabel ist,
auch sortst gar keine merkwürdig^ Eigenschaft hat
Freret's gezwungene Hypothese hat nirgends Bei-
f^ gefunden, . < ,
lieber den eigentlichen Gehalt des Saros, Ne^
ros und So SS ös ist viel gestritten worden. Die
Sache Kegt im Dunkeln, und wird siph bei dem Man-
gel- weiterer Nachrichten durch Hypothesen schwer-
lich aufs Beine bringen lassen ^y
Zeitrechnung der Griechen.
Die Griechen haben anfangs, wie alle auf einer
niedrigen Stufe der Cultur stehende Völker, vermuth-
lich blols Tag und Nacht unterschieden* Mit der
Zeit, so wie sich die Geschäfte des bürgerlichen Le«
bens vervielfältigten und theilten, kamen mittag, Mit-
ternacht, Tagesanbruch und andere Zeitbestim-
mungen mehr hinzu. Beim Homer finden wir hi
dieser Beziehung schon eine grofse Mannigfaltigkeit
Besonders häufig erwähnt er den Eintritt der Morgen-
dämmerung, den Auf- und Untergangs der Sonne und
den Anbruch der Nacht, minder oft den Mittag. Von
den zureichen ^ zum Theil den Verrichtungen des
bürgerlichen Lebens entnommenen Ausdrücken, wo-
mit die griechische Sprache die verschiedenen. Theile
des Tages und der Nacht bezeichnet, findet man die
erheblichsten beim Pollüx ^) zusammengestellt
1) Man Tei^eicbe, was darüber im Handbuch I, 213 ff.
gesagt ist
2) Onom, I, 7, 68-^72. lieber das -rielbesprocbene vxjytt^^
<2fioXt^cS beim Homer gibt der zweite Tbeil von Bttttmann's
Lexilogus eine scharfisinnige Erörterung.
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'94 Technische Chronologie.
Die Zeit der Nacht zn unterscheiden! bot $ich
den Griechon lange kein anderes Mittel daf, als die
' Beobachtung des Standes der Gestirne gegen den Hö-
^ rizont, so wie sie bis zur Einführung einer festen Zeit,
rechnung^ die man höchstens bis ins sechste Jahr-
hundert V. Chr. zurücksetzen kann, die Jahrszeiten
nur vermittelst der Erscheinung und Verschwindung
der ausgezeichnetsten Sterne in d^ Morgen - und
Abenddämmerung mit einiger Sicherheit %u erkennen
vermochten. Die KenntniTs des gestirnten Ifimmels
war daher bei ihnen weit allgemeiner verbreitet, als
bei uns, Noch.Sortates *) empfahl der griechischen
Jugend, sich der Sternkunde zu befleifsigen, um auf
Reisen zu Wasser und zu Lande und in Lagern die
Zeiten der Nacht, des Mon£^ts und des Jahrs zu
erkennen. Um selbst bei bewölktem Himmel di$
Zeit der Nacht mit einiger Bestimmtheit ermitteln zu
können, merkte man sich, welche Gestirne im Ost-
oder Westhorizont standen, wenn die verschiedenen
' Zeichen der EkUpti^:, Krebs, Löwe, Jungfrau u. s. w.,
aufgingen. Sah man nun irgend ein Gestirn, auch
nur durch Wolkenöfihungen, im Horizont, so wufste
man, welches Zeichen aufging, woraus man dann,
wenn man die Jahrszeit kannte, ungefähr die Stunde
der Nacht abnehmen konnte. Aratus widmet die-
sem Gegenstande, den sogenannten avrvafvatoXotu;^ ei-
' V neu beträchtlichen Theil seines astronomischen Qe-
dichts*).
Um die Wachen — ^vXcowxi — , deren die Grie-
eben, eben so wie die Römer, vier auf die Nacht
rechneten, abzumessen, bediente man sich bronzener
Gefäfse, die, bis zu einer gewissen Höhe mit Wasser
1) Xenophon'fl Mem, Socr. IV, 7.
2) Pham. v. 558 ff.
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zedby Google'
Griechen. 95
gefüllt, sich allmäliUg durch kleine im Boden ange-
brachte Oeffirangen. leerten. Man gab ihn^n, vn^ wir
ans dem A^jieas Taeticus ^) ersehen, eine solche
Weite, daüs sie den vierten Theil der ^längsten Nacht
znmafsto, und verengte sie dann durch Anklebuag
von^ Wachs, «o wie die Nächte kürzer wurden. Von
ähnlicher Beschaffenheit waren die gläsernen Clepsy-
drae, wodurch die griechischen und römischen Red-
ner vor Gericht zur- Zusammendrängung ihrer Vor-
träge genöthigt wurden *). DaCs diese Werkzeuge
eben so wenig, wie die Sanduhren, die man hau-
% ih^unsem Kirchen sieht, den Namen der Uhren
verdienen, ist klat. ^Die eigentliche Wasseruhr - —
ogoA-oytin; ^vÄgavAücov, korologium oder korarium ex
a^u^ —^ erfand der Mechaniker Ctesibius aus Alexan-
drien*). Es war ein auf dem Fall des Wassers beruhen-
des Uhrwerk; welches das ganze Jahr hindurch die bür-
gerlichen Stunden angab, aber nach dem veränderli-
chen Stande der Sonne und der dadurch bedingten
Dauer der Tag- und Nachtstunden von Zeit zu Zeit
gestellt werden mufste, und schon delshalb wenig Ge-
nauigkeit gewähren konnte, daher auch die Griechen
keinen sonderlichen Gebrauch davon, gemacht zu ha«
ben scheinen, selbst nicht ihre Astronomen *). Diese
bestimmten die Zeit einer Beobachtung entweder durch
gleichzeitig gemessene Stern- und Sonnenhöhen ^),
1) c. 22.
2) Die erste Erwähnung derselben findet sich beim Aristo»
phanes Acharn, v. 693^. Ft^. T. 93. Vergl. die Schaliea
daselbfiiti ~
3) Vitruv. de arch. IX, 9. Plin, Ä \?V; VH, 38.
4) Die Beschreibimgy die VitruTius a. a. Orte von der
hydranÜBchen^ llkr des Ctesihius gibt, ist nicbt^ ganz deutlich.
Ihre Einrichtniig tnäls künstlich genug gewesen sein. ^' ' ,
5) In denl Augenblick, «wo ein AAtronom eine Beobachtnog
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96 Technische Cbromlagie.
oder bedienten sich 'auch wol der oben (87) erwähn-
ten Vorrichtung, die schon die Chaldäer gebraucht
haben müssen, weil sonst ihre Zeitbestinimungen nicht
so genau hätten sein können, ak es ihre Beobach-
tungen^ zu erkennen geben.' Sie hie& bei den Grie-
chen vd^ov (öQoaxojcov, auch wol xX&i\rüdQa '), ob
sie gleich' etwas ganz anderes war, ak die obgedachte
Clepsydra, die vorzugsweise diesen Namen führte*
Am Tage schlols man anfangs die Zeit aus der
Stellung . der Sonne gegen irdische Gegenstände und
aus der Länge und Richtung des Schattens. Man be-
merkte bald, dals der Schattto'zu Alittage am. kürze-
sten sei und immer einerlei Richtung habe. Um dem-
nach diesen wichtigen Zeitpunkt des Tages genau
und die Vor* und Nachmittagszeit wenigstens itn
Groben zu erkennen, wird man frühzeitig auf, den
G/ebra.uch des Gnomons gekommen sein, d. i. einer
Mittagslinie, über der man auf einem horizontalen
Boden senkrecht einen Stift, Stab oder Obelisk
errichtete. Von dieser einfachen Vorrichtung sind all-
mählig die Sonnenuhren ■ — coQoXoyia fj^axa oder
cf9u6priQU6d — der Griechen ausgegangen; denn bei
denselben stand der Schßttenzeiger — yvdf.uov —
in der Regel vertikal, da er bei unsem Sonnenuhren,
die nicht dife veränderlichen Stunden der Altto, son-
-^ ydern
zur Nachtzeit machte, mnTste ein anderer die Höhe eines bekann-
ten Sterns messen, woraus sich dann der cuhnin^-ende Punkt des
Aequators und durch Yergleichnng desselben mit der geraden
Aufsteigung der Sonne die wahre Zeit der .Beobachtung berech-
nen liefs. Bei Tage dienten die Sonnenhöhen zu gleichem Zweck.
Wie Tiel bequemer haben es doch die jetzigen Astronomen bei
dem Gebrauche ihrer Uhren!
1) Man/sehe Suidas unter diesem Worte, und Martianns
Capeila in dem Kapitel des achten Buchs der Nuptiae^ v¥o
Yom scheinbaren Durchmesser des ISondes die Rede ist«
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byGoogk
, Griechen. , 97
dem eme gleicfaion^ige SttmdeneinÜidlung geben ^ in
der Richtong der/Weltaxe liegt Unsere Gnomomk
isl' daher eine ganz andcfire als die der Alten,
Herodot sagt (86), die Griechen hätten den-
Polos, den Gnomen und die 12 Stunden des Tages
von den B^yloniern entlehnt UoXoq hält Scaliger,
mit um so gro&erer Wah^cheinlichkeit für die ältere
Benemiung der Sonnenuhr b^i den Griechen, da selbst
noch in- späterer Zeit eine ihrer vielen Arten von Son-
nenuhren diesen Namen führte ^ ), der auch ganz pas-
send gewählt war; denn aus 'stoX&a oderÄoAm», dre-
hen, entstanden, konnte er eben so gut von einem
Instriunent gebraucht werden, das durch den sich dre-
henden Schatten eines yartikalen Stifts die Stunden
angibt, wie von den Wendepunkten der Hunqiels-
und'ErdkugeL
Das Wort ywofuu^j das Herodot zugleich nennt,
steht dieser Ansicht nicht emtgegen; es bedeutet zwar
den Schattenstift der Sonnenuhren, macht also einen
wesendiehen Bestandthefl derselben |ius, wurde aber
auch ohne Verbindung mit der Sonnenuhr von der
obgedaehten einfachen Vorrichtung gebraucht» .welche
durch die Richtung des Schattens die Tagszei^n, und
durch die Lange desselben um Mittag die Hauptepo-
chen des Jahrs, die Sonnenwenden und Nachtgleichen»
m erkennen gab.
Nach Suidas *) und Diogenes Laertius •)
war es Anaximander, der die erste Sonu^mAr in
Griechenland aulstellte. Es ist auch in der That nicht
unwahrscheinlich, daüs er die Griechen zuerst mit die-
ser Erfindung des Orients bekannt machte; denn nach
1) HaadK f,.333.
2) ▼, Anazimatnder.
Z) De Vit. pkil. U, 1, 3.
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98 Technische Chronologie,
Plinius * ) W2|r er der erste CTrieche, der die Schiefe
der Ekliptik wahrnahm, oder vielmehr m^fs, wozu
^ich ihm kein anderes Mittel darbot, als die Beobach-
tung des Mittagsschattend' am "Gnomon. Nach, eben
diesem Schriftsteller *) war es 'Anaximenes, der
Schüler des Anaximander, der das 'erste ftorologiwn
, sciothericön errichtete. Auf jeden Fall mufe' man
sich diese Versuche noch sehr roh vorstellen. Erst
in der alexandrinischen füpoche kam die Gnpmonik
zu A,ex Vollkonimenheit, die sie^ bei den Alten er-
langt hat
Noch zur Zeit des Aristophanes scheint man
sich zu Athen mit dem blofsen Gnomon ohne Stun-
deneintheilung behol^n zu haben; denn er spricht
einmal^) von einer zehnfüfsigen Schattenlänge
T— dtov/jELOv Äcxaotovp — bei der jemand zu Tische
geladen wird. Solche Zeitbestimmungen nach der
Länge des Schattens kommen bei den Alten öfters
vor, selbst noch späterhin, wo man schon Sonnenuhren
hatte ^). Es halte damit folgende ganz einfache Be-
wandnifs : man stellte sich aufrecht hin, bemerkte den
Punkt, wo das Ende des vom Körper geworfenen
« Schattens hintraf, und mafs nun mit den Ftilsen die
Länge des Schattens., Da bei einem prbportionirt ge-
wachsenen Menschen die Länge des Fulses ein ziem-
lich constantes Verhältnifs zu der des Korpers hat,
•so gab dies allerdings beim Sonnenschein ein noth-
dürfiages Mittel zur Bestimmung der Zeit eines Gast-
mals für mehrere zugleich ' gdadene Gäste. Dä£s man
1)Ä7V. U, 6. 2)iRiKn, 78j
. 3) EccUs, V. 648.
4) S. Platarch de adulatoris et amici discrimine c. 5
and die yoa Casaubonus zum Athenäus VI, 10 gesammelten
Stellen. . ,
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Grieche. 99
wirklicli bd %okher Gelegenheit den Schatten mit
dem Fii£^ abmaüs, sagt Hesychitis *), besonders aber
ein .von Salmasius ^) eitirtes Fragment eines Theo-
dor ns. Der Körper selbst war also Jiierbeh.der Gno^
mon. Unten in der Zeitrechnung der Römer werden
wir auf diesen Gegenstand noch einmal zürückkom*
men.
Da die Somienuhren bei den Griechen eitst spät
zu einiger Vollkommenheit gelangten, so mufete die
Stundeneintheilung des Tages, die sie schon vor
Herodot aus dem Orient enüehnt hatten, bei ihnen
einige Jahrhunderte lang eben so unbenutzt bleiben,
wie die Kenhtnils der Buchstaben, die sie schon vor
dem trojanischen ](^riege .aus dem Orient erhalten ha-
ben ^sollen. Es dauerte selbst lange, ehe das Wort
&^ für Stunde in Umlauf kam. Herodot kennt es.
in dieser Bedeutung noch nicht; denn er spricht blöls
von den 12^ Th eilen — ^iqea — des Tages. Beim
Xenophon ist an der angeführten SteDe (94) von
der &QOL dar Nacht, des Monats und des Jahrs die
Rede, die uns die Astronomie kennen lehren solle.
Das Wort bedeutete also anfangs die 2^it im Allge-
meinen, besonders die Tags- und Jahrsteit Es s;teht
bei altem Schriftstellern zuweilen so, dais es auf den
ersten Blick für Stunde genommen werden kann,
z. B. an einer ändern Stelle des Xenophon ® ), wo es
heilst, dals man die co^a bei Tage mit Hülfe der Sonne^
bei Nacht vermittelst der Sterne erkenne. Es ist aber
hier gewiis noch an keine eigentüehen Stunden zu
denken. Dies ist auch Hindenburg's Meinung, der
in semen Anmerkungen zu Xenophon's Memora-
-1) V, i*fdtoX}q tfowa,
2) Ad Solfa. p. 455. Yergl. Handb. I, 237.
3) Menh Socr. IV, 3. * ,
7 •
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100 Technische Chrbnotogie. ^ . .
bilien *) griindliche Untersuchungen hlember an-
)BteUt. Erst als zu Aiexandrien Sic Soimetiuhren ver-
Tollkommnet und vervielfacJit waren, ging die Stun-
deneintheSung des Tages ins Leben über, un4 nun
ward das Bedürfhifs eines eigenen Worts für Stunde
ittfalbär. Man wählte dazu cü^, welches Wort, wie
wir aus dem Almagest ersehen, schon Hipparch
in diesem Sinn gebrauchte. Mit den Sonnenuhren
ging es zu den- Römern über.
Auch zur Erkennung der Jahrs Zeiten gebrach
es den Griechen lange an jedem andern Hül£smittel
als solchen, die ihnen die Natur selbst .darbot» Dahin
gehört äas J^ommen und Gehen der Zugvögel * ), wel-
dies Merkmal selbst späterhin noch in die JCalender
aufgenommen zu werden pflegte. Besonders abef wa-
ren es die Auf- imd Untergänge der Sterne in der
^Morgen- und Abenddämmerung, die man in Ermange-
lung eines festen Sonnenjahrs und unserer Kalender
als Signale der Jahrszeiten gebrauchte.
Ursprünglich scheinen die Griechen das Jahr nur
in Sommer und Winter, oder, wie ](|esiodus
sagt^), in den o^vnp'oq und o^oro^, die Ernte- und
Pflügezeit, jgetheilt zu haben. Den Anfang dieser
bdden Jahrszeiten knüpft: er an^ den Frühauf- und
Frühüntergang der Plejaden; Für ihn, dör etwa 800
Jalir V* Chr. unter dem Parallel von 38^ sang, er-
folgten die^e Erscheinungen am 19« Mai und 3. No-
vember des julianischen Kalenders, welche Tage die'
Stellung unsei^ gregorianischen IL Mai und .26. Ok-
tober haben. Die Ernte fing also in Griedhenland
aehr viel früher an, als bei uns. '^Aqoto^ ist die Zeit
1) S. 170 ff. ^) S. Hesiodi Lairdbüu v. 448 und
Aristoph. Aves v. 710 ff; - . .
3) V. 383 des angeCäbrtea Gedicbts. .\
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j'by Google
Griechen. lOi
der Wintersaat, des beginiieiidea*:90^<^»cav, d. i. der
stiiimischeii und nassen JahrszajL . Aus Aratus^),
ersehen wir, dafs die Griechen .adeh späterhin noch,
den Sommer -^ ?^o^.;— - und Winter .— x^i/wciw
— auf diese Weise bestimmten. JBbefi 80 ^e Römer.
VergiUarum ^OQOriu^ sagt Pltn^us. ^)> fiestaslncU
pit, oecasu hi^ms, sem^istri :qj€ffio intfa siß mes^es^
vindemiasque ßt omnimoi maturit^tem compl^xae^,
AUmähHg nQtersdiied man . niehren& Jahrszeiten.:
Das Wir^rhaKpjahr'th^ilte n;ian zunächst ins die Zei-
ten der ruhenden i^id^erwachend^p P}$^tfir3rj^e nannte^
man x^i/luov ini engem Sinn, diesejfi^^» Frühling.
Den Sommer sdued man. in deBt'^F|rüh- und Spät-
sommer — ^BQoq ipid ^ojcwQo. Es 'wird aj^thig .^ei%.
diese Jahrszeiten beim Homer und :Hesiodas nach >
^weisen. .' ! . * . .' !»
Den Wfet^r und FnUüing nenneapi he^e.IHahter«
häofig«. Dals 4er Eintritt des erst^rp an (kn* f]rihs
Untergang der Plejädep g^sknüpft wurde^ ist scRön he-
medsit' worden. Den Anfang des Frühlings setzt He
siodns SHif dasi Spätonfg^uig, des Atkfur ')., welche
Erscheinung ^^^einer^JZ^it und unter aej|}ei|,.PqIhöh^.
am 24. FebiHar' des juliani^chen.K^üllenders, d.7 iTage
nach, der Wi^l^^rwende erfolgte, \i^für .er d^e runde
Zahl von 60 Tagen* setzt Den Soiimtex: , im, Gegen«,
satz zimi Winter, neimt Homer ^4?^» ** B- wenn
er sagt^ dals es .dem (garten des Aleinoos das ganzQ
Jahrhii^durch* mdit m Früchten mangele, weder im
OC^fwu.no^ im ^^^ ^), Den Früh- ^nd Spätsom-v
mer unterscheidet er einigemal, ^X ^^^ mnfs stck
hüten^ .die osCM^a jndit mit unserm Herbst zu ver-'
wedbsehi. Sifi fing viel früher an und begriff noch
1) FAaefK 2$4. 2) Ä N. XVHl, 69. 3) v, 564:
4) Od. n, t^iS, 5) Z. B. Od. %, 191.
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103 Technische Chronologie -
die hei&este 21eit des Sommers in sich. Es yvdx die
Zeit des Reifens und Gedeihens aBer Baumfrüchte,
die daher auch selbst oncD^a genannt wurden« Ho-
mer knüpft ihrea Anfang an den Friihaufgang des
Hunds^erns ^), den er de&halb ooy^q oäcöqivo^ nennt').
Diese Erscheinung Erfolgte für ihn in deii ktzten Ta-
gen des Jtdius. ^ach eben derselben nannten die Rö-
mer die heilse^is - Jährszeit dies vaniculares, Hunds-
tage, und nach ihrem Vorgange auch wir, nur dafe
wir sie dadurch liäher bestimifien; dafis wir sie auf
die Zeit besdbiräiiken, \^elche die Sonne im Zeichen
des Löwen zubringt. Aristoteles*) und Theo-
phrast * ) fangen die oäcSq« gar schon mit dem Friih-
aufgange des Orion an, der %vl *ihrer Zeit am 9.' Ju-
lius erfolgte, Hesiddus^) dagegen erst 50 Tage nach
der Sommerwende, d. i. um den 20. Apgust; denn
die Sommerwende tt^af zu seiner Zeit auf den Anfang
des Julius. Man sieht also, dafe diese Jahtszeit bei
den altem Griechen schwankcfnd blieb, v
Einen eigentlichen Herbst, als Uebei^ang vom
Sommer zum Wintei', kennt Homer noch nicht. Als
man diese Jahrszeit später iitit^rschied^ nannte man
sie fwroÄca^di; oder ^iwxcaqQ^^ d« ' i; die nach der
oÄcoQoe folgetidte, sic^ beschlielsende Zeit^ wo. dann die
oircoQqe auf den heüsesten Sonuner -beschränkt blieb«
Beim Hesiodus kommt zuerst dne Spur davon
vor, indem er von der Witterung das Adjektiv /tisro-
iua^ivoq^ eben so wie ein andermal oit&iqtvoqj in einem
Siinne gebraucht, der ganz unserm herbstlich ent-
^richt *). Ich bemerke hier noch, dafs er die Wein-
lese an den Friihaufgang d^ Arktmr^ d. i. an den
ISL September, und die Wintersaatzeit nicht blofis an
1) A. X, 07. 2) //. «, 5. 3) PrM. XXVI, 14.
4) De venHa p. 414. 5) ▼. ^. 6) ▼. 415, 674.
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Griechen. 103
den Frühuntergang der Plejaden, sondern einmal ^) .
an den der Hyaden und des Orion knppft, welche
Erscheinungen für ihn auf den 7 und 15. Novem-
ber trafen.
Es fragt sich, ob wir beim Homer, beim He-
siodus^und überhaupt bei den altem Griechen drei
oder vier Jahrszeiten anzunehmen haben. Einen
Herbst offenbar nicht Sollten wir aber ihren Früh-
und Spätsommer nicht als besondere Jahrszeiten',
ansehen müssen? Ich zweifele. Einmal erwähnen
einige ältere Dichter, die offenbar die Absicht haben,
aOe Jahrszeiten zu n^men, nur drei, den Winter,
Frühling und Sommer. So ist beim Aeschylus ^)
von x^i/Ator, tot^y pi^^ beim Aristophanes *) von
XBifiüWy lag, &7C(OQa die Rede Von dem Diohter AI-
cäus hatte man nach Athenäus ^) eine Frühlings-,
Sommer- und Winterode, worip er zum Trinken in
jed^ Jahrszeit aufforderte. Auch kannte die ältere
griechische Dtcht- und bildende K^st niu: drei
Hören ^). Pausanias führt verschiedene alte Bild-
wetke ap, auf denen nur drei Hören dargestellt wa-
ren. Die Hören waren ^ber gewifs früherhin ehe^
so Symbole der Jahrszeiten, wie späterhin^ wo man
ihrer vier unterschied * ).
Einen Herbst dem unsrigen anakg finden wir
zuerst beim Hippokrates und den altem medicini-
^ sehen SchriftsteUem der Griechen. In der Sohrift de
diaetaT^ ^^7 wenn auch nicht dem Hippo.kra^es,
doch gewils einem seiner Zeitgenossen angehört, heifsi^
es ^): „Man theilt gewöhnlich das Jahr in vier Theile,
1) V. 614. 2) Prometh. r. 453. 3) Jves y. 710 O.
4) 1. X, p. 430. 5) S. Hesiodi TAeog. y. 901.
6) Ycargl. Handbach I, 248 ff.
7) 1. m, p. 366 ed. Foesü.
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104 . Technische Chronofogie.
den Winter, FrUhfing, Sommer — pi^^oq -^ und Herbst
— cp^ivoitcöQov. Der Winter geht vom F^rühnntergange
der Plejaden bis zur Frühlingsnachtgleiche, der Früh-
ling bis zum Frühaufgange der Plejaden, dei: Sommer
bi3 zum Frühaufgange des. .Äfktur, der Herbst bis wie-
der zum FrUhuntergange der Plejaden. ^^ Ebei^ diese
Jahrszeitdi werden in ^em Buche de aerey locis et
aqids genannt, das entschieden den Hippokrate^
zum Verfasser hat , nur dals /uEroÄcoQov statt ^^ti^oaco)^
qoD steht Dieselbe B^timmungsweise der Jahrszei-
ten war auch späterhin bei den Griechen und Römern
üblich.'
Dadurch, da& man den FrühUng nicht, wie {m-
herhin, mit dem Spätaufgange des Arktur, sondern
erst mit der Nachtgleiche anfing, erhielt der Winter
»eine unverhältnilsmälisige Länge. Dies gab Veranlas-
sung, ihn in drei Perioden zu theilen, iu den agoro^
. oder cTfltogijrot?, die Saatzeit, in den eigentlichen .
XBifj^, Mittwinter, und in die ^nyraXia^ die.Baum-
pflanzzeit, welche drei Zeiten mau mit dem Erüh-
untergaiige der Plejaden, der Winterwende und dem
Spätaufgange des Arktur anfing. Den Sommer schied
man nach wie vor in pi^oq und o^cco^a, indem man
den Frühsommer mit . dem Frühaufgaoge der Pleja-
den, und .den Spätsommer mit dem Frühaufgange
' des Sirius begann. So entstanden mit Einschluis des
Herbstes, dessen Anfang auf den Frühaufgaog des Ark-
tur fixirt blieb, sieben Jahrszeiten, die Hippokra-
tes, nach Galen's Versicherung ^), in dem verloren
gegangenen Werke of£gt Ißöojuctocöv unterschieden ha-
ben ijoll. Diese sieben Jahrszeiten fingen zu seiner
Zeit (430 V. Chr.) in Griechenland also an: die Saat-
zeit den 5. November, der JVCttwinter den 26. Decenoi-
1) Cornment, in Ubr, /. Epid. Opp. Tom. Dl, p. 7.
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ber, die Baumpflanzxeit. den 27. Februar, der Früh
ling den 26. Märs^ der FriUisommer den 21. Mai, der
Spätsommer den 2S. Julius, der Herbst, den 21. Sep-
tember. Es ist aber zu bezweifebi, dals sie irgendwo
in Griedxenl£(iid in . den volkstbümlicben ' Gebrauch
übei^egangen sind. Ge\nfs ist es, dals man daselbst
späterhm,.so wie zu Hom,. niu: vier lährsz^iten un^
tersdbied. Drei derselben, nämlich Sommer, Herbst^
und Winter, fing- man jmit Fixstemerscheinungen an;
nur den FrühHng nach jetziger Weise mit dem Ein*
tritt der Sonne ii^ d^ Widder. Die wissenscbaftli^
eben Schriftsteller, wie Geminus ^), setzten mit dejf
Zeit die Anfange sämmtlicher Jahrszeiten auf die Ein-
tritte der Sonne in die Zeichen, an die sie noch jetzt
geknüpft sind. ...
Es war also die Q^bi^cjhitung einiger ausgezeichne-
ten Sterne und Sterpgn^pen., die den Griechen die Zei-
ten dei; Saat, der Eamte; der Weinlese, kurz idie Haupit^
epochen des Laridbai^s, und, ich setze hinzu, der Schiff-
fahrt angab; denn der Frühauf- und Untergang de^ Ple-
jaden bezeichnete .die Grenzen, welche ^ furditsame
Küstenfahrt der Alten lat^ nicht zu. überschreiten
wagte. Ater nicht' zu '^denken, dafs die Witterung
dergleich^ Beobachtungen oft vereitelte) und : nicht
jedermann Lust uii4 Gelegenheit hatte, sie anzustel-
len, waren sie ai|cb bei steigender Cultur zur Aus-
messung der Zeit bei weitem nicht 'hinlänglich. Es
kam nun darauf an, dem Jahr eine Form zu geben,
UQd es in kleincpre Aj^sphnitte von bestimmter Dauer
zu theilen, um bequem datiren zu können*
Wir müssen . zuerst den allgemeinen Charakter
der griechischen Monate und Jahre kennen lernen.
Scali^er hat zu beweisen gesucht^), dals die
1) Isag. t. 1. 2) Em. temp. 1. I, p. 22 ff.
•' * •' r
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106 Technische Chroriologk.
Monate der Griedien durchgängig aus 30 Tagen
bestanden, und sich immer erst nach beträchtlichen
Zwischenräumen einmal mit dem Monde ausglichen.
Dies ist ein Irrthum. Zahlteiche, von Petavins ^)
und Leo Allatius *) gesammelte Stellen lehren aufs
unzweideutigste j ' dafs die einzelnen griechischen Mo-
nate nach den Mondphasen abgemessen waren. Eine
' der entscheidendsten findet sich beim Aratus ^).
Wir ersehen äaraus, was wir auch von andetn Sei-
ten h^r wissen, dafs der griechische Monat mit der
Erscheinung der Mondsichel in der Abenddämme-
rung anfinge Darum hiefs auch sein ejster Tag
Was die Jahre betrifft, so ist schon aus der
Beschaffenheit der Monate klar, dafe es keine freien
Sonnenjahre sein konnten. Es waren gebundene
Mondjahre, die sich erst nach kurzem oder langem
Perioden mit der Sonne ausglichen, indem durch Ein-
schaltung' gänzer Monate ,der Anfang des Jahrs im-
mer 4n aherlei Jahrszeit erhalten wurde.
Dieses ganze Wesen der Monate und Jahre der
Griechen lehrt uns am bestimmtesten Ge minus ken-
nen, indem' er das zum Grunde liegende Princip also
ausdrückt *): „Bei den Griechen herrschte die ^Ite,
durch Gesetze und Orakel vorgeschriebene Sitte, nach
Tagen, Monaten und Jahren zu o|)fem (d. i. gleiche
Feste immer bei gleichen Mondgestalten und in glei-
chen Jahrszeiten zu feiern). Zu dem Ende, zählten
sie die Tage und Monate nach dem MoAde, die Jahre
nach der Soniie." - ,
Man hat sich demnach von der griechischen Zeit-
1) Dactr. temp. 1. I, c, 4 and 5. Far. disserf, L iV,
c. 10; 2) De mens, temp, c XI.
3) Phaen. v. 733 ff. 4) c. 6.
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Griechen. 107
( ' ■ _
rechnung fplgende Idee %xi machen. Die verschiede-
nen griechischen Völkerschaften 5 Athener , Spartaner,
Thebaner u. s. w*, hatten zwar ihre besonderen Mo-
natsnamen, kamen jedoch darin überetn, dafs sie ihre
Monate nach dem Monde regelten. Da aber der Mond-
monat ungefähr 29 und einen, halben Tag hält, also
bürgerlich genommen bald ans 29, bald aus 30 Tä- *
gen bestehen mnfe, so konnte es nicht fehlen, dafs
die einzelnen Monate^ wenn sie gleich im tianzen pa-
rallel mit einander fortliefen, doch nicht überall gleich-
zeitig anfingen, besonder^ in früherer Sicit, wo maii
noch keine hinlängli<;he I^enntnifs vom Lauf des Mon-
des hatte, um die Zeitfe-echnung auch bei triitier Witte-
rung mit dem Himmel' in Uebereinstiiimiung erhalten
zu können. Weiter aber als auf ein paar Tage kann
die Abweichung der bürgerlichen Monate- vom Monde
nie gegangen sein, weil es so leicht war, sie nach
seinen Erscheinungen zu berichtigen, indem der erste
Tag mit der ersten Phase und die Mitte des Monats
— öixpfivj^ia — mit dem vollen Lichte zusammentref-
fen mufste. Folgende Stelle des Cicero *) bestät-
tigt dies; Est conäuetiid^ Siculorumyceterorurhque
Graeconan, quod mos dies mensesqiie congruere
volunt cum soüs hintieqtüe ratiöne^, ist nonnun-
qiiam, si qmd dUcr^ety eccimant unum atiquem
dient iiut, summnm, biduum ex mense, quos illt
i^cuQEorifuyvq die^ no^nant: item nannunquam uno
die longiarent'mtns^m'faeiant aut biduo. Man
bereift leicht, dafs ein zu vieMiier und ein zu we-
nig dort bei zwei griechischen Völkern solche Ver-
schiedenheiten des Datums hervorbringen konnte, wie
sie in folgenden Worten des Aristoxenus ') ang^-
1 ) Jttio II. in Ferrem,X H c 52.
2) -Harm. Elem. H, p. ao ed. Mcors.
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,\
108 Technische Chronologie,
deutet sindü „Den Haniu>iukeni geht es mit dc^ Tö-
nen, wie den Völkern mit den Monatstagen; wenn
die Korinther z. B. den zehnten des Monats haben,
«a zählen die Athener wol erst. den fünften und an-
dere d^i achten/^ Aber eine fünftägige Abweichung
der bürgerlichen Monate, nicht blofs von einander,
' sondern^ VQjn Mjonde, halte ich fiir .ganz uxiiaöglich«
Da zwölf nach dem Monde abgemessene IVJonate
nur 354 Tage 8 St. 49' geben, so fehlen zur Aus-
gleichimg mit der Sonne noch IQ Tage 21 Stunden«
Sollte, also der. Anfang des ! Jahrs .auf einerlei Jahrs^T
zeit haften,. so muiste von Zeit zu Zeit ein dreia^hn-
ter Monat eingeschaltet werden« Ein Jahr von 13
Monaten wurde Schaltjahr genannt Um die
Willkühr zu beseitigen, führte man Schaltcykd von
mehr oder, weniger ganzen Jahi^q ein, in deren Ver-
lauf eine bestinunte Anzahl Monate ^ in bestim^iten
Zwischenräumen eingeschaltet . wiurde. Diese ^ykel
vervc^kommnejten sich^aUmählig, so wie inan.^iii der
Kenntnife ^.des La«f$ der Sonn^ ^d des. Mondes .vor-
schritt. ( ' Ifierin ^amen alle . griechische Völker mit
einander ^ ubexeiu} nur dafs das eine das Jahr in dieser,
das aiidere in. Jenei; Jahrszeit . anfinge das eine diese,
das andere Jene Monatsnamen h^tte, das «me diese,
das andere jene Schal^eriode^g^r^uchte» Man sieht
leidit, welche N^chtheile eine solche. Verschiedenheit
für dto gegenseitigen Verkehif/}ia]^en mii&te.. Wer
sich aus dem ein^n Staat in dw andern beg^b^ntoC^te
sich imm^r erst mit d^en Kalcfnder bekannt machen.
Es fdblt sehr viel, dals wir genw wissen soll-
ten, wie. sich dies alles gesdnehüich gestaltet hat,
ja nur, welches der vollkommenste Zustand war, zo
welchem die Zei&echnung bei jedem einzelnen grie-
chischen Volke gelangt ist Selbst die der Athener
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Griechen, 109
in Qirer blühendsten PeHode ist uns nicht mit voll-
kommener Sicherheit bekannt. x
IKe beiden ^testen Dichter geben über Dinge
dieser Art wemg Auskunft. Sie sangen für sämmt-
liehe Griechen^ und fnüfsten schon defshalb alles ver-
meiden, was an die Zeitrechnung der einzebito Vol-
ker mahnen konnte. Beim Homer ist nirgends von
bestimmten Monaten und Jahrsformen die Rede. Doch
ist aus allem klar, dais sein Ja]^r ein tropisches
oder ein, wenn auch nur im Groben, nach der Sonne
geregeltes war. Dies lehren die Beiwörter «©g«sf*go-
n^W, ^eqireXko^^Bvoq und %sqtxkdp^Q(;j die er d^m Jahr
beilegt, und d^ ganze Art, und Weise, wie er vom
Kreislauf der Jahrszeiten spricht ^). Auch fehlt es
nicht an Andeutungen, dais sein bürgerliches Jahr
ein Mondjahr sein mufste. Dahin gehören die sie*
ben Heerden von je 50 Rindern, welche die Sonneii-
nymphe Phaethusa und Mondnymphe Lampetie auf der
dreizackigen Insel weiden^). Die .Gesammtzahl ist
350, die runde Zahl der Tage des Mondjahrs. Daus die
Zahl sieben schon auf eben so viele Jabrszeiten hin-
deute, wie sie späterhin Hippokratfss annahm {104),
ist nicht wahrseheinlich. Auch lehrt eine Stelle der
Odyssee ')s, dais zur Zeit des Dichters die Monate
schon eben so, wie eipäterhin, nach dem zu- und abt-
aehmenden Lichte des Mondes abgemessen waren.
Hesiodus handelt am Schlüsse seines I^and-
baus von den ^ücklichen und unglüekUchen Tagen,
von denen er die durch den Volkswahn besonders
ausgezeichneten hervorhebt. Hier kommt schon eine
Spur von der später gebräuchlichen Eintheilung deS'
1) Vergl. Od. *, 469; %, 393; 4, 293; f, 152j ci,.141.
2) Od.pr, 127 ff. ' 3) 47162. .
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liO Technische Chronologie.
Monats in drei Dekaden vot, indem er den dten^
14ten und 24sten Monatstag durch t&rQaQ ytQQotriy fiscrari
und fpP'ipovfo(; unterschddet« Auch gedenkt er der
ersten und mittleren Neunzahl, dvou;, mit der er die
TQigEivou; zusammenst^t^ womit ei^ also den 29sten,
nicht den 27sten, Monatstag andeuten wilL Den 30sten
Tag neiint er schon Vgioxa«;, welche Benennung also
nicht erst Thaies aufgebracht haben kann, wie Dio-
genes Laertius behauptet ^). Daraus, dals er den
30sten Monatstag nennt, folgt gerade nicht, dals je-
der seiner Monate 30 Tage hatte« Wenn auch der
Monat 'abwechselnd 29 Tage hielt, so ist es gar nicht
befremdend, dafs er einen 30sten hervorhebl^ weil es
30tägige Monate gab. Als Eigenname eines Monats
kommt bei ihm blols der Lenäojn vor, den er' als
einen winterUchen bezeichnet * ). Sonst deutet er die
Zeiten des Jahrs blofs auf die oben gedachte Weise
durch die Auf- und Untergänge einiger ausgezeichne-
ten Sterne an.
Scaliger sieht die tQuxxou; beim Hesiodus wirk-
lich als einen Beweis für seine Behauptung an, dafs
die Monate der Griechen durchgehends aus 30 Tagen
bestanden haben« Mit gröfserem Rechte koni/te er
sich auf das bekannte Räthsel ae^ Cleobülus ^)
und auf die alte Eintheihmg der attischen Bürger m
Stämme, Phratrien und Geschlechter berufen. Beim
Suidas heifst es ^): „Der Stämme machte man 4,
nach der Analogie der Jahrszeiten, der Phratrien i%
nach der Zahl der Monate, und der Geschlechter in
. 1) Da Vit. phil. I, 24. 2) Landbau 504.
3) Diog. LaSrt. I, 91. Stobäas ed. phya. L Ij p. 240 edL
Heeren. YergL Handbuch 1, 258.
4) V. ^ivv^fau. Yergl. ' Harpocration nnter demselben
Worte und Pollux Ofi. Ul, 4, 52; YHI, 9, 111. .
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Griechen. W\
jeder Phratria 30, nadk der Tagsonfme 360 des Jahrs".
Auch kommt der SOtägige Monat lind das 360tägige
Jahr selbst noch m spätem Zeiten vor« So berech-
net Hippokrates einmal ^) .9 Monate 10 Tage zu
280 Tagen, und Aristoteles ^) \ Jahr zu 72, ^ zu
60 Tagen. Die Zahl 30 beweiset aber in: solchen
Fällen für die Dauer der bürgerlichen Monate eben
so w^nig, wie die Zahl 1360 für die Dauer des bür-
gerlichen Jahrs. Jahre von 360 Tagen hatten die
Griechen gevidTs nie. Solche Jahre würden sich we-
der mit der Sonne noch mit dem Monde ausgegli-
chen und sich schon in einem Menschenalier durch
alle Jahrszeiten verschoben hahen. Da aber das biur-
gerliche Jahr der" Griechen sowohl nach dem Monde
als nach der Sonne geregelt wurde, so war es ganz
natürlich, dafe man seine Dauer, wenn es nur auf
eine runde Zahl ankam, zu 360. Tagen berechnete,
die das Mittel zwischen dem Sonnen- und dem Mond-
jahr halten, woraus dann weiter die Rundzahl 30 für
den Monat folgte.
Init Zeitalter des Homer, und zunächst nach dem-
selben bis auf Solon, war die Zei^echmmg der Grie-
chen ohne Zweifel sehr einfach, ^ber auch sehr schwan-
kend. Man fing den Monat mit der ersten Phase an.
Von hier an zählte man die Tage fort, nicht etwa,'
weil es im büi^erlichen Verkehr schon viel zu dati-
ren gab, sondern nm die Tage, die d^r Wahn früh-
zeitig als gute imd böse gestempelt hatte, gehörig zu
unterscheiden, und um bei bewölktem Himmel die
Festtage nicht zu verfehlen, die bei bestimmten Mond*
phasen gefeiert werden mufsten, z. B. die olympischen
Spiele heim vollen. Lichte. Dem Monat gab man an-
fangs keine fest bestimmte Dauer. Maü fuhr mit dem
1)2)^ arrmbus p. 254. ^) Hut. tmink VI, 90.
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112 Technische Chronologie.
Zählen der Tage fort, bis man die.MondsicI|el, sei
es am SOsten oder 31sten Abend, vo;a nenem in der
Abenddämmerung erblickte. Wurde man durch die
Witterung daran gehindert, so fing man mit dem Slsten
Abend' einen neuen Monat an«
t)ie* Feste soUtenr aber nach vaterländischer Sitte
zugleich in einerlei Jahrszeit gefeiert werden. Man
fand nun bald, dals 12 Mondmonate das Sonnenjalir
nicht erschöpften, und schaltete daher von Zeit zu
Zeit einen 13ten ein» Das Institut des Schaltmo*
nats — f$^ £iLißoXiiii6(; — ist bei den Griechen ge-
wifs uralt, wenn sich gleich beim Homer und^He-
siodus noch keine Spur davon findet« Ob und welche
Grundsätze man anfangs dabei befolgte, wissen, wir
nicht. Eine feste Regel für die Einschaltung konnte
sich erst bilden, als maii die Monate cyklisch zu ord-
nen anfing. Welche Stadien die einzelnen griechi-
schen Völker in dieser Beziehung durchliefen, und ob
ihnen aus dem Orient entlehnte Kenntnisse dabei zu
Hülfe kamen, wissen wir nicht, da die meisten Ver-
suche, zu einer geregelten Zeitrechnung zu* gelangen,
in eine Zeit gehören, wo noch wenig geschrieben
wurde. .. :
Die einaägen Schriftstdler, die von dem Schalt-
wesen der Griechen mit einiger Bestimmtheit reden,
dad Geminus *) und Censorinus ^). Nach bei-
dto fing man init einem zweijährigen Schaltcyklus
an, den man Trieteris nannte, weil man, wie letz-
terer S9^^ tertio quoque anno.^)^ d. i. ein Jahrj
ums andere, einschaltete. Ein solcher Cyklus gleicht
das Sonnen- und Mondjahr nur selur unvollkonomen
aus;
1) Jsag. c. 6. 2) c. 18.S
3) Nadi ^efthischcsm Spr^^chgebmiek 6td ^qltQ-o i'io%}^.
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Grieclhen, ' * \.\.Z
aus; denn 25 Mon^emafe sind um 7 bis S Tage lan-
ger als zwei tropische Jahre, was man durch Beob-
achtung der Mittagsschatteh am Gnomon und der Auf-
und üntergäBf^e der Sterne* bald wahrnehmen mufste.
NaA'Cenrsorin soll man an die Stelle des zweijäh-/
rigeö- Sdfeltcyldus ZDOttächst einen vierjährigen ge-
setzt haMÄ^ den riian Tetra et eris, ödcfr, weil er
sich mit dem beruhenden Rinften Jahf erneute, Pen-
taeteris nannte. l)ieser''Gytlus soll aiis vieTr tropi-
schen Ja&ren' zu 365|^ Tagen', also eben so/ wie der
julianisclfe Schaltcyklüfei ^tiö 1461 Tageii bestanden
haben. ''Wie solKeii^h^r diese in Monate ' getheilt
gewesen sein? ' Dodwell ineiht, man habe den Mo-
naten abwechselnd 3Ö imd 29 Tage gegeben, und am
Ende des zweiten Jahrfe* einen Monat Von SS, am
Ende des vierten einen Toh 23 Tagen eingeschaltet
So komnoieh freiKch die 1461 Tage heraus. Ai-
lein bei dieset AÜordilüng 'würdife eben so wenig die ^
ganze Periode, wie die eirizeWen Monate; mit dem '-
Monde übereingestimmt haben; auth hätte alle zwei
Jahre ein Monat efaie gani abnorme Form gehabt,
die wir zwar in dem ''Schaltmonat der altern Romer,
aber nirgends bei den Griecheji antreffen. Bei diesen
war allermngs eine TetraSteris in so fern im Ge- ^
brauch, kls i^ die olympischen yxtA andere National-
spiele in vierjälörigen Zwischenräumen feierten; aber
die Voraussetzung .des CpuSorili, dafs ihnen der vier-
jährige Cyklus zur Anordnung ihrer bürgerlichen Zeit
gedient und den üebergäng von der .Trieteris zur
OctaSteris gebildet habe,' beruht höchst wahrschein-
lich auf einem IrrÜmm. GemiHus gedenkt der Te-
traeteris gar nicht; Er gdlt von dem zwei|ährigeh
Cyklus, sogleich zum- achtjährigen über. Dieser,
Octaeteris oder auch wol £nneae4eris^^ gekannt,
weil er sich mit dem beginnenden neuntem Jahr er-
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zedby Google
il4 Technisch^ Chronologie.
neute, beatand äuis 9£( Motten, uiiter denen 3 einge-
schaltete, und 29.22 Tagen, ,,Da das Spnnenjahr (dies
sind wesenülch seine Wojte) 365 ^^ üiid das Mondjahr
etwa 354 Tage hält, so nahm man den Ueberschufe
des ersten über das letz.|;e, nämlich ll^ ^^g^9 .^ht-
mal, und erliielt so 90 Tage oder 3 Mijoiai^zu 30
Tagen. Schaltete man diesp ia. Verlai^f yon 8 Jah-
ren ein, so.keluien die Feste zij,,iJerselben Jahrszeit
zurück. Die Scbaltmonsite. wurden f^uf das dritte,
fünfte und, achte Jajir verljieiltj und die übrigen Mo-
, nate abwechselnd zu 30 und 29 Tag^ .gerech-
net." In gleichem Sinne äufeert sich Cen&orin mit
' ^en WoTien* ffunc circuitum verum annum ma-
gnum esse^ Hlßraque Grapcia (S^istimavü^ quod ex
annis verf^ntibus solidis constar^t^ utproprie in
anno magno fieri par est JVam dies sunt^ solidi
CIOCIODCCCCXXIIf menses uno minus centum^
annique vertentes s^lidi .octo* Ich beinerke hierbei,
däfs annuß vertens bei ^en Hömem das tropische
Jahr bezeichnete?, und ,flafs unter annus mLa^g&üs
ein. Cyklus verstanden wird, der Mond un4 Sonne
ausgleicht *)# .,
Das pleraque Graecia des C^nsorin läfst nicht
zweifeln, daJGs dje Octaeteris bei den jGyiecbeii wirk-
lich zur Anordnung der bürgerUchega Zeitrechnung ge-
J)raucht worden, ist; auch war sie ganz dazu geeig.
net, weill. 99 MQpdmonate nvr um el;wa anderthalb
' Tage kürzer als 8 Sonnenjal^re sind, sq dafs der acht-
jährige Cyklus mehrinals wiederholt werden konnte,
ehe seine Abweichung vom Hiii^mel sehr bemefklich
wurde* ;D^s ;Q^ai> die 3, ßchaltmonate so v^rtheUte,
wie Gemi](lus sagt, ist viel wahrscheinlicher, als dais
' Ij) Bini^i fiigteii noch die.PlaiieteOL biiiziL Man ver^^Cie.
de nai. det^r^VL, 20. •
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' Griechen. 116
man' sie, wie Solinus ^) und Qlacrobius ^) wol-
len, «rn Ende des Cyklus mit eulemmal dngesdial-
tet habe.
Als den Ur&eber der Octaeteris^ nennt uns Cen-
sorin den Cleostraius: Harte Cle^^r^ämn Tene-
diurn primurn fer\mt eomposidssd^ ei postea alios
aüter, qui mensibus varie intercalandis stias oxroi-
srvjQiSou; protulerunt, id fecit ÜarpahiSy Natdeles,
Mnedstr€UttSf item aUL Wir kennen das Zeitalter
dieses Mannes nieht; nur so viel geht ans einer Stelle
des Plinius hervor ^)y dafs er nach Anaximander
gelebt Hat) den er in die 58ste Olympiade setzt, also
nach der Mitte des sechsten Jahrhunderts vor Chri-
stus. Hie^ kann indessen nur von dem Urheber der
wissenschaftlichen Anordnung und Ausbildung der Oc-
taeteris, wie wir sie aus Geminu^ und Censori-
nus kennen, die Rede sein. Die Wahrnehmung, dais
99 Mondmonate nahe mit acht bropisdien Jahren über-
em$tiinmeti, und. dais dieser Zeitraunt der kiirzste sei,
nach welchem sich die Erscheinungen des Mondlaufs
mit dem Soilnenjahr ausgleichen; ist gewx(s sehr früh
in GnechenlfflMl gemacht und für die Zeitrechnung
benutzt worden* Es waren dazu blols ges^nde Au-
'%m^ £ast gar keine- astronomische .Kenntnisse nöthig;
denn man durfte i^ur von Jahr zn Jahr den kürzsten
oder längsten Mittagsschatten mit dem Lichte des.
Mondes vergleichen, mn sehr bald zu findont, dais
alle acht Jahre der Vollmond bis auf eine Kldnigkeit
zum Tage des einen oder des andern zurückkehrt
Auch gibt es Spuiren genug von dem frühzeitigen Da-
sein der Octaeteris als eines Ausgleichungscyklus für
die beiden Zeitraumei» wo/durch die Feier der griechi»
schen Feste bedingt wurde, des Mondmonats und Son-
1) Polyh. c. 1. 2) Sidum. I, 13. 3) Ä N. H, 6.
8 *
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11^ Technische Chronologie. '
nenjahreJ Ich- darf hier nur an die heSigen Spiele
der Hellenen erinnern. Die olympischen wurden
abwechselnd nach 49 und 50 Monaten beim Voll-
monde gefeiert^). Es lag ihnen also der achtjährige
Cyklus zum Grunde ^^ den man, so gut es sich 'liiun.
liefs, in 'zwei vierjährige verschnitt, wohl wissend, dals
die Tetraeteris kein ^usgleichungscyklus sei, wofür
sie Censorin irrig« genommen hat Die pythischen
Spiele wurden ursprünglich aJle acht Jahre gefeiert,
wie der Scholiast zum Pindar *) und Censo-
rin versichern. - Letzterer sagt bei Gelegenheit der
Octaeteris: Multae in Graecia reügiones hoc in-
tervallo ^emporis summa caeremonia cobtntur.
Delphis quoque hidi, qui vocantur Pythia^ post
octavum crnnrnn olim confieiebantur* Erst nach
der En^euemng dieser Spiele, Ol. 48,3, v^urden sie
alle vier Jahre wiedeiholt ^). Von den nemeischen
wissen wir, da(s es eine Sommer* und eine Win-
ternemeade ^ab, von denen jene auf den Anfamg
des vierten, die^e auf die Mitte des zweiten olympi-
schen Jahrs traf*). Die Feier war wieder wesc»t-
lich auf die Octaeteris gegründet, wenn sie gleich in
trieteiischen Z^wischenräumen wiederkehrte.
Meiner Udierzei^gung nach hat nicht, wie Ge-
minnä und Gei^sorinus glauben, die Trieteris auf
4ie Octaeteris, sondern umgekehrt die letztere auf die
erste geführt. Die octaeteris war der eigentliche Aus-
gleichungscyklus^ den man, um zum ßehuf der Feier
4) &hol ad Pind. Oh OL
2) P. 298 nach Hra. B^ckh's Assgri^e:
3) S. Hm. Böckh's expUcatt^ ad Pind. Olymp. XU.
4) S. Böckli über die ZeitTerhältnisse der demo-
sthenischen Rede gegen Mldias in den Abbandlungen
der Berliner Akademie ans des Jabren 1B18 imd 19. *
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Grieche. ^ 117
gewisser Feste und Spiele kürzere Zeiträume zu ge^
winneu, in vierjährige und zweijährige Abschnitte
theilte, ohne jedoch von denselben für die bürgerliche
Zeitrechnung Gebrauch zu machen; denn bei der Te-
traeteris findet gar keine ^ bei der Trieteris nur eine
sehr unvoUkonunene Ausgleichung statt Wer dar-
auf ausg^ty wird in den Mythen und Festen der HeL
lenen Hindeutnngen genug auf die Octaeteris finden.
So mulste Cadmus für die Tödtung des Drachen dem
Ares em ewiges ((^klisdi wiederkehrendes) Jahr
— duSi&v iviovrim — V^on acht gewöhnlichen Jahren
dienen, und Apollo nach Erlegung des Python acht
Jahre landflüchtig wdtden, bis er mit dem Lorbeer-
iweige gesühnt hdankehrte *). Wollte man hier die
Zahl acht für bedeutungslos halten, so denke man nur
an' die E>aphnephorien, ein dem Apollo alle 8 Jahre
Hl lieben gefeiertes Fest, desseii chronologische Be-
deutung klar zu Tage liegt ^). l
Dals also die Octa&terissehr früh, schon im he-
roischen Zeitalter, bei den Griechen zur Regulirung
der Feste und der gesammten bürgerlichen Zeitrech-
ming gebraucht wurde, leidet wcd keinen ZweifeL
Dabei aber kann, die Notiz vom Cleostratus immer
bestehen, wenn wir sie nur auf eine genauere wis-
senschaftliche Anordnung der Octaeteris beschränken.
Zu aner solchen gehört, dafs nian den Afonaten eine
von der durch die Witterung so häufig vereitelten
unmittelbaresf Beobachtung der Mondphasen unabhän-
gige Dauer gab. Zu diesem Ende wurde der regeU
mälsige Wechsel von 30 und 29tägigen Monaten, yon
den Griechen /li^^ tOA^k; und xorAo/, volle imd
1) SrHni,]|[Üller'8 0rcbometiOB a.die Minyer & 218.19.
2) Proclus bei Phoiias p. i)88 u. Hrn. Bockh's Fragm^
Pind. p. 590. . ^
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liS TechnUche Chronologie.
hohle> genannt, eingeführt Ich halte es für ent-
schieden, dafs es So Ion war, dem die Griechen ,^ zu-
nächst die Athener, diese wesentKche Anordnung ver-
dankten, wenn es gleich kein AUer ausdrückKdi be-
merkte
Nach Diogenes Laertius ^) hiels er dieAifac^
ner „ihre' Tage nach dem Monde zählen^^ -7 rou;
iifxi^cu; xara aeXJ^wiv aysiv — was hier nichts anders
sagen kann, als, er führte statt der altem sdiwanken-
den Zählung eine genauere, auf die näher ermittelte
Dauer des synodischen Monats gegründete ein. Pro-
clus') versichert, ihm gehöre die Wahrnehmung an,
dais der Mondmonat nicht 30 Tage hlalte, wefshalb
er für den letzten .Monatstag die Benennung «nj xal
^ via eingeführt Dafs der Mondmonat kürzer als 30
• Tage sei, wuIste man gewiis längst; mir dafs, wenn
man ihn mit der Conjunction anfangt, die nächstfol-
gende auf die Mitte der tQtaxag treffe, mit ai^dem
Worten, dafs der Monat 29 und einen halben Tag
halte, war vermuthlich eine von ihm zuerst gemachte,
oder doch wenigstens für die Zeitrechnung zuerst be-
nutzte Beobachtung. , Er nannte daher den SOsten
'Tdg, der dem alten und neuen Monat zugleich ange-
hört, ^ oder tvri xalvia, den alten und neuen,
wie auch Plutarch und Diogenes Laertius ver-
sichern *). Beim Varro heilst es *), er habe diese
Benennung für die rQiaxdu^ oder den Tag der Gon-
junction defshalb eingeführt, guod ea die poteH vi-
deri extrema et prima luna. Es ist aber nicht
möglich, den ab. und zunehmenden Mond an Einem
1) I, 59. 3) In, Timaeum Plat. 1, p. 25.
3) Vita Sol c. 35. De Vit. phiL I, 57. VergL Hundb.
J, 267.
4) De lifig. lat, V, p. 54. ed. Bip. Vcrgl. R. R. I, 37.
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Griechm. 119
Tag« zu sehen, und e$ ist daher wahr^cheipllch, dafs
es leifeen mufs: quod ea dies . . . „weil' dieser Tag
zugjbich für den letzten und ersten des Monats gelten
kam.^* DJ^ Benennung twi für tqiö^xou; kommt übrl-
gei5 schon beim Hesiodus vor ^); So Ion fügte
abir zuerst xa2 via hinzu. Dem folgenden Tage gab
er nach Ptutarch die Benennung vovjLiriviay nicht,
Ais er sie zuerst gebrauchte, sondern sie zuerst dem
nichst^n Tage nach der Conjunction beilegte, die
No^idphase mochte sich schon an ihm zeigen oder nicht
ffier hätten wi^. also die erste Spujr -eines cyklisch be-
stimmten Monats. Auch soll er nach Pinta rch
md demScholiasten des Aristophanes ^) die Mo-
tatstage nach dem 20sten zuerst in rückgängiger Ord-
ning mit dem Zusatz 9^&owo^ (jLirivoq), des zu Ende
gehenden Monats, bezeichnet haben, was wieder
aif eine cyklische Bestimmung des Monati hin^eu-
U; denn bei der alten Art, die Monatstage zu zäh-
loi, konnte man, wenn. man bis zum Slsten/gekom-
nen war, natürlich nicht wissen, ob es der zehnte
ocer neunte vom Ende seL
Die Ausbildimg der Octaeteris bei den Griechen
sckint hieiliach folgenden Gang genommen zu ha-
ben* nachdem man sie lätigst als ein bürgerlidies Aus-
gleidiungsmittel der b.eiden Zeiträume, wovon die grie- -
chisihen Feste abhingen, gebraucht, aber die .Monate
auf dne unsichere Welse durch unmittelbare Beob-
achtmg der ersten Phase bestimmt hatte, führte &o-
Ion 0. 46,3, 594 v. Chr. »), den regehnäfeigen Wech-
sel dci vollen und hohlen Monate ein , und legte da-
durch len Grund zur cyklischen Theorie, Cleostra-
1) Lttdbatt V. 770. 2) jdd imb. v. 1129.
3) Iniieses Jahr, wo er Archou war, gehört seine Ge-
seUgebong.
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120. Technische Chronologie,
tus, der allem Anschein nach nicht viel später leite,
voUetidete dann die Anordnung der Octaeteris dadurch,
dafe er, jenen Wechsel beibehaltend, dreimal im Ver-
lauf derselben, und zwar im dritten, fünften und ach-
ten Jahr, einen SOtägigen Monat einschaltete, und so
ihre Dauer auf ^^ Monate nait 2922 Tagen brachte.
Auf diese Weise ward die Rechnung von der Beoi-
achtung 'des Himmels unabhängig, und es kam nur
' darauf an, von Zeit zu Zeit einmal aufser der Ord
nung einen oder zwei. Tage einzuschalten, um der
Cyklus, der in Ansehung des Mondes um anderthalb
Tage zu kui^z war, immer in Uebereinstinmiung mit
demselben zu erhalten. Es wutden dazu vOn Har-
palus, Nauteles, Mnesistratus, Dosikheus und
Eudoxus, die Censorin, und von Eratosthqnes,
den Ge minus nennt, allerlei Vorschläge gemacht
von denen wir aber nicht bestimifit wissen, ob, und
wann sie ins Leben getreten sind. Allem Anscheir
nach ist im gröfsten Theil Griechenlands die vor
Cleostratus eingeführte Form der Octaeteris, die sicl
durch eine besondere Einfachheit empfiehlt, stets in
Gebrauch geblieben. Nur bei den AÖienem, die siA
durchs einen hohem Grad von wissenschaftlicher Ais-
bildung auszeichneten, wnnrde etwa hundert Jahre nflJi
Cleostratus, nämlich OL 87,1, v. Chr. 432, der on
Meton angeordnete 19jährige Cyklus eingeführt ^ ^<^
von nachher. ,
Ob die Trieteris, von der Geminus und Cen-
sorin us reden ^ irgendwo zur Regulinmg deir birger- ^
Kchen Zeil gebraucht worden, bleibt zweifelhaft Sie
soll nach dem erstem aus 25 dreifsigtägigen Mooiaten
bestanden haben. . Alle^ ein solcher Cyklus i^ ganz
unstatthaft, da er vom Monde um nicht weiter als
llf , von der Sonne gar um 19f Tage a/weicht
Nach dem lelztem soll der Wechsel der vo^en und
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r
i
Griechen. , 121
hoUen Monate dabei zum Grunde gel^n haben. Wkd
der Sehaltmonat ^u 30 Tagen gerechnet^ so kommt
der Cyklus mit dem Monde ziemlich gut überein , nur
in Ansehung der Sonne ist er noch • immer um 7|
Tage zu lang^ so dals von Zeit zu Zeit ein Schalt^
monat weggelassen werden mufste; doch konnte er
wenigstens einigemal wiederholt werden, ehe seine
Abweichung vom Himmel sehr auffallend wurde.
Es ist wohl möglich, dals Solon, der Urhebet.
der eyklischen Rechnung, aus Unbekanntschaft mit de^
genauen Dauer des synodischen Monats und tropischen
Jahrs die Trieteris zuerst an die Stelle der alten
schwankenden Octaeteris gesetzt hat; auf keinen Fall
aber kann sie lange im Gebrauch gewesen sein, da
Cleostra^s, der Urheber der rectificirten Octaete-^
ris, kauni fünfzig Jahr später gelebt zu haben scheint
Beim Herodot ^) loipmt wirklich, eine Stelle
vor, nachdeF sich Solon in einer Unterredung mit
Crösus, dem Könige der Lyder, einer Trieteris be-
dient hat, wenn gleich der Schriftsteller von ihrer
Dauer eine ganz falsche Idee gibL Es werden näm-
lich 70 Jahre ohne Schaltmonat zu 25200 Tagen, und
mit dem ein Jahr ums andere eingeschalteten Monat
zu 26250 Tagen, die Monate also durdigehends zu
30 Tagen gerechnet Dabei wird behauptet, dals die
letztere Rechnungswelse die Jahiszeiten zurückführe
(das Sonnenjahr erschöpfe), die erstere nicht; und
doch stimmen, wie man leicht sieht, die 25200 Tage-
besser n^t dem Himmel überein, als die 26250. Die
Ausleger haben sich sehr mit dieser Stelle gequält,
und zuletzt den Text gewaltsam ändern wollen. Ich
glaube 'aber, d^fs nichts zu emehdiren ist, und dals
Herodot das Wesen der solonischen Trieteris ua-
— z * ■• .
1)1,32.
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12^ Technische Chrohohgic, >
richtig aofgefafst liat * ). Atis einer andern Stelle ' )
gAt hervor, dafs es zu seiner Zeit (400 v. Chn)
noch griechische Volkerschaften gab, die ein Jahr
ums andere einen Monat einschalteten, also eine Trie-
ieris hatten. Auch können die Lyder und andere
Kleinasiaten zu Sölon's Zeit nach 30 fangen Mona-
tert getechnct und er sich nach ihren Begriffen be- *
quemt haben. N^r so viel ist ausgemacht, dafs er,
der die Dauer des Mondmonats zu 291- Tagen kannte,
sich ni^ht so wie bdm äerodot ausgedrückt ha-
' ben kann. ' i ~
Was Geminus von einer 16 und 160jährigen
.Periode, die man sich als Resultate allmähliger Ver-
besserungen der Octaeteri^ zu denken hat, und Cen-
sorin von noch einigen andern mit der Octaeleris
gar nicht zusammenhangenden altern. Perioden, einer
12, 59 und 82jährigen, sagen, wollen wir hier auf
sich beruhen lassen, weil nicht mit Sicherheit zu er-,
mittein ist, ob und was davon in den bürgerlichen
Gebrauch gekommen ist, noch weniger wann und
wo. Es eröffnet sich hier ein weiter Tummelplatz
*für Alterthumsforscher, die, wie Scaliger und Dod-
well. Gefallen an Hypothesen finden *). fch habe
mich.in meinem;Handbuch der Chronologie dar-
auf beschränkt, die zerstreuten Nachrichten, die uns
von dem Cykelwesen der Griechen überliefert sind,
kurz zusammenzustellen und zu erläutern *), ohne die
vielen Lüpken ausfüllen und ein zusammenhangendem
1) Vcrgl Handbuch I, 271 ff.
, S) U, 4.
3) Iffiaii vetgletche besondere äes le totern Werk d^ reteri-
bus Graecorum Ronianorumgue ryclh disstrtaüoncs X, Ox
ford 1684, 4.
4) TIi. I, S. 266 ff. '
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Griechen, 123
Ganze gestalten zu wollen. Meiner Ueberzeugung nach
haben sämmtüche griechische Volkei* vor Meten,
und gewiCs die meisten auch nach ihm, wesentlich
die Octaeteris zu' 2922' Tagen gebraucht und sie ab
und zu rectificirt, weim sie eine Abweichung vom,
Himmel wahrnahmen. Da wir aber die Beschaffen-
heit und die Epochen dieser ^Correctionen liicht ken-
nen, ja nicht einmal wissen,, wie die OctaSterls mit'
der Olympiädenare zusammenhing, also nicht die Jahre;
angeben können, in denen eingeschaltet wurde, so ist -
es vergeblich, aus ^|m Zeitramn vor Meton attische
Data, %. B. den 20^ o e d r o m i o n OL 75,1, den
Tag der Schlacht bei Salamis, auf den julianischen*
Kalender bringen zu wollen. Petavius erklärt sieh
für den 23. September und D od well fiir den 20.
Oktober 480 v. Chr. Mit Sicherheit entscheiden läfst
sich hier nichts *).
Ehe' wir zu dem lOjShrigen Cyklus des'Äreton
und der damit in Verbindung stehenden 76 jährigen
Periode des Callippus fortgehen können, wird es
noüug sein, uns mit der zwiefachen Eintheilutig des'
attischen Jahrs und iseiner Epoche bekannt zu.
inachen.
Es zerfiel zuvörderst in 12 Monate, deren Na-
men folgende sind:
^Exarof.ißaiwv * Hekatombäon.
MsTce/ysiTvidv Mctagitnion.
BcyrßQofutiJV Bocdromioh.
♦ Uvave^idv Pyanepsion.
MoufiWüeTiilQidla) Mämakterion.
Xloaetösanf Posideon.
TafiTihcov Gamelion.
' kv^si/r^^nLv Anthesterion. .
1) Handbuch I, 309>
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124 Technische Chronologie. ^
^EXoKpfißoXicüv Elaphebolion.'
"Movw^imf MunychioQ,
BaQyt^4(av Thargelion.
"SxiQoqipQiiia) SkirophofioiL
Im Schaltjahr wurde der Posidepa zweimal ge-
zahlt Ptes eihellet theik ans einer astronomischen
Beobachtung beim Ptolemäus ')» wo des erstem
Posi.deon gedacht wird, theils ans einer griechischen
Inschrift '), wo in der Reihe dar attischen Monate
ein erster und zweifer Posifleon vorkommen* *
Die Ordnung, in der die Sfonate hier aufgeführt
sind, ist diejenige, die Sealiget nir die richtige halt
Petaviua macht den Mämakterion zum vierten,
den Pyanepsion zum fünften. Der erste hat ohne
Zweifel Recht Wir hdben vier attische Inschriften
ans sehr verschiedener Zeit, in denen der Pjanepsion
vor dem Mämakterion steht')« Dazu kommt hoch
eine Tafel der atiischen Monate bei Henricus Ste-
piKinus «), und eine andere bei Prideaux »y^ auch
dasZeugnifs des Harpacration, eines Grammatikers
von anerkannter Autorität, ' der den Mämakterion den
fünften Monat der Athener nennt Gegen diese
Gründe können die von Petavius ^) beigebrachten
nicht aufkommen. Gründliche Untersuchungen hier-
über haben Barthelemy ?) und Buttmann *) an-
gestellt '
1) Alm. 1. IV, 10, p. 278.
3) ^5ckli Corp. Inscrrpf. Graee. Vol. I, a. 270.
3) $. die eben dtlrle SamniL VoL I. a. 71, 270, 276, 523.
4} Anhang tum Thes, iiitg^ Gr, ooi. 225, wo mehrere Mo-
natovensdchniMe gesammelt sind. /
5) Marm. Oxan, p. 239. 6) Docir, iemp. L I, c. 10.
7) Man. de VAead. d^ Imcr. Vol. XLVm, p. 395 ff.
6) In einer Abhandlung, die meinen historiscliten Unter-
Bncbvngen Aber die astronoiliiBchen Beobachtungen der
Alten angehSngl ist VergL Handb. I, 277 ff.
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Grt^ohen. 125
Die Athener fingen ihren Tag mH' dem Unter-
gänge der Sonne an ^)» Ihren Monat teilten' sie m
drei Dekaden. Der erste Tag desselben' hiels im^
ftrfvia^ Nenmohd^ weil er in der Regel mit der er«-
Sien Erscheinung der Mondsichel in der Abenddäm-
merung anfing. Man dleht also, dafs Neumond den
Griechen etwas anderes war, als uns, nicht der Tag
der Coi^unctibn, den sie oiSito&ic, die Römet coitus
lanae nannten, sondern der Tag der ersten Phase.
Die folgenden Tage des Monats wurden der Ordnung
nadi bis zum zehnten fortgezahlt, nnt dem Beisatz
lara^svQfo^ des angebenden Monats. £ben so die
Tage der zweiten Dekade mit dem Beisatz hä S&uk^
über z^hn. Der 20ste Tag hiefs sZxoW, und nach
ihm die übrigen Tage BhcaStq. Vom 21sten an saj^
man nach PoUux *) ac^tj, Stiyr^Qot u.' s. w/ hä
sixaSi; gewöhnliche^ aber wurden die Tage der letz-
ten Dekade dem schwindenden Lichte des Mondes
gemäfs rückwärts gezählt^ wie die Tage vor deit Ca-
lendis bei den Rimem, mit dem Beisatz «p^mnnro^^
des schwindenden Monats, um s<^eich durch
das Datiren bemerklich zu machen, wie lange dak
MondKcht noch Toihalten werde.- Der 2f ste Tag hieü^
entweder Sexcefri odör iwarri t^lvofT'pgy je nachdem
der Monat 30 oder ^ Tage hatte. Dies ist wenig-
stens die Meinung des Theodorus Gata *) und
Petavius ^). Ich halte sie tot die wahrscheinHeh»
8te, wenn sie ^eich keinesweges die aligemein ange-
nommene ist; vielmehr gebort die Frage, welcher
Tag in den hohlen Monaten iiai^&nfiogj der ausge-A
i) PiiDitis B. N. H, 79; Ceator. e. S3.
2) Onom. I, 7, 63.
3) S. sem« kleine Sdurift über die Monate e. 18.
4) Doi:ir. iem/h 1, 5.
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1^ Techniscfie Chronologie. ' ^
mejttie odq:« .auszumerzende) war, zu den be-
.^rittensten.iiy der Chronologjie^ Ich mufe defefalls
Qiif nieiq I^^ndbueh Terweisen ^)•
Das bürg^Kcbe Jaiir der Athener fing mit dem
üekatoqfibäoa um die . Sommerwi^de an. Pies ^eht
•11116 vielen Zeugnissen Ji^rvor, unter anden^ aus fol-
j;epder Stelle des Dionysius von Halicarnafs '):
y^Iliqn wurde nach attiscfher Zeitrecbnppg 17 Tage
vor der Somm^erwenc^ am 8. Thargelipn vom. Ende
eingfppmmen^ .!^ur Vollendung des. Jfihfs fehlten noch
20. T&^e iLach . den^ , SoLs|Jti^m• ^^ Die Stellung d^s
.Schaltmonats in . der Mitte . des Jajirs' macht es aber
\Kldirscheinlich, : dafs das Jahr ehemals^ mit dem Ga-
.melion .um die Winterwende begann, und dies ist
.auch die Meii^ng deir bewährtesten Chronologen, ob es
'^Ipich. dafür ^n ein^m bestimmten Zeugnisse mangelt
]^ur über die Epi^he der Verschiebung d^Jahrsanfafigs
ist man zweifelhaft.; Sf^aliger und Peta vius schwan-
J|L€^^:Do.d;WeJl.^.) jQud Corsini *) entscheiden sieb
für Ol. ST»!). ^lOi (Epoche d^s metonischen Cyklus.
;f)^. die;4rcho9tep damals wirklich mit dem.Heka-
;tcnnbäo^' ii^s^Amt ^aten,. geht hestimn^t aus dem
TJijucy*dide» hervor *),. und dafs., fs zum, erstenmal
^c^chel^n sei, will i^n aus. dem.Festus Avienus
schVelsen *)* . Es ist aber viel wahr^heinlicher, was
$^u^h S^aliger anummt, dals /die Verschiebung des
J^gtajntTai^ vom GajQißlian zi^ii ßek^toip^ in eine
w^it, fnihe^o Zeit geh^t^ wo 96ch^ weiiig geschrieben
1) Th. I, S. 283 ff.
^yjitt. I, 63.
3) De Cych 1,4. W 35.;
4) F€isti JltUi 11, 22.
5)11^2. ,
6} Araiea prognost, v. 41.
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Griechen. .12f7 ,
wurde« Ich kann hier nkhi in ekie Attsräxai^er-
Setzung der Grüpdc eingehen ^ die für diese Ansteht
sprechen^ und luuls deMaDs auf dpa H^^dbuch der
Chronologie verweisen *). ' ^ • : :, ,., ,,j
Da die a^tlischen Monai;^ an die .Alondl^c^el
geknijpft waren^ so mufete ihr Anfing; in ein^in ^iH,-
rauox von einigen unserer \y^hen,Qmber^chwank^
so dals sie. sich nipht genau; mit lui^ern Monaten; ver-
gleichen lassen. Nui; so ^lel ist. gewiGs, dais. siqh
der Anfang des Heka^mbäon ia der Gegend der Spoi-
merwende befand. , Scaliger ^aiihl^^dals allen^al dff
erste Neumqnd nach der Sonu^er^^^ende^ de^, Ef^tn;^
tombäon bestinunt hal^; allein eßist, ausgemacht? .4^
das Jahr zuweilen vor derselben anfing ^ )•
Eine zweite Eintbeilung des attischen J^p^ war
die in 10, ^pätei^ in 12 Prytanien«
Seit dem Archon ClistHenes, OL 674? '^^i'<dje
Zahl dar aüisphen St^ume zehn^» i Jäbi^ch . v^urdcn
aus jedem 50 Männer gewählt, die sogenannten Pry-
tanen, die zusammen den.Rath der Fünfhundert
badeten. Die Besorgung der laufenden Staalsgesehäfie
und das PräsidiiHU in den VoUcsversamndini|^en lafg
den Prytanen der einzelnen Stämme nach eiu^r durchs
Loos bestimmten Ordnung ob,' so dafs jeder Stanu^
35 bis 36, .TagCi. aj^ Ruder blieb. Diese, .Zeit hiefe
'stQvraevstaj uod u^ solchen .Pxyta;nieii datfrteiuan
in den öffentlichen Akten, indem man angab, »n wei-
chem Tage der ersten* bis zehnten Prytanie et\^«^S ge-
schehen sei, wozu dann noch das gewÖhnhche Mq-
natsdatum kam oder auch jiicht ^ )f. Nach JPhptiuii
l)Th. I,S..2aB8ft
2) Kandbiicli I, 293.
3^ Beides .finjlct. sich .ai^T ^nerlel Sf^m, dem 90geiii|iiiiten
ChoisealscheQ Marmor (Corp, Inscr, Gr. I, n* 147» 14$,)
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138 Technische Chronotogie. \
und Saidas ») sollen die Prytanen Aet vier ersten'
Stämme 36, die der sechs letzten d& Ta]^e in Func-
tion geblieben sein. Allein aus einer in OL 93,3 ge-
hörenden Inschrift <;) erhellet, dafs damals die vier letz-
ten Pry^tanien 36 Tage hatten. Wie es damit im
Schakj^r gehalten wurde, sagt uns zwar niemand;
da aber diese Jahre um einen Monat länger waren,
so wird jede Prytanie in denselben ohne Zweifel 3
Ta^e 'länger, also 38 bis 39 Tage gedauert haben.
Nach Wiederherstellung dfer Demokratie durch De-
ioietrius, den Sohn des Antigonus, OL 118,2, ka-
men zu den zehii 'Stämmen noch zwei hinzu ^ ), und
nun blieb im Gemeinjahr^ jeder einen Monat am Ru-
der, so dafs der jedesmalige Tag der Prytanie mit
Aem Monatstage übereinstimmte *). Wie der Schalt-
monat unter die 12 Prytanien veräieilt- wurde, wis-
sen wir -iiicht
Als Uilieber des neunzehnjährigen Cyklus,
• ' ;• ■• tu
]£ der httdu^if^ aiif dar yordemite wird blob naoh Pr|i«nieii da- -
lirt, ia der .auf der Rüdca^ite kommen/ zogldcfc die HenatB^tege ror.
1) hl .ihren W^rterbadiem unter gt^woa/nc».
2} Aof der Vorderseite des eben gedachten Dlarmors, ^Die
o^mme werden Ider in folgender Ordnnng genannt: AeanÜs,
Aegeis, Oeneis'^ Acamäntis^ Cecropis/Leotftis, Antio-
eJiM, Hlpp^tbontis, Erechtlieis, PaUdlonis. Sie kommen
hSi^g iD laschriftea vor.
3^ Sie wurden an&a^ dem Vater qnd Sehn zn Bbtea An-
tigonis nnd Demetrias, spfiterhin (Pollax />/»« Till, % 110)
Attalis nnd Ptolemais genannt hn zweiien' Jatirlmndert n.
Chr. nnter Hadrian entstand gar noeh dne dreizelmte l^ribas,
, die Hadrianis, die z. B. in No. 284 de» ersten Bandes der
B&ckhschen biscbriilen - Sammlung erwShnt wird. Vermnthlich
datirte man damals nicht mehr nach ^rytaniett; sonst könnte die
Frage sein, wie man die 12 Monate ia 13 TheÜe getheil^ iiabe.
4)Dti& VergL Ctn^ Ineer. Gr. Vol. I, tt. 111, 112, 113
und 124« -
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Griechen, 129
za dessen BetMchtqng wir mm fortgeheii, wird mu^ ;
sonst überall der Athener Meton genannt^); nur
Geminns legt ihn dem Euctemon, PKilippus und
Callippus bei. £uctemon war Meton's Zeitge?
nosse, und, wie wir aus dem Almagest erseh^i ^)y
sein Gehiilfe, und der 100 Jahr später lebende Cal-
lippus verbesserte blols seine Erfindung. Welchen
Antheil der wenig bekannte Philippup daran hatte^ '
wissen wir nicht
IKe Hauptstelle über diesen S^eitkrds findet sich
beim Geminns* Sie lautet also: 9,Sie beobachteten,
dals in 19 Jahrm 6940 Tage, imd', mit Einschluls
von sieben eingeschalteten, 235 Monate enthalten si^d.
Ihnen zufolge hält' demnach das Jahr 365-3% Tage.
Von den 235 Monaten nahmen sie 110 hohl und 125
TolT an, so da& nicht durchgängig ein yöHer Monat
mit einem. hohlen wechselte, sondern zuweQen zwei
yoUe Monate auf einander folgten. Dies ist den Er-
scheinungen des Mondes gemäfs und war in der Oc-
taeteris nicht der Fall. Unter den 235, Monaten setz-
ten sie aus' folgendem Grande .110 hohl: sind alle
Monate voll, so gibt dies für die g&nze Periode 7050
Tage. Sie sott aber nur 6940 halten; es müssen mit- ^
hin HO Monate hohl gezählt werden, damit während
der 235 Monate die 6940 Tage der Periode heraus-
kommen. Und um die auszumerzenden Tage mög-
lichst gleichförmig zu vertheilen, dividirten sie 6940
durch 110. Dies gibt zum Quotienten 63. Es muls
also in dieser Periode zwischen je 63 Tagen einer
weglassen werden, nicht die jedesmalige r^ioawi;.^'
1) Tket^phr. ds sign, pltw. p. 416. Diodor XH, 36. Ae-
lian Far. HUt. X, 7. Censorinua c 18. SchoL ad Aristo^
ph. Ares. 998.
2) m, 2, S, 160. .
. ^ 9
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130 TechnUcke Chronologie., .
Die lebten Worte soDen sagen: e$ wurd# allemal
nach 63 Tagen ein ^^^ouq^'i/io^ angenommen nnd im-
mer der 60ste dazu gemacht^ wie dies bei äer Oc-
taeteris geschah, in der ein Monat um den andern
hohl war.
C.ett8orinuft gedenkt an der nwhimals erwähn-
ten Stelle, des melonischen OyUus mir knrz »dt fol-
genden Worten: Praeter ea sunt Mnni magni com-
phiresi ut Metpnicus, quem Meton Athemensis ex
annis undeviginti constituü, eoque hveaSmeutiriQiq
appellatur, et intercalatur septies,' in eoque anno
sunt dierum sex millia et DCCCCXL.
Ißs kommt nun darauf an, den Kanon des Me-
ton wiederherzustellen und ihn in richtigen Zusam-
menhang mit unserer jidianiscben Zeitrecbrnuig zu
bringen. Zuvörderst wird aber das Wesen seines 'da-
mit in Verbindung stehenden Kalenders erklärt wer-
ben müssen *).
Da die griechischen Monate an die Mondwech-
sel geknüpft waren und daher keine ganz feste Stel-
lung im Sonnenjahr hatten, so sah man sich, um die^
richtigen Momente der von bestimmten Jahrszeiten
abhängenden Geschäfte des bürgerlichen . Lebens zu
erkennen, genöthigt, sich nach Merkmalen in der
Natur umzusehen, und hierzu boten sich am natftrlich-
sten die periodisch wiederkehrenden Auf- und Unter-
gänge der Gestirne dar.
Die Gewohnheit, den Himmel zu befragen, wo
wir in den Kalender sehen, ist. bei den Griechen so
alt, dafs sich Prometheus beim Aeschylus als
den Urheber davon angeben kann *)->
1) Man vergleiche meine Abhandlang über das Kalender-
wesen der Griechen andR5mer in Hrn. r. Zaeh's monatl.
Correspondenz B. XXVHl, S. 514 ff. und Handb. 1, 310 ff.
2) V. 453.
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, Griejchfin. J3I
Beim Hom^r kommt nur eine Stelle dieser Art
vor, wo ei: ^gt» dafe d^r Hund3Stera in der ortco^a
au%ehc *). Desto häufiger erwähnt Hesiodns die
Auf- und Untergänge der Sterne» Die Geschäfte des
Landaianns bernngend, xuulste er die Jahrszeiten b^-
stiminen» wo sie in Grieeh^land %n t errichten wa-
ren. Sie an Monatstage w knüpfen, war^ unpassend
gewesen, einmal wegen 4f^r Wanddbarkeit der Volks-
monate ^ und dann w^i) sie bei den verschiedenen
griechischen Völkerschaft^ s^r verschiedene Nanien
führten« Er reiht sie also an Fixsternerscheinungen,
nnd hierin hat ihn YIrgil nachgeahmt,, ungeachtet
dieser schon einen fe^eordneten Kd^nder vorfand»
Dem Beicfpiel des Hesiodus folgten nachmals
alle griechische Schriftsteiler, denen les. um eine ge-
naue Be&eichpung der Zeiten des Soönanjahrs zu thun
war. In diesem Fall befanden sich unter andern Hip-
pocrates, Aristoteles und^ Theophrast. Der
erste räth ^) den Acrzten, die Nachtgkiclieti und Sion-
nenwenden, die Aufgänge des Suius und Arktur und
den Untergang der Plejaden als kritisch zu beachten»
Die beiden letztern gedenken der Auf- und Unter-
gänge der Gestirne häufig» Besonders erwähnen, sie
den Friihaufgang des Sirius, den Fröhauf <• und Un-
tergang der Ple^aden, die .beiden Aulgange des Ark-
tar und den Frühauf- und Untergang des Orion. Der
Ziosanimephang lehrt in der Regele von welchem
der vier jährlichen Erscheinungen des jedesmaligen
Sterns die Rede ist. Auch hatte sich der Sprach-
gebrauch der Grieeheri bei jedem einzelnen aufs be-
stimmteste gebildet So dachte ein jeder bei etu^
2) De aere, locis^ei M4ptf.% p. 28S.
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132 Technische Chronohpe.
ocwi oder vncor^ ocrtQ&v, snr Zeit des Hundes oder
Gestirn-s, an flen Frühau^gang des Sinus. <
Mit diesen wenigen Erscheinungen, wodurch sich
die Hauptepochen des Jahrs kenntlich machten, schei- .
nen sich die griechischen Landleute und Seefahrer lange
beholfen zu haben« Einen eigentlichen Kalender/ der
die unmittelbare Beobachtung überflüssig machte, lie-
ferte zuerst Meton. Er machte die Entdeckung, dals
235 Mondmonate nahe 19 tropische Jahre geben * ).
Hierauf gründete er einen Cyklus von 6940 Tagen,
die ~ er so geschickt in Monate fXL theilen wufste, dafs
diese im Verlauf des ganzen Zeitraums mit den Mond-
wechseln übereinstimmten. Damit verban4 er dnen
neunzehnjährigen t^alender, dessen Einrichtung
folgende gewesen sein mufs: den attischen Monaten,
deren Daue^ seiner Theorie gemäfs veränderlich war,
standen durch alle 19 Jahre des Cyklus die Feste
und wichtigsten Himmelserscheinungen beigeschrieben.
Jene hafteten auf bestimmten Monatstagen; diese ver-
schoben sich von einem Jahr zum andern, wie es die
Natur des Mondjahrs mit sich bringt Mit den we-
nigen obengedachten Erscheinungen, an die man ^ die
Anfänge der Jahrszeiten ^ knüpfte, begnügte er sich
aber nicht. Er fügte die Auf- und Untergänge vieler
andern ausgezeichneten Sterne hinzu, nebe» denett er
zugleich die Winde und Wechsel der Witterung be-
merkte, Wmnit sie im Klima Griechenlands bereitet
1) Bailly and andere haben ibm diese Eoldednuig streitig
machen und sie dem Orient ymdiciren wollen. Laplace be-
haaptet {Expos, du syst, du mondt^ S. 365 der vierten Aasg.),
|3ie Chinesen hätten den Idjährigen Cykhis schon mehr ak 1600
Jahre yor Meton gekannt! Diese einiadie, anf leichter Walui&eh-
mang beraheade Erfindung konnte fuglich hei mehreren VOlkem
nn^bhängig von einander gemadit werden.
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Griechen. 133
zu sem pflegen. Diese meteorologiscben Notizen Ine--
fecn bei den Griechen haarifioxricxi. Das Wort be-
zeichnet die , Anzeige der Ankunft , das Anmelden,
auch wol die Anknnft selbst« Besonders wird es von
den Witterungswechseln gebraucht Wenn irgend eme
Fixstemerscheinung eine merkliche Aenderung der Wij-
ternnginit sich bringen sbBte, so wurde dies bei den
Griechen durch hcKxrifxalvei^ und ^eben so bei den Rö-
mern durch significat ausgedrückt . So sagt Pli-
nius^): A bruma infavomum Casari nohilia sidera
sigmficant. Anfangs betraehtete man die Auf- und
Untergänge der Gestirne nur. als die S^ale. der Wit-
terung. ^Man kam aber bald dahin, die letztem als
dne Wirkung der erstem anzusehen, ein Wi(hn, der
sich bis auf den heutigen Tag in den Volkskalendem
fortgepflanzt hat, nur dals an die SteDe derFixsteme
aSmählig die Planeten in ihren Aspekt^ oder g^en-
seitigen Stellungen getreten sind. ^ ^
Meton's 19 Jahre umfassender, aber semer Ab-
sieht nach immerwährender Kalender wurde in Grie-
chenland mit grolsem JBeifall aufjgenommen. ' „Za
Athen," sagt Diodor «) beim vierten Jahr der 86sten
Olympiade, „stellte der wegen seiner astronomischen
Kenntnisse berühmte, Meton, Sohn des Pausänias^
Seme Enneadecaeteris auf, beginnend mit dem IStes^
des Monats Skirophorion. — Dieser Mann scheint iii
der Verkündigung der Stemerscheinungen überaus
glücklich gewesen zu sein; denn sie bewegen jsich
übereinstimmig mit seinen Angaben und f^en die
^nigegebenen Veränderungen der Witterung herbei.
Debhalb bedienen sich auch bis auf unsere Zeit die
meisten Griechen der Enneadecaeteris und verfeh-
len dabei die Wahrheit nicht" Die Alten reden von
1) H. X XVUI, 64. 2) XH, 36.
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131 Technische Ckroiiologie.
verschiedenen Tafeln und Söülen, auf die der 19|ah-
rige Kalendef getragen w«ri, ä. B. der Scholiast
zum 4vatu8 *) und A^lioi^ ^,).MJeberhaupt war
es die Gewohnheit der griechischen Astronomen, ih-
re Kalender an 'öffentlicfaen Or^ zur Einsieht des
Volks aufz^ustcUen, wefshalb. sie. ihnen auch den Na-
men «Ägifiw^/»ara» An^^e^la^e^ Ausstellungen,
beilegten.
Petaylüs ^.') glatrb^^ da& die Atlienet^* so .gün-
stig sie auch den Kalender des Meto i^ aufgenditunen
haben mogen^ doch .nbch immier ^ur Eintheäung ihrer
bürgerüdi^ Zeit die alte Octaektä beibehielten. Diese
Ansicht wird man' jedoch wcii% wahrscheinlich fin-
den, wenn mmi über dea Wldevspnich nadidedLt,
worin der auf den IBjähri^'eii C^ldÜs gegriiindeie Ka-
lender mit der gewöhhlickeri/ oft 'Unt eilien gaiizen
Monat ViOn ihm a|iweichcndeB, Zeitrechnung • gestan-
den haben müfste; dehn in. doi»: lOjährigen^ Zeitkreise
war die- Folge' der Schaltmonale eine ganx midere,
als in .dem äjährigenJ Do^dweli md Gbrsini da-
gegen sind der- Meinung, dafs, wangstetis,:zu Athen,
der -19 jährige. Cyklus gleich mit d.. 87,1 , zur Regu-
liruiig dep'bütgerlidien Zeitrechnung angewandt wurde.
Ich? trete ihnen bri /Uud habe in meinem Hand«
b:uch *) Igeieigt, da& die Worte« des Geminus, auf
die sicdi ^etarius beruft^ das nicht 'bewdsen, ' was
^r atis, ihnen folgert^ und der Annahme gar mcht eiit-
gegen-sind^ dabder ]9j|äbiige Cyklia- wirldidi im
buFgerlicheti '€id)raueh wan Vielinehr apocht dafür
gans deuilid[r>die- Art, wie dieser Schriftstdier den
Uebörgahg < 1CU dentselben macht ^^Da alsa,^^ sagt
er, „die Octaeteris in allen Stützen fehlerliaft war,
1) Zu T. 752. 2) Fat'. hi'St. X,.7. 3) Doeir. imtp,
ILIO. 4) Tk 1, S. 319 ff.
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eritchen. * , ia5
so. haben die A«tron<»nen (Meton,) Eüctemoii, Philip,
piis und Callippns eine ganz and^e Periode, die En-
neadecaSteris, aufgesteQlf/^ Besonders beweisend . ist
auch aufser obiger SteQe des Diodoi: uoch folgepde
des Colnmella ^)i In hac ruris disciplma sequor
nunc Eudoxi et Metonis, antiquorfinique fastus
astrologorum, qui sunt aptati pu6lici^ säcrificüs.
Diente nämlich der Kalender des Ale ton zur Anord-
nung der öffen^chen Opfer und Feste, die zu Athen
an bestimmte MönaUtage geknüpft waren, wer k^nn
noch zweifeln, dals die Monate selbst nach ihm ab^
jemess^n wurden !
Es kaEto nur die Frage sein, ob der Cyklus gleich,
mit seinem erst^i Jahr OL 87,1 in Gebrauch gekom-
itten ist., läne Stelle deai Aristophanes^), in der
noch acht Ja&re später über das Schwankende der at-
tischen Zeitrechnung gespottet wird, sdbeüit freilich
dagegen zu sprechen, ist aber bei 'näherer Ansicht
nicht so beweisend, dais sie das Zeugnifs des Dio-
dor entkräften könnte, der ausdrücklich jenen Zeit-
pnnkt nennt ,
Für die Reduction der attischen Data nach Ol.
87,1 ist also die Wiederherstellung des metonischen
Kanons von grofeer Wichtigkeit. Ich bin^ zu diesem
Ende in meinem Handbuch der Chronologie *)
in ausfuhrliche Untersuchungen eingegangen, deren
Resultate ich hier kurz darlegen vnll. Es kommt auf
drei Punkte an: 1) die Epoche des Cyklus'oder den
1. HekatombSon des ersten Jahrs nach julianischer
Zeitrechnung zu' bestimmen; 2) die Anordnung der
Schaftjafare zu ermitteln; 3) das Princip zu finden,
1) Ä. Ä. IX, 14,
3) Nub. V. 615 ff. Vergl. Handb. I, 322 ff.
;j) Th. I, S. 325 ff.
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136 Technische Chronologie.
nach^ welchem die vollen Monate imt 4en ludilen ge-
wechselt haben. '
Wenn Diodor den 13. Skirophorion^ OL^86y4
als 4en Tag nennt, von welchem Meton ausgegan-
gen sei, so meint er damit nic^t die £poche seines
Cy kl US, sondern den Anfang seines Kalenders.
Jene war ihm die erste Nov/juipjia nach der Soouier-
wende, dieser der Tag der Sommerwende selbst Nach
Ptolemäus *) beobachtete er dieselbe unter dem
Archon Apseudes, dulch^den auch Diodor das ge-
dachte Olympiadenjahr bezeichnet, gemeinschaftlich
.mit Euctemon am Morgen des 2L Phamenotl
oder des 27. Jun. 432 v. Chr* Mit diesem Zeitpunkt
etwÄ drei Wochen vor dem» 1. Hekatombäon, fing
er, wiö Heb ans einer Stelle des Ar^tus ^) folgern
lafet, sanParapegma an, das sei: bis zu den ersten Ta-
gen des 20 st» Jt^hrs fortgef^rt haben mufs; den
Cykhis dagegen begann er mit Meni zunächst folgen-
den 1. Hekatomhaon. Diesen^ setzt Scaliger auf
den 15ten^ Petavius auf den 16. Julius. Letzteres
Datum ist das richtigere. Der Neumond trat zwar
nach meiner Berechnung zu Athen schon am löten
^bends um 7 .Uhr 15' m. Z. einj allein die Mondsi-
chel konnte nicht vor ^dcm 16. Julius gesehen wer-
den. Wir wollen also far die Epoche des metoni-
schen Cyklus den Abend des, 16.' Julius des Jahns
, 432 T. Chr. annehmen.
Die Firage, welchen Jahren Meton 13 Monat«
beigelegt hat, lälst sich nicht durch ein bestimmtes
Zeugnü^ beantworten. Petavius ^) entscheidet sich
für die Jahre 3, 6, S, 11, 14^ 17 und lÖ, wie es
1) Alm. HI, 3, S. 163,
2) ▼. 753 ff.. Ver^. Handb, 1, 337.
3) Doctr.temp: II, 13.
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Griechen. 137
scheint aus keinem andern &unde, als we3 in dem
Schakdrkel der Judep, der hödist wahrscheinlich vom ^
metonischen kopirt ist, eben diese Jahr^ 13 Monate
haben. AHein eine Mondfinstenife beim Ptole-
maus ^), die in das Jahr 382 v. Cüur., das drei*
^bnte des dritten metonischen Cyklus, gehört, ist nn
erstem Posideon, also in meinem. Schaltjahr beob-
acbtet. Ich bestimme mich daher lieber nut Dod-
well ^) fil'^e Jahie 3, ö» 8, 11, 13, 16 und 19,
indem es wahrscheinlich ist, da(s Meton in den bet^
den ersten achtjährigen Zeiträumen seines Gyklus eben
die Jahre gewählt luit, an welü^e die Athenler durch
die Octaeteris gewlijknt waren (114),
Das Priaci^jl^acii welchem er die voHeh und
hohlen Monate weduleln liels, geben die Worte 8i
i^i^fin) uf^ iff i^aiQScrtfuyv r^ ,^fk^^ &ytiv iu des
Geminus^ztt erkennen. Dadwell versteht sie so,
da(s er den jedesmsdigen ödsten Tag vom ^Anfan{^e
seines Cyklus an weggelass^i, dso im ersten Jdbr
dessdben keinen 3. Boedromion, keinen 6. Mamakte-
rion, keinen 9. Gamelion u. s. w* geat^hlt habe. Dies
kann aber unmöglich ihr Sinn sein. Die Präposition
&a zeigt vielmehr bestimmt ap, dals das InterraH
zwischen den i^oiQ&ri/io/^ allemal 63 Tage war, dafs
also vom Anfange hinein jeder 64ste Tag ausgement
wurde. Wäre der 63ste i4iouQe(rifioq gewesen, so wikde .
er mit der Ausmerzung zu früh zu Ende gekomm^i
sein und der Cyklus sich gegen, den ScUuIs hin irni
drei Tage gegen die Mondphasen vefschoben haben, '
die nur dadurch, wieder eingebracht werden konnten,
dals sechs Mooiate hinter einMider.voU geredmet wur-
den. In diesem Fall würde aber das Vdh der ge-
DAlm. IV, 10, S. 278. .
^) De CycL I, 33 tmd U,
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138 Technisdke Cironolggie.
nmifn Ue^Mveinstiinmüii^ mit dem Hunmel, das Ge-
minus dem Cyklns ertlieilt, wenig begründet gewe-
sen sein» Audi sollen^ die gedacbten Worte ohne
Zweifel nur den Monat bezeichnen , den Meton je-
desmal hohl nahm, nicht gerade ^en Tag, den er
we^els; .denn ar würde sonst das Datiren ohne Noth
ersdbwert haben. Die wahrscheinlichste Hypothese
über den Skt des in den hohlen Monaten fehlenden
Tages bleibt immer die, dafs man, den 21sten Tag
in denselbem nicht Ss^ii sondern twaerifi ^gi^ivovroi;
nannte (125).
Mach diesen Gründen habe ich nun den me to-
nischen Kanon in der ersten am ScUiils dieses
Werks befint^faen Tafel entworfen} die ihn unab-
hBngig von jeder andern Zeitrechnung in sich selbst
abgeschlossen darstdRt. Sie fangt mit zwei vollen Mo-
naten an, weil erst der dritte Monat durch We^as-
snng des 64sten Tages hohl werden ks^nn, und dann
wechseln die vollen Monate mit den hohlen dei^-
stalt, dafis bald nach acht-^ bald nach siebenmal!-
gei(U Wedisel zwei voUe Monale auf einander /fol-
gen^ also auf je -32 Monate 17 volle und 15 hohle
kommen. In einer- zweiten Tafel habe ich den
Kanop mit der juUainsclMn Zeitrechnung verglichen,
was keine Schwierigkeit hatte, da der Epochentag
oben nach Wahrscheinlichkeit bestimmt ist» Ich habe
diese Vergleichnng durch acht Cykel oder einen Zeit-
raum von 152 Jähren fortgesetzt Jeder Cyklus zer-
iaBt in vier Spalten, von denen die erste die Jahre
desselben (B; bezeichnet die Schaltjahre), die zweite
die Olympiadenjahre, die dritte die Jahre v. Chr. (b.
deutet Huch hier wieder die Schal^ahre an), und, die
vierte das julianische Datum des 1. Hekatombäon an-
gibt. Mit Hülfe des Kanons läfst sich nun leicht das»
juliauische Datum jedes andern attischen Monalstagch
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Griei;h€H. 139
[indeii, wobei man sich pm emwoni mids, dals daif
attische Jahr, eben ho \ne das der Olyrofttaden, um
die Sommerwende, und die bürgerlichen Tage der
Athener mit Sonnenuntergang an6ngeB« Wenn also,
von den nadi dem 1; jMmar eintretenden Monaten
des attischen Jahrs die Rede ist, so gehören sie jnicht
in das nebenstehende Jslur r. Cht«) Sondert) in dan
folgende, imd wenn sich' eine Begebenheit am Tage
zugetragen haben skiil, so ist nicht das julianische Da%
tarn zu nehmen, das nach der' Titfel dem attSsdira
entspricht» sondern ebenfaUs' das folgende« *• '
Um die Reduction eines atdsdieii. Datums dturch
dn Beispiel zu erläutern, so slei der ?• ThargdUaa OL
87,3, der Geburtstag Plato's *), gegeben. Manaidkl
Zuvörderst aus der zweiten Tafel, däis dieses: Jahr
das dritte des ersten' Cykkis ist und der 1« Hetäftom'
bäon desselben dem 25.'^uniu» 430 v. CShr. «itspiach«
Mit Hülfe der ersten Tafel find«^ man nun leicÄit* die
Anfangstage der folgenden Monate des attischen Jahrs,
und erhält so fik: den Anfang des 7. Thargelion d^
Abend des 21«- MaL Plato ist^middn entweder m
der Nacht vom 31 zum 22i Mai öder am Tage deii
22. Mai 439 v« Chr. geboren, vorausgesetzt) ^as ich
nicht bea&wetfele^ dais damals zu Athen nach dem
metoniächen Oyklus gerechnet; wurde*
- Eben so leicht ist die Reductioa der an Pryta-
iiien gekniipftea Data, wenn man nur bestinmit w^ifs,
wie viel Tage die einzelnen Prytanen in Funktion
waren * ). Sind zu^eich die Moiiatstage erwähnt, so
1) Das Datam findet ddi beim Plntareb (Symp. WO, i.)
imd Diog. La«riins (ttl, 2), and das lahr beim Atheoftas
(!• V, p, 217).
2) Wenn es s. B. in der Inschrift auf der Verderaeite dea
Ch^enlachcn Narnor« ^i^^, die m Ol. 92,3 gelU^rt, boTat:
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140 ^ Technische (^ronologle. ,
' ' . ' " ■'
darf man nur diese reduciren« Natürlich mdb man
aber allemal das Jahr kennen, Jn welches die Data
gehören. ' ,
Per metonische Cyklus von 6940 Tagen ist in
Ansehung des Mondes um 8ie}>en und eine halbe
Stunde zu lang; denn die 335 Monate, aus denen er
besteh^ halten eigendich nur 6939 T. 16 St. 31^ 45'^
Eine Fo%e dieses Unterschiedes ist} dals bereits nach
3 bis 4 maliger Wiederholung die Mondviertel um
Innen Tag zu früh eintrafen. Eine >solche Verschie-
bung ,gibt sich auch wirklieh bei den drei chiddäischen
Mondfinsternissen zu ^dkennen, dertsn oben (90) ge-
dacht worden.- Die eine z. B* soll unter dem Ar-
dbon Phanostratuiä im Monat Posideon in der Macht
vom 26 zum 27^ Thoth des Jahrs 366 seit Nabonas-
sat oder am 23. Decembör 3^3 vj Chr. beobachtet
sein, und dies war nach unsem Tafeln der 13. Posi-
deon OL 99,2, des zwölften Jahrs des dritten meto-
mschen Cyklus. Dil^ Mondfinstermsse mulsten sich
aber, wenn die Mdnate mit dem Himmel überein-
' -* stimmten, an den vierzehnten Tagen ereignen, so wie
die Sonnen&stemisse an den letzten ^).
ich habe' daher in der zweiten Tafel die meto-
^fnsdie Zeitrechnung nur durch acht Gykel fortgeführt,
. weil sie auf keinen Fall länger ohne Rectification ge-
braucht sein kann. Vermuthllch hat aber euie solche
schon früher statt gefunden.
Beiin Geminus heifst «s unmittelbar ilach den
oben (129) angeführten Worten: „In dieses Periode
(der metonischen) scheinen die Monate den Erschein
tavUcti, 80 ergibt «Ich der 7. Jaonar 409 ▼. Öa^ der 1. Game-
Ikm des bargerliclien Jahrs. ,
1) Vei^UHaadb. 1,339.
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GrievAen. til
nungeA gemafe ^ordnet zu sein^ Nur iii^ zum Grande
gelegte Dauer des Jahrs stimmt nicht mit dem Bim-
mel fibereSn. Denn das Jahr halt dabei im Durch-
schnitt 365^ Tage, also in Vergleichung mit den
365 J Tagen ^) rsTag zu viel Diesen Ueberschufe
von -^ Tag hat Callippus ausgemerzt, indem er eine s
ms vier 19 jährigen Perioden bestehende 76 jährige —
liBxatsßSofinfpuyvtasTfjQiQ •— von 940 Monaten, worun-
ter 28 eingeschaltete, und von 27759 Tagen ange-
stellt liat Die Ordnung der Schaltmonate behielt er
bei. Diese Periode scheint unter allen am genausten
mit dem Himmel übareinzustimmen/^ /
Die 76jährige Periode des Callippua war, wie »
man sidit, um einen Tag kürzer, als der viermal ge-
kommene metönische Cykhis. Sie stimmte ipcht blofs
mit der Sonne, sondern auch mit dem 'Monde bes-
ser überein; denn dividirt man 27759 Tage durch die
mzwischen antreffenden 940 Mondwechsel, so erhäh
man für den synodischen Monat 29 T. 12 St 44^
%^''y ma 22'^ zu viel, dahingegen der aus dem metp-
nischen Cykhis gefolgerte um 1' 54'^ zu lang ist/
Die Dauer des zum Grunde liegenden Sonnenjahrs
ist wieder die in der Octaeteris gebrauchte und auch
späterhin von' Julius Cäsar beibehaltene von 3654^
Tagen.
* dallippus hätte aber nicht blols den meloni-
sehen Cyklus %n rectifidren^ sondern ihn auch aufe
nei^ nnt dem Hinunet in Uebereinstimmung i^ brin.
gen« Es fragt siciw zuvörderst, m wdches Jahr seine
Verbesserung zu setzen sei. Die diirftige Gestiebte
seines Lebens sagt uns nichts weiter >jds dafs er ein
i) Die er för die richtige Daaer des Sonnenjahrs gehalten
habeii inuTs.
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X42 ' Teckniseks Chronologe .
Zeitgemme des Aristoteles wftr '), also ettra 100
Jahr später als Metoa lebte» Glücklicherweise kommt
uns hier eine Reihe im Almftgest etwähud^r Beob>
«dbtun^n von Timocharis, Hipparch nndi einent
Ungenamiten zu statten» die an Jahre der drei ersten
icaUippischen Perioden geknüpft sind. IHe meisten
geben zum erste;! Jahr der ersten Periode OL 112,3
oder 330 v» Chr. Nur ein paar scheinen ein anderes
Epochenjahr anzudeuten » -worauf aber^ wie ich im
Handbuch gezeigt habe *), nicht zu achten ist. So
hätten wir also für den Anfang der zw^t^i.und drit-
ten Periode Ol. 131,3 und Ol 150,3, % Chr. 254
und 178. , .
Für den Epochentag der ersten. Periode nimmt
Scaliger den 38. Junlus, Petavius d^i 29sten und/
Dodwell den 1. Julius. Ich habe mich für das
erste Datum entschieden ' )• Die wahre Ccnsjunctioo
erfolgte im Jahr 330 v. Chr. zu Athen den 28». Ju-
nius um 3 U. 34' Morg. m. Z. An diesem Tage
konnte zwar die Mondsichel noch nicht gesehen wer-
den; da aber Callippus^ wie aus dein Kalender beim
Geminus eiheUet, statt der scheinbaren Auf- und
Untergänge der Fixsterne^ welche seine Vorgänger
in ihren Parapegmen zu bemerken pflegten, die wah-
ren gesetzt hat, so wird er auch bei Anknüpfung sei-
ner Periode an den Himmel mehr die Conjunction als
die erste Phase berücksiehtigt « haben. Auch fügen
sich in diese Voraussetzung die Data von vier durch
Timochatis im 36, 47 und 48sten Jalir der ersten
caUif^isdken Periode zu Afexandrien angesldlten Beob-
achtungen vollkommen ^). Nach der zweitea Tafel
1) lä. Simplicii Commenf. in AHstot Jibr, de Coclo p. 120. a.
2) Th. I, S. 344 ff. 3) Hantlt I, 346.
4) Alm. VU, 3, S. 31, 23, 24, 26.
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GHechen. 143
enlsptlcht der L HdeatoihblSon OL 112,8 dem \. Ja-
IiQ3 330 V. Chr. Man ^ieht ako, dab meb der m^
tonische Cykhis ^^mals vun 3 ^er eigentlich erst um
2 Tage verschoben hatte^^wefl Callippuay ivenii er
so MTie Meton gerechnet hätte, rieht^er den 29^ ala
den 28. Jnnius zur I^^oche seber Periode gemadiit
haben würde.
In den Grundsätzen^ .nach denen Meton aanen
Kanon construirt hatte , scheint er nichts geändert .zu
haben; wenigstens sagt Geminus, dals er rj[ «^04^
7<0P sf^Xifuav oiM>w)ti hoQin^otTo. Dies soll ohne Zwei-
fel heiOsen: er machte in den vier 19 jährigen Cykelii,
aofi denen er sdne 76jahiige Periode bildete, dieseL
ben Jahre zu Schaltjahren, die Meton dazu gewählt
hatte, das dritte^ |unfte, achte u. s. w. Hieraus folgt,
dafa, da sein erstes Jahr das achte eines metonischen Cy-
Uns war, seine SchUtjahre nicht mit denen das Meton
zusairnnenfallen konnten. Da das erste mit dem ^8^
Junius anfing und erst das dritte ein Schalter wurde,
so weicht dessen Anfang bis zum 6* Junius, auf drei
Wochen vor der Sommarwende, zurück, weiter als
es IQ irgend einem metonischen Jahr geschah.
In der dritten am Schluis des Werks befindlichen
Tafel habe ich den Kanon für die callippische Pe*-
riode gegeben. BjS kam d^biä nur darauf an, die ein-
fache Regel, die dem metonischen zum Grunde ge-
legt ist (138), folgerecht durch alle 76 Jahre durch-
zuführen.
In dem 19jährigen Cyklus ändern Mch die juk
Itanischen Data, mit denen 'die attischen Monatie ih-
ren Anfang nehmen, allmäblig, theik weil die juIia-
niache TetraMeris dem 19 jährigen Schaheyklns io-
cimmeiisurabel ist, theils weil das metonische Soiw
nenjahr 18' 57'^ mehr hält als das juliarasehe« In
der caltippischen Periode fallen beide Ursachen einer
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144 Technische Chronologii:.
Aendernng fort £s-war also nur notlhig» den Kanon
ein für allemal mit dem jnUanischen Kalender zuver-
.gleichen« Dies ist in der vierten -^Tafel geschehen.
Um zu zeigen^ wie man mit Hülfe derselben ein
an die callij[^i9€he Periode geknüpftes attisches^ Da- ^
tum auf die julianische 2^itrechnimg bringen könne,
will ich von den obgedachten vier Beobachtungen des
Timocharis die erste hervorheben., Sie ist am
Molken des 25. Posideon im lösten Jahr der ersten
callippischen Periode angestellt worden^ Um das Jahr
vor Chr. zu finden, auf welches der Anfang des
i^allippischen Jahns trifft, ziehe man 36 von 331 ab.
,Der Rest gibt .295. Der 1. Hekatombäon entspricht
' also dem 1. Julius 295 v. Chr. ' Die fünf ersten Mo-
nate hielten nach dem Kanon 30, 30, 29, 30, 29
Tage. Der Posideon nahm demnach am 26» Novem-
ber und der 25« Posideon am 20. Decctmber Abends
seinen Anfang. Das Datum der Beobachtung ist mit-
hin der 21i Dec. 295 v. Chr. Eben diesen Tag gibt
die ReduGtion des von Ptolemäus wie gewohnlich
beigefügten ägyptischen Datums, so dafs sich diese
Beobachtung vollkommen in meinen Entwurf der
callippischen Periode fügt Dasselbe gilt von den
drei andern Beobadbtungen. Nur mufe bei der letz-
tern der Pyanepsion mit dem Mämakterion vertauscht
werden, weil der fünfte attische Monat, der gemeint
ist, nie Pyanepsion geheifsen haben kann (124).
Um Jahre der zweiten, dritten od^r emer noch
spatem Periode auf unsere Zeitrechnung zu reduci-
ren, multiplicire man die Zahl der verflossenen Pe.
riod^ mit 76, addire zum Produkt das Jahr der lau-
fenden und ziehe die Summe von 331 ab. So hat
das d28te Jahr der dritten Periode, wo Hipparch
die Frflhlingsnachtgleiclie zu Alexandrien beobachtet
hat,
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Griechen, . 145
hat'-*), im Sommer 147 v, Chn angefangen, so dafs
die Beobachtung iiii Friihling 146 angestellt worden
ist' Das attische Datum derselben ist nicht angege-
ben, so wie' sich überhaupt nirgends ein attisches an
die zweite oder dritte cailippische Periode geknüpftes
Datum erwähnt find^i \ '
Was meiner Anordnung der callippischen Pe-
riode allein ina Wege steht, ist ein Fragment' des
Hipparch *), S/irorin dieser Astronom zwei Sonnen-
wenden,' die ^ eine vom Aristarch am Ende des
SOsten Jahrs der ersten Periode, und die andere von
ihm selbst am Ende des 43sten Jahrs der drit-
ten beobachtet, mit einänd'er vergleicht. Da das
50ste Jahr der ersten Periode nach Taf. IV schon
niit dem löten Jänius endet und die Sommerwende
damals aHif den 26. Junius traf, «o müfste vom An-
fange des 5f sten Jahrs, nicht vom Ende des öOsten
die Rede sfein. Diesje Schwierigkeit, auf die mich
erst Hr. Let'ronhe aufmerksam gemacht hat *), ist'
allerdings erhebUch, scheint sich aber auf folgende
Weise beseitigen zu lassen. Es kam dem Hipparch
bei der Vergleichimg darauf an, die' Dauer des tro-
pischen Jahrs genauer zu bestimmen, als es durch
die caDippische Periode geschehen war, die ihr 365|;
Tage gab. Ohne die Data beider Beobachtungen zu
bezeichnen, setzt er das Intervall zwischen beiden auf ' *
145 cailippische Jahre weniger feinen halben Tag,
nnd verkürzt dem zufolge den Vierteltag — ro 6' htov-
(Srnq — in runder Zahl um y§^ eines Tages, was für
das tropische Jahr 365 T. 5 St. 55' 12'^ gibt. Hatte
nun Aristarch seine Beobachtung etwa im Anfange
des 51sten Jahrs gemacht, so war es nicht sogleich
Uar, dafs zwei Sonnenwenden, wovon die eine im
1) Alii/ni, 2, S. 154. 2) Alm. UI, 2, S. 163.
3) Journal de* Savaru^ Januar 1829.
MO
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146 ^ Technische Chronologie.
Anfange des 51sten Jahrs j^et ersten Periode, und
die andere am Schlufs des 43sten Jahrs der dritten
beobachtet worden, bis auf einen Unterschied von 12
Stunden um 145 JahrOi aus einander lagen. Es scheint
mir daher die Voraussetzung ganz einfach, dafis Hip-
parch, 4cm es blofs auf jenes Intervall, gar nicht
auf eine vollkommen zeitgemäJGse Angabe beider Beob-
achtungen ankam,, statt des f$ vd irei ouQf^^jiivo^y \m
Anfange des 51sten Jahrs, was er vielleicht beim
Aristarch gefunden, r<3 v &tu ^irj^/^i^ am EJnde
des 50sten, geschrieben habe, um die Bündig-
keit/ seines Schlipses besser hervortreten zu . lassen.
Auch kann ein späterer Astronom oder gar ein Ab-
schreiber sich eine solchfe Aenderung erlaubt haben,
weil ev in der ZeitbestimmuQg einen Fehler ahnete.
In der That, es, spricht für meine Anordnung der
callippischen Periodja zu vieles, als dalsich eine Um-
gestaltung derselben für möglich halten sollte, durch
die das ri^ v ersi kriyovn gerechtfertigt würde, wenn
man nicht in andere noch grölsere Schwierigkeiten
gerathen will
Wir sehen, die Periode wurde von den grie-
chischen 'Astronomen gebraucht Es fragt sich aber,
ob sie auch ins bürgerliche Leben übergegai^ei\ ist,
und wann? Dodwel][ glaubt, dafs sie gleich im er-
sten Jahr, nämlich Ol. 112,3, zu Athen gesetzliche
Kraft erlangt habe.^ Dafs den Athenern eine Verbes-
serung des metonischen Cyklus, der damals schon
um zwei Tage vom Himmel abwich, willkommen
sein mufste, leidet keinen Zweifel; doch möchte ich
darum nicht behaupten,' da£s sie die callippische Pe-
riode gleich in ihrekn ersten Jahr angenpnnnen ha-
ben. Vielmehr erhellet au^ einer Inschrift ^), dals
1) S. Hm. ßöcklfa Corp. Imct. Gr. Vol. I, b, lOl
dby Google *
'Digitized fc
Griechen. 147
es unter nlem Arcbon Nieodonis, OL 116y3, noch
mdit'gesehehesi ieiii konnte^ denn in Oir wird der
S6ste Tag der sechsten Prytame mit dem '11. Game,
lum verglichen» welche ZusammensteHnng zu erkea-
ncB gibt| dals dies-^in ScliaUjahr war.* Ein solches
war aber OL 1 16,3 nnr im metonischen Cyklus* Viel-
leicht ist OL 118,2 de^ Zeitpunkt, wo die Verbesse-
ni<ig ins Leben trat; denn in diesem Jahr^ wurden,
bei Wiederhersielhing der alten demokratischen For-
men djärch Demtetriuift, twei nesie: Stamme einge-
fiilut (128), was fiir.die bürgerliche Zeitrechnung die
wea^tticfae Veränderung zur Folge hatte, dafs nach
Pryts^iien und Monatieaa: datiren eins wurde, bei wel-
cher Gelegenheit das Bedürfhifs einer Rectification des
metonischen Cyklus besonders föUbar werden mufete.
Eine nochmalige Verbesserung erhielt, derselbe
durch Hipparqh, Dieser grolse Astronom fand^ wie
wir eben gesehen haben, dafs C allippus das jxopisehe
Jahr .um ^g^ Tag zu Jang ang^iommien. hatte. Er
stellte denmach ^) eine 304 jährige, aus vier callif^i*
sehen Cykeln weniger einen Tag, also aus 111030
Tag^i, bestehende Periode ak eine scdche auf, die den
Bewegungen der Sonne und des Mondes noch ge«
nauer zusagte; und wirklich geben 11^035 Tage durch
304 und durdi 3760, die Zahl der inzwischen ein-^
treffeQden Mondmonate, dividirt, (ur das tropische
Jahr 365 Tage 5 St. 55' 15'', nur noch 6' 27" zu
viel, Imd für den synodischen Monat 29 Tage 12 St
44' 2|", noch keine Sekunde zu wenig. Censorin
nennt diese Periode, die er eben so wie die'caOip-
pisdbe nur kurz beriihrt, annum Hipparchi^ mit
der richtigen Bemerkung, dafs sie 112 Sdialtmohate
1) Vielieicht in seiner rerloren gegangenen Schrift tz^t tfh^
ßolUfLtytf fLfivfSv ft «aJ ^jiuq^v, Alm. 111, 3, S. 163 ff,
- 10 ♦
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14S Technische Chronologie.
enthalte. ' Geminii's, ungeachtet er später als Hip-
parch gelebt hat (er nennt ihn), setzt das tropisdie
Jahr mit Callippus wieder auf 365^ Tage, und sagt,
die Periode desselben scheine nnter allen aih be-
sten mit dem Himmel tibereinzustimmen. Hipparch's
Verbesserung muTs also wenig bekannt geworden sein.
Auch C$sar berücksichtigte sie bei seiner JKalender-
rerbessemng nicht, vermuthEch weil ihm der Vier-
teltag, welcher der alten Octaeteris und der caUipfn-
sehen Periode zum Grunde lag, eine ungleich einfa-
cher^ Einschaltnngisweise gestattete.
Was ich in meinem Handbuche *) noch weiter
über das Kalenderwesen der Griechen, besonders fiber
das Parapegma des Eudoxus und eine im Alma-
gest vorkömmende, an ein reines Sonnen jähr ge-
knüpfte Zeitrechnung eines gewissen Dionysibs bei-
gebradht habe, will ich hier, als weniger wesent-
lich, unberührt lassen. Ich bemerke blofs, däfs Ton
den vielen Kalendern der Griechen nur zwei auf uns
gekommen ' sind« Der eine, zusammengetragen aus
den Parapegmen des Metoii, Euctemon, Eudoxus,
Democritus, Dositheus und Callippus, macht
das letzte Kapitel von des Geminus Einleitung
zum Aratus aus, einer schätzbaren kosmographi-
schen Schrift aus dem ersten Jahrhundert v. Chr. Die
Nachtgleichen, Sonnenwenden und Fixstemerscheinun-
gen nebst einigen Witterungsanzeigen sind hier an die
Tage gereihet, welche die Sonne in den verschiede-
nen Zeichen der Ekliptik zubringt, deren Namen die
Stellen der Monate vertreten, da es den Grieöhen an
eigenen Benennungen für die Monate eines Scnmen-
Jahrs gebrach.
Vo^ ganz anderer Einrichtung ist der zweite Ka-
l)Th. 1,S. 3S3 ff.
dby Google-
Digitized fc
' Griechen. 149
lender, wdd^er den IHtel Erscheinungen der Fix-
sterne und Zusammenstellung ^ der. Witte-
run gsänzei gen — ^ ^ouxsiq oatXavmf dcfTeQGyv xal
(xwajwyri httcny.icufi2v — fuhrt In demselben gibt
sein Urheber Ptolemäus die Au^- und Un-
tergänge Von 30 der ausgezeichnetsten Sterne nicht
nach den zum Theil unsichem Beobachtungen frii-
herer Astronomen, sondern nach eigehen Berechnun-
gen, für die fiinC Parallelen, unter denen der längste
Tag 131^, 14, 14|, 15 und 15| Stunden dauert. Der
erste geht durch Syene in Oberägypten, : d^r zweite
darch' Miederägypten, der dritte durch Rhodus, der
vierte durch den Hellespont, der {iinfte mitten durch
den Pontus. An diese Erscheinungen knüpft er eine
Reihe aus den Parapegmen des Meton, Euctetnon,
Democritus, Eudo:^us, Philippus, Callippus,
Gondn, Dositheüs, Hipparchus, Metrodoru^,
Cäsar und der Aegypter gesammelter Witterungs-
anzeigen. Dabei bedient er sich des alexandrinischen
Jahrs, mit dem 1. Thoth oder 29. August anfangend,
statt dafe seine Vorgänger von 4er Sommerwende
aiiszugehen pflegten. Beide Kalender, des Ge minus
und Ptolemäus, finden sidb im Urahologium des
Petavius. Von letzterem habe ich in einer akade
mischen Vorlesung ausfuhrlich gehandelt ^).
Von den späterhin mit der Zeitrechnung der Atlie-
ner vorgegangenen Veränderungen sind wir wenig un-
terrichtet. NuiJ aus einer in die Zeit des Hadrian.
gehörenden Inschrift *) geht hervor, dafe damals der
Schaltmönat noch im Gebrauch war. Nach Annahme
der christlichen Religion unter Constantin müssen
1) Abhandlungen der Berliner Akademie ansdenJaL-
reu 1816 and 17.
2) Corp. Inscr. Graec. Vol, I, n. 270.
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\
150 , Technische Chronologie.
die Athener das Mondjahr, das sich nicht mit ftem
christlichen Cultus vortrug, g^n das julianische ver-
tauscht haben/ jedoch so, dals sie ilire alten Monate
beibehielten, sie aber den römischen ganz parallel
stellten. Zugleich scheinen sie den Anfang dea Jahrs
nach byzantischer Weise auf den 1. September ver-
legt zu haben, so dafs nun Hekatombäon und
' September, Metagitnion und Oktober u. s. vr«
* gleichbedeutende Infamen wurden. So findet es sich
in einer Tafel der attischen Monate beim Henri cus
Steph^anns (124). Auch Epiphanius, der nach
der Mitte des vierten Jahrhunderts schrieb, vergleicht
den 6. Januar, auf den er Clmsti Geburt setzt, mit
dem 6.. Mämakterion * ).
So viel von der Zeitrechnung der Athener,
voQr der wir am besten unterrichtet sind. Im näch-
sten Abschnitt wird von den durch Alexander's
Zug nach Asien »u einer besondem Wichtigkeit ge-
langten Monaten der M a c e d o n i e r die Rede sein.
Mit diesen beiden griechischen Völkern kamen die
übrigen darin überein, dals sie ein gebundenes Mond-
jahr hatten; nur die Namen ihrer Monate, ihre Jahrs-
anTänge und ihre Schaltcykel waren verschieden. So
z. B. hieJEs der Monat, den die Athener Metagitnion
nannten, bei den Lacedämoniern Carnius — Kau^iCoc;
— und bei den Böotern,Panam)üis oder Panemus.
, Die Athener fingen ihr Jahr um die Sommerwende,
die Lacedämonier, wi^ man glaubt, um die Herbst-
nachtgleiche, imd die Böoter, 'wie man gewife weifs,
um die Winterwende an. Beim Thucydides *) wird
an einer Stelle der \i: Elaphebolion der Athener mit
dem 12. Gerastius der Lacedämonier, und an eiaer
1 ) HaeresU LI, c. ^4, p. 446 ed. Petay. Handb. I, 361.
2) 1. IV, c. 118 and. 119; 1. V, c. 19.
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/ Griechen. 151
andern der 6te vom Ende des Elapheboiion mit dem
4ten vom Ende des Artemisius verglichen, zum Be^
weise, -dafs beide Völker damals (während des pelo-
pohnesiscben Krieges), nach verschiedenen Schaltcy-
keln rechneten, das erste schön nach dem metoni-
schen Cjklus, das andere vermuthlich noch nach der '
Oclaeteris.' Wenn Plut«rch *) den 4ten vom Ende
des Panemus der Thebaner, den Jahrstag der Schlacht
bei Plataä, mit dem 4ten vom Anfange des Boedro-
mion der Athener zusammenstellt,* so würde dies eben>
falls eine ganz versdhdedene Rechnung andeuten, auf
die der Schrifitstellef auch selbst aufmerksam macht.
Allein es liegt bei dieser Angabe offenbar ein Irrthum
ziuh Grande, .weil eine^ siebentägige Divergenz der
Mondmonate zweier griechischen Völker nicht denk-
bar ist. Ich trete daher Hm, Böckh's "Mfeinung '
bei«), dafs ^e Schlacht gegen das Eäde des atti-
schen Metagitnion geliefert, aber die Siegesfeier auf
den Anfang des. Boedromion verschoben worden ist
Ol. 102,2 dagegen stimmten beide Zeitrechnungen
voflig mit einander überein; denn, wie derselbe Au-
tor versichert ' )^ traf die Schlacht bei Leuctra auf
den fünften Tag zugleich des Hippodromius der The-
baner und des Hekatombäon der Athener, Es ist
nicht unwahrscheinlich, da£s sich die erstem damals
den metonisclien Cyklus angeeignet hatten.
Die Nachrichten, die sich von den Zeitrechnun-
gen der Lacedamonier und Booter, so wie der
äbngen griechischen Völker (die Macedonier allen-
falls ausgeponunen, deren Monatsnamen wir wenig-
1) FHa ArisHd. c. 19.
'2) S. seine Einleitiiii^ zum Lectiomverzeichniss« der Berli-
ner UnhrertitSt Tom Sommer 1816. r
3) n*a Camim c. 19.
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152 ' Technische Chf'onologie,
stens vollständig kennen), bei den. Schriftsteilem und
auf Denkmälern zerstreut find!en, sind dürftig und un-
zusammenhängend. Die erheblichsten und zuverläs-
sigsten habe ich in meinem Handbuche ^) nach
Dodwell und Corsini zusammengestellt. Zwar ha-
ben späterhin Inschriften noch einige' Ausbeute weiter
gegeben *); aber immer wird unsere Chronologie itf
diesem Punkte sehr mangelhaft bleiben.
Es ist mir mm noch übi^g, von den Jahrrech-
nungen der Griechen zu handeln.
Die Athener zählten ihre Jahre nach ihrer er-
sten Magistratsperson. Zuerst wurden sie von erb-
lichen Königen, . dann von lebenslänglichen
Archonten, den Medontiden, weiterhia von zehn-
jährigen Archonten und endlich Vdti einjähri-
gen regiert Der erste zehnjährige Archon war Cha-
rops, 'der erste einjährige Creon. Den Charops
knüpft Di onysius von Halicarnafs ®) an OL 7,1.
Vielleicht fing das Jalu: der- Athener damals noch mit
dem Gamelion an (126). In ^diesem Fall kann sein
Eintritt schon in der Mitte von Ol. 6,4 erfolgt sein,
was auch defshalb wahrscheinlich ist, weil Di ony-
sius u^ter ihn die Erbauung Roms setzt, die seiner
ganzen Rechnung nach in den Frühling voll Ol. 6,4,
v^ Chr. 752, gehört. Nimmt man nun ^n, dafs die
Verlegung des Jahranfangs vom Gamelion auf den
Hekatombäon unter den zehnjährigen Archonten ge-
schehen und bei dieser Gelegenheit ein Jahr um 6
(Monat verkürzt ist, so erhalten wir für Creon's
1) Th. I, S. 362 ff. .
2) So haben wir dn paar neae böotische Monate gewon-
nen. S. Hm. Böckh'fi Einleitong zu den böotiisdien Wduif-
leq. Corp. Inscr. Graec. Vol. I, p. 732.
3) Jnti Rom. I, 71 ttnd 75.
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' ' Griechen. \ 153
Eiutritt den, Anfang von Ol ,24^2^ fär. weldie Epodbe
auch anderweitige wichtige Gründe i^prechen *)•
Von de» einjährigen Archonten: wurden immer.
neun durchs Lqos gewählt. Der erste hiels Vorzugs-
weise Archon, und nach ihm wurde das jedesma-
lige Jahr bezeichnet^ daher er auch spätediin IäcSi^
5*0^, der I^amengehende, -genannt wurde. -Einep
Archon eponymus finden wir zu Athen, bis ins vierte
Jahrhundert n. Chr., ungeachtet die republikanisdhe
Verfassung damals längst erloschen war. Nur zur
Zeit des Antigonus und Demetrius (OL 118,2)
gingen die Athener in ihrer Dankbarkeit und Schmeiß
dielei so weit, dals sie nicht blofs die beiden neu er-
richteten Stämme nach ihnen benannten (128), son^-
dem auch ihnen zu Ehren statt des Eponylnus einen
Priester der rettenden, Gpttheiten — *IfQ€t*i
rw» 5G)riigan; — einführten, der jedoch nur bis OL
123,1 bestand. Ein kritisches Verzeichnifs der be-
kannten Eponymi gibt Corsini im dritten und vier-
ten Theil seiner Fas^i ÄittcL Leider ist die Reih^
derselben nicht ganz vollständig. Besondere Schwier
rigkeiten haben den Alterthumsforschem die Pseud-.
eponymi gemacht, worunter maö Archonten ver-
steht, die beim Demosthenes in Dekreten als Epo-
nymi genannt werden, ohne doch in der Liste der
eigentlichen Eponymi vorzukommen. So werden in
der Rede de Corona *) zwei Dekrete erwähnt, die
uflter dem Archon Mnesiphilus, wie der Zusam-
menhang lehrt, OL 108,2, abgefafst sind, wo der wahre
Eponymus Themist o des hieis. Die befriedigend.
$ten Untersuchungen hierüber verdanken ym Hrn.
1) S. Hm« Böckh^s Abhandlaiig über die pari sehe
Chronik im zweiten Bande seines Corpus Inscr« Graec.
2) Orai. Gr. ed. Rdsk. Vol. 1, p. 235 nnd 238.
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,154 TeehnUchs. Qhronologie, ' "
äockb '}. leii bemerke noch, da& die Archon-
tenjalire, so weit die sichere Geschichte reicht, als
mit den Olythpiadenjafaren ganz pjraDel laufend zu
betrachten sind. Im Crmiide war der Sommer die
unbeque9iste Zeit, die man ziun 'Wechsel der ober-
sten Magistratspersonen wählen konnte. Thucydi-
des, der einen vaterländischen Krieg beschreibt und
nach Jahren detoelben datirt, fühlte dies; er macht
daher seine Einschnitte mit dem Frühling und Herbst
Auch die verbündeten bootischen Städte hat-
teif einen Arcboti Eponymus, durch den sichln
den Inschriften das jedesmalige . Jahr bezeichnet fin-
det^). Bei den Lacedämoniern hingegen standen
dn der Spitze der Verwaltung aufser den beiden Kö-
nigen fünf Ephor en, die jährlich gewählt wurden *).
Dafs einer derselben Eponymus war, ersehen wir aus
dem Thucydides, der die Zeit des Ausbruchs des
peloponnesischen Krieges (Frühling OL 874) also be-
Äeichnet*): „Im 48sten Jahr der Priesterinn Chry-
ids von Argos, tmter Ainesias, dem Ephoren von
Sparta, zwei Monate vor Atigang des Pythodorus^ des
Axchon der Athener/* Hieraus erhellet zugleich, dafs
zu Argos die Jahre nach der Amtsverwaltung der
Oberpriesterini) der Juno — ^KqscL; — gezählt
wurden, was der Scholiast zu dieser Stelle bestätigt
Diese Art, die Jahre zu bezeichnen, die überall
in Griechenland, ja in der ganzen ^alten Welt, ge-
wohnlich war, konnte dem griechischen Historiker,,
1) S, die Abhandlangen der Berliner Akademie rom
lahr 1827.
a;) S. BxfL Böckh'« Corp. inser. Gr. an dem S. Iö2 an-
gelälirten Ort.
3) Saidas Qnter diesem Worl.
4) 1. II, c. 3.
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Griechen. . $55
der die G^^schidite des In- und Auslandes synchro-
nistisch erzählen wollte, iinm&gKch genfigen. Et* be-
durfte einer von OrtsverhSltmssen unabhängigen Aere,
und eine solche gewährte ihm die Rechnimg nadh'
Olympiaden, die jedoch erst in Gebraueh kam, als
Griechenland langst seinen Herodot, Thucydides
und ]ienopfaon gehabt hatte *).
Die olympischen Spiele^ der Sage nach von
Hercules gestiftet, Wurden zur Zeit de$ Lycurg
von Iphitus erneuert, aber erst seit Corbbus, der
über 100 Jahre später den Preis im Wettlauf davon
trag, regelmäfsig sJIe vier Jahre, nach dem Sprachge-
brauch Aejp Alten -diä ^fxxfov erovqy quinto qmqüe
annoy gefeiert, wefshalb sie bei den Griechen 'xsvroLt-
tr^ixoif bei den Römern quinqjiennales hielsen*),
Dals der Sieg des Corobüs ins Jahr 3938 der
jülianischen Periode oder 776 v. Chr. zu setzen sei,
ist die einstimmige Annahme der Chronologen. Sie
gründet sich 1) auf verschiedene von Thucydides
erwähnte und von ihm an Jahre des peloponnesi-
schen Krieges geknüpfte Finsternisse. Da er nämlich
zu bemerken pflegt, in welcjien Jahren des Krieges
die olympischen Spiele gefeiert wurden, so können
diese Finsternisse ^ dazu dienen, die Epoche, nicht bldfir
des Krieges, sondern auch der Olympiaden, mit i^-
cherh^t zu ermitteln, wie Petavius gezeigt hat*).
1) Die BezfichnuDg Dudi Olympiaden, die sidi an eini-
gen Stellen der Hellenicä des letztem findet, ist fremdes Ein-
•chiebseL S. Joh. Gottl. Selineider^s Anm. zu L I, e. 2.
' 2) Unige; Clirmiologen, selbst Scsliger und PetaviüS, ver«
wecfasefai den Corttbns mit d«m Ipbitns, indem sie von der
Olympiade des Ipbitus als der ersten gesduditUchen reden.
Dies ist nicbt sn billigen, ß. Handk I, 374.
. ^) Doet. femp. IX, 44«,
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1$^ 'Technische (Sironologie
2) Auf eia fitr die Zeitrecfanang «ehr sch^bares
Frfgment des Eratiysihenes ^), woxin die Intervalle
ooiger Hauptepochen der griecfaischeii Gesehachte (ol
geodern^alsm angegeben sind:
von der Einnahme Trojas bis zur Rück-
keht der Herakliden • • • . i » n 80 Jahre,
von da bis zur Stiftung — ^erUn^; —
von Joni^i . ? • • * • • • • 60 —
femer bis auf Lykurg's Vomiundschaft 159 —
bis auf das Jahr von der ersten Olyxn-
- piade . •. • • ^ • • •; * •^108 —
bis auf Xeixes Uebergang über den Hei-
lespont ,.*,*•,*.'. 297 —
bis duf den Anfang, des peloponnesischen
Krieges « « ^ • . • * * • • ^8 —
bi$ auf das Ende desselben und die Be-
siegung der Aihener • . . . . ^ 27 —
: bis auf die Schladbt bei Leücira . > 34 —
bis auf Phihpp's Tod /•.,., 35 .—
bis auf Alexander's Tod .'•♦,., 12 —
Diesem sogenannten Kanon des Eratosthe-
nes liegen durchgängig vollgezählte Olympiadenjahre
zum Grunde, die von der Sonimerwende an gerech-
net werden. Geht man nun vom Jahr 432 v* Chr.,
wo das Olympiadenjähr beginnt, g^g^n dessen Schlufs,
wie jen^ Finsternisse zeigen, der Ausbrpch'. des pe-
lopoanesisehen Krieges zu setzen ist, 48 --f* 297 = 345
Jahre zurück, so trifit man auf das Jahr 777 v. Chr.,
als auf das der ersten 01ym[>iade vorang^ende.
Hiemach ist also die erste Olympiade in das Jahr
776, und die Zerstörung Tkrojas in das Jahr 1184 v.
Cht. m setzen. 3) Auf eine für die Zeitrechnung
meht minder wichtige Stelle des Censorinuis, wo
i) Clemens Ale^andr« Strom. 1. J, p. Ii5 ed. Sjlb.
* '
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-Griechen \ t67
£e Indien der Tom^mstön Von dl^ Alten gefttiraudiT
\m Aeren mit grosser Bestkninlheit^ und m iMdcker
Beziehung zu einander angegeben werden, dafe' tfber
ihre Zuverlässigkeit nicht der mindeste Zweifel' ob-
walten kann. ^ fängt also an ^): Hie tmnuSi cuius
vebtt indeöc e^Miulus qmdam est Ulpü et Pl^m
tiant consalatus^ cA Ofympmde prima millemnm^
est et quartjus decimusy ex diebus dantitxat aestU
vis, quibus agon Ofympicus eelsiratur* Das Cort-
sulat des Ulj^ivs und Pontla^hu^^itrttEt auf das Jahr
238 unserer Zeitrechnung öder lauf das 4951ste det^
julianischens Penode. Da nun im fifcKmmar deisselbeft
das 101 4le Olympiadeiqahr anfangen soll» So mtife
man 1013 vöUe Jahlre ztofickg^hen; um da^'efiige £»
erhalten, in welchem da^ erk^' -begiitik, «md ko ßxi^
det man wieder obiges Epochenjahr. •
Dafs die olymjäschen Spiele um die Sommer-
wende, gefeiert Mntnden» ist bekannt, so wie esgewÜs
ist, dafis sie um den Vollmond endeten ^); €h aber
gerade um den Vollmond, der zunächst ^uf die Söm-*
merwende folgte, wie die GhroHologen gew&hnlicli
aimdbmen, oder zuweilen auch s^cbon mit dem zu-
nächst Tori^ehenden, wissen wir, nicht mit Y&Ql^r
Sicherheit. Der Seholiast zum Pindör s»gt*)r
„Die Spiele ^h^n bald nach 49, bald nach 50 Mo-
naten, bald im Apollonius, bald im Parthenius, vor
sich.^^ Das Inter^dl betrug also 99 Mondmonat^
wie es das Wesen der OctäSteris mit siehibrii^
(114). Da es nicht wohl denkbar ist, dals cBe Eleei^,
auf deren Gebiet die Feier vor sich ging, ihren acht-
l)e. 31.
2} Sie daaerten rom Uten bis Eum 16ten des Mondmonäts.
SckoL tu Pindar's OL V.
3) Z» Ol. III.
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158 . Techni3ak0 Ckronotogie.
jäMgen Cjkhm nicbt ^r.geordn^ haben •ottten, dafe
die* Spiele immer auf .eineilei Mooat, etw4 auf 4en
eMen tbres Jahrs, trßfen, so hat Cor^ini vemuiäilidi
R0€hty wenn er glani^t.^)^ da£s. die ebe^ genannten
Monate in dem unbekcnnten Vaterland dea Seholia-
aten zu Hirnse gehörten^ und dala der. eine v^n bei-
den, der dortige Schdkotoiiot wa^ . .^. ;....' ,
tüx. die R^da^oii der Olympiad^ajahre auf die
chEi9tUebe Zettrechniing ergibt sidi folgende Regel:
man. vemiindere di^.Ziihl der Olympi^deii um 1, mul-
tjplictire den Be$it mit 4, addire ^ava die Jahrs^ahl der
Imfenden Olympiadevuad T^ehf die.3tKmne von 777
ab* Der Rest ist das Jahr y* Chr«i mit dessen Som-
mer 4M gegebene jdl]niipisch^«beguv3ilU So^ findet sich,
dala Ol 754» ^ i^i^ :der Scblaobtl^ei Salamis, 480
V. Chr. anfing. Die Begebenheit c^r^^M^ i^i^b im
atUaeh^Bp^droiFiioii». also in der ersten, HSlfte des
olympiscben Jahrs;.. jQehört da^egfsn.' €^ Faktulte in
die zweite Hälfte^ PO muis man das gefundene. Jahr
V» Chr« um 1 rermindem. So ergibt 'sich (iir die
Erbauung Roms das Jahr 75|3 v« Chr./ weil sie nach
lEavrooisfiher Redb^uing im Fmhluig OL 6,3 statt ge-
fondüm haben 900..' Für OL 194,4 erhalt man das
erste Jahr v, Chr. » Ist also v<m einer Olympiade die
Rede^ die diese Z^ übersteigt, so mids man von
dier obgedachten Summe 776 abziehen, wo dann der
^est das Jahr o. Chr. gibt, auf dessen Sommer der
An&ng des diympiscfaen trifft. So fangt Ol. 254,2,
wo Geists 0 rinn s sehrieb (157), 238 n. Chr. an.
Für den am häufigsten, vorkommenden Fall, dals die
Olympiade kleiner als 195 ist, läfst sich die Reduc-
tionsregd auch so fassen: man inultiplicire die gege-
bene Olympiade mit 4 und ziehe das Produkt von
l) Diss. agon. I, 6. ^
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Grieeim. , Ifi^
780 ab, um das Jahr v, Chr. zu edialtai, in wdchefn
sie begbnt So nahm die 102te Olympiade im Jahs
372 V. Chr. ihren Anfang; die Schlacht bd LeuiMra^
die im Hekatombäon ihr^s zweiten Jafirs.TOtfiel, gfr*
hart also in das Jahr 371 v. Chr. Da die Epoche
der Olympiaden auf das Jahr 3938 der juliaoischm
Periode tnfit (155)> so kann man in jedem FaU. noch
so verfahr^, dais man das Olympiadenjahr, welche^
dpEch Multiplication der verflossenen Olympiaden mit
4 und Addition des Jahrs der laufenden gefunden wird^
Z41 3937 addirt, und das so erhaltene Jahr der julia-
uiscben Periode auf die christliche ZetUrechnung re^
ducirty wofür oben (41) die Rt^el gegeben j^t. ZifUji
Behuf der selten vorkommenden Reduction der christ^
liehen Jahre auf olympische wird man sich nach dem
Bisherigen leicht selbst eine Regcji b^den können. :.,
In mehreren Büchern wird zur Ersparung solche^
Rechnungen eine Tafel sämmtiichar an die christ-
liche Aere gdknüpften Olympiadenjahre gegeben» su
B. in dem dritten Bande des schäi34>aren Werks Arif,
de verifißr les dates avanitjtre Chretienne. Hier
siod zugleich die julianischen Data des Anfangs eines
jeden olympischen . Jahcs beigefügt, nicht etwa, wie
sie wirklich statt fanden, sondern wie sie allenfalls
statt gefunden haben können. Es liegt dabei folgen-
des Princip zum Grunde. Der llt^^ ^ag des Mond-
monats, mit^ welchen die .olympischen Spiele anjün-.
gen (157), wird als Datum der Feier der ersten
O^piade angesehen und sq 4^rch eine astronomi-
sche Rechnung der 18. Julius des Jahrs 776 v. Chr.
gefunden. ' Von hier- an wird vorwärts gerechnet, mit
Hälfe einer OctaSteris, worin den Gemdnjafaren 354,
und den Schaltjahren (dem jedesmaligen dritten, fünf-
ten und achten) 384 Tage gegeben, und afle 16 Jahre
3 Tage eingeschaltet werden; nach einer Verbesse-
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160 Technische Chronologie. '
tung der urspriingGchen Octaetetls, deren 6e minus
gedenkt *), mit der mau, aber scWerKch bis zum
Anfange der Olympiadenäre iurtickgehen* darf. Die
Tafel, deren Richtigkeit nieiiiand' Verbürgen wird,
kann wenigstens eine Idee von der Wandelbarkeit des
Datums der Peier der olympiisclien S|)ielfe geben, und
wird sich auch in den meisten Fallen der Wahrheit
wenigstens nahem. Kommt es auf keine Genauigkeit
an, so kann man den Anfang der olympischen Jahre
durchweg auf den 1. Jtdiris setzen.'
Die Feier der olympischen Spiöle bestand unim-
terbtochen 293 Olympiaden hindurch bis gegen Ende
der Regierung/des Thepdosius. Man sehe die dar-
über von Corsini gesammelten Zeugnisse *). 'Sehr
bestimmt ist dar des Cedrenus •), iiach welchem
' die -jtavTYyv^tq' r&v ^öXv/.i^iaScüv im ^6sten Jahr dieses
Kaisers, ^. 1.394 n. Chr., eriosch.
Als der eigentliche Urheber der Olympiadenrech-
ming ist der unter Ptolemäus Phüädelphus lebende
Geschichtschreiber *r i m a u s aus Sicilien anzusehen,
der sich, nachdem man längst ^6wohnt gewesen war,
einzelne Begebenheiteil durch dieNamep der /gleich-
zeitigen olympischen Sieger zu bezeichnen, nach Po -
lybius *) das Verdienst ' erwarb •), die Ephoren und
Kön^e von- Sparta mit den Archonten Athens, den
Priesterinnen Von Atgos und den olympischen Sie-
gern zu vergleichen, und so der Schöpfer der Olym-
piadenäre wurde, ohne die es keine griedüsdie An-
nalen
1) Ve^l. Handb. I, 296.
3) Diss. agon. I, 11.
" 3) Bisi. comjf. p. 3i^ der Parifl^r Aasgabe der Script
hist. Byz.
4) XII, 12.
•6) Offenbar in seinem Werke ^0\\s^%ittjovt'M%i,
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Griechen. \(^\
naien geben konnte. Gern nahmen die. Geschieht-
Schreiber eine Jahrrecho^ng an, die mit der nöthigen
Festigkeit ein gemeinschaftliches Interesse für alle
Griedben verband. FrUherhin hatte man das Chrono-
logische entweder ganz vernachlässigt, oder sich mit
schMrankenden Zeitbestimmungen beholfen^ die den spä- •
tem C^eschichtforschfsrn die Feststellung der Epochen.,
oft sehr erschwerten oder gan^ immöglich machten.
Im bürgerlichen Vcrjkehr ist die Olympiadenrech-
nuBg nie gebraucht worden; auch kommt sie auf kei-
ner Münze vor. Natürlich, da sie ein rein litt^rari-
sches Institut ist. *
Das vollständigste Verzeichniis der olympischen
Sieger in jeder Art des Wettkampfs liefert Corsini *).
Bekanntlich war der Lauf der erste ..Gegenstand des
Wettstreits, daher auch vorzugsweise der Name des-
jenigen genannt wurde, der in, dieser Beziehung den
Preis davon getragen hatte — crtaSiov ivUa^ stadio
vicity wie es immer heifst -
SchUelslich mufs ich noch einer eigenthümlichen
Jahrrechnung gedenken, die sich auf einem für die
Chronologie wichtigen Denkmale des Alterthums, dem
parisefaen Marmor, gebraucht findet Es handeln da-
von mehrere zum Theil ausführliche Werke, am gründ-
lichsten und genügendsten der zweite Band von Hm.
Böckh's Sammlung griechischer Inschriften.
Gleich anfangs sagt der Urheber, er habe die Zei-
ten von Anbeginn her verzeichnet, „von Cecrops,
dem ersten Könige Athens, bis auf die Archonten
Astyanax von Faros und Diognetus von Athen." Hier-
aus schliefet man wol nicht mit Unrecht, dals die
Marmorchronik, als die Arbeit irgend eines Privat-
manns, in Faros entstanden und aufgestellt gewesen
1) Am Schiasse seiner Dlssertatii^nes agonisticae.
11
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162 Tfichnkche Chronologie.
' sei; ob isie gleich sonst nichts weitet die^e h(Sel be-
treffendes eritüat. ffierauf folgen *) in 93 ZeÜ^n 78
, Epocben, von dienen Sie erste also läutet: „Seitdem
Ceerop^ zu Athen herrschte und das Land, das zu-
vor von Äctäus, deiti Autochthonen, Äciica gendnht
. war, den Namen Cecröpia erhielt, 1318 Jahre." Diese
Jahre werden offenbar von deinfenigen, Wo Diogne-
tus Archön war, zurückgerechnet. Diasselbe gilt von
allen übrigen Epochen. Es fragt sich also, in wel-
ches Jahr dieser Archon, der sich sonst nii^ends er-
wähnt ändet, zii setzen sei. Einige Gdehrte eirfdä-
ren sich für Ol. 129,1, v. Chr. 264, andere für 129,2,
V. Chr. 263. Voii beiden Jahren siiid uüs die Ar-
dionten ilnbekatint, und beide lassen sich durch ein-
zelne Epochen rechtfertigen. Da aber die dem Zeit-
alter der Chronik naher liegenden Epoehen von OL
95,2 an alle Ol. 129,1 geben, iso laßt sich nicht zwei-
feln, dafs^ dies das richtige Epochenjahr sei. So wer-
den in der 72sten Epoche bis zur Schlacht bei Leuk-
tra unter dem Archon PhrasicKdes 107 Jahre, d. i.
26 Olym^aden iiiid 3 Jahre rückivärts gezählt, und
zieht man diese von 129, jl ab, so erhält man nichtig
' OL 104,2 fiir das Jahr der ScÖacht. Die frÖieni
Epochen sind grofsentheils um ein Jahr weiter tu-
' riickgeschobfen, als es die griechischen Annalen nrit
sich bringen. Wenii z. B. iii der 52sten Epoche bis
zur Shlacht bei Platää unter dem Archon Xantippus
1) Oder vielmelir folgten; denn die erste HSlfte des Mar-
mors ist In den bargerlichen Unrahen' niiter Carl l von England,
wohin das Denicmal als E^entluini. des Grafen Arnndel yerselzt
worden war, verlöien ^«igen. Jüan mois sidb daher mit der
Abschrift behelfen, die Seiden davon in seinem Werke fMar-
mora AnmdslUma (London 16^, 4) g^bea hat. Der Ueber-
rest findet sich jetzt in Oxfiird.
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» Macedönier und Syrer. 163
216 Jahre oder gerade 54 Olynqpiaden «nftckgerech-
net werden, so ergibt sich als Jahr dersdben OL 754?
da es doch Ol. 75,2 sein sollte. Offenbar sind der-
Reichen Anomalien durch Rechnungsfehler entstan-
den, die der Verfasser der (Sironik bei der Verglei-
dnmg der einzduen Epochen -beging» ^
Zeitxeclmuiig der Macedonier, asiati-
schen Griechen und Syrer.
Die Macedonier waren dem Ursprünge, ^ der
Spradie und den Sitten nach den Griechen verwandt.
Man ymd also leicht erachten, dafs auch ihre Zeit-
rechmuig einen der griechischen anidogen Charakter
gehabt habea müsse, und hieran . lassen die Nachrich-
ten, die Ton dem ähem Zustande derselben auf uns
gekommen sind, in der That nicht zweifeln.
Ihre Monate waren folgende:
£uo<;
Dius.
t
^AnsXXcuix;
. Apelläus.
AvSwouoq
Audynäüs.
TleQiTioq
Peritius.
LxxfT^oq
Dystrus.
^
Zoffx/Sfixliq
Xanthicus.
^kgrE/MCTioq
Artemisius.
Lcäftuxi-
Däsius.
navcfxoq »
Panemus. >
Aqwi;
Lous.
ToQfietatbi;
Gorpiäus.
^T'sceQ߀Q£7'cu6q
Hyperberetäus.
Es findet »ich nirgends bemerkt, dafs ihr Jahr
mit dem Dius anfing,
aber wohl, dafs
es mit dem ,
'
11
«
.
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164 Technische Chronohgie,
Hyperberottus endete. Dies versichern Zenobius * )
und nach ihm Suidas ^).
Einige Gelehrte haben dem Jahr der Macedo-
nier einen andern Charakter beilegen wollen, t^Is den
allgemeinen griechisch^i *); aber ^rit Unrecht JNir-
gends, wo macedonische Monate mit attischen . ver-
glichen vorkommen, läfst sich eine Verschiedenheit
ihres , Gehalts .ahnen. . So heilst es in einem Schrei-
ben, das Philipp, als er von den Amphictyonen ;6um
» Heerführer der Griechen gegen die Locrer von Am-
phissa ernannt worden war, an die Peloponneser er-
liefs:' „Begebt euch mit Waffen und Lebensqfiittela
auf 40 Tage versehen nach Phocis, im gegenwärtigen
Monat, den wir Lous, die Athener Boedromion, die
. Corinther Panemus nennen *)•" Offenbar warea diese
Monate von Reichem Gepräge, da sie in einem mili-
tärischen Befehl. so ohne alle Beschränkung zusam-
mengestellt .werden.
Denselben lunarischen Charakt^ müssen die ma-
.cedonischen Monate behauptet haben, als sie durch
' AlCxander's Zug über ganz Vorderasien bis Baby-
• Ion und Aegypten hin verbreitet und in die neuen,
aus seiner grofsen Eroberung entstandenen Staaten ein-
geführt wurden, SeleucusNicator, der Stifter des
seleucidischen Reichs, drückte ihnen dadurch den ge-
setzlichen Stempel auf, dafs fer, wie Male las berich-
tet *), die syrischen Monate mit macedonischen Na-
men zu bezeichnen gebot Diese Monate wurden aber,
ehe die Syrer das julianische Jahr unt^ der römi-
1 ) Proverb. Cent. VI, n. 30. '
2) Unter diesem Wort.
3) Handb. I, 394.
4) Deradsth. de Coronn Oratt. Gr. Vol. I, p. 280.
5J Mist, chron. TIi. I, S. 257 der Oxferder Ausgabe.
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Mazedonier und Syrer» 155
sehen Herrschaft angenomtnen hatten, ^ben sb wie
die hebräischen entschieden nach dem Monde abge-
messen. Dasselbe gilt von denen der spätem Baby^
lonier; denn die Monate mit macedonischen Benen-
nungen, an Mrdche die drei letzten chaldäischen
Beobachtongen im Alma ge st (85,88) geknüpft sind,
fügen sich, wie ich im Handbuch gezeigt habe *),
gaqz in diese Voraussetzung, eben so wie das mace-
donische Da^m in der Inschrift von Rosette (53).
Hatten also die Macedonier ein Mondjahr, das
kein anderes als ein gebundenes gewesen sein kann,
we'd Ton dem freien in der alten Welt nirgends
eine Spur angetroffen wird, so mufsten sie audi ih-
ren Schaltmonai haben. Wie dieser hiefs, wird
uns nirgends bestimmt gesagt; doch ist Scaliger's
H}rpothese, dafs er den Namen Dioscorus führte^
nicht unwahrscheinlich. Im zweiten Buche der Mak-
kabäer nämHch, wo einigemal macedonische Monate
erwähnt werden, ist ^) ein Schreiben, das Lysias:,
General des Königs Antiochus Eupa tor, aQ
die Juden erliels, vom 24sten des Monats A^o^aco^/v.
^lov datirt Man hat A/ov^Kogw^/ov emendiren wol-
len, in der Voraussetzung, dafs ein coriiithischer Mo-
nat des Namens Dius gemeint sei. Allein nicht zu
gedenken, dafs ein solcher nicht weiter vorkommt,
begreift man gar nicht, wie ein syro-maöedonischer
Feldherr ein officielles Schreiben an die Juden nach
einem corinthischen Monat habe datiren köpfen.
Da nun die Vulgata Dioseoti liest, auch nach dem
, EtymologicumMagnum Atoorpcogotj ein Monatsname
gewesen sein soll, so glaubt Scaliger, dafs der ma-
cedonische Scbaltmonat diesen Namen führte. ' Ein
l)Th:i, S. 3%.
2)lj, XI, V. 21.
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166 Technische ChrofMihgle.
zweiter, allen Umständen nach- wenig spateret BrieC
des Antiochus ^ ) ist Tom 15. Xanthicus datirt Der
Schaltmonat scheint daher im macedonischen Jahr
eben so vor dem Xanthicus hergegangen zh sein, wie
im hebräischen vor ^em, Nisan, der dem Xanthiciis
entsprach, in weldbem Fall er freilich nidi am Schhisse
des Jahrs gestanden haben würde ^^.
Dafs die ipacedonischen Monate mit den hebräi-
schen wirklich anf die eben gedachte Weise corespon-
dirten, ersehen wir atts dem Josephus« Dieser ]ü-
dische Geschichtschrdber bezeichnet £e Mondmonate
seines Volks tiberall. durch die den syrischen Grie-
chen^ für die er zunächst schrieb, geläufigeren macedo-
nischen l^amen. So vergleidbt er in d^i jüdischen
Alterthümern ^) den Dius und Xanthicus der Ma-
cedonier ausdrücklich mit dem Marcheschvan und Ni-
san der Juden. In den Büchern vom jüdischen
Kjriege heilst es *), die Römer hätten den Tempel
zerstört am 10. Lous, an welchem auch der erste
Tempel von den Babyloniem verbrannt worden sei*
Die^ geschah aber, wie der Zeitgenosse Jeremias
berichtet *), am lOten des fünften Monats der He-
^ bräer, d. i. des Ab*
Wir wollen nun das Veihältnils der macedoni-
schen Monate zu den attischen untersuchen. In dem
oben (164) gedachten Sehreibeh des Philipp wird der
Lous mit dem Boedrqmion zusammengestellt Plu-
. tarch dagegen vergleicht, wo er von der Geburt
Alexander's spricht, den Lous mit dem Hekatombäon«),
und setzt die Schlacht am Granicus bald in den Dä-
1) V. 33 desselben Capitels.
.2) Man yergleiche; was faier&ber im Hanilbncli I, 399 ge»
sagt bt ^y I, 3, 3. 4) VI, 4, 6. 5> LH, IX
6) Vita-ÄUx, c. 3. *
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Jiacedonier und Syrer. 157
Sias der Macedonier, bald in den Thargdion der Athe-
ner * ).. Dies gibt zwei ganz verschiedene Verglei-
chungen der macedonischen Monate mit den attischen,
deren Erklärung dadiirch ein besondere«» Interesse ge-^
winnt, dafs sie mit der Bestimmung der Epoche von ^
Alex^d^s Tode zusammenhängt, bei der die .Chro-
nologen um nicht weniger als zehn Monate von ein-
ander abweichen. ^
Mehrere Alterthumsforscher sin^ der Meinung ge-
wesen, dafe die eine dieser beiden Vergleichungen
unrichtig sei. Corsini^) will aus historischen Grün-
den ibjtgero, dals in Philipp 's Schreiben Hekatombäon
statt Boedromion zu lesen s«; allein Taylor zeigt
in seinen Anmerkungen zu der citirten Stelle des De-
mostheneS) dals es gar woU vom Boedromion da-
tirt sein könne ^ ). Andere dagegen haben geglaubt,
dals Plutarch irrigerweise die Stellung,, welche die
macedonischen Monate späterhin im Sonnenjahr er- ,
hielten, auf Alexanders Zeit übergetragen habe. Es
18t allerdings mogCch, daüs bei ihm falsche Reduc-
tionen iin Spiel sind. Wenn man aber glaubt, dals
sich die macedonischen Mqnate erst beim Uebergange
des Mondjahrs in das Sonnenjahr verschoben haben,
so irrt inan; denn in den obgedachten drei chaldäi-
sdben Beobachtungen, welche ins /dritte Jahrhundert
y. Chr. gehören, nehmen sie scHon dieselben Stellen
eip, die ihnen Plutarch's Beductionen' anweisen f ).
WabrsQheinlicher ist daher die Meinung mehre-
rer achtbarer Chronologen, dals die Veränderung in
der Stellpng der macedonischen Monate, wodurch der .
1) Ebead,^ c. 16. FUa CrnnSM c. 19.
S) F. ^. m, 20.
3) YergL Handb. I, 404.
4) Handbach 1, 405.
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J^ 6 8 Technische Chronologie,
Lous aus der Gegend des Bo.^dtomiQn in die des He-
katombäon geschoben wurde, bald nach Alexander's
Regierungsantritt vor sich gegangen sein müsse. Wer
eine solche Verschiebung der Monate eines Volks
nicht für möglich hält, bedenke, dafe der Sinn für
die eiserne Festigkeit des Kalenders, an die wir ge-
wöhnt sind, bei den Alten erat durch, Cäsar's Re-
form geweckt worden ist. Wenn Alexander, als er
die Schlacht am Granicus liefern wollte, an die Stelle
des Däsius einen zweiten Artemisius zu setzen gebot,
weil man ihn warnte, den Däsius, in welchem die
macedonischen Könige nie den Feind angegriffen, nicht
durch eine Schlacht zu entweihen^); so blieb der
fiefehl zwar unausgeführt, weil es dem Könige nur
auf eine augenblickliche Beruhigung seiner abergläu-
bigen Generale angekomnaeri war; es geht doch aber
daraus die Möglichkeit hervor, dafs die gedachte Ver-
schiebung durch einen ähnlichen Machtspruch herbei-
geführt sein könne.
Ist obige Meinung wirklich gegründet, wie ich
nicht zweifele, so müssen wir annehmen, dals sich
Pinta rch blofs in der Reduction des Loüs aiif den
attischen Kalender geirrt habe, dafs also Alexander
nicht im Hekatombäon, sondern im Boedromion ge-
boren sei, der damals noch mit dem Lous überein-
stimmte. t)as Geburtsjahr ist Öl; 106^,1. und Phi-
lipp s Brief gehört in Ol. 110,2. Da nun nach Ar-
rian's Versicherung *) Aristobulus, einer der Be-
gleiter und Geschichtschreiber Alexander's, dessen Le-
bensdauer auf 32 Jahr und 8 JVIonat gesetzt hat, so
müfste der König OL 114,1 im Thargelion gestorben
sein, und auf eben, diese Zeit führt auch folgende
1) Fita Alex. c. 16.
3) Exp. Alex. VII, 28,
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Mctcedonier und Sprr. 169
Combination. t'Iutarch gibt ein Bruchstück ans den
Tagebüchern — ß^rj^cgÄfi^ — die Diodotus aus
Erythrä und Eumenes aus Gardia über Alexander'is
Feldzüge gefuhrt hatten *). In demselberi sind die
umstände seiner letzten Krankheit .aufgezeichnet, vom
18. Däsius bis zum 5}8sten, wo er gegen Abend starb.
Aristobulus hatte den Tod zwei Tage später, auf
den 30. Däsius gesetzt * ). Der Däsius entsprach
aber nach Plutarch dem Thargelion. Als Todes-
jahr des Königs nennt Arrian dasjenige der 114ten
Olympiade, w6 Hegesias Archon war^ d. £ das
erste. EBemach ist also Alexander OK 114,1 im Thar-
gelion jgestorben. Zu Athen wan damals noch der
metonische Cyklus im Gebrauch. Stimmten nun viel-
leicht beide Monate,, der Däsius und der Thargelion^
vollkommen überem, was sich jedoch, nicht veibür-
gen lä£st, weil die . Macedonier nach einem andern Cy-
klus gerechnet haben können ^)y so wäre der Tod
entweder am Uten oder 13. JuniDs 323 v* Chr. eri
folgt, je nachdem wir ihn mit den Tagebüchera
auf den 28sten oder mit Aristobulus auf den 30.
Däsius setzen.
Dieses Ergebnils ist nach allem, was wir von
der frühem macedonischen Zeitrechnung wissen oder
schlie&en können, ungemein wahrscheinlidi, upd es
treten demselben daher auch Scaliger, üsher,
Dodwell, Des - Vignoles und meines Wissens alle
deutsche Geschichtforscher in so fem' bei, dafs sie
den Tod des Königs an den Schlufs des ersten <
Jahrs der 114ten: Olympiade bringen. Ni|r die fr«n-
i) f^ita AJex, c. 76. Die Ver&sser neaiil Athen Sns L
X. p. 434. ^
2) Fifa Alex. t. 75.
3) Handbuch I, 408.
Digitiz^d by VjOOQIC
170 Tcchnkehe Cironohgie.
wmdxen Chronologen, niit Petayius m ihrer Spitze,
können sich nicht überzeugen, dals zu ^exanders
Zeit wiikfich eine solchse Ajendenmg mit den macedo-
niaichen Monaten roi^egangen sei, wodurch der luous
aus der Stelle des Boedromion in die des Heka^mbäon
lackte» S^ wollen daher dep Tod d(&3 Königs lie-
ber in den Hekatombäoii, dem fdamals noch der I>ä.
ans entsprochen haben soll, also in den Anfang von
OL 114,1 setzen, und so würde diese JSpoche um
gaue zehn Monate ]bis zum Sommer 324 y- (^hjjT* zu-
rücki^reichen. Auch für diese Ansicht Imm sich
Grunde ' ani^hre^n. War aber dies^beo fsIkM vorge-
jfafste Mdnung pnift, wird' mit mir £e|en^en fiir über-
zeugender halten, die auf den Thargehon fuhren. Un-
ter diesen hat jQr mich besonders der ^n grdJGses Ge-
wicht, welcher vom ßegeptenkanon entlehnt und
beceits oben (63) entwidtelt ist Ich b^ijß von die-
. sena fSSa die Geschichte wiehtigeu Gegoistande aus-
föhrUdbier in eiiier Yoriesung über das Todes-
jahr Alexander's des Grossen gehanddt^).
Schwerlich sind die mac^dqnischen JMonfite, so
lange sie noch nach dem M(mde abgepoessen wur-
den, v<m Macedönien bis Babylon ßxf übereinstim-
mige Weise gebraucht worden 9 da die zaUreichen
Völker, die cfich ihrer .bedienten, unter sehr verschie-
denen flegieruiEigen upd in geripgem wechselseitigeD
Verkehr lebt^. So vi|ßl ist aber gewüs, da& sie un-
ter der rofniscben Herrschaft^ wo sie in Sonnenmo-
nate umgeprägt erscheinen, bei den Schrifistellem und
taf Denkniiilern in 4cm mann^acbfi>ten Verhältnifis
zu. den römischen gefunden werden, und dals es sorg-
fältiger Untersuchungen bedurft hat, um ihnen über-
i^ Schriften^ der Berliner Akadjemia .ans dpa JTAsea
iSaOtiiMl 21, ^ ^
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JUttcedmUer. und Syn^^ |7|
all ihre liektigeii Stdlai anzuweifieii. Seht viel ha-
ben IQ. dieser Hinsicht Usher t) und Noris ^) ge-
leistet Wenii wir jetat übeip nielnrere von ihnen zwei«
felfaaft gelassene Ponkte besttnmitjer caitscfaetden kön-
nen, so verdanken wir dies dem ÜOTentiner He-
merologium, das ihnen unbekannt gebttebeH ist
Diese für die Zeitrechnung dei^ 4isiaitiseheii Vol-
ker wichtige Urkunde^ welche den Titel ^fte^o^vyi^
[MtviSv 8iou^iiim> ^oXsfov führt, hat fitch zu 'Anfange
des vorigen Jahrhunderts in einem Gi»dicx d^ viuedi-
ceischen Bibliothek gejiniden. Sie »gSit einm y^
standigen römischen Kalender v^n Januar an, ver- '
glichen mit den Kalendern der AliextiiiidriAer« Hel-
lenen, Tyrier, Araher, Sidoiiier, HeliopoUr
ter, Lycier, Asianer, Creter, Cyprier, EphOf
sier, Bithynier und €a^padocier« SpStarhin ist
In einem leidener Codex noch ein zweites Hemer<4o*>
^um entdeckt wotden , das «ich- vdn dem ikurentiner
nur in sofern unterscheidet, als es stittt der Kalender
der Creter, Cyprier und £{^esier die von Gaza, As-
calon und SeLeucia enthält Alle siebzehn Kalender
brider Handschriften hat 'Sainte-Croix zusammen-
gestellt ^ ), ohne jedoch für die Zeitrechnung dar Vol*
ker und Städte, denen sie angehören, allen den Nutzen
daraus zu ziehen, den sie bei näherer Ansicht gewähren»
1) Jacob! Csserii de Macedojuim et Askmorum mrno
9ol(xn dissertotto^ Loadon 164S, 8, a^ch der Genfer Ausgabe sei-
ner Armales veterU et novi TestatnerUi beigednickt
2) hl seinem . Werke: Aimas ^ epoehae Syromaeedmumn
in vetuetU vrbwm Syriae lamds expodtae Florenz t689 and
Leipzig 1696, 4, Auch in der Sannnlang der sSmmdichen Wei^e
dieses gelebrten Kardinals, die 1729 zu Verona, in 5 Foltobandea
erschienen ist.
3) Memoires de VAcadinde des hueripikme Taai.XLVIl
Ver^ Handbacli I, 410 ff.
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17S Teehnlseh^ Chnmologie.
• Zuvörderst tnüsfieti wir den allgemeinen Charak-
ter der im eigentlichen Macedohien und in Kleinasien
seit dem er£^ti^ Jahrfaunderf der christlichen Aere
vorherrschenden Zeitrechnung kennen lernen. Man
bediente sich daselbst eines Sonnenjahrs, das von ei-
nem Jahrpunkte zum andern drei volle Monate zählte.
Wir erseheA dies aus dem tialenus, der um die
Mitte unsers zweiten Jahrhunderts zu Pergaraus schrieb,
in seinem Con^mentar über des Hippokrates
JBpidemia ^) erklärt er die Art und Weise, wie die-
ser grofse Arzt die Zeiten des Sonnenjahrs vermittelst
der Fixstemersdieininigen und der Nachtgleichen und
Sonnenwende zu bestimmen pflegt (103, 104), und
bei dieser Gelegenheit sagt er, dafs das Jahr der Asia-
ner den Jahrpunkten nach in vier Theile zerfalle, so
dafs die Herbstnachtgleiehe auf den Anfang des Dius,
die Winterwende auf den des Peritius, die Frühlings-
nachtgleiche auf den des Artemisius, und die .Som-
merwende auf den des Lous der Macedonier treffe.
Da er die^ Herbstnachtgleiehe voranstellt, so muls sein
Jahr mit ihr angefangen haben,* Und dies, bestätigt
Simplicius *) mit den Worten: „Die Athener be-
ginnen ihr Jahr um die Sommerwende, die Bewqh-
.ner des jetzt sogenaniiteii Asiens um die Qerbfi|tnacht-
^leiche, die Römer um die Winterwende und die
Araber und Damascener um die Frfihlingsnachtgleiche.^'
Wenn, wie sich nicht zweifeln läfst, das kieinasiati-
schie Jahr nach dein römischen gemodelt war, so
müssen die vier vom Galen^s genaputen Monate
DittS, Peritius, Artemisius und Lous &ak 24. Septem-
. tber, 95. December, 25. März und 24. Junius oder
doch in der Nahe angefangen haben'; denn dies sind
1) Of^. mppo€nA8 ei GaJod Vol. IX, P. % p. 8.
'l) Commgnt. in PFfysira Jrislof. J. V, p. 205, a.
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Maecdimier und Syrer, 173'
die Data, deisi^n in Cäsar 's Kalender üe Nachtis-
chen und Sonnenwenden entsprachen ^ ), ^«
In unserm Hemerologium finden sich mehrere
nach dieseiii System geordnete Kalender. Zuerst fol-
gender der Asiäner;
Monate. Anfang« Dauer.
Cäsarius 24. September 30 Tage.
Tiberius 24. Oktober 31
Apaturius 24- November 31 -
Posidaon 25. December 30
Lenäns 24. Januar 29
Ilierosebastus 22. Februar ^ 30
Artemislus 24. März .31
Euangelius 24. April 30
Stratonieus ' 24. Mai '3t
Hekatombäus 24, Junius .31
Anteus 25. Julius ' 31
Laodikius , 25.' Augus^ 30
Iih Schaltjahr hat der Lenäus ohne Zweifel 30
Tage gehabt, wo dann der Hierosebastus am 23. Fe-
bruar anfing. Nur wissen wir nicht, ob die Asiane^
mit den Römern in einerlei Jahr eingeschaltet haben.
Unter den Asianern — 'Aonawji — , denen dieser
Kalender beigelegt wird, sind Städte im Bereich d^
einst von AttaluS beherrschten Monarchie zu ver-
stehen, welche die Römer mit dem Worto Asia in
seiner engsten Bedeutung, oder auch mit dem Namen
Asia proconsularis bezeichneten, und zwar ioni-
sche Städte; denn den Lenäon, oder, wie er hier
heilst, Lenäus, legtProclus in seinen SchoUen zum
Hesiodus*) den loniern bei, zu denen der Dich-
ter, aus Cumä stammend, selbst gehörte. Auch finden
1) PUdu ä N. XVBI, 59 fC
2) Opp. et A T. 504.
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174 TecktUgche Ckrmohgte.'
wir a^6en Monat in mehreren iöniselieii Städten. Sfb
erwähnt Josephns ^) ein zum Besten der Juden
Yon'Dqlabella, dem rOmisdhen Procomul Asiens, an
niehrere dort%e Städte, namentUch an Ephesns, im
Lenäon erlassenes, Dekret, und beim Rhetor Ari-
stides, de^ unter Marens Aurelius zu Smyma schrieb,
werden der Pasideon und Leiläon eben so, vne iii
unserm Kalender, siä zwei auf einander folgende Mo-
nate genannt * ), der erste als ein winterlicher. Beide,
so wie der Hekatombäus, sind ohne Zweifel Ueber-
reste des alten ionischen Kalenders, der ursprünglich
in Attica einheimisch, gewesen sein mufs, von wo die
Stammväter der Idnier unter Codrus Söhnen nach
Kldhasien auswanderten. In Attica selbst erhielt sich
der Name des Monats Lenäon nur in dem des^ Fe-
stes der Lenäen, die zuerst in ihm, späterhin in
dem an seine Stelle getretenen Gamelion gefeiert wur-
den ' ). Den Artemisius hatten die Asianef mit den
Macedoniem gemein. Ihre übrigen Monatsnamen schei-
nen neuem Ursprungs zu sein und nicht weiter vor-
zukommen. Die Namen Cäsarius, Hieroseba-
«tus und Tiberius verdanken ihre Entstehung of-
fenbar der Schmeichelei gegen die ersten römischen
«Imperatoren, daher zu vermutben steht, dals der Ka-
lender spätestens unter Tiberius gecMrdnet ist. Kach-
mals müssen die ionischen Städte, wenigstem^ Smyma,
sämmtliche macedonische Monatsmmien angenommen
haben ; nenn in einem Sehreiben der smyrnäischen
1) Jni.Jud. XIV, 10, 12,
2) SenH. saer. I, p. 274 ~ 280 ed. Jebb.
3) S. EfitL B5ckh'8 Abbandlang über die attischen Le-
näen, Anthesterien nnd isndlichen Dionysien, in den
Schriften der Berliner Akademie ans den Jahren 1816
und 17. *
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Maeedo^r mtd %rer. 175
i. - , ■ ,
Kirche bekA Ensebiu» *) findet %h der MärtjKr-
iod 9e& h^il^ai Polycdipus auf den 2. Xaniiiicfus ge-
setzt, der mit dem 23. Februar vei^idhen wird, wor-
aus erhellet, dafe der Lenans unser» Kalenders 'ge-
meint ist Wegen der in demselben herrsehenden
Zäbhiiigs- und Be^eidmungsweise der Monatstage muls
ich auf das Handbuch vervirc&en ^)y wo man auch
noch andere hierher gehörigiß Notizen ifinden wkd«
Ein zweiter gain analoger Kalender unseis He-
merologiums ist folgender der Ephesier:
Monate. Anfang. Dauer.
Dius 24. September 30 Tage.
AppeUäus 24. Okiober 31
Audynäus 24. November 31 ^
Peritius 25. Dezember 30
Dystrus - 24. Januar, 29
Xanthicus 22. Februar 30
Artemisius 24. MSrz 31
Däsius 24. April . 30s
Panemüs 24. Mai 31
' Lous - 24. Junius . 31
Gorpiäus 25. Julius ' 30
. Hyperberetäus 24. August 31
Et uöDter8.eheidet sidi seiner Constnictibn nach
von dem vorigen blofs durch die Epoche eines Mo-
nats. Der Schaltmona^ ist offefibar der Dysl^ms. Eiie
Namen der Monate sind die macedonischen; dahar
sich nicht zweifeln läTst, da£s dies eben der Kalender
'ist, von dem Galenus in der Vorhin erwähnten Stelle
Spricht Das Hemerologium legt ihn vorzugsweise
den Ephesiem bei; er mnJGs aber in Kieinasien ;5ehr
1) £Btf/. eccl IV^ 15, vfo die AnmerkungMi des Valasius
(p. 65 dier amsterdamer Atu^gabe) lo vergleichen sind.'
2J Th. I, iS. 415 ff.
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* 176 teebt4sche.(3iromhgie.
veibreilet g^westo aetn, da^ wir in den ersten Jahr-
hunderieii der Cbristenbelt häufig nach ihm datirt
finden. Sa setzt Epiphaniu^s ^) Christi Taufe auf
drä 16. Apelläiis der Maeedpnier (Ephesier), den er
mit 'dem 12. Al^yr .der Aegypter und dem 8. Dius
der griechischen Syrer, d. i. mit dem 8. November,
vergleicht *)• ,
Ein dritter nach gleichem System geordneter Ka-
lender unsers Hemerologiums gehört denBithyniern
an. Es ist folgender:
Monate, Anfang. Dauer.
Heraus 23. September 31 l'age,
Hermäus 24. Oktober 30
Metrous 23. November 31
Dionysiu« 24. December 31
Heracleius ^ 24. Januar 28
Dius 21. Februar 31
Bendidaus 24. März 30
Strateiua 23. April 31
Periepius 24. Mai 30
Areius 23. Junius 31
Aphrodisius 24. Julius 30
Demetrius 23. August 31
Der Schaltmonat mufe der Heracleius gewesen
sein. Ich habe die Namen der Monate zum Theil
nach alten Menologien, die hin und wieder in Hand-
achriften vorkommen, verbessert Ein bithynisches
Datum findet sich bloDs beim Ptolemäus, der eine
am 2, Tybi im 12ten Jahr Domitians, d. i am 29.
November, des Jahrs 92 unserer Zeitrechnung, von
Agrip-
1) An der S. 150 citirten Stelle, wo die DaU von ChrisU
Gebart nnd Taiife nach vielen Kalendern angegeben werden.
3) Vergl Handbuch 1, 420.
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M4c0danier und Syrer. 177
Agrippa iB Bithyiiien angestellte Bieobadhtuiig ganz
richtig auf den 7. filetrous setzt i).
Ein vierter hierher gehöriger Kalender unsars He^
merologiums wird ^n Crel^rn zugeschritben« Er
kommt der Stellung der Monate nach ganz mit dem
bithynlschen überein, und da sich .nirgends &n creti-
sches Datum erwähnt findet, so .vei^yeise ich wegen
der Monatsnamen auf das Handbuch ^).
Auch em fünfter, den Cypri^ern beigelegter Ka-
lender slimmt seiner Construction nach mit dem bi-
thynischen überein, mit Ausnahme blols des siebenten
Monats, der um einen Tag früher anfangt Wegen
der Mpnatsnanien beziehe ich mich wieder auf > das
HandJ)uch ^). Bei Schriftsteilem finden sich bleib
der Aphrodisius, der erste Monat, von Porphyr ius *),
der Apogonieus und lulus, der zweite^ ui^d vierte,, yon
Epiphanius, und der Plethypatus, der neunte, vpn
Alexander Monachtis *) erwähnt Die heilen
letztem nennen ausdrücklich die I^ap hier. Die Sa-
laminier dagegen hatten die ägyptischen Monate,
denen sie jedoch ^ine etwas andere Stellung im. julia-
nischen JK^^lender anwiesen, als die Alexandriner; den^
Epiphanius, der als ihr Bischof von ihrem Kalen-
der genau unterrichtet sein mur8te,/etzt Christi Taufe
auf ihren 6. Chöak, der nach ihm dem 12. Athyr
der Alexandriner oder 8. November der Römer ent-
sprach. Jlr macht diesen Monat zu ihrem dritten,
und den 6. Januar, an welchem Christus geboren sein
1) Alau VH, 3, S. 23.
2) Th. I, S. 426.
3) S. 427,
4) De abstinentia 1. Ol, §. 54.
5) Laudatio in Apostolum BarHabmn. Acta Sanct. Jon.
Tom. p, p, 45t.
12
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178 Techtusche Chromhgie. \
soll, zum fiinfteh Tag ihres fünften Monats , dem «r
.keinen besondem Nftmen gibt. Hiernach müssen die
Salaminier ihr' Jahr am 4. September mit dbm Phao-
phi angefangen haben« Die Form desselben kam ver-
muthlich ganz mit der des alexandrinischen überein.
Bei der groDsen Verschiedenheit, der in Kleinasien
gebräuchlichen Monatsnamen muls daselbst frühzeitig
zur Erleichterung des gegenseitigen Verkehrs der Ge-
brauch aufgekommen sein, die Monate nach den Stel-
len zu bezeichnen, die sie in dem niacedonisch-asia.
tischen, um die Herbstnachtgleiche anfangenden Son-
nenjahr einnahmen. Auch scheint .sich die kleine Ab-
wei(ihung in der Bestimmung der Dauer der Monate
allmählig ausgegUchen und folgender allgemein gültige
l^alender ausgebildet zu haben:
Monate. Anfang. Dauer.
Erster 24. September 30 Tage*
Zweiter 24. Oktober 30
Dritter 23. Novembei* 31
Vierter 24. December 30
Fünfter 23. Januar . 30
Sechster 22. f ebruar 31
Siebenter 25. März 31
Achter 25. April ^ 30
Nemiter 25. Mai 30
Zehnter 24. Junius 31
15ilfter 25. Julius 31
^ Zwölfter 25. August 30
Schon zu Aristi des Zeit mufste ein jsolcher
Kalender in Smyma nicht ungewöhnlich sein; denn
«r gedenkt einmal *) des 14tep Tages des zweiten
Monats mit dem Beifligen: „wie wir hier zu Lande
rechnen." Usher und Njoris haben mehrere Data
1) Serm. Sacr. II, p. 294.
dby Google
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Macedonier und Syrer. -. 179
aus Kirchenscribenten gesammelt, die sich, nur durch
einen so geordneten Kalender rechtfertigen lassen.
Beide stimmen in den Ergebnissen ihrer Untersuchun-
gen äberein, nur däfs -der erste deii Anfang des zehn-
ten Monats auf den 25. Junius setzt Im römischen
Schaltjahr begannen ihrer Ansicht nach die Monate
vom siebenten an um einen Tag früher im juliani-
8ch^ Kalender, was voraussetzt, dafs die Kleinasia-
ten in einerlei Jahr mit den Römern einschalteten,
ihren ^ Schalttag aber ans Ende des zwölften Monats
brachten.
Bemerkenswerth ist es, dafs b^i Henricus Ste-
phanus (124) und in zwei von Usher erwähnten
oxforder Handschriften die Namen der Hinunelszei-
eben, Wage, Skorpion u. s. w.,' geradezu als die
Monate der Macedonier aufgeführt sind. So
schicklich sie auch, wie man sieht, die SteUvertreler
der kleinasiatischen Sonnenmonate sein konnten, 'so
scheinen sie doch im bürgerlichen Leben nie zu die- ^
sem Zweck gedient zu haben; wenigstens findet sich
nirgends ein an sie gereihtes Datum. Es ist aber bei
der grofsen Verschiedenheit der ^ in Kleinasien übli-
chen Monatsnamen sehr wohl mö^ich, dafs man bei
der Berechnung des Osterfestes in den ersten Ji^-
hui^derten der Christenheit dergleichen allgemein gül-_
tige Benennungen gebraucht hat, die sich dann jeden
Orts leicht in -die volksthünilichen umsetzen Uefsen.
Dahin deutet auch wirkhch der Zusatz, nach der
kirchlichen Feststellung, der sich in einer jener
Handschriften findet. ' ,
Einen zweiten Hauptgebrauch von den macedo-
nischen Monaten finden wir in Syrien gemacht. Hie^
war seit den ersten Jahrhunderten unserer Zeitrech-
nung und ist noch immer bei den Christen ein Jahr
gebräuchlich, dessen Monate, von den Griechen mit
12 ♦
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180
Technische Chronologie.
macedonischen und von den Syrern mit einheimischen
Namen bezeichnet, den romischen ganz so parallel
liefen, wie es folgende Tafel zeigt:
Syromacedonische Monate.
Hyperberetäus Der erste Thischri Oktober
Dins Der zweite Thischri November
Apelläus Der erste Kanun December
Audynäüs . Der zweite Kanun Januar
Peritius Schebat ' Februar
Dystrjis Adar März
Xanthicus Nisan AprO
ArtemisiuB Ij'ar Mai
Däsius Hasiran Junius
Panemus Thamus Julius
Lous Ab August
Gorpiäus Elul September
Nach Bayer ^ ) lauten die Nationalnamen bei den
Syrern eigentlich so: Teschrin, Conun, SchTot,
Odor, Nison, lor, Chsiron, Tomus, Ov, Ilul*).
Dafs die syromacedonischen Monate ihrem Ge-
halt imd ihrer SteBung nach mit den romisdben, wirk-
lich vollkommen so übereinstimmten, wie es tmsere
Tafel zeigt, so dafs z.^ B, Peritius oder Schebat
nur ein anderer Name für den Februar war,^ lehren
zahlreiche Zeitbestimmungen bei den griechischen und
syrischen Kitchfnscribenten, so wie bei den arabi-
schen Astronomen uöd Geschiehtschreibem, die sich
ihrer häufig bedienen. Auch geht dies aus unserm
NHemerologium hervor, das die Anfange der helleni-
schen Monate durchgängig auf die Calcändas der rö-
i) Historia Osrhoena et Edeasena p. 17,
2) Wer sie syrisch gesclirieben sehen wiQ, yer^ache dien
Anhang zu Beyeridge^s Chronologie p. 257 der ntrecbter
Ausgabe*
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Macethmler und Syrer/ igf
mischen setzt Unter ^EM^veg- werden hier nach et
nem bei den morgenlandischen . SehriftsteUem häufig
vorkommenden Sprachgebrauch dfe syrischen Grie-
chen verstanden, besonders die Einwc^ner von An-
tiochien, der Hauptstadt der ronäsbhen Provinz Sy-
rien. .Epipha;tiius sagt, Christus sei geboret nach
den Römern ain 6. Januar, nach den.Syrern oder
Griechen — xorob ^vqixvg ej^ wv "^E^tjiwc^— am 6.
Audynäus, und getauft nach den Römern am 8. No-
vember, nach den Griechen am 8. Dius.
Dafs das Jahr der Syrer mit dem ersten Thischri
, oder Hyperbä:etaus ai^g, Idirt unter andern die se-
leucidische Acre,, deren Jahre von diesem Monat an
geredmel werden. Auph verdienen hier folgende
Worte des Hieronymus *) erwähnt zu werden:
Apud Orientales pöpulos post colledionem frugum
et torcularia, quando decimae. (teferebantur in
tempbm^ Octohet erat primus mensis et lanua-
rius quartus.
Die Frage, woher es komme, dafs der Hyper*
beretäus der Syrer fast ganz die Stelle einnimmt,
ui der wir bei dc^ £leinasiaten den Dius finden, be-
antwortet Noris dahin, daCs diese Verschiedenheit
erst beim Uebergange des Mondjahrs in das Sonnen^
jähr entstanden sei, indem man in Kleinasien die
julianische Jahrform .in, einem gemeinen Mondjahr,
in S3rrien aber in emem Schaltjahr angenommen habe,
wo ein Monat doppelt . gezählt wurde. Dies läfet
sich allerdings hör^; doch muls eriniiert werden,'
dals die macedomschen Mopate beim Josephus.be>
reits im Mondjahr der Juden, an ähnlichen Stellen er^
scheinen, wie im syromacedonischen Sonnen|ahr (16^.
1) ComfnerU, in Bzecldelem l. I. x. 1.
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183 Technische Chrß^eiof^,
So lange das seleacidische Reich bestand, sdiei<
nen die (Syrer diBerlei Zeitrechnung gebraucht zu ha-
ben, nämlich ein gebundenes Mondjjahr^ das sie mit
den Macedoniem um die.Herbstiiachi^leiche anfingen«
Als abier das Land - unter römische Herrschaft kam
und viele syrische Städte die Auto no^mie, d. i. die
Freiheit erhielten, sich nach eigener Verlassung zu
regieren, eigneten sich zwar alle den julianischaa Ka-
lender an, jedoch mit mancherlei Aibweichungen, die
im gegenseitigen Verkehr keine geringe Verwirrung
zur Fqlge haben mu(sten, der erst späterbin durch
die Einfuhrung des obigen allgemdn- syrischen Kalen-
ders abgeholfen wurde. . . ^
Unser Hemerologium enthält zw«i syrische Ka-
lender,, in denen zwar die maeedonischen Monate
ebenfalls identisch mit den romischen, jedoch ganz
anders gestellt erscheinen. Zu Seleucia in Pierien
entsprach der Oktober dem Gorpiäus^ zu Sidon dem
Lous. E)ata nach diesen Kalendern kommen nicht
vor ^ ).
Merkwürdig ist es, dafs der Kalender der Ly-
cier, eines kleinasiatischen Volks, , dem, Hemerologium
nach mit dem der Sidonier «übereinstimmte, nur da(s
der Audynäus am 2. März und d^ Aitemisius aiu 3.
Julius begann.
Das Jahr der Tyrier war folgendermalseia ge- '
ordnet:
Monate. Anfaiig. Dauer..
Hyperberetäus 19. Oktober 30 Tage.
Dius ' 18. November 30
Ap eil aus 18. Deoember 30
Audynäus 17. Januar ,30
Peritius 16. Februar 30
1) Vergl. Handb. 1, 433 ff.
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M(tce4mtier und Syren
183
Mondie.
Anfang.
Dauer.
Dystru»
18. März
31 Tage.
Xanthicu^
18. Apta
31
Artemisius ■
19. Mai
31
DSsius
10. Jnnius
31
Panemus
20. Julius
31
Lous
20. August
30
Gorpiätts
19. Sej^mber
30
Sdion Nor 18 hat mit Hülfe zweier tyrischen
Data, die sich in den Veihandlungen der wa dialce-
doB und unter deni Patriarchen Meima zu Constanti-
nopel gehaltenen Conoilien finden ^), die Anfange
der tyrischen Monate so bestimmt, vne sie hier nach
dem- Hemerologhuni gegeben sind. .Im Schaltjalnr
scheint der Peritius 31 Tage gehalten zu haben ^).
Die Monate der Arab^er hatten nach dem He-,
merologium ganz die $onn der alexandimischen, wie
folgende Tafel zeigt:
Monate.
Xanthicus
Artemisius
Däsius
Panemus
Lous
Gorpiäus
Hyperberetäus
Dius
Apelläu9
Audynäus
Peritius
Dystrus
Epagomenen
Anfang.
22. März
21. April
21. Mai
20. Juniiis
20. JuUus
19. August
18. September
18.' Oktober
17. November
17. December
16. Januar
15. Februar
17. März
Dauer.
30 Tage.
30
30
30
30
30
30
30
30
30
30
30
5
1) Haasi CoBsci. dmcU. Tom. VU, col; 197, Tom.> VUI,
col. 1083. 8) V«r0. Handb. I, 436. '
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1S4 Technische Ckrtmohg^.
Unter den Arabern, di^ diesen Kaien^r ge-
braucht haben sollen , sind blofs die Bewohner jes
petr^ischen Arabiens^ besonders die der Stadt Bo-
stra zu verstehen, die, nachdem das Lanfd unter Tra-
jan eine romische I^ovinz geworden war, als Sätst d-
ner Legion zu einer besondem Widitigkeit gelangte.
Man sieht, dals sich hier die oben (172) aus Sim-
plicius beigebrachte JNotiz bestätigt, dafis die Ara-
ber ihr Jahr mit der Frühlingsnachtgleiche angefan-
gen Eabesi; denn diese traf im zweiten Jahrhimlert
n. Chr., wo sie sich das Sonnenjahr angeeignet ha-
ben müssen (früherhin hatten sie mit den übrigen
Arabern vermuthlich ein Mondjahr) auf den 22. MMrz^).
Neben den macedonischen Monatsnamen haften sie
auch 4hre eigenthümlichen. Dies erhellet -aus der
mehrmals angeführten Stelle des Epiphanius, wo
der 6. Januar mit dem 21. Aleom und der 8. No-
vember mit dem 22. Ai^altbabeith der Araber Veil-
chen wird. Setzt man dafür die Namen Audynäus
, und Dius, so ^bt unser Hemerologium dieselben Data.
' Auch die Bewohner der unweit der Grenze Ae-
gyptens gelegenen Städte Gaza und.Asoalon, die
lange den Ptolemäern unterworfen w^aren, bedienten
sich nach dem Hemerologium der alexandbdnisdben
Jahrsform mit macedonischeh Monatsnamen. Da der
. erste ihrer Epagomenai auf den 24 August trifft, so
sollte man glauben, dafs sie ihr Jahr zugldich mit
den Alexandrinern am. 29. .August anfingen^ Aflein
, Marcus, Diakonus der Kirche von Gaz% :Jsagt in sei-
nem Leben des heiligen Porphyrius^ Bischofs
dieser Stadt * ): Cum autem pergeret XUus hon
i) Wegen d^r Pamascener, die Simplicias zngiäch
nennt, sehe man Bandbupb I, 437.. > .
3) c. 3. Acta Sanct. Febr. Tttn/IO, p. €48.
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pbiere primo mJmse, qui a$ eis vocaiur Dios, demde
. etiam seeundo, qui dieitur £pilleas (Apdäbieüs),
omnei affligehäntur; es erhellet also, daüs d£e Gih
zaer die. alexandTUiische jJahfsfonn angenommen, aber
die macedonische. Gewohnheit, das Jahr im Herbst
zu begmnen, beibehalfen haben, ungeachtet «o die £r-
gänzttogstage. nicht an den SchluCs ihres Jahrs zu ste-
hen kainea. Den Dins filmen sie am 28« Oktober
an. Hiernaefa Inrird man, leicht auch die. Anfön.ge ih- '
rer übrigen Monate ansetzen können. Im Schall^ahr
rechneten fße ohne Zm^eifd eben so, wie die Alexatt-
driner, 6 Epagomenen* Die^ Asealoniten begannen
ihre Monate anr dei^elben Tagen des julianischen Ea«
lenders, nannten aber den Mpnat, ;der bei den €b-
zäem Ditis hiefis, Hyperberetäus ^). ,
Das Hemerologtum eüthältt endlich noch die Ka-
lender der ^Bewohner von Heliopolis (jetzt Baal.
bek) und der Cappadocier. Wegcai beider verweise
ich au£ das Handbuch ^). Hier bemedce idi ninr
mit Bezug auf den letztem, da& £piphaniüs tob
einem ganz andern Kal^ider reden muls, wenn er
den 6. Jannat mit dem 13. Atarta und den ü. No-
vember mft dem 15. Aratata der Gapp«idocier vtxy
gleidit Weder Zahlen noch Nanien stimmen. Das
^nzige cappadociscbe Datum, das sonst noch vor-
kommt, .fiiidet' sich beim Gregor von Nazianz^^, der
einmal ^)' vom 33. Dathusa, d» i. nacb dem Hemero^
logiom vom 29. September, spricht^ ^ .
Eben to verschieden, wie die Monate, warien die
Epochen, von %elehen die Syrer- ihre Jahre zählten.
Noris, Belley, Eckhel und Sancleme^tite ^)
1) VergL Hatt^b; I, 438 ff, '
3) Th; I, '8. ^44^ ff;. 3) j^l»/. m
4) Die Werke von Neris nai EekJiel «ad sdbon
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I S6 T4MfAnls4fk0 Chronologie.
' ' '' ♦
Uliben ibeB diesen scbwterigen Gegenstand eken so
sdiaxUmiige ab gründliche Untersuchtingen angesteHt,
und ihn besonders mit Hülfe von Münzen, deren eine
grofse Zalil von d^i freien SHädten fiRfsiens anf nns
gdcammen ist, zu erhellen gesucht
Die wichiigsie alfer syrischen Acren ist die se-
leucidische. Dem Seleucus, nadimids ^icator
j^nannt, fiel hei der zweiten Vertheilunj^ ^r Satra-
pten des grolsen von Alexander hinterlassenen Reichs,,
drei Jahre nach dessen ^Tode, Babylon am« Er hatte
seine Statthalterschaft einige Jahre behauptet, ab er
«ie aus Furcht vor dem Antigonus, der einen grofsen
Theil Asiens an sich gerissen hatte, verliefs und sich
zumJPtolemäas Lagi nach Aegypten, begab. IMeser
drang auf seine Veranlassung mit einem Heer in Sj-
nea ein, und setzte sich durch A&x Sieg, dea er über
den Demetrius bei Gaza erfochten, in den Besitz des
Landes. Seleucus zog nun mit einem Heer, das ihm
Ptoleniäus zu Hülfe gegebeü, nach Babyhm, ircMng
den Mieanor, den General 4es Anti^nus, und unter-
warf sich Susiana und Medien. Von diesem Zeit-
j^mkt, OL 117,1, wie Diodor berichtet, (zwischea
den Sornmem 313- und 311 v. Chr.) datkt sieh die
^euddiscfae Aare, nicht, wie einige Chronologen sa-
gen, "ion.der Gründung des sdieucidiseh^i Reidhs ia
Syrien; ]^ dahin verfiossen noch 11 Jahre. Anti-
gonuK ^te nämlich nach der Schladbt bei Gaza nach
Syrien, und drängte den Ptolemäua naeb. Ae^pten
zurück, worauf .ane Reihe Begebenheiten folgte, die
sich daitiit endigte, da& sich Ptoleitiäus^ * Seleucus,
(tüirt worden« Von Belley findet' man eine Reihe Abhandlon-
gen alg Supplemente za Noris in den Mewümm de if'dc. des In-
ser, Sanelemeate hsX dc-epqlMs sir€ d^^ hqMs ^citönot^gieis
imperiidmH ^tschriebon. <Aora 1809, 4i)
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Mocethnter und Syr^. Igf
Cassander und Lysimachua g^en Antigoifus verban-
den, und ihn bei Ipsus.in Phiygien um Reich nhd
Leben brachten; IKes geschah OL 119,4, >. Chr.
301. Die Sieger theUten sich in sein Reiche Seien-,
cus^ der sich seit einigen Jahren den Konig^el bei^
gelegt hatte, eihielt das obere Syrien, nnd machte
es asoni IVIittelpuidct eines grofsen Reichs, das sich
vom Indus bis an den Heüespont erstreckte. Cöle-
syrien, Phoniaden und PalSstina verblieben für jetzt
noch dem Ptolemäus, fielen aber id der Folge den
Seleuciden gleich&Hs zu.
Es Wurde nun ip dem von Seleucus. beherrsch-
ten Theile Syriens gebräuchlich und gesetzlich, die
Jahre von der Sehlacht bei Gaza zu jzählen, durch
die ar den Grund zu seiner grolsen Ma<^ht gelegt
hatte. Dies ist die berühmte Acre der Seleuci-
den, deren sich die Syrer und unter den syrischen
Regenten die Hebräer bedient haben. Man findet sie
auf den Münzen von Emis'a, Damäscus, Laodicea in
Cölesyrien, C^sarea am Libanus, Orthosi^ in ^höni'-
zlen, und unter anderen Acren auf denen von Anti6-
cbia, Apamea, Epiphanea, Seleucia, Canathä, Sidon,
Tripolis, Tyrus, Cyrrhus und Ascalon. Fernefwif.
den Marmorn von Palmyra, z. B. einem, der folgende
Zeitbestimmung enthält: snyvq ZM* f.ir{»^ He^triov^ im,
ihr 547 im Monat Peritius *). Nach ihr wer-
in den Bi^chem der Makkabäer die Jahre ge-
|hlt, Y^elclie daselbst die der Herrschaft der
(riechen hei&en '). In den Auszügen^ die Jos«
1) Gruter 7%^^. Iriscript. p. LXXXVl, 8. JKfus. CapiU
I. IV, iab. XVIÜ, p. 79. :
2) 1. Makk. I, 11. Josephas dagegen spridtt {AtU, XUI,
6) von der Herrschaft de^ Assyrier, worunter er die Syrer
rstelit, ittdeiD er hiuzufietzt: „seit Sclevcas, Nicato^ geaaimt.
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Simon ABsemani in seiner Biidiptheca orientalis
aus- den syrischen Handschriften der vatikaniscben
Bibliothek gibt, wird,. sie häufig erwähnt,- mit der Be-'
Zeichnung ßnno Griieeorum oder anmo regniAlecaan-
dri^ Auch g^raochen sie nicht selten die arabischen
Astronomen^ die' sie die Aere Alexander's, dgent-
lieh D$i 'l karnain, des Zweigehörnten, denaen.
Die Epoche, der seleucidischen Aere triffit auf
d^. Herbst, mit welchem die Syrer ihr Jahr anfin-
, gen. Da£s es der Herbst des Jabrs 312 v. Chr^ in^ar,
lehr^ci zahlreiche Münzen. Wenn z. B. auf einer
Münze von Tripolis, mit dem Bildnisse Hadrian's
das Jahr 428 » und auf einer Münze von Emisa mit
^ ' dem Bildnisse X/aracalla*s das Jahr 5SS bemerkt
ist (beide können sich nur auf un^^r^ Aere bezieben),
T so vrird man,' da jener am ll^ August 117 n. Chr.
%ar Regierung gelangt, und dieser den 8« April 217
n. Chr. ermordet ist, durch eine leichte Rechnung
finden, dafs die Aere weder früher nodi spät^ als
im. Herbst 312 v. Chr. mg^a^gen haben könne ^ ).
Auf eben dieses Ergebnifs führen mann^ache ander-
weitige Combiiyaticmen. Wenn z. B. d^ Zeitpunkt,
WQ das Glaubensbekenntnifs des nicänischen Cond-
üums abgefalst ist, sich also bezeichnet findet ^ ): „Un-
ter dem Consul^it de^ Paulinus und Julianu^ im Jahr
Syrien ^m Besitz nahm/^ Unter Assar oder Assyrien nämfich
Begriffen ^e (Mentaler nicht blofs die Provinzen des alten assy-
nselien Reidis ain Hgris, sondern alle" die Länder YordenisieBs,
mit Atasnabme Arabiens, wo die ftemttische Sprache in ihren yer-
schiedenen Mundarten gesprochen wurde. Die Griechen kürzten
diesen Namen ab, nn^^agten dafür Syrien. HerodQt YII, 63.
1) Noris diss. II, c. 1 rnid 2« Am bequemsten Ist pe^ bei
aolchen Vergleichung^ di^ Jahre vor und nach Uir. anC ß»ß ja-
li^nisdie Periojdo zu bringe C^O
%y Mansi coUfjci, Conc Tom. VI,. «ioL 956,,
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Mtteedoniet und Syrer. j[gg
636 nach Alexander am ig.Däsiiis (Jnnitts) der Grie-
chen/^ so geben die Consuln das Jahr 325 n. Chr., und
da dies das .636 ste der seleucidischen Aere gewesen
sein sMf so erhält mati als Epochenjahr wieder 313
V. Chr. Die Bezeichnung nach Alexander ist bei
den Orientalem nicht ungewöhnlich« Sie findet sich
auch in folgender Stelle des Abu'lfaradsch ')s
„Zwölf Jahre, nach Alexander^s Tode erhielt Seleucus
mit dem Beinamen Nicator die Herrschaft über Ba-
bylon, gdQZ Irak und Chorasan bis Indien« Mit dem
Anfange' seines Reichs beginnt die von Alexander be-
nannte Aere, nach der die Syrer und Hebräar äre
Jahre zählen/* Mit den zwölf Jahren ist hier zugleich
das Intervall zwischen dcfn Epochen der ^bllippi-
schen und seleucidischen Aere ausgesprochen, von
denen eistere auch Zuweilen unter der Benennung
Jahre nach Alexander's Tode vorkonunt (60);
denn zwischen beiden verffiefsen beinahe 12 Jahre,
hingegen zwischen der eigentlichen Zeit des Todes
(169) und der Epoche der letztern nur 11 Jahre und .
Viertehalb Monate. Eusebius drückt sich dahet
ganx richtig aus, wenn er den Anfang der Herrschaft
desSeleucus ins zwölfte Jahr nach Alexander's
Tode setzt*).
Die Epoche der chaldäischeh Aere ist um ein
Jahr fünger als die der seleucidischen (91). Nichts
berechtigt uns, beide Acren für identisch zu haltet.
Fr er et hat daher ohne Zweifel Unrecht^ wenn er
ein Schwanken der letztem zwischen den Spätjah-
ren 312 uiid 311 V. Chr. voraussetzt *)•
1) Eist. Dynast. 1. VI, p. 98.
T^ Demanst/eväng. V VIH, p. 393 (ed. Par. 1628).
3) S. amae Abhandlnng fiber die selen^idische Aere
in den Mhn, dt VAc^dinae äea ImMtn Tonte XVL
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190 Tevbuisehe t^roHoJogig.
, Za einer genauen Besümmimg des Anfanges der
seleucidischeo Aere dient die Angabe des Ulug
Begh ^), da& sie 34Q700 Tage früher als die ara-
tnsche und 344324 Tage früher als die persische an-
gefangen haben soll« Geht man vokn 15« Julius 622
n. ChrM der Epoche der arabischen Aere, um jene,
und vom 16. Junius 632, n. Cfar.^ der Epoche der
persischen, um di^e Zahl von Tagen, zurück, julia-
lusche Jahre rechnend, nach denen die seleucidischje
Aere si;ählt, so gelai^ man zum 1. Oktober 312 v,
Chr. als ihrer eigentUchen Epoche.
llieniach hat man für die Reduction der seien-
eidischen Jahre auf unsere Zeitrechnung folgeade Re-
gel: man zieht die Jahrszahl von 313, oder, wenn
sie gröfser ist, von ihr 312 ab, und erhält so das
Jahr im ersten Fall vor, und im letzten nach Chri-
stus» äüf dessen 1» Oktober der Anfang des seleu-
ddischen trifft, imd dem noch die 3 ersten Monate
desselben angehören. Die 9 übrigen gehen in^ das
folgende christliche Jahr hinein. Wenn z. ,B. in der
Chronik von Edessa, die sich dieser Aere bedient,
der Tod des Kaisers Julian in den Hasiran oder Ju-
nius des Jahrs 674 gesetzt wird^), so ergibt sich
das Jahr 363 n. Chr. Will man umgekehrt ein Jahr
unserer Zeitrechnung auf die selbucidische bringen,
so mufs man es entweder von 313 subtrahireü oder
zu ihm 312 addiren,. je nachdem es ein Jahr vor oder
nach Christus ist bx beiden Fällen erhält man das
seleucidische Jahr, das in dem vorgelegten christli«
eben seinen Anfang nimmt * ' ■
Der (jlrund, warum die syrischen und arabischen
1) Epoehae eslebriorss^ ymn Gravius perdiscb and latei-
nisch Wausgegebeu (London 1650, 4),, p. 31.
2) Bibl. Orieni. Tom. 1, p. 397.
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Mazedonier umdSyr^^ |9|
SchriftstdUer die Epoche der seleucidisdiea Acre ge-»
rade auf den 1. H^erberetäus oder Oktober seUen,
ist blois darin zu suchen, dafs dies s^ Annahme des
julianischen Kalenders d^ Jahranfang der Syrer wan
Hin und wieder kommt aber auch, der Gorpiäus oder
September als der erste Monat der Syrer und des se*
leuddisdien Jahrs vor.
Noris beweiset ^) aus der Kirchengeschichte de»
im sechsten Jahrhundert lebenden Euagrius, dafs
man namentlich osu Antiochia so gerechnet hab^i
müss« *). Dieser Jsdirsanfang schreibt sich offenbar
von den Indictionen her, einem 15jlfarigeii Zeit^
kreise, nach wekhem wir in^ byzantinischen Reiche ge-
wöhnlich die Jahre gezählt linden. Diese Indietionen
fingen, eben so wie die Jahre der daselbst gebräucdi«
liehen Weltiffe, iptt dem 1. September an. Mahmwls
daher, wenn bd syrischen SdiriftsteHera von ein^
Begebenheit die Rede ist^ die ^ch im GoipiSus, Etui .
oder September zpgetrageh haben soll, auf seinerJEItti
sein, dab man sie nicht in ein nmidit^ies Jahr bringe»
Wenn z. B. die Chronik von Edessa den Tod des
Simeon Stylites auf Mittwoch den 2. September
des Jahrs 771 setzt ' ), so würde man irrei|y^ wenn
man de&halb an das Jahr 460 n. CSnr., denken wollte,;
weil rie sonst immer vom 1. Oktober rechnet. In
diesem FaU ist der Jahranfang entschieden der 1» Sep*
temW, weil nur ^as Jahr 439 gemeint sein kann,
worin der 2* Septanber ein Mittwoch war. Es ist
nicht nöthig, einen Fehler in der Zahl 771 m vet-
1) Dis«. in, c 6.
2) Aach Albatani, der filtftte vnd l^edenteniite .«rsbuche
I Astronom, dsr im nenntea Jahriiandert zo Racoi ia Mesopoli*
mien beobachtete, rechnete nicfal andere^ Handb. 1^ 4ä3.
3)p. 405. .t
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193^ TMknhcke (^re^hgh.
nmthe». Der Verfasser der Chronik: kann diese. Nach-
licht von einem Antiochener entlehnt hab^^ der das
Jahr nut dem September anfing ^ )•
Au&er derHailptäre^ der ^eleucidischen, tref-
fen wir in Syrien eine gro&e' Anzahl Lcicalären an,
von den^ ich hier in möglichster Kürze nur dieje-
nigen hervorheben will, die sich nicht bloü» auf Mim-
ten, sondern auch bei Schriftstellcm erwähnt finden.
Ausführlicher habe ich von diesem verwickeliea Ge-
genstande in meinem Handbuche gehandelt ^).
Die Epoel^en der meisten dieser Aeren darren
sich von den Zeitpunkten , wo die syrischen Städte
die .Autonomie erhielten. Dies geschah in den bei-
den Perioden, wo Pompejüs und Julius Cäsar im
Lande warin« Der erste ndtUgte im Jahr 64 v. Chr.
den Tigranes»*^ König von Armenien , Syrien, das er
einige Zeit behauet hatte, zu räumen, und machte
es nun, einzelnen 'Städten die Freiheit schenkend, zu
einer rSmisdi^n Provinz» Die Ai»en, die sich da-
mals Mldeten und mit dem Uerb^ theils des gedach-
ten Jahrs, theils audi erst des folgenden ihren An-
fang nahmen, begreifen die nunusmatischen Chrono-
logen (185) unter dem Gesammtnamen . der Pom-
peiana. Nach dieser hat eii^e ganze Reihe von Städ-
ten datirt, z. B. Tripolis, wo jedoch die seleuci-
disdie Acre vorherrschend blieb* .
Der andere bauchte im Jahr 47 v. Chr. Syrien,
ak er, nach beendigtem Bürgerkriege, gegen Phama-
cts, Konig vm Ponttts, zog. .Die A<aren, die sich an
diesen
1} Wegen Mner Besonderen ^Wopgiweise iet Monate der
Attlieclieiier, dio im Mkopogon des Julian Totkommt, nwfs ich
anf das Handbnck C\ 455 ff.) yerweiMfi,
a> Th\ I, S. 457 ff.
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Macedonier und Syrer, 103
diesen Zeitpunkt knüpften, bezeichnet man mit dem
gemeinschaftlichen Namen der Caesariania, worun-
ter man jedoch vorzugsweise die^nigp versteht, welche
zu Antiochia, der Hai^tstadl des Landes, im Gebrauch
war, und nächst der seleucidischen unter deii syri-
schen die berühmteste ist
Dalis die Epoche derselben der Ilerb^t des Jahrs
49 V. Ghr. war, hat iSforis mit Hülfe antiochenischer
Münzen aufsei Zweifel gesetzt ^)« Es folgt aueh aus
zwei Stellen ^es Chronicon des Eusebius ^). In
der .einen wird das zweite Jahr des Probus oder
das 277 ste n. Clin ipit dem 325sten der Anidoche-
ner, dem 402 ten der Tyrier, dem 324 sten. der Lao-
dicener, dem 588 sten der Edessener und dem 380sten
der Ascaloniten, und in der andern das neunzehnte
des Diokletian oder 303te n. Chr. (in dessen März
die bekannte Verjfolgung über die Christen erging),
mit dem 351 sten der Äntiochejfer verglichen. Noch
andere aus Euagrius, Malelas und dem Chroni-
con paschaie entlehnte Beweisstellen sind im Hand-
buch nachgewiesen ^), wo auch zwei syrische Au-
toritäten arwähnt werden *), welche die Epoche um
ein Jahr ji'mger zu machen scheinen, aber vermuthlich
die Aere Antiochias mit der des bei^achbarten Lao-
dicea verwechselt haben, die nach Eusebius- eben-
faUs ^u den gangbarsten Syriens gehört haben muls.
Hieraus folgt, daüs man von der antiochenischen Jahrs-
zahl 49 abzuziehen hat, wenn man das Jahr unserer
Zeitrechnung verlangt, auf dessen Herbst der Anfang
des antiochenischen trifflt, und dem noch die vier er-
1) Dis8. m, c. 4.
2) ]>kdi der UeberisetzuDg des Hicornymus. Opp. Hler^
Tom. VIU, p. 760 und 772:
3) Th. I, S; 461. 4) S. 46'i.
i3
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194 Technische Chronologie,
Sien Monate desselben angehören« Es ist nämlich
. (191) nach Euagrius bemerkt worden, daTs man zu
Antiochia das Jahr mit dem Görpiäus oder Septem-
ber angefangen habe, und dies lä&t sich nun durch
eine seiner Zeitbestimmung^ näher darthun. , Er be-
richtet 1 ), ini zweiten Jahr des Kaisers Leo oder im
506 ten der Antiochener in der Uten indiction am
14. Gorpiäus oder September in der vierten Nacht-
stunde imminente die dojninica ^) (also noch am
Sonnabend) sei. Antiochia durch ein furchtbares Eid*
beben heimgesucht worden. Die Reduktion gibt das
Jahr 457 unserer Zeitrechnung, wo der 14. Septem-
ber richtig ein Sonnabend war, und zugleich die Ute
Indiction mit dem 1. September anfing. Wollte man
hier mit einigen Chronologen den Jahrsanfang auf
den 1. Hyperberetäus oder Oktober, also das Erdbe-
ben ins Jahr 458 n. phr., seWn, so würden weder
Wochentag noch Indiction stimmen ^ ). Der Kaiser
Leo kam am 7. Februar in der zehnten Indiction
zur Regierung *); sein zweites, Jahr wird von der
Uten Indiction an gerechnet ,
Die Frage, was die Antiochener reranlalst habe,
ihre Acre mit dem Jahr 49 v. Chr. anzufangen, hat
die Chronologen von Scaliger bis Noris sehr be-
schäftigt Sie läfst sich, dünkt mich, ganz einfach
~ folgendermaüsen beantworten. Cäsar kam im Früh-
ling des Jahrs 47 zu ihnen ^), und ei:warb sich grolse
1) HUt. eecl II, 12.
2) So sind, wie Noris (ill, 6, p. 208) zeigt, die Worte
'üoqia.q titLyuircLNCt^ojjKTnriq 'iq^i^aq ZU ne}^neO•
3) Vergl. Handb. I, 464.
4) i^hronicon paschale in der Pariser Ausgabe der SetipU,
Hist. Byz. p. 320. , '
5) MaleJas Hht. ckron. Tb. I, 8. 278, 280.
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Mctcedonier und Syrer. ^95
Verdienste um sie, indem er ihnen nicht blofe die
aulserordentlichen Abgaben erliels, die ihnen zwei
Jahre zuvor von dem Proconsul Q. Cäcilius Scipio
auferlegt waren, sondern auch die Autonomie, die sie
schon seit Pompe jus genossen, mit noch gröfseren Ge-
rechtsamen bestätigte. Aus Dankbarkeit führten sie
eine neue Jahrrechnung ein, die sie eigentlich, wie
es auch zu Laodicea wirklich geschah, mit dem Herbst
des Jahrs 48 hätten anfangen sollen', wenn sie nicht
etwa die in Syrien gebräuchliche Jahrsform ändern-
wollten. Sie gingen indessen aus Schmeichelei noch
ein Jahr weiter zurück, weil sich die Obergewalt, die
ilir grofser Wohlthäter jetzt im römisclien Reich bcr
hauptete, von dem Siege herschrieb, den er im Som-
mer des Jahrs 48 v. Chr., also im Verlauf desjenigen
ilirer Jahre, das mit dem Herbst 49 anfing, über sei-
nen Gegner bei Pharsalus davon getragen hatte. Wenn
das Chronicpn Paschale, das in Syrien entstan-
den ist, Cäsar's Weltherrschaft auf 4 Jahr 7 Monat
setzt *), so datirt es dieselbe offenbar vom Anfange
der antiochenisclien Acre; denn vom 1. September
49 bis zum 15. Mär% 44, wo er ermordet wurde, ver-
fliefsen 4 Jahre und 6^ Moiiate. Da übrigens der
fiofi^iäus damals noch einem Mondjahr angehorte, so
können wir das julianische Datum des eigenüichen
Anfangs der antiochenischen Acre nicht mit Sicher-
heit bestimmen. Dasselbe ^t von der seleucidischen.
Die Hauptstadt Syriens, die unter den Seleuciden
ohne Zweifel nach der allgemeinen syrisch^i Acre,
der seleucidischen, und dann nach der Caesariana ^
datirle, die sie. bis auf einen Unterschied von ein bis
zwei Jahren 'mit Laodicea imd einigen andern syri-
schen Städten gemein hatte ^), ,erhielt nachmals iti
1) P. 186 ff. 2) Handb. I, 468 ff.
13 *
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196 Technische Chronologie,
' der sogenannten A c t i a c a noch eine dritte Aere.
Mehrere Städte Syriens nändich, besonders Antlochia,
.fielen nach erhaltener Nachricht von der Schlacht bei
Actium vom Antonius ab und erklärten sich für den
Sieger Octavianus. Sie begannen nun mit dem Herbst
; des Jahrs 31 v* Chr, pine neue Aere, die auf den än-
tiochenischen Münzen den Namen der Jahre des
Sieges fuhrt, und wirklich nimmt sie fast mit dem
Tage des Sieges, dem % Septeniber, ihren Anfang,
wenn »Aders die Jahrsepoche schon der !• Gorpiaus
war. Die Benenmmg Aera actiaca pafst also un-
gleich, besser auf diese neue syrische Jahrsrechnung,
als auf die Aei^e der Alexandriner und die an-
nös Augustorpm der Römer, von denen jene bei-
nahe ein Jahr und diese über 3 Jahre nach dem Siege
anhub (78). Ein paar antiochenische Münzen bei
Eckhel*) mit dem Bildnisse ^ugusis tragen zwei
verschiedene Jahrszahlen, 36 und 54. Jene bezieht
sich auf die aktische, diese auf die cäsarianische
Aere. Letztere war damals schon wieder aufgefrischt
worden und verdrängte bald nachher die erste völ-
Kg; denn über den Anfang der Regierung des Tibe-
rius hinaus kohxmt die Actiat^a nicht weiter vor.
In der oben gedächten Stelle des 'E u s e b i u s,
wo das g&wei'te Jahr des Probus durch die Aefen ver-
schiedener syrischen Städte bezeichnet -yvird, ist noch
von den Jahreii der Edessener, Tyrier und Ascaloni-
ten die Rede; die Edessener rechneten nach der
seleucidischen Aere. Auch die Tyrier datirlen an-
fimgs nach derselben, wie Noris mit Hülfe zweier
unter den Seleuciden geprägt<?n Münzen darthut ' ).
, Nachmals erhielten sie bei einer uns unbekannten
O Vol. III, p. 272 UQd 273.
2) Diss. 11. 1, p. 71
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Macedonter und Syp^er. 197
Veranlassttng eine eigene Aere, deren Epoche auf den
Herbst des Jahrs 126 v. Chr. trifTt, wie nicht blofs
die Jahiszahl heim Eusebius, sondern n0ch be-
stimmter zwei tyrische Data lehren, die oben (183)
erwähnt und im Handbuch analysirt sind ^). Die
Ascaloniten^ die anfangs ihre Jähre gleichfalls nach- ^
der seleucidischen Acre gerechnet haben, erhielten^
104 V. Chr.; wo sie während des Krieges zwischen
Ptolemäus Lathurus und dem Könige Alexander der
Juden die Freiheit errangen, die sie lange unter den
Römern zu behaupten wufsten *), eine eigene Acre,
die uns theils die Jahrszahl heim Euscbius, theils
das Chronicon Paschale ^), tlieils ihre Münzen
zu erkennen geben. ^
Wegen der vom Chronicon Pasqhale *) an-
gedeuteten, sonsjt aber hur auf Münzen vorkommen-
den Acren der' Städte Gaza, Samosaia und Bo-
stra verweise ich auf das Handbuch *). Auch von
einigen Städten Kleinasiens lehren uns die Münzen
Acren kennen, wefshalb ich auf die Werke der mehr-
mals erwähnten Numismatiker verweise. Eck hei
gibt im vierten Bande seines Werks ® ) ein alphabe-
tisch' geordnetes, kritisches Verzeichnifs aller der 0er-
ter, auf deren Münzen Jahrszahlen vorkonunen, mit
den beigefügten Epochen. Sie gehören fast . ohne
Ausnahme zu Asien^ namentlich zu Syrien.
1) Th. I, S. 471 ff.
*2) Noris diss. V, 4.
3) p. 182.
4) p. 185, 348, 253.
5) Th. i; S. 474.
6) S. 377 ff.
Digittzed by VjOOQ IC
198 Technische Chronologie.
, Zeitrechnung der Hebräer.
Die erste Spur -einer Zeitrechnung bei diesem
Volke findet sich in der Gescliichte derSündfluth im
siebenten und achten Capitel der Genesis. Hier
Werden Monate erwähnt, die nach den Ordnungszah-
len unterschieden sind und, wie Des-Vignoles
glaubt ^), durchgehends 30 Tage gehalten haben.
Waren sie wirkhch von dieser Dauer, so würden sie
ein den spätem hebräischen, ganz fremdes Gepräge
gehabt haben. Die Sache ist ^ aber nicht klar, iwd
so wollen wir diese antidiluyianische Zeitrech-
nung auf sich beruhen lassen *). ^ ,
Abgesehen hiervon sind drei Zust^de der he-
bräischen Zeitrechnung zu unterscheiden:
1) Die Zeitrechnung der ältesten Hebräer
bis auf di^ Zerstörung des ersten Tempels
und die babylonische Gefangenschaft. Die
Quelle, aus der wir sie zu schöpfen haben,- sind die
vor der Deportation abgefafsten Bücher d^s alten
Testaments, vor allen der Pentat euch. Sie ist
1) Ckronol de thist. Sainte 1. VI, c. 1.
2) Yergl. Handb^ I, 69 und 478. NachtrSgUcli bemerke ich
hier, wie es niöht ohne Bedeutung zu sein scheint, d^fs Noah
am 17ten Tage des zweiten Monats in die Arche ging (1* Mos.
7, 11 und 13) und sie im folgenden Jahr am 27sten Tage des
zweiten Monats verliefs (1. Mos. 8, 13 und, 14). Waren die
Monate, nVie späterhin. die der Hebräer, nach dem Monde abge-
' messen, hielt also das Mondjahr 354 Tage, so verweilte r^oah
365 Tage, gerade ein Sonnenjahr, in der Arche. Die ganze £r-
.Zählung hätte demnach, um Hm. Fr. Theo d. Schub ert's Worte
zu gebrauchen, das Ansehen, dafs sie von einem Volke herrührt,
welches das Sonnen-, und Mondjahr bereits kannte,, und beide
Perioden in diese Erzählung wie in eine Hieroglyphe einschlofe.
Pöpuläre'Astronomie Th. 1, S. 10.
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Hebräer. • 199
ganz in das den Hebräern von Moses gegebene Ge-
remonialgesetz verflochten und sticht durch ihrie Ein-
fachheit sehr gegen die verwickelte Zeitrechnung der
neuem Juden ab. '
2) Die Zeitrechnung nach dl&r Gefangen-
schaft bis auf die Zerstörung Jerusalems
durch Titus, oder während des zweiten Tem-
pels. Die Quellen sind die spätem Schriften des
alten Testaments — Daniel/Esra, Nehemia,
Esther nnd die Bücher der Makkabäer — , das
neue Testament und die Werke des Philo und
Josephus, wozu noch manche Ueberliefemngen im
Thalmud kommen* In diesem Zeitraum hat sich
der jetzige Cultus und Kalender der Juden vollends
ausgebildet; nur blieb die Bestimmungsweise des Pas-
sah- und Neujahrsfestes noch immer schwankend.
3) Die Zeitrechnung der neuere Juden
seit'ihrer Zerstreuung unter Titus. Die Quel-
len, sind der Thalmud, dessen Redaction um das
i sechste XÜirhundert n. Chr. vollendet worden ist, und
die Schriften mehrerer jüdischen Gelehrten, besonders
des Aben Esra und Maimbnides. Da jetzt die
Feier der beiden Hauptfeste nicht mehr jährlich v<m
einem Mittelpunkt aus angeordnet werden konnte, so
bedurfte es einer sichern Berechnungsweise derselben,
die man auf den 19 jährigen Cyklus gründete. Dies
geschah im vierten Jahrhundert n. Chr.
Erste Periode*
Während ihres vieljährigen Zuges durch das stei-
nige und wüste AraSien erhielten die Hebräer von
' ihrem Führer Moses eine Verfassung, die erst ganz
bei ihrem Eintritt in das ihnen verheifsene Canaati,
den Ursitz ihrer noniadi3chen Vorfahren, ins Leben
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20p Technische Chronohgie.
*
treten sollte, und darauf berechnet war, sie zu einenr
ackerbautreibenden Volke zu machen, was sich auch
deuäich in der Zeitrechnung ausspricht, durch wel-
. che wir ihre Fest- und Ruhetage geregelt finden.
. Zuerst verordnete ihr Gesetzgeber, dafs jeder
siebente; Tag ein Ruhetag sein sollte *), d. h. er'
führte die Woche bei ihnen ein. Vennutlilich war
ihnen diese nicht eig^ithümlich,, sondern allen semi-
tischen Völkern gemein; wenigstens fand sie Moham-
med bereits bei, den Arabern vor, zu denen sie schwer-
JUch erst durch 'die Juden und Christen gelangt ist
Der hebräische Name für Woche ist schehuüy
von schebay sieben *). Man sieht also, dals die
Griechen und Romer dieses Wort, als der Begriff
um die Zeit der Zerstreuung des jüdischen Volks zu
ihnen gelangte, durch BßSiy/naq und Septimana genau
wiedergegeben haben. Der Ruhetag, mit dem die-
Hebräer die Woche endigen, nicht, wie wir, aufan-
gen, Mrird eben so wie jeder andere Feiertag
schabbath oder ^ahbath genannt, von einer Wurzel,
welche die Arbeit endigen oder feiern heilst^).
Die vier Haupttageszeiten 'Morgen, Mittag,
Abend und Mitternacht werden in den Schriften
des alten Testaments unter den Namen boker^ zoha-
raim (beide Lichter oder zwiefaches Licht),
ereb und chazi halailah (Mitte der Nacht) häu-
fig erwähnt. Gatterer glaubt *), dafe die Begriffe Mit-
1)2. Mos. 20, 8 — 11 und anderswo.
' 2)ImHandba^'he findet man alle Knnst\v5iier der bebräi-
scben Zeitrechnung mit bebräiscfaen Buchstaben g^chrieben.
3) Der Plural schabhathoih kommt auch für ^schehmih,
Wochen, gebraucht vor, 90 wie im neuen Testament fi.ia (sa-ß-
ßdfcöv für den ersten Wochentag.
4) Abrifs ddr Chronologie S. 144.
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Hebräer. 20J
tag und MBltenia6ht Sonnen* und Was^seruhren
vorausfietzen. Man soHte,aber meineny dafs beide Ta-*
geszeiten im volksthümlichen Gebrauch längst roviHmv
den sein mufsten, ehe xnan. diese Zeitmesser erhielt«
Den '^ Mittag gab der kürzeste Schalttti und mit ^)b
Mittemacht werden es die Hebräer nicht :genauer ge-
nommen haben, als die Griechen und Riknerl Die
Stundepeinth'Cilung des Tages. hab^i sie v«rmuth-
lich aus Babylon mitgebracht; wenigstens kommt das
aramäische sehaah erst beim Daniel vor^)^ und
noch nicht einmal ganz deutlich für Stunde. leh
glaube daher, dafs der Sonnenzei'ger des Achas,
der in der Geschichte des Königs Hiskias erwähnt
wird ^), kdne eigentliche Sonnenuhr, sondern alleüM
falls ein mit eoncentrischen Kreisen ' umgebener Gao«
mon war, durch d^i maü die Schattenläng^n midsy
um die Tageszeiten wenigstens im Groben zu erken-
nen *). • , r ^
Da die Hebräer seit Moses ihr^ Monate nach
deni- Monde abmafsen, so sd^einen sie auch seild^m
immer ihren bürgeiüchen Tdg mit dem Abend an-
gefangen zu hab^n; ob aber in der altem Periode ge-
rade mit dem Untergange der Sonne^ oder erst mit*
dem Anbruch der tiefen l^^acht, ist ungewiDs« Die |ü-
dischen Sekten stritten über die Bedeutung des Aus^
driicks been haarbaim^ zwischen beiden Abeur
den, wodurch an mehreren Stellen des Penta«
teuchs ^) die Zeit des Passah- und täglichen Abend-
opfers bezeichnet wird. Die Pharisäer, denen die
heutigen Juden folgen, verstanden darunter den Zeit-
1) IV, 16.
1J) 2. Kön. 20, 9—11. Jesalas 38, «8. ,
;j) Handb: I, 4»i. ^
i) 2. Uos. 12, 6; 4. Mos. 9, 3 und 28, 4.
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30S ' TechnheHß C^ronohgie.
raum.Ewisefaeiv'tkfr nennteit und eUtefi Tagesstaude;
die Sam^riian^v und Karaii«n hingegen die Zeit
ftwkeben Sonnenuntergang und der völligen Dmikel-
beit Letztere Meinung ist wol die richtige, wegen
des keboh henebemesch^ wenn die Sonne im Un-
tergehien begriffen ist, wo^rch in einer Paral-
lelstelle ^) derselbe Zeitraum bezeichnet wird.
Die Nacht verfiel bei den llebraeni, wie im g^n-
xen AUerthum, in Wachen — aschiriurofh. Im al*
ten Testament ist nur von drei, im neuen von
vier Nfichtwachen die Rede *)•
Das Jahr heilst schanah^ welches Wort, ekie
Umkreisung oder Wiederholung bezeichnend, auf
' den tropischen Charakter desselben hindeutet (46).
Dafe die Hebräer ihr Jahr frühzeitig in zwölf Monate
getheilt haben, leidet keinen S^weifeL Im P en ta-
ten ch wird nur ein einziger unter einer eigenen Be-
nennung aufgeführt, der chodesch haabib oder A eh-
renmonat, nachmals Nisan genannt, in welchem
die Israeliten aus Aegjrpten gezogen waren, daher auch
Moses verordnete, dafs es der erste ihres Jahrs sein
sollte ^ ); Am sechi^ehnten . Tage desselben oder am
«weiten de^ Festes der ungesäuerten Brote mufisten
r^e Aehren als Ersilinge der Enite zum Opfer —
omer — dargebracht, werden« ^). Um also seine
Stelle im Sonnenjahr bestimmen zu können, (ragt es
sich, wann die Gerste in Palästina reif wird; denn
diese Getreideart ist es, die daselbst am frühsten reifiL,
lund die nuch Josephus ausdrücklich als diejenige
nennt, von der die Gabe genommen wurde. ^).
1) 5. Mos. 16, 6.
2) Yergl. KlageL Jer. 2, 19; Ricbter 7, 1»; % Mos. 14,
^4; Hattli. 14, 25.
3) 2. Mos. 12, 2, ▼erglicben mit 13, 4.
4) 3. Mos. 23, 10—11^ 5) AnU Jud. III, 10, 5.
Digitizpd by VjOOQIC
'Hebräer. 203-
Nach den ReisebeschreilienL, deren Nachriditen^
Michaselis ^) und Buhle .^) gesammelt haben, ge^^
langt die Gerste in der Ebene Jerichos, der wänii-
sten Gegend Palästinas, gewitlmlich ,in den ersten Ta.
gen unsers Aprils zxxt Reife« Von dem Augenblicke an,
wo die ersten Aehren geopfert waren, durfte man die
Ernte beginnen, und diese dauert in den nördlichen»
am Libanon gelegenen Theilen des Leides bis %\a
letztoi Hälfte des Mais. Man sieht also, dafs der
Aehrenmonat nach Moses Bestifnmung ungefähr mit
der Friihlingsnachtgleiche semen Anfang genommen
haben mufs.
Von welchem Charakter die damaligen Monate
\var»i, findet sich 'zwar nirgends .ausdrücklich gesagt;
da aber feststeht, dafs die hebräischen Monate wenig-
stens seit Erbauung des zweiten Tempels ;mit dem
neuen Lichte anfingen, und es nicht wohl denkbar
ist, dafs die von Moses angeordnete Feier der Feste
nachmals ganz' veränderte Zeitbestimmungen .erlitten
haben Sollte, so ist e» sehr wahrscheinlich, dafs be-
reits s^ine Monate nach dem Monde abgemessen
waren, was auch schon das Wort chodesch zu er-
kennen gibt, welches', von einer vWürzel stanunend^
die neu sein hejfst, eigentlich den Neumondst'ag,
vovfiiifpfiay aber auch den Monat selbst bezeichnet,
besonders wenn rosch, Caput, davor steht, wo es
dann den ersten^ Monatstag andeutet Auch kdniieh
wir uns hier noch auf eine Stelle der Psalmen')
und auf den Umstand berufen, dafs Mos^s an dem
ersten Tage eines jeden Monats ein Opfer angeocd-
1 } Commentatio de mensibus Hehratorum, S. die Samm-
lung seiner in der g5Uinger SodetSt gelesenen Abhandlungen«
^2) Calendarium PalaeHinae oeconomicum (G&ttingen 1785.)
\ 3 ) 104, 19.
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204 Technische Chronologie:'
»
net hat ^), dessen richtigen Zeitpunkt seinem^ noch
imwiS9enschaftltc)iftn Volke nur die wiederkehrende
Mondsichel zn erkennen gelben konnte.
Ob ako gleich in den kanonischen BüGhern des
alten Testaments nnr^nds von emem Schaltmonat
die Rede ist^ so täüstsich doch an dem Dasein des-
selben nicht zweifeln, weil zu den 12 Monaten des
Mondjdirs «b und zu ein'13ter kommen mufs, wenn
der Anfang des Jahrs at^ einerlei Jahrszeit haften soü,
wie es das Oi»«5r nirthwendig erfordert
JDie Einrichtung des von Moses angeordneten
Jahrs mufs demnach ganz einfach folgende gewesen
sein: gegen Ende des zwölften Monats, der später
Adar htefs, besichtigte man in den wärmern Gegen-
den des Landes die Saatfelder, um zu beurtheilen, ob
die Gerste so*wrft gediehen war, dafs man mit Si-
cherheit hoffen durfte, um die Mitte des folgenden
Monats reife Aehren opfern zu können. In diesem
Fall begann man mit dem~ nächsten Neumonde den
A^renmonat, und zugleich das neue Jahr; widrigen-^
' £aHs vediängerte man das alte um einen dreizehnten
Monat Hieraus erhellet, dafs sich die hebräischen
" Monate nicht genau mit den unsrigen vergleichen las-''
,sen. Nur so viel ist gewifs, dafs der Aehreniponat
zu M o s e s^ Zeit nicht vor den ersten Tagen des ju-
lianischen Aprils, auf die damals die Friifalingsnacht-
gleiche traf, angefangen haben könne.
Die Dauer - der einzelnen Monate in der ersten
Periode der hebräischen Zeitredmung ist uns unbe-
kannt Sie wurden vermutlilich, wie auch noch in
der zweiten, durch unmittelbare Beobachtung der er-
sten Phase abgemessen.
Es ist schon bemerkt worden, dafs 'Moses den
1) 4. Mos. 28, 11.
zedby Google '
Digitized fc
llebnUr, * 205
\eliremnonat ziiih ' eisten im Jabr m^achte. Von ihm
sind im alten Testament die Mortale gezählt. ^WSh-
rcnd des zweiten Tetnpdls hätte man ein zwiefaches
Jahr, ein kirchliches, das man* mib deni Nisan nm
die Frühlingsnaehtgleiche, und ^eifi bürgerliches,
das man mit dem Thischri um die -Herbstnachtgleiche
üofing. Michaelis nimmt *) als eine ausgemachte
Sache an, dafs letzteres nidht blofs seit Moses rie^
ben dem erstem bestanden habe, sondern selbst
schon während des' Äufenlhalts de^r Hebräer in A(*-
gyplen ihr gewöhnliches - Jahr geweseh sei. Er legt
aber auf einzelne Winke offenbar ein zu grofses Ge-
wicht Wahr ist es, dafs die Zeit der Herbstnacht-
gleiche einen bequemen Einschnitt im Sonnenjahr bil-
dete, weil dann Ernte, Obst- und Weinlese in Päläi
stina geendigt sind; aHein es gibt keine Stelle des
alten Testaments^; die eiiien solchen Jahrsanfang schoil
während der ersten Peitiode niit Sidierheit etkennen
liefse^).
Jahrszeiten finden wir bei den Hebräern wxt
zwei unterischieden, den Sommer und den Winter,
Tiafiz und choref. Jener begriff zugleich den Früh-
ling oder die Erntezeit, Äa<z/r, dieser d^i Herbst
oder die Saatzeit, sera, in sich *)..
In allen kanonischen Büchern' des alten Testa-
ments werden^ die Monate mit Ausnahme des ersten
in der Regel blofs durch die Ordnungszahlen be-
zeichnet Nur drei finden sich im ersten Buch
der Könige *) bei Gelegenheit des salomonischen
1) In sein^ vorhin geclachtenr Abhandlnng. '
2) Vergl. Handb. I, 492 ff. ' *
3) Mehr läfst sich aus den absichtlich gewühlten Gegensätzen
•n 1. Mos. 8, 22 nicht folgern. Gjittefer (Abr. der Chron. ■
^. 161) hat daraus auf 6 Jahrszcilen schlicfscn wollen.
^) c' 6 und S. *
Digit-ized
byGoqglci *
306 Technische Chronologie.
Temp^baues unter eigenen Namen erwähnt^ d.er'jS'iV,
der ßthanim und der Bul^ welche die zweite, sie-
bente und achte Stelle im Jahr einnahmen. Mau
glaubt, dafs diese Benennungen chaldäischen Ursprungs
sind« Im jetzigen jüdischen Kalender stehen dafür
Ijar, Thischri und Marcheschvan»
Der von Moses angeordneten Feste sind fiinf, das
Passah- Wochen- Posaunen- Versöhnungs-
und Laubhültenf est ^).
Das erste wurde zum Andenken des Auszuges
aus Aegypten gefeiert, auf den selbst der Name pe-
sack hindeutet ^); denn er hciCst eigentlich das Lamm,
das dem Jehovah an diesem. Fest als Dankopfer dar-
gebracht wurde, weil er, die Erstgeburt der Aegyp-
ter todtend, die Israeliten verschont hatte, von einer
Wund, welche schonend .vorübergehen heifst»)«
Dif)ses L^anm wurde .am 14ten Tage des ersten Mo-
nats been haarbähn geschlachtet, von welcher Ta-
geszeit schon oben (201) geredet ist Von hier an
dauerte das festliche Mahl die Nacht hmdurch bis an
den Morgen des 15ten, wo die Israeliten aus Aegyp-
ten aufgebrochen sein sollen ^). Der übrige Theil
des Festes bis zum 21sten einschliefslich wurde cha^
hamazoih^ festum azymorum, oder der unge-
säuerten Brote, genannt, weil während desselben
kein gesäuertes Brot gegessen werden durfte.- Später-
hin findet man den Namen Passab, der ursprünglich
1) Die Hanptstelie ist 3. Mos. c. 23.
.9) Im aramSiselien Dialekt piMcha^ welche Form im neoep
Testament und von den Klrcheuscribenten gebraucht wird.
3) Die Benennung td dtaySarif^ia, die sich beim Philo
(f{/. Mos, 1. III. p. 686) und anderswo für das Fest gebraucLt
findet, ist eine Lebersetzung vou pesach oder jtiMcha,
4) 4. Mos. 33, 3.
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. Hebräer. . ' " '. 207
nur den Anfang des Feslea bezeichnete, anch fßr das
ganze siebentägige Fest gebraucht Der 15 te nad
21ste aUein waren Sabbat he oder strenggefeierte
Tage» An dea übrigen durfte gearbeitet^ namentlicb
geerntet werden ^); die Feier bestand dann blofii in ,
Opfern, Opfermahbeiten und Löbgesangen auf die
(lOttheit Am 16ten wurde das Omer dargebracht
Nach Ablauf der^ sieben Wochen, welche die
Ernte in Palästina dauert' (203), wurde das cliag
schebuoth oder Wo eben fest gefeiert, welches sei-
uen Namen daher fBhrt, w«l es sieben volle Wochen
oder am 50steB Tage nach dem' ersten- Festsabbath
des chag hamazoth begangen wurde. Es war das
Fest, an welchem dem Jehovah für die Wohlthatder
Ernte gedankt, und die Erstlinge von Ffuchten aller
Art dargebracht wurden. Dies lehren schon die Na-
men chag hahaur^ Erntefest, und j&m kabicU'
rimy Tag der Erstlinge, die wir auch von diesenp
Fest gebraucht finden * ). - Jetzt wird es zum Anden-
ken der Gesetzgebung auf dem Sinai gefeiert,
die mit dem Wochenfest gleichzeitig gewesen sein ,
soll»). ' . '
Der erste Tag des siebenten Monats war wieder
ein Sabbath oder Festtag *). Weil er mit der Po-
saune verkündigt wurde, hiels erfoimthruaJiy der
Thruah - Tag, von einer Wurzel, die jauchzen,
jabeln, blasen heifst Jetzt ist es das Neujahrs- '
fest, das zugleich als der Tag gefeiert wird, an wel- '
chem Gott die Schicksale der Menschen für da6 näch-
ste Jahr bestinim^ * X
1) JosepliBS^rrA. III, 3.
2) % Mob. 23, 16. 4. Mos. 28, 2S6.
3) Maimonide« 'More neboehim P. III, e^ 43 Bl. 170.
4) 3. Ittos. 23, 24. 4. Mos. 29, 1.
5) Maimoaides a. a. O.
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208 TecAnisehe Chponologie.
t)er zehnte Tag des siebenten Monats fiihrte den
' Namen föm haiippürimj Versohnnijig^ia^, weS an
ihm die Sünden iAe« gerammten Volks durch' den Ho-
henpriester ausgesöhnt wurden *)• Nach der beson-
dem Verponung seiner Unyerletzlichkdit durch Arbeit
und Speise war es das heiligste aUer von Moses an-
geordneten Feste, und als solches wird es nocli jetzt
angesehen. Es war bis auf die babylonische Gefan
gensehaft der einzige Festtag, der Hebräer.
Noch ein drittes Fest war smf diesen Monat an-
geordnet, nämlich ein Dankfest fiit die nun beendigte
Obst- und Weinlese. Es wurde. vom 15ten an sie-
ben Tage hing gefdert *); doch war nnr der eiste
ebi.Sabbath, an den übrigen durfte 'gearbeitet ^er*
d«!. Während dieses Festes mu£$ten die Hebräer in
HiittiHEi wohnen, die aus Palm* Oeh und anderen Zwei-
gen geflochten waren ' und süecoth hiefsen. Daher
wurde und wird noch jetzt das Fest chag hasnc-
co/A, Laub hütteii fest, genannt Eine andere sei-
ner Bestimmung angemessenere Benennung war chß^
haaiif. Fest der Einsammlung ®). Zuni ScUusse
desselben wurde am 22sten des Monats noch ein acli-
\et Tag strenge gefeiert, wdchei: von- der festlichen Zu-
sammenkunft des Volks, die an ihm statt fand, aze-
reth^ Versammlung, Äai^yi;5gi4?, genannt wurde*).
Die von Moses angeordneten Feste trafen also
auf den ersten, dritten und siebenten Monat. des Jahrs,
d. i^in der Regel atif den April, Junius und Okto-
ber*« hi den übrigen Monaten kommen nur die ge-
wöhnlichen Sabbathe und Neumondsfeiern vor. Docli
^ '. " , war
1) 3. Mos. 16, 29 m 23, 27 ff.
.2) 3. Mos. 23, 34 ff.
3) 2. Mos. 23, 16} 34, 22. .
.4) 3. Mos. 23, 36. 4. Mos. 29, 35.
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iby Google»
Hebräer. 209
war auch Im zweiten Monat zuweSen ein Passahfest,
wenn sich Unreine fanden, die an dem eigentlichen
Passah im ersten Monat keinen Theil hatten nehn^en
können * ).
Es ist nun noch von den in der ersteh Periode
gebräucUichen Jahrrechnungen zu handebi,
Moses zählt, -wie Herodot, nach Geschlech-
tern^)* Späterhin rechneten . die Hebräer, wie das
ganze Alterthnm, nach Regentenjahren, wovon,
£ich die Beweise überall in den Büchern der Könige
und der Chronica, finden. Sie zählten dieselben
dorchgehends voll, und zwar vom Anfange des Aeh-
renmonats oder Nisan an ^ ). Als fortlaulTende Acre
finden wir mit Sicherheit nur ^e vom Auszuge
aus Aegypten gebraucht, welche 4. Mos. 33, 38
und 1. Kon* 6, 1 erwähnt wird, vermuthlich aber
keine bürgerliche' war^ An der letztem Stelle heilst
es, Salomo habe den Tempel im Monat Siv des
480sten Jahrs seit dem Auszuge aus Aegypten, im
4ten seiner Regierung gebaut Die jüdischen. Chro-
nologen setzen beide Epochen einstimmig in die Jahre
2448 und 2928 ihrer Wdtäre, d, i. in die Jahre 1314
und 834 V. Ohr. Des-Vignoles *) und andere Ge-
lehrte, welche die biblische Clpronologie mit der pro-
fanen in Uebereinstinmiung zu bringen gesucht ha-
ben, schiebeur nicht bloüs diese Epochen weiter zu-
rück, sondern ändern selbst das angegebene Intervall.
Aulserdem hatten die Hebräer seit Moses
noch ihre Jobelperiode, einen fljj^en Zeit-
1) 4. Mos, 9, 10 ff. * , I-
2) Michaelis Abhandlangen: Chronologia Mosis^ ojiie ei
3) S. den Traktat Mosch hasehanah im Thalmad, BI. 3,
S. 1. i)Chron. de lluetoire sainte Vcjl. I, S. 172. ff.
14
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/ 210 ^ Technische Chronologie,
kreis, nach welchem lÄe afber, wcitdgdtefls Ä Äet er-
sten Perioäe, entwedeY gar nicht öder ddbh^^dft re-
gehnäTsig g^chnet hiibi^h kMfxteti. SKfe Hllujitstelle
darüber, in Form eines Gesetzes, findet sich itn Üösten
Capitel des dritten Buchs M'o'sis. ifier heifet es,
dafe eben so, wie jeder siiebfente Tag ein ^Btdietag
für die MeMschen sei, Ündh jedes siebente Jahr ein
' Rnhejahr filr den Adtet sein soUe, *nüd wenn sieben
solcher Rnhe - oder Brachjahre auf -einander gefolgt
seien, soBe noch das 50ste ein äüTsero^enthehes
Ruhejahr sein, in welchem jedes veftmtfte und »rer-
' pfändete Grundstück an seinen ursprün^chen Be-
sitzer, und die Freiheit jedem, der sidi ihrer ent-
äufsert^ so wie dien Gefangenen und Sktäven' zurück-
zugeben sei ^'). Das Sabbathjahr htdb sckenath
hasckmitftrk oHer fcuA schtnUtiah, Erlaefsjahr, weil
in demseibeh den Sdiufdnem 'iurdült gestattet war,
und das 50ste ^oder Jubeljahr sckenath hajohel
oder \\xTL johel^ von der Po^autfe, womit es am Ver-
söhnungsfeste durch das ganze Land verkündet Irvurde.
Ganz so bestimmt, wie die Worte des (Sesetzes
hier gefafst sind, lauten sie imn aber iln Urtexte nicht
Viehnehr haben, die jüdische^ Schriflgelehrten von
jeher über die Frage gestritten, ob 'das siebente söhmii-
tah zugleich -4as Jobeljahr, oder db ^ser dm hie-
ben schmiitahs noch ein besonderes Jobeljahr anzu-
nehmen, mit andern Wolrten, ob die ganze Periode
49 oder 50 jährig zu rtchnen «ei. Josephus *) und
— — :*- ■ ■ '
1) Den Geist dieser merkwürdigen Verordnung entwickelt
Michaelis in seiner Abhandlang: De jtaradoo&a lege Mosaiea
"septimo quovie anno onmiwn agrorum feriae htdicente und in
seinem Mosaischen Recht Th. II, S. 24 ff.
"i) Jnt: Jüd, III, 12, '3, wo Bernard's gel^iMd Jbimer-
kunfj; in rergleichen Ist, '
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byGoQgle
» Jiehräer. 211
Maimbni^fi ') trbten entsdmdeh ' Her letztem An-
6idit ^i; ffie €^oniin dagegen, gewisse gdehrte
itabbitier, ik^ bkM nadi SeUiefsang d^s Tfaalmuda
gekik und %n etti^t haben; 'dt^r^ersten. Diese ha{^
te», me MaMBonMes beiicktet;' eine Tradition, nacü
der Bsan ^tder Zerstörung des eisten Tecnpels nur
sdkmiHah^y keinen anfeerordentliefa^n* Jobel gesäUt
habe, und dies scheint ^allerdings richtig zu sein« Nach
, dem ersten Buch der Makkabäer^) war das 150ste
Jahr der seleuci^iscjben Aere, das 163 v. Chr. seinen
Anfang nahm, oder das 3598ste der jüdischen Welt-
aie, -«« tSA'bfa^^äijabr« Sin j^oU^h/^s ; .>v4ip fernem; nach
J«fi€I^h«a *^.d«s )Jtibr, iade^sü^n ^^p^oniier H^rQiie«
Jonuealoa «tilHbrtfe^ ,«äHriUcb 4^ 37 sie v. C%, o^er'
i724ate dflCiTWditm'e. Das fJbtf^f^U ^w^h^ beideii
Mreaiflfc.dnirQb TfMtbeilbarr cts kann qIso unteiides^^^
kda beson^erisrifMel gief^ierj; .iwrifrdffli «ein. Zugjeic^
«idht jDimitlä^ n^ißb den Gaonip» Je^e^^urch 7 tt^.
baw JEahr .fl^ Weltäije ^m i^ali^tbj^lkvr, irt. .
Bie- apStere Krier fet )edoch «iobt notbwfj^g
ak'Förtsebimg'dliQr .fviihei», und .{9 \S!o fei»- nicht
A beweisend Üur.die äitosie'Aiisle^fiigswscise dfs^Qch
setzes zu .betrachte. Mii^ends.&id^ sioh in d«r frii-
hm Geschichte der Hebräer dteiFeieor otiie^i Sabbaths-
oder Johcljäfa]» et:*vK«biit. Eest^während.sdes %ym^^
Tempels wurden die dahin gehüiigea: V^pordwmge»
der isiosaischen Gesetzgebung ja]» ^aite JraditiQ^ wie-
der aufgenommen und nun auf die gedachte iVVeise
interpretirt Eine xtnbefangene upd, flmmobtige Aus-
legung muls sich ;aber fiiy dJe Meinung dcur Mehi:zahl
1) Jod kachasaca (va welchem Werke der Thalmud in
«»tt System gebracht ist), HiJchot schnuttah lo' khel^ c. 10,
fol 142. 2) 6, 4<^ mid* ^3, yergliehen mit 30.
3) Axt. Jud. 14, 16.
14 * .
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212 Technische Chronologie.
der jädischen Gelehrten entscheiden y nach welcher
das mosaische (besetz der Jobelperiode 50 Jahre gibt,
und so erscheint denn d^s ganze avf eine 49 jährige
Dauer derselben gegründete System , der. jüdischen
Zeitrechnung,, das Joh*- Georg JS'rank'ikiit Gatte-
rer'« Beihülfe in seuiem Novi^m. Systema chrono-
togiae ßmdamefpialie aufgestellt h^t \)y wenig halt-
bar *)• • \ ;■■'. . ,:^ . ; ■ :. . ■'\ :•-
Zweite Periode.,
In der ältesten «voii Moses^ •eingefähiten Zeit-
rechnung offertb^rt sith hoch keine Sj^ur' von* wissen-
schaftlichen Ideen, ©te etste Etscheiinmg derMondr
Bichd' in der Abenddämmerung bestinimte' den An-
fang'^es neuen MoÄatsy und weim^ die \^itterung sie
zu beobachten hinderte^ so gab n^n deih'. abgelaufe-
nen ohne Zweifel ^ine Dauer von 30 'Tagen. Ob
nach 12 Monaten 'db>^eues Jahr angefangen oder
fi(/ch ein IStei- gezählt werden soBe, hing von dem
Üi^iA^taYide ab, %b die Gerste so Weit herangereift war,
dafs"^ um dier/ 'Mitte des ersten Monats dem Jehovah
das 'Omer dargebracht Werden konMe (202).
• <fe der >fcw6iten Periode bestand dieselbe schwan-
kende Bestiniftäungsweise der Monate und Jahre noch
imm,er; nur dse- Monatsnamen, der Js^iranfang und
das Festwesen haben sich in ihr auf die jetzige Weise
gestaltet. . • ' • : .
Die Namen der Monate sind: *
1)'-Nis«in. . 3) Sivan. ,
2) Ijar. 4) Thamus.
1) GÖttingcn 1778, fol. . . ^ ,
2) Aasfuhrlicher Ut von diesieni G^ensfaiode im Haadbacb
I 501 ff. gehandelt. . : ' ^^ . \
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5)Ä*.- 9) Kis^ev.
, 6) ElttJ. : iO) Tejjetb,
7) ThischrL 11). Schebat.
8) Marcheach^an. 12) Ada? V). '._•/•
Näcb Ab eQ, Es^ra ^ ) haben die, Jjude^ idiese Nar
men aus der babflonifichen Gefangenschaft mlige-
bradit, und es leidet auch um so weniger Zweifei,
dafs sie chaldl^cjbt^n ;Ujr$prung$ sind, d^ sie grölsten- '
theils sait den- national-syrischen M((^natsnamen über-
eii^tinunen, (180)*^ Sie finden seh zuerat in den wäh-
rend^ i9id nach, der Deportation abgefafsten Schriften
des altim Testaments. und beim Josepl^us erwähnt,
und mit Bezug auf die y^n J^oses geordneten Feste
inamer y(Hn Nis^n, dem eheinaligen Aehrenmonat, ai^
gezahlt ^ y I>ep Schaltm9nat wird auch in der zwei-
ten Periode npeh nirgends erwähnt, wenn gleich nicht
Äu zweifeln ist,, dafs ^r längst; vorhafiden^ war.
Aus dem Thalmud ^) und aus-^des Maimpni-^
d^s ESddus^hhctch&desch^) ersehen wir, dals wäh-
rend des zweiten Tepipels die Anfange der Monate
nodh hnmer durch unmittelbare Beobachtung bestimmt
wurden. Warn dem Sanhedrin oder ^olsen Rath,
der seinen Sitz zu Jerusalem batte^ wenigstens von
zwei ^a^bwfirdi^en Männern aiA SOsten Monatstage
die Anzeige gemacht war, daCs die Mondsichel gese- ^
1) hl J^isan liegt der Ton auf der zweiten Sjlbe. Das b
in Ab ist wie w zu lesen, und das e In Schebat fast gar nicht
zu betonen. Für Harchesdivän sagen die neuem Judei^ auch blofs
Cheschyao. ,
2) Commentar zu 2. Mos. 12, 1.
3) flandb. I, 510 ff. •
hT) TrakUt Rosch haschanok BI. 13 ff.
5^ Dieses für die jüdische Zeitrechnung wichtige W^rk ist
unter dem Titel de €onsecratione Calendarmn 1683 zu London
lateinisd endiienen.
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^ti Technische Chronologie.
hen sei 9 so wtitde der abgelaufene Monat fiir eA/7^-
^£17*9 mangetirafl^ erklärt und der tteu« sofort ein-
geweiht Erfolgte« aber am SQsCeit Tage dne solche
Anzeige nicht, so kgte mati' d€Nlseäiel> Hoch dem al-
ten Monat bei,' c^tldäi^e' dl6se» lär mah, Vol}, und
fing 'den neuen ohne ^Aeilercis m^ dtol fcdgend^ Tage
an. Da auf diese Wöisfe bei tr&ber Wittenitig leicht
zwei oder mein- iSOtSgige Ato»at€^'mf «i»aii^r folgen
konnten, wodureh sich d)enr Kaleft^t %^^ ^ Wm-
xrid zu tertcbieben InCefarbr wa*; so WJrdö^btsitiiiiKif^
dafe das Jfehf nieht, we/nget* afe viet<' und Oiitht; lidir
rii$ acht voH^ Monate ei'hallieii^ s^ll^;' Die %wtiik von
dem zu Jerassfleth begormMdi Viotm ^»mdle Mtfangs
durch Signalfeuer i^nd« späteriiin' dui^h^ Bote» in gan2
PaläiStina rerbreiteti D* aber ai3<;h m SfA^n «nad
Aegypten viete Juden lebten; äö' Ntiäffde fest^setzt,
dafs nach Ablauf von 299 Tilgen d[)et> folgende allemal
rasch chodesdk, Netfmond, hdißeö solle. War
nun der abgelaufene Monat förttiÄÄgrfbaft erklärt, so
galt der ro^ch chodesch für den e¥£^en Tag des
neuen Monats; war er hingegen vafi, so führte sein
letzter Tag diesen Namlcn, nnd ۊ thirden dann ' zwei
Tage mit demselben bezeichnet, der letzte des abge-
wichenen und der erste des neuen. Zugleich wurden,
mit Ausnahme desf Versohnungsüages, alle wichtigen
Feste, nämlich der erste und letzte Tag des Passah,
das Wochenfest, * das Neujahrsfest und der erste und
letzte des Laubhüiätenfestes verdoppelt, damit, wenn
in den Provinaen ein mangeBuiter B^I<^at für voll oder
umgekehrt genommen war, das Fest wenigstens an
einem von beiden Tagen überall zugleich gefeiert wer-
den möchte. Diese Einrichtung, die noch jetzt be-
steht, galt jedoch während des zweiten Tempels nur
für die entfernteren Wohnsitze der Juden;
\Vir wollen nun sehen, wie sich die mosaischen
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Hebräer. 215
Feste,. ^e noch iiumer die wichtigsteB der Juden blei-
ben, in der zweiten Penode .gestaltet habeu, und wdche
neu hinzugekommen siud. «
,^Im Xanthicüs, sagt JosepJjnus ^), dem ersten
Monat des Jahtö) den wir INisan nennen, und zwar
am 14ten nach dem Monde (am VoUmpndstage) ^),
während sieh, die Spnne im Widder befindei^ bringen
wir das. Opfer dar, welches P aussah, genannt wird.
Am IS^ten folgt das Fest der ungesäuerten
Brote,^^ Für ko^ täv d4vfuöv findet sich auch
hu% rqk äivfiff, gebraucht ^ )• äieit der eben gedach-
ten Vecdopyelung der Hauptfe^tc fei/ert mßu dieses
acht Tage lang; aber nur den 15> 16, 21 und 22steii
Nisa« als Sabbathe. ^
Es rnuDs hier kurz- die für die Exegese des neuen
Testaments wichtige Frage berührt werden, ob der
Donnerstag, an welchem Christus' mit seinen Jüogern
das Passah als, der bei den Juden von j^er gewöhn- .
liehe 14te Nisan (die t&crcraQ&xxouSewxrii, quarta de-
cim^ tuna) od^ der 13te wsvr, ob er also am 15ten
Nisan, dem Festsabbath der Juden, t>der am 14teD,
dem eigentlichen P^&sahtage, gelittien hat Die erste
Ansicht liegt offenbar den Zeitangaben der Evangeli-
sten Matthäus, Afarcus und Lucas zum Grunde*).
1) Jnt. 3, 10, 5. Vcrgl. de hello Jud. 5, 3, 1.
2) Auf diesen setzt Philo (pi^a Mos. L UI^ p. 686) aus^
jraddich die P^ssabfeier.
3) Z. B. \evfa ErangeL Marens 14, 1.
4) Man re^eiche Katth. 26, 17 ft. Marc. 14, 12 ff. Luc.
22, 7 ff. Zank ridktigea Yerstjliidiiirs dieser Stelleu ist %vi bemer-
kea, .dafs mit t^dtti 4f^qa, fcov at^u^ay beim BIa^lISas and
Marcus der 14te Nisan gemeint ist, an ^cj^elcliem sich die Juden
schon Ton 9' Vhv Koi^ns« an des gesäuerten Brots zu enthalten
|iflsgei|; dsis ara9a<r«ex>i2 oder ^qo<rdßßa7'ov das ereb sabbath
der Jiidon, also die spätere Tageszeit des FreiUigs, aucfi'yvol Jen
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216 Technische Chronologie,
Aber der heutige Kalender der Judeo ist 60 geordnet,
dafs der 15te Nisan nie auf einen Freitag trifil. Man
kann zwar sagen, es sei dies eine Bestimmung, die
erst nach ihrer Zerstreuung mit der definitiven ' Ge-
staltung ihres Kalenderwesens in ihr Ceremoiiialge-
setz gekommen sei. Allein es ist schwer zti glau-
ben, dals die Urheber der cyklischen Rechnung in
einem so wesentlichen Punkt von einem alten Her-
kommen abgewichen sind; vielmehr gibt alles zu
erkennen, dafe gerade dadurch die so verwickelte
Rechnung erst bedingt worden ist. Ferner wird im
Thalmud ausdrücklich von den Feiertagen ge-
sagt, dals man an ihnen nicht richte ^). Endlich
verbindet Johannes den 'Festsabbath auf eine un-
Verkenriliche Weise mit dem Wochensabbath *).
Diese Gründe scheinen allerdings fiir die zweite Ad-
sicht den Ausschlag zu geben, und so bliebe denn
nichts weiter übrig, als anzunehmen, dafs Christus,
voraussehend, ^er werde in der nächsten Nacht in
die Hände seiner Feinde faDen, das Ostferiamm einen
Tag früher gegessen habe, als es die Ceremonialge-
setze der Juden mit sich brachten, und däfs sein To-
destag von den drei ersten Evangelisten, die sich viel-
leicht von dieser Abnormität nicht überzeugen konn-
ten, auf den 15tto Nisan gesetzt sei, da er doch ei-
gentlich auf den 14ten traf ' ). Bemerkenswerth ist
ganzen' Freitag bezeichnet; dafs die Überall im ^ Altertbom ge-
bräochlichen yeränderlicben Tagesstimden auch iiji .neuen Testa-
ment gelten, daher sie atich yon einigen Chronologen jüdische
genannt werden; dafs der bürgerliche Tag der Jnden mit dem
Abend anfing; endlich dafis ^qtafti oder i\ach einem Hebraismas
/Lia tfdßßafcSv der erste Wochentag, unser Sonntag ist.
1) Traktat Beza, BL 36, S. 2. 2) Vergi; 19, 14 und 31.
3) Aosfuhrlicher ist dies iin Handbuch I, 515 ff. ansdnan-
dergesetzt worden.
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Hebräer. 217
es übrigens, dafs sich auch im Thalmud ^) die Trsi*
dition findet: beer eh pesach taläuhu l^ejischu, „am «
Ereb pesach haben sie den Jesus gekreuzigt/^ und
dafs Clemens Alexandrinus in seiner verloren ge-
gangenen ;Schrift «£^ ff^ou , 9t^icrxa 0)ffisti Passfthfjpier,
als eine symbolische, schon auf den 13ten und %ün
Leiden auf den 14ten Monatstag gesetzt hat^), von
weichet Ansicht in den ersten Jahrhunderten der Chri-
stenheit auch noch anderweitige Spuren vorkonuneD.
Das Wochenfest ist jetzt, wo die Monate ihre
bestimmte Dauer haben,, ian den .6 und 7. l^van ge-
knüpft. Es komint unter den griechischen Benennun-
gen eogrri rStD i^ofnaStäV •), &yia hefa s'^of^uiScn) ^)
und io^r^ rrig leevfTpoocrriii; oder kurz «cTVipeoor^ vor,
wovon die Erklärungen im Obigen liegen (207). Aus
der tetzterh Benennung, die sicin bei den Kirchenvä- ^
tem gewöhnEch findet, ist Unser Pfingsten ent-
standen *).
Das Fest, wothit der siebente Monat beginnt,
von Philo dem hebräischen Namen gemäls ioqa^
KfdkTtlyyGfi} genannt, wurde nach der Rückkehr der
Juden aus der Gefangenschaft die Epoche ihres bür-
gerlichen Jahrs. Dieser Zeilptmkt scheint für sie da-
durch eine besondere Wichtigkeit erlangt zu haben,
dafs an ihm zum erstenmal wieder auf dem Lokal
des noch ^in Ruinen liegenden Tempels ein Brand-
opfer nach alter Weise dargebracht und detn versam-
1) Sanhedrin Bl. 43, S. 1.
2) S. Clementis Alex. Frägmentay in Fabricii Samm-
lung der Werke des Hippolytat; YoL 11, p. 66,
3} Philo c2^ 9eptenario et-fesHs. * .
4) Tol^ias n, 1, und daselbst Hrn. Ilgen's Amnerkang.
S^ Der Name 'AaoLqpd^ den Josephas einmal gebraucht
(^n/. m, 10, 6) kann nichts als Azereth, Festrersamm*
long, sein.
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.318 Technhche Clu^notog^.
mehen Volke das Gesetz vorgelesdn ward ^). So er-
faielteoi sie mit dcu ilbrigeo Syrern einen gleichen
Jährsanfimg (iSl). tKe albere Epoche tral; nun all-
mählig ia dm Schalten; Doch finden MÜß in den
Bachern dfs'allea Testaments, die naeh de^ J>epor.
tation abgofo&tt siady die Jahre der Regenten und die
Monate der Fest^ niidi immer vom Misan geauihlt
Joseplbus rechnet zuerst die Monate nach sjroma.
cedoflisGhec Weise vom Thisdm oder Hyperbereiäus
an. Die* NeujähcsCeier . wird jetzt durch zwei Tage
fof tgesfitzt..
Das Versöhnun^fest nennt Philo vf^rrsloi;
koQjvi, das Fest des Fastens^ sei es, dals er ihm
vorzugsweise diesen Naauen beilegt^ oder dafs damak
die anderen wahrend des zweiten ^Tempels eingefiihr.
ten Fasttage noch wenig beobadbtet wurden.
Das Laubhüttenfest wird von den hellenisti-
schen Schriftstellern crxfrpMmriyiaj crxTjvcojuara, eoqjiiTwv
owivw» oder kurz MfpHxi genannt * ). Seit der Ver-
doppelung der Feste 'wecden der 15, 16, 33 und 23.
Thischn als Sabbathe gefeiart; de« letzte» Tag ist je-
dodi ak ein besonderes Fest au betrachten, wovon
uaften« In einer zu Betenice in der C^enaiea gefun-
denen^ v»n Maffei ?) mil^elheillf% Inschrift ist vom
35. Phaophi des ö5sten Jahrs «sc* ctvXkoy^v rriq (XKrivo-
on^io«, an der L aubb jittenversammlung,
die Rede. Offenbar wird der 22. Tbischri, der Tag
des Azereth (208) gemeint, und da der 25. PhaopU
der Alexandriner dem 22*. Oktober des julianischen
Kalenders entspricht, so traf der 1. Tbischri damals
6) Eara a, 1 fit Nehemia 7, 73 und 8, i ff.
^> 1. Mftkk. tO, 31; 2. Makk. loi 6; Ey. Jok 7, 2j
PhUoa.«.'0.
3) Mui. Veron. ^\ CCX^XXV.
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auf den 1. Oktober, der innerhalb der Grenzen Me^
zwischen denen sieh der jUi^sehe Jal^rsmfongi .noch
jetzt bewegt Das &5sfte Jahr ißt wahrsobeiAiidl.ii«^li
einer Lokaläre geguÜblt -
Ztt diesen ffinf* Feslen. sind in der siweiite» Pe-
ikde noch die Te!B!i<peLirr.e,lhe, das Pnviniidst nni
emige FaaUage 'gelb(»nihem / ^ »
Die Tempelweihe iat. ven JtdaA'^ltkabäns
am 25$teo Kiatev eltigeaeixt wordeo, xmn Andenken,
dafs er nach eiaeln im Jaiir 14$ der sekilcidS^betit
Aere td>er äe Syver eifoditoiea Siege a» £eM»fi, lOage
den Yen. iuoitioduis Efftphane» dcei Jahre sniivm ye^
wüstete» und. venvirfitusagteii Tempcj wiedärh^xge-
stellt, gereinigt wld eihge^eBii hatte .?)w JOer h^-
bräisehe Käme des. Festos ht chauükfys^y Einbiiirei»
hung, und käenroii .da» kyaUiviu beim E^roitge^iatep
Johannes ^) die Uebemei^tiilg. Ei wird'}etzU wie
urspriinglieh ^), acht Tage lang, jedoeh nidb^'^&enge
gefeiert Am ersten Tage des Festes wird eäak Licht
und an jedem folgenden immer eina mehr > angezün-
det, daher es Josephua 4^a, Lichterfe^jt, immt
Von der Veranlassung imd Einsetznmg des Pu-
rimfesies handelt das Budi Esther; Es wird am
14. Adar gefeiert, als ein Freudenfest, zum A^enken
an das Bhetbad, das die Juden Tags zuvor nut Er-
laubnils des Königs Ahasveros unter ihren Feinden
im persischen Reich angerichtet hatten. Der Jfhme
,des Festes ist Purim, angdUüch von pur, Loea, weil
Ha man, der Minister des Königs und Gegne^r der
Juden,' zu ihrer Vertilgung das Leos über sie gewor-
fen hatte ^). iSach Aben Esra soll dies ein' persi-
1) 1. Makk. 4, 52 ff. 3. Hakk, 16, 5. Joseph ob Jni.
12, 7, 6. 2) 10, 22. 3) 1. Makk. 4, 59.
4) Eatber 3, 7; 9, 26. Im zweiten Bacli der Makka-
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820 * Technische CPtrönofogie^
sehe» Wort sein; es kommt aber ih der heutigeu
Sprache nicht mehr v^r. , Der 13t€ Adar heifet jetzi.
ihaniih' Esther f Faste» Esther, weil an, ihm ge-
fastet wird, und der 15te schusäkian purim, weil die
r Juden in der Hauptstadt Susa <laä^ Morden nodi am
14ten fprigesetzt und eretanildten geruht haben sol-
len ^). Die Feier hat «ich jedoch auüser Susa nie
bis auf diesen Tag! entreckt -.
Aufs^r dem eben gedaciri:ei| Fasttage, det jedoch
im Tltiaimud noch nicht erwähnt wird, und daher
jKTst spät ein^föhrt zu- ^in schont, kamen zu dem
von Moses aiigeordnet«i> besonders hefligat Fast-
tage, 'd%n •Versöhnungsfe^t, wlSfarend des zweiten
Tenipek noch Her andere, dem' Gedäehtnüs eben so
vieler utaglüeMichen Tage gewaht Sie treffhi auf
den vierten^ fiinften, siebenten imd' zehnten Monat und
finden sich in dieser Ordnung schon im Propheten
Zacharias erwähnt ^). Die' Begebenheiten, auf die
sie sich herziehen, sind: die Belagerung Jerusalems
unter Nebueadnezar im zehnten Monat," die Ero-
berung der Stadt iih vierten^ die Verbrennung des
Tempels und Wegfiihrung eines gro&en Theils des
Volka nach Babylon im fünften und die Erschlagung
des Statthalters Gedaljah, auf den die Juden ihre
letzte Hoffnung gesetzt hatten, im siebenten. Die
Tage sind im jetzigen jüdischen Kalender mv 10. Te-
b^th, der 17; Thamus, dear 9. Ab und der 3. Thischri.
Der zweite und^ dritte sind« zugleich dem Andenken
bXer 15,. 37 wird das Fest MaqSoXci'f^n '^luJqa g&kmni^ von
MardochaY, dem die Jaden nädist der Esther Tornehmlich
ihre Rettimg zu yerdaiiken hatten.' Der Name Harn auf est ist
bei den Jaden nie gebriinchlich gewesen.
1) Esther 9, 18. '
^)8, 19. \
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an die &8tünniing. Je^usal^m^^ ,und ^i^tiiicitng., des
Temp^ unter Titiis ge^vtreiht Das Nähere hi^ber
im Handbuch ^)» ..
Auch in der zweiten Periode haben die: Juden
ihre Jahre gewöhnlich nach .den Regenten jge!Kählt|
wovon sich die Beyp^eij^. überall in deniBüchem Esra,,
Nehemia, Esther un4 in den Prophet^ea finden.
'Als eigentliche Acren kpmmeii^ aufßer ejper «igenthnm-
liehen, Mofs vom Propheten He^ekielexwähn^en *)
folgende 3 vor: 1) Die Aere von der Zerstö-
rung des ersten Tempeis und . dem Anfänge
der .babylonischen: Gefangenschaft; i).,^ie ,
seleucidisch^^. und 3). die von der Befreiung
der Juden vom syrischen Joch durch.die Maky
kabäer* , . • '
Die Epoche der Zerstörung des ersten Tennis
ist der.lOte Tag des fünften Alonats (des Ab) un
19ten Jahr des Nebucadnezar ^)y oder,, wie ihn
die Griechen nennen, Nabpkolassar. Dieses. Jahr
ist nach dem Kanon (56)^ von welchem , wir hier
abzugehen keine Ursache haben, das 162ste dec.nabo-'
aassariscben Acre, das am 17. Januar 586. v. Chr. sei-
Ben Anfang nahm. Die Zerstöruug ist mithin in xlen
Sommer dieses Jahrs. a^i| setzen. Die jüdischen Chro-
nologien irren sich lun nicht weniger als 163 Jahre,,
indem sie dies EjreignUs in das Jahr 3338 ihrer Welt-
äre bringen, das im' Herbst 424 ,v. Chn begann '*).
1) th. I, S. 537 ff. Ü) S. Handb. I, 536 ft
3) Jermiaß 52, 12 ff Im^^. K5ii. 25, 8 wird der si«-
beqfce Tag genannt Jetzt lasten die Juden, wie ,oben bemerkt,
;un 9. Ab, an welchem die .Zerstörung des zweiten Tempels ge-
scliehen sein soll; Josepbus nennt jedodi ebenCalTs den*
lOten (166). . \
4) Handb. I, 529, wo auch von der Epocbe der Erbanong
des zweiten Tempels die Rede ist^
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2S3 Teekniscie Chr&nologie.
Weim flach dieser Aew^afirt wirf, so gcschielit cß
mit iet Formfi legalidhy nach d^m'EKil *).
Die^ seleucidische Acre, welche -die Jaden
unter ihren- lyrischen B^errscbem angenomnieQ bä-
hen, ist lange ihre eimige Jahn^echmiBg gewesen.
Sie nennen sie min/an sehtar&th, aera coMrac-
tuum, wdche Benennung Idnäinglieh von -äarem hür-
' ^erlicheia Oebraudi zeugt. Ihre Epoche «etet die
Mehx^ähl der ' rabbinischen Gelehrten richtig auf den
AnfäAg des Jahrs 3450 ihrer Weltäre *) oder auf den
Herbist 812 V. Chr. Ih den Büchern der Makka-
bä^r {iihvt sie, vrie schoA (187) bemerfef -worden,
den Namen der Jahre des hellenischen (syri-
schen) Rfeichs.
Es ist aber merkwikdig, dals die offenbar ver-
' schiedenen Verfasser der beiden ersten Bücher, die
diesen Namen fuhren (das dritte kommt hier nidit
in Belradht), die Acre auf ein^ ganz verschi^ene
Weise gebrauchen. Beide rechnen, wie mehrere Stel-
len lehren *), die' Monate, wie es überall im alten
Testament geschieht, vom Nisan. «Daraus folgt nun
zwar gerade nicht, dafs sie auch die Jahre mit dem
JKisan anfangen. Es leidcft jedoch keinen Zweifel, daCs
der Verfasser des ersten Buchs dies wirklich thut
Man lese nur, um sich hiervon zu überzeugen, auf-
tnerksaih das zehnte Gapitdl und vergleiche dessen
Isten und Qlsten Vei^. £i^ ist uhmögKch, dals alles,
was hier aus dem 160sten Jahr erzählt wird, sich im
Verlauf von 14 Tagen zugetragen haben sollter, wie
diejenigen anzunehmen genöthigt sind, die das Jahr
vom Thischri rechnen wollen *). Beim zweiten Buch
1) Z, B. Äesckiel 3.1, 31; 40, 1.
2) S. unter aadem den TrakUt Sepker hakahhtdä S. 33.
3) Z. B. 1. Matk, 4,. 52; 31. Malck. 15, 37.
4) Wie .untei* andern Cottli^b-'Weriisdörf b seiner
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Hebräer. 223
treten dergleiclien RKdksiebten nicht iein,^iUMl' 'nichts
scheint der VorauBddIzung -hinderlich zu ismi, dä& di^r
Verfasser desselben seine Jahre anf die 69«^ im i^^
ri9<iie9i %eich gebräuchliche Weise vom TÜieöhri mi '
gezl^k htäbe, nimal da sieh iiswisc^isn den ^cbvondo-
gisdbeti Ätigafaen beider Bücher eine Abweichung aseigt,
die sich am {iigliehsten durch eine Verg^hiedeidieit
des Jahrsanftings erklären läfst l^etavius^ Noris
und Fr5'lich^) sind iauch Mnlrklidi d^ MeiBnng,
dä(s das zweite Boc^ nach der gew&fanli<fli€«i 'sdeu-
cidisehen Aere rechne, das erste Kii^gen dieselbe
bis zum Prühlhig des Jahrs 3iiS ^. ^Chr. turücksetoe.
Ich habe ab^ mi Handbuch gezeigt ^), d^fs mn
mit einer 'Epoehen^erscfaiedenheit von einem halben
Jahre nieht ausreiche, dafs man sie «nebnehr auf an-
derthalb Jahre setzen müss^, indem der Verfasser des
ersten Buchs ein halbes Jahr mehr -und der des zwei-
ten ein ganzes weniger zählte, als die eigentliche se-
leuddische Acre. Ich moTs bei dieser Meinung be-
harren, die, so viel ich sehe, alle Schwierigkeiten iil
der Chronologie beider Bücher ausgleicht £ine Ab-
weichung von anderihalb Jahren bei Sefanfisleflern,
die vielleieht za V^schiedenen Zeiten md in vor- *
sehiedmeo' Gegenden Sytienft schrieben, >wicd *man bei
der grofisen Divergenz der dortigen Aeren mcht be-
fremdend finden. Auch die ehalläische Aere (dl,
189) stält uns ein Beispiel einer ^sidehenllechiiung
auf, me wir sie hier dem Verfasser des zweiten Buchs
beilegen.
Commentatio hfstorico-criiiea dt ^fide hisiorka Ubtwvm Mae-
eahaieonan (ßresk« 1747) §. VX-X.
1}^ S, »ein äiimi«matt9<^es Werk» AnntüeM cempendiarH
regum et rerum Syriae.
2) Th. I, S. 533 tt
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' 224 ^ Technische Chranologie.
Was , die dritte .der c^edaehten Aeren betx^
80 heilst es im ersten Buch der Makkabäer ^):
„Ln ITO^sten Jahr (der »seleueidischexi Acre) ward
brael frei voia Joch der Heiden. Und das Volk fing
nun 9Bf in. seinen Contracten und Veriarägen zu schrei-
ben: im ersten Jahr Simon's; des Hphenprie-
sterSy Feldherrn und Fürsten der/ Juden/'
Josepbui^ stimmt Jdieimit ganz überein ^ )• Die
Epoche der :nevtön Jahrrechnung ist demnach der An-
fang d^ 170sten Jahrs der seleucidischen Aere, oder
der Herbst^ des Jahrs 143 t. Chr. Dals sie wirklich
gebraucht wpitden sei ^ . lehA . eine Reihe Münzen mit
samaritaweher .oder älterer Eeinräischen Schrift aus
d^n Pontifi<^at des Simons ). Da dasselbe 8 Jahre
' gedskp^rt hat, aber nur aus den vier ersten Jahren
MjUn^n yorhwde^ sind, so sdieint die Aere bald wie-
der der, seleucidischen gewichen zu sein. .
Dritte Periode. '
In. dieser Periode hat sidk die mit rabbinischen
Grübelaen «nicht wenig überladene^ sehr verwickelte
Zeitrechnung der neuem Juden- yoUends ausgebildet ^)«
- Jetzt, wo sie in der Zerstreuung uid;er Völkern
leben, die > nur gleichförmige Stunden gebrauchen, fan-
gen sie Jahr aus Jahr ein den bürgerlichen Tag
— jom -^ 6 Stunden früher als die Christen an, so
\ /' dafs
1) 13, 41. ,
2) Jnt. lud. Xra, 6, 6.
, 3) Ecfehel VoL ffl, p. 465 ff.
4) Einen schätzbaren Beitrag^ znr Anfklämng derselben bat
Hr.. Bendavid .in seiner Scbrift: Znr Berechnung und Ge-
. sckicbte des jüdischen Kalenders (Berlin ldl7, 3} ge-
liefert V .
Digitized
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, Uebrder. - . 225
dafs die Mitternacht auf den Anfang ihrer siebenten •
und der Mittag auf den Anfang ihrer neunzehnten
Stunde trifft j die Stundeü werden hinter einander fort - *
von 1 Bis 24 gezählt. Die^e Zähluhgsweise gebrau-
chen sie jedoch nur bei ihrer Festrechnung; im ge-'
wohnlichen Leben richten sie sich nach unsern Stunden.
Die Stunde — schaah — theilen sie in 1080
chlakiniy deren 18 auf unsere Minute gehen. Die
Zahl ist ohne Zweifel wegen der grofsen Menge Fak-
toren, in die sie sich zerlegen läfst, gewählt worden.
Der Chlah wird wieder in 76 tegdim^ Augenblicke,
getheilt Diese Zahl hat die Faktoren 4 und 19, ^
wovon der letztere für den jüdischeii Kalendei^ bedeu-
tungsvoll ist
Die Woche — schebua — beginnt Sonnabend
um 6 Uhr Abends, also eigentlich > init unserm Sonn>
tage. Die Tage derselben werden hinter einander
fort mit den Ordnungszahlen benannt und bezeichnet- , \
Nur der letzte Wochentag fuhrt den eigenen Namen
schabbaih oder Ruhetag.
Das Jahr — schanah — besteht aus 12 nach
dem Monde abgemessenen Monaten, und wird von Zeit
zu Zeit durch deinen 13ten mit der Sonne ausgeglichen.
Das Gemein jähr heifst schanah pschutahj eigent^
lieh einfaches Jahr, das Schaltjahr schanah
meuberet, und das Einschalten ibbur. Dies sind
rabGinische Ausdrücke« Die Wurzel abar^ die im
Piel schwängern heifst, hat späterhin die Bedeu-
tung einschalten erhalten.
Neujahr — rosch ha^chanah — haftet auf dem
Anfange ^es Monats Thischri, ursprÜRglich des sie-
benten im Jahr, imd bewegt sich in unserm ' Jahr-
hundert, wo die Herbstnachtgleiche in der Regel auf
dei^ 23. September trifft, zwischen dem 5. Septem-
ber und 5. Oktober einschliefslich.
15
. ' Digitizedby VjOOQI-C ,
226 Technisch^ Chronologie,
Die Namen der Monate haben sich in der drit-
ten Periode nicht geändert. Im Schaltjahr folgt dem
Adar, der ursprünglich der letzte im Jähr war, ein
zweiter Monat dieses Namens, der zum Unterschiede
Veadavy noch ein Adar, oder Adar scheni, der
zweite Adar, genannt wird. Der^eigentliche Schalt-
monat ist aber nicht, wie manche Chronologen glau-
ben,' der Veadar, sondern der erste Adar, wie schon
aus dem Umstände ethellet, dals das Purimfesf, das
auf den Adar trifft, im Schaltjahr im Vealdar gefeiert
wird.
Die jüdischen Monate werden jetzt nicht mehr
durch unmittelbare Beobachtuilg der Mondphasen, be-
stimmt, sondern haben ihre ein für allemal festge-
setzte Dauer. Sie sind entweder voll oder man-
' gelhaft, d. h. sie haben entweder 30 oder 29 Tage.
Dafe im ersten Fall zwei Tage den Namen rasch
' chodeschy Monatsanfang, erhalten, der 30ste des
abgelaufenen und der erste des neuen Monats, im letz-
tern aber nur einer, nämlich der erste des neuen Mo-
nats, ist schon bemerkt worden (214). Die beiden
Rosch chodesch werden durch erster und zweiter
unterschieden^ Man sieht, dafs zwischen zwei durch
einen Monat geschiedenen Rosch chodesch. allemal
28» volle Tage hegen.
Die Juden haben jetzt sechs Arten von Jahren,
mangelhafte, regelmäfsige und überzählige
Gemeinjahre; mangelhafte, regelniäflsige und
überzählige Schaltjahre.
Wenn im Gemeinjahr die Monate abwechselnd
30 und 29 Tage haben, wie folgende Tafel .zeigt:
1) Thisehri 30 Tage. 5) Schebat ^0 T^ge.
2) Marcheschvan 29 6) Adar 29
3) Kislev 30 7) Nisan 30
4) Tebeth 29 s 8)' Ijar 29
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Hebräer. . 227
•' ^
9) Sivan 30 Tage. 11) Ab 30 Tage,
10) Thamus 29 12) Eid .29
80 heilist es ein regelmäf&iges, schanah keside-
rahy ii, L ein Jahr, wie es die Regel mit sich
bringt. Ein solches Gemeinjahr hält 354 Tage oder .
50 Wochen 4 Tage;
Bleibt im Schaltjahr die Dauer der Monate, die-
selbe und kommt blofs der Schaltmonat hinzu, der
allemal 30 Tage erhält (der ihm fblgeijde Veadar h^t,
wie im Gemein jähr, der Adar, mit dem er identisth'
ist, nur 29 Tage), so wird es ,ein regelmäfsiges
geiMimt Ein solches Schaltjahr hat* 384 Tage oder
54 Wochen 6 Tage.
Wenn sowohl im Gemein • ' als Schaltjahr jdem
Marcheschvaus ein Tag zugelegt^ wird, so iafs das
Jahr mit 3 vollen Monaten anfängt, so heilst es ein
überzähliges, sch^inah schelemah, ei^eniXich ein
Tollständiges. Das überzählige Gemeinjabr hält
355 Tage oder 50 Wochen 5 Tage, das überzählige^
Schahfabr 385 Tage oder gerade 55 Wochen.
Wird dagegen sowohl im Gemein- als Schalt-
jahr dem Kislev ein Ta^ genommen, so dals er gleich
seinem Vorgänger nur / 29 Tage zählt, so heifst das -
Jahr ein ihangelhaftes, schanah chasserah^ Das
imangelhafte Gemeinjahr hält 353 Tage oder 50 Wo-
chen und 3 Tage, jdas mangelhafte Schaltjahr 383
Tage oder 54 Wo6hen 5 Tage.
Man sieht also, dals nur der Marcheschvan und
der Kislev zwischen 29 und 30 Tagen schwanken,
die übrigen dfigegen,' wenn im Schaltjahr statt des
Adar der Veadar gesetzt wird,' von unveränderlicher
Dauer sind.
Die mittlere Dauer des jüdischen Monats ist auf
29 T. 12 St. und 793,chL, d. i. 44' 3^/' festgeseta^tf
Zwölf solcher Monate halten 354 T. 8 St 876 chl
15 ^
Digitized'by VjOOQIC
228 Technische Chronologie.
Weniv daher nicht von Zeit zu Zeit ein Monat einge-
schaltet würde, so wiche das jüdische Neiqahr jährlich
' im Durchschnitt um 10 T. 21 St 204 chl* ina julia-
nischen Jahr zurück. Um es nun zu fixiren, werden
iil einem Zeitraum von 19 Sonnenjahren ,. die nahe
235 Mondwecjisel halten (30), 7 Monate eingeschal-
tet, nämUch in den Jahren 3, 6, 8> 11, l4, 17 und
19. Bei einer solchen Vertheilung der Schaltmonate
können die FeÄte nie. um einen' ganzen Monat zurück-
^ weichen, indem sie immer wieder auf ihre ursprüng-
lichen Stellen im Sonnenjahr vorgeschoben werden.
. Ob ein gegebenes Jahr der Juden ein Gemein-
oder ein Schaltjahr sei, lehrt die'Division ihrer Jahrs-
zahl durch 19. Ihre jetzt gebräuchliche Weltäre ist
nämhtb ,so geojdnet, dafs d^s erste Jahr derselben
zugleich das erste des 19jährigen Cyklus ist Wenn
man also bei der Division des jedesmaligen Jahrs
durch 19 einen der Reste 3, 6, 8, 11, 14, 11 oder
0 erhalt, so ist fes em Schaltfahr; wo nicht, ein Ge-
meinjahr* So ist das, gegenwärtige Jahr 5591 ein
Gemeinjahr, weil es durch 19 dividirt den Rest 5
gibt .^ ). Da du» erste Jahr der WeMäre im Jahr 3761
V. Cht. oder 953 der jtjliänischen Periode sfeinen An-
fang nimmt, so darf man zum jüdis<bhen Jahr nü]^952
addiren-, oder vom jidianischen n\u* 952 subtrahiren,
um jenes auf die julianische Periode und dickes auf
die jüdische Weltäi'e zu reduciren. So nimjfnt das
jüdische Jahr 5591 im 6543sten der julianischen Pe-
1) Anfser dem 19jährigeii Cyklas, nuHrhsor kaiim^ der
kleine Zeitkreis gekannt, h9beii die Juden noch einen 2^ jähri-
gen, dem sie den Namen des Mtichsor gadol oder grofsen
Pyklas beilegen. Sie haben ihn von den Christen entlehnt and
gebrauchen ihn zu gleichem Zweck, nämlich^ nm den Wochentag
eines christlichen Datums m finden. S. Handb. I, "^^i
Digitizedby
Googk
► Hebräer. " §29,
riode seinen Anfang, welches mit dem Jahr 1830 un-
serer Zettreebnung conrespondirt (4i). Es geht vom
Herbst 1830 bis dahin 1831.
^Td/^c/^ Geburt, nämlich des neuen Lichts, heifst
der Neumond, aber nicht in unserm Sinne des
Worts, sondern in dem des griechisthen vovfxrivia
(125): Die Rechnung gibt nlimUch dieMoleds so^
da& m der Regel die Mondsichel an dem Tage er-
seheint, auf den der Moled trifft
Die 235 Mcmate des 19jährigen Cyklus geben'
6939 T. 16 St 595 cht, 2 T. 16 St 595 chL mehr
als . eine Yolle WochenzahL Dieser üeberschuls wird
der Chai;akter des neun^iehnjährigen Cyklus
genannt Er zeigt, ^ um ^e viel Wochentage, Stun-
den un4 Stundentheile der erste Moled des neuen
Cyklus später eintritt, als der erste des abgelaufenen.
Die 12 synödischen Moniate,des Gemeinjahrs hal-
ten 354 T. 8 St 876 cht, und die 13 des Schalt-
Jahrs 383 T. 21 St 589 cht Zieht ms^ au$ diesen
Zeiträumen die in* ihnen enthaltenen ganzen '^t)ch6n,
so bleibt an Rest für das Gemeinjahr von 4 T^ ^
St 876 chl., und für das Schaltjahr von 5 T, 21 St.
589 chl. Diese üeberschüss.e werden der Charak-
ter des Gemein- und Schaltjahrs genannt, und
gebtaHcht, um > aus dem Moled TJbüschri eines Jahr§
Wochentag, jStnnde und Stundentheile für den Moled
Thischri des folgendenu oder vorhergehenden zu finden.
Die mittlere Dauer eines Monats übertrifft 4 volle
Wochen um 1 T. 12 St 79a chl Man nennt dies
den Charakter des 'Monate und gebraucht den-
selben, , um aus einem gegebenen Moled Wochentag,
Stunde und Stundentheile des folgenden oder vorher-
gehenden zu erhalten. , '
Nach der Rechnung der Ordner des jüdisclien
Kalenders ist der Moled der, Schöpfung, gewöhn-
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230 Technische t:hronoJQgie.
Uch. Moled thohn genannt *), an einem Montage um
5 ü, (nach unserer Stundenr^chiiung Sonntag Abends
um 11 Uhr) 204 cÜ. eingetroffen*). Dieser Zeit
punkt ikt vom Anfange der Wodie um 1 T. 5 St
304 chl. entfernt Die jüdischen Chronologen schrei-
ben dafür 2 T. 5 St 204 chl, indem sie bei der Be-
rechnung der Moleds allemal den« laufenden Wo-
chentag ansetzen. Um nun zuvörderst den Wochen-
tag des Moled Thischri eines vorgelegten jü-
dischen Jahrs zu finden, dividire man die um
1 verminderte Jahrszahl durch 19. Der Quotient gibt
die Zahl der seit Anfang dfer Weltäre abgelaufenen
Cykel, und der Rest die Zahl der im laufenden Cy-
klus verflossenen Jahre. Wenn man dann den Quo-
tienten in den Charakter des CyUus und die Zahlen
der Gemein- 'und Schaltjahre, die noch in dem Rest
enthalten sind, in den Charakter des Gemein- und
Schaltjahrs multiplicirt, sämmtliche Produkte mit dem
Möled der Schöpfung in eine Summe bringt und aus
dieser Summe die ganzen Wochen wegläfst, so er-
' hält man, was man sucht Für das Jahr 5591, bis
auf welches 294 Cykel und 4 Jahr^ verflossen sind,
kommt die Rechnung also zu stehen:
(2 T. 16 St 595 chl.) X 294 = 6 T. 17 St 1050 cU.
(4— 8 — 976— )X 3 =6 2 468
Für ein Schaltjahr 5 21 589
Moled der Schöpfung 2 5' 204
Moled Thischri des Jahrs 5591 = 6 T. 23 St 151 chl.
d. h; der gesuchte Moled 1;riS't gegen Ende des sechs-
ten Wochentages, des Freitags, ein.
Um diese Rechnung zu erleichtem, wollen wir
ly Weil damals nach 1. Mos, 1, 2 noch thohu webohu, Aas
Chaos, herrschte.
^ 2) Maimbnides KidJusch hackodesch c. 6. §. 8.
lig'itized by VjOOQIC
Hebräer*, 231
hier ia einet Tafel die Charaktere der einzelnen Jahre
des Cykhis zusammenstellen.
Die ■ Schaltjahre sinci
mit b bezeichnet
Jahre
Charaktere
dea CtUos.
derselben.
1
4 T
. 8 St. 876 Chi.
• 2
1
17
.672 '
h. 3
0
15
181
4
4
23
1057
5
2.
8
«53
b. 6
1
6
362 *
7
5
15
158
b. 8
4
12
747
9
r
21
543
10.,
6
6
,339
b. 11
5
3
928
12
2
12
724
13
6
21
520
b. 14
5
19
29
15
3
3
905
16
0
12
701
b. 17
6
10
210
18
3
19
6,
b. 19
2
16
595
Hiemach kojximt obige Rechnung also zu stehen:
Charakter des Gyklus X 294 = 6 T. 17 St, 1050 chl.
Charakter des Jahrs 4 =4 23 1057
Mole^ der Schöpfung =25 204
Moled Thisdm des Jahrs 5591 = 6 T, 23 St. 151 eh.
Auf Welchen Meridian sich dieses Resultat bet-
zieht, ist gleichgültig. Wenn der Tag des Neujahrs-
festes durch eine solche Rechnung einmal fixirt ist,
so gilt er für alle in der Zerstreuung lebeikide Juden^
nur versteht sich, dafs der 1, Thischrl nach absolu-
ter Zeit um den jedesrnaUgen Meridianunterschied
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232 Technische Chronologie.
an dem wesiKchern Ort später eintritt, als an dem
östlichern;
N e u j a li r soll nun eigentlich der Wochent^
seinj auf den der gefundene Moled Thischri trifil. Es
könnjen hier aber folgende fünf 'Ausnahmen eintre-
ten * j.
1) Wenn der Moled Thischri über 18 Stunden
jüdischer oder über 12 lHir Mittags unserer Zeit ein-
tritt, so wird das neue Jahr erst mit dem folgenden
Tage angefangen, weil die Möglichkeit, schon am
Neujahrsfeste die Mondsichel zu sehen, nicht ausge-
schlossen werden soll. Dieser Fall tritt z. B. bei
dem Jalit 5591 ein, dessen Anfang daher auf den
Sonnabend verlegt wird. Die Zahl 18 wird mijt zwei
Buchstaben geschrieben, die zusammen /acA gelesen
werdep, und daher dies die Ausnahme wegen VacA
genannt.
2) Wenn der Moled Thischri auf Sonntag, »htt-
woch und Freitag fällt, so wird das Jahr mit dem
folgenden Tage angefangen. .Dies heilst die Ausnahme
wegen Adu^ welche^ Wort aus den Buchstaben be-
steht, wodurch die 3 gedachten Wochentage bezeich-
net werden. Diese Ausnahme Ist in dem Ceremo-
nialgesetz der Juden begründet. v
3) Wenn A\k Rechnung den Moled Thischri spä-
ter als 18 Stunden gibt, also wegen Jach eine Ver-
legung auf den folgenden T^g nöthig wird, und die-
ser zur Ausnähme Adu gebort, so mufs das Neujahrs-
fest noch um einen Tag weiter geschoben werden.
Dies wird die Ausnahme wegen */acÄ-^£fo genannt.
4) Fällt der Moled Thischri In einem Gemein-,
jähr auf Dienstag zwischen 9 St 204 chl. und 18
Stunden, so wird Neujahr auf den folgenden Don-
1) Kithlusck hochodesch c. 7.
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, Hebräer. ^ . 233
nerstag verlegt Dies Leifst die Ausnalime wegen
Gatradj welches Wort aus den Buclistaben zusam*
mengesetzt ist, wodurch die Zahlen 3 (dritter ^Wo-
chentag), 9 und 204 bezeichnet werden. Per Grund
dieser Ausnahme ist' folgender: rechnet man von dem
gefundenen Moled um den Charakter des Gemeinjahrs,
nämlich 4 T, 8 Sü ß76 .chl., weiter, so gelangt man
üb^r Sonnabend 18 Stunden hinaus, und das folgende ..
Jalir muis wegen Jach-Adu erst mit dem Montagis
anfangen. Das vorgelegte' Gemein jähr würde mithin^
6 Tage über eine, volle Wochenzahl erhalten. Aber
ein Qemeinjahr von dieser Länge gibt es nicht (227);
man verlegt daher seinen Anfang auf den Donnerstag.
5) Trifft der Moled Thischri in eineni Gemein-
jahr, das auf ein Schaltjahr folgt, iiuf Montag zwi-
schen 15 St 589 chl. und ,18 Stunden ^ so verlegt
man seihen Anfang auf den folgenden Dienstag. Dies
nennt man die Ausnahme wegen JSetuiha^at, weL
ehes Wort aus den Buchstaben gebildet ist, wodm^h
die hier in Betracht kommenden Zahlen 2 (zweiter
Wochentag), 15 und 589 bezeicimet werden. Der
Grund dieser Verlegung ist folgender: rechnet man'
von dem gefundenen IVfoled, um den Charakter des
Schaltjahrs, nämlich 5 Tt 21 St. 589 chl.^ zurück, so
trifft man übeiT Dienstag 18 Stunden hinaus, wodurch
wegen Jach- Adu eine Verlegung auf den Donnerstag
nöthig wird. Finge man daher das Gemeinjahr schön
mit dem Montage an, so würde das vorhergehende
Schaltjahr nur 4 Tage über ^etne volle Wochenzahl
erhalten^ Ein solches Schaltjahr findet aber nicht .
statt (^7); man verlegt daher den Anfang des ge-
gebenen Gemeinjahrs auf den Dienstag,
Die Ausnahmen Gatrad und Betutbakpat kommen
nur selten vor, letztere in dem laufenden 295sten und
folgenden 296stein Cyklus nicht ^einmal. .Während
Digitized
by Google - ,
234 Technische Chronologie.
* - - ,
dieses SSjabrigen Zeitraums werden na;- 15 Neujahrs-
festen an dem Tage gefeiert, den die Kechnimg gibt.
Gatrad tritt eipmai,. Jach 4n^äl, Jaeh-Adu 6mal und
Adu allein 12 mal ein.
Es Mard nun leicht sein, die Dauer eines gege-
benen jüdischen Jahrs zu finden, z. B. die des Ge-
meinjahrs 5591. Der Anfang d^j^selben tcifit, "wie ym
gesehen (232), auf den Sonnabend. Um den Moled
des Jaiirs 5592 zu erhalten, addiren wir zu dem ge-
fimdenen Mdied des Jahrs 5591 den Charakter des
Gemeinjahrs, nämlich 4 'T. 8 St. 876 chl. So ergibl
sich als neuer Moled 4 T. 7 St. 1027 chL, und Neii-
' jähr mufe wegen Adu auf den Donnerstag verlegt
werden. Man sil^ht also, dafs das Jahr 5591 die ToUe
Wochenzahl um 5 Tage übertrifft, dafs es also zu
den übenSäMigen Gemeinjahten gehört (227).
Es ist jetzt noch übrig, das julianische Da-
tum des Anfanges eines gegebenen jüdischea
JähVs, zu bestimmen. Durch Zurttckrechnen von ir-
gend einem der Phase und Jahrszeit nach richtig
angenommenen Moled Thischri haben die Urheber des
jüdischen Kalenders gefunden und festgestellt, dafe
der Möled der Schöpfung im Jahr 3761 v. Chr. Mon-
tags den '7* Oktober um 5 U. 204 chK emgetroffen
ist *^. Dieses Jahr ist ein Schältjahr und der 7. Ok-
tober der 28Iste Tag desselben. Es waren mithin
im Augenblicke jenes Moleds vom julianischen Jahr
280 T. 5 St 204 chL verflossen, 'die Tage nach jü
1) ^aeh unserer Art, £e Standen zu reebnen und zn theüen,
Sonntag den 7. (Htol»er nm 11 U. 11^ 20^' Abeiids. Gilt die
Bestimmung, wie es wol die Absicht der jüdischen Compntisten
war, für Jerusalem, so haben wir 1 St. 29 ' 11'^' abzuziehen, um
sie auf den berliner Meridian zu reduciren. S. Monat 1. Cor-
respondenc des Hrn. ▼. Zach, Band ^Ü^VUI, S. 544.
Digiti
zedby Google
Hebräer. 235
dtschcr WeiSjB von 6 Uhr Abends gerechnet. Da 19
Jahrfej zu 235 mittleren syuodisehen Monaten, 6939 T. '
16 St. 595 chl., und 19 juKaaische Jahre 6939 T.
18 St halten^ so sind erstere um 1 St 485 ehl.
1=1565 chl. kürzer als letztere, so dafs nach Ablauf
des 19jährigen Cyklus der Moled Thischri im juliani-
schen Jahr um 1565 chl. früher als im Anfange des-
selben eintritt ' Um die Verschiebung desselben lur
die eipzehien Jahre des Cyklus zu erhalten, ei^väge ,
man, dafs das jüdische Gemeinjahr 354 T. 8 St 876
chl. und das jüdische Schaltjahr 383 T. 2t St 589
chL hält Vergleicht man die Länge beider mit def
Dauer des julianischen Jahrs zu 365 T. 6' St, so
sieht man, dafs das Gemeinjahr um 10 T. 21 St
204 chl. kürzer, das Schaltjahr hingegen um 18 T.
15 St 589 chh länger ist Hieraus ergibt sich nun
leicht folgende Tafel, welche zeigt, um wie viel Tage,
Stunden und Standentheile der Moled Thischri^ nach
Ablauf jedes einzelnen Jahrs des i 9jährigen Cyklus '
im julianischen JaKr früher als zu. Anfange des Cy-
klus eintritt, was wir die Voreilung des Moled
Thischri nennen wollen.
Jahr
Voreilung d
es Moled
des Cyklus. ,
Thisch
> •
VI.
1
10 T
. 21 St
204 chl.
3
2i
18
408
b. 3
3
2.
899
4-
14
0
23
5
24
21
227
b. 6
6
5
718-
7
17
2
922
b. 8
— i
12
747-
9
9
8-
537
10
20
5
741
b. n
1
14
152
Digitized
dby Google
236 Technische Chronologie.
Jahr
Voreilung des Afbled
des Cyklus.
v
Thischri..
12
12T
, 11 St 356 cU:
13
23
8' 560
b. 14
, 4
16 1051
15
. 15
14 175
16
26
11 379
b. 17
. 7
19 870
18
18
16 1074
b. 19
. 0
1 485
Wenn hier z. B. neben dem siebenten Jahr
eine Voreilung von 17 T- 2 St 922 chL bemerkt ist,
so heilst das, nach Ablauf von 7 Jahren trifft der Mo-
led Thischri um so viel Tage, Stunden und Stundeu-
theile im julianischen Jahr früher als zu Anfange des
Cyklus ein« « Die negative Voreilung am Schlufs des
' 8ten Jahrs gibt eme Verspätung des Moied zu erkennen.
Verlangt man nun das julianische Datum des
Moled Thischri irgend eines Jahrs der jüdischen Welt-
äre, so koinmt es darauf an, zu berechnen, um Vne viel
Tage, Stundeti und Stundendieile seit der Epoche der-
selben der Mpled seiner oben bemerkten ursprühgUchen
, Zeit im julianischen Jahr vorgeeilt ist. -Soll z. B. der
Tag des Moled Thischri des Jah1*s 5589 gefunden wer-
den, welches im Jahr 1828 der christlichen Acre anfängt,
. so dividiro man die um 1 kleinere Jahrszahl 55S8
durch 19. Dies gibt zum Quotienten 294 und zum
Rest 2, zum Zeichen, dals beim gedachten Moled von
der Weltäre 294* ganze Cykel und 2 Jahre^ abgelau-
fen sind* Mtiltiplicirt man also 1565 Chlakim, die
Voreilung des Moled während eines ganz^ Cyklus,
mit 294, und addirt zu .17 T. 18 St. 30 chl., dem
erhaltenen Produkt, die Voreilung in zwei Jahren,
nämlich 21 T. 18 St 408 chL, so ergibt sich über-
haiqit eine Voreihing von 39 T. 12 St 438dbL,und
Digitizedby V3-00QI^ "
^ Hebräeih. 237
* . ' . . ' • '^
zieht, man diese von 280 T. 5 St 204 chL, dem
Zeitpiinkt des Moied Ini ersten Jahr, ab, so erhält mail
240 T. 16 St 846 chl., als die Zeit des gesuchten
Moled Thischri des Jahrs 5589. Unser Jahr 1828
ist ein Schaltjahf, und der 24lste Tag^ des Schalt-
jahrs der 28. August (65). Der Meied trifft also am
28. August alten, oder 9. September neuen Stils, ei-
nem Dienstage, 16 St 346 cht nach Anfange des jü-
dischen Tages ein, und da hier keine der obgedach-
ten Ausnahmen eintritt, so hat man zugleich den jü-
dischen Neujahrstag gefunden.
Die hier erklärte und durch ein Beispiel erläu-
terte Regel gilt aber nur für solche Jahre der jüdi-
schen Acre, die in christliehen Schaltjahren ihren An-
fang nehmen. Bezieht sich der gesuchte Moled da-
gegen auf ein christlibhes Gemeinjahr, so ist die Zahl,
von welcher der Abzug geschehen soll, nämlich 280
T. 5 St ,204 chL, um ,18, 12 oder 6 Stunden zu ver-
mindem, je nachdem das christliche Jahr, auf daai der
gesuchte Moled trifft, das erste, zweite oder dritte
nach einem Schaltjahr ist^ so dafs also der Abzug im
erstea FaH von 279 T. 11 St 204 chl., im zweiten
von 279 T. 17 St 204 chl., im dritten von 279 T.
23 St 204 chL geschehen muls; denn da vom 7. Ok-
tober 5 St 204 chl. im Schaltjahr bis dahin im Ge-
meinjähr nur 365 Tage verflielsen, das julianische Jahr
aber, das der obigen Tafel zum Grunde liegt, durch-
gängig 6 Stunden mehr hält, so rückt sein Anfang
im ersten J^^hr nach dem JSchaltjahr bis zum 7^ Okt
11 St 204 chl. vor, welcher Zeitpunkt vom Anfange-
des Gemeinjahrs um 279 T. 11 St 204 cht entfernt
liegt. Ebeh so sieht man, dals im zureiten und drit-
ten Jahr nach dem Schaltjahr der Anfang des juliani-
schen Jahrs bis zum 7. Okt 17 St 204 cht und
zum 7. Okt 23 St 204 chl. vorrückt, welche Zeit-
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238 Technische Chronologie,
punkte vom Anfänge des Gemeinjahrs um 279 T.
17 St. 204 diL und 279 T. 23 St. 204 cbl entfernt
sind. Suchen ^r demnach das julianische Datum
des Moled Tbischri des Jahrs 5590, bis zu dessen
Anfang 294 Cykel und* 3 Jahre verflossen sind, so
erhalten wir eine Vorellung von 20 T. ?0 St. 929
chl., die mj^n in diesem Fall von 279 T. 11 St 204
chl. abziehen mufs, weil der gesuchte Moled auf un-
ser Jahr 1829, das erste nach einem Schaltjahr, trifft
Der Rest ist 258 T. 14 St. 355 chl. Aber der 259sle
Tag des Gemeiujahrs ist der 16. Sfeptemben Der
Moled entspricht also dem 16. September alten oder
28. September neuen Stils, einem Montage, und da
hier keine Ausnahme eintritt, so fängt das Jahr 5590
Montags den 28. September 1S29 an. Berechnet man
noch die Anfänge der Jahre 5591 und 5592, so wird
man für jenen Sonnabend den 18. September 1830,
für diesen Donnerstag den 8. September 1831 finden,
indem bei beiden die Ausnahme Adu eintritt.
, Man wird diese Methode, das christliche Datum
des Anfangstages eines gegebenen jüdischen Jahrs zu
bestimmen, bei einiger üebung bequem und selbst
leichter finden, als dafe Verständnifs der Tafel, wodurch
Maier Kornick in seinem System der Zeitrech-
nung iü chronologischen Tabellen ^) solche
Rechnungen seinen Lesern für die Jahre 4118 bis
6000 der jüdischen Acre zu, ersparen gesucht hat
Es wird hierbei, wie überall in der Chronologie, der
alte Stil zum Grunde gelegt, den man nöthigenfalls
(über das Jahr 1582 unserer Zeitrechnung hinaus)
auf den neuen zu reduciren verstehen mufs. In der
christlichen Zeitrechnung wird dazu Anleitung gege-
1) B«r!ia 1825, fol. ,
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Hebräer. g39
bea werden. Im jetzigen neunzeLnten J^rliundert
zählt der neue 12 Tage mehr als der alte.
. Kennt man das Datum des 1. Thiscbri und die
Dauer 'des jüdischen Jahrs^ so ergeben sich leicht
die Data der An£angstage aller übrigen jüdischen Mo-
nate. Da M^ir z. B. schQu wissen^ dafs d^s Jahr 5591
den 18. September 1^30 anfängt (238), und dafs es
ein überzähliges Gemeinjahr ist (234), also die 3 er
sten Monate 30 Tage halten (227), so stellen sieh
die Monatsanfänge also:
Thischri 18. September 1830
Marcheschvan 18. ^ Oktober
Kislev 17. November
Tebeth 17. December
Schebat /15. Januar . 1831
Adar 14. Februar
. Nisan 15.. März
Ijar 14. April
Sivan 13. Mai '
' Thamus - 12. Junius
Ab IL Julius I
Elul 10. August
Auch wird man nun leicht jedes gegebene christ-
liche Datum auf die jüdische Zeitrechnung reduciren
können« Es kommt nur darauf an, das lauffsndle Jahr
der jüdischen Weltäre zu suchen (228) und für das-
selbe eine Tafel wie die vorstehende zu entwerfen.
So sieht mau, dafs der 1. Januar 1831 der 16. Te-
beth des Jahrs 5591 der Juden ist, d^r aber schon
den 31. December 1830 um 6 Uhr Abends anfängt.
Weib man mit Leichtigkeit den Wochentag ei-»
nes gegebenen Monatstages zu finden (eine Regel da-
zu wird unten in der christlichen Zeitrechnung gege-
ben werden), so bedarf es obiger vorläufigen Berech-
nung des Wochentages des Moled Tbischri gar niclit;
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240 Technische Chronologie.
denn' sucht man sein jiifianisclies 'Datum, so bat man
in diesem zugleich den Wochentag, und kann nun ent-
scheiden, ob eine der fünf Ausnahmen (232) emtriit
Das Passähfest der Juden trifft aUemal auf den
15. Nisan* Die Ansetzung desselben hat also nun
keine Schwierigkeit Da die sechs letzten JMlonate
4es )üdischeu Jahrs von unveränderlicher Dauer sind
und von dem Schaltmonat nicht unterbrochen 'wer-
den, so überzeugt man 'sich leicht, dafs das Passah
, allemal 163 Tage oder 23 Wochen 2 Tage vor An-
fang des neuen Jahrs gefeiert winL Man darf also
von dem Jahrstage des Neujahrsfestes, ich nieine von
der Zahl, die den laufenden Tag desselben in unserm
Kalender bezeichnet, (man finäet ihn leicht vermit-
telst der oben S. 65 gegebenen Tafel,) nur 163 ab-
ziehen, um den Jahrstag des vorhergehenden Passah
zu erhalten. So ist der 8. September 1831, mit wel-
chem das Jahr 5592 der Juden anfangt (238), der
251ste Tag des Gem^jahrs, und ziehen wir davon
163 ab, so ergibt sich für das Passah des Jahrs 5591
der 88ste Tag des Jahrs, oder der 29. März 1830.
Zugleich sieht man, dafs das Passah nie an einem
Freitag, Montag und Mittwoch gefeiert werden kann,
da Neujahr nie auf einen Sonntag, Mittwoch und Frei-
tag triflft (232). '
Hr. Gaufs hat in der Monatlichen Corre-
spondenz .des Hrn. v. Zach *) eine Formel zur
Berechnung des jüdischen Osterfestes (Passahs)
gegeben, die Hr. Cysa de Cresy in der Correspon-
^ dance astronomique desselben Herausgebers *) be-
wiesai und erläutert hat Sie ist, wie ,schon der
Name
1) Bd. V, S. 435 ff.
2) Bd. I, S. Ö56 ff.
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Hebräer, 241
Name ihres Urhebers erwarten läfst, sinnreich und
elegant, würde aber in dieser' für gemischte Leser be-
stimmten, Darstellung der jüdischen Zeitrechnui^g keine
Stelle fihden köpnen, selbst wenn sie in^ der Anwe^-
dung mehr Bequemlichkeit gewährte, als die hier ent-
wickelte Methode, was man jedocli schwerlich finden
wird. Ich mufs mich, daher begnügen, diejenigen mei-
ner Leser, die an mathematischen Erörterungen Ge-
fallen finden, auf sie aufmerksam zu machen.
Nachdem wir nun alle Elemente des jüdischen
Kalenders kennen gelernt bähen, werden wir einen
solchen, von den Juden luachy Tafel, genannt, für
jedes gegebene Jahr entwerfen können. Zum Behuf
desselben will ich hier die Unveränderlichen Data ih-
rer Fest- und Pasttage, die im Obigen zerstreut vor-
kommen, kurz noch einmal zusammenstellen, und bei
dieser Gelegenheit noch *ein paar hierher gehörige Be-*
merkungen nachtragen.
, ThisQhri.
1, 2. • Rosch haschanah^ Neujahrsfest
(207, 217). ' .
3. Zorn gedaljahü, Fasten Gedaljah (220),
wird, wenn d^r Tag ein Sonnabend ist, auf den fol-
genden Sonntag, den 4. Thischri, verlegt
10. Jörn kippury Versöhnungsfest (208,
218), ein strenger, von einem Abend zum andern zu
beobachtender Fasttag. Die nur unter den Christen
gehörte' Benennung lange Nacht ist ganz unstatthaft.
15, 16* Sü'ccothy Laubhüttenfest (ebend.).
Dieses Fest dauert 8 Tage, von denen jedoeh der
dritte bis siebente einschliefslich keine Feiertage sind.
Der siebente, also der 21. Thischr^, wird tiosäna
rabbuy das grofse Hosianna, genannt, weil an die-
sem Tage ein solches in der Synagoge angestimmt
wird. ^
16
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242 Technische Chronologie,
22. Schemini' azereth^ der achte Tag 4er
VersaAimlung, das ScMufsfest der Säccoth (208).
23. Sitnchaih thorah^ das Freudenfest der
Thorah oder Gesetzfreude. Ab diesem Feiertage
wird die Lesung der 54 Perikopeny in die der Pen-
^ tateuch getheilt ist, geendigt und von neuem an-
gefangen. Jeden Sabbath wird eine davon in der
Synagoge gelesen. Die Anzahl ist auf das Schaltjahr
berechnet. Im Gemeinjahr, das nur '50 Wochen hält,
werden die vier überzähligen vcrtheilt
Kislev.
25. Chanükkah, Tempelweihe (219). Die-
, ses Fest dauert acht Tage, gekört aber nicht zu den
strenggefeierten. -
Tebeth.
10. Asarah betebeth^ deir zehnte im Tebeth. '
Dieser dem Andenken der JBelagerung Jerusalems ge-
^weihte Fasttag (220) wird, wenn er ein Sonnabend
ist, auf Sonntag den 11. Tebeth versclioben.
Adar.
13. Thanith esther^ Fasten Esther, wird,
wenn es ein Sonnabend ist, auf den vorhergehenden
Donnerstag, den 11. Adar, verlegt
14. Purim, Losungsfest, gehört nicht zu den
strenggefeierten Festen.
15. ^chuschan purivfiy Purim zu Susa. Man
vergleiche, was- oben (219) über diese 3 Tage ge-
sagt ist. . Im Schaltjahr gehören sie dem Veadar an.
Im Adar, der dann der Schaltmonat ist, wird der
14te PiiTvm rischon oder katan^ das erste oder
kleine Purim, genannt, aber nicht gefeiert
Nisan.
15, t6. Anfang des Pesach oder Passahfe-
stes (206^ 215).
21, 22. Ende des Passah. Nur diese vier
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Itebräer. 243
Tj^e werden strenge gefeiert; an den zi/vischetdiegen-
den ist die Arbeit erlaubt
18. Lag b^omer, der drei i|nd dreifsigste
Tag Im Omer, vom 16. Nisan, deml Tage des ehe-
maligen Omer (202), an gerechnet An diesen Tag
knüpft sich eine alte, die Schüler des Rabbi Akiba
betreffende, Tradition, die hier keine Stelle finden
kann. Der l^ag wird daher auch das Schülerfest
genannt . , •
Sivan.
6, 7. Schabüothy Wochenfest (207,217).
Em stren^efeiertes Fest
- .Thamus.
17. Scheba asar bethamus^ der siebzehnte
im Thamus (220), Fasten wegen Erobenuig Jeru-
salems, wird, wenn es ein Sonnabend ist, auf Sonn-
tag den 18. Thamu^ verlegt.
Ab.
9. Thischah beab, der neunte Ab (220),
Fasten wegen Zerstörung des Tempels^ wird, wenn-
es ein Sonnabend ist, auf Sonntag den 10. Ab ver-
schoben.
Die Monate Marcheschvan, Schebat und ^ul ent-
halten nur die gewöhnlichen Sabbathtage^ Mehrere
Fasttage, die blols noch 'hin und wieder von einzelnen
orthodoxen Juden beobachtet werden, sind hier nicht
erwähnt worden. Wer sie und die Begebenheiten,
auf die sie sich beziehen, kennen zu lernen wünscht, .
vergleiche den ausführlichen Kalender auf das Jahr
5435 bei BajtoJoCci *).
Aufser den Fest- Fast- ^nd Sabbathtagen werden
m den jüdischen Kalendern noch die Thekuphen
1) BIbUoiheea Rübbmicä P. II, p. 550 fF.
16 •
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244 Technische Chronologie,
bemerkt • Dieses Wort, das iih alten Testament vom
Umlauf der Sonne und. Kreislauf der Zeit gebraucht
wird *), bezeichnet in der v Kalendersprache die An-
, fange der vier Jahrszeiten, was die christlichen Chro-
nologen die Jahrpunkte nennen (12). Die Inter-
valle derselben werden durchweg zu 91 Tagen 7|
Stunden angenommen^), ungeachtet die Sonne die
vier. Viertel ihrer Bahn in ungleichen Zeiten zurück-
legt (23). Man sieht also» dafs die Juden dem Son-
nenjahr mit Julius Cäsar 365 Tage 6 Stunden ge-
ben, wie es auch oben bei der Berechnung der Mo-
leds voraujsgesetzt worden ist. Die einzelnen Tbeku-
phen werden nach den Monaten benannt, auf die sie
ge wohnlich treffen, nämlich
• Herbst- Anfang Thekuphah-Thischri. .
- Winters-Anfang ThekupbaK-Tebeth.
Frühlings -Anfang Thekuphah-Nisan.
Sommers ^Anfang Thekuphab-Thapius.
Um die Thekuphcn zu finden; bemerke man
folgendes. Die Thekuphe des Thischri trifft unabän-
, derlich auf den 24. September alten Stils, in einem
christlichen Schaltjahr auf 3 Uhr Morgens, und im
ersten, zweiten und dritten Jahr nach dem Schaltjahr
um 9 Uhr Morgens, 3 Uhr Nachmittags und 9 Uhr
Abends. Dies sind die Zeiten, auf die sie die Ordner
des jüdischen Kalenders gesetzt haben, und von de-
nen sie sich nie entfernen können, weil das Theku-
phenjahr mit dem julianischen identisch ist. Da also
z. B. das Jahr 1830 das zweite nach einem Schalt-
jahr ist, so tritt die Thekuphe des Thischri in ihm
' auf den 24. Si^tember a. St. oder 6. Oktober n. St
1) VcrgL Psalm 19/7; 2. Mos. 34, 22; Z Chron, 24,
,23, und die Aasleger Aben Esra und Kimclii daselbst.
$ 2) Kiifduseh hachodesrh c. 9.
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/ Hebräer, ' 245
um 3 Uhr Nacluniltags ein. Auf welchen Meridian
sich ^diese Zeitbestimmung bezieht, ob; auf den von
Jerosialem oder irgend einem andern Ort, kann uns
ganz gleichgültig sein, da sich die Thekuphe des
Thiscliri nun bereits um 12 Tage, vom der Herbst-
uachtgleiche entfernt hat und sich allmählig immer
weiter von derselben fentfenien wird. Um den Sitz
der Thekuphe des Thischri im jüdischen Kalender zu
erhalteii, mufs man das christliche Datum des jüdi-
schen Neujahrsfestes kennen. Im Jahr J830 fängt
das, Jahr 5591 der Judep mit dem IS. September, n.
St. an (238)^ man sieht also, dafs die Thekuphe des
Thischri am 19ten des, gleichnamigen Monats nach
jüdisjcher J^echnung um die 21ste Stunde eintritt
Verlangt man auch die übrigen Thekuphen des Jahrs,
so mufs man zur Herbstthekuphe eipmal, zweiitial,
dreimal 91 T, 7^ St. addiren. -Wir wollen uns. aber
nicht dabei aunialten, da die ganze Thekuphenrechnung
für uns von keiner Wichtigkeit ist. Die Juden gebrau-
chen sie bei der Berechnung ihrer Moleds, ,die w*r
auf eine bequemere Weise zu finden gelernt haben.
Der Grund, warum sich die Thekuphep immer
weiter von den Jahrpunkten entfernen, denen sie an-
fänglich/entsprachen, liegt darin, dafs das jplianische
Jahr, das eigentliche Sonnenjahr der Juden, um llf
12'' zu, lang ist. Eine Folge dc^von ist auch die, dafe
ihre Feste allmählig immer weiter von den Jahrszei-
ten fortrücken, an die sie ursprünglich geknüpft wa-
ren, z. B. das P^ssah v<^n der Frühlingsnachtgleiche,
so dafs 'die. mosaische Anordnung^ das Omer bf^tref-
fend (202), auf das Klima von Palästina jetzt gar nicht
mehr pafst. Um hierüber zu einer klaren Ansicht zu
gelangen, erwäge man, dafs 19 tropische Jahre zu
365. T. 5 St. 48' 48'' (22) nur 6939 T. 14 St. 27'
12" oder 6939 T. 14 St. 490 chl.. halten, dafe al-
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246 Technische Chronologie,
so der Schaltcyklus zu 235 synodischen ^Monaten
in Vergleichung mit dem wahren Sonnenlauf nicht,
wie es die Juden annehmen (235), um 1 SL 485
chl, zu kurz, sondern um 2 St 105 chl. zu lang
ist * Mit Rücksicht auf die Aequinoctien und Solsfi-
tien finden also nicht nur keine Voreilungen der
Moleds, wie wir es oben mit den Juden angenom-
men, sondeni vielmehr Verzögerungen statt, deren
Folge ist, dafs ihr Neujahr zugleich mit aUen an-
deren Festen allmählig immer tiefer ins tropische Jahr
hineinrückt, ^und zwar, wie man leicht findet, alle 1000
Jahre im* mehr als 4 Tage. Sie . werden daher mit
der Zeit, auf eine der gregorianischen ähnliche Ver-
besserung ihres Kalenders bedacht sein müssen, wenn
^ie nicht ihr Passah einst um die Sommerwende oder
noch später feiern wollen.
Was die Acren der Juden in der dritten Periode
betrifft, so haben sie die seien eidische, von ih-
nen Minjan schtaroth genannt (222), noch lange
nach ihrer Zerstreuung fortgebraucht Selbst jetzt
noch wird sie. in ihren Kalendern angesetzt, wiewohl
auf eine sehr schwankende Weise. Um das Jahr
derselben richtig zti erhalten, mufs man von dem der
Weltäre 3449 abziehen. So läuft mft dem jüdischen
Jahr 5591, das. im Herbst unsers 1830sten anfangt,
^das^ Jahr 2142 des Mnjsin schtaroth parallel
Die Weltäre wird noch nicht im Thalmud er-
wähnt Nach dem Verfasset; des Meor Enajim,
dessen Worte im Handbuch angeführt sind ^), ist
sie unter dem. Rabbi Scherira, der im Jahr 1019
n. Chr. starb, entstanden, und nach Bartolocci*)
erst unter dem noch hundert Jahre später lebenden
Maimonides ganz an die Stelle des Minjan schta-
1) th. I, S. 568. 2) Bibl. Rabbin. H, p. 430.
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Hebräer. ' 247
^oth getreten. Diese Angaben mögen richtig sein,
wenn von ihrem büi^erlichen Gebrauch die Rede
ist; allein sie ist 2u innig in die ganze Berechmmgs-
weise der Moleds verflochten, als dafs sie nicht mit
dem ^heutigen Kalender der Juden von gleichem Al-
ter sein sollte. Es fragt sich also, in welche Zeit
wir den Ursprung der cyklischen Rechnung dfer Ju-
den zu setzen habert. Ich werde das Wesentlichste
von dem, wafs ich in meinem Handbuch der Chro-
nologie über diesen dunkeln Gegenstand' gesagt habe^),
hier zusammenstellen ^).
Es gibt durchaus keine sicheren Beweise, dafe die
Juden bis zur Zerstörung des zweiten Tempels, und
selbst noch ^in paar Jahrhunderte über dieselbe hin-
aus, ihre Neumonde .un^ Schaltjahre nach festen astro-
nomischen Grundsätzen bestimmt haben. Die Regel
war allerdings, dafs der Monat an dem Tage ange-
fangen wurde, wo sich die Mondsichel zuerst in der
Abenddämmerung zeigte, und das Passah gefeiert wer-
den sollte, -wenn isich die Sonne im Widder befand,
so dafs ein zweiter Adar einzuschalten war, wenn die
Frühlingsnacht^leiche später als um die Mitte des
Nisan eintraft); allein man würde sehr irren, weün
man glaubte, dafs schon in jener Zeit eine auf diese
Principien gegründete feste und allgemdne Bestim-
mungsweise der Neumonde und Schaltjahre im Ge-
brauch gewesen sei, die eine sichere Reduction jüoi-
scher Data auf die christliche Zeitrechnung gestat-
1) Th. I, S. 570 ff.
2) lllan y ergleiche die gelehrten Anmerkungen, woinit-Hr.
Silrestre de Sacy ein Fragment des Taki-Eddin Makrizi
über die Aeren und Fe^te der Jaden, das er in seine
CkreatomatMe Arahe aufgenommen, erläutert bat. Yol.I, p. 132
IT. Vol. 11, p. 156 ff. 3) Kiddmch hachodesch c. 4, §. 2.
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, 248 Technische Chronologie.
tele. Was Epiphanius *) vop, einem 84}alirigeii
Cyklus sagt 9 nach welchem die Juden um die Zeit
von Christi Tode das Passah bestimmt haben sollen,
ist, auch nachdem Kepler und Petavius ihren
Scharfsinn daran versucht haben ^), so dunkel, dafs
sich daraus kein sicheres Moment fiir die vorliegende
'Untersuchung gewinnen läfst. Die lateinische Kirche
bat sich,, wie wir unten sehen werden, eines solchen
Cyklus zur Bestimmung ihres Osterfestes bedient, und
es ist nicht .unwahrscheinlich, dafs er schon früher
bei den Quartad^cimanern, die das Pass^h mit
den Juden an der Luna XIV, dem Vollmondstage,
afsen, inj Gange war; da er aber weder im Thalmud
noch sonst bei einem rabbinischen Schriftsteller er
wähnt wird, so kann er höchstens von einzelnen jü-
dischen Sekten zur Bestimmung des Passahfestes ge-
braucht worden sein, so wie denn überhaupt der end-
lichen Regullrung des jüdischen Kal^nderwesens man-
nigfache Versuche, die Feier der Feste über alle.>Vill-
kühr zu erheben, vorangegangen sein mögen.
Die ersten sicheren Nachrichten von der Gestal-»
tung des heutigen jüdischen Kalendeft reichen nicht
über den Schlufs der Misch na zurück, der ini das
188 n. Chr. anfangende Jahr 394Ö der Wdtäre ge-
setzt wird * ). lü diesem zweiten Gesetz erhielten
die Juden einen neuen Vereinignngspunkt, wie einst
ii) dem ersten, der.Thorah, unter Äloses. Es ent-
wickelte sich nun ein ' reges geistiges Leben unter ih-
nen, dessen Früchte in der Gemara vorUegen, die
als Commentar n^it ihrem Text, der Mischna, ver-
1) HaeresisJA, c. 36.
2^ Jener ^clogae ehronol. S. 177 nnd 307, dieser Doetr,
' Ump^ II, 29 und in seinen Ntten zum Epiphanius.
3) Juchaxin Bl 160, S. 1. .
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. Hebräer. "249
eint die .Basis des neuen Judenthums^ den Thalmud,'
bildet Unter den Lehrern, die an demselben gear-
beitet kaben, gab es melirere, die Regeln aufzustellen
bemüht waren, \vodurch die gleichzeitige Feier der
Feste für alle • ihre in ^ grofset ' Zerstreuung lebende
Glaubensgenossen 'möglich gemacht würde. Als solche
werden uns zunächst die Rabbinen Samuel und Addi^
genannt, denen eine einstinmiige Traktion (die Bear- '
beitung der Thekuphen zuschreibt.
Samuel war nach Bartoloc.c^ *) Vorsteher
der Akademie zu Nahairdeah, einer Stadt amEuphrat
in der Nähe des alten Babylons, auf dessen G^Met
der Rabbinismus in. mehreren Hochschulen blühte«
Er starb im Jahr. J250 n. Chr. Allgemein wird ihm
diejenige Theküphenrechnung beigelegt, nach der das
Intervall zwisclien je zwei auf einander folgenden The-, >-
kuphen-91 Tage 1\ Stunden beträgt^ und der das
damals allgemein in Syrien gebräuchliche juUaniscfae '
Jahr zum Grunde liegt.
Diese Rechnung, die ihrer Einfachheit wegen von
den Anfertigem der jüdischen Kalender gewöhnlich
gebraucht wird imd oben (244) allein er^-ähnt isl^
gewährt wenig Genauigkeit Schon nach 128 Jahren
gibt sie die mittleren Jahrpunkte,, die sie zu bestim-
men beabsichtigt^ um einen ganzen Tag zu spät (35).
Etwas yoUkonunueres, wiewohl noch immer nicht
ganz genaues, lieferte der Rabbi Adda Bar Ahaba>
der nach Bartolocci ') im Jahr 183 unserer Zeit-
rechnung geboren wurde und als Vorsteher der Hoch-
schule zu Sora am i^uplirat, an der er die Astrono*
mie lehrte, in einem hohen Alter starb. Er nahn^
jenes Intervall zu Öl T. 7 St 519 chl. 31 ireg.
1) P. IV, p. 3Sft.
3) P. I, p. 6-2 ff.
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250 Technhch€ Chronologie. ,
an*), und die hierauf gegründete Thekuphenrecfa-
tning fuhrt seinen Namen. Sie bringt das Sonneüjahr
auf 365 T. 5 St 997 chL 48 reg. Dies ist genau
^ der Daner des jüdischen Mondcyklus zu 6939 T.
16 St 595 chl., und da dieser Cyklus seinerseits wie-
der genau das 235 fache der mittleren Dauer des syno-
dischen Monats nach Hipparch's Bestimmung ist
(^), so sieht man, woher der Rabbi Ad da die Ba-
sis seiner Thekuphenrechnung entlehnt hat
Da von ihm so wenig, wie vom Rabbi Samuel,
Schriften^ vorhanden sind, so wissen wir nichts ob
und welchen Gebrauch sie von. den Thekuphen zur
Berechnung der Feste gemacht haben.
Der Hauptpunkt, auf den es hier ankommt, ist,
wann und durch wen der neunzehnjährige Cy-
klus in die jüdische Zeitrechnung gekommen ist
Hierüber beobachten die Thalmudislen ein tiefes Still-
schweigen. Sie scheinen verstellen geben zu wollen,
dals der Ibbur oder das' Schaltwesen (225) von
jeher vorhanden gewesen sei. Sie haben Recht, wenn
vom Einschalten überhaupt die Ribde ist; ohne ein
solches kann dcfr von Moses angeordnete Abib nicht
gedacht werden (202). Aber hier handelt es siph
nicht um eine rohe, schwankende, sondern um eine
auf wissenschaftliche - Principien gegründete , feste
Scbaltmethode. Von einer solchen kann man sicher
behaupten, dafs' sie erst entstanden ist, als die Juden
in ihrer Zerstreuung das Bedürfnifs der Einheit fühl-
ten, und diese wenigstens in ihrem Cultus zu errei-
chen strebten. . ,
. . Merkwürdig i^t es^ da£s sich nicht einmal bei
dem so sehr unterrichteten und kritischen Mäimoni-
des ein Wort über die Urheber des neuem jüdischen
i) Kiddusch iächadesch c. 10.
itizecfby Google
Digitiz
Behräer. 251
Schaltwesens bemerkt findet Er sagt Mefis gelegeiil>-
lieh ^), dals die Juden nicht eher angefangen haben^
das Jahr cyklisch zu ordnen,^ als unter den letzten
Thalmudisten, wo das gänzEch verheerte Judäa keine
Synode mdKr hatte/ vm der die Regnllning der Feste
hätte ausgehen können. ' ; , - .
Nun steht aber in äHen chronolo^sehen Bäeherh
von Scaliger h^r als eine ausgemachte Sache, dalSl
es ein Rabbi Hillel sei, der in der ersten Hälfte
des Vierten Jahrhunderts unserer' Zeitrechnung den
jüdischen Kalender geordnet habe. Es fragt sich, wor-
auf diese Angabe beruht. Gleichzeitige cfaristliehe
Schriftsteller schweigen. Wir werden uns also an die \
jüdischen wenden müssen. - . ■
Der älteste, der des Rabbi Hillel als des Urhe-
bers der cyklischen Rechnung gedenkt, ist der Rabbi
IlaiGaon, Sohn des oben (246) erwähnten Rabbi
Scherira, nach-Bartolocci der letzte der Gao-
nim (211). Auf seihe Autorität berichtet der Ver-
fasser des Meor Enajim ^), dafs der Rabbi Hillel
Hanassi, Sohn des Rabbi Jehuda, aus der Familie
. Davids, die seit hundert Jahren vor der Zerstörung
Jerusalems dem Nassiamte (Patriarchat) Torgestandep,
die jetzige Kalenderrechnung eingeführt habe. Eben
so unbefriedigend äufeem sich aikdere ziemlich spät
lebende jüdische Schriftsteller'), die nur noch hinzu-
fügen^ dafs Hillel dabei von einer Synode unter-
stützt worden sei, die* sie uns nicht näher bezeich-
nen. Wahrscheinlich war es das grofse nicht lange
nachher erloschene Synedrium von Palästinia, dessen '
Präsident er war * ). Als Epoche der Reform nennt
1) Kiddusch hachodesch c. 5, §. 3.
2) Th. II, c. 40, S. 161. 3) S. Handl. I, 577.
4) Bartolocci P. II, p. 797.
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959 Technische ChronoJQgie.
'\ vsa» 4as Buck Jfwhasin ^) das fahr 670 des Minjan
Schtaroth, das aeinem gr9£sten Theil nach dem Jahr
559 n* Chr. -^tsprach.
Wir wollen, hiemacli, des iStiQse^weigens der
Thalmudisten ungeachtet, : die in sidi sehr wahrschein-
liehe Nachricht, dals der Rabbi Hillel de^l jüdischen
Kalender seine jetzige G^talt gegeben, als richtig an-
nehmen,, und fidien', welches ventouthlich der Cang
der Reform, w^r.
Zuerst machte er den 19jährigen , Mondcyklus,
den schon der RabbiAdda gekannt. haben mufs (249),
«Ur Grundläge ^eiäer ganzen Kalenderrechnung; Die-
\ ser Cyklus waf seit Jahrhunderten bei den Völkern,
die sich eines- gebundenen . JVIondjabrs hedienten, im
, bürgerlichen Gebrauch. Metoti hätte ihn 432 v. Chr.
in die Zeitrechnung der Athener eingeführt und Cal-
lippus ihn 330 v. Chr. wesentlich verbessert (128,
141). Die noehit^alige Verbesserung,' die er durch
Hipparch erfahren (147), muß wenigstens den Ge-
lehrten bekannt geworden sein. Unmöglich läfst sich
glauben, dafs ein Msinn , der sich zum Reformator der
Zeitrechnung «seines Volks aufwarf, nicht gewulst bä-
hen sollte, was anderswo seit Jahrhunderten in die-
ser Beziehung gieschehen war« i BaBtolocci's Ge-
danke ^), di|£s er den Cyklus .selbst construirt habe,
verdient d^r gar keine Beachtung. Verändert hat
er allerdings die metonische Constrüction in sofern,
als er nicht ganz dieselben Jafar^ zu Schaltjahren ge-
macht .hat (137, 228).
Die Dauer des synodischen Monats nahm' er mit
Hipparch zu 29 Tagen 12 Stunden 44' 31^^' (28),
oder zu 29 T. 12 St. 703 chl. an, woraus sich fiir
1) Bl. 66, S; 2.
3> P. UI, p. S45.
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byC^Äogle.
die Dauer des Cyklus 693? T. 16 St 33' 3J" oder
595 cU. ergeben, Dur 1|- Minuten nielir, als es, jetzt
der mittlere synodische Unfüauf ^des Motides mit sich
bringt (30), welcher geringe Unterschied sich erst
nach Jahrtausenden zu einem Tage anhäuft, so dafs
also mit Bezugs auf die Bestimmung der Neumonde
der jüdische Kalender alles leistet, \vas man Von ei-'
ner wohlgeordneten 2^itrechnung irgend verlangen
kann. Nur in Hinsicht auf sein Verfaältnifs zu den
Jahrszeiten ist er, wie wir oben (346) gesehen hk-
ben, bedeutend unrichtig.
Die Bedingung, dafs das Neujahrsfest nie auf
Sonntag, Mittwoch und Freitag, und der erste Tag
des Passah ni^ auf Montag, Mittwoch und Freitag
treffen darf (232, 240), gab ihm die drei Arten von
Gemein* und Schaltjahren $ die jetzt im Gebrauch
sind (227). - • *
Mit der Dauer des synodischen Monats liefs- sieh
leicht von ejinem Moled zum andern vor- und rück-
wärts rechnen. Wenn aber irgend ein Moled aufser
der Reihe gefunden werden sollte, so mui^te die ganze
Rechnimg an eine feste Epoche geknüpft werden. *
Erwählte dazu die Erschaffung der Welt, und
so ward er der Urheber det jetzigen Weltäre der
Juden,
Bei der Bestiihmung ihrer Epoche ging er ohne
Zweifel von der der seleucidischen Acre aus, die da-',
mals bei den Juden noch überall im Gebrauch war.
Von derselben rückwärts rechnend, machte er zur
nächsten Epoche die Z^erstörnng des ersten Tempels,
die er nur um 112 Jahre älter annahm, sich um 163
Jahre irrend (^21). Indem er ^o weiter zur Erbauung
des ersten Tempels, zum Auszuge der IsraeUten aus
Aegypten, zur Sündfluth und zur Schöpfung zurück-
ging, iheils ausdrücklichen Zeitangaben der Bibel, theäs
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254 technUcke ChronoJog^.
seiner Deutung det8eS>^ii folgend, brachte er als Epoche
des Mbjan scbtäiotb den Anfang des Ji^rs 3450 der
Welt heraus (222).
An die Weltäre mu&ie ^er 19jihijge Cyklus ge-
knüpft werde«. , Natürlich machte er don Anfcuig der
Aere zugleich zum Anfange des Cyklus; denn so gab
eine Ubfse Division das . jedesmalige Jahr desselben
(228). Bemerkänswerth ist es^ dals die güldene Zahl
(37) der Juden immer um drei Einheiten kleiner ist,
als die der Christen. Jene- fangen mit dem Herbst
des Jahrs 1830 das fünfte, diese hingegen mit Neu-
jahr 1831 schon das achte ihres Cyklus an.
* Nachdem nun die Weltare fixirt war, kam es
darauf an, «den Holed Tbischri ihres ersten Jahrs zu
bestimipen. Hierbei scheint Hillel folgendermalsen
verfahren zu sein. Er ging von irgend einem Moled
Thischri aus, z. B. von dem des Jahrs 4105, n. Chr.
344, «mit welchem ein neuer Cykhis anfing. Wir wol-
len annehmen, dafs er diesen Moled auf den 23. Gor-
. piäus oder September um 10 ü. 11' 23'' Abends, oder
nach jüdischer Rechnung auf den 24sten um 4 St
20d chL jenisalemer Zeit gesetzt habe. Hiermit
.kam die mittlere Conjunction sehr nahe^ überein; die
wahre war bereits am 23. September Vormittags lun
10 ü. 30' w. Z. erfolgt. Da der Moied nach Ab-
lauf jedes Mondcyklus um 1565 cbl. früher im juKa-
nischen Jahr eihtrifilt (235), so. kam es nur darauf
an, diese 1565 chl. mit 216, der Zahl der abgelaofe-
^ nen.Cykel, zu multipliciren, um zu finden, wie viel
Tage, Stunden und Stundentheile der Moled Thischri
seit Anfang der Weltäre vorgeeilt ' sei. Es ergaben
sieh 13 Tage 1 Stunde, und wurden diese zu jenem
Moled addirt, so kam der Moled Thischri der Schöp-
fung oder des Jahrs 1 auf Sonntag den 6. Hyperbe-
retiius oder Oktober des Jahrs 3761 v. ^hr. um 11 U«
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Römdr. 255
205 eiil. Abends, nach jüdischer Reelmung auf Mon*
tag den 7ten um 5 U. 205 chL zu sieben '),,wie tx !
oben (234) angesetzt bt. ^
Ob das hier beispielshalber gewählte Jahr 344
wirklich, Mrie S call g er glaubt ^), dasjenige' gewesenr»
ist, in welches die definitiy/e Anordnung des jüdischen
Kalenders gehört, oder ob wir noch einen Cyklus
weiter bis zum Jahr 363 zu gehen haben, mag da-4|
hingestellt sein. Letzteres wäre der Angabe des Buchs ,
Juchasin (252)' gemäfser. *
ZeitFef^hnung der Römer*
Die Römer fanden in ihrer Zeitrechnung keine
Veranlassung, den bürgerlichen Tag mit dem schwan-
kenden Auf. und Untergänge der Sonne anzufangen,
Sie hatten daher nur die Wahl zwischen 'Mittag und
Mitternacht, und entschieden sich für die letztere'*),
weil sie einen Stillstand in allen Geschäften des büy-
gerlichen* Lebens herbeiführt. Zwar legten sie gleich
den übrigen Völkem des Alterthums jeder Nacht
12 Stunden bei (43), v^rtheilten diese aber nach ei-
ner ihnen eigenthümlichen Weise beim Datiren auf
zNfei bürgerliche Tage, so dafs der Anfang der sie-
benten Nachtstunde den Einschiiitt bildete.
Diese Tagesepoche zu erkennen, bot sich ihnep
1) Im Handbuch (1, 581i^ sind darch ein YerseLen die
WöcbenUge unrichtig angegeben.
2) Canon Isag. 1. III, p. 282.
3) Plin. H. N. II, 79. Censorinus c. 2J. Maereb. Sa-
turn. I, 3, und besonder» G^Uius N. ji. III, 2.
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256 Technisc/te Chronologie.
vor.Grßndung der erst spät aufgekommenen eigentli.
chen Wassenihren kein Mittel weiter dar, als die
Beobachtung des gestirnten Himmels und die Clepsy-
drae^ (94)* Letztere sollen ihnen nach dem Verfas-
ser des Dialogs de camsis corruptae eloqtientiae ^ )
nicht vor 4^m dritten Consulat des Cn. Pompejus, d.
L vor dem Jahr 702 d» St, bekannt geworden sein«
# /Es ist aber bei diesem Schriftsteller nur von ihrem
, (jebrauch vor Gericht die Rede, und es läfst sich kaum
denken, da(s sie , nicht Ischon früher, wenigstens zur
Abmessung der J^igiliae in deti Lagern, benutz!; sein
. sollten. Dieser Nachtwachen rechneten die Römer
vier *)> so dals die Mittemacht allemal auf den An-
fang der dritten traf. Wenn Cäsar *) von certis ex
aqua mensrsris spricht, durch die er gefunden haben
will, dals die Sommernächte auf den brittischen In-
' 8ehi kürzer als auf dem Festlande seien, ^ so' kann er
aUerdings die gewohnlichen 'Clepsydren meinen, die
sich in einer Nacht dort nicht so oft, Vv^ie hier lee^
ten; eS'.bt aber auch möglich, da& er auf die Vor-
richtung zu genauei^er Abmessung der Zeit anspielt,
d^ren sich die chaldaischen Astronomen bei ihren
Beobachtungen bedienten (87).
Auch bei Tage fe^te es den Römern lange an
jedein andern Aliitel zur Unterscheidung der Stunden,
als welches ihn^n die unsichere Schätzung des Stan-
des der Sonne darbot Nach Varro's Versiche-
rung*) liefs der Prätor während seiner Amtsverrichtung
die dritte Stunde, den Alittag unid die neunte Stunde
aus-
1) c. 38.
3) Yegetins de re milii. III, 8, wo ausdlr&cldick der
Clepsydrae gedacht wird.
3) De hello Gallico ¥,13.
4^ DeMng.lai.iy, p. 75.
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I- • ^
ausrufen, wehn ihm diese Zeitpunkte dem Augenmaalse
nach herangekommen %\i' sein schienen *). Nach PH-
nius ^) verkündigte eT)en so der Diener der Consnhi
den Mittag, weitm er 'von' der Curia aus die Sonne
nach einer bestimmten Richtung * — iriter rostra et_
graetoHasin — stehen sali. Einen Gnomon, der ih-
nen diesen Zeitptmkt mit Sicherheit angab, zu errich-
ten, fiel den Römern lange nicht ein, und Sonnen-
uhren erhielten sie erst nach der Mitte des fiinften
Jahrbiyiderts der Stadt.
Zur Geschichte dieser Zeitmesser finden sich ein
paar wichtige Stellen beim Plinius und Censori-
nus. Der erste berichtet auf die Autorität des Pa-
bius Vestalis, dafs L. Papirius Cursor die erste
L Sonnenujir — horohgium Solanum — zn Röni
aufgestellt habe, und zwar 11 Jahre vor dem Kriege
mit dem Pyrrhus, d. i. im Jahr 463 d. St Varro
dagegen soll behauptet haben, dais die erste Sonnen-
uhr Ifti Jahr 491 von dofn Consul M. Valerius
Messala nach der Eroberung der Stadt Catn^a in
Sicilien von. dort nach Rom gebracht und daselbst fast
hundert Jahre gebraucht worden sei, ungeachtet sie
für einen um 4 Grad südlicheren Ort ;gezeichi|et war,^
also di^ Stunden gatiz unrichtig angab, was allerdings
von, einer grofsen Beschränktheit der wisseinschaftli-
chen Kenntnisse der damaligen Römer^ zeugt. Sie
stand auf' dem . Forum. Erst der Censor Q. Mar-
cius Philippus, oder, wie ihn Censorin nennt,
L. Philippus, soll im Jahr 590 d. St. eitle richtt-
1) Mit den Stunden m«& man es hier nicht bachatiblidi
nehmen. Es sind wol nnr ^e Zeifeinschnitte gemeint, die auf
die Mitte des Vormittags und Nadimittags trafen, was* eine den
Vigilien ganz analoge Eintheiinng des Taj^es roranseetzt.
2) H. N. Vn, 60. .
17
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958 Techniscbe Chronologie.
ger constmirte Uhr daneben aufgestellt haben. PH-
nias fietst bkizu: Etiam tum tarnen nubilo incßr-
tae fuere horae, usque ad proodmum lustrum. Tunc
Scipio . Nasica prms aqua divisit hor€is aeque
noctium ac ^dieriiniy idque horplagium sub* tecto
dicavit a. u.JDXCF'. Tan^ dm'populo Romano
indiscreta lux fuiU Censotin bestätigt diese NoHz,
wobei er zugleich bemerkt, da£s miin zufolge der Ge-
wohnheit, die Stunden vermittelst A^x Sonne zu er-
kennen,- auch die. Wasseruhr. Solarium genannt
habe., Cjicero ^) unterscheidet beide Uhjren durch
die Benenni^0a sQlarium descriptum und solartum
eco ,aqua.^ Wb;^ Scipio Nasica aufstellte, war übri-
gens, nach den. Benennungen horologmm und hora-
rium beim Plinius und Censorin zu schliefsen,
eine eigentliche Wasseruhr, keine* blofse Clepsy-
d]:a. Ob sie^ seine !EtQpd|ing oder eine- Kopie der von
Ctesibius constinirt^i gewesen^ sagen beide Schrift-
steller nicht, vermuthlich letzteres« War ako dieser
Grieche wirklich der Er&ider der Wasseruhr, wie Vi-
txuvius behauptet (95), so muCs er niclit erst un-
ter Euergetes U, wie es beim Athenäus heifst ^),
sondern Vielleicht sichon unter Euergetes I gelebt
haben; demi jener kam nach dem Kanon d«r Könige
im Jahr 609 d. ^ zur Regierung, und Scipio Na-
aica errichtete seine Wasseruhr bereits 595.
Zugleich mit dei^i Sonnen- utid Wasseruhren er-
hielten die Römer auch das Wo|rt hQra von den Grie-
chen, das ihnen, wie Censorin glaubt, früher ganz
unbekannt war. Vor Einßihrun^ dieses Begriffs und
der Stundenmesser muTsten sie sich bei Bezeichnung
der Tageszeit mit den Wörtern behelfen, die ihnen
t) Denat^ 4eör. 11, 34.
2) .1. V, p. 174.
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die V<^Ik8^pradbci darbet^; ak media noXy galücinium,
coniiciniwn, diluculum «tr;'-*Mäi) sehe das Verzeich-
nifs derselben beim VmFrd, iM^crobius^ Isldor,
besonders Cenjsorin *).
Findet man Stunden bei den Alten erwähnt/ so
mufs man sich' .wohl erinnen^. Mrie sie dieselben^ im biir-
geriichon ;Lebeii zählten. \Ye1m.e9 z. B. beim : Vi r-
gil heiTst * ) : . v '
Inde^ M quarta. sitinjL (;oeli collefferit harfz,
so meint J er die Zeit nach der Mitte des Vormittags,
wo die zunehmende Tageshit^^e den Durst bei dem
weidenden Vieh erregt; und wenn Persius, die üp-
pige Lebensart der .damaligen römischen Jugend mit
grellen Farben malend, sich also ausdrückt *):
StertimuSy indomitum quod despumare Falernum
Sufficiat, quinta dum Unea tangiiur umbra,
so ist der Sinn: „wir schnarchen bis tief in den Tag
hinein," nach heutiger Rechnung etwa bis 11 Uhr Vor-
mittags, trollen solche in den rönuschen Schriftstelleni
vorkommende Sjtundeir mit den unsrigen verglichen
werden, so muf^man wissen, wie lang der jedesma-
lige natürliche Tag unter, der Polhöhe Roms (41**
54') ist Wenn es auf keine besondere Genauigkeit
ankommt, so wird zu derglächen Reductionen foL
gende Tafel ausreichen, welche die Länge, des römi-
schen Tages in unseren gleichförmigen Stunden für
die acht Hauptpunkte der Sonnenbahn im Jahr 45 v.
Chr., dem ersten de3 von Julius Cäsar geordneten
Kalenders^ ^ngi^bt.
1) De ling. lat V, p. 52 ff.; Saturn. I, 3; Etym. V, 30.
Hnd 31; de die nat c. 24. Vergl Handb. U^ 10.
3) Georg. DI, 327,
3) Sau in, 3.
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350 Technische Chronologie.
Tag ^dl!8 JabTS.
23. Deci^mber
6. F^braar
23. März
9. Mai
25. Junttts
10. August •
25. September
9. November
Fragt man z. B., wami der Romer am längsten
Tage nach unserex: Uhr zu Tische ging, vorausgesetzt,
dafs es, wie Marti al sagt *), im Anfange der neun-
ten Stundie geschah, so gelten 12 römische Tages-
stunden in unserer Zeit 15 St. 6', also 8 römische
10 St. 4'. Da nun die Sonne an diesem Tage zu
Hom tim 4 U. 27' aufging, so nahm die neunte Stunde
nach unserer Rechnung um 2 Ü. 31^ Nachmittags ih-
ren Anfang. Am kürzesten Tage dagegen begann sie
bereits um 1 U. 29'.
Dife Sonnenuhren scheinen zu Rom sehr aflge-
meih geworden, zu seitu. Man hatte mehrere Arten
derselben, die^ sich in der äufsism Form unterschie-
, den, aber alle in dem Punkt übereinkamen, dessen
VitrüVius mit folgenden Werten gedenkt?): Om-
nium ßgurarüm descriptionumque earum ejffectus
, unifSy uti dies aequinoctiaüs^ brumalisque,Jtem soU
Stitialis in duodecim partes aequalite^ sit divisus.
Von Rom verbreiteten sie sich über die Landhäuser
der reichen Römer, und es sind hier und dort in
Italien römlschie Sonnenuhren ans Licht gezogen wor-
den. Es gehörte zu dem Luxus der späteren Römer,
1) Epigr. IV, 8.
2) De archit. IX, 8.
Digitized^oy
Google ^
, mmer: 261
sich eigene Sklavfn tk hälfen» um sich V9n ihnen die
Stunden verkündigen ^zu lassen ^ )• Bjei trübem Wet-
ter sah man nach der Wassecuhr, di<^ Sidonius
Api^llinaris vennuthlich meint, wetm er von ein^m.
nuntius per spatia clepsydrae horffrum incrementa
servans redet ^ ).
Bei ^Ber VervielfaUigung solcher Mittel unter den
Kaisem blieb in Yergleiehnng init den unsrigen der
Gebranch der < Zeitmessier. bei deä Römern immeir
höchst besehränkt Auf dem Lande mochten sievok
lends selten seih^ daher man^sich hier mit einer ehe«;
so einfachen: ak rohen Methode b^halfli Palladius
gibt in «einem Werk iU>er den Landban am Schlüsse
eines jeden JMoüats eine Tafel des Schatteitö in Fu-:
Isen. So sagt er am Ende des Junius: fiihins ac
lulius horarum slbi aegua ^spatia eontuleruhii
Bora I et XI pedes XXU
Hora II et X pedeß XII\
Hora III et IX pedes IIX
Bora IV et IIX pedes V
Bora r et FU pedes III
B^ra VI p^des II
Dasselbe steht am ScUbs^ des Julius. Sämmt-^
liehe Monatstafeln lassen sich zx^ folgende Weise atu
Einer Tafel iso^ammenstetten:
Stunden.
Jan.
Dec.
Febr.
März.
Okt.
April.
Sept
Mai..
Aug.
Jun.
JuL
I - XI
29
27
,25
. 24
23
22
n - X
19
17
15
14
13
X%
m - IX
15
13
11
10
9
8
IV. vm
12
10
,8
7 -
6
5
V - vn
10
8
6
5
4
3
VI. VI
9
7
5
4
3
2
1) JuTen. ifo#. X, 315. »«rtUl j^.yiil;67. 3)^/^.0,9.
dby Google
Digitized fc
263 Technische Chronotögte. '
I^ese Tafel/ über M^li« Pallafiüs keine Art
yOn Atiskwift gibt, dereft BestimmuBg^^ also seinen Le-
sem allgemein bekannt sein mti&te^ sollte unstreitig
dem Lttdmann zur idcbteii Etkfeimung > dar Tages-
stunden vermittdst des ^Sdiattens dicken. Am- natür*
Eehsten verfällt man hier auf das obeti (9$^) gedaehle
einfaiehe' Verfahren der GricK^hen, iiaeif Zel^unkt des
Tages '^aeh der S^hattenUiAge des Körpers zu be-
'siifimien; und es fragt sich/ob es'^e Pdlhöhe gebe,
der' die Zahlen der Tafel, weifen auch \nm annahe-
ran^weise, zusagen.' leb habe ^hieran lange gezwei-
felt, halte midi aber fefzt'ftiit Vati Eee^k Cal-
k<ren ^) überzeugt, dafs die Tafel for die Poihöhe
Roftis und fihr einen finomon Yon 5 Fufs, der ge^
wf^hnfiehen Höhe des meitfitehlieheiif^Kßi^rs, geltien
soll, wetin dabei nur folgende iftwei Umsl»fide berück-
sichtigt werdeb: 1) die Zahlen sind, viefleicht um
dem Gedächtnifs derer^ die sie au^rendig behalten
wollten, zu Hülfe*zu kommen, nacii eit>er gewissen
Symmetrie, der ihre- 'JBei^uigkeit zum Theil aufge-
opfert ist, so geordnet, dafs sie in den^^drei ersten
Monatscolumnen für 'jede. Stunde um- 2, uiid in den
drei letzten &l^ jede Stunde um eine Einheit von ein-
ander abweichen; 2) die Solstitien' und Aequittoo
.tien siiad auf eine unrichtige Weise ^^ den 1. Ja-
nuar, 1. April, 1. Julius und 1. Oktober geknüpft,
(in Cäsar*s Kalender trafen sie um 8 Tage früher
ein)-, unddie Zahlen in' den einzelnen Monaien sol-
len för die Mitten derselben gelten, u B. die der
ersten Mduatscoluhme für die Mitte des Decembers
und Januars, wo sich nach der Meinung -des Urhe-
bets der Tafel die Sonne in dier Mitte des Schützen
1 ) Dissertaiio mathenmüeo'Ontiqtuaria de horologüs v€'
ierum whiherii^isXAxasMimla 1707, 8) c. 1.
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. I
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, * Rön}er, 063
und Steinbocks, gleich weit vom Solstitiuni befandl:
Dafs sonach die Zahlen nur ganz im Grobdn mit deni
Resultat der astronomischen Rechnung übereinkom-
men können, versteht sich. So sind nach der Rech-
nung die Schattenlängen für den iängsten Tag in gan-
zen Fufsen 22, 10, 6, 4, 3, 5, was nicht ganz zu de»
Zahlen im Junius und Julius stimBit. Bedenkt man^
abcTy dafs nicht eigentlicli vom Solstttium, sondern
von den Mitten der ZwiDinge und des Krebses, wo
die Schattenhmen schon etwas länger als im Solsti-
tinm ausfallen, die Rede ist, und dafs die gedachte
Symmetrie auch einigen Einflufs auf sie habeti mochte^
80 wird man zugeben, dafs obige PoIhShe und Länge
des Gnomons wirklich die ihnisn zum Cihimde Kegende
sein ^oü. Die Tafel ist allerdings zum Theil sehr'
unrichtig, besonders In den Schattenlängen der beiden'
ersten und letzten Tagesstunden; doch nicht in dem
Grade, wie P et a vi US behauptet *), der über sie den
Stab mit den Worten bricht: Falsa est itatjue Pah
ladii tota Uta descriptio. ^ Offenbar handelt es sich
dabei nur nm eine ganz rohe Zeitbestimmung, die
dem Landmann bei der Anordnifng seiner Feldarbei-
ten nothdürftig geiiügte, wie schon aus dem Umstände
hervorgelrt, dafs überall die Brüche vernachlässigt sind*
Eine ganz ähnliche Tafel, von der sich jedoch nur
die eine Hälfte erhalten hat, ist i<i den Rninen eines
Tempels* zu Taphis (Tehfa) in Nubien entdeckt wor-
den, von tler Hr. Letronrid iiö 17fett Bande der
geographischen Annalen von Malte-Brun Aiis-
kunft gibt
Eben so vvie die Römer erst spat den Tag und
die Nacht mit Sicherheit eintheilen lemten, gingen
auch Jahrhunderte bin, ehe sie eine Teste Eintheilüng
1) p-ar. dUs. Vif, 7. '
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264 Technische CJkronologie.
des Jahrs erhielten. Vor dem Jahr 709 d. St, 45
V. Chr., dem eisten nach heu^tiger Weise geordneten,
war ihre Zeitrechnung in einem höchst schwanken-
den Zustande, den V<^ltaire treffend mit den Wor-
ten charakterisirt: Les^ generäux Jiomains triom-
phaient toufours, mais ils ne savaient pas quel
jour ils triomphaient. ^
Zunächst vor Cäsar's Kalenderverbesserung hat-
ten sie ein Sonnen j abr, das .sich alle. vier und
zwanzig Jahre in gleichem Alaalse, wie späterhin das
emfaehere julianische, mit dem tropischen ausglich,
aber bei seiner etwas zusammengesetzten Einrichtung
durch die Schuld der Pontifices, denen die Anordnung
. des Kalenders oblag, in die gröfste Verwirrung ge-
rietb. Vor den Decemvirn Imtte ibr Jahr die Fonn
eines Mondjahrs, und vor.Numa Pqmpilius gar
keinen entschieden ausgesprochenen oder doch nicht
sicher xu, ermittelnden Charakter. Wir habw, hier-
nach vier Zustände der römischen Zeitrechnung zu
betrachten, die vnr durch die Benennungen Jahr des
Romulus, des Numa, der Decemvirn und des
Julius Cäsar unterscheiden wollen,
»
Jahr des Romulus.
'Die Geschichtschreiber Licinius M a c e r uiid
Fen^stella hatten behauptet, dals zu Rom vom An-
finge an ein Sonnenjahr — annus vertens — %a zwölf
Monaten im Gebrauch gewesen sei. Censoriu, bei
dem sich diese Notiz findet ^), setzt hinzu: „Junius
Gr^cchanus, Fulvius, Varro, Suetonius und
' andere verdienen jedoch mehr Glftuben> wenn sie dem
l)c. iK).
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ältesten Jahc der R^ipe;^ eben s^, wie. dem des Mut»
tervolks^ der Albaner, zehn Monate beilegen.^' ,.M^n
ersieht, hieraus, ^dafs die zehn AIoi](iate wol nur auf
einem blpfsen ^Scblufs beruhen. Die Analogie .hatte
indes^n so.. 'Viel Gewicht für di^ , Römer, dal^ alle
ihre anderen Schriftsteller, die das Jahr des Romplus
erwähnen, Oyidius, Gellius, i^acrobius,. $oli-.
n\is und Servlus/) 4ie zehn l^foptate für apsg^-
mach^ halten. J[^u]:^Plutarch.;erk]ärt sich für z.wölf
Monate. Numa^ sagt er *), machte dea Martius,
der anfangs der erste Monat ji^ar, zipn dritten, deo|
lanuariuS und Februarius^ die sons^t .. die eilfte un^d
zwölfte Ste&e eing^oommen hatten^, zum ersten und
zweiten., Viel^ behaupten aber^ ^etzl;,. auch er, hinzu,
dais Numa arst diese Monate zum ursprüogltlcheii
aus zehn Rfqnaten bestehendefi Jahr hiozugefUgt habe^
Diese ^ehn. Monate sollen Qaqh der allgemeinen
AngaJ>e folgende gewesen .seiuj ^.'
Martius
Se3:tllis
Aprilis '
September
Maius
October
luAius
November
Quiutilis
DeQemb^r.
Dals das Jahr mit dem Martius begann, giiig
aus den sechs letzten Monatsnamen zu klar hervor^
als dafs niciit selbst diejenigen, die von zwölf Mona-
ten spraqheu, diesen als den ersten hätten betrachten
sollen. Varro .soll nach Censorin ^bar&innig dar-
getban haben^ dafs die Namen von den La^i^m
stanmiten und älter als die Stadt wären. Ov^id
nennt ^ ) mehrere Völkeischaften aus der Umgegmd
1) FmÜ I, 27, 43; IH, 99, 119, 151 5 JSoct, AtU UI, 16;
Satlsm. I, 12. Poiy;h. c. 1; öJ Fu'g. Georg. I, 43.
2) Fifa Num. c. 18. 3) FasH lU, 87.
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366 TecknUehe Chronologie.
Roms, Albaner 9 Fa&ker, flernikeT, bei denen der
Martin^ im Gebranch war, nnr dafs er bei dem einen
' diese, bei dem andern jene Stelle im Sonnenjahr ein-
nahm. An» seinen Werten *):
^wd si forte vacaSf peregrinos inspice Jiutos,
ist klar, dafs diese Völker noch xn seiner Zeit ihre
eigenen Kalender haben ihnCsten« Wir können also
amiehmen, dafii das, w^s ims Censorin von der
Daner einiger Monate bei dei| Albanern,* Tnsculanern
nnd Ariein^m befidhtet, nnd woranf wir gleich zurück-
kommen werden, wirklich atis den Fastis von Alba
Longa, Tuscnlunr mid Aricia geschöpft war.
'-' Auch über die Länge des ursprünglichen romi-
sehen Jahrs imd seiner Monate finden sich zwei ganz
abweichende Angaben. Nach Censorinus, Macro-
bius und 'SolinuS hielten vier Monate 31, die übri-
gen 30 Tage, Die dltägigen soHeh der Marlius,
Maius, Quintilis und October, qni kodiere septima-
nas habent nonasivne es beim Macrobius heifst»
gewesen sein. Als StUnme der Tage des Jahrs wird
von diesen drei Schriiftstellem ausdrücklich die Zahl
304 genannt, die sich auch aus der gedachten Dauer
der Monate ergibt. Plutarch dagegen sagt, das Jahr
des Romuhis habe bei aller Unregehnäfsigkeit der Mo-
nate, von denen einige kaum 20, andere 35 und mehr
Tage gehalten, durchgängig aus 36Q Tagen bestanden.
Es fragt sich, welche von diesen zwei so ver-
schiedenen Nachrichten oder vielmehr Ansichten den
Vorzug verdient. Vor allen Dingen müssen wir se-
hen, wie die Alten selbst sich die^ Sache gedacht
habtti.'
Ovid scheint mit den Worten *)-
i) Womit noeh Fasfi VI, 59 za ver^eicfaea ist.
2) F<M^* III, 119.
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Annt4S eraiy decinmm^^m luna reple^^ratioriem
andeuten zu wollen, daCs ias urspÜD^icbe Jahr
aus . iehü M o D dm 6 n a t e n^ besUmden habe^ AI«
lein'zelm n^ch dem Monde abgemessene Monate bat
ten nicht 304 Tage; aud» wäre ein solches Mondjdhr
eine nnerklärHche ErseheinUng; Er will wd nur sau-
gen ^. das Jahr bestand ans zehn Monaten, und dab
diese setner Meimnig nac]& nicht etwa das Sonnenfahr
ers€bi'>pften^ sondern von einer äbn^chen Daaer, wid
im spätem Jahr waren, gibt er dutdb die Wortes
memibus egerunt ü^ra minora decem zu erken«
nen. Den Gnind von* den z^ehn Mcmaten sucht er
theils kl der Rohheit des Urvolksj th^ib in der Be^
dentsamkeit dieser Zahl /
Auch Pinta rch glaubt, da6 die älteste Zeitreclv»
nung der Römer ein blojses Produkt ihrer Unwissen«
heit war. Unter Romulus, sagt,««, wurden^ die Mo-
nate rege&OB und widetsinnig gezählt; man hatte keine
Ahnung von der Anomalie*des Mondes und der Sonne;
er meint von der Ungleichheit des Mond* und Son*
nenjahrs. Ob ihm, wie den früheren Griechen nicht
selten (111)^ die Zahl 360 blofs für einen Ausdruck
des Sonnenjahrs gelten S4^, so dafs er nur sagen •
wül: ihr Jahr war bei aller UnregelmäTsigkeit' der Mo-:
nate ein annus verieris, oder ob die Zahl wirklich .
eioe Ueberheferung für sich hatte, ist nicht klar.
Censorin äufsert sidh über das älteste römische
Jahr sehr kurz -^nd unbefriedigend. Er legt den zehn.
Monaten die obgedachte Dauer von 304 Tagen bei^
ohne von einer Ausgleichung mit dem Sonnenjahr zu.
reden. Dafs ihm aber eine solche vorgeschwebt ha«
ben müsse, lehren die Worte, womit er sieh den Ue^
bei^ang zum spätem römischen Jahr bahnt: Omni'
nibus tarnen (antiqins Italiae gentibus) ffdt proposU
titm, s/WS civiles annos/ varie intercalandis men^
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868 Technische Chronologie. ^
siiM$9 ad tmum vtrunt iUmn naiurtüenufue corri-
gere. Auch der Ausdruck €innus vertenSj den er
vom Jahr des* 'Romulus gebraucht, deutet daUii.
Bestinunter drücken sieh Macrobius und Ser»
yius aus* Der erste macht die ältesten. Römer zu
wahren Barbaren^ denn nachdem er der 304tägigen
Dauer der xehn Monate gedacht hat, gibt er folgende,
Termuthlich von ihm selbst eisonnene, Eiklarang in
Form einer Notix: Cum is numerus neque solis cursm^
neque bmae ratUmibus convemrety nonp^mquam usu
veniebat, . ut frigus arnii aestivis mensibus, et con-
tra calor hiemalibusproveniret.' Quod ubicontU
gisset, tantum.dierum sine ullo mensis nomine
patiebantur absumi, quantum ad id anm tempus ad-
duceret, quo coeli habitus itistänii menii aptus'in-
veniretur» -
Etwas annehmKcher stellt Servius die Sache
dar. Nur zehn Monate, sagt er, Alhrten ursprünglich
eigene Namen. Dazu kamen. noch ./jiro/?/^rra^ioi»^m
, signorum anni (zur Ausgleichung mit dem^ Sonnen-
lauf) zwei eingeschaltete namenlose, die nachmals
vom J a n tt s und F e b r u u s; h^annt wurden. £r
acheint diese Notiz aus Lieinius Macer geschöpft
ZV haben, der nach Macrobius:^) den Romulus
für dep Urheber des Einschaltens bei den Romeni
hielt Es ist aber sehr unwahrscheinlich, daCs man
fiir die beiden Schaltmonate keine eigene Namai er-
funden haben sollte. Undecemher upd Duade-
cember lagen, ja so nahe.
Dies istattes^ was wir übet: das ursprüngliche
Jahr der Römer bdi den Alten aufgezeichnet uY^d ge-
artheilt finden« Man sieht leicht, welchem weite.Feld
der Ccimbin^tion sich hier den neueren Forscbero
1) Sa^ir». I» 13.
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öffnete. Ich ^viU nnr zwei ihrer Hauptafisichten an*
führert. * ' /
Dodl^ell^) findet aii 304tagiges Jahr, ilessen
Anfang weder zu gleicher Mondgestalt, noch zu glei-^
eher Jahtdzeit zurückkehrte, den.Zwe<^en emar bür«
gerBch^n Zeiteintheilung 'ganz unangemessen. Aber
die zehn Monate, .die auch die Albaner hatten, nimteil
er in Schutz. Es ist klar, dals diese Monate, weesi '
sie das Sonnenjahr ersch<ipf^n sollten, zum« Thefl he*
deutend länger als im ispätern römischen Jahr sein
mufsten. Nun hat uns Cens>orin die nserkwurdige
Notiz aufbewahrt ^), dafe der Marlius bei den Alba^
nem 36, der-Maixfö 22, der Sexlal«^ i8y der Septeni-»
her 16; bei den Tusculanerri der QuintiKs 36, der Oc-
tober 32, und bei den Aricinem der Octöb^r 39 Tage
hielt; und da auch Plutarch von emer «ähidichen
Yersctuedenheit der Monate bei dien ältesten Rdmem
spricht, so ninnnt Dodwell keinto Anstand, ihnen
em ans zehn solchen unregehnäfs%^n Monaten :beste^
heiides Jahr zuzuschreiben. Es ist- nur die Fraget
wie sich die daii' Anschein nach so widersinmge Un^
gleichh^t der' Monate erklären lasse.
Er hat den, wie mich dünkt, gar nicht verwert
Kchen Gedanken, dafs diese Monate weder mit den
Mondwechsefai, noch mit den Zeichen der Ekliptik
in Verbindung stand^d, sondern die durcfh die Aüf^
und Untergänge kenfttücher Gestirne begrenzten Abthdk
lungen 4^s Sonnenjahrs bezeichneten. Dafs die Land-^
bebaner nnd SchifiFahrer der alten Welt von jeher,
fleifsig auf die Auf- und Untergänge der Gestirne in
der Morgen- und Abenddämmerung ächteten, weifs
ein jeder, der in deii Dichtem v und landwirthschaftli-
chen Schriftstellern der Griechen und Römer nicht
i) De eycUsJk^X, aect; iOS. 2) e«.^/ - .^ <
dbyGodgk
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^20 Technische dtonohgie.
gan^b tmbdtiito' ist ^). I^ippokrateff liaiim sieben
Jahrszeiten an, die er meii^ens durc& dei^leichen Er«
sdbeukingen^ begrenzte (104). Eine ähidiche Bewand-
nife mm, glaubt Do d well, dafs es mit den zehn so
genänoten Menaten der' Albaner und älteren Romer
ni<^t aUeia, fiondem. auch mit dem sechsihonadichen
Jahr der Akarnanermid Carer^denwvietmonatlichen
der älteren Aegypter, und dem drebnonallichen der
Arkadier« hatte, wovon Plütareh, Censorin, Ma«
ci;obius ^) und andere reden. Das Wort menm,
Monat, dais offenbar vom Monde entlehnt und viel-
leicht spätcsmi Ursprungs ist, hat i man, sagt er, auf
die. idten .sidc^tis^ien Jafarseinschnitte / übergetragen.
Das Jahr aller dieser Völker war ein Sonnen jähr,
das dem Ackerbau und der SchiffFahfrt allein: zusagt,
und dessen > Dauer sich bei einiger Auftnerksamkeit
anf den Hinmel leicht zu 365^ Tagen e^b. ^
Es hat aber dem 304iag%en Jahr auch nicht an
Vertheidigem gefehlt Dahin gehören Ery eins Pu-
teanus und Pontedera« Dem ersten ist die Com-
mensurabilität desselben mit der achttägigen römi-
schen Woche, auf die auch andere viel Gewicht fe-
gen, zuerst i merkwürdig eirscinenen ^). Der andere
sagt ^): „Ein Jahr von zehn Monaten, von denen
keiner vorzugsweise dem Winter, d* u der Unthätig-
keit, gewidmet war, mofate, da. es alle Jahrszeiten
durcheilte^ die Menschen zu statem Fleifse reit^en.
Bdi der Rückkehr des Frühlings ^ng ein jeder an
seine Arbeit, nicht weil es der Kalender, solidem die
1) Man yergUiche,- W18 hierfiber oben (130) geisagt worden.
,, 2) P^ii I^i^ßm. a. a. O. De dfe nah c. 19. Saturn. I, 12.
3) S. seine Schrift de Nwidinis RomanU im ach^ Bande
Jcs Thesaurus von GrSvias.
4) Jnti(fuitaium Latinarum Graecdrunnpie enarratwnea
atque emendatiane*. > Padaa 1740. tp. 30' «nlid 33^
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, Mömer. . f7|
erste warme Luft gebot -^ Zehn B|on«te von*:e]|ief
der spätem ähnlichen Dauer sind um l kfirzer, als
(las Sonoenjahr, so dafs .6 solcher zehnmonatEcheii
Jakre nahe & S4>nnep jähre gehen«^^ . Diesen Zeiteajam
nennt er Hexaeteris*, und zeigt in einer Tafel, wi^
beide Jahre zusamufienstimmten»: La(st man das ^yste
Sonnenjahr ^m 1. .Abrtius A bürgerHchen, das^vP^eit^
am 1. Mains, das dritte am 1. Qqintilis, das vierte
am !• September und d«s fdnfte am .1. November^
anfangen, so findet man, bei gehöriger Beachtung der
Yon Censorinus angegebenen Dauer der Moxiate»
daCs auf die ^der ersten Jahre 365, und auf das fänftß
364, mithin auf die ganze Hexaeteris 1824 7%ge,:em
Tag weniger, als auf eben ßo viel ägyptische Jahre,
^ Tage wen%er, ats auf eben so viel julianische ge«
hen. So viel über seine Ansicht im' AUgenieijtien;
Was .er.>über seine Hexaeteris weif er im Ein;9elnen
sagt, ist, vrie Alles, was er .über die Zeitrecbnung
der alteiii Völker geschrieben hat, ein, jGewebe zwar
sinnreicher, aber meistiens unhaltbarer Hypothesen.
Dafs das< iirsprüngliche römische Jahr aus zehn
Monaten bestand, haben wir keinen triftigen Grund
7M bezweifeln. Aber nie werde ich mich überreden,
däfs dies Sonnen- oder Mondmonate waren. Schon
oben (34) ist die Bemerkung gemacht worden, dals
die Zahl von zwölf Monaten nicht wesentlich zum
Charakter des Sonnenjahrs gehört, und daher von
Volkern, für welche die Mondwechsel von keiner be-
sondem Bedeutsamkeit waren, leicht mit jeder andern
conventioneilen vertauscht werden konnte. Aber die
wenigstens rohe Beachtung der Jabrszeiten ist über-
all und ^u allen Zeiten als ein dringendes Bedürfnils
gefühlt v^orden. .
Ich ^ubß daher, dafs das 30,4tägige Jahr einem
Irrthum zuzuschreiben ist, der den zehn Mon^ten^
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472 Technische Chronologie.
ans denen Abs römische Jahr der' Tradition und Ana-
.logie nach ursprünglich znsai^imengesetzt war, die.
•selbe Daner wie 'im spätem Jahr beilegte. Wenn
»ehn Monate bei' den Römern die Frist der Trauer,
der Auszahlung legirler Aussteuer, des Credits beim
Verkauf von- PHi<Jhten^ höchstwahrscheinKch aller
Darleihen, und lÄaaTsstaCr des ältesten Zinsfußes wa-
iren *), so scheint daraiß allerdings ' zu- folgen, dafe
Ihr Jahr zu der Zeit, als sich diese Institute bildeten,
^ atis %ehn Abschnitten od^r sogenannte Monaten be-
stand, aber nicht, dafs es gerade zehn Sonnenmo-
nate ^ waren. Als sie statt der zehn Monate zwölf
ethielten, können sie gar wohl die einmal gesetzlich
gewordene Zahl zehn bei allen dergleichen Fristen
unverändert gelassen hab^, wodurch sich dieselben
freilieb um ein Sechstel verkürzten.
• ' Doch gentig- von einem Gegenstande, von dem
wir so gut wie gar «iclifts vnssen,'und der sich aucb
durdh die' scharfsinnigsten ' Combinationen die ganz
aufd Reine bringen lassen wird;
Jahr deis Nuina.
Die alten Schriftsteller sind darüber einverstanden,
dafs das ursprüngliche Sonnenjahr der Römer früh-
zeitig zu einem Mondjahr umgestaltet worden ist
Junius Gracchanus, einer der älteren Geschicht-
schreiber, legte nach Censorinus diese Aenderung
dem Tarquinius bei; der noch ältere Fulvius No-
bilior und n)it ihm die jüngeren ohne Ausnahme ma-
chen dagegen den ]J?uma zum ersten Verbesserer des
' rpmisphän Kalenderä, was^ nichts weiter sagen soll,
•* " als ,
• 1) g. Hrn. Nlebuhr'u Römische Geschichte Th. I, S.
315- der* neuen Aiisgabe/ . • • ' i
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ßdm^. 273
als dafis die Einfufarting von 12 Blonaten und die Fesl^
Setzung der Dauer des Jalirs atif 355 Tage der äl-
testen Komischen Gesetzgebung angehört, für deren
Symbol dieser Konig gilt
Ich habe hier xlie beiden wesentlichsten Punkte .
der Reform ^nannt^ über die wir jetzt den Haupt-
gewährsmann, den CensorinuSy vernehmen wollen.
Nachdem^ er vom Jahr des Roihälus gesprochen, fährt
er also fort'^): ^^Naehmals, sei es von ^uma, wie
Falvios, oder von Tarquinius, wie Junius behauptet,
sind 12. Monate und 355 Tage eingeführt worden, ',
wiewohl der Mond mit seinen 12 'Umläufen nur 354
Tage auszufüllen scheint. Dafs aber ein Tag mehr /
genommeti wurde, geschah entweder aus Irrthum,
oder, was mir wahrscheiidicher ist, aus jenem Aber-
glauben, nach wachem die ungerade Zahl für voH
«nd glttdklicher gehalten wird, Gewils ist es, dals
zu dem frühem Jahr 51 Tage kamen, und da diese
nicht zw^ Monate ausfuUten, so wuriJe jedem der
sechs hotten Monate (den SOtägigen des Romulus)
ein Tag genommen, was zusammen 57 Tage gab,
woraus 2 Monate, der lanuarius zu 29 und der Fe-
bruarius zu 28 Tagen, gebildet wurden. So erhielten
also alle Monate eine vdle und migerade Zahl von
Tagen, der Februarius ausgenommen^ der allein hoM
blieb und defshalb für minder glücklich galt, als die
übrigen, ^^ Man sieht hier, dafis in Ansehung der Be-
nennisigen mensis jflenus und cavus der römische
Sprachgebratick dem griechischen gerade entgeg^ge«»
1) G. 20. Yergl» SoHnas «. 1 and Macrobias Saturn.
I, 13. Der flinzufögiing des lannarios^ und Febroarias zu deo ^
nrspruDglicbea zehn Monaten gedenken kurz^LlTias I, 19; Ovi*
dins Fast. I, 43;in, 151} Aureli«B Victor de vir. illusir. e.
3 und andere»
18
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274 Technische Chronologie.
mtiA Ist (117); Wegto des numerus impar vei-
gleiche maii des Servius Anmerkung zu dem nu-
mero deus itfipare gcuuiet ' des Virgil^). 'Auch
beim Plinius heifst es *): Impares numeros ad.
oninia vehemenüores credimus*
Das Jahr des Numa hiitte hiemach folgeode
£]nriic;ht«ng:
Martin«
31 Tage.
September
29 Tage.
Aprills
29-,
October
31
iJIIaius
31
November
29
(uuius
29
December
29
Quintilis
31
lanuarias
29
Sextilis
29
Februarius
■ 2»
Die Sutome der Tage beträgt 355. Nach Plutarch
soll Numa den Unterschied des Sonnep- und Mond-
jahrs zu 11 Tagen, also die Dauer des letztem zu
354 Tagen, angenommen haben. Macrobius, der
beide Angaben vor sich hatte, sucht sie dadurch zu
vermitteln, dafs er den Numa ferst das Jähr zu 354
Tagen bestimmen, aber paullo pöst in honorem im-
paris numäri noch einen Tag zuna lanuarius, der
anfangs mit dem Februarius von gleicher Dauer ge-
wesen sein soll, hinzufügen läfst.
Dem sei wie ihm wolle, man sieht, dafs Numa,
den Einfluis abgerechnet, den Aberglauben, uatd Unwis-
senheit auf seine Kalendereinrichtungen haben moch-
\ten, sein Jahr nach dem Monde abgemessen hat, der
in 354 Tagen 8 St. 48' zwölfmal zur Sonnen zu^ck-
kehrt und sein Licht erneuert. Dies versichern auch
die Alten allgemein, am bestimmtesten Li vius, wenn
er sagt: Numa omnium primum cid cursum.lunae
1) Eciyiih 75,
2) Ä iV. XXVllL 5.
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/
\
in duodicim menses descrihit.iaiaum^ £8 ist sebx
wahr^heinlich, daft er sein Mondjahr Von den grie^
einsehen: Kol^men iniUnt^italien^ei^llehbi hat^^- die
damals ohne Zweifel ^ih Besij^^.'einQr hohem Cukur
waren, als die .UrvöBker des Laiid^f^« ; .
War denn aber da» 355td^ge Jahr änch wii;k-
Kch ein Mondjahjr?.» Die Alten vmiAim die Sache,
ihrer bestimmten Versicherung upgeacbtet, dadurch
wieder zweifelhaft, dafs sie den Numa zugleich zum
Urheber der Schalteinrichtung machen, i^odurch spö. ,
terhin das 355t%ige Jahr mit der Sonne ausgeglichen
wurde. Es geschah diejs vermittelst eines Monerts von
abwechselnd 22 und .23 Tagen, des sogenannten M er-
cedonius, der ein Jahr ums andere eingeschaltet
wurde. Ein solcher .M^nat verträgt sieh aber durchi
aus üicht mit dem Charailter - eines Mo,ndjahr»;
depsi wenn ein Jahr diesen Nainenmit Recht foh^
ren soll^ so ist. es nicht hiiüänglich, dafe seine Dauer
nach dein Monde abgemessen s^i; auch, die einzelnen
Monate müssen dergestalt geordnet sein, dals ihr An-
fang immer zur ersten Erscheinung der Mondsichel
zurückkehrt; , . ...
Ich: bin daher der Meinung, dafe der Mercedo-»
nius erst später eingeführt ist, und >da(s die Römer
seit Numa ein gebundenes Mondjahr gehabt habeuj
das nach ^eehischer Weise durch dnen von Zeit zu
Zeit eingeschdteten Monat mit .der $<miie ausgegli-
chen wurde. Zur Regriindung dieser, Ansieht dient
Fölg^des.
Es steht etymologisch und geschichtlich fest, dafs
^tüp und ^\q bei den Griechen einen. Mondmonat
bezeichnet. Das davon entlehnte mensis wird also
ursprünglich auch bei den Römern keine andexe
Bedeutung gehabt haben ^^ üiid wer hiermi ^ selbst
■. V ■ ■ IS* . , ■
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276 TechntscM^Ckronologte.
nach Varro's «lisirticitlicher. Verridieitiög *), zwei-
feln wolhcj düTpfte lilir "dl« Eirttheiltrtig d(?6 römischen
Moiiafs imd die >uf öltfe Äewenntthg ^ seiiiier Hiittptepo-
ehen m Erwägiing ziÄeti. • . »
Die Idus zerfiiHteii den Monat in zwei Abschnitte
von ungkii^her 'Iht^l-, indem'' sie ih deta "31 lagigen
Monaten de« SJüttWi dein^ liSlen «nid in den üln-igen
dem löten -Tage Mten N^m^ti gegeben haben soDeo.
Schon diese ZaUen machen eis waÜrscheinltch^ dals
die Calehdae iitispröngüch der' ersten Erftcheinung
der 'Mondsichel in der Abenddämmerung und die Idus
dem Vollmonde' bAtsprachen, und dafs die Römer
einst eben »e, wie' die- Griechen, ihren /t^ io-ra^m«^
itA c^iv(jb4fy ihre Döv/iViv/öt und dif^f.iif\via gehabt ha-
hktii Nocfe «inxweideutiger geht dies au6 einer No-
tiZ'beim Macrobitis*^) -Kervorl nach welcher in al-
tfiin' Zweiten ^ tiamemlieh vor dem^ iTähr ^60 der Stadt,
ekieth der Pbtitifi!^es oblag, die ei^te Ersehemung
der* Mondsi%ei in der AbenddSiiimerüng zu beobach-
ten und wfenn er sie wahtgenomttieti, liach Därbrin-
^hg eines^ Opfers, das Volk auf das Capitolium zu
berufen, um ihm anzuzeigen, wie viel Tage es von
deii Caleiiäii^ ^fris zh 4len Nohis ^zu' zählen habe, ob
{ÜÄf odersiefb-en,* waÄ er dödut^h zu aiketmen gab^
dafs^ er Vibs^ griechische Wort koOtS ftef oder sieben-
mal, hirtlereiiianäeraiisitief, Wefshdb auch der erste
Monatstag ^4ett Namen ^6alend*äe et^alten haben soll.
Bat es ^ber' mit dieser aherthümlichen Cet-emonie,
deren auch Varro kurz gedenkt*), seine Rlchtig-
keil^ woran W!r 'i:u zweifeln keinen Grund haben, so
müssen die- römistfaen Monate einmal wiiklichig Mond-
monate gewesen sein.
• *i) /)i? 7m^. kd. 1, V, p. 54. /
Q) Saturn, 1, It). 3) De lin^. lai. L V, p. 59.
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- .Jß^ner. ■' .ix\ •"•' ' . • '377
Da die Mandbiohel Q«ek dem ^^^etsehiedcneii Stande
der Sonne in der JEJcIiptik amr üieiKUiiiniwl bald* am
eisten^ bald ai^ zweite» Tage nacch. der Coiijanction ^e*
sehen wird, so hatte derPontifex aua ibtcr ^edesmali»-
gen Gesialt za beürtb(sUen,> wie vi^- Ta^ noch- bia
zu den Nonen^ d. i.'Zlim ersten Viertel, zu läb-
kn waren; denn dieser -EinfidttRlt des Atonats» dci
allemal a. d* Hönum -Idu» (daher-aucb der Name)
d. L acht Tage Tor dem Volliikonde.heipng, kann
aichis andei» ak die :/i«na quadripmiitcL hemi^riet
haben. Einem alten Herkommen gemäC^ hatte» er bei
seinem Ausrufe nur die Wahl zivischen den beiden
ungeraden Zahlen füaS. und sieben. ' ,
Aus dem..Qvid ^ ) versehen .wir ^ da(k;die Calm-
däe der. Juno geweiht waren ,t und zwar der Lli'-
cina, d. i«der Lieht«- oder ans Licht bringjeur
den., welchen Beinatxien sie bekannUidi afuch alsGe!-
burtsh elferinn führte.- Dieser Umstand dient zu
einer Andeutung mehk von der urs{N:ünglichen iStel-
lang ddr Calendae, was; auch schon Macrobius
bemei^t ; denn nachdem er gesa^ hat, dafs daä
gedachte Opfer an den CalencBs der Juno dargebracht
wurde, setzt er hinzu: Cum iniiia mensium maiores
nostri ab ^xariu bmae servanerintj iure lunoni
addixenmt Calendas, lunam aa lunonem eandem
putantes.
Die Athener zählten die Tage der letzten De-
kade ihrer Alonaie ia rückgän^ger Ordnung (125).
Es scheint dies der Gebrauch mehrerer, wo nicht ai-
ier griechischen Völker gewesen zu sein , . ein Ge-
brauch, der zugleich mit dem^ Mondjahr v6n ihnen
zu den Römern übergegangen sein, muls, was auch
1) Fiui. 1, 56; VI, 39.
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278 Technische CHÜ^nolog^.
MacrobittS rafagdnirokHcL^veiiskberti^^.r Wäre diese
tmsern Be§iiffeniiiQdii>unbeqüeibe:2äilüungswd9e, die
auf alle dr^i AbsehIllt1ie•de^'M«liÄs^lmgewendet<^
deh ist, vom Monde tmabhfinglgg^^sen, so- würde
sich kein -befriedigender Grnfid dafik) angeben lasseD.
Entsprachen aber die! Co/^rM^isr^.ider ers.ten Phase,
die Nonae denk* e lösten Viertel? und die Idtis dem
Vollmonde,* so war^ es gana^ natüiiichj^ dais' man
sich durch das'Datiren. selbst ''in 'jedem Augenblick
die Frage beiantvrpriete, wie lange es bis. zu diesen
, jdrei Epochen noch, hin sei/« ^ .-.. ../s..
DaCs endlich die Idus utsprünglieh wirklich der
Tag des Vollmondes wäre»,'« geblvauss allem, was
4)iei' Alten iffieir' dieses Wort s^gen, Uar: hervor. Beim
Macrobius'^) findet-stch eihe igarate' Reihe Etymolo-
gien, die alle hierauf hinauslaufem Ich verweise des-
halb auf 4as Handbuch der Ohronalogie •)•
Nach ^Uem, was ich' hier zusammengestellt habe,
wurd man zugeben müssen; däfs Numa's Jahr ein
Mondjahr gewesen sei, und dals ein^solches lange zu
ilom bestsoiden haben müsse, wieü es «onst schweificii
auf Sprache und Verkehr so tief eingewirkt haben würde.
dafs ein bleibendes Andenken dav6li' sich auf die spätere
Zeit erhalten konnte. Unmöglich sind. nun aber die
römischen Monate, so lange daa 'Mondjahr im Ge-
brauch blieb, von der festen Dauer gewesen, die ih-
nen Censorinus und Macrobins bejllegen. An
4em Tage, wo der l^ontifex die Mondsichel zueist in
lier Abenddämmerung erblickte, rief er fünf oder, sie-
benmal sein ca/o, und die Calendde seheinen nun
«llemal von der nächsten Mittemacht an gerechnet
1) Saturn. I, 16.
3) Saturn. I, 15,
3) Th. U, S. 43 ff.
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Homer. , . B7JJ
worden zu seSü;, denn wir bah^n kernen Güwdy i^o
bezweifeh, dalis die Mitternacht von jeher die Epoqhj)
des römischen Tages gewesen sei* Die Nonae wuüT"
den so in die Gegend des ersten Viertels, und die
Idos in die des Volhnondes geschoben. Nach d^n
Idus mag man imnkerhin» wie Macrobius versichert,
ante^ diem decimum septimum Calendas gesagt, und
durch diese Zähhmgsweise den Tag der Calendae bcr
stimmt haben, wedn trübe Witterung die Beobach-
tung/der ersten Phase hinderte; allein die älterep Rö-
mer haben sich ge^Iüs eben so, wie die Siculer b^im
Cicero (107), erlaubt, die Intervalle, zwischen., den
drei £huptepochen des Monats um einen oder ^wei
Tage zu verlängern oder zu verkürzen, sobald sie
eine, Abweichung von den Monderscheinungen, denen
sie angehören soUten, wahrnahmen. Erst als durch
Einführung des Merced onius der Kalender von den
Mcmdwechseln ganz unabhängig geworden war, kann
die regelmälsigere Dßtirungs weise, nach der die Mo*
nate eine . ein für allanal bestimmte Zahl von Tagen
und die Nonae septimanae ihren festen Sitz erhielten,
aufgekommen sein.
Es gibt nun aber ein zwiefaches Mondjahr, das
freie, dessen Anfang allmähllg das ganze Sonnenjahr
durchwandert, und das gebundene, welches von
Zeit zu Zeit dergestalt mit der Sonne ausgeglichen
wird, dais emerlei Monate Immer auf einerlei Jahrs*
zeit haften (34, 35). Das Jahr des Numa gehörte
entschieden zur letztem Klasse. Unter den römischen,
an bestlnunte Mpnatstage geknüpften Festen gab es
mehrere von hohem Alter, deren Bezug auf die Jahrs-
zelten unverkennbar ist, z. B. die Cerealia, Flora-
lia,<^Robigalia, Vinalla, Parl.lia oder Palilia. IKe
letzteren, ein ländliches Frühllngsfest, müssen von jeher
undecifno Calendas Maias gtleieii sein, weil nach'
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280 ' TechnUche i^^nohgie.
einer dten Tradition, deren vrit öfters gedadit fin-
den ^), an diesem Fest xmA Datum mg^eich der
Gnmd zur Stadt gelegt sein sdl, daher aucb die Jahre
Roms, wie Censorinus sagt^), eigendich a Pari-'
libus gezählt wurden. Die Hyaden hatten den Na^
men sidus Pariücüan ^), weil me um die Zeit der
Parilia in der Abenddämmerung unterginge». Solche
volksthümliche Namen pflegen sehr alt zu sein. D»
Fest war es gleichfalls; denn nach F^lulareh *) soU
es schon vor Erbauung Roms unter den Hirten La-
tiutns bestanden ^äben. Selbst der Name des Mo-
nats, auf den es traf, Aptilis^, deutet nach .der wahr-
scheinlichsten Ableitung, wie das attische ^ki^e&tv\(^^
auf den Frühling. Macrobius, der das Kapitel
von den Etymologien der Monatsnamen nadi Cis-
cius und Varro umständlich abhandelt ^), b^nerkt
schon die Analogie beider Benennungen, irrt aber,
wenn er sie einerlei Monat beilegt; denn der Anthe-
sterion entsprach mehr d^m Febniarius als dem Apii*
lis. Solcher Beziehungen der römischen Monate auf
die Jahrszeiten ^ wird der Altertbumsforscher leicht
mehrere > auffinden können. Die wenigen hier ange-
führten sind hinlänglich, uns zu überzeugen, dafe
Numa eine Einschaltung zur Au^leifiinng- seines
Mondjahrs mit der Sonne angeordnet haben müsse.
Die älteren Gesdiiiclitschreiber waren sehr ver-
schiedener Meinung über den Ursprung ^es Schalt-
wesens bei den Römern. Macrobius sammele was
er darüber aufgezeichnet fand ^)« Er bemerikt unter
1) Dionjrsitts Ant. I, 88; Cicero dg vßvim. U, 47.
3) c 31,
3) Plin. IKiV. XVffl, 66.
4) Fita Rom. c. 13.
») Saturn. I, 13.
^^ SahirjK I, 13.
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Bornas. 1 281 ^
andeilt^ däfe Aach Valerius Antias es Ntima war,
der die Einschaltung eingefährt hatte, und zwar «a*-
crorum causa, van die Feste in einerlei Jahrszeit tn
erhalten^ was allerdingi^ seine Absicht dabei geweseii
sein naiäs. Die späteren Schriftsteller, z. B. .Cicero',
Liyius, Plutarch, äiifsem sich in gleichem Sinn ^),
wenn auch dve Form der Einschaltang, die ihm al-
lein angehört haben kann, von keinem ausdrüclclic&
erwähnt wird. Kur Censorinus spricht sich durch
das Wort deniquey womit er sich den Uebergang
vom Jahr des Numa zu dem spätem bildet, deutlich
genug dahin aus^ dafs der kurze Sehaltm<>nat zu 23
bis 23 Tagen* eine spätere Erfindung war. Di^ voü '
dem Urheber des MondjahYs eingeführte Einschaltung
kann blofs darin bestanden haben, dafs er alle zwei
oder drei Jahre jMch dem Vorgange der Grieche»,,
jedoch ohne die unter diesen erst späterhin aufge- ^
kommene feste Norm, einen vollen Monat einschob,
um den Anfang des Jahrs in eineriei Jahrs^eit zu fi-
2[iren. Ob dieser Monat schon damals Mercedo*^
nius hiefe, wollen wir nicht weiter fragen.
Es ist nun noch übrig zu untersuchen, mit wel-
chem Monat das alte Mondjahr angefangen hat. Die
römischen Schriftsteller, wrelche, die Epochen der mit
ihrem Kalender voi^gegangenen Aeudentngen wenig
unterscheidend, Altes und Neues bunt unter einander
mischen, haben auch ^über diesen Punkt sehr ver-
schiedehe Ansichten.
Wie wir unten sehen werden, traten die Con-
sub erst seit dem Jahr 601 d. St am 1. lanuarius
in Function, da sie früher ihr Amt. mit den Idus^des
Mardus und noch frühem mit andbmr Epochen begon-
1) De Ugg. U, 12. EUl. I. c; Fita Kumae L c VergL
Hanab. U, 49. ^
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283 Technische^ Chronologie.
iicn hatten. Die Calendae lanuariife hatteii ako in
den sechs ersten Jahdiunderten der Stadt .keine Art
von Vorrecht, wenn* vom Alnfange d^ römischen
Jahrs die Rede ist Dies müssen indessen die spä-
teren Schriftsteller geglaubt haben, weil sie ziemlich
allgemein verfiSchem, dafs Numa die Monate lanua-
rilis und Februarins^ die er zum romuligc£en Jahr
hinzugefügt, haben ^oU, zum ersten und zweiten ge-
macht habe. Man vergleiche nur, wie sich Macro-
bius in diesem Sinne aulsert ^). Dennoch sagt er ^):
Omni intercaJaiioni tnensis Febmsarius deputatus
estj qu^niam is ultimus anni er^at, zum Beweise,
da£s ar seine Nachrichten aus sehr verschiedenen QueL
len ohne Kritik zusammengetragen hat.
Dafs wirklich der Februarius in den ältesten Zei-
len der letzte Monat des* Jahrs war, finden wir auch
anderswo sehr bestimmt bemerkt, z. B. beim Cipero
und Varro ^). Auch geht es aus dem ganzen We-
sen dieses Monats hervor. Das .letzte Fest, das in
-ihm gefeiert wurde, die Terminalia, war zugleich
das letzte im Jahr. Es war dem Terminus ge-
weiht, dem Gotte -der Grenzen, der Monate so i/ne
der Felder. Unmittelbar nach diesem Feste vmrde,
wie unten erhellen wird, der Merce^donius, so wie
späterhin das bisf^extum eingeschaltet, und es lälst
sich wol nicht bezweifeln, dafs audhi im Mondjiahr
der Schaltmonat dem Februarius gefolgt sei. Zum
Sitz der Einschaltung wird man aber nicht den zwei-
ten , sondern den letzteii Monat des Jahrs gewählt
haben. Der Febmaritis hatte fenter allein eine ge-
rade Anzahl von Tagen, und wurde defshalb für ei-
1) Saturn. I, 13. 2) Sntum. I, 12.
3) /)€? %^. n, 21. Zfe /iwg«. fo/. 1. V, p. 85. VefgLF/-
4tus V. Februarius.
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by.GoOglfe
nen irerstüinmelten und minder ^fiddiehen Monat ge*
halten. Aneh i¥a(. er der Reibigung der Lebendell
und deir Süline der AbgesduedeDen geweifaL Jenbr
verdankt er seinen Namen/ denn J^bruum war, wie
Varrcf sagt*),' in der Sprache der Sabiner ein
Synonym von purgamentum;- und dieser waren ifie
Feralia bestimmt, die in ihm gefeiert. vrarden.
Alle diesie Umstände «usammengenommeii liefsen
den Ovid mcht* zweifeln, dab der .Februariuft itot
Zeiten der letzte Monat des Jahrs gewesen sdi^).
Da er sich aber nicht von dem Wahn losmacbe»
konnte, dafs' der> lannarlus von Alters her der erste
war, So glaubt er, »dais der anfangs spatio long^
vom lanuarius getrennte Februarius< erst durch die
Decemvim seine nachmalige Stellung erhalten habe,
ohne zu bedenken, dafe beide Monate auch früherbin
benachbart sein mufsten, nur dais letzterer dem ec-
sten voranging, nicht folgte. Von dieser umgekehrten
Stellung spricht aber kein Alter weiter.
P^utarch vnrft die Frage auf, warum man 4^
neue Jahr mit dem lanuarius anfange ^). „In alten
Zeiten, sagt er, war der Martins der erste Monat, was
aus vielen Zeichen klar ist, besonders aber daraus,
dafs, vom Martins gerechnet, der fünfte Monat Quin-
tiKs, der zehnte December heifst^' Es ist zu be-
dauern, dSafs er von diesen vielen Zeichen nichts
weiter erwähnt hat Ovid und Macrobius fuhren
Mehreres davon an ^), z. B. dafs man an den Calen-
d» Martüs das Feuer auf den Altären der Vesta er-
neuerte, wie letzterer sagt, ut incipiente amio cura
\) A. «. O.
2> Fast, n, 47,
3) QuaeaU Rom. JSo. XIX.
4) Fn*t, m, 135 ff. Saium^ 1, t3.
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B84 Technische C^onohgte.
deduo servandi nwatl ignis Anciperet; dafe man au
demaelben Tage in der Wohnung der f lamines die
«Iten Lorbeem gegi^i lieue Tertanschte u. d* m« Sohwer-
Kdti würden «okhe. zureiner Zeit, wo da^ Jahr noch
mi -dem Maitnis anteg, aufgekommene Gebräuche
sidi bis auf die- sipaiere Zdlt edbaltea haben, wenn
schon. Nüma die Jafarsepoehe geändert hätte. Da nun
ohnedies alles dasauf hindeutet, dafi» da^r Februarius
li»ge der letzte Monat geblieben ist, und da der h-
numus anst spät seiilen nachmaligen Vorrang erlangt
hjft, SO' können wir uns überzeugt, halten, dais das
, römische Jahr im volksthümlicheii und religiösen Ge-
bcauch die ersten sedis Jidirlmnderte. der Stadt hin-
durch mit dem Martins begoniien h|it ' iSelbsC unter
'den Kaisem, wo in politischer Hinsieht der I^nuarius
langst die erste Stelle unter den Mooat^i eingenom-
men hatte, bheb den Römfm die; Ansicht noch im-
mer geläufig, dafs d^s Jahr mit dem Frühlinge an-
fange. Man vergleiche nur, was Servius zur Erläu-
terung des Ausdrucks vere novo beim Virgil bei-
bringt *).
/ Jahr der Decemrini.
Das Mondjahr des Numa bestand bei den-Rö-
mem' so lange, bis sie anfingen, den kurzen Schalt-
monat zu gebraudien. Wir ^ müssen zuvörderst Na-
hmen, Dauer, Sitz und Form desselben kennen lamen.
Plutarch erwähnt diesen McHiat zweimaL Im
1) Jd Georg, I, 43. Lydus, der (de mens, p. 42) eben
dreifachen Jabra&fang unterscheidet, des mit dem 1. Jiuraar, den
mit dem 1. März und deo zu seiner Zeit im .osirömischea K&A
gebrüachlichen mit dem LSepi^ember^ sagt vom zwaten, dais er
den Römern för di^ vaterlSadischea gegblteo habe.
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Leben des Nnm^ ^) tven^t er Sm UiB^fCiSm^j im
Leben des C»ässr *) MeQXfiSaviö^ Die ente-Fonn
scheint eine Corrnpflibh der letitern zu seiku Beim
FestUfi^ findet iftidi: .^i^c^ifomÄ^ (dies) düerUrH
a me^cede solvenda; und beim Isidors Meikedo*
Tims (homo) (jfui stuhit meröed^m. Lydus ^) hat
Yins die Nott£ ffos dem Cinc^us dufbewahnty da£s der
November 'bei den Alten den Namen MBQjaShfioi; f^
Führt, weil die Pächter in ihm den Zins entrichtet
hätten. Man sieht ako, dafs Mercedonius beim
Piutarch so viel als Zahlmonat heifst, tind dafii
mithhi auch im Schaltmouat gewisse Zahlungen zu
leisten gewesen sein müssen. Merkwürdig ist es» dafii
dieser Monatsname bei keinem- römischen Schrifistel^v
1er vorkommt, sondern sich dafiir hiofs mensu inter^^
ctrhris oder ihiercäiarius gebraucht findet
Pl^ntarch sagt, Nnma habe den lltagigen Vüx*
terschied des Mond- und Sonnenjahrs verdoppele und
daraus. einen Monat von 22 Tagen gebildet, der ein
«Jahi* ums andere eingeschaltet wordeh sei. Censo«
rlnus und Macrohius, die in diesem Punkt mehr
Glauben verdienen, versichern dagegen, dais der Schalte ^
monat abwechselnd 22 und 23 Tage hielt
Nach PlutaYch wurde der Scftialtmonatih den
Febmatiufi eingeschoben. Nliher • bezeichnen «eine
Stelle Varro, Censorinu6*und Maerobius. Dei? '
erste sagt'**): Ihwd^timus mensis ftiit Februarüis^
et ciilh iMtrcälertur, inferi^t^S' fuihque dies dtw-^
decimo detnunfür tfkense. Bläm wnä^ii heifst es:'
In mehse potis$mum fkbruario intet' Terminaiia
1) A. 1. O.
2) c. 59.
3) J>e jnens. p. 195. '
4) De fing. laU 1. Y, p. 55.
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286 Technische Chtonolofjie^
et Repfughan intereakttum est. - Ans Atta dritten
erselien wu; bestiimnler, als son^ irgend woher, dab
im 8chalt}ahr -die Terminalia der. letzte Tag des
Febniarius waren, der d^nn nur 23 Tage zahlte, dals
ihm der Schaltmonat von 22 oder 23 Tagen folgte,
und dais die fünf letzten Tage des Febniarius von
Regifugium an, fwdches im Gemeinjahr der 248te
war, nach Art der ägyptischen fj^agpmenen dem Jahr
angehän^ wurden, Lbmüglich konnte itian beim Pa-
tiren, wenn der Schaltmonat zu Ende war, noch ein-
mal tum Febniarius zurückkehren; man muis die
fiinf abgerissenen Tage als zum Schaltmonat gehörig
hiezeichnet haben, der dadur<:h. eine Dauer von 27
oder 28 Tagen erhielt Hierauf geht die Notiz; Men-
sis intercaiaris constat ex diebüs viginii o(i:o in
den Digestis ^j, die also gerade nicht mit Censo-
rinus und Macrobius im Widerspruch sind« Viel-
leicht hat der alte Rechtsgel^te, aus dem diese
Worte entlehnt worden, viginti Septem vel octo
gesdbrieben.
Wie man im Schaltjahr datirte, hat zuerst Ery*
c|us Puteanus genügend nachgewiesen .*). Der Fe-
bniarius, sonst von 28 Tagen, hatte im Schal^ahr
mir 23. Statt dafs man^ also im Gemeinjahr nach
den Idus a. d. XVI CdUndaS: Martuis sagte, hieCs
es im Scbalifahr a. d. XI Calendas intercalßres.
Die Terminalia, £e im Gemeinjahr auf a. d.FlI
Calendas Martias trafen, waren im Schaltjahr pridie
Calendas intercalares. Dem Schaltmonat gab man
ganz ordentlich seine. Calendas, Nonas und Idus
mit dem Zusatz intercalares. Nach den Idus sagte
1) 1. L, tit. XVI, leg. 98. ^
2) Im laten Kapitel seiner Ueinen Sdirii^ ße BUssxio^ im
achten Bande des Thesaurus yon Griiviäs. ^
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mmer. 2g7
man eotweder ä; d. XV od^r €h d* XVI Calendas
Martias, \t nachdem der Moimt 27 od^r 28 (eigentr
lieh 92 odeü 23) Tage hatte. In beiden Fällen war,
wie im Gem^injahr^Regifugiuma* d. VI Cälendas^ '
Martias* Als. Belag hiejrzu findep sich nur ein paar
Stellen beim Livius *) und Cicero ^), die kein^t
weitem, Erläntenmg bedürfen« Bejm Asconi|is Pae«
dianus heilst es ^): Pompeiu^ nA. interrege Servia
Sulpitio. V Calendas Martia^ mense intercalario
consul creatus est; er meint entweder den 2v4stei| '
oder 25sten des Scbaltmonats, je nachdem • die Dauer
desselben im Jahr 702 d. SL, von welchem die Rede
ist, 27 oder 28 war. Die Fa&ti triumphales, die zu'
den eapitolinischen Marmorn gehören, besagen, da£s
der GcHlsul C. Duiljus im Jahr 493 d. St C. Inter^
calar. am ersten, und der Consul P. Cornelius L^n«
tolus 517 an den Idib. Intercal.^ am 13ten des
Schaltmonats, tciumphirt habe^ WennCicjero an den
Atticus scBreibt ^): Accepi tuas litteras a^ d*
qmntwn terminaUa (er meint den 19. Februar) Laa* '
diceae, so war dies gewifs eine sehr ullgewöhnliche
Art %n datireu, die er offenbar gebrauchte, weil er
nicht wu&te^ ob map in seiner Abwesenheit zu Roiß
eiDgeschalCet habe oder nicht; denn in jenem Fall
würde er lieber a. d. sextum Calendas intercakh
res Und in diesem lieber a. d. XI Calendas Mar*
tias gesagt haben. Dals er es aber wirklich niclit
Wülste, geht aus dem weitei^ Verfolge des Briefes
hervor, wo es heüsl: Ea sie observabo^ quasi inter-
calatum non sit.
1) 1. XXXVII, c. 59.
2) Pro P. QuinOo c. 25.
3) Comm, in Cie» orat. pro Milone p, 186 ed. Lii^« B^t
.1644. 4) VI, 1. .
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288 Technische Chronologie/
Wir kennen nim die Regel. Wer aber weife,
was uns die Ramer vod dem schwankenden Zustande
Shreä Kalenders .vor Julius Cäsar sagen^ wird leicht
erachten, dafs es nicht an Ausnahmt gefehlt habe. Da-
hin deutet schon das potis^hmim in den vorhin citir-
ten Worten des Censoriiius, welches «u erkennen
gibt, dafs der Schaltmonat auch wöl einmal anders-
wo, ab in den Fehihiarhis, einge^schoben worden sei,
wenn sich gleich mit Ausnahme des Jahrs 708 d. St,
des nächsten vor ddr julianischen Reform^ nirgends
eine deutliche Anzei^^ davon fihdet. Dafs selbst im
Februarius der Sch«iltmonat keinen ganz festen Sitz
hatte, lehren ein paar Stellen des Livius. An der
einen heifst es *): Intercalainm to anno; postridie
terminalia intercatares fuerant^ Wäre dies die
^ unverletzliche Regel gewesen, so würde sich der
Schriftsteller eines so unnützen Zusatzes enthalten
haben. Dai^ sie aber wirklich Ausnahmen erlitt, se-
hen wh* aus einer andern Stelle, welche also lautet ^):
Hoc dnno intepctdahim e.9t. T^riio die post ter-
minaKa Calendae intercalares fuere. Man suchte
nämlich von Alters her, ^Te'Ma-crobius bemerkt'),
das Begegnen der Nundinae mit den iNonis und mit
dem Neujahrstage sorgßltig zu vermeiden. Ein solcher
Fall trat im Jahr 714 d. St. ein, wo man, wie Dio
Cassiüs berichtet *), einen Tag gegen die festge-
setzte Notm einschaltete, damit nicht der Anfang des
nächstfolgenden Jahrs auf die IN^nndinas treffe, wel-
chen
1) 1. XLV, c 44.
2) 1. XLin, c. 11. ...
3) Satum. I, 13.
4) L XLVm, c. 33, Vei^l. l XL, c. 47 and L LX, c. 24.
An der letztem Stdle Mgt der Gescbiehtschreiber, daf» die Non-
dinaa versetzt woMeo seien. Dies w»r aber schwerlidi je der
Fall
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Röjner. , 289
eben Tag man nac6lier wieder ausmerzte, lim keine
Störung in dem damak schon eingeführten julianischen
Kalepder zu verursachen. Da nun Cäsar seinen
Schalttag unmittdbar auf die Teripinalia folgen liefs,
so ist die Voraussetzung sehr natürlich, dafs man
schon früher gewohiit war, dem aufserordentlichen
Tage dieselbe Stelle anzuweisen. Dies geht auch'
aus folgenden Worten des Macrobius hervor: Unde
dies iüe, quo abundare annum diximuSy eorüm est
permissus arSifrio, qui fastis praeeranty uti cjmi
vellent intercalaretur y dummodo eum in media
terminaliorum vel (}. ci^ inensis intercalaris ita
locarenty ut a suspficto die celehrkatefn averteret
nundinarum. Atque hoc est quod quidam Deterum
retulerunt^ non solum mensem apud ßornanos,' ve^
mm etiam diem intercalarem fuisse. Der über^-
zahüge Tdg des Jahrs, dessen hier gedacht wird, ist
der'355ste, den Numa, der Sage nach aus Vorliebe
für die ungerade Zahl, zur ursprünglicl^en Dauer deÄ
Mondjahrs hinzugefügt hat Dieser. Tag wurde ^Isö^
so^ oft dergleichen CoIIisionen zu vermeiden waren,
zwischen die Terminalia und den Sehaltraonat einge»
schoben, in welchem Fall. man nach den Idus. des
Febru^rius a. ä. XII Cedendo^ intercalares gesagt
haben mufe. Warn Macrobius kurz vorher be-
meikt, dals der überschüssige Tag dem lanuarius zu-
gelegt worden sei, der anfangs nur 28 Tage gehabi^
so sieht man wieder, dafs er seine Nachrichten ohne
Kritik zusammengestellt hat Man mds, um beides
zu vereinigen, annehmen, entweder dafs im Fortgänge
der Zeit mit dem überzähligen Tage eine Aendemng
vorgegangen sei, oder dals ihn die Ordner desKalei^«
ders nach Willkühr bald an den Sctthifs des lanüa*
rius, bald unmittelbar vor den Anfang des Schaltmo-
nats gesetzt haben. . «
19
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290 Technische Chronologie.
Nach diesen Erörterungen über das Weden des
römischen Schaltmpnats £ragt es sich*,, welche Form
durch Einführung dessdben das Jahr des Numa er-
hielt Dab es kein Mondjahr bleiben könnte, ist
kkr; denn bei' der ersten Einschaltung des kurzen
Monats gingen die Cadendae zum letzten Viertel, und
bei der zweiten zum Vollmonde zurück. Befestigung
der Monatsanfange in der Gegend des neuen Lichts
konnte also nicht länger das Princip . sein , das die
Anordner des Kalenders leitete (diese Rücksicht hatte
(ur die Romer, deren Feste nicht an.'die IVIondwech-
sd. geknüpft' waren, weniger Gewicht als für die
Griechen), sondern vidmehr die Befestigung des bei
der frühem noch rohen Einschaltungsweise schwan-
kend gebliebenen Jahranfangs^ in einerlei Gegend des
«Sonnenjahrs. Censorinus sagt' ausdrücklich ^ daüs
man den kurzen Schaltmonat eiil Jahr ums an-
dere eingeschaltet habe, ut civilis dnnus ad natura-
lem exa^quatetur. Die Römer erhielten also nun
eine Art Sonnenjahr, das sich der Ansicht Seiner
Urheber nach durch eine zweimalige Einschaltang mit
iigst Sonne ausgleichen sollte. Da sie aber bei dieser
Reform von k^ien richtigen astronomischen Grund-
$ätzen ausgingen, sondern sich bloCs eine fremde, auf
die Daner ihres Jahrs nicht paseende Schalteinrich-
t|ing aneigneten, so legten sie dadurch den Grund zu
einer Kalenderverwirmng, wie sie die Geschichte kei-
w& andern Volks kennt .
Man sieht ^ es wurden aUe acht Jahre 90 Tage
dngesdialtet Da nun von der Octaeteris der Grie-
eben dasselbe galt (114), so wird man hieraus scblie-
Isen, da(s das von Meto n in Griechenland, wenig-
stens zu Athen, gebräuchliche Schaltwesen dem rö-
mischen zum Mnster gedient habe, und dies ist auch
die Meinung des Macrobius, der die Röm^ nur in
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' Römer. ggj
so fem ton den Griechen abgehen lafst, als tlie letz-
teren'aus den 90 überzähligen Tagen drei Schaltmo«
nate zu 30 Tagen, die ersteren hingegen vier, ^bwech*
selnd %n 22 und 23 Tagen, gebildet haben«
.Nunmehr werden wir im Stande sein j die Epoche
der zweiten Refotm dfes tömisehen' Kalenders mit Tie-^
1er Wahrscheinlichkeit festzusetzen« ^Im Jahr 300 'd.
St wurden Gesandte niaeh Athen geschickt, mit dem
Auftrage, ^die Gesetzt Solo n's abzusehre3>en, und
von der Verfassung, den Sitten und Reeh|;en der übri-
gen griechischen Staaten Kunde einzuziehen, um
diese Zeit, 22 Jahre vor Einführung ^es metohscheii
Cyklüs, wfir die Octaetcris in entschiedenem Gebrauche.
Die' Voraussetzung ist also wol sehr natürlich, Üb
sie den' Römern damals bekannt geworden sei und
zur ]£in(iihrung des Mercedonius Aidafs gegeben habe.
Und ^drklich sagt Macrobius an der oben (280)
drtirten Stelle, dafs nach Tuditanus und Cassi'us
(Hemina), zweien der ältesten röm^chen Schriftstel-
ler, die zweiten Decemvirn — qiii decem tabulis
duas addider^mt — r- diejenigen warttr, die w)t»gen
des Einschaltens einen gesetzlichen Antrag an das
Volk machteil,' Offenbar ist hier von keiner Ein-
schaltung nach einmal angenommenen Grundsätzen
die Rede (diese war Sache der Pontifices), soiidertf
von einer neuen Gestaltung des Schal^esens. Man
darf daher keinen Anstand nehmen, den ürsprurig
des kurzen Schaltmonats ins Jahr 304 der Stadt zu
setzen, wo jene Decemvim am Ruder waren. D«fe
das Mondjahr wenigstens bis dahin bes^nden, be^
weis^ folgende Stelle des Dionysius *)j „Im näch-^
sten Jahv übernahm. Appius Claudius mit den übrigen
Decemvirn die consularische Gewalt ^n den^lduS'des
1)^»*. X, 59.
19*
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292 - Technische Cbrmotogie.
Mahis; man rechnete die Monate nach dem Monde,
und e» traf der Vollmond auf die Idus/^ wenn es
gleich b;efremdetv da£» er bei dieser Gelegenheit die
bald nachher erfolgte Verändenmg der Jahrsform nicht
erwähnt Die bestimmte Kunde davon rnnüs ihm ent-
weder nicht zugekommen, oder, da er dies -schrieb,
nicht gegenwärtig gewesen sein, Weim V arro nach
eben jener Stelle, des Macrobius von einem imter
den Consnln Ptnarius und Purins,, dt i. im Jahr 282 d.
St, gegebenen und auf einer ehernen Säule eingegrabe-
nen Gesetz gesprochen hat, worin sch<m de^ Schalt-
monats gedacht gewesen,, so wird man sich ans dem
Obigen (281) erinnern, dajs schon %ur Zeit des Mond-
Jahrs eine Art Einschidtung gebräuchliph sein hmlste,
durch die es mit dem Sonnenjahr ausgeglidien wurde^
Durch die neue Schalteinricbtupg erhielt das römi-
sche Schaltjahr abwechselnd 377 und 378, das Bieiir
nium also' abwechselnd 732 und 733, und das Qu^
driennium 1465 Tage« Da nun tder julianische Jahre
nur 1461 Tage halten, so wurde das römische Jahr
im Alitiei um einen Tag zu lang angepiommto, eben
um jenen Tag, :den Numa dem alten Mondjahr in
honorem imparis numeri zugelegt >haben soll (274).
Die Folge davon mufste sein,' dafis sich der Anfaog
des Jahrs diirch alle Jahrszeiten vorwärts schob.
Wenn Censorinus versicherte es habe lange ge-
dauert, ehe man diese Verschiebung wahrgenommen,
so irrt er offenbar; denn sie muiste bei einiger Auf-'
Q^rksamkeit auf die Fixstemersdieinungen, die in
der alten Welt fleifsig beobachtet wurdao, sch(m nach
wenigen Jahren s«hr merldiefa werden« Um ihr zu
begegnen, gab es, wenn die Schalteinrichtung im We-
sentlichen, beibehalten werden ciollte, kein anderes
Mittel, als di^ man von Zeit zu Zeit einen Schalt-
monat wegliefs. Dies gesdiah anfiangs vermutblich
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Römer. 8|93
ohne feste Regel;, wenigstens Teisicliert der eben ge-
dachte Schriftsteller, dals man die Abhülfe des Fdi-
lers, so wie überhaupt das ganze Scfaaltwesen, der
Willküht der Pontifices anheimgestcilt habe. Spä-.
terhin .aber wurde zur Ausgleichung des bürgerlichem
Jahrs mit der Sonne ein vier und zwanzigjähri-
ger Schaftcyklus eingeführt, dessen Einrichtung
wir, wenn auch nur im Grpben, durch Macrobius^
kennen ^). Nachdem nämlich durch zwei achtjährige
Zeiträume — octennia — die Einschaltung regehnä-
üsig fortgegangen, liefe man im dritten 24 Tage fort,
die man ih eben so vielen Jahren zu viel ge):echnet
hatte. Dies konnte so geschehen^ da£s man dem Mer-
cedonius im 20sten Jahr nur 22 Tage gab, und ihn
im 24sten gänzlich weglieik Vielleicht wurde aber
eine andere Anordnung des Schakcyklus bdiebt, wor-
über sich nichts mit Sicherheit entscheiden lälst
Man ersieht hieraus, dafs die .Römer dem We-.
ien nach schon vor Julius Cäs.ar das julianische
Jahr geliraucht haben,, wenn aueh nicht in der be-
quemen, von ihm zuerst eingeführten Form« Es ist
aber sehr wahrscheinlich, dafs die 'theorie, mit der ^
uns Macrobius bekannt macht, nie recht zur Aus*
fohrung gekommen und das romische Schakwesen-
unter den Händen der Pontifices fortwährend in ei-
nem schwankenden Zustande geblieben ist, weil Cen-
sorinus des 24jährigen Schaltcyklus mit keiner Sylbe
gedenkt, und desselben überhaupt nirgends weiter Er-
wähnung geschieht, als in folgender problematischen
Stelle des Livius^*): Omnium primum (Numa)
ad cursum lunae in duodecim menses descrihü
annumy quem, quia tricenos dies singnlis mensibus
1) Saiam. I, 13,
2^) I, 19
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394 Technische Chronologie.
b$na non eotplet^ desmitqm dies sälido anno, qui
sölstitiaU circumagi$ur Örbe, intercalaribus mensL-
ins interponendis ita dispensiwity ut quarto et
vigesimo anno ad (metam eandem solis^ tmde
orsi essent, plems annorum omnium spaiüs dies
congruerent. Hätte eis mit den ausgezeiclmelen Wor-
ten ^eme Richtigkeit, so würden sie ojQTenbar auf die-
selbe Schaltperiode gehen , von . der M an; r o b i u s
spricht Allein alle Handschriften Drakenborch's
lesen vigesimo atmd'; nur eine bat Vc»^ zweiter Hand
vigesimo quarto quoque anno, welche Lesart zu-
erst Sabellicus in 'seine Ausgabe von 1491 esnge-
fiihrt hat, dmLivius nach Macrobius emendirend.
Die späteren Herausgeber sind ihm -niit Aufnahme
von Sigonius gefolgt, der die alle Lesart Korück-
ruft, wefshalb'ihn aber Roboriellus in einer Ab-
handlung de ratione corrigendi zurechtweiset ^).
Job. Friedr. Gronov erklärt sich in seinen O^^^r-
vationes, worin, er ausführlich von dieser Stdle han-
delt '), für die Emendation, doch so, da£s er richti-
ger quarto et vigesimo anno lieset, das quoque weg-
lasse^nd^ welches nach römischem Sprachgebrauch
eher auf eine 23 als - 24]ährige Periode deuten würde.
Wir sehet! also, dals Livius nicht mit entschiedener
Sicherheit als Gewährsmann des 24jährigen Schaltcy-
klus genannt werden kann^ was gleichwohl von Pe-
tavius und anderen Chronologen geschieht, die der
alten Lesart nicht einmal gedenken. Doch läfst sich
die Richtigkeit der Emendation schwerlich in Zwei-
fel ziehen. •
, Es gibt nicht leicht eben Gegenstand der Alter-
i) S. Grat er '8 Fax critica Tom. ü, p. 23, 34.
^} l U, c. 18, p. 273 ff. ed. Platner.
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thumskmide, ah wj^them sich der Schar&iim der Ge-
lebileoi vielfacher versucht hätte, als der vorliegende.
Ein undankbares Unternehmen 'würde es sein, aUo
ifon Panvinius, Sigc^niu«, Cnjacins, Wilhelm
Lange, Petitus, Seger und anderen ersonnene
Schaltmethoden zergliedern u^d prüfen zu wollen;
sie tragen ohne Ausnahme ihren. Ungrund an der
Stirn ^ ), Nur Einer Hypothese ' mufs mit einiger Aus^
fiihrlichkeit gedacht werden, da der Name ihres XJr*
heb^ sie b^ den, Gelehrten lioch immer in einigem
Ansehen erhält, die, des Joseph Scaliger. Sie hat
langst an Petavius ^) und Gronov sehr gründliche
Beurtheiler gefunden; hier sollen besonders nur die*»
jenigen Mommte hervorgehoben werden, die diese
beiden Gelehrten weniger berücksichtigt haben, als
es nöthig scheint
Scaliger legt^) der römischen Schaltperiode,
eine Dauer von 22 Jahren beL Am Schlüsse dersd-
ben, sagt er, Iijefs man den Mercedpnius^ der die er- .
sten 20 Jahre hindurch abwechselnd 22 und 23 Tage
gehalten hatte, weg, so dals im Verlauf der ganzen
Periode 225 Tage eingeschaltet wurden. Da aber 22
julianische Jahre um 225 «Tage und 12 Stunden län« j
ger sind, als eben so viel römische Gemeinjahre au
335 Tagen, so gab 'man, um die 12 Stunden eimn^^
bringen, in dier folgenden Periode dem ersten Schdt«
monat, eben so wie dem zweiten, 23 Tage^ wodurch
am Ende zweier Perioden die Ausgleichung vollkom-
men wurde. Femer glaubt er, dals aus der 22iähri<
gen Schaltperiode und dem 5jährigen Lustrum das
i) Vergl. Handbuch 0, S. 71 ff. *
2) Docir. temp, H, 73 ff.
3) Emend. hrnp. \. II, p. 172 ff. L IV» p. ^298 ff.
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296 Technische Chronologie.
• 110jährige Saeciilnm der Römer gebQdet seL Die
eiste Periode des Saeculi habe mit dorn er^en Jahr
des Lustri angefangen, die zweite mit dem dritte^
die dritte mit dem fünften, die vierte mit dem 2we-
ten^ die fünfte mit dem vierten, und mit dem neuen
Saeculo sei wieder alles iqs vorige Geteise gekoinmecL
Das Saecuium habe also aud 5 Perioden, 22 Lustris
und 110 Jahren bestanden. Am Schiasse jedes Sae-
culi öeien die Ludi saeculares gefeiert worden. We-
der Varro, noch irgend ein anderer Kritiker, habe
von dieser jSache ehie richtige Ansicht gehabt. Von
den ersten Spielen, die nach den Cbnmientarien
der Quindecimvim im Jahr 298 d.^St. gefeiert wor-
den, bis auf Septimius Seveitis habe mai^ die li(^äh-
rigen Interyalle genau beobachtet Ziehe man von
. der Epoche der ersten Spiele 110 Jahre ab, so er-
' halte man das Jahr 188, wo des Seryius Tullius er-
stes Lustruni statt gefunden;
Man sieht, die Sache ist recht gut ausgedacht
Zuvörderst ist aber dagegen zu erinnern, da&beiden
Alten nirgends von einem 22jährigen Cyklus die Rede
ist, während sich die bestimmte Nachricht von einem
24jährigen erhalten hat. Die diesen betreffende Stelle
des Macrobius anzuführen, hält Scaliger der Mühe
gar hichtr werth, nachdem er sich über die Glaubwür-
digkeit seines Zeugnisses, auf das er. sidi doch an-
dersM^o ohne Bedenken beruft, höchst wegwerfend
geäufsert hat Dagegen dtirt er denLivius mit der
Lesart vigesimo qiiarto qiioque annoy die er (ur
die- einzige, oder doch für die riqhtigere gehalten ha-
lben mufs. Da& dieser Geschichtscfareiber, der bald
nach der juliani^chen Refonn lebte, nicht gewufst
habe, was die Römer vor derselben für eine Schalt-
periode hatten, eine '22 oder 24jährige, ist schon sehr
befremd^d^ dafs aber gar V'arrOi der gelehrteste
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Bömer. 297
Romer sekier Zeit *), von dem frühern Tomischen
Scbaltwesen, das dpch erst in seinen späteren Lebens-
jahren abgeschafft worden, keine richtige Ansicht ge-
habt haben sott, ist völlig nnbegreiflich.
Was, allein för Scaliger's Hypothese zu spre^
chen scheint, ist das Verhältnifs, in welchem seine
Periode zu dem Lustrum und Saeculum der Römer
stehen s<A. Dieser Gegenstand verdient eine genauere
Erörterung. .
Das Wort Lustrum kommt beim Ovid bald
von eineni fünf-, bald von einem vierjährigen
Zeitraum gebraucht vor * •). Plinius nimmt es zweimal
kiHTZ hintereinander für Quadriennium '). Letztere
Bedeutung fixirte sich besonders seit Einführung der
capitoGnischen Spiele unter Domitian, welche
gleich den olympischen in vierjährigen Zwischen-
räumen gefeiert wurden, die virir in Inschriften Lu-
stra genannt finden ^). Im dritten Jahrhundert
D. Chr. war es schon so gebräuchlich, Lustrum
blofs für Quadriennium zu setzen, dafs d^r sonst
so wohl unterrichtete Censorinus gar keine andere
Bedeutung mehr gekannt zu haben scheint ^ ). v
Doch hier kann^lofs von der altem Bedeutung
des Worts Lustrum die Rede sein, und diese geht
allerdings auf eilten fünfjährigen Zeitraum; d^nn
1) Man sehe nur^ wie Cicero über ihn artheilt, jead,
Quaest. 1,3.
2) Man yergleiche Jmor, HI, 6, 27 mit Fast. III, 165.
3) ff, TV. n, 47, 48.
4) Grnter's Thesaurw p. CCCXXXÜ, 3.
5) Man sehe nur, was er e. 18 fiber den OFimu magnus
der olynipisdien «nd capitoÜnischen Spiele in Yergleichaog mit
dem T<m Servins Tallins angeordneten Census ss^, wobli
man niclit vergessen nmüi, was ^nto ifuoque anno nadi rOmi-
schem Spraehgebraach beüst.
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29S Technische Chronoh^,
die Censoren blieben fünf Jahfe im Amt, und am
Schlüsse desselben und des Censüs wurde das Rei-
nigungsopfer, Lustrum genannt, zur Sühne des Volks
dargebracht, welche feierhche Handlung duiph lustrum
condere bezeichnet wird, wo condere so viel als
finire bedeutet.
Dies War die Regel Allein. sie htt so bSufige
Ausnahmen, dals die symmetrische Verbindung des
Lustri mit dem Schaltcirkel, die Scaliger voraus-
setzty^ gar nicht entstehen konnte. Livius bemerkt
einmal *): Censiis actus- eo anno (294 d. St); Ju-
strum propter Capitoüum captum^ consulem occi-
sum,^ condi religiosum fuit. Aehnliche Rüeksich-
ten müssen häufig genommen sein^; denn* in dem lan-
gen Zeitraum von 650 Jahren, die zwischen dem er-
sten von S er vi US Tullius und dem letzten von
Vespasian veranstalteten Lustrum verflossen sind,
hat es nach Censorinus ^) nicht mehr als 75 Lu-
stra gegeben. Hiermit stimmt auch ganz übereia,
was sich aus den auf uns gekonunenen Bruchstücken
der F^sti Capitolini *) über die Feier der Lustra
entnehmen läfst. Ich verweise de&halb auf das Hand-
buch der Chronologie ^) und bemerke hier nur,
dafs die in diesen Fragmenten angeführten Lustra in
Imregelmäfsigen Zwischenräumen von 4, 5, 6, ja öf-
ters von 7 Jahren fortschreiten, woraus erhellet, dals
Lustrum, als Name eines, Zeitraums, bei den Rö-
.mem nie zu der festen Bedeutung gelangt sein kann,
wie 'oAv/it«iai,v bei den Griechen.
'l) m, 23.
2) & das zuleUt angefulirte CapiteL
3) Sie finden sich in Grat er 's Thesaur. p. CCXCI bb
OCXCrV nnd voltstSndiger bei Sanclemente im ersten BQch
8«nes Werks De wdgapt acrae emendatkme»
4/) Th. U, S. 80, 81.
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. ' mtner. , 2Ml
, Eiae gai]2 ^Sbayiche Bewandtiifs hol es mit ^m
Sa^culum der I^ämer. Nach einer Haiiptslelle. beim
Censorinus *) herrschlea über die "Dauer dieses
ZeitrauiQS bei deit Römern zwei verschiedene Meinim-'
gen, indem ihm einige 100, andere 110 Jahre baleg»
ten. Zur ersten bekannten sich.yaler>ius Antiäa^
Varro und Liviusj die andere M^eint, wiei^ sicli
Censorinus ausdrückt, bestätigt %\x werden durch
den Ausspruch der Qüindeeimvirn, der Aüfbe*
wahrer und Ausleger der sibylliniscben Bücher, dutch
die nach diesem. Ausspruch gemodelten Verordnung
gen, die August bei der von ihm vei'anstalteten S仫
cularfeier ergehen liels, und durch das damals gesun^'
gene Carmen Saeculare des Horaz, nach welcheoi
sie undenos decies per annos wiederkehr«a sottte,
Dals dasSaeculum lOÖ Jahre halte, scheint die
allgemeine- Ansicht der römischen Alterthumsforseher
und Grammatiker gewesen zu sein. Man aehe nur,
\rie sich Varro %) und Festus öder vielmehr der
von ihm epitomirte Verrius Flaccus hierüber äu-
£sem. Selbst Censorinus neigte sich zuletzt tn die^
ser Meinung hin, wenn er sagt: Nostri maiores^
quod naturale saeculum (er meint die längste Le**
bensdauer der Menschen) quarUma esset y eocplora^
tum non habebanty civile ad certuni annorum mö-
dülum centum statuerunty ^vohei sie, setzt er hin<>
zu, wie in so manchen anderen Stücken, den Etrus^
kern gefolgt sind. Auch Acron, der alte Ausleger
des Horaz, geht zu Od. IV, 6 in diese Ansicht ein;
zum Carmen Saeculare dagegen bestätigt er die
110 Jahre des Dichters.
Doch man wird sagen, es komme hier nicht auf
1) c. 17.
2) De Vng. ha. 1. V. p. 54.
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SOO^ Technische (^ronoJogie.
Meinungen und Erklärungen, sondern Uofs auf die
Epochen der wirklich gefeierten Säcularspiele und ihre
Zwischenräume' an. Da begegnet uns. nun aber Cen-
sorinus sogleich mit der Bemerkung: Temporum
si veterum revolvantur annales (modus Romani
saeculi) ZoTi^^ magis in incerto invenietur. Bis lu
d^i fünften Spielen nämlich, deren Feier August im
Jahr 737 d. St veranstaltete, unterliegt das^ Histori-
sche der ludi saeculares besondei'en Zweifeln, Nach
den Commentarien der Quindecimvir» gehör-
ten die ersten Spiele ins. Jahr 298, die zweiten, drit-
ten und vierten in die Jahre 408, 518 und 628, so
dals die Intervalle durcbgehends 110 Jahre betragen
hätten. Dagegen sollen nach Valerius Antias die
ersten Spiele 245, die zweiten nach eben demselben
905, die dritten nach Antiars und Livius 505, die
vierten nach Antias, Varro und Livius 605, nach
Piso Censorius, Cn. Gellius und dem damals le-
benden €assius Hemina aber 608 gefeiert worden
sein. IMe überall von Censorinus angeführten Na-
men der Consuln lassen die Richtigkeit dieser Zah-
len nicht bezweifeln. Man sieht, dafs ihnen im Gan-
zen das Princip einer 100jährigen Feier zum Grunde
liegt, so dafs also über die vier^ ersten Säcularfeiem
die Commentarü der Quindecimvim in offenbarem
Widerspruch mit den Berichten der Geschichtscbrei-
ber waren. .
Die Romer hegten eine grofee Achtung für ihre
sibyllinischen Bücher, die anfangs Duumviris sa-
cris faciundis, nachmals Decemviris und endlich
Quindecimviris anvertraut waren* Der Senat liefs
sie öfters in gefahrvollen Momenten des Gemeinwesens
befragen^ und veranstaltete dann auf ihren Aussprach
Sübnopfer und andere^ Ceremonien. Die alten Bü-
cher, die T ä r q u i n i u s . gekauft haben soll, gingen
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zur Z^it des Sylla mit dem Capitol ift Feuer ai^
Man sammelte hierauf von allen Seiten 9 aus Sa«^
mos, Erythrä, Afrika, sibyllinische Verse, von denen
August, nachdem er die Vyürde eines Pontifex ftbr
ximus angenommen, eine sorgfaltige Auswahl veran-
staltete und das Uebrige verbrennen liefs. Auf sei*
nen Befehl mufstendie Quindecimvim die vor Alter
verblichenen Verse eigenhändig absdireiben, damit sie
den Augen der Profanen entzogen blieben ^), worauf
er sie in einem vergoldeten Behältnifs unter dem Fu£s^
gestell des Apollo Palatinus niederlegen Uefs ^ )• Dies
sind die verstis Sibyllinij von denen Hora'z im An^
fange seines Carmen saeculare spridit Ein Fragt
ment davon ist yermuthlich das aus 37 Hexametern
bestehende sibyllinische Orakel, das uns Phlegon
Trallianus^) und .Zösimus *)* aufbewahrt habSi.
Es enthält den Ausspruch-, dafs die Römer stet^ sie^*
reich sein würden, wenn sie alle HO Jahre auf deni
Campus Martins mehreten Gottheiten der Ober» und
Unterwelt, die namentlich aufgeführt werden, Opfer
darbrächten. Galläu§ '^) hat die Zahl 110 in 100
ändern wollen; allein Zosimus liest, entschieden 110«
Die Verse haben daher zu August 's Zeit gewiT^i
eben so gelautet; ob aber ^uch früher, ist nicht so
ansgemacbL Nach einem uns von Censorin aufbe»
wahrten Fragment des Varro thaten die sibyllini*
sehen Bücher bei einer gewissen Gelegenheit (vieU
leicht 305 d* St.) den Ausspruch, dals man dem Dis
pater und der Proseipina die ludos Terentinos,, d. v
1) Dio Cassios 1. LIV, c. 17.
2) Suet. Jug. c 31.
2yDe longaevU^ p. 127 ed. Meorsii.
4) Eist. 1. n, c 6.
5) De Xhae. SibyJl. dias. I, c. 6.
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303 Technische Chronologie.
eaeculareSi "ttiem vtnA damit aHe 100 Jahfe fortfah-
ren solle. Auch beini A'ugusliYius *) findet sich
die« Notix, daf» in einer gefahrvollen Periode der pa-
nischen Kriege auf Veranlassung der sibylKni^chen
Bücher die ludi saeculares gefeiert wurden, quorum
telebritas inter'centunt anhos fueYat institata^
felicioribjisque temporibus memoria negUgente per-
terato Er paeint ohne Zweifel di6 Feier des Jahrs
505, und was er Ton Vernachlässigung sagt, muft
auf die im Jahr 405 versäumte gehen.
Sueton gedeiikt^) der Säcularfeier unter Au'-
gost als eines abgekommenen^ damals wieder cmeu-
ti^n Gebrauchs. Auch Zosimus, der ausführlich von
den Säcularspielen handelt, bemerkt, dafs sie August
M^der aufgefrischt habe, nachdem ^ sie eine Zeitlang
vemaehlässigt worden wäreh. Nach' den .Commen-
t^rien der Quindecimvirn hat aber bijs znrfünt
W Feier hin so wenig eine V^madhlässigung statt-
gefunden, dafs August nicht einmal das Ende des
1 toten Jahrs abwartete, sondern das Fest schon im
Veriauf dessdben wiederholte. , Dägegto fehlt in der
htrtidertjährigen Reihenfolge bei den Geschichtschrei-
bem die Feier, welche im Jahr 705 d. St hatte ein-
treten sollen, aber vermuthlic^ defshalb nicht in An-
regung kam, weil in diesem höchst unrubvoUen Jahr
der Bürgerkrieg zwischefa Pomp eins und Cäsar
' ausbrach.
Sueton und Zosimus scheinen afeo die £po-
cJien der yier früheren Säcularfeiem, wie sie die Quin-
decimvirn bestimmt haben, gar nicht anzueikennen.
' Da nun. kein Geschichtsschreiber diese Feiern, die
doch zu den merkwürdigsten öffentlichen Verhand-
1) De ewi dei DI, 18.
3) A. a. O. Vcrgl. awid, c. 21.
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* Römer. 203
hmgen gehört haben mü&t«), erwähnt; da <4ie «^hre^
an die sie geknüpft sein Rollen, ^imtdeü vxvn Antiäs,
m V i u 6 nnd anderen^ angegebenes im .Widerspruch
stehen, nnd da sich vor dem augusteiscben Zeitalter
nirgends eine Spur einer 1 lOJährigen Feier zeigt, aber
wohl, selbst nach dem Anssprudfai d^ sibyliimscheii
Bücher '(301), einer 100jährigen, so ■ wird es niemand
befiremden, wenn Petayius^ Taffiirus *). und an*
dere die Vermuthung aufstellen, dals die Quindecim»
vim^ über die Zeit der Säcülarfeier von August 'he«
fragt, die vier ersten Feste ersonnen haben, um ihr^
Angabe, dafs sie in 110jährigen Zwischenräunien in
feiern seien, desto mehr Gewicht zu geben. .
Was konnte sie aber veranlassen, die 100jährige ,
Feier in eine 110jährige zu verwandeln, und wird
letztere nicht immer noch für Scaliger's Hypothese
sprechen, da sie von einem llOjährigeii Säculum zu
zeugen scheint?
Mit einer auf Veranlassung der sibyllinischen Ora^
kd im Jahr 628 der iStadt veranstalteten Sühne des
Volks mag es seine Richtigkeit haben. Ceremonicffii
dieser Art waren gewifs nicht selt^ sind aber, wenii
gleich ähnUehe Lieder dabd gesungen sein mögen,'
mit den Säcularspieren nicht zu verwechseln, wie
schon ein alter Ausleger zu v. 21 dech Carmen sae«
culare bemerkt: Saecularis airmmis duplex de-
1) S. seine Sclirift de ^etermn Romanorum aimo saecuJan'
m achten Bande yon Gr'aeyii Thesaurus Ant, Rom, Noch an-
dere Werke ütrer diesen Gegenstand werden Th. 11, S. S9 de«
Handbuchs genannt. In demselben sind aach Notizen übev.di|^
nach dem Zeitalter des Angnst gefeierten Säeularspiele.iBQ-
sammengctragei^, von denen hier nicht gehandelt werden kann,
£s liegt ihnen theils das Princip des 100, theik des llOjäKrigeA
SaccnÜ zum Grunde. «
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304 Techfuscke Chronohgie.
voih esse cansueverai: aut enim pro, sedanda oid
tdtanda pestilentith (tut pro certo et constituto nume-
ro annorum. 'Ab nun August die seit 605 oder ot8
yernachlässigte Säcularfeier unter gesetzKchen Fotmea
xttipi^iederbohlen wünschte, so thaten die Quindecimyiniy
von jener Ceremonie, als der letzten, die stutt gefunden
jiaben mochte, ausgehend, den Ausspruch, dals die Spiele
vor 110 Jahren gefeiert wären, und dafs ihre richtige
Epoche, wiedergekehrt sdl. Eis kam ihnen dabei der
schwankende Gebrauch des Wortes Saecuban zu stat-
ten, das nach Cens.orinus eigendtch- spatiwm vitae
humanae longissimum partu et morte definkum
bezeichnet. Dem Ausspruch^ gemäfe modelte dann
August seine Edikte und Horaz sein Carmen sae-
culare.
Da sich also Scaliger's 22jährige Periode auch
durch die Säcularfeier der Römer nicht bestätige
will, so kehren wir zur 24jährigen (293) zurück, die
' wenigstens Ein entschiedenes Zeugnife > für sich h^t
W^nn sie zu verwickelt scheinen soUtci^ al^ dals sie
~ einem Volkskalei^d^r zur Grundlage gedient haben
' könne, so mochte sie sich vielleicht gerade dadurch
den Patriciern empfehlen^ denen darum zu thun sein
mufste, dals die Plebejer ihr kalendergeheimnils nicht
ganz durchschauten.. .
Wann ist aber diese Periode eingefiilirt worden?
Man könnte geneigt sein, den Consul Manius Aci-
lius Glabrio des Jahrs 563 als ihren Urheber zu be-
trachten, weil, er' uns In der Stelle des Macrobius
^ über das römische ^Schaltwesen als einer der Begrün-
der desselben genannt wird, und weil sie zu genau mit
dei^ Himmel übereinstimmt, als dafs man ihr, da die
Römer erst damals zu einiger wissenschaftlichen Cul-
tur zu gelangen anfingen, ein höheres Alter beilegen
könnte. Es ist aber Thatsache, dafs .ein Jahr später
der
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Bämer. 305
der r&opiisebe Kalender in eben so gro£ser Verwirning
■war, wie zur Zbit -seiner Reform durch Julius Cä-
sar.. Livius^) gedenkt nämlich einer grofsen Son.
nenfinstemifs vom 11. Quintilis des Jahrs 564. Dies
kann keine andere sem als diejenige, welche im Jahr
190 V. Chr. am 14. März des julianischen Kalendera
eintr^J; und zu Rom beinahe total war ^ ). Eine solche
Verschiebung des römischen Kalenders von fast vier
Monaten konnte nur durch Weglas^uiig mehrerer
Schaltmonate entstanden sein. Wir werden also die
Einführung der 24jährigeq»Schaltperiod#und den Zeit-
punkt, wo der römische Kalender einigermaßen mit
dem' Hinunel übereinstimmte, in irgend eine frühere
Periode zu setzen haben. Worauf die Anträge jenes
Con$uIs an das Volk eigentlich gerichtet waren, ob
auf eine neue Gestaltung des Schaltwesens, oder auf
eine, bipise Rectification des durch eine wiQkührUche
Anwendung der Schallprincipien verschobenen Kalen-
ders, steht dahin. Einlrrthum kann übrigens bei der
ganzen Notiz unmöghch obwalten, da sie aus ^en
Fastis seines 2^itgenosäeQ Fulvius Nobiliar, Con-
suis im Jahr 565, entlehnt ist.
Zu den Gelehrten, die sich besonders viel Mühe
^ 1) 1. XXXVII, e. 4.
2) Ich habe sie nach den Delambreschen Sonneii- und Mayer«
Blasonschen Moadtafeln genau berechnet. S. meine Abhandlung
über die Zeitrechnung der Römer (in den Schriften
der berliner AJcädemie aus den Jahren 1818 und 1819) S. J55.
£ben dase&st S. 163 gebe ich auch die Resultate der Berech-
nung einer Mondfinstemifs, die «ich nach Lirius (1, XplY c
37) in der Nacht vom 3ten zum 4ten römischen September des
Jahrs 586 d. St. ereignet haben soll, und keine andere gewesen sein
kann, als die totale FinsteTnifs in der Nacht vom 21 zum '2^. Ju*
mus 16$ Tw Chr. Man steht, dafs auch damals der römis^e Ka-
lender dem antidpirten iulianiaichen bedeutend vöreilte.
,20
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306 Technische Chronologie.
'geget^en haben, in das Chaos der altern romischen
Zeitrechnung LicHt und Zusäminenhsnig zu bringen,
gehören Dodwell *) und D6 la N^^uze «). Die
Arbeit des ersten wird gewifis ein jeder nuCsliingen
nennen, der von einem solchen Gewebe gezwungen«'
Vennuthungen und Erklärungen einige Notiz nehmen
will. Der zweite sucht folgende Hypothese durehzu-
fuhren: „Das Gemeinjahr der Kömer behielt bis auf
Julius Cäsar seine von Numa festgesetzte Dauer
von 355 Tageki. Mit seltenen Unterbrechungen wurde
ein Jahr ums andere der Mercedonius eingeschaltet,
abwechselnd von 22 und 23 Tagen. Vier auf einan-
der folgende römische Jahre hielten daher 1465 Tage,
dahingegen vier julianische nur 1461 geben. Eine
"Folge dieses Unterschiedes war, daCs die Monate in
365 Jahren alle Jahrszeiten durcUiefen. Die Jahre
4er Stadt hingegen, nach denen die Geschichtschrei-
ber rechnen, sind feste Sonnen jähre; denn sie wur-
den durch den Wechsel der Consuln bestimmt, die
als Befehlshaber der Heere im Winter gewählt wer-
den muGsten, um bd ^et jedesmaligen Eröffnung des
Feldzuges auf ihrem Posten zu sein. Da nun das
bürgerliche Jjahr wandelbar war, so ist die geschicht-
lich feststehende allmählige Verschiebung des Datums,
mit welchem die Consuln ihr Amt. antraten, ganz In
der Ordnung/^ Man sieht, dals bei De la Nauze
von keinem^ Schaltcyklus die Rede ist Er bemüht
sich, die "Perioden, durch die das Schaltwesen regel-
mäfsig fortschritt, so wie die Epochen und Gehalte
der willkührhchen Einschaltungen, die sich die Pon-
$) De.CyclU, diss. X
2) S. seine Abhandlung: Le CaUndrier Romain dqnds
Us Deeenwirs juaqu ä ia eorrection de JuUt Cisßr^^ Im SÖBtea
Bande der Memoire* de Vdead des Inecriptums.
Digiti
izidby Google
' lU^^er. 307
tifices erlaubten, auszumitteln, und entwirft dann am
Ende seiner Untersuchung, den Ergebnissen derselben
gemäfs, eine Tafel, worin der Anfang eines jeden Con-
sularjahrs im julianischen Kalender nachgewiesen ist.
Man mufs gestehen', dafs er hierbei nicht ohnfe
Scharfsinn und Umsicht verfahren ist, und dafs be-
sonders das, was er über die Jahrszeiteu einzelner,
von Cicero nach Monatstagen bestimmten Begeben-
heiten aus dem Zeitraum seines Con^ulats* und der
folgenden Jahre beibringt, alle Aufmerksamkeit ver-
dient. Aber im Gans^en , genommen hält auch seine
Hypothese nicht Stich, wie ich in meinem Hand-
buch ^) genügend dargethan zu haben glaube *).
Bei der grofsen Willkühr, mit, der die Pontifices,
wie wir gleich sehen werden, das Geschäft der Ein-
schaltung betrieben, scheint das einzig sichere Ver-
fahren, zur Kenntnifs der Stelle zu gelangen, die ein
jedes Consulat im julianischen Jahr einnimmt, darin
zu bestehen, dafs man ohne vorgefa'fstc Meinung durch
sorgfaltige Vergleichung aller sich ergebenden Zeit-
metkmale die julianischen Data der einzelnen Bege-
benheiten wenigstens annäherungsweise > zu ermitteln
sucht. Diesen Weg hat Hr. Albert in seinem Abrege
chronologique de V histoire Romaine^ so weitDio-
nysius'und Livius seine Führer waren, nicht ohne
Glüclc betreten • ).
l)Tb.lI, S. 95ff.
2) Man Tergleiche aacb, was Hr. Dannon über sie nrthmlt.
Journal des Savans 1820, p. 658 ff;
3) VArt de ahifier les dates ewant r£re chrHienne^
Tom. IV und V.
20*
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308 Technische Chronologie.
Jahr des Julius Cäsar.
Die Feste und Opfer der Römer wareuv an be-
stimmte Monatstage geknöpft. Afan betrachtet^ daher
das Kalenderwesen als einen Theil des Cultus und über-
trug die Ani^dnung desselben den Pontifices^ die, we-
nigstens in früherer Zeit, sämmtlich zur Patricierkaste
. gehörten. Diese benutzten ihn als ein- Mittel mehr,
die Plebejer zu drücken, indem sie ihnen, die Kennt-
nifs der Tage^ an denen Gericlit und Comitien gehal-
, ten werden durften, möglichst zu entziehen uhd sie
dadurch in beständiger Abhängigkeit Von den Patri-
ciera zu erhaltn^n suchten. Zwar hatte, der Sage
nach, Cn. Flavius^ Scriba des Appius Claudius,
im Jahr 450 d. St dem , Volk das Geheinitiifs der
dies fasti verrathen *); allein, es bljeb ihnen nodi
der Schaltmönat, deu sie ihren jedesmaligen Pri-
. yatabsichten gemäfs gegen die i^orm anzusetzen oder
wegzulassen sich erlaubten. Pontißcum arbitrio in-
tercalandi ratio permissa, heibt es beim Censo-
rinHS *); sed horuni plerique ob odium vel gra-
tiam, quo quis magistratu citins abiret,^ diittiusve
fimgeretur, auf piMici redemtor ex arini magni-
tiidine in lucro damnove esset^ pliis minusve ex lud-
dine intercatando^ rem sibi ad corrigendum man-
datam idtro depravarunt. j%e, allein, sagt Plu-
i) Fastös circa forum i^ albq proposidt^ ut^ quando Up
og^ posset^ scirHur. Liv. L IX, cT 46. Vergl. Cicero prü L
Murdena c. 11; Val. Max. II, 5; M aerob. Saturn, I, 15. Aas
, einem Briefe des Cicero an den Atticas (VI, 1) ersehen mr
., fibngens, dafs dieser die ganse Geschichte bezweifelt, nnd jener
X ihm darin nicht TÖlIig Unrecht g^eben hatte.
2] c. 20. In gleichem Sinne äufsem sich Maerobins Sa-
twn.% 14; Ammianns MareellinusXXVI, 1 undS<^lina8 c. 1.
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larch *), vnifeteir um ^e Zeit; plötzlich mwl ohpe
dals es jemand alinte, stoben sie den Schaltmonat
ein. Dadm-ch entstand eine solche Verwinung im
Kalender, ut neque vtessium feriae > aestati^ neque
vindemiarum aütumna competerenty wie sich Sue- ,
tonius aiisdrückt \). Schwerlich gilt dies alles blofs
von der Zeit^ die der julianischen Reform zunächst
vorangegangen ist, und es erscheint daher jeder Ver-
such, durch einen Schaltcyklus > Ordnung in den frii-
hem römischen Kalender zu bringen, als völlig eitel
Auch wird bei der Dtirftigkeit unserer Quellen jede
Bemühung, die Schaltjahre auf historischem Wege zu
ermitteln, erfolglos bleiben.
^ Julius Cäsar erwarb sich als Pontifex maxi-
mus, welche Würde er in seinen letzten Jahren un-
ter den höchsten im Staat bekleidete, das grofse Ver-
^dienst, dafe er nicht blofs die 'römischen Monate zu
den Jahrszeiten zurückführte, denen sie ursprüngfich
angehört hattai, sondern auch zur Veihütung ferne-
rer Verschiebungen eine möglichst einfadie Schaltre-
gel aufstellte. Bei seinem Aufenthalt im Orient war
ihm das feste Soiinenjahr bekannt geworden (71).
Er hatte nun den einfachen Gedanken, ein^ vierjäh-
rige Ausgleichung einzufuhren, indem er drei ägypti-
schen Jahren zu 365 Tagen ein viertes zu 366 bei-
gesellte, wodurch ein Cyklus von 1461 Tagen gebil-
det wurde, der nur um etwa J Stunden zu lang ist,
sich also erst in 128 Jahren um einen Tag verschiebt.
Ob er den Unterschied mit Hipparch in 300 Jah-
ren auf einen Tag, oder mit Callippus auf Null ge-
setzt hat {145), lälst sich nicht mit Sicherheit ent-
scheiden, da die nicht ungelehrten astronomischen
i) Fifa Caes. c. 59.
2) Caesar c 40.
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310 Technische Chronologie.
Schriften, die er nach M aerob ius *) hinterlassen ha-
ben soD, untergegangen sind; genug er berücksich-
tigte ihn bei seiner Schalteinrichtung nicht
Die Ausdrücke 9 in denen die Schriftsteller von
seiner Kalenderverbesserung reden ^), zeigen, dals er
weder, wie in gleichem ^ Falle Gregor Xm, blofs
seinen' Namen dazu hergegeben hat, noch, ganz ohne
Zuziehung der Gelehrten dabei vorgeschritten ist Ak
sein Lilius und Qavius werden uns vom Plinius der
Peripatetiker Sosigenes, und vom Maerobius der
Scriba M. Flavius genannt Jener schdnt ihm bei
der wisselftchaftlichen, dieser bei der technischeB Par-
tie behülflich gewesen zu sein.
Das Wesen und die Umstände der Reform ler-
nen wir am« bündigsten aus dem Censorinus ken-
nen. Hier wird zuerst bemerkt, dals sie m sein drit-
tes Consulat, also ins Jahr 708 det Stadt, 46 v. Chr.,
gehört* Diesem Jahr gab er eine Dauer von 445
Tagen; denn aufser .dem gewöhnlichen Schaltmonat,
der diesmal 23 Tage hielt, schaltete er noch zwei
außerordentliche Monate, zusammen von 67 Tagen,
zwischeki den November und December ein. Die 10
Tage, die^ er dem alten Jahr zulegte, vertheilte er auf
die 7 Monate, die bis dahin 29 Tage gehabt hatten
(274), indepi-,er dem lannarius, Sextilis und De- |
ceniber je zwei und den vier übrigen je einen Tag
1) Saturn. L 16. Plinins f^rt imter den ron üun beim
achtzehnten Bach benutzten Quellen ein Werk Cflsar's de
astris an.
2) Die Hauptstellen smd: Plutarch vüa Caes. 1. c Did
Ca 8 Sias L XLIII, ^. 26. Appianas de beüo civ. L H, eztr.
Ovid Fast. IIl, 155 £^ Sueton Caes. 1. c« Plinins ff. ff.
XVin, 57. Cenrorin 1. c Maerobius iSd/nrn. I, 14. Am-
mianns Marc 1. c. Letzterer legt die Kalenderreform in% dem
August beL
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Römer.
311
zulegte. In den vier Monaten, die schon früher *31
Tage gehabt halten ,> hafteten die Nonae/nach wie
vor auf dem siebenten, In den übrigen auf dem fünf-
ten. Der Tag, der alle vier Jahre aus den 6 Stun-
den erwischst, die das Sonnenuhr ergänzen, sollte al-
lemal nach abgelaufenem vierten Jahr an derselben
Stelle eingeschaltet werden, wo sonst der Schaltmo-
nat seinen Sitz gehabt hatte, nach dem 23. Februar.
Das Jahr, dem Cäsar eine so abnorme Gestalt
gab, um die Calendas lanuarias, die bis gegen die
Herbstnachtgleiche- zurückgewdchen waren, zu, ihrer
ursprünglichen Stelle im Sonnenjahr zurückzuführen,
wird von den neuern Chronologen das Jahr der
Verwirrung genannt, von Macrobius treffen-
der annus confusionis ultijnus» Nach C e n s o -
r i n u s bestimmter Angabe der Länge der drei einge-
schalteten Monate läfst sich mit Zuziehung der Trü-
hern Dauer der übrigen leicht folgendes Schema entn
werfen:
Römische
Zahl
Anfang im wahren
Monate.
der Tage.
jul. Kalender;
lanuarius a. u.
708 29
13. Oktober 47 v.
Chr.
Februarius
23
11. November
Mercedpnius
23
4. December
Letzte Tage
des
Februarius
5
27. December
RIartius
31
1. Januar 46 v. Chr.
Aprilis
29
1. Februar
Maius .
31
2. März
lunius
29
2. April
Quintili^ '
31
1. Mai
Sextilis
.29
1. Junius
September
29
30. Junius
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312 Technisch Chronologie.
Römische ^ Zahl
Anfang im wabren
Monate. . der Tage.
juL Kalender.
October 31
29. Jölius,
November 29
29. August
2 . aüfserordentEche
Schaltmonate 67
27, Septemher
December 29
3. Decembei^
lanuarius a. tu 709
1. Jairtiar 45 v.Chr.
Summe 445
Macrobius spricht nur von 443 Tagen. Da er
aber die Dauer der Schaltoionate nicht angibt, so
verdient Censorinus Aussage den Vorzug. Dais
das Jahr der Verwirrung aus fünfzehn Monaten be-
standen habe, sagt auch Sueton sehr bestimmt
Wenn also Dio Cassius versichert, dafe nur 67
Tage eingeschaltet wurden und die Angabe von meh-
reren verwirft, so hat er Recht, in sofern auf den
Mercedonius, der auf das Jahr der Verwirrung nach
Suelon's Ausdruck ea: consuetudine traf, keine Rück
sieht genommen wird. . •
Die 67 aufser der Ordnung eingeschalteten Tage
sind nach Puteanus nicht unwahrstheinUcher Mei-
nung * ) also vertheilt gewesen ;
Mensis intercalaris
prior 29 ^. September.
Mensis intercalaris
posterior 31 " 26. Oktober.
Epagomenen 7 ;" 26. November.
Von dem erstem Monat ist in dnem Briefe Oicero's
die Rede?).
Man kann fragen , wodurch Cäsar bestimmt
i^ Be bissexio eoh 442.
2) Ad div. VI, 14.
,Digitized
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Bömer. ; 313
I
worden sei, dem Jahr ,der Verwirrung gerade die
Dauer beizulegen, die er ihm gegeben bat Offenbar
wollte er die Calendas des {anuarius zu ihrer ur-
sprünglichen SieHe in der Gegend der'Bruma oder
des küixesten Tages zyriickfuhren. Das Wintersolsti-
tium ereignete sich unter d^m Meridian Roms im Jahr
46 V. Chr. am 24. December um 0 U. 9^ Morg. m. Z.
Hätte er den 1. Januar gerade auf die Bruma setzen
wollen, mit der ihn Ovid etwas leicht verbindet ^), so ,
hätte er die sieben Epagomenen sparaGi können. Er
mufs aber zugleich die Absicht gehabt haben, dea
Anfang des ersten richtigen Jahrs anf den Neumond
zu bringen, der zunächst auf die Bruma folgte, um
auch in diesem Punkt seine Achtung für die uralten,
von ihm so viel möglich beibehaltenen Kalenderein-
#richtungen des Numa an den Tag zu legen. Der
mittlere Neumond ereignete sich zu Rom am 1. Ja-
nuar des Jahrs 45 y. Chr. oder 709 d» St. um 6 U.
16' Abends und der wahre am 2. Januaif um 1 U.
34' M^rg. m. Z. - Auf diesen Umstand zielt ohne .
Zweifel Macrobius mit den nicht ganz treffend gp-
wählten Worten: Annum civilem Caesar habjtis
ad Junam dUnensionibus constitutum edicto .
palam posito publicaviU Schade, däCs dieses Edikt
nicht auf uns gekommen ist! Auch Plutarch er-
wähnt dasselbe, wenn er vom Cicero die Anekdote \
erzählt, dals er, als ihm jemand nach der Kalender-,
reform sagte, morgen wird die Leier aufgehen, spöt-
tisch erwiederte: ja wohl, nach dem Edikt
Aus Plinius und Columella *) ersehen vnr,
1) Fast^X 163. AnchCcnaorinus sagt (c. 21): Einige
(er meint die Roqaer) fangen ibr Jabr a novo solt /^ est a
bruma an«. Besiimmter drückt sich Servitts zu Aen, VII,
7-20 ^08. 2) Ä. R. IX, 14.
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314 T^hnische Chronologe.
^ ' V ^ ,
da& Cäsar das Wintersolstitium an den VID. CaL
lan. oder den ^25. Deicember* geknüpft bat. Die übri-
gen Cardines setzte er, der Gleicbförmigkeit wegen,
^ eben so wenig genau auf die VIII Calendas. Viel-
leicbt war es dieser Umstand, der seinem astronomischen
Consulenten Sosigenes die Schwierigkeit verur-
sachte, von der Plinius spricht: Trinis commenta-
tionibus, qnamquam diligentiar caeteris, non ces-
sävit tarnen addubitare, ipse semet corrigendo *).
Um nicht die Intervalle zwischen den Fefiiten ei-
nes jeden Monats zu ändern, setzte Cäsar die zu 7
Monaten hinzugekommenen Tage ans Ende jeines je-
den, peractis cuhisque mensis feriisy wie Macro-
bius sagt, der ihre Stellen einzeln bezeichnet ^). An
den Stellen der Nonae und Idus änderte er nichts,
so dals die vier Monate Martins, Maius, Qointilis und
Öctober sich dadurch noch immer als diejenigen kennt-
lich machten, die ursprünglich 31 Tage hatten. Statt
dals man sonst in allen* Monaten, mit Ausnahme des
Februarius. 17 Tage vor den Calendis gezäUt hatte,
' sagte man jetzt nach den Idus im lanuarius, Sextilis
und December a. d. XIX, im Aprilis, lunius, Septem-
ber ui>d November a. d. XVIII, im Martins, Maius,
Quintilis und October, wie vorhin,, a. d. 'XVII, und
im Februarius a. d. X^^[ Calendas, nämlich des fol-
genden Monats. ^
Wie man beim Datiren die Monatstage gezählt
habe, mag hier beispielshalber der lanuarius lehren :
1) Merkwürdig bt es, dafs Dionjsius yon Halicarnafs,
der nach Cäsar's Reform schrieb (im Jahr 745 d. St Ant, \
3), die Jahrpunkte mn anderthalb bis iwei Momte hinter die
Zeitpunkte setzt, die ihnen CSsar's Kalender anwies. Wie man
sich dies za erklären habe, ersehe man Händb. II, S. 124.
2J Vergl. Handb. U, S. 125.
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Römer. 315
Laufende
Römische Bezeichnungs-
Tage.
, weise derselben.
1
Calendae lanuaritie oder /a-'
nuarii ^ )
" 2
a. d. IF' Nonas lanuarias
oder Nonarum lanuarü. .
3
a. d. in
4
Pridie Nonas lanuarias.
5
Nonae lanuariae.
6
a. d. VIII Idiis lanuarias
oder Idtmm lan^ariu
7 •
a. d. FII
8
a.d. VI
9
a.d. r
10
a. d. IV
11
ä. d. III
12
Pridie Idus lanuaruis.
13
Idus lanuarine. ,
14
a* d. XIX Ckdendas FebrUa-
rias oder Calendarum Fe-
^
bruarii.
15
a. d. XVIII
16
a. d. XVII
17
a. d. XVI
18
fl. d. XV
19
a. d. XIV
-20
a. d. Xlli
21
a. d. XII
22<.
a. d. XI
23
a. d. X
24
a. d. IX
25
a. d. VIII
1) Nämlich mensU.
Die MonatMuimen sind eigentlich Ad-
jecti^en. ,
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316 Tei^ische Chrowlogie.,
Laufende ' Römische Bezeichnungs-
Tage. weise derselben.
26 a. d. VII
27 a^d. VI
28 a,d.V
"19 a.d. ir
30 ö. d. th
- 31 Pridie Calendtis Februärias.
Nach dieser Analogie wird man den Kalender leicht
fortfuhren können, wenn man nnr bedenkt, dals in
den^ Monaten Martins, Mains, Quintilis' und Oetober
der zweite Tag mit a. d. VI Non.y in den übrigen
mit a. d. IV Non. bezeichnet wird. Auf die No-
nas' folgt durchgehends a. d. VIII Idm. Wie man
nach den Idus sagte, ist schon bemerkt worden.
Das ante diem oder abgekürzt a. d.^ welches
beim Datiren gewöhnlich der Zahl vorgesetzt wird,
steht geradehin Mr di^ und ist yermuthUch durch
Inversion entstanden^ indem man ante diem ter-
tium Idus Öctobres für tertio {die oder, teHiiim
diem) ante Idus Öctobres sagte, was sich wirklich
hoch beim Tacitus findet^). Es steht übrigens ohne
alle Kraft, wie schon daraus eirhellet, dafs man noch
die Präpositionen in und ex daVor setzte, t. B. in
ante diem quartum CaL Decembres distuüt ^).
Selbst wenn man nicht' datirte, sagte man ante diem
ohne Weiteres für die, z. B. ante ifuem diem üu^
rus sity statt quo, die ' ).
Den Schalttag setzte Uäsar an die Stelle des
1) Ann. XU, 69.
S) Cicero Phil. UI, 8. '
3) Caesar de beU. eitf. I, 11. Merkrrürdig ist no(^ bei
Lesern SchrütsteOen Is dies erat ante diem V Cdk JprUis^
„CS wi^ der 28. März." De beU. Gaü. \ 6.
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• Römer. 317
Sehaltmonats z^Yischen Termin a Ha und R^gifu-
gium odeV zwischen a. d. P^II xatA VI CdL Mar^
tias. Um nun im Schaltjahr an der .Bezeichnung der
Terminalia und übrigen Tage rück\^ärti5 bis zu den
Idns des Februarius nichts ändern zu dürfen, gebot
er den Schalttag durch a. d. bissextum CdL Mar-
tias anzudeuten, woher denn derselbe den Namen
bissextum erhielt, wie Censorin berichtet Natürlich
wird man andi eben so gut bissextus, nämliislidies
gesagt haben^ wie sich antius bissextus für das
Jahr findet, in welchem eingeschaltet wird ^ )• Das
bei den neuem Chronologen sehr gebräuchliche bis-
sextilisist unrömisch« Es findet sich zuerst bei
Beda ^). Im Schaltjahr datirten die Römer also:
23. ö. d. VII Calendas MarÜQS. .
24. * a. d. VI (bissextumj
25. ä. d. VI
26. a. d. V
27. a. d. IV'
28. a. d. III
29. Pridie Calendas Martias.
Der 24. Februar ist der eigentliche Sehalttag, wofiir
er noch jetzt in unsem Kalendern gilt Die römi-
schen Rechtsgelehrten erklärten von den beiden Ta*
gen, die a. d. seacttim Cal. Martias heilsen^ ganz
richtig deQ posterior, d. i. den vom März entfern-
tem, nicht den prior, den ihm nahem, för dei^
Schalttag *).
Cäsar's WiUe war, dais peracto quadrienhii
4) Angastinas epist. 119, 7.
3) De tenip. rat. c 9. '
3) PoHerior dies hUerealatur^ non prior ^ Celsas in den
IHgestU an der oben (386) angeföhrten Stelle. VergL Hand-
buch tl, 130 und 621.
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318 T€chnisch0 Chronologie.
circuüu, wie Censorinus, oder quinto quoqtie in-
dpiente anno, wie Macrobiu^ sich ausdruckt, das
Bissextum eingeführt werden sollte. Um dieser Re^
gel vom Anfange an ihre Gültigkeit zu geben, scheint
er, wie auch Scaliger glaubt * ) (ein bestimmtes
Zeugnils gibt es hierüber nicht), gleich das erste
Jahr seiner neuen Zeitrechnung, oder, wie die Römer
gagten, das erste julianische Jahr — a. u. 709,
V, Chr. 45 — xum Schaltjahr gemacht zu. haben.
In seinem Kalenderedikt stand vermuthlich quärto
qtwque anno, und dies gab zu dem Mifsgriffe An-
lals, dafs die Priester, wie Macrobius ssigt, anno
qiiarto non peracto sed incipiente d. i. alle drei
Jahre einschalteten. ^ So wurdc^n die Jahre 712, 715,
718, 721, 724, 727, 730, 733, 736, 739, 742, 745
d. St. Schaltjahre, statt dafe es die Jahre 713, 717,
721, 725, 729, 733, 737, 741, 745 hätten werden
sollen. Im Jahr 745 wurde also (die von Cäsar
selbst gleich anfangs gemachte Einschaltung mitge-
rechnet) zum ' IStenmal eingeschaltet, statt dafs es
erst zuin lOtenmal hätte geschehen sollen ^). Die-
ses Vitium sacerd^aüs festinationis^ wie es der
ebeogedachte Schriftsteller nennt, führte eine neue
Cdrrection herbei. Augustus ge^ot nämlich im
Jahr 746 d. St, iwölf Jahre ohne Einschaltung \m-
gehen zu lassen, also die drei Schaltjahre ^749, 753
und 757 zu Gemeinjähren und erst wieder das Jahr
761 oder 8 n. Chr. zum Schaltjahr zu maclien, wo-
durch Alles in das von Cäsar yorgeschriebene Ge-
leise zurückgeführt wurde * ). Von diesem Zeitpunkt
1) Emend. temp. l IV, p. 329.
2) Ibn yergleiche, was hieraus ^bea (SO) für den Neajahrs-
tag des alezaiidriiiiselieii Jahrs gefolgert ist
3) Die neue Anordpnng des Kalenders wurde nach Mac^o-
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mmer. ' 319
an bis auf den heutigen Tag hat der julianisciie Ka^
lender, der blofs noch bei den Bekenneni der grie-
chischen Kirche im Gebrauch ist, keine Störung wei-
ter erlitten. ' '
Das Verdienst, das sich Cäsar und August um.
die Verbesserung der Zeitrechnung erwarben, scheint
zunächst Veranlassung zur Einfuhrung der Monatsna«
mea lulius und Augustus gegebeu %i habep. Jen^
wurde anno luliano secundo^ wie CensoriUHs
sagt ^), also im Todesjahre Cäsar's, dem Quinti-
lis beigelegt, in welchem er geboren war *). Die-
sen führte August selbst bei Gelegenheit seiner Rec«
tijicalion des Schaltwesens ^) anno Augnstano JTJT,
wie es bei ebendemselben S^chriftsteller heift»t, d* i.
im Jahr 746 d. St (7^) eiti. Er wählte nicht den
Septeniber, in welchem ei? geboren war, sondern den
Sextilis, wegen der vielen von ihm in demselben
gewonnenen Siege, welche in dem von Macrobius *)
aufbewahrten Senatsconsult, wodurch dieser Namens-
Wechsel sanctioni^ vrurde,/ aufgezählt; sind.
Es ist sehr zu bedauern, dafs die Fasti des Ju-
lius Cäsar nicht in ihrer ursprünglichen Form auf
uns gekommen sind* Bruchstücke davon haben sich
auf manchen in und aufser Rom gefimdeneo ^Denk-
mälern erhalten, aber keins gibt eine Idee von allem,
bius, der uns hierüber am genauesten unterrichte t, auf eine
eherne Tafel eingegraben, auf der die Schaltregel bestimmter
dardi qtdnto quoque ineipierHe anno gefaCst war,
1) e. 22,
2) Dio Cassins 1. XLIV, c 5. Appianus hell, ew. l.<
II, p. 494 ed. Steph. Naeh Macrobius (Saturn, I, 12) traf der
GebortBla^ auf den IV Idus Quintilis.
3) Dies sagt Sueton ausdrucidich. Aug,,c, 31.
4) A. a. O. Yergl. auch die oben dtirte Stelle des Sae-
ioaius. '
dby Google
320 Technische Chronohgif.
was in dem Kalender, wie er aus den Händen seines
Urhebers gekommen ist, gestanden haben muüs. Diese
Bruchstitcke sind voiji Gruter und vollständiger von
Foggini gesammelt worden ^). Letzterer steHt fol-
gende 11 mit gelehrten Erläuterungen begleitete Ka-
lender zusammen:
1) das Calendarilim Maffaeiorum, welches
durch alle Mona^ geht;
2) das CaL Praenestinnm von Verrius
Flaceus zusammengetragen, und nur in Fragmenten
der Monate lanuarius, Februarius,' Martins, Apcilis und
December vorhanden,
\ 3) das Cal. Capranicorum mit den voOstän-
digen Mbnaten Augustus und September;
4) das CaL Amiterninum mit Fragmenten
der Monate Mains bis December.
, 5) das CaL Antiatinum mit Bruchstücken der.
sechs letzteren Monate;
6) das CaL Exquilinum mit einem Theil des
Maii)S und lünhis^
7) das CaL Farnesianum nur mit einigen
Tagen des Februarius und Martins;
8) das CaL Pincianum mit Fragm^iten der
Monate lulius, Augustus und September;
9) das CaL Venu sin um mit den vollständigen
Monaten Mains und luvins;
10) das CaL Vaticanum mit einigen Tagen
des Martins imd Aprilis;
11) das CaL AJlifanum mit einigen Tagen
des lulius und Augustus* v h
1) Fastorum anai Rofiund.a Verrto ^FUic^o wdinatoru»
TtlUfuiae. Rom.' 1779, foL Hiermit ist zu Terbtttden: Van Yais-
■en Animadversicmum hisUrUo'eH^L^aram ad FasU» Itonumo'
rum sacros fragmenta^ digessit et pnufatu^ eet Ckrift
Saxiv0. Utrecht 1785, 4.
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, Hörnen . 3^1
/ Ueberalt finden sich die Monätstage eben 6o mit
den wiederkehrenden acht ersteh Buchstaben des Al-
phabets bezeichnet, wie sonst, in unsem Kalendern
mit den sieben ersten. /Diese' Buchstaben beziehen
sich keinesweges auf einen Mondcirkel, wie Bian»
chini glaubt ^), sondern auf die von den Nundinis
gebildeten woche^iähnlichen Zeitabschnitte. Die Rö-
mer hatten nämlich eine achttägige Woche. tSie-
ben Tage arbeitete der Landmann; am achten kam
er in die Stadt, um zu handehi und sich nach .Staats-
angetegenheitien zu erkundigen^ we3 jeder römische*
Bürger, auch auf dem Lande, Antheil an der Gesetz-
gebung und Vertheihing der Staatsämter hatte. Die-
ser Alarkttag wurde Nundinae genannt, weil er nach
römischem Sprachgebrauch neno quoqiie die Mnledi^r-
kehrte ^ )• Jeder Gesetzvorschlag mufste zur Einsicht
sämmtiicher römischen Bürger ein Trinundinutn,
d. i. zwei*iömische Wochen hindurch, die Nundinae,
Wodurch sie begrenzt wurden, mitgerechnist,, also 17
Tage, angeschlagen bleiben. Diese 2^iteintheilung war
bei den Römern uralt, ~ indem ihre Einführung' von
einigen dem Romulus, von anderen dem Serviuis Tul^
Eos beigelegt wird. ' Nach Macrobius. scheint sie
sich von ^eq Etruskem herzuschreiben *'). Die Ord-
npng der Nundinae scheint eben so Wenig, wie die
unserer Sonntage, je eine Unterbrechung erlitten zu
haben; aber wohl-modificirte man hin und wieder
einen Monat, um das Zusammentrefifen.der Nundinae
1) De ealendarh et cyclo Caesarh, Rom 1703, foL
3) Yarro B. B. U praef. Dionya. VIi; 58. Colamella
m praet Piiii.,i7. N. XVIH, 3. Macrob. ScOum, I, 16. Unter
den Nenem handelt uß griuidlicbsten luervon Eryciua Patea-
BB» (270).
1) Saiurh. I, 15.
• 21
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;J22 Technische Chronologie.
mit' den Noiiis und dem Neujahrstage zu verhüten
(288). Die Reihe. jener acht Buchstaben stand also
mit den Nundinis in Verbindung. Zwar änderten
diese, gleich unsem Sonntagen, mit jedem Jahr die
Stellen^ die sie in den einzelnen Älonaten einrndimen;
map durfte sich aber zu Anfänge des Jahrs nur den
Ptundinalbuchstaben merken, um auch die übrigen
Buchstaben als Stellvertreter der jNamen unserer Wo.
dhentage gebrauchen zu können.
Die Einrichlmig der Nundinae bestand bis auf
Constantin, der . sie mit , den Sonntagen cqmbi-
nir^te *). Nun wurde die siebentägige Woche, die
. schon friiher, b^im christliclien Cultus gebräuchlich
war, auch ins bürgerliche Leben eingeführt
In allen obigen Kalendern findet sich der Cha-
rakter der einzelnen Tage bemerkt, ob sie nämlich
F. {fgsti)j N. (nefasti), W. {nefasti ex parte) ^
En. {intercisi) oder C. (comitiales) waren. Ene
Erklärung dieser Benennungen geben Varro. und Ma-
crobius^). Zuweilen ist ein Tag, der in einem
Kalender ein C. hat, Im andern mit einem F. bezeich-
net. Der Unterschied kt gering; denn die comitia-
les ^ wenn ah ihnen keine Comitia gebalten wurden,
waren zugleich ya^fi. Auch sind die Feste, deren
die Romer eine grofse Anzahl hatten '), und in ei-
nigen die merkwürdigsten Jahrstage angemerkt
1) Grutcr Inscr, p. CLXIV^ 2. Puteanus de Nundims
e. XXYI, col. 682. Erst Theodosius gebot die Feier des
Sonntags durch förmliche Gesetze. Codex Theodos. L II, tit
8; L VMI, tit. 8. .
2) De ling, laL 1. V, {►. 59. Saturn. I, 1$.
3) Man vergleiche das Glossitire deSf dateg, öu liste alpha-
hetique des noms peu eonnus de certains fourf du mois p.
140 ff. des rierten Bandes des Werks VJh de yerif, les da-
tes avant J, Chr.
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Böjner. . 323
So 2. B. «teht im Calendario Antiatino beim 1. Au-
gust: Augmtus Alexandriam recepit. Es wurde un-
mittelbar nach der julianischen Reform gebräuchlich,
dafs die Verferliger der Kaiendet dergleichea Notizen,
gnben, um den Imperatoren zu schmeicheln. Die
Licenz ging in diesem Punkt sehr weit.
Wegen noch zweier vollständig auf uns gekom-
menen romischen Kalender aus späterer Zeit verweise
ich auf das Handbuch ^ )•
In allen bis jetzt aufgefundenen Kalendern ver-
mifet man die Auf- und Untergänge der Gestirne und
die Witterungsanzeigen, die. Cäsar nach dem Bei-
spiel seiner Vorgänger, des Meton, Eudoxus und
anderer, in seine Fastos aufnahm. Bei dem höchst
schwankenden Zustande, worin sich die römische Zeit-
rechnung vor ihm befunden hatte, waren die Land-
leute, Schiffahrer, kurz alle diejenigen, denen diö rich-
tige Beachtimg der Jahrszeiten ein Bedürfnife war,
genöthigt gewesen, sich nach den Erschemungen der
Gestirne zu richten. Die feste Jahrsform, die er bei
seinem Kalender zum Grunde legte, machte zwar der-
gleichen Zeitbestimmungen entbehrlich; er hielt es
indessen für nöthig, die Römer mit den Monatsnamen
bekannt zu machen, denen die Erscheinungen ent-
sprachen, die ihnen bis dahin zur Richtschnur gedient
hatten. Ob wir ^eich diese Partie seines Kalen-
ders nirgei^ds im Zusammenhange erhalten finden '
(vielleicht • entdeckt man einst noch auf klassi-
schem Boden ein * Monument, welches diese Lücke
unserer antiquaiischen Kenntnisse ausfüllt), so kom-
men doch so viele Bruchstücke davon beim Övid,
Plinius, Columella und anderswo vor, dafs sie sich
fast vollständig wiederherstellen lassen wird. Ich
1) Th. II, S. 139 ff.
21*
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'324 Technische Chrom^gte.
habe einen Versuch dieser Art in einer Abhandlung
über den astronomischen Theil der Fasti
des Ovid gemacht *). Die Rechnung hat gezeigt,
dals er die Auf- und Untergänge der Sterne nicht
durchgehends nach eigenen Beobachtimgen angesetzt
,hat, sondern meistens älteren, auf südlichere. Polhö-
hen sich beziehenden, Angaben gefolgt ist
'Die feste Jahrsform, die er seinem Kalender zum
Grunde legte, entwöhnte die Landleute aOmählig von
der Beachtung der Auf- und Untergänge der Sterne.
Columella, der am Ende des ersten Jahrhunderts
der Reform schrieb, hielt es noch für nöthig, in sei-
ner Nachweisung der Hauptgeschäfte des Landbancä
überall neben den Monatstagen die zugleich eintref«.
fenden Fixstemerscheinungen zu erwähnen, dahinge-
gen der etwa hundert Jahre später lebende Palla-
d i u s seinen Ruralkalendcr blols an die Monatstage
geknüpft hat.
Aus Varro *), Plinius •) und Columella*)
erhellet übrigens, dals Cäsar sein Jahr in acht Zei-
ten theilte, denen er eben so viele gleiche Abschnitte
der Ekliptik anwies. Die Data deri^elben. waren fol-
gende:
Bruma 25. December.
Veris initium 7. Februar.
Aequinoctium yemum 25. März..
Aestatis initium 9. MaL
Solstitiuni 24. Junius.
Autumni initium 11. August
Aequinoctium autumni 24. September.
Hiemis initium 11. November.
1) Abhandlangen der Berliner Akademie' aas den Jäh-
ren 1822 und 1823.
3) R. R. I, 28,
3) Ä IV. XVm, 64 t 4) Ä Ä IX, 14; XI, 2.
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Bömek 325 ^.
Man sieht^ dafs er nicht, wie es |e|zt geschieht, den
Anfang, sondern die Mitte d^s Frühlings, Soin-
merSv, Herbstes und Winters auf die Nachtgleichen
und Sonnenwenden brachte. Wie weit pr dabei ei-
ner vaterländische^ Gewohnheit gefolgt ist, läfst sich
nicht mit Sicherheil ermitteln. Auch der Umstand
verdient noch bemerkt zu werden, daCs er die Jahr-
punkte nicht in die ersten und die Anfänge der Jahrs-
zeiten nicht' in die 15ten Grade der entsprechenden
Zeichen, sondern jene in die 8ten, diese in die 23sten
gebraicht hat Er folgte hierin, , wie wir aus dem
Columella ersehen ^), Aen Kalendem des Meton
und Endo XUS, nicht etwa, dals er die Aequinoctien
und Solstitien östlich von den Anfangen der Zeichen,
sondern diese von jenen yv^estlich schob, wovon der
Grund kein anderer sein konnte, als der, daDg so die
Hanptsteme der Bilder des Thierkreises , vpn denen
die Zeichen ihre Namen haben, symmetrischer in den-
selben zu stehen kamen, als bei der gewöhnlichen
Begrenzung der Zeichen. Eudoxus, der in diesem ' ■
Punkt sich nicht gleich blieb, setzte, v^ie Hipparch
versichert *), in seiner Gestimbeschreibung die Aequi-
noctien und Solstitien gar in die Mitte der Zeichen,
Jet5^t haben sich in Folge der Vorrückung der Nacht-
gleichen Bilder und Zeichen längst gänzlich gegen
einander verschoben (19). ^
So viel übör die Jahrformen der Römer. Es
muls nun noch von ihren Jahrrechnungen gehan-
delt werden.
Dafs sie ihre Jahre nach den Consuln zählten,
ist allgemein bekannt Es geschah dies selbst noch
imter d^i Kaisern, so wenig auch die beiden Con--
i ) S. die erste der auf der vorigen Seite angeführlen Stellen,
i) In Arati Phaen, I, 10 tnid öfter.
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326 - Technische Chronologie,
suln, die man, um einer alten Form zu geniigen, fort-
während jährlich wählte, an der Seite des Princeps
zu bedeuten hatten. Dies Scliattenwesen erlosch erst
gänzlich unter Justinian im Jahr 1294 d. St, 541'
n. Chr.
Als die Romer in der letzten Hälfte des sechsten
Jahrhundei'ts der Stadt ihre Geschichte mit einiger
^Kr^tlk zu bearbeiten anfingen, suchten sie die Namen
ddr Consuln, Kriegstribunen und Dictatoren;» nach de-
nen sie die Jahife Ijezeichnet fanden, an eine vater-
ländische Acre zu reihen. Zu Epochen boten sich
ihnen am natüriichsten die Gründung der Stadt
und die Einführung der Consularregierung dar,
und feste Ver'gleichungspunkte gewahrte ihnen die
damals schon geordnete Olympiadenäre.(160).
Ihr ältester Geschichtschreiber, ja eigentlicher
Prosaist, Q. Pabiiis Pictor, lebte erst zur Zeit des
zweiten punischen Krieges. Früher wurde bei ihnen
wenig geschrieben und die Griechen fingen erst seit
Pytrhus an, Notiz von ihnen zu nehmen *). Sagen,
Nationalgesänge, spärliche Urkunden, die Register
der Censoren und die Annales Maximi waren da-
her die einzigen Quellen für ilire frühere Geschichte.
Was die letzteren betrifil, so lag dem Pontifex
Maximus ob, die Hauptereignisse eines jeden Jahrs,
Finsternisse, Prodigien, pestartige, Krankheiten, Kriegs-
begebetiheiten, Triumphe und dei^leichen auf einer
weifseh Tafel — in alba — zu verzeichnen, und zur.
Einsicht des Publikums in seiner Wohnung aufzu-
stellen. Nach Cicero geschah dies vom Anbeginn
1) Tim aus aus Sicilied, der in der letzten llälfte des fW-
ten Jahrhunderts lebte, war einer der ersten, der ihrer in seiner
Universalhistorie — xotvat taroqiai, — gedacht hatte.
Dion. Hai. 1, 6,
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, Römer.' 327
Rotna bis auf den Pontifex Mucius *), der um die
Zelt der Gracchen lebte. Nichts ^konnte seiner Ver-
sicherung nack magerer sein, als diese Annalen ^).
Hr. Niebuhr*), sich auf eine SteDe eben dieses
Schriftstellers *) gründend, macht es sehr wahrschein-
lich, dafs die früheren Tafeln zur Zeit der gallischen
Zerstörung grölstentheik verloren gegangen waren,
und dafs die Pontifices sie spätei^hin mit Benutzung
einiger geretteten Bruchstücke aufs Geratliewohl wie-
derhergestellt hatten. . Dies, sind die heiligen Ta-
feln — iBQou ÄÄroi — , aus denen nach Dionysius * )
die V römischen Historiker geschöpft haben. Man wird
daher leicht erachten,* wie schwankend ihre Ansich-
ten über die Zeitverhältnisse ihrer altem Geschichte
waren.
Hierziu kam noch der Umstand, dals sie bei ih-
ren .Untersuchungen imm^r einen dreifachen Jahraii-
fang jbvi unterscheiden hatten, den bürgerlichen,
historischen und politischen. Für den bürger-
lichen oder ^ wenn man lieber will, religiösen,
hat lange der i. Martins gegolten (283). Unter dem
historischen verstehe ich den Tag, auf den eine
alte Tradition die Gründung Roms setzte imd von
dem daher auch eigentlich, die Jahre; der Stadt ge-
zählt wurden, das Fest der Palilia am %i. April
(280). Der politische, ich meine den Eintritt der
Consuln, nach denen die Jahre in den öffentlichen
Akten unterschieden wnirden, sch^rankte bis auf den-
1) Da erat, n, 12.
2) De legg. 1, 2l, wo dem ganzen Zusaminentiaoge nach
ieiunius statt iueundius za lesen ist.
3) Rom. Gesch. Th. I, S. 278 ff.
4) Da republ I, 16.
5) 1, 73.
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328 Technische Chranohgie. ^
Anfang des siebenten Jahrhunderts der StadL In den
ältesten Zei^'der Republik waren die Calendae
Sextiles der Anf^ang des Magistratsjafars, wie Li-
Yius berichtet *). Weiterhin, ainr Zeit der Dpcem-
vini, finden wir*bei ihm die Idus Maias als so-
lenuies ineundis magistratibus genannt ^ )• Dann kom-
men bei ihm in gleicher Beziehung die Idus De-
c^mbres ^) und späterhin die Idns Martiae vor*).
Erst seit dem Consulat des Q. Fulvius Nobilior und
T. Annius Luscus, a* u. 601, traten nach Cassio-
dor *). die Consuln, wie nachher immer, an den Ca-
lendis lanuariis ein* Dieser Tag wurde nun auch,
wenn nicht schon früher, der Anfang des bürgerli-
chen Jahrs«
Ob diese und vielleicht noch andere uns mincler
zuverlässig bekannte Wechsel eine Verlängerung oder
Verkürzung des Magistratsjahrs vorausAststten, war
eine wesentliche Frage, die sich die römischen Chro-
nologen schwerlich in jedem Fall genügend zu beapt-
worten wufeten. Der Uebergang zu den Idbs des
December war, wie vnr aus der Geschichte der De-
cemvim wissen, ehie Veriängerung, und der zu den
Calenden des lanuarius, wie Cassiodor sagt, eine
Verkürzung. In der Regel entstand der Wechsel nach
Hm. Niebuhr's Meinung ^) daher, dals man anfangs
1) in, 6. Aach Dionysins spricht beim Jahr 5278 vom
Sexülig. K, 25. ,
2) ra, 36, Vergl. Dion. X, 59.
IV, 37; V, 9 und 11.
S. den Anfang des 22, 26 nnd 32sten Bachs. HerI:wu^
dig, immer die Calendae and Idus, die arsprün^chen Pfea-
and VdUmondstage.
Ö) Chrmicon p. 681. Opp. ed. 1656. Vergl« Handbocli
II, 148 ff.
6) S. 294.
%
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JSiimer. 329
■ \ . - '
auch für die Consula iifi unter den Königen gebrauch-
fiche Wahl durch Int.er reges beibehielt, wenn die
ausscheidenden Consuhi die Wahl ihrer Nachfolger
nicht zu Stande gebfacht hattei^^ Dauerte nun das
Interregnum auch nur einen halben Monat, so konn-
ten daraus mit der Zeit bedeutende Verschiebungen
des Cönsularjahrs entstehen, indem die Magistrate/
wie eis die .Formel ihrer Wahl: at qui optimo iure
facti sint versprach, immer ein volles Jahr im Amte
blieben. Die nothwendige Folge davon war, dals
eine Verwirrung in der Jahrrechnung entstand, zu de-
ren Abhülfe die alte Anordnung gedient zu haben '
scheint, dafs der oberste Prätor )ährlich an den Idus
des September im Tempel des lupiter Capitolinus als
notß numeri annorum einen Nagel feinschlagen mufste.
Livius, der uns von dieser sonderbaren Thatsache
unterrichtet ^), sagt, dafs noch unter dem Consulat
des Cn. Genucius und L. Aemilius Mamercinus, d.
i. im Jahr 3!91 d. ^t, ein Dictator clavi ßgendi
causa gewählt wurde. Die Ceremonie hatte jedoch
damals schon, ihre frühere Bedeutung verloren; denn
man wiederhohlte sie blofs, um den Zorn der Gotfier
zu besänftigen, weil man aus dem Munde alter Leute
wissen wollte, dafs einmal eine pestartige Krankheit
b Folge derselben aufgehört hatte.
Nimmt man nun alle diese Umstände zusanuEuen,
so wird man sich gar nicht wundem, wie die alten
Geschichtforscher über die Zeit der Erbauung- Roms
so sehr verschiedener Meinung sein konnten.^ Auch
abgesehen von der gewifs uralten Tradition beim Sal-
Ius t ^ ) und anderen, dafs Rom von trojanischen Flücht-
lingen gegründet sei, schwanken die Hypothesen in
einerii Zeitraum von fast anderthalb Jahrhunderten»
1)VU, 3. 2) Bell. Cat. c. 6. .
dby Google
Digitized fc
330 Technische (Jhronohgie.
Am weitsten ging in seinen Rechnungen der
pichter Ennins zurück. It) zwei uns von Varro')
aufbewahrten Versen:
Septingenti sun^paulo plus aut minus anni^
Augusto augurio postquam incluta condita
Roma'sty
gab er der Stadt ein Alter von 700 Jahren. Da er
nun im Jahr 585 d, St^ gestorben ist ^), so kann er
die Erbauung Roms nicht später als 870 v. Chr. ge-
setzt haben. Einige Gelehrte haben geglaubt, da&
hier, von zehnmanatlichen Jahren (265) die Rede
sei, welche allerdings die so abweichend erscheinende
Zahl 700 fast ganz auf die herrschende Ansicht zurück-
, bringen würden. Allein es wäre nicht zu begreifen,
warum der Dichter sich einer Jahrform bedient
hatte, die seit Numa liicht mehr, wenn aiirders je,
im Gebrauch war, und wie dem so gelehrten Varro,
der nur 100 Jahre später lebte, nicht eingefallen sein
sollte, was es mit einer ZeitbestiiÜmung, die er mit den
Worten: In hoc nunc denique est, ut dici possity
. • • . non cum Ennius scripsit^ als eiiie verfehlte
darstellt, eigentlich für. eine Bewandnifs hatte.
Timäus, der etwa 100 Jahre früher als Ennius
schrieb, setzte die Gründung der Stadt gleichzeitig
' mit der von Cartha^o in das 38ste Jahr vor der er-
sten Olympiade, also in 814 v. Chr. Dionysius
sagt '), et- wisse nicht, welcher Kanon dabei zum
Grunde liege.
Am jüngsten machten die Stadt Q. Fabius
Pictor und L. Cincius Alimentus. Nach jenem
soll sie im ersten Jahr der achten^ nach diesem im
1) R. R. HI, i. "Vcrgl. Suet. Jug. c. 7.
'2') Ciiepione et PMUppo iterum Consulibüs, Cicero Cai.
Maj. e. 5. 3) I. 74.
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Homer. 331
Vierten ,der zwölften Olympiade erbaut «em *)• Letz-
tere Bestimmung bringt ihre Gründung bis zum Jahr
728 T. Chr. herab. 'Aue übrigen Angaben lassen sieh
auf die drei Jahre OL 6, 3, OL 6, 4 und OL 7, 1
zurückführen. ~
Für das erste erklärte sich M. Terentius
Varro. Dies findet sich zwar nirgends ausdrückliefa
gesagt; doch läfst es sich mit aller Sicherheit aus ei-
ner Stelle des Censorinus schliefsen, wo er das
Consularjahr des Ulpius^ und Pontianus, unter
welchem er schrieb, nach den chronologischen Grund-
sätzen dieses Romers feststellt Er sagt, es sei das
101 4te Jahr seit der ersten Olympiade und das 991$le
seit Erbauung Ropis, jenes von der Feier der olym-
pischen Spiele im Sommer, dieses vom Feste, der
Palilien gerechnet * ). Das Iiitervall zwischeüi den
Epochen beider Acren beträgt demnach nicht völlig
23 Jahre. Varro mufs also die Er][>auung Roms
auf den Frühling des dritten Jahrs der sechsten Olym-
piade gesetzt haben. Eben dies läfst sich, wenn auch
nicht so bestimmt, aus einer Stelle des Plutarch
folgern •).
' Mit allem Fug nennen daher die neuem Chro^io-
logen die Rechnung, nach der Rom im Frühlinge des
Jahrs 3961 der juhanischen Periode oder 753 y. Chr.
erbaut sein soH, die varronische Acre. Hiemach
ist a. u. 753 das erste Jahr vor, und 754 das erste
1) Ebendaselbst, wo über die den Fabins betreffenden Worte
fiadi der Taticaniscben Handschrift za ergänzen sind. Handb,
I, 152, '
2) An die bereits pben (157) citirten Worte reihen »ich
unmittelbar folgende: a Romaautem condita DCCCCXCI^ et
gmdem ex ParUibus, pnde urbis tnmi numerantur*
3) FUa Rom. c 12. Vergl. Handb. H, 153,
' Digitized by VjOOQIC
339 Technische Chronolof^e.
nach Christi Geburt Um also eio Jähr der Stadt,
dessen- Zahl nicht gröfser als 753 ist^ in das Jahr
V. Chr. zu verwand^bi oder umgekehrt/ muTs man
die jedesmalige Jahiszahl von 754 abziehen. So
wurden Corinth und Carthago zerstört a. u. 608
H i. 754 ^ 608 = 146 v. Chr. WiU man Jahre
d« St., die gröJber als 753. sind» mit Jahren nach
Christi .oder umgekehrt vergleichen, so muls man
von jenen 753 abziehen oder zu diesen 753 addiren^
wo man dann im ersten Fall Jahre n. Chr., im letz-
tem Jahre d^ St erhält (gewöhnlich vernachlässigt
man hierbei den fa^t viermonatlichen Unterschied des
Anfanges der Jahre der Stadt und unserer Acre. Selbst
die Romer scheinen die Verschiedenheit jener Jahre
von denen der Considn, auf die Censorinu^s auf-
merksam machf^ wenig beachtet zu haben.
Der Meinung des Varro, deren Gründe uns
übrigens ganz unbekannt sind, traten^ was ihr kein
geringes Gewicht gibt, Pomponius Atticus und
Cicero bei, von denen Solinus versichert*), dafe
sie. die Erbauung Roms in OL 6, 3 gesetzt , haben.
In den Wericen des letztem, so wie in den paar noch
vorhandenen des Varro selbst, findet sich nichts,
was auf diese Bestimmung hindeutete. Auch Vel-
leius Paterculus pflichtet ihr bei ^). Eutropius
verdient hier nur in so fern genannt zu werden, als
man aus ihm ersieht, welche Ansicht zuletzt die vor-
herrschende geworden ist; denn er spricht ganz zu-
versichtlich vom XI CaL Mail Olympiadis seaiae
anno tertio *).
Die^ zweite Meinung, nach der die Gründung
1) t. l. Vci^l. Handb. II, 156.
2) ^i«l. I, 8. Vcrgl. Handb. II, 157,
3) hrev. I, 1. ,
Digitize^by VjOOQIC
Rüther, 333-
Roms auf den Frühling Ol 6, 4 *u setzen istj schreibt
Dionysius dem M» Porcius Cato zu. Er trägt
sie zuerst als seine eigene vor, mit den Worten *):
,,Im 4328ten Jahr seit der EinnahiKie Trojas. er-
baute, eine Colonie Albaner, geführt von Roniulus und
Remus, die Stadt Rom, im ersten Jahr der siebenten
Olympiade, -als der Messenier D^icles im VVettlauf
den Preis davon trug, im ersten des zehnjährigen Ker
' giments des Archön Charops (152)." Weiterbin stelit
er die verschiedenen Hypothesen^ die er vorfand, zu-
sammen, und bei dieser Gelegenheit sagt er ^): „Por- >
eins Cato bestimmt zwar das Oljrmpiadenjahr der Er-
bataing nicht; allein mit der ihm eigenen in Saräm^
lung urkundlicher Nachrichten bewiesenen Soigfal^
worin ihn nicht leicht jemand übertroffen hat, setzt
er sie 432 Jahre später, als die Zerstörung Trojas.
Diese Zeit durch die Chronographie des Eratostheneg
gemessen, trifft auf das erste Jahr delr siebenten Olym^
piade. Dafs aber Eratosthenes Kanon riclitig sei, Und
wie rnaii die römischen Zeiten mit den griechischen
vergleichen müsse, habe ich' anderswo gezeigt *)".
Auf welche Combinationen sich die Zahl 432.
beim Cato gründete, wissen wir nicht *). Die Ver^
gleichung mit dem Kanon des Eratosthenes^ hat
vermuthlieh nicht er, sondern erst Diotiysius ange-
stellt Unstreitig wird hier das oben (156) angeführte
Fragment gemeint Nach diesem beträgt d^r Zeit-
1) I, lU Wesentlich noch einmal II, 2.
2) I, 74. • ^
3) *'E^ 9'oiq X90V01S9 wie Casaabonns anmerict Dieses
mitergegangtee Werk wirfl dflers Ton Clemens Alezandri-
nua ciürt
4) Obne Zwei£ßl war dieser Gegenstand in seinem grofsen
historiifehen ^erke, Orlgiws betitelt, abgehandelt.
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334 Techniiche C»ronohgie.
ramn zwischen der Zerstörung Trojas und der ersten
Olympiade 408 Jahre. Legen wir diese Bestimmung
xum Gnmde, so kommen wir richtig auf den Anfang
der siebenten Olympiade. Da aber, auch Di onysius
die Gründung Roms ayf die Palilien setzt ^)j so
.kann et nur an die des Frühlings OL 6^ 4, v. Chr.
752, gedacht haben. Die dionysische^ oder, wie
man gewöhntich mit Scaliger sagt, die catoni-
»che Acre, gibt demnach ein Jahr weniger, ak die
varronische. Wollten wir mit Dodwell*) die
Paühen des Jahrs OL 74^ v. Chr. 751, nehmen, weil
Dionysius ausdrücklich dieses Jahr nennt, so würde
ein Unterschied von neun bis zehn Monaten zwischen
seiner Rechnung und der von ihm eigentlich gemein-
ten Epoche entstehen, den er schwerlich unberück-
sichtigt gelassen haben wftrde. '
vEusebius und Solinus treten ihm bei Der
erste, nachdem er unter OL 6, 4 bemerkt hat: „In
dieses Jahr setzen einige diis Erbauung Roms, ^' nennt
OL 7,1 als das erste der Stadt ^). Der andere drückt
sich also aus *): CoUatis nostris et Graecoruvi
' tempöribus invenimus incipiente Olympiade septima
Momam conditam.
Die dritte Meinung endlich, nach der Rom noch
ein Jahr jünger sein soll, legt Dionysius dem Po-
ly bius bei * )• Nach Soli q\i s sollen sich auch
1)1,88.
2) Man sehe seine BchTrerfällig gelehrte Ahhandlung: Chrth
notogia Gmeco* Romana ex hypothesibus Djonysü HatUar-
naäsei yor der hudsonschen Ausgabe.
3) Chron, VoL U, p, 175 detf armenisch -lateinischen Textes,
4) A. a. O.
5) I, li^ Anch P. Cornelius Scipio bdm Cicero {de
repubh n, 10) scheint diese Bestimmung seines Freundes Polj-
bius im Sinne gehabt zu haben, Wenn er Ton grSechischeB
Annalen spridit, die Roms Erbanong in OL 7^2 a|tJEten.
Digitized
dbyGpogle
Bdmer. 335.
Erato8theae$9 ApoHodorus, C. Cornelius Ne^
po« und Q. Lutatius Catulus^) für sie erklärt ha-
ben. Unter den noch vorhanäenen Historikern iit
Ihr niemand beigetreten, und Polybius selbst nennt
in den auf uns gekommenen Büchern seiner Ge-
schieht^ nii^ends Jahre der Stadt«
Der. Grund dieser so divergenten Ansic|iten über
das Erbauungsjahr der Stadt lag wöl zunächst in der
verschiedenen Bestimmunjgsweise ,der Dauer des Kq*
nigthums. Wenn Dionysius die Zersti^rung Roms
durch 4e Gallier unter «len Archon Pyrgiort in «OL
984 seta&t, und von hier zurück bis auf die ersten
Consuln 120 Jahre zählt, so scheint er damit die herr*
sehende Meinung der griechischen und römischen An«
naiisten ausgesprochen zu haben. Er selbst legt den
Konigen y deren Regierungsjahre er einzeln nennt,
244 Jahre bei^), und bringt so die Epoche heraus,
für die «r sich bekennt Hierbei gibt er unter andefn ^
dem Numa 43 Jahre. Beim Cicero ist nur von 39
die Rede ^), und vi^ejin etwa F>abius Pictor eben
so viele Jahre ^ im üefbrigen aber wie Dionysius
gerechnet hat, so erklärt sich obiges von ihm ange»
nonrnnene Ep'ochenjabr (330)*
Doch wir wollen auf diesem schwankenden Bo*
den nicht langer verweilen. Genug, es gab zwei zu
besonderem Ansehen gelangte Acren der Erbauung .
Roms,, von denen wir . herkömmlich die eine di^
var ronische, die andere die catohische nennen'
1) Yom Com. Nepos hatte man ein Geachichtswerk des
Titels CÄrömra'( Gell. N. J. XVII, ^1), räd Lutatius Cata-
las schrieb de eonsulatu et rebus gestis suis (Cicero Brut.
c. 35).
2) Auch Li y ins sagt (I, 60): Regnatum 'Romae a con"
dita urhe ad liberatam annos ducent04 quadtaginia quaiuor.
3) De republ II, 14.
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336 Technischfi Chronolo^.
woOen, Jene hat zur, Epoche die PaliKen von OL
6,3 oder den Frühling des Jahrs 753, diese ^\t Pa-
lüen Ton OL 6,4 oder den Frühling des Jahrs 752
V. Chr. Legen \nr den Königen volle 244 Jahre bei,
so stellt sich die Epoche der Consnlaräre nach
Varro anf 509, nach Gato auf 508 v. Chr.
Es verdient aber wohl bemerkt txk werden, dafs
wir nach Jahren der Stadt blols in Consularverzeich-
nissen und von Schnftsiellern, nirgends bei öffentli-
ciien Verhandlungen und nur ein paarmal auf Denk-
mälern gerechnet finden. Auf einer Müni^e ^es Ha-
drian, die in Gold und Erz vorhanden ist, steht: ANN.
DCCCLXXitn. NAT. URB. V. CIR. CON., was man
am wahrscheinlichsten durch: Anno DCCCLXXIIll
naiali urbis printum circenses constituti ergänzt
und auf die Einführung der ludi circenses
am Palilienfeste deutet * ). Auf ^einem Marmor bei
Fabretti*) liest mscaz JExcessit anno- urbis con-
ditae DCCCXCVIL V
Es ist leine ganz irrige , durch die Lehrbücher
der römischen Geschichte nur zu sehr genährte An-
eacht,'dafs Varr6-und Cato selbst an die nach ih-
nen benannten Acren die Consnln auf eine ähnliche
Weise gereihet haben, wie sie Uns die Verzeichm'sse
der Neuem dai^teUen» Welche Untersuchungen von
beiden Römern in dieser Beziehung angestellt sein
mögen, ist uns gänzlich unbekannt« Ihre Acren sind
UoCsh als d^r Canevas zu betrachten,' auf 4len die
neuern Forscher, von dem um diesen Thdl der Al-
terthumskunde hochverdienten Onuphrius Panvi-
nius an, die Namen, der Consnln getragen haben.
' . ^ So
1) Eckhel/W^. mm. Vol. VI, p. 501 ff.
2) Inser. ml. p. 88.
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BSmer. 337
So' schwankend auch die Zeitbeatimmuiigen nuim
eher CoDSulate bei den römischen Schriftstellern sein^
mögen ^), 80 leidet es doch keinen Zweifel, dals die
varronische Aere wenigstens seit Claudius vor-
geherrscht hat, der sie dadurch gleichsam sanctionirte,
dafs er in ihrem SOOsten Jahr unter seinem wid des
L. ViteDius Consulate zur Verherrlichung des, begin-
nenden neunten Jahrhunderts dbr Stadt die sechste
Säcularfeier veranstaltete^). Seitdem rechnen Pli*
iiius, TacituSy Die Cfissius, kurz die bewährte^
sten Schriftsteller, in diesem Sinn.
Dals aber auch die catonische Aere friiherhin
za Rom gebraucht worden sei, lieidet keinen ZweifeL
Sie liegt deutlich ^ den Ueberresten eines Verzeichnis-
ses der Konsuln auf Marmor zum Grunde, das von
seinem Aufbewahrungsorte Fasti Capitolini genannt
wird, daher auch die Aere bei einigen Gelehrten die
capitolinische heilst. In' diesem bis auf den Tod
des August gehenden Verzeichnisse ^) sind den Na-
men der ConsulQ von zehn zu zehn die Jahre der
Stadt beigeschrieben, ganz so, wie es die catonische
oder iKonysische Epoche mit sich bringt
Da man einmal eines cl^ronologischen Fadens in der
römischen Geschichte bedarf^ so thut man wohl, wenn
man die varronische Aere, wie man auch über
ihre Entstelrnng urtheilen mag, als die in den Haupt-
werken der Neuem gewöhnlichere gebraucht, doch
nicht so, als wenn dadurch alle fernere Untersuchun-
gen über die Stellung einzelner Consulate und Bege-
1) Man verglciclie, was ich mh Bezug aaf Livins und Did-
njsins hierüber in meinem Handbucli H, 169 ff. gesagt liabe«
2) Geasorinas e. 17,
3) Wo man es am yoUatSndigaten finde, ut schon oben
(298) bemerlct worden. 9M vergleiche auch Bandb. 11, 168.
22
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338 T^hnische Chronoloßie.
benheiten fiberflüssig würden. Wer dergleichen an
zustellen keinen Beruf bei sich fühlt, halte sich an
Janson van Almeloveen's Constdarverzeichntlis *).
das man als das Resultat der gründlichsten neuem
Forschungen zu betrachten hat £s besteht aus zwei
Büchern, von denen das erste die Namen der Cbn-
^ suln in chronologischer, das zweite in alphabetischer
Ordnung gibt« Der ersten Ausgabe lag die catonische
^ Aere zum Grunde. Uhlius, der zweite Herausgeber,
hat sie aber, diß Autorität des Pamyinius und Si-
gonius für gültiger anerkennend, als di^ des Pi-
ghius und Calvisius, stillschweig^ad mit der varro-
nischen vertauscht Für die spätere Zeit vom Jahr
898 der Stadt an ist auch das Verzeichni|s von Re-
, land sehr brauchbar ^), das van die catonische Aere
geknüpft ist
Noch ist zu bemerken, dals Censorinus unter
anderen von ihm verglichenen Acren auch die anni
luliani und Augustorum nennt ^). Die juliani-
schen Jahre werden vom 1. Januar des frsten von
Julius Cäsar verbesserten Jahrs, d. i. des 7ü9ten
der Stadt gerechnet Das 991ste der Stadt,, in^ wel-
chem er geschrieben zu haben versichert (331), war
"seiner richtigen Angabe nach das 238 ste julianische.
Ob diese. Aere noch sonst bei einepi alten Sehrilt
steller oder auf einem Denkmale vorkommen mag,
' weüs ich nicht Von ,den neueren Chronologen habe»
sich ihrer mehrere bedirat, unter andern Kepler in
1) Theodori Jansöjdi ab Älmelaveen Fastorum Ronumth
Tum cansularium libri duo^ Amsterdam, erste Ausgabe 1705,
zweite 1740, 8.
3) Petri Relandi Fasti comidar^s ad übiStratUmem C«h
dicis lustiniatui ae Theodosiani. Utrecht 1715, 8.
3) c 21.
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Christliche FoJkek . 339
seinen Schriften ober das Geburtsjahr Christi. Um
ihre Jahre auf die der Sfadt zu bringen, addire man
708, worauf' sie sich- dann leicht mit den Jahren vor
oder nach Chr. Geburt vergleichen lassen (332).
Audi die anni Augustorum der Romer, deren
schon oben (78) gedacht worden^ scheinen wenig ge-
braucht zu sein* Das erste deirselben ist das 727ste^
der St^dt
So lange regelmälsig zwd Consuln jährlich ge-
wählt wurden, empfand man im römischen Reiche
das Bedürfnifs einer fortlaufenden Acre wenig. £s
ward erst fühlbar, als nach Verlegung des Kaisersitzes
in den Orient die Consularäre schwankend zu wer-
den anfing. Wie man sich dann half,- werden wir im
folgenden Abschnitt sehen. .
Zeitrechnung der christKchen Völker.
Die Zeitrechnung, die von sämmtlichen Völkern
der Christenheit gebraucht wird, ist, so weit sie die
Form und Eintheilnng. des Jahrs betrifft, wesentlich
die Ton Julius Cäsar verbesserte römische, von dier
im vorigen Abschnitte gehandelt worden. Nur die
siebentägige Woche ist aus der jüdischeü Zeit-
rechnung in die christliche übergegangen.
Sc^oft seit dem Anfange der christlichen Aere .
scheinen Woche undSabbath im römischen Reiche
sehr bekannt gewesen, ja letä^terer selbst von Nicht-
juden hin imd wieder gefeiert zu sein * )? so wie tiber-
1) Vei^. anter andern Hor«z Serm. I, 9, 69; Oyid ars
ajtmndi l, 415 und remfdia amoris ^19; Tihttllufi eleg. l^ 3,
22 *
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340 TechnUehe Chronologie.
haupt mehrere orientalische Religionsgebtäuchej z. B.
4er Cultus dcfr Isis und des Serapis, unter d«i Kai-
sem Eingang in den 'Occident fanden, Jösephus,
der in der letzten Hälfte des ersten Jahrhunderte schrieb,
sagt *):. „Es gibt keine einzige weder ^cfaisdhe,
noch nicht- griechische Stadt, wohin sich iHchjt dar
Gebrauch unserer Feier Aes siebenten Tages verbrei-
tet hätte," Die damals mehr als je in Ansehen ste-
hende Sterndeuterei, di6 wesentli4^ auf die sieben
Planeten der Alten gegründet wat, trag ohne ZwdXeJ
nicht wenig dazu bei. Man vergleiche, was . otcn (48)
i^ber die veimuthlich in Aegypten aufgekommene Be-
nennung der Wochentage nacfh den Planeten aus Dio
C£i,sisius beigebracht worden ist Die^ einzelnen Tage
erhielten folgende Namen und Bezeichnungen:
Sonnabend Dies Säturni ^
Sonntag Dies Solis 0
Montag Dies Lunae (^
Dinstag Dies Martis ^
Mittwoch Dies MerCurii ^
Donnerstag Dies lovis 2|.
Freitag Dies Veneris $ -
Obgleich Dio Cassius der ersle unter dai noch
vorhandenen Schriftstellern ist, der dieser BenennuDgen
förmlich und im Zusammenhange gedenkt, so läCst
sich doch nicht zweifeln, dals sie schon viel früher
bekannt Und gebräuchUch waren« Wenigstens kommt
17; Pcrsius Sat. V, t84; Jarenalis Äatf. VT, 158; XfV, 96;
Seneca qtist. 95. Eine i'eiche Sammlung solcher Stellen findet
sich bei Seldentts de iure naturali et gentium L III, c. 15 IT.
tmd in Gottlieb Wernsdorffs Bissertatio .de gentUium sah-
Äö/o, Wittenberg 1722, 4.
1) Contra Jpiaa. U, 39.
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Chritmche FÜlker. 341
der Name Dies Satumi als Synonym von sabba-
tum bereits beim Tibullus Tor ^). Den Sonntag
Dies soUs zn n^men^ wisür bei den Christen ganz ge-
wolmKcb. In e», heilstes bdm Ambrosius ^), sah
vator vebfti sol oriens^ diseussis infemotum te- -
^ nebrisy hwe resurrectionis emicuü. Sie machten
ihn statt des jüdischen Sabbaths^ also den ersten Tag
der Woche statt, des letzten, zum Feiertage, an weL
chem sie znssonmenkamen, um si<^ gemeinschaftlich
zu erbauen und vsich bei den über sie ergehenden Ver-
folgungen zur Standhaftigkeit zu ermuntern ^ ). Ab
den Auferstdhungstag Christi nann^n eie ihn anch
frühzeitig den Tag des Herr» — Kv^Boxii^ Dominik
cus oder Dominica^ * ' ^
lEme, andere in den ersten Jahrhunderten der Chri-
stenheit aufgdcommene Benennung für die Tage der
Woche Tom Montage an ist Feria secunda, Feria
tertia u. s. w. ^). Woher es kam, dafs die Kirche
das WortFeriaej welches bei den R5mem Feier-
tage bezeichnete, an denen keine Geschäfte, sei es
vor Gericht oder anderswo^ vorgenommen wurden, zu
einer allgemeinen Benennung für die Wochentage
gestempelt hat, weiis man nicht bestinimt. Wie sich
Sealiger Und Du Cange die Frage beantworteten,
ersehe man im Handbuch der Chronologie^).
Ungezwungener scheint mir folgende Erklärung zu
sein. AuCser dem Sonntage pflegten die ersten Chri-
sten noch den Mittwach undFreita]g als Tage 4^8
i) A« a. O. Ver^. Frontinus «larat. II, 1 aad Tertallian
Jpologet, G. 16. \
2) Sermo IX . _
3) Jastlniis Ilartyr ApoLl^ 67.
4) S. Isidor Etym. V, 30$ B«da i& temp. raiione c. 6.
5) Th. II, S. 180. .
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343 TechnUebe Cironohgie. ,
Gebets und der Fasten zu feiern ^ )• Um beide Wo-
chentage zu unterscheideoy nannten sie den anen
feria quarta, d. L den Feiertag, welcher der vierte
Wochentag war, den andern eben so feria sexta.
Beide Tage kommen unter dieser Benennung schon
heim Tertullian vor *). Natürlich zogen üe feria
quarta und sea^ta allmählig auch di^^ feria secimdoy
tertia^ quinta und septima nach sich,
Dals Schebuay die siebentägige Woehe der He-
bräer, durch k^ofiag und septiniana übersetzt wor-
den sei; ist schon oben (200) bemerkt worden. Letz-
teres Wort kommt in dieser Bedeutung zuerst im Co-
dex Theodosianns yor ')•
Einige Chronologen sind der Meinung, dals die
Woche bei den germanischen Völkern uralt und die
Namen der Wochentage in ihren Sprachen schon
lange vor Einführung der christlicben Religion im Ge-
Inrauch gewesen seien. Allein nicht zu gedenken, dals
sieh weder beim Tacitus noch sonst irgfodwp eine
Spur davon findet, wäre die Analogie der griechisch -
romischen und germanischen Benennungen der Wo-
chentage sehr auffallend. Wahrschemlicher bleibt es
immer, dals die germanischen Völker die Woche erst
zugleich mit dem Christenthum erhalten und die rö-
mischen Namen dies Martis^ Mercuriif lavis und
Veneris mit analogen ^iohdmischen vertauscht ha-
ben. Dals die englischen Benennungen Tuesday,
Wednesday, Thursday und Friday, und die
schwedischen Tisdag (dänisch Tirsdag), Onsdag,
1) Clemens Alezandrlnns Strom. L VII, p. 316 und
daselbst Sjlbnrg. ^) De ieüinüs^ c. %
3) L XV, iaX. 5, leg. 5« Unser Woi% Woche bt aas dem
gotliiachen Wik entstanden, das beim Ulfilas so Tiel als Ord-
nung, regelmäfsigen ViTeclieel bezeichnet, nnd viellekkt mit
dem rdmuchen vicis ^rerwandt ist S. Wachter's Glossarüim.
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Ckrisaiche Fblker. 343
Tor»dag nnd Fredag für Di'n^tag^ Mittwoch,
Donnerstag nnd Freitag, von Tuisto oder Tyr,
• dem Kriegsgott, von Wodan oder Odin, dem Mer-
kur (oder vielmehr Jupiter), von Thor,- dem Don-
nergott, nnd von Prea oder Friga; der Venus der
Sachsen und Scandinavier, entlehnt sind, leidet kei-
uen- Zweifel. Sonntag und Montag sin4 Ueber-
setznngen von dies solis und lunae. Diu s tag lei-
tet man von dem altdeutschen Ding oder Gericht
ab, weil die alten Sachsen an diesem Tage Gericht
gehalten haben sollen. Sonnabend ist aus Sonn-
tig- Abend, d. i. Tag vor Sonntag, entstanden. Das
ol>erdeutsche Samstag ist das zusammengezogene .
Sabbathstag, imd 'das en^söhe Saturday das
römische dies Saturni ^ ).
Auch den Kalendern mit Runenschrift, die auf
Stäben. oder hölzernen Tafeln eingeschnitten in den
scandinavischen Ländern gefunden werden, haben ei-
nige patriotische Schriftsteller ein hohes Alter beile-
gen wollen. Es ist aber gewiDs, dals sie nichts als
christliche Zeitrechnung enthalten, wie dies zuerst auf >
eine tiberzeugende Weise in Erlandi FryksellÄV
sertatio de antiquitaie Calendarii Runici * ) dar-
gethan worden ist Ich habe diesen Gegenstand wei^
ter ausgeführt, und, wie ich hoffe, über jeden Zwei-
fel erhoben ^*). ' -
Die Monate der christlichen Völker haben ganz
die von Julius Cäsar angeordnete Form, nach der
auf den Januar, März, Mai, Julius, August, Oktober
1) Man vergldche über dies Alles die im Handbuch II,
182 genannten Schriften nnd den ersten Band von Hrn. Legis
Fundgruben des alten Nordens (Leipzig 1820, 8).
2) Praeside Benedicto Ferner. Stockholm, 1758, 4. '
3) In einer Abhandlung, die in den Schriften der Berliner
'Akademie Tom Jahr 1829 ersdieinen wird.
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344 Tecbnhche CAromahgie.
und December 31, auf den Apn!, Junius^ Sepiember
und November 30, und auf den Februar im Gem^n-
jahr 28, im. Schaltjahr 29 'tage gerechnet werden
Blols die koptischen und abessinischen Christen ge-
brauchen nodb die ale^andnnischen Monate von gaiz
abweichender Form (71). Auch die Namai, weide
die Monate in den heutigen europäischen Sprachen
führen, sind meistens. die mehr oder weniger entstdi-
ten römischen; doch kommen auch, besonders bei
den genpanischen und slavischen Völkern, eigenthiuni>
che Benennungen. vor, die man in einer etwas unkriti-
schen Compilation von Johann Albert Fabricius
zusammengestellt findet^). Ueber die vpn Karl dem
Grbfsen eingeführten Monatsnamen, ^ie sich zum
Tbeil noch unter de^ Deutschen im Gebrauch erlal-
ten haben, JstEginhard nachzusehen ^ )•
Die römische Eintheilung der Monate nach Ca-
lenden, Nonen und Idus, und die damit zusam-
menhangende, unsern Begriffen nach widersinnige Da-
tirungsweise (277) ist erst sehr allmählig au&er Ge-
wohnheit gekommen» Gregor, der Grofse genamit,
trapst seit 590, soll der erste gewesen sein, der die
Monatstage hinter emander fortgezäfalt hat; er fand aber
80 lange wenige Nachfolger, bis man in den neueren
Sprachen zu schreiben anfing ')• Im^ Mittelalter war
es allgemein gebräuchlich, den Kalendertag mit dem
Namen «des Apostels oder Heiligen zu bezeichnen, der
an ihm verehrt wurde, und man hat sich daher mit
diesen Namen bekannt zu machen, wenn man beim
Lesen von Urkunden und Chroniken keinen, Anstoli
finden ViO. Noch jetzt kdmmt diese Bezeichnuogs-
1) Merudoghan swe UbeUus de mewibus. Hanibiug 1712» 8*
^) rUa CaroU Ma^ c. 29.
3) YergL^Da €ang.e Gloss. v. amiU9*
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ChrUaichc Folter. 345
weise im biii^erKcfaeii Verkehr vor, z. 6. bei der An-
gabe der Jahrmärkte in den Volkskalendem*
Die ganze kirchKehe Eintheilung nnsers Jahrs
richtet sich nadi diem Osterfest ^)^ das seit den
ersten Jahrhunderten der Christenheit aOemal an dem
Sonntage gefeiert wlrd^ der anf den FrUhUngsyoUmDnd
folgt, nnd wenn dieser Vollmond selbst auf ein^i Sonn«
tag trifil, am zunäehstfolgenden. Unter dem Früh-
lingSYoIlmonde versteht man aber denjenigen, der
entweder am 2i. März, an den man ein. für allemal .
den Anfang des Frühlings geknü{)ft hat, oder zmiächst
nach denselben eintritt Er wird tetminus paschch
lis, Ostergren z^, genannt. Es kommt also bei der
Bestimmung des Osterfestes auf zweierlei an, 'einmal
das Datum, und zweitens den Wochentag der
Ostergrenze zu finden.
Der Ostenrollmond wird nicht mit Hülfe astro-
nomischer Tafeln, deren Handhabimg nicht jedermanns
Sache isl^" sondern cyklisch auf eine Weise berech-,
net, die auch der Laie leicht zu begreifen im Stande
ist. Sowohl in der mathematischen Chronologie (30),
{ds in der Zeitrechnung der Griechen (128) und der
Hebräer (252) ist des Cyklus von 235 synodischen
Monaten gedacht; worden, die sich ,nahe mit 19 Son^
nenjahren ausgleichen. Dieser Zeitkreis, den die Chro-
1) Das altdentsehe Wort Ostern ist bestrittenen Ursprungs.
IHan yergleiclie Schilter's nnd Wachter's Glossarien. Die
gewOfanliclie Heiniing ist, dafs es von urstan^ das in der ä}test6n
germanischen Sprache aufstehen heifst, abzuleiten sei. Nach
Beda (de iemp. rat. c 13) soll es von einer alten angelsächsi-
schen Göttinn Eostre stammen, deren Fest von Alters her um
die Zeit der christlichen Ostern gefeiert wnrde.^£r nennt den
April, auf den das Osterfest gewöhnlich trifft, Eoskarmmathy
Karl der Grofse Ostamumaih,
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346 Technisch; Chronohgie.
nologen sclilechthin den Mondcirkel nennen, wird
bei der Bestimmung des Osterfestes zum Grunde -gelegt.
In einem beliebig gewählten Jahr, das man zum;
ersten des Mondcirkels gemacht hat, trafy als es ge-
schah, ein Neumond, auf den 23. Januar. Zählt man
von diesem abwechselnd 29 und 30 Tage wcfter, so
erhält man die Neumonde ,des ersten Jahrs. Diese
Neumondstage werden im alten Kalender mit I be»
zeichnet Rechnet man femer voiA 13. Decerober,
auf den der zwölfte Neumond des ersten Jahrs trifft,
30 Tage vorwärts, .so gelangt man zum, 12. Januar,
sds dem ersten Neumonde des zweiten Jahrs, den
man, wie die folgenden, mit 11 andeutet.^ So* geht
man durch alle 19 Jahre des Mondcirkels fort, nur
dafs man zuweilen zwei 30tägige Monate hinter ein-
ander zählen mu£s, weil der mittlere syhodische Mo-
nat etwas länger als 29} Tage ist (28). Auf diese
Weise entsteht der sogenannte immerwährende Ju-
li anische Kalender, den ich in der fünften Ta-
fel am Schlüsse dieses Lehrbuchs so gebe, wie er
sich unter andern in Clavius grofsem Werke über
den gregorianischen Kalender findet. EKe rön;iischen
Zahlen von I bis XIX, welche die Tage der Neu-
monde während der 19 Jahre des Mondcirkels bezeich-
nen, werdep die güldenen, numert tmrei, genannt,
vermulhlich weil sie in den im Mittelalter gemachten
Kopien mit goldener Dihte geschrieben wurden. Eine
andlere Ehtstähung dieser Benennung,^ die ich erst seit
dem dreizehnten Jahrhundert gebraucht finde, w^eiOs
ich nicht anzugeben. Dafs sie schon von den Jahren
des metonischen Cyklus gebraucht worden sei, wie
einige Chronologen behaupten, ist ganz unrichtig.
Um nun diesen Kanon richtig an den Ifimmd
zu knüpfen, kommt es darauf an^ ihn mit einem, Jahr
anzufangen, dessen erster Neumond um die Zeit sd-
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Cbrütliehe Fölker. 347
ner Entstehung auf den 23. Januar traf. Ein sol-
ches Ülir z. B. das Jahr 228 n. Cbr» Rechnet man
YOtt hier 12 Cykel zurück, so gelangt «nan, zum Jahr
1 ¥• Chr. Hiemach ergiht sich folgende einfache Re-
gel: um das jedesmalige Jahr des Mohdcirkels zu eiv
halten, addire man zur christhcheii Jahrszahl 1 und
dividire die Summe durch ^19. Der Rest ist die gül-
dene Zahl, und bleibt kein ^I^est, so ist sie 19. So s
findet sich, dafs das jetzige Jähr 1831 zur güldenen
Zahl 8 hat, für welche nacli unserer Tafel der 6. Ja-
nuar, 4. Februar, 6. März, 5. April u. s. w. alten,
oder der 18. Januar, 16. Febniaf,' 18. März, 17i April
neuen Stils Neumondstage sein sollet). Die Neumonde
ereignen ' sich aber bereits ard 14. Januar, 12. Fe-,
bruar, 14. März und 12. April. Man sieht also, dafs
der sogenannte immerwährende Kalender kein im-
merwährender ist, sondern sich seit dem dritten Jahr-
hundert, wo der Grund zur jetzigen Osterrechnung
gelegt worden, um 4 bis 5 Tage verschoben hat. Die
Ursache davdn ist, dafs 19 julianische Jahre, zusam-
men von 6939 Tagen 18 Stunden, um 1 St 28' 15"
länger sind, als 235 synodische Monate von. mittlerer
Dauer (30). Dieser Unterschied häuft sich alle 3 IQ
Jahre zu einem Tage an.
Aus den Neumonden müssen vnv nun weiter,
die Vollmonde herleiten. Ueberall findet sich bei den
Verhandlungen über ^ie Feier des Osterfestes iii d^i
Schriften der Kircl^scribenten der Ausdruck i'sacrdtm,
QecrxouSsxaTTi oder Lima dedma quarta als Benen-
nung des Vollmondes gebraucht. Der Vollmond
ereignet sich zwar im Mittel fast 15 Tage nach der
Conjunction; die Griechen zählten aber das Alter des
Mondes von seiner ersteh Erscheinung am Abendhim-
mel, mit der sie ihren Monat begannen (125), und
^o sind «auch eigentlich die Neumonde in der kirehli^
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348 TechnUehe Chronohgfe.
chen Tafel zu nehpen. Da von der eisten Phase
bis zum VoUmokide in der Regel 13 Tage yelliefsen,
80 zählten die Berechner dea Osterfestes, nm vom
neuen Lichte znm vollen asu gelangen, 13, oder mit
Einschhifs der Notj^uff^Ma, 14 Tage vorwärts. Geschieht
dies, so ^gibt sich folgende .Tafel der Ostergren-
zen, die wir von dem Ort, wo sie ohne^ Zweifel ent-
standen ist, die alexandrinisehe nennen wollen.
G&ldene
Oster-
Gfilden«
Oster-
Zahlen.
grenzen.
Zaklen.
grenzeil.
1
5. April b
11
15. April G
2
25. März G
12
4. April C
3
13. April E
13 .
24. März F
- 4 .
2. April A
■ 14
12. April D
5
22.Mära D
15
1. April G
(5
10.' April B
16
21. Mäiz P
,7
30. März E
17
9. April A
8
18. April C '
18
29. März D
9
7. April F.
19
17. April B
10
27. Märt B ^
1
5. April D
Um in der Wahl des Neumondes, von welchem
man ausgehen mufs, um« den |edesmaligen OstervoU-
m<md zu erhalten, nicht zu irren, erinnere man sich,
dafs die frühste Qstergrenze. der 21. März, der ein-
mal festgesetzte Anfangstag des FrüUings, ist (345).
Man^ tiberzeugt sich leicht, dals die Ostemeumonde
zwischen dem 8. März^ und 5. April einschliefslich
liegen müssen. Jenes Datum gibt als die frühste Oster-
grenze den 21. März, dieses als späteste den 18. April
Ist der 21. März ein Sonnabend, so wird das Fest
gleich am folgenden 22. Mäxz gefeiert; und ist der
13. April ein Sonntag, so trifft es 8 Tage später am
25« April ein. Dies sind die beiden äuisersten, um 5
Wochen aus einander liegenden, Termine der Feier.
Um nun vermittelst Vorstehender Tafel den Tag
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, christliche f^&lker. 349
des Osterfestes selbst zn erhaken, kemmt es noch
darauf an, den Wochentag der Ostergrenze zu lin-
den. Dazu dienen die heigesetzten Buchstaben.
Wenn das bürgerliche Jahr durchgängig 365 Tage
oder 52 Wochen und einen Tag hielte, so würde
der Anfang desselben der Reihe nach ron einem Wo-,
ckentage zum ^andern fortschreiten und nach 7 Jah-
ren zu demselben Tage zurückkehren. Da aber jedes
vierte Jähr einen Tag mehr hält, so mufs der Anfang
des auf ein Schaltjahr folgenden Qemeinjahi^ um 3
Tage vorspringen, so dafs, wenn das Schaltjahr z. B.
mit einem Freitage angefangen, das nächst^ Gemein-
jahr mit einem Sonntage beginnt. Man überzeugt sich
leicht, dais so erst nach 4 mal 7 Jahren alles wieder
in das vorige Xjeleise aurüdkkehrt Dieser Zeitraum
von 28 Jahren wird von den Chronologen Sonnen-
cirkel genannt, weil dabei das juliani^che Sonnen-
jahr von 365 Tagen 6 Stpnden anim Grande liegt.
Theilt man die sämmtlichen Tage des Jahrs vom
1. Januar an in Perioden zu je sieben Tagen, und
bezeichnet der Reihe nach die Tage einer jeden, wie
im immerwährenden julianischen Kalender, mit den
Budistaben A, B, C, D, E, F, G, so wird der Buchl
Stab, der jedesmal auf den Sonntag trifft, der Sonur
tagsbuchstab des Jahrs genannt. Fängt z. B. das
Jahr mit einem Sonnabend ^n, so ist B der Sonn-
tagsbuchstab, weil dann der 2. Januar, der immer mit
B bezeichnet wird, ein Sonntag ist Eben so mufs
der Senntagsbuchstab C, D, £, F, G sein, wenn das
Jahr mit einem Fifeitag, Doimerstag, Mittwoch, Dins-
tag, Montag anfangt. Trifft der 1. Januar auf einen
Sonntag, so ist A der Sonntagsbuchstab.
Damit in einem Schaltjahr, worin der Februar
einen Tag mehr hat, die Folge der Buchstaben nicht
gestört werde, gibt man dem 24. Februar, dem Schalt-
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350 Technische Chronohgie,
tage (317), densdben Buchstaben F» der im Gemein-
jähr dem 248teii angehört, wodurch G, sonst der Bueh-
stab des 25sten, auf den 26^ten übei^eht, so daß
sich mit dem 1. Mär^ wieder alles ausgleicht Da-
durch mufs sich aber der Soniitagsbuchstab ändern;
denn da in der' Woche, auf die der Schalttag trifft,
zwei Tage einerlei Buchstaben haben, so werden von
dem vorhergehenden Sonntage bis zum nächstfdigen-
den nur 6 Buchstaben gezahlt, und es muls daher,
wenn er vor dem Schalttage aL B. D ist, nach dem-
selben C sein» Jedes Schaltjahr hat mithin ^wei Sonn-
tagsbuchstaben , von denen der ^im Alphabet folgende
den Sonntagen vor, und der vorangehende den Sonn-
tagen nach dem Schalttage angehört Ueberhaupt fol-
gen, wie nian leicht sieht, die Sonntagsbuchstaben
von einem Jahr jxim andern in rückgängiger Ordnung
auf einander, / '
Nach Ablauf des Sonnencirkels kehren die Sonn-
tagsbuchstaben in gleicher Ordnung wieder, daher der-
selbe auch, und schicklicher noch, der»^ Sonntags-
buchstabencirkel genannt wird. Man hat die Sonn-
tagsbuchstaben dergestalt an diesen Cirkel. gereihet,
dafs man dem letzten Jahr den Buchstaben A gege-
ben, und das erste zum Schaltjahr gemacJbt hat So
ergibt sich folgendes Verhältnifs der Sonntagsbuchsta-
ben zu den Jahren des Sonnencirkels (b. bezeichnet
die Schaltjahre): , ■
Sonnen»
Sonntags-
Sonnen-
Sohntags-
cirkel.
bnchstab.
cirlcfL
bnchstab.
b. 1
G F
7
F
2 .
E
8
E
3
D
b. 9
D C
4
C
10
B
b. 6
B A
11
A
6
G
12
G
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ChrU^he f'omr.
3^
Sonnen-
• Sonntags-
Sonnen-i
S 0 Dilta ^s-
cirkel.
bvchstab.
eirkel.
buehstab.
1). 13
FE
b. 21
CB
14
D
22"
A
' 15 .
C
. 23
G
16
B
24
■ F
b. 17
A G
b. 25
E U
18
' F
26
C
19
. E
, 27 •
B
20 D 28 A
Um aber 4i^sen so geordneten Cykhis zuy Be-
stimmung der Sonnt^sbüchstaben gebrauchen zu kön-
nen, kommt es daratif an, ihn dergestalt an die christ-
liche Acre zu knüpfen, dafe ein Schaltjahr, welches
mit eineni Montag^ anfangt, das erste des Cyklus
werde. Ein solches war unter andern das neunte
vor unserer Zeitrechnung. Hierauf gründet sich fol-
gende Regel: man addire zur Jahrszahl 9 und divi-
dire die Summe durch 28. Der Rest gibt das jedes-
malige Jahr dös Sounencirkels^ oder, wie sidi die
Chronologen kurz auszudrücken pflj^gen, den Son-
nencirkeL Bleibt kein Rest, so ist der Sonnencir-,
kel 28. So findet sich, dafs im Jahr 1831 der Son-
neu eirkel 20, mithin der. Sonntagsbuchstab D ist.
Die Tafel gilt aber nur vom alten Kalender, der jetzt
blo£s noch bei den Bekennem der griechischen Kirche
im Gebrauch ist Um den Sonntagsbuchstaben im
neuen zu erhalten, bediene man sich folgender V^r-
gleichungstafeln der Buchstaben beider Kalender für
die in dem Zeitrauni von 1582 bis 2100 eintretenden
Unterschiede von 10, 11, 12 und 13 Tagen* Es ge-
hören bei einem Üntersehiede ; .
von zehn Tagen (1582—1700)
A B C D E F G im alten
zu DEFGABCim neuen; ,
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352 TeckBUche Chranblog^.
von elf Tagen (1701— lÖOO)
AJBCDifFGim alten.
zu E F G A B C D im neuen;
yon zwölf Tagen (1801 — 1900
ABCDEFGim alten
zu F G A B C i) E im neuen;
von dreizehn Tagen <1901— 2100)
/ABC D E F G im alten
zu G A B C D E F im neuen.
Wenn also zl B. nach dem Wochentage gefragt
vnrd, auf den de# 24. Januar neuen Stils des Jahrs
1712, der Geburtstag Fricfdrichs des Grofsen,
traf, so findet sich zuvörderst der Sonnencirkel 13,
dem im alten Kalender die Sonnt^sbuchstaben F und
E entsprechen. Hier gilt^ weil von einem Datum vor
dem Schalttage die Rede, ist, der erste,' an dessen
Stelle im neuen ^Kalender C tritt. Das Jahr 1712 fing
also mit einem Freitage an, und der 24. Januar, der
den Buchstaben C hat, war ein Sonntag.
Nichts ist nun leichter^ als den Tag des Oster-
festes in einem jeden vorgel^en Jahi; zu bestimmen.
Ist z. B. das Jahr 1831 gegeben, so hat man zur gül-
denen Zahl 8 und zum Sonnencirkel 20. Der ersten
entspricht als Ostergrenze der 1& April mit dem Buch-
staben C,'und dem andern der Sonntagsbuchstäb D;
es trifft also das Osterfest auf den 19. ApriL
Dieses Verfahren gilt aber blofs für den alten
oder j.u lianischen Kalender. Wie isich dasselbe im
neuen oder gregorianischen modificirt, wird un-
ten gezeigt werden. Zuvor tniissen- wir sehen, wie
sich die- ganze Osterfeier und Osterrechnung geschicht-
lich gestaltet hat
Es ist schon (341) bemerkt worden, da& die
Feier des Sonntags besonders zum Andenken an
Christi Auferstehung unter den Bekennem seiner Lehre
früh
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ChrUfiieh« mker. .353
"■ • y •
frühzeitig anfgekoimnen is^ Natürlich' war es, dafii
man eine so bedeutungsvolle Begebenheit auch Jähr*
lieh dnmal um ^ie Zeit feierte, wo ^ sich dem
Evangelium zufolge zugetragen, und dafs man damit
zugleich die Erinnemng an seinen Tod verband. Die
Apostel scheinen hierüber nichts festgesetzt, sondern,
wie Socrates sagt *), in dieseni Punkt, wie in vie-
len aodemy der Frömmigkeit der 'Christen freien Lauf
gelassen W habem Kein Wunder also, wenn. die
Feier gleich anfangs sehr verschieden ausfiel.
Die Christen yon jüdischer Abkunft setzten die
Feier des Passah und 'Wochenfestes der Juden
fort, legten aber eine christliche Bedeutung hinein,
die sich sehr natürlich darbot Wenn sie insbeson-
dere an der^Luna XIV des Nisan^ dem Vollmonds-
tage, welcher Wochentag es auch sein mochte, das
Passahmahl feierten, so war ihnen dieses wichtig, theib
weil sie das jüdische Osterlamm als ein. Vorbild Christi
betrachteten, theils weil sie dadurch an sein li^tztes
mit den Jüngern eingenommene Mahl erinnert wur-
den. Den folgenden Tag, die Luna XV, weihten sie,
als einen BuCs- und Fasttag, dem Andenken an Chnsti
Leiden, und an dem dritten Tage, der Luna XVI,
begingen sie die Gedächtnilsfeier seiner Auferstehung«
Dieselben Anordnungen gingen ^ auch auf diejenigen
Heidenchristen über^ die mit den jüdisch- christlichen
Gemeinden in Berührung standen. Alle diese in Sy-
rien, Mesopotamien und Kleinasien zerstreut wohnen-
den Christen feierten das Passahfest zugleich mit den
Juden,
Ganz apders gestaltete sich die Sache bei den
Gemeinden, die nicht unter solchem Einflüsse standen,
vielmehr sich vom Anfange an gegen die Beobach-
1) Bist, ecel V, 2-2.
. 23
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364 TechfUfme Chronologie.
tung des jüdischen Ceremumialgesetzes erklärten. Diese
Gemeinden, z. B. die römische, hattto nrsprüng^ch
nur Wochenfeste. Den Sonntag feierten sie aus dem
schon bemerkten Grunde als ein Freuden-' und Dank-
fest, und den Freitag wegeri des Andenkens an Christi
Leiden als einen Buls- und Pasttag. Indem sie nun
mit der. Zeit Einen Sonntag und Einen Freitag im
Frühljnge in dieser Beziehung besonders hervorhoben,
ent tand das Osterfest der Heidenchristen. Von einem
Passahmahl war unter ihnen keine Rede.
Bei dieser Dar&t^Hung bm ich Hm. N Lander
gefolgt *). Etwas anders stellt Mosheim den eigent-
lichen Streitpunkt dar. Er sagt/'), das PassahmaU
hatten ursprünglich sämmtliche Christen gegessen, nur
die einen zugleich mit den Juden an der Luna XIV,
die andern, um nicht , die 'Fasten vor dem Osterfeste,
die frühzeitig in Gebrauch gekommen, tmterbrechen
zu dürfen, erst in Aet Nacht vor dem Sonntage, den
sie zur Osterfeier bestimmten. Allein die Allgemein-
heit des Ostermahls ist keines weges ei^e beglaubigte
Thatsachei ' .
Anfangs liefe jede Gemeinde der andern ihren
Gebrauch, ohne sie zu verketzern. Aber schon nach
der Mitte des zweiten Jahrhunderts v^rde der Oster-
streit hin und wieder mit Bitterkeit geführt. Man
nannte diejenigen, die das Passah zugleich mit den
Juden an der Lima XIV afsen, rscroraQscnccuösxaritau
Quarta decimani, und beschuldigte sie der Hinnei-
gung zum Judaismus * ). Die Hauptstreitfrage war:
1) S. den Artikels Gottesdienstliche Versa mmlnngs-
zeiten and Feste in seiner Kirchengeschichte, Tb. \
S, 509 ff. A
^) De rebtia Ckristianorum ante Constahthutm Magnam
eommerUarü^ p. 435. 3) Epipha nias Haeresia L, welches
die der Q^nartadecimaner ist.-
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CArisittche Fbiher.. 355
soD in den chrisdichen Gemeinden das Passahmahl bei-
behalten werden, oder nicht? Die Anhänger des jü--
dischen • Gebrauchs bdbaupteten, dals Christus ein d-
gentliches Passahmahl zugleich mit den Juden einge-
nommen habe. Die Gegenpartei meinte, die Unrich-
tigkeit dieser Ansicht gehe schön daraus hervor, dals
er das letzte Passahmahl nicht am 14ten, sondern
schon am 13. Nisan gehalten (215).
Nachdem die Streitigkeiten eine Zeitlang fortge-
dauert und sich mehrere Synoden für die Sonntags-
feier des Osterfestes erklärt hatten, glaubte Victor,
ronouscher Bischof seit 192 n. Chr., die Quartaded-
maner durch Decrete zwingen' zu müssen, «ich in die
Sitte der übrigen Christen zu fügen, und als dies
nicht geschah, vielmehr Polycrates, Bischof von
Ephesus, den orientalischen Gebrauch zu rechtferti-
gen suchte, excommünicirte er sie farmlich. ' Allein
Irenäus,' Bischof zu Lugdunum, rieth zur Duldung,
und da sich die Asiaten selbst durch ein in der Chri-
stenheit verbreitetet Sdu^iben von dem Verdacht d-<
ner willkührlichen Neuerung reinigten, so blieb die
Sache auf sich beruhen, bis sie das nicänische
Concilium im Jahr 325 wieder aufnahm ^).
Constantin hatte diese Versammlung berufen,
nicht bU)ls um die arianischen Streitigkeiten zu schlich-
ten, sondern auch, um wegen der geiheinschaftlichen
Osterfeier einen Beschlufs zu fassen. Dies geschah;
allein die Väter, di^ voraussahen, dals die ösäichen
Kirchen, welche noch grolstentheils das Fest zugleich
mit den Juden feierten, schwer von dieser Sitte ab-
zubringen sein würden, wollten, was sie über das
Passah festsetzten, nicht in Form eines Kanons oder
1) Euseb. Hht. ecehW, 23 ff.
23 •
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356 ' Technische, Chronologie,
geißtEchen Gesetzes fassen, tun nicht zugleich anch
Strafen auf die Uebertretung desselben verfiigen in
müssen. Wir finden daher unter den auf uns gekom
menen Kanons dieses ConcUiums keinen über die Feier
des Osterfestes.
Was in dieser ' Beziehung eigentlich beschlossen
worden, ersehen wir aus einigen Stellen des Euse-
bius *) uncT Athanasius *), die beide zugegen wa-
ren. Es bestand blofe darin, dafs das Passah (Aufer-
stehungsfest) hinfort von allen deti orientalischen Ge-
meinden, die es bis dahin mjt den Juden gehalten,
übereinstimmig mit den Aegyptern an Einem Sonn-
tage gefeiert werden solle. Obgedachte Norm der
Feier, die nachmals in der griechischen Kirche keine
Aenderung weiter erlitten hat, muüste sich also da-
mals schon ausgebildet haben.
J^piphanius bemerkt*), dals alles, waszuNi-
cäa wegen des Osterfestes verhandelt worden, auf
die Eintracht abgezweckt habe. Diese wurde je-
doch,nur thejUweise bewirkt Das antiochenische
Cöncilium vom Jahr. 341 sah sich daher veranlaH
abermals auf diesen Gegenstand zurückzukommen,
und die schwersten Strafen gegen diejenigen auszu-
sprechen, die, der Festsetzung der Nicäner zuwider,
das Passah mit den Judcfn feiern würden. Nun ward
es Ketzerei, dasselbe an der Luna XIV zu essen und
das Auferstehungsfest — otaorx« ai^aoroo-i/icw — an
emem andern Tage, als an einem Sonntage zu bege-
hen. Diejenigen, die sich derselben , schuldig mach-
ten, die Quartadecimaner, wurden noch besonders mit
1) Fita Constaniku III,. 14 mid 17.
2) Ad Afrosepiscopo^ eplstola, Opp, Tom. I, p.S92. (Pa-
,ri8 1698). J>e Synodis Arrm.''et Seleuc, p. 719.
3) Haere^U LXX. '
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VkrisHiche Völker. 357
dem Nainen Protopaschiten lielegl^ weil sie das
Passah in der Regel früher als die übrigem Christen
feierten.
Es ist ein durch viele Bücher verbreiteter Irr^
thum, dals das nicänische Concilium nicht bloDs die
Einheit der Feier de$ Passahfestes geboten, sondern
zugleich auch die Principien aufgestellt habe, durch
welche dieselbe wi bewirken sei. Dieser Irrthum ist
von Walch gründlich widerlegt worden'*).
Die Osterregel bildete sich ganz von selbst, So-
bald einmal feststand, dafs das Fest imm^r an einc^m
Sonntage gefeiert werden sollte; Das christliche Pas-
sah hing natürlich mit dem jüdischen zusammen, da
es dem Andenken an Christi Tod und Auferstehung,
geweiht war. Aber das jüdische Osterlamto wurde
allemal. am 14 Nisan, dem ersten VoUmondstage im
Frühling, gegessen. Das christliche Fest knüpfte sich
also an eben diesen Vollmond. Die FrilhlingsHacht-
gleiche traf im dritten Jahriiundert auf den 21» März.
Dafs sie auf diesem Tage nicht immer haften, son-
dern allmählig früher eintreten >werde, konnte zu Ale-
xandrien nicht unbekannt sein, wo Hipparch gelehrt
hatte, dafs das Sonnenjahr nicht ganz 365 Tage 6
Stunden halte (147); man nahm aber, um die Osterrech-
nung möglichst zu vereinfachen, die julianische Schalt-
regcl,,die auch dem alexändriniqchen Kalender zum
Gnmde liegt, als dem Bummel vollkommen zusagend an,
und setzte dem gemä&fest, da& aUemal der am 21. März
1) In seiner akademischen Abhandlangt De^reti Niccterd de
p€uehate'explicatw^ Commentarien der gdttinger Socie-
tat aiu deilKJahren 1769 and 1770. IKünder befriedigend ist der-
selbe Gegenstand zu- gleicher Zeit Ton' Schott unter dem Titel:
Momentwn constituHoius Nicaenae de tempore celebrandi
pa$chatis (Tübingen 1770) bebandelt worden. «
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358 ' 'Technische Chronologie.
oder zunächst nach demselben einti^ftde Vodmond
das Osterfest. bedingeii solle. Man setzte es dfemn^h
au^ den nächstfolgenden Sonntag nach der Ostei^reiize,
und damit man das Fest nicht etwa zugleich mit den
verfaafsten Juden feietn möge, so verschob man es
um acht Tage, äo oR cfie Ostcrgitenze selbst auf ei-
nen Sonntag fiel.
Wate dies^ NorAi, fflcf sich zuerst b^iin Epi-
phanius deulKch ausgesjnrochen findet *), ron dem
nicänischen Concilium formlich Torgeschrieben worden,
so würden die Streitigkeiten über das Osterfest ver-
mieden wordert seiil, die mehrere Jahrhunderte lang
zwischen def lateinisc^hen und griechischen Kirche vor-
gewaltet haben, indem jene, zum Theil von anderen
'Grundsätzen ausgehend, als diese, das Fest öfters an
einem ganz andern Sonntage feierte. Auch hätte das
Concilium nicht erst der alexandrinischen Kirche auf-
tragen' dürfen,, den Tag der O^terfeier jährlich zu be-
rechnen und ihn deii ' übrigen Kirchen anzuzeigen.
Dafs dies wirklich geschah, ersehen wir aus des Cy-
rillus Prolögus pro Cyclo XCV amiorum *) iind
aus einem DrieJFe des heiligen Leo®). Solche
htiavokcu Bo^cfxrttKcu oder Aoyot logrocoripoo}, ütterae
oder homiliäe püschales^ finden wir seit der Mitte
des dritten Jahrhunderts erwähnt Erhalten haben
sich dergleichen' liur von Theophilus und dem eben
.gedachten Cyrillus, die in der ersten Hälfte des
fünften Jahrhtmderts nach einandcfr den bischöflichen
Sitz von Alexandrien bekleideten *).
1) Hijteresis L, 3, verglicben mit llXX, 11. r
2) In des Bacherias Docirina iemporwn p. 1^1.
3) Ep. 94 ad Mardanüm Aügastam.
4) Man sehe, was über die Osterr'eden dieser beiden Häfl-
ner und zugleich über das Fastenwesen der damaligen Chri-
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byGoogk
' Chri^he Völker. 359
Wenn. Aiabrosias in einem das Ost^est des
Jabrs ^7 betreffenden Sdureiben an die Bischöfe der
Provinz Aemilia ^), und Dioirysitis ExigUAis ^)
versichern, dafs das nicänische Conciliiun den.neiin-
zehn«! ährigen C^y^lus zur Gnmdlage der Oster>
rechnung gemacht habe^ so kann damit höchstens nur
so viel gesagt sein, dais es denselben in irgend einem
nicht auf uns gekommenen Aktenstück gebilligt hat;
denn es ist ausgemacht , dais dieser Cyklus von den
Alexandiinem schon früher zur Berechnung des Oster-
festes gebraucht worden ist.
* Eusebius gedenkt ^) eines Osterbriefes des
Dionysius^ Bischofs von Alexandrlen in den Jahren
248 bis 265, in welchem dieser einen* achtjährigen
Kandn aufgestellt hatte* Von welcher Beschaffen-
heit die von ihm zum Grunde sgelegte Octaeteris
sein 'mochte,, wissen »wir nicht Die Verbesserungen
der ilrspTÜnglichen Octaeteris dar Griechen durch Eu-
doxus, Eratosthenes und Andere (120) waren
ihm ohne Zweifel bekannt, und es konnte ihm nicht
schwer fallen, die alexandrinische Jahrform an die
Stelle der griechischen zu setzen«
Der achtjährige Cyklus wurde aber hsiA durch
den neunzehnjährigen verdrängt, der, ao viel wir
wissen, zuerst von Anatolius zur Bestimmung des
Osterfestes gebraucht worden ist Dieser gelehrte und
viekeitig' gebildete Mann, von Geburt ein Alexandri*
ner, vnnrde ums Jahr 270 bei dner Reise durch Sy-
sten Im Handbacli II, 90d ff. gesagt ist Die Osterreden wms
den immer am Epiphanienfeste gehalten, damit die darin ge-
gebene Beatimmimg des Osterfestes und der i£m verangehenden
Fasten den Kirdiien zeitig genug bdcannt werden mS^te«
1) Opp. Tom. n, p. 880 der Ausg. der Benedietiiier*
2) S. Jan's Historia cycü Dionystard p. 59^
3) EBst. ecd. VII, dO.
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360 . Tecknhcke Chronologie.
rien znm Bischöfe von Laodicea gewaUt, und lebte
noch 282. Von seinen Schriften hebt Eusebins ^)
hesonders einen Osterkanon hervor, einiges daraus
inittheilend, was jedoch nicht hinreicht, denselben mit
Sicherheit wiederherzustellen. Sehr gründlich com- '
mentirt darüber Van der Hagen ^)r Nur' so viel
ist l^Iar, dafs Anatoliüsdie Jahre seines Cykhis noch
nicht nach der oben (347) gedachten Weise zahlte
und zum Anfange des Frühlings noch nicht den 21.
März machte. Eusebins bemerkt nämlich, da£i er im
ersten Jahr seiner Enneadecaeteris den Neumond auf
den 26. Phamenoth odc^ 22. März gesetz^t habe. Hier-
nach stellt sich die Ostergrenze auf den 4. ApriL
Dies ist aber in der alexandnnischen Tafel derOster-
grenzen (348) das Datum der LunaXIV für diegül-
' dene Zahl 12. Er muls also seinen Cydius mit dem
Jahr 277 angefangen haben, vermUthlich aus keinem
andern Grunde, als weil er ihn in demselben. entwarf.
Weiterhin- versichert Eusebins, iaSk ihm jener 26.
Phamenoth der vierte Tag seit Eintritt der Sonne in
das erste Himmelszeichen gewesen^ woraus folgt, dals
er die FrUhUngsnachtgleiche auf den 19. März gesetzt
habe]n müsse.
Buche rius hat^) einen vollständigen, mit ei-
ner Einleitung begleiteten Canon ptischalis Anatolii
Aiexandrini Laodicensis episcopi aus einer lateini-
schen Handschrift ans Licht gestellt In der Voraus^
Setzung, daüs derselbe wirklich dem ßischi^fe von
Laodicea angehöre, hat er ihm die ächten, uns von
Eusebins aufbewahrten, Bruchstücke zu einem bun>
l)Ib. Tn,.3^.
2) DUMrUUianes de cycUs poieholHua (Amsterdam 1736,
4), S. 142 ff.' ,
,3) lo seinem Torhiu gejacbtea Werk S^ 433.
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Ckrisaiche Fölker. 361
teu Gänsen angeheftet. Die lateinische Uebersetzung
legt er dem Kufinus, dem alten Interpreten des
Ensebius, bei« 0er Urheber dieses Kanons war aber
ein ganx unwissender iVIen^eh^ der nicht einmal da^
Wesen des julianiscben Jahrs kannte. Um nach Ab-
lauf des 19}Ihrige|i Cyklus nicht, blofs die Ostergren-
zen, sondern selbst das' Fest zu denselben Monatsta-
gen zurückzufahren, macht er von diesen 19 Jahren
nur zwei zu Sehaltjahren, das siebente und siebzehntel •
DaiGs -er die Frühlingsnachtgleiche im Widerspruch mit
AfKox wahren An atolius nicht auf den 19ten, son-
dern auf den^25^ März setzt, wollen wir nicht einmal
rügen. Yan der Hagei\, der umständlich von die*
sem Produkt handelt ^ ), glaubt, daCs es nicht vor der
ersten Hälfte des siebenten Jalirhunderts entstanden
sein könne, weil in dem Proiogus des bekannten
Bischofs Isidorus aus SeviUa, der 636 starb, gedadbt
wird, und zwar irgendwo in Enghmd oder jSchotdand,
wo während der daselbst in jenem Jahrhundert hem-
schenden Streitigkeiten vb&t die Feier des (kterfestes
leicht jemaiid auf. den Gedanken kommen konnte, sich
auf die Autorität des gelehrten Bischofs von X^aedi^cea
durch eine ihm angedichtete Schrift berufen zu wol-
len: Aulser Beda und ein paar anderen Ai^elsach-
se^, deren Zeugnisse Buchierius beibringt, hat ihrer
niemand weiter gedacht.
Ob der neunzehnjährige Osterkanon des wahren
An atolius irgendwo Tiur Bestimmung des Osterfestes
gedient habe, wissen wir nicht mit Sicherheit. So
viel ist aber aulser Zweifel» dafs er bald nadiher die-
jenigen Modilicationen erhalten, hat, mit denen er von
1) 115 ff. Noch bei Fabrieius spielt der Pseudo-Anato-
lius die Rolle des wahren. Opp. HippoU Vol. T, p. 42. • BM,
Gr. yol IH, p.461 a. n. A.
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363 Technische CifHmotöipe,
der griedblschen Kirche, imd 'spit^iUb von- der ganzen
Qimtenheit gebraucht worden ist. Da vm die Be-
rechnung des Osterfestes von den Alexandriiuim an
die diokletianische' Acre geknöpft finden ^),
so i^ es wol kein blofser ZnfaD, di£t ein Anfang un-
sers Idjährigen Mondcirkels auf das Jähr 285 trifi^
dessen Osterfest das enste unter diesem Kaiser, ge-
feierte war, so dals ein^ blo&e Division der nach ihm
gezählten Jahre die jedesmalige güldene Zahl gibt
Es ist daher sehr wi^fscheiidicfa, dafe £e Ostergren-
zen der Alexandriner (348) sich um den Anfang der
Re^ening dieses Kai^rs festgestellt haben. Die Epoche
der dkykletianischen Acre lak übrigens der 1. Thoth
oder 29. August des Jahrs 284 (81 ) , tmd es imgen daher
die Jahre des alexandrinischen Mondcirkels eigentlich
um 4 Monate früher an, als die des nnsrigen. Wie
sich hiemach der immerwährende Kalender .der Ale-
xandriner gestaltete,, kann man bei "van der Hagen
ersehen^). Bucherius *) und Jan^) sind der
Meinm^, dals EuseMus an der Anordnung dessel-
ben ^nen vorzüglichen^ Anäteil gehabt habe. Sie be-
rufen sieh unter andern auf die bestimmten Zeugnisse
des Hieronymus *) und Beda •). Van der Ha-
gen erregt aber erhebliehe Zweifel dagegen ^). £u-
sebius sage, zwar, selbst ^)y dafs er ein Buch über
1) Die Metropoliten von Apamea in Syrien gebrauchten da-
gegen die seleucidii^Iie. S. Noris Annus et epochae Syra-
macedonum, II, 2, 1.
3) De eycUe paschdUbtm p. 2l0«
3) 8. 137.
4) Eist. eycU Dionysiani §. 7.
b) De viris ilbistr. c. 61.
€) De temporum raiions g. 42.
7) S. 157 ft
8) nta Constmt. TV, 34, 35.
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Christliche FHker, 3(,3
»
das Osterfest verfalst hab^^ und theile ein Bdob'nngs^
schreiben mit, das er deisfalls von Constantin er-
halten. Allan er nenne es eine Enthüllung der
Mysterien des Festes, welcher Titel auf etwas
ganz anderes scblie&en lasse. Auch hätten Theo-
philns, Cyrillus und andere Alexandriner, die über
die Osterrechnung geschrieben, nirgends dines analo-
gen Werks des Eusebius gedacht. Statt seiner
nennt Dionysius IJxiguus^) den Athanasius,
von dessen Verdiensten um diese Rechnung aber nichts
mit Sicherheit bekatmt ist
Obgleich der alexandrinisehe Osterkreis zur Zeit
seiner definitiven Ansbädung die Ostervolhnonde mit
hinlänglicher €!enau%keit gab, und auch auf mehrere
Jahrhimderte hinf brauchbar blieb (347), so dauerte
es doch lange, ehcf er auch in die lateinische Kirche
Eingang land. Der Grund davon lag theils darin^
dafs er, sds dem 38 fahrigen Sonhencirkel incommen-
surabel^ zwar die Ostergrenzen, aber nicht die Osterr
Sonntage in gleicher Ordnung zurückführte, theils und
vornehmlich darin, dafs diesie Kirche das Fest nach
andern Prindpien feierte und auf die Beachtung der-
selben eine besondere Wichtigkeit legte.
Als erster V^rfertiger eines Osterkanons in der
lateinischen Kirche wird uns der Bischof Hippoly-
tus genannt, der in der ersten Hälfte des dritten Jahr-
hunderts lebte.- jSusebius ^) erwähnt von ihm eine
Schrift über das Osterfest, worin er einen Kanon
gegeb^ti haben soll, den er auf eine sechzehnjäh-
rige Periode gegründet und auf das erste Regierungs-
jahr des Kaisers Alexander, d. i» auf das Jahr 222
1) EpUtoia ad Petronium,
2) Bist, eeeh YI, 23. VergL Hieronymus de vHs Uhutr.
€. 61; Isidor Etym. VI, 17; Syncellas Chron. p. 3$8.
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364 Teehnkche Chronologie.
n. Chr., gestellt hatte. Nähares wu&te mai) von die-
sem Kanon ioichts, . als man 1551 su B,om ilie mar-
morne Bildsäule eines auf seiner Cathedra sitzenden
Bischofs ans Licht zog. Zu beiden Seiten des Sitzen
fand man in griechischer Schrift einen Osterkras ein-
gdiauen, und am Rande desselben . ein Verzeicbniik
der anderweitig bekannten Schriften des Hippoly-
tus, woraus heryorgingy dafis die Statue ihn vorstel-
len solle. Sie wird in der vaticanischen Bibliothek ,
aufbewahrt und ist öfters abgebildet worden , unter
andern in der von Johann Albert Fabricius ver-
«nstalteten Siunmhing der Werke des Hippoly-
tus ^),' wo man. auch alles zusanunengedruckt findet,
was Scaliger, Petavius, ^ucherius, Cassini,
Bianchini und. andere über diesen Osterkanon ge-
schrieben haben. Eine Zergliederung desselben gebe
i<:h in meinem Handbuch der Chronologie ^),
auf das ich verweise. Hier will ich nur bemerken,
da£s Hippolytus nicht, wie die Alexandriner, den
21. März, sondern den ISten zur frühsten Ostergrenze
macht, das Osterfest nicht vor Üer.Xiuna XVI, dem
Auferstehun'gstage Christi, ansetzt, es alsQ, wenn Luna
XV ein Sonnti^ ist, nicht mit den Alexandrinern an
diesem Sonntage, sondern 8 Tage später an der Luna
XXII feiert. Dies sind die beiden Hauptpunkte, in wel-
chen die lateinische Kirche bei der Feier ihres Oster-
festes lange yon der griechischen abgewichen ist, und
Worüber viel Streit zwischen beiden obgewaltet hat
AuDser den Ostergreiynen findet Mch auf der Ca-
thedra des Hippolytus audh eine Tafel der Oster-
sonntage durch 7 sechzehnjährige Cykel oder 112 Jahre,
1) Hamburg 1716 und 1718, 5 Bände in Fol.
2) Th. II, S. 215 ö:
Digitized b^
Google
ChHsÜhhe F'olkep. 365
welche Cyrillu« ohne Zweifel meint *), wenn er
unter andern Osterkreisen aneb eines tl2jährigen ab
eines besonders fehlerhaften gedenkt. ■ In der That
weichen die Tage der Feier meistens und zum Theil . !
selir bedeutend tou den alexändrinischen ab, nicht ..
blofs in 'Folge der etwas verschiedenen Osterprjnci- /
pien, sondern auch ^egen der ünvollkonimenheit des -
zum Grunde liegenden Cyklus, der schon nach ein-
maligem Ablauf die '.Ostergrenzen um 3 Tage zu
früh gibt
Der Kanon des Hippolytns ist blofs als ein ro- .
her Versuch zu betrachten, der nur auf wenige Jahre
die Probe bestehen konnte. Wenn daher das ihm '
gesetzte Denkmal zunächst dazu bestimmt war, die
römischen Christen mit der Zeit der Osterfeier be- ,
kannt iu' machen, so muJts' es ihm sehr früh, viel-
leicht schon unter Alexander S-evcrus selbst, un-
ter welchem die Christen ihrem Cultus ungestört ob-
lagen, errichtet sein; denn wer könnte sich, als die
Uarichtigk,eit des Kanons nach Ablauf einiger Cykel .
anerkannt warj noth die Mühe gegeben haben, den
Urheber desselben durch ein solches Monument ver-
ewigen Äu Vollen? .
Es hat unter den Chronologen lange der, beson-
ders vqn Bianchini in einem oben (321) angeführ-'
ten Werke verfochtene, Glaube geherrscht, dafs bei ^'
den Lateinern eben so, wie bei den Alexandrineiti, von
Alters her ein If^jahrlger, schon von Julius Cäsar
aufgestellter Cyklus im Gebrauch gewesen sei, der nur,
eben so wie der jüdische (254), um 3 Jahre später
angefangen Jiabe, als der gewohnliche alexandrinische.
Selbst noch Petavius*) legt ihnen einen solchen'
1) Prologus in ryclum pasehalem,
2) Doetr. temp. Vi, 5. -
Digitized
pyGpogle
366 Tecintsckfi Chronologie.
Zeitkms bei und liefert einen darauf gegründeten m-
merwährenden Kalender, deir sich von dem am Schluß
dieses Wßrks gegebenen blols dadurch unterschei-
det, dfits die güldenen Zahlen durchgehends unr drei
Einheiten kleiner ausfallen. Allein Noris und alle
spätere Chronologen sind der richtigem Meinung, AsSs
sich die lateinische Kirche vor Annahme des 19jähri-
gen Cyklus der Alexfindriner eines vier und acht-
zigjährigen bedient hat
* Auf 84 julianische Jahre gehen 30681 Tage.. Aber
die inzwischen eintreffenden 1039^ synodischen Mo-
nate halten 30682 Tage 6 Stunden 48'. Der 84jäh.
lige Cyklus gibt also an seinem Schluls die- Neu-
monde um mehr als einen Tag zu früh, der 19jäh-
rige dagegep erst nach 16maliger Wiederhohlung um
einen Tag zu spät (347). Jener stimmt demnach
minder genau mit dem Himmel übjerein, als dieser.
Er empfiehlt sich indessen dadurch, dafs er die cy-
klischen Neumonde nicht Uofs zu denselben Datis,
sondern auch zu denselben Wochentagen zurückführt,
daher sich nach seinem Ablauf nicht blo£s, vne beim
19jährigen Cyklus, die Ostergrenzen, sondern auch
die Data des Osterfestes in gleicher Ordnung emeueni.
Diese Eigenschaft verdankt er dem Umstände, dals
er dem 28jährigen Sonnencirkel commensurabel ist
Um sie ihm zu geben, verlängerte man den viermal
genommenen 19jährigen Cyklus, die cällippische ,Pe.
riode (141), um eine Octaeteris, ob man gleich vn^
sen mulste, dafs man dadurch ihre Genauigkeit be-
deutend vermindere.
Wie der 84jährige Cyklus geordnet war, erhel-
let theils aus einem Consular- Verzeichnisse, das No-
ris am Schlufs seines Werks über die synsch-mace-
donische Zeitrechnung (171) aus einer wiener Hand-
Digiti
zedbyGpÖgle
ChrtstiicAe Fhlber. ' 3(^7
Schrift nuttheilt, theils aii£f einem von Muratori ^)
ans Lldbt gestdBten, vermutfalicli dem neunten Jahr-
hundert angehörigen' LiÖer de computo.
Die Fasti coni^ulares, welche von 246 d. St.
bis 1107 oder 354 n. Chr. gehen, sind nur wegen
der ihnen beigefügten Zeitcharaktere wichtig» Zuerst
sind den Jahren der Stadt die eines 84jährigen Cy-
klus beigeschrieben, und «war so, dafs der letzte die-
ser Cykel sich mit dem Jahr 1051 d. St oder 298
n. Chr. erneuert und das ganze Verzeichniüs mit dem
57sten Cykeljahr abbricht * ). Zweitens sind die ju^
lianischen Schaltjahre durch ein den Consuln vor-
gesetztes B bezeichnet Drittens ist bei jedem Jahr
der dem 1. Januar entsprechende Wochentag be-
merkt Viertens ist die Epakte oder das Mondal-
ter am 1. Januar angesetzt Im ersten Jahr des Cy-
klus ist die Epakte I, d. i. es trifft ein Neumond^ auf
den 1. Januar, so dais das Mondjahr zugleidi mit
dem Sonnenjahr und dem ganzen Cyklus anfangt.
Die Epakte des zweiten Jahrs ist XII, die des drit-
ten XXni, die des vierten XXXIV, oder nach Weg-
lassung eines ganzen Monats IV u« s. w. Mit 'jedem
Jahr wächst sie um 11 Tage; nur tiach je 12 Jahren
nimmt sie einmal um 12 Tage zu, weil sich sonst
die cyklischen Neumonde im Verlauf des ganzen Zeit-
kreises zu weit von den astronomische entfernen
1) Im dritten Bande seiner Aneedoia ex ÄTnbrosianae
Bihliothecae codicihus,
2) Anch Prosper Aqaitanus, ein Schri^teller des fünf-
ten Jahrhimderts, hat in seinem zuerst yon Lablie yollstHndi^
herausgegebenen Chromeon auf die Jahre 214, 298 nnd 382 die
Anf^e ein^s Cyklns gesetzt, der offenbar mit dem der Fasti
consnlares identisch ist Vergl. Handb. ü, 242.
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368 Techtdsche Cbronoh^.
würden. So springt die JBpakte 11 des zwSUten Jahrs
im dreizehnten auf XIV über. Solcher «^^^ift/^ lun(U,
wie die^ Chronologen sagen, gibt es 6, nach den Jah-
ren 12, 24, 36, 48, 60 uncl 72. Am Schluls des gan-
zen Cyklus ist keiner angesetzt, damit die Epakten-
reihe wieder mit I von vorn anfange.
Der Liber de compnto enthält, tmter andern
Auszügen 'aus allerlei die Bestimmung des Osterfestes
betreffenden Schriften der früheren Jahrhunderte, eine
Tafel, wdrin durch einen Zeitraum von 84 Jahren
der Wochentag' und die £pak.te des 1. Januar, das
Datum! des Osterfestes. Vmd das gleichzeitige Mondal-
ier angegeben werden. Die Zahlen sind durch die
Schuld der Abschreiber zum TheU sehr entstelltj-
auch ist die ganze Tafel um ein Jahr verschoben, so
dafs in der ers^ten Zeile x
Annus L Dies solis. Lima XII (L XXI)
Pasch. V, Id. Apr. Lima XXI
Annus II zu setzen ist Sie läfst sich aber mit Hülfe
der ihr zum Grunde liegenden, leicht zu erkennenden
Principien mit Sicherheit verbessern. Dafs sie sich
auf den Cyklus der Fasti consuläres bezieht, er-
hellet theils aus der Uebereinstimmung der Zahlen,
theils aus der vbrangeschickten Bemerkung, dafs das
erste Jahr das Consulat des Festus (1. Faustus) und
Gallus, d. i. das Jahr 298 n. Chr., sei. Am Schlüsse
steht: Iterum ad caput revertitur ^ zum Zeichen,
dafis von einem Cyklus die Rede ist.
Mit der Construction der 84jährigen" Ostettafel
haben sich No,ris und Van der Hagen beschäftigt
Ersterera war der liber de eomputo noch unbekannt;
er konnte daher nur. von den Epakten der Fasti con-
suläres ausgehen, die aber den Ostertag nicht mit al-
ler Bestimmtheit geben. , Letzterer hat die von der
lateinischen Kirche bei der Osterfeier, befolgten Grund-
sätze
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«ätze mit Hülfe beider Tafeln gräncSich entwickelt
iii|d hiernach den 84jährigen Kanon' befiriedigend her*
gestellt *). Ich habe im Handbuch ^) die wesent-
lichsten Resultate seiner Untersuchung und zugleich
den Kanon mitgethalt, den ich auch am Schlüsse die-
ses Werks in der sechsten'Tafel^ abdrucken lasse»
Von den sieben Zahlenreihen desselben gibt die ersjfce
die Jahre de$ Cyklus, die zweite die entsprechenden
Jahre nach Cliristus (die b. bezeichnen die' Schalt-
jahre), die dritte den Wochentag des !• Januar, die
vierte die Epakte dieses Tages, die fünfte das Da
tarn des Ostemeumondes, die sechste das Datum des
Osterfestes, und die, siebente das zugehörige Mondal-
ter. Um die , Zahlen der drei letzten Reihen gehörig
vergleichen zu können, erinnere man sich, dals die
lateinische Kirche das «Osterfest allemal an dem Sonn-
tage feierte^ der zunächst auf die Luna IfV folgte (364)^
Die Feier dieses Tages ergibt sich leicht aus der des
1. Januar. Ein Blick ai^ die Tafel lehrt, daüs die
Grenzen der Feier den Lateinern der 19^ März und
der 21# April, nicht, wie den Alexandrinern^ der 22.
März und 25. April w^ren* Bis zum 19. März ging
man vor, weü der ISte als frühste Ostergrenze betrachr
tet wurde (364), und beim 21. April blieb man ste-
hen, um nicht die an> die$em Tag«^ dem alten PaU-
limfeste und Geburtstage Roms (280J, zu feiernden,
circensischen Spiele, ein Haupt -r Volksfest des spä-
1) hl seinem Werke: Ohservationes u$ Ptafperi Jqmtard
ChroTdcon integrum eiwsque^ LXXXIV imnonancychan ei in
Anonynd eyelwn LXXXIV annanim a Muratprio editumi nee
non in Anonynü Jäiercuhan pofiehaiem cerOum tmnormn it'Bth
cherio editwn^ Amsterdam 1733, 4.
2) Th. n, S. ,245 ff: -
■ • ^ 24 ' .
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370 Technische Chronologie.
lern Roms^ auf die Charwoche gebracht und somit
gestört 7XL sehen * ).
Dals die lateinische Kirche ihr Osterfest wirklich
eine geraume Zeit hindurch nach einer solchen S4jäh.
rigen Tafel gefeiert hat, geht entschieden aus Allem
hervoi^j was zwischen ihr und der griechischen über
diesen Punkt verhandelt ist. Die Tafel gab die- Feste
häufig um 8 Tage später, zuweilen aber auch um 4,
ja 5' Wochen früher, als sie von der griediischen
Kirche den alexandrinischen Principien gemäüs gefeiert
wurden. Es konnte nicht fehlen, dafs die Bischöfe
von Alexandrien, die von dem nicänischen Concilium
beauftragt waren, über die richtige Feier des Oster-
festes -ZU wachen, diese Abweichung mifsfallig ver-
nahmen, und es wurden defshalb während des Cj-
klus, der im Jahr 383 seihen Anfang nahm, zwischen
den Alexandrinern uHd Römern mehrere Schriften ge-
wechselt, in Folge deren die letzteren nach und nach
zu den Ansichten und Grundsätzen der ersteren hin-
übergezogen Wurden, in die sie jedoch erst im sechs-
ten Jahrhundert unbedingt eingingen. Ich habe im
Handbuch ^) Veranlassung, Inhalt tmd Litteratar
dieser von Theophilus, Cyrillüs, Ambrosius,
Innocentius, Paschasinus, Leo, Proterius und
Prosper Aquitahus verfaCsten Schriften kurz ange-
geben und gezeigt, wie sich besonders seit den strei-
tigen Pesten der Jahre 444 und 455 unter dem Papste
Leo die lateinischen Principien allmählig modifieirt
1) In Betreib des letztem Paiil[ts vergleidie nan^ was im
Chrmdcon des Prosper Aqaitanus (p. 749 der pariser Ant-
gabe von 1711) Giber die Osterleier unter dem ConsoUt des
Tbeodosins XVUI und Albinos, d. l 444 n. Oir., gesagt ist, und
QLandb. U, %5.
2) Th. n, & 254 — 275.,
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Christliche F^ier. . 37 1
und mit den alexandrinischen verschmolzen haben«
Wer ans(fiihriich^re Belehrung über diesen mehr, noch
der kirchlichen Archäologie als der Chronologie an-
gehorigen Gegenstand verlangt» wird sie bei Van der
Hagen finden *). *
Als der eben gedachte Cyjklus mit dem Jahr 465
abgelaufen virar, fiihrte d^r Papst Hilarius einen
neuen Osterkreis ein, den er von Victor ins aus
Aquitanien hatte anfertigen lassen* Dieser Canoji
paschaüs ist noch vorhanden, und mit dein zugehö-
rigen, im Jahr 457 geschriebenen, Prologus von Bu-
cherius in dem Werke: De doctrina temporum
commentarius in Victorium Aquitanum ans Licht ge-
stellt worden * ). Den Prologe der für die Geschichte
der Osterfeier in der römischen Kirche besonders wich-,
tig ist, gibt auch'Petavius ^). Ueber beides com-
mentirt van der Hagen mit seiner gewohnten Grund-
lichkeif*).
Was Victorius über die Anordnung meines
Osterkanons sagt und der Kanon sdbst davon lehrt,
ist wesentlich folgendes.
Er legte den 19jährigen Cyklus der Alexandriner
^In dem Werke: Obsertationes in veterum patnan H
pontificum prologos et epistolas paschales aHosque antiguqs de
ratione ipaaehdli scriptores, Aecedit dissertatio de cyclo lu»
Tuxri IHpnysü et Bedae (Amsterdam 1734, 4) imd in den S.
369 gedadbten 06sen>atwne4 in Prosperi Aquitani Chromeon
integrum. Man vergleiche auch Petri Horrebowii in vete^
nan patrum aliquot monumehta p(uchtäia hreves annotatio-
nes^ Opera mathematica et physica (Kopenhagen 1740 -—41,
4) Band U, S. 201 ff.
2) Antwerpen 1634, fol.
3) Im Anhange zu semei^ Doctrina temporum p. 504.
4) Ohservationes in prologos paschales p. 144 ff.
. 24*
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373 Technische Chronologie.
f\
zum Grunde, Da aber dieser die Ostergrenzen zwar
zu denselben Monatstagen, jedoch nicht zu denselben
Ferien zurückfuhrt, so combinirte er, um eine in je-
der Beziehung wiederkehrende Ostertafel zu erhalten,
den I9jährigetf Mondcirkel mit dem 28jährigen Son-
nencirkel zu einem 19 X 28 = 532 jährigen Oster-
kreis^ den die Chronologen, nach ihm die victoria-
nis^che P er i o de 'nennen* Er ist aber nicht, wie
Bucherius glaubt, der' Erfinder derselben; S9hdn ein
halbes Jahrhundert früher hat, wie wir unten sehen
werden, der ägyptische. Mönch Anianus einen sol-
chen Zeitkreis in seine Chronographie verflochten.
Zum Anfange dieses grofsen Kreises macht er
das Jahr 28 unserer Aere, auf welches er Christi Tod
setzt, so dafs unser Jahr 457 sein '430stes wird. Bis
dahin hat er die Coqsuln angemerkt und dann noch
102 Jahre ohne solche hinzugefügt Man sieht also,
dalä man zu dem jedesmaligen Jahr seines Zeitkrei-
ses' 27 addiren müsse, um das entsprechende unserer
Aere zu erhalten. Wenn es demnach in der Grab-
scl\rift des heil. Johann -von I^eome, eines Benedicti-
ners, heilst, er sei gestorben Anno Domihi quin-
gentesimo duodecimo iuxta quo4 in Cyclo B, Vic-
torii numeratur *),* so ist das Jähr 539 n. Chr. ge-
meint Er behält femer die bei den Lateinen|| üb-
liche Weise, das Fest ]fermittelst der Ferie und Epakte
des 1. Januar zu bestimmen, bei.' Die Epakten der
einzelnen Jahre seines 19jährigen Cykln3 bleiben die
ganze Periode hindurch unverändert und sind für seine
Zeit übereinstimmig mit dem Himmel angesetzt Wenn
er z. B. dem Jahr 430 die Epakte XX, gibt, so be-
zeichnet dies.e das AJter des Mondes für den An-
1) VArt de verlfier les dates Tom. I, p. 60.
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Christime Fölker. 373
fang Qnseis 457sten Jahrs ganz richtige indeiil der mitt-
lere Neumond am vorhergelienden 13. December nach
römischer Zeit um 7 Uhr 35' Morg. eintrat. Die
Epakten wachsen bei ihm von einem Jahr zu^qa än-
dern um 11 Einheiten,' und nur. nach Ablauf von »je
19 Jahren einm^d um 12, damit sie eben, so, wie die
güldenen Zahlen im immerwährenden. Kalender der
Alexandrmer, in gl^cher Ordnung wiederkehren. Et
nimmt also statt des beim 84jährigen Cyklus gebräuchli-
chen saltus lunae von 12 Jahren (367), den man nach-
mals in einen 14jährigen verwanddte,^), einen 19jäh-
rigen an, welcher dem Himmel weit besser zusagt
Das Osterfest bestimmt er wie folgt. Aus der Epakte
des 1.. Januar leitet er, bis 30 zählend, däi nächstfol
genden Neumond des Jahrs, und aus diesem, abwech-
selnd 29 und 30 Tage fortrechnend, alle :fo%enden
her. In der Regel gibt ihm der vierte Neumond das
Osterfest, nur im lOten und ISten Jahr des jedesma
ligen Cyklus der fünfte. Die frühste Luna XIV pa-
schalis ist ihm der 20. März, die späteste der 16.
April, so daÜB ihm also, da er der alten Methode sei- -
ner Kirche, das Fest nicht vor Luiia XVI zu feiern,
treu bleibt^ die Grenzen desselben der 22. März und
24. April sind. Dies ist der wesejatfichste Punkt, i6
wdchem sich seine Rechnung .von .der der AJ^jJ^n-
driner unterscheidet. Wo bei ihm ein abweichendes
Datum der Feier eintritt, was während der ganzen
Periode 32mal der Fall ist, setzt er beide Data an,
das der Rönier-und Alexandriner, die Wahl, zwischen
beiden dem Oberhaupt der Kirche iuiheimstelleiid^^)w
1) Handb. II, 270. ^
2) Man Tergleicfae das Handbuch, wo lU JLI, S. 275 ff.
dies Alles ausflilirlicber vorgetragen and zagileicli die anfi^ere
Form der Ostertafel des Victor ras erklärt ist. ^
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374 TecAnUche Chronologie.
Man sieht, daf» die der Tafel des Victorius
zum Ghinde liegenden Osterprineipien mit den ale-
xandrinischen schon weit besser ^übereinkonnnen,. als
die früheren r5misehen. Aber noch immer war der
Osterstreit nicht gana& beseitigt; denn nicht m geden-
ken, dafs noch hin und wieder im Occident der alte
84jährige C^^dns im Gange blieb, liefe die neue Ta-
fel zuweilen den Tag der Feier zweifelhaft, wo sich
dann der Papst für das Datum zu entscheiden pflegte,
das den Ansichten der Lateiner zusagte« So wissen
wir, da£s in den Jahren 476, 495, ^6, 499 und 516
das Fest im Oecident nach der Tafel des Victorius
acht Tage später als im Orient gefeiert worden ist *).
Der romische, in der ersten Hälfte des sechsten Jahr-
hunderts lebende Abt Dionys-ius, mit dem Beina-
men Exiguus, erwarb sich daher 'um den Frieden
seiner Kirche kein geringes Verdienst, indem er eine
Ostertafef ganz nach den Grundsätzen der Alexandri-
ner construirte und den Gebrauch derselben auf eine
Weise empfahl, welche endlich die Christenheit über
einen so wesentlichen Punkt ihres Cultus Tcreinigte.
Cyrillus, Bischof von Alexandrien, hatte eine
auf. 5 neunzehnjährige Cykel oder 95 Jahre gestellte
Ostertafel geliefert, die bis zum Jahr 247 der diokle-
tianischen oder 531 der christlichen Acre reichte, und
mit einem in gesdbichtlicher Hinsicht wichtigen Pro-
logus (358) begletet war. Der 95jahlrige Zeitraum
ist zwar kein eigentlicher Cyklus, kommt aber einem
Solchen sehr nahe, indem er die Data des Osterfestes
mit Ausnahme jedes vierten in gleicher Ordnung zu-
rückführt ' )• Diese Tafel setzte Dionysius auf
abermalige 95 Jahre fort Es geschah dies im Jahr
i) Maa sdie die Anmerlnmgen zur TahU ehronologi^ im
ersten Bande dea Werk» L'JH de ^irifier h9 dat€9.
a) Vei^ Haadb. U, 263.
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CArkOicAe fetten 375
525, wo Bein Brief an den Petronins gesclmeben
ist. Da 9 lYi^ er in demselben sagt, damals noch 6
Jabre voii der Tafel des Cyrillus übrig waren, so
wie^derhofalte er- den letzten 19jäbrigen Cyklus noqb
einmal, nnd fügte vom Jabr 532 ab noch fünf andere
hinzn. In^ Codeit: D i g.b a e a n n s, einer Handschrift
der bodlejanischen Bibliothek aus dem Anfange des
neunten Jahrhunderts, befindet sich jenes Schrei-
ben, das seiner Ostertafel zur Einleitung dien^ mit
einer von 513 bis ^92 durch 20 neunzehnjährige Cy^
kel fortlaufenden Tafel, von der Jan mit allem Recht
die erste 19jährigQ Abtheilung für die Arbeit des Cy-
rillus,. und ^e fünf folgenden für die unsers Dio^
nysius hälL ' , .
In dem Briefe an den Petronius hatte Diony-
sius den Osterprincipien der Alexandriner aufs drin-
gendste das Wort geredet Da aber seine Tafel den-
noch Widerspruch gefunden hatte, sq vertheidigte er
sie ein Jahr später in eiqer Epistolaad Bonifa-
cium nochmals, und mit so siegreichen Gründen, Aab
die römische Kirche von nun an das Osterfest ganz
übereinstimpiig mit den Alexandrinern gefeiert hat
Der gedachte Codex enthält ajolser beiden Schrei-
ben des Dionysius noch den von ihm übersetzten,
gleichfalls zur Empfehlung der alexandrinischen Grund-
«ätze gereichenden, Brief des P r o t e r i u s an Leo,
und die Argumenta Paschalia der Aegyptex:. Hier-
unter versteht er die Regeln, nach denen sich die Zah-
len der einzej^en Rubriken seiher Ostertafel — pa-
schales tituli -r- fortführen lassen, dergleichen auch ,
bei den äg^tischen Ostertafeln voi^ekommen sein
müssen. . Alles dies findet sich in Jan's J^ßstoria
cycli Dionysiani am vollständigsten zusammengesteUt
und am gründlichsten erläutert ^).
1) Witlenbei^ 1718, 4. VergL Handb. H^ 385 ff.
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376 ^Technische Chronohgie^
' • 'Da die Östertafel des Diony^sius für die
Cbfronologiiei von besonderer Wichtigkeit geworden ist,
;so müssefn hier über ihre acht Rubriken einige Er-
läuterungen geg^beii weijden.
Die erste C^mne \ßi Änni Dojnini nöstri Jesu
Christi überd<}hrieben: Dionysius bemerkt dabei,
dafs er die Jahre nickt, wie Cyrillus, nach Diocle-
tian, dem gjkrausamen Verfolger der Christen, sondern
ab ihcamatione l)ömini^ von der Menschwar-
diing Christi/ 2Shle. Diese Zählungsweise hat sich
durch seine Ostertafel atlmählig über die ganze Chri-
stenheit verbreitet. 'Die Schaltjahre sind mit b, an-
gedeutet Die zweite Columne führt den Titel: Quae
sint indictiones. Von den Indictionen, einet im
Mittelalter s^hr gebräuchlichen Be^eichnungsweise der
Jahre, wird unten gehandelt werden. Die dritte,
Epactae^ id est adiectiones lunae, überschrieben,
gibt das After des Mondes nicht, wie in den früheren
Ostertafeln der Lateiner, am 1. Januar^ sondern am
22. März.^ Man übeixeugt sich leicht, dals^iese E'pak-
ten den güldenen Zahlen des immerwährenden julia-
nischei^ Kalenders ganz gemäfs angesetzt sind. Wenn
'z. B. das erste Jahr des Cyklus zur Epakte 0 oder 30
liat, so folgt aus der gjildenen Zahl I beim 23. März
des immerwährenden Kalenders dasselbe. Die vierte
Columne mit der Ueberschrlft Concurrentes dies lehrt
die.Ferie kennen, auf die der jedesmalige 24. Man
trifft Begreiflicherweise werden diese Concurrentes
eben so durch den 28jährigen Sonnencirkel bedingt,
vne die Sohntagsbuchstaben. Sie Bangen mit
diesen, da F allemal der Buchstabe des 24. März isi,
dergestalt zusammen, dafs die Concurrentes 1, 2, 3,
4, 5, 6, 7 den Sonntagsbuchstaben F, E, D, C, B,
A, G entsprechen* Jene schreiben ^ich aus dem
Orient, diese sind eine Erfindung des Occidents, die
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ChrkiHche F6lher. 377
beim Dionysius und Beda noch nicht vorkommt
Die fünfte Columne rtiit der üeberschiift: Qfwtr/s sit
lunae circuhis gibt die Jahre deS' Cyclus lunaris
der Juden (254), dessen güldene Zahlen durefagehends
um 3 ^Einheiten kleiner sind, als die des Cyklus der
Christen * ), den Dionysius und Beda zum Unterschiede
cyclus decemnovennalis nennen, als wenn nicht beide
neunzehnjährig und nicht beide Mondcirkel wa-
ren. Was es^^mit den drei letzten Rubriken; Qmota
sit luna Xlf^ paschalis, Dies dominicae festivita-
tisy Luna ipsiiis diei dominici auf sich habe, .ist
für sich klar. NoÄi bemerke ich, dafs in der letzten
Columne allemal beim achten J^hr Ogd, und beim
neunzehnten Hend. d. i. Ogdoas und Hendecas
steht. Diese Eintheilung des 19 fahrigen Cyklus v^
einen acht- und elQährigen, die sich in allen aus dem
Alterthum auf uns gekommenen Ostertafeln findet,
und vermuthlich schön in der ursprünglichen aleitan-
drinischen vorkam, «schreibt sich aus einer Zeit her,
wo man an die Stelle des 8jährigen Cyklus den 19jäh-
rigen setzte (359), also zu den acht Jahren noch elf
hinzufügte. .In technischer Beziehung ist sie von l:ei-
ner Wichtigkeit.
Zunächst überredete Dionysius die Rönier und
anderen Italiäner zur Annahme des 19jährigen Cyklus
und der alexandrinischen Osterregeln. In der Metro-'
poKtankirche zu Bayenna wird eine . msurmome, voii
Noris (ITl) umständlich erläuterte Tafel aufbewahrt,
welche eine ächte, wiewohl nicht ganz vollständige
Kopie der dionysischen Ostertafel, nicht, in Columnen
1 ) Eigentlich beträgt^ der Unterschted beider Gykel nur 2f
Jabre. Aber Dionysius und alle spätere Chronologen recbnen
den jüdischen Cyklas nicht, wie die Jaden sdlbst, yom 1. Thlsphri,
Rondem vom folgenden 1. Januar.
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378 Teohnische Cbronolag^.
sondern kreisCSnnig geordnet» entl^alty dergleichen Rö-
iae pmehales hin und wieder in Handschriften ge-
funden werden ^). Die Jähre nach Christus, die Iq-
dietionen, Concurrentes und Epakten sind weggelas-
sen; die Stelle der ersten vertreten die numerirten
Jahre der einzelneu CykeL Die Tafel ist offenbar
«um Behuf jener Kirche angefertigt worden, und kann
nicht viel jünger als Dionysius sein. Dals aber
ums Jahr 550 die Ostertafel des Victorius noch
nicht- überall in Italien abgeschafft war, erhellet aus
einem von Beda ^) mitgetheilten Fragment eines
Buchs de pascha des Bischofs ▼ i c t o r zu Capua,
und daCs sie in Gallien noch ioi sechsten Jahrhundert
,die Feier bestimmte, lehren einige Stellen des damals
lebenden Gregorius von Tours ?). In Spanien
scheint die dionysische Tafel erst nadi 587 eingeführt
zu sein, als Reccared, König' der Westgothen, frü-
berhin Arianer, zur katholischen Kirqhe übergetreten
war. Ani längsten hielten sich «die alten Cykel, na-
mentlich der 84jährige, auf den brittischen Inseln, wo
im secfbsten und siebenten Jahrhundert noch viel über
die Osterfeier gestritt^i wurde, welshalb ich das Nä-
here im Handbuch nachzusehen anheim gebe ^).
Erst gegen die Zeit Karl's des Grofsen siegte der
alexandrinische, oder, wie man ihn im westlichen
Europa gewöhnlich nennt, der dionysische Oster-
kanon über alle Widersprüche. Die nächsten acht
Jahrhunderte hindurch 'wurde nun das Fest mit voll-
kommener Uebereinstimmung gefeiert. Dann aber trat
1) S. Jan's HUt, Cyei. Dion. p. 47.
2) De temp. raU c 49.
ß) Bist. Fraw!.y^ 17$ X, 23* Vergl. Handb. II, 393 o. 394.
4) B. II, S. 295 ff.
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Ckrisüiche F&lka^. 379
*-,
aufs Neue cme SpaHung ein, die noch itnmer nidit
ganz gehoben ist.
Es läJGst sich erwarten, dafs die Ostertafel des
Dionysius gegen die Zeit ihi:es Ablaufs Fortsetzer
gefunden haben werde. Es sind uns deren zwei be-
kannt, ein Abt Felix und der Bischof Isidorus von
Sevilla, welche beide die Tafel abermals durch fünf
19}ährige Cykel von 627 bis 721 fortführten *). Eine
weit umfassendere Arbeit lieferte Beda Venerabl-
lis, Presbyter der angelsächsischen Kirche in der er-
sten Hälfte de« achten Jahrfiunderts, indem er die Ta-
fel des Dionysius durch 532 Jahre bis 1063 fort-
setzte ^), Der Herausgeber seiner chronologischen
Schriften, Joh. Noviomagus (Bronchorst) hat
noch eine Periode von 532 Jahren vorangesetzt, und
ehie andere folgen lassen, so dafs eine Ostertafel auf
die ersten sechzehnhundert Jahre unserer Zeitrech-,
nung entstanden ist'). Aus mehreren Stellen Be-
da's ergibt sich deutlich, dafs seine Ostertafel in ih-
ren 4lubriken voUkommeh mit der des Dionysius\
übereinstimmte. Wenn sich also in der grofsen Ta- ^
*fel des Noviomagus noch eine Columne mit den
Sonntagsbuchstaben findet , so mu& diese erst von
ihm hinzugefügt sein* .
1) Handb. a, 290.
2) Auf Sc^liger's Autorität wird in mehreren chronologi-
scken B&dbem gesagt, dafs Dion^^Bius selbst eine Ostertafel auf
532 Jahre geliefert habe. Dies ist ein Irrthum. Daher ist es
nicht schicklich, die Tictoiiausche Periocte auch die dionysi-
sche zn nennen«
3) Bedae Opusada eomptura de ten^porum raiione dili"
genier eastigata^ Cöln 1537, fol« Das Hauptwerk fahrt den
Titel De iemporum ratione. Es ist 725 geschrieben and als
ein yoUstfindiges Iiehrbndi der Zelt- und- Festrechnung zu be-
trachten.
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380 Technische Chronolag^.
Der alexiHidrinische Osierkanon gründet sich auf
die Voraussetzungen^ daCs das tropische Jahr 365 T.
6 St. und der Cyklus von ^35 synodischen Monaten
^eVade 1& julianische Jahre hält.- Aber jenes ist 11'
12'' und dieser 1 St 28' 15" kürzer (22^ 30). Die
Macbtgleichen und Neumonde treten daher allmähb'g
immer früher im julianischen Jahr ein, jene alle 128,
diese alle 310 Jahre um einen Tag. Eine Folge da-
von ist, dafs weder die unbewöglichcsn noch die be-
wegliche»! Feste ,an den Stellen bleiben, die ihnen ur-
sprünglich angewiesen sind. Jene, an bestimmt!^ Tiig^
des julianischen Jahrs geknüpft, nicken immer tiefer
ins tropische Jahr hinein; diese, zugleich mit dem
Osterfe^ vom Frühlings -Vollmonde abhängig, werden
bei immer späterem Mondalter gefeiert Das Princip
des Osterfestes verliert dah^ mit der Zeit seine ganze
Bedeutung, indem sich das Fest, freilich erst auf eine
nach mehreren Jahrhunderten auffallende Weise, so-
wohl von . der Frühlings «Nacht^eiche als dem Voll-
monde entfernt
Es dauerte auch wirklich lange, ehe man hier-
über zu einer klaren Ansicht gelangte. Nachdem es
einmal geschehen waf, kani die Kalenderverbesserung
als eine dringend nothwendige Angelegenheit auf meh-
reren Kirchenversamndungen des ifunfzehnten und sech-
zehnten Jahrhunderts zur Sprache *); aber erst dem
Papst Gregor XlII, der vom tridentiner Conciliuni
dazu förmlich beauftragt war, gelang es, sie im Jahr
1582 zu Stande zu bringen. Unter mehreren- Vor-
schlägen, die ihm dazu gemacht waren, genehmigte
er den des Aloysius Lilius, der also -als der ei-
gentliche Urheber des neuen Kalenders zu betrachtea
1) Haüdb, U, 299 ff.
dby Google
Digithzed-fc
• • ChrislUehe Falker. 38 i
ist Et: legte den Plan dieses Mamtcis. iin Jahr 1577
den Fürsten und betiihratesten Universitäten Europas
zur Prüfiing vor, und setzte daiu selbst eine Com-
mission von Gelehrten zu Rom niedery unter denen
der Deutsche Christoph Clavius, der Spanier Pe-
trus Ciaconius (Chacon) und der Itahäner Igna-
zio Danti die einsichtsvollsten waren. Letzterer be-
obachtete an einem . 1575 in der Kirche des heiligen
Petronius zu Bologna errichteten Gnomon die Sokti-
tien, um genau die Tage des. julianischen Jahrs zu,
ermitteln, auf" welche die Jahrpunkte . damals . trafen.
Nachdem^ die römische Commission noch einige kleine
Aenderungen mit dem ursprünglichen Plan vorgenom-
men und eine mehr ins Einzelne gehende Schrift Ca-
nones in Calendariian Gregoriawmt perpetuum
ausgearbeitet hatte, ordnete der Papst in einer Bulle
vom 24. Februar 158^^ die Reform definitiv, an. Ein
noch ausführlicheres, ^fcrk erschien nachmals von
Clavius bearbeitet unter dem Titel: Romani CaJm^^
darii a Gregorio XIII P* Jff. restüuti explicatio *).
Dies ist das Hauptwerke über die gregorianische Ka-,
lenderverbesserung, in welchem man auch alle dahin
gehörige Aktenstücke gesammelt findet.
Um das Frühlingsäquinoctium, das damals schon
10 Tage zu früh, am 11* März,- eintrat, zum Olsten
zurückzuführen, auf welchem es um die Zeit d^s ni^
'cänischen Conciliums gehaftet hatte 9 wurde nach dem
4. Oktober dqs Jahrs 1582, mit üebergehung von
10 Tagen, sogleich der 15te gezählt Der 4/ Okto-
ber war ein Donnerstag, und der 15te wurde nim
1) In der Bulle steht 1581, - Das Jalir ist nach flo'rentiner
Weise mit dem 25. 'März angefangen. Hiervon' unten.
2) Rom 1603, fol. Auch in der Samtnlong der Werke d^s
Clayias, iKain:^ 1619;
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382 Technische Chronologie.
so» einem Montage em Freitag« DaduiNch ^g der
Sonntagsbuchstab G dieses Jahrs ia C üben Um die
FrüUingsnacbtgleiche auf dem 21« März zu erhalten,
wurde angeordnet 9 dals alle 400 Jahre drei Schalt-
tage nach folgendem Gesetz weggelassen werden soll-
ten: die Jahre 1600, 2000, 2400, kurz alle diejeni-
gen Säcularjahre, die sich durch 400 ohne Rest divi-
diren lassen, bleiben Schaltjahre, die übrigen Sicu-
larjahre dagegen, als 1700, 1800, 1900, 2100 u. s.
w., werden Gemeinjahre.
,Um den OsteryoHmond, der sich seit jenem Con-
dlium bereits um 4 Tage versdxoben hatte, zu fai-
ren, wurde an die Stelle der güldenen Zahlen des
immerwährenden julianischen Kalenders der von Li-
lius erfundene Ep akl ency klus gesetzt Trifit
ein Netimond' auf den 1* Januar, so kann man die«
sen Tag ab den ersten d^^Mondmonats betrach.
ten, und ihm mit den früheran Computisten/die das
Alter des Mondes nach laufeuden Tagen zählten,
die Epakte I geben. 'Man kann aber auch sagen,
das^ Alter des Mondes sei dann Null, und den Tag
mit der Epakte 0 bezeichnen. Der gregorianische Ka-
lender setzt dafür *, und schreibt eben dieses Zeichen
auch neben die übrigen Neumondstage des Jahrs, die
man findet, wenn man abwechselnd 30 und 29 Tage
weiter zählt Im folgenden Jahr ist der Mond am 1.
Januar 11 Tage alt, weil das Mondjahr in runder Zahl
um 11 Tage kürzer als das Sonnen jähr ist Der
erste Neumond gehört also dem 20. Januar an, ne-
ben den man XI setzte um anzudeuten, dafs.bei die-
ser Epakte der 20. Januar ein^Neumondstag ist. Die-
selbe Zahl kommt wieder bei allen übrigen Neumonds-
tagen des Jahrs zu stehen. Im. dritten Jahr ist die
Epakte XXn, welche neben den 9. Januar gesetzt
wird. Schreibt man aber auf diese Weise die jedes-
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Chrhäicie Völker. . ,183
maEge Epakte oder die Zahl .d^r am 1* Janttar vom
Mondmonat verflosfienen Tage das ganze Jahr hin
durch neben die Data, auf die bei ihr die Neumonde
treffen, so erhält man den immerwährenden gse-
gorianischen Kalender, den ich am Schlüsse die-
ses Werks in der siebente^ Tafel abdrucken lasse.
Da jede der 30 Epaktenzahlen abwechselnd ih
30 und 29tägigen Zwischenräumen wiederlcehrt, - so
muTsten bei den 29tägigen irgend xwei Zahlen an Ei-
nem Tage angesetzt werden, Lilius hat sich für
XXIV und XXV entschieden. v
Man sieht, es kommt nur auf die jedesmalige
Epakte des Jahrs an» um sämmtliche Neu- und VoU-
mondstage zu haben. Trifft' ein Neumond auf den
31. December, so ist die Epakte am 1. Januar L
Dies war .zur Zeit der Kalenderverbesserung im er-
sten Jahr des Moiidcyklus, z. B. im Jahr 1«577, der
FalL Damals gel^örten also mit den güldenen Zahlen
folgende Epaktcn zusammen:
Tafel I.
Güldene
Gregor. .
Güldene
Gregor.
Zahlen.
Epakten.
Zahlen.
Epakten.
1
I
11
XXI
2
XU
, 12
n
3
xxin
13
xm
4
IV
14
XXIV
5
XV
15
V
6
XXVI
16
XVI
7
vu
17
xxvn
8
XVffl
. 18
vm
9
XXIX
19
XIX
10
X
1
I
Mit jedem Jahr wächst die Epakte um 11 Einheiten;
nur vom' letzten Jahr zuni erstea springt' sie um 12
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384 Technische Chronohgie.
weiter, wc3 nach 19 Jahren diesdbe Epaktemeihe
wiederkehren muTs.
Allemal, wenn ein Schalttag aus dem gregoriani-
schen Kalender weggelassen wird, weicht jedes gre-
gorianische Datum lun einen Tag im julianischen Ka-
lender zurück und die Epakten venniiidem sieh nm
eine Einheit Dies nennt man in der Epaktenrech-
nung die Sonnengleichung. Eine solche trat im
Jahr 1700 ein, von wo an folgende Epaktentafel gilt:
Tafel n.
Güldene
Gregor.
' Güldene
Gregor.
Zahlen.
Epakten.
Zahlen.
. Epakten.
1
«
11 '
XX
2
XI
12
I
3-
xxn
13
xn
4
m
14
xxiu
5
XIV-
15
IV
6
XXV
16
XV
7
VI
17
XXVI
8
xvn
18
vn
9
XXVllI
19
XVDI '
10 .
IX
1
*
Bleibt dagegen zwar der Jahrsanfang an seiner
Stelle, weichen aber die Neumonde um einen Tag
zurück, so wachseh die Epakten um eine Einheit
Dies nennt man die Mondgleichüpg. Eine solche
sollte zwar alle 310 Jahre einmal eintreten; allein der
leichteren Uebersicht wegen läfst man sie> alle 300
Jahre, und wenn dies siebenmar geschehen ist, ein-
mal nach 400 Jahren, also in 2500 Jahren achtmal,
wiederkehren. Zum erstenmal wird sie im Jahr 1800,
und dann in den Jahren 2100, 2400, 2700, 3000,
3300, 3600, 3900, 4300, 4600 u: s. w. angesetzt
Treffen beide GleiclHmgen zusammen, wie im Jahr
•, ^ 1800,
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ChrUfiicAe FUker,
385
1800, 80 ynx^ die eine darch die andere aufgehoben.
Die ^weiie Tafel gilt daher bis zum- Jaht 1900 , wo
die Sonnengleichung" aUein voikommt. Daim erhalt
man folgende x
TafellDL
Güldene
Greg^oiv
Güldene
Gregor.'
Zahlen.
Epakten.
Zahlen,
Epakten.
1
mm
11
XIX
2
X
12: ,
. •
3
XXI
13
XI
4
n
14
xxn
5
xm
15
in
6
XXIV
16
XIV
7
V
17
XXV
8
XVI
IS-
VI
9
xxvu
IS
xvn
10
vm
1
XXIX
Im Jahr 3000 kommt /weder die Sonnen- noch
die Mondgleicfanng vor, und im Jahr 2100, wo beide
zugleich eintreten, hebeli sie einander auf. Die dritte
Tafel bleibt daher bis zum Jahr 2200 im Gange»
Man sieht, dais es solcher Tafeln in Allem 30 geben
muls, indem die Epakte Im ersten Jahr des Mondcy-
khis dreilsig verschiedene Werthe haben kann. Da
das Gesetz, nach wdchem die Sonnen* und Mond-
gleichung wechseln, klar ist, und da die Epakten,
wenn die erste allein eintritt, um eine Einheit abn^h- '
men, wenn die zweite allein gilt, um eine Einheit zu-
nehmen, und wenn bdde zugleich oder gar nicht stall
finden, ungeandert bleiben, so wird mah leicht alle 30
Tafeln mit den Jahrhunderten, denen sie angehören,
hinschreiben können. Bis zum Jahr 8200 kommen
alle 30 vor; aber erst nach 300000 Jahren ist die
Ordnung, in der beide Gleidiungen und die zugehö-
rigen Epaktenreihen wechseln, vollkommen wieder
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386 TeökpisckäJ Cinmehgie.
«dieselbe, Man gehe die groDse Tabula aequaüanis
bei ClaviuÄ ^). -
Es fragt sidv wie groCs die Genauigkeit des neuen
Kalenders mit Bezug auf die Sonne sowohl als auf
den Mond seL In 40Ö Jahren werden 3 Schaltlage
weggelassen (382). JD'adurch wird die J>auer des
SonnenjahrS auf .365 T. h St. '49'. 12'^ gebracht Das
tropische Sonnerijahr hält aber nach der neusten Be-
stimmung 24^' weniger (22). Dieser Unterschied häuft
sieh in 3Q00 Jahren, zu einem Tage an, um den, dann
der neue Kalender zu. viel rechnen wird. Delam-
bre*s Vorschlag ^) ist daher zwedcmäüsig, das Jahr
3600 unserer Zeitreclmung, das' nach Gregor ein
Schaltjahr sein sollte, nnd seine Vielfachen 7200, 10800
u. s.'w. zu Gemeinfahren zu machen.
Nimmt man dqn synodischen Monat im Mittel za
29 T. 12 St 44' 3« an (28), so geben 235 Monate
6939 T. 16 St.. 31' 45'', akol St 28' 15" weniger
ajs 19 juHänische Jahre. Dieser Unterschied häuft
siph in 310. Jahren m eiriein Tage. an. Die grego-
rianische' Reform set%t ihn in 2500 Jahren auf 8 Tage
(384 >, alsi^ in 312^ Jahren auf einen Tag. Es Ue-
.gen dabei die prutenischen Tafdn des Erasmus
Reinhold %\hm Gruode '). Legt man mit Tobias
M a y e r dem Mondmonal nur 29 T. 12 St 44'
2^'3283 bei, so erhält man bereits nach 308 Jahren ei-
nen Tag, und hiernaph würde der neue Kalender die
^[eumonde nach etwa 21000 Jahren um einen Tag
4li spät geben. ÄUeia die mittlere Bewegung des älon-
des ist nieht • co^slant Mayer's Bestinunung gilt
für das Jahr 1700 (28) — und so wollen wir auf
1) S. i34.
:2) Astronomie Tom. Ilf, p. 696.
3) Tübingen IWi.
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ChtUüiche Fdlker. 387
diese ohoelkin sehr geringe Abweichung kein Gewicht
legen.
> Gregor sagt in seiner Bnlle, dals er das von ihm
sanettonirte Calendariuip> jcarrectum zugleich mit dem
Martyrologium oder Verzeichnils der von der Kirche
anerkannten 'Heiligen und Märtyrer zu Rom drucken
zu lassen befohlen habe, wo e^ auch 1586 unter dem ,
Titel: Martyrologium Romanum, ad novam Calen- ^
darii rationem et ecclesiasticae historiae verita-
tem restitutum cfsm notationibus Caesaris Ba--
ronii Sorani erschienen ist. Uebt^ens * erhellet
aus AUem, dafs der Papst eigentlich nur das Verdienst •
hat, die längst angeregte Kalenderverbess^rung zu-
nächst veranlagst und ins Leben gerufen zi| haben.
Der neue Kalender, den er an die 'Stelle des al-
ten oder julianischejQ zu setzen gebot^ ßüurt nach
ihm den Nam^i des gregoiianischen, auch.wol
nach seinem wahren Urheber den des lilianischen.
Eine Medaille, die auf die Reform geschlagen ist, stellt
auf der Vorderseite das Bildnils des Papstes, und auf
der Rückseite einen Widder mit einem Einmenge^
winde, dem Symbol des Frühlings, dar; umh^ eine
Schlange^, die in ihren Schwanz beifst, mit der Auf-
schrift: Anno restituto MDLXXXll * ).,
Vom 15. Oktober 1582 bis zpm 24. Februar
1700 hat der neue Kalender 10 Tage, und von hier
an bis zum 24. Februar 1800 11 Tage mehr als der^lte
gezählt. Seitdem beträgt der Unterschied 12 Tage.
Mit jedem Säcularjahr,* das sich, nicht durch 400 ohne
Rest dividiren läfst, wächst derselbe um. einen Tag. -
Um för ii^end ein Jahr das Datum des Osterfe-
stes im gregorianischen Kalender zu erhalten, suche
1) S« Bonanni IVpmismata Pont, Rom. p. 368.^
. 25- *
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388 ' TecbnUchß Chronologie.
man zuerst nach der oben (347) geg^enen Regel
die güldene Zahl. Dann nehme man in der jedes-
maligen Epaktentafel, also für das jetzige neunzehnte ,
Jahrhundert in der zweiten (384), die der gefimde-
nen güldenen Zahl Angehörige Ep^kte, und suche sie
in dem immerwährenden gregorianischen Kalender vom
8. März bis zum 5. April einschliefislich auf. Der
Tag, neben welchem Ae sich findet,, ^ist der Oster-
neumond. Zählt mah von diesem 13 voUcxTage wei-
ter, so hat man die Luna XIV oder die Ostergrenze,
von welcher man dann aUeraal, auch wenn sie ein
Sonntag ist, niit Hülfe des Sonntagsbuchstabens bis
zum nächsten Sonntag fortrechnet So z. B. ent-
spricht der güldenen Zahl 8 des gegenwärtigen Jafar^
1831 die Epakte XVD, wetehe den Ost^menmond am
14. März gibt "Die Ostergrenze ist also .der 27. .Man
mit dem Buchstaben B^ und da dies zugleich der Sonn-
tagsbuchstab ist^ so trifft das Osterfest 8 Tage, spä-
ter, auf den 3. ApriL Hier sind die der zweiten Ta-
fel entsprechenden, für das jetzige Jafaihundert gülti-
gen, Ostergrenzen:
Güldene
Oster.
Güldene
Oster.
Zahlen.
grenzen.
ZaJilen.
grenzen.
1
13. April E
11
24. März F
' 2
2.ApraA
12
12. April D
3
22. März D
13
1. April G
4 •
10. April B
14
21. März C
5
30. März E
15
9. April A
6
18.AprilC
16
29. März D
7
7. April P
17
17. April B
8
27. März B
18
6. April £
9
15. April 6
19
' 26. März A
10
4, April C
1
43. April E
Diese Tafel gibt auf einen Blick das Datum des
Osterfestes; weiin man die güldene Zahl und den
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■ChrUmche Fiiker. 389
SonntagsW^Hstab^ des Ja^hrs kennt Ist bei der gül-
dene» ZaU 14 der Sonntagsbuchstab D', so ttifit; däs^
Fest auf den 22. März, nud ist fa^i der goldene»
Zahl 6 der Sonntagsbuchstah G, sa fi^t er auf den
25. AprS. Dies sind die änlsersteii Termine der Feier.
Beide kommen in diesem Jahrhundert nur einmal vor;
der erste 1818, der andere 1^6.
Ist deir Tag des Osterfestes ermittelt, so hat maii
zugleich die Tage aller übrigen beweglichen Feste
und die Ordnung aller Sonntage hß Jahr. Tabellen
darüber, so wie Notizen von den unbeweglichen Fe-
sten und Erklärung aller in den Urkunden, besonders
den deutschen, vorkommenden auf den Kalender sich
beziehenden Worter und Namen findet man in den
Werken von Haltaus ^}, Waser *), Pilgrani*)
und Helwig ^). Besonders bequem sind die 35 voll-
ständigen^ Kalender, bei Pilgram für die verschiede
nen Monatstage vom 22. März bis zum 25. April eiii-
schliefsHdi, auf die ' das Osterfest treffen kann, mit
Angabe aOer der Jahre aus dem Zeitraum von 300
bis 2000 unserer Acre, denen jeder dieser Kalender
angehört Der letzte' z. B. stellt die beweglichen und
unbeweglichen Feste aller der Gemein- und Schalt-
jahre dar, in denen das Osterfest auf seinen äufser-
sten Termin,' den 25. April, trifft Es sind deren in
dem gedachten Zeitraum m<^t mehr als 14.
1) CaJendarium medii aevl praecipue Germameum^ Leip
zig 1729, 8. Deittsdi, Erlangen 1794, 4.
2) Historiseli •diplomatisches Jahrbach cur Prü«
fang der Urkaaden, Züricb 1779, fol.
3) Cohadarium ehrwioiogu^um me^ potiwmum aeni
monumeniis aceomodatunti, Wien 1781, 4.
4) Zeitrecbnang zur £r5rtermng der iData in ^den
Urlcoaden für Dentschland, Wi^n''1787, fol.
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390 Technische f^ronohgjk.
In Betreff <ter Sonn- und Festti^ tet Fügendes
als daa Wesenffichste %vl beinericen. Fiält N^uf ahr
nicht auf einen Sonntag» «o wirA der nackte Sonn«
tag bis zum 5. Januar einschliefdicb nach Neujahr
benannt Der 6. Januar ist Epiphanias eder das
Fest der heiligen drei Könige. Ke nächsten
Sonntage nach demselben föhren den Namen nach
Ej>iphanias. £s können ihrer höchstens sechs ge-
zählt werden; .wie viel jedesmal, hängt von der Stel-
lung des Osterfestes ab. Im Jahr 18 IB, "wo Ostern
auf seinen friihisten Termin, den 22. Mära, traf, gab
es nicht mehr als. einen Sonntag nach Epiphanias.
Neun Wochen vor Ostern fallt der Sonntag Septua-
gesima, auf <len die Sonntage Sexagesima, Esto-
mihiy Invocavit, ReminiscereV Oculi, Lätare,
J.udica und Palmarum folgen; Fastnacht und
Aschermittwoch treffen auf denDia^tag und ftfitt-
woch nach Estomihi. , Donnerstag und Freitag vor
Ostern werden unter den Benennungen Gründon-
nerstag ^und Charfreitag gefeiert^.). Nach Ostern
folgen die Sonntage l^asimodogeniti, Miseri-
' cordias Domini, Jubilate,^ Cantate, Rogate
und Exaudi ^). Vierzig Tage nach Ostern oder am
Donnerstage nach Rogate ist Himmelfahrt Christi,
und zehn Tage nachher Pfingsten, welches Fest
eben so, wie Ostem,x zwei Tage gefeiert wird. Von
dem Sonntage nach Pfingsten, welcher Tr;initatis
1) Die Woche, aufweiche dieae Tage treffen, wW Char-
vroehe genannt, yom altd^tachen Char, Leid, Traaer« Sie
ist von jeher in der Chdatodieit dorch die Benennungen fUfiM
ißöofJLiji^ magna heMama€ paseAaUs nnd A^domat poishm^
ausgezeichnet worden« « ,
2) Die Namen der Sonntage von Estomihi his Exaudi sin^
yoni dem Mefs-Eii^ango der Kathelilcen entlehnt. -
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hd&t, führen aOb fölgddde SoiMage des Jahrs ImI
zum 1» Advent.ihre>Naineiu Es können iharer iiicht
mehr als 27 sein. .Frohnleichuam fallt auf den
Donnerstag nach Tribitatis. Der Adventsonntage
sind Tier; der erste v mit welchettn das Kirchenjahr
begumt, trifft auf eim^nder Tage v<mi 27. November
bis zum 3. December einschUefsIieh. Am 25. De-
cember ist der erste Weihnachtstag, am 26sten
der zweite oder Stephansta^ Ist Weihnachten
nicht selbst ein Sonntag, so vnrd der nächste Sonn-
tag nach Weihnächten benannt: Die vier Qua-'
tembet sind bei den Katholiken Fasttage. Sie fal
len auf die Mittwoiiheinach Invo^vüt, ttach Bfihgst^n,
nach KräizeserhQhun^:?ade^ dem 14..Septeäiber, nn9
nach Luck oder dein 13. Deceibbeii * Sind Kreuze»
erhohung und .Lücia selbst MittwDdie^ so rückt: Qua.
iember auf dto fo%e;nden Mittwoch«; (Aue ^übrige
Festtage der l^tholiken fsdlen unabanderKth auf eir
nertei üfonatstäg; Der heilige Dreikonigstag, die
Alarienfeste und der ^lobannistag werden in den
pr^aiTsischen Staatol an !dem zunächst folgenden^ und
das MichaelisCest wl dem vorhergehenden Sonhtage
mitgefei^t. Auch triJSt^ daselbst auf den Mittwoch
nach Jubilate ein B et tag, auf den Sonntag nach Mi^
ehaelis oder dem 29. September das EriitefesJ;, und
auf den letzten Sonntag nach Trinitatis das Fest
zum Gedächtnifs der Verstorbenen.
.Man spricht auch von julianischen Epakten,
und. versteht darunter diejenigen, welche zurzeit der
Kalenderreform durch die 19 Jahre des Mondcykliis
dem I. Januar des alten Kalenders angeborten. Man
findet sie, wenn man in der ersten obigen Epakten-
tafd (383) die Epakteh um 10 Einheiten vergröfsert,
weil der damalige Unterschied beider Kalender so viele
Tage betrug. So ergibt sieh folgende Tafeh
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892 . TtcknhcAc Chrmohfpe.
Gfildeite
J«Uan.
CHiidett«
^ Julian.
iZahleBk.'! i<-'
Epakten.
.^ahUiu
£pa;kten.
1
XI
..,-.-ii..
I
S „
xxn
••• ■■ 13- . '
xo
• ■ i' • ;\.
. m
. 13
xxm
4 .
XIV
... ..14
IV
■ 5. ,
XXV
.15..
.. xv
6 .
VI
16 : .
XXVI
•7
XVE
- •■ -n ••
vn
8
i XXVUI
. 18.
xvni
9 ,
IX
. 1»
XXIX
10
XX
.. 1
XI
Man MAy dßb man, um die jedem Jahr des
Mondcykhiä aiigebSrige juUnische Epakte za erhalten,
die güldene Zahl nUt 11 su ninltipIiGiron imd aus dem
Produkt, wena e^ grolser ab 30 ist, so oft 30 weg-
«ulafisen hat, als es angeht Diese Epakt»n dienen
aber inicht nur Bestimmnng des Ostevfestes im alten
Kfalepdef' -^ die Methode bleibt noch immer die oben
(352) ange^benä — sondern blofs', um durch sie
bequem die gregorianischen Epakten zu finden; .denn
H^an darf nur den jedesmaligeii Unterschied der gre-
gorianischen und julianischen Epakten, der von 1582
bis 1700 zehn, von 1700 bis 1900 elf u^d von 1900
bis 2200 zwölf Tage {leträgt, von den letztem, nach-
dem man sie nothigenfalls um 30 Einhdten vergro-
fsert hat, abziehen, um die enteren zu erhalten«
Die cyklischen Neumonde, di^ der immerwäh-
rende gregorianische Kalender gibt, soDten eig^idich
die mittleren astronomischen sein. Da aber die Ea-
lender/erbesserer nach herkömmlicher Weise den VoU-
mondstag ak den 14ten des Mondmonats betrachtet
wi^en woUten, so stellten sie die Neumonde so; dals
sie in der Regel d^m ersten Tage nach der Conjunc-
tion entsprechen, dem Begriff der Not)/c«}v«a bei den
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ChrtHliche F&ther, 393*
Gvfedfeii geniSTs (125). '■ Di« VdOmotide köihmcn auf
diese Weke meistern mit den imtOereA Oppositionell
äbereiB> oder we^dheri hftchs^ns um dnen Tag. von
densett>en ab. Eine voUkomniene Uebereiiistimmung
der Gyklischen Rechnung mit der astronomischen ist
sdion deC^alb nicht nri^ch, weil die cyUischen Mo-
nate immer aus ekter vollen Tagzahl bestehe^. Es
ist daher ganz unvermeiAidb, dafs das Passafafest der
Juden, das jedesmal bei vollem Lichte gefeiert wer-
den soll, g^en den • Wiflen' d^ Kirche tuweflen
mit dem Osterfest der CShristen asn^ammentr^ Die-
ser Fall ist im gegenwfiii%eil Jahrhundert schon zwei-
mal vorgdkommra, 180S und 1S25. Im letztem Jahr
fiel die Ostei^enze auf den 2. April, einen Sonnabend, ,
und so ^iird das Osterfest am 3. April gefeiert. Eben
dieser Tag war der Anfang des Passahfestes der Ju^
den , deren ejrklische Rechnung- diesmal , wenn auch
nicht Hnmer, mit der > astronomischen übereinstimmte;
denn dör walive Vollm<md ereignete sich am 3. April
nach beriiner Zeit um 7 ü. 18' Morgens.
Es ist zu bedauiem, da(s Gregor XIII das Fest
nicht immer an einerlei Sonntage, z. B. am letzten
des März oder ersten des April, zu feiern angeordnet
hat. Jetzt kann der gemeine Mann, ja mancher Ge-
bildete, nicht begreifen, warum es in einem Zeitraum
von 5 Wochen umherirrt. Audi macht es in manche
Verbältnisse des bürgerlichen Lebens einen Einschnitt,
dessen .Wechsel nicht anders als unbequem äein kön-
nen. Dafs die Kirche das Recht zu einer solchen
Feststellung der Feier gehabt habe, gesteht selbst Cla-
vi US ein ^), so sehr er auch übrigens der Epaktenr
rechnung das Wort fedet Vielleicht einigt sich noch
t) S. 59. ,
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394 TeclMiphe Ckronohfie.
dost, die gesammte Chmtoihett ifter diesen Pimkt,
wodurch uaseie Zeitrechnung, die einfachste von der
Welt werden wikde, weil dann die Bestinimijuig des
Osterfestes allein von dem Sonntagsbuchstaben abbän-
gig.wäm
Der gregorianische Kalender wurde in Aem größ-
ten Theil Italiens, so wie in Spanien und iu Portu-
gal, ^eich an dem Tage . eiilg^uhrt» den die Bulle
des Papfittts festgesetzt hatte. : In Frankreich gesdiah
es erst .zwei Monate spSkeVf indem man dem Edikt
Heinrichs III.?6ufolge vom 9. Defc^ember zum; 2Oste0
überging* Die katholiscben Kantone der Schweia» und
Belgien traten der Verbesserung 15839 Polen 1586,
und Ungarn 1587 bei. In Deutachjaud kam sie 15^2
auf dem Reichstage zu Augsburg zur Sprache, vor-
auf sie der Kaiser und die katholis^en Stände 1583
annahmen. Die evangeUscben Stände und Staaten in
und aulser Deutschland erklärten sich dawider, theils
aus Besörgnils, dem Papste zu viel eimEuräumen, theils
weil Joseph Sealiger und andere die Meinuag gel-
tend zu machen gesucht hatten, . da& auch der neue
Kalender nicht ganz fehlerfrei sei ^ )^ Man pflegte
nun in den öffentlicben Akten den alten und neuen
Kalender oder Stil zu unterscheiden, und bei Ver-
handlungen zwischen Katholiken und Evangelischen
das Datum nach beiden anzusetzen.
Es, konnte nicht fehlen, dals^ die zwei so ver-
schiedenen Zeitrecjinungen zu vielen Streitigkeiten und
Verwirrungen Anlafs gaben, besonders an Orten, wo
I) Clavius yerdieidigie ifaa in tmei Schrifleu, die sich im
fnnflen Bande seiner Werke (J^l) finden. Ig^isiditsrolle Katho-
liken gestehen selbst die Mängel des gregorianischen Kalenders
ein, weldie selir gut in V Afl de ^erißer les datea Tom. I,
j*. 85 IT. cmlwickclt sind, ,
'. Digimed by CljOOQIC
. Ckrkiihke Fbtker. , 39is
Kath<^eB und Ev^ngdische uoter cmander lebten.
So entstanden zu Augsburg gFofse,. mehrere Jabiü^ an^
«habende Unrah^Hi, «Me unter demNam^n dos Kalen-
derstreits bekannt dnd. So aft man aber audi,
wiö bfäii» westphäliscben Frieden^ in die eyangelischen
Stande dringen mochte, den neuen Kalender anasim^h-,
men^'wichen sie xlöch jedeamal aus, weil siel das Jkäiser*
liehe Ansinnen als dne Schmälerung. ihrer Majestäis*
xechte «isahen« Als aber nach dem ryswicker Frieden
^kar neuer Kalenderstreit in der Pfalz und anderswo
auszubrechen; droht^ beschlossen endlich die evangeli-.
schal Stände , besonders auf Leibnitz Betrieb
und mit Zuziehung des« Mathematikers Erhard Wei-
gel, am 23. Septeknber 1699, mit dem nächsten Jahr
einen verbesserten Kalender einzufuhren, nach, wel-
chem mit Weglassung von 11 Tagen statt des 19«
'Februar sogleich der 1. März gezählt, und das Oster-
fest nicht, nach cykliseherRechnung, «onde]:n so-
wojil mit Bezug auf die Nacfatgleiche als ^auC den
Volknond, nach astronomischer angesetzt werden
sollte, und zwar nach Kepler's rudolphiiiischen
Tafeln, die damals für die voOkommenstaci galten,
und für den Meridbn von Uranibutg, der he-«
rtiluotiten ehemaligen Sterhwarte Tycho/s. Diesem
Beschluls der evangelischen Stände sind gleichzeitig
Dänemark und die vereinigten Niederlande, und im
Jahr 1701 die evangelischen Kantone der Schweiz
beigetreten, welche das neue Jahrhundert mit dem^
12. Januar anfingen« In England ist der neue Kalen-
der erst 1752 und in Schweden 1753 eingeführt wor-
den. l>ie Bekenner der griechischen Kirche, nament-
lich die Russen, beharren nunmehr in Europa allein
noch beim alten Kalender.
Durch die Weglassung der elf Tage im Jahr
1700 hatten sich die Evangclischeu den Katholiken
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, 396 TechnUcHe Chronologie.
zwar in so weit genähert, dafs sie ihr Jabr zugleich
mit ihnen anfingen, , also die unbeweglichen Feste zu-
^eich mit ihnen feierten; allein die abweichende Be>
stimmnngsweise des Osterfestes mufste zuweilen eine
Verschiedenheit des Tages der Feier und somit neue
Streitigkeiten herbeiführen. Der erste Fall dieser Art
trat im Jahr 1724 ein, wo dSe astronomische Rech-
nung den Vollmond auf Sonnabend den Sten, die cy-
. ' klische hingegen auf Sonptiig den 9. April gab, das
Osterfest also für die Evangelischen auit den 9ten, für
die Katholiken auf den 16* A^ril traf. Eine zweite
Verschiedenheit der Feier fand im Jahr 1744 statt,
wo^ die Evangelischen das Osterfest am 29. März, die
Katholiken am 5. Aptil feierten. Eine dritte würde
. 1778 und eine vierte 1798 eingetreten sein, wenn
nicht auf den Antrag Friedrich's 11 das Corpus
Evangelicorum am 13. December 1775 beschlossen
hätte, den nach der cykUschen Rechnung geordneten
Kalender unter der Benennung eines Allgemeinen
Reichskalend^rs anzunehmen. Dem Conclixsum
sind die evangelischen Kantone der Schweiz, Däne-
maik -und Schweden beigetreten ^). Die Kalender
der Evangelischen unterscheiden sich seitdem von de-
nen der Katholiken nur in einigen minder wesent-
lichen Punkten, z. B. in den weniger bekannten Hei>
ligennamen, die hier so, dort anders lauten.
Nachdem wir nun die Einrichtung des alten und
neuen Kalenders kennen gelernt haben, wenden wir
uns zu den Jahrrechnungen der christlichen Völ-
ker. Zuvörderst müs&en wir aber die yerschiedenen
1) Man rergleiche über dies Alles den Artikel Osterfest
in Häberlitt's Repertorinm des dentscLen Staats- null
L^hnrechts, auch das Handbncb der Chronologie lli. U,
S. 331 ff.
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ChiisiUche Fölker. 397
bei ihnen vorgekommenen J a li r e p o c h e n dorch-
gehen.
Ueberall in Europa wird jetzt das Jahr mit dem
1. Januar angefangen. Diese Epoche hat sith oiBTen-
bar zugleich mit dem julianischen Kalandert von den
Römern zu uns fortgq)flanzt; sie ist aber im Mittel-
alter keinesweges die eii;izig gebrauchliche gewesen«
Wenn wir die Benennung mensis primus für
mensis paschalis, welche die Osterscribenten Vic
torius, Dionysius und Beda» die sich ihrer nicht'
selten bedienen, von den Hebräern entlehnt haben,
denen der Passah -Monat Nissin der erste im Kirchen-
jahr ist, als der bi^gerlichen Zählungsweise der Mo-
nate fremd, hier eben so wenig wie einen Jahranfang
mit dem April oder mit dem März, wovon in den
früheren Jahrhunderten der Christenheit Spuren vor-
kommen ^), berücksichtigen wollen, so sind es die,
y^er Jahranfange ab anuuntiatione oder coneep-
tione, a nativitate^ a circumcisione und a re- '
surrectione, die wir zu unterscheiden haben.
Dd' die Kirche die Geburt Christi auf den 25. ,
December setzt ^), so stellt sich die nach dem Evan-
gelium acht Tage später geschobene Beschneidung auf
den 1* Januar, und dieser Jahranfang — a civcum-
cisione -7-* erhielt somit aucl^ fiir die Christen eine
gewisse Bedeutsamk^ '
Nachmals hielt man es fiUr schicklicher, das Jahr
mit dem Tage der Geburt selbst anzufangen, zumal
1) fiandb. II, 3i25 ff.
3) Die griediisdie Kirdie feierte anfange das Fest der Ge-
bart Cliristi am 6. Januar, dem Epiplianiastage, trat aber im vier-
ten Jabrhiudert der lateinischen bei, ^e es T<m jeher an den 25.
December gelmüpft hat S. Chrysostomi Jlonälia in diem
mUalem Christi. Opp. Tom. li ed.. Montiaucon.
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J98 TechnkcAe Chronologie.
da dieser Tag dem Winteisolstiisum naKer war» wdl
cfaes die natürlichste Jahrepeche zu sein schien, wie
schon 0 V i d bemerkt ^ )• I>ie8er Jahranfang — a
nativitate — war daher das guize Mittelalter hin-
durch sehr gebräuchlich« .
Andere fanden es dem. Begriff der ^tia craQxaKn^
oder incarnatio angetnessener, das Jahr mit Ma-
ria Verkündigung oder der Empfangnifs — ab
annuntiatione oder a conceptione — zu begin-
neuy welche die Kirche auf den 25. März se|zt Auch
dieser Jahranfang ist in vielen Gegenden herrsch^id
gewesen, in einigen bis auf die neueren Zeiten, z. B.
zu Pisa und Florenz^ Von diesen benachbarten Städ-
ten fing die erste die Jahre der incarnatio 9 Monat
7 Tage früher, die andere 2 Monat 25 Tage später
an, als es jetzt geschieht. Beide wichen also in der
Zahl ihrer Jahre um eine Einheit von einander ab«
Jene Zählungsweise wird der Calculus Pisanus,
diese der Calculus Florentinus genannt Sie sind
erst im Jahr 1749 vom Groüsherzoge Franz I abge-
schafit worden. Die Verordnung, wodurch der An-
fang des Jahrs 1750 für alle Toskaner auf den 1. Ja-
nuar gesetzt wird, ist, in Kupfer eingegraben, auf der
giolsen Amobrücke zu Florenz au%estellt ^ ). Die
florentiner , Rechnung ist weiter verbreitet gewesen,
als die pisaner, und man hat daher hei Begebenhei-
ten aus der florentiner Geschichte, die, sich zwischen
dem 1. . Januar und dem 25^ März zugetragen haben,
gewöhnlich ein Jahr mehr zu zählen, als man ange-
geben findet
Beda berichtet'), dafs die Gallier anfänglich
1 ) Prindpium eapümi Pkoebu* et wmus idem» Fasi. 1, 164.
2) Unter andern abgedruckt in L"* Art de verißer iee daies,
Tom. I, p. 24. 3) De temp, rat. e. 45.
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ChrisiKche f^lter, 399
das Qsjterfe.^ am 25« Man, als an |i}em Tage gefeiert
haben^y quando Christi resurrectio fuisse tradeha-
UiT * ). Vielleicht sehreibt sich die im Mittelalter,^ be-
sonders ia Frankreich, sehr verbreitete Gewohnheit, -
das Jahr mit dem, Osterfeste — a resni-rectione
— zu beginnen, ursprünglich von der Verbindung
desselben mit deili Feste der Vjerkündigung her; Die
besondere Heiligkeit des Osterfestes, das im Mittelal-^ ,
lev- fe^vita^ festivitafyim und solemnitas omnimn
salemmtatum genannt wurde, war esj die dieser Jahr-
epoche Eingang verschaffte, so unbequem sie auch
sein mochte, da sie bei ihrem Hin- und Herschwan-
ken dem Jahr keine feste Dauer gab. Man begreift
leicht, dafs einerlei Tage des März und April in Ei*
nem Jahr zweimal oder gar nicht vorkommen konn-
tenk Im ersten Fall ist man zweifelhaft,. *¥on weL
chem Jahr die Rede ist, es sei denn, dafs die zwei-
mal vorkommenden Tage durch an$e und post pascha
unterschieden werden, wie es gewöhnlich geschieht * ).
Eigentlich war es >die Kerzweihe in der Nacht vom
Charsonnabend bis zum Osters^onntage, mit der man
das Jahr anfing. Auf der geweihten Kerze pflegten
die chronologischen Merkmale des Jahrs, wie sie die
Ostertafcln angaben, nämlich das Jahr Christi, die In* ~
dietion, die Epakte, der Sonntagsbücfastab, die Oster- .
grenze, das Datum der Osterfeier, die güldene Zald
u. s. w., so wie auch der' Name und das Regierungs-
jahr des jedesmaligen Papstes verzeichnet zu sein * ).
Man wird leicht ^raicbtcn, welche Verwirrurfg
1) Zaerst setzte mau Christi Leiden aaf den 25. Mär<.
Aagustinus de itimtate 1. lY, c. 5.
9) S. Mabillon ä^ re diplpm. II, 23, 6.
3} t^tt Cange Cihuanum %, v. cereus pasekaJh^ and Mir-'
biilon M, 23, 8.
I Digitifed
byGpogle
400 Technische Chnmahgie.
diese Veracbiedenlidt des Jahranfangs im gegenseiti-
gen VeiiLebr nach sich ziishen muiste. Jüan wurde
ein Buch schreiben müssen, wenn man von Regent
zu Regent, von Land xu Land, von Stadt zn Stadt
die verschiedenen Jahrepochen angeben wollte* Vie-
les ist bei Mabillon, Dn Cange ^), in dem Werk
L'Art de eerifier les dates^} und in Helwig's
Zeitrechnung ^ ) gesanmielt; doch bMbt noch Man-
ches nachzutragen übrig.. Ich liNescbranke mich hier
auf folgende Notizen ^).
Die Päpste haben im ihren Bullen und Breven
aHc Arten oinger Jahranfange gebraucht Einige rech-
neten vom 1; Januar; da sieh aber an diesien Jahran-
fang manche heidnische Gebrauche knüpften * ), so
war er an dem Sitz des Oberhaupts der Kirche we-
nig beliebt Viel häufiger finden wir darbst dasJahr
mit Weihnachten oder mit der Verkündigung Maria
angefang^i, und im letztem Fall wird bald nach pi-
saner, bald nach florentiner Weise gerechnet Selbst
cpoierlei Päpste sind hierbei nicht ganz consequent ver-
fahren. Im dritten Bande des Werks L* Art de ve-
rifier les dates steht eine Chronologie historiquc
des Papes, in der bei jedem einzelnen Papst, von
dem' man es weifs, angegeben ist, mit welcher Epoche
er. das Jahr iangefangen hat Innocenz Xu, der 1691
den
1) S. V. tamus.
2) Tom. I, p. 8 ft nlid In den folgeren BSnden imter den
einzelnen Regenten.
3) S. 61 ff.
4) Die BMn Im Haadb. II, S. 333 ff. etwM ansfthrfidier
mitgetheilt findet.'
5) Miui vei^leiclie Libanii Rede tlq tdq wnXdvSag vanA
seine Besckreibang des Kaiendenfestes. £d. ReiskeYoL I,
p. 356 und Vol. IV, p. 1053.
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CkPistttchß F6lker. 40i
den päpstlidlen Stuhl bestieg, setzte- endlich fest, da&
das Jahr mit dem 1. Januar angefangen, werden solle,
und dies ist seitdem ohne weitern Wechsel gesche-
hen. Dafe übrigens die zu Rom gebrauchlichste Jahr-
epoche das Weihnachtfest" gewesen sein müsse, geht
schon daraus hervor, dafs m^n sie' nicht selteii tnos
oder stilus curiae Romanae genaust findet. Auch
im übrigen Italien kommt sie häufig vor, z. B. zu
Mailand. Zu Lodi, Lucca und Siena hingegen herrschte
der Calculus Pisanus. Zu Venedig ist bis auf den
UntergaH^ der Republik das Jahr in den öffentlichen
Akten mit dem i. März angefangen worden.
Dies war, wie wir aus dem Gregorius von
Tours und dem Fortsetzer seiner Geschichte, Fre-
degarius, ersehen, tiuch der ältes^te . Gebrauch der
Franken. Unter den 'Carolin gern ward dafiir
der Jahranfäng mit der Gleburt Christi der herrschende.
So findet sich die Krönung KarPs des Grofsen
auf den Anfang des Jahrs 801 gesetzt *), da sie doch
nach jetziger Art zu rechnen, am Weihnachtfeste des
Jabrs 800 vor sich ging. Eben dieser Jahranfäng
kommt noch: lange nachher in Frankreich vor, be-
sonders in den Provinzen, die unter der Herrschaft
deT Engländer standen. Dagegen war es im übrigen
Frankreich seit den Zeiten der Capetinger gebräuch-
lich, das Jahr, mit dem Osterfest anzufangen. Man
nannte dies stilo Franciae oder more Gallico dati-,
reo. Als eine Ausnahme ist es zu betrachten, dab
in einigen Urkunden des/Königs Röbep-t und seines
Nachfolgers Heinyich's I der Calculus Pisanus
gebraucht wird *). EKeser Verschiedenheit im Dati-
1) S. die Annalea FrancoTum Mettenses bei Bouqaet.
Historiens des Gaules et de Ja France^ Tom. V, p. 350*
2) L'Art de t>erißer les daies Tom. I, S. 11.
26
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403 Teclmitche Chronologie.
ren yurde durch qin Edikt Karl* 6 IX v<^ Jahr 1563,
das aber erst 1567 vom Parlemenl emregislrhrt zur
Ausführung kam, ein Ende geiTiacht, indem darin der
Anfang des Jahrs auf den !• Januar gesetet wurde ').
Das Jahr 1566, das letzte, welches mit dem Oster-
fest begann, hatte in Fraidtreich nur 8 Monate 17 Tage.
In den Niederlanden sind die Jahvanfange n^it
Weihnachten, dem Charfreitage und dem Osterfeste
vorgekommen. Im Jahr 1575 setzte eine Verordnong
Philipp's 11 die Jahrepoche auf den 1. Januar, in
der. sich nach und nach alle, auch die von Spanien
abgefallenen, Provinzen vereinigten * )•
In Arragonien gab der König Peter im Jahr
1350 den Befehl, das Jahr mit WeHmacbten anzufan-
gen, da man es zuvor mit dem 25. März begonnen
hatte; Dasselbe verordneten die spanischen Cor-
tes 1383 lipd der König Johann I von Portugal
1420 ^ ). Dieser Gebrauch fand noch 1526 in Spa-
nien statt; "denn der Traktat zwischen Karl V und
Franz I, welcher der Gefangenschaft des letztem em
Ende machte, ist vom ^ 14. Januar dieses Jahrs pris
ä la Naiivite de Nostre Seigneur selon le style
d'Espagne datirt Fast gleichzeitig wie in Frank-
reich ward es in Spanien und Portugal gebräuchhch,
das Jahr mit dem }. Januar auzufaugen, oI^le dafs je-
doch darüber ein ausdrückliches Gesetz vorhanden ist
Beda bezeugt^), dafs die Angeln das Jahr
mit dem VDI. Cah lauuarii oder dem Weihnacht-
1) Eb. S. 15. Mabilion H, 23, 7.
2) VJrt de verif. les dat, Tom. I, p. 26.
' 3) S. die Vorrede von Don Gregorio Mäyans i Siscar
%VL den Obraa chrotiologieaB des Marqaes von Mondejar,
S. 23 und 24.
i),De temp, ratione c. 13.
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CbrütHvhe Fölkmr. ' 403
feste begannen. Naebmals sind drei- Jahranfange anf
den brittiscliea Insehi unterschieden, worden, der hi*
storische, bürgerliche und liturgische. Der
erste hat seit langer Zeit auf dem 1; Januar, der
zweite bis zum dreizehnten Jahrhundert auf dem*2&4
December und späterhin auf dem 25«; März, und der
dritte auf dem 1. Adventsonntage gehaftet In Schotte
land ist die bürgerliche Jahrepoche sdion 1599, in
England aber erst 1752 bei der Einführung des neueri
Kalenders auf den 1. Januar verlegt worden ^)«
b Deutschland kommt der Jahranfang mit
dem Weihnachtfest seit dem.llten Jahrhundert vor ^);
doch war diese £poche nicht überall gebräuchlich»
Zu C 5 In' fing man das* Jahr von Alters her mit dem
Osterfest und zu Trier mit dem 25* März an* Erst
seit dem westphälischen Frieden verlieren sich in die-
sen und anderen Keichsstädten «lle Spuren eines an-
dern Jahranfongs als mit dem 1. Januar. Die deut*
sehen Kaiser :^ählten die Jahre Christi und ihrer
Regierung in ihren Urkunden allgemein vom! 25. De^
cember, an dessen Stelle in der letzten Hälfte des
löten Jahrhunderts der 1. Januar getreten ist ' )•
So verschieden aber auch die im Mittelalter bei
öffentlichen Verhandlungen gebräuchlichen Jahrepo-
ehen sein mochten, so ist doch der römische Jahran-
fang mit dem 1. Jitnuar stets vorherrschend geblie-
ben. Die güldenen Zahlen und Sonntagsbuchstaben,
1) ß^ JoLn Bradj'6 Ckn>ts Catendarla (Loiidon 1815)
Vol. I, 'p.^ 50. In dem Jnnual Register fär 1759 findet sich
eine Abbaodlims, die eine gute Ueberaieht über die bis 1752 anf
den brittid^ben Inseln- gebtSucblicben Jabraiifönge gibt.
2) S. Wippo's Leben Konrad's des Saliers m Pistorii
Scripit. Ter, Germ, Vl^ p. 433.
3) Man yergleicbe Helwig's Zeitrechnung S. 68 nnd 143.
26*
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404 Technische Chronologie.
von denen die Bestimmung, des Osterfestes abhängt,
liefs man immer mit dem 1« Januar wechseln. Die
Tafeln und Rechnungen der Astronomen und Astro-
; logen waren auf das gewöhnliche juliänische Jahr gc-
.stellt Die MartyMlogien ^nd. Kakiider, so viel ich
deren zu vergleichen Gelegenheit gehabt habe ^), fan-
den mit d&tn .1. Januar an. Stets. blieb dieser Tag
ein Völksfest, an welchem zSkäa nach allröiinsebef
Sitte Geschenke und GHickwünsche austauschte. Es
war also sehr natüilich, dafs die.jRegieruugen endlich
allgemein zu dieser Epoche zurückkehrten, so greise
Vorurtheile auch die frommen Gemüther gegen die-
selbe hegen mochten.
Wir kommen nuü auf die von den chrisüichen
' Völkern gebrauchten Jahrrechnungen.
In ; den ersten Jahthunderten nach Christus ge-
brach es dem Occident gänzlich an einer fortlaufen-
den Acre. Man bezeichnete die Jahre, entweder nach
dem Regierungsantritt der Kaiser oder noch gewöhn-
licher nach den Consuln. , Ein ausdrückliches unter
dem Consulat des Jiilianus und Probianus (322 n. Chr.)
gegebenes Gesetz Coastantin's bestinunt, dals keine
Constitution rechtskräftig s^ql solle ^ wenii. nicht Tag
und. Consuln darin benannt seien*). Noch 537, knrz
vor Erlöschung des Cönsulats, bestätigte Juistinian
diese Verordnung dahin, da£s in allen Instrumenten
zueist das Begierungsjahr des Kaisers, dann die Na-
men der Consuln und zületz^ Indiction, Monat und Tag
bemerkt werden sollten * ).
1) EioigQ davoa gehen tief ins Mitteüalter ^Eurack, z. B. eia
Caiendarium Yovß Jahr 826 in d^Achery Spicilegium'TouL U,
p. 64; ,/ • . > , .;. ,,.,..
2) Cod. Theodos, 1. l tit. I. con^t; J.. ...... .. ..
3) iVor^Äa iLVIL . . • ;
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Nach Verlegmig des KaisersHzes iii den Orient
wurd^. in der Regel :m l^onsul zu Colistantkiopel und
einet in Rom gewafaU, und nach, beiden, ^wie früher,
das Ja^it bezeichnet. Kannte man . den Namen des
einen . Consuls noch liieht, so nannte man blols den
des andern mit'deitai Beisatz: et, qui nuntiatus fue-
rit ^). O^fters findet sich ein Jahr mit post consu^
latup^, fi&ra rrj;v xncdL^eiaVf der vorhergehenden C<m-
suhl bezeichnet, wenn es auch seine eigenen hatte, 2. ^
B. das Jahr 429 ebeö so durch post consulatwn Fe^
licis .et Taurij wie dprch Florentio et Diony^io
Cöss^ ^). ' \yurde,. welcher Fall auch vorkam, g»r
kein Consyl gewäblt, so war man auf das post con-
sulatum beschränkt Im Jahr 434 wird Theod'o-
rus Paulinus als der letzte Consul des Occidents
genannt ^ Der letzte im Orient *und überhaupt der
letzte Privatmann., der dem Jahr seinen Namen Ueh,
war Fläylus Bas-ilius Junior im Jahr 541. Nach:
her zählte, man noch 25 Jabre, bis 566 einschUels-
lieh, post consulatum Basilii fort, zum Zeichen,
dais man das Consulat nicht als abge^chafit, sondern
nur als unbesetzt ansah.
, \¥egen des Consultitels, ^^nslch Justin der
Jüngere vom Jahr 567, und Karl der Grofse
yom Jabr SOI an, so ,wie mehrere ihrer Nachfolger,
beilegten, verweise icli auf Pagi und Du Gange *),,
1) Cod. Theodos. l. VI. tit XXVII. cönst 23. L X ütX,
GOost 34.
2) Man rergleidlie.PiDiri ReUndi t>beD (338) erwähnte^
zum GebraucL ^cbr, bequeme, Ffisti constdares^ wo man, «ngege^
ben findet, wie sich jedes einzelne Jahr sowohl in den Rechts-
quellen als Geschichtswerken bezeidinet findet.
3) S. die Disseriath Bypatica des ersten (Lyon 1682,
4) .nnd das Glosjuurium des zweiten unter dem Worte Consul^
auch Handk U, 345 fil
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406, Technhche f^kronothgle.
Als wn die Mittse des vieiteii Jahrhunderts n.
Chr. die Consularaie schwankend zu werden anfing,
kamen die Indiotionen in Gebrauch/ So beifsen
die emzelnen mit dem 1. September be^mienden
Jahre eines 15jäbtigen Zeilkreises, die man in stets
wiederkehrender Ordnung fortsählte, indem man, ohne
Rücksicht auf die Anzahl der seit irgend einer I^ocbe
abgelaufenen Cykel, ganz einfach angab, dafs etwas
in der oder jener Indiction geschoben sei. IKese im
ganzen Mittelalter sehr gewöhnliche Bezeichnungsweise
der Jahre ist aus der spätern Steuerverfassung des ro-
mischen Reichs hervorgegangen^ wie man schon frü-
hierhin vermuthet, aber erst Hr. von Savigny in
seiner Abhandlung: lieber die Steuerverfassung
unter den Kaisern^V befriedigend nachgewie-
sen hat
Das Resultat seiner Untersuchungen ist: als Ba-
sis der zu erhebendep Grundsteuer diente ein Kata-
ster, das von Zeit zu Zeit erneuert wurde. Für je-
des Steuerjahr, das mit dem 1. September ai^g,
vmrde die Grundsteuer im Ganzen bestimmt, und dann
durch die aus dem Kataster bekannte Zahl der Steuer-
hufen dividirt, wodurch sich unmittelbar ergab, vne
viel jede fiir dieses Jahr an Grundsteuer zu tragen
habe. Die Zahlung erfolgte in drei, gleichen Terminen,
am 1. Januar, .1. Mai und gegen Ende des Steuer-
Dafä der Cyklus der Indictionen ursprüng-
lich eine Steuerperlode war, lehrt theils die Iden-
tität des Anfangs des Steuerjahrs und der Jndictionen,
wie sie in der Chronologe gewöhnlich gezahlt wer-
den, theils und noch melur der Name hctvi^tfttq^ in-
1) S. die Sckrlfteti der berliner Akademie eils den
Jaliren 1822 und 2a.
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^ e^MÜhey^her. - •4Ö7
d 1 c t i o , yv^lchet vom Steuersatz auf das Steuerjalir
selbst übergegangen ist. Dieser Zttsatnmenhang Hegt so
nahe, dafs er anch im Mittelalter nie ganz in Verges-
senh/eit gerathen ist. Dahin bleutet schon das alt-
dentscke Römer-Zi'nszahl, nnter welchem Namen
die Indiction in den deutschen Volkskalendem bis auf
die neuesten Zeiten angesetzt worden iöt, weil das
Reichskanmier^ericht in Folge einer Verordnung Ma -
ximilian'sl voni Jahr 1512 bis zu seiner Auflösung
nach Römer -Zinszahlen datirt hat
• Höchst wahrscheinlich war es die allgemeine Er- ,
neuerang' der Kataster im römischen Reiche, welche
Anidfs gab, gerade fünfzehn Jahre für die Dauer
der Steuerperlode anzunehmen, wbnn es auch dels-
halb an einem ausdrücklichen Zeugnifs mangelt Es
ist' mericwürdig, dafs dieser Cyklus das Dreifache des
alten römischen Lustri ist Man könnte daher glau-
ben, dafs der Provinzialcensus mit dem Bürgercensus
gleichzeitig, liut letzterer öfler gehalten sei. Allem
vor August kann kaum eine etwas gleichförmige
Steuerverfassung der Provinzen angenommen werden,
und schon unter ihp kommt kein re^elmäfsigev Bür-
gercensus mehr vor, indem er während seiner langen
Regierung überhaupt hur dreimal den Census veran-
staltet hat *). ^
Im Chronic on pasahale heifst es bei Ol.
183 *): „Das erste Jahr des fünfzehnjährigen Cyklus
der Indictionen hat mit dem ersten Jahr des Cajus
Julius Cäsar seinen Anfang genommen.'^ Gleich nach-
her folgt mit Uncialbuchstaben: ^AQ%i\ ^Ivdix/riayvayv^
Anfang der Indictionen. Unter dem ersten Jahr
4) Sa e ton jiug. c. 27. MonuinwU, Aiieyranum Tab. IT..
2) S. 187 der pariser Ausgabe.
/ Digitizeciby Google
408 Te4fjh^0^ C^ropohgi^*
des Cisar wird hier 4ß^ erste 4^ aiitiochenisjchen
Aere (193) verstaiiden. M^n sieht. aUo^ da£s der
Vecfiasser des Che onicon^ vermuthlich ein Antiocbe-
aer, den Urspnuig d^r Indictionen auf das Jahr 705
d. St oder 49 v. Chr. setzt .Von hier an zählt er
die. Jahrc^ regelmäDsig nach Ipdictionen fort bis OL 27^
wo er beim dritten Consulat des Constantinus nnd
LiciniuSy d. i. beim Jahr 1066 :d. StV. 313 n. Chr.,
pagt *"): »yHier nehmen die coijistantinischen hi-
dictionen ihren Anfang.'^ Bemerkenswerth ist, dals
auch -die Ji^re der antiochenischen Aere mit dem 1.
Gorpiäus oder September beginnen, und da£s sich
beide Indlctionskreise^ der antiochenische und der
cpn^^tantinische, genau an einander schlieJCsen, in-
dem auf den Zeitraum vom 1. September 705 bis
zum 1. September 1065 d. St y \iro der neue Kreis
anfangt, gerade 24 fünfzehnjährige Cykel gehen.
Es ist nicht wohl anzunehmen, dals die ganze
Notiz v<m dem frühem Kreise auf einem Irrthnm be-
ruhen sollte, wenn wir gleich bis zum vierten Jahr-
hundert n. Chr. der Indictionen nirgends weiter ge-
daclit finden. Hat man wirklich schon seit dem An-
fange der antiochenischen Aere in . Syrien nach In-
dictionen gezählt, so setzt dies die Existenz eines
15jährigen Steuerkreises wenigsten^ in den ostlichen
Gegenden des römischen Reichs voraus. Dadurch
lälst sich denn auch die Verlegung der Epoche des
syrischen Jahrs vom 1. Oktober auf den 1. Septem-
ber. (191) erklären, wovon sich sonst kein befriedi-
gender Grund angeben lassen würde.
. . Wenn das Chronicon die neue R^e der b-
1) S. 381. Einem jeden Consolat ist nicht die kdiction,
welche in demselben mit dem 1. September anfiUigt, sondern die
beigesdirieben, welche ihm seinem gröfseni Theil nadi angehört
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. abrisüicie Fhlker. 40d
dictionea an den Cyklus knüpft, der mit dem 1. Sep-
tember 312 n^ Ckr. beginnt, so ist nicht zu zweifeln,
da& die Indictionsrecbnung sich damals im römischen
Reich zu verbreiten angefangen haben müsse, ob ii»
Folge gesetzlicher Bestimmungen oder nur des all-
gemein gefühlten Bedürfnisses, einer festen Bezeich-
nungsweise der Jahre, steht dahin. Die alfestensi-.
cheren Spuren der Indiction als eines Zeitcharak^
ters\. finden sich aber erst in einem Fragment des
Atbanasius bei F^rwähnung des antiochenischen Con-
cilinms vom Jahr 341 ^), und in einem Edikt des
Constantius vom Jahr 356 ^). ^
. Was Scäliger über den Zusaminenhang der In-
dictionen mit den Quinquennalien und Dccen-
nalien der römischen J^aiser sagt '), hält eben so
wenig eine s^enge Prüfung aus, als was Gothofred
ycm einem vierfachen Gebrauch d^r Indiction im Co-
dex Theodo&ianus vermuthet *). Ich mufs defc-
falls auf das Handbui^h verweisen *), und bemerke
hier nur, dafs die eigene Indiction, die er für Africa
procotisularis annimmt, nicht ohne Grund zu sein
scheint, dals sie aber nicht, wie er meint, mit .dem
Jahr 314, sondern nur ein Jahr später als die cbn-
stantinische angefangen haben könne.
Aufser dem Codex Theodosianus ergibt sich
±)De Synoäis. Opp. Tom. I, part. % p. 737. ,
2) Cod. Theodos. Xu, 112, 2. Da» Edikt ist vom l.Febmar
des Consnlats deä , Constantias YIII und Jaliamis ans «der 15tepi
fodiction datirt. Da bcsides nicht zusammenpafi^t, so mjifs entwe-
der Indict. XIV oder Constantio VUIl et Itdiano 11 Coss.
gelesen werden, lin letztern Fall erhält man das Jahr 357.^
3) Emend. temp. 1. VI, p. 501.
4) In seinem Ckronblogla CodicU Theodosiard volA hn meh-
reren Stellen semes Commentars za diesem Gesetzbuch.
5)"Th. II, S. 354 ff. , \
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'410 Technische Cf^onohgie,
nirgends eine Spur^ einer solciien Verschiedenheit der
Indictionsrecfammg, es sei dehn, dafs man so manche
in den Handschriften verderbte oder unrichtig von spä-
terer Hand hinÄiigefiigtc Zahlen dahin deuten wollte.
Dionysius Exiguus kennt keiiie andere Indiction
als die vom Jahr 312, Schon er gibt *) die in al-
len chronologischen Büchern wiederhohlte Regel,. dafe
man, um die Indiction eines Jahrs der christlichcD
Acre 2u finden, zur Jahrzahl 3 addiren und die Summe
durch 15 dividiren müsse, wo denn der Rest, oder im
Fäll kein Rest bleibt, 15 die Indiction ist, welches Ver-
fahren sich darauf gründet, dafs unter andern 3 Jahre v.
Chr. ein neuer Indittionskreis angefangen haben müfste,
wenn die Rechnung wirklich schon damals im Gange
gewesen und seitdem ununterbrochen fortgeführt
wäre. So ergibt, sich für das Jahr 1831 die Indic-
tion 4, /lic aber bereits mit dem 1. September 1830
ihren Anfang genonimen hat. Verlangt man nicht
die Indiction, die dem gröfsten Theil des Jahrs ange-
hört; sondern die, welche in ihm beginnt, so mufe
man zur Jahrzahl 4 addiren.
Wie schoä bemerkt worden, hat sich die Indic-
tionsrechimrig erst seit Gons tantin über das römi-
sche Reich verbreitet. Die Geschichte ihres Gebrauchs
in jedem Lande zu verfolgen, möchte ein weitscliich-
tiges Unternehmen sein. Hinsichtlich Frankreichs zeigt
Mabillon *), dafs sie in öffenthchen Akten nicht
vor Karl dem tirofsen, aber Ton ConciUen und eio-
zelnen Schriftstellern schon früher erwähnt wird. Ge-
nug, sie ist das ganze MitteMter hindurch so allge-
mein in Anwen<^ung gekommen, dafs selten eine iii
• Italien, Frankreich und Deutschland verfaiste Urkunde
1) Argumenio paschalia (375) No. II.
2), De re diploni, II, 24 tiiid 36.
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Ckrhtliche FMker. 411
gefunden \vird| in der nicht nnter anderen 2jeitcharsdt-
teren auch' die^ Indiction gendnut serä sollte. Airf
der pyrenäfechen Halbinsel hat sie nie Wurael gefafst.
Als di^ Steuerv^assungy die «um Gebrauch der
Indictionen Anlafs gegeben hatte, unterging, verlor der
1. iSeptember überall, wo er nicht, wie im byzäntin».
sehen Reiche, zur allgemeinen ^ Jahrepoche geworden
war, seine ganze Bedeutsamkeit. Wir dürfen uns da-
her nicht wundem, yveim wir im Oecident den ;^ii-
fang^der Indictionen allntählig schwankend werden
sehen.
Mit Bezug auf das^ Datum des Anfangs unter-
scheidet man gewöhnUch dreierlei Indictionen, eine'
griechische, kaiserliche und päpstliche. Die
griechische ist die ursprungliche oder eigentliche.'
Sie begann mit 4em 1. September, und ist im Orient
so allgemein veAreitet gewesen, dafs sie dasdbst, ha-
ipentlieh zu Constantinopel und Anliochien, den An-
fang des, bürgerlichen Jahrs nadi sich gezogen hal
Die orientalischen Kaiser und alle die Schriftsteller,
die das Corpus historiae Byzantinae umfafst,
haben kiie nach anderen Indictionen gerechnet Auch
im Oecident sind sie lange und ausschljlelslich mit
dem 1. September ; angefangen worden *). Diotiy-
sius sagt nirgends, von welchem Tage er die Indic-
tionen in seiner OstertaCel (376) rechnet; schwerlich
hat er sich aber hierin eine Neuerung erlaubt Wie
Müratori bemerkt*), haben selbst einige occiden-
taüsche Chronikenschreiber das bürgerliche Jahr nach
byzantinischer Weise mit dem 1. September ange-
fangen, wozu sie ohne Zweifel durch die Indiction
1) Ver^. Ambr:o8iiis Schrift de*Noe et Area c. 17.
2) Scripti ter. Italk. Tom. V, p; 147, 149. ,
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412 TecAnhcbe^Chfombgie.
veranla&t sind, z. B» der Neapolitaner Lupus Pro^
tospatha*.
Mit dem Namen der kaiserlichen — Caesa-
rea — bezßichnet jnan eine Indiction^ die mit dem
24. September angefangen haben, soll. S c a 1 i g e r
glaubt, dafs dies die unter Constantin entstandene
sei, und dals erst Ju^tinian ihren Anfang um 24
Tage zurückgeschoben habe. Er bringt aber keinen
Beweis für diese Behauptimg bei. Gewils ist es, dafs
sicl^ bis auf Beda v<m einer solchen Indiction nicht
die mindeste Spur zeigt Bei ihm heiist es *): In-
cipiunt Indictiones ah VIII Calendas Qctobris
ibidemque termpiantur, was einige Chi;onologen und
Rechts^elehrte des Mittelalters wiederhohlt haben.
Man nimmt zwar .allgemein an, dais die in den Di-
plomen und Urkunden der deutschen Kaiser von Kon-
rad I bis auf Karl IV vorkommenfien Indictiönen« eben
diese sind^ welsholb man ihnen auqh den obgedacli-
ten Namen beilegt; allein die Beispiele ihres (Gebrauchs
bei Hel^fig^) lassen sich fast durchgehends eben
so gut auf den ersten als den 24. September bezie-
hen. Beyer idge ') verwirft diese Indiction gänz-
ligh, scheint aber hierin zu weit zu .gehen. Beda*s
Autorität war im Mittelalter so^ grojTs^ dals sie woU
auf d!e damaligen Kanzleien .eingewirkt haben kann.
Doch läDst sich kaum zweifeln, dals« diese Sogenannte
kaiserliche Indiction auf einem blofsen Irrthum, viel-
leicht des angelsächsischen Chrpnologien selbst, beruht
Wir wollen sie daher Jieber B e d a ':& Indiction
nennen.
Da im Orient die Indiction mit dem bürgerlichen
i) J)e iemp. ratione c 46.
^ Zeitrechniing S. 124 ff.
3) In^iiU chronoL 1. II, c. 5.
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Chrhtliche F^Tker. 413
Jahranfangc wediselte, so^Wtir es natüifich, dafs man
es auch im Ocddent beqoem fand, sie an die Jahr-
epoche zu knüpfen, und sie/ nach Verschiedenheit der-
selben bald mit den& 25^ Deceniber, bald mit dem 1.
Januar, bald mit dem 25. März anfangen zu lasseii.
Diese so gebrauchte Ihdiction kommt unleugbar in
den Urkunden der Päpste, der Kaiser und der-t^ri-
yatpersonen vor, doch schwerlich vor dem zwölften
Jahrhundert Sie iiberall mit Bestimmtheit nachzu»
weisen, ist unm(\glich; nur so viel istgewifs, dafs sie
sich liiciit vorzugsweise in den Bullen der Päpste fin-
det, daher die Benennung der päpstlichen oder rö-
mischen, die man ihr gewöhnlich beilegt, nicht pas-
send gewählt ist* Schicklicher ist es, sie die occi-
dentalische zu nennen.
Alit Ausnahme einer in den Akten der Benedictiner-
Abtei Corvei vom zwölften Jahrhundert vorkommen«-
den wülkührlichen Umgestaltung der Indictions-Reeh-^
nung, nach welcher der 15jährige Steuercyklus selbst
Indictio genannt ist, und dergleichen Indictionen vom
dritten Jahr v. Chr. gezählt werden ^), wird unter
Indictio immer nur das laufende Jahr irgend eines
nicht näher bezeichneten Cyklus verstanden; Man
mufs daher das Jahr einer Begebenheit wenigstens im
Groben kennen; wenn es dann die anderweitigen Zeit-
merkmaleum ein oder. ein paar Jahre sch^^ankend
lassen, so bietet die Indictiqn zu einer genauem Er-
mittelung Gelegenheit dar.
Ob man nun gleich an den Indictionen ein Mit*
tel hatte, zwei benachbarte Jahre deutlich von einan-
* der zu unterscheiden, ' so fohlte es doch noch immer
1) Z. B. Actum anno Ineamati Ferhi WCLXXIl.. . »
dlctionis LXXIX anno V. Ndiweau traite de diplomatU,
Tom. ly, p. 679. L'Ari d0.^enfiet les jdaUs Tom» I,- p. 36. ^
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414 Technische Chronologie.
an einer för die Gesammthcit der sicli nen bildenden
christlichen Staaten bedeutsamenBezeichnungsweise der
Jahre 9 und als solche empfahl sich die Aera ab In-
carnatione Domini, an die der Abt Dionysitis
seine Ostertafel geknüpft hatte. Das blolse Bedarf,
nifs, ohne alle Mitwirkung gesetzlicher Bestimmungen,
verschafifte dieser Jahnrechnung allgemeinen Beifall ^)j
worin sie sich behauptet hat, so sehr ,nian auch längst
von ihrer Unrichtigkeit überzeugt ist Ihre aUmäh-
Kge Verbreitung über Europa verfolgt am gründlich-
sten Jan in seiner Historia aerae christianae^).
Die Geschichte der dionysischen Ostertafel,
die, nachdem sie abgelaufen war, in gleicher Form
.vonl'sidor, ßeda und arideren fortgesetzt wurde, ist
zugleich die der dionysischen Aere; denn diese ist
zugleich mit jener den Christen des Occidents geläu-
fig geworden. Dies lehrt schon der Umstand, dafs
maq in den öffentlichen Akten zu gröfserer Bestimmt-
heit den Jahren Christi, welche die erste Rubrik der
Tafd gab (376), gewöhnlich auch die Zahlen der
übrigen Rubriken beifugte, was erst unterblieb, als
die Acre allgemein in den bürgerlichen Gebrauch über-
gegangen war. So ist eine Urkunde des zwölften
Jahrhunderts') mit folgender 'Zeitbestimnmng. verse-
hen: Anno MCXXXII^ indidione Xy epacta /,
conc^irrentUfus V^ terminus paschulis II Non.
' 1) Ueber Hardnin^s irrfge Behanptang, dafs die cLristlicLe
Aere Bchon im Anfange des fünften Jahrhunderts, also schon 100
Jahre yor Dionysins, im Gebrauch gewesen sei, ersehe man
im Handb. II, 365 ff. das Nfthere.
2) Wittenberg 1715, 4. Auch mit der Historia Cycli Bio-
nysiani (375) yereint in seinen von Klotz gesammelten Opuscu-
Zw. HaUe 1769, 8.
3) In DomMorice Memoires paar servir de preuws h
IHUUirs^ de Bretag)/^, Tom. I, coL 5661
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ChrUtüche FoJtet. 415
Apr,, dies ipsius paschniis IV Id^^ luna ipsiui
diei XX, was alles dem Jahr 1132 unserer Zeitrech-
nung vric^htig zusagt Der Conciplent hatte ohne Zwej>
fei die Ostertafel des Dionysius oder vielmehr eine<^
Fortsetzung derselben vor AugenvUnd schrieb die Zah-
len mechanisch ab; denn daf^;, wie Mabillon meint ' )^
die Notarien dabei ih^e peritia in arte computi hät-^
ten zeigen wollen, heifst ihnen zu viel Ehre erweisen. .
nCt der Z^it kamen zu den acht Rubriken der
didnysif^chen Ostertafel noch ein paar unter den Ti-
teln. Reguläres und Claves terminorum hinzu,
die fidch auch hjla und wieder in den Urkunden er-
wähnt finden. Unter Reguläres werden Zahlen ver-
standen, die, zu den Concurrentes addtrt, den Wo*
chentag des Ostetvojlmondes geben. Die' Concurren-
tes bezeichnep, wie wir gesehen haben' (376), .den Wo-
chentag des 24. März. Zieht man dieses Datum von
dem der Luna XIV ab, so gibt der Unterschied nach
Weglassung der ganzen Wochen die Reguläres. Z.
B. das Jahr 532, das erste der dionysischen Osterta-
fel, hat die Concurrentes 4, d. i. der 24* März ist eia
Mittwoch. Nun irifft jdie Ostergrenze auf den 5. April,
al^o 12 Tage später ein. Lä&t ,man eine Wocl^e
weg) so bat man die Reguläres 5, und diese zu den
Concurrentes addirt, geben liir den Ost'ervolhnond den
zweiten Wochentag öder Montag ^).
Unter Ciavis -terminorum versteht man die
Zahl^ die, zum jedesmaligen 10. März addirt, das Da-
tum, des Ostervollmohdes gibt. Für das Jahr 532 z.
B. ist die Clavis 26, d. h. wenn man vom 10. März
so viel Tage vorwärts zählte so gelangt man zum 5.
i) De re dipJom. II, 2i, 4. ^
2) Eiae UrJcuiwle, wonn die Reguläres vorkei^men, findet
man unter andern in dem eUen emälmten WcrL L Vi. No. 171,
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416 Technische Chronologie.
April ^ ab dem Tage der Luna XIV. Der nächste
Sonntag ist der Ostertag *).
Wer viel mit Urkunden, früherer Zeit zn thun
hat, niufs sich mit einer Tafel versehen, welche alle
hisher erklärten Zeitcharaktere darstellt Dei^leichen
findet man in dem ersten Bande des Werks Art de
v^rifier les dates und in Pilgram's Cahndarium
chronologicum (389).
Unter den verschiedenen Formeln, womit die
christliche Aefre^beini Datiren bezeichnet wird, ist
anno ab Incarnatione die gewöhnlichste. Sie wird
vorzugsweise von dem Jahr, das mit dem 25. März
anfing, aber auch nicht selten als allgemeine Bezeich-
nung der Jahre Christi 'gebraucht, ihr Anfang sei wel-
cher er wolle. Aufserdem finden sich anno Gra-
tiae, anno Circumcisionis und anno Trabea-
tionis. Anno Gratiae ist im zwölften Jahrhundert
entstanden und kommt ' seitdem häidig vor. Anno
Circumcisionis ist nur mit bestimmter Beziehung
auf das mit dem %. Januar beginnende #ahr gesagt
worden. Anno Tr ab eationis steht in einigen Ur-
kunden des. zehnten und elften Jahrhunderts. Du
Cange erklärt es *) durch annOy qtio Christus tra-
hi afficcus est. Allein man findet auch dafür: a cor-
porea trabeatione verbi divini ^), so dafs es so viel
als ab Incarnatione sagen soll, mit Anspielung auf
die Trabea der Bischöfe. Anno a Nativitate
Do-
1) Man vergleiche Handb. II, 369 ff., wo man auch eio«
Zeitbetfimmnng aus einer Urkimde angeföhrt findet, in der die
Clayes terminorum erwithnt werden. Noch ein paar die
Data in den Urkunden betreffende Semerlrongen ersehe man
daselbst S. 371 ff. ^
2) Glosaar, t. annus coL 461.
3) Handb. H, 374.
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Chrisatchc Folker.^ 41^
Doiaini «ist m dten Urkunden wenig gebranchlich,
und anno Christi, Domini, Salutis und Orbis
redemti sind modern. Das regnante .Christo,
welches beim Datiren nicht selten vorkommt, dient
blofs ak eine die Zeitbestimmung einleitende For*
mel*).
- Aus dem JahiJmndert des Dionysius, des Ur-
hebers unserer Äera vulgaris, weifs ihr Gesehicht-
Schreiber Jan nur ein paar zweideutige Spuren ihres
Gebrauchs anzuführen, die ich bei ihm nachzusehen
anheim gebe ^). Ihm ist ein kleiner Aufsatz des Gas»
siodorus, comprsius paschalis betitelt'), entgan-
gen, worin durchweg nach Jahren ab Incarnatione
gerechnet und das 21ste post consulatum Basilii
lunioris (405) richtig als das 562ste aufgeführt wird.
Hieraus erhellet, dafs die Ostertafel des Dionyslus
und die Acre, an die sie geknüpft war, zu Rom be-
reits bald nach der Mitte des sechsten Jahrhunderts
in kirchlichem Gebrauch ^in muisten.
Im siebenten Jahriiundert war die christliche Acre
auch schon äufeer Italien nicht unbekannt mehr. Dies
erhellet aus einer im Handbuche ^) angeführten
Stelle der Schrift contra ludaeos ^ ) des Bischofs
Julianus von Toledo, wo das Jahr 724 der spani-
schen Aei;e (davon unten) ganz richtig mit dem Jahr
686 ab Incarnatione verglichen wird. In den öf-
fentlichen Akten ^eser beiden Jahrhuiiiderte finden
1) S. David Blondel de fqrmulae Regnanie Christo in
vetenan momantniis wu, Amsterdam 1646, 4.
2) Mst. aerae Christ, c 3.
3) P. 672 cd. Colon.
4) Th.ll, S. 375.^
5) L in. am Schlnls. Bibl. patrum Lugdun. Tom. XU,
p. 630.
27-
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4}g Techniscks Chrönohgie.
wir «kbe'r Uofs nocii nach Regienmgsjihren und In-
dictionen daiirt
Im achten Jahrhundert wurde der Gebrauch der
dionysischen Aere allgemein verbreitet, und zwar haupt-
sächlich durch Beda> der Ihrer In seinen Schriften
häufig gedenkt. In seinem Buch de iemporum ra-
tione handelt er bei Gelegenheit der ErÜärung der
Ostertafel des DIonysIus in einem eigenen Capitel
de annis dominicas IncamationiSf woraus deutlich
erhellet, dafs er, der gewöhnlichen Meinung zuwider,
an ihrer Zählmigswei^e nichts geändert hat. In sei-
ner Kirchengeschlehte rechnet et durchgängig nach
ihr. In einer Epitome, die er ihr folgen läfst, wie-
derhohlt er die Hauptbegebenheiten, indem er sie an
die christliche Aere reihet. So z. B. sagt er, dals
die Angelsachsen im Jahr 449 nach Britannien über-
gegangen sind.
Bald nachher finden wir auch zum er$ter^mal ein
paar öffentliche Verhandjungen nach Jahren dieser
Aere datirt, und zwar die Acta des 742 gehaltenen
Concilli Germanici und die, des zwei Jahre jungem
von Solssons ^)« Bei' beiden präsidirte der Lands-
mann und Zeitgenosse Beda's, der heilige Boni-
faclus.
Der erste Regent, der sich ihr^r, wiewohl noch
sparsam, in seinen Edikten und Diplomen bedient hat,
ist Karl der Grofse, und die älteste Urkunde, in
der es geschah, das Diploma Mettense *); Sem
Testament ist vom Jahr 811 datirt, und in seiner
Grabschrift wird seines Todesjahrs 814 gedacht ^).
, Ludwig der Fromme gebrauchte die christliche
1) 'f^\k\xkz\\ CapiUdaria Tom. I, p. 146 nnd 155.*
2) M«ar46 8e Hist. des Evesques de FEglise de Metz^
p. 179, 3) Eginhard FUa CaröU Magrd c 31.
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Ortsiliche Fhlker. 419
Aere zwar selten, verüachlässigte sie' aber doch nicht
ganz, wie unter andern die Verhandljiingen der beiden
achener Coneilien lehren, von denen das erste 816
im, dritten, das andere 836 im 23sten Jahr ^seiner Re-
gierung gehalten ist *). Seine Söhne dagegen, Lor
tbar, Ludwig derDentsche undKarl der Kahle,
haben 'ihre zahheich voihandenen Akten blofs nach
Jahren ihrer Regierung « und nach Indictionen datirL
Erst Karl der Dicke hat wieder nadi Jahren
Christi gerechnet, und zwar so häufig, 'dafs ihn einige
für den Urheber dieses Gebrauchs gehalten haben ^\
In dem Jahrhundert ^dieser Regenten gab es übrigens
schon eine Menge Annalisten, die ihre Jahrbücher
nach der christliehen Aere ordneten, Z.B* Saxo der
Dichter, der im fünften Buch seiner Annales Ca-
roü Magni das Todesjahr dieses Monarchen also be-
zeichnet^): -
P4>st octingentos Christi nascentis ab ortu
Hie anmis quartus eaptitit et 'decimus.
Mit .dem dsebnten Jahrhundert endlich wurde der
Gebrauch der christlichen Aere in Deutschland und
Frankreich so aflgemein, dals es imnothig ist, weitere
Beweise davon beizubringen.
Ueber -, den Gebrauch der ' dionysischen Aere in
den päpstlichen Bullen, uild über die Meinung des
Papstes ürban II und* einiger gleichzeitigen Annali-
sten, des Marianus Scötus, Sige'bertus Gem-
hlacensis und Gervasius von Canterbury, nach
der Dionysius Christi Geburt um 22 bis 23 Jahre
1) Eansi Calkct, eonc.JIim, XIV, coL 147 und 673.
2) Jan Eist, aerae Christ, in der Vorrede and S. 95,
3) S. Leibnitii Scriptt, rer, Bi*unsvicensium iUusirathtd
tnserviehtes Tom, I, p, 169.
. 27 •
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byGoogje
420 Technische Chrönologte.
m spat angesetzt haben solly vergleiche man das
Handbuch der Chronologie ^).
Es bieten sich hier drei Fragen zur Beantwor-
tung dar: 1) in waches Jahr gehört nach. Dio-
nysius Jie Geburt Christi?. 2) in welchem Ver-
. hältnils steht seine JBestimmung zu den Angaben der
. bewährtesten . Kirchenväter? 3) um wie viel Jahre
' zähl! seine Acre zu wenig? Denn dais sie zu wenig
zählt, ist längst anerkannt*
Wos'die ^iste Frage betrifft, iso wird in vielen
chronologischen Büchern^ besonders solchen, die von
Jahr, Monat und Tag, der Geburt Christi handeln^)»
die zuerst von Petavius *) auf die Bahn gebrachte
Meinung wiederhohlt, daCs Dionysiu^ eigentlich nachs
dem Calculus Pisanus (398) gerechnet, also seine
Aere drei Vierteljahr vor ihrer jetzigen i^che ange-
fangen und erst Beda sie auf die heutige Form ge-
bracht habe Allein aus Allem, 'was beide Chronolo-
gen über ihre Ostert^fel geschrieben haben, beson-
ders aus der von Jan ans Licht gezogenen Osterta-
fei selbst, geht d«r üngrund dieser Behauptung so
klar heryor, daJ&'sie nun endlich, nis^t weiter, gehört
werden sollte. Di'onysius hat ^ine Jahre weder
mit dein ^» März' auffangen, noch ein Jahr mehr
gezählt, als wir *). Am. natürlichsten scheint es, dafs
er die Gehurt Christi zuiti Terminus a quo ge-
macht und nur die acht Tage vernachlässigt hat, nm
welche die Kirche dLas Gebürtsfest vor. der gewöhnli-
chen Jahrepoche feiert. Allein die Sache verhält
i) Tb. n, S. 378 ff.
2) Ein reiches Yeraeichnirs derselben gibt Hase in seinem
Leben Jesu S. 40 -^ i%
3) Doctr. iemp, XII, 2. - '
4) Vergl. Handb. U, 381 AT. ;
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Christliche F&lker. ' - 431
sich anders. Nach dem Gebrauch zu^nriheUen, den
wir bei den Kirchenvätern von dem Worte ad^xcocfig^
incarnatio, gemacht finden, mufs ihm die. eigent-
Kche Epoche seiner Acre ab Incarna4;ion(e. aller-
dings die Verkündigung Matiä gewesen sein. Er
combinirte sie aber nach der allgemeinen, oben öfters
gedachten Gewohnhdt der Alten mit dem ihr voran
gegangenen bürgerlichen Jahranfange, für den zu sei-
ner Zeit noch. im ganzen Ocddent der 1. Januar galt..
Offenbar. hat ihn Beda so verstanden, wenn er sagt ^):
In primo suo drculo quingentesimum tmgesunum^e^
cundum dominicae incarnationis annum in capitepO"
nendoy manifeste docuity secundum sui circüli annum ^
(man erinnere sich, dafs das erste Jahr der christlichen
Aere zur güldenen Zahl 2 hat), ipsumessey quoeiusdtm
sacrosanctae incarnationis mysterium coepiU Hier-
nach stellt sich also die Gebijirt Christi an den Schlufs
seines ersten Jahrs, des 754sten der yai^onischen
Aere, des 4714ten der julianischen Periode, Erst als
um die Zeit Karl's des Grofsen der Jahranfang
*mit dem 25. December aufkam, wurde^Incärnatio
für gleichbedeutend mit Nativitas genommen. Nun
bildete sich die Meinung aus, dafs seine Jahre von
der Geburt Christi gezählt sind. Späterhin kehrte^
man zu der ursprünglichen Bedeutung des Worts
zurück, und so entstand der Calculus Pisanus,
der die Aera ab Incamatione um ein Jahr früher an-
fangt, als der seiner «Meinung offenbar angemessenere
Calcuius Florentinus. Dies ist die Ansicht, wel-
che sSanclemente hierüber aufstellt ^), und der ich
unbedhigt beitrete.
i) De temp. rat. c. 45. . -
2) In seinem gelehrten Werk De vulgaris oerae emenda-
tione (Rom 1793, fol.) 1. IV, 5. 8.
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423 Technische Chronologie.
Unsere zweite Frage habe Ich im Handbuch
der Chronologie^) dahin beantwortet, dafslre-
näus, Tertuliianus, Clemens Alexandrinus^Eu-
sebius und Ejüiphanius, die zu den belesensten
Kirchenvätern gehören, Christi Geburt entweder auf
den Schluls des 751sten oder auf den Anfang des
.7526ten Jahrs der St gesetzt haben *), je nachdem
sie dieselbe an den 25. December oder an den 6.
Januar knüpfen. Jenes geschah im Qccident, dieses
lange im Orient (397). . Hiemach wäre also Christus
zwei Jahre for der Epoche der dionysischen Acre
geboren.' Der Grund dieser so übereinstimmigen An-
gabe ist ohne Zweifiel im dritten Capitel des Evange-
listen Lucas zu suchen, wo es heilst, Christus sei
I etwa 30 Jahre alt von Johannes getauft worden, der
sein Täuferamt im fünfzehnten Jahr des Tibe-
rius angetreten. Als Datum der Taufe nahm man
gewöhnlich im Orient den 8. November an (176).
Nun begann das 15te Jahr des Tiberius mit dem
781sten d. St *), und wurde Christus im Verlauf
desselben 30 Jahre alt, so muCs er lun den Anfang des
JahrsL 752 geboren sein.
Aus obiger Darstellung geht aber hervor, dals
Dionysius Christi Geburt nicht zwei, sondern drei
Jahre später als jene Kirchenväter angesetzt hat, wenn
gleich seine Acre nur zwei weniger zählt Was ihn
1) Th. n, 8. 385 ff.
2) Sie nexmen entweder das» 41 oder 42ste Jalir des Aa-
gast. Der Anfang der Re^erai^ diese« Kaisers wird von dem
TriamTirat gerechnet, wozn er sich Im Jahr 711 d; St mit An-
tonius nnd Lepidaa verband, wo er addi zun erateiJDial das
Consnlat verwaltete.
3) AngQst starb am 19ten des nach ihm benannten Monats
(Sneton. ^uf. c. 100) im Jahr 767 d. St. Qieses war also
das erste des Tiberins.
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Christliche pTölker: 423
veranlafst haben ipag, von einer Bestimmung abzuge-
hen, die so wichtige Autoritäten für sich hatte und
ihm unmöglich ganz unbekannt sein konnte, wissen
wk mcht
Wir kommen nun zur dritten Frage, um wie
viel Jahre unsere Aera vulgaris zu wenig zählt Aus
allen von Josephus angegebenen Zeitverhältnissen
geht entschieden hervc^r, dafs der jüdische König He-
rodes im Jahr. 750 der Stadt Rom gestorben ist ^).
Währelid seiner letzten Krankheit entstand eine Em-'
pörung. Er liefs die Schuldigen verbrennen, und in
der Nacht, wo dies ' geschah, trat eine, Mpndf ins ter-
nifs ein ^). Es .gab aber in dem gedächten Jahr
Weiter keine zu Jerusalem sichtbare 'Mondfihstemifs,
als die partielle in der Nacht vom 12ten zum 13.
März ®), Der nächstfolgende Vollmond, der erste im
Frühling, muls das Passahfest bedingt haben, das, wie,
Josephus versichert *), bald nach seinem Tode ge- .
feiert wurde. Er starb also im Frühlinge des Jahrs
750, und da er nach den EvangeUsten Christi Ge-
burt erlebt hat, so darf diese nicht später als auf d^n
SchhiGs ' des Jahrs 749 |;esetzt werden , woraus folgt,
daHs unsere Acre mjndest^ens vier Jahre zu we- '
nig zählt.
Es ist aber sehr wahrscheinlich, dafs Her ödes
Christi Geburt noch eine geraume Zeit überlebte. Von
derselben unterrichtet, liefs er' zu Bethlehem und in
der Umgegend' alle Kinder V4)n. zwei. Jahren und
darunter ermorden ,' nach der Zeit^ wie es beim
1) Handb. O, 389 ff.
2) ^ aB>4vn lliXttgTBv. Josephüs Antiqq, XVU, 6, 4.
3) Die Umstfinde d^erpelbeii findet man nadi einei* sorgfältig
gen Beredmong im Haadbaehe angegebeai. H^ 392.'
4) Anüqq. XVII, 9, 3.
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424 Dßchnlsehe Okronohgie. v
Matthaus hei&t ^ ), die er von den Magiern erforscht
hatte. Auch findet sich bei einigen Kirchenvätern die
Tradition, dafs Christus fast zwei Jahre bis zu
Herodes Tode in Aegypten verweilt hat, inrohin
Joseph und Matia mit ihm geflohen waren.
Sanclemente, vofi dem dieser Gegenstand am
erschöpfendsten behandelt worden ist, glaubt daher
^is zum Jahr 747 d. St zurückgehen zu müssen.
Die Gründe, die ihn vorzugsweise für dieses Jahr be-
stimmt haben, sind theils von der Schätzung, die
August nach dem Evangelisten Lucas ^) um die
Geburt Christi im römischen Reich veranstalten liels ' ),
theils Von der allgemeinen Versicherung der Earchen-
väter^ entlehnt, dals die Menschwerdung Christi in eine
Zeit gehöre, wo überall im römischen. Reiche Frie-
den herrschte, was, wie ei* zeigt, gerade damals dar
Fall war. Seine Darstellung wird ein jeder, der ihr
aufmerksam folgt, befriedigend finden. Es gibt ^ber
noch ein Moment mehr für die Entscheidung, das er
bei seiner Unkunde der Astronomie nicht gehörig ge-
würdigt hat.
Im zweiten Capitel des JByangelisten Matthäus
heUst es, die Magier, oder, wie Luther übecsebt,
die Weisen aus dem Morgenlande, seien nach
Jerusalem gekommen, um sfeh nach dem neugebor-
nen Könige der Juden zu erkun^gen, dessen Stern
^ 1) n, 16. Die zwei Jalure werden auch, durch dne SteDe
des Macroblas bestätigt, der yon Atignst erzahllf: Cumaudis-
sei, inier pueros, quos in Syrla Herodes Rex ludaeorum infra
himatum iussit interfici^ßlium quoque eins oceisum^ ait: me-
lius e$i Herodia por cum esse quamjßhan^ Saturn. II, 4.
2) S. den Anfang des zweiten Capitels.
3) Das Wesentlichste seiner nher diese vielbesprodiene
^9^07^0912 angestellten, Untersnchnngen findet man Handbuch
II, 384. ff. zosammengestellt. , . .^
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Chrküiche Fbiker. 425
sie in Osten gessehen, und diesier Stern habe Ihnen
his Bethlehem geleuchtet Gewöhnlich betrachtet man
denselben als ein anfserordentliches Meteor, das au&er
allem Bereich einer astronomischen Berechnung hegt
ÄndersurtheUteKepIer, der darin die inC^njunction
befindlichen Planeten Jujpiter und Saturn zu
erkennen glaubte ^ )• Er kam zuerst auf diesen Ge^
danken, als er die Zusammenkunft beider Planeten am
Schluls des Jahrs 1603 beobachtete. Sifs ereignete
sich am 17. December. Im folgenden Frühling kam
der Mars zu den beiden einander immer noch nahe
stehenden Planeten hinzu, und im Herbst des Jahrs
1604 gar noch eiiier fener fixstemartigen Körper, die
zu einer bedeutenden Helli^eit anwachsen, und dann
nach und nach .wieder spurlos verschwinden. Es
stand derselbe in der Nähe beider Planeten am östip
eben FuTs des Schlangenträgers, und erschien als ein
Stern erster Gröfse ungewöhnlich lebhaft funkelnd.
Von Monat zu Monat nahm er an .Helligkeit ab, mid
entzog sich am Ende des folgenden Jahrs den Blik-
ken völlig. Kepler hat ein eigenes .Werlf über die-
sen Stern geschrieben^), und darin zuerst die An-
sicht aufgestellt, daüs das Gestirn der Weisen aus ei-
ner Vereinigung des iSatum, Jupiter und i^end eines
auTserordenÜicben Sterns bestainden habe, über des-
sen Natur er sich nicht weiter erklärt
Er kannte die Astrologe seiner und friiherer Zelt
genau, und wuJste, welche Wichtigkeit die Stieimdeu-
ter von jeher auf die alle 20 Jahre wiederkehrenden
Zusamnienküttfte der beiden oberen Planeten gdegt
. 1) Dafs nur von eine^i Si«rn — dfffiq — nicht von rf-
nem Gestirn -^ acrs'Qov, die Rede ist, darf ntdhit befremden.
Yerwechslnngen beider W&rter konunen^ncb anden?eitig vor.
2) De^sieUa novo in pede serpentarii^ Prag 1606k, 4.
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4^5 TeclMsehs l^onologie.
. bafben ^). Die Magier, sagt er, geborten ibrer ße-
Kg^on nacb zu den Juden, wie es deren ^o viele an
den Ufern äeä Euphrät, besonders zu Babylo^^ gab,
aber ihrem Stande nach zu den Cfaaldäern, den Er-
findern der Astrologie, unter deren Lebren besonders
aucb die ist, dafs die erst nacb langen Zwischenräu-
men einmal sich wiederhohlende Conjunction des Ju-
piter und Saturn in der Nähe des Widder- und Wa-
gepunkts einen veränderten Zustand der Dinge, und
. fin j^ügleich erscheinender Komet die Geburt eines
Monarchen bedeute. Er hielt es daher der Mülie
werth, die um. die Geburt Christi Eingetretene Con-
junction zu berechnen. Dazu konnte er sich nur der
sehr unvollkommenen prutenischen tafeln des
lErasmus Reinhold bedienen ^), die ihm eine drei-
malige Zusammenkunft auf das Jahr 747, im Juiiius,
August und December gaben.
Beide Planeten befanden sich in der letzten Hälfte
der Fische, dem Widderpunkt nahe. Im Febniar und
März des folgenden Jahrs gesellte sich noch der Mars
dazu. „Diese in einer so bedeutungsvollen Gegend
, des Thierkreises höchst seltene Vereinigung. der drei
oberen Planeten erregte, sagt er, die astrologische Neu-
gier der Magier, und dies um so mehr, da noch
ein auDserordentlicher Stern hinzugekomnlen zu sein
scheint Man nehme afi, dafs" der neue Stern zuerst
gesehen wurde, hiebt blofs zu ebea der Zeit, wo Sa-
turn und Jupiter nahe bei einander standen, im Ju-
nius des Jahrs 747, sondern auch an gleichem Ort
mit den Planeten, wie dies wunderbarer Weise zu
unserer Zeit geschehen ist; was konnten die.Chal
1) Vergl. Handb. H, 401 ff. ^
3) Sebe eigetien vollkommenem, die rndolpliinisclieB,
erscfaieneo eret 1627.
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%
daer nach deo noch' jetzt bestehenden .Regeh ihrer
Knnst ^ ) andevs dar&ua folgern, als eine Begebenheit
von der gröfstep Wichtigkeit"
Er fand sich veranlalst, eine eigene AUiandlnng
De lesn Christi servatoris nostri anno matalitio * )
zu schreiben, worin er Christi Geburt an d^n Schlufs /
des Jahrs 748 A. St setzt, welches auf das der ei-
genütchen Conjunction folgte;' und -als dagegen der
Chronolog Sethus Calvisins auftrat '), behandelte
er denselben Gegenstand noch einmal ausfuhrlicher
unter dem Titd: De vero anno quo aeternus Dei
filius humanam naturam assumpsit ^), in welchem
Werke er seinen Nächfolgern in den Hauptpunkten
der ganzen Untersuchung nur eine geringe Machlese
übrig gelassen hat
Herr Dr. Munter, der nunmehr verstorbene Bi-
schof von Seeland, hat c^ch das Verdienst ' erworben,
den Gelehrten die Ergebnisse dep kepjerschen Unter-
suchungen von neuem in Erinnerung zu bringen. Er
fand in des Abarbanel Confmentar über den
Propheten Daniel eine Stelle, worin dieser rabbi-
nische Schriftsteller die Zusammenkunft der beiden
oberen Planeten im Zeichen der Fische (unter dessen
Regiment die Sterndeuter Palästina setzen) für das
Signal der Ankunft des Messias erklärt Durch diese
und andere Andeutungen des groben Einflusses, den
die jüdischen Astrologen mit ^ Bezug auf den zu er-
1) Za Kepler's Zeit galt die Astrologie noch för etw^as.
Bald nachher ist sie zn ihrer wohhrerdienten Yerachtiing herab-
gesunken, ans der sie gern ein Schriftsteller unserer Zeit wieder
emporheben möchte.
2)* FranUart 1606, 4.
3) In der Schrift: De vero nathHafis CMsÜ anno EpU^eia
ad Joh, Keplerum. Leipzig, 1613, 4;
4) Frankfurt 1614, 4.
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428 Technische Chramhg^.
wartenden Messias dner Zusammenkunft der beiden
Planeten in den Fischexi J>eigelegt ha)^en,^ veranla&t,
fordert er die Astronomen in einem Programm vom
Jahr 1821 anf, eine genaue Berechnung über die um
die Zeit der Geburt Christi eingetretene Conjunction
anzustellen« Das Programm wurde von mehreren Sach-
verständigen beifäBig beurtheilt ^), aber der 'Auffor-
derung nur auf em^ sehr unvollkommene, keinen Ken-
ner befriedigende Weise von Hm* Pf äff in Erlangen
genügt^). Hier sind die Ergebnisse einer eigentli-
chen astronomischen 9 mit Sorgfalt nach den neusten
Tafeln geführten Rechnung: Beide Planeten ka-
men, im Jahr 747 d. St., 7 vor unserer Zeitrechnung,
zum erstenmal am 29* Mai im 21sten Graäe der Fische
zusammen. Sie standen damals vor Sonnenaufgang
am Morgenhimmel 9 und waren nur eben Grad von
einander entfernt Jupiter ging dem Saturn nordlich
vorbei.^ Um die Mitte des Septembei^ kamen beide
in Opposition mit der Sonne um Mittemacht in Sü-
den, Saturn am 14ten, Jupiter am 15ten, Der Lan-
genunterschied war damals 3 Viertelgrad. Beide wa-
ren rückläufig, und näherten sich von neuem. Am
1. Oktober fand hierauf eine zweite Zusammenkunft
im ISten Grade der Fische, und am 5. December,
wo sich beide Planeten wieder ostlich bewegten, eine
dritte im 16ten Grade statt Auch ^ bei den letzten
beiden / Gonjunciionen .betrug der Breitenunterschied
nur einen Grad *).
1) Man seho, wie sidi, miter andern der berßbfnte Alademl-
ker Sehabert da|rüber finbert; Vor mischte Schriften
Th. I, S. 71.
.2) S. sein Werk:, Das Licht nnd die Weltgegeaden,
sammt einer A}ihaiidlang über Planeten'«» (Donjunctiotten
nnd den Stern der Weisen. Bamberg 1821.
3) Die Zahlen stelle sich hier etwas ahders, «k im<fiand-
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Hegtep mm Wirklich die j&dischen Astrolagen
grolse Ecwartangen von einer Zasammenkuaft d^r
beiden oberen Planeten im Gestirn der Fische, so
n^uifste ihpen gerade diese von der gröisten Bedeut.
samkeit erscheinen. Die beiden Planeten ^ngen drd-
mal vor einander über, rückten dabei auch der. Breite
kiach ganz nahe zusammen^ und zeigten sich die Nacht
hindurch Monate lang bei einander« Ihre erste Zu-
bjjLch (Tk n, 406 ff.). Ich hatt^ mich sowohl för die Sonne,
als für die beiden Planeten der delambreschen Tafek bedient,
die im Jahr 1823, wo. ich meine Berechnung anstellte, noch flftr
die richtigsten galten. Hr. Encke hat sich die Mähe genommen,
die Rechnnng nach den nensten Tafelfi, den carlinischen (von
Hrn. Boss ei yerbesserten) för die Sonne nnd den bouv ard-
sehen iur den Jupiter und Saturn, zu wiederhohlen, und ge-
funden, dafs besonders in den Satumörtem die neuen Tafehi be-
deutend Ton den älteren abweichen^ Ich glaube auf den Dank al-
ler Kenner rechnen zu dürfen, wenn ich ihnen die Resultate die-
ser mit seiner bekanhten Genauigkeit angestellten Rechnung ganz
so hersetze, wie er sie gefunden hat
Erste Conjunction 2^. ]IIai;3 U. 4^ 49^' m. Z. zu Berlia.
Gemeinschaftliche LSnge 350*" 58^ W*
Breite Jupiteri — 1 SM) 52
Satums —2 19 51
Swtflie Conjunction 30. September 14 U^ i* 51^^
. Gemeinschafkliche Llage 347<' ^^ W
Breite Jupters — 1 46 4
Satums —3 44 3 ^
Dritte Conjunction 5. December 11 ü. 35' W.
GemeiaschaftHche Länge 345<' 35^ 44'^ .
Breite Jupiters — 1 38 3
Satom» —3 30 50 ,
Opposition Japiters 14. September 17 U. 27' 8''.
LSoge 349*» 31' 52'' .
Breite ->1 47 11
Opposition Satums 13. September 22 U. 34' 29"
Länge 348« 45' 2" .
Breite ^2 44 26
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430 Tei^bci^ Ckronohgie.
sammenkanft in Osten — & tji-äpocf^ — erregte die
'Aufmerksamkeit einiger Magier« Sie erwarteten den
Messias, demnach altei^ Weissagnngen in Bethlehem
geboren werden sollte, nnd mächten sich auf dea
Weg, um ihm ihre Huldigungen tiarzubringen. Als
sie in Jerusalem ankamen,' zeigten ^ch die beiden
Planeten aufs neue in Conjunction^ und" zwar in dep
Abendstunden am südlichen Himmel, imd sie folgten
dieser Richtung, die sie zur Stelle brachte. Sehr na-
türlich ist wol die Voraussetzung, dafs * Christus ge-
böten wurde, als* die JPläneten ne^h nahe bei eniaö-
der waren, am Schlüsse des Jahrs 747; ein Jahr später,
wie Kepler mpint, hatte sich die ConsteQation schon
cSehr geändert*' Mars, der sich in den ersten Mona-
ten des Jahrs 74S in der Nähe beider Planeten be-
fand, stand damals als ein schwacher Stern tief am
Wesihimmel; auch verloren sich Jupiter und Saturn
um diese Zeit in den Strahlen der Abendsonne, und
als sie im April an der andern Seite der Sonne wie-
der zum Vorschein kamen, waren sie schon beträcht
lichr aus einander gerüc^kt Dafs noch ein aiffseror-
dentlicher Stern von der Art des im Schlangenträger
gesehenen oder ein Komet hinzugekommen sei, ist
eine Hypothese, dereti es kauqfi ;lU| l^edürfen scheint
Es ist aber gewüs, dafs unter den Juden "ipn Al-
ters her der Glaube geherrscht hat, die Ankunft des
Messias werde durch die Erscheinung eines aufseror-
dentlichen Stem§ verkündigt und , verherrlicht werden.
Schon eine Stelle aus dem vierten Buch Mosis *)
ist dahin gedeutet worden. In den rabbinischen Schrif-
ten, z. B. den Büchern Sohar und Pesihta Sotarta^
die zunächst den Zeiten n^ch Christus angehören'^),
1) XXIV, 17. .
2) Noch andere Schriften dieser Art, die mir von dem Iiie-
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ChrUiliche Fbtker. 434
ist häufig von dem Steril des Messias, wenn auch
nur ganz iih A%eiiieinen, die Red4 Der Eihzige me£
nes Wissens, der v<m einer bestimmten Constellation
und z-wär von der Gonjunetion des Jupiter und Sa-
turn in den Fischen spricht, ist der obgedachte Abar*
banel, ein spanischer Habbi, zudesisen Zeit (1463)
sich wieder eine solche Zusammenkunft ereignete«
Ich habe in meinem Handbuche einiges aus, seinem
Ctfmmentar über den Daniel, Muajne hasehimh^
Quellen des Heils, betitelt ^), angeführt, woraus
genugsam erhellet, welche Wichtigkeit die jüdischen
Astrologen von jeher auf ' jene Constellatibn gelegt ha-
ben, und so können wir wol mit Sicherheit anneh-
men, da£s eben dieser Glaube auch die Magier niach
Bethlehem gefuhrt hat Ist dies nun der Fall, so
scheint festzustehen, da(s Christus gegen Ende des
J^hrs 747 d. St. gd)oren ist, also unsere Aera vulga-
ris um 8,echß Jahre zu wenig zählt Liefse sich
dies aber auch bis* zur mathematischen Evidenz brin-
gen, so wird darum doch kein Vernünftiger eine/Aeri^^
derung unserer bisherigen Jahrrechnung für wünschens-
werth, ja nur für möglich halten.
Die Frage, in welches Jahr der To;d Christi
zu setzen sei, hat für die technische Chronologie keiii
erhebliches Interesse, da in den bis jetzt bekannten
Urkunden des Mittelalters nur ein paarmal vpn Jah-
eigen, iii der rabbinischen Litteratar sehr bewanderten Gelehrten >^
Hm^ Auerbach d. Jung, nachgewiesen sind, nenne ich Hand- '
bnch II, 409. Ausföhrlicher handelt dayon mit semer gewöhn-^
ten Umsicht Hr. Mtoter in seinem spl^ter herausgegebenen Stern
der Weisen. Untersuchungen über das Geburtsjahr
Christi. Kopenhagen 18'i7, 8. Schade nur, dafs in dieser s^nst
gründlichen Abhandlung die astronomische Partie, die der ganzen
Sache den Ausschlag gibt, so obenhin behandelt bt»
1) Amsterdam 1547, 4*
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438 . ' Te^fknUche Chranohj^.
ten a Pa88ione, und acwar auf eme Weise die Rede
ist, welche deutlich zeigt 9 dals fnah an diese Epoche
kdne eigentliche Jahrrechnung geknüpft hat Ich ver-
weise de&falls auf das Handbuch ^), und bemerke
hier nur, dals die in den römischen Kirchenscriben-
ten von TertuUian an vorherrschende Angabe, Chri-
stus habe unter dem Cönsulat der beiden Gemini,
des C Rtibelliuis und C. Fufius, d. i. im Jahr 782 i
St, gelitten, so viele Bedenken man auch dabei ge-
funden hat, noch immer die wahrscheinlidiste bleibt
Am gründlichsten hat auch 4icsen Gegenstand der Äbt
Sanclemente am Schlüsse seines Werks über die
Aera vulgaris in emer eigenen ExercUatio chro-
nologica de anno dominicae passionis behandelt
Schon lange vorher, ehe an unsere jetzige christ-
liche Acre gedacht wurde, war auf der pyrenaischen
Halbinsel^ in Afrika, so weit es den Vandalen, Sae-
ven und Alanen gehorchte, und im südlichen Frank-
rdch eine eigenthümliche Jahrrechnung im Gebrauch)
die man gewöhnlich die spanische nennt Aaf
Denkmälern und bei den Schriftsteilem fuhrt sie den
Namen Aera oder Era, der als Nomen appeUativrim
auf alle übrige Jahrrechnungen übergegangen ist Ihre
Epoche gebort in das Jahr 716 d. Ständer 38 y.
Chr., so dafe man von ihrer Jahrszahl 38 abzuzie-
hen ha^, wenn man sie auf unsere christliche redud-
ren will.
Mit Sicherheit kommt sie zuerst in emer Grab-
schrift vor, die an einem Thor von Lebrija im süd-
lichen Spanien angebracht ist, und in das Jahr 465
n. Chr. gehört ^ )• Der älteste Schriftsteller, der nach
ihr
l)Tli.U,S. 411 III
3) Scaliger J&nend. ten^. l V, p. 446.
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Chri^icbe P»ner. 433
ihr rechnet, ist l6idoru8, Bisehof v(m Sevilla *y
Allein schon früher mnfste sie in Spanien die geseta^
liehe sein« Sämmtliehe tinter den gothischen Koni-
gen gehaltene Concilien, vom tarräconensischen (516
n. Chr.) an, sind nach ihr ^£^it» Auch in den süd»'
liehen Provinzen Frankreichs > so weit sie von den
Westgothen beherrscht vmrden, war sie im Gehraocb»
Noch das Concillum von Arles vom Jahr 6l3 n. Chr.
ist nach ihr datirt ^ ). Vom neunten Jahrhundert an
findet sie sich in der Regel mit unserer christlichen Jahr-
rechimng zusammengestellt Die Jahre beider Acren
nehmen immer zugleich ihren Anfang. Auch die mau»
rischen Schriftstellet datiren nicht selten* nach det
spamschen Acre •). Sie nennen sie tarich es-sqfar^
(aera safarensis). Der Name scheint mit sefer
oder sifr zusammenzuhängen, wriches arabische WoH-
eigentlich di^ Null bezeichnet, aber auch, wie das.
daraus entstandene cifra, chiffre, Ziffer der^Spa-
nier, Franzosen und I>eutschen, für einer allgemeine
Benennung der Zahlzeichen, wenigstens bei den Ara-
bern in Spanien, gegolten haben mufs. So wäre denn-
tarich es-safar die üebersetzung des Worts Aera
nach seiner gewöhnlichen Abldtnng von einem in
sehr später Latinität aufgekommenen Gebriäuch des^
Plurals von aes. '
Die Spanier fühlten endlich das Bedürfnils» sich
in der Eezeichnung der Jahre dem übrigen Europa
anzuschlielsen* ' Zuerst verordnete das Concilium von
Tarragona im Jahr 1180, dais in den öffentlichen Ak-
ten iiur die christliche Aere gebraucht werden solle ^).
1) S. seine Bkionia Güthcnan^ Toi VH der neufttea Ans*
gäbe iscincr Werte van Arevalo. •
2) Man«! CoUeet. Cwkit. Toin. XlV^ coli W?: -
3) S. Q^MiBihUotheta Eseurialensis VoL I, ^. ^Bi,
4) Waasi CoUe^. Condk Tom. XXII, p. 47i:
28
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434 Techvisehe Okronohgie.
In Arragonien bestancl clie spanische noch bis 1350 '),
in Vaiencin bis 13^8 ""), inCastilien bis 1383 ^}iind
in Portugal bis 1420 ^)^ Seitdem kommt sie nirgends
«r-eiter vor. .
So viel über den O^hrauch dieser Aeie. Was
ihren Ursprung und Namen betrifit, so sind die Mei-
nungen deMalls nicht vtrenig getheflt Ausführliche
und griindticbe Untersuqhungen darüber findet man in
den Obras ehroru>logicas des Marques von Mon-
dejar *).
Gewöhnlich nimmt ma|i an, daTs sie dem Au-
gust zn Ehren von den Spaniern eingeführt «ei, da-
her sie auch Aera Caesaris genannt wird. Sepul-
veda *) findet es ganz natürlich, dafis die Jahre nacJi
ihm gezählt wurden, seitdem ihm bei der VertheUung
de$ römisdien . Reichs unter die Triumvim unter an-
dern auch Spanien zugefallen war. Allein die Acre
nimmt mit dem Jahr 716 d. St. ihren Anfang, und
Dio Cassius ^) setzt die TheUung in das Consulat
des Donutius Calvinus und Asiiws Pollio, d. L ipi das
Jahr 714
Andrere bringen den Krieg in Erinnerung, den
Domitius Calvinus in dem Jahr nach seine^i Consu.
Ut a. u^ 715 mit. den Ceretanem? einem an dem FuTse
der Pyrenäen wohnenden Volke, geführt hat ®), und
1) ^nrita Anales de Aragon^ I. VIII, c. 39.
2) Mariana Utstoria general de Espana^ i XVII, c. 2.
3) Mariana 1. XYIH, c §; Sepulveda de rebus -gesü*
CaroU F, 1. I, §. 20.,
4), Aiit. Caetano da SpusaJProt)^ da kistotia geneah-
gica da enua Real de PorUiguejtOi Tom^ I, p. 363.
5) Valencia 1744, fol. Wiederhohlt V^irid 1795.
6) In seiner Ideinen Schrift de Correcti^ne amu mensium-
que Rqmqfforunh ,Oper0 (Madrid 1780^ 4) VoJ. IV, p. 181.
7) HUt. Jtom. l XLVDI, c 38. §) £ben4 c 43.
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, ChrkOicbe Voller. 435
rodneii, dalis die Provinz Spanleu erst nach ihrer vol-
ligen Benibigung und Unterwerfung unter den Befehl
des Octavianus die Jahre nach ihm zu zählen ange-
fangen habe. Noch andere, wie Gerhard Johann ,
Vossius^)^ wollen die Aere mit der Einführung de«
julianischen Kalenders in Spanien in Verbindung brin^
geu^ deren Epoche uns ganz unbekannt ist Alles
dies sind aber nichts weiter als Vermuthungen«
Vor allen Dingen fragt es sich, ob aera oder
era ein lateinisches Wort sei. <- Mehrere Kenner des
Arabischen haben hieran zweifeln wollen» Sie brin-
gen es mit dem arabischen arrach^ datiren, in
Verbindung^ aus welcher Wurzel tarich entstand^i
ist, das f&r Epoche, Aere, Chronologie und,
chronologische Geschic^hte gebraucht wjird. Ja-
kob Christmaujü ^) behauptet geradezu, dafs das
Wort Aere erst mit dem gleichbedeutenden tarich
durch die Araber nach Spanien gekommen seL Aus
Obigem erhellet aber, da£s er sich irrL Die gewöhn-
lichste, schon beim Isidor vorkommende, Meinung
ist, dafs Era allerdings, ein lateinisches Wort sei,
wenn man sich gleich über die Entstehung desselben
nicht ganz einigen kann. Ich verweise delsHalb auf
das Handbuch der Chronologie ^),
Ein sehr bemerkenswerther Umstand ist es, dals
von der spanischen Aere, die doch schon im Jahr
38 V. Chr. entstanden sein soll, so wie von ihrem
Namen, vor dem Anfange des Reichs der Westgothen
in iSpanien (415 n. Chr.) keine Spur wahrgenonunen
1) Etym, ling. lat. v. iiera.
3) hl seinem chronologisdieii CommenUr fiber das erste
Capitel des^iAIfarghani, hinter seiner lateinisdien Uebersetiong
desselben. (FrankC 1590, 8) S. 361.
• 3) Tb. H S. 428 ff.
28*
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43b TechnUche Chronohgie.
wirld. Man soUte doch meinen, dafe sidi der panier
Paulus. Or68iu8, der seine Geschichte 417 n. Chr.
betedigt hat, ihrer bedient haben müDste, wenn et sie
bereits vorgefunden hätte; allein er zählt nur nach
Jähren der Welt, deren er bis auf Christi Geburt
5199 rechnet ^), zuweilen auch nach Olympiaden und
Jahren der Stadt Rom. ^
Man kann sich daher kaum des Gedankens er-
wehren, den schon Mondejar gehabt hat ^),^ wenn
• er ihn auch bald wieder fallen läfst, dafis die spani-
sche Aere. ursprünglich den Gothen eigenthümlidli ge-
wesen und erst durch sie nach Spanien gebracht wor-
den sei. Unter dieser Voraussetzung wäre * auch das
Wort er a, das sich nur auf eine gezwungene Weise
zu einem lateinischen stempeln la&t, ungemein nator.
lieh zu erkll^n; Aetm es würde nnn nichts- weiter
sein, als das jera des Ulfilas^y, das Jahr, year,
aar, ar, der germanischen •Sprachen. Wenn schon
fäidor den Ursprung des Worts veikfeinnt hat, so darf
uns dies nicht befremden. Die Westgothen machten
sich nach ihrer Niederlassung auf spänischem Boden
die dortige Landessprache so g)anz zu eigen, dafs sich
in A.tt heutigen spanischen Sprache, deren Entstehung
aus der lateiniischen schon der Name Roman ce zu
. erkennen gibt, verKältnlfsmälsig nur sehr wenige ger-
, ' manische Wolter erhalten haben.
Aufser den bisher gedachten, in den bürgerli-
chen Gebrauch übergegangenen, Jahrrechnungen ha-
ben sich im Occident einzelne Regenten und Schrift-
steller eigenthümlicher Acren bedient, die mit ihnen
wieder erloschen sind. Ein paar solcher Partikular-
ären habe ich im Handbuch erwähnt ^).
1) Hist. I, 1. 2) Discaroo' I, §. S.
3) S. aeinen Lucas H, 41; UI, U 4) Th. H, S. 432.
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ChrMUche fnUker. ^ 437
Wir wenden uns nun zu den JFahrreehninigen der
Christen des Orient^. ^ ,
Dahin gehört zuvörderst die seleui^idische
Aere, die nach Auflosung des Reichs der Seleuciden
sichx in vielen Städten Syriens behauptete (187), und
auch denen, die sich nach erlang^r Autonomie be-
sonderer Jahrrechnungen bedienten, nicht fremd ge-
worden jsein kann, weil sie im gegenseitigen V;erkdir
ein bequemes Reductionsmittel für alle darbot
Aus ^einer Stelle des Chronicon paschale ^)
läfst sich abnehmen, dals in ^ Syrien bei der Festrech-
nung eben so die seleucidische Aere gebraucht Wurde,
wie in Aegypten die diodetianische und im .Ocddent
die christliche'), und dies bestätigt auch der dem
ßedhzehnten Jahrhundert angehorige, aiaHsch abge-
falGste Computus ecclesiae Antiochena^^ den Scali»
ger mittheilt *). Dadurch blieb sie den syrischen
Christen geläufig, die sich ihrer, augleich mit ihren
. einheimischen MonateÄ (180), wenigstens im kirchh-
chen Gebrauch noch jetzt bedienen. Carsten Nie-
buhr ^) sah in einer nestorianischen Kirche zu Mosul
das 2(fö5ste Jahr seit Alexander, das Erbauungsjahr
derselben, mit dem 1744sten n, Chr, verglichen. Dieses
seleucidische Jahr fing im Herbst 1743 an; die Kirche
mufs also in den ersten 9 Monaten des Jahrs 1744
vollendet worden sein. Auch kommt die Aere nicht
selten bei den national syrischen Kirchenscrib^nten
und bei den arabischen Astronomen vor (188).
Von dem doppelten Anfange des syrischen Jahrs
mit' dem i • September und 1. dktober ist oben ( 191 )
1) S. 171;
3) Vergt oben S. 362.
3) Emend. iemp. S. 707 ff.
4) Beschrelbang ron Arabien S 111.
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438 ^ Technische Chronoiogie.
gehandelt worden. Nach Abulfaradsch ^) began-
nen die Rum (Byzantiner) semer Zeit Aßs Jahr mit
|toem Datmn, die Syrer mit diesem. Er selbst, als
Syrer, rechnet vom 1. Thischri oder Oktober. Nach
dem Art de vdrifier les dates *) fangen die Nesto-
rianer und Jakobiten das Jahr noch jetzt mit dem 1.
Oktober, die syrischen Kalholiken hingegen mit dem
1. September an.
Die antiochenische Aere (193). haben die
griechisch schreibenden Syrer E u a g r i u s'^^md Ma-
lelaa gebraucht, die nationalsyrisehen SchriftsteDer
nicht
Es i^t schon oben (362) bemerkt worden, dafe
die Alexandriner die Bei-echnung des Osterfestes an
die diocletianische Aere g^nüpft habenr. Das
. erste ihres 19jährigen Mondcyklus war das erste des
Diocletian, das mit dem 39. August 284 n. Chr.,
zufällig einem Neumondstage, seinen Anfang nahm«
Diese Aere, die wegen der schrecklichen, in ihrem
19ten Jahr über die Christen verhängten Verfolgung
den Namen der Märtyreräre erhielt (81), ist bis
auf die Herrschaft der Araber in Aegypten als eine
bürgerliche gebraucht worden, und dient den Kop-
te^n noch jetzt zum Behuf ihrer Festrechnung. Von
,dicsen ist sie zu den äthiopischen oder abessi-
nischen Christen übergegangen, die den Patriar-
chen von Gonstantinopel als das Oberhaupt ihrer
Kirche anerkennen, ütiter den verschiedenen Acren,
die m der Einleitung zu dem von Ludplph ^) abes-
fiinisch und lateinisich mitgetheilten Festkalender
der Aethiopier aufgeführt werden, ist auch die
1) UUt. Dynast, 1. VI, p. 98.
2) Tom. 1, p. 45.
3) Commeniariw ad warn hUicriam Jethtopicam p. 385 ff.
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CkHstltche F»tker. 439
Märtyrerare, der^ Epoche riiehlig auf das Jahr
276 ab Ineamätioiie gtoetzt wird. Dieses Jahr ent-
spricht uBserm Ü84sten; denn ^e äthiopischen Chri-
sten nehinen die Incarnation 8 Jahre später als Dio-
nysius an. Ihre Hanpt^re ist, aber die dei^ Schö-
pfung, nach der sie bis auf Christus 5500 Jahre, also
bis zum Anfange unserer dionysischen 54B2 zählen ^ ).
Sie nennen die Jahre der W^ltäre, nicht, wie seit
Scali.ger irrig in allen chropolo^ehen Büchern
stdit, die der Märtyreräte, annos gratiae. Ihr Ka-
lender stiihmt äbrigens in Ansehung dar Jahrepoche,
der J)auer der Monate* und der Schalteinrichtung voU-
koHunen mit dem der Kopten überein; nur die Na-
men ihrer Monate weichen ab. Es sind von dem mit ,
dem Thoth (73) übereinstimmigen Mascaräm an
gerechnet folgende:
1) Mascaräm. 7) Magabit.
2) Tek^mt 8) Mijazia*
3) Hedar. 9) Ginbdt. ,
4) Tachsas. 10) Sene.
5) Ter. 11> Hamle.
6) Jacatit 12) Nahase.
Ergänzungstage.
Letztere werden von den Aethiopiem mit dem Na-
men P>aguemen oder P«gomen bezeichnet, der of-
fenbar das entstellte svcayo^ievai ist.
Die armenischeh' Christen haben eine eigene
Aere und einheimische Monate. ^Die Aere nimmt nach
der überdnstimmig^ Angabe von Sehröder *), Vil-
i) Ludolp^ Eist. Jeth. III, 6, 97.
2) DUsertiUio de antUfaitate^fath^ ihdols aique usxi Im-
guoe Annemeae S. 63. Vor «einem TheHwrus linguae Armem"
cae, Amsterdam 1711, 4«
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440 Tefhnkche Chr^nohgie.
lotte/) tuid anderen zuvedfissigen SchrifUteDem ndt
dem. Jahr 551 unserer dionysiscfafen ihr^i .Anfang.
Nach Samuel*) hatte ein gewisser Andreas von
Byzanz im Jahr 351* n. Chr. eine 200jährige Osteria-
fei fiir die Armenier entworfen. Sie wich gegen das
$}nde hin beträchtlich, vom Himmel ab, und es wurde
daher eine neue Begulinmg der Festrechnung nothig.
Diese kam im Jahr 551 unjier dem Patriarchen Mo-
ses zu Stande, und von hier an zahlen nun die Ar-
menier ihre Jahre * ). *
Die Namen ihrer Monate lauten bei Schr3
der und Villotte, die sie zugleich, mit armenischen
Charakteren geben,/ wie folgt:
1) Navasardi, * 7) Miehieki.
. Ä) Hu.erri. 5) Arieki.
3) Sähmi. 9) Ahki.
4) Tre. 10) Maricirl
5) Kagots. 11) Margats*
6) Arats. 12) Hruetits.
Die Monate sind durchgängig SOtägig. Die das
Sonnenjahr ergänzenden Tage werden dem Hruetits
angehängt nnd Aceliacz genaimt Bereits der im
i) Dietionanum nopum Latbia. • Armenmim (Rom 1714,
foL) 8. r. Calendarium, .
2) Samnelia Jßresbyteri Aniensis iemporum usque ad
miam aeiatem ratio e librls Mstoricorum summatim collecta
in Zohrab's «md Mai 's lateinischer Uebersetzung des anneni-
sehen Ensebins. Mailand ISIS, 4.' Yergl. (^ntiiLvo deUa sio-
' Ha Utteraria Armena estesa da Phuddo Sukias Somal della
eongregazione dei Monaci Armerd di S. Lazaro» Venedig
1829, 8.
3) Samnel nenni die Jahre 353 nnd 553,. & setzt aber
das erste Jahr n« Chr. mit £asebi.as (422) dem 42sten des
August yd. l. dem. 752.i9ten d» St. parallel; dahingegen das erste
Jahr der diooTsischea Aere dem 7548teii entspricht.
Digmzed by VjOOQIC
Chrktttche Fölker. . 441
fönften Jahdhnndert lebende 'Mose$ von Ghorene,
der älteste National- Schriftsteller der Armenier, fangt
das Jahr mit dem Nay^ardi an, und dals die. Stel-
lung der Monate seitdem unverändert geblieben ist,
erhellet schon daraus, dafs weh ihm der Miehieki,
öder 9 wie er ihn nennt, Mehekan, der sechste nach
dem Navasardi ist *).
Mach Schröder ist das aus diesen Monaten zu-
sammengesetzte bürgerliche Jahr der Armenier gleich
dem der alten Aegypter "und Perser ein bewegliches
Sonnenjahr, dösseb Anfang im Jahr 1710, wo er
schrieb, dem 8* Oktober n« St. entsprach, und d.(S
seitdem mit jedem imserer Schaltfahre um einen Tag
fr^her. angefangen haben mufs. Ob es mit den Na-'
tionalmonaten noch jetzt im Gebrauch sein mag, weiTs
ich nicht Die Annenier müssen es von ihren Nach-
barn, den Persem, entlehnt haben, denen sie oft, zuni
Theil noch bis auf die neuesten Zeiten, unterwor-
fen waren.
Ein solches bewegliches Jahr vertrug sich aber,
mit der Festrechnung nicht. Zu diesem Behuf haben
sich die armenischen Christen, die nichtunirten so-
wohl als die unirten, ohne Zweifel von jenem An-
dreas her des julianischen Kalenders bedient
Es liegt ein armenischer Kalender auf das Jahr
1789 vor mir, der ganz übereinstimmig mit dem unsri-
gen geordnet ist und der beweglichen Monate gar
nicht gedenkt Freret behauptet in einer ausführ-
1) Hist. Jrmena 1. II, c. 63 und 1. HI, c. «7, Die Ge-
schichte geht his auf das Jahr 441 a. Chr. Auch andere etwas
später lebende armenische Historiker, als Elisäus, Lasar von
Barb, erwähnen die nationalen Monate häufig, wie mich Herr
Carl Friedrich Neumann, ein ausgezeichneter Kenner der
armemschen Liiteratur, Tersiphert. '
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443 Teclmhche Chronologie.
liehen Abhandlung de V Annee Armimenne *), dafc
sich die Armenier ^u liturgischem Bcffauf eines aus
obigen Monaten bestehenden festen, dem alexaudrini-
schen analogen, Sonnenjährs bedienen, das am 11.
August a. ^. meinen Anfang nehme. Ich weife nicht,
aus welcher Quelle er diese Notiz geschöpft haben
mag, und vermuthej dafe dabei eine Verwechslung
mit einem dem östlichen Armenien angehörigen festen
Sonn^njahr zum Grunde liegt, dessen Monate nach
S^chröder also heifeen:
1) Schams. 7) Thirai.
2) Ad^am. \ 8) Damai.
3) Schbat. 9) Hamirai.
4) Nachai. tO) Aram.
5) Ghamar. 11) Ovdan*
6) Nadarl 12) Nirhan.
Sie sind ebenfalls SOtagig und werden durch die Ace-
liacz ergänzt Der Anfang A.t'^ Jahrs haftet auf dem
Frühlingsäquinoctium, indem der Nirhan alle
vier Jahre dnen Tag mehr erhalt Jahrform und
-Jahranfang kommen mit der dschelaleddinischen Zeit-
rechnung übereiü (wovon unten), und sind wahr-
scheinlich von derselben entlehnt Dafc diesi)^ Monate
zur christlichen Festrechriung 'gedient haben, setzt der
Umstand aufser Zweifel, dafs die Jahre gewöhnlich
nach der grofsen victorianischen Osterperiode
(372) gezählt werden. Unser 1710tes war das 97ste
derselben. Die vorhergehende Periode mufe also im
Jähr 1082 n. Chr. ihren Anfang genommen haben, 3
Jahre später als die dschelaleddinische Aere. Nach
Schrödet war der Erfinder dieser Jahi]:6chnung ein
1) Mem. de V Acodkme des InsctipÜime Tom. XIX,
p. 85 ff.
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ChrisiUche F6l1cer. 443
gewisser Azarias ^). Ob sie »och jetzt, wie zur
Zeit dieses Schriftstellers, von den amaemschen Kauf-
leuten gebraucht wird, weifs ich nicht.
Ich gehe nun zu 'den Welläreii der Orientaler
über, einem verwickelten Capfitel der Chronologie, das
zuerst durch Van der Hagen's gründliche Untersu-
chungen aufgeklärt worden ist. Den Verfassern des
Art de virifier les dates^ die Pagi's unrichtiger
Darstellung folgen*), scheinen die chronologischen
Arbeiten dieses holländischen Gelehrten nicht bekannt
geworden zu sein. v
Wenn sich das Geburtsjahr des ersten Mensdfaien
mit Sicherheit ermitteln liefse, so würde die Rech-
nung nach Jahren des Menschengeschlechts
oder, wenn man lieber will, nach Jahren der Welt,
in der Universalgeschichte die natürlichste sein. Al-
lein der erste Ring dieser Kette schwebt in der Luft
Alle sogenannten Weifären gründen sich auf die im
alten Testament vorkommenden Zahlen. Nun weichen
aber der hebräische und samaritanische Pentateuch
und die Septuaginta gerade in den Zahlen bedeutend
von einander ab; auch läfst .sich die xbiblische Ge«
schichte mit der profanen riicht ohne mancheriei Hy-
pothesen In Verbindung bringen. Man darf sich da-*
her über die Verschiedenheit der Bcrechnuiig deif
Jahre der- Welt bei den altem und neuem Obronolo-
gen gar nicht wundem. Im Art^ de verifier les da-
tes foidet sich ® ) eine Tafel d^ Jahre, die nach den
1) Das 1698 zn Amsterdam gedrackte Werk des Erzbisebofs
ThomaB: HafTnofUft qwniuplUU mensU^ Römanorwn^ Jk»'
riae^ Armenorum^ Hehraiorwn ei Muhammedanorum lutbe idi
vergebens gesacht.
2) Man yergldche ihre Artikel Mre mandaine d^Aleaumirie'
d*J7aiochie, Tom. 1, p. 39 mid 42. 3) Discaurs preUm. der'
Abtfaeiluii^ uvani Vh'e ckretienne p. XXYU. '
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byG'bogle
444 Technische Chronologie.
verschiedenen 'Anstchten von Adam bis auf Chnstus
verflossen sein sollen, und hier sind nicht weniger
als 108 Bestimmungen 2;usammenge8tellt, deren Ex-
treme ^m mehr als 2000 Jahre aus einander liegen.
Des-Vignoles sagt gar *), er habe 200 Angaben
gesammell, von denen die groOste 6984, die kleinste
3483 Jahre von Erschaffung bis auf Christus zahle.
Um nur ein |>aar dieser Bestimmungen anzuführen,
die noch den meisten Beifall gefunden haben, so ist
das^ erste Jahr unserer christlichen Acre das 3950ste
nach Scaliger und Calvisius, das 3984ste nach
Petavius, das 4004te nach Usher, das 4182ste
nach Frank. Matterer zählt in allen seinen Ge-
schichtswerken nach Jahren der Welt, in den frühe-
ren mit Petavius, in den späteren mit Fr auk (212).
Nichts kann unbequemer und; verwirrender sein, als
eine solche Zählungsmethode, die glücklicherweise im-
mer mehr aus der Mode kommt. Die zweckmä-
feigste Rechnung bleibt immernoch die nach Jahren
vor und nach Christi Geburt. Die Acren der Olym-
piaden und der Sjtadt Rom gehen nicht weit genug
zmück, um die ganze alte Geschichte an sie knüpfen
zu können.
Die Vergleichung der biblischen Chronologie mit
der profanen ist seit Julius Africanus, einem
chnsdidien Schriftsteller des dritten Jahrhunderts, Ge-
genstand vielfältiger .Untersuchungen gewesen. Beson-
ders haben sich in .dieser Beziehung die ägyptischen
Mönche- Panodorus und Anianus ausgezeichnet,
deren Weltare zu einer besondem Celebrität gelangt
ist Was wir vqn ihren Forschungen wissen, verdan-
ken wir einzelnen zerstreuten Fragmenten beim Syn-
. 1 ) In der Vorrede ta sttner > Chronologie de rßutoirg
Sokiie,
bigitized by GoOglC
Cbrisüiehe falber. 445
celluSy die Van der Hageti seburfeuinig znsämmen-
gestellt und etiäutert hat^).
Panodorus-febte am den Anfang des ^fünften
Jahriinnderts. Er 6<^rieb eine Chrenegraphie^ de-
ren Hauptzweck war, die Träditionßn der Chaldäer
und Aegypter mit der heiligen Schrift in Einklang zn '
bringen* In diesem Werke rechnete er von Adam*,
bis auf seine Zeit, und zwar bis auf den ini Herbst
412 n. Chr. gestorbenen Bischof Theophilus (558),.
5904 Jahre* Ab Aegypter begann er sein Jahr ohne
Zweifel mit dem 1. Thoih der Alexandriner oder dem
29. August Es mufs also das erste Jahr unserer
Acre dem 5493sten der seinigen entfi^rochen haben,
nur dafs ex es etwa 4 Monate irüher anfing; und
wirklich versichert Syncellus *), dafe er Christi
Geburt in das Jahr 5493 seiner Aere gebracht habe.
Die Chronologen nennen diese Weltäre des Pa-
nodorns ohne allen Grund die anlioehenisehe,
nnd setz«! den Anfang ihrer Jahre auf den li Sep--
tembei^ tue Jahrepoche der Antiochenör. Pagi, der
sich unter andern dieser Benennung bedient, sagt selbst,
dafe sie auf keiner sichern Autorität beruhe. Richti-
ger ist der Name Kirchenjahrrechnung gewählt,
den ihr" Gatterer beilegt * ); denn sie ist lange, noch
von Maximus im siebenten Jahrhundert, bei derBe-'%
rechnnng des Osterfestes gebraucht worden. Wir wol-
len sie, ihrem Urheber und der ihr zum Grunde He-»
genden Jahrform gemäls, die alexandrinische nen-
nen, welchen Namen sie auch bei den Byzant^lenfl
geführt hat*).
1) Dissertationes de cyclis päichaUbus S. 65 — 106.
2) CKronogr, S. 327.
3) Abrifs der Cliroiiölogie S. 89.
4) Handb. II; 449.
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446 Technische Chronolof^.
Um das Jahr unserer ckristlieheQ Aere zu finden,
das in einem gegebenen alexandrinisdken anfangt und
seinem gröfsten Tbeil nach mit ihm Gorrespondirt^ ziehe
man 5492 ab, und um das alexandrinisdie zu erhal-
ten, .üas zu einem gegebenen christlichen Jn diesem
Verhältnis steht, addire man 5492. Sp stimmit das
jetzige Jahr 1831 gröüstentheils mit dem 7323ste&
alexandrinischen überein, das am 29. August 1830 an-
gefangen hat. Bemerkenswerth ist ^s, daCs die ale-
xandrinische Jahrzahl durch 19 dividirt allemal die
güldene Zahl gibt, wa$ gewils kein blolser Zufall ist
Diese Mgenschaft hat Pagi zur Construction sei-
ner griechisch-römischen Periode veranlalsL
Man sehe seine Abhandlung de Periodo Graeco-
Romana vor seiner Critica in Annales Baronii ^),
a^ch besonders mit Erläuteixmgen von Schurz-
fleisch ^), Da diese Periode fast gänzlich durch
die julianische verdrängt ist, so wollen wir uns bei
ihr nicht aufhalten ' )•
Anianus, em Zeitg^iosse des Panodorus,
schrieb ebenfalls eine Chronographie, in die er ei-
nen Ostercyklus verflocht. Vergleichen' wir nämlich
.alle von Van der Hagen gesammelte Stellen des
SyncelluSy wo von den chronolo^schen Arbeiben
dieses Mönchs die Rede ist, so sehen wir, dals er
sein mit Adam beginnendes Werk nach Jahroi der
Welt und zugleich nach wiederkehrenden Jahreq der
grofsen Ö32jährigen Osterperiode geordnet und so bis
zum Jahr 5852, dem Schluis der elften Periode, foit-
1) Der erste Band Paris 1689, die drei letzten Genf 1703,
fol. Wiederh\)hlt 1727.
2) Frankfart tmd L^pzig 1716, 4.
3) Wer Anskunft über sie verboigt, findet sie Handbncli
.n, 450 ff. •
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ChristUche Fotber. 447
gefahren hatte» Der letztem , auf die ^Cbristi' Geburt
traf, fügte er eine Ostertafel bei, ti^ofin die Tage der
Luna XIV und. des Osterfestes nach den Grandsälzen
der Alexandriner bemerkt waren.
Aus e^mr .von Syncellus ai^g^efUhrten ^Ue ^)
geht mit Bestimmtheit r hervor 9 .daCs er das Jal^ o$16
seiner Weltare mit dem 324sten unserer Zeitrechnung
verband, wp die Luna XIV dem 25sten und der Oster-
sonntag dem 29. M^rz entsprach. Seine Acre ist also
mit de|r de^ Panodorus identisch/ Nur darii^ wich
er von diesem Chronographen ab, dafs er- Christi In-
carnation in ein späteres Jahr brachte. Da er nicht
von einer alten Tradition abgehen \vQUte, nach der
Christus das Osterlanun mit den Juden an der Luna
XIV, einem Donnerstage, gegessen hat, an der Luna
XV gestorben und am Tage n seiner Incamation (dem
25. März) erstanden ist, so setzte er den Tod in das
5o34ste Jahr seiner Acre oder das 42ste der unsri-
gen, dem diese Zeiteharaktere zus^en; und da nun
Christus nach der gewöhnlichen, auch von.ihm beir
behaltenen, Annahme 33 Jahre alt gelittei^ hat,, so
stellte sich die Incarnation, von d|er er dieses Alter
an reel^nete, auf das 5501ste Jahr seiner Acre, oder
dais 9te der unsrigen. Man sieht, dafs er, um eine
Ueberlieferung seiner Kirche ia Ehren zu halten, in
einen argto Anachronismus verfiel; denn unser 42stes
Jahr ist da» zweite des Claudius, da doch Christus
nach dem Evangelisten Lucas' ^) noch unter der Re-
gierung des Tiberius, die eine Dauer von 22 Jah-
ren erreichte (58), gelitten haben mufs. Offenbar
hat er die zu viel gerechneten Jahre in seiner Chro-
nographie irgendwo aus der Kaiserge^cfafchte der er-
1) Chronogr. f, 36«
2) Cap» 3 im Anfange.
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448 teehMsche Chrotwlog^.
sten Jabriraliderte, nul: der es die griecliisdieii Kir-
chenscribenten nicht s^r genau nahmen, wieder weg-
grschnilAen, P^ichto desto weniger sind ihm^ wie ich
im Handbuch gezeigt habe ^), cGe byzantinischen
Chronologeh Maximns^ Syncellus und Theopha-
nea beigetreten, welche die Jahre ab incamatiope im-
mer so zählen, dafs man 8 zu addireh hat, wenn
.man sie mit denen Unserer Äere vei^leichen will.
Wenn z, B, Maximus das 31ste Jahr des Hera-
clius, wo er schrieb, als das 63dste der Incamation
bezeichnet *), so meint er das Jahr 641 n* Chr., wel-
ches das 31ste dieses am 5. Oktober 6i0 zur Regie-
rung gekommenen Kaisers, ist
So klär aber auch Petavius *) diesen von Sca-
liger unrichtig aufgefalsten Gegendtand auseinander-
gesetzt hatte, ist derselbe dennoch von späteren Chro-
nologen aufs neue in Verwirrung gebracht worden.
So kann sich Pagi gar nicht überzeugen, dafs man
im Orient eine christliche Acre gebraucht habe, die 8
JahVe weniger als die dionysische zählt Er nennt
dies einen von Herwart, BoUand und Petavius
verbreiteten Irrthum, den zu bestreiten er sich alle
Muhe gibt^). Offenbar hat er aber die ebengedach-
ten drei byzantinischen Chronologen und andere Schrif-
ten, die eine solche Acre deutlich erwähnen *), nicht
unbefangen angesehen. Auch scheint *es ihm ganz
entgangen zu sein^ dafs die äthiopischen Christen die
Jahre ab incarnatione in gleichem ahme zählefi (439).
• Ver.
1) Th. U, S. 454.
%) S. seinen CbiTtpd^ im UranoIogUan d«a Petavias I.
I, c 17 und 33, auc* L IH, c 9.
3) Far. diss. VjII, 1.
4) De Periodo Graeeo-Ramana §. 28 ff.
5) Haiidb. n, 458.
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CfM^WeAe Filier. ' 40
Verschieden vbn clet WehSre der fmien ägypti
sehen Mouche war die- des Julias Africänus, Die-
ser berobmte in Syrien lebende ChnMiolo^, der s^ine
Chronik iinier denCoiisnln Grutus und Seleucus d.
i. 2S1 n. Chn endigte^ 'brachte Cfamti Mens<?hwer-
dung ins Jahr 5500 *). Petavius ^ermn^t *), dafs
-er die CJeburt eben sd 14ae Clemens Aiexandri«
nüs, Ensebins und andere Griechen bis ^Weite, m^
hin ^e IncaMation ins dritte Jahr vor nnserer Zeit-
rechntmg gesetzt h|ibe. In diesem Fall kommt d^
erste Jahr unserer Aere mit seinem 5r503feen parallel
zu stehen^ so ifveit es die Verschäedeiiheil d^r Jahr»
epoche gestattet; Dieser Ansieht zufolge zlädle seine
Aere 10 Jahre mehrmals die des Antanus*tind P»-
nodorus. Sie mit Pa-gi und deiö W^fce Art de
verifier* ies dates die äle'Xändrinische -mt nennen,
ist, so viel ich sehe, kdin triftiger Grund voriiandeti«.
Wdcher Ciebrafuch von ihr späterhin gemacht ist, wis-
sen wir nicht mit BestimHitheit ^). Eusebius, der
sein Chronicon doch sonst -grofstenth^ils aus dem
des Africänus geschöpft hat, f<^t ihm in dieserii
Punkt nidit Er rechnet v^n der Schöpfung bis ä^f
Abrahams Geburt 31di4 und von hier bii^ auf Christi
Geburt 2015 Jahre *)•
Ganz verschieden von den beiden bi^er gedach-
ten orientalischen Weltären ist die- cönst^ntinopo-
litanische oder byzantinis^cbe,' die lange iln oriie^-
1) Syncellus Chronogf. p, 326.
Ü) rar. diss. Vltt, 3.
3) Iclf habe mich vergeblicli bemüht, £e UiitstSacle xa rerl-
ficiren, die Hr. Littifow & 131 seiner Caleiidariograpkie
(Wim 1828) in dieser Besiehung anfahrt, and wündche sehr,
dafs er yon seinen Behauptungen die Beweise beibringen ml^ge.
4) YoL I, p. 151 udd Vol 11, p. 261 der armenisch- lateini-
schen Ausgabe. -
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450 Technhcke Cht^tm^gie.
tfjbchen Kauserreiche und i^.Ilv&^iid^>fd^ »die kirch.
liehe und bü^gierlicli^ be;si9ädeAi*l>^ und.bei d» AI-
bäkiern, SerVicro und: Neugriecbeft. «Och jj^un^er be-
isteht Nur die. leb^teren fangieft> jeM aq^. ^h* bei ib.
ren Verhandlujigen mit den ^i«»]fi4ttscbßn. Staate, der
christlichen:. Jabccedmung tti bedienen. - .
. l , ' Die :b^aiiliniache W€aJ;^^e^ tSjkXX » 16 Jabte .ti^ehr,
.9)3 die ideT^iidrinLsche. IKes; tvhellet : unier audem
au3 denpi Tbe^phanes, der ein paaümat einerlei Jahr
;a4bcfa beidejn'äiigibt In . der X^^erÄhrift «einer Cbro-
Inographiie heirfiA:*!^^ sei^e Geschickte gehe. v.oii dem
.fir^nJahr df{s.D.i<^0letian^ dem 577?sten der Wrft'),
'bi^ aut daß s^vreite des Micbaelv w^bes das tö05te
.li^ai^b d^i^ AXejK^ndrinern, dad 6321ste nach den
&5iner«t!jCBjrzantinem)< GjeL s Den Tod .Jes L<eo
.IsauriciUisW^t er ^*) io/d^: Jahr 6232 der ALexan-
.driber ;od^r:^248 der Römer. Vergleicht man, vas
.oben (445) iiber. die Epoche der aleKanddutusichen
•JA^re . gß)sagt' i^t, sq< sieht : man \ da(s , die -, byasmtinisehe
JüiA} mi den Anfang der :un$rigeii. 5&08: Jahr« ; zahlt
iJii^.Q' A^laikiiis :b)e^ätigt:dies ^). Er-gibt ebie be-
iQieiiit Tati^l, in d^ :er die ;Jabre der byzantinischen
i'A^ i4it:difineQ Umsfarer cbristfichjen von 1 bis^ 1643
und den Indictionen vergleicht.. Hat man kmne aolcbe
3eductiQnsbifeI...2Ji$r Hand^, ^:,kann folgende. Regel
Jbijct* Sti^ejVfabpet^i vm das; Jidir- unserer Aere.za
flÄaltepü,^4A8f ul.'^iii^m gegebea^ byzantinischen an-
fangt und seinem vgröisten Theil nach mit ihm cor-
1) Unter Jahren d*6 -foS xo<rjuov Ter^teht er dieselben, die
er init oc^T'oi rqp*! ^A^t^av^tZq bezei<:I^iet, nUmlic^ die A^re des
.Pano^orps ^^ Aaianas. 2) S. 345 und 346 der priser
ÄU8ga))e jA,.%r Sapmlüng der Scriptfi^ hist. Byz,
/. ^)j^i)f!^f^ .Ai^b^l^^oag Pf. (fominiüfs et hebdomadibits
Grae^orwfi^ ^^l. jl494. selnea/MVerliB: De ecclesiae eccideoiaJU
et orienialia perpetua consensione^ Cöln 1648, 4.
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CA^isüUhe Volker. ' 451
respondirt, ziehe man 5508 abv und um das byzapti»
nische zu finden, das zu einem gegebenen christlichen
in diesem Verhältnifs steht» addire man ' 5508/ So
zählen die * griechischen Christen in den ersten acht
Monaten unsers jetzigen Jahrs 1831 ihr 7339stes, in
den vier, letzten ihr 7340s tes.
Die Entstehung der byzantinischen Aere. liegt im
Dunkeln; nur so viel ist wahrscheinlich^ dafs sie in
keinen historischen Combioationen begründet ist, son- ,
dern anen blofs conventioneHen Ursprung hat* Die
alexandrinische Aere gab die Indiciionen, die im by-
zantinischen Reich sehr gebräuchlich w^ren, nicht un- ,
mittelbar durch Division mit 15, SQfidern um 1 zu klein«
Es kam also nur daraqf an, die Jahrszahl uih 1 zu ver-
grö£sem. Man fugte ab^r lieber noch eiue ganze Indic-
tion mehr hinzu, um eine Jahrrechnung zu erhalten,
die von jener allzu verschieden 'war,, als dafs beide
leicht verwechselt werden konntc^n. Zugleich verlegte
man den Anfang des Jahrs vom !• Thoth oder 29.
August auf den 1. Sei>tember> mit welchem die In-
dictionen begannen; ^
Die erste Spur dieser neuen Weltäre findet sich'
im Chrqnicqn Paschale*), dessen letzter Verfas-
ser (es scheint mehr als einen zu haben) im sieben-
ten Jahrhundert unter Hera clius gelebt. haben muis*
Vom achten an kommt sie in Verbindung mit den
Indictionen häufig vor. Nach ihr datiren die Kaiser
ihre Novellen, die Patriarchen ihre Hirtenbriefe. Auch
rechnen nach ihr die späteren byzantinischen Geschieht- '
Schreiber, namentlich Cedrenus, und die Chronolo*
gen Isaacus Argyrus und Theodorus Gaza. Der
erste föngt in seinem Computus das Jahr 6881, von
Mrelchem^ er alle seine Beispiele entlehnt, mit dem
1) S. Handb. U, 462.
, 29 *
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452 Technische Chronologie. >
Jahr 1372 an, wie güldene ZaM usä Ferie lehren,
der andere reducirt das Jahr 6978, wo er sein klei-
nes Werk über die AlyOnate beendigte, selbst auf
unser 1470ste8 *).
Mit dem Ritus der griechisehen Kirche ist auch
ihre Weltare zu den Russen übergegangen; Schon
Nestor, Ar ältester Annalist, der seine Chronik bis
auf seinen vormuthlich im Jahr 11 lo erfolgten Tod
fortgeführt hat, gebraucht sie *). Peter der Grofse
hat 1700 die europäische Acre und Jahrepoche ein-
geführt, jedoch nicht den neuen Kalender, den die
griechische Kirche' bis^ jetzt nicht angenommen hat *).
Schon viel früher kommen im "Orient Spuren ei-
nes Gebrauchs unserer Acre vor, die der Verkehr mit
dem Occident herbeigeführt hat, jedoch nur in Pri-
vatakten und in Vetbindnng mit einheimischen Jahr-
rechnungen. Joseph SimonAssemani versichert*),
dafis sich die Syrer ihrer schon seit dem elften Jahr-
hundert bedient haben. Aus dem sechzehnten hat
man von mehreren Patriarchei^ des Orients ' Schrri-
ben, die nach ihr datirt sind. T>ahin gebort der Pro-
test, den die Patriarchen zu Constantinopel, Alexan-
drien und Antiochien unter dem 20. November 1582
im Namen der gnechischen Kirche gegen die grego-
rianische Kalenderverbesserung eingelegt haben ^ ).
1) Beide Sdulftea fiaden uoli im ürtnßohgium des PetaTiiis.
!2) S. Sehl5xer*t Nestor mid Hrn. Philipp Kruges kri-
tischen Yersnch zur Aufklärung der byzantinischen
Chronologen, mit besonderer Rücksicht suf die frühere
Geschichte Rnfslands. Petersburg 1810, 8.
3) Veber den Kalender der Russin gibt Hr. Lütrow, der
koge unter ihnen gelebt hat, genfi^ende Auskunft, C a 1 e n d a-
riograpfaie ST 77 1^
4) Bibliotheca Orientalis Tom. I, p. 289.
5) S. Henrici Hilarii Appendix ad Chronicon Cyprü,
Leipzig und Frankfurt 1687, 8.
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* ChrkaUhe Fhlker. 453
Hier verdient noch der eigenthümliche Gebrauch
bemerkt zu werden, denEusebius und mehrere Chro-
nographcui späterer Zeit von der Olympiadenäre
machen. Sie schieben nämlich ihre Epoche um bei*
nahe 3 Jahre weiter zurück,, ak es die gewöhnliche»
auf den Kanon des Eratosthenes gegründete, Re-
ductionsmethode ^it sich bringt (158); denn statt sie
auf den Julius des Jahrs 776 t. Chr. zu setzen, rech-
nen sie so, als wenn sie dem 1. September 778 v.
Chr. entspräche. Belage hierzu findet man im Hand-
buch '). Es schemt damit die Stellung zusammen-
zuhängen, welche die attischen Monate in der Tafd
bei Henricus Stephanus (124) einnehmen, zu-
folge der Hek^tombäon und Septehiber, Meiagitnion
und Oktober u. s. w. gleichbedeutende Benennungen
sein sollen. Auch der Syrer Epiphanius gebraucht
die attischen Mcmate in diesem Sinn, weim er den 6.
Januar, auf den er Christi Geburt setzt, mit dem 6.
Mämakterion vergleicht * ). Ob die Athener selbst je
so gerechnet haben, steht zu bezweifeln.
UnL alle in der Christenheit vorkommenden Zeit-
rechnungen zu erschöpfen, muls hier noch des repu-
blikanischen Kalanders der Franzosen gedacht
werden, so wenig er auch auf den Namen eines christ-
lichen Anspruch machen darf, da er vielmehr ganz
auf die Zerstörung des Cultus berechnet war.
Durch ein Dekret vom 5. Oktober 1793 führte
der National -Convent eine Zeiteintheilung ein, die der
Typus eiiier ganz neuen Ordnung der Dinge sein
sollte. Der Tag wurde in 10 Stunden, die Stünde
in 100 Minuteo, die Minute in 100 Sekunden g^theQt.
An die Stelle der siebentägigen Woche trM eine zehn-
1) Th. n,.S. 465
,2) Haer. LI.«
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454 T^chnUche Chronoldgie.
tSgige, die Dekade, dereii einzelne Tage dnrch die
Benennungen Primidi, Duodi, Tridi, Quartidi,
Quintidi|SextidiySeptidi, Octidi, Npnidi, De-
cadi unterschieden wurden. Drei Dekaden bildeten
den Monat) der durchgebends 30 Tage erbtelt Zu
den 12 Monaten kamen, wie ini alexandrinisehen Jahr,
(odS, im Schaltjahr sechs jours complementaires oder
Ergänzungstage. Der Anfang des Jahrs wurde
auf den mit der Mittemacht beginnenden Tag gesetzt,
auf den nach a^onomischer Rechnung unter dem Me-
ridian der pariser Sternwarte die HerbstnacBtgleiche
trifft. In der Regel folgte auf 3 Gemeinjahre ein
Schaltjahr, und dieser vierjährige Zeitraum wurde
Franciade genannt Die' Monate erhielten folgende
bedeutungsvolle JNfamen;
Herbstmonate, Vendemiaire.
Brumaire.
^ Frimaire.
Wintermonate, NivAse»
Pluvi&se.
Vent6se.
/ Frühlingsmonate.. Germinal.
FloKaL
PrairiaL
Sommermonate. M e s s i d o r.
Thermidor.
Fructidor.
Man sieht, dafs je drei zu einer Jahrszeit geh()-
rige Monate übereinstimmige Endungen haben. Die
^Jahre wurden von der Stiftung der franzosischen
Republik im Jahr 1792 an gerechnet, eben so, wie
die Engllinder 1648 unter Crom well nach dem er-
sten Jahr der durch Gottes Segen errungenen
Freiheit datirten.
Die Decimaleintheilung des Tages, hat nie in den
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Gang komiiien Wolfen, weS man nickt durch einen
Zaubeischlag alle Uhren Terändem konntö. Die De^
kaden worden m den öffentlichen ]$kkten iBid in den
Zeitungen mehrere Jahre beibehalten« Die 30tägigen
Monate, die mit den Jahrszeilen beinahe gleichen.
Schritt hielten, wa»en noch das Beste an der-iganzen
Zeitrechnung. Die Einschaltnngaweiae tadelteh die
Sachverständigen vom Anfange an* Es gab ^ sie
gar keine feste Regel, und es konnten daher die Mo-
natstage des repu)i>£kaniscdien Kalenders nicht immer
einerlei Datis des gregoiianische» entsprechen ^ )«
Zufdige eines von Napoleon v^ranlafsten Se^
natsbesehlusses vom- 9c September 1805' kehrten die
Franzosen am 1. Januar des Jahrs 1806, des 14ten
ihrer neuen Aere,. zurJA . chrisdichen Ksdender zurück.
Eine Tafel zur Vergleichung des republikanischen und
gregonMischen Kalenders vom 22. September 1792
bis zum 31. December 1805 findet man in Hm. Bre^
dow'i» Chronik, des neunzehnten Jahrhun-
derts *)•
, Zeitrechüutig der Araber.
Unter allen zu einiger Cultur gelangten Völkern
sind die Araber das einzige, welches die Eintheilung
der Zeit ausschlierslicb auf den Lauf des Mondes griin-
deL Sie fangen ihre Monate mit der ersten Erschei-
nung der Mondsichel in der Abenddämmerung an,
und nennen die Dauer von zwölf solchen Monaten ein
Jahr, ohne je an eine Ausgleichung des Mond- und
Sonnenlaufs zu denken, daher der Anfang ihres Jahrs
1) S. Delambre*8 Äsirtmonde Tom. UI, p. 695 ff.
t2) Am ScUars des Jahrgangs 1805.
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456 / Technische Chronologie.
in einem ZeiUraum von etwa 33 der unsrigea lilck-
gängig durch aHe Jahrsseken wandert ^
Diese Qbne . Zweifel uralte Zeitredmiii^ ifilr von
Mohammed bestätigt und in d€to v4>ii ihm angeord-
neten Cultus verfl«ehlen worden: Natiklich Ist sie
so ni allen den VoOLem übergegangen^ die sich zum
khim bekennen, daher sie auch eben so schickCeh
die mohammedanischci als die Arabische ge-
nannt wird.
Jene Besiimmuiigsweise der Monate setit rotmiSi
da& drie Araber ihren bürgerlicben Tag mit dem Un-
tergänge der Sonne anfangen. ^^Sie rechnen, sagt AI-
farghani ^), den bürgerlichen Tag darum Ton Son-
nenuntergang, weil sie die Monatstäge von der Wahr-
nehmung der ersten Mondphase -^ hilal ^) ^
zählen, und (fiese Phase beim Untei^nge der Soime
gesehen wird. Bei deu Rüm und andern dagogea,
welch^ bei ihren Monaten nicht auf die Phase Rück-
sicht nehmen, g^t d» Tag vor der Nacht her, und
es hebt der bürgerliche Tag mit dem Aufgange der
Sonne an und reicht wieder bis zu ihrem Aufgange.'^
Dais die byzantinischen Griechen und christlichäi Sy-
rer, die unter Rüm verstanden zu werden pflegen,
ihren Tag mit der Mitternacht beginnen, scheint
dieser Astronom nicht ge willst zu haben« Er dachte
Wol zunächst an die vorislamitischen Perser, die ih-
ren Tag mit Sonnenaufgang anfingen.
Die im ganzen Occident bis auf. die Einfuhrung
der mechanischen Zeitmesser gebräuchlichen verän-
deilichen Stunden (43) treffen wir auch bei den Ara-
1) EUmenta astronomiea ed. GoUi p. 2.
2) Im H^ndbttch findet man dieses, so wie die Übrigen
Kmistw5rter der arabischen Zeitredmwig mit ambuckea dunk-
leren gescbriebeo. ^ ' , v
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Arabtr, ^ * 457
bem an, die sie nach dem Vergange der 6riecbe»
Zeitstundea nennen, Ihre Sonnenuhren h^en ekie
densdben angemessene Dinricbtnng ^ ). Unsere gl ei q b-
förmigen Stunden kommen nor bd den Astronom.
i»en vor, die ihrer nieht entbelnr^ können. Ihn Ju-
nis erwähnt sie bei^Gdegenheit der von ihm und an-
dern angestellten Beobachtungen häufig»
Die Woche -* u$hu — haben die Araber von
Allers , her mit den Hebräern gemein gehabt« Sie fan-
gen die Tage derselben lun die halbe Nacht früher
an, als wir. Den Sonntag nennen sie jemm el akadj
den ersten Tag, die vier folgenden esnain, sizlasa,
erbuaj chamis, den xweiten, dritten, vierten^
fünften, den Freitag /eww el-dsctmma, Tag der
Zusammenkunft, "«eil sie sich an ihm, als ihrem
Feiertage, zum Gebet in den Btoscheen versmnmcln,
und den Sonnabend mit den Hebräern seht, Sab-
bath, . ,^
Di6 Namen ihrer Monate — schuhvr — sind:
Moharrem. / Redscheb,
Safer, Schaban,
Rebi el-ewwel. Ramadan.
Rebi el-achir. , SchewwaL
Dschümadi el-ewweL Dsu' l-kade,
Dschumadi el«achir. Dsu' 1-hedsche^).
^ Eklige darunter haben eine offenbare Beziehung
auf die Jahrszeiten, wie Ramadan, weldies einen
1) & Hm, Beiger« AnfBits über die Gnomonil: der
Arab«r, im ersten Bande der Fandgraben des Ori^ntg S,
409 fli
2) Die Sdireibart dieser T^amen irird der arabischen Aas-
tpradie.nabe kommen, IMe Perser und Türken sagen Dsche-
maainlewwe^f Daebemasiülackir, Bamasan, Ssilkad'e«
Ssühidscfae.
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458 Technische Chronologie.
faeifsen Monat bezeichnet Diese Begehung, die
bei der Wandelbarkeit der arabischen Monate befrem-
.dehd erscheint, soll nach Dschewhari ^) nur för
die Zeit il^rer Einfnhrang gegolten, habem '
Was die Dauer der Monate betrifft, so mnfs man
den arabischen Volkskalender von der cyklischen, durch
die Astronomen eingeführten, Zeitrechnung unterschei-
den. Jener, durch den die Feste bestimmt und die
Geschäfte des bürgerlichen Lebens' geordnet werden,
gründet sich auf die unmittelbare Beobachtung der
Mondgestalten. Der Monat nmimt allemal an dem
Abend seinen Anfang,' wo man die Mondsichel in der
'Dämmerung aus einer freien Gegend zuerst erblickt,
und dauert bis zu ihrer nächsten Erscheinung, die
nicht früher als nach 29 Tagen, und, falls nicht ein
bewölkter Himmel ihre Wahrnehmung hindert, nicht
später als nach 30 eintreten kann^ wenigstens in je-
nen südUchen Gegc^^den, t^e der Hauptsitz des Islams
sind. In der Sunna, dem Traditionsgesetz der Mo-
hammedaner, heifst es: „Wenn euch die erste Phase
bedeckt wird, so gebt dem Monat das bestimmte
Maafe von 30 Tagen * )." Nach 12 so gezählten Mo-
naten fangt man ein Heues Jahr an, das man von
der Flucht Mohammed's von Mekka nach Medina
zählt:. Man sieht, i^afs dieser Volkskaleiider an Ein-
fachheit gewinnt, was ihm an Bestimmtheit abgeht,
dais aber seine Unbestimnitheit nie eine bedeutende
Verwirrung zur Folge haben kann, da ihn der Him-
mel stets rectificirt , ^
Zur Bestätigung dessen, was hier über den Vdiks-
kielender der Araber gesagt ist, werden folgende Zeug-
' 1) S. Focock Speeintm hhtoriae Arabum S. 181 ff. cd.
White, wo manaach die Etymologie der übrigen Monate findet.
3) S. Golind xom Alfarghani S. 14.
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Araber. 459
Disse genügen. 99 Die Gesetzkundigen , heilst es beim
Ulngbeg ^), rechnen die Monate von einer Erseht-
nung der Mondsichel zur andern. Diesifs Intervall ist
nie länger als 30 , nie kürzer als 29 Tage. Zwölf
solcher Monate nehmen sie (ur ein Jahr. Sie zählen
also nach wahren Mondjahren und Monaten. Die
Astronomen hmgegen» geben dem Moharrem 30, dem
Safer 29 Tage, und auf diese Weise abwechselnd dem
einen Monat 30, dem andern 29 Tage, bis zu Ende
des Jahrs. Es sind mithin die Mondjahre und Mo-
nate, wonach sie zählen, technische.^^ Carsten Nie-
buhr sagt *): „Der Tag, an welchem der Neumond
zuerst gesehen wird, ist der erste Tag des Monats.
Wenn der Himmel zur Zeit des Neumondes etwa mit
Wolken bedeckt ist, so kiimmert man sich. nicht viel
darum, ob man den Monat einen Tag früher oder
später anfangt ^^ Und weiterhin: „ Die Sternkundigen
, des Sultans zu Constantinopel machen alle Jahre ei-
nen neuen Almanach, den sie aufgerollt beständig bei
sich tragen. Bei den Arabern habe ich' dergleichen
nicht gesehen. Ja man bekümmert sich sowohl in
. Aegypten als /in Jemen so wenig darum, das Publi-
kum von der Jahrszeit zu unterrichten, dafs es der
Pöbel daselbst kaum 24 Stunden vorher gewifs >veifi5,
wenn ein grolser Festtag einfällt" Ich bemerke hier-
bei, dafs die Moslemeh nur zwei eigentliche Feste ha-
ben, welche von den Arabern id el-fitr^ das Fest
der Fastenauflösung, und jewm en-nahr öder'
jewm eUhirban, das* Opferfest, genannt werden.
Jenes folgt unmittelbar auf den Fastenmonat Rama-
dan am 1. Schewwal als ein Freudenfest; dieses
~ 1) Epochae celehtioreB nadi der Ausgäbe von G'ravias
(London 1650, 4) S. 9. .
3) Bescbreibnng von Arabien,, S. 109.
Digiti
sedby Google
460 tecknUche O^ranoh^.
macht den BescMols der Ceremomen der Pilgerfahrt
nach Mekka und fallt auf den lOten des Monate
D$a '1-hedsche, der eben von diesen Fahrten den Na-
men hat Die Perser und Türken nennen diese Feste
die beiden Bairam, jenes den grofsen, dieses den
kleinen.
Was die cyklische Rechnung betrifft, so ge-
ben Alfarghani und Ulugbeg ihre wesentlichstoi
Gründe an, ohne sie jedoch erschöpfend auszufufiren.
Da die Dauer tweier synodischen Monate nahe
59 T^e; beträgt, so, gibt man den arabisclien Mona-
ten abwechselnd^ 30 und 29 Tage. Folgende Tafel
zeigt, wie lang hiemach die. einzelnen 'Monate und
wie viel Tage am Ende eines jed^i vom Anfange des
Jahrs an veiflossen sind:
Tafel I.
Namen der Monate. D>auer« Tagsumme.
1) Moharrem 30 30
2) Safer . • 29 59
3) Rebi el-ewwel ,30 89
4) Rebi el-achir , 29 118
5) Dschumadi el-ewi>vel 30 . 148
6) Dschumadi d-achir 29 , 177
7) Redscheb 30 207
8) Schabiin 29 236
9) Ramadan 30 266
10) Schewwal 29 295
11) Dsu* l.kade 30 ^^325
12) Dsu' 1-hedsche 29- "^ 354
Die 1^ Monate buhen also 354 Tage. Aber auf
12 synodische Monate von der oben (28) angegebenen
-Dauer gehen 354 T. 8 St 48' 36". Vernachlässigt
man die Sekunden, die sich erst in 2400 Jahren zu
einem Tage anhäufen, so betragen 30 astronomische
Mondjahre gerade 10631 Tage. Da nun 30 bfirger-
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Araber. , . 461
liehe Mondjahre zu 354 Tagejl nur 10620 Tage ge-
ben,, so müssen im Verlauf von 30 Jahven 11 Tage
eingeschaltet werden, um das bürgerliche Jahr mit
dem astronomischen oder die Anfangt der Monate mit
der ersten Phase in üebereinstimmung zu erbalten;
Bei dieser Einschaltung wird folgen<ie Regel beobach-
tet: aflemal wenn der üeberschufs des astronomischen
Mondjahrs über das bürgerliche, nämlich 8 St. 48','
von Jahr zu Jahr angehäuft, nach Abzug der ganzen
Tage 12 Stunden oder darüber beträgt, wird das Jahr
zn 355 Tagen gerechnet. Dies ist, wie eine leichte
Rechnung zei^t, in den Jahren 2, 5, 7, 1Q( 13, 15,
18, 21, 24, 26 und 29 des 30jährigen Cyklus der
Fall, welche mithin Schaltjahre werden. Der Schalt-
tag wird dem letzten Monat zugelegt, der dadurch
30 Tage eihält. Das Schaltjahr heifi^t bei den Ara-
bern hebisey von der Wurzel kahas^ implere". Fol-
gende Tafel zeigt, wie viel Tage hiemach am Ende
eines jeden Jahrs des 30jährigen Cyklus verflossen
sind (b. bezeichnet die Schaltjahre):
Tafel IL
Jahre. Tagsumme. Jahre. Tagsumme.
1 354 b. 1« 4607
b. 2 . ; 709 14 ^ 4961
3 1063 b. 15 5316
4 1417 16 5670
b- 5 1772 17 6024 "
6 2126 b. 18 .6379
b. 7 2481 19 6733
8 2835 ,20 7087
9 ,3189 b. 21 7442
k 10 3544 22 7796 :
11 .3898 2ß 8150
12 4252 b. 24 8505
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462 Technische Chronologie.
Jahre. Tagsumme. Jahre. Tagsumme.
25 8859 28 . 9922
b. 26 9214 b. 29 10277
27 9568 30 10631
Ulugbeg ^) macht .das fünfzehnte Jahr, an des-
sen Ende der summirte Ueberschuis gerade 12 Stun-
den gibt, zum Schaltjahr, yersichert aber, dafs andere
dazu das sechzehnte nehmen. In diesem Fall ist die
Tagsumme für das fünfzehnte. 53 15.
Um nun vermittelst des 30 jährigen Cykhis die
Neumonde berechnen zu können, kommt es darauf
au, ihn richtig an den Himmel zu knüpfen, d. h. eine
Aere zu gebrauchen, die von irgend einem Neumonde
zu zählen anfangt. Die Araber haben hierzu den 1.
Mobarrem desjenigen Jahrs gewählt, wo Mohammed
von Mekka nach Mediua geflohen ist, und nennen
daher ihre Jahrrechnuug tarich eUhedschra^ Acre
der Flucht- Vqn dieser Begebenheit datiren sie
seit dem Chalifen Omar ^) den Anfang ihrer ehema-
ligen Weltherrschaft, und wirklich erhielt Moham-
med's Beginnen erst mit ihr eine politische Wich-
tigkeit; denn nachdem er 13 Jahre in der Stille zu
Mekka .gelehrt hatte, wurde der mächtige Stamm Kö-
re i s c h , der Beschützer des uralten Tempels zu
Mekka, der Kaaba, zu deren Idolen die heidnischen
Araber seit langer Zeit, wallfabrteten, auf ihn auf-
merksam. Es fürchtete derselbe durch eine Religion,
die auf die Einheit Gottes gegründet ist, um seinen
Einfluls zu komnien, und fing an, ihren Urheber zu
1) S. 9. *
2) Nach einem FragmeDt des AlLodat bei PocDck iSpee,
' hist, u4r, p. 177), nach Ibn Kotaiba (0. eine Note von Reisice
cnm Abnlfeda Toi». I, p. 16) und nach Abnlfeda (Arm. Mus-
lern. Tom. I, p. 60).
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Araher. 4ß3
verfolgen. Von Lebensgefahr bedroht, entwich er
nach Medina, wo er bereits mehrere Anhänger hatte,
worauf er mit den Kor.ssehiden und anderen Stä];n-
jnen, die seine Lehre anzunehmen 3ich yeigerten»
Kriege zu führen beganq^ durch die. er. bald zu einer
bedeutenden Macht, gelangte. ," . ;. •
Es ist ein ziemlich aHgeineiuer Irrthum der eu-
ropäischen Chronologen, dafs die Epoche der Hedschra
der eigentliche Tag der Flucht Mohammed*s oder
seines Einzuges in Medina sei« Schon aus dem Ar-
tikel Hegrah in d'Herbelot's Biblioiheque orten-
tale kann man sich eines Bessern belehren« Die'
arabischen Geschichtschreiber sjnd darin einig, dafs
die Flucht in den dritten Monat ihres ersten Jahrs zu
setzen sei, nur das Datum wird verschieden angege-
ben ^ ). Die Sache ist für die Bestimmung der Epoche
der Hedschra von gär -kerner Wichtigkeit Die Ara-
ber haben ihre Jahrre,cbaung mit dem Mobarrem be-
gonnen, der schon früher der Anfang \hres J^hns war,
und dieseli von der Phase des Mondes abliängig gCr
macht Wir wollen sehen,, wie sich die National-
schriftsteller hierüber ausdrücken, deren Autorität al-
lein entscheiden, kann.
Abu'lha^san Kuschjar sagt im zweiten, der
syrischen, arabischen und persischen Zeitrechnung ge-
widmeten, Capitel des ersten Buchs seiner Zidsch el-
dsqhami^y. .^^\)\e Epoche der arabischen Acre ist
ein Donnerstag, und zwar der Anfang, des Jahrs,. ai^f
welches die Flucht des Propheten trifft Dieser Tag
1) Man vergleiche Abalfeda*B ArmaJes Mustern, Tom. I,
p. 62, und Ahmed Ben- Jnssuf hei Pocock. Specimen S« 180.
2) Einer in der hiesigen Königl. Bibliothek bebndlichen
Sammlung astronomischer Tafel^ mit einer für die Chronologie
wichtigen Einleitung« *
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46l ^ Technische (Thronohgie.
ist der 15. Thamus des Jahrs 933 Dsil-kaTnain^^ d.
I. der seleucidischen Acre (188). Der entspre*
chende Tag nnserer Zeitrechnung ist der 15. Julius.
622. Hiemnit stimmt das von dem Maroniten Abra-
ham Ecchellensis aus dem Arabischen übersetzte
Chronicon Orientale, welches sich also ausdrüdLt ^):
Fuit imtium imperii Mosleminormn die lovis prima
Maharramiy qime est decima quinta lulii et vige-
' sima prima Abibi (73), anno ab Alexandro non-
' gentesimo trigesimo tertip. Beim ülugbeg heifst
es *): „Die Epoche der arabischen Acre ist der An-,
fang des Moharrem desjenigen Jahrs, wo der Prophet
aus Mekka nach Mediha geflohen ist Zufolge der
mittleren Bewegung war dies ein Donnerstag, zufolge
der ersten, Phase ein Freitag. Wir wählen den Don-
nerstag." Eben diesen' Wochentag nennt Alf ar-
ghani *), der überdies die Intervalle zwischen der
* nabonassarischen, seleucidischen, arabischen und yts-
degirdischen Acre ganz so angibt, wie es der Voraus-
setzung gemäfs ist, dafs auch er den li>. Julius 622
zur Epoche der Hedschra macht Unter den orien-
talischen Astronomen ist, wie Golius versichert *),
Ihn Schatir aus Damaskus der einzige, der die
, Hedschra mit dem den Mohammedanern heiligen Wo-
chentage, dem Freitage, anfangt; er soll aber vor
seinen astrWomischen Tafeln zur Verhütung alles Mifs-
verstandnisses ausdrücklich bemerken, daSs er in die-
sem Punkt von dem gewohnlichen GebrautA abgewi-
chen sei. Uebrigens versteht es sich nach dem, was
* oben
1) S. 63. Paris 1651, fol.
2) S. 7. r . .
3) S. ^. ^
4) Anmer]ciing<;ii zum Alfarghani S. 56.
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Araber. 465
oben über den Anfang des buigerfielien Tageis bei
den Arabern gesagt -worden, da(s das gedachte' Da-^
tum eigentlich von dem Untergange der S(mne am»
vorhergehenden Abch^d zu nehmen ist
. Die europäischen Chronologen dagegen machen fast,
einstimmt den 16* Julius zur Epoche deir' Hedschra»
Sie bestimmei^ siiei nämlich so, dafs die cyklfsche
Reclinung in der Regel die Tage der ersten f^hase
gibt, mit denen man im gemeinen Leben die Monate-
anfängt, statt däfs man sich. mehr den Conjunctionea .
nähert, wenn man den 15«. Julius zur jEpoche annimmt
Pie Worte des ül u g b e g deuten auf diesen' Unter-
schied hin. Um ihn. genauer z^u begründen, habeich
den Neumond 'des Julius des Jahrs 622 berechnet
Nach den delambreschen Sonnen* und mayer-n)a-
sonschen Mondtafeln finde ich, dafs die wahre Con- .
junction unter dem Meridian von Mekka ^) am 14.
Julius Vormittags um 8 U. 17' m. Z. eingetco^en ist
UntnjogGch konnte schon an demselben Abend die
Mondsichel erscheinen. !^rst am 15. Julius wiirde sie,
in der Abenddämmerung wahrgenommen. Man sieht
also, da(s man entwedet den löten oder 16. Julius,
beide vom vorhergehenden Abend gerechnet, zi#
Epoche der Hedschra machen müsse, je nachdem
man zum Bestimmungsgrund derselben entweder die
Conjunction oder die erste P^ase macht
Nachdem wir nun die Einrichtung des arabischen
Schalteirkels und die Epoche der Hedschra kennen
^lemt haben, wollen wir sehen, wie man ein arabi-
sches Datum auf die christliche Zeitrechnung zu te«
duciren habe.
1)' Nach den besten Karten (eine astrohomiselia Bestim-
mmig ist inemc« Wissens nicht rorhanden) um 1 * Sti, 46^ 8stl.
Ton Berlin.
30
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466 Technische Chrow^hgie.
'Man dhi«Bre die verflossenen Jahre durch 30.
Der Quotient gibt die abgelaufene];! Schaltcirkd und
der Rest die , verflossenen Jahre des laufenden. Da
jeder SchaItcirkeM0631 Tage hat, so multiplicire man
den Quotienten in dies^ Zahl und addire zum Pro-
dukt die aus Tafel II zu nehmende Tagsumme, welche
dem Best entspricht Hierzu rechne tfnan noch die
aus Tafel I zu entlehnende Tagsumme der verflosse-
nen. Monate des laufenden Jahrs* und endlich die Tage
des laufenden Monats. Auf diese Weise hat man
sammtlich^ auf die Hedschra V;on ihrer Epoche bis
atrf das gegebene Datum einsichliefslich gehenden Tage
geftmden. Addirt man hierzu noch die 227015 Tage,
' die von der Epoche d^r christlichen Aete bis zum
15. Julius 622, der (wrenigsteiis bei den arabischen
Astronomen gebräuchlichen)' Epoche der Hedschra,
verflossen sind (wir wollen sie die Absolutzahl
nennen), so erhält man eine Anzahl Tage, die man
auf unsere Jahre und Monate zu bringen hat. Zu
dem Ende dividireman sie durch 1461, die Tagsumme
eSner vierjährigen Schaltperiode (jedes vierte Jahr un-
serer Zeitrechnung ist ein Schaltjahr), multiplicire den
Quotienten mit 4, um die Jahre der verflossenen
Stsfaaltperioden zu erhalten ^ ziehe vom Rest der Di-
vision so oft 365 ah, als es angeht, und redrne fiir
jeden Abzug lioch ein Jahr mehr. Der Rest der letz-
ten Subtraction wird dann den laufenden Tag des ju-
Haniscfaen oder alten Kalenders anzeigen, dem das ge-
gebne arabische Datum entspricht Zur Reduction
bereue man sich der oben (65) gegebenen ■ TafeL
Zum Schlufs mufs man noch das julianische Datum
in das gregorianische verwandeln, wenn von .der Zeit
nach dor Kalenderv^rbessorupg die Rede ist Es sei
z. B. der 29. Sche\Hwal 367, an welchem Ibn Ju-
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. . Araber. 457
nis eine Soimeiifinstemi& zn Cairo beobachtet hat * ),
auf unsere Zeitrechnung zn bringen. Die verflossenen
Jahre 366 durch 30 dividirt geben
zum Quotienten ..,..,... 12
zum Rest ♦♦••.••...... 6
12 X 10631 . . ••••.. = 127572
Tagsumme für 6 Jahre (Taf. n) = 2126
Tagsumme für 9 Mopate (Taf. I) = 266
Tage im Schewwal . ^ . . ^ . . . = 29
Absolutzahl = 227015 •
* • ^ Summe = 357008
. Diese Zahl, durch 1461 dividirt, gibt \
zum Quotienten •««..»« • 244
zum Rest » « « • • ; 524
Multiplicirt man nun jenen mit 4? $0 erhält man 976,
und von diesem läfst sich 365 einmal abziehen. Man
hat also 977 verflossene Jahre und 159 Tage. Der
159ste Tag des Gemeinjahrs ist der 8. Junius, Die
Beobachtung ist mithin am 8. Junius 978 angestellt
worden, an welchem sich wirklich eine zu Cairo'
sichtbare SpnnenfinstemKs ereignet hat Auch stimmt
damit der zugleich erwähnte 19. Chordadmah des
347sten jesdegirdischen, der 14. Payni des 694st^n
diokletianischen und der 8. Baziran des 1289sten se-
leucidischen Jahrs.
Ihn Junis bemerkt bei dieser Beobachtung
wie gewöhnlich die Ferie. Um dieselbe für eii^ .
gegebenes arabisches Datum zu erhalten , erwäge
man Folgendes. Die Epoche der Hedschra ist nach
der Bestimmung der Astronomen ein Donnerstag (463)
oder die 5te Fetie. Es levird mithin der Ste, löte.
1) Noüees et extrmU Toia YII. p. 181.
. ' 30*
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4fr8 Technische. Chronologie. \
kurz jädkr 7te T^gs-derselben gl^hfaOs die 5te Ferie
seiD. Wenn man denäiach die bi$,zu dem in Rede
stehenden Datum vom Anfange der Aere yetflossenen
Tage durch 1 dividirt». so. gibt der. Rest 1 allemal die
5te Ferie, und .e$ gehi>ren zu
den Rekten 1," 2; 3, 4, 5, 6, 7
die Ferien 5, 6, 7, 1, % .3, 4
oder. 4, 5, t), 0, <[, cf' S-
Nun sind bis zum Schewwal 367 einschliefslieh 129993
- Tage verflossen, und diese Summe durch 7 dividirt
gibt den Rest 3. Der Beobachtungstag war also ein
Sonnabend, den ^uch Ibn Junis nennt. Hat man
schon das entsprechende christliche Datxim gefunden,
' 80 darf man mir den Sonntagsbuchstaben des Jahrs
suchen (350), und diesen mit dem Buchstaben des
Tages vergleichen, den man in der fünften \uid sie-
benten Tafel am Schlüsse dieses Werks angegeben fin-
det So hat der 8. Junius, an welchem obige Beob-
achtung gemacht worden, den Buchstaben £, und da
F der Sonntagsbuchstab des Jahrs 978ist, so war der
8. Junius ein Sonnabend.
Hier mufs bemerkt werden,, dafs die orientali-
schen Ästronomen, die gewohnt sind, neben dem ara-
bischen Datum zugleich das persische, syrische imd
ägyptische anzugeben, zur Verhütung alle» Alifsver-
ständnissjßs den bürgerUchen Tag nicht, wie die Ara-
.ber, vom Untergange der Sonne , sondern mit den
Persem vom Aufgange anfangen und sämmtliche Data
parallel fortlaufen lassen. Wenn sie daher eine in
der Nacht angestellte Beobachtung anfuhren, so nen-
nen s^e, wenigstens findet es sich so beim \bn Ju-
nis, ausdrücklich die Ferie des folgenden Tages.
So bemerkt dieser Astronom ^ ) von einer za Cairo
1) Ebendaselbst S. 183.
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Araber, 459
im Schewwal des J&hrs 368 beobachteten Mondfifi*
stemife: „Sie ereignete sich in der^ Nacht, deren
Morgen die fünfte F^erie war,"- statt nach arabi-,
scher Weise zu sagen, in der Nacht der fünften Fe-
Tie. Diese Ecrie, fährt er fort, war der 25. Erdi-
bihischl des 348sten jesdegirdischen, der 15. Ijar
des 1290sten seleucidischen und der*20. Pachon des
695sten diokletianischen Jahrs. Alle diese Data ge-
ben den 15. Mai 979. Da aber die Beobachtung im
Anfange der Nacht angestellt .worden ist, so war
ihr eigenthches ^Datnm der 14. Mai. Sonst hat sich
der Sprachgebrauch der Araber dahin gebildet, da&
sie nicht, wie wir, nach Tagen, sondern nach Näch-
ten datireÄ. So hei&t es beim' Elmakin ^): der
Chalif Almamon starb „am Donnerstage^ da noch
12 Nächte des Redscheb übrig waren," d. i. am 18ten'
des Monats, wenn anders die Dauer desselben hier
cykGsch zu nehmen ist Hr. Silvestre de Sacy
gibt einen ganz durchdatirten Monat ^). Diese Da-^
tirungsweise ist offenbar daher entstanden, dafs bei
den Arabern die Nacht im bürgerlichen . Tagß vor
dfem naturlichen hergeht
Soll der 16.- Julius für die Epoche der Hed^cfara
gelten, so mufs man entweder das unter der vorigen
Voraussetzung^ gefundene Dätmn oder die Absolutzahl
um eine Einheit vergröfsem.
Ist man mit einer Tafel versehen, wddie das
julianische Datum des 1. Möharrem eines jeden ara*'
bischen Jahrs angibt, so erhält man durch Weiter^
stählen leicht den Anfang jedes andern Monats«. Sol-
che Tafeln hat man von Gravius ') und L^nglet
1) HisU Saracen. p. 138.
2) Grammaire Arahe Tora, il,' p,' 270,
3) Am ScMuftf seiner Ausgabe^ der. Epochae ^debrioref^
.^
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479 TechnUeheChronolosle.
du Fresno^ ^). Jener hat den 15^ dieser den 16^
Julius 622 «ur Epoche der Hedschra gewählt
Es fragt sich nun aber, welcher Epochentag in
federn Fall zu nehmen sei. Entschieden der erste,
yreaä man das Datum einer astronomisdien Beobach-
tung zu reduciren hat; denn die arabischen Aatrono-
men, die Urheber der cyklischen Rechnung/ haben
sie bestimmt an den 15. Julius .geknüpft (464). Eben
ab entschieden gilt der 16, Julius, wenn von dem heur
tigen Gebrauch i^et arabischen Zeitrechnung in den
öffentlichen Akten der Perser und Türken die Rede
ist; denn die Kalender, die alljälurlich zu Tieheran,
Cairo und Constantinope} erscheinen, sind, wie mich
Hn y. Hammer versichert, durchgängig so. gestellt,
wie es die cykBscfae Rechnung mit sich bringt, wenn
aie vom 16, Julius ausgeht. Dies hat ^uch seinen
guten Grund, Schon gleich anfangs stimmte der 16,
Julius besser zur ersten Mondphase, als der 15t^
was aueh.UFugbeg in seinen oben (464) ange-
führten ^y orten andeutet, und dies gilt noch mehr
. von unserer Zeit, da sich wegen der bei der cykli-
schen Rechnung alljährlich vernachlässigten 36^' (460)
der 30jährige CyUus bereits um einen halben Tag
gegen den Himmel verkürzt hat Es kann also nur
die Frage sein, welchen Epochentag man bei der Re-
duction der von den arabischen Geschichtschreibem
angegebenen Data zu wählen habe« Diese von dem
obengedachten ausgezdchneten Kenner der orientali-
schen Litteratur neuerdings in Anregung gebrachte
und zuveisichdich fik den 1& Julius entschiedene
Wiederhohit in der Eiaieitgng in Degnignes Geschielite der
Hannen. ,
1) Tahtetfes ehronoh^uet ds V Huioir4 UttwerseUe. Audi
im enteo Bande des AH de virifisrle^ äaiu*
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4täb0P. ' 471
Frage Ia£sl sieh laeiaes Erachteoa nur in einielnen
Fällen .mit Sicherlieit beantworten. Wenn z, B. der
Rückxug der Kreuzfalirer unter Ludwig IX von
Mansiira ns^:h Damiette auf Mittwoch den 3. Mohat-
rem des Jahii$ .648 gesetzt wird *)/so gilt der 15.
Julius, weil in den oceidentali&cben Quellen von Dins-
tag Abend den 5. April 1250 die Rede ist '). Wenn
dagegen Elmakin,. Abulfeda und andere den Tod
des ChaKfeu Alm ans or auf Sonnabend den 6, Psul-
hedsche 158 setzen, so ist der 16, Jidius zu nehmen,
weil mail hur so durch Reduction den 7. Oktober
775, einen Sonnabend, erhält, dem 0uch der 9. Phao-
phi. des Jahrs 6268 der alexandrinischen Weltäre'
(446), det zugleich als Todestag genannt wird, ent-
spricht, indem der LThoth dieses Jahrs auf den 30.
August traf ^ )• In diesen beiden Fällen ist man se^
ner Saehe gewilis. In ihanchen anderen hingegea wird '
man zu keinem sichern Resultat gelangen. Nach Prü^
fung einer gro&en Anzahl arabischer Data -iinde ich,
da£s der Wochentag, der fajst nie fehlt, in der Regel'
clem ersten Epocb^atage, 'seltener dem zweiten, zu-
1) Abulfeda Jim. Jffuslem. Tom, IV, p. 508. Vergl.
Reinaad's Eaftraits des histöriens Aräbes reloftifs* aux guer-
T€* des Croiaades p. 463*
%) S, die Epißtola de captione et Uberatiene St. Ludpyiel
in Duchesne iSVfp^if. Rerum Gallic. Tom. V, p. 429. Vergl.
Joinrilie Hist, de St. Louis p. 65. Ich yerdanke diese Nach
Weisungen Hrn. Wilken, der im 7ten Bande seiner Geschichte
der Kreuz zürge ausführlich yon diesem Falrtum handeln ynv^.
■ 3) Lcftzter«9 Beispiel ist unter denen ansgewi&hit, die Hr.
Rehm kl einem Programm vom Jahr 1828 (Computationum
chrmudogiceawn ad Mstori^m Abbassidarum spectantium spe-
cimen \) zusammengestellt hat. Er zeigt darin mit meisterhafter
Kritik, wie vorsichtig man bei der Vergleichung der oft ^ehr di-
VergenteB chronologischen Angaben der arabischen Geschith^
Schreiber zd ver&hreii hat.
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473 Technfscke, Ckronolögfe.
weQen auch keinem von l>eiden zusagt« DaEs fibrir
gens bei den orientaKscheii Gesdiiehts^JiTeibera je
fonnlieb nach Einern Cyklns datirt sei, der an den
16, Julius geknüpft ist, glaube ich nicht Data, die
dahin deuten, sind von der Vblksrechnui^ entlehnt,
Welche die Anfinge der Monate auf die erste Phase
sctait (468). '
Um ein christliches Datum in an arabisches zu
verwandeln, wird man leicht ein dem obigen analo-
ges Verfahren ermitteln. "VVir wollen gleich ein Beir
spiel in Rechnung nehmen« Es se% di^ i. Januar
1831 neuen oder 20. December 1830 alten Stils zu
. reduciren. Man diyidire die verflossenen . 1829 Jahre
durch 4, so erh&At man. zum Quotienten 457 und
zuin Rest 1, J^aer zeigt die 2^hl der abgelaufenen
julianischen Schaltperioden von 1461 Tagen und die-
ser noch ein Jahr vqu 365 Tagen an. Man multi-
plicire also den Quotienten in 1461 und addire zum
Produkt 667677 sowohl die 365 Tage des Restes als
die 354, die vom 1. Januar bis zum SO. December
einschliefslich aufs Gemeinjahr gehen. Die Summe
ist 668396 Tage, welche vom Anfange unserer Zeit-
rechnung bis zum 1^ Januar 1831 n. St. verflossen
sindi Hiervon ziehe man die Absol|itzahI 227016 ab,
und man erhält so 441380 ^Tage, die vom 16. Julius
622, der i^ diesem Fall geltenden Epoche der Hedschra,
bis zum' gesuchten arabisciien Datum einschliefs-
lich gezählt werden. Da dch* arabische Schaltcyklus
. 10631 Tage hält, so dividire inan damit in 441380.
Der Quotient ist 41 und der Rest 5509. Jener mit
30 multiplicirt gibt 1230 Jahre, und in 5509 Tagen
. sind nach Tafel II 15 Jahre und ld3 Tage enthalten.
Man hat also zusammen 1245 Jahre und 193 Tage.
2ieht man von letzteren die 177 ab, die nach Tafel I
bis zu Ende des Dschumadi el-achir. vostreichen, so
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Araber. 473.
i)leiben 16 übrig. Der 1. Januar 1831 entspricht mithin
dem 16. Redscheb' des Jahrs 1246, nacli der jetzigeü
Rechnungsweise der Perser und Türken, oder wennr
sie, was ick nicht mit Sicherheit wdifis, das'fun&ehnte
Jahr des 30jährigen SchaKcy Uns zum Gemeinjahr ma-
chen (462), dem 17. Redscheb. Man sieht, dals hier
der bei der ersten Aufgabe genommene Gang rück-
wärts gemacht ist. *.
D|e ursprongtichen arabisdben Monate haben tiach
Mesudi und Nuveiri^) folgende ?famen gefuhrt:
Mutemir« Asam;
Nadscliir.
AdiL
Chawan.
NatiL
«Sawan.
WaiL
Ritma.
Warna.
Ida.
Burel^
Sie sind durch d\e gegenwärtigen, welche Ke-
labBenMorra, einer der Vorfahren Mohammed's,
eingeführt haben soll, um den Anfang der Weltherr-
schaft der Araber verdrängt worden. Nach der Tra-
dition hat früherhin unter den Arabern eine Einschal-
tung bestanden, wodurch das Mondjahr mit dem Son-
nenjabr ausgeglichen und der Anfang des Jahrs auf
den Habst fixirt wurde. Dieses Schaltwesen soll
nach dem jüdischen dergestah gemodelt .gewesen sein,
daüs «der leti^te Monat mit dem Elul der Hebräer zu-
sammentraf ^). Mohammed verwarf im Koran-
das gebundene Mondjahr durch folgenden Ausspruch
förmlich '): „Fürwahr die ZaU der Monate bei
Gott ist zwölf^ im Buche Gottes verzeichnet an jenem
Tage, wo er Himmel und Erde schuf. Vier dersel-
1) S. Golias Anmerlc. xnm Alfarghani S. 4.
2) Pocock Speeimen Msi, Amjbum p. 182,
3) 4Si/r. IX/ T. 37.
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474 TechnUeh9 Cironohgie.
ben fliqd heOig« Ihis »t der, wahre Glaube/^ Unter
den beiligen Monaten ainä der Dsulkade^ der 'Dsu'l
hedsch^, wo die Pilger xur Kaal» wallfahrteten, der
Moharrem und der Redscheb zu verstehen, in denen
sich die arabi^heit Stamn!ie von Alters her jeder Art
von Fehde zn enthalten pflegten« Mohammed ge-
bot 'diesen Gebrauch zu beachten, doch nur in An-
sehung derer, die ihn als Propheten anerkannten;
denn die Ungläubigen gestattete er zu jeder Zeit des
Jahrs zu bekriegen.
Man wird auf den ersten Blick geneigt sein za
glaul^en, dafs das Jahr der Araber erst in Folge die-
ses Ausspruchs ihres Gesetzgebers seinen jetzigen Cha-
rakter der Wandelbarkeit angenommen habe. 'War
dies aW der Fall, so begreift man nicht, wie der
Moharrem zu der Stellung gelangt ist, die er im er-
sten Jahr der Hedschra hatte. A^ch würde sich der
10. Rebi el-ewwel, nach Abulfeda *) der Geburts-
tag des Propheten, nicht mit dem 22. Nisan des
882sten Jahrs der seleucidLschen Acre, den Eljma-
kin in gleidier Beziehung nennt ^), zusammenbringen
lassen. Rechnen wir dagegen mk Hülfe des ajrabi-
schen Schaltcykels bis zum x22. Nisan 8S2 oder znm
22. April &7i n. Chr. zurück, so gelangen wir wirk-
lich zum 10. Rebi el-ewweL Dieses Zusanmientrer-
fen des syrischen und arabischen Datums, das nie-
mand fiir zufällig Italien wird, nlufs sich atif eine Re-
duction gründen, die, .wenn sie schon vor der Epoche
der Hedschra angestellt ist, die frühere Beweglichkeit
des arabischen Juhrs aulser Zweifel setzt, und wenn
sie erst von den späteren Geschichtschreibem herrührt.
i) Anmües Mualem, Tom. I, p. 4.
2) HUt. Sarac. p. ^2.
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Araber. 475
wenigstens beweiset, dals diese von der frfibern Be-
weglicbkeit überzeugt waren.
Wegen, der Jabrrechnangon der alteren Ära-
ber, di^ für uns von keinem besondem Interesse sind,
verweise ich auf das Handbuch der Chronolo-
gie ^), Dals sich die jetzige Aere vom Chalifcn
Omar herschreibe^ ist Schon bemerkt worden (462).
Die an sie geknüpfte cyklische Rechnung is-t aber viel
später entstanden. Dir Ursprung scheint in die Zeit
des Chalifen Almamon zu, geboren, wo die zu ihrer
Ausbildung erforderlichen Kenntnisse des Mondjahrs
mit der griechisdien Astronomie zu den Arabern über-
gingen, und bei weiterer Bearbeitung derselben das
Bedürfnils ^einer geregelten, von der unmittelbaren Beob^
achtung der Mondwechsel unabhängigen Zfeiteinthei-
lung den Sternkundigen fühlbar wurde.
So lange die Araber, in ihrer Halbinsel einge-
schlossen, auf einer niedrigen Stufe der Cultür stan-
den, genügte ihnen ihr bewegliches Jahr vollkommen.
Als sie aber, ihre Grenzen überschreitend, mit gebil-
deten Volkern in Berührung kamen und allmählig
selbst zu einer hohem bürgerlichen und wissenschaft-
lichen Entwickelung gelangten, sahen isie sich häufig
in dem Fall, neben ihrem wandelbaren Mondjahr eine
uKch der Sonne geordnete Zeitrechnung zu gebrau-
chen. Am nächsten lag ihnen das julianische Jahr
in den beiden im Orient gebräuchliche^ Formen, dec
ägyptischen und syrischen.
Die Monate der Aegypter (51)' sprechen sie
gewöhnlich also aus:
Tut Kihak.
Babe. Tube.
HatuK. Amschir.
1) Th. U, S. 499 ff.
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476 Technische CAronohgie.
Bermehat Bune.
Ber'mude. Abib.
Baschons. MesrL
Die Ergänzungstage nennen sie in der tlegel
el'tnusterake, die verstolnen. Die diokletia-
nisehe Aere — tarich el-kebt ^zt es-^schohada^
d. i. Aere der Koptien oder Märtyrer — zählt
Ulugbeg nicht zu den in der Astronomie gebrauch-
lieben, wohin er nur die arabische, persische und sy-
rische 'rechnet. Der in Aegypten beobachtende Ihn
Junis ist meines Wissens der einzige Astronom, der
sich ihrer bedient hat. Dagegen kommt sie in den
Kalendern der Morgenländer vor, worin den Datis
des arabischen Mondjahrs die des syrischen und ägyp-
tischen Sonnenjahrs beigefugt zu werden pflegen. Im
ersten Bande der Notices et Extralts gibt Hr. Sil-
vestre de Sacy Auszüge aus der ägyptischen Ge-
schichte des in der ersten Hälfte des 17ten Jahrhun-
derts lebenden Schemseddin Mohaitime d, und
darunter einen Ruralkalender, worin der Wechsel des
natürlichen Zustandes des Landes dur^h alle Monate
des alexandrinischen Jahrs (73) verfolgt, und der Auf-
gang des /Sirius auf eben das Datum gesetzt i^t, an
welches ihn die alten Aegypter geknüpft haben, auf
den 26. Epiphi oder 20. Jidiu^ a. St (67). Hier-
durch bestätigt sich, was Carsten Niebuhr in sei-
ner Reisebeschreibung sagt^), daCs sich die mo-
hammedanisdhen Aegypter bei ihren Beobachtungen
über das Wachsthum des Nils noch immer nach dem
koptischen Kalender richten. In Makrizi'sBe-
schreibuiig Aegyptens konunt ein Capitel unter
dem Titel: Reduction des Sonnenjahrs auf das
arabische Mondjähr v<^. Hier heifet das Son-
1) TL. I, S. 1?5.
edby Google/
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nenjlJiT ctHtra^cbif^y von charadsch^ Grund*
Steuer, weil & Zahlung derselben von den Jahrs-
Zeiten abhiingig ist^ und. das Mondjahr. ^i7a/^'^^ weil
ek dmr^h die ftl o n d p^h äsen — hilal ^^ bestimmt
wird.'/ . .. , r ^ . .
: Die nationalsyrischen Monatsnamen layten bei den
AraberQ eben :So wie -bei den Syrern (180). Die
inacedoniscbeii ynd romischen Benennungen kommen
beji ihnen nicht, vfH!. FJir den ersten Monat gilt ih-
nen, wie den S3nrera' in der Regel, der Oktober oder
erste Thischri — ; Tischriu ehewweL In Verbindung
mit .einem syrischenDatum erwähnen sie auch jedes
mal die Hauptäre der Syrer, die seleucidische, die
sie tatich dsi ^l-kamain, d. J. Acre des Alexan-
der nennen; denn dieser Eroberer hei(st iniKoran'^)
J?su 'l'karnain, der Zweigehoxnte, weil er als
angeblicher Sohn Jupiter Ammons auf einigen Münzen
gehörnt erscheint Mehrere orientalische Schriftstel-
ler sind durch di^se Benennung verleitet worden, der ^
Aere einen falschen Ursprung zuzuschreiben. Das
Wahre findet sich b^im Abulfaradsch, dessen \y orte
oben (189) ♦angeführt sind *).
Zeitrechnung der Perser,
. Die Perser gebrauche^ heut zu Tage mit allen
übrigen. Bekennern des Islam die arabischen Monate
und die Aere der Flucht. Vori einer eigenthümhchen
Zeitrechnung konnte bei ihnen nur in der frühem
Periode ihrer Selbständigkeit die Rede sein, vor dem
\) SuTi XVin, T. 85, wo die Aamerkang von Maracci %tk
yerg}eicfaeIl^ ist. _ ^ ,, ^
2) Auch vergleicbe man Ulngbeg's Epoche eelthr. p. 17.
Digltized
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478 ^ Techtdsche CSronohgie.
Untergänge der Dynastie der Sassaniden im sieben
ten Jahrhundert nach Christus. Aus diesem Zeitraum
sind von ihnen keine sehriftlidie Denkmäler weiter
yorhanden, als ein paar von Hm« Silvestre de
Sac)^ erläuterte Steinschriften^) und die durch An-
quetil du Perrdn aus Indien gebrachten Zendbü>
eher, welche jedoch über chronologische Gegenstände
keine Auskunft geben. Da uns nun auch die grie-
chischep und römischen SchriftsteHi^r in diesem Punkt
ohtie Belehrung lassen ^), so sehen wir uns auf die
arabischen und neupersiscben beschränkt
. Der älteste Arabet meines Wissens, der von ei-
ner eigenen persischen' Zeitrechnung redet, ist der un-
ter dem Chalifen Almamon lebende Astronom Al-
fa rghani. Nach ihm^) hatten die Perser ein be-
wegliches Jahr von 365 Tagen, das aus , 12 dreiüsig-
tägigen Monaten und 5 Ergänzungstagen bestand, die
zwischen den achten und neunten Monat eingescho-
ben wurden; j?der Monatstag ftihrte einen eigenen Na-
men, und die Jahre wurden von der Regierung Jes-
degird's, des letzten sassanidischen Kön%s, gezählt
Ypn dieser Zeitrechnung, die sich durch eine be-
sondere Einfachheit empfiehlt, haben die meistien ara-
bischen Astronomen bei ihren Beobachtungen und m
ihren Tafeln um so lieber Gebrauch gemacht,, da sie
der altägyptischen, an die sie durch den Almagest
des Ptolemäus gewöhnt waren, analog ist Um
sie derselben noch analoger zu niachen, versetzte man
1) S. sdae Jfhnoires 9ut Jes Jntiquftes de Ja Perse (Paris
1793, 4.)
2) Eine einzige Stelle des Cortin« (I(L 3, 9) kann bie-
fcer gezogen werden, wo es heifst, dafs dem Heere des Dariaa
365 Jfinglinge, diehus totku anrä pares numero^ gefolgt wiKD.
3) EUnK €t§ironn p, 4 und 6,
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Perser. 479
späterbm die ErgSnzungstage m den SeUlufe Jles Jahrs.
Hier fanden sie Ulugbeg'^) tind Schah Chol^
dschi ') im fun&ehnten Jahrhundert, die letzten n«im-
haften Astronomen des Orients*
. Die Namen der Monate .«nd die Summen der am
Ende eines jeden verflossenen Tage sind folgende:
1) Ferwerdin . • . .^. * 30
2) Erdibihischt • . * . . 60
3) Chordad .90
4) Tir • 120
5) Murdad «... 150
6) Schehriwer ...... 180
7) Mihr 210
8) Aban •%%»•...•.,. 240
Erganzungstage • » . . 245
9) Äser • 275
10) Dei. . . . . 305
' 11) ßehmcn. .336
12) Sipendarmed'). ... 365
Werden die Ergähzungstage ans Ende des Jahrs
gesetzt, so ändern sich die Tagsummen .vom neunten
Monat an wie folgt:
9) Äser 270
10) Dei .• ... 300
11) Behmen .330
12) Sipendarmed 360
. Ergänzungstage • « . . 365
i) Ep. ceUht. p. 23.
2) S. da« Fragment seiner Tabulae unhersales^ welclies
Hjde in seiner ffistoria religionig veienan Persarum S. 204
mittfaeilt. In dem von Gravias (London 1652) herausgegebe-
nen Werkeken: dstronomiea tfuaedirm ex IrudÜione Shah
CpoigU Pereae kommt niclits Ckronologiscbes Tor.
3) Es finden sieh aneh die Formen Ispendarmed^ hfendoT'
med^ Isfendmed ond Ufend^
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480 Technische Chromdogie.
Pie bdi den semitischen Völk^n g^NraacUiche
und von ihnen za uns iUiergegangene Emthefliing der
Zeifc in Wochen kannten die alten Perser nicht. Sie
gaben dafür einem jeden Monatstage seinen eigenen
Namen, der beim Dativen gewohnlich statt der Zahl
des Tages gesetzt y^ivA. Es sind folgende:
1) Ormu^ 16) Mihr
2) Behmen , 17) Surusch
3).£rdibihi8cht 18) Resch
4) Schehriwer li>) Ferwerdin
5) Sipendarmed 20) Behram
6) Chordad 21) Kam
7) Murdad .22) Bad
8) Del be Äser 23) Dei be Din
9) Äser . 24) Din
10) Aban 25) Arad
11) Chor 26) Eschtad
12) Mab 27) Asüman
13) Tir 28) Semiad
14) Gusch 29) Maraspend
15) Dei be Mihr .30) Eniran
Diese Namen sind sämmtlich von den Schatz-
genien entleMt» die nach Zoroaster*s Religion
den einzdnen Monatstagen vorstehen ^)» Man siehiy
dals unter den Namen der Monatstage die der Mo-
nate wiederkehren. Um Verwechslungen va verhü-
ten, verband man 'die übereinstimmigen Namen' mit
den Wörtern mah, Monat, und rus^ Tag. So be-
zeich-
1) S» die Darstellnng des Lohrbegriffs der alteo
Perser ia- Kleaker*« Zehd-Ar^ft«, Th. I, S. 15 £ und
. Th. n, S. 386 fLi^heaonäerß aber Hrm too fi«maer*s geb^l-
Tolle Reoensioii des Siebenmeers des Nabebs Ton Aade im
38sten Qsiide der nkaer Jahrbflcber der Litteratur, S.
37«
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zeichnet Ferwerdinmah den ersten Monat, und
Ferwerdinrus den neunzelmten Tag des Monats.
Dei be Äser, Dei be .Mihr und Dei be Din sagen
so viel i^ Deiy auf den A^er, Mihr und/Din fol-
gen. Dei' ist dw Genius der Feiertage. Solcher Got*
testage gibt es drei im Monat, wodurch eine wochen-
ähnliche Eintheilung desselben entsteht.-
Die Ergänzupgstage werden von' den Arabern,
eben so wie die ägyptischen (476), eUrnusterake,
und von den Persern in gleichem Sinn pendschei
düsdide^ die fünf verstolnen, genannt. Sie wa-
ren eben so viele Festtage, und hieüsen als solche
Purdegan, arabisirt Furdidschan^^). Einzeln fähr-
ten sie folgende Namen:
1) Ahnud
2) Aschnud
3) Isfendmed
- _ ' 4) Echschuter
5) Wehescht
Die Acre, deren sich die orientalischen Astrono-
men bedienen, so oft ^sie nach persischen Monaten
datiren, ist die jesdegirdische — tarich Jesdegird,
oder die persis-che -r- tarich el-fars. Sie nimmt mit
dem Re^erungsantritt Jesdegird's, nicht, wie Sca-
liger, Petavius und andere irrjg sagen, mit seinem
Tode ihren Anfang.
1) Siebenmeer I, ^i84; lY, 69. Djß iBncIsylbe an bezeicb*
net bei den Persern den Plural, wie bei den Hebräern im^ Das.
Stammwort ist pur^ woraus nach Hm. Ton Hammer's sehr
wahrscheinlicher Hypothese das hebritfsche Porim (219) ent-
standen ist. Das grofse Fest Pnrdegan begriff aach die 5 letz-
' ten Tage des Monats in sich, welchem die Epagomenen angehängt
vi'aren, so dafs das Fest 10 Jage dauerte» Es war ein Freu*
denfest den Allgeschiedenen geweiht, auf Ihsren Gräber man
Speisen trug.* Das Purimfest der Hebräer war gleidiMs ein
Freudenfest. Esther K, 22.
• 3t
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482 Technische Chronologie.
Jesdegirdy der dritte seines Namens, gelangte
im. Jahr 632 vt. Chr. auf den Thron der Sassani-
den, den innere Zerrüttungen langst erschüttert hat-
ten, und den er daher auch nur, ]^urze Zeit g^gen
den fanatischen- Eroberungseifer der Mohammedaner
zu behaupten vermochte. Im Jahr 15 der Heäschra
oder 636 n. Chr. verlor er durch die entscheidende
' Schlacht bei Kadesije seine Hauptstadt Madain mit
dem grolsten Theil seiner Staaten. Er irrte noch
mehrere Jahrfe m den Provinzen am Oxus umher, bis
er, 651 durch Meudielmord seinen Tod fand. Die
Perser waren unterdessen von den Siegern zur An-
nahme des Islam gezwungen worden. Der Feuerdienst
behielt nur noch wenige, unter Druck und Verach-
tung lebende Anhanger, deren Abkömmlinge, die so-
genannten Parsen oder Gebern, ihm noch jetzt im
südlichen Persien und westlichen Indien huldigen.
Hyde *) und Anquetil *) versichern, dafs nach
dem Zeugnisse der .orientalischen Geschicbtschreiber
Jesdegird am Tage Ormusd, des Monats Ferwerdin
im ersten Jahr der nach ihm benannten Aere zur Re-
gierung gelangt ist. Dies war nach jetziger Rechnung
gerade der erste Tag des Jahrs. Abu'lhassan
\ Kuschjar dagegen drückt sich^ also aus ^): „Die
Epoche der persischen Aere trifft auf einen Dinstag,
und zwar auf den ersten Tag des Jahrs, worin Jes-
degird Könige geworden ist Es war dies der 22. Rebi
el-eyrwel des elfteh Jahps der Hedschra oder der 16.
Haziran des 943sten Jahrs der seleucidischen Aerc.^^
' Die Reduction gibt den 16. Junius 632 unserer Zeit-
1) S. 186.
. 2) Unterstichnngeii über das Zeitalter Zoroas.ter'6
Zend-Avesta, Aphang B. I, Abth. I, S. 356.
3) 'S. 8 der berliner Handschrift
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Perser: / 483
reehnung. Auf eben dieses Datam führt die Angabe
des Alfarghani, dalis der Zwißchenr^um zwischen ^
den Epochen Nabonassar's und Jesdegird's 1379
persisdie Jahre und 3 Monate betragen hat, mehrerer
ähnlichen Bestimmungen bei Ulugbeg und anderen
nicht zu gedenken.
Da nun die Epoche der persischen Acre und die
Form der Jahre ^ nach deiien^ sie zßhit, bekannt ist,
so kommt, es auf eine Regel an, ein persisches Da-
tum auf unsere Zeitrechnung zu reduciren. Folgende
^rd nian eben so bequem als sicher finden.
Man multiplicire die Zahl der yeiflosseuen persi-
^ sehen Jahre mit 365 un4 addire zum Produkt sowohl
di^ Tägsumme der abgelaufenen Monate des gegebe-
nen Jahrs, als die Tage des laufenden, nebst den
230639 Tagen, die vom Anfange unserer Aere bis
auf den 16» Junius 632, der Epoche der persischen,
verilossen sind, und die wir die Absolut zahl nen-
nen wollen. Die Summe gibt eine Anzahl Tage, welche
auf unsere Jahre und Monate zu bringen ist. Es
sei z. B. der 19. Chordad-mah des Jahrs 347 gege-
ben, an welchem Ihn Junis die obgedachte Sonneniin-
sterriifs zu Cairo beobachtet hat (467).
. 346 X 365 ^ 126290
, Tage bis zum Chordad ^ = 60 *
Tage im Ghordad ..... trs 19 '
Absolutzahl. . . = 230639
Summe = 357008
Hieraus ergibt sich nach der schon oben geführten
Rechnung der 8. Junius unsers Jahrs 978. ^
In der mit grofser Genauigkeit gearbeiteten Ver-
gleichungstafel der vornehmsten orientalischen Acren,
die Gravi US seiner Ausgabe und Uebersetzung der
Epochae celebriores des Ulugbeg angehängt hat,
ßndet sich auch das julianische Datum des Anfangsta-
31 *
^ ' Digitizedby VjOOglC
484 Technische Chrpriohgie.,
ges eipes jeden Jal^s der jesdegirdlscben Aere ange-
geben. Hat man diese Tafel zur Hand, so wird man
in jedem FaUe leicht bis zum gegebenen Datum fort-
rechnen können. •
Beim Gebrauch deir obigen Monatstafel muTs man
wissen, ob der Astronom, der ein persisches Datum
angibt, die Ergänzungstage ans £nde des achten, oder
zwölften Monats setzt. Von Ihn Junis gilt das
erste. Colins fuhrt ifiämlich nach ihm eine Beobach-
tung der Schiefe der Ekliptik an, welche „im 237sten
Jahr des Jesdegird am dritten der fünf am Abanmah
hängenden Tage^^ gemacht ist ^). Die Reduction gibt
'den 16. December 868 n. Chr.
Hier ist noch die Frage spu beantworten, iliit wel-
cher Tagszeit die alten t^erser ihren bürgerlichen
Tag — schebanrus ' — angefengen haben. Eine be-
stimmte Angabe findet sich hierüber nicht Da aber
Ulugbeg sagt ^), dafs die Astronomen seines Reichs
(er war ein tatarischer Fürst, der zu Samarkand re-
sidirte) den Tag mit dem Mittage, die Araber und
übrigen Mohammedaner mit dem Abend und die INicht-
araber mit dem Morgen anfingen, so muTs er bei den
letzteren wol zunächst an die Perser gedacht haben,
die ihm so nahe waren und in deren Sprache er
schriA. Dies ist um so wahrscheinlicher, da sie vor
Annahme des Islam Anbeter der Sonne waren. Es
leidet daher keinen Zweifel, dafe die alten Per-
ser ihren' bürgerlichen Tag, wie Plinius von ihren '
Nachbarn den Babyloniern versichert^), inter diws
solis exortus genommen haben.
Neben dem bisher beschriebenen bewegli-
1) Noten zom Alfargbani S 68.
ST) Epoch, eelebr. S. 3.
3) H. N. II, 79.
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Perser. 485
eben Sonnen jähr finden wir bei den Persern seit
dem elften «Fabrbundeil; unserer I^eitrechnung ein fe-
stes von ganz ähnlicher Form^und gleichen Monats-
naih^h, von welchem, als einer merkwürdigen chro-
nologischen Erscheinung, ich im Handbuch*) so
ausführlich gehandelt habe, als es die mir zu Gebot
stehenden Hülfsmittel gestatteten.' Das Wesentlichste
davon miU ich hier wiederhohlen.
Abu't-fetah Melek-Schah, von seinen Unter-
thanen unter dem Namen Dschelal-eddaulet we
eddin, Glorie des^ Staats und der Religion,
proklamirt, war der dritte Sultan aus der Dynastie
der Seldschuken von Iran, die von 429 bis 593
der fledschra über den gröfsten Theil des jetzigen
Persiens und einige benachbarte Länder geherrscht
hat. Er gelangte im Jahr 465 der Hedschra oder
,1072 n. Chr. zur Regierung, und starb im 20sten Jahr
derselben^ mit dem Ruhm eines der ausgezeichnetsten
Männer des Orients, den er mit iseinem bis auf die-
sen Tag von den Dichtem und im Munde des Volks '
gepriesenen Vezie^r Nizam-elmulk theilt .^ "^
Unter ihm -entstand eine Zeitrechnung, die melßi
oder sultaniy die königliche, auch die dschelal-
eddinische oder dschelalische genannt wird.
Die Umstände ihrer Einführung und ihres Gebrauchs
liegen fast ganz- im Dunkel. Nur das Technische er-
gibt sich ziemlich vollständig, wenn man zwei von
Golius ^) und Hyde ®) mitgetheilte Fragmente des
Kotb-eddin und Schah Choldschi, und das von
ihr handelnde fünfte Capitel des Ulugbeg mit ein~
ander vergleicht.
1) Tb. U, S. 524 ff.
2) Noten zum Alfarghaui S. 3l
3) S. 309.
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486 Technische Chronologie.
Acht Astronomen, heifst es, vereinigten sich un-
ter der unmittelbaren Theil^afune des Sultans zur Ein-
führung einer neuen Zeitrechnung. Zur Epoche der-
selben wählten sie den 10. Ramasaa 471 der Hedkcbra
oder den 15. Adar 1390 der seleucidisqhen Aare, oder
endlich den 19. Ferwerdiomah 4^8 seit Jeadegird, ei-
nen Freitag, d. i. den 15. IVIärz 1079 n. (Chr., den
Tag des Eintritts der Sonne in den Widder, \mA sie
setzten fest, da£» i^v JYewrifs oder Jahranfßug alle-
mal der Tag 'der Fröhlingsnecfatgleiche s^n soUe.
Auch die Monate sollten nach der ursprün^chen Be-
stinunung wahre Son|ienmonate «ein, indem man deo
Eintritt der Sonne in jedes Zeichen^ also die Dauer
der Monate astr^nongosch berechnen wollte. Man fand
es aber bald bequemer, jedem Monat 30 T^ge bei-
zulegen, und das Jahr durch Epagomenen «uszi^d-
cheu« , So kam also die Foim der Monate mit der
der alten persischen überein. Auch ihre Namen be-
hielt man bei. Zum Unterschiede fögt man densel-
ben, die Wörter Aa<f/n»> alt, und dschelali bei, z.
B. Perwerdinmdhi Uaditn und dschelalu Von vier
•%xi vier Jahren werden 6 Er^nzungstage gerechnet
^Da aber der U^berschufe des Sonnepjahrs über 365
Tage keinen voljba Yi^rteltag ausmacht, so lälst man
die Einschaltung, wenp sie einigemal hinter einander
auf das vierte Jahr getroffen ist, einmal auf das fünfte
fallen.
Dite Frage, warum man gerade das Jahr 1079 n.
Chr., das siebente der Regierung Molek-Schah*s,
zur Epoche der heuen Acre gemacht habe, beantwor-
te1; Schah Choldschi dahin, dafs man zur Epoche
des 1. Ferwerdinmahi dschelali des ersten Jahrs ei-
nen Tag gewählt habe, mit dessen Anfang die Sonne
zum Frühliugspunkt gelangte. Hiernach hätte alsc
die Epoche der dschelalischen Acre einen rein astr^)
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». Perser. 487
nomisch^n Uraprung. Wirklich hat sich in dem ge-
dachten. Jahr zu Isp^an, der Residenz der seldschu'*
ki^chen Sultane, die Prühlingsnachtgleiche am Mpr-
gen, ereignet, der dem Schah Choldschi höchst
währscheinUch für die Epoche des bürgerlichen Ta-
ges der Peifser galt (484). Ich finde nämlich^ dafs
sie nach den delambreschen Sonnentafeln unter dem
Meridian dieser Stadt , 2 St. 34^ östlich Von Berlin,
am 15. März bald nach Sonnenaufgang, um 6 Ü. 31'
m* Z«, eingetreten ist.
Nach Ulugbeg haben einige die Acre mit dem
5. Schaban des Jahrä 468 der Hedschra oder dem
li3. März 1076, also drei Jahre früher, angefangen..
Er verwirft aber diese Besitimmung, und mit Recht;
denn die FrühUngsnachtgleiche,. von welcher der An-
fang der Acre, so wie aller, ihier Jahre^ abhängt, traf
1076 nicht auf den 13ten, sondern auf den 14. März.
Was die Schaltmethode betrifft, so läfst sich wöl
nach der Art, wie sich K o t b - £ d d'i n ^ Schah
Choldschi und Ulugbeg, darüber äufsem, niclit be-
zweifeln, dais der Anfang des Jahrs cyklisch, nicht
astronomisch , bestimmt worden ist Der erste sagt:
,9Man ist darin übei^ingekommen, dafs die Eiiischäl-
tung eines Tages, wenn sie sieben oder achtmal hin-
tereinander im vierten Jahr statt gefunden, einmal auf
das fünfte treffen soll/^ Heifst dies, man hat erst
7 mal hintereinander nach 4 und dann einmal nach'
5, ferner 8 mal hintereinander nach 4 und dann ein-
mal ^wieder nach 5 Jahren, und so abwechselnd, also
in 70 Jahren 17 Tage eingeschaltet, so \^ird, das tro-
pische Jahr zu 365 T. 5 St 48' 48'' genommen, in
157$ Jahren ein Tag zu viel gerechnet Schah
Choldschi drückt sich eben so aus. Ulugbeg da-
gegen spricht von einer 6 oder 7 mal nach vier Jah-
ren zu wiederhohlenden Einschaltung, woraus unter
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488 Teehniiche Chronologie. ^
derselben Voraussetzung folgen würde^ dafs man alle
62 Jahre 15 Tage eingeschaltet habe, was in 3487 Jali-
ren einen Tag zu wepig gibt * )• Wan sieht also,
dals schon in dieser Hinsicht die gregorianische Schalt-
methode, die erst in 3600 Jahren um einen Tag .vom
Hin^mel abweicht (386), der dschelalisch^n vorzuzie-
hen ist, ihrer grölsem Einfachheit nicht zu gedenken.
Ich kann daher in Wolfs *) und GatteTer's*)
Bewunderung .des. dschelaUschen Jahrs nicht einstim-
men« Beide Schaltmethoden sind so verwickelt und
auf eine Reihe von Jahren so schwierig anzuwenden,
dals man ihnen gewils die astronomische Berechnung
des .Jahranfangs vorgezogen haben wird* Geschah
dies, so hatte man ;eine Zeitrechnung, die mit der
franzosisch -republikanischen in der Jahrform» so' wie
in der Bestimmungsart des Neujahrstages, völlig über-
einkam, und blpls darin von ihr abwich, dafs man in
Persien das Jahr mit* der JFrühlings-, in Frankreich
hingegen mit der Herbstnachtgleiche anfing (454).
Ulugbeg gibt eine Anleitung ta einer solchen
Berechnung, die hier erklärt zu werden verdient Er
niinmt die mittlere Länge des tropischen Jahrs zu
365 T. 5 St. 49' 15^' an, und entwirft hiemach foL
gende Tafel der in ganzen dschelalischen Jahren ea\r
baltenen Tage und Theile von Tagen ^):
1) Hr. liittraw sagt in seiner Calendariographie S. 42,
es sei erst in nnsern Tagen bekannt geworden, dafs seit deA.
ältesten Zeiten bei den Persem eine 33jäbrige Schaltperiode
zn 25 Gemein- and 8 Schaltjahren im Gebrauch gewesen s^.
Sollte diese Notiz ans einer ächtorientaÜ^chen Qnelle geflossen
sdn?^ Eine solche Periode wäre freilich genauer ab die grego-
rianische, die anf 400 Jahre 97 eingeschaltete rechnet.
2) Elem^ Chron» p. 133. (Im vierten Bande seiner iSKsm^n^a
Matheseos unhersae),
3) Abrifs der Chronologie S. Si40.
4) Idi habe seine Sexagesimaltheile auf die uns geläufigeren
Digitt^ed'
edby Google
Perser.
Am
Jdhre.
Tage,
Jahre.
Tage.
1
36^,243
60
21914,552
2
730,485
70
2556^977
3
1095,728
80'
29219,403
4
1460,970
90
. 32871,828
5
1826,213 ,
100
36524,253
- 6
2191,4551
200-
73048,507
7 ■
2556,698
300
109572,760
8
2921,940
400
146097,014
9
' 3287,183
500
182621,267
10
3652,425 ,
600
219145,521
20
7304j851
700
255669,774
30
10957,276
800
292194,028
40
\ 14609,701
900
328718,28t
50
18262,127
1000
365242,535
Soll nun an Datunf, sei es der seleucidisehen,
christlichen, arabischen oder jesdegirdischen Zeitrech-
nung, auf die dschelaUsche gebracht werden, so be-
rechne man die bis auf das gegebene Datum ein-
schlieüslich verflossenen Tage der zugehörigen Acre,
ziehe davon die zwischen den Epochen ^eider Acren
Uzenden Tage ab, und verwandele den Rest mit
Hülfe vorstehender Tafel in Jahre und Monate, letz,
iere zu 30 Tagen gerechnet. Die übrig, bleibenden
T^ge mit dem Decimalbruch, der noch für einen gan-
zen Tag zu rechnen ist, geben dann den laufenden
Tag des laufenden Monats der dschelalischen Acre.
Iure Epoche ist der 15, März 1079 n. Cta-, Sie fängt
also später anals
die seleucidische jun 507497 Tage.
die christliche .... 393812 —
.^die arabische ..... 166797 —
die jesdegir^isch)^ . . 163173 —
Dedmaltheile r^dacirt, von denen drei Stellen tia gegenwärtigem
Behuf vollkommen genügen. ^.
Digiti
3itizedby Google
490 Technische Chronolog^.
Es sei z. B. der 21. März neiieu oder -9. Man
alten Stik uosers 1831sten Jahrs auf die dschela-
tische ZeitrecbmiDg xu bringen. Man dividire 1S30,
die Zahl der verflossenen Jahre, durch 4; dies' gibt
den Quotienten 457 und den Rest 2. Den Quotien-
ten, der die Zahl der abgelaufenen julianischen Schalt-
perioden bezeichnet, multiplicire man mit 1461 und
addire zum Produkt cGe dem Best angehörigen 730
Tage und die bis zum 9. März einscUiefsHcb abge-
laufenen 68 des Jahrs J831. Von der Summe 668475
ziehe man das Epochenintervall 393812 ab. So blei-
ben 274663 Tage zu reduciren übrig. Dies geschieht
nach der Tafel also:*
274663
255669,774 = 700 Jahre.
18993,226
18262,127 = 50 Jahre.
731,099
730,485 =. 2 Jalire.
0,614
Man iBndet also 752 Jahre und einen Tag, mithin
den 1. Ferwerdinmahi ^schelali des 753sten Jahrs.
/Die Rechnung' kann, ^ieUlugbeg bemeikt, am
einen Tag schwanken. Hat msm daher durch sie das
dschelaUsche Datum Yorläu% bestinunt, so muls nian,
um es mit Sicherheit zu erhalten, für den Tag, auf
den der 1. Ferwerdinmah trifft, den Ort der Sonne
suchen, und wenn sich dann ergibt, dals sie nicht
gerade an demselben Tage in den Widder getreten
ist, so ist dem gemäfs das erhaltene Datum zu beiicfa
tigen. Es kommt hier auf die Bestii9mungsweise des
Newrusap. Nach Ulugbeg's und Schah Chol-
dschi's Versicherung haben Melek-Schah's Astro-
nomen festgesetzt, dafs allem£^l derjenige bürgeriilch«?
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Perser. 491
Tag, dessen- Mittag dem Eintritt der Sonne in den
Widder zunächst folgt ,: für den Newrus gelten soll.
Nun ereignet sich das ' Frühlingsäquinoctium des Jahrs
1831 zu Ispahan am 21. 'März Vormittags um 11 U;
55' m. Z.; das oben gefundene Datum ist also das
richtige.
Soll umgekehrt ein Tag der dschelalischen Acre
auf eine der vier obgedachten Zeitrechnungen redu-
cirt werden, so geht man, wie Ulugbeg richtig be-
merkt, dabei nur dann ganz sicher, wenn zugleich der
Wochentag gegeben ist; denn hat man die Tagsumma
der dschelalischen Acre vetmiltelst der Tafel gefun-
den, so kann solche um einen Tag schwanken« Man
muls sie also durch die gegebene Ferie prüfen. Die
Epoche der Aere ist eid Freitag. Dividirt map dem-
nach die Tagsumme durch 7, so geholfen
zu den Resten 1, % 3, 4, 5, 6, 0 /
die Ferien 6, 7, 1, 2, 3, 4, 5,
und weicht nun die gefundene Ferie von der gegebe*
nen um einen Tag ab, so hat man zuvörderst Mie
Tagsumme zu berichtigen, ehe man weiter rechnet.
Auch für diesen Fall stehe hier ein ExempeL Wei-
chem Tage unserer Zeitrechnung entspricht der 1.
Ferwerdinmahi dschelali des Jahrs 609, ein Freitag?
Naph der Tafel sind
606 Jahre = 219145,521 Tage
8 -- = 2921,940 — .
Summe = 222067,461 Tage.
Wird der Decimalbpch für einen ganzen Tag ge-
nommen und noch ein Tag für das beginnende 609te
Jahr gerechnet, so hat man die Tagsumme 222069,
welche sich bei der Prüfung durch die Ferie richtig
bewährt« Addirt man das Epochenintervall 393812,
so ergeben sich in Allem 615881 seit Anfang unse-
rer Aere verflossene Tage, welche rcducirt den 11.
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492 Technische ChronaJogie.
i
MSrz alten oder 21. Mära neuen Stils unsers Jabrs
1687 geben. >
Von dem Gebrauch der' dschelalischen Zeitrech-
nung wissen, wir wenig Bestimmtes. Ich zweifele in-
dessen nicht, dafe man sich ihrer im seldschukischen
Reich bei der Erhebung der Staatsgefalla und zu an-
deren bürgerlichen Zwecken neben der arabischen wirk-
lich bedient hat ^). Bei den häufigen Staatsumwäl-
Zungen, wodurch Persien seitdem erschöttert w^orden
is/t, mag si^ zwar bald aufgehört haben, die öffentli-
chen Verhandlungen zu leiten ; da man aber fortfuhr,
den Newrus zu feiern ^y^ so konnte sie nie ganz
unter dem Volk erlöschen, zumal da man bei dem
Gebrauch der durch alle Jahrszeiten wandernden ara-
bischen Monate das Bedürfnils, sich nach der Sonne
zu Orientiren, lebhaft fühlen mu£ste. Und ^ wirklich
treffen wir sie, wenn auch nicht bei den Geschicht-
/ ...
Schreibern, doch bei den Dichtern und anderen Volks^
sebriftstellem der' Perser nicht selten an. Wenn z.
B. Sadiin seinem Gulislan die Idee" der schonsteo
JahrszMt mit wenig ^Worten wecken will, so sagt er,
es war der erste Tag,des*Erdibihischtmahi'dsdhelaIi.
Auch erscheinen im Morgenlande fortwährend Kalen-
der, w^lthe die dschelalischen, syrischen und ägypti-
schen Sonnenmonate mit den. arabischen Mondmona-
1) Daliiii jdentet eine von Hm. von Dl^s^ >( Denkwürdig-
keiten YO^ Asien Tb. ü, S. 395). ans des Türken Hadscbi
Ghalfa chronologischen Tafeln/ beigebrachte Notb.
2) Dafs den Persern die Frühlingsnachtgleiche nnter deoi
Namen newrusi sultam, königliches Neujahr, ein Fest ge-
blieben sei, versichern Chardin (Hei«^ nach Persien Th. U,
p. 263 der neuen französischen Ausgabe) und alle andere Reise-
beschreiber. Es besteht in einer blofsen Erlustignng des Hofes
tasd des Volks, ohne irgend einen religiösen Charakter an sieb
za tragen. . ' I
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Perser. . ' 493
ten ver^eiclien, und zeigep^ m iwrefchem Verhältnife
die letzteren, nach denen man im gemeinen Leben ge-
wöhnlieh datirty zu den Jahrszeiten stehen. Einen
solchen hat Matthias Friedrich Beck unter dein
Titel: Ephemerides Pirsdrum per totum €mnura
iuoda epochas celebriores orientis, Alexandream,
Chrisiiy Diocleiiani^ Hegirae^ Jesdegirdicam et
Gelalaeam herausgegeben und erläutert ^). Es ist
eigentlich ein vollständig durchgeführter dschelaUscher
Kalender, auf das 6Ö9te Jahr der Acre vom 11» März
a. St. 1687 bis dahin 1688 ^).
Gravius gibt in seiner oben (483) gedachtea
Ver^cichungslafel der orientalischen Acren auch die
dschelalischen Jahre in einer Columne mit der Ueber-
Schrift: Anni Epochae Gelalaeae sqlares uh aequU^
noctiö vernOy >$we a meridie proxime sequenti in-
gressum.solis in arietem in Horizonte Chowa-
rezmiorum* Die letzteren Worte beruhen auf einer
-Verwechslung des newrusi suüani mit einem newrusi
chowaresmschahi, der 19 Tage später eintrat., yon
dem wir aber sonst nichts Sicheres wissen * ).
Um \i\itt zusanimenzufassen, was ich bisher über
die "'Zeitrechnung der Perser gesagt habe, so treffen
wir bei ihnea auDser dem arabischen Mondjahr ein
1) Angsbarg 1696, fol. Bei dieser Gelegenlieit erwähne ich
noch einen andern orientalisclten, und zwar nach den syrischen
Blonaten geordneten, Kalender, den Hieronymiis Welsch un-
ter dem Titel: Commentarius in Rusname Nioarus sive tabulae
aequinoctiales not>i Persarum et Turcarum anm hat in Kupfer
stechen lassen (Augsburg 1676, 4). In dem gelehrten Commentar,
womit er ihn begleitet hat, suche man alles £rsinnliche, nur
jkeine Uebersetzung und^rläuterung des Kalenders selbst*
2) Vergl. Handb. U, 538;
3) J^n sehe, was darüber an der .eben angefulvten Stelle
des Handbuchs bemerkt ist» -
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494 Technische Chronologie.
zwiefaches Sminenjalir an, ein bewegliches, das
aUmäfalig «lle Jahrszeiten durchläuft^ luid ein festes,
das auf der Frühlingsiiachtgleiche haftet Das feste
ist im elften Jahrhundert unserer Zeitrechnung durch
eine der julianischen ähnliche Einscbalti^ng afis dem
beweglichen entstanden, mit dem es übrigens ganz
übereinkommt; das bewegliche finden wir von den
arabischen Astronomen schon seit dem neunten Jahr-
hundeH; gebraucht Die eigenthümlichen Namen sei-
ner Monate und Mon^tstage und die eigenthümüclie
nabh einem Sassaniden benannte Acre, an die es ge-
knüpft ist, beweisen, dals es sich aus der yorislami-
tischen Zeit herschreibt, wo es ein biirgerliches ge-
wesen^ sein mufs. Auch hat ^ch unter den neuem
Persem die Tradition erbalten, dafe ihre Vorfahren,
so langci sie sich zur Religion des Zoroaster be-
kannten, ein Jahr von ganz gleicher Form und Ter-
minologie-wie das jesde^rdische gehabt haben, nur
dals sie es durch einen von Zeit zti Zeit eingeschal-
teten Monat mit der Sonne ausglichen. Von dieser
Art Einschaltung habe ich mir nach einer SteOe des
Abu'lhassan Kusch gar ^) folgende Idee gebildet,
welche, so viel ich sehe, allen den Schwierigkeiten
begegnet, die bei der gewöhnlichen Darstellungsweise
der orientalischen Chronologen obwalten ^).
1) Sie findet sich in dem oben (463) etwälmten handsdirift-
licben Werke B. I, c, 2. S. 8^ Ich habe sie im Handbncfcc
II, 547 nnd 624 im Onginai und in einer Uebersetzmig mitge-
theilt.
2) Man sehe die von Golius zum Alfarghani S« 27 £
gesammelten SteUen, wie anch das Fragment des Schah Chol-
dschi bei Hyde p. 203, nnd vergleiehe Fröret 's Abhandloog
Sur Vaneienne annee de^ Persea in dem 16ten Bande der Sfe-
moires de VAeademe des hiscriptiona.
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Perser. 405
Das «Tajlir der alten Porser hielt, wie das tirsprüng-
Hchc der Aegypter, durchgängig und ohn» alle Ein-
schaljlung 12 dreifsigtägige Monate und 5 Ergänzungs-
tage, welche. dem letzten Monat angehängt wurden»
Der Anfang des Jahrs^ der Newru^s, den man von
j^er festlich beging ^ )9 sollte beständig auf den Früh-
ling treffen. Da man nun fand, dais er mit Bezug
auf die Nachtgleichen alle 1,20 Jahre um etwa 30
Tage zurückwich, so sc;hob man ihn nach Verlauf
dieses Zeitraums um einen Monat .vorwärts, so dafs
er jetzt auf den Ferwerdinmah, nach 120 Jahren auf
den Erdibihischtmah u. s« w. traf. Das J^hr, das der
Versetzung zunächst voranging, hatte, wie man sieht,
13 Monate, indem es, mit einerlei Monat, z. R dem
Ferwerdinmah, anfing und endigte. Der dreizehnte
Monat, der nur sehr unei^entlich ein Schaltmonat
heilsen kann, wurde Biht^rek, der bessere, ge-,
' nannt ^ \ Die fünf Ergänzungstage gingen immer zu-
nächst vor dem Newrus' her und wanderten niit ihm
in 1440, Jahren durch alle Monate. Zur Zeit des Nu-,
schirvan, des gröCsten sai^sanidischen Königs, der
um die Mitte des sechsten Jahrhunderts unserer Zeit-
rechnung regierte, ging der Newrus auf den Asermah
über, und die Ergänzungstage hafteten auf dem Aban-
mah. J^ner hätte hiernächst auf den Deimah vei?-
legt werden sollen. Allein im Jahr 636 n. Chr. ver* .
nichteten die Mohaminedarner mit der Herrschaft der
Sassaniden die Religion ' der Magien Die wenigen
1) S. den Artikel Tfeurus bei d'Herbelot nnd was Hf. y.
Hammer hierüber beibringt. Wiener Jahrbücher B. 38, S. 41.
2) Wie Fachr-Eddin bei Hjde S. 207 versichert. Nach
dem Sieb eil meer fährte diesen Namen das gdnze 13 monatliche
Jahr, welches m^n als eine Zeit des Glücks nnd der Grö&e für
den König betrachtete, auf dessen Regierkmg es traf.
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486 Technische Chronologie,
Perser, die ihr treu blieben, .bedienten sich zwar noch
immer dei alten Zeitrechnung, ohne jedoch auf eine
richtige Verschiebung des Newrus weiter bedacht zu
sein. Zugleich zählten sie, einem uralten Gebrauch
des nersischen Volks gemäis ^), die Jahre von der
Thronbesteigung des letzten Königs Jesdegird, die am
ersten .Tage des Ferwerdinmah erfolgt sein soIL Dieser
Monat, als der erste der Aere, wurde nun zugleich
als der erste des Jahrs angesehen, was er hei der
frühem Wandelbarkeit des Newrus seit Jahrhunder-
ten nicht gewesen war. Als die Araber unter dem
Chalifen Almansor sich der Astronomie zu^ befleißi-
gen anfingen,' fanden sie das wandelbare persische
Jahr mit der jesdegirdi^chen Aere . sehr bequem zu
ihren Berechnungen, und sie bedienten sich desselben
um so lieber, da Ptolemäus, ihr Lehrer, eine ganz
' ärmliche Zeitrechnung gebraucht hatte und £e na-
bonassarische Aere für sie von keiner Bedeutsamkeit
war. Die £rgänzungstage liels man an der Stelle,
wo man sie fand. Eirst im 375stett Jahr der jesde-
girdischen Aere ^ ). oder im lOOöteo^ der unsrigen, wo
der 1. Ferwerdinmah auf die Frühliogsnacht^eiche
traf, die damals dem 15. März des julianischen Ka-
. lenders entsprach, vereinigten sich die Astronomen
dahin, die Ergänzungstage &ns Ende des Sipendarmed-
mah zu setzen (479), den man seit Jesdegird als
den letzten Monat im Jahr anzusehen gewohnt war.
Im Jahr 448 endlich, oder 1079 n. Chr., wo der"Fer-
werdinmah bereits 18 Tage vor der Frühlingsnacht-
gleiche anfing, erneuerte der Sultan Dschelal-Ed-
diu Melek-Schah das alte Newnisfest, und setzte
1) S. Schah Choldsclii an der zaletet angeführten Stelle.
*2) Dieses Jahr nennt Aba'lhassan ausdrücklich.
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Perser. 497
es ^uf den Tag; der NacMgieich^ sdibst» da ee qr-
spriin^ch nidit gerade an demselben^ soiid^in nur
in dessen NShe gefeiert war. Sk^eidi wurde ehib
Zeitrechnung eingefiikrt, durch die es auf diesen Zeit-
punkt und zugleich anf den Anfang des Ferwerfo-
mah befestigt blieb.
Ich muls meinen Lesern nachzusehen überlassen^
was ich im Handbuche 2ur Begründung dieser Dar-
stellung angeführt habe ^)y und füge nur noch die
Bemerkung Jiinzu; da^ nach den heiligen Büchern der
Parsen die altpersischeh Feste sich sammäich auf ge-
wisse greise Naturbegebenheiten bezogen, die durch
die' Jahrszeiten angedeutet .wurden» Die heiligsten
von allen waren Newrus und Mihrgap oder ^e
Mithrasfeier^ jenes ein Frählings-yd|es^se|n Herbst-
fest ^). Nach Melek-Schah's 42M>rdnung des Son-
nenjahrs traf jenes auf den Fetwerdinmah, dieses auf
den Mihntiah; ursprünglich müssen b^ide m 1440 '
Jahren durch alle Monate gewandert sein.
Von den Jahrrechnuogen der Perser aus A&d Tjei-
ten vor Jesdegird wissen wir liur so viel mit 3^
cherheit, daJGs unter den Arsaeiden, vireingsten^
von den ihnen zinsbaren griechischep Städten 9{eftCh
potamiens, nach Jahren der seleucidischen Aer<e,> .<
und unter den Sassaniden nach Jahren seit Ar^e-
schir, dem ersten derselben, gezählt worden ist DtQ
Beweise davon habe ich im Handbuch beigebracht.^).
Die Dynastie der letzteren begann nach Agathias *>'
1) Th. n, S. 640 ff.
2) S. Kurze Dartiellaag des Lehrbegriffs der alten
Pereer und Ihres heiligen Dienstes in der deutschen Aus-
gabe der Zend-Avesta Th. I, S. 50.
3) Th. n, S. &5t ff.
4) Leben des Jnstinian, 1. IV,- p. 134 in der pariser Aus ;
gäbe der Scriptt» hisi, Byz,
3?
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498 - '. Technische Chronologie. •
im Jahr^53S der selencidiscUen Äere, im 4t€ii des
Alexander Severa», alao 2^ «, CSbr^' womit auch
die 7mt d^s Maityrertodet dos heä%eD Simeon über-
efiftstimmty. der von einer ^syrischen Handschrift der
viyäkamschen 'Bibfiotbek in »däft liTle Jahr des Rachs
der Perser und in das 655ste de^ seleucidisehen Acre
geseilt wird>). .
Zeitrechnung der Türken.
Die TürkeA theilen den Tag nach europäischer
Weise iii 24 gleiche Stunden, die sie vom Untergange
der Sontie, der Epoche ihres bürgeiJichen Tages, id
xwei Absätzen bis J2 wählen, und durch Hinzufügung
der persischen Wörter scheb, Nacht, und rus, Tag,
«rftterscheiden. Ihre Uhren, wenn «e mit diesen Stun-
den gleichen Schritt halten sciBen, müssen täglich oder
doch wöchenthch ein paarmal gestdit werden. Die
Stutode des Aufgangs der Sonne hängt von der Dauer
der Nacht ^nd die Stunde des Mittags von der des
natürlichen Tages ab. Man siebt leicht, dals der Blit-
tug nadi ihrer Uhr auf die Zeit des Aufganges der
Sonne nach der unsrigen übejrein$timmen müsse. Von
den fünf durch das Gesetz vorgeschriebenen täglichen
Gebeten halten sie das erste beim Anbruch des Teiges,
das zweite Mittags, das dritte in der Mitte zwischen
Mittag und Sonnenuntergang, das vierte gleich nach
Sonnenuntergang und das fünfte unmittelbar vor dem
Schlafengehen. .
Wie sie die Wochentage benennen und mit wel-
1) S. Joseph! Simonis Assemanti, *^i QriVa*. VoL I.
p.'2 il uod Stepbkni Evodii Afiaematii Jirta Mariyrum
Vol. I, praef. p. LXXIX. r
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byGoogk''
Türken. 499
chen Abweichungen &\e die arabischen Monatsnamen
aussprechen, ist bereite oben (457) bemerkt worden.
Die Jahre zählen sie nach der allen Moslemen ge*
meinschaftKchen Hedschra. • ^
Neben dem Mondjahr, nach welchem sie djatiren
und ihre Feste ordnen, gebrauchen sie im bürgerli-.
, chen Leben auch das julianische Sonnenjahr^das-sie^
mit dem 1» März' alten Stils anfangen. Den Monaten
desselben geben sie folgende, theils aus dem europät-
* sehen, theils aus dem syrischen Kalender (180) ent-,
lehnte Namen:,
Mart. Eilul.
Nissan» Teschrini -ewwel.
Ma'is. Teschrini -sani. •
. Hasiran. Kianuni> ewwel.
Timus. Kianuni^sani*
Agustus. Schubat.
Der $chut)ät erhält zugleich mit unserm Februar
29 Tage. Unserer JahrzaM bedienen sie sich nicht,
es sei denn etwa im Verkehr mit den^ Chriisten. Wenn
sie ein Sonnenjahr bezeichnen wollen,- in wdchen Fall
sie selten kommen, so nennen sie das Jahr der Hedsch-
ra, auf wekhes sein Anfang trifft. Bei ihren Schrift,
steilem findet sich zuweilen das Jahr der seleucidi«*
8chen Aere — taridhi UJdenderi rumi — erSyähnt
Sie haben zweierlei jKalender, einen jährlichen,
und einen auf mehr oder weniger Jahre gestellten, den
man einen immerwährenden nennen kann, weil
die Regeln, die ihm zum Grunde liegen, keine Aende-
rung, erleiden. Jenem geben sie den arabischen Na-
men takwim^ tabeUarische Anordnung, diesem
den persischen rus-name, Tagebuch. Der Tak-
wim, nach dem Mondjahr geordnet, gibt den Wochen-
tag eines jeden Mönatstages, die Tag- und Nachtlänge,
so oft sie sich um eine halbe Stunde geändert hat,
32*
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500 • Technische Chronologie,
die Corr^pobdenx einzelner cbiistlichen Data mit den
nrabischen, und mancherlei astrologische, meteorolo-
gische nnd anderweitige Notizen und Vorschriften in
folgendem Geschmack: Knaben verkaufen und be-
schneiden: sehr «tarke Hitze, Ruhe und Einsamkeit
suchen ; dem Sultan seine Beschwerden vortragen und
Pferde verkaufen; der Ruhe pflegen und alles andere
beseitigen; iBrunnen graben und Grofee besuchen;
Mädchen verloben und Hochzeit mit Jungfrauen hal-
ten; den Sultan sehen und Ehrenstellen suchen; Ge-
dichte lesen und alles übrige vernachlässigen u. s. w. *).
Von ganz verschiedenem Charakter ist der Rus-
name. Eine umständliche Beschreibung desselben lie-
fert HnNavoni in den Fundgruben des Orients *)•
Ein aqderes der diezischen, jetzt königlichen Samm-
lung angehöriges Exemplar von wesentlich gleicher
Anordnung habe ich in meinem Handbuch erläu-'
tert * ).
Det Urheber dieses, sehr, sinnreich eingerichteten
Rus-name ist der in der letzten Hälfte des sieb-
zehnten Jahrhunderts lebende Türke Darendeli Me-
hemed EfendL Er hat ihn nicht auf den dreüsig-
}ährigen Cyfclus der Araber, sondern auf einen acht-
jährigen gegründet, der, wenn auch minder genau,
vor jenem den Vortheil voraus hat, dafs er eine volle
Wochenzahl enthält Er besteht nämlich aus 5 Ge-
nriein- und 3 Schaltjahren, zusammen aus 2835 Ta-
i) Man vergleiche Hrn. Littrow's Calendariographie
S. 105 iC, wo man ans dem ersten zu tlonstantinopel gedrnck-
ic^n Takwim, dem des Jahrs 1242 der Hedschra (rom 5. August
1826 bis zum 24. Jnl 1827 gehend J|, einen Monat Vollständig
fibersjßtzt nnd die übrigen im Auszüge findet
2) B. IV, S. 38, 127 und 253. .
3) Tb. II, S. 562.
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Türken, 601
gen oder 407 Wochen. Die 8c]idk)alire Bind das
z^eite^ fünfte und siebente. Die Dai^er des astrono-
mischen Mondjahrs zu 354 T. 8 St 48' 36/' acht-
mal genommen, gibt nur 2934 T. 22 St. 28' 48".
Der Cyklus ist also um' 1 St 31' 12" zu läng, weU
eher Ueberschufs sich in 126 Jahren zu einem Tage
anhäuft. Er muls daher, um mit den Mondphasen in
Uebereinstxmmung zu bleiben, nach 15 bis 16maUger
Wiederhohlung einmal Um einen Tag verkürzt'werden.
So. wie ich in dem diezischen Exemplar vom Jahr
1199 und in dem novonischen vom Jahr 1224 (jenes
fing den 14. November 1784, dieses den 16. Februar
1809 an) die Monate gestellt finde, sagen sie ganz
dem arabischen Cyklus unter der Voraussetzung zu^
dals der 16. Julius zur Epoche der Hedschra genom-
men wird. Dasselbe gilt von dem T^kwim (470).,
Nur von den Mondphaseu weichen beide- Kalender zu-
weilen um einen Tag ab, daher man sich auch nicht
nach ihnen richtet, wenn die Rdügion eine ganz mit
dem Himmel übereinstimmige Datirungsweise erfor-
dert« Die Moslemen müssen nämlich .ihre gj^etznrä-
fsigeil Fasten mit dem Untergange der Sonne an dem
Tage anfangen, wo sich der neue Mond des Rama-
san zuerst in der Abenddämmemi;ig zeigt, und ihr
Bairlamfest . mit der ersten Phase des. folgenden Mo-
nats Schewwal feiern. Hierbei verlassen sie bich auf
keine Rechnung. Um sich im voraus des Tages zu
versichern, wo der Neumond des Ramasan gesehen
werden sollte, im Fall etwa trübe Witterung eintritt,
fangen isie ihre Beobachtungen schon zwei Monate
früher an. Zu dem Ende begibt man sich in den
vornehmsten Städten des Reichs, Constantinopel,, Adria-
nopel ui^d andetswo, bereits am 27. Dschemasiülachir
auf die Anhöhen, um' den neuen Mond des RedscheH
zu erwarten. Sobald man die Sichel gesehen hat,
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502 Technisfihe Chronohgie.
geht mau mm Kadsi oder Richter des Orts, der be--
auftragt ist, die Aussagen der Beobadiier z^u verglei-
chen, und das darüber aufgenommen^ Protokoll au
den Stambol-Efendisi oder Polizeipräsidenten , der
Hauptstadt au senden. Eben 60 verfahrt man mit
dem Neumonde des Schaban. Hiernadi bestimmt
der Stambol-Efendisi den ersten Tag des Ramasan,
indem er von der letzten Beobaditung im. Sdbaban
30 Tage vorwärts zShlt^ ohne auf den Kalender des
Münedschim Baschi oder ersten Astronomen die
miftdest^ Rücksicht zu nehmen. Dieser 1. Ramasah
wird mm im Augenblicke seines Anfangs, di L un-
mittelbar nach Untergang der Sonne, dem Volke
durch ArtiUeriesalven und Erleuchtung. sämmtUcher
Minarets verkündigt. Die Beobachtungen, die den
Anfang des Ramasan gegeben haben, dienen bei trüber
Witterung auch zur Bestimmung dea Bairamfestes.
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Chronologische Tafeki.
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' 505
Tafel L Zu Sehe 138.
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506
Tafel IL Zu Seite 138.
Ver^iclttiiig die^,;iiM(tonißph^ii iUnons
Erster CyLla».
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— 175 - 13 1 Apelläus.
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— 332 ^ . 8 L Christi^Gebiirt.
— 364 ^ 2i I. "und das Osterfest.
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